Wallace
1876
Lydekker
1896
Matchie
1896
Kobelti Heg.)
1 1897
Arldt
1905
PaUgon. Argent.
Chilenische
1
Chilenische
Patagonisch-
Chilenisches
Lrgeb.
' Argent-
Patagonisohe
Patagonlsche
Anden
Sudliche Anden
Nordliche Anden
Brasilien
BruBiliiche
Brasilische
Sfidanierika-
nisches
Südbrasilische
Braailiache
Ctuayanm-
Columhia
Guayanische
Columbische
Centralameriktt
Mexikanische
Mexikanische
Centrai-
amerikanische
Centrai-
amerikanische
Mexiko
Mexikanische
Westindien
Antillisohe
Antillische
Westindische
Westindische
Union, w. T.
Califurnltche
Nieder-
kaliforniHche
Vereinigte
Staaten ürg.
Sonorisch-
Col umbische
Soooriscbe
Felsengeb. Ur.
Nieder- ~
Bonorische
Union, ö. T.
Alleghauies Ur.
Obersonurische
Übergangszone
Canadische
Canadisches
Holarktischo
Canadische
Canada
C'auadische
Europäische
Labrador Ugb ?
Arktisches Geb.
Arktische
Sitka Ugb.?
Kordpolargeb.
Boreale
Europa ohnu
Mittelmeergebiet
Europhische
BaltisoHes
Pontisches
Europftiscbe
Sibirien
Sibirifche
Central-
asiatische
Sibirisches
SlbirUche
Centrai-Asien
Kaspisches
Centrai-
asiatische
Centrai-
asiatische
Tibet
Tibetanische
Kaschmir Ur.
Chinesisches
China, Japan
MandschuriBcho
Mandschurische
_
Japanische
Ostasiatiacbe
Mittelmoer-
gebiet
Mittolmeeriscbü Mittelineerische
Mittelmeerisches
c. Holarktischen
Makronesische
Mittelmeerische
Trop. Afrika n.
Trop. Afrika ö. ~
Ostafrikanische
Suharische
Steppengeb.
Sokotra-Beg.
SaTaunen L'rg.
Sud arabische
Somalilaud Ur.
Afrikanische
SQdafrik«
Sttdafrikanisohe
Äquatorial-
afrikanische
Sfldafrikanische
Westafrika
West-
afrikanische
~ "West-
afrikanische
Guinea Ugb.
" Weet-
afrikanische
Madagaskar
Madagassische
Madagaflsische
Begion
wcstl. Ugb.
östl. Ugb.
Madagassische
Madagassische
Maskanerische
Seychellische
Vorderindien
U indostanisohe
Indische
Yorderindisches
Hindustanische
Hindus tanirobe
Sfldindien,
Ceylon
Ceylonealtohe
Malabariscb-
Ceylonische
Sadindiaohe
Ceyloneiitcha
Himalaya
Indochinesische
Himalayiscbe
Hiuterindiache
Sundanesische
Philippiniacbe
OalebM I^rg.
Nord-
anstralisch-
Papuanlscbe
Australische
Hiuterindien
Birmanische
IndochinOBiHchp
Hintcrindische
Geographische Zeitschrift
che
che
h-
he
le
le
Uuwuii 1
Polynesleche
Hawaiische
Hawaiisohe
Hawaiische
Polynesien |
Polynesische
Polynesische
Polyneeiaohe
V on «apI »i n c< {««•Vi
|?arUarIi (SToUcgf libraro
BfM;r.HT WITH INCOMR
rnoM TMS BictycsT of
HENRY LILLIE PIERCE
OF BOSTON
Under a vnte of the President and Fcllow»,
October 14, 189S
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GEOGRAPHISCHE ZEITSCHRIFT
HBBAÜSOEGEBEN
VON
Bb. ALFRED HETTNER,
o. nofSMOE »n eBO««APHii a« »n umrnurXT mDiuua.
ZWÖLFTER JAHRGANG.
MIT ABBILDOVOSN UKD KARTEN IM TEXT UND AUF 9 TAFELN.
LEIPZIG,
DRUCK UND YEBLAG VON B. G. TEUBNER
1906.
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ALL! BBOHTE, KIKSOHLnsnaOB DBS OBBBSBTSDXOSUOHTS, TOSBBHAITBM.
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Inhalt.
CreBcbicht« und MetMIk I
4w (jleoirraphie. seit« *
J)if Lehro von d«r Kugelpestalt
der Kr<ie im Altertum. Von
Hugo Berger f • • '
Di« Uten Zonenlehi» der OriMhaiL
Von dAins. 440
Untersnchiuigen zur Geographie der
Odyssee. Von Dr. Max Kiess-
1 i n g in Berlin 340
Die Waldseemüllerschen Karten.
Von £. 6. Ravenstein in
London 165
Ferdinand von Bichthofens Bedeu-
tung fßr die Geognqphie. Von 1
A. Hettner l|
Bü c herbe sprechuugen.
iveidel, H. Alexander der Orufie
akOeosrapb. Von K.Kretschmer 591 '
Frentzel. l' A. Major .Tarne)» Ruasel,
der Schöpfer der neueren englischen
Geographie. Von 9. Günther ... 119 ,
Reich. 0. Karl Kriint Adolf von
Hoff, der Bahnbrecher modemer
Geologie. Von J. Walther 63
Penck, A. Beobachtung aU Grund-
lage der Geographie. Von Th. Fi- '
•eher 709 1
KalMdcr and HachnchliiKfTf frke. \
Geograplienkalender. IV^. Jahrg.
1906 07 Von A. Ilettner 468
Jahrbuch der Sektion r>re8den des
OsterreichiHchen TouristeoUabe.
Jahrg. l'JOö. Von deras 469
Moyere großes Konversationslexikon.
6. Aofl. Bd. X~XIIL Von deme. 414
MsthematiHche Oeograpkie and
Kartographie. |
M ö 1 1 e rs „Orientierung nach dem ■
Schatten'', Die Taschenuhr als '
Kompaß. Von Dr. Karl Peuck er
in Wion. (Hit 4 Testfiguren). lOl
Bfleherbespreehnngen.
Sr.hmidt, W. Astronomische Eid-
kund.- Von O Tlauß 349 !
Albrecbt, Th. und B Wanach
Besnltate des internationalen Hrei-
tendienst.- IL Bd. Von B. Mes-
serechmitt 646
Allgemeine phjrsiHche Geographie.
Gnm4gOBetee des Erdreliefr. Von
Oberlehrer Dr. Theodor Arldt
in Radeberg 668
Bericht über die Fortschritt*» der
FiSanzengeographie in den Jah-
ren 1899—1904. Von Ftol
Dr. George Karsten in Bonn
7». 146
Beziehungen zwischen Pflanzengeo-
graphie und Siedlungsgeschichte.
Von Dr. Robert Gradmann
in TQbingen 805
Die tiei^eognphiadien Beidie und
Begionen. Von Theodor Arldt 919
Die geographische Verbreitung der
Molhi'^ken in iji'rn palllarktischen
Gebiet \ oM Frof. Dr. Ii. Pfeffer
in Hamburg 406
N eu igkeiten.
Preisarbeiten (Iber die maihematitche
Bestimmung der Erde 107
V'orkolumbiiohe Kenntnis der magne-
tischen Deklinatien 844
Anleitung com Beobachten von Erd-
beben 642
Zentralbnrean der internationalen teifl-
mologischen Staatenassoziation . . . 408
Neue 1^'ahrungen über Korallenriffe 999
HSebeter bisher erreiehter Pankl der
f.'.-.ten ErdoberflUche «48
Abtragung der Gebirge durch die
Flflsse 599
Da8 Mnaeom filr Meereskunde in
Berlin 996
Neue Beobachtungen tiber die hohe
wärmere Luftschicht 166
Erforschung der Windverhältnisse in
der Paasatreffion 108
Internationale Vereinigung zur Erfor-
sdinng der Polargebiete 409. 689
Büc herbesprechungen.
Gflnther, S. Physische Geographie.
Von R. Langenbeck 1T2
Beul, 0. Frühere und spätere Hypo-
thesen über die regelmäßige .An-
ordnung der Erdgebirge. Von dems. 849
Frech, F Aus der Vorxeit der Erde.
Von A Philippson 981
Keclua, E. f. Les Volcane de la
Terre. Von C. Uhlig 710
Trabert, W. Klimatologie und Me-
t'orologie. Von G. Greim 53
Weber, L Wind nnd Wetter. Von
W. Meiaardas ..... 64
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HildebrandsiOB, H. E. Rapport
Hur les obsorvations internutionaleB
des nuagOB. Von G. Greim 172
»Oti, W. Das Schwinden des Waa-
gezB in den höheiM Bodansehialitea.
Von W. üle 710
Aufteß, 0., von und m. Die phyei>
kaliüchen Eigenich^ten dw Seen.
Von W. ülc 64
Jaoobi, A. Tiergeog^rapbie. Von
6. Pfeffer UO
Allgemeine Geographie det» Mensohen.
Anpassungsbedingungen und Ent-
wickelangsmotive der Kultur.
Von Dr. Leonidai» Glialikiu-
ponloB in Rapsani (Thenalies)
878. 449
Nation und Nutionalitfit. Von PH-
vatdozent Dr. 0. Schlater in
Berlin 628
Da« deutsche Koloiiiaireich. Eine
politisch - geographiache Studie.
Von Semiinr- Oberlehrer Dr.
Brnno Felix Hinsoh in Pirna
A46. 680
Neuigkeiten.
Kochs Expedition zur Erfornchung
der Schlafkrankheit 16». 706
Bflcherbesprechungen.
F i n o t , J. Da« RaaeenvorurteiL Von
A. Kirchhoff 469
Kj eilen, iL Stormaktema. II. Von
R. Sieger — 591
Supan, A territorialf Entwick-
lung der europäiäcben Kolonien.
Von dems 698
Dovc, K. Die angelsächsischen Ri('.--cn-
reiche. I. Das biiüeche Weltreich.
Von A. Kirchhoff 694
Heilborn. A. Die deiitächen Colo>
nien. Von Br. F. Uänsch 647
Eichholts, Tb. Entwicklung der
Landpolitik. Von S. Pass.irgc 65
H a 1 1 e , E. T o n. Die Weltwirtschaft.
I. II. Von R. Sieger 646
S c h ra i d t , G. M. Geschichte des Welt-
handel.H. Von A. Kirchhoff .... 711
Hübner.O. Geographisch-statistische
Tabellen aller Länder der Erde.
Von A Hettner 66
Ephraim, 11. über die Entwicklung
der Webeteehnik und ihre Verbrei-
tung außerhalb Europas. Von M.
Haberlandt IIS
Gßtz, \v Histoiiücbe Oeogrephie.
Von Th. Fischer 416
Gr«ß««re Frdrftume. s«»»«
Das deutsche Kolonialrfiich. Von
Bruno Felix Hänsch . .ö4ü. «ISO
Bächerbe&ijrec hangen.
M eurer, J. Weltniwcbilder. Von
Ä. Kirchhoff 116
Dif-hl, D An Bord und im Sattel.
Von P. Stange 59
Heilborn, \. Die deutschen Kolo*
nien. Von Br. F. Häusch 647
Dove, K. DieangelsilchbischenKiesen-
reirbe. I. Da« britische Weltrtieh.
Von A. Kirohhoff 694
Denteeklnni nnd NnehlHurllnier.
Die Abflnfieredieinmigen in Mittel-
Europa. Von Geh. Oberbaurat
II. Keller, Leiter der k. preuß.
Laudesanstalt für (iewüsserkunde
in Berlin. (Mit 2 KurvenUifeln
auf Tafel Nr. 9) 6ii. 682
Die SchiUhhrt auf dem Ober^Rhein.
Von Dr. Badolf Hots- Linder
in Buel 678
Neuigkeiten.
Ergebnis der Volkszählung im deut-
schen Reiche 1906 S2G
Die Städt« im deutscheu Reich mit
über lUOOOO Eiuw. nach der Zah-
lunjf vou lao:» 10»
BevöllvcrungsverhältniMe des deut-
sch on R« ich OB 409
Seenuntt^rsuchungen der preußischen
geologischen LandeRanstalt 648
Lan<lgemnnung an der holsteinischen
Westküste 530
Sturmflut an der oitÄrieritehen Kflete 898
Laniipf'winnungswerk am DoUart . . . 292
ErOtinung des Simplontuunels 410
Osterreieiiisehes AlpenbahnennelB . . . 648
Bfieherbespreohnagen.
Wimmer, J. Geschichte dee deut-
schen Bodens. Von Th. Fteoher 416
Begiebing, H. Die Jigd im Leben
der salifichon Kaiser. Von K.
Kretschmer 416
Qrupp, G. Der deutsche Volks- und
.Stammeschacakter. Von A. Kirch -
hoff 635
Hellmann, G. Regenkarte von
Deutschland Von W Ule 647
Handbuch der Wirtschaftskunde
Deutschlande. IT. Von F. Hahn. .56
iNauticuB. Jahrbuch für Deutschlands
Seeinteressen. 1905. Von M. Eckort 178
I Hasse, E. Deutsche Grenzpolitik.
I Von J. Zemmrich 30O
i Morits, Ed. Die geogni^isohea
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Inhalt.
56
5S6
331
350
861
852
647
648
712
KeantniMe von den Nord» mid Oit-
•eekteten bis zum Enrl,> d, s Mittel-
alters. Von E. KretBchmer
Otteen. Der Enit Tondern. Von
M. Rrkert
Witte, U. Wendische Bevölkenings-
reete in Heeklenbai^. Von J.
Z e ru m rieh
Wagner, H. Orometrie des ostfüli-
at^ea Hügellandes links der Leine.
Von K. Pencker 114
Wftetenbagen, H. Beiträge znr
SiedelungsKundc des Ost -Harzes.
Von F. Hahn 47(»
Tb. Fon tan esWanderungen durch die
Mark Brandenburg. Von F. Lampe 3öu
Kohler, G. „Rücken" in Mans-
ft'ld und in Thänngen, Von A.
Bergeat
Oerbing, W Die Pn^se des Thü-
ringer Waldes. Von Fr. Regel..
Woerl, L Das Königreich Sachsen.
Von P Wa^ruer
Zemmrich, Jos. liandeskimde des
Königreichs Sachsen Von dems. .
Beyer, 0., Cl. Företer n. Chr.
März. Die Oberlausit«. Von il. mg.
Bi'cker, F. Karte von Bodenaee und
Rhein. Von A Penck
Baedeker, K. Die Sdhweis. Von
A. Hetiner 56
Wagn e r , E. Tuohenatlaa der Schweis.
Von E Zollinger 3;VJ
Kümmerlj, H. Gesamtkarte der
Sehweis. Nanemverseichnis riasa.
Spezialkarte des Exkursioaa-
Sebietea von Bern. — äpezialkarte
es ZürtdieeM. Von dems 852
Rabl, J niuetriertt r Führer anf der
Tauembahn Von R. Sieger 863
Dftncmarks Boden *uad Oberflidie.
Von Privatdox. Dr. Fritz Ma-
chacek in Wien. (Mit 'A Land-
schaftsbildtTu auf Tat". H u. 7)
Siedlungen der serbibcüen Länder.
Von Dr. Paul Vojevi« in Neu-
wts (Ungarn). (Mit 1. Fig. im
Text)
Zur Hydrographie des Kargta. Von
Privatdozent Dr. Karl Oest-
reich in Marburg a L 47
Insela dei igÜMhen Meeres. Eine
UndaaMOiche Skiue. VonIW.
Dr. Karl Sapper in TfibiagAn.
(Mit .*> Landaebalktbildcni »nf
Taf. 1 u. 2)
8««t«; Neuigkeiten. 8«ite
Die authropologischen Verhältnisse
Dänemarks 410
Anschluß Islands an das WeMlelegm-
phennetz 686
Verkleinerung der britischen Inseln
in Folge von Felsitilnen 681
Vepuvausbruch 898
Die Wirkungen des letzten Vesuv-
antbmchs 411
Bficherbesprechiingen.
Fhilippson, A. Europa. Von A.
Kirchhoff' 178
Kerp, U. Landeskunde von Skandi-
navien. Von R. Sieger 68
V. Gey r-Schwe ppcn bürg. A. Meint;
Heise nach den Färöem. Von B.
Kahle 417
Chantriot, B. La Champagne. V<kd
F. Hahn 801
'Deman^eon, A. La Picardie et les
' r^gions voisines. Von dems. ... ... . 98S
' Ornnd. A. Landeskunde von Östor-
! reich-üngarn. Von G. A. Lukas. 712
I Die Eri(«'bniss(' der TrianguliOfOBgen
des k. und k Militär-geogra-
phischen Institutes. Von M.
Petzuld 67
Pichier, F .\iistria Romana. Von
E. Oberhumuier ' 68
Resultate der wissenschaftlichen Er-
forschung des Platten •Sees. Von
W. üle 718
Maywald, F. Die ra^Hi- der West-
Karpathen. You U. Sichrer 648
Fischer, Th Mittelmeerbilder. Von
A. Philippson S8S
Regel, F'. Landeskunde der ilori-
schen Halbinnel. Von K. Supper 59
Lorensi, A. La colUna di Bnmio
n.-l Friuli Von Th. Fischer.. . 470
Wermert, ü. Die Insel Sicilien.
Von deme 176
Koetscliet, .1, An? Bosniens letzter
Türkenzeit. Von 0. Schlüter... 333
Steinmets, K. Ein VorstoA in die
nordalbani.snhen Alpen. VoB K.
Oestreich 417
Krebe, N. Densitli e aomento dolla
popolazione nell* letria e in Triesto.
Von 0. Schlüter 176
Lupsingrande , Lussinpiccolo. Von
dems 176
.Annales de l'oljsen'atoire national
d' Äthanes publiefs par D»'nii trius
Eginitif. Von .1. Parts^ch 470
Wallare, D. M. Rußland. Von A.
Hettner 417
361
50 ;
.18
Asien.
Die jakutiBcheo Kosten des nflrd-
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VI
lidien fiisineeres. Von W. 8ie-
rossewski i^>b
Von der anatolisclifn Ifiviera. Von
Ohf-rlobrer Fritz Hraun in
Marienlnirg. ( Mit 4 Landschalts-
bildern auf Tafel 3) iho
England in Arabien. Von Oberst-
leutnant a. D. Kleist in
Steglitz 425
Die Platte zwischpn Sumatra und
Morneo. XOn T>r. J. Hund-
hauseu in Zürich 703
Neuigkeiten.
Die Oberflftcbe des ariaUaebeii Rnft-
lands 706
Die Naledj - Erscheinungen Üst-Sibi-
riene 166
SchiffBexpctliti ni nach dnujJeni'^spilCT. 468
Grothea Expedition nach dem Anti-
tanmt nna nach Heaopotamien . 706
Huntingtons Rllokkehc ansZentral-
Asien 411
FranzöBiscbe arcUiolugische Expedi-
tion nach Zentnil-Aöien 49
Steina Expedition nach Zentral-Aüien 531
Zugmayon Duxchqueruuj^ Tibets.. 293
Work manne Qletecherfiuutm im
Himalaja 648
Lösung des Sangpo - Hrahmai.»utra-
Problems 464
Ural" von Lesdains Keiae durch
China vind Tibet 227
Tafeis Expedition nach West-China 412
Über die Pflanzengeofjfraphie von
Inner-t'hiua 167
Pomosa unter japaniscber Verwal-
tung; 68')
Erdbeben auf Korujosa 2ü4
Bütherbesprechungen.
von Tornau, N. Kulturgeographi-
scher Atlas von Sibirien und Tur-
kcstan. Von H. St üb 1er 471
Brandenburger, Cl. Rusaisch-asia-
tiKche Verkehrsprohleme. Von M.
Fricderichsen 234
Fitzner, R. Beiträge zur Klima-
kunde dee Oamamschen Reiches
und seiner Nachbargebiete. Von
Th. Fischer 418
Nahmer, E. von der Vom Mittel-
mcci- zum Pontus. Von W. Rüge 234
Zugraayer, E. Eine Heise durch
Vorder- Asien im Jahre 1904. Von
M. Friederichsen 868
Zitelmaun, Katharina. Indien.
Von E. Schmidt 649
Loti, P. Indien (ohne die Englinder).
Von dems 473
8«lto
Piriou, K T/Tnde conteinporaine et
le mouvement national. Von dems. 716
Haeckel, E. Wandeibilder. Ser. I
u. II. Von 0. Karsten 478
Weber-van Bosse, A. Ein Jahr an
Bord I. M. S. „Siboga". Von W.
Kukenthal 419
Algu^, J. The Cyclones of the Far
Bast. Von W. Brennecke 116
Montgelas, Pauline Grf. Ost-
asiatische Skizzen. — Bilder aus
Süd-Asien. Von W. C. Korthals 596
Robert, E Le Siam, Von dems. . 717
Doflein, F. Ost-Asien-Fahrt. Von
dems 69Ö
Behme, Fr. n. M. Krieger. Ffibrer
durch Tsingtau und Umgebung.
Von dems 649
AMka.
Alte und neue iiaudel:>straßeu und
Handelsmittelpunkte in Nordost-
Afrika. Von Oberlentnant a. D.
Detmar Kflrohhoff in Ghar-
lottenbnrg 277. 326
Die Kameriinbahn von Duala nach
den Maneugubabergeu und die
deutsche Niger -BenuS-Tsadsee-
Expedition (1903—1908) unter
Fritz Bauer. Von Realschnl-
direktor Dr. Alois Geistbeok
in Kitzingen a. M. ......... 408
Der Meru. Von Dr. Fritz daeger
in Offenbach u. M. (Mit ö Laud-
schaftsbfldem auf Tafel 4 n. 5
nach Originalaufhahmen von
Prof. Dr. Carl Uhlig in Dar-
essalam) 241
Die ost-atnkani.sehe Südbahn. Von
Privatdozent Dr. Emil Philippi
in Berlin S38
Süd-Afrika und Sambesiflaie. Von
Prof. Dr. Alhrecht Penck in
Berlin 601
r>ie Kalahari (nach S. Pas sarge)
Von Prof. Dr. Adolf Sehen ek
in Halle a/S öl 8
Die kaoarisohen biseln. Eine geo-
graphisdie Studie tob Prof. Dr.
Karl Sappor in Tübiagon.
fMit 6 Landsohaftsbildem auf
Talel Nr. S) 4SI
Die Kolonie Madagaskar in ilirer
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Inhalt.
vn
Seite
geyepwSrtigen Entwicklunp^. Von
Vrni Dr, CatI K .-lii-r u. /iiiii li
Neuigkeiten. I
Die Bevölkerung von Marokko 412
Erforschung dea Sebu- Flusses in Mä^ i
rokko 10t> j
Dy^ L'nterȟchpDgcn an der atlan- j
tiT.hftn Kiistc VOM Miirukkn Ifift fi.Sl \
riye Sa i u t e - M a r i es Krkundi^ningg-
Chudeaus ForBchungen in der zen-
tralen Sahara ftiA
Yillattes und Laparinea Reia«
pari] A'lrar ^ IM
Hanna Vischera Sahara-Expedition 464
Lyons' Untersuchungen über die Nil-
tlut und ihre Schwankungen 5Hf»
Ij^tfnong der Eisenbahn /.wischen Nil
and rotem Meer IGU
Aosbeutung der Erzvorkommen in
Abessinien ö32
Caetanis Reise im Osthom 70«)
Deutsch-englischer Grenzvertrag Ka-
meron-Nigeria 643
Verbindung zwischen Niger-Tschad-
see-Nil nO
Terbindong zwischen Französisch-
Eongo und dem französischen
Tschad-Territorium G44
Ywbreituag ond Lebenaweiae des
Okapi • ■"• • 682
Grenzübereinkummen zwischen Sudan
und Kongostaat 294
Kochs Expedition zur Erforschung
der Schlafkrankheit 169. 706
Die Gesandheitsverhältnisae von
Deutach-Ostatrika 227
Cnnningtons Expedition zum Tan-
ganika 110
Graaers Ersteigung des Kuwenzori 345
Wollastons, Woosuams und Dents
Ersteigung des Rowenzori 464
Elpedition des Herzogs dt^r Ab ruz-
zen zur Bestei^niD^^ der Ftuwen-
lon . 22« R86
Weule« und JUgers Expeditionen
narh npnts.>h-()rt;ttrik-a TäT dlA
Eisenbabnbau in Deutsch -Sfldwest-
afrika 7ü6
Colin Hardings Erforschung der
SambcaiguelleQ 464
Pencks Reisen in Sad-Afrika 110
Büch er besp rechungen.
Zabel, R. Im muhamedanischen
Abendlande. Von Th Fischer. 115
Langenbucher, K Karte von Ma-
rokko. Von dems 176 j
Baedeker. K. Ägypten und der Su-
daa. Von J. Walther 587 ,
Seite
V. Othal om. A. ü. Edler. Der Suez-
kanal. Von K. W i t' d (• u l eid ■ ■ . ■ 177
Falls, J. C. E. Ein Bestith jn den
Natronklöstern der sket ischen W üste.
Von Kr. Jaeger ... 285
Seidel, A. Deutsch-Kamerun. Von
S. Passarge .... 660
V^inter, M. Anschauungen eines alten
„Afrikaners" in dputürh-ostafrikani-
schon Hewirtsohaltung.sfragen. Von
A. Sehen ck 651
Irle. ■)■ D'w Herero. Von S. Paa-
sarge 660
Australien und niii»traHni-he Inseln.
Neuigkeiten.
HuBchbriinde im südlichen Australien 294
Davidsons Erforschung Zentral-
Aufitraliens 465
Georges Tod 345
Michaelaens u. Hartmeyers Küok-
kehr von ihrer Reise nach West-
Australien . 110
Wagners Bericht über das Samoa-
Observatorium 50
Vulkanausbmch auf Savaii 296
Meteorologische Station auf Yap .... 538
Zerstörung Papentes durch eine Flut-
welle 294
Erforschung der Osterinsel 413
Nord- und Hittelamerika.
Verändeningen in der Bevölkerung
der Vereinigten Staaten von
Noi*damerika. Von Dr. Hans
Heiderieb in Berlin 136
Neuigkeiten.
Harrisons Expedition nach dem ark-
tischen Nordamerika 467
Macgregors Expedition entlang der
Knuifi von f .aViradnr . . . . . 418
Der höchste Berg in den Vereinigten
Staal£u ^ 12fl
Zerstörung von San Fran/.isko . . . . . 295
Umfang und Verlauf de» großen kali-
fomischen Erdbebens 466
Zunahme der Indianer in den Reaer-
vationen 706
Bücherbesprechungen.
Bernius, K. Das Becken von Parras.
Von K. Sapper 116
Sapper, K. über Gebirgsbau und
Boden des südlichen Mittel-Amerika.
Von H. Lenk 537
Kraentzel, H. Le canal de Panama.
Von F. Lampe 177
vm
Inhalt.
Sfidamerika.
Neuigkeiten.
Frhr v. Nordenskjölds Reisen in
Peru und Bolivien öl
EiHenbiihnbaii i» Bolivien 229
Argt'ntiniaciie Erforsclmug dca Piloo-
mayo :
BevölKerungaverh<nitwe von Argen-
tinien 686
Erdbeben von Valparaiso 633
Bficherbeaprechnngen.
(loeldi, E. A. Os Moaquitori po Parä.
Von R O. Np 11 mann 589
Schmidt. M. Indianerstudien in
Zentral- Hrawilien Von I' Khren~
reich 235
Burckhardt, C. Coupe geoiogique
de la CordiUäre entre Las Lajas et
Curacautin. Von H. Steffen . .473
von Vacano, M. J. Buntes Allerlei
aus Argentinien. Von dems 470
Ale mann, Th Ans dem Siidwesten
doi ar^,'entini^icben üieeregiop. Von
W SiHvcrs CO
Nord'Polargegendeii.
Neuigkeiten.
Arktowakis Vorschläge Eur syste-
uiatischen Erforschang der Polar-
regioneu 52
Aufklärung derStrOmungsverhältnisse
im nördlichen Eismeer öl
We 1 1 m a ns Luftballonfahrt zum Nord-
pol 847. 467. 533
Isachsens Spitzbergen-Expedition.. S'l7
Expedition des Fürsten von Mo-
naco nach Spitzbergen .... 414. 707
VViasenschaftliche Station in Grönland 296
My lius-Erichsens Expedition nach
Nordost-Grönland 170. 846
Pearys Rückkehr von seiner Nord-
polarexpedition 707
Amundsens Nordpolarexpedition . . 61
110. ÖÖ7. 708
Harrisons Expedition nach dem ark-
tischen Nordamerika 467. 708
MikkelttenH Expedition in die l^t;au-
fort-See 170. 346. 467. 646
Bucherbeaprechnngen.
Dröber. W. Die Polargebiete und
deren Erforachang. Von M. Lin-
dem an Ö97
Küchler. C. Unter der Mittemachta-
gonnft dnrrli die Vulkan- und Glet-
scherwelt Islands. Von H. Kahle 68»
SU(l-Polari;t'j;end('ii.
Neuigkeiten.
Arktowskis Vorschläge zur syste-
matischen Erforschung der Polar-
regiunuu 52
S«it«
Neue argentinische Stationen in der
Antarktis 229
Bücherbesp rechungen.
V. Richthofen, F. Ergebnisse unJ
Ziele der SÜdpolarforHchung. Von
A. Kirch hoff ßQ
Dröber, W. Die Polargebiete und
deren Erforschung. V on M . L i n d e -
man fifti
Arktowaki, H. Die antarktischen
Eiaverhaltnisae. Von K Frickar 86ft
Meere,
Ncuigk eiten.
Inatitut für Meereskunde in Berlin.. 112
Institut für Meereäfordchung in Paris 348
Die Reise des Vermesaungsschififes
„Planet" 296. 68«. 708
Abschluß der „Sealark-Expedition^' . . 171
Agassiz' Tiefseeforschungen im öat-
Ti<-lion atillcn Ozean . &a
MagDcti.sche Vcrmeat>ung des stillen
Ozeans 348
Bücher besprecbungen.
Kaieerliche Marine. Deutsche
Seewart c. Dampferhandbuch für
den atlantischen Ozean. — Atlas
der Gezeiten und Gezeitenatröme
der Nordsee. — Altlas der Strom-
versetzungen im indischen Ozean.
— Wind, Strom, Luft- und Wasser-
temperatur auf den Dampferwegen
des Mittelmeers. Von M. Eckert 298
GeographlHcher Unterricht.
Die Aufgabe der Schulgeographie.
Von Oberlehrer Dr. B, Bruhns
in Annaberg i. Erzgeb 657
Drei neue Methodiken des erdkund-
lichen Unterrichtes. Von Prof.
Dr. R. Langenbeck in Straß-
burg i. E 161
Neuigkeiten.
Geographische Vorlesungen im 8.-8.
i«o« «29 gftft
Qeographiache Vorle«angen im W -S.
1906/07 63:). 5>^8. 646
(leit^TapluKche Vorlegungen an der
.Akadeniii' in Posen .TT 297
Geographische Vorlertungeji an der
Handelshoch-iihule /u Berlin 414
Ordentliche Professur in Berlin 68
Ordentliche ProfoBsuren in Freiburg
und Heidelberg 686
Ordentliche Professur in Halle 468
Ordentliche Professur in München . . 297
Ordentliche ProfeMor in Münster . . . 171
Ordentliche Profeisur in Wien 897
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Inhalt
IX
Seit«
Professur an der Akademie fBr Han-
dels und Sozialwiuenschaften in
Frauklurt 171
Außerordentliche Professur in Leipzig 281
Außerordentliche Professur in Münster 585
Außerordentliche ProfeHSur in Rostock 535
HabiHtation in Berlin 231
Habilitation in Wien 297
Aufgabe der Professor in Rostock . . 468
Tenteetong in Münster 297
In-tittit für Mpprr'.>^knnde in Berlin.. 112
Topographische Übungen an der Uni-
▼«nitit Heidelberg 297
Rci-euntprstiitznnpen der Berliner
Karl Kitter -Stittung und der EgL
Akademie der Wieieiinhaften n
Berlin 680
Bücherbesprechnngen
Kraentzel, F. La Geographie dans
renfeignement moyen. Yon B.
Langenbeck 177
Pütz, W. Lehrbuch der vergleichen-
deii Erdbeechreibimg. von F.
Wagner 178
Pfitz' Leitfaden der vergleichenden
Erdbeaehnibung. 87. o. 88. Aull.
Völlig umgearbeitet von L. Neti-
mann. Von dema 66S
Seblemmer, K. Leitfkdeii der Erd-
kunde für höhere Lehranetalten.
S. Aufl. Von dems 661
Nieberdinga Sebulgeographie. Von
dems 178
E. T. äeydlitz' Geogzapbie. Aus-
gabe C: Orofies Lehroneh der Oeo-
graphie. Von Hch Fischer ... 116
E. V. Seidlitz* Geographie. Aus-
gabe D. Von P. Wagner 662
Heimatkunden zur Ergänzung der
Schulgeographie von £. v. Seyd-
litz Von L.Henkel U.G. Orcim 179
Wfinsebe, A. Schulgeogiaphie des
KGnigsreiches Sachsen. Von P.
Wagner 287
MAia,C]ir. Berg fmd Tal der Heimat.
Von dems 179
Clemenz, B. Heimatskunde de»
Stadt- und Landkreifie« Liegnitz.
Schulkarte dazu. Von K Pe ucker H56
Jenkner, H Rätsel aun Erd- und
Hiznmelskunde. Von A Kirchhoff 180
fieinze, H. Physische Geographie
Von P. Wagner 3öö
Waner« A. Sociale Erdkunde. Von
dem« 61. 717
Gruber, Chr. Wirt*chai tsgeographie
mit eingehender Berücksichtigang
Deutschunds. Von K. Hassert. . .355
WoUemann,A. Bedeutung und Aas-
tpcaebe der wichtigsten scholgeo-
>>raphiaeheB Manen. yoiiA.Kiroh-
hoff 180
I Seit«
Entgegnung auf Kirehhoffs Bespre-
chung meines Büchleins „Bedeu-
tung und Ausspräche der wichtig-
sten HcliiilgcographiieheB Namen^S
Von A. Wollemann 419
Kurze Erwiderung auf WoHi mauus
Entgegnnng. Von A. Kirchhoff. 476
Schlemmer, K. Geographieohe Na-
men. Von dema 697
Herberttton, A. J. The Junior Geo-
graphy. Von R. Langenbeck , S87
Hoch, Fr. Der Gletscher. Von
dems 18 t
Hoel/.elH Rassentypoii des Mauehen.
Von 0. Schoeteuuack 61
Diercke. Sohniwaadkarten. — Sclnil-
wandkartevonBerlin uDcU.'mgebang.
Von R. Langenbeck .. 866
Leipoldt, 0. und M. Kuhnert.
Pliysik.-poHt. Schulwandkarte von
Kuropa. Von R. Langenbeck.. 640
Leipoldt, G. Yerkehnikarte von
Mittel-Europa. Von dems 640
Rothaug- Umlauft. Schulwand-
karte des Ershenso^ftoms Osterreieh
uuUt der Ennn. \un (1 A. Lukas 476
Schulwandkarte der politischen
Bezirke Melk und Scheibbg. Von
R. Langenbeck . 477
Leipoldt, G. und M. Kuhnert.
W andkarte von Palästina bis zur
Zeit Christi Von A. Kirohhoff 686
Tereine vm4 TenmMlmqr^n*
Zeltaelurlftea.
Bemerkungen über die Zukunft
der deutschen (ico'j-i :ip}ifntaj.,'e.
Von Dr. Eduard Waguer in
Leipzig
Die Zukionft der deutechen Geo-
graphentage. Von Prof. Dr.
Willi üle in Halle a. 8. .
Neuigkeiten.
7H. Versammlung deutscher Naturfor-
scher und Ärzte 297.
X. bitemationaler (Jeologenkongreß
III. 298.
Intenuitiünaler KougreÜ für die Er-
forschung der Polargebiete
XV. Internationaler Amerikanisten-
Kongreß
Internationale ozeanische u. Fischerei-
At!^-fellun>; in Marseille
Kichthüfen-Tag 709
„Zeitschrift für Gletscherkunde** .... 848
VerötFentlichungen der Zeutralkom-
misäiou für wissenschaltliche Lan-
deskonde von Dentsehland 881
Mitteilungen der Opnirrajihischen Ge-
dellschaft in München 690
105
700
4(38
646
689
181
29s
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1
Inhalt
FentellehM.
Ferdinaiid TOn Biohfhofens Bedea-
teng für die Qeogn^lde. Von
Alfred Hettner i
HenniDIi v. Wissmann zum Ge-
dftchtnis. Von Gt-l). Heg. -Rat
Pirof. Dr. Alfred Kirchhotl in
Möolcaii b. Leipzig IS
Eduard Biditer. Von Ptof. Dr.
Georg A. Lukas inOra?. 1.>1.19S.96S
Elis^e Reclus' Leben und Wirken
(1830—1905). Von Prof. Dr.
Paul Girardin und Prof. Dr.
Jean Brunhes in Freiburg
(Sdkweix) «6
Neuigkeiten.
Herausgabe des Richthofeneoben
literarischen Nachlasses 641
Ludwig BrakebuBcb f 460
Karl V. Fritsch t 118
Karl Futterer f 231
Hermann Obst f 414
Bmil Schmidt f 709
Bfleberbespreehungen.
Enz en 8 p erger, J. Ein Bergateiger-
leben. Von £. Oberhnmmer . . . 174
Heso Btohor und Knrten*
6S. IIT. 181. m SOS. 867. 420 477. 541
ö'J«. 6Ö3. 718
Zeitgchri ftenHcheu.
Petermanns Mitteilungen 63. 117. 182. 2S9.
SOS. 868. 421. 479. 542. 699 t;r>4 719
QlobUB..6S. 118. 182. 2S9. 803. 368. 422
479. 542. 699. 654. 719
Deutsche Randschan für Geographie
undStntiatik 63. 118. ihh. 2:19. aus. :{.'>9
422. 479. 642. 699. Gäö 719
Zeitschrift für Schulgeographie ..(».■{.
188 239 303 359 422. 479 ')43. 600. 719
Geographischer Anzeiger ü3. 118. 183. 239
;i03. i-2-2. 479. 543. 600. 656. 719
Meteorologische Zeitechrit't IIh. ih3 289
303. 859. 422. 479. 64J. 699. G65. 719
ZeitiehriftfBrGewa88erkande289. 869. 548
Cons. pernian intemat. poiir l'oxplo-
ratiou de la mer ...U9. 240. 804. 644
Zaitaobrift fBr KdonislpoUtik, -reeht
u. •wirfeechaA...63 iis. is.i. 2:^9 303
869. 422. 479. 643. 600. 666
Zetticbxift der OeMllechaft fBr Erd-
kunde n Berlin 68. 118. ins. 239. 359
479. 543. 719
Deotwbe Erde... 118. 808 428. 648. 719
DeutBche Gecmnphische Blätter 803. 429
Mitteilongen 4MS Vereins für Erdkunde
in Dresden 118. 869
8«H«
Mitteilungen des Veieine lÜx Erdkunde
in Halle a. S 3u3. 666
Jahresbericht der Münehener Orien-
taüsf'^u ti riesellschaft 118
Mitteilungen der Geogr. Gesellschaft
in Haimrarg 889
Mitteilungen der Geogr. Oeeellaehnft
fOr Thüringen 666
Die Beteiligung DeoiecUeods en der
internationalen Mcere8forschung304. 666
Mitteilungen der k. k. Geographischen
OeseUsehnft in Wien 68. 808. 428. 479
64 3. 600
Abhandlungen der k. k. Geographi-
schen Oeselisehaft in Wien ... .68. 989
Mitteilungen des k. k. Militftigeogra-
pbisohen Institut« in Wien 648
Janresbericht derOeograpbiscb-Ethno-
graphischeu ( >• .^cll^cliaft in Zürich 808
Abrägä du Bull, etc de la Soci^tä Hon-
groise de Geographie 118
Ymer <i3 I8:i. ;;59. 643
Annales de Geographie 64. 188. 422. 643
666
La G^ogra^e (U. iis. 183. 240. 304. .">59
4-.'2. 479. 643. 665. 719
The Geograpbical Juurual 64. 118. 183
239. 304. 369. 422. 480. 64 ;i 600. 666. 719
The Seottisch Geographica! Magazine 64
118 188 239. 30 J. 360. 422. 480, 643
600. 666. 780
Sveoska I'inl.st Fcireaingens .XrsskriFt 350
The l^atiuual Geographie Magazine 64
118. 188. 840. 804. 860. 488. 480. 644.
655. 720
Bulletin of tbe .\merican Geographical
Sode^ 644
The Journal of Geograph v 119. 183. 240
36Ö. 422. 644. 720
Maryland Qeological Snnr^ 488
U. 8. Oeologieal Surr^ 64. 118. 488. 644
600
Boletin de la Soeiedad Geografica de
Lima .•104. 720
Boletin du Musen Goeldi (Paraensc)
de Historie natnral e Ethnographia 484
Aus vorBohiedeiien Zeit-schriften . . 64. 119
188. 240. 804. 360. 424. 480. 644. 600
666. 780
VonelchnlH der Tafeln.
6 Landschaftsbilder von Inseln de«
ftg^ischen Meeres I n. II
4 Laiirischaftsbildear von der anatoU-
sehen liiviera III
6 LandsohaAsbilder rom Horn . .IV n. V
8 Landsehaflsbilder von Dänemark
VI u. vn
6 Landsehaflsbilder von den Kanari-
schen Iiu^eln Vni
2 Kurveutateln der Abflußersctieinun-
gen Mittel-Europas IX
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fiEOGRAPHlSCllE ZEITSCHRIFT.
VON
Dr ALFRED HETTNER,
•s.)« (.KR .n:i.(!nAi'niK an i>kk < mvfi «m m in ri.Ki.nKKu.
ZWOLFTKK JAIIKUAKC. KliSTES HEFT.
NUT /NV
M StilMJKHKN AM -lANUAU.
.N Ii. EU BN KU.
Inhalt des ersten Heftes,
'Fi-rdinaiid von Riebt Iiot'eris Uedi'utunfr tiir iWv < H'oirruphie. \'nn
Allr.-.l Ilftlncr 1
IK-rmaiin v. Wissnianu /.um < iudiklitnis. Von iivU. Htg.-Kal l'iul.
I>t*. Alfred Kirehhoft* in Moc^kau b./Leipzic; . .12
l 'it' Lchro von d«r Kuj^elgeslalt der Krde im iVlttrtum. \ orli iig, gciiallt-n
im Vereiu für Erdkuu«ie in HaHo. Von Hugo lierger f , . . -'0
IiishItj dt'S iigiiischt'n Mreros. Eine lHndsclianiit'li«> Skizzi'. Von Prof. Dr. Karl
8 Upper in 'l'ilbingpn. Mit T) Landschattsbildorn aaf TalVl 1 ii. 2 :iS
'/.iir Hydrographie des K:ir«;1s \'nn Priv.'itdnzent Hr. Knrl Opstrcirli
ui Muri)urg a L
< «eographische Neuigkeiten:
Asieu. Kranzösischo arcbAolofciüche Ex|ie(lilioii mch ZfMitralasioii 4^)
Alrik.i. Klye SRinte- Maries Krkiiiidijrunfcsrüisö in «lio wcstlicbo Saliara. —
Yvrliiiiduii); iwisclion Nifror-Tscbiidsoo-Nil 4'.^
AustrAlion iiu«) RustraliscUo Iiisolii. Ileriii. Wn);nors Bericht Uber das
SanioR- Obscrvitoriinn M
SQiianifjrikA. Frhr. KrlAiid v. NordünskjOlds Reiscu in Peru um! Rolivion M
N or J-l'olar^ Ofrendoti. Aniandscna Nordp<)l.irux]>o<litioii. — Aufkblruiig dor
Str'minitfsvcrh<tii-^e im nArdlicht'ii l'isiiieor r»l
n 1 I'o lartreKontlM: ArVi Aa-'- Wr^ )i Sl" nr v ^tomatiscboii Krforscbunjr
r Poiarrugioiien 52
Meuro. Ai^nasix' i uiHut'!ui.scli>iu^cii im <.>&UicliL'ti K^lillou O.vAti 52
(icii^rapbiscbor rnterricbt. Hcsctxuug der nrdeullicben l'rnfi'ssiir ; ■ I rl 58
fcuudo an dor l'iii* er>it:U Herliii r»y
Bücberbesprechungen :
Roicb, O. Karl lernst Adulf von IIulV, <ler liabiibr'') her moJi-mer Geologie.
Von J. Waltber !
Trnbert, W. Kliinatolugrio und MottiordoRie. Von H, Ureini ;» .
Wobor, L. Wind und Wolter. Von W. Mt-inar-liiH .... 54
Au f s" 0, (»., Freiherr vuu und ru. Di>.> physikali«« heu Kigensi-hiiltf» dor S. . i,. * . . v lu M
Eicbhnite, Tli. KntwickluKg der I.iiinlpolitik. Von S. Pa^Rariie .... 55
Ilnbuer,Ü. lieugrapliiscb-sUtttHti.si lio Tal'Ollen aller i-An lcr d^r Erde. Von A.Uettuer 55
llandVncii diT Wirtücbnftskiindo UittteclilxnilH. Vini F. Halm. .... 55
f Kortüctxuuff nur drr Torh'lslen Nrllr il<>s rMis«-lilii{r<(.]
Künftighin werden Verölfentlicbungen jeder Art (Bücher,
l»i.HHfrtiitionen. Progra ninif . Karten u. a.i uuBnabmslos nur dann al.s
'•rschieneii erwähnt worden ki>nnen, wenn .sie der Geopra]»li i.Mcben
/.'•itacbrift ei ntreschickt wor<len sind.
c;,i.' (jJeojjraph. - • i.'- /.i i i 1.1 . . : »sr'ii.iii luil.i 'Iii iiv-
IbMHu . d*ror. hr. All"r<.'d lletiner in Heidelberg, Zio^elbiinser Lund-
-tralie It»), ili'itrii<,'e zu ilen gtoj.'raphipchcn Neuigkeiten an Dr .\ugust Fitzuu,
' 15, Liilir.-'traß«' 1*J, erbeten. Aufsi'itze werden mit CO Mk. fiir den Druck-
von Ifi Seiten, HrdtrilKe zu den Neuigkeiten nüt 2 .Mk. für die .Spalte
lionoriert; das Honorar der Karten und Abbildungen bleibt der Vor-
■ ilielialten ^ ' ' • w«-rd»'n den Ht-rren Vt-rfaHsem von .Xiif • ■ v.>\
■n vni! N iiinl Uf'Ki>reclningi'n SS(inik*rabdni<'k»' I 'i
IUI . ere Anzahl auf Wunsch zu den Uer^t'llu!
ij.mu'i uiiu i\. Ilten, d» • ' • ' 'in;^' in der (.Teogruplii- i cii /....; ■
■i'oirriTiocht wird, sind an die ^ udhing B. (J. TiMibner, Leipzig, 1
i'inzuschicken. LiefeningHwcrko können im allgemeinen erst narli ihrem
hcn wt ' '
Lpbinrhe Zeiticbrift erscheint jührlieh in 12 MonatsL
•i; der Abi ' • haiiijiii*rU'.li
Ihink u!m1 Nfrlai; von \i. (•'. h'iilnHT in l.oipziir, Po.stslr. Ii.
Ferdinand von Riehthofens Bedeotang flr die Geo^apUe.
Von Alfred Hettner.
Am 6. Oktober t. J. ist uns Ferdinand von Richthofen dnroh den Tod
entrissen worden, der anerkannte Führer und Meister der wissenschaftlichen
Geographie nicht nur in Deutschland, sondern überhaupt Eine ausführliche
Würdigung seiner Persönlichkeit und seiner Bedeutung soll der Feder des-
jenigen seiner Schüler vorbehalten bleiben, der mehr als ein anderer in den-
selben Bahnen der Forschung gewandelt ist; aber am Beginn des neuen
Jahres, des ersten, in das wir uhno ihn eintreten, ziemt es sich, seiner zu
gedenken und uns bewußt zu werden, was er uns gewesen ist, was wir an
ihm verloren haben. Die Gefühle persönlicher Verehrung und Dankbarkeit
gehören nicht hkriMr; in MldiQbteB Worten aoll seine wfeawieriiaftliAe B«-
demtong iimTiiiiMWi weiden«
Biditliofen war Ton Haus tm Geolog. Nach dem AbooUiiß seines
ümremtfttsstndinnis hegaon er, teilweise im Dienste der HHener geologiscben
Beidisattstalt» mit eigenen Anfiialuiearbeiten in den Alpen, namentUoh in Sfid*
Tirol nnd Vorarlberg, später in den Karpaten. Sdion diese Jvgendarbeiten
sengen von einer ungewöhnlichen Beobachtungsgabe und einer erstaunlichen
Kflhnheit und Sicherheit wissenschaftlichen Schließens; sowohl die Beobaoh-
tungen wie die daran geknüpften Hypothesen sind durch die spätere Forschung
in allen wesentlichen Punkten bestätigt worden. In seiner ersten Arbeit über
den Bregenzer Wald wies er dessen nahe Beziehung zu den Appenzeller
Kalk- Alpen nach und bemerkte? gleichzeitig auch schon die Bedeutung der
Kheinlinie als einer Grenze zwischen zwei verschieden gebauten Teilen der
Alpen. In seiner geognostischen Beschreibung der Umgegend von Predazzu
gab er ein klares Bild der Porphyrplatte von Bosen und fkftte in genislsr
Intoition die Dolmnitberge Sttd-l^ls als alte KoraUenriffb aul Die ünter^
sndiangen in den Karpaten legten den Grund m seiner Aufifassung der
Altersfolge der jungen EruptiTgesteine, die er splter ToUständiger duro|ige-
büdet bat
Im Jahre 1860 schloß sich Richthofen der preuffiseben Expedition an,
die unter der FObrung des Grafen Friedrich Eolenburg nach China, Japan
und Siam ging, um Handelsyertrftge mit diesen Staaten abzuschließen; nach
der Heimkehr dieser Expedition filhrte er Reisen auf eigene Hand aus; erst
1872, nach 12 jähriger Abwesenheit, kehrte er in die Heimat zurück- Er
hat auf diesen Reisen große Teile Hintor-lndiens und der indischen Inselwelt,
Chinas und Japans und des Kordillerenlandcs von Nordamerika gründli( h
kennen gelernt, öie haben ihn zum großen Forschungsreiscndeu gemacht
«•flf FW*«fc> SellMhrifk. M. ttiugmng. MOS. 1. Hclt 1
Digitized by Google
2
Alfred Hettner:
Richthoten ist als Reiseuder passend mit Alexander von Humboldt vir-
glichen worden: er gleicht ihm nicht nur darin, daß die Reisen und die rei-
di«n auf Umesi gesammelteii Erfdinuig»ii den Gnrad fllr die eigene wissen-
scbaftfiebe Tltigkeit der sp&teren Jabre gelegi habeit; beider Beisen sind viel»
mehr auch für andere rorbildlich geworden und haben neue Ären derFormdiunge-
reiten begrflndet. Humboldt hatte awar Vorl&nfor gdiabt, er war nicht der
eiate, aber doch der größte wissenschaftliche und im besonderen geographische
Forschungsreisendc: die Bedeutung seiner Reisen für die Geographie besteht
darin, daß seine Aufmerksamkeit nie Uoß auf die einzelnen natargesohieht^
liehen Tatsachen gerichtet war, sondern daß er sie immer im Zusammenhang
mit der gan/on Landesnatur auffaßte, und daß er vollendete geographische
Charakterbilder ganzer Liindcr schuf. Die hervorragenderen Forschungs-
reiseuden der folgenden Jahr/ehnte sind in seinen Bahnen gewandelt. Auch
bei Richthüfeu ist die Nachahmung Humboldts in dem Strcl)eu nach grulier
geographischer Auffassung unverkennbar. Aber dies Streben nimmt bei ihm
eine besondere Richtung an. Auf der einen Seite legt er sich größere Be«
schrSnkung auf; eine Allseitigkeit, wie sie Humboldt erstrebt und im ganien
auch eireidit hatte, war hfi der größeren Ausbildung der einseinen Wissen-*
scfaaftsswmge mdit mehr mOglidi. Biehlhofen hat wohl gdegentlich bota-
nisch und xoologisch gesammelt, aber das lag auBerhalb seiner eigent-
lioben Fofsofanngstätigkttt, und auch von astnmomisohai Beobachtungen hat
er sich femgehalten, um sich nicht zu zersplittern. Seine eigentliche Auf-
gabe sah er in der Aufnahme von Routenkarten, bei denen die gute Auf-
ikssung des GelUndes die Hauptsache war, in der wissenschaftliehen üntei>
suchung des Gebirgshaus und der Oberflächengestaltung der Länder, sowie
in der Auffassung der Abhängigkeit der Siedelungen und des Verkehrs der
Menschen von jenen. In dieser Beschrilnkung aber hat er die Aufgabe viel
tiefer als irgend ein nnderer vor ihm erfaßt; Länder, die bis dahin fast un^
bekannt waren, hat er in den Hauptzügen ihrer 2satur ins helle Licht wissen-
schaftlich-geographischer Erkenntnis gerückt. Mit dieser neuen Methode
wissenschaftlicher Forsdrangsreisen hat er, wie Humboldt, Schule gemadit.
Waren bis dahin die natnrwissenschaftlidien Bdsenden hauptsftchlich Bota*
niker oder Zoologen oder auch Geologen gewesen, hatten dagegen Geographen
sich nur als Entdeckungsrosrade betätigt, und hatte man die eigenÜiche
Aufgabe eines geographischen Forschungsreisenden geradezu in topographischeQ
Aufnahmen gesehen, so wurde jetzt die Auffassung der Erdoberfläche ala
BolchMr, namentlich des Baus und der Form der festen Erdoberfläche, zu
einem selbständigen ForschungsgQgrastaud wissenschaftlicher Reisender; die
geographische I-'orschung, die bis dahin in der Stube geblieben war, ging
jetzt in die Natur selbst hinaus, setzte mit eigener Beobaehtungsarbeit ein.
Wir verdanken es im wesentliehcn Richthüfeu, daß es für jüngere (leographea
fast selbst ver>ländli( h geworden ist, Beobachtuugeu im F«'lde an/.ustellen und
womöglich auf einige Jahre in fremden Ländern zu reisen, um sich dort
nicht nur mit Anschauung zu sättigen, sondern um selbst zu forschen. Die
grofien Fortschritte, die wir in den lotsten Jahnehnten in der tieferen wissen-
schaftlichen Auffassung der meisten Länder der Erde gemacht haben, sind
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Ferdinand voo Riehthofen« Bedentung ffir die Oeegr^phie. 3
nattriioh durch die moderne Ausbildung des Verkehrswesens sehr erleichtert,
aber durch Richthofens Rei*:piel und Lehre veranlaßt worden. Richthofen
selbst ist allen jüng^eren Forschutipsreisondeu ein bereitwilliger und erfahrener
Berater gewesen; es läßt sich scliwer ennessen, wie großen Nutzen er durch
solchen Rat gestiftet hat. Und w«'it über den Rahmen persönli( her Anregung
hinans hat er die Tätigkeit der wissenschaftlichen Reiseudeu durch seine vor-
zügliche Anleitung zu Beobachtungen über Geologie und physische Geographie
in Nemnayen Anleitong und dann durch die erweiterte Benrbeitiuig in seinem
Ftlhrer fOr Foisdrangsreisende befrachtet
Bichihofen hat nnr einen Tal, man muß wohl sagen, nur einen kleinen
Teil der Eigebnieae seiner Reisen veröffentlidit. Leider hat er — > er selbst
hat das in spftteren Jahren oft bedaaert — keine snsammenhftngende Schil-
demng seiner Reisen gegeben, die bei seiner vorzüglichen Beobachtungsgabe,
seinem offenen Sinn auch für das Menschliche, seiner Gabe edler Darstellung
wahrscheinlich zu den klassischen Reisebeschreibungen gehört haben würde.
Ein ferti^'t'S Maniiskri]>t. das eine gemeinverständliche Dürstellung der Insel
Java enthielt, ist wiihrt'nd seiner Reisen im Inneren Chinas von einem Speicher
in Schan\j^hai, wohin er es zur Aufbewahrung gegeben hatte, t^f stuhlen worden.
Aus seinen Beobachtungen in Nordamerika hat er nur die iKMioutsame Studie
über die Altersfolge der Eruptivgesteine und eine Arbeit über die kaliforni-
schen Goldlagerstätten veröffentlicht. Seine Beobachtungen in den meisten
der Ton ihm bereisten asiatischen Linder haben nur gelegentliche Verwertang
in snnen Vorlesungen, in seinem Fflhrer Ar Forsehungsreisendef in der im
ersten Bande seines Werkes über China enthaUenen geographischen Übersicht
Anens und in einsdnoi Auftfttaen, wie noch neuerdings in den tief durch*
dachten BeitrSgoi zur Morphologie Ost-Asiens, geflmden. Nur die Beobach-
tungen Ober Nord-China hat er im zweiten Bande seines Werkes über China
8y9tematisch /.usammengefaßt. Noch in den letzten Jahren hat er fleißig ara
dritten Bande gearbeitet, der Süd -China enthalten sollte; hoffentlich ist die
Arbeit genügend gefordert, um wenigstens teilweise verriffentlicht zu wer-
den. Vielleicht wird fS auch möglich sein, seinen 'I'aü'eln'irhern wenigstens
einzelne Abschnitte über du» Geographie der aiuleren bereisten Länder zu
entnehmen. Aber aucli so, da so vieles unveröÜentlicht gebliel)en ist, kann
man sagen, daß wenige Reisen so reichen wissenschaftlichen Ertrag gebracht
haben, und daß die wissenschaftliche Kenntnis Asiens wohl durch keinen
anderen so gefördert worden ist, wie durch Richthofen. Die geographische
Übenidit Asiens und im besonderen Centrai-Asiens, die er, eigene und frraide
Beobaehtnngen msammenfassend, in der ersten Hftlfte des 'ersten Bandes
seine« Chinaweikes gegeben hat, bedeutet sowohl in der Auf&ssung des Ge-
hiigsbaus wie durch die AulEusung des ünterschiedes der centralen und der
penpbenschen Landschaften einen wesentlichen Fortschritt über die Uhnliche
Zusammenfassung unserer Kenntnisse hinaus, die Alexander von Humboldt
33 Jahre früher entworfen hatte. Die physische Geographie Chinas ist TOn
Ünn, fast kann man sagen, überhaupt erfrt begründet worden.
Aber die wissenschaltliche Tragweite von Richtbofens Forschungen er-
streckt sich weit über die Geograx>hie Central- und Ost -Asiens hinaus. Er
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Alfred Hettner:
selbst hat an vielen Stellon auf die Analogien hingewiesen, welche die Aus-
bildung anderer Teile Asiens und anderer Erdteile mit diesen LUndem zeigt,
und noch mehr haben dftnn andere die Richfhofenschen Forschungen und
Fondiungsmetbod«! auf die flbrigen Erdrftiime angewandt Ein Strom nenm
geistigen Lebens ist yon ihm ausgegangen und hat die Oeographie befruchtet.
Der Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Bedeutung liegt in der Hör*
phologie der festen Erdobsifliohe. AuBer dem gröBersn Teile seiner asiati-
schen'Arbeiten ist ihr namentlich sein Artikel in Neumayers Anleitung und
sein Führer fQr Forschnngsrsisende gewidmet, die beide eine weit über eine
unmittelbare Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen hinausgehende
Bedeutung haben und eine große Zahl Ausführungen von originellem wissen-
schaftlichem Werte enthalten. Die Morphologie der festen Erdoberfläche bil-
dete auch den Hauptinhalt der schönen Vorlesungen, die er Vergleichende
Übersicht der Kontinente betitelte. Sein Interesse war ebenso dem inneren
Bau wie der oberflüchlichen Unilnldiiui,' der festen Erdrinde zugewandt. Die
Kenntnis des inneren Baus hat er nicht nur durch seine klare Darstellung
der asiatischen Gebirge, sondern auch durch allgemeine Theorien, wie die
Unterscheidung homOomorpher und heteromor|^er Faltengebirge und die
Theorie der ZerrungsbOgen, bereichert Aber hierin steht er neben anderen
und tritt wohl hinter dem tou ihm hochTcrehrten Bdnard Sueß surfUdtf der
diesem Wissenssweige seine ganse Lebenskraft gewidmet hat In der Auf-
fassung der oberflächlichen Umbildung der Erdrinde dag^n ist er dsr Fflhrer
und Meister. Er hat sie überhaupt erst zu einem selbständigen Zweig der
Wissenschaft gemacht. Die englischen Geologen hatten wohl seit Hutton,
Playfair und Lyell den umbildenden Vorgängen der Erdoberfläche ihre
Aufmerksamkeit geschenkt und daraus die Formen der Erdoberfläche zu er-
klären versucht; aber sie waren dal)ei doch in einer gewissen Einseitigkeit
verharrt, da sie bei diesen ünttrsuchungen fast ganz im Rahmen der Er-
klärung ihres Heimatlandes geblieben und über gewisse Allgemeinheiten nicht
hinausgekommen waren. Die deutscheu Geologen waren entweder Petro-
graphen oder Stratigraphen und standen den Problemen der Geomorphologie
siemlich teilnahmlos gegenflber. ]>iese Fkobleme waren in Deutschland eben
erst durch die alpinen Tal- und Seestudien des Anatomen Bütimeyer (1809)
und durch Pescheis neue Ftobleme der Tergleichenden Erdkunde (1867)
eingefllhrt worden; aber jsne standen isoliert, diese waren durch ihn auf
vergleichendes Karten- und Literaturstudium begründete Methode wohl sa
einer Zusammenftssung bisher gewonnener Ergebnisse, nicht aber zu selb-
ständiger neuer Forschung geeignet Bichthofen hat seine Untersuchungen
auf die unmittelbare Beobachtung in der Natur begründet, hat seine Schlüsse
durch kluge und oft geniale Interpretation der Beobachtungen oder auch
durch umsii'litige vergleieheudo Untersuchung innerhalb seines Reise- und
Beobachtungsgebietes gewonnen und erst danach ihre Bestätigung durch die
Anwendung der vergleichenden Methode über gi-öüere Erdriiume hin gesucht.
Er hat sie dadurch zu eiuem Gegenstände fruchtbarer Einzelarbeit gemacht.
Auch im einzelneu hat er die Methoden ausgebildet und das Yerstftndnis für
die Aultonng der Vorgänge geschärft; namentlich durch die sielbewuBte
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Ferdinftnd von Biehthofent fiedentnng für die Geographie.
6
Aufstollunp natiirlichpr, fl. h. nicht auf einzelne, sondern auf alle Merkmale
begiiindeter Typen, deren sich die geographische Wissenschaft bis dahin nur
weiazelt bedient hatte, hat er einen gangbaren Weg der wissenschaftlichen
(äankteristik imd der geneliaehflii Betnuihiiuig dw Bodenfonnen uod Boden-
ttten gewiesen. Die Morpholo^e der feeten Erdoberflftcbe hat durch ihn
«in festes wissenschsftlicheB Oeprilge bekommen; eine geographische Boden-
knnde ist flberhanpt erst von ihm begrttndet w<»den.
Ans der großen Zahl neuer AnfGummgen, mit denen er die wissenschaft-
liche Kenntnis der festen Erdoberfiftche bereichert hat, können hier nur die
wichtigsten hervorgehoben werden. Zu ihnen ptluht die an Ramsay an-
knüpfende Theorie der Entstehung der Kiimpfflächen durch marine Abrasion.
Es ist zum mindesten fraglich, ob sich diese Theorie in dem Umfange an-
wenden läßt, wie es Richthofeu ursprünglicii geglaubt hat — er selbst hat
luletzt nicht mehr an der allgemeinen Anwendbarkeit dieser Erklärung fest-
pehalten — , und ob nicht die meisten Ruin])fflächen vielmehr festländisch, sub-
Rerisch entstanden sind: aber sie hat eines der größten und auffallendsten
Formgebilde der festen Erdrinde überhaupt klar auffassen gelehrt und hat für
«ine Ansahl von kleineren, kflstennahen BumpfBKchen wohl auch das Richtige
getroffen. Von großer Bedeutung ist die Aufstdlung des Typus der Biaskflsten,
die er besonders im sfldlichen China -kennen gelernt hatte , und ihre klare
Ustencbeidnng Tom den I|jordkilsten, mit denen sie Yielfaeh xnsammengeworfen
woiden waren, von denen sie sich aber durch das Fehlen glacialer Umbildung
usterscheiden. Bichthofen dehnte Oberhaupt die genetische Betrachtung, der
man bisher nur einzelne Küstenformen unterzogt hatte, auf alle Küsten aus.
In ähnlicher Weise behandelte er auch die Formen und Bodenailen der Land-
obeiHäcbe. Oleich am Anfang seiner asiatischen Reise lernte er die in den
Tropen so verbreitete Bodenart des Laterits kennen; er erkannte, daß sie ein
Verwitteriingsprodukt verschiedener Gesteine sein kihine, und daß l)ei ibrer Ent-
stehung das Klima eine gr«"*ßere Rolle als die fJesteinsbeschaffenheit spiele.
Seine fruchtbarste wissenschaftliche Entdeckung ist aber wohl die Auffassung
der Bodengestaltang und i3odenhilduDg in den großen Trockengebieten der
firde. Wahrend man bis dahin eigentlich nur die Teraehiedenhdt der Boden-
gestaltung nach dem Gebirgsbau und der Oesteinsxusanunensetsung, nieht
aber ihre Versehiedenheit nach der Verschiedenheit der umbildenden Krftfte
beaehtet hatte — denn die Untersuchung der glacialen Bodengestaltung lag
damals noch in den Windeln wies Bichthofen die Abhftngigkeit der
bodengestaltenden Vorgänge von der Feuchtigkeit oder Trockenheit des Klimas
und namentlich von dem \'orhanden8ein oder Fehlen eines Abflusses zum
Meere nach. Im ein/.eluen ist auch in dieser Theorie noch manches um-
stritten und zweifelhaft; aber die Entstehung von HochfiUchen durch Auf-
v-hüttung in abflußlosen Gebieten, die Anreiclierung des Salzes im Bereiche
überwieg :nder Verdunstung, die Ablagerung von Staub in den Steppen, die
Anflaiisung der Lößlandschaften als ehemaliger Steppengebiete sind große
wissenschaftliche Errungenschaften, die jetzt wohl als ziemlich sicher ange-
sehen werden können. Alle späteren Arbeiten über die Denudation in der
Wflite knflpfen nnmittelhKr hieran an: aber auch die AufPassung der Boden-
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Alfred Hettner:
gestaltung ia feacbten KUmaton ist gerade durch die Erkenntnis der eo gans
anderen Bodengestaltnng in Trockengebieten weeentlidi geffodert wordou
Wenn auch Biehtliofens grSBte wiesenBchaftliche Leietungen in der ünter*
sochni^ der festen Eidoberflicbe liegen, so ist es doch nur ein Yorarteil,
daß er eigentlich immer Geolog geblieben sei und die Geographie gaai ins
geologische Fahrwasser gedrängt habe. Er war als Geolog hinausgegangen,
ist aber als Geograph heimgekehrt. Seine Untersuchungen haben auch die
Geologie in reichem Maße befruchtet, wie die meisten Geologen dankbar
anerkennen: ihre gnißte Bt^dentung jodoch haben sie, durch die stetige Ver-
folgung der geograpliisclien N'erbreitung und die stetige Beachtung des ur-
sächlirhen Zusamnieuhaugt'^ der Erscheinungen der festen Erdoberflüche mit
den anderen tellurischen Faktoren, für die (ieograpliie gewonnen. Richthofen
hat sich wohl immer mit einem gewissen ätolz meiner geologischen Herkunft
erinnert, durch die er sich vor oberflächlicher Anwendung geologischer Me-
thoden und Theorien bewahrt fühlte: aber seine Aufißusung wissenMhaflUdber
Probleme war ganz geographisch geworden. Schon in seinem W«rke Aber
China, dessen Schwergewicht ja in den Untersuchungen Uber die feste Erd-
oberflftehe liegt, und das bei der lütteUung der Beisebeobachtnngen teilweise
ins rein Geologische ttbergreift, und noch mehr in einseinen Aufsitaen und
in seinen Vorlesungen ist er auch den übrigen geographischen Erscheinungen,
dem Klima, der Pflanzenwelt und namentlich den Siedelungs-, Verkehrs- und
Erwerbsvtrhältnissen des Menschen, durchaus gerecht geworden. Seine zu-
sammenfu>sende Darstellung Chinas, des Landes der 18 Provinzen, im ein-
leitenden Kapitel des /unten Bandes von (Jhiua ist ein Kabinettstück der
geographischen Charakteristik ein<'.s Tjatides.
Es ist oft die Ansicht ausgesprochen worden, daß Ratzel, der den
Namen Anthropogeographie geprägt und eine ideenreiche Einleitung in die
Anthropogeographie geschrieben, der sie auch später mit mehreren größeren
Werken und zahlreidhen kleineren Arbeiten befruohtot hat, diese flbeihaupt
erst ids einen neuen Zweig der Geographie geschaffen habe. Das ist ein
merkwürdiges Mißverstftndnis. Die Geographie des Mensdhen ist doch
schon von Humboldt und Bitter gepflegt worden; eine Anzahl Bitter^
scher Schüler, Mendelssohn, Kapp, Kohl, Kriegk u. a., haben gedankenreidie
Studien über die Geographie des Menschrti veröffentlicht, Peschel hat
schon in den neuen Problemen, besonders aber in den Autsilt/.en, die dann
in die Völkerkunde übernommen worden sind, eine Anzahl der wichtigsten
antbropogeographischen Themata enirtert, Karl Neumann, Kirchhotf u. a.
haben die geograjdiischen Erscheinungen des Menschen in ihren Vorlesungen
nicht in der äußerlichen Weise der statistischen Lehrbücher, sondern wissen-
schaftlich-kausal behandelt, und auch Kichthoten hat schon vor dem Erscheinen
von Ratzels Anthropogeographie im ersten Bande seines Chinawerkes eine in
ihrer Art klassische anthropogeographische üntersnchung der grofien asiatisohen
Völkerwanderungen gcgeboi. Im Sinne dieser Untersuchung, groflenteils ans
dem reidien Schatze der auf seinen Belsen gesammelten Erfahrungen schöpfend,
hat er auch sfAter die Geographie des Menschm durch viele wertvolle Beiträge
geftlrdert Wer au lesen versteht, wird in seinem Fahrer für Forschungsrdaende
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Ferdinand von ßickthofens Bedeutaug für die Geographie. 7
eine Fülle von Anregung und Belehrung aW die Abhftngigkeit des Ifenselien
vom Boden finden. Der An&nts über den Frieden von Schimonoeeld, den er die
Gate hntte, fttr das erste Heft dieser Zeitsdirift ni schreiben, ist fOr meine
Snpfindong eine der sehönsten politisch- geographischen Studien, die ttbet^
haopt geschrieben worden sind. Von der großartigen Auffassung seines Vor-
trages über den Verkehr in China sind alle Teilnehmer des Breslauer
Geograpbentages begeistert gewesen. Sein KoUeg über die Geographie der
Siedelung und des Verkehrs soll eines seiner sf'hönston Kollegien gewesen
sein. Es ist daher durchaus irrtümlich, wenn man ihm Gegnerschaft oder
auch nur mangelndes Verständnis für die (leogi-aphie dos Menschen zuschreibt.
Fremd blieben ihm nur die ganz ins Allgemeine gehenden, die Berührung
mit den Tatsachen der Erdobertlüche verlierenden Betrachtungen über die
r&amlichea Verhältnisse der menschlichen Erscheinungen; ihnen hat er ziem-
lidi skeptisch gegenüber gestanden. Auch in der Geographie des Menschen
mdite er immer den Zusammenhang mit dem Boden. Seine anthropogeogra-
pluichen Lsistongen hingen «ig mit seinor vortieften Auffossung der Ober-
ffikhenfonnen und der Bodenbesohaflfonheit zusammen; die genetische Aufifas-
nag der KAsten ermöglichte ihm andi eine Würdigung der Terschiedenen
Ensteu nach ihrem Verkehrswert, die sdiaife Auffsasung der Steppmi und
Wüsten zeigte ihm die natürlichen Bedingungen der Völkerwanderungen, die
deutliche Anschauung der Natur der Oasen lehrte ihn den eigentümlichen
Charakter der Oasenkulturen verstehen, die Auffassung der großen Bnich-
linien Ostasiens verband sich mit einer Auffassung von deren verkehrsgeo-
graphischen Wirkungen. Es mag gern zugestanden werden, daß er manchen
Teilen der Geographie des Menschen, besonder.s den Fragen der Verbreitung
der Kulturgüter in ihrer Abhängigkeit von der geogiaphischen Lage und vom
Verkehr, in deren Aufhellung ja die größten Verdienste Katzeis liegen,
nur geringe Aufmerksamkeit zugewendet hat; aber die Erkenntnis der Siede-
hmgsweise, des Verkehrs, der wtrtsohafüichen Produktion in ihrer Abhängig-
keit Ton den unmittelbaren Bedingungen des Bedras hat er wesentiich ge-
fSrdsrt, und über seme eigenen Untersocbungsn hinaus den Sinn für deren
geographische Anffhswing geweckt und gebildet
Wenn ein Mann in reifen Jahren unter dem Einfluß großer Eindrücke
aus einer Wissenschaft in die andere übertritt, und zwar in eine Wissenschaft,
die noch kein festes wissenschaftliches GefiOge hat, sondern in einer Periode
des Sturmes und Dranges steht, wenn er berufen wird, als Universitätslehrer
in iliespr Wissenschaft zu wirken, so fühlt er das Bedürfnis, sich und anderen
über düs W^sen un<l die Aufgaben dieser Wissenschaft Kechenschaft abzulegen.
Richthot' ens methodische Auflassung ist teils durch die Autoritält seines
N'amen^, hauptsächlich al;cr durch das innere (lewicht seiner Gründe für die
Sftnerc Entwicklung der Geographie maßgebend geworden. Die Geographie
^ schon bei Ritter selbst und noch mehr in der Ritterschen Schule all-
■lUieh vetknOohert, war in besohreibender und oft siemlich oberflficUicker
Dsntellnog der Natur der lAnder und einer mehr oder weniger teleologischen
Wfer^guig des Einflusses der Natur auf den Menschen stecken geblieben.
Pssdnl hatte die physisdie Geographie, die inswischen bei den Natuiv
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Alfred Hettner:
wissemdutftMi und von den natorwisseoBdiafUiditii Beiwndeii gepflegt worden
wmr, in die qrstflnmtisdhe Geogisplde «ingeftthrt und damit eine Periode neaoi
wiMensohaftliohen Leben« in der Geogfnpbie begiündei Aber er hatte den
richtigen methodischen Standpunkt nicht zu finden vermocht; die Geographie
war dadurch, daß er sie als eine allgemeine Erdwisseneehaft aoffaßtc, weit
fiber den Rahmen einer möglichen WiaMneohaft hinausgewachsen, sie hatte
andere selbständige Wissenschaften in sich aufnehmen wollen und dadurch
Klarheit und Bestimmtheit der Aufgabe und Methode verloren. Diesem Über-
sehwang gegenüber erhob Richthofen im Schlußworte flos ersten Bandes seines
Chinawerkes einen enisten Mahnruf zu woiser ^>elbstbeschränkung und stellte
statt des ganzen Erdballs die Erdoberfläche als eigentlichen Gegenstand der
Geographie hin; wenn er dabei über Peschel auf Ritter zurückwies, so
konnte das bei ihm nat&rlich nicht Blickkehr zu einer einseitig auf den
Menadien zugespitzten Betraobtnngswdse, sondein nnr Bflckkehr mr Llnder-
konde ala der eigentlidien Aufgabe der Geographie bedeuten. Im einxdbien
war aeine Anflaasang noch einseitig, nooh siemlich ttaric dordi seine geo-
logiaohe Herkunft bestimmt; die ünteisoehung der festen Erdrinde stend noch
gaas im Vordergründe, die übrigen Erscheinungskreise der Erdoherfllobe
sollten nnr in ihrer Abhängigkeit von der festen Erdrinde einen Gegenstand
der Geographie bilden. Nachdem er einige Jahre lang im akademischen
Lehrberuf gewirkt hatte und dadurch in die Notwendigkeit versetzt wor-
den war, über das Bedürfnis der eigenen Forschung hinaus sich über
das ganze Gebiet der Wissenschaft auszubreiten, hat er diese Einseitigkeit
überwunden. Auf den ersten Blick scheint zwar die Definition der Geograpliie,
die er in seiner Leipziger Antrittsrede gibt, dieselbe wie im Schlußwort
seines Chinawerkes zu sein; aber tatsächlich ist sie anders geworden. Die
Geographie wird auch hier wieder als die Lehre von der Erdoberfläche be-
stimmt; aber Erdoberfllehe bedeutet hier nicht mehr die feste Erdrinde
aDetn, sondeni die Gesamtheit aller Erscheinungen der anorganischen und
Olganischen Natur und des menschlichen Lebens, die sich an der Erdober-
fllehe abspielen. Der festen Erdrinde ist hier ihre dominierende Stellung
genommen f sie steht nur gleichberechtigt neben den anderen Erscheinungs-
reihen, der Gesichtspunkt der örtlichen Verteilung, der chorologische Ge-
sichtspunkt, ist in den Vordergrund gerfldiit und erscheint als das wesent-
liche Merkmal geographischer Beti-achtnngsweise. Die Geographie ist nicht
eine allgemeine Erdwisseuschaft , weshalb Richthofen auch den Namen Erd-
kunde lieber vermeidet, sondern die chorologische Wissenschaft von der Erde,
d. h. die Kenntnis der verschiedenen Erdrftume und der Erdoberfläche als
eines Komplexes von Erdräumen. Diese Leipziger Antrittsrede Richthofeus
ist das Programm der neueren Geographie geworden. Zwar wird diese auch
heute noch oft genug als allgemeine Erdkunde definiert, aber tatoiohlich ist
die geographische Forschung und Lehre seitdem immer mehr in den engeren
Kreis ehorologiseher Fcndinng siirQckgekehrt, hat sich ein bestimmtes Ariteita-
gebiet mit flbersehbaven Zielen und Methoden geschaffen.
Am unmittelbarsten ist Bichthofens Tätigkeit seinen akademischen
flcfafllem an gute gekommen, ja riele seiner Fonehungsergebnisse und seiner
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Ferdiaftnd von Richthofena Bedeatung fflr die Geographie. 9
AotfassungeD, wie namenUich seine groBaiüge Auffassung einer vergleidienden
LfaMnnMfo mid MiiM Stadien Ober Teilalin* und Biedelimgsgeographie,
■ad lodMr nur ilmm betmmt gewordoi. Et wird eine Pflidit seiner Bcihlller
MD, eine Pflicht des Dankes gegen ihren grofien Lehrer, die sie mit Freuden
cffUlen werden, diqenigen seiner Vorlesungen, die fiber das gewöhnliche MaB
hintns den Stempel seines Geistes tragen nnd wertvolles Neoes enthalten,
dem breiteren Kreise der Facbgenossen und aller an den Fortscbritten der
Geographie Teil nehmenden im Drucke darzubieten. Richthofen ist kein aka-
demischer Redner gewesen, der die Massen der Hörer mit sich fortriß, er
sprach ruhig;, halb ablesend, häufig etwas stockend. Er hat es immer ver-
schmäht, sich irgend welcher Zugmittel zu bedienen, die nicht ganz im Wesen
der Sache lagen. Für einen großen Toü der Zuhörer war der Inhalt seiner
Vorlesungen auch zu schwer und zu hoch; bei den Historikern und Philologen
seilte er wohl manchmal zu viel naturwissenschaftliche Vorkenntnisse voraus.
Dimn siDd seine Vorlesungen lange Jahre hindurch nicht so besucht gewesen,
wie es ihrer Bedeutung entsprodien hfttte; er hatte oft weniger ZuhOrer,
ib manch« Kollegen an Umnermi üntverritilten. Aber fDr den emster Stu>
dierenden, der eine gewisse Grundlage gewonnen hatte, waren sie vonflglieh.
8i« gaben ihm mne FOUe wissensehalUicher Kenntnisse, die nie isoliert standen,
iondeni immer unter grofien Oesichtspunkten lusammenge&fit waren; weite
Aneblieke wurden ihnen eröffnet. Der tiefe wissenschaftliche Emst mnfite
Uber den besonderen Inhalt hinaus erzieherisch wirken. Ich erinnere mich,
welchen tiefen Eindruck mir sein Kolleg fiber Europa gemacht hat, als ich
als junger Doktor nach Bonn eilte, um unter seiner T^eitung weiter /u stu-
dieren. Hier fand ich eine Art der geographischen Betrachtung, wie ich sie
ersehnt, aber aus eigener Kraft nicht zu erreichen vernioclit hatte. Meine
btudien bei ihm wurden bald durch meine erste südiiiiH'rikanische Reise
unterbrochen, aber als ich von dieser zurückkehrte, war mu- auch eine Rück-
kehr zu Ricbthofen, der inzwischen nach Leipzig übergesiedelt wtur, selbst-
Tenttadlieh. ünd ihnüdi wie mir, ist w vielen anderen gegangen. Die
ZsU der reiÜBren Zuhörer Biebthofois, die ihr eigentliches üniTerritiltsstudium
lehoD al^eechlossen hatten, ist vidleicht grOßer als hei irgend einem
aadena UniTersitKtBlehrer Deutsdüands, mit Ausnahme Mommsens, ge-
wem. Kamentlich in seinem Kolloquium fanden sich diese iltmvn SditUer
immer in großer Zahl mit den Studenten zusammen. Vielleicht ist dies
Kolloquium, in dem er fiber neuere geographische Arbeiten referieren ließ,
fiu" jüngere Studenten und namentiich fftr solche, die Geographie nur als
Nebenfach trieben , nicht recht geeignet gewesen ; es hat mir wenigstens oft
scheinen wollen, als ob die Philologen und Historiker den mehr naturwissen-
äcbattiiciicn, besonders geologischen Referaten, die Naturwissenschaftler den
bistorisch-geographischen Referaten manchmal verständnislos zugehört oder auch
eicht zugehört hatten. Sie sind erst in den letzten Jahren von Richthofens Ber-
^iew Tätigkeit, in denen er besonders Übungen für Anfänger durch seinen Assi-
'^Mrtea Baschin abhalten liefl^ gans su ihrem Bechte gekommen. Aber die rü-
finea Teifaiduier, die spesiell Geograidiie studierten, haben you diesem KoUo-
<Pboi großen Gewinn gehabt, und blicken in Freude und Dankbarkeit
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Allred Uettuer:
daranf rarflck. Den größten Gewinn hatte immer dar Vortragende selbit,
der sieh ganx in einen Gegenstand vertieft hatte, und der dann ans den
meist nur sparsamen kritischen Bemerkungen Bichthofens doch entnehmen
konnte, oh er <^io Aufgabe richtig angepackt hatte. Richthofen paßte die
Themata möglichst der Individualität und den bisherigen Studien der Vor-
tragenden an; gelegentlich hat er sich daliei >sohl vergrilVen, aber die meisten
seiner SchiUcr haben immer dankbar eniptiinden, daß er sio auf den richtigen
Weg geführt hat. Der oberste (irundsatz Hichthotens si'iueu Schülern gegen-
ü])er war die Achtung vor ilirer Individualität; nie hat er versucht, sie in
die eigenen Jiahnen der Forschung zu zwingen. Darum sind auch tJeographen
der verschiedensten Ilichtung aus seiner Schule hervorgegangen. Er war
kein IVeund der Ooktoriklnnkaiton, wie sie manchmal geflbt wird; er ließ
bei der Wahl und bei der Ausarbeitung des Themas volle Selbständigkeit
walten und stellte hohe Anforderungen an den wissenschaftlichen Wert der
eingereichten Arbeiten. Damm ist die Zahl der unter seiner Anregung und
Leitung yer&ßten Doktordissertationen verhttltnism&ßig gering, denn er bat
von der Promotion in Geographie eher abgeschreckt als dazu angelockt
Vielleicht ist mancher dadurch der Geographie entfremdet worden; aber die,
welche blieben, waren dafür auch echte Geographen. Die meisten Arbeiten,
die er als Dissertationen zugelassen hat, erheben sich weit Über Miitelware,
einzelne sind hervomigende wissenschaftliche Leistungen.
Wenngleich Kichthofen von dem Augenblick au, in dem er seine aka-
demische Lehrtätigkeit angetreten hatte, die Aufgabe des Lchn rs mit vollem
Kruste erfaßte und sich ihr mit freudigem Ptlichliiewuüt^ciu hingab, so hat
doch sein Einfluß und seine Wirksamkeit weit darüber hinaus gereicht. Ich
habe nie den Eindruck gehabt, als ob ihn, wie manchen anderen, ein brennender
Ehrgeis oder nnruhvoller Drang zu breiter öffentlicher Betätigung getriebeih
hfttte. Er faßte sie als eine Pflidit auf, er übernahm sie, weil er wußte,
daß er dadurch dem Gmneinwohl diene. Aber hatte er einmal eine Tfttig^
Init übernommen, so gab er sich ihr auch mit vollem Eifer hin und
hatte Freude daran; auch die Fragen der äußeren Fona bdiandelte er dann
mit Eifer und Emst. Schon bald nach seiner Rtickkehr aus Asien wurde
er snm Vorsitzenden der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin gewählt, und
als er von Bonn und Leipzig, wo er gleichfalls Vorsitzender des Vereins für
Erdkunde gewesen war, nach Berlin zurückkehrte, tiel die Wahl bald wieder
auf ihn. Teils als Vorsitzender, teils weniirstens im Vorstand luit er sich
gi-oße Verdienste um die Neubelebuug und Organisation der (Jesellschaft er-
worben. Er war der prUdestinierte Leiter des internationalen (ieographen-
kongresses, der im Herbst 1899 in Berlin abgehallen wurde, und hat am mei-
sten ZU dessen glänzendem Erfolge beigetragen; freilich hat er auch fast die
ganze, nidit durch den Beruf in Anspfvdi genommene Zeit eines kostbaren
Jahres ihm geopfert In der doppelten Eigenschalt herrorragendster deut-
scher Forsohungsreisender und als langjähriger Vorsitzender der grBßten dent-
schen geographischen Gesellschaft hat er auch an der Organisation und Be-
ratung aller deatscheo Forschnngsezpeditionen in den letzten Jahrzehnten einen
her?OETagenden Anteil genommen. Auch die deutsdie Südpolarexpedition ist
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Ferdinand von Bicbihofen« Bedeutung füx die Geogzsphie. H
wesentlich unter seiner Ägide zu Stande gekommen. Zwar war der Gedanke
dina lunptg&chUch durdi die unefmfldJiehe Beredsamkeit Nenmayeni er-
«eekt und wach gdialten worden; aber dafi sie Wirklichkeit wurde, ist wohl
in tnter Linie Bichthofon zn Terdanken, der seinen EinflnB heim Kaiser und
kd den Beiehshehörden daf&r dnsetste; er hat auf ihren Plan bestimmenden
EioihiS gefibt und sie sp&ter gegen alle Vorwfixfe Terteidigi Seine leiste Arbelt,
über der ihm die Feder entfiel, ist mn Vortrag, in dem er vor dem Kaiser
die Bedentung der Sfldpolarforschung erSrtem und nnf df-n Wert neuer Espe«
ditionen hinweisen wollte. Als die geographische Forschung bei unserem
EiDtreten iu die Kolonialpolitik unmittelbar politische Bedeutung gewann, ist
Richthol'en ein hilufiger Berater der Kcichsregiening in Kolonialsaclien ge-
wurdeu und ist auch lange Zeit Mitglied des Kolonialrates gewesen. Den
größten Auteil hat er bei der Erwerbung von Kiautschou geuoinuien. Schon vor
Jahren hatte er den Wert der Halbinsel Schantung erkannt, und er hat haupt-
sächlich die Aufmerksamkeit der ICeichsregieruug auf dieses Gebiet hingelenkt,
hu einem schönen Buch hat er dann die neuerworbene Kolonie anf Grund seiner
Baseerfahrangen beepnHshen. Als die militiirische Eipedition nach China nötig
wurde, hat er auf Grund seiner eindringenden Kenntnis des Landes wertrolle
BstseU%e gegeben und die Versorgung unserer Truppen mit guten Karten
feleitei Seine letste Sehöpfting ist das Institut fOr Meereskunde gewesen,
in dem in seltener Weise Museum, Ldirinstitnt und Organisation der For-
schung vereinigt sind; wir verdanken e.s wesentlich Richthofen, daft dieses
Institut, das dem persönlichen Wunsche des Kaisers entsprungen ist, einen
so groß angelegten, im edelsten Sinne populürwissenschaftlichen Charakter
bekomraen hat; leider trägt aber auch gerade die auf seine Einrichtung ver-
wandte Arbeit die Schuld, daß Richthofens ( hinawerk ein Torso geblieben ist.
Schon der unrnittelljare Eindruck des hot hgewachseueu Mannes mit seinem
soiiarf ireprügten, kräftigen, aber gütigen (iesicht war der »'iner festen, edeln
und vornehnieu und dabei doch von Grund aus wohlwollenden und liebeus-
wfirdigen Persönlichkeit. Effekthascherei und der Wunsch, fOr den Augen-
Uidc XU glänzen, warm ihm ftemä. Er war sich seines inneren Wertes be-
wsAt; aber von Eitdkeit und persönlichem Ehrgeiz war er frei. Sein Streben
ist imnmr nur gewesen, Grofies zu lösten; der äußere Erfolg war ihm Neben-
Hche, Audi uderen gegenüber war sein Blick immer auf den Kern ge-
richtet; woU hat er sich hin und wieder, mehr als er glaubte, in PersOn-
hdikeilm get&uscht und ist vielleicht auch nicht ganz frei von Vorurteilen
p*wesen; aber seine Absicht ist immer rein gewesen, er hat immer gesucht,
tüchtige Menschen zu fördeni und an jeden Platz den richtigen Mann zu
stellen. Mit inniger Liebe und Verehrung hahen seine Schüler zu ihm auf-
geblickt, haben seine Freunde an ihtn gehangen. Auch die ihm ferner
stehenden haben seine Leistungen anerkannt und bewundert, und selten haben
sich Neid und Verleumdung an ihn herangewagt. Richthofen ist einer der
Wenigen Gelehrten der Gegenwart gewesen, die man mit Recht als gieß be-
nicbMa kann. Hiebt nur seine wissMisehslIfliohMi Leistungen werden in
^ GsschiGhte der Wissensehaft eingehen, er selbst wird als eine große und
*^ Penfinliohkeit in der Erinnerung weiterleben.
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12
Alfred Kirohhoff:
Hermann v. Wissmann znm Gedächtnis.
Von Alfred Kirohhoff.
Am 15. Juni vorigon Jahres ist uns in H«nnann v. WiHsmann unser
weitans poptilürster Afrikaforscher entrissen worden. Unfern seines steirischen
Landsitzes bei Liezen an der oberen Enns fiel er aof abetitlliehcr Jagdstreife
einer unglückliehen Kntladuncr seines Jagdgewehrs sum Opfer, ehe er noch
sein 52. Lebensjahr vollHmb't liatte.
Als Sohn eines preuüiM.'hen Kegierungsrats in Frankfurt a. 0. geboren,
hat er .seine Jui,'endzeit großenteils in Thüringen ( Lanj^cnsalza und Erfurt)
verlebt Richelmann, nachnials sein wackerer Schwertgenosse beim Nieder-
werfen des Buschiri- Aufstandes, wurde in Langensalza sein Spielkamerad
und schildert ihn ans jener Zeit als einen bildhttbschen blonden Knaben, ge*
weckt und gutmütig, gern geneigt zu tollen Streichen.
Nadidem Wissmann 1871 ins Kadettenhaus ni Berlin eingetreten war
und im Folgajahr seine FShnriAhsprflfimg bestanden hatte, wurde er Leut-
nant in einem mecUenburgisdien Infanterieregiment mit Bostock als Gami-
sonsort. Hier empfing sein Lebensgang die entscheidende Bichtung dwceh.
die Bekanntschaft mit Dr. jur. Paul Pogge, einem biedern vierschrötigen
Mecklenburger, Landwirt von Beruf, Weidmann und Afrikareisendem von
Passion. Er hatte bereits zu Jagdzweken das Kapland und Natal durch-
streift, hatte sich 1874 als Volontär der Kassange-Expedition unter A. von
Homeyer angeschlossen, war darauf mit Lux über Malange nach Kimbundo
gezogen und endlich IBTT) allein zur „Mussumba", d. h. der Residenz des
Muata Jainvo, des Beherrschers des Lundareichs im südwestlichen Kougo-
gebiet, gelaugt, somit weiter ins südafrikanische Innere eingedrungen als ^
irgend ein Bendbote der damaligen DeutschMi Afiikaaischen Gesellidiaft
Tor ihm.
Pogge rüstete sich eben sn einer neuen Beise in jene Lftnder, deren
wunderbares Vülkerleben samt der großartigen Natur der Wildnis mit ihrem
nodi WMuig angetasteten Wildbestand ihn m&chtig gepackt hatten. Wies*
manns sehnlichstes Streben richtete sich darauf, Pogge auf dieser neuen
Ausfahrt bet'leiten ZU dürfen. Soweit der niilitUrische Dienst ihm freie Zeit
gewährte, suchte er sich nach Möglichkeit an der Kostocker Universität natur*
wissenschaftlich weiter zu bilden, trieb namentlich unter Leitung Prof. Or<*-
nachers, des jetzigen Zoolojjen der Universität zu Halle, fleißig tierkundliche
Studien und ließ sich (später auch eine Zeitlang auf der Berliner Sternwarte^
einführen in exakte Breiten- und Längenaufnahmen.
Wissmanns Sehnsucht^ wünsch wurde erfüllt Im Auftrag der Deutschen
AMkanischen Gesellschaft und unseres Auswärtigen Amtes ging er als
wGeodftt und wissenschaftlicher Sammler^ an Dr. Pogges Seite im November
1880 hinaus in den dunkeln Erdteil. Von der Hauptstadt des portugie-
sischen Angola, Bio Paulo de Loanda, aus wurde im Januar 1881 Malange
erreidit und nun der Weg ins noch unbetretene Innwe elngesdiligen, der
über s&mtliche südlichen Nebenadem des Kongo führte, bis dieser selbst am
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HermMB WiismAnn snm Ged&ebinis.
18
16. April 18i<2 in Nyangwe erzielt ward. Das war Wissmanns eigeatliclie
Lehrzeit in der Praxis des Afrikareiseus, und nie hat er es verhehlt, vne
viel er ihhex seinem lieben Lehrmeister, dem braven und gescheiten Dr. Pogpe
verdaiiktt', de.ssen Selbstlosif^keit am glänzendsten daraus hervorleuchtet, daß
er. nachdem er der ilauptpladfinder bis Nyangwe gewesen, auf seine Station
zurückkehrt und dem jungen Freund es überläßt, auf bekannten Pfiiden von
dort aus den TaDganjikasee und die Kflito dm iadiieiNii Meeret m flrraolieD
als rokniToUer erster Durehquerer Äquatocialafidcas in östUeher Biehtung.
Fut genan ein Jahr nachdem diese Dorehquenuig am 16. November 1888
ta Sedaai ihren Abachhiß gefonden, trat Wissmann im Auftrag der untsr
Lritong des Kdnigs Leoi»old IL Ton Belgien stehenden Intemationalen AfiikA-
nischen Gesellschaft seine zweite Expedition naeh Afrika an, dies Mal als
Führer, in seiner Begleitung der Militärarzt Dr. Ludwig Wolf und die
Offiziere Kurt v. Fran9oi8, Frana und Hans Müller. Zwar ging man aber-
nials von Malange in Angola ans, aber dies Mal galt es, die vorher nur in
ihrem Oberlauf erkundeten Flfls.se in ihrer hydron^raphi.schen Beziehung zu
einander und zum Kongo (die ja nocli niemand fest<,^(^stellt hatte) zu er-
gründen. Der Erfolg war durch.schlai/cud. Nach Gründung der wichtigen
Station Lulualairj^' am Lulua, einem rechti.seitigen Zutluß des Kassai in herr-
licluter Tropenlandschaft, wurde von Ende Mai 1885 ab auf eiuem zerleg-
baran kleinen Dampfer und einer Flotüle von 28 Buderbooten das ganze
Gcdeeht der Gewisser abvribrts von Lnlnabuxg beSüuren bis in den Kongo,
den man im Juli 1886 mit Kwamontfa erreiohte. Freilieh hatten die Be-
•diwernisse d«r Heise vereint mit dem TropenUima Wissmann nebst seinen
Oeßhrtsn gesandheitlich ang^piffen. Zeitweilig mußte die Fflhrung der
Eipedition an Dr. Wolf flbergeben werden, der sich um die Erforsdrang des
gröBt« n der rechtsseitigen Eassaiznflüsse, des Sankurm, ein Hauptverdienst
erwarb. Doch nach einem Erholungsaufenthalt von nur wenigen Monaten
in der balsamischen Luft Madeiras sehen wir unseren rastlosen Forscher
bereits zu Beginn des Jahros 1886 zu einer dritten Expedition, seiner letzten
geographischen, aufbrechen, die sich zu einer neuen Durchquoninir Afrikas
gestaltete: von der Kongumiindung bis zur Mündung des zweitgrfißten Flusses
Südafrikas, des Sambesi. GeineiusaTn mit Dr. Wolf wurde der Kassai noch
weiter aufwärts befahren, dann die Station Luluuburg den belgischen Agenten
ttbenriesen und dem Osten zugestrebt, wo inzwischen ein „Deutsch-Ostafrika"
SBtBtanden war. ündnrobdringlieher ünrald jenseits des Sankurm hemmte
jsdodi den Iforsch gerade ans nadi Osten, man mußte nordöstlich Uber
Nyangwe dem Kordende des Tknganjika xuwandem, diesen See bis sum
SMen befohren (da der sieh sehon Toxbereitende Araberaufstand den Land-
weg tut Kllste nicht ratsam erscheinen liefi), um schlieBlich vom Njassa
Avs den unbehinderten Wasserweg som indischen Ozean zu gewinnen. So
endeten im August 1887 Wissmanns Forscherzüge durch A&ika, die also
mit nur kurzen Unterbrechungen 7 Jahre gewährt haben.
Es wäre Übertreibung, wollte man Wissmann dem Dreigestim unserer
großen Afrikafoi-scher, Barth. Schweinfurth, Nachtigal zur Seite stellen. Er
war ein Piomer in der Erforschung des südwestlichen Kongogebiets, dessen
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14
Alfred Kirohhoff:
l)is in die aclitzigrr .laliro (l<'s vorigen Jalirhunderts völlig unniift^pklilrte und
in der Tat nidit Ipicht überschaubare Stromverhältiiisso sich wcsrntlich seinem
Scharfblick t'iitscbU'ierten. Zu tiolorcn geographischen Forschungen hatte es
ihiu in seinem Studiengang an der nötigen t^chulung gefehlt. Seine Reise-
werke sind schlichte, durch Anschaulichkeit und sichtliche Wahrheitstreue
anspreehende Sehüdemngen und Ers&hluDgen dee Selbstgeschanteiif Selbst-
erlebten. Seine BeschreibtiDg der Landsdiaft nimmt niemals einen Anlaut^
die plaitiaehe Ausgestaltung der Obeifliehe auf ihre Bildungsuvsaöheo zurück-
xnflUireii, er beschrSakt sich auf daa, was sein aufinerksames Auge geschaut
hat an weiten Lateritfluren, Bergen und Tftlem, prftchtigen ürwalddickiohten,
Busch- und Baunisavanen, mannigfachen Tier- und Menschenleben. Von
fundamental wichtigen Kenntniserweiterungen innerhalb seines ForschungS'
gebiets über Bodenhau, Klimakunde^ Pflanzen- und Tierverbreitung oder
Ethnologie wüßte man ihm kaum etwas /nznschreiben Aber im Routenauf-
nehnicii, in Längen- und Breitenbestiminuugen, in korrektem Ausmessen von
Querschnitt und Wasserführung der Ströme — da stand er seinen Mann.
Deshalb sind auch seine Karten durchweg zuverlässiger als z. B. diejenigen
Stanleys, der sich ständig elementare Fehler selbst bei gewöhnlichen Breiten-
bestimmungen zu Schulden kommen ließ, wie wir durch Freiherm v. Dauckel-
man wissen, der ihn einmal bei Aulhahme einer Sonnenhöhe aus unmittel-
barster Nähe beobaebtote.
Qar noch nicht genfigend anerkannt sind bisher die schon vorher an-
gedeuteten hydrographiscben Errungenschaften unseres Forsdiers, fOr die ihm
die philosophische Fakultftt der UniTeintftt Halle- Wittenberg bei deren zwei-
hander^lbriger Stiftungsfeier die Würde des Ehrendoktors verliehen hat
Bei ihnen wollen wir deshalb noch etwas verweilen.
Aus den gekrösehaften Flußlinien, die bis an die Schwelle der achtziger
Jahre den sonst weißen Fleck unserer Afrikakarte hinter Angola verunzierten,
ist diu-ch Wissmanns und seiner ricfilhrten Fe>tstellung ein einziges süd-
westliches Teilsystem des Ungeheuern Kongosysteins herausgeschält worden:
das des niiicbtiL'en Kassai. Dieser hat zur Linken lauter geradst reckig und
ungetahr von Süd na^ Ii Nord ihm (nach seiner eigenen Unibiegung gen Nord-
west) zugehende Tributäre, deren größter und westlichster, der Kuango, ihm
erst unweit seiner MAndung (wo man den Kassai Kwa nennt) zumlt, zur
Rechten dagegen bogenförmige Zuflüsse, die ihm die Hohls«te ihres Laufes
zukehren. Unter letzteren ragen hervor die schon erwlhnten zwei: der Lulua
und der noch weit grSfiere Sankurm, in seinem hodiUindisehen Oberiauf
Lubilasch genannt, der noch am 4. PtoaUdkreis, in dessen Nfthe er sich
dann selbst mehxarmig in den Kassai ergießt, den wiederum bogtgen Lomami
aufnimmt
Biese erquickliche Klllrung beruht auf sorgf<ig ausschauender Be-
fahrung und genauer Bemessung der Wasserführung aller in Betracht kom-
menden Hauptstromadem. Gleichwohl begegnet uns auf Karten wie in
.Schriftwerken immer noch die Ansicht, der von Togge und Wissmann 1882
eutdekte Sankurru (oder, was dasselbe heißt, Sankullu) sei der Huuptstrom
des in liede steheuden Teilsystems, der Kassai nur dessen Nebentluß. Selbst
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HerniAnn t. Wittmanii znm Oedftcbtnit.
15
Prof. Friedrich Hahn neigt dieser Auf&sgimg, obschon mit einer gewissen
Znrflckhaltmigy m in seiner sonst so vortrefflichen Bearbeitung Afrikas in
Sierars' ,^llgemeiner Länderkunde" (S. 362). Wissmann vermaß den San-
kurru oberhalb seiner Spaltung in die Mündunprsarmo, dann am nächsten
Tage den Kassai 15 Seemeilen oberhalb der £imnüuduug de» Saukurru mit
folgendem Ergebnis:
Breite Tiefe Minuteageschwindigkeit Wasserschub i. d. Minute
Sankurru 4')(> m 5,5 m 45 m 1113 750 cbm.
Kassai 750 „ 7,5 „ 65 „ 3 65G 'J50 „
Wissmaun hat die Berechnung in der Schluüruhrik wohl nicht genauer
ausgeführt., denn er .schreibt dem Kassai ..fast eine dreimal gT(ißere Wasser-
masse" zu als dem Sankurni.^) Wir sehen, das volunietrische Verhältnis
beider Ströme ist sogar das von 11^ : 36^. Es kann mithin keinem Zweifel
ttterliegen, daß der auch hei weitem längere Kassai die ganz Iberlegene
Hanptader in dieser tOdwesIliehen Wasserprovini des Kongogebiets ausmacht.
XH Recht heUagte sich Wissmann flher die Kartographen, die immer nodi
den Unterlauf des Kassai nnteihalb der Mfindung des Sankunru mit diesem
Kamen auf ihren Karten belegten, obwohl er doch nnn den Tatbestand auf-
geUirt habe. Diese Sache bietet aber noch ein onomatologisches Interesse.
Jene Kartographen, die Wissmann bei seinem Tadel im Auge hatte, hielten
sich daran f daß Kund und Tappenbeck, die kxm vor Wissmann die be*
sagte untere Stromstrecke überschritten hatten, tatsächlich von den anw(^-
nenden Negern den Strom Sankurru nennen luirten, indessen bloß gemäß
der in dortiger Gegend üblichen Gewohnheit der Fingebornen, dem Haupt-
strom immer von der Aufnahme eines neuen NebenÜusses — dessen Namen
XU verleiben!-)
Da erhebt sich eine methodisch anziehende Frage. Soll der Geograph
ia einem derartigen Fall die Nomenklatur der Eingebomen annehmen? Ganz
gewiß nicht Das wibrde ja nur sur unheimlichsten Verwirrung fahren, wie
w«0B wir den Bhein von Mannheim ah Neckar, von Mainz ab Main, von
Bilgen ab Nahe nennen wollten. Hierzu gesellt sich noch im Kongogebiet
^ polyglotte NegerbeTÜlkerung, yon der ein und derselbe PluB die ver-
schiedensten Eigennamen empfilngt oder auch mit dem bloßen Gattungsnamen
für Fluß „NsaTre" genannt wird. Aus einem solchen Chaos rettet allein die
^ der Grundlage der klar ermittelten Ko- und SubordinationsTerhältnisse
der Wasseradern des betreffenden Stromsystems von der Wissenschaft fest-
gesetzte Namengebung. Wissmann traf offenbar das Richtige, wenn er für
den Hauptstrom seines Forsch ung>tel(les, ..dem kein Strom Europas an
^Vassennasse auch nur annähernd gleichkommt', den Namen Kassai (kassai)
1) Wiiemann. M^e zweite Dnzdiqnening Äquatorial -Afrilcae Tom Longo
Zambesi wfthrend der Jahre 18SG und 1887. Frankfurt a 0 , 1H90. S. 26.
2) Das erinnert etwas an die früher (in Bayern wohl auch noch heute) in den
^ulen gelehrte Angabe: „^on der Einmündung der l'egnitz heißt die Hednibi
H^gaitL** Der Fluß wird aber von den Anwohnern ober- wie unterhalb der Auf-
aaluee der f^tsm^ Rennez oder Rengez genannt.
I) Wiiimann, a. a. 0. 4.
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Alfred Kirehlioff:
in die Wissenschaft einführte, den wir schon bei Livingstone antreffen in
der Form Kas5?abi. Denn Kassai heißt er auch bei den Negervülkeru, die
ihn um wohnen, auf der längsten Strecke seines Mittellaufs. Wissmann fügt
hiozu, es hätte sich sonst nur aocli um den Nainaii ^nSnf^ handdo kSn-
nen, der aber ▼ermieden werden mflsse, weil die am UntorUnf des Kongo
wohnenden Volksstlmme diesen selbst Nseire nennen und sudh die Portu-
giesen den Namen in diesem Sinne flbemommen haben. Sollte nicht in
der nntslosen Doppelbenennung des afrikanischen Biesenstromes „Kongo
oder Zaire^, mit der bis vor kurzem noch unsere Schüler gequftlt wnr*
dm, die schon uralte Gewohnheit nadiklingen, von der wir eben sprachen,
einm Strom nach seinem letztaufgenonunenen Nebenfluß zu benennen?
Beim untersten Kongo konnten die Neper srhwuükon, ob sie bei solcher
Taufe dem Kassai (Nsatre t oiLt dessen großem linken Zufluß, dem Kuango
oder Koango, «ieu Vor/,ug gehen sollten. Im übrigen ist ja „Kongo" nir-
gends der Name des Hauptstrtunes hei den Anwohnern früher gewesen; er
ist ihm seit seiner Eutschleieruug von Stanley erteilt worden, wie der
Kassai den Nameu fortan zu führen verdient, den ihm sein Erforscher Wiss-
mann gab.
Wir ehren also das Andenken Wissmanns sehlecht, wenn wir auf unsem
Karten den Namen Sankurru auch flbr den unteren Kassai anwenden oder
einen Eklektismns treiben, wie er uns x. B. in Andrees Handattas entgegen'
tritt Da finden wir auf Blatt 143,144 „Sankuru*" veneichnet als Namea
des Sankurm, „Sankalla" als den des untersten Kassai; auf Blatt 149,150
kehrt hingegen „Sankuru" nur in ersterer Bedeutung wieder, „Kassai" er-
scheint mehrfach neben der Kassailinie von der obersten bis zur untersten
Laufstrecke des Stromes, mithin auch da, wo nach jener Karte der Flußname
Sankulla sein sollte.
Auf den Schild erliril)en von (b-r deutschen Nation, von seinem Kaiser
durch Verleihen des erblichen Adels ausgezeichnet wurde jedoch iierniann
Wissmann erst zufolge der kriegerischen Taten in dem zweiten Abschnitt
seines Öffentlich«! Wirkens.
Wissmann hatte eben noch die Qreuel arabisdien SklaTonfibigerei in
frischer Erinnerung, als er in ungeahnter Ißssimi berufen wurde, einen der
ontscheidendsten Schlage gegen dieses durch den Gebrauch der überlegenen
Schußwaffe seitens d«r Araber gwade kuia vor seiner Vernichtung so ont>
setilidi sich gestaltende uralte Leidwesen Ostafrikas auszuführen. Auf seiner
letzten Expedition liatte er reichlich Gelegenheit gehabt, diese verruchten
Beutezüge zu beobachten, die sich gewissenlose, habsüchtige Araber unter
dem Deckmantel des Tauschhandels immer tiefer und tiefer ins Innere von
der Ostkilste her, ganz besonders von den Küstenstrecken aus, wo nun die
deutsche Flagge wehte, gegen last wehrlose Negervölker erlaubten. Hören
wir ihn darüber selbst.
„Wie uns entgegen nach dem Innern nur Waflen und Munition gebracht
wurden, .>o trafen wir in wenigen Tagen drei Karawanen, die den Erlös für
den erwälmten Import zur Kflste brachten, etwas Elfenbein und — Hunderte
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HermftDii t. Wisamann snm Gedieh tnif.
17
m Sklaven, zu 10, xn 20 mit langen Ketten und Halsiingeu Terbimdea.
Ret Schwächeren, Weibern und Kindern, bei denen Flucht ausgeschlossen war,
hatte man nnr Stricke angewendet. Diejenitren Leute, die besondere Yonidit
erbeischten, «jingen zu zweien in der Mvikongua, der Sklavengabel, einem
Gabolhol/., bei dem der Hals in die Gabel eingeschnürt ist. Es ist kaum zu
besehrpii)en . in welchem elenden und erbärmlichen Zustande die schwarze
Ware war. Arme und Beine fast fleischlos, der eingezogene Bauch voller
Baozeln, der Blick matt, das Haupt gebeugt, so schlichen sie in eine ihnen
mbekaimts Zukunft, osMits und immer Oltwirts weg Ton ihrer Heimat^
fertgeriseen von Weib mid Kind, Ton Vater und Mutter, die eich Tielleieht
im Walde dnrdi Flndit der Hat» eatiogeii batten oder, neb webrend, niedef^
genaebt waren. Ein forebibar empOrraides BQd bot im Lager einer solcben
Keiawaae die allabeadliebe Yerteilnng der Bationen. Mit weit anfgeriesenen
Augen drftngten sich die Hungernden mn den Platz, an dem einer der
Widiter zur Verteilung von Lebensmitteln stand, ab und zu die ihn vor
Hunger dicht Umdrängenden mit einem Stocke zurücktreibend ; ein kleines
Maß in der Größe eines Wasserglases wurde, mit Korn angefüllt, Mais oder
Hirse, einem jeden in den Lappen oder die Ziegenhaut, mit der er seine
Blüße deckte, hineingeschüttet. Vielo dieser Leute, zu müde, um das Koni
/u reiben oder zu stoßen, koi.hten es einfach in heißem Wasser oder rosteten
es im Topte auf dem Feuer und schlangen es so hinab, um das schmerzhafte
Gefühl des Hungers zu besänftigen. Bevor die einzelnen Ketten sich zur
Bobe legen durften, wurden gie noch einmal binauegetrieben, dann warfen
«e sieb in der Nihe eines großen Feuers nieder, um dem fast erscböpften
KSrper die nötigste Bube sn gdnnen. Ohne Bfleksiobt auf das GeseUeebt
warea die SUa^en meist naeb ihrer Marsobf Ihigkeit sasammengestelM^ Kaum
dsr Tiarte Teil dieaer Armen erreicht die Kflstenllnder, in denen sie Terp
kanft oder sum Export bermt gehalten werden oder auf die Fflansungen der
Kfiatealeute gehen. '
Wie arg das teuflische Wesen dieser Menschenräuberei um sich fraß,
iand Wissmann in doppelter Hinsicht bezeugt. Er dnr( b/og manche Gegend,
die er vor wenigen Jahren als friedliche Stätte hannloser Neger in üppig
fruchtspendendt-r Tropenuatur kennen gelernt hatte, — jetzt war si»' durch
Lberfall arabisclier „Händler" in bare Wildnis verwandelt, nur elende Trünuner-
•Mte von Hütten waren noch zu spIioh neben grinsenden Totenschädeln und
amtigeD Gebeinresten der Tausende, die im Kampf erschlagen waren, uiu
^ SUarenlager der Sfistenanber vieOeiefat mit einigen Dntaenden Ikiseber
MwMebeaware sn bersiebern, nachdem so viele der Yeischleppten unterwegs
^ gnosigsten Elend erlegen. Aber auch sn Helforshelfem hatten sich die
'tUnea Araber ganse NegersUmme gewonnen. So betraf Wissmaan die
fiogebgmen im Quellgebiet des Kongo, in der Nachbarsdiaft des Baagweolo-
in fnrebtbarer Angst vor rftuberiscben Überfftllen. Niedergebrannte
Dörfer, verwüstete Felder zeigten, wie berechtigt die Furcht war. Frauen
und Kinder ließ man Nacht für Nacht in Wald verstecken schlafen; die
Männer bewachten die engen Pforten, die durch die dichte Palisadenhecke
in ihr Dorf führten. Indessen nicht vor den Arabern selbst mußten sie
e«ogn»liiMb« Zcitaobrift. IS. Jahrgang. 180J. 1. Heft. 2
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18
Alfred Kirchhofft
ständig auf der Laner liegen; die saßen gemächlich unten am Oestade dea
nördlichen Njassasees und ließen die schwarzen Unholde, die Waweniba-Negei*
d&s Geschult der Menschenjagd für sich botroiben, die sie dann mit Gewehren
und Munition abzahlten. Nur Weibt-r und Kinder j»tb'pten die Wawemba
zu liefern, die Männer t^iteten sie und schnitten ihnen den Kopf ab, da unter
ihnen eine f<)nnliche Hani^abstufung herrschte je nach der Anzahl der auf-
Mweisenden Köpfe getöteter Feinde.
Udjidji am Tangai\jikasee sowie Tabora im bmern Deutsch -Ostafinkaa
waxen wichtige Depots ftr den Sklavenliaiidel, die Hafsnplitae uosena el»ea
in Einrichtung begriffenen Schatigehieta waren vom Nofden bis nun ioBer^
sten Soden die Yenchiffbngsplitm der Sklaven. Kein Wunder also, daB e»
an giren anfing, als nach der dentacben Besitiergreifling energische MaDregeln
ergriffm wmden nur gftnzlichen Unterdritekang des scbftndlidieo, aber immtsr-
hin für die Hanptuntemehmer recht einträglichen Gewerbes. Es gesellten
sich auch anderweite Mifistimmungen der Eingeborenen unseres Schutzlandea
gegen die mit Regierungsvollmachten, aber nicht mit den erforderlichea
Machtmitteln versehene Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft dazu, daß es
bereits im Laufe des Jahres 1888 zu bedenklichen Widersetzlichkeiten, ja zu
gewalttätigen Ausschreitungen gegen die Beamten dieser (iesellschaft kam und
die Schiffe unserer Kriegsflotte in Aktion traten, um den hellen Aufstand
nicht längs unserer ganzen Küste auflodern zu lassen.
Zorn Glück unseres Vaterlands stand noch ein Bismarck mit fester Hand
am Steuer des Beiehs. Er erkannte sofort die Kotwendigkeit unmittelbaren
Eingreifens der Beichsregiening in die ostafrikanisehen Winen und entsandte
unter Zustimmung des Beicfastags Hauptmann Wissmann als Beichskommissar
mit weitgehenden Vollmachten an die Stelle der Entscheidung. Eine bessere«
Wahl wBre nicht sn treffen gewesenl Wissmann, der im Winter von 1887
ni 1888 wieder auf Madeira seine durch die Reisestra{)azen geschw&chte^
Gesundheit gekrftftigt hatte, stand in der vollen Blüte seiner Leistungsf^ig*^
keit, war wie kein anderer vertraut mit dem Leben in der afirikanischen.
Tropen Wildnis, der richtigen Behandlung afrikanischer Eingeborenen, daza
aber auch ein echter deutscher Oftizier ohne Furcht und Tadel.
Es ist hier nicht der Oii zur ^^kizzierung des merkwürdigen Feldzugs,
gegen die ostafrikanischen Rebellen unter Führung des Halbblutarabers
Buschiri. Leider ist uns nun für immer die Aussicht geschwunden, diesen
erstmaligen Feldzug unter deutscher Führung außerhalb Europas vom sieg-
gekrOnten FUdherm selbst dargestellt m erhalteo. Aber betont muß werden^
da0 Wissmann in der Organisation seiner Truppe (der Hanptsadie nach be-
stehend ans Sudanesen, die in Ägypten angeworben waren, unter deutMhen.
OfBrieren und üntetoffiiieren), in deren taktischer Ausbildung binnen weniger-
Wocihen nnd ihrer strategisdi«! Verwendung ein milit&ris<dies Meisterstflck
ausgeftlhrt hat, das kaum seines Gleichen in der Geschichte kennt. Von dem
frisch-fröhlichen Ausmarsch am Morgen des 8. Mai 1H8'J aus Bagamojo gegen
die stark, obscbon nur mit dichter Palisadenhecke befestigte Stellung Buschiris,
die sofort im Sturm genommen wurde, bis zu Buschiris Niederlage am
17. Oktober bei Dinda, der dann am 15. Dezember sein Tod am Galgen,
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Hermann v. WisBmanu zum Gedächtnis.
19
Mgto, und bU zur Entflrmimg dm Lagen Bana Heru, seines Nachfolgers in
der FAhrung der Aufständischen, am 9. Mftrz 1890 aidkt ein einziger Fehl-
schlag, nicht der geringste Mißgriffl Als Wissmann am 23. Juni 1890 be-
reits wieder an Borlin erachien, durfte er seiiiom kaiserlichen Herrn mitteilen,
dsB er mit einer Truppe von 900, zuletzt 1200 Mann den an Zahl ungeheuer
überlegenen Gegner, der seine Heerhaufen über einen das Deutsche Reich an
Gruße weit übertreffenden Kaum ausgebreitet hatte, in kaum mehr denn
Jahresfrist bewältigt habe, dati die deutsche Herrschaft vom Indischen Ozean
bis zum Tanjjanjika, vom Viktoria- bis zum Njassaäee gesichert sei, daß es
Duu ein wirkliches Deutsch-Ostafrika gäbe!
Vergessen darf nicht werden, daß Wissmann Tortreffliche Ifitarbeiter ge-
fimden bat bei seinen stannenswerlen Taten der Jahre 1889 nnd 1890. Wir
Dsnnen aar den kObnen Hauptmann IVeihenn t. GraTenrentb ans BaTrisofa-
Sdiwaben, der dann in der herrlidien Kamonner Hodigebitgslandaehaft vor
Buea 80 Tomitig den Heldentod atarb, und den getreuen Adjutanten Dr. Bn*
niller. Jedoeh, wie die Audese seiner Genossen Wissmanns eigenstes Werk
gewesen, so hing der Haupterfolg ganz und gar an seinw Persönlichkeit
Steis kanieradscbaftlicb im Verkehr mit seinen Offizieren, war er ihnen ein
hehres Muster von kaltblütigster Ruhe selbst im Augenblick äußerster Gefahr,
mutigsten Draufgehens, wenn die Zeit gekommen war, humanen Verzeihens
auch dem Feind gegenüber, falls er sich irgend der Verzeihung würdig zeigte.
Zum Schwert hatte er noch einmal zu greifen als Keichskoramissar, nämlich
im Januar 1891 gegen den unbotmäßigen Häuptling Sinna von Koboscho am
Kilimandscharo, auf dessen rasche Demütigung die Befriedung des ganzen
Nordostens von der Massaisteppe bis nach Tanga folgte. Bezeichnend aber
eiseheint es, ßitA er, bald naohdem er Im A^ dsssetben Jabres das B^eluh
koBmusssriat in die Hlnde des Frnberm t. Soden niedergelegt, an ein Werk
des VUedeus daehts, das seinem Geist schon damals voraebwebte, als er
die lange Fahrt fiher den Tanganjika gen Sflden unternahm.
Br daehte in jenen Tagen oA darfiber nach, was ftr reiohen Segen ein
einziger, obschon nur kleiner Dampfer auf diesem See spenden könne gegen
^ büsen SUaveoituber, die aor Zeit so frech ihre schandbare Beute aus den
KongowSldem über den See an die nun dem Namen nach unter deutschem
^chitz stehende Uferseite in irgend eine stilb« Bucht straflos bef(5rderteii, und
was auch sonst ein solcher Dampfer für den Handel wie für Truppen-
Wegungen auf diesen unvergleichlich günstigen Riesenspiegeln der Binnen-
*«n leisten könnten, mit denen unser Schiit zland in West, Nord und Süd so
wich begabt ist. Jetzt, im Jahr 1892, bot sich ihm durch das Angebot des
AntisklaTerei-Komitees die Gelegenheit, die Idee für den Viktoriasee zur Aus-
fthrang tu bringen. In der Tat wurde ein ansehnliches Dampf boot, in ein**
idae Stacke serlegt, an die ostafrikaniscbe Küste verfrachtet; indessen der
Ml Zelewskis Niederlage in Ubehe verursachte Trtgermangel Heß es niobt
nit das loböne Boot, daa Hermann v. Wissmanns eigenen Namen trlgt, durch
den Sambesi und Sehire weiter als bis in den Njassasee zu schaffen. Dort
aber dient es nun schon seit Jahren am Gestade unseres reizenden Gebir|^
Jandaa Konde teefflich dem friedlichen Vericehr. Und erlebt hat es Wiasmaon
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20 Alfred Kirehhoff: Hermftnn v. Wiitmftnn imn Oedftchtnis.
anfierdem noch , daß ein zweiter Dampfer, zu 'dessen Herstellung die Mittel
in Deutschland beigesteuert wurden, glücklich über den Njassa hinaus auf
Negorköpfen bis zum Tanganjika getragen wurde und nun auf dessen krystall-
hellen Fluten unter dem Namensschild seiner (Tcniahlin als „Helene v. Wiss-
uiann" seine Pfufle zieht in vollem Frieden. Denn Wissmanus Traum ist
^liinzt'iitler zur ^^ irklichkeit geworden als er ihn träumte. Er daclite an einen
Kriegsdampier, „der ein kleines Geschütz und 50 Soldaten trägt", um den
arabischen Menschenfreunden das Handwerk m legen. Nichts von alledem
ist mehr nbtig, und das ist sein Werkl
Am 1. Mai 1895 erfolgte die Eraenniing des l^ors Hermann t. Wiss>
mann sum GouTemenr DeatMdi-Ostafiilcas. Leider aber dauerte seine Yer^
waltung diesor hochwichtigen SteDe, mit der man ihm die wflrdigo KrOnung
seines Lebenswerkes h&tte wünschen mögen, nicht gaas bis zum Ausgang des
folgenden Jahres. Schwer leidend kehrte Wissmann nach der Heimat zurOck.
Die alte Jagdlust und die Freude am Beobachten des Tierlebens hat ihn iwir
nooh zu zwei weiten Reisen veranlaßt: 1897 unternahm er mit seinem treuen
Freund Dr. Bumiller eine Heise zu Jagdzwecken nach Rußland und Sibirien,
im Winter iH'.tH zu '.•*.) tiiien JagdausHuir nach Deutsch-Südwestatrika. Die
damaligen Jagdi-rlebnisse hat er in seinem letzten Buch geschildert, das 1901
erscliienen ist unter dem Titel „In den Wildnissen Afrikas und Asiens".
Seit 1899 lebte er ständig auf seinem Gut Weißenbach bei Liezen in Ober-
steiermark.
Wissmanns Name wird fortleben durofa die Entschleierang dos Eassai
und sdner Hebenflflsse, mehr nooh dorch die loxnige EnthtUlung des ost-
afrikamsjghen Krebsschadens der von den Arabern ausgehenden Mensehon-
jagden, die bald hätten su TOlliger Verödung des Landes führen mflssen, am
mdsten aber durch den wuchtigen Hieb seines Schwertes, der dem schnöden
Menschenjagen den Todesstofi versetzte und uns gleichseitig Deutsch-Ostaftika
gewann. Deutschland kann seiner nie vergessen!
Die Lehre toh der Ki^elgestalt der Erde in Aitertui.
Vortrag, gehalten im Verein für Erdkunde in Halle.
Von Huco Borger f.
Vorbemerkung.
Zwei Aufidttie haben sich unter dem sehrifUichen Nachlane Hngo Beigere
gefunden und waren von ihm selbst für die Geographische Zeitschrift bestimmt ge-
wesen. Sie sind mit Eiiiwillif^nfz des Bruders des Verstorbenen, Herrn Walter
Bergers in Leipzig, von dem Unter/eichneteu druckfertig gemacht worden. Der
erste Aofmtz „die Lehre von der Kugelgestalt der Eide im Altertnme** enilAlt
im Wesentlichen unverändert einen Vortrag, den Hngo Beiger im Verein ffdr Erd-
kunde in Halle gehalten hat. Eine Anzahl Erweiterungen xmd Verbesserungen, von
Berger noch "selbot während seines letzten Krankenlagers auf Zetteln niederge-
schrieben, habe ich eingefügt. Die Anmerkungen rühren von mir her: nur die auf
den Seitm 98 and 97 g^en Uber blofie Verweiee auf das Hauptwerk Beigere ond
Quellenangaben hinaus, — die erstere darum, weil nach einer Kandbemedcung im
Manuskript Uugo Berger einen ähnlichen Kxkuxs beabsichtigt hatte.
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H. Berger: Die Lehre von der Kugelgestalt der Erde im Altertam. 21
Den zweiten Anftftti, ^die ulterc Zoiipulehre der Griechen'") betitelt nnd die
BOtweodige Erg^änzung des ersten darstellend, hat Huf^o Berf^er knrz vor neinem
Tode auf dem Krankenbett nach einem früher entworfenen Konzept seiner Nichte
üi die Feder diktiert. Ei ist TmlfttidBch, daft die während der schweren Erkran-
kung geleistete Arbeit an manchen Stellen Mängel aufwies und namentlich Klariieit
der Darstellung und ^'ollkonlmenheit des AnsdruclcH und der litornrischon Form
vermissen ließ. Ich habe mich nach Kräften im alten Geiste meines geliebten
Lehrers und väterlichen Freundes bemüht, solche Fehler zu tilgen. Die Anmer-
fangen xfilneii hier bereite vom Tmtorbenea selbst her.
Kine in der letzten Zeit von Hngo Rerj^er in Angriff gpnoniniene und bis zur
Hälfte vorgeschrittene Übersetzung der beiden einleitenden Bücher der Strabnnischen
Erdbeschreibung beiindet sich gleichfalls in meineu UiiDden imd soll in einer von
Bir vorberoiteten, kommentierten Anegftbe dieser Bflcher ▼erwwiet werden.
inemand und namentlich keiner der Freunde Hugo Bergers wizd sich der
tisfen Rflhrun«; erwehren können, wenn er aus den hier veröffentlichten AulsJltzen
ericeant, wie dem greisen Meister der wissenschaftlichen Erdkunde der Griechen
die Liebe ffir und die Arbeit an seiner Lebensaufgabe noch die loteten Augenblicke
Terklirt haben, und wie er fast bucliKtäblich mit der Feder in der Hand dahinge-
schieden i^it. Die Abhandlungen enthalten kaum etwas Neues; sie sollen vielmehr
namentlich den Geographen noch einmul in gedrängtester Form jene ruhmvollste
Periode der Vergangenheit ihrer Wissenschaft vor Augen stellen. Yielleidit ohne
daß Hugo Berger es dachte nnd wollte, sind sie so geradem sein wissenschaftliches
Testament und sein AbKchiod- und Mahnwort an uns geworden — an uns, die wir
Geographen sind oder Philologen. Denn beiden gehörte Hugo Berger zu, an beide
wendet sich seine meietediebe wissensehalUicbe Lebensarbeit, beide dürfen stols
auf ihn sein, den bis anm letzten Atemzuge die gleiche, nie erkaltende, wahrhaft
jn£reTi(iliche Begeisterung erfiillte für den von ihm miterlebten, gewaltigen Auf-
schwung der Wissenschaft von der Erde, dem er ein Gegenstück in Jahrtausende
rarflckliegender Vergangenheit nur Seite tu steUoi wufte, als sei*B heute — und
ftr die wunderbarliche Geii^tesarbeit der Hellenen, deren Rnhmeskranze er ein
neues, wie die anderen gleichschönes Lorbeerblatt hinzugefugt hat. kvi}Q ystoyQdcpos
*ui tftlöioyos: so sollte in seinem Sinne einfach uud kurz auf dem granitenen
Steine zu lesen sein, der seine Ruhestätte auf dem neuen Jobannesfriedbofe in
Leqpeig deckt Einer, der Hugo Berger lieb war.
Dr. Max Kiessling.
Zn den Schwichen, die dem Wissen der Gebildeten unserer Zeit an-
haften, gehört ein unglaublich weitverbreiteter Irrtum. Das gesamte Alt«r-
tem, so kann man allenthalben httren, hat sich den Erdkörper als eine grofie
Scheibe TorgetteUt. Wftre das wahr, so wOrde die geographische Wissen-
schaft der Neuzeit wohl noch nicht die H5he erreicht haben, auf der sie
jetrt steht, da sie sich nicht auf eine vicrhundertjäbrige Vorarbeit dw
Oriechen hätte stützen können. Au der Hand der Lehre von der Kugelge-
stalt der Erde haben die Griechen die Grundlagen der ganzen mathematisch-
astronomischen Geographie bewältigt und ausgearbeitet, verschiedene Resultate
fiir die anzunehmende Gri^ße der Erde ausgereelinet, vorsfhie<iene hypothetische
Ansichteu über die horizontale (Jlioderung der Erdobertliielie entwickelt, die
Karte der Oikumene als einen nach Länge und Breite vennesseuen Teil der
Erdoberfläche bestimmt und sich mehrere Projektionsarten für diese Karte
■nsgedidii Das ist mm alles so wenig als möglich bekannt. Die Verteeter
der Attertomskimde sind auf anderen Qebieten dermafien beschiftigt, daB sie
1) Er wird in einem der folgenden Hefte der 0. Z. TerOflSBuflicht werden.
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22
H. Berger:
der ErörteruDg r incr bisher fÜr ungenügend aufgefaßten Vorarbeit des hoch»
begabten Griechenvolkes aus dem Wogo gehen; man scheint es nicht über
sich gewinnen zu können, das erhabene Bild der griechischen Geistest&tigkeit
auch einmal von tler Seite der geographisehen Wissenschaft zu betrachten,
ja, man will aii'^rheinend einer Arbeit, die diesen Zweck verfolgt, neben dem
massenhaft verarbeiteten topographischen Materiale keine noch so be-
scheidene Erwähnung zukommen lassen. Auf anderen Gebieten wird jedes
Wörtlein auch der zweifelhaftesten Überlieferung begierig aufgeraö't, hier
geht man an einem Zeugnisse ersten Ranges, dem des Pondonina über die
Zooenlehre des Burmenides, kopfsehttttelnd Torttber. Dasu k<niunt, daß unsere
sonst in Mathematik und Naturwissenschaft schwelgende Schnle schlechterdings
nicht für khure nnd anwendbare Vorstellangen der elementarsten Grondbe-
giiffe der astronomisohen Ge<^graphie sorgen will. Unter den Geographen
herrscht vielfach das sehr begreifliche Bestreben, den ÜbesUiek über die
flberwultigende Entwicklung der ge(^raphi8chen Disaplinen durch möglichste
Beschränkung einer wahren Geographie möglich zu machen. Man weist
darum alles, was zu anderen selbständigen Wissenschaften gehört und gehören
kann, ohne viel Unterschied aus der altgewohnten, segensreichen Verbindung
hinaus imd erklilrt das Recht der Geographie auf weiteres Mit- und Zu-
sammenwirken tilr erloschen. Auch die Forschung nacb dem Auftret*^n der
Lehre von der Kugelgestalt des Himmels und der Erde, einer Lehre, die
nach ihrer neuen Fassung der drei irdischen Dimensionen der Ausgangspunkt
aller Geographie geworden ist, mag dabei über Bord geworfen werden. Man
fibeiiegt nicht, weldien Vorteil die FSdagogik für doi Aufbau der allge-
meinen Bildung aus dem Zusammenwirken der Erdkunde mit den sie he*
rührenden Wissenschaften ziehen kann. Gerade als ob eine Entwiekelung der
mathematiach-astnmomisohen Geographie im Altertum ebensowenig notwendig
gewesen wire als in unseren Tagen, soll auch die Geschichte der Geographie
ihrerseits Tomehmlich das ins Auge fassen und darlegen, was uns noch heut-
zutage nottue, die Länderkunde. Man vergißt dabei, daß die auf Länder-
kunde gegründete Ausarbeitung mathematisch-physischer Erdkunde wie z. B.
die Zonenlehre an sich einen unentbehrlichen Beleg für den jeweiligen Um-
fang eben der Länderkunde abgeben kann, und man sieht die Gefahr nicht,
die sich damil heraiisclileitht. Die Geschichte der Geograpliie wird ihre
erste Haupt;uif(,'ahe vergessen und als historische Chorographie und Topo-
graphie wieder in den Dienst der politischen Geschichte treten. Diese Ge-
fahr drängt mich, die so stiefmütterlich behandelte Frage nach der Herkunft
der Lehre von der Kugelgestalt der Erde nodmuls aufrunehmen.
Li den Siteren Zeiten der griechischen Geschichte, deren Bild uns die
epischen Dichtungen entrollen, war man freilich nidit über die unmittelbar
g^eheno Anschauung des ebmien Erdkreises hinausgekmnmen, aber um die
Wende des riebenten and sechsten Jahrhunderts Chr. war die Zeit da, in
der das Denken an die Stelle des Dichtens, die Sehnsucht nadi wahrer Er-
kenntnis und richtiger Erklärung neben die wundervolle Phantasie trat.
Durch kühne, weitHlhrende Seefahrten im Bereiche des Mittelmeeres und des
schwarxen Meeres, durch gewinnreichen Handel mit fernen Ländern, an derai
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Die Lehre von der Kngelgettftlt der Erde im Altertum.
28
Kfifften sich nntemehmende Kolonisten festsetsten, waren die griediiadien
StSdte der Westküste Kleinasiens reich geworden, und im Gefolge dieies
Wohlstandes regte sich zuerst der wissenschaftliche Trieb. Er erzeugte zu-
nächst die jonische Naturphilosophie, und ans ihr ist mit anderen Spezial-
wissenschaften auch die Geographie hervorgegangen. Durch die Handrlsver-
bimlungcn. die von alten Karawanenwegen her Kunde über das Innere Asiens
brachten, die begierig aufgenommene, ausfükrlichp Nachrichten verbreiteten
über das Wunderland Ägypten, seinen merkwürdigen Strom und seine Nach-
WlSnder, über die Steppen Hußlauds, über den jenseitlosen Ozean im Westen
tomd im Nnrden und teine Zinn- und Bjtnrteininwtlw, hatte sieh ein heden-
teadM liadeilEQndlichee Hateiial angesammelt» das Ordnung veriangte nnd
•efaHU rar Daratellnng, nur Kartographie reiste nnd fttbrte: denn hereiti im
isdislen Jahrhundert entwarf, wie Eratoethenee heieugt, Anaadmander von
Milet die erste Erdkarte.^)
1) Bei Strabo C. 7. Wie die Karte Anaxiraauders aussah, wissen wir wenig-
stens in großen Zügen. Die Oikumene war kreisrund, umQossen vom Okeano»; ihr
Mittalpuaht lag in Delphi. Auf dem den Weet> und Oitpunht ▼erbindenden, tou
dm Siolen des Herakles bis sum Kaspischen Meer reichenden Dnrchmesaer dehnte
tich das Mittelmeer, xusammen mit dem schwarzen Meere und dem PlmRisflusse die
Oikumene in die beiden UiUt'teu Eiuopa und Asien-Libyen (Afrika; scheidend. Un-
fefUur ein Menaohenalter naeh Anaximaader war in Folge de« staik tnnehmenden
geographischen Wissens diese ente Erdkarte so veraltet« dafi Hekataios ans Milet
'das Jahr, in welchem er seine jrtQlodog yfjg abfaßte, bißt sich sicher auf 517 oder 516
fixieren) daran geben konnte, sie durch die erste beschreibende Länderkunde
n enetsea (EnIoettianeB bei Stmbo C. 7). Aueh er hat offenbar sagleicfa oder
«oriier eine Erdkarte entworfen und seiner Beschreibung zu Grunde gelegt, wie
ibre erhaltenen Fragmente Uhm Werk silb^^t ist verloren") noeh deutlich er-
kennen lassen. Da sich der geographische Horizont nach Osten und Inneraaien
(bis Indien) erweitert hatte, mußte naturgemäß der Mittelpunkt der Ereiskatte der
(Kknoae von Delphi ostw&rts rfleken: er lag fBr die Hekataionkarte in Byzans
^Bosporogi. Wesentlich ist, daß auch er und die ihm noch folgenden jonischen
Geographen an der Kreisgestalt der Uikumene festhielten. Man findet das
läDdetkuu«iliche Material der jonischen Geographie von Uugo Üerger behandelt in
der Oesduebte der wisseniehaftliehen Brdkunde der Qriecfawi, >. Auflage, 8. 41^118.
Er hat dabei leider die Aufgabe abgewiesen, ja (S. 28) direkt fSr unmögh'ch erklär^
in ODserer Überlieferung über die jonische Geographie eine Entwicklung in größerem
UaJange wie im einzelnen festzustellen und zwischen den einzelnen Vertretern zu
seheidsB. Diese Unterlassung beseichnet Bweifellos einen nicht geringen Ibngel
des fundamentalen Werkes, der um so auffälliger wird, wenn man dagegen die
meisterliche Behandlung der allmählichen Kntwicklunp nnd Ausgestaltung der
Lehre von der Kugelgestalt der Erde und die scharfe Unterscheidung ihrer ver-
•ebisdensB Vertreter im sw^ten Teile des Buches und in dem hier folgenden
Aa£ntze vergleicht. Man erhält durch Hugo Berger kein rechtes klares Bfld der
6*cigT»phie des irekataio8, so wohl sich dieses selbst aus den des Zusammenhanpes
neiat entbehrenden Fragmenten zeichnen läßt, und es ist überkritisch, wenn Uugo
Beiger ^e Tersuehe der Bekonstmktlon der Hekataieekarte (vor allem duidi
V- Sieglin; leider nur als Mannskript gedruckt), ja der jonisohen Karte überhaupt
ftr Terfehlt ansieht (S. Il7f). Es liegt da» daran, daß er zu weni«,' rein geschichtliches
Ventändnis hatte und darum so hervorragend wichtigen geographischen Schriften
wie itm Periplus des Skjlax (Beschreibung der Mittelmeerkfisten) oder der in der
l*^)Dischen ubereetsung und Yersillsieirung des Avienus vorliegenden spanischen
Ktiteabsidiieibnng, die beide in ihren wesentlidiea Teilen der jonisohen Geographie
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H. B«rger:
Neben dieser Länderkunde muBten notwendigerweise aber auch die Vor-
stellungen von dem Erdkörper selbst zu ganz neuer Entfaltung gedrängt
werden, und man muß auf diesem Wege zu der Annahme oder wenigstens
zur ersten hypothetischen Erkenntnis der Kugelgestalt der Erde gelangt sein.
Von der ersten Hüllte des fünften Jahrhundert«, also von der Zeit der Porser-
kriege an begann sich die mathematisch-physische Geographie auszutnldtu
und zwar aut Grund des festgestellten Systems der konzentrischen Kugeln
des Himmels und der Erde, deren jede fttr ihre einzelnen Teile, Punkte,
Kreise, Absehnitte entsprechende Teile dw anderen über oder unter sidi
hatte. Am Himmel mußte man, wie Ptolamftus und Strabo sptter naefa einer
Uteren QueUe bemerken, die ftkr unsere Augen selbst nicht Aber sehbare
Erde erkennen. An der Hand h«rT(nTagender Fflhrer, s. B. des Atistoteies,
ttberwand die aene Wissenschaft die schon in ältester Zeit hervortretende,
für sie störende Lehre von der Bahnbewegung der Erde ') und war in wenig
mehr als vierhundert Jahren so weit gediehen, daß der berühmte Astronom
Hipparchos*) in seiner Kritik der Geographie des Erat^stbenes ganz folge-
richtig verlangen konnte, die Karte der Oikumene, die schon lange als ein
bestimmbarer, vergleichbarer und wirklich vennesseuer Abselinitt der gleich-
falls vermessenen Erdoberfläche behandelt wurde, solle in all ihrem Ein/el-
inhalte nur noch von astronomischer Längen- und Breiten bestimmuug ab-
hängig gemacht werden.
Das war der Wendepunkt, weil die Theorie wie die Forderung Hipparchs
der allgemeinen Bildung au weit TOrausgeeilt war. Praktisdie Leute wie
Polybius und Strnbo drängten surflck sur allgemdn ▼erstladlichen LSnd«r>
künde und troti der energischen und sdittnen Versuche des Posidonius im
ersten Jahrhundert Chr., die Arbeitsart der älteren Geographie wieder ver»
stttndlich an machen und selbst eifrig fortsusetien; trots der Wiederaufnehme
der grieclusdien Karto|praphie im sweiten Jahrhundert n. Chr. durch Marinus
von Tjrus und Ptolemäus gewann und behielt die ungeographische, barba-
rische Kartenmalerei der römischen Kompilatoren bis ins Mittelalter hinein
die Oberhau<l; die mathematische Geographie der Griechen mitsamt den geo-
physischen Vorarl)eiten ging, wenn wir absehen von zusammenhangslosen
Gedanken und Versuchen der mit geringen lM)erbleibseln der alten Literatur
arbeitenden Sdiolastiker und von einer eigenen Art von Seekarten, deren
Herkunft noch zu erklären ist, auf mehr als ein Jahrtausend verloren, um
dann, wiederentdeckt, den Aufschwung der geographischen Wissenschaft in
der Neuzeit zu ermöglichen.
Zwei Hauptaufgaben hatten die Qriechen nicht Iflsen können. Ihre Ter'
suche, den Umfimg der Erde su berechnen, hatten sie sdum vor Piatos Zeit
angehören und in den meisten späteren geographischen Werken llberrasehend viel
und genau benntsfc sind, anf keine Weise gerMfat werden konnte, obwohl gerade
■ie die von ihm abgewiesene Hekonetniktion namentlich der inneren Zeiehnnng der
jonischen Karte vielfach bis ins Detail uriuubeu.
1) Darüber liehe 8. «6 n. 86.
2) Er lebte im 2. Jahrh. Vergl. BorgerH KratlingRSchiift „die geogzaphischea
Fragmente des Hippaxcb" und „Geschichte'* B. 466—487.
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Die Lehre von der KugelgeataU der Erde im Altertum.
2b
▼on xiuuDiiMiigdiörig6ii BOgen eines Hiiii*
nds- «od eines ErdmeridianB gegrflndet; es galt das Verliftltnis des ersterai
SBB ginaen HeridiaD m bestimmen ond dsn «weiten naeh den fibliehen Iti-
MnriflB zu vermessen. Sie blieben aber trotz aller Fortschritte der Mathe-
matik and Astronomie stecken, weil man die terrestrische Strecken Vermessung
durchaus nicht auf die Höhe der astronomischen Beobachtung, die noch selbst
einen nach unseren Bepriff^n ganz unzulässigen Spielraum, mindestens 7y,
Meilen, verlangte, zu hriugcn vermochte. Ihre Kenntnis der Erdoberfläche
hört'' mit dem die Oikumene begrenzenden, äußeren Weltmeere, das man für
UDüi>er<'hreitbar hielt, auf, sie konnten dämm für die Verteilung von Wasser
und Festland auf den außeroikumenischen Teilen der Erdoberfläche nur
Hjpothesen aufstellen. Der neuen mathematischen Geographie, die sich im
1&. JahrimBdert n. Qa, aa dar Hand der Ptolsn^Üselien Schriften Wiederau»
ViUstt b^nn, wurden die Entdeckung Amerikas und die ümschiffong Afrika^
sb Patangeeehenke glsidi in die Wiege gelegti und die mathematischen HiUk«
Biittd fBr die bald in Angriff genommene Gradmessnng lieBen nicht allxtt
Jsage auf sich warten. So haben sieh durch die Gunst der neuen Zeitrer-
kiltaisie in abermals vierhundert Jahren auf den Schultern der wiedeigelun»
denen griechischen Geographie, aber weit über sie hinausgehend die von ihr
bereits formulierten und der Lösung möglichst nahe geführten Aufgaben durch
die Wissenschaft der Neuzeit endlicli definitiv erledigen lassen.
Man sieht, daß diese Entwicklung der griechischen Geographie, wie sie
meine früheren Arbeiten festgestellt haben, nicht ohne das innerste Funda-
ment aller mathemat lachen Cieograpliie hlitte statttinden können, nämlich
ohne die Lehre von der Kugelgestalt der Krde. Man kann es ebenso sehen,
wenn man sich die drei Fragen überlegt, in denen die Griechen in der besten
Zeit den Inbegriff ihrer Erdkunde zusammenfaßten. Die erste hieß wo? und
beschiflagte sieh mit dem Veriiftltnis des ErdldSrpn« lur Welt und su den
OcsÜnien. Die sweite wie beschaffen? — um&Bte die mathematische Geo-
giapUe nnd die geopbjsiscben üntersuchungen. Die dritte — wie gn^? —
bsschlftigte ridi mit dem Erdmessungsproblem als der Grundlage der wissen-
sehaftliehen Kartographie.
Verfangt man nun neben diesem Hinweis auf die Ergebnisse der For>
schnng direkte historische Angaben, so genügen wenige Blicke in die alte
Literatur. In einem Berichte, der auf Theophrast zurückgeht, heißt es,
Parmenides habe zuerst nachgewiesen, daß die Erde eine Kugel sei und
im Mittelpunkt der Welt liege. Der Philosoph, der in Elea (Velia) in T^nter-
Italien lebte, arbeitete ungefiihr zur Zeit der Perserkriege; man beachte den
Wortlaut der Nachricht, der ihn nicht zum Erfinder, sondeni zum Verteidiger
der Lehre macht. Aus dem 1'^. Kapitel des 2. Buches der Schrift des
Aristoteles über den Himmel erfahren wir, daß wenigstens die zweite Gene-
tatton der Pjtfaagoreer, Zeitgenossen des SokrateSf TOn der Erdkngellshre
•dien sor Ldire too der Bahnbewegung der Erde fortgesduritten waren und
da0 ns «ich an wehren hatten gegen den Ebwur^ die Entfermvig des Be-
tchaiua von dem Mittelpunkt der Welt müsse Verschiebungen der Himmels-
endMiBQngett Temrsachea. Sie stfltsten sich in ihrer Abwehr solchen Wider-
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26
IL Bergev:
gpnichä darauf, daß diese Yenchiebimg dann sehon mit der einen Erdradius
ausmachenden Entfernung eines Beobachters auf der Oberfläche der Erde
von ihrem und dem allgemeinen Weltmittelpunkt beginnen müßte. In die
Mitte des Himmels versetzten die Pythagoreer das göttliche Zentralfeuer und
ließen die Erde und nnch einen ähnlichen Weltkörper, die (iegenerde, mit
den ihneu bekannten Wandelsternen Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Venus,
Merkur, Mond an unterer Stelle um jenen Mittelpunkt kreispii.^) Wir erfahren
weiter aus derselben Schrift des Aristoteles, daß drei Pliilosophen an der
Scheibcngcstalt der Erde festhielten, der Milesier Anaximenes, Anaxagoras,
der Freund des Pwfldes, mid Demolcritoe. Die beiden letstgenaanten mflssMi
wir uns gewift sehon im Kampfe gegen die Lehre von der Kugelgestalt der
Erde denken, namentlich w6bl gegen die tob den Pythagoreem snerst ge-
forderte Anerkennung der Möglichkeit nnd Tbtsidüichkeit der Antipoden-
stelltmg. Auf Anaxagoru besieht sich, was Flato im PhSdo') den Sokiates
enfthlen läßt, er habe sich unter anderem über die Frage, ob die Erde eine
Kogel sei oder nicht, Gedanken gemacht und in dem Werke des berühmten
Mannes keinen fftr ihn befriedigenden Aufachlufl gefunden. Demokiit scheint
der letzte Cfeirner gewesen zu sein; denn nach einer Notiz im Diogenes Laer-
tius') muß sein Scliült r Hion von Abdera ins I^ai^er der Feinde übergegangen
sein, da wir von ihm die Lehre kenneu, daß ant dem Erdpole sechs Monate
lang Nacht herrschen müsse. Seit Plato stand die Anerkennung der Kugel-
gestalt der Erde für die gi iechische Wissenschaft fest. Aus dem 14. Kapitel
des erwähnten Anstotelischeu Buches sehen wir, daß zur Zeit des Aristoteles
eine Erdmessung galt, die 400000 Stadien, etwa 10000 Meilen, fCLr den
Umfong des größten Kreises der Esde annahm; Plato spricht (wieder im
niftdo)^) von Leuten, die die GrSße der Erde m bestimmen Tersnchten, nnd
schon wihrend des peloponnesischen Krieges spottet der Komiker Anstopha-
nes*) über dieses Unterfangen. IMe von Arehimedes (Ende des 8. Jahrhmiderts)
benntste Erdmessnng setste den Erdumfang anf 300000 Stadien (7500 Meilen)
herunter, die zuletzt gültige des Eratosthenes auf 260000 (6250 Meilen)*). Im
vierten Jahrhundert handelte es sioh nur noch um das Problem, ob die Erd*
kugel feststehe oder sich bewege. Plato hat offenbar geschwankt; emer
seiner Schüler, Pliilippos aus Opus, scheint sich für die pythagoreische Lehre
zu erklären, ein anderer, Herakleides Pontikos, niihra die Achsendrehung im
Zentrum des Himmels an'). Im dritten Jahrlmndurt braihte Aristarchos von
Samos mit der heliüzentri.schen Lehre die Grundzüge des Kopernikanischen
Systems, und ihm folgte wieder hundci't Jahre später Seleukos aus Seleukia,
der die Beweise dafür vorgelegt oder erweitert haben soll.") Aristoteles
aber hatte sehen Tor diesen Terdnielten Untemdunnngen die Erde fDr das
Altertum endgültig festgelegt durch den Hinweis auf die allerdings adion
Tor ihm angebahnte Lehre von der Bdbwerkraft: alle mit Schwere behafteten
1) Siehe „Gesch. d. Erdkde". S 178 tf. 2) Phaedo yiCffl
8) IV, 7, 11 (08). 4) 108 C. 6) Wolken 201fr.
6) Über die verschiedenen Yersnche der Eidmessung vergl. „Oeech. d. Erdkde**.
8. «19 f., 865 IT., 406 ff.
7) TergL „Qeach. d. Erdkde**, a 188 f 8) Daaselbe S. 180 ff., 660 ff:
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Die Lehre von der KugelgeBtalt der Erde im Altertum. 27
dMnenluren Teile der Welt mußten, ao lehrte er, naeh dem absolaten Unten»
dam lüttelpunkt der Welt, getrieben werden nnd sieh dort im Drängen nach
der möglichst untersten Lage zur unbeweglichen Erdkugel ballen.^)
Daß die Griechen des fdnften Jahrhunderts die Lehre von der Kugel-
gestalt der Erde gekannt und verwertet haben , bedarf nach alledem keines
weitm-n Beweises. Ohue Aussicht auf volle Ellt^cbeidung tritt aber die
writcie Flage an uns heran, wie die Lelire entstanden, woher sie gekommen
M^m könne. Man inug wohl zuerst an fremde Herkunft denken, wenn man
erwägt, daß die Griechen, wie allgemein anerkannt ist, die Anfllnge ihrer
Knltur aus dem Orient erhalten haben; Ililfe bringt uns indessen diese Tat-
mdie nicht. Die Ägyptologie und Assyriologie haben großartige Leistangen
m fezseicbnen und fiber geschiditltche nnd knltnrelle Verhlltniese des alten
Orients lidit Terbreitet, wo nodi vor kurzem tiefes Dunkel herrschte, aber
ein Beleg dafür, daß dort lehon in alter Zeit die Kugelgestalt der Eide
eder eine deutliobe Vorbedingung fOr ihre Erkennteis oder eine Beglsit-
erMheinnng oder eine Folgerung aus dieser Ldure bdcaunt gewesen w&re, ist
noch nicht gdkmden worden. Die Versuche und Behaujitungen von Chabaa,
der die Lehre von der Bewegung der Erde, von Henri Martin, der die
Kenntnis der Erdkugel im alten Ägypten suchte, von Chiarini, der den
Babyloniern «las heliozentrische Weltsystem zuschreiben wollte,') konnten die
Frille der Kritik nicht bestehen, und was wir von Brugsch über ilgyiitiM he
<.ie<)gruphie und von Epping und .Jensen über babylonische Asirmiomie
und Kosmographie wissen, zeigt nirgends eine Spur von der Kenntnis
der Kugelgestalt der Erde, Anführen könnte man höchstens, daß sich die
Babyloniw ihre vom ürgewässer getragene Erde allerdings als eine hohle
Halbkugel dachten nnd damit Aber die unmittelbare Wahrnehmung lunaus-
griflen, nnd daß sich im Buche Hiob, dessen Abfassungsseit noch nicht ein-
heUig bestimmt ist, ein marfcwflrdiges Wort Aber das Schweben der Erde im
freien Baume findet Diese Bemerkung (Kap. 26, 7), die einnge derartige
im gaaien alten Testamente, leigt nach Budde einen gewaltigen Fortschritt
der Spekulation. Sie paßt zu der auch von Dillmann und Duhm angisnom-
menen Wissenschaftliohkeit des Dichters der Hiobreden und man kann wohl
daran denkmn, daß er, wie es allgemein angenommen ist, sowohl mit ägjp-
tistben Dingen als mit der babylonischen Mythologie vertraut gewesen ist.')
Möglich bleibt es daher immerbin, daß in der (wie schon die Alten wußten)
Jahrtausende umfassenden Ausbildung der orientalisclien Hinimelskunde an
irgend einem Orte, in irgend einem Kreise die Tjchre autgetaucht und zu
einiger, wenn auch nicht allgemeiner Verbreitung gekcuniuen sei, und daß
UBS neuere Forschung einstmals mit solcher Kunde überrasche.*)
1,. Vergl. „Gesch. d. Erdkde". S. *263. 2) Dasselbe S. 177, Anmerkung a,
3) Vergl. „Gesch. d. Erdkde". S. »3. Die Abfassungszeit der Dichtung schwankt
leider noch immer nrisehen dem 7. und 4. Jahrhundert, so daß die Idee des
Schwebens der Erde im leeren Weltraum durchaus nicht sicher als orientalisch
*og»:sprochen werden darf. Es besteht die Möglichkeit fort, daß auch ilieser groß-
ittige Gedenke dem griechischen Oeiste allein entsprangen und über Ägypten zu
^ gat enteerichteten Hiobdichter gelangt ist
4) H. Beiger hat sitli bis sn seinem Tode der Erwartung hingegeben, daß die
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28
H. Berger:
6«i weiterer üntenuchung ist vor allem su bedenken, daß die Wissen-
Schäften in Qrieehenland einen gans anderen Boden fanden als in Igjptsn
und in Babylon. In jenen miehtigen Reichen lagen sie durch lange Zeitp
Tontnfelchon eines Tage» die Kugelgestalt der Erde als ein geistiges Besitztum der
babvloniBchcn KoBmologie bekannt gclien würden, und doch zeigt seine Bchöne
Charakteritttik der heUenischen Wis^euachalt gegenüber der babylunischeu Geistes-
t&tigkeit, wie wenig im Omnde der letsteren solch kühner Flog der Oedanken vnd
der Spekulation zugetraut werden darf. Daß irgendwo in Vorderasiun nicht einen
der offiziellen Gelehrten, sondern einen einfachen Privatmann die chaldäisohe
UimmeiHkunde su solcher Otienbaruug geführt habe, ist doch recht wenig wahr-
sdhemlioh. Wir haben einmal die Tabiache, daß die Pfllle der nenerscMoMenen
Schriftwerke des Zweistromlandes nicht den leisesten Anhalt für die Kenntnis der
Kugelgestalt der Erde oder für geographisches Forschen überhaupt geliefert hat,
uud zum zweiten schließlich eine bestimmte Notiz in dem aus Uerosos schöpfenden,
also glaabwfirdigen Diodoros, die geradesn jeden Gedanken an babylonische Her«
knnft der Erdkugellehre ausschließt. Berger hat die Diodorstello natürlich ge-
kannt, aber tloch nicht in ihrfm Werte beachtet. Sie steht II, 31, 7 und lautet:
„:rc^^ dk xf^s Yijg iimxaTus üxotpäatis nowivtai (nämlich oi AoAdolot), HyoPTts
ixÜQX'** o^T^v cxtttpoaidl^ xeA Darnach haben sich die Babylonier die
Erde in der „Form eines Kahnes nnd hohl" vorgestellt. Das letztere Epitheton
weht darauf hin, daß man an finen mit der Rundung nach oben gekehrten Kahn
zu denken hat. Wir müssen nur um Euphrat bleiben, um die in diesem Hild aus-
gedrückte Vorstellung recht zu verstehen. Wie ich sehe, bat schon Maspcro („Ge-
schichte der morgenl&ndischen YOlker*', fiberaetst von Pietschmann, 8. 188) den
rechtMl Weg betreten, wenn er nohreibt: „Die Turanier Chaldäas stellten sich die
Erde als Kahn vor, niilit als einen von den länglichen, bei uns gebräuchlichen,
sondern als einen von jener ganz runden Trogart, welche die Bas-Kcliefs uns so
hinfig vorflihien nnd deren sich die StiUnme am nntsren Enphiat noch gegenwär-
tig bedienen.** Sie waren ans Leder nnd werden nns von Herodot 1, IM ausfOluy
lieh beschrieben.
Damit sehen wir ganz klar; annähernd als Halbkugel hat man sich in
Bal^lon die Erde gedacht. NaÜbrlich hatte den babylonischen Astrologen bei
ihren mit der größten Regelmäßigkeit und während sehr langer Zetträume ausge-
übten Himmels- und (Jestirnbenbachtungen die Verilnderlichkeit des Horizontes und
die dadurch dokumentierte Krümmung der ErdoberÜäche nicht verborgen bleiben
können. Zn weiteren, Aber diese nnmittelbare Anschannng in kfihnem Gedmikenflng
hinausgehenden Theorien sind sie nicht vorgeschritten, einfach a\iH dem Grunde,
weil durch eine ung^fälir hallikiif^cli^^r irckrünmite Erde jene auffiilligen Er8chei-
nongen, die wir heute der mathematisch-astronomischen Geographie zurechnen, zu-
meist TöUig ausreichend erkllzt worden. Wir müssen bedenken, daB anch die roa
Aristoteles angefahrten Erweise der Kugelgestalt der Erde in Wahrheit nur eine
starkgebogene Oberfläclif bezeugen. Es gehOrte die ?;in7c licrrliche , liarmonische
Begabung und Au.->liildung, der wagemutige, zu kühnster Höhe und tiefster Speku-
lation vordringende Geist der Hellenen dazu, sich von der znr nächsten Erklärung
der Erscheinungen genügenden, nnmiltdbsren Wahrnehmung xu emanzipieren nnd
die Harmonie des Kosmos erstehen zu lassen. Mag die Tat.saclie der gekriimmtca
Erdoberfläche aus dem Orient zu den Pythagoreern gekommen sein, — aus dem halb-
kugeligen Kahne ist erst ihrem tiefen Blick nnd Geist die Erdkugel geworden. Wir
branchea nicht in schwanken wie noch Hugo Berger getan hat; wir haben im
Gegenteil allen Grund, die Lehre von der Kugelgestalt der Erde einzureiben nnd
Bu preisen unter der Zahl der herrlichsten, eriiabensten Qeistesheldentaten der
Hellenen,
Auch Agyptisdae Herkunft ist auf jeden Fall angeschlossen, da W. Sieglin
den sicheren, hier nicht nfther aasufBhrenden Nachweis erbringt, daft die Geographie
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Die Lehre tob der KugelgestaH der Erde im Altertum. 29
•
nkome in der Hand eines besonderen Standes und arbeiteten im Dienste der
Religion, des Staates, des Königs, vornehmlich auf praktische TUtigkeit und
Erfolg angewiesen. I>ie großartige Entwickelung der Baukunst nach allen
Kichtungen, die außerurdcutlicho Vervollkommnung der astronomischen Beob-
achtung und Berechnung durch die Babylonier, die nach Epping schon zu
l'lanetenephemeriden gelaii^'ten, sind beispielsweise aus diesfin Umstand zu
begreifen. In (iriccbenlaiid wandelte man zwar anfangs und vielfach auch
spiter auf dem unvermeidlichen Wege der Schule, zur Geschlossenheit kam
nun aber nur selten, im allgemeinen herrschte Dezeutralisatiou, die Grund-
lagen dir Wissenschaft kamen in die Hände unabhängiger Privatleute, mit
ibui sog sofort der wisrauehafUfehe Streit ein und trieb m sduaokenloMr
EHi<aag. Die alte ftgyptisehe Beißkonst eriioben die Griechen Aber alla
hios hinaus cur strengen Wissenschaft der Geometrie, ivie IfUhand vor
kanem wieder so klar gezeigt hat; die alte Astrologie und Himmelskunda
f&hrten sie weit Über die blofle Beobachtung hinaus zu einem kllhiMni Hypo-
thesenbau, der oft in überstürzender Hast in die Höhe strebte und Aufgaben
einschloß, deren wahre Schwierigkeiten sich ent nach längerer ungenlkgender
Behandlung zeigten und deren Losung erst unsere Zeit endgültig ausführen
konnte. J^ollt« sieh die Übernahme der Lehre von der Kugelgestalt der Erde
aus dem Orient nicht bewahrheiten, so würde es kein besonderes Staunen
erwecken, wenn wir sie als eine Frucht dieser wissenschaftlichen Bewegung
des untremein begabten Hellenenvolkes holracbten müßten. Wenn wir zu-
bamntenstellen, was uns von der Kulwickelung der griechischen Ansichten
äber die Erde und ihr Verhältnis zur Welt erreichbar ist, so finden wir
darin die Vorbedingungen der Lehre von der Kugelgestalt wieder and auch
die Sdtwiengkeiten, die zu flberwinden waren.
In alter Zeit hatte die Erde das Himmelsgewölbe getragen. Die Frage
nadi den näheren ümtttnden und nach der anfifilligen Gestimbewegong aer*
mm in Diditnngen Ton tragenden Sftulen oder Biesen und Ton der Wunder*
weit, die mit dem die Erde umfassenden Stiom Okeanos begann. Nicht
viel weiter scheint der VorllufiBr der jonischen Philosophie, Thaies von Milet,
gekonunen zu sein. Wenn er die Erde auf dem Urstoff, dem Wasser,
schwimmen ließ, jedenfalls nach babyloniscliem oder ägyptischem Vorbilde,
so vergaß er, wie Aristoteles meint, daß auch das Wasser einen Träger
haben müsse, und mit der griechischen Inselwelt war seine Lehre überhaupt
schwer vereinbar. Etwa ein Menschenalter spüter iuidert sich mit dem Auf-
treten Anaxinianders von Milet alles wie mit einem Zauberschlag. ^) Der
erste Versuch, die Erscheinungen durchgreifend und harmonisch zu erklären,
•teht anf «mnal in hewundemsweirter Tollindung vor uns. Der Himmel
der Joder in ihren aUgemeinen Grundlagen und Lehren und daronter vor allem
die Annahme einer kreisrnnden Erdseheib'e ägyptischen Ventelhuigen nach-
gebildet ist.
Krwdhnen mücbte ich noch, ohne deu müglichea Zusammunhung zu erörteru,
daS dek Herakleito« die Sonne oxa^oetd^, htixvQtov gedacht hat — das ist ganz
die bsbyloniMshe Vorstellnng über die Erde (vergl. Flutareh de phM. philoe. II, SS)
1) VsigL „Geech. d. EidkdC*. 8. S6— S7.
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30 H. Berg«r:
•
war fQr ihn, den ersten Kartenzeichner, nieht tnehr ein halbkagelaitigeai fest»
stehendes Gewölbe, condem eine vollkommene Kugel, die in gleichmABiger
Kreisbewegung die unverrückbaren Bilder der Fixsterne, Überbleibsel einer
ehemaligen Feuersphäre, um die Erde henunführte. Sonne und Mond, ein-
geschlossen in reifenartige Gebilde von verdichteter Luft, sollten von diesen
Ringen in ziemlich großen Abständen /.wiscbcn Himmel und Erde im Kreise
heruragetra^'t ii werden. Die Hauptsache aber ist, der unter diesen Umständen
schon verhültnisniiißig klein vorgestellte Enlkörper mußte nun vom Hinunel
gelöst sein und auf irgend eine Weise frei schweben. Bemerkenswert muß
es immer erscheinen, daß, wie schon erwähnt, auch der Dichter des Buches
ffiob an dlMes Freiseliwebett der Erde denkt, und da0 ein Zeitgenone Ana-
xinumden, Pherekydes von Sjros, entweder das Weltall oder, was mir wahr*
seheinlicber ▼orkommt^ die Erde mit einem Baome Tergleioht, der auf FUlgeln
raht^) Wie sich der milesisobe Philosoph das Schweben der Erde mOgUch
dadite, berichtet Arislotdsi m dem oben saeist iBgeflBhrtaa KapiteL Da
die Erde in der Mitte des Alls Hege und sich in allseitig gleichem Abstand
▼on der Himmelskugel befinde, heißt es, habe sie keinen Anlaß, sich nach
oben oder nach unten oder nach einer Seite bin zn bewegen, und Bewegung
nach mehreren Seiten zugleich sei unmöglich Die Begründung klingt ge-
künstelt, und Aristoteles nennt sie blendend, aber unwahr; eines läßt sich
aber nicht verkennen, Anaxiniander nuiü schon v.nr Erhebung über die nächst-
liegende \'orstellung von den Begriffen Oben und Unten binausgedrungen
sein, als er auf diesen (iedanken verfiel. Ein neuer, kosmischer Begriff
hat sich von da au stetig weiter gebildet und liegt bei Aristoteles vor in
dem Satse: „Oben** sei die Weltkugel, „unten** der IGttelponkt der Welt.
Nadifolger Anaximanders in seiner ErkUmng des Bchwebens der Erde waren
im 6. Jahrhundert Parmenides, im 4. Plato, der aber gelegentliche Abwecfas-
hing des beiden Bezeichnungen „Oben und Unten** verlangte. Jenem kam
noch die Annahme tou der Einheit der oben und unten endenden O^gensitse
▼mn lichten Feuer des Himmels zur dunkelen Materie der Erde, vom durch-
gängigen Znsammenhange der Weltkugel zu Hilfe; diesem die Lehre von dem
Gleichgewioht in der Fflgnng aller elementaren Teile der Welt, beiden überdies
die Überzeugung von der Kugelgestalt der Erde. Erst eine konzen-
trisch in einer anderen liegende Kugel kann .sich ja in allseitig gleichem
Abstand von der einschließenden befinden. Man sollte nun meinen, das
könne auch .schon dem Anaximauder eingefallen .sein, er könne sich eine
kleine, im allgemeinen Mitt'ülpunkt schwebende Erde auch als Kugel gedacht
haben, etwa nach dem Muster der Himmelskugel (das ist nach einem Ver-
gleich, den die Späteren regelmäßig vorzubringen pflegten). Aber hier wider*
sprechen die eneiehbaren Nachrichten der Wahrscheinlichkeit. Es heifit,
wenn wir den Bericht recht verstehen, er habe den Erdkftrper mit dnem
niedrigen Zylinderabschnitt veiglidien, dessen BandhOhe den dritten Teil
des Durchmessers seiner Oberfliche ansmadite, mit einer Figur, von der Panser-
bietor richtig bemerkte, ne könne als das Abbild einer mitüwen, aus der
1) YeigL „Gesdi. d. Ezdkde**. 8. 88, Anmerkung 7.
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Die Lehre Ton der Kugelgestalt der Erde im Altertam.
31
WeKkugel gleichsam hersusgeschnittenen Zonenscheibe betrachtet werden.
Aasdrücklieh ist in dem Berichte himugef>, daß wir, die Menaoben, auf
dir oberen Kreisflache dieses Körpers wohnten, der die andere entgegen*
ge<;etzt sei, und das muß beinahe den Gedanken in uns aufsteigen laasea^
Anaximander habe nur die Antipodenstellung vermeiden wollen.
Vergogenwilrtigen wir uns die nach diesem Tathestiiiid zulässigen Mög-
lichkeiten, so können wir sagen, entweder war der Gedanke an die Kugel-
gestalt der Erde noch in keiner Weise an Anaximander herangetreten —
dum bleibt uns außer dem Hinweis auf die notwendige Erklärung der Stem-
bevegung jeder weitere Einblick in seinen Gedankengang verwehrt — oder
m kalfte sdioa roa der neuen Lehre gehört, oder er ww selbst in dem
Simen und Qrftbeln, das seine ErUftmng des Schwebens der Erde ▼<»»ns-
Mist, aof jene Idee gekiHnmea. War das letitere der Fkll, so mflBte die
Vmnutung biningefBgt werden, Anaximander habe von der endgültigen An-
mbne nnd Ton der Darchfahmng des Gedankens abgesehen, sidk mit einem
unraUkümmen gedachten Verhältnisse der Erde zum Himmel zufrieden ge-
geben und zwar, wie der ausdrückliche Zusatz des Berichtes über die Wohn-
itttte der Menschheit andeuten könnte, um der mit der Kugelgestalt der
Erde untrennbar verbundenen größten Schwierigkeit, der Antipodent'rage, ans
dem Wege zu gehen; das würde heißen, er habe sich gescheut, den neu-
geahnten Begritf des Oben und Unten aus den kosmischen in rein mensch-
hche Verhältnisse zu übertragen. Daß diese Schwierigkeit allgemein tief
empfunden wurde und sehr störend wirkte, kann sich gewiß jeder vorstrllen.
Gleich nach Anaximander finden wir die Forscher, die an den Fragen
aaah I«ge und Gestalt der Brde teilnahmen, wie wir schon bemerkt haben,
in nrei Piurteien geschieden. Die eine, geführt Ton seinem jüngeren Lands-
muBL Anaximenes, dem sich dann Anaxag(was und Demokritos anschlössen,
gsb ftst alles wieder anf^ was der altere Milesier bereits erreicht hatte. Nur
an der LSsnng der Himmelskagel von der Erde, an der fireien Bewegung
des Himmels hielten sie fest Au dieser Lehre hat Überhaupt niemand
wiedor gerüttelt, nur anter den gedachten und ei-zwungcnen Beispielen, mit
denen die E^nknreer ihre erkenntnistheoretischen Untersuchungen zu erlftutem
pflc|Tten, lassen sich derartige Rück- und Mißgritie finden. Bei Anaximenes
schwebte die Erde nicht in Folge ihrer Lage, sondern wurde von seinem«
Ürstoff, der Luft, getragen. Als eine mächtige Kreisscheibe sollte sie so
nahe an die Hinimelskugel heranreichen, daß der bleibende Zwischenraum
zu gering war, um der unter der Erde befindlichen Luftnutnge genügenden
Durchgang zu gew&hi'en. Daß hier wie später bei Auaxagoras der alte,
sichite Begriff des Unten festgshaltsn ist fllr die kosmischen Verhältnisse,
Vwtot dem Aristoteles hcsondoren AnlaB m spöttischem Tadel Ifit dem
Widerspruch nnd der Reaktion dar ungebildeten Menge, die sich in Athen
ffgM die Philosophie und ihre Tocfa^enrissenschaften erhob; die den Anaza-
gons selbst in die Yerhsnnung trieb und den Sokrates das Lebsn kostete;
ton der sich Herodot, der Feind der Geographie und der jonischen LSnder-
kunde sugleich, beeinflussen ließ, — darf man aber die Haltung dieser
Xlaaer nldii Terwechseln. Sie fuhren auch in ihrem ßackschritt fort.
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32
H. Berger:
wissenschaftlich zu arbeiten; so führte z. B. die lange wahrgenommene
Neigung des Erdhorizontes za den Stern- und Sonnenkreisen der Himmds«
kugel schon den Anaximenes auf die richtige Erklärung des Nachtbogens
der Sonne uad der \ erschiedenhoiten dieser Nachtbögen, (ianz rii htig faßten
er und die anderen die zu beobarhteude Neigung dt.s Horizontes als eine
tatsächliche Neigung der Erdscheibe auf, durch welciie die nördlichen Teile
die hüchte Lage einnehmen mußten unbeschadet der Geradlinigkeit des nord-
sfidlicheii Längendurchmessers. Abschreiber der Excerpte machen aus dieser
Erbelrang des Nordens der Erde liohe Berge. Die Tatiaelw dieser Keigang
fährte sie weiter auf die ÜBterschiede der Erwlnnting und Belebung der
Erdoberflicbe. Freilich wohl nicht ohne Anregung durch Iltere, bald ansu-
fOhrende Vorlagen der Gegenpartei, aber namentUob unter der Hand des
I^pokrates, der wie Anazagoras an der ebenen IMgestalt festhielt, bildete
sich aus diesen ErwUgungen eine klimatische Einteilung und mit ihr die
Lehre von dem Einfluß der Wftrme und der Kälte und ihrer yerschiedenen
Mischung auf geistige und körperliche Anlagen der verschiedenen Völker, die
für das ganze Altertum in Geltung geblieben ist.') Gerado diese wissen-
schaftliche Haltung wird es aber gewesen sein, die endlich zum Einlenken
trieb. Die Schwierigkeit, sich der neuen Auffassung der vertikalen Dimen-
sionen zu fügen, die Antipodenlehre anzunehmen usw., mußte endlich auf-
gewogen werden durch den Hinweis aut die unabweisbaren Gründe der
Gegenpartei fiir ihre Lehre: die immerwiederkehrende Bundung des Erd'
Schattens bei den Mondfinsternissen und das im Bereich der gewOhnlicheii
LSnderkunde wohl bemerkbare Steigen und Fallen der Gestune bei nflidlich
oder südlich gerichteter Ortsvertudiornng.
Die Oegenpsrtei, die mit Eifer fttr die Lehre von der Kugelgestalt der
Erde und die Folgerungen dieser Lehre gearbeitet hat, schloß sich airfhogs
unmittelbar und entschieden an die Vorarbeit Anaximanders an. Die Nach>
richten, die uns über sie belehren sollen, sind indessen in einem bedenklichen
Zustand. Sie gehen meist auf bloße Aussfige aus grOBeren historischen
Werken zurück und das Spiel mit den einzelnen, des Zusammenhangs der
Darstellung entkleideten Sätzen der Excerpte hat zu argen Mißverständnissen
geführt. Am besten kann man noch zur Erkenntnis des Zusammenhanges
und der Entwicklung der die Erdkugelgeographie betreffenden Partieen
kommen, wenn man den Umweg der Kückschlüsse einschlägt, sich dabei nicht
scheut, die Mißgiiffe der so wohldurchschauten Sentenzensammler nach Gebühr
au£rafiusen, und die Aussidit nicht Tenchmftht, die der neii«ra Standpunkt
der Geschichte der Geographie darbietet.
Drei Mftnner kommen hier in Frage, aber erst die Angaben über dia
Titigkeit des .jflngstea von ihnen bieten uns einen ÜBSten Boden. Über doi
schon genannten Parmenides haben wir unter anderen Berichte aus einem
Buche Theophrasts, Angaben des gelehrten Posidonius, des einflußreichen
Freundes Ciceros, die sich bei Strabo finden, alles Nachrichten, die klar und
achtunggebietend sind und sich mit nicht unbeträchtlichen Besten der dgenan
1) YergL „Geich, d. Eidkde". S. 81 if.
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Die Lehre vou der Kugelgestalt der Erde im Altertum. 88
Wake dM Elwten Torgleidieii laaseD. Auf Grund d«r Ton den Orieohen so
tiefiiiiiiig aufgefiiBteii EigcnBchaften des ToUkommeiuteB und sohOiistasi aller
Kflipor, der Kvgd, in die «r sieh selbst den im hOohsten Gnde fibersian-
lidisii Gmndbegriff seiner Philosophie, das einzig wirklich existierende, reine
Sein eingeschlossen dachte, vielleicht auch schon in Anlehnung an den bei
Azistoteles wiederkehrenden Gedanken, daß alles, was sich in vollkommener
Harmonie an die alles umfassende Kugel anschließe, wieder Kugelgestalt
hahen müsse, wies er zuerst nach, daß die Erde als Kugel konzentrisch im
Mittelpunkt des ^gleichfalls kugelHirmigen Alls ruhen müsse.*) Eingehende
Erkenntnis und Darlegung seines Gedankenganges ist zur Zeit wenigstens nicht
möglich, aber das können wir sagen, daß er sich auf Erörtenmg der räum-
lichen und stofflichen Verhältnisse der beiden Kugehi zu einander stützte und
insbesondere nnf die Brw&gung des ffiafiiumMi, den dis nadi pjthagoreischer
Lehre das Fener des Himmels in sich sammelnde and wiedenuustraUende
Sonne durch die Eigentfimlidhkeiten ihrer Stellungen und Bewegungen auf
die Obeiflidie der Erdkugel aasObte. Die Fhudit dieser Arbeit war die
Lskre von den fllnf phTsisoh-geograpliisehen Zonen der Erde*), die in der
wissenschafUicben Geographie der Griechen mit wenig Änderungen über zwei»
kuadert Jahre, in der Tradition und im BJWußtsein der allgemeinen Bildung
aber noch viel länger geherrscht hat. Sie ist nicht zu verwechseln mit der
pjrthagoreischen Zoneneinteilung des Himmels durch den Äquator, die Wende-
kreise und die arktischen Kreise und deren Cbertragung auf die Erde, die
noch ohne eingehende geophysische Untersuchung nur die Korrespondenz
himmlischer und irdischer Kreise im Auge gehabt zu haben scheint.') Zu
beiden Seiten des Äquators breitete sich nach Parmenides unter dem un-
mittelbarsten Einfloß des Sonnenfeuers eine verbrannte, unnahbare Zone in
tbenriegender Breite aus (sie sollte beinahe die doppelte Breite des Baumes
smscksD den Wendekreisen der Erde «nnehmen); wiederum su beiden Sdtan
dies« Zone lieft die gemilderte Wirme swei gemftftigte, engere Zonen oiRsn
sls Brut- und Wohnstitte fttr die Lebewesen der Erde; rings um die beiden
Fde aber lagerten sieh endHeh swei leblose Polaiaonen, in Kilte, Nacht und
Nebel begraben. Daß Paimemdes mit diesen beiden äußersten Zonen das
Leben der Erde beschlossen habe, dafür gibt es in den Fragmenten nur
wenige Worte, die noch dazu zweifelhaft sind. Sie komoMn aber in der zu
Grunde liegenden Vorstellung übercin mit einer Bemerkung, die Krates
Mallotes*), der eifrigste Vertreter der Erdkugelgeographie im 2 Jahrhnndei-t
V. Chr., über die Polarzonen machte, und die hervortrotonde 1?» loiiuni^ des
nordischen Nebels in dieser Bemerkung kann am ehesten auf Angaben über
die westlichen Teile des nördlichen Ozeans beruhen, wie sie dem Eleateu
phokäische und massiliotische Seefahrer boten. ^) Übrigens müssen wir vou
1) Vergl. dasselbe 8. Mtff.
i) Vergl. darüber ausHihrlich den zweiten Aufeala.
S) Auch darüber siehe den zweiten Aufsatz.
4) Yetgl. „Gesch. d. Erdkde". S. 441-468.
ft) CUeehiiehe Sohifiahit im Atiantilchen Osean besengt namentlich der bei
Anennt n Qmnde liegende Periplns (retgl. 8. SS Anmeikmig 1).
"•«rwMwfci aritwaiw. lUahriMff. lies. i. Büt 3
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34
U. Berger:
der Entwickluiig, die die Zonenlehre des Pannemdes genommen hat, auf
ihn snrflckBchlieBen, und der Gedanke an eine größte und eine abnehmende Wärme
kann nur in der Vorstellung des Mangels aller Wärme seinen AbsihliiB
finden. Bedenken wir, daß dieser Lelirt> schon die Brkenntnis der Beleueb-
tungsverhaltnisse der Enikugel zu Grunde liegen mußte: daß sie die Kennt-
nis der Zunahme des liirif^sten Tages nach Norden und Süden, d'^r Schatten-
verhftltnisse, der Konesputidenz der nördliehtn und der südliehen Zonen, der
zonenteilendeu Krei.se emschloli; daß Parnienides auch tatsächlich schon an
die Vergleichuug der Zonenbreit^ gedacht hatte; daß eine bedeutende Unter-
stützung von Seiten der Länderkunde anzunehmen ist, — so leuchtet ein,
daB ein gUnaenderar Anftag mii der Behandlung der Geographie der Erd-
kugel nieht gemacht werden konnte, und es wird sehr wahrscheinlich, da8
▼on der ersten Entdeckung der Lehre von der Kugelgestalt der Erde bis su
dieser Leistung schon eine geraume Zeit ▼erstrichen sein mnflte.
Hinter Parmenides sieht Zenophanes, der frfihor als des erstgenannten
'Lehrer und als Qrflnder der eleatischen Philosophensdinle hochangesehen war.
Durch den ersten Ansturm der Perser unter Harpagos noch im 6. Jahr-
hundert V. Chr. aus Kolopbon in Kleinasien vertrieben, lebte er nach langer
Wanderung wohl meistens zu Ella in Unter-Italien, nach neuester Auffassung
als fahrender SUnper, der seine epischen TSedichte vortrug und mit dem
alten < Jötterglauben die Hedeuiung der Honierisclien Gedichte herabsetzte.
Die Mängel lU'r Überlieferung haben vielleiclit keinen so hart L'etroflen als
ihn, namentlich die Wiedergabe seiner kosmophysischen Ansicliteu ist vielfach
zu einem widerlichen Unsinn geworden, dcu man einem halbwegs verstän-
digen Manne seiner Zeit wahrlidi nicht zatzauen soUte. San enger Zu-
sammenhang mit Anaximander, seinun ehemaligen Ueinasiatischen Lands-
mann, seine Kenntnis der Lehren des ^Tthagoras, sein Einfluß auf Parme-
nides werden nicht geleugnet und kOnnen auch nicht geleugnet werden.
Nach den bestehenden Angaben ftber seine Kosmophysik, die ich nach Mög-
lichkeit gesammelt und vorgelegt habe*), muß er sich im Anschluß an die
(nach Aristoteles' Zeugnis) sdion bei Anaximander vorliegende Lehre von der
allmählichen Yerzehrung einer ursprünglich die ganze Erde überdeckenden
Wassermasse und von der Ernährung der Gestirne durch die feinsten, feuer-
artigen Teilchen der Ausdünstung dieser Gewässer folgende Ansicht ge-
bildet haben.
Die Erde mit dem Wasser verbunden und zeitweilig von ihm bedockt,
war ewig da, zeitlich unendlicli. Ihre „Wurzel'* hatte sie im Unendliclien.
Nach Anleitungen der Aristotelischen Physik über die Vorstellungen, die mit
der VorsteUnng des unendUdien, leeren Baumes in notwendige Verbindung
konunen und unter denen sidi ein für uns vielsagender Ausblick auf die
Ansicht Anazimanders vom Schweben der Erde findet; nach einer Anzahl
anderer, Uarer Bemerirangen griechischer Schriftsteller Über die „Wurzeln**
der Erde, unter denen sidi eine des jüngeren Zeitgenossen Aischjlos findet,
1) Veigl. H. Berger, „Untmaehnngen über das keemlsdie System des Xeno-
phanes ' (Ber. d. k. sich«. Ges. d. Wiss., phil.-hiat Kl. S. 80 ff.) n. „Gesch. d. Eid-
kunde" S. 191—197, wo auch alles, hier erwihnte Quelleunateiiel genau sitterfe ist.
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Die Lehre vun der Kugulgestult der Erde im Altertum.
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— kann ioh mir den Antdrack des Xenopban«« nur auf eine Weise deuten.
Ohne an neb rlmnUeh nnendUeh m eein, wie man apftter einmal arniahm,
befand sich die Erde im unendliehen Räume, mit desaen Fixiemng die Anf-
bebang der Vorstellung des Falles verbunden war. Wir werden nicht umhin
können, in diesem Gedanken eine eigentümliche Wendung der Vorstellong
Tom Sc}i\vebf»n der Erde 7ai orblickon, aiif dio Anaximander kurz vor Xeno-
phanos tr«^kommen war, — keine Abweuduu^' von ihm, wie sie für Anaxi-
ment-s und Anaxagoras bezeugt wird. Ausdünstungen des Wassers bildeten
dann die Luft mit den Wolken und den Winden, dann den Himmel und in
Folge ihrer Entzündung die Gestirne, ein Satz, der sich wohl gelegentlich
gegen den griechischeii Sonnengott gebrauchen ließ, ohnb in diesem Gebrauche*
seine Hauptbedeutung au haben. Alle dieae mußten nun mit der ganaen
neagebildeten Außenwelt auch weiterhin rom Wasaer unterhalten werden.
DaÄireh Teraehrt aich daa Waaser der Erde immer mehr, ludd reicht ea
aar Emlhrung der Luft und dea ffimmela nidit mehr aoa und die ganae
Außenwelt muß in Folge deasen wieder vergehen. War aie veradi wunden, ao
gewann das Wasser der Erde wieder die Obtthand, die unglücklichen Reste
dea Menachengeschlechtea ertranken in der neuen Flut und es kam die Zeit
einer neuen Weltbildung: ao ging der Wechsel zwischen Weltbildung und
Weltuntergang seinen ewigen Kreislauf, nur die Erde mit dem Wasser blieb
da. Aus dieser Vorstellung, die in allen ihren Teilen gut bezeugt ist, er-
klären sich seine, so oft mißverstandenen Ausspriithf von der Unendlichkeit
der Erde, von dem Verlöschen und dem Wiederent/ünden der Gestirne und
von unzählbaren Sonnen und Monden. Man hat ihm in alter und neuer
2«eit die törichte Annahme zugeschrieben, die Sonnen bewegten sich nicht
in Ejeiaen, aondern in unei^liehen, geraden Linien Torwirta. Daa beruht
gsndesu auf ilUadiung dea Textea, in dem von einer geraden Linie kein
Wort ateht, vielmehr nur Ton einer endloaen Yorwftrtabewegung die Bede
ist 1^ dieaer Bewegung meinte Xenophanea aber die den Alten wohl-
bekannte, endloae Spirallinie, in der die Sonne, den geacUoaaenen Kreia, wie
der Bericht deutlich sagt, vermeidend, von einem Wendepunkt zum anderen
auf- und absteigend um die Erde gefEÜirt wurde. Ich darf wohl auf Gründe
für die Ablehnung dieser Erklärung warten. Man hat nicht das Recht,
Xono]»hanes auf probe Mißverständnisse hin aus der wohlzusanimenhUngenden
Reihe der wissenschaftlichen Forschor herauszureißen und ihm die barbarische
Ansicht aufzubürden, der Himmel sei nach oiien hin. die Erde nach unten
räumlich unendlich. Sie kommt nur in einer von allen Seiten veiurteilteu
Schrift vor und muß aus der Aristotelischen Vorlage der Bemerkung dieses
Buches nach Anleitung des Aristoteleserklärers Simplicius gedeutet werden;
aie wird jedenfalla aua der oben berflhrten Beiapielaammlung der Epikureer
ataaunen.')
Ea heißt weiter, Xenophanea habe von einer monatelangen Sonnen-
ßutoniis geaprochen; daa iat unmOgHdi, ea kann aueh hier nur IGßveratlnd-
mi ebea poetiachen Auadruokea aein. Meinte er die Nacht, waa gana nahe
1} Yei]^ „Gesch. d. firdkde*S 8. IM, Anmerkung a.
8*
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36
H. Berg«r:
liegt, 80 gewinnt aber die Bemerkung eine tiefe Bedeutung; denn wir sehen
dann den Philosophen schon beschäftigt mit der Erörterung der Beleuchtung»-
yerhältnisse der Erdkugel, die sein Schüler für seine Zonenlehre brauchte, in
dem Oodanken an die länger und länger werdenden Nllchte der Polnrzone,
der, wenn man nur die Kugelgestalt der Erde erkannt hatte, durch die Be-
trachtung des jährlichen Unterschiedes der Sonnenstellung und seines Ein-
flusses auf die Beleuchtung der Kugel mit wenigen Hilfsmitteln eiTeichbar
war. Es heißt au einer anderen Stelle, der mau die poetische Ausdrucks-
weise noch in jedem Wort aatieht, die S<niD« fiille ausgleitend hinunter in
einen anderen Abadinitt — damit ist ^oriiont** gemeint — der Erde, dmr
nicht YOtt uns bewohnt sei. Wenn man annimmt, er habe anÜMsh Tmn
Ügliehen BonoenonteiKange gesproehen, so würden die letiten Worte der
Bemerkung recht passend endielnen für die Ansicht Awaiimanders, nach der
nur die obere Fläche einer Erdscheibe bewohnt war. Wenn wir aber die
Stellung des Xenophanes zwischen Parmenides und Pythagoras /u Rate ziehen;
wenn wir bedenken, daß er, der Lehrer des Parmenides, wie dieser selbst mit
den Lehren seines Zeitgenossen Pythagoras vertraut und von ihnen beeinflußt
war; daß die Pythagoreer den Mond wie die Erde für eine ringsum von
lebenden Wesen i)ewohnte Kugel hielten; daß Xenophanes nach wiederholter
Angabe des Lactantius dieselbe Ansicht vertreten zu hüben scheint; daß in
den Worten „nicht von uns bewohnt" streng genommen ein Hinweis auf
verschiedene Bewohnerschaften zu erblicken ist, — so wird, glaube ich, aus
diesen Worten eher die Antipodeolehre heraoszolesen sein.
Der Uteste und berOhmteete Vertreter d«r für die Lehre von der Kugel-
gestalt der Erde klmpHenden Partei ist aber Pythagoraii. Er muA ein Zeit-
genosse des Xenophanes, ein jflngerer Zeitgenosse Anaximanders gewesen sein.
Die ÜberlieferungsrerhUtniase sind hier gans anders geartei Huftten wir
für die Ansichten seiner Nachfolger nach 2^ugni8sen suchen, so behaupten
von ihm die Berichterstatter einmütig, daß er die Kugelgestalt der Erde
gelehrt habe. Leider behaupten sie aber auch so viele wunderbare, unglanb*
liehe Dinge von ihm, daß man vorsichtig wertlen mußte. Die besten Zeug-
nisse schweigen von ihm und sprechen nur von seiner Schule, den anderen
hat man lange Zeit keinen Glauben mehr geschenkt. Daß er keine schrift-
lichen Werke hinterließ, daß er im Gegensatz zu den anderen griechischen
Philosophen die Öffentlichkeit mied, seine Schule auf ethisch-religiösem Gebiete
sammelte und von der Außenwelt abschloß, die göttliche Verehrung, die
seine Schfller und deren Nachfolger bis in späte Zeit für ihn hegten, — daa
alles snsammen genommen hat ihn sum Wundermann gemacht Alles kann
aber die Tradition nun dook nicht erfartumt haben. An seiner Vertretung'
dar Lehre von der Seelenwandenmg, an seiner ZurflcicfBhrQng der Welt-
prinxqpien auf die ZahloiTerhlltnisse, an seiner iiudiwissensdiaftliGhen Be«
handlung der Mathematih und der Musik hat nie jemand gezweifelt. Man
ist den Spuren der ülteren, besseren Quellen der Tradition nachgegangen
nnd hat auf diesem Wege neuerdings mit Recht die übertriebene Zweifel-
sucht verlassen. Eigen war seinen Schülern das stürmische Vorwärtsdrängen
in der Ausbildung einmal angefangener Qedankenreihen: sie waren es ja, die
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Die Lehre von der Kugelgestalt der Erde im AUertum. 37
den kflhiMii Schritt lor Animhme der Bahnbewegmig der Erde taten; sie
smd es geweeen, die »ne den Begriffen der PumlleUtftt der genüUigten Zonen,
der Oikumcne und ans der Erdinseltheoiie das ^ymmetriscbo Krdbild ent-
warfen, nach dem zwei gekreuzte Gürtelozeane die vier Erdinseln (anawe
Oikumene und die Oikomenen der Antoiken, Perioiken and Antipoden) von
einander trennton. Die Spuren dieses Bildts hol Aristotelos, Plato und
Eodoxos führen unwillkürlich dazu, es für pjt Ii ago reise h zu halten.*) Eigen
war aber den Pythagoreern auch, was Aristoteles mehrfach tadelt, ein Hang
zu phantastischer Spekulation, der sich der Bedenken, der gründlichen Er-
örterung und Beweisführung entschlug. Die Zahl der um das Zentralfeuer
im Mittelpunkt der Welt kreisenden Weltkörper venrollständigten sie z. B.
darch die Annahme einer anderen, sogenannten Gegenerde, nur nm anf die
kilige Zehnzahl an kommen. Ffbr sie hatte die Antipodenlehre keine
Sflhwierigkeit mehr. Dnreh nrei nnverftngUohe Angaben der besseren Art
«iid ihnen die nnbedenkUohe Annahme der so leicht Terwirrenden Lehre, die
Behauptung, die Erdkugel sei ms der Mond ringsum bewohnt fon lobenden
Wesen, ansdrflcklicb zugeschrieben. Diese eigentOmliehe Geistesrichtung aber
maß in den Anleitungen und in den eigenen Anlagen des Gründers dw
Schule ihren ersten Ausgangspunkt gehabt haben, und solche Anlagen waren
gewiß besonders geeignet, die Annahme, wenn nicht die Entdeckung des
nahe j^elegteu, aber anfancrs erschrockonrlen Gedankens an die Kugelgestalt
der schwebenden Erde Anaiimanders mit allen ihren Folgerungen zu ermög-
lichen. Ein Umstand ist es vor allen anderen, der don Pythagoras zu der
so ungemein erfolgreichen Weiterbildung der schon an sich großartigen Vor-
arbeit des alten Milesiers geführt haben kann: seine ganz andere Ansicht
Hb« die Gestume. Ifit ihm beginnt in Gbiedhenland die Kenntnis der
Rsaetea und einer Planetenreihe. Dafi der Morgenstern mit dem Abend»
itani') identisdi sei, soU er suerst erkannt haben.*) Solche Kenntnisse weisen
«atsehieden auf Babylonien und lassen uns an die ÄuBerung Heraklits denken,
der ihm die umfaseendste historische Forschung als Vidwisserei TorwirfL
nie dem Anaximander zugeschriebene Lehre, Sonne und Mond wären eigeni*
lieh nur der feurige Inhalt von radfSrmigen Röhren, dessen Strahlen aus
finer Öffnung der Lufthülle hervorbrächen, kann er nicht angenommen haben;
^fnn gpine Schüler wenigstens verglichen schon den Mond mit der Erde und
hicltt-n ihn wie diese tür eine ringsum hewohute Kugel, und Ari.stotelcs, den
wir immer wieder zu Hilfe rufen müssen, bemerkt mit Recht, daß die Kugel-
gestalt des Mondes doch mit den Augen /.u erkennen sei. Auf diesem Wege,
glaube ich, kann man die Haltung des Pythagoras am besten begreifen und
sdiheßUch Gomperz zustimmen, der ihn nach anderen Vorgängern zuletzt
moBwonden als dvn iltesten Vertreter der Lehre yon der Kugelgestalt
der Erde beieichnet^)
1) Vergl dasselbe 8. 21,5— -218.
1) Bekanntlich die Venus.
t) Nach Diogenee LeMiae Vm, 14.
i) Über die l^rthegoreer nnd das hier Vorgetregene veigl. „Qe»6tk. d. Brdkde^.
8. 111>181.
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38
K»rl Sapper:
Inseln des ägäischen Meeres.
Eine 1 andsohaftliohe Skizze
y<m Savl Bapper.
Hit b LaadmlialUbUdeni snf Tafsl 1 n. i.
Von allen Schriftstelleru des klassischen Altertums pflegt keiner auf ein
jugendliches Gemüt größeren Eindruck zu macheu als Homer, und gar mancher
deotsehe Jüngling sehnt aoh in stillen Standen darnaeht mit eigenen Augen
die sonnigen Landsdiaften TOn HeUas an sckanen, die ihm seine Phantasie
in leoehtenden Farben Tovgankelt Aber wie wenigen ist es vergOnnt, das
Ziel ihrer Sehnsucht sehen in jungen Jahren an erreichen und sich im Alter
der grOBten Anfiiahmefiihigkeit an dorn Farben' und Formenreiditum der
griechischen Landschaft zu berauschen I Die meisten erreichen es nie oder
erst so spat, daB bereits die Ideallandscfaaften der jugendlichen Phantasie
verblaßt sind, während niandi schönes und eindrucksvolles Landschaftsbild
anderer Länder inzwischen das Auge erfreut hat und nun bereit ist, von der
Erinnening widergespiegelt, im Kampf um den Siegespreis der Schönheit
als emsthafter ^Vt'tt^lewerber aufzutreten. Der Eindruck, den die griechische
Landschaft auf solche erfahrene Naturfreunde macht, wird vielleicht weniger
tief und überwältigend sein, als es bei einem enthusiastischen Jüngling der
Fall wäre, aber die Würdigung der Schönheit dürlte wohl gerechter sein.
«Darum wage auch ich den Versuch, mit euu^en Worten der gnechiechen
Landschaft zu gedenken, nachdem es mir, zwei Jahrsehnte nach der Qymnaaal-
sfiit, im Herbst 1904 endlieh gelungen war, das Land meiner Jugendsehnsncht
zu schauen und mich an den Gestaden des ftglischen Heeres yon der Smine
Biomen bescheinen zu lassen. Von der Sonne Homers — denn so tief auch der
Eindruck war, den der Anblick vieler historischer StStten auf mich machte,
am meisten lebte in mir doch die Erinnerung an die homerische Welt wieder
auf, wenn ich z. B. an steilem Berghang ernst und würdevoll einen Hirten
mit hohem, oben krumm gebogenem Stab vor mir stehen sah, oder wenn ich
nach heißer Fußwandening in den kühlen, sauber gekehrten, plattenbedeckten
Wohnraum eines koi^-cheu (Jehöftes eintrat und die geschäftig hin und her
eihnd«' Bäuerin mir freundlich Gruß und Gastfreundschaft bot, „gerne mit-
teilend von den Vorräten" (die allerdings, wie ich gewissenhaft hinzusetzen
will, oft üchr ^pa^lich waren). Freilich waren meine homerischen Erinne-
rungen nicht mehr ganz frisch, aber gerade das hat midh vielleidit vor der
Enttluschung bewahrt, die so manchen griechenbegeisterten Altphilologen
heim Anblick der modernen Hellenen überkommt. Nodi wirksamer hat mieh
freilich die gewShlte Eingangsroute gegen Enttäuschung geschütst, denn wer
vom Hochland Anatoliens aus dss ftgSische Meer eraeicht, der wird unter
allen ümsUlnden geneigt sein, das griechische Element als den Träger einer
verhältnismäßig hohen Kultur anzuerkennen, während der Reisende, der vom
Westen her gnecfais<dien Boden betritt, leicht zu Vergleichen mit westeuropä-
ischen Verhältnissen verleitet wird.
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Inaeln des AgKiaeken Meeres.
89
Die <Jriechon zu studieren, war irh freilich nicht pekommeu; das wäre
mir in Anbetracht meiner höchst dürftigen .Sprachkenutuisse auch gar nicht
möglich gewesen, sondern das Land, das sie ])ew()hnen, das ihre Vorfahren
bewohnt haben, wollte ich kennen lernen, und die Unniöglichkeit längerer
Unterhaltungen mit den Einheimischen war für meinen Zweck vielleicht sogar
gflnstig, inaofem ich dadurch mehr auf das Studium der Landschaft kon-
Mutricrt Ueihen konnte. Freilioh reicht eine Ferienrase nicht hin, um einen
gentigendtn Einblick in die Natur des ganzen griecfaisdien Landes xu ge-
itatten; nur im Fing konnte ich Attika und die großartigen Gehirgsssenerien
der Peloponnes, die horrliche Ebene Messeniens, den eigenartigen Beiz des
Alpheiostaics, die stimmungsvollen Eichenwälder und einsamen Weideflftehen
Toa £lis, das freundliche Kurfu auf mich wirken lassen; dagegen war es
mir Tergönnt, die vielgestaltige Inselwelt der Agäis etwas nliher kennen zu
lernen, teils durch Sichtiing und kürzeres Betreten zahlreicher Inseln, teils
durch längeren Aufenthalt i auf Santoriu, Nisyros. Kos), der durch Fußwande-
runpen, Kitte und Bootfahiten ausgefüllt wunh-. Auf eine knappe Schilde-
nmg des Landsi haftscharakttTS der Inseln des iigaischen Meeres werde ich
mich daher im Folgenden zu bescliriinken haben.
Schon der Blick auf eine Karte verrät ohne weiteres die außerordentliche
Mannigfaltigkeit der landsehafflidieB Bilder, die des BeSsenden in der Iglis
hanen: Land und Meer, Berg und Ebene stoßm hier auf engstem Baum zu-
ammen, und es ergibt sich schon aus dieser Tatsache, daß außerordentlidi
vencfaiedenartige Gruppierungen dieser Einselelemente zu wirkungsvollen Ge-
nmtbildem mOglich sein müssen. Man könnte demnach erwarten, daß der
Inselflur der Äg&is die Palme landschaftlicher Schönheit auf Erden zukommen
mäßte, und in der Tat sprechen sich manciie Schilderungen mehr oder weniger
bestimmt in diesem Sinn aus, meines Erachtens aber nicht ganz mit Becht,
denn so hoch ich auch die Schönheit dieser Inselwelt einschätze — ich kann
nir doch nicht verhehlen, daß obiges Urteil in dieser Allgemeinheit nicht
Wohl aufrecht erhalten werden kann. Es ist freilicli gar nicht möglich, ver-
schiedene Landschaften einwandsfrci mit Rücksicht auf ihre llsthetische Wirkung
mit einander zu vergleichen; aber so viel scheint mir doch festzustehen, daß
der Uehrzahl der griechischen Einzelinseln andere Gebiete unseres Erdballs
an landschaftlicher SchOnheit ftberlegen sind; ausnehmen möchte ich hier nur
die Perle der griechischen Lisdwelt, Santoiin, jenen wunderbaren, teilweise
Tcm )ber bedecktm Vulkan der Ägiis, innerhalb dessen zerbrochenem Biesen-
krater in histmischer Zeit eine ganze Anzahl von LaTastank^(eln angestiegen
ist, die nun eigenartige vegetationslose oder wenigstens T^etationsarme dunkle
InsoIcheD bilden mit steilen, stdlenweise fast senkrediten Felswilnden, mit
wilden, blockttbersftten LaTastrOmen und schmalen gewundenen Buchten, eine
l^Mikrakaimeni) auch mit einem merkwürdigen Ezplosionskrater. Wilhrend
aber diese Inselchen den meerbedeckten lunenraum zwischen den drei supra-
m&rinen Resten des alten Kraterwalls in höchst malerischer Wt ise ausschmücken
und durch ihre dunklen Farbentöne einen eigenartigen Kontrast zu dem
tiefen Blau des Meeres bilden, steigen die Kraterwallroste selbst ungemein
schroff an der Innenseite des Kraterkessels auf, sich stellenweise mehr als
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40
K»rl Sappert
'J50 m über den Meeresspirgel erhebend. Weiße Bimssteinbänke wechseln auf
Thera und Therasia mit rothraunen oder seliwilrzlichen Schlackenlagen ab,
wahrend sich da und dort eine niüchtige giauschwarze Lavabank hinzieht. Der
verschiedene Zusammenhalt dieser mit einander wechsellagemdeu Bänke erzeugt
im Prohl des lunenabfalls eine Aufeinanderfolge verschieden hoher und ver-
schieden steil abgeböschter Stufen. Von fenie grOfit die fiber dunklen
SoUackanlagen ausbaute, senkreobt abbrechende weiBe Bimsstmnkappe vom
Aspronisi herfiber. Auf den höchsten HOfaen yon Thera und Theraria abor
thronen die auf miehtigen Statnnanem ruhfinden weiBgetflnditen Hiuaer
und Kirchen wohlhabender DOrfer, wShrend der hellgrane BiniMteinboden der
sanft gegen das Meer hin abfollenden Außenabdacbnng fast gans mit Beben-
pflanzungen bedeckt ist, nur da und dort Raum für Landbäuser und Ort»
Schäften lassend. Im Südosten Theras freilich ist der gleichförmig sanfte
AuBenabfall des Vulkans durch ein schroffes Kalksteinmassiv unterbrochen,
dessen (Gipfel das weithin .sichtbare Kloster Hagios Elias krönt, während an
seinem hncli;,rebir^'sartig steil ins Meer abfallenden Osthang unterhalb der
altgriecbischen Stadt von Mesobuno die l'berreste der wundervoll gelegenen
Einsiedelei Askitario ungemein kübn am Felsen angeklebt sind. So bietet
denn die Inselgruppe von Santorin eine solche Abwechslung von Formen
und Farben, wia ri» wohl kaum wieder Irgendwo auf dam Brdenmnd in
gleich harmonischer Verbindung auf engstem Raum wiederkehrt; und denkt
man sidi fiber all dieser Herrlichkeit einen tiefblauen Himmel mit strali-
lender Sonne und weiAen sidienden Wolken, so muß man in der Tat su-
gestehen, daß Santorin einen H(ßispunkt landschaftlicher Schönheit auf Brdan
bedeutet. Nichts innerhalb der ägäiscben Inselwelt kommt ihm auch nur an-
nihemd gleich; selbst Nisjros mit seinen regelmäßigen vulkanischen Außen-
bingen und den wild aufgetürmten Staukegeln des Kraterinnem, mit seinen
merkwürdigen kleinen Einzelbocas und der prtcbtigen, die Hauptinsel ein-
kleidenden Inselkette kann mit Santorin nicht wetteifern, auch wenn man
von dem geringeren Formenreicbtuni absehen wollte, der in der rein vulka-
nischen Natur der Insel begründet ist.
Den vulkanischen Inseln der Agiiis stehen an eindrucksvoller Wirkung
noch am nächsten jene Inseln, die sich teilweise aus Kalkgebirgsstöcken zu-
sammsnsetian, teilweise aber auch andere geologische Formationen aufweisen,
äean dnrdi den mehrfiuhen Weduel dar Oestnnsarten kommt eine wohl-
tuende Abwechslung der Formen su Stande, die in mancheo Fftllen ftsthetisdi
sehr befinedigende Wirirangen erxielt. Der Wedhsd der InnienflUimng inner-
halb ^nes einseinen InselkOipers bringt im Gegensata su der stetigen, ringsum
dominierenden Horizontalen des Heeres ein solches Leben in das Gesamt-
Inld, daß man sich nicht genug über die Mannigfaltigkeit der Formen freuen
kann. Am aufrälliir-^t^ ii tritt dieser außergewöhnliche Linienreichtum zu Tage
auf der Insel Kü>, die allein unter ihren Nachbarn eine langgedehiite Küsten-
ebene besitzt, andrerseits aber audi wild und hoch aufragende Kalkstein-
berge von z. T. wahrhaft alpiner Großartigkeit autweist, wälin-nd sich da-
neben weiche tertiäre Schichten in milden Böscliuugen und tnelirfachen Ter-
rassen abdachen, am andern luselendc aber jungeruptive Kuppen aufragen
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Inteln dei ftgftiseken Meerei.
41
und iwiachen beiden Gelniigsgegenden ein ausgedehntes, jungvulkanisches Tuff-
plttnu, von tiefen Barrancos durchbrochen, jene eigenartige Verbindung einer
boriiontalen Hauptlinie mit jäh abbrechenden, steilgeknickten Nebenlinien auf'
weist, wie sie fflr aolisch-vulkanische Landschaften kennzeichnend sind.
Dm meisten Inseln des ägäischen Meeres fehlt aber eine derartitje weit-
gehende Mannigfaltigkeit des geologischen Aufliaus, was sich naturgemäß auch
in der landschaftlichen Erscheinung kundgibt: wo krystallinische Massen,
Schiefer oder sonstige der Zersetzung und Abtragung leichter zugängliche
Gesteine vorherrschen, sehen wir sanft aufsteigende Kanunlinien, die sich viel-
Cidi dnreh die Sehönheit ihrer Kuren ansMiohiMB, aber dnrch mebr&che Hftn-
fang auf eiig«iii Banm etwas ermfldend wirken kOmieD, um so mehr, als manehe
ImAü so Uein mnd, daB sie nur in einem einzigen, alles dominierenden
Beige gqpfeln und daher jener Abweehslnng enthehren, deren s, B. nodi Nazoe,
eis TeridUtassmUBig groBe, mdngipfelige Lisel, teilhaftig ist Im sdiarfen
Oegensatx zu dem meist sanften Fluß der Linien der eben erwähnten Inseln
steht die schroffe, oft jäh geknickte Profillinienfiihrung der Kalksteininseln,
die dem Freund wildromantischer, fast alpiner Szenerie viele Befriedigung
gewähren mögen, aber trotzdem nicht eigentlich formschön genannt werden
können und hauptsächlich nur durch den Farbengegensatz zwischen den oft
weithin kahlen, grauen Felswänden und dem tiefblauen Meer das Auge erfreuen.
(iiinstig für die landschaftliche (iesamt Wirkung der ägäischen Inselwelt
hat es sich aber gefügt, daß die verschiedensten landschaftlichen Inseltypen
oft auf so engem Baum zusammen vorkommen, daß man, namentlich von
«insr bdmrsehendcn Bergspitae ans, luwin ganz Yevadiiedener landsdiaftliehw
Asigestaltang anf einmal üherbliokt und damit einen wesentlich hefriedigen-
4«en Gesamteindniok mliBlt, als wenn man nur gleichartige InB^ vor sich
Ahe. Dies wird einem hesonders eindringlich auf den hohen Bergen ron
Km Uar, wie schon Melchior Neamayer herrorgehoboi hat, indem er
sagt:') „Steht man auf einem der höheren Berge Ton Kos, der das Heer im
Süden und Norden beherrscht, so bilden die eisgrauen Kalkfelsen von Ka-
lymnos und Kapparo auf der einen, die dunklen Lava- und Aschenmasseo
von XisjTos auf der anderen Seite einen landschaftlich und geologisch äußerst
interessanten Kontrast."
Eines aber tiel mir bei den Inseln der Agäis sofort ins Atige, daB
Äst alle, mit Ausnahme der Vulkaninseln, sehr steil gegen das Meer hin ab-
fallen, mochten die Inseln nun aus kalkigen, schiefrigen oder massigen, erup-
hveo Gesteinen zusammengesetzt sein; freilich zeigt sich im Verlauf der
BMoagslinie je nach der geologischen Beschaffenheit wieder große Ver-
idiiedenheit; fiut immer aber war auch hier in der Ägftis, wie bei anderen
flechmseln (s. B. der Tropen), die ich daraufhin untersucht hatte, der Abfoll
gegen das Meer an jfth. Der Grund ist hier offenbar derselbe, wie s. B. auf
^ Antillen; er ist, wie ich firflher schon dargelegt habe*), darin m suchen,
1) Über den geologischen Bau der Insel Kos. Denkachr. k. Ak. d. Wisa. Wien.
HittL ni CL XL. 8. S8.
S) In den VuIkangeMetea Mittelamerilcae und Wettindiens. Stuttgart, Sehweiier>
bertb 1906. 8. tiOiL
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42
Karl Sapper:
daß die Engräum igkeit der Inseln die Abtragung wesentlich be-
schleunigt, während die Weiträuniigkei t der Kontinente odir
sonstiger größerer Landlläehen sie verlangsamt. Diese Beschleunigung
der Abtragung engräumiger (Jebiete ist natürlich um so stärker, je steiler
der submarine Kfistenabfall, je tiefer das benachbarte Meer ist, was übrigens
Plato im Kritias (III) schon andeutete, indem er sagte, daß die „vielen
und miehtigen Überschwemmimgen (in Attika) die von der Höhe herab'
geschwemmte Erde nicht, wie anderwSrts, aufittmmten, sondern daß sie, immer
ringshenun fortgesehwemmtf in die Tiefe verschwinde**. Li der Tat steigen
die InseLi der Ägftis sumeist aus recht tiefem Meere auf, so daß es sehr
wohl begreiflich ist, daß das von den Inseln abgeschwemmte Material zumeist
nicht, wie etwa bei den Alluvialbildungen der kleinasiatischen FlüssCi
Ebenen bilden konnte; dagegen tindet man im Norden von Kos seichtes Meer,
und so erklärt es sich, daß sich gerade dort eine größere Schwemmland-
ebene gebildet hat, während im Süden derselben Insel die Herge unmittel-
bar ins tiefe Meer abfallen. So hat also die geringe 'l'ifte des Meeres im
Norden der Insel mittelbar einen großen Einfluß auf die landschaftliche, und
fügen wir gleich noch hinzu, auch wirtschaftliche Entwicklung der Insel
ausgeübt.
Daß im letaten Grund tektonisohe Vorgänge für die Auflösung des ehe-
maligen ägäischen Festlandes in Insehn und für die Ausgestaltung des
Landschaftscharakters, in manchen Fillen auch für die Steilheit einselner
Btediungen venuitwortlich zu machen sind, scheint mir sicher tu SMn, aber
für die feinere Herausroodollierung der Formen muß doch die Tätigkeit des
Wassers, in geringem Maße auch die <les Windes, angenommen werden, und
für die Art der Herausmodellieimng der Ein/.elformen war die Engräumigkeit
der Inseln bi deutsam. Aber auch die physikalische Beschatfenheit der geo-
logischen Ein/elgebiUle. nanientlicli ihre Wasserdurchlässigkeit, hat auf die Aus-
gestaltung des Landschaftsbil h'S der griechischen Inseln einen großen Eintluß
ausgeübt: die jungviilkamscheii l'utt'biinge von Santorin und Nisyros /.eigen
viel weniger gut ausgebildete Tiller und Flußrinnen als die übrigen Inseln
des Gebiets, weil die Regenwasser, wenn sie nicht mit großer Helligkeit und
Masse niederstflnten, von dem lockern BimssteintnlP aufgesogen werden und dann
gar nicht oberflSchlich sum Abfluß gelangen. Dieselbe Eigenschaft der vulka-
nischen Tuffe wirkte aber aodi indirekt auf die Ausgestaltung des Land-
schaftsbildes ein: da auf diesen vulkanischen. BOden Quellen und dauernd
fließende B&che völlig fehlen, sind die Menschen fOr ihre Wasserversorgung
auf Zisternen angewiesen, die sie natärlich ebensogut auf dem Gipfel als an
den Hängen des Geländes erbauen kennen. Daher sind auch die menschlichen
Siedelungen auf den vulkanischen Inseln scheinbar ziemlich regelmäßig über
die Hänge hin zerstreut und etliche der wichtigsten Dorfschaften von Nisyros
und Santorin krimen sogar die; hrnhsten Teile der Kratenimwallung. Auf
den nichtvulkanist hpii Inseln dagegen sieht man außerordentlich häutig die
wichtigsten Si^dflungen — abgoehen von den naturgemäß ans Meeresuter
gebundenen Halenstiidten — sich in etwa halber Höhe des Berges hin/.i«'hen:
mag auch in früheieu Zeiten die Furcht vor Seeräubern und leiuduu diese
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Inieln des &gftitelieii Heeres.
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merkwürdige Siedelungslage empfohlen haben, 80 ist doch das gegenwärtige
Amdanem der Bewohner an der alten Stätte — neben der Scheu Tor Ma>
laria — in erster Linie durch die Gunst der Wasservenorgung verursacht:
auf den griechisohen Inseln ist in halber Höhe der Berge vielfach fließendes
Wasser vorhanden, in der trockenen Jahres/oit aber orreicht es das Meer
nicht mehr, sondern versickert lange vorher, so daß der Anwohner des Meeres
seinen Wasserbedarf durch Brunnen oder Zisternen decken muß. Das ins
Grün der Fi^uchtbäume eingebettete Weiß der hochgelegenen Dörfer hebt die
JUlerische Wirkung der sonst ziemlich gleichfarbigen, im Sommer meist braun-
lOtiichen Inselbftnge gam wesentlieh und bringt Abwechslung in das etwas
dntOnige Büd mandiar Löseln. Hlkshst anffUlig fXkt das Auge des Wanderers
iit namentlich der Anblick der lahlreiehen HodidOrfer am Nordhang des
Kalkgebirgnrogs des Ostlidien Eos, nnd verwondert acht man, wie daneben
auf dem niedrigen Isihmns der Lud zwisehen den Sstliehen nnd wesiJichen
HShen die Hauptdörfer auf den höchsten Erhebungen des Plateaus gelegen
sind und auch früher schon, in der Johanniter/eit, gelogen waren; aber auch
hier gibt die geologische Untersuchung die Antwort auf die Frage nach dieser
landschaftlichen Anonialio: der Isthmus zwischen dem Ost- und Westgebirge
ist seiner Zeit, wohl von Nisyros her, mit vulkanischen Auswürflingen,
namentlich Bimssteinlapilli. übeisi liiittet worden, und nuturgemilß stellten sich
damit aueh lokal die Ansiedhingsbedingungen vulkanisch-iiolischer Landschaft
ein, wie sie über diis ganze Erdenrund hin zu verfolgen sind: die Festsetzung
der Ansiedler auf dem Plateau selbst (oder wo die Verteidigungszwecke in
den Yordergnmd teaten, auf Torgeschobenen Platean-Laseln oder 'Yorsprüngen),
wUnend die Wasserrersorgung durch Zisternen oder Ton benachbarten, in
tiefen Schlnohten fließenden Blohen her erfolgen konnte.
Die Terhlltnismftfiig sehr große Mannigfititigkeit des geologischen Anf-
bans der Lueht des Iglischen Heeres hat so direkt und indirekt auch eine
grate Mannigfaltigkeit der landschaftlichen Erscheinung bewirkt und damit
der iglischen Inselflur in der Tat einen Vorzug vor den allermeisten Insel-
gruppen der Erde verschafift. Die Dürftigkeit der Pflanzendecke läßt die
Formen der einzelnen Inseln fast unverhüllt hervortreten nnd mit Freude er-
kennt ein geologisch geschultes Auge schon aus weiter Ferne das regelmäßig
schöne Profil vuikani.scher Aufschüttungskegel, die bizarren Linien von La-
▼astankegcln, die sanft geschweiften Umrisse schieferigcr Bcrj^'c, tiie plumpen,
etwa« brutal wirkenden Fonnen der Kalksteinklötze mit ihren stellenweise
Mnft auf- und absteigenden, dann wieder in scharfe Spitzen und jäh ge-
broditne Kanten anslaufenden Linien, und aiich auf den ungeschälten Beob-
sehtflr wird dieser grofie Formenreichtum der ägäisdien Landschaft einen
isttuliaeh anregenden Eindruck machen, wenn auch vielleicht nicht immer
•insa völlig befriedigenden, da die Qegensfttse dw Linienführung manchmal
allzogroB sind nnd manche Einsdformen, so namentlich der Kalkbeige, wohl
änreh Wildheit, nicht aber durch Schönheit der Umrisse, imponieren. Es
kommt durch sie in das Landscbaftsbild eine gewisse Unruhe und ünaus-
ge^chenheit, die durch den Gegensatz zu der allenthalben hervortretenden
stetigen Horizontalen des Meeres nur noch auffälliger wird.
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Karl Sftpper:
Aber wie dmr ästhetisch abwägende Sinn von der Oesamtwirknng der
Formen nicht ganz befriedigt wird, so kann er es auch tob der Gcsamtwir-
kung der Farben nicht sein — zum mindesten nicht im Sommer und Herbst
wenn die Vegi-tation verbrannt und armselig? erscheint und tiefes Grün nur
in voreinzf'lten, meist auf die Nähf dfr mensoJdiidien An.siedlungen beschränkt«>n
Flocken im Landschattsbild hervortritt. Hochwald fehlt ja auf den meisten
Inseln vollständig und wo er norh vorkommt, wie in Kos, nimmt er so ge-
ringfügige Flüchen ein, daß er das Landschaftsbild nicht wesentlich beeiutiussen
kann. Dieser Mangel an Wald, der die Inseln umkleidete und manche allzu
schroffen Formen mildernd Teiiiflllte, bringt die ägäisehe Inselwelt in entsdiie-
denen laodschaftlieben Nachteil gegenflbmr anderen Inselgruppen der geroftßigten
Zontti und der Tropen. Sehr nngem TetraiBt das Auge das Grftn im Farben-
konsert dmr yom Blau des Meeres als Gnmdton beherrsehten griechisehen
Landschaft. Wohl treten in Folge der DOrftigkeit des Pflansankleides die
Eigenfarben der Tiestoinsarten oft halbveriifllltf oft weithin TOllig ftei zu Tage:
das Grau der Kalkfelsen, das Schwarz juagemptiver Gesteinsmassen, das Gran-
Weifi der Bimssteinabsätze , das Rotbraun schieferiger Gebilde, das Hellgrau
mergeliger Schichten — aber all dieser Farbenreichtum ersetzt nicht den
Mangel an Griin und die braunnUlif Ii oder gelblich angebauchten, mit
niedriger Vegetation bestandenen Hänge wurden trot/ des Formenreichtums
der oft kräftig in(jdeUierteu Flächen nianehnuil geradezu langweilig anmuten,
wenn nicht da und dort weißgetünchte Landhäuser, Klöster, Dörfer wie Licht-
punkte hervorleuchteteu und die einfarbigen Flächen freundlich unterbrftchen.
An die Stelle steppenbaftsr Grasfluren, Kraut- und Straucbflftdien treten allere
dings auch hiufig weitausgedehnte Busehformfttionen; sie ftberdecken aber nicht
gesehlossen die gaaie Flftche, Tielmehr sind die EimtelbOsche oder Bnsdi-
gmiqpen sehr hftufig durdi kleine FUchra von Kahlboden oder Gras^ und
Krautregetataon von einander geschieden, so daß derwtige Gettndestrecken
ein eigenartig geflecktes, man möchte sagen, getigertes Aussehen eibalten:
dunkelgrüne Flecken auf hellem (grauem bis rotlichem) Grund — ein Ssthe-
tisch unbefriedigender Anblick! Wesentlich freundlicher erscheinen daneben
die menschlichen Kulturen: Weinberge und Felder aller Art. soweit nicht be-
reits die Frucht eingeheimst Lst und gelbe Stoppelfelder an die Stelle der
grünenden Flächen getreten sind. Auf alle Fälle ist der Einfluß des Men-
selien auf die Ausgestaltung des ftgSischen Landschaftsbildes sehr beträchtlich,
denn die Besiedelung der Inseln ist so dicht, daß weite Flächen dem Acker-
bau oder dem Weidebetrieb dienen mfissen, daß die nicht unmittelbar unter
Kultur stehenden Fliehen durch Abholsung oder Wuchsbescbidigung (durbk
die weidenden Zi^en s. B ) wesentlich Tertndert worden sind, und daß meoseh-
liehe Siedelungen, stellenweise sogar schon Wegebau, das landsehaftliche Bild
stark bemnflussen. Daß bei all diesen BeUtigungen des Menschen der Ein-
fluß der geologischen Beschaffenheit (sei es in Auswahl der Bodanbenutinng,
1) Die griechisehen Inseln sn andern Jahreeseiten, namentlich im Winter su
sehen, war mir nidit beschieden; ich habe daher die Mitwirkung des an
der Farbenwirknng der Landschaft nicht in Betracht sieben können.
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loseln de» ägaiechen Meeret.
45
in PlainB der Sieddong, der Anlage der Wege usw.) eine eigene Rolle
ipiilt, bnnebi hier nidit beaonderg erwBhnt wi werden.
Schon Ton weitem logen dem Reisenden gewisse Unterschiede in der
Erscheinung der Siedelangen die Art der Bevölkerung an, indem auf den
tärkisrhen Inseln vielfach noch schlanke Minarets auf die Anwesenheit von
Türken oder sonsti^jen Anhängern des Islam hinweisen, wilhrend daneben, oft
von hoch hehorrschenden Felshüheu herab, freun« Hiebe weiügetüncbte Kapellen,
Kirchen und Klöster griechisch kathc^lischer Christen herübergrüßen; auf den
gnechiscben Inseln <3er Agäis abpr findet man neben den Kirchenbauteii ortho-
doxer Christen oft auch rüniiscb-katholischc Tempel, manchmal etwas plump,
aieht ganz stUrön. Im allgemeinen muten die Dörfer und Stfldte der tfir-
IdidMi Gestade frenndlidier au, wegen des Sehmucks der Minarets und der
aa&diea, oft sogar unTollkommenen WeiBtOndrang der flachen Hftuser, als
die sa^iraelisToUeren Siidte nnd DOrfer der griedüsdien Sdte, wo nicht
Mltan, wie s. B. hOohst stSrend in Syra, Yerschieden&rbiger Maneranstrieh
die Fkibeohannoiiie des Bildes stSri Das Schönste der Stadt- und Dorf-
bilder ist aber vielfach der Schmuck der tiefgrünen breitkronigen Fnicbt-
biume, der schlanken Pappelnf'der Palmen und Agaven, imd manche be-
scheidene Dorfkirche, an grauen Kalkfels gelehnt und von schwarzgrünen
Zypressen umrahmt, mutet fast an wie das Original gewisser Böcklinscher
Landschaften. Uberhaupt, wer den intimen Heiz griechischer Landschaft
kenneQ lernen will, der darf nicht am Dampfer und den Hafenstildten kleben,
der muß ins Innere wandern und wird hoch befriediget die prächtigen
stimmungsvollen Einzelbilder genießen, die seiner dort harren. Wohl erblickt
Bisa auch vom Dampfer ans manch prächtiges Landschaftsbüd aus größerer
eder geringerar Entfernung, und besonders kräftig pflegt die mal«risohe
Wirkung antiker oder mittelalteriidter Baoreste ni sein, da wo sie massig
geaag erhalten sind, nm vom Strand oder von beherrsdiender Hohe aus
weit ins Meer hinansraschanen, wie etwa die Akropolis von Nisiyros oder die
Jeksawteifanigea Ton Kos. Wenn das Schiff nahe an die Gestade heran-
kosunt, so ▼erspflrt der Reisende zuweibm schon einen Hauch von der in-
tnnen Wirkung, deren zahlreiche Eiozclbildor ägttisoher Inf^ellandschaft ffthig
sind — hier eine kleine Bucht mit felsigem Eingang und schmalem Sand-
Strand, eine baumbescbattete Hütte im Hintergnind; dort eine einsame Palme
am .\usgang einer stillen Talschlucht; dann wieder tiefgrüne Büsche, die aus
Uiuen der grauen, von Wellengischt gebadeten Kalktelsen hervorwacli^en
0- dergl. Aber den vollen Reiz der landschaftlichen Schönheit der Ägiiis
lenit man doch immer nur kennen, wenn man die vieibotrett-'iieu Tfade ver-
lUt nnd auf einsamen Wegen durch die Dörfer, die Einöden und Berge
lAwoft und mit wachsoider Höhe das Meer in immer tieferem Blau an
VUaa neht Vor allem treten dann die Pflanzen mit aller Eigenart ihrar
fiuslfonnen, die Tiere nnd der Mensch mit seinen Werken als wirkssme
Staftge TieUach in den Vordergrand nnd verleihen den Bildern oft dnen
•■b bedeutenden Stimmnngsgehalt: wie freandlich grflBen auf hoh«r Berges^
h''hp zwischen weißgrauem Kalkfels kräftige grüne Bergkiefern den stillen
Wiaderer, wie fröhlich rastet ijch's im Tal im Schatten riesiger Platanen am
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Karl äapper: Inseln des ägaischeu Meeres.
Baad des tiefen SchSpf bniiuieiu», dem die gef&Uigen Anwohner des Orts mit
Schöpfeimern das kOsÜiche Nafi fttr die Beisendea and ihre müden Esel oder
Maultiere entnehmen, wie priichtig heben sich die scharfen Silhouetten des
auf hohem Ber<4grat stehenden Hirten und seiner weidendon Rinder oder
Schafe vom gluturuflossenen Abendhitiimcl aln wie freut sich das Auge des
Wanderers am An)>lick des weiß»-!! f!''h<ift.s, das einsam in sonniger Heide
steht iim Hände einer grünenden Haumgruppe. während draußen am Horizont
noch da und dort eine schlanke l*uj)pel, ein Maulbecrhauni ^('hart" konturiert
fiber die unruhig tanzende untere Luftscliicht der erhitzten Ebene aufsteigt!
Es sind köstliche Momente im Dasein eines Wanderers, all diese Summe
von Schönheit stimmungsvoller Landschaft zu schauen, und einen Höhepunkt
«nreichen die Einxelbilder, wenn in der Feme noch das tiefe Blau des Meeres
erscheint und Insel auf Insel mit wechselYollen Kontoren nnd matten Tinten
ans dem lenditenden Arar des Wassers emporsteigt. Nicht leicht dfirflo «n
Landschaftsbild anderer Zonen den Farben- und Fonnenrmcfatom der Land-
Schaft am AsphendiA erreichen, wenn der Schimmer der untergehenden Sonne
den Farben rei eil tum des Bilden noch erhöht: zu seinen Füßen sieht der
Wanderer die weiBen, flachdachigen Häuschen and Kirchen des Dorfes da»
hingestreut in das Grün der Fruchtbäume und das Silbergrau der ölhaine:
stolz ragen da und dort etliche schlanke Pappeln oder Zypressen über ihre
Umgebung liervor; in weiterer Kntternung zeigt sich der sanft geschwellte
Kalk-Bergrücken des Hagios Elias, daneben die weite Küstenobene mit ihren
gelben WeideÜikhcn und den wohlgeptiegten grünen Weingarten, zwischen
denen sich ein großer salziger Strandsee ausdehnt: dahinter tiefblau das
Meer imd die energischen Proflllinien von Kalymnos und Pserimos. — Wie
so anders erscheinen nebmi diesem freundlichen Bild die trotzigen Buinen
der benachbarten Johanniterfeste Palaeopjlli auf kahlem Kalkfels oder die
finstere Burg von Kephalos auf Oden, fast ganz des Pflanzenkleides baren
HQhen Tulkanischer TuflTe, in deren steilen Wänden Winderosion flache Ver^
tiefungen herausgearbeitet hat Und wieder — wie so anders gestaltet sich
der Blick, wenn man von der Höhe des Plateaus von Antimachia durdi «ne
der zahlreichen mit fast senkrechten Wänden oben anhebenden, dann aber
nach der Flußrinne zn sich ailmiihlich verflachenden Erosionsschluchten aufis
Meer hinausschaut, dessen mit dem Himmel fast verschwimmende Grenzlinie
so rubig (luliin/.icht , oder wenn man von der beherrschenden Felskuppc des
Christos die ganze große Insel Kos mit all ihrer Mannigfaltigkeit, das blaue Meer,
die Nachbarinseln und weithin die kleinasiatischen Küstengebiete üb^rlilickt
Dann aber wieder, welch eigenartigen Keiz übt es aus, des Abends et\va auf
den Ruinen des Asklcpieions zu stehen, rings umher die Trümmer einer hehren
Vergangenheit, am FuB des Bninenhfigels die malerische Schar der Arbsitsr,
um ihren Herrn gruppiert, sn Füfien die ferne Stadt Kos nnd die Kllsten-
ebene, das Vorgebirge Ton Halikamaß und xahlreidie Inseln inmitten des
sch&umenden Meeres, am westlichen Himmel das herrlidie Farbenspiel rOtKch
beleuchteter Wolken und ineinander verschwimmende Tinten von Orange und
Gelb, mitten darin der untergehende Feuerball der Sonne! Ganz verschieden,
aber ebenfalls anregend nnd grofl, wirkt auf den Beschauer der Anblick der
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Karl Oestreich: Zur Hydrographie des Karats.
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wilden Staukegel und vigetatioDslosen Kraterfl&chen TOn Nisyros neben den
■it UBsSgUdieni Fleiß xn AckerbauzweelEen mit kflnstUeken Terrassen Uber-
ngenem grOnenden Hftngen des alten Kraterwalls, den etliohe Windmühlen nnd
Dörfer mit weißblinkenden Flaehhinsem freundlich krOnen. Und wie malerisch
lieht es in diesen Höhendörfem selbst aus, in ihren schlecht gepflasterten,
u^anbltch engen Straßen, wenn etwa die Ziegenhirtin in ihrer farbenreichen
Tracht an der Spitze ihrer Schutzbefohlenen dahinschreitet, freundlich die
Nachbani b^rOßend — ein Idyll!
Keine weiteren Beispiele wollen wir namhaft machen; aber so viel steht
fest, daß man fast auf Schritt und Tritt neue reizende Ein7ell)ilder findet,
und daß demnach das Wandern im Innern dieser Inseln ein Hochgenuß ist,
sofern man unempfindlich ist gegen die Strapazen, die Klima, Wegebeschaflfen-
ht'it und Untcrkunftsverbiiltnisse auferlegen. Besonders reizend sind diese
Wanderungen auf den türkisc hen Inseln der Agüis, weil dort nicht nur Türken
und mohanimedanische Kreter, sondern auch Griechen noch in Tracht umher-
gehen, indes auf den grieehischen Lueln westenropmsche Kleidung fast allein
Bodi in sehen ist Dazu kommt, daß dort neben tflrldschen und modem-
nroplisehen Bauten so hftufig antike Buinen und wohleriialtene Reste mittel-
•Iterlieher deutscher Qotök das Auge des Beisenden erfreuen und ikm mit
eiaem Mal einen Ausblick in die ganse wechselyoUe tausendj&hrige Geschichte
dieser Stätten eröffnen.
Alles in allem genommen darf man in der Tat die Inselwelt der Ägftis
als ein landschaftlich besonders bevorzugtes Gebiet ansehen; und wenn ich
auch nicht zugehen k;uin. driß es gerade das Schönste wäre, was es an Land-
schaftt'ii auf dem Erdenrund gibt, so muß ich doch gestehen, daß der bloße
Anblick ein(M- Karte des ilgilischen Meeres mir nach dieser Heibe utiwillkür-
lich eine ganze Summe angenehmer Erinnerungen auslöst: liebe Menschen,
gefällige Gastfreundschaft, interessante Tmchten, schöne Ptiauzentypen, prächtig
gelegene Dorfschafben, stolzragende Berge, sonnenüberglühte Floren und schat-
^ Haine, grauer Fels und blaues Meer, Winne und Sonnenschein —
freOieh manchmal auch Tage des Sturms, die des Beixes wilder Schönheit
aber aoeh nicht entbehren — das alles tritt dann mit swingender Gewalt
vor mein geistiges Auge, und ich rufe dann wohl in der Stille ein fröhliches
Glückauf den Beisenden su, die nach mir alle diese Sdiönheit schauen und
ganießen dfirfen!
Zur HydrogTapUe des Kmts.')
Von Karl Oeetreloh.
Den Titel eines bekannten geomorphologischen Werkes variit rend kcMinte
■•n Grunds Studien aus West-Bosnien „das Gesetz der Verkarstuug" über-
w^neiben. Ihm ist in der Tat eine einftche und plausible ErklSrung der
1) Orund, Alfred. Die Karsthvdrographie. Studien auH West-Bosnien iGen
|»phi»che Abhandlungen, hrsg. von Penck. Bd. VII. Heft 3.) 200 S., 14 Textobb.,
• Tat Lcipsig, Tenbner lOOS. JC SJBO.
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Karl Oettreich: Zur Hydrographie dei Karitt.
Erscheinungen der Verkarstung gelungen, und so kann man sageu, daß die
durch Cvijiös Arbeiten begonnene morphologische Erforschung der Karstläuder
nach ihrer theoretischen Seite — - nicht nach der Seite gleichmißiger Durch*
forsehong hin — zu einem gewissen Abschlüsse gediehen ist.
Über dem j^tagniemideii Grundwasser** (das nach oben durdi eine sich
nun Meeresttireaa senkoide Fliehe begrenzt wird) ffieBt ab zum Meeresnivean
das ^arstwasser**, das ni bestimmter, von den jahreszeitlichen Niederschlügen
abhängiger Mächtigkeit gespeist wird von dem in den Klüften der Oberfläche
vertikal zirkulierenden atmosphärischen Niederschlag. Das Karstwasser hat
demnach ein „unteres" und ein „oberes" Niveau, das jeweils mit etwa einoni
Monat Verspätung gegen das Niederscblagsextreni erreicht wird. Dies wird
an den Ponoren anfr sohAnste wahrgenommm, und zwar ist in einem Beispiel
der Abstand beider Extreme 40 m. Dieser Wert, in VeibSltnis gesetsfc za
dem Wert des diesen Abstand bedingenden Niederschlagsunterschiedes, ermflg^
lieht einen ungefUiren Betrag der Kiflftung zu berechnen: 0,0024 cbm Klfifte
auf 1 cbin Kalk.
Die Lage der Quellen, der Talsohlen, der Po^enflächen zu den beiden
Karstwassemiveaus erklftrt nun alle Erscheinungen der Wasserffihrung sehr
einfidb: periodiaehes FUeBen oder ünterwaBietsein l&8t anf Lage zwischen
oberem nnd unterem, perennierendes Fließen oder bestUndii^es l-nterwassersein
auf Lage unter dem unteren Karstwasserniveau schließen. Bei Lage Ober
dem oberen Karstwassemiveau erfolgt die Bewässerung vom (iobiet undurch-
iRssiger Gesteine her. — Nur wenig kompliziert worden die genannten Ver-
hältnisse durch stauende Hindernisse, Antiklinalen oder eingefaltete Synklinalen
von andnrcblässigen Siechten.
Es wird dann der V<ngang und Art und Weise der Innudation der
Poljen besprochen, und bei Erw&hnung der Umgestaltung der Austrittsponore
in Höhlen fallen Streiflichter auf die auffallende Tatsache, daß so selten
unterirdische ZusammenhJlngf oberirdischer Fluütorsi nachzuweisen sind.
Sehr wichtig sind die Bemerkungen über das Flußsystem des Karstes; es
sind zu nntereeheideii KamtwasserflllMe, also periodlzdie, im Eantwaseor ent-
stehende, und perennierende, ans nndnrdillarigem Gestein kommende FIflase.
Diese allein führen roechani8<4ie Erosionsarbeit aus, es sind die Caüonflüsse, ent-
standen als überfließungserscheinungen ausgefüllter Karstpoljen, entstanden
also von der Quellregion her. Auch der physiognnmische Unterschied der
Kalkalpen und des Karstes wird berührt, er kommt von der relativen Lage
der Erosionsbasen zur undurchlässigen Unterlage des Kalkes, da doch das geo'
logische Profil das gleiche ist Allgemeine Zustimmung wird der Ver&sser
auch mit seiner Erklärung der Po^en finden als gewöhnlicher tektonisdier
Senkottgifelder. Während diese, wenn wir im Beispiel der von Grund an-
gezogenen ostalpinen Senkungsfelder von Judenburg, Sekkau usw. bleiben, in
tmdurchlässigem (Tcstein eingesunken, durch Cbertlüsse ihrer Seen zu Fluß-
weitungen werden, erfolgt im Karstgestein eine Konservierung der Form und
oft auch der AbfluBlosigkeit, weil sie eben durch das Karstwasser gespeist
und drainiert werden.
Diese in dem „Schlnfibemerkimgen^ Qbei schriebenen Abschnitt enthaltenen
Bemerkungen sind eine Zusammenfassung der Ergebnisse geomorphologischer
Einzeluntei-suchung, deren Material den Hauptteil des Buches füllt. Leider
ist die Lektüre durch den Mangel an boigegebeueu Karten einigermaßen er-
schwert. Der Verfasser gelangt u. a. zu einer schärferen und ansfUhrHcheren
Gliedemng der Tenrassen an den Po^enrftndem, als sie Ovijid gegeben hatte.
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Oeographitohe Neuigkeiten.
48
Die oligo-miocäne Einebnungsdäche wird z. B. für das Polje von Livuo in
grSfiare Höhe angesetzt, als bisher geglaubt wurde, dadurch rückt auch der
^egd des Po\]ensee8 bedeutend hinauf^ es werden ferner plioslne und diluviale
Taitnen unterschieden. Es ist nicht möglich, den Inhalt des Baches in
Kürze zu erschöpfen, ans dem ebenso die allgemeine geologische Erforschung
und ois/oitlicbe Spenalfofschong wie die Praxis des Wasserbaus reichen Nutsen
liehen wird.
GeograpUsehe Neuigkeiten.
Zimammengestellt von Dr. Angnst Fitsan.
Eine
Asien«
französische arch&olo-
Btraßen kreuzte, sollten zunächst die
natürlichen Verhältnisse der Gegend er-
gi>che Expedition nach Zentral- kündet uni, die Unterlagen für spätere
Asien wird gegenwärtig von Prof. Pel- p^P^r***«*"®*» geechaffwi werden. Auf
liol und Dr. Vaillaat taugerflstet; die ihrem westwärts gerichteten Manche
Kosten tragen der Minister des öffent- ' erreichto die Expedition einen Punkt
lieben rnterrichtg. di»* Akademie der In-
schriften und schönen Wissen ach aften, die
Qeographisdie GeeeUschaft und das ftan-
6 "50' w. Gr., der somit nur etwa 200 km
von dem wichtigen Handelszentrum Tenduf
entfernt war. Im ganzen dniehsehneiden
zösisch- asiatische Görnitz. Hauptzweck Gebiet sechs Flauptkarawanenstraßen
der Expi'dition ist da» Studium von Bau- ^o» Marokko zum Sudan, die sich alle
denkmälem aus der alten turko-bnddhi- Taodeni nördlich von Timbuktu ver-
•tiMhen Knltnrperiode TOT der Bekehrung einigen; drei kenunen ans der Oeeen-
der Türken zum Islam, womit ntih Pelliot Ri^PPe Tafilet, zwei aus dem Wadi Draa
haupUäcblich befassen wird, während eine, auf der einst Oskar Lenz die
Vaillant naturhistoriscbeu und geogra-
phiichen Studien obliegen will. Die Ex-
pedition, an der auch ein Pbotograph
teilnimmt, geht znnärhst nach Kaschgar
niid wird in Peking ihren Abschluß finden;
für ihre Dauer sind zwei Jahre in Aus>
neht
AMka.
« Eine Erkundigungareite in die
noch anerforschten Gebiete der
westlichen Sahara, durch welche
die wichtigsten i^arawanenstraßen zwi-
■ehen Ibrokko nnd dem wesÜiohen Su-
dan fOhren, hat im Sommer 1905 der
französischf Ka{)itiin Flye Sainte-
Marie ausgeführt. Die westlich vom
Ooed Ssuia liegende ausgedehnte Sand-
Sahara durchquerte, von Tenduf. Fünf
von diesen Karawaaenstrafien fuhren durch
drei günstig gelegene Distrikte im Igidi,
die nur 300 km von einander entfernt
sind; durch eine stete Überwachung die-
ser drei Punkte liefie sieh ehie Kontrolle
des ganzen KazawanenverkehrA in der
westlichen Sahara ermöglichen. Gegen-
wärtig scheint der Uaudelsverkehr durch
Igidi gäntlieb auf||;eh<hrt su haben; denn
während iU m ganzen 2000 km langen
Marsche« der Expedition wurde kein
menBcbliches Wesen augetroffen; auch
die Rinberbaaden sehienen vor den Fran-
zosen einen heiliamen Reujickt ix kommen
zu hal>en- Di»' mittpHiare rrHurlu' für
das Damiederliegeu des Uandels ist die
Feetsetenng der FTensoien in Tuat, welche
dfiaeaiegion Igidi wurde bis in die Gegen- den Sklavenhandel erschwerton; die Folge
wart von südmarokkanischen Riluber- der Erschwerung des Handels war <li«'
banden beonruhigt, die den lebhatteu Zunahme der herumstreifenden Horden,
Kinwaoenrerkehr durch diese Öden Ge- durch welche der Handel nun yollatändig
biete derart erschwerten, dafi er in den gdfthmtwnrde; der ehemals grofieHendeb-
letzten Jahn-n fast aufgehört hat: durch platz Tenduf ist deshalb neit 1903 voll-
die sorgfältig vorbereitete Expeditiim, ständig verödet. Kapt. Sainte - Marie
die von Tuat ihren Ausgang nahm und glaubt sicher, daß nach der Paziiizierung
Midgadlieh gtriditeten Kuawanen- { dee Igidi der Handel tieh wieder zu seiner
ZeUMteiA. lt. Jahfgu» im. l.H«A. i
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.Geographische NouigkeitcD.
^frfiheren Blüte «ntwickeln wird. (Oeogr.
*Journ. 26. Bd. S. 671 t
[ * Eine für die I'aläogeographie voa
'Afrika wichtige Tatnche ist von der
Alexander -Qoaling - Expedition,
welche seit üht^prer Zeit di»* fJe1)icte
zwischen Niger und Tachadsee erforscht,
festgestellt worden. Wie im Scott. Geogr.
Mag. mos 8. 667 mitgeteOt wird, hat
Kapitän Gosling von der genannten Ex-
pedition dem naturbistorischen Museum
in South KeoHington eine interessante
Sammlung von Fiecben am dem Tiohad-
■ee and dem Schari gesandt. Die Unter-
suchung dieser Fisohe hat »Tgoben,
dafi sie alle ohne Ausuahuve Arien ange-
hören, die sowohl im Nil wie im Niger
vorkommen. Diese Tateadie verleiht der
von vielen Ichthyologen vertretenen An-
nahme einer noch in geologisch neuerer
Zeit vorhanden geweeenen Verbindong
zwischen den StromsysiemMi des Nil und
des Senegal -Niger eine neue Stvit/.e.
Wahrscheinlich stellt der Tschadsee den
aOn^Uüioh ajattrocknenden Reet einer
Reihe von Seen dar, durch die jene Ver-
bindung hergestellt wurde. Die in Kedc
stehende Sammlung von Fischen ist die
erste, die man ana dem Tiehadvee nnd
. seinen. Znfifissen e^rhaltea hat ^ (Naeh
Glohue, 88« Bd. 8. MO.)
Aiif^mlen nni MelnllMhe Inseln.
Bericht über das Samoa-
ObHervatorium, den Herin. Wugner
in den Nachricliten dex k.. Gesellschaft
■ der Wissenschatten xa Göttingen (1906.
1. Heft) miMeilt, entnehmen wir Folgen-
des: Das im Jahre 1902 ins Leben ge-
rufene geophysikalische Observatorimn in
Apia ist im Berichtiyahr 19U4 in ein
nenes Stadium eeiner Entwickinng ge-
treten. Nachdem lesonders, wie achon
früher mitgeteilt (X. Jhrg. S 581\ die
amerikanischen Erdmagnetiker unter Füh-
mng von Dr. Bauer, dem Chef der
„DiviBion of Terrostrial Magnetism, ü. S.
Co^L.ßt and (ieodetic Survey", die ununter-
bruuhenoFortlühruug d^r erdmagnetischeu
.BeobaehtungiB auf Samoa. für eine Reihe
vea Jahren. aisL Ergänzung der Arbeiten,
' die von den neugegründeten amerikani-
•dieo Stationen im Stilleu Ozean, auf
Henolnln nnd cton Philippinen begonnen
sind, angeregt hatten, wurden von selten
der k. OeeellMhalt der Wiasenichaften
in Göttingen mit der StMtsrefi^ervng
ruferhandlungen gepflogen, «lie ein er-
freuliches Ergebnis hatten. Man kam
überein, daB die Kosten der Erhaltung
des Obeervatoriums für weitere fQnf' Jahre
1904 — 1908 in Anssicht zu nehnien neien
unter Zugrundelegung eines jährlichen
Bedarfs von 25000 JC, die je zur Hälfte
von Preufien und dem Reidie getragen
werden. Die Verwaltung und Beaufsich-
tigung der Station bleibt in den Händen
der k. Gesellschaft der Wissenschaften
tn Güttingen, welche sie einen» Kn>
ratorium , bentehend aus den Herren
Wagner, Riecke und Wiechert,
übertragen hat. Gleichzeitig wurde der
Oonvemenr von Samoa, Dr. Solf« er^
SQcht, in das Kuratorium mit einzutreten,
um seine Intt'ressen an Ort \ind Stolle
zu wahren. Der bisherige Observator,
Dr. Tetens, erkUrte steh bereit, die
Leitung der Arbeiten des Observatorinns
Iiis zur Ankiintt den in Aussicht genom-
meneu Ersatzmanns, Dr. Franz Linke
aas Helmstedt, weitennfBhreB. Unke
ist ein geschulter Geophysiker and hat
sich mich kurzer Vorhereitnngszelt in
Potsdam, Hamburg und Böttingen am
8. November 1904 in Bremen eingeechilR.
Er nahm 'eine große Zahl neuer Instnh
mente zur Erforsclning der Lviftelpktrizitit,
Utensilien und Ersatzauärüstuugsstücke,
die vom Beichsamt des Innern ' aus dem
zurückgebraehten Beetande der deatechen
Südpolarexpedition »br Verfügung gestellt
waren, mit. Am 16. Dez. 1904 gelangte
Linke auf dem Wege über Amerika wohl-
behalten in Apia an'JaAd am 10. Jan. 1906
bat er die Leitung dj's Observatoriums
ülicrnounnen. Als tvclmiHclie Hilf.>;kralt
i»t ihm ein ehemaliger Matrose der deut-
seheo Sfidpolarezpedition, Alberli Pos-
sin aus Rheinsberg i. Pr., der eine kurze
Lehrzeit bei einem Mechaniker durch-
gemacht hatte, nachgesandt worden.
Dr. Tetens sich, nachdem er .seine
.Tätigkeit am Observatoriui|| eingestellt
hat, im Auftrage des (Miuvt^rnemcnts in
den ersten Monaten 1905 mit der Ein*
richtong meteqrologiiwher Stationen anf
den Samoa-Inseiin beschäftigt, hat im Mai
•Xpia verla-ifcii und ist wohlbelmlten in
der Heimat eiugetrotfen. Die liearbeitung
der Brgdi^nisse seiner iweij ährigen Be-
oba^tongcn wird er in Deutschland ans-
fohren. Zum Zweck der Ko<^ration
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^Geograpkiflche Neuigkeiteau
dtt Atbdten im SüUm Oimb ftellte
Dr. Bauer bei einem fierache in Göttin-
gen in Auftsicht, «M'nc pi'eijjnoto Persön-
lidikeit für eine Reihe von Mouateu auf
Kotten Mine« IniÜtatf aadi Sftmo« sur
Unterstätsang Dr, LinkM ra aenden, wm
nii DftDk lageniMnniflii wurde.
SÜMierlk«.
• über Mine in den .Tahzen 1904 und
19<»5 in Peru und Bo 1 i vi en ausgeführten
Reisen berichtet Frhr P^rlaud Nor-
denskjöld in „La Geographie" (19ur>.
Nr. 6). In Gcmeinseliaft mit dem Zoo-
logen Holmjjren besuchte Nordensk jüld
zuerat die (iegeiiden der peru - boliviuni-
tfcben Hochebene im Süden, Osten und
Herden des Ttticaea-Seet und dann Ge-
Uirte östlich von den Anden in der boli-
vianischen Provinz Caupolican und den
penianischeu Provinzen Saudia und Cara-
vaya, betenden die Gebiete swiaehen den
PlüBsen Tambopata and Inambari. zwei
Neb«iflü88en des Rio Madre de LHob. In
enter Linie erstreckten sich die For-
sehongen aof die indianiiche Bevölkerung
der böeisten Gebiete, von deam beM»*
der« drei Stämme, die AtBahuacas, die
Yamiacas und die Guarayo«, näher er-
teebt inudeo. Die AteaboacM hatten
TOrber noch keinen Weißen gesehen und
stwtden fast noch auf der Stufe der Stein-
zeit, ,und die leiden a^der^n, jStämme
hatten neb in ihren Sitten md* OdMin-
cheu npr eehr wenig verändert seit der
Zeil der InkaB. Die daneben betriebenen
aick^Iogisciien Foischnngen ergaben das
Rendtat, daß alte J^ulturreste nur dort
n finden waren« we auch Weide für das
Lama vorhanden war, niemals in hohen
Gebirgslagen und im Urwalde am Oatab-
hange der Anden. Auch die berühmte
FoMllagentfttle von Ulloma am Dee»'
gnadero und eine neuentdeckte bei Tira-
pata in Peru wurden besucht uiiil zu
Sammlungen ausgebeutet. L>r. Uolmgreu
beidiifligte eich mit loologieehen Stadien,
iüe sich besonders auf die Termiten be-
logen. Trotz der schwierigen TransjKJrt-
.Terhältnisse in den Urwäldern gelaug es
£Mt alle Samminngen onTeraehit meh
Europa zu bringen. Die wirtechaftliohe
Zukunft der jetzt von Crwald bedeckten
Gebiete am Ostabhange der Anden er-
ß^^ij[^^X^n*}tMdjAf gdnitig in lein;
#qr lat jeooeh rar Aaibentnng der
mineiaUKAen SehUae-nnd der Gnnuni-
Wälder die Anlage von Yerkehrsstraßen
notif», wozu sich große kapitalkräftige
Gesellschaften bilden müssen. Das mo-
ralische Nivean der dem T^mnke vOUjg
ergebenen IndianerbevOUterang würde li«^
dann von aelbBt heben.
Hord-PolaigigenieB*
« Von Amundaens Nordpolarex-
pedition nach dem magnetischen Nord-
]>ol sind aus Eagle (Alaska) telegraphische
Nachrichten eingetroffen, welche einen
glücklichen Aoegang dieser kühnen Ex-
pedition sicher erwarten lassen. Amund-
sen teilt in dem Telegramme mit, daß
Leutenant Hansen im Frühjahr 1906 auf
einer Sehlittenreiae das Heer awiaehen
Viktoria- und King Williams -Land er-
forscht und dabei über lUU Inseln karto-
graphisch aufgenommen habe. Sp&ter
vermaft Hansen die noeh mibekaanto Oet-
küs'e von Viktoria-Land bis 72" 10' n. Br.
Am 18. August l'.»«».') verließ die Expedi-
tion ihren Überwinterung»platz und er-
reidite am t. Septraiber Kap Sabine an
der Mackenziemündung. Die Weiterreise
wurde bei Kings Point unterbrochen ;
hier hemmten Eismassen das Fortkommen,
die „GjOa** hm ein nnd die Expedition
mußte zum dritten Mal flberwintem. An
Pord der „Gjöa" war alles wohl, so daß
kein GruAd «u Besorgnissen vorbanden ist
* Die rar Anfklirang der Strd-
mungsverbKltnisee im n0rdlieb6n
Eismeer vor mehr'Tcn Jahren auf Be-
treiben, des Admirals Melville erfolgte
AussetBaug beöoudeis konsttwcirter Ton-
nen an verichiedenen Punkten des Nrad-
polarmeercH hat nach mclirjiilirigem
Warten doch noch zu einem liesultate
geführt. Wie Brjant, der sich um
dieee Saehe ebenbdli ein groBee Verdienst
erworben hat, in der geographischen Gc-
öollBchatt zu Philadelphia mitteilte, wurde
als erste eine Toune aofgefnnden, welche
Kapi Tiittle vom Zollkntter „Bear** am
2. August 1901 ungefähr l&O km nord-
westlich von der Wrangel - Insel ausge-
worfen hatte; man fand sie ein Jahr
spftter an dw sibirisehen Kflato; wieder,
wohin sie nach verhältnismäßig kurzer
Trift gelan^'t war. Die zweite Tonne
wurde erHt am 7. Juni 1906 in der Nähe
von Kap Rauda Nupe an der Nordkflate
von Island an^efbnden; eie war am
4»
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52
Geographische Neuigkeiten.
18. September 1899 nordwestlieh von
Point Barrow in Alaska unter 7 1 "53 '
n. Br. und 164 »60' w. L. von Kapt. Tilton
vom Dampfwaler ,^lexander*^ auf eine
tceibende Biseeholle gelegt wofden und
hatte bis zu ihrem Anffindmigflort unge-
fthr 6500 km quer durch das panze polare
Becken zurückgelegt. Durch diese Touneu-
trift isl die Ezistens einer durch das
ganae Polarbecken führenden StrOmang
auf« neue bewiepen Der genaue von der
Tonne zurückgelegte Weg läßt sich natür-
lieh nicht bestimmt angeben, aber nach
den Routen der „Jeanette" und „Fram-
zu schließen, wird er wahrscheinlich auf
der asiatischen Seite des Poles ii^en
und einen naeb der noidamerikanischen
Eismecrküstc zu konkaven Bogen be-
schreiben. Kh steht zu hoffen, daß noch
andere zur Trift ausgesetzte Tonnen auf-
gefunden werden, da ihr besonders star-
ker und den eigentümlichen VerfaUtnissen
anffepaßter Bau den Gefahren einer Eis-
meertrift wohl gewachsen ist. (Ueogr.
Joum. 86. Bd. S. 676.)
S ü d -Po 1 n risregenden .
» Über die Ait und Weise, wie das
Polarproblem im Sinne der auf dem
Weltkongreft von Möns (XL 1906.
S. 641) ge&Bten Resolution systematisch
in Angriff zu nehmen sei, äußert sich
der ehemalige Teilnehmer der „Belgica'*-
Sildpolaiexpedition Henryk Arktows-
ki in einer soeben erschienenm Rro-
schüre. Zur Erforschung des Nordpolar-
gebietes genügte eine Expedition, welche
von der Beringstrafte ihren Ausgang neh-
men müßte und iu Begleitung eines Eis-
brechers möglichst weit nach Norden in
den noch ganz unbekannten Teil des
Nordpolarbeckens vordringen sollte. An
der Erforschung der Antarktis müfiten
Kich alle Nationen durch Expeditionen
beteiligen; zu einer systcmatiHchen Vor-
bereitung der Unternehmungen sei es
jedenfalls wünschensweri, daß sobald als
möglich eineRekogno87.i(»rnni7s-Kx))C(iition
nach dem südlichen Polarkreise entsandt
werde. Ihre Aufgabe soll darin bestehen,
durch eine zirkumpolare ümfUining die
Küstenlinien der Ant&rktin <;enaucr fest-
zustellen und auf Wilkes-Laud sowie an
der noch ganz unerforschten Seite des
sfidliditti Eismeeres, die gpgea den In-
dischen Oseaa hin liegt, gedgnetePonkte
SU ermitteln, ao denen die ipBteni ant-
arktischen Expeditionen mit einiger
Sicherheit überwintern kOnnen. Femer
soll diese Orientierungsezpedition den von
Arktowski gemaehten Voreehlag der 'VfV'
wendong des Automobils auf den antark-
tischen Gletscherloldem prüfen. Mehrere
sehr erfahrene i^enner der EisTerhältnisse
der Antarktis haben letatem Vorsehlag
beif&Uig beurteilt, indessen kommt es auf
die praktihcho Erprobung an. Fällt .sie
günstig aus, so dürften sich die Schwie-
rigkeiten einer Überwinterungsätation fm
von der Küste im antarktischen Binnen-
laiitle sehr vermindern, und diese Sta-
tion würde dann als Etappe zu weiterm
y<nrdringen gegen den Südpol dienen.
Es ist in Aussicht genommen, daft die
Rekop-nos/ienings-Expeditioti von belgi-
scher Seite ausgeführt wird, und sie
könnte, wenn die Mittel dazu bereitge-
stellt sind, schon im Spitsomwier 1901
auslaufen. Die Hvsteraatische Erforschung
der Polarregionen im Sinne der Resolu-
tion des Kongresses zu Möns kann aber
nur durch internationales Zusammen-
wirken der Staaten aaegefBhrt werden.
Heere.
« Über den Abeehhift seiner Tiefsee-
forschungen im östlichen Stillen
Ozean (XI. 1906. S. 479) berichtet
Agassiz im 2. Bd. der „Science^S Der
«weite Teil der Kmuexfhhrt nmfiafit»
einen Beiadl der Ostlichen Paumotu-
Inseln, wo vom 27. Januar bis 5. Februar
der Maugareva -Atoll untersucht wurde»
and dann die Heimreise über Aoapulc»
nach San IVanusko. Die eingehenden
Unterfiuchungen am Mangnreva- Atoll er-
gaben die gleichen Verhältnisse wie bei
den andern Korallenbanten des Stillen
Ozeans: steiler Abfall an der Auftenteite'
des Atolld, beträchtliche Tiefe der La-
gune, was sich alles am besten durch das
allmBhliche Untertauchen eines großen
Vulkankegeli erklären Iftfit Bei den
unternommenen Schleppnetzzügen bestä-
tigten sich die beim Anfang der Fahrten
gemachten Erfahrungen über die Ab-
htagigkeit der Fanna von den Meeres-
strömungen. Solange man auf der Fahrt
nach Mangareva unter dem Einfluß der
kalten Uumboldtströmimg stand, waren
die Netnflge ecgielng; weiter efldlioli
kam man wieder in die Gegend mit der
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Blleli«rb«ipreehnng6n.
&3
«pärlifhen Fauna, die man schon auf der
Fahrt nach der Osteriosül angetroffen
btke. Unter dem BinllnB der ketten
PttnitrOmung zeigte üeh iSdlich vom
Äquator bis 12" s. Br. in der Tiefe von
ua Faden und in großer Entfernung
im Kontinente nodi eine Mfar reiche
Fauna Die Bodenproben während der
Eip€ditioii haben erwiesen, daß eine un-
g«heuie Bodenfläche des örtlichen Stillen
Onus mit Manganklampcben bedeekt
ht. und daß diese dort charakteriBÜsch
für <len Boden Rind. Als ein Ergebnis«
der Lotungen ist die Auffindung eines
fOO Seemeilen langen Rflckens 1700 bie
1065 Feden unter dem Meereeepi^l
kalbwege swiiehen den Qalnpefoe imd
Man^areva zu verzeichnen, für den Apas-
aiz die Bezeichnung „Oarrettrücken" vor-
acUlgi Anf der Rflekfabrt neeh Aea-
pulco zeigte sich die westliche Erstreckung
(U?B fast ebenen Bodens des öHtlichen
ätiUen Ozeans: auf 3200 Seemeilen
idiwankte die Tiefe nnr um 400 Faden;
diese große Fl&che war bi» jetzt so gnt
wie unbekannt. (Nach Globus Bd. 88
S. 259.)
Oeographlseher Unterrieht«
* AI« Nachfolger Ferdinand von Richt-
bofens ist Uofrat Prof. Dr. Albrecht
Penek in Wina all PrafiMMor der physi-
schen Geographie an die Unireraitftt Bedin
berufen worden.
Bttcherbesprechnngen.
Beieh) Otto. Karl Ernst Adolf von
Hoff, der Bahnbreeher moder-
ner Geologie. Eine wissenschaft-
liche Biographie. 144 S. Leipsig,
Veit & Co. 1906. JC 4.—.
Vielfach nimmt man an, daß die in
der modernen Geologie so fondamentale
Mpthode, nach den VorgRngen der Gegen-
wart die Wirkungen einer längut ver-
gangenen Zeit zu erklären, von Hutten
aad Lyell begrfindet worden eei. Es
muß alx^r immer wieder darauf hin-
gewi.'Hen werden, daß der Mann, dem
diese Biographie gewidmet ist, die un-
geheme Tragweite dmr ontologiachen Me-
thode zuerst erkannte und den ersten Ver-
sach nnteraahm, sie in die "Wissenschaft
einzuluhren. Es ist daher mit besonderer
Wende sn begrOfien, daft der VerfiMMr
Hoffs Lebensgeschichte und Verdienste
in trefflicher Weise bebandelt. Der
Lebeiugang des bescheidenen Mannes,
der . nä»en emnen diplomattsehen Auf-
gaben als Gothaischer Legat ionnrat ein
langejj arbeitsame« Leben an liie Erfor-
•chung seiner Thüringer Heimat und die
ToUendong seines grundlegenden Werkes
(nGesdudite der durch Überlieferung nach-
gewiei»enen natürlichen Veränderungen der
Erdoberääche'') wandte, wird auf Grund
aalditf^ernngedniekter Dolramente inter-
^»»»nt ffeachildert und Hoffs Stellung
m d« r 'iesrhichte der WisseiiHchaften gut
eharakkrisiert. Dem Werkchen ist weite
▼etbiBituüg zu wünschen. J. Walther.
Trabert, W. Klimatologie und Meteo-
rologie. (Klan Erdkunde. XIIL
Teil.) 182 S. 37 Teztfig. Leipdg
u. Wien, Deuticke 1905. 5.—.
lu der Anlage weicht das vorliegende
Werk, daa Meteorologie und Klimato-
logie zusammen behandelt, Ton dem seit-
her (lebräucblichen wesentlich ab Es
zerfüllt in drei Hauptabschnitte. Ira er-
sten werden die sogen, meteorologischen
Elemente und swar in der Beihenfolge
W'ind , Bewölkung und Sonnenschein,
Niederschlag , Teuiperutur , strahlende
Wärme, Luftdruck, Wasserdampf bespro-
chen, die bitfaramente und Methoden sn
ihrer Beobachtung kurz erläutert und
einige f>aten über die meteorologischen
Beobachtungsnetze gegeben, in denen
anch anf die Ballon- nnd Dtachen-
benutzung hingewiesen wird. Den SehloS
dieses Kapitels bilden kurze Erörterungen
über die Bearbeitung des Beobachtuugs-
materials. Der swdte Hanptabaehnitt be-
handelt die Physik der Atmoephlce odor
das ( Jebiet der Meteorologie im engeren
Sinn unter den Überschriften: Zeitliche
nnd Ortliche ünterachiede der Temperator;
Lufldruckverhältnisse und allgemeine Zir-
kulation der Atmosphäre, und der Krei«-
iauf des Wassers. Der dritte Haupt-
abeehnitl befiilt sich mit dem Wetter
und seiner Darstellung, mit denZniammeu-
hiingen von Luftdruckverteilung und Wet-
ter und der W'ettervorhersage, um sodann
allgemeine Erörterungen über das Klima
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64
Bfieherbetpreekangan.
and seine Hauptlbrmen zu gei>en und die
XUiuli d«r «nMlnen T^e der Erde
kort zn 8chil(k>rn. Einige kuse Ausfüh-
rnngen Ober KlimaBchwankungpn schließen
dM Buch. Dem Verf. ist es gelungen,
dai WeMniliohe au dem recht mnfang-
reichen Wissensgebiet in den TorlAlteiS'
mßßig kleinen Kiumi in sehr klarer, prä-
ziser Weise zusammenzudrängen und da-
bei überall die neuereu Ergebnisse zu
verwMtei. Besondcn der Lnftsirlraletien
der Atmospbftre mflchten wir viele Lener
aus Lehrerkreisen. filr die ja doch in er-
ster Linie die vorliegende Enzyklopädie
beifeiiiiiiit iit, wibiMlien, dunit die rer«
alteAen Doveschen Ansfflbrungen und
Figuren endlich einmal aus den Schul-
büchern verschwänden. Was besondere
BigenMmUebkeiten dee Backet betriff!,
so ist anzufObren, daß jede metbematische
Ableitunjr und Ausführung vermieden ist,
daß überall der iiistorischen Entwicklung
entsprechende Beachtnng geschenkt wird,
und daß keine Literatur zitiert wird.
Auch bei der Darstellung der verschie-
denen „Wettersituatiouen'' geht der Verl
eigene Wege. Die Abbildiingen rind gut,
mit Ausnahme der Wolkenformen S. 9
und 10, bei denen der grobe Rast<*r ntö-
rend wirkt. Dem Buch ist die weiteste
Verbreitung zu wflnscheD. O. Greim.
Weber, Leonhard. Wind und Wottor.
Fünf Vorträge über die Grundlagen
imd wichtigeren Aufgaben der Meteo-
rologie. („Aus Natur und Geistes-
welt". Sf). Hd.) lao S J" Fig.. 3 Taf
Leipzig, Teubner iyU4 ,¥ 1 — .
Die Vorträge, die zur Herausgabe
dieeee Werkchene Anlaß gaben, sind Tor
einem weiteren Hörerkreis gehalten und
dem Verständni.^ des gebildeten Laien
möglichst angepaßt worden. In einigen
Ponkten würden die AnsfBhmngen für
eine ^waige Neuauflage einer Überarbei-
tung und Berichtigung bedürfen. Es be-
trittl das z. B. die historischen Angaben :
nicht Rtfanmnr, sondern Pahrenheit
hat da« Quecksilber als thennometrische
Flüssigkeit eingeführt, Toricelli hat nur
die Anregung zu dem ersten Versuch mit
dem Barometer gegeben, Viviani bat
ihn ausgeführt. Auf S. 74 ist der Aus-
druck Iriametralen durch iKanonialen zu
ersetzen. Die Abkühlung der Luit beim
Aufiiteigen ist eine Folge der Expansion,
nicht der Arbeitsleistaug gegen die
Sehwerinalt — Daakeniwert ist es. daft
den Drachen- und Ballonbeobachtungen,
ihrer Geschichte und ihren technischen
Methoden ein besonderes Kapitel ge-
widmet wurde, um das Interesse anch
für diesen jflngaten Ztreig meteorologi«
scher Fonchnng an erwecken.
W, Meinardua.
AbAmA» OttOy Freiherr von und ZXL
Die physikalischen Eigen-
schaften der Seen. („Die Wissen-
schaft'*. Samml. naiorwiss. o. math.
Monographien. Heft 4.) ISOS. 88 Abb.
Braunschweig, Vieweg u. Sohn 1905.
vtC 3.—,
£iDe zusammen fassende Darstellung
der phynkalifldien Eigenschaften der Seen
ist gegenwärtig, wo eine reiche Fülle von
Bcobachtun^'Hniaterial vorliegt, gewiß ein
verdienstliches Werk. Es ermöglicht dem
beobachtenden Natarftennd rieh Aber den
Stand unserer Kenntnisse auf diesem Ge-
biete 7X1 orientieren und gibt auch dem
Seenlbrscher Anregung au weiteren Ar-
beiten. Erwflnicht war nanMmilich eine
solche Darstellong vom physikalischen
Standpunkt ans, wie sie in dem vorlie-
genden Buche gegeben ist. Aufseß war
als Physiker und Seenforscher zugleich
besonders für die Abfimung dieses Bnchee
geeignet In klarer und übersichtlicher
Form hat er den CJ egenstand behandelt
und sich vor allem bemüht, für die Er-
scheinaagen die theocetifehe Erkliraog
zu geben. Leider hat er aber dabei
manche wichtige Beobachtung unbenick-
sichtigt gelassen, so daß der Fachmann
von dem Inhalt nicht immer befriedigt
ist. Das gilt besonders von dem Absdultk,
in dem die thermischen Verhältnisse er-
örtert werden. Hier ist neben dem
„Pinselthermomeieif* (S. 94) das bequeme
„Quellenthermomcter*' gar nicht erwähnt
und die gewöhnliche Form der T'nikehr-
thermometer von Negretti & Zambra ^ä. HS)
nicht angegeben. Der Einflnfi der Form
der Becken auf die Erwärmung wird
zwar für möglich erklärt, aber niolit da-
bei der Tatsuche gedacht, daß dieser Ein-
flnfi fSr den Gr. PlOner See richer be-
wiesen ist (S. 102). Die Ursache der
j^eriiulischen Sprungschicliteti i'S lOo) ist
1 nicht auBrcichend erörtert und der Gang
I der Temperatur in den gruücren Tiefen
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Bflcherbeipreehniigeii.
66
(ä. lOb) zu kurz behandelt. Der letztere
MiM doch mehr trineiuoliaftilielies hi-
tere«^, als der VeiC aimimint; so ist die
Ursache der Krwrmnunp und Abkühlung
in den gröfierea Tiefen noch ein unge-
UitM Problem. Die von Richte« ^im
KönigM« wahrgenommene Zunahme der
¥rftrme nach dem Grunde hin um mehr
ila 1* (S. 106) ist durch die Beobach-
tongen des Referenten nicht uiwelixw
•dienlich gemacht, sondern vollkom-
men bestätigt worden. Besser befriedigen
die ersten Abschnitte über Mechanik,
Akustik und Optik, obwohl auch diese
MMhe mliodiMve Anichaniing enthalten.
So dürfte die Springsche Theorie der
Wassertrübiing doch mehr Beachtung ver-
dienen, als der Verf. ihr zollt. Daß der
KniiiB der thermiacben ÄoigleichMftrö-
mungen tatsächlich nicht beobachtet Mi
(S. 43 , ist ohne weiteres nicht richtig.
Der in der Schlußbemerkung ausgespro-
ehene Gedanke, dafl maa die Seen eeeh
ihren physikalischen EigensehelleB eia»
hcitlich einteilen polle tmd zwar unter
besonderer Berücksichtigung der Farbe,
dorefaeiw bebenigeiinrert, jedocb in
der Natur kaum durchfOblber, weil auch
geographiöcbe und orographische Fak-
toren auf diese einwirken. W. üle.
Blehholtz, Thilo. Entwicklung der
Landpolitik. („Angewandte Geo-
graphie." U. ö.) III S. Halle a. S.,
Gebeaei^Sehwekeobke 1906. 8.—.
Dieses Heft der von Dove heraus-
gigebenen Sammlung ist im wesentlichen
eine nationalökonomische und kolonial-
politische Schrift, aber auch für den (Geo-
graphen wertvoll. Der Verfasser ist ein
Gegner der T.andsjickulation und daher
ein Anbänger der Bodenreform , deren
Mfrigater Verfechter wohl Damaschke
iet Audi der Yerfaeser eelbst hat enf
diPF-oni Gebiet bereits rielfach gearbeitet.
im ersten Abschnitt werden die all-
gemeinen Grundsätze aufgestellt, uut denen
wm> gesunde Bodenpolitik, gesunde soziale
nnd kapitalistische Verhftltnisse sich ent-
wickeln können. Der zweite Abschnitt
enthält die Bodenpolitik sowohl der
^•ttti n der gem&fiigten Zone, als auch
o dea Subtropen und Tropen. Gerade
dnr letztere Abschnitt, der die franzSsi-
edien, englischen and niederländischen
die der andeiea
Staaten kurx behandelt, ist lür den Geo-
graphen wiebtigimd intereseanl Diedbnt-:
sehen Kolonien werden freilich nur berührt-
unter Hinweis auf die betrübenden Fehler,*
die dort gemacht worden sind ' ' ^
Zöm Schlnfi werdra die Ghnndiatse'
nochmals kurz zusammengestellt , nach'
denen der Staat Bodenpolitik in den Ko-
lonien treiben müsse: Schatlung und Wah-
rang :Ton Staats-Gemeindeland, Vorbehalt
des Wassers und der Mineralien (und man'
darf wolil hinzufügen der Eisenbahnen),
Schaifung eines bäuerlich -bürgerlichen
Mittelstandes und seine Krftftigung im
Kampf gegen die internationalen Bestr^
iiiiTi^'en der Gioflepekulanten und Kom-
munisten. S. l'asHarge.
Otto Hühnor's peopraphisch -stati-
stische Tabellen aller Länder
der Erde. Hrsg. von Fr. Jnra*
schek. 64. Ausg. f. d. J. 1905. Quer-
okUv. 10-2 S. Frankfbrta M.,fi. Kel-
ler 190Ö. JC 1.50.
Es iat kaum nötig, diese Tabellen be-
sondert au empfehlen, die lieh wegwi
der großen TJeichhaltigkeit und Zuver-.
laasigkeit den auf en^'em Raumr' und für
billigen Preis geboteneu statistidcheu Mu-.
teriala mit Recht dee besten, Bnfes er-,
freuen. Auch die vorliegeude Ausgabe
zeijjt wieder manche wertvolle Ergänzung;
uauieutlich siud die Ergebnisse der russi-
schen TolkasShlnng von 1897 (sociale
Gliederung, Konfessionen, Nationalitlten)
in besonderen Tabellen mitgeteilt.
A. Hettner.
Handbuch der Wirtschaftskunde
Deutschlands. Bearbeitet von 64
Fachmännern. Hng. i. A. d. Deat-
Bchen Verbandes f d. kaufmilnn.
Unterrichtswesen. 4. Bd. Gr. ö°. VI
u. 748 S. 1 K. Zahlreiche Tabellen.
Leipiig, Tenbner 1904. JC 91.->.
Deutschlanda Hftndel und Verkehr ist
der Schlußband des großen, wohl für sehr
lange Zeit gruudlegeuden Werkes über
dente«)he Wlrtsdiaftaknnde gewidmet.'
SelbstvereMndlich ist auch dieser Baad'
80 wenig wie einer der früheren vom
fachgeographischen Standpunkt aus ge-"^
Bchrieboi. Aneh bei der denkbar weite-
sten Ausdehnnng des Gebietes der Erd-
kunde lassen sich Abschnitte wie licr
— übrigens äußerst lehrreiche — über
Baak- und Bönmiweien, über Handels-
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56
Bflcberbesprechungen.
IcAmmein, Buchhandel u. a. nicht als aach
nur der Geographie nahestehend be-
zeichnen. Zahlreiche andere Al)8(-hnitt*>
dagegen sind viel mehr geographisch ge-
flbrbti, TOI allem dte gtdmlMnittieh» Eiii-
leitung (von R van der Borght") und die
verkehrsgeographischen Kapitel. Ale Ver-
kehrswege werden nicht bloß die reich-
lioh beifleksiehtigteii BisenbahiMii und
WaasentraBen, sondern auch die sonst
oft vornachlässigten Landstraßen betrach-
tet. Es ist aber kein Abschnitt im gan-
sen Baehe, aaa dem der Geograph, der
etwa Vorlesungen (Iber das deutsche
Reich halten will oder Deutsrhland im
Schulunterricht zu behandeln bat, nicht
etwae und buweüen recht Tiel leraen
kaon. Beginnt man die Lektfire des ge-
waltigen Banden, .ho denkt ni;in wohl eine
gendean erschöpfende, vielleicht unnötig
breite Behandltmg der einseinen Ifatoien
zu finden. Alier man überaeagt aich
bald, dali gerade nur da» Nötigste gesagt
ist, häuhg würde man gern noch mehr
hOfen. Bi iat im Rahmen dieaer Zeit-
schrift unmöglich« die einzelnen Kapitel
auch nur aufzuzählen, geschweige ihren
Inhalt kritisch zu würdigen. Die beige-
gebene Karte (von Wagner und Debes)
stellt die dniohgehenden Verbindtmgen
des großen internationalen Personenver-
kehrs, soweit sie Deutschland berühren,
in klarer, leicht verständlicher Zeichnung
dar. Ich habe die Karte bri nftberer
Prüfung überaus korrekt gefunden, der
große durchgehende I'ersonen verkehr ciit-
wickelt sich aber so schnell, daß schon
jetat nudit wenige Ergänzungen nnd in-
derongen nachgetragen werden müßten.
Dies gilt besonders vom Osten Preußens,
aber auch von Mittel-Deutschland, wo z. B.
die wichMgen Verbindwigen Leipzig-Zeitx
und Naumburg -Saalbahn -Saalfeld heute
nicht mehr fehlen dürften. In Summa
ist mit den vier nun abgeschlosseneu
Bftaden ein Werk geschafPen, das dem
Verlag, den Leitern und Mitarbeitern
Ehre macht und dem weit« Verbreitung
auch über die Kreise hinaus, für die es
■udtaiMrt bestimmt wurde, sehr zu wfln-
Bohen isi F. Hahn (KSnigsberg).
Horitc, Ed. Die geographischen
Kenntnisse von den Nord- und
OstseekQsten bis sum finde dM
Mittelalters. L Teü. (Wiss. BeU. s.
Jahresber. d. Sophienadinle an Berlin.
Ostern 1904.) 4''. 29 8.
Von «lein Verf. ist eine recht an-
sprechende Arbeit über die Insel Röm
(Mitteil. d. geogr. Ges. in Hamburg 19,
1—910) bereits verOffentlieht worden. Mir
viel weniger dagegen befriedigt die vor-
liegende Abhandlung, die den im Titel
angedeuteten G^enstaod irom AHertnm
zunächst bis zum 13. Jahrb. behandelt.
Die Literatur hierüber ist umfangreich
genug, aber doch nicht so, daß sie sich
nicht leicht durcharbeiten ließe. Vor
allem wäre es aber bei einer monograplii«
sehen Hehandluug dringend nötig gewesen,
die Originalquellen sorgfältig zu prüfen
und einzusehen, und nicht bloß nach se-
kundren Bearbeitungen au sitieren. Bin
Beispiel mag genügen. S. 4 heißt es, daß
für Cäsar die Orkynien !; die Grenze
seines Wissens gegen Norden bildeten und
awar auf Grund von Ml. gaU. VI, S4. Ds
der Verf. die angezogene Stelle fiir Cäsara
Kenntnisse von Hritannien heranzieht, so
scheint er die Otkuej-lnscln dahinter zu
vermuten. In Wahrhdt aber spricht Claar
dort vom Hercynischen Walde, der bei
Eratosthenes „Orcynia" genannt werde.
Irrige Ansichten, falsche Übersetzungen
u. a. m. lassen sich in Menge nachweisen,
was in einer Monographie nicht sein
dürfte Da der Verf. eine größere Arbeit
hierüber in Aussiebt stellt, so wäre eine
nochmalige Durcharbeitung des StofPee tb
ihn dringend erforderlich, wenn sie fÖr
di ti Fachmann irgend einen Wert haben
soll. K. Kretschmer.
Baedeker, K. Die Schweiz. Handbuch
lur Reisende. 31. Aufl. XL u. 664 8.
68 K., 17 SUdtpl. u. 11 Panor.
Leipsig, K. Baedeker 190&. Jt, 8.—.
Baedeker hat sich, wie wir mit Freu-
den sehen, nun auch für sein Reisehand-
buch der Schweiz zu einer geographi-
schen Einleitung entschlossen und hat sie
Dr. Hermann Walser in Bern anvertraut,
der ja ^chon durch seine Schulgeographie
der Schweiz sein Geschick zu popvüärer
nnd dabei doch echt wissenschaftlicher
geographischer Darstellung bewiesen halte.
Kr hat auch hier eine hübsche geogn^
phische Skizze geliefert, die eine gfute
Einführung in die Geographie der Schweiz
gewährt. Meiner Empfindnag nach wlre
es aber liDr den vorliegenden Zweck, der
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Bfleb erb ef pr ech« ngeo.
67
doch haupUiichiich darin besteht, dem
wiflbegierigeii Beuenden Aurkttrang Aber
di« ihm entgegentretende Natur zu geben,
wtniger auf das Gesamtbild als auf die
ekwM eingehendere Erklärung der ein-
MheB EncheiDUiigeii angekommen; viel-
leicht läßt sich hittm in der nächsten
Auflag« noch etwas nachhelfen. Anoh
im übrigen Text enthält das Keisehaud-
boeh eine Ffille von Belebrnng über Land-
schaften nnd Südte nnd kann daher auch
daheim vom Geographen mit Vorteil be-
nutzt werden. Bei den Angaben über
den Simplontunnel ist mir aufgefallen,
dafi der Name des Teietorbenen Alfred
Brandt, der den Plan entworfen und die
Anfänge des Baus geleitet hat, nicht ge-
mnntwird; beruht die Notiz etwa auf An-
gaben der hentigen Baideitnng? Beaon-
den bieten die zahlreichen, schön gezeich-
wAen Kart<?n — der ^'rüßere Teil der
Schweizer Alpen ist im Maßstäbe 1 : loUOUO
dMgMtdH — «in nntehfttob«rei Hilfb-
■ittd dar. In den Panoramen scheint
mir die Zeichnung der Bergumrisse nicht
louner charakteristisch genug, um die
Boye danach an erkennnn; eowohl beim
neuen Fkoomaa vom P. Langnard wie
bei dem vom Mte Oeneroso ift mir dieser
Übelstaud aufgefallen. Die Zuverlässigkeit
des Textea In allen praktischen Angaben
kt bewnnderangewOrdig. A. Hettner.
Die Ergebnisse der Triangulie-
rnngen des k. nnd k. Militir-
geographiacb« Institutes. 3 Bde.
I. Bd : TrianguHerung 1. Ordnung
im westlichen Teile der Monarchie
und den sfidlich anscblieSenden Ge-
bieten. X u. 217 8. 7 Taf. Wien
lyOl. II. Bd.: Trianguliorunf^ 1. Ord-
Boog im östlichen Teile der Monar-
chie. Vm Jt. 171 8. 4 Taf. Wien
1902. III. Bd.: Triangulierung 2. und
3. Ordnung in Ungarn. VH u. 874 Ö.
ö Taf. Wien um
Die Besultate der für Gradmeäouugs-
swecke in den Jaliren IMO — 1898 avsge-
führten Triangulierungen, die sich über
die ganze Österreich-ungarische Monarchie
erstrecken, sind iu den Veruffentlichungen
für die iateinntionale Brdmessnng mitge-
tdlt worden Diese eignen sich aber für
I^Ändesverraessungszwecke besonders des-
balü uüch nicht, weil zu Folge der iuter-
»•tMBaleB Obeieinknaft die Ansgleiebang
des Dreiecksnetzes volikummeu zwanglos
atugefnhrt werden mnftle. ffinsichttich
der Schlußfehler der nicht mit Dreiecken
ausr^efnilten Polygone und der Überein-
stimmung der Dreiecksseiten mit den ge-
messenen Grundlinien wurde deshalb eine
neue, empirische Ausgleichung mit Be-
nutzung der ersten Ergebnisse vorgenom-
men. Die mittlere Verbesserung einer
beobachtelen Hiehtung bleibt dabei immer
noch unter der Sekunde. In den vorw
liegenden beiden ersten Bünden (Trian-
gulierungen 1. Ordnung) sind die Loga-
rithmen der Dreiecksseiten bis auf 8 De-
zimalen, die geographischen Koordinaten
auf 4 und die Azimute der Richtungen
auf 8 Dezimalen der Sekunde angegeben.
In dem S. Bande, mit dem die Yeröflfent-
lichung der Triaogulienmgra S. und 8.
Ordnung beginnt, sind die geographischen
Koordinaten auch bis zur 4. Dezimale der
Sekunde angegeben, währeud die Azimute
und die aus der Nelsansgleiehnng sieh
ergebenden Richtungsverbessenuigen bei
den Richtungen 2 Ordnung auf zwei, bei
jenen 3. Ordnung auf eine Dezimale der
Sekunde und schliefilieh die Logaritiimen
der Eutfernungen durchweg auf sieben
Dezimalen berechnet worden sind.
Die Bezeichnung der Punkte, die nicht
durch kflnstliehe Bauten ▼ersichert sind,
ist einesweifache: oberirdisch durch einen
behauonen Markstein und unterirdinch
durch eine mit einem Metallkegel ver-
sehene Steinplatte. Die Berechnung lier
geographischen Koordinaten auf Gxund
der Hcösolschen Erddimensionen stützt
sich auf die astronomisch bestimmte Pul-
höhe und Länge (gegen Ferro) des durch
einen Monumentalbau dauernd beaeieh-
neten Punktes Hermannskogel und das
auf diesem Punkte gemessene A/.iinut
(von Nord über Ost gezählt) der Richtung
nach dem Punkte Hundaheimer Berg bei
Hainburg.
Jeder der beiden ersten Bände zer-
lüllt iu drei Abschnitte, von denen der
erste die geographischen und Polar>Ko*
ordinalen, sowie die Bichtungsverbesse-
rungen, der zweite die zU8ammenge^<tellten
Dreiecke (beob. Winkel, Verbesserungen,
sphftr. EneB usw.) und der dritte die
Punkt- und Dreiecksverzeichnisse enthält
In dem dritten, nach Generalkarf t-nblilttern
geordneten Bande stehen außer den geo-
graphischen und Polar-Koordinaten, Bidi-
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58
Baoberbespreohnngen.
tungBTerbeBseningen und Entfernangs-
logtfithmen noch die Nnehweianngen der
Schnitte, die zur Bestimnjung Her ein-
telnon Punkte gedient haben. In allen
B&nden ist außerdem jedem Punkte
die genlherte MeereshOhe mit beigefdgi
worden.
Angeführt 8oll hier noch werden, daß
der 1. Band (Triangulieruag des west-
liehen Tdlea von Oetexreich^üngun) Tizol
nicht mit enthält, weil die dort in den
achtziger Jahren auBgeführte mangelhafte
Trianguli^ng erneuert werden muß.
Hierron abgeiehen ist mit den ersten
beiden B&nden eine Arbeit «bgesdiloBaen
worden, deren (iröße nur derjenige zu
würdigen vermag, der selbst im Vermes-
rangswesen tfttig ist. H. Petsold.
Pichler) Fritz. Austria Roma na.
Oeograpbiiiches Lexikuu aller zu
BOmeneiten in Oeterreicfa genennten
Berge, Flüsse, Hafen, Inseln, Länder,
Meere, Postorte, Seen, Stiidto, Straßen,
Völker. (^„Quellen u. Forsch, z. alt.
Gesch. n. Geogr.", hrsg. Sieglin.
Heft 2—4.; 444 S. 1 K. Leipzig,
Avenarius 190 >— 1904. M 17 30.
Der Verf. hat mit einem Sammeleifer,
der ebenso wie seine Vorliebe für blofie
Kamenrrihen etadE «n die gecgmphisehen
Bücher des Plinius erinnert, alle« soaem-
mengetra'^en , was ihm aus literarischen
Quellen über die alte Geographie de» jetzt
Österreich -Ungarn nmfh«senden lAnder-
gebiett'8 erreichbar war. Den Kern bil-
det ein lexikalisch geordnetes Verzeich-
nis der innerhalb dieses Gebietes von
alten SchriftsteUem erwihnten Namen
mit Angabe der Quellenschriften und der
jetzigen Benennung, doch ohne Zitate und
Verweise auf die neuere Literatur. Letz-
tere ist in einem besonderen Yerseichnis
in alphabetischer Folge der Autoren zu-
sammengestellt. Voran gebt ein einlei-
tender Teil mit Aufzählungen Terschie-
dener Art, welche in der vortiegenden
Foffm leider meist nur geringen Nutsen
gewähren: das gleiche gilt von den mei-
3teu ZusammeuHtelluiigen des dritten
Teiles, wo mehrfach derselbe Stoff wieder
unter anderen Gesichtspunkten registriert
wird. Auf eine niilu rt' Meschreibung der
Lage oder eine S« hil(ierung der Zustände
in römischer Zeit geht der Verf. nirgends
ein. Sein Werk ist ein Begisterbnch,
das ak solches mit groSon FleiS gesr^
beitet und sehr verdienstvoll ist, ab^ bei
zweckmäßigeriT Anordnung noch wesent-
lich mehr hätte bieten können. Die /.w-
gehörige Karte in 1 : 1800000 macht
eineb gef&lligen Eindrack imd gibt einen
guten Überblick disT rfcnischen Topo-
graphie von ( »Hterreich -Ungarn , des.^en
antike Gebietsteile nach Art modemer
politischer Karten doieh FMdienkoloirit
nntereehieden sbd. E. Oberh timmer.
Kerp, Heinrieh« Landeskunde tob
Skandinavien (Sdiweden, Nor-
wegen und Dänemark». (Sammlung
Göschen. No. 202.) 12". 13h S. 11
Abb. u. 1 K. Leipzig, Göschen 1904.
JC —.80.
Eine recht ansprechende landeskund-
liche Darstellung, die wie der Tntertitel
des Abschnittes 1 4 vermuten läßt, auch
dem Lehrer dienen will vnd es recht
wohl vermag. Rine geographische Übo-
sicht l)ehandelt kna]ij>, aber im ganzen
ausreichend Lage, Grenzen, Gliederung,
Erdgeschichte, Klima und Pflansenlebeet
und die Einteilun>c in „Natur- und Kultur-
gebiete". Dicfe werden dann einzeln der-
art behandelt, daß das „Land8chatts<)>il(l",
die „Entstehung des überflikheubildes'*
und dae „Knltorbild" aas typisdien Reise-
routen abgeleitet werden. Die gegen-
neitige Verknüpfung dieser Teile ist recht
gut, so wenn z. B die Siedlungsarmut
der WestKflste ans den einsdnen Wir-
kungen der Eiszeit erklärt wird. Der
SchlußabBchnitt „Wirt.srlialtliche und po-
litische Übersicht über die skaudinavi-
Bchen Staaten** sncht mit OMck trockene
Statistiken zu vermeiden und vermag
trotzdem ein ziemlirb reiches Zahlen-
material mitzuteilen. Die schwierigen
crdgeschichtlichen Probleme sind meist
geschickt und vorsichtig behandelt, doch
wird man dem Verf. nicht immer zustim-
men können. Als Beispiel möchte ich
auf 8. 48 ff. verweisen, wo im Sinne der
norwegischen Forscher Stnuidebene und
Strandlinien scharf und zutreffend aus-
einandergehalten, dann aber die post-
glaziale Hebung kurz genug behandelt
und die längst aufgegebene Peacksclie
Hypothese von 1882 mö^^liche Erklä-
rung herangezogen wiril Nach den Er-
gebnissen der schwedischen Forschungen
Aber die „vngleidhmftflige Hebung** und
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Bfloherbeapreehongen.
59
der Analogie der (im Buche gar nicht
eiwähnten) rezenten Niyeauveräuderung ,
idiemt et doch nieht mehr snlftaug, lii«r
u „Schwanktmgen des MeeresBpiegelB"
ta denken Eb stimmt auch nicht gut
n der S. 46 angedeuteten Vermutung
TM Bodenbewegungen im mittleren Teil
Ur Fjorde In Be7.ug auf Botner (Kare)
nnd Tindor schließt sich Korp völlig an
Richter an, ohne die glaziaiistiscbe Auf-
bnong zu neoned. 8. 6S bei den nndent*
liehen Wasserscheiden war wohl der
direkt<'n OaKelungen zu gedenken. S. 83
■iad die Asar als ,,Moränen'^ bezeichnet.
Die trottioee Sehildemng norwegiflcher
SfitenS. 60, 70) trifft nieht allgemein zu.
Salt«j5n bei Stockhuhn iS. 77 ist nicht
ein bnckischer See, soudern achlechthin
du Meer. Ob die Litemtnrltete «m
Be^nn dee Werkee die TOm VerfaMer
^nutzten oder dio dem Leser empfohlenen
Werke zutiammcnHtt'llt, ist mir nicht klar
geworden; in keinem von beiden Fällen
iit sie gUBs enteiHreebend. Bei dner Neu«
anflape wären VerHchen, wie die Mtge-
Mbrten, zu bcrichtifren, auch einige un-
ichöne Landticbat'tsbilder zu beseitigen,
die gus gut darch typieehe Photogn-
phien ersetzt werden können, und für
besser»? Lesbarkeit dor Namen i'z. B. Ra-
Ben) auf der recht ansprechenden Karte
n eorgeo, endlieh die bes<mdere in Namen
nicht eeltenen Druckfehler (z. B. Tynsee,
Söderhamm, Moräneachnitt st. MorUnen-
Khutt auf ä. i'i) auazumerzen, dagegen
vidleidit toq der uchwedieeben Indnettie
etwas mehr zu sagen (Eskilstuna- Waren,
Hand«« hnhc . Daü t's bald za einer Neu-
Koilage kommen wird, läflt aich aber er-
«Uten. Denn die ftniprecbende Daretel-
hiig, die gewandte Diapoeition, die den
•Ahrenen Pädagti<;en erkennen liißt, \ind
die Fülle von Daten dürften den) Werke
*iaenwche Verbreitung sichern. Sieger.
Begel) F. Landeskunde der iberi-
schen Halbinsel. (Samml. Göschen.
No. t86.) 1768. 8 Abb.«. 8 K. Leip-
ag, Gflaehen 1906. JL —.80.
h einem handlichen Göschenband eben
hat Repel eine treffliche kurzgefaßte
lAodeskuude der iberischen Halbinsel ge-
beferi Die ^rorhandene Literatur iet
fleißig benutzt, der weitschichtige Stoff
•orgf ältig gegliedert, die Darstellung klar j
«nd leicht verständlich, so daß auch der
jenige, der das Gebiet nicht aus eigener
Anschauung kennt, sich ein gutes Ge-
aamtbild rnftohen kaam. Die Belenditnng
der gegenwlrtij^'en ZustHnde ist treffend,
doch wiire vielleicht du und dort eine
größere lio^erve der Ausdrucksweise am
Plats gewesen; ao entspricht es ja a. B.
durchaus den Tatsachen, wenn der tren
müito als ein „Bummelzug" bezeichnet
wird, aber dieses Wort einfach als über-
setcnag »naafllhiett, gdit denn doch nidit
recht an. Der Verfasser scheint die
Kenntnis des Spanischen für allgemeiner
verbreitet zu halten, als sie ea ist, da er
manche Zitate ohne Übenetanng mitteilt
(:^. 1C2 u. S. 164). Die Auswahl aus dem
vielseitigen Material iHt t,nit getroffen,
und nur selten vermißt man wirklich £r-
-wfthnenawertea; so sollte a. B. das csta-
loui.iche Volkangebiet S. 17 bei einer Neu-
auflage angeführt werden. Die Abbil-
dungen sind gut gewählt, kommen in der
Reproduktion aber leider vielfach nicht
dentlieh genug herans. Die beigegebene
Kurte im Maßstab 1 :60< 0000 ist zur Orien-
tierung Tollaut' genügend. K. Sapper.
Diebl, Daniel. Au Bord nnd im
Sattel. f""arbi<,'e Blätter aus meinem
Heisetagebuch. 500 S. Lahr i B.,
Schauenburg 1904. JC 8.—.
In drei grOfieren Abachnitken behandelt
der Verf. die von ihm unternommenen
Reisen. Im ersten schildert er die Reine
auf einem Kosmosdampfer von Hamburg
durch die M agellanstraBe naeh Yalpaniso
und Callao. Der zweite Abschnitt zerftUt
in einzelne Avigenldicksbikler , die uns
teils in das Gebiet vom Amazonenstrom
bis snm Misaisflippi fahren, teils nach
unserer ostisiatischen Kolonie Kiautachao.
Im dritten Teil werden uns Patagonien und
die vom Verf. dort erlebten Ereignisse
vorgeführt. Wenn er in der Einleitung
sagt, datt er nicht den Anspruch erhebt,
„mit wissenschaftlichem Mallaat l>rsrhwert
zu sein oder ein photographisch getreues
Bild der geschauten Länder zu liefern",
so aeogt daa von flbergroßer Beacheiden-
heit. Da ich die im ersten und dritten
Abschnitt Ix'Hiirnchenen Gegenden aus
eigenem btudiuui kenne, so kann ich dem
Yerf. das Zeognia anastellen, daft er mit
sehenden Augen geschaut V.i weiß (Geo-
graphisches und Erlebtes durch einen
leichten, flüssigen Stil so ineinander zu
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Bfielierbeipreohaiigeii.
webeiL, daß man mit GenuB bei der Lek-
türe verweilt. Wertvolle statiftische Daten,
wie solche über die Bedeutung des Deut sch-
tums iu den Magellanländem und in Pata-
gonieii, Ober die Hauptqaelle dei Reicb-
tun» jener Gegenden, die Schafzucht,
weiß er so in dan Ganze zu verflechten,
daß man nicht durch trockene Tabellen
gelAogweilt wird. Die Skinen, die Verf.
gibt, haben den Vorzug der Aufrichtigkeit
der Anfjabon und der Lebenswiihrheit ;
namentlich zenj^en die Schilderungen der
gewaltigen Andenuatur von feinsinnigster
Natorbeobacbtang. F. Stange.
AlemanMy Tll« Aus dem Südwesten
der argentinischen Kleeregion.
Das National-Territorium Pampa Cen-
tral r.4 S 1 K Hu.'iKiH Aires, 1904.
Tlieudur Alemauu, der Herausgeber des
««Aigentinisohen Wochen- und Tageblattes''
und Kenner der wirtschaftlichen Verhält-
iiissp der Pampa uu<l Nord-Patagoniens,
faüt iu diesem Heft eine Iteibe von Ar-
tikeln snsammen« die er in obiger Zeitnng
veröffentlicht hat. Der Zweck, dem Lc>i r
ein Bild der wirtHchaftlichen Entwicklung,
des Lebens und Treibens in der Alfaita
bauendmi Pampa zu geben, ist an der
Hand lebendiger ski/.zen voll erreicht
worden, aber auch der (Troirrajih zieht
Kutzen sowohl aus mancherlei eiugestrc\i-
ten Bemerkungen im Teit als auch name ut
lidi aus der allgemein gehaltenen, die
Vegetation besondere berücksichtigenden
Einleitung, und der am Schlüsse gegebe-
nen Beschreibung des Territorio Pampa
Genttal. Die Karte in etwa 1 : 8 4S6 ooo,
eine Eisenbahnkarte . Argentiniens der Bue-
nos Aires and Pacitic Haihvay Company
L«L von iuoa, idt klar und deutlich lesbar
und exfnnt ihien Zweck voUstindig.
W. Sievers.
T. Richthofen, F. Ergebnisse und
Ziele der Südpolarforschuug.
28 S. 1 Südpolark. Berlin, D. Wei-
mer 1905. M 1.—.
Stola imd Wehmut ungleich erfüllt
uns, wenn wir die vorliegenden 14 Blät-
ter durchlesen. Mit dieser ToUendeten
Beherrschung des Gegenstandes, mit die-
ser sonnigen Klarheit doH GeiBte>^, in so
schlichter Scliötiheit des Ausdrucks .schrieb
unser großer Geograph im hohen Greisen-
alter! Aber er wird nie wieder schreiben
noch reden. Als er diese Abhandlung
TerfisJIte« nahm ihm am Arbeitetiseh
mitt(>n in einem noch unvoUendeteD Satao
der Tod die Feder aus der niramerm<ld«n
Uand, der wir so viel verdanken.
Die Abhandlung war bestimmt sn ei-
nem Vortrag zu dienen, den Ferdinand
v. Ilichthofen beim Kaiser über das ant-
arktische Problem halten sollte. Sie be-
schränkt sieb daher, ohne auf Einsd-
heiten sich einzulassen, auf eine groft-
zügige Darstellung der wichtigsten Süd-
polariahrten, ihrer Hauptergebnisse und
die (nicht ganz zu Ende gediehene) Be-
antwortung der Frage, ob es sieh lohne,
die antarktische Forschung weiterzuführen.
Ausholend von den für den Handela-
zweck unternommenen phönikischen i^t>
deekungsfahrten und den kühnen See-
zügen der Griechen, wie sie in den poesie-
verklärten SchiflFennürchen der Odyssee
ihr Echo gefunden haben, führt uns der
Yerlksser rasch durch die Fludit der
Jahrhundertc bis zur Neuzeit, wo man
den Erdteil des Südens suchte, den man
zum Halten des Gegengewichts gegenüber
den großen nördlicheren Landmamen des
Krdhall.s für sicher vorhanden erachtete.
Das Feuerland, die nfirdlichen Vorsprünge
Australiens hielt man bei ihrer Entdeckung
fflr Teile dieses von Tomherein als ein
Ganzes gedachten Südlandes. Als dann
Abel Tasnian den Abschluß Australiens
schon in subtropischen Breiten feststellte,
James Cook aber, bis in südpolare
Breiten vordringend, die Landleero der
südlichen Ozeane nachwies, erlahmte die
Lust, dem I'hantom weiter nachzutrachten ;
man verschenkte den alten Zaubernamen
Terra ^«airalfo wie eine gesduchtlieh«
Kariti\t an Australien. Da taucht, zu-
nächst im Gefolge zufVilliger Insclfunde
von Robbenscblägem iu subpolaren wie
polaren Südbreiten, im 19. Jahibundert
erneutes Interesse an einem doch viel-
leicht um den Südpol herumlagernden
Südland auf, und James Koß ent-
schleiert wirklieh 1641 ein Stück des ant-
adc^sohen „Kontinents" (wie man heute
zu sagen pflegt, obwohl die Zweifelsfrage,
ob Kestarchipel, ob Festland, noch keines-
wegs entschieden ist). Heisterhaft er-
örtert Richthofen den sodann nach bei-
nahe ßOjähriger Pau.se einsetzenden mo-
dernen Aufschwung antarktischer For*
schung, neben den kleineren Expeditionen
vornehmlich die Fahrt der „Be^^**, die
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Bflcherbeiprechangen.
61
deutsche, englische und schwedische Ex-
pedition, mit unbestechlicher Oerechtig-
keifc obae jede Spur nationaler Vorein-
f^nommenbeii jeder ibr gatei Beebt so-
erieilend.
Der Schluß gilt einer in knappen
SUsen gehaltenen BeweiefSbzoiig, wie im-
r-ntbohrlich die Fortführung der eigent-
lich ja erst in unaeren Tagen begonnenen
tjiiteQiatigchen Erforschung der Südpolar-
velt tb di» Tonendmig der IMkonde
■ei, nicht bloß um den letzten großen
weißen Fleck vom Globus zn tilgen, son-
dern um eine Fülle theoreÜBch wie wiri-
•AaftBeb wichtiger Probleme allgemei-
■ena Inhalts der I^suag nftber zu fBbien,
w da« liher die Verarmung der Erde an
Niederschlag, das über Verwandtschaft
4er OigaBiiiiMn im eadliebeten Amenks
ead in Autralien-Neiieeeland , das über
MeereMtrömc und dfren wechselnde Rich-
tang in ihrem EinÜuß auf das Klima der
BMe, endlidi du fiber die PUmkton-
emihnmg der Fische im Meer, dieser
bei rechter Verwaltung unerschöpflichen
Nahnmgsqaelle der Menschheit.
A. Kirchhoff.
HoelzelsRa 88 en typen desMen^cli en.
Unter Mitwirkung Ton F. Heger aus-
gewlblt and bettbeitet von F. Hei-
derieb, gemalt von F. Beck. Kurzer
Begleittext von Heiderieb. Wien,
Hoebcel 1908.
Wie in den Begleitworten bemerkt iät,
«ude in dieeem Werk« der Tereneh ge-
nadii, die verschiedenen Hassent; pen des
McBBchen an besonders ansgewäblten und
charakteristischen Völkern zu demon-
rfmrM. „Die Anordnung erfolgte naob
geographischen Gesichtspunkten und zwar
«i'Tart, (laß auf Blatt I und II die asiati-
Khea, auf Blatt III die afrikanischen und
Mf Bbti ly die unerilmnieehen, nnetr»-
bichen und poljmesiächen Rassentypen
nir Abbildung gelangt^in. Eine Tafel mit
MiMehließlich europäischen Typen soll
Mter folgen.'*
Die Tafeln sind für den völkerkund-
lichen Unterricht an Schulen bestimmt,
welchen Zweck sie auch im Großen und
Otenn erfüllen, tt Brustbilder in feinster
polychromer Anaftbrnng auf vier Tafeln
''trtße "H'^g cm) geben eine Auswahl von
^'•••enköpfen, die ein genügendes An-
"dMamigsmaterial darbieten, um das, was
im Anschluß an den geographischen Un-
terriebt aber die YOlker der Erde gelehrt
wird, krSilig zu beleben. Dabei ist
dem ethnographischen .Material (Kleidung,
Schmuck I, das nach Vorlagen aus der
Sammlung des natuxhistorischen Hof-
nraaeon» in Wien dargeetellt wurde, be-
Rondcre dem Schnlzweel» entsprechende
Aufmerksamkeit geschenkt. Nach den aus
tausenden von Vorlagen von Prof. Heide-
lieh unter Mitwirkung Ton Fnns Heger
ausgewählten Köpfen sind von dem Haler
F. Beck Aquarelle hergestellt, nach wel-
chen die Bilder zur Austilhrung gelaugten.
Leid«r tbd die kflneUefiwh «uigefBkrten
BeeeenkOpfe in den Ow^teiflcfsn i. T.
etwas curopilisiert, was sich wohl nur
hätte vermeiden lassen, wenn es dem
KfineUer ermöglicht worden wlre, lang-
jährige phyaiognomische Studien flbtt die
betr. Mcnachenvarietäten zu machen und
diese teilweise auch nach der Natur zu
mnlen. Derartige Ansprüche Inesen eidi
aber an ein Unternehmen nicht ilellen,
(itiH «'in Werk in solch gediegener Aus-
führung zum Preise von JC 17. — (auf
Leinwand gezogen und mit Stäben versehen
zu JC S4.— ) den Lehranstalten mr Yer-
filgung stellt. Da« Bt-^rleitwort SU den
Tafeln ist sachgimüU ubgetaßt.
Otto Schoetensack.
Waner, A. Soziale Erdkunde. Hilfs-
bücher für die Hand der Schüler in
Volke- und Fortbildungsschulen rar
Einffihning in die Landee- und Ge-
sellKrhaftskunde. I Sachsen. 46 S.
1 Skizzen, 2ü Bilder, 1 K. ./K —.»(>.
U. Deutschland. 1. Kursus. 1. Abt.:
Vorwiegend LnndsehallBkunde. 48 8.
4 Skizzen, 29 Bilder, l K. —.30.
2 Abt.: Gesellschaflskunde. 38 S.
3 Skizzen, 16 Bilder. JC — ..iO.
2. Kursus: Dentsehbind im bmpfe
um seine Erhaltung und Wohlfahrt.
88 S. 7 Skizzen, 37 Bilder, 1 K.
JC —.60. Dresden, Frübelhaus IdOö.
„Die eosiale Erdkunde ist ein Fort-
schreiten von den natürlichen zu den wirt-
.arhaftlichen, ]>oliti8chen und sozialen Vit-
hältnissen des Vaterlandes, des Erdteils,
der Welt. Kenntnis der Volksentwicklung
muß das Ziel des erdkundlichen Unter»
richts sein; mitten in dieser Entwicklung
steht der Zögling, an ihr soll er bald
tätigen Anteil nehmen." Dies ist da»
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62 Neue Üüchei- und Karten.
»
meihodiacbe Olaabmubekenntnii, dM der ausgeföhrt , und der Hauptvotsog d««
VerfasBer in seinen „bescheidenen Heft- Werkchens liegt in der Art, wie das fpröde
chen" iu die Praxis überaetzen will. Die statistische Material dem Schiller durcli
Itebaudlung geht aus vou der Gewinnung tretfeude Vergleiche nahe gebracht wird.
UaierBMunToratellmigen (s.B. Schilderung ' Nach der ganien Behandhingaart hslten
einer IteiBe von Kydtkuhnen bis Basel , wir die Hefte ffir sehr geeignet als Grund-
gibt dann die nutürliehcn Lundschaftt'n la<;e des geographischen F'ortViildungB-
uud ^eigt schließlich die Bewuhuer iu schuluuterrichteti. Hier werdeu die Mängel
ihrer BeachiftigiiBg, ihrem Gfiteranttaiueh i im phyaiBehen Teil nicht aar Geltung
und das Staatswesen. Es liegt in den kommen , dagegen die wirtschaftlichen
Spezialinteressi-n des Verfassers, daß die Fragen sieher volles Interesse und Ver-
Landschaitskunde ziemlich düri'tig weg- ständnis finden. Die beigegebenen Bilder
kommt, daß nirgends OmndbegriffiB der und aftmtlich verkleinerte Reproduktionen
physischen Erdkunde an den heimat- der bekannten Schulbilder von Letunamn,
liehe?) Verhältnissen entwickelt werden. Meinhold, Geistbock U. a.
Desto breiter ist die Wirtschaftsgeographie j P. Wuguer.
Nene Bücher und Karten.
flsicUchU der iieograpkia. iBrockhaus' Kleine« Konversations-
Grande, Stef. Le carte d*America di Lexikon. 5. Aufl. Viele Abb. u. K.
Giacomo Gastaldi. 168 8. 6 Taf . j 2 Bde. in 6C Heften so je —.80.
Torino, Clausen 1905 | 1.^9. H. Leipzig, Brockhaus 1906.
Sandler, Chr. Die Refonnaüon der Alliremln«' phy^Urhe csMicruphir.
Kartographie um 1700. 26 S. 4 tabel- , Hann, J. Lehrbuch der Meteorologie.
larische u. Text-Beil u. 6 Kartentaf. inj j. ^nfl. Lief. 6, 7 u. 8 (SchluA). Je
Map]>e. München u. Beriin, Oldenbouzg i ^ 3, ,
lUUö. .<r, tJO. — . ' nruturhUiid ud üachbarliadrr.
Torres, L. M. Les etudes geographiques pontane, Th. Wanderungen durch die
et hiatoxiqoea de FÄix d'Aiam. SO S. , M^rk Brandenborg. Auiwahl, hrsg v.
Buenos Aires, Hermanos 1906. | H. Berdrow. tS8 8. Stuttgart, Cotta
AllKKmelnei. ^yog j^; i _
von Neumayer, G; Anleitung zu wia- März, Chr. Ber^ und Tal der Heimat,
aenaehnftlichen Beobachtungen aof Rei- 1 Geologisch-geographische Wanderungen
len. 8. Aufl. Lief. :> *>. Amtahanpimannschall LOban.
Geographisches Jahrbuch. X.WIU. 70 s L^bau L 8., WaMo (Mvx) 1806.
Bd. 11*05. UrHg. vou Herrn. Wagner. —60.
L größere Hftlfte. 890 8. Ofthtgena: AsIm.
Berieht über die ethnologiache For- Qenthe, Siegfried. Korea. Eeiseschil-
schung 1901 fl8»8) bis 1903. — Lan- derungen (Genthes ReiHen. Bd. I.).
genbeck: Die Fortschritte in der. Hrsg. von Georg Wegener. i Büd
Physik und Mechanik clea BrdkOrpen. Qenthea. L u. 844 8. Bedin, Allg. Ver.
— Oberhummer: Berieht über die; f. dentodie Liter. (Paetel)'l906. UK 8. — .
Lilnder- und Vrdkf'rkuude der antiken | PolanrcKpndcn.
Weit III. — Drude: Die Forttichritte 1 Arktowski , Henrjk. Projet d'une
exploration tj^bkaailäqa» dea rögions po-
laires. 25 8. BrflMol, TudenMivea St
der Geographie der Pflanzen (1901 bia
1904). Gotha, Perthes 1905. 9.—.
Deutscher Kauiera-Aluianach 1906.! Cie. 1905.
Jahrbuch der Amateur -Photographie. ' (•eographlseher Ustcrrlcht.
Hrsg. v. F. Loa sc her. SSO S. 1 Taf., | Wfinsche, A. Schulgeograpjire des
47 Yolib. VL 107 Testabb. Berlin, G. j Königreichs Sachsen. VI' u.. 880 8.
Schmidt l'JOG 17 Textfig. Leipzig, Dürr 1906. 2.60.
Beitrage zur Kenntnis des Orients. Jenkner, 11. Rätsel aus Erd- und Him-
IL Bd. Hrsg. vou H. Grothe. 219 S. melskuudc. Mit einem Begleitwort vou
1 Abb. Halle a.8., Gebauer-Schwetaohkei A. Kirchhoff. Neue Folg«. 71 8
1906. J( 6.^. I Berlin, Oehmigke'lOOO. JL l.~.
Digitized by Google
.ZeitaehriftentchaiL
63
Leipoldt, G., u. M. Knhneil ^bysi- !
k^iwh-politfaohe Sehnlwaodkwrte von!
Europa 3. Aufl. l:30000uo. Ifift x
1H& cm. Dre-*(len , Leijizig u. Wien, ^
Müller • Fiöbeihau» 1ÜÜ&. Autgezogen ;
Ii Leinwd. mit Sttben n. Wachstaeh .
sipoldt, GnstAv. Yerkehxakart« von
Mittel-Boropa. Politische Karte mit
Angabe der EiscnbahniMi . wichtigen
Alpenstraßen, Dampferliuieu und Tele-
grapbeuverbindungeu. I:8ö0000. 165 x
180 ea. Ebdft. 1905. iLn^e». %. Lonwd.
m. Stiben n. Wachrtach JL S9.~.
Zeitscbriftenscliaa.
Pftfrmanvs MiUeilungm 190:") 1 1 Heft.
Schütt: Die Bodeaformen und Tempera-
tarea de« cfidlichen Eitmeeres. — Jeteh*
ke: L>er Orkan in den Harscball- Inseln
am 30. Juni lOOj — Grubauer: Ne-
ghtOB. — Reinecke: Der neue valka-
Bttdie AosbTach anf SavaiL — Linke:
Eine Umgehung des neuen Kraters im
September 190"). — Finsterwalder u.
Brückner: Protokoll der III. Intenuitio-
iislen Oletscherkonferenz in Maloja vom
6-9. Sept. 1006. — Frhr. v. Anfseß:
Untersuchungen üb»*r die Erhöhung der
Temperatur am Grunde der JSeen. —
Bothamel: Ist die Bezeichnung Cassini-
Soldneiscbe Zylinderprojektioiibereohtigt?
— Kircbhoff: Die nennte Anflfge Ton
i»tielers Handatlas.
GUAms. Ö8, Bd. Nr. 1^. Grpos:
Die Hnriehowo, ein Gebiet für. ctimtfche
Forschung und rutemehmung. — • Halb-
faf5; I)ie Projekte von Wasserkraftanlagen
am Walobensee ij^ud Kocbelsee. — Oppel:
Derebere S^e. -r-j Gaatie'rs. Durohqne-
inng «ler Sahara vom Tuat bis zum Niger.
— Die reriodizitat der Flutscbwankongen
de« jiuterenNil.
Dm». Nr. so. V. Knebel: Studien in
Island, Sommer 1905. — Max Schmidte
Indianerstudien in Zentralbrasilien. —
Etkniscbe Eigentümlichkeiten des Japaner-
fiiBes. — T. N egelein: Die Pflanze im
Volksglauben.
Dojtf. Nr. 21. ^^tephftn: Ein modernes
Kolonialabenteuer. — Kribi. — Grübner:
.Kinig« Speeifonnen . des Bismarck- Archi-
pels. - Die Königin Njawingi Ton Mgororo.
Donw^Rt. 22. V.Knebel: Studien in
W*nd. — T. Ne^?lein: Die Ptianzo im
ToU^glauben^,-;jß^pban.: Ein modernes
KolwüalabeBtenfg. -rWielke: Eintönei^
•er prähigtorischer Fuß.
Deutgehe liunJschau für Geographie
md Statistik. 2b. Jbrg. 3. Hell. Seidel:
]>M Atoll Oleal aad aeine Bewohner. —
Ol in da: London in der Gegenwart. —
Wiese: Die orientalischen Kirchen im
tflrkisehen Reiche. — GOtainger: Der
neu aufgedeckte Gletiehertopf bei Bad
Gastein
Zeitschrift für Üchtdgeo^ajphie. 1906.
11. Heft Marek: Dnreh die PrSrien Nord-
amerikas zum Grand Canon. — Michler:
Ein 8chwieri<,'t's Kapitel der (ieographie.
Gto(jraphiacher Anzeiger. 19uö. 11. Heft.
Lampe: Fhr. v. Richthofenf. — Fischer:
Der Erdkundennterricht und die GeMll-
•chaft Deutscher Naturforscher und Ärzte.
— Schüfer: Eine poetinche Beschreibung
Europas aus dem XVI. Jahrhundert. —
Flacher: Eine nene Methode aar Her^
at^llong von Volksdichtekarten.
Zeitschrift der Gesellschaft für Erd-
kunde zu Berlin. l\)Oö. Nr. ü. Solger:
J)ie Moore in ihrem geographiaehen Zu-
sammenhange.
^Zeitschrift für Kolonialpolitik , -recht
umi -icirtschaft. lüOö. lü.Heft. Gessert:
Über rentable Waioentaanng in Deutsch-
Siidweetafrika. — Die Tola-tschadaee-
Grenzexpedition in englischer Releuchtung.
— Kürebboff: Der Kongo als Verkebra-
atrafie. — G i'i m p c 1 1 : Die OtaTi-Babn nnd
die Otavi-Minen.
Mitteilungen der k. k. Geographischen
Gesellschajt in Wiati. 19Öö. Nr. 10.
T. Doblboff: SuropUsobaa Teikeliraleben
(vom Altertum bis snm westfälischen
Frieden) I. — Wissert: Das WangOT'
nitzcnkar in der Scbobei'gruppe.
Abhandlungen der k.k. Geograpltischtn
Geselhdiafi m Wien. 1905. Nr.^. (Nr. 8
erscheint später.) — v. Kerner: Ther-
moisodromen. Versuch einer kartogra-
phischen Darstellung des jährlichen Gaug^
der Lufttemperatur. •'. "
Yiner. 1905. 8. Heft. Anders son:
Mesures prises reg derniers temps en Su^^e
pour la protection de la nature. — Nor-
denikjOld: Beitiige aur Kenntnis eini-
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64
ZeittohriftenscliftQ.
gw bidianenttinme de« Rio Msdre de
Dioe^Sebietes. — Lönnberg: Extension
gitfograpliique dp TOkapi — EliseeKeclusf.
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Novembre. de Hargerie: La Gart«
bathymeferique des Oedu». — Vfteber:
Le haut Cher, sa valli^e et Bon r(?ginie.
— E r d e 1 j a n ü w i c h : Lea Etudes de Geo-
grapbiu humaiue en paye serbe. — Mau-
rette: £tat de noe ConnaieMDcee vor le
Nord-Eit kfticain. — Vallaux: A propos
de la „ceinture dorn'" — üautier:
Vojage de Gaatier et Chudeau k travers
le SaliM». — Conemin d^agxi^tioii d*
hutoixe et de g^ographie.
La (J^ographie. 1905. No 5. Nor-
denekjöld: Exploration Hcieutifique au
P^roo et en Bolivie (1904,^6). — Haag:
La atructure g^ologiqne du "^ali iru cen-
tral d'aprf'i^ Foureau. — Äudoin: No-
tice hjdrographique aar le lac Tchad. —
Babot: Pngetd*exploratioB lyst^matiqiie
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Markbam: Tbe Spberu and Uses of Geo-
grapby. — Nansen: Oseillations of Sbore-
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Africa. — Bernaccbi: Preliminary Re-
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ducted r>n the National Antarctie Eiqpe>
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The Xational Gengraphic Magazine.
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Waten. — No. 184. Barrowt n. Hojt:
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land Drainage (2 K., 1 Fig.). — No. 126.
OroTor XL. Hojt: Dass. IH.: Snsqnebana
usw. (2 K., 1 Fig.). — No. 128. Hall,
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Tietze: Ferdinand Freiherr von Ricbt-
bofen f. Fsrh. d, k. k. geoL JMcftf»
anf^talt. No. U. 1905. (BßT. V. 31. Oii.
1905.)
▼tiutwottUdisr H«rttticsb«ri Piol Dr. Alfrsd Hsttasr la BMdslItSff.
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Geographische Zeitschrift. XII.
Tafel 1.
Boca» f Hintergrund Kos.
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Geographische Zeitschrift, XII. 1906,
Zu Sapper: Inseln des ügäi.schen Meers.
Tafel
Kryonero auf Kos Kalkgebirge). (Aufn. von R. Herzog.)
L'ooirrnphisch«!) Keimtni8s<- vou de» Nord- iirul Osta<>e1( Asien
' iltor». Von K Krot Schmer . M
. i rij. Von A. Ilottiior ..... .56
Minis»>e der Trinii(rnlieruiiK<!n un<I k Mi1!tür-i.'oi)i:ra]>))i8< lion
[nstltute*. Von M. l'etzold ...
I'ichler, F. Atistriu IJornntia Von K. Ohorhumtiii-r. 58
K'orp, B. I.aniicskuii<Ii> \on Sk.m<linavioii. Vou R. Sivgci 5ä
Hot'el, F. Lftutleiikuiido Her iluyrisclicn Hulbiiisel. Von K. Sapin r .... .V.)
I'iclil. 1>. Au Bord und im Sattel Von P. Stimgo . • . 59
AlfioiAnn. Th. Aus dein SOdweslen dor aru»TitiiiisclK'ii Klecrot'iou. Von W. Sievers 60
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)Vlittelnieerbilcler. Von Geb. Reg. -Rat prof. Dr.
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Das IVIittclnieergebiet. Von prof.Dr.H.pbilippfon.
. ■. ,1.1 . ,i I ..... .3. ; ... 1 1 , . i ...Li:.
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^ [ ' Ur <ri'. .<Mil rt III i . . ..t'd'rn CtJrrjtUf .3»«lun>j.i
OTeltreifebilder. Von )VIeurer.
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»nit Iii. il'^iiii u-i ->ii
i'tfannff rrifaP« bcinat frinr ixrh'rrrlrbni^e un!> ^ril1^rü^^^ in
,-, I,, .1 i ,„prjt. 3., ■
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Geographische Lehrbehelfe
aus dem Verlag von EdL Holzel in Wien IV/2, Luisengasse Nr. 5.
Zur A II seil af tu 11^ für Schuk'ii ciii|)f'olilru!
HölaelB 8chulwaudkarte von Australion und Polynesien, Btiller Ozean.
H»'arl>t'it»rl uml ^'fy.i-iiliiut vi»ii l'r. I riui/. 1 1 r i d o r i c Ii. Mollw oiilfHclii- flüchfiitrcuf
rrojcktion. Maüstnl» 1 : KtOuoou«». ß lllatt in lOfacheni Farbemlruck. (iröÜe der
Karte zusanjnaoiißf'.-rt/.t 1(50 cjn 1um-1i, ITi rm breit, l'rei« nnnii' - nnt lü M..
auf Leinwand j;o-jiuunt in Mapjie •_'4 M , anf" Leinwand gosjiannt i. lien 2*< M.
Holzöls Schulwandkarte von Asien. Politische Ausgabe bearbeitet von
r>r. Kranz Heiderich. STäliMtab 1 :.h i»w(hioo. (> Rlatt in lOfacheni Farl»endrnrk.
(Iröße der Karte zn^a^nnlen};;e>.t.'t/.( 11'» rni hoeli. 17r> eni breit. Preis nnauf^jenpaunt
JTi M.. anf Leinwand gespannt in Mappe 'JOÄL, anf Leinwund ||;e.-»}iannt mit Stäben "J2M.
'3 Bchulwandkartrt von Asien. Physikalische Aasgabe. IL Auflage,
\ I ■liKciiiiucn neu beurbiutet \un hr. Tranz lleiderich. M " " 1:8000000.
»i Hlatt in 10 tnrln ni l'arliendnu'k. <Jn»üe der Karte zn^aiii _ netzt 140 cm
bMob, 176 eni breit l'reis unantf^Äpannt I'i iL, anf Leinwand gespannt in Mappe
Ü<| M., auf Lfinw unt mit Stiii>en '22 M. — K.s s'inil t\'' ' besten, nach
4lem neuesten, v. , iiichen Mutt-rial bearbeiteten W'ui, n von Aiiien
und Australien. Sie nehmen gegi-nwiirtig den ersten Kang auf diesem Gebiet ein.
' Is Verkehrakarto von Österreich-UnRaru für den allgemeinen (.tebranrh.
.iiifli /luTi ( iii(>rnrlit ün Koiitii.iii /.iitllt'ii Lthran.-'talten bearb. von Lcdpnlil
Kullinn. II. Aufla^'c. Malistabi 8o(Miu(l II I Matt, l'r.i» unaufgi'.-»pannt 13 .<"iO M.. auf
Li<inwan<l )jespaunt in Mappe 28..iOM.. anflA-inwand gesi)aunt mit Stiiben *i7.50M.
T^- '• tJberHiebtskarte von Europa lür <lt>n Sdiulgobrauch und zum
um. Maßstab 1 : ScimhmiU. Ki lUatt (»röüe drr Karte zuhaminen-
212 vm breit. 184 rm hot-h Lnaufuespannt 15 M., auf Leinwand gespannt
III U;i|.pi- 2'_'..'iO M . tiiif Stüli-n L'T M
Haardts Übersirl'^- V arte der ethnogTophiscbcn Vorhfiltnisse von Asien
r. Hlatt in
m Farlteiidnu k. »irüße der Karte zn.'inmmengejictzt 17ö em breit, 140 «-m buch.
I I iimufir' t-l'auiif 'jr» M., auf Leinwand >;€\«})ainit in Maj>i)e HO M., mit Stäben ^{'2 M.
Haardts Nurdpolarkurte. .MaC-tal» l:ÖOuOUO(i. 1 lilätter in vielfarhcui Farben-
drurk. liroü«' der /u:^jiunuciii,'«'^;<'fzteu Karte 172 cm breit, 14S mi hoeh. Preis in
l'isiMi IJliitteni l;'i M., auf Leinwand in Mappe 10 M., auf Ltunwand mit Stiiben 21 ^L
TT 'f- SiT' rii.i ,T-, MaMab I : lOtKiOOOii. In 4 Hlättern mit je 12 —
ße der TUKnnimengt'hftzten Kartf 172 cm breit, 148 cra
li'-rh. i'rei« in losen lJUittern auf i^einwand in Mappe 12 50 M.. anf Lein-
' -. ' ■ -,|) _ Dit-.^ iv.ut den Rowfdil auf dem VI, in' • ' I^n
in Louddii uU u. . den iJeratun^'en dor de;
1 für Polar-Forschung zw Berlin al« kartographische Unterlage für di<
■lieii Vrrliandlungeu benflt/.t und hab« n hierbei die bo.-ten IMenste gei
•^^ Wmp ik r«.- rVv n'i! ir-Vii:Fn. Politische Ausgabe. 8 l'datt. M
' setzt 20«*i cm breit. 1H2 cm hoi 1
it '.» .\L. uut l.«'iii\M»ud j^i'^iiaiiiil III Mappe 14 .'«0 M. mit Stiiben HJ..it» .M.
, p m I ! f>iie Ausgabe. ^ Hlatt. Maßstab l :20ouoooo. UnanfgeHpannt 7 M .
puurit in Mappe 12.60 M.. mit StHben 14.50 M.
ulwan von Palflatina. h\lt den Unterricht in der bibl
iivii 'l'r tH. Nach <' . " ' l;lia(iotl'
. uml dl ;sfb«"M l'al, I — 0 .
iisp.be lür Mittelschulen und theologisclie Lehranstalten. (Jrüöe
tzt l'M rm breit. 15i; cm Imcli. I' ' ('..fiO M..
>r'ii.e 12 M., mitSt-l.r ti i-j M. .lu 'dk« nnd
Ivarte ziinamn zt 131 cm
• ....»II M.. um Leinwand m m .Mu]>j»c 11 M., i d.
n.-.i 'lo.i.rjjüber-'' '• Mpen. Mal
Mri. !it o<ler
mschlb ' 10 M.. auf i^einwand getipant • M
' '4-arto ' " i;f>n Aut
, 1 in wi- r, als (•
• als Meisterwerk anerkannt. (A. t>27
Ausliüirliche Prospekte stehen auf Wunsch gratis und franko zu Diensten.
Zu beziehen durch alle Bnchhandlungen sowie durch die Verlagshandlone selbst
GEOGRAPHISCHE ZEITSCHRIFT
VON
Dh ALFRED HETTNER,
.T in -UMi-.üAriTIK AN I»Kn ISIVKRSITÄT HnnKI BEHU,
/Woi.FlK); JAllRUA^Mi. /\Vi:iTKS HEFT.
MIT \IKB I HJrRKN IM IKSr
.\USf;E<;Kl<KN AM "iT. KKHKL'AU.
Si. VERLAR, VON B. H. TEllBNEK
Inhalt des zweiten Heftes.
Klisee Kwlns" Lehm und Wirken ^ib.U) \ oi» Trot. Pr l'aul
(iiranlin und Prof. Dr. Jean Urnnhes in Freilmrg (Schweiz)
Bericht über dif Fortschritte der PHanzeiigcographie in den Jahren
1H9'J -1901. Von Prof. Dr. George Karsten in Honn ... 79
Die Kcloiiie .Madagaskar in ihrer gefronwärti^jen Eutwj.klnn.r Von
Prof. Hr. C Koller in Zürich ^ g.,
M.Ulcrs „Orientierung nach dem Schatten". Die Taschenuhr als Kon.paö
^on Dr. Karl Peucker in Wien. 1 Mit 4 Textti^renV 101
Bemerkungen üh»-r die Zukunft der deutschen (Vographcntage. Von
Dr. Eduard Wagner in Leipzig
Geographische Neuigkeiten:
AUyenieiuea. Preisarbeiten (ibcr die matheinatischo Bcsiinn.H,„L: ,1, r Frde -
Erforschung der Windvcrhältnisso in der PAs.satreglün ],,7
Europa. Dio StAdte im Dcntacbcn Reiche mit über luOüÜu E.nw nncJi .kr
Zflhluujf voü 1905 j^jg
-Vfrika. Krforschun;: des Sehi .Flusses in Marokko. - Yillattos und Lupe.
rines Roiso nach Adrar. - CuDtaingtons Es|ieditiou zum Tai.ranika -
Poncks Roiseu in Afrika ....
Australien. Rückkehr von .Michaclse.i und llartniej er xon ihrer keiie
Milch Wost -Australien . ^^^^
Nürd-PolRrge(feDden. Amundsons Expedition zum matruetisohon Nordpol 110
Vereine nnd Vorsammluugon. X. lateroaüonaler Gcoluh'Gnkonprefl ' m
«.eopraphischor Unterricht. Das Institut für MeereskiHido iu Borlio U-J
Pers-nliches. Karl von Fritsch > Ii'
Bücherbesprechungen:
Freiitzcl C. A. Major James Ronneil, der .Schnpfcr d. r ntuereu englischen
Geographie. Von S. OQuther jj,,
Ephraim. H. Über die Entwicklung der Webotechnik "und ili'r.. *V,.rbr«i*tun?
außerhalb ^:^rol)as. Von M. Habcriandt . Ij.j
JVaguer. H. üroniclrie des ostfllischen HöKollandes links der Leiue. Vun K l'ouckcr ll-t
Mourcr, .1, Weltreisebilder. Von A. Kirchhoff .... ,,5
AIku«, J. The Cyclonos of tlie Far East. Von W. Brennecke! 115
Zabul, B. Im muliamodaiiischen Abendlnnde. Von Th. Fischer. 115
Bcrnius, K. Dns B.'ckcn von Parrns. Von K. Suppor . . jlt;
E. V. So.vdliU' üeo;.mpl.ic. Ausgabe C: (irofles Lehrbuch der Geographie
\on Uch. FiHclier IIG
Neue Bücher und Karten jj.,
Zeitschriftonschau
' '■•••■..Iii
Künftighin werden Veröffentlichungen jeder Art (BOcb-r
l»i8»ertatiünen. Programme, Karten u. a.) ausnahmslos nur dann al^
""n"."'" werden können wenn sie der GeogJap£ische„
1 t«r h r ■ 1 1 '■ ' n w bickt worden sind.
Heran. '.plrf GeoF'aphischc~Zdtad;^ unter der Adresse" des
Sil^r^.n H -i-i • 1^^*'^'^ Hcttner m Heidelberg. Ziegelhäuser Lan,!
straüe ivn Beiträge zu den geographischen NeuigkeiUiu an Dr. Augus^t Fit/..,.
Leipzig. L,d,r8truße 19 erbeten, Aufsätze werden mit »50 Mk filr den Druck
P^gf.r .^«^.^eiten Beitrage zu den Neuigkeiten mit 2 Mk. für die Spall
Petit liononert; da* Honorar der Karten und Abbildungen l.kibt der Verl
' ung vorbehalten. Außerdem werden den Herren Verfasaem von Aufsätzen und
«.Hungen 20, von Neuigkeiten und Besprechungen 8 ? ' 1 ' •„
und portofrei, eine größere Anzahl auf Wunsch zu den
Bücher und Karten, deren Be8i)rechung in der Geographischen Zeitachrirt
gemischt wird sind an die VerlagHbucbhandlung B. G. TeubSfr LeipS 1
Ab hl ß 1'°''"" Liefeninggwerke können im allgemeinen er«t ,mr|- |l
AbschJuB 1 n.
Die Geographische Zeitschrift
V bis 4 Dir- ' ' 10 Seiten; de. Abonn.m., t halbjährhrl.
■ .H Alle a... . uTvl ^^,~^nIl^^;ll^-r. ".iitnen
Druck lind Torlau >üii Ii. i.. it uliin r in^üipzij;, Postwtr. H.
Ell8^ Reelus' Leben md Wirken (1830— 1905 .
Von Faul Qirardin und Jean Brunhes.
Elis^e Baclus wurde am 15. März 1830 in Sainte-Foy-la-Grando (Qi-
ronde) geboren. Sein Lebenslauf darf hier nicht übergangen worden, donn
wenige seiner Umstftade blieben ohne Einfluß auf sein Wirken. Gerade wie
man in diesem reichbewegt^n Leben, das das eines Empör^^rs, eines Ge-
lehrten und eines Apostels war, droi Perioden unterscheiden kann, so lassen
sich auch in seinem Wirken <lie Spuren dreier Kichtnngen oder dreier Ein-
tiüsse erkennen: die seines Vaters, die Karl Kitter», die seiner Reisen
und der Natur.
I.
Sein Vater war der Paslur Jean Keelus, der als Vater von zwölf Kindern
ein so streng bildliches Leben führte, dali er zu seinen Lebzeiten als Prophet
und Heiliger verehrt wurde. Ais er gegen Ende seines Lebens von der Be-
Tdlkenang eines in den PyrenBen verlorenen Tales herbeigerofen wurde, Ter-
liefi er, um diesem Rufe sa folgen, seine Familie und seine Besitnugen und
machte sich mit seinm Söhnen anf den Weg.') Dies Beispiel, im Verein mit
einer universeUen, sich auf alle und alles etstreckenden Sympathie, erzeugte
in ihm jenes über alle sozialen Konventionen erhabene Wahrheits- und Ge«
reditigkeitsbeJürfnis, das nur eine dringende Forderung seines Herzens war.
Der Gedanke, daß jedem Volke, jeder Basse, jedem Bruchteil der Mensi-liheit
in der Vergangenheit wie in der Gegenwart Genugtuung werden und (ie-
reehtigkeit widerfahren mülite, tindet sich in der „(leographie Universelle" wieder ;
di»' skrupultise (ioutiuif^keit in der Besebrt ilning ist nur eine Form dieser
strenjien < int rliti<:keit, ludern ab« r dei- Scliriftsteller alle ErscheitiMnL''*'ii der
Natur nut A uf rieht itrkeit und Sympathie schildert, erwirbt er da-, tictiihl der
Verschiedenheit der Länder und wird so ganz unwillkürlich (ieographie
treiben. Hierin berühren sich bei Beclus die moralische Besorgnis und die
wiflsenaehafUiche Genauigkeit, und das eben madit vor allem die Gedaak«i-
«inheit dieser 19 großen B&nde aus.
Dieser Fondamentalbegrifl^ empfoagen in einer gans nach dem Evangelium
lebenden Familie, ist nnwidersprechlich christlich in seiner Genesis, gerade
1) Einzelheiten hierflber bietet der schöne Artikel von F. Schräder, „Elisee
Reclns", in: .,La Geographie". 15. Aug. 1905. S. 81—86. Femer Porena in: „Hol.
della Soc. Africana d'Italia". XXIV. 1906. faec. VII.
0«ognphlw1w ZaIlNkrifi Ii. Jahrgang. IMM. I.H«ft 6
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Pftul Oizardin and Jean Brunhea:
wie der Begriff von der Menschheit als Ganzem, aufgefaßt in ihrer historischen
Entwifiklnng und jetzigen Yerhreitmig. Vom gleichen ehristlichen Geilt
dnrehdmngen ist auch seine KollektiTsympathie, diese Caritas gmeris human^
die ihn in seinem letzten Werke ansrofen ließ: „Überall habe ich mich ra
Hanse geflihlt, in meiner Heimat, bei Mensehen, meinen nrfldeni. Ich glaube
nidit, daß ich mich je von einem Gedanken habe hinrnßen lassen, welcher
nicht der der Sympathie und Ehrerbietong fttr alle Bewohner des großen
Vaterlandes gewesen wäre."
Andererseits, und gerade durch seinen auf die Spitze getriebenen Altruis-
mus, sollte er prfahren, vvif stark der Antagonismus ist, der zwischen seiner
Auffassung der >ren>ehhpit, als Ziel und Gesamtheit betrachtet, und unserra
Stand der Zivilisation herrscht, wo die Ausbeutunt,' und das Aussterben der
sogenaniittn „minderwertigen" Kassen von d<'n ..starken Viilkern" als Aus-
breitungsbedingung der „privilegierten Hassen" angesehen wird. Daraus ent-
stand der erste Konflikt und die erste Empörung, und von sämtlichen Pro-
testatioaen gegen die sosiale Ordnung ist die sa gnnsten der Sehwanen, Gelben
nnd Bothftute, die man namens einer hohem Zivilisation niedermacht, depor-
tiert und Terkanft, die beredteste und beihairliohste. Man lese nur in JLes
Piimitifii** Ton Elie Beclus den Bericht über alle die Qrausamkeiteny
die die Weißen an den Eingebomen Anstmliens oder an den Indianern
Amerikas Terfiben, und man wird dieselbe Geistesrichtung entdecken, ein Be-
weis dafür, daß wir es hier mit den „Grundpfeilern" seines Wirkens zu tun
haben, und daß es die Familieneinflüsse sind, die die Gefühle des großen
französischen Geographen geformt und die Eingebung seiner Ideen Torbereitei
haben.')
Ist es nicht gestattet, noch weiter zu gehen un«! in dieser Abstammung
die Erklärung für gewisse Vorlieben nnd Abneigungen zu suchen V Sollten wir
im Werke des Sohnes nicht« von dem my.stischen Ideal des Vaters antreffen,
des Mannes, der im XIX. Jahrhundert das Leben eines „Hirten in der Wüste**
zur Zeit der Verfolgung Tarwirklicheii wollte? Auch Elis^ hatte wie der
Hirte sein auserwBhltes Volk, die Waldenser, diese „Israeliten der Alpen'',
die im Mittelalter durch ihre Hisston und ihren Anssug ein zweites Mal die
Gestalt des jüdischen Volkes erneuerten. So oft der Geograph in seinen
Werken auf dieses heroisohe kleine V91kchen stOBt, verweilt er bei ihm mit
einem gewissen Wohlgefallen. Nqr zwei Beispiele unter vielen andern. Durch
eine Wallfahrt in die Vallouise, ein verlorenes Tal im Brian^onnais, die den
vertriebenen Waidensem als Zufluchtsort gedient hatte, begann gleich nach
seiner im Jahre 1857 erfolgten Rückkehr nach Frankreich .seine in Gemein-
schaft mit Adolf Joanne unternommenen Exkursionen. In einer seiner letzten
Schriften, „Supplement au Dictionnaire de la France", widmet Joanne eine
der das Paßsystem der Alpen erklärenden Skizzen der „glorreichen Rückkehr**
der Waldenser in ihr Land.
1) Bei einem andern Bruder Elist'es, OneBime, dessen geographische Werke
bekannt sind und dessen Ideen in so mancher Hinsicht von denen seines Bruders
abwrtelMii, finden wir dieselbe Chrundstimmnng einer flBuigen Begeislenuig.
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Elii^e Reelvi* Leben und Wirken (1M0~1906).
67
Dies die Herkunft Elisee Reelus' und einer der Umstände, der seine
Geistesrichtung unzweifelhaft stark beeinflußt bat.
n.
Durch weichet ZnsammeBtreffeii Tön EiBflflssen gelangte nun dieser nn«
mhige Geist snr Geographie? Die Vorlesungen Karl Bitters an der Uni-
Tenitftt Berlin (1851) entschieden diesen Bemf, der sich selbst verlengoete.
Wenn aneh die „Geographie üniTerseUe**, als Tatsachensammlnng betitMihtet,
«ne Fnu^t langer Bdtm nnd einer stannenswerten Belesenheit ist, so
bildet doch die geographische Philosophie Bitfcers das Wesen der geogra-
phischen Tdeen Heclus', und Bitter sog von Tomherein die Leitlinien des
nikünftigon Werkes. Seine Ideen dienten den zahlreichen kleinen populären
Abhandlungen als Bindeglied, der „Geofrraphie Universelle*' als Vorrode,
seinem gesamten Wirken als Methode, Ideen, die sich im Laufe einer mclir
als ein halbes Jahrhundert umfassenden Schaffen.s/eit im großen und ganzen
nur wenig veränderten. Gleich anfangs war der in die Betrachtung der
äußern Gestaltung ganz vertiefte Schüler wie sein Lehrer betroffen von der
im Universum herrschenden Ordnung, wie sie sich durch eine Beihe von
nSjnunetrien", „Kontrasten** nnd iiHamumien** knndtnt: der Harmonie der
koDtinentalen Formen, der Symmetrie der Lftnder entspricht die der Meere;
die grofie Wasserhemisphftre bildet nach demselben Gesetz, das die Fest-
linder in drei Linderpaare gerteilt hat, eine Art Weltmeerpaar, und es gäbe
danach drei Doppeloseane ; die nördliche nnd sfldliche Polarregion weist
ebenfalls ein Beispiel von Gleichgewidit zwischen Land nnd Wasser anf^ nnd
Tieclus ahnt hier, den Forschungsresultaten Nansens, Drjgalskis u. a. voraus-
eilend, daß sich um den Nordpol eine Meeressenkung ausdehnt, während eine
Landkalotte den Südpol besetzt hält. Und doch ist diese rein äußerliche
Symmetrie der Erdmassen von geringer Bedeutung im Vergleich zu der tiefen
Harmonie, die als Folge der Abwechslung der Winde, Strfimungen und Klimate
erschf'int; ,,auch ist die wahre Schönheit der Erde nicht in den verschiedenen
Teilen der Erdkugel, wohl aber in deren Einwirkung auf einandt-r zu suchen".
Hierin erkennt man ohne Schwierigkeit die Lieblingsideeu Kitters und seiner
Sdiide, nnd diese selben Symmetrien und Harmonien finden wir in den „Homo-
logien" Pescheis wieder.
Was aber Becins nnter „Erdharmonien", „Erdschffnheit'* Tersteht, ist
unter anderem Namen die Zwedmiftfiigkeitslehre, die er in glänzenden Seiten
entwickelt, die ohne Zweifel Leibnis anerkannt, die sicherlich Bastiat
aicht verleugnet bitte. Der groBe Anarohist denkt und urteilt ganz wie der
große liberale Nationalökonom, und nichts ist logischer; denn beim einen
wie beim andern ist es ein entferntes £cho dieses optimistischen Vertrauens
in die Natur Jean-Jacques Rousseaus. Dieser optimistischen Auffassung des
Erltran/on entlehnt Elisee Reclus die Definition der Geographie selbst: „Die
physische Geographie ist weiter nichts Anderes nls das Studium dieser Erd-
harinonien. Sich mit den hühern Harmonien zu befassen, d. h. mit denon,
die aus den Beziehimgen der Menschheit mit dem Planeten als deren Schuu-
plst» entstehen, bleibt der Geschichte vorbehalten."
6*
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68
Paul Oirftrdin und Jean Brnnhes:
Wolcht^ Stelle kommt dem ^ft'nschen in der Symmetrie der iliißeni For-
men, in dit'st r Hierarchie der lebenden Furme]i zu? Seine Kulle, seine Be-
stimmung ist, „das Gewissen der Erde zu werden'', und gerade dadurch liidt
er eine Verantwortlichkeit für die Harmonie und die bcautc de la tiature
environnanie auf sich. AUe YoUnrndit ist ilim TsrUehen, die Gegend, die er
bewohnt, nach seinem Gutdfinken zu fonnen. Sein tfttiges Eingreifen, das
sich so machtvoll kundtut in der Trockenlegung der Sttmpfe und Seen, im
Hinwegsohaffen der die versehiedenen Lftnder trennenden Hindernisse, ist Ton
einsehneidender Bedeutung fllr die ftufieren Umgestaltungen dse Planeten.
Aber nicht nur verschönern, auch verunstalten kann der Mensch die Erde;
i< n;i< h dem sozialen Stande und den Sitten eines Volkes trägt seine TEtig-
keit dazu bei, die Natur an Schönheit gewinnen oder verlieren zu lassen.
Darin liegt das Prinzip eines zweiten Konfliktes zwischen der Erde und
dem Menschen, insoweit er sich in dem jetzigen Typus der Zivilisation ver-
körpert, und dies ist die zweite Anschuldigung Reclus" g»'gen die Zivili-
sation. Dt-r Mensch plündert die Erde als wahrer Bsirhar, treibt Haubwirt-
schäft, und die Kidohei Hiiclie weist ungezählte Beispiele solch schonungsloser
Verwüstung aut. Au vielen Orten hat der Mensch seine Heimat in eine
Wflste verwandelt, und das Gras gedeiht nicht mehr dort, wohin er den Fuß
gesetzt hat. Aber die miBhandelte Natur rieht sich und „sn den ünadwn,
die in der Oesehiohte der Menschheit schon so viele auf einander folgende
Zivilisationen vernichtet haben, müBte man in erster Linie die BQeksichts-
losigkeit sShlen, mit der die Mehrxahl der Volker ihre allgemeine Nihnnutter
miflhandelten**. Indem nun Eeclus diese Erwägungen auf den Niedergang
Spaniens anwendet, zeigt er, wie viel gewisse historische Fragen gewinnen
würden, wenn man sie vom geographischen Standpunkt aus behandelte.
Einige Historiker hal-eii die rrsaehc dieses Sinkens der Nation in der Auf-
findung der (loldgrnhrn Amerikas gesucht, andere in der von der Inquisi-
tion organisierten religiösen Sehreckensherrschaft, in der Vertreilning der Juden
und Mauren, in den blutigen Autodafes der Ketzer, ohne zu bedenken, daÜ
der wutartigo Eifer, mit dem die Spanier die Bäume aus bloßer Angst vor
den Vögeln niederhackt^n, nicht zuletzt mit schuld an diesem Verfall ist.
„Die gelbe, steinige nackte Erde gewährt jetzt einen widerwärtigen, entsetz-
lichen Anblick, der Boden ist veraimt, die Bevölkerung, die swei Jahrhunderte
hindurch in steter Abnahme begriffen war, ist teilweise in die Barbarei zurOck-
gesunken. Die klein«i VOgelein haben sich gertcht."')
MuB man also an der Zukunft der Erde venweifelnf Soll der „harte
Landmann** nur an ihrer Verh&ßlichung aibeiten? Soll man mit den Maoris
ausrufen: „Die Ratte des Weißen wird unsere Ratte, seine Mücke unsre ver-
treiben, sein Klee wird unsere Fanikrftuter und der WciÜe sell)st den Mnori
töten"? Ganz und gar nicht, denn eine echte Zweckmüßigkeitslehre bleibt
optimistisch trotz aller Greuel, die der Mensch an der Natur verübt. Daher
stellt auch der Geograph dem \Hrzweif lungsruf Michelets in „La Mon-
tagne'': „Die Gemeinheit wird siegen einen optimistischen Ausruf gegen-
1) „La Terre". U. S. 748.
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Elisäe Beda«* Leben und Wirken <18S0— 1905).
69
über, 1»eteuert. seine Hoffnung auf die Zukunft des soiner Kolle zurück-
pegplienen Mfiisclifn : ,,Nein, das Idoal wird den Bieg erringen I Solange dieses
Ideal weiter nichts sein wird nls die rrbarniachung des Bodens, wird ihm
wohl alles geopfert werden; w^nn sich aber einmal der Ackerbau befreit
von dieser Angst vor der Not, sich ganz der Artenverilnderung wird zuwenden
können, wird es ihm zweifellos gelingen, die Pflanzenwelt nach seinen Wün-
teben nrnzugestalten."')
m.
Nachdem wir versucht haben zu scheiden, was in diesem \\ irkeu von
Jean Reclus stammt, und was auf Karl Ritter zurückgeht, müssen wir die
Lebensgeschichte wieder «ifiiehmen. Klis^, der an der repnblikaniaehen
Bewegung des Jahres 1848 Anteil genommen, kehrte gerade znr Zeit des
Staatsstreichs des 2. Bmembers nadi Paris zurück; er verlieB sogleich Frank-
reidi nnd ließ sich nach einander in England, Lrlaad, in den Vmnigten
Staaten, in Mittel-Amerika, in NeorGranada nieder — ahmte er hierin nicht
abdditlich Humboldts Beispiel nachl — überall die vielgestaltigen Erschei-
nungsformen des Planeten in sich aufnelimend, seinen Sinn für Lokalftlrbung
in der Berührung mit der Natur schürfend und seine Schildcniiiir^j^abe, die
ihn im ersten Anlauf an die Spitze der Schriftsteller setzt»*, und die immer
die Stütze seines Talentes blieb, stets ven'oUkomniend. ' lioichzcif ijr machte
er sich mit der Sprache, Literatur und den Schriften de^ Auslandes vertraut,
verkehrte mit einer groUen Anzahl wissensrhaftlich gebildet« r wie ])olitischcr
Persönlichkeiteu, deren Korrespondenz und ..liandscliriftliche Autzeichnungen"
in seinen Werken einen so breiten Kaum Üudeu sollten, und dies alles zu
einer Zeit, wo die geographische Literatur noch so arm war nnd sich Ton
einem Land znm andern versteckte. Was den Wert des BoBland und Sibirien
gewidmeten Bandes ausmacht, ist die schwere Menge nngedmckter Berichte,
die der Verfasser persönlichen Besiehnngen mit russischen Agitatoren ver-
dankte. ünd wenn vielleicht kein Band den über die Yereirngten Staaten
sa Weit ftberragt, so hat dies seinen Grund darin, daß man vom Anfang
bis sum Ende unter dem angenehmen Eindruck steht, daß der Verfasser aus
eigener Anschauung schildert und als xmTerbesserlichor Freiheitsschwärmer
ein wahres Vergnügen bei der Beschreibung eines freien Landes empfindet.
Reclus brachte von seinen überseeischon Keiscn mehr als bloß Skizzen und
IVojektc zuriu'k, es erwuchs daraus sein erstes Uuch: »Vojage a la Sierra
Nevada de Sainte Martlie".
Nach Paris (18<)"Jl zurückgekehrt, verband er sich mit Edouard Char-
ton, der ihm den „Tour du Monde" eröffnete, und mit Adolphe Joanne,
der sone liinirairta Fraakreklis durdi eine Reihe Belsen vorbereitete, an
denen Redus *i>iitiitbin. Sr verliebte sich nach und nach ganz in das Hoch-
gebiige und vervollstSadigte seine Untersnchnngen Aber die Dauphineer und
Bavoyer Alpen — wo er als VorlSufer die Englftnder hatte — wie der
Pyrenäen — WO er dw Nachfolger Bamonds und der Vorlftufer Schraden
war/) Er war Mitaibeiter bei mehreren Itmiraifes Joannes, von denen
1) „La Terre". II. S. 741.
S) Siehe Henri Beraldi: „Cent ans aus Pjn^n^». 7 Bde. Paiis, 1898—1904.
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Panl Girardin und Jean Brnnhes:
einige durc-h ihre Genauigkeit und ihren geographischen Charakter kleine
Meisterwerke sind^): Alprs frainni'fe.'i , Jura, Pyn'nt'ei^ Vil{<\< d'hirn- de In
Mi'(litc) i iuti'e rt ih < Al/ics Mdrilimes . Gniilc (},• I oridro^, wt-li hfr eine der
besten Intersuchiiugcn üIht das Armenwesen t-ntliiilt, die bis jetzt ersehieneu
sind. Durch seine Abhandliuig«>n von edler Allgeraeiiiverstiindliclikeit in der
Art von Viollet-le-Duc bereitete er sich auf seine Kolle als Wiederbeleber
der Geographie in Frankreich vor. So erschienen: „Histoire d'une montagne'',
„Histoire d'un roisaeau", „La Terra" (2 Binde). Für den ZKefioiiitatre
ffraphique de la France von Joanne schrieb er eine meisterhafte Einleitung,
die Stoff fOr awei OktaYbftnde liefern würde; endlich führte er sich dnrch
seine Artikel in der „Revue des Deux Mondes*' beim großen Publikom als
Schriftsteller ein, insbesondere durch die Uber den amerikanisehen Sezessions-
krieg, die bewiesen, daß selbst die Kriegskunst keine Geheimnisse für ihn liatte.
Nicht genug erkannt hat man den bedeutenden Raum, <len er der Kriegs«
geschickte in seiner Geographie zuweist, namentlich in der der außereuropäischen
Lander, deren Grscliichte wenig bekannt ist, wie z. Ii, die Südamerikas, und die
eine Krinnerung seiner in dieser Zeit erfolgten Ausbildung als War Coirc-
Sjiondv)»' ist.-)
Von lH7n, ja bereits von iHltf) an, nahm das Seliieksal Iteilus', das
sich bis dahin von dem der „Liberalen'' unter dem Kaiserreiche nicht unter-
schieden hatte, zwei Gestalten an, je nachdem man dem Geographen oder
dem Politiker nachgeht Nidit etwa als ob in ihm swei Menschen vorhanden
gewesen wSren; immer wnßte er swischen dem Manne der Tat und dem der
Wissenschaft das Gleichgewicht, ja fast einen modus vivendi» zu erhalten. Wir
werden noch su untersuchen haben, inwiefern die Ansichten des letzteren die
des ersteren beeinflufiten. Obwohl seit 1866 der „Intemationalen" angeschlossen,
erfüllte er 1870 auf den W&llen von Paris als einfacher Naüonalgardist seine
Pflicht; am 18. März 1871 beteiligte er üch an der Commune, wurde auf
dem Plateau von Chatillon gefangen genommen und zur Deportation ver-
urteilt, eine Strafe, die Thiers (Januar 1872) auf das eindringliche Bitten
einiger der triiißten (ielehrteii Europas in die der Landesverweisung niildei-te.
Er lieLS sii'h nun in der Schweiz nieder, zuerst in Lugano, dann in Vevey
und Genf, wo er sich Tnit den IIä\Ji»tern des russischen Nihilismus, den Prinzen
Kropotkin und Bakunin verband, und kehrte trotz seiner Begnadigung im
Jahre 1879 doch nicht nach Frankreich zurück. Er wurde eben nicht müde,
immer wieder die „Schönheit der Berge** aller dieser Ufer der Schweizer
Seen zu bewundem, die seinen Geist stets bezauberten, und die er gleich
den alten Völkern anzubeten geneigt war. Man mOge in Lee ConUnenta
1) Ist es bekannt, daß Joanne für seinen lUniraire der Auvergne die Manu-
skripte des Jean de la Roche und des Marquis de Villemer benutate, die ihm
George Sund mitteilte?
2) Über die Heziehiuigeu des .lounialidmue, des „Journalisnui? hoher Informa-
tion'* zur Laufbahn einiger der größten Geographen des XIX. Jahrhunderts er-
lauben wir uns zu verweisen auf Jean Brnnhes: „InsÜtuts g^ographiques et
Cbambres de commerce en AUcmagne" „IJevue internationale de TeneeignemeDt
■uperieur". 15.1. 1901. S. 81—89) und „Friedrich ttatzel" („La Geographie". lö.Mil. Iü04>,
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Elia^e Reelns* Laben and Wirken (1880—1906).
71
(8. 154 ff.) d'u' tiofempfundonen Seiten lesen, die er der Sohdnhnt der
Beige widmet, „der Freude, die man empfindet die Bergesspitzen zu erklimmen,
wo man bei der Berührung des Bodens den (Jebrauch seiner Glieder und
seiner Froilieit wieder gewinnt," und man wird die Gründe hegreifen, die ihn
i]\c<vn Aufenthalt wälden ließen, wie die Art (lebirgsreligion, die er mit
Michelet teilte: ..Vcvey, Luzern, Interlaken sind ebenso viele heilige Städte,
wohin alle Naturverelirer pilgern."
Im Jahre 1892 ließ sich Reclus in Briissel nieder, einem Rufe der
dortigen „Freien UniverarttV folgend, die ihm die Lebrkuizel fBr verblei-
eilende Geographie anbot; 1894 beteiligte er sich durch Wort und Tat eifrigst
an der Grflndiing der „Neuen Uniyenitlt^. In die Jahre 1866 — 1894 f&llt
rajl^di mit der mfrigsten politiadhen und sosialen Agitation die Hauptperiode
seiner wissenschaftlichen Produktion.
In den Jahren 1866 — 67 erschienen die beiden Binde von ,Jia Terre",
denen das neue Ansehen, das die physische Geographie genießt, zuzusehrei-
bm ist und in denen der Hinfloß Ritters, wie bereits erwähnt, be- '
sonders vorherrscht. In diesem die Entwicklung der Erde darstellenden Go-
mSlde be.x-liilftigt sich Reclus vorzüglich mit der oberflächlichen und
iuüeren Gestaltung der Erdkugel, während er die innere Struktur über^feht;
Fonn und Umrisse der Erdoberiiüclie nehmen mehr Kaum ein als der Boden
und die Bodenarten, eine Lücke, die um so begreiflicher erscheint, wenn man
erwägt, daß die Geologie damals noch lange nicht das war, was sie heute
ist. Das Buch zeichnete sich aber durch seine durchsichtige Klarheit, die
Neuheit der .A/xr^ti«, die Poesie der Schilderungen, eine der wissensohafb-
liehen Genauigkeit keineswegs Ablnroch tuende B^eistening so sehr aus,
daft es im ersten Anlauf die gebildete Welt eroberte und seinem Verfasser den
Rohm des Begründers einer neuen Wissenschaft eintrug. Es erschien wie «in
anderer diaeours de la mähode der Geographie. Gleichseitig mit der Erhebung
zur Wissenschaft gewann die Geographie das Heimatsrecht beim großen
Publikum. Andererseits waren von nun an Rahmen und Form der gen^^raphi-
schen W.-rke bestimmt, während bis dahin die geographischen Lehrbücher, von
denen die Bai bis am höchsten geschätzt wurden, ohne sich entscheiden zu
könn**ii zwischen den Typen Reisebuch, Führer, Wcirterbuch \md Atlas hin-
und lit-rsi hwankten. Reclus war genau wie vni Joanne und Dichter wie
ein Mulielet. ^fan übertreibt nicht, wenn man die Bedeutung dieser beiden
Bände betont; waren sie doch in Frankreich wie im Ausland eine wahre
Offenbarung einer echten allgemeinen, vergleichenden Geographie. Einer der
Terfiuser erinuMi sich, von einem so hervorragenden Gelehrten wie Albreoht
Penck gehört an haben, daB er beim Lesen dieses Bedus'sdhen Werkes eine
seiner sttrksten, fhichtbarsten und entscheidendsten Eingebungen empfand.
Ein französischer Gelehrter, Emmanuel de Margerie, gleich bekannt als
Geolog und Geognph, nimmt keinen Anstand au bekennen, wie viel er dem
geistigen Verkehr mit Elis^ Reclus und besonders dem Studium von „La Terre*'
verdankt.
I>er (leograph Reclus sehwieg sieben Jahre lang, dann ließ er zwi-
schen 1875 und 1893 die 19 Bände der „NonveUe Geographie Universelle"
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PauI Gixardin und Jean Brnnhes:
erschein»'!!. „Neu" war sie in der Tat durch den <ieist, der sie durchdrang,
wie durch die Methode, deren Erklärung er eingangs des Bandes J.a Fnince
zu gehen tilr angezeigt hielt, und wo er mit aHcm, was vorausgegangen,
tabula n(sa machte: „Die kouveutionelle Geographie, die in der Angabe der
geographisohen Lftnge und Brnte, in der Aafitidnng der 8t&dte und Dörfer,
der politisclien nnd administrativen Einteilung besteht, wird in dieser Arbeit
eine nur untergeordnete Stellung einnehmen; die Atlanten, Wörterbücher und
offiziellen Dokumente geben Aber diesen Teil der geographisdien Wissenschaften
alle wünsdienswerten Auskfinfke.** F. Schräder nannte sie mit Becht ein
„Gemälde der Erde", zwai nicht mehr des Lehens und der Entwicklung des
Planeten, aber so wie sich die Menschheit seiner bemächtigt und die Teilung
vorgenommen hat. In dem so erweiterten Rahmen von La Tcnr hat Heclus
dem physischen Milieu das luithropologische gcgenühergestellt, Einteilungen
be.stininit, die man Nationen nennt, — (iruppit-rungen, die Völker heißen,
— Ivrystallisations/.eutren, die Städte sind, — und dem (ianzen eine Be-
wegung mitgeteilt, die Geschichte genannt wird. So hatte der Menschen-
freund auf seinem Wege die Haupteigenschatt des Geographen wieder-
gefunden, „den Sinn für die Yielgestaltigkeit und das Vennögen die Mensehen,
Orte und Landschafken im Ausdrucke von einander zu unterscheiden; aus
lauter Gereohtigkeatsliebe und Sjmpathie für die Menschen entdeckt er in
jedem Bruchteil des Planeten und der Menschheit besondere Zflge, die sie
charakterisieren'*. Überall weht „ein Liebeshauch fttr die Erde und ihre
Söhne".»)
Genfigend betont wurden die Verdienste Keclu>', der Takt, mit dem er
die goldene Mittelstraße einzuhalten wußte, sorgfältigst jedes tbermaß in der
Beschrciltuiig wie in der Aufzeichnung vermeidend, womit er seinen vor-
gezoiclinrtrn Kähmen verlassen hätte. Das, was Heclus hietct, sind keine
Reiseeiudriicke n la Loti, ktin kritiMlns Werk nach dem Muster Taines,
wo der Beweisapparat den Gang der Er/-ahluug henuut und den Zusanunen-
bang zerreißt Stets blieb er eben seinem Kunstideale treu: er wußte, daß
die gut geschriebenen Bflcher allein den Nachkommen Aberliefert werden, wie
sie auch die einzigen sind, die dem Verstauben in den Bibliotheken ent-
gehen. Nun war aber für Beclns die NouveUe GtograpMe Universdie gerade
wie seine polemischen Werke ein Propaganda-Mittel, ein Werkzeug der Be*
kehrung. Aber nicht bloß den engen Kreis der Geographen, den ganzen
öffentlichen Geist wollte er bekehren, denn diesen fdr die Geographie ge-
winnen, bedeutete für ihn so viel, wie ihn für die Schönheit der Erde be-
kehren, ihm als Beispiel die Natur gf^b^n als die einzige Welt, wo Sein Ideal
einer universellen Harmonie verwirklicht wäre.
Hinter dem Mangel an Belegen verbargen sich die ausgrdeimtfsten
Kenntnisse. Dieser Schriftsteller, dieser Dichter hatte alles gesehen, alles
gelesen, alles selbst empfunden, und indem mau Zeile für Zeile liest, wird
man mit Stannen finden, daß ihm kein Beweisstack, kein technischer Beridit,
keine wenn auch noch so geringfügige Schrift entgangen ist. Dort, wo er
1) F. Schräder. Eliste Bedus. a. a. O. S. 85.
Elii^e Reclns* Leben und Wirken (1880—1905).
73
uehts Gedracktes vorfiuid, durchlief er die .,huudschriftlich(>n Notizea"^ Uefi
sich von HeiseDden und Flüchtlingen belohieu. Trot/drin iriht er spine
Quellen nur seiton an. sr-ine Angaben sin<l •ipilvlicli, s<'hr kurz, oft unzureichend.
Aber nicht allein um sein Wissen zu verbergen, empfindet r-r gleichsam eine
gewisse Scham, oder aus Furcht, seine Leser durch einen reidiliclien Fuß-
noten-Apparat zu erschrecken . , . nein: diese Spiirlichkeit der Quellenangaben
ist eine folgerichtige Durchführung seiner kommunistischen Ideen; die Wissen-
schaft und alles, was Wissenschaft ist, und jedes vom Menschen entdeckte
Wahrheitsteilchen darf nicht dem elenden Gesetz der persönliche Aneignung
unterworfiBn werden; alles gehOrt allen, alles, was gedrackt nnd fürs Publiknm
vtrGflfentUcht worden, ist eben dadnroh allgemeines Eigentum geworden,
und wenn man es auch vom wissenschaftlichen Standpunkt ans bedauern
0100, daß er nicht hegriflf, von welch großem Werte för den Leser, Forscher
ond Kritiker genaue Angaben der benutziou Qutdlen sind, so kann man doch
tBe soziale Idee, die ihn daltei leitete, nur bewundern; er blieb mit sich
selbst logisch bis zum Ende, und wir lialtcn ihn ollen behaupten hören, daß
jedermann das Kccht habe, ihn nach Belieben zu plündern, ohne ihn anzu-
führen: gar niam lier, der die kommunistischen Ideen Reclus' nicht teilte, hat
iiiuj gegenüber von dem zugestandenen Rechte den vollsten Gebi-uuch gemacht!
Mnfite disae Methode der geistigen Ofitergemeinschaft besonders die
BibUographen entsetzen, so war seine ganz materielle Auffiftssnng der BOoher
nnd vor allem der Zeitschriften danaeh angetan, die Bflcherfreunde zu er-
sdirecken. Wir hatten Gelegenheit, ihn im geographischen Institnt sa Brfissel
zu beobachten, wie er, ganz in das „Sezieren" vertieft, viele Zeitschriften,
die er erhielt, in Stücke zerschnitt, jedes Stück, d. h. jeden Artikel, nach dem
behandelten Oegeostande einordnete. Übrigens legte er dabei eine Einfalt
an den Tag, die eine Art Ehi-funht einflößte: er empfing, las und ordnete
alles ein und kt>nnte gar nicht begreifen, daß andere nicht ebenso aufrichtig
nnd gewissenhaft wären, wie er selbst, und bereichert«' seine geographische
Mappe über Korea. Tibet, Armenien mit allen Artikeln, die auch nur in
etwas die Bevrdktrung dieser Länder berührten oder in den unbedeutendsten
frdkeitscb Wärmerischen oder revolutionären Zeitschriften erschienen.
Beclus setzte sich überall und in allem nicht nur Aber jedes geschriebene,
ja selbst aber jedes gebrftnohliche Recht hinweg! Er lebte ohne jedes Vor-
urteil, ohne irgend welche Voreingenommenheil In aller Aufrichtigkeit, ja,
man mOchte fast sagen in tatsftdilicher und sdiönw Naivetftt, war er un-
abhängig, und dieser Pastorssohn gelangte zur Anarchie als einfachem und
logischem Endpunkt »les sogenannten libre rxamrn.
Dieser Schriftsteller, dieser Künstler, dieser Aiiostel war stets ein biederer,
genauer ('Jelehrter. Niemand dachte weniger als er daran, sieh seiner TTn-
parteilichkeit /.u rühmen, und doch nahm es niemand genauer damit. Nicht
w^'nitj erstaunt man beim Lesen seiner Schriften, darin auch nicht eine Sjjur
dieses so reichbewegten Lebens zu linden; seine l'rosa tließt klar und lauter
d*Un, ohne Stillstand, ohne Überstürzung, gleich einem großen gereiften
Strome. Wenn wir in seinem Wirken einige Naehkttnge seiner in mystischer
Vitte empfangenen Erziehung oder einige Episoden seiner geistigen Bildung
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74
Paul Girardin und Jean Brnnhes;
finden zu können glaubten, so würde man darin doch vergebens einen Wider-
hall sciiios stürmisnheu Lebens suchen. Sein Werk trügt so recht einen durch
und durch objcktivt-n Cliarakter. Heclus geh<"»rte ehen zu jenen, die jeder-
mann (Jerectitigkeit wldertalireu lassen und l»ei denen die Sympathie die
Leidensrhiift übertfint. Einen Beweis dalür liefern beispielsweise die an-
erkennenden Worte, die er für den spanischen Charakter, für das Wirken
dor Jesuiten in Paraguay gefimd«ii hat; dieselbe Sympathie ließ ihn auch
die Vonfige des cliinesisdien Yolkscharakters, wie die Zukunft, die der gelben
Basse beschieden, erraten, wfthrend er vom lÜtleid ergriffen wurde über
das Geschick der so sanftra polynesischen Bevölkerung, deren Schicksal es
zu sein scheint, T<nr den Weißoi su Tersohwiaden, und von denen er gerade
so spricht wie Loti. Andererseits war sein Gefühl fÖr Geschichte, die nach
seiner Idee nur eins mit der Geographie sein sollte, zu sehr entwickelt, daß
er nicht mit Billigkeit der religiösen und politischen Formen der Vergangen-
heit 1,'edacht hiitte, die seinem I<lea]e nicht mehr entsprachen, gerade wie der
jetzigen sozialen Formen, die sich mit unserer Zivilisation nicht mehr ver-
tragen.
Von dieser weithentigen Auffassung der Holle eines jeden, von diesem
anhaltenden, für ihn sehr leichten Bemühen, parteilos /u bleiben, von diesem
freien' Wunsche, alles ohne üngweditigkeit und Engherzigkeit zu beur-
teilen, und gleichzeitig von dieser warmen Aufrichtigkeit, die weder die Vor>
liebe noch die Rührung ausschloB, mOchten wir unsem deutschen Lesern zum
Beweis ein Beispiel anfahren: es sollen ganz ein&ch die ersten drei voll-
ständigen und wortgetreuen Seiten des Frankreich gewidmeten Bandes in der
Nouielle Gi'ographle Ufnvrrsflh' sein. Man möge sich erinnern, daB sie vor
22 Jahren, 18B8, bloß l'^ Jahre nach dem Kriege geschrieben wurden, und
man wird darin die ruhige Beherrschung der verschiedensten Gefühle be-
wundern müssen.
„Frankreich nimmt unter den Ländern der Erde, die eine eigene Zivili-
sationsentwicklung aufweisen, nach seiner Ausdehnung eine mittlere Stel-
lung ein. Es isf weitaus kleiner als China, Hindustan und verschiedene
neugegründete äiaatcn, wie Rußland, Brasilien, die Republik der Vereinigten
Staaten, nimmt aber eine bedeutendere FlSche ein als manches Gelnet, dessen
Bevölkerung dennoch einen ansehnlichen Einflufi auf die ge.schichtlichen Be-
gebenheiten hatte oder noch hat, wie Griechenland, Portugal, die Schweiz, selbst
England. Obwohl es kaum mehr als ein Tausendstel der Erdoborfliche und
den swtthundertfBnfundfünfzigsten Teil der emporgetauchten Fliehe ttnmmmt,
zählt < s doi h. der numerischen Stärke >einer Bevölkerung nach — denn mehr
als ein Vier/igstel aller .Menschen bewohnt diesen kleinen Fleck Erde — zu
den wichtigsten Gebieten des Frdganzen.
Seine Bewohner sitzen jeiloch nicht so dichtgedrängt bei einander wie in
den Tiilorn des (Janges, Yang-tse. Iluaug-hu oder in Nord-It^ilien, Sachsen,
Belgien und < iroüliritannien. Auch durch seine relative Hevölkerungsdichte
nimmt Fratikreii Ii eine Mittelstellung unter den zivilisierten Staaten ein.
Ordnet man aber die Nationen nach dem Werte der Rolle, die sie in der
Geschichte gespi dt, so werden wir zugeben, daB der kleine Erdenfleck, der
Blitze Reelns* Leben und Wirken (1880—1906). 75
sich zwiscbcn <len Alpen von Nizza und dem Meere der Bretagne, zwischen
den Pyrenäen und den Vogesen erstreckt, zu den Gebieten gehört, wo sich die
größte Anzahl der für die Geschicke der Menschheit besonders bedeutungs-
vollen Er-'ii?nisse abgespielt hat.
Es wäre ohne Zweifel rherln'bniifr, wfillte mau ttir Frankreich nach einer
veraltt'tcn Redensart eine Art moralisuiitir Hegemonie beanspruchen. Nach den
großen ^iiederlagen, als sich jeder Ehrgeiz einer materiellen Oberherrschaft
•Is trttgeriseh «rwiesen hatte, fixierte ein Dichter Frankreich noch inunor als
die Königin der Welt, und die Nation wied^holte diese OesEnge, um sich
Aber die HiBerfolge xa trSsten. Das war einfach eine Schwachheit: man muß
sein IGfigescbick za ertragen wissen und sieh nicht der bittem Besoh&mong
tnssetxen, die das Schicksal über den Hochmut TerlAngt. Seit An&ng des
Jshrfannderts ist Frankreich in der Geistesarbeit wii' in den Friedenswerken,
ohne von dem blutigen Spiele des Krieges r.n sprechen, von seinen Rivalen
in Europa eingeholt worden. Man müßte es also tadeln, wollte es den Namen
grniide nafion^ der ihm ehemals zugestanden wurde, für sich allein in An-
spruch nehmen. Aber welches Volk hiltte nicht durch die Stimme seiner
Sclirifi>t^ll('r, Redner, Staatsmiluner und oft auch des gesamten Volkes
seiue vermeintlichen Rechte auf eine Obtiherrschaft angesprochen? Da.s „alte
England'', das „große Deutschland" behaupten gleichfalls, an der Spitze der
Nationen zu stehen; das „heilige BnBlaod'*, obwohl erst spSt in das Zivili-
aationskonzert eingetreten, und weil es allein mehr als ein Viertel der alten
Welt besetzt hSlt, glaubt auf ein der Ausdehnnng seines Gebietes entsprechen-
des Geschick Anspmdi erheben zn dfirfen; Italien, das kaum begonnen, sich
am polittschen Leben zu beteiligen, strebt nach dem primato und nennt
sich die Erbin der „ewigen Stadt", während da-; ..juiif^'e Amerika" jenseits
des Heeres seinem Laufe nach Westen, dem Etoih de V Empire folgend
vermeint, die „Musterrepublik" gegründet zu haben und die oixAt* icänUi des
penples zu tragen.
Aus allen diesen Ansprücht-n geht eine Li lire hervor. Die Zivilisatiuus-
welt hat ihre Grenzen weiter gezogen und die Initiativb»;\vt'^nin<.'eu geben
gleichzeitig von fleu verschiedensten Gegendon aus. Frankreich hat an dieser
ellgemeinen Arbeit gewiß einen ganz bedeutenden Anteil, trotzdem es oft
genug Haß und Neid als einem unaufhaltbaren Verfall geweiht erklftrten;
sein Einfluß nnd seine Ideen kommen der Welt so zu gute, daß man sich
die zakllnftige Geschichte der Nationen kaum Torznstellen im Stande wäre,
wenn Frankreich einst fehlen sollte. Die Gegend, in der ein so namhafter
Teil der menschlichen Errungenschaften erzielt wurde, verdient wohl, mit
der größtra Sorgfalt geschildert zu werden. Vor allem tut es not, alle Be-
dinjjnngen zu kennen, unter denen sich eine Nation mit so tatenreicher Ge-
schieht»» entwickelt hat, seit sieb die Achse der Zivilisation vom mittel-
lä:i<iisi-hen Meere geiren den O/ean hin veiS( l:nl)en hat. Einen Teil jener
Einllässe, die auf die fran/.ö-ixlie Nation eingewirkt, um aus ibr «las zu
machen, was sie geworden ist, wcnien wir nie kennen lernen, d<'nn die
beschichte erzählt uns nichts über die Anfänge der Kassen und ibr primitives
I^ben; das aber, was der Boden, das Klima, die geograx)bische GeMaltung
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76
Panl Girardin nnd Jeftn Brnnhei:
erzählen, genügt, um im allgemeinen das Frankreicli als eigen zukoriimeiKie
Werk in der Gesamtheit der menschli<lieu Leistungen lu erklären. Dies
woU«n wir, 80 gut wie möglich, auseinandersetzen, indem wir uns bemUheu,
jedem Reste nationaler Eitelkeit zn entsagen. Erlanbt aber bleibt es immer,
sidi bis in die geheimsten Fasern gerührt zu fühlen, wenn man von dem
Lande spricht, in dem der söBe Ton der Muttersprache erklingtl^
In diesen Zeilen haben wir zugleich ein recht glflckliches Beispiel, wie
Reclos die Bexiehnngen zwischen der Geographie und Geschichte aufzufassen
pflegte. Man erkennt darin den Künstler gerade 80 wie den Gelehrten.
Dem Maler gleich trägt er Ton um Ton auf, bessert nach und schildert weit
mehr naeli Eindrücken als nach exakten und deduktiven Zergliederungen.
Und wir \v< i<lt ri ilm gewiü niiUt tadeln, daß er die (leschiehte nicht sozu-
sagen ..Lreliririiisrlif uu> der ( JeoLrrapliie euts|»rin;zen läßt. Doch gibt es ge-
wisse Partien in der (leograpiiie, in der piiysisrlien insbesondere, wo die
Verkettung der Tatsachen unter einander eine wirkliche Erklärung abgibt.
Aher nicht dieser Zusammenhang ist es, der Rcclus vor allem interessiert,
sein Bestreben ist, wie bereits erwftbnt, flberall und in allem die Hamonie
nachzuweisen. Dies ist in gewissem Sinne eine der unleugbaren Lfloken in
seinem Werke; es ist eben nicht so erschöpfend und Aufschluß gebend, wie
es hätte sein können (Beispiel: L'Amazome^))* Sein Verfasser ist nicht genug
bestrebt, eine Erscheinung aus der andern abzuleiten, und in Ermangelung
dieser die vorgeführten Tatsachen ordnenden Einteilung bezeichnet die Xou-
lelli' Geographie UnircrsrUc eine glorreiche Übergangs- Etappe — aber auch
nur eine Etappe — zwischen der alten rein bcschieibenden Methode und
der neuen und der modernen methodischen und rationelieu physischen Geo-
graphie.^')
Auch hielt Roclus sein Werk nach dem Erscheinen des letzten IJandes
nicht für vollendet. Es erübrigte ihm die Synthese, die Gesamtidee zu bieten,
die keinen Baum in dem engen Rahmen der Gtograpliie gefunden hatte.
Er verfaBte L'homme et la Terre» ein Werk, dessen Vollendung ihm zwar
veigOnnt war, dessen Veröffentlichung aber kaum begonnen hat. Beurteilen
können wir diesen Epilog erst, wenn er vollstftndig erschienen sein wird.*)
IV.
Die letzten zehn Jahre seines Lebens verlebte er in Brüssel. Man
könnte sie charakterisieren: eine Hinwendung zur Kartographie, aufgefaßt
Ii Vcrgl. dazu Deherains sehr wiehtige Bemerkungen in seiner Revue
annuelle de gdographie'' ^iu: „Revue generale des Sciences". 1895. S. 62011'.) beim
Erscheinen des XIX. Bande« der „Nonvelle G^graphie UniTerselle**: „L*Amasonie
et la Plata".
2) Selbst viele Krsrheinnngen der Cteographie des Menschen können und
müssen aus ihrer engen Verbindung mit dem physischen Rahmen, in dem sie sich
abspielen, erUlrt werden; als Beweis dafür föbren wir blo6 das vorzögliche
„Tablean de la gäogxaphie de la France" vuu Vidal de la Blache an.
3' Seit Drucklegung dieser Zeilen (Ende November 1905' i^t der I. Band dieses
nachgelassenen Werkes erRchieneu. Das Ganze kann man nach dem einen Band noch
nicht benrteilen: aber wir befOrchten, da6 der Gesamteindiuck und die etwa«
phantasierolle Anfinachnng unseren Hofihnngen nicht entspricht.
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Elittfe BecUs' Leben und Wirken (1880—1906).
77
als wissenscliaftliclie Basis uud als Verbreitungfinittel geo^M-aphiseber Kentitnisse.
Von jeher war er bestrebt gewesen, zu den Augen zu sprechen, und die zwei
B&nde von La Terre machten zur Zeit, wo es an guten Karten noch fehlte,
«inMi wthren geographifidien Atlas aus, das firansfisische Seitenstflck zum
„Bergbaus**. Sie enthalten nicht weniger als 51 Karten in Farben, 437 Karten
oder Kartenskizzen ün Text, nnter ihnen nnveröffentiichte Bednktaonen zabl-
reidier Karten und des Qletsdieratlasses y<Hi Sonklar. Auch die 19 Bftnde der
XaurfUe Geographie Universelle sind so reich mit kartographischen Doka-
menten ausgestattf t, daß ihr Wert dadurch verdoppelt wird. Man findet
darin nicht bloß Figuren, Zeichnungen, photographische Darstellungen usw.,
sie enthalten auch eine Menge Kartons — mehrere Tausendo — mit genauer
Angabe der geu>,'rupbi''chen Liüipe und Breite und des verjüngten Maßstabes.*)
Selbst die vor/.ügliclien allgemeinen Ver(>ftentliehungen, die in den letzten
Jahren in Deutschland oder Amerika erschienen, sin<l weniger reich an karto-
graphischen uud topogi-aphischeu „Mustern". Dieses Bestreben, die \\ ii klichkeit
auszudrücken und darzustellen, bezeichnete besonders für die damalige Zdt
eine wahre Berolntion in den geographischen Stadien; denn unter Geographie,
wissenscbafUicher Oeograpbie, hat man vor allem eine genaue Lokdisation
der geographischen Objekte zu Terstehen.
Bedas fand in d«r berfihmten und intelligenten Verlagshandlnng Hachette
Männer, die seinen hegrOndeten Bestrebungen verstttndmsroll entgegenkamen
und deren Verwirklichung auf sich nahmen. Ein zwar nur indirektes aber
tatsächliches Verdienst Reclus' ist es, dazu beigetragen zu haben, daß sich
Oeorges Hachette die ririindnng und Organisation des geographischen In-
stituts t\f'r Buchhandlung mehr als eine Million Franken kosten ließ. Bedenkt
man tcnicr, daß der Ijcitcr dieses geogruphist hcn Instituts kein anderer ist
als der sehr geschickte Kartograph Franz Schräder, der nicht nur eiu
warmer Bewunderer und Verehrer Ketlus' ist, sondern den enge Verwandt-
sdiaftsbande an ihn knüpfen, so errilt man, was der grofle Geograph aUes
getan hat, um die wissenschaftliche Kartographie zu entwickeha und zu
popularisieren.
S^t dem Jahre 1895 war Elis^ Reclus nodi eifriger bestrebt, die
Sfittel, die die Karte noch sprechender gestalten sollten, zu Tervollkommnen
und zu vermehren durch eine reichere Farbenskala und durch die Vermehrung
der konventionellen Zeichen.
Wir verweisen bloß auf die Kartenmuster in Farben, die er im Empire
du Jlili'K und irn Afriqur Ait^tnilr liot, vereinfachten und zeitgemäßen Neu-
drucken ilcr entsprcchfuden Bäiule (Kr G» ogrüjihii', und besonders auf eine
Ciift ' riini.initiiif' de hl Chine, wo sich 17 verschiedene Farhentöne vereiniL'cii,
ohue sich zu vermischen. Er wollte die wirtschaftlichen uud ethnographi-
1) Selbst im Bande von „La France** (Band II der „NouTdle O^graphie ünirer-
•elle'*') findet man auf sämtlichen KSrfccben nicht nur die geograpliiscb«* Länge von
Paris, sondern auch von Oreenwich nntjegehen; ebenso ist anch der Malistab znernt
Dutueriflch, dann ebenfalls graphisch verzeiuhuet. Alle dieae Beweise einer exakten
und gewinenbafleii ICethode sucht man Tezgebens in ao manchen Bflchem, die weit
grSflere viiienichaftlxolie Ansprflcbe erbeben I
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78 Girardin u. Brunhes: Elisee Reclni' Leben und Wirken (1830—1905).
scImii Karten, die bis dahin am meisten vernachlässigt waren, auf die
Höhe der physischen heben. Zu diesem Zwecke hidt er die Kartographen,
die er aar Herstellung der Tafeln fftr die QA^gra^pkie um sich gruppiert
hatte, beisammen, und alle versuchten sich, in materiellen Darstellungsformen
diese Farbenskala auf das Papier zu bannen und auf industriellam Wega au
verviellUtigen.^)
Aber selbst die Karte wurde als unzul&nglich befunden, allein Mne
richtige Vorstellung des Reliefs zu verschaffen. Dazu — und dies Argument
haben wir von ihm selbst vernnmmon — muß man befürchten, daß sie die
Vorsteliunj^cn des Kindes fälschf. Seine .Skrupulosität sab darin einen Mangel
an Aufrichtigkeit I Er ging alsbald daran, Heliefs zu konstruieren, die sich
übnlieh wie die Karten vervielfältigen ließen, luid aus <len Pressen des geo-
graphischen Instituts in Brüssel giogen nun jene wunderbaren Heliefs aus Metall
hervor (wie das Semojr-Tal), wo die Iffilligkeit der Herstellung die künstlerische
Vollendung nicht ausschliefit Und doch war auch dieses Bild der Erde,
.selbst in Rdief und ohne Überhöhung, nach seinem Daflürfaalten noch nicht
ge^u genug; denn die Erde ist rund, jeder FlScfaenteil daher gelx^n,
wtiirend der Plan jedes Bdiefs ebm ist So kam er auf den Gedanken,
einen Atlas aus Reliefkarten herzustellen, wo die Bodenerhebungen, in ihren
wahren ^^rll!iltnissen dargestellt, einer allgemeinen Rundung unterzogen
würden, die die der Erdoberfläche selbst wilre; die so in einander geschachtel-
ten metallenen Blatter sollten einen Atlas bilden, der die Erdoberfläche in
ihrer „Entwicklung" darstellen wiirdf. Auf diese Weise könnte jede Schule,
selbst die Volksschule, in einem kleinen billigen Hiindi iieu ein wahres Bild
des Planeten erwerben. Dieses Bild würde jedoi h um so getreuer sein, je
mehr es sich den wahren Dimensionen näherte, und so faßte Reclus unter
dem Einflösse seiner Idee den Entschluß^ einen gigantischen Globus au kon-
struieren, der auf der Pariser Ausstellung von 1900 prangen sollte. Welch
aa«geseichnetes Propagandamittel w&re das nicht für die Geographie gewesen!')
So Iftfit sich bei Reclus dm-chwegs die Einheit der Eingebung erkennen: die
wissensdiaftliche Idee diente einer Moral- und Propaganda-Idee als Stütse.
Trotz seines Alters schrieb und reiste er fort^hrend, um die praktische
Verwirklichung seiner Idee au befdrdem.
Der Mensch war gerade so, wie wir uns ihn gern vorstellen: so ein-
fach in seinem Leben, daß er sich mit den r<»}iesten Möbeln begnügte und
nichts Sem eigen nannte als seine Bücher: so uneigennützig, daß er alles
Geld, das iliin seine Publikationen eintnigen, unter die Armen verteilte und
die goldenen Medaillen, die mau ihm verlieh, nie über einen Tag behielt.
1) Bekanntlich hatte Bedas in seinen letzten Lebenxjahren mit Unteretfltsnng
der „belgischen aetronomischen Geselbchaft** eine »authentique« übenichtakarte
der Erdvulkane geplant.
t) Unter seinen Brüsseler Schülern und Mitarbeitern, unter den Haupthelt'em
bei der Koostruktion seiner Reliefs ist vor allen Patesson zu nennen. Bekannt-
lich war auch der sehr geschickte Kartograph Jean Bertrand ein Hanptschüler
Reclus*.
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Q. Karsten: Bericht Aber die Fortachritte der Pflansengeographie. 79
Die auf einander folgenden Fublikationen aus seiner Feder bereicherten
den Schatz der französischen Literatur fortwfthrend; denn er blieb seinem
SdiOnlieitiidflal treu bis nun Ende und war sowohl Kftnstler als Gelehrter.
Auch Ton ihm gilt, was man von Rätsel bebanptet: sein Schönheitssinn bat
lieh durch Beisen entwickelt und verfeinert; auch er wußte die strengste
WisBoischalUichkeit mit der feinsten Schüdemngsknnst, die ja gerade für die
Geographie von so benrorragender Bedeutung ist, au& glflcUiehste sn ver-
binden.')
Beriebt Aber die Fortschritt« der Pflanzengeographie
in den Jahren ISIM)— 1904.
Von Q. Karsten.
Seit Schimper im 6. Jahrgang dieser Zeitschrift zuletet einen y,Beincht
fiber die Fortschritte der Pflansengeographie"^ veröffentlicht hat, sind mancher-
lei Ändernngea sn verzeichnen. Bevor diese jedoch eingehender gewfirdigt
werden, ist es angezeigt, einen Blick auf den pegenwürtiircn Stand der gansen
botanischen Wissenschaft, soweit sie in «'infm VerhiUtnis zur Ptlan/.engeographie
steht, zu werfen, damit wir erkennen, weklip Fragen hier zur Zeit im Mitt<'l-
punkte des Intfiesses .stehen, wie Hypothesen, von fnilier mehr oiier minder
allgemeiner Anerkennung, dureh neuere Forschungsergebnisse zur Seite ge-
drängt sind, oder wie auf diesem oder jenem Gebiete eine zusammenfassende
Bearbeitung einen vorlftufigen Abschluß gebracht bat
Beginnen wir mit der allgemeinen Botanik, die sich in Morpbo-
logie, Anatomie und Physiologie gliedert. Während die Physiologie
wohl ohne weiteres als Grundlage der gansen physiologischen Bichtung der
Pflanzengeographie anerkannt werden dürfte, möchten die geographisdien
H'^ziehunrren der anderen beiden Disziplinen minder klar zu Tage liegen.
M()r}.holocip und Anatomie sind zunächst einmal als breitere Grundlagen für
die Plianzenphysiolopie unerlüBlieh. dann aV)er werden sie auch vielfach von
der ökolotrisehen l'flanzentreographie direkt in Anspruch genonunen. Wie
will man z. B. ein tiefere.^ VerstUn<lni.s von der unglaublichen Mannigfaltigkeit
der Ausgestaltung von Xerophyten tonnen gewinnen, ohne soweit in der
Pflanzenmorpbologie geschult zu sein, daß man die Gruudurgane eines jeden
Pflsnzenkörpers, Wnnel, Stamm, Blatt in allen Wandlungen verfolgen und
erkennen kann, wie sie sich unter schwierigen VeriiKltiiissen gegenseitig ver>
lieten oder ergttnien? Ebenso bedarf es wohl nur des ffinweises auf den
gans vendiiedenett anatmnischen Aufbau von Sonnen- und Bdiattenblftttem,
von WssBergewKchsen, Ejnpbyften und Wttstei^flanzen, um auch die Anatomie
sls notwendige ffilftnrissenschaft anzuerkennen.
1) Wir danken Herrn A. Wahl in Freiburg i. d. Schweiz für seine gütige
MitwiricQüg bei der Yerdeutacbung diese« Aufsatzes.
2) A. F. W. Schimper. Berieht Aber die Fortiohritfce der Pflansengeographie
in den Jahmi 1896- im O. Z. 71. 1900. 8. 819.
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80
Q. Karsten:
Für die Morphologie liegt eine neue ZusammenfasBung in dem Werke
von Goebel'), „Organograpbie der Pflanzen** tot. Hier und die morphologiBchen
Glieder als Organe genommen, und es wird neben der fOr unsere Zwecke
weniger in Betracbt kommenden Entwicklung vor allem die Funktion dieser
Organe in den Kreis der Betrachtung gezogen. Das Buch bietet Mne Ffille
neuer anrf L'nn ^ r (icdankeri und neuen Materials, das besonders auf dem
Spezialgebiete des Verfassers, dem der Archegoniaten, nicht leicht überholt
werden kann.
Dem Titel nm li auf ähnlichem IJodeu slt lit das Werk von Coulter und
Chaml»erl;i.in-'i, ..Mnipliolojjy ot' Sperniatoi)h\ tes", doeh erstreckt es sich
lediglieh auf ( i\ nitiospermen und Au«(i()spermen, und der Naehdruck ist auf
die hier gerade minder in Betracht kommende Entwicklungsgeschichte ver-
legt Dagegen bietet eine siemlicb ausfOhrlicbe Behandlung der fossilen Fa-
milien beider großer Klassen eine ganz erwfinsohte Erginzong.
Eine allgemeine, auch die niederen Klassen des Pflanzenreiches mit um-
fassende Bearbditung der Morphologie fehlt bisher leider. Diese Lücke wird
jedoch minder fühlbar, da eine ganze Reihe neuer Einzelbearbeitungen größerer
zusammengehöriger l'flan/enklassen eiui*:en Ersatz dafür bieten. Solche Ar-
beiten kommen in dem Kreise der niederen Gewächse naturgemäß mehr der
allgemeinen Bi)taiiik als nur der Systematik zu gute: denn eine Behandlung
der nii'd. ieii tlewächM- ist ohn»* voIKtänditje Entwicklungsgeschichte und ein-
gehende iuorj)huliigi>chf wit- anatomix he Darstellung undenkbar, da die syste-
matische Stellung resi». die Vcrwandtscliaft der kleineren ( «nippen in vielen
Fullen nur durch die Darlegung des Entwickluagsgauges erschlosseu werden
kann. Für unsere Zwecke hier genügt es aber, die wichtigsten neueren
Arbeiten auf diesem Gebiete dem Titel nsch aufzuführen, da dnmal die nie-
deren Pflanzen für die Geographie flbeihaupt minder in Betradit kommen,
und andererseits der Schwerpunkt der Bearbeitung meist auf dem für uns
gleichfalls unwesentlichen Gebiete der Entwicklungsgeschichte liegt*)
1) K. Goebel. Orgaaographie der PÜauzeu, insbesoutlerc der Archegoniaten uud
Samenpflaasen. S Tie. Jena 1898—1901.
2) John Merle Coulter and Charle» Joseph Chamberlain. Morpholog7
of Spermatophytes I and II. Nou-York 1901—1903
3) Alfred Fischer. Vorlesungen Ober Buklerien. 2. Aull. Jena 190S. —
Fried rieh Oltmanne. Hoiphologie und Biologie der Algen. L Bd. Spezieller
Teil. Jena 1904.
Die Pilzarbeiton knüpfen immer noch an an Anton de Bary: Vergleichende
Morphologie der Pilze, Mycetozoen und Bakterien, Leipzig ISbi und Ü. Brefeld:
Botan. Uatenuchungen über Sohinmelpilze und Botan. Untersnchnngen ans dem
GesamtgebietederMykologiel— YIH. Leipzig 1872-89. IX -XIT. Münster i.W. —t99b.
Es Bind das die Pnldikationen von II. A. Harper: Entwicklung den Peritheeiums
hei iSphatrotheca Ctustagnei. Ber. d. Bot. Ges. XIU, iJSäö. — Ders. : Sexual repruductiuu
in Pjronvmtk confluens and the morpbologie of the aseocarp. Ann. of bot» XTV, 1900.
— G. Kleb«: Zur Physiologie der Fortjiflan/ung einiger Pilze I — TU. Pringeh. Jahrb.
f. wiHw. Hot. XXXII-XXXV, 1S9H — 1900. — P Claußen: Zur EntwicklnncrKcreschiciit«
der Ascomyceten. Bot. Ztg. Jahrg. 1906, I. — A. Moeller: Phycomyceten und
Ascomyoelen. ünters. ans Brasilien. Jena 1901. — Femer auf anderem Gebiete:
H. Klebahu: KulturverHuehe mit heteroecischen Uredineen, Z. f. Pflanzenkrank-
heiten Bd. II— IX, 18i)8— 9i», weiter in Pzingsh. Jahrb. f. w. Bot. XXIV n. XXY und
Beriebt fiber die Fortscbiiite der Pflaniengeograpbie.
81
Von einigem pflanzeDgeographiscben Interene ist dagegen die eigen-
artige Klasse der Flecbten, welche ja besonders im bohen Norden und im
Hochgebirge «inen sehr erbeblichen Anteil der Vegetation bilden, bis sie
allein noch die nacktMi Felsen bekleidend Itbrig bleiben. Ihr Oiganismns
bant sidi bekanntlich ans tm. Torschiedenen Komponenten auf, ans Pilsen
und Algen, die sich gegenseitig in ihren Leistungen für den Gesamtorganismus
auf das Glücklichste ergSaaen, indem die Algen die Arbeit der Assimilation
fiir das Ganze übernehmen, w&hrend dem Pilze die HerbeisLhaffung der an-
organischen Xilbrstotfp obliegt. Gleichzeitig hat der Pilz den Algenkolonien
einen für die Assimilation günstigen d. h. hinreichend belichteten Platz im
Inneren zu überlassen. So l>edingt die gegenseitige .\bhiin^Mgkeit der beiden
Symbionten eine ganz besondere Ausgestaltung der Ptlanze. Eine umfassende
Darstellung von diesem Gesichtspunkte aus gab Keinke^) vor einiger Zeit;
er tSigie den Versoeh «ner möglichst natOrlichim systematischen Anordnung
der Flechtentjpen hinsu. Im AnschluB sei eine Arbeit von Bitter*), „Über
den EinflnB ioBerer Bedingungen anf das Wachstum der Flechten** erwfthnt
nod die neueren wichtigeren Arbeiten, die sich mit der Flechtenentwi<^lungs-
gesdiichte beschtftigmi, unten aufgefUhrt.
Anf dem Gebiete der Pflanzenanatomie ist die frühere rein deskrtp-
tive Behandlungsweise mehr und mehr der v i logischen Betrachtung ge-
wichen, welche neben ih m Baue auch gleich die Funktionen der betreffenden
Pflanzenteile ins Auge faßt und nachweist, wie gerade dieser anatomische
Bau am besten den Anforderungen, welche jeweils gestellt werden, ent-
8pn<'bt. Das gesamt«- Arbeitsgebiet wird vortrefflich dargestellt in der
^PhysKilu^'isehen Ptlan/jiianatornie" von Ilaberlandt'), die soeben in
neuer Auflage vorliegt und die Auffülirnng iiller Einzelarbeiten und -ergeb-
nisse flberflüssig macht. Auch die geographischen Gesichtspunkte kommen
hier sn ihrem Bedite. In jedem EinielfUle wird man sidi leicht orientieren
können, wie sich z. B. der Traaspirationsschuts fttr Hygrophyten und Xero-
phyten, der Stammaufban von ^umen und Lianen, das Assimilationsgewebe
von HochgebirgspAansMi und solchen aus dem Tieflande unterscheiden, und
es mag hervorgehoben sein, daß gerade anch die an unserer einheimischen
Vegetation nicht zu beobachtenden Organe, welche viele Tropenbewohner fttr
besondere ihrem Standorte entsprechende Leistungen, wie z. B. für Wasser^
auss(^hei»hing und -aufnähme, in verschiedener Weise herausgebildet haben,
eingehende Behandlung erfahren. Verdanken wir doch dem Verfasser eine
Jahrb. Hambuxgeor wiii. Anstalten 1908. — Der«.: Die wizlswediaelnden Boitpilse.
Bediii 1901.
^1) J. Ueiuke. Abhandlungen über Flechten I — Y. Pringab. Jahrb. f. wiss. Bot.
XXVL im. XXDL 1896.
i) G. Bitter.- Über die YariabilitAt einiger Laubflecht^n und über den Bin»
floß äußerer Bedingnnf^en auf ihr Wachntura. Jahrb. f, wiss. Bot. XXXVI. 1901. —
£. Baur. Zur Frage nach der Sexualität der (Jollemaceen. Ber. D. Bot. Ges. XVI.
1898. — Dere. Anlage und Bntwicklung einiger Flechtenapotbecieu. Flora, Bd. 88.
1901 and Bot. Ztg , 1904.
3) G. Haber lau dt. Physiologische Päansenanatomie. 8. Anfl. Leipsig 1904.
0«gfnpliiMlMZdlMhiifk IS-JahcgM«. 180«. S.Haft. 8
i^iyui^ud by Google
82
(x. Karsten:
RoUie wichtiger AriteiteDf die als l^gebrnMe seines Aufenthaltes in Bniten-
sorg in froheren nBeriehten" von Schimper') Erwihnung geftmden haben.
Bei der Phyiiologie, dem für die FflaiixeogeogTaphie wichtigsten Teil
der allgemeinen Botanik, ist vor allem die von der ganxen wissenschaftlichen
I^otanik mit Spannung erwartete Vollendung der zweiten Auf läge tob Pfeffers*)
.^flanzenpliysiologic" zu nennen. Es ist scIbstverstSadlich unmöglich, in knraen
Worten dio Bedeutung dieses umfassenden, die angestrengte Arbeit von zwei
Jahrzehnten abschließenden Werkes zu vvürdigen. Aber bereits der äußere
Augenschein zeigt die beiden Bände der ersten Autlatxe von 1881 auf den
mehr als doppelten Umfang angewachsen. Die Glicdening des Werkes ist
wie in der ersten Auflage derartig, daß im ersten Bande der ganze Stoft-
wechsel, also Atmung, Assimilation, Transpiration usw. behandelt werden,
während dem zweiten Bande der Kraftwechsel, also Wachstum und seine Ab-
hängigkmt von KuBeren Einflössen, Bewegungserscheiniuigen imd ihre teils
innerhalb der Pflanze liegenden, teils Ton aofien auf sie einwirkenden Ur-
sachen usw. Torbehalten sind.
Wihrend dieses „Handbuch** dem Fachmanne ein unentbehrlicher Batgeber
ist, wird von anderen freudig begrOßt werden, daß sich ihm in den „^or-
lesnngen über Pflanzenphysiologie" von Jost") ein handliches, klar und auch
dem Anfiinger verstÄndlich geschriebenes Buch zur Seite stellt. Mit den Hin-
weisen auf die wichtigsten Literaturi|uellen versehen, werden diese „Vor-
lesungen" auch zu weiterem Eiudnni,'< ii in die Ptiau/.enphysiologie mit Er-
folg benutzt werden können. Sie geben in der Begrenzung des 8toßes über
Pfeffers „Hantibuch" insofern etwas hinaus, als auch die Foiiptiauzungs-
pbysiologie kurz erörtert wird.
Den Ansatz zu einer eingehenden Physiologie der Fortpflanzung besitzt
die Botanik dagegen in dem Werke Ton Elebs^), „Fortpflanzuugsphysiologie'',
dessen allgemeiner Teil freilidi noch aussteht. Der wesentliche Inhalt dieses
Werkes, das frohere Spesialarbeiten desselben Verfisssers resümiert und zu
allgemeinen Besnltaten zusammenfaßt, bestellt in dem Nadiweise, dafi die
verschiedenen Fortpflanzungs weisen der niederen pflanzlichen Organismen von
dem Einflüsse äußerer Wachstumsbedingungen abhängen. Währetul die Moose
und Fampflanzen in einem strikten (Jenerationswechsel leben, der stets auf
eine geschlechtliche Generation, z. B. da:* Protballium der Farne, eine un-
geschlechtliche, die eigentliche Fariij)tlan/,e, fol^'eii bißt, aus deren Sporen sich
wiederum ein Prothallium entwnckeln muß, ist bei den Algen und Pilzen
kein derartig gesetzmUßiger Wechsel vorhanden. Der E.\perimentator hat es
in suiuur Hand, durch Innehalten gewisser für jede Spezies im einzelnen fest-
zustellender Lebeosbedingungen, wie Terschiedenartige Emfthrong, Luftfeuditig-
Ij A. F. W. Schimper. G. Z. 11. S. 93 u. Vi. S. 818.
8) W.Pfeffer. Pflansenphysiologi«; ein Handbuch der Lehre vom Stoffwedisel
und Kraftwechsel in der Pflanse. L Btoffvechiel. 2. Aufl. 1897. II. Knftweehsel.
2. Aufl. 1904. Leipzig.
8) L. Jost. Vorlegangen über Pflanzeuphyäiologie. Jena 19U4.
4) O. Klebt. Über die For^flanznngB-fhysiologie der niederen Organisaten,
der nratobionten. I. Spezieller Teil. Bedingongen der Foripflanznng b^ eisigen
Algen und Pilzen. Jena 1896.
Bericht Uber die Foxtaehritte dex Pflansengeographie.
88
keit usw., entweder die eine oder die andere Generation zu erzielen, die
Bildung von (lesilileclitsorganeu oder auch von ungeschlechtlichen Fort-
pflanzungsorganen völlig zu verhindern, so daii eine lange Keihe gleichnamiger
Generationen einander folgen kann. —
Eine völlige Umwälzung haben in den letzten Jahren unsere Auschau-
nngen yon der Entstehung der Arten, der Baatardierung und den damit
snnmmenhBngenden Fragen erlitten, welehe wegen ihrer großen Bedeutung
für die Fflanzengeographie hier eingehende Erwfthnung finden mfissen. Wie
es sehr hftufig beobachtet werden kann, daB eine Itlr die Lösung reif ge*
wordene Frage von verschiedenen Seiten her gleichaeitig in Angriff genommen
wird, ist es auch hier geschehen. Als erster zu nennen wäre Korschinsky
dessen russisch erschienene Veröffentlichung eine deutsche Übersetzung in der
„Flora*^ fand, üm den Gedankengang wieder su geben, lasse ich die Einleitung
hier folgen:
„Seitdem im Jaluf 1859 das berühmte Werk Darwins: „über die Ent-
stehung der Arten" erschienen ist, begannen viele Gelehrte die Verbreitung
und das Vorkommen der Varietäten und Variationen aufmerksam zu uuter-
snehen, um an ihnoi den Vorgang der Bildung neuer Arten in der Natur
m ymfolgen. Diese üntersnehungen bereicherten die Wissenschaft mit einer
großen Menge Ton Tatsachen, verbreiteten Licht Aber viele rfttselhafte und
wenig erforschte Erscheinungen, fthrten aber in Bezug «uf ihr eigentliches
Ziel keineswegs zu den erwarteten Ergebnissen. Einige Antorra verheim-
lichten nicht ihre Enttäuschung (W. 0. Pocke), andere fanden Bwar in den
von Urnen beobachteten Erscheinungen eine gewisse Übereinstimmung mit der
Theorie, die Tatsachen waren aber nicht besonders überzeugend. Es ist merk-
würdig, daß trotz der großeu Zahl der begabten und begeisterten Anhilnger
der Darwinschen Lehre die faktisclie Seite des eigentlichen Darwinismus (oder
der Transmutation), d. h. der Theorie der Entstellung der Arten durch Zucht-
wald und Häufung der individuellen Merkmale, bis auf unsere Tage fast in
demselben Zustande geblieben ist, wie sie von ihrem Schöpfer selbst ausgearbeitet
wurde. Die ungeheuere darwinistische Literatur aber, die in den letzten
Jahnefanten entstanden ist, besteht hauptstohlich ans theoretischen Betrach-
tangen, in denen die als Beispiele angefahrten vereinzelten Tatsachen völlig
versehwinden.
Von Anfang meiner wissenschaftlichen Arbeit an untersuchte ich eben-
falls mit besonderem Interesse alle Abweichungen, forschte nach Ubergangs-
formen und strebte überhaupt, der allmählichen Entwickelung der Arten auf
die Spur zu kommen . . . Allein je weiter ich forschte, desto tiefen' Enttilu-
schuDg mußte ich erleben. Die Tatsachen waren entschieden nicht mit der
Theorie in Einklang zu bringen. Alle Erscheinungen, die es mir /u er-
forschen gelang, sprachen für die Veränderlichkeit der Arten; aber wie ihre
Veränderung und die Entstehung neuer Formen stattfindet, blieb mir nach
wie vor ein EfttseL Ich mufits «idlich das Zugestftndms machen, daß uns
1) 8. Korschinsk j. Ueterogeneeis nnd ETolution. Ein Beitrag zur Theorie
der Bntitdrang der Arten. Flora. Bd. 89. Erg.-Bd. 1901. 8. S40.
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84
G. Kanten:
die Darwinsclu' Theorie in diesem Gebiete die Erschemuiigen nicht beleuchtet
hat, welche ebenso dunkel und unklar blieben wie zuvor. Unwillkürlich stellte
sich der ZweitVl ein, ob denn die Erklärung, welche Darwin für den Ent-
wickelungspro/cB gegeben hatte, auch richtig sei. Diese so geistreiche und
yerlockende Transmutatioustheohe, steht sie auch in der Tat mit der Wirk-
lichkeit in EinklungV
Nachdem ich mich überzeugt hatte, daß die aufsteigenden Zweifel durch
die Baobftohtong der wildwachsenden Formen allein nicht geldst werden kOnnen,
wandte ich mich dem Studium der Entstehung neuer Formen in der Garten«
knltur zu. Bekanntlieh bildet die Frage von der Verinderlicbkeit der Tiere
nnd Pflansen in der Kultur eine Gmndfirage des Darfrinismus. Dieser wid-
mete Darwin besonders viel Zeit und auf ihr baute er in der Hauptsache
seine Lehre. Und nichts destoweniger mußte ich mich bald überzeugen, d&B
die Schlußfolgerungen, zu denen Darwin in Bezug auf die Entstehung der
kultivierten Formen gelangt war, auf einer unrichtigen Auffassung der Tat-
sachen beruhen. Wenigstens kann ich in Bezug auf die Gartenpflanzen ent-
scbiedfu behaupten, daß kein einziger Züchter jemals zur (Jowinnung von
neu<Mi Kassen mit individuellen Merkmalen operierte, und daß niemals eine
„Häufung" der letzteren beobachtet wurde. Dagegen sind alle neuen Varie-
täten (mit Ausnahme der Bastarde), deren Herkunft uns bekannt ist, in
Wirkliditeit auf dem Wege plOtalicher Abweidinngen ans reinen Arten odw
hybriden Formen entstanden. Es fragt sidi nun, ob nicht diese plötslidien
Abweidlungen auch in der frmen Natur eine Ihnliche Bolle qrielen und ob
n6tk nicht auf diese Weise die Niehtabereitmtiimmpng der Natur und des Vor-
tonmens der Yariationen mit d< r Darwinschen Theorie erUBren lasse.
Die Existenz von plOtaiichen Abweichungen war Darwin wohl bekaant|
allein er legte ihnen zu wenig Bedeutung bei, indem er diese Erscheinung,
die ich im folgenden als Heterogenesis lio/eichncu werde, für eine abnorme,
exzeptionelle hielt. Aus demselben (irunde wurde sie von der Meluzahl der
Darwinianer vullkomnien außer Acht gelassen. Die Tatsachen, welche von
mir in diesem Werke dargelegt werden, werden, wie ich hoffe, klar genug
zeigen, daß die Heterogenesis eine, wenn auch seltene, so doch vollkommen
normale Ersciidnung daitteUt, welche den tierisdiien wie den i^ainilichen
Oi^anismen xakommt, und in der Entwickelung derselben eine anfiermdent-
lidi wichtige BoUe sidelt**
Man ericennt, wie Korschinsky nur widerstrebend von der Gewalt der
Tatsachen sich überzeugen lassen muß, daß die bisherige Ansdianung der
allmählichen Überleitung einer Art in eine neue unhaltbar geworden ist.
Noch schärfer hervorgehoben findet sich derselbe Grundgedanke bei dem
zweiten Forscher aut L'leichem Gebiete Hugo de Vries'), dessen zweibän-
diges Werk, .,die ilulution.stheorie", auf ausgedehnten langjährigen experimen-
tellen Züchtungsversuchen gründet und sich von der Korschinskyschen Hetero-
genesis besonders noch dadurch unterscheidet, daß auch die ganze Bastar-
1) Hugo de Vries. Die Mutationstheorie. VerHUche und Beobachtungen über
die Entstehung von Äxten im Pflanzenreich. I. Die Entstehung der Arten durch
Mutation. Leipzig 1901. II EI«osentsiie Bastazdlehre. Leipzig 1901.
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Bericht über die Fortachritte der Pflansemgeographie. 85
dieruDgslehre unter gleiche Gesichtspunkte gebracht wird. Aach hier wird
die Wiedergabe der in der Einleitung henrorgehobenen leitenden Gedanken
am bestMi eine Übeniclit sa geben vermögen:
„Als Matationstiieorie beieiehne ieh den Sats, daß die Eigensdiaften der
OrganiSBiai ans scharf von einander unterschiedenen Einheiten aufgebaat nnd.
Diese Einheiten kimnen zu Gruppen Yerbnnden sein, und in yerwandten Arten
kehren dieselben Einheiten nnd Gruppen wieder. Übergänge, wie sie uns die
SnBeren Formen der Pflanzen und Tiere so zahlreich darbieten, gibt es aber
swischen diesen Einheiten i^bpnsowenig, wie zwischen den Molekülen der Chemie.
Selbstverständlich gelten diese Sätze in derselhen Weise für das Tier-
reich und für das Pflanzenreich. In diesem Hm he werde ieh mich aber auf
das letzt*ire beschränken, in der Überzeugung, daÜ man die Richtigkeit des
Grundsatzes liir das eine Reich anerkennen wird, sobald er für das andere
bewiesen ist
Auf dem Gebiete der Ahstammimgslehre führt dieses Prinxip zu der
übersevgung, daß die Arten nicht fließend, sondent stufenweise aus einander
herrorgegangen sind. Jede neue sn den llteren hinsokommende Einheit bildet
eine Stitfo und trennt die neue Form, als selbstlndige Art« scharf und vOllig
Ton dar Spezies, aus der sie hervorgegangen ist. Die neue Art ist somit
mit einem Male da; sie entsteht aus der früheren ohne sichtbare Vorberei-
tung, ohne Ül)ergänge.
Außer der Lehre von der Entstehung der Arten beherrscht die >rutations-
tbeorie nach meiner Ansicht auch das ganze Gebiet der Lehre von den Ba-
starden. Hier fülirt sie zu dem Prinzip, daß nicht die Arten, sondern die
einta* hen Artmerkmale, die sogenannten Elemente der Art, die Einheiten sind,
um die es sich bei den Bastardierungen handelt. Dieses Prinzip führt zu
einer ganz neuen Behandlungsweise, bei der man von den einfachsten Er-
sehflinungen allmählich su den komplisierterBn hinan&teigt, statt, wie jetst
flbfich ist, gerade die sehr Terwickelten i>1Üle in den Vordergrund der Be-
handlung SU stellen.
Aus diesen GrOnden zerfällt das vorliegende Werk m zwei Hauptteile^
deren erster die Entstehung der Arten durch Mutation, und deren xweiter
die Prinzipien der Bastardlehre behandelt.
Auf dem ersteren Gebiete stellt sieh die Mutiitionstheorie gegenüber der
jetzt heiTScheuden Selektionstheorie. Letztere nimmt die gewfihnliche oder
sogenannte individuelle Variabilität als Au.sgan<fspunkt der Entstehung neuer
Arten an. Nach der Mutationstbeorio sind beide aber von einander durchaus
unabhängig. Die gewöhnliche Variabilität kann, wie ich zu zeigen hoflc,
auch bei der schärfsten anhaltenden Selektion nicht im einem Überschreiten
der Artgrenxen führen, viel weniger nodi sn der Entstehung neuer konstanter
Heikmale.
Jede Eigenschaft entsteht «war ans einer vorher anwesenden, aber nicht
Stts deren nonnaler Variation, sondern durch eine, wenn auch geringe, dodi
plotdiche ümftnderung. Vorlftufig kann man diese noch am ein&chsten mit
dner chemischen Substitution vergleichen.
Diese „artenbildende Variabilität" soll hiw wieder mit dem alten, vor
86
6. Karglen:
Darwin allgemein gebräuchlicben Worte Mutabilität benannt werden. Die
Yon ihr bedingten Verftnderungen, die Mutationen, sind Vorgänge, Über
deren Natur wir noch sehr wenig wiasen. Die bekanntesten Beispiele solcher
Hatationen sind die sogenannten spontanen Abftndemngen winaHotui'*)^
dnrch welche scharf unterschiedene neue YarieUten entstehen. Man nennt sie
audk wohl Sprungmiationen. Trots ihrer relatiTen Hftofigkeit werden sie
aber fast stets erst dann bemerkt, wenn die neue Form fertig dasteht und
es also bereits sn spftt ist, den Vorgang ihrer i^tstehong e^rimentell zu
▼erfolgen.
In den Aitfn dt-r Kultur, welche ja häufig Gemische sind, lassen diese
neuen Formen sidi aufsuchen; ebenso in der Natur. Willkürlich hervor-
bringen lassen sie sich his Jetzt aber nicht.
In ähnlicher Weise hat man .Mch, nach meiner Ansicht, die Entstehung
aller einfachen Merkmale sämtlicher Tiere und Pflanzen zu denken.
Diesen beiden Grundformen der Variabilität entsprechen die Methoden
der kflnstlichen Zuditwahl durchaus. Die gewöhnliche Variabilität, welche
auch die indinduelle, floktuierende oder graduelle genannt wird, ist stets an-
wesend und wird yon gans bestimmten, j^st m einem großen Teile bekannten
Oesetzen beherrscht. Sie liefert dem Züchter das Material flir seine ver-
edelten Rassen. Danelx'u kennt er die spontanen Variationen, welche nicht
der Züchtung, sondern höchstens der Reinigung von Beimischungen bedürfen,
und welche fast stets von vornherein erblich konstant sind.
Die ganze Lehre von der Variabilität zerfällt demnach in zwei Haupt-
teile: Die Variabilität im engeren Sinne und die Mutaliilität Die
fluktuierende Variabilität i.st teils eine individuelle im engeren Sinne des
Wortes, teils eine partielle. Im ersteren Falle handelt es sich um die stali-
stisehe Vergleichung Terschiedener Individuen, im letsteren um die verschie-
denen gleichnaroigen Organe auf einem Individuum, s. B. um die einzdnen
Bl&tter eines Baumes. In beiden Fällen wird die Variabilitit oder genauer
die GrOfie des AbSndenmgsspielraumes von hervorragenden Forsoheni vrohl
mit Recht als ein Mittel zur Anpassung an die ftufieren Lebensbedingungen
betrachtet
Die Gesetze der Mutabilität sind ganz andere aU jene der Variabilität,
sie sind aber, soweit unsere dürftigen Kenntnisse reichen, ebenso unabhängig
von der nioipholo^ischen Natur des mutierenden Teiles. Man unterscheidet
zunächst piMgressive und retrogressive Miitatinnen. Die ersteren umfassen
die Entstflmng neuer Ei^cnsclial'tcn, die letzteren beziehen sich auf den Ver-
lust bereits vorhandener. Auf progressiver Mutation berulit nach dieser
Theorie offenbar die Entwickelung des Tier- und Pflanzenreichs in den Haupt-
zügen des Stammbaumes; auf retrogressiver Mutation aber bemhen die zahl-
losen Abweichungen von der Diagnose der sjrstematisdien Gmppe, zu dmr
sie gehören.^
Damit sind die leitenden Chdanken klar und scharf hervorgehoben, so
daß dem nichts hinzuzufügen ist
Für einen sehr wesentlichen Teil seiner Theorie, „daB die Eigenschaften
der Organismen aus scharf von einander unterschiedenen Einheiten aufgebaut
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Bericht fiber die FortschriUe der Pflense&geographie.
87
sind"*, kann de A'ries sich auf exporiinentelle Beweise stützen, die bereits
in den sechziger Jahren dos vorigen Jahrhunderts von (ircgor Mendel ver-
öffentlicht waren, damals aber völlig unbeachtet geblieben sind. Gregor
Hendel^) untersoclite die Bastaidbildimg «n nUreichmiTendiieteeiiPflaiizeii-
trten und erkannte als sdir geeignete Olijekte dafOr die Erbten. „Einige
ganx selbständige Formen aus diesem Geschlechte besitaen konstante, leicht
imd sicher in unterscheidende Merkmale, und geben bei gegenseitiger Eim.-
taag in ihren Hybriden Tollkommen fruchtbare Nachkommen. Auch kann
eine Stdrong dun-h fremde Pollen nicht leicht eintreten, da die Befruchtungs-
Organe yom Schiffchen enge umschlossen sind und die Antheren schon in der
Knospe platzen, wodurch die Xarbe noch vor dem Aufblühen mit Pollen
überdeckt wird." Er licschrünkte seine Boobaclitunpen nun auf sieben Merk-
male, und fuhrtf dnrcli 8 Jahre eine Versuchsreihe weiter in der Art, daß
st^'ts wechselseitige Kronzungr stattfand, daß also bei jedem Artenpaar j<Mle
Spezies in einer Anzahl von i^xemplaren als »Samenpflanze, in einer zweiten
Anzahl als Pollenpflanze diente. Die Hauptresultate sind folgende:
„Jedes Tcn den sieben Hybridenmerionalen gleicht dem einen der beiden
Stammmerkmale entweder so vollkommen, dafi das andere der Beobachtong
entschwind^ oder ist demselben so ähnlich, daß eine sichere Unterscheidnng
nidit stattfinden kaon. Dieser Umstand ist Ton groBor Wichtigkeit für die
Bestimmung und Einreihung der Formen, unter welchen die Nachkommen
der Hybriden erscheinen. In der weiteren Besprechung werden jene Merk-
male, welche ganz oder fast unverändert in die Hybriden Verbindung über-
gehen, somit selbst die Hjbridenmerknialc reprilsputieren, als dominierende,
und j'^ne. welche in der Verbindung latent werden, als rezessive bezeichnet.
D^r AuNdruck „re/essiv" wurde deshalb gewählt, weil die damit benannten
Merkmale an den H\-ljriden zurücktreten oder irunz verschwinden, jedoch unter
den Nachkommen derselben, wieder unverändert zum Vorscheine kommen.
Es wurde femer durch sSrntUche Versuche erwiesen, daß es völlig gleich-
giltig ist, ob das dominierende Merkmal der Samen- oder PoUenpflanze an-
gdiQrt; die Hybridform bleibt in bnden F&Uen genau dieselbe.**
la der ersten „Generation treten nebst den dominierenden Merkmalen auch
die leisssiTen in ihrer vollen Eigentömlidikeit wieder auf, und zwar in dem
entschieden ausgesprochenen Durchschnittsverhaltnisse 3:1, so daß unter je vier
Pflanzen aus dieser Generation drei den dominierenden und eine den rezessiven
Charakter erhalten. Es gilt das ohne Ausnahme für alle Merkmale, welche
in die Versuche aufgenommen waren". ,,Cbergang8formen wurden bei keinem
^ <^rsuche beoljachtet '* ,,Jene Formen, welche in der ersten Generation den
rezessivt'n Charakter erhalten, variieren in der zweiten Generation in Bezug
auf diesen Cliarakter nicht mehr, sie l)leibeu in ihren Nachkommen konstaut.
Anders verhält es sich mit jenen, welche in der ersten Generation das
^cminierende Merkmal besitasa. Von diesen geben zwei Teile Nachkommen,
welche in dem Verhftltoisse 3:1 das dominierende und rezessive Merkmal an
1; (iregor Mendel. Versuche über Pflauzenhybriden. Verhandlungen des
astocfoneheiiden Vereins in Britam. IV. Bd. 1866. S. 1—47, abgedruckt in Flora
Bd. 8». Erginzmigsbd. 1901. S. 864—408.
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88
0. Karsten:
sich tragen, somit genau dasselbe Verhalten zeigen, wie die Hjbridformen;
nar ein Teil bleibt mit dem domimerenden Merkmale konstant**
„Das Yeriiftltnu 3:1, nadi welchem die Yerteilung des dominierenden
imd reaessiTen Charakters in der ersten Oeneration erfolgti lOst sieh demnach
für aUe Versnche in die VeriAltnisse 3:1:1 auf, wenn man sogleich das
dominierende Merkmal in seiner Bedentang als hybrides Merkmal und als
Stammcharakter unterscheidet. Da die Glieder der ersten Oeneration mi-
mittelbar aus den Samen der Hybriden hervorgehen, wird es nun ersieht^
lieh, daß die Hybriden je zweier differierender Merkmale Samen
bilden, von denen die eine Hälfte wieder die Hybridform ent-
wickelt, während die andere Pflanzen gibt, welche konstant
bleiben und zu gleichen Teilen den dominierenden und rezes-
siven Charakter erhalten."
Für die Frage nach der Zerlegmig der Eigenschaften einer Pflanze in
scharf tmtcrachiedene Einheiten, YOn der wir oben ausgingen, haben mm noch
folgende Sfttie^) die grSBte Bedeutnng: „AUe konstanten Verbindnngen, weldie
bei INsum doreli Kmnhinierung der angefUhrten neben charakteristischen Meik-
male mOglidi sind, worden durch wiederholte Ereosung auch wirklidi erhalten.
Ihre Zahl ist durch 2' 128 gegeben. Damit Ist zugleich der faktische Be-
weis geliefert, daß konstante Merkmale, welche an verschiedenen
Formen einer l'flanzensippe vorkommen, auf dem Wege der wieder-
holten künstlichen Befruchtung in alle Verbindungen treten kön-
nen, welche nach den Kegeln der Kombination möglich sind,''
Daß nicht alle Merkmale, a\ich nicht alle Pflanzeuformen, den an l*isum
nachgewiesenen Spaltungsregelu folgen, war Mendel sehr wohl b<'kannt. So
sagt er-): ,.Einer wesentlichen Verschiedenheit begegnen wir bei jenen Hy-
briden, welche in ihren Nachkommen konstant bleiben und sich ebenso wie
die reinen Arten fortpflanzen Fflr die Entwickelungsgeschichte der
Pflanzen ist dieser Umstand von besonderer Wichtigkeit, weil konstante Hy«
briden die Bedeutung neuer Arten erlangen.** Woran man aber von vom-
herein etwa entscdieiden kann, wie sich bestimmte Eigenschaften bei Erea-
aungen verhalten wflrden, Isfit sieb durchaus nicht sagen, es bleibt in jedem
Falle zu untersuchen. Auch nach anderen Seiten ist durch die Wiederent-
deckung der Mendel sehen Beobachtungen ein weites Feld fQr experimentelle
Untersuchungen gegeben, auf dem sich neben de Vrics lianptsächlich die
Arbeiten von Correns^}, Tschermak^) \l a. bewegen. Für die eben ge-
1) a. A. 0. S. 381. S) a. a. 0. S. 897.
8) C. Correns. G. Mendels Begel über das Verhalten der Naohkonunenschaft
der Rassenbastarde. Ber. d D. bot. Oes. Bd. XVIII. S. 158. l'JOO. — Der 3.
G. Mendels Versuche über Pflanzen -Uy briden. Bot. Ztg. 1900. S. 229. — Der 8.
Ergebnisse der neuesten BaBtardforscbungen für die Vererbungslehre. Ber. D. bot.
Ges. Bd. XIX. (71). 1900. — Dere. Bastarde zwischen Mainanen. fiiblioth. bot
68. Hefl. 1901 usw. Ber. D. bot. des M. XX, XXI, XXII. — Dcrs. Experimentelle
Untersuch, über die Entstohung der Arten. Archiv f. Hassen- u. Gesellsch.-BioL
1. Jahrg. 1. Heft. iyu4. S. 27.
4) B. Tiohermak. Über kOnetlidie Kreusnng bei ^nm mdivmm. Bar. D. bot
Gee. XYIIL 1900. XIX. 1901. XX. 1901.
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Beriehi Aber die Foxtsohritte der Pflansengeographie.
89
stellte Frage nmß hier da3 vdu de Vries') folgendermaßen gofaßto vor-
läufigp Ergebnis genügen: „Den Mendel sehen Spaltungsrcgeln folgen im
aligemeiDen uiir phylogenetisch jüngere Eigenschaften, sogenannte Kasscnmtrk-
niale*'; ein weiteres Eingehen auf die Saehe würde uns weit fiber den Rah-
men dieser Übersioht binansfllbren müssen.
War es somit naebgewiesen, daß die einseinen Iferkmale oder Eigen-
idiaften der verscbiedaien Pflansenfonnen in Ereusnngen frei von einander in
beliebige Kombinatum» eintraten kdnnen, so war fiHr die Zellenforscbnng
die Frage gestellt, wie sich die materiellen Gnindlagm dafür veibalten? DaB
es im wesentlichen der Zellkern sein muß, an dem die Vererbung von Eigen«
Schäften hangt, war ja lange schon klar erkannt. Die komplizierten Vor-
g&nge bei der Komteilung, welche die Zerlegiing des Kernes in oinr' für jode
Ptianzenart genau bestimmte Zahl von „Chroniosomen" gciuiniitcn Ti iU n, und
ik-ren urastilndliehe gleichmäßige Verteilung auf diu beiden Tochterkerne be-
dingen, wiesen direkt auf eine solche Funktion des Zellkernes hin. Bei der
ungeheueren Menge von Schwierigkeiten, welche sich hier der Beobachtung
entgegenstellten, bei der mit Becht zu maelienden Forderung, daß die nxd
pflanzlichem Gebiet gewonnenen Besnltate mit den Ergebnissen der Zoologen
Itbsreinstimmen müssen, ist es mt in den allerletrten Jabren gelangen, za
klaren SeUaßfolgemngen an gdsogen. Es ist anf botanischem Gebiet Tor
allem Btrasbnrger*), der in zahllosen eigenen Arbeiten und solchen seiner
Schaler stets wieder auf diese Fragen zurÜ<^am; von seinen Yeröffent-
lichnngen seien unten nur einige der neuesten und wichtigsten genannt, in
deaen weitere Literatur nachgewie.sen wird.
Der Stand der Frage ist zur Zeit etwa folgender: Eine Ptianz«-, nehmen
wir der Klarheit halber eine solche mit scharf getrennten (Generationen,
also etwa ein Fani, zeigt bei jeder der zahllosen Zell- und Kernteilungen,
die den Körper aufbauen helfen, eine Zahl von n Chromosomen, die sich
durch Längsspaltung jedes einzelneu auf die beiden Tochterkerne derart ver-
teilen, daß jeder wiederum ft davon erhftit Bei der Bildung der Sporen
jedodi, ans deren Keimung das Pkotballium, die Sezualgeneraiion, benrw-
geben soll, wird der Vorgang derart modifiziert, daß jeder Sporenkem nur
die Zahl «/, Gliromos(mien zugeteilt bekommt. So ftthrt auch jede Zelle der
Sexualgeneration nur n/^ Chromosomen, bis durob die Vereinigung der mSnn-
liehen und weiblichen Geschleclits/elle, die je mit ti/^ Cbromosomen ausge-
stattet waren, dem Embryo, also der jnngfn Farnptlanze, wieder -|- «/j,
also n Chromosomen zufallen. — Dem abgekiuzt»ii Eutwickelungsgange der
Phanerogameupflanzen entsprechend, bleibt die r<'duzierti' Zalil der Chromo-
somen hier anf die Zellen, weklie Embryosack und Polleukörner aus ihren
Teilungen hervorgehen lassen, bcschiUnkt.
1) H. de Vriee, a. a. 0. n. 141.
S) E. Strasburgcr. über Keduktionsteilung. S -Ber. Ak. d.Wigs. Berlin 1904.
h^7. — Ders. Die Apogamie der Eualchimillen. Pringsheims Jahrb. f. wiss. Bot.
Bd. 41, »6. 1U04. — Dcrs. Typische und allotypische Kernteilung. Ebda. Bd. 42.
1. 1906 ans Histolog. Beitr. zur YererbungsCrage von £. Sfaraaburger, Charles
B. AUee, Kücbi IQiake u. J. B. Orerton L
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90
G. Ksriten:
Die Pro))»' aufs ExempHl war min bei den in neuenT Zeit mehr und
mehr bekannt gewurdenen l'Jiaiizen /.u niacheu, welche Samen produzieren,
ohne daß eine Vereinigung männlicher und weiblicher Geschlechtszellen vor
rieh gegangen wir». Die Mefanalü dieser Pflanzen besitzt degenerierten
Pollen, wie komint liier also die Embryobildung in den jlhrlidi reichlicb
produsierten, anscheinend nonnalen Samen zu Stande? An den EoaldiimiUen
komite Strasbarger nachweisen, daß die Bednfction der GbromoscmienMhl
bei Anlage des Embiyosackes ausbleibt, daß also keine mit der halben
Chroraosomouzalil ansgerüsteto G('schlecht8«elle vorliegt, sondern daß die Ei-
zelle viclmclir ihre sexuelle Fähigkeit eingebüßt hat und vegetativ geworden
ist. Dies Vt-rlialtcn bezeichnet man als Geschleclitsverlust oder Apogamie.
Als junLrfriiulichü Zeugunj? oflor PartlienoErenose müßt»'n dem pegenübor-
gestf'llt wt-rdt II Fälle, in (b iu-n ciiio mit halber ('hromoöunicnzahl ausgerüstete
normal*' Eiznll«' bei FernbleilK'n inünulicher (n'scblecbtszellf>n im Stande ist,
aus sieh selbst wieder die uurmale volle Chruuiosomeuzalil zu bilden.
So liefert das Verhalten der Geschlechtszellen und besonders ihrer Kerne
Kriterien fOr eine eiakte Untersdieidimg dieser sehr fthnlich sdieinenden, im
Wesen aber durchaus Terschiedenen Portpflanznngsweisen. Man darf daher
hoffen, daß es sjMiter einmal gelingen wird, auch andere Eigenschaften von
Pflanzenarten, die ja nach de Vries Einheiten riad, welche nur als Games
ausgewechselt werden können, an den in Teilung befindlidieii Kernen in Form
kleinster Chromosomenteileben direkt zu erkennen, wenn auch wohl die ge-
ring^ff wahrnehmbare Größe von Chromatinkörncben stf^ts noch Komplexe
von Eigenschaften und nicht die letzten „Erbeinheiten'**) darstellen müssen.
Ganz unenvartet bat sich Ini .solrln'ii rntfisui-buiigoii nun aurli boraus-
gt'slfllt^'), daß fiiii'_'e unserer allverbreiteten K()m[)ositen, wie Tar(tjacum und
Hieraciiuuarteii , die mit ihren ansehnlichen Hlütenköpt'en viele Insekten als
Besucher anziehen, welche die Bestäubung vermitteln könnten, trotzdem apogam
rind. Bei einigen Hieraciumarten scheint der Fall sogar noch eigenartiger
zn liegen, da sie anscheinend sowohl apogam als auch auf sexuellem Wege
Samen henrorbringen kOnnen. Weil es aber nach dem yorher Gesagten als
ausgeschlossen zu betrachten ist, daß eine apogame Eizelle nodi befrachtet
wird, wie auch, daß rieh eine seznelle d. h. mit halber Chromoeomenzahl
ausgerüstete Eizelle nachher apogam entwickle, so scheint hier eine gewisse
Anzahl der in solchen Blütenköpfen vereinigten Blüten für die eine, eine andere
für Iii zw^eite Möglichkeit der Samenproduktion vorbereitet zu sein'). Doch
sind die Untersuchungen darül)er noch nicht vollkommen abgeschlossen.
Ökologisch läge damit ein ähnlicher Fall vor, wie bei denjenigen PÜanzeu,
1) Strashursrer a.a.O. lOOfi i;?
2) C. Jiaunkiaer. Embryobildung ohne Befruchtung beim Löwenzahn. (Dä-
nisch.) Bot Tidskr. Bd. 26. 8. 109. 1903. — Dere. u. Ostenfeld. Ebda. 8. 409.
— C. Tl. Ostenfeld. Zur Kenntnis der Apogamie in der Gattimg Hieracium.
Ber. d. D. l ot TJes IUI. li. r.i04 S. \\n\. -- Hers. Weitere Heitrlge sur Kenntnis
der Fruchtentwickeluug bei der Gattung Utcracium. £bda. iS. öBT.
S) J. B. Over ton. Über Parthenogeneria bri Thalie^m purpwrtueetw, Ber.
d. D. bot Oes. Bd. S8. 1904. 8. «74.
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Bericht über die Fortachritte der Pflansengeograpliie. 91
wfiihe iifbfu typischen auf Insektenbestäubung ein^fericliteteu Blüten kloisto-
game Blüten hervorbringen, die sich nieniiils öffnen aber durch Auswachsen
der PoUenschläucbe innerhalb der geschlossenen Blüte trotzdem mit eigenem
Polltn die weiblichen Zellen befruditen und regelndißig Samen prodiuieren.
Unsere Violaarten z. 6. gehören hierher. Goebel'), der diese Üeistogamen
Pflanzen genauer untersucht hat, kommt zu dem Sehlusse, daB quasi ein
Sieheriieitsventil in dem Samenansatz der kleistogamen Blflten vorhanden ist;
die Befruchtung der Insektenblflten kann daher schon einmal ohne Schaden
unterbleiben.
Es scheint demnach, daß, wenn überhaupt die Möglichkeit sexueller
Zmgung vorhanden ist, so daß im Laufe von Generationen mit Sicherheit
einmal Narliknnimcn i'i*sclioinen müsson, dif auf sexiu'lleni Wepo. al-io durch
Mischung vci-schifHlener Indivi<lu('n entstamlt-n sind, sicli sulclie Ptian/.enarten,
ohne Schaden zu nehnifn, s^i es durch Selbstbefruchtung wie bei den kleisto-
gamen Blüten, sei es auf upogainem Wege verbreiten und fortpflanzen dürfen.
Wenden wir uns jetzt, nachdem die wichtigsten Gebiete, die zur Zeit im
Vordergrande der phjsiologisch-botanisohfln Wissenschaft steheUf berflhrt sind,
der Systematik zu, so mag hier zunächst die gerade vielfach yentilierte Frage
natk der Hiylogenie der Monokotyledonen und Dikotjledonen in ihrem
gegensdtigen Verhältnisse zu einander') erwähnt werden.
Diese beiden großen Klassen sind in ihrem Verhalten so durdiaus Ter*
schieden, daß es nicht leicht erscheint, sie auf gemeinsamen Ausgang zurück-
zuführen. Da ist es mm wichtig, daß alle, welche sich mit dieser Frage
letzthin beschilftigt haben, ^ darin einig sind, daß Monokotyle und Dikotrle
eine Vorbindungsbrücke besitzen müssen in den Fonuen, aus denen sich ein-
mal die Kanunculaceen, Magnoliaceen usw. auf «likotvler Seite, die Alisnia-
und Sagittariaarten, welche zu der Ilelobiar geziiiilt werden, auf monokotyler
Seite herausgebildet haben. Spiraliger Aufbau der Blüten, zahlreiche freie
Prachtblätter sind unter anderen Merkmalen die wichtigsten, in denen beide
Ptnulien flbereingtimmen und sich gleichsam von der Masse der übrigen sehr
wesentlich unterscheiden, so daß die Möglichkeit eines Anschlusses durchaus
nicht völlig Ton der Hand gewiesen werden kann.
Daß damit gleichzeitig auch andere Ansichten über die Phylogenie unserer
jetzt lebenclen Pflanzenwelt auftauchen'), daß z. B. unsere einheimischen wind-
blätigcn Lattbwaldbiume nicht mehr als niedrig stehende, an den Beginn des
Stammbaums gehörende Gewächse aufgefaßt werden, sondern daß man in
ihnt-n Formen erkennt, die einem Rüekbildungsprozeß verfallen sind, mag
gleich hier erwfthnt sein. Doch ist hinzuzufügen, daß wir noch sehr weit
1) K. Goebel Iber kleistogame BIftten. Biel. Zentralbl. Hd 2t. l'JOi.
2 H. Hallier. Polyphylet. Trsprung der Symi)etalen und .\pctalen. .Vbh.
a. (1. Gebiet d Naturwiss. Naturwies. Ver. Hamburg. XVI. 1901. — E. Sargant.
Theory of the origin of Monokotyledons. Ann. of bot Bd. XVII. 1008 u. Bot. Ga-
tett« Rd. XXXVII. 1904 ~ K Fritach. Stellung der Monokotjledoneu BeibL 79
tt Englere Bot. Jahrb. Bd. XX.XIV. S. 22 1906.
3; H. Ballier in zahlreichen Schriften, zuletzt: Ein zweiter Entwurf des
utfrlichen (phylogenetischen) Systems der Blütenpflanaen. Bec. d. D. boi Ges.
im Bd. XXXUL 8. S5, dort weitere Literatur.
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92 0, Eftrsten: Bericht fiber die Fortschritte der Pflanzeogeographte.
davon entfernt sind, das xnr Zeit hensdiende von Alex. Braun «nfgestellte,
durch EichUr und neuerdings besonders von Engler weiter ausgearbeitete
System durdi ein völlig durchgearbeitetes besseres, d. h. natfirliciheres ersetien
zu können. Vielmehr ist durch die bis auf wenige Familien jetzt fiortig vor-
liegenden „Natürlichen Pflanzenfomilien**') ein großes Sammelwerk mit zahl-
reichen guten Abbildungen geschaffen worden, welches auf dem Braun-
Eichler-Englerschen Systeme beruht, und dem man bidier nichts Gleich-
wertiges an die Seite setzen kann. Auf die staunenswerte Energie und
Arbeitskraft desselben Mannes ist das Znstandekommen und rüstige Fort-
sehreiten eines nocli weit nnifan<.n< ii hereii riitenn'hniens zurückzuführen, das
sich bis uuf die Summe aller einzelnen Spezies erstrecke, des „Ptlauzeu-
reichs"^).
Ein sehr freudig zu beginißendes Unternehmen ist im Laufe der aller-
letsten Jahre in Angritf genommen, «ne „I^ensgeschichte der Blfitonpflansen
Mitteleuropas''^). Es ist ein auf 5 B&nde berechnetes Werk, das monogra^
phische Abhandlungen flher die uns umgebende Pflanzenwelt enÜialten wird,
die vor allem auch die Skologischen Veihftltnisse berflcksichtigon sollen.
Nach dem Ausfall der ersten drei bisher vorliegenden Lieferungen wird das
Werk dem gebildeten Laien eine Fülle von Anregungen, dem Fachmanne
eine sehr vollständige Literaturangabe und eine Menge von weniger allge-
mein bekannten Einzelheiten bringen, die für ein tieferes Verstehen der ein-
heimischen Pflanzenwelt nicht ohne Red^Mitnng sind,
Wemi wir die Berichte über spfziellore systematische Familienbearbei-
tuugen liestimmter geographischer Ciebiete der eigentlichen PHanzengeographie
vorl)ehalten , bleibt nocli eine wichtigere Tatsache von allgemeinem syste-
matischem Interesse zu registrieren. Oliver und Scott^) ist es neuerdings
gelungen, ans äet Hasse der tls CycadofiUa» beancSmeten foasÜen Pflanzen*
reste, die bisiher stets den Fampflanzen zugerechnet wurden, eine Gnippe ab-
zusondern, deren AngdiSrige im Habitus zwar den Pteridophjrten entsprechen,
jedoch mit typischen Samen ausgerüstet waren, die denen noch jetzt lebender
Cjkadeen außerordentlich nahe konmien. Sie bezeichnen diese Familie als
Pteridospenneen , womit ihr Misohcharakter ja ganz gut zum Ausdruck ge-
bradit wird. Es ist das ein wichtiger Hinweis darauf, wie wir uns die
immer noch unbekannten Vorüiüiren unserer jetzt lebenden Gymnospermen
habituell vorstellen mflssen. (Schloß folgt)
1) A. Englcr uud K. Prantl. IMe natäxUcben Pflanzenfamiüea nebst ihren
Qattmigen und wichügereii Äxten. Leipzig, von 1889 ab.
2) Das Pflanzenreich. Regni vegetaV)ilis ( (^nspectus. L A. d. k. FkeoB. Ak.
d. Wisa. hrag. von A. Enpler. Leipzig, ab 1900.
S) 0. Kirchner, K. Löw, C. Schröter. Lebensgcschichte der Blüten-
pflansen Hittelearopae. Spezielle Ökologie der Biatenpflaoten Denteohlande, Oster-
zeichs und der Schweiz. Stuttgart, ab 1904.
4") F. W, Oliver and D. H. Scott. On the structure of the palaeozoic seed
Lageuostoma Lomaxi with a siatement of the evidence ' opon which it ia referred
to Lygütodendion. Fhilosi^h. traasactions of the Boyal sodety of London. 8er. B.
Vol. 107. London 1004.
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C. Keller: Die Kolonie Mftdsgaikar in ihrer gegenwftrt Entwicklung. 98
Die K«l«iiie Midiisukar in ilmr gegenwirtigen Bstwicklmig.
Ton O. Keller.
•
Die Kolonisation-sgf's<-hiclite von MadaLraskar weist in den vergangenen
Jahrhunderten eine lange Reihe von verfehlten Versutheu auf, dauernde und
gedeihliche Unternehmungen auf madagassischem Boden anzubahnen, ün-
iUuge KOpfe Terschleoderten die ihnen anverferanten Mittel; schiffbrttchig ge-
wordene Existenzen und Abentenrer aller Nationen sachten einst üuren lotsten
Ziflnehtsort in jener von der Natur so hegOnstigten Begion, wo sich die
eiiigebornen StSuune zerfleischten nnd znletrt diplomatische Intrigen eure-
piisdier Nationen jeden Aufschwung Inhmten.
Vor einem Dezennium nahm Frankreich einen neuen, diesmal recht
energischen und geschickt ausgefüJirten Anlauf, um eine entscheidende Wen-
dung der Dinge herbeizuführen. Der Moment war gut gewiUilt, die Hova-
regierung war unter oinein egoistischen Premit^rminister zur Unfäliigkeit
verdammt und hatte die elHmentarsten Kiick.sichten <ler Klugheit gegenüber
Frankreich auU^r Acht golassen. f]ine Katastrophe war unvermeidlich. Da-
mals drang General Duchenne, ohne nennenswerten Widerstand zu finden,
mit seinen Truppen von der Westkflste hw bis zur Zentralprovinz Imerina
vor, pochte etwas nnsanft mit Hüfe seiner Kanonen am Königspalast in
Antanarivo an, und die Hovadynastie, ihr baldiges Ende voranssebend, fügte
sidi ins Unvermeidliche.
Die firansSsischen Kammern beschlossen, um du ftlr allemal eine klare
Situation zu schaffen, 1896 die endgültige Annexion der LiseL Madagaskar
war damit dem französischen Kolonialbesitz einverleibt, SO nngem man dies
in London sah. Es galt jetzt, ernstlich zu kolonisieren.
In manchen Kreisen ist das Kolonisationsgeschick der Franzosen recht
bkfjitisch beurteilt worden, und gerade !Madaga^kar bildete mit Rücksidit auf
die MiB' rfiilge im 17. und 18. Jahrhundert den (iegneru der franzüsischen
Kolouialpolitik Augriffspunkte genug. Aber man muß, um gerecht zu werden,
anderseits nicht vergessen, daß einst auf den benachbarten Maskarenen doch
bedeatende Erfolge erzielt wurden und in Nord-Afrika sdir aohtungswerte
koloniale Leistungen zu verzeichnen sind.
Die Entwiddung einsät Kolonie httngt wesentlich von der richtigen Or-
ganisation ab, und diese ersdieint um so glücklicher, je besser sie sich den
lokalen ethnischen ZustSnden anzupassen vermag. Im Anfang h&ngt Alles
davon ab, den richtigen Mann zu finden, der mit der nötigen Bildung, Ener-
gie und Umsicht auch ein glückliches Organisationstalent verbindet. Ein
feiner Takt ist eine ganz unentbehrliche Beigabe. Ist eine Kolonie einmal
im Gange, so ma< ht sich die Sache sehr viel einfacher. Soweit ich aus
eigener Anschauung in Afrika reden k.inn, licirt hier das ganze (ieheimnis
der erfolgreichen Kolonisatiousarbeit der Engländer, die bei der Einrichtung
neuer Kolonialgebiete für die erste Periode jeden ProtekLionskaudidaten un-
berttoksichtigt lassen und mit musterhafter Objektivitttt nur das organisatorisdie
Talent zur Geltung bringen.
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94
C. Keller:
Und Frankreich hatlc «lie.^mal da> <!lück, für Mailairaskar dt n richtigt i>
Mann /.u linden — Geueral Gallicni besit/.l als Goueralgouverneur vou
Madagaskar zweifellos alle jene hohen Eigenschaften, die Ton einer bedeu-
tenden nnd aehöpferischen Natur verlangt werden. OaUieni ist am riditig«i
Platas nnd bat es verstanden, in verii<uamäfiig kurzer Zeit ungewöhnliche
Kolonisationserfolge su ersielen.
Vor uns liegen drei starke Bftnde^), welche einen genauen Einhliok in
den Gang der Dinge ermöglicben und außerdem eine Fülle von authentischem
Material über die Verhältnisse der versehiedensten madagassischen Distrikte
enthalten.
General Gallieni geht von der vollkommen riditigcn Ansoliauiing aus,
dali die wissenschaftliche Ers<'hlieüung der Kolonie (irundlage
bilden muß für die wirtschaftliche Ero]»erung; er tVadert jene daher
auf jede Weise und verfügt über die bedeutendsten materiellen Hilfsmittel.
Was den drei Bänden besonderen Wert verleiht, sind die zahlreichen
Monographien der einzelnen Provinsen von l^agaskar, wdehe Ein*
blicke in die lokalm Verhftltnisse in eUmisober nnd wirtscbaltlichw Beziehung
ermöglichen, ünd diese gestalten sieh ja auf madagassischem Boden ftuBerst
Tcrscbiedenartig, de bildeten für Gallieni den Hauptgrund, aus admimstratiyai
Bücksichten die Provinzen sich mit einer gewissMi Selbstibidigkeit entwickeln
zu lassen. Eiue gut ausgeführte Übersichtskarte im Maßstabe von
1 : 3 dOO 000 bringt die gegenwärtige administrative Einteilung in 29 Pro-
vinzen und Verwaltungskreise zur Darstellung.
Die vielen Kinzel karten liefern für die s])iltere genaue Kartographienmg
vou Madaj^'askar eine schilt/.enswerte (Jruudlage. Zwar kannte man bisher
neben <ler Zenlralprovinz Imerina auch deren nilchste t'mgebunLT niit hin-
reichender Genauigkeit, auch die Ostküste war besser bekannt, weniger da-
gegen die Westküste, da die dort wohnenden Hakalaven der Erforschung des
Landes grofie Bchwioigkeiten verursachten.
Von den Detailkarten der Östlichen Seite mag als besonders beaehtens^
wert hervorgehoben werden die Detailkarte der AntongUbai mit dem an-
stofienden Hinterland, femer die Karte von Vohemar und Diego Suarez.
Für die Westseite der Insel finden wir als kartographische Beigaben
gut vertreten die Provinaen Nosi-Be, Majuncra und Tulear, sowie die Ver-
waltungskreise Mahavavj, Maintirano und Marandava, über welche bisher
k^e zuverlässigen Angaben existierten.
Eine geologische (Mjersichtskarte im Maßstab von 1 : aOO 000
trägt den neuesten, besonders die Westseite betreüeudeu Forschungen Kech-
1) Es Bind die drei Jahrgänge des ,,Guide annuel de Madagascar** für
1903, iyo4 und l'.t05, welche als offizielle Publikationen aus der Staatsdruckerei in
Antanarivo hervorgegangen sind. Bildete früher, da die Engländer die Uovadynastie
durch ihren EinfloS beherrschten, das von der Londoner MissioBigeeeUsohaft
herausgegebene und im allgemeinen vorsflglich redigierte „Antanarivo Annual
and Matiagascar Magazine" eine wertvolle Fundgrube in ethnographischer,
naturhiistohscber und geographischer Uineicht, so tritt nunmehr unter den vor-
ftaderten VechUtniasen der „Guide annuel** an dessen Stelle, an Reichhaltig-
krtt alle froheren Publikationen fibertreffend
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Die Kolonie Madftgaskax in ihrer gegenwärtigen £ntwicklnng. 95
nung; sie läßt eine erhebliche £rweiterung unserer Kenutnisse und eine
wesentliche Modifiksti<m frOherMi Angaben eitennen.
Man wuBte, dnfi der Kern der Insel aus Urgebirgsfonnationen (Gneis,
Glimmerschiefer, Oianit) bestdit, welche im Innern nnd fast auf der ganzen
Ostseite in Tage treten. Vulkanische Bildungen sind Aber die ganze Insel
zerstreut und finden sidi in der Nshe der Ostktlste hftufiger als man bisher
annahm. Sehr ausgedehnte vnlkanische Gebiete sind auf der Westseite im
Kflsteng&rt«! bei Maintirano, also auf dem mittleren Sakalaven gebiet entdeckt
worden. An das archäische Zeutralniassiv ist westlich eine stelleiiweise ziem-
lich brpito Zone von Trias angelagert, welche ohne ünterbrochung von der
Nähe des Kap Ste. Marie im Süden bis in die Nllhe von Vohomar im Norden
reicht. Ihre stlirkstf Entwicklung lit'gt auf der Höhe von St. Andre, wo sie
einen isolierton Kern von ürgebirge umsäumt und beim Kap St. Andre bei-
nahe die Küste erreicht
Der Tiiaszone ist ein ungeffthr ebraso breiter Gürtel von Juraformationen
Torgelagert, der viel ausgedehnter ist, als man bisher annahm. Er beginnt
Bimlicb im Soden von Tulear und endigt im Norden in der Provinz Nosi-Be.
Die &eide erlangt im Westen eine betriehtliche Ausdehnung und wird
an den Sakalavenkfisten von einer schmalen Zone tertiärer und quatemSrer
Ablagerungen nmsilumU Leider fehlt immer noch eine zuverl&ssige Eintragung
der Korallenriffbildungen.
Der mineralische Reichtum der Insel ist beachtenswert, indem neben
Gold auch das Vorhanden sein V'-n abbauwürdigen Eismlagern, hosondei's auf
der Ostseite, naclig<'wicseu ist; Kupfer, Zink, Hleicr/ und Nickel linden sich
an verschiedenen Stollen, ebenso Lager von Kohlen. Systoinatisch ausgebeutet
nnd zwar mit stets zunehmendem Erfolg wurde bisher nur das goldführende
Geston, nnd seine Verbreitung in den ▼erschiedenen Distrikten ist auf der
sehr autf&hrlichen geologischen Karte vom Jahr 1906 eingetragen.
8eh<m unter der Henschaft der HoTUdynastie war das Vorkommen von
Gold bekannt^ allein die Regierung weigerte sich damals beharrlich, Ifinen-
konzessionen zu erteilen. In jflngster Zeit sind auf der Ostseite goldfOhieada
Allnviuiipn in großer Ausdehnung bekannt geworden, ihre Ausbeutung erweist
sich als lohnend. Am ergiebigsten sind die Alluvionen in den Fiufltälem
der Provinz Mananjary im Südosten, die Minenindustrie steht hier in voller
Blüte, so da Ii in dieser Provinz allein der Goldexport auf 1 Million Franken
angestiegen ist.
Im Innern der Insel weist die fruchtbare Betsileoprovinz eine grüBere
Zahl betriebsfähiger Goldwerke auf.
Wie sehr in Madagaskar die Goldausfuhr in Zunahme begriffen ist, Ififit
sich aus der Handelsstatistik entnehmen. Ln Jahr 1902 befamg der Gold-
export 1700000 Franken, 1908 schon 5800000 Franken, 1904 stieg er
auf 8 Miimonen Franken.
Eme in wissenschaftlicher ffinsicht recht interessante und wiUk<mmiene
ZusumuMiiassung der Paläontologie von Madagaskar er^hült der ,,Guide
1905** und zwar aus der Feder von JuUy in Antanarivo, welcher zurzeit
der dortigen Akademie vimiteht.
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96
C. Kellei:
IMe SltwtMi Foflniien stammen aus d«m obenm Idas in West-Madagaskar,
wlhrend aus der Trias bisher keine Mollnskenreste bekannt worden. Im
Nordwesten der Insel ist seit 1891 in jurassischen und Kreideschiehten auch
das Vorhandensein ^ßer IHnosanrier nachgewiesen worden.
Wichtiger sind die subfossilen Beste von Yögdn und Stngem aus den
jungen Ablagerungen.
Bekanntlich machte schon I80I Qeofficoy St HUaire der französischen
Akademie Mitteilnntrpn ttbor »las Hiesenei von Aepyornh^ das Abadie mit-
gohracht hatte, 18(»H wurde dvuvh (irandidier das Vorkommeu V(in KiuM ben-
r«'Sten riesiger inadaL'assischor Straulir' Ijekaunt, bald iia<hher wurde ein
ausgestorbones Niljjtt'rd [Hippopotdiiius Lenxriri) aus der ringobung von
Tulear iiathgewiesen. Bei Antüirabc hat Müller und fast gleichzeitig Forsyth
Major (18U3 und 1894) aus quatemftren Ablagerungen Vogelreste aufge-
ftanden, die auf zwei ganz Terschiedene Straufigattungen {AepyomiB imd
MüUeromU) hinwiesen. Aufsehen erregte der Nachweis, daB noch in geolo-
gisch wenig zurückliegender Zeit in Madagaskar erloschene Lemuren Ton
gewidtiger Qröfte Toxhanden waren {Adapis magmis). Eine Studienreise
wekdu> 189H Wilhelm Grandidier nach Madagaskar unternommen hatte, fügte
als erloschene Halbaffen die neuen Gattungen FtüaeofiropiOtecus und Breh
äütmur hinzu.
In dt>n letzten Jahren sind in der Xilhe dos Itasi-Sees in Kalkablage-
rungen sulit'<i.s-.ile Kcste von Säugetieren aufgel'unden worden; die Nach-
forsehungeu wcnicii gegenwärtig unter der Leitung von Jully fortgesetzt und
versprechen wichtige Aufschlüsse über die in der Quartärzeit erloschene
Fauna. Ein auttallend großes Exemplar von Palaeopropitlwcus inyens
gelangte in den Besitz der madsgassisofaen Akademie.
Beiohe Naturschfttze bietet das Land in den Waldungen, die noh über
eine Flftofae von ungefthr 12 Millionen Hektar ausddmen. Die forstliehe
Ausbeutung, seit 1900 gesetzlich geregelt, konnte sidi nur da «itwiclmln, wo
der Holztransport zur Küste billig ist, also da, wo die Wilder hart an die
Küste herantreten oder schiflFbare "Wasseradern vorhanden sind.
Die Bai von Ajitongil, die Provinz Voheniar und Majunga an der
Sakalavenkü.ste sind die wichtigsten .\usfuhrgebiete. Wie sehr die Ausfuhr
von Holz im Steigen begritfen ist, beweist die amtliche Statistik, 1900 be-
trug sie 43U0U Franken, 1902 bereits 300 000 Frauken und 1903 stieg sie
auf 5. "i 2 000 Franken.
Eine besondere Sorgfalt vt rvvcndet die Kolonialregierung auf die Hebung
■der Landwirtschaft. Die ti'opische Agrikultur läßt sich nicht nach einem
allgemein Terbindlichen Schema einriditen, sondern es muB dun^ ein ge-
naueres Studium der BodenveihUtnisse und der meteorologischen Bedingungen
•erst ermittelt werden, weldie Kulturen fOr die verschiedenen Kolonisations-
gebiete am lohnendsten sind. Ln Allgemeinen lüBt sich voraussehen, daß
sich die Ostseitc der Insel vorwi^;end für Plantagenbau, der Westen dagegen
für Viehzucht eignet Für weitere Einzelstudien hat die madagassisoiie
Landwirtschaftskammer an verschiedenen Punkten der Insel \'ersuchsstationen
•eingerichtet Bereits 1897 wurde nördlich von Tamatave die Station von
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Die Kolonie Madagaikar in ihrer gegenwftrtigea Entwieklang. 97
Ivoloina eröflFnet, ihre Versui he erstrecken sich vorzugsweise über Kulturen
von Kaffee, Kakaobäumon iiiul Kiintschnkpllunzen ; von letzteren sind neben
den in Madapiskar i'inheiiiiischt'n Kautsclmckliauen avicli Ficiis und Ilrrra
^^v;>/7/< eingeliilirt und kultiviert worden. Auf einem großen Versuch.s-
feldo un der Küste nördlich von Tainatavc, das etwa 1,>U Hektar umfaßt,
ist mit dem Anbau der Kokospalme begonnen worden, darunter die Varietät
der SeydieUen, weldie eine besonders gescUltsta Kopra liefert. Eine sweite
Station befindet sich bei Fort Dauphin, die bisher mit der Anpflanzung von
liberia-Eaffee, Tee und Obstb&nmen operierte. Die Zentralprorinz besitzt
in der Nihe der Stadt Antanarivo die Station Nanisana, welche zur Zeit
wohl am nunsten Bedeutung erlangt Sie befafit sich stark mit der Einfahr
und Anpflanzung von Maulbeerbilunien und erweiterte sich unlUngst zu einer
Seidenbaustation. Die Kolonialbehörde erl)lickt in der Seidenkultur einen der
wichtigsten Erwerbs/.woige für die Zukunft und versuclit die Kingebornen
mit der Aufzucht der Haupen vertraut zu niadien. (iünstige Vorl'edinguuLren
sind da. indem die natürliche Intelligenz der Hova.stttmnie schon friiher eine
einheimische Seidruiiidustrie zu üborrasrlieud hoher Ent wicklun«; l>ra«lite. In
den letzten Jahrun hat die Station Nauisaua an die Kolonisten und Em-
gebomen 15 000 lebende Kokons nebst Eiern und 40000 Maulbeerpflanzen
abgegeben.
Von tropischen Kulturen sdaeint nach den bishwigen landwirtschaftlichen
Erhebungen der Anbau von Kaffee den gehegten Erwartongen nicht zn ent-
spndien. Man hat früher schon aaf Nosi-Be sehlechte Erfahrungen gemacht»
nnd die Plantagon gingen naeh und nach ein, neuerdings sind ausgedehnte
Anbauversuche im Norden am Mont Amber unternommen worden; anfänglich
waren die Kaffeestauden Nnelversprechend, in der jüngsten Zeit wurden sie
je<lof'h stark von IlnniUja rnstutrir betallen. Auch im Süden der ln>^el hat
sieh dieser Parasit bemerkbar gemacht. Dafür scheint in Nord-Madagaskar
der Anbau von ^'anill^' gute lu-iultat»' zu geben, wenigstens ist die Ausfuhr
der Provinz Nosi-Be in beständiger Zunahme begriffen, indem die \ auille-
pflanzungen schon mehr als 400 Hektar umfassen.
Die Viehzucht, ein für Madagaskar anBerordentlich wichtiger Pro-
dnktiottssweig, ist in starker Zunahme begriffen; indessen ist es bisher ledig>
lidi die Rinderzucht gewesen, die von wirUieher Bedeutung geworden ist.
Nach den amtlichen Erhebungen besaß die Insel zu Anfiing des Jahres 1904
einen Rinderbestand von 2 776 000 Stück, wKhrend die Zahl zu Beginn von
1903 auf 2 342 000 geschätzt wurde. Es ergibt das eine Zunahme von
beinahe einer halben Million Kinder, was etwas auffallend ei-scheint, aber
wtihl in der stark verminderten Ausfuhr nach der Kapkolonie ihren tSrund
hat. Die reichsten Hindorbpstiiiidf weisen dit^ I'rnvinzen des Südens, dann
die ganz im Norden ufb'k'eiHn Hi-trikte von X'oliemar, Diego Suarez und
Nosi-Be auf. Sfld-AtVika war stet- das Hauptalisatzgebiet. zur Zeit der
kriegerischen Verwicklungen im iiureulande erreichte die jährliche Ausfulu"
schKsAl^ die Summe von 4*/^ Millionen Franken, gegenwärtig beträgt sie
aar noch 2V2 Millionen Franken, da in der Kapkolonie die Einfuhr aus
Argentinien sehr bedeutend ist Indessen werden die Madagassenrinder auf
0— tfMMwh« Z«lladtrlfi IS. J«liTff»Bir. IMM. t.H«fk. 7
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98
C. Keller:
dem südafrikanischen Markt wohl nie verdrängt werden, da ihr Fleisdi als
sehr wohlschmeckend gilt. Neben der Kiuderzucht ist die Schweinezucht
bemerkenswert und neuerdings in fühlbarer Zunahme begriffen, so daß die
St&oknhl ftiif 800000 angestiegen ist Die Schafzucht war nie hedentend
und wird kaum eine Zuknnft haben. Die eingebome Basse ist ein Terdar-
benes Fettsteifischaf^ das swar brauchbare HSute, aber ein schlechtes Heisch
lieüBrt Man Tcrsudit gegeowftrtig durdi Einfidir algerischer Schafe die Basse
su Terbesaem.
Pferde haben sich in Madagaskar nicht gut gehalten, doch will man sie
wie ler einbürgern, indem man passendes Zuchtniaterial aussuchte und hierzu
Berberpferde und abessinische Pferde wählte. Zur Zeit befindet sich ein
grf'tßeres fJestüt im Betsileolaude in der Nähe von Finanarantsoftf WO auch
erfolgreiche Versuclic mit der Eselzurlit im (nmge sind.
Im Allgemeinen sind in Madaga.skar die Bedingungen für die Groiivieh-
zucht weit günstiger als auf dem afrikanischen Festlaude, da die dort auf-
tretenden Seuchen den madagassischen Viehstand verschont haben.
Eine notwendige Vorbedingung fOr die wixtsdiafUidie Erschlieflung eines
Landes ist die Anlage von geeigneten Verkehrswegen. Li dieser Hinsidit
hatte die firanzOsisohe Kolonialbehörde eigentlidi Alles erst zu schaffim. Die
frühere HoTaregienmg striluhte sich grundsfttzlieh gegen die Anlage von Ver-
kehrsstrafien nach dem Inneni; sie wollte eben das Vordringen der Europäer
erschweren. Straßen in unserem Sinne gab es vordem in Madagaskar nirgendSi
selbst die so begangene Route von der Ostküste nach der Hauptstadt Anta*
narivo war nur ein Fußweg, der wohl den Trägen» bekannt war, aber weder
für ein Reittier noch für ein Fuhrwerk gangbar war; die zalihfichen Wasser-
liiufe auf der Ostseite, wo sich ja der Hauptverkehr abspielt, konnten des
kurzen Unttrlaufes wegen nicht lange benutzt werden.
Hier war nun ein gewaltiges Stück Arbeit zu bewlUtigen. Zur Zeit sind
gute Straßen erstellt, welche die Ostkflsto und die WestkOste mit dar Haupt-
stadt in der Zentralprovinz verbinden. Auf diesen ist zum Teil «n Auto-
mobilverkehr eingerichtet worden. Eine groBe Straße fUhrt von Imerina nadi
dem fruditbaren und stark bevölkerten Betsileolaude.
Von vitalem Liteiesse fEkr den AuÜKhwung der Kolonie mußte die Er-
stellung eines Schienenweges erscheinen, der die Hauptstadt der Zentralprovinz
Imerina mit der verkehrsreichen OstkQste verbindet. Die französische Begie-
mng ermächtigte schon im Jahr 1900 die Kolonie Madagaskar zu einer An-
leihe von 60 Millionen Franken, um dm Bau einer Ei'^cnbahn nach dem
Innern an die Hand zu nehmen. Nach faehniUnuisclier Prüfung der lokalen
Verhiiltnisse wurde vorläufig von einem ununterbrochenen Schienenweg zwischen
Antanarivo und dem wichtigsten Küstenplatz Taniutave abgesehen; für die
erste Hauptstrecke, welche der Küste entlang bis Audevoranie fährt, ließ sich
der billigere Wasserweg verwenden. Es finden sich nftmlich südlich von
Tamatave zahlreiche und genflgend tiefe Lagunen parallel der Ostkflste, welche
duroih eine schmale Sandbarre vom Me«re getrennt sind und nur an drei
Stellen von wenig ausgedehnten Querbarren unterbrochen werden. Durchsticht
man diese sogenannten Aw^^alema, so Iftßt sich ein ununterbrochener Wasser-
Die Kolonie Madegaeker in ihrer gegenwftrtigen Entwicklung. 99
wf'g bis nach Andevorantf in eintr Lüuge von 122 Kilometern erstellen. Diese
Arbeit ist bereit-s voUt-ndet, und die nötigen Kanäle sind von der Compaf/nie
des Messmjcrics Fruaraises de Madagascar erstellt worden. Diese Gesellschaft
hat 10 kleinere Dampfer im Betheb, welche die Waren und Personen von
iTondro, das man in einer halben Stunde mit der Eisenbahn Ton Tamataye
her enreieht, naeh RridcanUe befiSrdem. Letseterer Ort ist der Ausgangspunkt
der nadi dem Linem ftthrenden Eisenbahnlinie, deren Linge nach dem defi-
nitiven Ausbau 295 Jdometer betragen wird. YorlAufig wird nur die erste
Sektion, d. h. eine Strecke von 185 Kilometer gebaut, da die Kolonie ihr
Budget nicht allzu rasch Termehren will. Von dieser Sektion ist am 1. No-
vember 1904 die Strecke von Brickaville bis Fanovana (102 Kilometer) dem
regelmäßigen Betriel» flljergebm worden. T^'i dieser vorliiufigen Eml^^tation
angelangt, erfolgt ))is zur Hauptstadt Antaimrivo der Personen- und <Jepäck-
vorkehr 'lurch einen regelmäßigen Autoniohildienst und nimmt fiir die Hiu-
uikI Rückt ah rt zwei Tage in Anspruch, was schon eine sehr wesentliche Ab-
kürzung der Keizezeit bedeutet.
Da sich zwisdien dem Hochplateau und der Ostkfiste ein Chaos von
Bergen ausdehnt, stieß der fiahnban auf erhebliche Schwierigkeiten.
Für den Kfistenverkehr, der von lokalen Dampfern unterhalten wird,
konnten bisher geschütite Hftfen noch nidit erstellt werden, so notwendig
dies erscheint. Dagegen sind die Landungsplätse, meist offene Beeden, ver-
bessert worden.
Der Post- und Telegraphenverkehr verfügt Aber ein Netz von Verbin-
dungen, welches alle wichtigen Punkte im Innern des Landes einschließt;
'^(hon \c(-gen der Sicherheit der Kolonie hat man die Erstellung dieser Ver-
bindungen beschleunigt.
Die wirtschaftliche Entwicklung der KuKmie findet ilireu objektiven
Ausdruck in der Handelsbewegung, im Import und Export. Eine statistische
ZttsammensteUung der letzten Jahre ergibt nun unzweideutig eine fortwährende
Steigerung im Verkehr. Der Außenhandel beaffiarte sich 1904 bereits auf
nahezu 46 Millionen Franken, wovon 26y, Millionen auf den Import und
gegen 19Vf IfiUionen auf den Export kommen; beachtenswert erscheint, daß
der letxtere im Jahre 1903 gegenObor dem Voijahre eine Zunahme von
3 Millionen aufweist; in Wirklichkeit liegen die allgemeinen Verhftltnisse
noch günstiger fQr die Ausfuhr, da 1902 die starke Viehausfuhr nach Süd-
Afrika die Exportziffer erhöhte, jetzt aber wieder normale Verhftltnisse ein-
getreten sind.
Für den KleiuhUndler, der nicht über ausreichende Geldmittel verfügt,
ist zur Z»nt noch eine gewisse Vorsicht geboten. Er wird leicht erdrückt von
den großt n Firmen, die mit starkem Kapital arbeiten und ihre Filialen an
allen grüiieren Orten des Landes besitzen.
Der Transitverkehr geht hauptsachlich Über Tamatave, den wichtigsten
Hand* i pUtz der Ostkfiste. Man rechnet, daß gegenwärtig mindestens die
Hüfte des gesamten Exportes der Insel auf den Hafenplatz Tamatave ent*
flllt Daher hat das rege Leben diesen Ort völlig umgestaltet. Frflher be-
stand <r ans einem unregdm&ßigen Haufen von niedrigen Holsh&nsern mit
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100 C. Keller: Die Kolonie Madagaskar in ihrer gegenw&rt.£niwicklung.
einer emsigen Straße und den unordentlichen Strohhfttten der Madagnssen;
ünterknnft war fttr dem Fremden, der nicht von einem europttischen Handels-
hause gastlich aufgenommen wurde, nnr schwer erhftltlich. Heute ist Tama-
tave eine hlflhende, regelmftflig gebaute Küstenstadt mit gesunder ümgehnng
und mit stattlichen KaufhUusern, Banken, Magazineu, administrativen Bureaus
und gut eingerichteten Hotels, in denen freilich auch die Preise für die Unter^
kunft in die Höhe gegangen sind.
Von den übrigen Kttsteiiplät/en, welche sieh dureh direkten Export am
Auü<'nhan<hd l)t'feilig«>n, k"mmen aut" der Ostsi il-- hfniptsiii lilich Fort I)aviphin.
Voheinar und Diego Suarea^ auf der Westseite Nusi-iie, Majuuga, Morondava
und Tuh ar in lietraeht.
Die wichtigsten Ausfuhrailikel, bei denen eine lortwühiende Zunahme
zu verzeichnen ist, sind Gold, lebende Binder, Raphia, Häute und Kautschuk.
Letzteres Produkt schien yor Jahren der Ersdiöpfung nahe, weil die Ein-
gebomen bei der Gewinnung äußerst sorglos verfuhren und die Kantsehuk-
lianen {Vdhea madagaseariensis) vielfach zerstörten. Es war das zu be-
dauern, da d«r Kautschuk von Madagaskar auf dem europäischen Markt sehr
gesucht ist. Die Kt>lonialverwaltung wie dif ruropiiisf lien Kaufleute haben die
Eingebomen mit Nachdmek angewiesen, die Lianen bei der Ausbeutung scho-
nender zu behandeln, und ihre RatschliiLic landt n lieaehtung, daher das
tiberraschende Ergebnis, daß sieh die Kautschukausfuhr in kurzer Z^it ver-
vierfacht hat (^545 000 Franken im Jahr 1U02 gegen 2 200 000 Franken im
Jahi- lOo:}).
Am nuidagassi^cheu Handel ist naturgemäß i'iankreich in erster Linie
beteiligt, dann folgen die südafrikanischen Besitzungen und Ostafrika; der
deutsche Handel beginnt mehr und mehr dem englischen den Bang abzulaufen.
Erleichtert wird der Verkehr mit den Eingebomen durch die allgemeine Ein-
fOhrung des franztetschen Oeldes; das bei den Madagassen froher allgemein
verwendete Hackgeld wurde vom Mllnzamt eingezogen und ist jetzt gänzlich
verschwunden.
Mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Kolonie ist die geistige
Hebung der Bevölkerung eng verbunden; daher hat General Gallieni der
Ausrff'staltung des Schulwesens seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet und
durch einen Erlaß vom Januar 190 4 die Untcrricht-verhUltnisse neu geordnet.
Seinen püdagogi.s< h*'n (irundsilzten wird man nur zustimmen k()nniMi, wenn
er in Anlehnung' an die tatsächlichen Verhältnisse der Kolonie die Eingebornen-
bchulen von unniit/Aiii theoretischen Ballast möglichst befreien und den Unter-
richt 80 viel als möglich den praktisohen Bedltrfiiissen anpassen will. Er
betont mit Becht — und in dieser Hinsicht könnten vielleidit auch euro-
päische Pädagogen noch etwas lernen — , daß eine Überbfirdung der Schul-
jugend die Intelligenz schwäche und dem materiellen Gedeihen der Bevölkerung
durch einen auf das Praktische gerichteten Unterricht besser gedient seL In
den ländlichen Schulen unterrichten auf der Primarstufe Eiugeborn**, die sich
über ihre Befähigung ausweisen müssen. Die Sekundarstufe, die in den
Provinzialhauptorten landwirtschaftlichen und gewerblichen Unterricht vor-
siebt, wird von französischen Lehrkräften versehen. Für Mädchen wird in
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Karl Peueker: Möllers „Orientiemng nach dem Schatten**. IQi
diesen Repionalsehulen Haiishaltiiugsunterricht von französischen Emeherinnen
erteilt; eine beson(]ere Abteilung 1)efaßt sich mit der HeraDbildttDg ein-
heimisclitT Lehrkräfte {Sertion Honiuilc).
Außt-rdem wurden an den wiclitigsteu Orten, \vr» Europäer augesiedelt
sind, europäische Schulen eingerielitct, so in Aniaiuirivo, Tamatavc, Diego
Su&rez und Majunga. Diese erfreuen äich eines starken Besuches.
Erwähnt mag nodi irardm, daA 2ur Pflege wiMenschaftlkh» iBtereflsen .
seit 1902 eine AeadMe MaJgache besteht, welche monatliche Sitzungen in
der Hauptstadt aUiftlt und jShrlidi Beiträge für eine Bibliothek and ein
Museum erhalt Aufgabe dieser Akademie ist es, die Linguistik, die Sozio-
logie und Ethnographie von Madagaskar zu pflegen, sowie palaontologisohe
und geologische Arbeiten anzubahnen.
Aus den hier mitgeteilten Daten läßt sich ersehen, daß Fiankreich in
Madagaskar einr» intensive und höchst erfreuliche Tätigkeit entwickelt hat, und
di«'So ist wesentlirli d>'r schöpferischen Initiative des Generals (iallieni zu ver-
danken. Um gt'rt'cht zu stMu, müssen wir indessen auch des Comilc de Ma-
dinjasair in Paris voll Aiurkennung ge<lenk('n. Dieses Komitee, an dessen
Spitze der berühmte Geograph Alfred Graudidier tiltig ist, steht mit seiner
reichen Erfahrung der Kolonialbebörde zur Seite und erteilt fachmännische
Batschläge; es bildet gleidisam dm Vermittler zwischen der Kolonie Mada-
gsskar und dem französischen Pablikum.
MUlen „MeBtienuigr Baeh dem Seliattei".
Die Taschenuhr als Kompaß.
Von Karl Feaoker.
(Mit 4 Figuren.)
Dem Zwecke nach entfernt verwandt mit Paul Harzers Abhandlung
Aber geographische Ortsbestimmung ohne astronomische Instrumente, sachlich
mit Üteren gnomonisdien Studien und neueren über den Bergschatten, be-
banddt eine Untersuchung von Max Möller, die als „Orientierung nach
<3(m Schatten"*) nicht ganz ausreichend betitelt ist (der Haupttitel hieße
wohl richtiger: Orientierung nach Schatten und Z»irK die Vorwondbarkeit
der Chr als Kompaß bei Sonnenschein. Die Touri.'5tfnn>g»l ist ja vielen be-
kannt: Man halte eine (nach Ortszeit gehende) Taschenuhr wagerecht und
^rehe ne, bis der kleine Zeiger nach der Sonne weist, so also, daß der
Schatten etwa eines senkrecht gehaltenen Stiftes den Zeiger deckt. Die Hal-
bierungslinie des Wink«'!- der Stunden, die zeitlich von der Mittagsstunde
des TuLu-s i' df'r Zahl VI ) trennen. i<t dann die Sü<lHnie. (Bil«l 1 u. S. 102.)
Ost«-ii lleirt dann links, Wösten rechts. Jordan hat diese Rf'^rel als mit
ngroben Irrtümern'* behaftet wohl gelegentlich*') bespöttelt, verdienstlicher
sWr war es sie auf ihre Ausnahmen hin, die ja jede Regel zulftßt, einmal
r Max Malier, nrimtif-niiit,' nach dem Schatten. Stvulien über eine Tou-
nskxuregel. I6d ä. SO Bilder i. üolzachn. Wien, in Kommiss. b. A. Hölder 1905.
{) Z. f. yenneii.>Weien. 1896. S. 660 it
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102
Kftrl Peucker:
exakt zu untersuchen. Systematisch ist dies — nach ersten Behelfen, die
Kahle im Sinne einer Orientierung nach dem Sonnenstände in seinen prak-
tiBchem „Sonnen- und Sierntafeln**^) an die Hand gegeben — suenfc ge-
schehen durch Carl Schmidt in «nner klar geschriebenen Programmarbeit*).
Sie tri£ft nach Fragestellung und Ergebnissen in knapper Form das Wesent-
lichste und l^ächsünteressierende.
Sonnenuntergang
Bild 1: am 21III u 23.IX. Biid2: am 21.VI.
Die Arbeit Möllors ist unabhängig von ihrer Vorläuferin und bringt,
breit angelegt, wertvolle Einzelheit<'n und weitgeliondo Eij^'Hnzungen zu jener.
Das Problem laßt sich zurückfuhren auf die l'raLro nach dem Verhiuf der
Unterschiedskurven zwischen Azimut und Stundenwinkel der Sonne als Funk-
tion der gcographisehen Breite, der Jahres- und Tageszett. Man «rslebt
hieraus sofort: Die Abweichungen {vm der Regel) mflssen wachsen yon einem
Nnllbetrage an den Polen bis zu einem absoluten Maximum unter dem
Äquator. Die komplizierten Beziehungen zwischen jenen GrenztüUen zu ent-
wirren werdt'n nach einander drei Wege eingeschlagen: im ersten Al>selinitt
der einer graphischen Konstruktion, im zweiten der algebraischer Berechnung,
im dritten der wier Herleitung aus der räumlichen Anschauung. Die hier
beobachteten Baumkurven gleicher Fehlerwerte werden im IV. Kapitel noch
rechnerisch behandelt, bis im V. und letzten Abschnitt die Schattenumkehr
eine besondere Erörterung erfahrt. Methodisch neu ist zunitchst die graphische
Lösung. Die Sonnenbahnen wfrdon auf die Ki)cnc des Horizontes projiziert,
ähnlich wie man sie zur Krmittlung von Zahlenwcrten für den Bergschatten')
auf das gesetzmäßig verebnete Himmelsgewölbe projiziert bat. Auch an sol-
chen Bildern übrigens ist die hier vorliegende Aufgabe Itebar. Fragen nach
der L&nge der Tagebogen der Sonne unter rerschiedenen Breiten und ver-
1) Aachen 1H'.>2
2) Carl Schmidt. Beiträge zur uiathenuitischeu Geographie I. (Der Unter-
schied zwischen dem Richtungswinkel und Stundenwinkel eines Sterns b^nchtei
in seiner Abhäns:ijjkeit von dem Stundenwinkel, der Deklination des Sterns und
von der Polhöhe.) Jahresber. des Groüherzogl. Ostergymnasiuma zu Mainz 1903. 14 S.
8} Devlacher Geographentag 1897.
Mollen MOrientieriing nftoh dem Schatten'^.
108
wandto wenlon nach d**m npuen Verfahreu, iintHr geschickter Benutzung von
Propoilionalitätsüätzen, lediglich mit Hüte von Kreis und gerader Linie be-
•ntirortet*). Didaktiach eigenartig ist der Beklitiiiii an «nsehaaliolieii Ver-
^«idieii und, abgeselieii tob den beigegebMien FlgweD, flberiiaapt die An>
atliaiiiuig. Sie gipfelt im Kapitel III von dor „anschaulichen Verifikation",
in dem der Verfasspr oin Vorstellungsbild zu schaffen sucht von dorn Gesamt-
verlaufe der Abweichungen über die ganze Erde hin. Die bildliche Darstel-
lung vermag hier noch nicht zu folgen, indem sie wohl objektive Verhältnisse
in der Ebene eindeutig vetanachauHeht, nicht aber solche im Bamne. Bild 98
(8. 96) mit dem Verlaufe tob Äqui^erenxkurren unter dem 48. Breiten-
grade, projiziert auf den Meridiau, ist immerhin schon sehr lehrreich. Baeh-
lieh neu ist, daß nicht nur wie bei C. Schmidt fUr eine einzelne, sondern
für eine Reihp wesentlich unterschiedener Breiten zwischen Pol und Äquator
typische Feblerwerte berechnet werden, so daß der reisende Geograph über
<fie Frage einer notftUigmi VwwendbaadEelt seiner Tasehenohr eis Kompafi
(ae. la nngefthren Riehtungabeatimmungen) manche Auskunft finden wird in
Mollers eingehenden Zusammenatellungen Sonst gehört hierzu etwa noch
die Äusdehnun der üntersuchung auch auf die südliche Halbkugel, wo natür-
lich dieselben Regeln, nur im umgekehrten Sinne des Uhrzeigers ( ,,< {egenuhr"),
Korden statt Süden gelten. Auch die Erinnerung an einen Zusammenhang
awiadien dem Sinne der Zeigerbewegung und dem Erfiodongsgcbiete der
Bidembren, aoweit dies in der nördlichen gemißigten Zone gelegen'), ist zum
mindesten geographisch intereaaant. Der Lüialt von Abschnitt V gibt eine
Determination zu dem Satze von den Monoscii und Periscii mit dem Er-
gebnis, daß der Umkehr des Schattens in seiner Hewegungsrichtung „nichts
Exotisches anhaftet*^ sie läßt sich auf der ganzen Erde beobachten. Her-
mann J. Klein gibt im „Sirius"^) historische Ergänzungen hierzu. Lediglich
fb Tertikale Qegenstlnde ist sie auf die Tropen bescbrtnkt. Fttr das prak>
tisehe Ziel der Untersuchung kommt ja freilich das allein in Betracht; aber mag
sie sich dem Titel nach auf die Praxis zuspitzen wollen, der Schwerpunkt
der Arbeit liegt dennoch auf theoretischem Gebiete. Sonst hUtte es auch
nicht der Berechnung bis auf Bogen- und Zeit-Sekunden bedurft, wo doch
mit Absicht andererseits die Änderung der Deklination während des Tages,
die Btraklenbrechnng und insbesondere die Zeitgleichong ausgeschaltet wurden.
Freilich kommt alles das auch praktisch wohl kaum in Betradit. Die Theorie
der Zeitgleiehung ist übrigens ebenfalls von Carl Schmidt zum ersten Male
ausfUhrlich entwickelt und in einer Kurve, deren Form hierl»ei gleichzeitig
als Interferenz der Kurven ihrer beiden Bummanden ersichtlich ist, dargestellt
worden.^) Das Vorwiegen des theoretischen Interesses bei Möller zeigt sich
«^licb auch am Schlüsse. Er fehlt — wenigstens im Sinne des gestellten
Themas. Die „Touristenreger' bedarf doch eben, um wirklich mne solche su
sein, ^'ewis^er Zusätze; und solche hStten, in knappster Fassung und etwa
zöuenwfis unterschieden, das Ganze abschließen sollen. Hier davon — neben
ergänzenden Bildern — nur soviel: Die Bniuchbarkeit der Regel wird**) in
den Folpunkten ganz aufgehoben dadurch, daß am Nordpol aus dem Süd-
1) S. 12 u. :{6 tr.
S. (II) 5-iff., 61 u. 7Ö- H4 iTabellen), {lllj «7—80, sowie nach \ j löa^löö.
») 8.^32. 4) iy06 H. 4. 8. 77.
Carl Schmidt. Beitrüge zur matheinati-^chpn Geographie IT Die Zeit-
giMchuQff. Jahresber. d. gr. Ostergjmnaeiuma lu ^laiuz lÜUl. 27 iS. u. 1 Taf.
e) Naeh MOller, 8. 18 n. Sl.
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104 Karl Peacker: Möllers „Orientiernog nach dem Schatten".
punkte ein Süd kr eis geworden ist (am Südpole viee versa), ferner nahe
den Polen eingeschrftnkt durch die schnelle Änderung der Ortszeit bei Wande-
rung im Breitenkreise; nur bei nordsttdlichen Totiren bew&brt sich auch iu
der Praxis die filr die Pole theoretisch uneiu {geschränkt geltende Regol.
Ferner dürfte die Kegel wfing brauchbar sein zwischen den Wendekreisen,
und zwar durch den hi)heu Heiiug der Abweichungen und den (in Folge der
Schatteuumkehr) komplizierten Wechsel ihres Sinnes. Dagegen ist die Regel
braachbar in mittleren Breiten, imd zwar fBr den größten Teil des Jahres
uneingeschränkt. Nur für den Sommer, und zwar (ftir Mittel -Eur(»pa im
Norden [56" Br.J etwa von Mitte Mai bis Ende Juni ) unter oO® Br. von Knde
April bis gegen Endo August (und im Süden f 1.')° Br ] etwa von Anfang
April bis Mitte September), empfiehlt sich ein einfacher Zusatz für das
Maximum der Abweichung (sc der Winkelhalbierenden von der wahren Slld-
richtung):
Zur Sonnenwende (21. Juni) besteht um 9'' und S*"*) ein — der Zahl
12 abgekehrtes — absolutes Maximum von 4 Minutenstrichen*) (Bild 4),
Die Abweichung nimmt ab bis zu dem abs. Minimum des Mittags, wobei
noch vor und nach ihm, zwischen 10 und 2*", Süden sehr nahe der Rich-
tung der 12 liegt (relatives Maximum'), Bild 3), andrerseits bis zum abs.
Hb. des Sonnenaiif- und -Unterganges der Tag- und Nachtgleichen (Bild 1).
Maxima der Abweichung
Rtletive Maxime Abeoliitet Mexiimiiii
Bild SsAftr u.ntch H mag zwisdwn .IOu.2% Bild 4-:-d8luii4in vor y.Mdi MillaSf
Ein Verfehlen des richtigen Winkels beim Halbieren ergibt die gigan-
tische Verwechslung von Norden und Stlden (vergl. Bild 1 u. 3), ein Verfehlen
des Sinnes der Abweichung eino mögliche Fehlrichtung von 50° = 8 (im
N: = G, im S: r,i)« = lO) Minutfiistrichen. Beides soll obige Fas-
sung von Hauptregel und Zu>atz verhindern. Ist man aber des Sinnes der
maximalen Abweichung nicht sicher — imd allein aus dem Mölierschcu
1) Für 50" Br. Für .".G " um 8^" und 3-"; für 1.'.'^ um 9*" und 2
2) Unter 56* von 3, uutcr 45^ von 5 .Minuten.striclien.
8) Während der abs. Betrag deä Winkels der Aljweichung abnimmt, nimmt
sein Verhältnis so dem halbiert^ Winkel zu bis unmittelbar vor besw. nach 12>>.
Eduard Wagner: Die Zukunft der deutschen Oeographentage. 105
Buchf^ mit seiner wenig praktischen Formulierung der Ergebnisse wird man
da> schwer — , so ist es liir das ganze Jahr besser, sich allein die Haupt-
regel zu merken, indem dann die Fehlrichtung nur halb so grofi werden kann.
Der Yornchtige wird sieh beide Begeln in den Deckel der Uhr einlegen, und
entweder am Zifferblatt auf den Sinn der maximalen Abweicliungen bezflg^
liehe Marken anbringen, oder Bausen von Bild 1—4 den Regeln beilegen.
Vermitteln wird zwischen beiden, wer sicli (für das mittlere und südliche
Mittel-Europa) zur Hauptregel lolgendeu aller kihvA'Sten Zusatz merkt: Im
Sommer liegt zwischen Ii*' und 3*' die wahre Südrichtung näher der Zahl 12
als der Winkelhalbierenden.. — Die unelngeedirftnkte Brauchbarkeii der
Hauptregel in Nüttel- Europa durch (im N. 9' g) 8 (im S. 6* ,) Monate im
Jahre läßt sich damit begründen, daß während dieser Zeit die (maximale)
chronometri?J('he Mißweisung nicht griißnr ist wie die (maximale) niagiirtiscbe
'in Mittel-Europa z. Zt. 5^ — 14" wfstwiirts wachsend, zugleich aber auch, nach
Liznar, mit der Höhe), liie man ja, wohl selbst im westlichen Deutschland,
bei ungefähren Bichtungsbestimmungen aueh nicht beachtet.
Die Darstellung in der M öl 1 ersehen Abhandlung läßt bei ihrer behag*
Hdien Br^te wohl hie und da Wesentliches im weniger Wesentlichen ver*
schwimmen, liebevolle Vertiefung hat den Verfasser wolil da und dort zu
Het:nÜ'ssplitteruugeu geführt, dem aufmerksanieu Studium aVier bietet die
gründliche Untersuchung eine Tülle des Belehrenden uud Auregeudeu ius-
bfliondere auf didaktiiehem und methodischem Gebiete, und awar vor allem
durch den Wert, den sie auf Anschaulichkeit lagt — Das Fehlen Ton
Bildern, M^e Sie Referent hier in ergänzendem Sinne bringt, kommt lediglich
anf Rechnung des Vorzuges, den in der Mr»ll ersehen Arb^'it die Theorie
genießt. — Sie in jener Ri< htune speziell dem lehrenden wie dem darstellenden
Geographen zu empfehlen, wurde die erweiterte Form der Besprechung ge-
wihit Hit den Hinweisen auf verwandte Literatur entspricht Referent —
frnlich wohl nur in bescheidenem Mafia — zonftchst einem vom Verfasser
im Eingange seiner Schrift geäußerten Wunsche.
Benerkingeii Iber die Znkinfl der devtsclien tteographeiitage.
Ton Bduavd Wagnert
Im vorigen Jahrgang (^S. ü37j dieser Zeitschrift weist Wilhelm Halb*
faß auf die Beformbedfirftigkett der deutschen Geographentage hin. Wohl
jeder aufinerksame Besucher der letzten Tagungen wird diese Anregung sehr
berechtigt und dankenswert finden.
E« unterliegt keinem Zweifel, daß, wie Halbfaß ausführt, die Bedeutung
der deutschen (ledj,^ aplientage in den vergangenen Jaliren von Tagung zu
Tagung im Abnehmen begriffen ist. Ich möchte den Grund hierfür aber nicht
vift er daxin suchen, daß einmal „die Zeit der großen Entdeckungsreisen
vorBber sei**, also Ifongel an großen Stoffen die Schuld an der Herabminde-
mng der Bedeutung unserer Geograpbentage trage, und daß daneben noch
die Konkurrenz der Spezialkongrcsse einen ungünstigen Einfluß übe.
M. E. liegt der wahre Onin<l darin, daß sich wie auch auf anderen
Wissensgebieten der Gedanke mehr und mehr Bahn gebrochen hat, daß die
^^Msensehaft an sich durch Kongresse nicht wesentlich gefördert wird, daß
^Msn vielmehr nur eine zweite Stelle zukommt, neuere Entdeckungen oder
106 £daard Wsgner: Die Zukunft der deuUohen Oeographentage.
sonstige Forscbungsresultate einem größeren Publikum zugänglich zu machen.
Den ersten Platz tHar VerOffentlidnmg nener Srgebniaae nimmt heute die
Fachpresse oder auch ^dai Bnoh'* der einxehien Aiit<n«a ein. Erst nachdem
dieser Weg in die öffenfliohkeit beschritten ist, pflegt man an den Kongreß
heranzutreten.
Aus (liosen (iesichtspunkten boraus folf^t (Hp Abschwäebun^^ rlor Bedeutung
der Geographentage und mit ihr die in den letzten Jahren zunehmende Ent-
fremdung akademisdmr Bosoiten und andeier selhstlndig aiiwitendflr FonMiher.
Treu geblieben sind den Kongressen nadi wie vor die doreh die Fach-
lehrer von Schulen aller Grade vertreteneu Repräsentanten der Sclmlgeo-
graphie, die denn aneh mehr und mehr den Geographentagen ihren Charakter
aufzuprägen gewußt haben. Wenn auch .ständig den ver.'^l•hiedensten Ab-
teilungen unserer Wissenschaft ein Platz im Sitzungsprogramin eingeräumt
wurde, so zeigte doch die nach den schnlgeographischen Vorträgen sinsetiende
lebhafte und eine längere Zeit nmfiissende Diskussion gegenflber der oft
recht bescheidenen in anderen Abteilungen, wie sehr der Schwerpunkt der
Geographen tape auf diese Seit»' verli'jrt worden ist. Bei aller Wertschätzung
des schulgeograijbiscben Zweii:es unserer Wissenschaft muß doch anerkannt
werden, daß er allein niemals so allgemein interessierende und weite Kreise
packende Fragen hervorzubringen yermag, die eine rege Beteiligung auch
ttber- den engeren Kreis der Sohulgeographen hinaus bewiricen konnten.
Wenn nun aber, wie in Halbfaß' Ausführungeni selbst auf diesem Gebiet,
der Schulgeographi», dem -Geographentag eine größere Bedeutung und eine
fruchtbringende Kinwirkuiig abgesprochen wird, so ist das in der Tat ein
recht bedenkliches Zeichen und der Huf nach Keformation der Tagungen ist
hoch an der Zeit.
Was nnn das Wesen und die Durdifnhmng dieser Reformation betrifft|
möchte ich gleich hier betoneu, 4hül ich Ilalbfaß' Ansicht, ans einer Umwand-
lung des deutschen Geographentages in eine \Vanderversammlung eine Steige-
rung des Interesses unserer Fachgenossen an dieser Veranstaltung /u er-
holicu, nicht teile. Wie sehr die mit dorn aufmerksamen Schauen und dem
Steten Platzwechsel verbundene Ermüdung die Anfhahmefthigkeit des einzelneu
für Vortr&ge und wissenschaftliche Arbeit beeinträchtigt, habe ich bei meiner
Teilnahme an dem stetig umherziehenden VIII. internationalen Geographen-
kongreß in Nordamerika zu beobachten Gelegenheit gehabt. In meinem Be-
richt in „Petermanns Mitteilungen'' (Bd. 51, bes. S. 13 und 17) habe ich
mich auf das Deutlichste gegen diese „Neuerung", wie sie der damalige Präsi-
dent Robert E. Peary nannte, ausgesprochen. Nach den dortigen Erfah-
rungen bin ich gewiß, dafi die Ton Halbfaß Torgeschlagenen, auf die Ezkor-
sion des nächsten Tages vorbereitenden Aheudsitzungen ein recht negatives
Resultat haben wflrden. Ohne Zweifel haben die Exkursionen mit ihrem
trefflichen Anschnuungsnntrrrifbt großen Wert, aber eine Verbindung eines
größeren wissenschaftlichen Vortragsprograninies mit den einen llauptteil des
Tages umfassenden Exkursionen halte ich bei der naturgemäßen Ermüdung
der Teilnehmer flOr unzweckmäßig. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es
überhaupt gelingen soll, in den wenigen Abendstunden ein irgendwie üb»
den Rahmen der Vorbereitung auf den kommenden Exkiu*sionstag hinaus-
gehendes Progrinnm zu erledigen. Denn wissenscbaftliclip Besch äftigimg und
Aufnahmefähigkeit verlangt zu einem ausgeruhten Körper einen frischen Geist.
Mir scheint es jedenfalls das Beste, bei der bisherigen Gepflogenheit zu
bleiben und das Wandern erst nach getaner Kongreßarbeit m beginnen.
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Geogrftpbiiohe Neuigkeiten.
107
Andererseits halte ich es aber auch für fraglich, ob es mit Errichtung
tolcber Wauderversammlungcn an Stelle der bisher üblichen Tagungen ge-
lingen wird, ein Steigen der TeiliMlimemU m bewirken. Die bisherige
Beteiligmtg aa den auf den SchluB der Tagungen folgenden Exkursionen
läßt dies bezweifeln. Sie bildete doch nur immer einen gewissen Prozentsat«
der Gesamtteilnehraerschaft. Und ob sich die übrige Mehrzahl, die nur den
Vorträgen beij/ewohnt hatte, entschließen würde, den im Sinne von Halb-
faß umgestalteten Geograpbentageu überhaupt beizuwohnen, bliebe doch erst
abzuwarten.
Ich Inii daher der Meinung, daß die BelSonnation unserer deutschen
Qeograpbmtage an einem gau/ anderen Punkte einzusetzen hätte. Es niu8
angestrebt werden, die ersten Träger unserer Wissenschaft, die akademischen
Lehrer und die selbstilndig arbeitf-nden Forscher und Reisenden in gmßer
Zahl, die ersteren womöglich, was das deutsche Reich betritt, in ihrer (le-
samtheit, den Geographentagen als ständige Gäste zu gewinnen. Es müßte
geUugen, sie xn bestimmen, wichtige Forschungs- und Beiseergebnisse zur
Veröffentlichung möglichst den Geographentagen vorzubehalten. Sind diese
Bestrebungen ▼OO Erfolg gekrdnt, so wird sich sehr schnell das Interesse
weitester Kreise und nicht nur unserer Far-htiennssen den Tagungen der
Gooirrapht-utage zuwenden und mit wachsender reiluehmer/ahl auch ilue
wiääeuächattliche und allgemeine Bedeutung steigen. Die Reformation in
diesem Sinne wird aber nur Yon Erfolg gekrOnt sein, wenn sie ans den
akademischen und Forscherkreisen selbst herrorgeht. Alle diese Triger unserer
Wissenschaft müssen es geradezu als eine ehrenvolle Pflicht betradttsD, ihren
Lehrstuhl odei- ihr spezielles Forschungsp'biet auf einer Versammlung
(itutscher Geographen vor diesen und der Welt /.u repräsentieren und selbst
mit beizutragen zur Hebung der wissenschuttlichen Bedeutung der Tagung.
In ihren Binden all der FOhrer unserer Wissenschaft mnfi die Beformationa-
bewegung liegen, und wenn sie in dem von mir angedeuteten Sinne durch
Einsetzung ihrer Person eingreifen werden, wird sich sicherlich niemand
mehr über eine abnehmende Bedeutung der deutschen (leographentai^e be-
klagen kfinnen und Anlaß zu dem trübe kling('n<len Ausspruch haben
die Zeit der großen deutschen Geographeutage gewesen ist".
GeograpUscke Neiigkeites.
Zusaumengeetellt tob Dr. August Fitsan.
AUgemrtnea» 0. Hecker vom preuftiechen geodfttisehen
• Für die beste mathematische Institut, über deMs.-n Schwcrbcstimraun<^en
oder experimentelle .\rheit, dii> ei- auf den Ozeanen hier jüngst (XI. iy05.
BW Fortschritt f&r die mathematische S. 707) berichtet worden ist; die Arbeit
Bestimmung der Erde darstellt, hat > behanddite „die Bestimmung der Schwer-
Charles Lagrange einen Preis fje- kraft auf dem Atlantischen Ozean"; die
■tiftet, der alle vier Jahre in »It r Höhe andere war von dem AnsiHtenten Sc h wey -
WB 1200 Frc8. zur Verteilung gelangen dar am astruphygikaliachen Observatorium
•oU. Vor knnem ist der Preis sum ersten- SU Potsdam und enthielt eine „ünter-
>ul durch die k. Akademie der Wissen- ! snchung der Oszillationen dor Lotlinie",
•duftt-n zu Brüssel zuerkannt worden Den ausijesetztru Preis erhielt die Arbeit
b waren zwei Arbeiten von deutschen von ilecker, die besonders wertvolle Er*
Ponchen eiagelauftii: die eine von Prof. ! gebnisse geaeitigt hatte.
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108
Geographifcbe Neaigkeiten.
« Durch die Kreuzertouren und Drachcn-
aofstiege« welche die Meteorologen Roteb
inid Teis-iiT«'iic de Bort im .Sommer
1905 io der i'u8»uUüue dcH uordatlauti-
•chen Ozeans veranstaltet habcu, ist eine
definitive Lösung der Frage nach
dem Vorhandensein nnd der Rich-
tung des Gegenpussats nicht herbei-
geführt worden. Auf den vom Fürsten
▼on Monaco in den Jahren 1UU4 nnd 1006
verangtaltetcn l'ntersuchungsfahrten «'XI
19*15, S TOi") vermochte Prof. Hcrpesell
durch zahlreiche iialluuaufsticge zu kon-
statieren, daft in dem Teil des Atlanti»
sehen Ozeans zwischen 2<i'* und HS* n. Br.
und zwischen 10" und 4'2 ' w L über dem
eigentlichen Passat auch in liöheren Schich-
ten bis mindestens 10000 m Höhe vomrie- '
gend \Vin<ie mit nördlicher Komponente |
wehen Ik'i tleii Aufstie^i'u wunieii drei !
über einander liegende Luftschichten ver- i
sehiedenen physikalischen Charakters ge
funden : eine ontere, in welcher die Passat- 1
wind«' wplien , eine mittlere mit geringer '
Luftbeweguug, die als Miscbuugszoue be-
seichnet wird, und eine obere, in welcher
vorwiegend Noid- und Nordwestwinde kon-
statiert wurden, die sich durch ilire Feuch-
tigkeitsverhültnisse als absteigenden Luft-
strom kennseicbneten. Der Kflrse halber
be/.eichuete Hergesell die obersten nörd-
lichen Wind«' als ,,Anti]>as8at" uder als
,^ückkehrcudeu Antipassat'^ und erblickte
in diesen absteigenden Luftmassen den
rflckkehrenden Luftstrom des hohen
Antipassats. Narh Ihrgcsidls Utitt-r-
BucbuDgeu herrschten also in dem von
ihm durcbfonchten Teile des Atlantisdien
Ozeans bis zu den größten erreichten
Höhen Winde mit uördliclior Koni|i(>iiiMit<'
dnrciiaua vor, der bisher angenommene
Gegenpassat ans sfldUeber Richtung ist
hier nicht vorhanden. Ob weiter sudlich,
also in Breiten , die nii'dn'crer -^iiid, als
26°, südliche Luftströmuiigtn, die man als
Gegenpassat anffassen könnte, vorhanden
sind, müßte »{Ateren Forschungen fiber-
lasi^en bleiben
Zur Nachpriil'uug der Beobui htungen
Hergesells haben im Sommer 1905 die
SCeteoiologen Teisserenc de Bort und
Rotfh eine Expedition ausgerüstet, welche
auf dem Dampfer „Otaria*- eine Fahrt
von (Gibraltar über Madeira, die Kauareu
und Kap Verden bis cum 9.* n. Br. und
nurflck fiber die Acoren ausffibrte, nnd
dabei 20 Drachenflfige, 18 Ballonaufstiege
nnd Besteigungen der Vitkä von Teneriffis
und Fogo vornahm. Die dabei gewonnenen
K«sultate bestätigen im allgemeinen die
Beobachtungen Hergesells: In den Gegen-
den nOrdlich von Hadeiza nach den
Azoren zu wehten auch in großen Höhen
nur Winde aus uordweHtlicher bi« nord-
östlicher Richtung. In niedrigen Breiten
dagegen swischen den Wendekreisen
wehten über 3600 m Höhe Südost-, Süd-
und Südwestwinde, die den (I n)>aHsat
bilden. Für niedrige südlitbe breiten
entspricht dies Resultat den Vermutungen
Hergesells über die Existenz eines Gegen-
passats; die neobachtungcn der Luft-
strömungen in der Gegend von Teneriffa
aber stehen im Widerspruch mit denen
Hergesells in derselben Breite über dem
freien Ozean, wo von ihm kein südlicher
Antipassat angetrutlcn wurde. Diese
Verschiedenheit der Resultate scheint
darauf hinzuweisen, daß die bisherigen
Ansichten über die Luftzirkulation in
jenen Gegenden einer Änderung be-
dflifen; der bisher von den Meteorologen
schematisch angenommene Gegenpassat
existiert in dieser .\u«tb'hnung nicht und
in der Breite der Kanarischen Inseln sind
Aber dem fteiea Meere sfidwestliche Luft-
strömungen durchaus nicht die RegeL
Europa.
* Die Zahl der Städte im deut-
schen Reiche mit über 100 000 Ein-
wohnern ist in der Zeit vom 1 Dez. 1000
bis zum 1. Dez. 1906 von 33 auf 41 ge-
stiegen. Diu iu der folgenden Aufzählung
fOr 1905 angegebenen Zahlen sind nur
als \ I ■rl'i n r: / 1' : rlmii
1 Berlin
2 Hamburg
8 MQnchen
4 Dresden
5 Leipzig
6 Breslau
7 Köln
a Frankfurt
ONOmberg
10 Düsseldorf
11 Hannover
IS Stuttgart
IS Chemnits
a.M
2 033
800
i 687
I 614
608
470
125
836
> 898
86S
849
846
848
900 1
682,
800.
283'
605
018'
914
9»5
868'
630
619,
988
964
888 848 7,68
700 738 13,44
499 988 7,M
.306 14r) 29,82
4'>6 124,10,1»
488 70911,1»
372 529'l4,S4
288 i)89,16,«l
861 08lll8,9e
213 711 18,21
286 649; 6,93
176699,S9,n
208 918' 17,80
QeographiBche Neuigkeiten.
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230 578
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229 270
118 802
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189 483
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19 liremen
214 9Ö3
163 297
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179 081
101 501
10,H9
21 Dortmimd
17ö 292
142 733
22,H1
S2 Halle
lO'J 040
1 50 009
53 Elberfeld
107 710
156 960
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24 Straftbug
25 Ki.«l
167 342
151 041
10,79
103 289
107 977
5 1
26 Klxdorf
102 858
90 422
71,111
27 Mannheim
162 607
141 ISl
16,Sä
ir.9 088
1 10 503
18,18
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141 944
9,83
30 (ieUenkirehea
' 146 742
186 986
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31 Aachen
144 110
135 245
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, 140 932
95 998
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34 Po*on
186 428
128 226
0,5»
185 743
117 033
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85 Kussel
120 272
106 034
13,41
SO Duisburg
119 651
92 780
28,t)i
37 Bochum
117 995
05 551
80. (w
3** Karlwruhe
1113S7
97 18Ö
14,57
Hi» Krefeld
1 110410
106898
S,tO
40 Phiueii i. V.
105 182
1 78 888
1-J..V.
41 Wiesbaden
100 944
86111
17,S3
Afrika.
♦ Der S e b u - K 1 u ß i n M a r « > k k o ist im
vorigen Jubre von einer frauzüäiächen
Espedition nnter Dr. Samn^ auf
»eine Scbiffbarkeit hin sorgHUtig unter-
sucht wordi'n l>ns Hosultat war «ehr
zut'riedenbtelk'ud, du sich ergab, daU der
ilnS für flachgehende Boote bis 200 km
Ton Seiner Mündung hinauf schiffbar ist,
lind 'iaß, außer bei sehr niedrigem ^Vas^ipr-
ttande, die Schittahrt bis nach Fez unter-
kalten werden kann. Man glaubt, daft
der Floß als Zufahrtstraße nach dem
Ii. nein von großer Wichtigkeit weiden
uud aa üciuen Ufern eine Reihe vun Städten
entehen wird. Die MSglichkeit der An-
hige eines Hafenplatzes an der Mündung'
des Sehu begründet Sanim- mit dem Hin-
weis auf die Wichtigkeit der Stadt .Meh-
-diya am linken Ufer der FlofimOndung,
deren Geschichte sich bis in die Zeiten
der I'hunizier hin vcrfolijen lassen soll.
Die barre, welche die Mündung versperrt,
iet nidit hoch und bildet deshalb kein
nnülerwindliches Hindeniis. Eine »weite
UnteBnefanog der Sebn-MOndnng nnter-
nabm der Leutnant D ye gelegentlich der
von ihm durchgeführten hydrographischen
Aufnahmen an der \Vc>tk(i8te Marokkos.
(Geogr. Joum. 1906 S. UO.^i
* Vi Hatte« Bericht über seine und
Laperines Reise von Tidikelt nach
Adrar uud zurück (La Grographie Okt.
1906) bringt eine genaue üeschreibung
des Landes, seiner Vegetation, des Klimas^
des geologischen Baaes und somit viel
Neues zur Keiintiiie dieses Teile.-< der
Sahara. Im Jahre 1826 hat Major Laiug
stellenweise die Wtfste durchreist, doch
der Verlust seiner Aufsei chnungen nach
seiner Knnordung bei Tinibuktu beraubte
uns aller geographischen Ergebnisse die-
ser Reise. Nachher ist niemals wieder
eine europäische Expedition in diese
Gesend t,'ekoniiii<n Am 14. März 1904
brach die Expedition von AkablL, Süd-
west 1. von InsaUih auf, der Weg f&hrte
zunächst in sfidlieher Biehtnng in das ber-
gige Gebiet von Adrar ^O** n. Br ). Man
durchwanderte ausgedehnte steinige Ebe-
nen wie saudige Flächen und Hügel,
höhere Be^ waren auf der anderen Seite
des WegCd zu sehen. Wi idcu ind andere
Pi!an/ru wurden gelegentlich angetroHen
und uhne Schwierigkeit genügende Men-
gen Wasser gefunden. Bei ungefSUir 24*
30' n. I3r. hörte die; devonische Formation
auf, die archäische m-gann .Man g«'langtc
dann in die unfruchtbare SandwüateTanez-
rufk, die aus drei Twsehiedenen Teilen
bestpht. Zwischen Takhamalt und Timis-
sao ist das Land steinig und iinfruchtbar
Erreicht mau das nördliche Adrar, dann
geht eine vollkommene Verwandlung vor
sich: die Vegetation wird üppiger, die
Fauna reieher und auch da.^ Klima ändert
sich. Auf der Hin- und Rückreise war
der Himmel bedeckt« die Luft feucht, und
in unregelmäßigen Zwischenräumen reg-
nete und sLürmte es lieftii,' Die große
Hitze aber machte die Reise sehr be-
s<^worlich. Auf dem Rflckwege wandte
sich Laperine mehr Ostiich und berichtet
ilaniber: |tie K-'^ion von Tin Ghaor bildet
ein Dreieck zwischen Hoggar, Adrar und
Air. Das Land ist suerst hügelig, dann
wird es wieder flach. Bei Tinef beginnt
das Gebir^'e Talialgar, zwischen .\balessa
uud Huggar. Die Forscher überschritten
den westlichen Rand des grofien Hoggar-
Plateaus. An verschiedenen Stellen wird
Weizen und Ueiste angebaut Die Haupt*
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110
Ueogxaphilche Neaigkeiteii.
uinedelQiig hier ist Abalesta. Sorgfältige
Mtronomitcho Beobaehtangea worden ge-
macht. B. L
« Die vum eugliHchon Taugauika-
komitee unter Cnnuingtons Leitung
sur emeut(?ti rutcrstichung der zoologi-
schen und liniiidlofnschen Verbilltnisse
des Tanganikasees ausgeaundte Kipedi-
tion (XL 190ft. 8. 997) ist im Juni 1906
naoh England zurückgekehrt. Während
des achtmonatlichen Aufenthalti's der
Expedition am und auf dem See wurde
eifrig aoologiHch and botanisch geeam-
meli, und außerdem wurden Hoobnch-
tungen über dii* Temperatur des Wassers
\md über die Verüuderuugen des Wasser-
■tandet angestellt. Die Temperatur des
WasKcrs erwies sich im allgemeinen als
sehr hoch und schwankte zwisclien 2'2,9''
und 27,2** C. Bei einer Tiefe von 137 m,
der Lftnge der Lotleine« war die Tempera-
tur fast konstant und variierte nur noih
zwischen 23.4» und 23,8" ('. Die Hück-
reise ging über den Viktoria Nyanza, auf
dem ebenfalls xoologrische nnd botanische
Samminngen angelegt wurden, durch
Utrandii n:u h Zaiisiluir Zwischen dem
Tanganika und Hukoba am Viktoriasee
wurde die Expedition durch schlechte!^
Weiter mid doroh den ansgehnngerten
Zustand de« I>andes einige Zeit aiitV'e-
halten. über die wiHBCnschattiicbeu Er-
gebnisse der Expedition betrefl'eud die
LOtong des Tangaaikapiobleaas veriaatet
noch nichtfl, wahrHcheinlich werden sie
die Theorie MooreR, der im 'l'an^ranika
einen Keliktensee sieht, nicht unterätüty.en.
(Qeogr. JooiD. 1906. S. 89.)
• Prof. Ponck hat im Anschluß an
den im August 1905 in Kapstadt aVifrehal-
tenen Kongreß der iiritiah Association,
an dem er mit efnigen andexen deatschen
Gelehrten teilnahm, eine Studienreise
in Süd-Afrika unternommen, die zu
einigen bemerkenswerten Ergebnitiben ge-
führt bat. Yon Kapstadt reisten Ami-
liche Kongreßteilnehmer über Kimberley
nach den Viktoriafällen des Sambesi und
woiinteu hier der Einweihung der Eisen-
bahnbrfieke der Kap— Kairo •Bahn Uber
den SamlM ;«i bei. Die während dieser
Reise auf die AufKndung von Spuren einer
ehemaligen Vergletschenmg gerichteten
Bemfihnngen waren von ^olg; Penok
konate ein reidihaltigea Material darüber
sammeln und nach Wien schaffen. Ami
Sambesi lOste sich die ReisegeseUsehaft
auf, und Penck trat nun seine eigentliche
Forschungsreise an. Er untersuchte? zu-
nächst die großen Katarakte des Sambesi
und konnte dabei feststellen, dafl sieh
diese Fälle weit der Zeit, da Menseben
dort wohnen, um 6 Kilometer aufwärts
verschoben haben. Der Forscher wandte
sich dann naeh der Ostkflsto Afrikas, w»
er die Bildung der Korallennffe studierte.
Seine letzten Untersuchnnpfii <,'aU«'n den
Terrain bildungeu in der Wüste Sahara.
Von Assnan kehrte er naeh Wien iurftek.
Australien.
* Von ihrer Porsohnngsreise nach
West- Australien sind die beiden Rei-
senden Dr. Michaelscn und Dr. Hart-
meyer (XI. lUOö. S.6bä; glücklich wieder
/.urackgekehrt, naehdem sie ein halbea
Jahr der Erforschung und dem Sammeln
der bisher noch .'^chr wenig bekannten
westaustraliscben iierwelt, sowohl der
marinen wie der Landfisnna, gewidmet
haben. Das Arbeitsfeld nm&fiie den Sfld-
Westen West- Australiens und zwar die
Küstenlinie von Albanj bis zur Sharks
Hny nnd -das sich danm ansdilieBende
Hinterland, etwa 700 km weit ins Innere
hinein. Die Aunbeute umfaßt 49 große
Kisten mit konserviertun Tiereu aller Art,
außerdem bringt Hartmejer einen Trans-
port von einigen hundert lebenden Tienn^
darunttT »'ine Anzahl seltener Papageien,
ein weißes Opossiun, sowie einige weiße
Dingos mit. Die wiesenachaftUehen Er-
gebnisse sollen in einer besonderen Ver-
öffentlich im tr nit'rIprfTelegt werden. Die
beiden Forscher fanden sowohl bei der
westanstralisoben Begienmg wie bei ihren
australischen Fachkollegen das bereit-
willij^ste Entgegeukommen, was viel zu
dem großen Erfolge der Expedition bei-
getragen bat.
Kord-Folargegenden.
« Von dem Verlauf von Amnnd-
sens Expedition zum magnetischen
Nordpol kann man sich jetzt, nachdem
die beiden Briefe Amundseus aus King
Wflliams-Land (XI. 1906. 8. 710) nnd das
Telegramm aus Eagle City (8. 61) in den
„Times" %'oll8tiiudig abpredruckt worden
sind, ein klares und vollkommenes Bild
maehen. Die beiden Bxiefb wurden dnreh
Eskimos von King Williams -Land im
nördlichsten Amerika, wo sieh die Bipe-
i^iyui^ud by Google
OaographiBche Neuigkeiten.
III
ditioD niedergelassen hatte, nach Kap
FDlIerton in der Hudsonbai gebracht und
dort dem Major Moodie von der kana-
dischen Polizei nbergeb<'n, der sie mit
nach Ottawa nahm und von dort weiter
Mndte. Die „Gjöa'' mit der Expedition
an Bord verließ also am 81. Juli 1908
Godhavn in ?t Crönland, erreichte die
Melvüle-Bai am a. Angast, nahm am 16.
v. 17. August die auf der Dalrymple-lDsel
nedezgelegten Yorrftte an Bord und kam
unjrehindert vom Eise am 22. August bei
der Uetrhy-IiKsel au; hier uurdentiie ersten
magnetischen Beobachtungen angestellt,
die die Lage des magnetitelien Pole in
südlicher Richtung ergaben. Bei der
Weiterreise in der Richtung auf dvn Feel-
Sond versa^^ der Kompaß nach iwei
Ilgen, eo daft die Schiffahit lebwierig
wurde; da aber die EisverhültniBRe günstig
blieben, gelangte man an der Westküste
von Bootbia entlang tu die eistreie
SimpioB-StraBe und warf am 18. Sep-
tember an der Siidküste von Williams-
Land im Gjöa-Hafen, der retterpens- Mai
M'Clintocks, Anker. Nach Landung der
Toirite mirdeo im Laufe des OUober
die vendiiedenen Beobacbtungshäuscr er-
richtet und am 2. November mit aUen
fioobachtungen, der magnetischen Varia-
tion imd bUimation, den meteorologi-
•dbeii, aetronomisdmi und abuoluten
uegBetischen, begonnen. Am 29. Oktober
kamen die ersten Eskimo, Ugluli-Eskimo
TOB der Festtandikflste, mm Besneh, spftter
traf man auch Netchilli-Eskimo von der
Westküste von Boothia und Itchuachtorvik-
Eskimo tou der Ostküste von Boothia. Im
Oktober erlegte man noch 100 Renntiere.
Der Winter ging gut vorüber, der kälteste
Monat war der Februar mit einer Durch-
•ciuuttstemperatur von — 40,5° C. Am
8. April 1904 traten Amundien oad Rist»
vedt mit 10 Händen und 2 Schlitten eine
Heise znm magnetischen Pol an der West-
käste von Boothia an, maßten aber früher
•Is beabsichtigt vrar snraekkehren, da
Eskimos ihre Vorräte geplündert hatten,
l'er ?omnier war kalt und regnerisch;
aU im Aogust das Eis aufbrach, fahren
Leut Hansen und Helmer Hansen im
Boot westwftrii donii die Simpson-Straße,
VXD für eine im Sommer 1905 beabsichtigte
i3<iiüiteQreise nach der Westküste von
Vikknia-Laad Vonite nach der Eta-IoBel
m lehaUhB. Der niehste Winter 100^06
war nicht so streng wie der erste, die
tiefute Temperatur war im Februar mit
— 46* C, Ende Män zeigten sich die
ersten Anzeichen des nahenden Frühlings.
Am 2. April traten Hansen und Histvedt
mit 2 Schlitten und 12 Hunden und Pro-
viant flRr 70 Tage die Reise nach Viktori»-
land an, dessen Ostkflgte !^ie bis 72° 10'
n Br. erforschten. Am 1. Juni l'.tOü wurden
die Beobachtungen auf der Station in iuug
Williams Laad eingestellt, nadidem man
ly Monate lang ohne Unterbrechung mit
der rrrößten Sorgfalt beobachtet hatte;
die meteorologischen Beobachtungen wur-
den aneh anf der Hdmreise weiter f6rt>
gesetzt. Außerdem hatte man während
dieser Zeit ximt'angreiche ornithologische,
ethnographische, botanische und Ver-
ateinerangs- Sammlungen angelegt. Am
18. August verließ die „Gjöa" ihren Liege-
platz und kam glücklich ans der engen
Simpsuu-Straße heraus; am 1&. passierte
man das inselreiebe, von Hansen erforsidite
Meer zwischen Williams- und Viktoria*
land und fuhr am 16. in die enge Meeres-
straße zwischen dem Festland and Viktoria-
land ein, die zwar mit einigen Schwierig-
kcit/Cn aber doch glücklich pausiert wurde.
Damit war der Expedition die nordwest-
liche Durchfahrt gelungen und eine Heim-
reise ohne Aaibothalt schien gesiehert.
Aber am 81. August swangen grofie Eis-
ma.*5sen das Srhitf, seine Ffeist- in der
Nähe der Küsle fortzuäctzcn, uud am
8. September mnSte die „Ojöa'', da das
Eis bi.s zur Küste reichte, bei King Point,
(•.9» 10' n. Br. und 137** 45' w. L., zu-
sammen mit einer Anza.hl vom Eise über-
raschter Walfisdtftnger sam dritten Haie
ins Winterquartier gehen. Am 24. Okt.
verließ Amundsen mit Schlitten und Hun-
den das Schill 2U einer Cberlaudreise
nach Bagle City (Alaska), wo er am
ö. Dezember ankam, um der Welt tele-
graphische Kunde v(in dem \'erblen) der
Expedition zu geben. Späteren Nach-
richten snfolge beabsichtigte Amundsen
nach King Point zurückzukehren, um im
Sommer 1906 die Limfahrung des Eis-
meeres dadurch zu vollenden, daß er auf
der novddiüichen IHirehfiihrt entlang der
Nordkfiste Asiens nach Norwegen aorflck-
kehrt.
Yereine and Yer»ammlangen.
« Der nächste X. internationale
Qeologenkongreft findet im September
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Geographische Neoigkeiten.
dieses Jahres iu Mexiko statt. Ks wird CJeograpbischcr Unterricht,
jetit eine Mitteilnng Aber die Ansflfige' * Prof. Penck wird als Nachfolger
Tersaudt, die vor, während uod nach dem | Richthofen^^ neben der Leitung des Oeo-
Kongreß von dessen Mit^lie<iern unter- ^'ra]>hiflclien TiistitutH an der Berliner Uni-
nommen werden sollen. Die erste Keise versitüt auch die des mit diesen verbon-
ist anf vier Tage bemessen und wird von | denen M^i^Btitot* f^i^ Meereskunde"
der Haupititadt Mexiko örtlich fiKer Julaga . ttbemehmen.
nach Vera Cruz uml zunick libt-r Ks- PersönllHios.
peranza gehen. Die zweite Exkursion i « Am i). Januar l'JOü starb zu Goddula
nach dem Süden ist anf acht Tage be« , bei DOirenberg a. d. S. im Alter von
rechnet und wird die Pl;it/.e Tehuakan, 67 Jahren der G«."ht'imc Bergrut Dr. Karl
Oxaca und Puebla bcNUibeii. H-r iliitte Frhr. von FritHcb Seit einer Reihe
Ausflug geht nach den berühmten \ ul- von Jahren war er auch l'rüsident der
kanen von Toluca, San Andr^ und Jorallo ' kais. Leopoldinisch-Carolinisohen Dent-
nnd wird viersehn Tage in Ansprach ' scheu Akademie der Naturforscher. 1863
nehmen, von denen neun zu Pferde ver- habilitierte sich v. Frit«cb in Ziirirh.
bracht werden müssen. Vielleicht am ^ In den lolgenden Jahren untersuchte er
interessantesten ist die Reise in den Gyser- , das Gotthardgebiet geologisch nnd unter»
bezirk von Ixtiän und nach dem Vulkan nahm auch autigedehnte Reisen, die wert-
Colima. Di^'sc Au^tlüf,'.' werdt n vor dem volles Matt-rinl zur Kenntnis der geologi-
Kungreß statUinden und wiiiirund der i sehen Deacituticnheit Madeiras und der
Tagung werden nur kune Streifzfige in | Kanarischen Inseln lieferten; die Ergeb-
die Umgebung <b r St.idt unternommen nisse die.«er Heisen finden aich in einer
wcffleii N.irli Scliluü der !^it7iin<T daj;et;en ireologisch-topographisehen Darstrllunt»
wird uoeb eine gruüe f^xkursiou i'ür von Teneritia 1807 und iu der gegeu-
swansig Tage nach dem Norden ansgefdhrt | w&rtig noch viel gelesenen Schrift „Reise»
werden. Das Programm des eigentlichen bilder von den Kanarisclten Inseln". 1872
Koiiu'H'sseH umfaßt namentlich Krörte- unternahm er in ( »emeinschai't mit llt in
rungen über die klimatischen Verhältnisse eine Forschungsreise durch Marokko und
w&hrend der geologischen Zeitalter, über < das Atlasgebiet, die ebenfklls bedeutsame
die Beziehungen zwischen dem Bau der Ge- l\r;_'. iicferte. Seit 1873 war er als
liir^'e und den P^ruptivgestfiiu ii, hKit die ordcntiichrr I'rotessor an der ruiversität
Entstehung metalU'übreuder Adern und Halle tätig, wo er neben einer anregenden
Aber die Klassifikation nnd Benennung . LehrtUtigkeit die geologischen Verhftlt-
von Gesteinen. Von europflischen Geo- nisse der Provinz Sachsen erforschte. Von
logen haben Hi ll. III eine gnnze .\nzahl ihre alli,"'iiii'inerer Bedeutung ist seine t,All«
Teilnahme am Kongreß zugesagt. gemeine Geologie" (Stuttgart 1888;.
Rfleherbespreehangen.
Frenlsdy Curt Arthur. Major James zwei Jahnehnten, fiBr sein Vaterland gana
1{ en n f 1 1 , d e r .'^ <■ h öpf er il er n e u e- «lasscllpe, wa< Alexander von Hum-
ren englischen Geograpiiie. Ein boldt in Deutschland darstellt, nümlich
Beitrag aar Geschichte der Erdkunde, ein wissenschalllicber Mittelpunkt, am
IK Q. 194 S. Pulsnits, FOrsters Erben ' den sich die ganxe geographische Tfttigw
1904. keit der Briten, ob sie nun mehr in der
Eine der Bedeutung des Mannes ent- Erforschung fiemder Lander udor in eigent-
sprechende Würdigung des verdieuten lieh gelehrter Arbeit bestand, durch lauge
englischen Geographen hat uns bisher Jahre gruppierte. Das Wirken dieeea ver-
gefehlt, und so füllt di'^se Leipziger dienst vollen Geographen, dessen geistvolle
Doktordissertation, die noch in Katzeis Züge uns ein otlenbar wohl getrotfenes
Schule entstanden ist, eine mehrfach emp- i^orträt zur Anschauung bringt, im Zu-
Amdene Lflcke ans. Keanell war, mit sammenhange sn betrachten, war wohl
einer nngef fthren Zeitverschiebong von eine lohnende Aufgabe, deren Lösung sich
Bfieherbespiechungen.
denn auch der 7erf. mit Oeschiek nnfter-
togen hat.
Er entledigt sich ihrer in der Weise,
daß er zaerat, um zeigen icu konueu, wo
Min Held einseteta, eine kirne Übenieht
ül'tT dip Entwicklung der P'rdkuiuli' l>is
711 dessen Auftreten voranssrhickt und
hierauf die Beschreibung diese» iuhalt-
raebeo Lebens (8. December 1748 bis
2y. März 1830; folgen läßt. Auch bin-
lichtlich der Lebensdauer war er ein
Seiteoatück zu dem großen deutschen
Nataifineeher, und beiden hatte es nichts
fesohadet, dafl sie als junge Leute län-
gere Zeit in an^eetren^t^m SchatFen unter
den ätrahlen der Tropeusunuc hatten ver-
billigen mfissen; Humboldt ab Waa-|
derer und Sammler in Südamerika, Ren-
neli als Geodüt und Karto^^raph in
Hindoatan, wo er den Grund zu einer
genaneren topographischen Kenntnis der
Prlsident8chaft Rengakn legte und ins-
besondere die noch wenig ergründeten
gsgenieitigen Beziehungen der Ströme
Ganges und Brahmapntra ins richtige Licht
stellte. Ziemlich frühzeitig aus dem
Dienste der ostindisehen Kompagnie ent-
lastten, konnte sich der damals noch
jugendliche Mann in gesicherter Muße ganz
•einen Liebliugsstudien hingeben, und
über ein Halbjahrhundert hat er nnnmehr
seine Londoner Studierstube nicht mehr
für Üngera Frist Terlasflen. lüm kann
in der rastlosen Arbeit, welcher er sich
hier hingab, drei Hatiptrichtungen unter-
scheiden. Er bemühte sich um die Urga-
nisation der Erschliefivng Afrikas mid
eines Teiles von Asien; er löste mit Vor-
liebe Probleme der antiriuarischen Lilnder-
künde, für welche ihm Uerodot im
Voidergfimdo des Intereeses stand; er
rachte endlich mit groflem Erfolge Ord-
nung in die vor hundert Jahren noch
■ehr im Aigen liegende Lettre von den
Meeresströmungen m bringen. Alle diese
Betittigungen einer seltenen <:ei.^tig>'n
Spannkraft werden nun in den einzelnen
Kapiteln gründlich durchgesprochen, und
es ist dabei aniuerkennen, daß die Schil-
derung sich nicht einseitig auf Renne 11
Uh t koir'.cntriert, sondern daß auch die
Leistungen derer, die mit ihm nähere
Verbindung unterhielten und von ihm an-
geregt wordtti waren, Berflcksichtigung
gefjndf'ii habpH. So erhalten wir «rele^ent-
Kch • iiitT) recht «Twiiusehten Einblick in
(**«gTmpitiMlM ZoiUcbrift. IX Jslir||Mig. IMC i.
113
die Stadien des Fortschrittes, welchen
die Erkundung Vorder- und Hinterindiens
während des 19. Jahrhunderts gemacht hat.
£s ittt nur aatürlicb, daü der Verf.,
der sieh so ^ef in Benneils Forsohar-
(^'eist versenkt hat, auch da für ihn ein-
tritt, wo andere sich gegen ihn zu wen-
den Veranlassung hatten. So versucht
er Ton dersameistangesweifeIten„RenneU>
Strömung^ wenigstenB etwas zu retten.
Der einleitende Abriß der Geschiclite der
(leograpbieentbilltdankenswerteHinweise;
die genialen Kartenseichner Deüele und
d'Anville erhalten den ihnen ankom-
menden Platz angewiesen Von ein paar
Einzelheiten mag nur auhangsweise die
Rede sein; Yerrassano darf doch nicht
1 als Franzose i S. 7) angesprochen werden,
weil er im Dienste der Krone Frankreichs
stand; die beiden Angaben über Schoe-
ner — nicht Schoner — (8. 9 n. 18) sind
zeitlich unvcreinlnir . und letzterer, der
1477 zur Welt kam, konnte in der Tat
nicht um 147ö Ucgiomontans Unter-
richt genießen. Von einem Flario Oioja
(S. 8) endlich sollte heute, nachdem eine
Literatur über diesen mythiHcbeJi Anialti-
taner entstanden ist, nicht mehr geredet
werden. 8. Qflnther.
Ephraim, Hugo, f'her die Entwick-
lung der Webetechnik und ihre
Yorbreitnng anAerhalbEnropas.
(Mitt. aus dem sUdt. Museum für
Völkerkunde zu Leipzig. 1 ) gr. 4".
ViU u. 72 8. 67 Abb. u. 1 K. Leipzig,
Weg 1906. JL 8.».
Die vorliegende, ans dem reichbestell-
ten und vortrefllich verwalteten Museum
für Völkerkunde zu Leipzig (verheißnngs-
Totl am Anfing einer in Aussicht ge-
stellten Reihe von MuKeumspublikationen)
hervorgehenile Verütfentlichung zerfällt in
zwei ungleiche Teile. Der erste, in drei
Abschnitten anfbretemda ist das Muster
einer klaren, auf genauester Sachkenntnis
ruhenden Zusammenstellung des Tat
Sachenmaterials unter seltener techno-
logischer Behemchung der Prinzipien wie
der Einzelheiten; die Gliederung der Ent-
wickluiiLr''Ktadieii der Weberei in das
Flechten, die Ilalhweberei, die Trittweberei
und die Zugweberei ist erschöpfend nnd
unanfechtbü. Der zw^eite Hauptteil sucht
aus der geographischen Verbreitung der
vorstehend geschilderten Stadien ethno-
u»a. 8
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114
Bflcherbesprechuugen.
;,'rai>hiBch-gont'alogi8i Iie SchlüSBe im Sinne [
dor R a t zclsclu'ii Srhulo zn zielifn. pin I
begitmen, das Uetereat für auHüichthlos
and methodisch anfaehtW hftit. Lebhaft
bedauert wertU-n muß racint's Krachten«
auch die B»'silu!liikung auf das außer-
europäische V orkommen der Weberei — es
ist diese Betchr&nknng Tielleieht subjektiv
gerechtfertigt, wiewohl gerade da» Leip-
ziger Museum <ias einzige ethnograiihiKche
Museum ist, das auch die Völkerkunde
Europas nimgemftfi einsehlieBt nnd Tiele
▼ortreffliche Samtnlungen nnmentlich von
den primitiven Völkern 08t-Knrnj»aR Im-
»itzt; objektiv ist kein Grund dafür auf-
zufinden. Bs ist aber Inder die Gewohn-
heit der EtbuographoB geworden, zu tun,
als ob es kein Europa gHbe. well die
ethnographischen Museen aus uneriind-
licbcn Gründen die Ethnologie Europas
ausschließen. Vielleicht erfährt die sonst
außerordentlich lehrreiche .\rbeit Ephra-
ims in dieser Hinsicht von ir^'cnd einer
Seite bald die wOnschenswerte Ergänzung.
Wiea. H. Uaberlandt
Wagner, Uermanii. Orometrie des
ostflllischen Hflgellandes links
der Leine. Forsch, z. deutschen
Landes- u. Volkskde. Bd. XV. H 4.
öS S. 1 K. Stuttgart , Eugeibom
IWM. JL 4.—.
Die Betrachtung gliedert sich in einen
methodischen und einen snchü' luMi Ti'il,
ihr Gegenstand wird durch eine Höhen-
schichtenkarte veranschaulicht. Das Be-
streben die Methodik tu festigen ver-
dient Anerkennung, wcnii^er, daß hierbei
nur Darbietungen von il. Kandier, dem
Referenten, L. Neumann und ältere
giegen einander abgewogen werden, wo-
bei eretf^enannter das Übergewicht er-
halt, während Arbeiten und Winke,
S. Fiusterwalders, A. Peucks uiid
E. Hammers (im Geogr. Jahrb.) keine
Beachtung finden. Die wenigen Werte i
aber, die dargelioten werden, sind nutho- '
discb gesichert, und einer uukiarou Hau- 1
Aing ist das jedenfiaUs vonuaiehen. Laut j
Ab.'ichuitt B MTurden auch die Messungen
selbst mit rmsicht vnrf^ennmmen , und
zwar selbstverständlich auf den Mefi-
tiflchblftttom. Fflr die 17 natürlichen
Gruppeu der Landschaft werden, nach
Ermittelung der Flächen und Volumina,
nach einander die Mittelhöhen der Hand-
linien, Eanimsclieitellinieu und Massen
angegeben, alle.s also dimensionale Werte
Von formalen fanden nur die Gehänge-
winke! und die horiamilale Entwicklung
der Kammlinie eine Berechnung. Ihre
vertikale Entwicklung zu lieziflTerri wird,
wie so manches noch, in Nachfolge Kand-
lers surfickgewiesen. Von snsammen-
fassonden Mittelwerten lassen sich die
mittlere Höhe des (Jebirgsrandes - mit
103 m — und die mittlere MasseuhOhe
anflIhTen, die 96 m über jene empor-
ragt-, ein Mittelwert fSr die Gesamtheit
der Kammeclioitelhöhen . der Tallinien
und Böschungen fehlt. Die Höheuscbich-
tenkacte i. H. 1 : 100 dOO (Höhenlinien 50,
farbige Schichten 100 m Äquidistanz) ist
wOMciitlicli be>;fler nl« nianrhe fr'ihere Kar-
tenbeüage derselben hochverdienstlichen
Sammlung. Sie zeigt im Bilde noch viele
„charakteristische Formen verh<nisse'*, illr
die Hell st nach der Detiiiition der Oro-
metrie, die im Vorliegenden iS. 17) auf-
genommen erscheint, Zahlenwerte noch
zu ermitteln wftren. Im Hinblick auf die
elliptiselie Gnindform des Ganzen, im ein-
zelnen auf die der Hilsmulde und anderer
dürfte man unter diesen mit besonderem
Nutzen heranziehoi die Krflmmungsradien
der ^ToBen Formen, wie sie nieder^relegt
erscheinen in den Höhenlinien nucli ihrer
exakten Gcneralisierung. Es ist bekannt,
dafi man damit auch den AnachluB an
das Ganz.'' <les Erdkörpers gewönne, da
selbst jene Krümmungskreise, in denen
unmittelbar nach der Natur generalisierte
Höhenlinien auf Karlen gtOBten MaBstabee
verlaufen, mit den Breitenkreisen von glei-
cher geometrischer Natur sind. L'nd diese
Anschlußnahme erscheint notwendig: denn
mag auch die Oxomelrie, wie im vorlie-
genden Falle, ein Gebirge Ar noh. be-
trachten, ein Glied des Erdköri)er8 Vileibt
dieses doch. £:o wären hierin außer den
formalen auch dimensionale VerhUtnisae
zu beziffern. Wie an Form tmd Größe
des Erduninzen wäre damit auch ein An-
schluß an die exakte Darstellung in der
Karte (nach dem Oeeeta der (Jeneraliaie-
mng) gewonnen; und das muß ebenfalls
als notwendig erseheinen, da für die Oro-
metrie, wie für eine Reihe anderer geo-
graphischer Betraehtnngsweiaen — ohne
daß sie sich deshalb einer Kritik der
Grundlage zn entäußern hätte — nicht
die Natur selber diese Gnmdlage bildet.
Bfleherbesproehnngen.
115
•ondern die iti sjeop^raphiachera Sinne ob-
jektiv dargestellte Natur: die Karte.
Karl Peneker.
Hwiren 1. Weltreiaebilder. VUI n.
308 S. 116 Abb. im 'l<xt u aut Taf,
1 Weltk. Leipsig, Teubner 1006.
JL 9. -.
Auf einer achtmonatlieben Reise, vom
November 1903 bis .\nfanff Juli 1904, hat
sich der Vorfa8<*er. ein österreiclnsohor
Ofiizier a. D., eiu gut Stück Welt uu-
gewhen. Nach einem kflnseren Ausflog
TOD Marseille aus nacb Algi*'r und Tunis
ging «eine Wtltrfi^f von Hamburg über
Madeira durch da» Mittelmeer und den
Saeskanal nach Ceylon nnd dem feet-
läudiricben N orderindien bi.s an den Faß
des Hiinahija, tiann über Rai)<?oon und
Siogapore nach Java, weiter über Hong-
kong, Kanton, Schanghai nach Japan nnd
qner durch Nordamerika (San fSranciäco
bis New York nt'bst Abatecheru zum Be-
lach ded YcLluvvätone-Parkii, der Kiagara-
fiUle, Philadelphias, Baltimores nnd Wa-
•hiagtoaa) nach Europa zurück.
Da, wie man sieht, die Heise keine
Qobckauutea Teile der Erde berüiirte und
mehr dem eigenen Interetse an fremden
Ländern nnd YOlkein diente, will das
hübsch au8{r»'8tatteto, vor allem mit recht
iichonen Abbildungen von Land.scbaituu,
Städten, Volkstjpen versehene Reisewerk
natuigemlB nicht den geographiechen
Wi.Bseii'^krcis erweit-eni. E" bietet aber
in seinem schlichten Unterhaltuugsstil
eine angenehme Lektüre mit gar mancher
femdnden Skifsiening der Landecbafta>
natnr und lehrreichen Betrachtungen über
Kukur- und htaalliche Verhilltnisse (bo
über Britisch-Indieu , die niederländische
Verwaltung Java«, dae kflhn aofttrebende
Japan», aus denen das abpekUirte Urteil
des erfahrenen Mannen und klarsinnigen
Beoba<^hter« hervorleurlitet. Kirchhoff.
llgae, JoH^. The Cyclones of the
Far East. Special Report of the Di-
reetor of the Philippine Weather Bu-
reau. Second iKev! ed IMiticn i''.
883 8. Viele Fi«, u. K. Manila iuu4.
Die zweite Auflage des für unsere
Kenntnis der Taifune des Oaten« grund-
legenden Werkes Algnes enthält gegenüber
der ersten in Bpanischer Sprache erschie-
Bcnen Auflage weaentliche Zufüguugen
and lieht nicht allein das Inselge-
bii t der IMiilippinen , pondern auch die
benachbarten Land- und Mceresgebiete in
den Kreis seiner Betraehtnngen. Der In-
halt dos Buches geht weit über das, was
der Titel zu versprechen scheint, hinaus.
iSo huden wir in den ersten Kapiteln über
die Bntstehnng, Struktur nnd Bewegung
der Cyklonen eine Dariegnng der verschie-
denen Theorien über die Ursachen, welche
Störungen des atmobphiLrischen Gleicb-
gewiehtssustandes bedingen nnd unter-
halten k'"innen: der ^'erf. hat die moderne
Literatur vollstiindiv' durchgearbeitet und
liefert weiivuUe ZuHammenstellongen der
einschlägigen Arbeiten. Auch bei der
Darstellung der Bahnen der Taifune nnd
der umfassenden I)iriku8«?nn der ErHchei-
nungen, welche einem Taifuu vorangehen,
finden wir beaditenswerte meteorologische
Kapitel eingestreut wie über die Beob>
achtung cler Wolken und ihren Wert zur
Kenntnis der Itewegungserscheinungen in
den höheren Schichten der Atmospbiie,
ebenso Ober den Zusammenhang swischen
den mikroseiHmischen Bewegungen und
der Bewegung der Cjklouen. Neu hinzu-
gefügt ist auch das letzte ^kpitel, welches
praktische Regeln für die Schiffahrt bei
.\nnäherung eines Taiftins sowie eine Zu-
«tammeustelluug über eventuell anzulauten-
de Nothäfen gibt. Die praktischen Regeln
für die Schiffahrt wird der Seemann nicht
lei<'ht in »leni wi^^enschat^lichen TJewande
des Werkes suchen, jedoch werden sie
hoffentlich duch dieS^lhandbfieher anch
der Praxis nntabar gemacht.
W. Brennecke.
Zabely Badoipb. Im muhamedani-
seben All'- ml lande. Tagebuch
einer Reise durch .Marokko. i63 rf.
146 Abb., 1 K. in l:2ouuuu. Alten-
burg, Stefan Oeibel k Co. 1905.
M 10.—.
Der Verfasser als anziehender, ge-
wandter Darsteller bekannt erhebt in
diesttm reich mit lehrreichen Bildern ans-
gestatteten Buche nicht den Anspruch als
fachwip.senscliaftlirher f^'eo_'niphi scher oder
geologischer Forscher angesehen zu wer-
den. Dennoch verdient sein Buch, nament-
lich die Verwertung eines annfthernd ein-
mouatlichen Atifeiithalts in Fus im Fe-
bruar, .März 1903 mitten im Aufstande des
Bu Hamara, und die von dort ans anf
der Rflckreise an den Osean bei Rabat in
8*
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116
BQeherbeaprechungeii.
kühnem EuUcblusse unteruommeue Durch-
qoeniBg dm Dj. Seiliiin die AnfmerksAm-
keit fiftchmllnnischer Kreise, wie auch der
beste Kenner der Kartograjibio von Ma-
rokko, Prof. P- Schnell, dem X'ertauer mit
Rat und Tat zur lEfoiid gegangen ist. Am
Ostende, im Angesichte von Fas auf dan
kleine wie eine natürlich^ Festung aus-
gesonderte Tafelschoileugebirge hinauf-
steigend gelang es ihm dieses als erster
gebildeter Kuropier in der ganzen Ost-
hiUfle zu durrhiintTt-n, '-itio liislier seihst
vom Marquis de Segouzuc nur sehr flüchtig
besachte rOmische Festung, von den Ein»
gebomen ziemlich vag als Ksar er Rumi
bezeichnet, zu erforschen niid ilirou Plan
aufzunehmen, die höchsten (iipfel de»
Gebirges zu ersteigen und die beilige
Stadt Mnley Idris, die ich auf S km Ent-
fernung von der Trümmerstätte von Volu-
bilis zu sehen mich begnügen mußte,
Bwar nicht m betreten, aber doch in un-
mittelbarster Nfthe SU umgehen. Wenn
der Verfas^f'r auf l^rund seiner Heobach-
tungeu die Richtigkeit der von mir, der
ich das Gebirge nur rings umgehen konnte,
rertretenen Ansehaanngen glaubt bestä-
tigen zn können, so muß doch zu S. 428,
wo i^esaf^t wird. <Ial3 der von Westen als
konische Landmurke besonders auftallige
Dj. TselfU nach soeiner Theorie einen
durch Schrumpfung krilfliger aufgerichte-
ten Rand einer Hochebene bedeute, be-
merkt werden, daß ich bezüglich des
Serhnn niemals von Sehmmpfimg ge-
spiochen habe. In einem Anhange gibt
der Verfasser AuKkunft über die aller-
dings mit recht unzureichenden Mitteln
aufgenommene Karfee desSerhim, die aber
namentlich nach der ganz wunderlichen
Darstellung des Serhun auf der Karte des
Marquis de Segonzac als eine wertvolle
Ansrälung einer Lücke der Marokkokarfce
beseiehnet werden mu0. Tb. Fischer.
Beminsy K. Das Becken von Parras.
Eine monographische Skisie. 64 8.
1 Taf. Berlin, D. R«imer 1905. 1.50.
In aller Kürze, aber mit fjroßer Klar-
heit schildert der Verfasser Üodongestalt,
, Vegetationscharaktcr, Bewässerenmg und
I Klima der Umgeliungen von Parras, sowie
Bewohaar md Erwerbsleben dieser hoch-
fjelegenen mexikanischen Landstadt, die
einst durch ihren Weinbau blühte, aber
' seit dem Anftzefeen der Beblans in wirt-
srliaftlirbem Niodeigaiig begriffen ist.
Die Schilderungen zeu^jen von scharfer
Beobachtung und gutem Verst&nduis für
die Natur des Landes uid die Eigenarft
' seiner Bewohner; nur vermute ich, daB
(las Urteil über den Charaktii'r der PanaftOS
: denn doch gar zu pessimistisch ist
I Die beigegebenen BOto sind charak-
teristisch, aber sie sind gxofienteils nicht
Mcharf ^'(Miu',' herausgekoinnien Sehr
dankenswert sind die vom Verfanser im
Ji^ 1900 gemachten, 6 Monate umfassen-
den meteorologischen Beobaehtongen, so-
wie die von ihm aufgenommene, im Maß-
I Stab 1 : 33383 verötfentlichtc Karte der
I Umgebungen von Parras. K. Sapper.
£• T. Seydlitz' (ieographie. Aus-
gabe C: Großes Lehrbuch der
Geographie. Unter Mitwirknng
vieler Fachmänner von E. Oehlmann.
XVI u r,84 S.. '.!84 K. n. Abb. in
Schwarzdr., 4 K. u. 9 Taf. in Farbendr.
M. Bearbeilg. nredan u. Leipzig,
Hirt 1906. JC 6.26.
Die 24. Auflage ist der 28. innerhalb
dreier Jahre gefolgt, so daß im allge-
meinen nur solche Veränderungen haben
vorgenommen werden kSnnen, die sieh
mit Ausfeilen des Satzbaues und Ersatz
veralteter Zahlen u. a. bezeichnen lassen.
Es kann daher von einer lilngereu Be-
' spreehang des bekannten Werkaa abge-
! sehen werden. Seine Bedentmig liegt
fibrigens weit weniger auf seinen Be-
i Ziehungen zum Lehrbetriebe in deu Schu-
' len als in seiner Eigenschaft als tatsftcb-
lieh reichhaltiges bequemes Nachschlage-
werk für Ijiterefl8ent<;n der mannigfachsten
Art. Mein schon öfter geäußerter Wunsch,
anf dem Gebiete der Abbildungen, ge-
nauer: des Landschaftsbildes, iticht zu
rückständig zu bleiben, bedarf noch der Er-
füllung in der Zukunft. Hch. Fischer.
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Neue Büeher and Karten.
117
Neae Bücher nnd Karten.
Allgemeines.
Meje» Großes Kouversationa- Lexikon,
e. AirfL 18. Bd. L— Ljra. 90« 8. Tkle
Abb. a. Tftf. Leipng« Bibi Inst. 1906.
JL 10 —.
Allff«B«lae fhf Bisch« OMfimpkl«*
Kaiierllehe Marine. Denteehe See-
warte. Tabellarische Reiieberichtenach
dennieteorologisch cn ? (■ h i fFs t u g('l)ii ch orn .
9. Bd. Eingänge des Jahres ltiU4. IX
n. 900 8. Berlin, Mittler ft 8obn 1905.
a.— .
Fischer, Th. Mittelmeerbilder. Gesam-
melte Abhandlangen tar Kande der
Mittekneerlftnder. VI u. 480 S. Leipzig,
Teubner 1906. 7.—.
DcBtschUai Hd HMhbftrlinder.
T. Tein. H. Oat Hoaelgebiet. (Ergeb-
nis-o der Untereuchung der Hocliwassor-
verhältnisse im deutsrhen Hbt ingeliiet.
Bearb. u. hrsg. v. d. Zentralbuxeau 1.
MeteoioL n. Hydzogr. im Grofib. Baden.
Vn.Heft.) 4». 6U S. 67Zahlentaf. 12Taf.,
K. u. Fig. Berlin, Emst k Sohn 1906.
JL 24.—.
Wagner, Emil. Taschen • Atlas der
Schweiz. 2« kolor. K. 'A. Aufl. v. d. *
GeogfT. Anst. H. Künimerly Ä: Frey, Bern. '
35 S. Text u. 20 K. Bern, Geogr. Kar- 1
tenrerlag (1908). Jt S.90. |
Artarias Eisenbahnkarte von Österreich-
üngarn. Mit Stationsverzeichnis. 6. Aufl.
Wien, Artaria & Go. (1906). Kr. 2.2U.
Aslra.
Landen, Perceval. A Lhas^a, la ville
interdite. Description du Tibet Central
et des coutumes de ses babitants. Eela-
tion de la maiehe et de la miasion
envoyee par le gouvemement AngUds
(1903 4 V VU u. 447 S. Viele Abb. auf
Taf. Paris, Hachette 1906. Fr. 20.—.
Webor-van Bosse, Frau A. Ein Jahr
an Bord I. M. S. „Siboya". Beschreibung
der holländischen Tiefsee - Expedition
im Niedad&ndiseh-Indiiehai Archipel.
1899—1900. Kaoh d. 2. Aufl. a. d. Holl,
übertragen v. Frau E. Ruge-Baenzi-
ger. XllI u. 370 S. 26 Taf., 4U Text-
abb. n. 1 K. Leipzig, Engebnann 1906.
JL 6.—.
Afrika.
Genthe, Siegfried. Marokko, lieise-
•ehilderangen. Hnig. von Georg We-
gen er. Einleitung von Theobald
Fischer. (Genthes Reisen. Bd. II.)
XIX u. 368 S. 18 Ansichten nach Auf-
nahmen des Veilbsse». Berlin, Allg.
Ver. f. dentacbe Liter. (Paetel) 1906.
„H. G. — .
Langenbach er, K. Karte von Marokko
sar Übersicht der Verkehrswege and
lUitenposten der deutschen, englischen,
französischen und sjianischen Dampfer-
linien sowie mit statistischen Notizen.
1 : 9 ODO 000. Berlin , D. Reimer 1906.
1.-.
Falls, J. C. E. Hin BeHucli in den Natrou-
klöstem der sketischen Wüste. ^Fiank-
fbrter ZeftgemSße Koscheren. 2X7. 8.)
96 8. 9 Abb. Hamm, Breer & Thiemann
1906. JL —.60
Nordamerika.
Sempie, Ellen ChurchilL American
Hifltory and its geograpbic conditions.
466 S. Viele £. im Text u. auf Taf.
Boston, Boughton, Mitfliu &. Co.
8fid.Folar)r<>ir«ndeB.
Dase, S. A. Unter Pinguinen und See>
handen. Erinnerangen von dw schwedi-
sehen Sfidpolarexpedition 1901 3. Cbers.
V. E. Engel. VII u 'Jf,2 S 81 Taf.
Abb. Berlin, Bacn»ch luoo. JL 6.—.
Zeitsehriftenseliai.
AferNHMm«Jr«ilnI«N9en.]906.19.Heft.ldienstes'' anf die Sedhalbhogel. — Fi>
'^traoß: Eine Reise an der Noidgrenae ' scher: Anschluß de.s sog Serapistcmpcis
Lnri«tan8. — Grubauer: Negritos. — ! an das Netz des italienischen Präzisions-
Heß; Die Alpen im Eiszeitalter nach nivellement«. — Supau: Da*« neue Polar-
Penek und Bruckner. — Hammer: Aas- j projekt. — Geinits: Stracks Unter-
^«hmmg des ^ioteniatiooalen Breiten- { saehnngen fiber den Basischen HOben-
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118
Zeit8chrit'ten«chRu
rücken in Holstein. — Ergebnisse der Spni-
chenzälilunjf im russischen Keich 18'.>7. —
Re i II t' ( k p : DerVulkaiiauflinich aufSavaii
Globus, äb. Bil. Nr. 28. Jäger: Der
Tegemwe. — Paul n. Frits Sarasins
Forschungen in Cetebes. Förster:
Nf'iir ForschunjTon im Tsa(iKt'e;,'t'bift. —
Die Fox-lsland-Passapren d<,'r Aleuten.
Du88. Nr. 84. v. Knebel: Studien in
Idand 1905. — Das Projekt von Moos
für die intt-rnatiotiale Pohirforschung. —
Berd»u: Der Mond in Sitte und Gebräu-
chen der Mexikaner. — Die letzten Ora-
bongen in Bttbjlon mid Ninive.
Da&s. Sil. R,|. Nr. 1 Ilutter: Im Ol-
gebiet von Kamerun. - Da(< «leutscb-
euglische (ireuzgcbiet im WcHteu dea
Viktoria-Kjansa. — Klose: Mnsik, Taut
und Spiel in 'Vo^o. — Hennig: Die deut-
schen Seekabel — Steplian: Anthropo-
logische Augabeu über die liaiTtai i,Neu-
pommem). — Beidiskolonialamt und
Reichaekt ftlr die Schutzgebiete.
X)cr*«. Nr. 2. Karutz: Von Buddha«
heiliger Fußspur. — Wciäenbcrg: Speise
und Trank bei den sfidmrtiscben Jaden
in ethnologischer Beziehun;^ — Friede-
rici: Der Thränengruß ib-r Indianer. —
Mac her über das Alter der liuiucu von
fihodesia.
Deutsche Rundschau für GeorjrapJtie
utui Sl<ttistil\ -JH. Jhrg. 4 Heft. Hieber:
Die österreichische Expedition nach KalTa.
— Seidel: Das Atoll OleaT nnd seine
Bewohner. — Olinda: London in der
Gegenwart. van Hille: Reisen in
West-Nengui uea
Deutadte Erde. 1(K)6. Nr. 6. Hasse:
Die Deutschen in Rußland. — Hettema:
Die friesische Stanimescij^'enart. — Roh-,
med er: Der deutsche Urtt>uameuschat2
der DeutMjh.Fersentaler in Sad-Tirol. —
Fackel und Meiche: Niederdeuieche
Spuren in der Oberlausitzer Mundart.
Zeitschrift für Kulonial/iolitik . -recht
und -Wirtschaft. 1U06. 11. Heft. Mayer:
Die ersten VorllLufer der dentaehen Kolo-
ni>-arion^bestrebungcn in Afrika. — Eine
Kuudfahrt durel» den ostindischen Ar-
chipel. — Besuch des deutschen Kaisers
in der Lissaboner Geographischen Gesell-
Schaft. — Hassert: Der I. italienische
Kolonialkon<,'reß in Asmara rjorn. —
Graf Pfeil: Viehseuchen in Deutsch-
Oatafrika.
Zeitschrift der CfsdUchaft für Erdkunde
zu Berlin. llKli). Nr '.i. Sol^rpr: Die
Moore in ihrem geographischen Zusammen-
hange.
Miit. d. Ver. f. Erdkde. zu Diesden.
Heft 2 (1905). Habenhorst: Chinesische
Dienstboten. — Richter, P. E.: Literatur
der Landes* und Volkskunde and Ge-
schichte des Königreichs Sachsen 1903 o.
1904. Nachtrag 6.
Beiträge zur Kenntnis des Orients. II.
1905. f Jahrb. d. Münchner OHmM. Gti,
1904 5.) I. Abt. Brandenburger: Bos-
siscli - atfiatische Verkehrsprobleme. —
Cuurady: Acht Monate in Peking. —
Jacob: Die Wanderung des Spitz- and
Hufeisenbogens. — Wirth: Ostwestliche
rrwanderunj^en — Hell: Die inneren
I Feinde des juugen Islam. — Hart mann:
He r},'!' seil
Hallonaurstie;,'e übi-r (Icni
freien Meere und die Erforschung^' <l' r
freien Atmosphäre über dem atlantischen
Ocean 1906. — Hann: Die Temperatur
der Zyklonen und Antiayklonen. — Leß:
Die \Van<b'runj: der sotnnu'rlichen Regen-
gebiete durch Deutschland
Zdifchrift für Schulgeugruphie. 1906.
lt. Heft. Oppermauu: Frhr. v. Richt-
hofen f. — IHt II deutsche Kulonial-
kongreß. — Keisebriefe aus Ost-Asien.
Geografhischer Anzeiger. 1905. 12. Heft
Fischer: Sollen die Geographentagc in
AuBfluj^fcrienaa^pelöHt werden? — Ankel:
8 Jahre Erdkunde in den Oberklassen
einer Oberrealschttle. — Fischer: Heform-
beefcrebangen im finuuOsischen Erdkande-
unterricht.
MeteorologischeSMtschrift.X^b.WMeft.yV^ nene Arabien. — Hemel: Bin Jahr
Konstantinopel. Kjathane (dritter Mo-
nat — <Miiit'uT: Die geographische
ErschlieUuug Japans. — t. Berlepsch-
Valend&s: Das künstlerische Leben der
Japaner. — Grothe: Marokko im Lichte
der jüngsten deutschen Forschung and
Literatur.
Abrege de Butt. ete. de Ja 8oe. Hon-
(jroise dedeographic. XXXHL 1906. No. T.
H e ^ y f 0 k y : Über die Schwankttngen der
Blütezeit
Diisa. No. 8. Sxil&dy: Begritf der
Lebensbezirke und Zoographie des Meeres.
— rMr;il.1: Über die Lei 'Cn8verhaltni8.se
der Einwohner von Resiuär bei 2«agys-
zebcn.
Dom. No. 0 Kormos: Zoogeogra-
ph ische Beziehungen der Fauna im unga-
Zeitschriftenscbaa
119
Da89. Bapportft et />?o( - verbanx.
Vol. in. ri905.Vni . Kd. alU-m ) Ge.^amt-
bericlit über die Arljeit (U r I't'iioiU' Juli
1902— Jali 1904 (1 K.)- Uydrograpluäche
UnterraoHnngen; Petterston: Ober die
Wabrscheinliclikeit von periodisclieD und
unpcriodisrliPTi Scinviuiknn<7t'ii in «l"ni
atlantischen Strome und ihre Beziehungen
zn meteorologischen und biologischen
Phänomenen (7 u. 16 Fig.) — Heiland»
Hansen: Die Hydro^'raphie dt-r Kiirüer-
Shetland-Rinne in u. 11(03 4 Fig.).
- Knudscu: Über den Einfluß des ost-
islilndiscben Polarstromei anf die Klima-
scbwankungcn der Färöer, der Shotland-
inseln und des nördlichen Schottlandeä
(8 Fig.). — Fischerei und biologische
TJnterrachungen: Holk: Einleitende Uber-
sicht Brandt: l Itor dio Produktion
und die ProduktionslH.dinmnipcn im Meere.
— iieincke: l>io i-.ier und Jugeudlurmen
der Nntzfiscbe in der Nord- und Ostsee
(i V\<z.). — Henkinfj: Über das perio-
dische Auftreten der wicht lY'^ten Nutz-
tiäche im Xordseegebiet und Skagerak
necb den Fangergebnissen deutoeber Viwh-
dainpfer 2CJ Fig., 2 K.) — Hjurt und
Petersen: Kurze (''ber«icht über die I{e-
Hultate der int^^rnatioualen (bes. norweg.
a. dän.> Fiachereinntenraebnngen (10 Taf,
7 Fig.). — (»arstang: Vorluuf. Bericht
Aber die Naturgeschichte der Scholle auf
Grund der Untersuchungen der Kommis-
aion B in der Zeit bis sum 80. Juni 1004
(3 K , 10 Fij:. .-) Tab) - Kedekc: Die
Verbreitung der Scholle au der hollän-
dischen Küste (4 Fig.). — Nordäoeti»4cberei-
Statistik. Teil I.: Heek n. Kyle: Die
Fischereien der einzelnen I^der Tt il II:
Kylc: Kritische ZuHammenKfellui!^'^ der
zur Verfügung stehenden »tatibtiucheu
Angaben nnd ihre Bedentang ftlr die
Überfisch ungHfrage l K., 2 Fig.
Dans. Vol. IV. 11)0-,. XII. .Tuli
1904 — Juli l'JOö. Kjle: 1. Bericht
Aber das dem Bnrean zugegangene Mate-
rial betr. der Menden von kleinen Schol-
len, welclie in den verschiedenen U'idcrn
gelandet waren ^12 Tab.;. — i'eterseu,
Kvle 11. Jobanaen: Meuiorandom Über
den Wert der Marktstatistik als Auskunft
über die Verbreitung der F>che '.'» Tab.,
1 K — Kyle: Kurzer Bericht über die
I vom Bnrean des Z.-A. organiaierten Ex-
Temperatur, Salzge halt naw. in der Tiefe i perimente mit Netzen (5 Tab.). — Knud-
Tat) — Stickstoff uaw. — Plankton, i aen: Einige Bemerkungen über die hydro-
naeh-kroatischen EGsiengebiete. — Bes-
dek: Aus den Marniaroser Gebirgen. —
Päcala: Ther die Lebensverhältnisse der
Einwohner von Hesinär bei Nagjszeben.
La Gefjfftaphie. 1903. No. 6. S^nart:
üa Bonveau champ d*ezpioiation arclit'o-
!o<:iqiie — Duparc et Pearce: Sur la
prtisence de hautes terrasses duus TOural
du nord. — Cordier: L'associaiioD bri-
taamqne dana TAfHqne aottrale. —
Lapparent: Ferdinand de Riohthofen.
Th( f r eoijra ph ica l Jon rnal. 1 9 06 N o 1 .
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Diieoveiy. — Tbe Ute Banm ron Richt-
hofen on Antarctic Exploration -- Wc-
stoii: Travel and Exploiation in thc Sou-
thern Japanese Alps. Broun: A Jour-
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Hötet on the Hintory of tbe Nile and its
Valley. — Buck; Canal Irrigation in tlic
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in Cape Colony. — Daria: The Geogra-
phica! Cycle in an Arid Climate.
The Scottish (ri nffrnphtcal }ffi(fa:ine.
190Ö. No. 1. Kleba rdbou: The Ethno-
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Piaina of thc Central United States. —
•Tobnston: Notes on thc Advantage of
a Tupograpbical Survey of South Africa.
— Watermeyer: Oeogn^hieal Notea on
Sonth Africa sonth of the Limpopo. — The
Aniand.<en Expedition to the MagneticPole.
The National Geograpliic Magasine.
1906. No. IS. Fee: The Paraeea and
the Towers of Silence at Bombay —
Chentung Liang-Cheng: China and
the United iStates. — Shorts: The Buil-
ding of the Panama Canal. — Oreely:
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the Eatth'a Snrface. — Goode: A Model
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Civilian May See of Gibraltar Today. —
Haber: The Scope of üeography.
ü. 8. Oed. Smvey. Monographs.
Vol XLVII. 1904. van Hitte: A treatiae
on MetamurphiBm (32 Fig.;.
Cum. ficrman. inUrtutt. p. ixplur. d. l.
Mer. B«0. cfea ritmUatB ae^i$ pendant
In etmms pt^riodiques. 1904—1906. No. 2.
Not. 1904. No .3 Febr. I90.'>. No. 4. Mai
1906. ätaüoaen. Zustand der Atmosphiire
^ dea Obeifltebenwaiaen (S Taf)
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120
Zeitschriftenschfta.
graphischen riitcrsuchungen. — Ders.:
Vorschlag zur Bearbeitung des hydro-
graphischen BeobachtungsmateriaU. —
Der«.: YondiUlge cor Umformung desj
Balletiiis.
DasM. Puhl, de circonstavce N'o 13B
Fischer u. Uenkiug: Überuichi über |
die Seefiaeherei DentMshlftnds in den Ge- 1
wässern der Ostsee. (Die ÜBtsee-Fischerei ,
in ihrer jetzigen Lage ; 2. Tl. III. 6 Taf.,
6 Fig.) — No. 24. Ekmau: Kurze Be- ■
sebreitning einee PropeUetKommefleers (l I
Tnf.). — No. 25. Pettereion: Beschrei-
bung des Bifilarstrommessers (1 Taf.). —
No. 26. van EoosenUaal u. Wind::
Prfiibng Ton Strommenem and Strom-
messungsversnehe in der Nmdsee (2 Taf.).
— Nil 27. Ekman: An apparatua for the
collectiuu of bottomsamplea (ö Fig.). — I
No,SB. Trybom, v.Qrimm, Henking, i
Levinsen: Bericht fiber die Anstalten
zur Vermehrung des Lachses und ih^r
Meerforellen in den FlüBsen der Ostsee. —
No 99. Gongh: On the dittribution nad I
the niigration of Muggiaea atlantica in
the English Channel, the Irish Sea, and
of the South and VVest-Coasts of irelandf ,
in 1904 (8 K., 2 Fig.). — No. 80. Wit- ,
ting: Kurze Beschreibung eines elektrisch
registrierenden Strommessers (Fig.). —
No. Sl. Ders.: Etliches über ätrommes-
•nng. — No. S2. Kofoid: A self-elosing ,
Water Bncket for Plankton InvesligatiMiB :
(4 Kg ). I
▲«t TendUeiemaii ZeitMlnlfleii. i
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Lagwungs Verhältnisse glacialer Bildun-
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Leiviskä: Über die Entstehung der
Dünengebiete an der Küste des Bott-
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Leitfähigkeit des Meerwassers. — Um-
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fai <i h.. in Kieh Hijdrogr.Äbt. yr.4 u .I J
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die Geologie. I. Zur exaten Orientie-
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des Rio Baker und Lago Cochrane
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Deutt^en Wiu. Ter. in Santiago. Bd.V.
1905.
Stille: Zur Kenntnis der Dislokationen,
Schichtenabtragungeu und Tiausgrea-
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k. preuß. Geol, L.'A, «. Sergak. f, 1906,
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Tower: The Geography of American
Ciiies. Bull, of the Ämtr, Cfeogr. Soe..
Vnl. XXXVII. Xo. 10. Ort. 1905.
Wuttge: Lichtbilder. Die Mäddtenechtde.
VwaalwwtUkliw HaiMU|«k«rt Piot Dr. Al(r«d Battaer Im HaU*tb«vg.
Digitized bv Ci(vin|
Antiquariats-Katalog Nr. 272 ~ Hauptlehrer Hermann Itschuer:
Geographie und Reisebeschreibungen Lßlirproben ZUP Länderkunde VOn EuPOpa.
(2887 Nummern) ucitraj: zum Problem «lor .StoffjjpstaUiin?.
Buchhandlung Gustav Fock G. m. b. H.. Leipzig. ] IV ii. jtsS. | ;,'r.!S. r.i04 ff. h j( '6 .üi\geb..iCi
Verlag von B. 6. Ccubner in Leipzig und Berlin.
aieltreirebilder. Ton Julius IVleurer. '"/y'::,.?'':;'""!?^:
ictpu ciiirr lücltfarlir. ö^rb. .H ') -
I*fr ^-^ brfiinnlir ücrfafirr brindt (ftnr Hcf ■ un? .nitStUift in
,tOtm von ^rrn . ^fm^ i-hi (röfi citicn Kriffjbi . ^ln^<lt. 3" Piffc"
?tt<lci;nilttii .'luiui Iii bar, luas ^^^t lUcitrfH»"i''n rinjrlttfn
iiinbcTTi ICH, ■^,11' 1, noT^l1ttl^rif 1 . .Ulf rtiirr liln^rrtii Tte- oöft
i-^ ^'•ict III . !l^f^ rnrrif, tfif btt IMnuiIaia,
rfr ^ri'i bifr Vcf . lut ijrridjtrf , L'>cr4lHd'r 511
S*' um i>ii&utd:) rill [ri4)irirä, ^rr trabrliril oSrr lütif
Ii-" Crffr:- hiTiu>rjunitni , irnf Cärtt>rt un& OoJii
ftf rv>i»}'. t i>fr 5d'i ^fr l>f^\)tl^rr*^ iSigciiiUt
Of: , in; j U'ttT Ii :ltr, ^rt JiiPiincf an^
UI ucf. — iludi Ci\e urtfrrficbl cn Kiini'ibtuitrn , (oirtr
t*»!!. ulr 3"f''''"5 . ilMtio* - = 3>Jr''i'i ll'€t^tlt ein.
art;tni>(t i>ciiiiuOrll<
OrtaHenfahrt. Ton Dr. f. Dof lein. f^l'^^lXi^lX!"::.
>£hind unO iLrr<»ii. lltit jitl;Irrtct:rii 2Il>lnI^ulU)rn. i^fb. to. ,H '\
3 ' Wriaifff 1" öif)ciit irvtfc rill .1
yil6 ti , ^n■fn lllfnfdifri, Ctirrc ull^ 4.^1
in " i£i i|) ^rs^>llIl iiud; tti» Hif\Uivtit im
ijf: .r^^rl, tt'iiffiiKi^iftlicf'rt .'ii5t(tlniiM. iftn
bc' jdjj DL>firin lJfr^^^e in ^c^ ,'^fij ^f
jiii , lt^^ ^ir :r(.Mniuiiui und frtfijun^, t>it .
tcra.jii.M.: iiui.ni xu-iijiii')^ .u.>.:iii:.ii>'.-ii l/iuoriitrufrii iDurdr, ^urd'Jiitrrl bus janje L^a^y.
Das europäifche Rußland. Ton prof .Dr.H.Rettner.
lHu 2» Ifitrattrii. iPch. .11. V.-, »jtb. ..tt 4 *>«>.
1, ijfiip ,n l;uyi^^|ul ■iri.u'ttat ll>k»r^c!^
i'i. tt>i 'irn noii bffotiftrrcni 3"*'^^'""' tfin- ^i'
..illiWI.U'f , . |,„v
'1 , inttfT !■ n ,
ti!ii' ^4 Uil.U' U ui. ii^uii.j kjii'tii, t'i. in l'i ('irui uilC> iiul;l i>f i.iaiutiil |oiiC<i'tii i'ttiu'.'^cii |u>.r'l.
JVlittelmeerbilder. Ton Geh. Reg,- Rat prof. Dr.
C^HeObald ^ifcHer '^"'' ""'»i'l'c lUibvtnMuiucn J^^iiult^^ ^cr I^IttrImccll^.in^fr.
Bj» Ifrrf fommf bim in inimrt loriirmi Mrcifrn bti tMutfcfien üotfc* ficfi wat nbfn un5
• ' ■ "1 ■ ■ ■ '~ ■ ■■ > ' ■ , .. - . . {niitrlnu'-
ilrii, i'ii
-II ull^ >ii.
■ H in il'i.
j , i'^'iii > , i i ij jiu flrinrii r |iu .inj
1 HeiK" ftfor»d't b^il, bifirt ^tn tifrrn riiif .'jultp
. . ._.u:..j Uli.'' l Ulli.;
Oaö jVIittclnieergebiet. Ton prof.Dr.H.pbilippfon.
fulliirclJi' >5:iiii-ii.i'. !. ') .V'juscti, ;."> Jliiiul;:cii un? In '('.iiirii.
fUjiiri !■ lA, utit finfiii n'cUni Hrrlff .ilUmictn <Pt-
, ,. ,. i.j . 1 .... ,,r M i-Ti,-i!r'i'l- •'-,•! .>rt
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Geographische Lehrbehelfe
ans dem Verlag von Ed. Hölzel in Wien IV/2, Luisengasse Nr. 5.
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Holzels Bchiilwandkarte von Australien und Polynesien, Stiller Ozean.
Hrarl.eitot und ^'czeicbnet von Dr. V ra 11 7. H fiiieri rli. MtillwoiileRcln' llächoutmie
I " 1:100(1000(1. 6 V.luit iu lOl'a.liPiii FarLeiulruck. Grüße »1er
1. i/.t 16<i cm liuch, r.(L* ciu breit, l'reis unaufgc'8)ianiit 1» M,
Bul Leinwaiul ^c:<panut in Ma]!]»« -'4 M., auf Lcinwan«! gcjpamit mit Stril>en 28 M.
Hölzeis Schulwandkarte von Asien. Politische Aasgabe bearbeitet von
l»r Franz Hf'i<leriL Ii. >^~^naTrT7HTiriiTT7(ju 6 Blatt iu Idlaoheni F:i^' ' - Inick
firüße der Karte /Ubunini' ..t 14ii v.m hocb. 175 iiu' breit. Prcip un juvimt
M.. auf Leinwand ^enpanut m Mappe '20 M.. auf Leinwand gespannt mit »Stiibeu Ü2M.
Holzels Schulwandkarte von Asien. Physikalische Ausgabe. IL Auf
vollkonuneu neu bcarljoitot von I>r. Frun/. Heidericb. MuUtitab 1:800»'
»> Blatt in 10 fächern Farbendru<-k. (Jrößc der Karte zusainmengeoelitt 140 vm
lnM>h, Hb cm brtiit. l'reis uuau' tit 15 M., auf ' j>annt in Mappe
•jo M., auf Leinwand j.'ftjiiannt u .il»en 2*2 M. — > 1 lie besten, uaeli
»ieoi neueston. issenschaftlicbcn Material bearbeiteten Wandkarten von Asien
und .Ali • Sie nehmen },'e;.'*'iiw;irtij^ den ersten Kaiii; .t..f diesem Gebiet ein.
Hölzel .-^ V ■ ..ohr'-'kn '-»f von östcrreich-ünKam für den all>,'emeiuen (Jobrancb.
\*ie auch /um ' it un kuniuier/iclku Lehranstalten bearb, von Leopold
KuUin». IL Aufl»j,'e. Malintab 1:800000. 1» Blatt. Frei» luniufpespjumt 13.50 M., auf
Leinwand L'es]>annt in Ma]«pc 23.50M., auf Leinwand gespannt mit Stäben 27.fi(»M.
Haardts Übersieh tskarte von Europa fiir den Schulf/ebrauch und zum
.■^t'lbstshi.limu MaÜHtab 1 : 3 0o0O(m. 1»» ülatt (TTöße der Karte /UHammen-
•212 <.n> l)reit, IHl cm hoch rnauf>,'e8pauut 15 M.. auf Leinwand gespannt
.jip 2-J.r>(i M., mit SUil>en 27 M.
Haardts Übersichtskarte der ethnogrraphischen "VcrltältnisBe von Aaieu
von den anjjrrfnzen<len Tiibii Kuropas. IimoOooOO. Blatt in
;i<"facbem Farbendruck. Grüße der Karte ?.U!»ammeiiL, . i-t 175 cnt breit, 110 em htirli.
Frei« unauf^rf?pauut 25 .\!.. auf Leinwand gejtjiannt in .Mappe 3o M., mit StLiben .*t2 M.
Haardts Nordpolarkurte. Mußstab 1:5000000. 4 Bliitter iu vielfachem Farben-
druck » irößc der zu ' ' "<e 172 ru\ breit, 148 cm hoch. Frois iu
losen Blattern 15 M.. . , ,.pe lU M., auf Leinwund mit Stäben 21 M
Haardts Südpolarkarte. Muß.Htab 1 : lo;ot«>000. In 4 Blättern mit je 12 —
\\\ \ f>en druck. TTröße der 7.11- • • 172 cm breit. 14>-
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A Hiid ! t'ii 14 60 M. — Die«e Kurten wurden sowohl auf dem VT. intern;
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ts W.i ;e der Planiglobeu. Politische Ausgabe, s Blatt. Mnütitui.
• 000. der Karte /i ■ /t 20t« cm breit, 132 cm hocb. Ünaul-
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Ikarte von Palästina. Für den Unterricht in der bibl^^cbc.,
de., alten und neuen Tetitauient*. Nach den neuesten Pubiii
■ - 0 1
Ilten. <ii ^
rte /uhammpiij/pfetzt 131 em breit. 15«i em hoch. üna». ut «5.50 ^1..
- 12 .\L, m • MM A lur V<
icv. • Kort« ZDsaii. ..p- • i/.t UM - . i' 1 •*
I 5.60 M.. aui' Leinwand gespannt in Ma](pe 11 M., n
Dr. >'r. ^ che Ü'
iifii ' » i .1,1 ; ; Ii;
L-n in l 10 M.. auf 1
— Die erste und oin -karte >
^'•in der K: in wie. ..u tl. ui 1
_: aU M'. . iMit.
Aasfnbrliohe Prospekte stehen auf Wunsch gratif? und franko zn Diensten.
Zu beziehen tlureh aUe BudüULndl äugen sowie durch die Verlagshandlung selbst.
II EH \T'^r;K< !F11F N
VON
Dr. ALFRED HETTNER,
iKKSüOK i)i;n oKofiiiAniiK w i»eii rsivKif^riAt hjh-ki
/.WÖI.KTKU JAllROANd. DIUTTES HEFT.
Vl'SOEnKMEN AM JJ. MÄU/.
LEIPZHi,
UND VERLAG VON B. (i. TEÜBNEK.
Iiiliiilt (los drittou Heftes.
r-Muanl Richter. Von TroJ. J)r. G.M.r- \ Lukim in Hr. Fl,, i
Voran.l..rurjgou b der lWoi,.nu., a, r \ 8taa1..„ v..n N.nl-
ummk.-,. \on Dr. Hun> JhMderi.h in Berlin ,.-
-l.»()4. ^on Prof. Dr. George Karsten in IW .S.hluü) ir.
,HkutKs..hen Kü.sten des nördlichen Ei.n.eeres. Von W. Sioroszeu-ski v
Dn. neue Methodik.« de. crdkundli-ben Unterrieht..s.
l'r. K. Lan^T(.„beek in Slraßhun^ i E
Du. WaIds..Hniinerschen Karten. Vo„'^E. .i. Kav.nste.n .n I..„d<>n Z
(•eograpbische Neuigkeiten:
I'.o Na ...Ij.Ersch.inuufca.n 0»t- Sibiriens. - .Scb>ffs.v,.,HM, ' p ' v !
AfrikÄ, DjÖB UntersuchiiUKei. nu der «Hanf j,cl,e„ KOsto ^ v r ii .
zur E, ror..c).u„^ .l«r Sch.'aa-.ankbct. - Weu ;a 7» l''/ '"r
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iljö (»i-ograuiliscb« Zeitachriff
f^'r. Allred 11, i„ jj, , . , • .
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■ der I und \ : i i • . " '
•"'•ii^' Li »;l ,L auch JJ
9 #■*
Eduard Richter.
Von Gtoorg At LukM.
Immer aaltonar wird es bei der stetig fortaelirriteiideii Arbeitrteilimg auf
allMi Gebieten menschlichen Wissens and Könnens, daß der sichere Blick und
das sntrefEende Urteil des Einzelnen einen größeren Umkreis beherrschen als
dns meist schon allzu große Boreich des eigenen Faches. In den Grenz-
gebieten, welche zu benachbarten Wissenschaften hinüberleiten, erlahmt not-
gedrungen jede .selbständige Forschung, wenn auch da und dort persf^nliche
Befähigung und Neigung den Kreis ^'oistii»er Interessen etwas weiter ziehen;
nur wenige Bevorzugte vermögen mehr als ein Feld wisseuschaftlicher Arbeit
erfolgreich zu bebauen.
Es ist nicht sn leugnen, daß sieh der Geograph gerade in Folge der sonst
oft beklagten Weitsebiehtigkeit seines Ftehes hier in einer gOnstigeren Lage
befindet: sososagen pfliehtgendlß hat er sn Tersdiiedenen HHssenssweigen Be>
siehni^n sn nnteifaalten, die über den, andi bei andern Wissensehaften
gebotenen Umfang des geistigen Horizonts hei weitem hinausreichen. Die
Erdkunde verknüpft einander anscheinend ganz Fremdes darch logische Ge-
dankenreihen, sie weiß von gesichertem Boden aus zu dem Abgelegensten
eine Brücke des Zusammenhanges zu bauen; hierin li<'gt ihre spezifische
Eigenart, auf solche Weise vermag sie neue and selbständige Erkenntnisse
au erscbließiMi.
Bleibt der Geograph vor Einseitigkeit sicher bewahrt, so erschwert ihm
anderseits doch gerade der Beziehungsreichtum jedes Teilgebietes seiner
Wissensebaft «ne ausgebreitete prodnktiTe Forsclrang. Dies wird schon der
empfinden, der allein die „natorwissensdbaftliche** Biehtung der Erdkunde
pflegt; wie ^iel mehr aber der, dem auch die „historische** Geographie als
ein wesentlicher Bestandteil des Faches erBchont, und dmr in der befimch>
tenden Wechselwirkung beider Bichtungen Wesen und Ziel seiner Arbeit
erblickt. Die meisten älteren Geographen kamen von andern Wissenschaften;
es ist selbstverständlich, daß sie sich innerhalb der Erdkunde jener Richtung
zuwandten, welche die nächste Verwandtsthaft mit ihrer bisherigen TjauflKihn
zeigte. Nicht allen ist es jedoch treiungen, das G«'sanitgi'l)i>'t der (Icographie
so zu durchdringen, daß sie, ohrn^ die Fühlung mit ihrem Ausgangspunkte
zu verlieren, auch das entfernteste Feld mit den Waffen ihres Geistes er-
obern and siegreich behaupti^u konnten.
Ein solcher Oeistesheld ist am 6. Febmar vorigen Jahres in Edaard
Siebter von uns gegangen. Als Historiker hatte er angefangen, war als
NaAnrforsoher berlihmt geworden, Teigaß aber so wenig auf die Wissenschaft,
OM«n»blMft« MtMhrfil iLJahrgaas. 190S. S.B«ft 9
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182
Oeozg A. LukAi:
der er seine Jugendarbeit geweiht hatt«, daß ihn auch die Vertreter der
Geschichtswissenschaft mit H^cht den Ihrigen nennen. Violen schien Richter
ein bedeutender Mann, obwohl sie nur eine Seite seiner Tätigkeit kannten.
Es liegt nahe, hier eines andern großen Geographen zu gedenken, der
wenige Monate vor Biditor am dem Leben tehied: des unrecgeilkhen Fried-
rieh RatseL Sein Weg war der umgelcelurCe: der Natnrforseher begründete
die ttAntbropogeograpbie** und aehfitcte den Menschen vor den Angriffen
jener radikalen lUehtnng, die ihn ganz ans der Erdkunde yerweisen wollte.
War auch ihr Weg verschieden gewesen — als Gelehrte waren Ratzel und
Richter einander in der universalen Beherrschung ihres Faches gleich, und
gleich schmerzlich ist deshalb ihr vorzeitiger Verlast zu betrauern.
Soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, Richters inhalts-
reiches Leben und sein wissensihaftliches Erträgnis zu schilderti, so bedarf
es nicht des liinwcises daraui', daß an dieser Stelle vor allem .seine geo-
graphischen Leistungen eine Würdigung erwarten dürfen; doch stehen auch
die historischen Schriften zumeist der Erdkunde nahe und bilden einen so
' wesentliöhen Zug im Lebensbilde des Ftnachers, daß sie nidit gans m llber-
gehm sind. Eine kante Dsntellung seines Lebensganges mSge Torerst die
Grundlagen Teranschaaliehen, auf denen Biditers Tielgestaltiges Lebenswerk
emporwneha^)
X. Miiaxd BlolHloss Lebenagaiig.
Eduard Bichter Terlebfee seine Jugend in Wiener Nenstadt, der
Heimat seiner Matter and dem Wohnorte der Großeltern mfitteriidierseits.
Seine Wiege hatte zwar in Mannersdorf am Leithagebirge gestanden, aber
schon sieben Monate nach der am 3. Oktober 1847 erfolgten Geburt dieses,
des sweiten Sohnes war sein Vater, Justitiar und kaiserl. Venv'alter Alois
Richter, im Alter von lU Jahren gestorben (am 1. Mai 1848), und damit
hörten auch die lieziehungon der Familie zu dem kleinen Dorfe atif.
Der Vater war ein geistreicher und munterer Mann gewesen, wegen
seines unterhaltsamen Wesens und schlagfertigen Witzes bei Alt und Jung
sehr beliebt. Er hatte juridische Bildung genossen und erwies sich hierin
offenbar tüchtig: denn er wer als Kandidat des Wahlbesirks Bruck a. d. Leitha
fttr des Eraokftirter Parlament aasersehen, als er starb. In seinen Mofie-
standen besohftflagte er sudi gern mit der Malkunst Zeichnerisdie Anlagen
and gesellschaftUohe Talente yererbte er seinem Sohne Eduard, aber nioht
die Neigung cum Bwufe eines Juristen.
Ij Zu dieser Lebensachilderuug konnten außer persünlicheu Erinnerungen de«
VerfftMen der noch nngedrackte antobiographisehe Nachlaß Richters and seine
Reieetagebücher, Aufzeichnungen usw. verwertet werden, wofür Frau Hofrat Luise
Richter der wännute Dank gebührt. P>gilnznngen in Einzelheiten bieten die
Nekrologe von Diener (Ost. Alpenzeitimg), Erben (Salzb. Volksblatt), Finster-
walder (Comm. int. d. glac), Gfinther (Mitt d. Geogr. Oee. ICßaehen), Janker
(Qeogr. Anz.), Lukaa (ÖhI. Mittelsch. u. 33. Jahresber. d. Staatsoberrealschule Graz),
Marek (Mitt. d. k. k. Geogr. Ges. Wien), Marinelli (Riv. geogr Ititl.), Meli
(D. Geschichtebl. , Penck ^Wiener Zeit u. Mitt. d. A.-V.), Schünbai h :Grazer
TagespoBt;, Sieger (Ost Rundachao), Stfidl (Bohemia, Prag), Wutte (Klageufoiter
Freie Stimmen a. Ctuinthis I. a. II.), Z wiedine ek (Gräser Tagblatt) o. A.
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Eduard Richter.
123
Die Mntter Magdaleae, geb<n«ne Fronner, zog also mit den beiden
Knaben (der ältere, Karl, war 1842 geboren worden) nach Wiener Neustadt
zu ihren Eltern. Der Großvater Johann Nep. Fronner (geb. 1785, gest. 1849)
widmete seine Kraft als bürgerlicher Magistratsrat dem städtischen Gemein-
wesen und als Liebhaber antiquarischen und historischen Studien, die sich
besonders auf die Geschichte seiner Vaterstadt bezogen. Zu diesem Zwecke
hatte er eine ansehnliche Bibliothek zusammengebracht und verfaßte selbst ein
Werk über die Altertümer Wiener Neustadts. Auf die Erziehung der Enkel
konnte er bei seinem verhältnismäßig firfiken Tode keinen Einfloß nehmen;
ncfa die Großmutter Aloisia, geborene Sdnister, eine Eanfinaonstoehter ans
Neustadt, die erst 1860 86jBliiig starb, nisohte sieb niebt darein. Diese
Aufgabe naihm die Mutter alldn auf sush, und niemand wird der Idugen und
vent&ndigen Vma das Zeugnis Teraagen kOnnen, daß sie ibie Kinder vor-
trefflidi su erziehen wußte.
Zumal auf den jüngeren Sohn Eduard verwandte sie die zärtlichste
SoigiSalt, da sie seine Begabung wohl erkannte. Er wurde 1858, nachdem
er die zwei oberen Klassen der Normal - Hauptschule absolviert hatte, in das
OjBinasium im Neukloster gebracht, das der Zisterzienser- Orden mit Lehr-
kräften versah. Der anfangs vorzügliche Fortgang erlitt in den mittleren
Klassen etwas Einbuße; Schuld daran trugen die alten Spruchen, deren Be-
theb nur mäüige Begeisterung erweckte, aber auch die interessanten Bücher
des Großvaters, die der Lesewai des Knaben mm Opfer fielen, und sein
kindUdier Hang naoli Fniheit und üngebundeobeii Spiele mit einer lirmen-
den Frenndessehar, Botanisieren und Inselrtensamnieln — das war freilieh
BchOner als die oft listige Arbeit fftr die Schule. Da die Mutter aber hierin
nur Kutwillen und Leichtsinn, jedoch nidit die Vcnrflbungen des sukAnftigen
Naturforschers zu erblicken vermochte, so gab es manchen Ärger. Übrigens
blieb Eduard fiichter auch in diesen .Taliren noch immer einer der besten
Schüler in seinem Jahrgänge, und als er älter und reifer geworden war, er-
obert« er sich leicht den ersten Platz zurück, den er bis zur dritten Klasse
eingenommen hatte.
Dieser Wandel war hauptsBcblich das Verdienst der ilutter, die den
Sohn mehr durch Belohnung seiner guten als durch Bestrafung seiner üblen
Eigenschaften zu bilden strebte. Selbst für das Schöne in Kunst und Natur
bsgeistarfe, fiel es ihr nicht schwer, auch ihr Kind dafür su erwInnen.
¥usih und Zeichnen wurden darum eifrig geübt, ja eine Zeit lang schien der
Beruf eines Landsehaftsmalers der Enri^fong wert; der üsingebildete Hausarzt
Dr. Frans Lorens erteilte kunstgesdiichtlifihen ünteiricht und legte den
Grund so jenem eindringenden Kunstverständnis, das mau später bei dem
Gletscher- und Seenforscher immerhin nicht in dieser Tiefe voraussetzen
honnte. In die Naturwissenschaften, besonders in den damals eben seine
Siegeslaufbahn beginnenden Darwinismus führte ihn ein älterer Freund, Oskar
von Kirchsberg. ein. .Aber wichtiger als iill »lies frsclicineu die Reisen und
jähriichf-n Somnierl'risi-hen im Gebirge; von seinem sieln-nten Le])ünsialiio an
machtf der Knabe jeden Sommer Keisen, um die ihn seine Mitschüh-r bc-
oeideteu, und die selbst nach heutigen Verhältnissen beträchtlich erscheinen.
9*
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124
Georg A. Lnkii:
Sie hatten allerdings zumeist die Alpen der engerra Heimat imd der be-
nachbarten Kronländer Steiermark, Ober-Österreich und Salzburg zum Ziele,
führten aber 1861 bis Prag und Dresden, 1863 an die Gestade des adriati-
schen Meeres nach Triest und Venedig', worauf die Alpen an ihrer breitesten
Stelle über Kiva, Triont, Bozen, Meran, Landeck. Innsbruck und München
durchquert wurden. Noch ungewöhnlicher als diese weiten Fahrten war da-
mals die rjepflogenheit, den Si>mmer auf dem Lande zu verbringen; es wurde
nach einander in Leoben, Puchberg am Schneeberg, Gmimden, Karlsbad,
Gntenstein im Wiener WaH nnd wieder in Ouniiidan Bfholungs- oder Kur-
aufenthalt genommen oder wenigstens — wenn man ans iigend einem Gmnde
die Ferienseit Torwiegend in Wiener Neustadt rabraehte — die nBhere vnd
weitere Umgebung dieser Stadt ausgiebig dnrehstreift, die landschalUidi
sehönsben Punkte wiederiiolt aufgesucht und Ittohtora Berge bestiegen.
Natürliche Anlage und liebevolle Anleitung befähigten den Knaben, dem
Gesehenen nicht bloß kindliche Neugierdet sondern auch wachsendes ästbeti«
sches Empfinilen entpegenzubringen, zu dem sich bald ein immer stärkeres
Verlangen gesellte, den Ilütseln der Schöpfung dureli eigenes Forschen näher
zu treten, die lichten Berghöhen und die geheimnisvollen Seetiefen zu ent-
schleiern.
So ist es leicht verständlich, daß die Eindrücke, die der heranwachsende
Gymnasiast von Hochalpen und Waldbergen, von Meeresküste und Alpenseen,
von historiseh und ardiitektonisch bedeutenden Stidten in Stid und Nord
mitbracbte, einen nuTertierbaren Sdiata bildeten, der sorgsam gehegt and ge-
mehrt wurde, der seben Besitser sur Freude der treffliohen Mutter bald Ton
kindischem Wesen und mutwilligen Streichen fernhielt und so den AbsehluB
dw Gymnasialstudien ebenso erfireulich gestaltete, wie ihr Anfang gewesen
war. Die Scliilderung von Alpenwandemngen lockte den Jüngling zuerst zu
schriftstellerischen Versuchen, die immer besser ausfielen und den günstigsten
Einfluß auf seine deutschen Auf>^ätze übten; das Lob, welches dem Abiturien-
ten dafür von dem Laiidessrhulinspektor zu Teil wurde, spornte ihn an, alle
Kräfte zur Erlangiing eines ausge/eirhneten Keil'ozeuguisses zusammenzimehraen.
Das Maturitütsexamen selbst wurde freilich unerwartet durch die kriegerischen
Ereignisse von 1866 sehr erleichtert: da mau in den Räumen des Gymna-
siums Verwundete unterbringen wollte, gab man allen Schilleni, deren bis-
heriger Studiengang ihren Erfolg verbürgte, das Zeugnis ohne mflndliche Prü-
fung. Unter diesen Bevorzugten war auch Eduard Siebter.
Als der nun ISjfthrige Jfingling im Herbst 1866 die ünivenitftt Wien
bezog, war die wichtige Frage der Beruftwahl bereits entschieden: er hatte
llberhaupt nur zwisdien dar historischen und der naturwissenschaftlichen Fach»
gruppe geschwankt, eine andere als die philosophische Fakultftt war gar
nicht in Uetracht gekommen. Daß er Historiker wurde trotz seiner Natur-
begeisttTung, hatte mehr iiiißerliche Grüiule. Vom Gesamt gebiete der Natur-
wissenschaften war ilim eigentlich nur die „Naturgeschichte", wie sie am öster-
rcithischen (iymnasium bis zur sechsten Klasse «relehrt wird, näher bekannt;
da sie jedoi'l» im Lehrjdan der beiden obersten Klassen fehlt, waren ihre
Eindrücke etw^as verblaßt, und die Zwangsverbindung dieses Faches mit der
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Edaard BUhter.
126
Mathematik machte es ihm vollends ungenießbar. Seiner Liebe für die Alpen-
welt konnte er sieb ja auch, obne Fachmann zu soin, hingeben. Dagegen
hatte auf ihn die große gesehn litliobe Vergangeubeit dos deutschen Volkes
stets einen besonderen Keiz ausgeübt, der durch die Einigungskämpfe der
sechziger Jahre nur verstärkt werden konnte; es kam noch eine gewisse, da>
mials TOB vielen geteilte romantisohe Sobwftnnerei Ar das Mittelalter hinzu,
deren Befriedigung Baehter auBer von der Historie andi von germanistisoheii
Studien erwartete. So iriOilte er also Gescfaidite und Deuteeh m seineni
Lebensbemf; daA xnit enterer Geographie Terbimden sei, beachtete er kanm;
nach seinen Erfahrongen ans der Oynmasialieit verspradi er sieh Ton diesen^
FWbf so viel wie nichts.
Wir dürfen es ihm wohl glauben, wenn er qpSter die Cberzeugnng
aussprach, die Geologie würde am besten für ihn gepaßt haben; Neigung
nnd Befähigung hätte er hierfür reichlich mitgebracht. Allein zur Zeit der
Berufswalil kannte er nur den Namen des Faches, jedoch nicht dessen Wesen
und Metbode; niemand klärte ihn darüber auf.
Ja selbst von den auserkorenen Gegenständen Deutsch und beschichte
hatte er keine klare Vorstellung. Deshalb verursachte das germanistische
Stndiniu sof^ieh eme herbe EattKosehung: statt erhebeadar Worte über alt-
deatsebes Sefariiltiiiii und dessen Wert hOrte er in den Yorlesnngen Frans
Pfeiffers nur trockene grammatikalische Erörterungen. Diese schienen ihm
so unertiiglieh, daß er die Gezmamstik für immer aa%ab nnd sich darauf
beachrttakte, gelegentlich «n literargesdiichiliehes Kolleg bei Wilhelm Scher er
ZIk belegen.
Glücklicher war er mit seinen historischen Bestrebungen. .\s( h]>ach
und Jäger, besonders aber Ottokar Lorenz führten ihn in die Gos( hichts-
vrissenschaft ein und leiteten ilm zu eigener Arbeit an; er lieferte eine
stattliclie Anzahl von Öeminararbeiteu, die sich meist auf die Zeit der Völker-
wanderung bezogen.
So vergingen zwei Jahre, lüchter iühlte sich anfangs ziemlich ver-
einsamt; abgesehen von den Familien iwner Oheime war er auf den Verkehr
mit einigen Medisinem beschrilnkt, die ans seiner engeren Heimat stammten
nnd mit denen er im Gasthaus regelmiOig snsammentraf. Als er jedoch
seine Wohnung in die Nihe der UniTersität verlegte, fiund er leichter einen
ihm zusagenden und geistig anregenden Umgang; er wurde Mitglied einer
Tafelrunde von Stndenten, die teilweise Ihnliehen ZiMon zustrebten wie er
selbst und die alle in gleicher Weise von jugendlichem Idealismus erfüllt
waren. Viele fröhliche und lehrreiche Stunden verlebte Richter in der Ge-
sellschaft dieser Freunde, unter denen sich auch seine späteren Grazer Kollegen
J. Loserth und A. E. Scbönbach befanden.
Indessen, so gut die ersten vier Semester angewendet waren — noch
ixnmer wartote der junge Student aut jene „i^rleuchtung", die jedem zu Teil
wird, der ndi einftr Wissenschaft ganz ergeben hat und den Ehrgeiz besitzt,
ein erfolgreicher Hitarbeiter auf ihrem Qelnete zu werden; er muß den Weg
klar Tor sich sehen, den er beschreiten soll, er muß die Stelle ahnen, wo
Schatz begraben liegt, den zn heben gerade er bemfiBn ist!
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126
Georg A. Lukas:
Für Richter kam dieser große Augenblick mit dem Beginn des dritten
Studienjahres: da wurde ihm die Balm gewiesen, der er bis an sein Lebens-
ende treu blieb, durch drei bedeutsame Ereignisse. Deren erstes war sein
Eintritt in die akademische Burschense ha ft „Silesia", der einige Mitglieder
seiner Tafelrunde bereits angehörten. Nationale Begeisterung, wie sie schon
damals troti 1866 in den akademischen Kreisen OsterreiohB hemchend war,
die dnrdi Bismareks Politik ihrer Lösung entgegengehende dentoehe Frage
nnd sonBchst wohl aneh die Freude am „Gonleaileben^ fthrten ihn in die
Reihen der Burschenschaft Ihre politisehen Anschauungen hehielten auf seinen
eigenen Standpunkt maßgebenden Einflufi, wenngleich der reife Mann in
manchen Dingen anders dachte als der feurige Jüngling. Das Interesse an
politischen nnd besonders an nationalen Vorgängen, das ihm ja schon durch
seine Wissenschaften nahe gerttekt war, walirte er unvermindert; doch suchte
er keinen AnlaB, auf diesem Gebiete lurvor/.utreten; als er während seines
Rektoratsjahres <b m steiermärkiächen Landtage angehörte, schloß er sich der
deutschen Volkspartei an.
Für seine wissenschaftliche Entwicklung war am wertvoilsten die Be-
kanntsdiaft mit dem Historiker Theodor Ton Sickel, der von nun an Biditers
einflußreiduter Lehrer und maBgebendes Vorbild snn sollte; er konnte die
Auftiahme in das k. k. Listitnt für Scterreidiiaolie Gesduditsfiorsdiung') er-
wiricen, deshalb strebte man mit groBem Eifer des Meisters Znfiriedenheit ra
erlangen. Streng waren seine Anforderungen, bestimmt und zielbewußt
seine Arbtttsmethode; das machte auf alle Schüler großen Eindruck, auch
wenn sie — wie Richter — dem Formalen der Urkunden, anf das Sickel
den größten Wert legte, weniger Interesse entgegenbrachten als dem Rechts-
inhalt und gewissen sachlichen Mitteilungen, z. B. den unverständlichen Orts-
namen. Nach einem Jabr«« wurde Richter als ordentliches Mitglied in das
genannte Institut aufgenommen : es galt hier besonders historische Hilfs-
wissenschaften zu betreiben zum Zwecke sachgemäßer Bearbeitung der Ottoni-
echen Urkunden, die eben Ar die „Monumente Qerroaniae** druckfertig ge-
macht werden sollten. Den Mitgliedern stand eine unbesehxtnkte Benntrang
der Uniyerrititsbibliothek ftei. Trots ablenkender und aufregender Erlebnisse
im Frühling und Sommer 1870 (durch das aehigihiige Stiftungsüsst der
„Silesia'*, den deutsdi-frumOnschen Krieg und mne schwere Erkrankung der
Mutter) konnte Richter im Oktober dieses Jahres eine sehr gute Lehramts-
prüfung ablegen. Im nächsten Jahre (1870/71) bereitete er sich auf die
Institutsprüfung vor, für die eine Art Dissertation über ein frei gewähltet
Thema einzureichen war. Er machte, ganz unbeeinflußt durch Siekel, die
österreichischen Besitzungen des Bistums Freising zum Gegenstand einer
historisch-geographischeu Untersuchung, die den Beifall der Examinatoren
fand Kiner, Prof. Jäger, forderte den Kandidaten auf, sich für österreichische
Geschichte zu habilitieren; doch waren die Aussichten für dieses Fach damals
nicht günstig, und Sickel, dessm Hilfe entscheidend gewesen wftre, verhielt
1) Vgl. die Festechrift cur Feier seines 60 jahrigen Bestandes, verfaßt von
S. OttenthaL Wien 1904.
EdQftrd Richter.
127
sich kühl und abiehnoDd. So wurde nichts daraus: Bichter unterließ es des-
halb auch, sich um das Doktorat zu bewerben. Er wandte sich der be-
adieideneren, jedoch sicheren Laufbahn eines rirymnasiallehrers zu.
Daß er sich leicht dazu entschloß, war zum großen Teil eine Folpe
des dritten Ereignisses am Beginn des fünften Semesters: zu „Silesia" uud
Sickel war auch Friedrich Simony getreten. Im Herbst 1868 begann
Richter die Vorträge dieses Altmeisters der geographischen Forschung zu
hSreo; doch Bimony las gerade Uber matiMmattBehe Geographie, der numdw
keiaen Geeehmaek abgewinnen konnten; im geographiaehen Seminar wnrde
fiut mir geseiehnet NatnrwiseeniiohaftHdie Beiehrang hier in Bochen, kam
Bichter gar nicht in den Sinn; mnBchst foad «: aie anch mdit. Da wagte
er im Sommer 1869 seine ersten Hodigebirgstoiiren, die ihn bis in die Eis«
regionen der ötztaler und Ortier- Gruppe, sowie in das Felsenlabyrinth der
Dolomiten führten. Als nun im folgenden Herbst Simony über die Alpen
vortrug, ergab sich leicht eine Anknüpfung, die dem Schüler durch das über-
aus liebenswürdige und wohlwollende Wesen des Lehrers sehr erleichtert
wur<l»'. Bald war Richter auch in dessen Familie wie zu Hause und unter-
nahm keinen wichtigeren Schritt, ohne den Rat des viiterlichen Freundes zu
hören. Simony ebnete ihm den Eintritt ins Lehramt, wohnte seiner ersten
Lehrstunde im Realgymnasium auf der Landstrafie in Wien bei und empfahl
ihn naeh Ablanf dea ProbidahrM fttr einen Posten an der Wiener Handels-
akademie, ans dem aUercÜngs nidits wurde; doch bot sich mn Ersati
hierfBr am Staatsgymnasiom in Sald>nrg. Simony riet, die Stelle anranehmen;
wenige Standen spftter — am 80. September 1871 — war Bichter bereita
auf dem Wege dahin.
Selten hat der Wohnort auf die Lebensarbeit eines Forschers derart
nachhaltig eingewirkt, wie Salzburg auf Richters Sinnen und Denken. Den
Historiker mußte der althistorische Boden des Erzstiftes zur Versenkung
in die reiche (ieschichte des Landes und der Stadt auffordern; in eleic her
Weise beeinflußte ihn auch ein Kreis edler Freunde, in dem der junge, kaum
24jfthrige Gymnasiallehrer allsogleich herzliche Aufnahme fand. Die Ver-
pflichtungen des Berufes jedoch und die herrliche Bergwelt, die durch das
obere Salsachtal erschlossen wird, machten ihn nun Geographen; zeit^
lebens blieben f&r ihn die Bichtangen gelehrter Ariwit, in die er damals
emirat, bestimmend, sie haben seben Böhm im eigentlichen Sinne des Wortes
begründet
Gleichwohl darf nicht verschwiegen werden, daß sich Bichter in spä-
tersn Jahren After den Vorwurf machte, er habe die Beziehungen zur Besidens
nnd besonders zur Universität durch seinen raschen Entschluß ku leichtfertig
abgebrochen und sieh so die akademische Laufbahn, der er im Grunde seines
Herzens immer zustrebte, unnötig erschwert. Abtr, wenn dies auch in ge-
wisser Hinsicht zutreffen mochte, er vergaß doch seihst nicht die Orfinde
namhaft zu machen, die tiir seine Übersiedlung naeh Salzburi; sprachen; es
waren deren so viele und so schwerwiegende, daß er auch als gereifter Mann
nach JahRehnten sugeben mnBte, er würde, wenn Uun wieder die Entsdiei«
dang anheimgestellt sei, nidit anders handeln kOnnen als damals. Vor allem
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Georg A. Lnkfts:
fesselte ihn nach Abschluß seiner Studien nichts mehr so reclit an Wien und
die alte Heimat ; diu hatte übrigens durch den kurz vorher erfolgten Tod
seiner gut^n Mutter, die im Sommer 1871 im Alter von 67 Jahren gestorben
war, zu bestehen aufgehört. Mit zärtlicher Sorgfalt hatte sie den Lebeus-
gang des Sohnes aus der Feme behütet, ohne doch auf seine Eui.scliließun<reu
Einflnfi sa nehmra; rie sah woU, dtA «r etiut «nd «dbaiftiidig genug sei,
um sainen eigenen Weg m gehen, und daß dies kein fiüaeher smn konnte,
schien ihr völlig sidier. In Wien wftre es hauptsftofalich die üniveiritftt ge-
wesen, die Bichter hitfee festhalten können; da aber die AussiGhten anf eine
Habilitiening so ungünstig als möglich standen, so fiel diseer Gnmd eben-
falls hinweg, zumal Simony versprochen hatte, für seine Rückberufung ge-
legentlich sorgen zn v«roIlen. Er empfand vielmehr das Verlangen, der Groß-
*itadt-Atmosphare, die bei ununtcrbntcbeuer Einwirkung; auch eine Art Philister-
tum zeiti<,'t, w»>nigstens für einige Jahre zu entrinnen. Und wohin hätte
er sich lieber gewendet als nach Salzburg? Im Sonuuer 1871 hatte er nach
glücklich beendeter Studienzeit die Hohen Tauern kreuz und quer durchstreift,
hatte die meisten ihrer Hochgipfel bezwungen und sich an der Erhabenheit
der Bergwelt ftnnlieh beransoht. Dabei war er mit hervorragenden Alpi-
nisten in BerOhmng gekommen, hatte mit dem bekannten Alpmfinrande Jo-
hann Stfldl (ans ^ng) eine Beihe von Hoehtouren gemaeht, daranter aooh
eine Erstersteignng (der SdiUeferqpitse), und war durch seine treffliohe, ans
dem Stegreif gehaltene Bede anläBlich der EnthOllung einer Gedenktafel IBr
JKarl Ilofmann bereits zu einem gewissen Rufe gelangt Mit Stüdl hatte er
dann die Generalversammlung des Deutschen AJpenvereins zu Salzburg be-
8Ui;ht und war von dem neugewonnenen Freunde in die Familie v. Frey ein-
geführt worden, mit der weiter in nahem Verkehr zu bleiben sein lebhafte-
ster Wunsch sein mußte: machte er doch wenige Monate später die Tochter
des Hauses zu seiner geliebten (Jattin.
Daß er unter solchen Umständen gern nach Salzburg ging, wo er seinen
Bergen nahe sein konnte, wo ihm das schönste Glück winkte, erscheint wohl
begreiflich. Aber auch die Stelle am Gymnasium, in dessen Verband er nun
eintrat, konnte ihn durchans befriedigen; fand er doch Voigesetzte, die seinem
wissenschafilicben Streben volles Verstftndnis entgegenbrachten nnd ihm seine
dienstlichen Verpflichtongen erleichterten, sovid in ihrer Macht stand.
Dies galt besonders von dem auch als Geograph bekannten Direktor Dr. Her-
mann Tick.
Die Frage war jetzt, nachdem sich alles so glücklich gefügt, welche
wissenschaftliche Richtung eingcschlafjen werden soll»'; Uichter hat sich spilter
selbst deslialb getadelt, daß er nicht von .Vnfang an jenen historisch-geo-
graphisclitn Themen treu geblieben sei, denen er mit seiner jjelungenen In-
stitutsarbeit über die Freisinger Besitzungen näher getreten war. Indeß sah
er sich schon durch sein Lehramt genötigt, auch andere Probleme ins Augo
an ftsseu. Er schien dem DirM>r der geeignete Mann, den Geographie-
ünterridit an der ganzen Anstalt su flbemehmen; dieser Aufgabe glaubte
sieh jedoch der junge ffistoriker nicht gewachsen. Er war eben ein JUnger
,der QesdiidLtBwissenschaft geblieben — trotz Simony — nnd hatte mit der
i^iyiii^cü Uy Google
Bdnftrd Biobter.
129
Erdkunde, wie sie diesor TOrbrug, nur durch die Alpen Fiihlnnj^ gewonnen.
Da galt es nun, all das nachzuholen, was auf der Universität versUnrat
worden war, besonders die grundlegenden Kapitel der physischen Geo-
graphie. Bald nahm der (Jegenstand sein Interesse ganz gefangen, nament-
lich soweit er daj$ Hochgebirge damit iu Beziehung setzen konnte. Lni zweiteu
Jahre seine« Salxborger Anfenthftlts Termoehte er bereits produktiv aufzu-
triteD: «r Ttr&Bte nun 28. Jahresbericht semer Anstalt (1873) eine Ab-
handliing, betitelt: »Das Oletscherphftnomen'*, worin Tersncht war, das
dantttige Wismd TOn den Gletschern naaimnenfassend dannstellen. Es ist
Biehters erste im Drack erschienene Arbeit von rein wissensehafÜichem
Charakter; sie gab den Ton an, anf welchen seine gesamte Tfttiglteit vor-
wiegend gestimmt bleiben sollte.')
Durch das „Gletscherphänomen*^ und touristische Aufsfttse, die seit 1872
in der Zeit.schrift des D. u. 0. Alpenvereins erschienen, wurde der junge
Salzburger Gymnasiallehrer in kurzer Zeit eine in alpinen Kreisen hekuniite
Persönlichkeit, die ^rasch in <ien Vordergrund trat. Noch in spHteren Jahren
tat sieh Richter gern etwas darauf zu (lute, daß er auch einmal ein „be-
rühmter Bergsteiger'' gewesen seL Diesen liuhm verdankte er freilich zuju
TmI dem groBen ünglüek, das ihn dnieh den Tod seiner jungen Gattin nach
kaom eiq^Uiriger gUtekliehster Ehe getroffen hatte; in den Bergen suchte und
ftad er die Rohe des Hersens wieder. Aber auch jetst blieb er mit 8ab>
bug eng Terbunden, umsomehr, als ihm dort aus dner sweiten Ehe neues
Glitek eri>lühte; die freudigen und traurigen Erlebnisse, die Arbeiten des
Berufs und der Knfie, der Freundeskreis und die stets wachsende Last von
Verpflichtungen, die er sich — nicht immor freiwillig — aui'bOrden ließ,
alles trug doch dazu bei, daß er naoSl seinen Interessen und nach seiner Ge-
sinnung vollstiindig zum äaUborger wurde und au eine Rückkehr nach Wien
kaum noch dachte.
Obwohl ihn schon sein Lelu"ainl zlenilii h stark in Anspruch nahm und
tr seincu dienstlichen Vei-pÜichtungen mit großer Gewissenhaftigkeit nachzu-
kommen strebte, mußte er seine leistungsfähige Kraft, die in der kleineu
Stadt nicht lange verborgen bleiben konnte, bald den verschiedensten Yeremen
and Instituten snr Yerillgnng stellen. So wurde er Mitglied der Prflfungs-
kommisnon filr Volks- und BflrgersohuUehrer, Ausschußmitglied der Gesdl-
sdiaft für Salzbnrger Landeskunde, deren „Mitteilungen** er 1876 — 1883
redigierte, femer Mitglied der Museumsverwaltuug und im Ausschuß der
Alpenvercins- Sektion Salzburg zuerst SohriftfOhrer, dann durch mehrere Jahre
Vorstand.
In den „Mitteilnnireu der Gesellschaft für Salzburffer Landeskunde" und
an anderer Stelle ersclüenen bis 1881 zaliliflilie griißcre und kleinere Arbeiten
nieiöt zur Landesgeschicht* der Provinz Iiis /uriick in die prühisturisclie Zeit;
ein näheres Eingeheu auf diese rein geschichtlichen Arbeiten müßte aus dem
1^ .\l8 überhaupt erste im Druck erschienene Arbeit Richters ist eine in der
..Z. f. d. öaterr. (JymnaBien** 1S71 verr.ffcntlirht" Rezotinion über Jos. Zahns „Codex
diplomaticuB Auätriuco-Friaingensis' zu uouueu, eiu Werk, welches er bei der oben
enrihBten LutitutMobeit Qber die Freisinger Besüsangen vOTsogsweise brautat hatte.
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130
Oeorg A. Lakai:
Rahmen dieses Nachnifes fallen.^) Wohl aber ist der historisch-geographi-
schen Studien Richters zu gedenken, die von 1875 an 10 Jahre lang
ehne Unterbrechung mit seinen Gletscherforschungen parallel laufen und
denen er einen der größten wissenschaftlichen Erfolge seines Lebens ver-
dankte. Einerseits waren ihm diese Probleme durch die Arbeiten in Sickels
Seminar und im Inatitnt flr OrtermdusdiA CMhiditsfoEMiiiiiiig noob
in fnaeket Erinnerung, anderseits Teranlafite ihn seine IiehrUltigk«t am
0 jmnasinm, fiher die historische Erdkonde nnd ihre SteUiing im üntezriobt8>
hetrieb naohzadenken. Hieraas entstand ein 1877 Terflffentlichter Prognunm-
anfeatz, jene Erinnerungen aber filhrten ihn darauf, fftr das Salzburger En-
bistum dieselbe Arbeit zu leisten wie damals für Freising. Daß Vorarbeit«!
auf diesem Gebiete fast gänzlich fehlten, ja überhaupt der methodische Weg
erst zu finden war, machte ihm den Gegenstand nur noch reizvoller; und als
er 1B85 mit einer umfangreichm Abhandlung über „die historische Geo-
graphie des Er^stiftes und seiner territorialen Besitzungen" hervor-
trat, war nicht bloß die gestellte Aufgabe für Siilzliurg gelöst, sondern auch
der Weg gezeigt, wie die Kartographie des Mittelalters zur Aufhellung dunkler
Epochen beiautragen TennOehte.
Gegenüber diesen mehr gesehicfatlichen Intevessen bildete der Alpen -
verein dordi seine der Bergwdi gewidmete Tätigkeit in Biohtsrs Aürbeit
das entq>rechende natmrw&nensdialUiche Gegengewicht; und die Ehrenimtei^
die er im Vorstand der Sektion Salzburg bekleidete, tragen aar Ausbildung
seines oft bewunderten organisatorischen Geschickes sehr wesentlich bei.
In noch weit höherem Maße dankte er dies aber dem Ehrenamt, das
ihm 1888 zuliel: er wurde damals zum Zentralpräsidenten des D. u. ö.
Alpenvcrcins gewühlt. Als solcher erwarb er sich unvergäuglicho Verdienste
einerseits durch die Ausgestaltung der Voreinspublikationen, denen er nach
Möglichkeit wissenschaftlichen Wert zu geben suchte, anderseits durch <lie Vor-
bereitung der meteorologischen Station auf dem Sonnblick, die Anregung zu
ausgedehnteren OletsoherrermessungeD, die Mappierong des Berchtesgadener
Landes und mancherlei gemeinnfltdge üntemehmnngMi. In jeder Hinsieht be-
deutete die Zeit, als Saliburg Vorort war, einen Höhepunkt in der Geschichte des
AlpenTcreinB. Daß aber der nodi nicht 36jilirige G^mnasialprofessor durdi
al^emeines Vertrauen an die S{ntse des Gesamtvereins bemfon wurde, er-
klirrt sich nicht sowohl aus seiner persönlichen Eignung für diesen ehren-
vollen Posten, sondern mehr noch aus dem wissenschaftlichem Ansehen, das
er sich als Alpenforscher während der unmittelbar Torangegangenen Jahre au
erwerben verstanden hatte.
Es bandelt sich hierbei wieder um jene Arbeiten, an die man eigent-
lich zuerst denkt, wenn man Richters Namen nennen hört: um die Gletscher-
forschung, die er seit 1873 nicht mehr aus den Augen ließ. Im Jahre 1879
war er in der Schweiz gewesen, um den internationalen alpinen Kongreß zu
1) Ein vollstilndiges Verzeichnis der gedruckten Schriften Richters versuchte
ich zu geben in der Prograuimabhandlung „Eduard Kichter. Sein Leben und
seine Arbeit** Beilage zum 3S. Jahreebericht der k. k. Staats-Obeireabchule in
Graa, 1905.
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Ednftrd Bichter.
181
Genf (l. u. 2. Aug.) zu besuchen; dieser und die damit verbundene Schweizer
fieise brachte ihn auf oinen Gedanken, der ihm noch prößeren £rfolg boschied
Als jener methodische Fund in der historischen Geographie.
Er konnte im Chamonix- und Zermatt-Tal nicht bloß seine Kenntnis
der Gletscherwclt in erwünschter Weise bereichem, er fand auch Gelegen-
heit, auf der Furka die Arbeiten der eben begonnenen Bhonegletscher-Ver-
BWMong m beoebtigeD. Kaeh dem langjährigen Bfickgang der alpinen Eae>
strOme stand eben wiedor «n VorstoB sa erwarten; jede in dieser Zeit yor-
genommene genaue üntersncbnng mußte daher hoben Wert erlangen. Bichter
&Bt0 den Plan, nach dem Beispiele der Schweixer bes. A. Favres fllr einige
OMseber der Ost- Alpen auf eigene Faust etwas Ähnliches zu versuchen. Nach
Hanse snrQckgekehrt, ließ er sich im Winter auf 1880 von einem ehemaligen
Mappieningsoffizier in die FeldmeBkunst einführen, und als der Sommer kam,
zog er für längere Zeit in die Hochregionen der Tauem hinauf, um den
Karlinger- und Obersulzbach-Ctletschor zu vermessen. Die auf solche Weise
entstandenen wisseasehat'tlichen Abhandlungen und Karten erschienen sämt-
lich in den Publikationen des D. u. Ö. Alpenvereins und hoben deren ohne-
bin schon bedeutenden Wert nicht minder, als der Kuf des Verfassers hier-
dnndi gewann.
Znm Zwecke seiner Gletscberstndien hatte «Bichter seit dem Beginn der
ttsbzi^er Jahre die sommerlichen Belsen und Bergwanderungen fiist aus-
sebließlieh auf die Alpen beschränkt, die er denn auch bis xom Mont Blano
und G^ran Paradiso auf das grOndlichste kennen lernte; es gibt wenige Grup-
pen, die sein Fuß zwischen 1871 und 1885 nicht betreten hätte, und schier«
zahllos ist die Menge der Gipfel, die er erstieg. Selten fehlte er in dieser
Zeit auf den Generalversammlungen des Alpenvereins und auf den Geographen-
tagen, die ihm vielf persönliche Freunde verschafiTten; auch hatten die vielen
Vorträge, die t-r Ix-i diesen und aiiÜHrn Gelegenheiten hielt, vor allem aber
seine z. T. liahnbrcrheiulen Arl)eiten auf dem Gebiete der historischen und
der physischen Erdkunde die wissenschaftliche Hedeutung des nun 38jährigen
Gelehrten über das gewöhnliche Mafi hinausgehoben.
Noch immer jedoch oblag ihm eine LehrrerpHichtung , die er trots
gern gewihrter Erleiehterungen als drUdrand onp&nd; sn enge war der
&eis geworden, in den Schicksal und Beruf den jungen Hann vor 14 Jahren
hineingestellt hatten. Wieder lebte die Sehnsucht nach der akademischen
Laufbahn auf, und auch von anderar SertSi wie z. B. von dem wohlgesinnten
Landesschulinspektor E. Schwammel, wurde er in diesen Hoffiiungen be>
stärkt. Der bevorstehende Rücktritt Simonys, der 1885 die vom öster-
reichischen Gesetz vorgesehene Altersgrenze erreicht hatte, mußte zur Neu-
besetzung einiger Lehrkanzeln Anlaß ireben. Auf 8ick«"ls und Simonys Rat
holte er deshalb im Juli desselben Jahres den 1871 versäumten Doktor nach
und im Spätherbst befand er sich im Vorschlage für das durch Tomasche ks
Abgang nadi Wien erledigte geographische Ordinariat an der Universit&t
Graz: am 6» Februar 1886 erfolgte seine Ernennung.
Die lotste Untenriehtsstnnde, die Bichter am Salsburger Gymnasium
hielt, fiel auf den 28. Februar, die erste Voriesung an der Gräser UniTenitftt
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132
Georg A. Lnkai:
auf don 8. Mai. In den lol^'euden Monaten beschäftigte ihn die Zusammen-
stf'llung des Matoiiiils für die Kollegien und auch sonst gab es manches
vurzuhereiten, wenn er sein akademisches Lehramt mit Erfolg versehen wollte;
denn äußerlich war die geographische Lehrkaosel m 0nuc damals etwas 'Arm-
lidi ausgestattet, em Zustand, den er sofort zu bessern trachtete. Um die
EinfUhrung Biehters in seinen neuen Mllrkungskreis hat sieh niemand größere
Verdienste erworben« als sein Freund Prot A. E. SchSnbach, der ihm mit
Bat uud Tat an die Hand g^ng und auch spftter in treuer Freundschaft er-
gebMi blieb.
Diese Arbeiten, namentlich die Abfassung der Vorlesungshefbef auf die
Richter stets größte Sorgfalt verwendete, machen es begreiflich, wenn 1886
keine nennenswerte Publikation ans seiner Feder im Druck erschien. Es
mußte überdies erst eine Entscheidung L'etroÜen werden, auf welchem Gebiete
sich seine gesteigerte Schaft'euskraft zuuiichst betätigen sollte.
Seit Ferdinand v. Ilichthofens Progranimrede galt geologische Kenntnis
als ein unerläßlicher Bestandteil geographischen Wissens; in erster Linie erwuchs
den akademischen Vertretern des Faches die Pflicht, die BmtnrwissenschaA-
liehe Seite der Erdkunde gaaus besonders im Auge su behalten, FOr Bichter
war dies trots seiner „historischen" Veigangenheit nicht allsu schwer, da er
an Natnrbeobachtnng gewOhnt und mit einem der komplisiertesten Gebiete
unseres Kontinents, den Alpen, hinreichend vertraut war. Seine produkÜTO
Tätigkeit aber setzte naturgemäß da ein, wo sie an frühere erfolggckrOnte
Leistungen anknüpfen konnte: bei den „Gletschern der Ost-Alpen^'. Das 80
betitelte Buch (18H8), dessen Anfänge in die Salzburger Zeit zurückreichen,
zählt y.u den Hauptwerken der (ilazialliteratur und ließ den Autor fortan
als den eigentlichen N'ertreter der Gletscherkunde in Osterreich erscheinen.
Als Richter seine Gletscherstudien damit zu einem gewissen Abschluß
gebracht hatte, brauchte er nach neuen Aufgaben nicht lange zu suchen.
Ein eben ausgearbeitetes Kolleg über Oaeanographie und ein Sommeraufent-
halt am Wdrtiiezsee 1889 boten die Veranlassung, daS er sich nunmehr den
Seebecken der Alpenlinder zuwandte. Nodi war jener erste Ein-
druck nicht verblafit, den der neuiytthiige Knabe am Leopddsteiner See
empfiuigen hatte; das VerUmgen, auch diesem herrlichen Schmuck unserer
Bergwelt wissenschaftlich nahe zu kommen, sollte jetzt gestillt werden. Die
mit Temperaturbeobachtung und Tiefenmessung verbundene Arbeit war so
recht nach .seinem Geschmack; konnte er doch tagelang ununterbrochen in
der freien Natur weilen und sich au den prileUtigen Bildern, die unsere Seen
zu allen Zeiten bieten, erbeben und erquicken. Es waltete auch ein glück-
licher Stern über seinen .Seestudien, die ihn von 1881» bis 1894 vorzugs-
weise beschäftigten: er konnte dif? einschlagigen Forschungen zum gewünsch-
ten Ende führen, es gelang ihm eine befriedigende Lösung wichtigster
Probleme su finden und die Wissenschaft in dieser Biohtung erheblich zu
bereicheni. Hier boten ihm die üntersuchungen seines Freundes F. A. Forel
(in Horges) an Schweizer Seen mafigebende Anregung, namentlidi fDr
Tmaparaturbeobachtuttgen; bei den Lotongen muBte er asik ab«r seinen
eignen Weg suchen. Was er in beiden Bichtungen fand, ist in zwei grOßerea
Eduard Biehter.
183
Publikationen niedezgele^^: im „Saenatlas^* und den dazu gelifirigen „See-
stadien'^
Hatte Richt<»r unsere Kenntnis dos Hochgebirfjes zunächst dun h seine
Gletschfrforschungpn, dann durch die Seestudien getördert, und war er hier-
bei, wenngleich ohne vorgefaßte Absicht, in den Bahnen seines Lehrers
Simony gewandelt, so trat er im letzten Dezennium seines Lebens der
Alpenwelt noch von einer dritten Seite wissenschalUiek nfther, wofür ^r
ESnflnB seines jüngeren Freundes Albreeht Penck und der rasche Auf-
sehwnng der morphologischen Bicbtung in der Geographie bestimmend
waren; aadi die seit 1891 eingeftthrten „SditAeiTeisen^ fordarten eine ein-
gehendere BeoehJiftignng mit dem FonuensdiiAs der Srdoberflidhe. Unmittel»
bare Anregnng empfing Richter gelegentlich eines Ausfluges ins Riesengebirgo
(1893) unter Partschs Fflhmng, er kehrte mit der Absicht heim, auf die
Kare und Hochseen sein Augenmerk zu richten. Sollten diese Arbeiten jedoch
vollen Wert erlangen, so mußton sie über die Alpen hinaus ausgedehnt werden,
wenngleich dio „geomorpholoiri^chon Untersuchungen in <l("n Hoch-
alpen" das eigentliche Arbeitsthctna blieben; mit dieser IIKH) oi-schienenen
Abhandlung konnte Richter auch seine morphologischen Forschungen ab-
schließen.
Dia nottc Arbeitsriditttng hatte ihn xum Besuche gar mancher, ihm bis-
her anbekannter Teile Europas Teranlafit. Seine Reisen waren seit 1886
in Folgo jener willkommenen Ändemng der ftuBeren VeriUÜtnisse flbexhanpt
weit aaUreidier und ausgedehnter geworden; nun dienten sie auch soldien
Zielen, die nicht auf die Alpen beschränkt blieben. Er hatte 1888 die
Riviera, 1889 Nordwest-Deutschland besucht; die Osterzeit entführte ihn fast
alljährlich nach dem Süden, meist ins österreichische Litorale und nach
Dalmatien, aber kam er bis Rom und Neapel, 1H93 bis Florenz. Die
sommerlichen Ik-rgtouron in doii Aljieii wurden womitglicb notb vermehrt
und erstn'ckten sich auch auf abgt*lf;,'('npre (iruppen. Seit er nun den Karen
und Hoibseen nachsjnirtt*, traten auch andere ^Jebirge in den Kreis seiner
wissenschaftlicheu Interessen: 181*3 das Kiesengebirge, 1896 die skandinavi-
schen Hochgebirge, 1896 Sehwarzwald und Vogesen, 1897 das illyrische Ge-
biigdand, 1901 die Tatra. Besonders die von der kaiserlichen Akademie
der Wissensehaften xn Wien unterstAtacte Reise nach Norwegen war die Stn-
dienfahrt, deren nch Biohter trots der aufierordentlichen Ungunst des Wet-
ters am liebsten erinnerte; stand er doch damals auf dem Oipfel seiner
Leistungsfähigkeit: weder vor- noch nachher vermochte er einer anderen Reise
ähnlich reiche Ergebnisse abzugevirinnen. Neben den geomorphologischen Be-
obachtungen, die den ei<,'entlicbon Reisezweck bildeten und in mehreren
^»^fflicheu Arbeiten nieiicrtjelept wurden, enint'uii^'en die Oletscherforschung
Wie auch die darstellende Laiulerkunde eine wertvolle Bereicherung.
Indessen hatte Hichter auch zu Arbeiten anderer Art Zeit gefunden.
l^^Ho entstand sein „Lehrbuch der tieugraphie", 1894 gelangte unter seiner
Redaktion das große, vom Alpen verein herausgegebene Werk: „Die Erschliefiung
Ostalpen** cum Absehlufi. Von 1894-^97 stand er als zweiter Pr&sident
asnerlieh an der Bpitse des Gesamtrereins und Terwendete seinen EinfluB
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184
Georg A. Lukas: Eduard Bieliter.
hauptsäclilich im Interesse der Gletscberforschung, die er 1891 nnd 1892
durch historisch -geographische Arbeiten über die Schwankungen der Alpen-
gletscber mächtig zu fordern wüßt«. In gleichem Sinne wirkte or als Mitglied
und später als Präsident der ,^ternatioualen Gletscherkonmiiäsiou''. Das Leben
des Qelehrten stand jftrt in dam Mafia im Dimasta aaiiimr Arbait, daß eine
Sohildamng des erstopen nicht yUü andares bieten kOnnte als eine Dar-
tt^nng dar letsteren, die im folgenden Absohnitt Termidit sein toll.
Ifanmg&ehe Beweise der Wertsehfttmng, deren er sieh in allen ^sisan
erfrente, wivan ihm ein schöner Lohn seiner lasiloeea TMigktii 1889 wurde
er zum Dekan der philosophischen Fakultät, 1899 zum Rektor der „Univer-
sitas Carola-Francisca'* gew&hlt; der „historisdie Atlas der Alpenländer" führte
ihn 1900 in die Reihen der korrespondierenden, 1902 der wirklichen Mit-
glieder der Wiener Akademie der Wissensrhaften, und 1903 wurde er zum
k. k. Hofrat ernannt. Zahlreiche angesehene ^ eroine und gelehrt« Küi-per-
schat'teii zühltt-n ihn zu ihrem Ehrenmitglied, in den Alpen und selbst in
übtrseeischen Gebirgen wurde sein Name verewigt. Diese vielfache Aner-
kennung erfüllte ihn mit Freude und Stolz und befriedigte ihn so vollkommen,
dafi er gar nicht daran dachte, seine Stellung aoidi ftnfierUoh sn vevhessmi:
zweimal schlug er einen Bof an die Wiener Üntrersitilt ans.
Nur dne Gunst sollte ihm das Schicksal noch gewihren: sein Lebenswerk
SU Tollenden. Aber gerade diesen hödisten Wunsch versagte es ihm nnd
raubte ihm die Freude, die er allein noch begehi-te. ^
Es muß schon lebhaft beUagt werden, daß Richter nicht mehr Gelegen-
heit fand, seine letzten Reisen nach Rußland (1897), Frankreich, Belgien
und Holland (I9n0), Sizilien, Tunis, Algier (190,'^\ nach Griechenland und in
die Türkei (1901) zumindest für die Landschaftsschilderung auszuwerten. Aber
noch sclunerzlielier war es ihm, daß er die drei Hauptwerke, die seine Arbeit
krönen und absdiließen sollten, eines nach dem andern vor der Zeit aufgeben
mußte: zuerst seine „Gletscherkunde^^, die zweite Auflage des He im sehen
Handbwdies; dann auch die „Landeskunde Ton Bosnien** und den „historischen
Atias^S An diesen beiden Werken arbeitete «r fast Ins zu snner letrtm
Stunde mit fieberhafter Hast^, und hier soll sein MOhen wenigstens nicht
umsonst gewesen sein.
Für JUditen kQrperlidhss Befinden bildete seine Reis einst den besten
Maßstab. Reisen bedeutete ihm recht eigentlich Leben und eine gewisse Ab-
härtung und Widerstandsfähigkeit gegen die damit verbundenen Strapazen
gehört ja (nach einem seiner scherzhaften Aussj)nk'lie) mit zur Geographie.
Während er von jeder Fahrt ueugestärkt an Leili und Seele zurückgekehrt
war. vernioehte er ziiletzt nach schwerer Erkrankung in Konstantinopel (1904)
kaum mehr die Heimat zu erreichen. Die Anstrengungen des Körpers, be-
sonders die unzähligen Bergbesteigungen, die mit den oft ebenso großen Be-
schwerden der Schreibtischarbeit abwechselten, hatten sein Herz so geschwiefati
1 So Bchließt eine der aus E. Kichters Nachlaß veröffentlichten Abhandlunjren
snm „histur. Atlas" („Immunität, Landeshoheit und Waldscheukimgen") mit der
Bemerkung: „Meise schwere Erkrankung hindert mich leider, diese interessante
Frage nach Wunsch weiter aassaführen. Sl. JAaner 1906. Biähter/*
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Hftnt Heiderieb: Yerftaderiiiigen in der BevOlkeriiBg xmw. 135
daß CS nan den Dienst Tenagtc und endlidi ~ trotz einer scheinbar erfolge
reichen Nauheimer Kur — stillstand. Es war gerade der 6. Februar, genau
19 Jaiire nach der Emennong Bichters zum ordentl. Professor an der üni-
versiUt Graz. (Foctaetning folgt)
VerandemBgeB in der Beydlkernn^ der Vereinigten Staaten von
Nerdamenka.
Von Haue StatdeKiali*
Der Amerikaner der Zukunft, — wie wird er aussehen und was wird
er leisten? — so mOohte man nnwiUkflxüch fragen, wenn man die fut
aOdite man sagen tiglioh steigende Bedentnng des ^wattigen westlidien
Staatswesens und die gegen früher bedeutend vr riinderten heutigen Ein-
wanderungsverhaltnisse in Betracht sieht Wird der Yankee die dominierende
Stellung, die er heute im geparaten wirtschaftlichen und kulturellen Leben
der Union einnimmt, bfehaltf-n: — wird er dl«' Soele, das Rückgrat des
Staates bleiben oder wird er die.si'n Kang anderen sich erst in Zukunft out-
wickelnden und von ihm durchaus verschiedenen Volksindividualitäten abtreten?
Wie aber werden diese neuen Typen des Amerikanismus beschatfen sein und
welche Stellung werden sie der übrigen Welt, namentlich aber Europa
gegenfiber einnehmen? Tragen Ton gewaltiger Bedeutung, aber schwer oder
Tieimehr nnmOglieh sdion hente b^tiedigend zu lOsen; dodi aber dürfte selbst
sb onsnllnglidier mid sUnenhalter Versoch naoh dieser Biehtong des
Interesses nicht glnstiofa entbehren und in Anbetracht der Wiehtigkeit des
Gegenstandes hoffentlich nicht unwillkommen sein.
Ist der deutsche Volkscharakter gegenwärtig in Folge der verbesserten
Verkehrsverhältnisse , der Freizügigkeit, der Zuwanderung fremder Volks-
elemente, wie der veränderten Existenzbedingungen und der veränderten
wirt.schaftlichen Verhältnisse überhaupt in einer keineswetjs unbedeutenden
Lmbildung begriffen, so ist dies beim amerikanischen Volke, in welchen
Begriff wir alle in den Vereinigten Staaten betindlichen Volkselemente ein-
schließen, in ungleich höherem Maße der FalL Geographische Eiuiiüsse
sowohl wie auch die von Jabr zu Jahr in ihren Bestandteilen wechselnde
finwanderung wirken auf die amerikanische Bevölkemng ein, ihr stets neue
und fremde Volkselemente hinsufOgend und sie dadurch fortwährend ver-
ludernd nnd nmbildaid. Wiiken die klimatischen Einflüsse sowie die
dar Bodengestalt einesteils, dadurch daß sie die Terschiedenen BMsen
in landschaftlicher Begrenztheit in gleicher Weise umbilden und allmShlich
einen bestimmten Bevölkerungstyp hervorbringen oder der Bevölkerung
«ne Reihe von bestimmten gleichen Charakter/ügen aufprägen, vereinheit-
hiljend und dadurch gleichsam rassebildend, so bedingen sie andererseits
Differenzierungen, die heute noch nicht zum Abschluß gelangt, ja in vielen
Bezi«;hungen durch den nomadischen Charakter der Bevölkerung vieler west-
licher Distrikte kaum im Entstehen begriffen sind. Letzteres gilt namentlich
▼on den differenzierenden Wirkungen des Bodens und der Bodengestalt,
186
Hsni H«idericb:
z. B. der scharfen Ausprägung des Charakters der Gebirgsbevölkenuig wi« in
OberbayfTn, Tirol usw., der Fischer- und Schifferbevölkerung usw.; ja nicht
einmal der richtige Bauorntypus ist bis jftzt beim Anelo- Amerikaner auch
nur in seinen Autangen zum Durchbruch gekommen; es gibt bis heute nur
Farmer und das sind keine Bauern. Die starke physische Verschiedenheit
des fahlen Yankee und des dem Deutschen, Skandinavier u. a. ähnelnden
und wie jeno mit HOBendar, roiigar Gwiehtibri» behaftoten Kalifomiers läßt
dagegen die 'Wirkungen des Klimas wah diastiflcMe herrortreton. In
der Oatlillfte der Vereinigten Staaten sind die ünterBchiede swiscben N<Hrd
und Sfid sidion so sdiarf pointiert^ dafi der bisherige Entwicklungsgang eine
weitere Verscbarfimg der Verschiedenheiten mit Sioherbat Toraossetien llfii
Hinza tritt auch hier als ein die Differenzierung beförderndes Moment die Ab-
stammung („Kavalier'^ im Süden und ^undkopf" im Norden)'). Ohne Zweifel
aber steht fest, daß sich ein neuer Rasse -Typ, eine neue Spielart des
Angelsachsentuins, d^r sogenannte Yiiukeetypus in den Vereinigten Staaten
und zwar in den Neui ngland-Staaten gebildet hat. Ein Typ, in dessen Außerm
viele Gelehrte, ob mit Recht oder Unrecht sei dahingestellt, eine allmähliche
Anpassung an den ludianertypus bemerken wollen.
Weitere Verftnderongen werden bedingt durch die sich größtenteils wieder
ans geogiaiihisoben GrOnden ergebende verlnderte Lebensweise and doroh die
schon erwähnte so stark in ihren Bassenbestandteflen ▼«rinderte Einwanderong.
Den Amerikanern selbst, die ihre Einwandemng mit scharfem Avge
beobachten, ersohdnt sie in Folge der in neuerer Zeit yerftnderten Eigebnisse
der Einschrftnkung bedürftig. Eine ganze Reihe von erschwerenden Bestim-
mungen sind in den letzten Jahren nach dieser Bichtang hin rom Stapel
gelassen worden.
Unsere Stammverwandten jenseits des Ozeans sind mit pi-ußen Cilücks-
gütern gesegnet, aber auch bei ihnen fehlen die Schattenseiten nicht. Die
Neger im Bind: Jhlt Itilden einen Pfahl im Fleische der Union, der in seinen
späteren, ja schon den gegenwärtigen Wirkungen seinesgleichen in keinem
europäischen Staate linden dürfte. Alle Gegensätze innerhalb der doch im
Gmnde gmommen einbntlichen und weiBen, der „kaukasisdien Bassel
hörigen, europftischen Nationen versinlcen in Nichts gegenflber diesem Ungeheuern
Bassengegensats. Mag sich der Neger politisch auch noch so sehr als
Amerilcaner fühlen, dieser Gegensatz bleibt bestehen. Die Neger bilden sdum
heute das Problem der Vereinigten Staaten von Nordamerika.
8 840 789 Neger und Mulatten Stauden 1900 den 66 990 802 Weißen
gegenüber. Alle Hoffnungen auf ein Emporsteigen der schwarzen Rasse, ein
Hinauf'/.iehen zur Höhe der eigenen Kultur erwiesen sich als trügerisch.
Im Gegenteil, die Mischlinge eiitfeniteu sieh von den Weißen — seit der
Negeremanzipation trat wenig weißes Blut hinzu — und sanken in die Un-
kultur der Selnvarzen znniek. Kein Wunder, denn die Beweggründe und
Motive, die eine Vennisthung der genuauischen angelsUehsischen Amerikaner
1) Wir /ieben )i\>-y , also unter der Bezeichnung . Kavalier" und ,,ninidkopf'%
nur die englische Einwamierung in Betracht, vergleichen also nur die demselben
Volke aDgebOrigen Elemente.
uiyiii^cü Uy Google
Yezänderungen iu der BeTülkerang der Vereinigten Staaten usw. 137
vitc de^' FaringtB iigend weldier BasM sfork wtigoichriBkt-.' oder Ubeilianpt
imÜt togelsMtn - hatteni bliel>eii nnverkflixt in Geltang, und die B^rwmg
der Sehwarzen vom Joche der Slnechtschaft wsr und ist in sozialer Hiusidit
siditB als eine schöne Dlusion. Der Schwane Web auch als freier Mann
sozial ein untergeordnetes Glied des Staates — ganz abgesehen davon, daß
er sich den Stürmen des freien Wettbewerbs keineswegs gewachsen zeigte.
Sogar daü ihm gesetzlich zustehende Wahlrecht wird in neuerer Zeit keines-
wegs unparteiisch, sondern offen zu seinen Ungunsten gehandhabt, ja in
einzelnen Südstaaten durch die Aufstellung von Bildungsvoraussetzungen oder
einen komplizierten Wahlmechanismus gänzlich ausgeschaltet. Jeder Misch-
Uog wurde. nad wird von der hemolieiideiL Basse als. nicht glsiehbeveebtigfc
Uber die Achsel ugeseben. Natfirlich geht er dahin, wo er msbr geeini
und aaerhmnnt wird, la seioea schwanen Stammesbrfidem. 80 verdichtete
sidi die NegerberOlkernng immer mehr in den Sfidstaaten der ünion, im
sogenannten BUuk Bdi^ und afrikanisierte diesOi Denn von einem kulturelleh
Emporsteigen ist, einzelne der großen Masse gegenüber kaum ins Gewicht
fallende Ansnahmen abgerechnet, keine Rede — eher das Gegenteil! Der
Aufschwung des Südens aber wird schon heute dadurch gehindert, offene
Rasseukämpfe werden sogar in letzter Zeit häutiger; und nach Vollendung
des projektierten interozeanischen Kanals und der sich dann als notwendig
erweisen<len Regulierung des Mississippi wird man dieser Frage, die man
iaixi trotz allen vorhandenen Interesses noch scheut wie der Gebrannte das
Feuer, nfther treten mflsien. Ifit welchem Erfolg, wird ^ Zeit liAiren.
Die gelbe Oefkhr, £e Überflutung mit mongolischen, chinesischen n. a.
Elemeilten, erwies . sich bis jetit als nngefUirlidier, als man geglaubt hatte.
So wurde mit Erfolg dnreh die seit 1879 dagegen^ erlassenen chinesischen
AiMtereinwanderungsgesetse lurückgedSromt. Es- gibt jetzt nur noch
119 050 Chinesen in den ganzen Vereinigten Staaten. Dagegen haben die
Japaner zugenommen. Ihre Zahl beziffert sich auf 86 000. Auch hier kann
al?o, wie das Anwachsen der Japaner zeigt, die Zukunft Änderungen bringen
und ein stiirkeres Herüberströinen gelber Volkseleraente sehr wohl hi'rbei-
fuhren, zumal sich die japantVeiiniili. hc politische Haltung der Vcrcinigti-u
Staaten, das Anwacbsen Japans und die ungeheure Stiirkung seines Prestiges
in Ostasieu kaum mit derartig scharfen Eiuwandenmgsgesetzen, wie sie den
Chinesen gegenflber angewandt werden konnten, den Japanern gegenüber ver-
tngen wfirde. Ja die OhinesMi selbst madken schon Front gegen eine
differensierte Behandlung: schon beklagen sie sieh Uber die ihnen bei der
Einwniidemng zuteil werdende Bdiandlung und drohen die amerikanischen
Waren so boykottieren, wenn nicht Abhilfe geschaffen werde. PMsident
Booserelt bat daher die Beh«")rden unter Androhung sofortiger Entlassung
angewieeen, chinesische £auflente und Ki t->'nde ebenso hrtflich zu behandeln
wie Ängoh'irige anderer Nationen. Ein bedeutsames Zeichen der Zeit.
Hinzu treten zu allen diesen Volkselementen noch 266 760 Indianer,
die, langsam in der Abnahme begriffen, in Folge ihrer geringen Zahl und
der Unmöglichkeit irgend welchen Zuschusses kaum einen nennenswerten
Einfluß auf die Bevölkern ngs Verhältnisse ausüben dürften.
GMgn^UMlM Z«ttwbrift 11 Jahrgang. 1106. *. Haft 10
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Hanl Heideiioh:
StrOmliB frfiter dia Wuwwaämmthun Mi ta Wagtotitttn Son^aii
ans den gernianischen, keltiiditii nnd keltogermanitdiMi Gefaieteii nnserei
Erdteils, so daft sich eiiM wwigstens einigennaSen honogeM, miinilatjont"
fähige Volksmasse m der nenen Welt bilden konnto, so seben wir heute
große Massen slaviscber und italienischer Nationalität über den Ozean ziehen,
um dort eine neue Heimat zu finden und eine neue Existenz zu gründen.
Ein Vorgang, der seine Kückwirkung, falls dadurch der Typus des Ameri-
kaners verändert würde, zweifellos auch auf Europa ausüben dürfte. Zwar
haben die Amerikaner, wohl eingedenk der guten Folgen, die das Verbot
der ChinimiiimnwaiidwfiMy mät skli biMiile, «im genetiHohe Kegelang und
Betobrlnkuag der Sinwanderung TorgenoBUMn — eine Maßregel, mf denn
Beeoltata man nor getpannt aein kann — , doch aind aekon iokhe Maaaen
dieaer fremden und von der Inaheiigen Berölkerang ahweichenden Blemente
in dem westlichen Staatswesen anslBBig, ebenso dauert ihr Zunig, da durch
die bis jetzt bestehenden Besdhränkongen doch nur ein verh<nismftfiig kleiner
Teil getroffen wird, nicht nur in selbem Mafie, sondern, wie die neuesten
Nachrichten zeigen, in noch verstärktem Grade an, daß viele oinsichtsvolle
Amerikaner eine Benachteiligung ihrer Rassenmerkmale befürchten und der-
artige Folgen energisch abzuwenden trachten.
Dazu kommt, daß der hervorstechendste Typ des Amerikanertums, der
Yankee in den Neuengland-Staaten, die Tendenz nicht nur einer langsameren
Beväteangsremiehning, sondern annlog dem franaOsiacfaen Volkstnm sogar
einer direkten Abnahme xeigt, «o daft aelion krata Ina und da die Baftroh-
tong einea allmIMiehen Bflekgangea dieaea findigan, eneigiaolien nnd laatioaen
Amarikanertype geliegt inrd. ünd man s^anbt nielit, daft dnrch dia ver-
ittderto Buwanderong ein toII- und gleidnrertiger £naia ra erwarten steht
Von den im Jahre 1900 10 460 085 im Ausland Geborenen, in din
Vereinigten Staaten Ansässigen stammten aus Deutschland 25,8 7o (s^gsn
30,1 7o im Jahre 1890 und 26 7^ im Jahre 1850), aus Irland 15,67o (gegen
20,2% im Jahre 1800 und 12,8% im Jahre 1850), aus Großbritannien
11,3% (gegen 13,5 7o im Jahre 1890 und 16,87o im Jahre 1850), aus
Schweden, Norwegen und Dlinemark 10,3 7o (unverändert gegen 1890;
1850 dagegen bildeten die Eingewanderten aus diesen Ländern weniger
als 1%) und ans Kanada 11,4% (gegen 10,6^0 im Jahre 1890 und 6,6%
im Jalve 1860). Dagegen faüdeten östetmeher nnd Ungarn im Jaihva 1850
weniger als 0,1% aller eingewanderten Personen, 1890 aber schon 8,3 7o
nnd 1900 5»6%, die Italiener atiegen von 0,3% im Jalue 1860 anf 9%
im Jahre 1890 nnd 4,1% im Jahre 1900, die Bassen von 0,1% im Jahre
1850 anf 2%, im Jahre 1890 nnd 4,1 7o im Ja^re 1900. Die Einwande-
nmg aus Ostureich nahm in dem Jahrzehnt 1890 — 1900 um 124,1 7o ni,
die ans Ungarn nm 133,5 7ot &us Italien um 165,27oi &U8 Rußland um
132,2°'(,. Dagegen gingen die in Nordamerika ansiissippii Deutschen im Ver-
hältnis zur Gesamtbevölkening seit dem Jahr«; 1H90 um 4,2 7it die ir-
länder um 13,6 7oi die Engländer um 7,4% zurück.^)
1; Twellth <Jeu8U8 of the United States. Washington 1901—1908. — Feh-
üiyitizeü by GoOglc
YerftsdernBgea in der BevOlkeraaf A9t Ttreiaigten Staaten aew. IM
In dem Jahrzehnt von 1860 bis 1870 kamen 2 064 000 europäiBohe
Einwanderer nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Davon waren
767000 BeulHlie, 668000 Eugländer, 436000 IrlAnder, 109 000 Norweger
and Behwvden, 88000 Sdiotten, 35000 ThMioeeB, 11000 üaUeBir, 7000
Oitemieker and 4000 BaiMD. 1890 Ws 1900 kunen 8844000 Penonm.
DatOB warea 648000 DeatMhe, 408000 Irllader, 896000 Norweger and
Bebwedea, 382 000 Aigllader, 60000 Sekotten, 86000 FnutMien, aber
665 000 Italiener; 5 97 000 Ofterreicher nnd üngara (banptrikdilieh
au Galizien) nnd 588 000 Rassen. Im Jahre 1903 kamen ans DenftBCh«
land 40 000, aus Irland 35 000, aus England nur 26 000 Personen, da-
gegen aus Italien 230000, aus Österreich-Ungarn 206 000 und ans
Rußland 136000 Personen. Und dieses Verhältnis ändert sich keines-
wegs, PK steigt stetig, die Vereinigten Staaten mit einer Unzahl fremd-
ai-tiger auf niedrigerer und gänzlich andersartiger Kultnrstafe stehender
Individaen fiberachweaimend.
Gewisse, jedem ins Ange fiüleode selildliehe Folgen kSanen wir schon
heate bei einem Bpanergang daieh die Nonjorker aad GUkagoer 8hmu be-
ebaditeB. Li diesen Skrnu bat siob das ganse atedece Oii» nnd Sfldenro-
piertom acbon jottt re wabtea Hftufon des Sleads and der Verboaunenbeit
snsiunmengeballt. Qleioh einem iweiten Magnetberg zieben sie alle verinmp*
ten Bsistenzen des Landes mit unwiderstehlicher Gewalt an sich, die Ver-
kommenheit vergrößernd nnd ihren Wirkungskreis erweiternd : Erscheinungen,
in dieser Größe, Art und Form den Vereinigten Staaten früher unbekannt.
Wirtschaftlich also stoben diese ncMien Elemente, wie schon die eben
erwähnte Tatsache zur Genüge zeigt, weit gegen die frühere Einwanderung
rurück. Aber ist dies nicht, von gewissen unausbleiblichen Übelständen ab-
gesehen, auch von Vorteil? Denn nur dadurch steht ein großer StAmm von
billigen, stets TufUgbaMn und TOillnflg sa b6berea Arbeitsleistungen kaum
nnrarfbaren AibeitdorlAen nur YflrfBgnng sor Herstellnng und Leistang der
m den Vereinigten Staaten in noefa Hut nnttbersehbarer FflUe sn eiledigenden
Aibeitan einCseberer nnd rein pbjsiseber Art als Landstrafien-, Bisenbahn-,
Ksnalbaa, wie sn den woU bald in Angriff zu nehmenden, der Bewisse-
rong der ewig dflrren Landesteile dienenden Arbeiten; und dadurch wird die
besser gestellte, intelligentere Bevölkerungsklasse znr BewUtigni^ der auch
hier noch überall und auf allen Gebieten der Erledigung harrenden intellek-
tuellen Aufgaben frei. Wird nicht erst dadurch die ziikünftige Weiterent-
wicklung der jungen Republik in gleichem Tempo gewährleistet? Ich glaube
wohl. Ebenso bin ich anzunehmen geneigt, daß allmähHch in Folge der fort-
währenden Spannung, der harten Auslese der Starken, der Sekdion of the
fHktt, eine Ausjfttung der angeeigneten Elemente auf dem Wege der natflr-
fieben Andese eifolgsn mnB, nnd da6 sieh nnter den sidi behanptenden
bidindoen ein mehr oder weniger bescheidener Wohlstand einstellen oder die
nhigfceit, flieh dnrehsnringen, eintreten nnd bei einer immer griJfleren Zshl
liager< Die BevOlkennig der Verebiigten Staaten. Folitiedi'-Anthropologiacbe
Henie. 6. Jahigaag. Heft 6.
10*
140 •• ' Hans Heiderich:
nnlir vnd mehr nml Dnashbrnch gelangen ifizd. * Übt dodi idboii heute ein
knner AnÜBnthalt in dem neuen gelobten Lende'.einen michtigen vnd- nicb-
hiltigen EinflnB «if den KingAweaderten ans. Leute, die nie ans der dumpfen
Sphäre der Abhängigkeit heransgekommen waren, betreten kaum das Pflaster
Nen-Torks, -und schmi wandeln sie sirh zu kleinen Unternehmern, zu eifrigen
Zeitungslesen usw. um, bis sie später ihre Krüfbe an größere Aufgaben heran-
wagen kfinnon. Ppr Ausjäteprozoß aber dürfte dadurch beschleunigt werden,
daß sich nicht mehr win friihfr die Stärksten, Untemehmungslustigston od< r
Kühnsten -zur Auswanderung entschließen, sondern gerade die Schwächsten,
die Ausgestoßenen, die dem Sturm des amerikanischen Wettbewerhs kaum
lange standhalten dürften. Sicher aber wird die gewaltige Entwicklung der
Vereinigten Staaten, die immer mehr um sich greifende und immer intensiTer
wwdende ErseUiefiung der wirtsdiafliliehen Hilftmittel dieses ungeheuren
Landes noch gewaltige ÄrbeitBicriCte beanspmohen, und nur auf diesem Wege,
auf dem Wege der Einwanderung dflrfte der Bedarf hinreichend gieidedkt
werden können.
Wirischaftlich freilich werden diese neuen Volkselemente auöh für die
nächste Zukunft zurückstehen. Ebenso dürft«, damit auft innigste zusammen-
hängend, eine gewisse erweiterte soziale Differenzierung eintreten; sie wird
sich gründen auf die Unkenntnis der Sprache der herrschcinifu Rasse, wie
auf wirtschaftliche und kulturelle Ursachen, aber alle hieraus resultierenden
Folgerungen mit unabweisbarer Notwendigkeit auf die Rasse übertragen
müssen und sich auf die Volksbostandteile der Italiener, Galizier, Russen, Polen,
Bamliuer n. a., Torl&ufig wohl gemeinsam und alle in einen Topf Werfend,
eistreeken und ihnen eine bestimmte Beihenliidge in der aUgemonen Wert-
seh&tzung anweisen. Bangierten firfiher die Deutsolien, Skandinavier und
Irm hinter den Angloamerikanern, so dürften Ton Hub an diese neuen Ein-
wandemngsdemento wieder hinter jenen, also in dritter Beihe rangieren.
Auch hier die Basse als Ursache des oder besser in diesem Falle eines (eum
graoo salis genommen) gewissen Klasssngegensatzefe. Selbstventfindlich müssen
wir uns diese Gegensätze durchaus verschieden von don europäischen vor-
sfellon, wo die tausendjährige Entwicklung die ursprünglich vorhandenen
HasspngegensUtze für den Laienbeobachter im allgemeinen zwar verwischt
und teilweise günzlich beseitigt, hat, wo sich aber doch in Folge der in der
Zeit der Rassenmischung weniger ausgereiften historischen Entwicklungsstufe
scharfe Klassengegensätze herausbilden und ihre Wirkungen bis in die Gegen-
wart fühlbar madien konnten. Die Nsger Nordamerikas scheiden bei dieser
Betrachtung freilidi yollstftndig aus, denn hier bleibt der ungeheure Bassen*
gejgensate uuTerkQrst und ungemildert, ja noch bedeutend ▼ersehiift und
▼ertieft in Geltung. Auch im Osten sind, resultierend aus der üngleudiheit
der Vermögensverhältnisse, Ansitse zur Klassenbildung zu bemerken, ja es
pbt, wie Schalk') mitteilt, einen 'amerikanischen Kalender {TlieWorld 1903)^
in dem die Familien der Multimillionäre mit allen Mitgliedern aufgeführt werden,
gerade wie im Gothaischen Kalender die Familien der regierenden H&nser.
1) Fniil Schalk. Der Wfttk:nii]if der Völker, mit besonderer Bezugnahme auf
Deutschland und die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Jena, Fischet 1006.
Digitizod by Go'>'^'^'
Verftnderungen in dex BevAlkernng dex Vexeinigt«& Staaten ntw. 441
IBtehen also die neuen EittwandemngseleniMiie, selbgtveisfcindUQh ab Qanaqi
genommen, wirtsdiaftlieh nmldut und wobl ancb für abmhbuo Züt hinaus
mrflck, lo bilden sie doch eben in wirtschaftlicher Bexiehnng an
wohl- SQ :¥erw«idendes und wertvolles Glied des Gänsen; denn das Land
braucht Menschen, Menschen, und abermals Menschen rar Hebung der in ver-
schwenderischer Fülle vorhandenen Bodenschätze. Die Vorteile, welche das
Vorhandensein dieser Hilfskräfte mit sich bringt, werden dem praktischen
Amerikaner nicht verborgen bleiben und ihm ihre Anwesenheit ertcttglich, ja
willkommen erscheinen lassen.
' Wie aber steht es damit in nationaler, allgemein politischer wie kul-
tureller Beziehung? Werden sich die eingewanderten fremden Volkabestand-
teile harmonisch dem angelsächsischen Staat sgeftige, der von den Angelsachsen
gebildeten und y^rtretenen Staatsform einfügen? Werden deren Ideale ihre
werden? Ist es übeihaapt ratsam, den poUtiseh. onmttndigen Ostenropler so
lehneiU som politiBehen Wihler der freiesten Demokratie aufrfleken sn lassen?
Wird der angelsichsisch - gennanische Freiheitsdrang, der Drang nach Selbst-
bestimmung und Sdbstbetfttiguiig, der den stammmerwaadten deutschen,
skandinavischen u. a. Einwanderern auf Orund ihren Bassenaulagen bald in
Fittsch und Blut überging, unter dem HereinstrOmen und FestBetsen dieser
dumpfen Massen keine Einbuße erleiden?
Ich glaube nicht. Das jugendlich frische und doch schon so fest ge-
fügte, national so von sich eingenomnifne, rücksichtslose Amerikaneriuni wird
auch diesen Elementen sieghaft und unverwischbar seinen Stempel autdrücken,
ihre Signatur verändern und sie mit unwiderstehlicher Gewalt zu sich her-
überziehen. Seine Einrichtungen, vor allem die amerikanifichen Volksschulen,
^ aUes Nene und Fremde nnwiderstehlieh sermahlen und amerikanisieren,
werdm diesen Übergang erisiehtem und beschleunigen. Sollten die fteiheitB-
dOrstenden amerikanischen Ideale nicht audi derartigen jrOckstlndigen und
bis SU ihrer Übexsieddnng in dumpfer Abhängigkeit schmachtenden Elementen
gegoiflber ihre alte Zauberkraft bewihren, sie aufrftttelnd aus der bisherigen
dumpfen Lethargie, aus ihren alten beschränkten Anschauungen und sie
hiaflberleitend in freiere stolzere Lcbeussphären, latente Tatkraft und scblum-
memden Idealismus auslösend und sie zu tri.schoni fröhlichen Tun begeisternd?
Sicherlich^ sie werden den Sieg davontragen, worin auch in vielen Beziehungen
auf lange Zeit hinaus klaflfende Unterschiede bleiben werden. Der anierika-
aischc Mfiisch mit all seineu Vorzügen und all seinen Fehlern wird sich
-durchsetzen, und in unverhältnismäßig kurzer Zeit sogar werden alle diese
fremden Bassenbestandteile, soweit sie der kaukasisch -aiiscben Basse ange-
hören, amerikanisoh denlMn und ftthlen. Sie werden trots der voriiandenen
Unterschiede mit jenoi ein Volk bilden, einig in smnem Denken und
Flttden.
SdbstTsrstindlich werden dem Ebengesagten entqirechend die Anglo-
amerikaner die Führer sein. Ihre Ideen, ihre Lebensanschauungeu werden,
nur kleine Ausnahmen abgerechnet, maßgebend sein imd auch bleiben. Sie
werden jene verschwommene Masse, auch ohne sich mit ihr allzu schnell
xa vermischen — denn dies dürfte so bald nicht geschehen, ja vielleicht
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142
Haas Ueiderich:
gar Biohi oder «nt in Mhr ABÜtgan« Zeit — , utieMlpoIitiMlr TfiOlg ab-
Andm wird ts in knlturelltr Bedehug «ein. Bepfiientinmn andlk Ger-
manen die höhere Baue den Slaven gegenftbert und wird anch ihr geistiger
ond knltiureUer Stempel das Übergewicht haben, so wird doob eioe gewisse
Beeinfloasnng von Seiten jener Elemente unausbleiblich sein.
Und wie steht es mit den ItalieoetB? Anch sie werden ihr» Spuren
snxücklassen.
Wird das etwas nüchterne heutige Amerikanertum von den neuen Ein-
wanderungselementen und von ihrem Aufgehen in ihm eine größere kulturelle
Vielseitigkeit namentlich nach der musikalischen und überhaupt künstlerischen
Seite SU erwarten haben? Mit der Zeit nelleicht VarlftnÜg aber stekt
dieser ffinwaadsningssliom viel sa tiel^ vm irgend wslohsn tiefgehenden
knltnrcllen EinflnB auf das eigentliohe Amerihanertom aosQben su kOnnen.
Ansgenoramen dadnrah, daß er duoh seine Übernahme grObarer Arbeit jenes,
wie auoh Dentsehe, Bkandinavisr usw. von dieser Art Aibeit befreit und
ihnen ermOglidit, mehr und mehr rein geistiger Tätigkeit naehsngehen. Ein
Besultat, das Ton den Besten des Landes sur Förderung und Hebung
waerikanischer Kunst und amerikanischer Wissenschaft, zur Verfeinerung und
Ästhetisierung der ganzen amerikanischen Kultur mit allen Fasern ihres
Herzens herbeigesehnt und auf dessen Verwirklichung von ihnen mit aller
Energie und aller Intensität hingearbeitet wird. Zunächst also werden die
Neueingewanderten dazu beitragen, die Kluit, rein kulturell betrachteti
Bwischen sich und den älteren Bevölkerungselementen sogar zu erweitem.
Bine sehnelle innige Dfisehung wird, allerdings nibbl aar hierdureh, Tsrluadeft
und für lange Zeit hinaus ein getrenntee NebeneinaaderherUafen der einzel-
nen Bassen — allerdings nur in kultureller und riobtig genonmien auoh in
sonaler, aber aidht in wirtsohaftliolier Bedebung — gswlhrieittet, wie ee j«
im großen ganzen aneli bis heute drQben der Fall gewesen ist.
Auch scheint die amerikanische Luft zunSdist die rein materielle Seite
der Lebensführung als die maßgebende zu bevorzugen. Wenigstens haben
in allen diesen Gebieten selbst die Deutsch- Amerikaner mehr geleistet als in
den rein geistigen oder besser gesagt ideellen Hedeutende Kautieute, Bier-
brauer usw., allerdings auch hervorragende Ingenieure und Techniker haben
die Nachkommen des Volkes der Dichter und Denker in Massen hervor-
gebracht, aber keinen einzigen großen Dichter, Komponisten oder sonst auf
siaen GeHnel dss reinen Geisteelebens hervorragend« Hann, wie man et
dook Ton flineii bitte erwarten sollen. Im Gegenteil, die Leuebtsn auf diesen
Gebieten stallen die in aller Welt (und in der Hauptsache, d. b. beim Gros
wobl nieht gans mit Unreeht) als matsriell ▼erBohrienen britisdien- Amerikaner,
wibrend tkk die Deutsehen, selbst beute noch, in behtbigon Wohlstand, selbst-
verständlich einzelne Ausnahmen, wie Karl Seburs, Kapp, Kömer, Lieber u. a.
abgerechnet, am Materiellen wohl sein lassen. War dies bei den Verhältnis-
mäßig wohlhabenden und auf hoher Kultui-stufe stehenden Deutschen so, so
wird es, trotz vielleicht größerer nationaler, durch den größeren Gegensatz
bedingter oder auoh angeborener Zähigkeit und Widerstandskraft, bei den
uiyiii^cü Uy Google
Yerlndtrnng«!! in der B«TOlkttriiiig der Vereinigtes Btsetea wir. 14S
armen unmündigen neuen Elementen noch mehr hervortreten. Bis ihnen ein»
sich auf weite Kreise iiirer Volkägenusäen erstreckende, materielle Sicher*
stellttDg maßgebende aktive Eingriffi m die kottiirelle Tfttigkeit das Landes
erianbt, dttarfte aoeb mumUm Jalir ini Land gehen und mancher Tropfen den
IGiiiHiDiii IriniMniifMi
Die Aaglo-AnaikaMr kabea also andi in knUnreller Bsriehimg bis
dato ihre mafigebende Btottnng TOUig la erhalten verstanden. Dagegen haben
iie 9Mßh vieles von den Deutschen angenommen und in ihren Kultarkreis
einbezogen. Die HaanMiki das Oratorium, die Sinfonie verdanken sie den
Deutschen. Eine weniger puritanische, heiterere Lebensauffassung, eine gröBere
Freudigkeit an den Genüssen des irdischen Daseins ist ebenfalls auf die
Deutschen zurilckzuföhren und noch manchas Zarte, Sinnige, auf das Gemüt
Wirkende, wie der Weihnachtsbaum, der Sinn für Blumen und deren sach-
gemäfie Pflege, verdankt sein Dasein unseren amerikanischen Landsleuten.
So wird es in spftterer Zeit auch mit den Keueingewanderten sein.
An«3li ne werte allwitlilifih» beeondsw aber, wenn die jetit noch gespaltenen
Baasenbestandteile mehr and mehr na einer neuen Bassenspielart snsammen-
gsechireigt sein werden, gewisse Banenmarkmale and Wiwsneigentflmtichkeiten
in die dortigen koltorelkii YerbiUmsaa hindnlngen, wie et bei nns in
Dentechland Bomanen, Kelten und Slaven ebenfalls getan haben. Eine größere
FnUe ftnßenr and innerer Kennzeichen wird durch diesen Verschmelzungs-
proieß sniaaimengebracht und eine größere Vielseitigkeit wird die naturgemäße
Folge sein. So sind bei uns Deutschen auch erst durch fremdes Blut gewisse
Eigenschaften ausgelöst worden, Eigeuschaftcn, ohne die wir uns den heu-
tigen Deutschen kaum denken können. Sicher ist auch die straffe Organi-
sation des preußischen Staates, die im preußischen Heere vorhandene be-
wundernswerte Disziplin indirekt auf den starken Prozentsatz slavischen Blutes
in der BevOtkarnng raifleksafttbren, .der die BinfühniBg einer oentraliner^
terra, stramauraa Yerwaltnag ermflgliehte oder wemggteni bedentend er-
Isiekterte. M alio die Venchmelaang aller bis jetit fremden mit den an-
iTaripn Elementen in den Vereimgtm Staaten eingetreten, hat sieh eine
aeae Basse durchgängig gebildet, so wird anch eine größere kultorelle Yiel-
intigkeit die Folge sein und vielleicht auch der Nationalcharakter nach ge-
wissen Richtungen hin dadurch beeinflußt werden. Das ist bis heute noch
nicht der Fall gewesen, wird aber zweifellos auch durch andere Ursachen be-
dingt werden, z. B. das Immcrdiehterwerdf^n der Bevölkenmg, die dadurch ent-
stehende Veren^'orung des Raumes, der in seiner früheren gewaltitron fast un-
beschränkten Ausdehnung tief tmd bestimmend auf den amerikanischen Cha-
rakter eingewirkt und ihm das Großzügige, das zur Überwindung dieser un-
geheneren Strecken notwendige Nervös-Hastende gegeben hat, femer durch die
ant der größeren Dichtigkeit der BevOlkemng wohl eintretende verinderte
LehenrflUinmg vnd Leheashaltimg.
Die Erobetonge- und Widentandskraft eines Yolkstoms beruht nach
Albrecht Wirtli^) auf drei Dingen: der Zahl seiner Triger; der «ngeborenen,
1) Albreeht Wirth, Yelkstem und Weltmacht in der Oeeddehte. Uflnehen,
Braefaeann 1901.
uiyiii^cü Uy Google
144. - Hans Heiderich: Vex&ndenui'geB in der Bevölkerung uw/
darcb Kultur und Klima gesteigerten oder geschwächten Tüchtigkeit; endlich
4anmf, ob es ait wrwandieli Bassen und Kulturen im Ausland einen B&ck-
htm &idei
• / Am widitigsten ist für den vdUidieii ^Kiinpf du Inwtale Voment der
Zahl, nnd dies steht den Aoglo-Amerikanem gflnstig mr Seite,' snmal wir,
im GegenaatB m den nicht germanischen mfl nicht keltlsdien Elementen,
Deutsche , Skandinayier und Iren als das Amerikanertum nnterstützehd, als
ihm qnasi jetzt schon xogehörig betrachten können. Es ist auch nicht an«
zunehmen, daß der Vorsprung, den die germanokeltischen und keltogermanischen
Volksbcstandteile haben, von den neu ein pro wanderten Kassen eingeholt wenlen
•wird. In absehbarer Zeit wenitrstens nicht, zumal auch Rußland in Folge
des ungünstig verlaufenen russisch -japaniscbfn Krieges und der durch ihn
herbeigeführten unruhigen und gefährlichen politischen Lage in den russisch-
polnischen Provinzen eine ganze Beihe yon früher verbotenen Gouvernements
kfinlichst der polnischen Auswanderung und'Aniiedlung geOffiiet vnd dadurch
wahrseheinlicb, wenigstens Ar die nftohste Zukunft, eine Vemindeiiing des
AbstrOmens der Bevölkerung nach Amerika hecbeigeftthrt hat
1 Der sweito ' Punkt fiUlt ebenfalls durchaus an Chmsten des Ainerikaner»
tnms aus. Alle Faktoren: Basse, Bedingungen der Auslese, Baum, Boden
und Klima konnten nicht günstiger sein und haben einen Menschenschlag
hervorgebracht, dessen Wagemut unvergleichlich, dessen Nationalbewußtsein
und Nationalgcfühl schon heute dem der meisten enropRischen Nationen über-
legen und dessen Energie und Arbeitskraft von keiner der europäischen Na-
tionen übertroffen wird. „Der Einfluß des Landes und der von den ersten
Einwanderern eingeführten Gesetze, der Tradition, ist von so überwältigendem
Einflüsse, daß trotz der großen Masse der Einwanderer aller möglichen Na-
tionalitiften die Assiitrilation der^bm tnHenrt ra8<di ron statten geht und
daB gewöhnlich schon in der sweiten Generation kein üntereohied mehr be-
steht zWisdien den lin^^ anaissigen Einwohnern und denen, welche «nt eine
Generation im Lande sind**, sagt Emil Schalk in semem „Wettkampf der
Völker**. Hinzu kommt der gewaltige, alles behemchende und nivellieiBude
Druck der öffentlichen Meinung, welcher natOrlich der hemchenden Klasse
SUgute kommt.
Der dritte Punkt spielt in unserm Falle keine Rolle; nur insofern, als
wir sogar hn Inland einen Bückhalt tür das Amerikanertum an verwandten
Kassen gefunden haben.
Es sind also alle Punkte günstig; und weuu auch die Assimilation in
Zukunft langsamer vor sich gehen sollte und sich eine größere soziale und
kulturelle Fürsorge lür die neu ankommenden und angekommenen £hiterbten
des Sohicksals als notwendig erweisen wird, aller Voraussicht nach . wird
•erstere mit der Zeit sicher, teilweise vielleidit sogar ebenso sdmell ala Torher,
eintreten. Die Gefahr tiast kranUiaften, dem Allgemeinwohl schldliöhea
Beeinflussung dur^ die Enterbten wird dadurdi vennindert, und der nidit
assimilierten und assimilierbaren Elemente wird sich das Amerikanertum
sch<m 7Ai erwehren wissen. Wenigstens ist es bisher (von den Negern stets
abgesehen) niemals in Verlegenheit gewesen über die Mittel, unerwünschte
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0. Karsten: Berielit filier die PorUcliritte der Pflansengeographie. 145
ffindringlinge ftnumhalten , zu entfernen oder auf andere Weise zur Baiaon
ttl bringen — und das wird wohl vorläufig so bleiben.
Vorläufig also wird für lango Jahro hinaus dpr heute maßgebende Anglo-
Amerikaner seine dominierende Stellung liehaltcn und sie vielleicht so aus-
tubauon in der Lage sein, daß sich nur geringe und nur unwesentlichere von
ihm abweichende Modifikationen in der Struktur der Bevölkerung durch-
zusetzen vermögen werden. Datiir zu sorgen, die Widerstands- und Expan-
sioDskraft der eigenen Rassenglieder gegenüber den fremden Elementen za
fybkeii und 'diese, möglichst ohne Soliaden für sieh selbst, zn astiniiliereii
md sn absorbieren, ist eine der ▼omehinsten Afi^ben smerikuüsdier Staats^
kmut Qod amerikanisdier KnHnrlEraft. - -
Ob' es ihnen gelingen wird, diese An^be in. snfinedenstellender Weise
to lösen, wird die Zukunft lehren. Trotx der Gunst der Vorbedingungen
hmren der Nordamerikaner auch auf diesem Felde der organisatorischen Kraft
groBe und in ihrer Art gftnslich neue und bisher ungelöste Ansahen.
Beriefet Iber die Fertseferitte der Pfluisengeograpliie
in den Jahren 181)1)— 1904.
Von Q. Karsten.
(Schlofi.)
Der Versuch, in kurzen Worten zu zeigen, welche Fragen zur Zeit
das besondere Interesse der Botaniker in Anspruch nehmen, ist gewiß nicht
frei Ton Einseitigkeit, immerhin glaube ich keines der widitageren Qebiete,
«.iWPit sie allgemeineres Interesse für die Geographie besitzen, und nicht, als
zjr Pflanzengeographie zahlend, später Erwähnung finden, übergangen zu
iuihcn. Daß die Aufzählung auch nur der wirklich hervorragenden Kinzel-
arheiten weit über den Rahmen dieses Berichtes hinausgehen wiude, ist ja
selbstverständlich; es sollten vor allem die zusammenfassenden Arbeiten ge-
aaant werden, die dem Suchenden einen Überblick über weitere Spezialliteratur
leieht «rmdglichen, daneben diejenigen Publikationen, welche Anstoß zur Er-
seUieBung neuer Forsehnngqgebiete gaben oder Resultate tou ganz besonderer
Bedentoag leitigten.
Aneh der speziellere Bericht Uber die Fortschritte der Pflanzengeographie
Ton 1891> — 1904 muß sich möglichster Kürze befleiBigen und kann nur die
großen Züge der Forschnngsrichtungen skizzieren.
Die ökologische Pflanze ngeographie hat mit dem Tode Schim-
pers eine ihrer besten Stützen verloren. Wie es oft geschieht, daß auf
eine Hochflut innerhalb eines Arbeitsgebietes plötzliche Ebbe einsetzt, so ist
e* auch hii^r gesehehen. Nachdem in der Sclii ni per sehen „Ptlanzengeographie
auf physiologischer Grundlage" ein Höhepunkt erreicht war, auch gewisse
TngUk einen vorläufigen Abschluß gefunden hatteu, ist es sehr viel ruhiger
geworden.
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14$ 0. Kwstea:
Schon Schimper hatte nachgewiesen*), wie das botanische Institut im
Btiitenzorg einn direkte Begünstigung der physiologisohen Biohtmig durWiaMft*
Schaft nach sich zog. Nach der Durcharbeitung d»r aioh W^itAm Augen
am meisten anHaxingenden EigentOmliohktitan tropiflchar Vegetätion ist mm
eine andere Sichtung in dort unternommenen Arbeiten ▼Mherrechend ge-
worden. FOr mnfiuigTeiclMve pl^ologiaehe Untomidnuigen Ist in der Begel
die Zeit m knn; dagegen sind gewine Fragen der Eolonialbotauk naeb
Aoftivtan und Bekimpfüng pflauUoher und tierischer Schädlinge von dringen-
dem Intereese. So sind von den neueren Besuchern Buitenzorgs vielfach Spezial-
forschungen auf diesem Gebiete genaoht und Wege eingeschlagen, die mit der
ökologischen Pflanzengeographie nur lockerer zusammenhängen.
Interesse verdient eine Untersuchung über die Fortschritte der Flora
von Krakatau von Pen zig*), die elf Jahre nach dem ersten Besuche
Treubs stattfand. Treub hatte seiner Zeit drei Jahre nach der yOlUgen Zerr
Störung der Vegetation durch den bekannten Ausbruch eina geringe AniaU
durch Meeresströmungen angetriebener und gekeimter Straadpflaasen gefondsn;
im übrigen war die Oberflftohe der Luel mit dner Fkxnvegetation bedeckt,
deren lachte Sporen, doreh den Wind dorthin gebcaicht, ihre Keimniig und
FjroihaUienentwiekelung in einem schleimigen Gyaaophyceenfibennge hatten be-
werkstelligen kOnaen. Aafierdem waren nur spirliche Grftser und Komponten
vorhanden, denen ebenfalls der Wind als TrSger gedient hatte.
Pen zig fand bereits eine richtige Pf^coprac-Formation , wie sie für tro-
pische Dünen und Sandküsten charakteristisch ist, an den dafür geeigneten
Orten ausgebildet. Die flach ansteigende, vom Meere zurückliegende Ober-
fläche war dagegen von über mann^sliühen Dickichten jener unverwüstlichen
Gräser: Saccharvm spontamvm^ Phnujmitvs lioxhuryhii usw. bedeckt, die über-
dies von schlingenden Casaytha- und Ca/?at-oiia- Stämmen oder -Strllngen
durchflochteu dem Vordringen sehr große Hindernisse bereiteten. Die steilen
Felswftnde dagegen zeigten noch die Torfaerrscbende FamTegetation wie bei
Treubs entern Besoche. Von den gefiindenen 63 Fhanerogamea — neben
16 Ftonen — konnten 607, HeeresstrOmiingen, 82 7e ^vc!»
7,5 7e äuoh VOgel auf die Insel gelangt sein.
Andere Arbdten ökologischen Inhaltes aus Buitenzorg sind femer aus-
geführt von Nieuwenhuis-Üxküll») Ober Schwimmvorrichtung von Früch-
ten, M. Raciborski^) über die Verzweigung und verschiedene morphologische
Eigentümlichkeiten^), M. Treub: „Nouvelles recherches sur le role de lacide
cyanhydrique dans leg plantes vertes^^^).
1) A. F. W. Schimper. Die gegenwärtigen Anll^aben der Fflameogeogiaphie.
O Z IL 1896. S. 98.
2) 0. Penzig. Die Fortechritte der Floi» de« Kiaketeu. Ann. de Buitenzorg.
a. B^r. vol. in. 1902. 8. 92 v
3) Mary Nieuwenhuls-ÜxkülL Schwimmvemchtung der Früchte von Tft«a-
rea aarwuntosa. Ebda. B. 114.
4) Ebda. vol. TT. 1901 ? l
5) Über die Vorl&uferspitze, Morphogenetiscbe Versuche, über myrmekopbüe
Ptianzen. Flora. Bd. 87. 1900. S. Iff.
•) Ann. de Buitenaozg. 9. eär. vol. IV. 1904. 8. S6.
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Bericht über die FortschriUe der Pflanzeageographie. 147
Ton miUnm Ailmttn Okelogiielur Art atitn gmwmt Mes' nPliTaio-
Jogiiche BrandiMMBitadMii*''), in dintn du yqh fl,eliiiiip«r «unt balnant
ftgabneo eigenartigen Anpassungen der Broineliaceenbl&tter als Waner anf-
Dehmender Organe im einsakien durchgearbeitat werden. Interessant ilt» daß
lieh Formen für Regen wasaeraufnahme yon solchen) die für Benetznng und
Versorgung durch Tau geeignet sind, im Bau und Habitus unterscheiden
lassen. Erstere starre Hosettenpflanzen , deren Schuppenhaare der dicken
Cuticula dicht anliegen. Sie bewohnen meist Felsen, besitzen mächtiges Wasser-
gewebe. Tauformen dagegen sind Epiphyten, ihre Tauschuppen spreizen ab
wie Spreubaare, der Habitus ist weicher, hängend oder sich scbl&ngelnd, als
Typua etwa Tükmdtia mmmSiet m denlwn.
Andere Fragen beliaiidelta Detto in: „Ol»er die Bedeutung d«r ftfberi-
achen Ole bei Xewptijtan"*). Die Deotnog dea Verfiuiera iat, dafi ea aioh
im Sdmtnnitlel gegen Tierfirafi bandle, ob aber damit die einsigei oder auch
Our die wichtigate Aufgabe angageben iat, kann noeb sweifelbaft eraobeineD.
Versuche über eventuellen Transpirationsschutz durch eine Hülle ätherischen
Öles, oder TOn physiologiacher Rückwirkung der Öldämpfe aut' das Verhalten
der Pflanzen müßten im Heimatlande der betreffenden Xerophyten angestellt
weriion, um beweiskräftig zu erscheinen. — Auch der Milchsaft') soll haupt-
sachlich ein Schutzmittel gegeu Tierfraü darstellen, doch scheinen auch hier
Zweifel am Platze, ob sich nicht andere Funktionen wichtiger erweisen wer-
den. — Auch die Frage der Salzausscheidung der Mangrovepflanzen*) ist
verschiedentlich behandelt worden, ohne bestimmte Beaoltate zu ergeben.
Von größerer Bedeatong aind einige umfangreidiesre Arbeiten. Znniehst
mXkktB icb eine bere&ta aoa dem Jabre 1898 atammende Arbeit von Mas-
sart nannen, die aber metnes Wissens in dieser Zeitsebrift noeb keine Er^ .
wibnnng geÄmden bat: TOjage botaniqne au Sabaia***). Bine anaieheod
geschriebene Heiseskizze, die durch einige aebr ebarakteristiscbe Avfiiabmen von
Wfietenpflanxen die geschilderte Vegetation vor Augen führt. — Eine sorgfältige
pdansengeographische Studie von Hardy') beschäftigt sich mit der Vege-
tation des Languedoc. Klima und Boden werden zunächst eingehend ge-
schildert. Sodann gibt der Verfasser die genauere Zusammensetzung von
sechs verschiedenen Formationen, die nach ihren herv-diTngt-nden Vertretern
als Qurrci4.s lUx-, Quercus sessiiitlora-, IHnus halepensis -Yonnution bezeichnet
werden, zu denen sich Maquis, Wiesen- und Ufergelilnde, endlich Felsbodeu
gesellen. Je nacb Bzpoaition nnd BodenTerblMaiissak ist die Qmraii $e8Büi'
1) C. Mez. Phyeiolog. Bromeliaceenetudien. I. Die Wasserökonomie der extrem
almoBphäriacben Tillandaien. Pringaheima Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. 40. 1!H)4 S. 157.
2} Kari Detto. über die Bedeutung der ätherischen Öle bei Xerophyten.
FloHL Bd. M. 1908. 8. 14f .
8) Hans Kniep. Über die Bedeutung dea Milchsaftes. Flora. Bd. 94. 1006. 3.188.
4) F. W. C. Areschüu<j. Zur Frage der Salzausacheidunjf der Manj^ove-
pflaiuenusw. Floxa. Bd. i^S. 1^04. S.166. — J. Schmidt. Gleicher Titel. £bda.S.26U.
6) Jean Massart. Un voyage botaniqne an Sabara. Extr. du Boll, de la loe.
r. de bot. de Belffique. t XXXVII. 1898. 201—339. 7 Taf.
6) Marcel Hardy. Lag^ographie et la Vegetation l/ani;updoc eutre l'Herault
et U Yidonrle. Extr. du BulL de la aoc. Languedocienne de Ueogr. t. XXVI. 190S.
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148
G. Kargfeen:
/lora*Fonn»tion grofiem Wechsel anterwbriiBik Die geographische Verteiliuig
der Formationen wird kartographisch dargestellt, anfierdem sind auf acht
Tafeln Habitusbilder ans den Fonnationen wiedergegeben, welche nun Teil
ilecht charakteristisch sind.
Erinnert sei an eine bereits früher ausführlicher besprochene, ptianzen-
geographische Bearbeitung aus dem Mittelmeer- Gebiet von Günther Beck
von M annage tta: „VegetationsverhiUtnisse der illyriscben Lander"*). Deiv
selben Sammlung gehört an: „Die Heide Nord-Deutsdilands'' von P. G ra eb-
ne r*), ebenfalls schon hier besprochen. Mau konnte bedauern, dafi den
Sehildenmgen in dieseiA Falle abweidiend tcmi dem allgemeinen Plan keine
lUttsferatimien beigefögt waren. Eine angenebme Ergimnuig sur Beseitigung
dieses Mangels bildet ein kleines Heft Tön Boergesen und Jensen*), das
tkh not der. Vegetation eines kleinen dinisehMi HeideTersudisgartens be*
schäftigt und neben ein paar Dünenvegetationsbildern einige recht gute und
charakteristische Aufnahmen von Tetralix- Heide, Calluna- Heide und einigen
Begleitpflanzen bringt. Sanddänen und ihre Vegetation finden sich behandelt
von Cowles*), Hansen'') und Massart''). Obgleich der erste die Dünen
des Michigan- Sees in Nordamerika, die anderen solche von der deutschen
und belgischen Meeresküste al.s Unterlage wählen, gleichen sich die in ver-
schiedenen guten AbbiMungen wiedergegebeneu Vegetationsfonnen aulierordent*
lieh, da eben die klimatischen und die Bodenverhältnisse so nahe überein-
stunmen.
Hier reiht sich eine Ton Beinke*) mefhodisoh dnroihgefBlirte ünter-
sacbnng der KOstenTegetation und ihrer Bildung in Sohleswig an, die sich
anf Ost- nnd Westküste gleichmlLBig erstredrt tmd bei der fondamentaleB
Verschiedenheit der beiden seigt, „wie pflanzeiltragendes Land in Wecbsd*
Wirknng mit dem Meere entsteht und vergeht". Zahlreiche Ktlstenaufiiahmen,
welche die charakteristischen Bestandteile der Vegetation gut hervortreten
lassen, sind in den Text eingestreut.
Eingehende Behandhing fand in der „Vegetation der Krde" der Hercy-
nische Florenbezirk vun 0. Drudc^). Man wolle den genaueren Bericht'), der
über dieses Werk bereits erstattet worden ist, vergleichen. Eine Bearbeitung
des tertiären Beckens von Veseli, Wittingau und Gratzeu in Böhmen von
1) Vegetation der Eide. Bd. IV. Leipzig 1901. Vcrgl. G. Z. VlII. 1902. S. 414.
2) Vegetation der Erde. Bd. V. Leipaig 1901. Vergl. 0. Z. Vm. 1902. S. 480.
8) F. Boergesen og C. Jensen. Utoft Uedeplautage, eu floristisk ünder»
eoegdse nvw. Bot Tidsskr. Bd. XXVL 8. 177. Kope^iagen 1904.
4) H. Ch. CowlcB. The ecological relations of the Vegetation on ütkb sand
dunes of hiko Michigan. Bot. Gaz. vol. XXVIT. 1899. S. 96—391.
bj A. II au Ben. Vegetation der ostfriesischeu Inseln. D&nnstadt 1901. Yergl.
dam E. Warming in Engten Bot. Jahib. Bd. XXXI. 1908. 8. 666.
6) J. MaBsart. Les conditious d'existence des arbres danslesdonee littoralss.
£xtT. du Bull. d. I. 80C. centrale l'orcBt. de Belgique. 1904.
7) J. Reinke. BotaniHch-gcologiBche Streil'züge an den Küsten des Herzog-
tums 8ehleewig. 967 Ahb. Wim, Meerewmters. N.F. Bd.Vin. fiig.-H. üel 1909.
8) Vegetation der Erde. Bd. VI — 0. Dm de. Der HenTnieehe Florenbesiilc
Leipzig 1902.
9) G. Z. JX 1903. S. 232.
uiyiii^cü Uy Google
Bericht über die Fortfehxiite det PflftniengeogrAphie. '149
Do min') schildert die reichen Mooifonnationpn des Gebietes, die Heide-
moore und Wiese ninoore mit Übergangsbilduiigen; von den Mooren sondert
der Verfasser als besondere Formation die rasenbildenden, nicht geschlossenen
Cjperaceen ab, die sich im letzteren Charakter den Böhrichtformationen
Bibern. Daran schließen sich die Sandfluren, H«de, Wiesenfonnationen,
Wilder und Eoltiizli^ In guten Abbilduigeii wiid ein sumpfiger Eidenr
brach nut Ckttta pdhuMa als Tonriegendeiii Bettondteil, . fisnier eine Arnioer
Heidewiefle wiedergegeben.
Eine sehr gute ökolc^psche Studie liegt endlidi in dem Anfimtse von
Hesselm an') vor, betitelt: „Zur Kenntnis des Pflanzenlcbens schwedischer
Laubwiesen". Einige der Schlußsätze daraus mögen hier folgen, um die Ar-
beitsrichtung und ihre höchst wertvollen Resultate zu zeigen: „Die Laubwiesen
sind Ptlanzenformationen aus edlen Laubbäumen, die in kleineren und grütieren
(Inippen geordnet sind. Zwischen den Baxungruppen hat die Vegetation einen
wieseDähnlichen Charakter. .... Die Teini)eratur ist an den sonnenoftenen
Wiesen an heiteren Sommertagen 1 — 1,5" höher als in den am meisten ge-
schlossenen Beständen. Die absolute Feuchtigkeit, sowie die reAative variiert;
sn'Tersdiiedenen Stnndoiten an demselben Tage bedeutend, duohsofanittilioh
ist jedocli die absolute Fenehtigkeit im Basen auf den sonnenoffenen Wiesen
sm bjkshsten, in den am etibrksten beschatteten am niedrigsten Auf den
Mnnenolfenen Wiesen anf frischem Boden kommt sandgemisdite Hnmusart
Tor mit einem Gehalt von 8 — 97o organischer Beste, in den Sesleria-Wiesen
ist der Humus mehr torfartig, da betrugt dieser Gehalt 20 7o» den ge-
sehlossenen Beständen, die aus Eschen oder Hasel bestehen, bildet sich reich-
Udli Humus mit einem Gehalt von 40— 50% organischer Reste.
Die Bäume der Laubwiesen wurden be/.ü(,'lieh ihres Lichtbedürfnisses
untersucht. Die Reinigung der Krone beginnt bei der Esche, der Birke, der
Eberesche bei einem Lichtgenuß, bei welchem noch die innersten Blätter der
Krone sehr assimilieren und große Mengen Stärke in den Blättern aufspeichern.
Bei dnr ftuel, ebenso bei der Eiehe tritt im Innern der Krone ein Assimi-
lationaminimmn ein. .... Das liditbedtkrfitis wechsdt mit den Nahrungs-
bsdingongen Der Idchtgenufi der Pflanzen aof den sonnenoffenen Wiesen
ist 1 oder beinahe 1, in den nnbelanbten Eschenbcsttnden beträgt er — '/y^,
in den belaubten — Vit* ^ ^'^^ unbelanbten Haselbestftnden Vi^ — Vs> ^
den belaubten wechselt der Licbtgenuß an verschiedenen Punkton vim '/j^ —
und — Yjg. Die Pflanzen der Wacholder- vmd Fichtenbestände haben stets
nur einen herabgesetzten Lichtgenuß, in den erstcreu beträgt er Vj, — Vjo»
den letzteren — Vis* ^ jungen Beständen sinkt er bis Y^, ja auch nodi
tieter.
Im Frühling assimilieren die Pflanzen in den unbelaubten Baum- und
Strauchbestäuden sehr lebhaft, ebenso aui' den sonnenolfenen Wiesen. Die
1) Karl Domin. Die Ve^'t tationsverhältnisse des tertiären Ueckont von yeseli,
'Vtßttingau und Gratzen in Böhmen. Hriheftf •/ l^ot. Z.Mitralbl. I5d. XVI. l'H)4. S.SOl.
Henrik Uesselman.. Zur Kenntnis des Pilauzeuleboua schwedischer Lanb-
viMts. MHt a. d. boi Insi d. Univ. Stockholm. Beih. i. Bot ZentialbL Bd. XVB.
IWi. 8. 811.
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160
Q. Kantern:
Entwickelung des Laubes bedeutet fUr die allermeisten Pflanxen durch ge-
ringeren Licbtgenuß eine bedeutende Herabsetzung der Assimilation « welche
sich bei den meisten Arten in den stark geschlossenen BestAnden so wnt
«ninekt) dal kdaA odur lehr wenig Stlrl» gebildet ivird, obgleich dtetlben
Indhidneii im Mhling viel dam gebfldet heben Mit dem hmk*
geietsten Knhmiigekoniom der Sehnttenpflanicn fölgt ttiter andeiem eine be-
deutende Yemrindernng der Atmnngnntwsittt. Du Mblingdieht bei nkibl
nur auf die ümShrangBarbeit, sondern auch auf die Entwiokelang des Assi-
Bulationsgewebes einen Oberaus großen Einfluß. Pflanzen, die ihre Entwicke-
lung bei einem stets herabgesetzten, jedoch nicht besonders niedrigen Licht-
gennß vollziehen, erhalten eine weit geringere Ausbildung des Assimilations-
gewebes, als die Pflanzen, welche im Frtihlin^ viel Licht genießen, im Sommer
abor stark beschattet sind. Die Schatte npflanzen transpirieren in den ge-
schlossenen Haselbeständen weit weniger als Sonnenptlan/en auf ofi'enen Wiesen,
die Unterschiede an heiteren Tagen und unter guten Transpirationsbedingungen
eneicben bOohst bedeatende Werte. Wenn die T^ianspirationss&ahlen auf die*
eelbe Blattfliehe barechnet weiden, leigt ee sich, daB in der Sonne die Pflanaen
mit Feliandeniellen am meitten tnmspirierBn, diejenigen aber, welche eine
geringere DiffiBiennening dee Blattgewebes seigen, wdt geringer."
Blattqiietachnitte illmtaieNn als Teitldldar die anatomiedhen Untenehiede
der Blätter ungleichen Lichtgenusses» Gute HabitosbOder der Bodenvegetation
aus Eschen- and Haselhainen wie von einer sonnenoffenen Wiese folgen aof
fttnf Tafeln.
Aus allen den letztgenannten Schriften wird als gemeinsamer Zug zu
ersehen sein, daß man neuerdings bestrebt ist, dem geschriebenen Wort als
Erläuterung physiognomische Habitusbilder dir l)ohandelten Vegetationsformen
oder Formationen beizugeben. Die Illustrationstechnik ist so weit vorgeschrit-
ten, daß dies ohne allzu erheblichen Kostenaufwand zu erreichen ist. Das
Bedfirfins solcher BliutratioDen für ünterrichtiiwecke hatte sich seit geraumer
Zeit geltend gemacht ond ihm sa genügen ist TendiiedentÜdi tersneht wor>
den. Von derartigen Pablikationen sind hier m nennen: Bnglers „Yegeta'
titmsansiehten ans Deutsoh-Ostafinka**^) nach 64 photographisdien Anfiiabmen
▼on Walther Goetse; Wettsteins „Vegetationsbilder aus SSd-Brasilien*^*);
endlich eine Sammlung „Vegetationsbilder"'), herausgegeben von Karsten
und Sehen ck. Die beiden erstgenannten Publikationen beschränken sich auf
ein spezielles geographisches Gebiet, das in zahlreichen, möglichst mannig-
faltigen FoiTuationfii entsprechenden Aufnahmen nieist eines und desselben
Photographen dargestellt wird. Das letztgenannte Unternehmen soll nach
1) Vegetationsansichten aus Dcutsch-Oatafrika nach 64 von Walther Goetze
auf der Nyassa-Bce- und Kinga-Gebirgs-Kxpedition der Herrmann und Elise geb.
Heckmaun -Wentzel-Stiftung hergestellteu photographischeu Aufnahmen zur Erl&ute-
mng der oetafrikanischen Yegetationsfonnatiooen beqwocben tob A. Engler.
Leipdg 190S. Vgl die Besprechung von Hans Maurer. G. Z. VUI. 1902. S. 603.
2) Rieh, von Wettstein. Vegetationsbilder aus Süd-RrasiUen. Mit 68 Tafeln
in Lichtdruck, 4 färb. Taf. n. 6 Textb. Leipzig u. Wien 1904.
8) Vegetationsbilder^ hrsg. von G. Karsten n.' H. Bohenek. 1. Beihe Hell
1—8. Jena 1908. % Reihe Heft 1—8. Jena 190A. 8. Reihe Heft 1—8. 1906.
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Bericht über die Fortschritte der Pflenzengeographie. 151
ud wuk ÜB gaase SrdoberflSohe la ihreii ohankteristischeii Formationen
und Einzelanfiiabmeii von Pflaazenformen umfassen; zahlreicHe Botaniker sind
bereits jetzt neben den Henangebero tätig daran beteiligt. Übrigens sind die
von Wettstein herausgegebenen „Yegetationsbilder"^) wie diese letxtgenuiiite
Sammlung*) in dieser Zeitschrift bereits besprochen. —
Einen breiten Raum nimmt in den letzten Jahren besonders auch die
ökologische Durchforschung der Meeres- und Süßwasserseen -Vegetation in
Anspruch. Die Arbeiten gliedern sich, abgesehen von diesem Gesichtspunkte,
in solche, die sich mit der Bodenyegetation , und solche, die sioh mit der
Sdnrebeflom, dfloi Flattktoii, iMwblllig«!.
Die BodtiiTflgetatioii*) bleibt iiatiiiiB«miB auf den Baad der tiefeno
Tandwe wie bjBsonden der grofien Weltmeere beeebrinkt; für ansere flaehe
Oitiee, deiea geriage Tiefe Überall aoob eiae Yegetaticm am Groade der
TOibandeoeB Lichtmenge nadi gestatten würde, ist das Resultat etwa so za
foimnlieren : Pester Meeresgrund ist bewachsen, beweglicher Mecresg^rund trügt
keine im Boden wurzelnden Pflanzen, ist aber die eigentliche Heimstitfce der
beweglichen Grand-Diatomeenformen.
Sehr viel reicher ist die Zahl der Planktonuntersuchungen*), deren prak-
tische Bedeutung man ja mehr und mehr erkennt, nachdem die Hensensclien
grandlegenden Beobachtungen und Gedanken sich langsam, wenn auch nicht
in allen Einzelheiten, zu allgemeiner Anerkennung duichgerungen haben.
Nor einige der weseiitliohsten neueren Erscheinungen auf dam GeMete l»an
idi bier aii6lblen, in denen weitere 8peziaUiteratttr ja leiöfat naehsnseben
ist Die fimdamentale Okologiscbe Fhige ist in den genannten Arbdten von
Brandt aufgestellt und dort auch am emgehendsten bebandeli Die leitenden
Gedanken sind etwa die ÜDlgeadea. Der Reichtum an Phytoplankton in den
Seen nad Meeren hängt von den jeweils gebotenen Emlbmngsbedingnngen
sb nad zwar ist die Menge des Toa den nothwendigea Elementen am spär-
lichsten vorhandenen Elementes ausschlaggebend. Dieses am mindesten reich-
lich vorhandene £lement ist der Stickstoff. Demnach steht die Quantität
1) 0 Z. X. 1904. S 715.
2) Ebda. IX. 1903. S. il'J u X. 1904. 8. 113 von 0. Warburg.
3) G. Karsten. Diatomeen der Kieler Bucht. Wiaa. Mcere^untcr». Kiel.
N. F. Bd. 4. 1899. — F. Boergeseu. Om Algeyegetattoaen Ted Faeroeenei kjeter.
Mit zahlreichen HabituBbildem. Kopenhagen 1904. — C. Schroeter und 0. Kirch-
ner. Vegetation des Bodensees II. Characeen. .Moose usw. Schriften des Vereins für
Geschichte des Bodensees. Lindau. Bd. XXXi. 1UU2.
4) C. Wesenberg-Lund. Studier over de Danske 8o6n Pbmkton. Kopen-
hagen 1904. — H. Loh mann. Neue ünterauchungen über den Reichtum des Meeres
an PUuikton. Wisa. Meereauntera. N. F. Bd. 7. Kiel 1902. - H. H. Gran. Da«
Plsaiklmi de« norwegischen Nordmeeies. liep. on Norweg. fiahery- a. marine-inveati-
gatioiu. ToL n. 19M. No. h. — P. F. Cleve. The seasonal diitribntion of at-
lantit Plankton organisms. Ooeteborg 1901. — J. Pavillard. Bediercbes Sur la
flore p^lagiqiu" Phytoplankton i de lYtang de Tbau. Montpellier 1906. — K Brandt,
«b« den Stotiwechael im Meere I u. H. Wisa. Unters. Kiel. N. F. Bd. IV. 1899.
B. SU 0. Bd. VI 19M. 6. 96. — £. Baur. Über swei denitrifisierende Bakterien
aas der Osispv Ebda. Bd. YT. - J. Keutner. Über daa Vorkommen und die
Verbreitung stickatotTbindonder Bakterien im Meere. Ebda. N. F. Bd. VIII. 1904. —
B. Gran. Studien über Meexeabaktexien L Bergens Muaouma Aarbog. 1901.
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159
des dem Phytoplankton in j/eeigueter Form frei zur Verfügung stehenden
Stickstoffes in dirokttin Verhältnis zur Masse des Phytophuiktous. Die Sticke
Stoffanreicherung im Meerwasser geht auf sehr verschiedene Arten von Statten,
vor allem ist die Arbeitsweise von Bakterien zu beachten, welche teils Stick-
stoff bindoii, teOs äui was rnntn Yeilniidiingeii befrwtn. Die avflUlige Tai*
stehe, daß die Fhjtoplaiiktoiiniaase kfilter Meere stets erhehlioh bedeutender
ist als diejenige wamer Tropenmeere, beruht demnadi auf der bei höherer
Teniperator sehr Tiel energischer von Statten gehenden Arbeit der denitrifi-
sierenden Bakterien, die ans allen oxganischen faulenden Stoffen den Staek-
Stoff befreien und entweichen lassen, wahr«id in den kftlteren Polarmeeren
bei träger Arbeit dieser Bakterien sich die zur Ernährung wichtigen Stick-
stoffverbindungen im Meerwasser länger 7,u halfon im Stande sind. Sie wer-
den daher vom Phytoplankton energisch ausgenutzt und bedingen seine ^eh^
viel nmchtigere Entwickeluug gegenüber jenen stets stickstotfarmen Tropen-
meeren, üm die Kinzelnachweise des verschiedenen Verhaltens der Stickstoff-
bakterien unter verschiedenen Bedingimgen dreht sich der Inhalt der ge-
nannten Uteiatar Aber Bakterien, die in dem Mseresstoffwechsel nnd dahmr
in der MeerasGkologie eine so ausschlaggebende Bolle spielen.-— .
Bevor wir sor systematischen Pflansengeographis flbeigehen, mag eine
Arbeit historischer Art Ton Engler genannt sein, die beiden Biehtongen ge-
recht zu werden sndit: „Die Entwicklung der Fdanzengeograi^ in den letiten'
hundert Jahren und weitere Aufgaben derselben"*), eine sehr gründliche
Durcharbeitung, ans der sich viele wertvolle Fingerseige für die Weiterarbeit
ergeben.
Naturgemäß ist die systematische Hicbtung unserer Wissen-
schaft nicht durch eine scharfe Grenze von der ökologischen zu scheiden
und von den vui stehend aufgeführten Arbeiten hätten gar manche, so z. B.
alle aus der bammlung „Vegetation der Erde" genannten, ebensogut hier
ihren Platz finden können. Auch das lunächst zu erwähnende Werk G rad-
mann Pflanxenleben der sohwftbischen Alb bietet genug Bttührongspunkte
mit der Skologischm Richtung. Der ganze erste Teil besohftftigt sieh mit
den Betiehungen der Pflanzen zu EUma und Boden, m der umgebenden
Pflanaenwelt und IWivelt Der Zusammensdhluß der Pflanzen sn Wäldern,
Heiden und sonstigen Formationen, der Wechsel der Vegetation gemäß den
Jalireszetten wird behandelt. Daran sich schließt eine Besprechung der Pflanzen-
verbreitung und der Ursachen ihrer jetzigen Verteilung. Der zweite spezielle
Teil enthält dann die Aufz&hlung nnd Beschreibung der im Gebiete gefun-
denen Pflanzen.
Hier soll auch gleidi auf die neueste Auflage der bekannten ausgezeich-
neten Flora von Deutschland von Garcke'*) hingewiesen werden, deren
1) S.-A. a. d. Huiuboldt-Zenteaar iSchrüt d. Ges. f. Erdkde. zu Berlin. 1899.
S) B. Gradmann. Das Pflsnsenleben der sehwftbitehen Alb mit Berficksieh-
tigung der angrenzenden Gebiete Sfid-Deutechlands. 60 Chiomotaf., 2 Kartenskizzen,
10 Vollb u. über 200 Textfig. 2. Aufl. Tübingen 1900. (Nach dem Auszug in
Justs Jahreaber. Bd. 26. 1. 189ä.)
3) Aug. Garcke. Illustrierte Flora von DentseUand. 10. Aufl. 770 Orig.-Abh.
Berlin 190«.
Bericht Ober di« Fortieliritte der PflftnBengeographie.
153
Wert durch Beigabe sehr zahlreicher Illustrationen besonders fftr minder in
der systetiiatischf'u Botanik Bewanderte erheblich rrhöht ist. Als Anleitung
für die geographische Betrachtungsweise der Flora, für das Zusammen vor-
kommen bestimmter Pflauzenarten in Vegetutionsformatioucn und das Er-
kennen ihrer wosentlieh charakteristischen Bestandteile wird der Botanische
Ffllurer durch Norddentschland von Graehner^^ gute Dienste leisten kOnnen.
Für die Erweiterung und Verfollstifaidigung der Florenkunde ist
Berlin immer noch der führende Ort, dank der Ifaaae der dorthin sasammen-
ifarömenden Sammlungen nnd der bewundernswerten Enorgie des Ldters der
ijstematiadi'botanisdien Anstalten. Vor allem die afrikanische Ilaca wird
TOD Engler*) nnd den zahlreichen Beamten des Gartens und Miiseomt
nach allen Richtungen hin dort auf das Gründliehste durchgearbntet. Da-
neben her geht die Bearbeitung anderer SammlungeUi die teils von den Än-
gehSrigen des Institutes auf Reisen selbst zusammengebracht sind'), teils von
auswärts dorthin gelangen.'*) Die Eindrücke einer eigenen Reise nach Ost-
.\frika und die Ergebnisse der bereits erwähnten E-xpedition d»'r TTeckiiiann-
W'enzel- Stiftung gibt En gl er ^) dann in Schilderungen der Forniatiuneu und
der Vegctations Verhältnisse wieder, wie sie in kurzen Auszügen auch den ge-
Mumteii Veg6tationsaidha]ime& ans Ogt*Af!nka beigegeben sind.
Ton sonstigen florenkondlichen VerOffmtlichttngea dieses Zritabscfanittes
Misn nur esniga wenigo hierunter*) genannt
1) Paul Oraebner. Botanischer Führer dazeh Nord-DeutBohland. Hilfsbach
nun Erkennen der in den einselnen Yflgetationilbnnattonen wildwachsenden Pflaasen-'
Uten. Berlin 1903.
5) A. Engler. Beiträge zur Flora von Afrika. Englem Bot Jahrb. f. Syate-
milik Q. PflaaMBgeogr. XXVI. 1899— XXXIV. 1906.
8) L Dif ls u. E. Pritzel. Beiträge zur Kenntnig der Pflanzen West»
Anitraliens. Ebda. ßd. XXXV. 1906. S. 5ü. — L. Diel«. Reisen in West-Austra-
lien. Z. d. Ges. f. Enikde. zu Berlin. 1902. S. 797. — G. Volkens. Vegetation
dar Karoliaen mit besonderer Berfldcsiehtigang der von Yap. Engleis Jahrb.
R<1 XXXI. 1901. -- O Warburg. MonsmÜL Beiträge zur Kenntnis der Vege-
tation dt^s sfid- und ostasiatiechen Monsungebietes. Bd. I. Leipzijf 19o(t.
4) L. DieU. Flora von Zentral-Chiua. Englers Jahrb. Bd. XXIX. 1901. S. 169.
— J. Urban. Plantae novae americanae infirimis Olasiovianae. Englen Jahrb.
Bd. XXV. 1898. Beibl. 60. XXX. 1902, Beibl 07. — A. Sodiro. Plantae ecuado-
lenses. Enplers JahrK. Ih] XXV. Ihus. S. 722. XXIX. l'JOl. S. 1. XXXIV. I'.m).-). Ileibl. 7H.
— G. Hieronymus, l'lantae Lehmanuiauae in (juatemala, Columbia et Ecuador
eoUectae etc. Baglen Jahrb. Bd. XXXIV. 1906. 8. 417. — C. Oilg n. Th. Loe*
seaer. Beitrag zur Flora von Kiautschau. Ebda. Bd. XXXIV. 1905. Beibl. 75.
6) A. Erij»ler. Üher die Vef^etationsverhilltnisBe des T'Iugui-u-Gebirpes in
Bentsch-Ostatrika S.-Ber. d. k. pr. Ak. d. Wisa. Berlin. XVI. lUOO. S. IUI. —
Ders. Über die VegetationsTerh&ItniiBe des im Norden des Kyassa-Sees gelegenen
Oebirgelandes. Ebda. XU 1901. S. 816. — Ders. Über die Vegetationsformationen
Ostafrikns auf Grund einer Reise durch Usambara snm Xilimandschaio. Z. d. Gee.
f. Krdkde. zu Berlin. 1903.
6) Alles atiert nach Justs Jahreebericht. R. Pirotta. Flora della Colonia
Eritrea. Roma 1908. Parte 1. Fase. 1. — E. de Wilderaan. Etudes sur la llore
da Katanga. Ann. du Mus^e du Conrro. Hot. H.-r. IV. fasc. l — ;i. lüOa— 1903.
Bnixelles. — i'. Dus^n. GetUßptiauzen der Magellauländer usw. Wissenseb. Kr-
gsbnuae der sohwedisdien Expedition nach den UageUanUhideni unter Leitung von
9M«npUMlM Xalladttift 11 JahffM«. IWM. a Bift. 11
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154 0. Eartten: Berieht ftber die Forttchntte der Pflftasengeograpliie.
Die große Zentralstelle für die Aorist ische Durchforschung der Sunda-
Tiist'ln bleibt natürlich nach wie vor liuitenzorg. Die wichtigen Unter-
.suchungen über die Bauniartfn von Java von Koorders und Valeton*)
sind bis mm zehnten Beitrag gelangt, von der Flora von Buitenzorg') liegen
aufier der bereits im letzten Bericht genannten Phanerogamenflora Boerlages
jetit dkl Pteridophjtea Ton Baeiborski, die Lebermoose Ton Sehiffner
und die Algen TOn de Wildeman bearbeitet fertig vor; damit ist aueh fDr
die mm Stadium der Tropenvegetation nacb Bniteniorg gehenden Botaniker
eine nicht leicht ni übenohfttcende Erleiohtemng der enten Orientiemng
gegeben.
Durch prakti^ohe Bficksichten anf die Kolonien der verschiedenen Na-
tionen ist in den letzten Jahren eine „koloniale Manzengeographie" wach-
gerufen, die hier nicht übergangen werden darf. Sie geht naturgemäß Hand
in Han<l mit der tropischen Agrikultur'), indem sie die Aufgiabe zu erfüllen
sucht, jeder Kolonie die geeigneten Nutzpllun/.en zu linden und sodann deren
Anbau zu fordern. Die Organe dieser praktischen Nutzbarmachung der
Pflanzengeographie sind ins Leben gerufen von dem rührigen Kolonial- wirt-
schaftlichen KcHniiee, dem wir die wenigen Eriulge uniarer Koloniatwirtsdiaft
bei der immer noch unglaublich großen Intoeaselosigkeit der Menge allein
SU verdanken haben. Vor allem ist es die Torzflglich redigierte ZmtBthxiSt
«Der Tropenpflanzei'**),* weldie diesen Interessen dient mit ihren den letiten
0. Nordenakjflld. m. Stockholm 1900. -- J. Schmidt. Flora of Koh Chang.
Contributioiis to the knowledge (MT thc Vegetation in the Golf of Slam. iy02. —
W. H Hernie V a H H W. Pearson. The Flora of Tibet or High-Aaia. Joom.
Linn. Soc. London XXXV. 1902.
1) 8. H. Koorders «n Th. Taleton. Bijdrage Ko. 10 tob de Kennis der
Boomiiorien of Java. Mededeelingen uit's Lands Plantentuin. No. LXVIII. 1904.
2") Flnre de Buitcnzorg publice par le jardin botaniqne de l'fttat. Leiden.
1. M. M. Baeiborski, rteridophjien, 189ä; 2. V. Schiffner, liepaticae I, 1900;
$. E. de Wildeman, Alguen, 1900.
8) Bs sei herrorgehüben, daß das Standard work H. Semlers in zweiter Auf-
lage erschienen ist: H. Semler. Die tropische Agrikultur. Ein Handbuch für
Pflanzer und Kaufleute. 2. Aufl. Unter Mitwirkung von 0. Warburg und M. Böse-
mann bearb. n. hrsg. von B. Hindorf. Wismar 1900.
4) Der TropenpAaBser. Z. f. trop. Landwirtschaft. Organ des Kolonialwirt-
schaftl. Komitrp.H. hrsg. von 0. Wiirburg u. F. Woliltmann. Berlin. Jahrgilnge
1 — 9. 189" — lUü.ö. Beihefte zum Tropeupflanzer. Wiss. u. prakt. Abh. über trop.
Landwirtschaft, hrsg. von O. Werburg u. F. Wohltmann. Bd. I— VI. 1900—1905.
Wichtigere Abhandlungen daraus: W. Sack: Geographische Verbreituag desZacker^
rohres. Bd. L S. 128. — F. Wohltmann: Togo-Reise. L 197. — F. Stuhl mann:
R^uniou. II. 1. — A. Schulte im Hof: Kultur und Fabrikation von Tee in Britiach-
Indien und Ceylon. IL 37. — F. Koschny: Kultur des Castilloa- Kautschuk. IL 119.
— W. Busse: Forschnngsri'ise durch den nördlichen Teil von Deutsch-Ottafirika.
ITT. 98. — F. Stuhlmann: Studienreise nach Niederl&udisrh und Britiseb Indien.
IV. 1. — F. G. Kohl: Untersuchungen über die von Stilbdla (laricUi hervorgerufeue
Kafleekraukheit. IV. 61. — E. Dürkop: Nutzpflanzen der Sahara. IV. 161. —
F. Wohltmann: Pflanzung und Siedlung anf Samoa. V. l. — Alexander Kuhn:
Die Fisrhflußexpedition. V. 165. — E. von Schkopp: ■Wirtsrhaftlichi- Bcdeuttiiii,'
der Baumwolle auf dem AWlttnarkt. V. 323. — E. Ule: Kautgchukgewiunung^ und
KauttJchukhaadel am Amazonenstrom. VI. 1. — P. Keiutgen: Die Kaut«chuk-
pflansen, eine wirtflcliaflsgeogni{»hijiehe Studie. VI. 74.
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W.Sierossewiki: Die jakatitehen Kflttaa dtf nördlichen Eismeerei. 165
Jahrgängen regelmäßig beigegebonen „Beiheften", die grSBere wissecschaftlicbe
Abhandlongen zu bringen bestimmt sind. Die in den ersten Heften eines
jeden Jahigauges erschienenen einleitenden Artikel von einem der beiden
Bediktenre fusen die Ergebnisse des Toriiergegangeoen Jahres flberaidiliioh
mwaninfm imd sind geeignet, Uber den jeweQigm 8tasd der einseinen Eni«
tmen in den Kolonien nnd sonst iateresriarende Fragen Anftdilofi m geben.
Teisohiedene grOfiere Arbeiten tÜI>er Baumwolle, EAntschnkpAansen, Faser-
pflsDsen usw. sind abgesehen TOn ihren direkten praktischen Zwecken aneh
TOD wissenschaftlichem Interesse; die beigegebenen Illustrationen häufig redit
r-haraktenstisch und sar Demonstration brauchbar. Daß die größeren and
kleinereu Expoditionpn 7ur Untersuchung der Kulturen in fremden alteren
Kolonien oder zur Aufsuchung wichtiger neuer NutzpUuuzen in den Willdem
unserer kolonialen Besitzungen nur durch die Energie desselben Kolonial-
wirtschaftlichen Komitees zu Staude gekommen sind, ist bekannt. Die wert-
vollen Berichte über zwei dieser Expeditionen, nämlich diejenige nach Zentral-
vnd Süd- Amerika von Paul Preuß^) nnd die Knnene-Sambesi-Ezpeditioa
Toa H. Baum*), herausgegeben Ton Warbnrg, sind in dieser Zeitschrift
Iwreita beqprodien nnd branehen daher nieht wiederholt in werden. Tielleidit
den größten praktischen Erfolg hat woU die Expedition von B. Sohleehier
SDr Elrforsdinng der Ghittaperohar und KantschukyerfaUtaisse in der Sfldsee
aufzuweisen gehabt Es gelang ihr bekanntlich^), im Bismarckgebirge anf
Neu-Guinea eine neue Guttaperchapflanze, Paiaquium Supftanum, zu entdecken.
Der Baum war von 100 — 800 m Meereshöhe im Walde sehr verbreitet und
eröffnet demnach gttnsÜge Aussichten für die Zukunft einer Qattaperchakultor
daselbst^)
Die jakiüsehen Kttsten des nördlichen Eismeereß.
Von W. SienMaewaki.')
Zwischen dem Kap Taeheynskm und dem Kap Swjatoj Noß (103* bis
141* 0. Ii.) füllt das nOrdlidie Eismeer einen tiefen Einsdhnitt in der Kord-
grenw Asiens ans. Das erste der bnden Vorgebirge, das Kap Tschel-
ju.skin, liegt im Westen, geht bis zu 77® 36' n. Br. und ist der nördlichste
Punkt der Alten Welt, das andere, fast um fiinf Grad südlicher, darf als der
oMidiste Punkt der jakutischen Küsten Asiens beseichnet werden. Der große
1) G. Z. VIII. 1902. S. 282.
I) 6. Z. IX. IMS. S. 714.*
3 : Ober die nene Gnttapereha Ton Neo-Guinea. Tropenpflanaer. Bd. YIL 190S.
8. 467.
4) F. Wohltmanu. Nei\jahngedanken lUOö. Tropeupflanzer. Bd.lX. 1905. S. 4.
5) Der VerfatBer, Waetaw Sierossewski, rote. Pole, geb. IMO, wurde m
lTjUirig«t Verbannung nach Sibirien verurteilt und brachte davon zwölf Jalu p unter
den Jakuten zu. Kr erhreibt seine literarischen Arbeiten teils in polniBohcr, teils
in ruwischer Spraciie. Der obige Artikel ist rosttitich erschienen in der Muükauer
2alidrilt ZaMaiden^je (Erdkunde) und wird hier in Übenetsung von Traagott
Pech ia Leipsig geboten.
11*
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156
W. Sieroaiewiki;
Toii ihnaa eingeschlossene Busen, ein ganzes Meer, bestellt aus einigen mehr
oder weniger liequemen Buchten und Limanen, die aber Iniher nur Ton
Fischen, Seehnnden, läsbftren, ZngrOgeln und schwimmradem Eis besucht
werden. Fast in der Mitte dieses Busens hat noh einer der Biesenströms
Sibiriens, die Lena, ein Delta angeschwemmt, das als ein Hflgel ins Heer
hinausragt und aus einem ganzen Archipel von Inseln besteht; westlich von
ihr schneidet die Chatangabucht tief in die Ostküste der Tajmyrhalbinsel
ein, die schon im Altertum (bei Plinius) unter dem Namen .,Tabin''') dunkel
bekannt war; im Osten streckt sich weit ins Meer hinaus das flache, sandii^e
Dreieck Borchoja, das die Wilsser in zwei Buchten von fast gleicher (iröße
und Form teilt, in die Borchoja -Bucht und in die Jana-Bucht. Schon im
offenen Meere, im Osten von den genannten Buchten, liegen die Ljachow-
loseln, die Neusibirischen Inseln, die Inseln Bennett, Wrangel und andere
kleinere, deren flbrigens siemlidi lichte und xerrissene Kette den Kflsten des
Festlandes in ihrer Bichtung nach Osten folgt.
Dieses ganze Kfistanland, Ton nTscheljoskin^ beginnend und mit dem
Ostkap (Kap Deshnew), dem Östlichen Pylon Asiens, endend, hat sich längs
der idealen Diagonale eines geographischen Neties ausgedehnt, das aus 11 Graden
Breite und 90 Graden Länge besteht; aber die Entwickelnng der Küstenlinie ist
hier ziemlich schixnch, die Küste ist seicht und auf ihrer großen Ausdehnung
doch nur an einigen Stellen für See3chi£fe zugänglich. Das vertikale Profil
des schmalen Gürtels (Unser Küste, dessen südliche Grenze nur stellenweise
die Linie des Waldwuchses überschreitet, bildet im alli^eiii'-incu eine krumme
Linie, deren größte Biegung auf die Gegen<leu kommt, die zwischen den Mün-
dungen der Lena und der Indigirka liegen. Es sind dies Gegenden, die sich
sehr wenig über das Niveau des ^leeres erbeben and deren größte Höben selten
1400 Fuß erreidien. Der westliche Flügel dieser Biegung ist niedriger, weil
seine Kuhninationqiunirte, die Berggipfel der Tigmyrhalbinsel, 3000 Fufl nidit
überschreiten, während sich im Osten die Berge der Tsohuktsdienhalbinsd nicht
selten bis 4000 Fuß «rbeben, und einer Ton ihnen, der Berg Manatschinga,
sogar 8800 Fuß hoch ist, der höchste der Gipfel, die sich überhaupt in den
Grenzen oder in der Nähe des nördlichen Polarkreises finden. Der Anblick
der Küsten, die direkt vom Meere bespült werden, ist allerdings meist niedrig,
aber danach den Charakter dos ganzen Küstengebiets beurteilen zu wollen, wäre
doch falsch, weil sich tiefer im Lande Gebirgsausläufer finden, die als Wasser-
scheiden der in das Eismeer mündenden Flüsse Ghatanga, Anabara, Olenek,
Lena, Jana, Indigirka, Alaseja, Kolynia, Tschaun und anderer dienen und dem
ganzen Lande ein mehr oder weniger migleiches liügeliges Ansehen geben, so >vie
auch nicht selten, wenn auch stark platt gedrückt, bis zum Heere selbst reichen.
Im Westen und Osten aber erheben rieh nicht weit von der Heereskfiste wirkliche
Bergrflcken, wie auf der Tajmyzlialbinsel das Bjrangagebiige, und auf dem
Tsehuktschenland ein ganzes Nets von Ketten, das der Halbinsel einen entsohie'
denen Gebirgscharakter gibt. Hier ziehen rieh neben demHauptrttcken, der in der
lütte der Halbinsel von Ost nach West geht, noch viele andere Ketten zwriten
1) So im ziMBiechen Text; beiPlinini heißt der Name Tabis {Tdfite). Der Üben.
Die jakutischen Küsten des nördlichen Eismeeres.
157
Qnides, di« manolimal sehr nahe, mweilen sogar dicht ans Meer herankonmien.
ÜWhaiipt sind die Kllsten dieser beiden Grensllnder des jalnitischen EHsten-
landes, des westlichen und des östlichen, Ton seiner niedrigen lÜtte yer-
schiedMl, haben aber unter sich etwas Gemeinsames: sie sind nftmlich
felsiger und fallen steiler ins Meer hinab, als in den anderen Gegenden des
Küstenlandes, auch erinnern sie durch die Form ihrer Vorgebirge und Buchten
bis zu einem gewissen Grade an die Nordküsten Skandinaviens. Das ist be-
sonders iui Osten, an don Küsten der Tschuktschenhalbiusel l)emerkbar, wo
sich die felsigen Klippen stellenweise direkt vom Meeresgrund erheben imd
die schniale Koljutschin- Bucht weit in die Tiefe des Festlandes einscluieidet.
Fjorde im eigentlichen Sinne des Wortes, wie sie für die Küsten Norwegens
SO charakteristisch sind, gibt es aber hier auf der ganzen arktischen Kflst«
.Asiens nidit; sie finden nch nicht einmal dort, wo einige Bedingungen zu
ihrer Bildung Torhanden zn sein seheinen.
Eigentlich senkt sich die Meereskflste am hanfigsten allmfthlich, in nie-
drigen, flachen Terrassen, zum Wasser herab, oder sie bildet «inen schlammigen,
sandigen Band, der sich erst kür/Jich aus dem Meerwasser am Fuße Älterer
Terrassen des Festlandes abgesetzt hat. Dieser OnHel von junger, frisch auf*
getragener Erde wächst immer mehr und mehr, entsprechend dem langsamen
Kückgan«,' iles Eismeeres, der immer weiter und weiter nach Norden zu statt-
findet, wenn auch nicht auf der f^^aiizen r>inie der sibirischen Küsten, so doch
wenigstens in dem hier beschriebenen Teile. Dieser (Jürtel ist manchmal
so niedrig, daß im Winter, wo das Festland und das gefrorene Meer mit
Schnee bedeckt sind, die auf dem Meere in Geschäften herumfahrenden Jftger
die Nshe des Landes nur an den Haufen des da und dort angeschwemmten
Holzes erkennen; doch spricht auch dieses Merkmal noch nicht für die NShe
des Meeres, weil man solche Haufen Treibholz, das man hier Adamshols
(adamovHina) oder Noahhols {ni(jevi£ma) nennt, manchmal auch einige
Dutzende von Werst von der Küste entfernt und auf HShen von einigen
hundert Fuß über dem Meeresspiegel findet. Diese Haufen alten Holzes
mit Ablagerungen von Seemoscheln und versteinertem Tang sind natürlich
Zeugnisse dafür, daß auch hier einstmals Meer war. Solcher Stellen gibt es
auf dem ganzen Küstenland so viele und sie sind so regehnilßig verteilt, daß
es nach ihnen nicht schwer xiii wünle, ein Bild der Nordküste Sibiriens in
den verschiedenen geologischen Kpoclien wiederherzustellen.
Die Tundra, jakutisch iiworu genannt, nimmt die niederen^ Teile der be-
sekriebenen Gegenden ein und stellt eine mehr oder weniger flache, mit einer
Messe großer -und kleiner Seen besftte Ebene dar. Wenn man sie von einer
gewissen HOhe aus betrachtet, erOflhet sich ein origineller Anblick: rund
herum, wttt, so weit das Auge reicht, sieht man eine bunte, wunderiiare,
fast gleichmftfiige Mischung dunkler Stflcke Erde und silbemer Wasserbecken.
Man könnte diesen Anblick mit einem großen Schachbrett, genauer noch mit
nach der Ebbe entblößtem Meeresbodrn vergleichen, so eigenartig regelmäßig,
wie Ton den Wellen abgewaschen, sind hier die mit Wasser angefüllten Ver-
tiefungen und die mit Moos, Gras, Beeren und kleinen StrJiuchem bewachsenen
L&ndbögel verteilt Im Winter, wenn das alles mit einer Schicht harten,
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158
W. Sieroszewiki:
durch dift Wind« fesligttwditea Schnees maachmal tos der Dicke eioer gßaw&ä
Sadim (d. i reichlich 2 m) beschüttet und aasgeglichen ist, stellt die Tundr»^
eine vnbegrenste» einheitliche Ebene dar, glatt wie ein Bogen Papier. Mitten
in dieser Ebene gewähren einen sonderbaren Anblick die selten vorkommen-
den vereinzelten glockenförmigen Erdbügel, die hRufip einige Dutzend Fuß
hoch, vollständig kubl und von si> regelraaßijjer Form sind, daß Midden-
dorff, der jene Hügel auf der 1 ajniyr-Tuiidra sah, sie iiir von Menschen
aufgeschüttete Kurgane (Griibhügel) hielt. Ebeusoli-he glockenförmige Hügel
habe ich auf der Tundra an der Müudung der Jana gesehen.
Trotn ihrer GrOBe, Eheahrii and Einförmigkeit macht 9a» Tundra doch
nicht, wie die Steppe, den Eindruck der ünendÜdikeit. Im Sonuner ist dem
die Mgenartige Poluheleiichtiuig hindexUch, die die Entfenmng Terhiigt und
die GegenstSnde nmnchmal dermafien TergröBert, dafi geringftgige Strftudier
und GriLser als den Horizont TcrdedMode Wilder erscheinen, und sich jeder
Yorspning, jode Ungleichheit oder jeder flache Hflgel als eine lange Bergkette
darstellt. Im Winter wirken die D&nmemngen und die Frostnebel hinderlich,
indem sie die Aussicht verdecken, und nur im Frühling, im Monat März und
später, würden es vielleicht die Lichtverhältnisse gestatten, die Tundra in
ihrer ganzen Herrlic^likeit zu .sehen, aber au trüben Tagen wird tler Eindruck
durch die niedrighängenden Wolken und die der Meeresküste eigene feuchte,
schwere und finstere Luftperspektive verdorben, an sonnigen Tagen aljer er-
seugt die grell weifie Tundra einen so starken Reflex, daß es fast unmöglich
ist, wegen des starken, leicht Schwindel erregenden Augenscbmenes in die
Feme sa sehen. Als eine der in Gedringtheit und Genauigkeit besten Be-
schreibungen der bergigen Gegenden des hiesigen Kttstrastriobs fIEÜure ich die
Tom Kaj^tln Billings TcrfaBte Beschreibung der Tschnktschenhalbiasel an;
er Tcrbrachte hier den Sommer des Jahres 1792.
„Das ganze Tschnktschenland besteht aus Bergen und unfmchtbarea
Tälern; auf den Bergen ist kein Gras bemerkbar, mit Ausschluß von Moos,
das den Renntieron als Nahrung dient; überall sieht man nur nackten Stein;
in einigen Tälern gewahrt man Weidenstengel, aber sie sind recht dünn.
Das Klima ist ganz unerträglich: vor dem 20. .Juli ist noch kein Sommer
bemerkbar und um den 20. August zeigt sich schon in allem das Nahen de»
Winters. Das Tschuktächenland liegt hoch, uud oft sind uns Berge von er-
staunlicher GrOBe vingekommen. Auf den Bogen und in den Tllem be*
decken an vielen Stellen Schneehaufisn die Erde das ganze Jahr hindurch.
In den nach Norden gerichteten T&lera fliefien viele seidite FliSsse und Bichs
mit steinigtem Grund. Die Tller selbst sind meist sumpfig und von einer
Menge kleiner Seen angeflUlt. Von Beeren gedeihen nur die Blaubeere, die
Preiseisbeere und die Bau.scbbeere, hier sihsa genannt. An den Küsten der
Nordost-, Ost- und zum Teil der Südseite fängt man Seelöweii, Walrosse und
Robben. Das Renntier, der Bergwidder, der weißliche Wolf, der Bär, Füchse,
Blaufüchse bilden das lmh/c Reich der VierfüÜler. Während des kurzen
Sommers sieht man Adler, Falken, Rebhühner und Wasservögel verschiedener
Art, und zur Winterszeit, wo die Einwohner umherreiscn, lliegeu überall
Krähen hinter ihnen her."
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Die jakntisehen Küsten dea nördlichen Eiameerea.
159
Ich füge hinzu, daü nach der Bestimmung des Leutnants Nordquist,
des Begleiters Nordenskiölds, das in dieser Gegend vorwiecrende Gestein
Granit ist, und daß die Sohle der Täler am häufigsten aus nachtertiären Bil-
dungen, Sand und Geröll, besteht.
Dieses Stück Festland^ arm an Formen des Beliefs, fast ohne Pflanzen-
decke^ ohne Wald, hnt gleidiwohl ein hohes Interesse flfar den Geographen; hier
hemflht sidi gewissennafien die Natur etwas um sweiten Ual dnrduoftthren,
was ae schon in lingst Terganganer Zeit in der Tiefe des Eonünents ge-
tan hai
Schon Reclus lenkte die Aufmerksamkeit auf die merkwürdige Ähnlich-
keit, fast Gleichheit der Erhebungslinien in diesem TeHe des Erdballs. Seine
flüchtig hingeworfene Bemerkung, daß das Tal des Wiljuj eine westliche
Fortsetzung des unt<»rf*n Aldans sei, hat mich veranlaßt, die Marschrouten der
Reisenden in diesen Ländern aufmerksam la verfolgen. Auf Grund dies»'r
Angaben und nach raeinen eigenen Beobachtungen bin ich zu dem Scliluß
gekommen, daß die Vermutung Reclus' ganz richtig ist, ja mehr noch, daß
das ganze Plateau, das von der Lena, dem Wiljuj und dem Aidau kreuzweise
durchschnitten wird, eine große, leicht gewellte Vortiefung mit nach allen
Seiten stark gdiobaun Bindern bildet. Die Sohle diaser Vertiefiing, ihre
tiefste Ansbaohtnng, kommt auf die Stellen, die an der Vereinigiiag der drei
ebtt genannten Flflsse liegen* Diese SchloBfolgerong hat mir die HS^^ich-
bit gegeben. Über viele geographisehe, klimalische und botanische EigentOm-
lichkeiten der Gegend ins B[lare zu kommen, z. B. über die Verteilung der
Sümpfe und Seen, über das regelmäßige Auftreten trockener, kalter West-
winde im Sommer, über die Verbreitung der Arten der Holzge wüchse, über
die (iren/.c des Wachstums der Getreidepflanzen, über die Eigcnscliatt^'n der
Wiesen und Wiesenkrüuter in den verschiedenen Gegenden dieser Vertiefung,
Bei meinen ethnographischen Untersuchungen des Jakutenlan<le.s war
meine Hauptaufraerksamkeit natürlich nur auf die wichtigsten geogiaphischen
Faktoren gerichtet, die unmittelbar das Leben der Menschen beeinflussen. Nur
gelegentiidi habe idi anch Bigentflmlichkeiten veneidinet, die mich dnroh ihre
m der Folge so frnchtbare Annlherong zu einander flbemseht«!. Vor allem
Imkt die merkwQrdlge IhnUohkeit swischMi den swei Vertiefiingen des
^ikntenlandea: der sfidlichrai, wo Wi^, Lena, Aldan, ond der nördlichen,
wo die Jana, Indigiika, Koljma fließen, die Aufmerksamkeit auf sich. Ob-
gleich beide Vertiefungen durch ziemlich hohe Bergketten von einander ge-
trennt sind, sind diese in Wirklichkeit doch ebenso flach gewellte, fim Nor-
ken) mit zahlreichen Seen besäte und (im Süden) von Flüssen durchschnit-
tene Plateaus; nur ist das südliche, weil älter, auch trockener als das
nürdliohe und mehr ausgewaschen als dieses. Ich habe mir nach meinen
nördlichen Erinnerungen ohne Mühe in Gedanken ein Bild von dem Lande
gemacht, als das Niveau seiner Wässser noch höher stand und die Flüsse in
wenigen tiefen Rinnen flössen. In der Umgegend der Stadt Jakutsk, auf dem
Attga'Lena-Platean in den Aktssm^) des Nymskij nnd des West-Nyngalaskij
1) Jakutisch aläs, uluß, ein von Wald umgebener Platz. Vgl. O. Böbtlingk.
^ die Spiadie der Jakuten II, 10* (St. Petereb. 1861). Der Übers.
L^iyiii^uü Uy Google
160 W. SieroiseiTBki: Die jakniitchen Kfliton des nOrdliohen Eifmeerei.
ülus habe irh <las<flbp Knlymsche Laud und die Seetälcr des Bezirks Wercho-
jansk erkiinnt. Manchmal habe icli in einem ziemlich dichlca und gesunden
südlichen Walde, wie zur Bestätigung meiner Vermutungen, versteckte Über-
reste Iftngst vergangener Zeiten gefunden: konservierte Bruchstücke einer sel-
tenen DOrdlidMil Tt(^!fa mit ihren krommen, kranken Ltn^eni mit einer
Menge gefallener Stimme, mit dem grauen knotigen Beuig, das das mager»
Grfln erstickte. Oder es erOfinete sick vor mir plOtilioh tan moosiges, snnqpfiget
Tal mit Kolonien Yoa Flechten nnd Bflschen der nnfiradhtbaren entarteten
Sdiellbeere; der kalte Torf-Eis-Boden, mit Mooshflgeln bedeckt, das niedrige
Weidengebölz, die kleinen Pftit/( n des aufgestauten Frühlingswassers vervoll-
ständigen die Ähnlichkeit dieser Täler mit den Brüchen des Nordens. Bund-
herum sind dif stllien ninden mit Moos l)ewachsenen Hügel.
Wenn wir nun di'> Karte zur Hand nehmen, so tritt die geographische
Ähnlichkeit der beidru erwähuteu Plateaus noch deutlicher hervor. Die
Flüsse nehmen hier wie dort ihren Lauf von Süden nach Norden, die Höhen-
züge gehen annähernd in meridionaler Kichtuug, die Menge der Seen nimmt
von Sfiden nach Norden so, die laßeren Binder beider Plateaus sind erhdht
und bilden eine Verfleohtnng siemli<di ht^er Beigrfioken. Nur das sttdliche
Plateau ist, wie sdum bemerkt, auf allen Seiten Ton Bergriloken umgeben und
bildet eine grofie geschlossene Yertiefong, das nördliche aber senkt sich mit
seiner Nordgrenae ins Meer hinab. Zieht man in Betracht, daA die lings
^r Eismeeikllste serstrenten Inseln die höchsten Stellen des Meeresbodens
sind, so muß man annehmen, daß auch dieses nördliche Land, das jetst Tom
Meer bedeckt ist, eine ähnliche, von erhöhten Rändern umgebene, nicht große
Vertiefung bildet, und daß wahrseheinli<'h erst hinter ihr die eigentlichen
Meerestiefen beginnen. Die Messungen Wrangeis und Nordenskiölds be-
stätigen /.vim Teil eine solche Annahme.') Sonach wird die Ähnlichkeit der'
beiden i'lateaus fast zu einer (ileichheit.
Middendorff hat zuerst festgestellt, daß auf dem südlichen Plateau
einstmals ein Heer war*); welcher Art es war, ist nicht bekannt Jedenüüls
können wir uns aber einen solchen Moment seines Bflckgangs Torstellen, wo
sich aus den Gewissem in der Gestalt von Lisehi die Gipfel erhoben, die su
dem Gebii^swal] gehörten, d«r das nördliche Plateau von dem sAdlidien
trennte. Damals bildeten die Tftler des unteren Aldan und des Wi^'uj eine
Meerenge, alle jetst in diese mündenden Flüsse gingen damals selbst&ndig ins
1) N. Sei an der. „Karte der Norrlkfiste der Alten Welt von Norwegen bis /nr
Berin^straße mit dorn Kurse der *Vega*.-Kxi)edition" (bei Nordenskiöld, Die Um-
gegelung Asiens und EoropM auf der „Vega", Bd. II, Leipzig 1882). Auf dieser Karte
Bind von der Tajmyrhalbinsel aus gerechnet die größten Tiefen eben gerade bei dieser
Halbinsel bezeichnet (124 Meter, etwas östlich vom Kap Taihelju.skin, die höchste
Ziffer aut dem ganzen Wege bis zur Beringutraße); die kleiauten Tiefen sind in dem
Durchgang swischen der Ljachow-Luel und dem Festland (9 — 16 m) Termearkt.
Wränge 1 bat bei seinen Messungen unter dem Ki.->i' zwischen dem Feitiaad und
der Insel Wraiif^el keine f^rößere Tiefe als 49 ni gefunden.
2) In den Kalksioincu des Aldaus habe ich selbst Abdrücke von versteinerten
Seemnscheln gefunden. Einige von mir dort geAmdene Tenteinenugen finden sich
gegenwürtig im Muienm tu Jakntsk.
& Langenbeek: Drei neue Heibodikeii des erdknndL ünterzichies. 161
Meer, und die südjakutische Vertiefung selbst, die sich mit ihrem Nordrande
ins Meer senkte, hatte damals eine große Äbulichkeit mit dem Amphitiieater
des Plateaus Jana-Indigirka-Kolyma.
Es muß angenommen werden, daß die Hebung dor jakutischen Küste
des Eismeeres verhältnismäßig schiu'll vor sich gfcrangfn ist, denn die Haufen
von Seetreibholz, die sicli bisweilen in einer Etitfernuni^ von einim'en Werst
TOü der Grenze der jetzigen llraudung linden, sind noch nicht verwest!
Wenn der Bückgang des Meeres nicht aufhört und mit derselben relativen
Sdhnelligkeit weitergeht, so ist es zweifellos, daß aofa in einer mehr oder
weniger fernen Zeit der an der Kllste liegende Streifen des Heeres, auf dem
NordenskiOlds „Vega** von der T^yilialbinsel nach Osten fohr, in eine
Meerenge verwinddn wird. Im Kordoi wird sich diese Meerenge dnndi ein
Band von Inseln absondern, die sich in ihrem ümfang immer mehr erweitem,
sich der Zahl nach vermehren nnd endlich in eine große Landsnngc zusammen-
fließen werden. Das Meerwasser wird allmählich aus der seicht werdenden
Meerenge durch das süße Wasser der in sie einmündenden Flüsse verdränfrt
w?;rdrn, der Lauf der (iewässer wird sich nach und nach regeln und hier
wird die Fortsetzung eines der großen Flüsse entstehen, die aus der Tiefe
dos asiatischen Kontinents koranien. Dieser Fluß wird sich in scharfer Bie-
gung nach Westen oder nach Osten wenden und wird alle Flüsse in sich
sofiMlonen, die bisher selbstlndig ins Ifeer geben. Fraglich ist nur, ob
dieser Fluß in so hohen Bretten im Stande son wird, im Sommer seinen Eis-
panaer abzuwerfen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Klima dieses Teils
der Erdoberfläche strenger werden wird — im Winter kSlter, im Sommer
heißer — und daß trotzdem die W&lder ihre Grenze weiter nadi Norden
schieben und die jetst waldlosen Tundren einnehmen werden.
Drei neue Methodiken des erdkundlichen Unterrichtes.
Es ist ein erfreuliches Zeichen für das in Lehrerkreisen wachsende In-
teresse am erdkundlichen Unterricht, daß uns das verflossene Jahr drei und
ixxm Teil vortretf liehe Methodiken dieses l'nterrichtszw-eiges gebracht hat.
Alle drei Bücher') sind aus einer langjährigen praktischen Tätigkeit hervor-
gegangen, und anderseits stehen ihre Verfasser durchaus auf modernem gco-
graphisehen Boden. Als die eigentliche Aufgabe des erdkundlichen Unter»
riclit,s betrachten alle drei, den Schülern ein richtiges Verständnis für die
Wechselwirkungen zwischen den physischen Verhältnissen der Erdoberfläche
einerseits, dem Menschen, seinen Siedluns^'^en and wirtschaftlichen Verbältnissen
anderseits zu vermitteln. Daneheu lassen sie auch den buhen praktischen
Wert des erdkundlichen Unterrichts keineswegs außer Augen, wenn auch
diese praktisehe Seite wohl Becker am schftrfsten und klarsten hervorhebt.
1 l'ock' r, Ant. Methodik des geographischen Unterrichtes. (III. Teil von:
Klara .,Krdkunde''.> III u. 92 S. Leipzig u. Wien, Deuticke 1905. .(f. 3.—. —
Fischer, Heb. Methodik des Unterrichts in der Krdkumit it,s S. Breslau,
Hirt 1906. JC l.HO. — Barj^mann, A. Methodik des Unterrichts in der Erdkunde
io Volks- und Mittelschulen. 104 S. ö Taf. Leipzig, Teubner 190ö. JC 1.40.
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162
fi. Lftngeabeck:
Das Bf ckersche Buch, obgleich das am wonigste» uintaiigreiche, ist do<;h,
weaigätens nach einer Richtung hin, nämlich in Bezug auf die allgemeine
Methodik des IMkimdeoiitornalitB dis um&sseiidite «ad zugleich ^ «n
strengsten systematiscli angeordnete. Die spesielle Methodik enthftlt es Aber*
haopt nicht, da für die Mothodik der Heinlat- wie der Lunderkunde noch
besondere Hefte in der Klarsehen Sammlung' vorgesehen sind. Das Buch
gliedert sich in drei Hauptabschnitt^^: 1. der Lehrer, 1?. der Schiller, 8. die
Lehrbehelfe. Der erste Abschnitt behandelt zunächst Vorbildung und Weiter-
bildong des Lehrers, sodann die allgemeinen Oesiditsponkte, weldie bei der
Erteilung des geograpbisohea ünteniidits in Betracht kommen, eodlieh die
Stoffauswahl und Stotf behandhing. Im zweiten Abschnitt tritt das speziell
Geographische mehr in den Hintergrund vor der allgemeinen Anleitung für
die Behandlung des SchiUers. Über die Mittel, die Aufmerksamkeit der
Schüler rege zu erhalten und sie zur Mittätigkeit anzuspornen, über richtige
Fragestellung, über Prüfen und Klassifizieren finden sich hier viele wertvolle
und beachtenswerte Winke. Im dritten Abschnitt werden Globus, Relief^
Karte, Lehrbuch, Bildwerke imd geographische Schulsammlungen und ihre
Benutzung im Unterricht« besprochen. Die letzten Kapitel sind dem Zeichnen
im gengraphischen Unterricht und dem Unterricht im Freien gewidmet.
Mit voller Ab.siclit gelit Becker nicht zu sehr in Einzelheiten ein. „Es
wäre eine Anmaßung,'' äagt er in der Einleitung, „wollte man akademisch
gebildeten Lehrern den ganxen geographischen Lehrstoff gewissermaßen für
den Unterricht zurecht legen; abgesehen davon, daß i(di mir nicht vorstellen
kann, wie der Lehrer einen derartig zubereiteten Stoff verwenden sollte, muß
es als feststehender Grundsatz joder Methodik gelten, daß es da keinen allein-
gültigeu NVeg gibt, sondern daß man auf verschiedenen Wegen zum Ziele
gelangen kann. So habe ich mich auf praktische Winke und Anregungen
besdirftnkt** Man wird diesen GrundsStsen voll xustimmen kOnnen. Gerade
in dieser weisen Beschrinkong liegt ein Hanptwert des Buches. Der junge
Lehrer wird dadurch angeregt und auf alles, was er beim Unterricht zu be-
achten hat. hingemesen, aber er Vird nicht bevomiundet, seiner Selbsttätig-
keit, seiner Initiative werden keine Fesseln angelegt. Für die weitere He-
schilftigung mit Einzelfragen geben ihm außerdem auch die zahlreichen
Literaturnachweise die nOtige Anleitung.
Aach inhaltlich kann ich mich mit Beckers Ausführungen fast durchweg
einverstanden erklären. Nur gegen einen Satz muß ich doch Widerspruch
erhoben. Er sagt (S. 10): „Die geographischen Grundbegriffe sollen nur auf
dem Boden der Anschauung der Heimat entwickelt werden." Das sclieint
mir einlach unmöglich. Die meisten Schulorte werden iu liuer Umgebung
nur fttr eine sehr beschr&nkte Zahl von Grundbegriffen die MOglidikeit bieten,
sie durch unmittelbare Anschauung der Natur den Bchflleni Uar su machen.
Für die Mehrzahl wird man immor auf Karte und Bild angewiesen sein.
Und das scheint mir auch nicht einmal ein so großer Nachteil. Denn so
wertvoll für den Schüler, und gerade den jüngeren, auch die Einführung in
die Natur selbst ist, so wird man zur Entwickelung der geographischen
Grundbegriffe stets neben der unmittelbaren Natoranschauung das Kartanbild
mit heranziehen müssen. Denn die Natur bietet nur selten reine, einfiMshe
Typen dar, sie umgibt die Hauptzüge mit zahlreichem, zunächst für den
Schüler unwesentlichem Detail. Wenn man ausschließlich auf die unmittel-
bare An.schauung die Entwickelung der Grundbegriffe stützt, liegt die Gefahr
nahe, daß die Schüler von der Menge des Details überwältigt werden, daß
uiyiii^cü Uy Google
Drei neae Methodiken des erdkundliciien L aterrichtes.
163
at dieses gendera hindert, sa klaren Vcurstellimgen und Begriffen su ge-
langen.
Fischer bphandelt zunächst auch die Weiterbildung des Lehrers. Diesen
eisten Abschnitt kann man nicht als gelungen bezeichnen. Was der Verfasser
hier Aber die verschiedenen Arten von Karten, über Kartenprojektioncn, £nt-
ftmoiigsfibangen n. dergl. sagt, sind Dinge, die jedem akademiseli gebildeten
Lehrer, ehe er an die Schule kommt, schon in Fleisch und Blut fibergegangen
sein müssen und auch dem Seminaristen nicht unbekannt sein sollten. Außerdem
findet sich hier auch manches Bedenkliehe. Einem Satze wie dem folgenden:
„Ein wirkliches Eindringen in die Lehre vom ,Verebnen der Kugeloberflache' er-
ftidert eine recht bedeutende Menge mathematischer Arbeit und kann nicht
TOD allen denen erwartet werden, die geographischen Unterricht geben**, wird
man mimöglich zustimmen können. Wenn aber der Verfasser eine so geringe
Kenntnis der Kartenprojektionslehre bei den Lehrern der Erdkunde voraussetzt,
daß er eine Erläuterung der wichtigsten Projektionsarten in einer Methodik
de» erdkundlichen Unterrichts für notweniiiu hiilt, so mußte es iii anderer
Winse geschehen wie hier. Aus seinen Austülirungen wird sich jemand, der
dm G^^enstand nicht kennt, schwerlich ein klares Bild Ton den einseinen
Projektionsarten machen können. Nebenbei ist hier dem Ver&sser das mir
nicht recht begreifliche Versehen passiert, daß er die Lambertsche flSchen-
treue Aziniutalprojektion als Flanisteedsche bezeichnet. Im übrigen enthält
der Abschnitt nur eine AufzUlilung und kurze Bespretlmng solcher geogra-
phischer W^erke, die der Verfasser für die Weiterbildung des Lehrers iur
bsiOBders geeignet hllt
Weit besser, com Teil sogar ganz Tortrefflich ist der den grOßten
Raum einnehmende sweite Abschnitt, der den eigentlichen Unterricht in der
Knlkunde und zwar nicht nur die allgemeine, sondern auch die spezielle
Methodik der Heimat- un<l Tjänderkunde für die Unter- und Mittelstufe ent-
hält. Hier erkennt man überall den erfahrenen Pädagogen, und der junge
Lehrer wird ans dem Stadium dieses Abschnitts selur viel lernen kihinen.
Auf Einaelhetten einzngehen, ist in dem Bahmen einer knnen Besprechnng
sidkt wohl mOglioh. Hervorheben möchte ich nur, daß es auch Fischer
vcrmpidet, zu sehr ins Einzelne ein/.iigehen, sondern der Eigenart des Lehrers
vullt' Freiheit läßt, daß den richtigen Mittelweg eingeschlagen hat zwischen
der sogenannten „analytischen" und „synthetischen" Methode ^^zwei Bezeich-
nungen, die er llbrigsi» ab wenig den Kern der Sache treffend mit Recht
vwwirft), daB er aof klare rinmliche Vorstellnngen den größten Wert legt
und sehr wertrolle Anleitung gibt, eine solche bei den Schülern zu erzielen^
'ind daß er endlich keine zn hohen Anfordenmgen an die Schüler stellt,
sondfrn sich stets auf das hei der meist so geringen Stundenzahl wirklich
Srreichbare beschränkt. In einem Anhang teilt er eine Anzahl von Lehr-
pUnen mit» die su kennen dem Ldirer gewiß nütsUch ist
Das Bargmann sehe Bnoh ist ansschliefilieh ttar die Lehrer an Volks-
^d Mittelschulen bestimmt und hat dadnroh naturgemäß einen etwas anderen
Charak»»»r. als die beiden erstbesprochenen Werke. In der Einleitung gibt
Bargmajiu ein^ n kurzen, aber alles Wesentliche klar hervorhebenden Überblick
ftber die (Jeschichte der geographischen Unterrichtsmethodik und legt sodann
dan Bildiuigswert und die Ziele des geographischen Unterrichts dar. Weiter-
hin gliedert sieh das Buch in allgemeine und besondere Methodik. Der
Verf. legt für die Volks- und Mittelschulen den größten Wert auf die Heimat-
kunde, die er nicht nur auf die Unterstufen beschränkt wissen will, sondern
Digitizcd by Google
164 Langenbeck: Drei neue Methodiken des erdkundl. Uaterrichtei.
der aucb auf fast allen höheren eine gewisse Stundenzahl gewidmet sein
soll, da t^s erst bei größ^rf r Reife der Schüler mOglich ist, ihnen auch für
die Pflanzen- und Tierwelt, «iie geologisehen, klimatischen und wirtschaftlichen
VerhältDisse der Heimat Verständnis zu erweclcen. Ich halte das tür durch-
aus richtig und swar nicht nnr f&r Volks- und Mittd-, sondern auch flfa*
die höheren Sohnlen. Idi bedauere es stets, daft wir keine Gdegenheti haben;
uns in einer der höheren Klassen noch einmal eing^end mit der engeren
Ht'iniat zn beschäftigen, was eben mit der so gerin^jen uns zur Verfügung
sttlicndeii Stundenzahl zusammenhängt, die uns üherall die beengendsteu
Fesseln auterlegt. Ferner wird man dem Verf. auch darin vollständig bei-
stimmen können, daß er von der mathematischen Geographie auf jeder Stufe
doiges geben will, wie es gerade dem Verstibidnis d&t SchtQer angsmessen
ist. Dagegen kann ich mich mit seinen konzentrischen Kreisen nicht ganz
einverstanden erkliirrn. die ihn von der Heimat über Deutschland und die
au Üerdeut sehen Länder erst zuletzt zu den fremden Erdteilen führen. \on
den letzteren erfahren daher die Schüler erst auf der obersten Klasse etwas,
wfthrend es mir durchaus notwendig erscheint, ihnen Aber sie auf einer
der froheren Stufen wenigstens einen kursen Oberblick su geben. In der
speziellen Methodik ist Bargmann leider in den Fehler verfallen, den Becker
und Fischer glücklich vermieden haben, zu sehr ins Einzelne zu gehen
und die Eigenart des Lehrers dadurch zu beschrSinken. Er gibt von dir
llemiatkunde , wie von einzelnen Abschnitten der Länderkunde ausführliche
Lehiproben in der neuerdings so sehr beliebten Form Ton Frage und Ant-
wort Bei solchrai Lehrproben kommt meiner Ansicht nach nidit viel Er-
sprießliches für den Lehnr heraus, da bei ihnen gans unwillkürlich fast stets
Idealschüler vorausgesetzt werden, die auf die Frage gleich die richtige
Antwort geben. In Wirklichkeit sind aber die Antworten zunächst selten
völlig zutreffend, häuhg auch ganz falsch, und die Kunst des Fragens besteht
gerade darin, durdi erglnsende Fragen den Schfller allmihlidi auf das Richtige
BU führen. Überhaupt wird Bargmann im GegoisatB an dem hier und da her-
Tortretendeu Pessiminmus Fischers von einem zu starken Optimismus in Bezug
auf das beherrscht, was er glaubt, im erdkundlichen Unterricht erreichen
zu können.
Zum Schluß möchte ich noch ein paar Worte über den Unterricht im
Freien und die geographisdien Ausflüge sagen, auf welche alle drei Ver-
fasser großes Gewicht legen. So hoch man nun auch den Wert soldier
Ausflüge einschfitzen mag, so stellen der praktischen Ausführung doch große
Schwierigkeiten entgegen, auf wcldie die Verfasser zu wenig eingehen. Sie
bestehen nicht nur in der oft recht Itedeutenden Entfernung solcher Ortlich-
keiten, die geographisch wertvolles Anschauungsmaterial darbieten, vom Schul-
orte, sondern vor allem in der Größe der Klassen. Diese bringt es mit sich,
daß der Lehrer sich auf den Ausflfigen stets nur mit einem Teil der
Schüler wirklich beschäftigen kann, so daß für viele der Ausflug ziemlich
ergebnislos verläuft. Einen sehr praktischen Vorschlag, um diesen Mißstand
zu heben, hat Treutleiu im vorjährigen Programm des Real-Reformgymna-
siums in Karlsruhe gemacht: er wünscht, daß die geo^'raphischen und natur-
wissenschaftlichen Fachlehrer die Ausflüge stets gemeinsam unternehmen, so
daß jeder abwechselnd die eine und die andere H&Ute der Klasse beaehftftige.
R. Langenbeck.
uiyiii^cü Uy Google
E. G. BaTeniieia: Di« Wftldieemfilleraohen Esrten. 166
Die WaldseemAllendieB Karten.
Im vierten Heft (B. 228) des 11. Jahrgangs (1905) der O. Z. finde ich,
daß Prof. von Wieser und Piof. Fischer endlich von ihrer absonderlichen
Ansicht zurückgekommen sind, daß die Waldseemüllerschen Karten auf
Schloß WolfogiT Korrekturabzüge und nicht Koindrucke sind, und daß
die ^ den Woltegger Karten zahlreich angebrachten handschr. Verbesserungen,
Mvie des rote Gradnetz von dem Besitzer dieser Exemplare, Johann Schd-
aer, borrOhren**. Ich erlsobe mir sn bemerken, daß diese f&r jeden mit dem
^rtenfibch Vertrauten seLbstrerstftndliche Ansicht von mir bereits im „Athe-
Meum" vom 26. März 1904 ausgesprochen wurde. Blatt 20 ist entweder
ein Originalentwurf oder eine genaue Kopie des Originals, aber jedenfalls
keine Pause, d. h. eine Durchzeichnung auf durchscheinendes Papier, sog.
Pauspapier oder Tracing Paper. Schöner könnte aber das Blatt mit Hilfe
«ner fiärbigen Papier>ünterlage dorchgezeichnet haben. Dann bedarf es ahet
einer Erklärung, auf welche Weise Schöner in den Besitz eines Blattes
Papier gelangte, welches dasselbe Wasserzeichen bat wie sämtliche Dnick-
abzügp der beiden Karten mit Ausnahme des eingelegten Abdrucks von Blatt 20,
der offenbar aus späterer Zeit stammt. Kann man annehmen, daß Schöner
and Waldseemüller ihr Papier aus derselben Fabrik bezogen? Eine An*
aU von Namen, die auf d«r Zeichnung richtig sind, bat der Stecher fehler-
baft gegeben. Die Legende bei den Guinea-Inseln (InflUe hec iuete ft. Ätmo
1484, d'c.) ist auf dem Abdruck ausgelassen. Übrigens mag Schöner diese
Legende einer von ihm gemacht'^n Kopie einverleibt haben, denn sie stimmt
d^ra Sinne nach mit einer Legende ül)erein, die sich auf Behaims Globus
&ndet. Dann ist es aber sonderbar, daß die südlichste dieser Inseln,
welche Bebaim InstUe Martim nennt und die wir beute Annobom nennen,
nuienlos geblieben ist, wie auf der von Waldseemflller kopierten Canerio-
Karte. Übrigens identifiziert Schöner diese Insdn in einer Randbemerkung
aof Blatt 11 ( Jn/'nle S. MarfinI ih'i? tfr.) mit den lusule 7 ddh- puheUe des
Waldseemüller. Über diese Puhiilr ließe sich viel sagen: Dulc<"ti ( l.'}3yj
kennt sie bereits als Insule Scti Brandani sive puellanim und versteht dar-
nater die Gaoaren. Schöner selbst kennt sie (l')15) als Sehern insulae
pidehrae. Über die von Waldseemüller benutzt«! Quellen gehen die Heraos-
gtber viel zu flüchtig hinweg. Daß sieh abessinische Länder- und Flußnamen
^is in den Süden Afrikas verirrt, haben, ist ja otfenbar, aber wo hat Wald-
seemüller (und nicht nur er, Sündrrn auch Bebaim und andere Vorgänger
von ihm) die Darstellung von Inner-Afrika und von der ost-asiatischeu Insel-
wslt hergenommen? Was Inner-Afrika betriffb, so finden wir da einige
Kamen, die in dem zuerst ?on Hudson Teröffentlichten „geographischen
Fragmente** Twkommen. Auch kann man auf seiner Karte die große Reise
des Ritters von Harff verfolgen. Dieser edle Ritter, der 1499 nach
Beutacbland zurückkam, hat jedenfalls seiru; tamose Reise von der Ostküste
aus über die Mondberge und den Nil hinab auf einer Landkarte gemacht!
Wo ist diese Landkarte jetzt zu find«i? In der Rottanmg^ cßeser Karte auf
tie Spar zu kommen, besuchte ich im August 1904 das altertOmlicbe Sdilofi
Harff, wurde dort auf das liebenswürdigste von der Familie des Grafen Mir-
bach empfangen, fand aber nichts in dem wohlgeordneten Archiv. Hoflfent-
licb gtliii'jt einem jüngeren Foi-scher, auf einem der vielen Schliisser des
rheiniächen Adels diese verschwundene Karte und andere Dokumente aus jener
2nt n entdecken. E. G. Bavenstein.
i^iyui^ud by Google
166
Geographische Nenigkeiteo.
Oetgraphiselie
Ziwsininftiigeetollt ▼<m
AIlfemeinM.
* Noxif ISeobachtungen Aber die!
TTiptporolo^ischen Verhaltnisse der höhend
wärmereu Luftschicht, die einiges
Liohi tiaf dieeee PhBaomen ra Terbreiton
■eheinen, teilt Herges eil mit (Meteocol.
Z. 1906. S 84). Sowohl Aßmann als
Teissereuc de Bort haben mittels
SegirtrierbftUoBi in der HOhe von etwa
11 000 m eine warme Luftschicht konsta-
tit'rt, deren hohe TerapcratTir hislier un-
erklärt war. Die Aufzeichnungen der In-
eines ron Hergesell empor-
gesandten licffistriorballons , der unter
äußerst f^nstifjen rrnntiludcn aufstieg und '
dessen tadelloa f un ktiouierende 1 n s t ru m ente i
nmch iwei Tagen nnTeraehrt aufgefunden
wurden, zeigten folgende Temperaturver- j
teilung in den liin listeri Höhen : Die
warme Schicht begann in 11 4oo m, nach- ■
dem der Ballon SO Minnten gestiegen |
wiir. Die Temperaturubnahnie hört hier ,
(bei — Oy"; pl<Uzli( li auf niid gt lit in eine
scharfe Zunahme über, die mit wachsen-
der Hohe Ideiner wird. In der Maiinal-
hffhe von 16 080 m ist die Temperatar
auf — 67° gentieijei), also für .".»'HO m nm
12". Der Abstieg bietet ganz analoge
YerhUtaisse: Nachdem der Ballon in
16080 m geplatzt war, fiel er, die Tem-
peratur Kaiik wit'iliT und der Wendepunkt,
also die untere üreuM der warmen Schicht
wurde in 11 800 m erreicht. Auch die
Feuchtigkeitsknrvc zeigt beim Übergang
in die warme Schicht einen starken Knick,
sowohl beim Eintritt wie beim Austritt,
was aaf eine größere relative Feuchtigkeit
der warmen Schicht schließen läßt. Sehr
wichtig sind nun die Ergebnisse der
Visierungen, durch die eine Beobachtung
der Bewegungen des Ballons bis zum
Moment des Platzens von der Erde ans
erniöf,'licht wurde ; sie beweisen, daß sich
die Windverhilltniase beim Erreichen der
warmen Schicht völlig verändert haben,
ünten herrscht«» nordOeUiehe Winde, die
gans unten tehwach waren, mit der Höhe
an Stürke zunahmen und in 10 000 m die
Geschwindigkeit eines wahren 08t«turmes
von 80 m/sec. zeigten. Sobald der Ballon
die warme Schicht erreichte, nahm die
Windstärke bedeutend ab, die Eichtungen
Neuigkeit«!.
Dr. Angnit Fitaan.
gingen (Iber N in NW Aber, und von
13 000 m bis 16080 m herrschte fast rei«
ner XW mit etwa 14 ni sec. Die warme
Schicht unterbricht abo nicht nur den
■tetigen Verlanf von Temperatur vnd
Feuchtigkeit, sondern reprilsentiert eine
völlig andere L\if(«(hioht In den großen
Höhen existierte ein ostwärts gerichteter
Lnftsfcrom, der unabhängig von den Bltö-
mungen der unteren Schichten, in denen
die Misohungen vertikaler Strömungen
eine fast adiabatische Temperaturabnahme
bedingen, wie die Temperatorrertwlmig
zeigt, keine vertikalen StrSmnngen ent-
hielt, sondern eine warme feuchte StrO-
mung darstellt, deren Uerkunft wahr-
seb^ilieb dnroh weitete Beobaehtungen
wird aafgeltHLfi werden kOnnen.
Asien.
« DieN&ledj-Erseheinungen Osi-
Sibiriens und die Ursachen ihrer Ent-
stehung sind von Podjakonoff in den
„Iiwestija" der kais. russ. Geogr. Ges.
von 1908 (Heft 4) eingehend behandelt
worden, nachdem sich schon frflher Dit-
mar, Middendorff und Baron v. tfay-
de 11 mit ihnen beschäftigt haben.
Die von den Russen als N&le^ (mit
„Aufeis" zu übersetzen), von den Jakuten
als Tar\ n polnisi^he« y bezeichnete eigen-
tümliche Erscheinung hat, glaube ich, in
deutsehen Lehrbüchern noch keine Beach-
tung gefunden. Sie ist in Ost -Sibirien
weit verbreitet ntid liestelit im Sommer
einfach in hier und da auf dem Schotter
der Tftler auftretenden meterdicken Eisfel-
dern, dureh die ein Bach fließt; im Winter
alicr sind diese Eisfelder viel größer und
selbst bei 40- und 50 gradigem Frost in
Spalten und Hohlräumen erfüllt von Was-
ser oder Eisschlamm, io daB diese Stellen
vom Verkehr tunlichst gemieden werden.
Durch immer neue Eisbildungen und wei-
teres EmpordriLugen des Wassers zwischen
ihnen iteigt die N&ledj aUmlhlieb inunor
höher.
Nach Podjakonoff, der wiederholt
mitten in der Nüledj Schürfarbeiten vor-
genommen hat, beetdit das Wesen dar
Erscheinung in der Versperrang der nor-
malen Wege des Wassers durch den Frost;
Qeogrftphisehe Neuigkeiten.
167
zuDäcbst wird da« unterirdiflch im dnroh-
Itoigen Seboller ffiefiendeWMier mn die
Oberfläche gedfängt, wie denn auch das
Flüßchen aus scirK ii ütern gedrängt wird
durch die immer weitergehende Einengung
de« Qaerschnitto im Bett in Folge der
Verdickung der ESidMlEe. Von gewöbn-
lichpii ültorschwemmungen unterscheidet
sich also die Näle<^ scharf dadurch, daß
•ie oline Znnnlime derWaeterfllbnmg des
Flufitales. ja aogar gewöhnlich bei ihrer
Abnahme in Folge des FroHtos zu Stande
kommt Im Cr^enaatz zu den Frühjahrs-
boehwftsceni ist es nicht Tkrawetter, son-
dern zunehmender scharfer Frost, der das
AUfitreten des "Walsers bewirkt, weil das
Eis dessen normale Bahnen versperrt.
Das schnelle Geirieren des austretenden
Wassers gibt zu seltsamen Bildungen An-
laß Insbesondere sind EiKbfigel auf der
ebenen (Jberfläche der Näledj bemerkens-
wert, die Podjakonoff als das Resultat
der Ansdehnong allseitig abgeschlossetter
Wassermassen Leim riefrioren unter einer
Kisdeeke erklärt. Letztere wird dabei
dorch Risse in charakteristischer Weise
gespalten.
Das Frübjahrribochwasscr sägt sich
irgendwo, oft am Rande der Näledj, sei-
nen Weg durchd Eis und zerstOrt dabei
die etw» wter ibr Torhandene Fflanseo-
decke völlig. Auf diese Weise kommen
die breiten vegetationslosen Schotter-
ffikben mit vereinzelten abgestorbenen
Bnmitimmen an Stande, welebe die
Tnngusen Ajan nennen. W. Koppen.
• Von einer russinchon Schiffs-
expeditiua nach demJenissei, durch
veldie die Möglichkeit einer Seevecbin«
dong zwischen Europa und Sibirien aufs
Heoe dargetan worden ist, l>erichtet Blank
in „La Geographie" (.1906 S. 164). Die
Expedition, die mOgliehet geheim ge-
halten wmrde, machte sich nötig zum
Transport von Eisenbahnmaterial zum
Ausbau der Sibirischen Eisenbahn, die
nna dem wegen der fortgeseteten Tnippen-
trang^xnte nach dem ostasiatischen Eriegs-
•cbauplstze nicht verwenden konnte. Auch
wollt« man gleichzeitig die Brauchbarkeit
dietni Seeweges alt Transportweg som
■nadschurischen Kriegsschaupia tzi' und
•I* qiMere Handelsstraße prüfen. Für
die Expedit ioD mietete mau vier Handels- .
danpfer, denen man «ne FlotfeiUe Tonl
Neppern imd anderen Ueinen Fabv|
zeugen zur ständigen Verwendung auf
den eibirischeo Strtaien beigab. Anfier-
dem nahmen der Eisbrecher „Yermak",
zwei Kreuzer und zwei deutsche Kauf-
fahrteischiffe, welche sich auf eine russi-
eohe AnfTordemng hin der Expedition
angeschlossen hatten, an der Fahrt teiL
Den Oberbefehl führte Oberst Sergieff,
während bei der Organisation der Expe-
dition Kapitibi Wiggins nnd General Wil-
kitzki ihre Unterstützung geliehen hatten.
Trotz mannigfacher Schwirrij^'keiten und
einiger Unglücksfalle, darunter einer
schweren Beech&digung des „Termak** hii
einem Sturme in der Nähe der Jngor-
Straße, wurde die Expedition zn einem
glücklichen Abschluß gebracht. Am 3. Sep-
tember passierte man die Jugor-StraBe,
und am 13. September erreichte der
größte Teil des Geschwaders den .leniwKei,
während die deutHchen Schiffe ihre Fahrt
zum Ob gelenkt hatten. Drei der Handels-
schiffe fuhren indielffindung desJenissei
ein, wo ihre Fraolit von Leichterscbitfen
zum Flußtransporl übernommen wurde.
Man hoifte, daß diese Leichterflotille
ihren Bestimmungsort Krasnojarsk noch
vor Eintritt des Winters erreichen würde.
* Über die Pflanzengeographie
von Inner- China bringt Diels in
der Zeiteehrilt der Berliner Geselleehaft
für Erdk'.itidc ri!m.',. S. 748), auf Grund
der bisher von lieisenden darüber gemach-
ten Mitteilungen und der von ihnen heim-
gebrachten Samminngen eine Arbeit, ans
der sich im wcKcntlichen folgendes floristi-
sches Bild Zeutral-Chinas ergibt: 1. reiche,
relativ wenig gestörte Wald Vegetation am
Sfldoetrande Oet-Tibeto, anm Teil auch
in den Mittelgebirgen des sinischen
Systems: -2. Wäldzerstörung und Ersatz
durch Buäch Vegetation im Morden aui
TUn ling aehan, nnd Tielfiich im Sfid-
osten; 3. schneller Übergaug in die tibe-
tanische Hochlandsflora am Oberlauf der
großen Flüsse; 4. sonst in den unteren
Regionen Ifieohwald mit vielen Lnmer«
grünen, der jedoch am Nordhang des
Tain ling schan bereits fehlt. In den
Mittelgebirgen reicher Mischwald mit
laubwerfenden Binmen nnd mannigfhchem
ÜTitenvurhs. Darauf Koniferenwald, Rho-
dodendron-Gebüsch, oder Bambusen - I»i-
kicht. Oben sehr artenreiche Alpeu-
matten. über die biologisehen nnd
allgoneinen YerhUtniase der central-
Digitizcd by Google
168
Geographiache Neaigkeiten.
ohiiiMifohen Flon geben die folgenden
BemerknngeD einigen Aufschluß: Nirgend-
wo sonst auf der Erde als im inneren
China stehen Tropen und gemäßigte Zunen
in ao breitem Verbände mit einnnder, ist
ein lo intensiver Austausch zwischen bei-
den mö^'ücli. Die großen Stromtäler
Hinter-Indiens führen aus den Tropen zu
den arktischen Gefilden von Hodiübet.
Nicht als ein Qnemegel hemmend, wie
der Himalaja, sondern milchtig fördernd
von Nord nach öüd verlaufen die mäch-
tigen Pwnllelicetten de« binterindiaehen
Byateuis. Völlig temperierte Witterung
weicht nur allmählich, in zahlreiclien
feinen Abstufungen, einem durch Winter-
Ulte länger nnterbroehenen Klim».
Daher stehen oft immergrüne und blatt-
werfende Gewächse nehen einander, i^e-
wisaermafieu in unentuchiossenem iSchwau-
ken. Immergrüne EHehen wachsen
zusammen mit winterkahlen. Man sieht
die Eigentümlichkeiten des sommergrüncn
Laubwaldes, wie wir ihn bei uns kennen,
aich gewiaaennaBen erat heianaacb&len
aus der tropisch gearteten Gmndmassc.
Auch in der Zusainmcn«ptzung der Arten
zeigt sich diu eigentümliche Mischung
Ton sonst Getrenntem, wie bei den biolo-
gischen Eigenschaften der Flora. Nirgends
auf der Knie ist die Klora des Nordens
80 innig und ho mannigl'ach mit tropischen
Formen gemengt, nirgendwo sonst ver-
lieren sich ao volintätuiig die Grenspfade
zwischen beiden. Die Heziehungen zu
Hinter-lndien Hind besonders innig.
Mancherlei deutet auf eine durch lange
Perioden wenig gestörte Entwicklung der
Pflanzenwelt in Oat- Asien fjfidlich vom
Tain ling scban, worauf auch ein mehr-
fach beobachtetes entwickelungsgeachicht-
lichea Moment hinxnweisen scheint. Es
betrifft Oattungcn, deren Verbreitung die
ganze nördliche HemiBphäre üher»pannt,
z. B. Liliam, Frimula, gewisse Orchideen,
Birken, Bnchen n. a. Sie alle beaitaen
im inneren China eine Formenmenge, die
jeder Beschreibung pputtet. Von dort
mit der Weite der Entiernung mindert
sieh Menge nnd Wedtael. Manche Gat»
tungen, die bei uns getrennt stehen in
weni<,' Ar'on, fließen im westlichen China zu-
sammen zu viel verzweigten Formouuetzen.
Man gewinnt den Eindmck, ala h&tten
sich die Gattungen dort zuerst entwickelt,
nm sich dann dahin nnd dorthin zu
wenden, oatwirta nach Kordamerika,
westlich nach dem westlichen Asien und
Europa. Die gehirf^ige Natur des süd-
lichen Zentral-Chinas hat seit laugen Exd-
periäden bMfauiden; die Plastik seiner
Obexttidie aehuf Raum für sämtliche Re-
gionen, vom tropischen Waldgürtel bis
zur Schneegrenze, vielleicht früher schon
ala irgendwo anf der nltedlichen Halb>
kugel. Nimmt man dazu die nordsüdliche
Zugäuglichkeit, so erscheint der gewaltige
Gebirgsknoten Ost Tibets und die Ge-
biete, die ihn umlagern, als ein wahrer
Entwicklungskeru für die Vegetation nnd
ein in «einer Fernwirkuug vielleicht uner-
reichtes Land der Erde, voll von Pro-
blemen nnd noch ylele Anftchlüsse ver-
heifiead.
Afrika.
« In aller Stille hat eine französische
Expedition unter Leutnant Dyö, einem
ehemaligen Gefährten Marohanda anf
seiner Faachoda- Expedition, die ebenso
unbekannte wie gefährliche atlantische
Kfiste von Marokko untersucht und
aufgenommen nnd die Zufahrtsverh<niaae
der wenigen marokkanischen Häfen stu-
diert. Der Expedition stand zu ihren
Aufnahmen die mit Instrumenten vorzüg-
lich ausgestattete Tacht ,rAigle^ Ton 8Mt
zur Verfügung; die hydrographischen Ar-
beiten wurden durch das Felilen jeglicher
Schiffahrtaseichen , durch die feindliche
Haltung der Biageboieneii und dureh daa
Verbot der Landung auDer in den secha
ottenen Häfen sehr ersehwert. Man be-
gann die Arbeiten mit der Aufnahme der
wiehtigaten Haadelahftfen und der Teile
der Küste, wo TTafenanlagen möglich
schienen, im MaDstal» von 1:10 000 und
1:20000 und unteräuchto alle Häfen von
Tanger bia Agadir auf ihre hydrographi-
schen, geodätischen, astronomischen, mag-
netischen und meteorologischen Verhält-
nisse hin. Als Ergebnis dieser Unter-
anchnngen gibt T)j6 an, daß an dieattr
ganzen Küste kein natürlicher Hafen oder
keine von der Natur ge>chairene Hucht
existiert, wo sich der Seemann vor dem
Stnime aicher ftthlen kannte; daher iat
die Schaffung künstlicher Häfen eine
zwingende Notwendigkeit. Das bisher
allgemeiu für einen guten Hafen gehal-
tene Agadir iat nach Dy^ ein ebenao
I mittelmäßiger Hafen wie Safi und ist nur
1 gegen Nordost-, nicht aber gegen West*
Digitizcd by Güü
Oeographiseli» Neliigkeitdii«
10»
winde geschützt; der Ausbau dieses Ha-
ftn irflbede gewaltige Koaleii wonaebeD.
Amh ÜMagan ist ein nur schwer zu-
^la^sther Hafen. Welcher von den
Häfen durch Kunstbauten zu
vOUig rieheran Haftn anigebant
werden soll, wird von dem Yerlaofe der
HandelBstraßen im Inneren und von der
Kichtuog der auch zu erbauenden Eiseu-
bsknen aUiAogen. Die Bqpediti<m Dy^
hat mit der im Dezember «folgten Rück-
kehr nach Frankreich nur einen vorläu-
figen Abschluß gefunden; die Arbeiten
soOes widmelir soeh swei Jabxe lang
fortgesetzt werden und die bisherigen
Aufnahmen nur als Vorbereitungen für
die während des Sommers 1906 Torzu-
nehniMiden KfitlengeirikMenmienDehun-
gui dienen. (Annalee de GMogr, 1906.
8. 94.)
« Am 27. Januar ist die Eisenbahn
tvisehen Nil und rotem Heer durch
den Vizekönig Lord Cromcr zu Port Sudan
eröffnet worden. Die Bahn geht von
der Atbara-Station der Nileiaenbahn am
Sinflnfi det Atbara in den Nil ans tmd
cmiebt das Rote Meer bei Port Sudan,
dem 60 km nördlich von Suakin gelejjenen,
aeaerbauten englischen Hafenort (XI. 1905,
8. 7M). Die 578 km lange Strecke iet
«OB einwhneidender Bedeutung für die
wirtschaftlich«' Entwicklung Zentral-Afri-
kss, die wegen der schwierigen Verkehrs-
veddOtniaae mit der AvBenwelt anch naoh
der Niederwerfung des Mahdi nur sehr
Isnf^am fortgeschritten ist. Trotzdom
Kbartom fast 4000 km von Alexandria
ntfemt liegt, war doch Alexandria bis-
W der Ausfuhrhafen für Khartum und
den iifryptis-cheu Sudan, aber dif Ausfuhr
war wegen der durch mehrmaliges Um<
l*diB Boeb erliOhi«! Fraeht nnr minimal.
Jetzt hat Khartum eine direkte Eisenbahn-
wbmdung, wt lche auf .^83 km Schienen
v«g sam Meere führt und welche eine
Avätlltt ron Waren mittleren nnd bOheren
Werte« möglich machen wird. Die Steppen
^on Kordofan und l>arfur im ii^'Vptisihpn
ändsQ produzieren schon jetzt die Uaupt-
**"8> in Bnropa und Nordamerika
^ ^Qvendung gelangenden Gummi-
^Wcamg, sowie Straußenfedern, Felle
«od Wolle in ansehnlichen Mengen, die
""^ ibiB Weg auf der nenerbanten Bahn
"'^ Boim Meer nebmen werden, auf
valcheui jetrt mueh eoropftiiebe Bneng-
nisse leichter und billiger in den Sudan
eingembri werden können. Dureb Hebung
der Bodenkultur in den sich bisher selbet
überlassenen fruchtbaren Gegenden wird
die Produktion und damit die Kaufkraft
dee Sudans bedeutend gesteigert werden
können und dorch Verbesserang der Ver-
kehrsverhiiltniBBC auf dem oberen Nil wird
der fördernde EinÜufi der neuen Eisen-
babn bia binauf ram Alberi>See autsbar
gemacht werden kOnnen. Zur weiteren
Erschließung de« Sudan besteht nunmehr
die Absicht, von Atbara aus eine weitere
Eisenbabn sildMilieb nadi Kanala lu
bauen, um dadurch die reichen T/and-
schaften am Fuße des abessiniflchen Hoch-
landes an das ägyptische Verkehrsneti
anzusehliefien.
* Ale Leiter einer vom Staate ge-
planten Expedition zur Erforschung
der Schlafkrankheit wird Prof. Ro-
bert Koeh voraumebtiidi lütte April
nach Ost-Afrika gehen. Als Reiseziel ist
zuniicbst Hritisch-Üganda in Aussicht ge-
nommeu, wo sich in Entebbe, dem Sitz
der Regierung, boreits eine wisN08diaft>
liehe Forschungsstelle befindet. Man
schätzt, daß in den letzten zehn Tahren
in Atrika 60000 — 2UU 000 Menschen der
Söblafkrankbeit snm Opfer gefallen sind.
Vom Westufer des Viktozia-Njanza ist
die gefährliche Seuche aucli in das
deutsche Schutzgebiet von Ost-Afrika ver-
schleppt worden. Für die Erforschung
der Schlafkrankheit sind im Eolonialetet
120000 JC angesetzt worden. Es ist zu
hoffen, daß es Prof. Koch, der sich bereits
wiederbolt an Ort und Stelle mit der
Seuche beschäftigt hat, gelingen wird,
wesentliches Material zur Bekämpfung der
Krankheit beizubringen. Für die Daner
der Arbeiten ist ein anderthalbjähriger
Aufontbalt in OsUAfrika in Aussiebt ge-
ii'.mmen.
* Die landeskundliche Erfor>
schung der deutseben Sebuta-
gebiete (XI i lo:, s. 476) wird in diesem
.Jahre noch in Angriff genommen werden.
Nachdem die iteichsregietung eine von der
landeskundlioben Kommission des Kolonial-
rates verfaßte Denkschrift, worin die Auf-
gabe einer einheitlichen Inndesktindlichen
Erforschung der deutschon Schutzgebiete
erOitert wird, eur Kenntnis genommen
hat, sind von ihr die zur Ausführung des
Plaiiee nocb erforderlicben Mittel in den
*«m»Usob« SMtsArift. U. Jitegsag. IMW. S. Hütt.
IS
i^iyui^ud by Google
17ü
Qeographische Neuigkeiten.
Etat «bgeitellt worden, eo d«t da» Werk
begennen werden kann. Für diesi^s Früh-
jahr ist die AuBsendung zweier Expe-
ditionen nach DenUch- Oat&fh ka geplant :
Frof. Dr. Weule ua» Ldpng geht wa
ethnologischen Studien nach Rondoa
Irangi, Dr .Tä^'er leitet eine g^-ößere Ex-
pedition ins abflußlose Gebiet zwischen
Küinumdeoliaro and Viktorin Nynnsn, dee
nicht nur ethnologisch, sondern auch geo-
logisch durch Grabonhildun^^en mit eigen-
tümlichen Seen und weit verbreiteten
▼alkanuchen Eneheürangen merkwürdig
ist. Hier hat die Expedition von Uhlig
(XI. 1905 S. I20i schon wertvolle Vor-
arbeit geleistet. Für diese Expedition ist
ein Jahr in Aoiticht genommen.
Nordamerika.
• Der höchste Berg in den Ver-
einigten Staaten von Nordamerika
anfier Alnsk» iek, wie Henry Gnnnetfe im
Bulletin der »merikanischen Oeof^raphi-
achen Gesellschaft mitteilt, der Mount
Whitney mit 4419 m in der Sierra
Nevada im Staate Kalifornien. Vom Qeo-
logical Survey wurde im letzten Sommer
von der paxitischen Küste über Los Angeles
und Mohave nach dem Owauä-See ein
Nivellement an^iefBhrt, dae fOr den Ht
Whitney eine Höhe von 1410 m or^'ab.
Da die ganze Linie zweimal gemessen
wurde, ist dies Resultat bis auf einen
Fuß abMdnt dcher nnd die viel iimelrittene
Frage nach der Höhe des Berges kann als
endgültig entsehieden angesehen werden.
Die Höhe des Mount Kaiuier im Staate
Washington ist durch Triangulation anf
i: T * m festgestellt worden; dieser bisher
iür ilen hiichsten Berg der Vereinigten
Staaten gehaltene (iipfel wird also von
Mt. Whitney nm Cut ftO m an Hohe fiber-
troffen. Ebentiio wird der höchste Berg
von Colorado der M t. Shastii, dessen
Höhe durch Triangulation zu i'iti6 m be-
stimmt wurde, von Mt. Whitney um 88 m
fiberragi
Nori-Folargefenden.
« Die nach dem voigfthrigen gxoBen
Erfolge für 190G vom Herzog von
Orleans geplante Fortsetzung der
Erforechnng dernooh unbekannten
Teile der Küste Nordost-Grön-
landf, für die bereits H-r I»am|ifer
,3^lgiea" der belgischen Südpolarexpedi-
tion angekauft worden war, wird der-
gestalt nicht zur Ausführung ge-
lan^i-n, da der Herzog von seinem Plane
zurückgetreten ist und Schiff, Auerüstung
und Inetnunente dem ehemaligen Leilsr
der literarischen Grönlandexpedition
M yliu 8 -Eric Ilsen , der für 1906 auch
eine Expedition nach der nordostgrön-
Uhotdieehen Kflite geplant hatte, fiberlawsn
hat. Mylius-Erichsen, über dessen ur-
sprünglichen Man wir bereite (XI, 1905
S. 71U) berichtet haben, wird im Juni 1906
mit seiner Expedition von Kopenhagen
aufbrechen nnd sunftchst versuchen, bei
der Pendulum- oder bei der Shannon-
Insel die ostgrönländische Küste zu er-
reichen. Hier eoUea Depots angelegt
und dann die Fahrt an der Küste ent-
lang nach Norden angetreten werden,
wo mau zu überwintern gedenkt. Für
Februar 1907 sind dann Sehlittenreiaen
geplant, die bis zur Lftdependence-Bai und
wenn möglich durch den Peary-Kanal
uach der Westküste von Nord-Grönland
ausgedehnt werden sollen. Nadk der
Rückkehr zum Schiffe und uach dem
Aufgehen des Eises soll das Schiff nach
Süden fahren, um beim Franz Josef-Fjord
zum sweiten Mal tu fiberwintem. Von hier
aus will im Frfihjahr 1908 ICylius-firichsen
mit zwei oder drei Begleitern eine Fahrt
über das grönländische Biuueneis zur
Weetkilste antreten, die er an der Swar-
tenhuks-Halbintiel zu errcidien gedenkt.
♦ Die Nonlpolarexped itiou Einar
Mikkelseus in die Beaufort-See ist
nadi Aufbringung der daau nötigen IGttel
gesidiert. Mikkelsen ist bereits im Ja-
nuar von England nach den Vereinigten
Stauten abgereist, um dort die Expedition
zu organisieren. "Et selbet beabsiehtigt
von Sun Franzisko aus auf dem Seewege
durch die Behringstraße nach der Beaufort-
See zu gelangen, während die übrigen
Expeditionsmitglieder, derOeologc Leffing-
well, Teilnehmer an der ßaldwin-ZiegleX'
Expeditinn 1901-02, der Zoologe Ditlevsen,
Mitglied der Amdmp-Ezpeditiou 19UU, und
ein Anst auf dem Mackenzie in dae Ei«,
meer gelangen wollen. Mikkelsen hofft»
daß ihm die l.'f^^'iening der Vereinigten
Staaten eins der kleinen, 32 bis 60 Tonnen
großen Zollsehtffe surBenuttungflberlftfit;
andernfalls soll ihn ein Walfänger zur
Mackenziermindung, und der kanadische
Üegierungsdampfer ihn samt der £xpe>
Geographische Neuigkeiten.
171
ditioD von dort zur Südweattpitze von j
Banksland bringen. Für die Durchführung '
des £xpeditionBplau8 wird es entscheidend j
lein, ob der Expedition «m Sohiff rar ant- 1
•chlieAUehen Benninuig flbadanen wird. |
In diesem Falle würde man runächst in
der Nähe der Behrings tra^ hydrographi- 1
lebeUntoiradiiiiigen aaitoUoiiimd wlhMnd
des übrigen Teils von 1907 die westlichen
Inseln des Parry-Arcbipela erforschen; die
Haaptreise von einem Punkte aul' Prinz i
P!itrik«Laad tna nofdwtrta wfifde darni
im Frühjahr 1908 ansgefQhrt werden; im !
Falle daß man kein Schiff erhält, würde
dies jedoch ichon 1907 geschehen.
* Die Arbeiten der „ Seal ark"- Ex-
pedition zur Erforschung des In-
difcben Oieant (XI. 1906. 8. 689) unter
Gardiners Leitnng lind zom Abschluß
gebracht worden, worauf die wiasenscbaft-
hchen Mitglieder der Expedition die „Sea-
kzk* in Port TiUoiia (Seychellen) yer-
bnaii haben , um nach England zurück- \
zukehren. Die letzten Arbeiten der Ex-
pedition umfaßten eine flozistische und i
firaniititdie Eifenohimg dM fOOkm ffid* |
Hch von den Seychellen gelegenen CoetiTy-
Riffä: Flora und Fauna sind fast dieselben !
wie auf den Tschagos-Inseln, jedoch ent-
hält die Fauna außer den Tschagosformen
aoeh viele andere Gattungen. Die Flora
de« Riffs scheint mehr durch die Natur
•eines Bodens als durch die Nähe des
Festlaades bestimmt worden zu sein. Die
Seeseite des Riffs o&d der ganse, ipftter
besuchte Farqnhar- Atoll waren fast ganz
mit einem graeähnlichen Gestrüpp, „Va- :
setfich*' genannt, bedeckt, was bisher selbst
im Cfatoien Osean noch nicht beobachtet |
wonlen ist. Auf dem Coetivy- wie auf '
dem Farquhar- Atoll zeigten sich keine [
Spuien submariner Ablagerungsstoffe, die
•nf rtkolare Hehong schließen lassen
konnten. Lotungen zwischen Farquhar,
den benachbarten Inseln Providence, Pierre i
und den Amiianten lor Feititelbuig einer
möglichen früheren Verbindung zwischen
den Seychellen und Madagaskar ergaben
irareiniweilUhafteeReraltal BiaDräeeh-
sog 6 km vor dem Providence-Riff ergab
aus 744 Fadentiefc 250 kg Steine bis zu
0,6 m Durchmes&er, deren genaue Be-
stimmung noch nicht Torgenommen werden
konnte; alle waxen mit Mangan umhüllt,
einige sahen ans wie festgewordene Asche,
andere glichen vulkanischen Bomben,
keiner enthielt elwae Organiaehee. Diee
bisher noch nicht beobachtete Vorkommen
ähnlichen Gesteins bei Korallenriffen hängt
wahrscheinlich mit der Entstehung des
RMb BOMunmen. DieiwiBehenlfadagaikar
und den Seychellen liegenden Eorallen-
inseln zeigten unter einander ganz ver-
schiedene Mühen Verhältnisse: Coetivy mit
96 m abeolnter Höhe Aber dem Meere was
die höchste von allen; Farquhar steigt
bis 20 m an. Pierre ist eine gehobene
Koralleninsel ohne Saumriff von 9 m Höhe.
Alphottie und FranpoiB tind Ssndbiake
auf den Rändern zweier Riffe mit Atoll-
bildung, Die .\miranten sind ebenfalls
Sandbänke, deren keine zur Flutzeit, mehr
all 8 m hoch iat. Alle Amiranten mit
Ausnahme von Marie Louise und Eagle
sind jetst mit Kokospalmen bepflanzt;
Fauna nndFlora sind fast dieselben wie auf
Coetivy und dem Tschagos-Archipel, ver*
mehrt durch einige vom Kontinent und
den Seychellen itammende Arten.
SeognplitMiier ünteralAht.
« Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Riehard
Lehmann in Münster hat die o. Pro-
fessur für Geographie an der dor-
tigen Universit&t aus Gesundheitarück-
sichten am Ende dieaes W.-8. nieder-
gelegt.
* Dr. Emil Deckert ist als Dozent
der Wirtschaftsgeographie an die Akade-
mie für Handele» und Sozialwiseenschaf-
ten zu Frankfurt a. M. berufen worden
und hat den Ruf angenommen.
18'
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172
Bfieherbeiprechniif«».
Rttcherbesprechmigen.
Qttnther, Sleffm. Physische Hnopra-
nhie. ^äammlaug Göschen. Nr. 2ü.)
S. Aufl. 147 S. SS Abb. Leipzig,
GMJtohen 1906. JH —.80.
Die schon in 3. Auflage vorliegende
kurze physische Geographie vou Öieg-
mnnd Gflnther «ign^ ■><^ tot-
züglich zur ersten Einfiihrung in die be-
treffende Disziplin. Der Verf. behandelt
auf dem kleinen ihm zur Verfögung
itohendflm Rftnm tetaftchlicb slle Zweige
dar pbyuachen Erdkunde, die Gestalt,
Srhwerf^ und Dichte der Krde, das Erd-
innere, die Morphologie der Erdoberfläche,
dM Wichtigste ans der Qeateiiu- und
Foimationslebre, Vulkanismua, Erdbeben
und Gebirg»bildun}^, ErdmagnftiHmu.H, die
LufUiülle, das ileer, di« ( it'\s iissfi- des
Binnenlandes, Schnee und Eis. Kr bietet
eine mBecocdentliehe Fülle von Material
und hat es meisterhaft verstanden, in
knapper Form dncli alles klar untl leicht
verständlich darzustellen und alle Er-
eeheinnngen dnreh wenige aber gut aus-
gewählte und typische Beispiele zu er-
läutern. Selb.it auf wissenschaftliche
Kontroversen ist er uiehrtach eingegangen,
s. B. auf die Tenehiedenen Anffaevongen
über die Beschaffenheit des Erdinnem,
die verschiedenen Vulkantheorien, die
zum Teil gegensätzUcheu Ansichten über
Qletaobereronon, und hat den gegenwär-
tigen Stand dieser Fragen klar dargelegt.
Kleine Ausstände hätte ich eigentlich nur
bei dem Abschnitt über Petrographie und
Petrogcneiw m ntacben. Der Uatendiied
zwischen vulkanischen oder Ergoflgeateinen
und plutonisclien oder mas.>!igen Tiefen-
gesteineu ist hier etwas verwischt. Es
wird ftmer der Oneia an einer Stelle
als nrqirüngliche Eistarrungskruste, an
einer andern als wiissriger NiedtTsrhlag
bezeichnet, ohne daß klar au!<gesprochen
ist, daß eben Gneis, wie alle krystalli-
nischen Schiefer wahrscheinlich anf sehr
verschiedenem Wf>n;p ;^r,ihiii^.t gein könne.
Die 80 wichtige Umwandlung sedimen-
tärer Gesteine, selbst jüngerer, z. B. jurassi-
•oher (in d«i Alpen) dniNsh Gebirgadraok
in krystallinischen Schiefer ist gar nicht
erwähnt. .\ber das sind Einzelheiten, die
den Wert des Buches als Ganzen nicht
wesentlich beeinträchtigen. Wichtig für
den angehenden Jünger der GeographiAi
der rieh an QflntberB Buch fiber das Ge-
biet der physischen Erdkunde orientieren
will, ist auch, daß die hauptsächlichste
Literatur am Anfang übersichtlich zu-
sammengestellt ist. R. Langenbeck.
UUdebrandsAon, II. Hildebrand. Kap-
port sur les obserTations inter-
nationales des nnagei an Gö-
rnitz M^t^rologiqne InternatiaiiaL IL
Ilauteurs et viteese des nuages. —
Sur la circulatiou de l'air autour des
minima et des maxima barom^-
qnes et sur la formation des satellltes.
87 S. 3 Abb. u. 7 Taf. Upsala,
Wretman lyOö.
Die' Abhandlung ist eine Fortsetzung
des im X. Bd. (19M), 8. %% dieser Zeitsefarift
in einem Aufsatz besprochenen ersten
Teils. Hat der erste Teil die Ergebnisse
der Beobachtungen des internationalen
WoUmi^riirs in besag anf die allgemeine
ZirknlalioB dar Atmosphäre behandelt,
so werden hier die genannten Beobach-
tungsreaultate für Schlüsse über Böhe
and Gesehwindi^Mat der Wölken, über
die Bewegung der Luft am die baio*
metrischen Maxima und Minima und über
die Bildung der Teildepressioneu ausge-
nntst. Es ist nnmOglich hier alle Br>
gebnisse wiederzugeben, dafBr sei anf
duH Original verwiesen; als besoiuion* in-
teressant möge nur hervorgehoben werden,
daß die Hohe der Wolken der gleichen
Form, besonders der oberen Wolken, von
dem .\quator nach den I'olen 7u ühnimmt,
und daß die Wolkeuhöheu im Winter ge-
ringer sind, als im Sommer. Mnlfciplisiert
man die Wolkengeschwindigkeit mit der
mittleren hiehte der Luft in der be-
treffenden Höhe, so erhält man eine an-
nähernd konstante Zahl, woraus mau
schließen kann, dafi annfthemd die glrieha
Luftmasse im Mittel in jeder H'die den
gleichen Querschnitt passiert, oder daß
die Windgeschwindigkeit in der Höhe
I nmgekehrt pioporüonal der IMiAite der
Luft ist. Wichtige Schlüsse auf die Httba,
bis zu der die Störungen des Luft^lmcks
_ an der Erdoberfläche reichen, gestattet
Digitized by Google
Bflelierbeipreelkiiiigeii.
178
die mit vielen Beispielen belegte Tatsache, I
(Uö die oberen Wolken nicht immer von
diette Störungen berflhri werdMif sondern
oft über die baromoirischen Minima und
ifaxima hinwegzieheu , ohne deren ge-
riiijjsten Einfluß erkennen zu lassen. In
»akm FUlmi nad fieilidi Moh wieder
die Inflwirbel sehr hoch und flberschreiten
die Hühe der Cirren, welche sich dann
um sie parallel zu den Isobaren bewegen.
Avtedem werden die Beobaektimgeii in
beng auf die Entstehung der Teildepret-
liotipn «liskutiert und führen m wichtigen
i^clüü«sen auch über deren Verhältnis
snm lUgeineinen Polenriibel. Sftmtlicbe
Ansfübruiigen sind mit reichem tabella-
riichem Material und einer Anzahl karto-
gnfthischer Danteliungen begleitet und
beUist. Greim.
Jahrbuch für Deutschlands Sce-
interessen unter teilweider Be-
mlnuig amtlichen Mntwials hetmu-
gegeben von Nauticua. VII. Jhrg.
1905. Berlin, MitÜer k Sohn.
JL 5.60.
Die letzten Jahrgänge des Nnnticns-
Jehrimdies haben geg«i(lber den ersten
■'ahr^anijen an Zuverlftesigkeit und lie-
»ondprs au (jenauigkfit der statistischen
Angaben sehr gewonnen, üeute gilt der
Kmilieas als üiM snveriftssigite dentsche
Handbuch fflr maritime Dinge. Es zer-
fällt in drei Teil»'. Der erste Teil brinpt
Aufsätse kriegamaritimen, politischen und
Uitomehen Inhalte, der sweite Anfriktee
wirt«cbaftlicheu und technischen Inhalts
und der dritto StatistiHches. Im zweiten
Teil begegnet man auch Aufsätzen, die
fk den Geographen von biteresae sind,
•0 im .lahrgang 1904 den Abhandlungen
über den „Panamakanal" und über tlen
„Robbenfang'', im letzten Jahrgang der
Abhaadhmg Aber die „Seehlfen des Welt-
wkehl»**. In diesem Aufsatz werden in
einem er^t^n Abschnitt die Grundlagen
der Seehäfen im allgemeinen entwickelt
■ad in «inem iwetten die Welth&fen der
O^geowtrt geadiildert Die Beschreibung
der außereuropäischen Welthäfen könnte
«twa« aasführlichei sein. Auch das
^^MBorpbologische und die eigentliche
^'eltlagc hätten nodi eingehender be-
rruk«i.|it[^t werden niÜRscn Ich hoffe,
diejen Punkt demnächst ausführlicher bc-
■pieehsa zu können, weshalb idh mich
weiterer Ausführungen hier enthalten
kann.
Die steüstiiehen Angaben aind mit
jedem .Tahre verbessert Wid erweitert
worden. Im Nauticus-Jabrbnch 1905 tinden
wir folgende Stetistiken: die Marine-
bodgeCa der grSßem Seendtehte; die
deutsche Handelsflotte ; die Handel s-
dampfer aller Nationen; den deutschen
Seeschi Üahrtsbedtand ; die Welthandels-
flotte der wichtigiten leelUirenden Völker;
den Seeverkehr in den bedeutenderen
Welthäfen und den bedeutenderen deut-
schen Häfen; die Ein- und Ausfuhrwerte
des denttchen ZoDg^ieti; den Wert des
Weltbauilrls der Haupthandelsstaaten';
den (itiUst hen Schiffsbau und den W^elt-
schitisbau; die deutschen Kolonien; die
Marinettationen, Flottenettttqtnnkte nnd
Kohlenstationen der größern See- imd
Kolonialmächte ond schlieAlich das Wdt-
kabelnetz.
Die Illustrationen, die dem Nantiena
beigegeben sind, beziehen sich haopt*
B&chlich auf Schiffskonstruktioncn und
neue Schitftitypen. Sie sind wie die bei-
gegebenen Karten klar und deutlich. Im
letiten Jahrgang befindet sich eine Welt-
karte aar Veraniehauliehunfr der Kabel.
Max Eckert.
PhUlppi«ii9 A. Europa. Zweite Auf>
läge. ^T. S". XII u. 7C,1 S. 114 Abb.
u. K. im Text, 14 K. u. 22 Taf.
Leipzig u. Wien, BibL Insl 1906.
JC 16.—,
Auch dieser Schlußteil der Ton Sievera
herausgegebenen ..Allgemeinen Länder-
kunde** Ist nun nach natürlicher (ilicde-
mng einheitlieh bearbeitet worden nnd
somit gans wesentlich gehoben. Alfred
Philippson, der bereits in der ersten .\uf-
lage dieses Bandes die pbysiographische
Abteilnng geliefert hatte, hat sich als der
rechte Mann bewährt , das schwierige
Werk zum guten Ziel zu IVihrt'ii. Fast
ganz neu galt es das Cicbitude aufzurich-
ten. Das so vidgesteltige Europa legte
jener wissenschaftlichen Darstellung, die
nicht schematiflch r.ert^licilpriid beschreibt,
sondern die Landesart iu ihrem organi-
schen Znsammenhang zu deuten versucht,
grofle Schwierigkeiten in den Weg. In
einer ausführlichen einleitenden t'berschau
werden zunächst die physiacheu wie die
kulturellen Wesenszüge Europas im all-
174
BficherJbeipreebniigen.
^meineo dargelegt. Darauf folgt die
Betmelitang d«r lAmlieliflii WeMnuüge
in der banten Mannigfaltigkeit der länder-
kundlichen Einzelgebilde, geschieden in
die drei entwicklungsgeschichtlich be- 1
stimmten Hauptteile: die südeuropüischen
Faltungsländer, das noidiresfeentop&ische
Schollenland und di« muisoh-eluuidma-
viache Tafel.
In wohltnendex Harmonie erhalten wir
otete Tor aUem einen klaren Eiabliok in
den Aufbau des Bodens und in dessen
Gewordenaein, wobei es der Verfasser mit
wohlgeübtem Lehrtalent versteht, dem
Leier Tentindlidi sa werden aaoh ohae
suviel geologuche Vorkenntniate voran«-
zQsetzen. Daran schließen sich unge-
swungen die hydrographischen und klima-
tisehea VerldUfcniue, daa Pflansen- und
Tierleben, lowolt ee iriehtige Zage in der
Lan(b'?>natur ausmacht, endlich die Be-
völkerung, wie sie sich in ihrem Wohn-
ranm bettHgi hat in Siedetnngen, Ver-
kehraanlagen , Staatsgründungen , Wirt-
schaft Ii eher und geistiger Kultur. Das
ist alles in so känsilerisch abgerunde-
ten Büdem vorgeftihrt bis herab auf die
Klrinmalerei auch der einzelnen Land-
schaften, daß der Leser nicht ermüdet,
die großartige Bilderreihe von Spanien
bis Rußland, Ton Hellas bis Schottland
an rieh Torübeniehen zu aehcii, somal
rie ausnahmslos dnrchgei. tigt wird durch
das Streben, den tieferen innerlichen Zu-
lammenhang der europäischen Dinge zu
entaoUeiem.
Aach die gleichmäßige Schönheit des
schlicht'Cn, klaren Stils macht das Werk
XU einem wahrhaft klassischen, nicht
minder die Ffllle der techniich Tollende-
ten und stets lehrreichen Abbildungen
und Karten. Die geologische tlbersichtf-
karte von Europa ^zu S. 2ü) ist z. B. ein
kann in flbertreflbndei Meiitertlfick von
Reichhaltigkeit , Zuverlässigkeit und
schönster t'bergicbtlichkeit dank der
treülich ausgewählten Farbenenergie.
Wollte man dem Yerf. in der erstaun-
liehen und doch nie überlastenden Masse
»einer sachlichen Angaben irgendwo einen
kleinen Verstoß nachweisen, so müfite
man bei seiner sorgfältigen Arbeiteweise
schon mit der Lnpe vorgehen. Dann
f&nde man etwa auf S. rr23 das ,, Zink-
bergwerk von Alteuberg" iu dem berühm-
ten pseudoneutralen Landzwickel Moresnet
südwestlich von Aachen und die Bemer-
kung, daß die S700 Bewohner von Alten-
berg „unter wechselnder (?!) Verwaltong"
Preußens und Belpiens ständen. Daa
einst für die Messingfabrikation so wich-
tige Galmeiwerk iit jedoch längst er-
schöpft, nur noch ein Loeh im Boden
(„die Kuli"), und die etwa 4000 Alten-
berger, die einzigen staatlosen Europäer,
stehen ständig unter der Doppelkontrolle
eimi prenBiadiea nnd einee belgiicben
Kommissars.
Nicht nachahmenswert dünkt der Zir-
kumüex auf dem Namen Khone (den der
Yeif. doch naeh dentecher Weiee ftminin
gebraaeht) nnd die niederlftndiiehe Form
Zuidersee an Stelle der in unserem Nord-
westen noch ganz volkstümlichen deut-
•chen Form Sfldenee. HOehit rOhmene-
wert dagegen erscheint es, daß dem um-
fangreichen Werk das (noch bei den
größten Geographen heimische) ekelhafte
Ungeiiefer der nOirea** «od gans
fehlt Kirchboff.
Enzeniperger) Josef. EinBergsteiger-
leben. Eine Sammlnng von idpinen
Schilderungen nebst einem Anhang:
Keisebriefe und Kerguelen-Tagebnch.
i\ XV u. 27<i S. X4 Tat., 2 K.,
1 Panor. xl viele Teztill. Mag. vom
Akadem. Alpenverein München. Mün-
chen, Vereinigte Konstanitalten A.-G.
1905. -iO —.
Eine vornehme Weihegabe hat der
Akademiiehe Alpenverein Mflnohen dem
Andenken seines hochverdienten Mit-
gliedes und ehemaligen Vorstandes gfe-
widmet. Das tragische Schicksal, das
d«i ju^en, wa g^fien Erwaituugen be-
rechtigenden Forscher al.s mcteoioiogi-
scheu Beobachter auf der Keiyuelen-
Station der deutschen Südpolar-Expedition
betroffen hat« reehtfertigt die Erriehtong
eines literarischen Denkmals von Seite
jener Jugendfreunde des Verstorbenen, die
am meisten seine touristische Kühnheit
nnd Gewandtheit, leine B«geiitenuig fBr
die Alpen weit, wie den Bmit ieinea
wissenschaftlicheTi Strebens, nicht zum
mindesten auch die Lauterkeit nnd Liebens-
wflrdigkeit «einet Gharakten za beobaeb»
tcn und schüt/t n Gelegenheit hatten. 8o
stellt sich dieser Hand dar als eine Samm-
lung der zerstreuten alpinen Schriiten
Enzenspergers, demen PenOnBehfceifc
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Bficherbesprechungen.
176
auch dem Femeratehenden als
Gftnzes entgegenleuchtet. Wehmütig be-
rühren die noch von froher Hoffnung und
Labeaafireod« dvNluogeiiMi Reüebriefe
und das anschließende Kerj^nelen- Tage-
buch, das den Fortschritt der tückischen
Krankheit verfolgen iiißt, bia die Feder
dem enchOpften Dulder und Mi nur
äuBersten physischen Möglichkeit gewiBsen-
haflen Beobiicbter entsank. Ein warmer
Kachruf seitens des Leiten der deutscheu
SidpdIar-BqMditfon, Prof. Drjgrsliki,
mM «imgoi biogrftphischen Notizen der
Herausgeber (P. v. Cube, L, Dis^t^l,
E. Enzensperger) ist dem Ganzen vorau-
fMteUi Di6 AuMteltaag dee Boäbm ut
tiae 'fllmnis gIftiiMnde. Außer dem wohl-
gelungenen Bildnis des Verstorbenen
■ehm&cken es prächtige Bilder der haupt-
dddidi ton Ihm begangenen Gebiete
(Allgftner Alpen, Kaisergebirge, Kerguelcn)
in Kupferdruck Rowit^ eine Reihe <d)en-
fkUs Tortrefflicher Textillustrationen. Es
i«l ab Werk, das jeder Bergfreand mit
holiem Genuß durchbl&ttern wixd, doch
anch mit dem Gefühl der Trauer um ein
joDges deutsches Bergsteigericben, das so
jäh und vorzeitig sein Ende gefunden.
S. Oberktimmer.
Wermert, (ieorf. Die Insel Sicilien
in volktwirtae]iftftlioli«E^ knltv-
reller und lotialeY Besieh ung.
fol. 48ft S. 1 K. in 1 : 800 000. Beilia,
D. Kfimer 1905. 10.—.
Da die Insel Sicilien in der letzten
Z«it durch die trsnrige Lage der Masse
Miier acker- und bergbaulichen BevOlke-
ning und «ladunh liervorgerufene Un-
ruhen wiederholt die Blicke der Welt auf
wh gelenkt hat und in Znknnft lenken
wird, M ist es sehr dankenswert, dafi
sich der Verf. offenbar auf Grund eines
liUigeren Aufenthalts auf der Insel die
Aufgabe gestellt bat, die deutsche Lese-
welt über diese Zustände zu unti rricht< n
An Quellen boten sich auch zahlreic he
dickleibige auf amtlichen Erhebungen
berahende Werke nnd private Dantel-
Pas Werk ist als ein im wesentlichen
volkswirtschaftliches anzusehen. Dort liegt
der Schwerpunkt derYorbildung und der
Stadien des Verfassen. Es enthält in
•iiei«er Hinsicht eine Fnlle gewichtiger
Tatsachen und Termag selbst mir, obwohl
ich fast zwei Jahre, freilich vor beinahe
30 Jahren, auf der Insel gelebt, diese
sorgsam studiert und manches über sie
verOffenflieht habe, noeh hie und da Nenee
zu bieten. Dabei lilßt es der Verf. an
der oft aucli amtlichen Veröffentlichungen
namentlich statistischer Natur gegenüber
gebotenen voniehtigen Kritik nicht feUen.
Viehzucht, Ackerbau, Obstzucht, nament-
lich Agrumenbau, Schwefelbergbau, die
Lage der Arbeiter in diesem wie in der
Laadwiitsehaft, die oft meikwflxdige Er-
Bcheinun^ren bietende KommunaWerwal-
tung, das kirchliche Leben, Sitten und
Gebräuche, der Volkscharakter werden
eingehend nntenneht and der MafiBa nnd
den sozialen Bewegungen der Neuzeit die
Schlußkapitel gewidmet. Es wird ein
klares Bild des vorherrschenden Groß*
gmndbeeitses nnd seiner Folgen, des tie-
fen Standes der sicilischen Laadwirt-
schaft, auf welche die Bevölkemnfj doch
vorzugsweise angewiesen ist^ des Pächter-
miweeens, des Absentismos entworfen.
Auch das Gedrängtwohnen der landwirt-
schaftlichen Arbeiter wird hervorgehcjhcn,
ebenso die kirchlichen und sittlichen Zu-
stände, welch letstere gewifl mit dem Verf.
als Entartongsersoheinongen aulkafassen
sind. Die UrKachen der traiiri>»en La^je der
großen Masse der Bevölkerung, einer Er-
scheinung, die hier schon früher wieder-
holt hervoigetrsten ist nnd aa Ägypten
erinnert, werden nur geschichtlich und
wirtschaftlich hergeleitet. Ks spielen aber
gewiß geographische Faktoren mit. Leider
liegt dies Gebiet demVeif., wie raerinrür-
digem eise den meisten YolkswirtschafUem
völlig fem. Auf zwei Grundbedin<7ungen
des sicilischen Ackerbaues, die Boden-
beschaffoiheit nnd die Wassecfinge, über
welche beide gute Vorarbeiten vorliegen,
wird daher kaum einjjeganp^'en, und der
geographische Abschnitt, welchen der Verf.
Toranssehieken sn mflesen glanbte, ist
ganz unzureichend, wimmelt von Tin-
Genauigkeiten, Irrtümern nnd Druckfehlern.
Auch die Auswauderungstrage, die heute,
namentiich aneh in besag anf Tunesien,
wo man jetat 180 000 Italiener, st
Sicilianer, zählt, eine so große Rolle
spielt, wird kaum gestreil't. Th. Fischer.
Krebs, Norberte. Densitä c aumento
della popolazione nell" Istria e
in Trieste. (Estratto dall' „Archeo-
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Bfieherbefpreehniigen.
grafo Triestino." Ser. 10. VoL II.)
S6 S. Trieste ld05.
Der y«iliUBer, der tehon mehrere
Schriften Aber Istrien veröffentUelit hat nad
allem Anftcheine nach "'ine HV-ätematiBclu«
geographische Durchforschung der Hall>-
insel beabsichtigt, gibt hier eine genaue
. Oberaieht Aber die Titaaoheii der Be-
v/ilkerungsgeographie. Zuerst wird dif
Volksdichte abgehandelt, und zwar in
der Weise, daß der Verfasser von Triest
auRgehend nach und naeh die eiiuehien
Teillandschaften der Halbinsel bespricht.
Dann wird in ähnlicher Weise die Zu-
• und Abnahme der Bevölkerung Ton 18C9
bie 1900 dargestelli Ein Anhang gibt
dii' Zahlenwerte in Bezug auf die ge-
wählte Einteiluiij^' des Landen in tabella-
rischer Übersicht, während eine Karte
die Bevölkerungsverteilung mit Hilfe von
bieben schwarzen Tönen gut veranschau-
liclit. Eh handelt sich in der Arbeit
hauptsächlich um eine Feststellung der
Tataaehen, weniger nm einen analytiachen
Nachweis der sie bedingenden Faktoren.
Auf diese wird jcddch beständi«; an-
deutend hingewiesen, sowohl nach der
Seite der Natur wie naoli der dee MeneebeD.
Die Arbeit ist eine dankenswerte Be-
reicherung der Literatur über die Volks-
dichte. O. Schlüter.
Lnseingrande, Lussinpiccolo. Lus-
sin und d i e I n s e 1 n d e 8 Q u a rn e r o
Ein Wegweiser für Kurgübte und
Ferienzeiaende. 104 8. 60 Abb. n. 8 K.
Wien u. Leipzig, Hartleben o. J. ( 190'>).
Ein lebendig i|relegentlirh aiü ii einmal
etwas krampfhaft lebmdi^'i ^MSihrie-
hener Führer, der wohl geeignet i.»t, den
Wunsch naeh nftherer persönlicher Be-
kanntschaft mit diesem nördlichten Teil
der dalmatischen Inselwelt zu erwecken.
Zugleich ein Führer, der mehr als andere
aeines gleidien das Geographische hervor-
hebt. Die ganze erste Hälfte wirfl von
einer kleinen landesknndliohen Skizze
. eingenommen, und auch bei der Be-
sprechung der Ansflflge, weldie die aweite
Hiilfte einnimmt, wird beständig das
• Auge auf die Natur gelenkt. Den An-
gaben über Luterkunlt usw. sind nur die
wenigen Seiten des Anbanges gewidmet.
Em wäre jedenfalls zu wünschen, daß
Rci^oführer die.ser Art in größerer Zahl
vorhanden wären, damit da^ reisende
Publikum mehr Anregung rar verständnis-
vollen Betrachtung der Natiir empfinge.
— Die vorliegende Dazatelloiigbeflohiftnkt
sich nicht auf Lussin; sie bemtlt diflie
Insel nur als Stützpunkt, um von da ans
auch die kleineren und größereu Nachbar-
inseln (Cherso, Axbe, Veglia) zu besucben.
Viele Abbildnngea gel>en eine gut« An-
scbauunir v'>ii der geschilderten Erdstelle.
Die Ausstattung mit Karten hätte aller-
dings etwM zeiehhftltigar ans&Uen kOnaen.
O. Seblfiter.
Langenbucher» K« Karte von Ma-
rokko. 1;SOOOOOO. Berlin, D.Beimer
(E.Vohsen). 1906. JL 1.—.
Um die vorliegende Karte j^erecht zu
beurteilen, muß man sich gegenwärtig
halten, daß sie eine Gelegenheitsarbeit
ist und nor einem gewissen Zwedce dkoen
will, nümlich der Darstellung der Ver-
kehrswege und Hotenposten, der deutschen,
französischen, englischen und spanischen
Dampferlinien. V<m Botenposten sind nur
die Linien der deutschen und französi-
schen ein^'»^zBichnet. Leider aber letztere
ganz unvulLstüudig, denn eine französische
Botenpost geht nicht mnr an der Osean«
küste entlang bis Mogador, sondern auch
von Tanger nach Tetuan, von Tanger
nach Fäs mid Meknus über Ksar el Kebir
bsw. von LaMMch Aber Ksar el Kebir, von
Mazagan nach Marrakesch, außerdem an
der Oatgrenze von der französischen Grenz-
stadt Laila Mamia nach der marokka-
nischen U^da. AoBerdem dürfte der
Sommerweg der deutaeheuRekkas zwischen
Tanger und Fäs, genau wie der der fran-
züsisuheu ein andrer sein w^ie der Winter-
\% eg. Femer: ich vermute, da0 die deni»
sehe Privatpost M ogador — Marrakesch noch
besteht, überhaupt hätten auf einer Ver-
kehrskai"te doch auch wohl die wichtigsten
Karawanenwege eingetragen werden sollen.
Welchen Zweck haben sonst die zwischen
Maprador und Manakosi h tnid auf der
Winterlinie Tanger — Fäs eingetra^'ouen
Uauptrastorte und vollends die beiden
Fisse Psab Tsinka «nd Beb Tiara Djorf,
durch welche man die ungangbare Durch»
bruchschludit des Aled Hedem unitrehend
aus der Tieflaudbucht des Sebu auf die
obere Terrasse emporsteigt? Auf die
Gelilndedarstellung und die Hydrographie
! wollen wir lieber gar nicht eingehen.
i Aber selbst die Küste ist veraeiohnet.
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BfleherbetpreehiiBgen.
177
Daß Tanger am westlichen Eingange einer
halbkreiaförmigen Bucht liegt, tritt selbst
auf der Nebenkarte nieht herror
Dieae Karte «üd auf der Konferenz
keine Vorst-ellung von deutscher Karto-
graphie und Gründlichkeit geben. Der
Maflatab iai der TOn Lannay de Biaaya
Karte. Th. Flacher.
T.Uihalom, Albert Ungard Edler. Der
Sneakanal. Seine Geschiebte, aeine
Baa- und Verkehrsverhältuiöse und
seine militärische Bedeutung. 10 t S.
6 K. Wien u. Leipzig, Hartlebeu
1906. JL 4.—.
Abgesehen vom Militftriaehen, in dem
selbstärHlige Darlegtmgen gegebt-n werden,
erhebt der Verfasser nicht dfn Anspruch,
wesentlich Neues zu seinem Gegenstände
m sagen; Uber die Qeechichte, Ban- imd
Wrkehrsverhältnisse will er nur in knap-
pen Zügen in einem Buch zusanunen-
fas»en, was sich sonst au verschiedeneu
Stellen anafBhxlich findet. Ein Ziel, nieht
leicht zu erreichen — setzt es doch die
absolute Beherrschung all der Sachgebiete
voraus, die für die Beurteilung eines sol-
chen Banwerha in Betracht kommen — ;
und man kann denn auch nicht sa^eu.
daß es der Verfasser errnVlit habe: es
fehlt die Unterscheidung zwischen Wesent-
lichem und Unwesentlichem.
So durchziehen die i^chrifb trotz ihres
allgemein-orientieri'nden Cliarakt.TH zahl-
lose Einzelheiten, deren Wert an dieser
Stelle nicht zeeht an exaehen ist, -die d»-
faer daa Geaamtbild nur verwirren, nicht
klär<n können; wohl das krasseste Bei-
spiel bietet der völlige, wortgetreue Ab-
druck des Frachttarifs des österreichischen
Uoyds, ans dem sieh der gediddige Leser
gefälligst fclbpt und ohne Hilfe das Wich-
tige herausnehmen möge. An andern
Stellen wieder unterläßt es der Verfasser,
die sidi hiatoriach folgenden Begeben-
heiten zu einem Bild ihrer gegenwärtigen
Oesamtwirkung zu vereinigen; ja man hat
gelegentlich das Gefühl, daß er sich
sdbrt einen solchen Gesamteindmek nicht
nrsehafft habe — anders kann man
wenigstens die Verworrenheit nicht er-
Uiien, mit der die beim Suezkanal so
besonders wichtigen FinansTerhftltoisse,
insbesondere die Berechnung und Ver-
teilung des Keingewinna behandelt wor-
den sind. Gerade die Form der Dar-
stellung gibt aber bei Werken des an-
gegebenen Ziels für ihre Bewertung den
entscheidenden Malletab, dn sie aachlieh
nichts Neues bieten wollen.
Der militärische Abschnitt scheint
besser geraten zu sein; wenigstens be-
kommt hier der Lde einen allgemdnen,
durch Einzelheiten nicht belasteten Ein-
druck von der Rolle, die der Kanal itn
Kriege spielen kann. K. Wiedeufeld
Kraentzcl, H. Le canal de Panama.
(Travaux du 8eminaire de Geographie
de rUniverbitä de Li^. IV.) 68 S.
Lfittaoh, Cotmanz im.
Kraentsel behandelt in seiner kleinen
Arbeit über den Panamakanal auf Gmnd
eines kleinen, doch nach dem innerlichen
Wert richtig uusgewühltcn Teiles der
wtitschiditi^ VerOffimtiidrangen fiber
dieses Banweik die weaentlicbsten Züge
der Länderkunde im Kanalgebiet, die
Uauptereignisse aus der Geschichte der
YerkehnsbaBe und ihre politiiche nnd
wirtschaftliche Bedeutsamkeit. Der Inhalt
der verständigen Schrift ist nirgends zn
beanstanden. Allerdings werden weder
unbekannte Tataaehen noch bemerkens-
werte neue Gesichtsponkte zur Beurteilung
der schon von den ver<»rbie(lpnsteti Seiten
her ausführlich oder knapp zusammen-
fasaend behandelten Kannlangelegenheit
beigeatenert. Felix Lnmpe.
Kraentzcl) F. La Geographie dans
Tenseignement moyen. (Travanz
dn S^inaire de Geographie de TUni-
versite de Liege. I.) 37 S. Lüttich»
Cormaux l'Jüö. hr. 1.—.
Die Arbeit ist die erste Veröffentlich-
ung des in Folge der Beformiening des
geographischen Univorsitilts-rnterrichtea
in Belgien lyo.S gegründeten geographi-
schen Seminarä der Universität Lüttich.
Sie ist ein erfreuliches Zeidien daf&r«
daß iiueh in Belgien das Bestreben her-
vortritt, den geographisrheii Unterricht
au den Gymnasien uud boustigeu höhereu
Lehranatalten an erweitern und an ver^
tiefen. Die Grundsätze, die der Verf.
dafiir entwickilt. sind nicht neu. Die
Geographie soll sich nicht auf eine reine
Beschreibung der Erdoberflftche beschrän-
ken, sie aoil fiberall auf die Ur!^achen
der Erscheinungen zurückgehen, soll den
Öchülem die Wcchselwixkuugeu der ver-
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178 Bflcherbesp
schiedenen geoj^phischen Elemente iiud
den £iiiflafl dea Müieos auf den Men-
wshm, Mino wiiiidi«IUie1i«n YtrhSUaiiM
Mine Siedelungsformen zum Verständnis
bliogeii. Weiterbin weist der Verf. auf
den gEOfien p»kti«clien Wert des Unter-
ridiies hin und wfbuoht, dm6 der Wirt-
schaftsgeographie ein besonders breiter
Raum in diesem zugewiesen werde. An
einer Anzahl von Beispielen zeigt er so-
dann in trefflicher Weise, wie er den
geogn|ilutdien ünterrieht auf dem einzel-
nen Stufen gehandhalit zu wissen wünscht.
Ein längerer Abacbuitt ist der Benutzung
von Wandkarten und AÜas, sowie dem
geogrftphiaohen Zddinen in der Seihnle
gewidmet. Sehr erfreulich für uns ist die
hohe Anerkennung, die er (iahci der
deutschen Kartographie zollt. Li tritt
aebr eindringHoih dalBr ein, deutaehe
Schulatlanten, etwa Sydow -Wagner oder
I)u'rcke, und deutsche Schulwandkarten
auf den belgischen Schulen einzuführen, da
ihnen Oleiehwertigea in Belgien nicht vor^
banden sei. Für das Schülerzeichnen ver-
wirft er mit Hecht alle künstlichen Kon-
struktionen und überhaupt das Zeichnen
von Kaitenskinen nna dem Ged&ehtnie.
Die Forderungen, die der Verf zum Schluß
stellt, decken sich vollständit? mit denen,
die auch wir deutschen Geographen schon
eeit Jahnehnten, leider lum großen Teil
bieher ohne Erfolg, erholjen haben: Ver-
mehrung der geographischen l uterrichts-
itunden, Fortführung des geographischen
Untenichtee bia in die obersten Klassen
aller Lehnmatnlten, Tolkttndige Tren-
nong des geographischen vom geschicht-
lichen Unterricht und Übertragung des
erstereu au wirkliche geographische Fach-
Lehrer. B. Langenbeek.
Ptttx, Wilhelm. Lehrbuch der ver-
gleichenden Erdbeschreibung
fOx die oberen Klaesen höherer Lehr-
anstalten und zum Selbstunterricht.
1». verbesfl. Aufl., bearbeitet von
Ludwig Neumauu. 392 S. Freiburg
i. B., Herder 1906. UK 8.—.
Ee wird nicht viele Lehrbfieher geben,
die wie vorliegendes ein fünfzigjilhriges
Jubilftwn feiern können — und es ist
gut io! Denn waa haben nne die leisten
60 Jahre fttr Umwandlungen in der Auf-
fa-^'-nnir wissenschaftlicher (Jeographie wie
im methodischen Betriebe gebracht I Die
»rechungen.
Fortschritte sind so gewaltig und tief-
greifend, dafi ihnen ein Lehrbuch nicht
dnreh kleine Anderangen folgen kann;
es müfite denn seine gnnze Grundlage,
sein Wesen aufgeben. „Pütz" ist aber
der Alte geblieben, wenn ihn auch jetat
ein modemer aksdeouaeher Terlteter der
Geographie in Pflege genommen hat. Es
ist das alte Rezept: Lexikonwisaen . nel
Namen, hübsch systematisch aufgetischt,
die hergebrachte Disposition fSr jedes
Land: Lage, GhrOBe, horiaontale und rerti-
kale Gliederung, politische Einteilung (bis
herab auf sämtliche 87 französische
Departement«) usw. Kurz, dieser Luhr-
atoff fttr die „Obeisliifo^ bringt Erweite-
rung des Gedächtnisballastes, aber keine
Vertiefung, keinen Denkstoff. Es sind
nur wenige Oasen, z. B. bei der Betrach-
tung Europas, wo Twmieht wird, irgend
ein geographisches Problem, eine wert-
volle (Jed an kenkette dem reiferen Schüler
nahezubringen. Diu moderne Schule aber
ringt nach Befreiung von nnniitaem Oe-
dächtniskrum ; sie hungert nach kräftiger
Kost, nach wertvoller Gedankenarbeit für
unsere Jünglinge I Darum wollen wir
nicht mu Fietit alte, glückUdi «bec^
wundene Ldixmethoden beibehalten, aon-
dem lieber von Grund aus neu aufbauen.
Das ist der einzige Rat, den wir dem
Benibeiter der 18. Auflage dea ▼orllegen-
deh Bnehee geben kOnnen. P. Wagner.
Meberdingg Schulgeographie. Bearb.
▼mi Wilh. Richter. M.AttiL «71 8.
Paderborn, F.SchOningh 1906. i .36.
Wenn ein Buch wie das vorliegende
durch das Erscheinen l iniT 24. Autlage
seine LebensHlhigkeit beweist und uns
>einen BfickeehlnB auf den gegenwärtigen
T^uterrichtsbetrieb gestattet, so muß una
das mit tiefem Bedauern erfüllen. Allee,
was die moderne Methodik als wüniichens-
wert hinstellt: Anigang von der Heimat,
Entwicklung der geographischen Grund-
begriffe an konkreten Landschaftsbildern,
Vertiefung des Lagebegriffs, Beziehungen
swiflohen Boden und Mensch, knra adle
kausale Verknflpfong fehlt vOUig. Dn
wird der Sextaner zuniVchst auf dem
ganzen Erdbälle herumgejagt, lernt die
technischen Anadrficke (denn C^ewinnong
von „Begriffen" kann man so etwas nicht
nennen) in einer abstrakten Einleitung.
Daun wird Mitteleuropa im Skelett, d. h.
Digitized by Gopgle
Bfloherbetpreehungen.
179
in trockenster Namenanfz&hluDg behan-
delt; in derselben Weise folgt das Übrige.
Uad wtDB dem 8elifil«r «of d«r ünter-
lAnh dM Fach noch nicht ganz verekelt
ist, wenn er vielleicht auf der Oberstufe
das nötige ,^leiBch'' zu ündon hofft —
yagtkeaB. Ntmen, politisoihe OHedenm-
geu bia ina Binzeine, philologische Er-
idäruDgen — es gehört ein guter Magen
daxu, solch trockene Nahrung zu ver-
danml Wenn wir Geograph«n hente
nelir denn je um eine höhere Würdigung
■unseres Faches im Lehrplane kämpfen,
dann wird es Zeit, daß wir solchen Geo-
graphiebetrieb energisch von unsem Rock-
•difiBMi sehUtteln. Denn er ut nicht
vnt, ilaß man damit kostbare Schulzeit
vergeudetl P. Wagner.
fleimatknnden sor Ergänzung der
Schnlgeogrsphie von £. v.Seyd-
litz.
F. Regel. Landeskonde von Thü-
ringen. 3. Aufl. 66 8. 87 Abb.
(t. H»'rtel. Landeskunde der Pro-
vinz Sachsen u. des Herzogtums
Anhalt. 3. völlig umgearC. Aufl. von
A. MertODi. M 8. 65 Abb.
Breslau, Birth 1904. Je JC
Der traditionellen Anlage der ganzen
Sammlung entsprechend bieten die beiden
Torliegenden Blodebon Tiderlei, das mit
darSrdkunde nur in sehr losom Zusammen-
hange steht, statistisches Material, Denk-
würdigkeiten , Sehenswürdigkeiten usw.
An ndi mag es ja etwas tfb sieb haben,
dem Schfiler in seinem Leitfaden auch
♦•inp \it XachHchhigi'buch über die Ver-
hiÜtnisse seiner Ueimatprovinz zu geben.
Leider besteht dabei nur die Oefohr, daß
dann gewisse eifrige Lehrkräfte in dem
Anf;;pl>PT und Abfragen solchen Notizeii-
krams ein Hauptziel ihres Unterrichts er-
blicken. Gewisse Grenzen sollten aber
dami doch iniiegehalten werden. DaA ein
Ort ein Gymnasium . i in Amt.<^gericht,
meinetwegen ein ZuclithauH besitzt, mag
ja noch in eine Landeskunde im weite- j
«iMi Sinne hineiogebSren, die Geburt dea |
Dichters Bomemann im Jahre 1767 aber
doch wirklich nicht mehr. Dagegen halte
ich es andereraeita für geographisch be-
dctttMtti, daA Wittenbevg mid Torgau bis
vor wenden Jahr/ehnton als Festongen
den Elbstrom beherrschten, und vormisae
die Erwähnung dieser Tatsache.
Was nun die eigentlich landeskundliche
Darstellung anlaugt, so hat F. Regel die
•obwierige Aufgabe, auf Ueioem Baun
eine anschauliche, abgerundete und bei
aller Faßlichkeit doch wisHenschaftliche
Darstellung zu geben, vortrefflich gelöst.
Ob ea nur nicht mSglicb geweeen ^rtie,
im speaiellen Teil den leidigen Depeaehen-
stU ganz zu beseitigen?
Die Darstellung von Mertens unter-
scheidet sieh aebr m ibxem Vorteil von
der der erstm AnfUigen. Vor allem tritt
sogleich die geographische AuffuHsnng
darin zutage, daß das künstliche Gebilde
der Provinz Sachsen in natürliche Land-
schaften lerlegt ist Der Ver&iser ist sicht-
lich betrebt gewesen, ein anschuuHohes
Bild der einzelnen Landschaften zu lirfer»,
hinsichtlich des Gebirgslandes ist ihm
diea aber allevdinga meiner Ansiebt naeh
nicht völlig gelungen; ich vermisse da die
recht« Klarheit. Dit Vorsuch, di** Dar-
stellung geologisch zu vertiefen, muß lei-
der eis miftlnngen beaeiehnet werden, da
offenbar ganz veraltete Quellen benutet
sind So sind beispielsweise die Schichten
der Trias keineswegs, wie der Verfasser
meint, in der Moide swiaoben "Hm nnd
Thüringer Wald abgelagert, denn zur Zeit
ihrer Ablagerung bestanden diese Gebirge
noch gar nicht. L. Henkel.
Pfaff , H. Landeskunde des Orofi-
herzogtums Hessen. 3. Aufl. 36 S.
14 Abi.. Breslau, Hirt 190r,. JC —.60.
Die kleine, für den Schalgebrauch be-
stimmte Landeakimde Hegt nunmehr aehon
in dritter Auflage vor, was ihre Beliebt-
heit beweisen dürfte. Zur Vergleichung
konnte nur die erste Auflage bcächafft
und festgestellt werden, daß der Ab-
schnitt Aber Bodenbescbaffenheit nen ein-
gefügt, der über das Klima wesentlich
gekürzt und der geschichtliche Abriß er-
weitert wurde. Sonst ist sich die Landes-
konde nach Lage nnd Inbalt im gtofien
und ganzen gleich geblieben; wesentlich
besser geworden ist dagegen der Druck,
der jetzt allen Ansprüchen genügen dürfte;
der Bilderaobaog iat um swei vermehrt, ein
Bild iat doroh eui grOfieres ersatat. Q r e im.
UlkrZf Christian. Berg und Tal der
Heimat. Geologisch -geographiache
Wanderungen in der Amtshauptmann-
schaft Lübau. 70 8. Löbau L S.,
Walde 1906.
180
Bflehe^betpreehiingeii.
Da« Heftchen will zeigen, wie man
ftof einigen Aasifigen in der Heimit
nicht nur die Kenntnis einer eng be-
f^enzten Landschaft, sondern anch die
Grandlehxeu der allgemeinen Geologie
vennitteln kann. Der Verfaaeer Tedmflpft
die in den Erläuterungen der geologisclien
Spezialkarte gegebenen Tatsachen und
die petrogenetischen und tektouischen
Theorien zu einem ganz antpreohenden,
leicht verständlichen Gesamtbilde. Ver^
altet ist diu Erklärung der Kaolin- imd
Zeoli thbilduug al« einfacher YerwitterongB-
Torg:ünge, falsch die AnfSusong der Ora-
iiitbaiikung als primärer Absonderung,
tlun li ilie der Verfasser sich übrigens
selbst widerspricht (vergL S. lä und IUI).
Die BeMiehnnng der Lansitser Tller all
Wannen entspricht nicht der jetzt gc-
blÄnchlioheu Ditinition einer „Wanne".
Dei Verfasserb Zweiiel, ob die Erosion
mit der Gebixgsfaltung Schritt halten
kOnne, teilen wir nidit; wohl aber er-
scheint uns die Darstellung von der Ent-
Btohuug des varisciiichen Gebirgszuges
(die langen Firstspalteu usw.) wenig
stichhaltig. P. Wagner.
Jenimer^ 11. Kätsei aus Erd- und
Himmelsknnde. Neuel'ulge. kl.»*'.
71 S. Berlin, Oehmigkes Verlag (B.
Appelius) 1906. JC 1. — .
Der früher erschienenen kleineren
Gruppe seiner geographischen liütsel läßt
der y«rfiuser hier eine größere folgen,
170 an der Zahl. Sie omd gaaa wie jene
in hübsclie kurze lieimversc gefaßt und
beziehen sich wieder zumciiit auf lünder-
kondliohe Dinge: SiAdte und Lftnder,
Berge, Flusse und Seen oder Landeser-
zeugnisse, berüljuite Denkmäler und dp;l.
Dazu gesellen sich Naturvorgänge wie
die Himmelsftrbung bei Sonnenanf- und
-Untergang, die Gezeitenflut, Sandhose,
^^';l^serl;lll und niaiichtMlt i aus der Him-
melskunde: die Jupitermuude, die Mars-
kanäle, Meteore, Zodiakallicht, Licbter-
soheinungen bei Sonnenfinsternis auf dem
Mond und auf der Erdoberflilche. wenn
man sie bei irdischer Sonnenhnsternis vom
Mond aus betrachtet. Stets wird zur
LOsnng der Rätsel ein erUecUieher Yor-
xat von Kenntni9!;cn aus den cinschlilgigen
\Vissen8zwci}T''n erfordert, es wird die
Kombination augeregt, das rasche Um-
springen mit dem dem Batenden snr Ver-
fügung stehenden Kenntniascbatz geübt.
Wo idiwierigere Dünge in fkage kommen,
wie bei den erwähnten Verfinsterungen,
da hat der Verfasser gelegentlich der
Rätoellusungen im Anhang durch knappe
Erlänternngen dem Leeer nadigeliolfoa.
Manche dieser Rätsel dOxIleB dem Lehrer
zur Wfince des Unterrichts willkommen
sein. Kirchboff.
Wollemanuy A. Bedeutung und Aus-
sprache der wichtigsten schul-
geographischeu I^amen. ti» S.
Brannschweig, Seboli 1905. «4C 1.—.
Der Verf. gibt in alphabetiseher
Reihenfolge eine kurze I>eutuurr geogra-
phischer Namen erst der europäischen
Länder, dann der aufierenropäischen Erd-
teile, zuletzt noch eine solche von Kunst-
ausdrücken ans der allgemeinen Erd-
kunde.
Der Lehrer mag ja aus diesen Listen
manches ff&r iim Brauohbace entnehmen.
Aber gewiß wäre es nutzloses übenoafi^
dem Schüler jeden im erdkimdlichen
Unterricht vorkommenden Namen seiner
nnprflngficben Bedeutung nach erklären
zu wollen, vollends wenn (wie so oft)
seine Etymolorric zweifelhaft erscheint.
Was hätte der Schüler z. B. davon, wenn
man ihm zum Namen Tangaigika die
hier (8. 66) gegebene Übersetzung „Zu-
sammenkunft ('der GewSsserV einprägte,
selbst wenn sie zuverlässig wärev Für
den Floftnamen E^r soll (nach 8. 11)
der Lehrer wählen zwischen den beiden
Deutungen „schrecklicher Fluß" oder
„Salmflufi'*; besser doch, er wählt keine
Ton beiden. Fflr Dessau bringt der Verf.
ebenda zwei etymologisch unhaltbare
Deutiirifren: „Durchrauschte Au" und
„Insel am Wasserfall". Für Bodensee
Stent er der allein richtigen ErkUron^
des Namens nach der alten Merowinger-
pfalz „zo den bodemen" die ganz unmög-
liche zur Seite, nach der „Boden" See
heißen soll (S. 10). In etymologische
Analyse der Namen läßt sich der Veif.
allzu wrni^ ein Dasteht S. 10) einfach:
„Bayern, Wahrer des Bojerlandes". In-
dessen, wollte man dem Schüler wirklich
solche Gelehxsamkeit flberlietenf eo ge-
hörte doch zur besseren Verdaulichkeit
der Hinweis dazu, iliiß die Bayern einst
in Büluueu, dem alten Bojol^mum ^nach
male gekflzit: B^jaa), safien nnd daii»eh
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Neue Bücher und Karten.
181
»nch norh nach iliretn Eindrinpen ins
Donaulacd Bajuwarii genannt wurden.
Gildhöpig (S. -11) sollte gleichfalls nicht |
Mekt Ott ^Obeupitee m Galde^ »b-
gltlD, sondern analysiert nein in Gald- 1
hO-pig (Höhenspitz oder Pik über dem
Senaetbof Gald oder (jalde; dann ergibt .
deh todi die riehtige AnaepcMhe gfU-hm
pig fast von selbst, wfthrond sonst der'
Deutsche sinnlos galdbopig anssprecben
vird). Desgleichen empüeblt es sich i
dudttvi, M ffimal^ja (S. 46) die sprach- 1
liebe Herleitung nicht zvl unterdrücken:
btma Schnee, nlaja Wohnung; der Latein
lerueude tichüler wird dabei au hiems
•mmeci tmd anf die Eontraktion der
bdden a zu X anfinerkfam gemacht, was
ifal TOT der bei uns po w*»it verbreiteten
ftbehen Aussprache kimälaja statt himä-
I^ft warnt.
Die Ausfptaehe gibt aim unser Verf.
iwar häufig an, aber nicht zur Genüge
ud nicht immer richtig. Beim eben er-
«Umim Hlmaliga i. B. tvird »war das
ente a durch Fettdnu^ als betont be-
wichnet, nicht aber vermerkt, oh lanj^
oder kurz zu sprechen. Gern würde man
(S. 18} neben Sueät die zweifelhafte Deu-
tiiBg ^dsita*^ missen, dagegen fehlt die
Jti nötipo Angabe der Aussprache söst.
geradeso wie (S. 10) bei Chiemsee kimi.
Eine Stadt iSingapure ^S. öu) gibt es gar
neht; md Siagapcne wird sfi^^por an»-
gesprochen. Statt Cotop^i (S. 69) muß
es Cotopazi heißen (wird sa<Ä mit z ge-
s])rochenV Für Montreal, Qnehcc, Riilti-
more fehlen die Angaben moutridl, kue-
bäk, böltimor. Irrtümlich meint fireilioli
der Vertf bei eDglisehM wie fraatOeisohen
Namen wisse man ja die Aussprache von
selbst. Daß der höchste Berg der briti-
schen Inseln b^n n^wis heißt, wii«aen
selbst die Englftnder nidit alle. Nipon
ist nicht aus chinesisch ji-pen TOa dmi
Japanern entstellt (S. 46), sondern dieses
aus jenem durch die Chinesen. Limau
(S 29) kommt nicht von Hmen (HafeiiX
sondern von limne (See). Gaurisankar
(S. 4.5) muß nun ganz uns der Schulgeo-
graphie verschwinden, da wir nun wissen,
dafi das gar nioht der Ifoont EveNst ist.
Kirobhoff.
Hoeh) Fr. Der Gletscher. Farbige
Original-Litliogiapbie. OxOSe 100:70
cm. Leipzig, Teubner 19üö. JC
l)as künstlerisch fein ausgeführte Bild
wird auch für den Unterricht gute Dienste
leisten kOnnen, da es dnrehaos fttr den
Blick aus der Feme berechnet ist. Es
Htcllt den ra«tr'r7enir1»'t«plKT mit dem
Großglockner im Hintergründe dar und
gewährt einen vortrefflichen Einblick in
die Hochalpen welt. Besonder« klar treten
die Spaltenbildung am nietscher, nowie
die Bildung der Stirnmoräneu hervor.
In dem gleichen Verlag und von dem-
selben KflnsUer ist sehen Mber ein BUd
„Morgen im Hochgebirge" erschienen.
R. Langenbeck.
Neae Bttclier mid Karten.
AllKenielnpR.
Aakitong zu wiss. Beob. auf Heisen.
Hrsg. von Q. v. Neumayer. 3. Aufl.
laet 7/8.
Meyers Geographischer Hand - Atlas.
3. Aull. Lief 2'J — 40: NameuregiBter zur
Ausg. B. Leipzig u. Wien, Bibl. Inst.
\m.
Batzel, Friedrich f Glücksinseln und
Träume Gesammelte Aufsätze aus den
GreiuUten. VIII u. 615 S. l Bildnis
Batsdi. Leipzig, Qnmow 1906. JL 8.60.
^>l|t«Mlae f lir*ts«h« 6s*sni»U«.
de MoDtessns dp Hallore, F. Lcs
TreabUmeats de Terre. Geographie
s^ismologique. V u. 476 S. 89 K. u.
Fig. im Text, 3 K. auf Taf. Paris,
Colin 1Ü06. Fr. 12.—.
Karopa.
Philippson, A. Europa. 2 Aufl. XII u.
761 S. 144 Abb. u. K. im Text, 14 K.
a tt Taf. in Holssohnitt, Ätxnng n.
Farbendxnek. Leipaig, Bibl. Inst 1906.
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Thoroddseu, Th. Island. Grundriß der
Geographie nnd Oeologie. t. (Erg.-H.
Nr. 162 zu „Peterraanns Mitt.") 161 S.
Textfig. n. 1 K. Gotha, J. Perthea 1906.
JL 10.—.
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182
Neu« Bfleh«r und Karten.
So mm er f £. Die wirkliche Temperatnr-
TcrtoQnag in Hitkel-Ean^ (Fondi.
%. d. LandM- u. Volk^kde. XVI. 2.)
85 S. 6 E. Stattgart, £iigelhoni 1906.
JU 6.—.
HMte, B. DoniMhe Grenspolitik. (Deut-
sche Politik. I. 8.) VI u. 181 8. IfBii-
chen, Lehmann 1906. 3.—.
Ottseil. Der Krui» Toudem. Bilder aus
d«r Erdkunde und Qeeehiehte dee bei-
■68. Viri u. 232 8. 1 Te£ Töndeni,
Mfttthiesen l'.tOß.
Wüsteuhagen, Uch. Beiträge zur
Siedelniigskimde des Otttuunet. (Dies.)
69 S. ]£dle, Baehdr. d. WaisenluuiieB
1905.
Hessische Landen- und Volkskunde.
Du ehemalige Knriieesen und du
Hinterland am Ausgang de» 19. Jahr-
hunderts. In Verb. m. d. Ver. f. Krdkde.
SU Kassel u. zahlr. Mitarb. hrsg. von
C.Hefller. Bd.I. HeieiieheLsndei-
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1 'J'itelb. w. zahhr. Abb. Merborg, Elwert
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Afrik«.
Seidel, A. Deutsch -Kamerun. Wie es
ist und wm et veiQ>richt. Hiitori«di,
geographisch, politisch, wirtschaftlich
dargestellt. XVf u. 367 S. Textabb.,
y Taf., 1 K. Berlin, Meidinger 1906.
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X«ri> WUelaaerlka.
Sapper, Carl, über Gebirgabau und
Boden dee sttdlicben MitteUmeiik».
(Erg.-H. Nr. 151 zu „P. M.") IV n.
82 S. 8K. Gotha, J.Perthes 1905. JL^.—.
|StflbeI, Alphons f. Die Yalkanberge
von Colombia. Oeol.-topogr. aufgen. u.
beschrieben, erg. u. hrsg. v. Theodor
Wolf. 4* ym IL 164 8. 8 K. «. W
Bilder auf 87 Teil Dreeden, Beenedi
1906. JC 20.—.
T. Vacano, Max Jos. Buntes Allerlei
ene Azgentinieo. Stceiflichter anf ein
Znkunft«Iand. 209 S. 86 Abb. u. 1 K.
Berlin, D. Reimer 1905 JC 10.—.
Kor4>PoUrg«|(ea4lea.
Meeking, L. Die Eietnll aus dem Be-
reiöli der BafBn-Bai beherrscht von
Strom und Wetter. fVeröfiF. d. Inst. f.
Meereskde. u. d. Üeogr. Inst. a. d. Uni-
▼en. Bedia. Heft 7. Jaa. 19M.) «.
13.. 8. 8 Abb., 9 Tk£ Bedin, Mittler
k Sohn 1906. JC 6.—.
Tereine and TerMMialaafCB.
Verhandlungen des 16. deutschen
Oeograpbentages au Daniig am
13., 14. u. 16. Juni 1905. Hrsg. v. Q.
Kollm. LXXIH u. 207 S. 8 Taf. u.
8 Textabb. Berlin, D. ßeimer 1905.
PerHÖnlicheii.
Wolf, £. Wissmann, Deutschlands grüfi»
ter AfHkaner. GedAehtniazede. 84 8.
Leipzig, Grunow (o. J.). X — .60.
Wahnschaffp, Felix. Gedächtnisrede
auf Ferdinand Freihenn von Richt-
hofen, gehalten in der Sitsung der
Deutschen geologischen GescUsdiaft
1. Nov. 1906. 18 S. 1 Bildnia.
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Fetermannt MitUilungm. 1906. I.Heft.
Hoek u. Steinmann: Eil&atexQng rar
Routenkarte der Expedition Steimnaan in
die bolivianischen .\iiden 1908/04. —
Is a I h ^ (< n : Das palüokrystiache Eis. —
Supuii: Die Erforschung der höheren
Lnflnehiehten Aber dem atlantischen Osean.
— H am mer; Landesanfiiahme und Karto-
graphie.
Globus. 89. Bd. Nr. 8. Goldstein:
Die MenedtenopÜBr im Liebte der Politik
und der Ptaatswissenschaften. - Der
Anti|iassat. - Voll and: Bilder aus Ar-
meuieu und Kurdistau. — Karutz: Von
Buddhas heiliget Fußspur. — Die Namen
EliaB, Odenwald nnd Hart.
T)<tss. Nr. 4. Qents: Die Burenein-
wanderung nach uuBem deutschen Kolo-
nien. — Vilattes Forschungen in der
Sahara. — Mehlia: Eine neolithiacbe
Ansiedlung in der Pfalz. — Friederici:
Über eine als Conrad »• gedeutete Wieder*
geburtszeremonie bei den Tupi.
Dqss. Nr. 6. Klose: Musik, Tanz und
Spiel in Togo. — Friederici: Zur Yer»
Wendung TOn Kamelen in Deutsch-Süd-
westafrika. — Singer: Der Stand der
geographischen Erforschung der deutschen
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ZeitsehriftenseliftQ.
183
Schntz^ebiote. — WixteduifUichei ms
Abeasimea.
1km, Nr. S. Kfiehler; Bin« Bealei-
gung der Hekla. — Andree: Mythologi-
•eher Zasamtnenhang zwischen der Alten
und Neaen Weit. — PrähiBtorischer Berg-
Uq bd BiMlkofthofen. — Halbfaß: Die
JEaaten** }m Sontra. — Biehringez:
Die SajT«' von Hero und Leauder.
Ueutsdu Jiunäschau für Geographie
und Staiittäe. 28. Jhrg. 5. Heft. Krebs:
8titiitik der SehiHbrerlnate mit Besog
•uf die natürlichen ürsacben. — Soko-
lowsky: Yölkertypen aus dem Osthom
Afrika«. — FredericoB: Die Quebracho-
WiJdimgeii in Aigentinieo. — Ol in da;
London in der Gegenwart. — Man-
ko w s k i : Dünen w&lder auf der Ualbinsel
Heia.
MeUorolagitAeZMknft. 1906. Nr. IS.
Leß; Über die Wanderung der sommer-
lichen Regengebiete durch Deutschland.
— Anderkö: Über den vertikalen üxa-
«Ueaten det Lnfldraeb.
I)a$s. 1906. Nr. 1. Woeikof: Ver-
hältnis der Temperatur der untersten
Lallscbicbt zu jener der oberen Schichten
im Pesten oad Flftseigen. — Regenmenge
pro Tag und Stunde in NW- England. —
Bemerkungen über Kegendichtigkeit und
Regendauer. — Exner: Das optische
Temögen dar Atmosphäre. — Götz: Fort-
•chreitende Inderang in der Bodendnrah-
feuchtunjr - ?assenfeld: Zur Kenntnis
der täglichen l'eriude der Temperatur in
der untersten Luftschicht.
ZeiUckrift für SeM^eognipkie. 190«.
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des Geotrraphentages 1905. — Rei.sebriefe
•es Ost-Asien. — Schoener: Zur Orta-
ntmenknnde Sehwedene. — Zur Yermeh-
ning der historisch-geograpbischen Lebr-
■tunden in der dritten Gymnasialklasse.
Geographischer Anzeiger. 1906. 1. UefL
Fischer: Zur Anegabe der EartenbUttter
großen Maßstabes für Schulzwecke. —
Cherubim: Der jüngste Nachwiich.H an
Geographielehrem, — Byhan: Die Masai
^ ibre Sagen.
Zeüschriß der Gesellschaft für Erd-
kunde zu Berlin. VJOb. Nr. 10. Di eis:
Uber die Pflanzengeographie von Inner-
CWa». — Fiteber: Uber den Erdlcnnde-
«nterricM in df-n Vereinigten Staaten.
— Brana: Zur Morphologie des Vol-
terranu.
ZeiUchrift für Kolonialpolitik, -recht
und -wirUchafi. 1906. 12.Heft. y. Engel-
breehten: Der Krieg in DaolMh-Sfid-
westafrika. — Gent%: Madagaskar von
1896—1905. — Bolle: Deutsche Unter-
nehmungslust über See. — Hennings:
Der Baumwollkulturkampf. — Herzog:
TelegrapbeuTerbindungen innerhalb Afri-
kas und mit Afrika. — Lenz: Die deut-
sche Schule im Auslände. — Bongard:
Arbeiterverhältuisse und Besiedelungsver-
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tii^r: I)u Touat au Niger. — Beule:
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Digitized by Gopgle
Villi «Ilmiis.
KTaite von Marokko. ^^^^^^HBMWIF IT*
'^V. Etiler. ' /kniial. V..» K. W mf^mH " 177
^ Itzel. II, La la Ulli d. V..n F. hrtiii|.c . . 177
. rneui rel. F La Gio(rra|.hie «111118 rcnsflipni-mei.t mnvcn. Von K. Langoii Imt)»- 177
' '. \N. I.ehrltucli Jor v.r^-lui. IhuiIou KrJli. schreiliun^ir. \n„ p. Wii^^nfr
■ rdings Scliulgcoj/rnphiu. \i,ti «loms. . . , .
iieiiiiatknndon xar Er:f*nzuii? dt-r Sclinlp otraphi.. i,n '\ NdlftV V
1.. Henkel u. <l. Groim * I-9
Marz, Chr. Rer^' und Tul der Hfimot. Vou I'. W.i ^ , i . 1
Jenkner. H. RäiboI nus Erd- und Hiinmel«kiinUo. Von A. Kirclil.oi. \lu
^' '•Mi.Ri.n A. B.deutuiitf und Auvsi.rftchc .lor wicht.jfstfn schulgeoBraplusdioii
icn. »011 d.;ni8 . . . . jj^,^
NVuü Bflcher xmd Knrt«'n
Zei l si^hrif tenscha > I
\vrhia von H. <i. Tciibnrr in Lcipzii:.
^*'T!'n?;A' ^'"^^'^^'^^ ^" ''^T I niverflit^t Cainbri.i^^.., Kbl.,, .»,..1 Klüt, .owio •
wandte Lrscheinuntreu im Sonnensynteni. Autoiiiierte .leut.rhe AusgnJw
' M>t einK'iu KinlVibrun^rswort von Prof. I)r
'Yf.^*n''''l . .^.alitätBnit ui.il Direktor dvr .I.Mitsolum See«
i- , :f.un«U3 llhistrationen im Text jXXIi u 3M S [ « i'io2 In Lviinv. «0!, „
' ' iinii Iiiirjmt»l«;rI„l.o«. ilir.- Ce^rhiclitc und Konstru
•'"•n ir.r bearl.eiti^t v-, ^ie-u.ur..| (inntlicr. Mit y Toxtl.uuivu
KCu. n. **
u Im Th., IVolV-v-., ..II .lor l'nist-rsitat Marbiuir, Mittol
' ; r.mrreu y,i,r Ktmdf .Jer Mittelmepririii(U.T. VI u. 1> -
P , :d lA'inw. gfli. n. V. 7 —
' l'niv»'isit:it (;r:i7.. die A bbildun^'-lelir.' und
"^t...'r:ii»biH und (ip.Mliif.ii\ Mit ö Kijrmeri iiu Text
lür niiitiiem. u. nntnrw. rutorrnlit :!»•> I.iIm -
II. .« J . —
. .-ha Uli. .•he Gruii.lltigen An nüi t brwnatiscbL'u iw .ikuiiii,
und tut linterBtiitziiii^r dus ("iitL-rriibts M t l'i nirf ,, :..
1 u I j-.' >.| ^^ 1904. In l.einw. jfcb. u. ./K ;{
^c.hpV V . T- ,.r... . .,. K^,!. TwI^,, Ilurhschub- u».l au, K,,
" 1 oid un.l H.'iiu- .\ bbi Idin. L' M;t |.; 'I',
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r. Lud WlL lUttllU. I'i
vnn <; ,,.t ,M 1 M,( ■' im i^..
n s7 ^ ' , - . (
d und
Geographische Lehrbehelfe
aus dem Verlag von Ed. Hölzel in Wien IV/2, Luisengasse Nr. 5.
Zur Ansehattuii^ für ScIiuU'ii iMiipfoliIcii!
Holzels Schulwandkarte von Aiiatrnlien und Polyneflien, Stiller Oaean.
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Hölzels Verkehrskarte von ÖBterreieh-Ungarn für <len allgemeinen (Jebrauch,
wie auch zum I nterricht au kojimierzielb^n ijcliranstalten bearb von Leopold
K II. Am lago. Maü-tab i s.ioooo. '.i Hlatl, i'r. i^ t IS.frOM.. auf
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'A*' -. i 1 Farlteii . ilie der Karte zusamnn t/t I7ö cm breit, HO cm b'i' b
l'reis unaiifgespannt 2& M., auf Leinwand gespannt in Mappe HO iL, mit Stäbei
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H iktu-te. Maßstab IrlOOooüoO. In 4 Bluttom mi —
Ii iaiin ' der z; Karte 172 em breu, i
Ii in l' ■ . ; ... "^.:>o M , ., n Mui)pe 12 'o •••
l>en 14 .50 M. — l>ie#© Karton wnrdeu eowobl auf dem \
III . ■■ .i ..is kart-
]<> \'erlmnd hingen benutzt und haben
II PolltlbCilU o illall. .\1
T~ ■ n'. I .1. L L i.-. L II,... 1 1 • ' 2l'0 cm i'i' 1 i, ! "■' ' ' ■
g. M . nnt' Leinwand 1 1 öo M .
Ol Ansgabe. > Uiatt.
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GEOGRAPHISCHE ZEITSCHRIFT.
riKHACSGEr.EBEN
VON
Dr alpred hettner,
I HurE(*!<MK I>KR OKUURAl'Hie AN llKH I NIVKMSITAT lIEIIIBI-nKItii.
ZWnf.FTER JAHRGANfJ. VIERTES HEFT.
LEIPZIG,
Inhalt des vierten Heftes.
Seit.-
Wm <l»'r anatolLsfhen Hiviera. Von Oberlehrer Fritz Hrauii in
Marienburg. (Mit A Landschaftsbiltlern auf Taf. 3.)
Kduard Richter. Von Prof. Dr. Georg A. Lukas in Graz. II. Kdiinrd
Uirhters Lebenswerk, {^i — 3.) . . 1'<:J
Die tiorgeographischen Reiche und Regionen. Von Dr. T Ii. A i i dt in Radtlier;^' 212
Dil! ostafrikanischc Südbahn. Von Dr. E. Pliilippi in Hcrlin . 22H
( JeojjTTHphische Neuigkeiten :
Allfremeines. Das Museiiin fQr Meereskunde iu Berlin 226
Knropa. Krgebuit der Vblkszfthlunif im DeutBclien Reich 226
AKiei). Graf v. Lesdains Rr^ise durch Itiuor- China und Tibot 227
.\frikn. Die Go.iuDdheiUverh<niiMe von I>eutsch -Oatafrika. — <ieplante He-
fctcigunp des Rowenzori durch den Uerzog der AbnizEcn J27
Sad«mi>riba, Eisenbahnbau in Bolivien . j 229
SQd-Polnrgegen den. Neue an^entiniBcho Stationen in der Antarktis 223
Geographischer Unterricht. Geo^aphischu Vorlesungen im S. -S. 10u6. l.
— Qabilitation an der Univenit&t Berlin 22'J
Vereine und Verüanimluugen. XV. internationaler Ain<>rikaiiisten • KoD(:roO 2ul
ZoitKChrlften. VerfifTentiichunfrun der Zentralkummiiision fQr wissenBcbaftlich«'
LBn'ieskunde Ton Deutschland ... 2:il
Persrinliclifs. Kuttoror t. — I'rof. Friedrich . ... 2'M
PUcherbesprechungen:
Frech, F. Au* der Vonteit der Erde. Von A. PhilippsoD 2:J1
Witte, Ii. Wendische BeTAlkernugsreste in Mecklenburg Von Zenimrich 2ol
Domanpenn, A. i.a Picarliu et les r^g'ums voisinM. Von F. Ilnlm 2:V2
Fischiir, Th. Mittflmeerbilder. Von A. Philippsou.
Koetscbet, J. Aus Urisniens Iptrter TOrkenzeit. Von 0, .Schlui. r.
Xahmer, E. yod der Vom Mittolmcur zum Pontus. Von W. Rage . 4
Braudenbnrj^er, Cl. Bnssisch-nsiatischu Verkehrsproblcmo. Von M. Fri edericbsen 2:U
FulLs, J. C. E. Kin Besuch iu den Natronklnat^m der bketischou \Vfl»te. Von F. Ja e per ' '
Schmidt, M. ludiauerstudicu in Zontralbrnsilion. Vun P. K h ron rc i o h .
Herbortson, A. J. The Junior Geofcrnphy. Von R. Lnufrenbeck .^:{7
Wünsche, A. Schiilgi'Ogrnphio dos Krinij;n!icli(<s Sachsen. Von P, W.itrii' i 287
N«'Ue Bücher und TCnrtt n 2:J7
/'■ils.liriftfnsrhau ..... . . 23«
Küuftighin werden Veröffentlichungen jeder Art (Hficher.
l>i>iSfrtaiionen, Progrummc, Karten u. a.) ausnahmslos nur dann als
erachieuen erwähnt werden können, wenn sie der Geo^'raphisrhen
Zeitschrift eingeschickt worden sind.
\ii*'^ä.tze filr die Geographische Zeitschrift werden nnt< .
lleni rs (Prof Dr. Alfred Hettuer in Heidelberg, Zi'
»traüe 1'.';, Ut-itrilge zu den geographischen Neuigkeiten an Dr .iu^u.^t Kilauu,
Leipxif?. Löhrstraße lU, - ri ' 'i. Aufaiitze werden mit «50 Mk. für den Druck-
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Druck imd Verlai; von M. G. Toulnier iu Leipzig, l*o«tstr. -i.
T» der uattUflchoi Bivien.
Ton Mte Bnma.
(Hit 4 Lftndsehaflsbildern auf T»f 8.)
Einer der reizvollsten und zugloidi auch am leichtesten zugänglichen
T^Ue der asiatischen Türkei ist die riviercnartige Südküsto der bitbynischen
HtlbinseL Von Beisenden wird dieser gesegnete Landstrich viel seltener
anfgemelit alt er es Twdiiiit Die mekliii dmctAManm ihn mit der Eisen-
bahn, um mSgliehat sohnell die gesehichtlieh rnnkwllzdigen Mittelpnnkte dee
Inneni, Kosia oder Aogora, m erreiehen. Und dooh lohnt es sidi reeht
wohl, ein paar Tage in den Olhainen ^on Dari^a m Tertrftnmen, am Grab»
mal Hannibals an rasten nnd Ton dem ragenden Teehine Dagh auf ein
Fanorama niederzuschanen, wie es manch viel gefeierter Bergriese nidtt
wechselreicher und gewaltiger zu bieten vermag.
Nicht mit Unrecht wird der schmale, von Bergzügen nmfiiedete Qolf
von Ismid mit einem Alpensee verglichen. Allerdings tragen sein« Ufer-
hShen anstatt rauschender Wiilder nur Obstgärten und ölhaine. Dafür
schüttet aber der Lenz auch eine um so größere Fülle von Blüten über
sein Ufergelände aus, glänzt an seinen Ufern die Feme in satteren Farben,
verteilt eine leuchtendere Sonne hier Licht und Schatten.
Daß diese Küste in Klima und Ftiauzenwuchs unverkennbar die Eigen-
art einer BiTiera bsiitgri;, liegt daran, da0 der sehmale Strand tfberall yon
BergsQgen begleitet wird, deren HOhe bis sa 660 m ansteigt Sie genügt,
die kalten Nwdwinde, die Tom Schwanen Meere her blasen, roa den XJfw-
sinmen des Golfes femsnhalten. In Folge dessen findet sich die Olive hier
an ihrer Nordgxenza noch eimnal in weiten Bavmglrten snsammen, entfeltet
die Granate ihre seharlachroten Bifiten, während wir diese Arten an der
nnr 40 km entfernten Nordküste der bithynischen Halbinsel vetgebens
suchen. Hier hält der Frühling weit eher seinen Einzug als in dem nahen
Konstantinopel. Mau braucht im Februar von Stambul nur bis Erenkiöi
oder Daridja zu fahren, um Gebietn zu erreiehen, die bezüglich der JPrüh-
lingsblüte um 8 — 10 Tage vor Kunstantinopel ))evor/.ugt sind.
Leider vermag ich nicht exakte Beobachtungen anzuführen, die einen
Vergleich der Temperatur an dieser Hiviera mit jener in Kunstantinopel
ermöglichen. Nach unregelmäßigen Aufzeichnungen, die sich nur über Wochen
erstveckm, seheint die Wftime aar Wintersseit in ErenkiOi etwa nm 1®
bflher sn liegen als in Pera. Bas erscheint wenig, doch wollen solche kleine
Werte hart an der Grenze zweier Florengebiete Ar den Fflansenwnchs schon
sehr Tiel besagen (Tgl. Banag und Königsberg Fr. — Botbnehe), sumal wenn
OMgimsklMk« EaHMhilfk 11 Jalugaaf. 1M6. 4.H«fl. 18
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186
Fritz Braun:
ihr segeoarnoher EioflvB to wie hier dordi energiadmk Schuti vor kiltaii
Winden weienttieh gefördert wird.
Ihrem Verlsiife nech kflnnen wir die Sfldkttete Bithyniens in zwei
Absclinitte teilen. Li dem ersten, der von KadikiÖi bis zum Vorgebirge
Yelken Kaya Bamn reicht, verläuft die Kflste Ton Nordwesten nach SOd-
oeten, wShrend sie von Yelken Kaja Bomn an eine westostliche Richtung
einschlägt. Der erste Teil der Küste senkt sich hinab zu dem tiefen Ein-
bruchsbecken des Marmarameeres, der zweite zu einem schmalen golfartigen
Busen mit nicht allzu bedeutenden Tiefen (bis 100 Faden), der in seiner
Form dem heute völlig vom Meere getrennten Sabandscha-See sehr auffällig
gleicht.
Das Gestein der Uferhöhen besteht im weetlichsten Teile ans Ton-
echiefBrn von sehr Tenchiedener Hirte nnd Tkrbe nnd ane Qoaniten (KiSSeh
Dagh, Bnlgnrla usw.). Längs der Blehe finden sich sum Teil sehr betileht-
liehe Ahlagerangen. Desgleichen sind hier und dort Bcfaottezhalden tectÜrer
Gesteine ro finden. Manche yon diesen enthalten Yersteinerangen. Einer
meiner Schiller fand in einer solchen Bdhotttthalde heim Dotfs ErenIdOi
onen gnt eihaltenen Zahn von Dinotherkun giganteum.
Die genannten Gesteine reichen gerade his zum Dorfe Daridja. Hier
heginnen geschichtete gelbliche, zum Teü rein weiße Kalke und Kreiden, die
hinter Daridja zum Ufer in einem Winkel von etwa 30° herabhängen. Sie
enthalten Versteinerungen. Versteinerte Seeigel kann mau am Strande
zwischen Daridja und Eskihissar in Menge auflesen. Daneben findet sich
JAicind prisra und Orihocrras duplex.
Aus ganz anderen Gesteinen besteht der östlichste Teil des Golfes, wie
beispielsweise die Höhen am Tschine Dagh. Hier steht eine Arkose von
gneisartigem Aussehen an. Ihre vom Wasser fortgeschleppten Teile be-
deckten die Ebene twisohen Derin^je nnd Ismid mit einer hohen Schicht
Schwemmlandes, in das die Wasserilnfo eine grofie Zahl von Erosionsrinnen
hinmnfrafien. Als fiein semebene, kiesartige Masse finden wir diese Arkose
am Strande von Derinc^je wieder.
Eine Eigentümlichkeit des westlichen Teiles sind die "Mengen insularer
Bildungen, die wie die Küste selbst aus Qoaniten und Schiefern bestehen.
Manche von ihnen sind wirkliche Inseln, wie die neun Inseln der Prinzen-
gruppe, die schwarze und die Andreasinsel, andere sind durch Sf.hweramland
mehr oder minder fest mit der Küste verbunden, wie die inselartigen Hügel
an der Westküste der flachen Halbinsel bei Tuzla und die Hügel von Ütsch
Bumu. Wieder andere, wie der durchaus inselartige Drakos Tepe bei dem
Orte Maltepe, sind vollständig in die Küstenlinie eingeschaltet.
Auch Tom wirtsohaftsgeographischen Standpunkte mftssMi wir mehrere
Teile der Küste nnterscheideo. Am dichtesten besiedelt ist die Strecke Ton
KadikiOi nnd Daridja. Zwischen das üfer nnd die bithynischen Beige
schaltet idch hier ein Yorstnnd ein, dessen Brette auf den euuelnen Strecken
sehr Terschieden ist, oder die Berge des Lineren steigen in sanfterem Hfigel«
lande zur Kflste herab.
Diessr Teil der Kflste ist anch am dichtesten besiedeli Allerdings fehlt
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Von der anfttolisehen Bivieta.
187
fliiMm großen Prozentsätze der Siedlungen im Westen so zu sagen die wirt-
sehalUifilM BtllwliiidigMt Die meigfeeii der TÜlenartigen HBnser sind "Vü-
leggiatnren reieher TQiken der Hauptstadt Die BLnmeii- und Obstgärtea
M^len mdit den ünteriudt einer FanuEe beetreiten, aondem werden von
Girtneriiand gepflegt, mn das Auge des glllekUohen BesitierB wol erfreuen,
lllerdinga wird daneben, nanentlieh bei BreokUft, reeht viel Weinbau ge-
trieben, dessen geschäftliche Ausnutzung liaupteichlich von fremden Winzern,
den Finnen Eckerlin, Ilerter und Thomson bewerkstelligt wird.
Auch im östlichen Teile dieser Kfletenstrecke zwischen Maltepe nnd
Daridja wird die Eigenart der Siedelungen nicht durch den Ackerbau be-
dingt. Wegen der (leringfütrigkeit des Kttmerbaus fehlen geräumige Scheunen
und da der Bestund an Großvieh sehr gering ist, findet man auch nicht ,
größere Ställe. Orte wie Kartal und Pendik tragen durchaus städtisches
Gepräge und unterscheiden sich nicht allzusehr von manchen griechischen
Vierteln der Hauptstadt.
Die griedumhe Bevfilkening dieser Fleeken lebt yomelmilidi Ton dem
Bitragie des Gartenbans nnd der Fiseberei Die Hflgel in ibrem Weiehbilde
sind weithin von Gttrten bedeckt Die priobtigsten Olivenbaine, die fippigsten
Weingirten nebmen den Baum iwisohen Tuda und Daridja ein. Daswisdien
finden wir gertumige Obs<;gSrten voller SSrsdien, Pfirsidie und Aprikosen.
Wie in Italien sind auob hier auf demselben Btftoke Landes gleidis^tig
mehrere Nutzpflanzen angebaut. Zwischen den Stämmen der öl- oder Eirsoh-
bäume wachsen Bohnen oder Artischocken. Zuweilen baut man an ihrer
Statt sogar Weizen. In dem heißen Gebiete beeinträchtigt der Baumschatten
wohl nur sehr wenig den Ertrag des Getreides. An anderen Stellen streben
zwischen den Büumen üppig entwickelte Maispflanzen empor, kurz, allerorten
bemüht man sich, dem Boden gleichzeitig mehrere Ernten abzuringen. Die
Üppigkeit des Pflanzenwuchses zeigt uns, daß der anspruchsvolle Mensch dem
fruchtbaren Boden damit nicht zu viel zumutete.
Es ist ein böhsr GenuA, swiseben Dari4ja und Tuila an dem hOgeligen
Btaande dnrdh die laoboiden Girten sn wandern, stmderlicb sur FrQblingszeiti
wenn der Lenx die Baine mit einer Ffille Ton Blumen flbersebflttete und die
bonten Blttfesn der Obstbftume sieb üurbig abbebeu Ton den silbeigrauen
OKven und den dunklen Zypressen, die wie riesig« MurwSebter Uber OÜTen
nnd Kirschbäume binausstreben. In schOnen Linien beben und senken sich
die Högel. Über uns strahlt der blaue Himmel, imter uns leuchtet die
ebenso blaue Meeresflut. Jenseits des Golfes aber türmen sich die Berge
hoch auf und hinter ihnen trotzt das schneebedeckte Haupt dee Oljmps, mit
23ÖO m 7M alpinen Höhen aufragend.
Unvergeßlich bleiben dem Wanderer die Mondnächte, die er in diesen
Ölgärten verleben durfte. Weithin schimmert der Golf, schwer ruht das
silberne Licht auf den Kronen der Oliven. Kein Lüftchen weht. Die Natur
hllt den Atem an, um die Tr&ume ihrer Lieblinge nicht zu stören. In der
Brombeefbecke sefatt ein Ammer sn seinem einÜMben Lieddien an und meldeti
daft Ekos, der AllbeKwinger, aucb in d«r sdiimmemden Mondnaoht wadit
Diese Girten sind ein Dorado der VdgeL Ln buscbigen Tal sobligt
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188 Frits Braun:
dM NftohtigalL In den Feldli6<&0n nngfc die Domgraamlioke nnd dae Ueme
IfSllerehen. Yom Kinchbavm floten der Kappentmmer und der Orfeolaa und
•m Bteilen Abhangf den der QSrtner wuchernden LorbeerBfcrttooheni preisgi]»,
enpllien wir nrpende Zaun- und Zippunmran.
Wandern wir im AprU und Mai Itugs des Meeres doreh die Olbaum-
baane, so tragen die Biume einen seltsamen Scbrouck, der ans daran er*
innert, dafi die Einwohner von Daridja, Tuzla, Pendik u. a. 0. m. n\rht nur
Gftrtner sind, sondern als rüstige Fischer einen großen Teil ihres Unterhaltes
dem Meere abgewinnen. Glei<'h festlichen Gewinden schlingen sich dann
20, 30, 40 m lange Seile von Baum zu Baum. Sie tragen aber nicht bunte
Blumen, sondern silbern glitzernde Fischchen, die lange nicht so groß sind
wie die Heringe der Dan/jger Bucht. „Cjtos" nennen die Griechen diesen
Fisch, der an der Luft getrocknet wird und das ganze Jahr hindurch zur
Herstellung von Salaten und mancherlei Speisen benutzt wird. Zoologisch
gesprochen gehOrt der Euieh einer MurSaeaari an, deren Fang hcMmdars im
Frflhling recht ergiebig zu sein pflegt
In Kartal beekeht eine Eonserren&biik, deren Fisdipfri^^arate aus Ma-
nnen und Tnnfiadi, der namentiich im innersten Tale des €lolfes Ton bmid
gefimgen wird, ticfa in Koutaatinopel guten Absatses erfreuen. Im Literesse
des Landes wtre su wünsdien, daB sie sich auch auf dem europllsohea
Markte Eingang Yersohafften.
In manchen Jahren, wie im Jahre 1905, bleibt der Ertrag des Muränra-
fanges weit hinter dem Durchschnitt zurück. Für die Einwohner der Orte
an unserer Riviera ist's dann karge Zeit, denn wenn das Gartengelände auch
zur Genüge Obst und Gemüse für den eigenen Haushalt liefert, ist doch der
Ertrag eines Obstgütchens recht gering, wenn er in Geldwert ausgedrückt
werden soll. Je» besser das Jahr, um so billiger die Früchte, die dann
allerorten in Fttlle vorhanden sind. Für 180 Körbe Kirschen, d. h. für
mindestens 40 Zentner Frfiehte, erzielte ein Obstbauer aus Derindje in diesem
Jahre 25 Fiaster Gewinn. Das sind etwa 4 Mark 50 Pfennig dentschen
Gddes. Die Menge der Zwisdienhindler drOekt die Fkeise, die der Ph>du-
xent erhilt» und Terteuert die Waren für den Eonsomenten in unbilliger
Weise. Während der Obstbauer in Derindje ftbr das Kilogramm Kirsohcii
gerade einen Para erhielt, mußte der Bfliger der Hauptstadt dieselbe Menge
mit t(> Para bc/.ahlen. Das sind vom wirtscbaftlidien Standpunkte aua
geradezu lächerliche Verhältnisse.
Bei dieser Lage der Din^e ist es nicht verwunderlich, daß leicht ver-
derbliche Obstsorten, wie Kirschen, Apnkosen und Pfirsiche, in manchen
Gegenden Kleinasiens, wie bei Amasia am Jeschil Irmak, von dem nicht
islamitischen Teile der Bevölkerung in groben Massen zur Schweinemast
verwandt werden. Das Einheitsmaß, in dem diese Früchte dort verhandelt
werden, sind 10 Oka » 12,5 kg. Schon daraus geht herror, daß die ein-
gehandelten FrAchte nicht daacu bestimmt sein Unnen, roh in der IWnilie
Terspeist za werden. Wo schleunigste Ausfbhr unmöglich ist, kSnnen die
Frdehte nur entweder sur Sjnqibweitnng oder snr ViehfÜtternng Terwaadt
werden.
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Von der anatolischen Kiviera.
189
Wagoi diMer Bülif^wt des BohstoffM Yerlohnte es sidi TieUeicht, is
mmclien Qegraden Obetsaft la presaen und in groBen Mengtn anf den
«nropliaelwn Markt in wetCm, smiial garade t&r die bitil^jiiiaalia Kflgte ateh
die Frachtspeaen nicht allzu hoch stellen dürften. Es fragt aich nur, ob der
von Kalifornien und anderen Obstgebieten reich beschickte europäische Markt
f&r solche Waren noch aufhahmeiahig wäre und der Gewinn die Scherereien
mit den türkischen Behörden, denen sich jeder fremde Gewerbetreibende
aussetzt, wirklich aufwiegen könnte. D(n- landfahrende Reisende neigt in
solchen Dingen leicht zu einem Optimismus, den die in Konstant inopol an-
sSssi^en deutschen Landwirte von fachmännischem Ruf, in Sonderheit die
Herren Hermann und Scheiblicb, durchaus nicht teilen.
Zwischen den Olivenhainen und Obstgärten finden sich allerdings an
den waaUiehaii Teile dar bithymachAn Slldkttate atellonwdaa andk öd« Heida-
lidMn, die unr der aduurfe Bof der Stehen und Fieper und dia adkwer-
aifltiga Waiae dee ScfaSfert belebt, der mit aeinen rieaigen, achwannaaigea
Hunden den weidenden Schafen folgt Aber aelbat dieae Heiden sind nicht
ebne landachaftliche Beiae. Ln Soden und Norden wird der Blick dundi
aaaehnliche Bergketten begrenzt Nirganda fehlt dem Landachaftabilde ein
schmucker Rahmen
Der Streifen Landes, der mit Gartenkulturen bedeckt ward, ist durch-
schnittlich recht schmal und nur an wenigen Stellen mehrere Kilometer breit.
Nicht überall tindcn wir hinter dem Gartenlande noch ein Gebiet, das von
Getreidefeldern eingenommen wird, wo der von Ochsen gezogene i^flug an
die Stelle der Hacke tritt, die in dem Gartenrevier ausschließlich vorherrscht.
Hinter den Getreide tclderu beginnen die Berge \md das Heideland. Die
Bei^ sind größtenteils nur mit Scrub bestanden, einem Dickicht, das von
Steinaidienarten, Erdbearlinrbeer und Beaenheide gebildet wird. ICanohe Ab-
hinge Bind auch mit mannaboham Eichendickidit bedeckt Kleina waldartige
Beattnda finden wir nur in feuchten Talmulden. Zumeiat beaehtttten sie
einen Brmmen, der in dieaem trocknen Lande eine weit wichtigara BoUa
spielt ala daheim.
Die adilimmsten Feinde daa Waldwnchaea aind die Köhler, die kanm arm-
dickes Stangenholz schlagen, um die schwanken Beiaer in Holzkohlen an
Tcarwandoln, und die Hirten, die immer wieder Faner an den Scrub legen,
um frischeren, kräftigeren Nachwuchs zu erzielen. Erst an dritter Stelle
kommen die Ziegen, denen man so gern die ganze Schuld aufbürdet, ün-
bes<'.hadet der Ziegenwirtschaft ließe sich ganz gut ein großer Teil dieser
Gebiete aufforsten , wenn ihre menschlichen Herren Einsicht genug besäßen,
nut dem Feuer etwas vorsichtiger umzugehen.
Am angenehmsten wandert es sich auf diesen Höhen zur Frühlingszeiti
«Mm Ciataaarten, Alpenvaihihen, Perlhjaanthen, Hni^kaBiille, Anemonen und
Annkaarten den Boden mit buntem Bltttenteppich tibenogan und dar Thymian
wieder aeinen aromatiachen Qemeh in dia Lftfte haucht
Dia Auaaiehten von den Beigen Bithyniana, dem Kabch Dagh, dem
Aidoa Dagh, dem Ser^Je Tepe und dem Tbchine Dagh haben unter einander
aehr ^Uü Ähnlichkait Naeh Sflden an fibaraebaiien wir den aeihmalen Tega-
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190
Fritz Braun:
tetioiinMfeii der Ellgte and den blauen Goli, hinter dem noh du Qelnige
trotng emporreekt Kaoh Neiden ni dehnt sieh dai wellige Hflgelland dei
Inneren. BesOglioh seines BeUefii ist diesee GeUade ger niefat so versehisden
von dem Gebiet, das man von meinem heimatlichen Turmberge aberscbsai
Nor fehlen ihm die Seen und Wälder der baltischen Seenplatte. Der schwarz-
grüne Farbton der Scmbpflanzen bildet die Grundfarbe des Landes. Bings
um die gar nicht seltenen Dörfer — namentlich vom Tscbine Dagh übersieht
man deren gleichzeitig eine große Anzahl — heben sich hellgrüne Flecken,
die Getreidefelder der hitliynischen Bauern, von dieser Grundfarbe ab. Es
sind Oasen inmitten weiten Odlande.s. Vermutlich sind nicht mehr als
8 — 12% der inneren Hochfläche unter Pflug und Hacke, das übrige gehört
den Ziegen und Schafen und dem Wolfe, der im FelsgerOll zwischen Lorbeer
und BesMiheide sein Lager nnftchlSgt
Ben Beriditen der Einwohner sn Folge kommt auf den HShen des
Tdken Tepe nnd des Kayali Dagh auch die Gemse vor. Ich halte es nicht
für nnmSglich. Wenn der KayaK Dagh aneh kaum 700 m errricht, sind
der allgemeine Landsehaftsohsnkter dieser Gegenden nnd ihre Pflamendeeke
doch nicht derart, daß man sie von Tomherein ftr nngeeignet halten nfifttSi
die flinken Gemsen xn beherbergen.
Weit anmutiger als die Aussichten von den genannten Bergen ist der
Blick von den inselartigen Erhebungen an der Küste. Ich fiir meinen Teil
schätze die Aussicht von (h'in Drakos Tepe zwischen Maltepe und Kartal am
höchsten, trotzdem diese (.^uarzitkuppe nur eine Höhe von 107 ni erreicht
Dort rastet es sich gar gut am hellen Sommertatj. Bunte Fliegen umsurren
uns. Schmetterlinge gaukeln über den duftenden Kräuteni. Unter uns ziehen
weiBe Segel auf feuchten Pfaden dahin. Lange noch sehen wir ihre Spuren
in der glatten Flut Wie dnfUge Topase schwimmen die Inseln im stahl-
grauen Meer, prangend im Schmucke dunkler Wftlder, nmgflrtet von lustigen,
weiB sdhimmemden Landhftusem. Den Hintexgmnd aber bildet auch hier
der gewaltige Wichter Bithyniens, der Biese Oljmp mit seiner Bislast im
Nacken.
Ganz anders wird das Ufergelände westlich von Derindje. Die Kalk-
steinberge fallen hier so steil zur Kflste ab, daß nur der schmale Weg für
die Eisenbahn frei bleibt. Von einem Fenster des Wagens sehen wir auf
die Blöcke der gelben Kalksteinwand, in deren Fugen großblättrige Feigen
und kümmerliche Obstbäumchen ein Pliit/chen fanden, aus dem anderen
schauen wir auf das Meer. Es wogt, so dicht unter unseren Füßen, daß wir
glauben könnten, in hurtigem Dampfer seine Fluten zu durchschneiden.
Besonders leicht wird uns dieser Glaube, wenn dicht neben uns eine
Begelbaike dahin gleitet oder eines der großen Marktboote, dessen Form uns
an die Zeiten erinnert, da Odjsiens dem heimatlichen Ithaka rastvebte.
Die Kalkberge steigen hier so stsU Ton der Koste an, daB wir wenige
Kilometer landeinwirts schon Hdhen von 8— 400 m finden. Die DOcftr
liegen oft auf dieser Hbchfllche. Neben den Girten findet man bei ihnen
schon mehr KSmerbau, da die Bedingungen ftr den Obst- und Olivenban
hier nicht mehr so günstig sind wie anf den sanften Hfigebi bei Daci^a.
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Von der anatolischen Biviera.
191
Mandii» von diiaoii Ortwihafteii, wie du dnrdi Mine Kaiserlidie Seiden-
&brik bekumto Hereke, aendfln üm Yacpoeten Ms snm BieenbahnefaMig
Wab. Die Fabrik von Hereke, deren Oebftnde wir von dem Eisenbahnwagen
ans erblicken, beschäftigt etwa 800 grOBtenteils griechische Arbeiterinnen,
die seidene Schals, Kleiderstoffe und Teppiche herstellen. Mehrere Monteure
der Fabrik sind Deutsche, neben dem Gastwirt in Derindje, dem Oberbeamten
des dortigen Bodenspeichers und den Weinbauern in Erenkiöi die einzigen
Laodsleute an diesem kleinasiatischen Küstenstrich.
Vor dem Orte Derindje treten die Berge von der Bahn und der Küste
zurück und geben uns den Blick frei auf eine breite, bewaldete Ebene, hinter
welcher der spitze Gipfel des Tschine Daghs aufragt
Dieee Ebene lieht aush in einer LKnge tou 10 km nnd ein«r Breite
▼on 4 — 6 km an dem aetlicheton Teile der NordkOete daihin. Sie steigt
nach den Bexgen sn allmihlieh an nnd wird Tcm einigen flachen Erosi<ms-
lümen dnrdudmitten, die Ton den GewSssem der Wintencegen in das
Schwemmland eingeschnitten sind. Sin Teil der Sboie ist bewaldet Naeh
Osten zu wird der Wald lichter nnd löst sich in einzelne Gebflsche auf, bis
er im Westen von Ismid ganz verschwindet und dem anmutigen Garten-
gelinde dieser Stadt Platz macht
Der Wald besteht größtenteils aus 6 — 8 m hoben Steineichen nnd
anderen Troekenpflanzen. Nur dort, wo ein Büchlein dem Meere zueilt und
abfließendes Regenwasser den Grund feucht erhält, finden wir schöne Bestände
laubwechselnder Bäunie und blühender Büsche. Der Charaktervogel dieser
Gegend ist «lie Nachtigall. Sie ist hier so häufig wie der Buchfink im nord-
deutschen Walde und trägt das Ihre dasa bei, eine abendliche Wanderung
Ober diese Ebene ro YmMattL In den feuchten Gtflnden üben dann gleich-
seitig 6, 7, 8 der biannen Sftngerinnen ihre Lieder und nm die Bflsohe avf
den Lichtungen geistern Hunderte von Leuchtkifern, in regelmäßigem Wechsel
«ifleachtend nnd yenchwindend. Vor nns sieht ein Baner mit einem Esel-
ehen seines WegeSi das gespenstisch groß aussieht, wenn es den Bflcken einer
der flachen Bodenwellen eneieht hat und sieh Ton dem liehteren Abend-
himmel abhebt.
Am Fuße des Höhenzuges treibt man einen recht ausgedehnten Kömer-
bau. Hier findet man am Golfe von Ismid die größten Wpi/.enscblage. Die
Dörfer, zu denen sie gehören, liegen auf den Vorbergon. Ihre Stülle und
Scheunen sind ganz und gar aus Stangen uiul gelbem Weizenstroh verfertigt,
so daß sie äußerlich fast unseren norddeutschen Struhinioten gleichen. Ver-
steckten sie sich im Schatten dicht belaubter Eichen und Terebinthen, um-
gaben sie blumige Wiesen, deren Halme und Blütenstengel uns weit übers
Kaie reichen, so ergibt das recht hflbsche Dorf bilder, wie man sie hinter der
troAenen Ebene kamn erwartet bitte.
Lings des Golfes dehnen sich flppige imesen, die mit ebum schmalen
flnmpfctreifan, in dem die gnnen Beiher flsehon, an das stille GowSsssr des
GolüM gienaen. IKese Wiesen liefern recht reichliche Erträge. Einige YOa
ihnen bat unser Landsmann Scheiblich gepachtet, der das Gras in Mahonen,
diokbanebigen Markibooten (die Transportkosten betragen fttr den Zentner
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192
Frits Brftnn: Von der anatoÜBchen Kiviera.
PMBbmi. etwa 76 — 80 Pfennig«), nach Konitutinopel fDhrt, «m m in Mimr
MoUnrei sii wAttara.
D«0 die Dörfer sich in dieser Ebene in die Tiler dei Oebirgee flilefaieteii.
Hegt zum Teil daran, dafi die Ebene von Fieber heimgesucht wird. Aus
dem gleichen Qnmde ßnden wir manche Flußtäler in Bulgarien (s. B. bei
Philippopel) ganz von Ortschaften entblößt. In ganz ähnlicher Weise meidet
man ja auch bei uns in Nordostdeutschland viele FluBtftler, nur daß an
Weichsel und Oder die Überschwemmungsgefahr, hier das Sompfßeber dafür
verantwortlich gemacht werden muß.
Sicherlich ließe sich noch ein sehr ;:roßer Teil der Ebene dem Kömer-
bau gewinnen. Ob aber der deutsche Landwirt dabei auf seine Rechnung
käme, ist eine andere Frage. Der Rücksichten auf die Gesondheitsverhalt-
nisse, anf die Schikanen der tOrkisolien Behörden, anf die Geblssigkeit islami'
tiicher HacUmm, anf den ünterscfaied in der Uenge der jftfarliolien Nieder-
achlBge sind so viele, daB diese Frage sn jenen getf blt werden mnft, die ein
gewissenhafter Berichterstatter am liebsten offen llftt, snmal das Urteil dar
dentsehen Landwirte, die mit den Verblltnissen vertrant sind, recht wenig
ermunternd ist.
•
Wenn man beispielsweise oft anfahrt, daß Konstantinopel einen grofien
Teil seiner Gemüsenahrung aus Ägypten bezieht, daß also dem Anbau den
Gemttsesorten in seiner Umpebunt,' noch ein weites Feld offen stehe, darf man
nie vergessen, daß es sich bei der Einfuhr vorwiegend um ägyptische Speziali-
täten handelt, die bei Konstantinopel nicht gedeihen. Andere Gemüse werden
nur dann aus Ägypten eingeführt, wenn ihre Saison bei Konstantinopel noch
nicht begonnen hat. Ist es aber schon in der Heimat für den Landwirt ein
mißlich Ding, sich auf den Bau einer Spezialität zu beschranken, so trifft
das fttr die Fremde doppelt su. Anch mit dem Anban Ton Kartoffeln hat
man, namentlich in tieferen Lagen, nur geringm Erfolg erzidt.
Der Ort Derin4$e Terdaakt sein Dasein eigentlich nnr dem Ycriianden-
sein der riesigen, ans Wellbledi gebauten Bodenspeieber, in denen die Kom-
sdiitse Kleinasiens an^sehinft und gereinigt werden, bis sie anf en^ischen,
franxölischen, deutschen Dampfern ausgeftthrt werden. Dicht neben dem Kai
vor den riesigen Bodenspeichern träumt mitten in verwilderten, aber desto
anmutigeren G&rten eine verfallene Gloriette des Sultans. Hier die riesigen,
von elektrischem Licht erhellten Speicher, bei deren Bau alle Regeln der
modernen Technik beobachtet wurden, dort das in Waldesnacht träumende
Schlößchen des Sultans: welch merkwürdiger Gegensatz zwischen einst und
jetzt! —
Dieser innerste Teil des Golfes ist landschaftlich bei weitem der schönste.
Durchschneiden wir in einer Barke seine Fluten, so erhebt sich zu unserer
Linken das bftnseirsiclie Ismid, dessen Strafienseilea iwiseheii bllllienden
Oirten am Abhang der HUgel emporstdgen, bis empor tn der alten Akropolis,
wo noch hentsntage altes Manerwwrk den Jahihnnderten trotst Westlidi
der Stadt aber dehnen sieh ICanlbeeipflaiurangen, Weingirten nnd ObtOaine
bis herab snm Ufer des Golfes.
Von diesem firenndlichen Stldtebild hebt sich der 1600 m hohe Kol Tepe
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Georg A. Lukas: Eduard Eichter.
19S
(Qdk Dagh ift nur ein Gelehrtomiaiiie, d«r Tielleieht aof
um 80 machtrolkr ab. Sem riesiger Leib wirkt wie der ICagneeitblock des
Athoe um so waditiger, weQ er gleich hinter dem Ufer des Meeres empor-
strebt lliUiblage Hochwftlder bedeeken seine HSnge, licht erglUhendf wenn
swischen BegengewOlk ein Sonnenstrahl zu den Laubkronen niedergleiiet.
Ich sab dieses Bild, wena Winterschnee bis tief in die Tftler binnb-
reichte, wenn die Obstgärten in der BlütenflÜle des Frühlings prangten, und
wenn ein Sommergewitter düstere Wolkengebirge über dem Baschkires Dagh
auftürmte und Regenschauer die Fluten peitschten. Innner aber erschien es
mir groß und gewaltig und immer wieder bedauerte ich die Touristen, die
von dem Orient scheiden, ohne diesen stillen Winkel besucht zu haben, den
der Schönheit Schwester, die Anmut, zu ihrem Lieblingssitz erkoren hat.
Da die höheren Gebirge auf der südlichen Seite des Golfes emporragen,
Irieten die Qipfel nnd Hänge des bithynisohen Gebirges dem Wanderer
inAehtige Aussiebten. Von den höheren Bergen der Halbinsel hat meines
Sraditeos der Tschine Da^ das gewaltigste Panorama. Der etwa 450 m
hohe Be^ ist von Derin^e leicht nt ersteigen. Bis nun Kamm des Ge-
birges führt «ne Fahrstrafie, so dafi man sich nur etwa 180 m durch das
GestrClpp emporsrbeiten mnfi, um den Gipfel zu erreichen.
Streckt man sich dort zwischen tfirkischen Grabmalen in das blühende
Kraut f so beherrscht der Blick eine weite Rundsicht. Im Osten dämmert
der Spiegel des Sabandja-Sces, jenseits des Golfes dräut die gewaltige Masse
des Kel Tepe und nordwärs dehnt sich die hü^'olige Hochebene der bithyni-
schen Halbinsel. Mit einem Blickp üi>erschaucn wir ihren Aufbau. Längs
der Südküste streicht die höchst« Berjrkette, nach Norden senkt sich das
Gelände ganz allmählich zum Schwarzen Meere hin, durchzogen von langen
Erosionstälem, da die Wasserscheide sich nur wenig von dem Golfe von
Ismid entfernt Zu unseren Ffißen erblicken wir die grauen Steineidienwftlder
der Ebene und die riesigen Speidier von Derin^je, ein Werk, an dem auch
unsere Landsleute mitgearbeitet Das ganae Bild atmet Leben und IVende,
nioht jene hoffirangslose Schwermut, die so vielen türkischen Landsdiaften
«gen ist Wir fttUen, da0 eine lebensvolle Zukunft dieses blühenden Landes
banrt Hoffen whr, daB unser Volk ihre Mühen und ihre Erfolge teilt
Ediard Riehter.
Von Oaoiv A. Liukae.
n. Bdvacd Biehters Lobonewoik.
Richter hat kein selbständiges geographisches Lehrgebäude botriündet;
seine Tätigkeit läßt einen mehr konservativen Zug erkennen, insofern er be-
müht war, die geschiehtlioh gewcvdene Eigenart der Erdkunde aufrecht m
«hslten. Desto mehr Forderung danken ihm aber die Tersduedensten Zweige
unserer Wissenschaft. Ein Überblick über sein Schaffen und über das, was
er bei lingerem Leben noch hätte leisten wollen und kOnnen, wird am besten
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Georg A. Lukas:
»1 gewinneii sein, wonn die eiluseliien Biehtungen seiner Arbeit gesondart
betnushiet und gewürdigt werden.
1. Qletscherkande^
Als Oletscherforscber ist Eduard Richter nie bereits erwftbnt wurde —
saerst literarisch hervorgetreten, indem er, hauptsächlich zu eigener Inibr-
nuttion, in mehr kompilatorischer Weise alles über das „Gletscherph&nomen'*
damals Bekannte in jenem Programmaufsatz von 1873 zusammenstellte. Doch
ist die Art, wie er den Oegenstand behandelt, vielfach so charakteristisch und
für seine wissenschaftliciie Entwicklung prinzipiell bedeutsam, daß auch dieses
Erstlingswerk wohl beachtet werden muß.
Der Verfasser geht in dem als „Beitrag zu einer populären Geographie
der Alpen'^ bezeichneten Aufsatze von den klimatischen Voraussetzungen
«US, bespridit die Abnahme der Tempentnr mit der HShe, die Formen
medenchlages, die Sdineegieuze, ibre Ortlidien VersohiebungsursMlisa und
Hobe, gebt dann anf die Sohne eansammlnngen ttbor, deren lokale Be-
dingungen und MaBbesümmungen erörtert werden; sodann wird der ümr
wandlnngsfurosefi des Schnees in "Fim und der Funfelder in Oletseher 0iaiiptr
Sttohlioh nach Agassiz, Tjndall u. a.) dargestellt. Das dritte, den Qlet-
Schern gewidmete Kapitel behandelt die Entstehung der Gletscherzcmge
durch Druck und Regelation, die Fimlinie, als die jene obere Grenze be-
zeichnet wird, „bis zu welcher im Momente der Beobachtung die in der letzten
Zeit gefallenen Öchnoemassen (auf dem Eise) bereits wieder weggeschmolzen
sind''. Dann wendet sich Richter der Struktur des Gletschereises zu, er-
klärt seine Bewegung als ein durch Druck und Schwere erzeugtes Fließen,
das trotz des geringen Flüssigkeitsgrades nach denselben Gesetzen vor sich
gehe wie jedes andere Fließen. Im Zusanunenbang damit erfahren Bände-
rang und Spalten eine ausfShriidie Dantellnng. Der vierte Abeduitt
wendet sich der Zerstörung der Gletscher m; die Absehmeliang oder
Ablation wird entsprechend gewürdigt, auch der damit Terbundenen Er-
sdieinnngen, wie der Gletschennfiblen, Gletsohertische, Eisseen und GletsUier-
tore eingehend gedaobi Das nftcbste Kastel venacht ttber die GröBen-
Verhältnisse der Gletscher wllnschenswerte Aufklärung zu geben. Jeder
Gletscher existiert unter gewissen unveränderlichen Bedingungen, deren wich-
tigste sind: „1. die Ausdehnung des Fimfeldesj 2. die Breite, Tiefe, Gestalt
und der Neigungswinkel des Talbettes, in welchem der Gletscher fließt;
3. die Exposition des Fimfeldes und der Zunge der Himmelsgegend nach".
Hierzu treten noch wechselnde Bedingungen, wie sie durch die jälirliche
Niederschlagsmenge und den Gang der Wärme erzeugt werden; deren Folge
sind die bekannten Oszillationen der Gletscher. Die Ursache der allgemeinen
Gletsoherschwankungen ist also „das verschiedene Verhältnis, in welchem
Wintersdmee und Sommerwiime la einander stehen". Anfibllender sind' die
vereinnlten TorstOße mandier Glstsdier im Gegensats su ihren rsIatiT
ruhigen Nachbarn; da werdan meist lokale Verhiutnisse bestimmend sein
(weites FimUdd und sehmale Zunga). „Das VorbeRBchen solcher Windzich-
tongen, welche einon gewissen, nach einer Sichtung ezponiertai Fixnftld be-
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Bdnard Siebter.
195
WMiders viel Schnee zuzofGLhren geeignet sind, kann vielleicht zum ersten An-
waeham des 61«tKlien Anlaß geben; sind dann die erwähnten günstigen
Bedingongtn Torhanden, so oimnit dann wohl das Aawaohsen ein ao «memw
UaB an.**
Am iriehAigsfeNi imd, gMgiapIiiseli genommen, die Wirkungen der
Oletsclier, worauf Bicfater nun im ScUnfiki^itel seiner Erstüngsaiiteit n&her
eingeht; er besdninkt sich jedoeh unter AusBchlnfi der n^u^toriseben Tltiff-
keit'^ der EisstrOme auf das, was sie jetzt noch znr Veränderung der Erd-
oberfläche beitragen. Die Gletscher vorhalten sich der Erdfeste gegenüber
teils transportierend, teils abschleifend, stets jedoch ausgleichend und nivel-
hereud. „Sie weichen hierin nicht von dem allgemeinen Ziele ab, welches
alles Wasser auf unserer Erde den Unebenheiten ihrer Rinde gegenüber zu
verfolgen scheint." Es wird demnach der Gesteintransport durch die ver-
schiedenen Arten der Moräueu beschrieben und gewürdigt. Die Gletscher ent-
fernen schützende Schuttmassen, die sich sonst am Fuße einer abbröckelnden
Felswand ansammebi, und bewirken dadnroh jene Schroffheit, Zackung und
TrAmmenmg der Qrate und Gipfel oberhalb der SchneeUnie. ,;Hftttan die
Alpen keine Gletscher, so wären ihre obersten Kämme sanfter, geschlossener
nnd teilweiser höher.'* Dia Olasialerosion darf nieht übersebfttEt werden
^Wenn man behauptet, daß ein Gletscher ganze TaUurdien auszugraben im
Stande sei, so ist dies im höchsten Gxado übertrieben. Nur die ihm entgegen-
stehenden Vorsprünge werden abgerundet, nie aber in den Fels hinein Ver-
tiefungen gemacht." Im übrigen jedoch sind Kondhöcker und Kritzen, durch
Grundmoränenmaterial ausgefllllte Vertiefungen im ehemaligen Oletscherbett
sprechende Beweise jener gewaltigen Natnrkraft; „ein Terrain, welches vom
Gletscher bedeckt gewesen, zeugt auf jedem Schritte von den Lasten, welche
über dasselbe hinweggegangen siud."
Das „Gletscherphänoraen" wurde im folgenden Jahre (1874), mit einigen
Abbildungen versehen, in der Zeitschrift des D, Ö. A.-V. abgedruckt, wodurch
die Arbeit zur if weiterer Kreise gelangte.
Bald darauf (1876) begannen die später Ton Richters Arbeitsgenossen
X. Fagger abgeschlossenen Untersuchungen der Sishöhlen des Unters-
berges bei Salzburg; die schon im ersten Beobachtnngqjahre ▼on beiden
gewonnene Oberzengong, „daß die alte Deluc-Thniysche Erklärung der Eis-
bildungen durch die eindringende Winterluft vollkoaunen zutreffe und für alle
beobacbteteten Erscheinungen ausreiche", wurde später durch Beobachtungen
ans einer Eishöhle bei Besannen in entscheidender Weise bestätigt.*)
Als die Schweizerreise von 187Ü Richters Gletscherstudien in neue, aus-
sichtsreiclie Bahnen gelenkt hatte und in der genauen Vermessung und Unter-
suchung recenter Eisstriane das geeignetste Mittel erkannt war, um in das
Wesen dieses Geheimnisses der Hochgebirgswelt einzudringen, erschienen in
rascher Folge jene Arbeiten, die für die wissenschaftliche Erschließung der
Ost-Alpen geradezu eine neue Epoche heraufführten.
1) Zur Frage über die Entitehong der Eishöhlen. Peterm. geogr. Mitt. 1876.
8. 816—317.
Über EiAOhlen. Pet. geogr. ICtt 1889. 8. 818—9».
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196
Georg A. Lukas.
Biehieit Forachungen gingen bekanntEeh Tom Ktrlinger- und Ober-
snlxbach' Gletscher in den Hohen Tnuem am. Die im Sommer 1880 doroh
selbst&ndige Aa&ahmen entstandene echOne Karte vom Znngenende det
letzteiren in 1:5000 aamt Erörterungen ttber das Wesen der Oletseher-
schwankungen und ihre Bedingtheit durch das Klima des vorangegangenen
Jahrhunderts wurde als erster Teil einer Anfsatzreihe („Beobachtungen an
den Gletschern der Ostalpcn") in der Alpenvereins-Zeitschrift von 1883 ge-
druckt und fand reiche Anorkennunp.') Der Verfasser hatte mit dieser ersten
Publikation /.uglfich die Anregung zu iilmlichen Untersuchungen geben wollen;
in der Tat fand sein Beispiel mehrfache Nachahmung und bald konnten sich
die Ost-Alpen auch hinsichtlich dieses bisher vernachlässigten Zweiges der
Forschung mit der Schweiz wohl vergleichen.
Biohter selbst setste seine Üntennfllmngen erst am Karlinger^Oetsdier,
dann in der Otxtaler Gmppe fort und war in Wort vnd Schrift bemfiht, das
Interesse für den Fimschmnck der Alpen sa w%6kea. Ohne auf die einaehiea
PoUikationen nKher einangehen*), mag es genflgen, mr Wflrdignng dieser
Arbeiten den Gedankengang eines Vortrages zu skizziet«i, den er anf dem
vierten deutschen Geographentage sn IfUndlien (1884) hielt und der alle Er*
gebnisse in übersichtlicher Weise zusatnmenfafit.')
Er fährt da Folgendes aus: Beobachtungen in der Schweiz und in den
Ostalpen ergaben übereinstimmend einen außerordentlich starken Rückgang
der Vfigletscherung. Der Khöneglctscher büßte etwa lOO, der Übersulzbach-
glet^chcr 60 Millionen Kubikmeter der Eismasse ein: „oder da sich der Vor-
gang auf ungefilhr 30 Jahre verteilt, so heibt das so viel, daß die Vermin-
derung des Machsebubes iuuerhalb dieser Zeit ein volles Fünftel betragen
haben muß, im Verhältnis zu jener Masse des Nachschubes, welche dem
Maximalstande des Gletschers im Jahre 1850 ent^traoh'*. Noch fibecrasdiender
ist es jedoch, daß diese starke Schwankung eontrotsn konnte ohne eine wahr^
nehmbare wesentliche Änderung des Klimas. Eine gewisse Periodintftt llfit
jedoch der Niederschlag erkennen; regei^rmere und regenreichere Jahresieiten
bedingen Bücksug und Vorstoß der EisstrOme. hi der Tat war die Periode
1842 — 61 im allgemeinen feucht, jene von 1852 — 70 vorwiegend trocken.
Aber die Schwankung der Gletscher spiegelt sich in den Niedersdila^tabeUen
der alpinen Stationen bei weitem nicht so deutlich wider als man erwarten
sollte, und noch st&rker wird unsere Yorstellung von der Leistungsfähigkeit
1) Der Obersnlzbachgletacher 1880 — 82. 57 S. 1 K., 1 Ansicht, Profile,
1 Diagr. u. 7 Textfig.
S) Der intenat. alpine KragxeB sa Genf Tom 1. und S. Aug. 1879. Mitt. d.
D. ö. A.-V 1H79
,,Bk^t>bachtungen am überBulzbachglctscber" und „Die MorÜDenlandschaft dee
alten Salzacbgletschers'S Vortrftge auf der Katurf.-Vers. zu Salzburg Ibül.
Dar Rflckgang der alpinen Gleteeher und seine Uziachen. Aviland 1888.
Die Gletscher der Ötztaler Gruppe im Jahre 1888. (ICit einer Ansicht des
Vernagtgletrichers.) Z. D. ö A.-V. 1885.
Der Earlingergletecher ibSO— 80. (1 Karte.) Ebda. 1888.
3) Über BMbaehtnngea ui den gegenwBrtigen Gletsehem der Alpen. (Als Bei-
trag nm Studium der Bisieü) Yerii« d. lY. D. Qeo8r.-Tages in Mfiuchea. 1884.
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Bdnard fiichter.
197
dw Stationen herabgedrückt, wenn wir sehen, „dafi unsere meteorologischen
Listea nun seit mäu als sehn Jahren eine gans unsweifislhafte Periode
stBricerer NiodeneUSge aafweuen, die Gletedier aber nocih immer nieht recht
IGene maeheo, ihre rflokgehende in eine TontoBende Bewegung in Terkebrea**.
Die Orfinde fttr die UnxvyerlBssigkeit der meteorologischen Beobachtnngen
liegen znnSchst darin, daß Talstationen fftr Qebirgsg^penden, vollends ftr ent-
ferntere, keineswegs maßgebend sind, daß sie nach Zahl nnd Alter durchaus
nidit amreichen und daß die Schneehöhen bisher nur in unzulänglicher Weise
gemessen werden konnten. Sind aber die Gletscher wirklich ein klimatisches
Phänomen, dann besitzen wir in ihrem jowoiligHn Stand den empfindlichsten
Spiegfd der Veränderungen und Schwankungen des Klimas, die auch von den
Apparaten nicht mehr registriert werden; hinsichtlich der Eiszeit finden wir
die Vei-ni\itung bestätigt, ,,daß schon verhiiltnisniiißig sehr genngiugige Ände-
rungen des Klimas genügen mußten, um außerordentliche Dimensionsverände-
rungen der Gletsdier hervorzubringen, also Eissexten zu erzeugen".
Die Beobachtungen an den EisstrOmen des Otxtales lehren (was schon
die meteorologischen Tabellen hatten erkennen lassen), daß die Schwankung
der GletscherlSnge von der Schwankung der Niederschlagsmenge abhlngig ist.
Obwohl einzelne benachbarte Gletscher unter gans gleiehen klimatischen Ver-
hältnissen existieren, war doch der Grad ihres Bdokgangee ein sehr ungleich-
mäßiger. „Während einzelne Gletscher so snrückgegangen sind, daß sich der
ganze Landschaftscharakter verändert hat, und das Gletscherende jetzt um
einen Kilometer und mehr zur&ckverlegt ist, sieht man benachbarte Gletscher,
bei welchen der Rückgang nur wenige Dutzend Meter, das Einsinken eben-
falls nicht 80 oder 100 in, wie bei den anderen, sondern nur 10 l»is 20 m
beträgt." Richter erblickte die Ursache dieser auffallenden Erscheinung in
dem sehr verschiedenen Verhältnis zwischen Firnfeld und Länge des Eisstromes.
Der Rauminhalt des Fimfeldes zu dem der Eiszunge verhält sich hier z. B.
wie 6:1, dort wie 9:1, ja wie 15:1. Letzteres dann, wenn die Eismasse
über steile Stufen rasch in wärmere Regionen gelangt, wo die Abschmeixung
bei geringer Flächenentwicklung ebenso viel verzehrt als weiter oben bei einer
bedeutend größeren. Die Kleinheit der Abschmelzungsfläche beschleunigt eben
den ganzen Gletscherprozeß. „Tritt nun auf einem Gletscher letzterer Gattung
ein bedeutender Zuwachs ein, welcher durch seine Masse und schnelle Bewegung
die Abschmelznng bedeutend überwiegt, so wird er in dem räumlich beengten
Gletscherbett viel mehr sichtbar werden, als in einem räumlich ausgedehnten.
Dort wird eine auffallendere Zunahme der Eisdicke und Zungenlänge ein-
treten, als hier, wo sich dasselbe Quantum auf eine viel größere Fläche ver-
teilen kann." Beispiele bieten der Mittelbergglet.scher mit einem Rückgang
von 800 m und einem Einsinken von mehr als 100 m, demgegenüber der
flache Gurglergletscher nur 150 in Rückgang und 20 — 30 m Erniedrigung
aufweist. Ein solcher Gegensatz würde unerklärt bleiben, wenn man bloß in
Sehwankungen der abschmelzenden Wärme und nicht in der Verschiedenheit
der Quantität des Nachschübe seine Ursache erblicken wollte.
Der interessanteste Punkt jedoch, den der Vortragende zur Sprache
bradite, war die Darlegung seiner Ansicht Aber die Olaiialerosion, wie
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19d
Georg A. Lnkai:
er de naoh seinen Beobeefatongen an menten Olettehem eineohitMn n
•ollen gUrnUe. Wir erkennen den VerfiMser des „GletBclierplilnonienS** wieder,
wenn wir hören, wie Biditer ancb jetet den Gletsdiem eine solohe Boden-
almntning oder GeschiebeyerBchleiipaag nicht sutrant, wekhe irgendwie nur
Herstellung hohler Bodenformen, d. h. zur Muldenbildnng ftthren könnte. Er
sohlieflt nui den Worten: „Es wäre ja eine wahrhaft erlösende Entdeckung,
wenn man sagen könnte: hier sehen wir einmal auch bei einem jetzigen
Gletscher, im Experiment, vor unseren Augen die Entstehung eines Seebeckens,
einer Mulde durch Glazialerocdon. Ich war bisher nicht so glücklich, etwas
derartiges zu finden,"
Als Richter dem Rufe an die Grazer Universität gefolgt war, erweiterte
sich naturgemäß auch der Umfang seiner Gletscherstudien.
Sein Hauptwerk auf diesem Gebiete waren und blieben „Die Gletscher
der Ost- Alpen" ein Bnch, dessen Aniknge tief in die Salsbnrger Zeit
srnrOckreichen, mit dem aber nun eine Art akademischer Antrittsechrifk großen
Stiles geboten werden sollte. Die mUherolle Arbeit war enndglicht erst seit
YoUendnng der Originalanfiifthmen des Alpengebiets in 1:26000 dureh das
k. n. k. miL-geogr. Institut (1870 — 78). ^ Ansnttfanmg dieser Karten-
blätter gestattete einen wesentlichen Fortschritt g^enfiber den ftof Klterem
Material beruht>n<len Forschungen K. Sonklars.
Allen physikalischen Erörterungen ging Richter deshalb aus dem Wege,
weil er nur jene Seiten des Gletscherphönomcns zu behandeln gedachte, deren
Auftreten örtlich bedingt erschien. Er wollte erschöpfende Antwort geben
auf die Frage: „Tu welchem Umfange und mit welchen besonderen Erschei-
nungsformen treten Gletscher in unserem Gebiete auf und welches sind die
klimatischen und orographischen Voraussetzungen dieses Auftretens V' Aus
äußerlichen Gründen unterblieb eine Besprechung jener Ost-Alpengruppen,
welcbe gans der Schweiz angehören; dagegen wurden auch sohweiserisohe und
italienische Gebietsteile behandelt, wenn die Hauptmasse dar betreffenden Oe-
birgsgmppe in Österreich gelegen war.
Ffir das in dieser Art modifisierte Ost>Alpengebiet wurde nun unter Zu-
grundelegung der Einteilung A. y. Böhms eine Tollstindige Auftihlnng
und Flächen Vermessung sämtlicher Einzel gletscher gegeben; selbstverständlich
war damit auch eine kurze Beschreibung ihrer Lage und Eigentümlichkeiten
verbunden, und /war gilt dies nicht bloß von den großen, sorgfältig beob-
achteten Eisströmen, sondern ebenso von den kleinen, namenlosen Fimtlocken.
Denn auch diese letzteren kamen für das in Betracht, was vom Verfasser
selbst als der eigentliche Hauptzweck seiner Untersuchungen angesehen wurde:
die genaue Fesistt Uung der Schneegrenzh()hen in den einzelnen ostalpinen
Gruppen und die Aufdeckung der Ursachen, aus denen in manchen Fällen
Abweichungen von der theoretisch zu erwartenden Höhensahl vorkommeiL
Eme Voranssetsung dieses Unternehmens war, dskß vorher fkber dsn Be-
griff der Schneelinie und die Methoden sn ihrer Ermittlung ausftUirlicher
1) Handbücher zur deutachen Landes- und Volkekunde (hrqg. t. d. Zentral-
komm, f. wise. Landeekde. von DentieUand). 8. Bd. 7 K., i Ane. n. 44 Prof. im
Test Stattgait 1888.
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Edaard Hioliter.
199
gehandelt wurde, da mit einem so viel besprochenen und mituiiter so ver-
•diiadeii w^gifafltoa Gegensteade nkSit tAa» ▼orlrarige klärende Auseinander-
MtniDg operiert werdm dnrfta. Dvr erste, allgemein« Absclmitt dea Bache»
ist daliflr anflar korian ErOrtemogen llbar die Genanigkeit der Karten und
MeaningMi eowia über die Terwandeten teehmBchen Ausdrücke (Tal>, Kar-*),
Gehänge-, Plateau- und SeklnehtgletsclMr, Oipftlfime) anssddießlioli dar
Schneegrenze gewidmet
Richter definiert den Tielnmstrittenen B^[riff dorsolben „als jene Höhen-
linie im Gebirge, oberhalb welcher die sommerliche Wärme nicht mehr aus-
reicht, den im Verlaufe des Jahres fallenden Schnee wegzuschmelzen". Die
S<hwierigkeiten, welche sich einer Ermittelung der klimatischen Schnee-
grenze (im Sinne Ratzels) entgegenstellen, beweisen nichts wider ihre tat-
sächliche Existenz; „die Schnepansaramlungen auf den Gebirgen unserer Erde
sind und bleiben klimatische Erscheinungen, denn sie w erden diircb kliniatische
Faktoren, die Wärmeabnahme mit der Höhe und die Anwesenheit einer ge-
niMen Hange Ton Wasserdampf hervorgwafen, und die rdsÜTe Größe dieser
Faktoren bestimmt das Maß ihres Aaftreten«^. Horisontale FUUshen alleiiL
würden eine exakte Hessong der UimatiBchen Sdmeelinie snlassen; da es
aber solohe in den Alpm bekannüioh nicht gibt» so steht eben jedes limfeld
and jeder Gletscher in hSherem oder geringerem Grade nnter dem Einfloß
einer orographisdien Begfinstigang oder Benachteiligong (Batsds orographi-
sche Schneegrenze). „Wir werden also immer mit Ergebnissen zu tun haben^
welche gegenüber der Vorstellung einer klimatischen FUcbe, die sich mit dem
Gebirge verschneidet, entweder zu hoch oder zu niedrig sind, nnd daher
&berall eine cntsprochoude Korrektion anbringen müssen."
Eine Berechnung der klimatischen Scbueelinie kann nun zunächst aus
den meteorologischen Verhältnissen erfolg''n unklar); doch müliten in diesem
Falle die Temperaturen an der Schneegrenze, somit auch die ILihen der
Schneeregion, wenigstens für einen Teil der Alpen, ferner die Schneemengen
und die Temperaturen für alle Höhenstofen genau bekannt sein. Ein anderer
Weg ist die direkte Messong oder SclUltzung, wobei die Finilinie (Hugi)
eine Bolle spielt, jene Stelle, wo das Bis der Gletsdienonge ans dem Schnee
des Fitnfeldes „heranswichst^; hier ist die Grenze swisehen Nihr- nnd Sdmiels-
filnei Diese Linie liegt wohl erfahrongsgemiß tiefer als die Uimatisdie
Sdmeegrense, aber ein konstantes Verh<nis swisehen beiden besteht nicht.
Einen neuen Versuch, die Schneelinie zu ermitteln, machte Brückner
durch die Untersuchung der eben noch und der eben nicht mehr vergletscherten
Gebiete, also durch Grenzwerte. Richter weicht von dieser Metbode insofern
ab, als er sich von der Notwendigkeit überzeugte , „zwischen den einzelnen
Gattimgen kleiner Gletscher, je nachdem sie einen größeren oder geringeren
Grad orographischer Begünstigung erfahren, Unterschiede in der Art der Fol-
gerungen zu macheu, welche aus ihrem Dasein gezogen werden. Es wird für
die Höhe der Schneegrenze ein IMateaufirn eine ganz andere Beweiskraft
1) Richters a. a. 0. (S. 9) Torgeechlagene Schreibung „Kahr" hat sich nicht
eingebürgert.
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200
Georg A. Lukat:
haben, als ein flaches Kar, und dieses wieder eine andere, als «ine stark be-
Mhattele Hiüde.'* Nor solehe GklaolMr, irelcli« in weiten, w«nig geneigten
Karm li^n, kOnnen Ar die Bestimmang der Uimnlisdien Ek^neelinie in
Betraeht kommen. Im Oegeniatse an Bruckner lind an Stelle der Gipfel
die wenig geneigten Stellen der Mniden in Rechnnng an liehen. Steile,
aehneafireie Feltpärtien sind «onoMfaeiden.
Richter gedenkt femer der älteren Schneegrenzangaben S ansäuret,
Humboldts, Buchs, Wahlenbergs, der GebrQder Schlagintweit, erwähnt
Darocher, Weiden, 0. Heer und Höfer; dann wendet er sich zur Be-
rechnung der SchnecgrenzG durch Vergleich des Fläehenraumes der Ver-
gletscherung mit den von gewissen Höhenlinien eingeschlossenen Küumen.
Da aber deren Beziehungen durch orographische Elemente derart gestürt
werden, daß ein Parallelismus zwischen dem Gang der dieses Verhältnis
ausdrückenden Zahlen und der Höhe der klimatischen Schneegrenze nicht
anzunehmen ist, kann eine allgemein gültige Methode hierauf nicht gegründet
werden; doch wird die Yeimessung des flBehenranmes innerhalb gewisser
HdhenUnien mit Erfolg nr Erlftutemng der in den einseinen Gmppen ob-
waltenden Masse der Vergletscherung heranzuziehen sein. Wenn Brückner
awisdien Sammelgebiet und Eiszunge ein YerhBltnis yon 8:1 annimmt, so
ist dies ein Maximalwert, der sich gelegentlich so weit von der WirUicUceit
entfernt, daß er bedeutungslos wird; dran folgende Satze Aber das GrOßen-
verhältnis von Fimfeld und Zunge werden von Richter erwiesen: Die
Teilung eines Gletschers in Fimfeld und Zunge fällt in der Kegel nicht zu*
sammen mit der Orenze des Schmelz- und Sammelgebietes. Indem man dies
übersehen hat, entstanden die so stark abweichenden Angaben über das
Größenverbiiltnis dieser beiden Räume. "2. Die stärksten Unterschiede in
diesem Verliiiltuis werden nicht durch tiefere oder böliere Lage der Zungen,
sondern durch die veiTJchiedene orographische Begünstigung der Firafelder
hervorgerufen. 3. Für Talgletscher kann man als Begel ein Yeih<nia des
Schmelzgebietes znm Sammelgebiet wie 1:8 TOnrasselBKi; bei staiker oro-
graphischer Begfinstigung wird das aweite Glied des Verhlltnisses kleiner,
bei mangelnder Zungenbüdnng (bei Plateaugletschem und klttnen Fim-
ansammlnngen) bedeutend grOßer werden.** Danach ist es einleuchtend, daß
Brfkckners Methode, d.h. die Aufsudinng jener Ldnie, weldie den Gletsoiber
im Verhältnis 1 : 3 teilt, sich wenigstens auf Talgletacher anwenden iSßt;
nie jedoch darf die orographische Begünstigung unterschätzt werden.
In dem nun folgenden „Besonderen Teil^ seines Buches gibt Richter
genaue Mitteilungen und Berechnungen von nicht weniger als 101 'i riletschem,
welche zusammen (nach der zu (iruiide gelegten Karte) 14(il.9 ([km maßen.
Am wertvollsten ist hier das SchluBkajtitel . welches zusmnmeufassende Er-
örtpmngen über dit- Hr>he der Schneegrenze in den Ostalpcn bringt.
Am auffallendsten sind da die großen Differenzen zwischen einzelnen Gruppen:
den 2500 m der nördlichen Kalkalpen stehen 2600 m der Goldberg- und
Ankogelgruppe, 2700 m der wesÜichen Tauem, ZiUertaler und Stnbaier Berge,
sowie der sfidliohen Ralkalpen mit Brenta, 2760 m der nördlichen SüTretta,
3800 m der nOrdlidien Otztaler Bei^e, der Adamello* und Presanellagmppe,
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£duard Richter.
201
2900 m der Ortlergruppe und 3950 m des seiklnl«n Otcteles gegenflber. „So
wigk lieh also in nnserai Alpen die Lage der Sohneeliiiie in der Weise an-
geordnet, daB fibenll die Anfienrtnder one tiefere Bdmeegrenie besitien, als
die inneren Teile nnd die grOßten HasseneriielNmgen den höchsten Stand anf-
weisen, während sie umsomehr sinkt, je weniger breit im ganzen der noch
in die Schoeeregion anfragende Teil des Gebirges ieti nnd daß die Höhe von
Norden gegen Süden weniger bedeutend ist als die von außen gegen innen.**
Die Schneegrenze in den Alpen steigt also nicht, wie man frflher glaubte,
gegen Osten an. vielmehr zpigt sich, dali stark geglioderte Gebircje in Bezug
auf die Schneegrenze einf ähnliche Wirknnf' hprvorbringen wie Hochebenen,
nämlich daß sie ein Austeigen dt r Schueeregion nach innen zu veranlassen.
Trockenheit, höhere Wärme, klares Winterwetter, Hinaufrücken der Vegeta-
tioDs- und Schneegrenzen sind für Hochebenen und zentrale Gebirgsgruppen
in gleidier Weise kennzeichnend.^)
Schließlich konunt Richter noch auf die Schwankungen der Qletscher
m sprechen; er weist auf die ungeffthr gleidi starken Yorstöfie von 1830
ud 1860 hin, Ton denen der letitere sich da und dort in swei Maadma sn
teilen schien.
Der Schwerpunkt des auch mit Karten und Profilen reich ausgestatteten
Werkes liegt wohl hinsichtlich der positiven Ergebnisse im besonderen TeilCf
in der Mitteilung der vielen planimetrischen Flächen berechnungen ostalpiner
Glptscher \md in der kritischen Erörterung der gewonnenen Werte. Kaum
geringere Ik'deutung wird man aber den einleitenden und zusammenfassenden
Abschnitten l>eimessen dürfen, welche durch ihre ))elehrendpn Ausblicke nnd
Anregungen wesentlich zur Belebung der Gletscherstudieu überhaupt bei'
getragen haben.
1889 fand Bichtnr zusammen mit Finsterwalder gelegentlich einer
Inspektion der von ihm angeregten Yemagtgletsoher-Üntwsudiung den Eis-
•ee im Hartelltal. Sofort beschlltigte ihn dieses Fhlnomen, das durch
die traurigen Vnheerungen, die sich alle Jahre wiedecholten, auch weiteren
Kreisen bekannt wurde; er beechiftnkte sich jedoch nicht auf die Erklimng
Düsses bekanntiich durch das VoirOcken des Zufallfemers aofgestantm Sees,
sondern er bemühte sich anchf an berufener Stelle geeignete Vorkehrungen
g^gen die mit Sicherheit zu erwartende Wiederkehr der Katastrophe zu ver-
anlassen.') Er schlug zu diesem Zwecke vor, die Schutzbauten im Tale
wieder herzustellen imd zu verstärken, femer eine Talsperre anzulegen und
endlich nötigenf&LU den Butzenbach abzuleiten. Die Regierung wandte sich
1) Andere hieiheigehdrige PnbUkatiooen Richten lind:
Die Bestimmung der Schneegrenze. Hmnboldt VIII. 1889.
L'altitudine del limite delle ucvi nelle Alpi orientali (l K V Cron. d. Soc. Alp.
Friul. Vn u- VIII. 1889. (VergL Kiv. mens. d. Cl. Alp. Ital. IböO.)
9) Der Gletscheianshnich im Vartelltal und seine Wiederkehr. H.D.0.A.-y.l889.
Die Hilfsmittel gi^n Ansbrflche von Eisseen. Ebda.
Die Glet*cherBeen der Alpen, fl Abb.) GlobuB 1890.
Eine ausfährliche Daxstellong jener mit Richter gemeinsam erfoncbten Ver-
hlllBisae bot 8. Finsterwalder. Die OletMhenMsbtflche des Martentales. Z. D.
ö. A.-V. 1890.
•HSWSiiwii»g«iiMlHW IS-Jakimc. 19M. 4.BMk' 14
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202
Georg A. Lukas}
deshalb an üm, als 1891 neuerdings Gefahr drohte, und landte ihn als
SaehverstJlndigen in das bedrohte Tal.
Bald daxaof veranlaßte ihn Brückners Entdeckung der 35jährigen
Klimaschwankungen (1890) zu einer Arbeit besonderer Art. Die Empfind-
lichkeit unserer Eisströme auch geringfügigen Änderungen des Klimas gegen-
über ist schon hervorgehoben worden; es lag deshalb nahe, zu untersuchen,
ob tatsächlich Brückners Theorie durch die Geschichte der Gletscher-
schwankungen bestätigt werde. Was Richter mit besonderer Genugtuung
empfand, war nicht bloß das interessant« Thema an sich, sondern mehr
noch der eigenartige Weg, auf dem er zum Ziele gelangte und den nur
wenige Forscher hfttten wagen dftrfeo. 8nt mehr als fttnf Jahren war der
Sstoriker in ihm nicht auf seine Bedmung gekommen; jetxt konnte er die
Methode gesehichtlidher Quellenkritik anf einen natnrwissenschalUichen Gegen-
stand anwmden nnd das erftttlte ihn mit bestmderer Freade. Schon 1877
hatte er einen Beitrag zur Geschichte des Vernagtgletschers aus dem Material
der k. k. Hofbibliothek in Wien schöpfen können'), jetzt dehnte er seine
Forschungen auf das Gesamtgebiet der Alpoi aus.^) Die Ergebnisse stimmten
mit den Aufstellungen Brückners vollkommen übercin; die Gletschervorst^iße
kehren in Perioden von 20 — 40, im Mittel 35 Jahren wieder; die Vorstöße
haben jedoch nicht gleiche Intensität und verlaufen nicht ganz gleichmäßig;
auch kann Vorstoß oder Rückgang gelegentlich so schwach angedeutet sein,
daß eine Hochstand- oder Schwiridperiode von doppelter Länge in Erscheinung
tritt. Der Vorstoß beginnt noch während der feucht- kühlen Klimaperiode,
es ist also die Verzögerung geringer, als man annahm. Endlich f^egt keine
einzige wirklich gat beglaubigte Naehridit vor, welche uns nötigen wflrde
annmehmen, dafi in historischer Zeit, yw dem 16. Jahriiundert, die Alpen-
gletscher dauernd kleiner gewesen seien als jetit, vielmehr dürfte jene YolkS"
meinnng yomehmlioh durch die Erinnerung an die regehniftigen Gletscher-
Schwankungen und die dadurch hervorgebrachten YedSuderungen der Weg-
samkeit beeinflußt sein".
Je Tielseitiger die Beziehungen Richtars zu allen Zweigen der Qletscher-
forschung winden, desto lebhafter wünschte er, zur Bewältigung der immer
zahlreicher auftauchenden Probleme weitere Kreise zu interessieren. Diesem
Wunsche kam die Begründung des „Wissenschaftlichen Beirats" zmn D. u. O.
Alpenverein entgegen, dem er als Mitglied oder Vorsitzender seit 1890 an-
gehörte; die reichen Mittel dieser großen Körperschaft konnten nun manchem
Unternehmen dienstbar gemacht werden, das man sonst einer fernen Zukunft
1) Z. D. ö. A.-V. 1877.
2) Über Klimaschwankungen. Deutsche Rundschau. 1891.
Geschichte der Scbwankongen der Alpengletscher. (1 K., 1 Abb.) Z. D. Ö.
A.-y. 1891.
Neues von den Gletschern der Ost-Alpen. P. M. 1891.
Urkunden über die Ausbriidie des Vernagt- und Gurglergletschers im 17. und
18. Jahrhundert. Aus den Inns brucker Archiven hrsg. (1 K.) Forsch, z. d. Landes-
Q. Yolkskde. VL Bd. 4. H. 189S.
Bericht aber die Bohwaaknngen der Gletscher der Ost>Alpen 1868— 18M*
Z. D. ö. A.-V. 1898.
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Edvftrd Bic1it«r.
203
hätte überlassen müssen. Richters Einfluß wuchs, da er in den Jahren
1895—97, solange Graz Vorort war, als zweiter Präsident wieder an der
Spitze des Vereines stand. Für das Studium dos Gletscherph&noraens aber
war es noch wichtiger, daß er auf dem Geologenkongreß zu Zürich 1894
rum Mitglied, 1897 zn St. Petersburg zum V^orsitzenden der internatio-
wlai Gletscherkommission gewählt wurde. Er versuchte jetzt, ein für
•Ue Kalturlinder gültiges Azbeitsprogramm m mäuSm und die Fondnuig
oobeiilieher su gestaHen.^) Dieaem Zweoke sollt» die von ihm emberafeae
AduBlmiexlronfefei» dienen, welehe im Augnrt 1899 un Bhönegleteöher (ni
fibtedi im Wallis) znsunmeBtnt» den Bhöne- und üntefMigletMher eingehend
Mehtigte und melurere Sitcnngen abhielt. Als Sigebnisse and la betraditen
dir dem Protokoll beigelegte Beftmd Uber die Struktur der genannten Eis>
strOne^ eine Klaesifikation und Benennung der Morftnen, Wünsohe für weitere
ÜBiersuchungen und ein Befund über die Kömerstruktur.')
Richter selbst hielt filr die wiclitigsten, zunächst der Lösung zuzuführen-
den Fragen: „1. Die Feststellung des Verhältnisses zwischen dem Ablauf eines
Gletschervorstoßes und der Bewegungsgeschwindigkeit des Eises; 2. das
neuerliche Aufgreifen der eigentlich physikaliscli -thermischen Fragen." Er
hatte 1895 Gelegenheit gefunden, durch eine längere Reise nach Norwegen
Mne Autopsie auf dem Gebiete der Gletscherwelt erheblich zu erweitern;
den Lesern dieser Zntsohiift ist der treffliche Anftati bekannt, in dem er
Mine diesbesflglidien Beobachtungen niederlegte^); andi über Oletseher-
•ebwaDkongen Tsonodite er neues Material beosubringen.^) Die norwei^sehe
Bdie, deren morphologische Ziele weiter nnten za wllrdigen sein werden,
lederte seine Meimmg von der Titigkeit der GletMihsr insofern, als er nnn
von ihrer tiefergreifenden erodierenden Wirksamkeit überzeugt war. Seinen
Standpunkt kennzeichnete er in dieser Zeitschrift (1899) gelegentlich einw
tusführlichen Besprechung des Drygalskischen Grönlandwerkes.
Für die internationale Gletscherforschung trat er auch 1900 auf dem
lur Zeit der Weltausstellung in Paris tagenden Geologenkongreß ein; seinen
Bemühungen gelang die (Gründung einer französischen CJletscherkommission.'^)
Die Redaktion der jährlichen „Rapports" über den Stand der Beob-
•chtungen an den Gletschern aller Gebirgsländer der Erde veranlaßte ihn,
Bodi einmal eine Fachkonferenz einzuberufen, die 1901 im Otztal zusammen-
trat; anoh 1903 hatte er an der AbÜRSsung des Führers fttr die Glaaialezfcur-
■on des Wiener Geologenkongresses noch Anteil, den Ausflug selbst aber
konnte er nur mehr teilweise mitmaehen; kOrporUdies Leiden swang ihn, sieh
Sdumnag anlkusrlegen. Bald rauBte er auch seinen Liehlingsgedanken anf-
l^bsn, dessen ErAUnsg seit Jahren sein sehnlichster Wnnseh gewesen war: eine
neue „Gletscherkunde" zu verfassen. Am 28. November 1898 hatte er in der
k. L Qeogr. Oesellsdiaft an Wien einen Vortrag gehalten über „Nene Eigeb-
1) Die Arbeiten der inteinationaleu Gletficherkommission. P. M. 1899.
t) Die Qleteeherir<mfereiu im August 1890. Ebda. 1900.
3) Die Gletscher Norv egens. (8 Abb.) 0. Z. 1896.
4) Beobachtungen über (Tletscherschwanknngen in Norwegen 1896. P. M. 1896.
i) Gletscherforschung in Frankreich. G. Z. 1901. S. 626.
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S04
a«org A. Liikftt:
nisse und Probleme der Gletschert'orschung", in dem er in gewohnter klarer
Weise einen Überblick über das bisher Geleistete gab und auf die nächsten
Aufgaben hinwies.^) Er schloß damals mit den Worten: „Vor nunmehr
16 Jahren bezeichnete Heims ,61etMherfanide' eine glliitende Zusammen-
£usang des dimaligen Steiides oaierer KemitniaM, annebend gemaeht dnrek
die Originalitit und den freien Standponkk ihres Yeiikssen. Sie leigte die
Fortsdiritte, die in den 29 Jahren gemaeht worden waren, seit Moussons
Bnch (^e Gletscher der Jetstseit^, Zllrieh 1864) enehieneiL war. Bei ij^ste-
mataacher Verwertung der vorhandenen materiellen Mittel und zielbewußtem
Zusammenwiiken der Fcocfaw wird es vielleicht möglich soiu, bei einer aber-
maligen Zusammenfassung wieder einen bemerkenswerten Fortschritt lestsn-
steUen."
Niemand wäre zu dieser Arbeit berufener gewesen, als Richter selbst,
der seit dem Krscheinen des Heim sehen Werkes einer der Führer auf diesem
Gebiete gewesen war; und er war auch mit Freudon bereit, sich dieser Auf-
gabe zu unterziehen, die seinem Lebenswerk den passendsten Abschluß geben
sollte. Wie schmerzlich mußte es ihn berühren, als er erkannte, daß seine
phjsisdien &lfte dasu idibt mehr ausreidmi wflrdenl Weleher Verlnst aneh
fttr die Wissensdiaft, der das Buch dienen soUtel Und dennodi: was Richter
als Gletscheiforseher bis dahin geleistet, reicht bereits Tollkommen auSi seinen
Namen nnTergeßlidi su machen. Die Oletscherknnde hat ihn soerst 1883
bekannt, wenige Jahre spiter berOhmt gemacht, sie erhob ihn endUch sa «ner
internationalen Position; als Gletscherforsoher vor allem wird er darum
in der Erinnerung von Fachminnem und Laien fortleben, auf Jahrzehnte
hinaus werden die Anregungen, die er gegeben, fortwirken, und noch ISnger
wird das Beispiel seiner Leistungen snr „rauhen und frostigen Arbeit der
Gletscheruntersuchung" aneifem.
3. Seenforschung.
An Stelle der Gletscher traten seit dem Ende der achtziger Jahre für
längere Zeit die Seen in den Vordergrund der wissenschaftlichen Interessen
Wihrend in der zweiten Lieforung des „BeenatlaS^') die kartographi-
schen Ergebnisse der Lotungen und Messungen susammengesteUt sind, durch
welche Bichter das Ton F. Simony begonnene Werk erfblgreich beendete
und in suverlissiger Weise den Bau der größeren Seebecken Kfantens und
Krains nebst dem Osterreichischen Gardaseeanteü aufdeckte (die Karten sind
nach den Originalaufnahmen des k. u. k. militUr-geogr. Instituts in 1:25000
mit Schichtenlinien und mehrfach abgestuften Farbentönen ausgeführt), geben
die „Seestudien*") zunächst ErlSluteningen zum Atlas und bieten sodann
eine Übersicht über die Temperaturbeobachtungen am Millstätter- und
1) Abb. d. k. k. Oeogr. Gee. in Wien 1899.
2) Atlas der Osteir. Alpenseen (hrsg. von A. Penck und E. Richter),
2. Lief. (Seen von Kämtcn, Krain und Sttd- Tirol); 9 Taf. mit 10 JL n. 88 Frot
Zu Bi VI d. Geogr. Abb. Wien 1897.
8) Ebda. 2. U. (8 Taf u. 7 TextEg.) Wien 1B97.
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Eduard Bichter.
205
WOrthersee. Beaonders die leteteren Absohiiiite dieser Ablumdlmig, m weklMii
das GefrieEroi und Aaftauen, der jahresacitliche Wärmegang der Seetiefen
besprodien, Sprangschicht und Erd wärme gewürdigt und sot dem groBen
Zahlenmaterial einleuchtende Schlußfolgerungen gezogen werden, trugen sehr
wesentlich zur Förderung der jungen limnologischen Wissenschaft bei; doch
boten auch die Kapitel über Lotungen viel Lehrreiches, so daß es nicht un-
angebracht erscheint, den Gedankengang der „Studien" hier kur?, /u skizzieren.
Es wird dadurch deutlicher, inwiefern Richter die Seenfurscliung praktisch
und theoretisch gefördert hat und welchen Standpunkt er in mancher Frage
Alle Lotongamethodea haben in erater linie SOcksieht ni nelmien auf
eine genflgende Annhl mid besonden anf eine iweoicmlBige Yertoilong der
Lotpnakte; diee wiid allerdiage dadnroih erleichtert, daB hÄ der Einfiidibeat
des Baues der meisten Seewannen schon eine Tezhiltnismiffig geringe Menge
gemessener Tiefenpunkte ausreicht, doch gilt auch die Begel, „daß die An-
sakl der notwendigen Lotungen bei einem kleinen See relativ viel größer
sein muß, als bei einem groAen^'. Femer mflssen stets in der Nähe des
Ufers die Messungen dichter sein als über der meist ziemlich ebenen Mitte,
Langjährige Erfahrung emptiehlt, jede Lotungsreihe nach Querprofilen vorzu-
nehmen, die auf dem Ufer möglichst senkreclit stehen; denn so lassen sich
am leichtesten die richtigen Neigungswinkel der Uferböschung feststellen, was
als das wichtigste Moment zur Erkenntnis des unterseeischen Reliefs zu be-
zeichnen ist.
Die größte Schwierigkeit liegt in der Bestimmung des Lotpunktes. In
dieser Snsie^ ist natOrHch die Lotung vom Eise ans allen anderen Methoden
Tonrasidien; leider kommt dieser einfache Weg, den schon Simony cor Er>
fossehong des WOrtherBcebeekens beschritt, selbst fBr die Sffcers zng^erenden
Seen nnr snsnabmswmse in Betradit. Einerseits frieren gerade die großen
Seen nicht regelmftBig zu, andererseits verursachen Schneefall, einmündende
Biehe und aufsteigende Quellen ernste Gefahren, während zu große Dicke des
Eises viel zeitraubende Arbeit beim Anschlagen der Löcher beansprucht
Überdies dauert die Zuverlässigkeit der Eisdecke viel zu kurze Zeit, so daß
jedenfalls die Hauptarbeit stets vom schwankenden Boote aus vorzunehmen
sein wird und die Bestimmung des Sohiffsortes das eigentliche Problem
darstellt.
Am einfachsten und zwtekinäßigsten ist hierfür die Zählung der Ruder-
schläge, wobei allerdings Kuhe der Seeoberfl&che und große Lotdistanzen
▼oraosgesetst werden. Die grOßte Pehlerquelle liegt in der Unmöglichkeit,
das Boot sofort snm Stehen sn Inringen und dann genau mit der froheren Oe-
sdiwindigkeit die Lotstation wieder ta verlassen. Wo es mOglich ist, kann
man freilich dnrdi Anfrtellmig sweier Theodoliten vom üfer ans den Stand-
pvmkt des Bootes trigonometrisch bestimmen lassen; aber jeder Fehler ist
BOT dann ansgeedilossen, wenn das üfer genauestens aufgenommen wurde,
was nicht immer zutri£Ft. Richter fand schließlich — nach ungtlnstigen Er-
'fünrongen mit der Tachymetrie — als einfachstes und sicherstes Mittel die
n<ie<lieimniiwiiiig mit einer gewöhnUdien Log- Vorrichtung, wobei der Ort der
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Qttorg A. Lukas:
LotuDg doreh ins Wasser geworfene Papierschnitzel markiert werden kann.
Freilich paßt dieser Vorgang nur für kleine Seen, auf großon mit starkem
Wellengang würden sich die Fehler allzu emptindlich summieren; da muß
dann der Sextant aushelfen. Immer jedoch bleibt es nützlich, die Boder-
BChläge zwischen den einzelnen Lotpunkten zu zählen.
Auf Grund seiner praktischen Erfahrungen konstruierte Richter bekannt-
lich einen Lotapparat, dessen erprobte Brauchbarkeit ihn mit gerecht-
fertigtem Stolze «rfUltft und ta «r dalur den Bemidiem arines geographischen
InilitntB gern vorflUirte. Die Mmekine (abgebildet avf 8. 8 und 9 der „See-
Stadien*^ Ittfit sich sowohl im Boot wie auf dem Schlitten anbringen; der
Erfinder sagt von ihr: Möglichste Leiditigkett^ sdmeUe Verpackung auf engen
Baum und die Möglichkeit, sie auf jedem Boote, tack dem kleinsten, raaoh
und sidier su befestigen, waren die Anforderungen, die erfüllt werden mußten.
Es ist gelungen, ihnen allen gerecht zu werden und dabei noch eine Messungs-
genauigkeit bis auf Zentimeter, schnelle und bequeme Handhabung und eine
Iieistungsflihigkeit auch für die größten in Europa TOrkommenden Binnensee-
tiefen zu erreichen." Von ähnlichen Apparaten unterscheidet sich der Richter-
sche hauptsächlich dachych, daÜ alle vorliandenen, durchwegs metallenen Räder,
mit Ausnahme der (übrigens umklappl)aren) Zalilvornchtung, in einer Ebene
angebracht sind, so daß die Breiteudimeusion der eigentlichen Maschine nur
5 cm beträgt. In Folge ihres Zählwerkes gehört sie unter die Prüzisions-
apparate; sie gestattet auch Temperatunnessungoa und Aufholong von Grund-
proben mit der Lotung zu Tcrbinden.
So ausgerüstet lotete Richter den Österreichischen Anteil des Qaidasees
aus, wo das Senkblei die tie&te Stelle erreichte (811 m); femer sind die
Karten des WOrther*, Millstfttter-, Faalrar-, LSng^, V^des- und Wocheinersees
in erster Linie das Ergebnis eigener Bemühung; der Ossiachersee wurde Ton
einem Schüler Richters auf Kosten des Deutschen und österreichischen Alpen-
Vereins untersucht; nur für den Klopeiner- und Keutschaohersee maßten aus-
schließlich fremde Lotungen in Verwendung kommen. Das unterseeische
Relief aller genannten Tlohlformen erfährt eine eingehende Prüfung; am
schwierigsten war dies beim Wörthersee, dessen verwickelter Bau 483 Lot-
puukt^,' zur Konstruktion der Karte nötig machte.
Noch wichtiger als die Erkenntnis der TiefenverhSltnisse eines Seebeckens
erscheint die Klärung und Deutung des Temperaturganges, den die
Wassermasse im Wechsel der Jahreszeiten durehiumachen hat Bichter Ter-
weist da auf seine dem Wiener Geographentage 1891 gegebene Darstellung,
▼ervollstftndigt aber die damaligen AusfBhmngen in manchoi Einselheiten;
er statst su^ dabei auf Messungen im MUlstStter* und Wdrtfaersee. Der
Abschnitt Uber das Qe£neren und Auftauen bringt wertvolle AufUtrungea
über den Temperaturgang zur Zeit der verkehrten Warmeschichtung, wann
sich das Wasser abkühlt. Diese Beobachtungen zeigen die Gültigkeit der von
Forel aufgestellten Theorie der Uniformisation durch Konvektioiisstrome
auch für die verkehrte Schichtung. Von Richter selbst stammt „die Beob-
achtung und nähere Untersuchung der unerwartet scharfen Grenze, die dieser
Erscheinung der jUniformisation* (Ausgleichung) nach unten gezogen ist und
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Eduard Biehter.
207
deren Bezeichnung als Spniugschichte". Daß dieser glücklich gewählte neue
Fachausdruck sich rasch einbürgerte, erfüllte seinen Urheber mit großer Ge-
nogtuung.
Es mag hier in aller Kürze daran erinnert sein, worin das Wesen der
nSprungschichte" besteht, und zwar unter Zugrundelegung der eigenen
Ansffthrungen Richters vom Wiener Geographentage (1891).^) Er sagte där
mall: „Als ich im August 1889 meine regehmßigen Uessnngen (im WlMfaer*
lee) begann, hatte die 8eeobei4Sehe eine Temperatnr Ton 92 — 23^ C. leh
woßte, dafi die Abnahme unten nieht gans regehnlfiig vor neh geht; was
ich fiad, Obertiaf aber meine Erwartungen sehr. Ym der Oberfläche bis tn.
einer Tiefe Ton 8 m hatte das Wasser nahesn die gleiche Temperatur; es gab
Üatersehiede nur nach Zehntelgraden. Von SV, m aber nahm die Temperatur
ganz rapid ab. Wahrend bei 9 m noch 19'' zu finden waren, fanden sich bei
10 m nur mehr IS'* und bei 11 m II**. Darauf verlangsamte sich die Ab-
nahme wieder. Bei 15 m hatte man etwa S**, bei 19 m 7°, bei 30 m 6**,
bei 44 m 5**. Während also zwischen dem 15. und 20. Meter die Abnahme
auf den Meter ungefähr V4 Grad und vom 20. — 30. Meter nur Vu Grad be-
trug, nahm vom 9. auf den 10. Meter die Temperatur um volle ab; es
kain also auf je 20 cm eine Temperaturabnahme von einem Grad." Als Richter
. dann diese schmale Schicht mit den grellen Temperatursprüngen genauer
untersiiehte, ergab sich, sich auch diese rasche Abnahme nicht gleieh>
mlfiig auf das ganse Meter verteilte, sondern daB es in der Mitte eine Stelle
gab, wo die Abnahme auf 20 om 2,4^ betrug; die Temperatnr also auf 8 cm
um eanen gansen Grad abnahm.**
Dar Grund für diese im Hodisommer und Herbst regniftre Erscheinung
Uogt weder in der Besonnung noch im Wellengang oder in der direkten
Wirmeleitung, sondern in den Strömungen, welche durch abwechselnde Er-
wlimung und Abkühlung der Oberfläche hervorgemfen werden. Daher fehlt
die Bpmngschichte noch im Mai: sie entwirlcelt sich erst im Juni, indem die
Temperatur in 10 m Tiefe ziomlit h konstant bleibt, die ()l»eHlüch(Miwürme
aber immer tiefer nach abwärts greitt. Dies ist üben-asclitridriweise oine
Folge der nächtlichen Abkühlung, da hierbei die oberflächlich abgekühlte
Schicht stets bis in jene Tiefe sinkt, wo ihr entsprechende Temperatur und
Dichte herrschen. Alles darüber lagernde Wasser wird durcheinandergemengt
uad nimmt eine gewisse Mitteltemperatur an, die sich immer mehr von der
des Tisfonwassers entÜBnit. „Es sind also Strtoiungen, langsame kouTektive
Zirkulationen, welche jene scharf abgegrenzte warme Schidit enengen, die
wie ein IVemdklirper auf den kflhlen Massen der Seetiefen schwimmt.** Die
Iststeren werden duroh direkte Wirmeleitung „gehmsk^, doch geht dies un-
gemein langsam Tor sich. Wenn dann von Anfang September an die all-
näcbthcbe Abkühlung über die täglich«' Erw&rmung KU flborwiegen b^;innt^
"^rä nicht nur die Oberfläche davon betroffen, sondern die ganze warme
Schicht macht diese Temperaturemiedrigung mit Es kommen Sprünge von
1) Die Temperatnrverbältnisse der Alpenseen. Ein Vortrag, gehalten auf dem
IX. D. Geogr.-Xage in Wien Verh. ä. 189—197. Berlin, D. Eeimer.
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208
Georg A. Lak»f:
2® in einer Nacht vor. „Vom 13. bis 18. Oktober 1889 kühlte sich die
Oberfliche von 16,^° auf 14^^® ab; und ebenso die Sdddiie tod 10 m Tiafo
TOB 16,9* ^^^^ können sehAne Tage den Wlrmeambll bis ta
eineni gewissen Beirage wieder hereinbringen; erst Ton Mitte Oktober an
tritt die allgemeine gkichmiBigo Abktthluig ein. Die OberflSdientempentar
sinkt iiglich nm etwa 0„*, so daß Ende November nngefittur 6* enreicht rind.
Jetxt erst ist der noch Tor einem Monat Torhandene grelle Übergang samt
der warmen Oberschichte veracbwunden. Non greift die abkühlende Zirku-
lation immer tiefer, jedoch überaus latiL'sam, weil die Wfirmeentziehimg sich
auf 30 und mehr Meter Tiefe gleichzeitig erstrecken muß. In der zweiten
Dezemberhälfte sind an der Wasseroberflilche + 4® C erreicht. Aber erst ein
weiterer Wlirineverlust von 2^ ermöglicht die nste Bildung der Eindecke, die
sich fast mit einem SchlajK'c über den ganzen See ausbreitet und bei zu-
nehmender nicke die Wärmeabgabe unterbricht.
Aus dem Gesagten geht hervor, daß diese von Richter zuerst näher
untersuchte Sprungschicht, ihr Entstehen und Vergehen, eigentUi^ scbon das
ganze Problem des jährlidien .Temperaturganges anfiroUt. Die BrkUrang des-
sdben bietet nun keine erheUiehen Sehwierigkeiten mebr; die „Seestndien*'
werden denn andi mit einer snsammsnfiusenden Übersicht gssdüossen, die
swsr sonSchst sieh nur auf WOrtber> und ICUstftttereee besieht, aber bei Be>
rflokncbtigung allf&Uiger Differenaen in LagOi Bau und Größe des Seebeckens
selbstverständlich allgemein gilt.
Auf diese Weise hat Richter, der die Sommer von 1888 bis 1894
größtenteils an den Klirtner Seen verlebte und auch zu anderen Jahreszeiten
viele Reisen dahin unternahm, durch seine gründliche Arbeit selbst am meisten
dazu beigetragen, jenes Programm zu verwirklichen, welches er 1^90 aufge-
stellt hatte'); er galt nun auch auf diesem Gebiet« als eine der ersten
Autoritäten, deren Rat und Hilfe mehrfach begehrt wurde, z. B. von der
ungarischen geographischen Oesellschaft für die Erforschung des Plattensees.
Welcher Genoß aber Ar ihn mit der Litonng dieser Aufgaben Ysrbundan
gewesen mx, kann man den schOnen Worten entnehmen, die er im Herbst
1894 nach Beendigung seinw Gardaseelotungen niederschrieb'): ^Niemand
kann eine Landschaft mehr genießen, als der sie forschend und suchend durch«
streift. Bäsch eilt das Dampftehiff yorbei, von dem nnglfickUchen Conp^-
gefangenen ganz zu schweigen; wer aber durch Tage und Wochen sich in
der Flur und am See umheiireibt, der sieht Farben, Formen und Stimmungen,
die der Reisende nicht ahnt; er sieht vor allem den unglaublichen Wechsel,
der unaufhörlich die Landschaft neugestaltet; was jetzt im Scharfen Sonnen-
glanz in allen Einzelheiten sich gliedernd vor ihm steht, verschwimmt nun
zur dunklen, drohenden Schattenmasse; was früher im fernen Duft versdiwand,
steht nun müchtig und ausdrucksvoll nahe; der See, der vor einer Stunde als
farbloser Spiegel sich melancholisch dehnte, erscheint nun im hellsten Blau
mit seinen weißen Schaumkämmeu von rascher Bewegung belebt Und noch
1) Kin Programm für Scenforscbung. M. D. Ö. A.-V. 1890.
S) Vom Oacdaeee. Münchener Neoeate Nachrichten. Kr. 486. M. Okt
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Bduftrd Riehtez.
209
einen Vorteil hat der wissenschaftliche Betrachter vor dem Vergnügungs-
reisonden voraus: das ununterbrochene Schauen stumpft die Sinne ab; in der
herrlichsten Landschaft si» ht man die Schlafer am Verdeck sich dehnen; wer
aber über Apparat und Notiz])uch sich gebeugt hat, dem ist der Aufblick
Labmig, und dankbar empfindet er immer von neuem, daß die Natur nicht
UoB intefieaiaiiti soodem andh schdn ist**
8. Oeomorphologische üntersueliuiigeii.
In nieht geringerem MaBe als Gletsoher und Seen muA den Alpen»
ftneher der nnerschUpfliche Formenschats des Hoehgebiiiges anaehen. Bioliter
war selbstverstlndlieh auch fHlher nicht aehtloe an dm lahUosen lodcenden
BitMln TorAbeigegangen, welche die Natur in jenen Regionen der wissen-
schaftlichen Arbeit gestellt hat; aber erst ab TJniTersitätslehrer beschäftigte
er sich eingehender damit und die Blüte der morphologisdion Forschung, die
liaiq»t8ftchlich im Erscheinen von A. Penoks „Morphologie der Erdoberfläche**
ihren äußeren Ausdruck fand, regte ihn zu eifriger Mitwirkung an. An-
knüpfung bot sich in dem merkwürdigen Phänomen der Kare.
Über diesen Gegenstand sprach er bereits 1894 auf der Naturforscher-
versammlung zu Wien'i; er erklärte „die Erosion des fließenden Wassers
und die des Eises als alleinige oder als Hauptagentien bei der Karbilduug
für ausgeschlossen'^ und erblickte deren Ursache in der mechanischen and
dwmlHlien Verwitterung des der Atmosphäre frei ausgesetzten Gesteins.
„Diese Wirkung wird um so größer sein, je mehr die ihr atisgesetste Flttcfae
nch der senkrechten Stellung nihert, da die Verwittemngsprodukte dann um
so Isichtw «mtfemt werden odor sudi entfernen, und das anstehende Gestein
sidi nioht in den sebatsenden Hantel seiner dgenen Spine einhtUlt^ (Wand-
Terwitterung). Diese Art der Zerstörung wirkt besonders gewaltig auf jene
Flldien der Hochregionen, welche durch keinen Vegetationsmantel ge-
schützt sind, also auf die Zone zwischen Firngrenze und geschlossener
Pflanzendecke, sowie auf alle frei liegenden Felsen der Fimregion.
In dem Felsköi-per des (iebirges gibt es Stellen von lockerer Fügung
xmd verminderter Widerstandskraft; da ktinnpn durch Hergstür/o u. dergl.
leicht Ausbruchsnischen mit vergrößertem Neigungswinkel entstehen. Hier
setzt nun die Wand Verwitterung mit voller Kraft ein, und die Nische wird
durch radiales Zurückweichen der Wände bald zu einem Kare erweitert.
Da auch scheinbar ganz homogene Gesteinsmassen den atmospUrisehsn An«
griffen gegendber gn>8e Verschiedenheiten aufweisen, so kann die Zerstdmng
sn mdureren Punkten glsichieitig ansetsen, von wo aus sie dann in ihrer
Weise weitexgrmfL nDamit ist auch das gesellschaftliche Auftreten der Kare
«rUlrt, welche demnach als die reguläre 7onn der Denudation ftr obexhalb
des YegetationsschutMS liegende kzystallinisehe Gebiigsmassen sn gelten
bitten.**
Aber auch durch das Fehlen oder die Schwäche der Wassererosion
sind die Kare in eine gewisse Höhe Terbannt; durch krilflage Erosion würden
1) Kahre und Uochseen. Vortrag. „Tageblatt'* d. Wiener Natarf.-Vecs. 8.862—266.
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210
Georg A. Lnkat:
tie ja bald in Erosionstrichter verwandelt sein. Hingegen wirken tester
Niederschlag und Vergletscherung auf Vergrößerung und Ausarbeitung der
Kare äußerst förderlich. Einerseits wirkt die Wandverwitterung an der
Schneegrenze kräftiger, andorseitfl wird der Schutt durch die Fimbewegung
rasch und sicher entfernt „So «vd lieh eim vevteites Kar iMcfaer erwei>
tem als ein schneefreies, dasa wird der Kaiboden abgeeeUüfen, an dem Kar-
ansgang oder weiter abiribrts am Gehinge werden Moilnen abgelagert.*'
Es ist darnach leioht TorstAndlidi, weshalb die Kare nnr anf dem Boden
alter Gletscherverbreitang m finden sind. Lange tot der Eiaseit hatten wä».
an schwach bewachsenen Gebirgsketten stufenweise über einander liegende
Kare gebildet, die durch Bäche mit Klammen nnd Wassei-fällen verbunden
waren. „Nun kam die Eiszeit: die Kare erweiterten sich rasch, die Kar*
böden wurden geschliflFen, Moränen wurden aufgehüuft. die Spuren der gUnz-
lich still gestellten Wassercrosion nllmühlich verwischt. So wurden die
Klüiiunen, welche die einzelnen Talstufen mit einander verbanden, durch
Moräiienniatcrial vorstopft. Dadurch wurden beim Küi k^'ang des Eises ganze
TaUtufen und Kare in Seen verwandelt, anderswo wenigstens einzelne Stücke
von Talbödeu durch Moräncnwällc abgedämmt. Hier und da bildeten sich
anch Lachen in Ueinen nnd gewundenen Beckan zwischen den Bondhöckem,
echte Gletsehererosionsseen.**
Die Hochseen sind also «ne charakteristische seknndlre Begldtersdiel-
nnng der Kare; teils liegen sie in akkomuliertem Material (Morttnenaeen),
teils sind sie reine Felsbecken. Ihre vielfach bedeutende Tiefe erUSrt sidi
ungezwungen aus der Verstopfung jener prilglazialen Klamm, worauf sich das
Wasser einen höheren Auslaufspunkt über den Felsriegel hin suchen mußte.
Noch sind die Sparen der Eiszeit deutlich; naher schon füllen sich die
Seen aus, die WUnde bekleiden sich mit ihrem eigenen Schutt, die Riegel
werden durchsUj^t, und so die Kare in normale Stücke der Wassergerinne
verwandelt. Käuje eine neue Eiszeit, so leitete .sich der unipekehrte Prozeß
ein: die kahlen WUnde würden neuerdings rascher zurückweichen, es erfolgte
eine neue Auskleidung der Täler mit Grundmoränen, neue Abschleifung der
Riegel und Buckel, und die nonnale Drainierung des Landes würde Waunen-
bildungen Fiats madten.**
Über Fencks Morphologie sprach sich Bichter in zwei grOBeren Bet-
raten aus (1896)^).
Wollte er jedoch selbst nun zu einer bestimmten Auffiusung der ent-
scheidenden Probleme gelangen, so war ein Besuch jenes Landes unerllBlidi,
das ihn als Bergsteignr schon längst wegen seiner Naturschönheiten gelockt
hatte. 1895 kam er dahin. Tn Norwegen durfte er die reichste Ausbeute
für mehr als einen Zweig seiner Forschertfttigkeit erwarten; den eigentlichen
C^egenstand seiner Studien bildeten die morphologischen Verhiiltnisse,
deren Werdegang er in so klarer und einleuchtender Weise darzulegen wuBte,
daß hierdurch die norwegischen Forschungen neu belebt wurden'). Die
1) Z. f. d. Osterr. Gymnaaien u. M. D. ö. A.-V.
2i Geomorphologiscbo BeoVtaohtungen aus Norwegen (2 Taf. u. 8 Textfig.).
S.'Ber. d. k. Ak. d. Wiss. in Wien. Math.-uaturw. Kl. Bd. CV. 1896.
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EdoATd Richter.
211
„Geomoi-phologischen B«ob«ditimgea** sind den Lesern dieser Zeitschrift (1897)
durcb Alfred Hettner auszugsweise mitgeteilt worden, worauf hier verwiesen sei.
Richter suchte durch Analyse und Klassifikation der Gebirgsformen zu
ihrer Erklärung zu gelangen; in Norwegen waren es die Fjeldtäler, die Kare
(oder Botner) der Fjeldlandschaft, die ÖacktUler und die Fjorde, denen er
seine besondere Aufmerksamkeit widmete. Die Reise berührte Hardanger-,
Sogne- und Nordfjord, führte durch Jotunheim und das Fjeldgebiet an der
oberen Otta nach Trondheim und erstreekte sich 1»i m den LofoteiL Am
aolftUendeteii aefaiem ihm der Gegensaii swiMhen den energieehen Brosiont-
formen der I|joide mid den flachwelligen, einf&imigen I|jelden. Trots ihres
nnTariDennher glnxislen Charakters ist die lüeldlandschaft aber nioht bloB als
glaiiale Denndationsplatto aufiniihsBen, vielmebr ist das naeh hydrographischen
Gesetsen angeordnete Flnflsystem der Hauptsache nach prtglazial; auch die
allgemeine AMa^lintig widerspricht der Flußrichtung des Inlandeises. B&che
nnd Flüsse vermögen den harten, geschliffeneu Felsboden nur langsam anzu-
greifen. Die glazialen Trogtäler haben keine Kare (Botner); diese finden
sich nahe der Schneegrenze und arbeiten durch „Wandverwitterung" oberhalb
15 — 1800 m Höhe in hoiizontaler Richtun^r an der Abtrar'unEf des Gebirges,
wiüirend unten das tiieüende Wasser die Oberllüche in vertikalem Sinne zer-
schneidet. „Daraus tolirt, daß sich in dieser Höhe ein horizontales Denuda-
tionsniveau herausbilden muß. Alle Hervorragungeu über dasselbe werden
von der Verwitterung rasch zerstört, und zwar im Wege der Ausweitung dar
Botner.** Das gilt fttr alle Hochgebirge der Erde; alle haben deshalb in
dieser Höhe («wischen Vegetations- und Schneegrenae) eine QeflUlsknickung.
Die norwegisdien .Botoer und postglasiale Verwitteroogsfonnen, deren Ans-
bfldimg dnrdi die LokalTergletschemng beMnflnflt ist, nnd die krftftig mit-
aibeiften an der Zerstörung der groBen glaadalen Formen.
Die Fjorde, in deren Fornienreihe die SacktiÜer nnr ein Glied vor-
stellen, lassen sich durch präglaziale Talbildung nnd spiltere marine Trans-
gression (während der Eiszeit) befriedigend erklären; die Schärenküste ist
die tjrj^isfhf Uferfonn glazial bearbeiteter Platten harten Gesteines.
Richter verließ Norwegen mit der Überzeugtuig, daß die Arbeit des
Eises doch grüßer sei, als er bislang anzunehmen geneigt war. Hier, in der
^wahren Glaziallandschaft", wo nur fraglich bleibt, was von den jetzt erkenn-
baren Formen noch präglazial ist, wo die Aushöhlung zaliUoser tiefer Fels-
becken unzweifelhaft der Eiswirkung zugeschrieben werden muß, empfängt
der wissenschaftliehe Beobachter mafigebende Eindrücke; „daznaoh kann man
die weniger sicheren oder gans sweifelhaften Eiswixkungen in andwen Teilen
Sonjas, besonders in den A^pen, beurteilen und kritisieren.**
Dies tat Richter in den non folgenden Publikationen, die sieh wieder
mit dem alpinen Fonnensdiats beschäftigten.^) Ib den „Geomoiphologischen
Die norwegische Strandebene und ihre Entstehung (4 Abb.). Globus LXIX. 1896.
Neue Beiträge zur Morphologie von Norwegen. G. Z. 1901.
1) Oebiigshebmig und Talbildung (1 Abb.). Z. D. ö. A.-Y. 1899.
Geomorphologische Untersuchungen in doi Hodialpen (6 TaH u. 14 Totflg.).
£rg.-H. Nr. ISS su P. M. 1900.
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312
Georg A. Lukas: Eduard Biehter.
Untersuchungen in den Hochalpen'* läßt sich der Einfluß Norwegens gegen-
über den friihf^ren Aufstellungen leicht erkennen. Gestützt auf den nach-
gewiesenen Zusanimenhaug zwischen Karen und Gletschern wird hier der
ehemaligen Vereisung der Alpen nachgegangen; es stellte sich folgendes
heraus: „Die Alpen verdanken ihre heutigen Formen, soweit sie über die eis-
saitliche Schneegrenze emporreichen, der Eiszeit. Ganze Ketten von Hun-
derten von Kilometem I4taige nigen scharfe HochgebirgsfimiieiL, mit Kami
und Graten dazwisdien, obwobl sie gegenwärtig nieht melur Gletsdier tragen.
Ohne Eisseit besftfien sie Mittolgebirgsfonnen. Aneh an den heote yerglei-
Boberten Ketten Iftftt sioli der EinflnA der einst '?iel stlikeren Yereisong an
den Formen dentlidi nadiweisen . . . IMe Hoehseen sind offenbar glasialen
Ursprungs, wenn auch der Vorgang ihrer Ausgrabung schwer vorstellbar ist.**
Mit dieser großen Arbeit, die noch in zu bischer Erinnerung steht, als
daß sie einer ausführlichen Besprechung bedürfte, erachtete Richter selbst
seine morphologischen Forschungen wenigstens vorläufig für abgeschlossen-
Selbstverständlich hörtf er aber auch jetzt nicht auf, diesen Studien vollste
Aufmerksamkeit zu widmen; insbesondere standen sie unter den GegeustÄnden
seiner Lehrtätigkeit dauernd in erster lieihe. (Schluß folgt)
Die tiergeo^aphisehen Reiche und Regionen.
Von Theodor Arldt«
Als Selater 1858 die Erdobeifllobe som errten Mal in tiexgeographisch«
Regionen teilte, sah er in jeder dmielhen ein selbsUndigeB SdiOpfungsientnun^
und wenn auch diese Auffassung TOn seinen Nachfolgern, besonders Yon
Wallace, sehr bald aufgegeben wurde, so glaubten diese doch, daß das auf
der Verbreitung einer Tiergmppe begründete Schema auch für alle anderen
gelten müsse. Dies war ein Irrtum, wie man schon aus der Tatsache er-
sehen kann, daß die Einteilung der Erde ganz verschieden ausfllllt, je nach
der ihr zu Grunde liegenden Tierform. Man vergleiche hierzu die Zusanuuen-
stellung einiger tiergeographischer Systeme in den beigegebenen drei Tabelleu.
Daß die Tierverbreitung sich nicht in ein starres Schema fassen läßt, ist
auch ganz natürlich, da die einzelnen Tiergruppen zu verschiedenen geologi-
schen Zeiten bei Tenchiedener Yerteilnng von Land und Heer sich eotwidtelt
haben and eine sehr Tenchiedene Migrationgflfliigkeit besitsen. Ans diesem
Grande ist in der Tieigeograplue der „individualistisflihe** Standpunkt, wie
ihn Maas beaeichnet hat, mdir in den Vordergrund gestellt worden, der
sich die möglichBt intenrive Erforschung eines beschränkten Gebietes zur
Hauptaofgabe gestellt hat. Trotzdem läßt sich aber die Einteilung in Re-
gionen sdum aus systematischen Gründen nicht gut völlig entbehren. Bei
der Abgrenzung derselben dürfen wir uns aber nicht einer rein statistischen
Methode bedienen, sondern müssen auch auf die Tataachen der Geotektonik
und <ler tertiären und meso/.oiMhen Paliiogeographie Rücksicht nehmen, so-
weit diese bis jetzt haben festgestellt werden können, da die verschiedene
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Th. Arldt: Die tiergeographiaohen Eeiche und Regionen. 213
Faunenentwioklung der einzelnen Kontinente durch ihre jüngste geologische
Geschichte bedingt ist. Am bekanntesten sind auch jetzt noch die ältesten
T<Hi Sclater vorgeschlagenen und TOn Wallace etwas modifizierten 6 Be-
gionen zu je 4 Untenregionen, eine leidit m melkende, aber sehr schema-
tisehe Einteilung, die scbon durch ihre OleiehmlAiQ^t den Terwickelten
natOrlichen VtiUUtoissen sich nicht nngeswuigeii anpanen iSfit. In Folge
deesen und auch viele YerbeesenrngsTorschllge gemacht worden, von denen
wir einen Teil zunftohst kurz besprechen wollen.
Die neotropische Region von Wallace ist durch zahlreiche ende-
mische Gattimgen und selbst Familien so wohl charakterisiert, daß sie von
allen seinen Nachfolgern unverändert beibehalten worden ist, nur Kobelt
zerlogt sie in neun Regionen, freilicli bat dieser auch für die ganze Erde
28 angenoninien. Die wichtigste Veränderung, der das Wallacesebe System
unt^TuortVn worden ist, bezieht sich auf das VerhUltnis der nearktisc-hou zur
pabiarktischen Region. Wallace suchte zwar auch in späteren VerötTent-
licbuiigeu die Selbständigkeit der ersteren zu verteidigen*), aber je weiter
wir nach Norden kommen, um so auffälliger wird die Ähnlichkeit beider
Bsgionen, um soletst in TöUige Gleichheit ttbenragehen. Möbius schuf aus
diesem Grunde eine zorkumpolare arktisdie Zone, sah aber im fibrigsn die
beiden H«Buqphiren als getrennte Gebiete an. Am radikalsten war der Vof
schlag Ton Prof. A. Newton, beide Begionen zn einer bolarktisohen sa
Tsreimgen, von der fteilich Heil pr in die sttdlichen Teile als sonorische und
als mittell&ndische Begion abtrennte. Die letztere ist nicht lange als selb-
ständig angesehen worden. Dagegen wird die erste auch von Blanford,
Lydekker, Kobelt, Pocock und Maas als Kegion angesehen, die ihr
aber eine größere Ausdehnung geben als Heilprin. Auffällig ist dal)ei, daß
Lydekker sich genötigt sieht, zwischen dem souoriscbeu und dem liolark-
tischen <lebiete eine „transitton zotu" anzunehnien, und daß von den durch
ihn zusammengestellten für die s(•n(^^i^(•be Region cluirakteristischen '^0 Säuge-
tiergattungen 15 auch in die iiolarktiscbe, 13 in die neotropische eintreten
und nur 8 rein endemisch sind, und zwar fast alles Nager, die allgemein
zeidi an endemischen Formen sind.*) Die sonorische Begion ersdieiiit hier*
nach mehr als sin Übergangsgebiet, in dem neotropisdie und holaiktische
Foimen sich mengen. Da i^wr die letsteren Torherrschen, und die Grenze
gegen die holarktische Begion gioslich yerwisdit ist, so dürfen wir das sono>
riscbe Gebiet der letsteren zurechnen, ebenso wie andere Übergangsgebiete in
der alten Welt, zumal bei den niederen Tieren eine deutliche Grenze ebenso-
wenig »istiefft. Daß Kanada zur holarktischen Begion zu rechnen ist, kann
man schon daraus ersehen, daß Kobelt, der doch im allgemeinen sehr kleine
Begionen annimmt, auf Grund der Verteilung der Binnenkoncbylien Kauada
mit Sibirien, Europa und dem Mittelmeergebiete als eine Region zusammen-
1) Wallaoe. The Palaeaietie and Neaictic Regions compaied at regarda the
Families and Geaeia of fhsir Mammalia and Birds. Natnial Bcience Bd. lY. 1894.
8. 488—446.
2) Lydekker. Die geographische Verbreitung und geologische Entwicklung
der Saugetiere. DentMhe Ausgabe, f. Aufl. 1901. 8. 499— Ml.
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214
Th. Arldt:
^t. In dieser großen holarktischen Begicm, die also beide Wal lace sehe
Begionen umfaßt, kUnxieB wir drei Abtttlnagwi untenohflideii: die lirkim-
polare boreale, die der arktischen Begion von MSbiua und dem Nordpolai^
gebiet von Matsehie entapridit, die nearktiache und die pallaiktisdie, Ton
denen die beiden letrten wieder in üntenregionen ni leriegen sind.
J3i<b ttthiopische Begkm wird wieder aUgemein anerkannt, doeb vt
nach Möbius« Reichenow, Blanford, Lydekker, Matsehie und Eobelt
Madagaskar als selbständige Region abzutrennen. Dafür spricht die große
An«ff.hl endemischer Formen. So sind nach Lydekker^) unter den Säuge-
tieren Madagaskars von 14 Familien 5, von 37 Gattimgen 34, von 81 Arten
78, also bez. 3fi"/,, 92% und Of>% pndemisch. Ebenso sind zahlreiche ende-
mische Formen aus den anderen Tierklassen vorbandf^n, sowie eine weitere Reihe
von Tieren, die in Afrika fehlen, dagegen Madagaskar mit anderen Begionen
gemeinsam sind.
Bei der orientalischen Begion ist die Abgrenzung gegen die austra-
lische xweifelhaft, da die Wallace-Linie sich nicht als die scharfe Scheide-
linie bewihrt hat, die man erst in ihr sah. Die tektonisdie Grenilinie zwi-
sdien den asiatisch«ii nnd den australischen InselbOgen Terliuft swisdien den
Kei- und den Am-Liseln hindurch ämch die Ceram-See, zwischen Obi- und
Sula-Ihseln, und dann iwisdien Hahnahem einerseits und Odehes und den
Salibabn-Inseln andererseits hindurch. Gelebes, die kleinen Sonda-Inseln ein-
schließlich Timor, die Bfldost- und die Kei-Inseln, Ceram, Buni, die Sula-
Inseln gehören hiernach zu Asien, Hairaahera, Obi, die Aru-Inseln zu Austra-
lien. Es lie^t kein Grund vor, warum die Repionenprenze dieser tektouischen
Linie nicht folgen sollte, kann sie in einem Uhergangsgebiete wie den raalay-
ischen Inseln doch einmal nur konventionell sein. Celebes hält auch Pa-
lacky') für dem malayisrhen Gebiet angeh/irig, nach den Vettern Sarasin')
sind dortbin von den Mollusken nui- 25'*q, von den Reptilien und Amphibien
18%, von den Vögeln 307« von der australischen Seite her eingewandert,
dabei dnd aber die Fonnen mitgerechnet, die Ton Flores kamen, es sind also
darunter immer noch in^sdie Typen, ünter den Säugetieren eiidUcb ist
australisch nur die Gattung phäkmger gegenlkber zahlreichen indischen Formen.
Ähnlich liegen die VerhUtnisse in Timor, das Ton den Gattungen macaeus,
paradoamts, viverra^ fdis^ kjfäriK und eemta erreicht worden ist Dagegen
ist Halmahera von einer zweiten Beutlergattung petaurus erreicht und ebenso
▼on den Paradiesvögeln (semioptera) y die beide in Ceram fehlen.') Daß in
den nunmehr zur orientalischen Region ges&hlten Gebieten noch vereinzelte
australische Formen vorkommen, darf uns nicht mehr stören, als das Auf-
treten indischer Formen, wie altweltiicher Sperlingsvögel, Reptilien und Am-
phibien in Melanesien, das selbst auch noch als Übergangsgebiet aufzufassen ist
ij Lydekker, a. a. 0. S. 296—296.
8) Palaeky. Die YeibraitoBg der Batrachier anf der Brde. Yerh. d. k. k.
SOoL-bot. Gesellschaft in Wien. 1898. S. 380.
3) P. u. F. Sarasin. über die K^nlogische Geschichte der Insel Celebes anf
Grund der Tierverbreitung. Wiesbaden 1901.
4) Lydekker, a. a. 0. S. 64—69.
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Die tiergeographischen Reiche und Regionen.
215
Die leiste strittige Frage bei der Abgreuniig der Begionen iit die, ob die
oMuisolieii loaelii als ansfarsUadie Unterregion oder als selbstibidige Begion
oder Begiimen anfaifassen sind. TSeigeographmi, die sioli auf die Verbreitiuig
der Säugetiere stützen, mflssen AtSi mehr der letstereo Ansudit snneigeD, im
übrigen aber ist die ozeanische Fauna eine Terannte lestlftndisdie und hat
nicht allzuviel en«1otnisckc Formen aufzuweisen, am meisten natürlich die
größeren Landpebiete Neuseeland, die Hawaii- und die Samoa-Inseln. Immer-
hin scheint der Kn'lemismus nicht groß gpuug zu sein, um eine regionale
Trennung zu rechtfertigen, wie ja auch die an endeniiselicn Formen reichen
Galapagos-lnseln trotzdem zur neotropischen Region gerechnet werden. Das
antarktische Gebiet endlich kann vorläufig in die tiergeographischen Systeme
noch nicht einbezogen werden, iiu übrigeu sei betreffs der Regionaleinteilung
bier nochmals auf Tabelle II nnd m verwiesen, in der natürlich neben-
rinander stellende Ansdrdoke nur annähernd sich deck«D, nnd die anf Voll-
stlndigkeit keinen Anspnudi machen.
Wenden wir uns nun der Zusammenfassung Ton tiergeograpldsohen Be-
gionen SU Bei eben su, so hat Solater in seinem ersten Werke die amerika-
msehen Begionen als Neogäa, die anderen als Fsltto^a susammenge&ftt,
Mtspreebend der neuen nnd der alten Welt. Diese Zusammenfassung paßte
aber nur fftr die Vögel*). Einen großen Fortschritt brachte Huxley, der die
beiden arktischen, die äthiopische und die orientalische Begion als Arktogäa
zusammenfaßte wegen der Übereinstimmung derselben wenigstens in df»n Fami-
lien der höheren Tiere. Name und BegritF ArktogHa haben sich bei den eng-
lischen Tiergeographen unverändert behauptet. Die beiden anderen Regionen
faßte Huxley als Xotogäa zusammen in (iegeusatz zu den nördlichen Gebieten,
er setzt« also an die Stelle der meridionaleu Gliederung Sclaters eine modi-
fiiierte zonale. Wegen der betr&chüichen Verschiedenheit der jetzt lebenden
Fknna der Teile von Notogia zerlegte Solater sechs Jahre spftter dieses Bdch
m Den^gla Sfldamerika, OmithogKa » Polynesien und Antaiktogia
Aostralien. Von diesen Kamen war allerdings nur der mittlere glflcUich ge-
wlUt, wibrend der erste fOr die Pampas und Llanos niobt recht pafite, und
der letzte leicht mißzuTersteben war. Blanford zog die beiden letzten Beiehe
Sclaters wieder in ein australisches zusammen und ein ungenannter Verfasser
brachte drei Jahre später Huxleys Namen Notogäa dafür in Vorschlag, während
er Blanfords südamerikanisches Reich nach Sclatcr als Neogäa bezeichnete.
In ähnlicher Weise klassifizierte Maas, indem er zunächst Australien als meso-
zoü;clie Erde in Gegensatz zu der übrigen tertiären Erde setzte, und bei
dieser wieder Südamerika zu den andern Regionen. Das Wort mesozoisch
scheint mir hier wenig treffend zu sein. Wohl finden wir unter den austra-
lischen Säugetieren als Hauptvertret^r die Beuteltiere, die bei uns im Meso-
soknm weit verbreitet waren, aber die mesozoischen Beutler stehen doch den
xeaenten anstnüisshen ebenso fem, als die primitiTen plaaentalen Singetiere
den hoch entwickelten Ordnungen der Primaten, Baubtiere nnd Huftiere.
1} Vgl. Beiebenow. Die Begrensong der soologisdieii Begionen vom omitho-
ktgiseW Standpunkte .ans. Zool. Jehibltoher 1888.
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216
Th. Arldt:
Die aiutmUaeheii Time tind durchaiu nicbt auf der mesosoischai Entwiek-
Inngertofe stehen geblieb«i, haben aidi vielmehr in tiuüidier Weise weiter
«otwid^elt und differenzierfc, wie die höheren Sftngetiere. Dazu kommt, daft
wir nicht einmal wissen, ob die Beateltiero vor dem Tertiär überhaupt in
Australien waren. Das Vorkommen echter BeuteUnarder in der jedenfalls
oligocänen Santa ( Vuz-Fonnation von Patagonien erweckt daran wenigstens
lebhaften Zweifel. Mehr erinnern an die mesozoische Zeit die Brückenechse
Neuseelands Qiatteria), der Lun^'entiseh nratodus^ die bei uns jurassische
Muschelgattung trigonia. doch ist auch bei diesen Tieren eine Weiterentwick-
lung nicht zu verkennen. Unter den Vögeln, den Si-iilanj^en, Eidechsen und
Amphibien aber finden wir vollends nur tertiäre Typen iu Australien ver-
treten. Auch Matschie sieht ein selbständiges Reich in Australien und
ebenso in Madagaskar, wihrend er alle anderen Regionen als kontineiitsles
Beich insammenfaßt^ für das die Yerbreitong der Gattungen eams und hära
charakteristisch ist, indem in jedem Gebiete wenigstens eine Hunde- und eine
Fisehotterart vorkommt Den Dingo sieht demnach Matschie swmfellos als
nrsprOnglich domestizierten Hund an im Gegensata sn Nehring*). Weiter
hi an das Kontinentalreich gebunden das Voikommen von Affen, Katzen,
Eichhörnchen, Hasen, Huftieren nnd Zahnarmen. Im folgenden soll nun eine
neue Gnippierung vorgeschlagen werden, die nicht nur auf die gegenwärtige
Verbreitung möglichst vieler Tiergruppen Rücksicbt ninunt, sondeni auch die
historische Entwicklung der Koutiueute und ihrer Fauna nicht außer Acht läßt.
Als Huxley Südamerika und Australien als Not(»gHa zusammenfaßte,
schienen die beiden Regionen einander ziemlich fremd gegenüber zu stehen.
Neuerdings hat sich aber gezeigt, daß dies nicht der Fall ist. Ähnlichkeiten
haben sich bei den Wirbeltieren wie auch bei den Wirbellosen herausgestellt,
auf die besonders yon Jhering'), Moreno"), Plate^), Stoll"), Smith-
Woodward*) und Palaekj^) hingewiesen worden ist Auch Ljdekker
hat auf Torschiedene Verwandtsehaften unter den Siugetiwen anftnerksam
1) Nehring. Sitzungsberichte d. nsturf. Freunde. Berlin 1682. S. 67. — Zoo-
logischer Garten 1885. S. 164.
5) Jhering. Ausland 1890, S. 941—944, 968—978; 1881, S. SM— 881; 1898,
Nr. 1^4. — Archiv l Naturgeschichte 1890, S. 117—170; 1893, S. 4?^— 140. —
Verb. d. d. wies. Ver. z. Santiago 1891, S. 142 — 149. — New Zealand Journal
cf Science 1891, S. 161—164. ~ Transact. of the New Zealand Institute 1881,
8. 481—446. — Englen Boten. Jahrbücher imi, 3. 1—64. — Berliner entomol. ZeiU
Schrift 1894, S. 321—446. — Bevitta do Museu Pauliita 1888, S.S17— S88. — Sdence
1900, S. 867—864.
3) Moreno. Note on the discoverj of Miolania and of Giossotherium in Pata-
gonia. Ged. Mag. 1808.
4) Plate. Über Cyclostomen der sfidliehen Halbkugel TegebL d. 5. intem.
ZooL- Kongreß. Beriin 19üi.
6) Stoll. Zur Zoogeographie der landbewohuenden Wirbellosen. Bedin 1897.
6) Smith-Woodward. On some estinet Beptflei of Patagonia. Ftoe. wotA.
8oc London 1901.
7) Palacky. Verb. d. Oea. d. Naturforscher u. Ärzte 1894. Bd. II, 1 S. 129—133.
— Verb. d. k. k. zooL-bot. Ges. in Wien 1898. 8. 374 — 388. — Mem. Soc. Zool.
Pens 1888. — 8t. d. k. böhm. Ges. d. Wies. 1888. — ZooL Jährbfleher. Abi f.
Systematik, Geogiaphie u. Biologie d. Tiere. 1808. 8. t48-.886.
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Die tiergeographisohen Reiche and Regionen.
217
gemacht. Wir können im folgenden selbstrerstBndlich nur eine sehr geringe
Auswahl von den zabh-eichen Formen auffuhren, die in beiden Regionen sich
entspreditD. Et sollen mir fllr die wichtigsten TierUassen ein paar charak-
teristisohe Vertreter genannt Werden, ünter den Säugetieren finden wir
wie schon orwftbnt in Patagonien fossile Vertreter der jetct lyinseh anstra-
lisehen Bentehnardor {da8ifundae\ danehen auch Fonuen (piagiatäaadae von
Santa Graz), die mit den Klngnmhratten (kgpt^prjfmnidae) anfiUlend über-
einstimmen. Bei den Sirenen entspricht diar<moMO(m aus dem australischen
PliocftD iihodon aus dem patagouischen Mioc&n nnd cmtaodon aus dem dor-
tigen Pliocän. Unter den Vögeln sei verwiesen auf die Papageien, die
Tauben- und Hühnen'ügel, besonders auf die südamerikanischen Hallonvögel
carlnhia^ phororluii du, (irnmus. psoi>1iin und eurijpyga. mit denen der neukiile-
donische Rallenkranieh rlnuochctus nüchstverwandt ist, ebt iix) auf die \'Hr]iroi-
tung der Pinguine. Bei den Reptilien kommt die ozeauisebe (Jattuug
fmfffnis aucb iu Brasilien in 6 Arten vor. Die amerikanischen Iguanideu
erscheinen aucb auf den Fidschi -Inseln. Die Lurcb Schildkröten {ctielydidae)
sind beiden Regionen gemeinsam. Unter den Amphibien sind die Beispiele
qtlrlich, die avstralischen weisen fast alle nach Lidien. Bei den Fischen
sind unter den Ph jsostomen die Haplochitoniden und Galaziaden im sOdlichMi
Teile beider Regionen gefunden worden, abgesehen Ton anderen Ähnlichkeiten,
ünter den Insekten erwihnen wir die Ameisen IHd^Myrmeü^ aemOtopomera,
daccton-oryctcfftwthus^), die Stephanide rtenapasmua, die Pelecinide monomachus,
die Thynniden elaphrodrrn-fhijnnus und apenesia, den Laufkäfer pseudomorpfia,
die Prachtkäfer curis und aciierusia, den Weicbhautk&fer rhipidocera, den Bunt-
klfer nataiis, den Schnellkäfer In'risiofiatvs , den Scbwarzkäfer enfiohorus. die
Schmetterlinge ' Kryndes-ruriicus. itJu wt 'hmnddnjns fjHipiliiniidae), die Schwürraer-
familie der castniida< . die Schnaken ((uiii<h nts . ct< dtmut-cerozoilia , die Heu-
schrecke t'iilria; unter den übrigen Arthropoden die Spinnen arcys, crypto-
thrU, ulohorus , den Afterskorpion idcfibi.'^iitm, <lie Millx'n huaunjihifsalis und
nifffiHhanuSf die Garneele ati/a und die isolierte Gattung ptripatus. Unter
den Landmollusken sind erwähnenswert gefMbia, mmorgamicria, diplom-
matma und die Unterfkmilie der hkmeymae» sn den Wegsdmecken gehörig.
Aus der Zahl der Wflrmer endlich nennoi wir die Regenwfirmer «rockada
und mdr^us, die Landplanarie geopkma und die Landblut^l eylieobdeUa"
Wie zwischen Australien und Sfidamerika hat man auch zwischen der
letzteren Region und Afrika venvandtscbaftliche Be/jehungcn entdeokt| und
swar weist eine besonders auffallende Ähnlichkeit Madagaskar auf, das nicht
mit von der pHoeanen Invasion hctlarktisch-orientalischer Tiere betrutfen wurde,
die der h«iheren Tierwelt von Atrika ihren Charakter aufgedrückt hat. Auf
difse Beziehungen finden wir bei den olien zitierten Forselu-rn hingewiesen,
denen i'b hier noch Scharff*) anfügen mTiriite. Die Be/.ieliuiiifen sind hier
sogar nt)( !i vielseitiger als zwischen Südamerika und Australien. Wir stellen
1) Die «iurch Bindestrich vereinigten Namen bezcirlinon vikariierende (iattungen.
2) Schart f. Some itemarks ou the Atlantis Problem. Proc. of the Ii. Iriah Ac.
Bd. S4. Sekt. B. IM». 8. S68— SOS.
«Mgi^hlaalw ScMaohfUI. lS.Jaki|wg. IWW. «.Hall. 16
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218
Th. Arldt:
suniehst einige der wichtigsten AhnUehkeiten swisdiiii Stt^Aiiierik» und
Madagaskar siuammen. Unter den Singe ti er en ist aeimoäon Ton den An-
tillen nlehstrerwandt den Borstenigeln (ceiUetidae) TOn Madagaskar, den
Lemoriden der letzteren Insel stehen die sfldamerilauusehen Affen am nlch-
sten. Bei den Vögeln gehdrt megiies m den oben erwfthnten BallenTQgeln.
Unter den Hoptilicn sind zu erwähnen die Bieeensohlange boa, die in swei
Arten in Madagaskar vertreten ist; die Leguane, die auch hier vorkommen^
sowie die Schildkröte podocnimis; unt«r den Amphibien die Familie der
Baunifi-nsche {dendrobtififlnr), von der 7 Arten in Südamerika, 6 in Mada-
gaskar endf'miscli sind; von den lu>ekten die Ameisen ci/Iin'h-omi/n)ie.r-
ttitnoponc, leptotliorux , die Sandlaufkilt'er peridixid, cteiwstoma-pogimusfornn,
die Schmetterlinge uramdki-chrysiriditi^ die Schnake ciiocira, die Heuschrecken
iurpdut , podoscirfKs: von den übrigen Arthropoden die Skorpionsspinne
phrynus, der Tausendfüßer siplionoj^iora, die Garneele atya, die Asseln nteto-
ponor^uB und pkUoteia, Von d«n MoHnsken nennen wir Jututesia. Afrika
und Sfldamezika bes. anch nodi Madagaskar gemeinsame Fonntti finden wir
in nodi größerer Zahl. Auf die Verwandtschaft der Cebiden nnd Lemoriden
ist schon hingewiesen. Von den tlbrigen S&ngetieren ist ein fossiler In-
sektenfipssser Fatagoniens neerolestea sehr Ähnlich dem südafrikanischen Gold*
mnll (chrysoehloris). Die hystricomorphen Nager sind vorwiegend neotropisch,
doch gehören zu ihnen die afrikanischen Ctenodactjliden und die Stachel-
schweine, die ebenfalls in Afrika ihre Haupt Verbreitung haben. Die süd-
amerikanischen fossilen Typotherien, Toxodontiei- und Litoptemen sind nllchst-
verwaudt dem Schliefer [lit/rax], den südamerikanischen Zahnarmen entspre-
chen Erdferkel (ori/cleropns) und Schuppentier (manis), die Sirene tmouifus
weidet an der atlantischen Küste Südamerikas sowolil wie an den Ufern West-
afrikas. Von den Vögeln sind besonders die echten Papageien (psittacidat)
EU erwähnen, sowie einige Enten, wie die Witwenente, und die Pinguime.
Unter den Reptilien erwihnen wir die westafrikanisdie Biesensdilaage ptlo-
phüm, die mit der sddamerikanischen boa rerwandt ist, femer die Doppel-
schleiehe anops, die Eideehsenfrunilie der i^^idosUmidae, die LorehschildkrÖten
(i^eljfdidae)\ unter den Amphibien die nugenlosen FrOsobe, nimlich die
sftdamerikanische Walenkröte (p^) nnd den afrikanischen Spomfrosoih (daety-
\ethr<i)\ unter den Fischen die Chromiden. Characiniden , Pimelodinen und
die Lungenfische Qepidosiren'protopta'us). Von den Insekten sind sn nennen
die Ameisen e^UmrOmmma, lahidus-aenicfus, hptogmys, platythyrca, anochetm,
poganomyrmtx-ocifmyrmex, }>^eifd()niyrm<i-sinm. iratioprlfn-cnnbaru, die Hunger-
wespe sfen'tpdsnnis , die Küfer Im, (/ouiutropis , In/iiolilliiis, gtderita, idindria,
rj,//issus, hi i iith' , iirrhefiotlcs, oniorgits. die Schmetterlinge hypanarfia, oxtnu tray
h uanhilonai. pardahodiS, Uulnjris. acraid, die Heuschrecken (ii/rotcin . m ron-
cidius, cmidlti, cyrhxiphiis, scuddirui-corymeia; von den anderen Arthro-
poden die Afterspinne crypfostemma, die Milbe meffisOtamu sowie peripahu.
Unter den Mollusken sind gemeinsam tustrei^axis, unter den Wflrmorn
geogtma, aeamthodrüm, tr^ftuktf gordiodrUus, nmatogaUa sowie die geosecii'
ddae. Diese viel&che Übereinstimmung dar sfldlichen Kontinmte Iftfit mnf
eine frllbere Verbindung derselben schließen, wie sie tataScUicb swisohen
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Die tiergeogxftphischen Reiche and Aegionen.
219
Afrika und Südamerika von den meisten Geologen für die mesozoische Zeit
augenouimeü wird, und wie sie auch zwischen Südamerika und Australien
wahrscheiniicb gemacht worden ist^) Diese südliche Landmasse hat jeden-
ftlk epitesteiiB in dar Eodbueit sich in die jetzigen Kontinente aQ%el6fft
Die Stacken hatten uiikngs sehr fthnliofae Eannen, die sich spftter inuner
mehr speaalasierien, am meisten bei den hOchstrtehenden Wirbeltieren, den
Bingetieren nnd VOgeln, nnd da man nach , diesen suerst die Brde in Re-
gionen eintoltei mußten die Sfidkontinente einander fremd erscheinen. Dam
kam noch, dafi in der Miocän- nnd der Plioc&nzeit nordische Tiere in ver-
schiedenem Maße in die bisher isolierten Gebiete eindrangen, sehr spärlich
in Australien und Madagaskar, reichlicher in Südamerika, in hohem Maße in
Afrika. In dem letzten Erdteile wurden die alteinheimischen Formen ganz
zuriickgedriingt, in den anderen Gebieten sind aber auch jetzt noch die Nach-
kommen der alttertiären Fauna das vorherrschende Element. In Folge dessen
machen die Tiere dieser Länder auch einen so fremdartigen und altertüm-
lichen Eindruck auf uns. Weil nun also die drei Regionen Austialien, Süd-
amerika und Madagaskar jetzt noch durch ihre alte Fauna charakterisiert
sind, können wir sie als ein tiergeographisdies Beich xnsammen£Msen unter
dem Namen Palftog&a, das in dem alten Sclatersehen Sinne doch nicht
in Gebranch ist Wtdtte man die Namensgleichheit Termeiden, so virtbre
der Name ArdhiogSa ebenso trelfend, doch glaabte ich PaUogHa wegen der
Analogie sn den geologischen Perioden voniehen su sollen. Afrika dagegen
zeigt einen moderneren Typus. Die Tierfamilien besonders aus der Klasse der
Säugetiere, die hier vorherrschen, sind fast alle aus dem holarktischen Miocftn
oder Pliocän bekannt, während sie jetzt in den nördlichen Gebieten meist
verschwunden sind, wie die Menschenaffen, die Hyänen und Schleichkatzen,
die Elefanten, di" Antilopen, Oiniffen, Zwergmoschustiere und Flußpferde,
und die Nashörner. Diese Formen haben z. T. in dem für sie sehr geeig-
neten Savannengebiete Afrikas sicli außerordentlich diflferenziert. Eine ähn-
liche Entwicklung griff in d<'r orientalischen Region Platz, die vielleicht bis
xor Pliocänzeit wenigstens zeitweise ein Teil der holarktischen Region ge-.
weseo ist nnd in Folge dessen bei weitem nicht so viel alte gfldkontinentale
Fennen aufweist wie das feetllndisehe Afrika. Trotzdem ist die Ähnlichkeit
swischen den beiden Regionen so grofi, daB Allen*) sie wieder in eine Region
nisammenfiusen wollte, nnd daB wir mit um so grOflerem Rechte beide als ein
Bttch ansehen kOnnm, das wir als Mesogia beieichnen, da in ihm die
mitteltertiäre holarktische Fauna sich besonders spezialisiert hat. Die hol-
arktiscke Region bildet dann allein das dritte I^eich, das die modernsten
Pormen enthält, die unter wesentlicher Beeinflussung durch die Eizeit sich
entwickelt haben. Wir nennen es Känog&a. Wir kommen also zu folgender
Einteilung der festen Erdoberfläche:
1) Vergl. C. Burckhardt. Traces gfologiqnes d*on aaeient oontineDt pad-
fiqn«. Rev. Museo La Plata Yol X. 1900
S) Allen. The Geographica! Distribution of North American Mammals. Bull.
Amer. Nni. ToL lY. im.
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220 Th. Arldt: Die tiergeographischen Keiche und Regionen.
L Paläogäisches Beioh: 1) anstmlisehe Begion mit 5 Unterregionea;
2) naotropiache Begion mit 4 üiiteRegi<««ii; 3) madagaasisehe Begion mii
3 ünteiregioneiL
IL MeaogliBohtti Reich: l) ftthiopiadh« Bagion mit 3 üntanegioDen;
S) orieutaliadie Bagion mit 6 ünterregiooen.
UL KänogSisches Reich: l) holarktische Region: a) paläarktische Ab-
teilang mit 5 ünterregionon ; b) boreale Abteilnng mit 1 Unterragion;
c) nearkti-^i'ho Abteilung mit 2 UuteiTegionen.
Die j^amen der Untarregionen sind aus Tabelle III zu ersehen.
Auhantr.
Verzeichuis der den lolgeuden Tabellen zu Grunde liegenden Literatur.
1. Sclater, P. On the General Geographical Distribution of the Membem of the
Claas Aves. Joom. Lum. Soc. Zool. Vol. U. lö&8. S. 130—146. — 8. Huziey. Od
iha daRnficatioB and Durtribntion of Alaotorcnnorphaa and Hataromorphae. Plroe.
Zool. Soc. 1868. S. 294—319. — 8. Sclater, P. The Geographica! Distribution of
Mammals. Manchester Seienrf L<m tur< < 5 and 6. ser. 1874. S. 202—219, — 4. Wal-
lace. The Geographical Distribution ot Auimals. London 1876. — &. Moebius. Die
AittMgrifi« nnd ihr YarliUtnis snr Ahatammnngddura. ZooL Jahrh. Bd. I. 1S86. —
6. Heilprin. The Geographical and Geological Distribution of Aidmals. Inter-
national Scientific Seriea. London 1887. — 7, Blanford Anniversari- .Address to
the Geological Society. Proc. Geol. Soc. 1890. S. 48—110. — 8. Anonymus. The
Naarctic Region and ita Mammals. Natural Science YoL UL 1898. 8. — 899. —
9. Lydekkar. A Oaographical Hiatory of Mammals. Cambridge 1896. — 10. Mat-
Bchie. (Teographiscbe Fragen aus der SÄugetierkunde. Verh. d Gospll^ch. f. Erd-
kde. IM Berlin. Bd. 28. 1896. S. 247— 249. — 11. Kobelt. Studien zur Zoogeographie.
Wiesbaden 1897. — 12. Pocock. The Geographical Distribution of the Arachnida
of the Orden Pad^alpi aad SoliftigM. Natoial Sdence 1899. — IS. Maas. Stieit>
fragen der Tiargaogxaphia. G. Z. 1909. 8. 191—140.
Tabelle L Zoogeograpliische Reiche.
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Tabelle HI. Zoogeographische Unterregionen.
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(iua>anische
Braailisohe
SOdamerlka-
Cnlumbiaelw
Contra latnerika
Mexlkaniaehe
Mexikanische
nitcbes
Central-
amerlkanisobe
Central-
amerlkanlsoba
Mexiko
Mexlkaniacbe
Weaiindien
AntiUleche
Antillitche
Waattadiichc
WeaUadUebsr
ITninn ve T
vaiiiurnuobe
Niedur-
kaliforniitche
Fcliengeb. Ur.
Nleder-
snonriiichp
Vereinigte
Staaten Urg.
Sonorisch-
Columbisdie
SoQoHscbe
Union, ö. '1.
Allegbaniei ür.
Obersnnurische
Übergangssone
Canadiscbes
C'aoada
Canadiscb«
Labrador Ugb.?
Arktitcbe« Oeb.
< auadlaclio
Arktische
Sitka L'gbTT^
Boreale
Kuruphitcho
Nordpolargeb.
Holarktische
Europa ohn»
Hittelmeergebiet
Europaische
BalUsohae
Eoroptische
I'ontisches
äiliirieu
Centrai-
Sibirisches
Sibiriacha
Ceutral-A«i«B
Sibiriecha
asiatische
Kaspisches
Centrai-
asiatische
Central-
asiatische
iiDet
TibetauiBche
Kaschmir l'r
Chinesisches
China, Japan
Mandecbnrische
Mandschurische
Jananischa
M I' ™ «4 ■ v%>UV
Oatasiatiache
Mittelmeer
Mittelmeeriiche
Mittelin tierische
M i tte Imee ri sches
s. Holarkt Ischen
Mlttulnieerisc-be
gebiet
—
MaicroDoiache
Trop. Afrika n.
Trop. Afrilia 0.
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Uitafrlkaniiche
Saharische
Sudarabische
Sfkkotra«
Sonialilaud Ur.
Steppengeb.
Saranuen Urg.
Sadafrik»
SUdafHkaniacbe
Äquatorial-
afrikanische
Afrikanische
SOdafrikaniaobe
Weitafrika
West'
afrikanische
" West-
afrikanische
Guinea Ugb.
Watt»
afrikanische
Madagaekar
Madagassische
Madagassische
westL ügb.
Madagassische
Madagassische
Maskanerischa
UQgiun
Ostl. Ugb
1
Seycbetlleebe
Torderindien
Hindnstanisohe
Indische
Hlndustaniache
Min it A<sn i Af*lt0i
Sodindien,
Ceylon
Ceylonealsche
Malabarisch-
Ccylonische
Vorderindischns
Sadlndiacba
Ceylonesische
Himalaya
Himalayische
Uinterlndien
Indochinesische
Birmaniaabe
Hintorindische
Hiuterindiache
Indochinesische
Or. Snndaineeln
Indomalayiache
Malaylscbe
lilnterindiscbes
Snndanesiscbe |
Snndanaelacbe
Philippinen
Philippinische
n« s s t 1 1
Phil ippLui sehe
PhHippiniscbe
Celebee
Uolnkktn
Aaitralo-
malajrische
Anstro
malayische
1
Papuanlscb-
Melanesiscbe
Celebes l'rg
Neuguinea
Noril-
australisch-
Papuaniscbe
NordauatralieD
Anitraliecbe
Australische
Anstralisobei
~ SUddSt-
australiscbe
Australien
West- ~j
•ostraliscba
Ausiraliacbe
HawaU
PolTOMiaeho
Hawaiische
Uawaiisotae
" UawaUaeba
Polyneiien
-
Polynesische
Polyncsische
Polynesiscbe
Nenaeeland
Neaseeltndische
Neaseelkndiscb.
NeuseeUndiecbei
KausMlfcndiiscte
1) Ljdekker stützt bicb auf Einteilungen von Heilpriu und Blanford.
2) Vergl. hiermit Fischer. Manuel de Conchybiologie. Paris 1880 — 87
(80 Regionen.)
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E. Pbilippi; Die oitftfxikftnitehe Sfldbfthn.
223
Die ostafrikuiiseke sadbalm.')
„Unter den europäischen Großmächten, die in Afrika größere Besitzungen
haben, steht Deoteohland besflglich des Eisenbahnbaaee an letzter Ste]!».**
Vit diesen melancholischen, abei* leider nur sn wahren Worten beginnt die
Berichtorstattang Ton Fachs, die idi mit stets wachsendem Interesse ge-
lesen habe.
Die ostat'rikanisclie Südbahn, um deren Erkundung es sich hier handelt,
soll von Kilwa nach dorn .Njassa füiiren. Das Projekt ist keineswegs neu;
sehen „Banmftnn gab Tcm allen deatsdi-ostafrikanisdien ftihnprojekton dem
einer Nyassabahn den Vorsog und seit Jahren erbebt Hans Meyer seine
warnende Stimme, uns mit dem Baa einer Sfldbabn sn beeilen, damit uns
andere Nationen nicht zuvorkommen**.
Der Süden der Kolonie ist von jeher etwas stiefmütterlich behandelt
worden. Eine direkte Dampferverbindung mit Europa ist auch heute noch
nicht vorhanden, Passagiere und Fracht werden mit Eüstendampfem nach
Dareasalam befSrdort und erreichen erst dort die direkte Linie. Außer der
noch in den Anftngen steckenden Lindi-Handels- und Plantagen -Gesellsehaft
pbt es im Süden kein Pflanzimgsuntemehmen , während im Norden etwa
20 Millionen in Plantagenban angelegt sind. Trotz der planmäßigen Bevor-
zugung der Nordbezirke butteii sich diese wirtschaftlich nicht entsj »rechend
entwickelt und selbst die iiaudelsätatistik des Nordens weist kaum günstigere
Zahlen auf als die des Sfldens, wenn man von Bagamoyo und seinem Elfen-
beine^ort absidit. Die Ausfuhr des Hafens Kilwa hatte im Jahre 1904
einen Wert von 1 063 564 J(., weitaus an erster Stelle bteht Kautschuk,
dann folgen Getreide, Co{)ra. Elfenbein, Sesamsaat, Holz, Wachs und Copal.
Nur Kautschuk, Elfenbein, Wachs und Tabak (letzterer von Mikindani und
Lindi ausgeführt) stammen aus dem Inneren, alles andere aus küstennahen
Gebiettti. Der WarenTerkehr naidi dem Inneren TolMeht sich au^ heute
noch auf den Köpfen der Eingeborenen; es gingen ab von Kilwa im Jahre
!()()3 23 531 Leute mit 11334 Lasten. Es liegt auf der Hand, daß sich
der heute schon nicht unbeträchtliche Warentransport erheblich steigern muß,
sobald einmal ein billigeres und bequemeres Transportmittel vorhanden ist.
Dabei ist jedoch zu bemerken, daß das Hinterland des Distrikts Kilwa nur
sehr schwach bewohnt ist; schuld au seiner Verödung sind die Waugoni-
EinAUe der letzten Jahrzehnte, die die Torher stark bewohnten Distrikte ent*
TÖlkert haben. Es müßte also Hand in Hand mit don Bahnbau eine plan-
mäßige Besiedelung der durchquerten Strecken gehen, mit anderen Worten,
dif Arbeiter müßt^'n dauernd in dem „menschenarmen" Hahugebiet angesiedelt
weiden. Für die Besiedelung künu-n in »T'^ter Linie die Bewohner der dii-ht
bevolkeiieu Landschaften Uujauiwesi und Usukuma in Frage. Daß solche
Massenaiisiedelungen möglich sind, zeigen die Erfolge des Bezirksamtmanns
Meyer in Taoga, der 4 — 5000 Wanyamwesi und Wasukuma lings der
Usambara-Bahn angesiedelt hat. Im allgemeinen lebt der Neger gern an den
Bahastr&Ben, da er dort seine Neugierde und sein Geselligkeitsbedfirfiiis be-
r Fuchfi. Paul. Dit^ wirtschaftliche Erkundung einer ostafrikanischen Süd-
bahu. Hrsg, vom Kolonial- Wir tschaitlichen Komitee. 192 S. 48 Abb., 2 Skizzen
im Text u. 8 K. Bedin 1906.
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224
E. Pbilippi:
friedigen kann. Es edieiiit keinem ZwMfel zu unterliegen, daß, eine Ter-
sttndige BehandluiiLT vorausgesetzt, stets genügend eingebinvne Arbeiter für
den Bahnbau viirli;ui(lt.ii sei» worden.
Als Ausgangspunkt für die Sildbahn kommt di»' Rucht von Kilwa Kisi-
waui in Betracht, insbesondere die Lokalität Kikoni. gegenüber von Kilwa
auf dem Festlande gelegen. Die Kilwa-Bucht ist leicht zugänglich und da-
bei gegen alle ITHnde gut geeehützt Dampfer können bei KUconi in einer
Entfernung von nur 100 m vom Lande ankern. Das Gelände ist dabei zur
Anlage einer Stadt dun linus geeignet. In richtiger Erkenntnis der Sachlage
bat die Kommune Kilwa sihon vor Jahren das Gebiet von Kikoni angekauft,
80 daB wilden Landspekulatioaen der Bfxlen entzogen ist.
Das erste Drittel der Strecke, von der Küste bis zu der in letzter Zeit
oft genannten Station Liwale, bietet dem Babnbau keine Schwierigkeiten.
Die Trasse steigt bis Mgeregere sanft an nnd Terlluft dann bis tn H^em ea.
500 m hoeb gelegenen Liwalo eben. Das Gelände ist mit lichtem Laubwald
bestanden, «ler den Bedarf einer Eisenbahn an Brennmaterial auf lange Zeit
decken würde. Jedoch ist das Land tr ilweise wasserarm und auf eine Strecke
von 75 km gibt es überhaupt kein Wasser. Liwale ist der Hauptort des
Dondebeiirkes; seine Bewolmer, die Wagindo, sind azbettssdien nnd dem
Tranke (Pombe) ergeben, kommen daher als Arbeiter für den Bahnban nicht
in Betracht. Das Dondeland liefert einen ausgezeichneten Kautschuk, der
von der wildwaclisenden Tiiane Landolphia doifleen^is stammt. Eine andere
Kautschnkptlan/.c, Manihot (ila:i<)rii. wird mit Erfolg kultiviert, doch stehen
die Untersuchungen über deren Produkt noch aus. Baumwolle wird in Liwale
und in der Nähe der Küste mit verschiedenem Erfolge gepflanzt.
Zwischen Liwale nnd Ssongea ist das Terrain fEür den Bahnbau etwas
schwieriger, dafür ist aber das Gebiet sehr reich an gutem Trinkwasser.
Der lichte Laubwald reicht bis Sflongea, das 1150m ttbör dem Meere liegt
und malariafrei i^t. Die Bevölkerung des Bezirkes S-ongea wird auf löO —
IHn ()()() Köpfe gt'^rliiit/.t, das herrschende Element sind die VVangoni, Nach-
kommen eines Zulustaniiues, der vor .'jU Jahren hier eindrang und sieb mit
den alteingesessenen Stämmen Termischte. Nach dem Berichte von John
Booth, der in Ssongea angesessen ist, dfbrften die Eingeborenen arbeitswillig
und für den Bahnbau zu verwenden sein. Den üntergnind des Bezirkes
bilden Roterden, die aus Gneis und Granit hervorgegangen sind und sich zum
Körnerfruchtbau gut eignen. Vielfach ist jedoch der Boden durch die un-
verständige Bewirtschaftung der Eingeborenen, besonders durch den Anbau
der sehr anspruchsvollen Eleusine, ganz erschöpft. Kulturfähiges Neuland
gibt es kaum mehr; „jungfrftulich**, meint Booth, „ist in Afrika nor das
Schlechte: der Sumpf, die Steppe, das Steinland". Unter den FcldtVüchten,
die in Ssongea angebaut werden, nimmt leider noch Eleusine, die als Handels-
artikel gänzlich wertlos ist, die erste Itolle ein, an zweiter Stelle kommt
Mais, an dritter Mtania ; auch Reis wird neuerdings vielfach gel)aut, daneben
Maniok, Bataten und mehrere Ölfrüchte. Einige Lagen eignen sich zum An-
bau Ton Baumwolle; die nadli Deutschland gesandten Proben ftndan im all-
gemeinen günstige Beurteilung. Das Ertrftgnis an Kautschuk, den fast aos-
schließlicb die wildwachsende Liane Landol}>hi(t Iii fert, ist geringer als im
1 >on<lelande: doch dürfte das Tiand für Kant-rhukplantagen, in denen Kikria.
Cn^tiHiia und Muiiiliot gezogen werden kiinnten, in Frage kommen. Für Tee,
Kaüee und Chinarinde sind die Aussichten wenig günstig, ebenso für den
Obitban, wBhrend Glemttse besonders in den höheren Lagen gut gedeihen.
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Die ostafrikttiiifolie Sfidbahn.
225
Die Viehbestände wareu früher sehr groß, siud aber durch die Rinderpest
deamiert worden.
f,Fflr jemanden, der diese Linder kennt, kann gar kein Zweifel vor-
haadeo sein, daß ein Babnbau sehr schnell einen großen and dauernden Anf-
ichwnng mit sich bringen würde.''
Zwischen Ssnnaca und Wiedhafeu am Nyassa-See ist das Land berpifj
uod der Bahubau durfte auf größere ächwierigkeiten stoßen als auf der
Strecke Kilwa — Ssongea; ftlr die Fflhmng der Tnuse kommt nnr das Dordi-
brachstal des Bohnhu in Frage.
Anoh die Njassaländer sind durch langj&hrige Ncgerkultur entwaldet
und zum Teil erschöpft. Für den Anbau von europäischen Oetreidearten
und B<'.sipd<Munt: durcli deutsche Kleinbauern wilrden die über lOOO m lie-
genden Hochllüilipn östlich vom Njassa in Frage kommen. Zur Viehzucht
sind die tiefer gelegenen Gebiete am See, im Ssongwe-Tale und in der Huaha-
Rikwatenke anBerordentlich geeignet. Die Rentabilität von Ackerbau und
Viehxacbt steht natftrlich in engem Znsammenhange mit dem Bahnbau.
Die Lange der projektierten Bahnstrecke zwischen Kilwa und Wiedhafen
beträgt etwa (wO kni. Wenn man einen Frachtsatz von 5 -\ für das Tonnen-
kilometer zu Grunde legt (den gloiclien Satz hat die britische Uganda-Hahn).
80 wurde allerdings Mais seine Gewinugrenze schon bei Liwale, Mtauia bei
Ssongea erreichen, Reis, Sesamsaat und Erdnftsse aber kOnnten auf viel wei>
tere Entfernungen, bei einigermaßen billigen Tarifen auf dem Nyassa sogar
aus Zentral-Afrika und Nordost-Rhodesia transportiert werden. Für den An-
bau von Reis, d* r h"ute nrx-h in großen ^ff-ngen aus Indien eingeführt wer-
den muß. sind aber einzelne an der Baliiitra-^se lieLrende Lanilschaften, wie
Ungoni und Mahenge selir geeignet, die ausgezeichnete Sorten hervorbringen.
8ow(Al der Personen- wie der Warenyerkehr nach dem Njassa würde sich
durch den Bau der Sfldbahn sehr verbilligen. WUirend heute ein BiUet
I. Klasse von Hamburg über Chinde, den Zambesi, Shire und Shire Highlands
Railwaj nach Wiedhafen l'>2'> Jt. kostet, wfibrde es bei Benutzung einer
ostafrikani^chnn Südl»ahn. d:»s Kilometer auf 16 .\ berechnet, von Hamburg
nach Wiedhafen nur U27 Ji. ko-»ten. \o« h stärker würde sich der Güter-
transport verbilligen. Mau muß allerdings ins Auge fassen, daß die Dampfer-
geseUschaften auf dem Zambesi und Shire den Bahnbau mit allen Sfitteln
der Konkurrenz bekämpfen würden. Es wird daher notwendig sein, daB die
Gesellschaft, die die Südbahn baut, anoh den Dampferbetrieb auf dem Nyassa
an <'v\\ zif'ht und, ebenso wie die Uganda-Bahn auf dem Viktoria-Soe. gute
Dampfrr mit billigen Tarifen unterhillt. Heute ist der Passagier- und
Frachtenverkehr auf dem Nyassa etwa noch drei bis vier Mal teurer als auf
dem Viktona-Seel Andi eine bedeutende Zeitersparnis wflrde die Sfldbahn
ftr die Bewohner der Njassa -Lftnder bedeuten; wftbrend die Reise von
Southarapton über Kapstadt nach Chind«> un l von dort auf dem Zambesi-
Shire-Wege nach Wiedhaffn mindestens 47 Tage in Anspnnh nimmt, \nirde
die Befr')rderungsdauer von Hamburg über Neapel nach dem Njassa nur etwa
28 Tage betragen.
Wahrscheinlich wflrde der Kilometer Bahnbau einschließlich Qebauden
und rollendem Ifoterial me auf der Üsambara-Bahn auf 86000 Ji. xu
stehen kommen; die gesamte Strecke wflrde darnach rund 57 Millionen Mark
kosten. Einen Rentabilitntsnachweis kann man aus dem heutigen Handels-
verkehr nicht erbringen; «laü Hl)fr au>li in dieser Frage ein allzu schwarzer
Pessimiunus unberechtigt ist, beweist die üganda-Bahn, fUr welche im Jahre
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226
£. Fhilippi: Die oatafrikanieche Südbahn.
1904/5 beraits eiii erheblicber Übcnehoß angenommen wird, und die Usam-
barft-Balm, b«i der sieli Eimiahmeii und Ausgaben bereits decken.
Drei Dinge worden dem Leser des anregend geschriebenen Buches durch-
aus klar. Erstens, daB die ostafrikaniscbe Südbahn gebaut werden muß und
zwar möcrlichst bald, wenn nicht der Verkehr der Nvassa-Lftnder auf eng-
lisches tiebiet abgt'l»?it»'t werden soll. ZweiU*ns, daß die Hahn dem Süden
der Kolonie außerordeutliche Vorteile gewähren uud seine Eutwickelung sehr
bsflchleunigen würde. Und drittens, dnfi ihre Kosten nidit unersohwini^ioh
und eine Rentabilitftt nicht aasgescUossen sein wflrden.
Man fragt sich nur mit Erstaunen, weswegen nicht diese Bahn bereits
in Angriff genommen worden ist, statt der Str»'oke von Daressalam nach
Morogoro, liir dere n Notwendigkeit wohl kauiu so wichtige Gründe ins Feld
geführt werden können. £. PhilippL
0eo^aphi8che Neuigkeiten.
Znsammengestellt von Dr. Augnst Fitzaa.
Allgemeines.
* Durch das Hnseum fflr Meeres-
kunde in Berlin, welches am 6. März
durch den stell vertretenden Direktor Prof.
V. Drygalski in Anwesenheit des Kaisers i
und des Fürsten von Monaco eröffnet |
worden ist, hat die Berliner Unirersität
eine hervorra>?ende Lehrmittelsaninilung
und das von Hii htliofen gegrflndete Institut
für Meereskunde eine wertvolle luid not-
wendige Ergänzung erhalten. DasMnseiim
gliedert sich in rier Abteihmgen: 1) Die
I{«'i('liBmarine-Sammlungmit Bildern
uud Schiti'sniodclleu zur Dantellung der |
Hauptabedmitte des dentschen Seekriegs« <
wesenn, mit einer umfangreichen Sammlung ^
von Modollen der modernen dentsrben
Kriegsschilfe im Maßstab vou 1 : 60 und |
mit einem Waffenaaal, in dem die artille* '
xifltische Entwickelung unserer Marine '
einschließlich des Minen- und Torpedo-
wesens zur Darstellung gebracht ist.
9) Die historisch>voIkswirt«chaft>
liehe Sammlung mit einer Modell-
sainmluncr vom .'^«"hitfs- und SchitlHtnaschi-
nenbau, einer Sammlung von Fabr/.eugen
unziviUijerter Völker, einer kartographisch«
diagrammatiachen des modernen See-
verkehrs und einer Sammlung vou Modellen
vou Rettungaapparaten und Schiffahrt«-
zeichen. 3) Die ozeanologische und
Instrnmenten-8ammlnng,weldieent-
hUt
emc
reichhaltige Sammlung aller
Arten Schitfs- und Meßinstrumente, Kom-
pafikarten, Schlepp- und i'lanktuuucUe
und sahlxeiohe Mermorblöcke sur Dar-
stellung der V'olumeu- uud Gewichtsver-
h&itnisse von Land und Meer im Verhältnis
cur ganzen Erde, von Höhe der Eontinente
zur Tiefe der Meere, vom Gesamtsalzgehalt
der Meere usw. 4) Die biologische
und Fischerei-Sammlung, enthaltend
biologische Qrappen vim Meereatieren der
versehiedensteu Zonen und Meere, eine
Zusammenstellung der SchUt/.e de.s Meeres:
Tran, Fischbein, Guano, Walroßzühne,
Schildpatt, Perlen und Perlmutter, Ko-
rallen, Schwämme, Benstein und die
Delikatessen des Meeres: Auatem und
Hummer, und eine Sammlung von Faug-
appaiaten aller Art. Das Museum befindet
sieh mit dem Institut für Meereskunde
in der <!eorgenstralie 34 — 3»), in den
Bäumen des früheren ersten chemischen
Institiits, das s. Z. Ar den Chemiker
A. W. von Hoflmann errichtet worden ist
Europa«
« Nadi dem vorläufigen Ergebnis
der Volkszählung vom 1. Denmber
1U06 beträgt die Bevölkerung des
Deutschen Reiches 60 606 183 Ein-
wohner, Diese verteilen sich folgend«-
maßen:
Preußen 37 278 820Binw.
Prov. Ost-Preuüen . 2 02ö 741
, „ West-Preußen 1 641 986
Stadt Beriin. . . S0409tt
I Prov. Brandenburg . 3 529 83!»
„ Pommern . . l t')84 126
^ „ Posen ... 1 yöü 2Ü7
Schlesien . . 49868»
n
n
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Geogr»phisehe Neuigkeiten.
227
ProT. Sachsen . . 8 978 679
„ Sehletwig^Hol-
stein . . . 1604S89
M Hannover . . 8 759 699
„ Westfalen. . 8 618198
„ HeeMn-Knieftu S 070 078
„ Rheinland. . 6 486 778
HohensoUezn. . . . 68 098
Bayern 6 618 884
Sachsen 4 608 860
Wfirttembeqr .... 8800 880
Radi-n 2 00 D 880
Hessen 1210 104
Mecklenburg-Schwerin . 624 881
Sttehaen-WeimM . . . 887 898
Hecklenbnig^StceliiB . . 103 251
Oldenburg 138 195
Braanschweig .... 486 656
Snehaen-lfeiningen . . 868860
SachBen-Altenburg . . 206 500
Sachsen-Koborg-Gotha . 242 282
Anhalt 828 007
SdiwBnbnzg-^ondenhwuen 86177
Schwarzbwg-Bndoktndt 96 880
Waldeck 69 136
Aeufi ä. L 70 690
ReoB j. L lU 670
Lippe-Schanmbarg . . 44 992
Lipi.e lVtraold . . , . 145 610
Hamborg 876 090
Bkemen 868 486
Lübeck 106 857
ElaftA-Loihringen . 1814 686
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♦ Eine bem«riEenawerfce Beiee durch
Inner-Chiua und quer durch Tibet
Ton Nord nach Süd hat der Graf
Ton Lesdain im Jahre 1904 ausgeführt.
Wie w unter dem 86. Nov. 1806 von
Darjeeling aus der Pariser Geographischen
Oesellschaft briel'lich mitteilt, ist er am
80. Juni 19U4 von Peking aulgebrocheu
und htti anerst die noch unbekannten
WOfltengebiete im Lande der Ordos be-
sucht. Dann hut der Graf in den nächsten
Monaten die Landschaft Ala-Schan in
den venchiedeniten -Riebtungen duieh-
streift und dabei eine groBe Mei^ von
Ruinen entdeckt. Nach einer Reise nach
Kombum erfolgte die Erforschung einiger
Seen in dem noeb unbekannten Teile der
zentralen Gobi und dann wurden in Nan-
Shi-tHobu die Vorbereitungen ror Durch-
qoemng Tibet« getroffen. Zuerst wurde
die Landfchnft TWUam ohne ünlidl
durchkreuzt, dann gelangte man nach
einem mflhieligen Harsche an die QueUen
des Yangtsekiang . wandte sich darauf
direkt nach Süden, überschritt den Brah-
maputra und erreichte Dschjangttie, den
Ausgangspunkt der loteten engliBch«i
Expedition gegen Lhassa. Die noeb in
erwartenden näheren Nachrichten von der
Expedition werden gewiß wertvolles Mate-
rial IUI Kenntnis Inner-Asiens bringen.
(La G^ogr. 1006, S. 170.)
Afrika.
« Cber flie Gesundheitsverh<-
nisee iron Deuteoh-Oetafrika, die
fflr die künftige wirtschaftliche Entwicke-
hing «lieses Landes von »»^roßer Bedeutung
tiind, berichtete Prof. Robert Koch in
einem Toitrag sn Berlin auf Orund Miner
langjährigen Erfahrungen im Lande selbst.
Mit Ausnahme eines verhilltnism&ßig
schmalen Küsten Streifens, dessen Klima
dem Europäer wegen leiner gleiehm&ftig
hohen Temperatur und wegen seiner großen
Feuchtigkeit weniger zusaj^. hat der
größte Teil von Deutsch-Ostafrika als ein
Hoehland von Aber lOOU m Meereshohe
ein gesundes Klima, das dem berühmten
Klima Südafrikas nahezu gleich kf)mnit,
mit dem einzigen wesentlichen Inter-
sebiede, daB hier die Luft in derTrodma-
2eit nicht ganz so trocken wird wie in
Südafrika; die Hitze des Ta;:es i^t w.^gen
des geringeren Feuchtigkeitsgehaltes der
Luft hier nie so schwül und erschlaffend
wie im Kflatenklima. In dieeen feet*
i in nd lachen Gebieten Afrikas gibt es nicht
besonders viel Krankheiten; die gefalhr-
liehen europäischen, Tuberkulose, Diph-
therie und Typhus fehlen fast gana. Die
erste Stelle unter den tropischen Krank-
heiten nimmt die Malaria ein. rlie aber
in Ostafrika wie in der ganzen Welt mit
der Erkenntnis dea Wetens der Krankheit^
der Ausbildung ihrer Behandlung, dem
systematischen Vorgehen gegen die Krank-
heit und ihre Infektioustr^er, die Ano-
phelennflcken, an Gefahr und Verbreitung
erheblicli abgenommen hat. Die an ihimr
charakteristi.schen Haltung und ihren ge-
fleckten Flügeln leicht kenntlichen Ano-
pheleomOeken find die einsigeo Weiter>
träger der Malariakeime: sie fliegen in
manchen Gegenden rJeutsoh-Ostafrikas,
z. B. in Dareasalam, das ganze Jahr,
wibrend sie in andecMi, wie Morogoro,
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228
Geographische Neuigkeiten.
KUoeM imd Mnapna, auf einige Monate
Flugzeit beschränkt sind. Damit steht
in zeitlicher Wechselwirkung dif Mf ><s'lich-
keit der Malaria-Infektion. Orte ohne
Anopheles, wie die inf dnrehläesigem
trockenen Korullenboden §tehende eng-
lische Hafcn-jtadt M()mlin<s«a. <ind malaria-
frei, weshalb sich dt-rartige Plätze besonders
für Europäemiederlassungen eignen. Da
Anopheles nur bia an einer beetinunten
Mi'oreshöhe lebt, sind Orte mit gewissen
Hüheulagen überhaupt nialariafrfi : so
beginnt in Usambani die Malariafxeiheit
sehon mit 1000 m Hohe imd Uhdie iet
ia^t ganz malariafrei. Bei der Heise
durch das vorsenchte KüsttMiErebiet nach
den mulunulreien Hochluudern im Innern
«chfltit eine riehtige Ghinioprophylaze
ToUkommen gegen die Malaria. Naefa-
lÄssigo rhininbchandlung von erworbener
Malaria schuü't leicht einen üaug zum
gefürehteten Schwarzwasserfieber,
da« nicht durch einen besondern Krank-
lieitserreger , sondern durch Körperan- !
strenguugeu, Erkältungen, vor allem aber
durch Chemikalien, in erster linie Chinin,
herbeigeluhrt wird. Eine der Malaria
ähnliche und hiiufig mit ihr vfr^vr-diseltf
Krankheit ist das Kückfalll'ieber, das
durch eine blutsaugende, wanzen&hnliche
Zecke übertiagen wird; man kann sich
sehr leicht gegen Übertragung Hchöt/cii.
wenn man nachts die Häuser der Kiu-
geboreneu und die von ihnen häutig be-
nutsten Rasthäuser imd Sehnti^her an
der Karawanenstraße meidet. Die als
Tropenkrankht'it reclit i,'etahrliche Dysen-
terie ist in Ustafrika selten und der
BesiedelungeAliigkeit des Landes nieht
hinderlich. Als die letzte der Krank-
heiten, welche die GesnndheitHverhältnisse
Deutsch-Ustafrikas weseuüich beeinflussen
konnten, iet die Schlafkrankheit au
nennen, zu deren BekBmpfnng bekanntlich
die Regierung eine Expedition unter
Kochs Leitung entsenden wird; Koch
glaubt, dae Wesen dieeer Krankheit dabei
ergründen und die IGttel zu ihrer Aliwehr
finden zu können, po daß die frioße (ie-
fahr des Ausbreitens der iSchlal krankheit
in der Kolonie femgehalten werden
würde. Mit der Schlafkrankheit des
Meii-chfii nahe verwatidf ist die Tsetse-
Krankheit. die allen iiausticreu aufier
Schafen, Ziegen imd Geflflgel gefUulidi
wird und Uber die ^lonie weit verbreitet
ist. Sie ist an das Vorkommen ihrer
Infektionstrftgerin , der Tsetsefliege, ge-
bunden und ist, da in Tsetsegegenden
die Viehsucht fast gänzlich ausgeachlossen
ist, ein wirkliches Hindernis fOr Ackerbau
und Viehzucht. Man darf aber erwarten,
daß di^ Arbeiten der Srhlafkrankeits-
Eipedition auch für die Bekämpfung der
Tsetsekrankheit sich nützlich erweisen
werden.
* Eine Besteigung des Ruwenzori
plant für 190G der durch seine Ersteigfimg
des St. Eliasberges in Nordamerika 1S97
und durch «eine Nordpol>Expedition 1900
rühmlichst bekannte Prinz Ludwig TOn
Savoyen, Herzog der Abruzzen.
Der unter 1° n. Br. zwischen Albert- und
Albert Edward-See liegende Gebirgestoek
des Ruwenzori ist seit seiner im Mai 1888
durch Stanley erfolgten Entdeckung das
Ziel mehrerer Bergsteiger-Expeditionen ge-
wesen, von denen aber keine den Gipfel
zu erreichen vermochte; Staiia drang im
! Juni ISM'.t bin zu 3.'>n0 m Höhe vor, Stnhl-
mann erreichte im Juni 1891 eine Höhe
von 4068 m, Scott Elliot gelangte 1898
nach Tienndnatigen vergebliohiBtt An-
strengungen nur bis SOoO m und im
Laufe des Sommers 190ö hat einer der
erfahrensten und erprobtesten Alpinisten,
Douglas W. Freshfield, einen wohlvor-
bereiteten Versuch gemacht, den Gipfel
des Berges zu erreichen, hat aber etwa
SOG m unter dem Gipfel wegen undurch-
dringlicher Nebel von dem Beginnen ab-
stehen milesen. Xun will es der kühne
Herzog der Abruzzen nach sorgfaltigen
Studien der vorhandenen Reiseberichte
nnd Fonehungiergebnisse versuchen und
zugleich eine grundliche Erforschung des
ganzen Gebirgsmassivs vornehmen. An
der geplanten Expedition werden seine
auf den froheren Expeditionen erptobttn
Gefährten Kommandant Cagni, Obenlabe-
ar/.t Cavalli, Leutnant z. S. Winsjieare,
Vittorio Sella, Botta und zwei piemonte>
sische AlpeniPBhrer teilnehmen. Mitte
April gedenkt die Expedition Italien zu
verlassen, in Mombassa zu landen, mit
der Ugandabahn nach Port Florence und
Ton da über den Viktoriasee zn fMuraa
und dann den Fußmarsch zum Ruwenzori
anzutreten Im .luni hofft der Herzog
den Gipfel erreicht zu haben, worauf die
Bfldkkdir im Septemhic den Nil abwicti
Uber Kairo erfolgen eoIL
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Geographische Neuigkeiten.
229
• Für die wirtschaftliche Ent»
•Wickelung Boliviens sind zwei Eigen-
bahnprojekte, welche vou argentinischer
Seite geplant werden, von großer Be-
dentmig. Wie der engliBche Geschäfts-
trftger in Buenos Aires mitteilt . hat fine
Mgentinisiche Gesellschaft soeben von der
bolivianiacheu ßegiemug die Konzession
cum B»Q «ner ESsenbahn von 1 m Spur-
weite von Santa Cruz ostwärts nach
Pedro Suarez am oV^ren Paraj^iiay er-
halten: dort soll auf dem bolivianischen
Ufer gegenflber von Oommba auf der
brasilischen Seite ein Hafen angelegt
werden. l)it*ne Linie würde 6-20 km lang
werden und völlig auf boüvischem Terri-
torinm liegen. AnBerdem nnteriiandelt
die atgentiniisehe Begiemng mit der
boÜTischen wegen einer Eisenbahnver-
bindong von Potosi uach der argentinischen
senbalen Nordbahn, welche gegenwärtig
die argentinihche Regierung in aller Eile
über Jujuy hinaus nach der bolivischen
Grenze bauen läfit. Hierdurch würde
ftr die rildlidie Bolivien ein Ausweg nach
Argentinien geschaffen werden, während
dienerst erwähnte Buhn mich dt-ra oberen
Paragtiav dem Ö8tlici)eu Bolivien einen
Ausweg t^chaffen würde. Man sieht, daß
Aigentinien ernstlich bemüht ist, gegen
die projektierte Eisenbahn Arica— La Paz,
dmdi welche Bolivien einen direkten
Zugang westwärts zur pazifischen Küste
erhalten wird, einOegengewichtsasehaffen.
Sttd-Polai^egenden.
* Die argentinische Regierung
wird die wieeenschaflliche Beobach-
tiirtTB Station auf den Sdd-Ork ti e y
auch während des vierten Jahres unter-
halten. Ende Dezember lUOö ist der argen-
tiniaehe Foraefanngidampfer ««El Aneteal**
mit drei wissenschaftlichen Beobachtern
nnt^r Leitung des Sefior Lind von Buenos
Aired abgegangen, um die seit einem
Jahre auf An Station an der Skotia-Baj
auf den Süd -Orkneys tätigen Beobachter
aozulö^en , so daß das von der schot-
tischen antarktischen Expedition be-
gonnene Weric aveh Ar dae vierte Jahr
geeidiert iet. Nach .\bl5snng der «^eit
einem Jahre auf der Station tätigen Be-
obachter wird das Schilf „El Austral"
nach Uediinnila auf dem Fenerlaode
nufekkehren, wohin sich onterdeesen der
ehemalige Leiter des Obeervatorinme anf
dem Ben Xevis, Angus Rankin, mit
drei Gefährten begeben haben wird. Mit
diesen Beobachtern au Bord fährt dann
„El Anstcal** sfldw&rla nach der Wandel-
Insel im Graham- Archipel, wo Rankin
am Södauflgang der nt rlache-Stniße unter
65" 8. Br. eine neue argentinische
aDtarktieehe Station Ib meteorolo-
gische und magnetische Beobachtungen
einrichten wird. Auf der Rückfahrt des
Schilfes nach Buenos Aires wird ein
anderes Mitglied des ehemaligen Obser^
vatorinms anf dem Ben Nevia, Mac
Dougall auf Süd-Georgien ausg^s. )iifft
werden, um daselbst eine dritte autark-
tische Station zu gründen. Dank der
fVeigebigkeitderargentinisehen Begiemng
werden die mett'orologiHchen und mag-
netischen Vorhältni.spe dieses Teils der
Autarktis zuerst entschleiert werden.
GMgnpklMher ünterrielit«
Oeograplilscihe ▼orlaamigwa
an den il< iitsflis;>rachi(ren orsitdtt'ii und ttcb-
nischen UucIiscIuiUmi im Sominerseuiester 1906. L
Universitäten.
Deutsches Beich.
Berlin: o. Prof. Penek: Geographie
des Deutschen Beidies, 4 8t. — Hydro-
graiihie der Binnengewässer, 2 st. —
Ubungeu zur praktischen Einführung in
die (teographie, 9 et. — übongen im Ent-
werfen und Zeichnen von Karten, 28t. —
t'bungen im Uebrauehe n:uitij*fher Instni-
niente, 2 8t. — Exkursionen. — KoUo-
qtiium, 2 st. — o. Prof. Sieglin: Geogra-
phie der Mittelmeerländer im Altertum,
■_'.^t. — Im .Seminar für historisehe ^pn-
graphie : (Jeogi'apbie von < iriechenland
und den griechischen Kolonien in Europa
nnd Alien, Set. — a. o. Prof. von Dry-
galeki: (Jeographie von Nordamerika,
2Bt. — Pd. Pri.r Kretschmer: Phy-
sische und politische Geographie von
Mitteleoropa, Sei — Pd. Meinardns:
Die deutschen Meere, Ist. — IM. Schlü-
ter: Grundzüge der allgemeinen Anthropo*
geographie, 2 st.
B<mn; o. Prof. Bein: Physi^^iraphie
und Länderkunde Amerikas, 4 st. — Im
Seminar: Geograi>hi«iehe l'rojektionslehre
nebst kartographischen Übungen.
Brealau: o. Prof. Pasearge: Phj-
liedie Erdkunde, 4et. — Seminar, Set —
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230
Geographische Neuigkeiten.
Anleitmig zu geographischen Beobach-
tungen auf Heit^t-n mit Exkuraionen.
— Pd. Leonhard: Wege de« Weltvei-
kefan, Ist.
Srlaacam: ft- o. Prof. Pechnel-
Loesche: Allgeim-ine Kr i künde: Welt
und Erde, 4gt. — Witterungskunde und
Wettervorhersage, Ist — Übungen.
WrtAhaxg i, Br.: o. Hon.-Prof. Neu-
mann: Allgemeine Knikunde, II: a) Mor-
phologie der testen Erdobei fläche; b) An-
tbropogeographie , öst. — Dm rassische
Reidi in Earop» imd Aiitn, lit. —
Kartenent^^-tirffllehre mit Übungen, 8 st.
Gießen : o. Prof. S i e v e r b : Allgemeine
Geographie C: Verbreitung der Pflanzen
und Tiere, in Verbindung mit WirtichttfU-
geogruphie, 2sl — Geographie von Au
stralien und Ozeanien, 2 8t — Die Er-
forschungflgeschichte des 19. Jahrhunderts,
Sit. ~ Kutogiaphieche Cbongen II, ist.
— Kolloquinm, 2 st.
Göttingen: o Prof. Wagner: Mathe-
mstische Geographie, 4 st. — Kartogra-
phiadier Em« Är Anfänger II, 2Bt. —
Geographische F]inzelül)ungen . Sst. —
KolIo(iuium, 28t. — IM Kriederichsen:
Geographie der Mittolmeeriäader, Sst. —
Anleitang zu geogruphieehen Anfhihmen
auf Reisen.
Oreifswald: o Prof Crodnor; All-
gemeine Morphologie der Erdoberfläche;
hoiisontale Gliederung, 28t. — L&nder-
konde des enfiermedäterranen Europas,
Sst ~ f'lmngen, Ist. — Exkursionen
Halle: u. Prof. Brückner: Allgemeine
Geographie des Menschen, 28t. — Geo-
graphie der Mitlelmenrlinder, 4tt —
Einfühninf;^ in don 'Jcbrauch geographi-
scher HiUniuitttl mit Übungen, Ist. —
iSemiuar, 28t. — Exkursionen. — Pd.
Prof. Ule: Lftnderkonde von Afrika, 4at
— über topographische und geographische
Aufnahmen mit tbungen, Ist. — Exkur-
sionen. — Pd. Prof. Schenck: Physische
Geographie und Geol<^e von Deatsch-
land, 28t. — Landeskunde von Wret
afrika. besonders der deutschen Schutz-
gebiete, 28t.
Heldelbefs: o. Hon.-Prof. Hettner:
Geographie Ton Amerika, 4 st. — Einfah-
mg in das geographische Verstiinduis
deutscher Landsciiat't und Kultur, 1 st. —
Seminar: I. Abt.; Vorträge und Referate,
2et — II. Abt.: Einführung in die all-
gemeine Geographie n, 2iL
Jena: a. o. Prof. DoTO: Geographie
von Afrika, 3 st. — ObuQgeil SOT Anthiöpo-
geograpbie, Ist.
IQel: o. Ftof. Krflmmelt Morpho-
logie der Erdoberfläche, ist. — KoUo-
(|uium, Ist. — Institutaiibungon für Fort-
geschrittenere. — Pd. Eckert: Länder-
kunde von West-, Nord- und Osteuropa,
Sst. — Über Land- und Seekarten, nebst
praktischer Anleitung im Kartenentwurf,
2 8t. — Übungen zur Wirtüchaflsgeogra-
pbie (Erzeugnisse des Pflanzenreichs), Ist
— Pd. StrOmgren: Mathematische Geo-
graphie, Ist.
Königsberg: o. Prof. Hahn: Poli-
tiscLe üeographie, Sst. — über einige
Krichtige neuere Reiten und ihre Bigeb-
nisse, Ist. — Übungen, 1*4 ^t.
Iieipzig: o. Prof. Partsch: Geogra-
phie des Welthandels, äst. — Die Alpen,
8b1 — Seminar f9r Fortgeschrittenere;
für Aniftngex durch Assistent Dr. Merz,
1 st — a. o. Prof. Friedrich: Wirtschaftfi-
^eographie von Asien, 2Bt. — Wirtächaft*-
geographie der dentaehen Kolonien, IsL
— Morphologie des Landes, Ist. — Für
die Studierenden der Handelshochschule:
Einführung iu die allgemeine Wirtschafts-
geographie (fSr Anfänger) und Klebe
•chrilUicbe Arbeiten aus der Verkehrs-
geographie für Fortgeschrittenere .je l st.
Marburg: o. Prof. Fischer: Phy-
sische Geographie Ton Deutschland, ist
— Kartenknndliche Übungen II, 2st — -
Anleitung zu Beobachtungen im Gelände.
— Pd. U estreich: Länderkunde von
Europa, außer Mittel- und Südeuropa, 2 st
Münehen:
Münster:
Rostook: a o Prof. Fitzner: Phy-
sische Erdkunde, 48t. — Die deutschen
Kolonien, 2ai — Erklimog aoigewiUtir
Abschnitte aus geographischen ElassikeEBf
Ist. — Geo^n-aphiiche undtopographisdie
Übungen, 38t.
StraAbuxjgx o. Ptof. Gerlaad: Geo-
graphie de« Deutschen Reiches, 4 st. —
Die Vo^'psen, Ist. — tibungen für Fort-
geacbritteuere, 2ttt. — Pd. Prof. Rudolph:
Geographie TOm Amerika, 8 et. — Die
Alpen, Ist. — Seminar für Anfänger.
Tübingen : a. o. Prof. S a p p e r : Grund-
züge der allgemeinen Geographie, Sst. —
Wirteehafisgeographie des Dmtsehen Rei-
ches , 1 st. — Übungen Aber Fragen der
allgemeinen Geographie, Ist.
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Bficherbesprechuagea.
231
WOnbturg: a. o. Ptof. Regel: Lln-
detkonde von Anstoalien und Polynesien,
48t. — L' bangen Aber Maereskoade aad
Kümatologie, 2 st.
» An der UaiTereitftt Berlin hat
rieh mit Eade det W.^. iMö/« Dr. 0.
Sehlflter babilitieit
Vereine nnd Yersnmmlunsren.
* Der XV. internationale Ameri-
kaaittea>Kongre6 findet Tom 10.^
16. Sept d. J. in Qaebeo itatt.
Zeltgchriften.
• Die Mitteilangen der Zentral-
kommission tür wissenschaftliche
Laadetkande von Deaifeblaad er-
«cheinen fortan regelmäßig in der Zeit-
schrift „Deutflchf Erde" (Herausgeber
Prof. Paul Laughans in Gotha.) In
Folge deteea riad in den berateaden
SchriftleitnngsanBachuß der „Deutschen
Erde" einjEretrotcn : df r Vorsitzonde des
deutschen Geographeatages Prof. Dr.
Siegmaad Ofiather, der YonitMadA
der Zeatralkoauaiinoa Prof. Dr. Kr. Hsba
nnd der Hf'mus<;ebcr der .,Kor9i hungen
wir deutschen Landes- und Volks*kiinde"
Geh. Keg.-itat Prof. Dr. Alfred Kirch-
boff.
PenSalielies.
* Tm Alter von kaum 40 Jahren starb
am 17. Febr. in der badischen Heilanstalt
Illenau Dr. Karl Futterer, bis vor
kurzem Professor der Geologie an der
techniseben Hochschule zu Karlsroba.
Dorch seine in (»eraeinschaft mit dem Amt^
mann Dr. Holderer (jetzt in Bretten) in
den Jahren 1897 — 9tf unternommene £x-
peditiMi dareh Ceatral-Anea bat lieh
Futterer große Yerdien.ste um die geolo-
gische und geographische Erforschung von
Tibet und Inner -China erworben. Das
I gio6 angelegte BeieewMk« das wobl leider
i ein Torso bleiben wird, wie eine Reihe
von Monographien und Aufsätzen haben
, die Ergebnisse dieser ersten deutschen
I Dnrehqaemag Aiieai voa W naeh 0
größeren Kreisea bekaaat gemacht. Dia
„(i. Z in der auB seiner Feder eine
Studie „Der Fe-schan als Tjrpos der
Felaeairflite*' (190S) ersebiaieB, betraaeri
' in dem der geologischen und geographi-
gchf'ii Wisf-ciiHchatt viel zu früh Entris-
senen einen langjährigen Mitarbeiter, der
ibr von Anfang an dae r^te latereeea
entgegenbrachte. F. Th.
♦ Der Privatdozent der Geographie an
der Universität Leipzii^ Dr. Ernst Fried-
rieb ist Bum außeretatem&Bigen aoßer-
ordenilichen Profesaor ernannt worden.
Bücherbesprechangen.
Ftocby F. Aus der Vorzeit der
Erde, (tt^us Natur u. Geisteswelt."
61. Bd.> 1S6 Sm 49 Abb. im Text n.
auf Taf. Leiinig, Tenbaer 1906.
JL 1.25.
Sechs populäre, gläcklich disponierte
aad darcb treif lieb aa«gewMilte Bilder
ediaterte Vorträge aus <Iem (icbiet der
dynamisclieii Oeologie : VnlkanismuH ; Kis-
reiten und tropisches Klima der Ver-
gangenheit (nach der bekannten Theorie
dea Verf. aad voa Airiienine in nrsftcb-
hchem Zoeammenhang mit dem Vulkanis-
smsj; die Gebirge und ihre Entstehung;
die TalbUdung; die WUdbftche; die
Koralleaiifli» (aacb dar Oanriaadien
Iheona). Pbilippsoa.
WHte, Haai* Waadiecbe Bevölke-
raagireeta ia Meekleabarg
(Forsch, z d. L. u. V -Kde. XVI. Bd.
H. 1). 124 S. 1 K. Stuttgart, Eugel-
born 1906. JL 8.40.
Dieses Buch Wittes ist eine methodisch
vorzügliche Arbeit, in der jahrelange
Studien über die slawische Bevölkerung
ia Heckleabuxg aiedergelegt nad. Witte
beweist, daß nicht aur die Urgennanen-
Tlieorio, sondern auch die sogenannt©
Ausruttungatheorie falsch ist. Auch in
HecUenbaig haben eieb sehr laage wen-
dische Bevölkerungsreste erhalten. Witte
weiat klar nach, daß in Mecklfnbtirg die
Eindeutschung zu derselben Zeit, in dem-
selben Zeitraam aad aacb in denelbea
Weise wie etwa ia Sachsen erfolgt ist.
Ein geschlossenes wendisches Sprach-
gebiet hat sich nach der deutschen Besiede»
Inng im Sfldwesten in Anlehnung aa dae
baaBOverscba Weadlaad laage eriialtea.
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232
Bficherbesprechniigen.
Die wmdifohe Berölkennifr g^g
Hau|>t8acbe hie zum Knde dm 14. Jahr-
hunderts in der deutschen auf. aber
•teiienweise erhielt sie eich noch bis zum
16. Jahrhtmdert. Eine kone Znsunmen*
fassung der Hauptcrgebnisi^e seiner Arbeit
hat Witte in der „Deutschen Erde", 1005.
S. 1-8 gegeben. Dort ist auch bereits
die große Karte TerOffentlicht worden,
die dem Buche beigegeben ist. Es ist
ein Neudruck der 1794 vom Grafen von
Schmettau herausgegebenen Karte von
Mecklenburg, auf der Witte mit großer
Sorgfolt und AasfnhrlichkMt ktrtogra-
phisch dargestellt hat, wo und wie lange
sich wendibche BevOlkerang in Mecklen-
burg erhalten hat. Zemmrieh.
Demangeon, \. La Picard ie et les
rägious vüisines. Artois - Cam-
br^-BemiTaitis. 496 S. 8 K., 84 An-
iiebten, 4S Textfig. Paris, Colin
1906
Eine Landpchat't ohne bedeutende
1 erruinunterächiede, uirgendä 2U0m über-
sohreitend, nichtige Lager von weißer
Kreide oft unter einem Mantel gelblichen
Lehme« verbor>,'eti, -spärlich rinnende Ge-
wässer, Trockeutüler, die sich nur bei
natsr^iren fdllen, fruchtbare, kornreiche
aber baumanne Gefilde, große dichtge-
baute Dörfer, ein Volk von mittleren und
kleinen Besitzern, deren Geschlechter seit
Jahrhanderten an dieier SeboUe haften,
tahlreiche iind bequeme Verkehnwege,
manrlicrlei Industrie an ihnen, vorwie-
ge ml kleine, ländlichen Charakter tra-
gende Stödto — diM ist, wie Demangeon
aagt, das Bild des Landes zwischen Beau-
vais. Abbf'ville, Arras, Cambrai, 8t. Quen-
tiu und Laon, einet^ Landes, das er uns
in einem sehr anerkennenswerten, echt
geographiieben Werke geschildert hat.
Man kann nachschlagen und snchen, wo
man will, man wird überall große Voll-
ständigkeit und anregende, lehrreiche Er-
Ortemngen, Tonfiglieh Aber die Bedingt-
heit der Tätigkeit des Menschen dvrch
die feinen Züge des BodenV»aues und der
Gewäaserverteilung antretlen. Das Lite-
ratnrreneiehnie weist 699 benotete Hfl-
eher nnd Anftibe nach. Schla^'eu wir
beispielsweise das siebente Kapitel auf,
SO wird uns zunächst die Geschichte der
THex ohne aUmreicUiehee geologisches
Detail enfthlt, dann werden die Gewto-
ser nnd die Quellen im Kreidetenrain
geschildert (vgl. das Kärtchen S. 127).
Zahlreiche Lokalauödn'icke werden hier
wie an anderen Stelleu erklärt. Die
m&chtigen Qoellm der Talböden hindon
das Gefrieren der Gewässer, oft fließt die
Summe noch, wenn die Seine tjefroren
ist: im eisigen Dezember lö70 fanden die
Deutschen wider Erwarten die Hallne
noch offen. Auch die Trockentäler, die
Sümpfe und die Flüsse selbst lueten hier
manche interessante Erscheinung. Die
eahlreichen Ansichten geben meist wirk-
liche Charakterlandschaften aus der wetten
Flur oder aus dem Innern der oft un-
schönen Dörfer und Gehöfte. Eine der
Karten stellt die Verteilung der Orte über
500 Einwohner nach GiOBenklaasen dar.
Der große Beichtuni iiu Orten im Norden,
y.wiBclien St. (Juier, Arras und (Jambrai
bildet einen Bcharl'en Gegensatz zu den
weiten, gxOBerer Orte fest gans ent-
behrenden Flächen des Weidelandes im
Westen und Süden. F. Hahn.
Flsclwr, Theabali* Mittelmeerbil-
der. Gesammelte Abhandlungen zur
Kunde der Mittelmeerländer. 480 S.
Leipzig und Berlin, Teubuer 1906.
jtL 6.
Der verdiente Erforacher des Mittel-
meergebiett'S liat uns mit diesem Buche
eine hoch willkommene Gabe geschenkt:
eine Zusanmenstellnng einer aoeehnliehen
Zahl von Aufsätzen, die er seit dreißig
Jahren in den verschiedensten Zeitschrif-
ten hat erscheinen lassen und die daher
in ihrer Zerstreuung leicht flbendien oder
vergessen werden wfirden. Dazu kommen
noch einijje neu verfaßte Abhandlungen.
Auch die älteren verdienen ihre Aufer-
stehung in vollem Maße; selbst in den
F&llen, wo sie von der raseh foctsdirei-
tenden Entwickelung überholt sind, haben
«ie doch den Wert historischer Dokumente.
Denn aiies, was Theobald Fischers Feder
entstammt, ist von einer seharfen nnd viel^
seitigen Beobachtungsgabe, einer erstaun-
lichen Literaturkenntnis, einem vorzüg-
lichen Verständnis für das Wesentlicbe
und für den innerm Zusammenhang der
Tenehiedenartigen Erscheinungen , knrs
von echt-länderkundlichem Geiste diktiert.
Neben dem objektiven Werte bieten diese
Abhandlungen aber auch ein hohes per-
sönliches äteresse. Man kann an ü
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fiacherbespreclinngen.
•0 reeht die Entwiekeliiiig des Verflunen, 1
im frleichen Schritt mit der modernen I
LündtTkiindt' übi>rh;uiy>t, inuerhalli dreier
Jahrzehutti Tertolgeo: von den älteren,
Boeh weeentlifiSi hletorieeh-tiftttaziiehen
(z B ilber die Dattelpalme) oder mehr
b» -chreiltenden AufsiVtzen bia zur vonon
M«iüter8chiift in der heutigen naturwissen-
achafUich begründeten Uethode der Län-
detkunde-
Das Buch enthält sclhstverständlich
nicht f'ine Charakterisierung des Mittel-
meexgebietes selbst, sondern eine Anein-
aBdemUrang ▼<m SohildanngtB einaelner
Teile desselben; insofern ergänzt es sich
mit dem vor kurzem erschienenen „Mittel-
meergebiet'* des Eeferenten, das eine
tjttemfttische DusteUmig dee Ganieii so
feben versuclik hat und dabei die einzel-
nen Länder nur ganz kurz streifen konnte.
Ebenso natürlich ist, daß die einzelneu
An&fttsd recht veradiiedenartig »ind. Zn-
— nilnflllf^^^■^tnd^» Skizzen ganzer Länder
of}fr bedeutender Städte stehen neben
auächaulichen Keiseachilderungen und
knttnr-geographiecheik oder politiacb-geu-
graphischen Essays. Dabei tritt das w est-
liche Mittelmeer, in dem flieh der Ver-
faster überwiegend betätigt hat, in den
Voxdeigrund. ,,Aus dem Orient** liegen
anfier zwei «Ugemeineren Studien („Die
geo^^raphische und ethi;ntrrri]i1iisrlie T'nter-
lage der orientalischen Frage, 1891" und
„Die Dattelpalme im Kultur- tind Geistes-
leben dea Orienti, 1881*') ein nener Anf-
lateftber „Koustantinopel" (1906) und zwei
alte über Ausflüge in die Umgebung (lieber
Stadt („Yarim-Bugas" und „Uithyuiäciie
Biviera*' 1878) wr. Der Artikel Kon-
stantinopel ist wohl einei der besten
EssajB, die über diese einzigartige Stadt
verfaßt sind, und es ist dem Beferenten
eine beaond«ie Freude, hier in Tieler Be-
adinng eine weitgehimide Übereinätiui-
■nng mit seinen eigenen, 1H98 in dieHt r
Zeitachrift erschienenen Auaführungen feat-
iMlen m kOnnen. Einige ganz neben»
sächliche Versehen: elektri»<che Straßen-
bahnen die Elektrizität ist noch injir\er
in der Türkei als staatsgetähriich verpönt,
aa6er dem Staatatelegraphen ; drei Brücken
fber das Goldene Horn — es sind nur
zwei baunUlige Schiffbrücken ; Ankern der
tärkischen ,JbLriegafiotte'* im Sommer auf
dem Boapofaa — sie liegt immer be-
wagungennf&hig im Goldnen Horn — er-
4l«ogtvhlicitoadüohillt ILlstagn«. IMM. 4.
2a3
klären rieh wohl darani, daß der Verf.
seit längerer Zeit die türkische Haupt-
stadt nicht wieder besucht hat Es folgt
die, in dieser Zeitschrift orHchieneue Ab-
handlung über Palästina, jedoeh revidiert
und erweitert. Von Italien handeln vier
Aufsätze: eine länderkundliche Studie
(1893), „Die sizilische Frage 1876", „An-
siedlung und Anbau in Apulien 1906**
(▼on besonderem originalem Wert), „Land
und Leute in Korsika 1904". Süd-Frank-
reich ist leider gar nicht, die Iberische
Halbinsel nur durch zwei Abbandlungen:
eine geographiiche Skiaie der BUbiniel
(1893) und „Skizzen aus Süd-Spanien 1889"
vertreten. Am wert\'ollsten sind wohl
die 8 Aufsätze über die Atlasländer, da
dieee bisher einer lasammenfiMsenden Be-
handlung ganz entbehren nnd ihre Kennt>
nis durch eigene Forsohtingsreisen des Ver-
fassers noch in den letzten Jahren wesent-
lieh gefitedert worden ist. Aneh hier
ciuo Gesamtdarstellung (188S), dann:
„Heiseskizzen ans Süd-Tunesien" (1886),
„aus Marokko'' (1899;; eine länderkund-
liehe Skizze von „Hazokko** (1908), heate
gewiß ganz besonders willkommen; ,, fran-
zösische Kolüuialpolitik in Nordwest-
Afrika" (1894), ,4n Tunesien'' (1886), „Tu-
nis, Biserta nnd Tnnesien im Jahre 1904**,
endlich „Palmenknltnr und Brunnenboh»
rangen der Franzosen in der algerisflien
Sahara" (1880). Ein Register schließt das
für den Fachmann, den Lehrer, den Bei-
senden und jeden Gebildeten gleich an-
ziehende Werk. Fhilippson.
K9«tMhet, Joaet Ana Bosniena
letzter Türkenseit. Hinterlassene
Aufzeichnungen von — . Veröff von
Geurg GraßL („Zur Kunde der
Balkanhalbinsel.'* Heft 9.) VII nnd
109 S. Mit .1. Eoetechets Bildnia.
Wien u. Leipzig, Hartleben 1905.
Der Verfasser, ein Schweizer aus ur-
sprünglich niederländischer Familie und
von Berat Arat, ist firflh in die Dienste
der Türkei getreten, die ihn zuerst naob
dem Kaukasus und später nach Bosnien
ttihrten. Hier hat er von 1864 bis zu
seinem 1898 erfolgten Tode in Sarajevo
gelebt, die l&ngste Zeit in der Stellung
•'ines Stadtarzte«. ' Gleichzeitig stand Koct-
schet aber mitten im politischen Leben.
Er war der Yertramie der höchsten Otto-
manischen Beamten nnd iat im Dieoate
Htft 16
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2S4
Bit cb er besprec hangen.
der Pforte oft und mannig&oh üitig ge-
wesen Er schildert also die politischen
Vorgünge aas eigenster Kenntnis. Seine
DanieUnng isft rein politiseh; sie bOdet
die erste niefatamtli« ho Schilderung der
Ereignisse und besitzt deshalb als Ge-
schieh taquelle ohne Zweii'el gro^n Wert.
Wir bekommen ein lebendiges Bild von
der türkischen Verwaltung mit ümo
fortgesetzt gehäuften Mißgritfen, sowie
von den Stimmungen der Landesbevöl-
kening. Mebr im ffiniergmnde bleibt das
VerhUtnis zu Österreich, bis die Schil-
derung des Verlaufes der Okkupation das
unruhige und unerquickliche Bild ab-
seUieftt. Das Torliegende Heft zerfällt
in awei Teile. Im ersten (S. 1 — 66) wird
der Aufstand in der Herzegovina 1876-76,
im zweiten iS fit) — 109 die Auflösung
der ottomauischeu Herrschaft in Bosnien
und der Henegovinn nnd die Okkupation
1877—78 geschüdext. Damit ist nui die
zweite Hälfte der hinterlassenen Auf-
zeichnungen des \'erfa88erä wiedergegeben ;
die erste soll spUerverOffentlieht werden.
0. Schlüter.
Nahmery B« TOn der. Vom Mittcl-
meer snm Pontns. 3S4 S. 80 Abb.
Berlin, Allg. Ver. f. dentsche liteiaiur
iyo4. .H. <;.— .
In drei Uruppen zerfällt der Inhalt
dieser Schilderungen, die ersten beiden
stammen von einer Reise des Jahres 1898,
die letzte ist von 1901 dntiert. Zuerst gibt
der Verfasser eine Beschreibung der Bui-
nenstfttke des alten Priene; dem, der
die deutschen Ausgrabungen verfolgt bat,
bietet sie nichts Neues, sie ist aber
gut geeignet, auch Fernerstehendeu die
Bedeutung des Unternehmens klar zu
machen. An den Besndi von Piiene
schloß sich dann die Krise . auf die
der Titel des Burhes paßt, sie ging von
Smyma mit der Bahn nach Konia, dann
weiter über den Taums nadi Küikien,
und von dfirt nordw&rts über Kaisarich,
Siwas, Tokat, .\massia nach Samsun. Der
letzte Abschnitt endlich gibt Skizzen von
einer Rnndtonr dmreh chis alte Paphla-
gonien von Ineboli nach Ka tainuui und
Ton da weiter über Satranboli nach
Amasra. Dabei hat sich der Verfasser
meht immer an bekannte nnd viel be-
gangene Wege gehalten, so ist er z. B.
von der innexen Hochebene über den Kar»
Sekhis Boghas nnd im Tal des GK}k-8u
nach Kilikien gegangen, währt^nd er sich
den bekannten Weg durch die kilikischen
msae für die Rflekkehr aufgespart hat.
Wenig besucht ist auch das Tal des
Korküii-Su und des Buldurutficb-Su, durch
(bis er dann nordwärfas nach Kaisarieh
gezogen ist, und noch völlig unbekannt
das Waldland westlich von Safranboli
I nach dem Kodjauos- Tschai. Leider hat
er die Gelegenheit, wertvolle Beiträge
zur Kartographie Eleinasiens zu liefern,
nicht benutzt, sondern sich nur auf be-
schreibende Schilderung beschränkt. Die
kleine Übersichtskarte soll uud kann
kein Ersatz sein, sie ist im Gegenteil
in der Terraindarstellang der vorneh-
men Paiiimlung, in der das Buch er-
achienen ist, nicht r<'cht wiirdig. Aber
abgesehen von diesem einen Punkt, uuf
den man hinweisen darf, aneh wenn der
Verfasser ausdrficklich bemerkt, daß er
nicht den Anspruch erhebt, der Wissen-
schaft etwas Neues zu bringen^ kauu sein
Werk dnrchans empfohlen werden. Die
eingestreuten historischen Exkurse ver-
raten eine ;.rute Kenntnis der Geschichte
des Landes uud der neueren Literatur;
. man firent sieh, wieder einmal dem Namen
I Fallmerajcr zu begegnen, dessen wun-
I dervoUe S( hildorungen pontischer Land-
[ schatten oifenbar viel an wenig bekanntsind.
Aber auch in den modernen YorhAltniaaem
weifi der Verfasser, der das Land schon
lange kennt, gut Bescheid — kurz, man
hat bei der Lektüre in mehr als einer
Beziehung reichlichen GennB. W. Rüge.
Brandenburger, Clemens. Kussisch-
asiatische Verk ehrs Probleme. •
(„Angewandte Geographie" II, 7.)
Hallen. 8., Gebaner-Sehwetschke 190ft.
Nacli einem Überblick über die be-
steheudeu Verkehrswege in Kussisch-
Asien imd einer Beurteilung ihm wirt>
schafklichen und militärischen Bedeutung
werden die im Augenblick oder in aller-
nächster Zukunft aktuellen Eibenbahu-
projekte und Waseerbnnfrngen behnndeli.
Verf. tritt dabei aus militärischen, wie
wirtschaftlichen Gründen nicht für ein
zweites Geleise der sibirischen Bahn,
sondern fDr eine sildsibirische, also vOUig
neu zu erbauende Purallelbahn ein. Wir
«cfahien» dafi man in fioAland einer sol-
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Bfloherbespreelittiigeii.
2S5
dien PuraUelbtthn, welche von Om^k
Uber Pawlodar-Barnanl'Hiniissiiitk naeh
üdinek geplant ist und gen Wetsten durch
eine ebenfalls projektierte Verhinduug
Semipalatiuak-Akmoliask-Orenburg uu die
•oeböi fertig gewordene Orenbnrg-TaBoh-
kent-Bahn angeschlossen werden könnte,
keineswegs ablehnend gegenfibereteht. Da
Verf. nachzuweisen sucht, daß die Her-
■teUnngskoeten einer solchen sfidliehen
dbinadien Parallelbahn in der Tat keine
gröfteren wären, als die für Legung eines
zweiten Geleises der bereits vorhandenen
MagutaAle, lo leoehtetsnm mindeften die
dadwcli gegebene MOglidikeit der wirt-
schaftlichen Erschließung neuer und durch
Vorherrschen des Schwarzerdebodena er-
■diUeßungafthiger Gebiete Weil-Bibiiiena
ein. Wie es mit der Meinung der Stra-
tegen über dieses Projekt ftehfc, mag
fraglicher erscheinen.
Oft ventiliert nnd auch hier er^brtert
ist die Frage einer Eisenbahoverbindnng
TOn Semipalatinsk \-ia Wjprnyj nach Tasch-
kent. Wenn Rußland in Asien in uliseh-
barer Zeit überhaupt au üahubauten heran-
sotreten vermag, wird auch diese Linie
gebaut werden müssen.
Weniger aussichtsreich erscheinen
einige der vom Verf. erörterten Wasser-
baoftagen, so vor allem die Idee einer
Überleitung de« Aral-Seee dnzeh den viel
erörterten „üsboj" oder eine Durch-
querung der transkaspischen Wüste durch
eine Keabewtaerang dea alten Ungar-
Flußbettes. Alle diese Ideen sind beste
durch die Orenburg-TaHfhkent-Üalin un-
aeitgemäfi geworden und dürften vor allem
deswegen in Transkaq[»ien nie cur Am-
IBhmng kommen, weil das Land sein
Wasprrzu Berieselungszwecken viel nötiger
hat, als zu derartigen utopischen Kaual-
projekten. Im Grande ist auch Verf.
diesOT Meinung. Warum aber dann Ober-
haupt noch so viele Worte Aber diese
phantastischen Dinge?
Viel handgreiflicheren Nutzen würde
eine Ansgestaltnng der sibiriaehen Wasser-
wege im Sinne der besonders von Sibi-
riakow vertretenen Plüne der Verbindung
der großen schiifbareu Ströme Ost- und
Wes^ibiriens bringen. Diese viel dis-
kntableren Ideen kommen indessen in
vorliegender Schrift nnverh<nism&Big
kurz weg.
Über die beigegebene Karte spricht
man lieber nicht! Sie kann dadnzeh nur
gewinnen. Maz Fried erichsen.
Falls, J. C. Ewald. £iu Besuch in
den NatronklOstern der sketi-
schen Wflste. (Frankfurter sei^
gemäße Broschüren. XXV 3.) 2.'} S.
9 Abb. Hamm i. VV. , Preer ic Tbie-
mann i906. .iC —.60.
Das Sehriftehen ercUtlt von der Ein*
richtung der koptischen Klöster im Wadi
Natrun. von den Mönchen und von einigen
Legenden, die sich an diese Stätten
knflpfen. Aach von der Sahtgewinnung
wird kurz berichtet. Mehr als der Text
bieten einige <lf'r Hildfr narh Original-
aufhahmeu der Kautmauuschen Expedition
in die libysche WOste. Frits Jaeger.
Sehmidt, Max. Indianerstudien in
Zentralbrasilien. Erlebnisse und
•thnologiiehe Ergebnisse einer Reise
in den Jahren i'-xio bis 1901. XIV u.
456 S. 281 Textb., l'J Taf n 1 K.
Berlin, D. Reimer 1906. .tC lU. — .
Die hier beschriebene Reise verfolgte
den Zweck, unsere Kenntnis der erst seit
ktirzem erschlossenen merkwürdigen indi-
anischen Welt im Quellgebiet des Xingu
durch lilngereu Aufenthalt bei einem dor-
tigen Stamme (sonftehst den Kamayora)
zu vertiefen, eine Aufgabe, die in der
Tat für einen jüngeren Ethnologen ebenso
dankbar, wie für die Wissenschaft von
höchstem Nntsen so sein verspraeh. Leider
war es dem Verfasser nicht vergönnt sein
Ziel zu erreichen, da unvorhergesehene
Schwierigkeiten ernstester Art, haupt-
riMiUch bedingt dnreb den Ifangel dner
zu%'erlässigen Begleitmannschatl, zum
plötzlichem Abbruch der Hauptunter-
nehmung zwangen. Dennoch aber ist es
ihm gelungen, durch Feststellung wich-
tiger neuer Tatsachen die Ergebnisse der
früheren deutschen T'ntprnehmungen in
diesen Gebieten in wesentlichen Punkten
zu ergänzen und sich überhaupt selbst in
den schwierigsten Sitnationen als treff-
lichen Beobachter zu erweisen. Seine fast
dramatische Spannung erweckenden Schil-
derungen zeigen uns Land und Leute in
gans anderem Licht als bisher. Sie geben
gewissermaßen die Kehrseite des idylli-
schen BiMea. da» sich den fröhei-en Ex-
peditionen darbot. Ereignisse wie die
Niedermetaelnng einer amerikanisdten
16*
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286
Bücherbesprechangen.
Expedition durch die Snya i. J. 1900, die
Feetstellung der Sitte, fioh iiBbe<|\i*'iner
Fremder oder Stammospenossen durch
Gift zu entledigen, der Charakter der
indianiichen Gaitfrenndsohaft alt einer
Art lesjalisiert^ n Plündernngtsytitems be-
wei-*eu. daß für ein län^pros wiss«'ns< haft-
licbes Arbeiten von Einzel t'orscbern in
diesen Gegenden die Zeit nodt nicht
gekommen ist. Der Vi ifaaser traf am
10. Nov. 19(K) in (\iyiibu t'iii uiul trat
nach einem Abstecher zu den üakairi
am Bio Hon» nm 19. Min 1901 die Reise
siun Parontttinga an, swar genügend aus-
gerüstet aber nur von zwei Leuton be-
gleitet, von denen nur einer, Andre, bei
ihm ausharrte. Bei den Bakairi am
Paranatinga, wo jetst der snm Oberhlapt-
ling aller Indios maiisn^ diesps Gebiets
offiziell ernannte Antonio, der bekannte
Begleiter von den Stciuena, das Zepter
fahrt, sicherte er sich noch die Beihilfe
TOn vier recht unzuverlUssigen Indianern,
die er aber schon am ersten Dorf der
wilden Bakairi, das sich allein noch an
der alten Stelle hefindet, snrflcklassen
mußte. Mit einigen dw dortigen Leute
und jenem Andre als einzigem„zi vilisierten"
Begleiter verfolgte ex nunmehr den Ku-
liteufluA ahw&rts, kam in Becfihrung mit
Nabuqua und Mehinaku, die, ohne grade
feindlich zu sein, doch dureh ihre Rab-
gier lilstig waren, wurde aber am 2U. Mai,
naehdem die Auetd ihn fast seiner ge-
samten Habe beraubt hatten, zum sofor-
tigen Rückznc gezwnngen. Völlig er-
adittpft langte er am lU. Juni am Ein-
achiffnngsplatz wieder an und mufite
nnter Zunicklassnng aller Samminngen
und des Restes der Ausrüstung nur von
Andre begleitet den Rückweg nach dem
Paranatinga zu Fuß antreten, den er nach
sieben Tagen unter großen Schwierig-
keiten nach mehrfachem Verirren erreichte.
Am r.t Juli traf er wieder in Cuvaba
ein, um nach Wiederherstellung seiner
Gesundheit noch einen Ansflng sn den
Guatos im Gebiet der Uberahaseen aus-
zuführen, wo es ilim gelang, diesen noch
so wenig bekannten Stamm eingehend
an stadieven. Der sweite Teil des Werkes
gibt uns ein vollstündiges Bild der Lehens«
Verhältnisse, der Rechtsanseliauungen und
der sozialen Organisation dieser eigen*
artigen WaMOnomaden , vor allem aber
anch die erste genauere Darstellnng ihrer
Sprache, die bisher nur aus dflrftigen
Vokabularen bekannt war. Durch ihren
ent.schiedenen Charakter der Einsilbigkeit
und ihre überaus merkwürdige Art der
Wortbildung unterscheidet sie sich scharf
von allen übrigen Idiomen des Kontinents
und durfte noch wichtige .Aufschlüsse
über die Probleme der menschlichen
Sprachbildung (Iberhaupt su gehen he>
rufen Hoiu. Auch für die Xingust&mme
hat der Verfasser, der von Hause aus
Jurist ist, eine Anzahl von Kechtsgebräu-
chen feststellen kOnaea, die Yon höchsten
allgemeinen Interesse sind. In der Auf-
belhiiig dieser bisher ganz vem.ichliissig-
teu Seite der südauierikaniHcben Ethno-
logie dürfte die Arbeit vorbildlich wirken,
ebenso wie die eingehenden tfntersuehun-
gen über die Flecht- und Webetechnik
in beiden Vtehanilelten Gebieten. End-
lich sei noch aut die bedeutsamen Er-
örterungen hingewiesen, mit denen der
Verf. die Art de« Kulturaustausches be-
handelt, wie er sich gegenwärtig im
Xingu-^^ucllgebiet zwischen den dumesti-
sieiten und wilden Indianern Tollrieht.
Xur durch die schmale Eingangspforte»
die das Rakairidorf am Par;inatinga dar-
stellt, dringen Kultureindüsse in Gestalt
▼on Eisenwerkieugen, Schmuekperlen u.
dgl. zu den Kuliseustämmen vor. So
haben diese ihre alte Kultur nicht nur
bewahrt und gestärkt, liondem sie haben
auch ihrerseite die sahmen Bakairi hn
wilden Sinne beeinflußt, indem sich viele
Wilde bei diesen niedergelassen haben.
Die alten Tänze und Sitten wurden so
bei den „Zahmen'* aufs neue belebt, wäh-
rend die Ansehauungswelt der Wilden
wicdenim langsam aber sicher durch
jene modifiziert wird, wa.s sich schon
jetzt durch Veränderungen in Stil und
Kunstfonnen kund gibt. So liegt die
Gefahr nahe, daß spätere Forscher, die
hi'T einsetzen und einsetzen müssen,
nicht mehr auf unverfälschte Änächau-
üngen stoßen werden, ein Bedenken, das
für diese Gegenden wenig^t^ns durchaus
berechtigt ist. Wenn der Verf. aber fv^ 328i
die Frage aufwirft, ob eine Überein-
stimmung Ton Mytiien bei versehiedaien
Stitanmen nicht in vielen Fillen auf eine
gemeinsame Beeinflussung durch euro-
päische Anschauungen zunickzufübren sei,
so ii^ in erwidern, daß gegenwärtig sohoa
unser kritischer Apparat dank der
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Nene Bfieher und Karten.
237
fiMWndeu MytheusammiuDgen aus allen . durchaus im Vordergrunde, doch ibt die
Teilm der Erde rdeUnltig genug ist,
um in der Regel dei Echte vom Impor-
tierten unterscheiden zu können.
Die Ausstattang deä Werkes ist bis
Mif die etwas allsn dürftige Karte Tortreff-
lieh. Beeonden dankenswert sind die zahh
iriiyviBelie Uaderlnuide dabei keineewegs
vernachlässigt. Die Abhängigkeit und
Bedingtheit der -wirtschaftlichen von den
physischen V^erhältnissen ist überall klar
dargelegt und begrflndet. Oans beion-
den hat sich der Yer&uer bemüht, das
reichen flchematischon Abbildunpen der eigene Nachdenken und die Selbsttätig-
technischen Einzelheiten. Ethnologische keit der Studierenden anzuregen, sie
sehen Sondermerkmaleu der starke Bart-
wodiB nnd die durch da« andanemde
Staen in Kauns bewirkte Verkümmerung
der unteren Extremitäten bcrrorzuhcben
sind. P. Ehrenreich.
Tjpeo nach Photographie lind bei dem | namentlich auch ea einem gewissenhaften
Verlust des Xingomaterials nur von den | Studium der Kiirte anzuleiten. Die recht
GuatoB gegeben, von deren anthropolofri- zahlnnt h beigegebenen Kartenskizzen sind
dazu sehr dienlich. Ii.. Laugen beck.
Wünsche, A* Sehulgeographie des
Königreiches Sachsen. 210 S.
17 Abb Leipzig, Dürr 190G. JC 2.—.
Das Buch bietet dem Lehrer Material
snr Yorbereitang tOr den ünterricht nnd
zwar fast durchweg in recht brauchbarer
Form und wi9s»?nschattlicbcr Zuverlässig-
keit. Im Vordergründe des Interesses
A* J* The Junior Geo-
graphv. n'he Oxford Gcographies.)
Vol. II.' 2Ht< S. Oxford, 1905.
Der Verfasser, dessen geographische
Lesebtteher wir in dieser Zeitsc^ft sehen stehen dem YerfSMUMr die Fhigen der
mehrfach besprochen haben, tritt hier mit Siedelungs- und Wirt8chaftBgengra])liie.
einem Leitfaden der Länderkunde an die Die Entwickelung der Landscliattsfurmen
Öffentlichkeit, der für die jüngeren ätu- kommt etwas stiehnütterlich weg; in
diensemester und snx Yorbermtong fftr diesem Punkte ist die Dantellong anch
das erste Examen bestimmt ist. Er be- nicht ganz frei von veralteten AnHichten
handelt zuerst ziemlich eingehend diöS (z R. S. 4, f), 88, 96, Unter der
Britischen Inseln (91 Seiten}, dann kürzer | benutzten Literatur vermissen wir uameut-
die fibrigen L&nder Europas (68 Seiten) i lieh das Elbstromwedc, Cottas alte nnd
unddieaußereuroplli»4chen Erdteile (112Sei- Lepsias* neueste Darstellung der geo-
ten). Die Wirtschaftsgeogiaphie steht j logisehen Verhältnisse. P. Wagner.
Kern Meker md Kartei.
AllgeiiiPlnf«. Nouv. de Bruielles. Inst, des Hautes
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexi- Stüdes.) 66 S. 2 Bildnisse (EUe u. Eli-
koB. 6. Anfl. 17.— 19. Heft. s^eRedns). Gent^ „Yolksdrukkery"1906.
Ratsei, Friedrich f. Kleine Schriften. | AIIge«el«« ptajralBcta« Gcofraphl«.
Ausgewählt u. hrsg. dnnh Han< Hei- Franz, J, Der Mond. („Aus Natur u.
molt. Mit einer Bibliographie von i Geisteswelt". 90. Bd.) IV u. 182 8.
Viktor Hantsseh. (BatMl-Bibliogr»- { 81 Abb. im Text n. auf 9 Doppeltaf.
phie 1867— 1905. Verzeichnis der selb- I Leipsig« Teubner 1906 .^.1.25.
ständigi-n Werke, Abhandlungen u. , Rörnstein, K Leitfaden der Wetter-
Besprechungen. LXIII S.) Bd. I. XXXV j künde , gemeinverständlich bearbeitet,
u. 631 8. 1 Bildnis u. 2 Taf. JC 12.—. «• Anfi. gr. 8*. XII Q. 880 B. 61 Text-
Bd.IL KI n. 644 S. 1 fiildms o. 6 ' abb. xl n TbI Bnmasehveig, Yieweg
Textskizzen JL 18 —. München n.| 1»06. JC 6.—.
Berlin, Oldenbonrg 1906. ' AllprrnictBe Geofrsphie de« HentchcB.
de Greef, Guillaume. Eloges d'Elisee . Stein, Ludw. Die Anfänge der mensch-
Redim et de De KeeUe-Kraos. (üniven. I liehen Kultur. Einfflhmng in die Sodo-
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238
Nene Bücher und Karten.
logie. (jLvm N»tiur n. OeMtecwelt^.
9S. Bd.) IV u. 146 8. Leipaig, Teobner
190e. M, IM.
D«Rtiekl«Bd »d Kschbarlinder.
Behrmann, W. über die niederdeut-
schen Seebücher des 15. u. 16. Jabr-
hnnderto. (GMÜnger Dies.) Tin. HO 8.
4 Textabb. u. 4 K. Hunlmig, FHede-
richsen 1906.
£ckert, Chr. Die Seeinteressen Rhein-
luid-Westfaleiu. 6S S. Leipzig, Tenbner
190C. ,iC 1.—.
Halberstadt in Wort und Rild 84 u.
86 S. 8 färb. Vollb., 61 TeztiU. u. 4
ktttogr. Beig. Halberrtedt, Koch.
Hantzsch, Viktor. Die ältesten ge-
dmckten Karteu der siicbßiHch-thürin-
giichen Länder 16ö0 — 1693. gr. Fol.
18 Lichtdmcktaf. n. begleit Text (Vm
n. 6 S.) Leipzig, Teabner 1906. In
Lwdmappe ^(C 18. — .
Woerl, Leo. Das Königreich Sachueu in
Wort und Büd. XV u. öö8 S. Stadt-
pliDe, 1 K. n. 940 Abb. Leipsig, Woerl
1906. 4.—
Bejer, 0., Cl. Förster und Chr. Marz.
Die Oberlausitz. ^Laudschaftäbilder aus
dem KOnigmch Secfaten. 6.) 196 8.
24 Abb., 4 Textk., 2 Prof., 1 topogr. u.
1 orohydrogr. K. Meißen, ScÜimpert
1906. JC 4.—.
BegelmaDn, C. Oeologisdie Übenichte-
karte von Württemberg und Baden,
dem Elsaß, der Pfalz und den weiter-
hin angrenzenden Gebieten. Hrsg. v.
d. k. württ. Stai L.-A. 6 Anfl. 1 :
600 000. 68 : 68 cm. Stntigart 1906.
Mit einem Heft „Erlftuterongen** (S6 8.)
JC 8.—.
tMg«s Bwopa.
Chaiitriot, lt. La Champagne. Etüde
de geographie regionale. XXIV u. 316 S.
81 Abb., 21 Taf., 17 K. Paris, Berger-
Levzanlt 1906.
Qaell Fels, Th. Rom und die Cam-
pagna. 6. Aufl. XVI u 1146 S. 6 K.,
68 Pläne u. Grundrisse, 61 Ansichten.
Leipzig, Bibl. Inrt. 1906. JC 19.^.
Harasse, M. Römische Sonntage. 188 S.
Leipzig, Boncker Hamblot 1906.
JL 2.60.
l
IfejeriBeieebflcher. Griedienlandond
Kleinasien. 6. Aufl. X u. 836 S. 12 K.,
91 Pläne u. Grundrisse u. 8 bildliche
Darst Leipzig, Bibl. Inst 1906. JC 7.60.
▲■lea.
Seh war«, F. t. Alennden dee Giofien
Feldzvige in Turkestan. 2. Aufl. 108 S
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d. Feldzüge Alexanders. Stuttgart, Grub
1906 Jt i.— .
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Köhler 1906. In 2ilappe JC 36.—, Volks-
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phie poIitiqTif. (Travaux du St^minaire
de Geographie de l'Universit^ de Li^ge.
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Lfittich, Cormaux 1906. Fr. 2.—.
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Ein Beitrag zu seiner Geschichte. VIII
u. 164 8. 99 Ttf., 8 K. n. Abb. im Text
Berlin, IGtUer ä Sohn 1906. JC 6.—.
Afrika.
Irle, .1. Die Herero. Ein Beitrag' zur
Laudes-, Volks- und Missiouskunde.
vm n. 869 8. 66 DL n. 1 K. Gflten-
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Nord-Pol sr^parenden.
J e 1 i n e k , E. Eine Nordlandsreise mit dem
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Bismarck'^ der Hamburg- Amerika-Lioie.
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Heinze, H. Physische Geographie nebst
einem Anhang Aber Kartographie für
Lehrerbildungsanstalten und andere
höhere Schulen. 3. Aufl. l.Sy S, ö8
Textabb. Leipzig, Dürrsche BuchhandL
1906. JC 9.—.
Kraepelin, K. Naturstudien in der
Sommerfrische. Reiße-Plaudereieu. Ein
Buch für die Jugend. VI u. 176 S.
ZeiehunagenvonO. Sehwindrasheim.
Leipzig, Teubner 1906. JC 3.20.
Sc Iii omni er, K. Opog^raphische Namen.
Erklärung der wichtigsten im Scbul-
gebranche vorkommenden geographi-
schen Namen. 99 S. Leipzig, Benger-
sehe Buchhandl. (Gebhardt n. Wilisoh)
1906. JC 1.60.
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Zei ttclirif ienschaii.
239
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Peiermanna Älitteiluttgen. 1906. 2. Heft.
Hoek mid Steinmftiin: Erlftntenmg zur
Bonlenksrte der Expedition Steinmatm in
den Atidpii von Bolivien 19(»3 04. —
Uopfner: Die thermittchen Anomalien
anf der Erdobetffidlie. — Snpan: Der
jährliche Gang der Tempfratiir auf der
Elrdoberfläche. — Kiißuer: Der Devna-
See. — Trounier: Die Veränderang der
Mobariidie. — Friederichten; Obrnt-
•dbeiri Beiie im Gebiet des Tarbagatai
1905. — Lanpenbeck: Das Atoll P^una-
fbti. — Mylius-Erichsen: Plan der
f,Danmark*'-Expedition nachN0-Gr6nland.
OUbtu. 89. Bd. Nr. 7. Laeeli: Ter-
wendunp des Eies im Volksglauben und
Volksbrauch. — Anf&nge der Kunst im
Urwald. — Passarge: Der paläuiithihuhe
Meudi ftB den Tikfcoriaf ftllen dea Sam-
besi. — Kfisthardt: Vom Okapi. — Die
nächste Aufgabe dnr Nordpolarforschnng.
Dag8. Nr. 8. Bieber: Eeiseeiudrficke
mid wiitMhaiMielie Beobaditangen ana
Gallaland und Kaffa. — Die nene Bahn
Berber — Port Sudan. — Pnrrot: Vogel-
zoggbeobachtungen auf Kaisen. — Zur
Baakeakrode. — Eoltaekaks Expedition
nach der Benaettinsel.
Dass. Nr. 0 Bieber: ReiMeeindn'icke
nnd wirtschaftliche Beobachtungen aus
Oallalaad ond Kailk. — SpieB: Beden-
tnng einiger Städte- und Dorfnumeu in
Deutech-Togo. — Schütze: Der Elefant
in Britisch-Ostafrika. — Sohults: Noch
eb Steinnagel ana Samoa. — Kiankadton
im J. 1904/06.
Dtutschf Rundschau für GeO(jraphle
mtd Statistik. 28. Jhrg. 6. Heft. Zürn:
Von Tosari zum Brome. — Weinberg:
Die BevOlkenmg dea Kankaans in atati-
stischer ixnd ethnischer Beziehung. —
Korea, das Reich der Morgenatille (1 K.).
— Olinda: London in der Gegenwart.
Zttitohtift fät GtipSt$tHnuid€» 7. Bd.
3. Heft. Oravelius: Abhftngigkeit des
Ke^'Hnfalls von der Meercahfibe. — Braun:
Da« Frische ilaff. — Keila: Zwei Bei-
tilge snr graphiichen Beredinung hydro-
metrischer Aufgaben.
Metz-ffTologische Zeitschrift. IIMIG '2 Heft.
Gockel: über den louengehalt der Atmo-
■pldie. — Klein; (Smia-Stadieii. ~
Hamn: Der Polwchlag der Atmoaphire.
Zeitschrift für KolonicUpolitik , -recht
wnd -wirMaß. 1906. 1. Heft. Beiiede-
lungsversuche in Fortogiesisch-OBtafrika.
— Vogelsang: Die ersten Schritte zur
Erwerbung von Südwest- Afrika. — Born-
hanpt: Die KonseMieoifirage in den deni»
sehen Schutzgebieten. — v. Engelbrech-
ten: Der Krieg in Deutsch-Südwcstatrika.
Zeüsdtrift für Schulgeographie.
5. Heft. Krebt: Die Geographie in ihrer
Stellung zu anderen Wissenschaften. —
\V 0 1 1 e n H a c k : Der Mond in den fremden
Zonen. — Braun: Die Antarktis. — Eine
Fahrt auf dem Yangtse-Kiang bis Haukou.
€feographi»dter Angeiger. 1906. S.Heft.
Heiderich: Die Getreideproduktion der
Erde. — Baltzer: Die Erforschung des
Weltalla. — Bjhan: Die Masai und ihre
Bagan.
Zeitschrift der GeseUschaß für Erdkunde
eu Berlin. 1906. Nr. 1. Friedrich:
Die glazialen Stauseen des Steine- und
dea Neifie-IUea. — Oalle: Neoace Ar-
beiten auf dem Gebiete der Erdmessung.
Mitteilungen der Geogr. Ges. in Ham-
burg. Bd. XXL 1906. Michow: Das erste
Jalulranderfc marfseher Kartographie 16S6
— 1681 und die Originalkarte des Antoo
Wied von 1512 i l Abb. u. 4 K i. —
Behrmann: ^iederdeuteche Seebücher
dee XV. n. XVI. Jahriranderte (4 Abb. n.
4 K.). — Albrecht: Durch den Daghe-
stan auf der Awaro-Kachctinischen Strafie
im Mai— Juni 1904 (^14 Abb.).
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TheGwgrofhMJimrndL 1906. No.8.
Seligmann: Anthropogeographiral In-
vestigations in BritiHh New (iuinea 1 K.).
— Gibbons: British East African Pla-
teau Laad aad iti Eeonomie Gonditiona
(1 K.). — Neumayer: Recent Antarctic
Expeditions. — Schwarz: The Rivers of
Cape Colonj. — Herbertson: Recent
Regulation! and SjUabnaea in Geography
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Areas of the OrographMMÜ Begiona of
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The Seottkk Oeografhktd Magatine.
1906. No.8. Geikie: The Hietoiy of the
Digitized by CjüOgle
240
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foaiidlaud. i
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plagnea: Une miinOD aiclitelogique dans .
la vall^e du Niger. — Danes: La n'gion
de la Narenta inferieure. — Deniker:
Los räcentes publications sur Lhassa et !
l0 Tibet. — Bznnhes: La oonfärance {
metdorologiquc d'Innsbruck. — Pelet:
La poaition gi'ngrajihique d'El < >ued.
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The Monteregian ffills.
Cons, perm. internat. p. Vexphtr. d. 1.
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Catalogue des eapfecea de plautea et d'ani-
maaz obeervfes dans le Plaiiktoii leeneilli
pendant le^ cxju'ditions |i(''riodiqueB de-
puia aovit iyO'2- mai l'.'Oö — No 84.
Nanaeu: Methoda für mcaauriug direc-
ti<m and TelocKj of einxents in the sea
(S Tttt, Sl Fig.).
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Ders. : Der Baumwollbau in seiner Ab«
bilngigkeit Tom KBma aa den Giraten
seini-H Aiiliau^'cljietes. Beihefte z. Tro-
penpfl Bd. Vif Nr. 1/3. Febr. 1906.
Endröa: Die Seichea dea Waginger-
Tasohingersees (1 Taf.). &*Ber. d, matk.^
phtfs. Kl. d. k. bayer. Äk, d. Wiu,
Bd. XXXV. 1905. H. III.
i<] II g e U > r c c h t : Die Aufgaben dea äouder-
aut<8chu88ea fOr Klima- und Wetter-
kunde. JaM, d, d, Lamdwirt8ek.'Ge$.
1905.
Feydt: Der Kintiuß der ostpreußischen
Eiaeubahueu auf die städtischen und
einige andere Siedelni^en. AUfreufi.
Monatssehr. Bd. XLI H. 7 u. 8,
Bd. XLII. II. 1 u. 2. H. 7 u. S.
Garde: laforholdene i de arktiske Have
1906. (The stete of the ioe in the arctie
aeaa 1906.) (5 K.) Dnnske met. Inet,
vmitisk-met. Anrliog. /a«. 190(1.
Heim, Albert (sen.) : Ein Profil am Süd-
rand der Alpen, der PliooaenQord der
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(2 Taf u. 8 Textb ) Vitrteljuhrsschrift
d. Naturforsch. Ges. in Zürich. Jahrg.51.
1906.
Hertzberg : Heise - Erinnenmgen aua
Weat-Preußen. Ilnl. d. Osferj>rogr. 1906
d. Stadt. OberrealsdiuU su Malle u.S.
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in Binnenseen. Protokoll d. Mon.-Ber,
Nr. 11. Jahrg. 1905 d. D. Geol. Ges.
Eatacher: Die submarine Tunneleisen-
bahn zwischen England und Frankreich.
Himmel und Erde. YUL 5. Febr. 06.
Lindem an: laland. Weter^Zig, Nr.jU904.
6. Febr. 1906.
Richter, Ed. f: Bosnien. Österr, BuHd-
Bd. VL H, 69.
ri VMl Dr. Alfred Hsttasr la HsMslbwg.
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Geo^irnpliii
Tafel
S.
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Verlajc^ von B. G. Teubnor in Leipzi«?.
Soeben erscbitjii;
DIE SEEINTEKIvSSEN
TJ TT ETNT^AND-WESTFA LENS.
Von Stuimendirektor Pkofkssou CHR. ECKERT.
[52 S.] 8. 19ÜC. geh. n. l
lni»»it AVhanilltuig ift ein flb«muf wortvollnr nfltnijr inm ProMmi der •lent«c?i»"n SM'(nf»«r
Ii »ich nnf ein kltiior-« rcebiet Ix'HchrAukJ , >liia frcilicli dii« v '
1>' ri nud Hnndi-Uwelt bildet, i»t er in der Lagn , alle lilcr ciii
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig.
M 1 T T 1 : L M E E T\ BT iJ)E R .
G ESAMM E LTE A liH A X ÜLUN( i EN
ZUH KUNDE DER MITTELM EEKl.ÄNDEK.
\<>X (iEH. liEOFEliUXGSRAT Dil. THEOBALD FISCHER.
f*ri>li»*-<>r Hl) tl«'r rii(v«<Mitul M.irlnirvt
[VI II 4H0 S. I gr. i*. l'.tor,. freh. n. .1/ f, ,- , in Leiüw. geb. u. .( 7
„Withrend PliiUvpvou^ Mi(leltiii-er(tebit<t'* vln« i.v«t<anitti«olie Dumtnllunp dli'«>r kaiikou Ü'
' •■ •■M an* dl'- . -i - ■ i - \- ,. . V • m,m rkundc rinr Knihf i r i'.^
«um ui . dabfr lit aUi-iu
. ,1 Ii.
. d«r ttr.h dir rüui Mit(«Im<'i
. 1 ■ . . Ii i>iiii- ttii
iiU :i' Ii i .1 Ii .! , lll.lIlKr lU li'
I Auch fiir dif Schuli- uurdon
., AI m-. liiit!i<rl>jldiir** %ln vinv wnhri; /u-rdn nun lei jn
I l)t<utii-h«« Liit-r-Htur/flturiif. I'.'0'5 Nr.
>>i' I .11 ji
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig.
DAS MlT'l JiLMRHRGRBlBT.
ÜE0GRAP11I.S( IIK UND KULTURELLE EIGENART
Von- Professor Dk. A. PHILIPPSON.
XnskLltn und lo Karlen aut i> Tafeln.
1904. ach. .V. 6 — . pc\>.
VIII
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der Karte zusammengesetzt 131 cm breit, 160 cm hoch. Unai int G .50 M..
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Bnr,"*"">''!ialen etc. Gruße <!. .to zusamrii> /.t 1.31 cm breit ir.*'
innt 5.60 M., auf Leinwand gespannt in Mappe 11 M., i:
Dr. i'r. JSiofi, GeoV ■ über
Mit einem Lieft llrl.i .n itjugen. - i.ui; u;
waudstreifen in Umbchlncnunppe 10 M., auf 1 I
— Die erste und ein -karte des
*' • Von der F in wissen^' u-^uj.' i. ; , air uiü.
.mig als M' ant.
Ausrührliche Prospekte stehen auf WonBch gratis nnd \nuko
Zu beriehen durch alle Buchhandlungen sowie durch die V
^ JUN 141906
r.EOGlUPlI
ilTSCHRIFT.
V<tN
Dn ALFRED HETTNER,
ZWoLFTEJ{ .IAHRCJAN(5. KÜNFTKS HKFT.
■M I I . .\ I 1 I AUiLN
Arsf;K<;i:Bi:N am j.' mal
LEirzjd.
• \ EULA«; VON B r,. TEÜBNER
Inhalt des firnftcii Heftes.
a.
Ihr Mpiii. Von Dr. Fritz Jaegor in Offotibacli a. M. (.Mu Uiul-
schaltsbildeni auf Tafel 4 und T) nach OriKinalaufnahmen von
Prof. Dr. Carl ühlig in Daressalam)
Kduard Richter. Von Prof. Dr. Georg A. Lukas in Graz. IL Kduard
Ri.hlers Lebenswerk. 4—9. III. Eduard Richters I'ersönlichkeit
Alte lind neue Handels.straßen und Handelsmittolpmiktfl in Nordost-Afrik
Von Oberleutnant a. D. Detniar Kürchhoff in Charlottenburg .
Geographische Neuigkeiten:
Allfünioinos. Neue Krfahruiigoij über Korallcnriffü .
Europa. LaudgewiniMjnKSwerk an, Dollart. - StiirniJl.it' an" der nstfriosisclicn
KQst«. — vestivaiiabruch
Asien. Zupmayers Durchiiuerung Tibeta. — Erilbeben auf Pormosa
Afrika, «irenzabereiukoranien zwischen Sudan und KongosUat.
Auatralien und australiiche Inseln. Üuschbrtndo in, südlichen Auntralion'
- Zorstöning Papoetes durch eine Flutwelle. - Vulkanausbrnch anf Savaii
Nordamerika. Zerstörung rou San FraniiaVo ....
Nord-PüliirueifeDden. Wissenschaftliche Station in Ürönland
Meere. Di.« Fahrt dea „Planet"
Ooographi scher Unterricht. Geographische Vorlesunpen im S.-S 1906 II
— Topographische Ühnngen nn der UnjiersitAt üeidelUrg. — (»rdontliche Professur
an der Universität München. - Vertretung in Münster. — (»rdeutlitho Professur
in Wieu. - Habilitation in Wie,,. _ Gcogruphiscl.o Vorlesungen an der Akademie
in Posen
Voreine und Versammlungen. 78. Veraamnilu.ig Douuicher Naturforscher" und
Atite. — Inteniationalo ozeanische und Fischerei- Ausstellung iu Marsoilb —
\. Int«niatioualer Oeologen • CougroD in Mexiko
Hücherbesprechungen :
Kaiserliche .Marine. Deutsche Seowarto. DampferhonJbuch fOr den
iitlantischen Ozoan. - AtJas der Ueroiten und (iozeitcnslrVne der Nordsee —
Atlas der StromTersetzungen im Indischen Ozean. — Wind, Strom, Luft- und
Wasserte mperatur auf den Dampferwfgen des Mittelmeors. Von M
Hasse, K. Deutsche ürenzpolitik. Von J. Zemmrich
Chautriot, E. La Champagne. Von F. Hahn
Neue Bücher und Karten
Zcitschriftenschau
•252
277
292
292
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294
294
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29G
296
2;tG
Eckert
298
301
302
kilnftighin werden Veröffentlichungen jeder .i.nrhrr
hiBsertationen, Programme. Karten u. a.) ausnahmslos nur dann alJ
erschienen erwähnt werden können, wnnn .ie der GeoKraphischen
/eitschrilt oingcachickt worden .sind.
Aultiutze für die Geographische Zeitaclunft werden unter der Adresse
IKrau.gebMr. .Prof. Dr. Altred Hettnor in Heidolberg, ZiogelhiiuHer Laud-
Htraße Iii) nL-itriige zu den geographi.schen Neuigkeit^^n au Dr AuKUHt Fitzau
Leipzig, Löhrstralie lü, erbeten. Aufsätze werden mit 60 Mk fvir den Dnick'
l»ogen von 16 Seiten, Beitriljre zn den Neuigkeiten mit 2 Afij für dio
Petit honoriert; das Honorar der Karten und Abbildungen bleibt der
einbarung vorbehalten Außerdem werden den Herren Verfafisern von Aufütttzei,
kl.MitU'iiungen20, von Neuigkeiten und B- ' ungcn :'• ke unei
und portofrei, eine größere Anzahl auf W i zu den ü .
Bücher und Karten, deren Besprechung in der Geograi
gewünscht wird. Bind an die Verlagabuchhandlung B. G. Teubuer, l^einzig l'ost-
Au" u,^« PmzusLhicken. Liefcrun^^swcrk.' k/inn-n im allgemeinen ernt nach ihrem
AbscnliiQ besprochen werden.
\ LI -
und
!i
i.
A't
Die GeographiHthi- /eil^cüritl erscheint j.iJiUicii m ij y
3'; bin 4 Druckbogen von ir, Seiten; der Abonncmenlspieis b.
Alle Buchbaudlungen und Po^tanstalten nehmen Üestelluimen an
Druck lind Vi'rlac: von B. 0. Teubnor in Ltipzm, i'osihU.
Der MeriL^)
Von Mti JMger.
(Mi 5 LftpdiehftfUMldeni auf Tafl 4 n. 6 aadh Originalanfiiahmen toh Carl Uhlig.)
Westsfldwestlidi Ton dem denteoh-ortafrikamsehan BuseitTiilkaa
xnandaeharo liegt swisolioii 8 und SYi^ sBdliflher Breite dar gleiehfidls tuI*
kailiBcbe Kegel dee Uero; die beiden Berge liegen eo nahe bei einander, daB
ihre ToffiraftdiAttiingen in einander fibecgehen. IMe Entfernung des eigent-
liehen Fnfies beider Berge, der Stellen, wo ein steilerer Anstieg ans der
flachen Steppe deutlich den orographisnli« ti Beginn der Berge kennzeichnet,
betrttgt an der Stelle der größten Nachbarschaft etwa 20 km, die Entfemtmg
der Hauptgipfel 70 km. Die vielen Reisenden, die seit der Entdeckung
der beiden Berge durch Rebmanu im Jahre 1848 den Kilimandschaio be-
suchten, haben daher alle auch seinen kleineren Nachbar gesehen, dessen
schöngefonnto Silhouette den westlichen Horizont stilvoll unterbricht. Gerade
von den Kiliinandacharolandschat'ten aus gesehen macht der Meru bei seiner
relativen Höhe von 3800 m auf den Beschauer einen mächtigen Eindruck,
der noch weeentlieh gehoben wird dnzoh die kleinen Yorberge in seiner
n&chstwi ümgebnng. An sich HQgel Ton ansehnlicher GrOBe, wie t. B. der
„Dombeig** nnd der nSargbag**, treten sie doch gans surOck neben dem
gewaUagen Hanptberge. Zu döi stunnrangsroUsten Büdem, die ich in Afiika
genossen habe, gefafirt die Aossicht von Moeehi am Eilimandschazo 1tt>er die
weite Steppenniedemng hinweg nach dem Mem, besonders wenn die Sonne
eben nntorgegangen war. In tiefem Dunkel liegen die untersten Radialrücken
des Kilimandscharo, die weite Steppe, die Meruvorhügel und schließlich der
große Merukegel selbst. Aber das Dunkel stuft sich ab in den zartesten
Farbentönen vom tiott-n Blauschwarz des näch.sten Bergiiickens zu Dunkel-
violett in der Steppe und /.um lichten Grauviolett des Meru. Auf den purpurnen
TlintHrgrund des Westhimninls ist mit markigen Zügen sein Profil gezeifhiict.
Zur Linken steigt es steil und geradlinig aus einer Hügelgruppe an, in der
dar abgestntste Sargberg aufiE&Ut, bis zum höchsten, fein gezähnelten Qrat.
Ein schOn geschwungener, nach oben konkaver Bogen Terbindet diesen mit
der niedrigeren Spitse im Norden. Steil nnd geradlinig steigt die ProflUinie
siar Bedhten von der Nordspitae hinab zor flachen Steppe.*)
1) TorliluHge Veröffentlichung der Ostafrikanischen Expedition der
Otto Winter-Stiftung unter Leitung von Prof. Dr. Carl Uhlig.
2) Dies Profil tritt in Fig. 1 (Taf. 4), obwohl die Aufnahme von Osten ge-
nommen iat, wegen des aUm nahen Standpnnktes des Anfhehmenden nnr nnväl-
kommen hervor. Fig. 1 G, N.
OMfraphtooh« ZtÜMlutn. Ifl. Jabiiug. 180«. ».Halt 17
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242
Friti Js«ger:
Trotz der geringen Entfemong vom Kilimandscharo wurde der Mem
erst von wenigen Forsphmifrsi eisenden besucht. Zuerst haben G. A. Fischer
die Südseite, v. Höhnel und Ciraf Teleki die Südostseite näher kennen gelernt
und darüber berichtet. Erst im Jahre 1901 erforschte Carl Uhlig die
Hauptzüge im Aufbau des Berges, indem er ihn zum ersten Mal erstieg und
von der Ostseitu iu die Caldera eindrang. Ende 1904 konnten Uhlig und
ich diese Forschungen weiter ausdehnen und ergänzen«
Der Uera und der Kilimandsolitro eriiebea ridi auf dnem yon Brfldiai
begrenstoi und durchsetzten Senknngsgebiet, das als eine Abzweigung todl
grofien ostaftikanischen Graben angesehen werden kann. Die Gneise und
Qnanite der ümgebung dieser Senke dürften unter dem Mem in etwa 600 m
HeereshAhe anstehen, so dafi die HShe des Tulkaaisehen Baues mnd 4000 m
betrigt. Ans flachen Steppenlündern von 8 — 1200 m HQhe ragt der Meru
als machtiger, ziemlich regelmäßiger Kegel zu 4630 m empor. Das Umland
und die untern Teile des Berges haben im großen ganzen eine sanfte
Neigung nach außen, deren Kegelmäßigkeit durch viele parasitische Vulkan-
hügel unterbrorhon und belebt wird. Namentlich am Südfuß liegen eine
große Anzahl solcher Hügel und bilden die Landmarken in der weiten, sanft
nach Süden abgedachten Steppenebene. Im Westen ist dem Kegel des Meru
ein sehr hügeliges Vorland von dreieckigem Umriß angelagert, das in Steil-
wänden zur Steppe abfallt und von 2400 auf 3000 m ansteigt. Kraterformen,
die sieh an den Hfigeln noch »kennen lassen, sowie die Zosammensetzung
aus feinen Tnflini spreehen dafttr, daß das ganze Voriand durch paraaitSre
Ausbrüche entstanden ist, die so nahe neben einander erfolgten, daß statt
einzelner Httgel ein susanunenhSngendes Hochland aufgeschttttet wurde. Die
Kordseite des Berges steigt steil aus flacher Steppe an und erhftlt ihr Ge-
präge durch einen aufgesetzten großen, spitzen Kegel, der wahrscheinlich
als Best der Unnvallung eines bedeutenden, in die Nordilanke des Beiges
eingesenkten Kraters aufzufassen ist. Am Ostfuß des Meru breitet sich eine
Seenplatte aus, die sich nach N und 0 allmählich abdacht, nach Süden
dagegen in einem Steilrand abbricht. Von diesem Steilraud zieht nach Süd-
osten ein bewaldeter Bergrücken, der zwei sehr umfangreiehe Krater mit
ebenen Kraterböden trägt. Die höheren Hänge des Bcrgkegols haben nach
allen Seiten hin eine Neigung von etwa 30^'. Das ist sehr viel im Ver-
h<nis zum Kilimandscharo, der mit durchschnittlich 8® bis zum Sattelplateau
zwischen seinen beiden Bbbup^jipfiBln ansteigt Dieser charakteristisehe Fonn-
unterschied beruht auf der ganz verschiedenen Bildungsweise beider Beuge.
Der Kilimandscharo ist ein Aggregat von monogenen YuUcanbaigen Stnbelscber
Definition, der Mem em polygener Vulkan, der durch alhwihlinhe, ateta
wiederholte Auftchttttung Ton Tuffen und Lam die regebnftffiige steile Kegdfonn
annehmen mußte.
Die Erosion hat die Form des Berges noch nicht zu zerstören vermocht,
aber sie hat viele Einzclformen geschaffen und durch ihre verschiedene Stärke
L'ntersebiede /wi.schHii den verschiedenen Bergseiten hervorgenifen. Nur die
dem vorhemjchenden Südo^tpassat ausgesetzten Süd- und Osthänge sind stark
durchfurcht von tiefen Kadi&lschluchten, denen ansehnliche Bäche entströmen.
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Der Meru.
243
Der Nordhang bat weniger bedeutende Sehlncbten, dem oberen Weethang
feblen Erononsfonnen TflUig. Nur die Gewiaaer des sfidtetlichen Qoadraafeen
des Mera Yereinigen sich zum XikuletwS- oder Daijjunaflfißchen und werd^i
durch dieses dem Pangani und dem Lidisdheii Ozean zugeführt, wfthrend die
anderen Seiten des Berges dem abfluBlosen Gebiet angehören. Die B&che,
die diesen Hangen entströmen, versiegen bald in der Steppe. Von der Nord-
und Westseite ziehen überhaupt keine Büebe, sondern nur große, bei seltenen
Gelegenheiten Wasser führonde Trockenschluchten in die Steppenflächen hinaus.
Die Bildung dieser Täler und der Schottermassen in ihnon reicht in die
regenreichere Diluvialzeit zurück, unter den heutigen Niederschlagsverhältnissen
können sie nicht entstanden sein.
In den Bergkegel des Meni ist eine gewaltige, nach Osten offene Caldera')
(Fig. 1) Tou luigemein imposanten Formen eingesenkt Der Kraterkessel, der
die zentralen Teile des Bergkegels einnimmt, hat einen Durchmesser Ton etwa
4 km und eine Tiefe von etwa 1000 m. Steil, ftst senkrecht, ja stellenweise
llbefbingend stflrzen gewaltige Felswände (Fig. 1 C) vom Kratenrand 1000 m
hinab zum Kraterboden. Jedodi nur an der wesüichen Wand exreicht der
Abstun diese Hdhe. An der Nord« und an der Slldwand senkt sieh der
Ckldenurand nach Osten. In derselben K ichtun g senkt sich der Caldeiaboden,
aber weniger stark, daher nimmt die Höhe der Wände nach Osten auf etwa
500 m ab. Auf der Ostseite fehlt di^ Wand, die die gewaltige Kratermnde
abschließen sollte. Dort braucht mau nur bis 2700 m empoi-zusteigen, um auf
den Calderaboden zu gelangen und auf ihm bis zu seinen höchsten Teilen
in 3G00 m vorzudi'ingen. Der Meru ist, von den jüngsten Bildungen im
Krater abgesehen, wie ein gewaltiger Thronsesscl, den sich Hephästus aus
unterirdischem Feuerbrei erbaute. Der Calderaboden ist der Sitz, die West-
wand die Rückenlehne, die Nord- und Südwand sind die Armlehnen, die
Seenplatte ist der Sehemel der FOfie.
Der grolle hufeisenfitonige Bogen der Galderawftnde umsdiliefit andere
Bildungeo, zu denen er in demselben Yeriilltnis stobt, wie der balbkreis-
fifnnige Wall der Somma zum Kegel des VesuTS und den Produkten seiner
Tltigkeit. Doch sind am Mem die Verblltnisse weit komplizierter. Wir
mfissen folgende Gelnlde unterscheiden:
1. die Calderanmwallnng (Fig. 1 C);
2. hochgelegene Beste einer konzentrischen Ringmauer im SSW der
Caldera (Fig. 1 7?) ;
3. annähernd horizontale Lavaschicliteu im SW der Caldrra, die discordant
an den Calderawiiiiden anliegen und nach Osten steil ablnechen (Fig. 1 /));
4. den Zentralkegel, an dem seinerseits eiim iuiüere Umwallung von
einer inneren Kuppe unterschieden werden kann (Fig. i,Ä)\
5. einen Lavastrom, der am Westfuß des Zentralkegels entspringt und
die NordhSlfte des Galderabodens ausfttllt (Fig. 1 L).
I) Unter einer Caldera ver«tf'!it man einen nach einer Seite offenen Krat«r-
kessel. Daher werde ich im Folgenden vom „Krater" sprechen, wenn ich den Kessel
ohne die Lfieke in der ümwalluag meine, von der „Gsldera", wenn ich die Lfloke
einbegreife.
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244
Fritz Jaeger:
Mfibsani steigeii wir von Osten h«r durch die Lfloke in dar Krater-
umwaUnag in die Caldera hinein. Nachdem wir die pAtdiose "Wildnis eines
dichten Bnsohwaldes von Banmeiika mit Hilfe Ton Bnschmessem ^AcUieh
durchdrungen haben, wird der Anstieg keineswegs leichter. Zwar hält uns
jetzt voa etwa 3100 m an keine Vegetation mehr auf, aber der Boden wird
dafür um so schwieriger gangbar. Über die köpf- bis */, cbm großen, rauh
zerspratztPTi Felsklütze einer jungen Blocklava geht es steil hinan. Immer
unebent'i. ztirissener und fnscher wird die Lava, je weiter wir hinaufkommen.
Wie ein lik't.scher ziclit sich der :> km lauge und 1 km Itreite ShTJiii vor uns
am Fuß der Caldorasteilwünde hin. Die grolic /iihigkeit des Lavatiu>ses,
welche sich auch darin deutlich ausspricht, daß die Masse noch während des
Fließens in einzelne BiScke zerrissen ist, hat diese Analogie der Form mit
strömendem Eise hervorgebracht Die Vegetation hat «rst am nntem Ende
des Stromes starker Fofi gefaßt Nach seinem Verwitterungssnstand an
urteUen ist der ganae Strom schwerlich mehr als 100 Jahre alt, das Alter
der letsten Nachschflbe nahe den Qnellen des Stromes sohStaten wir anf
kaum 25 Jahre. Demnach kann der Meru noch nicht als erloschen gelten.
Auch der zentrale Aschenkegel, an dessen Westfuß der große Lavastrom
entspringt, ist ein junges Erzeugnis der Merutätigkeit. Aus einigen Spalten
an seinem Fuß steigen noch heute weiße Wasserdampfwolken empor. Wiewohl
der Kegel dem Vesuvkegel an Größe nicht nachsteht, beeinflußt er das Ge-
samthild des Borges kaum, da er Yon den riesigen Steilwänden der Caldera
bedeutend überragt wird.
Hier auf dem Calderaboden umgelieii uns diese kahlen Felswände fast
ringsum. Sie sind gegliedert durch vorspringende Gräte mit vorzüglich sicht-
barer perildinaler Schichtung und dnxioh einspringende Schluchten, in denen
nnanfhfirUch StainsehUge herahrieeeln oder piasseln, um sich am Fnfi der
Wtode za grofien Sdinttkegeln und mortnenartigen Wällen ananhftufini. Di»
Grftte liehen hinauf su den Torsiwingenden Tfirmen, Zacken und Nadeln des
Eraterrandes. Außer der den AuBenhttngen des Beiges parallelen Bdiiöhtang
bestimmen die vielen mehr oder weniger senkrechten Oftnge das geologisdie
Bild. Die Wasserloeigkeit der Caldera — wegen der Auswllrtsneigung der
Schichten können an den Steilwänden keine Quellen austreten — , der Mangel
an schimmeniden Eis- und Sclmeetiiichen, dazu das Grau des Aschenkegels,
das Schwarz des Lavastroraes verleihen dieser Hochgebirgswüste eine düstere
Stimmung. Belebt wird das Bild, wenn wallende Nebel vom Winde in
wildem Spiele gejagt diu Steilwilnde zeitweise verbergen und dann wieder um so
klarer eutschleiern. Oft aber füllen auch die Wolken die ganze Caldera
aus und benehmen jede Aussicht, wie wir zu unserm Leidwesen erfuhren.
Denn die Caldera i4 ein besonderes Wetterloch, in dem die Wolken mit
Vorliebe hingen bleibeiL
Es scheint nich^ daB der grofie Kraterkessel durch eine Szplosion ent-
standen ist Sonst müßten gewaltige Tuff- und Trflnunennassen die ftoßeren
Hänge des Berges bedecken, namentlich ihre höhoran Teile; das ist aber nicht
der Fall. Wahrscheinlich haben wir uns die Entstehung des Sjraters 80 vor-
zustellen, daß am Schluß der Emptionsperiode, die den ganien Berg auf-
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Der Hern.
245
schüttete, große Lavamassen tief in den Fördcrscbacht zAirücksauken und auch
erstarrte Teile, ihres Haltes beraubt, nachstürzten. Mit dieser Annahme lassen
sich auch die erwähnten Reste einer konzentrischen Ringmauer und die
homontalen Lavaschichten in der Galdera, auf die ich hier nicht näher ein-
gehen kann, gut in EinUaag bringen.
Durch die öffiinng der Caldera genieBen wir eine hesehrfaikte, aber
malerische Femsldht Weithin breiten sich die gelben Steppen am FuB des
Mem ans. Wir Uichen hinab auf die vielen kleinen blinkenden Seen und
in die beiden grofien flachen Krater, die dem südöstlichen Anslftafer der
Seenplatte aufsitzen. Wiewohl geringere Höhendifferenzen von hier oben ge-
sehen fast verachwinden, erkennen wir an der dunklen, durch reichere Baum-
vegetation hervorgebrachten Färbung den Steilabfall des Sogonoiplateaus, der
die Kilimandscharo -Meruniederung im Süden begrenzt. Don Hintergrund
bilden das ferne Paregebirge, die östliche Begrenzung dieser Senke, und
links davon der gewaltige Kilimandscharo. Seine beiden Gipfel, der fernere
zackig-schroffe Mawensi und der nllhore Schueedom des Kibo ragen noch
hoch über unsern Standpunkt empor in eisige Regionen. Der Kibo kehrt
nns seine Westseite zu, anf der ^e Gletscher in mächtigen Zungen weit
hinabxeichen. Der unregelm&flige und doch harmonische Wedisd vcm weißen
Gletschern und dunklen Felsmassen bringt gerade auf dieser Seite die
malerisdiste UHrknng hervor, die auch in so großer Feine noch zur Geltung
kommt.
Aus der Caldera zum Fnße des Meru hinabsteigend gelangen wir auf
die Seenplatte (Fig. 3). Durch die Seen, die unruhig welligen Bodenformen und
durch die Erosionstäler erinnert diese eigentümliche Landschaft an unsere nord-
deutschen Glaziallandschaften. Dieser Eindruck wird noch verstürkt durch
das Material, aus dem sie aufgebaut ist. Wie in der norddeutschen Grund-
moriine, so sind in diesen „Brockentutfen" grolie unrogcliniiliige Blöcke in
feinerem Material eingebettet, und wie in Glaziallandschat teu gelegentlich,
so liegen hier fast überall ausgewitterte Blöcke bis zur Grüße eines zwei-
stöckigen Hauses lose auf der Oberfläche. Die unregelmäüig eckigen Bruch-
stücke Ton Laven und ftlteren Tuffen, die in den Kookentnffen mit
feinerem Eruptions- und ^rOmmezmaterial mehr oder weniger fest verkittet
sind, weisen darauf hin, daß die Brodcentuffe der Zertrümmerung Älterer
Gesteine ihren Ursprang verdanken. Ihre Lage am Ostfoß des Mem sagt
uns das Weitere: als der Memkegel aufgetOrmt und der Eraterkessel ein-
gesunken war, fand einmal eine große etwas exzentrische Eruption statt,
die den östlichen Teil der Krateniniwallung in die Luft sprengte und so
die östliche Lücke schuf, den Krater in eine ofi'ene Caldera umwandelte. Die
großen Trümmerniassfn fielen am untern Hang und am Fuß des Berges
nieder und bildeten mit dem Wasser der den Ausbruch begleitenden Wolken-
brüche Scblammströme, die sich am Fuß des Berges ausbreiteten. Die un-
regelmäßigen Obertlüchenformen dieser Scblammströme wurden nachträglich
durch spülendes und fließendes Wasser noch etwas schärfer ausgearbeitet
Die Seenplatte ist daher mit einer Unmenge von kleinen Hügeln von 10 bis
70 m Dniehmesser und 5 bis 20 m Höhe wie mit lauter Maulwurfihaufen
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246
FriU Ja«ger:
regellos übersät. Etliche ganz unregelmäßig geformte Becken sind m sie
eingeseokfe und nun T«il mit WAinr orfllUt. Der grOßte der 14 Seen dieser
Gegend liat etwa 4 qkm FISdieiiinhatt Landzungen springen tob Osten
und Westen io den See vor and setsen ridi unter dem Waeserqpiegel ganz onregel»
mifiig fort. Die grOBte Tiefe maß ühlig m 88 m. Die Ufvwlnde fiülen
siemlioh steil mm Bee ab, der etva 40 m tief in die Platte mngesenkt ist.
Die übrigen Seen zeigen Bhnliche Verhaltnisse. Zum Teil sind die Seen
durch periodische Abflüsse verbunden, die in stoilwandigen, bis 40 m in die
Hügf'llHiulsehaft eingeschnittenen Tälern fließen. Alle sind salzhaltig, manche
so stark, daß das Wasser auf die Schlcinihäuto fast atzend wirkt. Da die
Zutiiisso in dem vulkanischen O^stfin verliältnisniiißig viel Salzo lösen und
die Verdunstung so stark ist, duU nur cnn 'i'fil der Soen eineu Abfluß
besitzt und nicht einmal einen dauernden, so reichert sich das Salz rasch
an, das Wasser wird sehr konzentriert. In der Regenzeit steigt das Wasser
der Seen etwa um 1 m an, und einige fließen dann nach dem Kikuletwa-
i^stem ab. In der Trockenzeit flllt der Seespiegel wieder, und die Ufer
bekleiden sich mit weiAen Salsansblflbungen.
Li nnd an den Seen entwickelt nck überall ein lebhaftes Treiben. Da
tommeln sich die Flofipferde^ tauchen unter, taudien mit lautem Pusten und
Gmnxen wieder mit dem Kopf über den Seespiegel, das Wasser meterhoch
in die Luft blasend. Der afrikanischen Sitte, die Kinder auf dem Rücken
zu tragen, huldigen auch die Fluüpferdmütter, aber selten bietet sich die
Gelegenheit, dies Mutterglück zu beobachten. Die Krokodile, die sonst stets
mit den Flußpferden zusammen vorkommen, meiden die Salzseen. Enten,
Gänse, Wasserhühner, Pelikane, Flamingos schwimmen auf dem Wasser-
spiegel oder stehen einbeinig am Ufer; auf den Bäumen thront der Marabu.
Aus der Menge der Vögel liißt sieh schließen, daß es auch in den sehr
salzig<'n Seen Fische gibt, wiewohl noch keine beobachtet w*urden. Höheres
Pflanzenleben scheint dagegen im Wasser der Salzseen nicht zu gedeihen.
Die Pflanien» und Tierwelt der Seenplatte mit Ausnahme der Wasserflora
und -&una bietet das diantkteristiBehe Bild der ostafrikanisdien Steppen.
Nur die höchsten Teile der Seenplatte und ihres südöstlichen Ausl&ufers
mit den beiden großen Kratern, die bis 1600 m ansteigen, tragen Bogeowald.
Die Steppen, d. h. solche Vegetationsgebiete, deren Yegetationsformationen
einer langen Trockenzeit angepafit sind und ihre vegetativen Funktionen in
der Regenzeit verrichten, nehmen rings um den Meru die tiefem Lagen ein.
Hier werden die Niederschläge nicht durch aufsteigende Winde veranlaßt und
sind daher auf die beiden jährlichen Regenzeiten beschränkt und wenig aus-
giebig. Verbunden mit der hohen, die Verdunstung begünstiijenden Temix-ratur
dieser Gegenden veranlaßt d» r Kegenmangel eine wenigstens periodisch seiir
starke physiologische Trockeubeit, in der nur Pflanzen leben können, die
sehr geschützt sind gegen Wasserabgabe durch Verdunstung. '/^ — m
hohes Gras, das den Boden zwar nicht in Uasen, aber doch in dicht stehenden
Büscheln bedeckt, bildet den wesentlichsten Bestandteil der Steppen um den
Mem. Beine Grassteppen finden wir s. B. häufig im Südosten des Berges,
in der Gegend, die vom Kikuletwa und seinen Zuflüssen durchstrOmt ist.
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Der Meru.
247
>rpist aber sind dem Gras andere Vegetationsformen beigemischt, Kräuter,
Halbsträucher. Dornsträucher oder Bäume, besonders Sohirmakazion. Es finden
sich alle t bergting^ von der (irassteppc mit wenigen Beimischungen bis zur
reinen Buschgras- oder Baumgrassteppe und zum dichten Busch. Im Gebiet
der Seenplatte stehen meist kleine Akazien mit vielen, durch Ameisenstiche
hervorgerufenen kugeligen Aufblähungen der Stacheln ziemlich spärlich in
d«r Chmssteppe.
Die Steppe weduelt ihr Kleid im Lauf der Jahresieiteii. In der Begen-
sMt ist FrOUing, da grfint und blOht Allee, das Gras spriefit friseh empor,
die Akaaen bedeeken sich mit ihrem sierlioh gefiederten Lanb nnd schwängern
die Lnft mit ihrem Bltttendnft, bnnte Blnmen, an denen Schmetterlinge
nnd Kllfer Honig naschen, sind in das Grün «ngestreut Hensdiredken
sch^virren nnd Grillen lassen ihr schrilles Gezirpe ertönen, Schlangen, Eidechsen,
Chamäleons verlassen ihre Yttrstecke, und eine fröhlich zwitschernde und
singende Vogelwelt findet einen reich gedeckten Tisch. Aber die sengenden
Strahlen der Tropensonne töten all dies Leben, sowie der Himmel nicht
mehr genügend Feuchtigkeit spendet. Das Gras stirbt ab, Büunie und
Büsche schützen sich durch Abwerfen des Laubes vor allzu starker Ver-
dunstung. Von der Tierwelt machen sich nur noch die großen Herdentiere
bemerkbar, verschiedene Antilopenai-ten, Guuä imd Zebras, denen auch das
trockene Gras mr Nahrung genügt, da sie bei ihrer Beweglichkeit hftufig
TiftnkeplStM aufiracken kGnnen. Die weiten strohgelben Grasflftchen werden
nur Qnteibrodien von den domigen Bimnchen, deren oft hSßliche, krüppelige
Fovmea jetst nicht mehr durch ein fimmdliohes BUtteikleid Terborgoi werden.
Wo die Bosch- und Baum^egetation dichter wird, ist die ganze Steppe eine
eintönige graue oder braxuiTiolette FlSche. Einige Abwechselung der Fkibe
malen zunBchst die Steppenbrftnde in das Bild, die alsbaM LTößcre schwsMe
Flecken nnd Streifen ausfressen und sich nachts als leuchtende Schlangen
an HSngen und iU)er Ebenen hinziehen. Aber wenn sie erst größere Gebiete
versengt haben, wenn nur verkohlte Zweige aus dem aschenbedeckten Boden
in die Luft starren, dann liegt eine unheimliche, trostlose Öde über der
Landschaft, in der die bizarr aulragenden Termitenhaufen die einzige Er-
innerung an die Tierwelt Inlden. Doch der erste Regen erweckt sofort
wieder das Leben. £r lockt die Uälmchen hervor, daß ein grüner Schimmer
den schwanen Boden fiberklttdet, nnd bald beginnt die ganze Ffllle des
Lebens von neuem.
An den üfern der dauernd fliefienden B&ohe wird die eintönige Steppen-
▼egetation nnterbrochen durdi ganz sdnnale Streifen Uppigm immergrünen
Waldes. Von weitnn erkennt man den Lanf einm Badies an dem dunklen
Uferwald, besonders wenn er sieh von gelber Grassteppe abhebt, wie die
UfiRwftlder der Quellbäche des Kiknletwa (Fig. 1).
In diesen bachreichen Grassteppen im Südosten des Meru trifft man
sehr häufig die schönen Rinderherden und die Krale der Masai, jenes Xomaden-
volkes, das uns durch Merkers Monographie') so genau bekannt geworden
1 Merk er. Die Masai. Ethnopra]iliisfbc Monof^raphie eines oetafrikanischen
beuiteuvoikes. Berlin 1904. VgL Weuleä Besprechung, G. Z. XI. 1906. S. 539.
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248
Fzits Jaeger:
ist, über dessen Rassei^ugfhörigkeit aber gerade durch dieses Werk der Streit
entbrannt ist. Die Masai und ihre ghnchfalls am Meru vertretenen Ver-
wandten, die Wakuati und Wandorobo sind nach Merk er durch folgende
Körpermerkmale charakterisiert: ^^Die Körper sind groß und schlank. Sie
eraoliniieii indes nieht UDSohSn mager, sondeni gewftfaren Titlmehr den Bin-
dniek eleganter, elartiieher Bewegliohkeit . . . Die Hautfkibe Texiiert sidaehen
tiefSnnkennsaii und hellem Sehokoladeabnuin. Die Kapfe nnd hoeh und ichiBal,
das ovale Geeicht bat oft ÜBingesohmltene nnd ^Tmpathiaöhe Züge nnd ist
weniger prognath als bei Negern . . . Die hohe adhmale Stini ist gut gewdLbti
die Augen mandelförmig, gerade oder etwas schrftg. Die Nase ist gestreckt,
aohmal und an der Wurzel flach oder sehr m&fiig tief gegen die Stirn ab-
gesetst . * . Der Nasenrücken ist gerade, manchmal leicht konvex, die Lippen
sind voll, ohne direkt wulstig zu erscheinen , . . Das Haar ist über die Kopf-
haut gleicbmäBig verteilt . . . Die Armo und besonders die Beine sind sehr
lang, die Handgelenke dünn, Hände und Füße, besonders bei weiblichen
Individuen klein, schnial und zart." Über die Sprache der Masai, die auch
die der WakuäÜ und eines Teils der Wandorobo ist, während ein anderer
Teil dieses Stammes ein besonderes, aber dem Masai verwandtes Idiom q^richt,
sind die Untenochnngen noeh nleht abgescMoniiMi. Audi die tieüBt wunelnden,
nieht an die ioßeran Lebensnmstlnde geknflpften Sitten nnd Gebrioche der
drei Völker stunmen Tollkommen flbeiein nnd sind dmehans ▼ersdiieden von
denen der flbrigen Volker Ost-Afiikas, so daB die nrqnikngliehe volUiche
Einheit der drei Stimme anBer Zweifel steht Vor allem gilt dies von
ihren religiösen Traditionen, die nach Merkers Forschungen so sehr mit den
uns aus der Bibel bekannten Traditionen der Hebräer übereinstimmen, daß
Merker die Masai mit ihren RrudersUlmmen und die Hebräer f&r die Nach-
kommen eines und desselben Semitenvolkes der Urzeit hält.
Alle drei Völker kamen ursprünglich von Norden her als sehr kriege-
rische, nomadisierende Hirten ins Land, aber nur die Masai haben heute
noch diese Kulturform rein bewahrt. Sie züchten vor allem Rinder, aber
auch Ziegen, Schafe und Esel. Nahrung, Wuhnung und Kleidung, kurz der
ganze materielle Enlturbesiti ist im wesentliohen anf dfe Bindersodat to-
geschnitten. Die Herden bieten ihnen Fleisch, Miloh nnd Blnt sur Nahrung,
mit ihrem Übersohnß tanschen sie bei anslssigen Nachbarn Tegelabilisehe
Ebet ein. Die Masaünrale sind kreisronde, von einem DoniTeihaii nmgebene
Flätee, deren Einginge des Nachts, nachdem das Vieh in den Eral getrieben
ist, mit Dombllsohen ▼erschlossen werden. Die 20 bis 60 Htttten stehm
dicht neben einander an der Innenseite des DomTechanes. Sic sind von
ovalem, fiut rechteckif:o]n Grundrifi, 4 — 5 m lang, gegen 3 m breit und
IYj— 1*/^ m hoch, Sie b( stehen ans einem Gestell von Stangen und Zweigen,
die in den Boden gesteckt imd oben zur wagreehten Decke umt^ebogen werden.
Dieses Gestell wird dick mit Gras belegt und darüber mit Hindermist verschmiert
(Fig. 5). Die Kleidung besteht aus wenig präparierten, zusanmieugeniihten
Fellen, Zeug^totle haben sich noch wenig eingebürgert. Sehr reichhaltig ist
der Schmuck. Eine Masaischöne muß au Armen, Beinen, um den Hals, in
den lang ausgezogenen Ohrläppchen, also &8t an jeder irgend mOglidien
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Der Merii.
S49
Stelle eine Unmengo von Eisen- und Kupfersjtangcn und Drahtrollen tragen^
wohl meistens mehr als 10 Pfimd und üherdies lauter Gegenstände, die sie
nie ablegen kann. Lederarmbänder, die sie mit Perlen europilischcr Fabrikation
benäht hat, ergänzen ihren Schmuck. Dagegen wird ihr Kopfhaar glatt ab-
rasiert. Die Männer tragen ähnlichen Schmuck, wenn auch in geringerer Menge^
dalBr baben wenigtteiu die &ieger um so knnrtvollere Frisören. Das ge-
strfümte Haar wird m einer AnsaU ZOpfohen snsammengebunden, die Uber
Stirn, Sehllfen und Wntexkapf herabhingen. MSimlein und Weiblein sdunioen
sieh Öfters, namentlich in Tansfesten den EOrper mit Fett und roter Erde
an. Dtt sieh das Fett auch der Kleidung mitteilt, pflegen die Ifasai stets
nach ran'/igem Fett su riechen, nicht nur zur Zeit der Tansfeste.
Die Masai waren vor der deutschen Herrschaft weit und breit als sehr
kriegerische Räuber gefürchtet. Der Hauptzweck ihrer vielen Kriegszüge
war, Vieh zu erbeuten. Die Kriogsrüstung besteht aus einem Speer mit sehr
langem, schmalem Eisenblatt, kurzem Holzschaft und langem eisernem Schuh,
aus einem Schwert, das in lederner Scheide getragen wird, ans Bogen und
Pfeilen, einer Hol/.keule und dem großen Schild. Dieser ist aus Hinderhaut
gefertigt, die über einen Uolzrahjuen gespannt und sehr hübsch rot, weiß
und schwarz mit Zieraten von symbolischer Bedeutung bemalt isi Dasu
kraamt nodk ein besonderer Kopftehmnok, ein Gesiehtsrahmen aus StrauBoi-
ftdern, der das kriegerische Aussehen wesentlidi ezhOht Die Eisen waffen
und Geritsehaften werden Ton den Schmieden hergestellt, die eine besondere,
▼on den aadem ▼erachtete Kaste bflden. Die Masaischmiede kennen swar
die Gewinnung des Eisens ans eisenhaltigem Bachsand, aber das mühsame
Verfahren wird heute kaum mehr angewandt, sondern aus Europa eingeftthrter
Eisendraht verarbeitet.
Während in der Steppe nur nomadisierende Masai hausen, sind am Fuß
und den untersten Hängen des Meru in der Übergangszone zwischen der
Steppe und dem weiter oben folgenden Regenwaldgürtel a< ktTbauende Vidker-
schaften ansässig, aber nur auf der Süd- und Ostseite des Berges, wo die
vielen, dem Berg entströmenden Bäche dauernde Ansiedelungen ermöglichen.
Drei Landschaften werden hier unterschieden, Ngongo Ngäre, d. h. Wasser-
äuge, nach einem kleinen See inmitten der I«ndschaft, im OstsQdost, Hera
im Slldsfldost und Aruseba im Sfldsfidwest dee Bergkegels. Von der Land-
sehaft Hera wurde der Name (von den Europäern?) auf den ganaen Bexg
Übertragen. In Ngongo Kgare hansoi Masai, die ihren Viehbesits bei der
groBen Binderpest sn Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts ver-
loren haben und seBhafte Ackerbauer geworden sind. Die Bewohner von
Meru, Wameru genannt, sind Wadschagga, denen des Kilimandscharo aufs
Nilchste yerwandii Die Landschaft Aruscha nehmen Wakuafi ein, Verwandte
der Masai, zu denen sich seit der großen Viehsterbe auch echte Masai ge-
sellt haben. Außerdem bewohnen Wandoroho Teile des Merugebiets, z. B.
den Steppenbusch in der Nähe der Seenplatt«, violleicht auch Teile des
Waldes. Durch Jagd und Bienenzucht emüliren mp sich kümmerlich.
Die seltene Fruchtbarkeit dieser besiedelten Landschalteu des Meru gibt
sic^h schon in der natürlicheu Vegetation zu erkennen. Hier im Südosten
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260
Friti Jaeger:
des Berfres beginnt der Refjenwaldgürtel, wenn auch mit Uuterbrechuu^'en
schon in 14(M) m Moeroshöh^. Diese uuteren Urwälder sind die schönsten
des ganzen ^^eru. IxuM iistäinme tragen das Laubdach des Walddomes. Hier
fehlt hüuHg die erdrückende Fülle der Lianen, die in den Kilimandscharo-
und Usambarawäldern jeden Raum erf&llen, so daß die msgestätiscbe (rrSde
der Banmriflteii aoeh eindmckBToIlflr bemntritt Wo ancb du üsfeailiols
fehlt, ist der Boden nur mit einem grünen Teppich Aberzogen, am dem die
roiaihrbeneB Blüten der Baleaminen freundlich herrorleaehten. Merkwürdig
ist der geringe Znsammenhang der Waldstüidce. An vielen Stehen, wo doch
im allgemeinen die dichteito Vegetation gedeiht, ist dw Wald von saftig
grünen Sumpfwiesen unterbrochen. An andern Stellen dringt die Steppen-
Vegetation in seine Lichtungen. Dort, wo man von der Seenplatte zum
Berg ansteigt^ erfreuen besonders prächtige Vegetationsbilder das Auge. Hoch-
etSmmiger Wald, sumpfige und trocken*- Lii htungen wechseln ab. Der Wald
ist durch die hier ungewohnte Plianzeutorm einer Fiederjmlme, der Phnttiix
rcclinaia ausge/.oichnet. Aul" den GrasplUt/en stehen viele hochgewai hsoue
Exemplare der Juniptrns jnorern, eines Nadelbaumes, der die Krinnerung an
die kraftvolle Vegetation der Alpen wachruft. Den wirkuugsvollen Hinter-
grund des Bildes stellen zur Linken die schroffen Felswände der Merucaldera,
zur Bedhten der gletsehergekrOnte Kilimandscharo, nnd swisehen beiden dehnt
sich weites Stcppenland bis zum fernen Horisonl
Die natürliche Fmditbarkeit des Bodens wird Ton den Bewohnern noch
dadurch gesteigert, daß sie das Wasser in vielMi Berieselnngsgrilben toü den
Bftchen anf ihre Pflansungen führen. Von den heutigen Bewohnern sind
wohl die Wameru am längsten hier ansässig. Sie brachten den Hackbau
mit künstlicher Bewässerung vom Kilimandscharo mit. Die Wakuaß von
Aruscha und die Masai von Ngongo Ngare haben Ton ihnen den Ackerbau
gelernt und daher in derselben Form übernommen. Tn üppigster Fülle ge-
deiht hier Alles, was des Negers Her/, und MaLrt u begehrt, Bananen, Bohnen,
Erbsen, Mais, Negerkom, SüßkartotlVln und Maniok. Von der Landschaft
Meru berichtet Uhlig'): „Kein Soniiensirahl drang auf den Boden der
Banaueuhaine, deren Htammo im Durchschnitt 8 m hoch ragten. Auf den
Eleusinefeldem drängten sich die kleinen, fingerftSrmigeu Ähren dermaßen,
daß sie dem dichten Filz eines fes^eknüpften Teppichs glichen. Audi die
Bohnenfelder, besonders solche mit Dol/idtoM LäbkA, standen gnt.** Die Hütten
d«r Wameru sind die auch am Kilimandscharo sehr gebrftoohlichen Dsohagga
hütfcen von der Form einer KSseglodre. Sie sind mit Bananenschftften ge*
deckt Die Wakuifi haben diese Art der Hütten mit dem Fbldbau Ton den
Wameru angenommen. Die Masai von Kgongo Ngare hingegen, die erst
kürzere Zeit hier ansJlssig sind, haben noch ihre alte Hütlenform beibehalten,
nur im Baumaterial der Hütten mußten sie sich an das Leben als Ackerbauer
anpassen. Andererseits haben die Wadschagga, und zwar nicht nur die von
Meru, soudem auch die vom Kilimandscharo schon seit längerer Zeit Kleidung,
1 I hlig, C. Vom Kilimandacharo zum Mem. Z. d. Ges. f. Erdkde. zu Beilin.
1004. Ö. 701
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Der Hern.
251
Schmuck und Waffen der Masai nachgeahmt, in der Meinung dadurch den
getHbrlichen Feinden eher gewachsen zu sein. Neuerdings findet mehr und
mehr eine Vennisohung der Merubewohner statt, namentlich der Wameru und
der Wakuafi von Aruscha.
Die bedeutendste der Merulandsehaften ist Aruscha, namentli(;h seitdem
dort im Jahre 1900 ein Militärposten augelegt worden ist. Dank der sehr
nnften Neigung des Bodens nehmen die ftr den Anbftu und die Besiedelung
geeignetsten HOhen Ton 13 — 1700 m hier im Bilden des Mern dnen Ter-
hftltnismlBig grofien Baum ein. Das Land ist mit einer großen Menge von
parasitSFen Ynlkanhfigeln mit und ohne Krater beaetst, deren stattlichat«r, der
400 m hohe nSargberg** das weithin siehfbare Wahneiehen Tom Aruscha
hüdet. Der Boden besteht hauptsachlich aus dem Verwitterungslehm der Brocken-
tuffe, in welche die Bäche 5 — 30 m tiefe Täler eingeschnitten haben. GrOfiere
und kleinere Parzellen von Trockenwald mit stattlichen hellrindigen Akazien
und dichtem Unterholz wt-cbscln ab mit den Ackerfluren und den Bananen-
hainen, in denr-n die Hiiiten der Wakuafi versteckt sind. Xach Süden schweift
das Auge über die hügelbesetzte Steppe wie über ein inselreiches Meer hin
in die Feme, wo der zackige Sogonoiberg und der Rücken des Dönjo Kissälc
hinter der Linie des Horizontes schattenhaft aufragen, ein Anblick, der wie
wenige die Empfindung unendlicher Weite und Feme wachruft. Im Westen
schließt der viergipflBlige Vulkan MondÄl das BÜd ab, die Hordhftlfte des
Panoramas nimmt der nuyestStische Kegel des Mem ein. Oftmals genossen
-wir seinen Anblick in henüoher Klaxlieii. Besonders morgens und abends
seicbnet die Sonne dunkle Kern- und Schlagschatten in das Belief dieses
Hanges und verleiht ihm eine kittflige Plastik. Da lassen sich die Tiel-
gewondenen und -venweigten, bisweilen auch nach unten gegabelten Schluchten
genau verfolgen, da erkennt n^an sngar die der steilen Neigung des Hanges
entsprechende Schichtung der kahleu Lavamauem, welche au den oberen
Hangen die grauen Schutt- und Asehef»!lder unterbrechen und in die stolzen
Türiuc und Zacken des Calderarandes auslauten. Die Regenzeiten, die von
November bis Anfang Januar und von ^iHrz bis Mai dauern, gewähren den
Anwohnern seltener den Anblick des Berges. Auch wenn sich nicht ge-
rade strömender Kegeu unter Blitz und Donner aus den Schleusen des Uim-
melä ergießt, verhüllen doch meist tief hängende ^olken die höheren Teile
des Bergkegela. In trabem Dunkel liegt der Urwald, nach oben mit den
Kobeln versoihmehend oder hinter ihnen versdiwindend, ein melancholisches
Bild. Wenn aber der dichte Wolkenschleier reißt, erstrahlt der Berg in desto
schönerem Glanse, geschmflckt von einem glitsemden SchneemanteL Aber
unter den Strahlen der Tropensonne zerschmilzt die weifie Pracht und ist in
höchstens zwei Tagen verschwunden.
Der Militärposten Aruscha (Fig. 2) hat das Aussehen der Landschaft wesent-
lich verändert. Die geräumige „Borna", das Fort, ist im Rechteck angelegt, von
einer Opuntien- und Stacheldrahthecke, einem mannestiefen CSraben und einer
starken Mauer mit Bastionen unigeben. Im Innern dieser Befestigungen
liegen in sehr praktischer Anordnung die Magazine und die Wohnräume dpr
Besatzung, die aus einem Leutnant, einem Öauitätsunteroffizier und etwa
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253
Frits Jaeger: Der Mern.
30 Askaris, sch\varz<'n Soldaten, besteht. Ein großer Platz vor der Borna
ist mit hüljschen Anlagen geziert. Bei dem aDgenehmen Klima, der land-
schat'tlichen Schünbeit und den Oenüsscn der Tafel — der Posten hat eigenes
YUSi und dam dgaaen GanfLiegarten — fttfalten wir xua in Aruscha wie
in der Sommerfriwdie. Der Bedarf des PoBtena liat in der mhe der Borna
ein Dort entstehen lassen, dessen Hftuser an geraden StraBen im Kttstenstü
erbaut sind. Diese Kflstenlifltfcen und viel grtJBer als die landUtnfigen, Ton
reohteekigsm GmndriB und mit hohem GKebeldaeh Tersehen, das an der Front*
Seite so weit fibersteht, daß eine Art Veranda gebildet wird. Die Hfitten
bestehen aus einem mit Lehm verschmierten Holzgerüst und erhalten durch
weiße Tünche ein freundliches Aussehen. Das Dach ist hierzulande mit
Bananenschäften gedeckt. Außer Eingeborenen wohnen Küstenneger und
Inder im Dorfe als Händler. Keobnet man die Deutschen der Station hinzu
und die Askaris, die großenteils Sudanneger sind, so hat Amsoha eine recht
internationale Bevülkemng.
Außer dem Militärposteu gibt es am Meru zwei Missiousstationen, eine
in Mem und eine in Aruscha. Seit 1904 hat sich eine größere Anzahl
Burenfunilien am Mero niedeigalassen nnd Farmen emehtet, hauptslcfalieb
am Sfldwestfttft, wo ne geeignetes Weideland fanden. Auch ein dsoMisr
FArmer lebt bei der Station Amsdia.
Die Wegsamkeit des Hemgehietes hat ssit der Anlage des Ifllitlipostens
sehr gewonnen. Wthrend früher nur sshmale, gewundene Faßwege von
einer LandS4diaft zur anderen führten, ist jetzt eine fahrbare Karawanen-
Straße angelegt und die Bachschluehten sind solid ttberbrftckt. Die Straße
verbindet Aruscha mit den Barenfarmen und andererseits mit der Militfir-
station Moscbi am Kilimandscharo, wo sie an die Wege zur Küste anschließt.
Landschiittlii h hat der Meni das Aupf jedos Natui-froundes entzückt, der
die mannigfaltige Vegetation, die schönen Fonnen des Berges und die groß-
artige Fernsicht kennen lernte. Die gegenwärtige Entwickelung erweckt die
besten Hoffuuugen, daß der Süd- und der Ostfuß des Berges auch wirt-
schaftlich SU einer der blühendsten Landschaften unserer Kolonie werden.
Edurd Riehter.
Von OeoTig A. lAxku.
II. Eduard Richters liobonswerk.
4. Historische Geographie.
Es war wohl zu erwarten, daß sich Richter auf jenem (iebietei weiter
betätigen werde, dem er schon als Student dun li die oben erwähnte lustituts-
arbeit über „Freisingische Besitzungen in < )>tcmnch" einen schönen Erfolg zu
verdanken gehabt hatte. Das „Gietschei phänomen" verursachte zwar eine
Unterbrechung, aber schon von 1875 an erschienen mehrere Veröffentlichun-
gen, die ebenso das Interesse des Geographen wie des Historikers bean-
^ruoben dtbrfen.
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Georg A. Lukas: Eduard Bichfeer.
35a
1875 verOlfeDtlichto Richter im sechsten Bande der Alpenvereins-Zeit-
scbrift eine Abhandlnag über den „Krieg in Tirol 1809*', wo dargetan
werden sollte, inwiefern die Oberfllehengestaltong der Alpenlinder auf hieto-
riaehe Vorginge einsawirken Termag, in diesem Falle speslell, wie die Be-
wegungen der Trappen wilirend des Anfirtandes von 1809 doreh örtliche
Verhiltnisse beeinflußt wurden.
Bald aber trat er dem Gesamtgebiet dieses Teiles der Erdkunde metho-
disch näher. „Die historische Geographie als Untorrichtsgegen-
stand" wurde in einem Propra mmaufsatz von 1877 behandelt^); da Richter
hierin einen Teil seines danialigon wissenschaftlichen Glanbensbekenntnisses
niedergelegt hat — das übrigens, nebenbei bemerkt, im Laufe der Zeit nur
sehr geringe Wandlungen erlitt — , so ist eine genauere Bekanntschaft mit
dieser von manchen Kritikern heftig getadelten Schrift nicht zu umgehen,
zumal sie mehr bietet, als der Titel verspricht, und über rein schulgeogra-
phisebe ErOrtsningen mebrfaoh binansgebt.
Der Yer&sser wendet sich in der E^eitung zuirikdut gegen das rein
gediebtnismifiigo Aneignen von IK^ssensstoff; bemttben sieh lüUe üntenicbts-
xwoge, „daqenige, was gonerkt werden soH, von dem HHTeaa des An- und
Answendiggeleniiea in die Begion des Tollkommen sidisreD assimilierten
Wissens za eilieben", so gilt dies besonders auch von der Erdkunde; es
„muB die geographische Einzelheit nach kflrzester Frist aus der Reibe der
reproduzierbaren Vorstellungen ausscheiden, wenn sie nicht dardi eine ganze
Gruppe verwandter Vorstolhnigen mif frebalten wird". Von einer großen Masse
halb vergessfiKM- Vorsttlhuiyt ii wird auch all das getragen, was wir Erwach-
sene gedächtnisniäßig wissen: nur muß alles durch das Band des verstan-
denen logischen Zusamnienhanpos vcrljunden sein, sonst fehlte uns die
Stikrkste Hille zur Erinnerung an bestimmte Tatsachen.
Damach hat sich die Tätigkeit der Schule zu richten, wenn sie mecha-
nische Aneignung des Lehrstoffes Termeiden will; „aberbaapt wird das Bild,
die Yorstellnng der leibUoben Erscheinung der Dinge bei den ScblUem su
«rsengen, die wste nnd natttrfiohste Aufgabe einer Disziplin sein, welche
Oegenstinde behandelt, die zwar tatsicblioh und kOiperlieh Torhanden sind,
jedoch nmr im beschrinktesten Maße wirklieh Torgeseigt werden ktfamen**.
Das "Wichtigste ist also die Anschauung; die besten Dienste werden fttr
den Anfang der Globus und gewisse einfache, den Knaben leicht verstöndliche
Apparate leisten. Es soll nicht mit der scheinbaren, sondern mit der wirk-
lichen Bewegunij der Himmelskörj)er begonnen werden; „nur der Schüler
hat die kosmischen Vt rhältnisse wirklich inne, dnr die Weltkörper vor seiix'm
geistigen Auge ihre Kreise ziehen siebt". Zweckmäßig dürfte ee übrigens
sein, den Unterricht mit der Heiniatskunde zu eröffnen.
Weiterhin ist selbstverständlich die Karte das unentl)ehrlichste, kaum
genug auszunutzende Hilfinnittel. Über den Wert des Nachzeichucns der-
selben dmcb SebtUeotband kann man jedoch Terscbiedener Ifieimmg sein.
Richter, der selbst Tortrefflidi Karten zn zeichnen yerstand, nannte neben
1) Auch edbitiadig eischienen im Teilag« von Friedr. Beek in Wien.
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G«org A. Lukaa:
gleichseitig«!! Ütrangen auf der Sdioltafel und im Hefte das Durehpan-
sieren „eine sehr empfehlenswerte Übnng*'. Ton dieser Ansieht ging er anch
in späteren Jahren trotz des heftigsten Widerspnushes mancher Fadikreise
nicht ab. Er vertrat den Standpunkt, daß die Einprtgimg eines richtigen
Kartenbildes vor allem anzustreben sei; da nun selbst Sit fVeihandzeichnen
begabt« Schüler nur in seltenen Fällen ohne weiteres richtig skizzieren kön-
nen, darf eine solche Nachhilfe, wie sie das Durchpaiisieren wenigstens für
die ersten Versuche bietet, nicht sogleich als eine „Fiilschung" gel)randroarkt
werden. Eine Fälschung der richtigen ITmrisse usw. ist vielmehr meist die
mit unendlicher Mühe und reichlicher Anwendung des Radiergummi verfer-
tigte „selbständige" Skizze des Schülers, dessen Erinnerungsvermögen durch
das eigene Machwerk hftofig genug getrfiht wird.
Das Ange soll sieh also an das oft gesehene und hoirekt gezeichnete
Kartenbild gewöhnen; die ^il&konstmktionen**, welche dies in erleichten!
erdacht worden, haben ihren Zweck gllnzlich Terfehlt
Die Karte ist im Untevricht möglichst aussnbenten; alles soll dahin
wirken, daß sich der kleine Baum des Kartenblattes fOr das geistige Ange
des Schülers mit den mannigfachsten Dingen erflUlt und zu einem von bc'
stimm tem Lokalcharaktcr beherrschten Erdraum ausdehnt. Der Lehrer kann
seine Schilderung unterstützen durch Anknüpfung an die Schullektüre, an
andere Gegenstände (wie Naturkimde), an heimatliche Verhältnisse, endlich
durch pas.sende l»il<lliclie Darstellungen — • ein Wunsch, der ja seither seiner
Verwirklichung /.lemlich nahe gekommen ist.
Sehr wesentlich ist dann die Lehrbucii frage, die Richter später (1893)
durch sein eigenes Werk zu einer befriedigenden Lösung brachte, und die
geographisch nutzbringende Idlnsliche Lektüre der Knaben. Das fremdartige
Kolorit der abenteneriichen Reise-, Jagd- nnd Seegeschiehten vermag erheb-
lich Bor Bdebvng des Unterrichts beisatragen.
Der YerfiMser beschrinkt sich nnn nach diesen allgemeinen YcHrbemer-
knngen anf jenen Teil der Seholgeographie, welcher in den Oberidnsssn öster-
reichischer Gymnasien und Realschulen als Anhängsel der Oesduchte ein
kärgliches Dasein fristet, hier der Hauptsache nach der antiken Topt^^raphie
dient und daher mit doppelter Berechtigung „historische" Geographie
genannt w^ird. An diese Betrachtung knüpft sich das interessante Problem,
„inwiefern es möglich ist, in der Schule jenes schwierige t bergangsgebiet,
die Lehre vom Zusammenhang zwischen Wohnplatz und tiescliichte über-
haupt zu behandeln, woran endlich die praktische Frage hängt, ob der Geo-
graj)hie-riiterrieht ferner mit dem der Geschichte verbunden bleiben, oder in
eine andere Hund als die des Historikers gelegt werden soll**.
DsB der Boden auf die Gesdiiohte der Menschheit einen sehr weit-
gehenden EinfloB Übt, ist eine seit dem Altertum (seit Strabo) bekaimte Tat-
sache; aus der neoeren Literatur seien nur die Namen Bitter, Pesehel,
Kohl, J. Braun genannt. Es handelt sich nur, da die Sache selbst nicht
sweifelhaft ist, um ihre Eignung fBr den üntemcht ffier ist nun die durd!
TOrstehende Namen charakterisierte Richtung dem jugendlichen Geiste nicht
sehr gemftfi; vor allem ist hinderlich, „daß jener Einfluß des Landes auf das
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Eduard Kicbter.
265
Volk als etwas Vages, ünüütbares, nieht weiter in BestandteUe Zerlegbarea,
als dn MTstakiun, das eben ainmal da ist, Imigestellt wird**. Fflr Hypothesen
aber ist in der Sehule im aUgemeinen kein Baun.
Dem Schüler sollte die Naturbedingtheit des geschicbtlicben Lebens \ie\-
mphr dadurch deutlich gemacht werden, daß man ihm zuerst die Beweise
für die in Rede stehende Sache vorführt; letztere ergibt sich dann wie von
selbst als loj^'i^^che Folgerung. Der Einfluß geographisclier Einzelheiten auf
historische Vorgänge soll sofort und von selbst deutlich wt rdfn; selbstredend
sind nur jene Seiten der Naturbeschaflenheit unserer Erde gemeint, deren
Einwirkung auf die Geschichte der Menschheit erwiesen ist. Alles Indiffe-
rente hat fernzubleiben.
Nun wird Auswahl und Anordnung der hierher gehörigen bistoiiscb«
geographischen Details ansfahrlieh dnrchgesproclisiL Die Bewohnhailnit der
einseinen Lind«: hingt Tor allem ab TOin Klima im weiteren Sinne des
Wortes; Mona tritt als bestimmend fDr die ftufiere Physiognomie des Landes
der Pflanxenwaehs. Beides ist maßgebend für die Produktion, TOn der
wiederum in erster Linie der dem betreffenden Volke erreichbare Kultorgrad
festgelegt wird. Wie weit sich die BeySlkerung von den Fesseln der sie
umgebenden Natur freimacht, ist abh&ngig von den Möglichkeiten des
Verkehres, durch dessen Würdigung wir auf Gestalt, Lage, äußeren Umriß,
Größe und Nachbarschaften eines Landes aufmerksam worden. Oro- und
Hydrographie crirehcn eine Menge politischer und ni i 1 it ilr isolier Even-
tualitäten. Vertikale Gliederung und Flußnetz können bei geeignetem Lehr-
vortrag im Schüler am ehestt'ii die Vorstellung vom AuseiuandürfHlleii dnr
Länder in Gaue und Landschaften erwecken; dies ist aber gerade dasjenige
geographische Verhältnis, welches in der Geschichte am häußgsten wirksam
ist, auch sum Verständnis kriegerischer VorgBnge am besten dient. Mit dem
Vwkehrsnets hingen die Ortdagen aufs engste sosammen; auch darauf wird
mit weiser Beschritnknng hinsudenten sein.
Die „historische** Geographie soll also in denselben Bahnen bleiben
wie der allgemeine geographische üntemcht» ohne aber die Besiehung auf
den Menschen als neuen Gesichtspunkt zu vergessen. „Es soll mit Hilfe
der klimatischm Elemente, der richtig verstandenen Karte, der Abbildungen,
des Vortrages und der Lektüre ein Gesamtbild der einzelnen Länder ent-
stehen: wie sie sich in verschiedonf Landstriche gliedern, wie ihre Verkehrs-
verhältuisse und ihre Produkte beschaffen sind; ein ( Josamtbild , welches in
Verbindung mit dem erworbenen gcschiciitlicheu Wissen dem Schüler wenig-
stens einen Schimmer, einen Hauch dessen geben soll, was man Kenntnis
von Land und Volk nennt; jene Kenntnis, deren höchster Grad immer nur
durch Bereisung, oder noch besser durch längeren Aufenthalt in einer Gegend
erworben werden kann.**
Es genügt, wenn der Schfller auf einem besehrinkten Gebiet, etwa dem
Lbidem der altklassischen Völker, ganz durchgedrungen ist; er wird sich
dann auf benadibarten Gelaetai lacht surecht finden. Daher ist der Yor-
geschlagene W^ eines firnchtbringenden Unterxidits in der histcrisohra Geo-
graphie locht SU besdireiten, auch ohne groBe Veribiderung im Lehrplan
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Georg A. Lukas:
oder gar M«liil>elutiing der Schiller. Aus einem lebendigen, alles Meeha-
niflohe yenneidenden Betriebe der geschichtliehen Brdkonde würde aber kein
Gegenstand grOBeren NutMn ziehen hOnnen als die Geschichte selbst; es gibt
keine besseren Ge&kihtaiBsttttBen für historische Dinge.
Damit beantwortet sich endlich auch die Frage, ob der Geschiditslehrer
fernerhin geographischen Unterricht erteilen dürfe; h&tte es dieser nur mit
den physikalischen und inatlu^niatischen Verhältnissen des Erdkörpers za tun,
so müßte er selbstvcrständlicii zur naturwissenschaftlichen Fachgruppe ge-
hören; solange jedoch „die Erdkunde aurh die Wechselbeziehungen der Men-
schen und ihrer Wohnplätze ins Auge zu fassen hat, ist sie von der histo-
rischen Wissenschaft nicht zu trennen*'.
Richter gibt damit einer Ansicht Ausdruck, die mancher Anfeindung
aasgesetzt war, aber dodi siegreich geblieben ist, niebt snm wenigsten dnreh
sein bebarrlidiss Wirken in dieser Richtung und das Betspisl seiner eigenen
gelehrten Tätigkeit. Wie wenig er selbst diesen 1877 Tertretenen Stand-
punkt Terliefi, beweist am besten seine Bektoratsrede Ton 1899.
In ein gana neoes Btadium traten die historisoh-geographisdken Studien,
als das Salzhnrger Erzstift mit seiner reichen, wechselvollen Vergangen-
heit der Gegenstand wurde, dem der junge riymnasialprofessor seine Auf-
merksamkeit zuwandte. Es war ihm bald der naheliegende Gedanke gekom-
men, das, was er einst für das Freisinger Bistum geleistet hatte, nun in un-
gleich größerem Maßstabe für Salzburg zu versuchen, d. h. die Fragen zu
beantworten: Welchen Umfang hat der erzbis« höfliche Territorialbesitz in
verschiedenen Zeiten gehabt? Wie ist der spätere Territorialstaat entstan-
den? — Die eigentliche Hauptsache war die Konstruktion einer diese Ver-
hältnisse veranschaulichenden Karte.
Die einschlägigen Arbeiten, welche eine ganze Reihe rem. Jahren hin-
durch fbrigesetzt wurden, kamen zum AbscUnB dnrdi eine nmfltngliche Ab-
handlung, die Richters Ruhm als Historiker für alle Zeiten fest begrflndet
hat^) Was der Yerfiisser beabsichtigte, sagt er in den fölgenden Sitten der
Einleitung: ttDnrth Neigung und Studiengang fiUbe auf dieses Gebiet Ter-
wiesen, welches gestattet, die Methoden urkundlicher Forschung auf Themen
kartographischer und geographischer Natur anzuwenden, kam er nach lang^
jfthriger Beschäftigung mit der Sache zu der Ansicht, daß nicht die An-
sammlung einer großen Menge topographischer Details, sondern die Auf-
suchung der administrativen und gerichtlichen Abgi-enzungen die Aufgabe sei,
durch deren Lösung die geschichtliche Geographie sich um die Aufhellung
unserer Vorzeit vielleicht einige Verdienste erwerben könnte. Und da diese
Abgi'enzungon sich einer außerordentlichen Beständigkeit erfieuen, so traten
als Quellen zu den Urkundensammlungen des frühen Mittelalten die Rechts-
altertümer des spiteren und die Akten der letzten Jahrhunderte hinzu. Da-
durch wurde sowohl Gestalt als Methode der Arbeit grOndlich ▼eriündert'*
In diesen Worten ist ein neues methodisdies Ph^ramm entwickelt,
1) Untersuchungen zur historischen Geographie des ehemaligen Hochaüfiefl
Salsbuig und seiner Naehbazgebiete (1 K.). Mitt d. Inst f. (ietenr. GesohichtifiDr-
schung. 1. Ei^bunmgaband. Wien 1886.
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Sdntrd Riohter.
957
dessen Vortrefflirhkf^it Richter selbst gleich an seinem Gegenstande erprobte.
Er hatte erkannt, daß für seine Zwecke die bisherigen Methoden nicht aus-
reichten; so sachte er seinen eigenen Weg. Es erhöhte dies wohl die
Sehwierigkeit der Angabe, gleichzeitig aber auch deren Beiz.
Man hat also beim Entwexfen von GeacliiflliiBkarton aassngeheo Ton den
politiieben und reohtliehen Bnielrnngan dar einsalnen Landachaften; vor
allem muß die jndisiflUe und administratiTe Einteilung, wie sie das 18. Jabr-
hnndflrt kannte, genau faslgestellt aein; die auffiülende ünTertndarliebkeit in
daa Abgrrasungen besonders der höheren Gariolit88|Hrengal ennOgUoht dann
eine Verfolgung denelben in immer fernere Zeiten zurück; aus den Land-
gerichtsgrenzen laasen sich die alten Grafschaften des 11. und 12. Jahrhnn-
derts und endlich sogar die Gaue des frühen Mittelalters mit großer Sicher-
heit ermitteln. Diese alten Abgrenzungen waren maßgebend für den Grenz-
verlauf der heutigen Staaten und für deren spätere Unterabteilungen. In
Folge dieser Behandlung des Quellenmateriales sollte und konnte die den
„Untersuchungen" beigegebene meisterhafte Karte in 1 : 200 000 folgende
Verhältnisse zum Ausdruck bringen: 1) die alte^ Gaueinteilung ; 2) die alten
Grafschaften; 3) die Einteilung des Landes in Gerichte im späteren Mittel-
alter und dar neoeran Zeit; 4) die Itetstehung dea Salafamrgsolien Tenitorial-
Diesen originellen methodischen Oealahtapunkt, die rttekaobreitende
Behandlung Ustoriaeher Grenittufe, begrOndate Bichtar nun in anaflUuüehar
Waiaa; er wies nach, daß die Landeshoheit der Salzbuigw Ertbiieböfe aieb
nur dort entwickeln konnte, wo neben der Immunität auch die höchste Ge-
richtsbarkeit, die Grafengewalt, durch Kauf, durch Besitzergreifung beim Aua-
sterben eines Grafengeschlechtes oder durch kaiserliche Belehnung an das
Er/stift gekommen war, daß die Grafschaftsrechte auf Grundlage der Land-
gerichte erworben wurden vmd daß wir in den letzteren nichts anderes zu
erblicken haben als die karolingisclien Ceuteu. Diese Grundsätze haben mit
geringen Abweichungen für das ganze Alpengebiet Geltung; dämm bilden
sie nebst der Kichterschen Karte von Salzburg die Basis, auf der em Jahr-
zehnt später ein anderer, noch grGfierer Bau begonnen wurde.
Per hiatoriBch-geographischen Arbeitsriditung gehOrt übrigena nodi eine
ganze Beihe von Au&fttzan und Yorlarftgen an, deren wichtagate anmaxkungs-
iraiBe yeneiehnet aein mOgen.^) Dem Geographen wird ala schöner landes-
1) Die Saracenen in den Alpen. Z. D. ö. A.-V. 1877. S. 221—229.
Die Funde auf dem Dflxenberg bei fiaUein. Mitt d. Oes. f. Salzb. Landeskde.
1879 XL 1880.
Lee Sammni daas la vallte de Saas. Echo des Alpes. 1880.
VerseichniB der FHmdstellen vorhistor. u. rOm. Oegenstftnde im Henoglnme
Sahburg n K.). Mitt d. Oos f. Salzl.. Landeskde. 1881.
Die Salzburgischen Traditionscodices dea X. u. XI. Jahrhunderts. Mitt d. Inat.
f. (ieieir. Oewshichtdozwh. 188S.
Zum lOOjIhr. Gedlchtnis tob Fians Thadd. Kleinmajnis Juvavia (Vortrag).
Mitt d. Gea. f Salzb Landeakde. 1885.
über einige Aufgul)eu der histor. Kartographie für dos deutsche Mittelalter
(Vortrag). Das Ausland. Iöö5.
0<«Hwi»iilsctogtltiohriit. ll.Ji]ttgMg. leoe. SwHtIt 18
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258
Georg A. Lnkai;
kundlicher Beitrag Richters Anteil an der Abhandlang „Das Land Berchtes-
gaden" am interessantesten sein'); während A. Penck die Oberflächen-
gestaltung und ihre Entstehung darlegte, war Richter die Aufgabe zugefallen,
den Zustand der Bevölkerung und dessen geschichtliche Entwickelung zu er-
örtern. Betonen ftndnd smd di« wirMiiftsgeographiMlMn VarhSltniMe
dargestellt (Laadlwa, HokmdnstriA, KnmtMliiiitMrei, WaldwirtMhaft «gw.).
Durch etwa lehn Jahre mhtea die historisoheii Btodieii Buhten nui
£ut ¥Bl]jg, da die AueOhmig dee akadenuBoheB Lehramtee eine itiriMre Be-
toanng der natorwiMenaehaftliebeB Aibeitviohtang bedingte. Doeh nooh ein»
mal trat er jenem GedankenkteiB aiher, dem die üntenaohiingeB nar histo>
rischen Geographie Salzburgs entstammten; es handelte sich um jenes grofie
Werk, dem die letzte Sorge des Schwerkranken galt, um den „HistoriBchen
Atlas der nRtfrreichischen AlpenlHnder". 1895 hatte Richter in einem
Beitrag zui- Krones-Festschrift gezeigt, wie man seinen methodischen Fund, die
rückschreitende Behandlung der Abgrenzungen, für ein größeres Gebiet, die
österreichischen Alpenprovinzen, verwerten könne.*) Da die kais. Akademie
ihn an die Spitze des von ihr geförderten Unternehmens stellte, trat er in
Wort und Schrift unermüdlich för seine Ideen ein') und organisierte eine
große 8ehar sadikaodiger IGtubeiter, eo daß dae GeUngon dae Wecket wdtl
▼erhflrgt ist. Er selbit erlebte fireilieh nidit einmal die Ausgabe der errtea
Lielkmng; dooh brachte ihm gerade der JBBstorisohe Atlai^ die stolieste
Freude seines Lebeos: er, der Natnrforseher, wurde 1900 nun koriespon*
dierenden, 1903 zun wirklichen Mitgliede der philosophisoh-historisohen
Klasse der Wiener Akademie gewählt und damit seine wissenschaftliche Be-
deatnng uid Eigenart öffentlich anerkannt^)
5. Linderknnde.
Li der alle Ergebnisse der Detailforschung verarbeitenden, künstlerisch
yoUendeten Iftnderkimdliehen Darstellung kleinerar oder grBlerer Erdrinme
liegt das erstrebenswerteste Ziel geographiseher Arbeit. Richter yetsnchte
sich bereits in den letsten Jahran seines Salsbinger AnfBnthaltes an solchen
Themen, die er allerdings, dem Zwecke der betreffenden Pablikationea an-
gemessen, Yorwiegend in mehr Tolkstflmlioher Weise behandelte. So erschien
1881 von ihm verfaßt der 5. Band des von Fr. Umlauft herausgegebenen
Sammelwerkes „Die Länder Österreich Ungarns in Wort und Bild", nämlich
„Das Herzogtum Salsburg"^). Im Zusammenhang damit schrieb er ans fest-
1) Z. D. Ö. A.-V. 1886. B. 266—298.
2) Abgedruckt im Korrespondenzbl. des Gesamtver. d. doutnchen Geschichts-
Q. Alteitumsver. XLIY (1896) und in den Mitt. d. Wiener Geogr. Ges. XXXIX U896).
8) Vortrag gehalten auf dem 4. deutMhen ffistorikertage zu Innsbrack, 11. 8ept
1896; vergl. G. Z. 1896. S. 641 und (Münchner) Allg. Ztg. Nr. 213 vom 15. Sept. 18'J6.
— Mitt. d. Inst. f. österr. Gesohichtsforst h. Erg.-Bd.V. 1896{ Ezg.-Bd.VI (Siokel-
FeitBcbzift) 1901. — Deutsche Geschichtsblätter. IX. 190S.
4) Vor kmrsem encbiMMn noch (während der Drucklegung dieses Nadirate)
swei Abhandlungen aus der Feder dee Verewigten: „Gemarkungen und Steuer-
gemeinden im Lande Salzburg"; „Tmmunit&t, Lendeshoheit and Waldsohenkongen**.
Archiv f. österr. Gesch. Bd.XCiy. 1906.
6) 126 S. Zahlr. Abb. Wien, Graeser.
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Bdnftxd Bichter.
259
liehen ÄDlftsseo zwei Aufsätze: „Geographisclier Überblick*^ (fibar 8ili-
burg)*) und „Die Erschließung der Salzburger Alpen" (geschichtliche
Sldsse)'). Von Ratzel aufgefordert lieferte Richter anfangs der 80er Jahn
zahlreiche Beiträge für das „Ausland" (besonders 1882); am bemerkenswert
tasten ist darunter die Abhandlung „Zur Geschichte des Waldes in den
Ost- Alpen^''). Schließlich versuchte er 1885 auch eine Neabearbeitang
des Abschnittes „Die Alpen" aus Daniels Handbuch.
Aus den folgenden Grazer Jahren sind zu erwähnen sein Beitrag zum
JKronprinzenwerk" (Die österr.-ungar. Monarchie in Wort und Bild), das
Sftlsburger Flachland imd d«l Potigau b«tareffend (1889), sodann der
Avftatx f,^n9 Norwegen"^), eine wahre Perle der ISadevkimdlidieii LUerator.
So batte er den allgemeineii WmiBeb naeh einem größeren wisBeoBÖhaft-
liohen Werk» dieser Art erweckt und fühlte nch selbst wohl hiersu einiger-
maßen berufen; doch war bisher immer noch der eine oder andere Zweig
spesieller Forscbiing einem solchen üntemehmen hinderlich gewesen.
Seit 1895 hatten die Schülerreisen der Grazer Geographen mit Vorliebe
den Karst aufgesucht als eines der dankbai-sten und lehrreichäten erdkund-
liehen Objekte; hierbei wurde Richters Aufmerksamkeit auf die Karstländer
flberhaupt gelenkt, deren wirtschaftliche Verhältnisse er in einer gehaltvollen
Studie beleuchtete.^) Er wies in dieser Schrift, die zum erstenmal mit
eigenen photop-aphischen Aufnahmen ausgestattet wurde, u. a. nach, daß
Tor allem die Kleiuviehbaituug an der Waldlosigkeit des Karstes Schuld
trägt.
Bald aber leifle in ihm der Plan, Bosnien nnd die Hersego wina
mm Gegenstand einer nm&ssenden Underkundlidien Darstdlnng zu maohoL
Die an sieh hOehst merkwilrdige Nator des Landes, die eigentOmlidhen, vr-
wllehaigen Zvsflnde der BevOlkerong, der Oegensats swischen Orient nnd
abendllndisoher Knltnr nahmen sein Interesse ganx gefimgen. Er gedadite
mit diesem Werke auch auf l&nderkundlichem Gebiete eine mustflCglUige
Leistung zn vollbringen. Drei ausgedehnte Reisen (1897, 1899, 1901)
lehrten ihn das Land genau kennen — er lernte eigens zu diesem Zwecke
noch reiten — , das bosnisch -herzegowinische Ministerium förderte seine Pläne
in tatkräftiger Weise, doch reichte Richters physische Kraft zur Beendigtmg
drs Buches nicht mehr aus. Immerhin >vird auch die bevorstehende Publi-
kation des Torsos eine überaus wertvolle Bereicherung der Fachliteratur
bilden.
6. Schnlgeographie.
Dem erdkundlichen Unterricht an Oj-innasium und Realschule war
Richter bereits in dem oben gcwüidigten Autbatze „Die historische Geographie
als Uuterrichtsgegenstand'* näher getreten. Hier ist vor allem der abschließcu-
1) FesUchrift d. 54. Vers, deutscher Naturf. u. Ärzte in Balsbnxg 1881.
2) Festschrift zum alpinen Kongreß in Salzburg 1882.
3) Das Ausland. 1882. S. 186—190, 208—211.
4) Z. D. ö. A.-y. 1896.
5) Die Kanitländer nnd ihre Wirtschaft (10 Abb.). Himmel and Erde 1896 (ab-
gedr. in: Z. f. Scbulgeogr. 1899).
18*
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260
Georg A. LuIcm:
den und yorbildlicben Leistung zu gedenken , zu der ihn seine mebr als
14j&farige Tätigkeit im Gymnasiallehramte bewog. Die reichen Erfahrungen,
die er von da mitgenommen und stets bewahrt hatte, sicherten den Erfolg
(lor Arbeit: seines Lehrbuches der Oeo^^raphie*), das gegenwärtig an
mehr als zwei Dritteln rlor österreichischen ^fittelscbulen eingeführt ist und
die siebeute Auflage erreicht hat; 18'.»7 wurde ihm auch ein Schulatlas
beigegeben. Die erste Niederschrift war ohne jedes literarische Hilfsmittel
2U Papier gebracht worden und kam durch die schlichte, einfache und klare
Sprache dem kindlichen Verständnis so nahe, als es ohne Schaden fiir den
Gegenstand überhaupt gesdieheii luMuntei Sterin liegt wohl das GeheuBidt der
raschen Verbreitung des Badies. DaB dasselbe trotidem manchem Tadel
mehr oder woiiger berofener Kritiker ausgesetst war, konnte bei dem prin>
zipiell ablehnenden Standpunkte einiger Fachmänner in der Ldirbnchfirage
nicht yerwundem; wie Bachter selbst in dieser Angelegenheit gesinnt war,
geht am deutlichsten aus dem Begleitwort henror, welches er d«r fünften
Auflage seines Lehrbuches mit auf den Weg gab.^
Darin erklärt er die vielfach so warm empfohlene und sicherlich be-
rechtigte „Anknüpfung an die Heimat" als eine Aufgabe der Lehrmethode,
nicht des Lehrbuches. „Es wird sich darum handeln, für den (allgemeinen)
Stoif des Lehrbuches Beispiele und Anknüpfung in der Natur zu suchen",
in jener Natur, versteht sich, wie sie in der unmittelbaren Umgel)ung des
Schulortes zu Üuden ist. Freilich ist es auch hierzu erforderlich, den
Schfllem der untersten Stufe das Verständnis ihrer Heimat erst zu erschließen,
denn man kann in dieser Besiehung kaum wenig genug TOraussetian; gewiB
wird jeder Lehrer an eigene Erlelmisse erinnert, wenn er hSrt, daß Biohter
am Sakbuiger Gymnasium alljfthriidi snm Schulbeginn unter den neu ein-
getretenen Schtklem der eisten Elasae nur wenige traf, die den Gaisberg und
Untenberg kannten.
Wenngleich manche Hilfsmittel den Unterricht noch untersttttaen k5n*
nen, so wird die Hauptsache doch der Lehrer selbst leisten müssen; das
Lehrbuch vermag diese Anknüpfung an die Heimat nur durch SMue An-
ordnung zu erleichtern.
Man wirft den Verfassoiii ^i-orrraphisi hfr Schulbiicher auch vor, daß sie
der „h r u r 1 s t i sc h e n" Mcthod»- zu wenig gf recht werden. Da besteht eben
jene gruiulNÜtzliuhc Versrhicdenhcit in der Auffassung, die Richter mit den
folgenden tretf liehen Worten kennzeichnet: „liisher glaubte mau, das Lehr-
buch solle nur das positive Ergebnis des Unterrichts in einer präzisen, Miß-
yerstftndnisse auaschließenden Weise darbieten, gewissennaBen das Sediment
der Lehrstnnde sein; jetst Tcrlangt man, daB es den Untemchtqwoaeß selbst
abbilde.** Gegen diese neue Richtung, wie sie von A. Beckers und J. Majore
,Jiembuch der Erdkunde" (Wien 1901) erOi&et wurde, lafit sich jedoch gar
manches einwenden. Es wird auch hier die geforderte TSUige Auflösung des
Stoffes in F^gen nicht dundigefiBhrt, weil dies offenbar nicht mSglioh ist
1} Lebrbneh der Geographie fibr die I., H. und nt. Klseae der Mitlelschnlen
(Gymnasien uuil Realschulen). 19 K. u. 82 Abb. Wien u. Prag, F. Tempsl^ 18t9.
i) Das Lehrbuch im Geographie -Unterricht Wien n. Prag, ebda. 190S.
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Bduftrd Bichter.
261
Die Keuanmg liegt bsuptiadilieli darin, dafi didakUsdie Anweismig fllr
den Lelmr in das Lernbach filr die Schiller hineingeecholKni itt" ein Sz-
pMunent, das si« h erst bewähren muß, bevor man M nur lUchtBchnnr fOr
den geographischen Unterricht machen darf.
Bichter schließt seine überzeugenden Darlegungen mit dem Hinweis auf
die Tatsache, daß die Geographie durch ihre wissenschaftliclien Fortschritte
für den Unterrieht brauchbarer fjeworden ist, was man nicht von jedem
Fache behaupten kann. „Die Erdräume mit ihrer Naturausstattung, Lage
und (ieschichte als geographische Einheiten und Individualitilt^^n zu begreifen
und als solche darzustellen, ist die Hauptaufgabe der Geographie geworden,
eine Aufgabe, die sich als ungemein dankbar und als eine wahre Er-
leichtenmg des üntenichts heraiusfceUt» wenn ihr der Lelurer gewachsen ist**
Daraus ergibt sieh aber die nnabweisliche Fordemng, der Exdkonde in die
oberen Klassen der iSymnasien und Obemalschnlen EinlaB su gewSbren, was
dnrdi geringe Yersehiebimgen innerhalb der bestehenden Lebrplftne erreichbar
wire. Man müßte nur bedenken, daß die jugendlichen Schüler meist mit
einem frischen Gedächtnis für Namen, Zahlen und Formen begabt sind, da-
gegen vorgeschrittenen Überlegungen, wie z. B. dem Evolutionsgedanken,
ziemlich verständnislos gegenüberstehen. „Würde die erste Klasse an mathe-
matischer und physikalischer Geographie entlastet, so könnte man auf die
Aneignung von Formen und Namen das Hauptgewicht legen und so mit-
einer geographischen Fonnetilelire für spätere Stufen in ähnlicher Weise den
Grund legen, wie man im Sprachunterrichte durch gedächtnismäüige Aneignung
der Formenlehre in den untersten Klassen den Grund legt tür eine weitere
Ausbildung.** Dann könnte die Geographie, welche Bichter ,,ein wahrhaft au-
sammenfisssendes, ein begreifliches, einleachtendes, ganz allgemein bildendes
Fadi" nennt, „wirUich jene Bolle einer absehliefimden Znsammenfossung für
eine ganse Gruppe Ton Erkenntnissen übernehmen, die ihr der Organisations-
Bntwoif Ar die östeneichiBdien Gymnasien vom Jahre 1849 TerfrOht ange-
wiesen hatte**.
Sind diese beherzigenswerten Worte anch in erster Linie mit Rilcksicht
anf Osterreich ische Vttrhftltnisse geschrieben, so dürfen sie doch gewiß all-
gemeinere Geltung beanspmchen. Jedenfalls muß der Tätifjkeit des Schul-
mannes Richter verdiente Beachtung geschenkt werden, wenn nicht ein
charakteristischer Zusr in dem LebensbiM*' <!es Gelehrten t'elilen soll. Er, der
langjährige Vertrautheit mit den Bedürtnissen des Schulbetriebes und den
weiten Blick, das tiefe Wissen des Forschers zu verbinden in der Lage war,
der an Gymnasium und Universität als Lehrer beneidenswerte Erfolge er-
sielte, er darf woU erwarten, daß auch in d«a nidit immer «rfrenliehen
Streite gegensitalieher Meinimgen seine ernste Stimme gehört worde.
7. Alpinistik.
Bichters wissenschaftliche Lebensarbeit ist zwar in dem >raße mit der
Alpen weit verknüpft, daß in diesem Zusammenhange eigentlich fast alle
literanschen Eraeugnisse seiner Feder aufgeführt werden müßten; doch soll
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262
Georg A. Lnkai:
liier nur von jenen mehr populären Schriften die Bede eeiii| die didi keiner
bereite besprochenen Arbeitsrichtung einreihen lieBen.
In der Alpenvereins -Zeitschrift war Richters Name zuerst 1872 auf-
getaucht; er hatte damals eine Beschreibung der in Begleitung Joh. Stüdls
unternommenen Wanderungen in der Venedigergruppe geliefert. \) Dar-
gestellt waren hier in touristischer Weise die Besteigung des Groß -Venedigers
vom Gscliloß aus, die erste Bezwinirung der Schlieferspitze; femer Mitteilungen
über die bei Gelegenheit des Aufenthalts in PrUgraten erhielte Ordnung des
Fflhrerwesens daselbst; die letzten Abedmitte sind dem Umbaltal und der
Drnherrenspitze, der Dabor- und BOdtqpitie und endlich der nemlieh hals-
breeheriMhen Beiteigang des Hoehgall gewidmet, dessen Ansaidit Bidhter
eine der sobOnsten im ganzen AlpengeUet nennt
In demselben Bande der „Zeiiisdirift^ ersobien anob eine Sehilderang der
Beeteigung des Roth- und Birnborns bei Frohnwies.*)
In den Jahren 1887 >)is 1890 gab Richter wiederholt wertvolle kritische
Übersichten über die alpine Literatur, welche in den Mitteilungen der k. k.
Geogr. Gesellschaft zu Wien (1887) und in der Zeitschrift des Alpenvereins
(1889 und 1890) erschienen und durch ihre geistvollen Ausföbmngen "neAr
fach über den Kähmen gewöhnlicher Referate hinausreichen.
Seine engen Beziehungen zum Deutschen und österreichischen Alpen-
verein und das Ansehen, welches er bei allen Vereinsmitgliedern geuoli, be-
riefen ihn bald darauf an die Spitze eines großen Unternehmens, das zu
seiner Volksttünlichkeit vielleiobt am meisten beitrug, wenn er selbst auch
seiner Leistong wissensdiaftliebe Bedeutung abspraeh. Die Anregung zu
diesem Werke, der „Erschließung der Ostalpen***) war Ton Aug. v. BObm
ansgegangen, der 1884 in der Sektton JLnstria** den Antrag stellte, für die
Ostalpen eine Bhnliidie PuUikation ins Leben n roftn, wie sie die Schweis
in dem Buche Studers „Über Eis und Schnee** schon besaß. Bald erkannte
man aber, duÜ die Kräfte einer Sektion hierstt nieht ansreiehten, und suchte
daher den Gesamtverein dafür zu gewinnen. Dies geschah, aber trotzdem
kam die Sache niclit in Fluß, da man keine Persönlichkeit zu finden ver-
mochte, welche zur Leitung des groß angelegten Unternehmens bereit ge-
wesen wäre. Da etitsebloß sich im März 1889 Prof. Richter, das mühevolle
Amt eines Redakteurs auf sich zu nehmen, und damit war das Gelingen des
Werkes außer Frage. Ein Jalir darauf wurde den 21 Mitarbeitern der Plan
bekannt gegeben, an den äie sich bei Abfassung ihrer Abschnitte zu halten
hatten; im Dezember 1891 erfolgte die Ausgabe der Subskriptions -Einladungen
und nach kurzer Zeit erschien die erste Lieferang. 1894 war das glänzend
ausgestattete Werk abgeschlossen.
Seine Bedeutung ist sunBdhst in den sahlreiohen Angaben und Be-
richten über Erstlingsbesteignngen ans Slterer Zeit m suchen; als Quellea
1) Z. 1). ö. A -V m. Bd. S. 275-316. 2) a. a. 0. S. 107.
8) 8 Bände mit 61 Licht- und Crayundruckeu, Heliogravüren und Autotypien,
6 Karten, 8 Panoramen nnd 184 Abbildungen im Text, darunter 88 YollbildenL
Berlin 1892 — 4. Verlag des D. 0. A.-y. In Kommission der J. Lindanec'idieB
Buchhandlung in München.
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Eduard Kichter.
263
dienten die mfindUohe Überlieferang der betreffenden Bergsteiger oder ihrer
Zeil|{enoMeii, die alten I^mden- oder FOhniiblldMr und AnflBltBe in aeltenen
Sdiriften, so daß dieset wert?oUe, grOBtenteils leicht Teigingliohe Material
nun für immer gesichert war. Stets geht die Bearbeitung auf diese zuver-
lässigen Quellen zorflok und versteht es, mit kritischem Scharfblick manchen
Widerspruch zu lösen, manches Dunkel zu erhellen. Wegen der Vollständig-
keit und Ausführlichkeit in der Darstellung der Anstiegsrouten kann die „Er-
schließung^* auch als der verl&ßiiohste hoohalpine Führer großzfigigster An-
lage für die Ostalpen gelten.
Richters Verdienst liegt nun nicht sowohl in seiner eignen Mitarbeit,
deren gleich zu gedenken sein wird, sondern vor allem iu der umsichtigen
und IconciUanten Führung der Bedaktionsgeschftfte. Er verstand es, ohne die
Individnalitit der einzelnen Autoren zu nnterdrflcken , doch den vielköpfigen
Organismus mit einem einheitlichen Geiste zu erfUlen, mit seinem Geiste,
80 daS die Vorzüge seiner eigenei) Darstelhmgsweise, fibersichtlidie Gliederung,
klare und schOne Sprache dem ganzen Werke eigen sind. Wenn es trotz-
dem nicht ohne persönliche Eifersüchteleien und VerdrieBlichkeiten abging,
so lag die Schiild an der böswilligen MiBgonst gewisser Kreise; ja es gelang
diesen sogar, Bichter die Erinnerung an das wohlgelnngene Werk, dem
der Alpenverein auch einen bedeutenden materiellen Gewinn zu danken hatte,
daut^rnd zu verleiden. Um SO mehr muß seinen Verdiensten gebührende An-
erkennung gezollt werden.
Die von Richter selbst geschriebenen Abschnitte sind die Einleitung
zum I. und die Hohen Tauern im III. Band*). Von den Tauem behandelte
er die Venediger-, L&ndeck- (Granatkogel-) und Glockner- Gruppe; einen
Glanzpunkt bildet hier nameotUdi die Ersteigungsgesehidita des m^est&tischen
OroBgiockners. Als ein ganz besonderes Meisterstflok muB jedoch jene Ein-
leitung zum Gesamtwerk bezeichnet werden; in unübertrefflicher Weise wird
hier mit kriftigen Strichen der Entwicklungsgang skizziert, „wie unser Alpen-
anteil innerhalb weniger Ifensehenalter ans einem der unbekanntesten Teile
Envopas einer der bekanntesten und meist bereisten geworden ist^'. Aber
wertvoller noch ist die meisterhafte Charakteristik, die dem Wesen und den
Beweggründen des Alpinismus zuteil wird, dem noch vor wenigen Jahr-
zehnten wie den Forschungsreisen der Rfiz vrilHger Neuheit anhaftete. Die
Triebfedern zu kühnen Taten dürfen nicht außer acht gelassen werden, denn
„so wenig man das Wesen der Musik ersch«")pft, wenn man die Gesetze der
Akustik ergründet, so wenig bringt das schlietJlit iio wissenschaftliche Resultat
das zum Ausdruck, was die Entdeckimgsfahrt für den gewesen ist, der sie
unternommen hafS Bichter fand später Gelegenheit, diese Gedanken in
eigenen Publikationen ansfEUirlicber zu erörtern; auf sie, die ihre Würdigung
weiter unten finden, mag deshalb hier rerwiesen sein; nur das Schlußwort
der ,JEinleitung" soll als der Mahnruf eines begeisterten Alpenfireundes nicht
unterdrtUdrt werden: „MOge das nachfolgende Werk — schreibt der Ver-
hat&r — zur rechten Zeit kommen, um die Erinnerung an die friedlichen
1) L Baad. S. 1—19. m. Baad. 8. 180— ttS.
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264
Geoig A. Lukas:
Erobenuigen festznhalten, die nnsern Vätern und ans hier gelungen sind;
mögen auch den nachlebenden Generationen, denen fllr neue Taten nicht mehr
so viel Raum bleibt, als die alten hatten, doch niemals die Freude erlöschen
an dem unschätzbaren KU>inod, das uns ein gütiges Geschick besohieden hmX,
an unsern herrlichen Alpen."
Als Nachtrag zur .,Erschließung" schrieb Richter 1894 zum 26 jährigen
Jubiläum des Alpenvereins einen vortrefflichen Aufsatz über »Die wissen-
sehaftliche Erforsohnng der Ostalpen**^), eine Arimt, die er in Ideine-
rem MaBstabe für die Festsdirift der k. k. geogr. GeseUeohaft in Wien 1898
wiedezholte.*)
8. Zur Ä.8thetik der Hstvrftuffessnng.
Es wurde schon gelegentlich der Dai-stellung seiner Jugendjahre hei*vor-
gehoben, daß Ricliter die Natur nicht bloß mit dem Auge des Forschers,
sondern ebenso mit dem des Künstlers zu betrachten pflegte. Sein ästheti-
tchei Empfinden der Lendsdiaft gegenflber enthlkUt sieh ims in einigen
nebenbei entitandenen AufafttMO, deren erster bereits 1885 erschien.*) Er enl-
hllt eine Beantwortung der Frage: „Sind die Alpen das schOnste Gebirge
der Erde?** Wird von schSnen Landschaften gesprochen, so mdnt man in
erster Ldnie stets gebirgige oder wenigstens unebene: „da gibt es in ver-
schiedenen Tönen abgestufte Femen, Vorder- und Hintergrund trennen sich;
einzelne Bergkörper stellen sich als durch Licht und Schatten gegliederte
und belebte Objekte dar, die Abnahme der Wärme nach oben bedingt ver-
schieden gefllrbte Vegetationsstiifen und setzt endlich auf die Häupter des
Gebirges das beherrschende Licht der Schnee- und Eisbedeckung.'' Können
nun die Alpen gegenüber anderen Hochgebirgen der Erde bestehen?
Der ffimslaya ist unaweifiBlhaft groBartiger im kfihnen Anfbau seiner
nnbeswinglichen Gii^ in seinen wilden, tief eingerissenen Sdilnchttilem, in
seiner mlehtigen Simttberlagemng; doch gilt dies vorwiegend nnr von sraier
Südseite. Durch mBehtige Vergletscherung setzen auch die neuseel&ndischen
Alpen in Erstaunen, während sich der Kaukasus alpinen Verhältnissen mehr
nähert. Die Anden aber zeigen in ihren durch große Trockenheit verursach-
ten breiten Zonen des reinen Felsengebirges prächtige Furbenkontraste als
Ersatz für Vegetationsgürtel und Schueeregion; dazu kommt noch eine macht-
volle Entfaltung des vulkanischen Phänomens.
Wenn trotzdem den bescheideneren Alpen der Schönheitspreiü zuerkannt
wird, so liegt der Grond hierfftr offenbar nicht allein in der Groiartig-
keit ihres Anfbanes und ihrer EisstrOme, sondern hanptsBchUidi in dem
Gegensats, ,4n welchem diese ernsten, drohenden Gestalten nnd Farben sa
den sanften Linien und Tönen eines mit Vegetation erfüllten, dureh Seen
und menschliche Ansiedelnngen belebten Vordergrundes stehen". Weil die
Alpen mit ihrem Formenreichtum, ihrem günstigen Klima, ihrem reichen
Kulturboden mitten in das dicht bevölkerte, zivilisierte Europa hineingestellt
1) z. D. 0. A.-y. im.
2) Die Pflege der Erdknnde in öateneioh 1848—1996. Hrsg. von F. Umhraft.
8) Mitt D. ö. A.-y. 1886. S. 1— S.
Eduaxd Kiehter.
265
sind, rfidceii die Qtgemäia» §o nahe an einander und sidieni eine malerisehe
ÜbeHeginheit Uber die Öden, menaehen- und viel&eh auch pAanienleeren
Gebirgsländer anderer Kontinente. ^JHe Kombination der starren Formen
der Hochgebii^welt mit der sanften Schönheit des Kulturlandes und der
hierdurch liervorgcbrachte packende Kontrast, die wilden Felsstürme und
scharfen Eisgrate, die sich über mächtigen Fichten in einem friedlichen See
spiegeln, sattig grüne Matten mit niedlichen HUusem und Kirchen und
malerischen Baumgruppen, auf welche Gletscherabstürze und uiiersteigliche
Felswftnde herabsehen: daä ist die Spezialität der Alpen, in der sie uu-
besiegt und nnbesie^ioli sind.**
Breiter angelegt ift ein Auftata aus dem Jahre 1897 Uber «Das Wohl-
gefallen an der Schönheit der Landsehaft**.') Es werden beilinfig
folgende Gedanken ausgefnhrt: Wihrend man firOher fai.u|^leh]ioh, wenn
nicht ausschließlich, sein Bedürfnis geistiger Erhebung und Erquickong durch
die bildenden und schaffenden Künste deckte, haben diese im letzten Jahr-
hundert am Genuß landschaftlicher Schönheit einen gefährlichen Konkurrenten
erhalten. Es hfyidelt sich bei Kunst und Natur um identische Wirkungen:
„Der Anblick besonders schüucr Landschaften oder Naturschauspiele ruft
genau dieselbe Art von Wohlgefallen, von Erregung und Entzückung des
Gemtttee henror wie der Gennfi henrorragender Kunstwerke Wie die
Tonmassen eines ToUbesetiten OrelMsters dringen die Gesichtseindracke (in
einer sdhOnen Landsehaft) heran, der Fluß der Linien, die Kontraste und
Überginge der Farben wirken wie die Themen, die einander fidgen und ent*
weder schmeichelnd und wohlgefällig oder drOhnend und erschütternd die
Seele ergreifen und widerstandslos in die Stimmung hineinziehen, die aus
ihnen spricht." Die Obertiächenformen der Erde können also zweifellos in
hohem Gradp unser ästhetisches Empfinden ansprechen; es bedarf dazu keines-
wegs angenehmer Nel)enunistände wie wohltätiger Miibe, schönen Wetters usw.;
oft gfnug muß vielmehr der Xaturgcnnß durch große Anstrengung und Müh-
sal erkauft werden, ohne daß sich uuser ästhetisches Werturteil änderte.
Nator und KnnstgenuB sind einander andi darin ihnlieh, daft beide ihre
Wirkungen su stngem soeben; wie die Kflnste sieh mit immer reidieren
Ansdmeksmitteln an stets gröBer werdende Aufgaben heranwagen, „so ist
auch in der Sebltaung der Katursehönheiten eine Entwiddnng vom Ein-
fiudMO, Schlichten, Idyllischen zum Großartigen, Wilden, Heroischen zu Ter>
folgen". Es ist noch nicht lange her, daß man die FelstÜrme und Eisstrttme
des Hochgebirges schöner findet als flache, wohlangebaute Gegenden.
Der letzte Grund des Wohl<:ofallens am Schiinen in der Kunst wie in
der Natur ist ein physiologischer und uns verscblfifTt ; eine auffallende Tat-
sache muß es aber genannt werden, daß jeder normale und gesunde tierische
oder pÜanzliche Organismus auf unser ästhetisches Empfinden anziehend
wirkt, als unbedingt sckdn gilt^ wihrend Yerkflmmemng und Eingriff in die
Natllrlidikeit als unlsüietisch uns abetOAi Bemerkenswert ist es auch, daA
1) Cosmopolis. VIL Bd., S. 22d — 246.
Einen Anesng dieses Auftaties enttialten die HitleilungeD des D. 0. A.-y.
IftM. 8. MS.
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266
G«org A. Lukas:
•Ue oiguiisolieii Wesoi die Tendeni logMi, lidi dinuftoU«, «uien gvwinm
SehnmiA aeh«n ni lassen, oder wenigstens — falls rein ornamentale Zugaben
fehlen — offenbart die ausdrückliche Hervorhebung der den einzelnen Glied-
maßen innewohnenden Funktion ein deutliches Zierbestreben. Die Erhaben-
heit über den gemeinen Nutzzweck kann auoh durch ein gewisses Übermaß
in der Betonung diT Puuktion verstärkt werden: „die Beine des Rehes sind
übcrschlank und werden mehr als nötig ist gehoben." Ein „omamentaler**
Überschuß an Kraft oder Kiastüutät ist u. a. dem Stiemacken oder dem Gang
des Tigers eigen.
Li den organisehen Beiolien sind also alle Bildungen in Folge tkrer ans-
ge^rodiaien Geseta* und ZweckmifiigiEeit, die in „mrnameoialsi^ Weiaa berrvMv
gehoben weiden kann, nnsem Sinnen woblgeftUig; aUes, was die Natur achalllt
bat Stil, Abrundung, EinheiÜidücsit.
Durch dieselben Gesetze nnn ist auch unsere Begeisterung für das land-
schaftlich Schöne bedingt; man empfindet aus der Landschaft stets das Moti-
vierte und ( Jt'Sf'tzmaßige heraus, ohne sieb um Yorgllnge und Gesetze ira
einzelnen küiumern zu müssen. „Hier die Steilküste: wir sehen die Schichten
eines Gesteines, das einst aut dem Meeresgründe abgelagert worden ist; eine
Bewegung der Erdkruste hat einen Teil davon emporgehoben; die Bruch-
mcbe bildel eine Felswand; der andere Teil sit unter den Heemsspiegel ab-
gesonkeo. Jetet rollen die langen Wellen der blauen Saliliat heran, der
Wind treibt sie in einer bestinimten Biehtnng, er selbst ein Glied in dem
großen Tkiebweik der atmosphlrischen ZiikaUtion. Wo sieb die Welle
llberschlagen wird, das ist genau und leieht m berechnen; jetzt donnert die
Brandung nnd wäscht Gruben und Löcher von genau bekannten und bestimm-
ten Formen aus. Die überhängenden Klippen stürzen herab, und zwischen
ihnen gurgelt die Brandung — wie sie muß. Und darüber eine Pflanzenwelt
au der Felswand, wie sie dem Klima entspricht Alles ist Gesetz und Zwang,
nirgends eine W illkür."
Auch die unbelebte Natur hat Stil, Einheitlichkeit und Ausdruck und
wirkt ebendadureh an und Ar sidi wohlgefällig — wie die Oinanisnien.
Nur ist das GeAbl dafOr bei der KompUBertheit des Landaehaftsbildea nicht
so naheliegend und so allgemein; es ging damit nicht anders als mit der
kflnsÜerisehen Wiedergabe des menschlichen Körpers, die eine lange Geschichte
hat, weil sie dem Maler und Bildhauer ähnlich schwierige Probleme stellte
wie die Landschaft. Das 1!>. Jahrhundert hat die Landschaftsmalerei erst
auf eine hohe Stufe gebracht, vornehmlieh durch die Einwirkung der Photo-
graphie; diese ermöglicht es, das in der Erinnerung fast immer verzerrte Oe-
dächtnisbild jederzeit zu korrigieren. Die spitzigen Vulkankegel Älterer Reise-
werke sind heute nicht mehr zu ünden.
Die Gruppe Ton Qegenstftnden, die gefollen soll, muß ferner so ange>
ordnet sein, „daß man sie in ihrer Form und Gestalt dentlieh flberblicken
und auflhssen kann**. Auoh die natSrliehe Landschaft muß nbildmißig**
sein, eine Forderang, die nicht allmhlnfig befriedigt wird, meist nur von
einxelnen deshalb berfihmten Punkten aus und su gewissen Jahres- und
Tagesseiten. Morgen- oder Abendstunden im Sommer, wenn die Sohnee-
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
Eduard Richter.
267
iHtdix^iny wirkMiu beschrlukt ist und bnito Schatten alles gliedern und
TewtHiidHdi maehep, bringen da die rricluten Oenflaaa.
Bin weiterer wichtiger ümitand ist die rhythmische Wiederholung
gawiaser verständlicher Formen; wie z. B. in Architektor und Musik^ so wirkt
dies auch in der Landschaft wohlgefällig. Einen streng eingehaltenen Stil
haben selbst die scheinbar willkürlichsten Bergformen der südlichen Kalkalpen.
„Wie die Krabben und Spitzbögen und Pfeiler und Fialen an einem gotischen
Dome, so stehen immer dieselben Wandstufen und Türme und Bastionen
neben einander, wie jene, keine der andern ganz gleich, aber alle von der-
seUmi oiuma] angwiommnMii QrOflsncvdnnng in riiythmiMlier Almeduliing
unter rioh Ihnlich und dnrdiaiu stügvrecbt Die gleidimifljge Sdiiditang,
dar gleiehe H^desstaad gegoi die Verwittenuig, die regelmlffige Anordnung
der Wasser- und Steinschlagrinnen, Schuttkegel usw. pi^en bei aller angeb-
lichen Willkür und Freiheit in der Anordnung dem Garnen einen einheit-
lidien Charakter auf.**
Endlich wird die Schönheit der Landschaft befördert durch gefällige
Farben und Farbenkombinationen, durch eine gewisse räumliche Größe des
Gegenstandes, ohne welche die Empfindung der Erhabenheit und Majestät
nicht hervorgerufen werden kann, und durch Kontraste in Farbe und
LinienflpB.
Behandelte Bidifter in dieser gehaltvollen Studie die Landschaft im all-
gemeinen, to suchte er in dnem spiteren Vortrage an eiprflnden, was die
eigentlichen Triebfedern der Bergsteigerei seien, einer Bewegung, die
trotz der damit verbundenen Gefahren noch immer an Umfang gewinnt.^)
Die moderne alpine Literatur gibt auf diese Frage keine verläßliche Auskunft;
fiberkommene Redensarten werden da immer wieder gebraucht an Stelle
eigner echter Empfindung, über die sich allerdings die wenigsten Menschen
heutzutage Rechenschaft ablegen. Wenn Norman -Neruda meint, wir steigen
deshalb, „weil es uns freut", so sagt er damit, daß es weder der Gesundheit
noch der Wissenschaft wegen geschehe; aber auch die Aussicht kann nicht
der flinaige Zweck des Bezgsteigeos sein, sonst wtre es ja sinedsi, ob man
hinaufgeht oder -fUixt.
Selhstbeobaohtnng lehrt uns, dafi der erste Eindruck des Hochgebirges
den Reiz der neuen, fremdartigen Erscheinung birgt; hierin liegt
vielleicht der erste Antrieb sur Überwindung selbst drohender Gefahren nicht
bloß für den Alpen wandcrer, sondern auch für den Entdeckungsreisenden,
dessen Erkenntnistrieb und wissenschaftlicher Ehrgeiz durch die Lust am
Neuen und Abenteuerlichen gefördert wird. Dazu gehört auch der mit vielen
Bergbesteigungen verbundene leichte Rückfall in das „wilde Leben des Natur-
menschen', der freilich durch die Tätigkeit der alpinen Vereine allmählich
serstOrt wird.
Li sweiter Linie ist dann die Lust an der Überwindung von ICflhe
und Gefahr sn nennen, in welcher Hinsicht das Beigsteigen ab ein Sport
1) Über die Triebfedern der BeKgsteigexei. Tottcag beim IL Stiftungsfest der
akad. Sektion Gras des D. 0. A..7. Miti A..y. 1908. 8. 68— M.
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268
Georg A. Lukai:
beseichnet werden rnufi. Uns teirt die Betitagnng toh Kraft und Eonst^
die dnreh den WetÜbewevl» mit nndeni gemenen wird. „Der Beu liegt ameh
liier Tie! mehr in der Arbeit als in der Erreidrang dee Zieles", womit sich
>. B. die Frage erledigt, weshalb man einen Berg von einer schwierigen Seite
erWimrat, wenn anderswo ein leichterer Weg hinaufführt. Man sollte dies
mindestens ebenso weni^ töricht finden, wie wenn sich „die Menschen an
einer Schachpartie das (iehim zermartern". Wie das erlegte Wild nicht der
eigentliche Lohn der Jagd ist, so tritt auch die Aussicht gegenül»er der
Schwierigkeit der Besteigung als Nebensache zurück. Natürlich kann bei
der thmm Terschiedenen LMstungsfähigkeit der Mensehen nur der sobjdriite
Wert ihrer Tat maBgebend sein. Deshalb muB aber anch jeder wissm, wi»
teuer er sdn Vergnügen m sahlen bereit ist, ob er der Gefiihr, in die er
sieh begibt, gewachsen set Solohe Leute' verdienen die Beseichnmig „ohcrakter-
ToU**, die Mut, Selbstverleugnung und OpferfShigkeit besitzen; es liegt also
ein noch dunkies ethisches Moment im Bei^gsteigen, durch welches alle»
Bekordwesen ausgeschlossen erscheint,
üoch der schönste Lohn des Alpinismus, worin ihm höchst^^ns die Jagd
nahekommt, ist der Genuß der Schönheit des Gebirges; darin haben wir
die dritte und stärkste Triebfeder der Bergsteigerei zu erblicken. Das Wesen
dieses Wohlgefallens an dem landschaftlich Schönen wurde eben dargetan-,
unter den Alpenfirennden dfirfte wohl kemer sn finden sein, der hiergegen
ganz stumpf wSreu Dies sind selbst die Bei^gfUizer nichl
Seine eigne Ansicht Aber das Bergsteigen faßt lUehter in fblgenden
treffliehen Worten zusammen: „Der Bergsteiger ringt um sein Ziel mit An-
strengung, vielleicht mit Gefahr; er fitent sich seiner Kraft und Grewandtheii
So weit ist sein Tun mit dem Treiben anderer Sporte zu vergleichen. Aber
er findet außerdem einen Lohn, der diesen nicht (»der nur in viel geringerem
Orade beschieden ist: den Genuß der aller.schönsteu und erhabensten Natur.
Das erhebt den .Mpinisnnis in einen höheren Kang, es verleiht ihm einen
Kulturwert ganz besonderer Art. Wir wissen nicht, ob der ästhetische Ge-
nuß den Menschen bessert; aber niemand ist im Zweifel, dafi er unter die
edelsten und würdigsten Bet&tignngen des Mensdientums gehfirt und ansage
bar beglüokt."
9. Zur Methodik und Philosophie.
Jeder Forscher, der sein ganzes Leben in den Dienst einer W^issenschaft
gestellt hat, wird einmal das Bedürfnis empfinden, den Rück von der ge-
lehrten Kleinarbeit zu erheben und auf die gr ißen Zusammenhünge zu lenke«,
welche sein Fach mit den übrigen Wissensgebieten verbinden. Nur so wird
ihm die Art des eignen SchaÜens deutlich, und so wird er sich über deu
Wert seiner Arbeit fUr das Erkennen der Weltrtttsel Rechenschaft ablegen
können.
Es erdbr^^ audi in dieser Darstellung der Foisdiatttiglceit E. Bichttt»
der Nachweis, welche Anfbssung er von seiner Wissenschaft und deiwi
Stellang sich gebildet hatte.
Ein Problem, welchem er seit Beginn seiner Qelehrtenlanf bahn manche
kju^ jd by Google
Eduard Biehtor.
^9
Stunde der Überlegung widmete, war das Verhältnis der historischen und
der naturwisscnscbattlichen Forschungpn und KLimtnissc zu einander. Wird
ein Geograph überhaupt durch den wtiteivn T'mtatig seines Faches zu der-
artigen Gedanken angeregt, so durfte es sich Richter, der geschulte Historiker
und erprobte Naturforscher, wohl getrauen, hier ein maßgebendes Wort zu
sprechen und dttnii sogleich Stti» Aiiddit llbor das so yidlimistritieiM Wesen
der Erdknnde sa ftnfiwn. Er tat dies in swei Festreden, die wegen ihrer
Tollsndeten Form und wegen ihres reichen Gehaltes Bewnndemng verdienen.
In der ersten dexselben ontersucht die „Qrensen der Geographie**^)
gegen Katarwissenschaft und Geschichte. Die allgemdne Geographie ist
2weifellos naturwissenschaftlichen Inhalts; es fragt sich nur, wie viel sie aus
benachbarten Fächern herübemehmen dai-f, wo die Grenzen geographischen
Interessf ^ zu suchen sind. Den Schlüssel zur Lösuntj dieser höchst wichtigen
Frage besitzt die Länderkunde, welche die verschiedenen Frdräume kennen
lehrt nach ihrer natürlichen Beschaffenheit sowohl wie auch als Wohnplatz
des Menschen. Die Stellung der Geographie zwischen Natur- und Menschen-
hände ist gegeben dnreh die Bexiehung auf den Baum, den eigentlich
geographischen Genehtq»unkt „Wenn man ihn bei Sichtung des heran-
strBmenden Materials ÜBsthllt, dann gliedern sieh die SÜMSen, die T<m andern
Fidiem entlehnten Bruchstfleke gewinnen eigenes Leben und werden selbst-
ständiger Fortbildung flhig." Die Aufgabe einer länderkundlichen Darstellung
läßt gar bald das geographisch Wichtige herausfinden, es werden die Zu-
sammenhänge scheinbar weit von einander abstehender Gebiete deutlich und
ganz neue Ergebnisse sind solchen weit ausholendeu Gedankenrcilien zu ent-
nehmen, in denen wir die eigentliche Blüte der Erdkunde erblicken müssen.
Wie weit man bei dieser Fundierung des geographischen Wissens-
gebäudes geben darf, ist meist nicht zweifelhaft; Meinungsverschiedenheiten
bestehen nur hinsichtlich der Geologie und der Geschichte.
In den letiten Jahrsehnten nnd zwei neue Triebe der Geologie in das
Bereich der Erdkunde hineingewadisen: die dynamische Geologie, welche
sich mit den Yerftnderungen im Antlitz der Erde besch&ftigt, und die
Morphologie, welche die Formen der Erdoberfläche genetisch erläutert.
Durch die Aufnahrae dieser Disziplinen ist nun aber das alte geographische
Programm nicht im gering.sten verändert worden, vielmehr hat dieses so
seine größte innere Bereicherung erfahrcu: denn an den Formenschatz der
Erde, der stets ein Objekt geographischer Forschung gebildet hatte, konnte
man jet/.t auch erklärend, nicht mehr bloß beschreibend herantreten. Die
Erdbeschreibung verwandelte sich in die Erdkunde. Für die produktive
Arbeit auf morphologischem Gebiete sind nun frmlioh geologische Kenntnisse
uneriUftlich. Wie viel geologis<dien Einschlag Lehre und Darstellung ent-
halten dfirfen und sollen, muB dem Takt und Geschmack des Lehrers und
Autors überlassen bleiben. Die eigentliche geologische Vorgeschichte, die nur
das Verständnis fttr die gegenwirtigen Formen vorbereiten soll, gehört jeden-
falls nicht in den Rahmen einer rein geographischen Betrachtung.
1; Rede, gehalten bei der Tnanf^uration als Rector magnificus der k. k. Karl
FnuDzens-Universit&t in Gras am 4. November 1899. Graz, Leuschneru. Lubensky 18U9.
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
270
Oeorg A. Ltiktti:
Während dieser Auffassung vom Grenzgebiet zwischen Geographie und
Geologie kein schwerwiegendes Bedenken entgegensteht, sind hinsichtlich des
Verhältnisaes zwischen Erdkunde und Geschichte grundsätzlich verschiedene
Standpunkte möglich; die uralte traditionelle Verbindung zwischen beiden
UniMiiMliftften macht «iw Kttrang nur nodi idiwieriger.
Wm besagt smUkshst die so geläufige Beniefanimg „historitelie'' Geo-
graphie? Man kann daibd an die G«aeliiehte der QeognphiA telbat dflnken,
inaoton dnvdh m» Oeaduoht» dar winfnnchaftlicheiii EntdeokmiganiMii dw
allmähliche Xniaehleierung des Weltbildes veranschaulicht wird. Gewöhnlich
jedoch wird man unter „historischer Geographie" jene Wissenschaft verstehen,
die im XVIT. Jahrhundert von Philipp ("Ittver begründet wurde und die
räumliche Erforschung der antiken Welt zum Gegenstande hat. Soweit sie
sich auf die Ermittelung von alten Städteiagen, Straßenzügen und Völker-
grenzen beschränkt, ist sie nichts anderes als archäologische Topographie,
also eine Hilfswissenschaft der Geschichte; sobald ein wirkliches geographi«
icheB l^d altor Eoltiirliiideir entworfen weiden icdl (wie a. R in Niaaena
nltaüiaeher Landedninde**), mnfi daa natnrwiBMoaohaftliclie Blement ehenw
hereingaaogMi werden wie bei einer modenien Landeakande. Jht üntecaehied
liegt nur im anthropogeographiadien Teil; in dem einen Falle werden die
menadilichen VerhUtnisse einer vergangenen Periode, in dem andern die der
Oegenwart auf denselben Boden projiziert." Für das Mittelalter sind solche
Aufgaben viel schwerer zu lösen, da wir den Quellen nur vereinzelte zuver-
ISssige Daten zu entnehmen vermögen, ('brigens .sind die Veränderungen in
der Natur jedenfalls so geringfügig innerhalb hi.storischer Zeiträume, daß sie
allein nicht den Inhalt eines Faches bilden können.
EUchear irt ea, dafi nnr jener Zweig der Geographie eine Beriihmig mit
der Geaohiohte hdben kann, der aich mit dem Menichen heftet Gilt nna
dieser ala geogiaphiachea Foxaehnngaoljekt — eine Rrage, die Ton der über-
wiegenden Mehrheit der Fachleute bqaht wird ao bleibt noch an nnter-
anchen, in welchem Grade die Menschen -Geographie (Bataela ,,Anthropo-
geographie") historisch sein darf, ja mufi.
Der „Einfluß der irdischen Räume auf VSlkergeschichten" ist ein be-
liebtes gescbichtapbilosophisches Thema allgemeiner Art; nicht minder wichtig
sind aber die speziellen Untersuchungen, „wie die natürliche Ausstattung im
Einzelfall gewirkt hat", wofür Morphologie und Statistik das nötige Material
bereit halten. Bechtsformen und gesellschaftliche Ordnung eines Volkes sind
Torgeieicbnet durch die widitigatai Erwetbaiwaige und dieae wiederom dnxdi
• die natfiriiche BeachalTenheit dea Landea. Der gegenwSrtige Zoatand der Be-
valkemng iat aber nur ana der OescMchte au vwratdien, und diea iat dar
Punkt, wo „die Geographie niemals aufhören darf und aufhören kann, histo-
risch zu sein Rechts- und Wirtschaftsgeschichte sind die Säulen der
speziellen Anthropogeographie, die wieder durch Betrachtung der Boden-
verhältnisse diesen Wissenschaften an Erleuehtung zurückgeben kann, was sie
von ihnen gewonnen hat Wir niüs.sen den geschichtlichen Verlauf kennen,
um die Wirksamkeit der natürlichen Einflüsse an ihm richtig taxieren zu
können."
L kj u^ jd by Google
Edaftrd Biehter.
271
Die alle geographischen Eigenschaften eines Raumes berücksichtigende
spezielle Anthropogeographie wird den Hauptgegenstand landeskundlicher
Schilderung zu bilden haben. Hier liegt die bedeutendste Aufgabe für den
Geographen der Gegenwart und Zukunft. Es kommt darauf an, das erd-
kondlMli Wichtige in der Landaehaft hmuiflnhebea und generalintrBnd aa
beschreiben; doch wird man Ton einer solchen Bchildenxng fordern mflssen,
da0 aie anaehanlieb, lebenaroll und kflnatleriadi überlegt sei — woraiu sich
die Notwendigkeit der Autopsie fUr den geographischen Schriftsteller so gut
wie f^r den Heisenden ergibt. Denn wie die Gesc^chtsdireibQng ist aneh
die Länderkunde nicht bloß vom wissenschaftlichen, sondern anch vom
künstlerischen Standpunkte ans zu beurteilen; die zahllosen Einzelheiten
müssen in literarisch wertvollen Gemälden vereinigt werden, was allerdings
künstlerische Veranlagung und (iestaltungskraft voraussetzt. „Die höchsten
Aufordenmgen sind in dieser Richtung vollkommen gerechtfertigt; denn
wenn es tmssre Aufgabe ist, den Menschen das Bild ihres Wohnhanses m
aeigen, so kann man aneh verlangen, daB dieses Bild von Kllnsflein ge-
matt seL**
Hatte Biohter 1899 dnroli diese Bektoratsrede seinen Standpunkt ge-
kennaeichnet bezdglicli der Auffassung von dem Wesen und den Aufgaben
geograpliischer Forschung, so ließ er sich 1903 in seiner Akademie-Festrede
vernehmen über die ,,Vergleicbbarkcit naturwissenschaftlicher und ge-
schichtlicher Forschungsergebnisse"'.) Den unmittelbaren Anlaß zur
Ausarbeitung dieser wahrhaft glänzenden Rede, deren Keime in die ersten
Jahre seiner geographisch -historischen Lehensarbeit zurückreichen, gab eine
Debatte auf dem Historikertage zu Innsbruck (1896) über die Frage, wie
mit die Geseldclite ndi sur Briangang gesidierter Ergebnisse natuntlssen-
snhaftKclMir Methoden bedienen solle. Unter dem Eindrocke der unbedingten
übenehitsnng d«r den letsteren innewohnenden Sieheriieit Ton Seiten aller
BBstoiiker notierte sich Biditer, d«r dnreh den Abbrach der Debatte ver-
hindert wurde, öffentlich das Wort zn ergreifen, in sein Tagebndh: ,,Glauben
die Herren wirklich, daß man yon den krystallimschen Schiefem mehr weiß,
als von den merowingischen Königen?" Die hierdurch veranlaßten Über-
legungen führten schließlich zur Aufstellung folgender Gedaukenreihe.*)
Es war in früheren Zeiten die herrschende Anschauung, duli die (»e-
schichtswissenschatt bestimmten liichtuugen zu dienen habe, daß sie berufen
sei, gewisse feüigiOse oder politisdi-pldlow^ihisidie Systeme an sttttsen. Ten-
denaOse Belobung oder Verwertung alles dessen, was mit dem prinzipiellen
Stan^ninkt des Verfssseis nidht ttbereinstimmte, wer die natfirUdie Fblge;
denn der Geschidbtsvedanf soUte ja nur die unbedingte Geltung der eigenen
1) Vortrag, gehalten in der feierlichen Sitzung der kaiserlichen Akademie
der WisBcnHchaflen am 28. Mai 1908. Gedruckt im Almanach der kaiperl. Aka-
demie für ld03 (S. 309 — 338) und in der Deutschen Kundschau ^üodenberg),
April 1904.
2) Nach „Geschichte und Xaturwiasenschaft", einem von Richter selbst her-
rührenden Auszug ans der Akademie -Festrede. Steizische Zeitschrift f. Geschichte
(Graz). II. Jahrg. 1904. S. 98 — 96.
yi. jd by Google
212
Georg A. Lakai:
Ansichten im einzelnen nachweisen. Wer damit nicht übereiustimmte oder
übereingestimmt hatte, wurde erbarmungslos verurteilt.
Im Hinblick auf diese rückständige, jedoch keineswegs schon völlig über-
wimdaiM SidituBg bedeutet der Ton Bänke aufgestellte, ans so tdbit-
Tentlodlich dOnkende scUiehte Gmndsatc: JOie Gesdiielite hat vor allem so
beriehten, wie es wiikUeh gewesen ist^ — einen unermefiliehen Fortsehritt
nnd zwar im Sinne der Naturwissenschaften. Der Kundige weiB, dafi mit
diesen scheinbar so einÜMshen Worten des Altmeisters deutscher Qesi^eht-
schreibung die Anforderungen an die Qualität historischer Forschung ungemein
gesteigert wurden nnd an Stelle leerer Redensarton nun die induktive Methode
treten mußte, gleichwie bei don Xaturwissenschaften. „Nicht ein allgemeines
Bild, wie es beiläufig gewesen, sollto und konnte genügen, sondern nun galt
es auch das Kleine und Kleinste zu ergründen j nicht bloß die beiläufigen liich-
tuugcu and etwa noeb die Taten nnd Bete der HeldMi, sondern dss Leben
nnd Treiben der namenlosen Masse, die Znslftnde nnd deren Entwiekelnng.*^
Macht sieh der Historiker diese Fordenmgen snr Biohtsohnnr, so ist
seine Arbeit von der des Natazfovsohers nicht so sehr Teisehieden; beide
sammeln in voran ssetzungsloser Forschung ein möglichst großes Material an
Tatsachen, swischeu denen sie Zusammenhänge herstellen und aus denen sie
ihre Schlüsse ziehen. In dieser Hinsicht sind geschichtliche nnd naturwissen-
schaftliche Ergebnisse gewiß vollkommen vergleichbar.
Dieser Parallelismus gilt nun freilich nicht in allen Fällen. Da sich die
Naturwissenschaften zumeist mit ^'urgängen beschäftigen, die unter gleichen
Umständen immer wiederkehren, so handelt es sich bei ihnen vor allem um
die Ermittelnng dar immer und flberall geltenden Normen, d. i der Natnr-
gesetse, wonadi gleiehe ürsaehen stets gleiohe Folgen bedingen. Ein
Irrtum ist nicht möglieh, wenn nur die Yoransbeiecbnnng riohtig wer.
Wenn man nun aber, wie es nenestens geschieht, aueh von der Geschichts-
wissenschaft verlangt, sie solle anf ähnliche Art die Gesetze des Werdens
der Menschengeschichte erforschen, so täuscht man sich über ihr Wesen und
ihre Grundlagen. Im allgemeinen ist ja ein Fortschritt in der Kultur-
entwickelung zu beobachten: ,,da das mciisehliche Geschlecht durch Sprache
und Schrift im Stande ist, die Erruugeuschüfton einer (Jeneration auf die
andere zu vererben, su kann es geistige Kapitalien sammeln, es kann einen
Bau errichten, bei dem der Erwerb späterer Gtenerationen auf dem anver-
lorenen Besiti der früheren ruht** Es kann, aber es muB nicht; Beweis
dafttr die schweren BlloksehUge^ weldhe oft g«rag der Entwiebfau^ onseier
eigenen Kultur eine schimr nnllberwindliehe Sehranke setstm.
Der Sats, daß si«^ aus denselben Konstellationen mit Notwendigkdt
dieselben Folgen ergeben müssen, ist wohl fdr das geschichtliche Leben niebt
minder zutreffi iui als für die Natur. Aber in der Geschichte gibt es keinen
Kreislauf, nie kommen die gleichen Voraussetzungen wieder; sie können es
nicht, „weil die geschichtlichen Yorträngo durch die Veränderungen, die sie
bewirken, selbst ihre Wiederkehr uumiiglich machen. . . . Ein Kunstwerk wird
nur einmal geschalfeu, Politik und Krieg kehren su, wie sie einmal abge*
laufen sind, gewifi nidit wieder.**
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
Eduard Bieliter.
273
Auch von den zum Mithandeln berufenen Menschen i^^t ja nicht einer
dem andern gleich; aber selbst wenn dies eintreten könnte, würde es nichts
zu bedeuten haben, denn das neue Geschlecht steht immer einer völlig ge-
änderten Lage gegenüber. Da überdies die Lehren der Geschichte zwar oft
genug ToUtOoMid gepriesen, doch erfahrangsgemftfi faat nie belunigt werden,
so waren nod sind die Untemohteerfolge der grofien JLehnneisterin d«r
Vfilker** stets Ulgliehe. Ebenso nnmfi^ioh ist es, den OeaduditiTerlauf fBr
«ine noch so nahe Znkanft mit nnfehlbarer Sicherheit Torauszusagen.
Die Geschichte — im weitesten Sinne des Wortes — hat also nnr ein-
mal sich abspielende Vorgänge aufzuweisen^ ist eine Ereigniswissenachaft.
Auch manche Zweige der Naturfonschung gehören hierher, indem sie Ent-
wickelungsreihen ins Auge fassen, die ein zweites Mal nicht wiederkommen;
sie bemühen sieh um Erkenntnisse von zweifellos historischem Trpus und
bringen diea schon in ihrem Namen zum Ausdiuck: „Erdgeschichte^^,
„Natnrgeseliiekto*'.
Soweit aber die Katarwissenschalten nnr die gleicübleibenden Bestehnngen
swisehen den Elenwnton der Welt kkrtteUen sollen, erforschen sie einen
andern Brkenntnistjpns: sl» sind Gesetxeswissensohaften.
„Geschichte und Naturwissenschaften sind also vergleichbar in Bezug auf
die Sicherheit der Ergebnisse, wenn hier und dort mit gleicher Unbestochen-
heit geforscht wird. Es ist aber ungereimt, wenn die Geschichte Gesetze
aufstellen will, und man verkennt ihr Wesen, wenn man es von ihr ver-
langt. Im G<»gent('il: der gi'ößte Fortschritt, den die Naturwissenschaft^'n
in dem abgelaufenen Jahrhundert gemacht haben, beruht darin, daß mau
die Natur als Ergebnis einer Geschichte aufzufisissen gelernt hat. So be-
rfthren sidi die Ziele und Methoden, es ist aber gmnd&lsch, sie sn Ter-
mengen.**
Es war Blohter bei dieser tief angelegten Festrede nicht UoB um die
V«ari^eichba>keit der beiderseitigen Forsdiungsergebnisse zu tun, vielmehr be-
absichtigte er — wie bereits die oben angeführte Tagebuchnotis erkennen
läßt — eine Ehrenrettung der Geschichte, die ihm gegenüber den
Naturwissenschaften mit ihren strengen Gesetzen in MißkrocHt gekommen zu
sein schien. Wie er auf geographischem Gebiete den historischen Einschlag
um keinen Preis missen wollte, so wünschte er auch im allgemeinen der
Historie den ihr gebührenden Platz eingeräumt zu sehen. In diesem Sinne
sohloB er angesichts der festtiehen Versammlung seine Ausfittirungen mit den
Worten: „Wenn die LOsong des Bfttsels dieser Welt darin besteht, Uber die
Bedingungen Anfklimng su erhalten, unter welchen das mensiäiliche Ge-
schlecht existiert, dann kann die Gesohidite allerdings wenig dazu beitragen,
denn es sind die Gesetzeswissenschaften, die uns jene Bedingungen orläutem;
die Geschichte aber ist das Resultat, also selbst das Rätsel, das aufgeklärt
werden soll. Trotzdem aber kann allein die historische Betrachtungsweise
die allerwichtigste Grundfrage lösen, die man sich zu stellen vermag, näm-
lich, ob die Entwickelung der Menschheit sich autonom vollzieht
nach den in ihr selbst liegenden Voraussetzungen, oder ob sie von
den Gesetzen einer anderen, außer oder über der Natur stehen-
OMgn^MMlM MiMtelfl. lt. fthtwtmg, 190C B. Htft. 19
uyiu^cd by Google
274
den Welt beherrscht wird. Danibr-r muß die Geschirhto der Jahr-
tausende Aufschluß geben können. Von der lit^antwortung dieser Frage hängt
aber die Bedeutunj^ und Wertschätzung aller Wissenschaft und Forschung ab:
am meisten der Natnrforschung. So wird allerdings die Oeschichte xor
LOtnng der größten Weltfrage enteoikeideiid ndtwiriceo ktanen, wenn sie
addieht der Wahrheit dient — ohne Tonraeeetiang.*'
XU. Eduard Biohters Persönlichkeit.
Schwerer als von Richters Lebensarbeit kann von seiner Persönlich-
keit ein Bild entworfen werden, das der Wahrheit einigermaßen nahe
kommt. Die Vielseitigkeit seiner wissenschaftlichen Interessen, der Umfang
des Gebietes, dem seine Tütiji^'keit gewidmet war, die Förderung, die unser
Wissen durch seine Wirksamkeit erfahren hat, der Erfolg, der sein Schaffen
krSnte von aU dem eine entsprechMide Tontellung tn erwecken, ist dieeen
Blittem yieUeiofat gelungen. Kaum mBgUdi aber ist es, daB wir Ton Biohtar
als einem anageieiehneten Mensehen reden und nidit besorgen mftBten, das
SU seinem Lobe Gesagte bleibe weit hinter der \nrUieUBeifc sorftek; wer ihn
kannte, wird zugeben, daß der Verlust dieses Hannes fOr sein Volk und^e
Menschheit fast noch schwerer wiegt, als der Sehlag, der die Wissensdiäft
durch das Hinscheiden des Gelehrten traf.
Die harmonische Ausbildung seines Geistes, die in Foreohung und Dar-
stellung gleichej-weise ihren Ausdruck fand, war verbunden mit unerschroc kenem,
sich nie verleugnendem Freimut in Wort und Schrift, mit treuer Liebo zum
angestammten Volke, mit wahrem üeldensinn, der sich nicht leuchtender
ofienbaren konnte als in der heiteren Buhe der lotsten Tage und Stunden.
Gedenken wir dann auch seiner mftnnlich - schCnen Erscheinung, der aos-
dauemden KOiperkraft, die er in der Jugend als nnermlldlicher Beigsteiger,
in qpftteren Jahren noch auf Studienreisen oft in erstaunlichem Maße be-
wahrte, so m«nen wir in ihm jenes Ideal erreicht su sehen, welchem die
alten Athener nachstrebten, wenn sie Geist und Körper eng vereint auf die
höchste Stufe menschlicher Vollkommenheit zu heben trachteten. Einem
solchen Manne war es gegeben, Freunde in unbeschränkter Zahl zu erwerben,
so daß sein Hingang einem außergewöhnlich großen Kreise von Menschen als
persönlicher Verlust erscheinen konnte.
So ist es zu Tflrstehen, wenn unter dem erschfittemden Eindruck dsr
Todesnachricht ein Mitf^ied seines engeren Freundeskreises schrieb^): ,^s gibt
Menschen, die auf ihre Umgebung wie ein Kunstwei^ wirken, wie ein sdidnes
Kunstwerk, das wir nie genug geniefien su ktanen glauben; Mensdien, denen
wir von Herzen gut sein müssen, obwohl wir ne kaum kennen gelernt,
Menschen, die wir verstehen und von denen wir verstanden zu werden über-
zeugt sind, wenn wir unsere Gedanken auch nur in wenij?en Worten mit
ihnen austauschen; Menschen, die mit dem Blicke ihrer klaren Augeiwden
Eindruck ihrer Worte verstärken, deren bloßes Dasein unsere Lebensfreude zu
erhöhen vermag. Zu diesen Menschen hat Eduard Richter gehört." —
l)B. V. Zwiedineck im „Grazer Tagblatt" (Moigenausgabe vom 9. Fe-
bruar 1905).
^ .d by Google
Eduard Richter.
275
Richter war der geborene Lehrer. Schon die jugendlichen Gemüter
seiner Sakburger Gymuasiasten wußte er durch die Unmittelbarkeit des Vor-
trages zu gewinnen, der swaaglot tfbenll da anknüpfte, wo er des inneren
Anteiles der Hflrer sidier war, wihrend er sie mit numcher ohneiiia dem
Tergessen gewailiten Einselheit Terschoiite. Ohne daB sie ias merkten, s«>g er
die Knaben sa einer mftnnlichen Anffiusnng des Lebens heran, snohte ihnen,
sobald sie reif genug waren, Wert und Ziel wissenschaftlicher Forschung klar
zu machen, ihren Sinn zu schärfen fOr ein SsthetiBehes Wohlgefallen an den
Werken der Kunst und Natur. ^)
Schätzten so schon alle, die Richters Schüler am Gymnasium waren,
seine Anregungen als wertvollsten geistigen Besitz, wie viel mehr war dies
der Fall bei jenen, die sich seiner Führung auf der Universität anvertrauten!
ffier braaehte er sich keinen Zwang mehr aufisuerlegen, den die Rücksicht auf
das besehifinkte Verstindnis des HOrecs dort geboten hatte; mit der (SrOfle
der Avfjsabe wachs aneh seine Kraft nnd die nrende an der Arbeit In
weldiem Grade der Erfolg diese lohnte, asigt ein knrMr Blick auf die Ent*
Wicklung des Ton ihm gegrfindeten Geographischen Instituts, denen Ge^
deihen ihn mit gereehter Freude erfDilte. Hatte er es doch fast aus dem
Nichts geschaffen; humorvoll gedachte er gern des Augenblickes, da er die
wenigen alten Bücher und Instrumente in dem altertümlichon Saalo dos
„Stöckls" übernahm. In dessen zweitem Stock, einem Zubau zur alten
Grazer Jesuiten-UniversitÄt, waren geographische Lehrmittel und Bücher bis
1895 in demselben Räume untergebracht, wo auch die erdkundlichen Vor-
lesnngen nnd Übungen stattfiuiden. FQr die geringe Zahl dar HSrer, deren
es anftags kaum ein halbes Dutsend gab, bitte die GrOße des Zimmers
allenfalls genügt, würde es nor sonst seinem Zwecke besser entsprochen
haben. Znm ersten Mal fühlte man sich beengt, als Biditer im Winter^
Semester 1893/94 ein Kolleg über die Alpen ankündigte xmd der Ruf seiner
Autorität eine ungewohnte Schar von Alpenfreunden aus allen Fakultftten
anlockte. Doch damals waren schon die Neubauten der Abna matrr Grarcf^ws
ihrer Vollendung nahe; 1895 übersiedelte die Geographie aus deiu alters-
grauen Stöckl in den neuen Haupttrakt, 1899 in geeignete Käuralichkeiten
des inzwischen fertiggestellten naturwissenschaftlichen Institutsgebiludes.*)
Bücherei, Lehrmittel- nnd Eartensammlung mehrten sich hier in erfreulicher
W«se; am IllmTasehendsten aber war die Znnahme der Frequens in Vorlesung
nnd Seminar, so da0 in letater Zeit bereits wieder Platsmangel herrschte.
Wenn nach TCtsohiedene ümstftnde seit einigen Jahren das philosophische
Stodinm in Osterreich flberhanpt begünstigten, so überstieg doch das Wachs-
tum der geographischen Hdrerschafb das andf r\v;irts beobachtete Maß. Richters
Hdrsaal war einer der ersten, in dem Studentinnen auftauchten, sobald den
Frauen der Zutritt gestattet war; merkwürdiger noch schien der ..General-
stab", durch den am deutlichsten vor Augen gestellt wurde, welchen Ruf
Richters Vorträge genossen. Der „Oeneralstab" setzte sich nämlich zusammen
1) W. Erben. Erinnerungen an Eduard Richter. Salzburg 19U5.
t) Siehe G. Z. Ih 1900. 8. ISO.
19*
Digitizoü by C3t.)0^lc
276
Georg A. Lukas: Eduard Uichter.
ans maer betrichtlielien Aiuwhl höherer Beamten nnd OfBaere des Buhe-
Standes bis sum Feldsengmdster anfwtrte, die sidi seit einw Beihe toh Jahren
pfinktlich als Oiste ein&nden nnd stets die eisten BSnke des Saales lllllten.
Alt und jung, HOrer und Hörerinnen lanschten mit gleicher Spannnng den
Worten des Lehrers.
Und wie konnte er reden! Er beherrschte nicht nur die Sprache in
vollendeter Weise, sein geistreiches Wesen, sein schlaefrrtiirer Witz brachten
auch in den sprödesten Stoff Leben. So gab es wohl kaum ein Teilgebiet
der Erdkunde, dem er nicht anziehende Seiten abgewonnen hätte. Am
besten sprach er jedoch über länderkundliche Themen, und liier waren es
wiederum besonders dl« historisch -geogrsphisdisii IHiiIeitnngen, in dmen er
sich ganz und gar auf eigenstem Gebiete iUhlte. War ihm das akademische
Lehramt ttberhaupt eine Lust» so bedeuteten ihm diese Stunden wahre Feste;
auch seine Hörer gingen wohl nie mit reidierem Gewinn nach Bana».
Von der Hednergabe Richters gew&hren seine Schriften, so TolUrommen
sie sich auch darstellen mögen, nur einen schwachen Begriff'); er selbst
war mit dem Gescliriebenen nie recht zufrieden, auch mit den besten
Leistungen glaubte er sich nicht trenn«.' iieiau zu haben. In freier Rede aber
vermochte er durch sein lel)hattes Micneuspiel, eine leichte Armboweguug dem
Worte immer die gewünschte Färbung zu erteilen und den beabsichtigten
Xindmok hervonnbringsn. Deshalb war es auch stets ein hoher Genuß, ihn
SU hören, im Kolleg, bei akademischen Festen, oder im geselligen Ernse.
Zahlreichen Vereinen bedeutete sein Erscheinen eine inUkommoie Zugkraft;
kaum sn flbeisehen tind die teils wisseosGhaftliohen, teils TolkstOmlichen Voi>
trage, die er bei den verschiedensten Anlissen vor einem größeren oder
kleineren Auditorium hielt. Auch in dieser Beziehung hinterließ er «ne
schmerzlich empfundene Lücke in der Gesellschaft.
Er hielt darauf, seinen Stand und die Würde der Hochschule überall
entsprechend zu wahren und auch in Äußerlichkeiten sich da nichts zu ver-
geben. Obwohl er manchmal mit grober Festigkeit und Entschiedenheit aut-
treten kpnnte, verletzte er doch niemanden; er brachte es selbst bei Leuten,
die ihm widerw&rtig waren, nicht über sich, beleidigend zu smn. So ffihlte
sich auch ein Fremder in seiner Nihe sehr wohl und war leicht su olbnen
JLußttungen sn bew^^en, was dem Geographen auf Beisen mehr als einmal
zu statten kam.
SoigfiÜtig pflegte Richter die vielen Bekanntschaften iu Fachkreisen, zu
denen ihm sein Amt und seine geradezu beherrschende Stellung im Deutschen
und Ö'^teneichischen Alpenvercin verhelfen hatten. Er war überhaupt nicht
gern einsam; schwer empfand er es darum, als er in den letzten Monaten,
oft wochenlang ans Zimmer gefesselt war.
Kamen seine geselligen Talente allen zu gute, so waren es doch wieder
1) Imnierhin sind sie jetzt die einzige Quelle, au8 der sich Richters Wesen
noch erschließen kann; mit Abnicht wurden deshalb in diesem Nachruf charak-
ieristiache Aussprüche and Zitate in größerer Zahl aufgenommen, weil sie nicht
bloß den Uatdenkenden Geehrten und gewandten Sohriftateller venaten, sondern
auch den Meiiter des lebendigen Worte« ahnen lassen.
D. Kürchhoff: üandelsstraßen und UandelBmittelpunkte uaw. 277
gerne Stadenten, in deren Mitte er lo recht aufitante. D« fBhlte er sidi jung
und alte BnrMhenschaftserinneningen wurden lebendig. Die akadentiache
IMhwt, der ZneammMÜiaiig iwtHhen ProtaorenkdlegiQni und Studeoten»
Schaft hatten an ihm einen überzeugten und begeisterten Verteidiger. Wurde
in seiner Gegenwart das „Vivat Aeademia^^ angestimmt, so gewann das alte
Lied einen ganz besonderen Klang. Am liebsten jedocb weilte er unter seinen
engeren Schülern, die denselben Weg gehen wollten, den er selbst einst in
jugendlichem Idealismus gesucht und gefunden hatte. Wie er schon im Kolleg
nie den Contact mit seinen Hörern verlor, so waren die von ihm geleiteten
Übungen, die Wechselreden, die sich etwa an den Vortrag eines Schillers
knüpften, und die er immer in die gewQnsebte Richtung lenkte, ebenso be-
lehrend als genußreidi. Aber nichts kam in dieser Hinsicht den geographi-
sehen Schft 1er reisen gleich, die seit 1891 mit immer xahlreieberen 9fit>
l^iedem des Lnstitttts unternommen wurden. Da gab er sich ganz, wie er
war, sein göttlicher Humor durchleuchtete auch die unbehaglichste Situation
im Hochgebirge oder in den Steinwüsten des Karstes, seine liebenswürdigen
Umgangsformen öffneten ihm die Herzen aller; niemand wollte von seiner
Seite weichen, jeder sah in ihm den wohlmeinenden, wahrhaft väterlichen
FruiiKl. Daß er dies stets blieb, bewies er so manchem seiner Schüler, dem
er den ferneren Lebensweg ebnete. —
So war Richter eine PersflnliehkeSt, deren wissMischaftliche Bedeutung und
Eigenart aufiiditiger Bewondernng wert ist, deren edler, durchaus wahrer
Charakter Hodiaehtnng fordert,, deren gewinnendes xmd Tersflhnendes Wesen
noch in der Erinnerung wohltuend wirkt Zu der ^verdienten Anerkennung
seiner gelehrten Tfttigkmt gesellen sich fast beispiellose Erfolge, die der Gym«
nasial- und Universitätslehrer errang und die ihm die Dankbarkeit ganxer
Generationen sichern. Er war aber auch ein Lebenskünstler, der sich den
Inhalt des irdischen Das»'ins so rejih zu pestalteu wuüte, daß, wer sein
Freund oder Schüler war, keinen liuhricn Wunsch kennt, als ihm nachzu-
streben, um am letzten einer langen Reihe wohlangewendeter Tage von sich
sagen zu können wie er: „Ich habe doch ein schönes Leben gehabtl**
Alte und neve HandelsslnBeii ind Hmdelsniittelpiiikto
is Nordost -Afrika.
Von D. Kürohhoff.
Afrika ist verteilt. Es gilt nun für die beteiligten Staaten aus dem Er-
worbenen in sachgemäßer Weise den gr<>btraö<Tlicben Gewinn zu ziehen.
Die Folge dieser Bestrebungen ist, daß sich be.sonders in den Handelsverhält-
nissen allmählich ein Wandel vollziehen muß, deuu es kommt den europäischen
Kanflenten nicht allein darauf an, daß Produkte geschaffen werden, son-
dern es ist auch von größter in^chtiglrait, daB diese Produkte auf ren-
tabelste Weise au den gOnstigsten Verschifhngspnnkten an der Kflste und
zu den Absatigebieten gest^alR werden kOnnen. Genflgt wird diesen.
278
D. Kürchhott:
Foidenuigea dnroh VOTbindangen jeglicher Art, die den Maasentransport am
billigsten gestatten, und dadurch, daß di(Si- Verbindungen auf möglichst
direktem Wege die fraglichen Punkte erreichen. Nur in den seltensten Fällen
zeigt Afrika vor dem Eindringen der Europärr einen in den angegebenen
Bahnen verlaufenden Verkehr; der ganze Handel der nördlichen HJllfte des
schwarzen Erdtoils wird trotz vorhandeunn näheren und teilweise guten Ver-
bindungen fast bis zum Äquator hinab von den Küsten des Mittelmeera be-
herrscht. Im Nordosten Afrikas bildet der Kil die Haupteingangs- und Aua*
gangsstrafie Ar die VOlkerr und Handelsbewegungen. Seitdem die Türken
die Hensehaft über Ägypten an sieh geriiaen hatten, war ea besonders Kairo,
das den Handel mit den weiter sfldwtrts gelegenen Oebietmi vermittelte und
das Brown im Jahre 1792 als den vornehmsten Handelsplatz für die üst>
liehen Gegenden v(>n Afrika bezeichnete.') Vor der Cholera im Jahre 1833
und der Pest im Jahre 1834 soll die Stadt 500 000— «5 ÜO 000 Einwohner
geha})t haben. Durch beide Epidemien fiel die Bevölkerungszahl auf 300 OUO
Einwohner. ' )
Drei große Karawanenstruüeu dienten zu Beginn des vorigen Jahr-
hunderts dazu, die verschiedensten Artikel, besonders Sklaven, Elfenbein,
Kamele, Straufienfedem, Gummi aus dem Linem nadi Kairo au bringen:
die Straßen von Hursnk, Darfrur, Sennaar. Die Zeit, in der die Karawanen
in dem Handelsemporiom am NU eintrafen, war Tenchieden, siemlich regel*
ndßig kam meist jährlich eine von Mursuk kurz vor Beginn des Ramadan.^)
Diese hatte zur Fortschaffimg der Waren 5000 Kamele und mehr nötig.
Ein Teil setzte seinen Weg weiter nach Mekka fort, der Kest blieb zu
Handelszwecken in Kairo und erwartete die Rückkehr der häufig aus Marokko
stammenden Pilger TJanz unbestimmt war das EintretTen der von Süden
kommenden KarawariLii, ilt-iui (h it ii Hcwcgungen hingen von den öftei-s statt-
findenden politischen \ eränderungi ii in Inner- Afrika, von der Willkür der ge-
rade die Regierung ausübenden Despoten, sowie von der Ifetigheit der die
Karawsnenstrafien beonruhigenden BSoberiiorden ab. Bisweüen vergingea
swei bis drei Jahre, be?or eine Karawane nach Ägypten kam, andererseits
trafen aber auch unter Umstünden zwei oder drei in einem Jahre ein.*)
Auch die Stärke der einzelnen Karawanen war sehr verschieden und schwankte
zwischen 2000 und 16000 Kamelen, wozu noch 1000 Sklaven traten. Diese
letzteren sämtlich, sowio ein großer Teil der Kamele wurden in Kairo ver-
kauft, so daß die zurückkehrenden Karawanen meist nur 200— 500 Kamele
stark waren. ■'') Die Karawanen, die von St-unaar nach Ägypten zogen, waren
nicht .so heträchtlich, wie die von Darfur, sie bestanden gewöhnlich nur aus
400 — 500 Kamelen. In ruhigeu Zeiten kamen aber jährlich zwei bis drsi
Karawanen nach Ägypten. Die Handelsartikel waren nngefkhr die glichen
wie von Datfrir: SUaren, Kamele, Elefontensfthne, Straußenfedern, Gummi,
Goldstaub.*) Sowohl die Straße nach Darftu*, als auch die nach Sennaar
1) Brown, ileisen in Afrika. S. Ul.
5) Ruseegger. Reisen in Afrika. Stuttgart 1848. «. Teil. I. 8. 180.
8) Brown a. a. 0. S 2H4 4) Ebda S. 284. 5) Ebda. 8. S88.
6) Allgemeine geographische Ephemeriden. Bd. 12. S. 64tt.
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
Hand«liitr»ft«n und HaadeUmittelpiinkte in Nordost-Afrika. 379
folgten vou Kairo zunächst dem Lauf des Nil; die erstere verließ den Strom
bei Siut, um über Beheb -Selime direkt nach Süden, nach Kobbe-El Fascher
zu füiiren, die letztere erst bei Assuan.
Siut war zu Autaug des vorigen Jahrhunderts die bedeutendste Stadt
Ober-Ägypteo« und llbtrtraf an OrSBe mit ihron 25000 BimrolmiRi all« Ort-
Bchaften sfldlieh Kairo.') Über die 310 km Ton Sint liegenden Oasen
Mondrieh d'Asstnt ftnBert sich „La O^ograpbie*^: Man schltzt, dafi in jeder
8«aaon 600 — 700 Kamele kommen, anr Zeit des SUaTenhandels kamen 4000
TOn Darfür, nm naeh Sint sn gehen.')
Assuan war nur von geringer Bedeutung, obwohl bei ihm eine Weiter-
fahrt der von Kairo konunenden Schiffe unmöglich war; denn wenn auch
der erste Katarakt durch Fahrzeuge überwunden werden konnte, so mußten
diese doch von besonderer Bauart sein, ein Umladen der Güter und ein
Umsteigen der Fahrgäste war also hier st«t8 geboten, gleichviel ob der Weg
an Wasser oder zu Lande foiigesetzt werden sollte; aber der Frachtverkehr
«nf dem Flosse und somit der Wert dar Stadt als Umschlagsplats war flber-
hanpt nnr sehr gering, denn die Handelskarawanen ans Berber nnd Sennaar
konnten nieht an Sdiüb nilabwirts gehen, da sie zum Teil ihre Kamele
selbst als Ware nach Ägypten brachten. Burekhardt (1813) und Rus-
segger (1H13) schildern Assuan als kleine unscheinbare Stadt. Von ihr
führten, abgesehen von der bei dem auf dem linken Ufer liegenden Alt-
Esne beginnenden Verbindung, die den AnsdiUili an die Straße Siut — El
Fascher ennüglichte, zwei Karawanenstraßen nach Süden. Die eine ging
durch die große nubisehe Wüste über I)s( hobel Schigre, sie wurdo am mei-
sten benutzt, da mau auf ihr mehr und öfter Wasser fand als auf der
iweiteu, weiter westlich gelegenen'), die annftehst dem Niltal folgte nnd dies
«nt bei Korosko TortieB, wo auch die Landreise für alles b^pmn, das den
Kweiten Katarakt zu Schiff fiberwnnden hatte. Auf dieser Strafte, welche
ebenso wie die anter» dm Nil wieder bei Abo Hamed enmchte, herrschte
«teta Wassermangel, da auf ihr nur ein Brunneu halbwegs der beiden End«
punkte zu finden war.*) Korosko und Abu Hamed waren somit wichtige
Stationen des Handelsverkehrs und behielten dies«- Bedeutung fast das ganze
Jahrhundert Uber bei, sie machten aber trot^em nur einen kläglichen Ein-
druck.
Von Abu Hamed folgte die Karawauenstraße dem Nil /zunächst bis
Berber. Hier war der Hauptmarktplatz f&r doi südlichen Andel, um so
mehr, da alle Kamwanen von Sranaar und Sdiendj hier durchgehen maßten.
Diese fiedentong hat die Stadt auch spiter beibehalten^ nnd Ende der
70er Jahre wird belichtet, daft tiglich Karawanen von einigen Hundert
Kamelen anlangten und die j&hilieh einmal koiumende große Karawane aus
Hairar aus 12(J0 Kamelen und ungezählten Herden von Schafen und an-
derem Vieh bestand. Beurmann weist IHilO darauf hin, daß der Ort,
der um diese Zeit 20000 Einwohner zählte, ein bedeutender Punkt an der
1) Brown a. a. 0. S. 119. 2) La Geographie. III. 1901. S. 330.
5) Burekhardt. Reisen in Nubien. 4) Globue. 1870. S. 389.
6) RuBsegger a. a. 0. S. 443. G) Burekhardt a. a. 0. S. 98.
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280
D. Kflrehhoff:
Handelsstialjp zwischen Zentral-Afrika und dem Ausland sei, da sich hier
die großf Strabe aus dem Innern in zwei teile, von denen die eine nörd-
lich über Kairo nach Europa tiihrf und sich die andere östlich über
Suakin nach Asien wende*); diese letztere Verbindung wurde im Anfang des
19. Jahrhunderts wenig besucht, da die Kaofleate Furcht vor den räuberischen
und unbamilMiug«!! BesdiarMii hatten.') Dieie YerUltniaM inderten sich
erst lange nach der BeeitieigreifiiBg der sfidlidien CMiiete dnreh die Ägypter'),
aber die Bedeutung der StraBe Kaenla — Boaldn konnte die Verinndnng Ton
Berber mit dem wichtigen Hafenplatz am Roten Meer dodi nicht emiehen.
Trotz seiner Wichtigkeit als Handelsplatz hatte Berber zu Anfang des vorigen
Jahrhunderts mit keinem der südlicheren Staaten eine direkte Verbindung,
ausgenommen mit Schendy, wohin die Karawanenstraße dem Lauf des Nils
folgte; der Fluß >elb8t wurde, obwohl der sechste Katarakt der Schiffahrt
wenig Schwierigkeiten entgegensetzte, dem Verkehr nicht dienstbar gemacht.*)
Früher hatte zwischen Berber und Kordofan eine direkte Karawauensti'aße
bestanden, jedodi winde dieie bweiti tn Beginn dei 19. Jahiihitnderts niobt
mehr begangen.^)
Schendy war nm diese Zeit nftchtt Sennaar und Kobbe die grOflte Stadt
im eftdUdien Sudan*), ehemals die Hauptstadt des gleichnamigen KOnigreiehs
nnd der Hanptstapelplatz des Binnenhandels von Ägypten und Nubien mit
Abessinien, Sennaar, Kordofan und den übrigen Negerlftndem, sowie mit
Suakin ' > Burckhardt gibt 1813 als westliche Grenze des Handels von
Sehend j Bagirmi an*^), dagegen war der Handel mit Dongola ohne alle
Bedeutung.* I
Auf den Markt von Schendy, dessen Einwohnerzahl ungefähr 5 — 6000
betrug, kamen in erster Linie Baomwollzeuge aus Sennaar, ebendaher Gummi-
arabicwn, Gold nnd Eleftntenxihne ans allen Gebieten Inner-Afinkas, anfieidem
Sklaven« die Zahl der letzteren sch&tste Burckhardt anf 6000, Ton denen
2500 nach Snakin, 1500 nadi Ägypten, die flbrigen nadi Dongola und su
den Beduinen gingen, die Östlich von Schendy gegen den Atbara und das
Rote Meer zu lebten.^") Europäische Waren kamen aus Kairo und die grOBte
Zahl aller H&ndler, die am Anfang des 19. Jahrhunderts den Markt von
Schendy besuchten, kam aus Suakin, von woher besonders indische Waren
eingeführt wurden.") In erster Linie ist von diesen Sandelholz zu nennen,
das bis Bagirmi verhandelt wurde.
Von Sehend)' strahlten nun nach den vei'schiedensten Seiten Karawaneu-
straßen aus, so nach Suakin, entweder gerades wegs oder fiber Tsika, beider
Treffyunkt war am Atbara. Der letitere Weg, obwohl unsieher, wurde dodi
am meisten benutst, da an ihm viel Wasser nnd Weide su finden war**),,
eine andere Verbindung ftthrte nach Sennaar. Dieser Ort war swar awA
mit Berbw direkt verbunden; während aber diese Straße fast gar nidit be-
nutzt wurde, wurde der Weg Schendy— Sennaar sehr lebhaft b^jangen.
1) P. M. 186S. 8. 61. 2) Burckhardt a. a. 0. 8. 98. 8) Ebda.
4) Ebda. S.M7 Ebda. S. 837. 6) Ebda. S 148.
7) RuBsegger a. a. 0. Teil I. S. 492. 8 Burckhardt a. a. 0. S. 206.
9) Ebda. S. 205. 10) Ebda. 8. 20\>. 11) Ebda. S. 197. 12) Ebda. S. 264.
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Haiideltiätrußen und üandelsmi ttelpunkte in Nordost-Afrika. 281
Weitere SfcnJen folgten dem NU anf- und «bwiits, und ebenso bestand
eine Verbindung mit El Obeid. Eine wenig begangene Straße führte quer
durch die Behidu, erreichte bei Ambnkol den Nil nnd b^leitete ihn bis
Dongola.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts begann nun Ägypten seine Herrschaft
weiter nach Süden auszudehnen: in jener Richtung lagen drei beträchtliche,
gut regiert«*) Staaten, deren Hauptorte Sennaar, Dongola, Kl Obeid waren.
Der erstere wurde bereite 1811 von dem damals die Regierung in Ägypten
IBhrenden Paseha Mohainet-AU besetzt, gelegeof^ih der Verfolgung der ge-
flohenen Beste der vam grOfiten Teil Temiehteten Mamelnehen. Dongola,
inneriialb fruchtbarer Gegenden gelegen, trieb schon vor dieser Erobnmng
Idthaften Handd mit Ägypten, jedoch nur mit den Erzeugnissen des eigenmi
Landes. Abgesehen von den Pilgerkarawanen, die nicht den Weg über
Scbendj benutzten, hatte der Ort so gut wie gar keinen Verkehr mit den
innerafrikanischen Staaten. Mit der Besetzung durch die Ägypter änderte
sich dies, alsbald fand die Eröffnung einer Karawauf-nstraße nach El Obeid
Statt, und eine andere Straße führte über Ambukol nach Schendj, jedoch
war der Verkehr mit dieser Stadt gering.
Das Aufbifliien Dcmgolas hatte auch die Entwicklung Wadi Haifas zur
Folge; hier war die &iq;itstation ftr alle ttngs des Nil nord- nnd sUdwIrts
wandflcnden Karawanen, und daher kam die hohe Bedeutung des Ortes, weil
}ußr umgeladen werden muflte und mäi der Schifistransport yon Assnan bis
hierher der langen Reihe der Katarakten wegen weiterhin gegen Dongola in
den Landtnuisport und umgekehrt gestaltete.')
Im Jahre 1821 begann Mohamet-Ali die eigentlichM ErolM-ninir der
weiter südlich gelegenen Gebiete: bis 1825 wurfii Sennaar und Kordüfan
unt€r ägypti.sche Herrschaft gebracht, nachdem im Jahre 1823 als Stütz-
punkt zur Behauptung des Eroberten und als Ausgangspunkt für fernere
Unternehmungen am Zusammenfluß des weißen und blauen Nil Khartum ge-
gründet worden war. Zur Zeit des ägyptischen Erorberungszuges nur ein
kleines, unansehnliches lisciherdorf , entwickelte sidi die neue GrOndnng sehr
schnell, was bei der Lage an dem Zusammenmtlnden sweier groBer aus
reidien Q^^den kommender WasserstraBen nicht weiter Wunder nehmen
kann. Wenn ein Schiffsverkehr auf dem weißen und blauen Nil selbst um
diese Zeit auch noch nicht stattfand, so zogen beide Ströme doch zahlreiche
Karawanen an, welche längs der Ufer dahinzogen, wfnn sie nicht durch
räuberische Horden nnd durch Ali^^'uljt iurpressung zum Einschlagen anderer
WcL'c gezwungen wurden. Einer der wesentlichsten Vorteile, welche die
ägyptische Herrschaft den eroberten Ländern brachte, bestand aber in dem
Streben, den Verkehr auf den Handelsstrafien mOgUchst sidwr va stellen,
und da0 diese Absieht von Erfolg gekrOnt war, zeigen die Mitteilungen sahl-
Teieher Beisenden.
Khartum, bereitB 1858 30000 Einwohner nnd 1885 50000 Einwohner
1) Novrdke Annales den voyages. VI. 1868. S. 844.
i) Raesegger a. a. 0. Teil II. 8. 88.
282
D. Kflrehhoff:
zählend, zog den ganzen Handel Nordwest- Afrikas derart an rieb, daft nicht
allein Doiif/ola, Berber u. a. viel von ihrer Bedeutung verloren, sondern auch
Schendy und Sennaar; beiden, bei der Kroberung durch Mohamet-Ali zer-
stört, wurde jedes nennenswerte Wiedfraut'hlühen unmöglich gemacht.*) Die
Stadt bildete bald den wichtigsten Hauptstapelplatz für die Produkte Zentral-
Airikas und behielt diese führende Rolle bis zu ihrer Zerstörung durch die
Truppen des ICahdi; starke Karawanen mit Elfenbein, Ebenholz, Straußen-
federn nsw. Bogen von hiw aus nach Kairo, wSbrend der Aostansdi von
Getreide, Baumwolle und Onmmi gegen die euroiAiaohen Eneugnisse Kbar-
tum SU einem Platz von großer kommersieller Aktivität machte. Der Yer-
kehr nach Norden vollzog sich teils Aber Berber , teils über Dongola. Im
eisteren Fall mar^^chicrten die Karawanen zunächst längs des Nil, am von
Berber au-^ die weiter oben angeführten Straßen zu benutzen. Der Weg
von Khartuni nach Donpola verließ den Nil bei Kereri und erreichte ihn
wieder bei Dehbe.-j Trot/jleiii /,u tiieseiu Ort autli eine direkte Straße vun
dem Uaudelsemporium EI Obeid her führte, konnte er es doch zu einer
nennenswerten Entwicklung nicht bringen, er blieb ein unbedeutendes Nest
Neben diesem immer lebhafter werdenden Verkehr su Lande entwidcelte sich
allmihlidi auch eine rege Schiffiüirt swischen Kbartum und dem Norden,
besonders mit Berber, und im Jaihr 1877 berichtet Junker, daß die 18 Schiffe
der Khartumer Nilflottc, alle Raddampfer, neben zahlreidieD Handelsbarken
einen ziemlich regelmäßigen Verkehr zwischen beiden Städten unterhielten.')
Eine Folge der immer mehr zunehmenden Ausnutzung des mittleren Nils filr
den Fraditverkchr war eme Zunahme des Frachtverkehrs auf dem unteren
Nil bis Assuan: im Jahre 1873 hnden wir auf der Strecke Assuan — Kairo
die großen Barken einer englisch-amerikanischen (nitertranspurtgeselhschaft tätig.*)
Leider schob die ägyptische Regierung der Entwicklung des Handels
insofeni einen starken Riegel vor, als ne den BEandel mit Gummi, Elfenbein,
Häuten und einigen andern Handelsartikeln als Monopol der B^^ierung ei^
klSrte, außerdem aber von den flbrigen Landeseneugnissen, weldie im engeren
Sinne des Wortes nicht als Gegenstände des Handelsmonopols betrachtet
wurden, so große Zölle und Abgaben bei ihrer Ausfuhr nach Ägypten forderte,
daß es für die Privaten, die außerdem auf der langen Beise die Fracht und
sonstige Kosten zu bestreiten hatten, kaum möglich war, den Verkauf
der Produkte mit Vorteil zu bewirken; die Folge war, daß sich der Druck
des Monopols auf den ganzen Handel ausdehnte. Endlich veranlaßten die
zahlreichen von der Regierung unternommenen Sklavenjagden, daß rieh die
Negerlinder im Sflden ganz abedilosBen.*) So bßrten älhiddiliob die großen
8ennaar-Kar»wanen auf nach Ägypten su sieben*), und der Sultan von Daifiir
ließ allen Verkehr mit Kordofim, Nuhiem usw. abscdmeiden, die Brunnen auf
den dahin führenden Karawanenstraßen versehfitten und gestattete nur den
Verkehr auf der Straße nadk Siut^) Hier liegt einer der Hauptgrfinde, die
l)RnBBegera. a. 0. Bd.n. 8 460. 9) Moitvement g^graphique. 1884; S.7.
3) Junker. Reisen in Afrika. Bd. I S. 5ho. 4) Ebda. S. «8.
5) RuBseger a. a. 0. S. 34. 6) Ebda. Bd. IL 8. 848.
7) P. M. IbeO. S. 826.
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Haudelastraßen und UandeUmiitelpankte in Nordoit-Afrika. 283
trots der leiditeren und bequemeren Verbindong Aber Khartum und den Xil
die lange und beschwerliche Verbindung mit Siut offen hielten. Hauptsäch-
lich wnrden hier befördert Sklaven, Elfenbein, Straußenfedern, Gummi-arabicum
usw.; eine ums Jahr 1850 in Siut ankonmieude Karawane brachte allein
1000 Zentner Elfenbein und übor '.».')() Sklaven.*)
Betrachten wir den Karawaut nverk.'hr Kliartums narh X-ndosten weittn-,
80 ging der Hauptverkehr mit dem wichtigen iiaten Suakia im allgemeiuen
über Berber. Der Wandel, den die Handelsyerhältnisse in Nabien durch die
Eroberongen Mahomet-Alis erfuhren und der du Veradiwinden Schendjs und
Sennaars, auf deren Blflhen der Handel Snakins in erster Linie beruhte, zur
Folge hatte, war an diesem Hafen nicht spurlos vorfibergegangen, und im
Jahre 1843 war der Handel Suakins nur von geringer Bedeutung.*) Zu-
nächst unter türkischer Herrsehaft stehend, konnte sich der durch seine Lage
Ton Natur stom llafenplatz des ägyptischen Süden bestimmte Ort, so lange
auch nicht wieder entwickeln, als die Verwaltung von Arabien und Konstan-
tinopel aus geleitet wurde. Erst nach der im Jahr 1865 ertolgten Abtretung
au Ägjiifen begann ein neuer Aut's(diwunv\ und schon im Jahr IHOH konnte
Schweinfurth berichten, daß sich die Stadt in kurzer Zeit außei-ordentlich
gehoben habe; er wies jedoch gleichseitig darauf hin, daß dieses Gedeihen
nur relativ ssi, da die ftgyptische Regierung den Handel dureh Zollschranken
selbst g^n den natnigemftflen Verkehr mit Sues immer mehr ahgesohlossen
halte. Dann £uid sie es fllr gut, den Schwerpunkt ihrer biteressen nach
Massaua zu verlegen.') Trotz dieser Erschwerungen erfreute sich Suakin bis
zur Zeit des Mahdi-Aufstandes eines nicht unerheblichen immer mehr steigen-
den Wohlstandes, besonders hervorgerufen durcli die Ausfuhr von Gummi,
Straußenfedern, Salz, Baumwolle, Elfenbein. Mitte der sechziger Jahre wurde
der jährliche (iflterunisatz auf 1 Mill. Mk. und in den Jahren unmittelbar
?or dem Aufstand auf mehr als 1 Mill. Pluud Sterling veranschlagt.*)
Auf der Karawaueuätraße Berber — Suakiu wurde dem Halen besonders
Onmmi-aralnciun nigeftthrt Nachdem Gordon die Begierung in den Äqua-
torial'Provinsen flbemommen hatte, ließ er an manchen Stellen dieser StraBe
Veihesserungen anbringen, auch ein Gesdiftflsmann in Suakin begann, wenn
auch nüt bescheidenen Krftfken, snne Flftne für eine Veihesserung des Weges
und sogar fDr die Anlage einer fhhrbaren Straße zur Ausführung zu bringen.*)
Dank dieser Arbeiten wäre, wenn nicht das für den Sudan schwere Unglück
des Mahdisten-Aufstandes allen zivilisatorischen Bestrebungen ein jähes Ende
bereitet hätte, unstreitig mit der Zeit der Koute von Berber nach Suakin
für Import und Export der V'orzug zuerkannt worden. Vorerst mußte ^ic
sich hm.sichtlich ihrer Bedeutung für den Handel mit Inner-Aafrika mit der
sweiten Stelle gegenüber der auch für die Verbindung Khartums mit dem
Boten Meer wichtigsten Karawanenstraße Suakin — ^Kassala — ^Khartum, welche
auch im Verglmdi mit ersterer die V(»rteile größerer Sicherheit bot, begnügen.
I i I^ull de la HOC. de G^ogr. Paris. 1860. S. 14.
2) Kussegger a. a. 0. S. 469.
8) Schweinfurth. Im Henen Ton Afrika. Teil I. 8. tO.
4) Jnnker a. a. 0. Bd. L S. 67. 6) Ebda. S. SS.
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284
D. Kfircbboff:
Diese Verbindttog gebOrte vor dem Aufstand des Vahdi la dM beleb-
testen im IgTptasohen Sudan. Benutzt worden vier verschiedene Wege, von
d<»nen der von Ermenal am begangensten war. Obwohl nioht am kürzesten,
bot er doch don Vorteil, daß sich viel Futter und Wasser an ihm fand.*)
V<!r dem Beginn der Reg»'iizoit war der Verkehr am stärksten; nament-
lich kamen um diese Zeit die Scliukrieh aus Gedaref in starken Karawanen,
die zuweilen 1.>(K) und mehr mit (Jummi heladene Kamele zählten, direkt
bis Snakin, während in gewöhnlichen Zeiten Kassala für die von Norden
naeh Sflden kommenden Karawanen den Halte- und Umladeplatt bildete.
Kassala, im Jahr IfUO begrOndet, eine der jüngsten Stldte des Sodaa,
entwickelte sidi dank des Versehwindens der lebhaftem Handelsstadt Sennaar
nnd in Folge ihrer gQnstigen Lage swischen Buakin und den getreidereiehen
Bezirken von Gedaref und Teka so schnell, daß 8ie bereits im Jahr 1862
Kinzelbach als eine bedeutende Handelsstadt bezeichnete, wenngleich sich
auch hier die ilcrvjttische Verwaltung mit ihrem System türkischer Erpressung
außerordentlich hemmend bemerkbar machte.') Mit der steigenden Sicherheit
des Verkehrs, etwa seit 1H60, entwickelte sich ein immer lebhafterer Handel,
und in der Bltitezeit, d. h. vor dem gi-oßen Unabhängigkeitskrieg Abessiniens
kamen nnd gingen täglich Dutzende von Karawanen; die vor den Toren der
Stadt lagernden Kamele zfthlten nach Tausenden.*)
Die Bedentang der Stadt war nnd ist nicht in ihrem eigmen Handel begrOndeti
sondern in ihrer Stellmig als TransithandilspIatB, wobei besonders auch die
Länder im Stlden: Gedaref, Doqua, Galabat, deren gleichnamige Hai^torte
auch gleichzeitig die wichtigsten Handelssitze waren ,^) in Betracht kommen.
Kassala, welches Anfang der achtziger Jahre nach Hartmann 15 000 Ein-
w<i])ner hatte, entwickelte sich allmählich zu einem Mittelpunkt des Tier-
haudels für die eurdpilischon zoologischen (üirten
Galabat, wo sich die Händler aus Sonnaar mit denen aus Gondar trafen,
war früher ein sehr bedeutender Stapelplatz fOr den innerafrikauischen
Handel, der jedoch mehr nnd mehr an Widitigkeit abnahm in dem Yer-
hlltnis, als wAt der Verkehr swischen Ägypten nnd dem Sndan hob.^
Suk Abu Sinn— Gedaref (2 — 3000 Einwohner), dessen wöohentHcfaer
Markt von 15000 Menschen besncht wurde, war bedeutender AustMischplats
fdr Sklaven und Straußenfedern aus Kordo&n, Qoldstanb aus Sannaar, Sals
und einiga andere Artiki 1 aus Abessinien.
Zwei stark begangene Karawanenwege führten nach den genannten
Ländern, und zwar ging:
1. einer nach Gasehmel Girba am Atbara, folgte diesem Fluß bis Tomat an
der Mündung des Setit und führte dann nach Gedaref, dem Stapelplatz
des Gummihandels, eine Fortsetzung stellte über Doqua die Verbindung
mit Galabat, dem bedeutendsten Marktplatz an der abessinisoheo Grense
her; diese StraBe bildete die Hanptroute für die Anafbhr von Gummi,
Hinten, Sesam, Wachs, Kaffee nnd war fortwUirend von Tausenden Ton
Kamelen begangen;
1) P. M. 1887. 2) Ebda. 186t. S. 219.
8) J nnk er a. a. 0. Bd. 1. 8. S06. 4) P. JH. 1888. 8. 67. 6) Ebda. 1887. 8. 466.
Digitizoü by Cjt.)0^lc
HftBddlastraBeii and HftndeUmitftelpanlcte in Nordott*Afrika. 285
2. ein zweiter Weg von Kassala, direkt südlieh zum Setit, wurde haupt-
sächlich von den Karawanen der Bedja- und Chasestämme benutzt;
HudelHurtünl bUdeten Ider Doram&tten und Sali, dia am Setit und
w«it«r gegen Dana und etwas Baomwolle amgetanaelit worden.^)
YoB eehr geringer Bedeatang, wenn man überiiaupt tob mner solchen
qi>iechen fcsan, war die Karawanenstrafie Kassala — ^Massaaa. Dies« Hafen
verdankt seine Entstehung Kauflenten ans allen Weltgegenden, die von hier
aus Handel mit dem Innern Abessiniens trieben. Ende der fünfziger Jahre
kamen bei günstigen Verhältnissen im Innern gewöhnlich zwei Mal im Jahr
große Karawanen aus den GallaUindem und ganz Abessinien nach der Küste;
Heuglin gibt den Gesamtwert der durch sif abiresetzten Handelsartikel auf
ungeföhr 1 Mill. Talor au. Besonders sind als Handelsprodukte Wachs und
KaffM, in etster Urne aber EUenbräi and BklaTm sn nennmi. ürsprüng-
lieh wurde alles Elfenbein aus Abessinien, den Galla -LSndem und den Ge-
bieten sfldwestlidi und sfldüch davon nadi diesrnn Hafenort gebracht, ^ter
beteiligte ndi maxk SSiartom an der Ausfohr disses Artikels und swar der-
art, daß von hier die L und IL Sorte Aber Berber — Suakin, die III. und
IV. über Kassala— Massaua zur Versendung gelangten.') Der Sklavenhandel,
früher eine Quelle des Reichtums, ging unter ägyptischer Herrschaft zwar
zurück, war in den sechziger Jahreu aber noch immer so beträchtlich, «laß
Beurmann die Zahl der jährlich ausgeführten Sklaven auf ungefähr lÜOO
veranschlagt. Außer den eben angeführten Hauptkarawanen kamen die Kauf-
lente aus Tigre und Hamazen das ganze Jahr.
Ifassana stand durch Landwege in Verbindung mit:
1. Suakin, wohin die Strafie in mehr oder minder naher Bntfemung dem
Verlauf der KSste fblgte;
3. Kassala über Karein;
3. dem abessinischen Hochland,
a) nach Halai — Digsa, in Folge von Räubereien wenig besucht,
b) nach Osmara-Gordofelasi,
c) über Adua — Asmara nach Adis Abeba.
Wenden wir uns dem Ausganirspunkt der letzten Betrachtungen, Kas-
sala, wieder zu, so stand dies durch mehrere Wege mit Khartum in Ver-
bindung.
Sfit den Ägyptern zugleich waren 1821 einige Europfter als Ärzte oder
Apotheker usw. nach dem Ost^Sudan gekommen. Ihnen folgten nach dar
Gründung Khartums viele andere. Biese organisierten nach und nach den
sudanischen Handel; er vollzog sich vorerst auf den Wasserwegen, besonders
auf dem weißen Nil, w&hrend der blaue Nil ziemlich unbeobachtet blieb. ^)
An diesen Strom lagen, nachdem Sennaar seine Bedeutung als wichtige
Handelsstadt verloren hatte, als wichtigste Handelsniederlassungen die großen
Dörler Karkodj, Roseires und Farn Feka*), das Dorf Hedebat, das von einiger
Wichtigkeit als Ausgangspunkt der nach den Bergen der Fundj führenden
1) P M. 1888. S. 67. 2j Ebda. 1862. Ö. 51.
S) Hartmann. Abetsiniea. 8. 66. 4) Ebda. S. 100.
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286
D. Kflrehhoff:
Kaniel>traße ') war. Von diesen Ortsohafton f iit wickelte sich allein die erst-
genannte bis zum Ausbrach des Mahdi-Aufstaudes /.u einem bedeutenden
Handelsplatz^), was erklirlicb ist, wenn man bedenkt, daß bis zu diesem
Ort der blaae Nil das ganze Jalir ttber, also svoh wShnnd der TrodcenMit
schiffbar ist
In bedeutend ausgedehnterer Weise entwickelte ach der Y«kelir auf
dem weißen Nil; die Händler Khartums rüsteten kurz nach Gründung der
Stadt große Nilbarken, mit Proviant, Glasperlen und andern Handelsartikda
beladen , aus, schickten sie im De/.ember den weiBen Fluß hinauf und han-
delten den tifcrbf'wohnenden Schwarzen Elfenbein ab.^i Auf diese Weise
drangen die Händler aut' <lem Bahr el Dschebel bis Goudokoro und Lado,
der Hauptstadt der Ä(iuatorial-Provinz, vor und später auf dem Bahr el
Ghazal bis zum Mechra er Heck, welcher Ort sich schnell zu einem wichtigen
Handelsplats der Bahr d Ghazal-ProTinz entwickelte. „Vom Ende der Regen-
seit im November und Beiember bliesen die günstigen Nord>Osi* und Nord-
winde die dreieckigen Segel der Barten auf, und diese segelten den weißen
NU aufwärts, drangen in den Bahr el Ghasal ein und löschten ihre Ladung
beim Mechra er Beck auf einer festen Insel. Hier endete die Schiffahrts-
straße, und von hier gingen, nur gangbar zur trockenen Jahreszeit, die Land-
handelswege weiter."*) Ähnlieh lagen die Vorhältni.<ss ' auf dem weißen Floß,
dessen Schifl'barkeit bei Lado durch Stromschnellen beendet wurde.
Mit der Zunahme dps Handelsverkohrs auf dem Nil richtete die Regie-
rung auch von Khartum aus einen regelniüÜigen Dampferdionst nach dem
Bftden ein. Nach dem Fahrplan sollten bis Lado monatlich zwei Fahrten,
mindestens aber eine stattfinden; das letstere war in den Jahren vor dem
Mahdi-Aufttand die BegeL Die Fahndt der einseinen Schiffe war sehr
schieden, die schndlfahrende ,Jsmailia'* legte die Strecke Kliartam — ^Lado in
nur 19 Tagen zurück, wihrend andere mehr als 40 Tage unterwegs waren.
Das Heizmaterial war Holz, welches je nach Bedarf während der Fahrt in
den Uferwiildem gefällt wurde Dies war nun allerdings nicht so einfach,
wie es den Anschein hat, denn einmal waren ausgedehnte Uferwälder nicht
vorhanden, /.wnitens aber gestatten die sumpfigen Ufer ein Anlegen nur an
drei oder vier Punkten, deren wichtigster Faschoda war; hier wurde 1867
ein Ort gegründet, der sich ziemlich schnell entwickelte und in Folge der
geschilderten Yeih<msse seme Bedeutung auch bei der Neugestaltung der
Dinge beibehalten wird.
Di« lOiartnmer Htadler hatten sich xunSchst damit begntigt, die Ungs
des NU und seiner Nebenflüsse aufgestapelten Elfenbeinmengen au&ukaiifen;
nachdem diese Bestftnde erschöpft, drangen sie immw tiefer in das Land
hinein. Von dem sich auch als Handelsplatz immer mehr entwickelnden
Lado führte eine Karawanenstraße löngs des Nil zum Albert- und Viktoria-
Njansa. Der Verkehr auf ihr wurde immer lebhafter, besonders nachdem die
ägyptische Herrschaft in den Jahren 1871 — 74 fast bis zum Äquator vor-
1) Hartmann a. a. 0. S. 98. 2) P. M. 1882. S. 2.
3) Rüppel. Reisen in Kubien. Frankfurt a.M. Iä29. S. 13i.
4} Beiseskizsea ans Noidoetafrika. S. 80«.
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Handelsttr»Aeii und Hftndelsmittelpnnkto in Nordost-Afrika. 287
gedrungen war, ohne allerdings in Uujoro vollständig festen Fuä fassen zu
kOnnen.
Dnrch diese Straße war es möglich, von Ägypten aus Handelsverbin-
dmigen mit dem elfenbeinreichen Uganda anzubi^nen. Der Hauptort in
diMen Gegenden war das Ton SkUvenjägem gegrfindete Fatiko, welches
kleinere Stationen bis an die ünjdroseite des Yiktoria-Nil Torgeschoben hstbe.
Anfimgs in erster Linie dem SUaTenbandel dienoid, wollte die ägyptisch«
Regienmgy nachdem die Bakerscbe Expedition den Nil für diese Zwecke g»>
schlössen, Tersachen, den Elfenbeinhandel in dieser Kirhtung zu ziehen; dieser
war im allgemeinen nach Sansibar geleitet: traf doch die Bakerscbe Kxpe-
dition in Uganda Händler aus Karagwc*), die für ihren König Eltenbein
kauften. Mitte der siebziger Jahre vermochte der zur DiirchtÜhning der an-
gegebenen Absicht entsandte Oberst Long zwar den König Mtesa datiü- zu
gewinnen, den Weg nach Sansibar m schliefien und im Interesse von Agyp-
tem BIliBQbeinmonopol sein Elfenbein nach Gondokoro su schidcen,*) der
Mahdi-Auflrtaad Terlünderte aber ein praktisches lärgebnis dieser Zusage.
Von Kbaitom ans wurde auch sehr bald au Lande die Veriiindung mit
der wichtigen Handelsstadt El Obeid, der Hauptstadt von Kordofan, herge-
stellt. Drei vielhereiste Straßen verbanden bei Ansbrnch des Mahdiau&tandes
diese beiden wichtigen Ortet eine nördliche, w^elche von Omdurman ziemlich
direkt nach El Obeid führte, eine mittlere, die gewöhnliche Karawanenstraße,
welche bis Turra el Hadra liings des Nil entlang ging und dann über Bara,
und eine dritte südliche, welche den Nil bei Duem verlassend direkt die
Hauptstadt von Kordofan erreichte. Dieses Land stand bis zur Eroberung
dmcÄt die Ägypter unter der Hensobaft von Darftir nnd wfinente sich eines
großen Wohlstandes, Karawanen ans Abessinien, ans dem Lmexn Afrikas, ans
Ägypten Inackten ihre Produkte in die beiden wüditigsten Handelsstädte des
Landes, El Obeid und das wenig nSrdlich gel^{ene Bara. Bn der Eroberung
durch die Ägypter wurde El Obeid, das ja schon seit langem als eine der
wicbti^'^sten Handelsstädte des Ost-Sudans blühte, vollständig zerstört und ge-
plündert. Alsbald wieder aufgebaut entwickelte es sich in Folge seiner guten
Lage sehr günstig und zählte 1888 bereits wieder 12 000 Einw.^), 1855
20000 Eiuw.'), 1877 30000 Einw., obwohl das übrige Land besonders in
Folge des schon erwähnten Monopolsystems der ägyptischen Regienmg die
alte Wohlhabenheit auch nicht annfthemd wieder erlangen konnte. Wesent-
lich trag hieran bei, daß der Bnltan von Darftur, nachdem er einmal seina
BelbsOndigknt dnioh das Umsichgreifen der tttrkisdien Macht im Sndan be-
droht glanbte, allen Verkehr mit KordoCu usw. abschneiden ließ. Die Folge
war, daß alle aus Wadai und den Ländern bis znm Tsad kommenden Pilger-
und Haodelskarawanen, welche friiher über El Obeid nach Schendy oder Dongola
sogen, ausblieben; aber der Verkehr mit den freien Negern war eine unver-
siegbare Reichtumsquelle für die Handelsleute von Obeid, wenn auch hier
wieder die Monopolmaßnahmen der ägyptischen Regierung ziemlich enge
1) P all nie. Beschreibung von Kordofan. S. 8.
S) Prouet. Gen. Rep. ol the prov. of Koidofan. Kairo 1877. b. 76.
8) P. M. 187$. 8. SM. 4) Ebda. 8. 417.
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288
D. Kfl rohhoff:
Schranken zogen. Nachdem im Jahr 161 ü Darfur endgültig unterwortien
war, wurde £1 Obeid wieder der Hauptbandelsplatz aller aus jenen Gegenden
kommenden Avdnkte, von denen in «riter Linie in nennen ^nd: Sklaven nnd
StanuiBenfodeni; aas Takhele nnd den Lindnrn der Nnbaaeger Gold nnd
SUaren; anfierdem als bedeutende Handelsartikel anf den Mlikten Ton El
Obeid ond Bara Gnmmi und angegerbte Häute.
Prouet gibt den Wert der jährlichen Ausfuhr aus Kordofan wie folgt an:
Gummi 55 000 Pfd. St., ungegerbte Häute 25000 Pfd. St., Straußenfedern
75000 Ptd. St Nach demselben Offizier wurden noch von Kordofan ein-
geführt: Baumwnllenzeuge im Wert von 40000 Pfd. St., andere Gegenstände
im Wert von lOOOO Pfd. St.')
Ende der siebziger Jahre wurde der wöchentliche Markt in El Obeid
▼on 4000 — 5000 Menschen besucht
Noch bemr die wichtige StraBe nach Khartom erOfiiet wardsi bestand
ein direkter Weg nadi der damals bedentenden Handelsstadt Sennaar, der
über Korsi, Omganatir vnd Sohabie, die lUbrrtelle über den Bahr el Abiad,
führte und auf dem besonders Gold und Sklaven nach Osten und von
Suakin aus Indien kommendes Sandelholz, welches bis Bagirmi verkauft
wurde, befördert wurden. Als zu Beginn des 1 1>. .lalirhunderts die Räubereien
der Schilluk besomlfrs am Bahr el Abiail immer lästiger wurden, wurde
diese Strube l'hhz autt/egeben, und die Karawanen zogen direkt nach Sobendy;
diese Verbindung wurde aber nach der Zerstörung dieser Stadt und nach
der Gründung Khartums zu gunsten der Wege nach letzterem Ort aufgegeben.
Von El Obeid war der KU nach dem Eindringen der ägyptischen Hemohaft
in jene Gegenden auch auf dw direkt nördlich nach Debbe ftthrenden StraBe
SU erreichen, doch wurde dicBC Verbindung wenig benutst, da sie stets un-
sicherer war, als die nach Khartum; dazu kam, daB eine ftber Debbe und
dann nUabwtrts ziehende Karawane nicht vor sechs Monaten, oft einem Jahr
in Kairo sein konnte, Körend diese Stadt Aber Khartum in 15 Tagen er-
reicht wurde.*)
Nach W^esten führten drei Wege von El Obeid, die sich alle in Ril ver-
einigten, um von hier gemeinsam Kobbe, die wenig nördlich der politischen
Hauptstadt £1 Fai>cher (1874:12—1300 Einw.) gelegene wichtigste Handelsstadt
Darfiirs su eireidben.')
Schon bald nach der Besetzung Kordo&ns durch die Ägjrpter hatten die
Araber ihre Handelsbesiehungen weiter nach Sflden ausgedehnt, und sehr bald
entwickelte sieh im Südosten von El Obeid, mit diesem durch eine vielbe*
gangene Karawancnstrafie verbunden, Schabun zu einem für den Negerhandel
wichtigen Ort Er war der Hanptstapelplatz für den Goldhandel im Süden
von Kordofan, und Handelsleute aus letzterem bezogen von dort außer dem
(iolde Elfenbein, Hhinozeroshöruor, Tamarinde und ähnliche Naturprodukte.
Diese blühende Stadt wurde im Jahr 1836 von Mustapha Hey, dem da-
maligen Greneralgouvemeui- von Kordofan, bei Gelegenheit einer Sklaveigagd
1; Prouet a. a. 0. S. 76. 1) Bull. boc. Gi^ogr. Paris. 1865. S. S66.
S) Büppel a. a. 0. 8. 176.
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Hftndeliitrftften und HABdelimitt»lpiinkte in Nordost-Afrika. 289
und nur in der Absicht, einen cToßen Sklaveiitrausport bringen zu können,
im Ötarm genommen, wobi-i K300 Menschen erschlagen wurden} ebensoriei
wurden nach Konlofau geführt, der Rest cuttloh.')
Die von Öchabun gespielte Rolle ging an Sehekka über.*) Entsprechend
der Festigung der ägyptischen Herrschaft drangen über diesen Ort die ara-
biseheii ffibidler weiter nadi Sttden in die Gebiete des Bahr el Ghaial Tor;
und als im Jahr 1855 die erstem Handelfbariceii diesen Fluß aoMrts ftihren*)
und deren Besitaer Ton Mechra er Beek ans nach dem Lmem Tordrangen,
teafen ae auf die Kordofaner und Darfurer Sklavenhändler, die ftber Hoferat
•1 Nahas regelmftflig Karawanen bis zu dem Handelsplatz Teiganna sandten.^)
Ffir die von Khartum zu Schiff nach jenen Gegenden kommenden Händler
handelte es sich nur um die Gewinnung einheimischer Produkte, besonders
um Elfenbein, sehr bald aber erkannten sie das Gewinnbringende des Sklaven-
handels und zogen nun auch dieses Geschüft in ihren Wirkungskreis mit ein.
Rücksichtiilos wurden die Menscheujagdeu betrieben, und es ist klar, dali unter
diesen Veririrttnissen an einen nennenswerten anderweitigen Handel nicht sn
denken war.
Bis 1878 blieben die BldaTenhUndler Herren der Bahr el Ohasal-Provins
nnd drangen innerhalb dies«: nnd Aber ihre Grenxen hinaus immer weiter
naidi Süden vor, so daß wir sn Beginn des ^fahdiaufstaudes ihre vordersten
Stationen jenseits des Uelle am Bomokandi und südwärts dieses Flusses
finden*), wo sie ungefähr mit den Arabern aus Sansi!»ar, die längs des
Kongo nordwärts gebend, ihre Sklavenjagden betrieben, zusammentrafen. Der
Hamlelsverkehr iu jenen (iegendeu war und bliel) s/ering, wie sich aus den
Mitteilungen Casatis ergibt, daß der Uelle von Barken dui-chkreuzt werde,
daß aber der Verkehr zwischen den verschiedenen Lftndem in Folge der Ri-
YaUtat d«r einzelnen Stimme anf sehr enge Kreise beeduinkt bliebe^; ein
gleidies galt Tom Bomokandi, anf dem im ganzen nnr fünf F&hrstellen xur
Verbindung beider Ufer Tinhanden waren.^
Die in jene Gegenden vordrängenden Mohmmedaner legten als Stfttapunkte
fBr ihre üntemebmnngen Seriben an, von denen die widitigsten Dem Soli-
man, Ganda, Wania waren. Von diesen führten begangene Handelsstraßen
nach Mechra er Reck, dem Haupthafen der Provinz Bahr el Gha/.al, utid nach
Norden über Sehekka nach El Obeid und über Hoferat eu Xabas nach Dartur.
Hauptsächlich dienten diese Verbindungen dem Trausport von Sklaven und
mehr uebeubei dem vou jSli'eubeiu. Zur Beförderung besonders auch der
enteren wmde in der ersten Zeit nadi der Ägyptischen I^bemng »miehst
in wmtgehendstem Mafie der Nil benutzt. Zu Beginn der sechager Jahre
veibot die Igyptische Begiemng bei Todesstrafe den Sklavenhandel und bis
Ende des Jahrsehnts war es gelungen, den Handel auf dem Mil wesentlich
einsnschrtbiken; die Hindler wurden gezwungen, wenigstens die Hanptstationen
1) Russegger a. a. 0. Bd. II. S. 196. 2) Schweinfurth a. a. 0. ä. 388.
8) Ebda. 8. 99i. 4) P. M. Erg.-H. 16.
6) Janker a. a. 0. Bd. II. S 320. P. M. 1883. S. 291.
ß) ra<;nti 10 Jahie in Äquafeoxia. Bamberg 1891. Bd. L S. 218.
7) Kbda. S. 192.
OMgnphlldMMlNkxlft. tS-Jahrgao«. 190t. ft.H«(l. SO
290
D. Kfirehhoff:
711 ninpohen; so nahmen z. B. dii'^ Elfenbein und die Sklaven aus Fatiko, mn
Ladü zu umgehen, ihren Weg über Wania nach Gambah — Schambäh'), von
diesem Ort wurden Barken bis kurz vor Khartum benutzt. Strenge Maß-
nahmen machten auch diesen Vorkehr unmöglich, und Anfang der siebziger
Jahre konnte Becker feststellen: „Nicht ein Sldave kann den weißen Nil
hinAbkommen.'*') Der BUavenhandel wur hi«rdiireh m keiner WeiM baidtigt,
68 wurde nur erreicht» dafi die SUaven nimindir auf nnbekumten PfiKleii
dnrch die Wflate geeehleppt wurden, wobei mehr ah die Hilfte der üa^ttek-
liehen den Anstrengungen und Bntbehmiigen erlag. Die neuen Wege gingm
teils durch das Land Sennaar sum T^otea Meer, besonders aber durch Kw
dofan und Darfur, das sich, wie schon hervorgehoben, nach dem Vordringen
der Ägypter nach Süden vollständig abschloß, wodurch besonders der sehr
lebhatte llamli ] mit Kordolan vollständig nnterbrochen wurde. Auch auf den
anderen Straßen war der Verkehr sehr *'rs< liwcrt, wie sich aus einem Brief
des Konsuls Vaudey ergibt, in dem es heißt, daß von den beiden Uaupt-
kamwaoenstraBen nach Darftir — den von Ägypten Aber die Oase Selime
ffidli<^ und von Dongola sfldwesttich führenden — die eratare jetzt ganz
verlassen, auf der sweiten kflnemn nnd weniger schwierig m boeiaenden aber
der Eintritt in Darfor bei Todesstrafe verboten, der Verirehr Fariseher Kanf-
leute auf ihr daher gering sei.') Im Jahr 1874 wurde Darftir, der große
Knoten des smtralafrikaniseben Sklavenhandels, von Igyptisehen 1Viq[»pen
besetzt.
Einen regen Hiin<ielsverkehr liat l>art'ur von jeher mit dem kommerziell
wenig ausgebeuteten Wadai unterhalten; er vollzog sich zumeist auf dem
mittelsten der drei vorhandenen Wege, dem von El Fascher über Dumta
.nach Abeschr, der Hauptstadt Wadais.^) Diese Stadt, früher ein kleiner
Ort, wurde Ende der viersiger Jahre aar Residenz ansasehen und wt*
wickelte sich anch als Handelsstadt schnell, im Jahrs 1860 betrug ihre
Einwohnertahl 10—15000, wfthrend die frühere Hauptstadt Warn in kunsr
Zeit jede Bedeutung verlor. Als zweite sehr wichtige Handelsstadt ist
Nimro zu nennen. Der sehr schwungvolle Handel mit Sklaven, StrauBen-
^dem und Elfenbein hatte in Folge der von Seiten des Sultans gegen die
Händler durchgotuhrteu Bedrückungen um die Mitte des 19. Jahrhunderts
fast ganz autgehört und wurde erst unter seinem Nachfolger Ali wieder leb-
hafter. Außer auf der Straße nach Darfur bewegte sich der Verkehr mit
Ägypten auch auf dem direkten Wege über Djalo. 'j Zu Beginn des vorigen
Jahriraaderts war eine direkte Verbindung mit der NordkOste durch Begehen
tdnes Karawanenweges angebahnt worden. Seit Ende der fttn&iger Jahre
wurde jedoch der direkte Verkehr zwischen Beugad und Wadai in Folge der
BEubereien der Wflstenstimme abgeinnochen und selbst die Strafie nadi Mursuk
scheint verödet gewesen /\i sein, wozu auch die ünterdrfickung des Sklaven-
handels in den türkischen Lftndem beigetragen haben mag**) Die Verhftltnisse
1) Marno. Reisen im Gebiet dee blauen und weiSen Nil. Wien 1874. 8. 91.
8) F. M. 1873. S. 36Ö. 3) Ebda mv2. S. 45. 4} Ebda. 1876. S. 188
5) Xachtigal. Sahara und Sudan. Bd. HL S. 864.
6) r. M. 1862. Ö. 31.
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HandelssttAflen and Handelamittelpunkt« in Nordott- Afrika. 291
luderten nch Anfangs der siebziger Jahre, wUirend der Anwesenheit Nach-
tigals im Jahr 1872 kam xum ersten Val eine &urawuie mit gröfierem
Ki^talwert an, die als Ausgangspunkt nicht Kairo sondern TUpolis hatte.')
Eine weitere Ausgestaltung erhielt der Verkehr nach den Kllsten des mittol-
liindischen Meeres nach der Besetsnng Darfurs durch die Ägypter, indem in
Folge des von letzteren eingeführten unswekmäßigen Zoll- und Abgaben-
systems die Hiln'ller die Richtung nach dem Nil immer mehr mieden. Be-
sondi^rs der Handel mit Bengasi heh-bte sich immer mehr, seitdem Tripolis
als Hauptstadt der türkischen Regierung in Nord-Afrika immer mehr auf-
hörte ein wichtiger tiklavenplatz zu sein, denn der Sklavenhandel mufite
sich nun einen neuen Weg suchen. Diesen fand er zum größten Teil auf
der StraBe, welche im Osten durch die libysche WOste Aber Enfra nnd Djalo
nach Bengasi fahrte. Der ach hier bewegende Handel erhielt einen nenen
Impuls, als Ifitte der nennsiger Jahre der Usurpator Babeh sein Land gegen
Osten, Nordosten und Norden abschloß.') Wadai suchte und fand für den
ausbleibenden Handel nach Bornu Ersatz durch eine sidi immer kr&ftiger
entwickelnde Handelstlltigkcit auf der Stniße nach Bengasi. Besonders wurde
um diese Zeit ein starker Import von <iewehren und Sehieümatorial nach
Wadai testgestellt. Diese günstigen V'erhSltnisse blieben bestehen, bis Ende
der neunziger Jahre die Räubereien der Wüstennomadeu den Verkehr immer
unsicherer gestalteten, und der Handel mußte fast ganz eingestellt werden,
als in Beginn dieses Jahrhunderts in Folge von Thronstreitigkeitan in W«dni
hefUge innere Kimpfe ausbrachen.
Die in firflheren Zeiten ziemlich staj^ begangens Straße Wara — Oase
Selime an der Karawanenstraße El Fbscher — Sint wurde bereits in den fttnf>
siger Jahren nur sehr wenig benuts^ dagegen fahrte aus Wadai nach Westen
eine sehr Tiel beschrittene Karawanenstraße nach Masena. Bereits Barth
berichtet, daß eine Karawane ans Ximro in Wadai angekommen sei. Die
Fracht bestand hauptsUchlich in Kupfer von dem großen Kuj)t'erberg\verk
H*it'ra en Nahas im Süden von Darfur, das die Karawane aufwärts bis nach
Kairo brachte, dies schöne Metall gegen das von den arabischen Kara-
wanen aus Tripolis eingeführte alte Kupfer den Markt behauptete. Außer-
dem beförderten diese Karawanen Salz Ton Bahr el Ghazal nach Wara, wo
es von Dtjellaba-Hlndlem aufgekauft und bis nach Logen nnd Küssen ge-
bracht wurde.*)
Wie Jacger nachweist, blieben diese Tlandelsverhältnisse bestehen, bis
Rabehs Umwälzungen in den Ländern des Tsad sich föhlbar machten, denn
nach ihm findet man anch Haussakaufleute, die von Kano mit Indigo ge-
färbte Hemden bringen, um die von Darfur gebrachten Esel dafür einzn-
tauschen. Wir befinden uns also hier in Baginni an der Stelle, an welcher
der Handel Nordost-Afrikas mit dem Nordwest-Afrikas zusammenstößt.
(Schluß folgt)
1) Nachtigal a a O ? 264. '2 Op])Pnheim. Rabeh. iS 63.
3) Barth. lleiüeD und Eutdeckaogen in >iord- und Contralafrika in den Jahren
1849— Gotha 1869— ISSO. Bd. III. S. SOff.
Digiti/oü by Cjt.)0^lc
292
Geographische >ieuigkeitea.
Geographische Neuigkeiten.
Zuuunmeiij^tellt von Dr. Angust Fitsaa.
♦ Neue Erfahrungen über Koral-
lenriffe hat Prof. Voeltzko w auf seiner
von 1908 — 05 im westüidien Lidiiofaen
Ozean ausgeführten Forsch angsreiee ge- ,
macht; über dun Ergebnis der Heise, das
eine ganz neue Vorstellung von dem ,
BannndderEntwiclclangsgetehiehte
der Korallenriffe des westlichen Indischen
Ozeans erweckt, und da« für die LÖBung
der Bitffrage epochemachend zu werden
▼«nprieht, berichtel yo«lt>1tow in „Petor-
manns Mitt" 190G. S 70: Auf der ganzen
Reise, an den Küsteniuäeln von Briti.sch-
und Deatoch- Ostafrika, auf Pemba, auf
HanritinB and Ceylon, ist ee nirgends
gelungen, ein aus sich selbst in größerer
Stärke sich aufbauendes lebendes Ko-
rallenriff zu finden. Die untersuchten
Riffe erwiesen sich ohne Ausnahme als
Bestandteile mHobtirrer massiver Kalkbiluke
wechselnder Zusammensetzung, die durch
eine NiTeanvenohielmng, hervorgemfen
durch einen über den ganzen westlichen
Indischen Ozean ^Icirbniiißi;: iiuH^iMlclinten
Rückzug des Meeres von geringem betrag,
trocken gelegt und dnreh die Oewalfc d«r
Wogen bis zur mittleren Flut-Bbbezone
abrasiert worden sind. Die auf diesen
Riffen aus dem Meere hervorragenden
Inselehen mnd die letiteii Beete des ler-
■tOrten Mutterriifs und bilden mit diesem
ein einheitliches Ganze von gleicher Zu-
sammensetzung. Die au manchen Stellen
•ich YorBndenden KonUengfatm, die ein
Korallenriff vortäuschen, zeigten sich bei
Prüfung ihres Untergrundes als sekundäre
Gebilde, ohne jede nähere Beziehung zu
dem Soekel, dem sie auftitsen. Nirgends
konnte die Bildung einer Insel auf einem
wachsenden Riffe in Betracht kommen;
stets fanden »ich die Inseln nicht, wie
bisher angenommen, anfgebant durch An-
h&nfangyon Bruchstücken und abgerollten
und versinterteu Bestandteilen eines leben-
den Riffes, sondern in allen Fällen ak
letzte Reste einee trockengelegten
und a1><.restnrbenen und später ab-
rasierten einst viel größereu Riffes, em-
pontcebeod aas der Stiandterrane, ein
einheittiohee Ganze mit ihr bildend nad
am Fuße allmählich in dieselbe übergehend,
kleinere isoliert" Felsen häufig nur bisher
erhalten geblieben in Folge dichterer Zu-
sammeneetaong ond grOBwer Sttike, aber
auch sie unweigerlich einst der Zerstörung
und dem Zerfall auheimgegeben. Durch
den erwähnten Rückzug des Meeres, der
Tor geologisch sehr knistr, fielleicht noch
in historischer Zeit stattgefunden haben
muß, findet auch die sich der Ont-
küste Madagaskars über GOO km hin er-
streckende Lagnnenkette eine ^nfSMbe
Erklärung: durch dii' Xiveauvernndemng
wurden die der Küste vorgelagerten Riffe
trockengelegt und später mit Sandwehen
überlagert; die Lagunen stelltti also nichts
weittT dar, als d«'n Straudkanal de? ehe-
maligeu Küstenriffs. Auch auf Ceylon ließ
sich für die dortigen Lagunen die gleiche
Art der Entstehung nachweisen. Das
weehnelnde Außere der Küstenpartii'ti <ler
Riffe und Inseln trotz ihrer gleichen £nt-
stehnng ist surficksnfBhren auf die Ver-
achiedenheit der Gezeitenhöhe; denn bei
einem Gezeiteiiunterschied von nur 1 m,
wie auf Mauritius, muß sich natürlich
eine andere Form der SteilkOste heiaui-
bilden als bei einem solchen von o — 6 m
wie im nordwestlichen Teile des ludischen
Ozeans. Ob sich diese neue Theorie auch
auf die Korall«iinaeln dee Großen Ozeans
wird fibertragen lassen, muß eingehender
Prüfung vorbehalten bleiben; die bisher
unerklilrte Erscheinung der Dol omitisieruug
des Biffkalkes in grOBeren Tiefen, die
sich bei den Bohrungen auf dem Pnnafbti-
Atoll fXI. Jahrg. 1906, S. 'J'J4; ergeben
hat, findet in Voeltzko ws Theorie eine
ungeiwongene Erklirang.
Europa.
* Ein Landgti winnungswerk am
westlichen Dollartgestade wird in
der nächsten Zeit dtirch ein Zusammen-
wirken der preußischen und der nieder-
ländischen Regierung beginnen. Es wird
beabsichtigt, von der Pogumer Deichecke
auH einen «tark'n Leitdamni in den Dollart
vorzutreiben, dem von der holländischen
Kfltte ans ein gleieber Damm entgegen-
gefflhrt werden wird, ünter dem Sohntie
L lyui^ed by Google
Geographische Neuigkeiten.
298
dieses LeiUiammes and mit Hille von
BeggeniDgen und kflnitlichen AvfhOhini-
gen würde sodann vor Dyksterhusen und
dem Kanalpolfler bald ein wertvolles Vor-
land vou inekreren Tausenden von Hektaren
geschaffen werden, dae Hunderten von
Familien Nahrung ond Wohnung bietou
wird. Dan hier in Frage kommende
Außendeichsland ist erüt allerneuester
Bildung; noch im Jahre 1896 lief jede
Flut bis an den Eanalpoldcrdeich heran.
Inzwischen aber sind dort Muhneu auf
eine Entfernnog von 270 m iu den Dollart
▼(»geeehoben und parallel cur Kflste in
einer Entfernung von 150 m Htiscb ange-
legt. Die Strömun>< wiixde hierdurch be-
deutend ruhiger, und der Seeschlick, den
jede Flut mit sich fahrt, konnte sich in
so koTEor Zeit in solchen ungeheuren
Massen ansammeln.
« Die ostfriesische Küste ist in
der Nacht vom 12. cum 18. M&nt von
einer Sturmflut heimgesucht worden,
die seit Menschengedenken an jener
Kflste die hOchste gewesen isi Die
schreck] iche AUerheiligenflut vom Jahre
1570, die lange Zeit als die höchste galt,
wurde durch die Weihnachtsäut vom
Jahre 1717 an H5he flbertroflSen, wie die
.Marken an der Snurfauser Kirche aus bei-
den Jahren anzeigen. Die darauffolgende
hikhüte Flut vom S. und 4. Februar 1826,
die lieh etftrker in dar Erinnerang eingrub,
hat allerdings diese Kirche nicht ganz
erreicht, da der Wasserschwall damals in
jene Gegend nicht so rasch und in etwas
anderer Richtung Tordrang, aber mehrere
andere Merkmale an der Küste Lcwi n,
daß diese Flut doch höher war, iils die
vorhergehenden; der au der alten Kmder
BOrgerwaefae angebrachte Pegel normiert
sie auf 2,2.3 m über Flutnull. Aber die
erste hohe Flut im '20. .Jahrhundert, die
von liK)l, stieg auf 3,94 m, und die vom
12. cum 18. Märs 1906 überbot aueh diese
wieder, indem sie bis auf 4,0G m auflief,
jene von 1825 also um 83 cm übertraf.
Es zeigt sich also eine fortschreitende
Zunahme der Fiathöhe, die sich vielleicht
durch die andauernd»- Senkung,', in der
die friesische Küste seit langer Zeit be-
grifhn lat, erUlien IftSt.
« Ein heftiger Teinvausbriu }i , der
■ich mit aeinf-n zerstörenden Wirkungen
denjenigen vom Jahre 7i>, lü3l und 1794
vergleidben lUt, begann Anfimg April
dieses Jahres und erreichte seinen Höhe-
punkt am 7. und 8. April; am 9. setzten
dichte Aschenregen ein, die sämtliche
StMdte und Dörfer des Vesuvgebietes, be-
Hoiulers aber Neapel, in Mitleidenschaft
7.ogen and die gesamte Vegetation diesen
Hezirkes vernichteten. Unter der Last
der niedergefallenen vulkanischen Asche
und der Lapilli brachen zahlreiche Wohn-
stfttten und Kirehen, wohin sich die er^
schreckten Einwohner geflüchtet hatten,
zusammen und begruben viele Hundert
Menschen unter ihren Tnlmmem. Die
Asehe wurde dnreh den Wind weit hin*
weg, bis nach Cottinje in Montenegro,
nach verschiedenen Zeitungsmeldungen
auch über die Alpen weit nach Norden,
bii an die Osisee-Kflsten getragen. Yen
gleich verheerender Wirkung wie der
Aschenregen waren die Lavaströme, die
dem Krater entquollen und aus ihm reich-
liche Nahrung erhielten. Die Stadt Boeeo>
trecaae am SOdostabhange des Vesnv«
wurde durch die Lavaströme zum großen
Teil sentOrt, die Stadt Torre Annunziata
entging mit genauer Not dem üntergange,
da der Lavastrom ungefähr 100m vorder
Stadt zum Stillstand kam. Während des
Höhepunktes des Ausbruchs wurden hef-
tige KrderschütteruDgen wahrgenommen,
da8 Meer war stark erregt und Hohien über
die Ufer treten zu wollen, sodaß die Ein-
schiffung der flüchtenden Binwohnenchaft
mit großen Sch wicri^'keiten verknfipft
war. Dureh die i^fwaltigen Aschenregen
sind die Weinberge and Obstgärten im
weiten Umkreise dee VesuTs Teinichtet,
und die Bevölkerung dee Ausbmehsgebiete
ist auf Jahre hinan« niinieri
Alien«
* Eine Durchquerung Tibets von
Chinesisch-Turkestan naeh Indien
will der österreichische Zoologe Dr. Zug-
mayer im Sommer 1908 auf eigene Kosten
au&Rihren. Von T;i-;chkent aus, wo Zug-
mayer am 2(J. Milr/ in Begleitung seines
Dieners eiugetrotfeu ist, geht die Heise
zunächst nach Kaschgar, wo vier Ein-
geborene angeworben werden .sollen und
die Ausrüstung der Karawane vervoU-
st&ndigt werden soll. Sodann erfolgt der
Weitermarsch am Siidrunde des Tarim-
ßockens üVut Jai kent, ( hotan nach Kerija,
von wo aus Anfangs Mai nach Tibet vor-
gedrungen werden soll, aunAohit cum
Digitizoü by C3t.)0^lc
294
Geographische Nenigkeiteu.
Jeachilkul, dann ostwärts dureh uiht
fonehte« Oebiei sam Dopleuc-Gebirge.
Von hier aus gedenkt sich dann Zug-
mayer wioder Büdwürt« zu wendt^i uml
über LhaHa durch das Tschuuibi- ial
Daijiling EU erreichen. Sollten sich dieson
Plane g^roße Hinflcrniss»' entpogenatcllen.
dann will Zugoiayer über (rartok nach
Simla oder über die i'ang Kuug Seen
nach Leb zurdckkehxen. Jedenfalls soll
vor Eintritt des «tr^nf^en Winters einer
von diesen I'liilren erreicht «ein. Uaupt-
Bweck der Reise sind geolugische Samm«
lungen und mSglichst sahlxeiche Orts-
Qnd Höhenheütimmungen.
« Ein heftiges Rrdbeben erschüt-
terte am 17. mn die ganze Insel For-
niM-;i; vom frühen Morgen bis spät in
die Nacht hinein dauerten <lie Krdstoße
fort, leichte Erschütterungen wurden auch
in Japan verspürt. So worden in Enmamato
während der Nacht und am folgenden
Morgen fünf deutli<lie Erdstöße wahr^je-
Dommen. Nach teilweiser Wiederher-
eteUnng der telegraphisch«! Verbindung
awischen Tokio und Formosa meldeten
Telegramme, daß die Idühenden Orte
Datrgo, Kavisbiku und Schriuko vollständig
serstSrt worden sind. Die Zahl der wUtrend
des Erdbebens Umgekommenen wird auf
mehrere Tausend geschätzt, in Datrijo
wurden ungefähr 600 und in Kagi 200 Tote
ges&hli Die Beh<»rden und die Be-
v"ilk>ning verrichten ihre Arbeit. n ent-
weder unt^r freiem Himmel oder in schnell
insammengezimmerten Hütten. Der Sach-
schaden ist ungeheuer. Am 14. April
wiederholten Kich die ErH< hiitteningcn mit
noch größerer Heiligkeit, wobei die Stadt
Kagi au meisten gelitten hat; alle EMn-
ser, die beim ersten Beben der Vemieh«
tung ent^cin^'en waren, worden serstSrt
and lOi) Personen getötet.
Afrika.
• Wegen des zwischen dem Kongo-
staat und dem englischen Sudan strei-
tigen Gebietes sQdlioh von 60*n.Br.
und nordöstlich von der Nil-Kongo-
Wasserschei de bis zum Nil XI. 1905.
S. 588) ist jetzt zwischen den Kegierungen
des Sndan und des Kongostaates ein vor-
l&nfiges Übereinkommen getroffen
worden. Danach verst«^lit Bich der Konj?o-
staat zur Häumuug der in dem streitigen
Gebiet liegenden ron ihm besetzen Ponkte,
die er seit dem Äbschluü des vom belgischen
Hauptmann Lemaire, als Vertreter des
Kongoi^taateri , und von dem Gouverneur
von Bahr-el-Gha»:al , Major lioulnoL), als
dem Vertreter Englands im Märx liK>5
herbeigeftüuten Vertrages innehatte. Nach
ileni neuen rbi-reinkommon sollen die
streitigen Gebiete vorläutig durch suda-
nische Beamte verwaltet werden. Anderer-
seits werden die seit mehreren Monaten
bestehenden neschränknngen dor Nilsi liiff-
fabrtf nach denen e« Dampfern nicht ge-
stattet war, an belgischen Stationen an-
xnlegen, aofgehoben und die Verbindung
mit den am Nil fjelegfrien belfrischea
Stationen wiederhergestellt. Durch da«
neoe Abkommen veiiierfc der Kongo s taat
nicht nur einen Gebietileil von ziemlicher
(iröße sondern auch den direkten Zu-
gaug zum Nil, von dem er nun voll-
kommen abgedrängt worden ist.
AnntraHen und auhtruliMche Inseln.
* Durch Buschbräude von außer-
gewöhnlicher Aoedehnnng and Heftigkeit
Hind die sfidliohen Staaten von
Australien zu Anfang dieses Jahres arg
heimgesucht und große Verluste an
Hensehenleben ond Eigentom Temreaeht
worden. In Folge der schon Weihnachten
einsetzenden Hitze, die bis 66" C. im
Schatten und 72" in der Sonne stieg und
den gansen Januar Aber anhielt, fluid
dan meist durch UnvorHichtigkeit ent>
stehende Feuer überall reiche Nahrung.
Viktoria wurde am meisten heimgesucht,
im Distrikt Gippelaad dflrfte die Zahl
der Ojifer 60 übersteigen; erschreckend
groß ist die Anzahl der durch Rauch
ond Hitse Erblindeten. Gegen das Vor-
dringen des Feuermeeres waren alle sonst
angewandten Mittel. Abgraben, Gegen-
feuer usw., völlig nutzlos, kaum das nackte
Leben konnten die vom blitsschnell da»
liinrasenden Elemente Oberraschten retten.
Tausende, dnninter auch viele deutsche
Ackerbauer, sind an den Bettelstab ge-
kommen.
* Eine Flutwelle von außerge*
w 11 Im Ii eher Höhe ging in der Nacht
vom 7. zum 8. Februar 1906 über die
Insel Tahiti hinweg ond serstftrte die
an der Nordwestseite liegende Hafen-
Stadt Papeete vollständig. Bei fallen-
dem Barometer aber ohne Sturm begann
das Heer im Hafen von Papeete am
d by Google
Geographidclie Neuigkeiten.
295
6. Februar unruhig zxx werden, am 7.
Abends verließ das Meer seine Ufer und
begann in zwei bis drei Meter hoben
Wellen sich über dieStedt hinw^nwaigea,
alles mit nich fittlreifiend and unter sich
begrabend, was sich ihm in den Wo-y
stellte; nur wenige, geschützt liegende
Steinh&nser wnrden vor schweren Schftden
behütet. Da die Bevölkerung rechtzeitig
flüchten konnte, war der Verlust an
Menschenleben gering, die ganze Stadt
P»peeto wurde aber in eine wfiete Stfttte
verwandelt. Bis zum Morpen dos 8 Fe-
bruar setzte die See ihr vernichtendes
Toben fort, dann setzte ein Orkan von
der Landaeite ein und bladigte die Gewalt
des wfitenden Meeres WUhrend des
Sturmes sank das Barometer aul' 73<.) mm.
Die Paumotn-lnseln, welehe im Januar 1U03
von einer fthnlichen Katastrophe heim-
ge«iioht wurden, wurden diesmal nur teil-
weise betroffen; was aul* dem Wege der
Zyklone lag, wurde vom Meere und vom
Stonne vernichtet.
♦ Der Vulkan auf Savuii XI 1905
8. 641)« dessen Entstehen und Tiltigkeit
Iniher niehii fieeo^is Erret^ndes fBr
die Ineel und ihre Bewohner hatte, droht
nun doch zum Verhängnis der Insel zu
werden und hat bereits ihren wertvollsten
Teil an der Nordkflate, der fast vollkommen
nnter Enltur stand und unter großen
Opfern mit einem Wegenetz versehen
worden war, unter seinen Lavamasseu be-
graben. Anfiuigs Deaember vor. Jahree
fiknden unter ungeheurem GetOse heftige
Ausbrüche des Vulkans statt, und seit
dieser Zeit wälzen sich LavastrOme von
vielen Meilen Unge ans drei verachiedenen
Stellen am Fuße des Tulkans dem Meere
«u, das sie an einer Stelle schon erreicht
haben. Die Lava erreichte am 28. De-
aember dae Flnfbett deo AUa TsopeiiMi,
in welchem sie sich mit großer Gesrh windig-
keit dem Meere zu bewegte; am 29. De-
sember zerstörte der Lavastrom das Dorf
Taopaipai und die in seiner Nähe liegen-
den wertvollen Palmenwiilder und ergoß
eich dann ins Meer, sich in dem seichten
Wasser bis m dem weit vorgelagerten
Riffe vorschiebend. Ende Januar zeigte
wich wieder eine ganz bedeutend erhöhte
lätigkeit des Vulkans; das große, in Folge
■einer bedentenden Kakaoknltnren wohl-
habende Dorf Malaeola, zwei Meilen öst-
lich vom ersten Onrchbmcb, wurde äber-
flutet und ganz ausgebrannt. Auch wett»
lieh von der alten Lava floß vom 2»* .Tanuar
bis H. Februar ein neuer Lavastrom hinunter,
der das Dorf Salago serstOrte. Die neuen
StrOme seiehnen sich durch besondere
Höhe aus, und es steht zu befürchten,
daß ganz Nordost-Savaii unter Lava be-
graben vrerden wird. Der anstoBende
Bezirk Saleaula ist ebenfalls schon fast
ganz vernichtet, die Plantagen sind liing-<t
zerstört und die beiden Dörfer Lepule und
Yaitiratnn verbrannt. Auch brannten sich
wieder neue gewaltige Ströme direkt vom
Vulkan durch den Busch, um den Durch-
bruch zum ^leere zu erzwingen. Furcht-
bar war das Bild der sich ins Meer
schiebenden, glüheydci! und schwarzen
Steinmassen. Uochauf kochte und brodelte
das Wasser in weitem Umkreise, tote
Fische und Seetiere schwammen umher,
und über dem rjauzeu liifjeu <He Dunst-
ballen und weißen Dämpfe, die beim Ein-
dringen der Lava ins Wasser entstehen
Noi'duniorika.
* Ein Erdbeben von uußürgewöhn-
licber Heftigkeit eEschiltterte in den Mor>
genstunden des 18. April das schon häufig
von Erdbeben heimgesuchte Kalifornit>n
und zerstörte die im Mittelpunkte des
erschflttnien Gebietes liegende Stadt
San Franzi.sko nebst einigen kleineren
benachbarten Orten. Die Erschütterung
wurde auf dem ganzen nordamerikaui-
sohen Kontinente verspürt imd anch vmt
den Apparaten der europäischen Erd-
i bebenstationen registriert; trotz <\ri nn-
. gefähr 14 öOO kui weiten Enti'eruuug
I zeigten die dentsehen Seismometer Er^
I schütterungskurven von außerordentlichen
[ Abmessungen und das Leipziger Seismo-
meter zeigte Ausschläge, die einer Boden-
sehwanknng vim 1 bb 1,6 em entspreehen.
Nach dem Erdlnbeu überflutete eine
Springflut die niedrig gelegenen Teile
der Stadt, und in Folge von Bodensen-
kungen bfacfatti die Bohren der Oaslei-
tungen, wodurch eine Keiierslu-unst ent-
stand, die die gänzliche Zerstörung der
Stadt zur Folge hatte. Gegen 1000 Men-
schen bflßten ihr Leben ein, der verur-
nachte Materialschaden wird auf 3oo Mil-
lionen Dollars angegeben. Sobald der
Brand der Stadt, der wegen Wassermangels
mehrere Ttge wütete, gelOscht war. ent-
warf man neue Pläne zum Wiederaufbau
Digitized by Google
296
Geographiich« Nevigkeiten.
(\fr Ptadt, den man in höchBteos fünf
Jttiiren voUemiet zu haVien hofft.
Kord-Folargegeuden.
* Die Erriditang der dftniBeben
wissenBchaftlichen Station inGrön-
land (Xl.Jhrg. 190Ö. S. VIS i^t nunmehr
gesichert, nachdem Juetizrat liolck in
Kopenhagen eine gröBere Snmme bei-
gesteuert, und die dttnischo Regierung
eine jiihrlichf Beihilfe von lOOOU Kronen
xugesagt hat. Die Station wird un der
Sildkfiite der DiekoJnael errichtet wer-
den und ein biolopigrhe- LiilMiratorium
enthalten, da« unter der Leitung des
Botanikers Porsild stehen und auch
einige Arbeitsplätze f&r firemde Natur-
forscher enthalten wird. Kitie niuplichst
vollständige arktische Bibliothek, die man
durch Schenkungen zusammenzubringen
hofft, soll die Arlx iton im Laboratorium
unterstnt/en Wie <lie kainerliche Haupt-
station für Erdbebenforschuug in Straß-
burg mitteilt, hat dch Porsild bereit er-
klärt, neben der biologischen auch eine
Beismisohe Station 7,n errichten und zu
leiten, zu welchem Zwecke der Station
ein eeismieeher Apparat auf Kosten
der internationalen seismischen Assozia-
tion zur Vorfügung gestellt werden wird.
Die Kutiten für die Errichtung uud den
Unterhalt der Miamisdien Station ftber-
nimmt der diniaehe Karlabergfond. Por-
sild wird vor seiner Abreise nach (irön-
laud in Straßburg die Methoden der iie-
obachtong kennen lernen und den seis-
niachen Apparat in Empfang ndunen.
Heera«
* Das Vei-messungspchiff „Planet"
(XI. 1905. S. 643) hat den ersten Teil
seiner wfeseniehaftliehen Anfii^ben wfth-
rend der Ausreise, die Erforschung de«
ostatlaiitiscb'-ii H/eaiis Ix cndet. Die Unter-
suchungen, welche außer von den Schiffs-
offizieren von Prof. Dr. Kraemer (Kiel)
und Dr. Brennecke (Hamburg) ausge-
führt worden sind, haben ein reif lies
Material ergeben; es wurden Aufsliege
von Dradienballons, Tieflotnngen, Tempe-
ratormesanngen nnd Planktonunteranch-
unpeii vorgenommen. Der „Planet" ist
vor kurzem in Kapstadt eingetroffen und
nininit dort einen Mageren Anfenthalt,
um Ach fiir eine Fahrt bia in die antaxk-
tischen Gewässer hinein aus/.unisten.
Darauf soll das Schiff in einem großen
Hegen den Indischen Ozean dnrchkrenxen
und dabei St. Marie auf Madagaskar, Fori
Lonis anf Manritiai nnd Oeflon anlanÜBn.
Die letzte Station im Indischen Ozean
ist Padang an der Westküste Sumatra«.
Durch die Sunda- Straße geht dann die
Reise nach Batavia nnd in die JaTa-See,
nach deren Erforschung man durch die
Banda-See nach Matupi fahren wird, wo
die Expedition voraoasichtlich Mitte Sep-
tember eintrifft
GeographlMher Untuniekt.
GtoogfmitWaeh» ▼orlenaiic«n
an den deuUch sprachigen Univcrsit&tcn und tech-
Discb«n Hochschulen im Soinmers«mest«rl906. U.
Sdtume.
Basel:
Bern: o. Prof. Philippson: Astrono-
mische und physikalische Geographie, 3 st
— LBnder- nnd Völkerkunde Ton Ame-
rika, 3 st. — Übungen für AnfÄnger, "ist
— Kolloquium, 2^1. — Arbeiten im In-
stitute. — Exkursioneu.
Blictoh: o. Pkof. Stell: FhTalsehe
(Jeographie, 2 st. — Allgemeine Ethno-
logie, 2 st. — Uthnologie der Seruul-
sphilre U, Ist — Die pazihachen Insel-
gruppen, Ist — Sfidenropa, tst
Österreich- Ungarn.
Czemowite: o Prof. Löwl: Mathe-
matinche (<eographie, 48t. — Ueographi-
sche Typen (ausgewfthHe Abachnitte der
speziellen Geographie), Forts., Ist
Graz: o. Prof Sieger: Allgemeine
physische Geographie II, 3 st. — Einfüh-
rung in die Antbzopogeographie, 2st ~
Übungen, 2 st.
Innsbruok: o. Prof. v. Wieser:
Ethnographie von Europa (Forts.), 3at —
Geographie der altorientaliaehen Koltor-
gebiete, 2 8t — Übungen, Ist.
Prag: o. Prof. Lenz: Geographie von
Afrika, 4 st. — Geographie von Skandi-
navien, 1 at — > Oeographiaebe Beapreehnn-
gen, 2 st.
Wien: o. Prof oti.Thummer: (Jeo-
graphie der Polarluuder und ozeanischeu
Inaein, 4at. — > Wien nnd aeine Vororte
nach Laf,'e nnd Entwicklung, 1 st. — Se-
minar, 2 8t. — Pd Müllner: Seenkunde
II, Ist — Pd. Grund: Geographie von
Oateireieh-Ungani, 68t.
Technische Hochschulen.
Danzig: Prof. v. Bockel mann:
Deutschlands Kolonien im Vergleich mit
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
Geographische Neuigkeiten.
297
den Kolonialieiehen der «ndem eorojA-
ischen Völker. — Wirtechaftsgeographie
von Großbritannien und Irland and des
britischen Kolonialreiches.
DttRUtadts Prof. Oreim: Mathe-
matische Geographie.
Dresden: I*rof. Graveliue: Wasser-
wirtechaft. — Der atlantische Ozean.
München: o. Prof. Günther: Physi-
kalische Geographie des Hochgebirges
(speziell der Alpen). — Handels- und
Wirtaohaftsgeographie I. — Seminar. —
o. Hon^Prof. GOts: Da« Dilurinm in
Europa.
Stuttgart : Oberatadieurat S c h u •
m*BB: LIi^Lerkande von Mitteleozopa.
Wien: Prof v. Böhm: FbyaiMhe Geo-
graphie von ÖKteneich-Ungam, Ist. —
Das Alpengebiet, ist.
Bflrich: Prof Frflh: Oseanographie,
2 8t. — Das Mittelmeergebiet, 'ist. —
GnmdsOge der Anthropogeographie, Sst.
Handelshochschulen.
Köln: 0. Prof. Rein: Warenkunde
der rüanzenstotfe, 3 st. — Die wichtigsten
Handelsartikel an« dem Tierreidi« Ist.
— Prof. Hassert: Landeskunde und
Wirtschaftsgeographie von Afrika, 3 st. —
Karteukunde, Ist. — Erythräa und Abes-
sinien, let — Übungen, Ist.
Frankfurt: Prof. Deekert: Ameiika,
4 st. — t bungen, 2 st.
* An der Universität Heidelberg
werden von diesem S.-S. an im geo-
graphischen Seminar topographische
Übungen durch den Dozintcn an der
Karlsruher technischen liuchsuhule und
Asmstenten am dortigen geoditisehen
Institut, Obergeometer Bürgin, abgehal-
ten; «it" bej^tplif'n im .'"'oniincr in Übungen
in der Handhabung der Instrumente und
Anfiiahnien im OeMnde; im W.>8. sollen
sich daran Übungen im Entwerfen xmd
Zeichnen von Karten anschließen. F. Th.
* Schon seit einer Reihe von Land-
tagssessionen bemühte sich das bayerische
Staatsministerinm des Innern für Kirehen-
urid Schulangclegenheitcn, die Umwand-
lung der außerordentlichen Pro-
fessar für Geographie an derMfln-
ebener üniTersitftt in eine ordent-
liche 0 904. S 17u} zu erreichen, aber
die Kammermehrheit lehnte die unbe-
trächtliche Mehiibrdenmg regelmäßig mit
dem Hinweit aof die «ndentliehe Pro-
ftssur für Geographie an der teehnisehen
Hochschule ab. Jüngst wurde endlich die
minist<"rielle Forderunj^' von der 2. Kain-
uier nahezu mit Stimmuneiuheit geueh-
migi. Die EVende darftber ist in Ata
interes.Hierten Kreisen, namt-ntlich bei den
Lehrern der Geographie an den bayeri-
schen Schulen groß, umsomehr, als man
sich der Hoflnnng hingibt, Iflnisteritun
und Landtag werden es bei diesem ersten
Schritte nicht bewenden lassen, sondern
die neugeschaffene Stelle auch so aus-
statten, wie es eine zeitgemäße Behand-
lung der Geographie als Wissenschaft und
Lehrgegenstand unentbehrlich erscheinen
läßt Nach Zeitongsnaehriehten soll Pkof.
Dr Erich v. Drygalski in Berlin als Ordi-
narius nach .München berufen sein. A. G.
« Prof. Dr. R. Lehmann, über dessen
Bfloktritt wir (S. 171) beriehteten, wird
auch fernerhin Mitt,'lied der philosophi«
sehen Fakultilt der Universität Münster
bleiben; er ist aus gesundheitlichen Grün-
den TOD der amtliohan Veipifliditang, Vor-
IcBungen /.u halten, entbunden worden und
hat die Erlaubnis zur Verlegung seines
Wohnsitzes ^nach Godesberg; erhalten.
Für dieses 8.-8. ist der Privatdosent an
der Universität Berlin Dr. W. Meinar-
dus mit der .\bhaltung von Vorlesungen
und übimgen über Geographie beauftragt
worden. Er liest: Allgem. phys. Geo-
graphie, II. Tl. (Meereskde.), 2 st. — Geo-
graphie von Asien, Sst. — Probleme der
Folarforschung , Ist. (publ.); hält Sst.
geogr. Übungen ab und veranstaltet
geogr. Exkursionen. F. Th.
* Prof. Dr. Brückner in Halle a. 8.
ist als Nachfolger Pencks als Professor
der physikalischen Geographie an die
Universität Wien berufen worden.
* Au der Universität Wien hat
sich der Professur am Maximilian-Gymna-
sium Dr. Frits Macha^ek als Privat-
dozent für Heographie habilitiert.
* Der Direktor des Gymnasiums in
Krotodchin Prof. Dr. W. Schjerning ist
mit der Abhaltnng geograpiii>cl!er
Vorlesungen an der Akademie in
Posen beauftragt worden; er liest in
diesem 8.-8. Aber „ausgewählte Abeehnitte
der allgemeinen Erdkunde**.
Vereine und Yereammlungen.
e Die die^ihrige 78. Yersammlnng
Denleeher Naturforscher und Ärste
üiyiiized by Google
298
Geographische Neuigkeiten.
findet vom 16. — 22. September in Stutt-
gart statt, Der Vorstand tlt-r Ahteilnnp
für G eo^raphie, Hydrographie und
Kartographie ladet die Fachgf'nossen
xur Teilnahme ein vnd bittet. Vortrage
und Denionstraf innen wenn mi'i^Hch bin
zum 16. Mai bei i'rof. Dr. K. Hammer
in Stuttgart, HegeletraBe 16, anmelden
zu wollen. Die allgemeine Gruppierung
der Vprhundlnngen soll so stattfinfb'ii, daß
Zusammengehörige» tunlichst in derselben
Sitrang Bur Besprechung gelangt. Be-
sonders dankliar wäre man für Vorträge
Aber (legenstände. die sich zur Be8])rech-
ung in kombinierten Sitzungen zweier
oder mehtexer verwandter Abteiinngen
eignen. Ein ausfdhrliches Programm über
die Versammlung wird im Juli •■rsoheinen
uud auf Veriaugen zugenundt werden.
* Eine internationale oieanieehe
und Fi 8ch e rci - A usstellu ng findet in
den Monaten April bis Oktober in Mar-
seille statt. Anf EioIaduDg des geschäfts-
Alurenden Awechnaiee werden tieh die
meistvii spf'f'ahrendcn Nationen an der
Ansstelluag beteiligen und die bedeutend-
eten Ozeanograpben, Tiefseeforscher und
Heeieebiologen werden an den Verhand-
lungen teilnohmen; der Tiefseeforschung
and den ErgebnisAcn dei neueren Polar-
foraeiinng werden bewndere AbteOnngen
gewidmet werden. Im Anschluß an die
Austeilung werden verschiedene Kongresse
■tattfinden : eine Versammlung von l'olar-
foncbem wird die in Hone (XI. 1906.
S. 641 l'egonuene Beratung der inter-
nntioiial'ii l'olart'oisfhung fortsetzen; im
September wird ein frauzöaischer Kolonial-
kongreB unter dem Voreitz von Charle«
Roux abgehalten; dann werden die fran-
zösischen gengraiihischen Gesellschaften
gemeinsam in Marseiile tagen und schlieÜ-
lieb wild die „Allianoe iranfaiae'S eine
Vereinigung zur Ausbreitung der franzö-
sischen Sprache in den Kolonien, einen
Kongreß abhalten.
* Da« Oxganisationicomitö de« X. in-
ternationalen Oeologenkongreeses
tS. III) teilt in einem weiteren Rund-
schreiben den endg\iltigen Plan der Aus-
flüge vor und nach den in Mexico vom
6. bis 14. September stattfindenden Sitsnn-
gen mit.
Die schon in der ersten Mitteilung
genannten Ausflflge vor der Tagung be-
ginnen am SO. und 91. Angust, an ihnen
können bis zu 30 Personen teilnehmen,
allein an der kurzen 3tllgigen Fahrt nach
Jalapa (nicht Jalaga) und Vera Cruz bis
zu 96A; die Teilnehmer an ihr kdanen
aber jetet sq denen am Bitt naeh Tolnca
stoßen.
Die große 20tlLgige Reise nach Norden
naeh den Sitenngen (IBr 960 Teilnehmer)
führt Aber Zacatecas durch das .Minen-
gel'it't von Majtimf, Conejos und Quebra-
dilla nach i'arraa; von da über Concep-
cion del Oro dotoh die Sierra de Sa. Rosa
nach Montery und S. Luis Potosi; sie
beginnt am 16 Sept. in Mexico und endet
ebenda am 4. Okt. Dann findet noch
eine weitere Fahrt rar Landenge von
Tehuantepec statt vom 6 —1.3. Dkt für
60 Personen) , die bis zum puzitihchen
Hafen Salina Cruz und wieder zurück zur
Hauptstadt führt.
Den Rabatt von 50 für die über-
fahrt mit einem Dampfer der „Hambarg-
Amerika-Linie** od« der „Compagnie
Transatlant iciue'* nach einem mexika-
nischen Hafen trii^'-t aufs liberalste die
mexikanische Regierung, der dafür
ganz besonderer Dank gebührt. Die
„F. C. Kadonal" bofit, bei einer Betei-
ligung von 100—200 Personen atich auf
den Linien der Vereinigten Staaten für
die Hin- oder Rflckfriut durch die üaion
eine Preieerm&Bigung zu erlangen. Anf
allen mexikanischen Hahnen ge-
nießen die Teilnehmer am Kongreß eine
Ermftfiigung von 60%.
Anmeldungen werden erbeten an:
W. Ezequiel Ordonez, Secrötaire g^neral
du Comite d'organisation du X". Congres
G^logiqne International, 6^. del Ciprds
No. 9798. Mexico, D. F. F. Th.
Bllelierliespmhaiiseii .
Kaiserliche Ma riue. Deutsche See- 1 17 Tat. u. 25 Textfig. Hamburg,
warte. DampferhandbaohfOrdenat- Friederichaen t Co. 1906. JL 5.—.
huitisohen Ozean. XVI n. 486 8. Dies. Atlas der Gezeiten und Oeieiteii-
Bfieherbetprechungen.
299
ströme fiir das Gebiet der Nordsee
nnd dar britiBelMii GewiMer. IS Taf.
2 S. Text. Ebd. 1905. 6.—.
Dies. Atlas der Stromverseizungen auf
den wichtigsten Dampfarwegen im
im Indiseben Omn und in den ost-
arifttischen Gewäflsem 52. Taf. 8 8.
Text. Ebd. 1905. JL 15.—.
Diea. Wind, Strom, Luft- tind Wasser-
temptrator auf den wichtigst* n T)am-
pferwcgen dt s Mittclmeeres. Nach den
Beobachtox^^en deutscher Dampfer be-
ariMitet 14 Taf. 60 8. Ttat. BeiL
i. d. f^OD. d. Hydrogr. u. Marit.
^reteoIol.» 1906. Berlin, Mittler k
Sohn.
Die Deotodie Seewarte hat eine Reihe
bedeutender Publikationen herausgegeben,
die Tvnbl zunäclist nur dor praktischen
Schiffahrt dienten, die aber auch fördernd
anf die Wlaeenidiaft, beionden anf die
Erweiterung und Klärung physisch -geo-
graphischer Tatsachen der Meere wirkten.
Bei der Seewarte gehen alljährlich Schiffs-
jonniftle in grofiw Aniahl ein; die anf
diete Weise aufgestapelten handschrift-
lichen Schätze werden sachpemiiß verar-
beitet und weiteren Kreisen zugänglich
gMiMhl Dabei werden« wenn es an^togig
iat| auch fremde Veröffentlichungen mit
verarbeitet, wie z. B. bei dem Atlas der
Geseiten und Gezeitenstrüme für
das Gebiet der Nordsee nnd der
britiHohen Gewässer. Gestützt anf
deutsche, englische, französische, hollän-
dische und dänische Quellen, wird auf
jeder der 12 Tafeln f&r jede volle Stande
der tiezfiten von Dover und Cuxhaven
der örtliche Stand der Gezeiten liir alle
namentiieh anljaiefllbrten Orte und, soweit
zuverlässige Stellen es erlaubten, ein voll-
etändiges Bild der Gezeitonntröme für das
ganze von der Tafel umfaßte Gebiet ge-
geben. Der Text befUt sich sonftchst
mit einer allgemeinen Erklärung über Tide
oder Gezeitenwelle und K^ht dann zu den
besonderen Verhältnissen der Nordsee nnd
der britisehen Gewisser Aber, wobei die
Zeiten, die GeceiteuHtröme, der Einfluß
des Windes auf die Gezeiten und der Ein-
fluß des Windes auf die Gezeitenströme
niher charakterisiert worden.
Die drei andern oben bezeichneten
Veröffentlichungen der Deutschen See-
warte stützen sich lediglich uuf Erfahrungen
nsdfieobnehtongen deutscher SchiffslBhrer.
In der Wissenschaft dürfte der Atlas der
Stromversetsnngen anf den wieh-
tignten Panipferwegen im In-
dischen Ozean und in den ostaaia-
tischen Gewissem am meisten Beadi-
tung finden, da er zum Teil überraschende
Resultate bringt. Diesen kam auch die
leistungsfähigere Darstellungsmethode der
Dentsehen Seewarte gegenüber der anderer
Länder zu gute. Die Deutsche Seewarte
hat sich die Aufgabe gestellt, ganz in
derselben Weise, wie man die Winde,
ihre ffllnfigkeit nach den vendiiedenen
Richtungen, ihre Stärken, ihre örtliche
Verschiedenheiten, ihre jahreszeitlichen
Änderungen usw. verdchiedeuartig dar-
stellt nnd so ein deutliches Bild über die
Luftbewegungen erhält, anch das Phänomen
der Oherflächen8tr5mnTi?en planmäßig,
statistisch-systematisch zu bearbeiten, also
die nftckten Tatsachen festsulegen ohne
alle Rücksicht auf die Ursachen oder Folge-
erscheinungen. Das ist gewiß eine große,
aber auch »ehr schwere Aufgabe. Der
vorliegende Attas ist in dieser Hinsicht,
wie der begleitende Text auch selber be-
merkt, nur mehr programmatisch aufzu-
fassen; er zeigt den Anfang des Weges,
der rar Lfisnng filhrt. Das Beobaehtnngs-
raaterial i.>*t nur den Schiffsjournaleu deut-
Hcher l>ampfer entnommen, die innerhalb
der großen Flächen des Indischen Ozeans
gans bestimmte Uniensflge Inhalten. Man
hat sich darum vor zu weitgehenden
Schlußfolgerungeu zu hüten. Endgültige
Resultate für die ganze Physik des Ozeans
wird erst der von der Seewarte ange-
kündigte Atlan der Stromver-etznngen im
gebamten Indischen Ozean erlauben. In-
dessen können wir heute bereits an einigen
wichtigem Ergebnissen nicht achtlos vor«
üViergehen. Wohl war die starke Strömung
au der Somaliküste schou den Alten be-
kannt, wie wir ans dem „Feriplns Maris
Frythiaei" erfahren, daß sie aber mit
ihren Sm. im ?]traal. d h. innoihalh
'24 Stuuden, von einem Mittag zum andern,
d ie größte Geschwindigkeit des Oolfiltroms,
die man zu hudistens l'2<i Sm. kennt, über»
trifTt, i-t ein üliorraschendes Ergebnis,
läl Sm. innurhulb 24 Stunden ergeben 2,»m
in der Sekunde, demnach fast 1 m mehr
GeBohwindigkeit als man beim Rhein und
andern Strömen b<'i Hochwasser beobachtet
hat. Des weitem i^t aua deu Atlaskurten
ersiditlich, daB auf den Dampf erwegen
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
300
Bfloherbetpr«eiiung«]i.
switchen dem Golf too Aden nnd SingA- 1
pore die Stromversetzungen sehr ^ohuell '
abnehmen: sie pehen östlicli vom 00" ö. L
bis auf 16 Sm. im Ettual herab. Die Ver-
Mtacnngen »at d«n Wegtm Singapore-
Hongkong entsiircchon denen von Aden '
nach Colombo in HichtunK' und Stärke.
Der Kuro Shiwo bingej^eu hat eine U,hu-
lidie bestftndige Bichtang nach ONO avf
o. Br. , wie der Agulhaastrom nach SSW
an der ostafrikanitJchen Küste iinf ? Br. :
er erreicht jedoch nicht die ?>t4irke de«
Affidbautromes. Auf den Dampferwegen
zwischen Ceylon und Kap Leeuwin hat
sich ergeben, daß man im Bereich des
iSO-Pugsatti, alau im S von lu" 4. Br., aus
dem tax YerfBgang ttehenden Beobacb-
tunpsnsatet ial. auf eine ref^elmJlßige Trift,
den Siid-Äquatorialntrom, noch nicht
Bchließen kami. Hier dürfteu eine große
Anzahl anderer Beobachtungen noch hin-
zutreten, um zur Klarheit Uber diese
Strömung zu gelangen
Die in der Veröffentlichung der Deut-
schen Seewarte über Wind, Strom,
Luft- und Wa - - >M t p III peratur auf
den wichtigsten Uampferwegen des
MittelmeeroB niederlegten Ergebnisse
sind auf den Dampferwegen von Gibraltar
nai'h Genua, Neapel und Port Said, von
Gibraltar nach Meapel und von (iibraltar
nach Port Said gewonnen worden. Sie
zeigen das Mitt^neer so recht aU ein
Mittclmeer in ozeanographischer Hinsicht
Im Mittelmeergebiete mischen sich Meer-
imd Landeinflfitse. Das Mittehneer bildet
eben einen ri>ergang von einem See zor
See, mit Ankliuif^en an beide. Stromver-
setzungen sind selten, nur hie und da
wird einmal dn Betrag angetroffen, wie
er im offenen Ozean öfters erreicht wird.
Späterhin, wenn die Koute Gibraltar-. Malta-
Konstau tinopel eine genügend lauge Be-
obachtongsteihe anfkaweisen hat, dfirfte
die Torliegende Veröffentlichung noch eine
Ergänzung in der Darstellung der griechi-
schen Inselwelt erfahren.
Das Dampferhandbnch fOr den
Atlantischen Ozean ist ein erstes
seiner Art Den von der l't'utschen Soc-
warle lierausgegebenen drei Scgelhand-
bilchem sollen sich drei Dampferhand-
bflcher anreihen, je eins für den Atlan-
tischen. (It'n Indischen und Stillen Ozean.
Da.s Damplcrhandbucb schließt die Küsten-
beschreibnng ans, es will ein „Segelband-
bnch fOr Dampfer** in dem Sinne der
früheren Segclhandbücher der Deutschen
Seewarte für die Segelschiffe zur Fahrt
iU>er den Uzeau sein. GewiA ist der
Dampfer von Wind imd Welker nnab-
hängiger als der Segler, indessen ist die
.Ansicht irri^r, daß sich dor Führt-r eines
Dampfers nicht nach Wind und Wetter
sa richten tnanebe. Ein tfichtigerDampf-
scbifTsfQhrer maß aaf jeder Heise Wind,
Wetter und Strom immer wieder TOn neuem
berücksichtigen und den Kurs den je>
weiligen YeririUtnissen anpassen. Würde
er dies versäumen, so dürfte er sein
., Durchhalten unter allen Umständen" nur
zu sehr mit dem Kohlenverbrauche und
andermbSBen. Der erste Teil des Dan^fer-
bandbnches bringt eine allgemeine Uber-
sicht der physikalischen Verhältnis-ie des
Atlantischen Ozeans und ihrer Kiutlüsse
anf den Dampferweg. Der besondere Teil
den DampferhandbucVirs bespricht in 15
Abschnitten 185 einzelne Dampferwege
unter Hervorhebung der zur Förderung
und Sicherung der Reisen dienlieben phy«
sischeu und i)raktischen Tatsaelien, die
aus den Kt'istenbaudbiichem und den üb-
lichen Seekarten nicht ersichtlich sind.
Ausreisen und Rückreisen werden gesoo*
dert b<'trachtet , auch nach den Jahres-
zeiteu; ebenso werden die verschiedenen
OrOBen und Arten der Sehiffb berücksich-
tigt und Karten und Bücher, die für die
betrefFcndf 1 )nn)pferfahrt, wenifjstents für
ihren Anfang und ihren Endpunkt, von
Ntttzen sind. Die beigegebenen Tafbln
enthalten die Darstellung der magnetisohen
Deklination für l^M»G,o für den ganzen
Atlantischen Ozean, der Winde, der Sturm-
wamungssignale, der IfeeresstrOmnngen,
der Stromversetsongen anf den verein-
barten Dampferwc^en zwisi-hcn Kanal
und Nordamerika, der Dampferwege und
^tfenrangen in West-Indim, der Winde
nnd Strömungen auf den Dampferwegen
zwiHchen dem englischen Kanal und der
Magelansstraße, der Dampierwege und Eut-
femm^en im Hittelmeer Am Ende des
Handbuches befinden sieh Wegekaiten
für die verschiedenen Abschnitte
Max Eckert.
Hasse, Krnst. Deutsche t^renzpolitik
(Deutsche Politik. 1. Bd. 3. H.). 181 S.
München, Lehmann 1906. ^^C 8. — .
Auch in diesem Hefte behandelt Hasse
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Bfleherbesprechungen.
301
nicht nur Fragen der Politik, Boudera
ftocli Probleme der politischen Geographie.
In (loin tinleit^^ndpn Abschnitte Ix-rdhrt
er sich vielfach mit Katzeis Anschauungen,
die Ton ihm mehrmals wörtlich angeführt
«erden. Als neuen politisch-geographi-
schen Begriff führt Hasse die „Zwischen-
länder" ein. £r versteht darunter die
Siedlungsgebiete der kleineren yslker,
dif zwischen die großen Nationen ein-
gelagert sind, wie z. B. Tschechen und
Polen. In diesen Zwischenländern sieht
Hmm „den Spielraum fBr die Entwicke-
Inng mächtiger Volker zu großen National-
staaten". Uber ein Drittel de^* Heftes
ist der deutschen Weatgrenze gewidmet, i
Beeonders atiaföhrlieh ist ihre geichicht-
Hebe Eutwickelung geschildert. Aufj
Seit« 6() und CT 1 eachte man »lie statisti-
schen Tabellen über die Herkunft der |
heatigen BetrSlkenuig EIsaB-Lothringene. |
Bei Beapreebung der Xordgren2e wird i
die T>i\nenfra<^e erörtert I>ii' nHtv,'i"»'n/.e
ist nach ihrer geschichtlicheu Eoti-telmug
dea Oftheren behandelt Ob freilieh de«}
Verfassers Ansichten über ihre etwaige i
zukünftige Ausgestaltung größeren Beifall
finden werden, mag dahingestellt bleiben.
Daa VerhUtiuB Oatenmch-Ungania sum
Deutschen Ri inlie wird bei Be^i)rrchun;i
der Südgrenze ausführlich erörtert. Hier
greift Haaee auf den Gedanken Bismarckä
nuftok: Österreich -Ungarn durch ein
staatsrechtliches Band mit dem Deutschen
Keiche zu verknüpfen. F!r gibt einen
Tolltt&ndigen Entwurf für einen solchen
Vertrag, der auch f&r den Geographen
verschiedene sehr beacbteiiFwerte funkte
enthält, namentlich soweit das Verhältnis
eine« dentseb regierten öiteneieh m den
slawischen und anderen nichtdeutflchen
V('ilkerHchaft4.'u in Hetracht koninit. Als '
Anhang ist ein Verzeichnis der Karten •
der deoteclien Bpracbgrensen und Sprach-
inselu in Mittel-Europa aus der Feder von >
Professor Paul Langhans beigegeben, da.s '
jedem Geographen, der sich mit diesem
Stoffe SU beschftftigen hat, aelir will-
kommen sein wird. Für eine Neuauflage
eei auf einige Versehen hingewiesen:
Seite 90 steht Kaomrin statt Kammin,
der deataehe Name fAr Niemen iet Memel,
der Hauptort von Deutsch-Belgien hei£t
auf deutsch Arel. Seite 87 iteht Bhenne
stott Biel.
Zemmrich.
Chantrlot, £. La Champagne. Ktude
de gtegxaphie regionale. Gr. 8* XXIV
u. S., 17 K n frrapb Darst ,
21 Taf , 31 Ansichten. Paris u. Nancy,
Berger-Levrault & Co. 1905.
Im Jahre 1867 erschien Gnthes sach-
lich und methodisch bemerkenswerte^Buch
über die Lande Braunschweig und Hau-
nover. An dieaea noch heute brauchbaie
Werk wird man vielfitch erinnert, wenn
man sich in den speziellen Teil dieses
neuen schönen Probestuckes französischer
„Kegionalgeographie" Tertieft. Nirgends
bietet uns Chautriot ntratigraphische
und paliiontolo^'iNi he Einzelheiten, die für
deu Geologen gewiß sehr iuteres&ant, für
den Geographen aber gleichgültig sind,
andererseits at.er libeiliftufi er auch den
Leser nirs^nds mit geosfraphiiäcli li.dou-
tungülosen Notizen über Menschen werke.
Die beiden Seiten der Erdbesehrribung
kommen hier vOUig an ibiem Recht. Man
ktinnt^e denken, es gäbe kaum eine lang-
weiligere Laudschatt, als die Öde, aber
durch ihren Wein berflbmie Champagne.
Wenn schon der Geograph, wenn er auch
nur die Generalstabsblätter studiert hat,
diesen Irrtum nicht wohl teilen katm, so
kann er sich doch bei Cbantriot Uber-
7.PULren. welches höchst lehnciche Beispiel
der Wech^^clwirkung physischer und au-
thropogeographitichcr Faktoren die Cham-
pagne bietet. Zwischen der östlicheren,
undurchlässigen Boden besitzenden und
deshalb feuchteren und besser bewach-
senen Champagne humide und dem
inneren Teil der Landsehaft (Cb am p a g n e
Hcche mit seinem waaserarraen, durch-
lässigen Boden ist überall wohl zu unter-
scheiden. Aber nirgends finden wir in
der Champagne wüstenhaitc Verhältnisse,
ja nie empfängt mehr Regen als das
Pariser Becken und s. B. nicht weniger
als KönigsVierg oder Leipzig. Sehr auf-
fällig, wenn auch nicht etwa einzig da-
stehend, ist aber im trockenen Lnudfsteil
die Verteilung und die Art der Siedeluugen :
groBe Unseriöse Flftoben werden nur hier
und da von massigen, früher wegen der
fehlenden Materialien oft .sehr schlecht
gebauten und noch heute wenig ansehn-
lichen Dörfern unterbrochen. Ein Land
zahlreicher Städte ist die Champagne nicht,
wenn auch einzelne der städtischen An-
siedelungen weltbekannt sind. Alles das
wild uns in unendlich fleißiger, steta
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302
Nene Bücher and Karten.
mit reichUehen Llteratonwehweiaen ret^ ' an den graphischen DanteHiingen , an
sehener Darstellung vorgeführt, selbst so | den Karten üV)or Niedersehllge, Volks-
«•ntlejjene Werke wie Schultes' Briefe i dichte und manchen anderen und haben
über Frankreich (Leipzig 1816) u. v. a. jims, wenn wir das üach — uicht für
werden berfiekriehtigt. Die Karten nnd Ab- ; immer — ani der Hand legen, Ton Neoeu
InUnngen sind völlig' doin Z\vt'(ke ent- überzeugt, daß die „Regionalgeographie**
sprechend gewählt. Wir Lctrachteti Dorf- in Frankreich in achtungswerter Blüte
and Landecbattsbihler und erfreuen ans steht. F. Hahn.
Neue liiicher uud Karteu.
AUfsmiast.
Brockhaas* Kleines KouTersatioas-Lexi-
kon. 5 Aufl. L Bd. A— K. 1044 S.
lOiKi Textabb. CS Bildertaf, K .
34 Textbeil. Leipzig, Brockhaus 1^06.
JL IS.—.
Anleiinng sa wiss. Beob. aof Reisen.
Hrsg. von O. von Nenmayer. S. Aofl.
Lief. 9/10. 11/12.
Allitatla* yhjrtisek« Oeoffnpklt.
Bühl, Alfred. Beiträge zur morpho-
logischen Wirksamkeit der Meeres-
strömungen. („Yeröff. d. Inst f. AVIeeres-
kde. nsw.** Heft 8. Febr. 1006.) 44 S.
Berlin, Mittler d Sohn 1906. .€ 2.—.
Vegetationsbilder hrsg von G Kar-
sten u. U. Scbenck. IlL Keihe.
Heft 4. H. Sehenck: Uittebneerb&ame
(6 Taf. 19—24;. — H. 6. R. v. Wett-
8tein: Sokötra ,6 Taf. 25 — 30i. —
H. 6. £. Zederbauer: Vegetations-
bilder ans Kleinasien (6 Taf. 81—86).
Jena, Fiseher 1906. Je JL 4.—.
DvatichUnd Xsehbarlinder.
Forstbotanisches Merkbuch. Xacb-
weis der beachtenswerten und sa
sehfltsenden arwüchsigen Strilucher,
Bäume und Bestände im Königreich
Freufien. Hrsg, auf Veranlassung des
Ministers fSr Landwirtsdiaft, Dom&nen
und Foraten. IV. Provinz Schleswig-
Holstein. VIII H. 112 S 20 Abb. Ber-
lin, Gebr. Borntracger 1906, JL 3.—.
Tbrlitet Karopa.
Saetren, 0. Kart over det sydlige Noige
for skole og hjem ved. 1 : 1 000 000.
Kriatiania, Canuncrmeyer 1906.
Alles.
Beb lue. Fr. u. M. Krieger. Führer
dorch Taingiaa and Umgeboag. S. AnlL
222 S 120 Abb., 12 K. o. 1 Stadtpl.
Wolfenbuttel, Herkner (Weüel) 1906.
PoUrce|rrnd«a.
Dröber, W. Die Polargebiete und deren
Erforsehoi^. GemeinTentlDdlieh dar-
gestellt, kl u«. 938 8. iK. Stattgact,
Lehmann 1906.
CeOfrrsiihUcher l'ntrrrlrht.
Frauz Bambergs Wandkarte zur
Kultur-, Wixtschafts- uud Uan-
dels«Geographi6 von Dentseh-
land, dem angrenzenden Österreich
und der Schweiz mit Karton: Bevölke«
raugsdichte im Deutschen Reiche. Neue
venia&chte, billige Aoagabe. Mafletab:
1 : 750000. Größe: 1,75m x 1,00 m. Ber-
lin, Chan (Fahrig! 1906. Aofjgesogen
mit 8tlb«n (Fkhrigs Originalanftmg) oder
zum Zusammenlegen in Mappe: JL 10.—
(lackiert JL 22.—), unan^eiogen in
6 Blättern: ,tL 18.—.
Illustrierter Fachkatalog fitr Geo-
graphie und Geschichte. 'Archiv für
moderne Lehrmittel. II. .Ihrg. 1904/6.
Hea VI.) Hrsg. von A. Maller. 64 S.
Dresden, Mfiller-MbeUuws 1006.
Drygalski, E. v. Ferdinand Frhr. von
Richthofen. Gedächtnisrede. („M&nner
der Wissenschaft". Heft 4.) 18 S.
1 Bildnis. Anhang; E. Tiessen: Die
Schriften Ferdinand« von RichtlioibB.
Leipzig, Weicher 1906. JL 1.—.
^ .d by Google
Zttitvchrifteniolian.
Zeitsclirifteiischan.
Pf termanntf Mitteilungen. 1906. 8. Heft.
Bauers: Zur Geschichte der alten Han-
delBstrafien in Denteehland (1 K.). —\
Beß: Winterwasser der GletacheKbftehe. |
— Friederichsen: Neue Beitrüge zwr
Morphologie des Ti&u-schan. — Voeltz-
kow: Naoe Erfahrungen Aber Kwallai-
rifie.
Globus 89 B.l Nr. 10. Sapper: Der
Einfluß dea Meuschen auf die Gestaltung
des nwiikaniich • mittelaittarikaaifelien
Laudschaftsbildea. — Perke: Die Ries^n-
grotte bei Triest. — Decke: Feuer-
kugeln und Meteoriten in 1001 Nacht. —
Bekert: Zur Oetehidite nnd Methodik
der Wirtschaftsgeographie.
Das8. Nr. 11. Koch-Grünberg:
Kreuz nnd qner durch Nordwest-Brasilien.
— T. Kleist: Die Ued^chasbahn. —
Hälterliu: Brennmaterial und Feuer-
herd auf den Halligen der Nordsee.
Bat». Nr. IS. Andrae: Hansineehrif-
ten ans deutschen SlAdten. — Rein dl:
Die letzten Spuren urältesten Ackerbaus
in Süd-Bajern. — Schütze: Die Ent-
wieklnng ron Birma. — Der höchste Berg
Amerikas.
/.»rt.s.s. Nr. 1*5. Gntmann: Traner-
und Begräbnissitten der Wadschagga. —
Bilder ron der Gazelle - Halbinsd. —
Seidel: Togo im J. 1905. — Oessert:
Die Tafelgebirge des Han ami-PIateaus.
Dass. Nr 14. Fric: Eine Pilcomayo-
Beiae in den Chaeo CentraL — Eine
religiöse Bewegung im AltaL — Höfler:
Vogelgebück. — Lehmann -Nitsche:
Paiü oanthropologie .
Utmiladhe Bmndmkem fSr Otogmgkie
utul Statistik. -.'H. Jhrg. 7. Heft Fester:
Tagel'uchiiiättor aus Island (1 K.) —
Bolle: Die Kolonisation Deutsch -Süd-
weatafrikaa. — Olinda: London in der
Gegenwart. — Loasinpieoolo und Luaiin-
grande.
MeUoroloffist^ZeitBehriß. 1906. ».Heft.
Hann: Meteorologie des Nordpolarbassins.
— Lüdeling: Das Inftelektrische Poten-
tialgefälle in Potsdam 1904. — Möller:
Über CifToswolken.
Zeitschrift für SchtUffeogn^ie. 1906.
6 Heft Trarapier: Ein geographisches
Spiel aus dem Anfange des 19. Jhrhdts.
— Pottag: Der Geographieontezrieht in
Preußen. — Eine Besteigung dea Fu^ji-
yam».
OeograplU»(^Änuiffer. 1906. S.H«(t.
Schlüter: Sied^ungsgeographie. — Nie-
mann: Der .\uRtralkontineut. — Stum-
mer: Geographische Länge und Breite.
— Der Indvk^onflglobQB.
Deutsche F.rdr. 1901!. Nr. 1. Zomm«
rieh: Ernst Hasse. — Partsch: Von der
deutschen Grenzwacht in Schlesien. —
Bloeher: Die SpraehenverUtttnisae im
Bt-rnischen Jura. — Zemmrich: Der
deutsche Besitzstand in Böhmen. —
Kirehhoff: Die deutsche Kolonie Ak-
Metschet in Khiwa.
Zeitschrift für Kolonialpolt tik . -recht
und -Wirtschaft. 1906. 2. Heft. v.Engel-
breehten: Der Krieg in DeoteehoSfld*
westa&ika. — Gentz: Madagaskar von
1896 — 1906. - Bongard: Besiedelonga-
versuche in Portugieeisch-Ostairika. —
Oeisertr über rationelle BewAaeenng
von Deutsch-Södwestafrika.
Deutscht' G' Oi/raphische BVitU i . XXIX.
1. 1906. Eckert: Jahrbuch für DeuUch-
lande Seeintereteen. — Oeialer: Daa
Wetter und der erdkundliche Untenicht.
— Thieß: Das Chanat BucbarÄ. —
Sibiriakoff: Von Archangelsk zu Schiff
nur Mfindnng der Petaehoim. — Spiefi:
Einiges aus den Sitten imd Gebrftuohen
der Evhe-Neger in Togo.
Müt. d. Ver. f. Erdkde. zu Halle a.S.
1905. Mflller: Die hydrographiaehe Kit>
Wicklung der Fuhneniederung (i K.). —
Größler: Die Einteilung des Landes
zwischen unterer Saale uud Mulde in
Gaue und Aichidiakonate (1 K.). — Ja-
cob: Die geographisch bedingten wirt-
sehaftlichen Grundlagen der Magdebtirger
Gegend (2 K.). — Ule: Etwas von der
Bahn Oberröblingen — Queriurt. — Toep-
fer; Phänologischc Beobachtungen in
Thüringen, 1904 (24. Jahr). — Lit.-Ber
z. Landes- u. Yolkskde. d. Prov. Sachsen
usw. — Vereinsjahr 1904/05.
Mitti il Hilgen d. k. k. Geogr. Ges. in
Wien. XLIX. Nr. 2. 1906. März. Schnei-
jder: Daa Dnppauer Mittelgebirge in
Böhmen. — Schoener: Korsika und Sar-
dinien in vergleichender Darstellung. —
Jaeger: Ein Blick in die Bukowina.
JähreAefkM der Geografhiaeh-EOmo^
Digitizoü by C3t.)0^lc
804
Z«iittohrifteBtohftn.
graphischeti GutUMhaft in Zürich. 1904 —
1906. Heierlit Über dM rOmiieiie Gimit»
wehr-System am Scliweizer Rhein (6 Fig.,
1 K.) — Rosenmund: Cber die Anlage
des SimplontuunelB und dessen Absteckung
(22 Fig.i.
Antutlf» de G^ograjihie. l'J06. Mars.
No. 80 Lapparent: Sur de nouvclles
mappemondei paleogeographiques. —
Gyijio: Sur Tetlinograplue de la MaoA-
doine. — Geotil: Contribation k \Ag6o-
logie et i\ la geographie phrrique dn
Haroc. — Uernard et Lacroiz; L'ävo-
liition du nomadinne an AIgMe.
ThtChofnphicalJnurmd. 1906. No. 4.
Randall- >faoi vor: Tlu» Khodosia Ruins,
their probable Urigio aud Signiticauce. —
SttligBftnn and Strong; Anthropo-
geographical Investigations in Rritii^h
New-Guinea. — Hell: The Great Tara-
wera Volcanic Hilt, New Zealand. —
Hillai«; Central Newfoimdland and ihe
Sourre of the Oandor River. — Report
of the Indian Survey Comnutt<?e 11K)4 06.
The Scottitih Gengraphical Magazine.
IWMJ. No. 4. Watt: Southern Nigeria.—
Little: Hanoi and Kwang-Chow-VVan,
France's Last Acquisition in China. —
Ackermann: Some Note« on the AHra.
— Sarolca: 'Fht' fieographical Founda-
tion« of RusHian I'olitics — The Ancient
Geographj of Ualicia.
Ctma. perman. internat. p. Vesqpior. de
la mer. BuV. trimestriel des res. acquis
pend. les croisirres pt'riod. et da»s les
pModea itUernat. 1906 - 190G. No. 1.
Jnil.— Sept. 11106. Stationen, Zostand der
Atmosphäre. — Temperatur nnd Salz-
gehalt des Oberflächen Wassers (K. auf
8 Taf.). — Temperatur, Salzgehalt, u»w.
in der Tiefe (K. n. Fig. anf 6 Tat), —
Sauerstoff, Stickstoff tmd KoUeaAnre.
— Plankton. — Tabellen.
Die BtUdigung Deutschlands an der
mtertiatimdleH Meereefondnmff. HI. Jah-
rrshrr. 19(10. Herwifr: ITT. Roricht bis
sum Schluß des Etatjahres lUUl (^6 Fig.).
— Krümmel: Her. über die hydxogzaph.
Untemelrangen (1 K.). — Brandt: Ber.
über allgemeine biologische Mecresunter-
suchungen (1 K.). — Hfincke: Die Ar-
beiten der k. biolog. Anstalt auf Helgo-
land 1. W. 1904—81. m. 1906 (4 F^.,
4 Taf., 6 K.). — Henking: Die Tätig-
keit des deutschen Seefischerei -Vereins
auf statistischem Gebiete bis zum 31. März
1906 (8 Taf, 16 Tab.. Fig. im Text, 1 K.).
The National Geogfü/kw Mägoiine.
190G. No. 3. Perdicaris: Morocco, the
Land of the Extreme West. — Bell:
Our Heterogeneooe Sjstem of Wlii^ti
and Meaeures.
Jiohtiv (ff Ja Socifdad Gtogrdfica de
Lima. Ano XIV. Tomo XVI. Memoria
Ännwdff Aimexoe. 1904. Bailey: Gentro
Geografico de Arequipa. — Herrera:
Tentro Geografico de Iquitos. — Loli:
Centro Geografico de Ancash. — Cisne-
ros: Monogiafiae departementales dd
Perii. — Polo: Sinopsis de tomblores del
Perü. — Gas tön: Nomenclador de luga-
res habitados en la provincia litoral de
Tunbee y departamento de Piiua.
Au TerteUftAMOi Zettaekriflw«
(i i r a r d i n : L'empire de la MediterrantSe.
Etudi' dv Gi'ogr politiqu»'. Hevue de
Frihourg. d'oct. et de not. 1905.
Der«.: Les glaciers de Saveie. £tade
phjsique : limite des neiges - retraii
BuU. de la Soc. IfeuehaUloiM de Geofr.
T. XVL 1905.
Hörstel: Korsika, Laad und Leate.
II. Die L*nite. (Abb. im Text u. auf
Taf.) Hnnmel und Erde. XVIU.
6. März 1906.
Reibisch: Faonistiseh-biologieche Unter-
suchungen über Amphipoden der Nord-
see. II. Teil. (2 Taf., 1 K. im Text.)
Aus dem Labor. /. intci-nat. Meeres-
foredumg in Kia. BioL JiL Nr. $.
(Wi<<s. MenesutUemiickimgen. AU.KM.
N. F. Bd. 9.) 1906.
YorautwoxtUohM Hemug«l>«r: Prot. Dr. Alfred Hettaer in Hoidolbcrg.
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
G«0|p«phiM)b« Z«ilMhrili KIl ItM« >■ !> \ Zu Jae^er: Der M«ni.
y Google
liHK') Bieter!! ( r^er itk« rOoitHche (im»- UntenochQiig<-n I K. — Braii<i* |U>
^ehr-?^v*i#jui lim ^<r•hweizer RViciu t> Fi
1 K - K p lu u II 'i f K«T 'Ii. ApJi
dMSiim»!- ' •II 1- uii.l ilcseii AI -1f
N ' J y jj^^J-'iit: Sur df* Jouvcif»
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Kl Uli-, 5. f
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05 ■ " Fh-Jmif G Taf.).
B ^ i KMiii>iisäl
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si.i^l^ioti.i'/uHtaDd d'
• <'r ii i.ikI Salz-)
i I i
i'it'.ij
OD ^ aa o
K<^hieii!$äur(
f h Hill. III. J'if
'iii. u.'Mrh{
ober ftllgemei'u« '*>'. •>■ >_'t-solip Mv<ti ••-<
siii-huntrt'n '1 K ' — Ht jiirk»^: !' -
'"•iten lier k r.i«.i »g. Au'i'ult am r'
:.:ui\ 1 17. nun- ai I {. iw ; •
I a* . 6 K.). •• H* r.^ iii^' I»:.' 1 .
tt do it-* Ifi. >i»«-t'>> iH'f. t V I
i if ••Mti«ti»<,h»"r Lii't«' l-in /. .u. .•, V. •
^ Taf., lf> r:t».. Fic wn l- • '1
XiUtin-'l f tcftifrnjifu- M ' I'..
I .Tdifar'»: M'.-r •
ii'ir »i tüe Kxtrcm»' ^Vt'it
Hetorogi'ti' .ia« .«t V.
tiifi Mearare».
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mat jf AniHfJ-f'S. V.kti.
rrafico ArC'inij.Ä - f . •
• teojfruhco de I«nJit'>'» -
^! uograria.* ii*'i>.ixtemri '
- GastKu; Naiii'-n'-l.'.* •^•x»
|) ibit*dos eil Is )>rovtii« 1-
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LM TencUedenea Zeltsehrli «n,
in: L'«'nij>ire di* Id M«««. •
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Korsika, Land und
L' ute. 'Abb. im
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ch; FauuiKtisch-biologit.' > utc-
inj^en tiljfr Amp!iipi)d»*ii .
[] Teil. (2 Taf,, 1 K M.i T - «
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t'fui it, Kiel. hitü. Ah*.
<. AtefrtMnitt.ritW'huutf* n. A''
jid. i).} lim.
1 1 o r u> II cldolbtry.
Digitizoü by C3t.)c:
Geographische Zeitschrift. XII. 1906. Zu Jae^cr: Der Mcm.
Tafel 4.
(Nach Original- Aufnahmen von Piof. Dr. Carl I hlig.)
ojfrai»hischp Zoit^chrift. \II l'.»o«>
Tu t ri 5.
Kit,'. •_' I»iT.i i r«'iwalil i\v< KiKiil. tua.
Im \ i>ri1i'r>{riiinl .ii- Sintioi
. j ^ > y Google
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n'>»i.Miij »Iii solle /t>it-rlirif(. XII IVOÖ
Tul. I 5.
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig.
Tellers Wörterbücher.
kliMiii-n Ta.sihrinvörtprb{iLht'r, ilie in vi<'l»Mi Hiiinl«'rttau.si'n<leii mhi
Kxi-iujilurfii übiM- ilie ^'an/f Erdt? verbreitft Hinil, Ijenuksiolitipon trot» llires
khntien Fornittt?. außor «Icn Weinlunf^eu «Ii»« ta^Iiclien Verkehrs, auf der Keisc etc.
nicht uur den p^sHTnt»'n kimfujünnischoii xnnl tc« hii(>l«if,'iHi'lion Wortschatz,
condern oi;;neu sich aucli xufolge ilirer Hor<jfillti^t'ii ZiisannuPii.-itpIhuij^ vor/fij;-
lich zum Gubrauclio b«n der Lektüre und uu Schulen. Die Samndunj^ unil'aßt
7.iineeit die nachstellenden Bündchen, während weitere in Vorhereitunjr sind
Jede» Händchen ist in rotem liciiiwandkarton einzeln kuullich.
Jedes Hiindclien
Enghsh- German.
Franpais-Allemand.
Italiano-Tedesco.
English- French.
Italiano-Inglese.
Itallano-Francese.
English-Spanish.
Fian^ais-Espagnol.
u Mark 1 20.
Deutsch -Englisch.
Deutsch -Französ.
Deutsch -Italienisch.
Franpais- Anglais.
English-Italian.
Franpais-Italian.
Espahol -Ingles.
Espahol Frances.
Jedes HUndchen ;i Mark l Jiit.
Russisch -Deutsch.
Poisko- Niemiecka.
Espahol -Alemän.
Franfais-Russe.
Jedes Hündchen ä .Mark 1
In drei Sprachen.
1. Tiil English. German and French.
II Teil; Frangais-Ailemand- Anglais,
III J'eil: Deutsch, Englisch u. Französ.
Deutsch -Russisch.
Deutsch -Polnisch.
Deutsch -Spanisch.
Russisch -Französ.
Teubners kleine Sprachbücher
beruhen auf tler HOgeniinnten vermittelnden Methode, indem sie den neueren
Forderungen cutsprcihend der Krlernnng der Sprache zum nn'ind-
licben und »ch ri ttl ichen freien Gebraurlie dienen, ohne doch die Er-
werbung einer sicheren gramraatiachcn <trnndlage zu vernjiehl;i.>'«iL'i"'Ti
Hie eignen sich deshalb insbcisondcre zur Einführung in Schulen und Ku
mit beachrliukterem Sprachunterricht, weil nie t>ich auf dan wirklii-li N>ii-
wendige besc-liriinken, alU'.si nborl]ü(iijigc Regelwerk aber \ erineifh-ii.
Teubners kleine Sprachbücher .sind ferner in«l»eHoiidere uucli für den
ra'-cher fortschreitenden Unterricht alt<Mer Schüler und Erwachsener
weil sie nur für den unniitti'lbaren praktiachen I r in i,
Spruchatofle für die Erlernung di-r .Spruche bountzen.
ferner ztjgleicL als zu vcria.Bj*ige [»ruktischo Uatg' ur
Iii h |. .1 1 1 r««n riebra\ich <ler Sprache, in dem der üenut/'i \ou
vtirnben ni heiuiitsch ist. Sie eignen sieii .!• ' Lrau/, l.e-. ii Ji r- 'm
I 'rl^rtinn^ praehen für Kaufleute, Teehnil l isenii
Er-<>-'i"'M'.Mi -iii.l
I l'rni Uli IV.. f Ih-
>/. 2.40
il Ji. \ oll l'ruf. Dr. u.-k a 1
■| n 2. Aull. '2 t<t
icrsu 6U l'i
Iii I Aufl. Von A.. Neun
' M
ü Pf.)
/.ungen. U "J
IV Spuni-icb. V'.n l'roi II.
I.'unge, .(( 14*1
\ Ih'iif V, I, r,-; r A II -l;; .,.1, \',..|
I 1 ; .
!■ Händehen liei be"<ter Aur.
' iitung mit Karten, l'litnen, Müm-
t.iieln unil in dauerhaftem, get<ebmai"k-
V'.liefii Ki!d..inde
Geographische Lehrbehelfe
aus dem Verlag von Ed. Hölzel in Wien IV/2, Luisengasse Nr. 5.
Zur Ansohulf'uiit; für Scliuleu eiiiprohloii!
Hf"! 'i lv Bchulwandkarte von Australien und Polyne'-' ' . n - n >.
^ uu<l i/f/riiliut't vi'ii I»r. Franz Ht-iderich. Mul. T
Projektion. 1:]0()UOÜOO. 6 iUatt in lofachem Karbencixuck. Grüß« der
Karte niHauu i/.t 160 cm hoch, Vr2 cm breit. J'reits unanfV ■ ' ' ^'
auf Leinwand mt in Ma])|>e M , auf Lr-inwun«! gr.sjiannt m .
Hölzela Bclmiwundkarte von Asien. Poiitischfi Aasgabe bearbeitet von
Hr. Franz Htitlcrirl7 Maßstab 1 isuotiooo 6 Dlnll in liifai;bfm F
(iTößo der Karte /usaiumcngesotzt l in cm bocb, 175 cm l-rcit. Frei» uik. . .
15 M., auf Leinwand gcHpannt in Majjpo 20 M., auf Leinwand j^pNpanut tnitStübeu J J
Hölzela Bohulwan ' - von Asien. PhysikaliscLo * IL '
vollkommen üeü bia;, : i von Dr. Franz lleiderich. >
6 Blatt in 1(» fächern Farbendrtick. Große der Karte '/usami tzt l4o
hoch, 175 cm breit. Preis unai mt lö M . auf Leinwand i in M;.
'20 M., auf Leinwand ^'espauut i.. .Aien 22 M. — Kh sind dit nesten, i
dem nouesten, wiHsennchttltlichcn .Material hearbeitetcu Wandkarten von A
und Australien Sie nehmen ge<,'*'nw;irtip den ersten RanjL' »af diesem Geliiet ein
Hölzels Verkehrakarto von Ö'-t. rv,.ii.h.TT!i:-;trn für den allj^emeiuen (iebrn'i -Ii
wie auch /um rnterriiht an i ]inini<talten bfnrb von Leop
Kallina. 11. Auflage Maßstab Irouuouu. l» Blatt. Preis unau' it 13. iO M., aut
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in Mappe 22.50 .M., mit Stuben 27 M
Haardts Überaichtakarte der ethnoß:raphiBclien "Vc-rhüItniHse von ABifn
'md von den angfiizi-ndeu Teilen Furopaa. ^ l.-.sooouüO. ö T
;lOfachcm Farbendruck. (Jrüße der Karte zusammen,, i 175 cm breit, 1 1"
l*rei8 unaul'geHpannt 25 AI., auf Leinwand gespannt in Mappe HO M,, mit
Haardts NordpolarkHrte. M:lti^♦ab l:500000ii rtcr in vielfachem Knr
druck. Grolie der /.usumnieuge.set/ten Karte 172 t m lui it, 148 cm hoch. Frei
losen Blättern 16 M., auf Leinwand in Mapi)e 15» iL, auf Leinwand mit Stliben Mi
Haardta Südpolarkarte. Maßstab l:l00ooooo. In I lUiittern mit je 12 —
Ifi ' ~^ '' ■ ' ^ ße der 7.u^ ' 172 cm breit, '
hoc-. , : . . ru «.50 M., . .. j po 12.50 .M., h
wand mit .Stilben 14.60 M. — Diese Karten wurden sowohl auf dem VI. internu'
mi^ .
bezüglichen Verhandlungen benützt und haben hierbei die betitcu ihenst« goleietet
Hü ■ Wandkarte der ' hen. Politische Ausgabe. 8 IUatt. '
TTj. ~. Größe der Kari ,,i ngesetzt 2(M'i cm lireit, 132 cm hoch.
gespannt <J M., auf Leinwand gespannt in Mappe 14. oU M., mit StlUien I
Oroby<' hische Ausgabe, s iJlutt. Maßstab i 'ooo. FnaufgcHpanut 7 M.,
auf L< . gOHpaunt in Mappe 12.60 M., mit . i .i 14.60 M.
Haardts Behnlwandkarte von Palaatina. Für den Unterricht in der bibÜHi
ti» iteu und neuen Ti 's. Nach den ii
deui.LXi' i, i .1..: iiiiu-Verein» uti'l -eben F ' ' >
Maßstab 1 : 200 000 Ansgitbe Itir : cn und ;
der Karte zueaminengenetzt 131 cm breit, 15r> cm hoch. L i M ,
auf Leinwand goepanut in Mappe 12 M., mit ' M M. A ii' il
Bürgerschulen etc. Größe der Karte zu«»nitii' t 131 • .
Unaufgchpannt ö.öO M., auf Leinwand ut lu .Mapjio 11 .\L, ui
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Zu beziehen durch alle Bochhaniilnngen sowie durch die Verla:
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Dr ALFRED HETTNER,
i t. a L-.^kR UKH liKdriltAl'UlE an nElI rXIVKRSITAT HKlUKI.BK.r.i.
/WüLFTEK .JAIIKÜANG. Si:('IlSTES HEFT.
Ars«JEGK»EN AM 2rt. JUNI.
f.KIPZTO.
1 I ' ^ i . i i L L ii iN E II
Iiiliiilt dos socIisUmi riefteri.
I>' /icbuxigen zwischen Pflanzengeographie «ml SIc-IIuml-^ -o'^. iii \
Dr. Robert Grailmann in Tübingj-n
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Von Oberleutnant a.D.Detniar Kürchbof f in Cbarlotlenburg.(Sfhluß)
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in Üerlin .... • . . :m
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Allgäiiieines. Vurkoluuibischu Keuiitiiis der inagDetiachcii Uc-klinntibn 'Mi
Afrika. Chudeaui F'irschuugen io der Miitrslcn Salmro. — Oraucrs EntciKUug
dci Riiwonxori tH4
Auitralien und australischo Inaoln. Georgea Tod S4&
SOdamerlka. Argontiniscbo Erfürnchung dca Pileomajo
Nordpolargegeiidon. Kiuar MikkeUeiis Nonipolar-Eipedition. — Myliiis
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Benl, U. Froher« und »p&töro H3'pothe8on Ober dio rugelmtLfligt- Anurduuuir der
Krdgobirgo. Von R. Langoubeck.
Jacobi, A. TiergfOgraphSo. Vun Ü. Pfoffei
Th. FuDtanea Wandoruiigou durch dio Mark Krandcnb'ir;?. Vrju F. Lampo . . H
Kfihler, U. Dio „RQckon" in ManiFold und in TliAringeu. Von A. Bargeat . 8>'>"
Uorbing, W. Uio l'ksuo des Thüringer WaJdea. Von Fr. Regel »M
VVoerl, L. Das K'^uigreieh Sachico. Von P. Wagner
Wagner, E. Tav ' ' der Schweiz. Von K. ZoHiiiKer ...
Kümmcrly, Fl. srtt der Sehweii, Namenavorzoichni'i ilazu. — Sf^orial-
karte de« Kxknraiuiiaicebiotes von Bern. — Spezialkarte des ZOrichiees. Voi^
Kabl, J. Illustrierter Ffihrcr auf der Taiiornbahu. Von K. Sieger .
ZugDiayor, E. Eine Rciae durch Vordenvaien Im Juhro 1904. Von M. Frifdcr
Arctowski, H. Diu aiit Von K. Fricker
Hoinae, H. Phy' ' • i. i. >■ ignor
Oriibor, Chr. Wir ic mit einittheiidcr BerOfksichtigung Deut^
1 K. llaaaart '
■ ......ün«, B. lieimatsV M «t .1t- r „.1 I riiiUT..;«,.. ri'.-iiitr ull-iH. -i
Von K. Peuckor .
iiiiiUiirlv \><ii livtiitt utid L'Oi^''
' • ! 'ukI Knr'
rauime, Kui
JUL g319C6 ^
Beziehungen zwiseheu Pflanzengeo^aphie und Siedlnngsgescliiclite.
Von Bobert Qradmann.
Id einem frttheren Auftats') bähe ieh za xeigen Tosncht, daB es weder
den historischen Nachrichten noch den archäologischen Zeugnissen ratsprioht,
wenn man sich den Boden Miitcl-Eoropas fftr die Zeiten des germauisohen
Altertums als eine zasammenhängende, nur von kleinen, sporadischen KodungS'
flächen mehr oder weniger gleichmäßig durchbrochene Waldlandschaft vor-
stellt'^; vielmehr haben nfbon unbcwoluiten oder nur iiußerst düun bewohnten
großen und gesclilosst-nen Wiildtjcbieteu , deren Umtang man noch heute au-
nühernd bezeichnen kann, schon in selu' alter Zeit reichlich besiedelte offene
Laadfldialten Ton ebenso bedentendem Umfang bestanden. Weiter habe ich
auf die Beobachtung hingewiesen, daB sieh diese offenen Landsdiaften weit-
hin decken mit den Oebietoi, die nach ttbereinstimmenden paUtontologisdien,
ifacatigBaphischen nnd pflansengeographisohen Zeugnissen ab ehemalige Steppoi-
landschaften anzusehen sind.
Beide Wahrnehmungen haben inzwischen mannigfache Bestätigung ge*
fanden. Der alte siedlungsgeogrnpbisi be Gegensatz ist in don Bourbcitungen
der historischen Geographie Mittel- Kuiopas, wie sie auf einmal in so reicher
Füll«' erschitMicn sind, überall anerkannt^) und in siedlungsgeschichtlichen
Monographien durch weitere Beispiele belegt worden.*) Auch die Beziehung
1) Das mitteletiropäische LandsehaftabiUl nach seiaer geiohiolitlichen £ntwick->
long. 6. Z. VII. 1901. S. 361—877, 4S6— U7.
S) Einen wBbrhafl IdaniteheB Antdraek hat dieee Voiatelluug dnroli den nm
die hiBiorigcbe Geographie Frankreichs hochverdienten Alfr. Maury gefunden (Lee
foreis de la France dans l'antiquite et an moyen äpe, Meinoires preaentes par divers
savants k rAcadämie des inacriptioas et beUes-lettreB de l ln^ititut imp. de France.
9** i^r. t. IV. IMG. 8. 48); 8i la Qaule iMt an pays couvert de forfite, ou peut dire que
la Germanie eu dtait completement ht^riss^e. Lea Germains, plus barbares que les
Gauloifl, ignoraient Tajirriculture et vivaient, disperpes dans ces immenses forets, du
produit de lenrs chasses ou de leurs rapiuefi, joignant a ces reesources precaires les
frniti sanvages que portaieot les acbrei, lee glands dee ehtoee qni eervaient &
nonrrir a la foi:» Ich hommes et les animanx.
3) Bodo Knüll Historische Geographie Deutschlands im Mittelalter. 1903.
8. 63ff. — Yidal de la Blache. iableau de geographie de la France (Emest
Lavisse. Hietoire de France, i 1). 1908. 8. 89 ff. — Konr. Kreteohmer. Histo-
rische Geographie von Mittel-Europa. (Handbuch der mittelalterlichen und neueren
Geschichte. Abt IV r.t04. \'>-2 — J. Wimmer. Geschichte des deutschen
Bodens. 1U06. iS. 3 If. — Johä. iioops. Waldbaume und Kulturpflanzen im germa-
aieoben Altettom. 1M6. 8. M.
4) Z. B. Gg. Volk. Der Odenwald und »eine Nachbargebiete ir>on, ^ .\lfr.
Grund. Die Veründerungen der Tujiugraphie im Wiener Walde und Wiener Becken
0«>gr*i»hi«cl>e Zeiuobrift. Ii. J^hrgaug. Idoa. 6. Heft. 81
Digitizoü by C3t.)0^lc
806
Robert Qradmann:
zur diluvialen Öteppenlandschaft ist, soviel mir bekannt, von keiner Seite
bestritten, da^'ogen mehrfach ausdrücklich bestiitiirt uml zum Teil auch noch
weiter ausgeführt worden.*) Es dürfte deshalb kaum nötig sein, auf diese
beiden Punkte noch einmal zurückzakommen.
Etwta anders Terhftlt es sich mit der Begrttndung und Deutung der
berfihrten Tatsachen. In dieser Benehnng sind Ansichten geftufiert und Audi
Beobachtnngen TerOffentlidit worden, die eine erneute Besprechung des Oegen-
Standes wünschenswert machen.
1. Die Verbreitungstatsachen.
Urit^T d»>n Merkmalen der Landschaften von ehemals steppenartigem
Charakter habe ich neben dem Vorkommen von üolischem Löß und fossilen
Steppt-'iitiereu erst an dritter Stelle und nur ganz kurz auch das Vorkommen
von lebenden Steppenpflanzen erwähnt. Diese ptlauzengeographische Be-
ziehung ist in Wirklichkeit fttr mich der Ausgangspunkt der ganzen ünter-
snchung gewesen, und ich hin in meiner Darstellung nur deshalh nicht niher
darauf eingegangen, weil ich die einschlägigen YerhUtnisse hereits an anderer,
allerdings etwas ▼ersteokter Stelle dargelegt hatfee.*) Kun hat aher inzwischen
Andr. M. Hansen^) ganz ühereinstimmende Beziehung«! zwischen pflanzen-
geographischen und siedlungsgeschichtlichen Erscheinungen für Norwegen
nachgewiesen, und dadiirch hat zweifellos gerade dieser Punkt eine wesent-
lich erhöhte Bedeutung erlaugt und erfordert eine eingehende Darlegung, um-
somehr, als Hansen der Sache großes Gewicht beimißt und ihr zugleich
eine etwas abweichende Deutung gegeben hat.
Zunächst ist der Begriff Steppe upflanze genauer zu bestimmen. In-
mitten der Steppenfimnationen des Ostens wachsen zahlreidie Pflansenarten,
die Tom dwt auch in andere Formationen und namentlich auf Eultnrstand-
orte wie Ackerfelder, Baine, Wege usf. fihertreten und daselhst mehr oder
weniger hftufig sind; sie haben in ihrer Gesamtverbreitung meist wenig dia-
rakteristische Züge aufzuweisen und sind bis weit in die Waldgebieto hinein
Ycrhreitet. Andere Arten sind streng auf die Steppenfonuationen besfrfirftnkt;
auch von diesen spezifischen Steppenpflanzen oder Leitpflanzen der
Steppe ist eine nicht geringe Anzahl noch im mittleren Europa verbreitet
und bewohnt hier Standorte, die mit den echten Stepptn des Ostens tatsäch-
lich die größte Ähnlichkeit, nur meist eine öußerst beschränkte Ausdehnung
besitzen: trockene Hügel, sonnige Felsen, Steilhänge namentlich in südlicher
(Geogr. Abb., hrsg. v. Albr. Penck VIII lUOl). — Alfr. Hackel. Die Besicdlunge-
verhältnisee des oberösterreicliisclien Mülilviertels (ForKch. z. deutschen Landes- u.
VoUukde. XIV. 1903). — Paul Müller. Der liöhmerwald und seine Stellung in der
Oesehichte. Dira. StraBhnrg. 1904.
1) Besonders von Vidal de la Blache a. a. 0. S. 34; Kretschmer S. 15t;
Wiiumer S. 4 ff.; Hoops S. 97. Auch Willi, Ciüt/., Historiücho Geographie (Klars
,,Erdkuude". Bd. XIX), 1904, fuhrt meine Abhandlung im Vorwort zustimmend an,
ohne flbrigens von deren Hauptergebnis 6eh»nbh m machen.
2) B. Gradmann. Pflanzenleben der Sohwftbisehen Alh. i. Aufl. 1900. Bd. L
8. SÖ5 If.
8) Laudnam i Norge. 1904. S. ISS.
BesiehaDgen zwischen Fflanzengeographie u. äiedluugtigeächichte. 307
Freilag«. Hier treten sie menials vereinzelt, sondern immer zu mehreren in
Gesellschaft auf und bilden den hervorragendsten Bestandteil oiiier Pflanzen-
formation, die unter sehr verschiedenen Namen, als pontische Heide, sftd-
deutsche Heide, Steppenlieide, trockne Hnpel formation, Trifttormation, pon-
tische Hügel usf. bekannt ist. Von diesen spezifischen Stoppenpflanzen oder
Steppenpllanzen im eng<n-en Sinne, die den Kulturboden im allgemeinen aufs
strengste meiJi'n und hüclisteus ganz vereinzelt und ausnahmsweise auf be-
arbeitetem Lande angetroffen werden, soll allein hier die Rede sein.^)
Hu« mütelenropBische Yerbreitimg ist hdcbst mokwOrdig.*) Von Osten
her durch das ungarische Tiefland in das Wiener Becken eintretend bilden
rie dasellMi den l&npthestandteil dar sogen. p<mtischen oder pannemischen
1) Nach den Ton 0. Drnde (Der hereyniadie florenbesirk. Tegetation der
Erde. Bd. VI. 1908. S. 176 ff.) mitgeteilten leisten seien hier einige Beispiele ge-
nannt: Anäropogon isrha^utn , Stipa capillata, St. f)ennata, Melica ciliata . Aslrn-
galm exscapuHf A. Danicus, Oxytropia pilosa, i'eucedanutn Algaticum, Asperula
gUnte^t SeoMoes woeeolnw, iMMMgfnt, Ä, ohmBn«, Jirafa Mrto, 7. Oermanieu,
AchiUea nohilis, Centaurea iiiacuhsa, Scorzonera purpurea, Lactuca peiennis, OrO-
b(it\chi arenaria, Odontites lutea, Eryniumtn crepidifolhm , Sisymhrium Austrincum,
Alyssum saxatik, Ckmatis recta, Pulsatilla pratensis, Anemone silve^tris, Adonis
vernaK».
2) Solange wir keine jiflanzengeographiBchen Kartenwerke besitzen, kann
eine Übersicht über die Verbreituugsverhältnisse dieser Ärtenp-uppe nur auf Grund
einer auagebreiteten Literatur gewonnen werden. Neben den großen Florenwerkuu
kommen besondtts die Arealzusammenstellungen von O. Drade (Die Verteilong
und Zu«ainnionfietzung öetlicher Pflanzengenossensrhaften in der Umgebung von
Dresden, FcBt^Jchr. d. Ges. Isis in Dresden, lööö, und: Die Verteilung östlicher
Pflanzengenossenschaften in der sftchsischen Elbtalflora, Isiü, 1895) und Aug. Schulz
(Grundzflge der Entwicklongsgesehichte der Fiuiaenwelt Hittel-Enropas, 1894) in
Betracht. Außerdem eine Hcihc spezielb'r pflanzengi'o^'Ti\]»hi'"'hor Darstclhmgon,
von denen die wichtigsten als Quellen hier genannt werden müssen: Günther Beck
T. Mannagetta. Flora ▼(» Hieder-Osterreieh, 1890—98, bes. AUg. Teil 8. S8£
(mit Karten.skizze). — Ant Keraer. Pflanzenleben der Donanlftnder. 1863. S 184.
— J. Duftschmid. Die Flora von Ober-Österreich. 1870 — 85. — 0. öendtner,
Yegetationsverhältnisse Süd-Bayerns. 18M. S. 44Sff. — Ad. Eugler. Versuch einer
EntwicUuigigeeehiebte der Pflansenwelt. Bd. I. 1879. 8. 184 ff. — Ant. Kerner.
Studien über die Flora der Diluvialzeit in den Östlichen Alpen (Sitz -Bt r d. kais.
Ak. d. Wi88 Wien. Math.-naturw. Kl. 97 I 1h8S). - Hm. Christ. Pflau/enleben
der Schweiz. 187vi. — Hr. Jaccard. Catalogue de la Flore valaisaune (Neue Denk-
•chr. d. allg. lehweis. Gee. f. d. ge«. Natmir. XXXI7. 1896). — Karie Jeroioh.
GMchichte und Herkunft der schweizerischen Alpenflora. 1903 — Podpera. Stu-
dien über die thennophile Vegetation Böhmens (Bot. .lahrb. f System X.XXIV 1904.
BeibL 76). — Dom in. Ein Beitrag zur Kenntnis der Phanerogameuilora von Böh-
men (B.«B. d. k. böhm. Gee. d. Wita. XXII. 1908). — Dort. Zweiter Beitrag snx
yenntrt" der Fhanorogamenflora Böhmens ebda.). — Ders. Das böhmische Mittel-
gebirge 'Bot ,Tahrb f. System. XXXMI. 1905). — Hob. Gradmann. Pflunzonleben
der Scbwübischen Alb. 2. AuU. I. 1900. — VVlh. Jän nicke. Die Saudtiora von
liiunx, ein Relikt ans der Meppeneeii 189S. — Olk. Drnde. Der hercyniiche
Florenbezirk (Die Vegetation der Erde, hrsg. v. A. Engler u. 0. Drnde. Bd. XTi.
1902. S. 159 tf. (mit Karte 1. — E. Lopw Übf>r Perioden und Wege ehemaliger
Pflanzenwauderungen im norddeutschen Tief laude ^Linnaea XLli. 1878 — 79). —
A. Orieebaoh. üW die Yegetationelinien des nordweitlidieB Deotschlands (1847).
Gee. Abhandl. 1880. — Paul Gribner. Die Heide (Vegetatien der Erde. V.). 1901.
81 •
yi. jd by Google
308
Robert Oradin»nii:
Flora, besiedelu in einer Sandfa/ies das Marchfeld und gehen längs dar
March und der Thaya bis Hardegg, im Donauhügellande bis Krems und
Melk, wo sie im Lößgebiet der Waehau besonders hervorragende Standort«
besitzen. Hier finden einipi' dieser Steppenptlanzcn ihre Westgreuze; aber
eine itniiicr noch recht Ijedt iiii nde Artenzahl tritt auch in Ober-Osterreich,
besonders auf der Welser Heide, dann in Süd- Bayern namentlich auf der
Heide an der Isarmfindung, auf d«r OftreSiiiigw Heida und dem Le«dilBld wat
Aber auch aofieibalb dieser bevorzugten Standorte sind die Genossmsohafteii
▼on Ste^apflanzen im gaaaen AlpeaTorhinde mit Ausnahme des Jnng-
mortnengebiets stark ▼arbreitet, ebenso in den offenen Alpentilem, so im
Oberinntal bei Innsbruck, im St. Galler und Churer Rheintal und besonders
im Wallis, wo .sie den Grundstock der Wall i-cr Felsenheide oder Felsensteppe
ausmachen, im Norden des Alpenvorlands ist es zunächst Böhmen, das
namentlich im Zentrum und im Norden eine reiche Steppenflora beherbergt;
man spricht dort geradezu von Stcppenfonuationen. Im Gebiet der friin-
kischeu und der schwäbischen Alb besteht die Vegetation der sonnigen
Felsen und Südbünge zum großen Teil aas Stoppenpüanzen, ebenso in den
offenen Niederungen des Hain" und Neckargebiets, in der oberrhemisehen
Tiefeboie und im AnsdiloA dann im Nahe- und Hoaelgebiet, ferner im
ganaen Jnra, in mehreren Landschaften des mittleren nnd sAdSsÜichen IVank-
rddb, wo ihre Zahl im Bhonegebiet gegen Sfiden hin noch zonimmt Em
zweiter Zug von Steppenpflanaen-Kolonien läßt sich im Norden der Karpaten
und des böhmischen Massivs von Osten nach Westen verfolgen. Außer dem
schlesischen Hügelland sind es namentlich die Niederungen der Elbe bis
Magdeburg, der Saale und Werra, dann der Ostrand des Harzes, wo das
Steppenelenient in ausgezeiclmeten Fundorten vertreten ist, im norddeutschen
Tiefland vor allem die Terrassen der großen diluvialen Stromtüler. Dagegen
fehlen die charakteristischen SteppenpÜanzen, soweit es sich bis jetzt über-
sehen Iftßt, in den meisten deutschen Mittelgebirgen, so im Waldviertd Ton
Nieder-Osterreich, im oberSsterreichischen MtQilTiertel, im BOhmerwald nnd
baTrischen Wald, im Fichtelgebirge, En- nnd Biesengebirge, im Elbsand-
steingebirge, im Franken wald, ThQringer Wald, Harz, im größten Teil des
hessischen I^erglands und des mittelrheinischen Schiefergebirges, im Oden-
wald und in der Hardt, im Schwarzwald und Wasgenwald, in den Wald-
gebieten der sehwilbisch- fränkischen Keuperlandsi^haft (im Schurwald, Welz-
heimer und Mainharilter Wald, auf den Ellwauger Bergen, der Frankenhöhe
usw.). Aber auch «Jas ganze Heide- und Moorgebiet von Nordwest-Deutsch-
land sowie die Küstenländer der Ostsee werden von den SteppeupÜanzeu
gemieden; die meisten sehHsfien hier ihr Areal mit einer Nordwest- oder
Nordgrenze ab.
Vergleidkt man diese ZusammensteUnng mit dem firflher^ dargestellten
Ysrlmitnngsbilde der Torgeschichtlichen Siedlungen, so ist eine weit-
gehende Übereinstimmung nicht zu verkennen. Nur die Ellstengebiete im
Norden machen eine Ausnahme; sie besitzen keine Stq;>penpflanzen, wohl aber
1} 0. z. yn. 1901. 8. S68 s.
Digiti/Oü by Gt.)0^lc
Besiebungen swiichen Pflamengeographie u. Siedlnngsgeschiehte. 809
eine reiche und alte Besiedlung. Für das Binnenland erscheint di'' Dp< knng der
geographischen Gegensätze vollkommen. Wie weit die Ühereinstimnuing frei-
lich im einzelnen geht, wie weit die Grenzen der Steppenpflanzen- und der
Siedlnngsbesiilce wixUieh raaammenfalleii, UUSt sich TolMftndig erst beurteilen,
wenn einmal genaue arehlologisebe und aueb pflanzengoograpbisehe Karten
für simtlicbe Gebiete Torliegen. Auf gewissen Streoken ist die Übereinstim-
mung fiberraschend genau, so am Bande des Schwarzwalds gegen die ober^
rheinische Tiefebene und gegen das (tetUebe Vorland, an der Grenze der
schwäbisch-fränkischen Kenperwülder gegenüber dem Neckarbecken und der
fränkischen Platt»-, am RanJo des hayrischon Waldes. Öfters gehen aber
auch di<' Siedlungen etwas ülx r die Steppenpilanzenbezirke hinaus. Für ein
klt'iiit's (Jebiet, das einzige, für das mir genügende Angaben zur Verfügung
stehen, habe ich Karten zur genaueren Vergleichung angefertigt: für daa
KOnigreicb Württemberg nebst Hobensdlem; der Höcbstbetrag, um die
bdderlei Grausen Ton einander abweieben, betrftgt bier 7 km.
Der Zweifel, ob man niebt docb vor einem Spiel des ZufiUls stehe, wird
wohl endgültig beseitigt durch die bereits erwtimte neue Entdeekung T<m
Andr. Hansen. Von anthropologischen und geologischen Forschungen aua-
gehend und ohne von den soeben dargestellten Beziehnngen auf mittel-
europäischem Boden Kenntnis zu haben, bat er die Beobachtung gemacht, daß
in Norwegen die durch Xamon mit der Endung -vin und -heim cbarakteri-
sierten ältesten Siedlungen in auffallender Weise der Verbreitung einer ganz
bestimmten Pflanzengenossenschaft folgen; Hansen nennt sie Origanum - For-
mation; sie steht mit unsem Steppengenossenschaiten in innigster Verwandt-
sdiaft^) Es handelt sich nach Hansens Angaben um das boreale und sub-
boreale Fl<»eBelement Bljtts, und zwar um eine Gruppe von wfameliebenden,
xeroidiilen Pflanien vorwiegend sfldlieher Verbreitung, die auf sonnigen, lidit
bewaldeten oder waldfreien Südhängen besonders der Silnrformation Relikt-
Standorte besitzen und in Sfld- Schweden und auf öland ihre reichste Ver-
tretung finden.*) Hansen verfolgt von Ort zu Ort die beiderlei Erschei-
nungsgruppf'u, die pflanzengeograpbische und die siedlungsgeograpliischp, und
bringt die Ergebnisse auch auf einer Karte zur Darstellung; die Übereinstim-
mung ist bis auf geringe, einer Erklärung leicht zugängliche Ausnahmen
vollständig.
9. Die oihanlcteitetlMheii Metnuhafton der Yerlnreltaiigscobiefee.
Der Cansalwmainmenbang, der htemadi mit Sicherheit vorausgesetst
werden mufi, kann unmittelbar oder auch nur mittelbar sein, üm die lets>
tere Möglichkeit beurteilen sa kSnnen, ist es nOtig, die Merkmale, durch die
sidi die Verbreitungsbezirke der Steppenpfianzcn und die Utere Besiedlung
Ton dNi daxwisoheoliegenden Lfickengebieten unterscheiden, möglichst genau
kennen xn lemra.
1) Laadnäm i Karge. S. 57 IT.
t) Beispiplo: Oriqnvum vutgore, T.t'bavntiff wontava, Franarin viridis, Filipe»-
duda hexapetala, Calammtha acinos, Campanula cermcariaf AqutUgta vulgaris, Foly-
gonatum offkinak, Lathyrus niger, L. vemua, Jb^miiia otetuthMN», Avtnapnttmtü,
yi. jd by Google
310
Robert GrAdmann:
Wir gehen zu diesem Zw60k roD. der pflanzengeographisohtn Eracheimuig
ans. Die eigentOmliclie VeTbreitong der Steppenpflansen in Mittel^Europa
hat dem Botanikern in sdiaffen gemacht, lange ehe man sie als Steppen-
pflanxen flbwhaupt erkannt hatte. Unter den Eigensohaftsn, die als Faktoren
der Pflanzenverbreitong in Betracht kommen können, ist die aufihUendste die
Bodenboschaffonhcit. Sie ist denn auch zuerst wahigenommen worden: die
mitteleuropUisclu'n Verbreitungsbezirke der Stoppenpflanzen pebOren groften-
teils den Kalkfonnationen au (Jura, Muschelkalk, Tertiärkalk, Löß usw.),
die bei der Verwitterung meist einen mit viel Gesteiustrümmern vermengten
feinkörnigen Boden liefern; dagegen sind die kalkannen Verwitterungsböden
der SaudsiteiuTormatiouen, vor allem des Buntsandsteins, meist ganz frei von
Steppenpflansen.') Tatsache ist auch, daß eine ganze Ansahl dieser Pflaosen
durch hohen Ealkgehalt des Bodens wenigstens indirekt begfLostigt wird.
Um eine dnrchgreifeode Beziehung kann es sich jedodi keinenIhUs handeln:
weder sind alle Standorte Ton typisch«! Steppenpflansoi wirUich kalkreich,
noch sind die Steppenpflansen selbst alle „kalkhold", wie der etwas sopfige
Schalausdruck lautet.
Die Gegner der sogen, chemischen Ijodentheorie, vor allen Thurmann,
siichten die unverkennbare Vorliebe gewisser Plianzen für kalkreiche Böden
auf physikalische Kigenschaften zurückzuführen, die mit dem Kalkreichtura
Hand in Hand zu gehen ptiegen, in erster Linie auf die Trockenheit dieser
Böden. Was speziell die Steppenpflanzen betrifft, beruht diese Erklärung
auf einer unaidiMshtbaren Beobachtung: ihre mitteleuroplisohen Standorte
seichnen sich, von gans geringen Ausnahmen abgesehen, wirUich durch
Trockenheit besonders aus. Sowmt sich diese Standorte auf ebenem Bodmi
befinden, handelt es sieh entweder um Eies, der nur mit einer dftnnen Lehm-
schicht bedeckt ist, so auf den Sfidbayrischen Heiden, der Welser Heide, im
Wiener Becken, oder um einen sehr sterilen Gipsboden wie z. B. im Main-
gebiet bt i Schweinfurt. Die Felsen und SüdhUnge, die andenvärts von den
Steppenptlanzeii bevorzugt werden, sind ebenfalls in der Regel bodenarm und
in Folge der starken Insolation und meist auch exponierten Lage einer be-
sonders raschen Austrocknung unterworfen. Bei der Mehrzahl der Steppen-
püanzen l&ßt sich aus dem Bau und der gesamten Ausrüstung ohne weiteres
erkennen, daß sie auf einen sparsamen Wasserhaushalt besonders eingeriditet
sind, und man kann sich wohl Torstellen, daß sie dadur(di an troek«ien
Standorten leichter als andere Arten fortkmnmen, wahrend sie sonst dem
Wettbewerb der letzteren unterliegen. Dagegen Ift&t sich nicht leugnen, daß
es auch in den Lückengebieten extrem trockene Standorte gibt; das Fem-
bleiben der Stoppenpflanzen muß also doch wohl noch andere Ursachen haben.
Auch klimatische Beziehungen kommen stark in Betracht. Unter den
Pflanzeiiarten, deren Areal schon im norddeutschen Tiefland mit einer Nord-
grenze endigt, sind die Öteppeupflanzen besonders reichlich vertreten. Grise-
1) Vgl. auch Drude, Der hercynische Florenbezirk. S. 163: „Die Hügelforma-
tionen sind um so reicher an Arten, je mehr die Geateinsunterlage zur Bildung von
dyegeogen-pelitiseben BOden neigt; peammische BSden etieugen Armut**
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BttiittliQiigeii swisehen Fflanteiigeograpliia v. Siedliingigesehiohta. Sil
bach*) hat diese Nordliuien mit der Abnaluue der solaren Wärme iu Ver-
bindung gebriicbt; damit stimmt überein, daß sich die betreffenden Pflanzen
in zahlreichen Kinzelgebieten auf die tiefsten und wäruisten Striche be-
sdirSnken. Dagegen IMb/t all«rdmgs unverstAndlich, wie dann dieselben an-
geblich thennopMleii Arten S.B. auf den WShm der echwftbiichen Alb nnd
des Schweiler Jnras ni leben TermOgen. Eine nodi weit gxOßere Artombl
echliefit ibr Areal mit einer merkwflrdigen Nordweeilinie, die mit der Strand-
linie der Nordsee auffallend parallel verläuft. Auch diese Grenzen bringt
Grisebaoh^) mit thermischen Linien in Verbindung^, nämlich mit Isotheren,
den Linien gleicher Sommerwarme, die ja in ähnlicher Richtung verlaufen.
Wenn sich auch die Gültigkeit speziell dieser Deutung in den meisten Fällen
ebenfalls direkt widerlegen läßt, so liegt in dem augenscheinlichen Veraieiden
der Küstennähe, wie dies in Frankreich, Belgien, Holland, in Norwegen
ebenso wie im nordwestlichen Deutschland zu verfolgen ist, ein unbestrittener
Hinweis darauf^ daft «n l^matisdier Einfluß hier im Spiel ist, genauer, daß
dn maritimes Klima den Steppenpflansen in ihrem Fortkommen irgendwie
hinderlich sein mnß. Auch dieser Schluß findet in der eigentflmlichen Ver-
teilung der Steppenpflansen innerhalb des Binnenlandes eine Bestätigung.
Man ist mehrfach darauf anfinerksam geworden, daß die Punkte mit besonders
geringen Niederschlägen, womit schwache Bewölkung, rasche Verdunstung
und meist auch starke Temperaturextrettip Hand iu llaud zu gehen pflegen,
kurz die Puukte mit relativ kontinentalem Klima Brpn]i])unktp für die Ver-
breitung der Steppenptliinzeu sind, so in Böhmen, im südlichen Deatschiand,
in Thüringen und Sachsen, in Skandinavien.
Diese Beziehungen waren f&r die einzelnen Pflanzenarten und PÜauzen-
genossenschaften ISngst bekannt, noch ehe jemand an deren Eigenschaft als
Stqppoipflanxen flberhaupt dachte; sie werden aber durch den letsteren Ge-
siiditqpiinkt erst in ihrem Zusammenhang Tcrsttndlich. Es sind ntmlich die-
selben Besiehungen, die in den östlicheren Lindem, in Sfld-Bußland und Sibi-
rien, ebenso in Nordamerika, den Gegensatz von Steppe und Wald begründen.
Die Steppen sind ja im wesentlichen auf das Innere der Kontinente beschränkt.
Der Wald bedarf zu seinem Gedeihen ein gewisses Maß von Feuchtigkeit,
namentlich Winterfeucbtigkeit. Wo die Niederschläge geringer werden oder wo
sie wie iu den östlichen Steppengebieten vorwiegeud als Sommen-egen nieder-
geben, die nur den oberen Büdenschichten zu gute kommen und in Folge der
hohen SommerwSrme rasch verdunsten, da ninunt die Steppe überhand. In den
klimatischen Übergangsgebieten geben die BodenTerhiltiüsse den Ausschlag.')
Dies wird jetst von den russischen Forschem xum Teil so stark betont, daß
sie das Klima fiberhaupt nur nodi als untergeordneten Vtktox gelten lassen
wollen. GrobkSmige Böden, Sand- und EiesbSden, begOnstigen den Wald,
feinkörnige Böden wie Löß und Schwaraerde begflnstigen die Steppe. Be-
1) Über die Vegetationslinien des nordwestlichen Deutschlands (Ges. Abhandl.
S. 145).
2) a. a. 0. S. 150
8) Vgl. hierüber außer dor schon früher angeführten Literatur besonders die
snsammenfassende Darstellung bei E. Bamann, Bodenkunde. 1906. S. 891 ff.
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312
Robert Gradmann:
Boadetf wird die SteppenbUdniig mk dnreh kalUialtiges Substrat belBrdert;
die weit in das rusaiMlie Waldgebiet Torgeschobenen Steppenioielii befinden
tidi ragebn&fiig auf einer kalkrMoliexi Untedage.^) Hieraus geht benrar:
die Eigenschaften, wodurch sich die mittelearopftischen Yerbrei-
tnngsbezirke der Steppenpflanzen gegenüber den Lückengebieten
auszeichnen (relativ kontinentales, niederschlagsarmes Klima, feinkörnige
Bödon, Kalkböden), sind dieselben, die in den Steppenländern de-?
Ostens als waldfeindli« !]»' und direkt oder indirekt steppen begü n -
stigende Eigenscbal't en bekannt sind. I iugekehrt lehrt die Erfahrung,
daß sich die Eigeuscbaflen , die den Lückengebieten eigentümlich sind
(relativ ozeanisches Klima, reiche Niederschläge, kalkarme Böden, besonders
Sandböden), flberall da, wo der Wald mit der Steppe im Kampfs liegt,
dem Wald besonders gfinstig erweisen. Es ist noch keine gangbare Methode
gefimden, um die Eindlflsse Ton Klima und Boden in veigleichbaren ZaUen-
werten auszudrücken und so ein Urteil darüber zu gewinnen, wie weit sich
die beiderseitigen Einflüsse gegenseitig zu vertreten, zu steigern und je nach-
dem auch aufzuheben im Stande sind. Es liißt sieb daher vorläufig nur 80
viel sagen: wenn heute das Oesamtklima Mittel-Europas einen kontinentaleren
Charakter annehmen würde, so müßten unter sonst gleichen Umstünden die
Landscbatten mit kalk reichen Böden, und ebenso unter sonst gleichen Umständen
die Landschaften mit relativ kontinentalem Lokalklima die ersten sein, die
ihren Waldwuchs wenigstens teilweise yerliowi und durch eine steppenartige
Vegetation ersetaen würden. Hit großer Wahrscheinlichkeit Ußt aoh an-
nehmen, daß es sich dabei in erster Linia um die Gebiete handeln müfite,
die schon heute tjrpische 8tq»penpflans«n und steppenartige Pflansenfonna-
tionen, wenn auch nur kleinsten ümfangs, beherbergen. Da sich in der
jüngsten geologischen Vergangenheit, seit den spätesten Abschnitten der
Quartärperiode, die Orographie des mitteleuropilischen Binnenlandes nicht
mehr wesentlich geändert bat und sich daher auch der relative lokalklima-
tiscbe Charakter der einzelnen Landsehal'teu in der Hau[)ti,ache gleich geblieben
sein muß, so gilt derselbe Schluß auch für die Vergangenheit: bat während
dieser Zeit einmal ein absolut kontinentales Klima geherrscht, so müssen ux
erster Linie die heutigen Terfarntungsbeziikie von Stepponpflanaen in steppen-
artige Landschaften umgewandelt gewesen sein.
1) Kusnezow. Übersicht der im J. Iä90 über Bnfiland esBChienenen phjto-
geographiechen Arbeiten (Bot. Jahrb. f. System. X7. 189S. Lit.-B. S. 76 ff.). Wie
man neuerdings immer klarer erkannt bat ist der Salzgehalt des Yerwitterungs-
bodens und damit auch der Gebalt an kohlensaurem Kalk zum großen Teil eine
Funktion des Klimas. Während unter regenreichem Kiiuia der Boden ausgelaugt
wird und selbst BOden, die unmittelbar ans EaUEgeitein hervorgegangen sind, sn-
letzt kalkarm werden, bleibt überall da, wo die Verduntttung gegenüber den Nieder-
BchlSgen überwiegt, dem Boden sein CehaU an Salzen jeder Art ungeschmälert er-
halten, ja er kann sieb in Folge kapillarer Leitung von unten her an der Ober-
flftche immer mehr damit aorrichem. Da die SteppMiyegetation an salsreiehe BOdea
angepaßt ist, während sich die Waldpflanzen mehr oder weniger empfindlich da-
gegen verhalten, so wirkt ein kontinentales Klima in doppeltem Sinne waldfeind-
lich: direkt durch Trockenheit, indirekt durch Aufspeicherung schädlicher Salz-
mengen im Boden.
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
Beiiehnngtn swischen Pfl»nseiig6ogr»phie tl Siedlungsgeichichta. 31$
DiestT Schluß tiudet in den stratigraphischen und paliionlologiscben
Zeugnissen eine direkte Bestätigimg: in der Verbreitung des Löß und der
fottilai 8teppentiere. Was den LöB betrifft, so isfc an eine iopographisoh
genaue Vergleiehung selum deshalb nicbt an denken, weil der typisehe iolisohe
LOA, der ja allein als ein Zeugnis ehemaliger Steppenbildnng angesehen wer-
don Icann, von ttmliftl**« Bodenarten gans anderer Entstehung oft sehr schwer
SU unterscheiden ist und in den wonigsten Kartenwerken unterschieden wild.
FeststeUen Iftftt sidl aber, daß in den großen Lückengebioten der Steppen-
flora, auoh in noch so tief eingeschnittenen Tälern z. B. des Böhmerwalds,
des Schwarzwalds und Odenwalds kein Löß vorkommt, wUhrend die typischen
großen Lößgebiete (Donauniedorungen, oberrheinisch«' Tiefebene, St. (laller
und Churer Rheintal, Wallis, mittleres Maingebiet, Hochterrassen der nord-
deutschen Diluvialströme, Ostrand des Harzes) alle eine reiche Steppenflma
beherbergen, und xwar oha« daß diese direkt an den LSß gebunden wire;
und weiter, daß die Grensen Ton Löß und Steppenflora auf manchen Strecken
(a. B. in der Wadtau, in der oberrheiniBdien Tiefebene) sehr genau llberein«
stimmen. Im allgemeinen gebt aber die Steppoiflora Uber die Lößyorkomm-
nisse, die sie mehr oder weniger konzentrisch umschließt, noch beträchtlich
hinaus, was ja die qualitative Übereinstimmung nicht aufhebt Für die
Fundorte fossiler Steppentiere ist eine genaue Übereinstimmung mit den
pflanzengeographischen Verbreituugsgebiet^'n schon \voj,'en der geringen Zahl
und Ausdehnung dieser Fundorte ausgeschlossen; aber auch hier gilt, wenig-
stens innerhalb Deutschlands, daß die fraglichen Punkte durchweg in Ver-
breitungsbezirke der Steppenflora hineinfallen.*)
Aus allen den genannten Tatsachen folgt, wie wohl su beachten ist»
für die Zeit der Einwanderung unserer Steppenpflanzen nmSohst noch gar
nichts; sie werdm TermutUch großenteils mit der diluvialen Steppenfauna
sdion xusammengelebt und zur Zeit der Lößbildung einen wesentlichen Be-
standteil der damals auf weite Strecken herrschenden Grassteppe ausgemacht
haben; sie könnten aber möglicherweise auch erst später eingewandert sein.
Auch im letzteren Fall würde man ganz wohl verstehen, daß die Steppen-
ptianzen nur ■^olclie Landschaften i)esifdtln , die nach Klima und Boden den
Waldwuchs weniger begünsligen und daher natürliche Lücken im Waldbestand
aufweisen, wahrend ihnen die ausgeprägten Waldgebiete dauernd verschlossen
blttben mtUsen; denn die kftnstliohen Waldliditnngen bieten keinm I^ta,
da es sich ja um Pflanaenarten handelt, die den Kulturboden meiden. Gewisse
ümstftnde sprechen allerdings dafür, daß wir eine Beliktflora vor uns
haben. Die mttohtigen Lfieken in der Verbreitung einselnw Arten, dabei die
1) Dies wurde von A. Engler schon l^TJ hervorgehoben (Versuch einer £nt-
wiekhmgigeidiidite der Fflanaenwalt. I. 8. IM). Die Hauptfändorte von fosnleu
Hteppentieren (nach Nehring in Z. d. D. Gcol. Ges. XXXn. 1880. S. 468 fr . <1io
Umgebung von Wolfenbüttel (Thiede), Magdeburg (W^esteregeln) , Quedlinburg,
Qoslar, Qera, die fränkische und Bch^bischc Alb, da« nördliche Alpenvorland
(Baltringen bei Biberach), die Ifalnmederang von Wflnbnxg, Thfiringen (Saalfeld),
das Lahngebiet (Strelen:, werden BÜmtlii^h von Stepponpflanzen-Genospen^^chaften
bewohnt. Isui Zuzlawitz (bei Winteiberg in Böhmen) scheint eine Ausnahme zu
machen.
314
Robert Gradmann:
große Ortsbesttndigkeit, dw Ifongel jeder Erfahrung von Yenchleppungen
oder flberiiaupt von Wandemngeii tiber weite Strecken hinweg, endUeh ihr
r^lmftfiiges Yorkommen in ganxen Genoeeenachaften, das and die Haupt-
gründe fdr die jetzt fast allgemein getdlte Annahme, daß es eidi hier um
eine Flora handelt , die einmal unter günstigerem Klima eine znsammen-
hUngendf Verbreitung besaß und erst nachträglich auf ihre heute so be-
schränkten Standorte zurückc^t^driingt wurde. Der \atur der Sache nach
kann dies nur ein trockeneres und — ■ da zwar bei weitem nicht alle, aber
doch manche von diesen SteppeDptianzen entschieden wärmebedürftig sind —
auch wärmereü Klima gewesen sein.
Aber dat itt eine Frage Htt aick ünberOhrt bleibt davon die Tii>
saohe, daß Klima und Boden in den Verbreitangsbeiirken dieser
Flora für den Wald relativ nngUnstig, ffir die Steppenbildnng
relativ glinstig liegen, und daß diese Besirke mit den Wohngebie-
ten der vorgeschicbtliohen Bevölkerung im mittelenropäisohen
Binnenland und auch in Skandinavien anf weite Strecken su-
sammenfallen.
Problematisch ist nur der C ausa 1 zusammen hau zwischen der ptlanzen-
geograjihischen Erscheinung auf der einen und der sieiilung^^t^eographischen
auf der anderen Seite. Hier liegen verschiedene Lösungsversuche vor.
8. Di0 grkl&mnyvwreoii0.
Einen indirekten Zusammenhang behauptet die Erklärung von Vi dal
de la Blache.') Er weist vor allem auf die natürliche Fruchtbarkeit
der alten Steppengebiete hin und erblickt darin den Hauptgrund ihrer frühen
Besiedlung. Diese Erklärung empfiehlt sich um so luohr, als sie sich mit
der althergebrachten An'^chauung von den entscheidenden Motiven für die
Auswahl der ältesten Siedlungsorte im Einklang befindet. Allein die An-
schauung deckt sich nicht mit den Tatsachen. Daß sich die allsten Sied-
lungsgebiete durch besondere Frodlitbarkeit anssncbnen, trifft wohl in vielen
F&llen zu, und bei oberffiUüilidier Betrachtung liegt eine Verallgemeinemng
dieser Beobaohtong anßerordentiich nahe. Abor es gibt andi recht bedeutende
Ansnahmen. Dal&r habe ich schon firflher Belege gegeben, deren mtsdieidende
Bedeutung u. a. auch von Hoope und von Schröter ausdrücklich anerkannt
wird.') Hansen hat die ganz entsprechende Beobachtung in Skandinavien
gemacht. Auch dort decken sieli teilweise die Verbreitunprstjeliiete der liltesten
Siedlung und der Ori ganu in - Formation mit dem Vorkomnien fi nchtbarer,
warmer Schiefer; über beide, Origanum-Formation und vin-Besiedlung greifen
über den Schiefer hinaus, und zwar beide au denselben Stellen, wie sie auch
umgekehrt da und dort trotz vorhandnen Schieferbodens, und zwar wieder
beide an denselben Stellen, ausbleibeo.^ Mag man daher die Fruchtbarkeit
1) Tableau de la g^ographie de la France. (Erneute Lavisse, Histoire de
Fhmoe 1. 1.) 1908. 8. M.
2) G Z. VI]. 1901. S. 436. Hoops a. a. O. S. 98 J. Früh u. C. Schröter.
Die Moore der Schweis (Beiträge zur Geologie der Schweiz. Oeotechnisohe Serie 3).
1904. 8. 868.
8) Hansen a. a. 0. 8. 79.
^ .d by Google
Besieliaageii swiacheo PfIanteng»ogrftp)iie Q.SiedluDgsge*ohiohte. 315
der alten Steppeaböden ^) als begleitendes Motiv für die Besiedlung noch so
hodt «üudtftsen, ^ «iU8Chlaggel>eiid« kaim de koi&SDftUs gewesen sein.
Für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs konnte man
sieh allenüUls aof eine gelegentlicfae Änßerong yon Emst H. L. Krause he>
rufen. Er hftlt es fOr dmkbsr, dafi der Steppenfirana und -flora wenigstens
teilweise durch die rodende Tätigkeit des neolithischen Mensehen der Weg in
das Herz Europas erleichtert worden sei.^) Man könnte versucht sein, diesen
Gedanken »lahin zu erweitern, die Stejipf^nflora sei dem Menschen jener Kultur-
stufe überallliin auf dem Fuße gefolgt und Imbe die damals eingenommenen
Plätze seither behauptet. Eine derartige Annahme mirde jedoch schon an der
von uns vorausgesetzten Deüuition der StoppeuÜora scheitera. Daß in der Tat
gewisse Steppenpflauzen schon zur neolithischen Zeit mit dem Menschen ge-
wandert sind, ist ganx sicher. Wir kennen diese Pflaasen ans der Flora der
Pfahlbauten; es sind dieselben Arten, die heute noch den Ansiedler in ttbersee-
isefae ^onien begleiten und mit ihm in die gelichteten Wftlder eindringen,
unsere allbekannten Ackerunkrftnter, Weg- und Sehnttpflansen.*) Die l^pische
Steppenflora von charakteristischer Verbreitung, die für unser Problem allein
in Frage kommt, besteht dagegen gerade aus solchen Arten, die die Nähe des
Menschen meiden, niemals verschleppt vorkommen, auf Kulturstandorten, künst-
lichen Lichtungen u. dcrgl. sich überhaupt nicht zu halten vermögen, l'ber-
dies ließe sich, wenn die fragliche Flora dem Neolithiker iu seine Lichtungen
gefolgt wäre, ja niciit ausdenken, warum sie dann dem späteren römischen
'und mittelalterlichen Ansiedler nicht ebenfalls in die ehemaligen Waldgebiete
nachgezogen sein sollte. Gerade der springende Punkt der gansen Frage,
nimlich warum sieh Steppenflora und Utere Besiedlung yon diesen Wald-
gebieten fernhalten, bliebe dabei unaufgeklirt Übrigens würde sidi Krause
selbst, der die Außerong in gans snderem Zusammenhange getan hat, gegen
eine solche Eonsequenz wohl entschieden vorwahren.
Eine direkte Abhängigkeit im umgekehrten Sinne behauptet Hansen*):
die Landwirtschaft der älteren Bevölkerung sei an die Origannm- Formation
gebunden gewesen. Dieser Satz wird aber dann wesentlich modifiziert und in
folgender Weise erliiutert. Der nordische Crwabl mit seiner Menge von Wind-
bruch und Baumleichen war, wie der sibirische noch heutigen Tags, auf weite
Strecken so gut wie unzugänglich und vermochte auch mit seiner dflritigou
Bodenvegetation dem Vieh kein genügendes Futter tu bieten. Die tech-
nische FShigkeit im Boden war bei den ästen Ansiedlem jedenfalls nur ge-
ring; Brandkultnr war noch in recht spftter Zeit tatsftohlich unbekannt, und
1) Über die natürliche Fruchtbarkeit des Steppenbodens vgl. be«. Uiigard,
Über den ISnfluB des RKmas auf die Büdong und Zusammenietsang des Bodens
^orscb. a. d. Qebiete d Agrikulturphysik, hrsg. v. WoUny« XVI, 188B, 8.8S— 17t)
und E. Ramann, Bodenkunde, 2. Anfl. 1905, S. 391 ff.
2) Emst H. L. Krause. Die äieppenftage. (Globns. LXV. 1894.; S. 8f.
Hoops a. a. O. S. 109.
8) Vgl. E. Neuweiler. Die prähistorischen Pflanzenreste Mittel -Europas.
(Vierteljahrsflchr. der Naturf. Ges. in Zürich. L. 1905; auch als H. 6 der Hotanischen
Exkursionen u. pflanzengeogr. Studien in der Schweiz, hrsg. v. C. Schröter. 1905).
4) Hansen a. a. 0. S. 80 ff.
^ .d by Google
B16
Eobezt Gradmftnn:
in Wirklichkeit ist mit bloßem Niederbrennen im Urwald auch nicht viel
getan; cBe ballyverbnuinten StftniBie und di« im Boden ftockendm Wurzeln
bleiben als Eiilttiiliindeniisie nach wie vor.') Kur im offenen FormationMi,
entsprechend etwa der lichten Hain* und Yoiliolafonnation Drades, konnte
der Mensch Fuß Husen. Zur Erhsltong des Viehstandea dienten woU weniger
die Cliaraktorpflanzen der Origanum-Formation selbst, als die in ihrer Gesell-
schaft hftnfig TOrkommenden Gr&ser. Freilich ist es iweifelbaft, ob man sich
Graminoonrasen crrößeren Umfangs, natürliche Wicsm inmitten des nordischen
Urwalds voistelh'n darf. Dali sie indessen während einer früheren
würmeren l'(?riod(', als die WaML'ivn/f betnichtlich höher lag als heute,
eine ansehnliche Ausbreitung in Skandinavien wie in Mittel-Europa besessen
haben, darf wohl als gesichert gelten; und zwar muß sich ihr Vorkommen
um dieselben Punkte gescbazt haben, die als Standorte der jetit auf trockene
Abhänge beechrtnkten Origanum-F<Hnnation bekannt sind.
Diese Ausf&hmngen Hansens entsprechen durchaus dem von mir schon
früher eingenommenen Standpunkt Wichtig sdieint mir namentlich, daS sich
auch Hansen genötigt sieht, auf eine Periode mit anderem Klima wie dem
gegenwärtigen zurückzugreifen. Die Gründe, die zu einer solchen Annahme
ftihren, sind nicht immer mit der wünschenswerten Schärfe und Bestimmtheit
beurteilt worden; um so nötiger ist es, sie in alier Klarheit noch einmal
herauszustellen.
Ein innerer Zusammenhang zwischen der Verbreitung der Steppenpflanzen-
fimnalionen und dar Torgeschichtlichen Siedlungen muß angesichts der engen
geographischen Beziehungen, wie wir sie nadigewieaen haben, zweifoUos Torans-
gesetxt werden; eine dirdcte AbhKngigkdt im strengen Sinne des Worts ist
aber nicht au erkennen, die ZurflckfBhmng auf die Bodenfiuchlbariceit hat sieh
ebensowenig als stichhaltig erwiesen. So bleibt wenigstens vorlAnfig nur die
Annahme übrig, die ältesten Ansiedler haben ebenso wie die Stqppenpflanzcn
offene, waldfreie oder wenigstens nicht mit geschlossenem Urwald
bestandene Stellen aufgesucht, wo ohne allzu mühsame Rodung ein
Ptianzenbau möglich war und die Herdentiere in der natürlichen Budenvege-
tation von Gräsern und Kriintern ihr Fntter fiiideu konnten. Diese Annahme
findet ihre Stütze in der vielfachen Erlaliruug, daß gcrado die Steppengebiete
flberall die frOhest benedeiten sind, uriihrend der Urwald tm^kihst ein Kultur-
hindeniis darstellt, das nur mit den Hilftmitteln emen fortgesiduitteneren
1) In gleichem Sinne spricht sich E. Rhamm (Die Grofihufen der Nord*
gennanen. 100") 8, Gf. pepen Peisker aus, unter Anführung von Belegen Gegen-
iribüg wird die Braudkultur bekanntlich an Tielen Orten und von Völkern der
vencldedensten KnltnrstnfiBo geübt (xahheiche Beispiele finden sidi gesammelt bei
Rieh. Lasch, I dc Landwirtschaft der Naturvölker, Z. f. Sozialwiss. TIL 1904. S.Uff.);
daraus lüßt sich aber noch nicht schließen, daß sie auch im vorgpschichtlichen
Europa gebriluchlich gewesen sei. I>it' »prachlichen und geschichtlichen Zeugnisae
sprechen, wie Rhamm ausführt, dagegen. Tatsichlich dürfte anch in d«i ane-
gesprochenen Waldgebieten Weet-Eniopas mit ihrem üppigen Baumwnchs der Ver^
such des Niederbrennens ebenso wirkungslos gewesen sein wie im nordsibirischen
Urwald oder in den tropischen liegenwäldem. Anders ist es natürlich in den
trockeneren Übergangsgebieten, in Steppen- und Savanneawftldesn.
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
Besiehangen swiielieo'Pfl»ni»ngeographie ii.8iedliingagesehiclite. 317
Technik und Volkswirtschaft vollständig bewältigt werden kann.') In diese
Erklärung fügt sich zwanglos auch die scheinbare Ausnahme, die man in
den Küstengebieten der Nord- und Ostsee trifft. Steppenartige Formationen
hat es hier allerdings wohl nie gegeben, aber waldfreies Land zu jeder Zeit.
Denn auch das Meer ist waldfeindlich, vor aUem durch seine Stürme; Marsch-
wieae und Erioaceen^l^e sind natOrlidie Fonustioneii, die «noh wftbrend der
Waldperioden in der Nlhe der Küsten jederzeit bestanden baben, wenn aneb
wobl in geringerem üm&ng als beute. Ein Siedlnngshindeniis konnte hier
um so weniger vorliegen, als das Meer selbst noch smne besonderen Hilb-
quellen zur Verfügung stellt (Kjökk< nnniddinger).*)
Nun fragt es sich: wie groß darf man sich im mitteleuropäischen
Binnenland die natürlichen Waldlichtungen, wie sie durch das Vor-
kommen charakteristischer Steppenpflanzen bezeichnet werden,
vorstellen? Die Flächen, die heutzutage von den ofiFenen, stepponartigen
Formationen eingenommen werden, sind, wie gezeigt wurde, von ganz unbe-
deutendem ümfoag. üm zu einer richtigen Voratellung zu gelangen, wird
man aUe die Knltuiffi&dLen, die wabrseheinlidh im Urzustand eine ai»«it«i«A
Vegetation getragen bab«i kOnnen, moek binznnebmen mtknen. Aber aueh
so bleibt das Areal, das als Utestes 8iedlung^ebiet in Betracht kommen
konnte, yiel zu dürftig und überdies durch seine Lage nngfinstig. Denn
nur in einm kleinen Teile Nüttel -Europas, im Donaugebiet östlich vom
Lech und an einzelnen Punkten des Maingebiets, kommen solche offenen For-
mationen auf ebenem Boden vor; sonst werden sie überall nur auf Felsen
und mehr oder weni^'er steilen Südhiingen beol)achtet, und nur im Wider-
spruch mit allen beobachteten Tatsachen könnte mau voraussetzen, daB irgend
ein erheblicher Teil der heutigen Ackerflächen unter einem Klima wie dem
gegenwftrtigen TOn Natur waldlos seL So scheinen nur zwei Auswege zu
blmben. Entweder muß man annebmMi, die ersten Ansiedler haben sich
wirklidi zunidist mit diesen dürftigen und ungünstig gelegenen natttilichen
Waldlichtungen begnügt, was freilidi durch die Topographie der voigeschieht-
liehen Wohnstätten und BegrftbnisplUtze nicht bestätigt wird; denn diese be-
fin'b'ii sich regelmäßig abseits von den betretfonden Standorten auf ebenem
Pflugland. Oder man gelangt zu der Boliauptung, daß zur ersten
Siedlungszeit die natürlichen Waldlichtungen etwas größer waren,
als sie es unter dem heutigen Klima sind und sein können; daß
sie sich namentlich auch auf ebenes Gelände erstreckt haben. Das
kann offenbar nur unter dem 9ti es unmittelbaren, sei es mittelbaren Einfluß
eines trockeneren Klimas der Fall gewesen smu.
1) Dieses Verhältnis von Wald und Steppe gegenüber der Besiedlung ist von
Ratzel, Nehring, Hilgard u. a. wiedezholt hervorgehoben worden. Hoops
widmet diesem Gegenitaad ein eigenes bpitel (a. a. 0. 8. 90—111) mit reichen
Literaturbelegen
2) Ich mußte diese schon früher i^G. Z. Vü. 1001. S. 437) gegebene JilrkliLruDg
wiederholen« weil mich Hoops B. 107 gans wa ünreeht unter denen auftiUiIt, die
der Heideformati<ni die ürsprflnglichkeit absprechen. Auch Hansen hat diese Be-
merkung übersehen, wenn er mir 8. 8S eine Verlegenheit snsehzeibi, deren ich mir
gar nicht bewußt bin.
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318
Robert OradmAnn;
4. Die Einfügung in die bestehende Chronologie.
Da der Mensdi einen derartigen KUmaweehsel anf natteleoropilsohein
Boden nicht nur einmal, sondern wiederholt miterlebt hat, so sdiMnt die eben
ansgeq^rochene Voraussetzung keinen Schwierigkeiten zu begegnen. Trotzdem
ergeben sich solche, sobald man versucht, die Vorgänge in die geologiaohe
nnd archiiologischp Chronologie einzureihen.
Von vornherein kann fiir die «Miili^rültigp Einwanderung der Steppen-
ptiuii^en wiü für die emltrültige Besiedlunjf nur die Zeit nach dem Maximum
der letzten Vergletscherung in Frage kommen. Solange tür diese Zeit nur
eine trod^ene Klimaperiode geologisch naebgewiesen war, mußte man ver-
soehen, mit ihr auch die erste Siedlnngqperiode in Znaammenhang m bringen.
Es ist dies die Periode, der die Steppentiere yom Bclnroiiflnbild und Kefiler-
loch hei Schaffhausen entstammen. Sie lUlt noch in die ersten Abschnitte
der Bflckxugsstadien der letzten Vergletscherung (Aohonsdiwanlcung nnd Bfihl-
stadium nach Penck^)). Mit den Steppentieren sosammen lebte am Schweizers»
bild wie auch sonst überall, wo Artefakte zusammen mit den Resten typi-
scher Steppentiere gefunden wordeu sind, der Mensch der paläolithischeu
Kulturstufe. Die ( 'ontinuitiit der vorgeschichtlichen Besiedlung Hißt sich jedoch
niu' bis zur neolithischcn Kultur zuriickverfolgen, und diese i^t regelmäßig
mit einer ausgesprochenen Waldfauna verknüpft, während die Steppenfauna
bis anf einzelne, wenig charakteristBnhe Olieder ausgestorben erscheinl Tvota-
dem glaubte idi froher, weil sich kein andrer Ausweg zu bieten sdiien,
wenigstens ein Nachklingen des Steppeuldimas bis in die Anlange der neo-
lithisdien Zeit annehmen sa mttssen.^
Audi Hoops') will noch die erste SiedhugqMriode mit der Steppen/.eit
vom Schweizersbild in Zusanmienhang bringen; nur sucht er dem Wechsel
der Fauna dadurch Rechnung zu tragen, daß er kein Fortdauern des trockenen
Klimas, auch nicht in abgeschwächtem Grad, annehmen will, sondern nur seine
Nachwirkung: durch den Einfluß wilder Weidetiere, durch Steppenbrilnde usf.
sollen bich die alten Steppenliüchen auch ohne Zutun des Menschen und trotz
des inzwischen feuchter gewordenen Klimas noch bis in die ueolithische Zeit
hinnn waldfrei eihalten haben. Ich gestehe dieser Hypothsse ToUkommene
Glnchborechtigung mit der frfOier von mir vertretenen Ansehanung zu; da-
g^en scheint mir die Sehwiraigkeit, die dadurch ans dem gerftumt wer^
den soll, nach wie Tor zu bestehen. Solange nftmlich die alten SteppeoflSchen
in waldlosem Zustand erhalten blieben, ist nicht recht verständlidi. was die
Steppentiere zum Aussterben bringen konnte; denn aller Erfahrung nach ist
gerade die Steppenfauna gegen klimatische Einflüsse keineswegs empfindlich
und in ihrer Verbreitung schwerlich unmittelbar vom Steppenklima, violmelu*
in erster Linie von der dadurch bedingten eigentümlichen Vegetation abhängig.
1) Penck u. Bruckner. Die Alpen im Eiszeitalter. Lief. 4 (1902). S.48Sff. —
Jak. Niiesch. Das Keftlerloch. (Neue Denkidur. d. AUg. Scbweiser. Oes. f. d. ges.
Naturwiss. XXXIX. 2 1904. S. -16 ff.)
2) G. Z. VII. 1901. ä. 376. S) a. a 0. S. 103 ff.
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Besiebangen iwisehen Pflansengeogrftphie n. Siedlnngsgeichieht«. 819
Durch die neueren Fortschritte der Quartärgoologie und nam»mtlich der
Paläontologie der jüngsten geologischen Vergangenheit ergibt sich der Aus-
blick auf eine Lösung, bei der die genannte Schwierigkeit in Wegfall kommt.
Was von ptlanzengeographischer Seite schon wiederholt^) behauptet worden
ist, dafür liegen jetzt die geologiaohen Beweise vor: die Klimaschwan-
kuBg, der die Steppenfauna von Sohaffliaasen angehOrt, ist niekt
die einiige, die seit dem Ifazimiim der letsten Vergletseliening
eingetreten ist Sdum wihrend des OBGÜlatoriflehen Bflcksngs dmr großen
Dilnvial|^et8clier, und twar gegen das Ende der spitglaeialen BflebEOg^periode,
unmittelbar vor dem Dannstadinm, also lange nach der durch die Fauna Tom
Scbweizersbild angedeuteten Steppenpexiode, muß im Alpengebiet eine Zeit lang
ein Klima mit höherer Sommerwürme als in der Gegenwart geherrscht haben.')
Aber auch für die postglaciale Zeit im engeren Sinne, seit dem
letzten Rückzugsstadium der Diluvialgletscher, sind jetzt an zahlreichen Punkten
vom südlichen Fuß der Alpen bis nach Skandinavien die Beweise für einen
teils w&rmeren teils trockeneren Klimacharakter vorhanden.
Am klarsten liegen die Dinge im Norden. Anf der skandinavisdieB
&lbinsel| wenigstens in deren sfldlieken und mittleren Teilen, wie aueh in
IHbientaik und Sckleswig-Holstem ist bekanntlioh gans allgemein auf die
glaciale Dryas- Flora, meist zunächst dnroih die Birke Twmittelt, die Eoefer,
dann die Eiche als herrschender Waldbaum gefolgt; letztere ist erst sehr spit
im Südwesten durch die Buche, im Norden durch die Fichte verdrängt worden.
Diese Entwicklung lälit auf eine stetige Erwärmung vom Ausgang der Olacial-
periode bis zur EichenptMioiif sclili<'ßen; und zwar sind die Beweise dafür
vorhanden, daß das Klima in Skandinavien wUhreud der Eichenzeit eine Zoit lang
noch beträchtlich wärmer war alb in der Gegenwart. Gunuar Audersson
bat ans der eibemaligen Verbreitung des Haselitnmoht, dessen snbfossUe
FrOdite in Aber 300 Torfknoorw auAeikalb der bentigen Yerbreitungsgrensen
der Pflanae gefünden worden sind, eine ErbSbnng der Winnewerte naeb>
gewiesen, die er fttr das Jabresmittel anf 2* C, fOr die Sommermonate anf
mindestens 2,4 C. berechnet.*) Ebenso wie der HaSflilstraneh waren anok
die Eicbe, Ulme, Linde, Schwanerle, fei-ner Ljfeqpua Europaens^ Carm
pscudoct/penUt Nßja$ marina, Trapa natati.'i ehedem weiter nach Norden ver-
breitet als heute. Femer ist es •^rhon seit lange bekannt, daß in den ver-
schiedensten Teilen Skandinavien^ Kiefenistümme in Torfmooren weit über
der heutigen Baumgrenze gefunden werden. Rekstad*) berechnet die jetzige
Senkung der Kiefemgrenze auf durchschnittlich 350 — 400 m und kommt
damit auf eine Temperatorabnabme Ton 1,9—2,2^ C. im Jabresmittel, was
mit den von Andersson gefundenen Werten sehr nabe übereinstimmt Aucb
1) Besonders von A. Blytt u. Aug. Schult.
S) Penek u. Brflckner. Die Alpen im Eineitalter. Lief. 7 (1905). S. 78«.
Brflckner in: Natarwim. Wochenschr. Dez. 1905.
3) Gonnar Andersson. Die Geschichte der Vegetation ScbwedenB. (Bot. Jahrb.
f.Syttem. XXII. 1897. 8.604 ff. Hier auch weitere Literaturangaben.) — Dera. Da«
naebeiBMitUebe Klima von Schweden. (Aus: Ber. d. Zflreh. Bot. Ges. Ym. 1908. S. 16).
4) J. Reketad. Über die frühere höhere Lage der Kiefemgrenae und Sehnee-
linie in Norwegen. (Centtalbl. f. Mineral, usw. 1908. S. 469 ff.)
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830
Robert Oradmsnn:
faunislischp ZeugnLsse sind vorhanden: warrneliel)onde Arten waren in früherer
Zeit weiter nordwärts verbreitet als heute, so Mylüiis edulis bis Nord-Grön-
l&nd, Spitzbergen, König Karls-Land, Arten im Nordseegebiet, Acme
poUta in Sohonen, der Hirach in Dalekarlien. Brögger hat die Fanna der
posiglacialen marinen Ablagerungen des ■Qdlichen Korwegens ebenfitlls m
klimatischen Bereofaniingen benutst und veranschlagt die Jahrestemperatur
zur Zeit der Tapesbinke in der Gegend des KristianiaQords ungefUir 2^ C.
höher als die gegenwtxtige. ^) Alle diese Zeugnisse, die eine so weitgebende
Übereinstimmung aufnreisen, beziehen sich ungefähr auf denselben Zeitraum,
vom Ausgang der Ancylus- bis zum Hübepunkt der Litorina-Poriode. In
dieselbe Zeit fällt aber auch, nach der Lage der illtesten Funde von Kultur-
gcrüten zu schließen, die Kin Wanderung des ruMdit bischen Menschen
im südlichen Skandinavien; sie ist gleichzeitig mii dem Beginn der Eichen-
periode und mit dem w&rmsten Klima der Postglacialzeit')
Qewiß hat nun Hansen Recht, wenn er annimmt, daß mit der
WSrmesteigerung Hand in Hand eine größere Ausbreitung der steppen^
▼erwandten Origannm-Flora auf Kosten des geschlossenen Urwalds habe
gehen mfissen, und daß hierdurch die Ansiedlttng einer primitiven Be-
Tölkerang wesentlich erleichtert worden sei.*) Und ebenso wird man
Andersson zustimmen müssen, wenn er die Einwanderung des im wesent-
lichen mit der < >i ii/anum-Flora identischen borealen und subborealeu
Floreueleme n f s m (l^r Hauptsache ebt-nfalls in diese Periode verlegt.*)
Dürften wir dieselbe klimatische Entwicklung auch für das mittlere
Europa voraussetzen, so wäre die ganze Frage als gelöst zu betrachten.
Von Toraherein ist es in hohem Grade wahrscheinlich, daß sidi etne so bedeu-
tende Wärmesdiwankung auch Aber die Qreoaen der skandinavischen Halbinsel
* hinaus fBhlbar gemacht haben wird; keinenfalls kann es sieh um eine rein
lokale, etwa nur durch den Einbruch der warmm Gewisser des Golfttroms
in das Ostseebedcen verursacht« Erscheinoi^ handeln, denn die Erwärmung
hat schon lange vor der Zeit des Litorinameores eingesetzt und ihren Ein-
fluß bis in den hohen Norden hinauf geltend gemacht. Trotzdem wäre es
unzulässig, ohne positive Zeugnisse das für Skandinavien gewonnene Ergebnis
ohne weiteres auf das mittlere Europa zu übertragen.
Solche Zeugnisse sind aber jetzt tatsächlich vorhanden, freilich nur in
geringer Zahl und keineswegs alle von durchschlageuder Beweiskraft
0. A. Weber und B. Fischer-Benson*) haben in den Hochmooren des
1) Rekttad 8. 473. — Andersaon. Das naoheianttliehe Klima von Schwe-
den. S. in.
2) AudersBOQ. Gesch. d. Veg. Schwedens. S. 51-J — 15. — Ders. Das nach-
eisieitL Klima von Schweden. S. 16. — Hoops. 8. 77 ff. (hier auch weitere Idtecator).
8) Hansen a. a. 0. S. 81.
4) AndorBson. Gesch. d Veg. Schweden». S. 466.
6) C. A. Weber. Über die Moore mit besonderer Berücksichtigung der swischen
Unterweeer und Unterelb« Uegeeden (Jahreeber, der Männer vom MbigenebBRi,
Heimatbund an Elb- u. Wesennundung. III. l'JOO) — R. v. Fischer-Benzon. Die
Moore der Truvinz Schleswig- Holstein (Abb. aus d. Qeb. der Naturwiss. hrsg. v.
Katorwias. Ver. in Hamburg. XI. Ib91. S. 76).
B«Bie2iQiig6ik Bwisehan Pflansengeograplii« n-SiedlnngsgesohioIite. 821
norddeutschen Tieflands und der jütischen Halbinsel eine eigontüniliche Torf-
Bchieht nachgewiesen, die sich zwischen dem Sphagnum-Torf eingeschaltet findet
und auf eine vorübergehende trockene Periode hinweist; diese als Grenz-
torf bezeichnete Schicht ist ebenfalls gleichzeitig mit der Eicheufiora und der
neoHthiaciim Kultur.
Ferner haben sich ebenso wie in SkancUnaTien Holareste im Torf
weit oberhalb der heutigen Verbreitungsgrenze der betreffenden
Banraarten an sahireichen Punkten gefunden. Beisidele sind bei Hoope
msammengestellt, ebenso bei Früh und Schröter*): auf der HeinriohshOhe
am Brocken, in 1044 m, wo heute nur Fichten und Birken wadisen, in einem
Torfstich Eichen- uml Kiefemstöcke nebst Haselnüssen, während heute die
Eichengrenze loOO Fuß tiefer liegt; im ErzgeT)irge und Ricsongcbirge fossile
Rest« von Eichen, Rotbuchen und Haselsträuchern ebenfalls iu Höhen weit
über der jetzigen Grenze dieser Holzarten. Die gleiche Er>^rheinuiig ist auch
aus den Alpenländem bekannt, wo man jedoch ebenso wie für das Zurück-
gehen der Baumgroise in histMiacher Zeit mit dem menschlichen EinfluB
als ErUftrung glaubt auskommen xn können. Bine Pflanze, die in den post-
g^adalen Mooren der Schweis nicht selten auftritt, wihrend sie sidi jetzt in
wirmere iJnder znrftckgesogen hat, ist die WassemuB (Trapa mäam),*) Damit
sind aber auch alle schweizerischen Torfvorkommnisse, die sich allenfalls als
Spuren einer postglacialen Klimaänderung deuten ließen, bereits erschöpft.
Alach die Flora der Pfahlbauten soll nach deren neuestem Mono-
graphen, Neuweiler^), keinerlei Anhaltspunkte <]at'iu- ergeben. Auffallend ist
aber doch, daß in den Pfahlbauteu des .Steinhäuser Rieds, das jetzt ganz in
einem Nadelholzgebiet liegt, ausschließlich Reste der wUnnebedürftigeren
Laubhölzer gefunden worden sind;^) das gleiche gilt von einzelneu Pfahl-
banten des Bodenseegebiets. Femw wird ron Nenweiler selbst auAer der
bereits erwihnten Trapa natam eine der 8üme Oreüea nahestehende, jetzt in
der Sdiweiz nicht mehr lebende ^Sifeiie-Art erwihnt*), deren Verwandte den
MittelmeerlSndem angehören, und endlich als wildwachsende Pflanzen die
Walnuß und die Pflaume, die beide nördlich der A^en nur noch gepflanzt
oder Torübergehend verwildert vorkommen.
Ähnlich liegt die Sache bei der Fauna der älteren Pfahlbauten und
der neolithischen Kulturperiode überhaupt. Im Vergleich mit den älteren
Quartärfaunen trügt sie freilieb einen ausgesitroehenen Waidcharakter, und
dies pflegt stark betont zu werden. Und doch gehört das Wildpferd, das iu
1) Hoope a. a. 0. S. 68ff. — Frflh u. Schröter a. a. 0. S. 382. Vgl. auch
Anton Kerner, Pflanzenleben der Donanländer, 1863, S. 83. — Brviektier, Klima-
8cb wankungen (Geogr. Abh. IV. 1890). — Dere., Die Rchweizerische Landschaft einst
und jetzt, 1899. — Chodat, Bemarqnei do g^ogr. bot. relative« ans plantee r^l-
t^es dans les valle'es de Bagnes etc. (Bull. Soc. bot. de France. XXXXVEI. 1904.
p. CCLXXIX.) — M. Jeroich, Geichiohte und Herkunft der ichweiserischea Alpen-
flora, 1903, S. 60 ff.
9) Früh n. Schröter a. a. 0. S. 882. 8} E. Neuweiler a. a. 0.
4) Frank in dem Werk: Das Königreich Wflrtkembeig. Eine Beschreibung
fon Land, Volk u. Staat. Ilrsg. v. d. k. statist.-topogr. Bozeau. 1. 1S9S. S. 118.
6) Heer hatte sie als Silene Cretica bestimmt.
QcognphiMb« StiMateUt lt. J^rgtng. IMt, t. Btfk M
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322
Robert GradmBan:
den älteren Pfalilhaiiton norli auftritt und auch in den neolithisehen Schichten
vom Schwei/trshild und von mehreren Fundstätten am Mittclrhein nach-
gewiesen ist, keineswegs der VValdfauna an, ebensowenig der gleichfalls dort
▼dkommende Hamster oder der Feldhase. Wenn man nicht annehmen will,
daß diese Steppentiere (im weiteren 8inn) erst mit dem neolithiaehen Ifen-
sdien eingewandert sind und sieh aof dem Ton ihm gesehaffsnen Bodland
festgesetzt hahen, was aus naheliegenden Gründen nnwahrscheinliofa ist, so
muß, um ihr Dasein verständlich za madien, ein weit größeres Areal natflr-
lieh waldfireien Lands im mittleren Europa voransgesetat werden, als unter
einem Klima wie dem henticfen denkbar ist.
Schlieülicli kommt für unsere Fra;jt' noch der pos< l'I :iciale Löß in
Betracht, der von Früh im 8t. Cialler Rlieintal, bei Amlfllingen im Kanton
Zünoh und im Wallis, ferner bei Innsbruck und neuerdiriLfs auch bei Turin
nachgewiesen ist') und als äoliscbe Bildung anerkanntermaßen ein trockenes
Klima yoraassetst Es g^t nicht an, wie noch Schröter^ es wollte, diese
Löfibildung mit der sp&tglacialen Stqypenfkima Tom Schweisersbild sdüidi na
yerknflpfen; vielmehr handelt es sich um eine postglaciale Bildung, die dem
letzten Bfickzugsstadinm der großen Qletscher wst nachgefolgt ist
Mit alledem ist, ich wiederhole es, ein zwingender £eweis daför, daß
die postglaciale trockenwarme Periode als eine über das ganze mittlere und
nördliche Europa verbreitete klimatische Phase zu betrachten ist, noch nicht
erbracht. Aber Indicien sind doch vorbanden. Eine strenge (ileichzeitigkeit
aller an/jedeutetcii Frsi-lieinmi^fn liltJt sicli noch weniger erweisen und ist
auch kaum au/.unc'hmen ; darauf kommt es in diesem Zusammenhang aber
auch nicht an. Jede nicht ganz nnorhebliche, um die Zeit der neolitbischen
Koltnr auftretende Xltmaftnderung, die im Vergleich mit der Gegenwart yer-
mehrte Trockenheit herheifOhren mnßte, genügt der ycm uns angestellten
Behauptwm, gleichvid ob sie an yerschiedenen Orten gleichseitig oder ungleich*
zeitig, ob sie an ein und demselben Orte nur einmal oder sehliefilidi auch
wiederholt angetreten ist, ob sie \nn ktbzerer oder ton lingerer Dauer war.
Nur die eine Folge muß noci» hervorgehoben werden: wenn eine im
strengen Siune jiostglaciale, mit der neolithischen Periode wenigstens teil-
weise zusammenfallende, trocken warme Periode angenommen wird, dann ist
sie es gewesen, die den zalilreichen ptlanzlicben und tierischen Relicten von
xerothermcm Charakter endgültig ihre heutigen Plätze angewiesen hat, mögen
auch vorausgegangene Ferioden Shalidien Ghanhtera noch so viel ni deren
1) 0. Schotensack. Untemichung von Tierresten aus dem Gräberfelde der
jüngeren St<?inzeit bei Worms usw.. (Verh. d. natnrhist.-med. Ver. Heidelberg. N. F.
VL 1498.) — Der 8. beitrage zur Kenntnis der neolithiBchen Fauna Mittel-Europa«.
(Ebda. Xn. 1904.) — 0. Mehlis. Zur Fauna in der neolithisohen Ansiedlnng Wall-
bfthL (Globus. 88. 1006. S. 328.)
2) J. Früh. Der postglaciale Löß im St. Galler Rheintal. (Vierteljahrflschr.
d. Natorf. Ges. Zürich. XXXXIV. 1899. S. 157.) — Ders. Über postglacialen, intra-
moribiiiehen LM (L5ßo8and) im sehweiaerisehen Rhonetal. (Ed. geol. Helv. YL
1899 — 1900. S. 47.) — Penck u. Brückner a. a. 0. S. 361. 440. 687. 768.
Brückner Die Eiszeiten in den Alpen. (0. Z. 1904. S. 569. 678. 677.)
3; a. a. O. S. 356 ff.
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Besiehungen iwiteheiiPflaiisengeograpliie «.Siedlungsgesebiehte. 328
eigentümlicher Verbreitung beigetragen haben. Mit ihr und nicht mehr mit
der spStglacialen Steppenzoit, der wir die jüngste fossile Steppenfauna (im
engeri^n Sinn) in Mittpl-Europa verdanken, ist dann die von den Pflaozen-
und Tiergeograpben behauptete xerotherme Periode gleichzusetzen.^)
6. Dar Mltliidie Vnlftiif dor SMigniaMb
Er wäre demnach in den Grundzügen etwa so zu denken. Während
der spatgladalen BAekziigsperiode, die dem Maximum der letzten Vergletsche-
rung gefolgt ist und denn Fhasen durch die Peneksolieii Beseidmiiiigem
Acbenschwaiikaiig, BUhlstadinm, Oschniti- und Daimstadinm angedeutet wer-
den, und swar im ersten Abedinitt dieser Periode, ist ein ansgeprigtes
Steppeuklima eingetreten. Dies wird wenigstens filr das Alpengebiet dureh
die Fände in den Höhlen der Umgebung' von Schaffhansen ganz sicher er-
wiesen; wahrscheinlich gehören aber auch die Steppenfaunen auf deutschem
Boden, die im allgemeinen jetzt als interglacial aiitresehen werden, zum Teil
erst dieser Periode un. Das Klima dieser Steppenpliase darf nicht als trocken-
warm angenommen werden, wie dies im Hinblick auf die heutige geogra-
phische Verbreitung der Steppengebiete nabeliegt und wie es angenommen
werden mflßte, Mls man dunit die laUreichen zerothermen Beliete in Zu-
sammenliang bringen wollte. Das gleichzeitige Vwkommen Ton arktisehen
Tieren neben der 8teppen&nna vom Schweiaerabild xwingt vielmehr sa dem
8chln0, daB das Elima zwar trookener, aber zugleich kUter war als in der
Gegenwart nnd demnach etwa dem heutigen Klima in den nordöstlichsten
Steppengegenden des europ&ischen Kußlands entsprochen haben muß.^) Daß
gleichzeitig eine weniger empfindliche Steppenflora, darunter namentlich
manche von den Arten, die wir noch heule in verhüllnismilßig rauhem
Klima, z. B. im Jiu-a und in den Kalkalpeu bis über loOO m hinauf gedeihen
sehen, eine weite Ausbreitung gefunden hat, ist wohl mit Sicherheit anzimeh-
men, wenn uns auch keine Beste davon in fossilem Zustand aufbehalten
sind. Eine paltoHthiMihe BevOlkorung Tom MagdaUnien-Tjpus lebte damab
mit dem Mammut, Wildpferd und Ben zosammen auf der N<ndseite der Alpen.
Gegen den SchloB der spfttglactalen Zeit, unmittelbar tot dem Daun-
Stadium, ist dann, mindestens lokal, eine starke Erwärmung eingetreten, deren
Wirkung zunächst in einer Hinaufrückung der Vegetationsgrenzen in den
Sfid-AIpen erkennbar ist. Auf welcher Kulturstufe sich die gleichzeitige Be-
1) Auf diese Möglichkeit hat schon Brückner (Die Alpen im Eiszeitalter,
lief. 6, 1904, 8. 6B1) hingewieeen; ,,Aui venchiedenen Anzeichen hat man, so
besonders fQr das "Wallis, auf die Existenz einer trockenwarmea Periode In der
jfinpsten geologischen Vergangenheit geschlossen. So deutete J. Frflh das von ihm
beobachtete Auttreten von Lüß im Bhonetal. Da dieser Löß u. a. von Früh auch
bd Naten gefbnden wurde, also auf dem vom Aletich^etscher wfthieDd des Daun-
Stadiums bedeckten Gebiet, so ist er, wenn er überhaupt al» einheitliche Bildung
betrachtet -wenlen darf, und ebenso die Trockenperiode, in der er entstand, jünger
als das Daunätadium. ... Ob in dieselbe Zeit, also nach dem Daunstadium, die
von meufVp* Fflaoaen- und Tietgeogcaphen aofenommene poetgladale zevolher-
mische Periode zu setzen igt, sei dslungestsiUt."
8) Ebda. Lief. 4, 1902, 8. 4nff.
22*
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824
Robert Or»dmaan:
völkcrunjf Mitt»'I-Euioitas befand, ob sie sich erst dem Schluß äi-r paläoli-
thiscbcn Entwickhiiii: uribt-rte oder ob damals schon das ueolitiiisclie Element
seinen Einzug hielt. wisstMi wir vorläufig nicht.
Sicher ist aber, daü aut die vorübergehende ErwäriiiuDg 6Ui abemaliger
Gletschenrontoß (das Datuistadium) gefolgt ist, und Mißerd«m ist ffir die
dem letzten Yontoß naebfolgende, die eigentlich postc^adale Zeit auf große
Stiednn und nn caUreiehen einseinen Punkten vom Sftdabluuig der Alpen
Ins in die Arktis hinein der Eintritt teils eines troekenersa teils .eines
wtnneren Klimas bestimmt nachgewiesen. Wie weit die einzelnen Bdege
unter sich gleichzeitig sind, Iftßt sich noch nicht ausreichend feststellen; Yor-
ISufig muß es genügen, zu wissen, daß sie zum Teil streng nachweisbar, zum
Teil mit höchster Wahrscheinlichkeit mit der neolithischen Kultur zeitlich ver-
knüpft sind. ^fan braucht dalur, um sich die Siedlungsverbiiltnisse der
neolithischen Z''it verstlindlich zu machen, nicht mehr emo Nachwirkung des
früheren Steppcnklimas anzunehmen, kann sich vielmehr Torstelleu, daß dessen
Folgen durch ein sunSchst, mSglicherweise sogar wiederholt eingetretenes
regenreicheres Klima bis auf einxelne Belicte gbulieh ausgelöscht worden iiiid,
daß auf die Steppenperiode eine ausg^prSgte Wftlderperiode gefolgt ist und
den Falftolithiker aus dem mittleren Europa ToUstBndig yerdriLngt hat
Damit wire das Aussterben der typischen Steppenfauna und zugleich der so-
gen. Hiatus zwischen palttoUthischen und neolithischen Kulturschichten befirie-
digend erklärt.^)
1) Dieser AoBatz entspricht genau einer Hypothese, die von Ifuie Jeroscb
(a. a. 0. S. 66) auBgesproehen weiden ist: „Der SteppenpaUoIitidker, dessen Spuren
die gelbe Kultnnchicht uns überliefert hat, zog sich vor der in Folge des feuchter
wenletulcn Klimas überhand nehmenden Bewaldung zunick. Mit seinen priuiitiven
Werkzeugen konnte er deo immer dichter werdenden W^aldea und der von ihm be-
herbergten Tiere nicht mehr Herr werden, wie in den leicht (Ibenehbaren Steppen;
für Bein Hauptuähr- und Haustier, das Rentier, wurden die Lebonsbcdingringen immer
schwierigere, schließlich ganz unmötrliche Der .Mensch mußte weichen, nicht nur in
der Schweiz, sondern im ganzen palüohihitich schon bewohnten Europa, denn überall
dort IBßt eidi der Hiatus wahrnehmen. . . . Erst als eich die WUder — vielleicht «ine
Folge des abermals kontinentaler werdenden KHmns? — etwas mehr lichteten und
der Mensch, der tiich im Osten unter Ihm günstigeren Bedingungen weiter entwickelt
hatte, nun mit besseren Werkzeugen des Waldes and seiner Bewohner sich erwehren
and sie sich dienstbar machen konnte, kehrte er wieder an seine früheren Wohn*
pliitze zurück." Auf die Annahme einer fenchtkalten Periode, die der Würm-
eiszeit und der unmittelbar darauf folgenden äteppenperiode vom Schweizersbiid erst
nachgefolgt sein kann, führt neben gewissen, nicht wohl in Kllne su ertetemden
pflanzengeographisehen Gründen auch folgende Überlegung: Zahhraiflhe Be-
obachtungen, die von Wilh. Götz (Hiatorische rJoographie, 1904, S. 4fF., 73, 119,
127, 196, 226 n. 284) zusammengestellt worden sind, sprechen für eine nieder-
schlagtreiche Periode, die wfthrend der jüngsten geologischen Vergangenheit ein-
getreten sein muß. Auch von den GlaciaipHanzen, die teils fossil gefunden worden
sind, teils noch heute als Reliete im 'iiefland leben, können manche Art^n,
besonders HochmoorpÜanzen, schlechterdings nur w&hrend einer ausgesprochen
feuchten Periode eingewandert sein. Solange man flbenengt war, daß dJM Tor-
rücken der Gletscher während der letzten Eiszeit (Würmeiszeit) ebenso dnrdi eine
Zunahme der Xiederschlilge wie durch die WärmeaV>nahme bedingt gewesen sei,
war es das Nächstliegende, die genannten £r8cheiuuugen auf die Würmeiszeit
I
^ .d by Googltj
BetieliiiBgdB Bwitch^n PflanieBgeographie n. Siedlnngigeiehieht«. 825
Der erneute Eintritt eines trockeneren und jetzt zugleich vviirmeren
Klimas, wenn auch keineswegs eines ausgeprägten Steppenklimas, in post-
glacialer Zeit genügt vollständig, um sich eine erneute Ausbreitung der licht-
liebanden, st^ppeaaiügen Vegatatum auf den nieder größer werdenden Wald-
Ifldran, das EindKingen einer wSrmeliebenden Flora und zugleich die Yer*
breitnng Ton Steppmtieren (im weiteren Sinn) wie ^Idpferd, Hamster tmd
Feldhase, aber auch die Einwandenmg und Festsetsong dbr neolitiiischen Be-
völkerung auf den natttrlichen Waldlichtungen, wie in SkandinaTien, so auch
im mittleren Europa, verständlich zu machen.
Mit dem allmähliclitn Eintritt des lieutigen viel ausgesprocheneren
Waldklimas mußten sich dann die Lücken <rr<ißtetiteils wieder schließen, doch
nicht so vollkommen, daß nicht an besonders goeigueton Stellen Reste der
Steppenflora und Steppenfauna, wie wir sie beute noch beobachten, erhalten
bleiben konnten. Soweit die Lücken vom Menschen und dessen Kulturüächen
besetst worden waren, blieben sie annlhemd YoUsiAndig erhalten und wordra
stellenweise ohne Zweifel auch noch etwas erweitwt; «ne großartige Sr-
weitemng Ton geographischer 'V^kong, bis tief in die alten Urwaldgebiete
hinein, hat aber erst mit dem Eindringen der rQmischen Herrschaft begonnen
und erst im späteren Mittelalter ihren Abschloß erreicht.
Das Problem, von dem wir ausgegangen sind, die Frage nach dem
Causalzusammenhang, der den so auffallenden Beziehungen zwiseben Pflanzen-
geograpbie und Siedlungsgescbicbte zu Grunde liegt, erscheint damit als
gelöst. Aber der vorläufige Charakter dieser Lösung muß ausdrücklich her-
vorgehoben werden. Die dargelegte Auffassung dürfte beim gegenwärtigen
Stand unserer Kenntnisse die natürlichste sein und ruht jetzt immerhin auf
so breiter Grundlage, daß siish im Kernpunkt sohwerlieh mehr etwas ftndem
durfte. Allein daß das Bild im einseinen nodi manche Umgestaltung er-
fiüiren, daß es rieh spftter wohl noch etwas verwickelter darstellen wird, ist
bei dem lebhaften Fluß, in dem sich erfreulicherweise die Erforschung der
jüngsten geologisdien Vergangenheit gegenwtrtig befindet, hat mit Sicher-
heit an erwarten.
eelbst zu beziehen. Heute geht das nidit mehr. Wir wissen jetzt, daß die Yer-
gletacfaenmg der Wflnnelasrit noch während der interglacialen LOßbüdung, also
unter der Hemchaft eines kontinentalen Klimas, begonnen hat, daß die Schnee-
mengen im Fimgebiet der Piltivialgletscher nicht größer gewesen sind als heute,
daß ein Teil der Steppeuiauua die ganze letzte Eiszeit auf mitteleuropäischem
Boden überdanett hat ^enek, Die al^plaen B&neitbildnngeB und der prSh^torisehe
Mensch, Archiv für Anthropol. XXIX. 190.3. S 8. — Peru k u. Brückner a. n. 0.
S 71. 3 ff ). Die feuchtkalte Periode kann deshalb mit der VVürmeiszeit ui( ht iden-
tisch, sie muß ihr und der Steppenfauna vom Schweizersbild erst nacbgefolgt sein
und deckt sieh wahrscheinlieh mit einem der spftteren Bflekxugistadien.
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826 i>. Karchhoff:
Alfe ind neu HamlelssfnfleB ud Haidelnüttelpukte
in Nordest-AfHka.
Vou D. KUrohholll
(Schluß.)
Auiier auf den bisher angegebenen Straßen nach <k'm Nil l)ewegte sich
der Ilandt'l difsni- Länder aucli direkt nach Nonlen und zwar in iT-ster Linie
nach Tripolitanicn. Dieses Gebiet bot die günstigsten Ik'dingungeu für ein Ein-
dringen in das Herz des schwarzen Erdteiles, denn die Städte Tripolis und
Bengan liegen 250 engUsdie Mtileii d«m Sadangelneti aMihw als Algier,
Qnn, Fbillipeville, Tonis. Beide Orte beeitsen von Natur gute Elfen, denen
aber In keiner Weise kflnstlieh nachgeholfen worden ist') Bengasi war be-
reits 1856 eine Stadt von 10000 Einwoiuwn mit lebhaftem Handel ins
Innere, der diesen Ort für die östliche Sahara sehr bald wicbtigW werden
ließ als Tripolis. Ein besonderer Artikel dieses Handels waren Sklaven,
imd noch Ende der achtziger Juhre, nachdem durch die Bestrohungen der
Senussi der Sklavenhandel einen neuen Aufschwung genommen liatte,*) sollen
innerhalb 4 Jahren 21000 Sklaven alb iii in Bengasi verkauft worden sein.')
Ein anderer wichtiger Handelsartikel war Elfenbein, von dem im Jahre lö85
5000 kg auf den Markt kamen. Dieser Handel nahm in der sweiten Hftlfte
der siebsiger und in Beginn der , achtziger Jahre einen nicht unbedentenden
Anftdiwung, da ihm, wie schon gesagt, au dieser Zeit ein groBer Teil des
Kanwanenverkehrs mit Wadai snfiei Dnrcfa die verschiedenen Kämpfe in
Zentral- Afrika flaute der Handel Bengasis in den neunziger Jahren immer
mehr ab, um sich erst nach Wiederherstellung der Ruhe zu heben.
Die Handelsbewegung vollzog sich auf der Straße über Audschila — Kufra
direkt nach Süden: diese war und ist die einziire nennenswerte Handelsstraße,
denn die beiden nach Osten führenden Wege, durch die Bengasi direkt mit
Äu'^-pten in Verbindung stand, wurden wenig begangen. Der eine nördliche
fülu'iü über üreneh nach Aiexaudrieu, der andere zur Oase Siwah und er-
reichte von hier mit einem zummtt Ton ^ton nach Mekka neheoden Pilgern
benutzten Zweige Qizeh, mit dem anderen Esncih— Assuan*) und dann die
große Karawanenstraße Darfiir — Sint bei Charge.
Kehren wir au der ^buiptstiaße von Bengasi zum Sftden rarfiok, ao war
Audschila mit seinen 3000 Einwohnern von besonderer Bedeutung, weil hier
auch eine vielbegangcne Straße von Tripolis über Sokna und die wenigor
frequentierte von Kairo über die Siwali-Oasen und endlich ein Weg von
Mursuk, der Hauptstadt von Fessan, mündeten. Als Fortsetzung nach Süden
dient eine ül>er Kut'ra nach Abeschr führende Straße. Kufra ist die zweit-
größte Ousengruppe der Sahara; sie hat sehr gutes Wasser, ist aber ab-
gtibeheu von ihrer Wichtigkeil als Kastpuukt ohne alle Bedeutung.
Dar Schwerpunkt das Handels von Tripolis (mit 10000 Einwohnern)
lag znnSchst im Verkehr mit den Lindem westlich des Tsad und erst im
1) Export. läÖ6. ä. 3d. ä) Österreich. Monatsschx. f. d. Orient 1881. S. 140.
8) D. B. f. Geogr. u. Stat. 1890. 8. 88. 4) Fireka Ägypten. Band L
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Handelattraften und H»iidel«mittelpankte in Nordoat-Afrika. 827
19. Jahrhundert begann alhniiiilich eine Handelsbewopunj? mit Bagirrai,
Wadai u. a.^) Direkt verkehrten die tripolitanischen Kaufleute mit jenen
Gegenden Ubexfaanpt erst seit dem Anfang der siebsiger Jahre, bis dahin lag
der ganse Handel mit Ohat, Kano, Eanem, Borna, Baginoi, Wadai in den
H&nden der Kanfleute von Ohadames, weldie in jenen Gegenden Handels-
agenten hatten.*)
Ghadames (mit 7000 Einw<Anem) war und ist als >[arktpl;itz nur von
geringer Bedeutung, um 80 gröfier ist aber seine Wichtigkeit im Transit-
handel'), der sich allein in den von Süden nach Norden kommenden Waren
auf 3ÖOO00 kg belaufen haben soll. Diese Bedeutung erscheint sofoi-t
selbstverstfindlich, wenn man die Lage des Ortes an der dreifachen Grenze
von Tripolilanien , Algerien und den Tuarekländeni berücksichtigt.*) Gha-
dames bildet den Ausgangspunkt von sieben wichtigen Karawanenstraßen, von
denen fttr die Yorliegende Arbeit nnr die nadi Ghat und Munnik Interesse haben.
Biese drei Orte, Ghadames, Ghat und Mmnnk, behaupteten im vorigen Jahr-
hnndert den ganien a&ikamschen Handel, dw Aber die mittlere Sahara ging.
Bie waren die Stützpunkte der gesamten Handelsströmung, die ttdi T<m
zentralen Sudan nach der Küste des mittelländischen Meeres bewegte imd
als Zielpunkte Tunis, Gabes, Tripolis, Bengasi und Kairo hatte.
Ghat, eine Stadt von etwa 1000 Einwohnern, ist für den Transithandel
von großer Bedeutung, weil hier der eigentliche Vereinigungspunkt derjenigen
Karawanen ist, die durch die Wüste nach Timbuktu, Boriiu, Baginni usw.
ziehen. Es steht ferner nach Westen in Verbindung mit Tunis, Algerien,
Marokko, nadli Osten mit Bengasi und Mursuk.'^)
Letzteres (mit 6000 Einwohnern) ist trete seiner nngflnstigen Lage in
sehr trockener Umgebung von großer kommerzieller Bedeutung als Knoten-
punkt sahlreioher WllstenstraAen. Von Oktober bis Februar findet hier der
große Markt fiir die versdiiedenen Karawanen stett, die Yon Kairo, Bengasi,
Itipolis, Ghadames, Bomu usw. ankommen.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß im vorigen Jahrhundert eine
ganze Anzahl Karawanenstraßen von Tripolitanien aus nach dem Süden
führten. Ausgangspunkt aller war zunächst die Stadt Tripolis. Von Osten
beginnend ist des Weges über Sokna nach Audschila schon Erwähnung ge-
tan. Diese Verbindung erfreute sich einer ziemlich erheblichen Frequenz,
denn sie bildete in ihrem ersten Absdhnitt bis Sokna einen Teil der vid-
begangenen Post- und Earawanenstrafie naeh Mursuk. Diese wurde Tor dem
direikten Weg bsf7<nnnigt, weil an ihr Wasser in genflgender Menge, sowie
«ne größere Zahl Stationen vorhanden war, vriArend Ton der direkten Steaße
Tripolis — ^Mursuk der vollständige Mangel an Dörfern, sowie eine wasserlose
Strecke von sieben Tagen abschre( kten. Eine vielbegangene Verbindung,
welche wenig mehr als die Hälfte derjenigen über Sokna nach Mursuk be-
trug, führte von Tripolis nach (ihadames, wo noch Straßen von Tunis und
Algerien einmündeten, um sit h nach Timbuktu, Kano, Ghat, Mursuk zu ver-
1) Handeläarchiv. 1R82 II Teil S. 469. 2) Ebda. 1899. II. TeiL S. 180.
8) Osterr. Mouatoschr. f. d. Or. 1881. S. 146. 4) Ebda.
6) Test». Notiee «tetistiqne de Trip<dis. S. 6.
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D. Kflrchhoff:
zweigen. Von letzterem Ort vollzog sich der Verkehr nach den östlich des
Tttd gelegenen Lindink dtdnnk, dn0 da* aaeii Knfim flUifeiidA fltnfie di»
wichtige Verinndnng Bengad — Aheidir «michte. Von Ghat mb bestand eine
Verbindung mit der Oase Agaden, wo eine Gabelung statt&ad; die eine Port»
setmng fAbrte naeh Kuka, die andere in slldfletlieher Biobtong nandi Xaaeni,
Bagirmi und Wadai, femer führte von Belgaschifari eine Eirawanenstraße in
östlicher Richtung nach Borku und in die Ton der Karawanenlinie swisehmi
Audschilah und Wadai berührten Gebiote.
Der sich auf difst-n verschicdonen Stralion vollzieheude Handel blieb
von den sich seit Mitto der achtziger Jahre im Innern Afrikas abspielenden
Kämpfen nicht unl)eeintiuüt. Nach der Eroberung von Tinibuktu zoj^en sich
die räuberischen Stämme der West-Sahara nach Osten. Tuarekstämme tauchten
in der Umgegend von Gbat auf, pliUiderten ganae Karawanen und mariitwi
alle Sudanstrafien dmeh ÜbexfiUe vnsidier. Die Eanfleate ließen steh da-
dnrcb abhalten ibre Warm im Innere ra sefaicken. Daia kam, daß sieb
der BklaTenbandel immer sdiwieriger gestaltete, dafi die Stranßenfedem in
Europa nicht mehr so begehrt waren \vie früher, daß sich die Konkurrenz
der aus Süd-Afrika stammenden Straußenfedern immer fühlbarer machte n. a.^)
Diese VerbUltnisse hatten zur Folge, daß es sich nicht mehr lohnte Kara-
wanen nach dem Süden zu schicken. Einen schweren Schla;:,' endlich erhielt
der tripolitanische Handel, als in der ersten Hälfte der neunziger Jahre
Rabeh das Keich Bornu dem Handel nach Norden schloß. Konnte zwar zu-
nächst in dem sich kommerziell immer mehr entwickelnden Wadai eine £nt-
sflldldigung gefunden werden, so ließen doeh die in der Ifitte des Jahrsefants ein-
setunden Tfaronstreitigkdten in diesem Land eine Entwickelnng des Veikehrs
znnlcfast anflsicbtslos «rsobeinen.
Inswiscben waren die arabisehen Elfenbeinblndler tmd Sklavenhändler
immer weiter nach Süden vorgedrungen, sie batten sieh in Dar Fertit, Dar
Runga und Dar Banda festgesetzt und von hier aus, teilweise die Täler
des Kwango und des Kerne benutzend, den Ubangi erreicht.*) Wir sehen
somit, daß am Ende des vorigen .Jahrhunderts der Handel des größten Teiles
von Nordost-Afrika bis fast zum Aijuator hinal) von den Küsten des mittel-
ländischen Meeres aus beherrscht wurde und daß sich der Verkehr ohne
Bücksicht auf billigere und bequemere V^rbindangen auf langen und häufig
nur unter großen Sobwierigkmten benutsbaren Straßen vollzog, la Folge
davon waren die Unkosten der Kanflente stets anßerordenüioii bocb, und
daher wurden nur bobe Gewinne abweifende Handelsgegeostftnde in den Ver*
kehr gebracht. Sklaven, Elfenbein, Straußenfedern waren deshalb fast die
einzigsten Artikel, welche die Karawanen mit sioh führten. Je mehr die
Erschließung des Innern durch die Europäer um sich greift, desto mehr wird
der Handel mit dem ersten Artikel uutt^rbundeu werden, aber auch der
Preisrückgang für Elfenbein und Straußenfedern ist derartig, daß diese Ar-
tikel nach billiger zu benutzenden Verkehrstraßen suchen müssen. Diese
bind aber unbedingt nötig, je mehr es möglich wird das Land zur Erzeugung
1) Budelsenliiv. IWI. II. TeiL 8) La G^. YBL IMS.
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H«ndeUsiiftßen und Handelsmiitelpaakte in NoxdoBt-Afzika. 329
von handelsftliigen Bodenprodokten auszunützen, denn bei ihnen, wie z. B. bei
Gummi, Getreide, BaamwoUe usw. ist eine Bentabilität nur dann möglich,
irann Ar den Masse&tnuisport geeignete Verkehnwege und Veifaihnmittel
mr Yerftgung stellen, um auf bUligate Weise die Enengnisse den Abssti- '
gelueten snflUneii wol kSnnen»
In einem Gebiet, das wie der größte Teil Yon Nordost-Afrika nmlehft
Handclsprodukto in größeren Mengen überhaupt noch nicht liefert, muß
natürlich auf die Benutzung möglichst billiger Massentransportmittel Rück-
sicht genommen werden, in erster Linie die Wasserstraßen, und da komiiifn
für die frai^lichen Gebiete der Nil und der Kongo oder dessen bedeutender
Nebenfluß ri>angi in Betracht.
Werten wir zunächst einen Blick auf den Nil als Vorkehrsstraße, so ist
xiim Personen- und Warentransport schon seit den iltesten Zatm bis
Assoan nnd Wadi Haifa benntxt worden. Die EinfUurt Tom Heer ans in
den Strom gescihieht Tormittelst der beiden bei Bosette nnd Damiette mfln-
denden Hauptarme des Flnssee. Der letztere ist yorliufig stets schiffbar, ver-
sandet aber immer mehr, und es wird erheblicher Aufwendungen bedürfen,
wenn er nicht das Sofaieksal des ersteren tnlen soll, der ebenso wie die
übrigen im Altertump noch benutzbaren Arme des Nil-Deltas in Folge Ver-
sandung für jeden Schiffsverkehr vollständig unbrauchbar ist. Etwa 20 km
unterhalb der von Rosette 225 km eutternteu Stadt Kairo vereinigen sich
die beiden Arme in dem 3 km breiten Nilstrom, der sich bis zu den Kata-
rakten auf 5UÜ m verengt. Seine durchschnittliche größte Tiefe beträgt bei
Hoehwasser 10—13, bei Niedrigwasaer 5 — 1 m; die Btromgeschwindigkeit
beUlaft ach anf 11 an.
Bei Wadi HaUk hat die Möglichkeit der Schiffahrt endgflltig ein Ende.
Seitdem im Jahre 1902 das bei Assoan ezxiohtete Stauwerk, durch welches
das Niveau des Flußes um 20 m fibw den früheren niedrigsten Stand ge-
hoben wird, dem Verkehr übergeben wurde, bietet der früher nur unter
großen Anstrengungen bergwärts passierbar erste Katarakt keine Schwierig-
keiten mehr. Ein neben dem Damni eingebauter Schleusenkaual gestattet
ein Heben der Fahrzeuge in bequemer Weise. Über den zweiten Katarakt
ist zwar, seitdem Mahomet-AJi einige Sprengungen hat voruehmen lassen,
ein Verkehl- zur Zeit des höchsten Wasserstandes möglich, jedoch ist das
Befahren selbst in eigens sn diesem Zweck gebauten Booten mit so großen
Schwierigkeiten Terkufipft, daS ein Ausnntsen ftlr den großen Vorkehr voU-
kmnmen ausgeschlossen ersdieint.
Der sechste Katarakt oberhalb Schendy kann selbst bei niedrigem Wasser-
stand ohne sonderliche Beschwerden überwunden werden, ganz abgesehen
davon, daß eine Beseitigung dieses Hindernisses verhältnismäßig leicht mög-
lich ist, so daß also der Beginn des schiflfbaren Teiles dos Mittellaufes bei
Berber angenommen worden kann, doch nimmt der Haupt verkehr erst bei
Khartum seineu Anfang. Bei diesem Ort hat der weiße Nil bei niedrigstem
Wasserstand eine Breite von 180 m, die bis zum Sobat auf 230 m im
Durchschnitt steigt. Auf dieser 800 km langen Strecke ist der Nü das ganze
Jahr der SchiffUirt geOffiiet, doch smd iwei Ahsehnitte su unterscheiden: die
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S30
D. Eilrohhoff:
Strecke Kliutiuii — ^Fasdioda m&d Fasehoda-^Sobatnittiidiixig. Jm entgenumten
Teil ist die BchidGahrt in den Jahren, in denen der Wasserstand des 1^
flberliaiipt niedrig, bei Niedrigwasser, d. h. sn Anfang des Sommers schwierig
da sich dann hier viele Klippen im FlnBbett bemerkbar machen, im aweiten
Abschnitt dagogen können flachgehende Dampfer sü jeder Jahreszeit verkehren.
Eine Hauptschwierigkeii zur Durchführung einer regelmäßigen Dampfschift-
▼erbindung bildot das Folilon jptrlichen Fouerungsmaterials.
Der Sftrelvt'rkf'hr wird dureh die Rf^'t-lmiitiigkeit dur Luftströmungen sehr
begünstigt, liald nachdem der Nil, geschwellt durch die tropischen Regen,
seinen höchsten Wasserstand im November erreicht hat, beginnen sich die
Nordwinde auf der Breite von Khartum einzustellen. Hdchst eigentOmlich
ist die allen Schiffern des Sudan wohlbekannte Tatsache, daß diese Wind-
Strömungen, so kriftig sie auch sind, nnr langsam weiter nach Sflden vor-
schreiten. Deshalb eilen die Handelsschiffo nicht sehr, schon mit dem Be-
ginn des Nordwindes anzulaufen, vielmehr geschieht dies erst im Dezember.
Ende M&rz und Anfang April stellen sich die Sfidwindo ein und mit ihoSD
treiben die Barken wieder dem Norden zu. Jenseiis der Sobatmüudung war
bis vor kur/.em die Schiffahrt in Folge der „Sedd'' genannten Pflanzenbarren
außerordentlich schwierig, wenn nicht unmÖLrIieli bis (lamba Schambeh. Un-
mittelbar nach der Besetzung von Fascbudu durch englische Truppen ging
die Verwaltung des ägyptischen Sudan daran, die Verstopfungen des oberen
NU m beseitigen, und nach monatdanger Arbeit gelang es dmi Mnjar
Peake einen fi^baren Kanal durch die „Sedd'^-Batrieren hennstellen, so
dafi nunmehr ein bequemer Verkehr aof der 1200 englische Meilen langen
Strecke Ehartnm — Be^'af m(^lich ist üm einer Erneuerung dieser Ver-
stopfangen entgegenzutreten, will die Verwaltung ein schon au>L'«^riHM itete?
Projekt ausfuhren. Nach diesem soll zwischen Lade und Schambeh der Nil
in ein festes Bett gebracht und jeder Seitenarm abgedämmt werden. Abwärts
Schambeh wird der bisherige Bahr el Djebbel, der eigentliche alte Nil. eben-
falls abgedämmt werden, so daß sämtliche Wasser durch den Behr el Seraf
fließen müssen; auch dieser soll durch Dämme festgehalten werden und eine
Breite von 500 m erhalten, wodurch eine kräftige Strömung erzeugt wird.
Bs ist einleiiehtend, daß die angegebenen Ibftiahmen auf die Sddffbax»
keit des gesamten mittleren und unteren Nil von grSAtem EinfluB sein
mflssen, denn das „Sedd*^ und die VemimpAugen Teroisaohen einen unge>
kaueren Verlust an nntabarem Wasser, der atf nicht weniger als 18000
Mill. cbm 50% aller Gewässer aus den Aquatorialseen geschfttzt wird
Es ist also zu hoffen, daß nach Ausführung dieser Regulierung der Nil
auch während der regenlosen Zeit eine regelmäßigere und ausgiebigere Wasser-
zufuhr im unteren Lauf erhalten wird als gegenwärtig, wo er hauptsächlich
auf die Zullüsse des Sobat, blauen Nil und Atbara angewiesen ist, was zur
Folge hat, daß auf der Strecke Assuan — Kairo der Schitfsverkehr von März
bis Juni fast vollständig ruht. Von Gambah Schambeh bis Lado, auf wel-
che Strecke dar stets sfdiüFbsre Strom eine Breite tou etwa 600 m und
eine Tiefe von 4 m hat, fließt der Nil in einem einiigen Bett dahin. Bei
Lade endet die DampftchiiEahrt bei Niedrigwasser — medrigstes mTeaa Eaät
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Handelsstraßen und Handelsmittelpnnkte in Nordost-Afxika. 381
April — bei Kiri zur Zeit des Hochwassers. In der erstgenannten Zeit-
pertoda Mnden riok hart oberhalb Gondohniro Stromiduiellen, die bei Hoob-
wasMT Icflinerlei Hindarms bieten.
Zwiachen Kiri und Dofile ist jede Sdiiffahrt nnmOglieli, denn der FlnB
ftllt auf dieser 110 km langmi Strecke 168 m, wodordi nicht allein eine
starke StrSmiing, sondern auch mehrere Schnellen hervorgerufen werden, von
denen die an der MilitSrstation Mucriri — die Yarborahschnellen — die be-
deutendsten sind. SiMlicli Dufile ist der Fluß bei einer Tiefe von 2 — '.^ m
während der Trurkeuzeit und einer Tiefe von 5 — 12 m während der Periode
der Hochwasser zu jodfr .Talu"eszeit selbst für iJanipfer und größere Fahr-
zeage bis zum Murcbisunlall befahrbar. Der Fluß ist in diesem Teil von
vielen Inseln und Steinblöcken durchsetzt, welche zwar die Schiffahrt zu
keiner Jahreneit au&obalten vermögen, an mehrwen Stellen aber eine grofie
Aufinerksamkeit und Gewandtheit des Steuermannes Tsrlangen. Der 86 m
hohe Hurehisonfim setst jedem Schi&rerkehr ein Ziel, und dann folgen zum
Teil bedeutende Schnellen — darunter am bedeutendsten die Eanunasohnellen —
bis zur ehemaligen Militiirstatinn Foweira, von wo eine neue Schiffbare Strecke
beginnt, die an dem 4 m hohen Riponfall, durch den die Einfahrt in den
Viktoriasee unmöglich gemacht wird, ihr Endo erreicht.
\ ou den drei Hauptquellflüssen des Nil ist der Katjera vom Graten
Schweinitz im Januar 1893 auf eine lange Strecke befahren worden. Der
Of&zier äußert sich über den Fluß wie folgt: „Die Eingeborenen befahren
den B^igera im aUgemeuaen nicht, was seinen Grund darin hat, daß einmal
in Folge der vielen &flmmungen, selbst stromab, der Wasserweg Iraine Zeit-
ersparnis gewihxt und die Fahrt stromauf gans bedeutende Zeit in Anspruch
nimmt Der Kagera führt eine mlchtige Wassermasse, er ist meist mehrere
100 m breiti seine üfer sind aber im allgemeinen bis auf 3 — 4 m mit Pa-
pyros bewachsen. Ein 80 — 100 m breiter Teil im Kagera ist offen und hat
an den tiefsten Stellen im Durchschnitt eine Tiefe von 8 — 10 m."
Von den Nebenflüssen des Nil kommt der Atbara, der nur in den
Monaten Juli bis September Wasser führt, nicht in Betracht.
Der Bahr el Asrak ist an seiner Mündung, an der ihn die vom FluB
abgelagerte Insel Tuli in zwei Arme teilt, 1000 m breit, verschmälert sich
bis Sennaar bis auf 502 m Breite und hat bei tie&tem Wasserstand 2,8 m
Tiefe. Er ist bei Niediigwasser schüFbar bis Karko^i« wo er bei tiefttem
Wasserstand 800 m breit, 2,5 m tief ist und eine Gesdiwindigkeit von 0,45 m
in der Sekunde aufweist, b^ hohem Wasserstand aber 485 m breit, 7,5 m tief
wird und eine Geschwindigkeit von 1,9 m in der Sekunde erreicht. Der
Strom bleibt dann schiffbar bis Famaka, 350 englische Meilen vor der Mün-
dung. Jenseits des letztgenannten Ortes hat der Fluß ein außerordentlich
starkes Gefälle, denn es gilt auf der kurzen Strecke Tsanasee - Famaka
eine H<ihendifferenz von 1110m zu überwinden. Vor Eintritt in den ge-
nannten See fließt der Bahr el Asrak in tief eingeschnittenem Bett brausend
und tosend als reines Gebirgswasser dahin, jede Schiffahrt ausschließend.
Der Sobat hat an seiner Mündung bei Hochwasser eine Breite von
815 m, nne Tiefe von 8 m, eine Strömung von 0,5 m und bei ITiedxigwasser
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332
D, K&rchhoff:
eine Breite vou 150 m und eine Tiefe von 3 Klafter. Der Fluß ist voll
Wasser Tom Juni bis Deseniber, in der TrodDemdi trockiMt ar big auf snn»
tieftton SteUen ans, und im DoMmber 1900, als der englische ll^or Anstin
den Flofi mit einem Kanonenboot beüobr, war er so seiofat, daß die fUnrt
eingestellt werden mofite, bevor Nassr erreieht war. Bis dabin, 160 eng*
lisebe Meilen von der Mfindung, wird im allgemeinen die Schiffahrt das ganie
Jahr und 300 weitere eng^ehe Meilen dm größten Teil des Jahres mög-
lich sein.
Von don heidon (Juelltlüüen ist dr-r Baro während acht Monaten, zur
Zeit des Hoch- uud uiittlercii Wasserstandes, für Schiffe mit 1,2(> m Tief-
gang bequem schiffbar bis Itang, 45 km vom Fuß der Faleisen von Boure,
SU jeder Zeit können dann Schuten auf dem Fluß verkehren, der Tibor wurde
1898 Ton den Offizieren Manse und Capper in Booten 174 km anfwbts
be&hren, Ms ein kleiner See erreicht wurde. Ton den beiden Nebenflßssen
Didessa und Dsehubba ist der erstere Überhaupt nicht, der letstere nur auf
eine kurze Strecke im Unterlauf schiffbar.
Der Bahr el Cihazal stellt sich als ein mächtiges uferloses Gewisser
dar, bedeckt mit ^'rößeren und kleineren Schilfwaldungen, die 80 nahe an-
einander liegen, daß zwischen ihnen nur eine schmale Wasserstraße bleibti
während sich an andern Stellen meilenweite offene Wasserläufe betiudeu.
Die Kef^enzeit arn Bahr el Ohazal beginnt im April, nimmt im Mai zu
und erreicht ihr Maximum im Juni, Juli, August; dementsprechend beginnen
die OeiHbner im Juni zu steigen, erreichen im September, zuweilen im Ofc-
tobw ihren höchsten Stand, beginnen Ende Oktober oder Anfisng Korember
wieder ni fallen und sind am niedrigsten im ApriL Bei Niedrigwasser hat
der Bahr el Ohasal oberhalb der ArabmUndung eine Tiefe von 8 Fuß. Die
Schwankungen in der Höhe des Wasserstandes betragen etwa 4 Fuß. Der
günstigste Zeitpunkt für die Schiffahrt ist die regenlose Zeit, dann weht
aus Nordost der günstigste Wind. Bei Mesdira er Beek exnioht die Schiff*
barkeit ihr Ende.
Die Zuflüsse des Bahr el Ohazal haben nur in der Regenzeit einen
Wasserstand, der ihre Befahrung ermöglichen würde, sie sind aber nacli den
Mitteilungen des Bischofs Geyer zumeist verschilft, nur den Djur hat die
Begierung reinigen lassen. Dieser an der Kfindung 40 m breite Fluß wechr
seit weiter oberhalb swischen 20 und 60 m, hat unzUilige ununtesbrochene
Krümmungen und weist eine starke die Schiffahrt enehwerende StrSmung au£^}
Der an der Mfindung 60 m brnfte Wan wurde sum erstMi Ifole Yon Har-
chand im Jahre 1899 befahren. Auf ihm, dem Yobo sowie dem Djur-Sueh
ist es möglich, sich den Schiff barkeit^grenaen im Gebiet des Ubangi bis auf
76 km zu nahem.')
Der Ul)aiigi mündet unterhalb der Aquatorstation in den Kongo und
hat bei genügender Wassermenge eine Länge von 2500 km, doch ist nur der
kleinste Teil zusammenhängend schiffbar, denn die mehi* oder minder langen
Abschnitte ruhig fließenden Wassers werden durch Schnellen oder Fälle getrennt
1) Globus. 1905. 8. 408.
S) La G^. L 1900. 8. 67.
HandelaitraAeB nnd Handelsmittelpnnkte in Nordoit-Afrik». 383
Das niedrigste Niveau weist der Fluß im März oder April auf, dann
beginnt er zu steigen, hat im Mai, Juni und Juli seinen mittleren Stand, im
August — NovernlM'r Horbwasser, dessen höchste Höhe in den Oktober füllt,
wobei ein Unterschied von 6 — 8 m zwischen höchstem und niedrigstem Wasser-
stand zu Terzeidmea ist Ende November fällt das Wasser wieder, bis Ende
Febniur das niedrigsie Nrreaa emicht wird. Diese Bewegung des Wassen
tritt naeh der Qadle ni entqnedieiid froher ein, und swar beginnt nadi
Beliweinfortli im Oberlauf das Steigen bereits Ende Mftrz und im Anfimg
Afttil, die Scbwellseit reicht bis in den Deiembw. Der Strom ist bequem
sohiffbar bis zu den SongoschneUen, ausgenommen zur Zeit des niedrii:<;tea
"Wasserstandes, da dann die Felsen von Zinga 45 km unterhalb die Scbiff-
fahrt behindern. Die Schwierigkeit wird hier einfach durch die Heftigkeit
des Stromes gebildet, die mit dem Anschwellen des Wassers zunimmt. Zu
jeder Zeit ist für Dampfer genügende Wasserticfo vorhanden, so daß es zur
Oberwindung dieses Hindernisses nur starker Maschinen bedarl. Jenseits
folgt auf eine Streeke von 29 km ToUitlndig freräs Fahrwasser bis au den
Bongaschnellen. Bei Hodi waiser ist hier alles mit Wasser bedeckt, hei
Ißedrigwasser tauchen Felsen' auf und ist illr Dampfer nicht gentigend Tiefe
Torhanden, auch nimmt der Strom an Heftigkeit sn. Dann sind die Bonga-
schnellen unpassierbar, sobald aber die Wasser etwas steigen, kann man
den Dampfer hinüberziehen, spftter hebt sich das Niveau und die Strömimg
nimmt ab, derart, daß ein Dampfer mit eigener Kraft hinüberfahren kann.
Die Bongaschnellen bilden also nur bei Niedrigwasser und in der ersten und
letzten Zeit des mittleren Niveaustandes ein Hindernis für die Schiffahrt.
Es folgen dann, nur durch kurze .schitlbarc Strecken voneinander ge-
trennt, fünf weitere Hindernisse: die Schnellen bei Bellj, Uber die bei mitt-
lerem Wasserstand im Juni nnd Juli Dampfer anfwlrt^gehen können, und
selbst bei Hochwasser gelangte der mit starken Maschinen ausgerllstete Dampfer
jyAlima** Aber das ffindemis. Die Talfahrt mit Dampüwn ist gefUirlich bei
Niedrige und mittelhohem Wasser (Ende Dezember bis lütte Juni) in Folge
der Felsen, die zu schnellen Richtungsverandeningen zwingen.
Wenig oberhalb verbreitert sich der Fluß auf mehr als 2000 m, aber
er ist hier mit Felsen und Inseln übersUet, und bei Niedrigwassor ist die
Fahrt sehr sdiwierig, wenn nicht unmöglich. 5 km weiter stri maut hndet
sicli die Schnelle „En avant", deren Pa-s^sagt^ 1889 der entlastv1<' Dampfer
Geles leicht bewerkstelligte. Wenig oberhalb folgt die Elefauteuschnelle,
in der das Wasser mit der außerordentlichen Geschwindigkeit von 18 km in
der Stande in drei grofien mit Schnellen angefBllten Kanftlen dahinstribnt.
Der Kanal am linken üfer führt eine grofie Menge Wasser zwischen Felsen
hindurch, die bei Hochwasser bedeckt sind, bd Kiedrigwasaer aber eine Pas-
sage für einen Dampfer frei lassen. Der Strom ist jedoch immer sehr heftig
und gutes Steuern daher notwendig. Die „Alima" konnte Oktober 1890 dieses
Hindernis ohne Hilfe durchfahren. An der nach einer kurzen Strecke folgenden
Mokuougehschnolle hat der Strom eine Breite von i?Ono m, ist aber von Kli|)pen
und Inseln angefüllt. Zwischen diesen ist eine schmale Durchfahrt vorhanden,
die der Dampfer „En avant'* unter Gele aus eigener Kraft benutzen konnte.
L lyui^ed by Google
384
D. Efirchhoff:
Abgpsehon von diesen anpefHhrten wesentlichen Hindernissen ist die
Fahrt aut' der 37 km langen Strt'ckc JJelly — Mokuoui^eh noch durch eine Un-
zahl im Flußhett zerstreut liegender Inseln und Klij)i)en wesentlich erschwert.
Jenseits der letztgenannten Schnelle ölTnet der übangi auf eine Länge
Ton 275 km bis Banzj eine 800 — 900 m breite Wasserstraße, die bei einer
mittleren Tiefe Ton 4 — 5 m finei Ton Hmdenueien ist, wenn auch noch ab
und TO Kippen auftauchen. Bei Baoxy entstehen Schwierigkeiten dnrdi sehr
starken Strom, dodi kann ein Dampfer mit eigener I&aft Ende Deiember bis
Ende April Uber das Hindernis hinweggelangen.
Nach 50 km folgen die Schnellen von Setema, aus drei den gansen Floß
durrh({iierenden Felsenlinien bestehend. Marchand fand dieses ffindemis,
ebenso wie das von Banzy im April, wenn auch schwierig, so doch passierbar.
Jenseits Seteraa ist der Fluß auf eine Länge von 160 km für Damjifer
schitThar bis zu den Schnellen von Ranafia und Bagazzo, die aber von einem
Dampfer auch leicht überwunden werden können, sobald das Wasser genügend
hoch gestiegen ist; doch bietet der 7U1 'won Mokwangu, in dem das Wasser
in der ganzen Breite des Flvsses in einer HOhe Ton 4 m swkreoht hinab-
fUlt, jedem Verkehr em absolutes Hindernis. Weiter oberhalb folgende
Schnellen machen jede Schiffahrt bis Djabbir onmO^ch, und auch dann ist
der Find bis Qanmangu von Sohnellen durchsetzt, die aber meist von Firo-
guen überwunden werden können. Der Fluß, den Ltutnant Milz bis ztur
Einmündung der Bima schiffbar fand, dürfte sich am h uuf dieser Strecke
als Verkehrsstraße eignen, besonders wenn einige Ergiinzun<rsarbeiten vorge-
nommen werden; da sich zwischen den einzelnen Schnellen .stets schiffliare
Abschnitte behuden iin<l tlie Hindernisse selbst nicht immer ab.solut unfahrbar
sind, SO konnte die Expedition Vaukerhoven, von Djabbir den FluJß auf-
wärts gehend, bis Bomokandi mit Pirogaen 59 TOn 60 Schnellen ttberfiihren.
Der nun folgende Absdmitt Bomokandi — ^Dongu zerfUlt durch, sich in un-
regelmäßigen Abständen folgende Stromschnellen in drei sdsifFbare Teile,
innerhalb deren sich nodi TertoMedene Hindemisse finden, die je nach der
Jahreszeit in ihren Schwierigkeiten verschieden sind, niemals aber eine voll-
stiindige Sperrung ausüben. Jenseits Dongu wird der Flufi zum Gebirgs-
strom. doch ist immer noch ein Verkehr mit Piroguen möglich bis Sunire,
und erst oberhalb dieses Otes wenlen die Stromschnellen so heftig und zahl-
reich, daß selbst die Eingeborenen keine Kanoes mehr auf dem Fluß haben.
In den übangi münden zahlreiche mehr oder minder schitfbare Neben-
flüsse, die als Zufuhrstraßen vom und zum Hauptstrom dienen können. Das
Eingehen auf länzelheiten wflrde su weit ftthren, ioli mOehte nur des Kemo-
Tomi und des Bomu Erwähnung tun.
Der Kemo ist an der Mflndung 70 m breit und wurde im Oktober 1891
ohne Schwierigkeit 10 Tage aufwärts befahren. Weiter oberhalb hindern
Schnellen und starke Strömung den Verkehr selbst kleinster Flußfahrieuge.
Der rechte Nebenfluß Tomi, dessen durchschnittliche Breite bei Niedrigwasser
30 m, bei Hochwasser, wo das Niveau um 5 m steigt, 100 m betragt, ist
für Piroguen bequem das ganze Jahr schiffbar bis 5® 46' n. Br., bis zu dem
150 km nördlich des übangi gelegeneu Fort Sibut, da seine kleinen dicht
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
HandeUtira06n und Handeltmittelpnnkt« in Nordoit-Afrik«. 335
oberhalb der Mündung gelegenen Schnellen in jeder Jahreszeit (Amc erheb-
liche Schwierijjkoiten überwunden werden können. Die Möglichkeit der Dampf-
schiffahrt auf dieser Strei ke dauert etwa 4 Monate.
Der Bonni, der wichti^'ste Zufluß des Ubangi, würde bei einer Lauf-
läoge von 75ü km eine schöne Verkehrsstraße nach dem Nil sein, wenn er
nicht in seinem Unterlauf von SduaaUwi durchsetzt wftre.
Naeh einer TageafUirt sah sieh Qili» Dampfer durch die SdmiUeii
von Qotti angehalten, bei Niedrigwaaacr machen diese einen Dampfenrerkehr
nnml^Iidi, haben aber bei Hochwaaser keine Bedentnng, so kOnnen in dieser
Jahreszeit Dampfer bequem bis zu den Schnellen Hanssens, 25 km von der
Mündung entfernt, gelangen. Mit anschließenden weiteren Schnellen reicht
dieses jede Dampfschiffahrt unmöglich machende Hindernis bis unterhalb Ban-
gasso. Oberhall) dieses Ortes konnte Marchand den Fluß mit seinem kleinen
Dampfer „Faidherbe" bis zum Botu und diesen noch aufwärts bis zur Mün-
dung der Ada, im ganzeu etwa H(l() km be(iuem befahren.
Um von der Mündung des Ubaugi zur Öee zu gelangen, steht bis Leo-
poldville der bequem sdiiffbare Kongo, dann zur Umgehung der Stromschnellen
die Eisenbahn bis Matadi und endludi wieder der Kongo snr Verfllgang.
Auf don Mittellauf dieses Stromes ist aneh em Vorkehr naeh Osten bis sii
den Btanleyftllen mOgln^, von wo eine Eisenbahn som Albertsee gebaut wird.
Beurteilen wir nach diesem kurzen Oberblick den Wert der beiden in
erster Linie in Frage kommenden Flüsse, so sehen wir, daß sie unbedingt
bequeme "Wasserstraßen nicht dai-st eilen; nicht allein, daß in Folge der
Trockenzeit der Verkehr einige Monate im Jahr ganz ein^'estellt werden muß
oder nur unter großen Schwierigkeiten aufrecht erhalten werden kann, sie
bilden auch während der Zeit de.s möglichen Verkehrs keine durchgL-hende
Verbind uugsstraÜe, sondern iür Schifle unüberwiudliche Hindernisse trennen
mehr oder minder lauge sehiffbaxe Absehnitte. Ist smnit die Ansnntnmg der
voriiaadenen Wasserstraßen nicht unmöglich, wie ja andi der Nil sdion seit
langer Zeit in seinem Unterlauf und unter Igyptischer Herrschafk in seinem
Mittel' und Oberlauf sn Zwecken des Fraditrerkehrs ausgenutit wurde, so
sind doch an beiden Flflssen, soll die Güterbeförderung auf ihnen wiiUieh
rentabel sein, Ergantmigm nötig. Bei der meist ziemlich großen Ausdehnung
der Sperrstrecken kommen als Ergänzung vor allen Dingen Eisenbuhnen in
Betracht. Einn solche ist bereits lilngs des Nil durchgeführt. Mit dem
Bau dieses Schitiunstranges wurde im Jahre l)egonnen, zunUchst war
Siut die Endstation, im Jahre 1897 konnte die Fortsetzung bis Assuun dem
Verkehr übergeben werdeu, was ein wesentliches Aufblühen dieser Stadt zur
Folge hatte, und im Jahre 190St wurde Khartom enufilit, naehdem 1898
der Bau wieder au^g|enommen worden war. Die Fortsetsung dieser Strecke
ist beabsiehtigt Am Ubangi, der TOiUnfig fibeihanpt nur sehr wenig nun
Lastoifcransport benntst wird, ist nodi faine Bahn erbaut worden, jedoeh
werden bereits Pläne erwogen, um die bei Songo beginnenden ffindemisse
durch eine Schwebebahn zu umgehen.
Wir können somit im Nil, auf dem sich bis Wadi Haifa und bis Gondo-
koro immer mehr eine regelmäßige Damp&chiffahrt entwickelt, und im Ubangi
uyiu^cd by Google
336
D. Kflrehhoff:
die zukünftigen Hauptv«^ kt*br3wt'ge der hier in Betracht kommenden Gegenden
sehen. Wie sich dieser Verkehr im einzelnen gestalten wird, d. h. wol(;he
Gebiete dem Nil und welche dem Ubangi zufallen werden, läßt sich selbst-
TentlndUch nidit Torher sagen, es kommt in dieser Benelniiig nicht nllein
doraof AD, den ntchsten oder bequemsten Weg sa den Absatzgebieten sn
sneheni der Verkehr wird vor nllen Dingen aadi beeinflnBt dnrdi die Zoll-
bestimmungen der Teisohiedenen Gebiete, soweit sdhdie anter fremder Ober-
hoheit passiert werden mflssen, durch die Tarifpolitik der Eisenbahn- und
Schiffahrtgesellschaften u. a. m. Das kann zur Folge haben, daB der weiters
Weg rentabler als der kürzere ist. Unzweifelhaft aber werden die Straßen
durch die Wüste nach dem Norden immer mehr veröden müssen: damit sind
wohl die Tage von (Ihadame.s, Ghat, Mursuk, Tripolis, Hengasi, Audschila,
Siut gezählt, die ihre Bedeutung iu erster Linie dem innerafrikanischen Handel
danken. Diesen Niedergang könnte vielleicht die in den achtziger Jahren schon
einmal erwogene Behn Tripolis — Wadai — Tsadsee aufhalten, aber ein soldier
Schienenstrang erscheint eioer Yerbindnng Tsadsee — Ehartom — "Sil gegenflbsr
Ton Yomherein nnrentabel, weil er durch unproduktiTe Gebiete führen, wihrend
sich die zweite Linie innerhalb prodnktionsffthiger Linder hinsiehen wflrde.
Zu dieser Strecke ist insofern schon der Anfang gemacht worden, als die
Herstellung einer Kleinbahn von El Duem am Nil nach £1 Obeid erwogen
wird mit der kulturellen Entwicklung der verschiedenen Gebiete erscheint
die \'erl;iiii,'erung bis zimi T>ad gegeben, wobei sie der Kielituiig nach schon
längst begangeneu KarawaTien-traßen folgen würde. Während sich aber früher
auf diesen der Verkehr mit dt n Produkten des Innern fast nur von Westen
nach Osten und nur in sehr geringem Maße vice versa vollzog, wird ent-
sprechend den Beetimmungsländeni auch dne von Osten nach Wetten ge-
richtete Bewegung einsetzen: es wird fBr die ans Wadai, Baginni und auch
ans Darfnr kommenden Waren häufig zweckm&fiiger sein, nidit dem Nil oder
dem Roten Meer zuzustreben, sondern dem atlantischen Osean vermittelst
Schari — Bahr Sara — Fafa — Tomi — Kemo — Ubangi— Kongo, auf einem Weg,
der selbst dann erhebliche Vorteile bieten würde, wenn der Bau einer Bahn
auf der 120 km langen keinerlei Gelliudeschwierigkeiten bietenden Land-
strecke Fafa — Tunii (St. Si])ut) auf sich warten lassen würde. Eine der-
artige Abkehr von der bisln rigeu Handelsrichtung nach Norden und Osten er-
scheint um so wahrscheinlicher, als alle Gebiete bis Wadai unter französischer
Herrsdiafb stehen, aodi muß berflcksiohtigt werden, daß aus den genannten
LBndem stammende Waren sehr leicht Gama «midien kOonen, T<m wo aus
der Benno bequem schiffbar ist.
Die sttdlioher gelegenen Gebiete finden im Sehari, Ubangi und dssaen
Nebenflüssen bequeme Ab- und Zufuhrwege, soweit deren Waren nicht dem
Bahr el Ghazal besw. dem weifien Nil sugeiührt werden sollen. Auch bei
einer Handelsbewegung in dieser Richtung wird sich der Ubangi mit Hilfe
seiner Nel)entlüsse als VerkehrsstraBe insofern ausnutzen lassen, als der End-
punkt der Schüfahrt des Mboum — Boku bei Einmündung des nur 76 km vom
l) Handelearchiv. 1901. II. TelL 6. ^öl.
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
H»iidelsttrft0eii und HftiideUmittelpniikt« in Nordott-Afrik«. 387
Beginn der Schiffbarkeit des Ynbo bei Tambourn — Mere entfenit liept.*)
Eine 5 m breite, für Lastautomobile benutzbare , mit Brücken versehene
BtrsB« iat seiner Zeit durch Marehand swisclmi diesen beiden Punkten her^
gestellt worden und kann heute nodi benutzt werden. Da s. B. auch Indien
lebhaft am afrikanischen Handel betmligt ist, so wird sidi der Vericehr auf dem
weißen Ißl nicht allein nordwfats, sondern aiidi sfldwirta bewegen, besonders
wird das för die Gegenden sfidw&rts Dufile zutreffen, da für diese zun&chst
die Überwindung der Schoellen zwischen letzterem Ort und Qondokoro nOtig
wiire, bis dor schiffbare Teil des Stromes eiTeicht würde. Nach Süden zu
hört iilhrdin^'S schon um Albertsee der Stiiiü'sverkt-hr wieder auf, aber um
die Bfuutzung der Ucandabiihn /u trnK'glichou, wird bereits die Herstellung
einer Eisenbahnverbindung />vischen dem Albeitsee und Eutebbe am Viktoria-
see, dem Sitz der englischen Verwaltung des Uganda-Protektorats erwogen,
von diesoB Ort nach Port Florence, dem Endpunkt der Ugandabahn, besteht
schon regelmiKgs DampHanrerbindmig. Diese YetkehrmOglichkeiten dflrften
wesentlidi dazu beitragen, die hier liegenden sfidlidisten Oegendai des frUher
vom Mittelmeer behemchten Hande^pebietes zu veranlassen ihre Waren dem
indischen Ozean zuzuführen.
Sehen wir nach diesen Austühningen, daß bei der Neuentwicklung der
Verkelirsverhaltnisse ein groOer Teil der l)is jVtzt nach Norden geriebtoten
Handels liowegung ande re Wege einscbhigen wird, so wenlen die neuen Ver-
kehrsstratit n doch auch andrei-seits ihre Wirkung auf andere ihnen noch
nicht dienstbare Gebiete ausdehnen. In erster Linie kommen hier die Gegen-
den Östlich des Kongo am Äquator und südlidi in Betraidit. üm die Ver-
kehrsstraBe des Nil mit diesen Gegenden zu Terbuiden und um gleiolueitig
die Verbindung zwischen den beiden wichtigen Veikehfsadem, dem Nil und
dem Kongo, hennstellen, bauen die Belgier (der Kmigostaat) eine Eisenbahn
von den StanUvftÜlen nach Mahagi am Albertsee. Diese neue Verbindung
wird unzweifelhaft v« n Iii ( bstci Bedexitung sein, dt nn sie ermöglicht Waren
aus Inner- Afrika auf dem Nil nach Norden und auf der Ugandabahn nach
0<ten auszuführen, von einer Verliingerung dieser belgischen Bahn narh Kedjaf
wird schon gesprocbtn. L'eni gleichen Ort strebt eine im Bau betindliche
Straße von Ibembo über Buta nach dem Nil zu, auf der ein Laätenautomobil*
verkehr eingerichtet werden soll.
Entspireehcnd dieser Verschiebung der Handelsbewegnng werden auch
einaelno der bisherigen Handelsmitteipnnkte an Bedeutung verlieren oder
ganz verschwinden, und andere Orte werden anfblflhen oder neu entstehen.
Beginnen wir am Nil, so wird Kairo seine Stellung behaupten, Siut wird
^ich allein dem Dattelhandel der in seiner Nähe liegenden Oasen widmen
können. Die bis zu Anfang der achtziger Jnhre begangene Karawanen*
Straße nach dem Süden ist dunh die Sperrti aÜnabmen des Mahdi verödet,
und auch nach dem Niederwerfen des Auf^tandes hat sich kein Verkehr
wieder entwickelt. Assuan, dessen Karawaiitnstraße nach dem Süden eben-
falls nicht mehr begangen wird, wird einen großen Teil seines Handels an
1) U CMogr. L 1MN>. 8. 67.
OMgnvUMlM ZtttodwUi ta JafefSM«- >M<. «. Ball. U
. j ^ .d by Google
338
D. Kttrcbhoff:
Wftidi Haha abgebeu müssen; vuu diesem Ort filhrt etoe Bahn nach Kerma
bei Dongola. Biese, bei den militinflehea OpemtioDeii liergettellt, befindet
sieh in einem »ußerordentlich, stets lanebmeoden, »chlecbten Znstand und
wird wahncheinlioli bald aofgegeben, denn die Ausgaben flbenchreiten wesent-
lich die EmnahmML Die Eisenbahn hat wihrend des ganien Jahres 1904
nur 1250 Eingeborene befördert und die Einnahmen aus d<^n Waren haben
nur 7(K)0 PlVl. St. ergeben. Viel wichtiger ist die von Wudi Ualfa nach
Khartum führende Linie. Der Handel auf dieser Strecke ist im Wachsen.
Im Jahre 1!U)4 hat d»'r Tonntnufhalt der von Süden nach Norden trans-
portierten ^Vare^ 3001) Tonnen überschritten.* ) Diese Bahn berührt Berber;
früher schon von hoher Bedeutung, wird ihm jedenfalls ein erhebliches Auf-
blühen beschieden sein: an der Stelle gelegen, wo sich der weit ins Innere
schiffbare Nil am meisten dem Roten Meere nfthert, ist es der gegebene Cm-
schlagplats swisehen diesem und dem Sudan. Heute ist auch die bereits
Ton Mahomet-Ali gehegte Absicht ▼erwirUicht, Berber mit Sualdn durdi
eine Eisenbahn zu verbinden. Dieser Schienenstrang verläßt die Bahn Wadi
Haifa — Khartum eine Meile nördlich der Atbarabrücke, folgt dem Fluß etwa
20 Meilen aufwllrts imd wendet sich dann nach Nordosten.*) Diese Verbin-
dung wird Suakin wieder zu dem machen, was es früher war, zum eigent-
lichen Hafen des östlichen Sudan. Wie selir dieser Ort zu die>er Rolle be-
rufen ist, geht schon daraus hervor, daß der Handel auf den beiden Straßen
von Berber und von Kassala nach ihrer Wiedereröffnung nach Besieguug des
Mahdi am schnellsten wieder auf U&hte.
Trots des Bahnbaues Berber — Suakin ist auch das frohere Projekt
Khartum — ^Abu Harras— Ohsdaref — ^Kassala — Suakin nodi nicht angegeben,
jedenfialls dürfte aber der Abschnitt Khartum — Kassala in absehbarer Zeit snr
Ausführung gelangen. Auch dieser letztere Ort, dessen Handel während des
Mahdistenaufstaudes vollständig darniederlag, hat sich nach Herstellung der
Ordnung schnell wieder entwickelt. Über diesen Punkt voilzitht sich auch
der Verkehr Khartums mit Massaua ; man kaim rechnen, daß des Handels
auf Öuakin, ' auf Massaua entfallen.')
Im Jahre 1901 betrug die Einfuhrbeweguug von Kassala 13 59.) ägjrpt.
Pfund, davon kamen 2700 aus Massaua; die Ausfuhr betrug 2167 ägypt.
PAmd (438 ans Massaua).^) Biese VexhUtnisse werden sich aber woU su
Gunstoi Massawas in dem Angenbliek indem, in welohem das schon erwogene
IVojekt einer Schmalspurbahn als Yerllngerung der wegen ihrer Küne jetst
wenig Wert habenden Bahn Massaua — Saati von leisterem Ort ttber ^ren
nach Kassala rar AusflUirung gelangt
Khartum war nach seiner Eroberung durch den Mahdi in einen Schutt-
haufen verwandelt wurden, der Handel zog sich nach Oradurman, xmd hier
blühte vor allen Dingen der Sklavenverkauf. Nach Ohr walder war es
nichts Ungewöhnliches dort 1000 Frauen und Mädchen zu sehen, die an
einem Tage zum Kauf ausgestellt wurden, Käufer kamen aus alleu Teileu
1) Mouv. g^ogr. lUOö. 2) Ebda. 1U06. S. 11.
8) HandelsarehiT. 1901. IT. Teil. S. 967. 4) Bbda.
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
Hand«ltitrft0eB und HftsdeliinittelpQDkte in Nordott>Afrika. 889
von Diirfur, Kordofun, selbst von Marokko. Es ist ein Zeichon der günstigen
Lnpe der Stadt, dab heute Kbartum schon wieder mehr als 30000 Ein-
wohner zählt, allerdings haben sich diese nicht allein in dem eigentlichen Khartum
angesiedelt, londeni sin großer Teil, 60000 Einwohner, ist in Omdunnaii
▼erhliebeii, und außerdem ist am rechten üfer des blauen Nils Hef&ya, der
Enc^^kt der Eisenbahn, im Aufbltlhen begriffen. Diese drei Orte werden
nicht allein in Zukunft den Handel auf dem weifien Nil und seinen Zu-
flüssen beherrschen, sie werden vermittelst des blauen Nil und des 8obat
aurh f'in^^n großen Teil des westabessinischen Handt-ls an s\oh ziehen.
Welche Orte sich weiter zu Haupthandelsplützf-n enipoiTingon werden,
läüt sich naturgemäß nicht sagen, da es an Anhaltspunkten fehlt, wenn auch
hier natürlich durch ihre Lage bevorzugte wie Mechra er Reck, Lado, Red-
jaf, Duiile u. a. in erster Linie in Betracht kommen. Nur auf die beiden
MSmana Handelsilidte Kordo&ns, £1 Obeid und Bai«, sei hier hingewiesen;
aneh ne wurdm unter dem Mahdi in TrOmmerliauftn Terwandelt, und
die einrflckenden Igyptiscihen IVuppen fanden als einzigen Bewohner der ehe-
maligen IBbmi^stadt einen Leoparden; aber schon liUt El Obeid wieder
7000 Einwoher, was jedenfalls fttr eine günstige kommerzielle Lage spricht
Die angedeuteten Wandlungen werden sich natürlich nicht von heut«
auf morgen vollziehen, besonders da der arabische Kaufmann außerordentlich
zähe an dem von Alters Uberkonimenen festhält. Der Aufstand des Mahdi,
die inneren Kämpfe in Darfur, die Eroberungen Rah>ehs haben in gewissem
Sinne der Neugestaltung der Dinge vorgearbeitet. Vor 20 Jahren war der
Süden ein gesegnetes, in großen Massen produzierendes und konsumierendes
Gebiet, am Ende des vorigen JahrbunderU nadi den Eroberungen der
Engl&nder- Ägypter und der Fransosen fond man früher wichtige Handels-
mittelpunkte serstfet, die alten HandelsstraBen waren veriasaen, der Yeriielir
hatte, soweit er noch bestand, andere Wege nadb Norden und Osten unge-
schlagen; kaum aber war die Ruhe wieder hergestellt, so wurden zum großen
Teil die früheren schwierigen Verbindungen wieder benutzt^ trotzdem eng-
lisch-8g\'ptischerseits alle Versuche gemacht wurden, den Verkehr zum Nil
zu ziehen, und trotzdem lud sofort darangegangen wurde, betjucme Trans-
portgelegcnheit^n zuniichst wenigstens auf dem Fluß zu schaffen. Zwar
macht sich hier ein zunehmender Verkehr bemerkbar, aber auch der Kara-
waaenbandul in Tripolis und Bengasl blüht wiedw empor. Die Entwicklung
des Handelsrerkehrs von Ägypten im Torigen Jahrhundert hat bewiesen, daß
«n nachhaltiger ümsebwong erst eintreten wird, wenn in jenen Gegendoi
der europäische Kau&nano unter genügendem Schutt festen Fuß gefaßt
haben wird.
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840
M*z Kieitling:
üntereaehugen snr Cfe^grapliie der Odyssee.
Tut mOohte ea scheinen, als seien die Tage der Alexandriner wieder»
gekehrt, da nek in Pergamon die Stoiker scharten um Rratee ron Mallos
und im allweisen Vater Homer, dem Idealbilde ihror et Ii isch- philosophischen
Theorien, für die Oejronwjirt und nt'M^liichte keine Beispiolf> boten, aurh den
ersten grollen ( Jeoprraplieu priesen, dem alles wohlbekannt war, was in vi<d
späteren Zeiten die Kpiguuea durch Spekulation und kühne Entdeckungs-
fthrteo erst mOhsam wiederfinden mufiteo, — und da in Ägypten gegen sie
dar gelehrte Bibliothekar auftrat, der sich raerst ^ysmyitä^oi^ nannte, um
ToU Unwillen über so unhistorisches , unwissenschaftliofaea Verfahren die
hoiiu'risohe Geoirraphit- als TfocaoXoyi'a iivi}iy.)/) ganz hinauszuweisen aus
dt r geo^'raphisi lit n Wi.sseu.srhaft S>i tuht in all«'rjüng>ter Zeit unter all-
gen>eiufr Autoiluabme der gebildeten Kreise von neuem erbitterter Streit um
die Geographie der Odyssee, nnd wie im Anfang des vergangenen Jahrhun-
derts den liebeToUen Interpreten Homers Voß und Vfilcker das barsche
Wort Hcrschers entgegenklang, so spottet auch in unseren Tagen der Skep-
tiker derer, die in dor Wirklichkeit das getreue Bild der Ton Dichtemumd
geleierten ürtlichkeit^n wiedertindeu wollen.
Wilhelm Dörpfeld galt seit Jahren als der Wortführer dieser „Homer-
gläubigen** und ab der weitgehendste Verfechter der Tradition. Um so Uber*
raschender mußte m wirken, daß or, der den traditionellen Schauplatz der
K&mpfe um Troja so glllnzend bestätigt hatte, plötzlich für die Odyssee den
gegenteiligen Standpunkt wühlte und der durch einstimmige, bis in den An-
fang des 1. vorchristlichen Jahrtausends hinaufreichende Tradition geheiligten
Odjsseas-Insel Ithaka den Buhm absprach, die Heimat des Tielgewaaderten
Helden zu «ein. Nicht auf Ithaka, sondern auf Leukaa habe aein KOnigs-
palast gestanden und in Leukas sei <Ias homerische Ithaka zu erkennen.
Diese umstürzoiidf Theorie hat zahlreiche Anhänger i^efunden tmd ist in
eigf'tit'ii Vortrügen und Aufsätzen Dürpfelds, in m<hrt;u'b»'u Kecensiorien
und besonderen ir>chrift«n s»einer Jünger ausgeführt und verteidigt worden.
Nach der philologisohen Seite ist die Frage jetit auf dem toten Punkt an-
gelangt, es kann Ton dorther kein neues Moment nnd Argument weder binsn-
gefügt noch entgegengestellt werden.
Mit um so größerer Freude darf man da das frisch und klar ge-
schriebene Werkchen') des durch seine hübschen lieiseschilderungen „von
Born nadi Sardes** einem weiteren Kreise wohlbekannten Oymnasiallehren
Dr. Onatay Lang in Heilbronn begrfiflen, der den unfrachtbaren Streit um
die Homerexegese zurückstellt und die Leukas-Ithaka-Theorie zuerst unter dem
bisher am oberflächlichsten abgetanen Gesichtspunkt betrachtet und bewertet :
unter dem Gesichtspunkt „des erdgeschicbtli* hcn Problems, das Leukas
stellt". Aus diesem Grunde darf das aus mehreren, bereits in den letzten
Jahren meist in den „Südwestdeutschoi Scbnlblftttem** pttblixierten Einxel-
an&itMi xusammengewachsMie Bfichlein am ehesten aus der gaaxen Lenkaa-
Itbaka-Literatnr auf ein ernstes Interesse aueh bei den Leaem dieser
1) Straho C. 17.
9) Gustav Lang. Untersachungen zur Geographie der Odjssee. 12S ä.
i Abb. n. 4 K. Karlsruhe, Outsoh 1905
^ .d by Google
Unteranchangen zor Geographie der Odyssee.
341
Schrift und den Qeographeo fiberhanpt rechnen und berechtigt trots seines
geringen ümfknges zn einer etwas ausführiicheren Besprechung. Die in Frage
stehenden ÖrtHchkeiten sind dem Referenten sämtlich Mis »ehmuüigen Be-
suchen (zuletzt im Dizcinber 1904? genau bekannt.
Lang geht davon aus, daii die ganze Tbeone Dorpfelds nur diskutabel
ist, «obftld sbh der bestimmte Beweb erbringen IftBt, daß Lenkas zumindest
in der Periode der Entstehung der Homerischen Gedichte Insel war; gerade
für diese Zeit aber, so erklärt er, zeige der neueste geologische Befund,
daß im Gegenteil Leuka.s durch einen lutiten Isthmus in Vpibindung mit
dem akarnauischen Festland stand. Kelerent kann diesen 'latbe-stand. der
allerdings die Leukab-ithaka-Frage endgültig entscheiden würde, leider nicht
im La Dg sehen Sinne aaerkeimen. Bekiuintitdi wird Leukaa heute durch wnea
Sund Tom akamanischen Festland getrennt, der nahe dem Nordende sehr
schmal, in der Nähe der Ruinen der aHen Hauptstadt nur 200 m breit ist.
Dieser nördliche Teil stellt sich als eine kaum n)it Wasser beileckte Lagune
dar. Enge Fahrrinnen sind seit dem Altertum mehrmals hindurchgelegt
worden; an der letzten von ca. 5 m Tiefe sah Referent Anfang 1902 die
B^germasebinen arbeiten, Ende 1904 passierte er den fertiggestellten Kanal
mehrmals auf kleinen ginechischen Dampfern. Die Baggerarbeiten haben sehr
wichtige geologis. be Resultate ergeben, die Lang nach Negris rekapituliert.
Vnter der niedrigen Was-erfliu he besteht die Lagune aus 4 — 1,5 m Schlamm,
und zwar 2,5 — 3 m weichem Schlamm, den eine deutliche Trenn ungstiäche
von der darunterliegenden, 1,25—1,75 m mftchtigen harten Sohlammsehidit
ediflidet; dann fi»lge;i dflnnblittrige Kalke und endlich der feste Kalkstein.
Lang hat gewiß Recht, wenn er jene Trennungsfl&che als die Oberflftche
«ines antiken Isthmus erklärt, die später dnr( h rinc Srnkung des Landes (nur
von einer solchen darf die Rede sein!) unter Wasser gesetzt worden ist. Die
Senkung des Landes betrug seit dem Altertum mindestens 4 m, wie positiv
erwiesen wird 1) durdi swei antike Holen, welche die Lagune im SOden
gegen den breiteren Svnd abgrensen und heute 2,4—2,6 m unter dem Wasser^
Spiegel liegen, aber seinerzeit gewiB wenigstens 1 m über ihn emporgeragt,
liaben , 2 ) durch eine in ihren Bögen te ilweise erhaltene antiko Rrücke^
liellenistisch-römischer Bauart, die Alt-Leukas mit di'in Festland verband und
deven befahrener und begangener Plattenbelag sich jetzt in der Höhe des
Wasserspiegels befindet, einstmals aber mindestens 2 m höher als dieser ge-
wesen sein muß. Das Alter der Holen Iftfit sich innerhalb des Zeitraums
von fiA(\—]()<) V. Chr. nicht genauer bestimmen*), dagegen ist die Bracke
je<lenfaJ]s zwischen l!t7*) und Strabos Zeit't, etwa um 10<> v. Chr. gebaut
worden; sie dürfte mit dem Kanalbau der Römer*) gleichzeitig sein. Also
bestand jener Isthmus vor dem 2. Jahrhundert; in diesem aber beginnt sich
das Land allmfthlich su senken, eine ÜberspOlung durch das Meer setit
schon der Brückenbau voraus, fQr Livius' Zeit ist die Existenz einer gans
seichten I^gune bestimmt bezeugt ''). Soitdem hat die Senkung des Landes
bis heute angehalten und ist jene fast 3 m mächtige Lage weichen Schlammes
abgelagert worden.
Daß die Überschwemmung des Isthmus kaum vor dem 2. Jahrhundert
T. Ohr. bsgonnen bat, beweisen, wie ich hinxufllgen möchte, auch die antiken
1) Sie können ebenaogut Uafendämme der alten Stadt Leuka«, wie xux Siehe-
ruog des von den Römern am 100 t. Chr. gebauten Kanals vor der Brandnng des
tiefereu Sonde« angelegt sein.
2) Lirius 83, 17. Ä) Strabo C. 46S. 4^ Lirin» 33, 17 6) Ebda.
L kju^ jd by Google
342
Grabinschriften, die flurcli die Baggerarbeiten itn Süden der alten Stadt»
zweifellos trotz Dfirpfelds Einwendung auf dfin Platze der leukadischen
Nt'kropolis, in 3 m Tiefe gefunden und durch W Kolbe publiziert worden
sind. Von ihnen gehören 23 dem ö. — 2. Jahrhundert au, nur eine einzige
dem 1. Jahrbimdert: offenbar mußte der Friedhof wthreiid dietea letiten
Zeitraumes gesdilowen werden, wml sein Terrain durch das hweinbreohende
Meer immer st&rker versumpfte. Die Senkung des Landes vom 2. Jahrhundert
ab iloknmentiert sieh in der Nachbars<"haft von Leukas auch sonst, am auf-
fälligsten im Delta des Acheloos ( A.spropotamos\ wo die vorliur sehr anscim-
liche, Schritt iür Schritt vertolgbare \'erlanduug um jene Zeit zum Stillstand
kommt und bis auf den heutigen Tag in diesem Teriiairt ist. Ich werde
hierauf in einem Ttm mir vorbereiteten Aufisats Aber die VerBndemngen der
griechisdien Kosten naher eingehen.
Fragen wir nun nach dem Alter des leukadischen Isthmus, so ist Lang
im Unrecht, wenn er es mit Sicherheit bis auf die Homerische Zeit zurfick-
datiert; wir können nur sagen, daß die Landverbindnng mindestens seit dem
7. Jahrhundert bestanden hat« wdl damab, um 640, die Korinther snr
größeren Sicherheit ihrer Schiffahrt und Handelsuntemehmungen im Westnieere
die erste Fahrrinne durdi den Isthmus legten und an ihr die Stadt Leukas
gründeten.*) I)'>r L'eolo/ische iJefund selbst lehrt über das Alter des Isth-
mus nichts; er iüUt aber erkennen, daß bereits zu irgend einer Zeit vor dem
7. Jahihuaderi eine der heutigen gani Ihnliohe Lagune vorhanden war, in
der jene iV« m nichtige Sohitdit harfesn Sdilammes smAdtst als weidies
Sediment abgelagert wurde. Eine Hebung des Bodens muß dann das Meer
aus der Lagune verdrilngt und bewirkt haben, daß sich die trocken u-clerrtea
Schlammsediuiente verhärteten. Es ist für das uns hier vorliegende Problem
der Homerischen Geographie kaum nötig zu untersuchen, ob diese ältere
Lagune dundi eine Uber Jahihunderte und Jahrtausende ausgedehnte, otm*
tinmerlich aufwärts gerichtete Bewegimg des Landes aus einem viel tie-
feren Meeressund entstanden ist und ob der leukadische Isthmus den höchsten
Stand und das Ende dieser Bewegung darstellt, die dann vom 2. — 1. Jahr-
hundert V. Chr. bis heute in die entgegengesetzte des sich stetig senkenden
Landes tibergegangen ist. Uns interessiert hier vor allem die Feststellung,
daß sieh geologisch nicht im Geringsten bestimmen lißt, ob die Verlandung
der Insel Leukas längere oder kürzere Zeit vor dem 7. Jahrfaundcit erfolgt
ist. Also kann auch nicht die von Lang zu Hilfe gerufene Erdgeschichte
den um Ithaka und Leukas tobenden wissenschatt Hohen Streit zu dunsten
der einen oder der anderen Partei wirklich eudgiltig entscheiden, und wir
sind wieder auf die viel umstrittenen Angaben der Homerischen Gedichte
aUein angewiesen.
Unter diesen gibt uns das notorisch spüte 24. Buch der Odyssee eine
wertvolle Bestätigung der Straboniachen Angabo über den leukadischen Isthmus,
wenn dort') Nerikos eine «xt^ ifitsiQoio genannt wird; denn Strabo und ihm
folgend Lang haben unbedingt Becht, in Nerikos den älteren Namen von
Leukas zu erkennen. Der Sehiffbkatalogf der jfingste Teil der Ilias, zeigt
dagegen wie an vielen Orten so auch hier seine Unzulänglichkeit in geo*
graphischen Dingen , da er*) anscheinend (!) dasselbe Nerikos (das er auf
Grund einer Verwechslung mit dem Uauptberg Ithakas Neriton nennt) unter
1} AtbenUcbe Mitt. XXVU. 1902. 3. 868 ff.
S) Stxabo C. 451. S) Odyssee. 24. V. 877 ff.
4) nias. 1. V. 682.
Digitizoü by C3t.)0^lc
UnteriQcliaBgen snr Geographie der Odjiiee.
343
den von Odysseus beherrschten Inseln nufzfthlt. So bleiben als Zeugnis
aus der eigentlich Homerischen Zeit nur die Verae 21 — '26 des 10. Buclies,
die jene berühmte, älteste Schilderung der ionischen Inseln enthalten. Wenn
in ihr Leukas-Nerikos unter den Inseln fehlt, so läßt sich daraus sehr wohl
ein Indioinm schmieden für den plninsularen AnechluB von Leukms an das
akarnanische Festland bereits in der Periode der Entstehung der Odjsseus*
liedcr. Ithaka heißt in jenen Versen „die äußerste gegen Westen". Zur
Kiklärung dieser falschen geographischen OriHnliemng, die von Wichtigkeit
für unsere Auffassung von der unmittelbaren Lokalkenntnis und der Heimat
des Diehters ist, verweist Dörpfeld nach Partschs Vorgange regelmüßig
anf die Kllstenseicbnnng des Ptdemaios im 2. Jahrimndert n. Chr., die den-
selben Irrtum aufweist, indem sie die Küste von den Akrokerannien bis zum
korinthischen Isthmus in ungebrochener Linie von Westen nach Osten
zeichnet. Dieser Fehler der kartographischen Darstellung geht indessen nicht
durch das ganze griechische Altertum hindurch, er kommt im Gegenteil erst
in der alezandrinLschen Zeit auf und erscheint zuerst auf der Karte des ^
Eratosthenes, wahrend gerade die ftltesten griechischen Karten, vor allem die
des Hekataios (517 v. Thr.^ und jedenfalls r»u»h schon der Pinax des Anaxi-
mand<r (um die Mitte des (1. Jahrhunderts) die Küste in fast gerader Linie
von dem Winkel des adriatiscben Meeres bis zum Eingange des koriutbischen
Golfes in dar Richtung NNW auf 880 seichnsn. Qerade in d«r dim Hcmie-
risehan Zeitalter am nächsten liegenden Periode hatten also die Hellenen eine
durchaus richtige Vorstellung über den allgemeinen Verlauf der Küste; es
erscheint mir darum unstatthaft, diese bessere Erkenntnis nnr auf Grund
jener Verse der Homerischen Schiffahrt abzusprechen.
Auf jeden Fall aber besteht geologisch die sehr starke Möglichkeit,
da0 dar leukadiscbe Isthmns bereito in der Zeit der Entstehung der Odyssee
Toriumden war, und sie allein genflgt, die Dörpfeldsche Theorie auf dem
Nirean einer bloBen Hypothese zu halten ohne Aussicht, jemals eine halb-
wegs sichere wissenschaftliche Erkenntnis zu werden.
In den folgenden Abschnitten untersucht Lang noch einmal die geo-
graphischen Einzel angaben der Odyssee über die ionischen Inseln. So be-
bandelt der sweite die f^rage nach der Lage Dulichions, der dritte das Insel-
chen Asteris, bei dem sich die Freier in den Hinterhalt legten, um dem
heimkehrenden Telemachos aufzulauern; der vierte gibt eine allf^'emeine Scliil-
rlerung der Homerischen Landschaft und weist di^ deutürh auspeprUgt<'u
Unterschiede auf zwischen wirklicher und Märcheulandschatt; der fünfte end-
lich fahrt mas nodi einmal durdi Ithaka selbst, das in allen Punkten sehr
w<dil den geographisohen Angaben des Epos entqiricfat. Alle diese Ausf&h-
nmgen, die durch mehrere Kartenskizzen und photograpbische Aufnahmen
wirksam unterstützt werden, sind wolil Lrelungen; nur das zweite Kapitel,
das auf (inind der Meinung, daß Dulicluon in der Müuduugselieue des Ache-
loos zu erkennen sei, die AUuvionen dieses bedeutendsten unter den griechi-
sdian Flflssen einer ntiieren Besprechung unterwirft nnd dämm dem Geo-
graphen besonderes Interesse darbietet, muß und kann noch weiter ausgebaut
werden. Ich gedenke meine Untersuchungen darüber in einem besonderen
Aufisats Toncnlegen. Dr. Max Kiessiing.
uyiu^cd by Google
d44
Geograpbisebe Neuigkeiten.
I
fietSnpUseke Neii^elton.
ZnmmmengeiteUi von Dr. Avgaei Fitsaa.
Allgemeines.
• Während man biiher uif Grand der
Arbeiten des jnngiit ▼erstorbenen P Ti-
moteo Berteiii zumeist amuilim, daß
Christoph Colambus auf äeiuer ersten
Fahrt nneb Amerika die magnetieehe
Deklination, sowie deren räumliche Ver-
schiedenheit entdeckt habe, kann jetzt
nach den Mitteilungen Hellmanns
(Heteorol. Z. 1906. S. Ub) kanm noch ein
Zweifel darüber bestehen. daßColunibuH
die magnetische Deklination nicht
erst 1492 entdeckt hat, sondern daft lie
(miDdeetMie) bereits ein halbes Jahr-
hundert vor ihm bekannt war Be-
reits 1897 hat Hell manu nachzuweisen
vermocht, daB die magnetische Deklin»-
tion, ganz unabhängig von dem Befunde
deri Columbus. auf dem Festlande selb-
ständig entdeckt worden sein muß, da die
■ehon TOT Colrnnbu bekannten und sahi-
reich verwendeten Taeehensonnenuhren cor
Einstellung in den magnetischen Meridian
eine Magnetnadel besaßen; ein derartiges
ana der Zeit vor Golnmboe itanmiendes
Iniimment war jedoch nicht bekannt, und
erst vor wenipen .Tahren gelang es Aug
Wolken hau er, drei aolche nachzuweisen,
an denen es mflglieh war, den nntrOglieheii
Beweis für die vorcolumbische Kenntnis der
magnetischen Deklination zu führen. Da»
wichtigste jener drei Instrumente ist die
Soanemihr vom Jahre 14M im Hoeeiim
Ferdinandenm zu Innsbruck, di<^ sehr
kunstvoll gearbeitet ist und wahrschein-
lieh für den Kaiser Friedrich III. (1416
— 1498X "i^^^ iBit Vorliebe astrono-
mischen , astrologischen und alchemi-
stischen Studien hingab, bestimmt war.
Anf dem Boden der in der Mitte des
Stundentellers eingelassenen Kompafidose
V»efindet sich die nm Nordende f^e<:tibeHf
Abweichongslinie des Magneten einge-
prägt, die etwa 11* Östliche Abweichung
anzeigt. Da diese Marke von derselben
Tiefe und Stärke ist wie die Stunden-
linieu und die alte Vergoldung wie die
ganze Oberflftehe des Inttramentei noch
völlig intakt trägt, so kann kein Zweifel
darüber bestehen, daß diese Abweichungs-
liuie vom Verfertiger im Jahre 1451 vor-
gesehen wurde, daß also zur Zeit der
Anfertigimg dee biatramenti die Tatiaehe
der Abweichung der Magnetnadel von der
Nordsüdrichtung bekannt war Von wem
und wo die Entdeckung gemacht wurde,
bleibt noch eine offsoe Frage, deren Be-
antwortung durch weitere Nachforschungen
in Museen und Sammlungen und durch
sorgfältiges Studium bisher wenig be-
achteter Manuskripte mathematisch-astro-
nomiKchen Inhaltn möglich sein w'rd;
vielleicht verspricht auch der schon mehr-
fach von Geographen versuchte Weg, ans
alten Land- und Seekarten die mag-
netiFtche Deklination abzuleiten, noch
einigen Erfolg.
französischen
zentralen
I Afrika.
' • Von den neueren
I Forschungen in der
' Sahara bdhssen sieh die dee Geologen
Chudeau mit den geologischen und
archäologischen Verhilltnissen der Gebiete
südlich vom Tnaregplateau. Chudeau
dnrehaog im Bominer 1906 ment als Be-
gleiter Gautiers (XI. 1906. S. 708 1 das
Gebiet südlich der Tuat-Oasen, trennte
sich dann aber von Gautier und zog erst
tetlidi nnd dann südlich durch gütlich
unbekannte Gebiete der Wflste nach Zin-
der. Vom Tassiii tan Adrar, in desi^en
Mitte der bekannte Brunnen Timis^ao
liegt, ftthite die Rente in östlicher Rich-
tung nach Tit und Tamanghasset an der
Südgrenze des Hoggar-Mas^^ivs und von
da in sfidlicber Kichtung nach Air und
Zinder. Tassiii tan Adrar ist ein Plaleaa
wahrscheinlich devonischen Alters, da«
auf drei Seiten von undurchlässigen sibi-
rischen Schichten begrenzt wird, wodurch
sich der Wasserreichtum des Brunnens
Tiniissao erklärt. Siluripchc und archäi-
sche Bildungen nahmen einen großen
Teil des durchzogenen Gebietes ein, häuüg
wurden auch reeente vulkanische ErgOsse
angetroffen. In der Umgebung von Tit
war das Alluvium so mächtig, daß das
PflaasenwadistaBi selbst dureh eine drei-
jährige Dürre nicht allzu sehr litt. Chu-
deau fiel besonders das Unbestimmte und
Unvollendete in dem hydrographischen
jd by GoogU
Geogrftphifclie Nenigketteo.
345
System des Landes aui', da^ eine gewisse
Ähnlichkeit mit den gleichen VetUUi-
nissen in Finnland oder Kanada leigt;
hier betrann die Erosion zn spSt, um -'in
regelmiLßiges hydn^aphiscbes .System
ftanzbeiten sn können, nnd in der Saliaia
hMe die Erosionetätigkeit schon zu früh
auf Die archäologischen T'ntersuchungen
erstreckten sich aui Steiuwerkzeuge, Grä-
ber, Inschriften nnd Zeichnungen. Ans
dem Fehleu der Steinwerkzeuge höheren
Alt'Tfi in dem Ho^'gur- Massiv schließt
Chudeau, daß die ueolithische Uevöl-
kerang nur die üfer der grofien Wadis
bewohnte; erst ihre Nachkommen wur-
tlen durch die Trockenheit in die Berge
gedrängt. Gräber fanden sich besonders
in der Umgebung noeh jetst bewohnter«
Stätten und an Zusammenflüssen von
Wadis, die friilier bewohnt waren In-
Bcliritten wurden weniger zahlreich ge-
funden, wahneheinlieh wegen der ge-
ringen Widerstandsfähigkeit des GeHteins;
eine im Tin Zaruten war besonder« inter-
essant wegen ihrer Lage im Niveau des
Wadi, sie war die tie%elegenste, die ge-
funden wtiril»': im Hoggar-Massiv wurden
nur Inschriften auf Lava oder Phonolith
gefunden. Die Zeichnungen sind deutlich
ia Bwei versehiedene Epochen zu verteilen:
die älteren zeigen Abbildungen von ver-
schiedenen Tieren, Giraffen und Rinder,
sie gehören dem Ackerbanseitalter an;
die jfingem sind sehr schematieeher Art
und stellen nur das Kamel dar.
* Der Kuwenxori steht gegenwärtig
im Mittelpunkt de« Interesses der Berg-
ale^ar; wfthrend der Henog der Abruzzen
mit einer wohlausgenlsteten E.xpedition
(•. 8. 828; noch unterwegs ist, zu einem
aenen TeiMidie der Beiwingtmg des
Mstnlafrikanischen Bergriesen, wird im
Oeogr. Joum. (11KJ6. S. 477) von einer
neuen Ersteigung des Beiges berichtet,
bei der die Bergsteiger bis 95 m unter
den Gipfel der scheinbar hüchbteu Spitze
des ganzen Gebirgsstockt h gelangt sind
Die Besteigung wurde um Ib. Jan. 190ti
von dem Otterreicher Grauer und den
Mitgliedern der Uganda- Missionsgeseil-
■ehaft Tegart und Maddox an.^gefiilirt;
die Beigsteiger gelaugten bis zu einer
Hebe von 14956 Fu6 auf die Waseer-
ocbeide des Xfubuku-Gleiiichers, aus dem
ein tinpefahr 40' hober Felsen empor-
ragte, den sie König Eduard^ Felsen taut-
. ten; diese Spitze halten die Ersteiger für
I die höchste im Rnwenxori-Massiv , das
I somit eine Gesamthöhe von rund 15000'
; .')()00 m hätte. l>icbter Nebel und ein
! starker Schneesturm verhinderten die £r-
I Steigung des letzten Gipfele und swangen
' die Besteiger zur Umkehr. Von der
j Wasserscheide fiel der Berg nach dem
Kongo zu steil ab; äber 180UU' Höhe
eehien der Berg aus vulkanischem Ge-
stein zu bet>tehen, dM stark zerklüftet
war: unter 13000' waren die Abbiinge
sanfter geneigt. Gletscherspnren zeigten
sich tief unter der heutigen Sehneegrenze.
Anstralien und auittraliMcho InHein.
* Aus Alice Springs in Zentral-Austra-
lien konunt die Naehrieht von dem j&hen
Tode von Fr. R. (Jeorges, dem Führer
der im September 1905 aus .Adelaide auf-
gebrochenen geologischen Forschungs-
expedition Sur Erforschung der Petermann*
Kette. Kurz vorher war die Expedition
von Eingeborenen überfallen worden, wo-
bei zwei Teilnehmer, Hall und Fabian,
verwundet wurden. Der Nachfolger Ge-
orge s' in der Leitung der Expedition ist
W. H. Murray vom Bergbaudepartemenl
in Adelaide geworden.
Sndamerlka.
* Von einer argentinischen Ex-
pedition ist eine wissenschaftliche Br-
forschang des Pilcomayo- Flusses
glücklich ausgeführt werden Das (Unter-
nehmen wurde von argentinischen Kapi-
talisten SU dam Zwecke ins Werk gesetst,
die Schiffbarkeit des Flusses nnd die sich
darauH ergebende Beileutung fiir Handel
und Verkehr festzustellen und außerdem
AttftddCbne Uber Aueftihr- nnd EiniVihr-
inögliehkeiten des vom Püoomajo durch-
tlossenon 'Jraii Tharo zu gewinnen. Führer
der Expedition war der Norweger üunnar
Lange, Chef der hydMgraphisehen Ab-
teilung im argentinischen Land wirtschafte-
niinisterium, der die Expedition sehr sorg-
fältig ausgerüstet hatte. Von Asonciou
aus, wo sieh der Pilcomayo mit dem
Paraguay vereinigt, trat die E.Kp«dition
im August lOOt') die l{eise mit einem
flachgeheuden Boote von ^ m Länge, drei
Prfthnen und einem Canoe an. Die 40
Mitglieder der Expedition waren in zwei
AViteilungcn geteilt . von denen die eine
auf dem Strome fuhr, während die an-
346
Geographitehe Neuigkeiten.
dere am Ufer niarsehierte. In di'^8«»r
Weiae gelaugte man glücklich zum Sumpf-
■ee Etterro Petino, der frflhoren Ex))«<li-
tionen wegen ihrer tiefgt'hcmlen Hoote
gewühiilicb ein Ziel setzte. Mit den
leichten Fahrzeagen gelang es aber der
Expedition durch daa leicbte Wasser
hindtir<-h zu kommen, indrni d:»« Any-
rüstung teilweise über Land getrugen
wurde, und »o glflckte die Reise bis aas
Endiiel, der Kulonie Huena Ventura.
Dann wurtle dif Hi'ickni^f aiij.'itrptHn
Das Ivr^'ebnirt der Ueise bcHtAnd in einer
vollstftndigen Karte des ganven Strom-
lanfes nebst Messungen im I fiTi^eltiete,
pDwir in Aufsclilüssfn über die Wasser-
inenge. Bei dem gegenwärtigen Zustande
dea Stromea mit seinen sahlreichen Strom-
sehnellen und den teils flachen teils zn-
pewachpenen Partien, ist »'in üt't'ahren
mit größeren Fahrzeugen auegeschlosüen,
doch kann nach Ansicht des Expeditions-
leiters ein Segellauf geschaffen werdon,
was allenlin^^'s ungefiihr 5 Millionen Pesos
kosten würde; da aber das Chacogebiet
Ar Tiefaauebttehr geeignet ist und ao6«y
dem viel anbaufähigen Land und große
Mineralreichtumcr enthält, würde sich
dieäe Ausgabe bezahlt machen. Die Kosten
der Expedition betrugen 60000 PewM.
Nord-Polar^eg^enden.
* Nachd«'m es Einar Mikk eisen
gelungen iat, Ar seine Nordpolezpedi-
tion (S. n^i) ein SchiflT zu !)ekommpn,
i8t von ihm der Kxpeditionaplan in seinen
Einzelheiten festgestellt worden. Das
ihm von den Vereinigten Staaten zur
Verffigung gcBtellt«' Srhiff, das er„DucheB8
of Bedfonl" getauft hat, ist ein hölzernes
Segelschiff von 67«/, Fuß Länge, 18'/^ Fuß
Breite, 7*/, Fuß Tiefe und faßt 66 Tonnen;
durch einfifebautc Schotten ist es p<'?on
Eispressungen besonders gescbütst. Mitte
Mai gedachte Mikkelsen von Viktoria ab-
laaegeln und sich, nach Erledigung der
schon mitgeteilten Vorarbeiten an der
sibirischen Küste, um den 20. August
herum mit eeinen OelUutaD, welebe den
Mackenzie abwärts gefidnea atad, an der
Mündung diesPH Flnsapp zu voreinigen.
Dann soll die Weiterfahrt nach Osten
bis Kap Bathnrtt fortgesetzt und von
dort in die Prince of Walen -Straße
zwischen Banks Land und Pr. .\lbert- 1
Land eingedrungen werden, wo ein Depot
errichtet werden soll. Die Wintenjuartiere
gedenkt Mikkelsen im Minto-Inlet am
Sfldausgange der Pktiioa of Wales-Strafle
zu errichten uml dort sofort mit den
wixsenBcbaftlicbeu Beobachtungen zu be-
ginnen. Im Frühjahr 1907 »ollen zwei
wohlansgerüstete Mitglieder der Expedi-
tion den Versuch machen, die Melville-
lusel zu durchqueren und von dort nach
der Patrick-Tntel zu gelangen und noeb
100km wi iter auf dem Eise vorzudringen,
um durch dabei ausgofilhrte Lotun<^n
eine Vorstellung von der Contiguration
des Meeresbodena au erhalten. Unter«
• dessen werden die übrigen Expeditiom-
t*'ilnehnier auf kurzen Ausflfijjen dif I'm-
gebung des Winterquartiers erforschen;
daa Sehiff loU nach Aufbruch dea Biiei
an der Süd- Und We.stküste von Banka
Land entlang nach der Bumet-Bai fahren,
hier die Vorräte löschen und dann im
Herbst 1907 oder Frflbjahr 1M8 na^
Haus fahren Im Fnllijahr 1908 soll eine
Gestdlschaft von drei Mann mit Hnnd<>n
und einem Pony in westnordweetlicber
Riebtong Uber daa Eil ▼ocdriiigeii aoweit,
bis entweder durch Lotungen erkoaDbar
wird, daß der Rand des Kontinental-
sockels überschritten ist, oder bis Land
geftmden oder bia der Pmütt 160* w. L.
u. 76" .*iO' n Br. erreicht ist. Im ersteren
Falle soll der Verlauf des Randes des
Sockels in südlicher Richtung weiter ver-
folgt werden; adlte Land gefunden wer-
den, dann wJlre dies zu erforschen soweit
das möglich; sollte aber weder der Rand
des Festlandsockel B noch Fetitland gefun-
den werden, so soll man mOglichst den
oben be/.eiclmeten Punkt zu erreichten
und von da entweder zur W'rangel- Insel
oder SU einem anderen Feallaad zu ge>
langen Buchen. Di*' bei der Bumet-Bai
7iiriickjT«'l)li(>l)enen Kxpedition«mitglieder
werden auf dem Expeditionsschiff zurück-
kehren, ohne rieb weiter um die ent-
sandte Abteilung zu kümmern, deren
Rückzug allerdin|i?9 Hchr wenig gesichert
erscheint, zumal der mitgenommene Vor-
rat nur fttr 140 Tkge bereebnet ist.
'^Geogr. Joum. 1906. S 507.)
♦ Am 25 Juni wird die große däni-
sche Grönland - Expedition unter
der Leitung Ton Mjliui Eriehaen die
Reise von Kopenhagen aus antreten. Jn
' der wichtiiren Knige des Fxpe<iitionfl-
scbitfes hat mau im letzten Augenblick
j jd by Googl
Geographische Neuigkeiten.
347
noch einen andern EnteeUoB gefaßt:
da die „Bclgica" zu teuer war, kaufte
Mylius Erichsen das uorwegische £is-
mwrfkhiMug „Magdalene**, ein vmur altes,
aber erprobtes Eisschiff, zur Überwinterung
im Polareis»' wie geschaffen. Als „Dan-
mark" wird das Schitf in den Dienst der
Expedition geitellt ▼erden. Über den
Plan der Expedition ist schon früher
(S. 170i ausführlich berichtet worden.
Fast alle Mitglieder der Expedition, außer
dem Leiter 97 an der Zahl, sind adion
in Kopenhagen versammelt und in voller
Arbeit. Oberleutnant Koch vom dänischen
Generalstab leitet die kartographischen
Arbeiten; der einaige denteeheTeOaeliiner
an der Expedition, Dr Wetrener, wird
die Drachen- und Ballonabteilung leit^^n
und mit deren Hilfe die höheren Luft-
•ehiditon dar Polanegiooen erfonehen;
die Vorbereitungen dazu trifft er in Berlin.
Der Schiff'sführer der Expedition, Oberleut-
nant Trolle, ist nach Grönland gereist,
um praktische Erfahrungen in der Eis-
meerschiffahrt zu sammeln. Oberleutnant
Bistrup und der in Dänemark lebende
grönlftndische Katediel BrOnlnnd, ein
geborener Grönl&ndar, sind ebenfiiUi da-
hin abgereist, um Felle zu besorgen und
die 100 grönländischen Hunde zu holen,
4Ue dae Direktoriom des „k. grOnttndi-
schen Handels" der Expedition iiberl&Bt;
•die Hunde werden nach den Kür öer ge-
bracht, wo man sie beim Beginn der
Reise abholen wird. Proriant fSr die
Hunde, Schlitten und Schneeschuhe wor-
den in Norwegen beschafft; als Ersatz
für liuderboote werden drei Motorboote
mitgenommen. DerSohiflsreederTalininB
st-ellte sein Kohlenlarirer auf Island zur
Verfügung und schenkte sechs isländische
Pferde zur Verwendung als Zugtiere beim
Ttantport dei Stationanateriiäs Ton der
Küste hinein ins Innere. In Amerika wird
ein besonderes Automobil für die Ver-
wendung auf dem flachen Fjordeis ge-
baut; aiieb Material fllr drahtloee tele-
grai)hiHcl:e Verbindung zwischen dem
Schiff und den einzelnen Plätzen am Land
wird mitgenommen. Eine Telegraphen-
lettong T<m SOO km Unge befindet sich
auch unter der Ausrüstung. Dieser Ex-
pedition, der größten, die je von Dänen
ausgerüstet wurde, wendet ganz IMlnemark
ongewöhnlicheo Interesse zu.
* In konem wird eine mit aualflndi-
-eher Unteratfilrang zu Stande gekommene
Exj)edition nach Sjiitzbergen ab-
gehen, um dort unter Leitung des nor-
wegischen Rittmeiaters Iiaohaen, einei
ehemaligen Teilnehmers an der Sver-
dnipschen I'<xperlition, wissenschaftliche
Forschungen auszuführen. Nach dem der
geographischen Oeiellsehaft in Ghristiania
vorgelegten Plane handelt es sich um die
Erforschung des nordwestlichen Teiles
von Spitzbergen, der sowohl au der Küste
wie im Innern gwlogiech nnd geographiseh
erforscht werden soll. In Folge der be-
absichtigten Wanderung ins Innere wer-
den sehr umfassende Vorbereitungen ge-
troffen. Die ESxpedition wird mit baehsen
acht wisi«enschaftHche Teilnehmer zählen,
<lie mit Ausnahme des Arztes, der ein
Franzose ist, alle aus Norwegen stammen.
* Einen abermaligen Versuch, den
Nordpol mittels (los Lu ftb ii 1 1 r. n s
zu erreichen, will der Amerikaner
Well man noch in diesem, spätestens
aber im Jahre 1907 ausführen. Ein Aue-
schuß fler National Oengraphic Society
in Washington hat die vorgelegten Pläne
nach sorgiältig->ter Frilftmg fttr anssieihts-
reich befunden und der Ausführung doS
Planes seine tatkräftige Unterstützung zu-
gesagt; ein Abgeordneter dieses Aus-
■dnuses, M^jor Heney, wird sogar an
der Fahrt teilnelimMi. Die vorläufirr auf
250 000 Dollars Teranschlagten Konten der
Expedition trägt Viktor Lawson, der
Haopteigentllmer dee „Chicago-Reoord-
Herald'*; die Plane für das neu zu er-
bauende Luftschiff haben den berühm-
testen amerikanischen und französischen
SaehTerstftndigen flkr Lnftechiffahrt sur
Begutachtung vorgelegen, mit der Aus-
führung des Baus ist der französibche
Luftschiffer Godard betraut worden, der
den Ballon bis Ende Ifat fSntigzustellen
hat. Im Juni wird die Gesamtausrüstung
der Exjiedition nach TromsÖe geschafft,
wo der Eisdampfer „Frithjof*, das Ex-
peditionsschiff der Ziegler^sehen Nordpol-
expedition, zu ihrer Aufnahme bereit liegt,
und am 20. Juni soll die Abreise der
Ex|)edition nach Spitzbergen erfolgen.
Welhnan, der kein Neoling in der ark-
tischen Forschung ist und ls9>^ 99 selbst
eine Nordpolexpedition nach Franz Josef-
Land (Y. 1899.602) zur Anfimchung Andr^es
wenn auch mit wenig Glück unternommen
hat, gedenkt das Hauptquartier der £z-
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348
Oeographiich« N«vigkeit«n.
pedition auf der Niederen Insel in Nord-
Hpitzbergeo zu errichten und dann sofort
an den Baa der nötigen Hftiuer und dea
Schuppens fftr die Anfbahme des gefüllten
Ballons zn gehen : zur Erzpupnnjf des
nötigen WaseerstolTi» werden lOö Tons
Sebw^eltiore and 76 Tons Eisenfeilsplne
mitgenommen; in der letzten HiUftc den
Juli sollen dann Flugversuche mit dem
Ballon untemommen werden. Stellt sich
hierbei die LenkbaAeit dea Balloiie ala
genügend heraus, ro soll noch in die^^em
Jahre der Versuch gemacht werden, den
Nordpol zu erreichen. Im anderen Falle
soll der Versuch bis snm Jahre 1907 auf-
gf'8ch<il'cii werden, um Iiis dahin die Aus-
sichten liir ein Gelingen des Pl:int> nuch
günstiger gestalten zu können; die ^anze
Expedition wQrde dann im Herbst znrück-
kehron, um dif VcrliesHcninf^en und Ver-
voUkommungen am Ballon in Europa vor-
mnehmen. Dank der Lenkbtrikeit des
Luftschiffes hofft man den Pol in lOThgen
oder 240 Stunden frieiclH'n zu können :
W'ellman glaubt dem Ballon eine Schwebe-
f&higkcit Ton SO bis 26 Tagen Torleiben
an können; während dieser Zeit werden
nngef.thr 5600 Pfund (Tiisoliti in den Mo-
toren verbrannt und dus Laduugsgewicht
um diesen Betrag verringert werden, so
daß dadurch der durch (iusverlust herbei-
geführte tSigliche Verlust an Aultriebkraft
von 2UU l'fuud mehr als ausgeglichen
wird. Attfier der Lenkbarkeit des Ballons
wird man sich noch eine andere, seit
Andrt'es unglücklichem Aufstiege gemachte
li^hndung zu ^utze machen: die draht-
lose Telegraphier Durch Erriebtongiweier
Stationen, in Uammwfeet und beim Haupt-
quartier in Spitzbergen hofft Wellman
vum liallun aud in stetiger Verbindung
mit der flbrigen Welt bleiben an können,
selbst wenn er bis zum Pol getrieben
werden sollte. Die bisher gemachten Fort-
schritte der Wissenschatt hat man sich
allttdings bei Anarflstiuig der Expedition
in vollstem Maße zu Nutze gemacht;
trotzdem erscheint es noch fraglich, ol>
sie schon genügen, um ein Gelingen
dea tollkühnen Planes gewfthrleisten an
können.
Meere.
* Der Fürst von Monaco hat dem
französischen Unterrichtsminister in einem
Schreibon mitgeteilt. daB er beschlossen
habe, ein Institut für Meeresfor-
Bchung in Paris zu erriihten und ihm
das ozeanographische Museum in Monaco
mit Laboratorien nnd Sammlnngen aoin
Geschenk zu machen, sowie ein Kapital
von vier Millionen Franken für die Unter-
haltung des Instituts sicher zu stellen.
Die Leitung des Instituts soll eine» inter-
nationiilen Ausschuß anvertraut werden,
der auH den hervorragendsten Ozeano-
grapheu zusammengeseUt sein wird.
* Die magnetische Yermessnng
des Stillen Ozeans, die im vorigen
Jahre von Seiten der Vereinigten Staaten
begonnen wurde, wird in diesem Jahre
fortgesetzt; die Yacht „Galileo** hat mit
den Ingenieuren an Bord den Hafen \on
San Diego in Kaliforniea am 2. März ver-
lassen, um folgende Rundfahrt von uuge^
fdhr 96000 km Läuge bis Ende dieses
Jahres zu vollenden: San Diego, Fan-
ning Island f Samoa- Archipel, Fidschi-
Luän, HanehaU-lnaehi, OnMi, Yokohama,
Al&uten und zurück nach San Diego Da
das vorja.hrige Beubachtungspersonal wie-
der beim foast aud Geodetic Sunej
Verwendung gefünden hatte, machte aeh
eine Neubildung des wiaaeoaehaftlichen
Stabes notwendig; ihm gehören jetzt an:
W. J. Peters, der einstige zweite Kom-
mandant der letiten Ziegler-Polampedi-
tion, dem der Oberbefehl Aber das Schif
und die gesamte Leitung anvertraut wunle;
femer J. P. Ault, der ebenfalls au jener
Polarezpedition teflgenommen hat, J. C.
Pearson und Dr. Martya ab Alti
Wie der Carnegie Institution in Washing-
ton, der die Ausführung des ganzen
Unternehmens übertragen worden ist, mit>
geteilt wurde, hat die „Galilee'* am
31. März Fanning Island glücklich er-
reicht, hat also in 2*J Tagen ungcfilhr
6000 tön bei fortwfthrendem genauem Be-
obachten anrftc^dogt
ZellMlirlfleB*
* Im Verlag von OebrüderBomtraeger,
Berlin, ist soeben da"* erste Heft einer
„Zeitschrift für Gletscherkunde,
für Eiszeitforschung und Geschichte des
Klimas (Annales de Glaciologie — Annab
of (ÜRi iology — Annali de Glaciologia)'*^
erschieueu, als Organ der „lutematioualen
Gletscherkommission** heran^egeben an-
tcr Mitwirkung deutscher und auf>Iftadi>
scher Gletscher- und Eiszeit-Forscher von
Eduard Brückner. Die neue Zeitschrift
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Bfleherbeapreehungen.
349
will bei der zauebmendeu Zürstreuung soll Voliittändigkeit der Titel aller die
4«r Abhudlimgen »in der Olatoeherkimde | Oletoehmrlmiide im wwteelen ümftMig be-
und Eiszeitforschong Ober alle iiK^glichen treffenden neu erscheinenden Arbeiten
Zeitschriften und Vereinsorgane als inter- angestrebt werden. Nach Bedarf sollen
nationales mehrsprachiges Zentralorgan Karten und Abbildungen beigegeben wer-
^nrcb VeorOffeniUehiiiig oxigiDaler Abband- , den. IMe neue ZeitoebriH toll intor-
lungen und durch kleinere Mitteilungen national ^cin, ihre Beitrüge können in
und Referate die INirhchritte der Glet- deutscher, englischer, französischer und
scberktinde widerspiegi in, anter ganz be- italienischer Sprache erscheinen; die
souderer Berückaichtigung der Gletscher- Sprache der Redaktion ist deotech. Die
forschung in den (europäischen Alpen. Ein Zeitschrift soll zum Jahrespreis von „(C IG
breiter liaum soll der wi-^aenschattlichen in zwanglosen Heilen i höchstens 6 im
Diakaenon inr Yerfügung stehen, und in; Jahre) von je 80 Seiten in gr. 8** erscheinen;
«iner bibliogiAphiechenZaMoimenstellang' je A Hefte bilden einen Bnnd. F. Tfa.
Bflieherbespreehungen.
Schmidt, Wilhelm. Astronomische j
Erdkunde. i^VI. Teil von Klar's
Jfodkonde».) S81 S. 81 ¥ig. 8 Taf. '
Leipzig u. Wien, Deuticke 1908. '
Das Buch behandelt in 8 Teilen: |
1} Bewegungserscheinungen über un- .
terem und anderen Horiionten;
2) Gug der Bewegungen im Riumie,
Gravitation, Abänderung der Erdgestalt;
8) zum ünterricht« der Mtronomischen
Erdkunde an Mittelschulen.
In dem Bache, das offenbar aus einem
sehr eindringlichen Unterricht hervor* ^
gegangen ist, wird der Lehrer der matbe-
matiachen Geographie für jede Stufe Ver-
wertbares finden. Besonders dankbar wird
der Leser Kenntnis nehmen von einigen
einlachen Apparaten, die rieh nnadiwer
hentellen länen wie der Sonnenstand-
zeiger, der erlaubt die täglichen Kreis-
bahnen der Sonne für jede geographische
Breite sor Anidiannng zu bringen. Aneh
■ei der lehrreichen Behandlung von Son-
nen- und Mondfinsternissen Erwähnung
getan. Die Lektüre des Bncbes ist durch
eine nne nicht immer geläufige Ansdrncka-
weiaa ateUenweise etiraa enohwert
0. Clanft.
Bealy 0« Frflhere und sp&tere
Hypothesen über die regel-
mftfiige Anordnung der Erd-
gebirge. (Mflnchner geographische
Studien. Heft 17.) IV u. 62 S. Mün-
chen, Ackermann 1906. 1.20.
Es wird uns hier eine sehr interessante
•geognphieohe Skine geboten.
die durchaus das Gepräge Güntber-
scber Schule trugt. Der Verf. gruppiert
die venchiedenen Hypotheeen über die
regelmäßige Anordnung der Erdgebirge
folgendermaßen: I. die Gebirge erstrecken
sich nach bestimmten Himmelstichluugen;
IT. die Gebirge gehen von einigmi hSch-
aten Punkten der Erdoberfläche strahlen-
fürmig ans; III. die bedeutenderen Ge-
birgsrücken liegen in den Kanten eines
mit der Erdoberflache kontentrischen
Kristalles ; IV. die Gebirge stehen in
einer Wechselbeziehung zu den Konturen
der Featl&nder. Er behandelt in vor-
liegendem Heft nur die erste Gruppe von
Hypothesen und verfolgt sie mit gr<^ßter
Sorgfalt von den ältesten Zeiten an bis
in den Beginn des 19. Jahihnnderts, d. h.
bis auf Alexander v. Humboldt, Leopold
V. Buch und Klie de Beaumont. Dem
Schlußsätze des V^erf., daß sich das Ent-
stehen der ▼erschiedenen H vpotheien in
erster Linie aus der Unkenntnis des wah-
ren Reliefs der Krdobertlä« he erkl&rt|Wird
man voll zustimmen können.
R. Langenbeck.
Jaeobl) A. Tiergeographie. (Samm-
long Göschen No. S18.) 15t 8. i K.
Leipzig, Göschen 1904. —.HO.
Der Verfa.sser, der sich bereit« seit
lilngerem, vor allem durch seine Arbeit
„Lage und Form biogeographischer Ge-
biete» (Z.Ges. Kr !k, Horlin XXXV. 1900)
als Zoogeograph vorteilhaft bekannt ge-
macht hat, bietet in vorliegendem Büch-
lein eine knappe Dazvtellang der Tier^
^ .d by Google
351)
Bücherbeaprcchangen.
geographie, die sich mit Exfolg bemOlit,
dem Leeer einen allgemeinen Begriff de»
heutige» Standes der WisBenschafl zu
geben, äo muten denn die Einleitung
(Begriir der Tietgeographie, Bedentniig
für <He zoüli i^i^clie Systematik, Bedeutung
für die Abstamuuingslehre, Bedeutung für
Erdgeschichte und Versteinerungakunde)
ebenso wie der Abschnitt „Allgemeine
Tierper>rjrap]iie" durchaus zeitgemfiß an.
Daß einer augenblicklich in Mause-
rung begriffenen Wissenschaft das Theo-
retische tarn Teil in stark sehematischer
nud anthropoinorjihcr rjeptaltun^' nuflritt.
soll einem kleineu, begriffliche Gegensätze
naturgemftll leUhrferberrorbelMndeii Bnehe
nicht zum Vorwurf gemacht weiden. Nicht
zu billigen ist jedoch, wenn S. 17 der
Ausdruck Mutatiun in einer weder zu der
Wagen*eehea noch sn der De Triee*sdieik
Begriffs-Festsetzung ttimmenden Art ge-
braucht wird; ebenso, wenn der Vf., wio
aach bereits in seiner früheren Schnfl, den
Ausdruck Neogaea (im Gegeneata m Ark-
togtea und Notogaea) für das neotropische
plns neoboreule Gebiet anwendet, wilh-
reud alle anderen Schrülsteller seit dem
Jahre 1898 den Nftmen Neogaeft fttr 8üd>
amerika im allgemeinen anwenden, also
für den Complex, der vom Ende der Kreide
bis fast zum Pleistocaen von dem nord-
amerikanieehen Kontinent getrennt nnd lo
von der faunistischen Entwickelung der gro-
ßen Nord-Erde völli«; ausgeaelilossen war.
Störend wirkeu die L'ugeuauigkeiten
dee ipeaiellen Teile«, Ton denen dnige
besonders auffallende in Folgendem rich-
tig gestellt sein mögen : (S. 37) Irland
ist nicht amphibienloa; (S. 99) Flufipferde
gibt ee heutentage nicht in Ifadagaskar;
(S. 112) Scincoidfii kommen auf Xeu-See-
land vor; (S. iw>j Laubfrösche kommen
nicht auf Madagaskar vor, sind auch keine
Firmistemia; (S. 118) die Gattung Umbra
hat mit den Umberfiachen Sciaenidae)
nichta zu ttm; (S. 120) die Ophiocepha-
liden nnd Maatneembiliden sind nicht
dem indisehen Oebiet eigentfimlich,
sondern kommen grade auch in Afrika
vor; (S. 121) echte Störe gibt es eine ganze
Anaahl in Nordamerika. Daß der Elefant
(8. 84) als Unpaarzeher, der Ameisenbär
(S. 66) als Ameisenlöwe, die makiironesi-
Bcheu Inseln (S. 126) als „makronesische"
auftraten, ist Mcher auf Konto ron Sdueib-
fehlem sn setaen. O. Pfeffer.
Tb. Fontanes Wanderungen durch
die Mark TUandenburg. Ans-
wahl, hrsg. von H. Berdrow. (^Cotta-
sche Handbibliothek. Nr. ISl.j 228 S.
Stuttgart n. Berlin, Cotta 1906. JL 1.—.
Fontane hat Mark und lUrinr in
seinen „Wandfnuifjen" mit reir.voll natür-
licher Einfachheit zur Anschauung ge-
bracht; doch waren die 8 Bände an
sümmnngf'vollen Einzelheiten reichen
Werkes, dem auch eine Fülle tatsflihlicher
Belehrungen zu entnehmen ist, zu teuer
als daß ihnen neben der iduiftstelkn-
Bchen Berühmtheit auch wahre Volks-
tümlichkeit zu teil werden konnte. In
dem berechtigten Wunsche, die weitesten
Kreise möchten mit Landschaften and
Volksstfimmen unsres VaterlaTidcs wirk-
lich vertraut werden, muß man deshalb
eine billige Ausgabe tou Fontanes Wan-
derungen willkomnien heißen. Daß es
Hieb bei dem Abdruck in Cottas Hand-
bibliothek nur um eine Auswahl aus der
langen Reihe der Darstellungen Fontanes
handelt, ist kein allzu bedauerlicher Miß-
ftund Vielleicht würde ein Kretmd des
Gesamtwerkes einen oder den audem
ihm gerade Heb gewordenen Aufiats ter-
missen; aber bei aller Mannigfaltigkeit
der Schilderungen ist der rnterschied
zwischen den einzelnen Stücken nicht groß
genug, daß nicht die Auslese, die R
Berdrow so getroffen hat, daß möglichst
jedes Gebiet dt r Mark vertreten ist, einen
vollkommen hiureicheudeu Einblick so-
wohl in die Eigenart Brandenburgs und
der Brandenburger wie in die von Fon-
tanes Schilderungsweiee böte. Dem Geo-
graphen bietet sie nicht gerade viel.
Berdrow bemerkt im einleitenden Vor-
wort mit Recht, daß die märkischen
Romane von Willibald Alexis an Natur-
▼ertrantheit die Darstellungen Fontaaee
übertreffen. Die Landschaft ist ihm nor
Kähmen für die Menschen, d\v gegen-
wärtigen und mehr noch die vergangenen.
Fontane ist mehr ein Freund der Oa>
schichte als ein Geograph. Und auch wa«
er noch als ge^enwilrtig schildert, gehört
ztt recht beträchtlichem Umfange bereits
der Vergangenheit an. Felix Lampe.
Kßhler, G. Die „Rücken'' in Mana-
feld und in Thüringen, sowie
ihre Bedehongen cor SrafUhrung dee
KupfersehieMotsee. 89 S. 18 Tif.
^ .d by Google
BUcherbespreehnngen.
361
a. 7 Textebb. Leipzig, Engelmann
1Ö05. JL 6.—.
Der berühmte Mauafelder RerLjhau ist
bekauntiich auf deu verbältuifituüßig ge-
ringen Kopfer- und BUbeirgelii^ des kmmii
V, m mächtigen Knpferachiefera gerichtet,
der als ein bitumenreioher, mit feinet^n
£rzpariikeicben imprägnierter dunkler
Mergdichiefer llngt einea grofien TeOee
dee Husrandes, läagN des ThOringer-
waldes und an verschiedenen Stellen des
öatlicheo Kurhedsens zu Tage tritt. Man
liatte bis in die neuere Zeit den Kupfer»
■chiefer für eine „syngenetische" Erz-
lageffitütte gehalten, d. h. man nahm an,
daß das Flötz und sein Erzgehalt gleich-
leitig sns dem Zeehifeeimneere nieder-
geschlagen worden seien. Der Umstand,
daß der Metallgehalt des KupferBchiefers
teilweise dort, wo dieser von Spalten
dnrehietzt wird, hoher ist als gewMinlieh,
hatte den rtsterreichischen Montangeologen
Potepny und nach ihm auch einige deut'
•che Geologen Tennlaßt, jene gleiehieitige
BQdnngsweise der ErzfQhrung zu bestrei-
ten tind dafür eine spätere Impriignation
des Knpferschiefers mit den Metallver-
bindnngm — aleo eine „Epigeneee" der
letzteren anzunehmen. Die vodiegende
Arbeit will zur Äufklilrung dieser Frage
beitragen; sie gründet sich auf möglichst
eingehende Stadien und enUdIt tetsfteh-
lich die eingehendste Behandlung, welche
der rJc^^onstand Lit» jetzt erfahren hat.
Unier den „Bücken'^ versteht der Kupfer-
eehieferbergbM nicht nllein alle im nll-
gemeinsten Sinne als Verwerfungen be-
zeichneten Stönmgen, sondern auch Falten.
Die diesen Lagerungsslörungen gewidmete
Simdbeidireibang imd die bildlichen
DantottUngen der sehr mannigfachen und
teilweise recht verwickelten Faltuiigs-
erscheiuuugen besitzen ein grüßeres all-
gemeinee biteresee. Längs Verwerfongs-
■palten ist sehr häufig der Kupfer- und
der Silborgehalt des Flötzes nicht nur im
ganzen ein besonders hoher, sondern es
iet »ach seit langem bekannt, daA doct
gerade solche Schichten des untersten
Zech Steins, die im normalen Falle nur
wenig erzführend sind, zu den hanptsäch-
sten Erztrftgem werden. Auf Grund mehr-
monatlicher Stadien in den Gruben und
durch mikroskopische Untersuchungen
kommt Verfasser tn dem Ergebnis,
da0 die normale Eraflihrang des Gesteins
nnr eine arsprflngliche, syngenetische sein
kann, daA aber innerhalb der von Spalten
durchzogenen und bis zu einem gewissen
Grade aufgelockerten Flötzpartien eine
Auslaogung des Kupfers und Silbers mid
eine Wiederausscheidnng di ^ r Metalle
besonders in den jeweils benachbarten
tiefer gelegenen Teilen des bituminösen
Schiefen, also eine Umlagerung onter
sekundärer Veredelung stett hatte. Solche
sekundilren Anreicherungen als Folge einer
Auflösung von Kupfer oder Silber und
ihrer WiederaosflUlung in tieferen Hori-
sonten sind tat^ilchlich von sehr vielen
Lagerstätten bekannt und bedingten z. B.
den enormen Reichtum amerikauischer
SilberengAage und der Knpferenginge
von Montana, Chile oder Australien.
^ Bergeat.
Gerbiug, Walter. Die Pässe des
Thüringer Waldes in ihrer He-
deutung für den innerdeutschen Ver-
kehr nnd das deotsehe StraAennete.
(Diss. Halle.) (S. A. aus: „Mitt. d.
Ver. f. Erdkde. Halle". 1904. S. 1 —
53.) 6S S. 1 K. Halle a. S. 1904.
Fflr den nordwestliehen nnd sentralen
Thüringer Wald hatte der Ref. 1884 in
seiner Habilitationsschrift, tur Erfurt und
Südwest- Thüringen sodann Luise Ger-
bin g, die Mutter des Verf. obiger Arbeit»
im vorigen Jahrsehnt eine Grandlag'> zur
genaueren Beurteilung der mittelalter-
lichen Verkehrswege zu gewinnen gebucht.
Neben den bisher stark betonten gesehicht-
lichen Momentm kommen nunmehr auch
die anthropogeograpliischen Gesichts-
punkte zu ihrem liechte : unter surgnilliger
Yerwertong der seit fiba 90 Jahren publi-
zierten lokalen Forschungen hat der Verf.
ein die einschlägigen Gesichtspunkte sorg-
sam abwägendes, klares Gesamtbild ent-
worfisa, des sich auf angehende Bdcannt-
schaft mit den topographischen und geo-
graphischen Verhältnissen des behandel-
ten Gebietes stützt.
Eine Karle (in IttAOOOO), betitelt:
„Die Verkehrs- und Handelswegc von
Thüringen", veranschaulicht die haupt-
sächlichen Ergebnisse dieser verdienst-
lichen Studie, indem auf ihr neben den
modernen Bahnlinien und KuuststraBon
die letzteren sind rot gestrichelt^ durch
drei weitere rote Signaturen drei Ab-
stufungen der mittelaUerlichen Verkehre»
852
Bflelierbeipreohiingen.
wege: die Hauptlinien des Welt-
rerkehrt; seine NebenstrftSen; die
lokalen A't'rkehrswege gekenn-
seichnei werden. Zu den enteren
g«1iOr«i nmftebfk im Nordveiten des
Oebirgei die drei in Rinenach Ton Frank-
furt her ZM^amTneiilaulVndon Straßen :
a) durch die ,,Langou Hessen" von
Krensbnrg her; b) dorcb die „Kurten
Hessen" von Hernft ld über Berka a. d.
Werra und Obrndlon; c die „Kin/.ig-
atraße", die von Hüut'eld über Vacha
und Merknihl Eiienaeh eneieht. Den
mittleren riiuringer Wald über-
Bclireiteii sodiinii die bt'iden Straßen/ügo
von Würzburg und Niiruberg, vereiuigeu
rieb bei GArbitabanten und träten in das
Erfoxter Becken ein, während im Süd-
osten gegen die Gr^-nzo ilos Thunder
und Franken -Waldes zu die vun Dum-
berg nneb Leipxig Uber Koborg, Jodea-
buch, den Sattclpiiß, Grafentbai, Saalfeld
und Jena verlaufende „Niedere Straßt«"
einen hervorragenden VerkeiiiHweg dar-
■teUt
Als „Nebenstraßen dps Weltver-
kehrs" treten zu diesen Haupti^traßen-
sttgen zwei hinzu: n) die Straße von Gotha
«ber Oeorgentiuü.TMiibnefa, Sehawllnüdea,
Wrmsbanson. Hnhrdorf, fJeipa, dif sich
in der Uböu mit der ubongenaunten
„Kinzigstraße*^ vereinigt; b) die Straße
von Erfurt Aber Schnur», Dietendorf,
Miihlberg, Crawinkel. Oberhof, Suhl, die
in Schlcaeingen in die „Waldstraße" Er-
furt— Frenenwald — Wflrtboxg eininflndet.
Alle sonstigen über den Thflringer
Wald ziehenden Wo^'e haVon y-egen diese
beiden Uauptkategorien eine mehr lo-
kale Bedentting. Erst weiter in Sfid-
osten treten wieder zwei Nürnberg und
Lei])zig verknClpfende Hauptzilge hinzu,
die aber nicht mehr in den Rahmen der
▼erliegenden Arbeit fUlen, anf deren viel-
fach interessantes Detail wir an dieser
Stelle Tersichten mflaaen. fr. Regel.
Wumrly Leo. Daa K5nigreieh 8neh*
sen in Wort und Büd. XV u. 588 S.
Stadtpläne, 1 K. u. 240 Abb. Leipzig,
WoerU Reisebüchenrerlag 1906.
JL 4.—.
Das Buch ist eine erweiterte Zusammen-
fassnng der bekannten Woerlschen Einzel-
l'ührer, eine sächsi&che Landebkunde in
Form eines touiiatiaoben Nacbiclilage-
Werkes. Es liegt an der großen Zahl
verschiedener Mitarbeiter, AlB es nicbt in
allen Teilen gleiche AaafBfaxlieUreit nnd
Zuverlüsaigkeit be»itzt — hier gnte geo-
graphiscbe Einleitnngen , historische
■SkitBen, reichliche Ausflüge bis berab sa
«len ge-wohiilii-hen Spaziergängen des Ein-
heimischen auf die „BierdOrfer*% dort
Flaehügkeiten oder Weglassung be-
merkenswerter Punkte Ganz brauchbar
<-ind die allgemeinen einleitenden Kapitel
hie Karte und die Stadtpläne sind sauber
ausgeführt, die sabfaeieben Bilder da-
gegen oft recht minderwertig, schlecht
<:edruckt in Kol-^e de? dünnen Papiers,
aber auch ungeschickt retuschiert.
P. Wngner.
Wagner, Emil. Taschenatlas der
Schweis. 3. Auß., durchgesehen
ond verfaewart von der Ctoogr. An>
stali H. Kflmmerly u. Frey. Bern,
Geogtftpbiacher Kartenverkg o. J.
(1906.)
Dieses handliche BflcUein entiillt
2 Bogen T*ext und 20 Karten. Der Text
bietet kurz gefaßte Angaben über Flächen-
inhalt, Bevölkerung, Sprache, Religion,
Beachäftigung und politische Einridi-
tunjjen der Sehweiz und der einzelnen
Kantone und zwar in französischer Spntche
mit nachfolgender (vielfach unrichtiger^
deutscher Ülerselmng. Von den Karten
stellen zwei die ganze Schweiz und die
übrigen einzelne Kantone dar. Das Ter-
rain ist dnreb bnnne Bergsehniftn b«i
Annahme von schiefer Beleuchtung dar-
gestellt, kann nlfio auf (»enauigkeit keinen
Anspruch machen. Da die politischen
VeiliftltBisae, nftmlich die vielAteh kern-
plisierton Kantons- und Bezirkj>ein-
teilungen, durch Flächeukolorit angegeben
werden, so bilden diese Kärtchen eine
bmnebbare Eiginiang tu den rein physi-
kalisoben Karton der Sebweiz.
E. ZoUinger.
KtaaerljTy HcnB. f Oeaftmtkarte
der Schweiz. 1:400000. TOxlOScm.
Auf Papier Fr. 4.60; auf Leinwand
gefalst JFV. 6.—.
NnmensTeraeiebnis anr Ocsamtkatta
der Srhweiz. Geb. jFV. 2.—.
Spezialknrte des Exknrsionsge-
bietes von Bern. 1:76000. Auf
Papier Ft, 8.—; »nf Leinwand JFV. 4.—.
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Bücher besprecbuDgeD.
353
Spezialkaite des Zarichsees.
1 : .»ioooo Auf Papier Fr, } »uf
Leinwand Fr. 4. — .
Ebda. 0. J. (1906.)
Der am 29. April 1905 verstorbene
Hennanu Kümmerlv, der ScbApfer der
Schweiz. Schulwandkart*^, hat uns in die-
ten KartonwakoD fo wntrone AiMten
hinterlassen, daß wir seinen friihen Hin-
schied aufs tiefste heklaj^en müssen. Die
Gesamtkarte der Schweiz ist in der Art
d«r Mshireit. SehoIwaiidlcaHe gehaUen
mit der Ansnahme, daß die Höhenkurven
fehlen und daß die Eisenbahnen rot statt
schwarz und die Grenzen grün statt rot
eingetaageii nnd. Die Wiikang der Relief-
tOne ist vollkommen und wird durch et-
wa 17 000 Namen, die die Karte enthält,
keineswegs gestdrt. So vereinigt diese
DareteUing dee Seliweiaeilaadee die Yw-
tei]e der Leuzingerschen und der Ziegler-
scben ächweizerkart« und steht zur Zeit
unerreicht da; sie leistet dem Gelehrten,
dem Tooiiiten und don B^nlbuum gleieh
gute Dienste.
Die beiden andern Karten, die al«
Exknnnonskarten für die Bewubner der
SOdte Bern und Zflrieh gedacht aind,
zeigen, was Situation und Höhenkurven
anbetrifft, alle wünschbare Genauigkeit,
da sie auf der eieheren Grundlage der
topogxaphiichen Karte der Schweiz ent-
worfen worden sind Das Relief bild der
Benierkarte ist etwas freundlicher und
wizkeaver, da •• müa und inteiuivore
Farbent(}ne eattftlt als die Karte des
ZfliiohMei. £. ZoUinger.
Bably JomIL Illustrierter Fflhrer auf
derTauernbabnund ihren Zugangs-
linien, bearb. mitBenütsung der amt-
lichen Daten der k. k. Eisenbahnbau-
direktion, l-."*. XIVu. J80S. 46 Abb.,
6 K. Wien a. Leipaig, üarUeben 1906.
4.50.
Dieser „Zukunfteföhrer*', wie er sich
eelbit im Yonport aemst, verbindet in
seltsamer Misrhting drei sehr vcrschieden-
wertige Bestandteile: die Besprechung
der kflnftigen Bahnlinie, touristische
Angaben Aber die Bahnoite mit ihrer
Umgebung nnd ,, Schilderungen", die zu
kleinen Feuilletons auswachsen und in
gelegentlieher Anknüpfung de Omnibus
rebus et quibusdam aliie }]:indeln. Diese
BSikinM, die s. B. Befacachtongen übet
1MI.C
INaturschönheiten, Naturkatastrophen, Re-
ligiosität, Kropf, KretinismuH und die wirt-
schaftlichen Wirkungen der £isenbahn an
dae Malbutmr nnd Mölltel, eine Philippika
gegen die Jagd und das „Bauernlegen"
(7 Seiten) an die Pyhmbahn, Lesefnlchte
über das Reisen (9 Seiten) an die Kosen -
tallinie, die eing<ekendsten EcOrterangeii
über Alpinismus, alpinen Sport osw.
112 Seiteni an die Wocbeinerlinie an-
knüpfen u. dgl. m., gemahnen lebhaft an
dae Wort dee atten Philologen Krüger,
der meinte, wenn er so nnd so viel Bogen
zum Vergnügen der Leser ba]»e dmcken
lassen, dürfe er auch ein paar Bogen Vor-
rede in aeiaem eigenen Yeqinflgen mÜ»
drucken 1 aasen. Auch insofern, als die
übrigen Bogen nicht durchaus dem Leser
Vergnügen bereiten. Die touristischen
Abschnitte sind saoUiflib eaverllasig« wenn
anrh oft Kchwülatif? Dip Trassenbeschrei-
buug ist dankenswert exakt, wenn sie sich
auch Öfters noch nicht an eine definitive,
sondern nur an eine approiimativeBthn-
linie halten kann Die Karten der Bahn-
linie stimmen daher auch nicht immer
mit ibrflbenin (ap a. B. die der Gasteiner-
bahn nicht in beaag auf „rechte" und
„links" des Flufise.«, die der Pyhmbahn
nicht in besug auf die Stationen). Aach
die Namen aind mitunter ▼eraehieden ge-
schrieben; so im Text: Dessen. Deßen,
Dößen, auf der Karte: Dösen. Unarten
der Namenschreibong, wie Katbausberg
St Baikanabeig), das Totengebirge (at.
das Todte Gebirge) seheinen schon nn-
aosrottbar; sie finden sich auch hier. Bei
den Exkoraen aut wissenschaftliches Ge-
biet liefern die Daten der BaobehOrde
exakte Grundlagen; auch in geologiaoher
Beziehung begegnen selten Versehen, wie
s. B. S. 14, wu die beiden einander ver-
trolenden Toiginge dea Sehiefwardena
nnd des Rilckschreitens der WiaaerflUle in
einen zu.s am mengezogen erscheinen. Alles
in allem ist der Führer besser, als der
erate Eindmek erwarten llftt. Sieger.
Zugmajer, Erich. Eine Beise duroh
Torderaaien im Jahre 1904.
411 8. 110 Abb., danmter 8 &ib.
Taf. von Heinz Pinggera und
4 Kartenskizzen. Berlin, D. Beimer
1906. Jt 19.—.
Diese Reise war, wie der Verf. angibt,
weniger eine eigentUohe Foraohnnga-, ala
Hsfi. 94
S54
Bflcherbeiprsoh u n ge n.
viefanehr eine Studtenreise, welche ihn
„durch das Kennenlernen der bereisten
Länder, ihrer Bewohner und besonders
ihrer Tierwelt (Zngrmayer iet tob FMh
BUS Zoologe) auf künftige f^roßorf Reisen
Torbereiten sollte". Diese größere Ueise
hat der Verfksser mittlerweile angetreten.
Er hat sich im Februar dieses Jahres von
Wien nach Zontral-Asii-n b»'geben, um
eine Darchquerung Tibet« von Chinesisch-
Tnrkestan nach IndiOB Aiimfihzeii (vgL
P M. 1906. H. m. S. 71 n. 0. Z. 1906.
Heft V ^. 293).
Die rein wissenschaftlichen Fach-
nraltate aof «oologiecbem Gebiete wer-
den in dem oben augezeigten Buche nur
gelegentlich gfütr^ift Pif sind beson-
derer Publikation vorbehalten. Hier wird
lediglich eine eingehende Sebildemng der
HeiaeerlebnisHe und der Beobachtungen
über Land und Leute der durchreisten
Gegenden gegeben^ welche, soweit sie
Referent am eigener Aniehaanng naohm-
prüfen vermag, gut und lebenswahr ist.
Prr Text liest sich untt'rhaltsam und be-
lehrend und zeugt von einem humor-
vollen Froheinn, der einem Fmeehnnga-
reisenden stet» gut zu stehen pflegt und
zahllose Unannehmlichkeiten und Placke-
reien spielend überwinden läßt; er zeugt
auch von einer treffirieheren Beobachtung,
von offenem Blick und der Fähigkeit
raschen Erfassens firemdartiger Bilder und
Situationen.
Da im übrigen hftnfiger bereiste Gegen-
den wie Tiflis. Kriwnn, Etschmiadsin,
Goktscha- und Urmia-i>ee, das russische
Turkeetan, Samarkand, Buchara, Chiwa
usw. beeocht wurden, so ist für den Leser
der geogra])hi sch-wisBcnsehaftliche Ge-
winn kein großer. Irrtümlich ist die An-
gabe, daft viillcaniicher Sand, Tuflf, Asche,
nnd auigeworfcne lose Oesteingteile den
regehnlißigen Ke>;t'l des Kleinen Ararat
aufbauen. Zugmuyer hat sich täuschen
laesen dnreh den aa ftinem Gn» ser-
fallenen, leicht lenelibinn Andetit. Beide
Ararate t»ind monogene Lavabaue in
btübelschem äinne, keine Aschenkegel
im ffinne der Stratovnlkane Seebaehs.
Ein Besteignngsversuch dm Gvofien Ararat
mißlang bei 4700 m.
Weniger Kühmliched läßt sich von den
Illnetrationen sagen. 8io aind, eoweit
•io nicht nach guten, draußen käuflichen
Photographien hergestellt sind, sondern
nach Aufnahmen des Yeiftssers reprodu-
ziert wurden, vielfach verwackelt, stark
retouchiert und im Sujet nicht üumer
•onderlieh intereesant und für Land und
Leute besonders rlmrakteristisch. Unter
den beigefügten farbigen Aquarellskiz-
zen muß ich einige energisch zurück-
weisen. Wie kann man heute noch der-
artige narstellungen des Kasbek von der
grusinischen Heerstraße oder des großen
Ararat von Sardar Bnlagh ans veröffent-
lichen, welche in Farben uud Konturen
anfi'chtbar sind? Ein Kurdenzelt im
Vordergrund, dessen Farbe granweiß
wiedergegeben ist, wo doch die sohwarse
Farbe das Hauptcharakteristikura aller
Kurdenzolte ist! Konturen des Kasbock
Ton einer Steilheit und Unrichtigkeit im
Detail« welohe nm so eiatannlieber er-
scheinen, da dieser Berg in leicht zu-
gänglichen trefflichen rhotograi)hien z. B.
Titelbild in M. ▼. Dechys Kaukasus
Bd. TI, Berlin 1906) von der graiiniadien
Heerstraße oft genug photographiert wor-
den ist. Hier aber erhalten wir ein Bild,
bei welchem unter audercm auch die Ver-
gleteehemng ond ewige Sehneebedeeknng
viel zu weit zu Tal reicht!
Nicht viel richtiger ist das Bild der
Schir-Dar-Medressee (nicht Moschee^ in
Samarkand. Wo sind die für dieeee Ge-
bäude so charakteristischen nai-h entgegen-
gesetzten Seiten geneigten Minarets an
beiden Enden der Fassade? Wo sind
die nicht minder charakteristischen
zwischen tlcn Minarets und dem Pischtak
auf mäßig hohem Tambour sich erheben-
den beiden melonenartig geformten Kup-
peln? Wo bleibt überhaupt die Andentnqg
des hinter der Frontfassade von allen
Seiten mit offenen Loggieu umgebenen
Hofes? Sieht man doeh dureh einige, in
Wirklichkeit in dieser Form gar nicht
vorhandene Fenster den blauen Himmel
durchscheinen! Auch herrschen nach
meiner Erinnemng in dem herrlidien
Kachelbclag aller Bagistan-Bauten Sa-
markands die blauen und goldenen Far-
ben fast ausschließlich. Auf Grün und
Bot vermaff ich mieh nieht in bennnen.
Und alle diese Bilder »ollen uach Origi-
nal-Photographien gesehaffen sein? Dann
bewundere ich die künstlerische Freiheit,
welche neh der Maler genommen hat
Wie weit diese Sünden auch auf Konto
dei VerfiMeers des Texte«, Dr. Zugmi^ere,
ju,^ jd by Google
Bücherbesp
recbungen.
355
kommen, vermag ich nicht zu bcurtoilen,
da ich keine näheren Angaben über die
von Herrn Heinz Pinggera gemalten
AqmmllaldBiaiii uicl die ihnen sn Gnmde
liegendoii Original - Phntrirrraphien im
Buche fand. Max l'riederichsen.
AretewtU; H. Die antarktischen
ElBverhältniBse. (Er<;än7.ungpheft
Nr. lü zu Petermanns Mitteilungen.)
IV n. ISl S. 1 K. n. sahlreiehe Abb.
im Text Gollis, J. Perllies 190S.
Unter diesem Titel bat der verdienst»
ToUe Geophysiker und Geolog der Belgica-
ühii in gewiMem Sinn seine Darst« llung
dieses Polarunternt^hmene gegeben, die
nlao aozusageu neben die Werke vou de
Gerlnehe, Coek, Leeointe und Baco-
Tltza tritt. Der Titel ist insofern irre-
fBhrend, ah der Inhalt teils mehr, teils
weniger gibt, als man erwarten möchte.
El bandelt rieh niebt nm eine syste-
matische Bearbeitung der vom Verfasser
beobachteten Eisverhältnisse, etwa in der
Art der trefflichen, aber kurzen und mehr
poputtnn nMelamoipboflen dee Polareiies**
von Weyprecht, sondeni um einen
gekürzten Tagebochauszug , in dem zwar
die Notizen über das Eis ganz wesentlich
die Hauptrolle spielen, aber dodi penQo-
liebe Erlebnisse, Stimmungen usw. nicht
ganz untenlrückt sind. Der Verfasser
bezeichnet in der Einleitung selbst seine
Hotiaen all Miohee Material** m einer
Monographie der antarktischen Eisverhiilt-
nisee, die nach der Häckkehr des „Gauss",
der „Discovery" und der „Antarctic" wohl
geidmeben werde.
Leider wird der Wort der an sich
trc'ff 1 i cheu Bemerk ungen durch den völligen
Mangel eines Kegisters eebr vermindert,
ihr Gebrauch sehr erschwert. Es ist dies
um so bedauerlicher, als die Bpobachtungen
während der Überwinterung ja ziemlich
fem von Land in treibendem Sie gemaebt
find, also vorauesichtlich in mancher Be-
ziehung abwpicbfn dürften von denen der
ötatiouen des groüen Südpolaqahrs. Von
beaondiKer An^hrliebkeit tind, nm nnr
oinigea ausofahren, Bemerkungen über
anscheinenden Piedmont-Typus des Land-
eiaee an der Küste des Alezanderlandes
(8. 61), Foimen der Sehneekristalle (8. 46,
51, 64, 67 n. s.), Raeifil (8. 76), Schnee-
mewangen (8' 77), Schnedagerang (8. 91),
Struktur des Heereitei (S. 99), der Eie-
berge (8. 116). K. Fricker.
Helnxe« H« Physische Geographie
nebst einem Anhange über Karto-
graphie für Lehrerbildungsanstalten
nnd anden höhere Sehnlen. 8. Aofl.
139 S. 58 Skizzen n. Abb. Leipdg,
Dürr 1906. .« 2.—.
Die Brauchbarkeit dieses Bnchea ist
bernli früher von uns lobend anubimt
worden. Die 3. Auflage bringt neben
kleineren Korrekturen einige neuere
Theorien und vor allem eine eingehendere
Behandlung der Wirteehaftsgeographie.
Die Formatiendehre bedarf aber, nament-
lich in ihren ersten .\bHchnitten, noch
sehr einer Modernisierung.
P. Wagner.
ßrnber, Christian. Wirtschaftsgeo-
graphie mit eingehender Be-
rflckiiehtigmBg Denteehlande.
X u. 23.5 S 12 Diagr. u 5 K. Leip-
zig u. Herlin, Teubnor IWi,. 2 4<t.
Der den Fachgenossen schon seit langem
wohlbekannte YeifiMeer wendet rieh in
vorliegendem, fBr geistig reifere Schüler
bestimmtem Lehrbuche in erster Lini»' an
den künftigen Kaufmann. Obwohl wir
jetst eine ilattti«^ Zahl haadel«geogz»>
phiscber Lehr- nnd Handbücher besitzen,
int (Irubers Buch doch durchaus will-
kommen, weil es vielfach neue Wege in
der Behaadlong und Anifaienng dei 8toffee
einschlagt. Vor allem int es nicht auf
eine bestimmte Lehrmethode zugeschnitten
und zeichnet sich durch ein antprechoi-
dee sprachliches Gewand aus. Methodiidi
sucht es die Kenntni-i der natürlichen
Grundlagen des Wirtschaftelebena au ver-
mitteln, nicht dvdi eine trockene, dac
Gedftehtnii nnnflta belastende Anfzählung
zusammenhanpslofer Tatsarlicn , Zahlen
und Kamen, sondern in ursächlicher Ver-
knüpfung des leichen Stoflte nnd mit
Hervorhebung des wiridioh Bedeutsamen
und Dauernden, um die Schuler dadurch
in die großen Gesetze und Zusammen-
h&nge der WeltwirtKhaft eimafthren nnd
sie sn selbständigem Weiterdenken anzu-
regen. Im Sinne seines L»»hn'r8 F Uatzel
geht der Verfasser bei seinen Betrach-
tangen etete von der geographiiehen Lage
ans und Iftßt aof die allgemeine Scbilde-
rang stete eine solche der einzelnen
24*
yi. jd by Google
306
BficherbeBprechungeD.
natilrlichon Wirtsohaflfsj^bietp folgen,
deren er z. B. für Deutschland 12 unter-
scheidet. Da die Kenntnis des eigenen
VaterUadet im Vordergnnide gaogn-
phiBcher Betrachtung stehen muß, ho
liegt das Schwergewicht des Werke» in
der WirtflcbafUigeographie Deutttchlaudti,
die ma reichliehet Drittel dee Buches
einnimmt und hezflglich deren Oniber
sich auf drei Vorarbeiten stützen konnte
(Vgl. G. Z. 1903, S. 296; 1905 , 3. 416).
Aneh untere nnmitfeellMten Neehbem sind
wegen ihrer Wichtigkeit für Deutschland
verhiiltniamiißi^j eingehend behandelt. Alle
andereu europiiiaciien btaaten dagegen
and noch mehr da« nnBeretttoplitohe
Ausland (die selbständigen Reiche sowohl
wie die Kolonien) haben nur eine überaus
kurze Darstellung erfahren, weil sie für i
Dentsehlmd im allgemeinen weniger in
Betracht kommen Ein überbliek Aber
die wirtschaftliche Bedeutung der Ozeane
beschließt das empfehlenswerte Buch, für
desten Auaibeiiiing den YerCuter eine
19jährige Lehrerfahrnngan der Münchener
Hamlels3< hu!e zu atatben kam. Auf einige
unerhebliche Ausstellungen sull hier nicht
^gegangen werden. Die beigegebenen
Karten beziehen eich auf Deutschland.
K. Hassert
•
CSliMens, B. Heimatskunde des
Stadt- und Landkreises Lieg-
nits. In begründend-vergleichender
Weite dargestellt 44 B. Obgau,
Flemming 1906. JL —.SO.
Stadt* und Landkreis Liegnitz.
1:160000. (Bl. 1 von C. Flemmiugs
Schalkarten der Provinz Schlesien.)
JL —.«0.
In elf Abschnitten werden erst die
Natur, dann die Kultur doH Kreises recht
übersichtlich vorgeführt, wobei auch die
in methodisdiem Sinne gettellte Aufgabe
im ganzen eine ansprechende Lösong
erfilhrt. Nur die geographische Lage
Tou Liegnitz kommt hierbei zu kurz.
Ln hittoiitchen Sdilnftkapitel Mlen wollt
Straiflidbter auf sie, sie bedürfte aber
eines eigenen Abschnittes. Dai< lehrreiche
büchlein birgt eine Fülle von Angaben
imd verdient aaeh anfleihalb der Lehr-
kreite Ton Liegnitc ond Umgebung Yer-
bfeitung.
Die Flemmingsche Kreiskarte, zu der
die Gemenstehe Heimattknnde den Text
bildet, bietet das bekannte, hepondcr- in
Gerippzeichnung und Schrift überaus
klare Bild. Desiderate wären hier nur:
Angabe der wetentliohen HShenuntsr-
!<chiede durch Einfügung von Htthensahlen
uucli in die Talßächen bis jetzt nur
Gipfelzahleii; und durch Eiudruckeu eine«
gaas larten stumpljgxflBea FarbentMet in
diese, ferner: Tbergang «om Nullmeridian
von Greenwich! Pencker.
IHcrAe. Sohnlwandkarten. Braun -
schweig, Westermann 1905. Jede«
Blatt .iL 18.—, anfges. m. Stftbea
JL 22.60.
Bl liegen mir vor die Wandkarten
von Europa im Maßstabe 1:3 Millionen
und Deutschland mit den Nachbar-
iläudern im Maßstabe 1:900U00; beide
in doppelter Bearbeitung, als physika-
lische und als Staatenkarten. Die
Karten zeichnen sich durch große Klar-
heit der Darstellung und vortreti liehe
Femwirknng aus, to daA tit für den
Unterricht nehr zu empfehlen imd. Auf
den physikalischen Karten kommen sechs
Farbentöne für die HOhenstufen zur Ver-
wendung, drei grflne Ar dat Tief laad
(Senken, 0—100 m, 100—200 m), drti
braune für das Hochland (200 — 500 m,
600—1600 m, über 160U m). Die Neigungs-
▼eriiUtnitte tind duiv^ Schummerapg
sehr geschickt und klar dargestellt. Bfli
den Staatenkart^n ist Fl&chenkolorit ver-
wandt, aber trotz der lebhaften und weit-
hin deutlich uatflndraidbaran Fteben
treten auch die oro- und l^drographi*
sehen Verhältnisse vollkommen klar her-
vor, was für den Unterricht besonders
wertvoUitt Fflr die StUtevenchiedener
GrOBe sind auch in der Feme leicht
unterscheidbare Signaturen gewählt. Etwa«
dürftig ist auf den Karten von Deutsch-
land dat Fhifineti an^gjefUlea. So ver>
misse ich namentlich die Wömits ond
Breusch, die als Grenzen zwischen wich-
tigen Gebirgsabschnitten im Unterricht
wenigttent der mittleren Klatsen nicht
gut entbehrt werden können.
E. Langenbeck.
' Diemke* Sehulwandkarte TOn Ber-
lin und Umgebung. Maßstab
1 : 40 QUO. Braunschweig, Westermann
1U04.
loh habe dieee Kaste tehoii frflker, in
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Nene Bücher nnd Karten.
357
meinem Aufsätze über Schulwandkarten,
»It eine der besten Wandkarten für die
Heimateknote beMidmefc, tob der sn
wlbnacheB wlie, daß sie bald vielfach
Nachahmung fände. Sie enthält drei
Höhenechichten 0—40, 10—80, über 80 m)
«Dd beMmdere SignatnieD flir Laubwald,
Nftdelwsld, Wieee, Snmpf, Rieaelfeld.
Die (Jrtachaften treton durch ihre karmin-
rote Färbung sehr deutlich herror. Die
Eieenbahnen tind doreh abwediidad
schwarze und weiße Linien, Chausseen
durch zwei diiinir ncliwarze Linien, Land-
straßen und Verbindungswege durch ein-
fache ichwane lomen beaekhnel.
R. Langenbeek.
Neie Bieber »d Karten.
Meycra Großes Konversation«- Lexi-
kon. Bd. XIII. , Lyrik — Mittcrwurzer.
918 S. Viele Abb. u. Taf. ' Leipzig, Bibl.
Inel. IM«. JL 10.—.
Andrees Allgemeiner Handatlas.
5. Aufl., hrsg. von A. Scobel. (Jubi-
läumsausgabe.) läu Haupt- u. 161 Ne-
beok. Alphftbei Namenrren. von etwa
240 OOO Namen. X 28.—. 56 Lief, sa
.*L — .60 od. Doppellief, zu JL. 1. — .
Lief. 1 — 30. Bielefeld u. Leipzig, Vel-
hagOB Jt Klatiiig 1M5.
■sChsasillsAe flssgwyliU ani Kartsfrafkl«.
Frischauf, Joh. Die Abbildungslehre
und deren Anwendung auf Kartographie
und Geodäsie. (S.-A. aus der „Z. f.
maih. u. natarwiM. ünteir.» 86.Jahig.)
88 8. h TeitAg. Leipog« Teobnor 1908.
JL 1.—.
Allf«inr<Be pkjrsliche Oeogrftplile.
Sauer, A. Petrographische Wandtafeln.
(Hikroekopiseha StmktoHnlder wioh-
tiger Gesteinstypen in 12 Taf) Er-
läuternder Text. Sl S. 18 Abb. Statt»
gart, K. H. Lutz 1900.
AUgeaeta« (iMgraphie den Mrniirkea.
Die Weltwirtschaft. Ein Jahr- und
Leaebaeh. Hnig. von S. tob H»Ue.
L Jahrg. 1906. \. Teil: Internationale
Übersichten. VIII u 306 S. Leipsig,
Teabner 1906. JL ti — .
Langhftno, Paul. Wandkarte der B«^-
erzcugung der Erde för den Welthandel
und größeren Kigfen verbrauch der Pro-
duktionsländer. Bearbeitet im Anschluß
na MinaB „Hnndeiwehnl'Atlae^. (Her-
kator^Pn^ktton. Maßstab 1:20 000000.
OfSfie 806 cm X 116 cm.) Gotha, Justus
Perthes 1906. In 8 BL ^ 16.—, auf-
gOB. nla Wnadk. m. Sttbon JL M.— .
Supan, A. Die territoriale Entwicklang
der europäischen Kolonien. XI u. 8448.
Kolonialge»chichtl. .\tla« von 12 K. u.
40 Textk. Gotha, Justus Perthes 1906.
JL 18.—.
Kaiserliche Marine. Deutsche See-
warte. Vierteljahrskarte tur die Nord-
see und Ostsee. Herbst (Sept., Okt.,
Not.) 1908. — Winter (Dos., Jan.,
Febr 1U05 06 — Frühling (Milr/, Apr.,
Mai) 1906. Hamburg, Eckardt 4c Meß-
torff. Je .H, —.75.
Dies. Monnlakarto f. den noffdattantiichen
Ozean. Jahrg. VI. \o. 1—6. Jan.— Jnni
1906. Ebda. Je JL —.76
Führer durch die deutschen Nord-
ioobftder. Ereg. vom Vonland des
Verbandes deutscher Nordseebäder.
.Jahrg. 1906. 192 S. Viele Abb. u. K.
Berlin, Scherl 1906. JL —.30
Zemmrieh, J. Lnndeikando des KOnig-
reichs Sachsen. („Samml. Göschen^'.
No. 268 ) 134 S 12 Abb., 1 Prof. u. K.
im Text u. 1 K. Leipzig, Göschen 1905.
UK —.80.
rjrund, k. Landeskunde von Österreich-
Ungarn. („Samml. »»öscht-n". No. 244.)
138 S. 10 Teztabb. u. 1 K. Leipzig,
GOeofaen 1908. JL —.80.
Müller, Alois. Bilder-Atlaa Sur Geo-
graphie von Österreicli-Ungam. 48 .S.
96 Abb. Wien, Pichlera Wwe. iL Sohn
1005. Kr. 8.—.
Turnan, Viktor. Beiträge zur Geologie
der Berner Alpen 1, Der prähistorische
Bergsturz von Kaudersteg (6 Fig., 1 K.).
8. Neoe BeobaohtoBgen am Qaeteren-
Lakkolith (4 Fig., 1 K.) (Bemer Diss.)
i'S.-A. aus den „Mitt. d. Natorf. Ges.
vou Bern." 1906./ 49 S. Bern, Wyga
1808.
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3Ö8
Nene Bflehtr und Karten.
fbrlire«» Kump«. |
Anuales de 1 obBervatoize national
d*Ath«nea. Pnbl. per Dtfm^trint
EginitiB. T IV .579 8. Viele Tab.
Athen, Baftanis-Papageorgin 1906.
Afrika. '
Fouieau, h\ Ducumeut« scieutifiques
de la ICtsion Baharienne ^Geeion Fon-
reaa-Lamy d' Alger au Congo par le
TKchad . ' 4". II. Fase: Gt-ojirraphie
physique (Orographie — Dunes et
Pfa^nomteea teÜene). ~ Hjdzographie.
— Botaniqne. IV S. u. S. 16S— 669.
Fig. im Text u. auf Taf (1 -12-2). —
III. Fase: Geologie. — Geutil: Petro-
graphie. — Hang: Paltentologie. —
EsquiBfH' ethnographique. — Faune. —
Prt*hist<iri(jue. — Aperv" conimercial.
» ConclugiouB ecunornique». — Gloasaire.
~ Index. 8. 654— ISIO. Fig. im Text
(128-404 . 30 Taf, Diagr., Prof, K.
— Carte» (16 Taf in 1 Bd.). Paria,
Ma«8ou et Cie. 1906.
Baedeker, Karl. Ägypten nad der 8u-
dun Handbuch für Beiaende. 6. Aufl.
18Ü u. 4iy S. 88 K. u. PI, 69 Grund-
riase u. 67 Ansichten n. Textvignetten.
Leipcig, Baedeker IMe. 16.~.
Brooks, Alfred H. The Geographj and
(teology of Alaska. A Bummary of
existing knowledge. (ClevelandAbbe, <
jr.: CUmaie. — R. TT. Goode: Deeerip>|
tion of topographic map of Alaska
1 : 2600000.) (U. S. Geol. Surrej Pro- j
fess. Paper No. 46, Ser. B, Descript.
Geol. 76— F, Qeograpbj, 46.) 827 S.
• Testfig. M Till AU», n. K. Waahing-
ton, Qow, Prini Off. 190«.
Vallentin, W. Chubut. Im Sattel durch
KordiUere und Pampa Mittel- Patago-
niens (Argentinien). 228 S. 47 Abb. im
Text n. anf Taf. Beriin, H. PMtel 1906.
JL 6.—.
Kflehler, Carl, ünler der lüttenuehti-
■onne durch dir Vulkan- und Gletscher-
welt IslandH 174 S. Viele Abb u. 1 K.
Leipzig. Abel & Müller 1906. JC S.20.
Aretowski, Henryk. Projekt einer
Kvatematleekeii Erforschung des Sfid-
]i()larkontineut8 33 S. Abb. u. 1 K.
Kattowitz u. Leipzig, Siwinua, o. J.
(1906.)
OeefiapUasktr Vatwitakt.
Kaiser, E. Die moderne Geographie und
ihre politischen . volkswirtschaftlichen
und heimatkundlichen Aufgaben. Ein
Wegweiser snm Stndimn nnd Beirieb
I der Geographie. Langensalza, Schul-
I buchhandlunp (Jrfßlerl iy06. — .60.
Conwentz. l'ie Heimatkunde in der
Sehnle. Onmdlagen nnd YorMblBge aar
Forderung der naturgeschichtlichen und
geographiBchen Heimatkunde in der
I Schule. 2. Aufl. XVI u. 192 S. Berlin,
I Bonttrftger 1906.
iGaebler. Neuester Handatlas. 6. Aufl.
1 196 K. Leipaig, Berger 1906. JL 6.—.
ZeltMhrifteBsehM.
PetertMmne Mitteilungen. 1906. 4. Heft.
Frannberger: Stadien flbn die ^Uir-
lichen Niederschlagsmengen des afrika-
nischen Kontinentes. — Geogr. Unterricht
an den deutschen Hochschulen S.-S. 1906.
— Beinecke: DerTnlkaa auf SavaiL —
Tobler: Zur Geologie von Sumatra. —
Loc/. y: Flußregulienmg und Bodenmelio-
ratiou in China. — Endröa: Die Seiches
dee Waginger-Taehinger-Seee.
Globus 89. Bd. Nr. 15. Fric: Eine
Reise in den Chaco -Central. — Gold-
atein: Der Monotheiemue Kanaans. —
Seherer: Streilsflge in Oran 1906. —
Förster: Gibbons' Forschungen in Bri-
tiach-Oetafrika. — An» der Vondt de»
Nigergebietes.
Dow. Nr. 16. Auhagen: Zur Frage
der Luftspiegelungen. — Nieuhna: Ze>
nanalebea in Ostindien. <— Scherer:
Streifzüpe in Oran 1904. — Bolle: Far-
bige Arbeiter und Landwirte. — Hoch-
zeitsgebrftnche der Setud.
Dost. Nr. 17. Sehilling: Tambema.
— Bauer: Zur Erschließung Kameruns
durch Eisenbahnen. — Weiß: Land und
Leute von Mpororo. — Seidel: Deutäch-
Samoa im J. 1906.
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Zeitscbrifteascbaa.
369
Dass. Nr. 18. Vortisch: Die Neger
der GoldkQiite. — Rand all Mar Jver:
Über die Auinen des MMchonalandes. —
HalbfftS: SMnknnd« und YfflkeEtecbt. —
Bcrmiirin: Nenee ftber die BmchmUmier.
Yon den Marianen.
Deutfichr Biindsehau für Geographie
und btatisUk. 2». Jhrg. 8. Uett. Kürch-
hoff: BinnenwMMntrftBeii in WeiteIHka
swiBchen Senegal und Nii^t r — Werner:
Das Sondgauer HQgelland im Ober-Elsaß.
— Schlei i'f: Eine Besteigung des Phen-
gari anf SaaBolilinki. — Fester: Tage-
Imchblittwr wob Island.
Meteorologische Zeitschrift . 190ti. Nr. 4.
Hellmann: Tber die Keniitnis» der nia^nie-
tischeu Deklination vor ChriBtoph Colum-
Inu. — Qaervain: Über die Bestinimiiiig
aimoBphäris^cher Strömungen durch Regi-
strier- und Pilotballons. — Großmann:
Die barometrische Höhenlormel und ihre
Anwendung.
Zeitschrifl für Gewämrkunde. 7. Bd.
3 Heft (IraveliuH: Zur Abhängigkeit
des tiegentalla von der Meereshöhe. —
— Braun: Das Frisdie Haff. — Beits:
Zwei Beiträge zur graphischen Bereoh-
Bong hydroinetriHcher Aufgaben.
Zeitschrift für Schulgeographie. 1900.
7. Heft. Pottny: Der Geographieunter-
riebt in d«i pcenfiisebem LabiwbUdnags-
anetalten. — Schreck: FrflUing in Nor-
wegen. — Geißler: Worauf beruht die
Sicherheit der Zeitrechnung?
Zeiüehrift für KalmmipolMk, -recM
und -virUchaß. 1906. 8. Heft. Bolle:
Dentflche Ansiedlungen innerhalb der Tro-
pen und Subtropen Brasiliens. — Her-
mann: Misebehen nnd Omndeigentum in
Deutsch - Siidwestafrika — Madagaskar
von 18'J6- 1905 — Christensen: Er-
haltung der deutschen Sprache in den
Yeninigten Staaten. — Fortsebritte in
Französisch -WestafHka.
Zeitschrifl der Gesellschaft für Erd-
kunde zu Berlin. 1906. Nr. 3 . Schmiede-
berg: Zar Gesebicbte der geographischen
FlAchenmessang bis zur Erfindung des
Plaoimeters I — Voeltzkow: Hericht
über seine Eeise nach Ostafrika und den
Insebs dee waettieben Indisdhea Oaaans.
— Hossens: Zwei Studienreisen in das
Innere von Siam.
Dass. Nr. 4. Schrai edeberg: Zur
Geschichte der geographischen Flächen-
messung II. — Dinse: Das neue Museum
für Mot'reskunde zu Berlin.
Mitteilungen des Vereins für Erdkunde
iu Dretden. 1906. Heft 1. (3. H, d. gan-
zen Beihe.) Abendroth: Entwicklang
und gegenwärtiger Stand der Gezeiten-
forschung (8 Fig.). — Beck: Über eine
Fahrt dnreb SfidafHka (Abb. u. K.).
Ymer. 1906. 1. Heft. Früding: üu
,,kjökkeniuödding" supdois — Alilonius:
Friedrich Ratzel et son sjstome anthropo-
gdographique. — NordenskjOld: Voyage
aux r^giona fronti^res dn Perou et de )a
Bolivie. — de Geer: Le Daliilfveu et ses
affouillements en aval des chutes d'Älf-
karleby. — Tboroddien: Quelques mots
encore sur la communication terrestre
postglaciaire par TAtlantique du Nord.
Svenska Jurist - Föreningens Arsskrift.
1906. (24 Taf., 218 Abb.) Rosenius:
Om Skftne. — Bkman: BohimUfaiwIngar
pl storsjOfiske. — v Friesen: Rök-
stenen. — Westerlund: Katan —
Regneil: Holmön i Västerbotteus skär-
g&rd. — T. Mentserj Oiftfb&s slottwuin.
— Kempe: Pil Sngblt geuom VArmland.
— J. P. : Dahlbergsminnen i l uringe. —
« * « : Malmagens by och Fjällnils. —
Stolpe: LandskapstypttB i Dalsland. —
Akerhielm: Fr .In medeltidens kungaO.
— Ekström: Till ha«t gouom Jänitland,
Häi;jedalen och Dalarna. — Ljungquist:
En gotlftadsk myr. — Petersen - Ber-
ger: Strr.ftfig kring Helags^ätlet —
Burch ;i rd t : Fri^n MosjOn tili Vilhelmina.
— Erikson: Runamo. — Hagberg:
Frftn BottonhafVet tili Atlantiska oeeauen.
— Svenska bilder. — Andersaon:
Svenska geografiskabilder. — Lillje-
kvist: Tnristhärbiinget vid Abisko.
La eUogrofhie. 1906. No S. Beule:
L'äge des dcrniers volcans de la Piaace.
— Tilho: PiXploratiou du lac Tchad. —
Girardiu: Le pcrcemeut des Alpes
bemoises.
Dass No 4. Chevalier: L'ile de
San Thomö. — Uoule: L'äge des derniers
volcans de la France. — Martel: La
einquitaie Edition dn Tnii6 de GWolegie
de Lapparsnt.
The Geographica! Journal. 1906. No.6.
Green: The Wrecks of the Spanish Ar-
nuidto on tbe Goast of breland. — Elliot:
The Gpoj^raphical Functions of Certain
Water-plants in Chile. — Hogarth: Geo-
' grapbical Conditions aifecting Population
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360
Zeitschriftenschau.
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Another Attempt on Ruwenzori. — Frpsh-
field: A Not« on the Kuwenzoh Ciroup.
— Qfttty: Th« OImiaI Aspaot of Ben
Kevif.
The Seottitih Geographien! Magazine.
1906. No. ö. Uardy: Botanical öurrey
of Scotland (K ). — Lewii: The Hiitory
of the Scottish Peat Mosses and tlieir
Relation to Glacial Period. — Moss-
man: Some Meteorological Uetnilts of the
Beolttih Nattonal Aotunetie Ex|>editi4Mi.
The National Geographie Magazine.
iy06. No, 4. Fairchild: Our Plant Im-
znigianta. — Wellman: The Polar Air-
•Up.
The Jourtutl of Geographij. 1906. No.8.
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GoniM n. — Sntlierlftnd: Geogiaphy
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Posten" and „ Verdem Qom^ Ott, lOOQ
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TOitand, YvlkMiMiiMUi imd Oeotoktoiuk.
Jahreshefle d. Fer. f. «afcfi JITflOAL m
Württ. mxj.
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eroption MAn— Afnü 1906. Bfkfl
Mitt. a. d. OberrMm. geal Vmr. jr«iyt^
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Ders.: Über die Erstfelder Gneiße am
Notdxuid d«e AaimMnTee. Ber. 4b«r
die XXXVIII. Fei», d. Oberrhein. geoL
Vcr. zu Konstant. 26. Apr. 19Cf5.
Strodtmann: Laichen und Wandern
der OitoedlMhe. H. Bd. (l K., 6 Abb.,
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land, yo. 4.1 Wis.'i. Meeresunterftuch.
N.F. VlLIid. Abt. Helgoland. H.H.
1906.
Stumme: Sidi Hammu als Qeogiaph.
j^meke-Futteitrift". 1M6.
T^nntwortUolMr Ucimutrtwri Prot Dt. Alfred U«tta*v In UtAMikmg
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Geograpliiselie Abhandlungen
herausgegeben von
Prof. Dr. Albrecht Penck in Berlin.
In zwangloaen, einzeln käuflichen B&nden bez. Heften. Mit vielen Abbildungen, Karten und
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Band VTI. Heft 4. Vujevic. Die Tln iß. Eine potamoloymche Studit: Mit 13 Text-
abbildungen und " Tif.ln IVO . . .
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Band L Hefl 1. BrQokner. Die VergleUdicrung des Salzachgebietes. M. 11 Abi
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— L complet. 1887
Band IL Heft 1. Seiger. Die Pamir- Gebiete. Mit l karte. isöT
— IL — 2. Hann. Die Vertheilung des Lußdruckes über Mittel u,u1 S!ü\l-
Europa. Mit 8 Tafeln und zahlreichen Tabellen. 1887
— n. — 8. Snyka. Die Schwankungen des Grundwassers. Mit 18 Abb. Iö88
— IL complet. 1888
Band HL Heft 1. Sievers. DieCordiUere von Merida. Mit 1 Karte u. 15 Profilen 1888
— HL — 2. Günther. Johannes Kepler und der (ellu fisch -kosmisclte Magne-
tismui>. Mit 19 Abbildungen. 188«
— lU. — 8. Woe'kof. Der Einftuss einer Schneedecke auf Boden, Klima und
Wetter. 1889
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Band IV. Heft 1. Kretachmer. Die physische Erdkunde im Mittelalter. Mit
9 Abbildungen. 1889
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18 Figuren u. zahlr. Tabellen. 1890
— rV. complet. 1890
Band V Tfeft 1 Arbeiten des geogr. Institutes der k. k. VnivtrsUnt Wi-'n 1891
Sondorflnuko fing Band V, Heft 1:
Helderich. Die mittleren Krhrhu me der Erdoberfläche. Mit 1 Taf 1891.
Kurowski. Die Höhe d» Mit 4 Figuren. 1891
Swarowsky. Die Eismi ' ' " <'iau. 1891. ...
Band V. — 2. Partsch. rhiUpv Mit l Karte. \m\
— V. — 8. Cvljl6. Dax h cn. 1892
— V, — 4. Forster. Die ir fliessendn ü<.ua<,Aci .Uuuituropas.
M. 1 Taf, u. 25 Tab. 1h94
inien,
V, — 6. Ruvarac. Die Abjluss- i
nebst Penck. VntfrftvchuugeH uii'i > • < u /..ii umi A''iin':ti von
grösseren Lnndflächen. Mit l Kart«?, '2 TalVln u. zahlr. Tabellen, 1896
— V. complet. 1896
Band VI. Atlas der österreichischen A'ml, ,::
I. Lieferung: Müilner. kamniergutes 1H96 .
U. — : Richter. Seen von harnten, Krain uno
— VI. Heft 1 Mullner. Die Seen ' '(immer gtUes unJ i .c/-*.
2/ -Mit 2 ratein, 7 ! . u. 47 Tabellen. 1896 ....
VI. — 2. Richter. Seen- Mit » Tafeln u. 7 Figuren. 1897
~ VI, — 8. Penck. Fricd>< .- ...luony. Mit t!a Tafeln u. 11 Figuren
— VI. complet (ohne AUaa). I8'J8
BandVn. Heft 1. Müllner. Die Seen am Itesclien- Scheideck. Mit 7 Abbildungen
und 4 Tafeln. 1900 .
— vn. Heft S. Müilner. /)»> der österreichischen J/p^-Msv/n in d<
Wintern bbild. u. 2 '
— VII. Heft 3.
Mit 14 A
BandVnL Heft 1. Grun
und Wiener i.-
— Vm. Heft 9 Krebs.
Mit '
— VII] A ,.. Hassir
WifVftr JitcJ
•1 im '\
tm li'u;;icr Walde
1901
Traisen m»
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x'i'ilpint'
: und
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r>»''" Sammlung wird fort(fp«pt7.t. .T. Ip Pitc'iI "iillnn" nimnit
■■tr. r«-,a»Mt-.iR.i •!
4.—
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3.—
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20.-
8.—
12.-
8.-
23.-
12.-
3. —
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20.-
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2.-
4.-
6.-
8.5n
6.6U
4.20
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inj^cn cnt^eg«n '
B. G. Teubner.
Geographische Lehrbehelfe
aus dem Verlag von Ed. Höliel in Wien IV/2, Luisengasse Nr.
Zur A lisch afl'u Ii;; für Scliuleu emiifolilcii!
H'''^'-!'= f^ ^ ^>Uv'.^'lv•^r?p von Australien und Polynf"^ ' '" m^-v
ranz II o i iliT i cb.
l'r . 1:10üUO<MM). 6 Blatt in UMadiem V
Ka t7.t 160 Liu boi;b, l'JtJ ein breit.
AU int in Mappe- 'J4 M., auf Leinwand ,
H61»el8 Bchulwnndkarte von Asien. Politische Ausgabe b<-
l>r. Frau Maßütub 1:- ~ " 6 blatt in loli '
(JröOe der — . nengesetzt 14'» . . ■ h, 175 cm breit, i .
läM., auf Leinwand ^CMpauut in Mappe *iOM., auf Leinwand gespannt mi'
HSlselB Bei dJtarte von Aflien. Physikalische Aasgabe. ii.
voUkumtiiuu I.' i. .1 arbeitet \ou Dr. Franz Heiderieb A'-'f^.-* V i
6 Blatt in 10 taebem Farbendnn k. «irößo der Karte tu
Ijoch, 176 cm broit. F'r- 15 M., auf Le
'JO M., auf Lein w. vi " ' >T F-
dem neueutcu,
und Australien. Sie uebmeu den eroto.
••■ V'-'-v- .-.v ... i- ., ^.f g XQH ■ .ttm .-ri
s\ .■ ilt au
Kallina. iL Autlu-;«. .MaUtttab l:4oo(i00. Blatt. Preis i
Leinwand ■ ^!appe •2y..'0M,, anfLeinwau«! •
TTfin.r'!"^ ^ r.arte von Europa lür t
^ .Malintub 1 ; ntMKUM.ni. 16 Blatt. Größo der Karte n
. um breit, 1- '< I/uaufge^paunt 15 M., auf Leinwand
Übers irte der ethnopfraphischen VerhftltniBPe von
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1 ^1906 ^
GEOGRAPHISÜIIE ZEITSCHRIFT
HKKA''?r;EC.EBEN
Db ALFRED HETTNER,
■-•ilt I»Ki; i.KttCKArillK AV IM-.ll
'IFIHKI.BKlifJ.
/VVOLFTEE JAlIRriANr;. SIEBTES HEFT.
Mll /.WCl lAFKLN
AUSfSKfSEHEN AM Jl JULI.
LEIPZKr,
N*I» VERLAG VUN B. TEUßNEK
lüeniarlfS TTöiT^n und (.»icrlliiolie. \ i>ii l'rivauiuü. l>r. l i iu. .M.iiUiarT
in Wien. i^Mit H Ijandst-haftsbildLMn a»if TaF. 0 ii. 7).
Anpassungsbeilingiingeii nin\ EutwickelungsinotivH 'Kr KmUi
Dr. L. Chalikiopoulos in Rapsani (Thessalien
Karaeninbahn von Dnala nach »len Manengnl)al>ergen und die deutsch t^^*
Nigrer- BriMH'-T.sad.see-Kxpodition (1902 — 1903) unter Fritz Bauer.
Von RealschuMirektor Dr. A. (Jeistbeck in München
der Mollusken in dem palaearkliscutn
Pfffr- r in ITaniburL'
I i 'w
^'eoi,'ra])hi.sehe Verbreitung,'
«iobiet. Von Prof. Dr. <i
< ieoLTapbische Neuigkeiten:
Allgeinoinvs. Zeiitralburoati der intcrnatiotmleu se(Kino)o(rischon StHntcuaKsoziation.
— Intcrnationnh' Ver • zur Er' der PolAr^rebioto
Europa. B<;vrtlkeriinh'8\ti . .so «l<»s l'' i u Rt-iches. — Die anlhtopolnrischon
Verli&ItniMc> Daminiark«. — Die Kr&fliiung de» Siniiilikutunnols. Di* Wirkuns^on
de» letzU-n Veaiivausbrtichs
.\si<'n. Ii u n ti II (f 1 1 r< KnrVVi'hr i\<i^ 7"iitr«I ■ Nvf.ri I if. '. >; Fvtin.l'ti' m
iiich West- China
Afrika. Dltf B'-'v^lkoiuiig uiu ilurokk"
A ii!;trali.<iche IiiReln. Krrorschung dor Ustcrtusei ...
Nordamerika. Macprogora Expedition entlang d< r Küst«! von Labrador
Nord-Polftr(?egonden. Expedition des Krirsten v Munfti'o »ach " >jii
■tit
Von Tli. Fischer.
ü .\. lU't t n er
(ieoirraphisclior L°ntorri<
I'eraflnUthori. Ohst f.
Dücherbesprechungen :
u rs gTf " ' :ki>n,
. iz, W. i . , l)ic.
\V initiier, J. licschichtc des deutsctieu Bodens. Von doDis. .
Bc(;tcbiiiir, ü. Die Ja^rd im Leben der salischen Kat^(r. Von K. K rc t »ctiiii • r
V, 0 ov r- S eil WC pp en b urg, A. Mriue IJeiso iiacli den EArOeni. Von H. Kaliiu
.Steinmetz. K. Ein VorstoD in dio nonlaibanisclien Alpen Von K. Oestreii:ii
Wnllaco, I». M. Rußland. Von A. UiMtnur
Fitznor, R. Ueitr&ge zur KJiinakiiii'i'- -Ir«; «Hniimisfin'!! n.i>'hi8 mi i -liiii-r Vtm 1
barjrehiot". Von Tli. Piachor
Weber-viiii Hosao, A. ' * nu 'i\ . k u i. i.- ii i ii .> .
i'Iiit^'egnting auf Kirch ; . lUdoutiing «nd A'.-
spraclic der w|<-liti»r8tcn schultrcugrapliisiheu Nameu". Von A. Wollenianti
Neue Bücher und Karten .
■schau . .
41)5
4'
4t' '
411
412
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414
i:
41
41
41
II.'
fl'eDtlichuni^'en je'
iu 11, i ru^raiuinL. Karten u. a.j uusiuilimhiu.i um
'Twübnt werden köniHMi, wetiti >ip der GeotT.
ii^efiehickt worden s
i)r. Altr
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II., ..
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Ufr in 1.'
^ ''''''' i^^^
^ AUG 101908
Dänemarks Hoden nnd Oberfläche.^)
Von Fritz Machacek.
(Mit 3 LftudflchafUbildoiii auf Taf. 6 a. 7.)
In bedeatnngtroUer Weise wird der 31 eeresraum, der Hiftel*Eiiropa Tom
skandinaTischeii Korden trennt, dnreh die null Norden Tor^ringende jIMieolie
Halbinsel und den in ihrem Bdmtze gelegenen d&nischen Arohipel unter-
brochen. Indem somit diese LUndergruppe einerseits die Trennung zweier
verkehrsreicher Mcpie bewerkstelligt, anderseits die Brücke dai-stellt, durch
die der Norden und das Innore Enrojias iu Berühruiij^' £,'ebrarlit werden, fällt
ihr die wichtige Kollo oiiies Vcrhindungs- und Mittelgliedes zwischen zwei
nach allen geographisclien Beziehungen durchaus verschiedenen Teilen des
Kontinents zu. Daher wird Dünemark bald dem deutscheu ^Iittel-Europa zu-
gerechnet, mit dem ee die mafigebendsten Faktoren der Bodenbeachaffenheit
gemein hat und von wo ihm wichtige NährqueUen seiner Knltar mgefloesen
rind, bald als ein Teil Skandinariens betrachtet, zu dem es sidi duroh die
gemeinsame Abatammimg nnd Geschichte und die natflxliohen Sympathien seiner
Bewohner hingesogen fOhlt Wenn wir trotzdem und mit vollem Recht von
einer ausgeprägten Eigenart des d&nischen Landes und Volkes Spredhen, ao
beruht dies auf dem Zusammenfließen der typischen Züge zweier so ver-
schieden gearteter und in sich ges^rlilossener geographisclier Gebiete zu einem
neuen Bilde, in dessen Üntertönung wohl noch die einzelnen Komponenten
deutlich erkennbar sind, dessen Inhalt aber einen durchaus originalen Charak-
ter trägt
I.
Die engen Beziehungen, die den dänischen Boden mit Nord-Deutschland
verknüpfen, verraten sich zunächst in dem gemeinsamen geologischen Bau.
Die llteren Bohiehten des Omndgerfistes treten in beiden IPSOen nur gans
1) Der nachstehende Aufsatz ist uuh Beobachtungen herroigegani^'cn, die ich
auf einer mehrwöchentlicben Reis-e durch Dänemark im Sommer 1905 unter Führung
dänischer Landesgeologen auHtellen konnte. Außerdem habe ich es hier versucht,
die wichtigiten Ergebnine der geologischen Landesaafoahme, wie sie in „Danmarkt
geologiske Undersogelse", namentlich in der vorzüglichen Monographie von N. V.
L'ssing, „Uannmrkfi Geologi i almenfatteligt Ümrids" (Kopenhagen 1904) nieder-
gelegt sind, zu einem einheitlichen Bilde zuaammeuzufasBen. Wenn hierbei Jüt-
land aosfDhxlicher berttcknebttgt erechnnen sollte alt die Inseln, so rllhzt dies
etneraeits davon her, daß mir diese weniger genau durch Autopsie bekennt sind;
anderfleits al er ist die Halbinsel nach Kiistenfjliederunpr nnd Uberfliicbenbeschafron-
heit viel mannigfacher gestaltet als die im wesentlichen einfürmigeti und gleich-
gearteten Insebi. Meinen liebenswürdigen FOhrezn, vwr allem Herm Siaatsgeologea
OMenphMMldlidulft If.JshfSMf' 1M*> 7. Halt SA
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362
Frits M»o1i»i6k:
selten, zumeist dort, wo die zerstörende Tätigkeit des Meeres sie blofigeiUgt
hat, zu Tage; sonst wird die Oberfläche ausnahmslos durch die Ablagerungen
der Eiszeit und Postglazialzeit gebildet.*) Sie allein sind es, die die Formen
des Reliefs, das Ptlanzenkleid, die wechselnde Fruchtbarkeit und ökouoiniselie
Bewertuni: dts I5iMieiis und damit (b>n Ciiarakter der Siedelungen und teil-
weise auch ihrer Bewohner be.stimmen. In keinem Lande der Erde ist Geo-
logie so sehr Eiszeitforschung und nirgends wohl £&llen ihr 80 viele rein
pnhtisehe Aufgaben za als in IMnemark. üm nnn dordi das dicht» Kleid
der qoartftren Bildungen sor Kenntnis des Gnmdgebiiges an gelangen, be>
darf es ebenso wie in Nord-Deutschland sablreidier Bohrongen, und diese er>
gaben, dafi durchwegs die meist sehr feuersteinreiche senone Schreibkreide
in einer maximalen M&chtigkeit von fost 500 m die gemeinsame Unterlage
der jflngem Schichten bildet; nur in zwei Füllen, in Frederiksberg bei Kopen-
hagen und in Aalborg im nördlichen Jütland, wurden noch unter der Sclireib-
kreide Mergel angetroffen, die wahrscheinlich dem Turon angehören und so-
mit die ältestt'n bisher Ix-kaiiiitf n Schichten des diinischon Hodens darstellen.
Allerdings tiiidft sich noch errati«?'-!!»"; Material, daü >eitien Fossilien nach
älter ii>t und der ältesten Kieide und dem obersten Jura angehören mußj^j
aber seine Herkunft ist unbekannt , denn nirgends in Skandinavien kommen
die entsprechenden Schichten anstehend vor. Nnn weiA man, dafi anf Schonen
an den Granit zuerst cambrisch-sünrische Schichten, dann kohlenflihrende
Schichten der oberen Trias und liassische Mexgelscfaisfer, stets durch Stalfol-
brüche Ton einander getrennt, anstofien, die mit WNW>IUchtnng in den Katte-
gat hinausstreichen. Es liegt daher die Vermutung nahe, daß die heimat
losen erratischen Geschiebe am Grand des Kattegat anstehen und von da
dnrcli das bewegte Eis losgebrochen worden sind, daß sich also das System
d<'r StalTellirüehe von Schonen quer über den Kattegat in das niirdliehe
Jütland fortsetzt und daü einst Bohrungen an geeigneter Stelle, z. B. auf
den Inseln Laeso und Anholt oder im nördlichsten Jütland die fraglichrn
Schichten erschließen werden. Damit wäre auch der stratigraphische Zu-
sammenhang von Skandinavien nach Nord-Deutschland quer Aber Dinemark
hinweg «rwiesen und eine tiefe Lfloke der Sduchtfolge ausgefüllt.
Die Schreibkreide tritt in Folge späterer StOrangen in sehr ver-
schiedener Tiefe unter der Oberfläche auf, ihr am nächsten in einem grofiea
Gebiet um Aalborg und den Mariager Fjord, wo Kreidehfigel nur TOn einer
dünnen Morärendecke überkleidet nnd TOm Eise zugerundet auftreten; als
Ablagerung eines ziemlich tiefen Meeres erstreckt sich die Schreibkreide in
ganz übereinstimmender Au.sbildung über die Küstenländer der Nordsee; aber
schon bei Ystadt auf Schonen entspricht ihr ein feinkörniger, kalkreicher
Dr. Viktor Madsen, ferner dem „Dunsk Turistforening*', dem ich die überlaMung
der Klischees der hier reproduzierten Photographien verdanke, sei an dieser Stelle
der henlichste Dank ansgesprochen.
1) Die geoLrrapbisch und ^M:»)ior;i<^rh i^anz an Sdiweden gehörende Insel Born*
holm wird hier nicht berückHichti)^ werden.
2) Ethel Skeat and 7. Madsen, On juxassie, neocomian and Oanlt Boul>
ders Foond in Denmark (Danm. geol. Unders. IL 8. Kopenhagen 1898).
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Dftnemftrks Boden und Obernftolie.
363
Sand8t«in als Ablacreriing einer geringeren Meerestiefe und bei Kristianstad
auf Schonen vertreten sie küstennahe Bildungen. Es hat also das senone
Kreidemeer nur die südliclisten Teile Schwedens überÜutet, die überwiegende
Masse Skandinaviens war damals Festland.
Eine weitere Einschränkung der Umrisse des Meeres leitet den jüngsten
Abwlmitt der Kreideseit ein, dessen Ablagerungen als Danien in Danemark
ilire typische Yartretang finden; es handelt taxk dabei Torwiegend nm Bü>
dnngeii emee wenig tiefen Meeres, anfgebant Ton Biyosoen und Korallen,
aber in recht Tenchiedener Ausbildung. Der sogen. Limsten Tcm Btevns
Klint (an der Ostkflste Seelands), der auch auf Fflnen, am Manager Hjatä
und bei Aggersborg an der jütischen Westküste auftritt, ist ein ziemlidi
kompakter, als Baustein geschätzter Brjozoenkalk, der von zusammenhängen-
den, unregelmäßig gewellten und oft fußdicken Flintlagen durchzogen • ist.
Der poröse, tlintfreie Faxe-Kalk, so benannt nach seinem wichtigsten Vor-
kommen bei Faxe im südlichen Seeland, tritt hier als Kest eines einzigen,
über 50 m mächtigen, vom Meere und Eise größtenteils schon zerstxirten
Koralleastockes auf. Die verbreitetste Form des Danien ist die Bleich kreide
(„Biege Kridtf*), Ton analoger Entetehnng wie die weiBe Sdureibkrnd«, aber
Ton ihr durch die gelblidi-gratte Farbe nnH das Vorkommen kompakter Tu-
tien, der sogen. Bieger, nnterschieden. SchlieBUdi ist der Saltholmakalk
ein harter, liditer, gelegentlich marmorartiger Kalk, dessen zahlrnche Klflfbe
ihn twar als Baustein ungeeignet machen, aber große Bedeutung für die
Bewegung des Grundwassers haben. Das in ihnen zirkulierende Wasser findet
idimlich in den untern, weniger porösen und zerklüfteten Lagen eine un-
durchlässiu'e Schicht vor, die bei Brunneubohrungen reichliches Wasser liefert,
namentlich wenn der Kalk die Unterlage einer oberflilchlichen Sanddecke bildet.
Der Saltholmskalk führt seiuen Namen vou der kleinen Insel östlich von
Kopenhagen, liegt hier nur 10 m unter der Oberfläche, bildet die Unterlage
der Eiszeitbildungen in Nord-Seeland und reicht hinüber nach Schonen; im
westlifihen Seeland aber sinkt seine ObeiflSohe rasch, so daß er bei Kors^
in 100 m, bd Tiss0 erst in 200 m Tiefo errcieht wird. 8o sehen wir in
den Tcrschiedencn Niveftus der obersten Kreideschichten den Beweis für be>
trSehiliche Kmstenbewsgnngen, die ridi rauneist Iftngs KW — 80 streidiender
Brachlinien vollzogen haben; dieselbe Richtung ist anch den HaopterhebungS"
afigen des sfldlichsten Schwedens, dem Romele Klint, Söderasen und Kullen,
aufgeprSgt und wir finden sie schließlich in den jüngsten Bewegungen des
dänischen Bodens wieder, die ein Gebiet der Hebun? von einem solchen der
Senkung trennen. Eine Yerwerfungslinie mit der gleichen Hauptrichtung
bedingt auch den großen geologischen Unterschied der beiden Ufer des Dre-
sund, indem Ijei Heisingborg die spättriadiscben Sandsteine hoch über den
Meeresspiegel gehoben sind, während bei Helsiugpr der jungkretacische Salt-
holmskalk erst in SO m unter dem Meeresniveau angetroffen wurde, was
einer SpmnghSho von ca. 600 m entspricht Dia Anlage des Sundes scheint
aber mit diesen Yerweifimgslinien nmr im nördlichsten Teile etwas an tun
an haben, da sie ihn sonst unter qpitsen Winkeln krensen und im sftdUchen
Teil des Sandes m beiden Seiten dieselben Schichten, lUlmlich der Saltholms-
«6*
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364
kalk, auftreten. Der Zt-itpuukt dieser tektonischen Bewegungen ist nicht
niiher festzustellen, doch fallen sie vielleicht mit der regen vulkanischen
Tütigkeit zusammen, die im ältern Tertiär den Boden Dänemarks betroffen
hat. Wahrscheinlich aber haben geringere Bewegungen derselben Art noch
m naditwtäbrer Zeit stattgefimdai, und wir haboi ihre letsten Ansliiiler in
den nnbedeotenden Erdbeben xu selun, die namentUdi dort beoMrkt wecden,
wo die an tich sehwaohen StOBe Ton einer nur wenig mlohtigen qautibren
Decke nicht TOUig gedimpft werden kOnnen.
So wie die geographischen Verhftltnisse der jüngem Kreidezeit Däne-
mark und Nord -Deutschland gemeinsam sind und wichtige tektonische Linien
die Zugehörigkeit des Unterbaues des dänischen Landes zur skandinavischen
Landmassp erweisen, hat sich auch im Tertiär der Wechsel von Land und
Meer in allen Küstenlilndorn der Ostsee im wesentlichen übereinstimmend
vollzogen. Das marine Tertiär Dänemarks unterscheidet sieh von den Ab-
lagerungen der Kreidezeit vor allem durch seinen geringen Kalkgehalt^ ferner
durch seinen noch duixhaoe unverfestigten Zustand, ümsomehr erlag es
daher in der Eiaseit der Zerstörung und Aufarbeitung duroh das Eis und
lieferte das Material su neuen Bodenarten, so dafi in noch höherem Mafie
als bei den Kreideschiditen heute nur mehr Beste seiner einstigen Verbreitung
unter der qnartSren Decke Terborgen liegen. Aus dem Beginik des TertÜrs
stammen der 0 r H nsandstein und Grünsaudkalk von Lellinge im süd-
lichen Seeland und die sogen. Mergel Ton Kerteminde auf Füoen, die durch
Bobrungen an vielen Stellen nachirewiesen sind. Dann aber, im größten Teil
des Kooäns, lierrscltten in dem jetzigen norddeut.sehen Tiefland ebenso wie
in ganz Skandinavien Fe>l lanils/.ii>tänile, bis sieh im Oligocün das Meer wie-
der über Nord-Deut.schlaud und Nonl-Frankr* ich, und zwar in größerer Aus-
dehnung als im EocUn ausbreitete. Dieser Zeit gehört die Bildung der dem
norddeutschen Septarienton äquivalenten plastischen Tone an, die jeden-
falls eine susammenhAngende Heeresablagerung Hldeten, wenn andi nicht
alle die Terstreuten Vorkommnisse an den Küsten von Jütland und Fflnen
genau derselben Zeit angehören; doch hörte diese Bildung schon vor der
Mitte des Oligocftns auf. Etwas jünger ist die weiße Diatomeen- oder
Infusorienerde (sogen. ,,Molcr"), die durch sehr geringes flpesifisches 6e-
wicht, große Porosität und das Auftreten zahlreicher dünner Lagen schwarzer
vulkanischer .\sehe ansgezeicbnet ist Es mttss<»n also um diese Zeit vul-
kanische Inseln oder ein Festland mit Vulkanen in der Nähe des heutigen
Dänemark, wahrsrlieinlicli im heutigen Ska^rerrak existiert haben, die vielleicht
dem großen nordathuitischen Vulkangebiet aneehTirteii, das im mittlem Tertiär
eine so intensive Tätigkeit auf Schottland, Island und den Färper entwickelte
und dessen Aschen iwischen die Ablagerungen eines küstennah«i und ruhigen
Meeres getragen wurden. Qegen Ende des Oligocäns wurde das Land wieder
teilweise gehoben und swischen den neugebildeten Inseln lagerte das Meer
Glimmersande und -tone ab, die Terbreitetsten aller d&nischen Tertilr-
schichten. Ihre IMldung erstreckt sich durdi sehr lange Zeitriume und ge-
hört zum Teile auch schon dem Miocan an, als von Mittel- Europa und Skan-
dinavien kommende Flüsse ihr Material in den) seichten, das heutige Nord-
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Dftnemarki Boden und Oberflfteh«.
365
west-Dputschland und Dänemark bedeckenden, inselreicbeu Meere ablagerten,
an dessen Küsten es gelegentlich auch zur Bildung von Braunkohlen kam.
Aber diese dänische Braunkohle, die einstens dem ganzen Tertiär den Namen der
Braunkolilenformation eintrug, erlangte wegen ihrer geringen Mächtigkeit und des
durch die überlagernden Sandmassen erschwerten Abbaues niemals ökonomische
BedaotuDg; der einzige größere Tersach, der 1861 bei Silkeburg in Jütland
gemaeht wurde, mnflte bald wieder aufgegeben werden. Die Glimmersande
und -tone sbd die jüngste TertiSriuIdnng Dänemarks; denn das obere HiocSn
und das Püocin sUdlen eine FesUandsieit dar, in der sich eine weite Ebene
als Heimat eines reichen Tier- und Fflansenlebens ausbreitete, bis das
Herannaben der eiszeitlichen Vergletschcning eine gtasliche Umwandlung des
Bodens und seiner Bewohner mit sich brachte.
Gleich Nord-Deutschland und Süd-Schweden gehörte Dänemark zum Ab-
schmelzungs- und Akkumulationsgebiet des nordeuropäischen Inlandeises, und
vor allem treten hier die Ablagerungen der letzten Phasen des Eiszeitalters
boden- und formenbildend auf. Dabei schafft der Gegensatz glazialer und
fluvoglazialer Ablagerungen auf engem Kaum eine Heihc wechselvoller Luuü-
sefaaftstjpen, in die außerdem die durchaus Tersditedene Kikstenbeschaffenheit
der beiden begrensenden Meere weitere untersdieidrade Merkmale binebtragt.
Die aus Nord-Deutsebland wohlbekannten Ablagerungen der Eiszeit,
der Morinen- oder Gesehiebemergel im östliehen, fluTioglaxiale Sande und
Kiese im westlichen Teil des Landes herrschend, stammen rorwiegend nicht
aus der Zeit der größten Ausdehnung der Vergletscherung, sondern aus jenem
Abschnitt, als ein Eisstrom von Skandinavien durch das Bett der luutigen
Ostsee zuerst nach Süden, dann, wie die Schrammen auf anstehendem Gestein
und die vorherrschenden Knatica aus den nördlichen Ostseeliindern beweisen,
nach W und NW sich bewegte, die dänischen Inseln überdeckte und diese
Kichtung bis Grenaa an der jütischen Ostküste beibehielt. Die Abschinelzung
mag zuerst bei dem aus dem südlichen Norwegen und Schweden stammenden
Eise begonnen haben und das Westmeer danuls bemts eisfrei gewesen sein,
da steh der Bewegung dieses sogen, „baltischen Eisstrom es** nach W
kdn ffindeniis eniifegenstellte. Es ergeben sieh also ffir Dftnemazk swei
große Hauptabschnitte der Vergletscherung: eine lltere, die MaximalTerglet-
scherung, in der sieh das Eis Ton Skandinavien in N— S- und später in NO —
8W-Richtang quer Aber Dtnemark nach dem nordwestlichen Deutschland
bewegte, und die jüngere „baltische Vergletscherung", der die meisten
Schrammen und die Hauptmasse der Eiszeitablagerungen angehören. Ob es
sii'h dabei um zwei Eiszeiten oder nur um zwei Pliasen der letzten Kisz<'it
handelt, deren Kückzugsstadium der baltis<;he Eisstrom darstellt, bleif)t eine
offene Erage, die übrigens gerade jetzt die dänisriien Geologen viel beschäftigt.
Auch die Frage, ob es überhaupt im Norden Interglazialzeiten gegeben
odmr ob nidit das ganse Eisseitalter hindoreh nur eine einmalige und ein-
heitliche Vergletscherung mit nur unbedeutenden Schwankungen bestanden
habe, wie es Holst für Schweden und Geinitz fBr Nord-Dentsddand ver-
langen, wird in DSasmaik eifrig erörtert Sicher ist, daß die Ablagerungen
der lltoen Absehnitte der Eisxeit hier «meist wieder vom Eise selbst ent-
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866
Frits Mftehft6ek:
fernt wurden; man findet ihre Reste u. a. an Stellen, wo gewaltige Blöcke
von i:o-chi( liteten Eisz» itsundpn , wfchsellagernd mit steint'roien Lehm- und
Mergelmassfii, in Moräne eiugtbuttet sind, wie z. B. in dem Hügel von Valby
bei Kopenhagen. Es gibt aber anderseits in Dünemark kein ganz einwand-
freies interglazialcs Protil, sondern nur Ablagerungen, die nach ihren organi-
sehen Bestaft wo» eisor Zeit mit milderen Klima stammen mttnen und daher
gewöhnlich Ton diniscben Geologen einer Interglazialieit sviBohen swei groBen
Vergletsdienmgen sngeschrieben werden.^) Es sind das entweder Cjprinen'
tone oder als Ablagerungen kleiner Seebedcen SflBwasserkalke, Diatomeenerde
oder Torfbildongen mit Resten einer eigentümlichen, durch Picea cxi'dsa,
Ta.rus barcata, Carpimu Bdtilus etc. charakterisierten Flora, die seither wie-
der in Dänemark eingewandert ist, nachdem sie durch das £i« daraus Tsr-
trieben worden war.
Der Küstenumriß Dänemarks war sowohl während der Eiszeit als an
ihrem Schlüsse von dem heutigen verschieden. Das beweist das Auftreten
der Yol dien tone im nördlichsten Jütland (Vendsyssel) mit YuUlia aniica
und SaxicavOj Ablagerungen eines arktischen Meeres, von denen die älteren,
von Morinen flbetiagert und Tom läse vielftch gestOrt, einem nicht nihsr
bestimmbaren älteren Abschnitt der Eisseit angehören, wShraid die jflngersn
nadi Abschmelsnng der xnsammenhlngenden Eismasse fibor Dan«naifc ge-
bildet wurden, als das Heer in Vendsyssel ungelKhr 50 m hoher stand als
heute und TOn dem Skandinavien noch bedeckenden Itdandeis kalte Schmclz-
wasser/.nflüsse erhielt. Über dem Jüngern Yoldientou liegen in Vendsyssel
noch als die jüngsten Bildungen des Eiszeitalters die sogen. Zirphaeasande,
die bereits auf ein etwas wUrmeres Meer hinweisen. Gegen S senken sich
die Abliujeruiiiren die.s^s spätglazialen Eismeeres immer mehr gegen den
heutigen Meensspiejrel, und südlich von Thj lag das Land damals sugar
höher als heute, so daü eine laud teste Verbindung zwischen Deutschland und
Schonen über die dänischen Inseln bestand. Doch erstreckte sich das Yoldiea-
meer auch Aber groBe Strecken Ton Mittd-Schweden, dessen innere Tdle
damals bis 250 m tiefer lagen als heute, so daB eine breite HeeresstraBe
vom Skagexrak Aber die heutigen groBen schwedischen Seen nach der Ostsee
führte. Die dänische Landschaft bot damals, am ScUufi der Eisseit, das
Bild einer Renntiersteppe oder Tundra mit arktischer Flora (DrjfOB oäcpdaUh
Salix polaris und rrtii uhifd. BeUda nana etc).
Mit dem Verschwenden dieser nordischen Formen beginnt ttLr Düncmark
die geoloj^ische Gegenwart, in der nun die Reihe der aus den andern
Ostseeliiuderu wolil bekannten Verilnderungen der Umrisse des Landes und
damit der Beziehu!ii:eu zwischen Mittel- und Nord-Europa eintrat. Zuei-st be-
fand sich Dänemark und Skandinavien, vielleicht wegen Entlastung vom Ein-
druck, in einem Zustand langsamer Hebung, so daß schließlich die Ostsea
SU einem Binnensee herabsank. Dieser Ancylus-See hatte seinen AbfluS
zuerst durdk die mittelschwedische Senke, später, als diese dnrdi die zu-
1) Vgl. N. Harts in „Daam. geol. Unders.'' IL Baekke, No. 9, IMft und
Geogr. Tidskrift, XVI, 190S, 8. 844.
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Dftnemarkt Boden und OberfUehe.
367
nfhmende Hebung verschlossen wurde und der Spiegel des Sees etwas steigen
mußte, wabrscheiolich duich die tiefe Rinne des großen Belt. Große Strecken
im südwestlichen D&nemark mögen damals etwa 15 — 20 m höber gelegen
ttSM als Imitei dU diüMditii Inwaln wazen mn Teil des Feetlaads. Den Be-
weis fOr diese grOfiere Höhenlage erbringen namentlich die bei Hafeoaalsgen
vielfisch (s. B. bei Kopenhagen und Aaihus) aDgefcroffenen sabmarinen Tor€>
moore, sowie die nnterseeisdien Binnen in mehreren Fjorden, die ab ehe-
malige, jetzt untergetauchte T&ler anzusehen sind. In dieser Ancylos-Zeit
hat die Flora Dänemarks eine weitgohemle Veränderung erfahren. Man
findet numlich in den untersten Lagen der heutigen Torfmoore Stämme von
Populus irrmulff und einigen Birken und Weiden: sie sind die unmittelbaren
Nachfolger der arktiseben oder Drvas-Zeit. Allmählich werden sie von der
Kiefer verdrängt, die nuti iler borrschende Baum wird und den ersten Hoch-
wald bildet. Bei zunehmender Milde des Klimas dringt nun auch die Eiche
ein und es fällt noch der größte Teil der Eichenzeit in diese Hebungs- oder
Ancjluspeziode.
Es folgt nun durdi eine abermalige Senkung die teilweise Übeitntang
des flachen Landes dnrch das sogen. Steinxeit- oder Litorinameer, die
auch die Absebnllning der dSnischen Inseln rar Folge hatte, wfthrend es
umgekehrt an der Westküste JüÜands noch Landgebiete gab, die seither die
Brandung zerstört hat. Überall geben im nördlichen Jfttland Strandwälle und
Kliffe die Ufer dieses Meeres an, aus deren Lage hervorgeht, daß die Sen-
kung nicht ganz DiUiPmark e^leichmäßig betraf, sondern nur sein nordwestlicher
Teil und auch dieser ungleich tief untergetaucht wurde. Je weiter man sich
nämlich von einer NW — SO streichenden Linie vom Nisumfjord au der jüti-
schen Westküste nach Njkjöbing auf Falster gegen NO entfernt, desto hoher
werden die alten Klinte, desto mehr steigen die Strandlinien an; sie liegen
bei Njborg 10, bei Grenaa 28, bei Marienljst 32, bei FrederiksbATB 50
Fq0 Aber dem heutigen Meeresspiegel. Es stand also das Steinseitmeer im
sfidwestlichen Dlnemark niedriger, im nordfistliehen hf^ier als das beatige
Heer und wieder sehen wir diese merkwflrdige Konstanz der Bidbtnng der
Axen, längs deren sich die Yerbiegungen und tektonischen Verschiebungen
des Landes vollzogen.^) Von den Ablagerungen des spStglazialen Yoldien-
meeres unterscheiden sich die des Steinzeitmeeres namentlich durch ihre
Fauna; diese ist vorwiegend bereits die der heutigen Meere, indem Card i um
vorherrscht, wenn aucli einei-seits die heute so häufige Mi/a annatin lujch
fehlt, während an^ier^cits die nur im nördlichen Kattegat vorkommeudc Auster
damals in allen Fjorden massenhaft lebte und der Bevölkerung der Kokken-
ro0ddinger bekannt war. Es war eben der Kattegat des Steinzeitmeeres
wegen seiner ausgiebigeren Yerbindung mit dem Skagerrak salsrncher als
der heutige; daher wurde auch die Ostsee salsreieher, die Sfißwasserfauna
der Ancylusseit wurde durch Meeresbewohner verdrlngt, unter denen die
heute aus der Ostsee nahesn verschwundenen Fkraiilien LUorina im 0, Oslrta
1) Auf diese Erscheioirag ist meines Wissens bisher nicht anfinerksam gemacht
worden; sie kehrt übrigens auch in andern Gebieten, s. B. in den tertiftren Ver^
biegungen der Appalachien wieder.
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Frits Machftiek:
und Tayns im W die häufigsten waron. Es eutspricht also die LätoriuAzeit
Dentschlauds und Schwedens der Tapeszeit Dänemarks.
Auf dem Lande vollzog sich unterdessen eine weitere Aunäheruug der
Flora an die VeriilltiiiBM der Gegenwart Dodi mnB es noefa aeitlier im
leisten Abschnitt der Eiclienseit wieder etwas kllter geworden snn, da in
den oberstm Lagen der Torfinoore Pflanzenarten yorkommea, deren hantige
Pdlargrenxe ein gutes Stfick sOdlioher liegt So &ad man in den ToifinooreB
des sQdlichen D&ncmarks Früchte der Wassernuß (Trapa natans), die heute
hier ausgestorben ist hk diesem wtmsten Abschnitt der Eichenaeit, der mit
der Litorina-Sonkung zusammenfallt, mag die Somncertemperatur um einige
Grade höher gewesen sein als heute, und zu gleichem Schlüsse kamen be-
kanntlich auch schwedische Forscher aus der Verl'olgung der allen Kiefer-
gienze. In Dänemark war damals die Eiche UDch der herrschende Baum,
die Kieler nur auf den Norden beschränkt, die Buche noch nicht eingewaudert.
Von groüeu Säugern bewohnten Elch, Auerochs, Wildschwein, Wolf, Wild-
katze and Bär die W&lder, der Biber das sumpfige Land, wihrend das Ben
bereits TerdriUigt war. Anch der Mensch muB schon bald nach der qpit-
glazialen Bentierzeit das Land besetzt haben. Die Utesten K0kkenm0ddinger
sdiainen noch der Eieferzeit ansogehdren, am hiofigsten aber sind ne ans
der Eichenzoit und liegen zumeist auf den obersten Straadbildnngen der
Litorina/.eit.
Der Übergang zur Gegenwart ist von einer abermaligen Schaukel-
bewegung begleitet, die sich im nonh'istlichen Teil des Landes als Hebung,
im südwestlicheu als Senkung Uußerte. Es ist dieselbe Bewegung, die noch
heute in .Skaiidinavieu mehrere dm im Jahrhundert beträgt, während im
südlichen Jutlaud dieser Senkung beträchtliche Stücke des Landes zum Opfer
gefallen sind. Ob diese Erscheinungen in D&nemark noch heute andauern,
ist nicht ndier nachzuweisen; doch scheint die eigentOmliche Beachrtnkung
der Haff koste auf den nordwestlichen Teil des Landes und ihr Fehlen im
NO, wo die Buchten und Fjorde ausgef&llt wurden und sich als Tller land*
einwftrts verfolgen lassen, darauf hinzudeuten, daB diese Bewegung auch heute
noch nicht f^nzlich zur Ruhe gekommen ist. Die großen tektoniscben Ver-
schiebungen, die das GrundgerUst Dänemarks gemeinsam mit dem des sfid-
liehen Skandinavien betroflVn haben, scheinen auf diese Weise in rezent'>n
gleichgerichteten NiveauveräiHlerungcn fortzuleben, die aucb den Charakter
der deutschen Küsteu bceintiussen.
II.
D&nemark ist ein Werk der Eiszeit; wenn auch seit ihrem Schluß die
Kflstenumrisse mandien Yerindemngen unterworfen waren, so sind doch
Grünblau und Details seines Belielii durdi die wechselvollea Wirkungen der
Eiszeit und die Verteilung ihrer AUagerungen bestimmt Dabei tritt eine
große Zwditmlung des Landes mit unTerkeonbarer Bchbrfe herror, die Gliede-
rung in das Bereich vorhen Ik nder fiuvioglazialer Ablagerungen im W und
in das der glazialen, also der Moräneu im Osten. Ihre Trennung besorgt
der sog. jütische Landrttcken, die ftußeiste Endmoräne des baltischen £is-
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D&nemarks Boden und Oberfl&ohe.
369
Stromes, der sich, einem läugereu Stillstand des Eisrandes entsprechend, nach
Süden und Südostpn in Deutschland fortsetzt; wenn auch dabei an einen
Kamm oder einen zeutraleu, niedrigere Umgebung im U und W scheidenden
Höhenzug nicht gedacht werden darf, so bildet der „Landrücken^ doch das
große "Rfkckgnt der jfltischen Balliinael, die er Ton N nach S dnreludehtf
wobei er die ans Sauden aufgebauten, durohans ebenen und vorwiegend ste-
rilen FUUdien im W tou den mehr oder wMiiger hllgeligeu Gebieten des
^toÜiohen Teiles der Halbinsel und des dlnischen Archipels scheidet Im ein-
seinen löst er sich aber in ein scheinbar regelloees Gewirr von Hügeln auf,
deren Entstehung und Gruppierung noch latirro nicht genügend bekannt ist;
auch tritt in Dänemark nur Reiten die typische Wallform dieser Hügel und
ihre Aneinanderreihung zu langen Zügen auf, wie sie u. a. von den großen
Endmoränen der Uckermark bekannt ist. Immerhin aber bleibt der Unter-
schied der Formen und Hohen für dänische Verhilltnisse recht betrllchtlich,
wenn man h«i einer Durchqueruug der iialbinstäl von 0 nach W von den
letzten Hohen des Landrückens ca. 100 m tief und zumeist recht unver-
mittelt SU den sich an seinem Fufi ausbreitenden Sandffildien herabsteigt.
Die westjfltische Landschaft ist TOTwiegnid das Gebiet der großen
Heideniehen („Hedealettei''), die sich vom Außenrand des Hflgellandes bei
Hohen von 80—100 m mit dem unmerklichen Oefftlle von 1 — 27oo ^
an die Westküste herabsenken. Gewöhnlich werden vier große Heiden unter^
schieden, die von Lemvig, von Karup, sQdwestlidi von Viborg, von Brande
und Paarup bei Heming und die Sondersomnie-Heide hei Varde, die zusammen
mit kleineren Heiden ca. .'}5Ü() km^ decken, (letrennt sind sie durch die
sog. „Bakkeoer" (= Inselhügel j, Erhelumgen, die die Reste einer alten Topo-
graphie darstellen und aus Sandcn und sandigen Moränen einer älteren Ver-
eisung bestehen; sie wurden zur Zeit der Wassererosion als üügel heraus-
modelliert und sind seither wieder von jüngeren Sandmassen unttcfafittot
worden. Horisontal geschichtete Sande, hinfig mit diskwdantw Parallel-
stmktw, setsen die Heidefllcfaen susamsMu; diese sind also trotz ihrer sehmn-
iMuren Horisontalitftt nichts anderes als ftußerst flache, teilweise susammen-
fließende Ablagemngsk^l, und in der Begel lassen sich am Bande der &ußer-
sten Etudmorftneu die Austrittspunkte der großen Schmel/wassorstrÖme an-
geben, Ton wo sich diese in regellosen Betten über das flache Land ergossen
und es unter ihren Sanden begruben, also eine Bildungsweise, wie sie
heute noch am Rande der großen Gletscher Islands und Alaskas in den sog.
,,Sandr", im kleinsten Maßstäbe auch bei einigen alpinen (jletscbern zu beob-
achten ist. Daher ist auch die Mächtigkeit der Saude nahe den Austritts-
stellen am größten, bis zu 40 m, und nimmt gegen W ab, während gleicü-
seiiig die Feinkömigkeit des Materials zunimmt. Die natttrlidie Sterilitftt
des kalkarmen Sandbodens wird noch durch chemische Vorgänge erhöht, die
sich in seinen obersten Sohiohten abapielen. Indem das einsickemde Regen-
Wasser die oberen Sandlagen durohdringt» nimmt es Humussluxe auf, belidt
aidi dadurch mit den löslichen Stoffen der obersten Schichten und lagert
sie in den folgenden Schichten ab. So entsteht oben der TOn Humusstotfen
freie Bleisand, darunter der auch in Nord-Deutschland so genannte „Ahl^ ein
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370
Friii Hfteha&ek:
an Moor- und Hunnispai t lUeln .sehr reicher und durch diese zusainmengekitteter
Saudsteiu von schwarzer, oder bei größerem Reichtum an Eisenoxjden braun-
roter Farbe, der «ine Lage Ton I m N&ehtigkeit bilden kann und den Wvac-
Mln dat tiefere Bindrinftn in den Boden Tenrehrt Daher ist die H^de in
ihrem ursprfingliehen Zustand neben manchen Beerengewidisen nrneist von
dem usprachslosen HmdeiknHit (Calkina vulffori») bedeekt, das nnr dort, wo
sie seit lingerer Zeit in Enltnr genommen ist, von Anpflanzungen von Pmus
motitaud alcrolüst wird. Über meilcnweite menschenleere Strecken schweift
der Blick, ohne einen Ruhepunkt SU finden; nur selten unterbricht ein kleines
Oebölz oder ein Gehöft die eintönige Flüche. Schw(>r und trüb vom Wasser-
dampf des nahen Meeres hilngt der Himmel über der weiten Ebene, tief ver-
sinkt der Fuß in dem wirr waeh.'-endon Heidekraut oder im schwärzlicheu
Sande; k»in Hadi belebt die Landschaft, nur gelegentlich sammelt sich das
Regenwasser in kleineu dunkeln Tümpeln. Im Hochsommer aber erglüht die
nnfthersdibare {"Nkhe in dem wimderbaroi Botnolett der Heideblflte vod
entsehftdigt das berg^ewohnte Auge fttr die sonst mangelnden Bnie.
Das Bild der Schwermut und Ode bot die dSnische Heide noch tot
etwa 60 Jahren in ihrer gansen Erstreckung, als hiear die Natur noeh ftÄ
scfaaliete. Seither, namentlich seit Begründung der Heidegesellschaft (1866),
hat ihr der Mensch auf grofie Strecken ein freundlicheres Aussehen gegeben
durch Anpflanzung der genfigsamen Kiefer oder der amerikanischen Weifl-
tanne (auch unter Anwendung von StrUflingskolonien), und diese ersten Pio-
niere des WaMe.s ljereit<'n den Huden für eine bessere Zukunft vor, wenn
auch natürlich hier niemals ein Kulturland wird erzielt werden können, das
den besser bedachten mittleren und östlichen Teilen der Halbinsel ebenbürtig
wird. Öo ist die Heide im allgemeinen auch heut« noch ein kulturfeindliches
und Terkehraarmes Land; aber indem die elendmi, sich im beweglichen Sand
eingrabenden AVege teilweise durch JBisenhahnen ersetst werden, entstehen
hier kleine, künstlich geschaffene Zentren der Berölkerung, wie Heming, die
duxdi den Betxiehssinn der genfigsamen Bewohner in unglaublich kuner Zeit
anwachsen und deren freundliche, schiefergedeckte Ziegelrohbauten sich sdiarf
Yon den alten vorfallenden Hfitten der Heidebauem abheb«D, den Zeugen
einer su Ende gehenden Vergangenheit.
Geht man aus der Region der Heidcflächon weiter gegen W dem Meere
zu, so treten der abnehmenden Mächtigkeit der Sande entsprechend kleinere
Fltisse aus dem Sande hervor, wie der Storaa bei liülstebro und der Skjernaa
bei Skjerne, die in den breiten und seichten Schmelzwassertälern dem Meere
zustreben. Aber der sterile Charakter bleibt der Landschaft erhalten; jener
Gürtel fruchtbaren, fetten Manehenbodens, der die Kfisten Sehleswigs begleitet
und den grofien Gegensata swisehen der Kflstenniederung und der sandigen
Geest schafft, fehlt der jfltisohen Westkflste (mit Ausnahme einer kunen
Strecke bei Bibe) fast TttUig, wohl deshalh, weil sie in viel höherem MaBe
als die weiter sQdlicb gelegenen Kflstenstriche der ablagernden Tfttigkeit der
Gezeitenbewegung durch einen ununterbrochenen Saum von Dünen entrflekt
ist. Jütlands Dünen wall, der sich lückenlos von der Landzunge von
Skagen bis Esbjerg verfolgen läßt, ist nur ein Glied jenes großen Dünen-
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D&semarks Boden und Oberfliohe.
371
tages, der ohne jede Abhängigkeit von der herrschenden Windrichtung die
gesamt« Nordseeküste bis Dünkirchen begleitet, und hat, wenn auch die
jütischen Dünen denen Hollands oder auch Ust-Preußens an Höhe nachstehen,
für die dänische Westküste die größte ökonomische Bedeutung. Durch ihn
ifit diese Küste auf eine Erstreckung von 350 km durchaus geschlossen und
haHniloe; der grofie Verkehr )l6t de imb«rli]fft, nur dOrfÜge FiiolMKdarfer
und ansprachalose Badeorte bergen sich hinter der schfttsenden Dflnenkette
▼or der Gewalt der NordseeatQime. Umsomehr steigt die Bedeatnag dee
einzigen Hafens, Esbjergs, der eben dort Hegt, wo sich die bisher geschlos-
sene Kflste in die Inseln aufzulösen beginnt, die nun die KUste Schleswigs
begleiten, und dem die ertrftgnisreiche Aufgabe zufällt, einen großen Teil des
Verkehrs zwischen Dänemark und England, vor allem den bedeutenden Export
dänischer land^virtschaftlicher Produkt« zu bestreiten.
Die Geschlossenheit der jütischen Westküste ist eine geologisch sehr
jimge Tatsache; denn nach Schluß der Eiszeit und Ablauf der letzten Senkungs-
periode öflfnete sich das Land mit reicher Gliederung nach W und reichte
weit über seine jetsigen Grenzen. Seither bat die starke Brandung des West«
meeres anfierordentlidi zerstörend gewirkt (am Boybjerg ist in der Zeit von
1794 bis 1874 die Kllste um 160 m landeinwtrts gerftekt) und im Verein
mit der KflstaustrOmung «n«i der f<»r^enommenen Stoffe wieder m
Strande ansgeworbn und abgelagert, wo er zur Beute des Windes gewccden
ist und das Material zum Aufbau der Dflnen geliefert hat. Dieser Prozeß
der Zerstörung und des Wiederaufbauens geht nnter beständiger Wanderung
des Strandgeschiebes gegen N noch heute vor sich, aber mit einer für das
Land negativen Bilanz. Denn von den durch die Brandung aufgenommenen
Stoffen wird nur der Sand und Grus dem Lande wiedergegeben, der frucht-
bare Ton wird weiter hinaus geschwemmt und kommt erst am Meeresboden
in größerer Entfernung von der Küste zur Ablagerung. Allerdings hat auch
hier der Mensch bereits eingegriffen und dorch Erriehtong von Buhnen
(^0fder^) der Zerstörung imd Wanderung des Gesehiebes Einhalt su ton
Tersucht
Erodon ond Anftehflttung haben femer gwneinsam dahin gewiikt, den
Kflstenverlauf einfacher zu gestalten. In Vendsjssel, dem jfingsteii, wst seit
der letzten postglazialen Hp})ung Land gewordenen Teil der Halbinsel, ver-
Iftuft die Kfistenlinie in schwach gekrümmten, nach dnn Meere konkaven
Bogen bis zu der Stelle, wo die Küstenrichtung plötzlich umbiegt, so daß der
Küstenstroni in Beibehaltung seiner bisherigen Richtung das Strandgoschiebe
als steilen Wall im Meere aufschüttete, der dann allmählich über den Meeres-
spiegel emporwuchs und die schlanke Halbinsel von Skagen bildete. Immer
mehr wird der Hacken von Skagen, der sich als Untiefe weit ins Meer hinaus
verfolgen läßt, nach 0 in die Länge gezogen und verschirft dadurch die
Trennung von Skagerrak und Kattegat^ wie sieh auch jetzt schon Iftngs einer
anffiülenden Grenzlinie die stark bewegten Wasser des Westens wie an einer
nnsicfatbaren Ifaner von denen des Ostens scheiden.
Von der Hflnduog des Lim^ords bis Fan0 verlauft die Küste ohne irgend
eine nennenswerte Abweichung geradlinig nach 8; hier sind aus den Hacken
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872
Friis Uachaiek:
düüfuhpst't/.te Nehningen gewordeu und diese schließen hinter sich die großen
Halle von Hai^'kjohing, Nisum und Ltinvi<: ab, die der walii*scheinlich noch
andauerudeii Hebung des Meeresspiegels ihre Erhaltung verdanken. Denn an
ihrer Ausfüllung arbeiten nicht nur die kleinen Flflaae des Hinterlandes,
sondeni andi die Sandwehen xoa der DOnoikette der Anßankflote.
Die jfitischen Dflnen erreiehen bei einv nrisohen 1 nnd 8 km sehwu-
kenden Breite des ganzen GHlrtela Hohen bis Ober 80 m. Von der See ans
gesehen haben sie, namenUidi dort, wo sie einer höheren, steil abftUenden
Küstenpartie aufgesetst sind, das Aussehen einer zackigen Bergkette, da
wechselnde Windrichtung, ungleich dichte Bewachsung mit Gras, besonders
aber die zahlreichen, oft die ganze Höhe der Düne durchsetzenden Windbrüche
unregelmäßige Formen schafton. Indem die noch „weiße" Düne landeinwärts
wandert, schafft sie Kaum für neue Dünenbildung und es entsteht eine ganz»'
Reihe paralleler Dünenzüge. So sind in der Gegend von Skagen unzählige
Dünen quer duri li das Land von Meer zu Meer gewandert, und es liegt hier
an dem schmälsten Teil der Halbinsel eine echte Dünenlandschaft vor.
Allenthalben heben sich die kleinen, durchaus bewachsenen &uidhflgel mit
scharfnr Silhoaette aus dem flachen Lande hervor, swisehen sich die ans-
gefegte, ebene Wanderbahn lassend, nnd erst mit dm Zeit erkennt das Ange
in der scheinbaren Regellosigkeit das Qeseta der Anordnung der Wille sn
|Nurallelen, der herrschenden westlidu n Windrichtung folgenden Zügen.
Dem Wa< hstum der Dünen in die Höhe wird besonders ihre Bekleidung
mit den bekannten Dünengräsem {Psamna arenaria, „Klittag" = Dünendach,
und E/ifmtis arenarius, ..Marehalni'') lorderlich, die so viel Schutz gewähren,
daß der Flugsand zwischen ihnen tostgehalten wird. Wenn aber die Bewach-
sung so dicht wird, daß sie gegen Windlnüche .Schützen kann, hört das
Wandern der Dünen auf; außerdem gewähren den nach dem Innern gewan-
derten Dünen die AuBendünen immer mehr Schutz, so daß auf ihnen das
Pflanienkleid leichter die Oberhand gewinnen kann. Bttt etwa 100 Jahren
hat nun der Hensch Überall das nattirliche Graskleid kttnstlieh ventSikt und
es auf den Äußersten, weißen Dflnen selbst gesdiafllBn. Das Qras hat aber
andb den Boden für andere sandliebende Fflanien Torberniet und iMnumtlich
KiefMpflanzungen treten allmählich an seine Stelle. So sind die jAtisch»
Dünen heute ausnahmslos zur Ruhe gekommen und haben statt der urq>rfing*
liehen weichen und runden Formen der „weißen" Dünen die gezacktes,
höckerigen der „grauen" angenommen, die den Sand nicht mehr durch. scheinen
lassen; wie ein Denkmal der vergangenen gefUhrlichen Zeit leuchtet heute
noch bei Kannestederne unweit Skagen die ,,Raal)trg-Mile" aus dem eintönigen
Graugrün der Dünenlandschaft in blendendem Hellgelb heraus, mit einer
Breite von ca. Vj, einer Länge von I km und einer Höhe von 24 m die
letste Wanderdflne DEnttnarks, der, Tor jeder Anpflanzung gesohütst, untor
staatlicher Aufucht das Wandern in engen Grensen noch gestattet ist
Als ein weiteres Ergebnis der Fingsandwirkung findet man in Vends*
yssel swisehen den Dflnen eigentflmliche OerOllflftchen, ,3tensletteii'*, die mit
StrandgerOUen , die )^e die charakteristischen Merkmale des Sandachliflii
tragen, geradesu gepflastert «rsoheinen, während der Sand daswisdien heraus-
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D&nemftrks Boden und OberUftche.
373
geweht ist. Ihre Lage einige Meter über den höchsten recenten Strandwftllen
deutet auf die noch andauernde Hebung des Landes, ihr in der Regel vom
heutigen Küstenverlauf abweichendes Streichen auf seitherige kleine Ände-
rungen des Kilstenumrisses.
Das Profil der Westküste ist das für alle Flachküsten stark bewegter
Meere typische. Aus der geböschten Meereshalde steigt kaum merklich der
sandige Strand bis 100 m breit an und reicht bis an den von der Brandung
des liöehsfcen Wasserstande« aufgeworfenen Strandwall; aof diesem und teil-
weise ans ihm hervorgegangen sitiea die Dllnen auf. Kon gibt es aber anoh
an dieser FlachkOste ansgedehnte Strecken, wo sich Aber dem üforwall ein
ansehnlicher, von der Brandnag aogegiüfener vnd intensiTer Zerstörung aus-
gesetster SteilabfaU, „Klint**, aufbaut, der in senkrechten Wänden niederbricht.
Freilich besteht amh er aus losem, unverfestigtera Material, glazialen und
postgla/ialen Sauden und Tonen, doch erhält dadurch die Küste gelegentlich
durchaus das Atisseheu einer Steilküste. Dies gilt namentlirh von dem durch
sein Quartärprofil berühmt gewordenen, 12 km lanpen und bis OO m hohen
Klint von Lonstrup an der Westküste von Vendsy-ssel. Hier sind die
ftlteren Yoldientono und fluviogla/aaleu Sande durch die stauchende Wirkung
des Eises oft bis zur Vertikalen aufgerichtet oder sogar in Falten gelegt,
dann diskordant ttbolagert von den ungestörten sputglazialen marinen &mden
und Ifeigeln mit der arktisehen Fknna und postglasaalen Banden der Tundra-
zeit; «wischen diese und die jüngsten FlugsandbUdungen, die den Klint krönen,
schalten sich Torf büdnngen zu unterst mit Um» wüve^rw, darObor solche mit
Quercus, und marine Schichten mit Cardlum, der Litorinnsenkung angehörend,
ein. Das eigentümliche, anch sonst an der Westküste vielfach anzutreffende
Vorkommen von Torflagern („Martorv") zwischen den Sandeu, also Bildungen
in kleinen seichten Wasserbecken, die dann vom Sande verschüttet, zusammen-
gepreßt und in gut brauchbares Baumaterial verwautlelt wurden, ist eiu aber-
maliger Beweis ftir die einst größere Ausdebuuug des Landes gegen W. —
Als eines Beispiels für Veränderungen der Küste in später historischer
Zeit sei noch der eigenartigen Veihftltnisse am Limfjord gedacht Die Zeit,
in der die Westhftlfte des I^'ords eine offene Bucht gegen das Westmeer
bildete und die ihn abschlieBende Nehrung von Th7bor0n noch nicht gebfldet
war, liegt jenseits aller historischen Nachrichten Erst i. J. 1835 entstanden
bei einem starken Oststnrm mehrere Durehbrflche, die eine Verbindung
zwischen Ost- und Westküste schufen und von denen der Agerkanal bis 1875
offen blieb, w&hrend die andern rasch versandeten. Neue Sturmfluten schufen
sich neue Durchbräche und einer von diesen, der 1 863 entstandene Thyboron-
Kanal südlich des erstgenannten, erhielt allmilhlich eine größere Tiefe und ist
auch teilweise künstlich fahrbar erbalteu worden. Auf einer Karte von 1790
bildet der Auüeurand der Nehrung eine nahezu gerade Linie und würde ohne
die erfolgten Durchbrüchc nur entsprechend der langsamen Zerstörung nach
0 gewandert sdn. Tateftchlich ist aber die Nehrung seither um 2 km land-
einwirts gekrflmmt durdi die starke StrSmung, die durch den Kanal geht,
und die Wirkung wtre noch grOfier gewesen, wenn nidit seit 1875 durch
Anlage von Buhnen dem Meere Einhalt getan wenden wSre. Aber anch die
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S74
Friti Mfteh»&ek:
pj'fjon don Limtjord gerichtete Ostseite der Nehrung ist durch den von West-
winden herbeigetriehenen Fhigsand ein Ptüek nach 0 gewandert. Wohl an
keiner Stelle der Westküste st«ht der Mensch in so schwerem Kump! mit
der Natur wie hier. —
Wir Terlassen das westliche, anflennorbiiaobe Jfltlaad, in dem der
Sand das unendlich Tarüerte LeitmotiT der Lawdsehaft hildtt, und kehren
ni seiner teÜichen Begrensni^ aurfiek, jenem Zug ftnfierster Endmorinen des
haltischen Eisstroms, hinter dem sich eine Liandschaft mit ganz ahweiehen-
dem Formenschatz auftut Wir betreten die Moränenlandschaft des
haltischen Eises, dessen Rand zur Zeit der Bildung der großen S&nd-
flSchen des Westens einen eigentümlich gebuchteten Verlauf besaß. Er
begann nahe der Westküste bei Bovbjerg, ging östlich in mehreren kleinen
Bogen bis in die (Jegend von Viborg und bog dann scharf nach S um;
diese Richtung behielt er ungefähr bis an die Landesgrenze bei Vamdnip,
worauf er gegen die innersten Winkel der schlewigschen Führdeu zurückwich.
Alles dänische Land Ostlidi dieser Linie liegt im Bereidi glaxialer Akkann«
lation, in dem Mch eine an Ausdehnung surticktretende Zone der Endmorinen-
landsdiaft von einem weiten Qehiet ToriieiTSchender Qrundmorftne trennen
liftt. Indem aher auch in diesem des Öftem dentlidie End- und ITfennorinen-
sfige, spateren Rücksugsstadien des Eises entsprechend, auftretoi, flieSen die
beiden Landschaftsformen hihifig ohne scharfe Scheidung ineinander über.
Die Endmoränenlandschaft oder Morllnenhügellandschaft bildet überall
ein stark kupiertes und aufgelöstes Hügelland mit Erbebungen ohne sichtliche
Anordnung, die zahllose Vertiefungen in sich einschließen, oft auch von tiefen,
stf'ihvandigen Schluchten und Gräben durchfurcht. Vorwiegend knüpft sich
diese Laiidsciiattstonn au den undurchliissigen Morilnenmergel , oft aber tritt
dieser zurück und an seine Stelle treten geschichtete lehmreicbe Saude in vora
Eise gestauchter Lagerung. JedenlkUs bildet aber das mitteljütische Hflgel-
land die landschaftlich bevonugteste Oegend des Landes, an deren intimen
Schönheiten sich das Auge doppelt erfreut, das sieh tagelang mit den mageren
"Beixen der Heide begnfigen mußte oder die flberwiltigende Erhabenheit des
bewegten Westmeeres auf sich wirken liefi. Eine Zone von größerer Breite
umfaßt die Hügellandschaft im innersten Teile Jütlands; hier liegen die
größten Höhen des Landes, der 172 m hohe Ejers-Bavnehoj, die Umgebung
des aussichtsreichen Himraelbjerg (157 m), durch die sich Dänemarks größter
Fluß, der Gudenaa, schlängelt, unterbrochen von einer Perlenschnur reizender
Si en (Thorso, Julso, Langso u. a.), umrauscht von den herrlichen Buchen-
Vcildtrn, dem größten Stolz des Landes, aus denen freundliche Landhäuser
blinken, das Ganze ein Bild anspruchsloser, friedlicher Anmut. Derselbe Land-
sohaftstypus kehrt auch auf fielen der dinischen Liseln wieder, im mittleren
Seeland, wo der G7ldenl0Te8 H0j 136 m errneht, und im waldreiehen nSrd-
lichm Seeland und an den ofl^fitisdien Ijorden: hier aber, namentüdi in
dem landschaftlich so berOhmten Grejsdal bei Vejle ruft eine das Laad in einor
Höhe von 90 m horizontal durchsetsende Ebenheit eher den Eindruck einer ser-
schnittenen Terrassenlandschaft hervor, womit auch die nur von einer dünnen
Schicht vonMoränenmergel Oberkleideten fluYioj^asialen Sande in Einklang stehen.
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Dänemarks Boden und Oberfläche.
375
Auf grtfieimi Flftchen, so namentlioh auf Falster, Laaland, auf Seeland
swieoheii EopenhagMi vxid Ejdge und im nfirdliehen Ffinen bemdit, stets
ümeriialb des groBen Endmorfinengürtols gelegen, die eintönigere Grund-
mor&nenlandschaft odmr Moränenflächenlandschaft mit ihren cbarakteristi-
BOhen wellenförmigen, unregelmäßig und sehr schwach geböschten Formen vor.
Auch hier ist der Boden oberflilchlich von dorn fruchtbaren Geschiebemergel
gebildet; demgemäß tritt hier der Wald gegen Feld- und Wiesenland zurück,
und die gesegnetesten Gefilde der hoch entwickelten dänischen Landwirtscliaft,
mit ihren stattlichen, dem „Vierkant" des oberösterreichischen Alpenvorlands
ähnlichen Gehöften, die aus belebenden Baumgruppen henrorblickeu, liegen in
dem welligen O^nde der Grondmoilnendecke. Öfters eriieben sidi aas ibr
alte Band- oder üfermorftnen als langgestreekte Wftlle oder korse hinter einander
gestallte Bflcken, mdireren Ossillationen ' diss Eisrandes entsprediend; auch
die wabrsdieinlieli doeh als Ablagerangen sabglaasialer StrSme ansasehenden
Ase fehlen dem dSnisoben Moranengebiet nicht; überall ist ihre Richtung
die der Schrammen auf anstehendem Gestein, und ihre oft stundenlang su
verfolgende, gleich bleibende Wallform gab der Volksphantasie Anlaß zur
Sage von dem Riesen, der mit einem Sandsack über Ijand ging; aber der
Sack hatte ein Loch, der Sand lief aus \md schuf den As. Der von Kjoge
ist mit wenigen Unterbrechunfren 22 km lang, der kürzere von Nacstved auf
Seeland erhebt sich 40 in über seine Umgebung. Viele der andern, isoliert
aufragenden und unregelmäßig gestalteten Hügel der GrundmorAnendecke wer-
den nioht immer eine einfadae ErklSrung finden kOnnen; Tielleieht bandelt
es sich in manohen FSllen um besonders m&chtige Partien einer klteren Grund-
morftne, die vom jüngeren Eise nahe seinem äufiersten Bande modelliert und
sugemndet wurden, eine Deutung, die bekanntlich auch auf die Drumlins an-
gewendet wurde.
Die Moränenlandschaft ist femer das Gebiet einer reichen Tal -Ent-
wicklung; hier entstanden dio irroßen SLliinel/.wassertäler mit Tiefen von
50 — 80 m und Breiten von nuhrcrLii km, mit breiten Terrassenböden, die
aus dem schwaehwelligen Hügelland herausgesi luutten sind. öo ist der
Charakter der Lamlscliaft im Tal des unteren (lUileniui unweit Langaa, der
hier sich als unbedeutendes Gerinne in unverliiiltuismäßig breitem Tal schlängelt
und der StrOmungsrichtung des Eises entgegen dem BairitoisQord zufließt
Aufierordentlioh mannigfaltig aber, und in gleichmr Weise wie in Nord-
Dentscbland entwudcelt, sind die gesehlossenen Hohlformen der Moiinen-
landsebafti Wohl der htufigste Tyinis sind die bei der unregelmißigen Ab-
lagerung der Grundmorine entstandenen, vielfach gelappten, breiten und
flachen Wannen, die von Seen, sobald sie unter den Grundwasserspiegel her-
abreichen, oder von Mooren erfüllt sind; andere entstanden dort, wo längere
Zeit tote Kismassen lagen, die von Sand umschüttet wurden; wahrscheinlich
durch die Sehniel/wasser der V^ergletscherung sind die kleinen rundlichen Solle
ausgestriidelt, die auf Fünen und Seeland zahlreich auttieten. Auch der eigen-
tümliche, aus mehreren Bogen zusammengesetzte Umriß der Ostküste von See-
land südlich von Kopenhagen mit den beiden Buchten von Kjoge und Praests
sdielnt auf Beoikenbfldung dnrdi die Eisieit surttiAnigehen; hier mag sich
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376
Frits MftehftSek:
wlhrend einer längeren Pause im Rückzug des Eises dessen Rand in mehrere
Lappen gegliedert haben, hinter deren Morftnengürtel sich kleine Zungenbecken
entwickelten, die uns bei der heutigen Verteilung von Land und Meer als
Buchten entpegentn>t<'n. Dem Typus der Kinnenseen ist die Seenreihe
des Gudenaa zwisihtn Skanderborg und Silkeborg zuzurechnen, der land-
schaftlich der Preis unt»'r den Seen des Landes gebührt; sie sind aber weder
durch Moränen abgedäuunt, noch in Lücken einer unregelmäßig abgelagerten
Grundmoränendecke gelegen, soüdtni m StoUiii UM ventiikter Erosion in-
mitten einer TielfiMh lextehnittenen und m^flsten fluTioglaiialen Terntfsen-
lamdsöhaft Die ausgedehntesten Wannen aber erflülen die groien Moore des
nordöstlichen JQÜands; de liegen entweder in flachen Einsenkmigen des
nndurchlftsngen GeschiebemergelSf wie das kleine Vüdmose bei Aalborg, oder
wie das große Vildmose mit über 50 km' Flldie bereits außerhalb der
großen jütischen Endmoränen über dorchlftssiger, von stagnierendem Grund-
wasser durchtränkter Sandunti iliiL'p; sie repräsentieren neben den großen
Heiden und dem marinen Alluvium die einzigen durchaus ebenen Partien des
Landes. Ks sind das echte Üherwasser- oder Hochmoore, die oft niebrert'.
Meter, in ihren mittleren Teilen am höchsten über dem Grundwasser der Um-
gebung stehen.
Ke jfltisGiie OstkUste endUch ist duurakttridMrt dnrdi eine beaoi^ere
Talform, die in gleicher Weise wnter sfldlieh in SoUeswig wiederkehrt,
anmutigen Fjorde oder FOhrden. Gleich ihren norwegischen SeitenstOcken
tragen sie unTeAennbare Merkmale der Eiswirknng an sieh, indem ae in
einzelne durch Schwellen getrennte Becken serfallen, die am Lande, wo sidi
der Fjord als Fjordtal fortsetzt, als Seen erscheinen. So liegt in der Fort-
setzung des Mariagerfjords der Klejstrup-See und eine ganze Reihe kleinerer
Seen, die mit den Iteiden Seen von Vibori: endet; auch die Talform des Fjords
von Randors reicht bis an Viborg heran und der ehemalige Fjord von Aarhu3
setzt sich in die Seenreihe von Silkeborg fort. Die Fjorde und FjortitUler
sind wohl als die ältesten Abtluürinnen des Landes aufzufassen, jedenfalls
älter als die vor dem Eisraud gebildeten Täler; denn in ihnen vollzog sich
schon unter dem Eise der Abflufi der Schmelzwasser, und ind«n in ihnen
ausehnliche GrundmorKnenmassen unregelmäßig abgelagert wurden, aadeneits
Wasser und Eis erodierend wirkte, entstand die Zeigliederung der Sinne in
zahlreiehe, dundi Schwellen getrennte Becken. Bezeichnenderweise lassen sidi
nun diese Tller bis an den äußersten Endmorftnenzug und an die Austritts-
punkte der großen Heidesandkegel verfolgen und setzen sich dann in den
Schmelz Wasserfurchen außerhalb des ballischen Eisrandes fort. Da nun die
innersten Winkel der heutigen FjordtiUer bedo\itend, bei Viborg etwa 70 ni
tiefer lieL^en als die ihnen benachbarten Scheitel der Heidesandkegel, so müssen
die Schniel/.wasser hier aufwärts geflossen sein, um in die Sandflilchen hin-
austreten zu ki.iinen; das war nur möglich, solange sie noch unter dem Eise
floasen, dessen starker Druck sie durch die Pforten des Gletscherrandes nach
anfwSrts preßte^ Es steUt also das ganze innethalb des baltischen End-
morinaumges gelegene Land ein großes Zungenbecken dar, in dem die Ab-
flttfiriohtung unter dem Eise parallel der Eisbewegung und in deren Sinne
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Dinemarks Boden und Oberfläche.
377
erfolgte. Erst als das Eis das Land Terliefl, konnte sieh die heute zentri-
petale Ahflufiriehtong nach dem Eattegat einstellen.
Die Ijorde der jütisohen Osfkttste (Lim-, Mariager-, Banden-, Horsens-,
Vejle- und Kolding-Pjord) tragen ebenso wie die nonvegisohen durchaus die
Merkmale untergetauchter TUer und dieselben Erscheinungen wiederholen
sich in der Küstcngliederung vieler der dänischen Inseln, namentlich an der
Nordküste von Seeland und der Westküste von Fünen; die Laalaud von
Palster trennende Meerenge könnte als Föhrdenstraße bezeichnet werden.
Es verdanken diese Buchten ihre Meereserl'üUung einer Senkung des Landes,
die wahrscheinlich schon während der Eis/eit vor sich ging und in spät- und
postglazialer Zeit in abgeschwächtem Mafie wiederkehrte, ohne daB die da-
swischen liegenden Perioden der Hebung dieses Resultat einer allgemeinen
Transgresnon gttnzlidi bitten aufheben kOnnen. Doch treten im nflrdlichen
Jfitland überall an den gehohmen Strandlinien der Litorinaieit Merkmale der
Hebung auf und in Yendsyssel, z. B. bei Lokken, im Bereieh der stärksten
resemUm Hebung, lassen sich ausgefällte Fjorde in den marinen Buditenab-
lagerungen der Litorinazeit verfolgen.
Wie überhaupt der Osten Jütlands und die Inseln gegenüber dem west-
lichen Teil der Halbinsel bevorzugt erscheinen, so tritt auch die kalte, farblose
Schönheit der stumiumtosten Westküste gegen die milden Heize und die farbigen
Töne der jütischen Föhrdenküste uTid des Archipels zwischen Fünen, Laugeland
und Aerj} zurück, wo die tiet blauen, ruhigen Wellen des Kattegat und der
Ostaee die buehenbestandenen Hügelufer umspOlen und sich in zahllosen klei-
nen Kflstenorten ein rflhriges, malerisches Afenleben eatfkltet. Aus diesem an-
mutigen Bild hebt sich nur an wenigen Stellen ein ganx fremder Kttstentypus
heraus, vor allem die Ereidesteilkllsten Ton M0en und Stevns Klint
Das berflhmte Kreidekliff von M0en ist in allem und jedem ein Seiten-
stBek zu dem von Stubbenkammer auf Bügen und gleidi diesem ein Punkt
von hoher malerischer Wirkung. Auf eine Erstreckung von 5 km fallen die
zerklüfteten, oft in Pfeiler und Türme aufgelösten, blendend weißen Kreide-
felsen über 120 ra hoch zum Meere ab, oben von Wald oder Buschwerk
bedeckt, unten von einem schmalen, steinigen Strand begleitet, den die Zer-
stürungsprodukte der Brandung aufbauen. Gleich den Kreideschichten von
Rügen sind auch die von Mpen stark gestört, bisweilen gefaltet und zwischen
ito sind Lagen von Ton und Sand dttgqyreEt; die Störungen gehören also
erst dem Quartlr, und swar dessen Siteren Abschnitten an, aber es ist darfiber
noch keine Ktnignng endelt worden, ob sie, wie es Johnstrup 1873 aussprach,
einxig dem Bisdmck suauschreiben seien oder ob nicht doch daneben tieftre
Ursachen tektonischer Natur mitsprechen. In diesem Falle win es allerdings
schwer verständlich, warum solche Störungen auf einem so beschränkten
Baum gewirkt haben sollten. Denn schon in großer Nähe davon auf Palster
und ebenso in Stevns Klint südlich von Kjoge liegen die Kreideschichten
wieder völlig ungestört. Stevns Klint macht darum \'iehnHhr den Eindruck
einer geschlossenen Mauer, die fast unzerteilt mit Höhen bis 40 m abfüllt.
Dabei erzeugt aber hier der reiche Wechsel der Schichten eine besondere
Modellierung. Über den von der Brandung unterwaschenen Schreibkreide-
0«ogrtpMtclM MiMMft IS. Jatefw«. INS. T. Baft S6
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Fritz Machacek: Dänemarks Boden und Oberfläche.
feken liegt nmichet der sog. Fisöhton, darttber ftsto BSnln ▼on Centliieii~
kalk, dann bildet der Limsten des Danien eine überhlngtnde, oft in gewaltigen
BlMvt-n niedersttlrzende liclitgraue Wand von etwa S5 m Höhe, in der sich
die welligen Flintlagen scharf hervorheben; eine dfinne Decke von Moränen»
lehm überkleidot das Gnindgebirgo. Dio Zerstörung der Küste geht hier bei
dem geringen Wellengang der Ostsee recht langsam vor sich; so erklart sich
die Sage von der auf einem Kü>teuvorsprung ins Meer hinausragenden Kirche
von Hyjerup, daß diese jede Weihnacht um einen Hühnerschritt landeinwärts
rücke, um der drohenden Zerstörung zu entgehen.
Von dm Kliff Itndeinwirts erstreckt sich die nnflbeitelibare dNne
FIftebe wogender Saatfelder, nach 0 schweift der Blick Uber die blaae Flut
des Meeres; selten durchdringen sich Meer und Land so innig wie in Dlne-
mazk und an beiden hingt der Dine mit gleicher Liebe. Denn wie von
altersher da« Meer „des Dänen Weg zu Bnbm und Macht" war, so sind
heute beide die Quellen des Beichtums und der Gesittung des Landes.
Anpassungsbediiigiuigen and Entwickeiimgämotive der kultar.
Von Ii. Cbalikiopouloa.
Binleitmig.
Vergleich der kulturellen Anpassung des Menschen an die
Naturbedingungen mit der körperlichen Artenbildnng der TiereL
Gleichwie es den Pflansen und Tieren gelang, sich durch die artenbildaLde
Umformung ihrer Lebensweise und ihres Körpers den mannii:fa1tigsten Er*
nähningsbedingungen in einer jeden der so verschiedenartigen Landschaften
der Erde anzupassen, SO vermochte dies <ler Mensch auf fJrund seiner beson-
deren körperlichen Organisation (Fnirlit- und Fleisrimahniiig, Hand- und Wcrk-
zeupirebrauch, Kleidung, Intellekt) durch entsprechende Änderung seiner Wirt-
sehiit" sforui in weit kürzerer Zeit in erreichen, ohne sich veränderten Leheus-
bedingungen gegenüber hilflos zu macheu, wie die Tiero ihre oft ganz ein-
seitige, körperliche Diflferenzienmg.
Wie sich bei jenen durch Ausbildung gewisser, den Sinnen ihrer Art-
genossen angenehmer Eigenschaften und Ffthigkeiten (Weichheit des Felles, Duft,
Schönheit der Formen, Farben und Bew^^gen, Tanz, Gesang) im Dienste
der Foripflanxung zugleich ihr eigenes Wohlbefinden steigerte, so konnte der
Mensch weit leichter, schneller und besser als sie durch Verschrmerung in
erster Linie seines Körpers, dann auch seiner Umgebung und durch Entwicke-
lung der entsprechende sinnliche Lustgefühle und Frohsinn erregenden Künste
und Spiele (Schmuck, Salben, Koch-, Tau/-, Ttesangskunst, Musik, Mimik,
Kraft-, Gewandtheits-, Scharfsinnspiele) und die Geselligkeit fordernden Sitten
(religiöse Übungen, Hochzeit^-, (iebtirts-, TraucrgastmUhler) sowohl das an-
dere Geschlecht zu gewinnen, als auch seinen eigenen Lebensgenuü zu erhöben
suchen.
Gleichwie endlich bei den anderen Lebewesen die von ihnen au^enutcten
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L. ChalikiopottloBt Anpftstungsbedingnngeii usw. 879
Ernährung- und Bewegnngsbedingnngen ihres Wohngebietes für das Paarungs-
verhältnis uud die Zahl der zusammenlebenden Artgenossen ausschlaggebend
sind und wie hierdurch und durch die Landschaftsnatur wieder Art und
Grad ihrer Reize bestimmt werden (Schmuck und Wulfen der polygamischen
und Herdentiere, auffallende Färbung besonders der tropischen Insekten und
Vögel), 80 httngt auch die besondere Ausgestaltung der menschlichen Fami-
lien- und Qesellschaftsform von der den eigentOmlichen Lebensbedingungen
der heunafUchen Landsebsit aogqpaBten Wirtsehaftsfonn ab, und ao geht ans
dem innigen Znaammenwiilcen aller drei Lebens&kfanren, der Natur- (Land-
sobaft»-), Em&hrungs- (Wirtschafte*) nnd Fortpflanrong8-(Q<iwiHwhafto-)Bedin-
gungen auf Intellekt, Gemüt, Charakter, Terapenunent und Stimmung des
Menschen die Form seines Lebensgennssee nnd -Terständnisses, die Kiiltor>
form, hervor.
Während bei der Entwiokelung der körperlichen Anpassunpsformon der
Pflanzen und Tiere in der Richtunt,' auf Zueckmüßigkoit (Ernährung) einer-
seits und Schönheit ( Fortpflanzung ) anderseits das aktive Moment der An-
passung, der allem Leben innewohnende Wille sogar bei den höchst ent-
wickelten noch wenig klar heryortreten kann, da die Entstehung seiner
kSiperlicben HilfiM, Sebuts- und Sehmnckmittel gewinermafien der Absidit
ihres Gebranohs Toransgdit, Iritt bei der hat gtaa aoßerkdrperlichen An-
passangs- und Knltorentwiekelung des Menseben gwade das nach Bedürfnis
das G«wtlnschte schaffende Willensmoment so viel stSrker hervor, daB es bei
flüchtiger Betrachtung die eigentUoh bestimmenden Naturfaktoren, von denen
ja doch stets die Anregung zur Anpassung in einer bestimmten Bicfatung
und zur Ausbildung gewisser Kulturgüter ausgehen mußte, sogar zu über-
wiegen scheint. Und zwar offenbart sich dieses scheinbare Übergewicht des
die Summe seiner Fähigkeiten darstellenden menschlichen Willens über die
Natur in den verschiedeneu LaudschatVn um so mehr, je vielseitiger und
verwickelter sich in ihnen die Lebenshaltung gestaltet hat. Dieses anschei-
nend verftnderte Verh<nis aber ging nicht aus einem entsprechenden An-
wachsen der Begabung nnd Energie des Einzelmenscben berror, Tiehnehr aus
der ihm eigentflndicfaen Neignng nnd Fähigkeit, weit leiebter nnd ToUkom-
mener als die Natur seine Artgenossen seinoi Zwecken dienstbar sn machen;
und zwar spiegelt die besondere Eulturform und -höhe einer Landschaft
hauptsfteblich Art und Grad der Unterjochung ihrer Bewohner nnter den
Willen weniger oder zahlreicherer Machthaber wider.
Feindschaft und Knechtungsmöglichkeit des Menselien. Denn
während die Tiere ihre köryierlicheu Schutiunittel und Waffen zur \ erteidigung
ihrer selbst und ihres Nachwuchses oder zur Erlangung.' ilirer Beute gebrau-
chen und sie nur bei den Paarungskünipteu gegen Nelienliuhli'r ihrer eigenen
Art kehren, erstand dem ^lenscheu, der durch Handhabung seiner künstlichen
Waffen bald auch seinen stärksten tierischen Gegnern ttberlegen war, in der
allsu rasch wachsenden Zahl seiner eigenen Artgenossen die grOßte Gefahr,
da er Ton jedem F^mdling eine Sdmiilemng seines Nahmngsspielraums sn
befBrebten nnd ihn somit als Fond zn bekämpfen hatte. Die der tierischen
Katar innewohnende Ajt^ympathie yerwandelte sieh daher beim Menschen
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380
L. Chalikiopovlot:
meist in ihr Gegenteil, eine mißtrauische Selbstsucht, die sich mit ihr<*n
blutsvenivandten Stamraesgenossen nur zum eigenen Schutze und Vorteil ver-
iMUid, dagegen jeden Fremden unsohiidlich zu machen odor auszunützen strebte.
Während sich nun die mf'iaten Tit^rr, al)g<'st'heu vou den köii^erlich ver-
kümmerten Parasiten, ihre Nahrung selbst suchea müssen und nur in man-
chen Insektenstaaten diese Sorge auf eine besondere Klasse, die ArbeitsUeiMii
oder SUaTenftmeiwn, abgewtlst werden konnte, vennoelite der Menecli anf
Gmnd aeiner besonderen körperlichen Organiention in allen den LaadadiafUB,
in denen der Einselne reieUicbere Kahrang m erwerben im Stande war als
er selbst branchte^ durch kOrperHdie, geistige oder soziale Übeilagenhett dsn
Schwächeren zu zwingen, auch seinen Anteil an der Nalvang mit tu be-
schaffen, während er sich selbst der Trägheit oder ihm angenehmeren Be-
schäftigungen hingab.
Einfluß der Beherrschung des Menschen auf den Kulturfort-
schritt. Doch nicht nur auf die Nahrungsbeschati ung erstreckte sich diese
Dienstbarkeit der Schwächeren für den Mächtigen, sondern sie mußten diesem
auch die Mittel zur Erhöhung seines Lobensgenusses liefern, indem sie ihm
seine Gebrauchs- und Sdunuckgegenstände und aeine Umgebung aufs beste
itt ▼wachOnenif ja auch besondere, ihm angendinie filgensehaften (Schönheit)
und Leistongen (KOnste) direkt danmbieten hatten. In je größerem ümfiuige
nnn die Bewobiwr einer Landschaft mr Nahmngsmittelprodoktion übsr ihren
eigenen Bedarf hinaus geswongen werden konnten, desto grOfier konnte in
dieser smoh die mit diesem Vorrat verpflegte Schar derjenigen sein, die durch
jene besonderen Vorzüge die Genufisooht der Herrsohenden nähren konnten
und die sich durch ihnen angenehmere Dienste von anstrengender Körperarbeit
befreiten. Durch unterweisende Vererbunt,' dieser als Hauptbeschäftigung be-
triebenen Fertigkeiten konnten sich deren Leistungen immer mehr vervuU-
kommnen, aber ganz hervorragende und ruhmreiche Werke nur da schaflFen,
wo die Macht einzelner oder der Gemeinschaft entsprechend zu lohnen im
Stande und gewillt war.
Mittel aar Beherrschung der Menschen. Während sich bei den
in Herden lebenden Wiederkänem die Leittiere dnroh besondere EBiper-
und GehOm- oder QeweihgrOSe, auch wohl durch Mut, Wadisamkeit und
Klugheit ansBttchn«! und aaoh bei den staatenbildenden Insekten der Herr-
schertypus itnrh ausgeprägter körperlich differen iort ist, fehlten beim Menschen
einerseits solche auszeichnenden Körpennerkmale einzelner Individuen, ander^
seits stach liberhaupt seine einfarbige, unschöne Gestalt stark ab gegen die
gl;lnzend<^n Felle und bunton Fedprn der Tiere. Daher war er von jeher,
fast noch mehr als auf Befriediguni: seiner leiblichen Bedürfnisse, auf Ver-
schönerung seines Äußeren durch buntfarbige Bemalung, Tiltuwierung, Schmuck
oder Kleidung bedacht, üud zwar galt es nicht nm* sich, wie so viele Vögel
dnxdi ihr HoehieitaUeid, dem anderen Gesehlecht Tiriookender an machmn,
sondwn sich audi vor allem gleidi den Leittieren vor den flbrigen Btammee-
genoasen schon änBerUch anstnieiehnen und ihnen dadurch Ehrerbietung uad
Gehmam abzunötigen. Natfirlicb gelang diea den durch körperliche VonBge
ohnehin hervorragenden Individuen am besten, und somit gewährten nrsprfing-
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Anpassangsbedingangen and Entwickelangtmotive der Kaliar. 881
lieh Ansehulichkeit mit Stürke gepaart die erste Auwartächatt auf die Iläupt-
lingswflrde. Da iksli abir wirohl jene Eigenschaften wie der in der Tracht
imd im Begitza tod Baltanam Sdunuek zam Audrack k<niim«nde Beichtmn
wenigstens teilwaise auf die NacWromman fibertragen lieBen, so entwickelta
adi aUmlUieh von salbst die Sitte der Eiblichkait der If afihi Somit
löste sich diese immer mehr von tatsieUiohar körperlicher oder geistiger
Überlegenheit los und stützte sich nnr noch auf den durch Blntsrarwandt-
flchaft überkommenen äußeren Bahmen von Prunk und Reichtum.
Die Fiihigkeit zur Erlansrunp (\ct Macht die Menseben zu beherrschen
beruhte somit ursprünglich entweder auf zufälligen oder erfrbtt u individuellen
Vorzügen (Stürke, Klugheit, Schönheit) und Keichtum des Einzf'lnen inner-
halb seiner Staininesgenossen oder auf gewissen, aus ihrer Wirtschaftsform
hervorgehenden Charaktereigenschaften ganzer Stämme (Herrschsacht, Tapfer-
kttt nnd Znsammanschlufi der nomadisehan ffirten), die hierdurch den anders»
gearteten gegenflber (Furahtsamkait nnd FOhrerioeigkeit der sefihaften Aeker^
baner) ein Übergewicht erlangten. Die Entwickelnng einea stammTsrwandtan
Henranstandes (Krieger- nnd Bittendel dar gem&ßigtMi Zone) ToUaog sich
meist allmählich dadurch, daß einaelne dnrdi Gewalt oder Beiohtum, &8t
immer durch Aneignung des ausgedehntesten Grundbesitzes die größte Macht
nnd Ansehen innerhalb eines bestinunten Gebietes erlangten und durch Ver-
erbung in ihren Familien erhielten und ausdehnten, diejenige eines stammes-
Iremden dadurch, daß sich eine verhältnismäßig sehr kleine Erobererhorde
oder der Adel eines im Kampfe siegreichen Volkes einen Teil oder den
ganzen (irundbcsitz, die Lebensbasis der Bezwungenen, aneignete und diese
dadurch knechtete (Hirtenadel der Rieselfeldbaulandschafteu der Subtropen).
IKe Erhaltung dar Ifacht fibar die Unterdraoktan gcflndata stdi weit
weniger auf tatsldilioha Gewalt als darauf, da£ die harrschande Kaste der
Mienga stets Ehrfinrdit einzuflößen bestrebt war und rarstand, und daß das
gekneebtete Volk in seber Besehrlnktheit dam ttbermäditigen Einflnß dar
Gewohnheit gegenüber fast nie zu einer Selbsttndigkait des Denkens und
Wollens gelangen konnte, die es zu einem Umstürze der bestehenden sozialen
Ordnung und Befreiung von der drückenden Arbeitslast h&tte treiben können.
Jene ehrfurchtsvolle Scheu vor den Gebietern beruhte nicht nnr auf dor so
großen , allgemein menschlichen Empfänglichkeit fQr schöne und kostbare
Tracht und imponierendes Auftreten, sondern vor allem auch auf religiösen
Gefühlen, da die stammverwandten Herrscher ihre Abstammung oder zum
mindesten die Lberuahme ihrer Macht stets von besonderen Volksheroen oder
-göttem herleiteten, wofür sie ihre durdi LebansfUbrung und Zuchtwahl ga-
steigertan kAxperiichan Vorzüge geltend machen konnten, und da eine solche
erhebcBde BlutSTarwandtsdiaft bei der stammesfremden Herrscherkaste nodi
weit anganfSUiger berrortrat Die BehaRscfaung dar Manschen zlhlte daher
stets als mächtigsten Verbündeten auf die Beligion, mochte nun der Häupt-
ling zugleich Zanberer und Medizinmann, der Führer Wahrsager, der Fürst
Oberpriester oder der König Oberhaupt des Volksknltus sein.
Religion nnd Moral spiegeln diesen Zweck wider. Während die
religiösen Gefühle mit ihren auf die Beibsterhaltung gerichteten Motiven wohl
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L. Chalikiopoulot:
bn all«! Mensdien und Baasen dieMlb«n sind (das Bedflrfiiis einsr antbropo-
morphen ErkUrang allor rfttsslhaften NatorMrsdisinnngen, dis Fnrdit tot
den Seelen dw Toten nnd die Sorge ftlr deren und somit das eigene kOal-
üge Wohl, die mit der Erkenntnis der onYerstandenen Notwendigkeit des
Todes, aber ohne die des Vergehens, im Menschen erwachte, die v^^sehnsudit
nach einem übermenschliclun Helfer, Beschützer und Erretter in gefährlichen,
hilflosen Lebenslagen, der di»' ühemiftchtigen, furchtbaren Naturgewalten ru
bändigen und die künftigen Ereignisse, danacb auch die Handluncren der
Menschen nach spinem Willen /u lenken vermag, endlich auch oft der Wunseh
möglicherweise in die Ereignisse der Zukunft Einsicht zu erlangen, um darauf
Einfluß zu gewinnen), richtet sich dagegen die eigentCLmliche Ausgestaltung
der jenen Gefühlen entspringenden Vorstellungen und der Mittel zu ihrer
Befriedigung und xnr Eneicbnng ihrer Zwecke (Religion nnd Knltns) gans
nach der besonderen Landschafts-, Wirtschafts-, Gesellschafls- nnd Kultorfonn
und der diesen Entwickelungshedingongen entqvrechenden QMstes- nnd Gemüts-
verfassung des Menschen.
Die Vorstellungs-, Gemüts- und OharaktereigentOmlichkeiten der freien
Stimme zeigen sich darin, daß sie ihre ganze Umgebung, auch die leblose
Natur, meist ebenso frei wollen und handeln lassen, wie sich selbst d. h. sie
beseelen und jeden erfalireiieii Schaden auf die Einwirkung eines fremden,
bösen (ieistes (Blickes) zuruckfübrcu , der nun durch entsprechende, ihnen
Selbst unangenehme Mittel (peitschen, anspeien) zu vertreiben ist ( Zaulterei,
Fetische) und gegen den sie sich durch irgendein Zeichen ^Amulette i zu
schfltsen haben (SanuneWölker, tropische Bodenbaner, aber auch als Aber-
glaube gans allgemein Terbreitet), oder auch darin, daß sie ihre eigenen
Eigenschaften, Fihigkeiten nnd Schwichen in nnr wenig gesteigertem MaBe
auch ihren QOtteni, den personifisierten Naturgewalten snsdupeiben und sn
deren Herbeirufong oder Besttnftigung genau dieselben Iffiittel: Gewalt, List,
Drohungen, Überredung oder Geschenke anwenden wie gegen ihresgleidien
(herrenlose Ackerbauer, Griechen, Germanen).
Die Gesinnung und Stimmung der geknechteten Völker dagegen prSsrt
sich darin aus. daß sie alle Eigenschaiten, die Macht utid die Vorzüge, be-
sonders < iereelitigkeit und (liite, aber auch die SchleclitiL'keit oder Härte,
Grausamkeit und Indolenz ihrer Herren auf ihre 'lötter übertragen und dem-
nach einen oder mehrere göttliche Vertreter des Guten und Bösen aL> Leuker
ihres Geschickes yerehren. Oleich jenen wohnrai diese in Fhbchtbauten, roa
Ftnnk und Beiofatum umgeben, dulden eine Anntherung des Pro&nen nur
in größter Donnt und Ehrfurcht mit den nnterwflrfigsten Qebftrd«i, treten
mit ihm durch Vermittler (Priester, Heilige) in Beziehung und lassoi sich
nur durch Gebete und Opfer erweichen, oder sie kümmern sich übeihaupt
nicht um die Geschicke der Menschen (Buddhismus, vielleicht in Folge der
am schärfsten ausgeprägten Kastengliedcrung Indiens). Sie sind allmächtig
in der Natur und verfahren nach Gutdünken mit den Geschicken der Men-
schen; und gleichwie die Herrscliermoral zur Aufrechtcrbaltung ihrei Macht
jede Unwahrheit eines Bedrängten als Lüge brandmarkt , dagegen ihrer
Priesterkaste religiöse Heuchelei und Betrug zui* Lebeusregel macht, gleich-
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AnpftiBungsbedisgiingen vnd EntwiekelnngtmoiiTe der Knlivr. 383
wie sie den Armen verbietet, ihnen heimlich etwas von ihrem durch Gewalt
erlangten o^ot ererbten Besitze wegzunehmen ( Diebstahl), während <len Ilerren
selbst ja auf Gnind ihrer Macht ein heiliges Recht zur ganz oflVnen Berau-
bung des sie t^mährenden Bodenhauers zusteht, und gleichwie sie die Tötung
eines Stärkeren mit List durch einen mißhandelten , verzweifelten Schwachen
als schwerstes Verbrechen bestraft, dagegen den Mord eines solchen durch
^en ttbormfitigen SttikareB oder «ii» Übenahl im Kampfe alt Hddentat
preist (Gotfceagcaieiht), to richtet auch der gerechte Gott Aber jene yerdam-
mend, wenn ne sich anflehnten gegen die von ihren Herrm angestellten
Satnmgen, gegen die von diesen begründeten BesitsverhftltniBse oder ihre
Knechtung f fiber diese belohnend, wenn sie den hungernden Armen ein Al-
mosen von ihrem durch die Arbeit und Genügsamkeit jener aufgehioften
Überflusse hinwarfen, damit diese nicht Hungers stflrben und ihnen somit
ihre Dienste verloren gingen.
Änderung des Lebensinhaltes und der Lebensstimniun dun h
die Knechtung. Während sich bei der phylogenetischen Diflferenzieruug der
Pflanzen und Tiere der jedes Lebewesen treibende Wille eine immer klarere
Vorstellung der Außenwelt im Diensie der Anpassung seines Körpers au immer
Terwickeltere Smlhmngs- und Lebensbedinguugen schuf imd zugleich mit
der aUmlhlichen Ausbildung der Sinnesflmktionen und eines im Spiegel der
Außenwelt erwachenden SelbstbewuAtseins auch die beide Tfttigheiten b^ei>
tenden Lustgefühle und der sich im gesteigerten Gebraudi aller individuellen
FihiglreilNi ansprilgende Lebensdrang und -genufi entsprechend anwudisen,
um im Menschen dadurch ihren Höhqntnkt zu erreichen, daß dieser im
Gegensatz zu den Tieren die langweiligen, ermüdenden, zweckmäßigm Tätig-
keiten zur Xahrungserlangung möglichst abzukürzen, dagegen den stets be-
lustigenden Sinnes- und SilKsthewußtsfinsgenuß beim Ki-proben, Steigern und
Zeigen all seiner Fähigkeiten durch Künste und Spiele nach Wunsch zu ver-
niannigfaltigeu und erhöhen, und der zum Unterschied vom absichtsvollen
Denken anregenden und angenehmeren Phantasietätigkeit durch waches Träu-
men und Unterhaltung stets neuen und erheiternden BboS sn liefern im
Stande war,- trat in der die Empfindung und das Bewufitsein begleitenden
Gemfttsentwickelung im Dienste der vom Willen getriebenen Lebensftinktionen
von der pflansUchen GleichgfUtigkeit zur tierischen Zufriedenheit und Freude
und endlich zur menschlichen Lebenslust gerade dadurch ein Umschwung ein,
daß der Mensch, wo es die Naturverh Bitnisse erlaubten, jene Sorge für seine
Bedürfnisbefriedigung und Belustigung immer mehr seinen Mitmenschen auf-
zubürden und sich ganz ausschließlich dem Genüsse hinzugeben bestrebt war.
Solange er die Mittel dazu sich selbst zu verschatl'en hatte, beenüi^'t»' er
sich mit dem Einfachsten und genoß dies um so besser \md länger, je mehr
Anstrengung seine Erlangung gekostet hatte oder je besser ilim seine Her-
stellung gelungen war. Wo aber andere den Arbeitsaufwand für ihn lei-
steten, war er immer nur darauf bedacht, sich noch bessere und reichlichere
Nahmngs- und Sdmiuckmittel und schönere OebraudbsgegenstSnde und Lei-
stongeo von jenen herstellen und darbieten zu lassen im Wetteifer mit seinen
gleiehgesinnten Genossen des Herrenstandes. Somit gliederte sich die Mensch-
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S84
L. Chalikioponloa:
heit in den meisten dies gestattenden Landschaften einerseits in eine immer
mehr abnehmende Zahl von freien Herren, deren Denken und Trachten nur
auf Abwechselung und Krfiiidung immer neuer Mittel zur Anregung und Be-
friedigung ihrer £itelkeit und Genußsucht gerichtet ist, anderseits in die je
aadi WirtadliftlU' und Kollantiiid in gmängar big la fttt etdrHoheiid»
Überzahl TorhaadaneD Sklaven, Knechte und Arbeiter, deren Lebenaswedc
und 'i^fick nnr darin besteht, m arbeiten, d. h. doreh langweilige, mUherolle,
abstnn^fende, ja gelUiriidie Anatrengong eine mfiglichat gvoAe Zahl der-
jenigen Dinge sa erteogen, die ihren Gebietern angenehm sein und Vergangen
machen können, wogegen ihnen aber auch das Recht der Fortpflanzung, ab-
gesehen von dem der Bedürfnisbefriedigung mit dem Notwendigsten und Ein-
fachsten, und eine gewisse Minimalzeit eingeräumt wird, in der sie sich kräf-
tigen uml crbDlen, auch innerball) der ihnen gezogenen engen Grenzen das
tun dürten, was ihnen angenehm ist.
Nicht nur bei diesen menschlichen Maschinen sinken die in ihrer freien
Jugend vorhandenen menschlichen Eigenschaften, der von Lu^t und Freude
begleitete, anregende Bet&tigungstrieb, Frohsinn nnd Glfkck zu Gleichgültig*
keit und Emst, ja oft Unxofiriedenhnt und inedergeschlagenheit die lingsfes
Zeit ihres Lebois herab, dessen Inhalt besonders nach den knnen Zwisdien-
ritunen der Erlei4diterung nnd des Genusses unertrlgUeh wflrde, ohne die
alles Denken nnd Trachten behenschende Macht der Gewohnheit und die TOn
Jugend auf eingeprSgte Überzeugung der Notwendigkeit dieses Loses, sondern
auch bei ihren Besitzern und Leitern erfahrt das erstrebte Lebensglück keine
Steigerung, wenn ihnen die am meisten erfreuende Selbstbetiitigung, das be-
glückende Bewußtsein der eigenen Fähigkeiten fehlt und ihr ausschließlich
dem Geuiisse gewidmetes Gemüt in Folge der sieh steigernden Empfänglich-
keit des (leistes nach immer neuer und mannigfaltigerer Anregung begehrt
und, solange es dieser entbehrt, der Langeweile und unbestimmbarer Sehn-
sucht nach einer Iiebensaii^abe anheiwiflllt.
Doch nidit nur auf sich sdbst erstreckt sidi der unheilTolle EinfluB des
in seiner eigentliohen Kulturentwickdnng sich offenbarenden mensdiliehea
Gharaktons, sondern auch die ttbrigen Lebewesen unterwarf er snnem Arfaeits-
kultniideal, indem er die der Natur ganz angepaßten, lebensfirendigen, wilden
Pflansen, Tiere und Menschen in allen den Gebieten vertrieb und ausrottete,
Avo er sie durch seine zahmen, geduldigen pflanzlichen, tierischen und mensch-
lichen Maschinen ersetzen konnte, und indem er denen, deren Beseitigung noch
nicht gelang, wo sie ihn nicht stfiren oder sogar erIVeuen, wenigstens durch
stete Verfolgung oder seinen Anblick Schrecken einflößt und das Leben vergällt
I. Die Kultur der I*and8chaften mit freier Sammelwirtaohaft.
(Tätigkeit.)
Wftfarend jeder der drei Zweige der Sanunelwirtsehaft einseln über die
ganze Erde Terbreitet ist, ab«r nur als Nebenbeschlflignng oder Beruf weniger,
da seihet för diese jeder für sich allein keine genfigende Nahrung zu liefern
▼ermag, und sieh deijemge, der sie betreibt, nnr durch den hohen Tausdi'
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Anpfttgungsbedingtingeii und BntwiekelnngsmotiTe der Kultur. 385
wert ihrer Produkte in Gebieten mit anderen Wirtschaftstypen erhalten kann,
waren dagegen vier Landschaftstypen ursprünglich für den auf der Ver-
einigung von Jagd mit Fischfang oder Fmchtsamnieln benihenden Sammel-
wirtschaftstypus ausschließlich geeignet. Sit; sind trotz großer Vorscliieden-
heitoii durch das gemeinsame, ausschlaggebende Merkmal gekiini/euhnet, daß
einerseits ihr besonderer Keicbtum an Wild, Fischen oder Früchten Lei bloßem
Sammeln genflgende Nahrung gew&brt, anderseits ihr ungünstiges Klima deren
willkflrli€lie Vermehrung auistMefit imd teilweise immer anaediließeii wird.
In der tropisdien SaTanneolandediaft ist die Jagdwirtsdiaft schon grSßten-
teils dnroh die Viehineht abgelöst und in der Waldsoae wird es vielleicht
fremder Gewinnsneht gelingen, sie durch Phuibigeabau an ersetsen; dagegen
ist sie die einzige überhaupt mögliche Wirtschaftsform der kalten Zone und
wird hier erst mit dem leisten durch europUsche £neigie seiner Existena-
mittel beraubton "Bewohner verschwinden.
A. Wirtschaftstypus, a) Wandernde Jagd und Fruchtsammeln
in den tropischen (Australien, Süd-Afrika) und subtropischen (südliches
Nord- und Südamerika) Steppen und Savannen (Mittel- Afrika und Süd-
amerika). Die Wasserarmul und die Form ihrer Nahrung zwingen die
Bewohner xu einem steten, sammelnden Wanderleben in möglichst kleinen
Familiengn^ypen. Denn die an Beginn der Troelmiseit leifBiideii, wasser^
reichen Frflcfate sind hei grofiem Yolumeo sehr wenig ntthrstoAneieh, und die
gewaltigen Steppentiere sind gleichfalls kaom transportAhig, so daß beide
Nahraogsmittel nor da vmehrt werden kfinnen, wo sie geesmmelt oder erlegt
werden. Je kleiner nun die zusammenlebende Familiengruppe ist, desto
länger reicht ein solcher Nahrun K'shaufen oder eine Wasserlache zu ihrer
Erhaltung aus. Obdach und Geräte sind auf das Allernotwendigste beschrankt,
da der ganze Haushalt dos Steppi njägers in kurzen Zwischenräumen von den
ihm tul<?enden Familiengliedei'n weitergetragen werden muß. Die unendliche
Eintönigkeit der Tiift llandschaft, die weder dem Wandern Wege und Ziele
setzt, noch das weit verteilte Wild und Wasser in bestimmte Wechsel und
Rinnen lenkt und sammelt, gibt zu irgendeinem Besitzzusammenhang mit dem
Boden keinen Anlaß, gleidiwie auch die Oesellschaftsfonn anf ihre niedrigste
Einheit, die Familie, beschrftnkt bleiben mnfi. Die Kontraste swischen dem
Hunger und Durst des veigeblichen Suchau, das nichts Efi- und Trinkbares
vetachmaht, und deren übermißigem Stillen sind nicht die Beweise inteUek-
tneUer Niedrigkeit dieser Steppenbewohner^), als welche sie meist auffaßt
1) Als niedrigster, nicht als ungünstigst gestellter Zweig der Menschheit gelten
Australier und Buschmänner wegen ihrer tierischen Leben sgewohnhciten und nach-
teiligen Kürpermerkmale, nicht weil sie sich hier so den Katurbediugungen an-
passen mu0tm, Mmdem weil sie et nicht ändert gewollt h&tten. ünd dodi ist es
dem Kulturmenschen trotz aller meiner von außen mi1;gebraehten ffilfsmittel und
Intelligenz dort, wo er es versuchte, nicht gelungen, ihre unwirtliche Heimat besser
und dichter bewohnbar zu machen. Seine HauBtierc hat er, statt sie zu züchten,
meiet verwildom iMien und dann gejagt, eine ewar leiehteie, aber kaum höher
stehende oder intensiTere Sammelwirtschaft , und die libcrans extensive, im großen
betriebene "Viehzucht in den Gebieten, wo sieh artesische Brunnen anlegen ließen,
kann aicb überhaupt nur durch den veriiältnismäßig hohen Tauschwert ihrer Pro-
dukte halten.
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L. Chalikioponloi:
werden, sondwB die Folgen ihrer die ungünstigsten Lebensbedingungen bietn-
den Heimat.
ß) Zeitweise wandern<le Jagd oder Fischfang- und Frucht-
sammeln im tropischen Keu'f'nwalJ ( Indianerstümme Inner- Brasiliens,
Zwergvölker Zentral-AtVikas und der süd-asiatisi*hen Tnstdn).^)
Gegen die ühermächtigt' Vogetationsfülle vermögen die Bewohner mit
ihren schwachen Werkzeugen den ununterbrochenen Kampf nicht zu führen,
um sich die Verfügung Aber den Boden zur willkfliliehen Kahrungsveimelimng
zu sichern. Sie kOnnen sieh daher nur von den im Walde serstrent ge-
dohenden Natq>flanzen und Tieren em&hren; denn auch letztere sind ja,
sowdt sie sieh auf dem Boden bewegen, aus Banmmangal tum Binidleben
gezwungen. Doch nicht nur diese weite Verteilnng und schwierige Anffind-
barkeit macht eine fortwährende Nahrungssuche nOtig, sondern such die
Ungunst des Klimas, da eine Vorratshaltung, selbst wenn große Mengen auf
einmal erlangt werden könnten, bei der übergroßen Feuchtigkeit in Folge des
schnellen Vermofleins oder Insektenfraßes unmöglich ist. Somit ist der
ilensch zwar g»'ii«-tigt, seinen Wohnsitz der Nahrung wegen häutig zu verlegen,
abtr doch nicht ül)er ein bestimmt begrenztes, gerade die notwendige Nah-
rungsmenge enthaltendes Gebiet hinaus, weil er einerseits die Fundstellen von
Frflchten oder den Wechsel von Tieren kennen und seine gewohnten P&de
im schwer dnrchdringlxchen und nnübersiehtlichen Urwald haben mufi, ander-
seits auch, weil seine Nachbarn ihm mn Eindringen in ihr Sammelgefaiet
verwehren würden. Das Fehlen alles danerhaften Werkmaterials, da die
miirlitige Humusdecke Gesteine und Metalle gleich tief unter sich begiftbt,
die übergroße Feuc htigkeit, die den Gebrauch des Feuers sehr erschwert und
die Zersetzung aller Werkstofle so beschleunigt, die Einförmigkeit und Be-
scbrUnktheit des Urwaldbori/.ontes, ja auch die Gleichmäßigkeit und Hitze
dn-s Klimas sind materieller und geistiger Kultur gleich unL,'ünstig. Da da'^
Eiudrin^'rn fremder Stilmme mit anderen Lel)ensgewiihnlieiten in du'^f Zone
ebenso uumüglieh ist, wie das Vordriugeu der UrwabLstiiinme iu die an-
grenzenden wegen der gftnzlich verschiedenen Naturbediugungeu, so ist eine
Beeinflnssnng ihrer Kultur von außen fast ausgeschlossen; und da kaum
irgendwelcher Tausch zwischen den WaldstKmmen bei der Oleichmlßigkeit
der Bedingungen und den Terkehrsschwierigkeiten stattsnfinden braticht und
kann, so bildet jeder ein Ueines Volk fttr sich, oft mit ihm eigentflmlicher
Spraclie, ja einen Kleinstaat filr sieb, der seine Territorialgewalt Aber sein
Jagdrevier gegen jeden Eindringling ebenso hariMckig zu verteidign sucht
wie jeder andere.
y) Seßhafter Fischfang au den Küsten der kalten Meere (Nord-
west-Amerikaner, Eskimos, Xord-Asiaten). Während in der Tropenzone der
Mensch das ganze Jahr hindurch seine zerstreute und nicht auf bewabrbare
ISahrung suchen kann uad muß, vermag er hier nur die weuigen Tages-
mouate des Jahres hindurch genügende Nahrungsmengen auch für die lanje
1) Bei diesem und den folgenden zur Veranseliaulichung beigefügten Beispielen
handelt ea sich natürlich nicht um eine Aufzählung aller zu den betretfenden Typen
gehftrigen Landschaften und Sfftmme.
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AnpassangsbediDgungen und Entwickeluugsmotive der Kultur. 387
t
Kaoht aii£nilriliifen, da ja den ungewöhnlidieii Flankbonreiditum der kalten
Meei» die gewaltigsten SeesSuger und Fischscharen nnd diese wieder onslhlige
BeeTdgel und andere Seeranbtiere b^leiten, nnd da in diesem dem tropischen
«itgegengesetzten Klima sogar das am leicbtesten zersetsbare Fett, dieser
tierische Kältoschutz, der zum unentbehrlichsten Körper- nnd Luftheismittel
Avird, zur Vorratshiiufung geeignet ist. Doch trägt hierzu vor allem anch
die Leichtigkeit boi, mit der der Fischer selbst riesige Beutetiere nach Hause
bringen kmiii. was ihm viel größere Seßhaftigkeit ermöglicht als dem Jäger.
Der Gleichmäßigkeit von Klima, Umgebung und Lel)ens\veise dort, stehen hier
die e,\treinsteu Wt-chsel von dauerndem Tag mit weit längerer Xaoht, vou
übermäßiger Nahrungserwerbsmöglichkeit und Krutteauspauuuug mit ab-
stnmpfendster Beschränkung der Bewegung und T&tigkeit gegenttber.
Doch bedarf der Fischer und Jäger des Eismeeres nickt nur voll-
kommenerer Qerftte nnd Werkienge als der der Tropen, sondern auch der
besten, wSrmendsten Kleidung. Während er für diese TOn der Natur ans-
geseieknet mit Bokstoffen ausgestattet ist, fehlt ihm dagegen zn eisterem das
Holl teils zur direkten Verarbeitur.g, teils zu ausgedehnterer Verwendung
des schmelzenden und härtenden Feuers. Die lange, nahrungssorgenlose
Winterszeit erlaubt ihm nicht nur alle jene notwendigen 'Tt'l)rauchsgegen-
stände aus seinem spr">f]en Knochen- und Fellmaterial in sorgfiiltig.ster Form
herzu.stellen, sondern läßt ihm auch noch sehr viel Muße, sodaß er zum Zeit-
vertreib gi'oße ^lühe auf deren Ausschmückung verwenden kann. Durch diese
reichliche Mußezeit ist zwar seine geistige Eutwickeluug günstiger gestellt,
als die fest immer Ton der Nakrungssorge in Anspruch genommene des
Tropenjägers, dock wird sie wieder sekr beeintrftditigt durok die Einförmig*
keit seiner Umgebung und Tätigkeit gerade in dieser Winters- nnd Nacktseit.
d) Jakresseitlick wanderndes Sammeln in den seenreicken
Heidelandschaften der Snfieren gemäßigten Zone (Sibiriw, Kanadier).
Die Moos- und Staudenheiden einerseits, die zahlreichen FlUsse und Seen
anilerseits in den Tiefländern jenseits der nördlichen Baumgrenze bieten ikrai
Bewohnern und Anwohnern die mannigfaltigsten Sammehvirtschaftsbedingungen,
da der ungewöhnliche Fischreichtum dieser, die Beerenfülle jener in den
wenigen Sommermonaten ihrer Erlangbarkeit reichliche Wintervorrate an-
zusammeln gestatten. Diese würden .sie zn ähnlicher Seßhaftigkeit zwingen
wie die Küstentischer der kalten Meere, wenn sie nicht ein Haustier besäßen,
Benntier oder Hund, jenes der kärglichsten Flechten- und Moosnahrung, dieser
der nach dem Auf hOren des Pflansoolebens allein noch sugttngliehen und gerade
hier am reicklicksten Torkamdenen tieriscken Nskrung angepaßt, das iknen
die SGtnakme nach ikren winteriieken Jagdquartieren in der Waldaone er-
mffglidit. Fnttermangel mackt «war die Verlegung der Wohnstfttte Ton Zeit
zu Zeit nötig, aber trotzdem ist ja gerade durch das Haustier, zum ünter^
schied von den wandernden Tropensammlem, der Besitz reichlicher Habe ge-
währleistet, wonmter hier in dem kalten Klima besonders das Material zur
Errichtung eines warmen Obdaches notwendigerweise gehört.
Diese Saramelwirtscbaftsform ist somit weit günstiger gestellt als die
übrigen; Mannigfaltigkeit der Betätigung das ganze Jahr hindurch teilt sie
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L. Chalikiopoulos:
mit den wandcrndeii Tropeojlgeni, rnehlieheran Bedti und Yomlshaltiii^
mit den sefihAften Eiimeerfischern, und sie ist sagleidh frei Ton den geistig ab-
stumpfenden Kontessten der ErnihrungsmSglidikeit dort» des Bewegnagsspid-
mimes hier. Durch den Besitz eines Haustieres, das zwar einen gezingen,
aber dauernden Nahrungs- und WerkstoifzuschuB gewährt, üir aber vor allem
das Wandern in der kalten Zone allein möglich macht, vereinigt sie den
hauptsikhlichcn materiellen Vorzug der nomadischen Viehwirtschaft mit dem
dtr Siiniinf^lwlrLsfhat't, die ja l)ei weit jrr('ßercr Mannigfaltigkeit des Nahrungs-
erwerhrs :iut *>inp vielseitigere Ausbildung der Kombinationsgabe und somit
des Intellektes hinwirkt.
B. Gesellschafts- und Kulturtypus der freien Sammelwirt-
schaft Jede der so Terschiedenen freien Stmmelwirtadkaflsfonuen ist nüt
gleicher Notwendigkeit ans den Lebensbedingungen des Landschaftstjrpos
hervorgegangen, in dem sie entstand, und ihre IndiTidnaUniltiir ist toU-
kommener dessen Natur angepaBt, als alle Familien- oder YSlkeikiiliana
den ihrigen, da sie sich weder weiter entwickeln kann und braucht, noch,
wenigstens in (\i'n meisten Gebieten, in die anderen Fonnen übergehen wird.
Die UnmiilJigkeit und das stete besitzarme Wandern des St^ppenjagers ist
ebenso zweckmäßig, wie die größere Seßhaftigkeit, die mannigfaltigen Geräte
und das Vorrathalten des Eisraeertischers. Hier wie dort verkörpert jedes
erwachsene Individuum in seinem männlichen oder weiblichen Berufe alle
Kenntnisse und Fertigkeiten, die unter den gegebenen Naturbedingungen
zur möglichst vollkommenen Nahrungserlangung und -Zubereitung und zum
Schutse des Kfirpers Oberhaupt entwickelt werden konnten. Unfähigkeit
hiersa bedentet Ansstoßnng, da die Arbeit jedes Einaelnen kanm mnen Ober^
scbnB Uber snnen Bedarf za liefim Termag. Nicht Gnmsamkeit ist es, die
sor T(ftnng UbeRShliger Snder oder Alter führt, sondern die bitterste Not-
wendigkeit. So wirkt die Schwierigkeit der Lebensbedingungen durch Aus-
scheidung jedes UnfUhigen auf die denkbar stSrkste Auslese und Vererbung
körjierlicher und geistiger Vorztlge hin. Sogar all die primitiven Eigen-
schaften der Sammelvölkcben: Kleinheit des Wuchses und Stärke des Kau-
apparates, aber auch List und manchmal Tücke (tiniusarakeit ist ja nicht
ihnen allein eiuentümlich ) sind s(» notwendig für sie, daß sie dazu auch von
der Höhe vollkommenerer Menschen hätten herabsinken müssen. Denn je
kleiner ein Mensch ist, desto behender, desto leichter verbirgt er sich und
schleicht sich heran, beides onentbehrlidi für den Jttger; anderseits ist dieser
aber auch weit ausdaaenider und braucht weniger Nahrang, and wo nvr
selten eine langwierige Znbereitang der Kost möglich ist, kann sie natflrlich
nur dn starker Hund bewftltigen. Die M annigfUtigkeit nnd SdiwierigkMt des
Nahmngserwcrbes der Sammelwirtscbaft sind auch am besten geeignet, die
höchstmögliche nngeschulte f)bung und Selbständi:jkt-it des Erfahrens, Denkens
nnd Handelns zu erzengwi, gleichwie hier auch der Haushalt die größte
Unabhängigkeit zeigt.
Gerade die Vielseitigkeit und Selbständigkeit dieser Individualktiltiu"
aber ist es, die C liarakter- und r^emütseitrentüinlichkeiten des Naturmenschen
bedingen. Fehleu von Neid imd iiauhucht, Gutmütigkeit, Offeulieridgkeit
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AnpasBungäbedingungeu and EntwickclangimotiT« det Ealtnr. 389
und Oastfreund^iohsft emenwitB, Frohsinn und Zufriedenheit anderseits zeichnen
ihn vor dem Koltonnenschen aus. Wamm aollte er auch jene Gef&hle hegen,
da dof'h in seiner Heimat alle Güter frei sind, und da er leicht das erwerben
oder sich anft'rti,^en kann, was er in seines Nachbars Haushalt beffehrt-nswort
finden sollte y r>a Nahrung fiir jeden Arbeitst'ühigj'n reichlich und unahhaiigig
von Kapitalsgütern und seinem Niu'hsten vorhanden ist, könnte Feindschaft
nur wegen persönlicher Kränkungen eutstehen, ist aber durch die geringe
Zahl der Zusammenlebenden und die tuA gtete Inaoepruchnahme durch die
Nahrungssudie noch mehr eingeschrtnkt
PenSnliche Dienstbaiteit irt unmöglieh wegen der EigentQmlichheit der
NahnmgserwerhnilSc^idlikeit, die iwar die aufgewendete Mflhe sehr reichlich
lohnt) aher deiio ansgiehiger Zeit und Banm braucht, daher nicht durch ge-
steigerte Anstrengung vermehrbar iet, noch einen Überschuß über den Bedarf
des Sammlers zu liefern vermag, endlich auch individuelles Handeln voraus-
setzt. Standesunterschiede sind ausgeschlossen durch das Fehlen von Besitz
am Boden und an nicht beliebig herstellbaren Erwerbsgütem. Dagegen i.st
bei den Fischerv<)lkern Sklaverei ni(iglirh und manchmal flblieh, da einerseits
die Fisohgerüte dem Menschen gegenübfr nicht als Watlen gefährlich, antler-
seits bei der weit mehr mechanischen Erwerbstätigkeit Aufsicht und Zwang
ausgeübt werden können; zugleich vermag der hierdurch gewährleistete Groß-
betrieb hei der viel anhaltenderen Ergiebigkeit der Nahrungsquelle verhiltnis-
mlAig weit reichlichere Ernten und einen den Bedarf des Sinselnen Über'
eteigenden Tltij^itsertrag dauernd xn liefern.
Die ungewöhnlidte Zufriedenheit der Bewohner all dieser wirtsdiaftlich
höchst ungünstig erscheinenden Gebiete beruht in erstt^r Linie darauf, daft
der Hauptinhalt ihres Lebens, fast alle Handlungen des Nahrungserweibes,
auch die größten Mühen auf Jagd und Fischfang, gleich den Bewegungs-
spielen und dem Bergsport, weit mehr als Vergnügen denn als Arbeit empfunden
werden, da sie Aufmerksamkeit, Kombinationsgabe und K<irperkraft in gleicher
Weise anspannen und, weit entfernt von der abslumptenden Wirkung jedir
einseitig mechanischen oder geistigen Arbeit, jede Anstrengung durch die
Befriedigung eines sogleich zu erwartenden Erfolges und Genusses angeregt
-wird. Do<di tragen snm GlfU^ der Individualknltur auch bei einerseits das
Fehlen von nnmdgUdi zu befriedigenden Wflnsdien, anderseits die Selbetindig*
keit und IVeihmt sum Kmdeln und sum KSnnen, die eine TOUig unabhingige
Xnt<ong der Persönlichkeit gestatten.
Die notwMidige, ungewöhnlich scharfe Beobachtung der mannigfaltigsten
Natordinge und -encheinungen und das Kombinieren ihres Kausalzusammen-
hangos regt einerseits zur bildenden Kunst, zur Wiedergabe jenor der Vor-
stellung eingeprägten Bilder an (Zeichnungen der HuschniUuuer und Kiszeitjäger),
anderseits auch zum Nachdenken über diese, da.s sich natürlich nicht in
abstrakten BeLrriliVu, wozu ja die Worte fehlen, sondern nur in diese bild-
lichen Ausdrücke kleiden kann und in den Fabeln und Mythen zum Ausdruck
kommt.
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L. Cbalikioponloi:
n. Die Kultur der Landachaften mit geordneter Sammelwirteobeft.
(Beech&ftigang.)
1. Die Kultur der Baumzuchtzone (Tropen, besonders Oseuiien).
A. Die günstigsten Lebensbedingungra findet die mensehliohe WirtBehaft
in deigenigen Gebieten, wo das Gedeihen bestimmter Fkuohtbiume (Kokos-,
Brotfrudit*, Bananenbaum), die ihm &st das ganze Jahr hindurch ihrs
nahrhaften und wohlschmeckenden Früdite spenden, die zu seiner Nahrongs-
erlangnng stets notwendige Anstrengung auf das geringste Maß reduziert
Es genügt die Bäume zu sdionen und zu pflegen, innerhalb längerer Zeü-
rHuniP vnrsorglith neue Pflanzungen anzulegen und die Früchte sparsam
zu verbrauchoii , um hier die Hauptautfjaben der Wirtschaft zu erfüllen.
Je weniger aber die menschliche Arbeit in Ausj)ruth genommen wird, desto
wichtiger sind die anderen Produktionsfaktoren. Wie bei der Viehnutzuug
das tierische, so spielt hier das püauzliche Erzeuguugskapital die Hauptrolle.
Wfthrend aber Grofi- und noch mehr KleiuTieh sehr bald erwachsen sind
und Erträge liefern, ist dies bei den BSumen erst nach einem Hensehenalter
der Fall; dagegen setzt sich gewissennafioi der Mehraufwand an Zeit hier,
dort in Boden um; dort sind sehr ausgedehnte Flftehen, hier sehr kleiae
erforderlich. Endlich ist das tiezische Fkoduktionskapital leidit und überallhin
beweglich und gedeiht unter den verschiedensten Bedingungen, das pflanzliche
dagegen ganz unverrückbar und nur besonders günstigen angepaßt; daher ist
dort eine stete Aufsicht, hier ein dauernder, meist mechanischer S<^ats
notwendig.
B. Da Arbeitsaufwand, noch ausgiprilgter als bei dtr Viehzucht, weder
das Produktionskapital selbst 1)eliel)ig zu vermehren, noch seine Ertrags-
fähigkeii erheblich zu steigern vermag, bei Bodeuüberfiuß wegen der späten
Ertragsfäbigkeit der Bftume, bei Bodenmangel wegen ihrer auf bestimmtem
Baum bescbrinkten Zahl, ist ein Anwachsen der BeTÖlkemngsdichte nur in
sehr engen Grenzen mOglich, eine Ausbreitung nur in ersterem Falle dmrdi
Yorsorglichkeit der Eltern. Daher gilt es hio:, weit mehr als sonst, bd
beschränktem Boden entweder die Yolkszahl künstlich stationär zu halten
oder auszuwandern: der BeTÖlkemngsüberscbuß wird sich auf die nächsten,
schwächeren Anwohner werfen. Um sich unter dert ii Vernichtung oder Vertrei-
bung ihre Existenzmittel anzueignen. Stärke und kriegerische Tüchtigkeit ist
hier mehr als sonst eine Lebensbt diijtruiig. Zur Verwendung des Besiegten
als Sklaven liegt keine Notwendigkeit und Möglichkeit vor, da die von ihm
zu It'isteudc Arbeit die SchmiÜerung der beschrilukten Vorräte nicht aufwiegen
würde. Ist der Kampf nicht durch L bervölkerung, sondern die Machtgelüste
des Adels Yeranlaßt, so tritt UoBe ünteijochnng, Aneignung des Grundbesitaes
und Abgabenentrichtnng der Besiegte ein. Kopfjagden, Mensehenopftr,
Kindermorde rind eine stelig auf Schwtchung feindseliger Nachbaistimme
und Unterdrückung übennftBigen BeYölkerungszuwachses hinwirkende wirt-
sdiaftliche Notwendigkeit. Die geringe Inanspruchnahme durch die Nahrungs-
gewinnung l&Bt aber nicht nur den Frauen, sondern auch den Männern neben
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Anpaaeungsbedingungen und EDtwickelungsmotive der Kultur. 391
ihrem Kriegduuidwerk viel Muße, teils tat AnsUMiii^ tob Eniutfertiglceitan,
teils zur Gesolligkeit, die einen rdclien Btitaiz mythologueher Yontellongen
und lUrchen zeitigt
2. Die Kultur der Viehzuchtzone.
A. (c) Die seßhaft»' (iroßviehzucht in den tropischen Savannen
( Hirt^^nslämme des Sudan, Ost-Afrikas). In der Heimat der zahlreichen Herden
gewaltiger Wiederkäuer wareu natürlich die Bedingungen gerade für Rinder
sehr günstig, und je mehr sich diese ausbreiteten, desto mehr maßten jene
weiehen. Da anch in der Trockenaeit genügend Wasser nnd Fatter yor-
handen ist, ist SeShiitigIceit innerhalb ansgeddmter Stammesflnren möglich,
sodaß die tropischen Getrnde(rQdite von den Weibern in kleinen Mengen
angebaut werden kOnnen. Außerdem liefern auch wilde l^rfldite den not-
wendigen vegetabilischen Zuschuß zu '1er vorwiegenden Milchkost, da außer
der Jagdbeute fast nur das Fleisch der gefallenen Tiere genoesen wird.
Dies ist weniger in der Freude der rinder/üchtenden Stämme an deren Besitz
begründet, als! vielmehr darin, daß das Großvieh im Verhältnis zu seiner
Körpergröße weit langsamer wächst und sich vermehrt als das Kleinvieh,
weshalb Seuchen unter ihm viel verderblicher wirken. C>l)i,deith hierin die
Kleiuviehzucht günstiger gestellt ist, so ist doch in allen Gebieten mit
reichlichem Futter die Oroßviehzucht unter Ausschluß jener und umgekehrt
▼erbreitet, da sie verlüUtnisnULßig weit mdir Milch liefert nnd somit su
gleidunißiger, dauernder EmShrung besser geeignet ist Überdies wflrde
Kleinvieh in hohem Graswnehs weit mehr zertreten, Terhiltnisndißig mehr
Arbeit zur Beaufinchtigung und sum Melken erfordern nnd Seßhafligkdt adt
nichtlichem Heimwirtstreiben auf größere Bntfemungen viel schwieriger und
langwieriger machen.
ß) Die jahreszeitlich wandernde Kleinviehzucht in den
Krauter- und Strauchsteppeu der Hütrel- und Gebirgslün<ler der
Subtropen (Hirten stamme der Balkaulialhmsel. Nord-Afrikas, Vorder-Asiens).
Da hier die Ungunst der Jahreszeiten, Niedersciilagsarmut oder Kälte des
Winters und gänzliche Dürre des Sommers, nur spärlichen Gras- und Kräuter-
wucbs, dafdr aber umsomehr kleinblättrige, stachliche Halbsträucher und
immergrfine Ibqnien gedeihen iBßt, weiter auch wegen des steilen, felsigen
Bodens ist Eleinviehzudit allein mOglidb und swar im Winter in den
Brachen der Tiefebenen und dem nidit aobaofthigen Htigelland, im Sinnmer,
bei eintretender ^bizlichar Dflrre dort, in den hohen Crebirgen mit aus-
dauernden Quellen und sommerlicher Vegetationszeit. Je mehr Blätter- über
Qraswuchs vorherrscht, desto mehr überwiegen in den gemischten Herden
Ziegen die Schafe. Da das anbaufähige Tiefland persönlicher Besitz der
Ackerbauer oder die weniger fruchtbaren Teile deren Gemeinbesitz sind,
80 hat der Hirt oft für die Wiuterweide Pacht zu zahlen. Auch bei diesen
Kleinviehhirten ist Fleisch nur eine Festtagsspeise, da zur (iewälining auch
nur vorwiegender Fleiscbuahrung so große Herden und daher &o ausgedehnte
und gute Weidefllchen aforderlich w&ren, wie diese im Gebirge nicht zu
finden nnd und wie jene der Hirt nicht beauftichtigen könnte. Der hohe
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392 ^- Cbalikiopoulos:
#
Tauschwert seiner Viehmdi^produkte dem reushliehen Getreide des Aeker-
Imuers gegenüber macht et mi^ch, daB er sich andi bei YeRingening
Beiner Herden, die ihm direkt nidit mehr genug Nahrung liefern könnten,
dorchfrisfcet. Auch dort, wo es ihm Zugvieh und Seßhaftigkeit leicht
machen würden, seinen Gotreidebedarf salbet durch Anbau SU decken, ist
der stolze Hirt nur selten dazu ^'t^iipiirt.
y) Die nomadische Klein- und Großviehzucht in den ebenen
Grasstf'pi»»'n — Tiof- und HochlUndern der inneren gemäßigten
Zone (zentral-asiatische Hirtenstilmme). Da diese Grassteppen zwar nur
jahreszeitweise in verschiedenen Breiten- und Höhenlagen reichliches Futter
bieten, aber doch bei ihrer Ebenheit OmAvidi nicht benachteiligen, so ist
hier die Verbindung von Orofi* mit Kleinviehzucht ermöglicht, wobei ersterss
natttrlieh stets vorausweidet, anderseits aber anch geboten, da bei der
gwingen Futterergiebigkeit die sehr hlufige Verlegung des mSglichst leicht
beweglichen Zelthaushaltes und die weiten Entfernungen Transport- und
Reittiere nötig machen. Wegen der großen Entfernungen von den Acker^
baugebieten kann ein Austausch mit deren Getreide nur selten stattfinden;
deshalb ist hier die Emöhrung auch weit ausschlioßlichor von den Viehzuchts-
jjroduktcn abhiintrig. Auch hier bestellt ein«' allerdings mehr gewohnheits-
mäßige Bescliriinkung auf bestimmte sehr ausgedehnte Sommer- und Winter-
weidegebiete als Gemeingut des nomadischen Stammes. Anderseits ist hier
aber auch der Großbetrieb dadurch besonders erleichtert, daß die berittenen
Hirten weit größere Herden beaufirichtigen können so daß an Stdle der
selbstftndigen Familienwirtschaften, die sieh in kunlebigen Stedelimgen m
Geselligkeits- und 8chuta^[emeinden Terbinden, eine von dem Besitier sahl>
reicher Herden geleitete Einzelgroßwirtschaft treten kann.
B Im Gcfrensatz zur freien Sammel Wirtschaft , bei der gerade die
menschliche Tätigkeit, und zwar die biichst individualisierte und kompliziertet
bei der Ausnutzung der Nahrungsbedingnngen allein maßgebend ist, mit ihrt-r
starken Betonung des Individuums, ist diese hier sehr gering und leicht,
wogegen das übermäßige Vorwiegen des Pruduktionskapitals , des Viehs,
ühue das Hoilnn und Arbeit>krälte nutzlos sind, den großen Einfluß des
Besitzes bedingen. Dieser kann wegen seiner in ^ich selbst gelegenen Ver-
mehrbarkeit nicht erai'beitet, sondern nur durch Erbschaft, Dienstleistung oder
Banb erlangt werden. Hieraus ergibt sich die unumsohrinkte Gewidt dss
Haushaltsoberbauptes, das durch seine willkBrIiche Verfügung Ober ^
Existenzmittel auch den ^^en aller Ton diesen Abhingigen behenseht
Da aber die Besitzlosen nur zu DiensÜeistnngen, gewissermaßen zur Ver-
stSrkung oder Vervielfältigung des Besitzers bei der Beaufsichtigung der
ganz von selbst erfolgenden Nahrungsproduktion, nicht zu eigentlicher,
schwerer Arbeit zu ihrer Beförderung herangezogen zu werden brauchen,
ist das Verhältnis stets patriarchalisch wie zwischen Gebieter und Unter-
gebenen, nicht wie zwischen Herrn und Sklaven. Da ja jeder Wirt-
schaftstrpus mit zunehmendem Überwiegen des Produktionskapitals in den
Großbetrieb übergeht, so gilt dies natürlich ganz besonders von der Vieh-
zucht, wo dieses ja auch den Kleinbetrieb schon ausschließlich bedingt
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Anpasanngsbedingungen und Entwickelangsmotive der Kultur. 393
Eine Yennehrung dw Herden oder Hirten flW das ErnfthrongsTermOgen
der besessenen Weiden oder Tiere hinaus muß v.ur Auswanderung des Über-
schusses führen, der sich natürlich möglichst in die von Hirten nicht besetzten,
weidereichen Ackerbaugebiete zu ergießen verstiohen wird, wenn die Herden
grofi genug sind, um eine genügende Emührungsgrundlage bieten zu können,
unter Verdrängung der ackerbauenden Bevölkenmg, wenn den überzUhligt^u
Hirteneindiinglinpen eine solche fehlt, unter deren Unterjochimg und Be-
nntzung als Produktiouskapital un Stelle und zum Ersätze des Viehs.
Körper und Charakter des Hirten sind ein getreues Spiegelbild und
Produkt seiner Lebensweise. In allen Unbildoi des Wetters an seine Herden
gebunden, abor nur manchmal eu großen Anstrengungen gezwungen, scicbnet
sieh seine abgehirtete, elastische, schöne Gestalt durch GrOfie, Knft und
Stihlung aus. Oerade jene, anf die Linge der Beine begründet, ist bedingt
durch das ihm auferlegte Wandern. EintMon und gewohnt seinen Willen der
Herde gegenüber durchzusetzen ist er wortkarg, selbständig, stolz, aber ancb
hartnäckig, selbst- und herrschsüchig. Die Verteidigung seiner Herden, an
denen sein Leben hängt, macht ihn wachsam und tapfer; anderseits aber
neic:t er gerade deshalb zur Raublust, die meist auch einn wirtschaftliche
Notwendigkeit ist. An schwere Arbeit nie gewöhnt, wiid er sich nur in äußer-
ster Not dazu verstehen.
Die Abwechslungslosigkeit seiner Beschäftigung und die Gleichförmigkeit
d«r 8te]q|Mn und seiner Knsamkeit liefern gleich wenig YonteUnngsmaterial
und regen mm Ternunftmftfiigen Denkm sdir wenig an; desto mehr begflnstigen
sie dagegen das Trlumen, das fteie Spisl der Phantasie, die ja die Yor-
stellungen so aneinanderrsiht, wie sie das GefBhlsleben begehrt, ohne sie
durdi die Regelung nach der Außenwelt in erfahrungsgemäß kausalen Zu-
sammenhang zu bringen. Daher hier das Übergewicht des (}ef[lhls und der
Stimmung über den Verstand, die Heimat der T^elipionen, Märchen imd
Poesie, dagegen nicht des Wissens und der bildenilcn Kunst, die gerade
durch die Mannigfaltigkeit der Eindrücke angeregt werden müssen.
HT. Die Kultur der Iiandschaften mit Erzeugungawirtschaft. (Arbeit.)
1. Die Kultur der Beetbausone (Knollen- und Kolbengetreide).^)
A. a) Der Bodungsbeetbau in der tropischen Waldsone (West-
und Inner-Afirika, süd-asiatisohe Inseln). Die gleichmäßige Hitze und große
Feuchtigkeit des Tropenklimas, die das ganze Jahr hindurch den Pflanzen-
wuchs begünstigt^ der nahnmgsstoffreiche Humus eines neugerodeten Wald-
bodens, der gegen obM-flächüchste Bestellung mehrere reiche Ernten nach
1) Beet, Feld, Acker, Garten mögen im folgenden dadurch untenchieden wer-
den, daß ersterea (Hcji^nige kleinste bebaute Fliirliencinheit bezeichnet, auf die nur
menschliche Arbeitskraft mit der Hacke verwendet wird (Gemüsebeet), Feld die-
jenige größere, die zwar mit tierischen Arbeitskräften gepflügt wird, aber doch noch
viel Hiwkarbeit empfingt (Biesel- und Kartoffelfeld), Acker diejenige autgedehn-
teite, die nur gepflügt wird CXbrengetreidcacker), Garten ondlicb eine künstlich
bewässerte, int'ist mit mclirjährigen FruchtpÜauzen bestandene Bodeufläche, die
•o^<ig bebackt und gedüngt werden maß.
0«0fivUMiMZ«ilMhzifk 11 JafafUf. 1906. l.BatL 27
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394
L. Chalikiopovlot:
emander gew&hrt, und endlich die EigontOnilichkeit der dieMn Bedingungen
aagepafiten Knollen- und KolljengetroidoitHanzon, die wegen ihrer Größe ein
in die Erdf Stfcken einzelner oder je mehrerer Samen in ali<rcniessener
Enlferuuiig vcm t-iuiinder und dann auch eine weit individuellere Ttifge auf
sorgfältig mit der llackc geloi kertfin und gerfinigtom Hoden verlangen und
gestultf'U, aber auch weil inhaltMcichere und leichter genußtertige Früchte
liefern, sind die so günstigeu Naturbediugungen, die eineneits das Kapital,
den Pflug und die grSßecen tierischen AibMtskiftfte, entbehilieh manchen,
nndeneite die aufgewendete menschliche Arbeit am reichlichsten lohnen. Da
sieh jede nach ihrer Erschöpfung brach gelassene Fliehe sogleich mit GehOls
bedeckt, kann sie nicht, wie in der gemftBigten Zone, nur Viehweide dienen,
und es fehlt die Viehzucht bei dieser der Zweiftlder- oder Feldgraswirtsehaft
dort entsprechenden Wirtschaftsfonu. Daher werden die dem Bedarf gerade
genügenden Lichtungen gleich Gartenbeeten sorgfältig bebaut, vm erst nadl
ihrer g&nzlichen Erschöpfung von neuen aVigolöst 7.u werden.
ß) Der Beet bau in der Sa vanuenzone. Die Größe und Ergiebigkeit
der tropiscliL-u Getr- ideptlanzen erfordert und gestattet auch hier den Hackbau
auf kleinen eingezäunten Flüchen, deren Boden nur wenig bearbeitet und
gedüngt wird, da er bei der geringen Bevölkerungsdichte sogleich nach
seiner Erschflpfbng durch den leicht und In tfeoge Terfttgbaren neun
ersetzt werden kann. Daher braucht auch das auf dem natOrliehen Gras*
wuchs der Brache gut gedeihende Grofirieh nicht rar Arbeitsleistung am
Pfluge oder Dflngung herangeiogen zu werden. Somit gehen hier Beetban
und Grofiviehzucht unabhängig als selbständige Teile der Hauswirtschaft
neben einander her, jener als Ressort des Weibes, diese als solches des MMnan^
während sich beim Ackerbau mit Viehpflege der gemäßigten Zone beide gegen*
seitig bedingen.
B. Im Gegensalz zu der anregenden Nalirungserwerbstätigkeit der Jäger
und der leu htei-en beaut'sichligenden Beschäftigung der Hirten ist der Hackbau
eine langweilige und ermüdende Arbeit, iimsomehr, je erschlaffender ohnehin
das tropische Klima wirkt. Aber gerade wegen ihrer Einförmigkeit und
Leichtigkeit, die Au£ncht und Zwang ermöglichen, wird rie der Star^ stets
auf den Schwächeren, der Hann auf das Weib abwfthten können. Da jedodi
dessen Kräfte fiür manche Arbeiten, wie das Boden eines neuen Wald*
stflokes, mdit ausreichen, so wird natürlich die VerfBgung über männliche
Arbeitskräfte Wunsch und Becht des Stärkeren. Da er schon die Jagd
auch der leichtesten, dauernd ergiebigen Feldarbeit vorzieht, ja auch hier
der Großbetrieb viel ertragsreicher und leichter ist, unternimmt er natürlich
noch weit lieber im Verein mit den pleichgesinnten Stammesgenossen Kriegs-
zflge, um sich durch ein« kurze, get'ährücbe. aber augenehme Anstrengung,
durch Bezwingung un<l Aneignung schwächerer fremder Menschen dauernd von
der Last des Bodt-nbaues zu befreien. Wie sonst die Haustiere, so ist hier
der Mensch Arbeitsmaschine und Kapital, da ja dem PÜug und Dünger dort,
hier Axt und Kuskarbeit ent^redien. Wie der Boden dort, wo «r keine
IVuehtpflanzen trägt, wertlos ist ohne die tierische Produktitmskraft, so ist
er es hier, wo er erst durdi diese fttr den Anbau verfllgbar gemacht worden
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AnpasBaugsbediogungen und Entwickelungsmotive der Kultar. 395
moA, ohne di« menadiliche. Der Dienstbarkeit des Besttslosen und der
paAriarebaliaehen Hemehaft des Ältesten dort, steht hier die SUaTeiei des
Behwicheren und die absolute Gewalt des Tyrannen gegenllber. Natariidi
bedarf es üat noch grSfierer Strenge als den Tieren gegenflheTf nm den
Ifensdien aur Arbeitsleistong über seinen eigenen Bedarf hinaus an Gunsten
eines anderen zu zwingen.
All die ungünstigen Charaktereigenschaften, die dem Tropenbewohner zuge-
•ehiieben werden, sind teils nur vom egoistischen Standponkt deu Weiüen als solche
BnfzufaMen, teilt ein selbitventindlieher AnafluB seiner Lebwebedingimgen, aber
keineswegs ein Kennzeichen seiner niedoron Rasse. Äußerste Sorglosigkeit um die
Zukunft und Leichtsinn sollen ihn oft den bittersten Hungersnöten aussetzen. Mit
demselben Rechte müßte man über die heutigen Inder oder die Europäer früherer
Jahrhunderte dasaelbe abepreehende Urteil f Ulen, da ja hier das dauernde Gleich-
gewicht von Vorrnt unrl Hrfiarf erst durch dii' Ausdehnung der Kulturwirtschafls-
hasis über die ganze Welt erreicht worden ist. Wieviel weniger ist ein solcher
Vorwurf da begründet, wo aus Bedürfnislosigkeit und Mangel an Yorkehrsmittelu
ISsat tauschloM Nahnmgswiitaehaft hemeht, wo ein Aui^Micheni von Tonfttm
durch Klima \m<\ Tit^i kten ilußer.qt erschwert ist und die klimatisch b^rOudete
Gleichmäßigkeit der Eruteertrüge einen Au.Miall weit weniger zu erwarten Veranlas-
sung gibt, wo endlich die Hungersnöte weit otter durch feindliche Zerstörung der
Saaten eintreten, der aber YonMe gleich&llfl anheimfallen wflrden.
Der ..Xatiiraiensch" ist unverbesserlich faul und beschränkt, da er seine Vor-
liebe für Kriegs- und Jagdzüge, waches Träumen, Tanzen und (Jelairc nicht auf-
geben will, um statt dessen möglichst viel zu arbeiten, unter einem ilimmel, der
jede gleiehfitenrige Anstrengung hBdist betehweiiich macht, und swar nicht für
sich, denn er kann ja mit einem Mindestmaße von Arbeit seinen Unterhalt und die
Muße für die ihm angenehmen Bescliäftigungen bestreiten, «onderu zu (Junsten seines
stärkereu Herrn, des Weißen, der ihn aus Selbstlosigkeit zu seinem Glücke zu er-
ziehen •nofat. Wonach trachtet denn aber der ganse Arbeitesinn des „Kultnrmen-
schea", als sich in den Besitz von Geld zu setzen, um dadurch über die Arbeits-
kräfte schwächerer .Mitmenschfii zu verliigeii, ganz wie »ich jeuer auf etwas ein-
fachere Weise seine mensclüicheu Arbeitsmuschineu verschatit, um sich dann ebeuso-
weaig einfihmiger, abstnmftftoder Arbeit widmen sn brauchen. Und sind nicht die
Berufe oder Beschäftigungen der Reichen: Militär, Sport, Theater und Gesellschaften^
nur selten Kunst und Wissenschaft, genau die Gegenstücke zu den Vertrnügungen
des „Naturmenschen'^ nur daß hier der Lebensgenuß des Eiuzelneu auf den Schweiß
weit sahlteichoter ArbeitnUaven aufjarebaut ist, als der meist ohne fremde ffilfe
erlangte, so genügsame und doch weit beglückendere des letzteren?! Die erste,
höchste und edelste .Sorge der Kulturmenschen war die .\ufliel>ung der Sklaverei
unter den Naturvölkern, aber nur um statt einer Uirekteu Zwangsarbeit einer
sehwaehen Minderheit eine indirekte, nicht minder Ahlbare, mOglichrt der Gesamt-
heit der Tropenbewohner einzuführen, die durch ihren weit beschwerlicheren Schweiß
da>' Wohllehen der wenigen LebcufgenifütT dtr (leid- und Arbeitswirtschaft er-
buhen sollen. Und hat uicht der Kulturmensch dem .Nalurmenscheu gegenüber ge-
nau dieselben Mittel, aber weit wirksamer angewendet, wie die Teraehteten niederen
Rassen, wenn er sie selbst und ihr Wild niederschoß und ausrottete, sie mit Ge-
walt oder aus Nahrungsmangel zur Sklavenarbeit zwang oder günstigen Falls in die
allererbärmlichsteu Einöden vertrieb, in denen er selbst verhungern müßte y
Aber nicht nur der Kultunnensch selbst, sondern all seine Eraeugnisse, anoh
wo sie ihm vorauseilen, wirken ebenso verhängnisvoll. Die gefälligere, billigere
Fabrikware verdrängt überall die weit lialtbareren, zweckmäßigeren Erzeugnisse des
Hau-Üeißes, auf die der Nuturmensch aus Freude am Schatfeu so viel Mühe uud
Sorgfalt Terwendete, Teranlaßt ihn su plumper Nachahmung und raubt ihm, da
ihm dies nie gelingt, alle Schaffensfreudigkeit. Das Verlangen nach buntem Flitter
oder Branntwein macht ihn oft leichter zur Fronarbeit willig als der Hanger. Er
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396
L. Chftlikioponlot:
erwirbt jetzt gflnatigen Falls rielleicht sogar reichlicheren Besitz gegen dasselbe MaB
von Attstrengnsg, das er firflher an dessen Erlangung aufgewendet h&tte. Damab
aber schmückte er pich sein»' (Jeriite, um seinen Scbtinhcitssimi , seine Erfindungs-
gabe un<i Geschick lichki-it zu betätigen, zu erproi»eii und ku zeigen, er wirkte nicht,
weil er es brauchte, sondern weil es ihm Vergnügen machte; jetzt unterzieht er
sieli den Be^ehwerden abstumpfender Arbeit ans Hanger oder aus Habsucht mid
Neid, nni. in d*>n Besitz dos Erwünschten gelangt, es bald unbefriedigt w^pmlsgea
und immer von neuem anzul'iin^'cn.
Doch nicht weniger verhängnisvoll wie die Selbstsucht des Kulturmenschen
wirken seine Komichtigkeit nnd Toreingenommenhett dem Tropenbewohner gegenGber.
Er Hncht diesen zu seiner Scliaiiih3f'ti«;keit 7,u erheben, deren Ausfluß ja die Klei-
dung sein Holl, die, in trockener Hitze sclion sehr lil»tip, peradezu schädlich wirkt
bei übergroßer Luftfeuchti;;keit, endlich, da durchnäßt getragen, die schwersten
Krankheiten mit sich bringt, statt ihm von der Nachahmmig seines eigenoi Taai,
das ja nur den Schutz des der trojiisehen Sonne niclit a;iire]inßten Körpers bezweckt,
abzurat'-n. Merkwürdig, daß sich der hochstehende Kulturmensch seines törichten
ücginneuB nicht bewußt wird, wenn er gerade die rohesten Wilden durch Unter-
richt von Lesen und Schreiben veredeln zn können glsobt, doreh Kflnsle, die nidit
einmal für die Landbevrilkeninpf der Knlturstaaten von Bedeutunj» und in jenem
Milieu gewiß zum mindeHten überflüssig sind. Was soll endlich die Keligion der
Entsagung, das Christentum, dem Tropenbewohner gewähren? Bedurfte er des
Trostes eines Jenseits, bevor ihm diesen der weiße Mann ans OQte nnd Selbatlosigknt
au brinj.'^en kam? War er nicht in seiner steten Fröhlichkeit tind Wutischlosigkeit
VoUkoninu n glücklich? Vielleicht wird er es allerdings dann brauchen können,
wenn der Kulturmensch seine zivilisatorische Aulgabe ganz erfüllt haben wird, ein
Leben von Bedttrfnislosigkeit nnd freier WiUeBibeUiligniig, Fkohiiiiii und QSOA m
erheben zu einem solchen von Hflhe nnd Arbeit, Unsofiriedenlidt und nie befrie-
digter Sehnsucht!
2. Die Knltur der Gartenbauzone (Bispengetnode; Monsungebiete:
Hinter-Indien, 8ad*Ghina, Japan und waBterreiche OebixgsabhSnge der
Sabtropen: Iran, Mittelmeer.)
A. Die gleichm&ßig reidiUeben NiederseUlge und die Bitse der Tropen,
die kOnsiliche Bewftaserong der sonunertrookenen SubtropMi und der er*
frischende Wechsel der Jahresselten höherer Breiten sind die In diesen Ge-
bieten vereinigten Hauptvorsflge des Anbaues der Tendiiedeneii KliwiaTonen,
die ihnen die mannigfaltigsten und reichsten Ernten gewährleisten. Die Hanpt-
truchtptlanze, der Reis, ühuelt durch seine Ergiebigkeit und die erforderliche
künstliche Überflutung den tropischen Getreideart«n , durch das Zurücktreten
der Hackarbeit utid die schwierigere Ernte den Alirengetreiden. Auch hier
genügen, wie in den Tropen, sehr kleine Flüchen zur Erhaltung des Bauern;
willirend aber dort nach gänzlicher Erschöpfung der alten Felder neue ge-
rodet werden müssen und können, da tierische Arbeitskrilltc und Dünger zur
ausgedehnteren Umwendung und Kräftigung des Bodens fehlen, anbaufähiges
Land noch sehr reichlicih Torhanden ist und die lei(^ten Hutten schnell an
anderem Ort errichtet sind, war hier schon ursprünglich durch das BedHrfiiis
gröfierer, dauerhafterer Wobnstfttten und die mtOieTollen Bewlssernngsanlaguii
jetzt vor allem durch die Dichte der Bevölkerung ein Wechsel der Anban-
flSche und des Wohnsitzes sehr erschwert. Es ist somit hier ein weit größerer
Arbeitsaufwand notwendig als dort, da ja dieselben sehr kleinen Flächen
nicht nur möglichst reichliche Eroten, sondern diese auch möglichst dauernd
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Anpassangsbedingungen und Entwickelnngamotire der Enltur. 897
SU gewiihren haben. Da auch hier die Viehzucht wegen mangelnder Weiden,
der Boden ist ju viel zu kostliar dazu, fehlt oder sich auf das notwendige
Pflugtier, besonders den pcnüg.samen, starken Büffel, beschränkt, so hat der
irenis<'h neben der sorgtlilti^'.ston Pflege der Pflanzen auch den Boden mühsam
zu bearbeiten und zu düngen.
B. Obgleich hiernach die menschliche Arbeitslo&ft noch weit ausschlag-
gebender im Garten- als im Bodungabeetbau hervortritt, so ist sie hier doch
nie als Kapital teilweise oder ganz in den Besitz des Stärkeren übergegangen,
da einmeits die vom Bauern za leist^den, mannigfaltigen Arbeiten viel m
große QeschicUiohkeit, Kenntnisse nnd Sorg< erfordern, als daß sie von
widerwilligen Sdiaren zugleich unter Zwang und Aufsicht ausgeführt werden
kfinnten, andererseits hier noch weit mehr i\U in den Ackerbaulftndem
in einer sehr dichten, gleichgestellten und gleichgearteten Bevölkerung sich
der Sinn für Selbständigkeit und Gleichheit entwickeln konnte, Wohl mochte
sieh auch hier ein fremder, kriegerischer Stamm <lie liensrhaft über die
friedlichen, führerlosen Bodeubauern erobern, alier diese beschränkte sich auf
die staatliche Leitung ihrer Gesamtheit, und seine Einkünfte bestehen in
leichten, geregelten Abgaben, nicht willkürlichen Konfiskationen; Aneignung
des Grandbesitzes imd dadurch Kneditung der Bewohner waren ausgeschlossen.
Das Znrflcktreten einer herrschenden Klasse, die nur an Genuß und die
hOdistgesteigerten Luxusbedflrfiiisse denkt, deren B^edigung aber durch
angestrengteste Arbeit zahlloser Arbeitssklaven erreicht, verhindert das Auf-
kommen von Untwnehmungen des Großbetriebes, deren Leiter ja nur die
wechselnden Launen jener zu befriedigen strebt, um sich seihst Geld, d. h.
Macht und Genuß zu verschaffen auf Kosten zahlreicher unfreier Tagelöhner.
Jede geschlossene Hauswirtschaft, inmitten ihrer Ernührungsbasis gelegen,
kann durch fleißige Tätigkeit, Bod'nbau und Hauswerk, die durch ihre
Mannigfaltigkeit eher anregend als iK'schwerlich wirkt, nicht nur durch Er-
zeugung von Gcnußmitteln und Kunstgegenständen unter Ausschluß parasi-
tischer Vermittler ihr eigenes Wohlsein erhöhen, sondern sogar durch Spar-
samkeit einer sehr lahlreidien Naehkommenaohaft gleich günstige Lebensp
bedinguugen verschaffen.*)
3. Die Kultur der K iesel fei dbauzone (Kolben- und Ahrengetreide)
mit Großviehptlege ( FluBelienr'ii des subtropischen Trockengürtels: Ägypten,
Mesopotamien; tropische Hochflächen Amerikas: Mexiko, Peru).
A. Das bei der Kürze der Übergangszeit fast nur in zwei Hauptjahres-
zeiten gegliederte Wüstonklima reift durch seine SomiiierL'lut die tiopisdieii,
läßt aber auch die nordiseiien ( Jetreidearten in seinem kontinental külilen
Winter noch gedeihen (Herbst- und Frülilingseniten). Die vom Menscbeu
l'' Der .,\'ollkiiltur"-Mensch findet es unliegn il lich. <laß (Heue „Halbkultur"- Volker
so züh au ihren überaua gesunden, sozialen \ erhältnitsHeu festhalteo, die den grüßten
Teü der BevOlkenmg als selbständige, wohlhabende Bauern an der Scholle kleben,
in einem vollkommenen Familienleben zufrieden und Lrtücklieh sein läßt, statt be-
gierig vom Bodenbau znm Industrientaat zur Höhe furt/u-^clireiten , mriL'liclist ralü-
nierteu, schalen Genuß weniger Nichutuer, wonig Anstrengung und Lungeweile
einer breiteren Schicht und stete Arbeit und Not der großen Massen sa erstreben..
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398 L. Chalikiopoulos:
bebeiTSelite Bew&ssemiig gibt den Ernteerti^gen hier eine weit grOfiere
Stetigkeit als in den vom Regen abhängigen Gebieten, besonders dnrch das
Anwachsen (i.s NVasservorrats in dpn n-gflniäßigen Flofiscbwellen gerade im
Sommer während des Höchstbedarfs und bewirkt ja aiich durch ihre Sedi-
mente f'iitc hoi intensivem Betrieb allerdings nicht mehr ausreichende, stetige
und mühelose BftVurhtung des an und für sich schon so günstigen Auschwem-
muiigslHMlfus. (ierade alier weil hier das weitere Gedeihen der Saat haupt-
sächlich vom Meuächeu abhängt und ihm die meiste Arbeit macht, wührend
in den Tropen die Aanaat selbst fu/t genOgt um $as» Bmfe m nchem, ver*
wendet der Bauer auch weit grOfiere Sorgfalt auf die Yorbereitang des
Bodens nnd die Pflege dw Saat selbst Diese gesteigerte Arbeit wirkt aber in
Folge der Trockenheit der Sommershitse und der großen Tagestemperator*
Schwankungen weit weniger erschlaffend und ISstig wie in der feuohtheißen
Tropenluft. Die dem Flusse zunftdist, a}>er hoch gelegenen Landstrecken, die ohne
Hilfe von WasserhebemaschinMi Bur durch die Schwollwasser bedeckt werden
können, lilßt man überfluten, um nach dem Sinken des Flusses und Ablaufen
des Wassers nur eine, allerdings sehr reichliche imd mit den geringsten Kosten
erzielte Ernte von Ahreiigetreide oder Bohnen aus der in dem Schlamm ge-
streuten und niclit weiter gepflegten Saat zu erhallen, wobei man weder zu
pflügen noch zu düngen braucht. Wo jedoch durch Hebemaschinen oder
durch Seitenkan&le die tiefer gelegeneu Läudereien das ganze Jahr hindurch
bewissert werdm können, wird aoßer jenen IVinterfirQoliten das sommeriidie
Eblbengetreide in Pflogfcurcheii sehr didit geaSet und allmlhlidi als Yieli-
fhtter gelichtet. Der somit doppelte Ernten liefernde Boden wird teils dnrdi
animalischen Dflnger, teilt durch zeitweilige Brache, endlich auch durdi
Fruchtwechsel gekräftigt. QroBvieh wird im Großbetriebe von angebauten
Futterpflanzen, von Kleinbauern auf dem Felde oder im Stalle von Pflanzen-
abi&llen genährt; meist nomadische Klein Viehherden nutzen jedes unbrauch-
bare oder o]u>n abgeerntete Fleckchen aus.
B. l);i dor Schwemtulandboden teilweisü gewissermaßen von der Natur
zum Anbau vorbereitet wird und bei seiner Bestellung die denkbar ge-
ringsten Aufordeniugen stellt, die dauernde künstliche Bewässerung aber
mehr Aufmexksamkeit wie Anstrengung benötigt, endlich auch bei der Boden-
bearbeitung die tierische Arbeitskraft die menschliche ablOst und nur von
dieser geleitet zu werden braucht, ist hier bei weitem der Hauptwirtsdiafts-
faktor der Besitz des Bodens. Wer Aber diesen Terfllgt, sichert sich auch
die Dienste der auf ihn angewiesenen menschlichen Arbeitskrilfte, da hier
weder im Lande selbst freie Nahrungsquellen durch Arbeit allein nutzbar
gemacht, noch au Auswanderung in die umgebenden Wüsten gedacht werden
kann. Während in den Tropen der Mensch durch physische Gewalt allein
zu der af!strfng<ii(Vn Arliptt ge/wnngen wenlen kann, genügt sonach hier
ein allerdings ursprünglich dureli Willkür des Mäclitigereu geschaffenes Recht
auf den Buden, um die Tl<"»rigkeit und Abhängigkeit seiner Bewohner zu
entwickeln, die als Fronarbeiter, Tagelöhner oder güustigonfalis Teilpächter
zwar weniger schwere, aber viel andauerndere Arbeit als dort verrichten und
sich gleichfalls mit einem Minimum des Ertrags, das gerade zu ihrw Lebens-
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Anpatsnngabedingungen nnd £ufcwickelangamotiT6 der Kaltux. 399
fristung ansreidit, begnügen mflssen, eine swair Sußerlich weniger harte,
aber nicht weniger wirknme AiunatniBg der measoMichen Äibtttekiifte als
PndiiktioiiskapitaL
Da neb aus der kOnstiliclien BewILssenuig eine sehr intensive Bestellong
des Bodens ergeben muß, weil ja der Mehraufwand an Aibeit sn sorgfUüger
Bearbeitung und Dfingong des Bodens im Vergleich mit der zur Bewässe-
rung notwendigeu immer nur gering ist, und die ungewöhnliche fVncbtbarkeit
dieser Gebiete den denkbar höchsten T'bfrst'huß des Ertrages Aber den
Nahrungsbedarf des Arbeiters zu liefern vermag, so bat hier die Bevölke-
rung stets so selir anwachsen können, daß nur ein Teil der Miinner zur Er-
zeugung der erforderlichen Nahrungsmittel i/eiiiigte, während die ü!)rigpu,
teils wie im Altertum zu ungeheuren Bauten oder Kriegen, teils wie in der
Neuzeit zum Anbau eines viel Arbeitskraft benötigenden Werkstoffs oder
Goiuflmittels (Zuckerrobr oder Baumwolle) Terwendet werden konnten, da-
mals sur Befiriedigung d«r Eitelkeit einseloer, jetit zur Bereicherung und
Befriedignng der Hab« und GenuAsucht einer grOBeren Anxahl Machthaber
und zur Erhaltung einer industriellen Bevölkerung ferner GeUate tttig.
Die Gleichmäßigkeit der Lebensbedingungen und das Fehlen trennender
Naiurschranken innerhalb der weiten Alluvialebenen wirken auf größte Gleii h-
förmigkeit und Friedfertigkeit der dichten, ein pinbeitliehes Volk bildenden
Bevölkerung hin, im Gegensatz zu den einzelnen kleinen, scharf von ein-
ander unterschieilenen Stämmen, die weit zerstreut schwer zugängliches Wald-
oder Wflstengebiet bewohnen und sich fortwährend gegenseitig befehden.
Auch hat der Ackerbauer weder Zeit noch Gelegenheit sich wie diese im
.Waffengebrauch zu üben, und während letztere stets gemeinsam unter Leitung
eines Hiuptlings ihre mannigfachen üntemehmungen, Jagd- oder Kriegszüge,
ansitthren mflssen, fehlen hier solche BeweggrOnde des Zusammenschlusses.
Zwar sind die Bdchsten eines Dorfes, das um so größer sein kann, je
intentiver dar Bod«i bestellt wird, am angesehensten, aber kaum je lißt es
Neid und Gleichheitsgeftihl zum auscUiefilichen Einfluß eines Machthabers
Hibeac die Parteien eines Dorfes oder gwr zahlreicher henachbarter Siedelungm
kommen. Daher ist es stets einer kleinen, durch ihre straffe Zentralisation ge-
stärkten Norraadenhorde gelungen, eine weit zahlreichere, fnichtsame und
führerlose ackerbauende Bevtdkerung zu unterwerfen, besonders wo um-
gebende Wüsten diese vor feindlicliem Angritf zu schützen schienen. Die
aristokratischen Eroberer verteilton den Grundbesitz unter sich oder ließen
sich zum mindesten einen Teil des Ertrages abliefern, und da ihr eigenes
Wohl der überwiltigeiiden lfehih«t der Unterdrückten gegenüber nur in
ihrem Zusammenhalt und dessen Macht wieder in der Leitung eines Einzelnen
berdhte, so waren sie die stSrksten Stützen mnes Alleinherrschers.
Da also, wo in den AUuvialebenen die großen Ströme den Überschuß
an Lebensmitteln eines weiten Umkreises an einer Stelle leicht zu kon-
zentrieren erlaubten, begründete der Herrscher seinen Wohnsitz, der natürlich
aneh allen denen zum Schutz imd Vergnügen willkommen war, die gleich
ihm reichliche Nat uralein künfte von ihren Untertanen bezogen. Von ihren
großen NahrungSTorräten konnten alle die erhalten zu werden erwarten, die
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400
L. CbalikiopouloB:
ihnen durch besondwe Dienste oder geeohicfcte Weskstoffrenzheitiuig dai
Leben angenehmer sn madien Terstanden, lo da6 Tolkreiche Siedalungan von
Dienern, Handwerkern und Kriegern entstehen konnten^ welche die leichtere
}[ati<l- der ermüdenden Feldarbeit und das Tergnflglicbe Stadt- dem eintönigen
Landleben vorzogen. Über je mehr ihm treuergebene Krieger der einzelne
Adt lief und der Ilerrseher verfllp^te, desto sicherer war er natürlich der Er-
haltung seiner Macht pe^on innere und Jhiüere Feinde, desto leichter konnte
er es versuchen, seine Herrschatt ül»er die anjirenzenden Gebiete auszudehnen,
teils um seine Einkünfte 7,u erweitern, teils auch, um durch Woirführuug des
unterjochten fremden Volkes in die Sklaverei so zahlreiche Arbeitskräfte zu
erlangen, wie sie dem Bodenban des eigenen Landes nicht hätten entzogen
werden können, und an so schwerer Arbeit (Stein- und Kanalbauten), daB
sie den eigenm Untertanen nicht bitte angemutet werden kOnnen.
Die Kultur dieser Linder blflhte so lange als neh die einheimischett
Kadifhaber halten konnten. Sobald ein fremdes Volk die Herrschaft «mag
und die Naturaleinkttnfke in seinem Lande bezog, verschwanden Handwerker
und Priester, Kunst und Wissenschaft und mit ihnen die Bedeutung der
Städte, di<- ja nur im Dienst*« jener und auf der Basis dieser gedeihen
konnten. Aber auch die Ernteertrilge wurden immer geringer, als die Herren
ihre (Jüter nicht melir aus der Nähe und mit Verstilndnis leiteten, als die
Kanäle verfielen und dus Laiiil in geringerer Ausdehnung und weniger intensiv
angebaut wurde. Das Landvolk aber arbeitete gerade nur so viel, wie es
zu seinem eigenen Unterhalte und seinen schworen Steuern brauchte, und
lebte genau so bedflrfiiislos weiter wie froher; denn es hatte ja kaum teil
gehabt an allen den Kenntnissen und Eraeugnissen, die der Untitigkeit, dem
Überfluß und der Genußsucht der wenigen MSchtigen und Beiehen dargebracht
wurden.
4. Die Kultur der Ackerbauzone ( Ahrengetreide) mit Großviebpflege')
(gemäßigte Zone).
A. Während die Naturbedingungeu und Getreidefrüchte der Tropen <He
möglichst iüteiisivt' Bestdluni,' einer kleinen Fläche möglich und notwendig
machen, wirken die der geinälii^tcn Zone gerade auf einen möglichst exten-
siven Betrieb hin. Da in Folge der kalten Jahreszeit nur eine Ernte ge-
wonnen werden kann, so wäre schon aus diesem Grunde die gleichzeitige
Bestellung einer doppelt so großen FMche wie in den Tropen sur Lebens-
erhaltung des Bauern erforderlidi. Aber auch die Unstetigkeit des Klimas
und geringe IVnohtbarkeit des Bodens, die ein Ifißlingen der einielnen Saat
▼iel wahrscheinlicher madit, wirkt darauf hin, sich duroih ansgedehntore An-
bauflftchen gegen etwaigen Mißwaohs au sichern. Endlidi trigt auch dis
FiL''*ntümlichkeit der jenen Bedingungen angepaßten Ahrengetreidearten daxu
bei, da die diohtgesäten und ausammenstehenden Halme ja keiner kOnaUichea
1) Als Yiehpflege soll mangels einefl beesMen Autdrucks dasjenige Wirtichaft«-
Bystem beseiehnet werden, bei welchem die Haustiere meiHt mit angebauten Futter-
pHan/f^Ti \or\vie^end im Stalle gonilhrl . zum T"'ntcrschi< d von der Viehsuoht, bei
dex sie immer im Freien auf wilden W eiden gehalten werden.
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AnpasBungsbcdingungea und Eutwickelnngsmotive der Kultur. 401
BewSsiening noeh Haeburbeit bedürfen. Allerdings Terlangen sie statt dessen
«ine soigf lltige Vorbereitung des Bodens und sdhwierigwe Ernte-, Enthfllsungs-
und Mahlarbeiten; aber gerade za diesen mußte und konnte der Bauer
tierische und später auch Naturkrilfte verwenden. Da die Winterkälte grofie,
feste Wohn- und Vorratsräume für Mensch xmd Vieh notwendig macht, war
hier dauernde Seßhaftigkeit unnmgiinglich, weshalb nur die von der Siede-
lung aus leieht erreichbare Umgebung angebaut, der weiten- Umkreis als
Wald und Weide von den l>()rfg"iios>pn genieinsam benutzt wird. Solange
Überlluß au anbaufäliigoni Boden voibaiidLU ist, herrscht zur Kriii'tiguiig das
Brachesjrstem jedes zweite oder dritte Jahr; wenn aber die Ausdehnung des
eineai Banem gerade enüttirenden Grundbesitzes durch Erbteilung so ein-
gesohxtnkt worden ist, daß er nur hei aiyiüuiicliem Anbau ausreicht, muß
dafar ein Mehraufwand von Arheit auf sw^^ttltigere Bestellung und Dtlngnng
nnd Anbau yon Futtergew&ehsen eintreten. Das Großvieh, das im Sommer
frei weidend und im Winter durch Heu und Stroh leicht im BtaU erhalten
werden kann, ist somit hier der unentbehrli« be ITauptfaktor des Bodenbaues.
B. Der räuberische KhegST oder Eindringling braucht sich nur das Zug-
vieh oder dessen Weiden anzueignen, um sich auch die Dienste des Besitzers
zu sichern. Da sii b hier der Bauer weit mehr beaufsichtigend und leitend,
als selbst schwer arbeitend verhält, so nalini hier auch das Abhäliigigkeits-
verhältnis der friedli(.ben Landleute von ihren kriegerischen Herreu nie
die Form der Sklaverei, sondern nur die einer hörigen Unfreiheit au. Der
Grundbesitz des Herrn beschränkte sich ursprünglich meist auf das Gemein-
gut, und die HOrigoa waraa nur au Diuisten und Abgaben yeipflichtet,
konnten dagegen T<m ihrem Stammsitxe nioht entfomt und mußten in Not-
Seiten Ton ihrem Herrn erhalten worden. Die geringe Ergiebigkeit des
Bodens nnd die Verkehrssehwierigkeiten gestatteten dm Herren meist nur
unmittelbar am Orte ihre Einkünfte zu verzehren und nur ein besonders
mächtiger und reicher Fürst konnte entweder nach einander auf seinen yoi^
schiedenen Besitzungen die Vorräte verbrauchen oder an einem besonders
begünstigten Ort sich mit i'lnor seinen Naturaleinnahmen angepaßten Schar
von Kriegem, Dienern und llandwprkern dauernd niederlassen und seinem
Vergnügen leben, das ja in allen Zon^n und Verhältnissen sehr ähnlich ist.
Da jedoch die Nahrungs-, Kleidungs- und Sclnitzbedürfnisse des Menschen in
dem rauhen Klima der äußeren gemäßigten Zone von jeher weit allgemeiner
nnd xaldreicber waren als die wirmerer Zonen, so war hier die Entstehung
«inet erst unfreien und unselbstftndigen, dann wandonden, endlich in den
befestigten Marktorten ansässigen und sudi mehr und mehr diflSarenzierenden
Handwerkentandes viel notwendiger. Außer diesen Marktstftdtcfaen konnten
größere Siedehmgen nicht Landbau treibender Menschen nur da entstehen,
wo entweder eine mühselige Handarbeiterbevölkerung Bodenschätze als Werk-
stoffe fElr weite Gebiete zu fordern hatte oder sich an günstigen Verkehrs-
straßen ein sich auf die Genußsuclit der weltlichen und geistlichen Herren
gründender Handelsstaud entwickeln konnte. (Schluß folgt.)
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402
A. Geistbeck:
Die Kameruliahii Ton Dmda laeli itm Manengtbabeigei ind lie
deitscbe Niger-BeniC-TMsee-Expeditidii (1902—1903) uter Frlti
Baier.')
l>unh iliro Lage am innorsten Winkel des Golfes von Guinea ist die
Kolonie Kauierim den wohlbebautcu und dichtbesiedelten Gebiett-n des Zentral-
Sudan nahe gerflckt und umschließt in dem äußerst niederscblagsreichenf bis
200 km breiten ürwaldstrich Itags der Küste wie in dem Ackerbauland am
Tsadseo Ländereien von hoher Ertrau'.snibij:keit , so daß Kamerun mit Recht
als die fruchtbarste deutselie Knlonie in Afrika bezeichnet werdt^n
kann. Wenn trotzdem ihre wirtsi hattliche Lage weit zurücksteht gegenüber
dem nahegelegenen Kongostaat und den angrenzenden englischen und franzö-
sischen Besitzungen, so liegt die Hauptorsache davon wohl in ihrem Mangel
an Verkehrswegen. Die zahlrmobea WasserlliiliB ans den Bandgebiigea kom-
men in Folge der Stromadmeilen und Wässerfälle, dann wegen ihres stark
wechselnden Wasserstandes als Scbiffalirtswege fast nirlit in Betracht, San-
naga und Wuri küniicu nur zur Re^cn/oit 50 — 60 km mit tiachgehenden
Fahrzeugen benutzt werden. Croßtluli, Benuü und Sanga aber leiten den
Vwkebr nach den Kttstenplatzen der benachbarten Kolonien. Der dichte
ürwaldgfirtel erschwert weiterhin den Zugang von d«r Kftote nun Hinterlande.
Nnnme^ hat die Kamerun Eisenbahngesellschaft onen Schienenweg projektiert,
der von Hikorij gegenüber Duala an der Kamerunmfindung ausgeht, in einer
Länge von KiOkm den Unvald^nirtel durchschneidet und das Grasland erreicht.
Die Bahnlinie zieht in dem großen Kameruner Talbecken, das in weitem
Umkreise durch einen losen Gflrtel hoher Qebirge umsäumt wird, gegea
Westen, fibersohreitet zwei Terrassenstufen in der Höhe Ton 100 m und 150 m
und gewinnt endlich in starker Steigung (l : 70) durch die Einsattelung zwisohstt
dem Manenguba- und Nlonakogebirge (2100 m bezw. 2400 m) das Savannen-
plateau in 900 m Höhe. Die Baukosten sind auf 17 Millionen veranschlagt,
wovon für 11 Millionen Reichsgaraotie vorgesehen ist.
In wirtschaftlicher Hinsicht erschließt die Kamerunbahn unermeßliche
Bestände von ölpalmen tmd EdelhOlaem (Mahagoni, Ebenhols und Bofhob),
sie ermöglicht die regelmäßige Zufuhr von Schlachttii i en aus dem TiehreidieD
Innern und begünstigt die Anlage von Kakao- und BaunipHanzungen auf
dem Basaltboden des Manenguba- und Nlonakogebirges. Das Plateau gilt
als nmlarialrei und zur Besiedelung durch Europäer geeignet. In politischer
Beziehung bedeutet die Bahn eine Stärkung der deutschen Herrschaft in dem
erst jflngst onterworfenen Gebiet Adamana.
Zur Untersuchung des wirtschaftlichen Wertes Adamauas und Deutsch-
Bornus, des deutschen Tsadseolandes und klassischen Gebietes deutscher
Afrikaforscliuug, nistete schon 1!U)2 das deutsche Niger-Beuue-Tsadsee-Komitee
eine eigene Expedition unter der Leitung Fritz Bauers aus, dem der diplom.
Berg-Ingenieur Walter Edlinger als Mineraloge und Wilhelm von Wal-
dow als kaufmännischer Assistent beigegeben waren. Am 30. September
1) Dem Baue rechen Berichte (BezUn, D. Reimer lUOl) sind zwei Karten nach
den Aufnahmen Edlingert, bearbeitet von M. Moieel, samt erläntemdem Texte
beigegeben. Diese Kiirteu bereichern — wie ein Vergleich mit Passarges Karte
lei^ — die Geographie Adamauae in wertvollster Weise, und Edlingers geo-
logische Ausffihxiuigen bestiltigen und ergebnen Pass arges Anidkaanngeo nach
mehreren Biditnngen.
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Die Kamerun ba hu u. die deutsche Niger-B enu 3 -Tsadsee- Expedition. 403
bneh die Expedition, naiheia 100 Hann stark, Ton Gaitla an BennSi den
Hauptztfltzpunkt der dentschen Schut/herrseliaft in Nord-Kamorun und einem
wichti'i'f'n Marktplatze, zur T?pi"s<^ (lurrli das Bi-mir-gebiet auf. Dieses bildet
ein von Kaiulhöhcn umsehlossoucs 8t'nkunj,'sf«'ld, dessen zahlreiche dewHssor
sich im lieuue sammeln, der bei Garua (^210 m) den Hochrand durchbricht
und d«r Kflstenniedemng sneilt. In Norden begrenzt es das llandara'Oebirge
(1200 n), in Bilden das Plateau Ton NgaOndere (1120 m) und in Westen
das Massiv dos Ssffri mit dem Flegolgebirge (1500 m); weniger geschlossen
erscheint der Ostsaum gegen das fraii/r)sis( he Tsadseeterritorium, wohin durch
den Mao Kebi, einen Nebenfluß des Benut-, un<I dif Seen- und Sumpfniederung
von Tuburi eine Art Bifurkatioo mit dem schiü baron Lögone, dem größten
wsstlidieB ZnfioB des Sehari, besteht, ma» nstBilidie Wassefstrafie von
Atlantischen Osean zun Tsadsee. Die intensive Verwitterung der Tropen
erzeugt in Adamaua nicht selten maleiisdie Landschaftsfoxmen , isolierte Ge-
birgsstöcke und Felsentürme, Steinburgen und Felsenmauem, die der einfJjr-
migen Hflgellandschaft streckenweise ein malerisches Ansehen verleihen. Die
zahlreichen Gew&sser, die der Beuue-Mulde von allen Seiten zuströmen, über-
fluten nr Regenzeit die üfor weithin und lassen einen feinen Sehlamm mffid^
der die Felder düngt.
Mit dem Verlassen der Benu8>Niedemng oberhalb Garüa betrat die
Expedition das Hügelland von Adumre, dessen Boden sich t:rr)ßtenteils aus
Gneis zusammensetzt. Das Ivand wird weniger fruchtbar, mit niedrigem
Domgebüsch wechselt mannshohes Grasland; doch fehlt es nicht an gut an-
gebauten Striehen nitDurrbaleldem, Erdnuß-, Indigo- undBaunwollpflanzungen.
Li Adumre, in den sfldwftrts sich anschließenden ]|^<^ebenen tou Buban-
djida und Ngaümdere, wie in ganz Adamaua hat der Laterit große
Verbreitung und bildet mitunter kilometerweit ein i'örmliches Pflast'^r. auf
dem nur uusjiruclislose (iräser fortkommen und seihst die Strilucher und
Bäume der Savanne fehlen. Daneben mangelt es nicht an fruchtreichem 6e-
ttnde. „Auf dem Plateau von Ngaümdere**, berichtet Fritz Bauer, „ritten
wir stundenlang durch außerordenÜich ausgedehnte Kulturen, auch rechts und
links erstreckten sie sich in unabsehbare Feme. Als wir dann endlich die
Felder hinter uns frelassen hatten, lag die eig«»ntliche weite Hochebene vor
uns. Sie ist leicht hügelig gewellt und beim Näherkommen bemerkte mau,
daß die dazwischenliegenden Tälchen vom Wasser tief eingerissen sind und
die zahlreiehen braoosehlammigen Fflitieii den Binderherden als notwendige
Trlnkplfttae dienen. Zu Hunderten werden diese prachtvollen Tiere, meist
Buckelochsen von hervorragender Größe, bunter Färbung und mit imposantem
breitgeschweiftem Hornerschmucke, in Herden auf der ganzen Ebene von
Weideplatz zu Woidej>latz getrieben." Den Rückweg nach Garüa, der in der
Kühe der Benul'-Quelle vorbeiführte, nahm die Expedition auf teilweise be-
kaantm Linien und erreichte nach 2'/, Monaten ihren Ausgangspunkt wiedw.
In Anbetradit der Höhenlage und der natOrlichen Beichtümer des Bodens
spricht sich Bauer zu Qnnsten einer dauernden Besiedelung Adamauas
durch Europäer aus.
Die Reise von Garua zum Tsadsee und zurück erfonK-rtr «irei Monate
und führte zum größeren Teile durch das vorwiegend von Fuibe bewohnte
Bergland Ton Nord-Adamaua. Isdierte Massive flberragen das allmthüch
bis 500 m auftteigende Plateau und schlieBen sich zuletzt zum Mandara-
gebirge zusammen. Dies besteht aus Granit mit Basaltkappen, ist in seiner
ganzen Ausdehnung gut bevölkert und mit Beis, Baumwolle, Erdnüssen und
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404
A. Oeistbeck: Die Eftmemnbftbn usw.
>frlonen wohl angob.iut. Schon ITiOkm südlich vom Tsad beginnt das voll-
koimiifn ausgeebuetf Flachland, walirscheinlich fiüberer Seeboden, der mit
Buschlaiid, zum grüüten Teil aber mit Ackerfeldern bedeckt ist.
„Die ganze Gegend**, sagt Frits Baner, „ist ein grofies Feld, auf dem
wir übenill Leute beschäftigt saben, die dürren Kombalme zasammenznfegeii,
um die Äcker für die Anssaat vor/uboreiten. Die Leute machfpn einen sehr
v«'rständigon, gesetzten Eindruck und waren durchwegs kräftige, tiefdunkle
( JL'>talten." Df utsch-Bornu, die Tsadscinginn Kaineruns, bat zur Haupt-
stadt Dikoa, den Sitz eines Sultans und einer deutschen Militärstation ; es ist
zagleieb der Hauptbandelsplatz Bomiu. Die Bflcicreise ging den Schari aaf>
wftrta nacb Kiiaseri an der Lögonemündimg, teilweise durch sumpfige Beviert
xmn Sultanat Mani i und zu den Landschaften dos Mandaragebirges, die unter
dem Sfhut/.e der deulMlien Ilerrsihaft im Aufblühen begriff'^n sind.
Die dritte Heist» Hauers führte von Gania den Karo, den niächti^steo
linken NebcnÜuü des Benue, aufwärts bis Kontscha (420m), dessen Ent-
fernung Yon Gania in Lnftlinie 200 km beträgt Dm Land mit seineB
tiefeingesenkten Plateautälem bietet reizvolle Ansichten, der Stamm der Batta,
einer der schönsten der Kolonie, treibt Schaf- und Ziegenzucht; Rinderzucht
wird durch das Vorkommen einen der Tsetsefliege verwandten Insekts behindert
Die Stadt Kontscha ist ein Handeismittelpunkt, ihre Umgebung zeigt leb-
hutten Anbau.
Politisch zerftUt das deutsche Gebiet von Bomu und Adamana in
zehn selbständige Sultanate unter deutscher Oberhoheit, awisehen denen noch
über 60 kleinere unabhängige Gebiete verteilt liegen. ZaUraidie Dörfer und
Gehöfte der Bantuneger sind meist um die <!eliirgsstöcke gnippiert und ni>ch
nicht unterworfen. Diese anspruchslosen Neger b beu in ihren DöriV-ru ein
abgeschlossenes Dasein, ihre Kleidung beschränkt sich utt auf Blätterbüschei,
Sklaveujagden haben sie scheu und miBtrauisdh gemacht. Tttlweise sind ne
den Fulbe tributpflichtig. Sie in ein Temflnftiges AbhängigkeitsTerhSltnis la
bringen und m friedlichen Ackerbürgern zu erziehen, dürfte eine Hauptaiif>
gäbe der dcutsi licn Verwaltung sein. Bei den Fulbe in Adamaua und den
Kanuri in Rurmi ist ln'ute die deutsche Obt-rlierrscbaft zur Durchführung
gelaugt, und die Sultane scheinen sich mit der Neuordnung der Dinge aus-
gesöhnt zu haben.
Ffir die Entwicklung der handelspolitischen Verhältnisse Kord-
Kameruns kommen vorläufig nur die von Ftilbo- und Bornuleuten bewohntOl
Gegenden in Hftraclit. i>or alte Wüstenhandel hat mit der Aufhebung der
Sklaverei >ein<- wcrivollste Rimesse Vfrloren und ist dalur sehr zurück-
gegangen. Das Land im groben halte davon auch uicht den geringsten
Nutzen, wurde Tielmehr fortgesetst seines größten, natttarliehen BMchtoms, der
menschlüdieo Arbeitskraft, beraubt Ein wichtiger Faktor im Handd N >id
Kameruns ist der Haussa. Er ist das ^ rene Handelsgenie, ausdauerud,
zUh, genügsam und weitblickend; er Ltsit/.t ein^ iiben-aschende Fähigkeit,
sich dem (Charakter seiner Kunden anzuj)assen, und sib'Mit nicht mühevolle
monatelange Miirscbe, um einen bescheidenen Gewinn zu erzielen. Der wan-
dernde Ha.ussa- Kleinhändler ▼ertreibt auch die eunq^äisdien Lnportartürit
doch sollte unbedingt danadi gestrebt werden, einen besser atnierten, seBhsftsa
Eaufhermstand aus dieser Klasse zu entwickeln; der Europäer beschribke
sich in der Hauptsaclie auf den Großhandel. Über die Tran sport verh$H-
nisse d<'s Gebietes iinßi rt sieb Bauer sehr günstig. Das natürliidie Eiugaags-
tor der Kolonie ist die Wasserstraße des Niger-Benue, von denen letzterer für
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G. Pfeffer: Die geographische Verbreitung der MoUneken ruw. 405
flacbgehende Flußdampfer vier Monate, für tiefgehende zwei einhalb Monate bis
GaWA befabx1>v ist In der Begenxeit erleichteni den Yerkehr die sahireichen
Wasseradern Nord-Kamonns, welche mit Canoes weit ins Innere hinein be-
filhren werden können, die größeren Flüsse, der Mao Kebi, Mao Scliufi, Faro
nml Mao Doo, eipnon sieb während df^r Rotionzoit nurh für flaehgehendo
Dampter. Dif Straßen in Adamaua führen durch eiu .su günstiges GelUnde,
daß vorerst nur an einzelnen Strecken Verbesserungen notwendig sind; Zug-
tiere: Pferde, Esel, Ochsen sind im Lande einheimisdk.
Weder in Adaunaoa noch in Bomu haben sich bis jetzt Edelmetalle oder
abbauwürdige Erze gefunden. Die Schätze Nord-Kamemns heißen Frucht-
barkeit und AbeitskraftI Für den Plautagcnlian sind die Bodcnvcrhültnisse
günstig. Auf großen, zum Teil bis jetzt unbenutzt cn Strecken besteht der
Boden aus schwarzer, schwerer Erde; das Klima ist tropisch-kontinental, die
Regenzeit setzt sieber, abw in milder Form ein, so dafi irilhrend ihrer ganans
Dauer gepflaait werden kann. Meist ist das (jeMnde sanfb gewellt und des»
halb die Bewässerung durch AbzugskaoHle leicht zu regulieren. In erster
Linie sind als Ilandelsobjokte Nord-Kameruns Oiimmi arabicum (bis /u 'JOOO
Tonnen im Jahre), Shea-Nüsso und Straußenfedern zu nennen, die in grr»ßeren
Mengen und zu günstigen Preisen angeboten worden. In zweiter Linie kom-
men in Betracht: Elfenbein, Gummi elastienm und Guttapercha. Die im Lande
gepflanste Baumwolle findet daselbst ihren Verbrauch und ist dementsprechend
zu hoch bewertet, um jet/t si hon als Importartikel in Betracht zu kommen.
Die Hebung de< Baumwollbaues in den dazu geeigneten Tiiindstn'.hen ist
aber ilir Europa zur Lebensfrage geworden, so daß es die vornehmste Auf-
gabe der Landesverwaltung sein sollte, gerade diesem Zweige der Landwirt-
schaft besondwe Nege zu widmen. Die HögHebkeit einer au^ddmt«i
Binderzucht in Adamaua als einem Torwaltendem Savannenlande ist schon
mehrfach angedeutet worden In Anbetracht all dieser Tatsachen zögert Bauer
nicht. Adamaua eine Zukunft zuzusprechen. Es ist dies eine wertvolle Be-
stJUiL'ung des gleich günstigen Urteils Passarges. Nachrichten, die jüngst
durch die Presse gingen, lassen annehmen, daß wirtschaftliche Unternehmungen
in NoidoKiBmtmn bereits im Werke sind. A. Qeistbeok.
Die geograpUMbe Yerbreitmg der Mellisken In dem
palaearktiscben Gebiet^)
Eine zoogeographische Arbeit über das palaearktische Gebiet von Kobelt
ist immer ein Ereignis. Es gibt niemanden, der den Stotl' zoologisch -syste-
matisch wie geographisch so beherrschte, wie er, und der im Staude wäre,
ihn in der Anschauung des historisch Gewordenen — phylogenetisch wie geo-
logisch su einem begrifflichen Bilde Ton so hoher Wissensehaftlichkeit zu
gestalten. Außer einer Einleitung Aber „unsere heutige Kenntnis der Ver-
breitung der europüischen Binnenconchylien" bringt die Arbeit in der ersten
Abteilung „die geographische Verbreitung d^r Mollusken in dem palaearkti-
schen Gebiet" und in der zweiten ein „System der palacarktischcn Biunen-
oonehjlien**. Für den Geographen hat nur die erste Abteilung Interesse; sie
1) Kobelt, W. Die geogiaphlBche Verbreitung der Mollusken in dem palae-
aiküsohen Gebiet X u. 170 8. 6 lithogr. E. Wieebaden, Knidd 1904. JC 18.60.
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406 G- Pfeffer:
bringt (A) eine soogeograpliische Übersicht, (B) die Verbreitung d«r eundnen
Gattungen, ünt« rgattungon und Arten. Den Teil B, zu dem Karte IT bis VI
geboren, sollte kein Geograpli, besonders wenn er Sinn für die Ooschichte
des Mittelmt'ers bat, versäumen zu lesen; er wird hier eine l i)erlulle wich-
tigen Materials vereint ünden. — Der Teil A bringt einen verkürzten und in
manchen Teilen yerftnderten Auszug ans den kOeÜidien „Studien zur Zoogeo-
graphie"') denelben Verfaeeera, denen Haupt- und Grondgedanken etwa fol-
gende sind.
In der alt weit liehen nördlich-gemäßigten Zone unterscheiden wir
einen europäischen Teil im Gegensatz zu dem asiatischen; erstt-rer wird
umgrenzt vom Tal des Ob, der transkaspisch-persischen Wüste und der Öahara;
er hat offenbar seine MoUasken-Fanna seit langer Zeit eelbstlndig «itwickeU;
die meisten seiner Gattungen sind ihm eigen und haben, soweit wir wissen, seit
dem frühen Tertiär hier ihre ausschließliche Entwicklung erfahren; über die Grenie
hinaus peh* n « ii/entlich nur die Süßuassermollusken, einige Mulm-Schnecken
und eine An/.uhl kleinerer, leicht verschleppbarer Formen. Nach dem trans-
sah arischen Afrika zu ist die Scheidung die denkbar schärfste (abgesehen
Tom Nil, der seine durohaos aethiopische Fauna bis snr Mflndung hin^ftthrt):
„kein Achatinide findet sich nördlich der Sahara, keine echte Heliz sfidüf^i
davon**. Freilich deuten die Vorkommnisse palaearktischer Formen in Arabien,
Abessinien, am Tanganyika, in Ost- Afrika und in Nordwest -Indien auf einen,
jedoch weit zurückliegenden Zusammenhang.*) Das indische Fauu en-
ge biet steht durch einige Ubiquisten mit dem palaearktischen Gebiet, durch
seine BuHmimts mit Zentral - Asien in Beziehnng. — Das abflußlose
Gebiet Inner-Asiens sehlofi man frOber allgemein an das enropSische
Gebiet an, aber mit Unrecht, wie neuere Untersuchungen gezeigt haben.
Die Helieiden Inner-Asiens sind keine echten Helices, sondern Eulotiden. die
das Gebiet mit Ost-Asien verbinden, und die Jin/iminus gehören durchaus zu
anderen Untergattungen als die europäischen. Daß die zentral- und ost-
Bsiatisclien Typen firflber bis ins enropftiscbe Gebiet reichten, wissen wir;
als Relikte haben wir bei uns heut noch die bekannte Eulota fruaeum^ ferner
am Kaukasus eine Clausilie des ostasiatischen Typus (Fhaedusa) und in Nord-
Persien einen Cifclntus; Phnrdnsa, wie Cydofus sind dem Steppenklima in
Inner-Asien iHngst erlegen; erst in Ost-Asieu treten sie wieder auf. — Im
Norden, wo Wald und Tundra an die Stelle der Wüste treten, verrückt
sieh die Grenxe der enropSischen und asiatischen Region, freüidi Torwiegend
för die Wasserschnecken; neue Formen treten erst im Amur auf. Es scheint»
ob nach der Zersti^rung der Fauna durch die Eiszeit die NGu-Hevölkening
vorwiegend vom europilischen RußUmd her erf(dgt sei. — Sehr strittig ist,
ob wir eine lioloburi'ale Provinz annehmen müssen, oder ob sie in eine
palaeo- und neoborealc zu trennen, oder ob gar noch eine dritte (Ost-Sibirien
und Nordwest- Amerika umfassende) au&nstellen ist Bidierlidi hat der
nördlidie Teil Ton Nordamerika mit Europa einen gewissen Brucbteil seiner
Mollusken fauna gemein; die Continuität beider Gebiete geht über Sibirien.
Dagegen ist das neoboreale Gebiet (kurz gesprochen die Vereinigten Staaten)
Ij Wiesbaden 1H97 und 1898.
S) Referent gestattet sich hier darauf hinzuweisen, daß von d'Ailly ans Ka-
merun, von V Martens ans Ikutsch-Ostafrika oclite //e/»> letztere an unsere
Fruticicoleii anschließend) beschrieben sind, es ist das ein vielsagendes Parallel-
verhältnis dazu, daß die durchaus palaearktisihe Gattung der echten Eädednea
(Lacerta) eine Axt an der Goinea-Küate und awei in Ost-Aftika aufweist.
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Die geographische Verbreitung der Mollusken usw.
407
in seiner heutigen MoUnskenikium wie in deoren Gesehichie weit TOn dem
palaeoborealen Gebiet sn trennen.
Das europäisch-boreale Gebiet zerfällt in drei parallele latitudinale
Gebiete, die boreale^ alpine und eircummediterrune (an andern Orten auch
„meridionale^' genauutej Kegiou. Von einer besonderen arktischen Region
ist »bineelien, da die einzige arktische LandscbneckeDart (Zoogenetea harpa)
auch in den Alpen gefunden ist; die cirkumpolare Verbreitung einer Anzahl
TOn Arten datiert wahrscheinlich bereits aus der Periode vor der Eiszeit.
Dio boreale Rep-ion umfaßt das ganze Gebiet nördlioh der Alpen,
einschließlich der deutschen Alpen und der Schweizer bis /um Viensaldstädter
See; in Frankreich liegt die Grenze erheblich nördlich der Oliven -Region.
Die Qironde- Senke gehOrt nicht mehr nur bovealen Region; überhaupt ist
ein lireiter Küstenstreifen am biskaischen Meerbusen bis zur Bretagne als
ein ^littelgUed borealer und aquitanischer Fauna zu betrachten; dieser Stareifen
setzt sich, entsprechend der früheren Landverbindung, auch auf Irland und
England fort und erreicht in seinem Bußersten Ausläufer Schottland Die
boreale Region scheidet sich in eine keltische, germanische und slawische.
Die alpine Region nm^^St das geiUtete Gebirgsland Tom atlantischen
Ozean bis zum kaspischen Heere. Eine gewisse, bei aller Verschiedenheit
der einzelnen Provinzen ansgepr>e Ähnlichkeit rechtfertigt die Aufstellung
dieser Region. Ihre Fauna ist älter als die Erbebung der Faltengebirge,
wie aus der teilweisen (ileichheit der Faunen der nöni liehen und südlichen
Abhänge hervorgeht. Die Region zerfällt naturgemäß in drei Provinzen:
1) Die p jrenftische ProTinz, nördlich bis zur Garonno-Senke, sfldUcfa bis znr
Sierra Slorena; Ost- und Westgrenzc werden durch die Abstürze des kasti-
Hanischen Hochlandes gebildet; zwischen PjrenSan und Alpen klaflft eine
Lücke, in der die alpine Region unterbrochen ist, sodaB sich an der Grenze
der Oliven - Kegiou <iie boreale und mediterrane Kegiou beiöihren. 2) Die
alpine Provinz, im Süden durch die Po-Senke begrenzt; sie scheidet sich
in eine westliche und Sstlicfae Abteilung; selbstftncUg stdit aufierdem dem
oetalpinen Gebiet das Karstgebiet gegenüber; femer Dalmatien als die selb-
ständigste und eigentümlichste Provinz der alpinen Region; des weiteren das
Gebiet der Karpaten und der siebenbürgischen Alpen. Oh eine balkanisebe
Provinz anzunehmen uud ob sie noch w«'iter zu gliedern ist, ist wegen der
Dürftigkeit unserer Kenntnis nicht zu sagen. Die Verbindung zwischen der
Donaa- Mündung, als dem lußersten Punkte des balkanisdien Gebietes, und
dem Kaukasus bildet die taurische Provinz; ne enthftlt endemische und boreale
Formen. 3) Die kaukasische Provinz.
Die mediterrane Region umfaßt alle Liluder, deren Flüsse dem Mittel-
meer zufließen, nut Ausuahme der ponti.'?clieu und der 8üdabhänge der Alpeu.
Dies Gebiet ist von jeher zoogeographisch als eine Einheit betrachtet; die
Botaniker bezeichnen es als die Oliyen-Region. Ln einzelnen zeigt sie grofie
Unterschiede der fannistischen Ausprägung; allen Teilen gemeinsam ist die
Ausprägung einer eigmartigen Küstenfaunula.') Man unterscheidet am besten
drei Hauptabteilungen, eine westliche, zentrale und östliche. Die westliche
ist die mauritauisch-andalusische; die Baleareu nehmen eine Sonder-
stellung eiu. Die zentrale, italische umfaßt Italien südlich der Po-Ebene,
einschließlich der Küste Liguriens und der OliTen-Region Sfld-Frankreichs. Das
ebene Katalonien osofaeint als ein neutrales Grenzgebiet mit Misdifkuna zwi-
t) 8. auch oben: boreale Begbn.
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40d ^- Pfeffer: Die geographiücbe Verbreitung der Mollusken usw.
•eben der italucbMi uod der inauritanisch-andalosiBchen Provins. Die tjr-
rheniachen Inseln und West -Sizilien bilden zwei ziemlich selbständige ünter-
provinzpn. Die östlicln', orientalischf» A})tfilung .s<hei(l«'t si'h in eine
grüüerp An/.iihl von l.ntcralitfilun^'en: sio umtabt Griej^'henland , die Küsten-
länder des Archipels, die West- und Südküste Kleinasiens (die Nordküste
schließt rieh an die kaukasische Prorinx an), Vorder- Arien, MesopotamieD,
Unter-Egypten und die Sahara-Kfiste bis rar Oase Ton Tripolis; hier begegnet
rie sich mit der maaritanisch-andalusischen Abteilung. Zwischen die orienta-
lische und die Südgrenze der alpint n Uo'jion schiebt sich die albanische Pro-
vinz ein, die vielleicht in eine albanisdie s. str. und eine ma/edonischo zn
teilen ist. Höchst eigenartig ist, wie Kobelt in den „Studien" des näheren
begründet hat, daß die f&r die Mollusken -Yerineitong maßgebende Graus
zwischen Europa und Arien nicht durdi den Bosporus und die Dardanellen
dargestellt wird, s(mdern <lureh die Tertiärsenke, die durch das Maritza-Tal
7,uni südwestlichen Pontus läuft. - Die beigegebene farbige Karte I erläuttrt
die /.oogeogruphische <Jliederung des europäisch-geiniißii,'tca Gebietes. — Um
die eigenartigen faunistischeu Verhältnisse der Mittelmeur-Kegion ins recht«
Licht zn setsen, rieht Kobelt den Tiefstand des Mittelmeeis rar Zeit des Hio-
cins heran, den rieh etwa hieraus eigebenden Landgewinn Teransobaiilicht
er duroh Eintragung der Tiefenlinie yon 200 ra in die Karte I O. Pfeffer.
Cfeognpfeiseke Neilgkelten.
ZusanunengetteUt von Dr. August Fitsau.
.Allgemeines.
* Das Zeutralburean det inter-
nationalen seism ologisehen
Staatenassoziation, wobben 1903 von
der in .^traUburg tagenden zweiten inter-
nationalen Erdbebenkonferenz begründet .
wurde (O. Z. im. 8. 633), ist jetst fertig {
eingcricbtet und in voller Tiltigkeit.
Nach einem Itundschrciben seines Di-
rektors, Prof. Dr. Gerland, bat es sei-
nen Bits in StiaAburg i. E.; die Arbrits-
ritume befinden sich in dem Hause der
Kaiserl. Deutscheu Ilauptstation für Erd-
bebenforschung. Die liutrumente und
Sammlungen Hieben auch ftemden Be-
Bnchem, namentlich den Angehörigen der
a8807.iiert4'n Staaten, für eigene Arbeit<'n
zur Verfügung, soweit dicä olme Störung
der regelm&ßigen Beobachtong der In-
strumente möglich ist. Die Hauptauf-
gabpn <b's Zfiitralbnreaus sin«! nach den
Piuncu »umes Direktorä zunächst instru-
menteller Art, die sn immer eingehenderem
VerHtändnis der Instrumente führen sollen.
Mit einem b^Vannten Erdlielienforscber
sind Verhandlungen angeknüpft für länger
dauernde Arbeiten dieser Art im Zentrri-
bureau und mit Instrumenten der Haopt»
Station. Auch sefariflstellerisoheAifaritsn
liegen dem Zentralbureau ob. So wird
jetzt von der Ilauptstation in den Bei-
trägen zur Geophysik ein Katalog aller
bekannt gewordenen ostariatischen niikro>
floismischen Beben verOfTentlicht, den Prof.
Rudolph ausgearbeitet hat. Ebenso
wurde der von Rudolph ausgearbeitete
Katalog der i J. 1908 bekannt gevotdanen
Erdbeben für die folgenden Jahn TOa
Zentralbureau fortgefiilirt und ein Katalog
aller beobachteten Mikroseismen xn-
sammengeatelli Um diese Arbeiten in
möglichster Vollständigkeit leibten zn
können, werden alle Delegierten auf das
Dringendste gebeten, in ihren Ländern
dafftr Sorge tragen in wollen, daB dem
Bureau möglichst genaue Nachrichten über
alle seismischen Beobachtungen zugeben,
welche daselbst gemacht sind. Sehr för-
derlich wflrde für das Zentralburssn saeh
die Zusendung älterer, schon gedruckt
und fertig vorliegender Werke sein,
welche sich mit der seismologiscben £r-
Dlgitized by Googl^
Geographische Neuigkeiten.
409
forschnnfv einzelner Länder oder der Qo-
samterde beschäftigen.
* Die internatioBftleTereinignng
znr Erforschung der Polargebiete,
die auf dem WeltwirtHchaft-kongreß von
Möns im vorigen Jahre augeregt wurde
<G. Z. 1906. S. 641), wird noch in diesem
Jahre xn Stande kommen . A uf jeaem Kon-
greß war von einer Keilie von Ii ervorragen-
den Polarreisendeu beächlosaeu worden, im
Jahrel906 eineaUgemeineYersamnilnng der
wissenBcbaftlicben Teilnehmer und Schiffs-
offizicr-' <l«'r l>eilenteren Polarexpeditionon
zusammuuzuberufea, welche die Grund-
lagen SU einer internationalen Vereinigung
sur Erforachung tlur IVlari^cbicte fest-
stellen öollte. Nachdem die belgische
Kegierung bei den übrigen Staaten die
vorbereitenden Schritte getan hat, wird
die erste internationale Polarkon-
fcrenz vom 7. — 11 S(']»t*'inber in Prünsel
im „Palais dea Academieä'^ zusammen-
treten. Ans der reichhaltigen Tages-
Ordnun<7 seien die fol;,'enden Punkte her-
vorgehobi-n : Entwurf »'iiics Planes der
Entdeckungsreisen und audereMaßnahmen,
die sieh snr YeieiBheitliehnng der Polar-
forscbung eignen« Fastsetsung wissen-
schaftlicher Programme und Prinzijtien
der Organisation. Man will besondere
Abteilnngen f3r Astzonomie, Geodäsie,
Hydrographie, Topographie, Mt'teornlo<;ie,
Erdmagnetismus, atmnsj>liäris(he Elek-
trizität, Erforschung der oberen Luft-
schichten, fBr Geologie und Erdbeben-
kmule, für Ozeanographie, für Biologie,
für AuHfÜHtung, Verproviantiening, Trana-
portmaterial , aeronautische Ausrüstung
der festen Beobachtongsposten und der
Expeditionen bildt'n. Vor allem soll die
Konferenz selVjstverständlich zur Gründung
einer internationalen Vereinigung zur Er-
forschung der Polargebiete fOhren, die
sich neben der Sjstematieierung der Polar-
for!?chung mit der Untersuchung und Ver-
ötfenilichung der Polar-Expeditionen be-
fiwsen und alle üntemehninngen, die auf
wissenschaftliche Erforschung der Polar-
gebiete hinzielen , durch materielle Bei-
hilfe und liatschläge unterstützen soll.
Nähere Ansknnft erteilt der wissen-
sehaftliche Direktor des Belgischen Ob-
servatririums in üccle, Lecointo, der
als zweiter Kommandant au der bel-
gischen Sfidpolarexpeditton teilgenoai>
ineo hat.
Europa.
* über die Bevölkerungsverhält«
nisse des Dentsehen Beiohes nadi
der Zählung vom 1. Dez. l'J05 teilen die
Viertel jahrshefte zur Statistik des Deut-
schen Reiches (iU06. S. 33d} folgendes
mit: Von der ortsanwesenden BerSlkening
von GO (•)()-) 1H3 Personen waren 29 868 096
männlichen und 30 737 087 weililichen
Geschlechts. Seit dem 1. Dez. 1900,
wo die BeiohsbevOlherung dch anf
66 867178 belief, ist die Einwohnersahl
um 4 lV^i* 005 oder 7.02**',, gewachs'^n.
Seit dem liestand des Deutschen Reiches
ergaben die YolksaAhlungen folgende Er>
gebniase:
Zuwachs
Einw. von 6 zu 5 Jahren
1871: 41068799 absolnt in %
1875 : 42 727 3ßO 1 (56s 668 4,06
IHSO: 4r. 234 0f,l 2 50G 701 6,87
1886: 46!s:>6;u4 1 G21 G43 d,ö9
1890 : 49 498 470 8 672 766 6,49
189'j : 62 270 <J01 2 851 431 5,77
lt)00: r.r. ;(r)7 17s 1 087 277 7,82
190Ö: 60 6Uölö:i 4 238 Ü05 7,62.
Im Jahrfünft 1900—1906 hat also die bis-
her höchste Bevölkerungszunahme
im Dentsclion Reiche Htatt|:ornnd<'n, wäh-
rend die relative Zunahme etwas gegen
das vorhergehende Jahrfünft cnrttekblieb.
Während sich die Bevölkeruufj im Jahr-
fünft 1880 Sä im Jahresdiiichsehnitt nur
um 0,70"^^ vermehrte, betrug die Zunahme
in der lotsten Zfthlperiode 1,45% im
Jahr, also mehr als das Doppelte. Im
ganzen hat sich die Einwohnerzahl des
Reiches seit 1871 um 19 646391 oder um
47,61''/o vennehrt; seit 1858, wo das jetzige
Reichsgebiet 36 113 644 Bewohner zählte,
ist die Volkszahl um 24 401 531) oder um
1,04% im Jahresdurchschnitt, seit 1816,
wo die Bewohnervahl 84 838 896 betrog,
um 35 771 787 oder um 1,017« >™ Jahres»
durchschnitt gestiegen
Was die Uevölkeruugsdichtigkeit
betrifft, so hemmen jetzt bei einer Reiohs-
fläche von 540 742,6 qkm 112,1 Einwohner
auf 1 qkm des Reiches. Die fortscli rei-
tende Verdichtung der Reichsbevöikeruug
ergibt sich ans ffdgender Anfttellnng.
Auf 1 qkm kamen Einwohner:
1871: 76,9 1890: 91,4
1875: 79,0 1896: 96,7
1880: 83,7 1900: 104,8
1886: 86,7 1906: 118,1.
6M«nphlMh* Mtaehilft. VLJäbgtu^. 1S06. f. Hall.
98
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410
GeogrAphitelie Neuigkeiten.
An I?f\ ölktTinipFsdiflitij^keit wird Dcutsch-
luud, Wfuu mau von Läuderu wie Btilgien,
Holland u. n., deren Qr5Be gegenflber der
Deutflchlands zu ungleich ist, absieht,
namentlich von Großbritannien und Irland
mit einer iievülkeruugädichte von 132 und
von Japan mit einer von 188 Ubertroffen.
Dag^^ stehen Frankreich mit 72,6,
Sj>ariien mit at\.\t und Schweden mit 11,6
weit hinter iJeuti^chlaud zurück. Im
Denieohen Reiche erscheint al^esehen
von dm Raneaetaaten am dichtesten be-
vidkert «Ins Kiiriij^reich SarliHcn, wo 3oO
Eiuw uhuer auf 1 qkm lebeu, dauu folgt
Benfi ft. L. mit 888,9, Hessen mit 157,6
und SachH'.-n-Altenburp n)it 15ri,0 Einw.
auf 1 qkin. Am dünnnt€n bevölkert ist
Meckleuburg-Strclitz (3ö,2), Mecklenburg-
Schwerin (47,6), Waldeek (58,8) und Ol-
denburg (98,8). Di<' Steigerung der Dich-
tipkfit ist am grüUten gewesen im Könijj-
reich Sachsen, wo im Jahre l^ll nur 17U,
jetst aber 800 Einw. anf 1 qkm wohnten.
Die Zahl der (Jrnßstinlt. , d h. der Städte
mit lOÜ OOü und mehr Einwohnern, ist
seit lUÜU von Sii auf 41 geätiegeu.
* Die anthropologischen Yer-
hlltnisse D&nemarlcs sind bisher nur
wenic;' untersucht worden, trotzdem die
geographische Lage Düuemarks als eines
bergangggehietes swischen Skandinavien
einerseit« und Mittel- und West-Europa
anderseits auf besonders interessante
MischungHverbältnisse zwischen der lang-
scbftdcligen nordis«^«! niid der kuri-
Bchädeligen sog. alpinen Rasse schließen
läßt. Um dit'se Lücke auszufüllen, ist,
wie Steeusby iu Fet. Miit. 190G. iS. 114
mitteilt, mit Unterstlltsung des Carlsberg-
fonds eine ant1'.r<>]ioli>gis('lu> Ma.ssennnter-
Huchunj» der dänischen Bcviilkerung ge-
plant und vorbereitet worden, uud der
Reichstag hat vorllnfig die Untemdmiung
gestützt und gesichert. Die Arbeit ist
bereits im Hnnpp, indem mehrere Mit-
arbeiter des damit beauftiagten Komitees
anthropologische Messungen nnd Beob-
achtungen in den verschiedenen Gegenden
des Landes anstellen. M;in hat damit
angefangen, in kleineren Distrikten mög-
lichst sBmtÜche Erwachsene sowohl m&nn«
lichen wie weiblichen Geschlechtes in
dif T'iitrr.suclinn<r einzubezielifii und an
gewissen Stellen, wo viele Landieute zu-
sammenkommen , soznsageu anthropo-
logische Stationen sa errichten; anfierdem
soll alle 2ö Jahre oder öfter eine Unter-
suchung der leiblichen Verhältnisse der
Schulkinder Torgenonunen werden. Selbst-
yeiatftndlich wird es mehrere Jahre daueni,
bis man ein hinreichend großes Material
gesammelt hat, um ein entscheidendes
Resultat über die RaesenbeetaadteQe d«
ganzen Nation zu gewinnen.
* Der Simplontunnel ist am .10. Mai
unter großeu Feierlichkeiten durch den
König TOB Italien und den sehweiserisdiea
Bundespräsidenten eröffnet und Tags
darauf dem allgemeinen Verkehr über-
geben worden. Damit ist jedoch das Pro-
jekt der Herstellung einer möglichst kur-
zen Verbindung zwischen der westlichen
Lombardf'i und der Schweiz nur t»'ilw.4se
gelöst, da die nötigen Zufahrtslinien
cum nenerbanten Tunnel bis jetzt nur
auf der italienischen Seite vorhanden
sind, während die Tunneleisenbahn an
. ihrem Mordende ihre einzige Fortsetzung
|in der Rhonetalbahn findet, die vom
j Genfer See das ithonetal aufwärts führt
nnd für die Mehrzahl der Keisenden be-
sonders aus der Schweiz und dem uord-
SetUchen Frankreich einen großen Umweg
zum Tunnel bedeutet. Zwischen dsr
Schweiz und dem nördlichen Tnnnelein-
gaug bilden die i3erner Alpen vorläufig
noch eine gewaltige TakehrseohTanke,
zu deren Umgehung man die Rhonetelp
bahn benutzen muß, wodurch die nur
86 km in der Luttliuie von einander eut-
femt liegenden StSdte Bern und Brig an
der Einmündung der Simplon- in die
Rhonetalbah u atif 30i) km Hahnentlemnnfif
vou einander getreunt werden Die zähe
Energie der Schweber, der doch in erster
Linie di<> Ausführang des Simplontunnels
zu vti'liuikt'n ist, hat sich sofort nach
VoUeuduug des Tunnels mit der Lösung
des Problems der nSnUichen Znfiüutts-
linit ti befaßt und die dazu unumgünglich
notwcuihj^'e Durchtunnelung der Hemer
Alpen in Angritf genouuuen. Zunächst
handelt es sich noch um die Lage des
auszuführenden Tunnels; auf der Nord"
scitc ii< r Rerner Alpen kommen als Zu-
gänge zum Tunnel zwei Täler, das Ober-
simmentftl nnd das Kandertal, die beide
die gleichen Vorteile bieten, in Betracht,
während auf der Südseite die beiden Täler
des Wildstrubel uud des Lötschenbaches
verschiedene Vorteile bieten, die eine ge*
naue PMfiing des sukflnftigen IVflgektes
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Geographische Neuigkeiten.
411
nOUg mMhen. Von den drei an^gearSei-
toten Projekten hat der Schweizer Inp;e-
aienr ZoUiuger da« Lötscbbergprojekt
nur AnsfUinmg empfohlen, und ohne
Zweifel wird dieses, welches den LtStsch-
berg durchtunnclt und das Kander- mit
dem Ldt«chental verbindet, zur Auulüh-
rong gelangen. Die auHmfOhrende Bahn
wird dann in Fmtigen beginnen und in
Bripr enden. Der zu erbauende Tunnel
wird eiue Lilnge von 13 696 m und eine
Marimaleteigung von 80; 1000 haben; die
Baukosten sollen 8a Millionen Frcs. und
die Hauzeit ö'^ Jahre betragen, (ileich-
seitig empfiehlt ZoUinger die £infülu:uug
de« elektoisehen Betriebes, weil dieser
die starken Steigungen leichter über-
windet. .\u^< demselben Grunde hat man
auch sofort nach Inbetriebnahme des
Simplontannels mit EinfQhrang des elek-
triachen Betriebet an Stdle der Dampf-
mascliincn V»c'fronnen. Wepron der nötigen
Einarbeitung des Personal» in den elek-
trischen Befaieb wird «ich seine BinfSh»
rang nur schrittweise vollziehen, aber die
Simplontunnt'lbahn wird der erste Schie-
zwischen drei und sieben Metern, die Qe-
fichwindigkeit erreichte bei dem zweiten
k>trom fünf Meter in der Minute. Alle
StrOme legten mehrere Kilometer sarflck;
ihre Oberflächen zeigen geröllartige Bil-
dungen, was für die Wueht der Eruption
spricht, da sonst die Lava Strähnen oder
TaMn an der OberilKohe bildet Die
Gesamtmenge der während des Aosbrachs
ausgeBchleuderten Aschen und Lapilli
wird auf Ho Millionen Kubikmeter ge-
sebttst; die Asehensehieht erreichte in
Ottajano und San Oin^eppe eine HOha
von 1 m, in der Nilhe den ObservatoriumB
von 40 cm und in Portici von 15 cm.
Durch 'Wind wurde die Asche bis nach
Cattaro und Ragusa getrieben, wo in der
Nacht vom 8. ztirn U. April ein reichlicher
Aschenfall beobachtet wurde; Paris war
am Morgen des 11. April von einem dich-
ten grauet» Nebel bedeckt, der so dicht
war, daß die Schiffahrt auf der Seine
eingestellt werden mußte; die Untersuchung
des gesammelten Stanbniedenehlags er>
gab volle Identität mitVesuvasdienproben
aus (l> ui Jahre 1H22. so daß man es hier
nenweg durch die Alpen mit völlig elek- wuLil auch mit Vesuvasche zu tun hat.
I Im Haflanbezirlce Ton Triest wurden vom
trischem Betriebe werden
« üm ein klares und suTeriftssiges
Bild von den Wirkungen des letz-
ten Yesuvausbruches zn erhalten, bat
das kgl. Geologisehe Amt in Rom
eine Vesuvexpedition seiner Mitglieder
veranstaltet und auf Grund ihrer Mittei-
lungen folgendes verötientlicht: Der Kra-
ter, der sich seit 1895 langsam aufgefüllt
hatte, und die kleinen Aschenkegel, die
sich an den Außenwänden des Kraters
1.'). — r.i. April bei andaoenidem Regen
leichte AschonfJille konstatiert , die nach
mikroskopischer und mikrochemischer
Untersuchung Tulkanischen Ursprunges
waren. — Als Ursache des Todes der bei
der Kruption ums Leben Gekomnion<'n
ist in 'J4% der Fälle Verletzung durch
Einstnrs von Gebftuden unter der Last
der A.sc!ien<)chicht angegeben; C%, meist
Kinder, starben in Folge Verwundung
während dieser Zeit gebildet hatten, sind durch weißglühende Lavastücke oder in
wührend der Eruption eingestflret, wo- Folge ESindringens Ton EOmerasche in
durch sich die Höhe des Vulkans um ca. j die Atmungsorgane. Tod durch giftige
100 ra vermindert und seine Form der- Gase, wie beliauj)t^t worden ist, kam
art verändert hat, daß anstatt der Kuppe
als Begrenzung des Yulkans eine hori-
Bontftle Lania erscheint. An drei Stellen
dee Berges entquollen ihm während
dea Ausbruchs Lavaströme: in IIUO m
Hohe in der Nfthe des Albwgo Fiorenza,
sfldSatlich vom Krater, in 600 m und in
480 m erheblich weiter ö.Htlich davon.
Der erste Lavastrom Üoß bis zum Fried-
hof Ton Boscotrecase , der sweite über
Boaootrecase hinaus Iis nuf />00 m vor
Torro Annunziata und der dritte liings I Zentral-Asien ist vor kurzem der Amo-
der alten Lava von nach Terzigno. | rikaner Ellsworth Huntington (1905.
Die Hohe dies« IiKtaatrOme sdiwtnktal8. 640) zurflckgekehrt und hat auf dar
«8*
nicht vor. Der durch die Eruption un-
mittelbar angerichtete Schaden wird auf
40 Millionen Lire geschützt; der mittel-
bare ist trar nicht zu berechnen, da die
Ertragfähigkeit des Bodens durch die
dicke, rOtlich -graue Asehensehieht, welche
jetzt den ganzen Berg bedeckt, jahrelang
schwere Einbuße erleiden wird.
Aalen.
« Von seiner Expedition nach
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411»
Geographische Neuigkeiten.
H*'inireii>o in I.omlon einivre MitUMlungen
Gber deu \'erlaut' der Keine gemacht.
Nachdem er sieh in Kerit^ft von seinem
Rcistgefiihrtcn getniint hat, trat er
im n<Tl)Ht 190') eine IJi'isf um die Ost-
seit« des Lop Nor-Üeckcua an; hierbei
retRte er Tier Tage lang über eine große
Salzebene, die mit harten Halzaldage-
riiit<r«'n IiimIi ckt m it uihI jtM]. ii(all>
die Küc-kstiuide eineü alten Sal^ces ent-
hielt Die ans vier M&nnem mit f&nf
Kamelen bestcliLTuli' Karawane konnte
nur mit fjroßpr Mülio ili. ~ ■ völlig wüste
Gegend durchschreiten, in der Nachts eine
außerordentliche Kalte bi« «t — 82<*C.
herrschte. Vom Lop Nor führte die Reise
Aber den Kuiuk Tili,'!! mich Karasohar.
wobei eine Reihe von Ruinen längs des
alten Flußbettes des Tarim entdeckt wur-
den, and dann nach der Turfian- Depres-
sion, vun wo au^ du- II^■iIJl^■i■^t' an^jetretcn
wurde. Kiue andere interessante Reiüe
durch Zentral-Asien fQhrte der Colonel
Bruce aus, der in I3«-glt itung des Ka-
pitän Layard und einis Kin:_'t'borenen
am W. Auguät 1U05 Leh verlieti, Wesiit-
Tibet und den Kuen Lun nach Keridja
IQ durchquerte und in nordöstlicher Bieh-
tung am Rande tler Wilstc entlang; nach
Tschertschen und Kum Lop Nor gelangte.
Von hier aus ging es ostwärts zum Kara
Nor und Sachu und dann qner durch
China nach Pekin<r, <las am 6. Mai 1906
glficklich erreicht wurde.
« Zu einer neuen Expedition von
China nach Tibet ist der wOrttember^
gische Arzt l^r. Tafel von Sining-fu in
der chinesischen l'rovinz Kansu aus auf-
gebrochen, Tafel, der vor einigen Jahren
den Leutnant Filchner auf seiner Ex-
pe<lition durcli eii»en großen Teil von Nord-
China begleitet und dann eine selbstän-
dige Forschungsreise nach Tibet unter-
nommen hatte, beabsichtigt diesmal von
Sinin^' fu, wo er den letzten Winter mit
den Vorbereitungen fvir seine Reise zu-
gebracht hat. nach Kwei-tö, dann eine
Strecke den Hoangho anfwada nnd fiber
TosHun nor nacl) dem Pnlzsuni]*f Saidam
zu gehen. Weiterhin sind die lioangho-
Quelle, das Tanglagebirge nördlich von
Lhassa und das ^ie des Srahroapntra
bei seinem I hirclibruch durch den Hima-
laya ins Auge gefaßt. Ober Chianuio am
oberen Mekong soll dann die Rückkehr
nach China erfolgen. Die Karawane Ta-
feis besteht aus r_' Pferden, 3 Maultieren,
4ö Yaokstiereu mit den nötigen Treibern,
einigen Schafen nod 4 tibefeaniechen Hun-
den; die bewaffnete Begleitung besteht
aus acht Mann, die zur Hälfte Muhamme-
daner sind. Tafel reist als Kaufmann
und besitzt einen Pa6 des Amban tob
Sining-fu in chinesii«chor, mongolischer
und tiltetaniHolier Sprache. Es ist nicht
unmöglich, daß der Forscher auf seiner
Reise mit Sren Hedin, der in die»em
Sommer eben&Us in die genaoBten Ge-
biete an gelangen hofft, sasammentriffL
AfHka.
* über die Bevölkerung tob Ma-
rokko macht Kapitän Larras, der seit
Ib'JA als französischer Bevollmächtigter
in Marokko lebt und deshalb eine genaue
Kenntnis der einschlagenden Verhältnisse
bf«it/.t. der Pariser (»eofjrajihisrhen He-
sellschatl einige interessante Mitteilungen
(La Geographie. 1906. S. 837 ff.). Bisher
schwankten die BeTQlkerungszahlen (Br
M:ir<>1<ki) /wi-^clien 3 und 30 Millionen,
während die im Lande Gereisten meist
ungefähr 7 Millionen (Rohlfs 6,5 MiU.)
angaben; da sich jedoch die Beohadi*
tungcn der Reisrnden nur auf die durch-
zogenen Landstriche erstrecken konnten
und die Zahlenangaben im übrigen aof
oft fehlerhaften Kombinationen beruhten,
so sind auch die Angaben der im Lande
Gereiaten nicht alt* den tatsächlichen Ver-
hältnissen entsprechend anzusehen. Mit
der Terschiedenen Fruchtbarkeit des Bo-
dens, \oii den Cebieteu mit der frucht-
baren Schwarzerde bis zu den völlig vege-
tationslosen Wüstenstrichen, schwankt die
Dichtigkeit der Bevölkerung awitchen
weiten Grenzen, und überdies erschwert
das Nomadenleben eines großen Teiles
der marokkanischen Bevölkerung eine an-
nähernd antreffende Schätanng der vor-
handenen Hevfdkening. Lanas ist ge-
neigt, die Bevölkcrungsvfrhältnisse Ma-
rokkos in Bezug auf Dichtigkeit uudYer^
teilnng über das ganie Irfuad hin Dir
analog,' mit denen in .\lgier zu halten,
die er während eines 2öjährigen Aufent-
haltes in jenem Land von Grund aus
kennen gelernt hat; da nun Marokko nnd
Algier unt,'efähr dieselbe OrOße haben
und Algier im Jahre VJOl ungefähr
4 Millionen Eingeborene und 60U0OU Euro-
päer sählte, so hält Lanae eine BevOlke-
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Geographische Nuuigkeiten.
413
rangszahl Ton 4,6 Millionen für Marokko
als den Verhilltnissen ungefähr entspre-
chend. Im äpeziellon verteilt sich die
Bevölkerung auf :
marokkanische Sahara
(Wadi Draa, Tafilelt,
Figig) 4 600 000 Seelen
AtUagebiet und Bif .1900000 „
Atlantische« Marokko
(AtlaaTorland) . .__^2 20ooon ,.
4 tjOi» tMJu Seelen
Die mit beeonderer Sorgfalt erfolgte
8ch&tzung der Stftdtebevölkorung ergab:
Fez 65 000 Einw.
Marrakesch 67 000 „
Tanger 82 000 „
R.il.at 22 — 25 000 „
l'a-.iMnnca 12—16 000 „
Mazagau 20 — 22 000 „
SaB e— 7 000 „
Mogador 20 000 „
Kl Kebir 10—11 000
Ouazzan
n
6 000
Tturndani 7 — 8000 „
OiQda 8— 9 000
n
Avetraliticbe Inseln.
* Die ethnographisch so fiberans
merkwürdige Oaterinsel ist nach langer
Zeit wieder Gepenstand einer wissen-
bchaftlichen Erforschung geworden.
Der Zoolog Alexander Agassiz be-
■nchte die Insel gelegentlich seiner Be-
reisnug der Südsee in den Ja! ren r.i04 5
und verüüeutüchte vorläufige Alittei laugen
über die Osterinsel in Bd. XXXIH der
Memoirs of the Museum of Comparative
Zoology, Cambridge 1906. Agassis machte
nicht nur zoologische und florietiacbe
Sammlungen (ee wurden etwa SO Pflanxen-
speziee festgeatellt) sondern auch außer
barymetrisclien, hydrograiihischen Kenb-
achtungeu und der Registrierung von
Seetiefen und Windrichtungen, deren Re-
sultate in Tabellen und Karten flbersicht-
licb niedergelegt, sind , ethnographische
Studien, welche die über die Osterinael
■chon Torhandene Literatur in ansehn»
lieber Weise beteicbi rii. ilr durchzog die
liieel uimI vermochte lialici von allem
Wichtigen Photographien aufzunehmen,
die ein RuBent anschauliche! Bild von
dem öden Landscbaftscharakter der ent-
legeii'Mi hisf'l geben. Weiter Hiub-n -n h
Aufnahmen von den berühmten Öteiu-
figuzen, von Steinhluiem, HOhleo, Wand-
malereien und Felsskulpturen, welch letz-
tere meist die merkwürdigen piuguin-
artigcn Vögel aufweisen. Neued Samm-
Inngsmaterial von ethnographischen Ob«
jekten scheint leider nicht angelegt wor-
den zu sein; besonders ist es lel'haft zu
beklag* n, daß von den häutig auf der
j Rückseite der groBen Steinfiguren ein-
gemeißelten Hieroglyphen, die lur das
' noch immer ungeb'tste Problem der Hiero-
I glypbenholztafelu dieser lunel von größter
' Wichtigkeit wftren, weder Photographien
noch Zeichnungen oder Abklatscht' haben
gemaclit worden können. Holh iitlich wer-
den die zoolugisch-tloristischeu iiesultute
der Reise spftter noch ausfiBbrlich Ter^
Öffentlicht (Globus 89. Bd. S. 824.)
Kordamerika.
* Über den Verlauf und das Er-
gebnis der Expedition, welche Wil-
liam Macgregor, der jetzige (Jouvcr-
neur von Neufundland, längs der Küste
von Labrador unternommen hat (1906.
S. 589), berichtet Scott. tuM.gr. Mag. 1906.
S. ;S27. Die Hauptaufgabe der Kxpedition
bestand bekanntlich in astronomincben
Beobachtungen cum Zwecke genauer geo-
graphieciit r Ortsbestimmungen. Es wur-
den auch trotz großer meteorologischer
Schwierigkeiten eine botrilchtliche Anzahl
von Ortsbestimmungen ausgeführt; da
jedoch die kanadischen Positionen, an
welclie jene Heobaclitungen angeschlos.sen
werden sollen, gegenwärtig einer Kevision
unterworfen werden, so konnten die Be-
rechnungen der neub«>obncbteten Posi-
tionen noch nicht zu Knde geführt wer-
den. Daneben wurde den meteorologischen
Verhftltnissen große Aufinerksamkeit ge-
schenkt und eine Reihe von Temperatur^
beobachtungen von dr-n seclis Stationen
der Milhriächen brüder verütleutiicht.
Außerdem enthftlt der Bericht noch eine
Reihe interessanter Mitteilungen über die
Kingeborenen der besuchten Stationen
und über die tloristischen und geologischen
Verhaitaisse der Glegend. Die Hoffnung
auf Auffindung nutzbarer Mineralien in
abbauwiirdiger Menge hat wich nicht ver-
I wirklicht. Die einzige Hilfsquelle des
ganzen Küstenstriches bildet die noch
sehr entwicklungsfähige Fischerei; VOTfc
dem Gesiamtwert der .Vusfuhr aus Labra-
1 dor im Jahre 1906 im betrage von ca.
1 8000000 Dollars kamen 2 988 4i8 Dollars
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414
Geographische Neaigkeiten.
•nf getrockneten Stockfisch. Da aber
Brennstoff nur sehr Bpiirlii h vorhanden ist
und die Wälder besonders im Norden |
■ehr dflrffcig lind, wo beniht die Zukunft |
der Fiwlierai nach Macgrc^'ors Meinung
in der sorfruampn Erhaltung der l>p-<telion-
den Forsten. Bisher haben Waidbründe
schon großen Schaden angerichtet, we*>l
halb es nötig sein wird, durch gesetzliche
Maßnaliiiien die Srliniiuug der noch vor-
handenen Waldbe^tünde zu sichern und.
•ie TOr verheerenden Bränden so Mhütcen. !
^ord*rolurgegenden. i
« Eine wiBsenschaflliche Expedition
nach Spitzbergen hat Fürst Albert |
von Monaco am '2<> Juni an Bord seiner
Yacht „Alice" angetreten. Es sollen in
den spitsbeiigischen Oewftesem allgemeine
ozeanugraphische Untersuchungen ange- j
stellt wt-iien; auch Laiulreisen zur weiteren
Erforschung des Inneren von t>pitzbergen
und Ballonaufstiege sur Untorsochung der
meteorologischen Verhältnisse der höheren
Luftscliichten sind in Aussicht genommen.
Die Leitung der Expedition liegt in den
Hftaden von W. 8. Bruce, dem Fflhrer
der schottischen Sfidpolar-Ei^iedition auf
der „Scotia".
€(eographiKcher Unterrirht.
* Die von der Korporation der Kauf-
mannschaft von Berlin ins Leben gerufene
Handelshochschule Berlin wird im
Oktober d. J. eröffnet. ,,Organi<«ation und
Lehrplan" nennen unter den Dozenten im
Hauptamt rJeh. RegierungaratDr.D u n c k er
als Professor für kaufmännisches Unter-
richtswenen und für Geographie, Dr.
Schlflter und Dr. Marcuse (Privat-
dozcnten an der Universität) als Dozenten
im Nebenamt. Im Abschnitt 5: „Wirt-
schat t^geographie und Wirtsehattsge-
schichte** werden fölgende geographi-
sche Vorlesungen angezeigt: Duncker;
Allgemeine Wirtschaftsgeographie 3 —
48t.); Die Vereinigten Stauten von Nord-
amerika (»st). — Sohlfiter: Mittel-
Europa mit besonderer Berilcksichtigiing
der WirtfichaftÄ- und Haudel.'sgeographie
(28t.). — Marcuse: Einführung in die
Himmelskunde, bes. in ihrer Bedeutung
für Geographie, Schiffahrt und Handels-
verkehr (8 St., AbendTorls«. mit Lichtbil-
dern). F. Th-
PersSnllches.
• Am 16. Mai starb zu Leipzig Prof.
Dr. Hermann Obst, der Begründer und
Direktor des Leipziger Mnsenms ftbrVSlka^
künde, im Alter Ton 09 Jahren. Durch
weinen Eifer, mit dem er auf vielen Reisen
die reichen Schätze des Leipzi^^er Ma-
senms fBrVSlketknnda sosammengetragen,
und die Ausdauer, die er bei der Ans-
gestaltung des iSrupcunm bewiesen, auch
durch eine Keihe von Veröffentlichungen
auf dem Gebiete der Anthropologie, Etlmo-
logie und Urgeschichte hat sich Obst am
rlie Wissenschaft ein nicht geiinges Ver-
dienst erworben.
BDclierbespreeliiiigeii.
Meyers groites Konversationslexi-
kon 6. Anfl Hd X — XIH Leipzig,
BibL Inst. 19Üö u. 1906. Je 10.— .
Die vorliegenden vier l^ude reichen
von dem Stichworte Jonier bis Mitter-
wurz.'r. Von größeren, meist mit Karten
verseheneu geographischen und ethno-
strOmungen, MeniohennMeen, Meteorologie
und meteorolog. Instrumente und Stationen,
Mexiko, Mittelmeerländer in Bd. MH.
Der geographische Fachmann, der sieh
ja ftir geographische Belehrung im all-
gemeinen lieber an geograp1ii«ehe Werke
halten wird, wird doch für Einzelheiten
graphischen Artikeln erwähne ich Irland, . gerade die kleinen Artikel über Gebirge,
Island, Italien, Japan, Java, Indien, Ka- j Flttsse, Sifidte u. a. mit Vorteil benutsea
memn, Kanada. K:ipkolonie, Kärnten, können und winl sich noch mehr fiber
Karolinen, Kaqiateu, Kiaotschou in Hd X, Mineralien, Pflanzen, Tiere, Produkte und
Kleinasien, Kolonien, Kordilleren, Krain, , viele andere Dinge, mit deren geographi»
Kroatien, Kdstenbildungen in Bd. XI, | scher Verteilung eriu ton hat, gelegent-
Landbanzone, Landesaufnahmen, Land- lieh gern im Konvervationsiloxikciii Au'^
karten, Liv'.and, Lufttemperatur in Bd. XU, kunft holen. Es ist eine erstaunliche
Madagaskar, Malaie, Mecklenburg, Meeres- Fülle von Stoff, und zwar, soviel ich sehe,
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Büclierbespreohangeii.
415
▼on saTeriftssigem Stoff, der liier geboten 1
wird. Fn ilich — dies Bedenken kann
ich auch ilic^ina! nicht nnterdnirken,
meiner bmptiuduug nach zu viel Stoff
und in ra sefawerer Form. Die größeren
Artikel rind nicht mehr ilunof angelegti,
liloü 7.T1 rnschiMn Nachschlafjen zn dii'nen,
Bonderu wollen gründliche Belehrung
bieten, wollen Handbfiidier der einaelnen
Wi.-^senschaften ersetzen. Aber wem?
I>OlIi nicht dem Fachmann, der nnilt're
Hilfamittel hat, sondern dem Manne an-
derer Fftcfaer nnd dem Laien. Fdr dieie
aber sind sie vielfach unverdaulich; die
Hauptsachen, auf die es ihnen ankoiiünt,
sind wenigstens in den geographischen
Artikeln meiit su wenig berausgesrbeitet,
werden zu sehr dnrch Einzelheiten er-
drückt: dfr für i'lli^ populäre Belehrung
unbedingt maßgebende Satz: „non multa,
ted mitltani** edieiiit mir m wenig beher-
sigl worden sn t^. Es mag sein, daß
dieser Vorwurf nur für die Artikel aus
dem Gebiete der Geographie berechtigt
ist, in der ja die ÜberidLnftmg mit Stoff
eine Erbsünde ist, von der uns erst die
nenere Entwicklung der Wissenschaft er-
löst. Aber gerade weil die Konversations-
lexika eine so große Bedentang für die
Bildung gewonnen baben, scheint mir eine
Wamung nOtig ra aein. A. Hettner.
CWtSy W. Hiitorisehe Geographie.
Beispiele nnd Grundlinien. (Die Rrd-
kunde, hrsg. von M. Klar. XIX Teil.)
gr. 8°. 294 S. Leipzig und Wien,
DenÜcke 1904. JL 10.50.
Mit Recht gibt der Verf. seinem Werke
den Xebcntitel Beispiele und Grund-
linien", denn es ist in der Tat nicht eigent-
lich ein völlig durchgearbeitetes Werk in
glatter lesbarer Darstellnmr, sondern viel-
fl^h mehr Skizze und Grundlinie. Mangel
an Kaum — viele Abschnitte werden als
gekürzt bezeichnet — und auch an Vor-
arbeiten swang SU diesem Verfahren.
Trotzdem möchten wir dem Buche «'iiicn
hohen Wert zuschreiben und dem Vert".
warm uns Herz legen die angeschnittenen
Fragen sn vertiefte« denn niemand wurd
besser vorbereitet wie er selbst den An-
regTingen, a»it die man immer und immer
wieder stößt, folgen können. Ich bekenne
gem, daA ieb ans dem Bnehe, obwohl
sein Inhalt fast durchaus meinem speziellen
Arbeitsfelde angehört, noch manches habe
(lernen können. Andererseits h&tte ich
I wohl ebensoviel noch beitragen können.
Daß die historische Geographie, wie
sie Götz hier auffaßt: „sie vergleicht die
Erdr&ume hinsichtlich der seitUeh mf-
einander folgenden Änderungen ihres
Aussehens und ihrer Bedeutung, welche
▼or allem durch den Zusammenhang mit
dem Mensehen bestimmt wird** ein Teil
der l/ilnderkunde ist, unterliegt für mich
keinem Zweifel. Auoh J.Partsch scheint
dieser Ansieht zu sein. Ich behandle
solehe Fragen in dem entwiekelnngt-
geschichtlichen Abschnitte.
Götz behandelt die Mittelmeerliinder,
Land für Land, von Mesopotamien be-
ginnend und sehUeftt daran Gallien-Frank-
reich, die Al]>enlünder lud Deutschland
an. Besondere Beachtung verdient seine
Würdigung der Lage des betretfenden
Landes in den TerstAiedflnaii Ferioden.
Das Buch ist, wie es vorliegt, eine
sehr wertvolle Ergänzung der meisten
länderkundlichen Darstellungen. Noch
weit wertvoller wttrde es für die Histori-
ker sein, wenn diese gewohnt wären, von
etwas gelegentlich unentbehrlicber Topo-
graphie abgesehen, den Schauplätzen der
geschiehtliehen Vorgänge ein tieferes
Studium zu widmen.
Auf Einzclliciten einzugehen würde V)pi
einem derartig pfadüudenden Werke un-
berechtigt sein. Nnr möchte ich auf ein im
Erscheinen begriffenes Werk von G. B. M.
Flamand über die Sahara binwcisen, das
für diese Fragen von allergrößter Bedeu-
tong sein wird. Th. Fischer.
Wimmer, J. Geschichte des deut-
schen Bodens mit seinem Fflanzen-
nnd Tierleben von dar keltiseh-römi-
Bchen Trzeit bis zur Gegenwart.
47öS. Halle, Waisenhaus iy05.
Wenn sich W. Götz' hiatorische
Geographie im wesentlichen auf Beispiele
nnd Entwerfen der Grundlinien beschrftn-
koii iniißte, so la^ di r Hanjdt^'nind in
dem Mangel einschlagender grüiuilicher
Einzeluntersuchungen. Diesem Mangel
schien das vorliegende Werk eines auf
diesem Gebiete beroitK bewährten und als
solcher anerkannten Forschers in Bezug
auf unser eigenes Vaterland abzuhelfen.
Doch ist das nur bedingt der Fall. Zum
Teil bietet der Verf mehr als man billig
erwarten konnte, z. T. weniger. Dem
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416
BücberbeBprechungen.
dentschen Boden vmd seinen Wandlnngm
im Laufe der GeHchirhte ist nur die
kleinere Hälfte gewidmet und unter deut-
Bcbeiii Boden verateht der Verf. auch nur
den des Deutschen Reichs, ohne dtA
irgend eine Krkliirung für dieses bei
einer gescliiohtlichen Betrachtung äußerst
autfällige Verfahren gegeben wird. Was
bedeutet denn da gegenfiber einer mehr
ala tuusendjührigen gemeinsamen Ge-
schichte der «jt'stern toIIzost''"»" Schnitt,
der allem Anscheine nach auch nur ein
operatirer Eingriff in ein» Tor&b«|{eheii-
den Kutwickelungskrankheit war? Wenn
dt'r Verf in nehr dankenswerter Wrise
beäonderd iiuf die wohl bekuunleu und
dankbar anerkanntenTerdiensteder Kirche,
der Mönche nnd K]r>stcr als Förderer dar
Bodenkultur und des Deutschtums in den
Ostmarkeu eingeht, bO wird mau doch
das ergftnzende, so rohmvolle Kapitel über
die SüdoHtmarken schmerzlich vermissen.
Ganz besonderB von Passau aus ! In diesem
Abschnitt ergänzen sich die Darstellungon
von QOis und Wimm er. Als eine Lflcke
empfinden wir es, daB der Entwickeltmg
der deutschen Küsten so wenig Raum ge-
gönnt ist, obwohl diese wesentlich erst
in geschichtlicher Zeit die Formen er-
halten haben, welche dem deatechen Volke
die Betätigung sor See in solchem Maße
ermöglichten!
Die der Fflanten- nnd Tierwelt ge-
widmete größere Hälfte des Werks bringt
neben Allbekanntem immerhin noch hie
und da weniger Bekanntes.
Wenn derVorf. seinBnch als histoiiseh-'
geographische Darstellungen bemchnet,
HO tritt das Geographische doch sehr zu-
rück, weit mehr als bei Götz. Es trägt
auBgepr> knltndiistorischen Charakter
nnd eignet sich auch mehr zum Nach-
schla^'en als zum zusammenhängenden
Lesen. Besondere Beachtung verdient der
dem Zeitalter der großen Rodungen gewid-
mete längere Abschnitt. Th. Fisoher.
Begiebiugy U. Die Jagd im Leben
der salisehen Kaiser. IIIS. Bonn,
Hansteins Verlag 1906. JC 2.—.
Der A'crf. hat hier einen sehr inter-
C88anten und dankbaren Gegenstund auf-
gegriffen, der anch nach der geographi-
schen Seite hin Beachtung verdient. Die
.Tagd spielte im Leben der deutschen
Kaiser des Mittelalters eine große itolle.
Der damals noch sehr viel grSAete Wald-
bestand , der Reichtum an wild lebendea
jagdbaren Tieren und die Pfalzen, die
wechselnden Residenzen des Herrschers,
im nächsten Bereiehe jener Waldungen
gelegen, mußten die Leidenschaft für den
Jagdsport anrei/rn und bet^rdem. Der
Verf. erörtert zunächst die natürliche
Verbreitnniit des Waldes nnd seine Be-
schaffenheit. Vom zweit' ii Kapitel, wel-
ches die .lagdartcn und -hilt-mittel \<C'
handelt, kommen für uns nur die kider
etwas kurs geratenen Andentungen über
die Jagdtiere in Frage, bn dritten Ka-
pitt 1 werden «He von den Saliern bevor-
zugten i'falzeu behandelt, besonders nach
ihrer Bedentong fBr den benachbartsn
Wald nnd die Jagdgclegenheit , während
ein viert€r Abschnitt da.s Itinerar der
Kaiser enthält, d. h. ein nach Jahren
dnrchgeftthrtes Yeraeiehnis des jeweiligen
Aofenthaltes in den Pfalzen oder anders-
wo. — Hinsichtlich der Verteilung der
Baumarten in der früheren Zeit bemerkt
der Verf. (S. 8): „Ob aber jemals der
Laubwald vorhetrschte , ist die Frage.*"
Es gebe Namen wie Schwarzwald und
Fichtelgebirge, aber keine Gebirgsnamea
mit Lanbholsbeseiehnungen. Er wendet
sich auch gegen den Referenten, der „be-
hauptet, ohne jedoch den Beweis dafür
erbracht zu haben", daß die Laubhölxer
gans entschieden voi^herrscht haben nnd
das Verhältni.s von Laub- zu Xmi- lwald
da.t Umgekehrte von heute war. Ich gebe
dies jedoch nicht als meine eigene, son-
dern ausdr&cklieh als allgemeine An-
sicht wieder. Bei etwa.< sorgfältigerer
Durchsieht meines Buches hätte der Verf.
auf S. 206 f. auch die Beweisstücke hier-
Bu geftmden. t. Berg hatte feetgestdl^
daß von 6905 Orten, die nach Bäamsn
benannt wurden, 6115 auf Laubholz hin-
weisen, dagegen nur 790 auf Nadelholz.
Und «war toitt die Buche am hänfigstso,
in 1M,7 Fällen auf, die Eiche 1467 mal,
die Linde 871-, die Birke 477 mal nsw.,
dagegen von Nadelbäumen die Tanne
nur 469-, die Fichte 80-, die Kiefo- 70 mal
und, auf Nadelholz deutend, Namen mit
Kien 140 mal. Bei den einzelnen Laud-
schaften seigt sich ein ähnliches \ er-
hftltnis; im Königreich Sachsen gibt es
93 Namen mit Laubholz-, dagegen aar
'J2 mit Nadelholzbezeiehnungen; in
Brandenburg ia9 Orte mit Laubholznamen
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Bacberbesprechangen.
417
und nur 4 mit Tamie. Auch intthiskori- 1
»che und archäologische Indizien lif^'en j
hit'rfiir vor, S. 7 sapi der Verf : ,,Sn her
ist, daß in i'rüheren Zeiten in Deutach-
lud mehr Lttobwald war, als heate** (I),
tiihI I rruft lieh hier eelhst auf die Notiz
T. Bergs. K. Kretschmer.
Geyr - Schwepponhursr, A. Meine
Reise nach den Färöern. öG S.
Abb. a. 1 K. PaderborD, Esser 1900.
JL 8.60.
Im Jahr«' 1877 be^al» wich der Vi rf.
nach den Färöern, um die wenigen dort
wohnenden katholischen Einwohner mit
denOnadeunitkehi der katholiBchenKircho
zu versehen. 15 Ta<re war er auf den
Ingeln, und die Kindrücke ciiesea Aufent-
halt« gibt er in dem kleineu Ueftchen
wieder, Tennehrt allerdiiigi dnreh eine
Reihe ergilnzender Zugo späterer Mipsions-
fahrten. Gemäß der Kürze des Aufent-
halt« ist's denn auch nicht allzuviel, was
man erfährt von der LaadechaA, den
LebensliciHngungen und der Lebensart
der Einwohner. Wer sich irgendwie ein-
gehender über diese merkwürdige Insel-
gruppe mit ihrer altertttmlichen, dem Is-
ländischen am nächsten stoheiulen i^j »räche
unterrichten will, wird zu anderen Hilfs-
mitteln greifen müssen. Freilich wird
aokh eingehendere Belehmng der Ter-
fasser kaum beabsichtigt haben, aber es
fragt sich doch, ob ea lohnte, die ja an
und für gich ganz anziehenden Schilde-
mngen, besonders heraanogeben, und ob
niclit vielmehr eine Tau'' -^zeitung od<'r eine
Zeitschrift dafür der richtige Platz ge-
wesen wäre. Am meisten Wert haben *
noch ein paar Erzählungen am dem Volks-
glauben, die der Verf. gehOrt uml wiedrr-
gegeben hat. B. Kahle.
Steinmetz^ Karl. Ein Vorstoß in die
nordalbanischen Alpen. („Zur
Konde der Balhanhalhinsel.** Beieen
und Beobachtungen. Ursg. von Carl
Patsch. Heft 3 ) 59 S. lo Ahl. 1 Kou-
ieuk. mit liühenschichteu 1 : öOO OÜO.
Wien u. Leipzig, HarÜeben 1906.
JC 2.26.
Ein Forschungsziel vornehmster Art
hat sich Karl Steinmetz vorgesetzt:
die Entschleierung der Orographie der
iiordalbanibclien Alpen, über den ersten
Versuch, die Reise von 1903, wurde auf
8. 899 des XI. Jahrgangs (1905) der G. Z.
I beriohtet. Aber audi der zweite Venaeh
i i.st ein Vorstoß geblieben, und die Haupt-
; kette, die vermutete Hocligipfelkett^e , die
das Lim-Gebiet von den Tälern der nörd-
liohen Drin-ZnflOsse trennt^ ist noch nicht
erreicht worden. Doch hat Steinmetz
wahrscheinlich gemaclit, daß sich auch
die höchsten Gipfel, Maja Kossnit in der
Hauptkette uid Maja JJ» in dem Seiten«
kan;m zwischen Schal*- und Mertuiit-Tal,
nicht über das allgemeine Gipfelnivean
der dinarischen und makedonischen Ge-
birge (8500 m) eriiebm, so daft also die
früher von andern ge&vfierte Anschauung,
es ragten einzelne Hochgipfel der alba-
nischen Alpen bis 800U m auf, au Wahr-
seheinlichkeit verliert Die tiefte Ein-
sattelung der Hauptkette, die Tschafa
Pejis (Paß von I]>ek > wird zu etwa 1600 m
geschätzt. Westlich und Östlich zweigen
die beiden mftchtigston Seitenk&mme ab,
das Schala'Tbl ein»chlii>ßend. Die nächste
bekannte Einsattelung ist der am Schlji'b
vorbeiführende Paß über dem Oberlauf
dtt Petita Bistrica, den einst Bou^ uid
Viquesnel, später der Kt zeiisont /.w eiraal
überschritt. Die größte Höhe betru;.r 1 7"()m.
über die geologischen Verhältnisse er-
fahren wir nichts Neues, die Hochkette
mit ihren Hörnern und Kuppen besteht
ans Kalk; leider erlauben die wenigen
beigegebenen Bilder keinen ächluß auf An-
wesenheit oder Fehlen von Glariabporen.
Sehr viel wertvolle Auskunft erhalten
wir ilagegen über Stammesverfassiing, Sit-
ten und Lebensweise der iVlalßoren, wie bei
einem der Landessprache kundigen Beob-
achter nicht anders zu erwarten ist Leider
wurde der volle Krfoli,' auch fiieser Reise
durch Feindseligkeit und Mißtrauen der Ai-
banesen vereitelt, mid es ist nur tu wün-
schen, daß uns der Verfasser bald über eine
driitefieise berichten kann. K.Oestreioh.
W allMe, INimM HMkenale. RuBland.
4. deutsche Aufl. von T'urlitz '2 Rde.
3y8 S. u. 418 8. Würzburg, Stubers.
Verlag 1906. .iC 12.—.
Wallaoe „Russia", zuerst 1877 er-
schifiien und auf Ghnandeiii«'^ .Jahre langen
Studienaufenthaltes gesclirii Ii- n. ist fineg
der besten Bücher über iiußiaud. in an-
genehm lesbarer Form, h&u6g an be-
stimmte Erlebnisse und Erfahrungen an-
knüpfend — der Verf erzählt in der den
älteren Auflagen beigegebeue autobio-
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418
fifleherbeiprechungen.
grftphisehen Skisae, daA er das Buch luml
in p'h'lirter doutschor Art niederge*t'hri^ -
bell halM\ di>'fl Mannskri))t alior vom \ fr-
leger wolilweisUck abgeleiuit wurden sei —
fdhrt es den Leier üu nunieche Leben
ein und macht ihn mit den wichtigsten
VerhiUtniesi'n d»\s Stitat-iweHPns, mit der
Kirche und ihren Sekten, der Aufhebung
der Leibeigenschaft und ihren Folgen,
dem Gemeiiidt-KrsitK. den wichtigsten
fremden Vrdkerstliartpn usw bpkannt.
Wenn es auch an Geist und Tieiu der
Aofikisung hinter den dreibftndigen Buche
Anatole Leroy-Beaulieua zurflckateht, so
gibt es doch in größen-r Kürze ein noch
allaeitigeres und uiutasäenderes bild. Wer
das Buch gelesen hat, hat eine deaÜidie
VorsteHung von den firemdaitigen und
vepen df»r f'ben'inanderlapenins; /woier
verschiedener Kulturen so schwer aul'zui'as-
senden russischen Yerhiltniflsen gewonnen.
Der msflisch'japanisehe Krieg und die
innen-n Wirren, die pffron den Schluß
des Krieges, und wohl durch ihn her-
TOrgerofra, ausbrachen, die den Erlaß
einer VerfaHSung herbeigeführt haben und
vielleirht noch wt iti'rj^ehende Umwälzun-
gen herbeitühren werden, haben den Verf.
Bu einer neuen Auflage seines Baches
bestimmt, in der er die Daratellnng bia
auf die (Jt'^'<'!i\v:irt fnrtjjeffihrt hat. Neben
kleinereu Änderungen an verschiedenen
Stellen des Werkes hat er eine Ansah!
neuer Kapitel hinzugefügt, die der neueren
politif-rln ii, hauptsächlich innt-rpolitisclien
Entwicklung gewidmet sind, ich kann
nicht sagen, daß mich diese Fortsetsung
ganz befriedigt habt'. Sie ist dem Buche
etwas äußt-rlich angt'fügt und stimmt im
ganzen Tone nicht recht dazu. Während
das ftltere Buch fiberall in den Kern der
Dinge eindrang, hält sich dies«; Fort-
Bf'tzung mehr an die äußere Si-itf der
Entwicklung und au die Entwicklung
der reformerisehen oder xevoluttonlren
Gedanken, geht aber nur weiii<; auf die
wirt-; ■hufrlioho und so/.ialt* rinbildung
des ganzen \ olkskör^era ein, auf die
doch schließlich fltr den Erfolg jener Be-
strebungen das meiste ankommt. Lnmer-
hin ist sie eine qute Anleitung zum Ver-
ständnis der großen russischea Tagesfrage.
Das Buch von Wallaoe kann auch
heute wann empfohlen werden. Die deut-
sche (^l^erst'tzuüf,' iüt in gutem fließenden
Deutach geschrieben. A. Hettner.
Fttn«r, B* Beitrftge tur KUna'
kundedes ÖsraanischenReiehet
und seiner Na ohbarge biete.
L MeteuroL Beobachtungen in Klein-
arien 190S. Pol 86 8. Berlin 1M4.
Es ist außerordentlich dankbar zu be-
grüßen, daß sich Prof. Fitzner das Land
der großen Vergangenheit wie der großen
Zuküift, Kleinasien, sum eigenttichen
Arbeitsfelde gewählt zu haben idieint
'und so die Arbeiten E. Naumanns und
A. Philippsons, um von den Deutschen
nur die jüngsten fischminnischen Er-
forscher zu nennen, fortsetzt oder ergänzt.
Beim vorliegenden klimatologischen Be-
obachtungsatotf ist nicht nur der Eifer
und daa Gesdbi«^, mit dem er susm*
mengehraeht ist, anzuerkennen, sondern
vor allem auch, daß der Verf. in der
Lage war es zu veröffentlichen , and
daß wir hoffen dftrfen, daß dem wei-
tere ähnliche Yerdfeatlichungep folgen
werden.
Die Eisenbahnen, welche Kleinasien
jetst wirtechafklidh erschließen, erweisen
Mch auch insofern als Kulturträger, als
der ganze hier veröffentlichte Reobach-
tongsstoff au ihren Stationen gesammelt
worden ist, vor aUem an denen der deat>
sehen anatolischen Eisenbahn, an deren
7 Beobachtunge»ätationen der Luftdruck —
leider ohne die korrespondierenden Tem-
peraturaufteiohnungen — ,die Temperatur,
leider auch nur Maximum und Minimum,
der Nieilersohlag, auch nicht mit der
nötigen Sorgfalt, die Bew^ölkiuig und
Windrichtung beobachtai wird. Dasu kom-
men die Regenmessungen der Smyma —
Kassaba- Linie (42 Regenstationen'i. der
Smjma — Aidin-Eiseubahn (26 Stationen)
und der Mersina— Tarsus— Adana-Eltsn-
babn (3 Stationen). Femer Beobachtungen
von Temperatur, Niederschlag und Be-
wölkung von Diarbekir. Es sind darch-
ans Denttohe, die der Wissensdiaft diese
Dienste leisten, und es ist daher zu hoffen,
daß die jetzt noch zu beklagenden Män-
gel in den künftigen Berichten wegfallen
werden. Es liegen so tät das Jahr 190S
die Beobachtungen von 76 Stationen vor^
während Tli. Fischer Ende der siebziger
Jahre des vorigen Jahrhunderts in gans
Kleinasiflii nur von 5 Sfeatboeii lalerst
▼erschiedenwertige Beobachtungen sa-
sammen bringen konnte.
Th. Fischer.
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Bficherbeaprechangen.
419
Web«r«Taa Itowe, Ein Jabr an
Bord I. M. S. „Siboga" Beschrei-
bnnpr der holländischen Tiefseeexpe-
dition im Niederländisch -Indischen
Azchipel 1899—1900 Naeh derS. Auf-
lag ans dem HoUändiachan flber-
tra^ifen von Frau E. U uf^e- Baenzi per.
Xlil u. 37U b. 4U Textabb. Leipzig,
Engelmanii 1906. JL T.— .
Frau Webei-van Bosse hat ihren Ge-
mahl, den verdienst vollcu Leiter der
Siboga- Expedition, aul' der Fahrt begleitet,
Qod deien Ytalaof wie ihre eigenen Be-
obacbtongen in einem wanderhabseben
Buche zusammengefaßt, fiir dessen ^f^-
geschickte Übersetzung ins Deutsche wir
derÜbenetzerin nur dankbar sein können.
Die Lektüre dieses Buches hat einen
eigenen Reiz, denn eine feine Frauenhand
hat die Feder geführt und die ^md-
artigen Eindrücke des fernen Ostens wieder-
gegeben. So erfahren wir aber das so
verschlossene Seelenleben der Eingeborenen
aus zahlreichen eingestreuten Bemer-
kungen mehr, als aus mancher großen,
in wiseensehaftiichem Gewände einher-
echreitenden Arbeit. In Botiiuikerkreisen
ist Frau Weber als Alpenforscherin <^e-
schätzt, und so zeigt sie in ihrer Schil-
dening der wiasenaehalUiebea AilMiten
an Bord volle.^' Verständnis. Auch das
eigenartige Leben auf einem solchen Expe-
ditionsschiff, die Leiden und Freuden der
Fischer«! in giolen MeereslialiBii, die
riitrrsuchunfr der KorallfnriflTe wie die
Exkursionen an Land werden mitLebeudig-
keit und Frische geschildert.
Da die Fabrt der Siboga die ent-
legensten Gebiete des malayischen Archi-
pels berührte, wird auch dem Naturforscher
ond Geographen viel Neues geboten und
Prof. Webers mehr wissensehaßliehe „In-
troduction et Description de TExpedidon
du Sibof^" wird auf das glücklichste er-
gilnzt. Wie (Jhuua Meisterwerk „Aas den
Tiefen des Weltmeeres^* so wird auch
dieses gut illustrierte Buch dazu beitragen,
das Verständnis für die Tiefseeforschung
und ihre Ziele in weite Kreise zu tragen.
W. Kfikenthal.
Entgegnung auf Kirchhoffs Be-
sprechnng'; meines Büchleins
„Bedentnng und Aassprache
1) Heft 8, 8. 180.
der wichtigsten lohnlgeo-
graphischen Namen**.
Mein Hü« )i!i in i^t fi'ir Schnler höherer
Lebranstuitcn bestmimt und bringt des-
halb nur das AUerwicbttgste, aus weldiem
der Lehrer dos auswählen soll, was ihm
je nach der Stufe und der zur Verfügung
stehenden Zeit geeignet erscheint. Da
ein Bneb fBr SchUler billig sein muß, so
habe ich alles fortgelassen, was der Schil-
ler, wie die Aussprache en<?li8cher und
französischer Namen, aus anderen ihm
zur VerfQgung stehenden Bflöhem leidit
lernen kann. Da ich eine Aussprache
himälaja statt himälaja nie g^ehört habe,
so habe ich dort nur die Betonung an-
gegeben, da jedes Zeichen den ohnehin
schon sehr kostspieligen Druck noch weitor
verteuert haben würde. Hütte ich so
langcAuseinandersetzungen aulgenommen,
wie sie Kirch hoff bei dem Namen
Bayern wünscht, so win aus meinem
Hefte ein umfangreiches, mehrbändiges
Werk geworden, was kein Schüler kau-
fen kSnnie. Einige sweiÜBlhafte Dentongen
mußte ich der Vollstä.ndigkeit wegen un-
bedingt aufnehmen; hätte ich z. B 'He
Namen Berlin und Wien, deren Bedeutung
sehr sweifelhaft ist, fortgelassen, so wflrde
man mir sagen, es „fehlte" etwas. Es
ist wohl sclbstverstUndlioli, daß der Lehrer
die zweifelhaften Deutungen nicht lernen
lassen wird; doch ist es immerhin anoh
lAr den Schüler von Interesse zu erfahren,
in welcher Richtung bei diesen Namen
ein Deutungsversuch gemacht ist.
Daß ich hinsichtlich der Aassprache
in manchen Punkten von den in Kirch-
hofft» , .Erdkunde für Schulen" gemachten
Angaben abgewichen bin, ist mir bekannt.
Dieses ist aas folgenden Ghrfinden ge-
schehen-. )>ekanntlich werden viele geo-
graphische Namen an Ort und Stelle auch
von den Gebildeten ganz yerschieden aus-
gesprochen; der Käme des Dorfes Seinstedt
bei Braunschweig wird z. B. von den ver-
schiedenen Einwohnern des Ortes scin-
stehe (plattdeutsch), säiustedt (der gebil-
dete Braunsehweiger), Seinstedt, sein-
schtedt, fleinsdktedt (der eingewanderte
Sach.se usw. ausgesprochen. I< li lialie mich
bemüht, überall die im amtlichen Ver-
kehr bevorzugte Aussprache zu bekommen;
hinsichtlich der Namen der europäischen
Lftnder besonders durch Studien an Ort und
Stelle selbst In anderen Fällen bin ich
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420
Bücherbeaprechungen.
von Kirchhoffs Ausspnehe abgewichen,
da ich Keine Anj^aben für unrichtig? halte;
z. B. in t'olf^cnden Punkten: Tojo wird
von jedem gebildeten Portugiesen tejn
(initfraDzüeiscbem j) auB^'esprochen, einen
Fluß töstho kennt im Lande niemand;
o lautet im Portugiesischen am Ende
dw Wortes meist u; Douro wird doim
oder mehr wie dorn ausgesprochen. Das
rti'^fisehe rha wird nidit wie k, sondern
wie ein scharfe!), gutturales ch ausge-
sprochen. Das unserm 0 entsprechende
scharfe ■ dei Spanier, Schweden *)« Bussen
QIW. ist von Kirehhoff an mehreren
Stellen unrichtig durch untier weiciies s
viedtfrgegeben, z. Ii. in santauder, up:>ala
aewMtopol. Die englische Form „Singa-
pore" des N'iiTH' tis Singhapur wird von
den Engländern bald ßingapör, bald
ßingapör gesprochen, niemals aber, wie
KircbhofF in seiner Besprechung angibt,
wie siugüpor. Berg heißt im Arabischen
nicht gebel*), sondern J>«J^ [(^ebel mit
französischem j]. Die Aussprache ben niwiä,
filr deren Richtigkeit Kircidioff') fnih-r
selbst eingetreten ist, soll unrichtig und
I dvich ndwis so enetsen wem. Dü
Wort Liman, welche«« wir vom Schwarzea
Afeere her bekommen hal'en. kommt l>e-
stimmt vom griechischen iU^iriv und nicht
I Ton KfMTi} her; die am Sdiwarten Meen
wohttenden Neugriechen gebrauchen filr
das*, was wir, die Türken und die Hiis«en
Liman nennen, noch heute das Wort
Xifii]t\ während sie mit llfivi] in der Regel
einen vom Heere entfernten Binnensee
bezeichnen. Warum der Name Gauri-
sankar aus der Schuigeographie ver*
schwinden soll, nachdem Wood nach-
, gewiesen hat, daß Mt. Everest und Gaori-
sankar verschiedene Berge sind, ist nicht
einzusehen. Ebenso könnte mau auch
verlangen, daß außer dem Namen Moni*
' blanc alle Namen derhfiherai AlpengipM
aus den Schnlbflohtm vernchwin li n tnäS-
ten. A. WoUemaun.
Neie Bicher nd Karton.
fleKhlcht« 4«r €*osrspliIe.
Gerland, G. Immanuel Kant, seine geo-
graphii^clicn und antliropolo^ischcn Ar-
beiten. 12 \ orlesunj.'en VIII u. 174 S,
Berlin, Beut her ic Beichardt 1906.
JL 4.—.
AUsemelBes.
Bibiiutheca Geographica. Hrsg. v.
d. Ges. f. Erdkde. sa Berlin. Beerb, t.
Otto Bäsch in. Bd. XI. Jahrg. l'JO'i.
XVI u. Ö31 ä. Berlin, W. H. Kühl 1»06.
t4C 8. — .
Anleitung zu wiss. Beobachtungen auf
Reisen. Hrsg. von G. v. Neumayer,
in. AuH. (Schluß-) I.i. f i:{ 15. lö.— .
Milier, W. lustrumonteukunde für For- I
sehnngsreisende. Unter MitwirkongTOo j
C. Seidel VIII u. 20u S. 184 Abb. i
Hannover, Jänecke 1H<I6 J( 4.40. '
Brockhaus' Klciues Kouversatious-Lexi-
kon. 6. Aufl. 8 Bde. in 66 Heften.
1) Im Worte Sverige sprechen auch
die Schweden das s htlußg etwas weicher,
sy Der sehwedisehe Poststempel aeigt
die Form Upusala.
3) KirchholT. Erdkunde für Schulen.
1905. iS. lü.
34. U. (Bd. U. H. 1.) Leipzig, Brock-
hsDS 1906. Je JC —.30.
Meyers Kleines KonTcnations- Lexikon.
7. Aufl. 6800 S. 620 Taf. (llu K o.
PL) u. 100 Textbeil. Lief. 1. Leipzig,
BibLInat 190«. ISO Uef. ni je JC— .60
od. 6 Bde. sa je JL 19.—.
A1li:<<ni«-In(> pliyiiUehe Grosraphle.
Löwl, Ford. Geologie. (Die Knikuiide,
hrsg. von M. Klar. XI. Teil.; VIU o.
882 S. Leipsig a. Wien, Denticke 1906.
.fC 11. CO
Geikie, Archibald. Anleitung zu geo-
logischen Aufuahmen. Geleitwort vOB
y. Hilbert deutsoh von B. Ter-
zaghi. XII u. 152 8. Textabh. Leipsig
u. Wien, Deuticke 1006. ^fC 3.—.
Fi not, J. Das liassenvoruxteil. Autor.
Übers, n. d. FnmsOs. von K U flller-
Röder vm u. 428 8. BttUn, Hfipedan
& Mexzjn 1906.
DeatMUaad.
Kaiserlicbe Marine. Deutsche 8ee-
1) Erdkunde für Schulen. 4. Aullsge-
1896. S. ib.
DIgitized by Google
Neue Bücher uud Karten.
421
warte. Monatskarte für den atlanti-
schen Ozean. Jahrg. VI Nr. 7 Juli
1906. Uambuig, Eckardt & Meßtorff.
JL —.76.
Hei 1 in a M II . Q. Regenkarte von Deutach-
laiul. -Mit erläut^Tiiden Bemerkungen.
Berlin, D. Reimer 1006. JL 3.—.
Grupp, Georg. Der deatoehe Yolkt-
nnd Stammest harakfter im Lichte «ler
Vergangenheit. Reise- nnd KulturbiMcr.
VIII a. 205 S. Stuttgart, Strecker &:
Schröder 1906. JL i.7o.
Peßler, W. Dm aUsächsig. ho Bauem-
bauB in Miner genfjTaplii>^cht>n Verbrei-
tung. Ein Beitrag zur deutschen Lan-
dea> und Volkakunde. XVm n. S6B 8.
171 Textabb., 1 Originalzoichnung n.
eig. Aufn. d. Verf. u. 4 K. Hraun-
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847 S. 81 Tkf. u. 176 Textabb. Bd. n.t
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80Z. G. u. St. XXIL) 3. Mai 1906.
S. 5H1~630.
Wagner, Herrn.: Ferdinand Freibeor ▼«!
Ilichthofen. Worte der Erinnenmg ge-
sprochen in der öfiF. Sitzung d. k. Oes.
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Geschäfil. Mitt. d. k. Ges. d. Wias. xi*
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Varantwartllaihiar Bsnvsgsbar: PnH Dr. AlfrsA H«tta«r la fTsMnUmii
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jeographischo Zeitschrift. XII. 1906.
Zu Maohacek, Dünemarks Bodeu und Oberflilche.
Tafel 6.
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Geo^Taphische Zeitschrift. XI 1. 1906.
Zu Machacek, Däuemarks Boden und Obcrflilchc.
Tafel 7.
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SoH^L'n erschien in den Cioojjjrii jdiisclien A bhinHllungeu
( heniusi^Gireben von Professor J)t. Alhrei-ht P»fnrk in Berlin)
Die Theiß.
Eine potamologische Studie.
Von Dr. Paul Vujovic.
fit 1:J 'IVxtahbiKinngen und 3 Tuleln. [IJI n. 7»> S.| Lex. S. VMx <W'\\. Ji \ -
Der Verfasser hat 'in dienern Werk«- veraucht, uuf Urund »ni^ener Stu<lii'ii »nd de«
l)i^liLT unliearlieitetf u Mal«'rialos in «lor uujj^ariscbL'n F'achlitt'ratur, das L«?l>eu und Trcib»'u
der Theiß, eines eniinfuten KliichlaJidflusses /ii »childern. Nach einer kurzen I)arlcgUDg
der rüumliehen Vnrliilltnisse held. er die wiehtif»r»t-eu Er-cheinnngen an dem Flusse liervor,
etw;«8 langer l>ei th-m Prolilenie iler Miianderl>ildiiny verweilend, wol»ei er diese Koiiu mit
eiTM* /ni anderen Grt'lßen in neziehunff zu bringen »acht und ein vorliiuligt's 8elienia der
y\ entwieklunf» };ibt Weitere Kapitel sind «i«ier ausführlicheren Bt>8prechung un<i
J' in diT AbIlußverhi'iUni.sse und deH Nied'-r^ ' - im Theißgebiete gewidmet,, um
iJi. ..aßka])ittd die Frage der Heziehungen /.wi- i, . Xiederseidug und Abiluß und de»»
Kreislaufes dej« \VasiserH im großen ungurifehen AlfiJlde resp. im Theißgebiete zu crürtern
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig.
Vorlag von B. G. Teubner in Leipzig.
OSTASIENFAHRT.
KRLEBNISSE UND BliOlJACllTüNGEN
'Nb.s XATURFORSCHERS IX CHINA, JAPAN UND VKYLOX.
Vns Dk. FRANZ DOFL^EIN,
Mit /.ahlrciclu-n
[xiir 1
' UK. ZOOLO«;i»CMk.*>
und aui a laieln, sowie mit .) Raum.
In Lcinw. gel-
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aus (lern Verlag von Ed. Holzel in Wien IV, 2, Luise : Nr. 5.
Zur An sc ha tili Iii; für Schulen empfohlen!
ir."^ •■ V Schuld '' '' I -fo von Australien und Polynesif o,;it .- r
I unil ^, von Itr. l ranz H ei li er i c Ii. M . >1 1 w ■
f: !i. MaÜHtab l:100UüUOi>. 6 Blatt in lotarhem Farbemi
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Kr. Franz Ilciderirh! i : s iimoimk» 6 lllatt in lo!
(Jrüße der Karte /uaauiiiieiiL HD eui lioeh, IT;» em lireit. . .
15 M., aufLoinwniitl >ro'<))nuiit in .Via{ipo *2(>M., auf Leinwand (^c-punn
HfilzelB SchulvyuT o von ABicn. Physikalisch«! Aasgabe. 11
viillkniunieu neu ln.:.i 'iii~t \nn I'r. FTaiiz Heidcrich V '' ' ^ '
Ii niatt in !«• laehi-ui Karl>entlnick. •»n'ilic der Karte zii-n'
li«»<*h, 175 cm breit. Trei.x unaul'f^e^iiannt ir> .M.. a\\( Lcinv
'20 AI . auf I.L'inv, - ' i • • i nn 22 M. — Es siif
dem neuesten. rial bearbeiteten W n
und Aui<tralieD .*<ie uuhnien gegenwärtig dt?n ersten Kang auf d:
Hglgela Verkehr« karte von Öst erreich -Ungarn für Heu a!'
wie auch zuiu L'uterriclit an l<<iiJimcrzieUen l.i lnai' f 'ti -i !
KalUna. II. Aui'lago. Malistab l :H(tO()00. y Hlatt. Vi
\.< nnt in Mappe 23.r>oM., aul Leiuwair
U raiohtskarte von Europa fiir < .
T. IfnnJÜTiTC 1 : :J()o()Ouii. 1«; lllatt iirölie der ls
g' 12 i iu breit, lr^4 cui hoeh I nnufgeDpannt lö M., auf Lein\vsn<i
in 22.ÖII M , mit Stäben 27 M
Haardts tTbersichtskarte der ethnographischen VerhfiUniBse von Asi« ;
und Von den ani;r;iizeiuloii teilen üiirnpus. MiiÜ^tab l.> !■ II.
H«! ' ' -'k. (irGUc ■ • • ■ 1 ■ ■
l'i. : 25 aul
Haardr.s Nordpolnrknrto. Ma(l».Jal. 1 : j'.OüOOIK». 4 l'.
dr r der . i Karte 172 ei'
1-. t .-. .M M .ppe 11) .M ,
H olarkartc. mhmmkum» In 1 Hl
TT; l-'arlipndnirk iirriße der suBsniun tcn Karte 172 cm
- " AI., auf 1 . M . ' •
Karlen wu;
i'i in Ltin«l(in als auch bei d' n
n. • ■ ■ '■ ' '
b.
Ilaardts Wandkarte der PlaniKloben. Politische Ausgabt
aul 1 lu .Ma]>pi' l:; .>o .\1., iitii M.u.en I'
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«ii -1 umi ' Mfii l'ii
M •' liirMi n a and theuiojji.^,
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Dr. Fr.
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Za beziehen dorch alle Buchhandlunpen sowie durch die Vorlagshar
CEOGRAPHISCHE ZEITSCHRIFT.
II KKAi b(;i:»;KHKN
Dr. ALFRED HETTNER,
1*1(1 •fK^Sl»lt liRH riKOClUI'MIK AN l>IUt l NIVKII.^IT^T MRIllKI.BKKU
ZWör.FTKR JAlllMIANd. AiMI'PKS HEFT.
ArSGICOEBEX AM >:'>. .M-OUST.
LEIPZIG.
11NI> VEIfLAG VON K C TEÜBNKII.
Illllillt (Irs ;ir'lit»'!i lirftcs.
Kri^'Iaii<l in Arabien. \ uii Oll^'^■st,lt•utnall i'. . .
iiitero Zonenlohrc dvv Griech«'u. Von Prof. Dr. J! »ig(j Bor . i
.\npftssuupslj»Mlingimj;en iin<l Kiilwickehni^smotivc dor Knldi; in
l)r. L. Chalikioiiou 1 OS in Kap^uiii ( TliH.ssnlifji
rapliiscbe Neuigkeiten:
Ahion. KiJü!ti>ciiL> Schiff^»i'Ap«Jiti>>ii itiicii ilcin J^riiss.i. Ltöstini; «les Sa»).'!
Hr«liina|tiitra ■ rrohlciiK
Afrika. Iljinns V ischers ."^nliftm- Ejjicditii i 'Aol Instuns. VVoosnnniii
und UcMits Itestfi^tink' U<s Kiiwcnzuri. — i "Im llnrüin^s Erforschuiidr
Jt-r Sanib> sir|upllfn
Austrnlieii. l)» viiisons i'>ror3cliung Zoutrtl* Autlrtlietis
Nortlaniorika. YtrlauT uikJ l'iuran;; dos großen kalifornischen KrdtietM'iiB 4titi
N 0 ril • Pol n I (re^'O nd p n. Wrlliiian iis Noril|iolarexpcdiii)iii — MikkoUciis i.u l
Hnrfi*<iMR .NOriiMilBr-AjK'ililioni'n 4'*'"
<• uo»;r8i»h isc lie r U 11 1 errlc h l. Ordentliche Prolesstir in Uullf — I'rofo^sur in K'nstock 4l>s«
Vereine und Vera am in I ii ti itlmi. 7S. Veraninnilan^ deiitscher Natiirfoischor und Arzto 465
I'n raCi II Iff Ii es. I'rakolmscli f
liücherbespreclmnpen :
(f oographt'iikaleiider. IV. Jahrjf. Von X. Ilettiie!
.lahrbuih der Sektion I'k.siI'M des f^sterreichlsclien Touri>i lii.lut.s. \.il. ilin r 4" -
Kincit, J. llas kassciivuriiiteil. Vun A Kirchhoff 4R9
Wiistüului^in, H. Beitr&(rc r.nr Sjfdi'li)ii{:«kiinde des Osthnrz^s, Von F. Ilahii
l.oroiizl, A La collfna d! Buttrio md Kri<ili. Von Th. Fisclior
AiiiiriiuN d>' l'obst'rvfiiiMrM imliMnnl i! ' Atht-n^'S iiiili!i"'('s pnr ir.«'triMS 1
Von J. I'iirtacli
\ ri n Tornau, N. iviuinifi '»:r-H'lii-ti'li(.'r Ali.i-, ^mi .^il.'ii n.'ii aini 1 lirki n i u
Ii. Stühler . . 471
I. uti. r Indien (oliii« die Kitgl&ndor). Von K. Scliniidt 47:
Ilacckel, K. Wjindeihilder. V<iii G. Karstfii
Hiircklinrdt, C. r'mpi- ir''»li'iH.iii(' i\c \:\ ('nrdill-n' i'iifr" Lrts Lrin« et Cur
Von II. Steffon I
>oii Vacano, M. J. i.,iii'.s . .lii.ii-n. Ii. c^ii i.c-n.
Kurze Hrwidernutf iiuf Wolläiiianiis ■»>{. Von A. Kirehhoff .
Ko t haufr • U III I au ft. Schulnandknrto des Krzh< TZOKtuint Österreich unter der Kniia.
Von ü. .\ Lukas 4
Schul Wandkarte der iioliti'irlipn Herirkc Melk und Si-h»»iti*is, Vnn Ii. Iiaii?niib<>cV- 477
Nfue Bücher und Karten .
ZiMt-«<«'linftf^nschaii
K i. I t i - Ii 1 11 .'. • 1 Ii 1. n ^ (. 1 . 1 . 1 II L l i cli U II ji; II i' Ii • . : : : i ■
DiHHertntionen, Prot^'rainiue, Karten u. a.) auHnahmslo» nur U^
erschienen erwUlint wer<leii können, wenn nie der Geographie.
7 !• i t - Ijl ' 1' i ' I '/ 1- - . ■ Ii i ( l f \'.- . . r (1 n '-■•Tl.l
AuisiiU'.- lui liic 1 i'jiiili '1 Ulli»
llirrausgfbors (Prof. I>r. .\ : . in Ii- er^, y.
strulSe lU), Hi.-itrü^e zu den geographisiebeu Ncuigkeik'n an Dr. Augu
lieipzig, Löhrstniße III, erbeten. ' len mit «JO Mk f
bogen von 16 Seilen, Beitrüge zu >; . • ' ituu mit 2 Mk.
Petit honoriert; das Honorar der Karten und Abbildungen blcil
ei' ' ■ ' ' 'ten Av," ■ ' ■ , i, . ) . i r, . , , . v . .,
kl..... _t i, _ . von Neiii^ , .. 'i
und portofrei, eine griißere Anzahl auf Wuuuch zu den Herstellu-
Hücher und Karton, <i - ' ' ' in der <■
gewünscht wirti, «ind an die i iiing B. G. > ^
straße 8. einzuschicken. LietVrungHwerke können im aligenicinen erst nach ihrt-ui
Die < lie Zei' ml jährlich in Ii
3'/, bis 4 I' von 1' t.onucmf ' • "
10 JC Alle niii^'en un»i . nt lirip
Dnif'lt und \ 1 TOii Ii. ft. TfMibnor .
l""' SL^ 12 1906 ^
England in Arabien.
Von Übentleatnant JUeut.
Bis in die Mitte des 19. Jahrhniiderts blieb Arabien, die große Halb-
insel swiseben Asien nnd Afrika, von europftisdier Beeinflussung nnberOhri
Das seine Westküste bespülende Rote Meer war der Tummelplatz unzähliger
8eerftnber und Sklavenhändler, den persischen Meerbusen im Osten durchzog
zwar eine viel befahrene Schittahrislinie zur Verbindung Indiens, mit dem
Anschlüsse an die Karawancnstraßf den Tigris aufwUrts, durch Kleinasien ndor
durch Persicn nach der ().stkiiste des Sclnvarzcn Meeres, boide Straßen mit
dem Ziele Koiistantinopol. Auch der persisdie ^foerbuseji war für die Schiflf-
fahrt durch arabische Piraten unsicher gemacht. Die büdküste Arabiens
von Sheikh Said an der Straße von Bab el Mandeb mit den vorgelagerten
Inseln, die Osfkflste bis sor Halbinsel Katar, KQstenplfttae in Belndschistan
sowie der grOfite Teil der afrikanischen Ostkflste mit den Sansibar-Liseln
unterstand dem mftchtigen Iman von Maskai Da sich seine Herrschaft nur
auf Eflstengebiete und Liseln beschrinkte, so unteriüelt er eine starke Flotte
und beherrschte den ganzen östlichen Teil des indischen Ozeans. Dieses aus
den Trümmern der Portugiesenherrschaft entstandeiie politisch-religiöse Staats-
wesen erhielt sich in seiner Macht von der Mitte des 18. bis zur Mitte des
19. Jahrhunderts. Nach dem Tode des Sultans Seid Said v<rtiel es schnell.
Seine Hesitzungen an der Küste von Pcrsieu, die Insel Oiinuz, die Bahrein-
Gruppe mit ihrer ergi<'bigen Perlenfischerei, Sansibar, die Küste des heutigen
Deutsch-Ostafrika, die Südküste Arabiens Hadramaut mit den Kuriau-Murian-
Inseln gingen verloren. Zur Zeit ist der Sultan von Maskat — auch den in
rels^teer Beziehung wichtigen Titel eines Iman legte er ab — nur noch
ein Schatten von dem, was er vor 100 Jahren, ja nodi vor 60 Jahren
war. Dem Namen nach erstreckt sich sttne Herrschaft nur noch ttber die
Ostkflste Arabiens von Mirbat bis sur Halbinsel Katar, d. h. Aber die so-
genannte Oman-EOste und einen kleinen Teil des persischen Meerbusens. In
Wirklichkeit reicht sie aber nur noch bis Bas Husandam an der Meerenge
von Ormus.
Das ganze Innere der Halliinsel ist uns Europäern bis auf den heutigen
Tag noch so gut wie unbekannt. Sie ist die Domäne der religiösen Sekte
der Wahabiten. Diese muselmanischen Dissidenten entstanden zu Ende des
18. Jahrhunderts und verbreiteten schnell und gewaltsam ihre religiösen An-
sichten, die den Sultan in Koustautiuopel nicht als Kalifen anerkennen.
Bald breitete sidi ihr Glaube Qber Arabien und über seine Qrenzen aus.
Die Yon religiösem Eifer furtgerissenen Wahabiten eroberten 1803 Mekka
OwsnvUnb* Mtodirifk lt. Jtbfgu«. 190S. a H«ft. 89
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V. Kleist:
und Medina und 1808 sogar Damaskus. Da sich der Sultan in Kou-
stantinopel nur Wiedererobemng su 8chwa43li fühlte, forderte er Ägypten
hienn auf. Dieses besetste aueh die heiligen 8t&dte in He^jas und nahm
1818 Derrieich, die Hauptstadt der Wahabiten, ein. Auf die Dauer jedoch
vermochten steh die ägyptischen Truppen in Ne^'ed nicht sn behaupten.
Nichts desto weniger war die Bewegung eingedftmmt und kam vorläufig Aber
das innere Hochland nicht mehr hinaus, um so weniger als sich seine Be-
völkemng nach blutiiren Knmpfeu 1867 in zwei verschiedene < J nippen trennte,
in die der eigentli •In n Wahabiten im Osten mit der Hauptstadt el Kijat
und in die von Chaniinar im Westen mit dem politischen Zentrum v\ Hail.
Als das Oberhaupt der Wahabitcn im eigentlichen Nedjed 1901 die ge^eu
die Türken aul'slündigen Araberstämme südlich des Euphrat unterstützte, rief
dies neue Kämpfe hervor, auf die bei Besprechung der politischen Lage
des kleinen, hisher unabhängigen Gebietes von Kuweit im Hflndungsgebiete
des Schat el Arab eingegangen wird. Der religiöse Gegensats und der
{^fthende Haß der Wahabiten gegen die Türken fand neue Nahrung durch
die 1873 erfolgte Einverleibung des sfidlichen Teiles der arabischen West-
küste von Yemen, dessen Bewohner sich gegen die verrottete Verwaltung
und gegen die Bedrückung der tfirkischen Behörden Anfangs 1904 unter
der Führung des Iman Yahia empörten. Ob die Türken Herr des Auf-
standes in Yemen und Azyr werden, ist zweifelhaft. Die türkische Herrschaft
in Arabien erscheint iliilierst gefährdet. Sie würde sieli aber bebaiij)ten,
wenn nicht das die Türkei gegen Kuüland schützende England in Arabien
seine eigenen (ieschiit'te zum Nachteile des Sultans betriebe.
Damit kommen wir auf das Festsetzen und unaufhaltsame Wachsen
des Einflusses von Engluid tu sprechen. Die Wasserlosigkeit und Dürftigkeit
der unter brennender Sonne venohmachtenden Halbinsel war nie das Ziel
der grofien Erobemngszflge; die Perser, Alexander der Große, die BOmer
maehten Halt am nördlichen Saume der sjrisch-arabisdien Wüste. . Auch
als Napoleon seinen Zug nadi Indien von Ägypten ans plante, beabsidi-
tigte er, Arabien südlicb la^^send, den Marsch durch Syrien in das Gebiet
der Zwillingsströme Euphrat und Tigris SU richten. Bis fast in die Mitte
des 19. Jahrhunderts blieb Arabien eines der unbekanntesten Länder der
Erde, und seine Bewohner wiesen srharf alle Versuche zur Ersrblieüung des
Landes zurü< k. Nur wenigen Forschern gelang es, über die Küsten hinaus
auf verhilltiiisinLiUig kurze Strecken ins Innere einzudringen. Eine .\usuahme
hiervon macht Pelgiawe, der 18G'2/l)3 vom Mittelmeer aus den Norden
durchquerte und den persischen Golf erreichte; der englische Forscher Cox
ging 1902 V(m Abu Ttahi am persischen Meerbusen ans, überstieg das
Djebel el Akhdar — die grünem Berge — im Hinterlande von Oman und
«rreichte die Haupt^ und Hafenstadt Maskat. Alle übiigm üntemehmnngen
sdbeiterten an den natürlichen ffindemissen des Landes und an der Feind-
sdiaft und Baubsucht seiner Bewohner. Die Franzosen waren die ersten
Europäer, die zu Handelszwecken, wie es heißt, schon in der ersten Hälfte
des IH. .labrhunderts auf der unwirtlichen, glühend lieißen Halbinsel festen
Fufi faßten. >lach dieser Nachricht soll Mahe de Bourdonnais mit dem
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BngUnd in Arabien.
427
Slieikh el Diii-i'in einen Vertrag geschlossen liahfii, <ler ihn zur 13e<it/.rrgrci
tung des Punktes öheikb Said, des Schnittpunktes der West- und Südküste
an der Sti'aße Bab cl Mandeb, berechtigte. Der für Frankreich so unglück-
lich Toriaufene österreidiische Erbfbigekrieg trug die 8cliiild an der Aufgabe
dieses Postens. Erst als 1839 England das ostwärts gelegene Aden eroberte,
um Seerftabereien m bestrafen, und es ni einem befestigten Flottenstfltsc*
punkte machte, unternahm Franfareich mehrere vergebliche Aniftufe, Sheikh
Said dauernd zu besetzen und zu befestigen. TatsKchlich ist dieses Meine
nur l.öO qkm messende Gebiet noch heute in französischem Besitz,; jetzt
im Westen und Norden von angeblich türkischem, im Osten von englischem
Gebiete eingeschlossen, ist sein wirtsclinftlicher und strategisi hör Wpj-t gleich
Null. Sein kleiner, fast kreisnmdcr Hafen setzt sich an^'csichts der ljub el
Mandeb-Straße in einem Ihithen, sandigen Küstenstreifen fort. Das Hinter-
land erhebt sieh bald zu Ilöhon von *J7() ni, im Djcbel Manbali, die Meer-
enge zwischen Sheikh Said und der seit 1857 England gehörigen Insel Perim
und zum Teil diese selbst auf Kanonenschußweite beheirschend. Die höchste
Erhebung der Ideinen aber so wichtigen Insel Perim betiUgt nur 70 m.
Somit bot das französische Gebiet seiner örtlichen Besdiaffenheit nach die
Gelegenheit zur Schaffung eines zweiten Gibraltars um so mehr, als man
wenige Kilometer von der Kflste entfernt genfigende Mengen von Wasser
und sogar Holz findet. Als Soleillct diese Küsten nSher erkundet«, sandte
die französische Regierung sogar eine Konimission nach Sheikh Said, um
sich über dpn Wert der Stellung klar zu werden, und übernahm auch 1866
von dem Privateigentümer, einer Handelsgesellsrhaft aus Bordeaux, das Be-
sitzreoht, ohne das Gebiet militärisi li zu sirluMn Als Frankreich (^bok an
der ostafrikaniseben Küste mit dem Hafen Djihuti einverleibte, glaubte die
französische Regierung ihren Interessen in jenen Meeren entsprochen und da-
bei die Aussidit gewonnen zu haben, das reiche Abesmnien zu erscUieSoL
Dieses Abessinien ward jetzt zu einem neuen Streitobjekt. Die Erwartungen
schienen sich durch den Bau der Bshnlinie Djibuti-Harar zu verwirklichen.
Diese Linie Terliert aber ihren Wert zum groBen Teil, weil ihre Weiter-
fQhrung bis Adia Abeba, der Hauptstadt des Negus Menelik, ein intematio-
nalf^s Unternehmen, d. b. ein puglisehes wird. Seit dieser Zeit liegt Sheikh
Said vergessen und öde da und bildet nur einen Riegel gegen die westliche
Ausdehnung des englischen Gebietes von Aden an <ler Küste entlang. Die
Beseitigung dieses politischen Hindernisses käme Knglanil sehr gelegen; da
sie nicht gelang, ließen es die Engländer an Anreizungen der Türkei ni«'ht
fehlen, um diese zu veranlassen, ihr angebliches Besitzrecht auf Sheikh Said
geltend zu machen.
Aden ist der Ausgangspunkt des englischen Einflusses in Arabien. Ein
französischer Schriftsteller vergleicht das unausgesetzte Wadhsen der eng-
lischen Macht in Arabien mit der steten Verbrmtnng eines auf Aden ge-
ftllenen Ölflecks, der sdiliefilich das ganze Kartenblatt durchzieht. Einst
stand Aden unter der Herrschaft der Portugiesen, sie legten die jetzt von
dm Engl.'iiidern vergrößerten und verbesserten Zisternen an, die — als
Zeugen ihrer Tätigkeit — einer kleinen Besatzung in dieser Hölle auf Erden
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428 V. Kleist:
den Anfanthitit enfe mSglidi madiMi. Bbenso yri» die ganse arabiidie 8lld-
kflgte nntentand das Gebiet Ton Aden dem großen bnen von Ifatkat Die
von diesen Ettston ansgehenden Seer&ubereien gefthrdeten in hobam Mafie
deo englischen Handel mit Indien. 1839 bei einer Razzia anf die erabisehen
Seeräuber erstürmten englische Landungstruppen das damals armselige Fischer-
dorf und setzten sich hier fest, mn die räuberische Bevölkerung im Zaume
zu halten und die nicht ungünsti^'en HafenvcrhUltnisse zu einem Anlegeplatz
der Schiffe auf der Fahrt nach Bombay zu verwerten. Englands Politik ist
wohl durehdaiht und weitschauejid; obgleich Aden etwas seitlich des großen
Schiffahrtsweges vom Kap nach Indien gelegen ist, setzte man sich trotz
der klimatischen Ungunst in Aden fest, befestigte die Stellung nach der
Land- nnd Seeseite su und maohte den Ort 1850 an einem Ereihandelshafen.
Zngleidi ▼wslomte England keine Gelegenheit rar VexgrSfierong semes
Hinterlandes durch Gewfthrung eines entsprechenden Bakshish an die hab-
gierigen und uneinigen Sheikhs So wuchs die Bedeutung Adens sdion da-
mals, seinen vollen Wert gewann es aber bei der AusfAhning der PUlae
Ferdinand von Lesseps' zur Durohstechung der Landenge Ton Suez. Man
kennt die ausgesprochene Gegnerschaft Englands gegen diesen Plan, weil aber
seine Verwirklichung nicht mehr abzuwenden war, so säumte es nicht, sich
1857 zum Herrn des Ausganges des Roten Meeres nach dem indischm
Ozean ilurch die Besetzung der Insel Perim in der Bah el Mandeb - Straße
zu niat.hen. Das bis daliin unKeaehtete diirre Eiland (ä.'>()() m lang und
1800 m breit mit einer höchsten Erhebung von 70 in) gewann jetzt eine
benrorragende strategische Bedeutung, um so mehr, als seine Reede gegen
die Ton Aden den großen Vorteil bot, daß Schiffe selbst mit großem Tief-
gange nahe dem Lande ankern konnten, und als die HauptschiJblirtalinie
den nur 3500 m breiten Kanal swisehen dem arabischen Festland und der
Insel durchsiebt Jetst ist Perim ein stark befestigter, mit schwersten Ge-
schtttzen ausgestatteter Platz und bildet mit Aden eine äußerst starke, den
indischen Ozean beherrschende Flottenbasis, welche einerseits das Rote Meer
abschließt, andererseits sich dem indischen Ozean selbst zuwendet Mit der
Bedeutung von Aden wuchs auch das Verlangen nach Vergrößening des eng-
lischen Besitzes oder doch des Einflusses in diesen Meeren. Das einst so
mächtige religiös -politische Staatswesen des Iman von Maskat war in der
Mitte des 19. Jahrhunderts schon in vollem Verfall. Ein großer Teil seiner
Besitzungen wurde gegen eine wenig entsprechende Jahresrente eine leichte
Beute Englands. So TerKlunola das OstUcfae Lidien Aber Amln«n nach dem
westlidien Ägypten sn einem unter englisdier Obeihoheit stehenden Gänsen.
Femer gingen die Eurian Huiian-Liseln, Sokotra und Sansibar in engliscben
Besita Aber. Damit hielt die Ausbreitung des englischen Einflusses ostwSrts
Aden an der ganzen Südküste Arabiens gleudien Schritt Immer verstand
England die sich bietenden Gelegenheiten zur Vergrößerung seines Einflusses
zu benutzen, die Unverträglichkeiten der kleinen Sultane unter einander und
ihre wilde Habgier bei großer Armut. Im Westen schob das kleine fran-
zösische Siieikh Said den englischen Gelüsten einen nicht zu beseitigenden
Riegel vor. Aber das gauze weite Gebiet nördlich und östlich Aden entlang
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England in Arabien.
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der Sfidkflste stand dem Namen nach nnter tttrldacher Oberhoheit, ein Ver-
hlltnis^ das die auf ihre Unabh&ngigkeit eifersOehtigoi, Ueinen arabischen
Stammesoberbftupter gmndsfttslieh mehi anerkannten. Das war ein redit
günstiger Tummelplat/ « iiglischcr Vergrößeningssucht. üjn aber auch den
Scbein des Rechtes auf ihre Seite zu bringen, unterhandelte die englische
Regierung mit dem Sultan in Konstantinopel und orlangte 1873 von der
Pfoifo das Zugeständnis der Oberhoheit über noun arabische Gebiete, die
sich v(»ni Mount Zhv südöstlich von Moka im Westen nach Osten bis zum
RestgHbiete des Sultanats von Oman erstreckten.
187.') erkaunte der Sultan von Kichin, der \ns /um Busen der Kurian-
Murian-Inseln herrschte, die englische Oberhoheit gegen ein Jahrgehalt an.
Ihm tblgtcn der Sultan von Makalla, die Stimme der Tatsli, Ohahidi, Jamada,
Sehnkaiir und andere Arabwstimme an der Kfiste von Hadramaut. Immer nnd
mit Erfolg bediente sieh England seiner altbewfthrten politisohen Maxime, sieh
«insimiiMh«i in die unaufhörlichen Streitigkeiten der StSmme, um als Friedens-
stifter durch Zahlung unbedeutender Jahresrenten das Zugestnndnis der An-
nahme des englischen Schutzes /.u erlangen. Bewährte sich dieses Prinzip aus-
nahTisweise einmal nicht, so genügt« ein leichter militärisch »n- Druck, mn das
Oewünschte /u erreichen. War einer dieser armen, aber sclhsthcwußten Sultane
gar zu widerwillig, so beehrte man ihn mit einer Einlndun«: /.um Besuche von
Bombay, packte ihn nnd sein armseliges (ieful^'e mit groliem (lepränge auf ein
Schiff, das ihn nach diesem Emporiuin englischer Macht führte. Geblendet
von der Pracht und der MachtfQlle, von der Gastlichkeit Englands, kehrte er in
seine Irmlichen hmroatUchen VerlüUtnisse surflok, war nun gern erbOtig, sich
unter den Schuta des miohtigen Englands su stellen und nahm beglfickt das
Jahrgehalt an, das ihm fUr sein Zugestlndnis nodi suteil wurde. Wenn auch
nicht ganx ohne Kmpfe in der NShe von Aden, so ist jetit England tat-
sächlich der Schuizherr über die ganze arabische Sfldküste Hadramaut.
Der Wirklichkeit entsprechend trftgt in der neuesten Auflage des Btielerschen
Atlas Hadramaut die Farbeosignatur englischen Besitzes.
Wenden wir nun unsere Beachtung der Entwickehmg des englischen Ein-
flusses auf der Ostküste Arabiens zul Dieser Teil der Halbinsel ist in seiner
Küstengestaltung noch am meisten gegliedert, dennoch begegnen wir auch
hier den geradlinigen, starreu Formen auf weite Strecken hin. Der Teil der
Küste von Ras el Hadd bis Ras Musandam springt weit in den indischen Ozean
▼or, nfthert sich am meisten dem nOrdlichan Teile Vorderindiens und gemnnt
hierdurch seine kmnmendelle und strateg^soha Wichtigkni Nadi dem Auf-
finden des Seeweges nach Indien um das Kap der guten Hoffiiung begründete
und sidierte der große Eroberer Allraquerque die portngienche Herrschaft dnroh
den Seesieg bm der Insel Omiuz über die Flotte der Araber. Schon vorher
hatte er sich einzelner Teile der Oman-Kflstc beniüchtigt, auch der Hauptstadt
Maskat, aber er wühlte die Insel Ormaz zum Zentrum der portugiesischen Macht
in diesem Teile des Ozeans, trotz der günstigen Lage nnd der guten Ilafen-
verhiiltnisse von Maskat. Von Ormuz aus überwachte er die Küsten Arabiens,
IndiiMis und l'ersiens. Nach kaum hundert Jahren brach Portugals Herr-
Bchatt zusammen und Persien nahm mit Hilfe englischer Schiffe 1620 die
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V. Kleist:
Insel Onnuz weg. Dies ist das ersto Eingreifen Englands in die Besitz-
verbältnisse Ost- Arabiens. 1G58 wobertcn dunu die Araber auch Maskat. Nach
fast hundert Jahren und recht wirren Zeiten erstand 1730 aus den Trümmern
der porf uu'iesischen Herrschaft ein mächtiges arahixh^s. politisch- rriipiöses
Staatswi x-n, das dts Inian von Maskat. l)it s<'r niuselinanische Staat umfaßte
damals unter spincni Tmati Ben Said die ostafiikanis^-hf Küste mit Sansibar,
Sükotra, die Kurian-Munan iust lu, die Oman-Küste mit Maskat, die Inseln
Ormuz und Kichin, die Bahrein-Gruppe, einen schmalen Kflstenstrich von
Mekran, Kflmian, Laristan und Farsistan. In der Mitte des 18. Jahrhonderta
stand da« Reich auf dem Gipfel seiner Madit. Alle Kflstengebiete westwärts
in Arabien bis zum Gebiete von Yemen unterstanden seiner Herrschaft. Diese
ausschließliche Seemacht begnflgte sich nur mit dem Besitze der Kflsten: fast
nie drang sie in das wüste Hinterland ein, hatte aber auch nur kurzen Bestand.
Schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts verlor sein Herrscher in den Augen
der Araber an Ansehen, als er den religiösen Titel eines Iman ablegte und
den eines gewöhnlichen Sultan annahm: schon 1H<>." wurde er von der in
der Mitte des 18. Jahrhun»ierts entstandenen muselmanischeu Sekte der Waha-
hiten in seiner Hauptstadt Maskat derart hcdrilngt, daß er sich nur mit
Hilfe d»'r Engländer zu behaupten vermochte. Dies ist die zweite (le-
legenheit, die England benutzte, uui wenigstens eine muralischc Suprematie
in Ost» Arabien zu erlangen und sich zum Herrn des persischen Heerbusens
zu machen. Aber auch Ben Saids Enkel, Seid Said, war noch sehr mKchtig:
seine Flotte bestand aus einigen dreißig nach europäischen Modellen er-
bauten, mit GeschQtsen armierten Fregatten. Seit 1854 war aber der Sultan
von Maskat in einen unglücklich« n Krieg mit Persien verwickelt, das ihm
seine Besitzungen am persischen üfer, darunter den Hafen Bender Abbas
an der Meerenge von Ormuz wierljr ahnahm, auch über die Insel Oimua
die ( •b'^rhüheit gewann. .\ls IHÖtl di-r Sultan Seid Said starl), wurde sein
Jveich unter seine zwei Sidme geteilt, der eine, der Sultan Said Türki Ben
Said, erhielt Maskat und die a.siatisehen Besitzuijgen, der andere eihit lt San-
sibar nebst den afrikaiiiseh»>n. Die Teilung l)edeutete den Untergang des
Staates. Sie bot England Gelegenheit zur Erweitemng seiner Machtstellung.
Die afrikanischen Teile des Beiehes sind heute im Bentse Englands und
Deutschlands. Der jetzige Sultan von Sansibar, ein Sohn des ersten Sultans,
gilt nur als ein durch eine Rente entschädigter Beamter Englands. Kicht
minder schnell vollzog sich der Verfall des Sultanats von Maskat: es verior
an die Tttrken die Babretn*Inseln, wertvoll durch ihre Perlenfischerci, die
Insel Sokotra und die Kurl an-Mttrian-Inseln an die EngUlnder i st'»:; wurde
der Best der Flotte verkauft, um aus ihrem Erlöse eine Zeitlang die Kosten
der feuern Hofhaltung zu deeken. So verblieb im scheinbaren Besitze des
Sultans von Maskat nur der Küstenstrich von M:rb:it an der Südküste und
die Omanküste bis zum Kap Mii>andani mit uube^ieuteiiden Bef- stiLrniiieu,
sowie liuadar an der Küste von Belutseliistan Sein Ansehen verbhiÜte inmier
mehr, es machte ihm Mühe, die Aulurität lu dem ihm verbliebenen Besitze
von kaum 200000 qkm mit etwa einer Million Einwohnern zu erhalten, auch
diewr Schatten von Macht wäre ihm ohne Englands Beistand nicht ver-
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England in Arabien.
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blieben. 1866 folgte ihm sein Sohn Said Türki ben Said auf den Thron.
Dieser erhält von Indien 150000 — 200000 Francs .lahipsrente fiir seine an
Enpland ahrrftretenen liesit/imü'f'n, abor ef'i'H'lo (liese Kciite macht ihn seinen
Untfitaiicn veriulitlich. Erkannte auch der Vertrag' zwischen England und
Frankreich vom 1<). Mär/, die voUkoninieiie UnahliänL'i'-rkfit dos Sultans
von Maskat an, so wurde dieser Vertrag doch schon hint'iilli<^', denn er bezog
sich gleichzeitig auf den Sultan von Sansibar, und dessen Geschick ist schon
«it8<diiieden. Als Frankreich Madagaskar, die Comoren, Djibati in Besitz ge-
nommen, sucbten auch die Bewohner des Hafenplatxes Sur, sUdOstUdi Maskat
an der Qmanktlste für ihren Handel Schnta unter der Flagge Frankreichs,
und so fand seine Begiemng Gelegenheit, rieh in das Vertöltnis «wischen
England und dem Sultan von Maskat einzudribigen. Als aber 1899 drei
englische Kreuzer vor Maskat erschienen, war der Sultan so eingeschüchtert,
duB er das Zugestän lnis der Anlage einer französischen Kohlenstation an der
Omanküste bei Bender- Djissar sofort zurückzog. Unmittelbar vorlier hatte
Frankreich in Muskat ein Konsulat eiTiehtet, das seine Interessen namentlich
in Sur vertreten sollte. Ks hatte aber mit dieser Maßregel kein (Uihk.
Die Streitsache über die Hererhligung der Kaufleute aus Sur. die französische
Flagge auf ihren kleinen Schitfen zu fiibreii, hatte für Frankreich vor einem
Schiedsgericht 1905 einen ebenso ungünstigen Ausgang wie der oben er-
wfthnte Versnob, eine Kohlenstafaon an der Omankllste anzulegen. Auch Bufi-
land schien gewillt, vor dem osiasiatischen Kriege, Englands herrsehenden
Einfloß an der Kflste von Oman und im persischen Meerbusen beldmpfen zu
wollen. Es setzte gleichfalls einen Konsul in Maskat em und betneb eine
reichlich subventionierte Dampferlinie von Odessa über Maskat nach dem
persischen Hafenplatze Bender-Buscheir, WO ebenfiüls ein russischer General-
konsul residierte. Die russische Regierung schien sichtlich den Zweck im
Auge 7,u haben, ihren großen politisch-wirtschaftlichen Hrfol^en in Nord-
Persien von Süden, von der Kü.ste her zu Hilfe zu kommen, um .sich den
Zugang z.um offenen .,\varmeu" Meere zu eröffnen. Durch den für Rußland
so unheilvollen Au.sgang des ustasiatischen Krieges sah es sich genötigt, vor
der Hand seine Tätigkeit in jenen Meeren einzustellen, sicherlich aber nicht
fOr immer, wie schon der Besuch des Schah von Perrien 1906 in Petersburg
dentlidh zeigte.
Augenblicklich hat sich England der konkurrierenden fremden Versuche
zur Festsetzung in Oman und im persischen Busen mtledigt. Der englische
Konsul in Maskat ist ein Militär und der Berater des jetzigen Sultans Seyid
Feysiü ben Turki, tatsächlich aber der Herrscher. Im Süden bei den Kurian-
Mnrian-Inselu und im Norden bei den Bahrein-Inseln, die den Türken ab-
genommen wurden , stehen stets englische Kreuzer zur Verfügung bereit.
Das englische Konsulat und die hier orrichtete Post erhielten eine englische
Schutzwache; alle Stemi)el tragen britisches (iepriige. Auch in wirtschaftlicher
Beziehung nmß der Sultan den» Rate des Konsuls folgen, Steuersätze für
lieisballen wurden auf seinen Wunsch herabgesetzt, ebenso das englische
Pachtgeld fttr Fischereigerechtsame bd <3uador, dem letzten Besitz des Sul-
tans an der BelutschistonkOste. Aber auch flbor diesem Platse weht schon
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Kleist:
f1i> englisclip Flatrcro, denn hier ist die Tiandungsstolle fiir ein enplisclios
Kahfl von Hdinl'iiy nadi KoweTt und für ein geplantes von Maskat dabin.
Der Fischeieibctrag wurd»' um /.wr-i Drittel herabgesetzt. Seit Ende der neun-
ziger Jahre ist England der wirkliclie, gefürchtete Sobutzherr über das Sul-
tanat von Oman, im besonderen über Maskat. Diese Hafen- und Haupt>iadt
ist wirtechaftlicb von nieltt geringer Bedeatnng. Für Bombay gilt Maskat
als Zwisebenplats des Handels nach Arabien einerseits und nach Persien
andererseits. 1900 betrog der Gesamthandel 685000 Pf.-Si Das Ergebnis
der drei Abschnitte der Tfttigkeit englischer Politik in Oman ist so gnt wie
erreicht: das Sultanat ist tatsichlich ein englischer Schutxstaat| und der
Wirklichkeit entsprechend kennzeichnen englisdie Atlanten das Gebiet als
englischen Besitz.
Nicht minder interessant ist das Vorgehen der ])ritischen Politik im
Inneren des persischen Meerbusens. Es deckt .«ich vollkommen mit dem
Verfahren, sich der großen Wfltbandelsstraliü dun h den Snczkanal und <la.s
Rote Meer bei ihrem Austritt in den indischen Ozean zu versil bern. So wie
bei der Bnb el Mandeb-iStraüo über Aden und der Insel Perim die englische
Flagge weht, so ist auch die Straße von Ormuz durch das Protektorat
Uber Oman und den Besits der in der Meerenge gelegenen Lisel gleichen
Namens, aafierd> m noch durch die Besitznahme der Inselgruppe Bahrein in
Englands Hand. Um aber Tollkommen Herr der JAta» von Indien durch
den pevsisehen Meerbusen zu worden, bedurfte es noch eines festen Punktes,
der den Handelsweg an der Stelle beherrscht, wo der Seeweg in den Land-
weg übergeht, entlang dem wasserreichen Tigiis. England wählte hierzu
den Hafen Koweit, über den zwar die Türkei die Oberhoheit beanspruchte,
ohne sie jedoch geltend gemacht zu haben und dessen Sheik Mubarek sich
volle Unabhängigkeit klug zu wahren v»Ts1aiideu hatte. Eür England wurde,
wenn auch nubt der volle Besitz, so doch wenigstens iVw Schutzherrschaft
über Koweit um so wünscbeuswerter, als eine deutsche Eiseubabugesellschatt
diesen Platz als Endpunkt der im Bau begriffenen Bagdadbahu seiner ge-
sund«! Lage und günstigen Hafeuveihftltnisse wegen in Aussicht genommen
hatte. Die Bagdad-Gesellschaft nahm eben an, Koweit stehe unter tflrkischer
Oberhoheit. Nicht nur, weil sich hier englische und deutsche Handels- und
Verkehrsinteressen entgegenstehen, sondern namentlich, weil Kowtft der Aus-
gangspunkt englischen Einflusses auf das Ne^jed, den östlichen, wirtschaft-
lich wichtigsten T il des Innern Arabiens wurde, verlohnt es sieh, dem Vor-
gehen der englischen Politik an diesem l)ish<'r weltvergessenen Punkte zu folgen.
Der kleine Ort Koweit liegt 11'* km südlich von Basra, schon am West-
gestade des persisclifn Golfes. Er besitzt einen ausgezeichneten Hafen, er-
freut sich eines sehr «jesunden Klimas und beherrscht die Mündung des Shat
el Arab. Seine günstige Handtlslagc wurde die 1 rsaf'he, daß sich seit etwa
lOU Jahren von Hasra iier eine starke Einwanderung einstellte, so daß es
jetzt etwa 20000 Einwohner z&hlt Die Hauptausfuhr bilden die Erzeugnisse
der Viehzucht aus dem inneren Nedjed, namentlich auch von edlen Pferden;
auch laufen Sdiiffe zur Perlenfischerei nach den Bahrein -Inseln aus. Sehen
1820 stellte England in Koweit einen Konsul an, der sich aber gegen die
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England in Arabien.
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Feindseligkeiten der Araber und Türken nicht behnnpton konnte und zurück-
gezogen wurde. Als 1871 die Türken das Gebiet El-Hasa von d» r Östküste
bis zur Halbinsel Katar eroberten, leistete ihnen Koweit Hoerc^fol^M«. Sein
Sbeikb erhielt seine Bestätigung mit dem Hange eines Kaiinakans ( Rogierungs-
prüsidenten) und als Lohn den IJesitz der dem Bhat el Anib nahe gelegenen
Palmeuhaine. 'I'rot/. dieser sehr nahen Beziehungen zum Sultan in Konstan-
tinopel erachtete sich Sbeikh Mubarek ferner als unabhängig. Als Lord
Coraon ViMkOnig von Indien geworden war, nahm er den Gedanken wieder
anf, sich Eowelts zu Tersichem, weil es einer der Anlageplfttze f&r die
britisch^indische Schiffahrtskompagnie geworden war und das Projekt der
Bagdad-Bahn ins Leben trat. Daher schloß er 1900 einen Vertrag mit dem
Sheikh Mubarek, in dem ihm England seinen Schutz gegen jeden fremden
Anspruch zusagte und dafQr einen vortrefflichen Hafen 20 km nordöstlich
Koweit sowie große Zugeständnisse für Koweit selbst erhielt. Lord Curzon
setzte wieder einen Konsul ein , der von dem Sheikh die Berechtigung er-
hieltf am Hafeneingange Kngiands Flagge /u hissen. So wurde Sheikh Mu-
barek Englands Verbündeter und Schützling.
Das Gefühl der Sicherheit l)elel»te nun seinen Ehrgeiz, und er fand Ge-
legenheit, diesem wirksamen Ausdruck zu geben. Ben Raschid hatte, wahr-
scheinlich türkischem Antriebe folgend, vor dieser Zeit die wahabitischen Sheikhs
aus Nedjed vertrieben und an ihrer Stelle sich selbst nun Sultan gemacht.
Sheik Mubarek nahm den Tertriebenen Erben, den Kedjed Sheikh Abdel Aziz,
in Kow^t auf und gewihrte ihm ein kflmmerliches Qattredit. Nach dem
Vertrage mit der englisolnn Begierui^f glaubte Mubarek, die Zeit sei ge-
kommen, um seinen Schfltzling Abdel Aziz in sein verlorenes Erbe, in das
Ne^ed, zurtV 1< / Hihren. 1901 erreichte Abdel Aziz nach einem 600 km
langen Marsche durch die Wüste die alte Hauptstadt el Riad, welche ihm
die Tore öffnete. Darauf aber wurde er bei Breigat von Ben Raschid ge-
schlagen, mußte el Riad räumen und wurde bis an die Mauern von Koweit
Verfolgt. Zugleich trat die Türkei auf den Sihauplatz, um die alten An-
sprüche auf Koweit geltend zu machen. Türkische Truppen ei-schienen von
Busra her in nächster Nähe von Koweit und schickten sich zur Belagerung
des Platzes an. Die Lage des Shdkh MubarA war recht aoasichisloi. Da
erschienen auf Antrag des englischen Konsuls drei englische Kriegsschiffe auf
der Beede von Koweit Angemdits dieser Demonstration standen die Türken
TOD weiteren Angriffen ab, errichteten zwar in geringer Entfernung Befesti-
gungen, zogen aber schließlich wieder nach Basra ab. Der von England
gnrettete, ermutigte und au(h ferner unterstützte Sheikh Mubarek ging wieder
zum Angriff gegen Nedjed vor, eroberte zum zweiten Male el Riad, nachdem
er Ben Raschid geschlagen hatte: und heute ist der geschworene Tflrkenfeind
Abdel Az'u wieder als Emir von den wahabitischen Stämmen des Nedjed
anerkannt. Diesen günstigen Erfolg nutzte Sheikh Mubarek weiter aus: er
wandte sich gegen die türkische Prnvinz El-Hasa, an der Westküste des
persischen (lolfes zwischen der Uman Küste und dem Euphi-atgobiet, und be-
setzte sie mit Ausnahme der Hauptstadt el Katif. So ist auch diesei Gebiet
Ar die Türk« verloren und im Besitie eines Sdittzlings von England. Hier^
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4U
Kleist:
hei kommt noch der KintluB in ndracbt, den di> englische Regierung über
den durch ihre Tie^iünstigung wieder in sein Erbe eingesetzten Emir Abdel
Aziz gewinnt niid sk üIkt <i;i^ Innere <>st-Aral»iens, da^ walialtitische Kedjed,
Die Mitteilung d»\s bi>heiig»'n Minislerprii-^idi'iitcn Haltour im Parlamente:
„Das Oberhaupt vim Kuweit ist ein Scliüt/litig Englands und durch Sonder-
verträge mit uns gebunden", bestätigt ot'ti^iell die vurstehend wiedergegebene
AafSusang.
Wenn so im OsÜichen und inneren Arabien die tttrkiechen Besitisnsprfldie
dem engliacben Einflüsse weichen, so drobt der Pforte eine noch viel größere
Qefabr an der WestkCUte Arabiens. Die sfidliehen Gebiete, die Landschaften
Azyr und das vielgenannte Yemen stehen erst seit 1873 unter türkischer
Oberhoheit und Verwaltung, seit Absetzung des letzten unabhängigen Sultans
von Yemen. Schon seit Heginn des 10. Jahrbunderts fanden hier unaus*
gesetzt blutige KUmpfe statt, zum großen Teib- dunh die Wabaititen hervor-
gerufen. l)ie>e in der Mitte des IH. .fahrbuuderts eutstandr'iie religiöse Sekte
suchte den I>lani /u iiier uispriiiiglirhen Heinheit zurück/u lub reu und er-
kannte den Sultan in Knust, iiitiiio[)el als Kalifen, als geistlulies Oberhaupt
nicht an. Ihre Wiege liegt nu Inneren Arabiens, im Nedjed. Der religiöse
Fanatismus führte bald seine Anhänger über dies ilebiet hinaus, überall ihre
Lehre verbreitend. Als 1803 auch die heiligen StBdte Mekka und Medina in
ihre Hand fielen und ihr abweichender Glaube die Stellung des Sultans emstlich
gefährdete, fibertrug dieser das Zurflckdztngen der WabaHten 1815 dem
Pascha von Ägypten. Seinen Truppen gelang es, die heiligen Stfttten wieder
in erobern, die Wahabiten bis in das Innere zu verfolgen, auf die Dauer
aber vermochtwB sie sich nicht zu behaupten. Die Pforte setzte in Hedjaz
über die heiligen Städte einen Groß-Seherif als ihren Beamten ein, der sich
einer recht nnabhilngigen Stellung und eines .Tabreseinkoniniens von o Mil-
lionen Francs duicli die Piigerfalirer erfreut. Seit dieser Zeit l»eanspruchte die
Pforte die Oberhoheit auch über A/yr und Yemen, ohne ihre i^cchte aber
auszuüben. IStJö und 1871 fidgten in diesen be-iden Landschatten Autslände,
die zur Beseitigung des Sultans von Yemen und zur Einsetzung eines anderen
führten. Neue Erhebungen 1893, 1895 und 1896 machten wiederholt das
militärische Eingreifen der Pforte erforderlich, stets ohne durchschlagenden
Erfolg. Die Hauptstadt Sana und ihre Umgebung zeigte sich ganz besonders
widerspenstig. Schon 1901 war Yemen wieder in vollem Aufhihr, zur selben
Zeit also, als sich in KoweTt die geschilderten Vorgänge abspielten. In
Y'emen war der Inian Y'ahia, der angesehenste Mann der Provinz, gegen
die türkische Herrschaft aufgestanden und sab sich bald an der Spitze von
oOOno Arabern. Als ihr Führer erhielt er den Titel Charof eddin („Ehre
des (llatiliens") o<ler auch Seif «d islain. Als der türkische .Mus.setarif von
Hitdeda die Aufforderung zur l hergäbe von Sana ablehnte, schloB Yahia im
Februar UM).") Sana ein. Die Plorte schickte den .Marschall Riza i'a.scba mit
dem 7. Armeekorps nach Yemen zur Unterdrückung des Aufstandes. Dieser
roarschiei-te mit 8000 Mann von der Kttste ah, zersplitterte aber auf dem
Marsche einen großen Teil seiner Truppenmacht, durchbrach zwar noch die
Einschliefittog der Araber, verlor aber hierbei schon einen Teil seiner Ge-
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England in Arabien.
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schfltse, seineil Train nnd Proviant Ohne Aussicht auf baldigen Ersatz und
bei dem Hangel an Lebensmitteln kapitulierte Sana und so fielen weitere
SO Geschütze, 20000 Gewehre und große Mengen von Unnition in die Hftnde
der Aufstilndisclu n. Nun beehrten die Sieger den frülicren Iman Yahia mit
dem Titel eines „Sultans von Arabien**, und dieser verlit imlii bte nicht länger
seinn Absiclit, -.'.Wo arabischen Stümmo von der Türkenlierrscliaft zu befreien,
sii'h selbst zum Herrn von Araliien zu machen und als Kalifen anerkennen
zu hissen. Die l'furte si'uunte nicht diese Selmrte auszuwetzt-n , ein neues
Armeekorps unter einem ihrer tüchti^^sten Heerliihrtr, Shiikir Pascha, ward
zur Unterdrückung d»'s Aufstandes und zur Wahrung ihrer Oberhoheit nach
Yemen geschickt Shakir Pascha, der letste der im preußischen Dienste aus-
gebildeten Offiziere, erzielte ansehnliche Erfolge, bevor er aber seine Aufgabe
vollkommen erfüllen konnte, wurde er nach Mazedonien abberufen und seit-
dem fehlen Nadhrii^ten von weiteren Erfolgen der tflrkischen Truppen. Da-
her dai*f man den Aufstand nodi nicht als niedergeschlagen eraditen. Die
Araber selbst sind des Sieges ihrer Sache gewiß. Mit dem Rufe: „Arabien
den Arabern" /oi: man in dem eroberten Sana ein und mit dem gleichen
Rufe begrüßten die Bewohner des Xedjcd Abdel Aziz, den Sieger über die
Türken. Es geht sogar ein Gerücht, d:iß dieser neue Sultnn des Nedjfd ein
Bündnis mit Yahia von Sana im strebe, um na- Ii seinem Abschluß mit lUÜOOO
wohl bewalVneten Kriegern auf Mekka zu marsi hieren.
Vertblgt mau den <iaug der Ereignisse von der Besitzergreifting von
Aden diirch England bis zum heutigen Tage, so erkennt man, daß Arabien,
das noch vor 15 Jahren der Tflrkei oder dem Sultan von Oman unter-
worfen war, jetzt unter der Vormachtsstdlang Englands steht Die ganze
Süd- und Ostkflste von dem oben mehrfiMh erwähnten französischen Posten
Sheikh Said bis zur Mündung des Shat el Arab, das Hinterland von Aden
bis Daha nordwiuts auf dem Wege nach Sana, die im Süden und Osten vor*
gelagerten Insehi, alle diese Gebiete unterstehen englisch r Oberhoheit oder
Schutzherrschaft. Sogar das bisher ganz unzugängliche Innere Arabiens kann
sich dem britischen Eintiussi' nicht entziehen: der jetzige Beherrscher des
Nedjed, Abdel Aziz, ist von England abhängig, und dali der Iman Yahia von
Yemen seine Erfolge zum großen Teile England verdankt, liegt auf der Hand.
Unbemerkt lieferte dieses die erforderlichen Wallen, den Kriegsbedarf und
vor allem Geld.
Bei so weitgehender, mehr oder weniger heimlicher Erweiterung eng-
lischen Besitzes oder englischer Schntzherrschidft liegt die Frage nahe: welches
Ziel verfolgt England in Arabien? Die Erschließung des Landes zu
wirtschaftlichen Zwecken, die Förderung des Handels, die Erleichterung des
Verkehrs, die Befestigung seiner Herrschaft über den indischen Ozean oder
einen politischen Zweck, entsprechend seiner weltbehMTScbenden Stellung?
Die Erschließung des meist unfruchtbaren, wasserarmen, von der Sonne aus-
gedörrten Landes errflnet keine vorteilhaften Aussichten, ebenso wenig lülit
sich erwarten, daU sich die dünne meist noma<lisierende, meist nur von Vieh-
zucht und KiiubiMeien I«'bende Beviilkerung zu einem seüliatien aekertiaii- oder
gewerbetreibeudcü Volke umbilden lassen werde. Das Land ist dasselbe wie
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.T. Kleist:
▼or Tansendeik tod Jahrra, und seine Bewohner leben hier noch in derselben
Weise, die wir aus dem Alte» Testamente kennen. Da I&6t sich eine Wand-
lung in Sitten und Gewohnheiten ftir absehbare Zeit nicht erwarten. Die
Aussichtlosigkeit einer Ausnutzung des Wflstenlandes und seiner nomadisie-
renden Hevrdkeninij für die Kultur scbließt die Annahme vollKtündig aus,
England habe kulturelle /wecke im Aiiir»'. Viel eher ließe sich annehmen,
daß (!ewinnsu<'ht iind powisse ("harakteranlagf n den Araber zu reger Betei-
ligung am liamlel treiben. Die Hafeniiliitze Djedda, Hodeda, Aden, Maskat,
Koweit, Menamah auf der Bahrein-Insel bergen eine zahlreiche, rührige Be-
vdlkerung, die mch stark Termehrt. Die Welfhandelaatrafie durch das Bote
Meer Itaft auf fast 2000 km an der arabischen Westküste entlang. Die
sweite Handelslinie durch den persischen Meerbusen kann sich xa einer
zweiten WelthandelsstraBe erheben, wenn das Projekt der Bagdad-Bahn eine
gfinstige Losung findet Djedda, der Hafen für die Pilger nach den heiligen
Statten Mekka und Medina. wird jährlich von 300 Dampfern mit 277 000 tons
besueht. Hodeda, der Ausfuhrhafen für <len Vx rühmten Mokka Kaffee, ist zu-
gleich Hafenplat/ und H»'giemngssitz des Landes Yemen mit der Hauptstadt
Sana von 50()(M) Einwohnern. Die vorzugsweise militärischen Zwecken dienende
Insel Perini wird wegen ihres guten Ankergrundes von vielen Dampfern zum
Kohlenauffüllen aufgesucht
Dann Aden, die Haupt.sladt dos jettt etwa 20000 qkm umfassenden
anter englischer Hoheit 'stehenden Hinterlandes: es wurde ein Welthafen, den
&st alle Dampfer mit Bestimmung nach Ost-Asien und Ost- Afrika anlaufen,
um Kohlen- und Wassenrorrftte >u erglnzen. Dampfer der „P. tt 0.*^, der
deutschen Ostafrika-Linie, der „Hapag^, des Bremer Lloyd, des österrsichisehen
Lloyd, der Messageries maritimes, der Babatino^GeseUschalt, sie alle lanfen
Aden an. Vor noch nicht 70 Jahren ein elendes arabisches Fischerdorf,
wurde es eine befestigte Kohl^nstation und seit der Krötl'nung des Suezkanals
ein Wolthafen mit jetzt gegen r)000() Einwohnern, darunter 1300 Europäern,
einschließlich der Beamten und der Oarnison Tn der Verwaltung untersteht
Aden der Regierung der Präsidentschaft Bombay. Im Jahre 1895 liefen
1Ü06 Dampfer mit 2KJ '0()() tons ein und fast ebenso viele liefen aus. Der
Gesamthandel betrug 112 Millionen Francs, er verteilte sich auf Einfuhr mit
76 Millionen und auf Ausfuhr mit 66 Millionen. Die Einfuhr versorgt die
Einwohner nut all den Knltorbedtfrfiiisaai, die Arabien nicht bietet; heote
bilden auch Waffen und Kriegsbedarf einen ansehnlichen Posten. Die stati-
stischen Angaben von 1895/96 li^n nun schon 10 Jahxe surlld[. Der
stetig wachsende Handel Europas mit China, Japan, Indoohina, dem Snnda-
gebiete, die diinesischen Wirren und der ruansdi-japanische Krieg hoben den
Verkehr Adens und seine Welthandelsstellung ganz außergewöhnlich. Zugleich
machte sich gtUistag geltend, daß die ganze Küste Hadramaut als englischer
Besitz anzusehen ist.
Die weit ostwärts vorspringende Lage von Maskat macht diesen Platz
zum natürliehen ZwisL-lienstapeiort für den indischen Handel von Bombay,
ja von Kurashee an der Indus-Mündung, mit dnn Hafenpliltzen des persischen
Meerbusens. Nach Angaben des englischen Konsuls von Bushelr bclief sich
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EngUnd in Arabien.
487
1900 der Gesamthandel im persuchen Meerbusen auf 2873000 Pf.-St, von
denen allein auf Maskat 685000 Pfimd entfallen. Von jener Summe des Gesamt-
handels stammten aus Bombay Waren für 1034000 Pf., aus England ffOr
788000 Pf., ans anderen Lftndem fBr 866 000 Pfond, darunter aus Deotsehland
fOat 38000 Pftmd. Demaadi betrug der Wert des im persischen Golfe be-
triebenen Handels annUh<'rnd die Hälfte der Gesamtsuninie dos Handels-
Terkehrs von Aden im Jahre 1895. Arabiens KQstenplfttze bilden wertvolle
Stützpunkte für den Handel zwischen Europa und dem östlichen Asien und
da diese Häfen fast ausnahmslos - außer den persischen und den türkischen
Faro — englischer Besitz oder unter englisrhem Scluitze sind, so beherrscht
England vollkommen den Handelsverkehr. Dazu kommt, dall ein 'IVil der
Hülfen zugleich die Landuugsstellen für die englischen Kabellinien abgibt,
die entweder das Kote Meer oder den persischen Meerbusen, sowie Klein-
Asien durchzielien, um Europa, Asien, Afrika su verbinden. Nur ein franaösi-
schos Kabel läuft von Djibnü Aber Sheikh Said nach Hodeda, Djedda bis
Medina mit einer Landabsweigung nach Sana. Arabien bildet somit das Mittel»
glied zwisdien den drei Weltteilen fBr Handel und Verkehr. Das Streben
Englands nach dem aussdiliefilidien Hesit/.e der Kflsten der so unwirtlichen
Halbinsel wird so schon aus diesen Handelsinteressen erklärlich.
Der Handel und Verkehr verlangt befestigte Stfitspunkte, man findet
sie in den lUtVstigungen der Insel Pcriin, welche die östliche schmale
FahratraUc /wischen der Insel und dem Festande Arabiens durch ihre be-
schütze vüllküuuncu beherrscht und nach Frt'orderu die Durchfahrt durch dajs
„Tor der Tränen'' freigeben oder verschließen kann. Die unmittelbare Nähe
des nach der Leeseite zu stark befestigten und armierten Aden gibt der
Insel Bsrim dMi notwendigen Bflckhali Wenn Aden ein aweites Gibraltar
genannt wird, so beruht die Berechtigung des Vergleiches nur auf der ähn-
lichen geographischen Lage: Gibraltar spenrt die Enge awisehen dem Atlantisdien
Oaean und dem Mittelmeere, während Aden, fast 150 km von der Bai el
Maadeb>Strafie entfernt, wohl den Zugang von Süden und Südosten ver-
bietet, ihn aber nicht liindem könnte, wenn nicht die Insel Perim den un-
mittelbaren Verschluß herstellte. So beruht die StArke der Stellung Pcrim-
Aden auf wechselseitig sich ergilnzendeu Vorzügen. Eine Rlockade dieser
starken Stellung durch eine feindliche Flotte ist kaum annehmbar, denn der
Suezkanal ist in Englantis Händen, und dieses würde nicht an.stehen, den
künstlichen Wasserweg für die Durchfahrt feindlicher Schiffe zu schlielien.
Im indischen Ozean unterhält keine Seemacht so starke Flotten im Dienste,
um mit Ansucht auf Erfolg eine Blockade von Aden-Perim wagen au kOnnen,
da der Weg um Sfld-Afrika vom Kaplande her behemdkt wird. Hier ist
noch nicht einmal die aktive Beteiligung der englisdi-indisdien Flotte in Be-
tracht gezogen, die doch erst geschlagen sein müfite, bevtnr «ine andere See-
macht daran doiken könnte, den Zugang zum Boten Meere durch Eroberung
von Aden-Perim zu öflFnen. Diese Stellung ist durch ihre Lage, ihre Ün-
sngänglichkeit von der Landseite her so stark, dafi England auf die Anlage
weiterer befestigter Stützpunkte in Arabien verzichten konnte. Jeder be-
festigte Platz übt je nach seiner Größe einen strategischen £iatluß auf seine
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V. Kleist:
ümgebung aus. Der EinAufi Adens »igt sich in dem steten Wachsen seines
Hinterlandes, in den erfolgreich«! Kftmpfen der arabischen Stimme in
Temen und Axyr gegen die türkische Herrschaft, Erfolge, die ohne eine
den Attfktlndigen günstige Haltung Englands von Aden aus nidit denkbar
wftren, die zweifellos an Stelle der angebliehen tflikisclien Oberhoheit zur tat-
sächlichen Schutzherrschaft Englands über diese Gegenden führen werden. Der
Aktionskreis Adens nacli der Sc»' zu umfaßt viel gewaltigere Flächen: im
Hücken der Seefrxnt ist das Kote Mt-er ein britischer See, nach Süden und
Südosten die Sfctestuiig Herrin des arabischen ileeres. Seine Periplierie be-
rührt im Süden den Ilerrscbat'tsbereich des Kreises, der seinen Mittelpunkt
in der Kapstadt oder in Port Elisabeth hat, selbst das französische Mada-
gaskar wird von ihm umschlossen. Nach Südosten und Osten geht die
Einwirkungssone Adens in die von Lidien und Ceylon über, in Maskat be-
rühren sich beide Kreise. Wenn sich England für den persischen Qolf noch
keinen dauernden zentralen Btützpulikt schuf, so war er entbehrlich durch die
N&he Ton Bombay, und seine Enthaltung wurde ersehwert durch das ungün>
stige Klima. Maskat ist einer der heifiesten Punkte der Erde: hier steigt die
Hit/e bis über 43'' ('. im Schatten. Unter gleichen Nachteilen leiden die
Ingeln Bahrein und Ormu7. Die Lage der letzteren in der Meerenge gleicht
auffällig der der Tnsel Perira in der Hab el ^landeb-Strnße. Ebenso wie sich
die i)()rtugiesische Seemacht einst in difsen (Jewässorn in Orrauz ihren Stütz-
punkt schuf, eljenso wird das viel seemUchtigere England nicht zaudern, durch
Befestigung und stete Besetzung der Insel Onnuz den Zu- und Ausgang des
persischen Meerbusens in seine ilaud zu nehmen. Die Notwendigkeit tritt
erst dann ein, wenn BuBland den pachtweisen Erweib ehies Hafens ▼on
Persien erlangt und somit einen Zugang mm wannen Ifeere^, einen Ersati
für Port Arthur-Dahiy gewinnt, oder wenn die Bagdad-Bahn in deutsch-
franzSsischen Händen das Mündungsgebiet des Shat el Arab erreichen sollte.
Bis dahin unterl&ßt die britische Regierung die Besetsnng und Befestigung
der Insel Ormuz. Die politischen Ziele stehen in so engem Zusammenhange
mit den militUrischea Maßregeln, daß sie sich nicht scheiden lassen.
Das englisch-japanische Bündnis beweist oflenkundig das Bestreben der
englischen Politik, sich unter allen Weeliselfällen die Herrsrliat't über die
Krone ihres Besitzes, über Indien, unter Beiseitestellen aller kleinlichen Be-
denken zu sichern. Ein großer Teil der Bevölkerung Indiens und gerade
der militärisch beste bekennt sich zum I>iaia, er ist eine Stütze der eng-
lischen Machtstellung in Indien. Jeder Umstand, der den Einfluß auf die
muselmanischen Bekenner stftrkt, ist willkommen. Es gibt kein heilsamerss
Mittel, als die Religion, um den Muhamedaner mit der Fremdhemchaft ans-
snsOhnen* Gelänge es Englands Politik, das geistige Oberhaupt des Islam,
bisher der Bultan in Konstantinopel, von der britiBdien Regierung so abhlngig
SU machen, daB das Oberhaupt Englands Interessen unbedingt Rechnung
tragen müßte, so erführe Englands Besitzstand in Ägypten und Indien eine
unüberwindliche Stärke. Nun ist es eine kaum zu l<"<spnde Aufgabe, den un-
bedingten Einfluß über die Pforte zu gewinnen. Da bieten die arabisclien
Dissidenten, die Wahabiteu, die Möglichkeit, eine entsprecheDÜe Einwirkung
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England in Arabien.
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wenigstens auf einen Teil des Islam za erlaugen. Machten schon Haudels-
interessen die Sdratsheirschaft fiber Kovelt wfinschenswert, so war dieser
poUtiselie Akt geradezu geboten, wo es sich um die politische Herrächaft
über Arabien handelt. Der dem Sheihh Mubarek zu Teil gewordene englische
Schutz gegen die tfirldschen Truppen kam dem wahabitischen berechtigten
Erben Ton Xcdjed gegen den Türken GOnstUng Ben Raschid als Usurpator
zu gute. Nun ist Abd ben Aziz als Emir wieder in Besitz seines Erbes
Nedjed, gänzlich abhängii: v -n Englands (Junst oder Ungunst, und gewillt,
den ebfiifiilN wiiliabitisclicn Linter des Aufstandes in Ycmcn und Azyr, Yahia,
mit sriiicii Kiici/rrn im Kainpff« gegen dio Türkenht'ri-'chatt in Aradicn /u
unterstützen, um liicscn die heilig(!n Städte Mekka und Medina zu cntieißeii.
Schon diese Möglielikeiten eröÜ'nen England weitgehende Aussicht, sein Ziel
zu eneicheu, als Sehutzherr der wahabitischen Muselmanen den erstrebten
EinfluB wenigstens ftber einen Teil des Islam zu gewinnen. Diese Hoffnung
wird noch bestftrkt durch eine geistige Bewegung, die sich von den Eut-
Scheidungen des Sultans von Konstantinopel lossagt. Neffen des von der
Pforte in den heiligen Stödten Mekka und Hedina eingesetzten Grofischerifs
glaubten Ursache zur Klage Ober diesen wegen ungerechter Behandlung ihrer
Verwandten zu haben. Den türkischen Oesetsm gomiB w&re diese Klage
bei dem Sultan in Konstantinopel anzubringen gewesen, statt dessen klagten
sie beim Khediwe in Kairo und bei Lord Cromer, dem englischen Bevoll-
mächtigten in ALrypten. Die Kl;ig< füliri iideii wurden bei diesen beiden höch-
sten PersihilKlikeiten sehr gnädig und ermutijend empfangen, anstatt sie an
die gesetzliche In>tan/. in geistigen Angelegenheiten, an den Sultan, zu ver-
weisen. Diese ilaudluugsweise legalisiert den Schritt der Klüger, nimmt ein
Becht für sieh in Anspruch, das bisher allein dem tflrkischen Sultan als
Kalifen zustand, und gewinnt sich alle diq'enigen zu AnhBngem, welche Ur-
sache haben, mit der tflrkisehett politisdi-religiOsen Verwaltung unzufrieden
zu sein. Zugleich h5rt man von der Bildung einer national-arabiscfaen Partei,
der sich auch mehrere angesehoie Persönlichkeiten der Universitilt el Azar
anschlössen. Die Partei betreibt das Erwachen der arabischen Stämme und
die Befreiung von der türkischen Oberhoheit.
In solchem Zusammenhange und unt<^r den angeföhi-ten Entwickelungs-
stufen ersebeint die Verwirkliibung der Pläne der engliseben Politik nicht
mehr aussichtslos, werde England einen unmittelbaren oder mittelbaren Ein-
tluü über ganz Arabien samt Mekk;i un 1 Medina ausüben. Außer dem wirt-
schaftlichen, strategischen und ptditischeu Gewinne des eigenen arabischen
Besitzes w&re so England in der Lage, das Kalifat des Islam dem Sultan
in Konstantinopel zu nehmen, es auf einen Kalifen seiner Wahl zn fiber-
tragen, der ein englischer Emir al Mnmenin, ein „englischei'* Behemcher
der Gläubigen wflrde.
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H. Barger:
Die lltere 2«BeiIelire der Meeliei,
Von Hugo Berger f.
Eines der wirhtigsten Kapitel der prifnhisohf n Geographie ist die Zonen-
lehre. Obgleii'li sich di»' gTicchische ( it oL'i iil>'iie — nicht Topojjfraphie oder
Chorographie, wie man heut/ntagt; btilLst hw^ igt nd allgomein annimmt — zu
einer Wissenschaft entwickelt hatte, auf deren Schultern die ganze imposante
Geographie der neueren Zeit steht, ist sie doch aus inneren und äußeren
Gründen mitten in ihrer Entwicklnng stecken geblieben. Aus inneren Qrttnden,
weil man die eigenÜichen Schwierigkeiten manches Problems» an dessen
Lösung man gleidi nach Beseitigung der ersten Aufgaben gegangen war,
erst wthrend der Arbeit selbst kennen lernte; aus ftußecen GrOnden, weil
das Volk, von dem man zuletxt die sur Gewohnheit gewordene Unterstützung
empfangen wollte, im Qmnde genommen der strengen Wissenschaft abgeneigt
war und sich mehr an die EnzyklopUdic hielt.') Wir müssen daher in die
älteste Zeit der Entwicklung des griechischen (leistes zurückgehen, in die
Zeit, in der sich die Wissenschaft aus der mythisch(>n Ep()cli»' heraus ge-
bildet bat durch die Hoden gc wiimcnde Erklärung, die im Anschluß an die
poetische Beschreibung eintrat. Ihre ersten Vertreter werden noch nicht
unter die Philosophen der späteren Zeit gerechnet; unter den Männern, die
man in die Zahl der sogenannten sieben Weisen*) im 7. und 6. Jshrhnndert
anfiuihm, sind sie sn sudien.
Eine Hauptrolle unter ihnen spielte Thaies tou Milet*), Ton dem
Aristoteles so wenig sn beriditen weiB^), wie von einem Hann, der nidits
Sohriftliches hinterlassen hatte, während Aristophanes^) wenigstens das be-
sondere Ansehen hervorhebt, in dem er gegenüber den Sophisten anr Zeit
des peloponncsischen Krieges stand. Es wird ihm und dem Pythagoras mit
st'inen Schülern zugeschrieben®), zuerst die Himmelskugel in Zonen geteilt zu
haben durch fünf Kreise, von denen drei, die beiden Wendekreise und den
Afpuitur, die Sonne am Himmel angab, außerdem den arktischen und den
au tu rk tischen Kreis. Die beiden Wendekreise (tyon-ixo/) bestmimten zugleich
den größten Tagesunterschied, der Äquator {iarmtiii.v»>^) die ewige Tages-
gldchheit. Die Thaies diese Lehren losdirieben, mußten ihm lugleioh die
weitere brnmessen, daß diese Schlösse ans der Kugelgestalt der Welt an ziehen
seien; denn ein Griedie kann damals noch nicht forsdiend bis sum nOfdlichen
Wendekreise selbst Torgedrungen und die Erscheinungen praktisch erkundet
haben. Die Angabe, Thaies habe die Kugelgestalt und das Schweben der
Erde gekannt^), mag nach den eben angeführten Lehren einige Wahrschein-
lichkeit gewinnen.") Er wohnte zudem der Heimat der asiatischen Astrologie
ebenso nahe als sein Mitbürger Anazimander*), und von diesem Ittßt sich
1) Quint, inst, erat 1, 10, 1 ff.
2) Diels, die Fragmente der Vorsokratiker S. 8 f.
8) Vergl. Diog. La. 22 If. Diels a a. 0. S. Sff. 4) Aristot. de COeL 2, 13, 7.
6) Nnb. 181. Av. 1009. «) Diels a. a. 0. 8. S u. Doxogr. & MO.
7) Doxogr 376, 22 ff. Ut, SS. 8) IJeiger, Geich, d. wies. Erdkde. d. Gr. 8.84.
») Strabo I, C. i.
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Die ältere Zonealehre der Griechen.
441
erweiseii, dafi er die babjloniMlie Lehre Tom Sehweben der Erde gekannt
liat^) Ebenso mag Thaies von den Babyloniem die Wiederkehr der Finster-
nisse erfttbren baben; denn Herodot gibt als Grenaen seiner Voraassagong
der Sonnenfinsternis sur Zeit des Aljattes und Kjaxares ein Jsbr an.*)
Die Festiegang des arktischen und des antarktischen Kreises knüpft an
die Kenntnis des ganzon Himmels an, der sich ein Beobachter der Sonnen-
bahn nicht entziehen konnte. Unter der Masse der Sterne werden zu Anfang
wolil neben den besonderen Kontigurationen diejenigen aufgefallen sein, deren
geringer Uewegiingsausschlag dem Stillstande am nächsten kam. Das sind
aber die Zirkumpolarsterne, und unter sie gehört der kleine Bär, nach dem
die Phönizier als nach dem nördlichsten Sternbilde die Seefahrt richteten.
Thaies soll aber (nach Kallimacbos) die Abstände der Sterne dieses Stern-
bildes merst' vermessen haben.*) Vom arktisehea KreiBe spricht sohon die
Utas/) Seine Festsetsnng war angeknüpft an die Kenntnis der Neigung
aller Btembabnen nun H<niiont, die zur Erkenntnis der Neigung der Erd-
scheibe naeh Sftden filhrte.*) Dadnrob wurde ein Teil der ndrdlichen Zirkum-
polarsterne immer sichtbar, so Tiele ihrer den Halbmesser des Kreises d. i
die PolbOhe in ihrer Entfernung vom Pole nicht ttberschritten. Bie tauchten
dämm niemals in den Okcanos, d. h. sie gingen niemals unter den Horizont.
Mit dem Namen Okeanos, der ursprünglich einem alten Himmelsgotte an-
gehört haben mag**), hatten die Ciriecben der mythischen Zeit ihren Horizont,
die Kreislinie, die Himmel und Erde trennte, benannt, und es gehörte nur
die Kenntnis der Kugelgestalt des Himmels und der Erde, die damals ihre
ersten imsicheren Schritte im Osten und in Griechenland machte, dazu, um
einsQseben, daß dann eine Ansahl gleicliwd.t yom Sttdpol abstehrader Sterne
für unsere Breite niemals sum Vorsebein kommen konnte. Das f&biie lu
dm swei Punkten, in denen der arktisdie und der antarktische Krns den
Horisont berOhreu, und diese beiden Punkte wurden su den Endponkten der
Mittagslinie, die man auf diese Weise sum ersten Male eigens konstruieren
konnte, wlbrend man spater swei korrespondierende Sonnenhöhen ihrer Kon-
struktion zu Grunde legte.^)
Die Lehre von der Kugelgestalt der Erde und des Himmels ist zuerst
von den Pythagoreern kühn verkündigt worden. Die lonier haben sifh durch
die unausbleibliche Folge der Lehre von dt n Antipoden, der Hydrostatik und
des Schwebens der Erde von der Annahme dieser Erkenntnis abschrecken
1) Bcrger a. a. 0. S. 34ff. S) Herodot I, 74. Diels a a. 0. S. 9C
3) Die!^ a a. ü. S. 3. 4) XVIIJ, 487 ff.
6) Dielä Duxogr. 377; vergl. Diog. La. IX, 33.
6) A. Fick: Die unprfin^iehe Spraehform und die Fanong der Heriodisehen
Theogonie. Bezzenbergcra BeHrtge zur Kunde der indegennaniscAien Sprachen.
Bd. XU. H. 1 u. 2. S. 25.
7) Vergl. Eratostheuea, Gesch. d. wiss. Erdkde. S. 431. Nach meiner Ansicht
besehieibt Heiaklit Fngm. ISO (ß. W bei Dieb) dielfitkagtlinie, deien Bezeichnimg
im Altertum «chwerer war als die der 0«t-We«tlinie. Es kann freilich die Fruf^e
aufgeworfen werden, ob Strabo liier der rechte Fuhrer aei. Sie meint wahracheiu-
lich Patin in »einer Schritt : Parmeuides im Kample gegen Ueiaklit S. 498.
OiofnwUMha SaltaArffl. la JkbrgMig. iMa %. Haft. 80
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442
H. Berger:
lassen. Wie sicli Thaies Ton Ifilet in dieser Frage verimlten habe, wissen
wir leidor nicht.*)
Die Fythagoreer stittrten sich bei ihrer Entscheidung aaf die allerdings
QBwiderleglÜ^e Veränderung des Horizontes bei Verlegung des Wohnortes
nach L&nge oder Breite. Sie sind aber auch, wahrscheinlich nächst Thaies,
die ersten gewesen, welche die bekannt gewordenen fünf Hiinmelszonen auf
die Erdkugel übertrugen. Hier aber bekamen diese eine ganz andere Be-
deutung; hier zeigte sieh sofort die Abhängigkeit der Erdkugel von den
Gestirnen, zunächst von der Sonne: dort war die Bedeutung der Zonen nur
astronomisch gewesen, hier wurde sie sofort geophysisch; l'osidouius kommt
auf diesen Unterschied ausdrücklich wa sprechen.*) Die Namen der hinun-
lischen Zonen blieben son&chst bestehen und worden sogar auf die iidisohen
flhertragen.') Wenn wir den Angaben der Doxographen glauben, so kOnnm
indessen die Pythagoreer nicht weit in dieser Zoneneinteilang ▼ocgeechritton
s«n; entweder ließen sie uns un Zweifel Uber die Zugehörigkeit d«r Bmennong,
da sie nur die eine Grenzlinie der Wendekreise angaben*), oder sie ver>
fnhren wie späterhin Posidouius, der die von ihm angenommenen beiden
tropischen Zonen durch die Wendekreise in je zwei Teile zerschnitten werden
ließ.^) Der eigentliche Begründer der älteren griechischen Zonenlehre wurde
vielmehr nach Posidonlus' Angabe'') der Eleat Parmeuides. Die Richtigkeit
dieses Zeugnisses würde auch dann nicht zu erschüttern sein, wenn darin auf
einen Manu Bezug genommen würde, der nicht so auf den Umgang mit den
I^thagoreom angewiesen war wie der in dem unteritalischen Lukanien rings
▼on ihnen umgebene Parmenides, und dem der wesüiohe Zugang nun hohen
Norden Englands durch das Binnenland von Gallien*) nicht so nahe gelegen
bitte als ihm. Das Wort eines unbekannten, firagwQrdigsn Scholiasten ge-
nOgt ja sonst lüiufig, um Shnliche Dinge sn halten. Die Angaben Uber
Parmenides und seine Mitarbeit an der Lehre von der Kugelgestalt der Erde
verditnken wir hauptsächlich Theophrast, und auch seine Bemerkung, daß
Parmeuideä der erste gewesen sei, der die bewohnten Teile der Erde in die
tropische, d Ii. nach spaterem Ausdrucke in die gemäßigte Zone verlegte^
läßt sieb mit der Angabe des Posidouius vereinigen, wie wir später zeigen
werden.
Aus diesen einfachen astronomischen AutÜngen hat sich die griechische
hLümatologie entwickelt. Zur Kliiuatologie gehört Länderkunde, uud diese
mußte bei den Griechen dw ältesten Zeit noch sehr besdirinkt sein: außer
ihrer engeren Heimat, der Peloponnesos, Mittel-Griechenland, Epeiros und
Thessalien kannten sie nur die Inseln des ftgSischen Meeres und die so merk«
wflrdig von dem Rumpfe Kleinasiens abgehobene Westkflste der Halbinsel;
dam gesellte uch bald die Kenntnis der klein asiatischen Südküste (Kypros)
ebenso wie die des nördlichen Gestades (Kolchis). An der Südküste, von der
aus man Phönizien und Ägypten entdeckte, mag sieb zuerst der Gedanke an
den Zusammenhang der Kästen gebildet haben. Im Norden Griechenlands
1) Dielä, Doxogr. 840ff. 2) Strabo II, 0. 97. S) Dieb, Dozogr. S78, Slff.
4i Vergl. t>oxogr. 377, 18. Berger h a 0 S. 211.
6; Bei Strabo II, C. 96. Ij Tim. bei Diodor V, S9.
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Die ältere Zonenlehre der Griechen.
443
flutete nach ihrer damaligen Vorstellung noch das große Weltmeer, auch im
Westen; nur lagen dort große liiBelu, Tjrfbenien, Italien und Sisilien*), die
naeh der Entdeeknng der Ägypten benadibarten Kflsten von Libyen die Augen
des See&luerTolkes auf sieh sogen und in der grofien Entdecknngs&hrt,
die uns die Odyssee sdhildert, endlich dureh die Fahrten der kleinasiatiscben
PhoUer, Samier und Bhodier, nach Westen hin als snsammenhftngendes Land
erwiesen wurden.
Qegen das Ende des 7. Jahrhunderts lernt man die südliche Hitze kennen.
Um diese Zeit herum wurde Kyrene in Lil)jen gegriiudot-); weitere Ver-
suche schließen sich an, den griechischen Machthr-ieicli von da nach Westen
auszudehnen. Man wird bekannt mit den Küsten der Iteideu Syrtcn, mit
dem schnKilen, aber gepriesenen Strich am Flusse Kiuyps^), wahrseheinlieh
auch mit der Wüste in den Umgebungen voi/* Kyrene, namentlich an dem
Paukte, wo sie bis in die Nähe des Mittelmeeres ausgedehnt ist.^) Trotzdem
bUeb die Nordkflste Ton Libyen das Stiefkind der griechischen Geographie;
man hatte wihrend des gansen Altertmns keine Ahnnng Ton dem starken
Hervortreten des Atlasgebietes nach Norden, das den LSndem um Algier den
Namen Tneinafrika eingetragen hat; nmr Strabo kommt einmal gans neben-
her an den Gedanken heran.^) ^lan dehnte die Länge des Mittelmeeres über
die Gebühr aus^), nachdem man bis in die Zeit des Eratosthenes seinen
westlichen Teil zu stark zusammengedrückt hatte. Man faßte die ganxe
Küste als eine mäßig geschwungene Bügenlinie zwischen 30" und "U"»" n/ird-
licher Breite auf, nur von den beiden Syrten unterbrochen, die als Dreiecke
ihre Spitzen nach SiUlen richteten. Man wußte sich, .solange die alte Zoneii-
lehre galt, nicht zu helfen gegenüber der Tatsache, daß die Xachbarlünder
Ägyptens nach Süden hin so weit bewohnbar sein sollten^ wtiirend sich
links von dem großen Flosse, dessen Natur man als Wunder anstaunte^ und
den man in der Yerlegenhdt ^bald aus dem Osten, bald aus dem Westm
herkommen lieft, die Wflste so weit nach dem Meere hin ausdehnte, obglei^
Sfarabo Gründe für die schdnbaren Widerspräche des Klimas und der Breiten-
lage TOrlnringt.*) Besser war es mit der Kenntnis der Natur des Nordens
bestellt; denn obschon sich auch hier, soweit sich die Alpen dem Verkehr
entgegenstellten, eine weite Kluft zwischen Osten imd Westen anftat, die
ganz (rermanien und Skandinavien verschlang, war doch der Zugang ge-
sichert Von der Nurdküste des Poatus Paixeinos und von der Südküst^i (Jalliens
her. (»ing man voni Schwarzen Meere aus nach Norden in das europäische
Rußland Iiinein, su kam mau bald in die (jcgeud des harten Winters, wo
man Feuchtigkeit auf dem Luide nicht durch Ausgießen von Waner erzeugt,
weil dieses sofort geineren würde, sondern dureh Feuer, das auf dem Boden
angezflndet whrd.^ Zuletst machte die Kftlte und der massenhaft fallende
Schnee, den Herodot wie wir noch heute mit Federn vergleicht^), der Be-
l\ HeKlo.l Theog. 1013 ff.
2) J. r. Thrige, res Cyreneusium, Kopenhagen 1828, S. 88 If.
3) Hexodot IV, 176. 4) Vergl. Ritter I, S. DSSff.
b, Strabo II, C. 106. C Berger a. a. 0. 8. 681. 7, Kbda. S. ISOif.
8) Strabo II, C. 73. J; lierudut IV, 28. 10) IV, 81.
80*
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H. Berger:
wohnbaorkeit des Landes ein Ende. Ein ziemlieli anderes ffild Tom hohen
Norden bekam man auf dorn westtiehen Wege; Diodor beiiditet ms nach
TimaioB über diesen an die Kordkttste Ton Gallien fahrenden Landweg.')
Man benutste die Flflsse, soweit sie schiffbar waren, mid brachte die Wann
durdk Ibnltiere ttber die Wasserseheiden. Daraus geht hervor, wie recht
Victor Berard mit seiner Bemerkung hat. der Seeweg sei nicht unter alten
ünistllnden der nftdiste Weg gewesen.*) Hier bot sich nna ein ganz anderes
Bild der erfrorenen Zone dar als in Rußland: in Folge des ozeanischen Klimas
war der Winter weniger hart, Niederschläge und Nebel herrschten vor und
riefen die Vorstellung hervor, die wir bei Geminus') Hnden. Ewiges Dunkel
sollten den unglücklichen Bewohnern die Verborgenheit der Sonne während
der halbjährigen Nacht und der undurchdringliche Nebel des baibjährigeu
Tages bewirken; schon der Schilderung der lümmerier in der Odyssee scheint
solche Vorstellung zu Qmnde zu liegen.^) Massilia, die alte Kolonie der
kleinasiatischen Phokier, ' mag wohl der Anfangspunkt der geschilderten
alten lUndelsstraße gewesen sdn; sie wird sich inmitten des Landes getnlt
haben, om mit einem Anne das Seegebiet der Veneter an der Mfindimg der
Loire, die Inseln an der Westkfiste von Frankreich, für den Zinnhandel
wichtig, and die in alter Zeit berühmte Handelsstadt Korbilo^) daselbst zu er^
reichen, von wo aus man nach Ukesame*), einer Insel im Nordwesten der
Halbinsel Bretagne, und von da iiadi Cornwall in England, der Heimat des
Zinnes, überzusetzen pflegte: — mit d'Mn anderen /.u den Küsten des Kanals
und der großen Insel Vectis ^VVight) zu lühreu, wo gleichfalls das Zinn
geholt wurde.
Posidonius ^ hat eine Angabe Aber des Parmenides SSonenlehre überliefert,
die der Erde mne gewaltige GrSfie raschreibt, und das besttttigen Plato,
Aristoteles und Plroklus*). Wenn man nfanlich die Worte so liest, wie sie
früher allgemein überliefert wurden, ehe sie Herausgeber durdi die Auft>
lassnng des wichtigsten Zusatzes „der Zone zwischen den Wendekreisen (t^s
lUtoclh v&v TQontiUbvY fhst bis sur ünTerstfindlichkeit entstellten, so hat
Parmenides der mittleren, verbrannten Zone eine Ausdehnung in der Breite
gegeben doppelt so groß als die Breitenausdehnung des Gürtels zwischen den
Wendekreisen und dadiirth die ])oiden gemäßigten Zonen so eingeschränkt,
daß sie schmaler als dieser wurden. Teh habe den Versuch, diese Tatsache
zu erklilren, schon so oft Lffuiacht, daß ich ernstlidi um Entschuldigung bitten
muß, wenn ich ihn nocbmals vorbringe. Man ))rancbt sich nur die Souue
über einem der Wendekreise stehend zu denken, so wird der eine der beiden
Strahlen, mit denen sie, sobald sie sidi Über dem Äquator befindet, die
beiden Wendekreise trifft, ebenso weit über den Wendekreis hinansftUen, als
dieser vom Äquator entfernt ist Sieht man nun weiter als geophysisches
Gesetz an, daß der Bestrahlongswinkel, mit dem die über dem Äquator
stehende Sonne die beiden Wendekreise erreicht, sur Verbrennung genügt,
1) Diodor V, ««. 2) Rev. historitiue, Tom. XXXV, Ö. 79.
8) Gemin. iaag. ed. Haait. S. 76, Iff. 4) Od. XI, 14 ff.
- f>^ Strabo IV, C. 190. C) Ebda I, C. U. 7) Ebda. U, C. 94 f.
8) Plato Tim. S. 26 a. Aristot. de coel. II, 14, 16. Prokl. in Fiat. Tim. S. «la.
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Die ftUere Zonenlehre der üriecben.
445
so wird damit der Baum der Terbnumten Zone tatslolilieb doppelt so breit
als der Oflrtel zwischen den Wendekreisen.
Ob Aristoteles*) mit den Worten: „nun werden aber die Gegenden nodi
TOr dem Äquator unbewohnbar (vüv öi ngougov oi ronoi aoUiftm ftvovttu
n^iv 5} xnokdniiv 13 (ttiaßakketv xriv axiav n^og ^fOfifißQluuy^ die ganze Lehre
des Parnieni'les uneingeschrönkt übemomnipa oder durch die Angabe, die
verbrannte Zone sei der Hauptsache nach miv zwisfhen den Wendekreisen
zu suchen, daran geiiudert habe, ist nodi nicht untersucht. Ich habe früher
erwähnt, daß Plato die Größe der Erdkugel, die Parmenides" Zonenlehre
voraussetzt, als richtig annimmt In der Einleitung zum Timaios^) nämlich
IftBt er das Mittelmeer ent TOn der Oilmmeiie, diese tob dem iufleren Meer
umgeben sein, das naob seiner und der Pjthagoreer Meinung mebrere Oiknmemen
enthftlt; um das Süßere Meer lege sieh aber nodi einmal ein anderes, un-
gebeoeres FesÜand (nach Art de^enigen, das die Mariniseb'Ptolemftiscben
Binnenmeere umgibt), und dieses erst könne mit Recht das eigwtlidie Fest-
land genannt werden. Er verbindet also auf der Grundlage einer gewaltig
großen Erdkugel die beiden damals bestehenden Ansichten über die Einteilung
der Erde: die Pythagoreische von den beiden sich rechtwinklig kreuzenden
Gürtelozeanen, die vier Erdinseln, zwei in der nördlichen gemäßigten Zone,
zwei in der südlichen gelegen, trennten, ein Bild, das sich noch heute auf
dem sogenannten Reichsapfel tindet^), und die andere Ansiclit, deren Be-
gründer man bis zur Stande nur die Anti-Pjthagorccr nennen kann, die von
demselben ioniseben Lebnatae Aber die alhnfthliohe Verzehrung einer ursprüng-
lieb die ganse Erde bedeokenden Wassermasse ausging, dabei aber eine viel
weiter rorgesebrittene Stufe dieses Proaesses der Abtrocknung für die Oegen-
wart annabm. FQbrte jene erste Ansiebt sur Yorstellung des Zusammen-
banges des Weltmeeres^), der beiden Gfirteloieane, so knfipfto die Gegen-
ansicht ganz richtig an die tatriUAHdi bestebende Ungewißbeit, ob unsere
Oikumene wirklich rings von Meer umgeben sei, und kam zu dem Resultat,
daß nicht das äußere Meer, sondern vielmehr die Festlandsmassen auf der
Erde im Zusammenhange ständen. Dieser Zusammenhang des Festlandes ließ
nur Binnenmeere übri^\ in Westen das atlantische und im Südosten das
erythräische. Schon Herodot hat sich dieser letzteren Meinuni,' angeschlossen,
die vielleicht in der Karawanenreise des Aristeas von Prokonnesos ihren
Ursprung hatte; und Aristoteles gibt uns klaren Bericht über sie.')
Wie die grieohisobe Geographie ftr alle Zeiten den Begriff des Äquators
{h^fifff$vig) gesobaffen bat, so stammt aus ibr aucb die noeb im Torigen
Mrasehenalter anzutrefEiMide Lebre, man könne die „Linie** nicht beschreiten,
ohne vom Sonnenstieh heimgesucbt sn werden; die Yeibrennung war der
eigentliche Kcmpunkt der alteren griecblscbeu Zoneulebre, die freilich nur
etwa bis in die Zeit des Eratosthenes wissensebafUich gegolten bat; daß sie
1) Meteoroi. II, 6, 11 ed. Ideler. "i) S. 26 stf. vergl. Phaed. S. 109 zu Ende.
.H) Berger a. a. 0. 8. SIS f.
4) Vergl. EuBtathius ad Dionys, peoeg. 1 (Gcogr. Gr. min. II S. 217, 21 ff ).
5) Herodot m, 116; IV, 16. Beiger a. a. 0. 8. 816ff. 818. Axist. de coel. O,
14, 15.
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446
H. Berger:
nnier den Ungelehrton und Halli^'olphrteo nor)i viel Ifinger, ja 1)is auf unsere
Tage gedauert hat, dutür >(ir^'t«' di<> nimiM-ho Ilhotorik. In der Sahara zu-
nächst und im europiiisclit ri HuUlaud schit iHMi sich die (Jren/.en der Hit/i- und
der Külte und der langen Nacht zu zeigen; man glaubte daher an diese
Orte aueh die (irenzen der Bewohuljarkeit setzen zu müssen, besunders da
die (jrüße der Erde, die stetig abnahm (bei Aristoteles betrug sie 400000 Stadien,
bei Dikaiarchofi SOOOOO, bei Eratosthenes bloß 250000 an Umfang des
grOfiten Kreises), anfangs solcher Anaetzung xa entsprechen schiai. Mit der
alten Zonenlehre ist dann sngleich die Erdmessung untergegangen'); nur im-
gereehttViti-:te Vttkleinerungen der Erdkugel*) ließen sich not:h hr.ren, doch
sehlieUt sieb ihre Tendenz an die vorhandene Neigung zur stetigen Ueduktion
des Erdumfanges an, wie denn mit Marinus von Tyrus und Ptolemäus die
Part.«n der Anli l'vHiiiL'^or- . r, die naeh <Ier Herrsehaft der Freunde des Era-
tosthenes und ilt r I'vtliu,i;<>reer den Zusamnieuhang des Festlandes vertraten,
wieder ans Ruder gekonuuuu zu sein scheint.
Eine Frage au liteeUf ist uns nicht gestattet; ob die Griechmi sdion in
alter Zeit die Teilung der Zonen nach SchattenverhUtnissen angenommen
hatten. Stoibo') gibt nach Poudonius' Buche: „über den Ozean** die Stellung
an, die dieser letzte große, selbstftndige Forscher des Altertums in der be-
rühmten Zonenlohre vertreten hat. Als Stationen der wissenschaftlichen Ent*
Wicklung der Lehre betrachtete er Parmenides und Aristoteles: Parmenides
war der Begründer der Lehre von den fünf Zonen der Erde, der He$/ründer
der Lehre von der Ulibewohnbarkeit der inittlei hu, verhrannten und der
beiden äußeren, erfrorenen Zonen: die verbrannte sollte er in etwa doppelter
Breite des Raumes üwischen den Wendekreisen der Erde angenommen haben.
Hier aber sollte Aristoteles von ihm abgewichen seb, indem er sie schmaler
ansetste und auf den Gflrtel zwischen den Wendekreisen sdhst einschrftnkte.
Mit diesen Angaben des Posidonius Aber Aristoteles stimmen jedoch die er-
haltenen Bficher des Philosophen selbst nicht überein. In der Meteorologie')
hatte er die bewohnharen Orte auf der Oberfläche der Erde durch eine Kon-
stniktion von vier Kegeln bestimmt, deren zwei nach Norden, zwei in ent-
gegengesetzter Richtung nach Süden orientiert waren; sie liatten eine Lreinein-
same, in die VVeltaehse fallende Mittellinii : ibre gemeinsame Sjutze lag ia
dem Mittelpunkt der äußeren Himmels- und der inneren f^rdkugel; ihre
Basen bildeten die beiden Wendekreise, der arktische und der autarktische
Kreis der HimmelskugeL Da die von den Kegelspitzen auslaufenden Iduien
natflrlieh die Oberfl&che der Knßeren wie der innerai, ebenso auch jeder
anderen konzentrischen Kugel, die man iigend annehmen wolltet An ent-
sprechenden Punkten schneiden, so mußten durch die Mantellinien jedes
1) Beiger a. a. 0. S. 409 ff.
2) Ber. d. k. sächs. (jIch. d. Wihh Mai IH'.t?: die Stolhinir den Posidonius 7.nr
Erdnies8tmg8fra^'e. leh kann nur noch verweisen auf Bei. iSitz. 4. Mai 1895: die
Zonenlebre des Parmenidea S. 68 ff. Der Anmerkung 4 sn S. 67 möchte ich noch
hinBufOgen: Röper ist der Wahrheit ganz nahe gekommen. Die Umkehr der mosi-
kalischen Be/.ei( bnun«ren rriw, y.c'r«), vnö ist an dem Irrtume schnld. Hypate frTcr»;)
ist die tiefste, äuAeräte Seite. Vergl. C. Janas, Musici script Graec. S. 143, 145 f.
8) n, C. 94f. 4) II, 6. lOff. ed. Ideler.
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Die ftltere Zonenlehre der Griechen.
447
Paares dieser gleiuhgcrichteten Kegel auf der Oberfladie der inneren, der fird«
kugol, die RUume jeder dfr lioiden ixi'tnäßigten Zonen hestimmt werden.
Stralio') g-iht die Schattenverlmitnisse. wdrho dip Erdzonen liegrenzen
und rliaiaktt'risien'n, narh Posidonius, nielit nach l'annciiides oder Aristoteles,
lunerijalli des Gürtels zwkcben den Wendekreisen stand die Sonne bald im
Zenit eines anzunehmenden Punktes, bald nördlich von diesem, bald südlich.
Stand sie im Zenit des Punktes, so mufite der Ifittagsschaitten wegfidlen;
stand sie nördlich von ihm, mufite er sich nach Sflden richten; stand rie
sfldlidif nadi Nordeii: PotidoDias nannte darum die Bewohner diaser Zone
die ../\v( i<. hattigen fau^/öxiot)".*) Streng genommen macbt^n dabei die
beiden Wendekreise selbst eine Ausnabme, da bei ihnen nur der Wegfall der
Mittagsschatten , nicht der ümscblag in Frage kommen konnte; die Unmög-
lichkeit, solche Trennung genau auszutülireu, erklärt das im Referat aus
Pannemdes gi l)raucdde Wort „lieiiialie (ö^rfdo!')". Anders war es natüilich in
den auliegeudeu gemäßigten Zonen; da die Sonne niemals einen der W^ende-
krsäse fibersdumtsm konnte, mofite dar IBttagsscbatieii in der nördlichen
gemftfiigten Zone inuner nach Norden, in der sfidliehen immer nach Sflden
fidlen: dämm „Einsidiattigo (IvCfönxMM)". Diese SchattenTerfalltnisse horrschen
his tum 66. Grad nördlicher nnd sfldlicher Brmte, wo in dam 24 ständigen
Tage zuerst die Mittemacbtsonne der Mittagsonne gegenübertntt. So wird
jetzt der Polarkreis an Stelle des arktischen und antarktischen Kreises, die
veränderlich waren, als feste Grenze eingeführt. Mit der eich bis zu ♦56°
ausdehnenden Poliuihe erweiterte sich der arktische Kreis, der Knis der
immer sichtbaren Gestirne, bis er bei 6*)" mit dem Wendekreise zusammen-
fiel; schließlich für den Pol selbst wurde der Äquator zum arktischen Kreis.
„Umschattige (rnffiantoiy* nannte Posidonius die Bewohner dar hödisten
Breiten swisohen Pol und Polarkreis, weil sie die Schatten nach allen Seiten
fidlen sahen. Wir wissen nun, dafi diese Bestimmung der Breite des
festen Polarkreises schon einem Zeitgenossen des Aristoteles bekannt war,
dem Massilier Pytheas.*) Aber Pytbeas war ehen ein genialer Mann, der
seiner Zeit weit vorauseilte; man sieht das ans dem, was er für die griechi-
sche Krdmessung leistete. Noch für die Erdinessung von Ly^imacheia, die
nicht früher als 309, in welchem Jalnv die Stadt gegriludet wurde, angestellt
wurden sein kann, also wenigstens 13 Jahre nach dem Tode des Aristoteles,
nahm man tür die Qrenzpunkte des Stückes des Himmelsmeridians , das
awisdien die Endpunkte des Segmentes des Erdmeridtans Syene bis Lysimacheia
fiel, die heiden Zenitpnnkte Krebs (Sjene) und Drachenkopf (Lysimacheia)
an, wihrend Pytiieas anstatt der sohwierigen Zenitbestimmungen, derai
üngenauigkeit sich in der Benmtaung ganzer Stemhilder statt einzelner Steine
zeigt, das Verhältnis des Qnomons zum Schattin einführte^), eine Verbesserung,
in der ihm unseres W^issens zuerst Eratosthenes folgt«.'') Dieser setzte aber
die geographische Arbeit eines jüngeren Zeitgenossen des Pytheas, Dikaian hos,
fort. Es ist nun durchaus nicht umnüglich, daß die Scbatteuverbültnisse
1)) II, C. U. 2) Strabo ü, C. 95 f. 3) Berger a. a. 0. 8. 336 f.
4) Ebda. 8. 888 f. 6) Ebda. 8. 407.
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448
H. Berger: Die ftltere Zoaenlehre der Orieehen.
schon zur Zeit des Parnionides, des Be^ntindprs dor Erdzonen, als deren
waluf Bf'j^fn'nzun^' erkannt worden sind; ebenso wird vielleicht damals schon
die Konstruktion gefunden worden sein, die Aristoteles die nach der Über-
teugung seiner Zeit aUein bewohnbaren Teile der Erdoberfläche finden liett;
denn idi halte fest an der Meinung, daß die ersten Vertreter der Lehre
▼OH der Kugelgestalt der Erde auch mit der Bewältigung der Lehre von der
Belenehtung der Erdkugel und der Lehre von den konientriechen Kugeln
fiberhaupt den Anfkng gunaoht haben«') Allein Ich mag docAi nicht ver^
adieni, dafi in dem Exemplar der Aristoteliadien Metewulogie, das Posidonius
benntste, snch die ZurackfQhrung der Zonengrenzen auf die SchattenTerfaUt-
niase gestanden habe. Die Einstellung des festen Polarkreises ist nnr ans
der Zurückfuhrung der Zonengrenzen auf die öchattenverhältnisso der Erd-
kugel zu erklären. Die Verwendung des wandelbaren arktisciien und antarkti-
schen Kreises als diese Grenze, wie die runde kreistörniige Zeichnung der
Eidkarte ein ÜberUeibeel ans der Zeit der Erdscheibe, in der die Ver-
ftnderlidikeit der beiden Kreise durah die gleichmäßig verbleibende Neigung
der Erdscheibe sn den GestimkxeiseB noch ttberwogmi wurde, ließ den Tadel,
den Posidonius ebenso gegen Polybins wie gcgsn Aristoteles aussprach, eigent-
lich gegen den letzteren nicht zu, gegen den erstereo, der die Änderung aus
dem Werke des von ihm best gehaßten und veracht^'ten Pytheas „über den
Ozean"') kennen konnte, ließ er sieh freilich richten. Wie leicht konnte aus
dieser Tatsache, mit TTbergehung einiger Bedenken, ein Kriterium gegen die
Echtheit der Aristoteliselien Meteorologie geschmiedet werden.*)
Der Polarkreis hat auch niemals festen Fuß gefaßt in der alten Geo-
graphie. Außer Pytiieas, Ihmtosthraes und seinen Schttlem, zu denen man
auch den Posidonius reohnem muß, Hipparchos, Ibrinus und Ptolemtns haben
alle anderen zugleich mit dem ariduchen Kreise der Stadt Bhodus deren
Sphlienstellung (86* nördlicher Breite) angenommen, V«o C/sm) ^ ^® halbe
verbrannte Zone vom Äquator bis zum Wendekreise, %q ("Vaim) ftlr die nörd«
liehe gemäßigte, "4^ C^/aM) ^^^^ nördliche erfrorene Zone. An dieser
Wahl war erstens schuld, daß Rhodus an einer hervorragenden Stelle der
alten Oikumene lag, da wo sich der Haujithieiteiikreis und der Hauptlängen-
kreis der Eratosthenischen Karte schnitten; zweitens, daß die Kömer sehr
bald den Weg der Orientalen wiederfanden, die Astrologie als den praktisch-
sten und widitigsten Teil der mathematischen Geographie sn betrachten ohne
Aneignung der rechten Kenntnisse, die sie Tor Kißgriffen geschfltst bitten.
So ist der Polarkreis vielleidit nur bei lytheas und bei Posidoiiins sa seinem
Bechte gekommen, die erfrorene Zone von der gem&fiigten tu ttmnen, um
dann dieses Bechtes sofort nach dem Tode des Posidonius, der sich der rOmi-
soihfln Barbarei mit allen Krftften widersetzt hatte, ganz verlustig zu gehen.
1) lierger a. a. 0. S. Ibbf. 2) Ebda. 8. 8öf. 16tif. 328 f. 3) Ebda. S.661f.
4) Vergl. Ch. A. Brandii: über die Sehickiale der AristeteliichMi Bfldier uiw.
(Rhein. Mus. I, 1827, S. 236 — '.'54 u. S. 257 — 286(. Adolf Stahr: ArieUitelica II,
Halle 1832. Beitrilge z. Gesch. d. Aristot. Schriften S 5-16(5. J. Kopp: Nach-
träge z. Untersuch, über d. Schicksal d. Axiatot. Schriften. i^Rbein. Mus. Iii, 1829,
8. 98—106).
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L. Chalikiopoulos: AnpassangsbediDgUDgen usw.
449
Die älteste griechische Zonenlehre des Parmenides hat sich merkwtlrdiger-
weise prlialten , obgleich nur wenige Jahre nach dem Tode des Aristoteles
aus Afrikii die Nachricht kam, daß die wohlhokannto Stadt Syene in Ober-
Ä^'ypt«Mi, hinter der noch 125 Meilen weiter nacli Süilcii die berühmt«' Stadt
Meroe in gutbewohnter Gegend big, schon den Weiulekrois des Krebses im
Zenit habe, also eigentlich an der Grenze der Unbewobnbarkeit liegen müsse;
obgleich bereits Pytheas die äußerste bewohnte Insel der britannischen Gruppe
unter die Breite legte, fttr die der nOrdliche Wendekreu mit dem arktisohen
Teiler snsammen fiel; obsehon sich sogar die frsieron Stoiker wie Erates
▼on Mallos, den man naeh Btrabo als den Lehrer des Panaitios betrachtete^),
Paoaitios selbst, Polyhios und Poridonius für die Bewohnbarkeit des Aqua«
tors, d. h. fftr die neue Zonenlehre entschieden.') Die strengeren Stoiker,
TOn denen wir besonders Sti-aho und Kleomedes kennen, widersprachen ihren
freieren Schulgenossen'); gegen alle CJriinde der Theorie, auf die es hier
allein ankam, hatten sie sich Gegengriinde zurecht gemachU^j
Aipassngsbedingungen ud EntwiekeliniiWiftlTe der Kiltnr.
Yen Ii, Chalikiopoidoe.
IV. Vergleich der Einzel- oder Landschaftskulturen.
Jeder Landschaftstypus der Erde bestimmt durch die ihm eigentüm-
lichen Klima- und Bodenb^dingungf^n das Gedeihen gewisser ihm angt'iiaüter
Pflanzen und 'l iere uml diese wiederum .s^'iuL'n besonderen Wirts« luit't.stypus.
Somit ergeben sich tiefgreifende Unterschiede der Wirtschai tslorm einer-
seits iwisehen TWselkiedeiisD Brsitensfmen mit ihrer abnehmenden Wirme,
Niederschlagsmenge und Bodenfrnchtbarkint, anderseits andi innnhalb dieser
swischen den rsgenrsiahen nnd wasserannen, ebenen nnd gebirgigen, flnS-
und erdreiohen und -armen Landschaften.
1. Verbreitung der Landwtrtschaftstypen.
a) Verbreitung nach Breitenzonen. a) Die Tropenzone mit
ihrer gleichmäßigen, das Wachstum fSidemden Hitze, ihrem dauernden Nieder-
schlagsreiohtom in den Regenwald-, ihxer nur zeitweiligen Trockenheit in
den Sarannengebieten und ihrem sehr fruchtbaren Boden, bietet die gOn-
stigsten Wadistums- und Entwickelongsbedingungen Ar Pflansen- nnd Tier-
welt. Daher fand hier die freie Sammelwirtschaft das ganze Jahr hin-
durch ihre natürlichen Vorräte und erhielt sich noch in den dichten
Wald und abgebgfnt'n Steppengebieten. Wenn sich dort ein be^^ondors er-
giebiger Fruchtliauni auf begrenztem Wohngebiote fand, ging sie in Haiim-
zucht, wenn hier die Steppentierherden schwanden und das Rind Ersatz
1) Stnbo I, C. 6; XIV, C. 6T6.
t>) Rerger, Fragin. des Eratotthenes S. 83.
3) Strabo II, C 9r>— 98. Kleomede« ed. Ziegler I, 6 S. 58, 60*.
4} Kleomede» S. tiü.
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L. Chalikiopouloa:
schaffte, in GroBvieli/.uclit übur. Der Boetbau or/iclt alljährlich uicbrere
Ernten der tropisclK-ii (H lreiib'fnk bt f in i\ci\ liebton und Savannen - Wald-
gobieton und pebt bei f^röüt'iTr Hftvrilkcrungsdicbtc in (iart(>nl>aii über.
ß) l>i<^ Sil btrftponznn»' begünstigt in den reicbbewüssert'-n Monsuti-
gegeudeu noch den (j arten bau der tropischen, ertragsreichen iruchlUaume
und GetrttidepflaiutBii. In den AUnvialebenen der Wllstenione erlangt der
Bieselfeldban grofie Ertragsintenaitit: er baut die NuiatpflaiiMii der Tropen-
nnd gemifiigten Zone je in der heiften und kfüüen JahreBieit an; Arbeits-
tiere werden durch Anbau ▼on Futtn-gewSchten und Fflttemng erhalten.
IMe kirglieb bewacbsenen, nur jubreszeitlich grünenden Straucb- und Krauter-
steppen des Tief- und Hochlandes können nur durch wandernde Klein»
viehzucbt die extensivste Emübrungsbasis bieten.
y) l)ie <,'eni;i lii|,'te Zone «/ewUhrt meist nur eine sonimerlicbe Ptlanzen-
wailistunisperiude. so daß mir eine einmalige Ernte der Abrengetreidegräser
durch Ackerbau statthnden kann und die Viehzucht in Viehpfloge über-
gehen muß, welehe meist auf ^tem Anbau d«r Fnttergewldue ni^ anf «ntt
seitweisen oder steten, kflnstliehen Füttemng bemhi In sdmeeamea Wiesm-
oder Heid^bieten gedeiht auch die eitensive Klein- und GroBTiehsucht
d) Die kalte Zone ist anssdiUedUch der freien Sammelwirtscbaft
xngftnglich.
b) Verbreitung nach Landschaftstypen. Es kennseiobnet
1. die ebenen Wabllandsebaften:
a) in der Trnpen/.diie: ISa\im7.ueht und Itodungsbeetbau,
b) in der Subtrupen/one: (Jartenbau,
o) in der gcm&fiigten Zone: intensiver Ackerbau mit Viehpflege ;
2. die Gebirgswaldlandsohaften:
a) Banmsucbt mit Beetbau,
b) Haan* nnd Gartenbau,
c) nroßviebsueht;
3. die Flachst ej)] »eil :
a) fJroüviebzueht und lieetbau,
b) wiuterliehe Kb'inviebznebt, Ackerbau.
c) (iroüviehzuelit und extensiver Ackerbau;
4. die (Jebirgssteppen:
a) Großviehzucht und Beetbau,
b) Sommerliche Kleinviehzucht,
c) Seßhafte Kleinviebsucht;
5. die Schwemmlandsgebiete:
a) Gartenbau,
b) Garten* und Rieselfeldbau,
c) Intensiver Ackerbau mit Yiehpflege.
2. Vergleich der Wirtscbaftsfaktoren.
a) Vergleich der Naturbedingungen. Die freie Sammelwirt-
scbaft sucht in den wenigen dafür geeigneten Gebieten die von der Natur
in Ffllle, aber meist fiber weite Fl&chenrftome serstreut gebotenen Frflchte in
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AnpssBnngsbedingungen und EniwiokelungsmotiTe der Kultur. 451
kleinen Mengen fOr den til^^ichen Bedarf zusammen und muß dalier die
Eniftbnmgsl>edingnngen eines weiten, aber doch begrenzten Wohngebietes
genau kennen, die sie sich ausschließlich und dauernd zu erhallen trachtet
durcli Si hutz vor Feinden und dun^h sparsamen Verbrauch. Wo sich aber
Fruchtptianzen in größerer Zahl au bevorzugten Stellen entwickeln oder wo
sich die Ticrseharen eines sehr ausgedehnten Gebietes auf Wechseln, an Tr&ukeu
oder Kosten regelmäBig Tereinigon, ist das Sammeln leSebter und stetiger
und weit WMiiger vom Wandern abhftngig. Die geordnete Sammelwirt*
Schaft, SU der jene Form flberleitet, mußte nch ftberaU da eutwidnln, wo
die vom Menschen besiedelten Landschaften sehr klein waren (wie auf osea-
nischen Inseln) oder wo ihm das von der ull/u dichten oder geringen Vege-
tation abhänfnge Tierleben bei seiner SpUrlichkeit keine ausreichenden Exi-
stenzbedingungen gewährt hütte. Daher mußte er dort auf der beschrUnkton
Flüche die ertragsreichsten Fruchtbiiume vereinigen, hier eine Herde zusauunen-
haiten, mit ihr wandern und sie umfassender ausnutzen.
Im Gegensatz zur Sauunelwirtschuft mußte die Erzougungswirtschaft
in den an wilden EVtkchten oder Tieren armen Qebieten, wo der Boden
wegen seines Vegetationsrmchtoms od«r Fflansen- und Wassermangels in nnr
geringem üm&nge verffigbar gemacht werden konnte, daiu ttbeigehen, auf
kleinen FlSchon die nötige Nahrungsmenge zu gewinnen: da die Frucht-
bäume ein Menschenalter bis KU ihrer Ertm<:sniliigkeit und günstiger Xator-
bedingungen bedurft hätten, so waren die kurzl<'l)igpn, stärkereicben 8teppen-
pflanzen zur absichtlichen Vervielfältigung weit geeigneter. Sie irestatten
auch im »iecjensatz zu jenen eine Steigerung der AusnutzungsinteiisiUlt des
Bodens durch häutigeren und sorgfältigeren Anbau. Auch die den Tieren
ihre Nahrungssuche ganz überlassende Viehzucht mufite hier durch Er-
zeugung von nahrhaften Fntterkrftutem und direkte Fütterung in Großvieh-
pflege übergehen.
b) Wfthrend bei dem freiem Sammelwirtsohaftstypus die wirt-
schaftUche Tätigkeit nur in der tatsichludien, allerdings ganz indivi-
duellen and viel Kenntnisse und £rfahrungen vorauoetzenden Ausnutzung
liegt, die nur dann stattfindet, wenn das Bedürfnis unmittelbar vorliegt und
die kurze starke Anstrengung am reichlichsten lohnt, erstreckt sie sich bei
der geordneten Sanimelwirtsebalt , der Baum- und Tietv.ui ht, dort mehr auf
einen meist mechanischen Schutz, hier auf ein«- dauernde, persönliche Auf-
sicht und Leitung des Pflanzen- und TierkapitaLs, die eine ganz regelmäßige
und sehr leichte Ausnutzung gewihren.
Bei der Erzeugungswirtsohaft dagegen, wo das meist einen nur
einmaligen Srtrag abwerfende Fflanzenkapital immer vom neuem erst ge-
schaffen werden muß, sind die vorbereitenden, lange zuvor auszuführenden,
einförmigen und mühsamen Arbeiten die Hauptsache, die seltene Ernte da-
gegen um so leichter und auf lauere Zeit genügend. Bei der freien Sammel-
wirtschaft ist somit die hoehdiiferenzierte .Vneignungstätigkeit, bei der ge-
ordneten das Niit/iiiiL'^kapital, bei der Erzeugungswirtschutt die menschliche
Arbeit der liauptwiiUchaftsfaktor.
c) Bas Yerhftltnis zur Wirtschaftsbasis, dem Boden, zeigt sich
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L. Chslikiopovloa:
in der Art des Besitzanspruches. Der Vertreter der wilden Sammel Wirt-
schaft kennt zwar kein Eigentum an den freien Naturgütem, verteidigt
aber doch den Besitz si-ines Samnielbezirkcs mit all seinen Nahninpsqiiellen,
deren Nutzungsrecht er allein für sich beanspruchen niuÜ; bei der Baum-
zucbt beschränkt sich das £igentun)srecht auf das unbewegliche und nur
iniMriialb langer Zeitriliuiie Tflniieliib«re Nutzongskapital, aaf die Fmchtbliiine,
der Boden bleibt fim; andi bei der Yiebsucbt bezieht es deb auf das nn-
beweglicbe TieriEapital und der Hirt beanepmobt das Weidereeht auf allen
den FUcben, die durob natfixliche Vegetation seine Herdm so emftbren
Termögen.
l>io Erzeuj?ungs wir tschaft dagegen erwuchs auf dem von Natur
fast ganz oder zeitweise ertraglosen Boden, der erst durch Bewässerung
oder Bodung für den Anbau von (ietreide oder Futterkräutern nutzbar
gemacht werden mußte, so daß sich hieraus der Anspruch auf die aus-
schlieAlicbe Ausnutzung der gerodeten Fläche wenigstens zeitweise bis zu
deren yOlliger Erscböpfting ergab. Anf Ausbildung des PriYateigentams am
Boden wirkte aber auch der Umstand bin, daA bei der Enaugungswirtsckaft
sum Untevschied von der Sammelwirtsobaft immer Arbeit auf den Boden ver-
wendet werden muß und die dazu erforderlichen Flächen so wenig ausgedehnt
sind, daß sie leicht bewacht und verteidigt werden können.
d) Gleiehwie sich bei den Hauptwirtschaftjjtypen, der freien und geord-
neten Sammel- und der Erzeugungswirtschafi, eine wachsende, zeitliche und
rilumliche Konzentrierung der Wirtschaftstätigkeit auf immer be-
schränktere rüauzen, Tiere und Bodenilächen zeigt, so ergibt sich auch
bei den vier FormeD der letzteren ein immer innigeres Verwachsen mit
immer kleineren Bodenflachen und eine Zunahme der anf diese verwandten
Arbeit.
Bmm Ackerbau mit Viebsucht (der gemftBigten Zone), der ja die
wenig ergiebigen Ährengetreide dicht gedringt anf weiten Flachen nur ein«
mal jährlich zu erzeugen bat, liegt der Schwerpunkt in der sehr häufigen
und gründlichen T'niarlieitung des Bodens durch die größeren tierischen
Arbeitskräfte; die Krlialtutig des uneutliehrliclien tierischen Betriebskapitals
ist dureh den reiililiclieu, auch für tien Winter Vorrat liefernden Graswuchs
der Brache oder den Anbau von Futtergewächsen gesichert. In Folge der
durch Arbeit und Düngung dauernd gewährleisteten Fruchtbarkeit herrscht
immer Privatbesitz.
Beim Beetbau (der Tropen), der die ertragsreichen groBen KnoUen-
und Kolbengetreide auf kleinen, häufig gewechselten Flachen ausschließlidi
durch menschliche Arbeit al^ahrlich wiederholt erzeugt, wird die Krafkigung
des Bodens, teilweise aus Mangel an Vieh, wie bei den extensiven Betriebs-
weisen des Ackerbaues dt-r Natur überlassen; doch stellt die häufig zu
wiederholende Bodung neuer Anbauflächen und die Hackarbeit griißere An-
forderungen an die menschliche Arbeitskraft als dort; das Eigentum am
Boden besteht nur kurz bis zu seiner Erschöptuug,
Beim Bieselfeldbau (der Subtropen), der die Kolben- und Ähren-
getreide in dem klimatisch fOr sie geeigneten Sonuner- und l^teriialbjahre
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Anpaasnngsbedingungen und Entwickelangamotive der Kultur. 453
wai gOnsdgstem AnBchwmunimgBbodeii abweehselnd laut, tritt neben die
grflndliehe ümarbeitang dee Bodens durch dm Pflog seine dsnernde Pflege
durcb Berieselung, so daß hier außer dem tierisehen Betriebskapital, das
durch den Anbau von FuttergewSdisen erhalten werden miifi, viel menseh-
\irht> Arbeit erforderlich ist; die ausgedehnten Bewässerungsanlagen setsen
dauernde Ausnutzung des Bodens und Privatbesitz voraus.
Beim Gartenbau (der Tropen und Hubtiopen), der das ertragreii-hste
Biqf>engetreide , Sträucher und Bäume auf kleinsten, oft erst künstlich ge-
sehaffenen Bodenflächen baut, tritt neben die gründlichste Bodenbearbeitung
durch Hensehenkraft noch die viel Kenntnisse und Sorgftlt eriiardenide Pflege
der ertragsreichsten ansdanemden Pflansen, weshalb hier der Wirtschafter flwt
immer aueh EigentOmer ist.
e) Hack- und Pflugbau. Beet- und Gartenbau stehen somit als
Hackbau dem Feld- und Ackerbau als Pflugbau gegenüber. Jener ist einer-
seits in der Ergiebigkeit und Cirflße der tropischen Getreidepflanzen begründet,
die einer <:erini,'oii liodeuflüche und individuellen Pflege bedürfen, anderseits
auch in dem Mangel an .\rbeitstif*ren, da der Boden zur Anlegung von
künstlichen Weiden ungeeignet oder zu kostbar ist. Der Pflug und die
tieriBchen Arbeitskräfte sind dagegen zu tiefgründiger Bearbeitung der für
die kleinen, ertragsarmen Ihrengetreidegräser notwendigen, weiten Boden-
fllchen unentbehilich und durch die hier Torhandenen natflriichen oder
kflnstliehen Weiden b^[ttnstigt Der Peldban der Uimatiseh in der lütte
stehenden Subtropengebiete prägt dadurch sein*' Mittelstellung aus, daß er
sowohl den Hackbau für die tropisdien, wie den Pflugbau für die Getreide-
pflanzen der gemSßigten Zone in den verschiedenen Jahreszeiten anwendet.
Neben den klimatischen bedingen auch die edaphischen \ erhältnisse
die Verbreitung vnn Hack- und Pflugbau. Wilhrend in den tiefgründigen
Ebenen oder im flachen Hügelland die weiten, gleichmäßig fruchtbaren
FUchoi aal den QroßgmndbesitK mid den MiMMiTen Anbau ml^Uebst groiw
Strecken mit geringstem Arbeitsanfwand hinwirken, woftr ja einerseits die
keine indiriduelle FOrsoxge erfbrdemden Ihrengetreide, anderseits die
nur des Lenkens bedürftige tierisdie Arbeitsmaachine, der Pflng, am geeig-
netsten sind, ist im Gebirge der Boden SO steil, und die flachen, erdreichen,
meist erst künstlich geschaffenen Terrassen sind so klein, daß zu ihrer Be-
arbeitung der Pflu^' nicht verwendbar wäre oder keinen Spielraum hätte.
Daher ist hier die den ( Jebirpsverhältnissen am besten angepaßte Wirtschafts-
form der Anbau der tropischen Knollen mit der Hacke oder noch besser der
an steilen Hängen am günstigsten gedeihenden Fruchtbäume und Sträucher,
bei deren ansdanemden Formen ja die Hauptpflege die Pflanse selbst betrifft
nnd noch weit weniger Hackarbeit auf dm Boden verwendet su werden
braucht als dort
3. Vergleich der Gesellschaftstypen.
Den zwei Hauptwirtschaftstypen der Samuiel- und Erzeugungswirtschaft
entsprechen als Gesellschaftstypen der Stamm und das Volk.
a) Der Stamm besteht aus einer Gruppe blutsverwandter Familien,
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L. Chalikiopoulüs:
di« durch ihnn ZiuanunenBchlaß in einer oder mehreren Siedelnngen nnd
(luicli VerciniguiiL: ihrer Streitkrftfle die Verteidigung ihrer gemeinsameu Jagd-
oder Weidegründo, Nutzbiiurae oder -tiere gegen fremde Eindringlinge be-
zwecken. You ihrer Ergiebigkeit und der Gröfie der Angzifiage&hr h&ngt
die Kopfzahl des Stammes ab.
TJoi der freien Sammelwirtschaft herrscht Standesgleichheit nicht
nur unter den Häuptern verschiedener Familien, sondern auch zwischen
deren Mitgliedern selbst, da ja jeder Erwerbsfähige ftir seine Nahnmg selbst
anfimkommen hat, der Mann ah JSgor oder Kscher, ISas Wttb ab IVnclit*
Sammler. Monogamie ist die Regel, da der Vater nieht fIBr aahlreiohe,
erweibsnnfthige Kinder und Frauen die schwer erlanghare Kahmng ni he-
schaffen YermOchte. Nur bei besonderen gemeinsamen Untemelimungen, Jagdr
oder Kriegsxllgen, wird dem Stärksten oder Klfigsten die Führerschaft an-
vertraut.
l?ei der f^'eordneten Sammelwirtscliaft vemiaij sich der Stilrkere
durch <ic\vall den Besitz /ahlrei( lu-rer Fruchtbliuii.e und Herden 7.u sichern,
als zur Erhaltung nur einer Familie nötig wären, daher kann er sich
mehrere Frauen halten und nUreiche Sünder fdbon firOh fSr den lochten
Nahrungserwerb und su seiner, ünterstfitsung und Bedienung heranziehen.
Hier ist daher die Heimat der Polygamie, der gftnzlichen Abhängigkeit des
Weihes, das zur Nahrungsbesdiallitng nicht beizutragen vennag, da ihm ja
das Natzungskapital und die Kraft zu seiner Verteidigung fehlen, und der
absoluten Gewalt des Vaters, der aucli als (Ireis noch die Existenzmittel
der erwachsenen Söhne lie>lt/.t uml lindurch ihren Willen beherr.seht und
lenkt. (Jerade dadurch, daß mehrere Sühne versdiiedener Mütter mit Eifer-
sucht ül)er einander wachen und die erweitenmj.'stahige Wirtschat'tsbasis dem
liaushult.soberbaupt Fremde in seine Dieustc autzuuehmeu erlaubt, vermag
er das patriarchale Ansehen gegen jugendliches Faustreobt zu behaupten.
Dem aus einzelnen Kleinfamilien mit lauter wirtsehalUidi und gesell*
schafUich selbstftndigen Individuen bestehenden Individualstammestjrpus
bei der firmen SammelwtrtBchaft steht somit der Kollektivstamm bei der
geordneten Sammelwirtschaft gegenüber, die durch die Großfamilie gekenn-
zeichnet ist mit unbeschrilnkter IJesitz- und Machtbefugnis des illtesteu Ober-
hauptes und gän/lidier Abhängigkeit des weiblichen Qeschlechts und der jün-
geren (ionerationeii.
b) Das Volk. Rei der Erzeugungswirtsehaft der Tropen, dem Ilodungs-
beetbau, beschränkt sicli die gesellschaftliche Einheit meist auch noch auf
eine einzige Famüiengruppe und Siedelungsgemtinschaft, da hier ja die Wirt»
schaftsform die Sklaverei begünstigt und somit jeder Stamm gerflstet sem
mu0, den Angriff eines nachbarlichen abzuwehren. W&hrend hier wie bei
der Sammelwittsebaft die Mftaner für den Kampf Mut und Lust haben, auch
ihre Siedelung bei jeder Oefahr sogleich verlassen können, da sie ja leicht
an anderem Standort wieder errichtet werden kann, sind die außertropischen
Bodenbauer genötigt, viel fester an SclioUe und Herd zu halten, da das
gerodet«' Land und die festen Wohnhäuser nur mit großen Anstrengungen
erneuert werden können und sie bei Verlust ihrer Ernte Vorräte im laugen
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AnpaMQngsbedingangen und Entwickelungsmotive der Kultur. 455
Winttr mikomiiMii mfißtra. Da mm alle Bod«n1ian«r eiiier Landachaft mit
glnohmftftigeii Anbanbedingangmi ein gleuhes Intereese liatien, sich gegen-
seitig im imgeftSrlen Beats ihrer Habe m erbaltea, so konnten ihre weit
niher an einander gelegenen Danersiedelungen in ein Yerbflndetenveriilltnis
rar gemeinsamen Bekämpfung Ton Gefahren treten.
Doch kam es zur Rildnng solcher aus lauter selbständigen Genieinden
bestehenden Individual Völker nur selten, hnuiitsiichlich in der Garten-
hauzone, wo die Intensität und St-hwierigkcit der Wirt-scliatt und die Un-
möglichkeit des Großbetriebs, oder in Gebirgen, wo die schwere Zugäng-
UoÜeit und geringe Ertragsfahigkeit der Landschaft und der Unabhftngig-
kritssinn der Bewohner die Bildung einer HertsdierUasse Teriiinderte.
Im Flachland dagegen, wo der an die SehoUe gebundene, friedfertige
Bauer viel rmehliehere Nahrungsmengen in erseogen im Stande war, als er
brauchte, und wo es einer geringen Zahl machtiger verbündeter Stammes-
häuptlinge oder fremder Eindringlinge unter einheitlicher Führung leicht
gelang, die wehrlosen Bodenbauer zu zwingen, entweder ganz filr sie zu
arbeiten, indem sie als Grundherren den Unfreien nur das Existen/niininiuai
gewährten, oder günstigenfalls ilmcn mir gewisse Teile der Enitei-rtrüge als
Abgabe zu entrichten, ging die Zusammenfassung zahlreicher Siedelungs-
gemeinsdiaflen ta dnem KollektiTToIk Ton jener hetrsehenden AdeldclaaBe
ans. Denn ni^ nur im Kriege seharten sich alle Qemeindehiuptlinge oder
Gnmdhenren einer Landschaft mit ihren Kneehten um den midhtigsten als
ihren Führer gegen den gemeinsamen Feind, auch im Frieden bildete sein Hof
den Zentralisationspunkt, anfangs nur für die Natnraleinkünfte und Ver-
gnügungen der herrschenden Klasse, dann allmählich auch für die «taat-
Uchen Verwaltungsorgane.
c) Der Grad des organischen Zusam juenhangs der zu einem
Volke vereinigten Gemeinden hing in erster Linie von den Ertrags- und
Verkehrsverh<nissen der Landschaft ab. Aus je größerem Umkreise die
Nahrungsrorrilte am Sitie des Fürsten in der Hauptstadt angehftuft weiden
konnten, desto weiter reidite auch seine tatsSchlidie Macht. Daher be-
schrlnkt sie sich in den Tropen bei der geringen Aufbewahrbarkeit der
Feldfrfichte und dem Mangel an Transportmitteln beinahe auf die Hanpt-
siedelung selbst, uud die Abhängigkeit der übrigen N'olksgemeinden und
ihrer Häuptlinge ist fast nur nominell. In den großen Stromgebieten
dagegen war <lie Ut rrsehergewalt am alisulutesten und ausgedehntesten und
reichte bis an die nalürliihen («renzen des Landes, da liier ausge/eichnete
Wasserstraßen die überreichlichen Nahruugsquellou des ganzen Gebietes an
einem Punkt xu konzentrieren erlaubten. In der gemäßigten Zone war
wiederum bei der geringen Ergiebigkeit des Bodens eine solche Zentralisation
nur in sehr geringem Umfange möglich, und der mSchtigste Grundherr konnte
ursprünglich seine mehr nominelle Oberherrschaft ftber die anderen, meist in
ihrer Gemeinde ansässigen um so weiter ausdehnen, je günstiger sich die
Verkehrsverhältnisse des Landes gestalteten.
d) Das Hecht. Beim demokratischen Tndi vidualstamni und volk,
den Geseilscbaftstypeu der freien Sammelwirtächaft und des Beetbaues, die
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L. Chalikiopoulos:
kein dauerades Eigentum am Nuteungskapital, den Wildtioren und dem
Bo<]en kenneii, und deren sonstiger Besitz so gering und leicht herstellbar
ist, (laß er nicht zutn Rauh anreizt, sind somit fast nur persönliche Krftn*
kun^'on möglich, (Vw hei dem kriegerischen Unabhängigkeitssinn und der
autoritiitslosen Standi'strhichheit der Vertreter dieser Wirtschaftstypeu durch
Blutrache gesuhut werden.
Beim monarchisch-aristokratischen Kollektivstammet- und -volks-
typus der geordneten Sammel Wirtschaft und des Bodenbaues moBte
sich dagegen eine weit ToUkommMiere Becbtsordnang entwickeln. Denn
einerseits setite hier das notwendige Eigentumsrecht am Pkodnktioiiak^iital,
den Herden oder dem Boden, die verschiedensten Formen der rechtlichen
Besit/.nh(>rt ragung Toraus und gah auch zu Sachenrechtsverletzungen Anlaß,
anderseits wirkte die monarchisch-aristnkrntisclm Gliederung der Gesellschaft,
das Ansehen der AltcsUm und Rfichsten und der unbeschränkte Gehorsam
der besitzlosen Schwachen darauf hin, die F-ntseheidung von Kechtsstreitig-
keiteu, ja auch die Ahndung persönlicher Kränkungen dem riuhterlichen
Urteilsspruche und der Gewalt des Hauptes der Qesellschaflseinheit aiisn»
Ycrtrauen und au flberUunen.
4. Vergleich der Kulturtypen.
a) Die Individualkultur kennzeichnet den Individuaistamm (der firwem
Sammelwirtechaft und des Beetbaues), da hier das mannliche oder weibliche
Individuum alle in den Lebensbedinguneen der bewohnten Landschaft
entwickelungslühigen Kenntnisse und Fertigkeiten iu sich vereinigt und beide
ihren verschiedem'n Erwerhstütigkoiten, Jagd uder Fruchtsammeln, unabhängig
von einander uuchgeheu können, ohne sieb gegenseitig zu unterstützen oder
ihna Ertrag aussutaiisehea. GUltergemeinschaft besteht nicht in der Familie^
itnd der Tote nimmt alle Ton ihm selbst hergestellten Gebrancbsgegenstlnde
mit ins Orab. Vererbang und Httufüng solcher Gfitw wiren ja auch Aber*
flflasig, da ja nur auf dem Besitze von nahmngserzeugendem Kapital Machte
und Standesunterschiede begründet werden können, dieses aber bei diesen
W'iit Schaftstypen fehlt, da somit jedes Individuum alle notwendigen Arten
der Lehensniittelgewinnung und Werkstoffverarbeitung beherrschen niuB und
damit gewisseriiiaüen immer wieder von vorn an/ufaiigeii luit. So wird es
zwar nur die rohesten Eraeugnisse zu hetern vermögen, darin aber umsomehr
seine persönliche Erlindungsgabe üben und offenbaren.
Die gSnsliche wirtschaftlidie und gesellscbaftlidie Unabhängigkeit des
Individnums, die schrankenlose, nicht von der Sorge um die Zukunft geqn<e
und durch keine Rflcksicht auf den Besits eingeengte, sondern nur auf die
Befriedigung vorhandener Bedürfnisse und Neigungen gerichtete Freiheit des
Wollens und Handelns, das Vergnügen, dae die Erworbstfitigkeit selbst gewährt,
die ja nicht nur Willen und Aufmerksamkeit, wie die routinemüßigen, lustigen
und ermüdenden Arbeiten der ührifjoii Wirtschaftstypen, snndHrn vor allem
auch die I'ici^hai htungs- uud Kombinations.jahe , die körperliche (iewandtheit
und Kraft schärft und in steten Anspruch uunmt und durch die sogleich
erlangte Beute beglückt, endlich das Fehlen einer Religion fiberirdischer.
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AnpftBiangsbedingnngen und BntwickelnngtmotiTe der Kultur. 457
strafeinliT (lütter — die Abhängigkeit seiner natürlicliou, daher weit bessor
augepaßteu und widei-staudstiihigoren Nahrungsquellen von widrigen Natur-
ermgnuseii ist weit geringer oder kommt ihm wegen ibrer Unfiliersehbarkeit
weniger snm Bewntttemn, und der Menaoh liftogt hier noeh so eng mit der
Natnr sosammen und verstdit sie noeh so gut, dafi er nodi nicht jenes reli*
gionserseugende Gefllhl der HUIlosigkeit und Fureht tot fibennftohtigen 6e-
walten kennt, dagegoi alle umgebenden Dinge sidi selbst gleich belebt (Ani-
mismus) und sich so wenig über die sonst so verachteten Tiere erhebt, da6
er, etwas kindlicher als die heutige Wissenschaft, seine Sippe schon ursprüng-
lich wolil nicht nur der Namengebung halber, von gewissen Tierarten :ib-
stanimon läßt und diese als Ahnhen'en verehrt — all diese den anderen
Wirtschaftütypen mangelnden Vorzüge bilden das Beglückende der freien
Sammelwirtschaft nnd des Beetbanes, weshalb deren Vertreter lieber unter-
gehen, als sieh plOtilich in die verhaßte sefihafte und sorgenreiche Wirt-
schafts- und Lebensweise des Bodenbanes schicken.
b) Die Familienkttltnr kennzeichnet den Kollektivstammestypus
der geordneten Sammelwirtschaft und den Individualvolkstypns des
fiartenbaues, bei denen das ausgeprägteste Eigentumsrecht der Familie am
Pi'oduktionskapital, Baum-, ^'iehstand und Boden, und die Haushaltsgemein-
sehaft mehrerer (.lenerationen cmeraeits durch Fleiß und Sparsamkeit auf Meh-
rung des Hesitzes für die zunehmende Mitgliederzahl, audei-seits auf Arbeits-
teilung innerhalb der Mitglieder ihren Kräften und Fuhigkeiten entsprechend
hinwirken. Gerade diese Famüienkultur Termag swar natOrlich nidit die toU-
kommensten, Tielseitigsten, raschesten und billigsten Methoden der Werfcstoff-
verarbeitung zn entwickeln, ist aber um so besser geeignet die haltbarsten
und oft gesdunackvollsten Gebrauchs- und Kunstwerke zu schaffen, da ja die
von Jugend an gepflc<:te, vielseitige Handfertigkeit und der am überkommenen
Familienschatze verfeinerte Schönheitssinn nicht mögliclist viel einf(irmige
Tauscbware in kürzester Zt it zu erzeugen braucht, somlcrn gerade darin die
Befriedigung seiner SehaflenstVeude und Strebsamkeit sucht, möglichst origi-
nelle, dauerhafte und schöne Familienprunk- und Erbstücke zu verfertigen.
Im Gegensatz zur Indiyidualkultur stellt swar hier der Einselne im
denkbar größten Abhingigkeitsreifalltnis von seinen Uteren Verwandteu; er
hat seine Selbstlndigkeit gtnzlich den Interessen der Oroßiiunilie oder Sippe
m cphra und in dieser anfsugahen. Aber gerade dieses innige Band, das
ihn mit einer größeren bluts-, sitten- und gesinnungsverwandten Gemeinschaft
verknüpft, die Leid und Freude mit ihm teilen, die Pflege der sympathischen
Familiengefl'ihle und vor allem die wirtschaftliche Sicherstellung entschädigen
füi- jenes Fehlen der persönlichen Freiheit, die der Einzelne hier ja nie ge-
nossen hat. daher auch nicht vermissen kann.
Die Verehrung, die das älteste GroÜfamilienoberhaupt genießt, wKhrt
wohl ursprünglich ganz gewohnhntsmäßig auch nach dem Tode noch fort
und führt so allmlhlidi zum Ahnenkultus (Manismus), dem dauernden
Band der Ober die Gemeinsamkeit der wirtschaftlichen Interessen hinans-
gewadisenen Sippe. Wo nun die AhneuTerebrung an den vorhan L lu n
Qrfibem nicht mehr direkt wirklich vollzogen werden kann, wie bei den seß-
0«ogim»lilMha SattMhrllt ILJalusuff. 1906. t.Hatt. 81
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458
L. Cbalikiopoulos:
hmften Oartenbaneni, sondern du noroadiMhe Wandern Ton ihrer StilHe
hinwegfthrt) ist die Verehrung der Seele des Ahnherrn nur dadurch mSglich,
da0 man ihn f&r allgegenwttrtig hSlt, nnd ans dieser dnrch die Sinfitemigkeii
der Steppen und der Lebensweise geforderten Vergeistigunp und Vergöttlichung
geht der Monotheismus hervor. Die Hauptniprlinial»' (tott»'s sind «ran?,
denen des irdischen patriarohalen Familien- oder Stamniesoberliaiiptes »'titlt'hut:
er ist der höchst»', best«^ und letzte Richf^-r, lUili* r auch allgegenwärtig und
allwi-ssend; wie jener, verfügt er als Vater und Erzeuger über Leben und
Besitz; beherrscht schließlich als Schöpfer der Welt auch alle Natarereigoisse.
Von der Yerfttgungsgewalt fiber diese dnreh einen strafenden mit Bitten nad
Opfern sn yersöhnenden Herrn und Vater kann ja der von den Naturgewalten
wirtschaftlich am meisten abhftngige Hirt in seiner Ohnmacht allein Befreinng
?on DOrre, Kälte oder Viebseucben erhoffen.
c) Die Volkskultur, die den Kollektivvolkstypus, die weit gr()ßere
gesellschaftliehe Einheit des Uieselfeld- und Ackerbaues charakterisiert . iMln-i
in Folee der (Hiederung ihrer Vertret^T in eine gnindbfsit/ende Herrscher- und
bodenbaueiidf rnfreienkla.sse zu einer weitgehen<len 15t l ut's- und Kastenbildung.
Der Adel hat vermöge seiner reichen Naturaleinküuite die Macht zur Er-
haltung großer Scharen von ihm abhängiger Besitzloser, Sklaven oder Un-
fteier, deren Ärbeitskrifte, Tom Kahrungserwerh befireit, ihm gans mr Ver-
tilgung stehen, sei es für seinen persönlichen Dienst, sei es zur Befriedigung
seiner sich immer mehr steigernden Lnxosbedflrfiiisse nach prunkrollen und
kostbaren, d. h. viel Arbeit zu ihrer Erlangong und Herstellung erfordernden
Kleidern, Watfen und Gerftten. Es entwickelt sich so in diesen umfangreichen
Hauswirtschaften eine im Dienste des Herrn bis in<; einzelnste gehende Arbeits-
teilung, und die Leistungen erlangen besonders durch die sich von selbst
ergeln nde Erblichkeit der Handwerke unter den Uufreieu einen liolien Hrad
der Vollendung. Die Erleichterung des Verkeim» durch günstige Wasserstialieu
oder Kflstenlage und die hochgesteigerte Genußsucht der reichen Herrenklasse
führen aoeh sn einem sehr entwiokeltMi Anslandshandel mit kostbaren Werk-
stoffsn (mit EdehnetaUen und -steinen, Beide, Purpur) nnd mit Qennßmittehi
und zur Bildung einer mehr oder weniger nnfr«i«i ^mdelskaste.
Gleichwie bei der Farailienkultur jede Haus- oder Sippengemeinscbaft
ihre Abnen als besondere Scbutzgottheiten verehrt, so vereint bei der Volks*
kultnr das paii/e Volk eine gemeinsame ihm oipentihiiliche Religion.
Die innige Vcrkiiä[ituii(: des Uieselfeldbaues der Subtropeuzone mit dem hier
schon vit'l uu^Lrejirägleren jahreszeitlichen Sonnenstände, die gi-oße Klarheit
des Himmels, die alle l'hasen des Mundes und die Gestirne zu beobachten
förmlich drängt, die mit wunderbarer Begelm&Bigkeit alljahriieh eintretenden,
rfttselhaften Flnfihochwasser sind für alle Bewohner derselben Landschaft,
alle Volksgenossen, gleich augenftUige Naturerscheinungen, die wegen ihrer
anssohlac^benden Bedeutung fttr die wirtschaftliche Wohlfahrt des Landes
die Verehrung ihrer lebenspendenden Macht, die Pflege ihres Wohlwollens
und Beschwichtigung ihres Zornes durch Opfer und Gebete ganz ebenso ver-
langen, wie die irdischen Herrscher. Neben dieser Vertr<>ttH( hung der Gestirne
und Atmosphärilien tritt dann auch diejenige der anderen Landwirt^chafts-
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Anpaaiangabediagnngen und Entvickelungsmotiv« der Kultur. 459
faktoren, der tieruohen Arbmtskiftfte, dm Binde«, und nisncber aaderar nflts-
lidier oder scfaldlielier Tiere (Ägypten, Mexiko).
Auch Ar die Beligionsabung nntetsoheidet sicli die Volks- von der
FamiKenkattor durch ihren Obergang aus der Familiengemeinsohaft mit ihrem
Hausaltar nrul von ihrem die heiligen Gebräuche und Opfer ül)erwarhpn<l<»n
Oberhaupt« auf einen besonderen Priesterstand und in die öffentlichen Tempel.
Sie wird zum ausschließlichen Vorrecht einer hochgeachteten TViesterkaste,
die im Bunde und Dienste des Herrschors und Adels durch immer üppigere
Ausgestaltung des filaubens und Kultus, durch ungeheuere Hauten und
Prachtaufwand, das unwissende Volk zu betören versteht und seine Knechtung
und Awnmteung als Vertreter des göttlidien WiUens sanktioniert und aufrecht
SU erhalten sucht
Die besondere Ausgestaltung der religidsen Vorstellungen, die ja
stets aus den Gefühlen des fassungslosoi Staunens, der Ohnmacht und
Furcht und der egoistiaGhen Erwartung fibermenschlicher Hilfeleistung in
der Not der allmächtigen und erbarmung^lnson, unverstandenen Nutur gegen-
über hervorgingen, hine ganz von der Art ul), in der die Eigentümlichkeit
der Landscliaftsnatur auf das Bewußtseiu ihrer Bewohner einwirkte. In der
unendlichen Eintönigkeit aller Naturerscheinungen der Tropen, in ihrer über-
mäßigen Üppigkeit und Schnelligkeit des Wachstums, Lebens und Vergehens,
in der ünflbersehbarkeit des FUhshMuraumes und der Menschensahl weiter
Ebenen flberwog das GefBhl der eigenen Nichtigkeit, der UnfoAbarkeit und Ohn-
maeht gegenüber der Unendlidikeit, der im Qlanben an das Nichteingreifsn
der unpersönlichen Götter in die bedeutungslosen meiisi blichen Schicksale
nnd im Gedanken der Seelenwanderung zum Ausdruck kommt (Indien).
In einem Gebirgslaixl des äußeren Subtropengürtels, wo jedes Tal mit seiner
kleinen Bewohnerschaft eine in allen ihren Einzelheiten gekannte Welt für
sich bildete und der Mensch dem Roden «'rst durch schwere Arbeit seine
dürftige Nahrung abringen mußte, st^^ht er seinen vergötterten Naturgewalten
80 nahe, daA er die ganse Begellosigkeit und den steten Wechsel der hier
herrschenden Witterungserscheinungen auf die Gesinnung seiner swar mit
manchen fibermensdhiichen Krftiten ausgestatteten, aber doch noch mit gans
persSnIiehen Ch&rakterschwSchen behafteten Gflttergestalten zurflckftthrt und
übertiigt, sie daher weniger fürchtet als zur Hilfeleistung herbeizurufen oder,
wenn er sie erzflmt hat, durch Gebete nnd Opfer zu besftnfligen sucht
(Griechenland).
Mund] die auf »Jrund des wirtsihaftliilun Hcichtuins von dem Herren-
stande zur Erhöhung seines Ansehens und liuhmes, von der Priesterkjiste
zur Besserung ihres Einkuramens und Einflusses unternommene Zusammen-
fiusnog nnd Verwendung unzihliger Arbeitskittite, die urspriiuglicb auf er-
zwungenen oder freien Leistungen der GIKubigen beruhen, spiter auch wohl
von den Ertrttgen der freiwilligen Opfergaben oder des durch Schenkung
entstandenen Grundeigentums bestritten werden können, im Dienste nicht
wirt.schaftlicher Au^ben, zu (iräber- und Tempelbauten und deren Aus-
schmückung, gelangen all»» Künste (Architektur, Skulptur und MaWrei. aber
auch Schreib-, Tau/.- und Dichtkunst und Musik) zur Eutwickeluug und je
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460
L. Chalikiopouloa:
nteh dflB Natiubeduigiiiig«D und der Begabung des VoUm in einer ibm
eigentfimlichen Blüte.*)
Aneh der PriestersUnd selbst war von jeher in der Lege in Folge seiner
Befreiung vom Nahningserwerb, sich aus Langeweile mit Kunst und Wis-;en-
siliaft und vor allem mit der Aufrcclilorhaltung dos vun ihm errithtott-n
(ilaubeusgeiifiudf's durch gi-üudliclic I hfrlifferung des t'lifrkoinmeuen ^Öchreib-
kuust) und umtasseuden Unterricht (ächuieu) zu beachäftigen.
V. Varglfliäb der mannhHehtn mit den ttwiMhmi AnpnHnmg^ilfpML
Die gesetsmißige Notwendigkeit und ünabnehtiiolikeit der Sntwidcelnng
einer eansigen bestinunten Knltorform innerhalb ihrer ürqnvngslandschaft
wird auch durch auffsUende Analogien veranschaulicht, die swiachoi der kul*
turell-nienschlichen und körperlich -tierischen Anpassung von Begabung, Gha*
rakter und Lebensweise an die Lebensbedingungen desselben Landschaftstypus
bestehen und ihren zwingenden Einfluß auf beide Aniiassungsarten zeigen.
Ghirliwie (lif Raubtiere des Waldos (Katzen, Marder, Falken,
Schlangeu, Spinnen) und der lialbwüsten Steppen (^Löwe, Adler) einzeln
jagen und sieh seitweise za kleinen Familiengruppen vereinigen, und gleich
wie sie king und gewandt ihre Bente bescUeiehen mfissen, so sind andi die
J&gerstftmme der tropischen WSlder und Wllstentieppen sehr klein und
serstreut, und ihre Ifitf^eder rerstehen es meisterhaft« mniehi das Vfild
anfsnspfiren, ihm auikulauern und es mit List an erlegen. Wie sich jene
gerade wegen ihres Herrschercharakters nur schwer sihmcn lassen, so haben
sich auch diese gleich ihren tierischen Vorlnldern mutigen, freiheits- und
selhständigk« itsliebendon, auch wohl grausamen und tückischen Menschen
nirgends dem Kulturzwange gebeugt.
Den gesellig in großen Gruppen beisammen wohnenden, friedlichen und
gutmütigen J&gern imd Fischern der Bismeerkflsten entspreohtti die
ungeheueren Scharen Ton Seesäugern und -vögeln, die gleiohfiüls gans
yertri&glich leben können und sogar den Menschen freundlich emp&ngen,
da der Nahmngsreichtum des weiten Meeres allen eine gleichseitige Sättigung
ohne gegenseitige Schmälerung oder Behinderung gestattet
Den kleineren schneliniBigen Raubsäugern, -vögeln und -insekten
(Wulf, Vielfraß, CJeier, Küfer, Wespen), die in den Steppen aller Zonen die
vielki iptiu'en Ptlanzeutresserhcrden begleiten, um gemeinsam in gröberer Zahl
ein /uriickgebliebeues oder erkranktes Tier zu überfallen und unter fortwäh-
rendem Geziluk zu verzehren, gleichen die in großen Geschlecbtsgemeinschaften
lebmideii Jäger und Hirten dieser Gebiete. Blrstere suchen wie ihre tie-
riechen Bemfrgmossen und oft mit deren Hilfe ^nnd) ein abgesondertes
Stück XU umringen und so leichter su töten oder, wie jene, durch lautes
Geschrei oder Lfirm zu schrecken und in ihre Verhaue oder Fallgruben so
treiben. Auch die Hirten dieser Gebiete nähren sich mmst nur rom Fletsch
1) Bei der SchaiAmg geistlicher Kunstwerke wirkte wohl oft des eihebeode
Bewußtsein im direkten Dienste der Gottheit zu stehen und die Hoffnung auf ihren
Lohn weit mehr uU hohes irdische^> Enti^'elt an«i]>omend auf den KfinsUer, sein
ganzei Können dariu zur schönsten Entfaltung zu bringen.
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Anpahsungsbedinguugeu utid fciutwic kelungimotive der Kultar. 401
ihrer erknukten oder gefallenen Huiatiero. Sie teilen mit jenen geselligen
und schwachen Raubtieren die notwendige, leichte und schnelle Bt> weglich*
keii (Reiten und Nomadismus) einerseits um ihre schneUfÜßigen Nahrungs-
tiere einzuholen, zu heaufsichtif;en oder bei ihren Wand^ninsjen zu begleiten,
andorsoits um sifh vor einem uborlopenon (!ouner zu retteu, ferner die Vor-
lit'be jener für Ueiiußraittel, süße l'HanzeusiLft« oder nahrhaft»' Früchte (Zucker-
rohr, Trauben, Mais), die sie sich gleich jenen in den Gürten der Bodenbauer
heimlich sn holen Tentehen (stehlen steht in Ehren hei den Nomaden), end>
lieh die seltsame Mischung von Feigheit und Mnt, da sie als einzelne sehwft-
chere Gegner sogleich fibwfimen, stftrkere nur dnrdi Drohungen (anbellen)
zu schrecken sodien oder vor ihnen fliehen, sich dagegen im Verein mit
ihresgleichen gegenseitig oder durch das Beispiel ihres Führers zum Angriff
auch auf scheinbar ül>erlegene Gegner anfeuern lassen. Wie die Existenz
jener Steppenruu})ti< n' auf ilircr .Tagdgomeinschaft, so beruht jene der St^'ppen-
jäger und -hirten aut liem einheitlichen Zusaiuim-nwirkeu der (Trolifamilien-
glieder oder des Statmaes zur vom einzelnen unausführbaren Beaufsichtigung
und Verteidigung der Herden, und wie einem kleinen Rudel Wölfe das In-
schachhalten einer an StBrke und Zahl weit fiberlegenen Rinderhwde, so ge-
lingt einer kleinen Nomadenherde durdi dieselbe Geistes- und Gharakterflbor-
legeuheit und die gleichen Mittel der Organisation und des gemeinsamen
Handelns, des Drohens und FnrchteinflOBens die Unteijochang und Beherr-
schung eines ganzen Bodenbauernvolkes. Der GehOTHUn, die Dankbarkeit
und die Ehrerhietiiug, die der starke NomadenkrieErf^r der patriarchaUn 'Je-
walt des altersschwachen Vat»>rs und dem über ihn richtenden Urteil der
Stammesiiltesten oth'v ein Mitglied des Adels s^mikmh ungenM-hten Könige zollt,
spiegelt nur die Uuterwürtigkeit und Sanftmut des Hundes wider, der die
Hand seines Herrn und Emfthrers leckt, auch wenn sie ihn schlägt. (Gegen-
sats Katse — Waldjäger.)
Nicht weniger aufibUende Analogien bieten die tierischen und mensch-
lichen Bewohner der eigentlidien Frnchtbaumlandschaften, die Frucht«
esser (Biber, Bauinnager, Affen, Papageien, Singvögel, Raben, Bienen,
Ameisen, Zikaden) einerseits und die Beet- und Gartenbaner anderseits.
BHidc (Jruppen leben auf Grund ihmr reichlich und schnell, mehr durch Er-
fahrung, als durch Atistreugung erlaugbaren Nahrung in großen Geschlechts-
gemeinschaften nwl genießen sorglos die Sicherheit, die ihnen ihre Vor- und
Geborgenheit im hohen Laube oder hinter Schutzwüldern und -bauten ihren
ohnehbi splrlidien Feinden gegenflber verleiht. Während sich hier die be-
sondere MuBe und Intelligras im Genüsse ihrer Geselligkeit, durch Lebhaftig-
keit, lautlidie Verständigung, Zank- und Bpidlnst, der Schönheitssinn teil-
weise durch farbenprftchtige Befiederung und melodischen Gesang äußert,
offenbart sich jene *li.i- Menschen außerdem auch durch ihre Vorliebe für
heiteren Lebensgenuß und Künste (Ozeanier, ChiuosenV Auch die sozialen
TuL'»'nden, wie Familien-, Nächstenliebe und Selbstaufopferung'. Loitiin^' durch
die Betahigtesten, erifidifn unter diesen klügsten und ges»'lli>,'Stf"n (o'Srlinpfen
ihre schönste Ausprägung (Nestbau bei Vögeln und Insekten, Bienen- und
Ameisen brutpflege, AffenfÜhrcr und -liebe, chinesische Beamtenprüfungen und
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462
L. Ghalikioponlof: Anp»iiQngsbediDgnngen rum.
Familienleben); ja sogar das Sklavcnhalten stammesfremder Gattungsgenossen
findet sich bei manchen Aiiipiseiiarten wie bei Ancfli"ingen des Beetbaues.
Endlich weist auch <lic ••ij.'cntümli« In- Anpassung' fb'r Willens-, (Jeinüts-
und Deukfuuktiouf n und der diese oticnbarenden Lebensweise an die Gras-
aud KörnerDahrung und die übrigen LebensbcdiDgungen der Steppen und
offenen Waldlandsohaften unter Tieren (Bodennager, Huftiere, Hfllmer-,
Tauben- und Laufr6gel, Heuschrecken, KSrperfonDenmannigfUtigkeit) und
Menschen (Itieselfeld- und Ackerbauer, Kulturformeamannigfaltigkeit) große
Ähnlichkeit auf. Jene wie diese bedürfen zur Nahrungssuche weder der An-
grifiswaffen noch gegenseitigen Beistandes, daher Bind auch ihre persönlichen
und genossenschaftlichen Verteidignngsmittel unzureichend, und sie suchen
(leiiinach meist ihre Rettung in der Flucht. Sie schließcri sich zwar m
grotii ii Sclnitzgeiueins« hatten zusammen unter besonders l)egal»ten Führern,
doch unterliegen sie trotzdem der persönlichen und geuossensehattlichen Über-
legenheit kleiner, rassenfremder Räuberborden und müssen diese beköstigen.
Die Langwierigkeit der leiobteo, aber einförmigen Aufnahme und Zu-
richtung ihres wenig nahrhaftoi Futters bei jenen Tieren, die langweilige
und mflhsame Nahrungsenteugnng und -TorherettuBg (Getreidebauen, -mahlen,
-backen) bei diesen Menschen, erfordert hei beiden ein weit größeres Maß
von Fleiß und (letluld als sonst und macht sie auch füi- andere, durch ihre
Notw(iMlit,'keit und KinRirmigkeit abstumpfende Tätigkeiten, d. h. Arbeiten
geeignet. l>ie Unumgänglichkeit, Gewohnheit und Voraussicht dieser den
größten Teil der Tages- und Lebeus/eit in Anspruch nehmenden, genuüarmen
Beschättigung beeinflußten Charakter, Gemüt und Intellekt dieser Tiere und
Menschen so sehr, daß diese sich auch zu anderen, noch langweiligeren und
anstrengenderen Arbeiten bewegen oder swingen lassen, wofern sie nur Yon
ihren Herrm dafOr die sonst wihrend diesmr Zeit gesammelte oder subereitete
Nahrungsmenge auf einmal in konientrierterer Form Mhalten und so, daß
sie auch kdn Bedürfnis und Verständnis ftlr andere, genußreichere Lebens-
weisen zeigen. Somit bleibt beiden, im Gegensatz zu den Fruchtessern und
Gartenbauem, auch wenig Zeit und Lust ihre Geselligkeit durch Unterhaltung,
Spiel und Lustbarkeiten zu genießen oder sich und ihre Umgehung durch
Kunst zu verschönern und zu erheitern, so daß ihre ohnehin in Fulge ihrer
abstumpleuden Hauptbeschäftigung, der Ernährung, geringen geistigen Fähig-
keiten audi dadurch wenig Anregung unu Obungsstoff eihalten.
Endlich sind auch ihre Familienheziehungen sehr locker, da sieh die
Jungen sehr bald die für ihren leichten Nahrungserwerb erforderlichen Erfith-
rungen aneignen und durch ihr Selbständigwerden ihre Elteni von der Last
ihrer Erhaltiuig befreien können. Doch nicht nur die jüngeren Generationen
stehen mit den älteren nur in losem Zusammenhang, auch das eheliche Ver-
hältnis gtstaltet sich weit weniL^er innig, als hei den meist monoganiischen
Vertretern der anderen Lebensweisen, da hei letzteren das männliche Ge-
schlecht das weibliche durch seine Vorzüge und Überlegenheit (Raubtiere,
Fruchtesser — Jäger, Beetbauer), oder durch Geschenke und Kauf (Hirten
und Gartenbauer) zu erwerben hat, sich dort dagegen die Älteren und Mldi-
iigeren im Wettkampfe den Besits sahlreicberer Gattinnen sichern und si(A
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Geographiteh« Neuigkeiten.
468
aiiBerdem umgekehrt «las wcildidu' ( Jt-schlcrlit . wenigstens beim Menschen,
im VV^etteifer den Uatten durch sein© licize oder sein wirt-chattliches Ver-
mögen SU gewinnen tacht| dn er sonst die hier mit ihrer Erhaltung verbun-
denen Mähen nicht auf rieh tu nehmen gewillt ist
Gleichwie endlich Steppenherdentiere in Folge ihrer schwachen Ver-
teidigungsmitt«! and Furchtsamkeit, Qedold, Geistes-, Gemüts- und Willens-
bescbiftnktheit mit ihren gleichfalls in Anpassung un ihre besonderen Lebens-
bedingungen entwickelten, sehr reichlichen, körperlichen Nahrangsstoffen (Milch,
Fett, Fleisch) ihre üherlegeneii l^'inile. die Raubtiere und Hirten, ernähren
und mit ihren großen Kiirperkriitten irlejchen Ursprungs Last- und /ugarbeiten
im Dienste und /um Vergnügen ihrer überlegenen Herren, der Menschen,
verrichten müssen, so haben auch die Rieselfeld- und Ackerbauer fast immer
mit dem doroh sie inrodnaerten Nahrungsmitteln eine sie beherrschende RBnber-
klasse erhalten and ihre nns&hligen KArperkrifte diesen sor Befriedigung
ihrer GenoBsneht und Launen nur Verf&gnng stellen mflssen (PTramidenbaiiten,
Fabrikarbeiter, Kriege).
Somit kann der Mensch zwar die subjektiv köi-perliche Anpassung der
Tiere, abfjesehen von der Kassendifferenzierung, durch diejenige seiner objektiv-
materiellen Hilfsmittel ersetzen, da<rei,'en nnterhigen sein Inneres und seine
Sitten ^'an/. elienso der Anpassiuigsnotwendigkeit wie die <ler Tiere, natürlich
in dem ihrer wechselseitigen körperlichen Organisation entsprechenden Grade.
Geographische Neuigkeiten.
ZoBammengeatelU von Dr. August Fiisau.
Asien» I Ftotland) selbst in einem günstigen Eis-
* Über ihre bei der rnssiHclien jähr bei anbultenden Nordostwindeo von
Schiffgexpedition nach dem Jenis- Eis verstopft und deHhiiUi schwer passier-
sei (8.167) gemachten Beobachtungen i bar ist, so ist es wüuBcbeuBwert, daß ein
und Erfahrungen haben die deotidien | anderer Zufiihrtsweg 7.umKariiehen Meere,
Kapitäne nach ihrer Rückkehr an die die Karisrln' oder Waigat-Straße, genauer
Deutsche Seewarte Hericht erstattet, der unt^ reuclit und der Schitrahrt erötfnet
in den „Annalen der Hydrographie" 1906 i wird. Die bidher sehr gcfiirchteten Kia-
Heft 6 anaingsweise mitgeteilt wird. | Verhältnisse im Karischen Meere sind
Wie Bchon früher berichtet, hatte die nicht SO ungünstig, wie es nach friiheren
Expedition einen vollen Erfolg, da alle Berichten scheinen könne; das Karische
Schiffe ihren Bestiuimuugsort erreichten, Meer ist im August fast immer entweder
ihre Ladung loschen konnten und, bis ganz eiafitei oder nur in geringem« der
auf einen Diinipfer, der bei den Rrjechow- SchifTabrt unnrcfäbilieliem ^faße vnn Eis
Inseln in der JeuiBsei-Müudung aof der bedeckt; nur wenn im Frühjahr anhaltend
Rliekxeiie auf Grund geriet und Teriateen I nordMIidie Winde Torhemchen, welche
werden mußte, glücklich in die dtnitnche : Eis von Norden her in das KuriMche Meer
Heimat zurückkehrten Nach dem Urteil hineintreilien, nehmen die Eiriverhältniiise
der Kapitäne ist die Fahrt nach dem üb hier bisweilen einen der Scbitfabrt ge-
nnd Jenissei , wenn die EüsTCriiftltniste | flhrlichen Charakter an. Die gr60te Ge-
nicht allzu ungünstig liegen, mit Btarkeu, fahr für die Schiffahrt nach dem Ob nnd
gut ausgeniflteten I'ainpfem von nicht zu lenigsei droht nicht vom Eise, sondern
großem Tiefgänge lu jedem Sommer ohne vuu dem ungenügend vermesaeneu Fahr-
giofie Gefahr müglieh. Da die Jugor- ' waiser, das ddi beeonden in der Jenisiei-
stvafie (swiichen Waagat-lnesl und dem ] mflndung in jedem Jahre veAndert, ^h-
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464
Geographische Neuigkeiten.
rend der breite und ziemlich gerade Ob-
bnaen der SehifiRahrt keine großen Hinder-
nisse entgegenstellt Dit Mangel an
guten Lot«on und das Fehlen jt'glicher
SchitTahrtMeichen erhöhen die Gefahren
fttr die Schiffifthrt, die dadurch vermieden
werden können, daß die großen EiKm('<>r-
schitfe ihre Ladungen am Eingänge der
Flnfimflndungen aiiUeinereLeicätenohifliB
■bgeben, die sie lußaufwärts an den Ort
ihrer Bestimmung wcitcrlieRinlem.
« Einen alcrmuligen Versuch zur
Lttenng de« 8angpo«Brahmaputra-
Problems, d. h. zur Erforschung der noch
unbekannten Flußstroi kf , auf der der
Brahmaputra den Himalaja durchbricht,
hat die sehottiwhe Oeographisohe Geiell*
Schaft in Edinburg bei der englischen
I{<?gierung in Anregung gebracht, nach-
dem der letzte im Jahre 1901 (YII. 1901.
S. 411) nntemommene Verradi an dem
Widerstände drr Bewohner geecheitnt
iat. in der von Prof. Jamei Oeikle
onteneichneten Eingabe wird anf die
Wichtigkeit der LOeung dieser Aufgabe
ausführlich hingewiesen ; auf dt-r noch
unbekannten Elußstrecke muß der Fluß«
um die HOhendifferensen swiachen Tibet
und den indischen Ebenen zu überwinden,
gewaltirre Wasserfnlle bilden . die aWc
andern auf der Erde an Höhe und Was-
aeneichtnm ftbertrefiSm mflasen. Durch
die Auffindung dieser FUle wfilde viel
zur Kenntnis der geologischen Verh<-
oisse des zentralen Himalaja und des
Zusammenhanges zwischen Himalaja und
dem tibetiiiiischen Hochplateau beigetra-
gen werden können. Zudem wissen wir
nodi nichts von den Sttmmen, die an der
unerforschten Flußstrecko leben, und auch
nichts von der Fauna und Flora dieses
Gebietes. Es wäre auch möglich, daß
entlang dem su erkundenden FluÄlanfe
eine gute Straße zwischen Assam und
Tibet angelegt werden könnte, und durch
eine solche Straße würde der britische
Hendel mit Tibet und die britische Henr>
echaft in Tibet sehr gefördert werden.
Es wäre wirklich zu wünschen, daß die
englische Regierung der fruchtbaren An-
regung Folge leistete und die LOeung
des Problems enetgiieh in die Hand
n&hme.
Afrika.
4t Am 11. Juli d. J. brach von Tripolis
Hanns Vischer, der Assistent-Resident
der BooiU'PtOvinz, Northem Nigeria, mit
einer ▼cnrsflglieh ausgertsteten Eipedition
auf Visi lier kehrt nach Ablauf seiner
Urlaubszeit auf seinen Posten am Tsad-
see zurück und wählt dazu den Weg
durch die Wüstenstriche der mitt-
leren Sahara. Er wird sich wälirond
der Reise hauptsächlich mit wüstengeo-
logischen und astronomischen Beobach-
tnngen beschäftigen, so daß wir endlidi
eine astronomiReh genau festgelegte Perlen-
schnur der wichtigen Oasen und iirunnen
der in Fhige kommenden Lendschallea
erwarten dürfen. Hanns Vischer hat dem
Pieferenten versprochen, ihm Berichte aus
Mursuk zu senden, über die dann in dieser
Zeitsehrift berichtet werden soll.
Ewald Banse, Tripolis, Nord-Afrika.
* Über eine neue Besteigung des
Buwenzori, die noch vor Ankunft des
Henogs der Abruzzen anageHEUiit irorden
ist, wird im Geogr. .lourn 1906. S. (»Ifi
nach einem Briefe in der Mainummer des
Alpine Journal berichtet: Am 16. Febr.
brachen Wo 1 las ton, Woosnam und
Dent von Bujongolo (12 660') anf und
erreichten in 6*^ Stunden auf etwas an-
derem Wege als Orauer den Ton diesem
„König Eduards Felsen" benannten Felsen
I S. 34.')). Am folgenden Tage unternahmen
Wollaston und Woosnam einen neuen
Aufttieg Ton BiqiMigirfo ans: Ifon bog
nach 1 km im Mnbuku-Tale nach links
ab, überschritt eine niedrige Wasser-
scheide und gelangte in das Tal des
Kiyanja- Gletschers, in welehmn man bis
zur Kiyanja-S])it7.c IG 125' vorzudringen
vermochte. Dichter Nebel, der während
der drei letzten Stunden des Anfiitiegs
herrschte, ließ die Bergsteiger die hOhere
Spitze des Berges verfehlen, die noch 150'
höher sein mochte, als die von ihnen er-
stiegene. Auf der Uganda-Seite des
Rum ensOii'Massivs schien diese Spitie die
höchste zu sein, wilhrend auf der Kongo-
äeite noch drei höhere beobachtet wur-
den, die -wahrscheinlieh airiaehen 10000'
und 17 000' hoch waren. Die Ersteigung
dieser Gipfel hiilt Wollaston bei schßnem
Wetter für ungefährlich, bei Nebel und
Regen dagegen fAr unausfBhrbar.
♦ Zu den unerforschten Quollen des
Sambesi ist der amerikanische Oberst
Colin Harding auf einer 1400 km langen
Reise, die zum großen Teil dnioh uner-
forschtes Qebiet führte, vorgedrungen.
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Oeographiaeh
e Neuigkeiten.
465
Don Krfol^ verdankt« Harding zumeist
dem Entgegenkommen des eingeborenen
KOnigt LewanikR von Baroleelaitd, der
■eine Unterhauptlinge anwie«, das T'nter-
nehmen in jeglicher Weise zu fördern.
Die Reise wurde von Lewanikae Haui>t-
itedt mittel! Boote den Sambesi hinauf
angetreten zu einer Zeit , al.s der Fluß
dM umliegende Laad weit überschwemmt
hatte. Nach einer sechs Tage langen
Fahrt durch das Überschwommungagcbiet
kam man in trockenes Land mit vorzüg-
lichen Waldbeständen. iiei unaulhörlich
Mlendem Regen war trotedem die Hitae
8c!ir ^roß und l)eim VormarHth sehr hin-
derlich. Bei den Makesch-Fiillen verließ
Uarding mit seinem Bruder und einigen
Bingeborenen das Booi, «m die Beiie so
Lande fortzusetzen. Das f-and war mit
tiefen und ül)elriecbcnden Sümpfen, die
dem Sambesi zahllose kleine Flftsse und
jMehesusenden, oder mit weiten dHchungel-
artipen fJrasfliicheu bedeckt, weshalb man
nur mit großen Schwierigkeiten vorwärts
kam. All «ieh dann die von Lewanika
mitgegebenen FiiluiT weigerten, weiter
mitzu>;ehen, und auch noch einige Träger
zurückblieben, mußte ein großer Teil des
Oepicka snrflekgelaMen werden, nnd die
P'xpedition kam bald in Schwierigkeiten;
die Lcbenf^niittel wtirden schnell aufge-
zehrt und die zum Eiutau8cb neuer Vor-
xite an Terwendenden TMuehobjekte
gingen zur Xclgc, so rlaß die Expedition
zeitweise üunger litt und nur lang.sam
▼orwärts kam. Nach Verlauf einiger
Wochen erreichte man jedoch noch nach
Überwindung zalilloscr Schwifri^^'kr'itcn
das Ziel, die (Quollen des Sambesi, eine
Beihe ami einer Dschungel entströmender
nehe, die Bich zu einem Flusse ver-
einigen Der Oberlauf de> Samhc^i wurde
sorgtUltig aufgenommen, und auf der Rück-
reise erforschte Harding noeh den Lanf
zahlreicher NebenQüsse zwischen dem
Qnellgebiet und den Viktoria-FWen.
Aastrallei*
• Die Erforschung Zentral-Au-
stralicns ist durch zwei Expeditio-
nen wesentlich gefördert worden, die
Tom zentral-anatraliflchen Erforschuugs-
Syndikat auHgerfletet und von Allan C.
Davidson geleitet worden sind, und deren
Berichte jeM tob der sad-attsfaraliaehen
Begienrng als Paclamentsberieht verOffent-
licht werden. Das erforschte Oehiet. das
dem Syndikat von der süd-uuätraliscben
Bagioang angewiesen worden ist, liegt
zwischen 19" und 22" s. Br. und östlich
vom 134." ö. L. und umfaßt 28 500 qkm
im nördlichen Süd-Australien. Die erste
Expedition in das Gebiet Ostlich vom
Überlandtelegraphen dauerte von 1898 —
1900; die zweite in das westliche (lebiet
ging am 5. Hai 1900 von Kellys Well
20" 8. Br. ab und erreichte nach 4'/» Mo-
naten Barrow Creek. In dem Gebiet «öst-
lich vom Telegraphen liegen die Murchi-
son- nnd DavenporVEetten mit frucht-
baren Tälern and einigen beständigen
(Quellen, aber von nur geringem Metall-
reichtum, der allerdings genügen würde,
nach Ansban der Eisenbahn von Oodn»-
datta nach Port Darwin eine dauernde
menschliche Besiedelung zu unterhalten.
Als noch trostloser und viel wasseräimer
erwies sich das Gebiet westlich vom Tele-
graphen, in das die Expedition bis rif***
ö. L. vordrang; hier wurden gar keine
beständigen Quellen gefunden nnd der
Metall reichtum war ganz gering. Von
zwei dem Berichte beigi gohenen Karten
zeigt die eine die geographische und geo-
logische Beschaflfenheit dea dnrchreiiiten
Gebietes, die andere die Mineralvorkom-
men. (Geogr. Joum. 1906. 8. 688.)
Kordmerilui*
* Zur wissenschaftlichen Fest-
stellung des Verlaufs und Umfange
des großen kalifornischen Erd-
bebens, dem San Franzisko sum Opfer
fiel, ist vom (louvemeur des Staate-? eine
Kommission unter Prof. Lawson von
der Universit&t in Berkel^ eingesetat
worden, die am 31. Hai einen vorläufigen,
gedruckten Bericht erBtattet hat. der das
Erdbeben als eins der interessantesten und
eigenartigsten, Ton dem wirKnnde haben,
erscheinen läBt. Oer Bericht erwähnt zu-
crjit eine Linie von eigentümlichen geo-
morphologischen Verhältnissen , die bei
Pnnta Arenaa (89* n. Br.) beginnt nnd
Kich 590 km lang quer über das bergige
Küstenland bis nahe zum Mount Pinos
(84 * 46' n. Br.) hinzieht. Sie folgt im
allgemeinen einem System enger und lang-
gezogener Täler oder hält sich in weiten
TalbilduDgen an den Fuß der einschließen-
den Berge; an vielen Stellen ist die Linie
in Folge der7erwitterangen bloB dem Auge
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466
Oeographisehe Nettigkeiten.
de« Geologen erkennbar; wo ftie lahvi mehr
wAttenfthnliohe Teile der Gegend durch-
sieht, wird sie deutlich sieht Itar: man
findet dann gewöhnlich |tlöt/.licbe Ab-
weichungen Ton der uormulcu Neigung
der Talwftode, and es treten niedrige,
MteihibM'hüssigp Wände auf. an deren Kuß
nicht selten »bflofilotm Bagsin« liegen.
Diese den Anwohnnm als „Eidhebenrifl'*
wuhlbekaante Linie iat unverkennbar eine
Hruchlinie aus fn'iher Quartärzt-it I'av
Krdbebeu vom l** April wurde veranlaßt
dnrch eine Bewegung der oberen Brd>
knute auf dieser Linie von Punta AreMM
bis mindef^teuH zur Hai von Monterey auf
eine Krittreckung von 2'Jti km. Die Ver-
■ehiehnng war im wenentlichen eine hori-
sontale, das Land südweeUich der Spalte
schob sich gegen Nordwesten, wahrend
sich da« Land uordöKtlicb davon wuhr-
•eheinlieh in enigegengeuetzter Richtung
bewegte. Alle Zäune, We^e, Wn-serläufc,
Köbrenleifcungen, Dämme uud GreuKlinieu,
die der Spalt überschreitet, sind nm 6 bis
16 Fuß, duroliscliuittlieli um 10 Fuß, ver-
8ch<d>.'n. Neben dieser Hurizontalver-
schiebuug ist uordweütlich von der Bucht
Ton San Fransisko eine VertikalTerschie-
bnng nachgewiesen, dnrch die das Land
auf der SiidwestHcite der Spulte bis r.xi
4 Fuß über das Land auf der Nordottt-
■eite gehoben wurde; auf der Halbinsel
von San Kranziflko ist die^o Vertikalbe-
wegung kaum zu erkennen Wahrsehein-
Uch t>ind durch die »Schiebungen alle
Punkte der Kflstengebirgskette dauernd
um einige Fuß Terrfickt wenden, jedoch
wird dies erst durch weitere gcodillii^che
Arbmten noch festgestellt werden. Die
lerstlirerulen Wirkungen des Erdbebens
crstr- ckon sich auf etwa 40 bis '»0 km
zu beiden Seiten des Spaltes, und zwar
von Eureka an der Humboldt-Bai (40* 60'
n. ür.) bis zur Sfidspitze von Fresno-
County, ungenihr (".."»(t km. Srlnvin hero
Äußerungen deo Krdltebeu» muciiten sich
bemerkbar von Coos-Bai in Oregon (48*
'ifj' n. Br.) bis nach Lrm Angele» im" n.
Hr ) und na« h Osten Mm iti das ti^tliehe
Nevada. Von seismischen luätrumenteu
wurde dae Erdbeben auf der ganzen Erde
reL'i-^triert Innerhalb der Region der Zer-
störungen war die Stärke »ehr verHchieden.
Die gewaltigHten Wirkungen fanden un-
mittelbar auf der Bruchlinie statt: Brücken,
Wasserrohre und Leitungen wurden hier
aufeinander gerissen, Bäume in großer
Zahl zu Boden geworfen oder entawei
gebrochen; Mtellenwcise öffnete und schloß
sich die Krdoberflüche und verschlang
mancherlei. Line zweite Linie heftigster
Zerstörung Iftnft den Grund des TU-
H\>tems entlang, zu dem die Bucht von
Sau Frauzisko gehört, besonders im Santa
Rosa> und im Saat» Clara-Tal. SanU
Rosa (38* U'\ 82 km OsUich vom Spalls
wur(b' von allen Orten des Staates am
stärksten erschüttert, San Jose (37" 18';,
«0km und dieStanford-Univerriiftt(S7* W),
Vi km von der Erdspalte, folgen in der
lli lti^^keit der Erschütterung gleich nach
S.iutu Kosa. Alle diese Urte liegen auf
aufgeiichflttetem oder doch n«r acthwaoh
-/.usammengehaltenem Boden, und es iet
bekannt , daß Erdwellen eine viel zer-
sturendere Wirkiuig ausüben, weuu sie
über lose Fonnationen laufen, als beim
Durchgang durch die festeren, aber elasti-
scheren Gesteine des Gebirges. Dies be-
stätigt sich auch in der dritten Region
größter Zerstörung auf der südwestlichen
S«'ite des ,, Erdbebenrisse»"" im Salinab-Tal
der Bucht von Monterey, wo der aus
Flullablagerungen beetehende Talboden
stärker aufgerissen und verschoben wurde,
als irgend ein anderer Teil des Staate«.
Am lehrreichsten aber ist in dieser Be-
riehung San Fransisko selber, wo vier
vt>r8chiedene Bodenarten vodianden sind:
die felsigen Ilügelabhänge, die aufge>
schütteten Talgrüude, die Sanddüuen und
das Kunstland am Saume der Stadt. Die
verheerendsten Wirkungen des Erdbebens
zeigten sich auf diesem kuustlaud; nicht
ganz so schlimm verhielt sich der Boden
der Sanddüuen , aber auch biar wann
Risse und Tieiormationen hriufig; immer
noch heftig waren die Stöüe und Ver-
schiebungen in den Talgründen, wfthrend
die Gebäude auf den Felsen der Abhänge
die ^'erin^Kten Zenstörnngen zeigten. Aller-
dmgs ist hierbei auch die Bauart der Ge-
bftude Btt borfleksiehtigen: massive, tief«
gegrflndetc Gebäude wurden am wenigsten
beHohSldipt, ebenso gut verankerte, zemen-
tierte Backsteiubauteu aui festem Grunde;
am sehlechtesten widerstanden Holsbauten
in Folge ihrer iVlili rliaftfii Verankerungen
uud ihrer fehlenden Versteifungen. Übri-
gens ist der in San Franzisko angerichtete
enorme Materialschaden nur zum geringe
stea Teil direkt auf das Erdbeben rarfick-
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Geogrspliitch« NenigkeUen.
467
safBhren; nur o des Scbadenä eotstund
in Folge des Erdbebens, 96% wurden
dnzch die Fenersbrunst bervor^'erufen, die
sofort nach dem Bobon in Folge Zer-
reißen« der Gatt- and Elektrizitätxleituugeu
entotend, und derm BeUmptung durch
Zerstörung der Wasserioitong «ab ftnAente
erschwert wurde.
ir»ri-Pii]jirgegeiiieii«
* Die Nordpolarexpedition Well-
manns is. S. 317) nimmt vorlHufig ihren
nonuaU'u V'erlauf. Nachdem der „Pritiyor'
BMh einer flberruehend konen und f^t-
teo Fahrt von eoiner erKten lU-ico nach
Spitzbergen nach TromHoe zurückgekehrt
ist, hat Wellmann mit den übrigen Mit-
gliedern der Expedition, die sich noch in
Norwegen befanden. Aiifatii^r Juli auf «k-ni
„Fritl^or' die iCeiäe nach Spitzbergen an-
getreten, nnd einige Tage spftter ist anch
das neu gecharterte Schiff „Kong Iltlgc"
mit dem liest der Aupriintun«» dorthin
abgegangen. In kurzem wird bei der
Station snf der IMbien -Insel ein Per-
sonal von 24 Mann versammelt sein, so
daß es möglich sein wird, dif Vorberoi-
tungen so zu fördern, duü noch in diesem
Jnhre ein Anfirtieg nntemonunen werden
kann. Zur Kinrichtunjj; der drahtlosen
Telegraphie wurde in der Nähe von
Hammerfeät auf einem 200 Fuß hohen
Berge eine Funkenxtation mit einem 210
Fuß liohrii Maflt errichtet, und eine ähn-
liche Station wird bei der Welimanntfcheu
Stetion in Spitsbergen hergeetellt. Well-
mann wird dadurch in der Lage sein,
fortwährend Xadirichten über den (iang
seiner Vorbereitungen zu senden. Von
Peary , der bei seiner Ausreise im J. 1905
ebenfalls die Binrichtung einer Funken-
station mitnahm, mit deren Hilfe er von
Nord-Cirönland aus in Verbindung mit
Labrador bleiben wollte, sind bis jefest
noch keine Nachrichten ein^'ctrofr n ; die
letzten Nachrichten von l^eary brachte im
September 1905 das nach Amerika zurück-
kehrende Hilfinohiir.
♦ Von den z w e i N < > r d j > o 1 a r e x p e d i -
tionen, welche im Jahre zur Er-
forsehung der Beanfort-See geplant
waren (XI. 19o5 S. 7ll), ist die eine
unter Einar Mikkel.>ieti< Leitutt^' s.
8. am 20. Mai von Viktoria aut der
TanconveroLisel am nach Norden in See
gegangen; Ton der andern, die nnler
HarrisonH Leitung auf dem Landwege
nach der nordamerikunischen Eismeer-
kÜ8te gelangen wollte, erhalten wir jetst
die ersten Nachrichten in einem Briefe,
den Uarrison an Bord des Walfängers
„Jeanette*' bei der Hersohel-Insel an der
Mackenzic-Mündung am 1. M&rz d. J. ge-
schrieben liat I Geo^T .Irmrn. 1906. S. 685).
Danach hat üarriiiua am 88. Juli 19Uö
Athabasea Landing in einem f&r den
Trausport de» Oep&cks besonders geeig-
neten Hnotv verla.'Jsen und hat am 4. <'kt
den Artic iled liiver, einen linksäcitigen
NebenflnB des Hackensie, erreicht^ wo er
durch Eis aufmM-halten und snr Überwinte-
rung gezwungen wurde. W&hrend der
ungefähr 2600 km langen Floßreise wur-
den sahlieiebe Beobacbtongen und Mes-
sunpen vorgenommen. In) Laufe des Win-
ters machte er «ine kleine Rundreise vom
Red Rirer zum Fort Mc Pherson am Peel
n i ver, diesen flußabwärts bis zum Macken/i(>
und (lieHen wieder aufwiirts znin Ifed
Itivcr. Der Winter trat ungewöhnlich
frfib ein, war sebr schneereich nnd seigte
Temperatuen bis — 200C. Um nicht ein
ganzes Jahr zu verlieren, verließ ILirrison
bereits im Februar da^ Winterquartier
nnd ging naeh der HerseheKIneel, wo er
die „Gjöa"-Expeditif>n wohlbehalt*Mi an-
traf; der Führer der Expedition Amundben
befand sich gerade nicht auf dem Schiffe,
er war unterwegs nach Eagle-City. So-
wnhl von der ,.(ijöa" Kxj»e*lition, wie von
dun Kapitänen der zahlreichen Walfänger,
welche hier Tom firflben Winter flber-
rascht worden waren , wurde Harrison
eutgefjjenküramend auff^enommen und mit
Kat unterstützt. Zunächst gedachte nun
Hairison direkt nach Norden Tonrnstoßen;
sollte sich das aber, wie er fürchtete,
wegen der fortwährenden Bewefrunj?, in
der sich das Eis in der Naciibaischaft
der Insel nach den Aussagen der Wal-
fänger-Ka]>i(äne befindet, oder wegen der
Unmöglichkeit, Eingeborene zur Teilnahme
an der Fahrt zu bewegen, als unausführ-
bar erweisen, ho wollte er im April nach
der naillie-Insel und von da nach Banks
Land zu gelangen suchen, um dort den
nächsten Winter suzubringen.
(»eographlscher Unterricht.
» Prof. Dr. Alfred l'hilippsou in
Bern ist als Brflckners Naebfolger als
ordentlicher Professor der Geogiapbie an
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468
Oeographiiebe Neuigkeiten.
die rnivprsitiit Ha lle berufen worden und
wird dem Ruf zum W.-S. Folge leiHtren.
* Prot Dr. Rudolf FiUner in Ro-
stock ist von seiniM- rrnfessar zurück
getreten and nach Berlin ttbecgesiedelt.
Twetae ui Ttnamilaiif ea.
• Auf der ilies j"ihriY't'n, 78. Vcrpainni-
lung Deutacber Naturforscher und
Ärstte vom 16. bi« 23. September zu
Stuttgart werden nach dem loeben sur
Versandung gfelangton Programm fol*jrnde
Vorträge von geographischem In-
tereiBe gehalten werden: In der ell-
gi'int'iiion Versammlung am 21. Sept.
Tenck: Südafrika und SanibeBifülli' mit
Lichtbildern); in der gemeinschaftliche u
Sitgsnng der Abteilangen Phyeikf ange-
wandte Mathematik und Genphysik Graf
V. Zeppelin: über motorische Luftschitf-
fahrt; in der gemeiuschaftlichen Sitzung
•Amtlicher Abteilungen der naturwiasen-
Bchafflirlieii (ini]tjM> Fraii.s: Gcoln^^iRchcr
Streifzug durch Schwaben als Orieutieruug
für die Ansflnge ; in der gemetnichaftlichen
Sitzung der Abteilungen für Geologie und
Antliropolo^ie Ritchler: Die altjialiio-
lithische Kulturstätte in der Wildkirchli-
EbenalphAhle in Appenzell; Haathal;
Eiszeitliche Forschungen in Bolivia und
Peru; Schliz: t!l»er dif Ht'/.it'liuiip'n der
Torgeschichilichou üesiedeluugstormeti zur
Bodenfonnation. In der Abteilang iiir
Geophysik, Meteorologie und P>dnmgne-
tismus Archenhold: t'ber Sonnenflecke
und Erdströme; Börnstein: Der ueu-
errichtete öffentliche Wetterdienit für
Norddeutschland; Krebs: Das geophysi-
kalische Gutachten im Gerichtssaal ; geo-
ph7«ikaliache Wirkungen der Sonnentätig-
keit; über Vulkanismus und Erdbeben;
Meyer: Dir- Or^Nuiisation den WetterA'or-
hersagedieustes in Württemberg: de Quer- 1
vain: Die Erforschung der Luftzirkulation
in größeren Höhen der Atmosphäre. In
der Abteilung für Geographie, Hydrogra*
phie und Kartographie Gravelius: Die
Beziehun<;en zwischen Niederschlag und
Abüuß; Gugenbam: Der Stuttgarter Tal-
keseel von alpinen OletecketstiOmen aa»>
<,''i'li"»hlt ; Haardt von Hartenthnrn:
Die neueren geographischen Arbeiten auf
der Balkanhalbinsel ; Halb faß: Dieneue-
ren Fortschritte der Seichesfondrang;
IIa nun er: Die Bestrebungen der neueren
Laudestopographie. In der Abteilung für
Mineralogie, Geologie and Fattontologie
K n d r i ß: Die Höhlen im Versinkun^js^'ebiet
der oberen Donau; Wegoner fiMiinäter):
Über die Eruption des Vesuv im April
1906. In der AbtaloBg HBr Zoologie
Vo B 8 e 1 e r : Die osiafrikanische Tsetsefliege;
zur Charakteristik des usambarischcn
liegenurwaldes; aus dem ostafrikanischen
Insektenleben. In der Abteilung fttr
.Anthropoloffie, Ethnologie und Prähistorie
Bälz: Zur Kasse der Japaner und Korea-
ner; Herrmann: Die Armenier in XJn-
garn; Vosseler: Spuren alt*;r Neger-
uiederlassungen in Amani (l^sambara ;
Würth: Basse der Japaner. Am Schluß
der yersammlang am 98. Sept. wird eine
naturwissenschaftliche Exkursion aaek
Hohenneuffen, HeidengrabOB und
Urach stattfinden.
Fertiönliehes.
* Am 2. Juni starb in Hannover im
Alter von 67 .lahreu Prof. Dr. Ludwig
Brakebusch, langj&hxiger Profeasor der
Mineraloj^io und Geologie an der argenti-
nischen UniversitfttCordoba, der auf zahl-
reichen Reisen Argentinien and die argen-
tiuisohen Andt n erforscht und dadurch sehr
viel zur witiHcnschafllichen Erschlieftuag
Südamerika» beigetragen hat.
BtteherbefiprechiiDgeii.
Geographenkalender. IV. Jahrgang | now wird von einer kurzen Biographie
1906/1907. XII u. 664 S. 1 Bildnis, ' begleitet, die Übersicht der Weltbegeben-
10 E. u. Ü Taf. Gotha, J. i'erthes 1 heiten ist in die Form einer Chronik ge-
1906. «4C 4.—. bracht , womit sie m. B. ihren geogia-
Im ganzen ist der Charakter der gleiche ' phiHt hen Charakter und Wert ziemlich
wie im vorletzten Jahrgang, da der lu- verliert, im Adreßbuch der wissenschafl-
halt ja altenderead ut. Doch auch ein- licboi Anstalten usw. sind anoh die hi-
selne Ändernngen: das Bild von Seme- itoriiehen and Tolkakondlioben Geeell*
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Bücherbesprechungen.
469
idiafleD aufgenommen (daß dies einem
TOD mir poiUißt'rtt'n Wunsche eutsjiD'chc,
ist übrigens eiu Mißverstäuduia). Beson-
d€n willkommen sfaid die kl^en, aber
denfiiehen kartoignikhiedieii Dentellun-
gen wichtigerer ZeitereignisBe und die
ludexkartAi neuer typographischer Kaxten-
weilie. A. Hettner.
Jahrbuch der Sektion Dresilen des
österreichischen Touristeu-
klubs. I. Jahrgang 1906. Vniii.89S.
Viele Taf. u. Fig. Dresden, Engel-
uiann l'JOö.
Von geographischem Interesse ist be-
•onden der erste Aufsatz aus der Feder
von Oskar Beck, iler eine geologisch-
geographische Einleitung in das Verständ-
nis dee Gebirges gibt. Wenn kik auch
nicht mit allem übereiniitimme — eo wird
sich die von Alphona Stültel ausgespro-
chene Ansicht, daß die Basalte Alter als
der Quadersandetein seien, kaum halten
lassen - , so ist doch rühmcmd anzuer-
kennen, daß hier nicht, wie so oft in
solchen Schriften, erdgeschichtliche Phan-
tasien, sondern dfie Brg^ebnisae der nfich-
temen Forschung vorgctra<^en werden.
Kin mit vielen guten Abbildungen ver-
sehener Aufsatz von Hugo Kunze be-
handelt die Kletterberge der sftchsieehen
Schwei/: iiKUicter wird mit Interesse und
Erstauueu hüren, in welchem Umfange die
eigenlBmlichen Beigformen dieses kleinen
Gebirges den alpinen Klettersport groß-
gezo'^'en ha'ieii Dann eine kleine Schil-
derung aus dem böhmischen Mittelgebirge,
eine Sldsse am den Alpen, ein Aufsatz
Aber die Technik des Wandems und ein
interessanter, an Ratzel anlehnender Ar-
tikel über die sinnliche Freude am Borg-
eport. A. Hettner.
Finot) Jean» Das Uassonvorurteil.
ym n. 4S8 S. Berlin, HQpeden
Henjn 1900.
Dieses aus dem FranzösiHchen flber-
setzte Buch zeigt, wie mau auch in Frank-
leicb anfltngt, ee als nnwiseeneehaftlich an-
zusehen, wenn alle großenVölkergegensätze
eiiiseitio: auf uralt im Blut liegende, auf
„liassengegensätze" zurückgeführt werden.
Der Yerfiusor ergeht sidi nur anfangs
etwas gar /u weitschweifig über die Ver-
suche der Anthropologen, die Menschheit
in Bassen zu scheiden, ohne dabei ctwae
Neues zu bieten. Er sucht die Yet-
scliirdenlieiten tler MenschenniHKOn auf
EinÜüsse der jedesmaligen J^aturumgebung
nrsftethlieb m besiehen nnterVergleiehung
analoger Erscheinungen aus dem Pfianzen-
und Tierreich. Er hält sie für im allge-
meinen unbedeutend und wenig beständig.
Leteteies steht indessen im Widenpmdi
mit 80 manchen .Ausgrabungsfunden und
den in altägyptischen Gräbern sehr hohen
Alters entdeckten farbigen Abbildungen
afrikanischer Yolkstypen, die den heutigen
vollkommen gleichen.
Lehrreicher werden die Ausfühnmgen
des Verf. in den folgenden vier Abtei-
lungen ioinei Wflckes, die sich nun den
Völkern zuwenden, obwohl er aucli hier
weniger untersucht als lebhaft diskutiert.
Rfiekhaltlos stellt er sieh anf den Stand«
punkt, daß es große Volksmassen einheit-
licher Abkunft oder ,, Rasse" nirgends gibt.
Im heilsten Licht der Geschichte ist die
grofie Nation der Vereinigten Staaten
entstanden aus einer Pn/ahl von Bruch-
stücken der Völker dreier lidrdteiie. Die
Schweiz bewährt, ffihlt nnd nennt sieh
eine Nation seit Jahrhunderten, weil de
staatlich wie wirtschaftlich eine fest ge-
fügte Einheit bildet, trotzdem vier bis
fünf Sprdohen dort geredet werden. Die
deuteeien Sebweiior sind in erster Linie
Schweizer, so gewiß sie gleich den Deutsch -
Österreichern und den Siebenbürger Sach-
sen snr denlaehen Kation im knltuellen
Sinni' /iililen. Man würde seit ISTI über-
haupt nicht wissen, was „deutsche Nation"
heißt, falls man nicht sorgsam unter-
schiede zwischen Nationen im staatlichen
und .solchen im kulturellen Sinne.
Auf Deutschland geht der Verf. mehr
hinsiobtlicb der Frage nach der ältesten
Volksmischung ein und schielit, wie bei
dergleichen Problemen überhuujit, weit
übers Ziel hinaus. Er meint, eine eigent-
lidie Stanunrasse w&re fBr keinen Staat
erweisbar. Ist aber z. B. die en^iaehe
Nfttiim nicht durch dm Hinfiberzug der
Angeln und Sachsen nach Britannien ent-
standen? Gingen dieNordamerikanernicfat
zunächst aus britiflchem Stamm hervor?
Unbegreiflicher Weise behauptet er, die
neueste Forschung li^e eher darauf
schließen, daß DeutseUand mehr keltisch,
Frankreich mehr germaniHch von Hans
aus sei. Sehr hübsch schildert er dann,
und diesmal auch in knappen Zogen, daa
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470 Bflcherbeap
rthnische Werden der franzfigipchen Na-
tion, srharf lictonond, daß nie (bei dor
üeringfüj^igkeit römischer Zuwanderung)
nicbt physisch, sondern geistig und sprach-
lich romsnisiert worden irt.
Kleine rurirhtitjfkeiten zn erörU-m,
lehlt tiü hier un liauiu. Erw-ahnt sei nur,
da6 die Basken nach Amwrii ihm recht
' vcrschiodenartipen Schildflhaus keinefl-
wefTH ,.eine hervorragend reine Uaaae"
(8. 41 Ij genannt werden dürfen, und daß
die unter Josus in Palftstina ein/.ichcnden
Inraelit<>n dort keine Aralier trafV ti S 3r)r,}.
Eine warmherzige Schilderung der
NegemMce tehlieftt das Onase mit man-
chen sehla^'euden Ite weisen, wie unrecht
man perude dfn afrikanischen Schwarzen
getan hat, wenn man tagte, sie seien „nied-
rige Menschen**, durch mystisches Rasaen-
fatum uniHhig, namentlich diegeistige Höhe
der Weifien sn erklimmen. Kirehhoff.
Wflitrahagen, H. Beitrftge snr Siede -
lungskunde den Ostharzes. 59 S.
(DisH. Halle.) Halle, Waisenhaus 1U05
Fleißige Dissertation, die überall selbst-
ständige Forschung und eigenes Urteil
xeigt. Als Grenze dcf^ Ost-Hiirzes gegen
Westen läßt der Verf. im Sflden die
WiMserseheide zwischen Oder nnd Wieda
(Weser — Elbe), dann die bedeutsame
Westj^n-iize des Lraunscli weij^ischen Kreises
lilankenburg und diu Westgrenze Stolberg-
Wemigerodes im Eckertiii gelten. Der
|t»eringe Umfang der Arbeit gestattete viel-
lacli nur Andentunj^en, Die älteHten OrU;
waren bescheidene Ackerbausiedeluugen,
die groBenRodni^n begannen im 8. Jahrh.
(Orti' auf rode. -haj,'en, felde, -schwende)
Das Wüstwerden so vieler Uiiachaften im
Mittelalter wird auf Kriege und Agrar-
krisen zurückgefBbrt. Der Bergbau scheint
}na in das 10. Jahrh. zurnckzureirhen, im
13. und dauu wieder im 16. Jahrh. wird
a stärker. Im 18. Jahrh. nimmt der Berg-
hau ab. Eine Gründung des liV Jahrb.
— die einzifre — ist iler Badeort Alexis-
bad. im Laufe der Jahrhunderte wurden
immer höher liegende Teile des Hartes
zur Hesiedelung herangezogen. Es betrug
dii' durehsi-huittlifhe Htihenlape iler in '
den einzelnen Penoden gegründeten Orte
bis 775 » S87 m
77:. i^rA) - ;!0i
1250— n;i8 = 3Gb „
seit ltil8 4SI „
irechungen.
Jetzt betr> die Durchschnitt^hohe SSO m.
I>a^ }i<" f lirte Dorf ist Hohefjeiß mit 642 m,
Einzelsiedelungen steigen bekanntUcb bis
mm Brockengipfel Die Daten Aber Ksen-
bahneiOffiiungen im und am Harz S. 47
waren nach der sehr zuverlässigen Zu-
sammenstellung im ly. Bande* der ^^ta-
tistik der im Betriehe beflndlicheD Ksen-
bahnen Deutsolilands" ^erlin l'JOO) mehr*
fach zu berichtigen. F. Hahn.
LorenKi , .V rrigo. La c o 1 1 i n a d i
Buttrio uel FriulL 96 S. Udine
190S— 4.
Ursprünglich in der Zeit8chrift ,4n
Alto" erschienen und zur Orientierung;
mit einem Ausschnitt aus dem bezüg-
lichen MeBüschblatte versehen, büdet diese
.\rbeit einen auf gn'indlichen, VOn deut-
schen Vorbildern geleiteten Studien be-
ruhenden Beitrag zur Heimatskunde von
Frianl. Der Hfigel oder besser die drei-
eckige, in ihrer höchsten Erhebung 163 m,
etwa 7ö m relativ erreichende Hüjjel-
gnippo von Battrio, durch holm Cjj^msea
noch weiter in der flachwfllligen Ebene
erkennbar, ist eine Aufrar^ing fast wag-
rechter oder sauft nach NO, also gegen
das Gebirge geneigter Schichten eocAner
Sandsteine und Mergel. An eine ein-
gebende Darstellniif,' der Morphologie
schließen »ich eine kürzere ^>tiaazougeogra-
phische Skisie nnd tiergeographische Be-
merkungen an. Den Schluß bildet ein
Absehuitt über den Einfluß des Menschen
auf dies gebiet und die Lage der Siede-
Inngen, nicht anf den Hoben der Hflgel-
gruppe, sondern in der Ebene ring.s um
diese. Nur einzelne Bauernhäuser liegen
auf den Hohen. Anch anf die Bauart der
Hftuser geht der Verf. ein. Th. Fischer.
Annales de Tobservatoire national
d'Ath^nes pnbliees par Dc'metrin ^
Eginitis. lY. 4«. 679 S. Athen,
Uaftanis-Pa]iCgcorgion 1906.
Es ist ein vortreffliches Zeichen ftlr
die Festigung der Verhiiltniese (Triechen-
lands, namentlich tur die Ordnung seines
Staatshanshalts, wenn Knltnrleistnngen,
die Ausdauer fordern, renfelmäßigen Korb-
' f^ang nehmen. Aber aiieh für die leiten-
den l'ersönlichkeiten ist es ein unzwei-
deutiger W«rtmeeser, wenn Arbeiten, die
■sie unternommen, in straffer, fester Or-
ganisation so beharrlich fortgeführt wer-
den, daß sie eine sichere Grundlage wissen-
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Bücher beipreehungen.
471
•ehsfUiohen fbttMhritts bilden. So wird
jeder Frennd griechischer Nahir, jeder
der ihre Beobacbtang ab den ersten
Schlfinel zum tieferen YerständniB griechi-
schen Lebens und griechigehen Oeiites in
(»egenwart und Vorzeit zu wiTrdjgen weiß,
mit heller Freude diesen neuen Band des
Jihrimchi derSterawarfee Atheni begrüßen.
Die von Eginitis neu ocganisierie
meteonilo^'iHclu' Arbeit dieses wichtigen
Beobucbtuugspiatzes, die von ibm erst
begtOndeto l^gkeit eines Netaee etn-
beitlich geleiteter Stationen in den ver-
schiedenen Teilon des Landes finden ihre
Fortsetzung für die Jahre IdOl— 1903 in
der Mitte diwee mftchtigai Bandet (8. 199
— IHI Die Zahl der Stationen hat sicli
nicht vergrößert, aber — und das ist das
Wesentliche — für eine ganse Reihe von
Stationen (Korfu, Argostoli, Zante, Arta,
MesBolongion , Patras, Kyparissia, Kaia-
mata, Sparta, Kjthera, Tripolis, Nauplia,
Dekelen, Ghalkia, Lamia, Volo, Laritsa,
Trikkala, Andres, Kaxos, Syra, Santorin)
liegt jetzt ein«! so ansfrpdehnte R<>iho von
Beobachtungen vor, daß nun der Zeitpunkt
gekommen ist, einmal eine vetgletcbende
Übersicht der wichtigsten Elemente der
Kliniatolngie Griechenlands zu vernuehen.
Mit dieser Aufgabe ist einer meiner
Sehfller seit lingerer Zelt besofaftftigt;
schon die vor Eingang dieses Bandes vor-
liegenden Beobaciituugen der frülieren
Jahre ließen bei dem Versuche vergleichen-
der Beobachtung erkennen, wie uoTer-
gl''i<'lili( h n irlinr wir jetzt - Dank der
Üiganisatiuusarbeit von £giniti8 — über
Qrieebenlands Klima nnterriebtet sind
als vor swei Jahrzehnten.
Dem nieteoroloijischen Beolmchtiings-
schatz der letzten Jahre gebt voraus eine
Reihe monographiseher Stadien. Die
n-iiiiMt»! Qabc daruntt r i:-! S 7 6G, ll'J
— lüOi die Bearbeitung,' der < r ini.i^^neti-
Hchen Beobachtungen der Athener Stern-
warte (1899—1908). Es folgen die Be-
oliat'htungen von Stenisrlitni]>pen (67—721
und einige physikalische Studien über die
rotleuchteuden Dämmorungserscheiuungen
im November 1908, die ebenso wie mag-
netische Störungen am H \fai jenes
Jahres mit den Vulkanausbrüchen West-
Indiens in Zosammenhaug gebracht wer-
den; über spektroskupischeUntcrsuchuugeu
elektrii^cher Kuukeu; über Kefraktiuns-
Beobachtongen^Scb webung, sospeusion) im
Piraens. Der Übersteht der Erdbeben
nri.rlunhuHls lOdO 1903 iS. ISf) — 146)
folgt am Schlüsse des Bandes i S. 499—677)
die ausführlichere Mitteilung der seis*
mischen Beobachtongen. J. Parts eh.
rou Tornau ) Mikolans. Kulturgeo-
graphiseher Atlas Ton Sibi-
rien und Turkestan. (Vaterlands-
künde Rußlands. 2. Tl.) 10 Tab.
12 Taf. K. St. Petersburg, Marks
1906. JL 8.60.
Der Verf, ein warmer Frennd sdnes
Vaterlandes, arbeitet daran, in der heran-
wachsenden russischen Jugend die Liebe
«IT Heimat dordi eine genane Kunde vom
Vaterlande zu wecken, „den Hussen su
zeigen, wa^ sie an ihrem Lande haben".
Er tut das nicht wie Ratzel in seinem
„Deatsebland** dnreh lebenswarme Schil-
derungen, sondern in nüchterTi ^^t;lti^<ti«(•her
und kartographischer Darstellung, die in
4 j&hriger Arbeit auf den besten deutschen,
englischen und russischen Quollen aufge«
baut ist, aber, wie er in der Vorrede be-
tont, bei den „zugehörigen Stellen im
Bddie recht wenig Zuvorkommenheit ge-
funden hat". I tn SM tiielir ist seine Lei-
stung anzuerkemicii , die ihm perHÖnlich
auch hübe pekuniäre Opfer auferlegt hat.
Vor mir liegt der 8. Ttil seiner „Tater-
landskunde Rußlands", der 1900 vor dem
1. erschienen ist, der „Kulturgeographische
Atlas Sibiriens und Turkestans". (Kin
ebensolcher über das europäische BoB-
land und den Kaukasus wir<l jetzt zum
Druck vorbereitet.) Zehn statistische Ta-
bdlen bilden die Grundlage fOr die fol-
genden Karten, zugleich deren Erlftnta-
mng: 3 beziehen sicli auf West-Siliirien
und die Kirgisenateppe, .H auf Ust-Sibirien
und Turkestan, die loteten 4 dieoMi einer
allgemeinen Übersicht Asiens. Die Bn-
briken ergeben zu allen (Jouverneroents
den Flächeninhalt in C^uadralwcrst; die
Bevölkerung naeh Zahl, Geeebleeht, Ab-
stammung, Religion, hierüber Volksdichto
und Einwanderung und Verschickung;
Landwirtschaft; Viehstand, Bergbau; son-
stige Beschäftigung ähnlicher Art; In-
dustrie; Handel ; >^i liulen Die allgemeinen
I Tabellen über Anien orientieren zuerst
Aber die selbsandigcu Staaten, dann über
' die Kulonialbesitzuugen , besonders Ein-
!uud Ausfuhr in Millionen Kübeln
Karte 1 zeigt die Juli- und Junuar-
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472
Bacherbeipreehungen.
Iiobann das Gebiet«« und die mitUeten 1
Jahresniedersclililgo; Karte 2 die Juli- und
Januar-Isothermen, wobei in 2 Tönen Kot
das Gebiet mit Jahrenteuiperatur überO'C.
von d«m unter dieser Temperatur unter-
Hcliiedeii ist, zugleich die Dauer der Ver-
eisung der sibirischen Ströme; Karte 3
raftdit den Verrach, die Yolksdiehte dar-
suatellen in Fl&chenkolorit und mit Siede-
lungazeichen ; Karte i zeij^t das Völker-
gemisch de» üobieta iu Fläcbenkolorit,
wobei aber die niMisGhe und tadichikiache
H< volkerungTorkeetaiia durch Punktatruk-
tur hervorgehoben ist, bo daß man ein
bild des Kulturverlaul's erhüit; Karte 6,
6, 7 lind wirtechaflegeograpbieobe Karten,
sie Rcheiden Wald (i^riin) von Ackerland
(rosa), wobei deutlich j,'ezeigt wird, welches
Gebiet der Taiga abgerungen worden ist.
Dorch gewisse Zeichen werden in Zin-
Qoberrtif (Ii»' Hrzeugnisse de-^ HergLaus
sehr detailliert angegeben; blaue Zeichen
deuten auf Yerkehn- und Handelsge-
legenheiteiif wie Schüfsstationen, Börsen,
Milrkte uhw.; brntinf V)e/.ficlineii Krtriig-
nisse der Jagd, dcB Fiucüiaugs, der Vieh-
snohk uew. Die Karten 8—11 zeigen die
politischen Verhältniss.' , ItesondiTs Ost-
Asiens mit ru-ssischt ii Kunsiilat»-ii, chine-
siacheu und japuuiächen Freihäfen, Kiaen-
bahnen u. a. Karte IS ist eine detaillierte
Darstellung des wichtigsten Wirtsohafto-
gebietes von Kusisch-Asien, von Turkestan.
Sie zeigt -l, Ii. die Gebiet« künstlicher
Bew&SBemng neben denen mit nattlilieher
!?t'tV'uc!itiing u ;i. !?ri «^'enauem Studium
^mit Uilfe eines deutschen Atlasses sind
die niinadien Namen und Bezeichnungen
bald entrifferti wird auch der deutBche
Geograph manches aus di'-'sem Spezial-
atlas lernen kuitnen; besonders unsere
Wirtaebaftsgeographen, die im Einselnen
den Atlas prüfen mögen, seien hierdurch
auf das Werk aufmerksam gemacht Der
Atlas ist von der Firma F. A. Marks,
St PetMNibiitg, Gogolstr. n, für etwa
S^O JL au beziehen, doch hat mir der
Verfasser das Anerbieten goniacht, einige
Exemplare für deutsche lubeiessentea, be-
■onden fOr lolohe, die dea Bmaieehen
miuditir» sind und das Werk in seiner An-
lage und Ausführung zu beepreeheu ge-
neigt, aur Verfügung zu steUeo.
Bantien i/Sa. Hana Stabler.
Loti, Fierre. Indien (ohne die Eng-
länder), fiinaig antori«. OberMte.
von M. Toussaint. \TII u. 406 S.
Berlin u Leipzig, Hüpeden & Menjn
1906. JL 4.—.
Loti hat in Kreox- und Querwegen
Iiiflit'n vom Süden Ceylons bis zum Ganges
durchwandert und der Schilderer der
Qröfie und Schönheit de« Meerea,' der
Pracht der Tropenwelt, der Schrecken der
Wüste, df*r schillemdm Eligpnart fremder
Völker hat auch bei dieser Darstellung
Indien« auf «einer Platte die reidiaten
Farben gemischt. In den einzelnen Skia-
zen und Bildern (Loti liebt diese Form
der Darstellung überhaupt) tritt wieder
sein grofiea Tiüent hervor. Wer ktente
stimmungsvoller schildern das rote Heer,
die stille Größe des Urwaldes, die La-
gunenfahrt au der Malabarküste , eine
VoUmondnacht in den verlaaaeiien Pklftsten
von Ämber. die verfallene Pracht der ehe-
maligen Stadt der Diamanten, Golconda,
wer eindruckavoller die Ritterbnigen ra-
dschputisc'lier Fürsten, die geachnifiiCkte
goldglänzende, ihren IL rnscher erwartende
Hauptstadt Uaiderabad, ein Tempelfest
in Madura oder Sri-Bangam? Mit Vor-
liebe sucht er nächUiche Wirkungen,
die schlafende Ituinenriesenstadt Ceylons,
unterirdische Heiligtümer mit ihren phau-
taatiaehen Sktdptuten bei Fackellieht, den
Hondscheinglanz in verlassenen I'al3äteii
indischer Maharadschas, die Dämmerung
in den Korridoren und Säulenhallen ge-
waltiger Tempel usw. auf. Durch dift
rnbestiiuTiitliint wirkt vx mehr auf unser
iOmptindeu, unsere Phantasie und versetzt
unsere Seele in at&rkere Mitaohwingungen,
als wenn er alles mit klarer Deutlichkeit
und (Jründlichkeit behandelte. Sein Ruch
ist ebea ein Kunstwerk, keine wissen-
«chaftliche Leiatung; wir werden ihm
darum auch die zahlreichen Mißverständ-
nisse und Irrtümer nicht zu hoch anrech-
nen. Sehr sympathisch berührt uns, wie
«ehon in froheren Werken de« Verfhaeera,
sein warmes Gefühl fQr alles Menschliche,
sein Heimatsgeföhl in dem stillen Pondi-
cherry, seine tiefe Teilnahme au den
gianoihaftea Leiden der MeiiMhen in dea
Hungerdistrikten. Nur in Einem llAt er
uns kalt: da, wo er sich auf den Boden
brahmauischer Philosophie begibt. Er sagt
uns, daß er nach Indien gehe, „nidit
mehr wie früher zu leichtfertiger Tnter-
haltung, sondern um den Frieden su
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Bücher beiprechungeu.
473
niehan bei den Hotern arischor Weisheit,
■ie zu benohwören , <iiiß «ie ihm in Er-
nmgeluug dex anausaprtichlicheu christ-
lichen Hoffnniig, die er vwler, wenigitem
ihren bo viel eniBteren OlMiben Ml die
unbegrenzt« Fortdauer der Seele geben
möchten**. Aber wir glauben ihm nicht
recht, daft er naclt einer „kurzen Ein-
führung von nur wenif^fii Ta<reii *' bei
einem Uiudaphilosophen, mit dem er sich
nur mit Hilfe eines Dolmetseben unter*
ludten kanB, Hohen abstrakter Er-
kenntnis erstiegen habe**. Wir zweifeln,
oh die ^«LoslOeung von irdischen Täu-
■ebuBgen bei ihm begonnen** hftt, ob „rings
um ihn alles sein Aussehen zu verändern
beginnt, das ganze liCbcn und aucli der
Tod", wenn er dabei allmorgendiich lu
den Badeplitun Ohrt nnd dort „dm ent>
bl5ßteti Ann, die groBen dunklen, so un-
beschrei blieb verführerischen Augen, die
schone stolze Küste, die reinen Linien der
KOrperformen , die ganze Harmonie des
jungen Leibes der luderinric " ^ f"A undert.
Er selbst spricht beiuen Zweilei an dauern-
dem Vendcht »m, er hnt du Qeftlhl, dafi
er sich wieder dem Leben zuwenden wird
Wir wollen es für ihn wünschen und huirm
für uns, daß er uns uucb viele, nicbtdurcb diu
peNimiflieebe Speknlntion brahrnMiaeher
Phüoaopbenscbulen angekränkelte Kunst-
werke schenken wird. Emil Schmidt.
Haeckel, ErnKt. Wanderbilder. Ser.
I u. II. Die Naturwunder der Tropen-
welt (lusulinde und Cerlon) nach
eigenen Aquarellen nnd OlgenUden.
(Lief. 1—8.) Ger»-Untermhau.s, Köh-
ler VJOi>. Prachtausg. UK 80.—, Schni-
tt. V'olkaausg. JL 24.—.
Ana dnn reichen Hcbatae seiner Reise-
erfahmBgm bietet der N'erfasser hier eine
Reihe persönlicher Eindrücke, wie sie
sich uuiuum Küustlerauge darboten und
in raschen Pineeletricheo festgehalten wer-
den konnten. Die Auswahl der Bilder ist
eine sehr glückliehe. Es kommen sowohl
die kräftigen vollen Farbeutoue, wie sie
den Abenden nnd den Morgenatnnden der
Tropen eigen sind, zur Darstellung, wie
die Tersehiedensten Abstufungen des Grün
in der Vegetation, die sich ebenfalls nur
innerhalb der Wendekreise neben und
durch einander finden. Die munuigfal-
tigen Qebirgsformen aus dem Hoclüande
von Ceylon nnd dem vnlkaniaehen Inra- 1
linde treten von dem charakteristischen,
zart violetten Dutt umhüllt klar hervor,
und scharf zeichnet sich die vom i'assat-
winde foitgefariebenelUMiehwolke der hohen
Vulkangipfel gegen den klaren Himmel
ab. So kann man aas der Durchsicht der
„Wanderbilder" sehr wohl einen allge-
meinen Gesamteindruck tropischer Farben-
pracht, Überfülle iler Vegetation und der
großartigen Gebirgsnator der betredendeu
^idn entnehmen, wie eine anderweite
Darstellung sie au bieten nicht im Stande
sein würde.
Dagegen liegt es nicht in der Absicht
deiKfin^Ien, dUe Ebselbeiten, der Vege-
tation c. B., mit naturwissenschaftlicher
Genauigkeit wiederzugeV»en ; die Bilder
wurden zur eigenen Erinnerung, nicht zu
pftdagogieeher Benntrang gemalt. So
wird das Auge eines Botanikers in man-
cher Hinsicht unbefriedigt bleiben, ja
sich durch einige Darstellungen sehr
befremdet fühlen. Da ist es denn gut,
daß in den Text eine ganse Reihe von
VS' iedergaben meist wohl käuflich erwor-
bener Photographien aufgenommen sind,
die sich auf einige im Texte erwähnte
P]in7,elheit^n von Landschaft, Vegetation
oder lievOlkerung beziehen, wie sie in
den Aquarellen nicht nr Dmtellung ge-
langen konnten.
Ausstattung der Lieferungen und Wie-
dergabe der farbigen wie photographischeu
Abbildungen aind in jeder Hinsieht gat
geinngen. O. Karsten.
Bnrekhurity CnrI. Coupe geologi-
que de la Cordill^ro ontrc Las
Lajas et Curacautin. (Annales del
Museo de La Piata. 8ecci6n geo-
16giea y mineral6gica HI.) S4 Taf.
La Plata, löoo.
Die wichtigsten Ergebnisse der von
liurckhardt im März und April 181(7
im Dienste des La Plata- Museums und
der argentinischen Grenzkommission unter-
nommenen Studienreise sind schon durch
frühere Veröffentlichungen des Verfassers
(besondeis sein „Rapport pr^liminaire**
ete in „Revista del Museo de La Plata",
IX, 1898; ausfOhrL Keferat von Torn-
quist in P. M. 1899 L. B. nr. 897) be-
kannt geu rd< n liier erhalten wir eine
niich viel Hiui|)tkaj>iteln ; Stratigraphie
und Paläontologie, Tektonik, Geologie
der Eruptivgesteine nnd Oberflichen-
SsliMlirifl. laJstegSBff. 18M. e.B«ft.
88
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474
BtLeherbesprechangen.
gtologie geordnete, durch Einzelbeschrei-
bnngen vertiefte und durch zahlreiche
schöne und charakteristiBche Tafeln und
Profile illutrieite ZiuanimenfiHmuig der
wissenBchartlichon Ergebnisse. Freilich
sind auch jetzt noch einzelne Teile als
provisorisch zu betrachten, beaondera der
dritte Abeehmtfc wegen Mangeb der
iiiikro-iiotrofjraphisohen Untorsuchnng der
CjicBteine. Der Schwerpunkt des Werkes
Hegt in den Antföhnuigen fiber Btrati-
graphie und Tektonik ; geoniorphologischeu
Prolilemen konnte, wie B. bemerkt, nur
geringe Atttmerksamkeit gewidmet werden.
Ttote der Iranen Zeitdftoer seiner Beiee
ist es B. gelungen, durch einen bis dahin
anch topographisch noch wenig bekannten
Teil der Anden, der eine Art Üborgang»-
aone swisehen den mittkran und pAtago-
nischen Kordilleren bildet, » in (^eologifches
Profil zu legen und HV'iiie Kutwioklunge-
geschichte in großen Zü<,'eu klarzustellen.
Besonders bemerkenswert ht der Nach-
weis einer oberjiiraBKiHcIten Festlands-
pehode mit Faltungen und subaerischen
Kroptionen. Durch die sich 'in Beginn
deä Malm erhebenden Faltt-nzüge wurden
Teile dea mitteljurassisclu n Meere» iso-
liert, in denen uich nahe der Westküste
dee letsteran die porphyritischen Konglo-
merate bildeten, die heute grofie Teile
der Luu(iuitnay-Kette weMtlich des oberen
Bio-Bio und der Piuu Hachudo-Kette öst-
lidi davon niHunmeneelMo. Anal<^
VerhältniHse hat R. auch weiter nördli« h,
Kwischen 83" und 3ti** s. Br., beobachtet.
Auch dort läßt sich aus der Beschaffen-
heit und Verteilungder Sedimente achließen,
daß das amilm' oberjnrasHisrhe Meer nach
Weeten von einem Kontinent begrenzt
war, dessen Kflste in den westlichen
Teilen der heutigen Kordilleren {.gelegen
hüben muß, während sich in der (Jt genil
der heutigen öierras am Ostrande des au-
dinen Syetema die feineren Sedimente dee
S^nanien in tieferen, offenen Meerei-
teilen niederschlugen.
Die letzthin Schichten, welche an der
jfingsten aadinra Paltmig teilganommen
liabon, siiwl nach noch nicht ganz «icherer
Bestimmung) dem unteren Eoctln ange-
hörig; von da an hat diese Faltung nach
B. walirsüheinlich bis znm Beiginn der
Glazialepocbf ;ing«'<l:iueH
Aua den allgemeinen tektoniscben Be-
tcaobtungen iit noch der Naehweii von
zwei sich nngelUur rechtwinklig durch-
kreuzenden Faltensystemen hervorzuheben,
die hier ebenso wie in dem Gebiet zwischen
U * nnd S6 * an der Bildung der Kocdillere
beteiligt sind. Nur im Nordet» von Las
Lajas und in der Umgebung der Flüsse
Lonqnimay und Bio-Bio fallen die nord-
südlich gerichteten Faltenzüge mit der
meridionalen Richtung ilor Kordilleren
zusammen. Die Achse der Sierra Vaca
Mnerta (am Ostrande) ist NO— 8W ge-
richtet, die Falten derPino Ilachado-Keite
sind sogar echte transversale Falten, von
ü nach W gerichtet.
Da« Kapitel über die Empüvgeoteind
behandelt n. a. ein intcrcsüantes Auftreten
kretacei«cher oder tcrtiilrer ( iranite. femer
die Porphyre und Porphyrite, die z. T.
an der Faltnng der umgebenden ober-
jnrasHiKcben Sedimente teilgenommen
haben, endlich dio Andesite. und Feld-
spatbaealt«, deren Eruptionen fQr jünger
als die letzte Faltung der Anden und die
Bildung ihr interandinen Plateaus, aVier
lur lUter als wenigstens die letste Hälfte
der Glarialepoche erklftrt wird. Leider
i.-^t die interessante Vulkanregion am
Wcptrandc der von B durchquerten Zone
nicht mehr in seine Studien mit einbe-
zogen wordeo.
Hin im Bau des untersuchten Gebirgs-
abschniltes bi'8ond«-rH aiilfnllendes Element
bilden die von B. so genannten „inter-
andinen nateane^ von Lae L^jas md
Alumiiii'. die sich "j^tlich bezw. westlich
Uli ilii- Pino ilachado-Kett« anlagern. Eut-
^'t'gi u seiner früher geäußerten Hypothese,
daß hier zwei mächtige granitische Massive
der (iebirgsfaltung Widerstand geleistet
hätten, neigt B. jetzt, im Hinblick auf
die am Ost- tmd Westrande dee Plateaus
von Las Lajas nachgewiesenen Bruch-
liniea, zu der Ansicht, daß es sich hier
um große Senkuugsfelder handelt, die
eiet während oder gleich nach der letrten
Faltongsperiode der Kordilleren ent-
standen. Sievers hat Cm F. M. L. B.
lUuä nr. 487) schon darauf hingewiesen,
daB man diese Plateaus wohl ala Teile
' eines östlichen Längsthalcs der Kor-
dilleren aufzufassen habe. In der Tat
Iftfit sich in der Östlichen Hälfte des
andinen Sjstemii eine Zone breiter Länge-
' depressionen, die besonder» in gewissen
I Teilen Fatagooiens den Charakter eines
' fortlaufenden lAngttalee annimmt, et-
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Bfieherbeapreehungen.
475
keanen. Für das Plateau von Lau L^jas
tebeini uns d«r Nachweis «einer Ent-
«tebunfi^ als Brachfeld erbracht; für d^»
von Aluiiiiiii- steht dor Hcw<>is noch aus.
Höchstwuhrdchuiulich siud übrigeus auch
die LftngatelbildaDgen im nittieren ond
nflrdlichen Chile b.T. auf denrtigttBnieh-
fcJ «Iz« > ti o n zu n'i (• k 7a fil Ii ro ti .
lu dem Abschuitt über reccnto Obor-
fllcheiiTerttaderangen verweilt der YerC
besonders bei der Krörtenmg über die
Bildung der gegenwärtigen Wasserscheide
am Arco-Paß. Diese erfolgte nach ihm
dorch HortlnenaafBchattang eiszeitlicher
(iletscher, die den einst nm-h SSO ztini
atlantiscbeu Gebiet abtiielieuden Bio-liio
swangen, seinen Latif nach NNW com
Stillen O/i'aii zu nehmen. Mit Recht
scheint B. selbnt dioscr An-^icht imr hypo-
thetischen Wert bci^uwesseu, sulange
sie nicht doich ein lorgflUtif^ Studium
der Flttftteirassen am oberen Bio-Bio und
ihrer rerschiedenen Niveau» begründet
werden kann. H. Steffen
Vacano, Max Juüef. Buntes Aller-
lei aus Argentinien. Streiflichter
•nfeioZukmiflsIud. 8098. 86Textb.
iLlK. Berlin, D. Reimer 1905. JC 10.—.
Nebf-n dem „bunten Alb'rk'i" von
Jagdgeschichten, abenteuerlichen Berg-
&hrtein und Streifzilgen durch die Fiam-
pas, den Grun Chsco, das Misionos-Terri-
torium und andere mehr oder weniger
entlegene Tetle der La Plata-Lünder ent-
hftlt das Bneh (besonders Kap. XIY) eine
Menge nützlicher Angaben über die in
di'n It't/.tt'ii Jahren mit fast beispielloser
Geschwindigkeit fortschreitende wirt-
schaftliche EntwioUang Argentiniens. Es
wird dabei eine lebhafte Propaganda für
die bisher noch sehr im Kilckstand be-
findliche germanische Auswanderung nach
Argentinien getrieben. Dafi groBe Oe-
bietsteile diener Republik, -jx'/i-ll die
mittleren Provinzen und Strecken von
Patagonien, wegen der Torteile, welche
Boden, Klima, Leichtigkeit des Verkehrs
n a bieten, als Ziel für dfutHclie Avis-
wanderer zu empfehlen sind, kann nicht
heaweifelt werden; es ist aber die Frage,
ob die Verhältnisse Argentiniens heute
irpen<l welche Garantie j.'e<,M'n die Gefahr
leisten, daß die dorthin versetzten deut-
sdten Kolonisten als VOlkerdflDger in dem
grofien internationalen Eänwandererstrom
verbraucht weiden, und daß damit auch
der national-wirtedtaftlicfae Zweck einer
solchen Auswandemng verloren geht.
Man wird gut ton, gftrenflber einer so
uneingeschränkten Anpreisung Argen-
tiniens als „Zuknnftsland germanischer
Einwanderung", wie sie in diesem Ruche
mehrfach nnd mit iin gerechtfertigter
lierabsetzuug der deutschen Kolonisation
Sfid-BraeOiens so leeen ist, die Warnungen
KU beachten, die in dieser Beziehun«^ l ^i
den Verhandlnngcn des Zweiten Deut-
schen Kolonialkongresses von Terschie-
denen Seiten gehört wurden. Die bei»
gegt'licne ("In-rHichtskarte, web !ie auch
fast ganz Chile mit umfaßt, enthält viele
Unriehtigkeiten; hier sei nur enrilhnt,
daß e« eine von Valparaiso bis Anto-
fagasta fortlaufende Lilngsbahn nicht
gibt, daß der Buenos Aires- und San
Ifortin-See cum stillen ond nicht snm
atlantischen Ozean abwiesem, nnd daft
da« Flußnetz Patagoniens sowie der Ver-
lauf der Grenze gegen Chile vielfach vor-
xeichnet isi StOrend wirken aneh die cahl-
losen Fehler in den «geographischen Namen,
die wohl durch mangelhafte Korrektur
der Karte verschuldet sind. H. Steffen.
Kurze Erwiderung auf Wullemauns
Entgegnung.*)
1 Wer zahlreiche Kandidaten aus den
verschiedensten Teilen Deutschlands in
Brdkunde pro fac. doc. zu prüfen gehabt
hat, weiß, daS die falsche Aussprache himib>
laja sojjar di<' am weitesfen bei uns ver-
breitete ist. Darum dünkt es nützlich,
in einen LeitfiMlen fSr Erdkunde, der dem
Schüler die richtige Aussprache andeuten
will, hinialaja zu setzen
2. Daß die i'urtugiescu das Wort T^jo
mit sch ausspreehen, habe ich in meinen
Schulbüchern stets mit sch bei der Zn-
ffigun»^ der Aussprache ausgeil rückt, nie
mit französischem j, weil ich deutsche Aus-
sprache mit Buchstaben im deutschen Laut-
wert anzugeben pflege. Daß damit ein wei-
cheres sch genieint ist, so gut wie in Gi-
ronde u.dgl., hat der Lehrer hinzuzufügen.
8. Es bleibt dabei, daß es eine Stadt
Sini^apur auf Erden nicht gibt; Singapore
spriciit der Engländer regelmäßig singä-
por (oder, wenn man durchaus die SchArfe
des .Vnlaute- betonen will, ssingüpor aus.
4. Der Ben Nevis lautet im Mund der
•) Heft m 8. 410.
99*
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476
BücherbetpreohiiBgen.
Euglüudcr gewöhulich b^n niwis. Er istje-
dodi oin Mhottiieher Berg, und dieSchotten
nennen ibn bän nuwis. Reitdim ich das
weiß, laase ich meine Schüler eo sprechen.
6. Liman klingt zwar mehr an grie-
cbiieh Urnen (Hafen) »n als an liione (See),
kann aber offenbar nur im letzteren Sinn
im Russische iiberge^jangen «ein, denn
trarnm neunten deuu sonst diu Kusseu
ihre rein bjnneattndieehen Flaeheeen Cie-
kaukanens, die niemals für Hafen/.wecke
gedient haben können, Manytsch- Limane y
6. Den Namen Gaurisankar noch heute
nnaere Schaler sich einprägen ku lassen,
ivftre eine didaktische Todsünde. Denn
man soll ihr Gedächtnis nie mit einem
unafitcen Namen belasten, am wenigsten
aber mit einem grundfalschen. Und heute
Winsen wir doch, daß es auf einem bloßen
Mißverständnis beruhte, wenn die £ng-
1 Ander bei ihrer HOhenmessung des von
ihnen Mount Evereat genannten hOohsten
HimalajagipfolK <las Wort „(Jaurisankar"
der Eingeboreneu aul dieseu bezogen,
iriUirend es den Namen eines gans an-
deren, weit niedrigeren Bergei^ liezeichnet,
dessen gleichfalls mit ewigem Schnee über-
zogene (üipfelmasse mit der hinter ihr
aufragenden des eigentlichen Himal^ja-
koiu'fjH im Landschaftsbild völlig ver-
schmolz. Kein Schüler der ganzen Welt
darf mithin dieses Pseadonym femer im
Mond fuhren. Herr Wollemann folgert
nun daraus den trostvollen Satz: ,,Nun,
dann auch bloß den Montblanc in der
Schnle gelten lassen, fort mit allen Namen
der übrigen Alpenberger* Schaler wie
Schülerinnen weiden einstimmig froh-
locken. Ä. Kirchhoff.
Bothang • Umlauft . S c h u 1 w a th I k a 1 1 e
des Erzherzogtums österreieli
nnler der Enns. (Für Hittelschnlen
bearb. von Fr. T'ni lauft.) 14<»cmx
180 cm. Wien. Freytag u Heindt
11106. Auf Lwd. gesp. in Mappe od.
m. St&ben Kr. 20.—.
Ein neues Unterrichtsmittel, das einen
wesentlichen Kortsohritt :iucli gegenübtT
den Schoberbcheu Wandkarten öster-
reichischer Kxonl&nder bedeutet. Vor
allem ist hervor/.uhpben , daß die He-
handluiif? des IIügellan<le8 hinter der
des Hochgebirges iu keiner Weise zurück-
bleibt, olme daB jedoch der entschiedene
Eindruck der graBeren ErhebungsveifaAlt-
[ nissc des letzteren verloren ginge. Sehr
Igut ist aneb innechalb der iÜpen die
I Verschi« lit iiheit der Formen zum Aus-
druck j^'ebrachi; die zackigen und ecki-
gen Kai kalpen ketten und Plateaus heben
sieh dentlieh Ton den sanileren, rund-
lichen Vorhöhen ab. Nicht minder ein-
drucksvoll werden die Talsy^teme be-
handelt, welche am besteu im Bereich
des Granüplateans gelungen sind; die
Zerteilung der welligen Iloc bflache duzch
Eroiionsfurchen kann nicht leicht schOner
Teranschaulicht werden. Die Darstellung
des FluSnetzes llftt keinen Wunsch offen.
Es mag ferner erwähnt sein, daß das
topographische Material, die Namen usw.
niehi im mindesten störend wirken; in
billigen ist die Kennzeichnung der Bahn-
strecken durch schwarze Linien statt
durch rote, ebenso die (im Vergleich zu
Schober) weniger aufdringliche Schreibung
der ürt«nameu; der Schüler muß andere
Gedächtnifibilfen zu Rate ziehen, soll er
eine geographische Lokalität suchen. Das
Stadtgebiet von Wien ist — wohl mit
Rücksicht auf die Wiener Schulen, wo
Ruthaugs II and karte von Niederöster-
reich bereits ziemlich allgemein in Ge-
brauch steht — eigens rot umrandet.
Endlich sei auch des VerHUchee gedacht,
den landschalUicheu Charakter desKarten-
bildes durch blftuHcbeBinlhssttng sn heben,
in EriniH'tuii^ an den blauen Luftkreis,
der den Horizont in der Natnr umsäumt.
Diese Täuschung gelingt wohl nur mäßig,
da uns schon die vier Ecken der Karte
die Illusion st^iren.
Die Farben des (teläudes sind in der
natürlichen Keihenfolge des Spektrums
▼erwendet: Rot und Oiange fttr die oberen,
Colb für die mittleren. Grünblau und
Blaufjrün für die imteren Partien. Diese
Farben siud in ihren Übergangen sorg-
flUtig abgetönt; Schummerung und Sehic^-
tenlinien tragen daxu bei, das KöiTierliche
der Formen zu erhöhen. Es sei betont,
daß die hervorragende Plastik belRothaug-
I mlaufts Karte nicht durch eine FarbeBr
«kala vom Lichten ins Dunkle, sondern
durch eine wissenschaftlich konsequente
Auswahl Tollkommen gleichwertiger, je-
doch vor- und zurückspringender Fkrbea
erzielt wird. Dazu tritt ein auch von an-
deren Karten her bekaimter blau-violetter
Farbenton, der als eigentlicher Schatten
des aus Nordwest ein&llenden Idehtes die
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Neoe Bfieli«r und Karten.
477
BöschungsplMtik der Öüdostabhüage iu
flberaus natnrgetmier Weise ftrdert.
Für ein Land wie Nieder-Österrcich,
da8 als Stamm- und Kernland der huliBbur-
gitKsben Monarchie eine zentrale istellung
eumimnii, ist w von Vorteil, wenn die
kartograpbische Darstellung nicht an den
Ijaiideggrenzcn abbricht; wir sehen deshalb
mit Befriedigung, daß auf der in Kede
ttehenden Wandkarte betrlehtliehe Tefle
der Nachbarlilnder noch Raum gefunden
haben, besonders im W und S. Hie V»eherr-
•cheude Position Wiens innerhalb der drei
Qelnf|;aqriiteme kommt so besser zur 6el-
timg. Die Randgebiet«' brauchen abcrniclit
weniger sorgfältig behandelt zu werden; es
fehlen hier nenehe Kleinigkeiten, x.B. die
alt« Dnnaubrflcke in Linz-Urfahr, das stei-
rischc Endstück der zukünftigen Wecbscl-
bahn (bei Friedberg) u. dgl. Die Breitenau-
gabe reehte47*86'(«tatt47«80^}istveEdrackt.
Alles in allem ist Rothaug- Uralaufts
neue Wandkarte von Nieder-Österreich ein
vortreffliches Werk, dem auch für die
Übrigen Provinaen der Monarehie baldigst
ebenbürtige Nachfolger zu wfinschen wären.
Georg A. Lukas.
Schulwandkarte der politischen
Besirke Melk und Scheibbe.
Hafatab 1:60000. Wien, Frejtag
i<' Berndt lOOfi.
Wir haben es hier mit einer der besten
Sehulwaadkarten fiBr kleiner» Besirke, die
dem Unterricht in der Heimat«kunde zu
dienen haben, zu tun. Als Vorbild hat
offenbar die Kümmerlysche Karte der
Sehweis gedient, nnd weim dieses Vor>
bild auch nicht völlig erreicht ist, so ist
es dem Verf doch gelungen , durch Ver-
I bindung von Isohypsen (von 60 zu 60 m)
I mit Tezschiedenen Farbtönen (blinlich-
' grün für die Ebene, gelb und braun für
' das Gebirge) and schiefer Beleuchtung
ein anfieroidentUeh plastiscbes Bild her-
vorzubringen, das doch sn keinen falschen
Vorstellungen Veranlassung j^oben kann,
wie daä so häufig bei Karten mit schiefer
Beleaehtnng der Fall ist. Wir kOnnen
den Schulen des behandelten Gebietes an
einer solchen Heiniatkarte aufrichtig Glück
wünschen. Gerade der Anfangsunterricht
i wird dnieh eine soldi trelTliche Darstellnng
I auBerordeutlidi gewinnen.
[ B. Langenbeck.
Keie BILeher
lllfemriiirii. I
Geographisches Jahrbuch. XXVm.
Bd., 1906. 2. kleinere Hälfte. Hrsg.
fon Hermann Wagner. Vorwort. —
Systemat. Inhaltsverzeichnis zum letzten
Bericbtezjklus (IX S.). — Schering:
Bericht über die Fortsohritte unserer
Kenntnisse vom Magnetismus der Erde
(VI, 1899— 190n (S 2'.»1— 37'2y — Mar-
cuse: Die methodischen Fortschritte
der geographischen, geodfttischen, nau-
tischen und aeronautischen Ortsbestim-
mung (373—432). — Wagner: Die
Lehrstähle und Dozenten der Geogra-
phie an enropftisehen and anBereoiopft-
ischen Hochschulen 1906 (433—440).—
Personennamen - Register (441 — 4A6).
Ootha, J. Perthes 1906. JC 6.—.
AUgMMto« vkfslselw aMfrsykl«.
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Knie von Pol zu Toi 200 S 154 .\bb.
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Internationale Ansstellnng fflr
and Karten.
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^'egetationsbilder, hrsg. von O. Kar-
sten und H. Schenck. III. R. H. 1
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päansen des AmaaonMgebietes. Tef. 1—
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Alli^rnielne Groirraphir dm MpiiKrhpn.
Biasutti, Ren. Situazioue o spazio
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JH 1.86.
ItoataeliUBd und Xarhbartiaticr.
Nauticufl. Jahrbuch für Do\itst'hlarniH
8eeiQtc>reM«u. VIII. Jahrg. 11)06. X a.
628 8. 18 TBf., 60 SkiaBon n. 1 K.
Berlin, Mittler & Sohn 1906. M. 5.60.
Kaiserliche Marine. Deutsche Soe-
warte. Monatskarte für deu Dord-
•tlentitohen Oseeo. Jahig. YL Nr. 8.
Ausist 1906. Hambnxg, Eokerdt k
Meßtorff. —.7-).
Hellmann, G. Die Niederschläge in den
Norddentechen Stromgebietaa. 8 Bde.
L Bd. V u. .38C. f 139 S. 48 Textfig.,
8 Ten u. 1 K. U. Hd. Tabellen I. VII
n. 789 8. m. Bd. Tab. U. VII u. 872 S.
Berlin, D. Reimer (Toheen) 1906.
Jt fio — .
Heimatkunde des Saalkreisea, ein-
•chlieBIieh des StodtkreiMS Halle und
des Hansfeldcr Seekreisee. Hng. nnier
Mitwirk, zahlr. Faehmünner von W.T'le.
Lief. 1 u. 2. 8. 1 — 160. Textabb. a.
1 K. Halle a. 8. , Bnehhandlnng des
WaisenhanMf 1906. Etwa 6 Lief, m je
2 — .
Uetrecht, Erich Die Ablation der
Bbooe in ihrem WaUiserEinsagtgebi^
im Jahre 1904/05. (Iknirr Diss.) 66 8.
4 Taf. Abb. u. Diagr. Bern 1906.
Ckrig«« £aro|»a.
Geographischer Jahresbericht aus
Astorreich. Red. von Alfrrd <irund
u. Fritz Macha6ek. IV. Jahrg. (In
VerivindQng mit dem Bericht Uber das
XXIX. u. XXX. Verein^ahr (1902/3 u.
190.S 1) (THtattet vom Vfroino iler
Cieugruphen a. d. Univers, in Wien.
Sieger: Zar Erinnerung an Wilhelm
Hein. XXVII 8.) Penck: Vorwort
iS. 1 — Kl. — Lucerna: (iletscherspuren
in deu Steiner Alpen (9 — 74. 10 Abb.,
1 K.). — Krebs, Nortwrt: Verbogene
VerebnungsfläcliPii in Istrien (76 — 85.
2 Abb.). — Brust: Die Exkursion des
googr. Inst, der Wiener Uuivers. ins
Österreich. Alpenvodand und Oonantal
CPfinsFten 1903) 1 86-^11«" ^ Krebs:
Die landeskundliche Literatur der üater-
reichiflchen Karstländer in den Jahren
1897 — 1904 (119—148). — HanHÜck:
Die landcsktnuiliche Literatur vfiu Sclilc-
sien, Galizieu und der Bukowina in deu
Jahren 1897—1904 (149—168). Wien,
Deutioke 1906.
G. Frejtags Generalkarte von Nieder-
östeireich. Hafistab 1:860000. Mit
alphabetischem Ortsverzeichnisse (33 8.)»
Ausgabe mit politischer Einteilung;
Ausgabe mit Texrain. Wien, Freytag
ftBemdt. Je JTr.l.— ;aQfLwd. JTr.O.— .
Vujewio. Paul. Die Tbeift. Eine pota-
m(>loi,n«che Studie 76 S. f,.neof^. Abb."
Bd. VII. U. 4.) 18 Textabb. u. S Taf.
Leipzig, Tenbimr 1906. JL 4.—.
Ncufeld-Manchen, C.A. — Pojman,
J. Ilhistriortcr Führer ilnn-b Bosnien
und ilie Herzegowina. (Hartlebens III.
Fflhrer Nr. 66.) Vm n. 180 8. 48 Abb.
u. 1 K. 8. Anfl. Wien, Hartleben 1907.
von Tornau, Nikolaus. Kulturgeogn^
phischer Atlas von Sibirien und Tur-
kestan. (Vaterlandsknnde Rußlands.
2. Tl.) 10 Tabellen, 12 Taf. K. (Eus-
BiKch^ St. Petonbnrg, Marks 1906.
JL 3.60.
fltWsrt Ifiii««».
Heilborn, A. Die deutschen Kolonien
(Laad and Leute). Zehn Vorlesungen.
(„Ans Natur und (Jeisteswclt" Hd 9H )
168 S. Viele TexUbb. u. K. Leipzig,
Teubner 1906. JL 1.86.
Doflein, F. Ostieienfahit. Brlebnisce
und Beobachtungen eines Naturforschers
in China, Japan und Ceylon. XQI u.
511 S. Zahlieiche Abb. im Text n. auf
18 Taf., 4 K. Leipsig, Teubner 1906.
i;;
Nüti, 8. Das Fürstentum äardhana. iie-
schicbte eines dentschen Abenteurers
und einer indisdien Herrscherin. V u.
145 S. 12 Abb. XX. 1 K. Fxeibnzg, Her-
der lyuü. ./^ 2 50.
Nord- and MlttelMuterlka.
George, PauL Mv^ heutige Mexiko und
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Jena, Fischer 1906. JL 6.~.
OssfrsffclMliMr VatSffrMt.
Weighardt, E. Leitfaden Ar den geo-
graphiHchen Unterricht in der untersten
I Klasse höherer Lehraustalten (VI. od.
I VII. Kl. d. Höh. Midehensehnlen) nebil
einigen Bemorknngi'u zur Methodik des
Geographie- Unterrichts aller Klassen.
(Beil. z. Progr. d. Höh. Mädchenschule
mit Bealscholabt. in Maanheim.) 87 8.
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ZeitiehriftenBchaa.
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PetmrmammMitMhiiii^. 1906. 6. Heft.
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aud 'LuBcbetien. — Stange: Die IMor-
ichang cler MagellaattnBe. — Nen-
mann: DeutschLmsLs mittlere Jahres-,
Januar-, April-, Juli- und Oktober- Tem-
peraturen. — Qerland: Das seismolugi-
Mhe Zentnübazean in SiraSbwg i. E. —
Brill: Steinstürze bei Wetzlar.
Ghbm. 89. Bd. Nr. 22. Norden-
flkjöld: Der Doppeladler als Ornament
auf Ayniarageweben. — Fuchs: Die
Waeserfälle der Btn. — Haberl in:
üuidelsteine. — Weißenberg: Authropo-
metntehfl Prinripien und MetiiodeiL —
Seidel: Koloniale Streitfragen über Samoa.
Dass. Nr. 23. Hetlinger: Das wirk-
liche Ende der Nephritfxage. — Dau Volk
der Tanala. — Jaeger: Der Selilienee.
— Mehlis: Aiehlok^seiie Foxieknngen
in der Pfalz.
Dass, Nr. 24. Koch-Grünberg:
&eat und qner doreh Nordweefebxasilien.
— Zur Volkskunde der achwedischeu
Bauern im Mittelalter. — Die russische
Expedition nach dem Jeuittsei 1906. —
l'lanert: Eine vergleichende Chrammatik
der Rantusiirachen. — Prowe: Vdlas
Reliefkarte von Guatemala.
Dum». 90. Bd. Nr. 1. Sapper: Tene-
rife. — Koch -Grünberg: Kreuz und
quer dur< Ii Nordwcstliraailien. — Kr il-
mer: Anthropologische Notisen über die
BevOUcerong von Siena Leone. — Ger-
land: Das Zentralbureau der internatio-
nalen seismolofrisrhcn A^^HOziation. —
Singer: Wellmans Fularlahrt.
Dan. Nr. 9. v. Bfllow: Die Tulka-
nische Tätigkeit auf Savaii. — Maurnr:
Israelitisches Asylrecht. ~ Beck: Zum
Tafelberg und Drakenstein. — Mariin:
Zur Frage der anthropometrilchen Prin-
zipien und Mctlioden.
. JJeutsctie Jiundschau für Geographie
mul Slaiigtik. SS.Jhrg. lO.Heft. Fiecher:
Der Isthmus von Panama. — Krebs:
Stauli-, Vilbel- und Inscktentransjiorte
ilurch Luftatrömungen aus der weatiichen
Sahara. — Dietrich: BeiBeeindracke ana
Belgien und Nordfitankreich. — Jüttner:
Fort-^^chrittc di-r f^'^opraphischen Forachun-
gea und Reisen in Europa, lUUö.
Meteorohgitehe ZeiUdtrifl. 1906. Nr. 6.
Margulos: Über die Änderung des Ter>
tikalnn Temperaturgef alles durch Ziisam-
meudrückuug oder Ausbreitung einer Lufb-
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Stenz der isothermen Zone in 10 bis
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Zerstreuuugu- und IktdeulufUiiessungen in
Kiel Herbei 1906. — Hann: Klima von
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Zeitschrift für Sdiulgeoffraphie. 1906.
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geographi.xchen Namen in der deutsdipn
Schule ÜBterreichs. — Mayer: Von den
niederOsteneieluBchen Landeebahnen. —
Gorge: Korea.
Dojis. 10. Hi'ft V Seil w ar/. 1 ei tner:
Die geographischen Namen in der deut-
■ehen Sdiule Oflterreicha. — Bieek: Epi-
theta geographica. — Bornholm. —
Braun: Die landeskundliche Literatur
über Norwegen. — Fehlinger: Der Ein-
fluß geogiaphiicher Faktoten anf die Be-
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Gtograpftiacher Aiueiger. 19ü0. ü. HefL
Arldt: Die Grenzen der Kontinente. —
Schlüter: Die Siedelnngsgeographie ala
Arbeitsfeld dt r Krdktindelelirer
ZeiUchhft fiir Kolonuilyolilik, -recht
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edilieftang nneerer afrikaniechen Kolonien.
Zeitadtrifl der Gesellschaft für Erd-
kunde" :h Berlin. 1U06. Nr.fi. Burchardt:
Olt-Arubieu von Basra bis Maskat. —
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Ozeaniens. — Das In:jtitut und Museum
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lin. — Dr. Tafele weitere Reisen in
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von Knebel: Studien in den Thormen-
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Jahrg. XXJ, 1906. Nr. LI.
Ders.: Zw Frage der dflnvialen Ysir-
gletscherongSB auf der Insel Island.
'Entgegnung an H»'lgi Pjetursson.)
ZtntraUd. /. Mutrral., Geol. u. Füiä-
outot. Jahrg. 1906. Nr. 8. (8.992—297),
Lampe: Der erdkundliehe Unterricht.
llandbuch f. Lehrer höherer Si^hulen.
Lugeou u. Argaud: Sur de grauds
phönomtoes de ebairiage en Sieile.
C. B. f. rXLir Paris. l'V ntr. 19()fJ.
Dies.: 8ur la graude nappe de recouvre-
ment de la Siefle. Ebda. 90. mr. 1906.
Dies.: La racine de la nappe sieilienne
et l'arc de charriage de la Calabie.
Ebda. 14. Mai 1900.
Meinardns: Periodisehe Sebwaakungen
der Eistrifk auf Isluiul »5 Taf). Ann.
d. Ilifilrogr. u. Marit. Mrtrmol. l'Mit!.
Meydenbauer: Gibt es liüiiiruuuie im
Exdinnera? Himma wnd Erde. VI1I.9,
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Pas sarge: Zum Gedächtnis Ferdinand
von Richthofens. .Taltrcsber. d. 'Sddee.
Gen. /. vaUrl. Kultur. 1905.
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Erde. VIII. 9. Juni 1906.
Hegel: Die Erforschung des Südpolar-
gebiettis (viele Abb., 1 K.). Wester-
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YMUtvorakihsr Hsimaagubsr: Vtot. Dr. Alfrs4 Hsltasr ta BMMMig
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Vcrlnii Mm 15. H. Tt'uhiior in Leipzii»*.
Philippgon, Dr. Alfred, Professor aa «Icr Univorsitilt Uonn, tlas M ^tt.olmeer}fel>it•
' i be inid kulturell»,' Kif^eiiart. Mity Ki^^uren im Tftxt, 13 A • n uiul lu uuiieii
. . In. [Vlll u -itli; S.J ^ir. 8. Iit04. >;oh. n. 6.— , iu gob. u 7
rificchenlaud und seine Stellung im Orient. Mit iMncr Kartr
< iri»»t ht'iilan<l. (Si»nilerul)ilnii'k aus dor (ico^rmplilHi-hen Zeittciirill, bei
A, Ihttucr. III. .I;ibr<,'au^. 4 llcrt. |44 S. | gr. s. ihU7. yreh. n.
^.'olilr, l'r M., ^iroküm in Arnnffurt a. 'Sl, Die (fntwid Uiiip bce iieui|duMi läöivtjiliaft •
lcl'cni> iiH l'.t. JolirlMintcrt. fvünf 'iioriniflc. |Vlii 13'JS.| 8. 1W4. flclf. n. i
in i.'cinn' iiol». n. .«t l . -*r>
iHat^Rrn, Dr k., ^)>rofeüi)r an bct Uniucrfitiit .iicitclberfl, bic ,"\a^ancr unb iljrc virfMini!
lid)c 1? ntiuidlunfl. f Vlll u. UQ S.j «• rJO.». flelj a. H l.—, in ilcimu. gel»
Rolirbach. Dr P.. vom KntikasuH zum M i 1 1 »•! mt'H r. Kin<> lloch/eits- und
dun b Arm«'riifM. Mit 4L> 'IVxtabliililun;,'i'n | VII! u. -J-Jl S.| ^r. « lini.. . ,
.tf. f» — , in Leinw. f»eli. n. 6. —
Rage, Dr Sophna, weil. Professor in lires<lL'n, toi>o^ru]»biKche Studien zu den
IKirtu^iosiHchi'ii Kntdocknnpoii au den Küsti«n Afrikas. I. Mit I Kurttv
[110 iS.) Lex.-«. 1Ü03. i^e.li. n. .M. 3 60.
2d)fincr, Pr. 3., i^rofifor in ''IJotvbam, bct ^l^nu be-? aydtall'JJ. "i'at Aol)Ircifl)cn VlbbilbnntVMi
[IV u. 142 e.j H. 1IM>1. gel), n. 1— in l'cinu». .^cb. n. l.'lb.
Zä^mibt, l»i a». W., Cbcrlebrcr in l'iiuburfl iv \! , Wo|d)i(t)to beä Sitcl iljanbc 1 .
II. 140 2 I t< r.'<tt; ,^cl) n. .KT. 1.—, in ifeinw. flch •»
Schulze, B., ' icnf^ralui 'jor und ('lief der T<jjio^raphis(:lu*n .Aldeilunff ilcr Landesuufnuliuji' in
< ii<iß|irli(<Tl"f'!d<', ihiH III i Ii t i'iri In' Autii- ' ■ ' -li'p'r nerü' ' '
il(!r Arheitoii dor Kiiuij;!. l'reuü. Landoi^aui - n Notizen 1.
•;nirniuL>trie und Cibi>r die to]>o(rraphif(chen Arlieit<'U Deutschland benachbarter
V ' Ii den auf diT K«"mi^l. Krie|Tsakadeniio j;ohalton»'u Vurträgen licarboitet. .Wil isj
. .ialil.ilduii;rL'u |.\lll u ti.\ kt- «• iy<»3 In Leiuw. >,'ob n. .fC 8. -
Schopmann. L., Profeasor an d«'r t<^chniseh«rn Hoch.<ti'bulo /u .Aachen, die .MiMlialfernrc^tirt»
Kino neue KoiiHtruktiou fi'ir proßc. a.strononiis(he liiHtnnueiit4- Mit 'JH Figuren
[ V u. 14« S.| ;rr 8. Isy.H. geh. n. .//. 4 >n.
Schurtz, Dr. H., in Bremen, das afrikanische Gewerbe. PruiHHchrift f,'ekrönt und b*
gegeben von der Fürstlich Jablünowskiacbeu GesellHcbaft. [14GS.] Lex. 8. rjoo, n.
Stavenhagcn, W., II;- im in Herliu, <lii» geschichtliche Kiitwicklung «ii -
priMiüiM bcii M) artciiwescns. {41 S.| gr. 8. l'.uio. geh. n. 1,—
Tboroddaen, Th., Professor am Uynnia»iuni /n Keykjavik auf Inland. GeBchicht»
i H ! ii n d i sr bell Geographie. AutoriHierte Chnraet/uug aus dem 1- von
.Augual (tebbardt. In .'i Itüoden. Mit einer Karte von iHlaiil ' n
'.»38 S.] gr. 8. 1H97. geh. 0. Jf. 8
— II. Itand: Dir iHlümiieche (ieograpliic vom Beginne des 17. bia zur
.Mitte den 18. .lahrhundertN. |.\IV u .'{84 S.j gr. 8. 18a8. geh. n. M 12.—
SÖfbrr, Dr. V., *]>rniciiür an ber UniiHrjitiit Süd, ^lUnb inib Seitcr. »"tünf löortTfiflC ül'.
($)runblQgcn uub »oiditigen 'JluiflQbfn bcr ^Jcteotolortic 9)tit '-'i) ivicuircn im 3;f;rj unb :i 'j
[V u. l.toS.I 8. ii»b4. ßcij. u. 1.— in Veiiin). geb. u, .« i.2r».
21-rifr, T^rof l>r. C, btc bcutjrticn liiilfvM'tammc unb i?nnbjcl)oftcn. l>iit \Hbbilbiiiii,>
nnbaiii Inffln. •.; ?l»fl |VIu. r_'H3.| 8. i'.i«»3 gel), n .v.l.—, in Vcinm. geb. a. ,/<: i
Wishcenns, Dr. Walter F., Professor au der önivernität Straßburg, a.<<troni»iu 1
Chronologie. Ein Hilfsbucli für Historiker, Arcb&ologeu und .Vstrnnomeu. [.\i u
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Zur Aiischiiflniit; für Sclinlcii (Miipt'olilcii!
nölzelö Sclmlwandkarte von A' -n und Poly <n,
r~ ' iti't uii'l hilft von l»r I ; .> r. . i 1 1- i ti «• r i cli. ^\
i.»n >' 1 : lOUi'iMiou. C, IMatt iu HHaclicTn
Kart«' zu-:iiiiii /t Ißo cm hnt-h, l'.rj nn Itreit. l'r»■l.■^ \inii
' ' nwainl j . ..hl i» Mai-jx' "21 M., auf Lciiiwaiid • '
i8 Behulwandknrte von Asien. PolitlBCliP
l»7~Kranz Hculcricl" Mnü>l:il. 1 rStiuoiMH», C HIntt ii
dt' ' Krir(<> /' ■ t 1 t" rill Imch. 17."» cm .i. J ;
lö l.ciiiwai, >liiji)*f '-'(».M., iiul' Lfiiiwiiiul ^;t•nl»anl
Hölzeis Schulwandkarte von Asien. Physikalische Ausgabe.
\(illkt>uiiiivu ni'ii lirarl^t'itft von I>r. Traiiz lleidcrirb
t'> Hlatt in 10 luchi in KarKendruck. iJruße «ItT Karte v.nan
imch, 175 oni brpit. l'nMs unauljit.'-jiatint lö M.. auf Letnwnr
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licm uciiostr-n, \vis.-( i ;iioliC'M I iM-ar:
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nöly.elB Verkell' ■ von Ö • ' t
'N if Burh /uiu l : ; ' . . ut an k ' . . • . : . . i ..
Kallina. H. Aufiayc. MaU^tal» 1 :Hh(H»oo. y IJlatt. Pn-i» mi
Leinwand i^» "paiiiit in Ma|'|i«' Ü3.'>0M.. anf Loinwaml
Haardts Obersiolitskarto von Europa t'fir dvi;
S.'llist-tutliiun. M:iljHt:il. 1 : liimiMMMi. 1»; IMatt. (JröL'i
j^esetzt 212 fin WreiC, IHl nu Inadi rnaw%Phi»annt If» M., aul liL-ms^au«! tj-
in Mripiia 2_'.i'iii M., mit StUl»«'n 2" M.
Haardts ÜheraiohtHkarte der ethnographischen VerhftltniBBe von Awion
und von den aii^Tcnzt-ndcn 'IVilcii KiirMjiut'. Miilir-tali I ; miixmioo
»Ol':. ' i.-uck. lirötii- der Kl • •'»•*•• ' • ' '
l'r nf -25 M.. auf hfin
Haardt« Nordpolnrknrte. Mulintal. I : ;i<m»ou<»o. i(«r iu \
druck. (in'Uc der /.u '"ti Karto 172 ci.i i if.< '
lofcCn Itliittcrn lö M., m Mapiie lü .M , aul I..
HaardtH Hüdi>olarkarte. iMaü^tali l:loooü()uO. In - —
II» facliciii b'arlK-ndnu'k. <!nilJp der /.iHaiiir.
hoch J'rciti iu h»vu IMiiM. m. > '.'i ^f ..'i'
unnd mit Stiihcii 14 .MO!
in Luiiiiiiii u.i.-> aui b i>> i ■
.1 . riJchnn^ /.u llcrlin aU kari ,
hr u Vj'rhandlnnjron hünfitxt und hnhcn hierhci die b<
HaurdtB W;( " ^ Po' ' ■
1 :2tuUMHKi(i. Iii •• " '
^'C9J>utint '.1 AI., anf l.cinwai,
Orohyilropraphisoho Ausgabe. Ulaii. .MaUr-iai- i l nuwii^t npauui * ^ ,
auf Leinwand gi'»<i>annt in Mappe 12.50 M., uiit " ^'
Haardts Sohulwandkarte von PaläHtino« Kii r
tiPHdiichte dc.'i iiltcn uiul iieiK'ii 'restaiiients.
hon l'ahi.-f iiia-\ ercinti uml '
A\ 1 ;2(iiMMi(i Ausg.ibi» lür '
der Karte zusamnu'njjerii't/.t 1»! cm lu.
. <■ ' - ' - •.•,...'.1 In .Mappo 12 . .»i. A
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hi'- kanariscbtn InKeln. Ein« geographische Studio von I'rof. Dr. Karl
Sapper iü Tühinj:eii. (Mit G Laudschaftsbildom auf Tafel Nr. 8) 4^1
!?itnllungcn der serl>ischen LJindpr. Von Dr. I'uul Vujevie in Berlin 507
Hie Kalahari ( nach S. Pas sarge). Von Prof. Dr. A. Schenck in Halle a/S 519
Xation und Nationalitlit. Von Privatdoxml hr. 0. Sehlüter in
Friedenau -Berlin 528
< leographische Neuigkeiten :
AllKeiiifines. Ab'r lor Ut>bir)L.'o durch ilio FlTissc. — K' • ■ ti
dor Berliner KnrI 1 ftung um) iJ>.r K^l. AkaUumiv der VVissci. . . in 629
Europa, Landgowinnunfr an der hoht«inischeQ We>>tkDst«. — Yerkleinvning^ der
britischen Iiiseli) in Volgc von FcIsstQrzeii '".i^
Aaion. .Steinst Kiipe>Ution nach Zvntr&l -Asitii . . .
Afrika. Üji-s Cipaditioii nacb der marokkuuiscbcn Kü.ste. — AuslHiiitiing der
Kroorkommen iu Abessinieo. — Yerbrcittiii(r <ind Lebensweise dod Okapi . .'- M
AuBtralieii utid nustralischu Iiitolu. Metttorologi^cho äUtioti auf Yap.
SOdanierika. t'rdbibett von Valparaiso
Nord-Polargogoiidon. Wülluiaurtit Ballonfahrt zum NoriJpol
Geographischer Unterricht. Oeographischo Verlosungen im W.-S. 1906/07. I.
— Ordentliche Prafessuren in Kroiburg und Heidelberg. — AuQorordentlicho
Profossur in Rostock. — AuCerordcntliciic Professur io ilftust« r '
Hücherbesprechungen:
Grupp. 0. Der deutsche Yolkü» und Staninmücharnkter. Vud A. Kirchhoff . 535
Ottson. Der Kreis Tündern. Von M. Eckert 6:J6
Lc-ipoldt, (i. und M. Kuhnert. Palästina bit> zur Z«jit Christi. Von \ K i r r ti < f 536
Baedeker, K. Ag>'pt«D und dvr Sudan. Von J. Walther 537
Sappor, K. Über (' ' m und Boden des sQdlichen Mittelam- iiKli. Ii. Li-ai. 537
(ioeldi, K. A. Os . .;ui no Para. Von K. 0. Nutnnann 5:^9
KQohler, C. üuter der Miiteruacht&sonnu durch diu Vulkan- und Oletschervrelt
Islanilg. Vüu B. Kahle 639
I.eipoldt, 0. und M. Kuhnert. J'hvKik. ■ p''!l'. SchntwRuHknrte von Furopn.
Von R. Laiigenbock .
Leipoldt, I». Vorkehrsknrli, ^■■u .Mai'.l- ■ Jv. 1. a u u ü i-i- c k
Neue BQcher und Karten
'/■•itv. ' rift-nschau
540
:j4o
541
MJ
Künftighin werden Veröffentlichungen jeder Art (Bücher,
tationen, Programme, Karten u. a.1 auHnalimsIos nur dann al-
> . . cuen erwilhut werden köuueu, wviiii -ir tler fJ tr r ;i pIi i «' }\ h n
Zeitflchrifb ei iigCBchiekt worden 8in<i
für d;v t M < .4.1. i ^ 1. .i.i. I.. .: I .si .iü.n unter
I'rof. Dr. Altr.'d H«'ttner in Ht-idflberg, Z
zu den "n an Dr Au^ur^L 1
^, 1 .1. ■ • '. .vK. .11.! n mit tJO Mk. für »ien .
II von If» :,'e zu den Nt u mit 2 Mk. für dii,' S]>.
', üa,ü iiuiiurar der Karten uiui Aiibil'
i'halten. Auß' - 1'*"'- \-, 'n?. - • TT. vre., A'. -
_'en 20, von Nei
tit wird, sind an die
.. '.II llii'.ln
ihtilik Ultil icliau UJlt Ii. {^. 1 (Ui.'iKl 111 Lt-ij
• 1
Die kinariMben Inseln.
Eine geographiaehe Studie
von K. Sapper*
(Mit e LendMluiAibildem auf TM Nr 8.)
1. Dto Lage.
Westlicli Ton dem im111>enelibai'eii Bandmeer der Sahara dehnt sidi die
See in ungeheure Feme aus. Sohmnbar unTennittelt liegen die beiden
Biesengebiete feindlicher Elemente neben einander, und doch wirken sie nicht
nur am eigentlichen Küstensaum, sondern auch auf weitere Strecken hin
nicht unbetrUchtlioh auf einari«1er ein, wobri die Winde die Vermittlung Über-
nehmen: .südwestliche J.uttstrünumgen tragen ilie feuchte mäßig warme See-
luft landeinwärts und bringen den trockenen Gefilden ein wenig Regen, die
von Norden nach Süden fließende Küstenströmung kühlt in Verbindung mit
dem aufsteigenden kalten Eüstenwasser besonders im Sommer die anliegenden
Festlandsgebiete merklioli ab, wBlurend andererseitB östUolie und sfidliehe
Winde die Wirme, sowie namhafte Sand- und Staubmassen der Sahara weit
ins Meer hinaus tragen und dint die Inssln mit unorganischer Materie
sowie Keimen organischer Lebewesen, selbst lebenden Tieren (z. B. Heu-
schreckenschwännen) überschütten.*) Sind auch die einzelnen Sand- und Staub-
fälle weder häufig noch auch sehr bedeutend, so muß man doch im Lauf
ungezählter Jahre eine nennenswerte Erhöhung des Meeresbodens annehmen,
und wenn man beobachtet, daß sich in der Nälie der afrikanischen Küste
der Meeresboden nur langsam abwärts senkt und aus geringer Tiefe zu den
kflstennlcbsten kanaiisolien Inseln wieder empor steigt, so kann num den
Oedanken nidit von der Hand weisen, daB die ins Ifeor getriebenen Sand*
messen der Sahara an dieser geringen Meersetiefe die Ifitsofanld tragen. Ver^
mutlich wäre die Wirkung der Staubftlle auf die Erhöhung des Oseangrnnds
noch bedeutender, wenn nicht der schon erwShnte Efistenstrom die nieder-
gefallenen Stoffe teilweise wieder entführte.
Vermöge dieses unterseeischen Rückens*) stehen die östlichen Ka-
naren, Lanzaroto und Fuerteventura. noch in ein< m (:e\vissen Zusammenhang
mit dem afrikanischen Festland und können dalier fast noch als konti-
nentale Inseln betrachtet werden. Aus tieferem Meer ragen die west-
1) J.Hann. Klimatoloune. 2. Aufl. Stuttg. 1897. III. S. 60.
*2) Die s orliaiHiencn Lotiuigen (Admiralty Chartf Cape Ghir to Garnct
Uead, with additions and correcUouB to lbU7) laaseu freilich die Einzelheiten dea
BeUefs des Meeresbodens nicht genau erkennen.
OMfiaptalMlwXalli^iift. lajahigui» ISOa aHaft. 88
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482
K. Sapper:
lieberen Glieder des kanarieelien Archipels empor und stirker als
auf den Sstliehen EUanden macht sich auflh hier der EinfioB des Ozeans
geltend: sie sind bereits echt ozeanische Inseln, deren Grandaockel, ein
submarines Platean, im Westen, Sflden und Norden ziemlich steil gegen die
Tiefen des Weltmeers abbricht.
Warm ist das Meer, da< di»^ kanariseben Inseln bespült, wie sich schon
nach der geographischen lin ite (27' 3 bis 29\f^^ n. IJr.) erwarten läßt. Der
Golfstrom bringt ziemlich gleichmäßig warme, freilich auf dem Wotr durch
höhere Breiten bereits wesentlich abgektlhlte Gewässer aus den Tropen und
badet darin die dnsamen Gestade der westliohen Kanaren, bringt anch wohl
Fflansensamen und Tierkeime mit sich nnd schlagt damit eine biologische
Brücke von Amerika herttber nach den weit entfernten Eilanden. Die Ost-
lichen Kanaren werden vom Gktlfstrom nur noch an der Westküste beqpfllt,
wihrend die OstkUste dem afrikanischen Kästenstrom zugewendet ist.
2. Klima.
'Warme Luft lagert über dem warmen Ozean nnd hflllt auch die tieferen
Lagen der Inseln ein, die hohen liergretrionen ragen in kältere oft stür-
misch bewegte Luftgebiete auf Diese Hochregionen sind dem unmittelbaren
Einfluß des Meeres entrückt; ein trockenes, wölken- und niederschlagsarmes
Klima zeichnet sie aus; die starke Insolation bei Tag, die ebenso bedeutende
Wärmeausstrahlung bei Nacht lassen recht beträchtliche tägliche Wärme-
sdiwaaknngen entstehen, und die absoluten Extreme mtteen sich weit voa
einander entfSsmen, worftber freilich bei dem Mangel Itngerar Beobaditnngs-
leihen nichts Genaues bekannt ist Auch fiber die LuftstrOmmigm der hödbsten
Begionen, insbesondere am Pico de Teyde, fehlen hinreichende Beobachtungen;
westliche V)is südwestliche Winde herrschen jedenfalls in der Gipfelregion
stark vor: der (!ei,'enpassat*y
Die tieferen Regionen der westlichen Kanaren stehen völlig
unter der Herrschaft des Seeklimas, ^owie im besonderen des Golfstroms,
der als Wärmeausgleicher wirksam ist; daher*) die gleichmäßige Milde des
Winters, die mäßige ffitie des Sommers, das relatiT hohe Jahresmittel der
Temperator'), die geringe jShrliche') und tägliche') Wilrmeechwanknng, die
jahreszeiüiche VersfAtung der Wftrmeeztreme') und der mftfiige Unterschied
1) Vgl. L. Rotch um] L TeiHserenc (!»■ Bort: „Die vertikale Verteihmg der
meteorolugischen Elemente über dem atlautiacheu Osiean'^ (Meteorol. Z. 19U6, 2*27)
und „Experimentelle Eonstatiemng des Oegenpassata** (ebda. 1906, B. 806 f) gegen*
über Hergesells AusfOhningen in der gleichen Z. 1905, S. 484.
■1) Vgl. J Hann: Klimatologie 2. Aufl. IIL S. 6l£ 0. Barchard: Das Klima
von Urotava. Berliu-Charlottenburg 1ÜU6.
8) Mittlere Jahnetemperator in Orotava 19,0; in 8. Graz de TeneriHs 18,8; in
Laguna 16,7; in Las Palmas 19,7° (Hann a. a. 0. 8. 61).
4 In Orotava 1905: 7.1" (Burchard S. 8).
6) In Orotava 1905: 5,6* im Mittel, in den einzelnen Monaten zwischen 4,7'
und 6,4* sohwankend (Burchard a. a. 0. 8. 8).
tv Kiiltester Monat Febmar, winnster Angost} in OrotZTa 1906; 14,6* nnd 81,7*
(Borcbard a. a. 0. S. 8).
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Die kanariseben Inseln.
483
zwiachen d«n absolutea Temperatiur«xtremai.') All du maoht das Klima
im Winter Ar den Nordländer angenehm, im Sommer wenigsteuB ertrlgüdi,
mm minderten in jenen Gelneten, wo re^^rlmäßige Winde Kühlung bxingeo.
Gerade während des Sommers wehen die Passatwinde regelmäßig, zumeist
aus nordöstliohor oder auch ostlichfr Richtung; sommerliche Gewitter fehlen
und dip relativ trockene Luft des Sommers läBt die Hitze leichter ertinLren.
Im Winter tritt der Passat mehr zurück; ^Vind^tlllen wechseln mit veränder-
licbeu Winden; aber immer geht im Winter wie im Öommer das Spiel der
Land- und SeeiHnde vor aii^ uid bei d«i bochragenden Inseln, insbeMwdere auf
Tenerifb, bringt der ans dem bocbgelegenea Zentnm der Lwel niedersteigende
Landwind allnHobtlicb Küblnng in die tiefaren Begionen binab. Die Winde
sind im allgemeinen von mftfiiger oder gelinget St&ilro; StQrme sind seltMi,
ebenso auch die Wüstenwinde (fiewpo äd SuA. flie nicht nur Staub, sondern
auch AVellen außerordentlicher Lufttrockenheit und hoher Wärme über die
Inselpebiete trafen — glücklicher Weise fast ntir im Winterhalbjahr und
immer nur auf kurze Zeit, su daß durch diese Einflüsse des nahen Kontinents
die Annehmlichkeit des kanarischen Klimas nicht allzusehr gestört wird.
Etwas anders freilich gestaltet sich das Klima auf den östlichen Ka-
naren: die grOfiere Klbe des Kimtinents wirkt bier inteosiTer. HObere
Temperaturen treten auf, das Klima ist trockener, die Lnftbewegung, ▼<h^
sogsweise von Norden her*), viel enei^iseber. Aber eine genauere Gbarak-
terisiemng des Klimas ist nicht möglich, da keine meteorologischen Beob-
achtnngsreihen vorliegen.
Das Vorherrschen der Passat- und sonstiger nördlicher und östlicher
Winde ist für die ihnen zugekehrten* Inselteile von großer Bedeutung: zwar
regen sie die Oberfläche des Meeres auf und schatfen an den Küsten eine oft
recht beträchtliche Brandung, die bedeutende mechanische Arbeit zu Kisten
vermag') imd daher von beträchtlichem Einfluß auf die Amtgestsltnng der,
Kllsten ist, dem Lmem der Inseln aber bringen sie ÜBodite Luft, Wolken
und Bogen, wihrend die im Windsdiatten der Erhebungen liegenden Liselteile
▼iel&ch unter Dfirre leiden oder sum mindesten geringere Niederschlagsmengen
erhalten.
Das höchste Maß des Niederschlags, erfrischenden Nebels und
Wolkenschattens zeigen die Höhenlagen der westlichen Inseln, in denen
die aufsteigenden Luftströmungen ihjen Kondensationspunkt zu erreichen
pflegen. Es entsteht so ein Wolk.ngürtel, der im Winter tiefer herab-
sinkt, im Öommer höher emporsteigt, sich aber im allgemeinen zwischen
700 und 1600 m am hiufigsten einstelÜ In dieser Begion rinnen die Wasser
freiirebiff: hier werden sie Ton den fleifligen Inselbewohnern seit Mensehen-
1) In Ototava IQOft abiolntee Maximmn abeoliites Minimum 10,6« (Bur-
chard S. lOi
2) Es scheint, als ob dieee Nordwinde der östlichen Jvanaren eine Folge-
erteheinnng der intensiven EKfaitrang der Sahara und des daaelbsl sich einstellenden
tiefen Luftdrucks iHben.
8) Vgl. W Biermann. Zur physischen Geographie der i^anarischeln Inseln.
Globuä LU. S. 171if.
88«
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484
K. Sftpper:
gedenken in Bewässerungskanälen gesammelt und den dürstenden Kultui-en
der unteren Regionen zugeführt. In größerer Höhe sind die XiedtM-schläge
wieder wesentlich seltener und die in die Antipassatrejspon hineinragenden
Holu n des Pico de Teyde werden nur noch selten von Regen odor Schnee
benetzt. Überall ÜLllt die Hauptmenge der Niederschläge im Winterhalbjahr,
d«r B<NiuiMr ist — wie im Mitteimeerybiet — niedenehlagsarm oder gans
regenlos und andi dar — wenigstens auf den westliohen Inseln — reiohliek
und hftiifig Mlende Tan') vermiß kainen richtigeii firsats für den nuui-
gelnden Regen zu gewähren.
Im allgemeinen ist die Regenmenge überall auf den Kanaren gering-
ffigig, vermutlich selbst in den meistbegünstigten Wolkenregionen der hohen
westlichen Inseln.*) Die östlichen Inseln, Lanzarotf und Fuerteventura zpiir^^n
in der Geringfügigkeit und Unregelmäßigkeit ihrer Niedoi-schläge bereits eine
starke Annäheiung an die kontinentalen Verhältnisse des benachbarten Afrika.
Diese Bedingungen sind durch die orographischen Verhältnisse noch Terschärft:
die beiden Inaein sind die niedrigsten des ganien AxcfaipelB vnd dämm ragen
andi nnr ihre hödisten Beiggipfol nocli in die Nebel- nnd Wolkenr^iion
hinauf. Mandunal vergeht auf den Ostinseln ein ganses Jahr ohne Nieder-
schlftge — kein W^nnder, daß sich dann Mißwachs einstellt und selbst das
Trinkwasser von Gran Canaria her importiert werden muß! Am günstigsten
in seinen Niederschlägen ist wohl Palma gestellt, das deshalb auch die
schönste und üppigste Pflanzendecke der ganzen kanarischen Inselwelt aufweist.
8. QoologiMAio G«aoliiohto.
Wir dürfen annehmen, daß <'in ziemlich gleichartiges Klima seit sehr
langen Zeiträumen schon im Gebiet der kanarischeu Inseln geherrscht hat,
wir kQnnen aber freilich nicht versiohem, daß dies schon bei Beginn der
geologisohen Oesohichte der Lisehi der Fall gewesen irtre, denn das
Alter der Uteaten Formation (der sogniannten DiabasfSnrmation) ist bisher
nicht üsstcnstellen gewesen. IKeae Formation steht auf Fttartenntara, Gomera,
Gran Canaria und Palma oberflächlich an, auf Tenerife ist ihr Vorhandensein
im Unterbau der Insel durch Auswürflinge nachgewiesen. Es ist eine For-
mation, die durch eruptive Ereignisse gebildet worden ist, deren Oberfläche
lango der Erosionswirkung fließenden Wassers und der Verwitterung durch
die Atniosphänlien ausgesetzt gewesen ist. In niii)(iin*>r Zeit aber^) be-
gannen auf allen Inseln des Archipels zahllose vulkanische Ausbrüche aus
vielen Ausbraehatentren; Sidilackenanswflrfe nnd Lavamassen deckten den
größten Teil der Oberflldie des Siteren Diabasgebirges sn nnd bildeten je
nadi der Verteilung der Ansbmehqpnnkte nnd dem IntensitttsTethUtnis der
1) üurchard a. a. 0. S. 26.
2) Kegenfall in S. Cruz de Tenehle 307 mm, in Laguna ööl, in Laa Palmas
360 (Hann a. a. 0. S. 69), Orotava 494 mm (A. Samler Brown. Madeira, Canary
Islands and Azoren, London 190.H, e.^).
3) W. Reiß: ,.I)ie Diabas- und Lavenformation der Insel Palma". Wiesbaden
lb61. S. 61 f. — und K. v. Fritsch und W. Reiß: „Geologische Beschreibung der
Insel Tenerife''. Wiaterlihnr 1868. 8. SSO.
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Die kAnariflchen Inseln.
486
SinzelausbrOohe im Li»f füHme JtSaatUaamäa neben Anftohttttungskegeln dom-
01^ iUdteBAnrnge BriielnuigeB tob teilweise sebr betrSehtlieher Aoedelmuug. ^)
IKese Dome und Bflcken seigen im sMitralen Teil ein Torwiegea lockerer
Soblackeneiib&afangen, an den lUndem ein VorherrBcben üaeter lATtbSnke;
sie sind spftterhin großenteils für lange Zeit der Denudation überlassen ge-
wesen, und wo ihre Oberfläche noch zu Tage tritt, erkennt man das hohe
Alter dieser Formation leicht an den starken Erosionsspuren. Auf vielen
Inseln siind Udiglich hasische Eruptivgesteine zu Tage getreten, auf Tenerife
haheu neben basaltischen auch phonolithische und trachytische Ausbrüche
stattgefunden und die dabei zu Tage geförderten Massen haben allmählich
Eiliebangen Ton so großem ztomlichen Ausmaß*) gesohaffen, daß Tenniitiidi
drei vorschiedene Inseln (Anaga, Teno und 8. Lorenso-Ad^e) cu einer einzigen
— Tenerife — rasammengeschweißt wurden. Die Begenwasser, die in der
Regenzeit in großen Mengen, besonders in den hSheren Bergregionen nieder-
gehen, haben die Oberfläche der älteren Inselteile in hohem Grade om-
geilndert: bei dem starken Getall, das in Folpo der geringen räumlichen Aus-
dehnung und der bedeutenden Erhebung der meisten Inseln vorhanden ist, ist
die f'rosive Kraft des tluüenden Wassers außerordentlich groß^), luid daher
sind auch die Wirkungen auf die (iestaltung der Oberfläche sehr bedeutend.
W. Reiß beschreibt diese Wirkungen sehr uiscbaulich'): „Nach der Bildung
des flachen LaTadoms flössen die ]Mche über den steilen Abhang und sMünten
an der See Aber die Klippe, von wo aus der Fall duxdi die zerstörende Wirkung
der Wasser immer wdter laodeinwiKta gerflckt, und daduroh eine enge Schlucht
ausgegraben wurde, begünstigt durch die Wechsellagerung fester Lavabänke
und weicher Tuffschichten. . . . Bei dem Rückwärtssohreiten des Wasserfalls
wird die Schlucht tiefer und die steilen Wände an ihren Seiten werden hi'lher
in demselben Maße, wie wir in das Innere des Gebirges eindringen. Soliald
die Schlucht bis zxi jenem Teile des Gebirge!> einschneidet, in welchem die
Schlackenmassen vurherrscheu, werden die Verhältnisse andere: die von den
Seitmn herabflieflenden Wassw graben neh leidit in dm wenig widerstehenden
Sdüaokenschichten eigene Tiler aus, es entsteht eine Anzahl durch niedere
BUcken getrennter Tller, die alle gemeinsam durch eine hObere Wand nm-
1} „Älteste Basaltfoxmation" (G. Haltung). Lanzarote und Fuerteventura.
Zfirich 0. J. 8. 68 f.
2) V Fritsch und Reiß. S. 816ff. f„Fußgebirge"').
8) Naturgemäß nimmt die Größe der erosiven Kraft olierlialb der Musimal-
region den Niederschlags mit der Abnahme der Niederschlagsmengen auch ab, so
daß dori Erosionswirkungen nnr noch in geringem Maß und in den höchsten Pik-
regionen gar nicht mehr zu beobachten sind, dchon darum nicht, weil die spürlichen
Niederschläge, soweit sie nicht in fester Form — als Schnee oder Hagel — lallen,
alsbald in dem poiOaen vulkanischen Erdreich vernnken (vgL Biermann a. a. 0.
8. 181). Die Büßen GevHbser der Kanaren üben starke Erosionswirkun^en aus-
schließlich in der Zeit au8pic>>ifjpii Kopriifalls, und bt'i der immer fortpchrcitetuieo
Entwaldung und dem sich daraus ergebenden raschen Ablauf der gefallenen Kegen-
masaen muß die BroeionskraJI im Lauf der Zeit sogar noch großer werden, als sie
es früher bot Zeit ansgiebigerer Pflanzenbedeekung gewesen war.
4) Diabas- und Lavenformation S. ööff.
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48Ö
K. Sapper:
sehlossan nnd. ... bt ernnial d«r Beginn elneB dch Tenweiipndan Talei in
den SohUckenmanen gebildet^ so weiden die SeiteniohfaiehtMi inuner rfldc-
wftrts nagen, das Tal wird sich mehr nnd mehr erweitern und dadurch wird
sich auch die Oberfläche vergrößern, von welcher aas das Wasser in dasselbe
geführt wird. Sind mehrere soblifr Tiiler neben einander, so wird das sie
trennende Gebirgsband nacb und nach verschmälert werden, bis nur dünne,
oft unüberschreitl)are Felsgrate die Zwischenwände hildon, und auch dies«
können durch die auf beiden Seiten wiikende Erosion mehr und mehr er-
niedrigt werden, so dafi loletst die iMSsdffonngtn firwsitenuigen sweisr Mhe
liegender Tftler sich zu ein» einzigen Caldera Tereinigen.** Dieser FaU trat
nadi BeiB s. & ein bd der berOhmten Caldera von Palma und dem riesigen
Felssirinis der Cafiadas auf Tenerife.
Aber nicht nur die Erosion des fließenden Wassers hat die Oberflftchen»
gestaltung der kananschen Inseln beeinflußt, auch andere Kräfte: so sind
wahrscheinlicli Soiikun^ren |?ewi!?ser Erdschollen längs einzelner Verwerfungs-
linit-n crfoltjt , und die Eutstehunj; des herrliehen Talle de Orotava auf
Triieiite ist wdhl auf derartige Ereignisse /urückzutuhren; auch dürften
solche bei der Ausgestaltung der großen Caldera und des westlichen Steil-
abstorzes des Südgrats des Lavadoms von Palma {Los Jianeones) mitgewirkt
baben. Es bat finmer die See ibren Anteil an der Ansgestaltung der Band-
formen der Liseln und twar nicht nnr im jetsigen Niveau des Meovsqpiegels,
sondeni frfiher auch in waientliflh bOberen Lagen (bis 850 m Uber dem
jetsigem Niveau), da im Lauf der geologischen Zeitrtome bedeutende Hebungen
eingesetzt haben.')
Die Hebungen haben übrigens wieder die Erosionskraft der Flüsse ge-
stärkt und damit auch ihre topographischen Wirkungen, während anderer-
seits zur Zeit des niederen Niveaustandes der Inseln die Maxinialzone des
Niederschlags und damit die obere Grenze starker Erosionswirkuug iu lusel-
gebieten gelegen haben muß, die jetzt über ihr liegen. Nachdem einmal das
gegenwärtige ICeerssniveau erreidit war, arbeitete das Heer nagend an den
jetzigen Kiksten nnd hat natnigraiftB auf den den vorhemehenden Winden
ausgesetzten Seiten energiscber gewiriit als an den abgewendsten, weshalb
auch, wie Härtung') für Lanzarote und Fuerteventura nad^wiesen hat,
an der Windseite {Plana de barlovcnio) die Kflsten nicht nur steiler sind,
sondern auch im DurchM hnif ! ein l)reiterer Saum zwischen Kiist'' und Hundert-
f'adeiilinie vorhanden ist, als auf d'^r iiegeti>eite ( Pfnjia ile Shtomiio). Der
Arbeit der Meereswellen ist auch die Lu.strenuung der I.-'/tn- im Norden von
Lanzarote wenigstens zum Teil zuzuschreiben, vielleicht auch die Trennung
Lanaarotes von Fuerteventura, während andererseits schräganf laufende Wellen
vielfach Bandmassen den Kfisten entlang treiben und auf diese Weise a. B.
1) Daß diese Hebungen lediglich auf die Volumvermehrong durch Gaug-
aufniluug gelcgentiich neuer Auibrilcbe znrtteksnAhren irtien, wie G. Härtung
annimmt (Lanzarote nod Fuerteventura S. 120), ist doch sehr unwahrscheinlich;
vielmehr dürften daneben allgemeiner wiikende Uraacben mitgearbeitet haboi.
2) a. a. 0. S. 60 f.
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Die kanaxisohen Inaein.
487
di« IMk mit Gnu CuiariA Terbmiden haben durften^) und die kleinen
Stnundseen an der WesüriUte von Lanzarote abgeschnflrt haben.
Aber auch der Wind bat seinen Anteil an der Ausgestaltong der Ober*
fläche der Inseln: die heftigen Windstftfie bringen an steileren BerghSngen
hUulig lockere Gesteins- und Sandmassen ins Rollen und voranlassen damit
deren Absatz an tieferer Stelle. Die troilich selten uuftreteuden Wüsten-
winde brinpen zuweilen rocht ansehnliche Sand- und Staubmassen aus Afrika
herüber uud setzen sie über den Inseln und benachbarten Meeresflächen ab.
Die Toiltemeiienden Winde eifiusen (auf den Satiidien Inseln namentlich)
den Sund dar MeereskOsten nnd traben ihn InndeinwSitB, eventuell Uber die
ganze Luel hinweg, so dafi ansehnlidie FUohan mit Sand bedeekt oder auch
▼on wandernden Barohanen durchlaufen werden. So wird gaxix Lansarote
von Sandmanen fibersduitteUf die im Norden , in der Bucht von Penedo,
aus dem Meer aufgestiegen sind und im Süden wieder ins Meer tauchen, so
prnße Strecken von Fuerte Ventura, so die kleine Insel Lobos, ein vulkanisches
Gebilde, das nur durch einen relativ schmalen und seichten Meoresarm von
Fuerteventura getrennt ist und in Folge alluiiihlicher Ausfüllung dieser
Meeresstraße durch Flugsand dereiüst mit der großen Nachbarinsel in Ver-
bindung treten dfirfte.*)
Aber viel bedeutsamere Verinderungen der OberflBcihengeBtaltung haben
in jflngster Voneit vuUcanisclie Ausbrüche an Stande gebracht: ihnen verdankt
vor allem die jugendlich anzerstdrte Gestalt Süd-Pahnas ihre Entstehung, in-
dem dort durch zahlreiche Ausbrüche aus vielen Zentren die ursprüngliche
Laudobertläche fast vollständig überdeckt worden ist; sie haben ferner durch
Lavaausflttsse und Lockerausbrüchc den Riesenhohlraum der ('anadas von
Tenerife großenteils ausgefüllt und im Pico de Teydc einen Vulkankt'i,'el von
3740 m über Meer anwachsen lassen; sie haben außerdem auf allen Inseln
aahlreiche kleinere Einzelkegel und mehr oder minder ausgedehnte Lavafelder
und LavastrSme erzeugt, die groBentdls noch ftst gani vegetationslos da*
stdien. Bis in die histtnische Zeit and mehr oder weniger bedeutende vul-
kanische Umbildungen auf Palma, Tenerife und Lanzarote erfolgt — die be-
deutt inUten auf Lanzarote, wo in den Jahren 1730 — 36 eine große Zahl von
Vuikankegeln und Explosionskratem gebildet worden sind und aus zahlreichen
Öffnungen ungeheure Lavama£sen hervorgequollen sind, die mehrere Dörfer
und woite Flächen fruchtbaren Ackerlandes vernichteten, während Lapilli-
ausbrüche große Streckten mit cinor mehr oder minder mächtigen Lage un-
fruchtbarer Schlackenstückchou bedeckt haben. So ist durch diesen einzigen
Anslnmch die gesamte Physiognomie der ifaoel verindert worden, und wenn
sich diese Yertuderung nicht schon ans weiter Feme anzeigt, so rührt das
lediglich davon her, daB sich die Ausbrüche nicht auf einen zentralen Punkt
konzentrierten, sondern über einen breiten Geländestreifen verteilten, wie
überhaupt auch schon fküher auf Lanzaipte und Fuerteventura in Folge eines
1) K. T. Friiich (Beisebilder 8. 88 n. 88) hUt freilich dafBr, daB der Dflnen-
Band, der reichlich vorhanden ist, den ich aber für nebensächlich in der JbthmiU.
bildung halten möchte, jene Land Verbindung allein geschaffen habe.
8) K. v. Fritacb. Keisebilder. S. 3S.
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488 K. Sapper:
äbnliclien Mangels an Konzentration der Vulkanausbrüche die Oberfläche mit
einer Unzahl relativ Icleiner Kegel ttbers&t worden ist, während eine domi-
nierende Bergpestalt feblt — im Gegensatz zu den westlicheren Inseln, die
eine straffere, groQ/ngigere Terraingestaitung und demenisprecbend aacb
wesentlich größere Höhen aufweisen.^)
4. BodMK.
Entspreehend d«n starken Überwitgen Tulkanischw QMteme lind anch
die Bodenarten des Aroblpels vorwiegend ▼nlkaaisoiher Natur, entstanden
durch Verwitterung lockerer Ausbruchsmassen oder alter LavastrOme und
-decken. Ffir den Landbau sind im allgemeinen die Aschen, soweit sie lün-
reichend aufgeschlossen sind, am gflnstigsten; auch tiefzersetzte Laven geben
da, wo genügende Befeuchtung vorhanden ist. gute B(»den ab und ebenso
sind die verwitterten DiabashrKlen an sich gut; aber weite Strecken des Ar-
chipels decken auch auaut'get>chlossenc Lapillideckeu, unverwitterte frische
LaTasfarifanef wUstenliafta Dflnensandflftehen, Halden groben Grases und mäch-
tiger Blockansammlnngen oder auch steilgeneigte Felshftnge — so daß ein
sehr betriehtlieher Prosentsati der Obeilllohe dem Pflansenwnchs wenig
günstige Existenzbedingungen bietet oder sogar nur für gans eigenartig ge-
baatOf bedüifiiisarnie GewBchse die Mf^glichkeit des Fortkommens eröffnet.
Aber auch da, wo der Boden an sich den Pflanzen ein gutes Gedeihen sichern
würde, ist vielfach das Wachstum dauernd oder zeitenweise behindert durch
den Mangel genügenden Regenfalls, so naniontlich auf den östlichen Inseln
und auf der Windschattenseite der westluiien. Dazu kommt, daß die im
allgemeinen sehr hohe Porosität des vulkanischen Untergrunds in Verbindung
mit der starken Insolation anf waldfreien, aufierhalb des Wolkengfirtels oder
des Sehattens enger Sehlnchten liegenden Fliehen selbst in Gegenden mit
ansehnlichem Begen&ll noch an die Widerstandskraft der Pflansen gegen
AnsfaKKdmnng und hohe Hitsegrade — insbesondere wfthrend des regenarmen
oder regenlosen Sommers — recht hohe Anforderungen stellt: kein Wunder,
daß die Flora der kanarischen Inseln durch viele eigenartige Züge ans-
gezeii'hnct ist und in Folge des hoben Alters der Inseln, des eigentümlichen
Bo<leiis und der insularen Abgeschlossenheit einen sehr groi^n Jieichtum an
endemischen Bildungen erlangt hat')
S. Pilaiuoiiwelt
Man darf wohl annehmen, daß die Oberfliehe der alten Diabasformation
anf den Eanaren — mit Ausnahme Fnerterenturas, wo sie ja noeb jetzt
weithin zu Tage tritt — nur ganz allmlhlieh mit vulkanisdien Gebüden
llberdeckt worden ist, so daß sich die alte Pflanzenwelt der Ür-Kanarcn auf
dem nenen Boden ansiedeln und heimisch machen konnte und so die Kon-
tinuität dieser Pflanzendecke bis zur Gegenwart hergestellt worden ist. Di«
1) Laasarote eneicht 680 m, Fuerteventura h50 Gomera aber 1880 m, Hierro
1000, Gran Canaria 1900, Palma 2420 und 'leiierife 3710 ni
2) D. U. Christ. Vegetation und Flora der Kanahtichen luseiii. Englers
Bot Jahrb. TL isa6. 8. 461.
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Die kanarischeil Ingeln.
6«wlehM di«er diabaatehoi Ur>KMiM«ii mHasen mcli Ohristo gtiit^ollMi
Untersuchimgeii^) aus Afrika stammen, sie sind aber dort ülbst zum grOfiten
Teil durch die später einwandernde südasiatische Waldflora verdrnngt worden,
so daß sie nur in einigen I\an<l[rcbieten erhalten gebliehen sind: uuf Socotra,
im Kapland, auf dem abf ssinisriu n Hochland, im Kamerungebirge, in Südwest-
Marokko und auf den o/.canisi hen Inseln westlich von Afrika. Aber am h
von der in Afrika einwandernden indischen Flora ist eine kleine Anzahl von
Alien nodi nach den Kanarsn gelangt.^ VmI stirker war dagegen die Ein«
wandemng meditecnnar Elementa') und de erfolgte aehon in so alter Zeit,
daß sieh aus ihnen endemisehe Arten heraus entwidralt haben und entspre-
ehend der hoben Gunst des Klimas den kontinentalen Verwandten gegenüber
eine gesteigerte Entwicklung zeigen*): die Kräuter sind auf den Kanaren
größer, mächtiger entfaltet; die Stauden des Mittelmeergebiets besitzen hier
einen „wahren, meist gabelteiligen oder wirteligen Holzstamm, der in der
Regel geringelt und mit Blattnarben bezeichnet ist; Formen, welche bereits
auf dem Kontinent Strftucher sind, vergrößern sich hier zu Biiumeu. Die
volle Eigentümlichkeit der kanarischeu Fazies stellt sich jedoch erst dann
dar, wenn dieka fleisehige Zweige an ihren Enden edite Uatfaroeetten oder
dodi sehr geniherte, gebüscfaelte Blätter tragen nnd wenn aneh die Inflores*
xenzen swar Tereinzelt, aber um so reicher Terlstelt nnd nm so rsiehblfltiger
sind.*' Besonders eigenartig sind die unter dem Namen Beroäes bekannten,
an das Oenus Sempcrvivum anklingenden Succulenten der Kanaren, die als
Tabatfhas bekannten Euphorbienbüsehe und andere atlantisch-insulare Straucb-
foriTieu, den Gattungen Kchium^ Statice, Souchus, Callianasm, Carlnui und
GiTuniiini zugehörig''); dazu kommen Endeni-men der Spai-tiumf'orm*^), deren
bekannteste die alpine lieiama blunca ist, die am Teyde (^nach Haus Meyer)
swischen 1840 und 3050 m Höhe in der wolkenfreien Zone auftritt. Ganz
spftrlich sind alpine Florenbesiandteile auf dw Kanaren TOihanden, so Arabis
äibtty Vhla piämtmia u. a.^)
Manche in der TertiKrseit in Sfld-Enropa no<di heimisdie Binme sind
heut« durch die Erkaltung des IfH™^ dort ausgestorben, aber auf den bnaren
eihalten geblieben, z. B. Pinus canarienM.^) Gerade dieses Vorkommen zeigt
aber zugleich, daß die Einwanderung amerikanischer Arten (unter dem
Einfluß des Golfstroms) schon sehr frühzeitig erfolgt sein muß.'')
In jüngster Zeit sind nun durch den Menschen teils gewollt (^zum An«
1) a. a. 0. S. 616ir. Als altafrikaaisohe Elemente der Eanarenflora fahrt Christ
8. 61$ auf: „Caetiforme Euphorbien, Euphorbien der Tiiuoalli-Gruppe, AloC, Dfaehen-
V»aunie, Lyjxrin. f'nwpifinnthus , Klcinüt, drei Myrsineen, SüUroxi/IoH , Pitt(>9porum ,
die strauchigen Compositen, zwei Authospermen, Bencomieu, Ureodaphue, zwei
Cheasathea''
t) Christ ftihrt S. &17 an: Ftflua, Bioebe, Botia, Semeio palmeim», AOy
rMHN umbrosum. Vgl S. 612 f.
8) Christ a. a. 0. S. 493 ff. 4) Christ a. a. 0. S. 4»9ff.
5) Christ a. a. 0. 8. 609—506. 6) Christ a. a. 0. 8. 605 f.
7) Christ a. a. 0. S. 506 f.
8) Saport a. Tabl. au de Ja « lasMif de» ^tage« 1880, zitiert bei Christ S. 618.
Ü) Weitere amenkaiuüclie Elemente führt Christ S. 518 — 515 auf.
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490
K. äapper:
bau), teils ungewollt (»Is Unkrlota*) eue Menge enropliecher, uuh amerika»
nischer, afrikanischer, wie kosmopolitischer Gewächse eingeführt worden, und
nodk immer steigt die Zahl dieser Fremdlinge Hie herrschen in den Kaltur-
regionen vielfach im Landschaftsbild vor. Aber trotz des Schutzes und der
Bevontugung des Menschen haben die Eindringlinge nur lokal die einhei-
mische Flora zurückzudrängen vtrniocht; auf nicht kultiviertem Gelände be-
weist die den örtlichen Lebensbedingungen sorgsam angepaßte einheimische
Pflanzenwelt eine flberlegana Lebenskraft, so daß hier ein Sieg der Eindring-
linge über die Einheimisehtn ansgescUoseen enoheint*)
DaB die Vertreter Tezsehiedener Welten auf dem engen Banm der
kanariseben Inseln frOUiob neben einander gedeihen, niacht das floiistisebe
Bild besonders abwechslungsreicli, nnd die Yerschiedenheit der klimatischen
Verhältnisse bringt neue Gruppierungen der einzelnen Bestandteile zu Stande.
Insbesondere priipen sich Regenreichtum und Regenannut im Charakter der
Vegetation außerordentlich deutlich aus, ebenso das verschiedene Warrae-
bedürfnis, das eine Scheidung der Standorte der einzelnen FÜanzeuarten inner-
halb bestimmter Hühengürtel in erster Linie bewirkt.
In der Region unter der Passatwolke, also T<nn Strand an bis etwa
700 m HMie herrschen nach Christ*) afrikanische Strand- nnd Steppenj^anien
▼or, fexner sahlretdie endonische Strauohgswlielise nut qnixlig yeriMdtem
Stamm nnd oft fleischigen Blattrosetten , daneben Euphorbienbüsche und
immergrüne Straucher der Myrten- und Lorbeerform, in den schattigfeuchtett
F^t hhichten aber Sucoulenten, die an SnnjicrvUnUH anklingen, Drachenb&ume,
Farn-', Lianen, Winden, MalvaceonbUumchen.
Flolier obtni zwischen etwa 7(><> und 16U0 in ruht gewübnlicli die Passat-
wolke und gibt dem Boden ausgiebige Bewässerung: hier heiTScht der Lorbeer-
wald mit baumartigen Eriken, stammlosen Famen und einigen größeren
Lianen, aber ohne die Epiphyten, die erst dieser Formation einen tropischen
Charakter verleihen würden. Auf offenen FlBdien breiten sich Busehfonnationen
der Lorbeer-, Erilran- und Faraform aus.
Cher den Lorheerwald hinauf reichen noch die Wälder der prächtigen
kanarischen Kiefer (bis über 21)00 m Höhe); zwei schöne Cistus und mehrere
(Jinsterarten bilden da.s Unterholz dieser herrlichen Wälder, die auch innerhalb
der Wolkenregion auf den trockeneren Standorten auftreten und stellenweise
Vürj»osten bis zum Meeresniveau hiuabsenden. An der oberen Grenzregion
der Kiefern kommen auf dürrem Boden auch noch ganz vereinzelt die nun
üsst völlig ausgerotteten Gedern (Junipenta Oeärut) tot.
Ein subalpiner Gürtel findet sl4& SGUiefilich noch auf Tenerife swischen
der oberen Orense des Kiefernwalds nnd etwa 8050 m, wo neben sabalpinen
Standen die lotaten Exemplare der Betama l^anca^ der fast blattlosen Ginster
der Caüadas, vorkommen — eines Gewächses, das während des größten Teils
des Jahres in Folge der außerordentlichen Trockenheit völlig ruht und nur
während der kurzen Frübjahrsniedersi-hliigf seine Vegetationszeit vollbringt.
Einzelne Phanerogamen , wie Viola chüranlhifolia und Silme nocttolena reichen
1) Christ a. a. 0. S. 626. i) a. a. 0. S. 489 t
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Die kanftxitcliAii Inaeln.
491
am KtoB ebealklls bis 8000 m «mpor.^) Bis vom Pikgipfel salbst aber ge-
langen nur noch spiriiebe Moose and FLechten.*)
0. Tierwelt. •
Weniger gat bekannt, auch minder reich nnd eigenartig als die Pflansen-
welt ist die Tierwelt der kanarischen Inseln. K. t. Fritsoh') hat gefanden,
daß die Meermollusken einen westiranzösischen , die Süßwassermollusken und
Käfer einen südeiiropaischen und auch die Meeresfische eher einen mittel-
meerischen als exotischen Charakter zeigten. Auch die Crustazeen zeigen
z. T. sehr ausgesprochene Beziehungen zum Mittehneer.^) Immerhin stellen
sich unter den Meeresmoliusken auch amerikanische Formen ein*), und es
sind auf den wesÜichen Inseln einige amerikanische Makrolepidopterenformeu
nachgewiescD, wihrend ihrer allerdings die Seflidun Inseln yOUig entbehren
und mehr den Eaanentypos des afirikanischen Festlandes seigen.*) Es ist
dies am so weniger sa Terwnndem, als a. fi. Sfldwinde suwtilen sogar grofie
Massen von Heuschrecken Tom aMkanischen Festland nach den kanarischen
Inseln hinüberbringen.
Schlaiitreu fehlen vollständig, dagegen sind eigenartige Kidechsen, ein
Laubfrosch und zuweilen eine ( an der afrikanischen Küste häufige^ Scliild-
kiiitt-nart vorhanden.') R<'ich ist die Vogehvelt"), und nicht selten konuiu-u
atiikanische Arten herüber und bleiben auf den östlichen Inseln sogar
danernd. Der bekannteste Vogel des Archipels, der Kanarienvogel, lebt, mit
grüngelbem Gefieder ausgestattet, noch hftnfig wild auf den Terschiedenen
Inseln. Sehr spBrlich ist die ar^rBngliche Sftagetierwelt der Insdn entwickelt,
and erst dorch den Menschen ist teils gewollt, teils ungewollt, eine ansehn-
liche Bereicherung dieser Tierklasscn erfolgt'); manche der eingeführten Tiere
sind freilich im Lauf der Zeit wieder aasgestorben, SO 1811 die Hirsche, die
zu Jagdzwecken von den Spaniern eingeführt gewesen waren und sich stark ver-
mehrt hatten. Zum Zweck der Mosquitovertilgnng wurde — - ^cbon im Itl. Jahrh.
— der giüue Wasserirosch , Jiana esculcnta^*^)^ eingeführt, und gelegentlich
1) Christ a. a. O. 8. 488.
2) C. Bolle Die kanarischen Inseln Z. f. Allg. Erdkde. Berlin 1861 S '22.
8) Oatatiantitche Inselgruppen in: Senckenberg. Inst. 1870 (nüert Christ
8. 498).
4) Karl Kölbel. Beitrfige zur Kenntnis der Gnutazeen der kanarischen Inseln.
(Ann, k. k. naturhi-'t. TTnfinii? l'.d. VII. 1B9'2. S. ins ) Die im .Tanicio de A'^un von
0. Simony lÖUU gesammelten GriUos blancos, Munidopgw poiifmor}>tia^ gehören da-
gegen einer Oattung an, die bislier nnr ans Tielbi von 100 — 2000 Faden bekannt
war iChallengerwerk: J. R. Henderson, Report on tfae Anemone, 8. 148; KOlbel
8. 113).
ö) Christ a. a. 0. S. 46S.
9) H. Rebel. Beitrag cur Ifikrolepidopterenfeima de« kanariiehen Archipels
(Ann. k. k. naturhist. Hofinus. Bd. VIT. 1892. S. 243).
7) F. Stein dachner. Über die Reptilien und Batrachier der westlichen und
östlichen Gruppe der kanarischen Inseln ^Ann. k. k. naturhist. Hofmos. Bd. VI.
1881. S. 806).
8) C. Bolle a a. 0 S. I5ff. 9) Ebda. 8. Uft.
10) Ann. k. k. Uofiuus. VI. S. 806.
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492
K. Sapper:
kommoi mit Sehiifon auch Eidcehfleii ocUr idbst LandtdiUdhrOtMi von der
afrünoischen Eflite herfiber.*)
Höchst merkwürdig*) sind an der KSferfauna Madeiras und der Kanaren
naeh T. V. WoUastons Untersuchungen die Tatsachen, daß zwar viele Gat-
tungen europaisch sind, aber auch viele ganze Familien und große Gattunu'en,
die in Süd - Europa häufig vorkommen, gün/.Iich fehlten und ander<'i-eits
relativ vicln Guthingen, die in Europa gewöhnlich oder niunohmal geflügelt
sind, hier der iliigel cutbehreu oder besonders kräftige Flugorgane besitzen^
was Darwin an dar Hypothese ftthrto^ daft die Flflgel rOekgebüdet oder be-
sonders stark ansgebilckt worden sein mUfiten, um ein Verwehen dieser
Insekten ins Meer hinaus lu Texhindem. Es wirkte also hier die Bngrftumig>
keit der Insehi auf den Oi^ganismns der Tiere zurQck.
Daß einheimische Landsäugetiere gänzlich fehlten, wird nenerdings be-
stritten, indem (nach R. F. Scharff')) Kaninchen und Ziegen nicht, wie man
gewöhnlich annimmt, eingeführt sein «sollen. Scharff glaubt — im Gegensatz
zu Wallace — annfhmrn zu dürfen, daß einst «nne Landverbindung zwischen
den atlantischen Inseln und Fi^ropa bestanden habe und ebenso, daß einst eine
Landbrücke von Afrika nach Südamerika bestanden haben müsse, denn nur
so liefie sieh die Verwandtsehafb der Fauna der atlantiseben Inseln mit
enropSisdien und sttdamerikanischen Formen erUSren.
Lassen wir das oft besproehene sdiwierige Problem einer afldamerikanisch-
afrikanischen Landverbindnng bei Seite , so kOnnen wir die Möglichkeit einstiger
Landverbindung mit Europa für die Kanaren wenigstens auf dem Umweg
über Afrika und die im Tertiär noch vorhandene f nl)raltar-Hrücke sicherlich
zugeben. Wir wissen freilich nicht, wie die Teiraingestaltung zur Zeit der
Diabasformatiüu gewesen ist; es läßt sich aber sehr wohl von?t<dlen. daß
damals die Ur-Kanaren in direktem Zusammeuiiung mit Afrika gestanden
h&tten, und daß so die alta&ikanischen Pflanzen und Tiere ohne Schwieiigkeit
einwandern konnten. Aber anoh in der spSteren Zeit der Tulkanisehen
Tätigkeit kann sehr wdil seitenweise «ne LandTerbindungf sum mindesten
der Ostliehen Kanaren, mit Afrika vorhanden gewesen sein, denn so gut seit
dem mittleren Tertiär Hebtingen von mehreren hundert Metern Ausschlag
stattgehabt haben, können auch einst noch größere Hebungen stattgefunden
haben, die eben nachtrftgüch wieder duroh Senkung ausgeglichen wurden.
7. IbaelhaTiahalt.
Man darf anneluneu, daß zum mindesten seit der jüngsten Tertiärzeit
die Kanaren vom Festland abgeschnitten gewesen sind und von da ab nur
noch durch Wind- und Meeresströmungen, durch VOgel und sonstige gelegent-
liche Transportmittel neue Lebenskeime erhalten haben. Die Isseln waren
jetzt im Grotten und Ganzen auf sidk selbst angewiesen und mußten inner-
halb dar einmal gegebenen rilumlichen und Uimatiscfaen Verhlltaisse mit dem
1) Ann. k. k. Hofinns. TL S. SM.
S) A. R. Wallace. Die geographiaehe Yerbreitnng der Tiere. Dieadsn 4876.
I. 8. 250 ff.
8) Proc. Ii. Ixish Ac. U. Bd. Sect. B. S. 268—297.
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Die kanazischen Inseln.
4^3
baushalten, wat de ans dir Vonrit an anorganiaehem nnd oigamaelieiii Besits*
ataad übericommen hatten.
Den größten Zuwachs hat seit der TOlligan laolierong der anorganisehe
Besitzstand der kanarischen Inseln erfahren nnd zwar aus dem Erdinneren
durch neue vulkanische Ausbrtlche und vom nahen Kontinent herüber durch
Sand- und Staubfällo. Das Mt-er träpt kein neues Material herbei und ver-
mehrt den Bestand höchstens durch Skelett- und Schalenreste abgestorbener
Tiere oder {wie an der Ostküste von Laozarote) durch Korallenbauten. Durch
letztere mehrt daa Heer aiieh die LandflSdieb Aber dieeer Ueine Landgewinn
Termag auch nicht im Geringsten den Landreilnst wieder gnt in machen, den
die Kanaren durch die WiAnng der Meeresfarandnng erfahren haben. Dieeer
Landverlust ist nicht nur an sich betrftchtlich, sondern er macht sich, da er
an den Rändern der Inseln eineetsty auch in der Weise geltend, daß die
Landfliiohen vielfach in Steilhängen ins ^\e>n- alifalbn*) und diese nicht nur
der ni-'iischlichen Besiedelung und Bewirtschaftung, sondern manclimal sogar
der pflanzlichen und tierischen Besiedelung ganz oder zeitonwpise trotzen. Dazu
kommt, daß sich durch das Vordringen des Meeres das Übel der Eugräuniig-
keit Ar die hohen Inseln in der Weise verschärft, daß da» Gef&ll aller Bach-
riise grSBer wird, weil die Höhe der Ineebi nicht im gleichen Mafia abnimmt,
wie die ObottUshe; mit dieser YergrOficnmg des GefUIs steigt aber auch wieder
die Erosiems- und Traaspcrtkraft der ffitefienden Gewisser und damit auch
der Materialverlust im Inselinnem; die ursprünglich ziemlich ^ichm&ßigen
Gehänge werden tief zerfurcht und Schluchten mit gewaltigen Steilwänden
herausgearbeitet; diese sind menschlicher Besiedlung und Bewirtschaftung, so-
wie dem Verkehr höchst hinderlich und stellen auch für viele Pflanzen und
Tiere ungeeignete Wohnorte dar, ermöglichen andererseits aber auch in ihrem
Schatten solchen Gewächsen uud Tieren ein fröhliches Gedeihen, die in der
freien Sonne der Umgebung nicht fortsnktmmien TeimOchten.
DaB die Talw&nde der Barraneo» so ungemein steil, yielfiMh liut senk>
recht anftteigen, ist ftbrigens nicht so sehr Folge der Titigkeit des fliefienden
Wassers an sich, sondem der Neigung der anstehenden Tuife und Lairen au
senkrechter Abspaltung.
Die Beschaffenheit des stark vorherrschenden vulkanischen Gesteins
ist äußerst bedeutungsvoll für den Wasserhaushalt wie das organische Leben
der Inseln: das Wasser sickert leicht in dem Untergrund ein und darum sind
dauernd Üießende Gewässer auf den Kanaren noch wesentlich seltener, als
sie bei gleidiem Klima und gleichen Oberflächenverhältniasen, aber minder
wasserdurchllssigem Gestein sein wflrden; das sieht man besonders deatiidi
auf der regenreichsten Insel, Palma: nur da, wo durch Erosion das alte
IKabasgebirge m Tage getoctoi ist (in der Caldera), gibt es einen Bach, der
das ganae Jahr hindnreh Wasser ins Meer trlgt*) und wenn auf Fnerterentura
1) Am auffälligsten fast von allen Kanaren zeigt Uieno diese Eigenschaft: es
sieht von weitem aus, wie ein flacher Schild, der an den Bind«ni plotslich jäh
snm Meer hin abbricht.
2) Ausdauernde, bis ins Meer reichende Bäche rind aofierdem vorhanden auf
Teuerife, Grau Canaria and Gomera.
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494
K. Sappen
auf Diabasboden nicht ebenfalls perennierende Gewässer vorkommen, so iife
nur das exzessiv trockene Klima dieser Insel daran Schuld.
Die große Wassei-durchlässigkeit des Oesteins hat aber für die Pflanzen-
welt außerlialli iles Wolkengürtels die weit;'re große Bedeutung, daß sie in
gleicher liaihtuiiL^ wie das au sich schon trockene Klima wirkt imd demnach
dazu beitrugt, daß die Gew&ohse große Bedürfnislosigkeit in der Wassei>
aufiiahme beritien mfitteii, wenn sie abseits Ton schattigen ScUnchten oder
perennierendem Wasser bestehen nnd gedeihmi wollen. So wird dwdi Klima
und Bodenart in gleicher Weise eine Auslese bewiilAi und die eingewan-
derten oder eingeführten Organismen bilden sich in der Weise um, daß sie
der langm Trockenheit des Sommers und der spärlichen Befeuchtung der
Wurzeln gewachsen sind. Da bei der Isoliertheit der Inseln ein Wiederkreuzen
mit den Stammformen aus^reschlosscn ist, 80 entstehen zahlreiche endemische
Arten auf dem Hodfü dieser Inseln.
In ähnlicher Weise bewirken die Eigenart des Klimas und der Umgebung,
die Engräumigkeit und IsoUerCheit des Wohnorts bei der ^ßerwelt Besonder-
heiten, die schließlich sur Ausbildung neuer Arten idhren mußten.
Aber auch auf den Menschen wirkt die Besonderheit des Klimas und
Bodens und der enge Baum des Wohnorts bestimmend znrück, namentlich
aber mußte das der FaU gewesen sein, solange die Inseln nicht dem Welt-
verkehr angegliedert waren, solange also ihre menschlichen Bewohner in
gleicher W^eise isoliert waren, wie Tier- und Pflanzenwelt und daher ebenso,
wie diese, mit den engbegreuzten Möglichkeiten der Eilande rechnen mußten.
Daraus erklärt sich der verbältnisniüßig niedrige Stand und manche Eigenart
der materiellen Kultur der alten Kanarier und die Erscheinung, daß eine ge-
wisse VerkSnunerung der Tom FMtland herftbergebrachten Kultur der alten
Inselbewohner platzgegriffen hat
8. Vonpaniaohe Bevölkemiig.
Die Älteste mensdüiehe Bevölkerung der kanarischm Inseln ist sweifd-
los auf Fahrzeugen vom afrikanischen Festland aus eingewandert, bat aber,
da die Ungunst der Küsten die Schiffahrt nicht begünstigte und der Wohn-
raum den Bedürfnissen der Bewohner genügte, also ein Verkehr mit aus-
wärts nicht unumgänglich notwendig war, die Kiuist der Schiffahrt wieder
verlernt. Nach R. Verneaus Forschungen*) gehörte die Hauptmasse der vor-
spanischen Bevölkerung, die Guanchen, ebenso wie gewisse Berberstämme,
der alten Oro-Magnon- Basse an. Dies großwfiohsige, langschädelige, hdl-
hftutige, blond- bis braunhaarige Volk dürfte hm seiner Ankunft bereits dne
klemwttchsige, rundkOpfige und kursgesichtige, nieht-gnanehische BeTSlkerung
▼orgeftanden haben, einen Yolkstypos, der gegenwärtig noch am hftufigsten
auf den westlichen Inseln vorkommt. Nach der Festsetzung der Ouanchen
dürfte ein zweiter nicht-guanehischer Sfumra von mittlerer Körjiergröße,
mesoeephaleni Schildel und brünetter Haut- und Haarfarbe von Afrika nach
den Ostiuseln gekommen sein, aber dort alimählich die mitgebrachte höhere
1) Cinq anuiJes de Mgour aoz Ues Canariee. Paris 1891. S. lOSff.
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Die kanarischeja Inseln.
495
Knttar in Folge der Isolierung und in Folge der ungllagligeu Ausstattung
des neuen Wohnorts verloren haben') (Semiten? Verne au — oder Hamiten?
Hans Meyer). Die Guanchen haben sich allmählich mit den beiden anderen
"VolksstUmmcn vermischt und sie sich seihst nwh kulturell nahe i^ebrncht, so
daß Jalirtausende lang bis zum Endr des Mittelalters eine r-omatiich und
kulturell nicht allzu verschiedenartige Bevölkerung aut' den kauarischen Inx ln
hinlebte in weltvergessener Vereinaamung — wenn man von den vorüber-
gehenden Btrühnmgen mit den lüttelmeerrOlkem im Altertom absieht
Die alten Eanarier waren demnach gana und gar auf das angewiesen,
was der Axehipel bot und was sie selbst mitgebracht hatten an Hanstieren
(Hunden, Schweinen, Schafen und wnhrscheinlicli Ziegen) und Knltaipflansen
(Weizen, Gerste, Erbsen und Bohnen), Was dit Kannnnflora an eßbaren
Früchten, Samen, Wurzeln und Pilzen bot'), wunle dankbar benutzt. Fisch-
fang und Aufsammeln von Krabben, Mollusken vmd Echinodermen lieferten
wichtige Beiträge für ihre Küche; noch bedeutsamer war der primitive Acker-
bau; in erster Linie aber sind die Guanchen ein Hirtenvolk gewesen. Ihre
Wohmugen waren sameist Höhlen, settsner (besonders auf Gran Oanaria,
ffierro üid den Östlichen Inseln) halbtuiterirdisohe Hflttsn und oberirdische
Steinhlaser.*) Zur Herstellung von Oerttten, Waffn und Werkseugen standen
den biselbewohnem nur die auf dem Archipel Torkommenden Materialien zur
Verfügung; sie verwandten demnaidi Holz, H(Mm, Ton, Mu8<dielschalen , Basalt,
Obsidian und verstanden die Steinwerkzeuge sorgfältig zu glStten und schleifen.
Die Kleidung der eigentlichen financhfn bestand aus Fellen, die der nicht-
guanchischen Kanarenrasseu z.T. aus BiuscugeÜecht; viele gingen auch nackt. ^)
Für die Wahl der Siedeiungen waren in jenen Zeiten der Abgeschlossen-
heit von außen und geringer technischer Hilfsmittel das Vorkommen natür-
licher Höhlen und die Verbreitung von Tuffbftnken, in denen sich leicht
Höhlenwohnungen anegraben liefien, sowie die Blloiksicht auf nicht allzu
giofie Entfemxug Tcn Trinkwasser maBgebend; wo oberirdisolie Gebftude er-
richtet wurden, dfirfte letztere Bflcksicht mehr in den Vordergrund getreten
8«n. Ss gab Dörfer Ton mehreren hnndai Hftusem; aber auch Höhlen-
wohnungen waren — und sind noch immer mehrfach — in dorfartiger Zu-
sammendriingung vorhanden. Eine besondere Konzentration der Bevölkerung
an der Küste IVlilte, da ja iiaudel und Schiffsverkehr unbekuuut waren und
Fischfang nur in bescheidenem Maß ausgeübt wurde. Der Verkehr war ganz
und gar zum Landverkehr geworden; Lasten und Nachrichten wurden durch
Mensehen you einem Ort zum andern flberbracht, soweit nidit letatere durch
die noch jetzt auf Qomera geflbte Pfeafqpnche übermittelt werden konnten.
Da id>er trotz der Terh<nismftßig niedrigen, ganz auf neolithisoher Stufe
stehenden materiellen Kultur die Staatswesen der Kanaron gut organisiert
waren, die Gerechtigkeit hochgehalten wurde imd die Menschen in großer
Sittenreinheit dahinlebten, so konnte man doch den Namen billigen, den die
1) Hans Meyer. Die Insel Tenerifi». Leipug 1896. 8. 4Sff.
i) C. KoHp hat am a a 0. S. 22 alles au%eählt.
8) Verneau a. a. ü. S. 86. 4) Ebda. S. 47— fr8.
6) H. Meyer a. a. 0. 8. 86, Verneau a. a. 0. 8. 69—78.
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I
496
IL Bftpper:
Alten der kanariacbeB Inaelgnippe gegeben hntken: „Tniinlae Fortnnatae,
Qlfickselige Inaeln".
Wie so anders sollte es werden, als die europäischon Völker gegen Ende
des Mittelalters die Inseln wieder entdeckten und nicht lange hernach ihre
gierige Hand danach ausstreckten!
9. Die Bozopter auf den SeaamL
Am Anfang dee 16. Jehiliiuiderts begann dn nonnlnmach'frnnrthriielier
Edelmann (Jean de Betanoonii) ak Lebenahexr dar kaatiliiifihen Kmo» die
Erobemsg der kanariscban LucJn vnd am Ende deüelben Jahilnmderts to11>
endeten die Spanier die üntarwerfbng der durch die Kriege stark deaomierten
Gnanchcti In der Folge kamen immer mehr spanische Einwanderer nach dem
Archipel und die (^bcrrcste der Urhpvölkoning gingen allmählich in der Ver-
mischung mit den Europäern auf. Zu diesem Völkergemisch kamen als neue
Elemente sclion l lOä Mauren von dnr benachbarten afrikanischen Küste iiin-
zu, späterhin noch Neger, die als Ökiuveu t'iir Zuckerpiautageimrbüit eingeführt
worden waren nnd nun einige DOrfer im Innern Graa Canariaa berOlkeni.*)
Aber abgeseben too dieemi nenafirikanisdien Zntaten beatebt die gegen»
wirtige BerOlkecnng der kanansehen Inaehi ans einer siemlicb «inbeitlicben
Miacbraase swiaehen Spaniern mit norminnisehem Bineohlag nnd Gnanchen,
sowie ans reinen Spaniern. In jüngster Zeit haben sieb anob Angehörige
anderer europäischer Nationalitäten auf den Kanaren niedergelassen, ins-
besondere Engländer, Franzosen und Deutsche*) — wenige an Zahl, aber
durch ihre Kapitalien und energische Initiative im wirtschaftlichen Leben
des Archipels sehr bedeutsam.
Mit der Besitzergreifung des Archipels durch die Europäer ist seine
lange Isolierung jählings aufgehoben worden, nnd mit einem Scdüage
Anderten sidi die wirtsobaftlicben Bedingungen, nisfcete sich eine Knltor ein,
die ihre Wnnebu anf fremdem Boden hatte nnd von answirts Exaft nnd neos
Nahmng zog. Freilich ging die alte Guanchenkultur nicht urplötzlich unter;
vielmehr blieb sie zunächst neben der spanischen bestehen, wurde aber all-
mählich immer mehr in den Hintergrund gedrängt und ist jetzt nur noch in
wenigen Reliquien erhalten, welche die Spanier, oder wenigstens die Misch-
ra^'Sc von den Guancben übernommen haben: so ist das alte pflanzliche Haui)t-
uaiirungsmittel, der Goiio, noch jetzt die Hauptspeise der ländlichen Kanarier,
auf Gomera hat sich die Pfeifsprache erhalten, in einzelnen Gegenden, s. B.
anf Gran Oanaria, ist man den HÖUenwabnnngen trea geblieben; selbst die
alten Mahlstnne sollen stellenweise noeh inm Herttellaa Ton Gofiomehl ans
geröstetem Getreide oder Mais verwendet werden.*) Namentlieb aber wurden
1) C. Bolle a. a. 0. 8. 86.
2) Nach dem Zensna vom 81. Desember 1900: 1086 EnglAnder, 688 Franaoeea,
610 Deutsche unter 4227 Au8ländern.
3) Juan Maluquer y Viladot. Becaerdos de un viaje a Canariaa. Bar-
e^na 1906. S. 146. Sonst werden snr Gofio» nnd (Iberhanpi rar Hehlbereitung
Windmühlen verwendet. Wind ist ja auf den Kunaron neben tierieoher Kraft (Ka-
mele auf den östlichen Inseln) die einzige verläSIicbe Triebkraft und nur ganz
spärlich (z. B. auf Palma) kann auch Wasserkraft augewendet werden.
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Die kanftrisehen Inaein.
497
die HanstiMre und Kiilttirpfl«iueD der Chuncbeii, Tenmitlich auch die Enltiir-
nMÜioden fibwnomineii. Da sie aber allein den Bedflx&iaeen der Enropter
nicht genfigten, so ffiluten dieee nach nnd nadi eine ganae Bdhe alt-
weltlicher und neu weltlicher Kulturgewächse auf deu Inseln ein: Roggen,
Linsen, Lupinen, Futterkrfiut^r und (iemüsearten , Zwiebeln, Lein, italienisches
Schilfrohr, Ölbaume, Dattelpalmen, Weinreben, Kürbisse, Orangen und Frucht-
bäume der kühleren Zone, Maulbeerbäume, Zuckerrohr, Kaflfeebänme, Ba-
nanen u. dpi. mehr, ferner aus Amerika KartofFeln^), Name, Bataten, Tomaten,
Mais, Tabak; Aguacate und andere amerikanische Fruchtbäume; Opuntien und
Agaven. Australien hat den Eukal jptnsbaum geliefert, der in großen Exem-
plaren vielfMb als StraBeneinfiusung gesehen wird. Ditrdi diese Fremdlinge
und deren stellenweise recht ausgedehnten Anbau ist das LandscfaaftsMld der
Kanaren ▼ieUheh gans wesenflieh umgestaltet worden, und swar heben su
verschiedenen Zeiten ganz verschiedene Kulturen der Landschaft ihr Geprftge
gegeben: in den ersten Jahrhunderten nach der Besitzergreifung blühte yor
allem die Zuckerrohrkultur; sie war und ist naturgemäß wegen der hohen
Wärraoansprüche der Pflanze auf das Tiefland boschrilnkt.*) Später wurde
der Weinbau herrschend.^) Neben dem Weinbau wurde (seit Mitte des
18. Jahrh.^)) lauge Zeit hindurch der Anbau der Suda liefernden Barilla
{MesembriiuUhtmum crystcMmum) gepflegt. Zeitenweise wurde auch das Einsam-
meln der an steilen Felshingen wild wadisenden Orchillaflechte (^oewßa
Unäaria) ofrig betriehen, audi Krapp gebaut; aber die Fortsohritte der ehe-
mischen Farbenindustrie haben diese Beschftftigungsnraige lahm gelegt — eben-
so wie di# Kocheuillezucht, deren weiterimten gedacht werden solL Dagegen
ist in den letzten Jahrzehnten der Bananenbau stark eraporgeblüht, nach-
dem in England ein guter und sicherer Markt für dieses Produkt gefunden
war, und trotz der hohen Verpackungsspesen'') und der hohen Landpreise hat
sich der Bauauenbau bisher als rentabel erwiesen. Neuerdings werden auch
vielfach Zwiebelsamen, Tomaten und Frühgemüse für den englischen
Export gezogen nnd gewinnen mehr und mehr Bedeutung.
Troti der Gunst der WSnneyerhIltnisse ist d» Aeherbau auf den Kanaren
Tiel&ch nur unter groBen SdiwieriglEeiten mög^idb und wegen der weiten
1) Seit 1622. L. Bach. Ges. Schriften. DI. S. SS9.
9) Jetrt ist diese Enltnr geringfügig geworden. Sie wird nur noeh euf Palma
und Gran Canaria in größerem Maßstabe ausg^eübt: das Produkt reicht für den
Konsum des Archipels bei weitem nicht bin und aucli die Erhebung einer Abgabe
auf Einftihr fremden Zucker« hat den Zuckeirohrbau nicht zu heben vermocht
8) Jetit ist er stark surflokgegangen, teils deshalb, weil seit 1868 eine durch
Oidium Tuchri verursachte Tranbenkrankheit aufgetreten ist, teile aber auch des-
halb, weil das ungeeignete primitive Kelter- und Nacbbehandlungsvertahren den
kanarischeu Wein auf dem Weltmarkt nicht mehr koukurrenztUhig erhalt. Nur da,
WO der Most, wie auf Lansarote, sadigeniftBe und sorgflUtige Behandlmig erflUut,
enielt der kanarische W^in auf dem ausländischen Markt noch «jute Preise.
4) Jetzt ist diese auf (im östlichen Kanaren einst betriebene Kultur (L. v Buch
a. b 0. 8. 263 f.) aufgegebeu; jedoch werden wild wachsende Pflanzen auch gegen-
wtetig noch in kleinem Maßstab gesammdt.
6) Jedes Fruchtbnndel wird in Papier gewickelt und in ein Holsleistengestell
eingeschlossen, was per Bündel l bis i> j Pesetas kostet.
0*oiirr«phii«h« Zaitaeltfifk IS. Jahrgang. 1»06. U«ft. 84
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498
K. Sftpper:
Aiudellintuig von Felsböden oder groben Orusflächen auch nicht mehr stark
ausbreitnnesfähig. Die Hauptfoinde des Ackerbaus sind die Trockenheit der
Luft und der geringe Wasservorrat; in den meisten (Jegenden können nur
Pflanzen von sehr kurzer Vegetationsperiode oder geringen Feuehtigkeitst)edürt'-
nissen ohne Bewüssei-ung oder sonstigen besonderen Schutz mit sicherer Aus-
sicht auf Erfolg angebaut werden. Künstliche Bew&sserung ist aber nur auf
6omer»t Oixva CaDaria, Tenerife und Palma mOgMeb und auch da nnr in be*
■durftnkter Aiudehnwig.') Faat gaas Tenagt kflnatliehe Bewtoerang auf dan
beiden dttüdien Inaein*); aber nachdem die Erfidirung auf dem ganzen Ar>
chipel geifligt hatte, daß natürliche Lapillidecken den Boden so sehr gegen
Austrocknung und allzu starke Krhitsung schützen, daß die Ernten, z. B. des
WeinstiK'ks, auch bei lanewiilirender Trockenheit, ganz gesichert erseheinen,
so begann man auf genannten Inseln künstliche Lapillidecken von 7 Itis 10 cra
Milchtigkeit über die Felder auszubreiten, womit die Gefahr des Miüwachses
feuchtigkeitsliebenderer Kulturgewächso beschworen ist.
Ein sweitar Feind der Knltiirmi ist der Wind, der auf den Östlichen
Liseln lufierst listig ftUt und erentuell durdi Sobutamaueni unsclüUllidi
gemacht werden muB. Auf einzelnen Teilen der Ostinseln wird aneh Flug^
saad den Kulturen schädlich, und die von den Bauern eniahtetan ein&ohen
oder doppelten Binsenhecken vermögen nur ungenügenden Schutz zu gew&hren.
Die wandennien Barchane des mittleren Inselteils von Lunzarote entziehen
die gerade bedeckten Flächen natürlich vollständig der Nutznießung, schädigen
sie aber nicht nachhaltig.
Unter solchen Umständen vermag der Ackerbau, der die HadptbeÄchäf-
tigung der fleißigen Inselbewohner darstellt, zumeist nur ungenügende Renten
abzuwerfen.
Die Yiehsucht, zur Gnanehenaeit an erster Stelle stehend, ist neuere
dings mehr und mehr an swnte Stelle gerückt, sehen deshalb, weil all-
|[fti|lili>li imnier mehr ehemalige Weideflächen für den Ackerbau in Angriff
genommen wn^r len und der zurückbleibende Rest nur minderwertiges Land
isl. Tmmcrbiu hat die Tierzucht durch die von den EuropUem neu ein-
geführten Tiere ein durchaus anderes Gepriige gewonnen. Zwar spielen noch
immer die alten (iuanrhenlmu^tiere eine große Rollej daneben aber auch
Bind, Pferd, Esel und Kamel.
^ 1) Da die fließenden Gewiissor der Iiüheren Inselteile bereits ausgenutzt sind.
SO hat man auf Tenerife neuerdings begonnen , die in geringer Hübe überm Meer
«itsiniBgenden Oewftsser sa lammeln und in die Hübe an pnmpen, um rie für Be-
WÄBBerung zu verwenden. fMalnqner a a. 0. S. 49.) •
2) Nur Garteukulturen werden bewässert.
8) Sapper. Ackerbau auf den OBtlicben kanarischen Inseln. „Tropenpflanzer*'.
X. 1906. 8. 306—311.
4i Die Kamele, seit 1406 »'ingeführt, sind auf die trockenen östlichen Inseln
und die trockene iSüdaeite von Gran Canaria und Tenerife beschränkt; auf den
weslUehen Inseln fehlen de oder sind nnr gelegenüieh benatrt, da sie dem ge-
birgigen Gkilände wenig angepaßt sind. Ihre Zucht wird am intensivsten auf Fuerte-
ventura getrieben, wo der effektive Kamelbestand auf etwa C.ono (rpHchiit/t wird und
▼OD wo aus auch l'JOö eme gröliere Zahl nach Südwest-Afrika verschickt worden ist.
(Maluquer a. a. 0. 8. 166.)
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Die kftiiArisclieii Inseln. 499
«
Die Zucht der Seidenraupe, mat bedeutend, wird jetst — auf La
Bnlma — nur noch in kleinem Maßstab betrieben. Dagegen ist die Zucht
der aus Amerika eingelBhrtea Kochenillelluee, naehdem sie im 3. Viertel des
19. Jahrhunderts enorme Ausdehnung gewonnen hatte und dann jlhlings ab-
gefallen war, neuerdings wieder in einer leichten Zunahme begriffen, da sich
der Preis der getrockneten Läuse neuerdings auf etwa 2^/^ Pes. pro Pfund
wieder gehoben hat: es werden nun — namentlich auf Lanznrote — viele
Neuanlagen von Opnntienfeldorn gemacht werden. Ob in Folge dessen der
sehr wenig aufuuhmeiäbige Markt nicht bald wieder übersättigt sein und
ein neuer Preissturz eintreten wird, muß die Zukunft lehren.
Die Landwirtschaft bescliBftigt in ihren Hauptzweigen, Adrarban, OSrtp
nerei und Tierzucht, die ttberwiegmide Zahl der Eaaarier. Danebmi ist aber
auch in der Fischerei eine nicht gans unbedeutende Menge Leute be-
schäftigt, und für die Volksemährung ist der Fischfang namentlich wichtig
auf den östlichen Inseln. Die Hauptfischereigrttnde befinden sich an der
afrikanischen Küste, bei den Isletas im Norden Ton Lanurote, bei Gomera
nnd den Salvage-Inseln.
(iering ist die Zahl der Leute, die sich mit Sarameln und Ver-
arbeiten mineralischer Rohmaterialien befassen: am Pico de Teyde
wird tat Zeit in etwa 8700 m H0he etwas Birastein (fir Export) gesammelt;
MflU- und Filtrienteine lieftni die Basalte Terschiedener Insehi; auf Fuerteren-
tnra wird Kalkstein in größerer Menge gebroehm und gebrannt; da und
dort wird Ton su Töpferwaren Terarbeitet Bedeutend ist die Seesala-
gewinnung auf Lanzarote, Fuerte Ventura und Gran Canaria.
Namhaft ist die Zahl der Personen, die in Hausindustrie beschäftigt
sind: unbedeutend sind zwar Seidenspinnerei und Früchtekonservienmg auf
Palniiu ■wichtig ist aber die uuuiiK-hr ül>er alle Inseln verl»reitete, aus Mexiko
tiberkümmene Herstellung der bekannten leinenen Tenerite-Tücher (<a/u(/o):
Agenten verteilen Leinentücher an die verschiedenen Mädchen und Frauen,
die sie Uber Bahmen spannen nnd nach gelieferten Vorlagen ausarbeiten. Auf
Tmeril!» allein sind g^n 8000 Frauen stindig an der Arbeit und auf den
ttbrigen Inseln ist ihre Zahl ebenfalls sehr hoch.
Da bei dem ihst Tölligen Fehlen von Großindustrie und bei der un-
genügenden Erzeugung von Brotfrüchten eine bedeutende Einfuhr stattfinden
muß, dii femer manche Beschäftigungszweige, insbesondere Bananenkultur,
Coehenillezucht, Weinbau, KartoflVlhau und Gärtnerei eine bedeutende Ans-
fuhr gestatten, da aulifrdi'in zwischen den einzelnen Inseln und Inst^ltcilen
ein reger Produktenaustausch statttindet, so ist die Zahl der Kanarier und Frem-
den, die sich dem Handel und Verkehrswesen widmen, recht bedeutend.
Der auswärtige Handel ist dadurch wesentlich erleichtert, daß durch
Dekret vom 11. JuU 1852 (erwntert 10. Juni 1870, bestStigt 6. Mta 1900)
die kanarischen Liseln als Freihafengebiet «rU^ dnd und nur wenige Waren,
beaonders Zticker, Kaffee, Kakao, Tee, Tabak und Stockfische," mit einer Ein-
gangsabgabe belastet sind (deren Einzug von der Begierung Terpaebtet wird)^).
1) Maluquer, a. a. 0. S. 158—159.
a4'
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500 K. Sapper:
DiM» Eiteiditeniiig maeht Midi nebtt der gttnttigem Lage und der gutes
BeBdiaffeikheit dar beiden Hanpthifen (Sta Gros de TeneriliB nnd Puerto de
liuz) die kanarischen Inseln in immer wachsendem Mafie zum Sammelplati
zahlreicher Kriegs- und HandalisehilFe, die hier ihren Kohlen-, Waster- nnd
Proviant Vorrat ergänzen.*)
Schlieülioh wäre noch zu erwähnen, daß eine kleine Zahl von Aus-
ländern und Einheimischen ihren Lr'bensunterhalt verdinnt al> Besitzer und
Bedienstete von Hotels und Kuranstalten, die den stetig wachsenden Touristen-
nnd Bekonvaleszentenstrom aufiiehmen und beherbergen.
Bei der mit dem ttetig atelgenden Sehilfoverkahr immer mehr anwaoh-
senden Zahl von Pertonen, die aidi mit Handel, Lade' nnd LOednugsaiiteitan
beaehlftigen, hat sidi aUmIhlioh ein anBerordentlieh großer PkoientiatK der
Gesamtbevölkernng in den beiden Hauptbafen- und HandelsstSdten ange-
gammelt: 23%, denn von 358564 Einwohnern, die am 31. Dez. 1900 ge-
zählt worden sind, wohnten in S. Cruz de Tonerife 38419*), in Palmas
44 517^*. Verglichen mit den Einzelinsolu ergilit sich, daß S. Cniz *27,8®(,
der Bevölkerung von Tenerifp. Las Palmas aber 34,9% der von (iran Ca-
uaria umtaßt! Daneben treten alle anderen Hafenstädte auch an relativer
Bedeutung w«t inrfi<dc; Immerhin besitzt Arrecife mit 3082 Einwohnern
noch 17,l7o BeTdlkemng von Laniarote, 8. Gnu de la Palma mit 7034
Einwohner noeh 16,7% der T<m Palma. In -frAheren Jahriinnderten aber
mfisaen die HafensUdte an relatiTer BerSlhemni^iahl Tiel nnhadentandm ge-
wesen sein, entsprechend dem geringen Verkehr jener Zeiten. Diese Tat-
sache findet schon darin ihren Ausdruck, daß fi-üher auf mehreren Inseln die
Hauptstädte im Innern lagen und erst neuerdings mit der wachsenden Be-
deutun<^ der Hafenstädte dorthin verlegt worden sind: Tenerife, Lanzarote,
Fuertevpiituni Sieht mau von der Bevölkerung der Hafenstädto ab, so be-
merkt man, daß die größere Masse der Bevölkerung anf die Hüheuregiouen
etliche hundert Ueter Aber dem If «er konteatrini ist, teils wegen der kttUeruk
Temperatur, teils wegen der günstigeren Gehttndebesdiaffenheit (da die Hänge
nahe der Kllste Tielfoeh an steil fBr Siedelangen nnd landwirtsehaffüidie Ans-
nntrang sind), teils wegen der leiditeren nnd minder kostspidigen B«>
1) Der Freihandel ist aber wohl auch Schuld an dem gänzlichen Darnieder-
liegen der Statistik; nach dem Urteil aller Kenner sind die offisiellen Ein- nnd
Ansfbhnahlen durchaus unzuverUlsaig-, auch die ,, Diplomatie und consular reports"
gf'ben nbor den Handel der Kanaren keine genügende Auskunft. Die besten Auf-
zeichnungen sind die des amerikanischen Konsuls, der mir Rundlicher VVeise
folgende Zahlen für 1904 mitkeüte: Bananenansfnhr 19a0i8l Trauben in Durch-
schnittswert von 6'/, Peaetas d&» Stück, Tomaten 64988S Eisten ä 60 Pfd., jode
12 Fcs. wert, Kartoffeln 222 5H'2 Kisten zu 66 Pfd. ä 7 Fes., Orangen 8259 Kisten,
Zwiebelsamen im Wert von ä 14000 (per Pfd. 8—4 sh.), Wein etwa J, 20000
(gegen 1 Hill. 1^ besonders naeh Sfldamerika), Mandeln etwa jf 6000, Coehenille
über 100000 Dollars (150O0 nach den Vereinigten Staaten), Calndo (Teneriffa-
Tücher) nach den Vereiuigten Staaten allein 80000 Dollar, nach England noch mehr;
namhafte Mengen auch nach Deutschland. Mehl und Mais werden in großen Mengen
eingefflhrt (ane Marokko und Argentinien).
2) Der Zensus gH^t freilich, wie überall in Spanien, nur die Einwohnerzahl der
Gemeinde, nicht die der Stadt selbst an, die demnach etwas kleiner sein muß.
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Di« kanftiischen Inieln.
Ml
wisserungsmöglichkeit. Erst der Aafadiwiiiig der Bananenkultur hat dieser
Tandens dar Konzentration der Bevölkerung in einiger Höhe über dem Meflr
wenigstens auf den l»t>iilen Hauptinseln — Gran Canaria und Tenerife —
wieder stellen weis«' wirksam nntpepenpearbeitet, da eben der Bananenbau auf
den Kanarcn wegen der hohen \Väriiieansi)rüche des OewRchses nur in ge-
ringer Meereshöhe möglich ist. In die Wolkenregiou hinauf reichen nur
noch wenige Siodelungen and keine danernde menaehEelio Wohnttitte befindet
lieh in der Begion Aber den Wolken.
Die Üracihten Nordseiten einzelner Insdn tind wesentiiofa dichter be-
völkert, eis die trockenen Sfldeeiten (ftvf Tenerife, Gran Guinriaf Lanzarote).
Auf Palma aber wohnt die Hanptanasse der Bevölkerung auf der südlichen
Hälfte der Ostabdachung und dem Mittelteil der Westabdachung, indes die
von zahllosen liarranros durchbrochene und daher dem Verkehr äußerst feind-
liche und für Ackerbau wegen der TerrainbeschaÜ'eubeit wenig geeignete
Nordabdachung schwach bevölkert ist.
Vergleicht man die einzelnen Inseln mit einander in Bezug auf £in-
wohnenaU, Flichemnhalt nnd Volkediehte, so findet man, d«B einmal die
Inidn mit aoedaiieniden Bicben eine sehr Tiel grOfiere Yolksdichtigkeit
besitBen, als die qaellenarmen, baohlosen Inseln ffierro, Lansarote und Fner-
tevmtara:
Einwohner
Flacheninhalt
nach K. v. Frit«ch ')
qkm
Yolkediehte
pio qkm
Tenerife
138008
3025
68,3
Gran Oanaria
127471
1641
77,7
Palma
41 994
671
62.6
Gomera
15 358
384
40,0
Hierro (Ferro)
6 508
276
23,6
Lanzarote
17 546
787
22,3
Fuerte Ventura
11669
1650
7,1
Sieht man ab von den letztgenannten droi Insoln, so findet man, daß mit
Ausnahm-' von Tenerife die Volksdichtigkeitszahlen der Inseln die gleiche
Keihenfolge einhalten, wie die Grüßenverhältnisse, was zweifellos dann seinen
Omnd findet, daß die Mdgliciikeit der Bewässerung imd dsaiit des Acker»
bans nm so grOßer wird, um so größere Fliehen in die Wolkenrsgion hinein*
ragen nnd den Passatwolken das wertroUe Naß entrieben.*) Wir haben frn-
lieh oben gesagt, daß Palma Termutlich die stärksten Niederschläge unter
allen kanarischen Inseln erhalte; wir müßten demnach eigentlich erwarten,
daß sich dort auch die dichteste Bevölkerung einstellte. Aber auf die ab-
solute Regenmenge kommt es ja nicht an, soiulem !i\if die Menge aus-
dauernden Wa^sf-rs, das auch währen»! der Trockcn/eit eine Kortdauor des
PflauzenwachAtums für mehr oder minder große Flächen ermöglichte; nun
ist aber auf Palma der Abfloß der Caldera der einzige Bach, der das Meer
1) Reisebilder, 2-i. Ergh. zu Petermanns Mitteilungen. Tlotha 1867.
S) Wae an Hegen in dem Qebiet unterhalb de« Wolkeogürtels fUlt, genügt
aof den Kanaren ni«^ ntdir, wd aasdanende Udbe sn emlhreo.
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502
K. Sftpper:
das ganze Jahr über 7u erreichen vermag: ein großer Teil der Insel (der ganze
Süden) ist aber so jungvulkanisch, daß dii' Bacbrisse schon bald nach dem
Regonfall wieder versiegen, weil fast alles Wasser im Erdreich versinkt. Die
etwas geringere Volksdichte Palmas wäre also verständlich, auch wenn man
die Tielftich ongflnstige TentÜDbesohaffenbeit (in der von Schlachten durch-
sdmittaneo Nordldlfte der Liael) axifier Beinudit ließe.
Eine Avasahme wire demnach nor nodi Tenerife; aber anoh diese
•oheinbare Aoinabme erkltri sieh leieht: große FlSehMi TenenÜM ragen ja
über die Wolkenregion hoeb binane, kOnnm also nicht zu der Wassersammei»
fliehe gerechnet werden, und wenn man diese Aber die Wolkenregion hinant-
ragende Flüche in Abzug bringen würde, so ergfibe sich, daß Tenerife weniger
Flücheninhalt besäße als Gran ( auaria, und daß sich daher seine Volksdichte
ganz richtig einreihen würde, wie unsere Voraussetzung erforderte. Und daß
man in der Tat genau genommen diese über den Wolken betiudlicbe Fläche
in AbsQg bringen soUte, wird duroh den Umstand bekundet, daß dieses 6e>
biet nidit nor jeder dauernden mensehlichen Biedelung entbehrt, sondern andi
wirtsehalElieh Hut Töllig nnbenntit ist: sn nennen wire an wirtsehaftlidier
Nutzung höchstens das Sammeln Ton etwas Brennhols (besonders Betama-
büschen) und etwas Bimstein, sowie — was nicht ganz vernachlässigt werden
darf und auch bei unsern Betrachtungen über Volksdichte der Alpen und
anderer Gebirge mit hereingezogen werden sollte — das Führen von Touristen.
Nach dem eben Gesagten wird uus nun auch verständlicher sein, wes-
halb Fuerteventura gegenüber Lanzarote so sehr im Nachteil ist: die in die
Wolkenregion hinaufragenden Flächen nehmen auf Lanzarote im Verhültuis
snm GesamtflSdieninhalt der Ins^ visl mehr Baum ein, als auf dem viel
größeren FumteTentura, das eine wesentlich geringere mittlere Hohe hat.
Wasser ist eben das Element des Lebens und der menschlidien Wirtschsft^)!
1) Wenn obige Darlegungen über die Gründe der verschiedenen Volksdichte
der einsebien Insehi richtig sind, eo mfliten sie naWIrlieh aneh auf die frfiheren
Berölkcnm^B7.iffcm zutreffen. Nun ergibt sich aus den Zshlen des Zensus von 1860,
daß damals naohBtebeude VerhiUtnisge herr.K-hten ;
Bevölkerung
Kinwolmer
Bevöikerungs-
1880
pro qkm
nmahme 188(^1900 in */«
Tenerife
98708
48,8
47,9
Gran ('aoaria
68 970
42,0
86,0
Talma
81 138
46,4
85,0
Gomera
11880
89.6
86,8
Hierro
5 026
18,2
29,5
Lanzarote
lf> 837
80,1
10,8
Fuerteventura
lü
6,7
6,1
Es seigt sieh hier in der Tat wieder das Verbkltais, daß die drei größeren welt-
liehen Inseln die höchste Volkadichte batt< n, Gomera eine Hittelatellung einnahm
und die Inseln ohne ansdaucrndeH fließendes Wasser die geringste Dichtigkeit auf-
wiesen. In der Bevülkenmgszunahme von lätiO aut IS^OO treten deutlich zwei
Omppen heraus: die beiden OsUiehen Biseln mit geringer, die weaiiidieB mit be-
deutender Zunahme. Daß Tenerife und Gran Canaria eine viel stllrkere Zunahme
erfuhren, ulx die übrigen westlichen Inseln, ist zweifellos in der Hauptsache darauf
zurückzutüiiren, daß der gewaltig anwachsende Durchgangsverkehr der ILiupthäl'ea
dieser Inssln sahlreiohe Arbeitskräfte direkt (fSr Ladegeedhäfte usw.) und indirekt
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Die kanftriacheii Inieln.
603
Im AllgemeiDen ist der größte Teil der BeTOlkemng in geschlossenen
StJldten und Dfirfcin anposif <lf>lt; stollenweise, wie im nördlichen Palma oder
im mittlerPD Lüuzarote, sind auch woitzerstrcute Weiler und zahlroicho Einzel-
siedelunj/en vorhanden. Auch auf den tthrigpn Inseln sind Einzelgehiil'te nicht
selten. Diese Tatsache erlilürt sich aul Lauzarote leicht durch den Umstand,
dftft dort das Trinkwasser ja doeli nur dmoh Anftamiiieln des R^enwassers
in Qstemen sa bekommen ist, nnd daB die Bevirtscbaftuag dea Ovtes ron
einem sentral gelegenen Hof ans iMokter ist, als von einem entlegenen Dorf
ans. Die Tatsache, daß aofhllend viele Hinser anf frischen LavasbrSmen
stehen, erkl&rt sich durch das spanische Gesetz, das frische Lavaströme als
herrenloses Gut erklärt*). Übrigens bemerkt man auch auf dpm alten Lava-
feld La Brena (auf Palma) zahlreiche Kinzelhöfe und kleine Weiler: vermutlich
hat hi^r der Wunsch, das Ackt-rland nicht durch Gebäude einzuschränken,
zum Aufsuchen des felsigen Baugrundes gettihrt. Übrigens ist die Oberfläche
eines Lavastroms, wenn sie nicht allzu rauh ist, als Baugrund eines Hauses
•ehr angenehm, da sie treffUehe Fnndamente abgibt und aoBen^rdentiieb
trocken ist
Der Verkehr im Innern der Liseln ist natOrlicfa je nach BerOlkemngs-
dichte nnd GrOfie der einseinen Inseln sehr Tersdiieden; bedeutend ist er
aber nur anf den beiden größten Inseln Tenerife und Gran Canaria, weil
nur auf ihnen wirklich bedeutende Flächen bewässert werden kr>nnen und
damit große Mengen exportfähiger Agrikulturprodiikte erzeugt werden. Dazu
kommt in Folge der aus Größe- und Höhenverliilltnissen cntspringendeu
größeren kliuiatischen und landwirtscbuttlicheu Verschiedenheit ein stärkerer
Produktenaustausch zwischen den einzelnen Inselteilen, als auf den kleineren
und einheitlicheren Inseln, und schfieBIicb sieben die großen Halensttdte
wegen ihres riesigen ümsatzee mit magnetischer Gewalt Znitahr ans aUen
Intelteilen an sich. Der Teikibr nadi den beiden groBen Hafenstldten ist
daher in der Tat höchst lebendig. Allein trotzdem bestehen erst xwei sehr
kurze Verkehrslinien höherer Ordnung: eine Dampfstraßonbahn von Puerto
de la Luz nach Las Palmas und eine elektrische Straßenbahn von Santa
Cruz de Teuerite nach Tacaronte. lui übrigen nuib der gesamte Verkehr
auf den Hauptlinien durch Wagen, auf den Nebenlinien durch Saum verkehr
bewältigt werden; es sind Verkehrsverhältnisse ganz ähnlich denen des spani-
schen Amerika nnd der abgelegenen OeUete Spaniens. Als Zugtiere') kommen
Pferde, Maultiere und Ochsen, als Last- nnd Beittiere Pferde, Maultiere, Esel
und Kamele in Betracht. WKhrend die Sanmwege oft sehr viel sn wfln-
sdien flfarig lassen, muB anericanut werden, daB die FabrstraBen vielfiMih ganz
(Proviantversorgung a. dgl.) erforderte nnd daher auch von den Nachbarinaeln viele
Familien nach Tenerife und Canaria hinüberzogen. DaB ab)>r Canaria eine noch
wesentlich stärkere Zunabnu' erfuhr als Tenerifi", dürfte teils auf das relativ noch
viel krälügere Aufblühen de» Durchgangsverkehrs danelbst, teils darauf zurückxn-
ftthren sem, daft die ^ner inteneiveten wirfcMhaMiehen Verwerlong sugüuglichen
FU&ehen auf Canaria grftfter sein dflxiten, als anf Tenerife.
1) V. Fritsch a a. 0. S. :U.
i) Den Pflug ziehen in den feuchteren Gebieten die Rinder, Pferde oder Maul-
tieie, in den trodEenen Kamele.
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d04
K. Sftpper:
ausjrezeichuöt angolejft sind; dagegen werden sie nicht gut im Stand gehalteu.
so daß Brücken, die das Hoehwasser weggerissen hat (z. Ii. aut Palraa ) noch
nach Jahren nicht wiederherge»tellt gind und aul den viulbegangeneu Straüen
T«n«rife8 und Gran Canarias während des Sommtrs der Staub jeder Be-
BehrttbuDg spottet. Unter solehea Umstinden iit et bepreiflieh, da0 mui so
viel als mOglieh die Ludwege meidet und viele Fmehten mr See ancli
swischen Orten derBelben Luel TerBendei Es ist die« nunmitlieli seit Ein-
stellang kleiner Lokaldampfer Sitte geworden. Die Segdichiffahrt ist auf
der von den Passaten abgekehrten Küste wegen des mangelnden Windes
etwas ei-scliwert; an der den Passatwinden zugekehrten Seite der Inseln fSillt
dieses ersfliwrrt-nde Moment weg; aber dafür macht die Brandung zeitenweise
Segel- wie DamjjfsihillVn den Verkehr schwer oder unmöglich. Dio Rück-
sicht auf diese Brandung brachte es dahin, daÜ trotz der daueu Winde
schon beld nndi dw Oonquista die sidierenin Hafenplfttse der LeeseitML vor-
gezogen wurden nnd seit Anfkonunen der DampfiwfaiffUnt immer nhlreiolier
nnfgesncbt worden, woia die ▼ortreffliehan modemMi Unfenbaaten, der goto
Ankeigmnd, die gfinstigen Scbifiahrtsbedingnngen (geringe Finthöhe, grofie
Seltenheit von Springfluten) in 8. Grus de Tenerifo und Puerto de la Lus
gerade/u einladen.
Wahrend im Durchschnitt der Jahre 185H — 62 in S. ( ruz de Tenerifo
jährlich 46 Kriegs- und 87 Handelsdampler neben 272 größeren fremden Segel-
schiffen^), in Palmas 3 Kriegss<;hiife , 26 Handelsdampfer und 141 größere
Segelschiffe') verkehrten, liefen 1904 ein in S. Ci-uz de Tenerife 1163 Segel-
schiffe mit 151126 Tons und 2036 Dunpfiar mit 8891618 Tons, in Las
Palmu (Puerto de U Lus) 1584 Segelsehille mit 70151 Tons und 2569
IXampfer mtt 4604655 Tons*)!
W&hrend die spanische Regierung die beiden Haupthftfen in jeder Hin-
sicht trefflich ausgestattet hat, sind die kleineren Häfen stark vernachlässigt,
am meisten die Hilfen von Hierro und Gomera.') Dagegen ist die Beleuch-
tung der Küst« gut und der Verkehr zwischen den einzelnen Inseln seit Ein-
stellung kleiner, regelmäßig verkehrender Postdampfer neuerdings ganz auf
der Kühe, ebenso der Postdienst im Innern der Inseln. Telegraphen- und
Telephonlinien sorgen für rasche Nachrichtenvermittlung auf den Einzelinseln,
Kabel verbinden einige derselben untereinander und mit der Aufienwelt.
AnSerdem hat die liilittrverwaltnng flbenll auf den Inseln und der benaehr
harten afrikanisehen Kolonie Bio de Qro Brieftauhenstatiomen.*) So ktento
das Nachrichtenwesen als durchaus zufriedenstellend angesehen werden, wenn
sich nicht die Regierung in Keparierung von entstandenen Sehaden der Tele*
graphen-, Telephon- und Kabellinien sehr süuraig erwiese.
£s ist überhaupt kein Zweii'el, daü die Kanaren von der spanischen
1) K. ¥. Fritsch a. a. 0. Ü. 8 u. 26.
S) Diplomatio and eonenlar leportt: nr. S470 IVade of fhe Caavy Iilaads for
the year 1904. S lo u. 12.
8i Maluquer a. a. 0. S. 63 u. 82.
4) Auf den östlichen loisln werden Bkieftaaben auch vielÜMsh von Fdvnten
nnteihalton.
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Die kanarischen Inteln.
505
Regierung sehr venUMShlftssigt werden, und dafi manche Einrichtungen eines
zivilisierten 8taai':wesens auf den Kanaren nicht eing«ffllhrt oder wenigstens
nicht streng durcligofiihrt siud. So existiert z. B. eine wirkliche Forstwirt-
schaft auf den Kanaren nicht; das herrschfinde Raubsystem mid die ünvor-
sichtiv'ktiit mit Feuer reduzieren die an sich schon stark dezimierten Wälder
immer mehr und die vorbandeneu (lendarmen {Giiaräia civil) sind viel zu
wenig laMmfth, als dafi i£s den Hifistttnden Einhalt tun könnten. Und doch
Wirt niebt mir eine Erhaltung der ▼w-handeiien Wilder, soDdem sogar eine
ausgedehnte Anfifontung faOehst notwendig im Interesse einer gedeiUieben
Ökonomischen Entwicklung des Landes; denn wenn aneh nidit ansonahmen
ist, dafi die Walder den Regenfall irgendwie an vennehren vermöchten, SO
ist doch zweifellos, dafi sie den Abfluß des Wassers regeln und verlangsamen.
Die Kosten, die man jetzt durch Unterlassung der Aufforstun? erspart, werden
später mit Zinseszinsen filr Stauanlagen und fOr Schutxbauten gegen WUd-
wasser ausgegeben werden müssen.
Aber auch das spanische Volk vemaehllasigt die Kanaren ent"
sehiedm:^) der Tonriitenttrom, der sieli. jlhriich in diese Gebiete ergiefit,
sihlt ksnin je einmal einen Spanier. Spanisches Kapital betitigt deh nnr
in geringem Mafi anf den Inseln und flberlKfit saUreicbe gewinnbringende
Unternehmungen den Aiislftndflaii: Kohlenniederlagen, Hotels, kommerzielle
Betriebe, Bananenpflanzungen; es wird selbst nicht genügend Propaganda fOr
spanische Industrieprndukte gemacht, und die Haupteinfiihr von Manufaktnr-
waren geschieht deshalb aus England, Deutschland und Frankreich; ins Aus-
land, namentlich aber nach England, gehen die meisten Produkte der kanari-
schen Inseln, Spanien bekommt nur wenig davon. Kein Wunder, daß die
Kansrier Ökonomisoh vielfach mehr von England als von Spanien abhängen,
dafi ihnen die Blleksicbt aaf das Ausland wichtig zn ersdieiDen beginnt und
ihre Sympathien für das Mntteriand bei aller Treue gegen l^Muiien erkalten,
um so mehr als dort vielfoeh ftlsi^e nnd nicht sonderlich sebmeichelhafte
Ansichten Aber die Eanarier ge&ufiert werden.
Genau genommen sind freilich die kanarischen Inseln eine Provinz, ein
integrierender Bestandteil Spaniens Aber diese Einvorleibung in das große
Ganze ist doch nur in politischer und Vorwaltungspraxis durchgeführt; sonst
ist sie aber Theorie geblieben. Die großp rüuniliche Trennung läßt sie in
der W'irküchkeit des W^irtscbai'tslebens nicht zu. Das ist denn auch schließlich
«kaant nnd in der Freihaadalsstellnng der Kuiaren nun Ansdrack gebracht
worden; aber Ar die Kanarier wire es bssssr, wenn sie auch sonst auf sich
sslbst gsstellt wlren, etwa eine autonome Kolonie Spaniens bildeten; dann
wire eine so skandalöse Vemachllssigung gar nicht mOglich, wie sie gegen-
wlrtig den berfihmten botanischen Harten von Orotava (Jnrdin de acdUmaUS'
MOeion)*) und das große Lazaret von (iando') betrofft n haben I
.\ber wenn auch in dieser und mancher andern Hinsicht die spanische
Verwaltung die Schuld tritft, so ist doch nicht zu verkennen, daß die Ka-
1) Maluquer a. a. O. in dem Kapitel „Canarias y los £2trai\jero8" S. 136—141.
9) Ebda. 8. 61 ff. S) Ebda. 8. U8f.
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50«
E. Sapper: Di« kanftriBohen Inseln.
narier an dem Unbofriedigendeu ihrer ökonomischen Situation vielfach selbst
schuld sind. Ho sehr man ihre guten Charaktereigenschaften anerkennen
muß, so hoch mau den Fhnli der Landl>evülkerung einschätzen mag, so ist es
doch zweifellos nur in Folge eines gewissen Maugels au Unternehmungsgeist,
Ansdaner and Vortmamskt mOf^ioii geweMn, dafi gerade die Inkrativsteii
Unternehmungen den Aualindeni zogefallen nnd, wAhrend sieh die Kanarier
snineift dar auf Lokalkonsnm bereehnetea nnd wenig Rente abwevfendea alt-
gewolmteii Landwirtaebaft widmen, üntenielmiungdnstigere kanariaebe Land-
besitzer haben sich freilich den auf Bqport berechneten Kulturen zugewandt,
aber vielfach mit überhastetem Eifer, so daß bei deren raschem Versagen,
insbesondere dor Cochenillezucht, das Kapital erschöpft war und fär weitere
ünteroehmungL-n die Schwingen tehlteu. Dazu kommt das Festhalten an
veralteten Methoden, z. B. im Weinkeltern, wodurch der Kanarier gegenüber
fortschrittlicher gesinnten Nachbarn ins Hintertreffen gerat Wenn aber diese
UmsOnde ledigUcb die banariflcihe BevOlteung betreffen, so werden die ana^
UndiMhen Fflanser von der GelUir mitbetroffen, daft dnreh die KoolcnirenB
coetaricaniaober nnd westindiseber Bananen nenerdings der engliaohe Harkt
für das kanarische Ilauptausfuhrprodakt schwieriger wird. So ist denn die
Landwirtschaft auf den Kanaren in einer ziemlich unbeMedigenden Lage,
und da die Inseln, soweit die Bevölkerung nicht vom Durchgangsverkehr und
den Fremden lebt, ^nm aut" Landwirtschaft angewiesen sind, diese aber der
(irenzp ihrer Ausdehnungstuhigkeit nahe gekommen zu sein scheint, auch im
allgemeinen geringe Rente abwirft, so muß mau in die Zukunlt dieser land-
eebaftlioh und klimatisch so herrlichen Grebiete recht trflbe bücken.
Bei dar namentUdi auf dem fladim Lande in Folge der niedrigen Tag-
ISbne nnd der aemlich unsicheren Emteertrige hemehenden Notlage ist es
wobl ▼erstilndlich, dafi sdMm seit langem ans den Kanaren, die im VerUUt-
nis zu ihrer wirtschaftlich ausnutzbaren FlBdie als geradezu übervölkert an-
gesehen werden müssen, eine starke Auswanderung sich eingestellt hat,
teils Tin Ii .Vrgentinien, teils nach Venezuela oder nach Puerto Rico und C'uba.
Gegcnwiirtig wird wegen der günstigen ökonomischen Verhältnisse in Cuba
die Auswandeniug dahin bevorzugt, wiihrend die nach Puerto Rico in Folge
der dort herrschenden Notlage ganz aufgehört hat. Meist aber kehren die
Eanarier, wenn sie in Amerika eine kleinere oder grSflera Summe erspart
haben, nach ihrer Heimat snrflck, um dort ihren Lebensabend m ▼erbringen,
denn mag auch manches Okonomisdie MiBgesdiiek Uber den Laseln lagern,
mag auch die spanische Begierung Fortschritt und kulturelle Erleuchtung nach
Möglichkeit fenihalten — nirgends doch, so denkt der Kanarier, leuchtet die
Sonne so waim nnd schön, ragen die Berge so stolz empor, blühen und
grünen die Blumen, Büsche und Bäume so frexmdlich wie in seiner Heimat'.
Mag sie noch so viel ökonomisches Unglück heimsuchen, für ihn sind die
Kanaren doch immer die „glückseligen Insein^\ das Land, in dem sich am
besten leben und sterben läßtl
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Panl VojeviC: Siedltiag«B d«r lerbiicheii Lftnd^r.
507
Siedluiseii d«r MrbiMheE Ltoder.
Von Fftnl Yx^&wU,
Sät 1903 sind in Belgrad in serlnsoher Sprache drei Bind« 6m großen
Werkes „Siedlungen der serbisolien Lftnder**'), gegrOndet und redigiert
Ton Prot Dr. JoT«n CTijiö, herausgegeben von der serbisohen Akademie
der Wissenschaften, erschienen — eines Wezkae, in dem der (Geograph, wie
der Historiker und Soziolog eine Fülle neuer, interessanter Tatsachen finden
werden. Die bisher erschienenen Bände enthalten 18 Spezialuntersuchungen
aus verschiedenen Teilen der serbischen Liinder (lO Serbien, 8 Bosnien und
Horzegoviua, 3 Montenegro, 2 Alt-Serbien) und eine einleitende allgemeine
ül)ersieht der „anthropogeographischen Probleme der Balkau-
halbinsel** aus der Feder von Cv^jiö.*)
Die Arbeit ist von langer Hand — mne methodtselie, mhige, langsame,
gut dnrehdaehte Arbeit. Die erste „Anleitung sur Dnrchforschnng von DOrfem
in Serbien und den flbrigen serlnschen Lindem'* erschien schon vor 10 Jahren.
SpUter wurde sie fttr einzelne Lli^er etwas modifiziert herausgegeben. Als
Mitarbeiter kommen Cvijiösche Schüler, dann die flhrige Intelligeuz^ insbeson-
dere Lehrer, in Betracht. So wurde bis heute ein großes Material gesammelt,
das im geugrapliisthen Institute der Universitiit Heli/rad redigiert und ein-
heitlich bearbeitet wird. — Da bisher in der geoLrraphisclien Fachliteratur über
dies>e wichtige Erscheinung nur wenig geschrieben wurde ^J, wollen wir hier
Probleme und Resultate, vornehmlich nach Cvijiäs Einleitung, auseinandersetzen.
Wie bekannt, tritt bei den anthropogeographischen Erseheinnngen die
Landschaft in den Yrndergrund, nebdh ihr sind andi das ethnische Moment
und der kultuidle EinfluB von Bdang. Ln erstm Kapitel der „Anthropo-
geographisehen Ftoblnne" werden in gedrängter Form die Beziehungen zwi-
schen den großen morphologischen Einheiten der Balkanhalbinsel und den
anthropogeographisclien Elementen behandelt-, es wird auf die Beziehungen
zwischen <len ethnischen Eigenschaften und den aritluopoge()graphi>rhen Ele-
menten hingewiesen; zuletzt werden die Kulturschicliten und die heutigen
Kultiu-kreise der Balkanhalbinsel und ihr Einfluß auf das authropogeographische
Bild verfolgt. Dabei werden von Ovigid vier Kulturkreise ontevscfaieden: der
byaantiniseh-aromunisohe; der patriarchale, in dessen Bereiche ser-
bische nationale Zentren sind; der italienische und der mittelenropS-
ische. Aussnscheiden wtre noch der tftrkische Ealtnrkreis, der sich
l) Naselja Brpskih zeniulja. Kasprave i gra^jft- Uredio Dr. J. Cvijiö.
Knjiga I. (.Siedlungen der serbiächtiu Länder. Kedigiert von Dr. J. Cvijiö. Bd. I.)
Belgrad 1909. CCXXXVI + 497 8. Attas. — Dass. Bd. II. Ebda. 1908. ni -f-
1297 S. 54 Skizzen im Text u. Atlas Heft II. — Dass. Bd. m. Ebda. 1«06. VII -j-
864 S. db Skizzen im Text und Atlas Heft XIL
8} Jovan CTiji6. Antropogeografsk! problemi Balkanskoga po-
Inostrva. Naselja srp. zem. Bld. I. S. I— CCXXXVI.
3) Eine kurze Anzeige von W. (Jötz: Serbische Siedelungskunde. F. M. 1905.
S. 07—69. Ausführlicher: J. KrdeljanoTiö. Lea Stüdes de geographie humaiue
en pajB seibe. AnnaL de göogr. 1906. 8. 494-^89.
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Paul Vujevie.
nur anf die niohummedanische Bevölkorang beschränkt. Auagepr> ist auch
der Einfluß wirtschaftlicher Verhältnisse, nnd es ^^flssen zahlreiche anthropo-
gou^rraphische und ethnographische Erscheinungen auf diese ökonomische oder
materielle Basis zurückgefiihrt werden".*)
Über die ursprünglichen Besitzformen und den Ur^rong der Dörfer,
sowie Hbfr die Betitinabme wissen wir mohts, aber wir haben im Oebiete
der patriarchalen Knltar noch heute AnbaltQ^nnlcte, die nns die urspi-üng-
liduD Verb<nisse eiWren kOnnen. — ürsprOnglich konnte sieb der Bauer
so wUA Grand aneignen, als ihm zur Bebauung nnd Bearbeitung nOtig war.
Auf diesem Komplexe haute er das Hans inmitten seines Gutes. So ent-
standen Einzelhöfe, jener Typus, der im Westen der Halhinsel vorhen-schend
ist. firiechische Autoren aus der Zeit -lustinians erwähnen, daß l)ei den
iSüd-81awen der zerstreiite Dorftypus vorkommt. — Das ültrige, vom Stamme
eingenommene und nicht bebaute Gebiet konnte wahrscheinlich ein Stammes-
gut — die Almende — gewesen sein. Obwohl uns dafür Dokumente fehlen,
ist es interessant su sehen, dafi wenigstens Beste davon in Mittelalter er-
kalten waren, und im SW (Drobigak — Nordost-Montaiegro, Skop^aer Kara-
dagh, Dibra-Gebiet), wo noch Biftnune existieren, audi beute die iboimifiko
als Stammesgut vorkommt; und daß in Serbien, nach der Bevolution, an-
fangs des 19. Jahrh. dieselbe freie (irundnahme — als ursprüngliche agra-
rische Form — nu'iijlirh war, oliwohl unter dem serbischen mittelalterlichem
Staate und der TürktMihtM-rscliaft andere wirtschaftliche Verhältnisse waren.
"Die "kütnnnice {romtntoiL'i = ein allgemeines Out) oder die herzfgnvi-
nischen uiera (arabisch = Weideplatz) sind spezieller untersucht. „Die komu-
nice sind gemeinsame Grundstücke, Wälder, Weiden nnd Mflhlen eines Stam-
mes, eines Dorfes oder einer FamiUe**, „alle haben das Bentttanngsrecht auf
tief*,*) Das ist die „Stammftskcwnnnica", die dnreh spitere Teilnngm sn den
„gemeinsamen Dor^tam** nnd der sogen. 6raMMi«>>(FajDilien-)l9(WMinN^
fBbrte. ünter solchen agrarischen Verhftltnissen entwickelte sich bei den
Stammesgenossen mit der Zeit ein eigenes usuelles Recht, in dem es heißt:
„Ein jeder Stammesgenosse oder ein jeder Bauer hat seinen Teil in der
honvmica, doch weiß er nicht wo dieser Teil ist, darum kann er sich iha
nicht aneignen.""*) Das Recht auf die hntnimcu kann kein Bauer verkaufen
und kein Zuwandtrer hat Recht auf sie. — Etwas verschieden ist die
Organisation der mtra. In der mira hat ein jeder Bauer, der eigenes Feld
in der Dorfinarknng bat, seinen AnteiL Jeder weiß, wo sein Grundstock
im Falle der mdra-Verteilung idbre, nnd mit der Bewilligung des gansen
Dorfes kann er sich ein, seinem Gute nächstgelegenes, Grundstttck aneignen.
So gehen sie in einigen Teilen Henegovinas in PriTatgütor Ober/)
1) Cviji6 a. a. 0 S. XLIIT
2) 8. Xomi6. Drobigak. Autropogeogr.iapiÜvai^a. ^ase^a srp. zem. Bd.I. S.396.
S) Tomiö a. a. 0. S. 896.
4) Seit der Okkupation misdit sich die ögterreichiBche Regierung ein und sie
verkauft die mera an einzelne Bauern. — Siehe: J. Ded ij e r, UUe^eke Rndine. Antropo-
geogr. ispit. Naielja srp. zem. Bd. II. S. 696 ff. — und auch: 0. Gjnri6-Kozi6»
Suma, Povxf i Zupci u Heraegomi. Ibid. S. 1184.
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Siedlungen der aerbischeu Länder.
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In Weit- nnd StldwMt-Sezbien, Ost-Bosnian und Obep>K«rebra finden wir
auch etwas anderes, was auf ursprfingliobe Siedlungen anzuwenden wäre.
Die heutigen Dörfer nnd Einxelsiedlungen in diesen Gegendon zei^^en, dafi
sie im Rodelande entstanden sind. Durrh die Tatsache, daü in frühpr^n
Zeiten der Waldbt'Stand viel «größer war, wird die Annahme, daß ursprüng-
liche Niederlassungen ebenfalls im Kodelande entstanden, sehr plausibel.
Seit dem 14. Jahrhundert haben wir sichere Daten über das Dort, in
einzelnen Qegoiden hatte da« Dorf die ursprüngliche Bedeotang der „Nieder-
lassung" mit einer sdiwankenden, gans geinigen HftnsenaU. In den SSentral-
gebieten des patriardhalen Lebens (im Lim- und Tara-Gebiet, in Teilen der
alten Baika, dm KeretTa-Proyinsen u. a.) dedrt sich selbst beute der Begriff
de> ,J>orfes'* 80 «—"1»«^ mit dem der ..Niederlassung", SO daß es z. B. in
einzelnen Distrikten von Montenegro noch Mitte des verfloesenen Jahrhunderts
keine Dörfer gab; sie hatten weder Namen noch Tlrenzen; man sagte einfach:
f^ch bin aus dieser und dieser Nafiija^'^ (= Distrikt i.
Es konnten aber die ursprünglichen Verhältnisse auch anders gewesen
sein. Jeder partizipiert an mehreren, ungleich werten Grundstücken imd baut
sieh das Hans an einem ansgewShlten Orte, dafi alle Hluser nahe sind. 8o
entsteht der kompakte DorfiTpiis, der auf der Balkanhalbinsel im Sflden nnd
Osten, im Bereiehe der bytantinisftb- Momnnischen Enltor, vorkommt. In
Süd-Serbien, Alt-Serbien und Maketlonicn war im Mittelalter der heutige Be-
griff des Dorfes bekannt. Damals existierten selo (Dorf) und easdije (Weiler,
ein ombryonales Dorf), aus dem durch Anwachsen der Häuserzabi oder durch
ZusaniMienziohen mehrerer zaselijr zu einer administrativen Einlu it das srio
entstand. Das Dorf im Sinne einer Nioderlassung ist heute dort unbekannt.
Nach dieser Darstellung wollen wir uns den Typen der Dörfer zu-
wenden. Diese bftngen sehr von den lokalen topographischen Yeililltnissen
der Landsehalt ab. Schon wenn wir die Lage der Siedlungen betraditen,
werden wir im gxofien gannn eines grofien üntwsehiedes swisehen dem
Westen nnd Osten, den wir früher gestreift haben, gewahr. Im Westen sind
die Siedlungen auf den iSebiigsflanken mit zerstreoten Hftusem, dort in T&Iem
mit nahen Häusern gelegen, soweit nicht in beiden Fällen die Plastik, klima-
tische oder hydrographische Verhältnisse zu abweichenden Tvpen zwingen. Die
Unterschiede werden wir näher bei den beiden liaupttypt n ( I und III) besprechen.
Der 1. Typus (^Starovlaski) hat mehrere Varietäten und stellt einen
unmittelbaren Übergang zu den ,,Niederlassungeu" dar. Sein Verbreitungs-
gebiet umgrenst i|Dgef)Üir die Linie: Saveniedemng, das Mbravatal, die obere
Toplica, Kosovo, Metohya und Albanien bis Elbasan. Liseln kommen im
Balkan, der Srednagora und dnn Bhodopegebirge vor. — Das Dorf nimmt
in diesem Gebiete sehr große Areale ein (oft einige qkm) nnd ist meistens
auf milderen, nicht sehr hohen Gebir^sflanken, seltener auf abgenmdeten
Kuppen gelegen; jedoch steigt die absolute Höhe oft weit über 1000 m
hinauf (Drobnjak 11 — l.'jOO m, SW-^^erbien Ibarlauf 12O0 m). Immer ist
es im Kodelande gegründet, auch wenn fs — nusnabmswrise — in der Ebene
(NW- Serbien, der Saveniederung) vorkommt. — Die Häuser sind bis zu
1 km von einander entfernt und in ihrer Anordnung leigt sich keine Begel-
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Paul Vujevid:
mftfiiglrait Rings um das Hans liegt das Gut der Ftunilie (oder doch sein
grBfiter Teil) mit einer großen Ansahl Ton Nebengebäuden. Das Dorf wird
in taselak, dieser in mahala oder ditmnt eingeteilt. Der heutige zaselak ist
ein geographischer HegrifF, ein so günstig p<'!r<j'ener Tril des Dorff^s, daß er
eine selbständige Einheit bildet. Di'wat i-^t eine familiäre Einheit: der Name
bezeichnet mehrere Hiiiiser einer Familie, die in <ler Nachbarschaft wohnen.*)
Durch die Vermehrung der Einwohner oder durch Einwanderungen werden
zwischen den alten neue Häuser interpoliert, die Einteilung auf gasdiik und
diemati geht langsam yeiloren, das Ihvt wird etwas kompakter; es bildet
sich aber nie dw kompakte Dorftypos. Li diesen Oelneten wohnen meist
Viehsfiditer, sie brandien Plati nnd wandern lieber ans, als da0 de gediingt
leben müssen. Dieser Typus ist, wie eingangs erwfthnt, durch die Plastik des
Beedens, durch Wftldeireichtnm des Nordens der Balkanhalbinsel, zum Teil
dureh die Lebensweise nnd gesellschaftliche Organisation bedinju''t, es scheint
aber, daß bei der Bevölkerung auch eine ethnische Prädisposition') ftir diesen
Tyj)us vorhanden ist.
Andere Typen sind hur seilen; wo sie vorkommen, ist eine andere Be-
TOlkerung, Einfluß anderer Kulturen, oder eme andere Flastikf s« B> der
Karst, EU erwarten. Wo w einsetit, kommen in Bosnien und der Hene-
gowina iRnnpaktere Dörfer vor. — Einen Übergang zum fannpakten (OL)
Typus zeigen die Dörfer der äumad\ja, weiter der FlOsse I^nboraida und
Luinica (SO-Serbien) ; die Dörfer der Baika nnd des IbargsMetes fuhren
zum nächsten Typus über.
T)pn n Typus i VlnsinsJii)) erklrut die Plastik. Der Typus ist auf ein
kristallinisches, <^ranitisehes oder jungeniptives Gebiet beschränkt. In die
kristallinischen Schiefer nagt sich der Fluß tief ein, die Erosion ist stark
und das Terrain sehr zergliedert und zerstückelt. Das Dort' erstreckt sich
daher Aber mehrere Berge und ist an den OebirgsSanken erwadisen, die
zur Behanung geeigneter sind als die engen Tsler. Das Dorf ist in dhmate
oder mahale eingeteilt Jeden Berg exploitiert eine f^umilie, ein diemaL
Die Häuser in einem diemat sind sehr zusammengedrKngt. Interessant ist,
daß im Geljiete der Pcinja bis vor 80 Jahren alle Dörfer kompakt waren
und durch späteres Auswandern fast durchaus zerstreut geworden sind.') —
Der Typus kommt um Vla.siua. Znepolje, Köstendil, Osogov und Pcinja vor.
Der III. Typus {ShopsLi) dehnt sich über den ganzen Süden und
Osten der Halbinsel, über Süd-Albanien, Ost- und Süd-Serbien aus. Das Dorf
liegt in den Ebenen und Tälern^), die Häuser drängen sich eng zusammen
1 S. J. Erdeljanovi^-. Doige Dngafevo. Antxopogeogr. pnm&avaiga. Na>
se^a 8rp. zem. Bd. h S. 42.
S) Die ethnische Piftdigpoaition sehen wir in den Dörfertypen der ümg^ebung
von Belgrad, wo die Bevölkerung aus verschiedenen serbischen Ländern zugewandert
ist und neben einander wohnend verschiedene Dörfertypen hat. — Siehe K. Nikoliö.
Okolina Beograda. Antropogeogr. ispit. Nase^ja srp. zem. Bd. IL S. 918 -19.
8) R. Nikoli6. Yraiqdm Püiga u sliyn juine Morare. Naselja srp. son.
Bd. ü. S. 119-20.
4 In der Skopaka Cmagoca liegen die DOxfer an der Qzenze zwischen Feld
und Wald.
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Siedlungen der serbischen Länder.
Öll
und der Dorfumiifi ist mehr oder weniger nmdlieli. Di« Hftiuer nnd so ge-
drlDgt, dftfi es von fenie gesehen den Schein hat, als ob das eine Haus über
das andere gebaut ist, und daß die Dächer miteinander verbunden sind.')
Das Gut liegt auberhiilb des Dorfes, zu Hause betindot sich nur das Not-
wendigste. Dichtere Häuserhaut'en , welche einer Familie angehören, nennt
man mtihahi. Sie tragen den Namen der Familie. — Das Dorf wächst von
auüen, durch Agglomeration, auf.
ZaUieiehe Obergänge fthren zum lentreuten Typus über; in den Be>
rfihnmgegebietoii der beiden, wie am Kosovo imd der Metohija treten rie
neben einander, hinfiger jedoch ist der kompakte Typus.
Unter dem Elnfliuse der neuen Knltor ist der IV. Typus {MmBvmu^
jasrnifki) entstanden; er kommt nur in den nördlichen Grenzgebieten vor.
Die Gassen sind lang und geradlinig, die Häuser etwas in den Hof ein-
gezogen und die Entfernung zwischen zwei Nachbarhäusern ist oft sehr groß.
— Die Gassen schneiden sich unter rechten oder auch unter spitzen Winkeln.
V. Eine künstliche Einheit, aus dem bekannten Agrarsystem hervor-
gegangen und unter dem Einflüsse der Osmanlis entstanden, stellt der cUluk-
Typus dar (Mtät ^ dnrch Erbschaft gewonnener Grund), typisch in den
tüiUsehen Proyinsen, aber anch im OUrapationsgebiete vorkommend. Das
nDorf" ist onem PSrallelogramm Ihnlich, dessen Seiten ans Urinen, meist
einteiligen dtpi^a- Wohnungen {äpöija — üüük seine Bewohner) bestehen^ die
alle unter einem Dache sind. In einer Ecke sind die Wohnräume des Beg,
selamhik (Empfangszimmer) und harcniluk (Frauenabteilungen); in der Mitte
des ciUuk steht ein öardnk (Balkon) und neben ihm der Tretboden. — Das
Dorf besteht aus mehreren citlnks.
Dieser Typus hat ims der Betrachtung von Hausformen näher geführt;
jetzt wollen wir sie besprechen,
Das Hans — hi6a — hat auf der Balkanhalbinsel drei verschiedene
Dentongen; es bedeutet: 1. jenen Baum, wo sidi der Herd befindet — die
nrsprflngliohe kuAt\ 3. das gaoae Wohnhaus; 3. alle Gebinde eines Gehöftes.
— Das ursprüngliche Haus der Serben, und wie t s scheint aller Sfld«Slawen,
war einteilig. Der Begriff eines solchen Hausee und Formen, den ursprflng-
lieben nahe verwandt, haben sich in einzelnen gebirgigen Gebieten, z. B. um
den Flub Ibar und die Sarplaniua noch erhalten. Das ist die konustormige
sibara. siljtu^a, luhnra usw. Sie wird aus Stäben und Pfosten gebaut und
mit schlechtem iieu bedeckt. Nach oben konvergieren die Balken, treffen
aber nicht susammen — dieser Banm bleibt lllr den Baach offen, l&a»
kleine Tflr fOhrt hinein in den kanm 2 m breiten Banm, in dessen Mitte daa
Vener brennt. — Frflher waren solche Htitten sehr verbreitet*), jetzt kommen
sie nur noch als Hirtenwohnnngen vor, und man nennt sie in Montenegro
und im Novopasarski sandSak dulrirog oder aavoriak; „bei den armen Be-
1) S. S. Tomi6. Ökopska Cmagora. Naselja srp. zem. Bd. HI. S. 414 u. 434.
S) Bis vor llbifkig Jahren waren sie im Ibaxgebiete die auMcUieSliche Hane-
form. Heute sind de seltener, doch gibt es kaum einen zaselak, in dem sich
nicht eine ktlja vorfände. In den letzten Jahren Teracbwinden sie merklich. —
S. R. Ili6. Ibar. Naselja erp. zem. üd. III. S. 579.
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Pftul Vajeviö:
wohnern der Hocbebene (zwischen Lim und Tara) aber, sind die savardak»
dia aosschlieBlichen Woboimgen^^^) Einige Iiaben prismatiscbe Formen.
Erst spater bekam das Haus seine hentipe Form (Wände, Dach usw.V
Der Norden und Süden gaben auch dem Hause ihr charakteristisches Ge-
präge. Im Süden der Halbinsel überwiegen steinerne Häuser, das Haus ent-
wickelt sich in der vertikalen Hichtung; im Norden, wo ein reicher Wald-
bestand ist, wird das Hans Ton Höh gefsitigt, anfisideiii sisbt man Tisl
Flecfatwerk oder ungebraiiiite Ziogel; di« Entwiddnng des Hamas geht in der
HorisontaleiL — 8ehr Tersohieden ist andi das Material der Huisbededniiig,
die Höhe des Daches h&ngt im wesentlichen davon ab.
Die Differenzierung kann erst mit der Entwicklung der Nebentttnme
beginnen. „Unter dem Einflüsse verschiedener Baumaterialien, verschiedenen
Klimas, verscliitHlouer ökonomischer Entwicklunj: und sozialer Verhältnisse,
wegen der etlinnt.'-raphischen Mischungen und vornehmlich in Folge ver-
schiedener Kulturen entstehen spezitiache Häuser einzelner Gebiete"*) — es
entwickeln sich Häasertjpen.
L Das westserbisohe Haus (des Stari Vlah uid der Önmadija) ist an
den serstreuten Dorftjrpns geknflpft. Die Zahl seiner Nebengebiode ist gro0
und Tariiert «wischen 15 — 20. — Zwei Typen sind hier sn nstersohsiden:
1. Das einteilige Haus ist ein Balkenhaus (brimara). Je nach dem Ma-
teriale der Bedeckung nannte man es auch kidada, slamara, Hndralija. Im
Dache war eine kleine Öffnung für den Hauch, die hadia. oder auch der
hölzerne, mit einer konischen Kuppe bedeckte Ilauchfang, kajnc. angebracht.
Ein solches Haus war vidfaih transportabel und erst später bekam es ein
solides, gebautes Fuudainenl. Manchmal zeigt dies Haus schon Anfänge der
Bntwioklang: kleine, separierte BixunOi die als ^peis^ammer (oifoea, Sia)
dienen, die spftter in dM Schlafidmmer umgewandelt werden and den Namen
soba oder odo^ (Stube) erhalten. — So ratwiekelt sieh ans der brmiara^
die in neuerer Zeit in «ajoll (s. unten) umgewandelt wird, 2. das zwei-
teilige Haus, das aus yerschiedenem Material gebaut wird: das „HauS**
{ku6a) besteht aus Balken, die Stube («o&a) aus Flechtwerk. (Der Typus
der polubrvnara-polucatmara.) Das Innere eines solchen ist überall gleich.
Jener Kaum, wo der Herd steht, in den der Eingang füiui; und in dem man
schläft, heißt kuca. Der Herd ist nahe der Wand und durch ihn wird der
Ofen in der Stube geheizt Nur über dem Herde trifft man im „Hause"
«neu kleinen Boden (ierm)^ und es seheint, daß aus ihm der wiridiehe Boden
entstanden ist Weiter erstreckt er sieh Uber die ganze Stabe. In die htöa
fahren immer swri gegenüberstehende Türen, und in die Stube kann man nur
aus dem ,^ause** hinein. Vor dem ,3>^use" trifft man oft eine VoiliaUe»
irem, <ya/, dolsai genannt.')
Spezielle Nebengebttade dieses Typs sind: wi^at oder tgrada, für verhei»
1) P. Mrkonji6. Sred^je Polim^e i Potaije u NovopaMurskom sandiakn. Na»
i^a Bri). zem. Bd. I. S. 291.
2; Cviji6 a. a. 0. S. CIV
3) Wir mäflflen erwähnen, daß die einzehieu Hüumlichkeiten im Huuso, ebeoao
wie Nebengebäude, in venchiedenen Gegenden Tenehiedene Benennungen haben.
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Siedlungen der lerbischen L&nder.
513
ratete Mitgli«>c]> r der Familie und für Mädchen. Sie haben in diesen Ge-
bieten die Holle des Zimmers; in den vajati 'wnrd geschlafen und gearbeitet,
aber in ihnen brennt nie Feuer. Die vajati stehen neben einander in einer
Reihe, jeder besteht nur aus einer Räumliehkeit, vor welcher sich oft ein
breiter Gang befindet. Weiter hat eiu jedes Haus seine Milchkammer, Ställe
n. Becht Tenehieden ist d» MoraTfthavs (in Oaft- und Sfld-Serbien
und in der ümgegend Ton Skop\je)i deasen Auadehnnngggebiet sidi mit dem
kompakten Dorftypus deekt — Um du Haus benim ial «a Ueiner Hof mit
/wenigen, unbedeutenden Gebäuden. Das Haus selbst ist plump, bat oft
einen quadratischen Querschnitt ' i, wird aus Flechtwerk oder ungebrannten
Ziepeln gebaut und mit Dachziegeln oder schlechtem Heu bedeckt. Der
Kauchfaug wird gellocliten, nach oben nimmt er an Breite zu und ist nicht
zugedeckt; man nennt ihn golnijhivi („den Bloßköpfigen'*). Das Haus ist ge-
wöhnlich dreiteilig: „Haos^^ Stube and Vorhalle.
m. Du bosnische Haus dehnt sieh nach SO bis Novi Puar aus.
Zum ttberwiegenden Teil ist du Baumaterial aus Holz, erst in neuester
Zeit haben sieh Fiechtwo-k und Zi^dl eingebürgert. Du Haus ist eben-
. erdig und der Unterschied zwischen ihm und dem westserbischen Hause be-
steht darin, dafi das bosnische Haus unter dem Dache ein oder mehrere
Gastzimmer hat, also schon AnfSnge der vertikalen (Jliederung zeigt. Das
Dach ist hoch und gewöhnlich aus Schindeln, den Bauchfang vertreten be-
wegliche Kauchhicher.
Weiter im Süden herrscht das steinerne Haus und umfaßt alle Teile
des mediterranen Klimas. *
IV. Im Gebiete des hersegOTinisch-montenegrinischen Hauses*)
dient als Baumaterial der Stan. Die Hofttfttte ist klein, und die Zahl der
Nebengebftnde gering. Du ebenerdige Haus nennt man hier jpoMiM^^^uja.
Das liocbgiebelige Dach ist aus Roggenstroh, der Rauchfang fehlt, tlber dem
Herde ist ierjen. Wichtig ist, daß der Herd und die beiden Betten, alle
nahe einer Wand, von hrra rossa 20 — 30 cm hoch, gestampft sind. Nicht
selten ist das Haus einteilig JcnJibd, stajaca ku6a. Später wird es mit Flecht-
werk in zwei oder auch mehrere Teile geteilt.
Das stockhohe Haus wird kula (^Turm) genannt Das „Haus" ist oben
und unten die tsba — eine Getreidsfatnuner, oft mit
kleineren Abteilungen IBr du Vieh. — bt nur d«r / , >.
untere, d«n Tale lugekebrte Teil des Hauses stodc-
boeh, der obere ebraerdig, so bekmnmen wir den
Typus der hu6a na delici. Unten ist die ifda. Ober
ihr befindet sich die Stube, in die man nur aus der
ebentM-digen kn^a hinein kann. Alle stoekhohen
Häuser haben Fenster, Schornsteine und plattenbedeckte Dftcher. — In den
1) S. St. MijatOTiö. Temni6 (das Moravagebiet cwischen PmmU&i, KmieTac,
Trstenik). Naaelja srp. zem. Bd. III. S. 258 rt.
2) S. Tomi6, Drobiyak a.a.ü. S.411ti.; Dedijer a.a.O. S. 723ff.; 0. Ujurii-
Ko%i6. duma, Povii i Zupoi u Hezsegorini Nsnelja srp. zem. Bd. TL S. 11281f.
OmsimpUmIm MltdirUl. la JatefMtf IMa aHaft 86
Stube
izba
ka£a
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viel annseligeren Haiisern des Limgehietes entspricht der i:ba die magaza
(sie ist aus Stein, das ohere Stoikwerk aus Holz gebaut)) die dem ältesten
HausinitL'li"'«! als Bchlaf/iinmer dient.*)
Ena cliarukteriätiäches Nebengebäude in diesen Gebieten ist die immer
ttockhoeli gtbant» W/onkß, Dm ist ein Stall für das Eleinvieb; onten ist
das Vidi und oben das Fatter. — Der Tretboden {^AmM) ist hier grofi,
schon und 1 — 1,5 m hodi nnmuniert. Saue HauptroÜe ist sa einer Neben«
roUe herabgekommen; er ist jetst der Taazr mid Sammelplati der Jugend
geworden.
Das Haus des Stammes Vasojevidi in Montenegro, welches aus H0I2
gebaut ist'U stellt einen Cliergang zum westserbischen Hause dar
V. Das niake<lonische Haus ist immer grob. Das ebcuerdige Haus
ist zweiteilig, im Gebirge von Tlechtwerk, in den groben Becken aus un-
gebrannten Ziegeln gebaut. Interessant ist hier, dab der Eingang in die
pondUa oder o6or, wo das Yieh gehalten wird, flkhrt Sie ist vom „^use**
dnrch eine 1.5 m hohe, gefloditene oder bretterne Sdieidewand getrennt. In
der Mitte des „Hauses" steht der Herd; beiderseitB desselben sind Schlafistellen:
«alhtnih (ür altere Familienmitglieder und katiSte, die Schlafttelle der Jagend«
— Oft betindet sich vor der pondila eine Vorhalle. — Das stockhobe steinerne
Haus zählt vii'lc Fenster und Sohürnsteine. Das untere Stoctvverk nennt
man di-- potulUa , mit Abteilungen fiir «las Vieh, Getreide und Sj>eisen ;
im obeii ti Stockwerke ist dit- trriibte Hiiumliclikeit jhAolnu. eine Art Emp-
fangszimni« 1, und ringsherum sind die VVohnziuiiuer. — Die Zahl der Neben-
gebaude ist gering.
In allen besprochenen Gebieten hebt sich das mohammedanische
Hans reicherer Leute hervor. Sein Inneres ist sdiwer sn stodieren, aber im
ganzen Aussehen und in der Einrichtung des Sauses ^^en ttch orienta-
lisohe Einflüsse. Einige Beohachtungen Aber dieses Huus sind in der Herze*
govina gesammelt.«) Der Hof ist ummauert und in ihm erhebt sich das
Haus, immer stockhoch, rntcn ist ilio Speise- und Getreidekammer, im
oberen Stockwerk die Wolm/imnu r. Eine Ixilzerne Sti>'ge führt auf die divau-
hana, einen gesdilosseneu Gang längs de> ganzen Stockwerkes hinauf, und
Yon dieser führen in jedes Zimmer separate Türen ein. In jedem Zaunier
ist dne Badenische, kammidiik, angebrachl In swd benadibMrte Zimmer
llihrt Iroine direkte TOr. Das schönste Zimmer, mit einem geAb4>ten, ge-
schlossenen Balkon ist der Mak, gewOhnlidi das Gastsimmer. Jedes Terhd*
ratete Hausmitglied hat sein Zimmer. — > Reichere haben auch harem (Frauen-
abteilungen) und hmah, lavotliak, musa/irana (Gast- und Heneniimnier), an
denen sich viele, schöne, schlanke Rauchfänge erheben.
Auf alle Nebengebiludo . deren mehrere recht interessant und fiir ein-
zelne Gebiete charakteristisch sind, sowie auf Ein/.eihciteii der Einrichtung
können wir hier nicht eingehen. Wir beschränken uns nur auf grobe Züge
1) Mrkonjic a. a. 0. S. 2H5ff.
2) S. B. Lalevic und J. Protiö. Vasojeviäi a craogonkoj gnnici. Nase^a
8rp. zem. Bd. II. S. 526 ff.
8) 0. Gjuri6-Ko8i6 a. a. O. S. IISS—ST.
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Siedluugeu der serbischen Länder.
515
und selbst die mitgeteiltoi ^ypen müsseii noch, nach Ansidit Or^fids, ntthw
untersucht und etwas präzisiert werden.
Kura möchten w^ir die verschiedenen Gebiete und Arten der Viehzucht
bes] Hachen. Die Viehzüchter sind namentlich in den Gebirgen der Halbinsel
zerstreut. — Typische \'if hziu-hter und sich ausschließlich luit der Viehzucht
beschäftigend sind die uoniadisehen Zinzaren, die sich selbst „Aromunen"
nennen, von den übrigen Balkan-Ölaweu Cruovunci, Kucovlasi usw. genannt
werden. Ihre Verbreitungsgebiete sind Pindus, Epims, Akamanien, die make*
doniscihen Gebirge; gegen Norden werden sie seltener. Ihre Hutten sind gana
den »hare fthnlich; in den sfidliehen Gebieten sind de ans Fleohtweik,
man nennt sie mandra. Sie sind vieredag and stehen in Beihen, gassen-
ähnlich, da. Es gibt viele Obeiginge von diesen zu den echten Dörfem.
Im Herbst ziehen die Aromunen in die Täler und großen Becken iH-rnnter,
wo sie überwintern. — Auch weiter im Nordwesten, im Zentrum der patri-
archalen Kultur, ist die Huuj)thesehilftigung der Einwohner die Viehzucht,
und so kommt es, daß hier die Bewohner Winter- und Soinititi Wohnungen
haben. Die Albanesen des Nordens haben ihre Dörfer im Bujanagebiet,
am Ktlstenlande oder anf niedrigeren Gebirgen. Die DArfer sind im Sommer
ganz verddet, ihre Einwohner befinden sich dann im Gebirge, auf den weit-
entfernten, kleinen, steinernen mandra oder baäkt. — Manche Stimme der
montenegrinischen Berge haben ihre IbaUme, immer auf dem Gebiete des
Stammes. 10—30 Sennhütten, auf Höhen TOB löOO— 2600 m, 5 — 6 Stun-
den vom Dorfe entfernt stellen einen Jcatun zusammen. Die hölzerne Hütto
der hniane ist zweiteilig: vorne ist der ,.Herd" ("ffnjislr), hinten die Milch-
kaninier {mlijrcnjdk}. Ende Mai zieht mau ins Gebirge, mir ältere Mitglieder
der Familie bleiben zu Haus. Gegen Ende August müssen die Senner niedri-
gere, gesohütstere Gebirge aufsuchen (man nennt den Vorgang sdig, syavale)
und kehrai Mitte Oktober in ihre Winterwohnungen xarftck. — Etwas ab-
weidiend ist die Art der Bewohner der niedrigen hersegovinischen Sw
mina-^) und Suäina-') Gebiete. Den Winter Terbringen die ViehsQehter
um das Dorf hemm, um Anfangs Juni in das Hochgebirge von SO-Bosnien
und der Henegovina, auf ihre (orine und jnnjila, hinaufzosiehen. Hiw,
3—4 Tagereisen vom Dorfe entfernt, an der oberen Waldgrenze, auf Höhen
von l.'>r)() in, nahe den Quellen. })efinden sich ihre staninr - kleine steinerne,
mit Stroh l)e<leckt»^, meist eiiir;iuniige Hütten. In der Seun-rei sind W(it>er
{stopankajy Madchen und Kinder, aufgewachsene Leute selten. - Für alle
Yiehanchtgebiete ist die Uwne, bewegliche, auf den Schlitten gelegte, manns-
große Htttte fBr den Hirten, Imöer, kuiara, diarakteristisch.
Die hakme und torine sind aneh deshalb sehr wichtig, weil sich aus
ihnen vielfoch wirkliche Dörfer entwickln. Sie alle tragen den Namen des
ursprünglichen Dorfes ans dem sie hervorgegangen sind, haben gemonsamen
Püarrherm, Friedhöfe usw., wie z. B. im Drobigak-Gebiete.*)
1) Summa ist das henegonmeehe Küstenland.
2i Rudina, das Gebirge zwiHchen Trebinje, Hilef bis (Jacko.
3. S. Toniir. Drobnjak, a a <». S. 451 — 61. — Ausführlii her über die \ ieh-
zucbt hat Dedijer a. a. O. S. 762—767 und Wid a. a. U. Ö. öÖO— öyö geschrieben.
86'
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516
In Serbien stellt die Viehzucht nach. Wir werden nie gaOM Dörfer
ins Gebirge ziehen s<'hen, es sind immer verstreute Kinzelsennereien (stati).
In Ost- und Süd-Serbieu hat sich eine alte Pniduklionsart, das früher sehr
bekannte bacevanje noch erhalten. — Charakteristisch als Sennhütte von NO-
Serbien ist die pcjjata, interessant deshalb, weil ihr in dieser Gegend vielfach
die Boll« dfls Haimiw loftllt Ihre Yerhrntung fällt mit der der Rnmliiem
in Serbien lOBUomen.
Die Stftdte auf der Balkanhalbinael sind auf größeze, geographische
Bedingungen angewiesen und entstehen nur an begünstigten Stellen; ob sie
sich auch erhalten und entwickeln werden, hSngt vielÜMJh Ton der histori-
sehen Entwicklung und den kulturellen Einflüssen, dann auch von den wirt-
schattliclien Verhältnissen des Hinterlandes u. a. ab. (Jrößere Städtereiben
sind an wichtigeren Flüssen und Verkehrslinien (Morava — Vardar und
Morava — Nisava — Maricaj gelegen, in Albanien sind sie au die alte Via
Egnatia gebunden. Li Makedonien und Alt-Serbien sind die meisten StAdte
in doi Bedien oder an den Seenfomi in den ^rstllndem als Okonomisdie
Zentren der Poljen, entstanden. Nnr die sinnrisehen StSdte (KmioTO, Klisnra,
Neveska usw.) nehmen eine Sonderstellung em, indem ns ndi auf grofiea
Höhen befinden. Sie sind unabhängig von der Natnr, ihre BeTölkemng Ta^
dient das Geld in fernen Ländern.
Wenn man die Geschichte heranzieht, so siebt man, daß es „von den
Kulturzentren auBerhalh der Halbinsel ahhäufrig ist. welche von den Kommurji-
kationsarterien eine größere, oft ausschließliche Rolle spielen wird, und welche
Seite und Küste der Balkanhalbinsel ihre „Stimseite^^ oder kulturelle Seite
smn inzd**.*) FMher, als die Inüturellen und Andeliseotreii in Ittlien lagen,
blühten die Stftdte der Adiia, Ton denen die HandelsstraBen in das InnerB
und gegen BTians fthrten, seitdem aber die Zentren nadi Norden gerObkt
sind, hat die meridionale Linie Belgrad — Salonique und Belgrad — Konstan»
tinopel die führende Rolle flbevmommen.
Das ethnische Moment spiegelt sich in der Zili! It-r Siedlungen. Bei
den Türken, Zinzaren und (iriechen ist die Zahl größerer Siedlungen viel
bedeutender, als beim s» rhisi lien Volke.
In den Städten nahe um Meer und unter dem italienischen und b^-zan-
tinisch-azomnnisohen Koltureinfluß überwiegt das steinerne Material; die
Häuser sind hoch, die Oassen eng und steil. Im ^em der Halbinsel wird
andi in den Stftdten, besonders in denen des Kordwestena, das Hola als Ban-
material Tervendet Die Wohnh&nser sind im Hof, der Hof ist nnunauert,
die Gassen gebogen und eng. Der Sammelpunkt des Offentlidien Lebens ist
die öirsijd (der Marktplatz). — Cv^ic hat folgende Typen unterschieden:
den dalraa 1 i n i seh - venetianischen, den albanischen und den grie-
chisch-metlit erranen Typus au der Adria. Die by/antinisch-türkische
Gruppe zählt die mei.sten Städte im Innern der Halltinsel zu deu ihren.
Das Charakteristische sind hier die carsija und der große Schmutz; dagegen
zeichnen sich die hochgelegenen sinsarischen iariije durch musteiliafte
1) Cviji6 a. a. 0. 8. LVIIL
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Siedlnngen der serbischen Lftnder.
517
Reinlichkeit aus. Die Stldte des Nordwestens konnten ikxe 8elfaetftndig-
keit, Tersehiedener Kmltoreinflttose halber, nidit bewahren; verbrntet sind
die Begriffe der piMiw, sowie der 6ari^
Ein sehr interessantes Kapitel, mit neuen Ideen nnd Methoden der
Untei-snchung, bilden die modernen Migrationen, die Abkunft und Mischungen
der Bevrdkeruncr. Durch znhlrciohe, toilwpise sehr jungo Migrationen ist die
BevölkeiTing auf der Balkanlialbiusel sehr bunt zusammeuccwürfVlt. Diese
Tatsache ist für zahlreiche anthropogeographische und ethnographische Pro-
bleme und für ihre Lösung von großer Bedeutung. In vielen Fällen kann
man die Erscheinungen ohne eine genaue Kenntnis der jüngeren Migrationen
nnd der Abkunft der Bevölkening nicht Terstehen. Schon daraus qpridit die
Wichtigkeit dieser sorgfUtig ausgeführten üntersndhungen, deren Verfolgung
bis auf swei Jahihunderte sor&daeioht
Die wichtigsten Züge wollen wir nicht unerw&hnt lassen. Über den
Ursprung der Bewohner geben unmittelbare und mittelbare Woge der Unter-
suchung gute Aufschlüsse: die bei unserm Volke gut erhaltene Tradition,
die geocrrnjihische Nomenkhitur des (Jebietes, weiter Zunamen und Spitzuanieu,
Dialekte, Trachten, Gebräuche u. a. können manch richtigen Weg weisen.
Ethnograpbiijcbe Eigenschaften geben bei uns sehr schnell verloren, Assimila-
tionsprozesse sind rasch; besser und Iftnger «halten sich die aathropogeogra-
phisdien Eigenschaften.
Ethnograi^isch haben am meisten die Zinsaren verloren; sie ver-
schwinden: in den meisten Fällen werden sie hellenisiert, viel weniger slawi-
siert, nur ausnahmsweise gehen sie in Türken über. SchwSohere sfldalba-
n es i sc ho Stämme hellenisieren sich ebenfalls. Die Slawen werden, wo
sie kompakt vorkommen, sehr wenig hellenisiert, einzelne, weit nach Süden
vorgeschobene t)aseu aber haben sich verloren. Seit neuester Zeit kehren
viele zum Slawentum zurück. — Faktisch am meisten verloren haben die
Türken in den zahlreichen Kriegen nnd wegen der Degenerierong. Der
Islam hat sich tut Uber die ganze Halbinsel verbreitet, jedoch wenige von
den islamisierten Christen haben ihr nationales QefOhl verlorra. — Wichtige
Prozesse spielen sich an der Berflhnmgsgrenze der Serben und Albanesen
ab. Die letzteren haben hier gewonnen, sie dringen oft gewaltsam in ser*
biscbe ethnographisc he Oobiete ein und drängen die Serben nach Osten zu-
rück. Diese Front ist die schwächste Seite des serbischen, unbewatfiieteu
Volkes. — Übergiintre von den Serben zu den Bulgaren sind u'anz all-
mählich, die Assimilation ist sehr rasch, und dieser l^inkt ist auch politisch
wi(-htig. Sonst haben diese beiden Nationen ilue ethnographischen Gebiete
vergrößert „Von Interesse ist die Tatsache, daft unterdrückte YOlker ethno-
graphisch noch geddhen können. Sie haben sich eihalten und ausgehreitet
wegen der patriarchalen Zustande und der starken physischen Eigenschaften.**^)
Ifit traurigen ökonomischen Zuständen und der persönlichen Unsicher-
heit im Zusammenhange werden wohl die meisten großen Migrationen auf
der Halbinsel stehen. Seit der türkischen Invasion sind die Migrationszüge
1) Cvijic a. a. Ü. S. CLXXVIÜ.
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518
Paul Vajevid: Siedlungen der serbischen Länder.
nach dem KordAn der Halbinsel gerichtet, und auch nadi der Befimaog der
peripheren Teile bewegen lidi die Blawen in dieser Biehtung, nur ^e tür-
kischen Züue haben seither die entgegengesetzt« Richtung eingenommen.
Kleinere Wanderungen geschehen aus verschiedenen Gründen. Ein ständiger
Prozeß ist das Herabsteigen von den Gebirgen in die Niedeningen. Von
Bedeutung sind auch politische Ursachen, bei der Befreiung nationaler
Staaten z. B. richttu sich nach ihnen die Züge der Wanderungen*), dann
neue Verbindungen, klimatische Schwankungen, Lokalaufstäude, Blutrachen u.a.
Im grofien ganzen sieht man in den sttdlidien Teilen viel mehr Alt-
Sassen, als in den nSrdliehen Gebieten der Halbinsel, wo die Zahl jflngersr
Ansiedler ftberwi^, s. B. in Dragadero (im HoraTaknie swischm Ca6ak,
Poiega, Ivanjica) haben der Bewohner sieh erst im 18. Jabriu im Gebiet
angesierlelt. Dies Verhältnis ist aueh für die n&here Umgebung maßgebend.
Die südlichen Gebiete sind aktiv, von ihnen gehen die Migrationszügo aus;
die nördlichen Lllnder sind passiv, sie sind Ziele der Bewosrnngen. — Die
aktivsten unter den serbischen Ländtrn sind die Herzogoviiia und die
montenegrinischen Berge. Ihre Hauptzüge richten sich nach Alt- und
We8t>Serbien, weniger nach Dalmatien und der Bocca di Cattaro. Alt-
Serbien ist mehr oder weniger ein Übergangsgebiet, es hat die Bolle eines
neutralen Landes. Die Altsassen des Sandiak Novipasar wanderten nadi West-
Serbien, die ans dem Kosovo-, Skopie- nnd Prisrengelnete naeh Ost*Serbien
ans. Ihre frflheren Wohnplätze nehmen Znwanderer aus Westen ein: aus
^fontenegro, aus den Sar-, Drin- und anderen Provinzen. — Weniger aktiv
als Herzegovina, eher neutral zu nennen war IJosnien. Von hier cingen
Züge nach West*Mi, Norden und Osten ans; aniiore kamen meist von Westen
und von Rüden her. Seit iitMu ^ler Zeit wandern viele Mohanmiedaner der
okkupierten Provinzen nach der Türkei und Kleinasieu aus. — In Öerbieu sind
auch Züge vom Norden her jfostrastellen; im Donan- nnd Bavegebiete haben
sich Serben ans Ungarn nnd Slavonien, in Nordost-Serbien wieder Bomlnea
ansSsrig gemacht. Serbien ist ein ganz passives Land, — Fflr die Slawen
ist auch Makedonien aktiv zu nennen, obwohl die Zahl der Altsassen sehr
groB ist Die Slawen Makedoniens sieddn sich in Balgarien und Serbien an.
Jovan Cvijii' hat für diese Untersuchungen den Impuls gegeben, in
den Havipt/.ügeu hat er die \ ersehiedenartigkeit der Probleme auseinander-
gesetzt und somit einen Wegweiser füi- spätere Arbeiten gegeben; er selbst
hllt aber den Gegeustand nodi nicht für erschöpft, noch nicht alle Fkobleme
endgütig für gelöst. Seine Sehfiler nnd andere haben die Arbeit fortgesetzt
nnd bis jetzt eine Menge neuMi Materials angesammelt, so daB in kurzer Zeit
noch weitere Bände der anthropogeographischen Studien erscheinen werden.
Das Werk begleitet ein guter Atlas, in dem uns die Siedlungsverhllt-
nisse, die Situation einzelner Dörfer und Häuscrt\7)en nebst ihren Neben-
gebäuden klargelegt werden. In den zahlreichen photographischen Eeproduk-
1) So war bis 1833 das Ibargebiet ein aktives Gebiet, seitdem es aber unter
Serbien geraten ist (ISftS), ist es ein passivee Gebiet geworden. — S. Ili6 a. a. 0.
S. 573, dann 598 tf.
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A. Schenck: Die Kalabari.
519
timian warden chanktoriataaehe Einiulhiritun, die nun Teil im Vendiwiiiden
sind, aufbewahrt
Wir können uns freuen, die Aibttt schreitet fort and jede einxelne Ab-
handlung wird uns gewiß neue, intwessante Beeultate bringen.
Die Kalahari/)
Unter diesem Tit«l hat Siegfried Passarge die Ergebnisse seiner
Beobachtungen veröffentlicht^ die er während einer in den Jahren 1896 — 189H
im Auftrage der British West Charteredlaud Co. unternommenen Reise ins
Innere Slkd-Afrikas anzustellen Gelegenheit hatte. Nicht «ne Beoaebeeehreibung
im gewöhnlichen Sinne des Wortes bietet er unfl dar; nicht die Erzählung
persönlicher Erlebnisse und die Schilderung mehr oder weniger genihrlicher
und interessanter Abenteuer bezweckt das vorliegende Buch, es ist ein
stxeng wissenschaftliches Werk von hoher Bedeutung, die weit hinausgeht
Uber das Interesse^ du wir den lokalen Verhlltniasen der Sandfelder Sfld-
Afrikas abgewinnen können. Eine große Fülle feinsiumger Beobachtungen
ist in dem Buche niedergelegt, und der Verfasser weiß sie geschickt und
geistreich zu verwerten zur Stellung und Beantwortung von Fratrcn, die
auch ftlr die allgemeine Erdkunde von weittragender Bedeutung sind. Es
ist erstaunlich, welch große Zahl neuer Gesichtspunkte sich ihm darbot in
einem scheinbar so einförmigen und langweiligen Gebiete, das unser
Interesse bisher nur in geringem Maße zu fesseln vermocht hat. Aber
Passarge z^igt uns, daß auch dieses Gebiet Probleme in sich birgt, die uns
in hobern Maße zu interessieren vermögen, da sie uns das Verständnis eröffnen
tür manche Erscheinungen, denen wir auch in anderen Gegenden wieder be-
gegnen. Er lehrt uns aus der Besohaffimheit d«r Gesteine Schlüsse sieben
auf die Art ihrer Entstehung und auf die klimatischen Andemngenf welche
Süd-Afrika im Laufe der jüngeren Perioden in der Geschichte unserer Erde
erlitten hat. Er zei-jt iin> namentlich, wie Afrika seit der Pluvialzeit in
fortsclueitender Austruckuung begriffen ist, wie weite Flächen sumptigen
Gebietes im Luneren Süd-Afrikas naeh und imeh in Sandfelder umgewandelt
wurden. Wir lernen cum ersten Male die ausgedehnten Verideselungen Imnnen,
die in ^^'üstengebieten beim Eintritt reicherer Niederschläge einzutreten pflegen,
und iiirlit mindfi- pilahren wir, welch außerordfntlich wichtige Rolle die
kleinen Bodentiere sowohl, wie die großen Säugetiere in den Veränderungen
der Bodenbeschaffenheit und Bodengestaltung spielen. Mag manche der vom
Vezfasser entwickelten Ansiehtm noch nicht hinreichend begründet sein
oder zum Widers [u-uch reizen, so läßt sich doch nicht leugnen, daß sie in
hervorragendem Maße unser Interesse in An^sprnch nehmen und zu weiten^n
Forschungen anregen. Vielfach \<i ja Passarge auch nicht dämm zu tun,
Probleme zu lösen, sondern Fragen zu stellen, deren Beantwortung noch der
Zukunft vorbehalten bleiben muß, Fragen, zu deren Entscheidung auch noch
1 S. Paesarge. Die Kalahari ^'ersucb einer |)h\hisch - •jeographisohen
Darstellunff der Sandfelder des güdwestafrikanischen Beckens. Hrsg. mit Uuter-
stütnmg d. k. ptenfi. Ak. d. Wiss. XVI n. 89S S. Kartenband, enthaltnid 11 Blätter
phys u. geol. K. 9 Blrttter mit ue< 1 Prof. n. Earteoikissen, Blatt landschaftlicher
Puioramen. Berlin, Dietrich lieimer li>04.
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520 A. Sciienck:
die YerliKltinaM in anderen Lindern nun Vergleich herangeiogen werden
müssen.
Was die Anordnung' des StoÖ'es anbelanpt, so gibt der Verfasser in den
ersten vier Kapiteln zunlkhst einen Überblick über die Erforschuugsgescliichte
der Kelnhari, ttber den allgemeinen Verlaiif aoner Beiae, die topographischen
nnd hjdrograpliieclienf sowie die geologischen VerfalltniBse SOd-AfirikiM. Auf
die leteteren wollen wir hier nicht niher Angehen, da die Darstollime Pass&rges
in mttnchen Punkten bereits von neueren ongliscbon Arbeiten üt)erlinlt ist.*)
Im 5. Kapitel wird das Klima besprochen. Von Interesse sind hier nament-
lich die Mitteilungen über die in der Kalahari vorkommenden winterlichen
Regen.*) In den folgenden Kapiteln 6 — 80 werden auf Grund der Be-
obachtungen Passargee die einzelnen Landschaften der Kalnhari geschildert;
jedes Kapitel enthalt /nnili list die Beobachtungen auf den einzelneu Houten
und /um Schluß einen zusammenfas.seiiden Abschnitt. Als mehr oder weniger
selbständige Gebiete innerhalb il> r mittleren Kalahaii werden in dieser Weise
snnKchst behandelt die Porphyrkujjpen d«r Kwebe-, Monekau« und Mabile
a pndi Berge, welche südlich vom Ngamisee als Denudationereete, als Insel-
berge die umgebenden Ebenen überragen, der ans filteren Gesteinen (Chanse-
und Nganiischichten) aufgebaute plateauartige Xgamirumpf, welcher mit einem
Bteilabluil im Norden den Öüdrand des Ngamibeckens begrenzt, die Ufer des
Ngami> und BotleUeiosses, das Hainafeld im Südosten des Ngamisees, das
hochinteressante Chansefeld, eine Insel anstehenden , aber aar pem^f^am denn-
dierten Gesteins (Chansegrauwacken) inmitten der Sandfelder, bemerkenswert
besonders durch seine sahireichen Kalkpfannen, deren heutige Form der Ver-
l i Wenn rasFiarge meint, die Arbeiten von Molengraaff und den Kap-Geo-
logen hätten ergeben, daß meine in Pet. Aütt. 1689 gegebene UUedenmg der süd-
afrikaDiseben geologischen Formationen nicht richtig sei, so kSnate dieser Ana-
ppruch Itei solchen, die liber die Vi rhliltniase nirht nähpr o rientiert sind, den An-
schein erwecken, als ob meine Uanteliung auf unrichtigen Beobachtungen beruhe.
Demgegenfiber lehe ich mich vetanlaftt, danraf hinsuweieeB, dafi die von mir gegebene
Abgrenzung der Formationen auch heute noch in dem I'mfange besteht, wie sie
von mix in der genannten Zeitachrift verütfenthcht wurde. Die einzige wesentliche
Abweichung, die in der Anffasaung Molenf^aaffs nnd der meinigen zu Tase tnt,
bezog sich auf die Witwatersrandschichti'n , welche von ^folengraafif' zur rrimär-
formatiou gestellt, von nnr aber als jfinger angesehen wurden. Die neueren Arbeiten
von Hatch und Curstorphinc haben meine Auffiutung bestätigt. Was nun aber
das von mir unter dorn Namen der Kapformation zueammengefaUte Schicht-ensyst^m
anbelangt, so hubeu die späteren Untersuchungen ergeben, daß sie iu eine ältere
nnd in eine jüngere Gruppe au scheiden ist, von denen die erstere von Molengraaff
als Transvaalformation (Passarge nennt sie Lydenburger Schichten i bezeichnet wurde,
w&hrend der Name Kapformation (im enteren Sinne) jetzt nur noch auf die jüngere,
in der südlichen nnd westlichen Kapkolonie vertretene Omppe angewendet wird.
Die rnterschiede in der Ausbildung dieser beiden Gruppen waren mir keineswegs
eutffangcu, aber es war mir auf Grund der damals vorliegenden Beobachtungen
noch nicht möglich, sie auf Altersverschiedenheiten zurückzuführen, zumal da noch
die Möglichkeit vorlag, daß sie auf Yerachiedenbeiten der örtUohen Entwiclcelung
(Facies) beruhen konnten. Tatsftohlich best^t auch heute Aber die Abgrenzung
der TransvaalformatioD und der Kapformation zwischen den Hüdafrikanischen Geulogea
noch keine Übereinstimmung. Uatch und Corstorphine wollen den Waterbwg^
Sandstein Transraals als XquiTalent des Tafblbergssndsteins der Kapfonnation
ansehen.
2) Die Entstehung dieser liegen denkt sich Passarge in ähnlicher Weise, wie
dies Ton mir fttr gewisse Regen Dentsch-SildweskaMkas dargelegt wurde, d. h. durch
zusannnentrcfFen Kühler, trockener mit warmen und feuchten Luftströmungen .Mler-
dings bezogen sich meine Beobachtungen nicht, wie Passarge irrtümlicher Weise
mitteilt, aiu die Winterregen des südwestafrikanischen Kfistoagebietes, sondern auf
die Sommemgen im Inneren von Groft-Üamaland.
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Die Kalahari.
521
fMser dmtli zoogene Erosioiif d. h. durch die Wirkmigttii der groBen SKnge-
tiere erklärt, die teils selbst dem Boden Bestandteile entfahren, teils ihn
auflockern und für die Fortführung der leichteren Bestandteile durch den
Wind vorbereiten. An die Beschreibunir des ( 'hansefeldes schließt sich auch
ein Kapitel über den EiulluB der Büdentiere ^der kleineren Säugetiere, Ameisen
und Tenmten) auf die DarehmiMlniiig und Umgestaltung des Bodens an.
Sodann teQt Passarge seine Beobaditnngen fiber das Sandfeld sttdUoh des
Ngaminanpfes, über das Stromgebiet des Epukiroflusses und über die Gegend
zwi^ichen Rietfontein und Gobabis im Osten des deutsch-südwestafrikanischen
Schutzgebietes mit. Es schließt sich daran eine Beschreibung de*; westlichen
Okavangobeckens und der in dieses mündenden großen, aber jet/.t gänzlich
Tersandeten Flnftbotten (Chroote Laagte, Bainestal usw.), femer der Ostlich
vom Okavangobecken gelegenen Landschaften, des Kaukaufeldes mit der
isolierten Berggrnppe der ^Kai ^kaiberge^) und des *Kungfeldes mit seinem
vielfach verzweigten, ein erst in jüngerer Zeit trocken gflt-gtes 8unipflaud
andeutenden Flußbetten. Die hierauf folgende Schilderung des heutigen
Sumpf landes des Okayangobeekens ist eins der aniiehendsten und wichtigsten
Kapitel des ganzen Baches. Es wird hier überzeugend nachgewiesen, daft
dieses Sumpfland in starkem Rückgang begriffen ist und der rmwandhing
in trockene Sandfelder allmühli<!h vrrfällt. Etwas spilrlieher sind die Mit-
teilungen über die östlich des Ukavangobeckens gelegeneu Landschaften. Hier
besdirinken tidi dia Beobachtungen Paiaarges auf die Boute von Siebitnanes
Drift nach Ntschdcntsa, auf der das Gebiet der grofien Salspfiumen in seinem
südlichsten Teile berührt wurde, und durch das Mahurafeld nach Palapye
(ailf der Hinreise hatte der Verfasser diese (legenden in krankem Znstande
passiert und war dadurch in seiner Forschungstätigkeit beeinträchtigt gewesen).
Auf Grimd der vorhandenen Literatur, namentlich der Berichte eines Living-
stone, Ghapman, Holub, Aurel Schule, Hohr und Hühner, Anders-
son, ^5chinz, v. Fran<;oi8 u.a.) erhalten wir endlich noch ein Bild dcrKalahari
in den nicht vom Verfasser bereisten Gegenden. Nunmehr werden in den Kapiteln
31 - 3H die allgemeinen Ergebnisse zusammengefaßt. Zunächst schildert Passarge
die orographischeu und hydrographischen Verhältnisse der Kalahari, das Gruud-
gestsin dieses Oebietes und die Entwickelung des südafrikanischen K<mtinental-
sockels. Dann bespricht er die für die Kalahari so wichtigen Deckschichten,
entwirVrlt -eiTn Hy])othese einer mesozoischen Wflstenperiode, auf welcher
dann die l'enode der Brackwasserkalke und der Laterite, dann die Plnvial-
zeit mit ihrem Abklingen bis zur Gegenwart folgt. Das letzte Kapitel ist
der Pflanzenwelt unseres Gebietes gewidmet In einem Anbang werden außer
Bemerkungen su den Karten, Profilen und Banoramen die astronomischen
Beobachtungen mitgeteilt, femer die Beschreibung der gesammelten Gesteine
(auf (;nnid der Untersuchungen Kalkowsky), die ehemischen Analysen, die
Beschreibung der Mollusken ^von E von Marten^) und BaciUarien (von
Hugo Reichel t), wie auch der gesammelteu Plianzeu.
Den Begriff dar Kalahari fiaBt Pusarge in einem etwas weiteren Sinne,
als es gewöhnlich geschieht, indem er als nördliche Kalahaii /u ihr auch
noch das Gebiet des oberen Sambesi, die Sandfelder des Baruts* landes rechnet.
Am wenigsten bekannt ist noch die südliche Kalahari, die auch der Verfasser
nicht bereist hat. Sie umfaßt die Flußgebiete des 4° ^o.ssob und Molopo,
welche dem Oranjesjstem angehören, abttr diesem Flu0 nur selten noch
1) Die Zahlen \ * wendet Pauarge an fBx die gewOhnlioh durch die Zeichen
I, ! und || in der Solmft wiedesgegeoenen hottentottisehen Schnalslaute.
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522
A. Schenok:
Waner niftüiren durften. Ln allgoineiBeB sebeiBt die sOdliobe Kalahari ein
liemlicb ebenes Sandfeld zu sein, das arm ist an trockenen FloBbetten, da-
gegen zablreichf Bra( kpfanuen in sich birgt, von Sand umgebene Kalkllächen,
welcho in der Hegonzeit 'i'eiche enthalt+'n, während der Trockenzeit aber ein-
trocknen und sich mit Salzrcit bedecken. Hüutig linden sich in ihnen Bruimeu
mit meist braddaehan Qnellwaner. In der mitüenn und nördlichen Kalahari
unterscheidet Fteiarge drei Becken, die dnrdi Behwellen von einander getrennt
sind. Das südlichste Becken ist das Makarrikanibock'-n, dessen inneren Tml
eine etwa 900 m hohe Ebene mit Salzpfannen ii;ir>tfllt. Eine sich vom
'Oasplateau bei Gobabis bis zu den Viktoriafällen des Sambesi hinziehende
Bodenschwelle, der die Gesteinsinsel des Chansefeldes und das Plateaa
des Ngaminimpfes sfidUoh vom Ngamisee angeliSrt nnd wdche Tom BotleÜe
in einem Erosionstal durchbrochen wird, trennt dieses Becken von dem nord«
westlich davon sich ausbreitenden Okavangnhocken, dessen tiefst gelegenen
Teile eine Met'reshi'ilie v<iii !» 10 — 9ÖO m l>esitzen (Mündung des Kwando in
den Sambesi Ü40 m, Ngaumee 9 iö m). Em groüer Teil des Beckens wird
durch das Sumpf land der aus der Verzweigung des Okavango herroiigehendMi
Flüsse (Tauche, Tso, Boro, Matschahe, Selinda-Ewando) eingenommen. Es
folgt nun eiiip neue Bo'lenschwelle, die in der Gegend von Otavi beginnt
und nach ONO. bis zu der Kataraktenregion von Gonye am Sambesi verlJluft.
Diese Schwelle wird vom Omuramba u Omatako, dem Okavango (in der
SstarakteosoBe 7<m Andara), Kwando und Sambesi dmrehbroehen, und swar
zeigen diese Flibse an den Durchbrudisstellen TalTerengnngen und Katarakte,
während sieh oberhalb und unterhalb das Tal < rwfitptt \"»rdlich von der
Otavi-( ionyosfliwrllf dehnt sich dann das Becken des tropischen SaiidteUles
aus, im Osten l)is zum Kafue-Loaugwa-Plateau, im Norden bis zur Wasser-
scheide zwischen Sambesi und Kongo, im Westen bis zum Schellagchirge in
Benguella reichend. Dieses tropische Sandfeld ist die nOrdliche Kalahari im
Sinne Passarges; es umfaßt das durch das Zentraltal des Sambesi getrennte
< etliche und westliche Barutsesandfeld nnd die Gebiete des oberen Okavango
und KuiiHue.
Am Aufbau der Kulahari sind beteiligt Gruudgesteine und Deckschichten.
Erstere bilden einen Teil des Soekels Süd »Afrikas, letztere sind ober-
flftohliche und sum Teil lose Anflagemngen auf diesem. Zu dm Grund'
gesteinen haben wir zu rechnen 1. Granit und Qneis, 2. Chanseschichtcn,
'A. Qtiar/porphyre, 4. Ngamischichten, 5. Mangwatosehichten. Granit und
Gue-is wurden nur au einer Stelle, bei Okwa südlich vom Epukiro beobachtet,
vielleieht besitzen ae in der südlichen Kalahari unter der Sanddecke eine
noch größere Verbreitung. Die Ohanseschichten, aus rStliohen bis grauen
Grauwacken mit untergeordneten Einlagerungen von Kalksteinen, Schieter-
tonen, Diabasen (Tofin// Diabas) usw. bestehend, bauen die *Oas -Viktoria-
Schwelle vom *Oasj)lateau bis zum Neami :iuf nnd finden sich auch vereinzelt
Westlich vom Okavangobeckeu im ivaukuuield, am Schadum und in den
TsehorUobergen (hier ids 01immer>Quarzschiefer). Sie sind steil au^eriditet,
stark zerklüftet (meist in der Richtung des Streichens, aber nicht des Ein-
fallens der Schiclilen ) und »iürfton der südafrikanischen Priiiiilrformation
zuzurechnen sein. Jünger als die Chanseschichten sind die (Juarzporpliyre
der Kwebe, Monekau und Mabiile a pudi Berge und dann Ngamischichten,
welche der Transvaalformation (Lydenburger Schicht«! Passarges)^) zu ent-
1) Der Name Transraalformation dfirfte Torsusiehen sein, da es sich aidit
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Die Kalahaxi.
523
8|Nr6ch«a scheinen und ans einer unteren sandigen, einer mittleren kalkigen
und einer oberen sandigen Abteilnng bestehen. Die Kelksteine der mittleren
Ngamischichten sind vielfach in Dnlomit umgewandelt, oft auch stark ver-
kieselt. Sie befinden sich im allgemeinen in flacherer Lagerung, als die Chanse-
scbichten, sind aber stellenweise (wie bei Gobabis) auch noch aufgerichtet.
Außer bei Qobabis treten sie, in viele Schollen zerstückelt, südlich vom
Ngamisee auf und bilden im Verein mit Ohansesehichten den Nordabfall des
Ngarairumpfes. Femer sind sie (in ihrer mittleren Abteilung) sehr verbreitet
im Kaukaufeld, besonders in den ' Kai * kailicrg^en, wo die Verkieselung der
Kalksteine einen hohen <!r:id erreicht iiat und die Veranlassune; gewesen ist,
daii diese Berge als Deaudatiunareste erhalten blieben, während die sie um-
gebenden Gesteine abgetragen wurden. Endlich wurdMi Kalksteine der mitt-
kren Ngamischichten noch im Norden, im Sdiadumtale beobaditet Mit dem
Namen Mangwatosch ichten bezeichnet Passargo ein Schichtensystcm, das
er i>n nördlichen Rettschuanaland (bei Palapye) und am Ostrand des Kalahri-
plateaus antraf und dessen Alt^rsverhältnisse noch nicht genau festzustellen
waren. Vielleicht gehören die unteren Sandsteine imd Schiefer (Palapje-
sandstein und Lotsanisdnefor) lutdi der Transvaalformation, die oberan Sand-
steine (Ssakkesandstein) bereits der Karrooforraation an.
Als oberstes <Ilied folgt noch eine Decke von Mandolstein (Loaleniandel-
stein), die insofern eine gewisse Redeutiing besitzt, als sie in dera östlichen
Teile der mittlereu Kaluhari auf weite Strecken hin verbreitet ist und die
Bodengestaltnng beinflufit Die Ablagerungen der Eapformation (im engeren
8inne\ welche iu der Kapkotonie das kaplfindische Faltengebirge (Bokkeveld-
und Zwarteberge) ^) zusammensetzen, scheinen in der Kalahari zu fehlen,
ebenso die im Süden so verbreiteten Schichten der Karrooformation (falls
nicht die am Ngamisee auftretenden Bengakaschichten dieser und nicht etwa
den jüngeren BotleÜeschichten angehOrenJ.
Ungleich -wichtiger als die Grundgesteine sind fttr die ^lahari. die Deck-
schichten, welche von wesentlichem Einfluß auf die Gestaltung der heutigen
Oberfläche gewesen sind. Unter diesen Deckschichten unterscheidet Passarge
1) iiotletleschichten, 2) Kalahankalk, 3) Kalahah^and, 4) Decksand, •') ) allu-
viale Bildungen. Zu den Botletleschichten werden gerechnet Sandsteine
empfehlen wflrde, ein so verbreitetes Schicbtensystem nach einer Stadt zu benennen.
Wenn Passarge der Priorität w^en auf den Namen Lydenborger Schichten zurück-
gegangen ist, m5chte ich darauf hinweisen, daß dieser Name sich erst in der
zweiten Ausgabe der Du nu sehen .jCieologischeu Karte von Süd-Afrika" (von iSf^T)
befindet, daaselbe Scbichtensjatem aber bereits vorher von mir iu seiner Ausbildung
in Sfidwest- Afrika als Namasehiehten bezeichnet wurde. Da iAmt das Sjstnn m
Transvaal vollständiger entwickelt ist als in !>iidwest- Afrika, SO TSinuent der
Molengraal'fsche Name Tranavaalformatiou den Vorzug.
1) Die Entttehnng des kaplindischen Faltengebirges denkt sich Paasarge in
der Weise, daß durch die Einnenkung ilrs Karrnobeckens die Auftaltung erfolgte, woljei
die Falten senkrecht zur Längaacbse der Gebirge nach Werten bczw. Süden überschobcu
wurden. Das stimmt nicht flberein mit den tatalchlichen Verhältnissen, denn in
dem Zwarteberge sind die Falten nach Norden und nicht nach Süden überschoben.
Auf Grund meiner Beobaclitungen in der westlichen und südlichen Kapkolonie bin
ich zu der Auffassung gelangt, daß wir in dem kapl&ndischen Faltungag^biige eine zwei-
malige Faltung zu untcr^eheiden ballen, eine ältere im Sinne l'aasarges, die aber
nur zu einer einfachen Aufwölbung der Schiebten der Kapformation führte, und
eine jüngere, die nur die dem Südrande Afrikas parallelen Gebirge ergriff, von
Seiden liach Norden geriehtet war und die Überkipiiung der Schichten gegen Norden
hervoirief. Vielleicht iet dte»e Faltung auch noch iu den Bukkeveldbereeu erkennbar
und erldSrt «Ue dort manoluDal angetroffene» kuppeUÖxmige Lagerung der Schiehten.
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524
A. bcbenck:
mit Chalc«d<Nisem«nt, das sp&ter dvurch Lflsnogen in Iom Sande geUngt ist
und sie verkittet hat, ferner, auf diese Chalcedonsandsteine folgend, kaUdge
(Gesteine in Form von Sandsteinen mit überschüssigem Kalkzement (Plannen-
saniisteine), die mam luual auch Salze enthalten, oft auch verkieselt >ind.
Aus den eingekieselten Cbalcedonsandsteinea, in einem Fall auch aus ver-
kieseltem Ealkaandatein, sind in q»iterer Zeit nnter dem Einfluß fenchteren
KUmas lAteiito heirorgogangen. Die Botietleeohiditen sind nieht Ton be-
deutender Mächtigkeit (beobachtet wurden etwa 20 — SOu), lie sehniiegen
sieh den vorhantlcnon (Hn'rfiii( ln n formen an, sind also unabhSn^ie von ein<»r
bestimmten Höhenlag»? ixnd bilden häutig mit dem Grundgestein eine Breccie.
Sie verschwinden plötzlich und treten dann wieder in isolierten Schollen
auf. Demnach bestehen sie nieht ans einer snsanimenhingenden Ablagerung,
sondern sind wohl (abgesehen von spiter erfolgter Zerstörung) schon or^
fsprftnglich an vielen einzelnen Stellen, namentlich in Becken abgelap rt worden.
Jünger als die Botletli-si lüchteu ist der Ka laliurikalk. der uns hanjitsadilich
in zwei Formen, ul.s harter Sinterkalk und aL> mürber Kalksandstein ent-
gegenüiü Enterer enthUt Schalen recenter Arten Ton Land- und Sumpf*
sehnecken und wird aufgefaßt teils als Kalkkmsten, die sieh durch aus dem
Boden aufsteigende und an der Oberflache verdunstete Gewässer in Halbwüsten
bildeten, teils als Ablagerungen in tließenden (iewässem. Dagegen wird der
mürbe Kalksandstein, welcher häutig durch seine Köhreustruktur ausgezeichnet
ist und aafler veeenten Land* und Sumpfschnecken auch Brackenwasserformen
von Difttomeen enthtit, als Ausscheidung in stehenden Gewissem angesehen.
An der Obertliiche überzieht den mürben Kalksandstein gewöhnlich eine
durch Austrocknung entstandene Rinde härteren Kalksteins. Zu den bei-
den gen.innteu Gesteinen knnimen dann noch Salzmergel, Salzpelit. Pfannen-
kalktulf ^iu den Kalkpi'anneuJ uud Saklager, die in Verbindung mit dem
Kalaharikalk stehen, z. T. a]lerdin^'< auch jtlngeren Ursprungs sein dürfen.
Über den Kalaharikalk folgt nun Kalabarisand. Am yerbreitetsten ist ein
roter, an der Oberflllche durch VegelHl)ilien granrötlich gefilrhter Sand, der
in der südlichen und mittleren Kalahari ungeheure Flilchen welligen tieliindes
bedeckt und sich in wallartigeu Anhäufungen an den Ufern größerer Flüsse
hinsieht. An seiner Stelle tritt manchmal auch weißer Sand auf, der sieh
auch oft in der Tiefe des roten oder in htMtHa innerhalb des letsteren findet.
Dazu kommt dann der graue, humose Sand (Vleysand), der in seiner Ver-
breitung an Niedt'mngen, Kessel und alte Fhißliiufe innerhalb de^ roten
Sandes gebunden ist. Kalkreit^he Sande mit einer Diatomeenflora, die eine
Mischung von Brackwasserformen des Kalaharikalkes mit den SüBwasser-
diatomeoi der heutigen Flüsse darstellt, treten am Botletle im Liegenden des
Kalaharisandes auf, eliLuso au anderen Stellen Schotterlager. Als Decksand
wird ein Kalabarisand bezeichnet, dem Bestandteile iles Untergrundes bei-
gemengt sind. Dieser Deeksand tindet sich in den ( i('st-'insf'< ldern und stellt
die sich über letzteren auskeilenden Zungen des Kalahunbuniles dar. Zu den
jüngsten alluvialen Bildungen gehören a) belle bis weiße, in der Tiefe
kalkhaltige Flufisande, b) humusreicher, sandig-toniger, kidUialtiger Fluß-
schlamm, c) ebenfalls humusreicher, toniger, kalkiger, aber sandärmercr Becken-
schlamm, und d) Schilf- Aschenablagertmg, ans Asche der verbrannten Schilf-
arteu und ihren Stümpfen und Wurzeln bestehend. Die beiden ersteren
finden an Flußläufen (zuunterst die Sande, darüber der Schlamm), die
beiden letsteren in abflußlosen Beoken (zuunterst der Beokenscfalamm, an
der Oberfliche die Sehilf-Aschenablagerong). Eine Durehmisdiung dieser
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Di« EftUhari.
525
Bodenarten, durch die ein Oemisch von Sand und Schlamm und schließlich
ein humoser Sand entsteht, tindet statt untor dem Einfluß der Bodentiere
und der großen SSogetiere unter Mitwirkung der durch den Wind hervor-
gerufenen SaigeruQg der Beetandteile. Auf die Wirkungen der Bodentiere
zorOcksttfDhreii ist «udi die Entatdinng einer dUnnen wmßen Samdhaut,
welche an der OberflÄche des Bodens weite Strecken bedeckt.
Aus der verschiedenartigen Ikschatfenheit der einzelnen Ablagerungen
in den Deckschichten sucht nun Passarge Anhalt.sjiunkte zur Beurteilung der
klimatschen \ erüuderuugeu zu gewiuuüu, die in Süd-Afnka iu früheren
Zeiten vor tkk gingen. Znnlehst weist er daranf hin, daB za Beginn der
Botletlezeit ein Wfistenklima in Süd-Afrika geherrscht habe und spricht von einer
mesozoischen Wüstenperiode. Dieser Ausdruck erscheint nicht recht glücklich
gewühlt und dürfte nur zu Iciflit geeignet sein, bei rnberufenen zum Schlagworti
zu werden und große Verwirrung anzurichten. Denn er besagt ja eigentlich
mdito änderet, ab daB in der seit Ablagerung der NgaadMbiNbtan
(oder des LoalemandeUfeeins) los zu deijenigen der Botletlesehidhten in der
Kalahari eine starke Denudation, eine Abtragung und ISiBebnviBg der älteren
Oehirge stattgefunden hat, und femer, daß zu Beginn und während der
erst'Mi Periode der Botletlezeit ein trockenes Klima herrschte. Was nun die
Abtragung der Gebirge anbelangt, so kann diese in der langen Zeit, die
dafür nur Yerfllgung stand, sdir wohl onter Idtafigem WediseT feuchterer
und trockener Perioden vor sich gegangen sein, wobei in den letzteren durch
den Wind das Material fortgeschaft wurde, das sich in der ersteren durch
Venvitl' rung bildete. Und wenn wir weiterhin zugeben, daü zu Beginn
der Botletlezeit ein trockenes Klima herrschte, so ist damit noch nicht gesagt,
daB dies in die mesoioisdie Zeit fiel. Denn das Alter der BoÜeÜesdiiohten
ist, da Versteinerungen in ihnen fehlen, nicht niher m bestimnien, es kann
jungmesosoiach sein, es kann aber auch (und dies ist wohl wahrschein-
licher") tertiRr und quartär sein. Wenn schließlich Passarge noch Erschei-
nungen aus anderen Gegenden Afrika-«; zur Begründung seiner Hypothese
einer mesozoischen Wfistenperiode hsranzieht, so ist sa bemezken, daB es
doch auf Grund unserer heutigen Kenntnisse etwas gewagt ersduint, diese
Erscheinungen in einen Topf zu werfen. Sprechen sie im einselnen für zeit-
weilig trockenes Klima in einzelnen Teilen Afrikas, 80 ist der Beweis doch
noch nicht erbracht, dab dieses trockene Klima überall in dieselbe Periode Üel.
Was wir daher nur als einigermaßen begründet annehmen können, ist
dn WflstenUima snr Zeit der titeren Botletleschichten. Dieses Klima ist
angedeutet durch den eckigen Gesteinssohutt, der dnrdl trockene Verwitterung
gebildet wurde, durch die Ablagerung von Sandraassen und dun h die Ober-
flächenformen des Grundgesteins, endlich auch durch die Kinkit schmg der
Sande (Chalcedonsandsteine), die eine Ansammlung von Salzen in trockenem
Klima Torauasebri». In der auf dieses Wflstenk^ma folgenden Zeit untere
seheidet Passarge nun folgende Perioden:
1) die erste Periode der Kieselsäurelösungm,
2) die erste Periode der KalklRsungen,
3) die zweite Periode der Kieselsäurelösungen,
4) die zweite Periode der Kalklösungen,
5) die Ablagerung des Kalaharisandes,
6^ die Herausbildung der heutigen Oberflachenverhältnisse.
Auf das Wüstenklima der älteren Botletlezeit folgt eine Zeit vermehrter
Niederschläge, die zur Lösung der \mter trockenem Klima angesammelten
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526
A. Schenek:
Salze und zur Einkieselung <lpr iUtcron Botletlcsandp diirch die Einwirkung
dieser gehiston Salze auf Silikate, zur Lösuiit: und Wiederabscheidun;.' der
dadurch gelösten KieselsUure führte (Entstehung der Chalcedousandsteiue).
Bei snnehmtttideii NiedenchlSgen kam ea snr Entwicklung ausgedehnter
«teilender Gew&sser nnd in ^esen zur Ablagerang der Pfiianeneandeteine
(erste Periode der Kalklösungen). Das Klima wurde wieder trockener, ging
in ein Steppenklima über, die stehenden (iewSsser wurden zu Brack;vas<ipi-<?een
und trockneten schließlich zum griißten Teile aus. Unter einem dann folgenden
Wftstenklima wurden wieder Salze gebildet, und es wiederholten sich die oben
geechüdmrten Ymgtnge, so daB mit nmehmenden NiedereeUigen wiederum
eine Periode der Kieselsäurelösungen eintrat (V'erkieselungen des Pfannen-
sandsteins) und dann die Ablagerung kalkiger Sedimente f Kalabarikalk ).
Wohl in dii'se tmichtere Pfriode filUt axvh liie Entstehung der Laterite, welche
hauptsächlich aus Chalcedonsandsteiu hervorgegangen und räumlich von dem
Kalaharikalk getrennt sind, seitlich ihm aber entqnrechem dttarften. Nach
Ablagerung dw KalaharikalkeB muß das Klima wieder trockene geworden
sein, es kam zur Bildung mächtiger Sandmassen, die nunmehr in einer
folgenden niederschlagsreichen Zeit, der PI u vialzeit, von den Gewässern
erfaßt und als Kalabarisand ausgebreitet wurden. Passarge weist darauf
hin, daB Ealahariaand kein rein lolisdMB GebUde «ei. Es fehlen Dünen-
fennen und ^« AnhSufung in Wftllen entlang den FluBbetten spricht fllr
Ablagerung in fließendem Wasser. Auch sehen wir heute noch an den
Gewilssern sich derartige Sande bilden. Allerdings ist aolische Täti<:keit
damit nicht ganz ausgeschlossen. Müssen wir schon annehmen, daß der Sand
bereits in der Pluvial/eit vorhanden war und erst durch die Gewässer in der
Kalahari ausgebreitet wurde, «o bewirkte aneh sjAter nodi der Wind hiw
und da eine ümlagerong des Sande«, was sich hauptsächUeh in einem An-
steigen des letzteren an den Ostlichen und sfldöstlichen Geh&ngen der Berge
bemerkbar macht.
Manche Erscheinungen in anderen Gegenden Afrikas deuten darauf hin,
daB anch in diesen eine Fluviakeit stattgeftuiden hat. Am eingehendsten
sind die Yeihiltnisse in Ägypten durch Blanckenhorn nntenndit worden,
der sn dem Ergebnis gekommen ist, daß die Pluvialzeit dort durch Inter-
pluvial/.eiteu unterbrochen wurde, daß wir also mehrere Plnvialzeiten zu
unterscheiden haben, die vielleicht den Eiszeiten Europas ent^preclien. Es ist
nicht unwahrsdieonlich, daß anch in Sfld-Afrika Pluvialzeiten mit einander
abwediselten, wenn audi sichere Beweise bisher hierffir noch nicht beigebracht
werden konnten.
Seit der Pluvialzeit ( n<ler der letzten, wenn wir deren mehrere an-
nehmen) ist Afrika in eintin langsamen, aber stetigen Prozeß der Austrockuung
begriffen. Am stärksten ist sie in der Sahara vorgeschritten, begünstigt
durch die breite Kontinentalmasse und die durch die geographische Lage
bedingte lange Ti k tizeit. Viel weniger ausgetrocknet ist das Kongobecken.
Zwar sind auch dort die früheren Seen versoluvunden. aber die Nieder-
schlagsmengen sind heute r«'cht bedeutend und l'assarge vermutet, daß sie
noch einen Kest der VN assermassen der Pluvialzeit andeuten. Geringer als
in der Sahara, aibor dodi bedeutender als im Eongobeoken ist die Austiock-
nung im Innern Sfld-Afrikas Torangeschritten. ffier nehmen die Nieder-
schlage von NXO nach SSW ab und sind seit einer langen Periode in fort-
srhreitcndem Eückgang begriffen. Für dieses Gesetz führt Passaxge folgende
Beweise au:
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Die Kalahari.
627
1) Alle Flußbetten sind versie{,'t, die nicht im üußei-ston Noiden auf
der Wasserscheide zwischen Kwansa und Kongo entspringen.
2) Flußbetten mit jährlichem periodischem Wasser finden sich sehr
lahlreicli im nttrdlidieii SandfUd. Nach Sftden hin ftthren nur die grOfiten
Flußbetten und auch diese nur ganz unregelmftfiig, aofllialilBBWinief oft lokal
und meist nur für sehr kurze Zeit Wasser.
3) Die Zahl der Flußbetten ist im nördlichen Gebiet am gröütou. Nach
Öüden hin verschwinden sie, nnr die größten sind noch gut erhalten, während
die kleineren um ao ludimentibrer und nndentlicher werden, je mehr man
nach Stlden kommt.
4) In den nördlichen Gebieten weist die Lage vieler IlllBse auf eine
ehemalige reichliche Anastomoaenbildung und späteren Bttckgang der Wasser-
massen bin.
5) Das Bnmpfland des Okayaugobeokens ist in schnellem Rückgang
begriffen imd geht nadi SW in das Sandfeld Aber, wahrend die chars^-
listischen Oberflllchcnformen undeutlich werden.
r> I Die nördlichen Gebiete haben in großer Zahl SandpfannSB mit
dauerndem Wasser, die südlichen nur liegen wasservleys.
7) In den nördlichen Gebieten fehlen dafür die für die trockenen Teile
der Kalahari oharakterisiaschen Braokpliumen und Kalkpfannen.
SdhlieBlieh sei noch bemerkt, daß sich auch in der Vegetation Ersdiei«
nungen bemerkbar machen, die auf ein trocken gewordenes Klima hindeuten.
Als derartige Erscheinungen fuhrt Passarge au die Isolionmg einzelner
Bäume, die als einsame Riesen in völlig fremder Umgebung stehen, die Iso-
lierung von Artsn der tropisehen Flora, namentlich das Vwkommen soleher
Arien, die den Sandfeldem der mitUeren Kalahari jetst feUen, auf Gesteina-
feldeni oder Bergen einerseits und an Flüssen andererseits (Baobab, Morula«
bäum), endlich die IsolierunL,' anspruchsvoller Arten der Kalaharireirion (Aca-
cia albida, Munduiea subtrusa, Acacia giraffae, Cambretum pi imif/cvium u. a.).
Diteressant ist eine Erklärung, welche Passarge für die Widersprüche
gibt, die in der Frage klimatischer Änderungen in Nord-Afrika in histo-
rischer Zeit zu Tage getreten sind. Bekanntlich wird von einigen Forschem
behauptet, daß das nrirdlicln- Afrika im Altertum mehr Hegen gehabt habe,
da sich Spuren von Siedelungen in solchen Gegenden finden, die heute un-
bewohnbar sind. Andere nehmen an, daß eine Änderung des Klimas nicht
stattgeAmden habe, und suchen diese Ansidit durch Beweise au stütien.
Nach Passarge haben wir uns die Sache so zu erklären, daß das Klima, d. h.
die Niederschlüge und damit die Vegetation und Wüstennatur des Landes
damals bereits im wesentlichen die gleichen gewesen sein dürften, wie heute. Der
aus der Tluvialzeit stammende Reichtum an cirkulicrenden Gewässern d. h.
an Quellen und Brunnen aber war damals noch viel großer und in Folge
dessen waren große Teile der Wflste lllr Ifoiachen bewohnbar, die es heute
nicht mehr sind. Es kommt noch hinzu, daß die Waldbodeckung damals
auch wohl noch größer war und daß die Willder den Hoden vor der Ans-
trocknung schützten, die nach dem Verschwinden des Baumwuchses schneller
voranschritt. A. Schenck.
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628
0. Sohlflter: Nation nnd NatioB«litlt.
Nattoa ud NationaUtät.
Die Frage nach dem Sinn de« Wortei Naütm hat Kirchhoff sehon
seit langer Zeit des Öfteren behandelt, aber noch niemals so aoafOhrlich wie
dieses Mal. IHe kleine Schrift M ist äußerst reich an Helehrung nnd An-
regung. Es steckt in nuoe beinahe eine iranze politische (ieopraphip darin
und zwar eine solche, die geeignet wäre, Ratzel zu ergänzen. Finden wir
bei Batad den Gedanken za wenig ausgeftlhrt, daß der staatliche Zusammen-
sehlufi auf sehr verschiedenen sozialen Motiven beruhen kann, daß sieh die
Staatseinheit an die Gleichheit der Basse, an die Gleichheit des Kultur- und
Sprachbesitzes oder der Religion, an die Gleichheit oder das Ergfinzung^-
bedürlms aul wirtschaftlichem Gebiet anlehnen kann, so bewegen wir uns
hier dauernd inneriialb sddier Fragen. Kur wstdem sie fteiUdi nicht in rein
tfaeoretisdier Weise erOrtert, sondern es wird alles sngeqpitst auf die eine
Frage: was ist eine Nation? Ich muß nun freilich gestehen, daß midi
gerade diese Sammlung der Strahlen auf den einen Brennpunkt zur Kritik
herausfordert. Es erhält dadurch alles, was uns sonst so klar und schön aus-
geführt wird, eine Klangfarbe, die wenigen ganz zusagen wird. Wir können
in allem 'Sachlichen dem Verf beistimm«i. Wir werden mit ihm die „ge*
meinsame Abstammung'' für ein Wahngebilde halten; wir werden sngebon,
daß sich auch verschieden sprachige Elemente vu » iner Einheit zusammen-
schließen können; wir werden vor allem mit Freuden begrüßen, wenn Kirih-
hofiE^ im Ansclüuß au ein Wort von £. ßenan, immer wieder betont, daß es
«nkommt auf den Willen, susammen zu gehören mid insammen wa haltra,
wobei ich nur auch an dieser Stelle wieder daran erinnern möchte, daß ein
großer Deutscher') schon ein paar Jahnehnte vor B^nan das Wort prigte:
„das Volk ist der Inbegritl" aller derjenigen, welche eine gemeinschaftliche
Jiot empÜnden". Wir werden weiterhin mit Vergnügen der Darstellung folgen,
wenn sie uns mit Geist und Wissen zeigt, worin das Vereinigende, Zu-
sammensehmehEende bei den Vereinigten Staaten, bei Belgpen, den Niedsr-
ianden oder der Schweiz liegt Und doch, wenn wir das Alles aofih zugeben,
so wird sich doch sicher bei vielen unter uns etwas dagegen strauben,
Schweizer, Belgier, Holländer u. a. als Nationen zu bezeichnen, sie mögen
selbst diesen Titel so energisch für sieb in Anspruch nehmen wie sie wollen.
Woran liegt das? Zmn Teil wohl daran, da£ wir mit dem Wort J$lation^
weil ea gewöhnlich mit einer, sagen wir agitatoriaoben Nebenabsicht aus-
gesprochen wird, die Vorstellung von etwas Großem verbinden. Vor allem
aber dürfte doch auch hier, wie so oft, das Fremdwort die Schuld tragen.
Und da muß es Wunder nehmen, daß der Verfasser, der sonst immer so
sorgfllltig bemUbt ist, die deatsdie Sprache von entibehrliehen Fkmndlingeii
frei an halten, es nnterltßt die Fkage aii&awerfen, ob denn nidit andi
vielleicht dieses Fremdwort, wo nidit gans, so doüoh aam Teil entbdirt
werden könne.
Es kommen hier folgende liegriflFe in Frage: 1. das Land-„Individuum"
— ein geographischer Begriff; 2. die Basse — ein rein anthropologischer
Begriff, der aber für die vorliegende Frage wenig Bedentang bedtait;
1) Alfred Kirchoff. Zur Verstämiigiing über die Begriffe Nation und
Nationalität. 64 S. Halle ». S., liuchhaudluug des WaisenhauscH 190ö. M. 1.— .
S) Bichard Wagner in: Das Knnstwerik der Zakonft.
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Geographiache Neuigkeiten.
529
3. (las Volk — ein ethnographischer Begriflf, gegründet auf Sprach- und
Kultnrgemeinschaft; 4. die Wirtschaftsgemeinschaft und ilu*; Wirtschaftsgebiet
— nationalökonomisch - wii tschattsgeographische Begritfe ; und schließlich
5. der Staat — «in wesentlich rechtlicher Begriff. Dieser tritt allen anderen
als etwas Venchiedenes gegenflber. Dort haben wir es mit natürlichen
Gemeinschaftm zu tun, hier mit einer bewußten Schöpfung. Infi Staat wird
die Beset/nncr und Hehen-schung des Bodens l)ewuBt orfaßt, im Staat
werden Wirtschafts- und Verkehrsgcbicte bewußt geeinigt und zusamnien-
gehalteu, im Staat schließt sich ethnogi-aphisch Gleiches hewußt zusammen.
Vnä je nachdem, welches Ton diesen Motiven TOtwiegt, trSgt der Staat einen
besonderen Charakter. Wo bleibt nun da die Nation? Entspricht ihr kein
Staat, licdeutet sie vielmehr nur „die eigenartige Kultureinheit eines größeren
Volksganzen" (S. 10) — wie es bei den Griei licn des Altertums und den
Deutschen vor 1Ö70 der Fall war — so besagt das Wort nichts weiter als
„Volk", ünd sonst li^n die Dinge eben so, dafi sidi der Staat auch anf
etwas Aiidffires als die Volkagemwniwhaft stOtsen kann. So in der Schweiz
auf die Verkehrs- und Wirtschaftsverhältnisso, wobei dann die Volksgemein-
schaften zerschnitt < n werden. Ähnlich bilden bei den NieilcrlaDdcn die Landes-
natur und die besuu<lcren wirtschaftlichen Interessen das einigende und ab-
grenzende Band. Zwar kommt hier auch eine ethnographische Besonderheit
gegenflber Deutm^nd hinzu, aber die Unterschiede sind doch kaum grttfier
als wir sie zwischen den StSmmen innerhalb des deutschen Reiches beoh-
achton. Es ist jedenfalls suhr gewaltsam, worin man die Niederländer als
Volk in dieselbe Rangstufe mit Deutschen, Frauzosen, Engländern usw. ein-
ordnet. Auf dem angedeuteten Wege kann mau zu sehr klaren Vorstel-
lungen gelangen, ohne jemals den Begriff Nation nötig zu haben; man
wird sein Daswischentreten im Oegentdl als stOrend empfinden. Dagegen
hat es einen ganz bestimmten Sinn, wenn wir TOtt NationalitStspolitik
sprechen. Hier bezeichnen wir ganz klar das Bestreben, ein Volk — also
eine tatälichlich vorhandene „natürliche" Gemeinschaft — auch staatlich zu
einen oder umgekehrt den Staat auf die Grundlage der Volksgemeinschaft
zu stellen. Wo dieses Streben TerwIxUidit wire, wo sich beide Einheiten
deckten, dort h&tte auch einmal das Wort „Nation** einen klar umrissenen
Sinn. Aber das trifft in Wirklichkeit streng genommen nie, und selbst an-
genähert nur sehr selten ein. Nicht die „Nation^' ist etwas Reales, wohl aber
die Natiunalitätspolitik — man mag sich zu ihr bekennen oder nicht — , uud
von hier ans empfängt das A^jektivnm national seine Bedentong: nicht Ton
etwas Vorhandenem, sondern von etwas zu Erstrebendem. 0. SchlUter.
Geographische Neuigkeiten.
Zusammengeetellt von Dr. August Fitsau.
Allgemeines. j zerische naturforsch endo Oes-cll ■ ]Kift auf
• Um die Abtragung der Gebirge Anrej^ning Brfickners eine KinuniiH«»i'iii
durch die Flüsse quantitativ zu bc- j ernannt, welche auch beschlon-scu hatte,
stimmen und auf diese Weise einen Maß- zu diesem Zwecke an der Rhone bei
Btab für die Ge?ch wi n il i ;,'koi t der P^rtc - d^i - ?ccx regelmäßig' jeden Tag
Denudation der Gebirge zu erhalten,! Wasser schürfen, den Schlammgehalt und
halte bereite im Jahre 1898 die sehwei- 1 die Menge de» gelösten Materials be-
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530
Geographische Neuigkeiten.
stimmen und so den Metrag der Alitrnpinfr
festatellen zu loisen. Die Ausiubruug
dietM Beiohlnnes Tenögerte tieli aber
bis zum März 1904, wo Erich Ueirecbt
aus Minden die Aufgabe üliernahm, jene
i^chöpfve^8uche anstellen zu lassen und
die Wunerproben «i bearbefteu. Üb«r
den Gang der Arbeiten und über ihr End-
ergebnis berichtet Uetrecht eingehend in
dem ö. Hefte des 7. Bandes der Zeit-
eebriilfilrGeiriUeerlrande. Dm Einsog«»
oder dat EntwilsB<>rung8gcbict der
Rhone bei der Schöpfstelle Porte-du-iScex
beträgt 6219,828 km*, von denen
8«9,49km*= 16,yV„ mit Wald, 1348,89km»
s»S6,7*/o mit Felsen und Schutt, 9:{2,9Gknr
— 17t«7, mit Gletscher, a,9«l£m' = i'»076" •
mit Waner und «109,79 km> — 40,4%
anderswie bedeckt waren. Die mittlere
Niederschlapsh öh odesKinzufrs^'ebietes
der Rhone wurde zu 10b cm und souach
das Volamta der in dieaem Teil» des
Rbonegcbietes jährlich fallenden Nieder^
schlüge zu ö,64 km' ermittelt. Aus den
lieobachtuugen uud Messungen in Torte-
dn-8oez ecgnbeo eidi folgende Reraltnte:
Gesamte vorheigcführte Wasser-
menge 6062838400 m*; pro m* des
Einzugsgebietes 1,16 m'; da das Be-
obachtoogsjahr 1904/06 sehr heiß war,
schmolzen die Gletacher stark iil» und es
floß mehr Wasser ab, als die jährliche
NiedenchlagshObe von 108 cm befaAgt;
Oesamtrückstand 4089012330kg, pro
m' des Einzugsgebietes = 0,77 kg; davon
waren gelöstes Material 944683738 km,
pro m' dee Einzngsgebiet " 0,18 kg und
snipendicrtes Material 8 094 .'S2h r)94
ke, pro ra' des Einzugsgebietes = 0,r»'.t kjj.
I m die 4 Milliarden Kilogramm üesteins-
mftterial in Yolomen so verwaaddn, wnxde
ein mittleres spezifisches Gewicht des
Oesteiusmaterials des Khonegebietes von
2,68 angenommen; dann besitzt das ge-
samte feste Material, welche« die
Rhone im Laufe des Jahres 1904/05 ge-
löst oder suspendiert bei Porte-du-Soex
Torbeigeflthrt bat, ein Yolnmen von
1 607 100 m» oder 0,0015 km». Auf das
Einzugsgebiet verteilt ergibt das 288 m'
pro km' oder eine Schicht von 0,288 mm
Dicke. Es iat also da« Bhonegebiet
im Beobachtungsjahr 1904/06 um
0,288 mm abgetragen worden. Um
das Gebiet 1 m abzutragen, bedarf es
8470 Jahre. Forel bereehneto fOr da«
Jahr 1B86 nach einzelnen Beobachtungen
des ächlammgehaltes und der Materiai-
fBhning der Bh<me einen Oesamtab*
trag des Eansogagebiets von 0,44 mm
oder 0,15 mra mehr als Uetrecht und
Heim bestimmte die Abtragung im Ge-
biete der Renfi aus dem Anwachsen des
Keltas, durch den Zufluß von Geschieben,
Sand und suspendiertem Material, das
direkt im Delta zur Ablagerung kommt;
er fand, daft die SeoB jUiUeh 148 187 m*
im T'rner See in ihrem Delta ablagert,
was einer jährlichen Abtragung von
ungefähr 0,24 mm entsprichi
* Aus den verfBgbaren Mitteln der
Berliner Karl Ritter-Stiftung sind
die Kosten für die Ausführung folgender
Stndienreiaen bewilligt worden; 1) dem
kgl. Landesgeologen Dr. Kurt Gagel ra
Berlin für eine Reise nach Palma und
Madeira; 2) dem Assistenten am Geogra-
plm«hen batitnt m Orrifcwald Dr. 6n-
■tav Braun für eine Reise in den nörd-
lichen Apennin; 3: dem stud. geogr. Otto
(Quelle aus Charlottcuburg für eine Reise
in da« Gebiet von Almeira in Sfid-Spanien.
» Von der Kgl. Akademie der
Wissenschaften zu Berlin sind fol-
gende Reiseunterstützungen gewährt wor-
den: dem bigenienr Hermann in WeiAen-
see zu einer geographischen Forschungs-
expedition in das argentinisch-bolivianische
Grenzgebiet 8000 JC; dem Prof. Dr. Kfl-
kenthal in Breslau zu einer Reise nach
West-Indien behufs Studiums der dortigen
Korallen 4600^; dem Dr. Tannhiluser
in Berlin snr pettographisch-geologisdien
Untersuchung des Oabbrogebtetea von
Nenrode 640 JC
* Im letzten Jahrfünft hat die Land-
igewinnung an der holsteinischen
Westküste durch die natürliche Ablage-
rung der Schlickmassen sehr erfreuliche
Fortschritte jjemacbt Es sind n4(»0 ha
dem Meere entrissen worden; 900 Men*
sehen baben sieb anf diesem frflbereo
I Meeresboden angesiedelt. In dem ver-
flossenen halben Jahrhundert vergrößerte
sich das Festland Holsteins nach dem
Ergebnis derYennessnngen mn 16000 h%
von denen bis jetzt aber nur 9000 ha be-
wohnbar sind. Die Fläche trägt jetzt
annähernd 600 Wohnstätten mit S600
Mensehati. Etws 800O ba AnBendsidi-
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Geographische Neuigkeiten.
531
inndoreien lasaen eich vorläufig? mir als
Viehweiden benutzen, d* sie bei Hoch-
Hilten ftWeehwoBBit woden. Di« Bin-
deiohnng durch hohe D&nune wird in
wenigen Jahren erfol<rcn. Man hofft, die
ganze Dithmancher Bucht anzulanden und
dftdnreh weiten Zelmtmiende Hekter det
betten MazBchlande* m gewinnen.
• Die Verkleinerunpf der briti-
Bcheu Inseln in Folge der Fels-
stilrte, die eich während der leteten
Jahre besonders h&ufig an verschiedenen
Stellen der englischen Küste ereignet
haben, ist bestimmend geweden für die
NiedenetRuig einet winemeliefUichen
Ausschusses zur Ergprflndunt? powisser
Fragen bezäglich der Abtragung der
Kütten GxoftbiitMMiieiu und Mftndi. Die
Kommission soll Aber folgende Fragen
Untersuchungen anstellen und Bericht er-
statten: In welcher Weise vollzieht sich
dae Eindringen des Meeres an den Ter-
ichiedenen Teilen der EQste des ver-
einigten Köni<,'reichB? Welcher Schaden
ist dadurch bereits verursacht worden und
inwieweit iet ein loleher flbr die Znkonft
zu erwarten? Welche Maßnaliraen sind
für die Verhütung eines derartigen Scha-
dens empfehlenswert? Künueu den Ori-
lidien Behörden irgendwelche weitere
Rechte und Pflichten auferlegt werden,
um ein wirksames und planmäßiget Vor-
gehen zum Schnts der Kflite nnd der
Ufer von Flüssen herbeizuführen, in deren
Unterlauf sich Ebbe und Flut noch be-
merkbar macht? Ist eine Abänderung der
Geaetce mit lUlelnieht enf die Bewirt>
schaftung und Beaufsichtigung des Stran-
des wünschenswert? Sollen weitere Er-
leichterungen für die Urbarmachung von
Fltttgellnde geschafflBn werden f Die
Untersuchungen werden voraussichtlich
anch geographiich wichtiges Material zu
Tage fördern.
• Eine neue Expedition nach Zen-
tral-Asien zur Fortsetiong seiner in den
Jahren 1900/01 in dereelben O^fend be-
gonnenen archftologischen und geogra-
phischen Forschungen hat Dr. Stein mit
Unieniatning der indischen Uegiemng
im FEtOuahr 1906 angetreten. Die anf
jener ersten Baise gemachten Entdeckun-
gen zeigten uns zam ersten Male , wie
weit der indische Einfluß in früherer Zeit |
nach Zentxal-Asien vorgedrongen war,nicht '
nur im I'uddhiamus, sondern auch in der
Spruche, lu der Kunst und in der Kultur;
gleichzeitig Tennoehte Stein damals genau
nachzuweisen, daf3 ihr Eitiduß des klas-
nischen Wöstens schon in den ersten Jahr-
hunderten der christlichen Zeitrechnung
bis in diese emtfinnten Teile Asiens yor>
gedrungen war. Mit Hilfe eines einge«
borenen Feldmessers, der ihm auch bei
der jetzigen Expedition von der indischen
Regiening snr Verfdgong gestellt ist, er-
gänzte Stein l'JOO Ol die Korwchnngen
früherer Reisender in der Mustagh-ata-
Kette und erforschte eine bis dahin un-
bekannte hohe Bergkette im westlichen
Teile des Kuen Ltm. Diesmal gedachte
Stein über Chitxal, Wachau und den
Pamir nadi Chinesiseh-Tnrkestaa wa reisen
und seine Forschungen längs des Süd-
randes der Wüste aufzunehmen, im sie
später ostwärts bis nach China auäzu-
d ebnen. Am 19. Mai berichtete Stein ans
Sarhad in Wachan , daß er trotz der
großen Schneemassen des h tzten Winters
den 3400 m hoben Lowarai-Puß am 4. Mai
glflcUich Ubersehritten hfttte; anf dem
Marsche durch Chitral machte er inter-
essante Beobachtungen an alt -buddhisti-
schen Felsskulpturen, an Besten von in-
dischen Baudenkmälern nnd an ironno-
hammedanischen Ansiedlungen, so an dem
alten, in chinesischen Annalen erwähnten
Mastitj. Chitral ist ein dankbares Feld
für den Ethnographen; da hier viele Völker
Zuflucht suchten und fanden, entstand hier
ein buntes Yölkergemisch, das su inter-
essanten Messungen reicUiehes lUterial
bietet. Bei dem großen Entg^fenkommea
der afghanischen Behörden in Wachan
hoffte Stein auf ein günstiges Ergebnis
seiner altehinesisehen Stadien, Ton denen
auch nach den früheren Tieistongen Steina
Bedeutendes zu erwarten ist (Oeögr. Joozn.
1906. S. 76.)
AMka.
• Zur Fortsetzung seiner im vorigen
Jahre begonnenen Erforschung und
hydrographischen Anfnahme der
atlantischen Küste von Marokko
(S. 168) hat Schiffsleutnant Dye am
22. Mai an Bord der Yacht „Senta" die
Beise nach Marokko angetreten. An der
Expedition nehmen anfieidem noch Teil
die Schiffsf&hnriche Larras nnd Traub
und der Ingenieur Pobeguiu, welche
in Oemdnscbaft mit J)j4 die hydragxa-
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532
Geographiiehe Neuigkeiten.
phisilien Aiiftialimen vornohmen werden.
Außer mit den rein geograpliisuben Ar-
beitoi wird eich die Expedition mit Fe*t-
stollungen wirtschafllicber Art und mit
der AnlefTuntj naturwissonschaniicher und
ethnographischer äaaimlungt-u betassen;
mit äeaen Arbeiten eiiid Paul Bonr-
daric und Dr. Leon Dye »pe/.iell beauf-
tragt, wobei ihnen Augast Heriot, der
Chef der die Mission begleitenden Eskorte,
•eine UnterstOtzang leihen wird. Nach
der glficklichen Ankunft in don marok-
kaniröhen Qewftaaem hat die Expedition
ihre Arbeiten in der Gegend too Safi
begonnen.
Mittlerweile nind unch am 22. Juni
lÜOO bei der Pariser Geographischen Ge-
■ellichaft die eraten Mitteilungen
Djiu fiber die Krfrebnitie seiner vor-
jährigen Aufnahmen an der Küste
von Marokko eingegangen. Die Längen-
nnd BreitenbeBtimmuagen, die auf sorg-
fältigen astrononiischon Beobachtungen
und mühsamen und beschwerlichen Zeit-
flbertraguugeu beruhen, werden eine um-
fassende Korrektur der bisher als maß-
gebend an<:rsehenen Karte von Arlett
aus dem Jahre lü'iö nötig macheu; die
ganae Kflate wird «ae Bnitenverschiebnng
▼on Ost nach West und Längenkorrck-
turen von 4 bis h Kilonieter erfaliron
müssen. Die mitgeteilten Positionen wer-
den kontroUieit dnreh die 6anaO«ische
Triangulation im marokkanischen Küste
zwischen Tanjrcr und Aj^adir, die im
Jahre i'J05 begunneu wurde und 1U07 be-
endet sein soll, sofern die Arbeiten der
Pro'i:i' liter nicht durch die unruhigen
Küstenliewühnor gestört werden. (La
Geogr. XIV. S 34.)
* Zur Ausbeutung der ErsTorkom-
men im westlichen AlieHsinien hat
sich im Jahre 1905 das deutsch-abessi-
nkdie Montan -Syndikat gebildet, auf
welches durch Vertrag die Rechte ülier-
gegangen sind, die Menelik durch Ver-
leihungsurkunde vom 5. Januar 1897/1905
dem deutschen Ingenieur Arnold Holtz
verliehen hat. Das Konzessionsgebiet,
welches Munelik Holtz zur jVusbeutung
auf Gold, Mineralien und Edelsteine über-
lassen bat, liegt im westUehen Abessinien
und umfaßt das Land, das von den Flüs-
sen Gandji üaro, Bibir Gaba und einer
Yei'bindungslinio der (Quellen des Gaba
und Qaa^ji umschlossen wird; es hat eine
Gnjße von rund 10 (»OO qkm , ist «ehr
wasserreich und vielfach mit Urwald be-
standen, in welchem Wachs, KautmAuk
und wilder Kaffee in erheblichen Mengen
trefunden worden. Unfrefähr 3G00 qkm
des Gebietes sind durch den Syndikatis-
geologen tob der Bapp im letiten Jahre
bereist und kartographisch aufj^'enommeu ;
das übrige (lebiet soll bis zum April 1907
durch weitgehende Schürfarbeiten auf-
geschlossen und dann mit den Gewinnonge»
arbeiten begonnen werden. Gold ist be-
reits in vielen Flüssen und Bächen des
Konsessionsgebietee, besonders reich im
Überlauf des Flüßchens Sisso Gombo, ge-
funden worden; an einzelnen Punkten des
Gebietes wird bereits durch die Ein-
geborenen in tinCseher Axt Goldwlaeherei
getrieben ; aber die bisherigen Schürfungen
auf primSre Goldvorkommen , die aller-
dings mit unzureichenden Mitteln aus-
geführt worden sand, haben sieht sur un«
zweifelhaften Feststellung einet Lager-
stätte geführt.
» über die Verbreitung und die
Lebensweise des Okapi sind von der
Alexander- Gosling- Expedition , die auch
ein wohlerhaltones Exemplar vom Lelle
mitbringt, auf ihrem Marsche vom Tscbad-
«ee nach dem obenm Nil interessante
Heobachtungen gemacht und der Londoner
Geographischen Gesellschaft mitgeteilt
worden. Danach lebt das Okapi im all-
gemeinen einzeln oder paarweise an den
morastigen Ufern kleiner Fln-'^se, wo eine
bestimmte großblitttenge PÜauze wächst,
Ton der ee sich gewöhnlich nihri Das
Tier wird bis 8 ühr Morgens Nahrung
Buchend an^'otrotfen, dann zieht es sich
in den tiefen Wald zurück; da es ein
sehr Mnes Gelitte hat, ist ee ediwierig,
sich ihm zu niihem Seine Verbreitung
erstreckt sich wahracheinlieh über den
ganzen zentral-afrikanischen Urwald vom
l'bangi und Uelle im Norden bis etwas
üVier den Chupa hinaus nach Puden:
dort weidet es auf den sumpfigen Lich-
tungen, wobei es durch die eigenartige
Form Heiner Hufe vor dem Einsinken
gesehützt wird. Der Name Okapi wird
nur von den kleineu Stämmen der Wam-
bobba und der Wambutti, duioh welche
man die ersten Exemplare des Okapi
erlanfrto, gebraucht; in der Kongosprache
heißen sie „duniba". (Geogr. J. 1900.
S. 181.)
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Geographische Neuigkeitea.
Australien und australlselie Iiseln.
• Auf (l' T Iii!.p1 Yaj) hat die Regio-
ruDg dei Vereinigten Staaten von Nord-
amerika eine meteorologische 8ta*
tion errichtet und mit deren Leitung
den Kapuzinerpat'T C.ilixtus lietraut. Auf
der neuen Station wird man der Prognose
der Wixbelatflrme ganz besondere E^ach-
tuDg schenken, da man beobachtet hat,
daß die verheerenden Taifune, die bo oft
die Oatküste Asiens bis nach Japan hin-
auf heimraeheD, in der Qegend von Tap
ihren EntBtehnngsherd haben. (Oeogr.
Anzeiger 1906. 3. 162.)
Sttdanerika.
• Am 16, August A1»eiids t-ind die
chilenischen Provinzen zwischen
Valparaiso nnd Talea TOn einem
Erdbeben heimgesucht worden, das an
Heftigkeit und an Umfang der Verhee-
rungen dem von San Fzanxisko kaum
nachetehen dürfte. BeMmder* ist es die
große Hafenstadt Valparaiso, welche
durch das Naturereignis hart betroffen
wurde; über die UüU'te der Stadt ist in
Trihmner gelegt worden, ein vnmitfcelbnr
nach dem ersten Erdstoß ausbrechendes
Fener setzte die Zerstörtmg fort, der eine
große Anzahl Menschen zom Opfer fielen;
da alle Telegraphen und Kabelleitungen
gerisBen und die Bahnen zerst'trt waren,
war die Stadt mehrere Tage von der
Welt al^feeehnitten. Nicht so bedeutend
waren die Verwilntungen in dem mehr
landeinwärt« liegenden Santiago, wo nur
gegen 40 Personen ums Leben kamen.
Jn den Fcorinaen Aconcagoa und Valpa-
raiso sind eine ganze Seihe kleinerer
Küstenstädte in Trümmer gelegt, der ge-
samte Menachenverlust in Chile wird auf
11 000 Psnonea gesdifttst, der Material-
schaden ist Tor der Hand nocli nicht zu
übersehen. Merkwürdigerweise berichten
die allerdings noch sp&rlich vorliegenden
Kachrichten nichts von einer Flutwelle,
welche sonst bei den früheren Erdbeben
in Chile die grOfiten Verheerungen anzu-
richten pflegte. Wieweit die Meldung,
daß die Insel San Juan Femandcz, die
800 km von der chilenischen Küste ent-
fernt liegt, durch Erdbeben vollständig
sentOrt und von der Obeiflftohe vftUig
▼enehwunden sein soll, den Tatsachen
entspricht, läßt f^ich zur Zeit noch nicht
bestimmen. Fünt Tage nach dem ersten
Beben, in dessen Verlaufe an manf^hfm
Orten 400 ein/. -Ine Stöße wahrgenommen
wurden, erfolgte eine abermalige heftige
Ersebfltterung des Bodens, der die Stadt
Quillota ca. 60 km östlich von Valparaiso
zum Opfer fiel. Die Stadt soll vollständig
vom Erdboden verschwunden sein und
von den 10000 Bewohnem der Stadt eolleii
nur wenige Hundert ihr Leben gevettet
haben.
Hord-Folurge^enden.
* Wellmanne Ballonfahrt snm
Nordpol wird in diesem Jahre nicht
mehr stattäuden, sondern ist bis zum
FrShiommer des nächsten Jahres ver-
schollen. Wie Wellmann selbst aus Spitz-
bergen meldet, habe er licsclilnssen . die
Fahrt nach dem Pol wegen der Fehler in
der meehaniedien Autrflstuug »einee Luft-
schiffen in diesem Jahre nicht zu ver-
suchen. Nach der im vorigen Winter in
Hinsicht auf solche Möglichkeiten ge-
machten Ankflndignng werde nun die
Expedition im nächsten Jahre unternom-
men. Die rjpüplljjchatt ntelle jetzt ein
großes Balluuhuua und andere Ausrüstungs-
g^enftftnde ftrtig und mache Experi-
mente für die Kampagne 1907. Dieses
Jahr sei nur noch der Vorbereitung ge-
weiht, das nächste der Handlung. Sein
Vertrauen auf Erfolg im nächsten Jahre
werde durcli die Arbeit dieses Sommere
erhöht sowie durch seine Wetterbeobach-
tungen. Die Motore arbeiteten gut, und
das Luftschiff sei in gutem Zustande;
doch der Wagen das Automobil) und die
mechanische Ausrüstung sollen wilhrend
dee Wintere in Paria vollstlndig neu ge-
baut werden. Die Expedition wfirde im
ni'ichsten Mai nach Spitzbergen zurück-
kehren und dort alles fertig vortiudeu.
Er eelbit kehre Mitte September nach
Europa zurück und lasse eine kleine Ab-
teilung auf der Däneninsel zurück, um
das Hauptquartier zu bewachen.
Geographischer Unterricht.
Gtoographisohe Vorlesuxigen
BB den danteebtpnMkUren UnlversttAten end tseh-
nlsehon Hoehsehnlen im Wiuterseniester 1906/07.
Univers i t i\ t e n.
Deutgclies lütch.
Berlin: o.Pirof.Penck: Matiiematiache
Geographie (Allgemeine Geographie l. Teil),
4i^t — (Jeograjdiie von Afrika, Snt —
Kolloquium, 2 st. — Kartographische Übuu-
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534 Geographisch
f!n für Auf änger, 2 st. — Kaiiogimphiscbe
bungen für Fortgeschrittenere. — (Jeo-
graphiäche Übungen für Anfängfr, 28t.
— Gteographisehe Ütumgen fKr Port-
ffeschrittooere, Sit. — Ozcanologische
Übungen, 2 8t. — n Prüf. Sieglin: Ueo-
graphie von Griechenlaud im Altertum,
Sil — Im Sominftr: Die Provinten dea
rOmiscben Reiches, 2 8t. — Pd. Prof.
Krot . Schmer: Historische Geographie der
ßalkanhalbinsel , ist. — Pd. Schlüter:
Eorop«« %tt
Bonn: o. Prof Rein: PhyBioj^raphie
und Wirtschaftsgeographie des Deatachen
Reichs, 48t. — Übungen, Sst.
BrealAu: o. Prof. Passarge: All-
gemeine Erdkunde : Geomorphologie), 4 8t.
— ü bangen im Seminar, 28t. — Pd.
Leonhard: Btiftleiid, lat.
Erhingen: a. o. Prof. Pechuel-
Locsche: Physische Erdkunde, 4Bt. —
Übungen des bemiuars, 8 st. —
Vratbnrs L Br.: o. Prof. Nenrnftna:
Mittel-Europa mit besonderer Berücksich-
tignng de» Deutschen h'cirh«, 4 8t. — Die
europäischen Kolonien in fremden Erd-
teilen, tat «— Seminer, tat.
Gießen: o. Prot Sievers: All^'-uieinc
Geographie D: Anthropogeographi««, 'ist.
— Geographie von Südamerika, 1 ' ^ st. —
Geschichte der Kartognphie, Set —
HiBtori.><ch -kartographische Übungen, 2 st.
— Entdeckongsgeiichichte und phjsiache
Geographie der Polarlftnder, leb. — Kollo-
quium, lV',8t,
Qöttingen: o. Prof. Wagnor: Geo-
graphie von Asien, 4 st. — Kartographi-
aoher Knn Ittr Anfänger I, Sit. — Geogra-
phische Einzelflbnngen , 28t. -- Pd. Prof.
Friederichaen: Morphologie der Erd-
oberfläche, Set. — Geogr. Kolloquium, 28t.
Ghpeiftwald: o.Prof.Credner: Gnind-
zfige der Klimntologie. 2 8t. — Geograidiio
von Afrika, 28t. — l bungen und Demon-
strationen. — Kartographische Übungen
mit EinfBhrung in du YentAndnia der
Laiiilkart'u durch Dr. Braun\ 28t.
Halle: o. l*rof. Philippson:
Pd. Prof. üle: Allgemeine Erdkunde, I
(Mathematische Erdkunde und Morpho-
logie), 4Bt. — Kartenkunde mit ]»rakti-
schen Übungen^ Ist. — Kolloquium über
Lftaderkimde. — Pd. Prof. Sohenck:
Lendeakunde von Ost-Afrika, 1 st. — All-
gemeine Wirtschaftflgeographie, 8 st. —
Kolloquium, 2. st.
e Neuigkeiten.
Heidelberg : o. Prof U e 1 1 n e r :
Geographie von .\frika und .AustrahVn,
mit besonderer Berücksichtigung der deat-
eehen Kolonien, ist. — Geographie dea
Weltverkehrs, Ist. — Seminar: obere -Ab-
teilung: Vortrüge und Referate, 2!*t. ;
untere Abteilung: Einiühnmg in die Geo-
graphie, lel
Jena: a. o. Prof. Dove: Verkehrs-
und Handelsgpogi-aphie, 2 et. — ü'Vtungen
zur Verkehrs- uud Uandelsgeographie, 1 at.
Kiel: o. Prof. Krflmmel: Geographie
der Mittelmeerlilnder, 4 8t. — Kolloquium,
2 st. — Pd. Eckert: Ausgewählte Ab-
schnitte aas der physikalischen Geogra-
phie, 3 st. — Die Alpen (mit Projektions-
bildem), Ist. — Übungen aus der "Wirt-
schaftsgeographie (Erzeugnisse des Tier-
imd Mineralreicha), 1 st. — Übungen über
kartographiache Probleme (naturgeschicht-
liche, kulturgeographiflche und statistische
Karte), Ist — Pd. Strömgren: Mathe-
mitiidie Geographie, lei
KOnlgaberg: o. Prof Hahn: Länder-
kunde von Aaien un<l Australien. 8 st. —
Ausgewählte Abschnitte aus der allgemei-
ne Erdkonde, Irt. <— Oblaten, l^il.
Leipaig: o. Prof Partsch : Allgemitte
physikalische Erdkunde, II. Die feste Erd-
rinde (Bestandteile, Bau, Formen), 3 st. —
Geographie von Afrika (Nator- nnd Wirt-
schaftsleben), 8 st — Übungen dos Semi-
nars: a. für Eortgeachrittenere, 2 8t.;
b. fBr Anftnger dnroh Aiaislent Dr. Mer»,
Ist — a. o. Ph)f. Friedrich: Grundsflge
(iiT .\ntl:ropOijeogra]ihie, Ist. — Die £ieo-
graphische Verbreitung der wichtigsten
Prodnkte, II. Nntzpflanaen, 1 il
Marburg: o. Prof Fischer: Geogra-
jdiie der Mittelmcerländer, 48t. — Landes-
kunde von Palästina, Ist. — Übungen
Uber Semkonde. Sei — Pd. Oeetreich:
Mathematische Geographie, 2 st.
Mtinohen: o. Prof v. Drygalski:
Physische Geographie I, 6 st. — KoUo-
quinm, Sei
Münster: a. o. Prof Meinardus:
(ieographie von Mittel Europa, 8st —
.Ulgoneine physieohe Geographie m,
Klimatologie, 8 et — Ühnngen, tat
■Rostock :
Btr&ßburg: u. Prof. Gerland: Geo-
graphie Enropas, 4 it. — Entatebung und
Verbreitung dea TabubegrÜfs (des ße-
gritls der religiösen Weihe). Ist. — Übun-
gen im Seminar für Fortgeschrittenere:
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Bücher besprechungen.
535
gpophyaikalische Bosprcchunpen, "ini. —
Pd. Prof. Rudolph: Geograpliio vüd
Asien, 8 st — Seminar fBr Anf&nger, 28t
— Prof. Michaelia; Historische Geogra-
phie der griechischen Lämler im Alter-
tum, äst — Lektor Skemp: The British
ColoBie«, Ist.
Tübingen : a. o. Ftof. S a p p e r : Länder-
und Viilkerkunde von Australien und
Ozeauiea, 28t — Vulkane und ihre geo-
graphiadie Verbzeitniig, lit. — Übungen
im Entweifen und Zeichnen von Knxten,
Sit
Wünburg: a. o. Prof. Regel: Läu-
detkunde Ton Nord- ondNordwett-Eaitqjiai,
48t. — [''buugpn ( Biologische GeogtAi^ie
and Authropogeographie), 2Bt
o. Prof. StoU: Physi-tche
Bern:
ZOxioh:
(ifopniidiie II (Lithosphäre), Ist. — Die
pazitischen Inselgruppen (Polynesien,
Mikronesien, Melanesien), Ist. — Öster-
reich-Ungarn, Serbien, Bulgarien und Ru-
mänien, 28t. — Nord- und Weet-Aeien,
28t — Seminar, 2 st
* Die bieberigen anBerordentlicben
Professuren der Geographie an den bei-
den badiachcn Universitäten Frei-
burg und Heidelberg sind in ordent-
licbe Profee anrenamgewendeltworden.
« Der Privatdozent der Geographie
Dr. Friederic hsen in Göttinpen ist als
außerordentlicher Professor der
Geographie an die üniTerritftt Roeloek
beroliBa worden.
* Der Privatdozent der Geographie
an der Unirersität Berlin Dr. Meinardas
ittram anfierordentlicbenProfeeior
an der Umveniat Mfinster eninnnt
worden.
Bticherbesprechungen.
Ompp. Georg. Der deutBchc Volks- lichkeit , obwohl seinen ausgesprochen
und btammescharukterim Lichte katholischen ätandpunkt nie verleugnend,
derVeigangenheii. Beiee-andKnltar>!eHMeit er mit Kennerbb'ek und Welt-
bilder. Vlll u i'06 S. Stuttgart, erfahrung die Außen- wie die Innenseite
Strecker & Schröder 1906. ^iC 2.7ü. des Volksgetriebes, den Charakter und
Der Verfasser ist ein echter Württem- , die Leistungen der einzelnen Volksstämme,
berger Schwabe, der sich durch aeine ihr geselliges Treiben, ihre sotialen Zn-
griindlichenkultur^esobiclitlicben Arbeiten stünde und malt tins hübsch anschaulich,
längst einen guten Namen in Fachkreisen . wie sich das alles im Aussehen der be-
erworben hat Aber er ist aueb viel ge- suchten Ortschaften, gelegentlich auch im
reist, sowohl in den verschiedensten Teilen Kulturkolorit der Landschaft widerspie-
Mittel-Europas als weit darüber hiiiaus. gelt. Wohl wie es pfinc Heisecindrüike
Was er dabei emsig und scharfblickend .mit sich brachten, verweilt er eingehender
beobachtet hat vom Wesen der Völker [bei Beriin, Thüriiagen, den Rh^ilandwi,
innerhalb Mittel-Europas oder, wie er es Bayern und WfirUemberg. Doch auch
in alter Weise noch nennt, Deutschlands, wa.n er im allgemfiinen urteilt über die
davon plaudert er hierin recht anregender i Nord-Deutschen, die Süd-Deutschen, die
Form, stets mit fesselndem Rfickbliok auf Österreicher, ist recht beachtenswert. Mag
daü historische Gewordenncin der Volks- er von kleinsten Zügen der Hilu.slichkeit
zustände, die er oft bis ins einzelne Icbens- oder von grundlegenden Gemütsstimmuu-
voll vorführt, ohne erschöpfen zu wollen. . gen, Schule und Kirche reden, niemals er-
Zunächst betrachtet er gewisao Seiten | geht er eich in nichtssagenden Gemein-
de« deutschen Volkstums überhaupt: Ge- plätzen, sondern pibt in packender Sprache
mfit, Religiosität, HiosUchkeit, Roheit, • kurz und bündig streng beobachtete Tat-
Erwerbsinn, dtontiehes Heer und Be-| fachen, meist mit lebireiehen, doeh nie
amtentum. Dann wendet er sich zu Ein- langatmigen Rückweisen auf deren gO-
zelscliildcrnncren aus Xnrd-I >eut«cliland schichtliche Entwicklung.
Sfid-Deutscbland ^nebst der Schweiz; und Nur selten begegnet einmal ein kleines
Ostemich. In rflhmenawertor Unpartd- : Versehen. So muB es (ß. 99), wo die be-
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536
BilcherbesprechuDgen
rühmtf'n romanischen Kirohenbauten Thfi-
riugeas erwähnt werden, olfenbar nicht
Freiberg, sondeni Freyburg a. ü. heiAen.
Nach 8. 88 boU nicb der Hoden Jenas zur
„Pflege mystischer Gelühle ungünsti-r" er-
weisen, es fehle in dem lieblichen Talkeasel
der Sule daaelbat „dM Dvakd dfleterer
Wftlder, alles ist viel zu aufgeBchlossen,
viel zu hell, viel zu klar" In<Ies8on solche
Mystik kehrt zum Glück nicht wieder.
Der Abeehnitt Ober die Schweix bebt
mit den etwas aufregend klingenden Wor-
ten an: ,,Zu Süd-I'eutschland gehört auch
die deutsche Schweiz. Die Schweizer sind
Schweben oder Alemannen , mOgen sie
sicli mit TTilnden und Fri[J''ii ge^jon die
Anerkennung dieser Tatsache sträuben."
Sind denn eher die heutigen Briten Angel-
sachsen? Und wo stecken denn in den
romanischen Schweizern die Schwaben?
Der Verf. hat eben nur vorübergehend
den Irrtnm begangen, die Schweis noch
heute zu Süd-Deutschland zu rechnen^ weil
die Mehrzahl der Nordost-Schweizer schwä-
bischer Abkunft ist. Er gehört keines-
wegs ra den flachen Denkern, die der
Schweiz die nationale Einheit absprechen,
weil sie neben deutschen romanische Volks-
teile birgt. Sehr richtig führt er gleich
danach aus, daß die Schweis am Weg
zum St. Gotthard geboren ist, daß sie ein
selbatändiger „Faßstaat" wurde, ein dem
Handel sagetuier Staat, sogar im grellen
Gegensatz zum vorwiegend bäuerlichen
Schwabenland. Er betont ausdrücklich
auch die kulturelle Abkehr der deutschen
Schweis von Deutschland, der fransOsi-
sehen von Frankreich. Von dem feinsin-
nigen Klassiker der Schweiz Konrad Fer-
dinand Meyer sagt er paradigmatisch:
JPraniOsisehe Oruie vermfthli neh bei
ihm mit deutscher Gedankentiefe.**
In aller Kürze sei nur noch hinge-
wiesen auf die S. 170 ff. gegebene wich-
tige Erlftoterong über die aus dem Mittel-
alter herrührenden „Landstünde" Öster-
reichs (Stifte und alte Gmndherrscbaften
des Adels) mit selbst heute noch bewahrter
halbeourexftner innerer Terwaltung.
Kirchhof!
Otteea. Der Kreis Tendern. Bilder
aus der Erdkunde und Geschichte des
Kreises. VIII, 232 S. m. Abb., 1. K.
u. 1 Taf. Tendern, Matthiesen 1906.
JC. 8.60.
Das Buch ist ein Beitrag zur engem
Heimatkunde der Provinz Schleswig-Hol-
stein und verfolgt den Zweck, Heinurtliebe
zu wecken un<l zu pflegen. Zunächst
werden die Bodenverhältnisse und die
wirtschaltlichen Verhältnisse betrachtet,
sodann die adligen Oflter und Eaailei-
gflter, die bftnerlichenVerhältuisse, Kirchen
und Kloster, StAdte und Flecken, vorge-
schichtliche Altertümer und Geschicht-
liches Tvm der ITerwaltong des Heises.
Statistische Mitteiluii^'en und Urkunden
beschließen das Buch. Wenn man das
Ganze Oberblickt, so muß man wohl den
Fleiß des YerftMaera in seinen Erkmi*
di^iintren und Zusammentragungen aner-
kennen, aber zu einer Beherrschung des
StolTes ist er nicht vorgedrungen; der Ter-
f asser steht noch zu sehr im Stoff wie über
dem Stot^". Die physisch -geographischen
wie die kulturgeograpbischen Verhältnisse
sind mangelhirft dargestellt. Die Literatur
hfttte auch noch ausf^hrüeliar herange-
zogen werden können: so wäre z. B. bei
den Wäldern das Werk von A. Wagner:
,J>ie Hebungen und Moore 8dileBwig>-
Holsteins" zu beachten gewesen. Vom
Klima wird nichts berichtet. DerPflanzen-
und Tierwelt wird nur nebenbei gedacht
Es sind eben mehr geschichtliche wie gee-
graphisehe Bilder. Max Bekeri
Palftstina bis sur Zeit Christi, in
Verbindung mit G. Leipoldt ge-
zeichnet von M. Kuhnert. Dresden
u. Wien, Müiler-Frübelhaus 1905. Un-
aufgesogen J( 10.—, aufgesogen auf
Leinwand mit st":! * n J( 15.—.
Diese neue Schuiwandkarte Alt-Palil-
stinas ist bei dem ansehnlichen Maßstab
von 1 : IMOOO 1 m hoch , 1,S6 m breit.
Sie schließt sich inhaltlich nahe an die
in Wagner- Debes' Oeo^fraphischer .An-
stalt zu Leipsig erschienene Wandkarte
Pal&stinas von Flecher-Outhe. Inaanberani
Farbendruck ausgeführt, die Hochland-
formen in bräunlicher Schummerung, die
Niederungen in grünlichen Nuancen, die
in der Senke des Bor (Ghor) in gesättigtes
Saftgrün übergehen, das Meer lichtMau,
die Flüsse und Seen dunkelblau, die
Stadtpunkte grellrot, besitct die Karte ge-
nügende Femwirkung und macht einen
markigen, plastischen Eindruck. Freilich
wird letzterer hauptsächlich durch die so-
genannte Bchrlge Beleuchtung hervor^
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Bücher besprechunt^CQ.
Ö37
gerufen, die von Westen her kommcud
gedacht iet. Deshalli wird der Lf>!irer
seine Schüler beim Gebraucli der Kurte
TOT Hiflrentftndiiinen hinriebtUeli dieser
Lidii- lind Schattenseiten des Reliefs zn
warnen hiibt n, nampntlich davor, daß das
tiefe Schattenbrauu des Westgehänges de«
Ror gegenQber der LiehtfBlle d« Hut
gehaltenen Ostgehilnges durchaus keinen
Höhenunterschied swiachen beiden be-
deuten soll.
Bei DantoUimg der NttarreiliUtmaM
PaläätinaR vor zwei niid mehr Jahr-
tausenden hätte nicht verabsäumt werden
sollen, der Gestalt dee enten der beiden
Dnndtflußseen des Jocdans Ar so ent-
legene Zeit Rechnung zu trag^en. liier
aber ist einfach die durch Zuschüttuug
Mitena des Jordans ganz verkümmerte Ge-
stalt des Haleeees von heute zur An-
schauung gebracht, ohwulil wir durch
Josephus genau wissen, duU der von den
Grieehen Samaehonitis genannte See im
ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung
reichlich doppelt so lanj? als breit war.
Mindestens sollten die weiten tafelglatten,
gana voll Pbpymsschilf stehenden Moräste,
die jetzt Ard el Hule heißen, kräftig aus-
geprägt sein, da sie zusammen mit dem
heutigen Seerest nngef&hr den Umfang
des alten Samaehonitis vergegenwärtigen
niGpcn; sie s-irul aber seltsamer Weise
ganz weggelasiien. Als Name des Sees
ist anfler dem modernen (Hnle-See, eigent-
lich Baehrat el Hule) in kleinerer Schrift
vnd mit Fragezeichen aufgeführt ,, Wasser
Metom'*. Es kann aber nicht oft genug
wiederholt werden, daB dieser Nnne ganz
apokryph ist. Er findet sich im 11. Ka-
pitel des Buches Josua, wo von einem
Sieg der Israeliten über die verbündeten
KanaaniterkOnige b«m „Wasser Marom"
geredet wird, von dessen Lage kein Mensch
etwas Sicheres weiß. Der Theologenschluß
lautete nun: Weil soüst in der ganzen
Bibel der erste Durcbflufisee des Jordans
gar nicht vorkäme, so muß er in diesem
„Wasser Merom" gemeint sein. Mit sei-
dier Logik wollen wir Wissenschaft vnd
Bchule doch lieber verschonen!
Kiri Kart'iii um Hand der Hauptkarte
gibt noch einen Flau des alten Jerusalem
im MaBstab Ton 1 : «000. Kirehhoff.
Baedeker, K. Ägypten und der
Sudan. Ü. Aufl. 419 S. iti K. u.
Pläne, 69 Grundrisse u. 57 Vignetten.
Leipzig, Baedeker ItiOß ,V 1.*».—.
Die rasch auf einander folgenden Auf-
lagen sind ein sprechendes Symptom fBr
den immer zahlreicher werdenden Beeuch
der Pharaonenlande Daß Baedekers
Reiseführer nach der touristischen und
knnstgesehichtlichen Seite onttbertrofTen
sind, bedarf keiner Betonung.
Dagegen ist die Naturgeschichte Agj'p-
tens etwas sUeiinütterlich bebandelt. Neben
der ansgeaeiehneten Scbildenmg der Be-
wohner und ihrer Sitten vermissen wir
besonders eine geographische und klim»-
tische Charakteristik der Wüste, welche
die Gesehieke des Landes seit Jahr-
tausenden so nachhaltig beeinflußt hat.
Die Trockentäler, Kiesebenen, windbe-
aibeiteten Felsen, zersprungenen Kiesel
und braunen Rinden verdienten eine korse
HeH]irechung. Statt dessen lesen wir die
Hypothese, daß die Oase Farafrah und
die Inselberge „ausgewasehen** seien, nnd
auch der hypothetische „Umil** mit seinen
„Deltathermen'* diirfte den Widersj)ruch
mancher Geologen erregen. Eine Analyse
des Nilsehlammeo nnterscheidet:
G3% Wasser und Sand,
18% kohleus. Kalk,
97o Quarz, Kiesel, Feldspat usw.
Es w&re intoessant zu erfahren, wel«
che chemischen oder mineralogischen
Unterschiede der geologische Berater der
Redaktion mit den Worten „Saad^
„Quarz** und „Kieael** hat hororheben
wollen.
Auch eine biologische Darstellung der
Wüstenflora wire dringend an wünschen.
Während ein „Grab mit unbedeutenden
Wandmalereien" oder „einige trogartige
Vertiefungen ohne Inschriften" docix nur
den Faeharehftologen interessieren kOnnen,
erwecken die erwähnten naturwissenschaft-
lichen Tatsachen bei jedem gebildeten
Reisenden lebhaftes Interesse und es wäre
daher dringend sa wünschen, daß eine
künftige -\uflage besonders nach dieser
Seite revidiert und ergänzt werden möchte.
J. Walther.
' Sapper, Karl. L her (iebirgsbau und
Boden des sfldlichen Mittel-
»merika. (P. M. Erg.-H. 151.) 82 8.
2 K n 2 Profiltat Gotha, J. Perthea
VJOä. .(t 8.—.
In der ersten HUfle dieser MonO"
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538
Uücherbesprecbuogeu.
gnphie gibt Viurf. eine Schilderung der
geologischen Boolmohtungeu auf 29 W'eg-
atrecken mit einer CJuaamtlänge von über
6000 km, giOfileiiteil« Mlbit gwwonnea, 1
»um kloiueren Teil nach Berichten von
Mierisch, Uayes, Pittior, Gabb,
Hershey, Bertrand und Zfircher er-
^nxi Auf Grund dieser Profile, welche
auf Taf. 3 u. 4 darij'-sti llt >inci, war der
Entwurf geologischer karteu möglich, wie
sie Taf. 1 u. t vom lüdlieheii M ittebunerika
(Golf von Pontec« bis Fanunft 1 ; 1,760000)
und Honduras 1 : 1,000 000. l>rin>»en, wo-
bei allerdings die mangelhal'ton und nur
iBag« den projektierten Kauütracen (Ni-
earagua, Panama) cuverlilLaBigeren topo-
prraiihischcn G rundlagen gawiMoScbwierig-
liciten Loten.
An dem Aufbau des behandelten Oe-
bieieEt beteilifron sich Sodimentgeateine
der azoischen Formation (Gneise, nament-
lich aber Glimmerschiefer und Phjllite),
der Kreide, de« TertiAn und Quartftn.
Palilozoische Hiltlunpcn siti«! bis j'-t/t
mit Sicherheit nicht nachgewiet^en, obwohl
ea wahnoheinlieh iat, daB ausgedehnte
Compleze von Kalksteinen, Tonschiefem.
Quarziten u. a., welche von Mieriscli im
nordöstlichen I^iicaragua und von Sapper
im afidliehen Hondnfaa beobachtet wmden,
dieser Epoche nn^eliuren. A\ä (ebenfalls
noch Bweifelhaftcj liepräHcutantfn der
Trias sind mit Vorbehalt die von Frits:-
gaztner als „Tegueigalpäformation'* be-
seichneten Mergel, Tone, Schiefer, Sand-
steine, ConRloraerato und Kalke angeführt,
welche im zentralen und 8Üdü»tlicheu
Honduras auftreten, sowie fthnliche Ab-
lagerungen, ilic MicriHch im nördlicht'M
Nicaragua gefunden bat. Auch das Vor-
kommen von Jurakalk ist voriftufig noch
problematisch. Die untere Kreide (Neocom)
In'lileu .-\(]niva]i-ntc der zuerst aun Guate-
mala geschilderten „Metapouschichten";
die obere Kreide reprilMutieren Petrefisk-
ten- — namentlich an Hchiniden reiche
Kalksteine, die in Honduras und in Co-
starica in ansehnlicher Mächtigkeit ent-
wickelt sind. Vom Alttertiftr sind oligocftne
Tone und Sandsteine in Panama, Costiirica
und im südlichen Nicaragua weitverbreitet;
marines Miocün ist bis jetzt nur aus Pa-
nama bekannt, Plioehi aus Costarica und
Honduras Diluvial- unA .Vünvialsodi-
mente, schwer von einander trennbar,
tretoi in grOftter Mannigfaltigkeit und von
^ehr verschiedener Genesis im ganzen
Mittelamerika auf, vielfach vermischt mit
vulkanischen Produkten, erstere gelegent-
llieh auch Hastodonteniesto beigend. —
Von Eruptivgesteinen ist vor allem Granit
«.in Honduras, Nicaragua und Coxtarica)
wichtig, sodann Quarzdiorit und normale
Diorite ; untergeordnet treten 8yenit,G abbro
und Serpentin auf: die im nordrstlichen
Nicaragua verbreiteten Diabase sind als
Trüger von Erzgängen von IntcflMa. Un-
gemein mannigfaltig sind die jttngenn
Kruptiven Kffueiv^estcine: ; von den
kieselsäurereicheu ijuarzporphjren und
Rhyolithen bis m den basiiMshen Andestten
und Basalten sind fast alle Tvpen ver-
treten Als jflnpffte Produkti' der z. T.
tiitigen Vulkane sind Piroxen- und Am-
phibolandesite ra erwUmen. (Nlheres
hierüber enthält die I>iss( rtation von A.
von Napolski: Heitrag zur Kenntnis
der Gesteine der Bepublik Honduras.
Leipzig 1U04.)
Im Gelnrgsbau zeigt sich ein hüchst
bemerkenswerter Gegensati zwischen d«r
nördlichen und dar sfldlidien HUfte des
Gebietes, d. h. iwischeu Honduras and
Nord - Nicaragua einerseita, Costarica —
Panama andererseits; in der Zwischen-
sone haben jungeruptire Hassen da« Grund-
gebirge so sehr verhüllt, daß nur un-
genügende Einblicke in dies möglich
sind. In Honduras erscheinen die archa-
ischen Oebirgssflge als Fortsetsong der
guatemaltekischen im allgemeinen in o.st-
westlichem Streichen, mit Abweichung im
W nach NW, im O nach NO. Zu beiden
Seiten der tiefiNi Oeltodeeinsankimg,
welclio Honduras in NS- Richtung (von
Puerto Cortez bis zum Golf von Funseca)
durchzieht und ^löglicherwei8e durch eine
(luer^iestellte Synklinale, vielleicht auch
durch einen (irabenbnich bedingt ist.
läßt sich auch nord • südliches Streichen
wahmelimen. Als ein durchaus selbstta-
diger Gebiigsbogen, von gleicher Haapt-
richtung zwar, aber anderem Krümmungs-
radius, stellt sich das Gebiet von Costa-
rica und Panama dar, in dem eine aus
granitifichen Eruptivmassen bestehende
Zentralkette großenteils von jüngeren
Eruptivgesteinen verhiiüt und beiderseits
von tertiftren, im 8 andi crataoeiaehen
Sedimenten l egloitet wird. Zur nähe-
ren Charakteristik dieses Gebietes ge-
nügen indessen die bis jetzt spftrlichen
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Bücher besprechungen.
539
Beobachtungen noch nicht. Über die Be-
tiehangen der Vulkane Xicara^as zur
Tektonik des Laude» spricht sich Verf.
Bielifc Bin, da hier die «tarice Bedeckung
dei Grondgebirga mit jungvulkaiiiachen
Massen olVenbar keine mafigebenden Be-
obachtungen zuläßt.
Das Sehlliftkapitel ist den Bodenarten
gewidmet. Eine auf Taf. 1 beigefügte
„Skizze der Bodenarten des südl. Mittel-
amerika" im Maßstab 1 : 4 000 OUO gibt
<dn migef fthrea Bild von der Verteilung
dSTTOn Sapper und Hayc« unterschiedenen
Bodenarten, von welchen den weitaus
größten Äuteil die durch tiefgründige Ver-
witterung entstandenen, meist rot ge-
färbten Eluvialhnden der feuchten Urwald-
gebiete auf der atlantischea Seite, sodaun
die wesentlich eeichteren derniederschlags-
irmewP, höheren Gebirgsgegenden auf-
weisen. Auf die Westseite beschränkt
sind die vulkanischen Aufachiittungaböden,
anf die Fhi6tBler die fluvialen, auf die
Meeresküsten die marinen Aufschüttungs-
und Maugroveböden ; in den Torrainmuldon
finden sich die zeitweise sumpfigen Jicarales,
welche im allgemeinen sterile, tonige
Zusammenschwemmuugsprodukte der Kln-
Tialbildungen darstellen. H. Lenk.
QMMly EiBllio Angosto. 0» Mo^qui-
tog no Parn. (Memoriaü do Muaeu
Goeldi. Tara [BrazüJ). gr. 8**. 164 S.
lU Fig. Q. 6 lithogr. Taf. Par&,
Wiegandt 1905.
Der vorliegende Band der .\rlieiten
aus dem naturhistorischen und ethno-
graphischen Hnsenm in Flar& umfiifit
systematisch zoologische üntersucluingen
über die in Parä vorkommenden Stecb-
mflcken, die dem Menschen gefährlich
werden können, nnd gibt ein geoanei Bild
der morphologischen und biologischen
Eigrentümlichkeiten jener Mosfjuitos. Die
Arbeiten gewinnen dadurch an Interesse,
daft sie in erster Linie die Siegomyia
f asciata , den Übertrager de.s gel-
ben Fiebers, welches bekanntlich am
Amazonenstrom und an einigen anderen
Pl&tzen der Ostkfiste von Südaro erika en-
demisch auftritt, behandeln Besfinden-r
Wert ist weiter auf die der Ütegomyia
fateiata Uinliehen Stechmücken und deren
Unterscheidungsmerkmale gdegt, so daß
an der Hand ib-r /.alilreichen zum Teil in
farbigem Druck ausgeführten Abbildungen
auch für den Nichtzoologen ein wichtiges
Hilfsmittel zur Krkennuu^' der Krankbeits-
überträger vorliegt. Das Buch bildet jeden-
falls fflir dieee Spenalwissenscbaft eine
der wichtigsten Hilfsquellen und muß bei
allen Tropenreisenden die günstigMte Auf-
nahme finden. R. U. Neumaun.
Küchler, Carl. Unter der Mitter-
nachtssonne durch die Vulkan-
und Gletscherwelt Islands.
174 S. Viele Abb. u. 1 K. Leiprag«
Abel \' Müller 190G. 4.—.
Immer mehr gewinnt Island in den
letzten Jahren das Interesse der deut-
schen Reisenden. Das zeigen die in
raKcber Folge erscheinenden lleisebe-
Bchreibungen. Im Jahre 1900 vezöffent*
lichte icii mein Bncb „Ein Sommer anf
Island" über meinen Aufenthalt TOm
Jahre ISUT, es fol<,He von E. Zugmayer
„Eine Heise durch Island im Jahre 1902"
(Wien 1908) nnd jetit naeh Yerianf von
'.i Jahren liegt der Reisebericht Kü cli 1 e r s
vor. Man könnte meinen, es sei dies des
guten etwas zu viel. Aber die drei Be-
richte ergftnsen sich in Tieler Hinaielit.
Es tiind die durchreisten Gegenden nicht
Überall die gleichen gewesen. Natürlich,
die am leichtesten vom Reykjavik aus
zu erreichenden Gegenden, wieThingrellir,
die (ieysir- und Heklalandschaft finden
sich bei allen dreien beschrieben. Aber
wfthrend Kliehler das Kordland gar
nicht besncht hat, bat er den höehet
interessanten und durch die Durchquerung
i zahlreicher reißender Ströme schwierigen,
(ja «tellenweiseo geflUirtiehen Ritt dnzehs
Siidland zum Fuß des ungeheuren Vatna-
jcikuU gemaeht, wohl des grüßten Glet-
schers der Welt, Zugmayer und seine
Freunde den Weg dnreh die gefSiehtete
Wüste des Sprengisandr zurückgelegt
haben, führte mich meine Reise durch
Teile des Westlandes zum Nordland hin,
di« jene nicht beraist haben. Als einer
der besten Kenner und als eifriger Ver-
breiter der neuisländischen Literatur war
Kfichler in vorzüglichem Ifafie fttr eein
Vorhaben ausgerüstet. Man wird seine,
mancbmal vielleicht zu enthusiastischen
Schilderungen von Land und Leuten mit
Interesse lesen, nnd war aneh lein Aof-
enthalt auf der Insel etwas kon, nur
6 Wochen, so hat er doeh in dieser Zeit
viel gesehen und gut beobachtet.
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540
Bücher besprechungen.
Erwähnt sei, daß K. auch die be-
rühmten Hohlen Siirtühellir im \\ < -tlaiid
besucht hat und von Uurt auch eine Thoto-
graphie — wohl die ente — wiedergibt,
wft^rend die AnfnAhmen ZngmAjers
and seiner Gefährten durch einen un-
glücklichen Zufall vernichtet wurden-
Zablzeiebe gute, meist tob K. «nfgenooi-
niene Photofji-nphirn rohen ein anschau-
liche» Hild der merkwürdigen isländischen
Landschaft. Auf der boigegebeneu Karte
h&tte K. zwt Erleiehtmuig für dea Leser
«einen Heiseweg einzeichnen sollen. Daß
K. n^ben der Schilderung der Landschaft
nod der BeiseftbeDtener aneh allerlei
l^ickhlioke in die Vergangenheit des
Landet* wirft und Schildorvingen des
gegenwärtigen kulturellen Zustaudes uud
geintigen Lebens gibt, die UAii mit Nntaen
lesen wird, erscheint selbstrerstftndlich.
Einige Irrtilnier peien hier zum Schluß
noch berichtigt, von denen der erste ziem-
lich schwer ist: daB K. 8. 44 Saemiind
den weisen , den gelehrten Priester des
11. Jahrhunderts, zum ..Kddaschreiber"
macht, also den alten in der isländischen
Renaissance aufgekommenen, von der
Wissenschaft iHngst abgetanen Irrtum
immer noch glaubt, ist höchst verwunder-
lich. Femer Ist ^e Behauptung 8. 149
nicht richtig, daß auf Island niemal» Ge-
treide reift. Recht hat K. darin, daß
heate kein Uetreide mehr gebaut värd,
das hat aber seinen Grand in dem üm-
Ntand, daA der netreldflbaa zu wenig
lohnend ist, und daß es sich heut, bei
den Terbesserteu Verkehrsverbältnisseu
gewinnbringender seigt, solches einsu-
führen. Aber schon die ersten Ansiedler
haben ( Jctreide gebaut, und dies ist auch
zuweilen, wenn auch freilich nicht immer,
reif geworden. Dae bezeugt e. B. die ja
auch K bekannte und von ihm S fiTfT.
erzählte Geschichte des edleu Gunnarr,
den ein Blick auf sein Land davon surück-
hillt, ins Elend zu reisen, und der dann
den Tod erleidet .,Der gelbe llapf", von
dem der Dichter singt, das sind die gel-
ben, also reifini Kornfelder, die er sieht.
Es werden auch in den Sagas eine An-
zahl Stellen als besonders gün^itig für den
Getreidebau angeführt, vgl. Weiuhold,
Altnord. Leben 8. 85f.
Auf 8. 128 nimmt K. die alte Volks-
meinnng, daß sich der Gesetzcsfelsen in
der Ebene zwischen den beiden Spalten
j der Nikul4«argjä und der Flosai^Ä be»'
; fundeu hal>c, auf, während doch nach den
Forschungen Kälunds kaum ein Zweifel
darflber sein kann, daS er auf der SpitN
der 0itliehen Wand der Alnannafgi ge-
logen war.
Von Rnsderteu altisläudischer Sagas
in spfeehen (S. t%i) ist doch wohl ftbei^
trieben. Nimmt man das ganze alt-
iHländische ischrifttum, zählt auch die
kleineu Erzählungen und die romantische
und xeligiflee ObersetaangsUteratur mit,
wird man auf höchstens *200 Sagas kommen.
Im übrigen kann das Buch denen, die
sich f8r Island interesaieren, in erster
Linie den Islandveiiaiden, bestens emp-
fohlen werden. B. Kahle.
Phjsik.-pol it. Schul Wandkarte von
Europa, in Verb, mit G. Leipoldt
gezeichnet von M. Kuhnert MaA-
stab 1:8000000. Dresden, HlÜler.
Frübelhaus 1906. Unaufgez. .« 16.—,
aufgez. auf Luwd. m. Stftbeu ^tC 22.—.
Die CielftndeTerhtlhiiiae sind anf dieser
Karte durch Schummerung in Verbindung
mit schiefer I?eleuchtung dargestellt Je
steiler die Hänge eines Gebirgszugeii sind,
um so hellttr erscheint die belenchtete,
um so dunkler die unbeleuchtete Seite.
Ebenen sind um so heller gehalten, je
höher sie liegen. Außerdem ist das Tief-
land doreh i^en grflnen Ton von dem in
weiß, grau und schwarz gehaltenen Hoch-
land unterschieden. Ich kann mich mit
dieser Art der Darstellung nicht recht be-
freunden. Es liegt eine gewisse Inkonse-
(juenz in ihr, indem durch hellere nrn! dunk-
lere Töne in verschiedenen Fällen \ er-
schiedenea beseichnet wird. Anch gibt sie
vielfach wenig schöne und vor allen Dingen
häufig verzerrte Bilder, die in den ."Schü-
lern unrichtige Anschauungen hervorrufen
mflseen. Troti mancher anderer VoxiSge,
wohin ich z. B. die Sorgfalt rechne, mit
der auch die Meerestiefen durch verschie-
dene Farbabstufungen zur Darstellung ge-
bracht lind, kann loh die Karte nicht
eondezlich empfehlen. ILLangenbeck.
htifHif 0* Yerkehrskarte von
Mitteleuropa .Maßstab 1:850000.
Dresden, Müllor-Fröbelhaus 1906. Auf-
ges. anf Lnwd. m. Sttben JL n.—.
Die Karte ist wohl weniger für S( hulen,
als für Ceschiiftiik'ute bestimmt und für
diese jedeutalls sehr brauchbar. Sie ent-
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Neue Bücher und Karten.
541
hftlt außer den politischen (rron/en dif straßen (schwar^V Rei den Eisenbahnen
Eiaenbahuen, die Dampferliuien auf der sind durch verschieden dicke Linien
Nordsee, dem ifldweftticheD Teil der Ost- nnteneliiedeii die HaapÜinien des Welt-
lee, dem nördlichen wiriatischen Meere Verkehrs, die übrigen Bahnen mit Sehnell-
und dem Golf von Genua (rot\ die Kaii'Ue Zugverkehr und die ohne Schnellzugver-
(blau), die Telegrapheulinieu, weiche uiciit ^ kehr. Die Größe der Städte ist durch
lings dar Balmliaieii TeifauiiBBii (•ohwars- . 6 venchiedeiie Signaturen gekeoiueiohiiet.
geetrtclielt), endlich die wiohtigeten Alpen- 1 R. Langenb eck.
Neue Bücher und Kurten.
K»rto|rrftphi«.
Albrecht, Th. u. B. Wanach. Resul-
tate des internationalen Breitendienstcs.
Bd. II. (Zentralbureau der intemat. Erd-
nessong. N.F. d. Yeröff. Nr. 18.) gr. 4^
VI n. 190 S. S Tnf. Berlin, Georg
Beinier 1906.
PritzBche, Rieh. Niederschlag, AbSuß
und Verdunstung auf den Landflächen
der Erde. Dia». Halle a. S. (S.-A. aus
d. „Z. f. Gewässerkde.** Bd. VII. H. 6.
1906.) 54 S. XI Tab,
Die Vegetation der Erde. V'll: Diels,
L. Die Pflanzenwelt von West-Anstra-
lien südlich des Wendekreises. Mit
einer Einleitun;^^ üher die Pflanzonwt'lt
Gesamt-AotttraUens in Gruudzügeu. ^Er-
gebnisse einer im Anftnge der Hnm-
boldt-Stiflun- d k. preofl. Ak. d. Wias.
1900—1902 unternommenen Reise.) XII
u. 413 S. 1 Yegetations-K. u. 82 Text-
fig., sowie 84 Taf. nach Oiiginal-Aof-
nahmen von E. Pritzel. Leipzig,
Kngelmann 1906. JL 84.—. (Einzeln
^fC 3i>.— .).
AllgeniclBe Geographie des JleatcliCM.
Chalxkiopoiilos, L. Landschafla-, Wirt-
schafts-, Ge»ell8ehafte-,Kulturtypen. Geo-
graphische Skizzen. X o. III S. Leip>
zig, Teubner 1906.
Die Weltwirtsehafi Bin Jahr- ond
Lesebuch Hrsg. von E. von Halle.
I. Jahrg. l'.MK) 2. Tl Deutschland. VI
XX. 253 S. Leipzig, Teubner 1906.
JC 4.—.
»MtMlUa« asi Vaefctarllaiw.
Peliz, W. Tiefenkarte der Muritz. Hrsg.
d. Ver. d. Freunde d. NEiturgesch. in
Mecklenburg. MaßsUb 1:5U0U0. lie-
gleitiroite von W. Pelts n. E. Qei-
nitz. -"^.-A aus: „Archiv d. Fr. d.
Naturgesch. in Meckl.'' 60. 1U06.) 6 ä.
OMow, Opits k Co.
Erläuterungen zur geologischen
Spezialkarte des Königreichs
Württemberg. Hrsg. v. k. württ. stat.
L.-A. Blatt Frendenetftdt (Nr. 106) von
M. Schmidt u. K. Rau. (Das Gmud-
gebirge von A. Sauer.) 100 S. 2 Text-
abb. u. 1 Profiltaf. Stuttgart, Kohl-
hammer 1906.
Leuziuger, R. Reise-Relief-Karte von
Tirol, Vorarlliorg, Salzburg, Oberbayem
und den ungreuzeudeu Gebieten. >i'eue
Ansg. von Kflmmerly Frey. Maß-
stab 1 : 500 000. Bern u. Leipzig, Geogr.
Karten- Verlag o J. (1906.) ^fC 4. — .
Karte der Dolomiten und des Süd-
»bhangs der Zentral-Alpen. 1 ; 890 OOO.
2. Aufl. JC —.90. — der Hohen
Tauern. 1:250 000. 2. Aufl. Mit Pa-
uoramen. I.SO. — von Steiermark
nnd Krain. 1 ; 446000. 8.Anfl. JK— .90.
— von Ober-Österreifh und dcu an-
grenzenden Teilen des Bühmerwaldes,
Bajerns und Salzburgs. 1 : 050 000.
8. AqU UK —.90. Wien, Hartleben
(1906).
Resultate der wissenschaftlichen
Erforschung des Balatonsees.
(Aneh in der devtschen Ausgabe er-
Mcbeint jetzt leider die madjarische
Namensfonn für Plattensee!) Hrsg.
V. d. Balatonsee-Komm. d. nng. Oeogr.
Ges. I. Bd. Physische Geogr. IV. Tl.
3. Sect Mor. Staub f u. J. Ber-
nätzky: R^ultate der phytophäno-
logiaohen Beobachtnngen in d«r Um-
gebung des Balatonsees. 46 S. 1 K. —
V. Tl. 2. u. 3. Sect. E. V. Cboluoky:
Die Farbenerscheinungen des Balaton
sees. 67 S. 84 Fig. 2 Taf B Ha
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Neue Bücher and Karten.
kttnyi: Pio Reflex ionseracbeinon^en an
bewegten Wasserflächen. 81 S. 8 Fig. —
II. Bd. Die Biologie. I. Tl. Dio Fftun».
Anhang. 86 -f 24 -f 16 S. 84 Abb. Q.
2 Taf - II. Tl. Dio Flora. 1. Soct
Anhang. 11:2 S. 1 Textfig. u. 17 Tat.
(1902). m. Bd. SosisI- Q. Asthropo-
gcographie. I. Tl. Archäologie der
HaIaton(<ee-rmf7ebung. 1. Sect. 38 S.
20 Texttig. u. 1 Taf. -- ü. Tl. Joh.
Jank6 f n. Will Semayer: Ethno-
graphie der rmwohner. 499 S. l.'rtText-
abb., 6 Taf. u. 16 Tab. — V. Tl. Jul.
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Qnerta, Terti» a. Untenekond». n.
290 S si Abb. JC 9.80. Berlin, Weid-
mann 1906.
Pah de, A. Erdkunde höhere Lehr-
anstalten. S. Aufl. m. TL: Hittelatnfe,
2. Ptü. k. V u. 172 S. 8 Vollbilder u.
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Waner, A. Bonile Bcdkonde. Linder*
und Gesellschatlukunfle fürVuIkss^ohulen,
Porti iildung89chulen , Handelsschulen
usw. Heft I. Sachsen. 2. Aufl. 0 Skiz-
zen, 88 B., 1 Ortstab o. 1 K. Leipzig-
Dresden- Wien, Mflller^FrObelhans 1906.
—.80.
Schulwandkarte des Kanton Bern.
Beerb, unter Mitwirkung einer Komis-
sion von Fachmännern von Hermann
Klimm erly. Maßatab 1 : 100000. Bern,
Geographischer I^tenverlag (H. Küm-
merly fr Frey) 1906.
Zeitsekriftevselian.
Petermann» MitUUungen. 1906. 7. Heft.
S a p p e r: Beiträge snr Kenntnis von Palma
und Lanzarote. — Boeek: Chewsurien
und Tuschetien. — Langenbeck: Die
Archipele der Maldivon und Lakkadiven.
— Snpan: Sobnee ia der algerischen
Sahara. — Krebs und Sapper: Über
einige Beziebnngen des Meeres imn Vnl-
kauiamus.
Olobfu.' 90. Bd. Nr. 8. Lobmaan:
Durch Sopbene und KataonieB. — Beek:
Zun Tafelberg und Drakenetein. —
Hnndhausen: Die Crau. — Anker-
mann: Felsbrunnen in Tnm. — Der
Mekong als Schiffahrtsweg.
Da§8, Nr. 4. Lohmann: Durch So-
pbene und Eataonien. — Seidel: Ka-
merun im J. 1906. — Lehmann: Die
mexikanische Grünsteinfigur dos Mus^e
Quimet in Paris. — v. Bülow: Die Be-
mflhnngen um die Festetellnng der Ur-
heimat der Poljneeier. — Schütte: Die
große StraBe tou Indien naeh Tibet.
DasB. Nr. 6. Prenß: Der Mitotetani
der Coraindianer. — Henning: Streif-
zQgo in Wiskonsin. — Buchner: Das
Hogensohiefien. — Krebe: Taünngefthr
in der deutschen Sfldsec.
DaKs. Nr. 6 Büchner: Da« Bogen-
schießen. — Henning: Streifzüge in
Wiskonsin. — Regel: Zur Entwiekelug
der ReichipoRtdampferlinien nach Ost*
Asien und Australien. — Der Suai-See.
Deutsche BuneMiau für Geogrofkk
umi Statistik. 88.Jhig. 11. Heft. Tramp-
ler: Die Donau von Passau bis Linz. —
Jüttner: Forschungen und fieisen im
J. 1906 in Aaien tmd AmbalieB oad Fc4r-
nesien. — Dietrich: Reiseeindrfleke «llt
Belgien und Nord-Frankreich.
Meteorologische Zatschrift 1906. «.Heft
Wegenor: Dae mefceovologiedie Rcgelmic
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Zeitscbriftenschan.
Ö43
der 52Rtflndipen Ballonfahrt 5. — 7. April
1906. — Steiner: Graphische Metbode
nur Bertinmraiig der Imolatioimieiige. —
Kaiener: Normale Mouatsmittel der Tem-
perfttor und dt'§ Niederschlages für den
Brocken. — Nordmann und Le Cadet:
Menongen de« Potentialgef Ulee und der
Ionisation der Atmosphäre während der
totalen Sonnenfinstemig am 30. Auf?, l'.tüö.
— Schuster: Sonnenfleckenperioden.
Zeittekrift für Qmineihwude. 7. Bd.
6. Heft, üetrecht: Die Ablation der
Rhone in ihrem WalUser Einzngigebietc
im J. 1904/06.
Dan. 6. Heft. Fritseehe: Nieder-
schlag, Abfluß und Verdunstung auf den
Landflächen der Erde. — Meyer: Mit-
teilungen ans dem Entwurf eines Wasaer-
gesetaea fQr das Königreich Sachsen.
Geographischer Anzeiger. 190ß. 7. Heft.
Oflnther: Wechselbeziehung zwischen
Landeehaft und Beiiedlein. — Hnnd-
bausen; Zentrale für geographiMhc
Photographien — Geißler: Der geogra-
phische Unterricht und die Nervosität.
ZeMrifl ßr Schulgtographk. 1906.
11. Heft. Ratzels Kleine Schriften. —
Ricck: Epitheta geografica. — Hüttl:
Das Zeichnen im Geographie - Unterricht.
Zeittd^ fSbr XblMiMM^<<t*
tmd-ICirfjJCÄ«/?. 1900. 6. Heft l=!( hmidt:
Wissmanns Bedeutung in derEntdeckungs-
geechichte Afrikas. — Die Karolineninsel
Japb Stengel: Zur Kolonialbank&age.
- Kl^Hsel: Dentiche Koloniaation in
Südamerika.
DwIUishe Erde. 1906. Mr. 8. Z«mm>
rieh: Richard Andree. — Wntte: Die
sprachlichen Verhültnisse in Kärnten. —
Clement: Das Deutschtum im Groß-
henoglnm Lnzembnrg. — Klein: Dae
Dentächtum in Hongkong. — BOckh:
Die F^rmittlung des Volkstums der Ein-
wanderer in die Vereinigten Staaten.
Zeit»ehHßdtrOe9eO$dH»ftfiirRrdkuitde
9U Ittrlin. loor.. Nr. 6. Arldt: Paral-
leliamns der Inselketten Ozeauiena. —
Kaisner: Bulgarien. — Frobenins:
Forschungsreise in das Kassai-Gebiet. —
Gerland: Zentralbureau der Internatio-
nalen Seismologiichen Assoziation.
im
Wien. 1906. Nr. 6 u. 7. Sensburg:
Poggio Bracciolini und Nicolo de Conti
in ihrer Bedeutong für die Geographie
Mittrtlttngen des k. k. Militärgeogra-
phischen Ittttitutes. XXV. Bd. 1906 (1906).
OfBiieller Teilt Leiitnngen dea Inatitolea
im Jahre 1905 (ftTli£). — KichtofSzieller
Teil: Frank: Bericbtigxinfj zum Aufsatze:
fjLandesaufnahme und Kartographie". —
Die BeobAohtongen dea Flntmeaicra in
Ragusa im Jahre 1905 (l Taf). — Die
Fortsetzung des I'riizi.-?ionsnivellempnt«,
ausgeführt in den Jahren 19Uä und 1904.
— T. Haardt: Alphabrtiachea Veraeiclmia
der trigonometrischen Punkte I. Ordnung
dea österreichisch-ungarischen Drt'iecks-
netzes und dessen südlicher Fortsetzung
anf die BaHranhaibinaeL — Inhaltsver-
zeichnis der in den Bd I— XXV der
„Mitt." enthaltenen wissenuchat tl. Aufsfttxe.
Tmer. 1906. 2. Heft. Mflller: Lea
plus anciennes races humaine». — Holst:
Lee mines ]>rt'hi.Htori(iiioK de silex et leuni
e^loiteurs dans le district de Tullstorp.
— Boa^n; La mobOittf da pole nord. —
Wik! and: Lea lapona et les rennes
d'Alaska. — Rasmnssen: Conte est-
grönlandais d'un meurtre. — Söderblom:
L*origina dea e^rdmoniea myatärieaaea.
Annales de Geographie. 1906. Joillet. .
No. H2. rhevnHer: Le cacao. — de
Martonue: La punüplaine et les cOtes
bietonnaa. — Brnnhea «t Girardint
Le.<? groupes d'habitatinns du Val d'Anni-
viers comme type d'etablissemeuts hu-
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peopla da lind«, d'aiwte la aAie dea
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vall^es mortea du Gapen^ais. — Privat-
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aatronomiquea as^eot^ & la COte dltoira.
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The GraifrnphicalJournal. 190<5. No. 2.
Nordouskjüld: Travels on the Boun-
dariea of BoUvia and Fem. — Oregory:
: The Economic Geography and l)eveloi>-
ment of Australia. — Hills: The Geo-
graphy of International Frontieia. —
Haddon: A Plea for the Inveatigation
of Biological and Anthropological Distri-
bution! in Melanesia. — Notes to Maun-
aella Map of Eaatem Tnrkey in Ada. —
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cemiiiu' tlx' Grcat Califoniiun Di8a8t«?r. —
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la mer. liuV. trimrstrirl rrs. nrffuis
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EriODi;:
Palma: Wiek vom Piro de Verigoyo auf dio CaldcrR utid den
Gebir<;äkamiu „LOf> Kaiicoue«".
BliröUer in
rerl
ivvohncr
jbsknptions-
Lanzarote: Blick von der Montana de Fuepo aus auf die 17:("
entstandene westliche Viilkanreihe.
544
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(2 Taf.),
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I; Jannbro und Salinen.
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Verlaj^' von B. G. Teubner in \.r\])ii^
ALLGEMEINE KARTENKUNDE.
EIN ABRISS IHRF.R GESCHICHTE UND THRER METHODEN.
Von Dk. H. ZONDERVAN.
Mil 32 Figuren im Text und auf 5 Tafeln. [X u. 210 S.] 8. 1900. geh. ^k. 4.60.
In Leinwand geb. ^(C 5 . 20.
I>.ti Wi'rk bit<tr>t tum enlca M;»ir pin« voUstSntlig)« kurrK<*fiiOle ClberiiL-ht Uber das ursanite G«bi«t
1, unter . • - i; • 1,,.^ uffi/ielica Ki»rt«:nwctko, «Ii«
••, dii* I . die Situatidn»- und Terrain -
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So Brc
Wert ■ l'cui-LiiiUj;
ilcr die Karte oft \i>rwantJct, t-iu unontbchrlichtrs Hilfsmittel lein.
Verlajjf von B. G. Teubner in Lfi^j/itf.
DER KARTENENTWURFSLEHRE
■ l'ÜR STUDIERENDE DER ERDKUNDE UND DEREN LEHRER
P HEAR15. VON Professor Dr. KARL 2ÖPPRITZ.
IN ZWFITEK, XELBEARBEITETER UND KRWEII ERTER ATI I .\<;F
ilERAüSGEGEHEN VON Dr. ALOIS BLUDAU.
l, Teil; Die Projeklionslelire. Mil JOO Figuren im Text und zahlreichen 'l;il>tllt.n.
(X u. 178 S.] j-r. 8. 1899. geh. ^K. 4.80, geb. 5.80.
IL Teil: [nnfjefahr 6 Rogen | ungefähr .(6 2.80. |In Voibcreihing.]
Inhalt dot I.
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Uieaor Nmiimi.T Iwgt »'in l'n>!<pekt der VerluL
Sliittiritrt l>ei, l'etn'tf»-'n'l dur» üot'bon bei 'Ii« •
Hawaii, Ostmiltponesien und Samoa.
M( ine zweite Südseerelsc (1897 1899) zum Studium dt r Atolle und ihrop Bewohner
von Professor Dr. Augustin Krämer, M.ui :i l-c;
Ml üh: Leser der „Gcograpl- ^ ■ rift- blv ilit der nui 2. M. nuungcrc ^uübM nilioü*-
1, 15. Oktober d. J. oüun
Geographische Lehrbehelfe
aus dem Verlag von Ed. Holzel in WienIV/2, Luis
Zur AiiNchafl'niiiL: für Schulen einprolilt'ii!
TT",i r. K- R .'».vu. , mT , rte von A' ''''ien und Pol\ »-••ii, - rv.
■ I \<m I'r. i i 1 oi (i e ri c h. N
l'rojektion. A liKKiiJOÖOO. 6 lUatt in lOfai-hem Ki»;
Karte /,t 16l> cm hoch, lltü cuj breit. Pi'^
■uf Lf;. "t in Mai>iie 'Ji M., auf I.einwaiul jj
Hölgela tjchuhvar von Asien. Politifioho Auit^rabe
■ ib I :Hti H). ü IJlatt i
:.t 141» clu hoch, 176 du l .
1 '< M.. aut Leiuwand fsrcspannt iu .Mappe 2UM.. auf Lriuwaiid ^r.<|>anut i
laSohulw von AHien. P' ' Ü. .
.... ;uijieu ueu , 1 . . . 1 von I>r. Franz i , • . • ^ i . , n '1
•» Blatt in l(>l"achi*m Farbcudrurk. <ir»<Üe der Karte zii-:
liüch, 17r» cm breit. Prci« iinar nt 15 M., auf !
•:ü M., auf Lcinwuii'] i riütit n.i. ■ t< 22 M. — 1
<!om «miostf'u. \ lichoii bearbeiteten V
und A; <\ .Siu utiiiiicji i,'eg<;iiw .irug «ifii crKten ^
ir vv. - ^'-Varte von Ö*-t' '-rf'i ' -T'', -;it-ri '
.rieht an T
Kuilina. ii. Aulia-e. .MalistuI» r h<MM»oo. 'j Hlutt. i'rv.
' Mit in Mappe 'ia.fid M.. auf Leiuwand ^1
ichtBkarte von Europa für den
Malirtali 1 ; aooMiiot). II» " hlatt. tirölio der Karto
•J.I J. ciu breit, IM ' >ch l'naufgeajiaunt 15 M., auf Loinwaiui gL.^i.ui.i.
j.po 2-J.f)f> M., mit 27 M.
Haardts Übersichtskarte der blhnograijlüachen Verhrtltnisso von Ar
Mud von ib-ri ä7 ^ ^"^^ Kurupas. V ~'
liOfachom F i'-^' 'i .i . . l uarto /.u-^' "Mnn
I*rciB Unat ,nL 26 M., auf Leinwand ^i' po Uo M
1 ii i i .. ; •-41 iw .. j h- i . U I. iu
16 M.. .iid in Ma]>pe 11» AI., ai
£e. Maßstab 1:10000000. lu
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wand mit .Sliiben 14 . 60 .M . — 1 >icso karten wurden BOwohl ant dem
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Haardts Hcliulwaiulkarle von Piiläsiiua. Für dc'
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iilen etc. <«rößo der Karte •/
Ci. t 5.60 M.,
Dr. • . Qfi^'^r-r^-
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eil. ab Metttt«rwöik auerkatmt.
AuäiuLrliche Proapekte stehen auf Wunsch t' " '-^ '
Zu beziehen durch alle Buchhjuidlangen sowie d '
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GEOCHAPHI?
SCHRIFT
H KR AUSGEBE BEN
VON
Db. ALFRED HETTNER,
rnurxfliiou okb osooRAroiE an dkh chiverbität uiinEi.BKiKi
ZWÖLFTER JAHRGANG. ZEHNTES HEFT.
AUSGEGEBEN AM 2:i. OKTOBEU.
LEIPZIG,
T> , UNI) VERLAG VON Ii. C TEÜBNEK
1 onr
Inhalt des zi-hiitiMi Helte
I»!i8 ilt'utsoho Kulonialrtticli. Kine pv)li tisch -g^!(lgraplli^chfi SttuJ. . n
Sfmiuar- Oberlehrer I)r. IJruno Felix Ifnnseh in Pirna. Ein-
leitnnj?. I. Das «leutsche Rf'uth als Ausgaiig-spunkt der Kolonisation,
n. Die deutsche Kolouiahone. III. Die einzelnen Kolonien. 1 . Tu^'
2. Kamerun .
< i^•ln'^•|-"^;o^v,. «1,.^; Krilr"fi"f<; Vuti niifir^'hrfi- ?tr Tli-Miii-r ViM* i
[JiH Schiffahrt auf dfin r^her-Hliein. Von Dr. Kudulf H(tl z-Lindni*r
in Ba.^el
raphische Neuigkeiten:
Europa .•\tiN<"iiliiÜ I»i i Ims Wi^: •
AkIüii. Kuriiii>»a iiiiU-r . jIit YtTv, . ...
Afrika. Ljroiit' UntcrsuchunBoii Qb«r ili« Nlllliit iin«I ihrc> Scliwankiingtiu.
Priii)'. Liidwiim vi>ii S •. ' kkelir vnii Sfjner Ruwonzitri-Expetlitiou
Sodanitirika. B< völkeriiiif nou Arkr)>iitiniori
N'orJ-Polargttgondeu. Am iindsons RQckkahr mit dc-r ..<ij>' i"
"■ ■ ' !i iinpsr« is»i dos \ ' ' ' ' m t'*. ...
or L iiiorriciii igr'"« W.-S. 1906.07 !I
Vereiue und Vursniiimluiigi-n. inrcriiBtioiiblor Koi);:reB fQr die Krror«eh«i
' • • • ■ ' ... ...
Zci Iittoiluii««'!! III Mfiiichcn
HücherbesprechunL'en :
• ii.id«l, M der GroUu als (ScoKraph. V<iii K. Kretscbni<T
KjollcH. K. " ' ' II. V'.u H. S- - ...
Siifinn, A. 1». nlmiiar dor • ■•u Kolonicfi
K. Di«! All. heu UicscntMicbe. \iiu \. K 1 1 'Hi Ii o fi
1' .1. .11. F. Üslfi Voll W. C. Kortl. '
M nn t I.1S . r (1 srlif Skizrun. —
und deroD ! ri M Liniii'm.tn.
. - . I . III III 1 1 . i w ' . . , , - . (!<• Nnnif:i I .. 1 1- 1 1 I n
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Das deutsche Kolonialreich.
Eine politisch-geographische Studie
TOD Bruno Felix Hftnaoh.
Sinlaitoog.
Wenn Ratzel das Wesen des Staates vom Standpunkte der politischen
Geographie aus mit den Worten bezeichnet „der Staat ist ein boden-
Btändiger Organismus"') — SiO läßt er uns ahn^n, daß tausend Wur/oln
dfii Hauin des Staates an den Boden fesseln, von dt m er seine Naliruug be-
zieht lind den er beschattet. Staatenbildung ist Verlegung des poli-
tischen Samenkorns in jungfräulichen Boden. Staaten wach st uui ist Besitz-
ergreifung aller Teile des Bodens durch die Träger des Staatsgedankens, die
Menschen. Btaatliche Macht nnd Höhe ist innigste Verknüpfung der
Staatagemeinsehaft mit dem Boden und Ausnfltinng aller seiner IKlfiqnellen.
Staatenverkümmernng ist Loslösnng des Staates von den geographischen
Gesetzen seines Bodens und Vernachlässigung oder Yerlnst vitaler Teile snnes
Staatsgebietes. Sie führt unweigerlich zum Staatenuntergang.
Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet ist jedes lebenskräftige Staaten-
gobilde das Produkt eines langen Entwicklungsiranges, in dessen Verlauf sich
der Staatsorganismus immer fester an seinen Tioden auselnniegte. Au8-
ßcheidungspro/.esse spielen dabei eine ebenso wichtigii Uolle wie Angliederungs-
Torgünge. Sie haben alle das eine Ziel, eine TöUige oder doch mög-
lichst weitgehende Übereinstimmung der Staatsgemeinschaft mit
ihrem Boden hersustellen.
Nicht alle eoropttischen 6ro0staaten, nicht BuBland, nicht östemieb,
auch nicht dag Deutsche Reich stehen an dieser Stelle, auf die rasch und
sicher nur Insel- und Halbinselstaaten gelangen, und ganz gewiß tragen alle
Staaten, in denen diese Bodenständigkeit des Staatsorganismns noch nicht
erzielt ist. ein Moment der Unruhe in sieh.
Der Vorgang ist also der, daß der Mensch an der Hand der Mutter
Erde ins Neuland schreitet, d. h. daß bei der ensten Festsetzung die Gunst
der geographischen Bedingungen ihn fükrte, daß er ihm nicht zusagende
Gebiete umgebt und rieh andi bei jedem weiteren Sehzitta TOn der Kenntnia
des Tor ihm liegenden Bodens leiten läßt, — und so werden beide eins:
der Boden and der Mensch.
Doch heute gibt es ein Gebiet der Politik, auf dem man sich über
diese Gmndsätzo der Staatenbfldnng hinweggesetzt hat: das Gebiet der
1) Ratzel. Pülitiäche Geographie. 1. ÄuH. S. 3ff. München u. Leipzig, 1897.
QeognphiMhe VCaittcbrift. Itt. JabrRMig. 1806. 10. Hoft. 87
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546
Bruno Felix Hftmohi
kolonialen Expansion. Da gibt es nur ein Gesetz, das des LandbungeiB.
Da zieht man Grenzpn mit dem Lineal uii l ^ lieidt-t Gebiete» dureb BnMtPn-
und Längengrade, als ob die Natur ihre Luinlscliafteu mit Zirkel und Band-
maß absteckte, und, was das Scblimmst»' ist, man tut das, obue kaum mebr
als etwa eine dürftige Ahouug zu habeu von dem Gelände, durch das diese
Liinien lauten.
Da nun aber diese Abgrenzung einmal erfolgte und der erobernde und
vordringende Staat ans seiner heimischen Erde bei d«r Besetsong des nenen
Bodens genfigende politisdie und wirtschaftliche Krftfte heranzuführen yer^
mochte, so sehen wir im ganzen ümfimge des neu besetiten Qebietes eine
Menge von Erscheinungen eintreten, die alle als Folgeerscheinungen des Fuß-
fassens dieser Krifte au&ufasscn sind und in innerem, z. T. ungewolltem and
unbewußtem Zusammenbang stoben. Es sind Erscbeinungen der Cor-
relation: Verändenmgen an einer Stelle d(>s liodcns rufen Veränderungen
in allen seinen Teilen bervor. Die eugli-sihe BeMt/ergreifung der Xiger-
mnndun;j und die Eröffnung des Niger-Beuue-Scbilfabrtsweges bis zu den
Tsadseegebieteu wirkten umgestaltend von Tripolis bis zum Kongo, von Ka-
merun bis zum NiL
Viel gewaltiger mflssen diese Erscheinungen der Correlation sein, wenn
ein Volk wie dss deutsche, das seit dem Beginne seinor Geschichte auf dem-
selben Boden sitzt, ein Kolonialreich erwirbt von der mehrfachen OrSfie des
Mutterlandes. Es ist unmöglidi, daß sich ein solcber Zuwachs nur ]ipri-
pherisoh ▼oll/.ieben sollte Er wirkte umgestaltend im Innern auf Welt-
anschauung, Wirtschaft und innerpolitiselie C(mtiguration. Nocb ist dieser
Vorgang nicbt beendet, noeli ist nicht abzusehen, nh nidit die Nachwirkung
einer jatirtausendlangen Koutinentalpolitik einen Hii. ksrhhtg lierbeitühreu wird.
Nur die unpolitische Art der ersten Anlässe: Bevölkerungsüberscbuß
und Steigerung der Handelsinteressen, — ist eine Bfirgschafb für die feste
Yerankerung dieser Oonelationserschttnungen, üi deren Weben und Wiiken
wir jetzt stehen und an deren Ende sich das Deutsche Beieh als Ez-
pansionsstaat wiederfinden wird.
Ein ungeheures Landgebiet ist in diesem Entwicklungsprozesse zur Ver-
fftgung des deutschen Staates gestellt worden. leh sage mit Ahsichtf es ist
zur Verfügung gestellt worden, denn der Vorgang der Eingliedenmg und der
nationalen Erwerbung ist erst in den Anfangen. Dieser angereihte Boden
ist eine gewaltige Vurmehrung des nationalen Reichtums nicht
VjIoü dadurch, daß er die Möglichkeiten der nationalen Entwicklung vermehrt,
daß er neue Kräfte weckt und anzieht, sondern auch durch die ihm inne-
wohnende politische Macht Wenn Legationsrat Helfferieh auf dem
n. deutschen Kolonialkongreß die Kolonien als Instrumente fttr die Erlangung
gflnstiger Andelsbedingungen bezeichnete, so wird damit eine eminent poli-
tische Wirkung der Eolonialgebiete gekonnzeichnet Und dieser Wert wird
sich noch steigern, wenn, wie gesagt, durch Einzelarbeit der politisch er>
w^orbene Boden sichergestellt ist und die in ihm ruhenden Kiftfte heraus-
gearbeitet sein werden.
Wenn wir uns den zuletzt ausgesprochenen Gedanken genauer überlegen.
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Das deutsche Kolonialreich.
547
bemerken wir, daft er nur one glSnzende Hoffnung auf unseren Kolonialbesits
ausdrückt, die nur dadurch einen gewissen Wert gewinnt, daß ihre Berech-
tigung durch eine jahrtausendlange Geschichte bestätigt wird. Zu einer ein-
wandfreien Würdigung der unserm Kolonialbesitz innewohnenden politischen
Kräfte werden wir erst gelangen, wenn in streng wissenschaftlicher
Methode die f^ooirrapliischfn Grundlagen dieser Kolonialpolitik
aufgedeckt und alleuthalben die Zusammeuliänge zwischen Boden und Staat
aufgehellt werden; wenn nadigewiesen wird, inwieweit die ftir eine Ofga-
nisehe BntwicUaiig der jungen kolonialstaatlichen Gebilde notwendige Kon-
gruenz swisohen Boden und Staat besteht. Dnroh die politisdi-geographische
Betracbtungsweiie unserer Kolonien, in der die Begriffe der Lage, des
Baumes und der Grenzen eine wichtigo Kolle spielen, werden wir in Stand
gesetat, diese für den Bestmi 1 und die Weiterentwicklung der deutschen
Kolonialpolitik bcdeutungsvoUeu Fragen 7n Itf-autwortin. Alle politisch-
g«'Oi,'ra})liiscbi'u (ifsetzy gewinnen aber in zwrit'arhor Hiiisir-ht Fühlung luit
dem (leutschrn Kolonialreiche: jede Kolonisation hat ihren Ausgangspunkt,
das Mutterland ist der Trtlger der polilischeu Kräfte, die Anlieft ungspunkte
an fremden Gestaden suchen. Die politisch -geographischen Verhältnisse des
Mutterlandes sind also nidit gleichgültig, vielmehr sind sehon darin gewisse
BUrgschaften für das Gelingen oder Ififllingen der Kolonisation gegeben.
Die Untersuchungen haben deshalb suerst an das Mutterland anzuknüpfen.
In zweiter Linie haben sie sich zu richten auf die Kolonien selbst, eine
Betrachtung des Kolonialreichs in seiner Gesamtheit wird der Be-
trachtung der einzelnen Kolonien Toranzugehen haben.
I. Das deuteohe Beioli als Ausgangspunkt der Kolonisation.
Das Deutsche Keich, diese jflngste Kolonialmacht Europas, gehört zu
den politisch alten Völkern der Nordbalbkugel. Es trägt, um mit
Batael sn reden, die Zeichen der Beifs an sieh. 1b Teraiag einen krSftigen
Auswanderentrom Uber die Meere zu senden und hat das Menschenmaterial
mOhelos zur Yerfttgung, das im Beginne kolonisatorischer Betfttigung ein-
gesetrt werden mufi. Der grOBte Zug in dieser Lage inmitten alter Mftchte
der Hochkultur ist zweifellos die Lage an der Nordsee. Deutschland ist
ein Nordseeland und hat den uralten Wahn, ein Mittelmeerland zu sein, mit
Strömen Blutes und tausendjährigem Unglück bezahlt.
Seine Nordscelage bringt es in politisch-geographische Nachbar-
schaft zu Holland und England, zwei alten, mächtigen Kolonialreichen.
Das gleiche Meer umspült ihre Küsten, dieselbe Weltverkehrsstraße öffnet
ihnen den Ozean. Sollte die Kolonialpolitik, die diesen zwei Nordseereiehen
organisch und natOrlich war und ist, für Deutsdiland ungeographisch sein?
Glddie Bedingungen gestatten gleiche Schlösse.
Doch, wie gesagt, nicht inuner war Deutschland ein Glied der Kordsee-
nachbarschaft. Es gab eine lange Zeit, da hat allein das britische Keich
eine SchweUenlage innegehabt gegenüber ganz Europa, Es lag wie eine
Faktorei, wie eine Handelszentrale vor den Grenzen des Handelsgebietes, das
es fast allein beherrschte. Und während sich Deutschland mit Mitteimeer^
87*
548
Brano Felix H&meh:
Völkern und Türken herumsclilug, schuf England seine Stellung in der
„Geschicbtsseite^* Europas. Erst nachdem das neue Reich diese alten Be-
ziehungen gelöst und sninon energischen Willen zur Nordsee bekundet hatte,
konnte es in die Vorderseite' der europäischen Geschichte eintreten und über-
trifft nun in dieser Stellung alle Lüniier, die östlich und südöstlich von ihm
liegen, und wird ihnen stets voraus bleiben. Das Deutsche Keich hat sich
eine Schwellenlage errungen fttr ^ gewaltige Hinterland bte nun Bdiwaraen
Meer, die es früher nicht heeafi.
Die Bandlage an einem großen Nebenmeere des atlantischen
Oseans bracht» es mit sich, daß die Besiehungen DentsoUands am innigsten
und xahlreichsten wurden zu den Gebieten, die die Küsten dieses Ozeans um-
sHumen. Daher besteht hier der größte deutsche Handelsverkehr, daher liegen
last 1^/2 Mill. qkm unseres K<donialbesitzes an diesen Küsten, daher fahren
hier die größten Schiffe der deutsi hen Heedereieu, diihn- haheu wir hier die
größten deutschen Auslandsiediun^'cu in Nord- und Siidauierika.
Das Gegenstück zu dieser Hinneigung ist die Abkehr des Deutschen
Reiches von den Ländern des Mittelmeeres und des Orients. Öster-
reich nnd Italien treiben BalkanpolitilE, Frankreich sohnf sein großes medi-
teiranes Kolonislreich, Italiens einsige Kolonien liegen am roten Meere oder
doch in dessen N&he. Jede deutsche IfittelmeerpoUtik abw wfirde die geo-
graphischen Bedingungen gegen sich haben. Die Linenseiten der alten Ostr
kontinente sind für Deutschlands Politik unbedingt verschlossen. Jede An-
siedlungsbestrebung deutlicher Dauern in diesen Gebieten bedeutet ihre Preis»
gäbe, und auch der Weg Koustantinopel — Bagdad bedeutet nicht für uns ein
Mittel zur Beherrschung des Orients, sondern lediglich einen Zugang zum
indischen Ozean, cler den Exklaven des deutschen Handels am stillen Ozean
dient und zu gute kouuut.
Starke Auswanderang als Zeichen geschichtlicher Bmib, Lage an einem
Hauptwege des Weltverkehrs, Bandlage am Meer, Schwellenlage fSr ein ge-
waltiges Hinterland, diese Faktoven geben eine unwandelbar feste Grundlage
fttr eine eipansiTe Politik, ohne sie jedoch unbedingt xa fordern. Erst die
Bedürfnisse des Konsums dieses Landes und seines gewaltigen Hinterlandes
fordern- sie. Der hüUud'nuil ((mmerc€f d.h. der Handel in Produkten, die
denen des Deutschen Reichs gleichen, weil sie denselben geographischen Breiten
entstammen, ist ungehindert, und seinetwegen braucht kein Deutscher eine
l'lanke zu besteigen. Hier tritt Deutschland in einen Wirtschaftsverband mit
seinen östlichen und südöstlichen Nachbarn. Doch Deutschland besitzt nicht
die Gunst der Lage z. B. der Vereinigten Staaten, die auch für den longt-
iudhuU commerce nicht aus den Grenzen ihres Reichs hinanssntreten bran>
dien und die Produkte der heißen Zone im eigenen Lande endigen. Ffir
alle Produkte der heißen Zone ist Deutschland angewiesen auf Meridional-
handeL Fflr diesen Handel aber ist die Lage Englands auf ^er dem
Kontinente vorgelagerten Küsteninsel politisch -geographisch ein Moment der
Schwäche. Folgerichtig ergibt sich daher für das Reich die auch in anderen
Gedankenverbindungen ausgespror-hene Notwendigkeit, zur Sicherung seiner
Beziehungen zum offenen Ozean seine Machtmittel zur See bis zur völligen
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Das deutBche Kolonialreich.
549
Unttberwincllichkeit — sei ee durch Floitenbau, sei es dui'ch Bflndnispolitik —
zu steigern, seineo Meridionalhaiidel aber in friedlicher Arbeit dnreh Grfln-
dimg und ErseUiefinng eigener Handels- und Flantagenkolonien nnsbblngig
SU machen.
n. Die dentMSihe Kolonialsone.
Der grOBte Zug, der nch bm der Betrachtung des deutschen Kolonial-
reichs ergibt, ist der der Zerstreuung fiber einen ungeheuren Raum.
Hit Recht betont Ratsei, daB der Raum eine politische Kraft, niebt
bloß ein Träger politischer Krftfte ist^), deun jedes weitr&umige politische
Gebilde hat bei seiner Entwicklung mit der Kraft des Raumes zu reebnen.
Rußland hat es erlebt, daß sein Krieg am großen Ozean ein Krieg war
gegen /wt-i gewaltij:? Verbündete: gegpn ein moralisch und wirtschaftlich
widerstandsr;iliij.'<'s Volk und gegen ciiu n ungeheuren Kaum. Die russischen
Armeen sind an diesem Bunde gescheitert. Der weite Kaum hat sich hier
als nahezu allmächtig erwiesen. Der einzige Bewältiger dieses Raumes, der
Verkehr, stand in keinem ertrSglidien Verhältnis zu seiner Weite, und es
sdieint, als ob bei der gewaltigen Entfernung auch der im Kriege fruchtbare
Gedanke der ünverletzlichkeit des nationalen Bodens verblaBt wftre.
Am wirkungsvoltsten muß die innewohnende politische Kraft bei dem
Räume in Erscheinung treten, den wir erhalten, wenn wir das Deutsche Reich
und seine Kolonien mit einer Grenzlinie zusammenschließen. Wir erhalten
dann das Gebiet innerhalb der Ökumene, über das sich die politischen Macht-
mittel des Reichs, die früher in der Hauptsache an einem Punkte Europas
konzentriert waren, j>lützlieh ausl»reiten mußten, ein (Jelilet, das wir mit dem
Namen der Koluuiulzouc bezcichueu wullun. Es war eiu Auseinanderzerren
der poHtisdien Krftfte des Mutterlandes, mit dem ihre SdiwScfanng not*
wendig Hand in Hand ging, ünsere Kontinentalpolitiker hatten also yon
ihrem Standpunkte aus ganz recht, als sie die expansive Politik Bismarcks
im Jahre 1884 als geffthrlich fOr das Reich Temrteilten. Der Beginn «ner
solchen Politik ohne den Rfickhalt ausreichender überseeischer Machtmittel
war in der Tat nur dadurch zu ertragen, daß die Autoritftt eines Bismarck
das Reich stützte.
Viel günsti^'er gestaltet sich freilich die Beurteilnn«: weiter Kilume,
wenn wir uns überlegen, daß der Raum aucli ein Trü>,'er politi-^cher
Kräfte und — wo auf neuerworbenem Boden politische Gebilde noch fehlen —
ein Träger ungeahnter Entfaltungsmöglichkeiteu ist. Durin liegt
eben der Wert so gewaltiger Gebiete, wie rie das Deutsche Beieh in Afrika
besitzt, daß in ihnen Entwi<d^nngen schlummeni, die heute kein Uensch
sdion flbersehen, die man hOiMens ahnen kann. Politische wie kolonisato-
rische und wirtsdiafUiohe Entwicklungen kommen hier in gleicher Weise in
Betracht
Die gewaltige Bedeutung der Kolonialpolitik in dieser Hinsicht haben
alle kolonisierenden Völker erkannt. England zieht heute seine größten
Reichtümer aus Gebieten, die es s. Z. als völlig unbekannte Lbuder in Besitz
1) Batsei a. a. 0. S. 386.
L iyiii^üd by Google
ÖÖO
Bruno Felix Hftnaoh:
tialitn. Die Spekalatioo, diA darin liegt, wird selten fehlschlagen, und des-
halb ist es ganz richtig, wenn Helftericb auf dem Kolonialkongreß sagte:
„das Deutsehland «lor Zukunft wird Wcltpolitik treiben oder als wirtschaft-
liche und J^oliti^ch<' Großmacht aufhören zu existieren.'' Er befindet sich
mit diesfni (indanken in (Icscllschatt Katzeis, der ihn in die Worte prägt:
„in Europa wird künftig am größten sein, wer am größten in Außer-
europa ist".
Es ist nichts weiter sls ein Ausdrack des Bestrebens, diese den wmten
Rftomen innewohnenden KriUte und Werte so Termnigen, wenn man heute
allenthalben an der Arbeit ist, große Staaten sn Wirtaidiaftsgelneten sosammeii»
susohliefien: Den „Vereinigten Staaten von Nordamerika** will man die »^er-
einigten Staaten von Europa" gegenüberstellen. Der Gedanke des britischen
Imperialismus ist der Ausdruck gleicher Bemühungen , die auch in der
Monroe-Doktrin wioderkehren. Der Zusammenschluß der engliscli^^n Kolonien
der australischen Meere zum Common tcealth ist bereits vollzogeu. Warum
sollte es dem Deutschen Reiche nicht nu'^glioh sein, die ]>olitischen und wirt-
schaftlichen Krülte, die den weiten liiiumeu seiner tropischen, subtropischen
nnd gMnlBigten Gebi^ hmewohnen, sn Tereinen und schon im heutigen
embryonalen Stadium der deutschen ^lonialpolitik alle Entwicklungen und
EntwicklnngsmCglichkeiten in den Dienst der spiierMi Verwirklidiang der
imperialistisehen Idee zu stellen?
Es ist nur natürlich ^ daß die Erkenntnis des hohen Wertes weiter
Räume bei allen Großmlchten das Bestreben auslöst, Baum zu (,'ewinnen.
Dabei rücken die Staaten einander näher, die Berührungspunkte müssen sich
venuehren. Der gewaltigste Vorrrant; dieser Art ist das Eintreten Deutseh-
lands in die Kpiho der Kolonialmächte, wobei, wie Ratzel sagt, ein (iefühl
der Beengung durch die ganze Welt ging. So erleben wir heute das halb
erhabene, halb lächerliche Schauspiel, daß sich acht von den Kolonial-
mlditen Europas um den afiikanisdien Kontinent drängen wie hungrige
junge Hunde nm die volle Suppensehflssel. Der Vergleich trifft so genau,
dafi wir alle Unarten der kleinen Hungerleider wiedererkennen: wfthrend
einzelne mit der Zunge bescheiden lecken, tappen andere mit Zähnen, Pfoten
und Krallen ins feiste Fleisch. Heute ist fast jeder Großstaat der Nachbar
fast jedes andern Großstaates an irgend einem Punkte der Erde. Das
Deutsche Reich hatte vor dem Jahre 1884 acht Nachbarn*), heute hat es
vierzehn'). Am zahlreiclisten sind diese Berührungen mit England, wo sie
fast als eine Art politischer Allgegenwart bezeichnet werden kcJnncn.
Es ist aus ulledcui klar zu ersehen, daß bei der ßaumgewiuuuug großen
Vorteilen audi grofle Naditeile gegenflberstehen. Ein groBer Vorteil ist schon
genannt: grofie Bäume beigen fast unbegrenste Entfaltungsmögliddceiten in
nch und stellen damit reiche Hilftquellen zur Verftgung. Es wfbn aber
▼wderblich, wenn die Staaten deshalb su einer Obezseh&tsung des Wertee
1) Holland, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Schweiz, Österreich, Rußland,
IHtaiemaik.
2) Ea kommen hinzu: England, Portugal, Spanien (Kamerun), l^mgostaat,
China, Vereinigte Staaten.
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Das dentiche KoloniAlroioh.
551
weiter Rftume und cur Iklaßlosigkeit im Bestreben der Raumgewionung ver-
leitet würden; denn große Räume vermehren in unliebsamer Weise die Zahl
der Berühninpspunkte mit fromdLii ^fSi^liteii und erliöhen die Möglichkeit
von Kontiiktou. Die lauge Reihe von Kriogen. dii^ in 'Ifri letzten Jahrzehnton
um Kolonialobjekto geführt worden sind, ist ein Ik'wt is datiir. — Dureh die
weiten Räumen innewohnende politische Kraft notigen sie femer zur Fest-
legung eines bemerkenswerten Teils der Machtmittel des Mutterlandes. Aus
allen diesen Gründen ist ein Zuwachs an Baum fflr das Mutterland
durchaus nicht immer ein Zuwachs an politischer Macht
Zu aUedem kommt, dafi xnr BeiriUtignng der Kraft weiter Blume nur
ein Mittel zur VerfQgung steht: der Verkehr. Diese Waife ranfi bei der
doppelten Art des Kolonialgebietes in zweifacher Weise zur Anwendung kom>
men: einmal auf dem Gebiete der ganzen weiten Kolonialzone des Staates
und dann in den grotiril umigen Kolonien selbst. Im ersteren Falle soll er
die entfernteren Teile der Zone nliher rückt n. im letzteren Falle den weiten
Raum des Landgebietes gtwi^srrrnaUt'n zusammenpressen, verkleinem, indem
er die Zeitdistanzen wiederum verkürzt.
Wendern wir diese Gedanlmi auf die deutsche E(^onials<Hie an, so «igt
sich, dafi die Einsetsnng des Eampfinittels des Verkehrs in der Kolonial'
sone SU einem befriedigenden Stande gelangt ist: die SohiffsTerbindungen
sind bei fast allen Kolonien Torzllglich. Auch in der KabelTerbindung ist
im letzten Lustrum ein großer Fortschritt wahrnehmbar. Diese erfreulichen
Tatsachen haben eine fast vollkommene Ailgegenwart des Staates in
Handels- und Verkehrspolitik pezeitigt.
Anders ist es auf rein jKilitiscluni (Joljiot«'. Hier ist diese Allgegenwaii;
bei weitt'tn no<'h nicht erreicht. Erst (lami wcnli-u wir sagen können, daß
der Stautswüie und die Ötaat^smacht des Mutterlandes auch in der fernsten
Kolonie trotz der Weite des Baumes gegenwärtig ist, wenn schnellfahrende
Kriegsschiffe alle Stationen der deutschem Kolooialsone in hinreichender An-
zahl, be&hren und durch Buhepnnkte und ^ihlenstationen allMithalben von
anderen Michten unabhftngig gemacht sind. Schnellfahrende Kriegs*
schiffe, Handelsdampfer und Kabel sind die unentbehrlichen Waffen
Sur Baumbewältigung in der staatlichen Kolonialzone.
Ein weiter Raum als Flilchengebilde bedingt lange Strecken, wenn man
sich in ihm von Ort zu Ort bewegt. Der Raum führt uns also zur Betrach-
tung der Entfernung, und es geht aus dem bisher Gesagten klar hervor,
daß die Festigkeit des Bandes, das die Kolonien an das Mutterland knüpft,
abhängig ist nicht bloß von nationalen und kommerziellen Faktoren, sondern
in tieferem Sinne tco der Bntfemnng, die beide Ton mnander trennt Ja
die krftftigere oder schwichere Entwiddung der genannten Faktoren unter-
liegt dem Gesetse, dafi der politische Zusammenhang mit der Ent-
fernung abnimmt Togo, wohin man in 18 Tagen gelangen kann, ist
dem Mutterlande auch politisch enger angegliedert als Deutsch-Neuguinea,
das in 50 Tagen zu erreichen ist. Unsere afrikanischen Kolonien spielen
auch in Friedenszeiten unausgesetzt in der Tagespresse eine Rolle. Von
Neu-Guinea her weht nur ab und zu einmal ein verirrtcr Windstoß eine Nach-
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Brnno Felix H&nieh:
riebt in unsere Tag68blStt<>r. In diesen Tatsachen sehen wir das Gesetz,
daß der Zusammenhang mit der Entfernung abnimmt, lebendig wirken.
Dieses Geset/ gilt aber nicht bloß für das Eudglied der Reihe, sondern
auch für di«' Eiitf('rnun<T df-r Glieder dieser Heilin unter sich. Da ist nun
freilich die Ciradskala des politischen Zusariuueiihan.,'s mit dem >rutt(rl:inde
bei uns recht sprunghaft. Während man Togo in 18 Tagen erreichen kann,
braucht man von da bis Duala nur weitere 2 Tage. Nach Swakopmuud
«her geben die Dampfer gcgenw&rtig in direkter Fahrt tob Hamburg aus in
24 — 27 Tagen, nach Deutseh-Ostafirika dnrdi den Suezkanal von den italie-
nischen Hftfen ans in 17 — 24 Tagen. ' Tsingtau ist in 36 Tagen, Herberts-
hohe in 45 Tagen von italienischen Hilfen ans su erreichen. Samoa ist Aber
San Francisco TOm Mntterlande aus nur '2ö Tagereisen weit entfernt. Es
bestehen also ganz gewaltige Lttcken zwischen den deutschen Kolonialgebieten,
und von einer deutschen Weltverkehrsstraße kann keine Hede sein.
Nur um den afrikanischen Kontinent zieht sich eine einigermaßen l)rauehljare
deutsche Set^tralie, die nur den Mangel hat, daß ihr deutsche Huhepuukte
auf der Anfangs- und Endstrecke, also in den Breiten etwa der Mittelmeer-
geirilsser, fehlen.
Das deutsche Beidi kann nie hoffen, es hiexin Sngland gleich zu ton.
Diese Macht hat es verstanden, gans im Stillen eine fkst Iflekenlose Vei^
kehrsrsihe fast um die ganze Erde su spannen: England, Gibraltar, Malta,
Suezkanal-Ägypten, Perim-Aden, Indien, Australien, Xeu-Seeland, — mit dem
ostasiatischen Seiten arme über Singapore und Hongkong nach Weihaiwci.
Dazu kommt noch der englische Weg um das Kap nach Australien mit
seinen Kuliepunkten an der westafrikanischen Küste oder auf St. Helena.
Die deutsche Straße Lome — Duala -Öwakopniund — Daressalaui aber
ist keine Etajjpenstraße. Dazu fehlt ihr außer den bereits herviugHlKtluiien
Anfangs- und Endgliedern auch die gleichmäßige Gliederung der 'ieiUireckeu,
die auf dem englisdmi Indienwege je drei Tagmsen etwa betragen. Dieser
politisch-geographische Gedanke der Verkehrsrsihe ist rein englisch. Er fehlt
dem franzOsiaehen Kolonialbesitz ebmiso wie dem deutschen und ist auch
keine unbedingte Notwendigkeit bei Staaten, die mit ihren Maditmitteln auf
dem heimischen Festlande so fest vwankert sind wie das deutsche Reich
und Frankreich.
Ihrer Lage nach sind fast alle unsere Kolonien Lünder dv^ Meridional-
handels und können deslialh, da das deutsche Heich auticrhaltj der Wende-
kreise liegt, vom Muttcrlande aus nur auf dem Seewege erschlossen werden.
Da ist es nun kein Zulall, daß sich diese Kolonien von selbst ihrer Lage
anm Mutterlande nach in Wirtschafts- und Uandelsgebiete sondern, bei dffinen
Entstdiung gewisse physische Gesetze mafigebend waren: es hftngt mit den
Meeresströmungen und Winden des atlantischen Ozeans zusammen, daB sidi
an den afirikanischen West- und den sfldamerikanisch«i Ostkflsten schon in
frflher Zeit Gebiete deutscher Handelsinteressen bildeten. Diese Meeresströ-
mungen eiTOöglichen eine geschlossene Segelschiffahrt rund um die Küsten des
südlichen atlantischen Ozeans. Bei diesen Fahrten bot sich außerdem auf
dem Hinweg an den brasilianischen Küsten ebenso wie auf dem Eückweg
Dad deutsche Kolonialreich.
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Aber Weat-Afrilcft ein dntrilglichM Handelagoaefaftft dar. — Die sfldliche West-
windtrift rand um den Südpol dagegen fahrte die deutschen Segler anf be-
queme und sichere Weise in den stillen Ozean und Bchnf auch hier deutsche
Handelsgebiete, die ebenso wie die westafrikanischen zur politischen Aogliede-
rung gelangten. Heute sind dieso Verhältnisse durch den Dampferverkehr
zum Teil verwischt, aber ihre Spun-n IkiIku sie darin zurUckgehissen , daß
wir unsere Kolonien des Meridionalhandels gliedern müssen in ein afrika-
nisches und ein pazifisches Wirtschaftsgebiet. Beide Wirtschafts-
gebiete stehen unabhängig nebw einander, werden Yom Hntteriande in ge-
sonderter Fahrt yerwaltet, bedeuten aber dabei eine Abstufung politisoben
Einflnstes vom Mntterlande ans, die in den Untenchieden der Entfernung
begründet ist.
Diese eigentiiinlii he Einwirkung ursprünj^lich gegebener phjsiteber Ver-
hältnisse auf die Entstehung unseres Kolonialbesitzes läfit uns vermuten, daA
die Luge dieser Koloniahvirtschaftsgebiete zu den Hauptwegen des
Weltverkehrs niclit ungünstig sein wird. In der Tat ist da die Lage unserer
afrikanischen Besitzungen hervoiTagend günstig, da sie doch in vier
Stationen den Weg umlagern, den sich England nach Indien offen hält, den
es durch die mächtige Kapkolonie gesichert hat und um dessen weitere
Festigung an der Sfldspitie Afinkas es neuerdings einen Krieg fllhrte, der
ihm eine Kriegssteuer von vielen Milliarden und gewaltige Blutopfer auf-
erlegte. In fthnlich günstiger Lage befindet rieh Kiautschou als Zugang su
dem gewaltigen chinerischen Kultnrgebiet und als Ruhepunkt an der großen
Straße, die in gewaltigem Kreisbogen die alte Welt umspannt: Europa —
Indien — Ost-Asien — Siliirien — Europa, einer Straße, die zugleich zwei von
den drei großcii Miltehnoeren der Erde durchschneidet| in denen sich von
jeher Hr>liepuiikte des Handels entwickelten.
Auch unsere weiter entlegenen Südsee-Inseln haben för den Welt-
verkehr ihre Bedeutung. Es ist nicht unmöglich, daß sie einmal gewaltig
an Wert gewinnen als Buheponkte am australiscb-ostasiatisdien Handels-
verkehr: der Weg von Japan nadi Sidnej gebt mitten durch die Karolinen
und den Bismarck- Archipel, d«r Weg von Shanghai und Hongkong nach
Sidney berührt Yap. Die vorher ausgesprochene Annahme gewinnt an
Wahrscheinlichkeit dndiitch, daß dieser Handel auf der Hinreise im nörd-
lichen Winter durch den >ronsun und den NO-Passat untei*stfltzt wird, wäh-
rend der ostasiatisclie SO-Monsun im nördlichen SoiTimer die Rückkehr er-
möglichen würde. Für eine solche Entwirklung des Handels im jahreszeit-
lichen Wechsel haben wir im nordwestlichen iiidisclien Ozean ein Analogen.
Freilich ist zu bedenken, dali der Taifuu fortgesetzt eine schwere Bedrohung
ausgedehnter Segelschiffahrt in jenen Gegenden bedeutet
Die Sfldsee-Biseln haben aber auch beute schon eine flbmascbende und
kaum geahnte Bedeutung erlangt als Telegraphen stau gen des Tele-
graphenverkehrs im stillen Ozean. Das amerikanische Honolulu auf
den Hawaii -Inseln, die amerikanische Insel Ouam in den Marianen, die eng-
lischen Pi^ji-Inseln, die ebenfalls britischen Inseln Norfolk und Fanning sind
Trftger eines großen parifischen Kabelnetzes, in dem die deutsche Insel Yap
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554
Bruno Felix Uänscb:
in den Plüau einer der wichtigsten Knoienpnnkte ist Drei Lii^en gelieii von
dieser Insel aus, nSmlicli nach Menado, Shangbai, Guam. Eine vierte Ver-
bindung der Insel — mit Neu-6uinea — ist geplant. Daß dadurch schon
heute das «It^ntsrhe Reich nahezu unabhilngipr von den englischen Kabeln ge-
worden ist, darin liecrt eine hochhedeutsame politische Wirkung dieser Be-
silxungrn. Si«' ])eti('ut<'n eine Stärkung der politisch -geographischen Stellung
des Keicbs in jenen Gebieten, da die Kntternung vom Mutterlande durch
diese Kabel gewaltig verkürzt nnd der Verkehr mit ihnen bis xu einem ge-
wissen Grade nnabbUngig gemacht wird.
Anch die Landwege des WeltTerkehrs werden an wichtigen Stellen
unsere Kolonien berflhr«a. Das ausgedehnte Gebiet europlasdier Hoehkottor,
das am Kap in der EntwioUnng begriffen ist, und das durch seine Qold-
und Dianiantenproduktion ganz besonders vom Weltverkehr aufgesucht wer-
den wird, bedarf in absehbarer Zeit einer Bahnverbindung, die den Weg über
Kapstadt um ein bedeutendes abkürzt. Auf diesem Wege wird Deutsth-
Südwestatrika olme Zweifel eine Holle spielen. Diese Sachlage wiederholt
sich in außerordentlich erhöhtem Grade in dem Verhältnis von Deutsch-Ost-
afrika zur Kap-Kairo-Bahn, die einer der größten Landwege des Weltverkehrs
weiden wird. Das deutsche Beich wird in Dentsdh^Ostafiika als einziger
nicht neutraler Staat diese Bahn beherrsdien.
Geben diese Yerhftltnisse dem deutschen Beiohe immeihin eine fest«
Stellung in politisdh-geographisdiur Hinsicht, so stehen dem auch LagoTer^
bältnisse gegenüber, die ohne Zweifel eine SchwKchuug der deutschen
kolonial- politischen Position bedeuten. Alle Umgehungsbewegungen sind
nicht bloß in der Kriegskunst, sondern auch in der politiscben Geographie ge-
führlii h. „Schon wenn ein Nachbar iu der Front mit einem Nachbarn im Rücken
des-^elbeu Statutes ein politisclies System bildet, entsteht eine für diesen be-
denkliche Lage, die er nicht auf die Dauer ertragen wird."*) Da ist es
denn bezeichnend, dafl wir in allen vier afrikanischen Kolonien England, in
zweien davon anch nodi Portugal cum Kadibar haben. Da England mit
Portugal eine Art stummen politischen Systems bildet| dessen Bfindnisvertrag
auf englischer Seite von gewalttfttiger Eifersucht, auf der andern von der
Geldnot ratifisiert wurde, so zeigt es sich, daß von dem politisdien System
England- Portugal eine unserer Kolonien zweiseitig, eine andere gar allseitig
umfaßt wird. - Wie weit die gegenwärtige englisch-französische Annäherung
geht, läßt sich jetzt noch nicht ermessen. Jedenfalls bringt jede englisch-
französische Bündnispolitik auch unsere \n estatVikanischen Kolonien in die
Gefahr der Umschließung durch ein unfreundliches politisches System. Das
Wort, unsere Kolonialinteresscu kollidieren mit denen Frankreichs an keinem
Pnnkte der Erde, verliert in dem Augeobliolra seine Berechtigung, in dem
sich England und Frankreich geeinigt haben auf gegenseitige Sttrkung und
ünterstOtsung ihter kolonialpolitischen Interessen. In dieser UmscUießmigs-
gefthr liegt mehTf ab man im Bahmen einer wissenschaftliehen Arbeit sagen
darf. Sie wird fortgesetxt die Aufinwksamkeit unserer Pditiker erfordern.
1} Baizel a. a. 0. S. 892.
. by Google
Das deutsche Kolonialreich.
555
Auf der SficQialbkagel wiederholt sieh die im Vorechreiteii earopiiBcher
Eiütxir TieUiM^ beobtohtete Bredbeinuiig, d«A diMe Kultur von dem Polmi
äquatorw&rts vordriiigt.') Australien, Süd-Afrika, Süd- und Nordamerika sind
dafür mehr oder weniger treffende Beispiele. Die gleiche Erscheinang zeigt
sich im Vordringen japanischer Kultur nach dem ostasiatischen Mittelnieere
und seinen Nachbargebieteu Hier zeigt sie sich mehr in der Beherrschung
des Beovt'rkehi-s, dort benutzt sie den Landweg. Dieser Prozeß wird auch
einen Teil unserer Kolouieu nicht unberührt lassen. In der Schußlinie dieser
Kulturbewegung liegt nämlich einmal Deutsch - Südwestafrika , zum andern
unser Kolonialwirtsoihaftsgebiet im stUlen Ozean. Da ist es denn wieder
bedenUidi, daB sidi die Ausgangspunkte dieser Kultnibewegungen in Sfld-
A&ika und Australien in engltschm HSnden befindeOf der dritte Ausgangspunkt
aber, Japan, Tertragsmifiig mit England Terknfipft ist
m. Die einzelnen Kolonien.
Bei der Betrachtung der einseinen Kolonien fftUt es zuerst in die Augen,
dafi jedes dieser Gebiete immer nur als ein Teil einer großen, in sich nahezu
gleiibartigen Tiilnderzone aufzufassen ist, daß die besonderen politisoh-geo-
grapliiüchen Verhältnisse der Kolonie Ausschnitte sind aus den allgemeinen
politisch-geograpischen Verhältnissen weiter Gebiete oder gar ganzer Kontinente.
Die Lage iunerbalb dieser Gebiete wird also in den meisten Fällen der
einzelnen Koltmie ihr grofies Gepräge geben. Wenn dedialb Ratzel sagt:
„In der geograpbisohen Forschung mufi die Betrachtung der Lage eine Denk-
gewohnheit wmden",*) so bietet er nidit bloß eine geistreiche Bemerkung,
er zeigt damit den Weg, wie wir die innersten Grundlagen unserer Koltnriel-
politik an den verschiedensten Punkten der Ökumene erkennen und die
Lebensprozesse der einzelnen Kolonien in der nr.:enw!irt verstehen, in der
Zukunft beeinfltissen können. In der Tat berulien auf dem Begriffe der
Lage im let/ten (inunie alle geogi'aplii sehen Beziehungen und Verhältnisse.
In ihm tHülen wir sugar eine Art politiseli - geographischer Zwangsläufigkeit
begiiindet, insofern kein Staatengebilde bestehen kann, das gegen die Be-
dingungen, die in seiner Lage gegeben sind, ankämpft. Wie bei der Kolonial-
zone und dem Mntterlande wird also auch bei der einzelnen Kolonie die Be-
traditung der Lage eine wichtige Rolle spielen.
I. Togo.
Togo hat ausgesprochene Bandlage an der Sklaveuküste. Tn
dem Worte „Küste" liegt fast seine ganze Bedeutung. Zwar erstreckt sich
das Hinterland in schmalem Streifen weit ins Innere, doch erreicht es nicht
einmal die Wasserscheide zwischen den Küstenflüsseu und dem Niger. Nur
an einem Punkte, nämlich an der Küste, berüht die Kolonie eine große
Weltverkehrsstraße.
Diese Randlage an der Kfkste bringt Togo in die bedeutsame Nach-
barschaft der reinen Tropenlinder, ii» sidi um den Golf von Guinea
1) Batsei a. a 0. S. 849. S) Ebda. 8. 886.
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556
Bruno Felix H&nscb:
gruppieren. Die Kolonie bat mit diosen Lftndem viele der Züge gemein, die
sich aus dieser Lage ergeben. Da sie bei Kamerun aodi viel schärfer in
Erscheinung treten und weit wii^rangsvoller sind, mOgen sie dort eingehender»
Würdij^'unir finden.
Mit seinen nönllichfii (lebiett-n wird Togo von einor groB^n Völker-
bewej^ung gctroifen, die vorn atldutischen Ul'er des Sudan bis zum Indischen
Ozean den ganzen Erdteil durchzieht: vom Vordringen des Muhamme-
danismas. Der vom Norden ber kommende Einflufi ialamitiadier Sitten nod
Oebrftncbet soweit er sich in staatlichen Einrichtangen geltend macht, reicht,
freilich immer mit dem Heidentum Texmiscbt, bis bu den Dagbamha und
Nannmba'), also noch weit Uber den 9. Grad nach Sflden, w&farend die
loseren Beziehungen der muhammedaniscben HaussabKndler darüber hinaus
bis zur Kflste schreiten. Der Stamm der Dagbamba') ist von Cnrma her,
also fast vom Nigpr, bis in diese Gegenden vorgedrungen Mit die^ier Ex-
pansion des Islam Sfbeinen nocli andere Völkerbe weiTungen zu.sanimenzubüneen.'* 1
die jedoch für die politisch-eeog^raphischen Verbiiltuisse unserer Kolonie nur
insofern von Bedeutung sind, als sie mit ihnen die treibende Ursache, den I.<lam,
gemein haben.
Es ist kein Zufall, wie wir an anderer Stelle sehen werden, daß die
wirtschaftlichen und politischen Besiehongen der lAnder des Gnineagolfes Tor
der eoropSischen OUcupation durchaus von diesen Strömungen des Hinter*
landes abhängig waren. Die Küste, die bei den Landern der alten Kultur
in der Entwicklung eine so gewaltige Rolle spielt, trat hier in ihrer Bedeu-
tung ganz zurück, und die von ihr austrclienden Impulse gelangtt^n bereits
in geringer Entfernung vom Hnnde zum Stillstand. Heute crlilicken wir den
Wert d<-r Küste wie ül>erall so auch in diesen ( icLrcnilen in der Aut'-
scbluüuug und im Schutz. Im Sinne des Schutzes lätJt die Küste keine
direkte Berührung mit andern Staaten zu. Je länger also die Küstengreuzef
je kfirser die Landgrenze, desto geringer ist die Zahl der Yerwidtelungsmög-
lichkeiten au Lande. Deutsdi-Ostafrika ist in dieser Hinsicht hervorragend
begünstigt: fast die HUfte seiner Qrenxen sind Ettstengrensen. Eine so kurze
KOstenstrecke wie die von Togo ist aber als Schutz vOUig wirkungslos.
Im Sinne der Auf Schließung flbemimmt die Kflste die Funktionen
des Austausches der Bewegungen, die vom Meere und aus dem Innern dea
Landes kommen. Die Küste ist deshalb das (Jebiet, wo die politische Fest-
setzung' zuerst erfolgt uud wo das Land<,'ebiet den Weg zum Weltverkehr
sucht. Koloniales Wachstuni i-^t meist Wachstum vom Küstensaunie aus ins
Innere. Für diese Zwecke kommt aber die Länge der Küste vorerst wenig
in Frage: der Kongostaat von der vierfachen QrOBe des Deutschen Reiches
hat eine Kflstenlftnge von 50 km, also genau so viel, wie unsere über 25 mal
kleinere Kolonie Togo. Und schon fOr diese Kolonie von der GrOfie Bayern»
und Thilringens ist die Verhlltnissahl der Kllstenentwidcelung abnorm za
nennen. Denn in Togo kommt immer erst auf 1740 qkm FlAche 1 km Kflste,.
1) Oraf Zech. Lssd und Leute an der Nordwestgvense von Togo. Ifiti. a.
d. d. Schutzgeb. 1904. S 199 u. 122.
2) «Dagomba** in der Uaussasprache. 8) Graf Zech a. a. 0. S. 184.
Das deutaohe Kolonialreich.
während bflim Deutschen Beiche die Küstenentwickelung 1 : 71 betrigt. Und
doch genflgen solche Kfteteiutreohen ihrem Zwecke, den Zuguig nun Meere
za ermöglichen.
Dieser Zweck wi1r<1f' abi-r noch viel vollkommener en-eicht sein, wenn
es beim Abschluü tltr ( iren/vcrtril<;e in Togo gelungen wäre, die Kü.ste
und die in sie eiumiuuicntleu schitfbaren Flüsse zu einem einheitlichen
deutschen Verkehrssjstem zu vereinigen. Zwar berühren der Mono iui Osten
und der Volta im Westm auf weite Strecken das deutaehe Gebiet Hier
ab«r sehen wir den denkbar ungünstigsten Fall eintreten, daß beide Male
das den geeamten Flufirerkehr behemohende Mflndnngsgebiet in den
Hinden einer fremden Macht ist Die VoltamQndung ist englisch; die
MonomQndung firansSsisch. Li etwa 70 km Breite tritt das Togogebiet an
die Lagune heran* Vom vorgelagerten Küätenstreifen werden aber also
20 km. von Osten her abge-chnitten, die sich in französischom Besitz be-
finden, so (biß auf (lieser Strecke Togo an die Lagune greii/.t, ohne das Meer
zu erreit hcn. Das ist eine politisch -gcographist he A])norniitiit , deren Folge
es ist, daß die Flußschiffahrt auf dem Mono nicht in einem deutschen Hafen
am Meere endigt, sondern auf dem Umwege der Lagune nach „Anecho" gehen
mflßte. Das macht den hohen Wert einer dentschen FluBecbiirahrt auf dem
Mono nahesn illnsoriach. Der Vernich einer Zollunion swiecben Togo nnd
dem englischen Gebiet am linken Voltaufer Termochte keine Besserung der
Handelslage herbeizuführen und ist deshalb fallen gelassen. Wenn auch den
Englftndem das Recht der Prioritftt an der Voltamündung zusteht, wird doch
unsererseits diese politische Grenze als eine unerträgliche Beeinträchtigung des
Togohandels empfunden. Sie sehreit geradezu nach Verbessening!
Der Schulz, der in einer großen Küstenentwicklung liegt und der den
Inselstaaten einen so hohen Grad von Sicherheit verbürgt, ist auch ein Maß-
stab für die Güte der Landgrenzen eine» politischen Gebildes. Der Staat
SQcbt deshalb seine Ommm su befestigen oder — noch besser — sie an
natOxlidie Schntsvorrichtungen anxulehnen. Als soldie Schutaromditungea
wirken alle schwer xugftnglMhen und deshalb dflnn- nnd unbewohnten Gebiete.
Wir sehen in diesem Bemflhen das Prinsip der Grenswildnis primitiver Volker
nachwirken. Die Zahl der geographischen Gebilde, die solchen Zwecken dient,
ist groß: Seen und Seenketten, verkehrsarme Flüsse mit steilwandigen Tälern,
Gebirge, zuweilen auch Wasserscheiden, dichte Widder, Sümpfe, Wüsten.
Das deutsche Kuloniaireich hat sich ihrer au vielen Stellen als Grenzschutz
bedient.
Und doch ist keine deutsche Kolonie so arm daran wie Togo. Nur
die Flüsse Volta, Daka und Mono kommen etwa in Frage. Flüsse sind ja
als pditisehe Grense sehr beliebt Die FluBgrenze ist in primitiTen VeiUlt-
nissen, weil gut ausgeprftgt nnd leicht feststellbar, immer eine rasdie und
bequone LSsung von Grenafragen. Wenn aber die Grense Bchuts bieten soll,
so ist eine FluBgrenze nur dann gut, wenn die trennende Eigenschaft des
Wassers durch steilwandige Talschluchten und eine starke Strömung, die
die Flußschiffahrt unmöglich macht, verstärkt wird. Solche ideale Fluß-
grenzen bilden der Orai\jeflu6 und der Kunene, in geringerem Grade der
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558
Bruno Felix Hftaioh:
Okavango, der Rovuma und der Russissi. Die schiffbaron Oreniflttsse in Togo
aber ermöglichen höchstens eine rein äußerliche und sehr bequeme Scheidung
der Gebiete. Nennenswert«'n Rclmtz gowäliren sie nicht.
Als völlig unjjeschützt , ja iiiclit einnial durch irgend ein geographi-
sclies Gebilde ft'stgeb'i,'t hab<'n die Nord- und Ostgrerizen von Togo zu
gelten. Bei der geringen liedeutung der Kolonie fUr die allgemeinen Macht-
yerhftltnisse im westlichen Sudan hat das nicht viel zu bedeuten, wohl aber
lind diese offenen Grenzen fllr den Handd nnd Verkehr der Kolonie eine
schwere Gefahr.
Ober die Grente findet unansgesettt ein Geben nnd Nehmen stott Wo
also, wie in Togo, Yölkerbeziehungen nach Ost nnd West beetehen, ist die
nrsprOngliche Bedeutung der Grenae, trennendes Organ zu sein, mehr oder
weniger verwischt, nnd die (trenze wird zum Organ des Austauschs.
Das macht sich in Togo dfshaU> besonders geltend, weil der Handel des.
Innern naturgemäß die bt'<|utiu(n Verkehrsstraßen der sclutJ'baren Flüsse
im Osten und Westen der Kolonie aufsuclit. Daher kommt es, daß ein
Starker Durchgangshandel durch Togo von Dahomey (Borgu, Niger, Haussa
nnd Sugu) nach der Kflste besteht Aber % bis % dieses Handels nelunen
den Weg nach der englischen Goldktlste. Ja sogar ein großer Teil des
direkten Handels des Togo-Hinterlandes selbst fließt Ober die Häfen der firan-
zösischen und bescmdera der englischen Nachbarkolonien nnd geht den deut-
schen Häfen unmittelbar verloren. Der Handel über Ho und Kpandu ans
der Goldküsteukolonie betrug 1900 Ol 320000 Mk. Im Jahre 1903 pas-
sierten für 2V4 Mill. Mk. Waren die Landgrenzen von Togo.
Bei diesem Handel zeigt es sich ferner, daß er wenige, ganz be-
stimmte Wege innehält, die durch die neuen politischen (irenzen ganz will-
kürlich zerschnitten werden. Solche Schnittpunkte der Grenzen mit den \ er-
kehrsstraßen sind natürlich von hervorragender Bedeatnng. Es ist sidier,
daß in vielen Pillen die politische Grenzlegnng aUe diese Verkehrsrerhlltiiiase
in den firagliohen GeUeten berOeksicfatigen muß, warn sie eine Temfinftig«
Yeikehrspolitik nicht unmöglidi madien oder «nchweren soll; — ebenso
sicher aber ist es, daß sich die GrenzvertrUge in Togo wie fast überall in
Afrika darüber hinueL:>:<'>etzt haben. Die Folgen davon sind besonders hei
den Landwegen des Verkehrs verhängnisvoll: die Kolonialverwaltung hat
damit die schwere Aufgabe übernommen, sich die daraus erwachsenden wirt-
schaftlichen Gefahren zu vergegeuwärtigen, auf künstliche Weise die Schä-
digungen auszugleichen und eine Verkehrspolitik zu treiben, die unter mög-
lichster Beachtung der Grundtendenzen des historisch gewordenen Verkehrs
dennoeh der politischen Neneinteilung Rechnung trägt. Die oben angeftthrteo
Zahlen Aber den Handel von Togo beweisen, daß Ton einem wutsdhaftlidien
Anschlüsse des Togo-Hinterlandes an die deutsche Küste keine Bede sein kann.
Dieser Anschluß kann bei den mißlichen Grenzverhältnissen im Küstengebiete
nur durch eine Bahn erfolgen. Solange nicht eine Bahn Sansanne Maugu
erreicht hat, wird ein Teil des Handels nördlich des 8. Grades nach allen
Himmelsgegenden auseinanderflattern. Die Fernwirknncr des deutschen Küsten-
streifens wird jederzeit mit den Gewinngrenzen am Nordeude der Bahn eudigeu.
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Dfts deutsche Kolonialreich.
559
2. Kamorun.
In flnr Randlage am Guinea-Golf finden wir den größten Zug, den
Kamerun teilweise mit To^o und überhaupt mit deu Ländern dieses Meer-
busens gtMueinsain hat: an eine initjos\in<h^ Küsten-rrwaldzone, in der wegen
der Tsetse jede Viehzucht unni«'»glieh ist, schließt sich nach dem Innern zu
eine Baum- und (irasstcppe an, deren Beginn hier mit dem Steilrande des
innerafrikanischen Hochplateaus zusammenfUllt. Diese Bandluge müßte der
Kolonie eigentlioh die Yoiieile einbringen, die ans einem großen Einterlande
dem BchweUengebiete snsMmen* In Kamerun aber werden wie an vielen
Stellen der Gxdneakflste diese Vorteile illnBorisdi gemacht durch das Handels-
monopol der Kfistenstämme, das darin besteht, da0 alle die Küste von
innen und außen passierenden W«mi Ton den Eingeborenen der Urwaldznne
nnter hohen Durchgangszoll genommen werden. Dieses Handelsmonopol
macht jeden größeren Durchgan jjshandel zu und von der Küste unmötrlich.
Es sind vor allem zwei Umstände, die das Handelsmonopol rund um
den Guineagolf gebrochen haben: einuial die Okkupation der Küste durch
europäische Machte, deren Handelsinteressen ein solches Hiuderxus nicht
dulden konnten. CKe betraehteten die gewaltsame Unterdrflcknng der Kflsten-
sttmme und die Befrehmg der Straßen als dringendste Angabe. In Kamerun
ist diese Au^be Ton der dentschen Begierung so gut wie gelflst Wirk-
samer noch war die Yemichtnng des Monopols durdi die Benfltsnng
schiffbarer Flüsse, in unserem Schutzgebiete vor allem des Grofiflnsses
und des Niger-BenmSw Sie hat Hand in Hand mit der gewaltsamen Auf-
hebung des Küstenmonopols der Eingenorenen genflgt, um fOr Kamerun die
Vorteile der Schwellenlage herzustellen.
Es ist erstaunlich, zu beobachten, daß die Gesetze der Kandlage am
Guincagolfe: die Erschwerung des Handels durch Urwald und Küsteumuuüpol —
so gewaltig trennend wirkten, daß erst im Jahre 1902 die Verbindung im
Duxchgangshandel swischen Tsadsee und Kttste hergestellt wurde. In diesem
Jahre erreichte die erste Hanssa-B^arawane von Buiyo aus die Küste in der
Gegend yon BuBa. Diese Tatsadie fBhrt uns xum iweiten groBen Zuge in
der politisch-geographischen Gestaltung von Kamerun, in dem diese Kdome
ebmifidls mit Togo abereinstimmt: Kamerun liegt mit fast alleiniger Aus-
nahme der Urwaldzone im Bereiche der von Norden und Osten kommenden
politischen und kommerziellen ?]xpansiou des Muhammedanismus.
Dadurch wird das betrotfene Gebiet in Kultur, Politik und Verkehr von der
Küste losgelüht und den nmhiunmedanischen Staaten des Sudan angeschlosseu.
In ununterbrochener Kette hat sich der Islam bis fast zum Sauuaga vor-
geschoben und bildet tob TripoUs und too Nubien ans politische Beihen,
in deren Tre£fpankt Deutsch-Adamaua Hegt Erst in der jüngsten Zeit hat
diese Kultnr-Beihe ihr SchlufistOck erhalten durch die schon erwihnte, ge-
waltsame Offirang der Kosten.
■Es ist nicht ohne Bedeutung, daß dieses Schlußstück von der entgegen-
gesetzten Seite angefügt worden ist. Denn dadurch gewinnt die Lage von
Deutsch- Adamaua in Verbindung mit der Erschließung des Niger-Benuö- Weges
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Brano Felix H&nieh:
noch mehr an EiiiHuß, Es wird sich hier bei der Zähigkeit, mit der sich
Jahrhunderte alte Verhiiidiuieen erhalten, und bei der Tatsache, daü nach
der Natur des Islam die Beziehun^^-n zum Xonitn und Osten nie aut'h<iren
köaneu, eine ausgepriltrte Eckla^'f lierausbilden. Die drei j^'^roßen Be-
wegungen, die au diesem Eckpunkte ^usammeutreifen, sind drei große Kultur-
und VerkehrsstraBen: der in der Hauptsache Südwest — Nordost verlaufende
Niger-BeouS-Schiffiihrtsweg, die Nord — SOd Terlaofeade Tripolia*8trBße und end-
lich der Ostlieh siefaende Mekka* Weg. Dafi die Yorteiie dieser Ecklage durdi
die eigentSinUohe Zwischenlage des deutschen Gebietes swischen dem Niger»
Benn8- und dem Logone-Schari-System eine frOher ungeahnte Verstirlntng
erfahren, sei an dieser Stelle nur beiläufig erw&hni
Diese Erörterungen allgemeiner Art gehen uns die breite Grundlage fftr
die Beantwortung der speziellen Fragen der politischen Geogi-aj^liie , die Ka-
merun in seiner heutigen (iestalt an den Kolouialpolitiker und Geographen stellt.
Kamerun hat an seinen Süd- und i Istgrenzen weite Strecken, die nach
dem l'riuzip der Grenz wilduis zu beurteilen sind. Wenn wir den Wert
dieser Grenzen untersuchen wollen, so mflssen wir uns yorerst die Anschau-
ung SU eigen machen, daB es astronomisch fiestgelegte Grenzlinien zwisdien
zwei Stluiten orqprttnglieh nicht gab, und daB solche Grenzlinien nur ejus
Abstraktira sind, die hervorging aus dar Notwendigkeit, in hoehboTölkerten
Kulturgehieten die Staaten mathematisch von einander zn scheiden« In primi-
tiven Yerhiltnissen besteht an Stelle der Grenzlinie ein Grenzsvom, ein mehr
oder weniger breites Gebiet, dessen urspriiuglieher Zweck es war, die Völker
von einander zu scheiden. Diesen Begriff der primitiven Grenzwildnis finden
wir am klarsten ausgeprägt, wo Küsten und Wulder die Grenze bilden. Wald-
grenzen haben wir besonders in Kamerun. Die bedeutendste ürwaldgrenze,
die als „tote Zone'^ von mehreren Tagemärschen Breite tatsftchlich un-
bewohnt ist und Ton den dortigen Stimmen als Grenzwildnis gemieden wird,
zidit sich von der Sfldostecke Kameruns bis fest dahin, wo die NNW ver-
laufende Grenzlinie in eine rein nOrdliehe flbetgeht. Das ist politischrgeogra-
phisch eine gute Grenze. Überhaupt ist der ürwald als Grenzgebiet herf<»>
ragend geeignet nicht bloß dadurch, daß er bei seiner schweren Zug&nglieh-
keit einen sicheren Schutz gewährt, sondern auch dadurch, daß er jede auf
Grenzversehiebung abzielende Bewegrmg verlangsamt oder zum Stillstand bringt.
Ausgedehnte Urwaldgrcnzen haben wir außerhalb des erwähnten Gebietes
noch längs der ganzen Südgrenze von Kamerun, wo die Grenze bewohnte
Urwaldgebiete abwechselnd mit „toten Zonen" schneidet, femer an der Nord-
westgrenze von Kamerun von der Küste au bis jenseits des Croßflusses, wo
der Steilab&ll des innaafrikanisohen Plateaus ansetzt
An andern Stdlen unserer Kolonie zeigt sich aber eine Art der Grenz-
ziehung, die von der eben geschilderten wesentlich abweicht und die das
Kennzeichen der Grenzpolitik europäischer Mächte in Kolonialgebieten und
übeihaupt junger Staaten z. B. in Nord- und Südamerika ist. Diese Pdlitik
fordert vor allem eine mathematisch scharfe Bestimmung der Grenze,
die nur im günstigsten Fall innerhalb des Grenzsaumes, in dem die gegen-
seitige Durchdringung der Lebenserscheinungen zweier staatlichen Gebilde
ju,..jd by
Das dentsche Kolonialreich.
561
▼or Bich geht, verltuft. In vielen F&Uen ist sie aber gaas willkOrlidi ge-
zogen. Sie ist dann nicht die Linie, an der das jahrtausendelange Oegen-
einandenvachsen der Staaten za einer Art stabilen Gleichgewichts gelangt ist,
sie ist sehr oft den Landfrobicton willkürlich aufgezwungen und muß not-
wcndigenveise den geographischon Bedingungen des betreffenden Gebietes
Zwang antun, kurz gesagt: sie muß ungiograpbiseh sein.
Es ist das Ziel fast jeder Grenzziehung und Grenzveränderung, daß dais
umgrenzte Gebiet mit dem Naturgebiet srasammenföllK Wenn z. B. der
Bcbiflrbare Sdiari die diehtberOlkerten Linder an seinem Unken Ufer vor dm
EinfUlen der Bag^iinni-SteppenTOlker aehfltst, so adieidet diese natfiriicSie
Grenze zwei selbstlndige Naturgebieto sehr wiiAimgiroll Ton einander. Wenn
in Nordwest-Kamerun die Grenze allenthalben über die Wasserscheide in das
Flußgebiet des Benue hinübergreift nnd sich die Flußsysteme des Logone
und des Ssanga im Osten mit ihren Quellgebieten ebenfalls weit in das
dentschp Gobiet hinein erstrecken, so haben wir hier Gren/en, die ebpnfalls
fest in der Natur des Landes begründet sind, sofern sie die Wassers(^heiden
nicht nur erreichen, sondern sogar ül)er sie hinübergreifen. Eine willkür-
liche Grenzziehung dagegen wird das Natur- und Lebeusgebiet, wie es gegen-
wtrtig dnzeh den geographischen Begriff der Landschaft erfaßt wird, auf
die Daver nicbt ertragen, wenn dadurch wichtige LebenserschsinnDgen unter-
bunden werden. Daraus ergibt sidi, daß, solange die Überrinstinunung des
politischen Gebietes mit dem Natuigebiete nicht hexgesteUt ist, die Grenze
als vorläufig betrachtet werden muß.
Beim Blick auf die Entstehung der Grenzen unserer Kolonien ist es ja
gar nicht zn verwundern, daß sit> oft den geographischen Bedingungen wider-
spreelioii. Denn in sclir vielen Fällen ist die Grenzziehung der geographischen
Erforschung vorangegangen. Durch Vertrag entstandon, bedürfen sie ebenso
wieder der ^'erbesserung dmch Verti^ag und sind mit der wachsenden Kenntnis
des Erdteils in Einklang zu bringen. Die Geschichte lehrt, daß kein Besitz
etwas Endgültiges bedeutet Auf dieser Beobachtung fuBend, kann der Geo-
graph an der Hand der Kenntnis des Bodens und des auf ihm pulsierenden
Lebens die zukOnfUge Entwiokelung der Grenze ▼orausflUilen.
Es gibt aber noch ein zweites allgemeines Gesetz, dem die Grenze in
ihrer Entwickelnng unterworfen ist. Die Grenze ist nicht nur trennendes
Organ, sondern sie ist auch der Träger d^r von dorn Lebensmittelpunkte des
Staates ausgchonden politiscbon KrUfte an dessen Peripherie. An den Grenzen
erst un<l hier vor allen Dingen werden diese Kräfte für den Nachbar fühlbar.
Es muß nun dem Staate daran liegen, diese Kräfte in gescblossener Linie
wirken zu lassen ohne Unterbrechuog durch Einschlüsse und Abgliederungen.
Damit hingt das Streben der Grenze nach Vereinfachung zusammoi,
das eines der wiikuugsvollsten Gesetze der Veittndemngen der Grenze ist,
dem Begriffe der natfirlichm Grenze freilich sehr oft widerspricht Der
jeweils erreichte Stand der Vereinfachung kommt in den Verhält niszahlen
der Grenzentwicklung zum Ausdruck. Da ist (s nun froUich ein großer
Vorteil der oben als ungeographisch bezeichneten Grenzziehungen, daß sie
durchweg sehr günstige Vcrhültnis/nhlon der Grenzentwickeluug hervorbringen.
Gtogrkpbifobe Zaitaclirift. Ii. Jahrgang. 1»06. 10. Heft. 38
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
562
Brnno F«lix Hftnseh;
Wenn wir Ratzels 4-Typenskala der gradlinigen, der leicht gegliederten, der
stark gegliederton und der aufjjelösten Grenze annehmen, so entspncht die
Grenzentwickelung unserer afrikanischen (i<>biete durchweg «len Tvppii 1 und 2
und ist auch in Kamenui mit seiner nordöstlichen Einschnürung um weit
mehr als 50 "/o günstiger als beim deutschen Reiche. Es ist überhaupt ein
Merkmal aller gradlinigen, lediglich auf a.<;tronomiächen Ortsbestimmangen
bendiaiiidra Grauten, dafl rie das G«8ets der YereinfuhuDg der Grenie in
einem hohen Grade yerwirUiehen. Wie schon erwUint, widerspredien sie
aber dem viel wichtigerai Gesetie des Schutses. Da sie in einer Art
dedaktiven Verfahrens der Landschaft aufgezwungen werden, können sie auch
nur zufuUig mit den Grenzen des Naturgebietes zusammen&Uen. Für junge
staatliche Gebilde vorläufig genügend, dürfen sie nur als augenblickliches
Aushilfstnittf'l betrachtet werden; und wenn sie auch durch noch so viele
guBeiserne Grenzpfähle festgelegt wurden — die geugrapliisrlien Bedingungen
werden sich ül)er kurz oder lang die Freiheit nehmen, Korrekturen sehr
weitgehender Art an ihnen zu vollziehen.
Eines der wichtigsten ErfdHPdenusse in der Chrenssielnnig ist die Beaoh-
tnng des Bassenprinsips. Der ideale Zustand, daB natürliche, ethnogra-
phische nnd politische Grenzen zusammen&Uen, daB also im weitesten Knne
das Naturgebiet den Rflckhalt abgibt fttr die pofitistdien Grenzen, wird ja nur
selten eintreten. Eine allzu rficksichtsloso Übergebung der ethnologischen
Verhftltnisse aber wird sich in kurzem rächen, während eine Beachtung der
Bassen- und Völkergrenzen zu einer Quelle der Kraft werden kann
Die Frage der Übereinstimmung der politischen Grenze mit den
ethnologischen Grenzen wird brennend besonders da, wo große und
relativ gut organisierte Staatswesen bereits vor der europäischen Besetzung
existierten. Das ist glücklicherweise nur in wenigen Gebieten der deutschen
Kolonien der FaU. Wo dagegen, wie meist in Afrika, die Bevölkerung in
kleine, yon nnaader unabhftngige, einander wohl gar feindliche Stitanme ler*
ffllt, ist die Grensziehung weniger schwierig. So ist es in allen ürwald-
gebieten. Die ungeheuren Waldlttnder an der Küste und im Ostlidien Hinter-
lande von Kamerun lassen m zu keiner Staatenbildung kommen. Kleine
Stämme nur, die ihren Wohnsitz auch noch ziemlich oft verlegen, wohnen
verstreut in diesen Gebieten. Auf sie bei Festlegung der Grenzen Rücksicht
zu nehmen, dazu zwingt keinerlei politisch-geographische Krwägung.
Um ein geringes hölier nur stehen die Grashmdstiimme von Kamerun
in Hinsicht auf staatliche Organisation. Die BalistUimue z. B. an der Nord-
westgrenze von Kamerun sind zwar jeder für sich fest geseUoesen und
selbstlndig, aber AnfSnge Ton Staatenbildung finden sich nur unter dem
Sinflusse der Haussasultanate oder zum Zwecke gegenseitiger Gewihrleistung
gesicherten Handelsverkehrs. Von der Kflste bis zum 7.^ n. Br. bedarf alao
die Nordwestgrenze von Kamei-un vom ethnologischen Standpunkte ans ebenso
wenig einer Korrektur, wie die ganze Süd- und Südostgrenze vom Ssanga
aus bis zum 4.^ n. Br. Ähnlich wie mit den Graalandstftmmen in Kamerun
1) Uatzel a. a. 0. S. 489.
Daa deutsche Kolouiulreioh.
Ö63
— es sei nur Tentattet, bd der ErOrternng dieser Frage einige Seitenblioke
auf die ethnologischen Verhältnisse anderer deutscher Kolonien zu tun —
▼evbllt es sich mit den Graslandstimmen von Togo, deu ftlnf selbstKndigen
Sttnunen am Mittelhiufe des Okavango und endlich mit den ürstämmen am
Rovuma in Deutsch- Ostafrika, die sich vor der Sulu-Invasion aus dor Nühe
der Seen nach Osten gerettet haben. Bei allen diesen Stämmen bringt es
ein lockerer Zusammenhalt, der auch vor der europäischen Invasion nif den
Charakter des dauernden hatte, Yielmehr duich Kriege und Wanderungen
einem mannigfiachen Weebsel nnterwoffen war, mit sieb, daA ein« iHll]ctb>
liehe Grenssiehmig ohne naditeilige Folgen ertragen wird. Und wo wie am
Daka in Togo, dem Kebenflnsse desVolta, dennoch etwas grOßere Stammes-
▼erUnde zendmitten werden, da glvidit die natflrliohe Grenze des Daka-
flvsses den Mangel hinreichend ans.
Schwieriger liegen die Verhältnisse, wo eine küDfitUche, womdglidi allen
geogi'aphischen Schutzes bare (u-enzo Gebiete durchschneidet, in denen ein
großer Stainiii nut auögesjirocheneni Zusammengehörigkeitsgefühl und zweifel-
los kriegerischen Eigonsrliaften sitzt. So ist es hei den Masai und bei den
Ovambo. Das Seniiteuvolk der Masai mit seiner Kultur, die weit hinaus-
geht über die Leistungen der benaehbarten Negerstämme und über das, was
man von einem, nomadiiäerettdeD HirtenTdke Teimutet, bat in seinem halb
hierarohisdien Einheitsbewußtsein, in snnem auf rellgiSsen Überlieferungen
beruhenden Nationalstolze einen festen Halt, der durch kriegerisdie Eigen-
schaften noch erhöht wird.*) Dazu kommt, daß ihr Gebiet, die Masaisteppe,
eine physikalisch einheitliche nnd gleichartige Landschaft darstellt £s heißt
den ethnologischen und geographischen Grundlagen Gewalt antun, wenn
dieses Volk und sein Gebiet durch die deutsch -englische Grenze gradlinig
durchschnitten wird
Ähnlich verhalt es sich mit der Ovambogrenze. Das Gebiet der
Ovambo in Deutsch- Süd westafrika, eines kriegerischen, durch ein festes
Stammesgefüge ausgezeichneten Bantuvolkee, ist durch eine linealische Grenze,
die alles geographischen Schutzes entbehrt, ohne Bficfcsiditnahme auf die
StammessugehOriglrait in zwei Hallten geteilt 80000 Ovambo wohnen auf
pwtngiesischem, 50000 auf deutsdmn Boden. Sie haben die Macht der
europAischen Waffen bisher kaum geftthlt und sind in der Tat noch unab-
hängig. Nur durch eine geroeinsame Operation der beiden Grenzmächte
können diese Stfimme imterworfen worden, und auch dann wird bei jeder
auf einor Seite entstehenden Verwickelung die andere Seite zum Asyl und
Ansriistung.sdcjiuL der Empörer werden — eine nie versiegeinic (.,)uclle
kriegerischer Verwickelungen und deshalb eine ständige Getahr fiir das
hoffnungsvolle Hinengebiet von Otavi und Tsumeb.
Zu emer politisch bedenklichen HOhe steigern sich aber ethnologisch
die Grenzprobleme in Kamerun. Es wurde schon ausgefthrt, daß die
eigentOmlichen LageTcrhftltnisie von Kamerun eine Spaltung der Kolonie
bedingen in das vom Meere abhftngige Küstengobiet und in das Gebiet mit
1) Merker. Die Maeu. Berlin 1904.
88*
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664
Brnno Felix Hänsch:
b«h«meh0Dd«> Eckltge im Nordosten. Die Trenmugstaideiut der Bandlage
9m Gvineagolf wird ▼erstixU durch die Kultnrbesiehttiigeii des nflrdlidieii
Teils der Kolonie zum mittelmeerischen und arabisehen Unhammedanismas.
Ethnographisch und politisch fällt dies« Kulturgrenze zusammen mit der
Grenze zwisclifn den stark mit Sudannegerblut vermischten, islamitischen
Völkern der Fulh»' und Haussa f^inci-seits und den von ihnen mehr und
mehr nach Süden zurückgodriingten htidnisehen Bantunegern andrerseits.
Die Haussabesiedlung ist älter und hat sich friedlich unter den Formen des
Handels vollzogen. Sie hat diesen Charakter bis heute bewahrt. Die Fulbe-
inrasioii trSgt die Form kriegerischer Erob«niiig. Dedialb sind Fulbe liberall
die politischen Machthaber, Haussa die Triger des Großhandels, und swiadien
ihnen wohnen die Beste der unterworfenen Heidenstfmme.
Das Ergebnis dieser Bewegungen ist die scharfe Völkergrenze, die
quer durch Kamerun zieht: nördlich und östlich mächtige islamitische Beidie,
die zeitweise vom Kaiser von Sokoto, spftter von Babeh abhAngig waren;
südlich die StainmesL'ehiete der Bantuneper.
Zu jenen von Sokoto ahliiingiL'en Keiilieii g<'hörte auch IJomu am west-
lichen Tsadsee mit seinem Yasalleiistaate Adaniaua am Oberlaufe und sudlich
des Benut'. Der üurrseher von Adamaua hatte seinen Sitz in Yola und
fahrte den Titel eines Emir von Tola uad Adamana. Durch die deutsch-
englisch-franaOsisdien Grensvertrilge sind Bwmi und Adamaua unglanUich vor*
stfimmelt worden: viw Sultanate vom alten Bomnreiche: Dikoa, Golfei,
Logone, Handara, lisgen auf deutschem Gebiete. Ton den Sultanaten
Adamaua.s liegen neun ganz oder teilweise auf deutschem Boden: Mama,
Garua, Bubandjidda, Ngaumdere, Tibati, Banjo, Gaschaka, Kontscha, Tschamba.
Somit dehnt sich Adamaua, die Ober- und Mittelläufe der linken Benue-Neben-
flüsse abschneidend, bis zum Kat.sena- Allah und zu den Baliländem. Hier
liegt das Sultanat Takuni auf enu^lisehen» (ifhicte. In Mittel-Kamerun ist die
Fulbe-Invasion bei den Wute- und Tikkarstilmmen, deren Hauptstadt Ngaml>e
vom Sultan von Tibati 10 Jahre vergeblich belagert wurde, etwa am
6.^ n. Br. zum StiUstand gekommen. Westlieh davon, in Bamnm, erreicht
sie in einem schmalen Zipfel fast den 5. und OsÜich in Ngaumdere am
Kadeil sogar den 4.^ n. Br. Sie reicht hier fistlich Ins an den mittleren und
oberen Ssanga heran. Man kann also im allgemeinen mit einer Linie Tom
Kat6ena*Allah zum Kadel die Südwestgrenze der Fnlbe-Invasion ansetzen.
Nirgends ist mit den urspininglichen politisch-ethnographischen Verhält-
nissen so unerhörter Spott getrieben worden wie hier: die Hauptstadt des
Reiches Adamaua mit einem verhältnismäßig kleinen Teile des Territoriums
haben die Engländer losgetrennt und haben damit das Gebiet ihres alten
uatiiilichen Zentrums beraubt. Südlich des 10.*' aber haben die Fran-
zosen einen Teil von Adamaua besetzt, so daß an dieser Stelle eine unnatOr-
liche, politisch und ethnographisch widersinnige Einschnfirung unseres Besities
entsteht und eine nneihSrte Verschlechterung onserer Grsnien. Sidier wird
sich die wiUkfirliche Trennung historisch und kulturlieh cnsammengehOriger
Gebiete einmal blutig rikhen. Und wenn auch die deutschen Adaraaua»
Sultanate jetzt erleichtert sind vom Drucke Babehs und befreit sind aus
üiyiiizc-d by Google
Dfti deutsche Kolonialreich.
565
ihrer Abblngigkeit you Tola und Enln, so wird dennoch dar Zwang, der
einem alten Staatengefllge hier angetan wurde, unt noch su schaffen machen^
wenn eist einmal die alten Wanden der Herrschaft Babehs yOllig yeniarbt sind
und wenn die europaische Verwaltung mit erhöhten Forderungen an die dortigen
Sultanate wird herantreten müssen. Das Deutsche Reich muß deshalb schon
heute alles tun, um diese mißhandelten Oebiete zu sichern und die politische,
ethnographische und geographische Sebpidelinie, die das Kamerungebiet quer
dnrchziehi, durch großzügige Erschlicllungsmaßnahmpn wirkungslos 7\\ machen.
Sehr energisch weist Ratzel auf die Gefahren hiu, die in solcheu trenneudeu
Innieo liegen: „Eine Unge Politik wird damadi streboi, die ethnischen
nnd socialen Oegensitie in einem Staate nidit allsu geographisch werdm su
an lassen, um ihnen nicht dUe Kraft sniuffthren, die sie ans der Verhindiug
mit dem Boden in gefährlichem MaBe liehen könnten.**
Für die hier ausgesprochene Mahnung und Forderung ist es yon ent-
scheidender Bedeutung, daß die wichtigste Lebenserscheinung eines staatlichen
Gebildes, der Handel, in Kamerun fast völlig von der Kraft dieser nordwest —
südöstlichen Scheidelinie getroffen wird. Die citreritüralichen Verhältnisse des
Randgebietes nnd die Invasion des Islam hahen es vermocht, das ganze XO-
Hiuterland von Kamerun mit seiner khi.ssisclien, ilrei Wege beherrschenden
Ecklage von dem Guineagolf loszureißen und dem Mittelmeere bez. dem Nil-
gehiei anangliedein. Es hilft gar nichts, zu sagen, die Öffnung des Kiger-
Benn0 werde den TripoUs-Kmdel vemiehten. Das wird sie sicher nichtt
Schon der religiösen Besiehnngen des Islam smn Korden nnd Osten wegen I
Gegenwärtig kommen jährlich noch viermal gewaltige Karawanen von Mpolis
nach Gama, Dikoa, Madagali, Gulfei, ja sie gehen von da noch weiter nach
Baghirmi und Wadai. Es ist erstaunlich zu sehen, mit welcher unglaub-
lichen Zähigkeit solche alte Handelsverbindungen sich erhalten. Schon Rabeh
hatte einmal versucht, diesen alten, wahrscheinlich bis in die Römer/eit
zurückgehenden Handelsweg zu verlegen, die räuberischen Tuaregs haheit
jahrelang den Verkehr auf dieser Straße verhindert, aber immer pendelt der
Karawanenhandel ins alte Gßsia nurttdc. Und so zeigt sich uns das eigen-
tflmliche, nnerhörte Bild, daS Warm vom Ifittelmeere auf einem in Luft-
linie gemessen 1700 km langen Wege in Dentsch-Adamaua gewinnbringend
abgesetit werden, wihrend dieses Gebiet von der 400 km, ja in seinem söd-
lidien Teile nur 200 km entfernten Kfiste vollständig losgelöst erscheint.
Wenn wir einmal diese Entfomnngen auf heimische Gebiete übertragen, SO
bedeutet das so viel, als wenn die sächsische Textilindustrie ihre Rohbaum-
wolle statt über Hamburg, das wir uns von einem bei weitem nicht bis
Berlin reichenden Urwaldgürtel abgeschlossen denken müßten, auf dem Land-
wege durch Karawanen von Konstantinopel heranschaffen ließe. Nur der
gewaltige Wert der ursprünglich auf dieser Straße bewegten Handelsgüter,
SklaTon und Elfenbein, yermag die Entstehung dieses Handelsweges su eridftren.
Es sdieint, da0 die politisch klugen Englinder sehr bald die wichtige
Stellung von Dentsch-Adamana im Sndan-Handri erkannt haben. Denn schon
ist dieser &ndel zum Gegenstand von EiferstUditdeien geworden. Es be-
durfte eines energischen Fratestes des Gonvemements Ton Kamerun, nm die
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566
Bruno Felix H&nsch:
Xngllnder an einer SpezruDg der deuteohen Grenze fOr die ans Borna
kommenden Karawanen zu hindern. Diese englischen Bemühungen zeigm
uns klar unsere Ptlicht, die Augen an jenen völlig nngeschatzten Grenx-
streoken daucrud offen zu halten.
Im Haussahandel liegt die schon in Togo beobachtete Tendenz, nach
Süden iu die Gebiete der Bantu vorzudringen. Die Händler sind als eine
Art Vorläufer der politischen Besetzung durch die Fulbe anzuBehen. Im
Wnteland, nOrdlich des Sannaga, treffen sich die Hanssahlndler und die Ton
Sflden kommenden Oabonnlente. Dodi beide leiten den Handel dieser Qeibiete,
die bereits sfldlieh des 6.* liegen, Aber Tannde stur Küste. Weiter westlidi
rmdit der KolanuAhandel in großen, regelmäßigen Karawanen bis zu den
Bafnt. Von Ibi am Benue aus dringt der Handel der Lngos-Leute ebenfalls
etwa bis zum vor. Die Quellgebiete des Katsenu-AUah bilden demnach
wie die ethnologische so auch die Südgrenze der Handelsbeziehungen.
Im Osten reicht die Hamlelsgrcnze etwas weiter nacli Süden, Hand in
Hand mit der politischen Behensclmng dieser Gebiete durch das Sultanat
Ngaumdere, zu dem auch Bertua als ^ asallenstaat gehört. Die Haussahandler
ans Adamana und die Händler der Südkamemn-Gesellschaft treffen sich in
ein^m Streifan vom 2. bis snm 5.' n. Br. Wihrend aber die Bfldkamerun-
Gesellschaft nach dem Seanga nnd zur Kttste exportiert, sehaffen die Hanssa
die Waran nach Ngaumdere oder — sum kleinen Teile — auf firanaOsisches
Gebiet, so daß also die Landschaften des Eadel audi in handelspolitischer
Hinsicht eine Scheidelinie zwischen Xor<l- nnd Süd-Kamerun bilden. Die geo-
graphische, ethnologische und politische Sonderstellung von Deutsch-Adamaua
und Deutsch-Sudan wird durch diese vom Katsena-Allah zum KadeY ziehende
HandelsgTcnze ganz wtstntiich verstärkt, und diese Sachlage wird sich auch
dann nicht lindern, wenn ja der Tripolis-Handel in seiner abschwächenden
Tendenz verharren sollte.
Bei all diesen auf Trennung absieHendm VMaatea ist bisher nSmÜdi
ein Zug in der geographischen Gestaltung von Eamemn unberflcksichtigt ge-
blieben, der die Frage der Einheitlichkeit der Kolonie entscheidend macht:
der Niger-Benoff-Schiffshrtswsg and sein Verhältnis sum schiffbaren Bchari-
system. Der für die internationale Schiffahrt freie Niger-Benutf kann bis ins
deutsche Gebiet hinein befahren werden. Er wird also ganz gewiß einen
Teil der Funktionen des Tripolis-Handels übernehmen und deshalb auch beim
Nachlassen dieses Handels die googiaphische Treunuugsliuie nicht zum Ver-
narben kommen lassen. Fr< ilagerpliit/.e am Benue und Niger sowie an der
Nigermüudung werden dem Handel von Adamaua dienen, nicht aber der
einheitlichen Entfaltung der wirtschaftlichen Kräfte der Kolonie. Das
kann nur eine so rasch als mOglidh nach Garua gebaute Bahn. Diese
Bshn ist Lebensbedingung fOr die Kolonie.
Und nun der Logone-Schari! So trefflich die deutsehe Position ist,
▼ermOge deren das deutsche Boich bei einer zukünftigen Verbindung des
Benn6 mit dem Logone gewissermaßen die Brückenköpfe beherrscht, so sehr
wird sie geschädigt dadurch, daß Frankreich in dieses System entlang dem
10.** n. Br. einen Keil hineingetrieben hat, indem es die Tuburisümpfe und
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Das deatsche Kolonialreich.
567
den oberen Maokebln beeetsta. Die Gamababn wflrde deabalb ibre natflr-
lidiste Fortsefamng finden in einer Bahn, die auf dem kttrseiten Wege nOrd«
lieh des 10.® den eohiffbaren Logone enreieht Eine solche Bahn würde in
Yerbindmig mit dem Logone-Schari den Twdiee tatrtdilieh enehliefien. Sie
wflrde den ganzen Tsadsoo-Handel durch deutsches Gobiet leiten. Sie würde
ein reicbbevölkertes Land am IjOgone und Schani dem eoropKischen Handel
offnen. Sie würde das tVanzösis>che Gebiet abhänoifr machen vom deutschen;
denn der Weg über deu Kontr<i betrügt ö Monate. Sie würde voll und
ganz im Dienste politisch- geographischer Gesetzmäßigkeit stehen, indem sie
die politische, ethnologische und handelspolitische Biuuengrcnze quer durch
Kamerun j^nicht allzu geographisch werden" ließe. Sie würde dem deutschen
Adamana xn den Vorteilen der froher gesdiilderten Ecklage andi nodi die
&ftfle vorleihen, die ein Schwellengebiet politisch so einflofireich machen.
Darum eavcatU consulrs. Höge Eirehhoff Recht behalten, wenn er anf
dem deutschen EoIonialkongreS sagte: „ä&s muß ein Zusammenströmen werden
von Waren aus dem Syrte-Golf und Guinea, aus Amerika und Europa."
Die Notwendigkeit einer solchen verkehrspolitischen Maßnahme wird
noch verstärkt dadurch, daß auch in anderen Teilen von Kanieriin die
Neigung vorliegt, daß sich die wirt.schaftlichtMi Kräfte zer.splittcrn und nicht
der Kolonie selbst, sondern den Nachbarkolouien zu gute kommen. Es ist
fast als eine Art Duplizität der Ereignisse zu betrachten, daß sich dasselbe
Bild, das gegenwärtig die Terkehrspolitiadien Verfaftltnisse des Benn6 bielen,
am Croßfluue wiederholt. Diese inr Regenzeit gut branchbare Sdiü&hrts*
ader lenkt den Handel der Nordwest-Kamemn-Gesellschaft fiber das englisdie
Gebiei Die Waren gehen unter Zoll nadi Old-Oalabar und werden TOn
dort direkt nach Europa verschifft.
Weit größer aber ist das Gebiet, das im Südosten durch den schiffbaren
Ssanga an den Kongo angeschlossen ist Bis Bertua und Babang dringt
der Hnnd»-1 d'-r Ngoko-Station vor, trotzdem iler Kongo-Weg durchaus keine
güustig*'n Vtrkehrs Verhältnisse bietet. Die Post braucht von Europa zur
Ngoko-Statiou über den Kongo 50 Tage. Die Fracht von dieser Station aus
nach Matadi beträgt viermal soviel als die Trttgerkosten zur Kfiste; und
deonodi betmg der Handel Aber den Ssanga 1901 und 1903 je nngefthr
Vt UilL M. Das QouTemement ist eifrig bemtiit, diesen Ebndel über die
Kllste zu leiten. Schiffbare Flnfistreeken besonders des Njong nnd Dja
werden solche Bemühungen imterstützen. In Yerbindnng mit Stich- und
Umgehungsbahnen, die simtUch als Kleinbahnen zu bauen sind, werden diese
Flußsobiflahrtsstrecken unser tropisches West -Afrika südlich der großen
Binnengrenze zu einem idealen Wirtschaftsgebiete zusammenschließen.
(Schluß folgt.)
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568
Th. Arldt:
C^rindgesetie ies EHnlietB.
Von Th. Aildt.
Sehr früh schon hat man versucht eine Gesetzmäßigkeit in der Ver*
teUnng der Element« des Erdreliefs anfzufinden: es waren besonders die Kon-
tinente, Meere, Inselzüge und Gebirge, die man dabei im Auge hatte. Der
ente Tenudi, eine solche B^el aufiniftellen, Ton dem wir Keontius haben,
ist der des Dikiareh Ton Menana, der um 320 t. Chr. im Blof 'EUadog
die Behauptung auiktellte, daß eine oetwestlicb verianfende Hanptlinie auf der
Erdoherfläche deutlich hervortrete. Er zog sie von den Säuleu des Herkules
über Sardinien, Sizilien, den i'eloponnes, Karien, Ljkien, Paraphylien. Kilikieu,
den TauriH nach dem Imausf,'r'birge in Inner- Asien, so daß sie <t\va dem
37. I'jiruUelgrad cnt.sprach, wenn auch Sardinien um droi (Jrad nördlicher,
(Jilirultar um einen (irad südliiher liegt. Auch Eratostheues .stimmt in seinem
großen Werke rtotyga<f ituc dieser Ansicht bei (etwa 200 v. Chr.), Nach ihm
verlinft in dw Breite von Rhodot (86* n. Br.) qaer dnrdi Ainen ein mäch*
tiger Gebirgssng: Taurua — Parapanisos — Imans, eine Ansicht, der auch noch
Ptolemftns (etwa 160 n, Chr.) in seiner nny^a^pm^ ^^n^yi^ttg hnldigt Von
ihm ist jedenfalls der arabische Gelebrte AI Bimni (f 1038 n. Chr.) bo-
einflußt worden, nach dessen Ansicht das chinesische und tibetanische Hoch-
land, die turkestauischen Ketten, der gebirgige Nordrand von Iran, die Alpen
nnd die Pjrenllen gewissermaßen die Wirbelsäule der Erde bildeten.
Als sich dann die iieopraphischen Kenntnisse weiter aushreitettn, erkannte
man, daß man mit einer Hauptrichtung oder mit einem Hauptgebirgs/.uge nicht
ausreichte, und Überzug in Folge davon die Erde mit einem Netze von Berg-
meridianen und Bergparallelkreisen. Als erster tat dies der Jesuit Athanasius
Kireher in seinem Mundtu nMemmeuf}) Nach ihm verlaufen die beiden
Gebiigsitysteme meridional und ftqoatorial. Die ersten sind die Hauptzfige.
Der eine Meridiankreis fBhrt vom Nordpol durch Ifittel-Europa und Afirikn
zum Südpol nnd kehrt dann über ^e Anden und die westamerikanisdiai
Gebirge nach dem Nordpol zurück, der zweite führt durch Asien und zwar
durch Vorderindien hindurch. Senkrecht dazu verlaufen die weniger wichtigen
drei Gebirgsparallelen. Wo sich beide Systeme kreuzen, entstehen Oebirgs-
knoten wie die Alpen und die afrikanischen Gebirge. Auch na( h Buffon- i
folgen die GebirLre teils den Meridiatieti, teils den Parallelkreisen. So soll
sich z. B. der Alpenzug in äquatorialer Hichlung. von Spanien bis China
erstrecken.*) Während aber Buffon anfangs annahm, daß in der östlichen
Hemisphäre die kquatoriale, in der westlidien die meridiimale Baohtnng Tor>
herrsche, nimmt er später flir alle Hanptgebiige die Nord — Sfid-Kehtung an
und betrachtet die Iquatorial geriehteten als Nebengebirge, kommt also sa den-
selben Grondanschanungen wie Kiiober. 26 Jahre spiter flOnrte Qatterer*)
1) A. Kircher. Muudus enblerraneus. Arasterdam 1678. I. 8. 69ff.
2) Buffon. Historie naturelle. Paris 176U. I. S. 207—211.
8) Ebda. 8. S19.
4) Oatterei; AbiiA der Geogx»phie. Güttingen im. 8. 91-111.
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Graadgesetze des Erdreliefs.
569
Buffoiu Ideen kooBeqnent dnieb, indem er ein voUrtlndiges Gebiigsnets ent-
warf, nach dem man sich sollte orientieren kOnnen. Sein Bergftquator fiel
aber nicht mit dem RotationsSquator zusammen, es war dies schon ein
wesentlicher Schritt über den ursprünglicbpn einfachen Schematismus hinatis.
Dieser Bergüqiiator schnitt die Andon bei 2U'' s. Br.. führte iil)pr Kap S. Koque,
Femando-Noronha, Kap Venlf zu den „Mondgebirgen". Dann schnitt er den
Nil und berülirte Suez. Weiterhin rechnete Gatterer ihm zu den Sinnig
liibanoü, Erdscbias, Ararat, die NorUgebirge von Persien, Altai, das Jablonoi-
und Staoowoigebirge. Es war dieaer Bergäquator also durohans kein größter
Erna. Den ersten Bergmeridian bildeten die westamerikantBcben Gebirge von
der Vagalbaea Strafie Ober Panama bis smn Mt. Elias, dem auf der anderen
ErdblUte der Zng der Gebirge von Waigatiefa ftber den ünl and Inner- Asien
naeh der Halbinsel Malakka entsprach. Ein ähnliches Sjston wie Gatterer
stellte auch Lehmann auf Ebenso schloß sich an das erste Kant'i an,
der besonders betonte, daB sich die Gattererscben Meridiane und Parallelen
hftofig unter reclitcni Winkel durchkreuzten.
In neuerer Zeit hat M. Bertrand') eine ähnliche Ansicht vertreten, nach
der auf der Erde zwei sich rechtwinklig schneidende Scharen von Linien zü^'cn
vorhanden wären. Der Pol der einen läge auf der Patrik-Insel im arktischen
Arddpel Nmdamerikas. Eine Rmbe anderer Yersncbe knflpfoi nnr an den Erd*
Iqnator an, der nach ihnen auf der Erdoberfliche wandert Die Gebirge geben
danach alte Lagen des Äqnaton an. Solche Versaebe stammen v<m Boucbe-
porn"), Klee*) und in neuerer Zeit von Kreichganer.') Der erste nimmt
dabei 14 größte Kreise an, also 14 alte Hauptlagen der Erdachse. Eine be-
sondere Bedeutung beansprucht die Hervorhebung einer Hauptlinie des Erdreliefs,
nämlich des niittelmeerischen Gürtels, die Green*) durch innere Gezeiten de«;
Erdballs zu erklären versucht hat. Gleiches tut in einer neueren Verritlcntlicbunj^'
Emerson' I, der gleichzeitig darauf hinweist, daß der mittelmeerisehe (nlrtel
parallel einem größten Kreise verläuft, der den Äquator unter 23,5'' schneidet,
dessen Pol demnach auf dem Polarkreise und zwar in der NShe der Beriug-
straBe liegt In diesem grOAten Krsise sieht Emerson den alten Erdlqaator,
und da dessen Neigung aum jetaigen gerade g^eadi der Schiefe der EUiptik
ist, so liegt der Schluß nahe, daß damals die Erdachse senkredit auf ihrer
Bahn stand. Dann kulminierte aber die Bonne jahrans jahrein Uber diesem
1) Kant. Physikalische Geographie. 1802. II, 2. Abt. S. 8—18; 62—67.
2} M Bertrand, La chaine «Ich AIi)eH et la formation <la continent europt'en.
18S7. — Sor la distribution güograpbi<^ue des rochea eruptives en Europe. 1888 —
Boll, de la See. Geol. de Fraoce. wol. SO. 18M. S. 164.
8) Boncheporn. I%tndea sur rhistoiie de la terre. 184S.
4) Klee. Der Urzustand der Erde 1846.
6) Kreichgauer. Die Äquatorfrage in der Ge<dogie. 1902.
<) W. L. Green. Veetiges of the noltea globe, a» ezbibited in the figore of
the earth*S volcam'c actiou and i)hypiograpby. L London 187ö. II. Honolnlu 1887.
7) Emerson, Ii. K. The Tetrahedral Earth and Zone of the lutercontinental
Seas. Bull. Geol. Soc. Am. t. 11. lUOO. S. 61— »6. Vergl. hierzu auch Axldt. Die
Gestalt der Eide. Beitr. a. Geophysik. Bd. VII. 8. 1906. 8. S86— SM mit Karte
der Entwicklcmg des Erdxelieft.
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670
Th. Arldt:
größten Kreis und die Sonnenflut muBto hier ihr Maximiun erreichen. In einer
Zeit, in der die Erdkruste noch dünn war, mußte diese demnach von dm 6e«
Zeiten des Mag^nias auf- und niedorgebopon werden und schlipßliili brechen,
wie ein oft ),'<^bogener Drabt. In Folge dessen kam die Erdkriistf nicht daza,
sifb hier völlig zu verfestigen, die alte Aijuatorzone blieb ein Schwäehegebiet
mit heftigen tektouischen Störungen, Faltungen, Brüchen, beckenförmigen Ein-
brüchen von großer Tiefe, Vulkaneruptionen und Erdbeben, auch als sich die
Erdachse in Folge später m erOrterader ürsaoben Tenchoben hatte, denn
jetat kulminiert die Sonne am lingsten in der Nlhe der Wendekreise. Die
Umrandung des Orofien Oseans liegt sehr nah« einem der hiemaeh ansu-
nehmenden alten ^feridiane und zwar gerade dem, der durch den Schnitt*
punkt des alten und des neuen Äquators in der Nfihe der Galapago8*Insela
verläuft, einer Linie, die auch nach Kiththofens Studien in Ost- Asien eine
wichtige RoHp spielt.') In diesor Ansicht Kmersons müssen wir jedenfalls
das bemerkenswerteste Kesultat des Vergleichs tektonischer Elemente mit
Meridianen und Parallelkreisen sehen, zumal sie nicht bloß Tatsachen fest-
stellt, sondern diese auch genetisch zu begründen sucht.
Wir wradeo uns nun einigen weiteren Anaichteii m, die ebenftlls ein-
ander krenxende Sjateme annehmen, dabei aber vorwiegend die Baditang
betonen, es rind gewissermaßen lozodnmiiaehe Ansiehtm gegenOber dem soletst
besprochenen orthodromiadiea, mit denen sie gemeinsam auf der Gnmdlage
von Kircher und Buffon ruhen. Als erster sei Ebel^) genannt, der noch an
die alten Ansichten vom ostwestlichen Verlaufe anknüpft. Daneben nimmt
er aber als zweite Hauptrichtunt,' dio nordöstliche nn. Eine 'ähnliche An-
sicht vertritt naeli ihm auch lireishuk.^) Dagegen hat Humboldt*) die
Ansicht vom rnjuatorialen Verlauf der Llebirge aufgegeben. Er vertrat die
Annahme, daß die Gebirge mit der Erdachse Winkel von 45° — 52*' bildeten,
also nordöstliche oder nordwestliche Richtung hätten. Auch Buch^) vertrat
eine Ähnliche Ansicht und erweiterte sie noch durch die Annahme, daB
parallele Geburgszüge gleichaltrig seien, eine Annahme, die sich lang« Zeit
behauptet hat und wesentlieh dazu beitrug, die L^ire von dem Relief der
Erde auf einen Irrweg zu fahren. So nahm Buch in Deutschland vier Systeme
an, das Alpensystem, das Rheinsystem, das niederllndische und das hercynische
System, von denen das letztere aus heterogenen Elementen besteht, indem
der Bölimerwald älter ist, al> die andern hierher gezogenen (Jehirge, die ^ieh
vielmehr an die beiden vorhergehenden Systeme anschließen, die zusammen-
zufassen wären.
Dauerndere Beachtung verdient Dana®), der sich einfach mit der Fest-
1) F. T. Bichthofen. Gestalt und Gliederung einer Grundlinie in der Morpho-
logie Oitadem. 8.-B«r. d. k. pienB. Ak. d. W. Berlin. Phys.-niath. KL 1900. H. 40.
2) Ebel. Über den Bau dar Erde in dem Alpengebizge. Ztrich 180S.
IL S. IGG 351.
3) Breislaok. Lehrbuch der Geologie. 1818. II. S. 190.
4) A. V. Humboldt. Zentralasien. 1848—1844. L 8. 80. 81 ff. 158. 181. 188.
5) L. V. Buch. Gesammelte Schriften. III. S. III. 218 ff.
6) J. Dana. Origin of the Grand Outline Featores of the Earth. American
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Grondgeaetze des Erdreliefs.
571
Stellung Ton Tatsachen begnügte. Er stellt folgende Sfttso anf: Auf der
Erdoberflftche heirschen ein nordOsÜielies und ein nordwestliehes Bid^tnngs-
system ▼OTf denen die ozeanisolien Inseln, die Umrisse und die Erhebungen
der Kontinente, sowie die Ummnihingen der ozpanisohfn Becken folgen. Die
mittleren Hauptrichtungen sind WNW und NNO. Wenn nun auch im ein-
zplnen viele Aljweichungen von diesen Kichtungeu vorkommnn. hosonder.s ent-
lang von Kurven, f^o kreuzen sich doch auch in solchem Falle meist beide
Systeme unter rechtem Winkel. Dana belegt seine Sätze durch zahlreiche Bei-
spiele, die sich durch spezielle Untersuchung noch beträchtlich vermehren lassen.
Besonders auffällig ist die Gültigkeit der Danaschen Gesetze im ozeanischen
InselgeUsts^) und nSdisIdem im atlantischen Oiean. Ähnliche Bichtongs-
Systeme wie Dana nimmt auch 6. H. Darwin'^ an, doch gehSrt nach ihm
das nordostliche der nördlichen, das nordwestUdie der sfidlichen Halbkngal
an. Er sucht dies durch die Annahme zu erklären, daß die auf die niederen
Breiten stärker wirkende Anziehungskralt des Mondes eine Torsion der Erd-
kruste hervorbrachte, indem die .Uiuatorialzone etwas langsamer rotierte als
die pohviirts gelegenen Gebiete. In Folge dessen müssen ursprünglich nordsüdlich
verlautVinle Hunzeln der Erdkruste am Acjuator westwärts abgelenkt werden,
also ftwa die Hichtung der Passatwinde zeigen. Diese Runzeln nimmt Darwin
als bei der Moudbilduug entstanden an, worauf hier nicht näher eingegangen
werdan kann. Auch Prins") macht eine Torsion Tetantwortlidi fiBr den
Verlauf der taktonisdiMi HauptHnien des Erdreliefis. Nadi ihm nimmt die
Botationsgeschwindigkeit Ton N. nach 8. zu und in Folge dessen sind die
urqprQi^^iflli meridioiialen Linien dundiweg in nordwestlidie abgelenkt. Smne
vier Hauptlinien bilden 1. die Westküste Amerikas von den Parry- Inseln
und Alaska bis zu Feuerland, den Süd- Sandwich-Inseln und Wilkes-Land: 2. die
Westküste von Grönland, Island, West-Europa, Afrika: 3. die Westküste von
Spitzbergen, Nowaja Semlja, der rral. Himalaya, der birmanisch-.sundane.sische
Gebirgsbogen, die Westküste von Australien und Tasmanien; 1. der wercho-
janische Bogen, die Marianen, die Marshall- und Gilbert-Inseln. Beide An-
sichten sind, wie ein Blick auf die Karte ergibt, zu einseitig, bei beiden gibt
es ebensoyiele wichtige Ausnahmen wie Übereinstimmungen, in Folge dessen
kOnnen wir diesen ErUIrnngsrersuchen nur einen historischen Wert xu-
siihreiben. Das Gleiche gilt yon den Versuchen (Neckers, Danas), die tek-
tonischen Züge mit den isodynamischen Linien des Erdmagnetismus zusammen-
anbringen, die Lini» n gleicher Spannung bezeichnen sollten, nach denen die
Zerreißung der Erdkruste am leichtesten erfolgen mußte.
Sehr fnih schon hat man begonnen, auf einem ganz anderen Wege einer
Oesetzmüüigkeit in der Gliederung des Erdreliefs auf die Spur zu kommen,
Joum. of Science. 2. ser. T(d. 4. 1847. 8. 881 ff. — Manual of Geology. 1860.
4"» Ed. 1896. S. 36—48.
1) Th. Arldi PaxaUeliBBQs der Inselketten Ozeaniens. Z. Oee. Etdkde.
Berlin. 1906. S. 323—346; 886—404.
2) G. H. Darwin. <.>n the precession of a viscous spheroid and on the remote
faistory of the earth. Phil. Traus. E. Soc. t. 170. IL lb79.
8) Prina. Soi les similitodes que pr^sentent Iss oaitee tenreities et plan^tsires.
<Tocsioii appaient des planMee.) Ann. de robeerrai r. de BnueUes 1881.
572
Th. Arldt:
indem man auf der Erde saBgenichnete Punkte annahm, die den Verlauf
der tektoniscben Züge bestimmen sollten. Als erster sei hier der Araber
Scherns - ed - din Dimaschqui erwähnt. Dieser nahm drei Hühonsysteme
an. Das erst«^ bildeten die (iebirgsmassen von Tibet und Südchina. Von
hier verzweigte es sich einerseits nach Dekhan. andererseits in den turkesta-
niüchen und iranischen Ketten. Ein zweites Mäüüiv sah er in Nunlchiua,
▼on wo es sich nach dem Dunket» oder Harzmeere (dem Polarmeere) Ter-
z^ eigte. Das dritte endlich war das Qomr oder Mondgebirge in Afirika. An
dieses schlössen sich eineraeits die Mokattamketten Arabiens, anderersttts die
Eflstengebirge Arabiens am roten Meere, der libanon, Tanms und Kankaina,
In Ihnlieher Weise nahm Bnache*) Zentralplateaus an, die die Qndlgebiete
der großen Ströme sind und von denen die (Sebirgssysteme ausgehen, meist
zwei Plateaus mit einander verbindend und quer über die Ozeane sich fort-
setzend. Das größte Plateau ist das asiatische, Hochasien einfassend; die
nordiraniselu'ii Ketten tühren von hier zu dem kleinen Massiv von Armenien,
Taurus, Lil)anüiK Sinai und die iigyptiscben Ketten zu dem ...\frikanis(.-ben
Plateau^', das Buache im Öeengebiet annimmt. Von hier führt ein ganz
hypotheüseber Gebirgszug Aber den atlanüsdieft Oiean naoh C. St Angului
und trifil hier swischen Amaionafr» und Puana^biet auf den sttdamerikanisdien
Gebirgsknoten, der bis an die Kordilleren reidbit. Diese IBhrMi nordwirts
dnroh Venesnela nach Westindien nnd von hier durch die AUegfaanies m
dem nordamerikanisdien Massiv südlich der kanadischen Seen. Von hier
geht ein Gebirgszug nach Europa lierüber, wo die Alpen und die Waldai-
höhe zwei weitere fJebirgskuüten bilden. Schon aus dieser kurzen Aufzählung
ist ersichtlich, daß alte und junge Faltengebirge durch Buache zusammen-
gefaßt werden. Von den Verbindungsgebirgen der Massive als den Haupt-
zügen gehen Gebirge zweiter Ordnung aus uud von diesen solche dritter, die
Buache als Küstengebirge bezeichnet. Die strahlenförmige Anordnung der
Gebirge hat sich im Lauf der Zeit als nicht vorhanden hmusgestellt, da-
gegen ist in neuem Zeit wieder ein Versuch einer konsentrischen Anordnung
gemacht worden. Sacco*) nimmt als Kern der Festttnder „Galedonisdie
Massive** an, die vor der Devonzeit ge<et wurden. Es sind dies folgende:
1. sibirisches Massiv (zwischen Jenissei und Lena);
2. caledoniscbes Massiv (Schottland bis Finnland);
3. nordamerikanisch -grönlftndisches Massiv;
4. Guayana- Massiv,
5. brasilisilu'S Massiv;
6. südliihes Massiv (am Südpol);
7. australisches Massiv;
8. indisches Massiv;
9. arabisdies Massiv;
10. afrikanisches Massiv;
11. Madagaskar- Massiv.
1) Mem. de PAc R. des Sciences (Math, et Fhys.) ponr Pann^ 1761. Fiutis.
1766. — Buache. Gtegraphie physique. 1754.
2) Saoco. Eisai aar rOrogänie de la Tene. Tonn 1896.
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Grundgesetze deo Erdreliefd.
Ö73
Di« MMSiTe 4 imd 6 eineneiti, 8 Ins 11 andererMits sind jedenfidlB luaamnMn-
infBiHffln Das leiste groBafirikuugdie sieht Sacco als das älteste an, zumal
es dem größten Oieftne antipodtsch gegenüber liegt. Rings herum haben sich
die sechs anderen Massive angegliedert. An diese schließen sich dann sie
ebenfalls ringförmig umgobend die „hercynischen üürtfl"'. die die karbonisch-
permischen Faltcnzüge enthalten. An die.se schließen sich endlich noch weiter
nach außen die jüngeren Faltengebirge an, unter denen Sacco drei Arten
unterscheidet: alpine, deren Faltung im Paläozoikum beginnt, apenninische
mit Faltung seit dem MesoMÜndat ond oseaoiaeiie mit nur klnoKdadun
StOrnngeii. Wenn mm Sacco auch in der Konstruktion besonders der jlLngeren
Gebirgslinien etwas sehr kflhn Torgeht und sehr viele mehr als hypothetisehe
Linien anf seine Karte eintiftgt, so im Bering^Meer, so seheint dodi in der
«malen Angliederang jüngerer Qebixge im alten ^lassive ein wahrer Kern
zu stecken, wenigstens sehen wir an vielen Stellen der £rde^ so in Europa,
in Asien. Australien, Nordamerika die Faltungen ihrem relatlTen Alter nach
vom Festlandskern nach dem Meere fortschreiten.
Während Buache in seinen Knotenpunkten die höchsten Erhebungen
der Erdkruste und Sacco in seinen Massiven die ältesten Faltungsgebiete der
Erde sieht, wählte Pissis') seine Hauptpunkte so, daß durch sie hindurch-
gclegte gröfite Kreise den Yerlanf d« tektonischoi Linien wiedergeben sollten. *
Seine Hauptpunkte rind 1. Gibraltar, 2. die Sfldqpitae Ostindens, 3. das Kap
der gnten HoAmng, 4. die DSaemarkstraße swiseben Grönland nnd bland.
Von den 15 grSßten Kreisen, die den Yerlanf der Kflstenlinien bestimmen,
gehen z. B. 6 durch Gibraltar, 4 durch den zweiten Hauptpunkt. Kompli-
zierter noch ist der Versuch von Owen^), durch größte Kreise die tektonische
Gliederung der Erdkruste zu schematisieren. Er nahm drei Scharen größter
Kreise an, die den Acjuator in sechs gleiclie Teile ?.u 60° teilten. Biese
Schnittpunkte der Orthodr()men;5charen mit dem Äquator können wir als
Owens Hauptpunkte betrachten, die den i'issis scheu vier Punkten entsprechen.
Die pazifisch-afnkanischen Kreise (I) schneiden den Äquator bei der Goinea-
insel Sio Tbom^ und nOrdlieh der FhSniz>Inseln in Polynesien, die atlaiitiseh-
anstraliscben (II) westlioh der Malediven (67,6* 0) imd sfldlidi der Gipperton-
Luel in dem inselleerai Meere swiseben Ftomng mid Galapagos-Inseln, die
indisch • südamerikanischen (in) endlich westlich von Halmahera und westlich
von der Araazonenstrommündung. Durch je zwei dieser Punkte läßt Owen
vier größte Kreise A-D gehen, die den Äquator unter 78°; 66,5*^; 50° und
23,5° schneiden und demnach die nämlichen Breitengrade, darunter also die
Polarkreise und Wendekreise berühren. Owen sieht diese Linien hauptsiichlich
als Grenzlinien der Verbreitung der Formationsgruppeu au, doch sollen sie
und zahlreiche andere Kreise auch die Hauptzüge des Erdrelicfs erklären.
1) Pi ■Bii> Memoire rar les zappoxit qni existent entre la figoie des oontinenta
et Ics directions des Cbalnes des Montagnes. 1B48.
2^ R. Owen. Key to the Geology of the Ojobe. An essay desijnrned to show,
tbat the preaent geographica], hydrographical aud geolugical structures observed
on fhe eatth'k cnut vere the resnlt of foroes »cting aceording to flzed demonstnble
lam analogoni to thoie goveming the derelopment of <»ganio bodiee. 18ft7.
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674
Th. Arldt:
Bemerkenswert ist in Owens Versuch diu Konsiatiening einer dreiseitigen
Symmetrie auf dtr Erdoberfläche, auf dio wir nnch zurückzukommen haben.
Wir wcndt'n uns nun einer wj-iieron «iiupite vun Versuchen zu, die
Erde pewissermaüeu als großen Kristall aufzufassen. Dflamotlierie*)
brauchte zuerst diesen Vergleich, indem er die Gehirge als Knötullkaiiten
anChfite und ihn Sdtiditenfugen gewiasennaOtii als die SpaltfiXcIben des
KristaUindividinims. Eine ihnliclie Ansieht vertrat nach ihm anoh Jameson*).
Bpftter TorgUdi Oken die Erde in derselben Weise mit einem Bhombendode*
kaeder, Uauslab*) mit einem Hezakisoktaeder, also mit der' KristaUform des
Diamanten. Alle diese Versuche gipfeln aber in dem Beseau pentagonal
▼on £lie de Beanmont/j Dieser sah wie Buch parallele Gebirge als gleich-
altrig an und zwar stützte er sieh auf den orthodromischen Parallel ismus,
d. h. er sah als parallel an zwei größte Kreise oder Stücke von solchen, die
von einem weitej-fu rechtwinklig geschnitten werden, oder was dasselbe sagen
will, die sich gegenseitig in zwei antipodiscb gelegenen Punkten schneiden.
Während nun Beaumont am Anfange glaubte, mit wenigen Hauptlinien aus*
snkommen, wnrde sein Netz mit der Zeit immer komplizierter. So nahm
er in Europa anfangs nur vier Systeme an, das der I^yrsnSen und ApennineUf
das des Erzgebirges und der Cote d'or, das der West-Alpen und das der
' Haiqstalpenkette. 1834 waren daraus schon 21 geworden. Die Zahl der
Systeme stieg schlieSlich auf 85. Als Grundlage dieser Systeme sah Beaumont
den 20 flächner an, den an Symmetrieelementen reichsten regulären Körper.
Je fünf von dessen Dreiecken bilden ein Fünfeck und da der 20 flächner
zwölf Ecken hat, so korrespondiert ihm das Pentagondodekaedor wie das
Oktaeder dem Würfel. Die Ecken des 12 flächners fallen in die Flächen-
mitten des 20tiilchners und umgekehrt. Durch je zwei Kanten der beiden
Körper läßt sich ein größter Kreis legen, und da jeder Körper 30 Kanten
hat, so ergibt dies 15 Hauptkreise, wenn wir beide KSrper auf eine Kugel
{HTojineren. Diese wird dadurch in 120 kongruente rechtwinklige Drne<^
mit den Winkeln 36®, 60** nnd 90** serlsgt, Ton denen also jedes einen
Flächeninhalt von iV^ Millionen km' hätte. Das Netz wird aber noch weit
komplizierter durch Einfügung von je fünf Würfeln, Oktaedern und Rhomben-
dodekaedem, die zusammen mit den Hauptkreisen (»1 Fundamentalkreise
ergeben. Diese schneiden sich in HtJ'J paarweise antipodisch gelegenen ITaupt-
punkten, von denen 27(» rechtwinklige Kreuzungspunkte der Fimdamentalkrei-se
sind. .*32 sind die Eckpunkte der beiden Grundkörper und die übrigen 60
Schnittpunkte der Oktaederkreise mit Hauptkreisen. Trotz dieses kompli-
asrfcra Sdiemas rechte Beaamont immor nodi nicht damit aas nnd sah sieh
gezwnngen, nodi Tenchiedenartige 24flftchner zu Hilfe zu nehmso. Sein
1) Delamotherie. Thuono de la terre. 17Uö.
i) Memoire of the Wemerian 8oc. Edinbonigfa. 1814. 8. S91.
8) S.-Ber. d. k. Ak. d. WifiB. Wien 1831
i) Ann. dea Sc. Nat. XVIU. 1829. S. 9. 311 -3i:i XIX. 1830. S. '101 tf., 2-jr,,
226, 2H4— 240. — Beaumont. Recbercbes sux quelque»-une des revulutions de la
■nrÜMie da globe. 1884. — Note rar les qrstteaee dee montagfaes Iss flas anoieaa
de rEurope. Bull. Soc. Geol. France. 2. Ser. vol. 4. — Notice siir le syvttme des mon-
tagnes. 1852 — Bepp> snr le inragr^s de la stxatigr. Expos, univ. 1867.
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Orundgesetze des Erdreliefs.
Netswerk orientierte Beaumont nach der y,yulk&iii8o]iMi Adise des Mittelmeeres**,
eine rhombendodekHedrische Linie durch den Fic von Teneriffa und don Ätna,
die auch durch Santorin gehen sollte, während sie in Wirklichkeit etwa
zwischen den Südspitzen am Skyros und Lesbos verläuft. Ebenso gpbt dfr
dazu seukreclite zweit« Orientierungskrois Atna-Vesuv nicht durch den Mauna
Loa, sondern berührt nur die Westküste der Insel Molokai, bei der er die
Hawai- Inseln unter großem Winkel durchschneidet. Und wie hier, so ist
es flberalL Trotzdan die saltlieiohen Hauptkreise und Hau^jtpimkte eine
Übereinstimmung sehr leicht machen, betrftgt doch die AnnBherung im all-
gemeinen nvr 8 bis 8* mid Tielftch Tcrlaufen die &eise ziemlich weit
entfernt von den Objekten, die sie leprlsentioren sollen. Überhaupt ist in
Beaumonts Ansicht, mit so viel Scharfsinn sie auch TOn ihm entwickelt
worden ist, ein Kardinalfehler enthalten, insofern er dem Erdrelief einen
Körper zu Grunde legte, dessen antipodische Elemente gleichwertig sind,
während doch ein einfacher Blick auf den (ilo])us zeigt, daß dies nicht der
Fall ist, daß vielmehr d'iv antipodischen Räume fa.st durchgängig verschieden
geartet sind. Erreichten darum die reinen kristallographischen Spekulationen
in Beaumont ihren Höhepunkt, so fanden sie gleichzeitig hier in Folge der
einseitigen Übertreibung ihr Ende.
Durch das Mißtrauen aber, das dieser so glinzend begonnene und so phan-
tastisch geendete Versnch gegen alle kristollographisehen Hypotikeseo weckte,
kam es, daft ein scheuibar an diese sich anschließender ErUftrungsrersuch lange
Zeit totgeschwiegen oder mit Hohn und Spott übergössen wurde, daß das diesen
begründende Werk für den Verleger kaum als altes Papier abzusetzen war,
während jetzt kaum ein Exemplar davon mehr aufzutreiben ist. Es ist dies
die Tetraederhypothese von W. Lowtliian (4reeQ, auf tlie wir nun zum Schlüsse
noch etwas eingehender zu sprecbt n kommen müssen. Lange Zeit verkannt und
mißachtet, wurde sie zuerst durch Daubree und Lapparent wieder auf-
genommen und seitdem sind eine gan2e Beihe Ton Aufsfttzen erschienen, die
sidi mit Greens Lehre befisisan und die eine Wmterentwicklung seiner Ideen
lu gebra Tersuchen. Auf diese Tcndiiedenen Weiterfährnngan wetden wir bei
einer Besprediung der Tetraeder^Theorie Bfloksicht sn nehmen habai.*) Da toh
allen regelmäßigen Körpern bei gleicher Oberflftehe die Kugel den grOfiten,
ein Tetraeder den kleinsten Rauminhalt hat, so muß eine Kugel mit starrer
Oberfläche das Bestreben haben, wenn sie sich zusammenzieht, der Tetraeder-
gestalt sieh anzunähern. Versuche mit eisernen ]?r>hreu haben dit'S })f'\vif'sen.
Li dieser Lage ist nun die Erde, doch wirkt bei ihr dem Umformungs-
1 1 Vergleiche hierzu hauptsftohlieh Lapparent. TxtAU de Ökologie 4. Ed. 1000.
— Le^ons de Geographie phvsique. 1896. — J. W. Gregory. The Plan of the Earth
and ita Cauaes. Geogr. Journ. 1S99. S. 225—861. — The Plan of the Earth. The
Amer. Oeologist. t. «7. 1901. S. 100—119. 184—147. — B. K. Emerton t. S. 669
Anm. 7. — Prins. L'hypothiee de la deforuiation tetraedrique <lt' \a terre de
W L. Green et de gCB snecessenrs. Ann astrou. Bruxelb-s 1901. — Arldt, a. S. 56y
Anm. 7; außerdem: M. Lävy. Sur la coordinatiou et la repartition des fractures et
des ^(fondremente de r^eoroe terrestre en relation avec T^panchement Toleaniqne.
Bull. Soc. Geol. France, vol. 26. 189H. S. 105—121. M. Bertrand, Deformations
t^tiaödxique de la teoe et d^plaoemeat da p6le. C. R. voL 130. 1900. S. 449—464.
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676
Th. Arldt:
bestreben die Rotation der Erde entgegen, die einen Rotationskörper xa
schaffen sucht. Daß die Erde ein solcher nicht ist, haben die geodätischen
Pressungen längst bewiesen, Greeus Hypothese gibt uns einen Grund daför,
nach ihr muß jede Tetraedertläche zu aiulereii Werten führeu. Die Gestalt
des (iectides würden w^ir demnach als ein Tetraedroid bezeichnen können, als
ein Tetraeder mit gewölbten Kanten und Flftchen ftbulich denen des Diamant,
das nur wenig von einem Botationssphftnnd nbweieht. Bnmerlna liegen die
Fliehenmitten dem Behwerpunkte der Erde nlher, in Folge dessen aammelt
auf ihnen sidi das Meer, während Ecken nnd Kanten als festes Land Uber
dieses empoixagen. Bei der Bettimmimg der Lage der Eckpunkte achUefien
wir uns am besten Lappareut an, der sie in den nordischen Gneismassiven
sieht, die Sueß als kanadischen und skandinavischen Schild und als Amphi-
theater von Irkutsk bezeichnet: letzeres ist allerdings größtenteils von paläo-
zoischen Sedinienten bedeckt. Den vierten Eckpunkt bildet die Antarktis.
Da diese E( k[)unkte verschieden weit von einander abliegen, so müssen auch
die Flüchen verschieden groß sein und damit die aul ihnen befindlichen Ozeane.
In Folge dessen erklirt diese Annahme, daß wir um den Nordpol Meer haben,
daß dieses ein fest gesehloesener Landring umgibt, von dem drei Erdtdl«
paare sttdwftrts sich erstrecken, durdi nach Nordm rieh venweigende Osmum
geschiedm und selbst im Süden spits snlanfend und in einem snaammen-
hängenden Wasserringe untertauchend. Südlich von diesem taucht endüdi
das kontinentale Gebiet der Antarktis auf, das seine Spitzen den sfldlicben
Kontinenten entgegenstreckt (Graham -Land!). Die Annahme erklärt auch
die antipoflisrhf Lage von Land und Meer, indem jeder Tetraederfläche eine
Ecke gegen ülicrliegt, ebenso auch die dreiseitige Symmetrie der Erdoberlläche,
die in der Anordnung der Ozeane und Kontinente uns entgegentritt. Weiter
erklärt sie die Tatsache, daß, wie die Schweremessungen gezeigt haben, der
'Sfidpol weniger abgeplattet ist als der Nordpol, denn der wste li^ ja auf
«ner Ecke, letiterer inmitten einer Fliehe, sie erklärt die größere Schwere
inmitten der Oseane. Andererseits sind gerade im Gebiete der Ton Laiqparent
angenommenen Ecken Schwereminima beobachtet werden, was auch su dieser
Hypothese stimmt Doch damit ist es noch nicht genug. Da die nördlichen
Eckpunkte bei einer Umformung der Kugel zum Tetraedroid von der Uotationa-
achso sich entfernen, so wird in Folge ihres Beharrungsvermögens ihre Längen*
geschwindigkeit konstant zu l)leiben suchen, ihre Winkelgeschwindigkeit also
abnehmen, sie werden also nach Westen zurückbleiben, die südlicheren (iebiete
dagegen ostwärts vorauseilen. Dies erklärt die merkwürdige Ostverschiebung
der Stlderdteile, die Dana ein ungelöstes Problem der Geographie nauntu,
und nicht nur ihr y<Hrfaandensein wird erklärt, sondern auch ihr Qrad, indem
4er am weiteeten sftdwBrts gelegene Erdteil am weitesten ostwKrts TOigesehoben
ist. Nun hat weiter schon Green darauf hingewiesen, daß Ecken nnd ^^H^nten
Schvvächezonen darstellen müssen, daß in ihnen also Oebirgsbildung und
Vulkanismus besonders lebhaft tätig sein mfissen. Tatsachlich verlaufen diese
Zonen im Süden meridional (Anden, ostafrikanischer Graben), im Norden
äiju;itonal. Auch hierbei kon)mt die (_)stverschie](ung zur Geltung, wie Emersou
iestgestellt hat. Die versinkenden ozeanischen Schollen müssen ostwärts
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Grundgegetze des firdreliefs.
577
drSngcu, die aufsteigenden kontinaitalen westwArts nvflclcweichen. Li Folge
dessen stauen sich beide an den WesUcQsten der Eontinente, an den Ostkflsten
weichen rie ans einander. An den ersten werden deshalb Faltensfige ans Land
angeschoben, an den letzteren treten Spannungen ein, tiefe Becken stürzen
in die Tiefe und das Land tiieBt von dem aufirteigenden Kontinentalkem dem
sinkenden >r»'ere zu. So erklärt sich die verschiedene morphologische Gestalt
der beiden Käivler des größten Ozeans, so die Verschiedenheit der Faltungs-
richtung, die in Asien vom Lande weg, in Amerika nach dem Laude hin
gerichtet ist, in beiden Fällen aber von Westen nach Osten. Auch der
Unterschied zwischen Europa und Asien erklftrfc sich durch die verschiedene
Lage zum mittehneerisdien Gürtel, der nahe dem eoropSischen wie dem noid*
amerikanisdien Eckponkte veilftnft, aber fem Tom asiatisdien, so daß in diesem
Kontinente die Gebirgssttge sieh viel freier und breiter ent<en konnten.
Auch die Wiederholung der Faltiingsvorg&nge, sowie die großen Transgressionen
der Erdgeschichte kann Oreens Hypothese eikUren: durch die Gebirgsbildung
wird die Erdkruste zerklüftet, in Folge dessen verliert sie ihre Starrheit und
nähert sich in ihrer Form wieder mehr dem Rotationskörper. Die Folge ist
ein Sinken der Kontinente, rin Soiclitwerilou und Ausbreiten des Meeres,
wif wir CS am grußartigsten aus tb-r mittleren Kreideperiode kennen. Ver-
stärkt wird diese Wirkung noch durch die Denudation der Gebirge. Schließlich
tritt aber wieder du Zeitpunkt der Verfestigung ein und die ümfonnung
besinnt von neuem, wobei die neugelnldeten Falten an die alten TeihSrteten
MessiTe sich ansdilieBen, soweit diese nidit durch Spaltenbildnng und Ein-
InrOche zerstSrt sind, was beeoiiders in der ndttebneerischen Zone emtritt,
die Avir dorn urzeitlichen Flutbruche zuschreiben müssen.
Reide TheoriMi vereinigt, stellen er^t die ganze Lehre Greens dar, die,
alb rdings etwas modifiziert, ein einheitliches Bild von den großen Zügen der
Erdeutwicklung zu geben gcfignet sind, das ich in dem oben zitierten Auf-
satze kurz zu skizzieren mich bemühte und das an anderer Stelle noch aus-
tührlith entwickelt werden soll. Es ist kein mathematisch einfaches Schema,
das die Hypothese dem Erdrelief zu Grunde legt, keine einfachen orthodro-
misehen Linien zieht sie, denn alle diese mflseen nach dem Gesetae der Ost-
▼eisohiebnng abgelenkt werden; viehnehr wirken stets eine ganse Beihe Ton
Ursachen zusammen. Zuerst bildete sich jedenfolls der Flutbruch der Mittel-
meerzone aus. Als die Erdkruste weiter v«tfestigt war, begann die erste tetrur'
edrisohe Umformung, deren Achse natürlich nicht mit der Rotationsachse zu-
saTnmenfallen mußte. Die Folge davon mußte deren Lageveranderung sein, bis
das Trägkeitsmonient ein Minimum wurde, d. h. bis der jetzige Zustand eintrat.
So erkliirt sich die geneigte Lage des Mittelmeergürtels, so auch die den-
selben Winkel betragende Schiefe der Ekliptik. Den umformenden Kräften
wirkten entgegen die Kräfte in Folge der Rotation, sowie die Ostverschiebung
und diese Tier Ursachen im Yermn mit der Inhomogenitit der Erdkruste,
der wiederholten Angliedemng neuer Bergketten und dem Zusammenbruch
der Massive haben das jetzige Belief der Erde geschaffen, das die tetra-
ediiseb«B Ztige gans besonders ausgeprtgt zeigt und zwar am deutlichsten
in mittleren und hOheren Breiten, wihrend im Twpengebiet die Botaüons-
aMsnuainlwZtllNlulft IS. JaktSMi. iSOa 10.HMb S9
578
Th. Arldt: Grundgesetze des brdreliefs.
wirkangen rnftditiger sind. Nicbt unerwSbnt soll nodi bleiben, daß andi die
TatsMlieii der Pallogeograpbie mit Greens Hypothese sieh in Einklang bringen
lassen, wenn ne ihr nun Teil auch auf den ersten Blick sn widersprechen
seheinen.
Unter den Nachfol^'tni Qreens nimmt Bertrand einer Sonderstellung
ein, indem er vorbucht liat, an flio Stelle des einfachen Tetraeders ein
Doppeltetraeder mit ^n'iiiein-anier Hasis zu setzen, also einen Sechsfläohner
mit Dreiecken al> (irenztliitiien, doch kann tnan dies kaum als eine Ver-
besserung ansehen, es fehlt der Lehn- dann die einfache physikalische Be-
gründung, die Greens Hypothese vor so vielen anderen auszeichnet. Daß
diese letztere nicht m. den Systemen nach Art der Beanmcmtsditti gehört,
durfte nach dem eben Erörterten klar sein; sie sucht nicht den dnselnen Tat-
sachen Gewalt anzntan oder sie sich annqpassen, sie will nicht jede Einadheit
des Erdreliefs aus sich allein erklären, sondern sie beseichnet nur eine der
vielen Kräfte, die an der AusbUdang der Erde mitgewirkt haben, allerdings
eine sehr wichtige, die gewissermaßen das Grundmotiv abgogoljcn hat zu der
Harmonie, die jetzt die tektonischen Elemente der Erdoberfläche bilden.
Die Schiffahrt auf dem Ober-BJieiiL
Von Bnd. HotB*Iiind«r.
Das Mittelalter über und auch in der neueren Zeit bis rar Kitte des
19. Jahrhunderts ist auf dem Ober>Bhein SEwischen Basel und StraBbni^ 8chiff-
fahrt getrieben worden. Erst mit der Erstellung der ElsSsser Eisenbahn er-
losch der Wasserverkehr auf dieser Strecke. Da der Strom in Folge seines
wüdwasserartigen Charakters vor der großen Rheinkorrektion von Basel an
abwfirts keine größere Ortschaft an seinem Ufer duldete mit Ausnahme des auf
einem Ausläufer des Kaiserstuhlcs gelegenen Breisaeh, vermochte der Ortsverkehr
der Ufergemeinden allein den zwei Dampfern, die in den vierziger Jahren des
letzten Jahrhunderts zwischen Basel und Straßburg den Ober-Rheiu bcfuhren and
wegen ihrM Öfteren Au&itzens auf Kies- und SandbSnken vom Ydkswitse
,^ungfer Sandreutei'* getauft worden waren, keine genfigende GtUwsufuhr au
Terachaffen; den Durehgangsverkehr aber sog die Eisenbahn an sich: so wurden
die Dampfer verkauft, der Schiffsvexkehr hörte auf^ erdrückt durch den Wett-
bewerb der Eisenbahn, und der Strom verödete gänzlich; denn auch die
nößerei, die früher die schlanken Nadelhölzer des Schwarzwaldes durch den
Hliein-Rhonekanal nach dem holzarmen Frankreich geliefert hatte, erlag all-
mählich den schutzzüUnerisrhon Maßregeln der französischen Republik. Zn-
ghich bildete sich auch die Legen<le aus. d'-r Rhein sei auf der Strecke
Basel— Straßburg überhaupt nicht fahrbar, und gewisse Kreise im nördlichen
Teile der oberrheinischen Tiefebene, welche «ne Biteresse daran hatten, daß
die Rheinsohifikhrt nicht über ihre Plätze hinaus Tordringe, nihrten diese
Legende geflissentiieh.
Erst mit der letzten Jahrhundertwende gelang es, die Benutaung dw
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
Rad. Hotz-Linder: Die Schiffahrt auf dem Ober-Khein. 579
Wasserwege swisclieii der Schweiz und den dentselien BheiBlilfen wiedw auf
die Tagesordmmg sn setien. Znnichst wurde hierzu die kfinstUche Wasser-
straße des Rhein-Bhone-Kanals, eine SchSpfiing Napoleims I., ins Auge gefiiAt;
allein die dahin/.iolouden Bemühangen Basels, die Zweigiinie Mfllhansen —
Hüningen des Kanals bis auf Schweizer Boden zu verlängern, scheiterten an
dem Widerstande «1er Elsässer, die befürchteten, durch (Jewährung dieses
Wunsches in Basel einen geHihrlichen Nebenbuhler ihres Handels und ihrer
Industiie zu erhalten. Trotz dieser Zurück weisuui^' blieben die Bestrehunfren
Basels nicht erfolglos; sie fanden ein Echo am Nieder-Rhein, wo man schon
lange daran gewöhnt war, den Blick über die Landesgrenzen hinaus zu
richten, ünd so ist es denn ihexnisoh-westfUisoher Unternehmungslust im
Verein mit schweizerischer Zähigkeit gelungen, die Sage Ton der gänzlidien
Verwilderung des obenrfaeinischen Strombettes zu widerlegen, die reehfliche
Grundlage flBr den Verkehr auf dieser Flnflstrecke wieder zu gewinnen und
zugleich durch einen echt geograpbi-ilu n Weitblick die Wege zu weisen, um
Aber die jlmmerlicheu Hemmuisse der Kleinstaaterei hinweg und mit Be-
seitigung der natürlichen Hindernisse die beste Wasserstraße Europaf? aufs
zweckmiiliigste auszugestalten und so einen Verkehrsweg' zu eröÖnen, der
die Nordsee und din Rheingebii te bis ins Herz der Alpen hinein fest ver-
knüpfen und zugleich auch den Süden unseres Erdteils enger mit den lihein-
landen verbinden soll.
In den Jahren 1903 — 1905 hat die Aktiengesellschaft fttr Transport-
und Schleppschiffahrt vormals Joh. Kupsdieer in Buhrort, finanziell untere
statst durch die Stadt Basel, mit zwei Sdiraubendampfem 27 Versuchs&hrten
auf der Strecke Basel — Straßburg bewerkstelligt und dabei mittels Schlepp-
kähnen 2600 t Güter, hauptsächlich Steinkohlen, nach Basel und von da
1200 t Güter (Asphalt, Calcium<arbid, Lumpen) rheinabwUi-ts geführt. Er-
mutif^'-t durch die günstigen Ergeluiisse dieser Versuche bat dieselbt> Firma
i. J. 1905 einen großen 800pt*'rdigt ii Raddampfer erbauen und besonders
zum Dienst auf der genannten Hußstrecke einrichten lassen; mit ihm wurden
im Juni 1906 die Fahrten %vieder aufgenommen und mit vollem Erfolg in
6 Berg- und 4 Talschleppzügen fortgesetzt Der Dampfer nebst Schleppkahn
ist nicht nur wiederholt glflckUdi nadi Basel hinau%elangt, wo inzwischen
am linken BheinufSar die nötigen Euirichtnngen zum Landra, Löschen und
Laden erstellt und weitere Bauten (Dfwversidierungen, Geleisanlagen usw.
im Betrage von 612000 fr.) ausgeführt werden, sondern ein Rchraubendampfer
ist auch, ohne irgendwie auf Hindemisse zu stoßon. über Basel hinaus bia
nahe an die Stromschnellen von Rheinfelden vorgedrungen.
Durch alle diese Versuchsfahrten ist jetzt zur Genüge erwi«:^«'n, daß die
Rli»'iiistrecke Basel — Straßburti; für dio Srhiffahrt nicht ungünstiger l)f^scbaffen
isL als die Strecke Mannheim — Straüburg (Kehl), die in den letzten Jahren
einen Gesamtverkehr von Aber 600000 t aufzuweisen hatte. Am günstigsten
ist in Folge größeren Geflllles ^e Stromstrecke Basel — Istein (km 0 — 10)
ausgebildet; auf ihr finden sidi keine Kiesbftnke vor, und der Talweg liegt
fest in der Bichtung der Stromachse. Die Verhlltnisse können hi«r als für
die Sdiifihhrt geradezu ideal bezeichnet werden. Die folgende Strecke btein —
580
Bad. HotZ'Liuder:
fireisadh (km 10 — 57) weist bereits Kieeblnke auf mit einer mittleren Ent>
fermuig von 1100 m, doch bleiben sie am üfer fest li^ien, fallen aneh meist
steil snr eigontllchen Stromrinne ab, und os zeigt sich keine Neigung zur
Bildung von Nebenrinnen. Erst unterhalb Hreisaehs (km 57 — Rheinan km 93)
treten solche in Folge verrinsjerton Oftiillcs auf, ziiniiohst allerdings nur ver-
einzelt, dann aber zahlroicber, so daß die Falirrinne bald nach links, bald
nach rechts verlegt wird, und die ( lu igänc'i' über die Sand- und Kiesbank-
schwellen, deren mittlere Entfernung sich allmählich auf 850 m verringert hat,
weniger günstige Tiefenverhältuisse aufweisen. Am kräftigsten ausgebildet
and diese Kiesblnke und Kebenrinnen auf der Strecke Bheinan — StraBburg
(km 98 — 187), wo die FahrtieÜsn der Fahrwegsflbergänge (bei einem Pegel-
stand Ton 2,60 m in Basel) stellenweise nur noch 1,60 m betragen, d. h.
naheia einen Meter geringer sind als in den gefldlstlrksten Stredcsn swt-
schen Basel und Breisach. In unendlichen Windungen schlfingelt sich hier
der Strom zw^ischen den Kiesbänken hindurch, und die Ufer entbehren des
Reizes landschaftlicher Schönheit, den die oberhalb gelegenen Teile des
Strombettes stellenweise darbieten, wie /.. B. die Kalkfelsen des Isteiner
„Klotz", der jetzt ja die jün^'sten HelVstigungsanlagcn des ileutscheu lu iclu-s
trägt, die hochragenden Tünne und Häuser von Breisach und die Bergniassen
des Eaiserstubls. Ein Sanm von Buschwald umrahmt hier ähnlich den
Oaleriewaldungen afrikanischer FMsse die üfor und nur in weiter Feme
ragen die dunkelblauen Oebirgawille des Sohwancwaldes imd der Vogesen Uber
die eintönige Ebene empor. Ein lebhafterer Personen» oder Touristen-Verkehr
dflrfle sich daher auf der Strecke Basel — Strafiburg kaum entwickeln.
Fassen wir das Gesagte zusammen, so ergibt sich folgendes Bild. Die
StromverhUltnisso verschlechtem sich mit zunehmender Entfernung von Basel
und mit abnehmendem GefJllle; je näher bei Straüburg, desto ungünstiger der
Schiffahrtsweg. Ähnlich liegen die Verb alt nisst- unterhalb Straßburgs auf einer
Strecke von 50 km, nur in umgekehrtem Sinne: je näher Straßburg, desto
schwieriger die Schiffahrt. So bildet diese Stadt, die gegenwärtig der End-
punkt der Qiofisdiiffiüirt auf dem Ober-Kiein ist, das Zentrum der fllr die
Rheinschiffahrt ungflnstigsten Strecke, wlhrend sich Mannheim, der frfihere,
und Basel, der aukfinftige Endpunkt, eines trefflichen Fahrwassers erfineuen.
8o gut rieh aber swischen Mannheim und StraBburg tiots dieser YeriAlt-
nisse die Oroßschiffahrt hat entwickeln können, ebensogut wird sie ridft
auch auf der ähnlich gestalteten Strecke Straßburg — Basel auszubilden ver-'
mögen. Die Hindemisse, die ihr der Strom selbst in den Weg legt, können
durch Abrechen und durch Bezeichnung des Fahrwi-gts mittfds Baaken ge-
hoben oder doch vermindert werden: das Abrechen vermögen, • wie das Bei-
spiel der Donau bei Wien zeigt, 4 bis 5 Kechendampfer mit einem Kosten-
aufwand von etwa 250000 fr. wohl zu besorgen.^)
1) An dieser Darstellung lialten wir fest trotz der gegenteiligen Ausführungen
der „Straliburger rost" Nr. 771, die behaupten, daß sich oberhalb Straßburgs nie
ein lebhafter und lobueuder Verkehr entwickeln könne und demgemäß 6traß-
bttig der Endpunkt der Schiffahrt blriben werde. Wae dort Aber die Stromver-
hlltnisae Basel— Steafibnxg mitgeteflt wird, steht vollitftndig in Widenpmch mit
Die Seliifffthxt ftuf dem Ober-Rhein.
581
Anderer Art sind die Schwierigkeiten, die der Mensch der Schiffahrt in
den Weg gelegt hat. Wir verstehen darunter weniger die beiden festen
BhönbrQeken bei KeU, die tUerdingg bei böberem Wuseratande Mlb«t von
niedriggebattten Dampfern nur mit Mfibe kSimeii imtarfieJireii werden, als viel-
mebr ^e 7 Sobiffiibfacken der ^uiMn Strecke, deren DurdbfebrtBÖffinmgen
(20 m) rieb für Raddampfer als zu schmal erwiesen haben. Diese Hindere
nisse müssen aber laut der revidierten internationalen Scbiffahrtsakte vom
17. Oktober 1868 beseitigt werden. Mafigebend sind hier namentlicb die
Artikel 1, 7, 28 und 30. Sie lauten:
l) Die Schiffahrt auf dem Kliein und seinen AusHussen von Dasei bis
ins offene Meer soll sowohl aufwärts als abwilrts den Fuhrzeugen aller
Nationen zum Transport von Waren und Personen gestattet sein.
7) Auf dem Rhein und seinen Nebenflflsaen darf keine Abgabe, weldie
rieh lediglieh auf die Tatsaobe der Besdiiffang grflndet, weder von den
Sduffen oder deren Ladungen nocb von den Flößen erhoben werden.
38) Die vertragscbließenden Teile machen mek verbindlich, innerhalb
der Grenzen ihres Gebietes das Fahrwasser des Rheins und die vorhandenen
Leinpfade in guten Stand zu setzen und darin zu erhalten. — Auf Strom-
strecken, welche noch nicht in Stand gesetzt sind und deshalb ein v« r;inder-
licht's Fahrwasser halH-n, wird letzteres von der Hegienin^', in dessen Gebiet
die Stromsfrecke geh-pen ist. kenntlich durch Raaken l)e/.ei( hnct werden.
30) Die Uferregieningen werden dafür Sorge tragen, daß die Schiffahrt
auf dem Rhein durch Mühlen, Triebwerke, Brücken oder andere künstliche
Anlagen keinerlei Hindemisse finde, und daß namentlich der Durchlaß der
den tatsürhlichen ZuHtHnden. Als Beweis dienen die Kr<,'ebniHse der mm im vierten
Jaiir mit vulleui Erfolg betriebenen Vereucbsfahrteu und <lie gründlichen Luter-
ioehnngen der Stromverfaftltniese durch den Bailer bigenieur R. Qelpke, den beetmi
Kenner des Ober-!? hcincs. EVtenso beruhen die BemSugchmgen der Rendite der
Schiffahrt Basel— St raßburj? in den Ausführungen der „Straßburger i'ost" auf Miß-
Terständis oder Irrtum, wie aus Gelpkes Mitteilungen in den „Basler Nach-
riditen" Nr. 196 vom Sl. JuU 1906 hervorgeht. Dieie lauten folgendennaBea:
,,Der Raddampfer 'Knipscheer 18', aiLspernstet mit einer Triple Compound-Maschine
von normal xöO ind. P.S., schleppte in der Fahrt \om 10. — 12. Juli 190ü bei öS"/,
Füllung, entsprechend einer Knergiueutwickluug von zirka 800 P.S. in 86 Fahrt-
Btunden bei 5 km mittlerer stündlicher Geschwindigkeit 540 t von Straftbnxg nach
Basel. Der Kohlcnv^-rbrauch Itetrug dabei pro Tkm 0.35 d. Von rint r .\uHnützung
der vollen Leistungsfähigkeit des Bootes, welches 2 Kähne im Anhang mit büü— luOO t
leieht befördern konnte, wurde der DorcfafehrtsverhUtniste der Brücken wegen vor-
Iftnfig noch abgesehen. Und was die tonncnkilometriicfaen Frachtsätze anbelangt,
so wird wt'<li'r mit '2,6 noch mit 2,8 d gefahren, sondern mit 1,9 d. Dieser Fracht-
satz darf sich schon heute sehr wohl mit der Kanalfracht vergleichen lassen; es
steht aber su erwarten, daß bei dem Wettbewerb der einzelnoi Reedereien unter
sieh noch weitere Reduktionen eintreten werden. Auf Grund dieser Daten, aller-
dings unter VorauBsetzung eine*i rogebuüßigen Fahrbetriebes, wobei der Talvorkehr
mit 16% bis 20% der Bergaufuhr partizipieren wird im Gegensatz zu Straßburg,
wdcbes nur mit sirka 6% den Talvertaad alimentiert, ist ein rentabler Betrieb ge-
sichert. Nnn bilden KoÜen, obgleich für den Wassertransport ausschlaggebend,
weder für Eisenbahnen noch für Watiserstraßen ein besonders einträglicbe» Gut,
und es wird auch der Transport höherwertiger Güter, wenn auch nicht quantitativ
SO doeb qualitativ für das Gedeihen des Sdbleppgesdi&fles ausschlaggehend sein.**
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582
&ad. Uoia-Linder:
Schiffe durch die Brücken ohne Verzug bewirkt werde. Die Erhebung einer
CMyahr für das Offiien oder ScUießen d«r letztem ist mistetthftft. —
Dftmit ist die reehtlicbe Grandlege fttr die freie Orofisebülahrt auf dem
Ober-Bhein bis Basel gegeben. Zur Überwadrang der LuMhaltiiiig dieser Ab-
macbnngen ist die internationale Rheinschii&ilirtskommission mit Site in
Mannheim bestellt worden; ihr steht la diesem Zwecke auch eine Art Juris*
diktionsrecht zu, das es ermöglicht, gewisse Streitigkeiten, die die Rhein-
schiffabrt betreffen, ohno allzu umständliche Prozeßführung rasch zu erl» <licon.
Es verdient aiitTkenueud erwähnt zu werden, daß die Schiffsbriickenver-
waltungon, <lif sich anfanglich gegen die Si hiffahrt auf dem < n)er-Rhein ab-
lehnend verhalten und zeitweise sogar die Durchfahrt verweigert hatten, iua
Laufe des Winters 1905/06 die Dorcbfahrtsöffnungen wenigatent axtf däa
Hafi Ton 40 — 50 m erweitert nnd die hemmenden Eisbreeher beseitigt haben.
Die Yerbessening des Strombettes ist bereits in Aussieht genommen, und
anch die Beseidmong des Fahrwassers dordi Baaken wird in Bilde in An»
griff genommen werden müssen.
Noch bleiben aber Schwierigkeiton andnrer Art zu überwinden, die auf
Vorurteilen, Mißtrauen oder Selbstsucht beruhen. Die oborrhoinisi'he Tief-
ebene ist geographisch eine wohlaltirerundete Einholt, ein Individuum von
stark ausgeprägtem < haraktt r. Auffallender Weise hat sich in ihr kein
geschlossenes, einheitliches Staatswesen zu entwickeln vermocht, sondern es
nehmen an ihr sechs Staaten teil, und zwar eine Großmacht (Preußen) und
fünf mittel- oder Kleinstaaten (Bayern, Hessen, Baden, Elsafi, die Sdiweiz).
Die OrOnde dieser aoffallenden Erscheinung liegen nicht im Lande selbst,
sondern beruhen auf geschichtlichen Verhlltnissen, einerseits in der Schwäche
und Zerrissenheit des alten deutschen Beidies und sodann in der Stärke und
Begehrlichkeit Frankreichs, dessen Int< resse es erforderte, daß sich hier kein
selbständiges kräftiges Staatswesen bildete. Der Rheinbund, den vor nun-
mehr hundert Jahren Napoleon I. ins Loben rief, schuf diese Kleinstaaten,
von denfn koiner stark genug war, Frankreich zu widerstohen, zu Kuechten
dos allgewaltigen Korsen, die er gegen einander und gegen das übrige
Deutschland ausspielen konnte. Wohl ist inzwischen der Rheinbund ver-
schwunden, die Staaten aber, die ihn gebildet haben, bestehen zum Teil noch
weiter. Im Jahre 1866 hat Preußen am Ober*Rhein zwar Fuß gefisBt, aber
aus Bflckadit auf Frankreich am Bestand der flbrigen Rheinuferstaaten nichts
zu ändern vermodit, und das Jahr 1870/71 fttgte den Kleinstaaten sogar
noch einen weiteren hinzu. Der Rhein wirkt in seinem Oberlauf immer noch
als TÖlker- und staatenscheidendes Element; die ihm von Natur ans innewoh-
nende völkerverbindende Kraft ist einstweilen nach latent. Von seinen üfer-
stiiaten sorgt jeder /uniuiist für die eigenen luteressen und bearirwöhnt niiß-
trauisoh die H('>trelaingen der anderen. Alle diese einander widerstrebenden
Kräfte zu genieinsauior Arbeit zu sanunelu wird nur möglich sein, wenn es ge-
lingt, ihnen ein gemeinsames hohes Ziel zu setzen, dessen Verfolgung der Ge-
samtheit und damit auch dem Einxelnen wertvoll genug erscheint, um darob die
Sonderinteressen zuröcktreten zu lassen. Ein solches Ziel ist in der Tat vor»
gezeichnet in den Bestrebungen, die Schüfohrt Aber Basel hinaus rheinaof-
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Die Schiffahrt »nf dem Ober-Bhein.
588
wärts auszudehnen bis in den Bodensee und auf den Schweizer Flüssen und
Seen bis an den Fuß an der Alpen und so das gan/.e (!ebiet des Kh^^ines
zu einem wii-tschaftlichen Organismus zu gestalten, in dem Europas schönsten
Strom und seinen Nebenflüssen die Bolle der Palsadem zufällt, die überall-
hin Leben tragen und Leben schaflbn.
Zu diesem Behnifo mtlsien die Stromschnellen von Bheinfelden und Ton
Lanftnbuig, der kleine Laufen und der Sehaffhaneer BheinfUl mittels Sehiff-
fahrtskanSlen und Schleusen umgangen werden, eine Aufgabe, deren Lösung
der heutigen Technik keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereitet Die
schweizerischen Nebenflüsse des Rheines bieten weniger Hindernisse solcher
Art dar. Auf ihnen treten dagegen, gleichwie in Hheinfelden, große Kraft-
werkanlagen der Schiffahrt hemmend entgegen. Diese müßten zunächst um-
gebaut werden; sodann wäre auf gesetzgeberischem Wege dafür zu sorgen,
daß in Zukunft bei Neuaulageu auf die Bedürt'uisse der Schiffahrt gebührende
Bfidolelit genommen werde. Bei der Bdiandlong der gegenwlrtig ins Leben
gerufenen sehweiaerischen WasserxechtsinitiatiTe wird in den gesetzgebenden
eidgenössischen Bttten auch die FMge der freien Schiffahrt auf den Schweizer
Flüssen geregelt weiden müssen. Endlidi ist die Schweix auch in der Loge,
zur Erleichteiung und Vermehrung der Schifehrt im Ober- und im Mittel-
Bhein erheblich beistttragen durch die Verlängerung der jährlichen Schiffahrts-
dauer. Im Schnee und Eis ihres Hochgebirges besitzt die .Mpenrepublik ein
unerschöpfliches Wasserreservoir und in den Seen einen voi-treftlicheu Regu-
lator ihrer Wa.sserniusseu , der nur in zweckiniißiger Weise in Tätigkeit ge-
setzt werden muß, um auf die Schiffahrt ebenso günstig einzuwirken, wie es
jetzt bereits mit dem Genfer See zur Gewinnung von Kraft durch die Stadt
Genf geschieht. Durch Errichtung eines Stauwerkes am Ausflnfi des Boden>
sees (oder des ünterseee bei Stein) kann es erreicht werden, dafi fOr die
Zeit niedrigen Wasseistandes ein sekundlicher Wasswiuschuß von 300 m'
zur Verfügung atflnde, was hinreuAen würde, den Bhein statt der bisherigen
Schiffahrtsperioden von 200 Tagen wfthrend 300 Tagen im Jahr zu befahren.
In gleicher Weise würde eine Stauung der Schweizer Seen auf die Schiff-
barkeit der Aare bis nach Brienz, der Limmat bis in den Walensee, der
Beuß bis nach Flüelin und unter Umstünden auch der Zihl bis nacii Yverdon
wirken. Durch alle diese Werke, deren Ausführung nicht einmal das Drittel
von dem kosten würde, was ein einziger Alpeudurchstich erfordert, würde ein
gewaltiges Nets ron. Wassustraßen gesehaff(Ni, das vom Fufie der Alpen bis
zu den Nordseehlfen Botterdam, Amsterdam und Antwerpen reicht.
Dieses Ziel strebt der „Verein für die Schiffiihrt auf dem Ober-Bhein** an,
der seinen Sitz in Butü hat, der aber auch eine est-, eine zentral- und eine
südschweizerische Gruppe umfaßt und ebenso Beziehungen mit den Interessenten
der außerschweizerischen Bodensee- Uferstaaten unterhillt. Parallel mit diesen
Bestrebungen wird auch in Italien darauf hingearbeitet, den Po und seineu
Nebentluß Tessin der « iroßschitfahrt dienstbar zu machen, so daß Schiffe von
Venedig Hr kt bis nach Locai'no (oder Magadiuoj am Nordende des Langen-
sees hinauttuhren werden.
Falls es gelingt, diese Plttne zu verwirklichen, so werden Schiffe von
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584
Bad. HoU>Linder: Die 8eliiff»hr( auf dem Ober^Bhein.
dtT Nonlsne nnd vom Mittelmepr au.s in ununtt^rhrorhoner Fahrt bis an den
Fuß <lor Alpen, also bis ins Herz von Mittel-Europa vorzudringen im Stande
sein, und es wird nur noch die verhUltnismäßig kurze Strecke Flüelen — Lo-
carno der Schitfahrt verschlodseu bleiben.
Die Töllige Erachließung der nrti WanarslnfiMiiMtie Bhein und Po er-
weist aieh somit als eine Folge der Erbammg der OotthardlMhii. Diireh sie
weiden nicht nur die deutschen Bh«ngelnete nodi inniger yerknflpft werden
mit der Schweis, sondern auch mit Italien, die Nordsee und das Hittelmeer
werden einander näher gebracht werden, und die Schweis, das ausgesprocli' ue
Gohir^sla-jd, von dessen Gipfeln aas man die Vogesen, den Schwarzwald
und die Apenninen erblicken kann, wird der Umschlageplatz Mittel - Europas
werden.')
Man mag dem Gesagten entgegenhalten, es sei Zukunftsmusik. In der
Tat inuLi noch viel Wasser den Rhein hinabfließen, bis das ganze Programm
erfüllt sein wird; aber niemand wird bestreiten können, daß das Leitmotiv
dieser Zukunftsmusik echt geographischer Natur ist, und daß auch ihre
einselnMi Akkorde und Sätze rein geographisch gehaut sind. Der Khein und
der Po, ihre Nebenflfisse nnd Seen, der Beichtum dtae Alpen ui meder-
schl&gen, an Schnee und Eis, der Gegensatz zwischen dem Überschuß der
deutschen Kheinlande an MineralschUtzen und Industrieer/.eu^'nissen und der
nnersehöpfliohen Produktionskraft Italiens an Ertriignisseu der Landwirtschaft:
das all»'s fordert den Mcnschfn geradezu heraus zum Ausbau und zur Aus-
nützuug eines von d«'r Natur selbst vorgezeichnj'ton Yerkehi-sweges ersten
Hanges. Die Schweiz hat nüt Hilfe Italiens das Hiesenwerk des Simplon
erstellt und schickt sich eben an, mit der Unterstützung Frankreichs zur
weiteren Aasdehnung des Netses der Interessensphin des Simplon die Mauer
der Bemer Alpen (den LOtschherg) xu durchbohren nnd neue Jurapforten sa
ersohlieflen (durch den Weißenstein; Aber Frasne Vallorhe oder Faocille).
Angesichts dieser Bemflhungen Frankreichs, durdb die Schweis Italien die
Hand zu innigerem Verkehr ZU reichen, ist es gewiß auch ftlr Deutsfhland
von höchstem Werte, die Bestrebungen der Schweiz zur Ausdehnung der ßhein-
stliitfahrt bis an den Fuß der Alpen mit aller Kraft zu unterstützen : denn
dadurch wird es nicht nur die Schweiz noch fester an sich kcttt-n als bis-
her, sondern iiuch der < intthardbahn, d. h. sfinf-r wichtigsten Verkehi"biinie
nach Italien das Übergewicht über den Simplon wieder sichern.
1) Vgl F. Becker: WassentraBen bq nnd in der Sehweiz. Mitt d. oit-
Bcbweiz. geogr. kommerz. St (lallcn 1903 — Ferner sei hingewiesen auf clie
Z. d. Ver. f. d. SchiÖahrt a. d. Uber- Khein: Die Itheinquellen. 1. Jahrg. 1Ö06. Basel,
Sie enthält die Ergebnisse der Yersachsfahrten und der Untersuchungen Gelpkes.
Wir tragen noch nach, daß inzwischen auch ein Dampfer vom Nenenburgor See
au-^ (hl i ch den Bielersee eine Fiobefishrt Aate abwärts nach Solothum mit £ifolg
ausgeführt hat.
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Geogrsphiiclie Neuigkeiten.
585
Setgn^lilselie NenigkeiteD.
Znaunmengeefeelli von Br. Angntt Fitsan.
Enropa. I anf SSO Heilen. Die ZaU der beförderten
« Der Anschlaß lalandB tind der Faetagiere stieg von einer halben Million
FUröiT an das Wplttplcgrapheiinet /- in m'.iT OS auf l' j Millionen in l'.»04 05,
ist nach VoUeudung des vun der (iroöeu , die Frachten während derselben Zeit von
Nordischen Telegraphengesellschaft twi-,2S887 anf 860481 Tonnen. Eine ent-
schen IMknemark nod Inland gelegten gprechcnde Auidt^hnun^' erfuhr auch der
Kabels am 28. August erfolgt. F'er Uf- '\\]f*^rnphen- und Telephonverkehr. Der
trieb liegt in den Händen der genannten Handel mit Japan hob sich von 5,8 auf
TelegraphengeseUeehaft, die dara eine I iOfi Millionen Ten. Ackerbau und Yieh-
jährliche Unterstützung von der danischen zueht «eigen besondere Fortechritte in
RegienirifT nnd der isländischen Landes- der vermehrten Produktion von Reis, in
kaue erhält ;X. 1804. S. 709). Das Kabel der Hebung der Aufzucht von Kindvieh,
iet in SejdisQord an der Ostkfltte Islands ■ Schafen nnd Ziegen. Die Gewinnung Ton
gdandet, von wo ans eine Landlinie über Schwefel, Kohlen, Gold und Goldstanb
Akureyri nach der Hauptstadt Rcykjawik wurde sehr geffirdert , die Produktion
führt. Telegrapbenanataltcn gibt e» nur ^ speziell von üold und Ooldstaub stieg
drei: bei der Kdetenstation SeyiUiQoKd, ; von 48809 anf 1064869Sünien. (Dentiehe
in Akureyri und in Reykjawik; zwischen ' Rundschan f Geogr. n. Stai SS. Jhzg.
diesen verteilt liegen 17 Stationen mit S. 666.)
Fenisprech betrieb in Abständen von un- Afrika,
gef&hr 80 km, welohe die Telegramme i * Ober die Nilflnt nnd ihre
nach den Telegraphenstationen telepho- Schwankungen hat Kapt. Lyons, der
nieren. Für die in gesunder Entwicklung Generaldirektor dfr ägyptischen Landes-
begriffenen wirtschaftlichen Verhältnisse aufnähme, Untersuchungen veröffentlicht,
Islands wird die nene Verbindung von | über wel<Äe in der Meteor. Zeituhr. (1006.
Vorteil sein; den 'jr''"'ßten Vorteil aber S .3r..*. referiert wird. Vor allem wird
wird die Meteorologie und die europäische die Unregelmäßigkeit des Eintritts
Wetterprognose und damit die SchiflUirt j des niedrigsten nnd höchsten Wasser-
haben, da es nun möglich sein wird, das i Standes des Nils in den einzelnen Jahren,
Heninnnhen der vom Wrateii her ülier wie sie ^ich aus den in Cliartura und
den atlantischen Ozean ziehenden Minima \ Assuan augestellten Messungen von 1469 —
▼on einem weit vingesehobenen Poeten 1008 ergibt, konstatiert. Da* mittlere
her an melden. | Datum des Eintrittes des niedrigsten
Asien. Wasserstandes ist zu ('hartum der 13. Mai,
* Durch den soeben erschienenen Be- zu Assuan der 1. Juni; die höchsten
rieht über die bisherige 10 jährige japa- ' WassentSode treffen im Mittel lu Char-
nische Zivilvorwaltung der Insel tum am 6. Sept., zu Austum am 4. Sep-
Formosa wird der Beweis erbracht, daß tember ein. Von dieser Hegel zeigen sich
die Insel dank der glänzenden kolouisa- Abweichungen %'on mehreren Wochen
torilchen Flhigkeiten der Japaner einen ' früher oder sp&ter an beiden Orten; da«
grofienwirteehaftlichen Auf- -Maximum tritt in beiden Orten gewOhn-
schwung genommen hat. Die japanische li< h in der ersten Hälfte des September,
Bevölkerung der Insel ist von 10 584 auf ausnahmsweise noch im früheren Monat
68 865 KOpfi» gestiegen. Die Geeamtein- , ein. DaB dae Mammum fast ^eidiaeitig
wohnerzahl betrug 1904 etwas iiber8Mil- in Assuan und in Chartum, ja in Aasuan
Honen. Die Einnahmen sind von 2.6 auf manchmal eher als in Chartnm erreicht
22,3 Mill. Yen gestiegen, zu gleicher Zeit wird, hat darin seinen Grund, dafi der
ie%te aieh eine fibemMwhende Zunahme ' awiscben beiden Orten mOndende Atbaia
der Einlagen in Sparbaiikin und Post- ' zuweilen eine vorzeitige Wassermenge
Sparkassen. Die Eisenbahnen verlängerten dem unteren Nil zul'ührt. Eine zweite,
sich in den letzten fünf Jahren von 60 ebenfalls sehr ftarke Unregelm&ftig-
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Ö86
Geogrftphisehe Wenigkeiten.
keit zeigen die jährlichen Mexima
nnd Hinimn der Nilfinten« bei denen
eine FeststelluTig einer konatantt-n Perio-
dizität bisher nicht gelungen iat; die
höch;>ten Wueergtünde liegen oft mehrere
Jahre weit au» einander, Luid folgen sie
sich rasch. Die Ursache diener zeit-
lichen und quantitativen Unregel-
mftfiigkeiten liegt annddieSHdi in den
NiederBchlugsverhältniasen Abessiniens, da
der Weiße Nil t ineii kaum beuchteiia-
werteu Einflofl auf die Nilflnten ausübt,
wfthrend der Blaue Nil mit «einen linkt-
seitigen , die abesginiHchen Provinzen
Schoa, Wale^'ii und Katl'a entwässernden
Nebenfiüsüen der eigeuLiiuhu Nährvater
de« ägyptischen Nile ist Die Schwan-
kungen in der jährlichen Fluthöhe des
Nils hat man mit der :^5jährigen Periode
in Brückners Klimastchwankuugeu oder
mit der 11 jährigen Sonnenfleekenperiode
oder endlich mit dem Südost-Monsun und
der Hegen/eit Iinüeüs in Zusammenhang
zu bringen versucht. Lyons unterwirft
dieie drei Hypotheaen einer sorgfU-
tigen Prüfung und liefert den Nachweis,
daß die Brücknersche Periodizität
keineswegs immer zutreffend in den Nil-
flvtmeerangen wiedemafindcii itt, daft im
Gegenteil gerade in die Trocken perioden
Brückners mehrmals besonders starke
Hochfluten fallen. Ähnlich verhält es sich
mit der Periode der Sonnenflecken; auch
hier ent-^pt idit wolil zuweilen ein Maxi-
mum der äonnentlecken einem Maximum
der Nilflnt, aber fast ebenio häufig ein
Minimum. Mit größerer Wahieoheinlieh-
keit I'ißt sii Ii ein Zut*ainnienhanj,' der
Nilllutschwaukunjjcu mit deu intensivsten
Regen- oder Trockenjahren Indiens an>
nehmen, wenn auch hier von einer kon-
stanten Abhängigkeit keine Keüe sein
kauu; denn iu U von '26 Jahren war zu
gleicher Zeit das Steigen oder Sinken des
Nils verschieden von der Regenfülle oder
Dürre in Indien. Am Schluß seiner Dar-
legimgeu kommt Ljons zu dem Ergebnis,
daA, soweit unsere g^emHMigen Kennt-
nisse reichen, die Nilflntschwankuogen
wohl in erster T.inie von dem Mon^^nn
des ludischeu Ozeans abhängen, daß sie
aber sugleieh tou lokal beochränkten
meteorologischen Zuständen, und zwar
wesentlich von den Nordost - Afrika be-
herrschenden Lul'tdruckverhältni&aeu be-
einfluBt werden.
* Der Prinz Ludwig von Savoyen
ist Ton seiner Buwensori-Expedition
wohlbehalten nachMarseille zurückgekehrt.
Ob die Expedition eineu vollen Erfolg
gehabt hat, d. h. ob der Herzog wirklich
die höchste Spitze des Ruwenzori-MasnTS
erstiegen hat, läßt sich bei der jetzt herr-
schenden Unsicherheit in der Benennung
der Bergspitsen im Bnwensori vnä bei
dem Schweigen, in das sich alle Expedi-
tionsmitglieder seit der liückkehr gehüllt
haben, nicht mit Sicherheit sagen; erst
im Deaember gedenkt der Henogin einem
Vortrage vor der italienischen geographi-
schen < iesellcchaft in Rom über den Ver-
lauf und den Erfolg seiner Expedition zu
berichten. Naeh dem, waa bisher bekannt
geworden ist, erri« htete der Herzog in
Buggiongolo in 3875 m Höhe ein Stand-
quartier, wo eine Basis vermessen wurde
nnd von wo aua der Henog die eigent«
liehe Ersteigung ausfühlte. Am 15. Juni
V>estieg er den ho« hosten Gipfel des Ru-
wenzon, der zu Elireu der Künigiu Mar-
ghetita Jtfarghtfitaapitae^ genannt wor-
den ist. Er ist ungefähr 555ii m, al-o
nicht ganz so hoch wie der Kilimandscharo.
Insgesamt wurden die fünf höchsten
Spitaen des Odiiigsetockee erstiegen nnd
außerdem wurde das ganze (u'birge nach
Lage, Höh» und Struktur untersucht und
vermessen. Im Gebirge und auf dem
Marsch lur See wurden mehrere Serien
magneti-i'her Reobaclitungen gemacht;
dagegen fehlen wegen des vorherrschend
gewesenen dielten Nebelt sehr die Sonnen«
beobuchtungen. Nirgends wurden Spuren
Min \'nlkan!~!mis entdeckt; die in großer
Ausdehnung angetroffenen Gletscher haben
keine andere Gestalt und Struktur wie
die Alpengletsoher, was bei der I^ge
unter dem .\tiuator besondere Beachtung
verdient. Die geologische, botanische und
zoologische Ausbeute ist sehr bedeutend,
am meinten jedoch wird der Geograph
aus den Ergebnisse der £zpeditionNntaen
zieheu künnen.
Südamerika«
» über die Bevölkcrungsverhillt-
nisse von Argentinien berichtet eine
Broschüre ^I^Mcription sommaira de la
Republique Algentine>\ die das Ackerbau-
miniflterium der Republik herausgegeben
hat. Danach verteilt sich die Bevölkerung
folgendermaBen :
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Geographische Neuigkeitea.
587
Proviuen Ober- Bevölke-
tind fl&rhe in ning im
Territorien iikm J. 11K)2
Bo6no«Aizei,Hanplstadt 186 8G6 490
PrOTinz 805 121 1 20H 937
Santa Fe „ 131 900 576 885
Enire Rios „ 74 671 364 696
Conrieotes „ 84402 888 4S6
( orflolja „ 161036 430 P59
San Luis „ 78 923 93 976
Santjago del
Kstexo „ 103 016 184194
Mendoza „ 146 378 152 720
Hau Juan „ b7 846 97 b03
La Bii^a „ 89498 79 449
CatMaiica „ 198138 looois
Toeanum ^ 23 124 2r,i sr,7
Salta „ 161 099 13a üiö
Ji^uy „ 49169 64 987
Mimones Territorium •29 229 86 286
Formosa „ 107 258 5 844
Cbaco „ 136 686 12 958
Pampa „ 146 907 48391
Nenquen „ 1 09 70.5 16 874
Rio Negro „ 196 695 14 947
C'hubut „ 242 039 4 911
Santa Craz „ 989 760 1 681
TiairadelFuego „ 21 4'.i9 1042
Lee Andes „ 64 uuu 1 10)>
im ganzen 2 960 620 6 022 248
Die BevOlkefongsdichtiglceit beträgt dem-
nach 1,<!G; zieht mau jedoch in Betracht,
daß in drr Hauptstadt Buenos Äirt'd allein
866 490 Emw. wohnen und daß für das
flbrige Land nnr etwas mehr alt 4 lfU>
lionen Einwohner übrig bleiben, no or-
aeheint die Bevölkerungsdichte in Wirk-
lichkeit noch geringer. Diese Dichtigkeit
ist je nach der Li^ der Provinxen und
Territorien sehr verschieden: sie betrügt
in den östlichen Provinzen Buenos Airet«,
Santa Fe, Eutre Kios und Corrientes
6^49 £inw. und sinkt in den Provinzen
Cordoba, San Luis, SantjjagO del Estero
auf 2,12 herab; darauf folgen die nörd-
lichen Pftkrinxen Tucuman, Salta nnd
Jiyny, wo 1,8 Einw. auf 1 qkm wohnen,
und dann die Provinzen im Andenj^eUicte,
Mendoza, San Juan« La Uioja unil Cata-
marca, wo durchschnittUeh weniger als
1 Bewohner auf l qkm kommt In den
sogenannten Xationalterritorien ist die
Bevölkerungsdichtigkeit am geringsten
und trots der in den letzten Jahren be-
kannt gewurd'Mu'n Natur-Reichtümer kann
man diese fruchtbaren Landschaften kaum
als der Besiedelung ersehlossen ansehen.
.\lle Benulhunpen der argentinischen Re-
gierung, die Bevölkerungszahl des Landet
zu heben nnd die Bevölkentng dmdb.
Unterstützung der Einwanderung zu Ter-
mclir' n, sind 1 isher trotz dt-r frnnstigen
natürlichen Bedingungen für europäische
Einwanderer nicht von dem erwarfeetfln
Erfolge gewesen. Von 1867 bis 1908 sind
nach Argentinien nur 2 15H 423 Personen
eingewandert, die sich wie folgt auf die
einselaen NationalitUen verteilen:
Italiener
Spunipr
1 ruuzoseu
Englftnder
Österreicher
Deutsche
Schweizer
Belgier
1 331 536
414 978
170 298
86 486
37 935
30 691)
25 776
19 691
Andere Nati<men 99 988.
Herd-PolargegMidea.
• An&ng September kam aus Nome
am Norton- Sund in der Beringstraße die
Nachricht, daß liaoul Amundseu anf
der „Gjöa" (S. 110) glflcklich dort ein-
getroffen sei : ob er nun von dort aus,
wie beabsichtigt, die Reise längs der
Nordküste von Asien nach Westen fort-
gesetzt hat oder ob er sfldwirts weiter
gefahren ist, ist bei dem Mangel jeder
weiteren Nachricht jetzt nicht ft'stzustellcu.
Jedenfalls hat Amuudsen eine der be-
merkenswertesten Reiten vollendet, denn
er hat als Erster die nordwestliche Durch-
fahrt glatt, nur mit einer nntrciwilligen
t Überwinterung durchfahreu und damit
Irin Problem gel6tt, das srit der Mitte
[ des vorigen Jahrhunderts geruht hat.
Mc ('Iure hat zwar auf st'incr Reise
1850 — 63 die nordwestliche Durchfahrt in
ihrer ganzen Ausdehnung kennen gelemt,
aber er hat sir nicht aussrhH''ßlich mit
dem Schiffe durchfahreu, da er ein Stück
in der Mitte mit dem Schlitten zurück-
gelegt hat. Vom 20. Sept. 1861 bis
IG. April 1853 wurde das SrhifF Clun-s,
der „Invcbtigator", auf dem er von Westen
her der Nordküste Amerikas entlang ge-
kommen war, an der Nordküst<> von Bauks-
Land im Eise fest«;ehalten; im Frühjahr
1863 mußte Mc Clure den „Investigator''
aufgeben und im Eise surflcklassen; er
erreichte zu Schlitten die Melville-Insel,
' we er sich mit der Mannschaft des Bel-
L lyui^ed by Google
588
Geograpbitiche Neuigkeiten,
cherschen (Tesrhwa(lor><, das von Oston
her durch den Lancfttter-Sond and die
Barrow-Str&ße gekommen trnr, Tereinigte
und mit ihr auf dem Wege durch die
Biiffinbai heimkelirto. Gegenüber dieser
stückweisen Fahrt bedeutet die Eeiae
Amundsene eine glatte DnrelifMminfif der
Kordweetpeeiage, die noch um lo höher
zu bewerten int, als sie mit äußerst f^e-
ringen Mittelu nach einem dreijährigen
Anfenflielte in der Arktii ohne beeondere
Yorbereitungen nr DoxchflUinmg gekom-
men ist.
Meere.
* Die Foriehnngsreiee des Ter>
mesBu nj^t'^cbiffea „Planet** hatuch
von Kapstadt aus (S 2'.»f>) einen weiteren
gflnfttigen Verlauf geuuminen, wie einem
Berichte de« Prof. Dr. Krftmer im Olo-
bni (90. Bd. S. 101) za entnehmen ist.
Von di-n Er^eliruHseii der 2'',monatipeii
Reise von Kiel nach Kapstadt sei noch
erwUint: 1) Die Ammenrang einer in den
Karten filUchliolierweise anffegebenen Kr-
hebuD^ vun 2121 m südlich von den Kap-
verde-Inselu in 11" n. Br. und 22" w. L.,
■n deren Stntt 5180 m geAmden wurden;
t) die Anlotung des afrikanischen Kon-
tinentes von der Tiefsee aus bis Sierra
Leone und Gewinnung einer Bodenproben-
serie fOr das Berliner Hnsenm für Meeres-
kunde; 3 ilie Festlepung und AustU'hming
des von den Ozeanographen angesagten,
TOB der „Valdinn*' entdedfcten imd von
den Kabellegern sp&ter bestätigten Wal-
fi sehr Ork (• ti s westlich von Südwest-
Afrika. Die unter schwierigen Umständen
«Mgef&hxton Draehenanfatiege beatiltigten
allenthalben das Vorhandensein eines
Antipassates, auch spater im Südostpassat
des Indischen Ozeans. Während eines
dreiwöchigen Yorstoße«, den der ,,Planet**
von Kapstadt aus nach der Antarktis bis
50" s. Hr. ausfülirtf, um die Lücken zwi-
schen den Kursen der „Valdivia" und des
„GftoA" anssofilllen, nnteRinhm KrBmer
eine Landreise, die ihn nach Kimberley,
Johannesburgs, Pretoria, Pietersburg und
iJurbuu zum Zweck anthropologischer
üntersndrangen führte. In Iharban war
nntt'rdessf'n der „Planet" eingetroffen, der
im Süden schwere? Wetter zn bestehen
gehabt und au einer Stelle anter 41" 20'
0. L. und 86 ^ 40' B. Br., wo bidier eine
113 m-Stolle verzeichnet stand, eine Ticf-
see von 47U0 bis 6400 gefunden hatte.
Dann lotete dfr „Planet" den östlichen
Abfall Madagaskar!« ab und kon.-^tatierte
den erwarteten Steilabfall ohne Graben-
bildung. Das Anlaufen von Tamatftve
gab Krümer d\o willkommene Gelegenheit,
die dortigen Korallenrifie zu besuchen,
die Yoeltskow vor kurzem erst näher
iintrmucht hat. Die hier begonnenen
Korallenstudien wurden dann nach dem
Besuche von Maaritius an der lu^el Kodri-
gnes fortgesetzt nnd dabei eine Torwie-
gende Übereinstimmung mit der neuen
Theorie Voelt/kow n aUer die Entstehung
der Koralleninseln konstatiert. Nach
einem Beaoebe des großen MaledivenatoUa
Suvadiva wurde die Fahrt nnch Colombo
angetreten, auf der das von der „Valdi-
via'' in 2" 10' 8. Br. und 68" ö. L. ver-
mutete nnterseeiaehe KoznIIenrifF nieht
hat bestätigt werden kOnnen; die ge-
ringste Tiefe an jener Stelle war •_'•_'< 'O
bis 2300 m. Nach kurzem Auteutiiuii in
Colombo (Anfang Juli) sollte die Reise
weitergehen über Padang. Batavia , Ma-
kassar und Amhoina nach Matu]>i . wo
die Ausreise im September zum Abschluß
kommen soll. Dana -wird der ^Vltmeif^
die Vermessungen im Bismarck-Archipel
beginnen und bis Ende Januar fortsetzen;
später geht er dann noch in das Gebiet
zwischen Philippinen und Iforianen, um
dort die wenig bekannten großen Tiefen
auszuloten und zu erforschen.
OeognpbiMlier Cnterrlelit.
OeograpbUHAe Toilonang«n
an den tleutschsprncliiiren Universitäti n uu l tecli-
nischen Hochschulen irnWint* rsemester LL
DeuUschiatui.
Boetoek: a. o.Prof. Friederiehsen»
Länderkunde von Europa, 4 st — Länder-
kunde von Australien und Oaeanien, Sst.
— Übungen, 2 8t.
ÖsUrreich- Ungarn.
Wien: o. Prof. Brückner: Geogra-
phie von Europa, 5 st. — Seminar, 2 st. —
o. Prof. Oberhummer: Geschichte der
Erdkunde und der geographischen Ent-
deckungen I Teü, 8 st. — Seminar, SsL
— IM. Mflllner: Grundliuien der Ge-
schichte des erdkundlichen Unterrichte-».
Ist, — Pd. Grund: Das Karstpbiiuumen,
Ist. — Übungen f3r Fortgeschrittenere.
Pd. Macharek: Gletscherkunde, 2 st.
Caemowlta: o. Prof. Löwl: Klima»
i by G'
Geographische Neuigkeiten.
589
tolo^ie, 3 st. — > Kttrtenknndtt, Ssi —
Übungen, 1 st
Qras: o. i'rot. Sieger: Physische
Geographie der Feeftttader und Meere,
4 8t. — Ausgewählte Abschnitte der
Anthropogeographif, Ist. — Übungen, 2 8t.
Innsbruck: o. Prof. v. Wieser:
Allgemeine Eidkmide« 4rt. — Übun-
gen, Ist.
Prag: o. Prof. Lenz: Allgemeine Erd-
kunde, 4 st. — Geographie der Btlkftn-
hnlbineel, Ist — Geograph. Beqtredhan-
gen, 2*1
Technische Hocbtchnlen.
Danzig : ^of . v. B o c k e I m a n n :
WirtHchatts<jfngTaphie der außereuropä-
ischen Erdteile mit besonderer Beriick-
■iehtigung ihrer Benehung zum deotsohen
Beieh, 8 st. — Entwicklung deü Verkehrs-
wesens bi» in die neueste Zeit, geogra-
phisch betrachtet, Ibt.
Dnnnatftdt: Prof. Greim: Morpho-
logie der Erdoberfläche. — Lnndetkönde
dos ( iroßher/f'^tums Hessen.
Dresden: Prof. Graveliu«: Wasser-
wixtsohaftlL — Ktimnlologie von Europa.
— Wirtachaftsgeographie des Deutschen
Reiches — Deutsch-Ostafrika. ~ Einfüh-
rung iu die praktischen geographischen
Arbeiten,
Mflnchen: Prof Günther: Physi-
sche Geographie der Mittelmeerländer. —
Handels- und Wirtschaftsgeographie II. —
Seminar. — Prof. Ottts: INe denteehen
K<i!<>n!>.'n.
Wien: Prof. v. Böhm: Morphologie
der Brdoberflftehe. — Physische Geographie
von österreit h-rngam.
Zürich: Prof. Früh: Haupter-^chei-
cungeu der Atmosphäre (physikaiiäche
Geographie). — Geographie der Schweis.
— Lftndei^ttnde von Nordamerika.
Handelshochschulen.
AMben: Prof. Lehmann; Wirt-
schaftsgeographie I.
Berlin: Prof Dunk er: Allgemeine
Wirtschaftdgeographie , 3— 4 st. — Die
Tereinigten Staaten von Nordamerika, Sst.
— Pd. Schlüter: Mittel-Europa mit be-
sonderer Berücksichtigung derWirtschafts-
nud Uaudelsgeographie, 28t. — Pd. Mar-
kuse: Einftthrung in die ffimmelskunde,
besonders in ihrer nedeutung für Hco-
graphie, iSchiÜahrt und Handelsverkehr, Ist.
Prankfürt: P»f, Deckert: Wirt-
schaftsgeographie, 8 st. — Die westindische
Inselwelt, 2 st. — Seminar, 2 st. — Prof.
Kraus; Kultur- bes. WirtschaftsgeogKa>
phie Süd- und 0.st-.\8ien8, Ist. — Prof
Franz: Geschichte des Weltverkehrs auf
geographischer Grandlage, Ist.
Köln: Prof. Rein: Wairenknnde der
minerali.Mchen Stoffe, Sst. — Kolloquium
und Übungen, Ist. — Prof. Haasert:
Geographie des See- und Landverkehra,
Sst. — Landeskunde und Wirtschaftsgeo«
gfraphie des Austral- Kontinentes, Ist. —
Hilfsmittel des geographischen Unter-
richtes, Ist. — Die deutaohen Schuts-
gebiete in Afrika, Ist. — Übungen, 2 st.
Wien Export- Akademie): Prof. Hei-
derich: Haudelägeographie, 2 st.
Vereine und Yersammlnngen.
» Der Internationale Kongreß
für die Erforschung der Polar-
gebiete (S. 40») hat in der Zeit vom
7.— 11. Sept. inBtfissel getagt. Den Vor-
sitz des Kongresses führte der bekannte
belgische iStaatämmister lieernaert; unter
den Teünehmem bemerkte man die be-
kanntesten Polarforscher aller Nati<men.
Nach ziemlich erregten Verhandlungen
über die Zusammensetzung der internatio-
nalen Polarkommission wurden schlieBIich
folgende Satzungen für die inter-
nationale Polarkommission einstim-
mig angenommen: 1} Eine internationale
Polarkommission ist ins Leben gerufen
worden. 2) Diese Kommission hat zum
Zweck, engere wissenschaftliche Beziehun-
gen zwisdbeB den FdarUwsehen herzu-
stellen und die wissenschaftlichen Beob-
achtungen und Methoden nach Möglich-
keit in Einklang zu bringen. Die Kom-
mission versiehtet darauf, eine bestimmte
Expedition zu befürworten (patronner).
8) Die Konimission besteht aus den Ver-
tretern aller Länder, deren Augehörige
eine oder mehrere Polarespeditionen ge-
leitet oder die an einer solchen Expedi-
tion wissenschaftlich teilgenommen haben,
und zwur aus zwei wirklichen und zwei
ergftnaenden Mitgliedern fBr jedes Land.
4 1 Die Kommission kann jedoch mit ab-
soluter Stimmenmehrheit die Vertreter
von LauUem zulassen, die den Bedingxm-
gen des vorstehendMi Artikels nicht mt-
sprcchen T)\o wirklichen und ergän-
aenden Mitglieder werden von den fiegie-
Digitlzed by Google
590
Geographische Neuigkeiten.
nagen oder den gelelirtcn Kürporsehaflon
der Vietoilifften Länder lipzeichnot. Sie
werden vorzugsweise unter den Personen
•Q^cewihli, die eine Polareipeclition ge-
leitet oder daran wissenschaftlich teil-
jfenommen ha))en. TunlicHst wird jedes •
Land durch einen Nord- und einen Süd-
polarf<meher Tertreten Min. Die wirk-
liobeB nnd die erj^iinzcnden Nfit<rlifd('r
werden für die Dauer von sechs Jahren
bezeichnet. Alle drei Jahre werden sie
in jedem Lande rar H&lfte erneuert und
sind wieder wählbar fV; I»ie KnnimisRidn
ernennt korreHpondierende Mitglieder, die
unter den anständigen Männern gewählt
werden, die in den Polargebieten eine
Ciimpa^nc unternommen haben, oder unter
den Verfassern von wissenschatllichen
Arbeiten, die dem Stadium dieeer Gebiete
nützlich lind. 7) In Yerwaltun^nsachen
hüben nur die wirklichen Mitgli<'der das
Stimmrecht, die kurreupoudierenden Mit-
glieder BeratungHstimme. In winenschaft-
lichen Fragen haben erstere und letztere
diosi'lhcn Hechte und ihre Stimmen sind
gleichwertig. 8; Die Kommiasion erwiihlt
unter ihren Mitgliedern fibr die Daner
von drei Jahren einen Vorsitzenden, einen
stellvertretenden Vorsitzenden und einen
Scbriitführer. Diese sind erst ein Jahr
nach dem Ablauf ihzw Amtneit wieder
wfthlbar. Die KomniissioD tritt auf Ein-
berufun*; ihn-s Vor'-it/.enden in der Haupt-
stadt des Landes zusammen, dettseu An-
gehöriger er iai Doch hat ein Drittel
der Komraissionsmifi^lieihr ihis Rieht,
den Vorsitzenden zur Einberufung der
Kommission unter Angabe der Tagesord-
nnng zu veranlassen. Die Anwesenheit
der ^fehrheit der Mit^''Iie(h'r der Kom-
mission ist ilir jede Beratung erforderlich.
Die BeBchlfisse werden mit abaolnter
Mehrheit gefaBt. Sind die Stimmen gleich
▼erteilt, so entscheiiht ilic Stimme des
Voititzenden. Die ergiinzeudeu Mitglieder
tagen ao EMedia der Teiliiiiderten wirk-
lichen Mitglieder. Sie üben die Rechte
der letztf'ren während der ganzen Dauer
der Verhinderung aus, i)) Der Kommis-
sion sind Finanxoperationen streng unter-
sagt. Zuiats: Der Kongreß druckt den
Wunsch ans , daß dieser Entwurf der
Satzungen der Internationalen Vereinigung
der Akademien nnd so bald als mOglich
der Genehmigung der beteiligten Staaten
unterbreitet werde.
Zeitschriften.
* Seit ihrer Heirründunp im .Tahre 1869
hat die Geogr. Gesellschaft in München
„Jahresberichte** hemusg^eben, die
einerseits Ober die wichtigsten Ereignisse
im Vereinsleben Mitteilung machten, an-
dererseits aber auch wissenschaftliche Ab-
handlnngok enthielten. Bei dem raAeh-
tigen Aufschwünge, den die Erdkun le in
den letzten Jahrzehnten nahm, steigerte
sich das Angebot an wissenschaftlichen
Beiträgen derartig, daB der hierfSr in
den ,,.Iahresberichtpn" verfügbare Kaum
nicht mehr ausreichte, bei dieser Sach-
luge entschloß sich die Oeogr. Gesellschaft
in MOnehoi im Jahre 1904 ein neues Vtt»
einsorgan zu schaffen, worin Tor lillem
größere wissenschaftliche Abband limgen
Fiats finden sollten, wUuttid Bibliotbelo-,
Ka^Bon- und Jahresbericht nur anhangs-
weise beigegeben wurden. Der 1. Band
der „Mitteilungen der Geogr. Ge-
sellsohaft in Mfinehen** liegt nun ab-
geschlossen in 4 Heften (1004— lii06) TOT
(in Kommissionsverlag bei Th. Kietlel in
Müncheuj. Der Band enthält folgende
Beitrftge; 0. t. Nenmayer: Meine Be-
strebungen auf dem Gebiete der Geogra-
phie. Max («asser: Studien zu Philipp
Apians Landesaufnahme ^4 Karten belL u.
1 Tab.). Joseph Beindl: Die Wein-
inselnNord- und Mittel-Deutschlands (1 K ;.
August Wolkenhauer: Beiträge zur
Geschichte der Kartographie und Nautik
des 16. bis 17. Jahihunderts (6 Taf).
.T()sej)h Reindl: Die ehemaligen Wein-
kulturen in Süd-Bayern (Nachträge) (6 Tal'.).
A. Schück: Das Horometer, ein älteres
Instrument der mathematischen Geogra-
phie. Anton Rösch: Der Kontakt zwi-
schen dem Fljsch imd der Molusse im
AUgän (2 Taf.). R. Lampert: Der heu-
tige Stand der toogeographischen For-
schung. Siegmund Günther; Eduard
Kichter (1 Bild). L. \. Ammonu: Zar
Geologie von Togo und Tom Nigerlande
(1 Taf.) Joseph Reindl: Dörfer» Weiler
und Einzelhofe in Süd -Bayern. Eine
anthropogeograph. Studie zur Kenntnis der
Siedelungsverfaftltnisse in Sfld - Bayern.
Siegmund Günther: Ein kulturhisto-
rischer Beitrae zur P]rdbebeulehre Maxi-
milian W 0 b e r : Die petrographische
Ausbeute der Expeditionen 0. Nenmann-
▼.Erlanger nach Ost- Afrika und Abessynien
1900— 1»01 (1 Kartentaf.). Willi üle:
Digitized by Google
Bücher besprechungftn.
591
Stadien am Ammersee in Ober-Bayern | der „Landeskandlichen Fonchnngen** (in
(1 Kaiientaf \ Die letztgenannte Abhand- KomniissioiiBverlag bei Th. Riedel in Mün-
lungenchienauchimSonderdruckaUl.Heft eben. Preis JtL 2.—). Ch. Kittler.
Bfteherbespreeliuigeii.
Cleldel, Helnr. Alfred der OroSe als
Geograph. (Münchener geojjrajihi-
8che Studien, hrsg. von S. Crüntber.
16. Stflok.) Maneben 1904. JL 9.80.
Die ««Hflnehener Stadien'* haben schon
mehrfach recht beachtenswerte Beitrage
zux Qeschichte der Geographie gebracht.
Die vorliegende Monographie reiht sich
ihnen würdig an. Sie behandelt die geo-
graphischen Anschanuntjen Ktinif^ Alfreds,
■peneil die uugelsächsische Bearbeitung
der Komnographie dee FHeiters Oronns
(6. Jabrh mit den vom Kitoige herrüh-
renden Einschaltungen, der sog. Germania,
und den beiden ReiHcbericbten des 2jur-
mannen Ohtbere, der als erster das earo-
pftiaebe Nordkap umfuhr, und Wolfstans,
der auf (Jrund eigener Anächauringen das
■fldliche Ustseegebiet beschrieb. Der V'ert.
gibt sn dem Gänsen einen aasftthrlichen
Kommentar, in dem er die bisherige Lite-
ratur über diesen Gegenstand gebührend
bpnicksichligt hat. K. Kreta thmer.
KJellön, Rud. Stormaktema. Kon-
turer kriug samtideus storpolitik.
n. England, Fitrenta «tatema, Ryat-
land, Japan. VIII a. 264 8. Stodt-
holm, Geber 1905. Kr. 4.—.
In der G. Z. 1906, S. 647 If. habe ich
daa eigeBaxtige Werk im allgemeinen
eharakterisiert Der -l. IJand erörtert zu-
nächst das britische Reich, desson
Zukunft der Verf. namentlich in wirt-
tehafUicber Besiehnng recht peesimiefeisch
beniteilt. Der imperialistisehe Gedanke
scheint ihm auf die Dauer undurchführ-
bar, weil die Intere^isen der einzelnen
Kolonien sn sehr aaseinanderlaofen. Der
Rückgang der englischen Vormachtstellung
könnte nach seiner Ansicht nur durcli
einen großen gegen.seitigen Kampf der
Konkanepten Englands Tflnl^ert werden,
■0 wie England am Beginn dos 18. und
am Beginn des 1'." .Tahrhunderts seinen
grofien Aufschwung den gegenneitigen
Kämpfen der KontinentalnAehte verdankt
habe. Und deshalb sieht KjeU^n die
größten Gefahren für den Frieden von
Englands Seite her drohen. Bemerkens-
wert ist u. a. der Hinweis darauf, da&
die yerkehTsentwickloBg der neuesten
Zeit Raum und Entfernung nicht aufhebt,
sondern verstärkt zur Geltung bringt ' S. 58'i,
Da sie nur die absoluten Distanzen min-
dert, die relativen aber bestehen Iftfit,
sind diese um so wirksamer. In gewissem
Maße werde dadurch der alte Vorzug des
Meeres vor dem Land als Kulturmedium
anfgehoben nnd die weitere Entwicklang
des Verkehre lasse erwarten, daß das
Meer seine politisclie Rolle des Trennen-
den wiedergewinnen werde. Dann aber
werden llbeneeisebe Desitanngen sn Ano-
malien werden. Selir hübsch werden tlie
Vorteile erörtert, welche den Vereinig-
ten Staaten aus ihren Lage- und
Raumverh<nissen erwachsen, aber aach
die Schwierigkeiten ihrer Bevölkerungs-
fragen. Interessant sind die Ausfübinngea
über die Yankee-Nation, die Verf. kaom
noch als „eine angelsächsische'' gelten
lilßt. Die nuffteigende F^ntwiclcluiii.,' der
Union läßt die „amerikanische Gefahr*^
nach Ejell^ Ansicht als eine Wirtschaft»
liehe, aber nicht als eine politische er-
scheinen. Eine Exj'ansionspolitik wurde
die Union insbesondere des Vorteils ihrer
„centralen Lage^ berauben nnd sie groAen
Gefahren anssetsen. Das Bedürfnis der
Industrie nach neuen Märkten ist auch
für die Union der Grund ihrer Welt- und
OxoBmachtspolitik, deren Aossiohten and
natürliche Grenzen Verf. im Einzelnen er-
örtert. Dem amerikanischen Ideal der
„Arbeit" stellt er das orientalische der
„Rohe'* gegenüber. Zwischen beiden
nimmt Rußland eine Mittelstellung ein.
Ist die Union noch eine ökonomische
Großmacht, ohne Militärmacht zu sein,
SO ist bei RoBland das Umgekehrte der
Fall. Rußlands Stellung als Kontinental-
macht. al.*i zur Autarkie i_r«'eignete8 Gebiet,
ald Sitz einer eigenartigen, byzantinisch
beeinfloßten Weltanschauung, seine natio-
nalen and wirtschaftlichen Verhältnisse
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692
Bücher beaprechuugen.
werden auf Grund inufasaender Literafcar-
benutznng, vielfach übereinstimmeod mit
Hettner besprochen. Eine Konstitution
wued als gefahrvoUer BehriH erUirfc, der
Kern dee rosBischen Problems in der
Agrarfrage erkannt und das wirtschaft-
liche „System Witte" auf das Schärfst^
getadelt. An der eingebenden ErBrtemng
der Ezpannonsbestrebungen Rottaadf ist
die sorpfaltijjo Auseinauderlegtin^ der
einzelne u Expansiouiiricbtungen und ihrer
gegenseitigen Beriehongen herronobeben
(z. B, „es war, als ob Port Axthur nach
!Narvik ruft'" S. 18»', . Da im Leben der
Staaten nach Kjellens Autticht ein ^^h^th-
miicher Wechsel swieohen Expuiini und
Konaentration , äußerem und innerem
Wachstum" herrscht, ist nun von Rußland
für geraume Zeit kein Angritf auf andere
lAader sn «nnurten. Im Dnnkttl der Zn-
kunft sieht der Verf. nur zwei sichere
Krkenntnisse: „dafl Rußlands iieformie-
ruiig echmerzUoher werden wird, als irgend
eine savor*' und „d«ß seine Großmacht
nicht mit seinem jot/.igen jiolitischen
System untergeben wird". Da« ,^roblem
des großen (d.i. fernen) Oriente" wird
ausgehend von China besprochen, das mit
Rußland und der Union den „Typus der
breiten Basis ' für seine Macht gemein
hat, aber den „Willen aar Weltmaebt^
niebi Seina Bariehungen in Rußland,
dessen naturgemäße, geographisch lo-
gründete orientalische Politik, die Zwangs-
lage, in die ee dnieh Japana Eingreifen
vanatat wurde, Japans Interesse an Korea,
die unfreiwillige Erschließung' Chinas wo-
bei Deutschland nicht ganz mit liecht
ab Torangabend in dar «Politik darPfSa*
dangen" angesehen wird) und die Stal-
lung der einzelnen Miichte werden dar-
gelegt und dann Japan besprochen.
Dia Dariagang aainar BntwieUnng iet
durchaus sachgemäß und nüchtern. Die
Bedeutung de» Eintrittes von Japan unter
die Großmächte siebt Kjelldn darin, daß
nonmahr neben dem waiUidian Ideal,
dem individualistischen Prinzip, das orien-
taliacbe Ideal, dan der Solidarität, zu
äußerlicher Gleichberechtigung gelangt.
So eebematieierend das klingt, spricht es
eine eminente Wahrheit aus: wir sind
zur Anerkennung gezwungen, daß außer
unserem Enltarkieise noch ein anderer
lal^nabzftftig und widerstuidaffthig ist
(ob nna aaeh aitüicb flb«:lagan, wie Yac£.
SU meinen scheint, ist kaum zu entschei-
den). Deshalb sieht auch Kjellen die
„gelbe Gefahr" nicht aui' wirtschaftlichem
Gebiete and niebt in einer direkten Er«
weitemngapolitik Ja])ans — Großmächte
von circummarinem Typus sind kurzlebig — -
sondern in seiner Verbindung mit China
und in dem Schadan, den eeine Erfolge
dem Prestige der weißen Rasse zugefSgt
haben. Europas verfehlte, imeinige Po-
litik gegen China hat es verschuldet,
wenn nnn eine nMonroS-Doetrin fSr Oat-
Asien" aufzutreten beginnt. Führt Ii--- r
Gedankengang zu dem Rufe nach den .,V.-r-
einigteu ätaateu von Europa", so gelaugt
Yarf. aneh dnrdi die Definition de«
Begriffs ..Großmacht" zu diesem Ziel.
Eine gewisse (iröße, Volksmenge, Kultur-
höhe sind zu diesem erforderlich; aber da«
Wesen liegt in dam Willen zur Macht,
„eine frroßmacht ist prinzipiell ein ein-
heitlicher und btarker, mit reichen Macht*
mittein ausgerüsteter Wüle^. Daber die
Lage aller Großmächte in der nördlich
gemäßigten Zone, die durch ihr Klima
und durch die Ausdehnung ihrer Land-
gebiete, also durch die Gelegenheit rar
gegenseitigen Reibung der Völker, auf
den Willen bildend wirke. Daher dan
Zugrundegeben von Großmächten durch
„geistigen Tod*', d. i. darcb Erlahmen
des Ausdehnungstriebs, wie es sich be-
sonders grell in abnehmender Volksver-
mebrung zeigt. Nach den Machtmitteln
werden Gkononüielia and militlrieebe,
marine und kontinentale Cboßmächte
unterschieden; aber die Typen gehen in
einander über und wechseln. Altere
Typen, wie die Groflmftchte am Haadala-
emporien (Karthago, Venedig), Flußmün-
dungen (^Portugal, Holland), Binnenmeere
(Rom, bcbweden) sind bereits verschwun-
den. Je mehr die Aataride von Widitig-
kcit wird, desto mehr verdrängt der kon-
tinentale Typus den mannen. Dadurch
und durch das Wachsen der größten
Staaten wird et, nach Kjell^ra Annebti
dahin kommen, daß »ich nur wenige
Grußmächte als solche behaupten, diese
sich aber zu „Weltmächten** anageatal-
ten werden; es sind die amerikanische,
die ost- asiatische (China-Japan), die eura-
sisohe (Rußland) und die Vereinigten
Staaten von Weit-Europa untw Deoteok-
lands Leitung als europäiadie. hl der
Verteilung der Nebenittndar aa di
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
Bücherb esprec hangen.
593
Iftfit Vcfftsi'» r ili II soliden Boden, den er
bislang noch IVstzuhalten bcstroht war;
Anatralien als japauisch-cbiueäiHcher Be-
«its erumeit an ZukanfUgeniftlde Ton
weit weniger wisgenschaftlichem Wert,
wie sie die lot/t»^n .lahn^ (Ipb öft^rn brach-
ten. Dm Werk, au» Hutzele Ideeukreis
hetvorgSftAng^t trt beaonden glfleklieh
in der Anulvse und klaren Darstcllnng
der Machtmittel für die einzelnen Groü-
m&chte. Seine allgemeiuen Thesen kön-
nen liiar nur «ngedeatet, nicht kritisch
betproohi« weiden. Sieger.
Supan, AleiMiier. Die territoriale
Entwicklung der eurcpüiHchen
Kolonien. Lex-H'. XI u. 344 S. Mit
einem kolunialgeschichtlichen Atlas
von IS K. o. 40 Teztk&rtchen. Gotha,
Ju«tu8 Perthes 1906. JC 12.—.
Das Werk ist eine wf sontliclit' He-
reicherung der geographischen Literatur,
dn es eine der empfindlichsten LQcken
unter den geographinchen Handbüchern
audfüllt; aber auch dem Hishtriker wird
es namentlich vom methodischen üedichts-
pnnkt Mis willkommen sein. Denn man
hatte bisher Qeschichtswerke über die
Entdeckungen, (leschichtswerke über ein-
zelne Kolonien und über einzelne Koloni-
sationen, aber keine „allgemeine Ge-
schichte der Kolonisation in chronologi-
scher Reihenfolge und im weltgeschicht-
lichen Kähmen'', wie sie Heeren vorge-
sehweht was. Femer war in den kolonial-
geschichtlichen Werken die territoriale
Entwicklung zurückgedrängt neben der
Veri'assungs- , Verwaltungs- und Kriega-
gesehichte. Dadaroh werden s. B. die
anegeteichnoten Arbeiten Zimmermanns
vidllMsh ungenießbar. Indem Öupan diese
beiden, mit einander innerlich susammen-
bftngenden Mängel konstatiert, formuliert
er zugleich die zu bisende Auf^'abe in
aller Scb&rfe. Die allgemeine Kolonial-
geechiebte verlangt naeh seiner Heinnng
nicht eine regionale, sondern eine chro-
nologische Anordnung. Ihre Darstellung
muß sich kartographischer üilfsmittel '
bedienen; diese sind bei chxonologiseher
Aniurdnungselbstverst kindlich Weltkarten
für verschiedene EpuclK n Die Epoehen
aber müssen solche der Kolünialgeechichte,
nicht der eoiopftisohen Staatengeschichte
sein. Es ist überrunchend , welche Fülle
von Belehrung sich auj' der Durchführung
dieser Gesichtsponkte ergibt, und wie vor-
zuglicli sich speziell die chronologiuche
Anordnung bewährt, der zunächst man-
chee Bedenken entgegensnstehen scheint.
Sie stellte den Geographen vor eine be-
deutend»« historische Aufgabe, die Aut-
st«lluDg richtiger Terioden und zugleich
sweekmftBiger Bpoeben fitr die karto-
graphischen „Querschnitte". Und in der
exakten Lösung dieser Aufgabe, die viel
schwerer ist, als sie auf den erbten Blick
soheintk erblickt Snpan selbst die Hanpi-
leistnng seines Werkes Er sagt: , .Durch-
ans fem lag mir die Absicht, durch um-
fassende Quellenstudien neue Tatsachen
ans Licht zn ziehen; es kam mir nur
darauf an. Bekanntes neu zu gruppieren
und damit zu neuen Uesichtspunkten zu
gelangen.** Obwohl der etefee Sala an-
gesichts der umfassenden und kritischen
(Quellenstudien zu bcpeheiden erseheint,
liegt doch in der Anordnung des Werkes
der wesentlichste Portschritt, den es dar^
stellt. Da hier ein Eingeben in Einzel-
heiten nicht möglich ist. sei nur von ihr
kurz die Kede. Dabei leitet mich auch
die Absieht, dem Leser — und insbeson-
dere auch dem Lehrer *b : i ;-'ograj)hie
xmd (jCBchichte — den reichen Inhalt des
Atlas anzudeuten, der ein wertvolles
Hilfsmittel IBr den Unterricht dantelli
Supan behandelt snnächst die Anfange
der überseeischen Kolonisation vor 14U2
(Karte für i486: Entdeckung des Kaps).
Die spaniseh-portngiesche Periode
1102 — i:)OK veranschaulii ht er durch
Weltkarten für lö2'.» 'Vertrag von Sara-
gossa, Teilung der Erdej un<l 1598 (Tod
Philipps IL, Ende der spanisch-portogie-
sischen Alleinherrschafti Die hollän-
dische Periode erstreckt er bis 1670,
um welche Zeit eine Reihe von Friedens-
schlüssen fallen, durch die Holland swar
sein ostindisches lieich sichert, aber seine
Machtstellung im atlantischen Gebiete
verliert. Der Höhepunkt der holländi-
schen Macht fUllt auf lrt42 (Karte 4i.
Die französisch-britische Periode
vou 1670 — 1788 zeigt mehrere Wende-
punkte: 1697 (Friede von Rijswijk) einen
Höhepunkt der ftansfleischen Kolonial-
macht, dann nach kurzem Niedertrancre
einen zweiten etwa 1764 (Abberufung
Dupleix\ Erwerbung des obeien Ohio-
gebiet«), dann mit dem Pariiier Frieden
1763 einen Höhepunkt der englischen Ko-
u«ft. 40
Digitizoü by C3t.)0^lc
694
lonialmacht, dem der Begiun der ameri-
kauiachen Abirenuuiig bald folgt. Mit
d«n Tenaill«r Frieden beginnt die bri-
tifch-amerikanische Periode bis 1876.
Epochen , die der Atlas feetbült , sind
in dieser 1783 und 1826, Beginn und
EadB der Lotlffemig Ameritaw. Daa Ende
dieaer Periode veranschaulicht tlio Karle
fflr 1876 „am Voraliende der Entdeckung
dea Kongo". Mit dieser beginnt Sapau die
evropftiack-amerikaniaehe Periode
der Gegenwart, welche die Teilung Afrikas,
die Toilun^' <1it Sud St-f, dio rusHisrhc Aus-
breituug gtgcu Ust-Asicu uud andere Vor-
gSage umaehlieBt. Die Znettade der
Gegenwart veranschaulicht die Karte von
1900. Die Karten stellen die eigentlichen
Kolonioationsgebiete durch Fl&chenfarben
dnr, wo die« aber nieht m(^eh iat, die
über sie hinausgreifenden Machtgebiete;
die liechtssphären d.h. vertragsmäßig fest-
gelegte Interessensphären werden durch
Grenzlinien bezeichnet. Grundlage der
PeriodiHif-ruiig ist hier der Wetteifer der
Kolonialmächte; für die übersieb tukarte
des Alters der Kolonien wurde eine
andere Einteilung nach der räumlichen
Erweiterung der kolonisierten Gebiete mit
den Epochen 14S)2, 1600, 1750, 1860 ge-
iriUillb AIb Ergebniaae der Koloniafttion
beaeiehnet Supan in einem hervorhebens-
werten Schlußabschnittc die Eurupüisie-
rong der neu entdeckten Erdteile Amerika
und Australien und die Eröffnung einer
neuen Periode von Völkerwanderungen,
die Weiße, Neger und neuerlich die
asiatischen Volker betretien; ferner be-
apricht er eingehend die Baubwirlaehafb,
die Ausrottung und das Aussterben nume-
rieeh schwacher Eingeborenen vt'Uker, so-
wie die kulturellen gegenseitigen Ein-
flfieae awiaehen KoloniateoTOlkem und
Eingeborenen und meint, mit gewissen
Einschrilnkungen dürfe man auch die
Ausbreitung der abeudlündischen Kultur
Über die ganae Erde als Eigebnia der
Kolonialgeschichte bezeichnen. In der
Verbreitung der Weißen unterscheidet
Supan Einwanderer-, Eingeborenen- und
IGaehkolomen, deren AuididimiBg er auf
der Karte bezeichnet, und deren Bevölke-
rung^ Verhältnisse er aiffermilftig au be-
stimmen sucht.
Die DanteUoDg ist, wie sa erwarten
war, klar und aneohaalich, gehaltvoll und
sohün. iSieger.
Dove, Karl. Die angelsächaiü« hen
liieueureiche, eine wirtschafta»
geographische üntemehung. 1. Das
britische Weltreich. 'J5 8. Jena,
Costenoble 1906. -i.äO
Keine erschöpfende Wirthschaftsgeo-
graphie tritt mit diesem beadiaidenea
Heft lieben, dem nur noch ein zweites
über die Vereinigten Staaten bald nach-
folgen soll. £s ist vielmehr eine Studie,
die an swei der allerwiohtigfllen Beiqpiele
die derzeitigen Einwirkungen zu deuten
unternimmt, die bestehen zwischen einem
kolonisierenden Volk und dem zu koloni-
■ienndeD Land. Kein NachaoUagebiieh
mittiia liegt vor, gespickt mit endlosen
Zahlentafeln und begleitet von der ge-
lehrten Trabanteuschar der Fußnoten.
Aber in kurs gehaltenen EinaelaaafQb-
rungen wird der Leser in die maßgebenden
Hauptsachen eingeführt, dabei sein selb-
ständiges Denken angeregt durch klare
Yorfllhrttng des Tatbestandes, und iwar,
wo es sich bei Wechselbeziehungen not-
wendigerweise um Zahlengrößen handelt,
an der Hand ganz kleiner Tabellen mit
fertig berechneten llelativwerten.
Die Landesnatur steht nie zurück, wie
sie die Yolkswirtschaltler uud ätaiistiker
so gern ale theatn^idie Staffage benutsen,
sondern sie steht Tocan. Gefragt wird
immer: wa« vermochte seiner tellurischen
Mitgift nach das Land zu leisteu, und
inwieweit ist die Verwertung dieeer Lei-
stungsHlhigkeit durch den tou aufiea
hcreingreifenden Menschen je nach seinem
N ützlichkeitsiu teresse mi t Erf ol gverweudet
worden.
Von den britiiohen Inseln seihet wird
folglich ausgegangen. Ohne langwierige
Geschichtserzähiung lernen wir den großen
Umschwung erkennen, der ana ^nem,
Fischern, Kflatenfiüirem gewaltige Indu-
strielle und Seefahrer gemacht hat, die
mit scharfem Späh erblick, den aie seit
drei Jahriinaderten auf ihren FahrbBn nau
ganze Erdennmd übten, allmähUeh ev-
fuhren, wo ihr Nutzen zu holen sei, und
tatkräftig hiernach handelten. Zum Schirm
ihrer Weltmaeht bedflrfen aie der über^
legenen Kriegsflotte. Sonst könnten sie
zur Selbsterhaltung nicht genug Brot,
Fleisch, Tee beziehen, für ihre riesenhafte
ErwerbatUigkeit nicht die nötigen Roh-
stoffe, voran Baumwolle und Hotz, sie
hätten für das Mark ihrer Machteteliung,
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Bflcherbesprechungen.
595
den g«waltigen Reichton, dem nncntbehr-
lieben freien Seeweg nicht in der Hand.
Nun folgen in stetem Hinblick aui
■olchen Bedarf gut dniehdaohte Dftntel-
lungen von IndieD« denen Bedentoog für
Englands Handel snmal vielseitig und
sachgerecht beleuchtet wird, femer von
den übrigen tropieelien Beeitrangen,
namentlich den afrikanischen, zuletzt von
den außertropischen Australien wird mit
Recht wegen seiner Trockenheit als
mindenreitig gekemneielmet, »bgeeehen
Ton seiner Schafzucht, Kanada nicht hoch
gestellt als Auswandoningsgebiet wegen
seiner Unwirtlichkeit gen W nnd NW,
der InIcratiTen Zukunft seiner Holtnnsftibr
dagegen ein glilnzenden Zcuj^nis ausgestrllt,
zumal wenn die Vereinigt^'n Staaten mit
ihren schon arg eingeschränkten Waldun-
gen abgewirticlinftet haben werden.
Auf manche mitberührte Einzelheit
hier einzugehen, die jeden Leser reizen
wird, ftBhlt der Bnom. Erahnt eei nur
kurz die hübsche Ausführung, wie die
Englilnder. die als Teefreunde über Nacht
Vorder-Indien vom Himalaja bis Ceylon
warn Teebaninnd gemMlit, ale Haupt-
snokeresser die Insel Mauritiui fast in ein
einziges Feld des kostbaren Zuckerschilfs
verwandelt haben (es erzeugt jährlich 57%
dei geeMBtefrikmieehen Bolnsttcken, ja
in den jüngsten Jahresemten schätzt man
den Mauritinszucker auf beinahe «der über
800 000 Tonneu). Und aus Sansibar, das
wir nne geognpliiieh gm» nnventtad-
licber Generosität den Englilndern in die
Finsrer gleiten ließen, machten diese den
eiDtruglicbbten Nelkengarten der Welt, der
in gnten Emtcgahren den guraen nnf 6
Millionen Kilogramm gPBchät/.ten Bedarf
des Weltmarkts an diesem Uewürz allein
au decken vermöchte.
Neben etwas häufigen Dmekfenehen
stößt man hie und da auf nicht ganz zu
bilügeudo Nameuschreibungen. Ks heißt
doeb ttogit nicht melnr Ukerewe-, sondern
Viktoria-See, nicht Bagomoio, sondern
Bagamojo, nicht DardHchilling, sondern
Dardschiling , auch nicht melir „auf gut
denteeh** Singapur atntt Singapore ; und
was lii'douten dort neben Malaien, Insel-
malaien naw. die wEur«ner**f Kirchhof f.
Dtfleil, Frans, Ostniienfnhri Er-
lebnisse und Beobachtungen einea
Natarfoieeheri in Chinn, JnpMi und
Ceylon. Xm u. 511 S. Leipzig n.
Herlin, Tenbner l'J06. ,V 13.—.
Seit dem Anfang des zwanzigsten Jahr-
hnnderte rind über den fernen Oeten nhl-
lose Bfieher geschrip'n n worden, die
unser© Kenntnis der o-^tasiati-chen Länder
und besonders des japauisclieu Reiches
swnr vngemein gefordert, aber Aber die
Erforschung der Natur, über das Pflanzen-
und Tierleben, nur wenig berichtet haben.
Dr. Franz Dof lein, Privatdozent der
Zoologie an der Hflndiner ünivenitftt,
hat in seiner „Ostnsienliüiit" diese Lücke
ausgefüllt. Die Bearbeitung eines Teiles
der Ausbeute der deutschen Tiefsee-Ex-
peditton reifte bei ihm den Plan, aelb-
ständig und allein die Meeresfauna an
der Nordostküste Japans, da wo der
Ozean am tiefsten ist, su untersuchen.
Für den einzelnen Naturforscher ist eine
solche Kx]iediti(in sehr schwierig und
kostspielig. In der Kegel werden der-
gleichen Elzpeditionen von BtMte wegen
unternommen und mit allen erdenklichen
kostbaren Apparaten ausgeriistet. Durch
Unterstützung des Prinzregenten Luitpold
Ton Bayern nnd dnreh Beitrftge der
k. bayer. Akademie der Wissenschaften
wie anderer (iönner wurden die erforder-
lichen Mittel aufgebracht, die den Verf.
in den Stand aetsten, seinen Plan Miam-
f&bren.
Die Reise verlief nicht ohne Aben-
teuer und Unglücksfälle. Schon im
rolen Meere wnrde im N.-O. Lloyd-
Dampfer „Prinz Heinrich", auf dem sich
Poflein eingeschifft hatte, von dem
russischen Kreuzer „Smolensk" ange-
halten, auf lüriegakonterbande unter-
sucht und aller seiner Po-itsilcke beraubt.
Kurz nach der Abfahrt von Colombo lief
der „Prinz Heinrich" auf ein bis jetzt un-
bekauntea Korallenriff; die Passagiere
setzte man zwar bei Point de Halle an^
Land, doch die wertvollen Instrumente
dei Verf. blieben im Schiffsraum, ana
dem sie erst später erhoben und ihm
nachgeschickt wurden. Auf dem franzö-
sischen Postdampier „Polynesien'' ging
die Beise weiter; doch anch diee SehüF
hatte in der Nähe von Singapore ein
Mißge.schick, das den Verf von Saigon
ab mit einem kleinereu überfüllten Dampf-
•ehiff die Reiie fortnuefaeD swnng.
Von dem Leben und Treiben in der
flraaaösisohen Kolonie in Cochinohinn und
40»
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596
Bfleherbetprechnngen.
besonders in der IIun])t?t;i(H Saijjon gibt
Dofleiu eine Beticlireibuu^, die wir allen
Frannden d«r deatsehai Kolonifatifm lo
lesen empfehlen. Im (iegensatz sn den
blühenden en^'lisihen NiederliiHRitn^'en
in der M&lakkastraße entUiuBchle die
Stadt Saigon den Beanoher. Der Verf.
nennt das Leben in der französifichen
Kolonie ein „Lotterleben" und ist der
Ü beneugung, duti »ich ein aolcbes Leben
nicht da anabilden kann, „wo fldfiige,
gebildete Kaufleuto den Ton angeben";
es entwickelt Bich nur an Roleber Stelle,
wu „balbuiüßige Suldateu und lieamtc in
der ifehnaU rind**.
Von Hongkong aus wurden Streifzüge
nach Kanton und Makao unternommen;
Shangbai, die grüßte Haudelshtadt Cbinas,
mit ihrer acbOnen, breiten Strandprome-
nade and ihrer endlosen Reihe i>ftlast-
äbnlicbcr Gescbäitabäuaer ündet eine ge-
bührende Bescbreibung; zuletzt wurde
Japan, das End>^iel der Fahrt, erreicht.
Der Verf konnte sich bald der I'nter-
stützung der japaniscben liegienuig er-
freuen, was nm flo mehr Anerkennung
verdient, als damals der Krieg mit Ruß-
land tobte; eine Tiefseeuntersuclinng
konnte ja ein Vorwand sein, um die
KOatenTerteidigung ansniaiAheni Wirbe-
SWdfeln« ob sieb in Kriegszeiten eine
einzige westliche Nati(>n bereit erklärt
hätte, einem fremden Isaturl'orscher zur
üntenuchnng ilner GewftBser die Erlaub-
nis zu erteilen.
Anfangs wilhlte Dollein die nördliche
Küste Sendais zu seinem Arbeittil'eid ; er
wnide jedoch von Stflnnen deruiaßon ve^
folgt, daB er eich an seiner Gesundheit
goschildigt der südlich von Yokohama ge-
legenen Ualbiusel iiiura zuwenden mußte.
Auch hier verlieB ihn dao ünglQck nicht:
sein für schweres Geld gemietetes Schiff
mit seinen vielen Apparaten zur Meeres-
forscbung sab er in die Tiefe versinken.
Ungeachtet aller dieser Unglücksfälle ver-
lor er kpinen Aiigetiblick den Mut. Seine
Tatkraft war der Lage gewacbseu; ein
nenee SehifT wurde gemietet, und es ge-
lang dem unermüdlichen Naturforscher,
in erKlauriüeh kurzer Zeit au der Küste
Öcndais wie in der Nähe Miuras eine un-
gemein reiche Ausbeute aus den Tiefen
des Meeres hervorzuholen. Sämtliche Funde
haben jetzt in der zoolo^jisi ben Staats-
aammlung in München einen i'iatzgefunden.
Dofleins Tiefseefiscberei im Norden
Japans macht uns mit vielen Formen be-
kmnt, die bisher nur im indiaehen Oiean
gefunden wurden; auch fllr den Geologen
.sind Keine I ntersuchiingen und Entdeck-
ungen äußerst lehrreich: Fische, tSeeliiien,
Braehiopoden, Oaateropoden n. a. hat sein
Netz emporgehoben, die uns an bekannte
Arten des mesozoischen Zeitalters erinnern:
mit iiecbt koi)neu sie als „lebende Fossi-
lien** beieiehnet werden.
Auf der Rfickreibe hielt sieb der Verf.
kurze Zeit im nördlichen Ceylon auf, wo
er Gelegenheit hatte, die pilzzücbtenden
Termiten beim Bau ihr«: komplisieiten
Wohnungen zu beobachten. Diese Plage
Ost- Asiens hat der englische Kolonist irr-
tümlich mit dem Namen a^iU OHt be-
legt. Unter den wirklichen Ameiaen fuid
Dofleiu in Ceylon die Weberameise, das
einzige Tier, das ein Werkzeug benutzt.
Wir zaudern nicht, diese „Osta^ien-
fabrt" ein würdiges Seitenstück zu Alfred
Hus.sell Wallaces ,,Malay .\rchipelago"
zu nennen ; das Üuch sei nicht nur jedem
Naturfoncher, auch jedem Fkeund dea
fernen Ostens aufs dringendste zum Leteik
anempfohlen Die dem Werke beigefügten
Bilder sind, für die Mehrzahl, vom Verf.
selbst photograpbisch aufgenommen und
niil großem Kunstsinn vriedergegeben. Be-
sundei^ reizend i«t der „Blick auf die
Sagamibucht". Auch die „Morgenstuum-
ung bei Kandy** und „Fiyi-san von der
Gegend von Kashiwabam nna gesehen**
sind hervorragend.
Bei einer folgenden Auflage sollte die
Hohe dea Daibutanbildea au Kamakum
berichtigt werden. Die Angabe von
125 Metern ist offenbar ein Druckfehler.
Heidelberg. W. C. Kor th als.
Montgelns, Pauline Gräfin. Out- Asi-
atische Skizzen. München, Acker-
mann 1906. JC 9.60.
Dieselbe. Bilder ans Sfld- Asien.
Ebda 1006. 3.20.
Diese beiden Eeiscbücber ergänzen
einander; das erste fQhrt uns nach China
und Japan, das zweite beschreibt Siam,
Cambodja, Java. Birma und Britisch-
indien. Auf diesen Fahrten und während
eines längeren Aufenthalts in Peking be-
gleitete die hochgebildete Schriftstellerin
ihren Gatten, der eine amtliche Stelle in
Üst-Asien iune hatte. Ihre Eindrücke von
Bücberbettp
Ltnd und Leuten sind in dieMm T»g»-
bfichern in fesselnder Form wieder-
gegeben. Der wisseniichafUicbe Wert
beider Werke wird nodi bedeutend ei^
hiiht durch die kurzgefaßte und lesens-
werte beschrfibniif,' des Landes , die
jedem AbscLtiitt vurausgebt. Die Ver-
fMierin hatte daa aelteDe Glflek, so einer
Audienz bei der Kai^Hrin-Uegcutiti det
chinesiaciicn Reiches eingeladen zu wer-
den, und liefert uns von dieser Feierlich-
keit ein anschauliches, maleriBcbes Bild.
Die Verfanserin fand die nfwegnngen der
siebzigjährigen Gebieterin Chinas unge-
mein jugen^icb nnd lebendig, doch ohne
kaiserliebe Würde; die Kaiserin^Regentin
ist zienilioli klein, hat stark ausgeprägte,
energische Züge und einen scharfen lilick.
Ob mm diese höbe Fran in Wixkliehkeit
eine moderne MessaHua sei, darf be-
zweifelt werilen; die Berichte der ameri-
kanischeu i'ortriltmalerin Mrs. Kathehue
Karl, die 1 Engere Zeit im kaieetlieben
Palais verweilte und täglich stnadenlang
von d^r hohen UeV)ieterin empfangen und
rückiiicbt»voU behandelt wurde, stehen in
grellem Widerepmch mit dea Pekinger
SehreckcDsberichten am dem Jahre 1902,
welche damala gana Europa in Aufregung
versetzten.
Die den ^Bildo» aus Sfld-Asien** bei-
gegebene Karte ist leider nur eine Skizze,
die auf geographischen Wert keinen An-
spruch macbeti kann; bei einer folgen-
den Auflage sollte rie entweder gans weg-
gelassen oder vervoll stilndigt werden. Die
Ansichten in Lichtdruck dagegen sind wohl-
geluugeu. Wir können beide Beisebücher
anft iribrmite empfehlen. W. C. Corthals.
DrSber, Wolfgang. Die Polargebiete
und deren Erforschung. Oemein-
verstandlich dargestellt. 228 S. J K.
Stuttgart, Lehmann \'.U)C,. 1 ~ .
Bereite vor einiger Zeit haben wir
eine ähnliche Sehrift in dieeen Blltiem
besprochen, die Arbeit von Fritz Regel
über die Nordpolarforschung (G. S. 1905
S. 717).
Die jetat irerOffentUohte Dröbers ist
noch etwas umfangreicher als jene und be-
handelt neben der Erforsrhunf^tigeschichte,
die Kegel vorzugsweise zum iCahmen dient,
die Oeogra]riue der Polarregionen in allen
ihranZweigen: Bodenbe8chaff'enheit,Klima,
Pflanaeo- und Tierwelt, Bevölkerung und
rechungen. 597
Besiedelung. Auch dieseSchrift wird sicher
jetzt einen atisgedehnten Leserkrei« finden,
wo zahlreiche l'olarexpeditioueu in Aus-
führung begriffen sind und wo eben, im
September, in ]5rüsgel die „Internatictnale
Konferenz" getagt hat, die vielt;eitige und
erschöpfende Diskussionen alier mit der
Polarfonehung snsammenhftngenden Fra-
gen im Gefolge haben wird.
Moritz Lindeman.
8dll«BIMer, K. Geographische Na-
men. Erklärung iler nii-htigsten im
Schulgebrauche vorkommenden geo-
graphischen Namen. 99 8. Leipzig,
Renger TJOG. 1.60.
Mit er.'^ichtlicht'ui l'leiß, unter FJe-
nutzung ziemlich umfangreicher Literatur
(obwohl sie ungenannt bleibt) hat der
Verf. in alpbubetischer Reihe eine fast
übt ri,'rn[j(' Zahl t,'e'ii,'raj)hi»cher Namen zu-
sammengestellt und ihren Siun kurz ge-
deutel Nur hie und da, wo man sieh
Aber die Deutung noch nicht klar ist,
sind die am wahrscheinlichsten dünkenden
Ergebnisse der Deutimgsversuche in der
Mehnahl neben einander gestellt.
Die Biobtigkeit der Namenerkläruug
weist, wie nicht bei vielen solcher Schrif-
ten, auf Sachkunde und treffendes Urteil.
Vom Gegenteil, dem man gar edten be-
gegnet, seien hier nur wenige Beispiele
kurz erwähnt. — W^as soll das Neben-
einander auf ä. 28 besagen „Fidschi In-
selat Viti Uva -> groBes Yiti**? Weift
der Verf. die zwei Namen nicht zu über-
setzen, so mag er dos ehrlich sagen, vor
allem aber nicht verschweigen, daß Fidschi
wie Viti ganz dasselbe bezeichnen (Gruppe
wie Kinzelinseln); da die Inseln seit 1H74
englisch sind, und ihr Name von den
Engländern nunmehr ansschließlich Fyi
geschrieben wird, so ist die Schreibung
nach deutscher AuHsprache Fidschi i un-
befugt. Was würde man denn dazu sagen,
wenn ein Deutseher aus himmelndem
Patriotitmns statt Wigbt Weit schriebe?
Oder wenn die Engländer xmsere He/eich-
nung „Bismarck- Archipel*^ nicht auerken-
nen wollten, weil sie, die Entdecker,
ihn Neu -Britannien getauft? — Kuro
Siwo ist englische Verderbnis, jeder Ja-
paner spricht Kuro Öchio. — Singapur
entatammt wiederum ungec^^phisehem
dentecben Sondennnt, der gar keinen Sinn
hat; einsig Siiig^Miie iat richtig. Kyff-
598
Neue Bücher und Karten.
bimer, mit dem (nAnerdin^^'^ rat ein-
gepaschten) albernen griechischen y in
einem onaerer klangrolhten nationalen
BergnMnen« hat hier die konlbee ErkV^
nin^ erfahren: ^Hftoier auf der Kup|)e".
Weder mit HRnsorn noch mit Kn])pc hat
der Name, ursprünglich bloß Bergname,
tilgend elwM sn tan, er bedeutet naoh
dem uralten deutseben „kufeae" Zelt, wie
die auch ffeolopisch so nntiehende Fels-
insel, TOn iSüdoxten betrachtet, in der
Tat aawiebt; lud an» dem im Volkemand
schon im Mittelalter pchwindcixli n ,,ku-
fese" wurde durch volkstümliche Anähn-
lichong „Kufcs", „Kufhu«", endlich Kiff-
Utaeer (mit irriger Bedehong anf die
Ihn u'tntTnrapr dor Höhe), weil der Thü-
ringer „es" als Kürzung für „hüs" be-
nutzt (a. B. früher brüea für Brauhaus,
noch beote backe« oder backe für Back-
haus). — Der schlirlttc Stadtnanie Krfurt
wird nach einer modernen Etymologen-
grille höchst mystisch als „Ort am Arpas-
berg" d. h. am „Wasserflußberg" ?!) er-
klart, erst flpäter, als die Stadt nach der
Furt bin au^ewachsen, wäre ihr Name
in Arpes- und Erpeafbit nmgestaltet wor*
den. Es genügte doch einfiu^h zu »agen:
der älteste mit voller Sicherheit über-
lieferte Name der Metropole Thüringens
lautete „Erpesfurt**, die Stadt wnebs mit-
hin an der Kreuzung wichtiger 'S'erkehrB-
straBen als Durchfuhretätte an der Ocra
auf. Erpes ist offenbar Genetiv; zweifel-
haft bleibt nnr, ob Erp der Eigenname
der Sippe war, der irgend welche An-
rechte an der Benutzung der Furt in
grauem Altertum zustanden, oder aber
da« früh uns erloschene Wort für Vieh
ist, das wir noch lange im Angelsäch-
sischen als „eorp" fortleben sehen (vgl.
bekannte Entepreehmigen wieSdiweinftirt,
Oxford). Merkwürdige Sprachbeziehungen
zwischen Englisch und Thüringisch, wohl
sicher durch die Angelsachsen einst be-
gründet, gewahren wir noch hente; eo
lebt der Stamm des onglisehflll head
Hn\ipt bei un« nur in Thüringen fort:
die Huhlaerin nennt ihr kleidsames, etwas
turbanartigee Kopftoeh „Heidlappen**, wöt
und breit hört man auf den thüringischen
üemüsemärktcn die Kohlkopfe als „Heid-
chen" ausbieten, nur die vornehme Dame
fragt in veretftndnisloser Anfthnlidniiig;
„Was kostet denn das HUnfehen?"
Leider fehlt unserem durchaus nicht
unTerdienaUiohen Bach ginalieh die An-
gabe der Avasprache der geographi-
schen Nnmen , die bei uns noch so im
Argen liegt. Ja, was das Schlimmste ist:
man hftlt daa ftlr eine L^tpalie. Selbafc
ein Richthofen, ein Batsei spraehen
sogar heimiflohe Ortsnamen mitunter un-
richtig aus. Eettung aus dieser sehr all-
gemeinen Namen-Miitoe erblieke idi nur
dann, wenn es in Zukunft heißt: Keinem
Kandidat^:*!! erdkundliche fac. doc. ohne
korrekte Nameuanssprache. Kirch hoff.
Nene Sieker snd Karten.
tiMCklehtc 4n tieof rsf hls.
Schiaparelli, Celestino. Ihn Gubayr
(Ibn Oiobeir). Viaggio in Itpagna, Si-
cilia, Siria e Palestina, Mesnpotamia,
Arabia, Egitto compiuto nel Secolo XII.
Prima tradniione, fetta enll* originale
Arabo. XXVn u. 412 8. Bom, Loeecher
k Co. 1906. L. 10.-.
Allgtmslast.
Meyers OroBes KonTersationi-Lenkon.
6. AuO. 14. Bd. Mittewald— Ohmgeld.
'.f,'K S. Lr-ipzig. Üihl, In»t. 1906. .(KIO.— .
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexi-
kon Bd. II: H. 84—46. Je X —.80.
DentarlilsHd »ni Nachbftrlin<l»r.
Kirchhoff, Alfred o. Willi Ule. Be-
richt über die neuere Literatur zur
deutschen Landeskunde. Bd. III (1908
-I- 1808), I. A. d. ZentralkomuL f. wiai.
Landeskde. v. Deutschland hrsg. V u.
250 S. Breslau, Hirt 1906. JC 7.60.
Statistisches Jahrbuch fflr das
Deutsche Reich. Hrsg. Tom kaie.
Statistischen Amt. 27. Jahrg. 1906,
XXIV u. 347 u. 61* S. 6 Taf. K. Ber-
lin, Puttkammer k Mflhlbieeht 1906.
JC 2—.
Ule, Willi. Studien am Ammerpee in
Oberbayem. Landeskundliche Forschun-
gen, hrsg. V. d. (Jeogr. Oea. in Mfln-
eben. Heft 1. (S.-A. aus den Mitt. d.
Geogr. Oes. in Mflachan. Bd. L 4. iL
Digitized by Google
599
1906.) 64 S Textfig. u. l K, München,
Hiedel iU06. JC 6.—.
Scbaenffelen, Eugenie. Meine indische
Reise. VIII u. 474 8. 1 Bildnis n. 1 E.
Berlin, D. Reimer 1906. JC 6.—.
€««fraphlscli«r Uatcrrlekt. 1
F i 8 c h er-G ei H t b e c k. Erdkunde für Inihere
Schulen. V iele Laudtichaftabilder, Karieu-
skisien, Profile n. Diagnunme. 1. Teil. I
Geograph. Grundbegriffe übersieht der
Länderkunde. Mittel- Europa, insbeson-
dere dan deutsche Ueicb. 82 S. —.70.
— S. Teil. Europ» ohne dM dentsche |
Reich. IV u. 80 S. .ff. 7;'. . — S.Teil.
Die aaßereuruiniischen Erdteile. Die
deutschen Kolonien. II u. 92 S. JC —.65. '
— 4. Teil. L&nderkonde dee deniachen
Heich-'s ir u. 93 S. .70. - - ä.Tcil
Lünderkaude von Europa, VV'ieder-
holungtkurs. Die wichtigsten Htndeli- '
und Verkehrswege der Jetstnit. El»-
mentare mathemat. Geographie. IV u.
89 8. JC —.70. — 6. Teü. Läuder-
knnde der anfterearptiselien Erdteile,
Wiederholungskurs. Vergleichende Über-
sieht der wichtigsten V'orkehrs- und
Handels wege bis zur Gegenwart. All-
gemeine (physische) Erdkande. II u.
ior< S. JC —.80. Berlin a. MOnchen,
Oldcnbourg o. J. (I906,\
Wiltz, Herrn. GeographlücheUnterrichts-
briefe. L Lehrbrief; AIlgemetBe Erd-
kunde in gedrängter Darstellung. 24 8.
— II. Lehrbrief: Länderkunde: Europa
im allgomeiaen. Dentücbes Reich. 25 S.
— m. Lehrbrief: Lftnderknndo (Forte.):
Die librigen Staaten Europas. 22 S. —
IV. Lehrbrief: Länderkunde (Schluß):
Asien, Afrika, Amerika, AnstralieD. Die
Polarländer. Anhang. 26 S. — Wieder-
holungsbriefe I— IV 10 S , 15 S., 20 S ,
19 S. Straßburg, Woistein & Teilhaber
o. J. (1906) Je 1 Lebxfar. m. Wieder-
bohmgtbr. JL IM.
ZeitflohriftoBBeluML
Petermanng Mitteilmigen. 1906. B.Heft.'
Adamoviö: Zur pflanzengeograpbischcn I
Karte von Serbien. — Sapper: Ik-itrilg''
xur Kenntnis von Palma und Lanzarote. |
— Frhr. AnfseB: Photogrnphische
Methode zur Wärmemessung in einem See.
— Hauthal: Expedition der Prinoeton-
Universit&t nach Patagonien. — Ham-
mer: Die ieostaÜidie Lagerung der äuße-
ren Erdschichten. — Negritt ^tgegnang
AD Prof. Philippson.
Globus. 90. Bd. Nr. 7. Krämer:
Die Forsehungsreise S. M. 8. „Plnaet^. —
Koch - G rünberg: Krens und quer durch
Nordwest-Brasilien. — Ten Kate: Aus
dem japanischen Volksglauben.
Dam. Nr. 8. Kocb-Orünberg:
Kreuz und quer durch Nordwest-Brasilien.
— Hinrichsen: Die Landverteilnng auf
den Halligen. — Ten Kate: Aus dem
j^MUiieidien YolksgbHiben. — Forsehoiigen
flbw die Hjksofl.
Dass. Nr. 9. Gessert: Wasserwirt-
schaftliches in Passarges Werk: „Die
Kalahari". — Maurer: Das Tabu im
alten Testament. — Tetzner: Zur X'olke-
knnde der Bulgaren in Ungarn. — Peh-
linger: Die Bevölkerung der Philippinen*
inseliä.
Ddxs. Nr. 10. Müller-Brauel: Die
Besiedelung der Gegend zwischen Elbe
und Weser in vorgesebicbfticber Zeit. —
Zürn: Heimst&tten in Deutsch-Süd west-
afrika — Prowe: Das Wissen der Quiche-
Indianer in mythischer Form. — Die
chinesisebe Teeindostrie.
D(iss. Nr. 11. Prenß: Weiteres aber
die religiösen Gebräuche der Coraindianer.
— Kirscbstein: Höhlenkunde und Karst-
ph&Bomene. — Das englisch^fraiuOeiMb*
italienische Abkommen über AbesiiBieai.
— Bolle: Aus dem Aereterritorium
Deutsche Bundachau für Geographie
undSlatutik. M.Jhrg. 19. Heft. Jüttner:
Fortschritte der geographischen Forschun-
gen und Reisen im J. r.M»5 in Afrika,
Amerika, den Polargebieten und Ozeanien.
— Dietrieht Bebeeiiidrfleke mm Bdgien
und Nord-Frankreich. — Saigon, die
Hauptstadt von Cochinchina.
MeUorohifiKhe ZeiUdirifl. 1906. Nr. 8.
HeUmftnn: Bin neuer registrierender
Sehneemesser. — (Jockel: Über den
iouengehalt der Atmosphäre. — Exuez:
Digitizoü by C3t.)0^lc
600
SeitsebrifiemebsQ.
W i e H n e rs Beobachttingen über die photo-
chemische luteusität während der Sonnen-
finsteniit MD 80. VlIT. 1005. — Sack:
Beobaditniigeii flbor die neutralen Putikt«^>
von Babinet nnd Arago in den Jahren
1903 und 1904. — Fenyi: Über Wind-
dxehougen in Kalocsa. — Hegyfoky:
Dio S. liwatikun«,' der jftbrlioh«n Regen-
menge in l'ugarn.
iMtoekn/t für Sdiulyiographie. 1906.
IS. Heft. Sieger: Geograpbie im Obor-
gymiiasium. — Oppermann: Die Zalil
der Erdkimdettnnden in den höheren
SdnilMi BuropM. -> Bieek; Epitbete
geographica. — Heime: Zur Deutung
geograi>l)ischer Namen.
Gtuift apltisclter Anzeiger. 190ü. b. Ueft.
Schmidt: Olaiial in den Sudeten. —
(Joißlcr: Der geographische ünterriiht
und liio Norvo><itrit — (ireim: Der Puls-
schlag der atuiospliärischen Zirkulation.
— Fischer: Die Stellung der Erdkunde
in den Lehrplanen der höheren Scholen
des «It^ntHcbon Heirhes
ZeiUdiri/l für Kolon ialpoläik, -recht
und 'Wirtadutß. 1006. 7. Heft. Oessert:
Dat Waaserrecht de« amerikanischen
Westens mit Bezug auf Deutech-Südwest-
Afrika. — Zwingen berger: Der kleine
Unternehmer nnd der Kakaoban in nnie-
rcn tropischen Kolonien. — Wo! ff: DaM
Recht am Grund und Boden im Schutz-
gebiete von Deutäch-Xeu-Ciuinea. — Die
wirtschaftlichen Verhältnisse unserer
H( hnt/<,'ebiete. — Florack: Die Errich-
tung des Heichskolonialamto.
Dam. 8. Heft. Singelmann: Trans-
vaal, lUiodcsia, Mozambique — Wilda:
Wirtschaftliche und politisoht' l'.in-i rücke
aus Mittel-Amerika. — Argeutinitu, ein
Land der Zukunft. — Kfirchhoff: Die
Schitfahrl nach Afrika unter besonderer
BerückHi« liti^ninp tler deutöchen Klagge. —
Hermann: Die Ugandabahu und ihr
Einflnftauf Deuteoh-Ostafrika. ~ Sassen:
Die 8taat«i-cchtliche Natur der deutschen
iSchiitzgobipte. — Dir iTidcrfrage in der
Dar-es-Salamer Gouverueuicntsratssitzung.
MitUilnnijen der fr. k. Geographutfhrn
üestlUchaft in Wien. 1»06. Nr. 8 u. y.
Mylins; Reise naeh Kaffia nnd Da'ovo.
— neritsoh: Glaziale Studien im Vel-
lachtale. — Danes: Geomorphologisohe
Studien in den Tertiärbecken Süd-Bohmens.
TheGeographiealJ&tMrma, 1006. No.S.
Mc Malion: Keccnt Stirvey and Explora-
tion in tJeistan. — Gregory: The Eco-
nomic (leography and Development of
Australia. — Enock: Southern Peru. —
Hecent Changes in tbe Course nf the Lo-
wer Euphrates. — Low: Geographica!
Wooik of ilie Oeologieal Sorvej ti Oenada
1000/1906. - The Beralte of Che Fon-
reau-Lamy-Mission.
The Scottüslt Geograpliical Magazine.
1906. No. 9. Yate: A Bide from Qnetta
to Loralai. - Bfnrray and Pullar:
Bathymetrical Survey in Scotland. —
Brown: Antarctic Botany. — Darroch:
The Teaehing of Geography. -~ Dingel-
8 1 e (1 1 1 lie Setukeaed or Esths of Pikow,
a little-known russian I'eople.
U. S. Uiol. 6urt?tg. Water-Hupply and
»rigatüm JPiiper. No. 148. Qovld: Geo-
logy and Water Beeources of Oklahoma
(22 Taf., Fig.>. — No. IAO. Horton:
Weir Experiments, Coelticients, and For-
aralae (88 Taf.. 16 Fig.). — No. 168.
Sliihter: The Undcrflor in Arkansas
Valley in Western Kaneaa Tat.. 24 Fig.).
— No. 154. Gould: The Geology and
Water JResources of the Easten Portion
of the Panhiindle of T.-xas ilö Taf.,
4 Fig.). — No. Iö7. liicharddon: Under-
ground Water in the Valleys of Utah
Lake and Jordan Biver, Utah (9 Taf.,
ö Fig.). — No 1»;.-, -ir,i>, ni Rep. of
Stream Measurements for the Cal.-Tcar
1906: Part I— V; P, VII (je l Taf. 2 Fig.).
AuH verschiedenen Zeitschriften.
Stein mann: Die Entstehung der Kupfer>
erslagerstfttte von Corocon» nnd ver-
wandter Vorkommnisse in BoliTia(lT^
2 Fig 1 Fcstfclir. z. 70. GebutiKiag* von
Harry Mosenbmch. li)06.
TsraatworUicher HorniiogoUer: Prot. L)r. Alfrad Hsttner ui HeidaUi«rg.
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
\'iTla£r B. G. Teubner m l^fip/. ii^-.
OSTASIENFAHRT
ERLKKXISSR L'XI) !',{• DBACI ITUNGKX
MNES NATURI-ORSC III-KS JX CHIXA. JAPAN UND ('\:\
\'ns Dr. FRANZ DOFLEIN,
■.II \s II!!' ''Sivi if !r»: vi'Hiins
.Mii /.i lilt lii Ai'lnluiKii^tii i;u J>'\l uii"! .lui ^ l.iU'l'i, »•wii- :ui'> ; K.
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1 /II a I .Iii Ii I
I . M l,in
iiKiv im
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^ I 'lilllli Iii 11
!• rl.L.lci
'"'tu lUt'
uinl Termiu-n ii
■ 111.1 '.,1,1
Geographische Lehrbehelfe
aus (lern Verlag von Ed. Hölzel in Wien IV/2, Lui
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Hai«elB Schul - von Australien und Polyi.
■ • ■ ' ' »e!^. ' ^
att in 1
K 16U cm lux h. I'.t2 cm !
• in Mappe 'Jt-l M., auf Le^
JJ ivarto von Asien. P( ,
X'r. Prauz Hcidcrich y 1 : h oir i] ülutt
HölaelH Buhulwandkarto von A«ien. Physikalische An
lon ntu 1 r>r. Franz Hei'':
in lU lach' ' <Jr<)lic der K
176 cm l>rpit I ' Kunt If) M., au
und iin. Sie nehmen t ' den t-
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1 ijc ua.i.O M.. uul Lejuwaii
^ l'J cm brrit. cm boch I naiitj^edpiinnt lö M., auf Lemwand
'1 • • • :;7 M.
Ii othnoprnphjp'^hf'n ■V«"rbnUTii'"-'< von
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Diutufgespamat 5.60 M., auf Loinwano
Dr. Fr. No5, Oeo
Mit einem Heft '
w&ndstreifen in )e lo '
— Die erst« oc
Alp«n. Von der i..
einttimmig ab Meiste riK'erk anexkanot.
Anareiirllobe Prospekt« stehen auf Wonsob .
Zn beiielien durch alle Bnchhindlmigea sowi« dur
4
*
GEOGRAPHISCHE ZEITSCHRIFT.
lIKKAnsOK^JEHEN
VON
Dr. ALFRED HETTNER,
M rKoFKSSDIt liKli OKoOKAI'HIK AN [>KU l'MVKHKITAT IIKlülll.BKRi:
ZVVÖLFTKK JAHKüA.Mi. b^LFTES HFKT.
LEiP/in.
hl.l • IM» VERLAß. VUiN 1'. »i TF. UliNLK
1{)0().
Inka unti >aujlH\sitül]«\ Vortrag', ^'ebaltiMi auf (1»t
deutsclior Nalurlorsi'lier und Arzt«- iu Stuft^'art am '21. Sii»Uiiib<.i i'.iix
Von Prof. Dr. All»recht Penck in Berlin
hi<» AlitluBerscheinuugen in Mittfl-Europu. Vun (ich. Ohorbuurat H. Kell .
lii'itt'r der k. prcuiU. Landoicanstalt für Ciewilsserkundt» in Berlin
1. BuiciehuDßeu zwischen Nicdorschla^;, AbfUiU und VerdunstuDg lui
laliresmittel. 2. Verglt'irh mit den hlslierigt n Al»fluUfornH'hi, Ur-
sprung di'S Niedei-srhlaiLTs. Mpen^s/ufulir und Lantivi-rdunstung. (Mif
1* Kurv»'iitafeln auf Doppel -Tafel Nr. . . . ....
ha.s deutsche Kolonialreich. Eine p(diliseh-geographi^^c.he Studie. Von
Seminar-Oberlehrer Dr. Bruno Felix Hänsch in Pirna. III. Die
einzelnen Kolonien. W. Deutseh-Ostafrika. 4. Deutsch-Südwestjifrika.
■ Das Kolonial -Wirtschartsj^ehiet tli'H stillen < »/(*ans. SehluUwori
1 1 co^'raphische Neuigkeiten :
.MlgeiiieiiicK. llon\uw(,'alK) «li-s \. KicliLlmrouBchi ii lil<TAri(ri li 'ii Nii<.iM.i>.SLS.
— Anloituii(r zum Boubnclitun vtm llrdbelieti 641
|t I' u tKcblH (1 J und Nachbarlatolitr. Sveuunlorsucliuob'i^D der protiDini-hiMi
gcolugiitchcti LandeKanst<. — ü»t<<rr<'ichiichct AIp<!til)ahQcnii<'t,'
Asion. Uöclihter bisher crniclibr Piiitlt der feaU'n ErdobtirnAcii'
.^Irikn. DonUch-ent'Iiscbcr fJren/.verrUjf KnnuTuii-Nifreria — VerbiiiJuiiK zMiscbi-D
Franx'^siju b - Coug" uuil dem rrniizOtiiicbiin I 1 1 1' n i m W'n , i . ., n l
J&(r(^rM Kxpeditionen in Deutsch •OsUfrik»
Nord-l'<ilnt^'Ui;eiid<iii. Mikkelsens N mii
(luotirriiitliiscb«r Ijiilerricht. Gt!OKiapli>>>'. n ander Univarsitftt FN '-t '
Vereine und Vt^rsniiiinlungcn. X. Intctnatioualrr CvoluireukonpieC
Bücherbesprechungen :
AllTuchl. Tli.
11. lid. Vou
Hiilla, B. von.
Iloilborn. A
lielliiiatin, <i.
und Ii. Waiiitcb. Ko^ullnt« di'S iiitorufttinunleii Brfh<'udi«ii.^fS.
J. Ü. MesNuriscIiiiiitl
iHc Wi'ltwirtschaft. Tl. 1 u. 2. Vuu K. Sieger
T»ii' i n. Vmii Hr. F\ llAiisch
RcK»!i , . .tmhlund. Von W. L'lo
Zeninirich, Joh. Landeskunde des KAal^rcIcbs S«cli«eii. Vou l'. ^Vagnor
iSojcr, 0., Cl. Förster u. Clir. M4rz. piü Oborlausitr. Von domii.
Maywald, K. lHo räsi« der West- Kurpath»a, Von K Sipir. i
Zitolmuiiii, Katb. Indien. Von R. Schmidt
' IllC.SC i>iipjil'l Jute! k.'lllU ' Tit ileiii ll.U-ljstcll liril l.ci;.,^. ^tIicII VStHlCU
I l'or I Sit » II II i: :\lir lirr » d rl r I / 1 1 ii ^i!ti ilf t'iii,itil;i
K ü n f ti Ii i II w ertl c u > ■ ; • i . 1 1 i. ■■ n j • ' i > » ' ^ ■
IMuHertutionen, l'rogramuie, Karten u. a.) aunnahmslos nur dan
erschienen erwähnt werden können, wenn äie der Oeographi-
'/ !• ! f wc' r : ri eingeschickt worden piml
tj für die Geographischi- /.Liibchrift werden unter
Heran r (Prof. Ür. Alfred Hettner in Hfl d i« 1 berg. 'Ah
.straße lU), Beitrüge zu den geographischen Neii u an Dr. A
Leipsig, Funk ■ ' 'str. IW. erbeten. Aufsätze v. ri,i.;ii mit 00 Mk i ii ».
bogen von 1»; .i, Beiträge xu den Neuigkeiten mit 2 Mk, fflr -i
l'etit honoriert; das Honorar der Karten und Abbildungen bb
eini ' ' 'i alten Außerdem wer»! i " !^ 'i -i ^^ ' '' ,
kl . 1, vou Neuigkeiten un<i
und portofrei, eine größere Aniabl auf Wonach zu ilen i
Bücher und Karten, deren !! ■ -^'^ m- - in der
gewünscht wird, sintl an die Verla, .ig B, G. T-
utraße 3, en. Liefenmgswerke können im allgeuieiueu •Tut u.^
• 1
IIP
ih'iK-k uiiti Vcrlim von H. cubu*
Si4-AfMkft o4 SmWsiflUe.
Vortrag, gebalteu auf der Versammlung deutscher Naturforscher und Arzte
in Stuttgart am 31. Soptembor 1906.
Ton Albreoht Penok.
Die machtige britische Schwestergesellschaft unserer „Gesellschaft deutscher
Naturforscher und Arzte", „the British Association for the Advancement of Science",
hat ihre Ictzt^jüluige Versammlung in Siid-Afrika abgehalten. Sie folgte einer
Einladung der dortigen älteren und neu gewonnenen britisolien Kolonien, und
▼orwirUichte damit einen Teil ihres Frogrammes, die Wiasenichaft ebmao in *
den Eoloiuen ¥rae im Matterlande m pflegen. Zuj^eioli wurde rie andi ihrer
weiteren Ani^be gerecht, Beiiehxingen zwisdten Initiadiai und auswärtigen
Forschern herzustellen. Mdir als dreihnndert Briten hatten die Fahrt auf die
SOd-fiemisphäre unternommen, um Land und Leute von Süd-Afrika kennen zu
lernen. Fünfzehn (täste aus dem festländischen Europa und aus den Ver-
einigten Staaten von Nordamerika waren der herzlichen Einladung gefolgt,
an den wissenschaftlichen Sitzungen in Kapstadt und Johannesburg und den
damit verbundenen, über Tausende von Kilometern sich erstreckenden Exkur-
sionen teilzunehmen. Diese begannen in der Kapstadt. Zu Land oder zur
See ging es nadh Natal, wo mehrere Tage geweilt wurde, daan flher Bloem-
fontein und Kimbnley su den großen VilrtoiiafiUen des BamhssL Der grOJIte
Teil der Gesellschaft reiste vom hier naeh Beirft und flher die Ostkflste heim,
viele kehrten über die Kapstadt direkt nach England zurück; einige, so audi
ich, blieben noch einige Wochen im Lande. Wohin wir kamen, bot sich uns
die herzlichste Aufnahme: verschlossene Tore sprangen auf; Unzugängliches
wurde offen. Extrazüge und Extrawagen standon zur Verfügung, überall bot
ßich bereitwillige Führung. Mit der iJastfreund-schaft offizieller Kreise wett-
eiferte die von Privaten, mit der der Engländer die der in Süd-Afrika lebenden
Deutschen. Nicht der leiseste Mißton störte die großartige, sorgiuitigst vor-
bereitete und gltnsend dorohgeftthrte Veranstaltung. So konatm wir in
Wochen sehen, was man sonst nur in Monaten kennen lernen kann; und in
großen Zügen offenharte sich uns die Natur des merinrfixdigen Landes. Diese
aber bietet dem Geographen mehr als ein Problem.
Im Vordergrunde steht fElr ihn unstreitig die Oberflächengestalt. Sie ist
von seltener Großzügigkeit: Süd-Afrika ist eines der großen Hochländer der
Erde. In der Mitte eine Hochfläche von lOOü — 1500 ni Höhe, fällt es see-
wärts verhUltnisiniibig rasch ab. l'berall steigt der Weg ins Innere steil,
häufig .stufen ffjrniig an imd führt schließlich lu einem jiih abfallenden Plateau-
rande; ist dieser erstiegen, so steht man aul verhültniämäiiig ebenem oder
OMgniphtodM MiMkrift. U.Jalirguig. 1S06. ll.H«lt 41
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602
Albreeht Peiiek:
flachwclligem Boden. Das ist das Thema, das darch alle möglichen Varia-
tionen deutlich hindurchklingt, und an solchen ist kein Mangel. Wer von
der Kapstadt landeinwärts geht, pa&siert andere Landschaften, als der von
Eut London kommende. Anders der Weg von Durban ins Innere als der
von Lowenco Maiquet.
Von der Kapstadt ans gebt es dnrdfa ein wildes Gebirge anf die groB«a
Hocbfläcben des Kaplandes. Die Eisenbahn wendet sich durch Lingst&ler
und in kunen Quertftlem aufwärts, die Nacktheit und Kahlheit des Landes
offenbart uns in seltener Deutlichkeit, daß wir ein echtes Kettengebirge
passieren, dessen paläozoische Schichten in der abenteuerlichsten Weise zu-
sammengepreßt und zusamniengestaut sind. Jede Qucrtalstrecke führt uns in
eine höhere Staffel. Aus dem breiten Lüngstale des Breede-Flusses gelangen
wir durch die Engen am Hex-Flusse hinauf in eine HochÜäche, die sich in die
große KaiToo fortsetzt; jetat halten wir das gefidtete Land hinter uns, aber
noeh iuid wir hm weitem nicht «nf der HAhe: tot uns liegt noch, steUen-
weise Aber 1000 m hoch »bbUend, der AbfiaU der NieawsTeldberg»; dn
Sdiiehtnuid, Ihnüeh dem der nrahea Alb, aber doppelt so hodi ond viel
weniger zerfiressen. Einfacher ist der Weg von Easi-London ans. Wir haben
nidit das gefaltete Gebirge znsammengestauter paläozoischer Schichten des
I^apsjstems zu pasrieren, sondern treten an der Küste schon an die t^ach
gelagerten raesozoiscben Schichten der Karroo, und diese becrleiten uns hinein
ins Innere, höher und höher ansteigend, und auf ihnen geht es stufenförmig
in die Höhe, bis wir endlich einen letzten, steilsten Abfall, den der Storm-
berge, erreichen. Haben wir diesen Scbichtrand erklommen, so sind wir auf
der ilaehea Hohe des FlsteSiiu.
Mannigfaltigere Sasnniett begleiten uns in Natal landeinwlrts^ Das Land
ist grüner, an der Kttste sogar Wald, vnd bis tief ins Lmere erstrecken dch
Hatten. Aber der 8chichtbaa leuchtet deutlidi durch sie hindurch. Indem
wir zwischen den wasserreichen Tälern aufwärts fahren, bemerken wir, daB
wir einen breiten Schicbtsattel überschreiten, in dem sicli di^ palftozoischen
Schichten mit ihrem Oranitsookel, den wir von der Kapstadt her kennen, im
Bereiche der Karrooschichteu aufwölben. Aber dies l)eeinflulit die Obcrflüchen-
gestalt nicht stark: ununterbrochen steigt das Land zwischen den Tälern
binnenwürts an, ununterbrochen kommen wir höher. Stufenförmige Anstiege
erst dann, wenn wir aus dem Bereiche des Bdiichtsattols wieder in die Kacroo-
schichten »uiU^ekdurt nnd und einen der sahlrnchMi Lagerginge von so-
genanntem Bolerit passieren, die in nnglanblicher Menge in unsere Schidhten
eingespritst sind. Jeder von ihnen bildet eine Stufe, tlber welche der Floß
in oft malerischem Falle herabstürzt Der im Burenkriege 80 berühmt ge-
wordene Spionskoop bei Colenso gehört zu diesen Stufen; an seinem Fuße
hat der Tugelafluß einen seiner zahlreichen Fälle. Endlich stehen wir vor der
letzten, steilsten Stufe, dem Quathlanibagebirge der Knffem, dem südlichen
Drakensberg der Buren. Dräuend, wie der Rosengarten über dem Bozener
Porphyrgebiete, erheben sich seine dunklen Wände, während der sommerlichen
Regenzeit auf Gesimsen und Leisten mit vergänglichem Schnee bedeckt; meilen-
weit fahrt kein W^ auf sie hinauf, hat man sie aber erstiegen, so ist man
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Sftd-Afrikft und Sambetifill«.
608
wieder auf welliger Hochfläche. Der Eisenbahn von Natal nach Transvaal
bot der Drakensberg proße Schwierigkoitpii. Sie erklimmt ihn mit Zickzacks
angesichts des Majubahügels, der den Buren einst eine wertvolle Verteidigungs-
stelle geboten. Weiter nordwärts, im Zululand und Swasiland, entfernt sich
das südafrikanische Hochland von der Küste, und mau muß hier landeinwärts
iniiiiM sumpfiges Tisfluid durehmessen, dum gdit es fllwr welligem Lande,
dem Ißederluide oder Lugevelde, anlWlrts, nmichBt saafki dum steiler imd
stoQer, imd sehlieMieh sfeeheo wir wieder tot einer Hauer, dem nOrdUehen
Dnke&sbexg. In fraohterem KUmn gelegen, isl sie starker lertelt, als der
weiter sfldlich befindliche Plateaurand; sie springt in Bastionen hervor, anf
der einen erhebt sich der Mauchberg, dazwischen sind Täler eingesciknitten,
deren Flüsse jeder einen steilen Wasserfall hat — die Eisenbahn von Lou-
ren(;o Marquez muß nt-ben einem solchen eine Zahnrad bahn strecke einschalten — ,
schließlich sind wir wieder auf dem sanft welligen Hochfelde. So ähnlich der
Weg in seinen großen Zügen dem von Natal gewesen, so verschieden die
geologische Zusammensetzung des dnrchmessenen Landes: nur beim Betreten
des NiederÜBldes haben wir auf knrse Stre^ die flach gelagerten bxroo*
sehiehton pasnert; dann sind wir mit einem Male anf das Sockdgestein Sfld-
Afriksa, anf uralte Soliiefer und Granit gekommen, weleh letrtarer bis tief
hinab Terwitiert ist, so daß die Regenwasser an den Wandungen der zahl-
reichen Bnnsen leicht PfeUer und Säulen ähnlich den Erdpyramiden Süd-Tirols
daraus zu schneiden vermögen. Der Plateaurand aber liegt nicht, wie weiter
südlich, in den Karrooschichten , sondern wird von weit iüteren Gesteinen
gebildet; älteren noch, als in den Kapfalteu auftreten, nämlich den Quar-
ziten des Transvaalsyst^ms, das die goldführenden Schichten von Johannes-
burg enthält £s bildet, unterbrochen von einem riesigen Kuchen jüngeren
Granits, das Bnsohfeld des nOzdlidien liwiSTaal, weiter sQdlieh breiten sich
wieder Eanroosehiehten darfiber, das HodiÜdd von Süd^Transraal sosammen-
sefaend.
Die groBe Binheitiidikeit moiphologisdier ZOge, welche Sftd-Afrika aus-
zeichnet, ist nicht mit einer entsprechenden Einheitlichkeit des geologischen
Bans verknüpft; und selbst ein so charakteristisches Gebilde, wie der
Plateaurand, ist ebensowenig einheitlich, wie das wellige Hochland, das er
einschließt, oder der Abfall zur See, der ihn umsäumt. Gebiete verschiedener
Struktur und verschiedenen Alt<?rs wachsen zu morphologischen Einheiten zu-
sammen; und es ist nur eine iiegel, welche ihr Auftreten beherrscht, nämlich,
dafi die widerstandsfähigsten Gesteine die steilsten Böschungen und größten
Erhebimgen bOden. Wo der Steihnmd des HochfUdes anoh anfbitb, er wird
▼on schwer serstOiharen Gesteinen gebildet: im Neiden von den Qnarsiten des
Trantvaal^TStems, in Katsl von den Laven, die sich in die jflngston Kanoo-
schichten quetschten oder Aber eie ergossen, im Ostlichen Kaplande von jenen
Schichten selbst, dem Stormbergsandstein, im westlichen Kaplande von den
Doleriten, die s^ich in die zweitjüngste Abteilung des Karroosystems, in die
Beaufortschichten einpreßten. Der Steilrand ist auf seine ganze Erstreekung
eine Schichtstufe, aber nicht wie die rauhe Alb an ein einziges Gestein ge-
knüpft, sondern er springt von einer festen Bank zur nächsten, wie etwa ein
604
Albrecht Penck:
Staifanikd in Sfid-Dentschland TOm wmßen Jura snm Imranflii, und voft dkMm
mm Keupenuidstein überspringen würde.
Wie unser Plateanrand, ist auch die von ihm umschlossene Hochfläch©
eine Einheit höherer Ordnung. Sie ist eine Landschaft von großer Einförmigkeit.
Nirgends ganz cbon, entbehrt sie doch des Reizes tief eingeschnittener Täler.
Die Flüsse fließen zwisclien on<ilos langen Bfischungpn dahin, die sich so sanft
zu ihnen herabseuken, dafi der schwere Ochsenwagen des Buien und die Eisen-
bahn leicht ihre Steilufer erreichen kOnnen, zwischen denen sie nur bei
sommerliehem Hodiwaaeer IxndToll llieBen. Unmerldieh kommt man tob tisM'
Bflscbong auf die enfgegengeeetste. Spielend bewiUagt der Sohieiienttrai^ die
Wasaeradieide zwiedien Orange und Vaal, iwisohen diesem und den Znflflssen
des indischen Oseans im nördlichen Transvaal. Aus diesen weit gedehnten
sanften Böschungen ragen unvermittelt und jlh nicht selten Einzelberge anf.
Sie knüpfen sich jeweils an hürtere Gesteine, im Bereiche der Karrooschichten
in der Regel an eingeschaltete Eruptivgesteine, die soeeuannten Dolerite. Handelt
es sich um steil stehende (iilnge, so linden sich zugeschärt'te Berge, die Spitz-
berge der Huren; flache Lagergänge erscheinen als Tafelberge, kranzförmig
tinogflrtet mit einem Steilabfallu des Intrusivgosteins. Das sind die Kranx-
berge der Buren. Jm Korden irind die Quanite des TraoSTaalqrsteme die
Berglrildner. Ihr AusbiB bildet s. B. die Magaliesberge um Fkretoria: länd-
liche Kuppen, Koopjes genannt, von einander getrennt durch quertallbnliehe
Einschnitte, die Poorts, die keineswegs immer von Flfkssen benutzt werden.
Merkwürdig ist, daß in Transvaal der Granit selten zusammenhangende Er*
hebungen, sondern meist tiefere Landstriche bildet. Weiter nördlich tritt er
in Rhodesia in absonderlichen dorn- und knppelfürmi;_ren Hügeln auf. die einen
ausgesprochen schaligen Bau besitzen. Das sind die Matopos, in deren Mitte
f'ecil Rliodes seine (irabstiitte wühlte. Immer aber sind die Berge des .sfid-
atrikaaischeu Hochlandes zusammenhangslos, sie stehen meist isoliert, Insel-
berge sind hftufig; ein Gebirge, im Sinne eines dentscben Mittelgebixges odsr
einer Älpenkette, feUt Es gibt höchstens Berggruppen.
Ebenso wie anf der Hochfliehe herrschen auf dem AbAüle des Landes
gegen die See hin einheiÜiehe Zflge. Die Tttler sind meist tief eingeschnitten;
dort, wo ihnen der CSehirgsbau nicht bestimmte Richtungen aufitwängt und
sie, wie im westlichen Kaplande, nötigt, als Längs- oder Quertäler zu erscheinen,
sind sie viel gewunden. MSandertäler ziehen sich im östlichen Kaplande, in
Natal und weiter nördlich zum indischen Ozeane herab. Ihre Mündung ist
in den erstgenannten Gebieten gewöhnlich untergetaucht, aber ein Strand-
wall hat die entstandene Bucht verschlossen und sie in einen Liman ver-
wandelt.
Das Land swisdien den Tttlwn Iftfit in Natal nahe der Küste noch die
Überreste einer grofien ntsammenhingenden Abdachung eilnnnen, welche durch
die einschneidenden Flüsse zertalt wurde. Wir sahen diese Abdaohnng in
ausgezeichneter Weise zwischen Durban und Pietennaritzburg, wo sie den im
Bereiche der Karrooschichten aufrat,'enden Sattel paläozoischer Schichten sehrig
äbschneidet. Weiter landeinwärts aber geht diese breite Riedelfläche verloren,
und die von Fluß zu Fluß laufenden, aus den Karrooschichten herausgearbeiteten
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
Sfid-Afriks und SambeBimie.
605
Doleritstufen zeugen von einer sehr stattlichen Abtragung des Landes zwischen
den Flüssen; endlith tritt uns als gemeinsames Hintergehänge aller TTaupt-
tüler Natals der stidliclie Drakonsberg entgeuen. Und so ist es allenthalben
ain Saiuno des Hochlandes von Britisch-Süd-Afrika: nachdem wir einen Strei-
ten liandes durciiwaudeii haben, wu das Land zwischen den Tälern stark ab-
getragen iat, 80 dafi die h&rleren Schichten aus den weicheren kräftig herau»-
modeUiert nnd, enohemt uns dar Steiinnd des Hoofalindes als das gemein-
same Hiatorgehinge der dem Meere nistrOmenden Geriime.
Dies gilt attoh vom westHchen Kapland. Anch die hier snm Heere ge-
langenden Flüsse kommen vom Steilrande des Boggeveld und Nieuweveld,
nnd brechen im Süden, was bei ihrer Wasserarmnt besonders auffallig isti
quer durch die vorgelagerten Ketten des Kapgobirges, während sie diese
im Westen umgeben. Das Kapgebirge selbst ist aber kein junjjos Falten-
gebirge, in dem die aufgewölbten Schichten noch unverletzt dastehen. Es
hat vielmehr eine sehr starke Abtragung erfahren, durch die von den Sät-
teln mächtige Schichtkomplexe weggenommen worden sind, und auch seine
HiSienentwioUnng wird von der allgemeanwi für SOd-Afiika gültigen Regel
belieRseht) daß die hftrtesten Scbiditen die höchsten Erhebungen bilden. Weil
sich jMie an der Basis des gefalteten Systems finden, ist das am hSdisten,
was am stfarksten gehoben ist Wenn sich aber auch der Tafelbergsandstein
in den Groote-Zwarte- Bergen auf 2160 m erhebt und man sich noch viele
Hundert Meter Gesteins darüber gelegt denken muB, um die Höhe der ur-
sprünglichen, unverletzten Falte zu ergänzen, so überragen doch die Oipfel
des Kappebirges tatsächlich nur einmal den nächstgelegeiten Steilrand der Hoch-
fläche und bleiben hinter des.-en größten Höhen im Kaplande — Konipaliberg
2330 m — nicht unwesentlich zurück. Das Kapgebirge ist kein Randgebirge
der sfldafdkanisdien Hoohiidie; es ist aber anoh keine KllstMikordiUera Sfld-
Aftrikas, denn eine seiner Ketten nach der andem tancfat im indischen Oseane
nnter, nnd die daxwisohen gelegenen breiten Lingstller enden in großen halb-
kreisförmigen Bnehten; es ist vielmehr «n Teil der Abfidlregion Sfld-Afirikas,
die sich mit ihm keineswegs deckt.
Diese AbfaUregion glicht einem Hang, in den sioh Wildbach neben
WUdbach eingefressen hat Die Sanitnelbecken sind verwachsen; dazwischen
ist die letzte Spur des Han^^s versrliwiHuicn , er bricht darüber in einem
großen Steilrande ab; Reste von ihm tinden sieb auch luiterhalb der Sammel-
becken, da und dort zwischen den Abzugskanälen der einzelnen Wildbäche;
ne treten ans in den breiten Riedeln zwischen den Tälern Natals entgegen,
nnd hier zeigt sich, daß diese Böschung nicht mit einer Sdbidbitfiache identisdi
ist, scmdem nnahhingig vom Schiditban nadi der Art einer Bnmpfiflicfae ver-
lauft, Bnmpfflidiai aber entstehen nrsprttnglidi als Ebenen oder Fastebenen,
d. h. als ungeflüir horiiontale Fl&ohen. Danach haben wir uns die Ab£sU-
region Sfld-Afrikas hervorgegangen zu denken durch AnfwOlbong eines fiut
bis zum Meeresspiegel abgetragen gewesenen Landes.
Es liegt nahe, die sanft wellige Hochtiäche im Innern als die Fortsetzung,
als höchst gehobene Partie des alt^n Rumpfes anzusehen. Trügt sie doch in
vielen Stücken die Züge eines solchen: die vorherrschende Ebenheit, der
606
Albr«elit Penck:
Mangel an tief eingeeohmttiiien Tllem, das Aufireteii T<m ünselbecgea, ge-
Imllpft an hirteres Gestein, wie sie bezeichnend IBr alta Rompffiftchen sind
und wie sie von W. M. Dayia Monadnocks genannt wurden. So sebr vrir
geneigt sind, diese Frage von vornherein zu bejahen, so dürfen wir doch nicht
▼ergessen, daß sich unsere Hochfläche nicht in einem Puppenzastande befindet,
sondern wie jede andere LandoberflSche (Jem Einfluß von Wind und Wetter
ausgesetzt ist, die an ihr nagen. In lioch gelegenes Land kQnnen die Flüsse
tief einschneiden, warum tun sie es nicht in Süd- Afrika? Die Länge ihres
Weges xoitt Mmm aridirt dia Oeringftlgigkait ibnr Wii^MBgaii aiolit Wir
wissen, daB selv weitab vom OasMie mamdie StrOme sebr tief eingeaduitten
sind. Sohreitet docih die Erosion an unseren Flflssen anfwSrts.
Wir mflssen, tun die Antwort sa gewinnen, an nnsem flach eingeaehnittenen
Hocblandsflüssen abw&rte gehen. Sie fahren größtenteils zum Orange-Flusse;
diesem folgend erreichen wir das weite, gröBtenteils bebuschte Sandfeld im
Innern Süd-Afrikas, die Kalahari. Mancho Flüsse, wie der Malopo von Mafe-
king, verlieren sich in ihm; der Orange -Fluü hingegen findet seineu Weg
zum Meere, das er nach Überwindung zahlreicher Stromschnellen erreicht
Außer ihm quert nur ein Fluß das Kalaharigebiet: der Sambesi. Eine weite
Strecke fließt er zwischen sandigen Ufern dahin, da und dort über ein felsiges
Büf in ssinem Bette stttnend, seine Nebenflflsse inen unsieher im Sandgebiets
unher und senden absterbmde AnallnfBr in dieses hinein, schliefilidi hat
er am Ostzipfel von Dentseh-Sfldweet« Afrika alle seine Zuflüsse gesammeli
Majest&tisch fließt er in stattlicher Breite an der nen begründeten Hauptstadt
Nord-Rhodesias vorbei; da mit einem Male beginnt er über Felsen ra hfipfen
und stürzt sich dann jäh in seiner gansen Breite, 1500 m, in einen spalt-
fthnlichen Abgrund über 100 m tief hinab. Hoch steigt über dem Falle eine
Gischtwolke empor; Mosivatunja, tönenden Rauch, nannten ihn darum die an-
wohnenden Barotse. Aus dem Gischte füllt unaldassig Rcjjen auf die dem
Falle gegenüber liegende Seite des Abgrundes und zaubert hier iu mitten der
BOrrs ^ Stüde tropiaehen Urwaldes henror. Ein sdunalMr Ausgang fOhrt die
Wasser aus dieser ^Ohasm** heraus, in hOehst eigentflmliehen, tief eingesenkten,
schmalen Zieksaoka, die an ein System aufgerissener Spalten erinnern, sMmt
er weiter. Doeh vergewissem uns die HOhen, daft es aleli nioht um solche
handeln kann: sie sind bedeckt mit Geröll des Sambesi, weiches beweist, dafi
er einst oben geflossen und erst allm&hlich die Zickzacks ausgewaschen hat;
zahlreiche Steinartefakte im Goröllo ofiFenbaron, daß dies Auswaschen bis min-
destens 10 km unterhalb der Fälle unter den Augen des Menschen f't^scbah.
Die Mosivatunja- oder Victoria-Fftlle des Sambesi sind von anderm Typus,
als die zahlreichen Wasserfjille des östlichen Kaplandes, von Natal und Ost-
Transvaal, wo der Fluß sich über eine feste Gesteinsbank stürzt und ober-
halb wie unteihalb in ruhigem Laufe, manchmal in bfdiem Tale dahin-
scUingelt Der Sambesi durehsohneidet die Melaphyr-Decke nicht, deren Ober>
flftehe er oberhalb der F&lle enreioht, und unterhalb von ihnen reiht sudi in
seiner engen Schlucht Katarakt an Katarakt, so dafi er hier noch eine Tid
größere Höbe darchf&llt, als im unvergleichlich malerischen Sturze von Mosi-
vatunja. Die Wasserf&Ue am Ostabfalle des sOdafirikanischen Hochlandea sind
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Sad-Afrika uad SambesifftUe.
607
gebandoi an gewiaae SMlw, wo sich dar Arbeit des Flusses sehr Widerstands-
ftbige Gestsiiisbiake snigiifBiisIdleB; hat «r sie senigt, so wird der IUI
▼ersohwinden. Die MosiTatuiga-Fftlle sind eine Phase in der Entwicklang jenes
Stromes, der in die Lage versetzt worden ist, sein Bett zu vertiefen, und die
Vertiefung nun talaufwilrts trei})t. Der Fall wandert daher talaufwärts, seit-
dem seine Ufer bewohnt sind, um mindestens 10 km, und wird es solange
weiter ton, biä er ins Quellgebiet gerückt ist. £r hat aber noch sehr weit
dahin.
Warum befindet er sich gerade an der Grenze des Kalahari-Sandes ?
Stellen wir uns einmal vor, was geschehen wflrde, wenn der ohnedies
sehon nemHeh spiili^ BegoiftU in der ümgebnng der Eslahari nachlassen
würde; dann wttrde mit dem Sambesi das gesdiehen, was sich mit dem Mslopo
ereignet: er würde im Sandfelde versiegen und snnSchst nur gelegentliob,
schließlich gar nicht mehr das Meer erreichen. Die Sandmassen, die er
frachtet, würde er zu den übrigen der Kalahari gesellen; die Mosivatunja-
Ffille würden aufhören. Daß ein solcher Zustand einmal bestanden hat, lehrt
uns die Schichtfolge an jenen Fällen. Die Melaphyr -Decke, über die sich der
Sambesi stürzt, wird überlagert von roten Kalahari-Sanden; diese aber zeigen
die charakteristische Silifizienmg, die nach Passarge für Wüstenbildungen
dianktaistiseii ist Whr telistt am Falle selbst die fossilen Zeugen eines
früheren ariden Klimas, welches den Sambesi anssehlicBi Dieser ist ein
junger Floß, herrorgemfen durch einen Klimawechsel, der dem Innern Sfld>
Afrikas größere Feuchtigkeit sufBhrte, und dieser Ktimawedhsel kann nieht
gerade lang her sein, da der Sambesi seither seinen Fall nicht weit in das
Innere des Kalahari-Sandes zurückgetrieben hat.
Wenn aber früher im Innern Süd-Afrikas ein arides Klima herrschte,
da.s ilen Sambesi zum Versiegen brachte, dann muli auch Gleiches mit dem
Orange- Fluß geschehen sein, imd .«»eine verschiedenen Zuflü.s8e vom südafrika-
nischen Hüchlaude konnten nicht iu die Tiefe arbeiten, da sie hoch über dem
Meeresspiegel im Kalahari- Sandfelde endeten. Letzteres ist daher eine hoch-
gelegene Erosionsbasis für die Hochlandsflüsse, die in Funktion bitt, so-
bald das Klima trockner wird, als es heute ist Bei einer hodigdegenen
ErononsbasiB aber mufiten sich die moiphologischen Züge einer gehobenen
Rumpfifliche erhalten; ja mehr noch, wenn die Entwilddung Ton Bumpf-
flAchen von den Grenzen der Erosionsbasis ausgeht, so mußten in der Um-
gebung des Kalahari-Sandfeldes, ebenso wie an der allgemeinen Erosionsbasis
des Meeres, derartige Züge zur Entwicklunfr kommen.
Ich muß mir versagen, diese Frage weiter zu verfolgen und zu unter-
suchen, ob wir im Innern Süd-.\frikas vielleicht eine Rumpftiäche vor uns
haben, die iu der Peripherie eines Binnengebietes in großer Meereshöhe ent-
stand, und unterlasse anoh die ErOrtemng der wdteren Frage, ob die Bumpf-
fllche, aus der der Abfall Sfld-Afrikas besteht, der abgebogme Saum eines
derartigen innezkontinentalen Rumpfes ist, obwohl es prinsipidl Ton groBer
Bedeutung ist, an entscheiden, ob der hantig» Umriß von Süd- Afrika dadurdi
entstanden ist, dafi eine größere, bereits vorhandene Hochfläche durch rand-
lidies Abbiegen verkleinert wurde oder ob sich eine tie^elcgene BumpfiBlche
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608
Albrecht Penck:
m <ia«r Hochfllclie emporirdnite. Es mag g«iillg«ii, autsoqKredieiif daB imt«
allan ümaUddeD SOd-Afrika daa variM^ana BamplHlolia itt, denn Ibitrtalrai^
unabhliigig von der geologischen Struktur ilcs T^andea ist und deren Ver-
biegnag fioh im dia Leitlinien des geologischen Baues nicht kümmert Diese
Verbiegiing aber wird maßp-bond für don rmriß Süd-Afrikas. Wir haben es
also nicht bloß mit Küsten /u tun. die sich an Faltungszonen und Ver-
werfungen knüpfen, sondern auch mit solchen, die ihren Verlauf jenem Vor-
gang danken, den wir heute Verhiegung, den ältere Forseber kontinentale
Hebung und SeDkang nennen.
Lenkt dia ObarfllehengestaU Sfld-Afrikas daa BBak auf dia in neomr
Zeit viel arOrtaitan Fragen oaeli dar Entstehung von ttmnpfflftdien und Yw^
biagnngan, ao bietet sone innere Znsammenaetnmg noch mandi aadarae Problem
auf dem Ghrenigebiete zwischen Qaomorphologie und Geologie. Beteiligen üA
docb am Aufbau Süd-Afrikas fast ausschliefilich kontinentale Ablagerangen.
Lediglich nahe der Küste finden sich im Kapgebirge marine devonische, und
längs des Süd- und Ost-(iestadt'S marine cretaceiache Schichten. Das ganze
mächtige Karroosystem ist kontinentalen Ursprungs. Die geologische Ver-
gangenheit zeigt uns daher fa.st durchweg ein größeres Süd-Afrika. Eigen
femer eine Beziehung zwischen Schichtfaltung und vulkanischer Tätigkeit:
Im Kapgebirge, detoen Zusammaitttainmg dia banaehbarlMi KanooeAlditen
mit begreift, fdilen die Lqaktionen von Dolariten, die in den benachbarten,
nngafalteten Kairooichiehtan so anBerordentlicb micbtig sind, daB ihnen mm
gntaa Teile die Höhenlage nuniefareiben ist, die jene aireiahen. Interaesant
auch dia letzten Nacbsflgler vulkanischer Tätigkeit: iie IBhrten lediglich nr
Öffnung von Kruptionsschloten, die mit ausgeworliBOem und eingebrochaaam
Material erfüllt sind. Man hat in Süd- Afrika wie in Schwaben nicht wenige
Vulkanenibryoneu, aber sie haben dort größere wirtschaftliche Bedeutung;
denn sie txlhren die Kapdiamanten. Keine Tatsache aber erscheint be-
merkenswerter, als das Auftreten jener glac ialen Ablagerungen an der Basis
der Eaxrooschichten, die als Dwyka-Konglomerat seit längerem bekannt sind.
Der Name ist irrelaitend, ea handelt aoh nicht um ein Konglomerat, ähn-
Höh dem deutschen Botliegandan oder der schweixeriaohen Nagelfluh , son-
dern um ein Qestein, das auft Haar einem Terfeetigtan OeecMebelehm, in
Bchottland TiU genannt, |^cht Ea mOga daher „Tillii^* heißen. Dort, wo
es frisch und unverwittert aufiaritt, ähnelt es einem Diabaa-Tuff^ dem fremde
Gesteinsbrocken in mehr oder minder großer Zahl eingesprengt sind; kein
Wunder daher, wenn es anfilnglich als Eruptivgestein aufgefaßt worden ist.
Dort aber, wo es etwas angewittert ist, lösen sich die einzelnen Gesteins-
brocken heraus, und man erkennt, daß es sich um gekritzte Geschiebe
handelt, die von den Scheuersteinen unserer Gletscher absolut nicht zu unter-
scheiden sind. Sie liegeu auf den vom TÜHt eingenommenen Obei^ächen
ebenso an Tausenden und Abertanaenden umher, wie auf den Jungmoitneii
Obeitehwabeaa. Im Sudan, im Eqtgebirge, iat der Dwyka-TSUit der dort henr»
aohanden Sofaiehtfolga ragdmältig eingaidhaltat, er liegt im untorsten Olieda
des Earroosystems, das sich unmittelbar an das Kapsjstem anschließt, und
er madit hier die Faltungen beider rogelmäßig mit: man kennt Mulden und
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8fld-A£zika nnd Sambetif&Ue.
609
S&ttol des Tillii Im Noitlen und Osten aber bildet der TiUit die Basis de»
KaROo^Titoou, du och diskordaat Aber dort auftretende ttltere Systeme
breitet, bald ftber das TraosTaalsystem, bald Aber das Vaalsyitem, bald
endlieh Uber das llteste Grundgebirge, hier und da anch Uber Sandstein-
decken lagert, die als Äquivalente vorn unteiaten Gliede des Eapsystema,
dem Tafelsandstein, angesehen werden. Wo nun aber der Kontakt awisehen
Tillit und seiner Unterlage gut entblößt ist, da sieht man letztere geschrammt,
ganz ebenso wie die Sohle eines Gletschers. Das zei^t sich nicht nur an
einer Stelle, das zeigt sich vielerorts auf weitem Gebiete: ich sah die ge-
schUfFenen Flüchen ebenso an der Küste von Natal, wie 700 km landeinwärts
am Yaaläusse, und ich sah nicht bloß Vorkommnisse, die bereits in der
Idtsratur bestluieben sind, sond«ni fand audi in der Nadibarschaft weitere,
bisher niebt bekannte. Danach kann kein ZweifU darüber sein, der Tillit ist
die Orundmortne einer uralten Veigletschemng. Woher diese kam, darüber lassen
die Gletschenohliffe kmnen Zweiisl: sie laufm allmthalhen in nordsüdüeher
Hichtnng, hier mehr westlich, dort mehr östlich. Die Ausdehnung des Tillits
offenbart uns ferner, welcher Art die Vergletschening war: er schmiegt sich
den Wellungen seiner Unterlaije an. füllt Mulden aus und zieht sich über
Höhon; das Eis, das ihn ablagerte, kümmerte sich nicht um den Wechsel von
Berg und Tal, es war ein Inlandeis. In dieser Art kennen wir seine Spuren
auf zwei Seiten eines Dreiecks, dessen Spitze unfern Pretoria, dessen anderes
Eck nördlich Durbaus, dessen drittes am Orange-Flusse bei Prieska gelegen ist,
also an swei Seiten eines Dreiecks, vergleichbar auf deutschem Boden d«n
Dreiedr Kassel'EOmgsberg'Erakau. Audi Ober das Alter des alten Inland-
flises kann nidit der mindeste Zwmfel herrschen. Über dem Tillit von
Transvaal lagert die dortige Kohlenfonnataoo mit ihrer Qlossopteris-Flora;
im Sandstein unmittelbar über dem Tillit von Verein icring am Vaalflusse findet
man die Reste von Sigillarien. Man hat es hart an der Grenze der Tropen-
zone zwischen 26" und 31" s. Br. mit den Spuren eines permocarbonen
Inlandeises zu tun, das sich polwärts bewegte, und schließlich seine Moränen
in eine konkordante Folge paläozoischer und mesozoischer Schichten breitete,
in denen wir sie noch 500 km gegen SW verfolgen können.
Um ^ßesen Befund in seiner ToUen Tragweite an Terstehen, mfinm wir
uns daran erinnern, daß bei der gegenwtrtigen Verteilung Ton Wasser und
Land und unter dem heutigen Klima Inlandeismaasen nur in den Polar-
gebieten odw deren nidister Nachbarschaft Torkommen, und daß die groBe
Yerschiebung der Klimagfirtol während des Eiszeitalters das Inlandeis Nord-
Europas nur bis zum 50. Gra<l n. Br., das Nordamerikas nur wenig über den
40. Grad anwachsen machte. Um unter den gpg»^nwartigen geographischen
Verhaltnissen ein Inlandeis in Süd-Afrika ins' Dasem zu i-ufen, müßte die
Scbneeprenze um 2UOO — m honibgesenkt werden, d.h. nur wenitrc Teile
der Erde würden der allgemein werdenden Vereisung entgehen. Mau muß,
um die pennoearbone Vergletscherung Süd-Afrikas ▼erstehen zu lernen, an
großartige geographische Yerftuderungen auf der Erdoberfliche denken. Diese
kSnnen sweierlei Art gewesen smn: entweder ragten damsls in der Nfthe
des Wendekreises des Steinbocks in Süd-Afrika Gebvge so hoch auf, daß
I
I
610 Albrecht Penck: Süd-Afrika und Sambesifälle.
t&ek Ton ihnen ein Tnlandwi Aber dat angremende Lud brnten koonta,
oder war die Lage dea Qelnetea rar Erdaehte eine andeie ala iMote.
Kwneswegs kann lir Annahme einer bloßen Veränderung in der Terteilang
TOn Waaier und Laad ein Inlandeis am Saume der Tropen erkllriieh machen,
denn wir haben gerade in der Nähe der Wendekreise heute so verschiedene
Gruppierungen von Wasser und Land, daß wir uns kaum eine weitere, für
die F'ntwicklung von \ ci ijlct^i herungen günstigere vorstellten können. Be-
rücksichtigen wir, daß zur Entwicklung einer Verglet^cheruug mehr schneeiger
Niederschlag erforderiieh iat, als geschmolzen werden kann, lo will uns nicht
sonderlich wahneheinlioh Torkonunen, daB die sehr große HOhe einea Gebirges
anr EntwicUung eines Inlaajleisei» genüge. Je hOher das Gebirge, desto dfinaer
die Luft, desto geringer ihre Tragkraft für atnosphlrische Feaehtigkeit, desto
grOfier die unmittelbare Wirkung der Sonnenstrahlen. Geringer Niederschlag,
groBe Ablation sind die Kenn/.eiohea sehr großer Hohen. In der Tat sehen
wir auch, daß deren Vergletschernng keineswegs eine sehr bedeutende ist
Gering ist dit> Vereisung <1ps Hochlandes von Tibet, und selbst unter den
klimatischeu Verhiiltnisscn dps quartären Kiszeitaltprs ist dort, soweit unsere
Kt'niitiiis reicht, kein lulaiidt is crz-fugl worden. Wir sind um so eher geneigt,
an die Möglichkeit eiuer Verschiebung der Lage Süd-Afrikas gegenüber der
Erdachse sn denken, als die Sporen einer permoeatboiiMi KsMtt in 8td>
Afrika nicht allein stshen: wir kennen solche anch ans YordeivLidien und
vor allem aus Sttdost-Anstralien. Sollten fiberall hier gerade an der Granse
der Tropen Gebirge T<m solch gewaltiger Höhe gewesen sein, daß sie Ldaad-
eismassen sn erzeugen vermochten; Gebirge von einrr Höhe, die die einflS
Hiinalaya weit hinter sich ließen? und sollten sich während der Permocarbon'
Pcriüde gerade in niedereu Breiten Inlandeismassen bilden, während wir aus
höheren Breiten bisher nirgends die Spuren eines entsprechenden Tillits kennen?
Dazu kommt noch eins: wir kennen aus Süd -Afrika nicht bloli die
Spuren einer älteren Eiszeit. Der ausgezeichnete Geologe des Kaplandes,
Arthur W. Rogers, hat auch an der Basis des Kapsystems, im mutmaßlich
silttrischen Tafelberg-Sandstein, einen Tillit entdeckt, der gekritste Geschiebe
▼on echt gladalem Charakter führt. Femer hat er kflrslich in einem noch
tieferen HorisontOf nimlich in den Pretoriaschichten des TraasTSal-Sjstems,
^eichfslls Tillit gefunden, aus dem er mir Geschiebe vorgel^ hat, die ich
gleichfalls für glacial geschrammt halten muß. Sollen wir eher annehmen,
daß sich in Süd-Afrika wiederholt riesenhohe Gebirge erhoben, die Gletscher
speisten, oder sollen wir annehmen, daß es durch l&ngere Zeit hindurch sich
in größerer Polnähe uetaiidy
Wfiiu wir von der Vt-rschiebung. vnn d»'r Lage eines Landes gegenüber
der Erdachse sprechen, so duiten wir uicht bioü au die oft erörterten Ver-
schiebungen der Lage der Rotationsachse im Erdkflrper, sondern anch an die
Möglichkeit von Yenchiebnngen der Erdkruste gegenflber d«n Erdkern denken.
Beides kann xur gleichen Wiiknng, nimlich su einer Breitmi- und LBagen*
Änderung einselner Orte fBhien. Aber diese Indenmgen müssen bei Be-
wegtingcn der Erdachse für Antipodenpnnkte entgegengesetzter Art sein, wss
bei einer Verschiebung der Kruste gegenflber dem Erdkern nicht unbedingt
Digitized by Googl ;
H. Keller: Die Abflußerscheinungen in Mittel-Earopft. 611
nStig ist Die Antipodeapunkte der drei Gelnete pennocMbinier YergletMdie-
mng fallen ins Meer, in den nfttdlidien und sftdlidiin stillen Oseen und in
den nördlichen atlantischen, sie gewähren kein Matena! zur Entscheidnng
unserer Frage. Aher im Droieck zwischen jenen drei Antipodenpunkten liegt
Land, nämlich der Südzipfel des uordameri^anischen Kontinents, und hier ist
nicht die leiseste Spur einer pormocarbonen Eiszeit bekannt jtreworden. Dieser
Mangel legt uns nahe, die Bewegung der Erdkruste in horizontalem Sinne
als eine ernsthaft in Erwägung zu ziehende Arbeitshypothese ins Auge
zu fassen.
80 flhrt die Betrsoiitnng Sfld-Aftikis und seines Bchiehtinhaltes anf die
groBe Fondamentslfrafe der Erdkunde: inwieweit ist die Lage «nes StlUdEes
anf der Erdkruste als stabil ansusehen? Llngst schon iit erkannt, daß sie
in der Vertikalen nicht veränderlich ist, es gibt Helrangs- nnd Senkungs-
erscheinungen die Hfille und Fülle, und die meisten tragen den Charakter
Ton Verbiegungen, sogenannten kontinentalen Hebungen und Senkungen. Die
Schichtfaltungen, die insbesondere in unseru Hochgebirgen auftraten, haben
femer seit geraumer Zeit schon zur Annahme eines Horizontalschubes in der
Kruste geführt, der notwendigerwt>ise zu Veräudorungen der geographischen
Koordinaten der Orte führen muß. Au solche iu ziemlich weitem Umfange
;ni denken, legen die Bigebniase der Fomdiungen anf sfidalUkanisfllieRi Boden
redit nahe.
Diese Foisohungseigebnisse auf dem Felde, auf dem sie eilislten worden
sind, kennen gdwnt su haben, ist fttr mich kein geringerer Gewinn als die
große Erweiterung des geographischen Horizontes, die mir die, wenn auch
flüchtige Reise bis zu «Ion \'ictoriafällen des Sambesi gewährt hat. Dankbar
gedenke ich der Einladung »1er ,,British Association", die mich dorthin führte,
freudig erinnere ich mich des Zusammenseins mit britischen, südafrikanischen
und andern Forschern, und belästigt hat sich in mir das (iclühl, daß, je höher
die Aufgabe ist, die wir Menschen uns stellen, desto geringer die Unterschiede
zwischen uns werden. Der Drang zur Erkenntnis ist ein einigendes Band
der Menschheit, nnd die Körperschaften, die ihn bei den einzelnen Nationen
pflegen, arbeiten an der VerroHkommnung unseres ganzen Geschlechtes.
Die AbfliBeneheinnDgen ii Mitt«l-Empa.
Von H. Keller.
(IGt 9 Korrentafebi auf Doppeltafel Kr. 9.)
„Die Flußkunde als ein Zweig der physikalischen Geographie'* hat
A. Penek den einldtraden Aufeatz des 1. Bandes der „Zeitschrift für Ge-
wisserkunde** betitelt Er spricht darin den Wunsch aus, es mOchten „die
praktischen Gesidiispunkte, welebe fllr die Begrflndnng fluBkundlicher Amter
maßgebend gewesen sii^, nicht den alleinigen Leitstern ihrer Tätigkeit ab-
geben". Dies dürfte rechtfertigen, daß wir den Lesern der „G. Z." in ab-
gekfkrzter Form eine Untersuchung fiber die Abfluflerscheinungen in Mittel-
Digitizoü by C3t.)0^lc
612
U. Keller:
Europa mitteilen, die glnehseitig in onierem ^ahrinieh fllr die Gewlmor
kude Novd-DeatuUands** ▼evOffenÜielit wiid.^)
Für die BedOrfnisse dee Wasserbaas handelt es sieb hanptrihiUidi m
die EnnittLiing der Beziehungen zwischen Abfluß und Niederschlag zur Lö-
sung der Aufgabe, für ein Flußgebiet mit bekannter Niederschlagshöhe die
ihm wahrscheinlich /ukommoiiilH AbHulihr)he oder »las Abflußverliültnis zu
finden. Unsere Unt<'rsii( imng dieser Fragt; hat dazu gotiihrt, den vom Wasser-
dampfe fremden l'rsjtruuges berrülirenden Teil des Niederschlags (die Meeres-
zufubr) zu unterscheiden von dem Teile, der durch abermulige Kondensatiuu
des im Flu^biete selbst durch VerdunstuDg entstaadeoen Dampfes erzeugt
worden ist (von der LaadTerdnnstnng). Um Anhaltspunkte Ar die LSsong
jener Ao^be xu gewinnoi, war es nötig, den Zusammenhang der Abfloß- •
enoheinnngen mit der Gesamtheit der kÜmal»sdien ErseheiniuigeB fo"l*i4tt-
klarzulegen.
1. BeBieliungen swieolieii Niederschlag, Abfluß und Verdunstung im
JahresmitteL
Wie sich die Klimalebre vor allem mit den mittleren Zuständen der
von ihr bebandelten Ersclieiuungen in den verschiedenen Teilen der Erdober-
fläche beschäftigt, haben auch wir die Betrachtung der Beziehungen zwischen
Niederschlag, Abfluß und Verdunstung im Jahresmittel als den besten
Weg erachtet, die Eigenart des Auftretens dieser Erscheinungen in den ver-
schiedenen Flußgebieten Mittel-Europas kennen m leinen.
Bezeichnet man die mittlere jlhrliche Kiederschlagshöhe änes Fluß-
gebietes mit X, die entsprechende AbflußhShe mit p und die entsprechende
Verdanstunghöhe mit ^, so gilt die Gleichung x^if -\- t. Für E^zeljahre
trifft diese Gleichung nicht genau zu, da in nassen Jahren, die auf trockene
folgen, ein Teil des versickerten Niederschlagswassers zur Auftiillung der
unterirdischen Wasservorrüte zurüekgehallen wird und erst später zum Abfluß
gelangt, wenn iji einem abermals trockenen Jahre die fließenden (iewli.sscr
von diesen Vorräten zehren. Im Mittel einer genügend langen Jahresreihe
gleichen sich aber die durch Aufspeicherung und Speisung ei,ntretenden Ver-
sohiebungen aus, wenigstens im Jabranaittel, freilich nicht im Mittel der
Halbjahre, worauf wir spftter noch zurfickkonunen. Wird ferner das Abfluß-
verfaftltms y : « » und das Verdunstnngsverhiütnis gtx — v^ benannt, so
ist t — 100%> ^ \ieiäe VerU<nistahlein eigflasen Mnander sn
1 oder zu 100%. Die oben erwihnte Abhandlung im „Jahrb. f. GewÄsserkde.**
enthält bildliche Darstellungen dieser Beziehungen, von denen wir hier in ver-
einfachter Form die Beziehungen der AbHuß- uud Verdunstungshöhen zu den
Niederschlagsbühen niitteileJi (Tat. 9 Abb. 1 ). Bei dieser Darstelhing sind die
Niederschlagsb<then .r als Abszissen, die Abflußhöhen // und Verdunstuiigs-
höhen z als Urdinalen in ein rechtwinkliges Koordinatennetz eingetragen.
Die Endpunkte der durch Siunniieruug dieser bttden GrOßen entstehenden
Ordinatou (x = y -\- z) liegen auf einer um 46* ansteigenden Linie.
1) Besondere Mitteilungea, Bd. 1 Nr. 4, Berlin 1906.
Die Abflafiertcheinnng«!! in Mittel-Burop«.
613
Unsere Untersuchung erstreckt sich auf den größten Teil des aus Deatseh'
Iftad, West -Rußland, Österreich und der Schweiz bis zum Hauptkamme der
Alpen bestehenden Mittel-Europa. Sie umfaßt eine 834 300qkm große Land-
fl&che, die ontwässert wird von den Strömen Memel, Pregel, Weichsel, Odor,
Elbe, Wesor und Ems bis nahe zu ihren Münduuiren f nördliches Mittel-Europa),
vom Rhein bis Köln und von der Donau bis Wien (Alpenstromgruppe).
Diese Begrenzung war geboten durch Rackaichtnahme auf die Lage der Meß-
stollen, für weldie die AbfinflhOhen durch nhlniche Abflnfimernngen nndy
lamgjihxige Wasaerttaadsbeolmditniigen bekannt und ihre Beiidiiiagen sa den
NiedencUagshOheii der bis dorthin entwftsserten Gebjetsflachwt in den von
uns henntsgegebenen Strombeschreibungen oder durch ergänzende ünter-
SUChungen ermittelt sind.M Unberücksichtigt mußten bei der Gesamtbotrach-
tung bleiben: das Donaugebiet unterhalb Wien, das niederrheinische Gebiet
unterhalb Köln, die unterhalb d^r Melist eilen liegenden Teile der Strom-
gebiete dfs nördlichen Mittel - Europa und die Küstonflußgebiete. Bei der
Einzelbetrachtuiig sind jedoch auch hierher gehörige (irfbietsteile herangezogen
worden, über deren Abfluß- und Nicderscblagshöhen Ermittelungen vorlagen.
Dabei zeigt sich, was ja aiidi sn erwarten tet, daB die Bttnehnngen swisehen
diesen Werten bei ihnen von gleicher Art sind wie bei den benachbarten
Gebieten der 834 300 qkm grofien Landflicfae.
Jn der bildlichen Datstellung (Abb. 1) entepridit jedem der genannten
9 Stromgebiet« ein Punkt y), der die Beziehung zwischen Abfluß- und
Kiederschlagshfthe ausdrtickt, sowie ein Punkt (r, z) als Ausdruck der Be-
Ziehung zwischen Verdunstungs- und Niederschlagshöhe. Aus den Summen
der Abfluß- und Niederschlagsmassfm der 7 Stromgebiete des nördlichen
Mittf^l-Europa lilßt sich die mittler»' Abtluli- und Niederschlagshöhe für ihre
ganze Flüche berechnen, ebenso aus den »Summen des Rhein- und Dunau-
gebiets für die Alpenstromgruppe und aus den Summen aller 9 Stromgebiete
für das gesamte Ifittel-Siiropa, anf das sich unsere üntersoehuog erstreckt.
Diesen Hanpligmppen entspseohen nuthin gleichfalls Punkte der Pnnktsdiwftnne
(«, jr) und (x^ i). Da aber in ihnen die Wirimngen der einseinen Strom-
gebiete konsentriert sind, so bestimmen sie die Lage der Mittellinien beider
PunktschwSirme, nimlidi sweier geraden Limen, deren Bichtang dnrdi die
Punkte der Hauptgruppen vorgeschrieben ist.
Die durch diese Punkte (x, if) der 3 Hauptgruppen vorgeschriebene
Mittellinie des l'unktsohwarmes ( r. v) jener 9 Stromgebiete benennen wir
Hauptlinie des Abflusses; sie steigt sehr steil um 43" 17' an, tg(. =
0,942. Die ihr zugeordnete Mittellinie des Punktscbw^armes (jr, z) benennen
wir Hanptlinie der Verdunstung; sie steigt sehr sohwaeb um 3' 19' an,
tgc — 1 — tgo == 0,058. Ein beliebiger Punkt (ar, y) eines Stromgebiete
1) R. Fritzsche (Niederschlag, Abfluß und Verdunstung auf den Landflächen
der Erde. Z. 1". Gewässerkde. \U{. 7. S. 321i hat die in unseren StrombCBchrei-
buDgen enthaltenen Angaben über die jährlichen AbÜußmaaaen der Stromgebiete
inibDiieh anf die gansen Oebietsflftehen besogen und nicht mit den ihnen ent-
sprechenden Niederachlagsmassen vorglichen. Die von ihm berechneten AbflnO«
TerhältniHzahlen sind daher nicht richtig, meisten» viel au klein.
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614
H. Keller:
weicht mehr oder weniger von der Hauptlinie des Abflusses ab; die in der
Ordinate geuiessene Abweichung bezeichnen wir mit r, das durch den Flächen-
inhalt de> (Jebiets dargestellte Gewicht mit f. Da die Punkte der 3 Haupt-
gruppen auf der Hauptlinie liegen, sind die ihren Gebietsflächen F^^ F,,
zugehörigen Abweichangen C|, e,, s&mtlich gleich NulL Für den Punkt
(x, y) des gesunten Mittol-Eiiroi»a ist F^ e^^ 0, also Miefa für lUe 9 Strom-
gebiete — 0, weil — ist In dendben Waite gUt Ar die 7
Stromgebiete des DOrdllcben Mittel-Biiropa die Qleifthimg jP, • ^ » £{f ' e) * 0
nnd für die beiden Stromgebiete der Alpenitromgrappe die Glaiehmiig F^*€^
— 2?(r-e) — 0.
Tabelle 1.
Nr.
Gebiet oder Gruppe
Fischen-
Inhalt
(qkm)
^'m T AbfluS
«(nun)' y (mm)
Vt-riluii-
«tuiig
z (mm)
Aliwci-
chviug
c (mm)
AbfluB-
verh<uu
Verdaa-
■tnng«-
verhsltal*
(%)
1
8
8
4
5
6
7
8
9
Hemel (bis Tilsit)
Presel (bis sor Strom*
teilung)
Weichsel (bis zur
Strointeilung i . . .
Oder (biB Hohen-
Elbe (bii Artlenburg)
Weaer (unterhalb Al-
lermflndaug) . . .
Em8 unterhalb Hmc
iniindun^) ....
Rhfciu \\t'\s Külu) .
Donau .bis Wien)
91 800
18 600
198 000
1U9 600
184 900
37 ÜUO
8 200
144 300
101 600
679
680
680
588
601
713
729
911
1086
196
164
168
160
168
247
276
472
646
888
486
468
488
448
•
466
454
489
4Ü1
— 66
— 18
+ 81
— 1
-1- 8
-f 19
+ 6
— 19
-f 26
88,9
86«6
86,6
86,6
86,8
34,7
37,8
öl,8
68,6
66,1
T8^
74,6
74,6
78,7
65,3
62,2
48,2
47,4
I
n
m
IV
V
Ostgnitipe
ü bergan (irsgmppe . .
WestgTiippe . . .
297 yOO 605
244 400 1 696
46 100 1 716
169
166
263
486
440
464
— 4
+ 1
+ 17
28,0 1 72,0
26,0 1 74,0
35,8 1 64,8
Nördliches Mittel-
Alpenstrotngmppe
688 400
245 900
610
962
170
602
440 1 0 ! 27,9
460 1 0 1 68,8
72,1
47,8
VI
Gesamtes Mittel-
Europa
884 800
714
868
446
1
0 1 87,6
62,6
Während nach Tabelle 1 die Abweichungen der Punkte (j", tj) und die
ebenso großen, aber in entgegengesetzter liichtuug vorhandenen Abweichungen
der Punkte (x, z\ von den beiden Hauptlinien teilweise hetrilchtlicho Größe
haben, verschwindeu die Abweichungen vollständig, sobald man die Wirkungen
der Stromgebiete Kr. 1 — 7 im Pnnkti des nördlichen Mittel-Enropft (Nr. IV)
konsentriert, ebenso bei Konaentrienmg fttr Nr. 8 und 0 im Punkte der
Alpenstromgmppe (ETr. T). Lmeihnlb jeder dieeer beiden Haaptgmppen
eben sich nlso die swisohen ihren Stromgebieteii bestehenden GegensitM aus.
Dies tritt besonders deutlich hervor, wenn fllr das nOrdliche Mittel-Europa
die 7 Stromgebiete in 3 klimatische Gruppen geordnet werden, wenn man
also Memel-, Pregel- und Weichselgebiot zusammenfaßt als Ostgruppe (Nr. I),
Oder- und Elbegebiet als t^bergangsgruppc (Nr. II), Weser- und Einsgebiet
als Westgruppe (Nr. III). Dann zeigt sich, daß scharfe Gegensiltze, die inner-
halb dieser Gruppen vorhanden sind, ebenfalls ausgeglichen werden, nament-
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Die Abflnflerteheiiiuiigeii in lIUteUEnrop». 615
lieh der scharfe Gegensatz bei der Oatgruppe zwischen dem Memel- und
Weifhselgebiet; die Abweichungen von — 56 mm ftir das flachländische
Memelgebiet und von -|- 21 mm für das in seiner Südhälfte aus Gebirgs-
und Hügelland bestehende Weichsclgebiet vermiDdem sich bei der Zusammen-
fassung auf — 4 mm für die Ostgruppe.
Die Art und Größe der Abweichungen e von den Haaptlinien des
AbiuBBes und der Verduiistung kennxeichneii denmaeli das vom DorohsehiiitlB-
verhalten sSmflieber Stromgelneto «bwodiende Bonderverhalten der «in-
telnen Stromgebiete. Die HanptUme des AbAnsies drftckt das Abflnfi-
gesetz für Mittel-Suropa beim Durchschnittsverhalten aus. Die
Hauptlinie der VerdnastOBg bildet den Ausdruck für das im Durchschnitt
gültige Verdunstungsgesetz, das die Folge des Abflußgesetzes ist (tgot' =
1 — tga). Die Abweichungen der Punkte (r, von dieser Linie haben
dieselbe Größe, aber entgegengesetzes Vorzeichen wie die Abweichungen der
Punkte fa*, if) von der Hauptlinie des Abflusses. Die Gleichungen beider
Linien, nach denen die Abweichungen c zu berechnen sind, lauten in ab-
geinindeten Zahlen
y = 0,942« —405, t — 0,068« -|-40ö (in mm) .... I
WBren Ar sftmtliche Teile jener Stromgebiete, d. h. ftr alle einxelnen
Gebiete ihrer Nebenflflsee, die Werte z durch besondere Ermittelnngen
bekannt, SO würde man in derselben Weise aus den Eiuzelwerten der Gebiets-
teile die Lage der beiden Hauj>tlinien ableiteli können Wenn kein Gebiet
unberücksichtigt bliebe, so Tiiüüten die Mittellinien der Punktschwärme (j, y)
und (x, e) dieser Einzelgebi< te genau den nach Tabelle 1 abgeleiteten Haupt-
linien entsprechen. Vorlauhg liegen jedoch nur für verhältnismäßig wenige,
ungleichmäßig verteilte und verschieden große Einseigebiete Ermittelungen
Tor. In Tabelle 2 (auf der folg. S.) sind die im ,^a]irb. f. Oewftsserkde.**
a. a. 0. mitgeteilten, dort nach der NiedersdilagshQhe geordneten Zablenwerte
fOr 60 Flufigslnete nach der AbfloBhfihe geordnet, die im Jabresmittd als
gleichbedentend mit der Meereszufnhr angesehen werden darf. Unter Hinweis
auf die zweite Fußnote mr Tabelle 2 sei bemerkt, daß die bei den Gebieten
Nr. 23, 50, 58 und 59 vorgenommenen Berichtigungen der ermittelten Zahlen»
werte in der genannten Veröffentlichung näher begründet sind.
In Abb. 1 sind die den 9 Stromgebieten der Tabelle 1 und <lt'n CtO
Einzelgebieten der Tabelle 2 ««ntsprechenden Punkte (j*, y) schwarz, die zu-
gehörigen Punkte (x, rot eingetragen, außerdem die 3 Punkte der Haupt-
gruppen, weldie die Lag» der HaaptUaien bestimmen. Yon letsteren ab-
gesehen, bestellen die beiden Schwbme des Abflusses und der Yerdonstong
ans 69 Punkten, fttr die selbstrenttadlich jene Bedingung £(f'€) — 0 nieht
gelten kann. Yon den Punkten der 9 Stromgebiete müssen annShemd glndt
▼iele nach oben (4) und nach unten (ä) von der Hauptlinie des Abflusses
abweichen. Daß von den übrigen 60 Punkten 35 über und 25 unter dieser
Linie liegen, ist vorwiegend Zufall, da die zur Verfügung stehenden Ermitte-
lungen über die Abflußverhültni-se der Einzelgebiete nicht planmäßig, sondern
für ganz verschiedenartige Zwecke vorgenommen worden sind. Für die ver-
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616
H. KelUr:
Tabelle 2.
Nr.
Flnfigebiet
y
mm
ff
mm
X
w
*J
-iß—
Flachlandsgeb
iete.
1
Obere Netie
94 1
886! 460
m
Oflsft ....
w.
891 <
488
•1
it
HuveP . . .
108
460
55H
Ä
%
Warthe . . .
180 . 882
612
9'» 1
K
O
Mmot. Seen
187
406
548
ZO, J
V
Ferse ....
189
496
664
'»1 R
7
Drewenz . . .
161
876
697
9
AUe . . . .
180
870
660
119 W
a
V
Brahe ....
181
:^79
5ß0
10
Untere Netze .
182
3Ö3
686
34,(1
11
Ilmenaa . .
193
400
698
82.6
12
Schwanwaner .
198
351
549
36,1
18
Ihna ....
221
876
696
87,1
1*
Drage. . . .
394'
404
698
8%7
1'»
Kfidflow . . .
282
355
587
39.G
16
Persaate . . .
264
421
686
38,6
17
H.-Ka ....
289
416
698 ; 40,4
IS
Stolpe. . . .
284
498 : 719
89,9
Gemischte Gebiete
19
MittL Oder . .
176
490
666
26,8
fO
Aller ....
998,
448
669
33,7
21
Mittl. Weser .
263
4«1
744
.Sö,3
28
Mulde (Daben).
806.
447
768
40,6
411
Bmteher^ . .
84»,
480
788
44.8
Lippe ^mm).
888 i a9 1 890 ; 47,8
Gebirgagebiete.
25
Untere Saale .
168
445
613
27.5
2»>
Muldau . . .
177
501
681
26.0
27
Tanber . . .
183
517
700
26.1
28
Main ....
1H7
470
»157
28.5
29
Böhmische Elbe
VJ2
500
Gy2
27,8
Nr.
Flnflgebiet
mm j mm
30
31
82
33
34
35
M
37
38
4tl
41
42
43
44
45
40
47
48
49
50
51
62
68
64
66
50
57
58
59
00
E>?er . .
Fulda . .
Obere Elbe
Oker»). .
Enz») . .
Obere We«er
Obere Oder") .
Jagat ....
Werra. . , .
Weißeritz . .
Kocher . . .
Doiiftii(obb.ül]ii)
Saar ....
Mosel ....
Obere Eder. .
Obere Saale .
Lacbsbach . .
Chemnitzbach .
Beczwa (Wsetin)
Herzberger Teich
Sengbach*) . .
Obere Wupper.
Ezchbach . .
214
981
988
248
947
967
268
280
289
306
309
310
381
884
35.;
864
433
471
482
577
091
482
529
624
647
568
492
541
448
441
535
524
483
434
430
4^:.
449
481
497
489
481
382
840, 898
864*897
696
760
762
790
I 815
749
809
728
730
841
«3;i
793
I 765
; 764
h3h
813
914
968
I 971
11008
1073
.1988
ll961
50,8
80,4
81,8
30,8
30,8
34,8
33.9
38,4
39,6
36,4
37,2
39,1
43,2
43.7
42,1
44.7
47,5
4>^,6
49,7
57.2
64,4
67,9
68,8
Alpenflnfigebiete.
luv .... 580! 406 1 986|68,8
Donau (Keicht- I
^'reuze; . . . | 585 415 1000 58,5
L. c h . . . . 780 389 1169. 66,7
Hier . . . . I 885 364 12891 71.5
Enns . . . . ! 900 550 1450, 62,1
Inn ( Kufstein^*) ; 924 485 1359,68,0
Inn (Innsbruck)»)! 990 376 1365 72.5
Traun. . . . [1123 606 1729 64,9
gleichende Betrachtung erscheint günstig, daß im ganzen die Zahlen der über
und iinttT der liauptlinie liegenden Punkte (30 und 39) nicht allzu ver-
schicilen .sind. Die Untersuchung erstrecke, sich daher auf 30 Gebiet« mit
einem gegen den Durchschnitt mehr oder weniger großen Abflußvermögen
und auf 39 Gebiete, deren Abflußvermögen kleiner als nach dem Durch-
Mbnittsreriialteii ist
Die GrOBe der Abwmchimgen e geht niolit ins üngemeaeene, sondere
wird nach beiden Bichtangen dnrdi Grenslinien des Ahflnises und der Ver-
dunstung eingeschlossen, innerhalb deren die Ponlcte (jß, y) und jr) der
beiden Punktschwärme an den Hauptlinlen entlang gereiht sind. Die obere
Grenzlinie des Abflusses und die untere Grenzlinie der Ver-
dunstang entsprechen den äußersten Werten y und » der Gebiete mit su
1) Die Werte y und x «ind gegen das laagjähzige Idiitel wahrscheinlich
ni Mein.
•1) Die Zahlenangaben entsprechen den im ,«Jahrb. t Gewiseerkde.'* als wahr>
aoheinlich bezeichneten Werten.
3) Die Werte y sind wahrscheinlich zu klein, z zu gro6.
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
Die AbflvAerscheiniingea in Hittel-Enropft.
617
groBem A !»t"lu üvertnögon. Die untpre rtrcnzlinio dos Abflusses und
die obere lireiizliii ie der \ erdunstiuiLj eiitsproclifu den üiiUorsteti Wert«ii
y und * der Gebiete mit zu klfinoiu A bfluß vermö j,'en. Denkt man sich
die geradlinigen Streciceu der Huupt- und Grenzlinien auch rückwärts bis zu
ihren 8diiiit%»ii]ikteo Terl&ngert, die weit außerhalb der Abbildung liegen, so
hilden die Linien swm einander perspektivisch xngeordnete Strahlenbilaohel
mit den Gleichungen
u = i/o 4- — ^0)1 z = {i — A) {X — x^ . . . II
Die Ktmstanten dieser Gleichungen sind die Koordinaten der Scheitel-
punkte heider perspektivischen Strahlenbüschel: — 948, ^o"" — 1298,
r,)=3.')0 (in mm). Bi ide Scheitelpunkte liegen also in gleichem Abstände
von der Ordinatenachse, um 1298 -|- 350 = 1648 mm von einander entfernt.
Die Grobe des i'aranieters k kennzeichnet den Grad dos Abtlußvermögens aller
Gebiete, deren Punkte in beiden Büscheln auf den einander zugeordneten
Strahlen liegen. Fflr das DurdhsehnittflTwitalten ist 1*0,942, gehen also
die Gleichungen II in die Form I üheir. Für die ftufteisten Werte der Gebiete
mit sn grofiem AbfluBvermdgen wird l « 1,0, mithin ff — 350 und
g SS 350 (in mm). Fflr die äußersten Werte der <3ebiete mit in kleinem
Abflußvermögen wird X = 0,884, mithin y = 0,884 -r — 460, z = 0,ll6aj
-f- 460 (in mm). Die .Vbweichungen e sind = 0 für alle Punkte mit dem
Parameter k = 11,942, am größten dagoeen (bei bostimmter Niederschlags-
höhe .r) für k = 1,0 oder k = 0,884. Je gering'»-!- der T'nterscbie<l zwischen
dem Paramotor des einen beliebigen Punkt (x, // ) durchschnt idt-nden Strahles
und dem Parameter k <=» 0,042 ist, um so kleiner ist die Abweichung e und
um 80 mehr ähnelt das Sondenrerhalten des Gebiets dem Durchschnitts*
veriutlten. Ist der Unterschied positiv (1> 0,942), so hat das Gebiet ein
TO großes, ist er negatiT (1 < 0,942), so hat es mn xu kleines AbflußTermdgeo.
Den senkrechten Abstand der Scheitelponkte heider Btrahlenbflschel halbiert
eine Symmetrieliuie mit der Eigenschaft, daß ff ■= z ist, mithin
beide » ''0^ q. Alb- einander zugeordneten Punkte (x,y) und ')
liegen derart symmetrisch zu die>er Linie, daß die in den Ordinaten gemessenen
Abstände jener Punkte vcn ilir gleiche Grüße haben.
Bei auÜerordentlicli gioliem x würde nach den Glt-iiliungen I d;us Ab-
flußverhältnis nicht gndier als 0,942 (94,2%) und das Verd unst ungs-
verhftltnis nicht kleiner als 0,058 ^ü,8%) werden können. Man muß
jedoch annehmen, daß i'^ dem Endwerte 1,0 » lOO % und dem £ndwerte 0
anstrebt Bei der HaupÜinie des Abflusses geht mithin der Tangentialwert 0,942
allmählich in 1,0 Aber, d. h. die Linie nimmt suletzt eine steilere Neigung
bis zu 4.')^ an. Dagegen TerHert die Hauptlinie der Verdunstung beim Über-
gange ihres Tan j» titialwertes 0,068 in 0 ihre schwache Neigung allmählich
vollstilndig und wird zuletzt wagereeht. Ebenso muß man nach den Aus-
lührungen im „Jahrb. i\ Gow!l.s.serkde." erwarten, daß in Mittel-Europa mit Rück-
sicht auf das innerhalb des Jahres ungltichmiißige Aul'treten der Niederschlilge
im Jahresmittel stet.s ein gewisser, wenn auch bei abnehmender mittlerer
Xiederschiagshühe schließlich sehr kleiner Bruchteil abfließt, mithin erst für
0«oemvUMlM MtmOixiA. II. JahrgM«. 19M. 11. H«lk. 4S
Digitizoü by C3t.)0^lc
618
H. Etiler:
x = 0 das AbflußverhUltnis »^=0 und f, = 1,0 wird. Die Anfaogsstrecke
der Hauptlinic des Abflusses in Abbildung 1 bildit also bei x = 0, y = 0
eine Tangente (0 ^ ig 0^) /.ur Abs/issenachse und geht bei x = 560 mm
tangential in die durch Gleichung I bezeichnete gerade (x,y)- Linie über.
Dagegen bildet die Anfangstreeke der Hanpiliiiie der Verdniistung bei « 0^
f » 0 emen Winkel tob 45* (1,0 — tg 46*) mit der AbeiissenMliee und
geht bei « » 560 mm tangential in die dnrcli Gleiohimg I beieiehneie gerade
(a;,/)- Linie über. Für die Grenzlinien der Seite des groCien Abflnftrennögenfl
findet der Übergang in die geraden Linien früher statt (bei x == 500 mm),
dagegen für die Grenilinien der 8eite des kleinen Abfludvermögens spftter
(bei X = ()2') mm).
Die bildlic-bt' Darstellung des Abfluß- und Verdt^nstungsverhällni^s<'> zeigt
an diesen 1' bergangstelleu eine Wendung der Krümmungen. Den geradlinigen
Strecken der Haupt- und Grenzlinien entsprechen in dieser Darstellung der
Werte und t*, Byperbeln, die f&r anfangs rascher, spftter langsamer an-
tteigeUf Ar anfkngs rascber, spftter langsamer ab&llen. Die einander m-
geordneten Hyperbeln der Werte imd sehneiden sieh auf der Mittellinie
v,-^ 50% hei X ^ 700, 916 und 1198 mm, wo in Abbildong 1 die
Symmetrielinie durch die Schnittpunkte der einander sngeordneten Haupt-
und Grenzlinien des Abflusses und der Verdunstung geht.
Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt si<'b. daß man das für alle
Einzelgebiete Mittel-Europas gültige AbfluÜgesetz, d. h. die Beziehung
zwischen der Zuiialime des Niederschlags und der Mehrung des Abflusses,
nicht durch einen einfachen Linieuzug bildlich wiedergeben kann. Viel-
mehr bedarf man bierftü: einer Linienschar, deren steiles Ansteigen darauf
hinweist, daß die AbflnfthOhe stets in eriieblidiem Ma0e von der Niedersdilagt-
hOhe abhftngt und mit wachsender Niederschlagshohe betrSchtlich sunimmt
Soweit die Emittlangen über die AbfluB- und NiedersohlagshOhen der in
Tabelle 1 genannten Strumgebiete als richtig gelten kOnnen, was sicherlich
annähernd zutrifft, ist die Lage der Hauptlinie des Abflusses genau bestimmt,
Von etwa x = 560 nmi ab verlauft sie geradlinig und weicht nach oben hin
vermutlich erst boi sehr großen, in Mittel-Europa nicht vorkommenden Nieder-
schlagsliühen aus der durch di<> Punkte der IIau{)tgruppen festgelegti'ii Rich-
tung ab. Nach dem Anfangspunkte d<-s Knordiiiatenuetzes geht sie mit einer
Krümmung über, deren Form nicht bestimmt werden kann und gleichgültig
ist, weil Flu^biete mit weniger ab etwa 400 mm mittlerer Niederschlags-
hOhe in Mittel-Europa schwerlich Toriianden sind.
NftherangsweiBe darf man daher die dem Durchschnittsverhalten
der fliefienden Gewässer Hittel-Buropas entsprechende Hauptlinie
des Abflusses als gerade Linie ansehen, deren Steigung durch die Ab-
hängigkeit der Abflußhöhe von der Niederschlagshöhe der Fluß-
gebiete bedingt wird. Sie bildet den mittleren Strahl eines Strahlenbüschels,
dessen (Jrejr/strablen den Punklijchwarm (x. i/) einhüllen. Vom Parameter
d«fr Haupt linie des Abflusses unterschi-idet sich der Parameter eines beliebigen
anderen Strahles um so mehr, je mehr sich des Sonderverhalten der Gebiete,
deren Punkte {xjy) auf diesem Strahle liegen, vom DurchschnittsreihalteB
Digitized by Cooql
Die AbflaBtrteb«iiiang6B in Mittel-Europa.
619
tmterscheidet. UaSgebend fär die Größe des Fmineters, also auch f&r die
Abweichungen von der Hauptlinie des Abflusses, sind diejenigen Verändere
liehen, die unabhllngip von der mittleren Niederscblagshöhe auf das Maß der
AbfluBhöhe einwirken, nämlich die klimatische Eigenart und besondere
Beschaffenheit der Flußgebiete.
9. Vevi^eldti mit den bttherlgen AbAuBfbnnflln.
Bei den Siteren Untersuchungen (Belgrands) über die Abflußverhältnisse
wurde vorzugsweise die Einwirkung der Sondereigenschaften der Flußgebiete
beachtet, bei den neueren dagegen hauptsächlich die Abhängigkeit des Ab-
iiuwes TOii der NJedfluclilagshöhe. ,Jn Mittel-Snrupa sagt Penck ia ämn.
m. ISingang erwihnten Anftatie, nfi^ht dieae Abhingigkeit Tom Niedendilage
so wmtt daB in ▼erachiedeaen Floflgebietein der Abflnfi in gldciier Beaehiing
mm Begen&Ile steht. Etwas Uber sieben Zehntel des ttbsr «in gewisses Mafi
(4S0 mm) hinaus fallenden Niederschlags fließt ab. Sinkt letzterer unter
jenes Maß, so tritt Abflußlosigkeit ein. Es ist bemerkenswert, daß sich
Gleiches aus der von Newell mitgeteilten graphischen Darstellung für den
Niederschlag und Abfluß nordanierikanischer Flüsse^) entnehmen läßt. Hier
ist das Miudestnmü des .Niederschlages für den Abfluß H20 mm; vom Über-
schusse fließen acht Zehntel ab.'V) Es ergeben sich also beiderseits des atlan-
tischen Ozeans recht ähnliche numerische Beziehungen zwischen Niederschlag
und Abflnfi, die Ittr Tersduedene geographisdie Breiten, fBr oseanisohe und
kontinentale Gebiete, für durohlSssige und vndurcUässige, tBac beraste und
bewaldete Linder gelten." Eine solche Allgemeingflltigkeit hatte Penek nr-
sprflnglioh ftr die Abflnfifoimel y » — 420) 0,73 (in mm) nicht in An-
qimch genommen, sondern nur gemeint, daß sie „die Berechnung der niitt*
leren Abflußverhältnisse größerer Gerinne im südöstlichen Mittel-Europa mit
einem verhältnismäßig groticn (Jrade \<m Genauipkfit" pestatte.^) Ihre Ab-
leitung beniht auf einigen Ermittlungen über die l>r)hmis< hen Flußgebiete,
das Marchgebiet und die Gebiete der Alpenflüsse Traun und Enns.
Die sich auf letztere Flüsse beziehenden Untersuchungen wurden auch
▼on W. üle*) sur AnftteUnng einer Abflnfifonnel benutrt^ aoBerdem seine
eigenen Ennittlungen über das Saalegebiet, sowie andere Ober die Gebiet«
der bOhmiseben Elbe and des ICsias. Dafi bei einer gewissen Begenhöhe
Abflußlosigkeit herrsdiin mtlfite, bestritt er und kam zur Anschauung: „der
Abfluß nimmt nicht einfach proportional zu dem Niederschlage sn, sondern
in einem Verhältnisse, das mit der Steigerung des Niederschlages wächst.''
Die Gleichung einer kubischen Parabel soll für den gebirgigen Teil Mittel-
1) U. Ann. Bep. ü. S. Geol Surrejr. S. 161.
9) Die Gleiehmig ftlr die smerikanieehen FMese wfltde hiernach lauten:
y = {x — 320) 0,8 oder y B 0,8x — 256 (in mm). Sie stimmt fast genau flbecein
mit unserer Oleichnng der Hauptlinie des Abflusses fOx das nördliche Mittel*Baiopa,
y — 0,79 X — 312 (in mm).
8) Yerbandesehriften d. dentseh-öslerr.-ungar. Binnensehühbrls-Tevbaadee,
BerHn 1897.
4} Niaderschlag und Abfluß in Mittel-Europa, Stut«^ im.
i2*
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620 H. Keller: . \
ISnropas den „Abfluß als eine eindeutige Funktion dM Niederschlages'* dar-
•tellen. Eine zweite Formel ähnlicher Art, die größere A hflußhdbai liefert^
soll für das Flachland gelten; jedoch sind unter den Flußgebieten, von denen
sie abgeleiieN ist (>r«>ineL Mulde, Umeuau, Aller, Weser, Ems), um* iwei
eigentliche Flatlil;iniist:»"l'i<'tc.
Gegen beide Formeln erliub P. Schreiber wesentliche Bedenken und
betoute, daß sich die Beziehungen zwischen Niederschlag, Abfluß und Ver-
dunstung (von ihm Kfleicstand genannt) nicht in allen Fhifigebieten dnreh
eine Oleichnng ausdrtlcken liefien, die mit einem ein&chen Linienzng im Ko-
ordinatennets bildlich danastellen wire. Um die SonderbeschaffeiJieit Ter-
adiiedenartiger Qebiete berlloktichtigen su können, empfthl er ein GleichnngS'
S3'stem, dessen bildliche Darstellung ««ine Linienscbar liefert: f/ = x • \0 '
oder logy » log« — ^. Die Konstante a muß ihren Wert für Gebiets-
gruppen von verschiedenartiger Beschaffenheit ändern und hat „wahrschein-
lich ftir die Quellgebiet« und im Flachland Werte, die zwischen 200 und
350 mm schwanken. In den Mittelläufen dürften dieselben zwischen 3öO und
500 mm liegen." Eint- Linie, bei der in jener Kxpnnentialgleicbung a =
200 mm gesetzt ist, würde <l»Miinacii imserer oberen (irenzlinie. bei a =
600 mm der unteren (irenzliuie, bei a = 3öO mm annähernd der Uauptlmie
des Abflusses entsprechen mflasen.
Li Abbildung 1 sind die ans den AbfluBformehi von Fenck, üle (fibr
das gebirgige Mittel-Europa) und Schreiber (a — 350 mm) hervorgehenden
Linien eingetragen. Pencks Linie bleibt bis s 994 nun auf der Seifes
des kleinen Abfluß Vermögens und tritt dann ganz aus dem Punktschwanne
heraus. Ules Linie läuft schrSg durch den unteren Teil des Punktschwannes,
verläßt ihn bei x = 820 mm und bleibt bis x = 1660 mm außerhalb; zuletzt
steigt sie so steil an. dnli für sehr niederscbla£:sreiebe Gebiete ( .r > 2450 mm)
die Abflußbülie y großer als die Niederschlagshülu' .r wäre, \va.s niclit mög-
lich ist. Schreibers Linie hält sieb zwar vollständig im Punktschwanne,
von X 1000 mm al) jedoch so nahe au seiner unteren Grenzlinie, daß
auch sie für niederschlagsreiche Gebiete viel tu kleine Werte der AbioA-
hOhen liefert Unter ffin weis auf die nShere Mitteilung im „ J ahrb. f. Gewissezkde."
sei hior kurz hervorgehoben, daß die an geringe Stogung der Penckachen
Linie wohl großenteihi veranlaßt ist durch die üi^enauigkeit der ttterea
Abflußmessungen in der Traun und Enns, die von J. MüUner') bei sein«
Untersuchung über die Abflußvexh<Tiisse dieser Flußgebiete benutst wurden,
da ihm die Ergebni.sse der inzwischen bewirkten genauen Messungen noch
niebt zu (Jebot standen. Die Abtluüformel // = ( — 120)0,7;! ergibt daher
für das Gebiet des Hauptstromes des südöstlicbeu Mittel- Europa, fttr welche
Laiidliäche sie gelten soll, eine viel zu kleine Abflußhöhe. Auch die beiden
anderen Abflußformeln ergehen für das Donaugebiet bis Wien zu kleine Ab»
flußhdhen, wie folgende Zusammenstellung zeigt:
1) Meteorol Z. 1904.
2) Die Seen des Salzkammexguts und die Traun, Wien 1896.
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Die Abflafterscheinungen iu Mittel-Europft. 621
Donftiigvbiet bis Wim, KiedenohlagshOhe
(1898/1902) X
mm 1035 mm.
Abfla£h(rtM naeh
nach
nach
nach
den Ifeerangen
l'encks Formel
UlcB Formel
Schreibern Formel
y (mm) = 545
4oU
395
477
Fehler ( in mm ) = 0
95
150
68
Fehler (iu 7o) = 0
17,4
27,5
12,5
Gegen die F.rmittlung
der Abflußhöh.'
a II f ' i rund der
sorgfiiltigen Ab-
flußmessunL'^'n cl<'s (istorreichischm h ydrograpiiischrn Zentralbureaus würde
nur ein/.uwcudeu sein, daß die kur/.e lunhe violleicht vom lanj^jährigen Durch-
schnitt erheblich verschieden sein könnte; ein Vergleich der WasserMtandsbeobach-
tungeu mit dem langjährigen Mittel läßt jedoch keine große Verschiedenheit
erwartm. Weniger sicher ist die Ermittlung der Niederschlagshdhe, da in
dem zum Hochgebirge gehörigen Teile des Zufloßgebiets die genaue Messung
der Mengen des kondensierten Wasserdampfes besonderen Sdiwierigkeiten
begegnet (ver|^ ^ahrb. t OeiN^sserkde.'*). Die hierbei unTermeidlichen Fehler
steckt n aber am Ii iti «bn für jene Abflußformeln benutzten Ermittlungen über
die Niederschlagshöhen des Traun- und P^nusgebiets. Auch sind die zur Ab-
leitung der bisherigen Abflußformeln benutzten Beobachtungsreibrn teilweise
nicht länger als diejfiiige tÜr das Pouaugcbici bis Wien; in Betracht kommen
unter einander verschiedene Reihen von ') bis 10, lä und 20 Jahren.
Mögen auch vielleicht die in obiger Zusammenstellung nach den Mes-
sungen für das Donaugebiet Ins Wien mitgeteilten Werte von x und y mit
dem langjährigen Mittel, das unbekannt ist, nicht genau flbereinsttmmen, so
kSnnen die hierbei möglichen Fehler doch nicht annähernd so groß smn wie
diejenigen d«r Berechnung nach jenen Abflußformeln. Diese Berechnungs*
fehler sind bedeutend größer als die Abweichung von unserer Ilauptlinie des
Abflusses, die nur 26 mm (4,8 ° betrilgt. Dasselbe ergibt sich, wenn man
das Rheingebiet bis Köln zum Vergleich verwendet, dessen Abweichung vom
Durchschnittsverhalteu nur 11* mm (rund 4*^^) groß ist, wogegen die Be-
rechnungsfehlor von 96 bis 158 mm (über 20 bis nahezu 34 ''/q) schwanken:
Rheingebiet bis Köln, Niederscblagsbdhe (1876/96) «»911 nun.
AbHußhöhe nach nach nach nach
den Messungen Pencks Formel Ules Formel Sckreiliern Formel
y \^imu) = 472 350 314 376
Feiiler(inmm)— > 0 114 158 96
Fehler (in %) = 0 24,2 88,6 20,4
Wir sind weit davcm entfernt, den zur Ableitung des Abflußgesetzes für
das Durchschnittsverhaiten benutzten Ermittlungen, deren Ergebnisse in Ta-
belle 1 zusammengestellt sind, volle Genauigkeit beizumessen. Wenn nach
längeren Jahren sahlrsiche Tieljührige Reihen Ton Niederschlagsbeobaohtungen
die HersteUung einer snverlSssigen Begoikarte fBr ganz Mittel-Europa gestatten,
wenn femor an Hand der gleichseitigen Wasserstandsbeobaehtnngen und stnrg»
fältigen Abflnßmessungen die Äbflnßhöhen sicher bestinunt werden kOnaen,
die den nach dieser Regenkarte ermittelten NiederscblagshShen entsprechen,
80 mOgen sich betrftchtliche Unterschiede ergeben gegen die in der Tabelle 1
622
H. Kftller:
mitgeteilteil Zahlen. Sicherlich werden aber diese Unterschiede nicht solche
Gvdßa annehmen, dafi die Abweichungen völlig verschwinden und alle Punkte
in einen einzigen Linionzug fallen. Da die Abflußhöhen zuverlässiger als die
Niederschlagsböhen ermittelt sind, mfißte dann beispielsweise der mittlere
Jahresniederschlag im Memelgebiet statt 579 etwa 640, im Weichselgebiet
statt 620 etwa 600 mm betragen, im Memelgebiet also erheblich größer aU
im Weichselgebiet sein, was zweifellos nicht der Wirklichkeit entspridit
Ebensoweuig ist wahrsoheinlioh, dafi nach langjährigen Beobachtungea
der Jahretniederschlag des Donangebiets bis Wien von 1086 auf etwa 1170,
dee Bbeingebiets bis Köln von 911 aof etwa 1140 mm steigen wftrde. Dien
mflßie aber geschehen, wenn für das Donaugebiet die Pencksche, fllr das
Bheingebiet die IJlesche Abflußformel richtig wftre. Für da^ einen sehr
großen Teil des gebirgigen Mittel-P'uropa umfassende Rheingebiet bis Köln gilt
die letztgenannte Abflußformei bestimmt nicht, wie auch die erstgenannte
Formel nicht für das Donaugebiet bis Wien gilt. Man kann Schreiber
nur darin beipflichten, daß es vergebliche Mühe ist, die verwickelten Be-
ziehungen zwischen Niederschlag und Abfluß in einfachen Formeln ausdrücken
Btt wollen, mudi denen einem beliebigen Werte der NiedendbilagshOhe ein
einsiger Wert der AbflnflhOhe entspricht Aber das Ton ihm TOfgeeehlagene
GleidMingssystem liefert ebenfisUs onxiditige Ergebnisse, weil es keine Linie
m sieben gestattet, die als MitleUinie des Ponktsdiwarmes der mittd-europft-
isehen Stromgebiete gelten könnte.
Der wohl zuerst von A. Wojeikof^) ausgesprochene Sats, daß die
Ströme das Mittel aus den klimatischen Einwirkungen ihrer
Stromgebiete wiedergeben, steht durchaus im Kinklan^'- mit unserer .Auf-
fassung, wonacli liiis Abflußgesetz für eiue Iju .stimmte Klimaprovinz
(für Mittel-Europa^ beim Durcbschnittsverhalteu vorgeschrieben wird von
den Jahresmittelwerten x und y der Hauptgruppen, in denen aUe
Stromgebiete Tertreten sind. Die fisineren, durch Lage nnd Beschaffenheit
der Einzelteile der ElimaproTins Terursacbten Uimatisehen und sonstigen Ver*
sdiiedenheiten kommen dann im Sraderreihalten der Einaelgebieta, mithin
in den Abweichungen vom DurchschnittSTerhalten, zum Ausdruck. Ein Biesen-
strom wie der Mississippi oder der Amazonas bildet ohne weiteres das Mittd
der klimatischen Einwirkungen seines Gebiets. Bei den bescheidenen Größen«
Verhältnissen der mittel-europllischen Ströme muß man aber das Mittel durch
die Summe der ihren (lebieteu entsprechenden Niederschlags- und .\bfluß-
ma.ssen gewinnen. Diese Betrachtung aller Stromgebiete im ganzen
liefert die Grundlage fflr das beim Durcbschnittsverhalteu gül-
tige Abflußgesetz, das fOr die dnsslnen T«Ie der Stromgelnete eboiso
satreffim muA, wie es tOac ihre Gesamtheit gilt Schreitet man nun Tom
Allgemeinen aof das Besondere, Tom Qanaen auf das Einzelne rflekwlris, so
bleibt man von groben Versehen bewahrt Diese sind jedoch unTermsidlich,
wenn der umgekehrte Weg eingeschlagen wird, wenn man aus der wiUkltr-
lichen Gnippiening weniger Einzelgebiete, für die zufiUlig Ermittlungen Ober
1) Die KUmate der Erde, Jena 1887.
Digiti/Oü by Cjt.)0^lc
Die Abflaßettcheinungen in Mittel-Europa.
623
die Besiehnngm swiadMii Niederschlag und AbflfiB TezfOgbar wicen, SeUflsie
mkt auf das AllgemeiBe, ohne sich zu ▼«igewineni, ob fBr das Game gilti
was für einige Teile zu gelten scheint.
Welche Bedeutung den Abweichungen e cregenüber den beim Durch-
schnittsverhalten gültigen Werten t/ und z zukommt, geht aus Abbildung 1
hervor. Um es kurz in Zahlen zu fassen, stellen wir für dio drei Haupt-
gruppen die zusammengehörigen Werte x, i/, z in Vergleich mit den größten
Abweichungen CmAXi die bei den entsprechenden Niederschlagsh^en % ein-
treten kannten. Die Pnnkte der drei Hanptgruppen liegen auf den Hanptf-
Hnien, so daß tma. angibt, wie groß ihr in der Ordinate gemessener Abstend
▼on der oberen und nnteran Qrenslinie ist (Zahlen in nun).
Unter-
schied
14
6
ünter-
y
Unter-
Unter-
■ehied
schied
t
schied
Alpenstronigmppp 962
348
104
502
284
98
460
14
6
±
110
Gesamtes Mittel-Europa 7 1 4
268
446
±
96
Nördliches Mittel-izlurupa 610
170
440
±
90
862
332
20
20
Man sieht, daÜ die durch das Auseinanderstrahlen der Grenzlinien ver-
ursachten Unterschiede von < ebenso groß sind wie die üntefsdiiede von »
beim DurdisohnitteTerhaiton, diese aber anßerordentlidi viel kleiner als die
Unterschiede Ton y, die &st gleidie GrSße wie die Unterschiede TOn % be-
ritsen. Wenn die Znnahme der KiederschlagshPhe 962 — 610 — 852 mm
betrSgfc, vergrößert sich beim Dnrdischnittsverhalten die Abflußhöhe um 332,
dagegen die Verdunstungshöhe mir om 20 mm. Die vom Sonderverhalten
der Gebiete bedingten Abweichungen können jedoch bei dieser Zunahme von x
fUr die Wert« // und ;: Ausschlüge von 90 mm nach unten und 110 mm
nach oben oder umgekehrt, jedenfalls im Betrage von 200 mm verursachen.
Die Zunahme der Niederschlagshühe wirkt dann immer noch mindestens im
Verhältnis 332 : 200, also rund l%mal kräftiger als die sonstigen Be-
dingungen auf das Maß der AbflnßhiAie ein. Dagegen ttben diese, das
Sondenrsrbalten eines Gebiets regelnden Bedingungen anf das Maß der Ver-
dnnstungshffhe eine weit grfißeie Sinwiflning ans als die Znnahme der Nieder-
schlagshöhe, lußersten Falls im Verhültnis 200 : 20 » 10 : 1.
Wie sieh hieraus ergibt, hängt beim Durchschnitts verhalten die Mehrung
des Abflusses vom Wachsen des Niederschlags in so hohem Maße ab, daß
die größtt'ti Abweichungen ein»^ Zunahme des Abflusses mit wachsender Nieder-
schlaLfshuhe nicht unterdrücken kr)ni»en. Dagegen erfolgt beim Durchschnitts-
verhalten die Mehrun<j der Verdunstung mit Zunahm»" des Niederschlags
in so geringem Maße, dali die Größe der Verdunstungshohe vorwiegend durch
die Abweichungen geregelt wird. Das vom Durchsehnitteveshalten abweichende
SonderTerhalten eines Flußgebiets wird demnach hauptsftchlioh be-
stimmt Ton der Einwirkung, die seine klimatische Eigenart und
seine besondere Beschaffenheit auf das Maß der Verdunstung
ansflben.
Bei Gebieten mit sehr großem Abflußvennögen ist im Grenzfalle die
Yerdunstungshöhe konstant, t » 350 nun. Dann richtet sich die Mehrung
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624
H. Keller:
des AbfloMes anasdiliefiUeli 'nach dar Ziisahm« des Niedersoliltgs. Hiemof
ist bereits biagewiesen worden tob 0. Intse'}. Er bielt diese Wafameb-
mung, die bei seinen Ermittlung'n über die Bedebangen zwischen AbfloA
and Niederschlag kleiner Gebis^^sutbiete gemacht wurde, für eine Eigentfim'
lichkpit der < i ebirgsgegenden und dos fiügellandes. (lorade im G«*birt:*ilande
gilt aber dii« Gleirlning : = .'?.')() mm dun'baus iiirlit. wtnn man (ifbiet.«-
fliicben von gröüprer Ausdrhnuiig untcr^nclit , die nif i^ttnis vi'rlu--f n-icb sind.
Wohl aber gilt sie für besonders verlustarme Gebie te auch im Flaclilaude.
MaBgebend für die Gültigkeit ist, ob das in der Gebietsfläche nieder-
geschlagene Wasser mOglidist gut gegen starke Verdonstung gesoblltxt
wird, mag der Sdiuts stattfinden dnrcb beschlennigten Abflnfi aus einem
klonen Gebiet mit bedentendem OefUIe, oder mag die Versackerang in den
durchlSsngen Boden mit großer Anfioabmef&higkeit guten Schatz bieten. Ein
Vertreter der ilteren Anscbanung über den Zusammenhang der Ab-
flußerscheiniingen hat dies kürzlich in folgende Worte gefaßt: ,.ponr
un memo climat, les grards coefficients d'ecoub'ment annuel ai»jiartionDent
aux bas>ins u fort niisspllement ou a rapid»' permeabilitf', l< s faibb's aus
bassins ä fort ruissellemcnt ou ii ptTineabilitt' lentc")." Dies«^in Satze kaun
man aber nur dann zustimmen, wenn die mit einander verglichenen verlust-
reicben nnd Terlostarmeii Gebiete anidttiemd gleich groAe Niederscblags-
bOben besitzen. Dann wird die GrOße ihres AbflußTexbiltnisses ledigUcb
davon bedingt, in welchem Sinne nnd Maße ihr Sondenrecbalten vom Dvreb'
sebnittsreibalten abweicht Ein Terlnstarmes Gebiet mit gatem Schnts gegen
Verdun'itun): zeigt dann ein großes Abflaßverbältnis, pin verlustarmes Gebiet
mit schlechtem Schutz gt^gen Verdunstung ein kleines Abflußverbilltuis-
Wenn jfdoch die N irderschlagshöhen erheblich versi-liifdoue (irüße
haben, so können Gcläctc mit sehr gutem Schutze p^et^n Verdunstung ein ebenso
großes Abflußverhältuis b('^it/.•■'n wie sehr verlustrrii hc (Jebiote, dif entsjirechond
niederschlagsrticher sind. Auch zur Veranschauliclmng dieser Beziehungen
kann Abbildung 1 dienen. Wie dort die Sjmmetrielinie y = \/^x den Punkt-
schwärm (x, y) derart schneidet, daß alle Punkte mit mehr als 50% Abflaß-
verhSltnis Aber ihr nnd mit kleinerem AbflußTCiiiftltnis unter ihr liegen, so bildet
jede andere durch den Anfiingsponkt des Koordinatennetzes gehmde Linie
eine Pnnktreihe Ittr alle Gebiete mit gleich großem AbAoßTeib<Dis
= y : X «= 1 : w, wenn die Gleichung der Tiinie y — ^'.x lautet. Beispiels-
weise entsprechen der Lini" •/ = VjX (nach der alten Handwerksregel) folgende
Ni «lerschlagshöhen an ihren Schnittpunkten mit den Grenzlinien und d^r
Hauptlini*^ dos Abflusses: für Gebiete mit bestem Schutze gegen Verdunstung
sv- = 51?.'), beim Durcbschnittsverhalten x = fin4, für Gebiete mit sehr starker
Verdunstung jr = 836 mm. Nach Tabelle 2 hat das durchlässige Flachlauds-
gebiet der unteren Netze die NiederschlagshJ^ g^SBS, das ans durch-
lässigem Flachland und meist nndurohlissigem Gebirgsland gemischte AUer>
gebiet « — 669, das vorwiegend undurchlKssige Gebix|^gebiet der oboren Oder
1) Talspenanlegen in Eheinland usw., Beriin 1904.
9) B. Imbeauz Enei^progiamme d*Hydiologie. Z. f. GewSsserkde. IL 8.9T4.
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Die Abflußerscheinungen in Mittel-Europa.
625
g — 809 mm. Diese drei Gebiete, deren Punkte nahe an jenen Bchnitt-
pnnkten liegen, besitzen annähernd gleich grofie Zablen des AbfluBverhSltnisBes
zwischen 33 und 34 7o» obgleich ihre Verdnnstangsbedingnngen gans T«r-
schieden sind.
Die ältere Anschanunp über den Zusaninienlmni? der Ahflußerscheinunfjen
hat die Abbiini;igkeit der Oröße des Abflußvfrli;iltnis.se'< von der Niedersclilne«;.
höbe iinbeacbtt't gola.ssen. Die neuere Aus<hanutig neigt dazu, die Soiuier-
besohaüi nbeit der Flußgebiete durch einseitige Jietonung jener Abhängigkeit
nicht genügend za würdigen. Die ftltere und neuere Anschauung
stehen aber nicht mit einander in Widersprach, wenn man die
neuere gelten Isflt fftr die Dnrchschnittsregel, die lUere ffir die
Abweichungen Ton der RegeL Dnrchachnittlich wichst die Abflufihdhe
rasch, die VerdnnstongshOhe langsam mit der wachsenden NiederseUagihöhe.
Ein verlustreiches Hebiet hat jedoch eine das Durchschnittsroaß übersteigende
Verdunstungshöhe, also eine kleinere Abflußhöhe und ein kleineres Abtluß-
verhilltnis, als dem Durchschnitt entspricht. Kin verlustarnies Gebiet bat
dageijen eine zu geringe Verdunstungsh('»he, also »ine zu groiie Al)tiußli<ilie
und ein zu großes Abflußverbültnis. Nicht nur die nrittlere Nieder-
schlagsiiöhe, sondern auch die £igenart eines Flußgebiets ent-
scheiden über die GrdBe seines Abflii6?erhlltiiisses.
Am 84dilusse dieses Teiles unserer Betraditung sei noch hervorgehoben,
daß das durch die Oleichungen I ausgedruckte Abfluflgesets etwas anders
lautet, wenn man einen anderen Durchschnitt bilde! üntersndit man s. B.
die Stromgebiete des nördlichen Mittel-Europa für sich allein, so erhftlt die
Hauptlinie des Abflusses eine schwächere Neigung (;/= 0,79 r — 312 in mm),
Wöhrend die der Verdunstung steiler ansteigt. Durch Hinznnahme der an
Niederschlag und ni''lir iiorh an Abfhiß reicheren Alpenstronigruppe wird
die Stciguuf.,'^ tler Hauptlinie .MiHu.sses verstärkt. Wollte man das Strom-
gebiet der Donau bis unterhalb der TheißmCinduug einbegreitcn, so nähme
diese Hauptlinie wieder eine etwas schwächere Neigung an. Die Lage der
beiden Hauptlinien im Koordinatennetse drflckt stets das Mittel
ans den klimatischen Einwirkungen aller Einseigebiete der ge-
samten Landfliche ans, fftr welche die Ableitung der Gleichungen
stattgefunden hat
Diese Oleichungen, die nur im Jahresmittel gelten, können für die
Öehiltzung dar mittleren Abtiußhöhe zur Hilfe genommen werden, wenn man
die mittlere Niedors('hlagshr>he kennt und \v*'iß, wie eroß etwa die Einwirkung
des Sonderverhaltens anztmehmen ist. Sie grltm aber nicht iiir die Schätzung
der Abtiußhöhe eines einzelnen Jahn s aus der glei< hzeitigen Niedersrhlags-
hdhe. Auf die Ermittlung der Beziehungen zwischen Niederschlag,
Abfluß und Verdunstung von Jahr zu Jahr erstreckt sich unsere
Cntersnchung nicht Die rinmlichen und seitlichen Änderungen
dieser Beziehungen sind gans ▼erschiedene Dinge, die man nicht mit
einander vermengen dar^ um die Klaiheit des Einblickes in den Zusammen-
hang der Erscheinungen nicht zu trftben.
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626
U. Keller:
a. Ursprung des Niedersolüags. Meereuofülir und Landverdanstan^
In dem zum Beginn unserer Abhandlttlig erwähnten Aufsatze sagt Penck:
„Das Verhältnis des Gesamtregenfalles zum Abflüsse eines Gebietes gibt schon
au, wie Ott die dem Gebiete von auBen zugefübrte und nunmehr abfließende
Re^'eriMit-nj^e in demselben zu Boden gefallen ist. Es läßt sich leicht ein-
sehen, daß difSfS VerhUltnis einen um so höheren numerischen Wert besitzt,
je weiter die Gebiete, für die es gilt, vom Meere entfernt sind. — Die klima-
tologische Bedeatang miMret Ywlilltiiiflait li«gt sof dar Hand. Wann et
gleichwohl hisher keine BeechtiiDg gefanden hat, so iit dies wdil io der
pnktiechen Bedeutung seines reiqwoken Wertes begrilndet. Dieser, das Ver-
hütma Toa Ahftnfi sum Niederschlage eines Qehietes, hat als AbAnfilaktor
vielfach die Aufmerksamkeit erregt*' Dio bisherige Betrachtang war dieson
Abflußverhältnis gewidmet, v^^ifzx. Wir gehen jetzt zur UntersnefallBg
des rikkbezflurlicben Wertes über, zu dem Wechsel der Erscheinnngsform
des WasstTs, w = x : y. Die Zahl ir gibt die Hilutigkeit dieses Wechsels
im Jahresniitlf 1 an. 8ie bcsasrt, wie oft im Jalir das Wasser aus der flüs-
sigen oder festen Form in di«' Dauiptfonn übtrgeht oder umgekehrt.
Der dieser Anschauung zu Grande liegende Oedanke ist von E. Brück-
ner, der ihn schon froher aasgesprochen hat, im Jahrg. 1905 der „0. Z."
(S. 487) in folgende Worte gefixt worden: „Der Begenftll auf dem Laad
ist gleich der Dampfinenge, die yom Meer anf das Land fihertritt, Ter»
mehrt um den Betrag der Verdonstong yom Land und vermindert um die
vom Land anf das Meer übertretende Dampfmenge. Die Flüsse endlidi
bringen Wasser, das als Dampf vom Meer aaf das Land übergetreten war,
wieder zum Meer zuriJck. — Die jäbilicbo Wnsserfühinnir der Flüsse zum
Ozean stellt ^'enau dii' Differenz zwisi^hi^n der Was>ei(ianiptnnni.'t> dar. die
vom Meer auf das hand, und derjenigen, die vom Land auf das MetT über-
tritt." Lediglich diese Difi'erenz kommt in Betracht, wenn wir untersuchen
wollen, wie groß der von fremdem Wasserdampfe herrflhrende Anteil
der mittleren KiedersohlagshOhe eines FlaAgebiets ist, und zwar im
Gegensatxe au dem durch die Verdunstung anf dem Lande in der
Oebirgsflftche selbst eraeugten Anteil des Niederschlags.
Bei den mitten im Binnenlande liegenden Flußgebieten vollzieht sich
ein ähnlicher Austausch der landverdunsteten Dampfmassen, wie er sich
zwischen Meer und Festland voUziolit. .ledoch gleichen hier die Flü.sse den
beim Tauschgeschäft fntstfhenilpti Fchlhetrag oder Überschuß nicht aus. Viel-
mehr erleidet ein tinliu>t. dein mehr laiKlverdunstctor Dampf entzotjon wird,
als es vom Nachbargebiele zurückerhält, eiuou wirklichen Verlust zu Gunsten
anderer Gebiete, die eine gröBere Menge solchen Dampfes empfangen, als sie
in Darapfform surfleUiefem. Benachteiligt werden beim angleichen Aus-
tansch des landverdunsteten Wasserdampfes die Gebiete mit schledi-
ten Kondensationsbedingungen, aus denen die Tozherrachenden Winde einen
Teil des in ihnen verdunsteten Wasserdampfes wegtragen, bevor er zu er-
neutem Niederschlag gelangt war. Begünstigt werden die Gebiete mit guten
Kondensationsbedingungen, in denen der dort entführte Dampf niedeigeschlagen
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Die Abflußerscheiuuugeu in Mittel-Earopft.
627
wird. Die benaehteUigten OeMete emp&ngen sn wenig, die begOnstigten m,
Tiel Niederschlag. In beiden vergrCßert sich »her das VerhKltnis swisehen
dem von fremdem Dampfe hen-ilhrenden und dem vom selbsterzeugten Dampfe
henorgernfenen Anteil. Denn bei den benachteiligten Gebieten witd der An-
teil des vom soll)ster/.eugtcn Wasserdampfe verursachten Niederschlags ver-
mindert, bei den begünstigten Gebieten der Anteil des durch Zufuhr von
auBen entstandenen Niederschlags vermehrt.
Wir bezeichnen den Anteil des Niederschlags, der durch Kondensation
des von außen in das Gebiet getragenen Wasserdampfes entstanden ist, als
Meeressnfahr (m), da es sich um unmittelbar wem Meere dortbin gebrachten
oceaniichen Dampf handelt oder nm aolchen, der voxhwt in anderen Gebieten
«ine Etappe gemadit hat Den Gegensats hieran Inldet der landTerdnnstete
Wasserdampf, der im Gebiete selbst erzeugt ond wieder kondensiert worden
ist. Der von dieser Landverdunstnng (2) hervorgerufene Anteil des Nieder*
Schlags wird im allgemeinen bei örtlich aufsteigenden Luftbewegnngen zur
Konilen-^ation polangen, wogegen die Meereszufuhr bei weitergreifenden Luft-
fitröniuugen kondensiert wird. Der Niedersrhlag des Gebiets ist die
Summe der Meereszufuhr tmd Landverdunstung, j = w -f~ ^-
im Jahresmittel Einnahme und Ausgabe einander ausgleichen, muB die
Heeressiifubr gleich der AbflnfihOhe, also die Landverdunstnng
gleich der VerdunstungshObe sein, «> » y, / « «. In diesen Werten
ist die Tom nngleicheD Anstansdi der Dampfinengen Temrsaohle Wirkung
bereits enthalten.
Die Gleichung m= y würde nicht gelten für ein Flußgebiet^ dem ein
Teil des kondensierten Wassers entzogen wird, ' Ime zum meßbaren Abfloß
an der Meßstelle zu gelangen (// < m ). oder dem fremdes Wasser aus Xachbar-
gebieten zugeleitet wird (// > m). Daß eine Rückkehr größerer Wasser-
niassen zum Me^re auf unterirdischem Wege statttindet, wäre bei den in
Tabelle 1 und 2 benannten Gebieten am ehesten für die pommerschen Küsten-
flußgebiete zu erwarten, die mit breiter Front ans Meer grenzen; aber gerade
sie (Tab. 2, Nr. 16 bis 18) haben die größten Abflußhöhen unter allen bisher
untersuchten Fladilandsgebieten. Ein Verlust durch unterirdischen Übertritt
yersiokerten Wassers in andere Gebiete oder ein Gewmn auf gleichem Wege
Iftßt sich bei unseren 69 Gebieten nicht vermuten, obwohl einige karstähnliche
Erscheinungen vorhanden sind, z. B. im oberen Lippecrebiet (Nr. 21). Das
im Emschergebiet (Nr.2.'0 dnrcli die Drainwirkung der Kohlenbergwerke aus
den oberen Bodenschicliten in die Tiefe gezn^'eiu- Grundwasser wird dem
Flusse mittels der Grubenpumpwerke wieder zugetiihrt. Außt'rdfiu empfängt
aber die Emscher noch beträchtliche Abwassemicngtn aus den Ortschaften
des dichtbevölkerten Industriegebiets, die durch Wasserversorgungsaulagen aus
dem Buhrtal herfibergeleitet sind. Da die kflnsiUch sugefthrten Wassermengen
bis cur Meßstelle bei Prosper etwa 64 mm Abflußhohe entsprechen, so ist
dieser Betrag von der auf 40S mm ermittelten AbflnßhOhe abgezogen worden,
um den riditigen Wert der Meereszuftihr zu finden. Bei Nr. 50, 58 und 59
^d Änderungen an der zu klein ermittelten Niederschlagshohe TOigenommen
ans den im ,^ahrb. f. Gewässerkde." bezeichneten Gründen.
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628
H. Keller:
Auch für die halbjfthrliohen Mittelwerte darf man Meerettufubr
und AbflofthObe, Landvt rdunstung und Verdunstungshöhe nicht einander
gleich setzen, worauf wir noch zurückkommen. Ebenso treffen die Gleichungen
m = ij, ? = r nicht für Einzeljahre zu. da je nach flem Stande des
untrririlischon Wasservorrats vm Teil der ileereszufuhr im liodtn zuriick-
gehalteu wird { in > //) od* r ein Teil des Abflusses von der Verminderung
dieses Vorrats stammt (y > m).
Will man die Beziehungen zwischen Niederschlag und AbfiuB, die in
einem bestimmten Gebiet innerhalb einer gewissen Jahresreihe besteben, und
das Gesetz der seitlichen Änderungen dieser Beuebungen bildlich dar-
stellen, so «vlAlt man fllr jedes Flußgebiet eine mehr oder weniger steil an-
steigende Abflufilinie, die durch den zum Jahresmittel gebOrigen Punkt (x, y)
geht. Nur für diesen Punkt allein gilt die Gleichuncr »/ = m. Für alle
anderen, den Einzdjaliren entsprechenden Punkte ist die Ahflußhöhe größer
oder kleiner als die Mecreszufiihr; am-h weichen die Punkte der Einzeljahre
melir oder weniger weit nach oben oder unten von ihrer Mittellinie ab, die
das Durchschnittsverhalten jener Beziehungen in der untersuchten Jahresreihe
darstellt. Die Abweichungen der Punkte kennzeichnen das Sonderver-
balten der Einseljabre in Besag auf Aufspeicherung oder Speisung, Höbe
und Verteilung der Temperatur, Qröfie der Verdunstung, Menge und Dicbte
des dureb die Meeressnfuhr erzeugten Niederschlags. Wenn im Jahresmittel
bei einem Flnfigebiet m > Mst, so pflegt die für die seitlieben Beaiehungs-
finderungen in diesem Gebiete gültige Abflußlinio steiler zu sein als die
Hauptlinie des Abflusses, welche die örtlichen Beziehungsändomngtn im
Jahresniittnl für Mittel-Europa angibt. Meistens ist jedoch m •< / und <iie Ab-
tlnülitiic der zeitlichen Beziehnngsänderungen schwiuher geneigt. Man muö
demnach das Son<ierverhalten der Einzel <.'el)iete im Dnrchschnitts-
jahr scharf unterscheiden vom Sonderverhalten der Einzeljahre in
einem bestimmten Gebiet. Bei d«i meisten bisherigen Untersuchungen
ist dieser ünterschied nicht genug beaditet worden, besonders nicht von Ule,
dessen Abflufiformel für die beiden grundverschiedenen Besiehnngen gelten soll.
Zur Veransohanlicbung der Herkunft des Niederschlags aus
Meereszufuhr und Landverdunstung sind in Abbildung 2 (Taf. 9) nadi
den Tabellen 1 und 2 ( da im Jahresmittel y = m und e = l gesetzt werden
darf) die Pnnktsclnvänne der Landverdunstung (m, /) rot und dt^s Nieder-
schlags 1/«. ./^ schwarz eingetragen, beide bozotren anf die Meeresznfuhr. Die
"Werte der Meereszut'uhr m bilden die Abszisse»], die Werte der L.tndverdun-
stung / und der Niederschlagshöhe x die Onlinateu. Die Haupt Ii nie und
die obere Grenzlinie der Landverdunstung haben ähnlich schwache
Neigung wie die entqprechenden Linien der Verdunstung in Abbildung 1,
welche auf die NiedersdilagsbObe bezogen sind; die untere Qrenslinie
läuft gkiohfalls parallel tnr Abssissenachse. Trigt man nun die Werte der
Meeressufohr m als Ordinaten auf, so l^den deren Endpunkte eine um 45*
aasteigeDde Linie der Meereszufuhr mit der Gleichung m = i — I.
Wenn die zusammengehörigen Ordinaten ytt und 7 an einander gefOgt werden,
so erbilt man also die ihnen entsprechende Ordinate x. Abgesehen von den
Digitizoü by Cjt.)O^L
Die AbfluBericbeinungen in Mittel-Bttrop».
029
gekrümmten Anfangsstreeken, ergeben sich auf diese Weise geradlinige
Haupt- und (ireu/linion <les Niederschlajcrs. Die Gleichungen der
Hauptlinion dos Niedorschlags imd der Landverdunstung lauten nach Um-
formung d6r Gleichungen I:
« — 1,062m + 430, l — 0,0e2m -f 430 (in mm) . . III
Für die oberen GrauUnien sind die Tangentialwerte 1,181 und 0,131, Bowie
die Konstento 620 steitt 430 mm einnisetxen. Für die onteren Grenzlinien
gelton die Tangentialwerte 1 und 0, sowie die Konstante 350 statt 430 mm.
Bei op— "916 mm schneiden sidi in Abbildung 1 die Hauptlinien des
Abflusses und der Verdunstung. Mitbin liegt auch in Abbilduni: 2 der
^Schnittpunkt für die Linie der Meereszufubr und die Hauptlinie der Land-
verdunstung bei tu = 158 mm = /, so dali r = 2 15^^ =^916 mm ist.
Nach dem I)ur<lisrhnittsvrilialtt'n überwiegt für gröbere Nieder-
schlugslirtheii als I'lt') luiii liei Anteil der Meereszufuhr um so mehr,
je größer der Niederschlag ist. Vag<?g**n überwiegt für kleinere Nieder -
schlagshöben als 916 mm der Anteil der Landverdunstung um so
mehr, je kleiner der Niederschlag ist.
Das Mafl der Meeressufuhr hängt ab von den Bedingungen der Kon-
densation des bei weitergreifenden LnftstrSmungen von außen in das Gebiet
gebrachten ozeanischen Wasserdampfes. Es wftchst mit der zimehmenden
Seehühe an den Luvseiten der Bodenerhebungen rasch und ist bei den aus
erster Hand von den Regenwinden betroffenen Erhebungen größer als bei
denen, die weiter zurück liegen, falls sie nit ht l)etrüchtlicii hr»her sind oder
als VVettertange wirken. Die Lai^e zum Met r und zu den vorherrschenden
Itegenwimlen, mehr noch die senkrechte (iliedernng und H<»!ienhige eines Ge-
biets bedingen mithin das Maß der Meereszufuhr. Dagegen hängt die bei
Ortlich aufotoigender Luftbewegung erfolgende Kondensation des durch Land-
verdunstung im Gebiet selbst entstandenmi Dampfes von den Kondensations-
bedingongen des ozeanischen Wasserdampfes wenig ab. Beim Durchschnitts-
verhalten richtet sich deshalb die mittlere Niederschlagshöhe ver-
schiedener Flußgebiete ganz vorwiegend nach den Kondensationsbedin-
gungen der Meereszufuhr. In Gebieten mit schlechten Kondensations-
bedingungen sind Meereszufnhr und Niederschlagshöhe gering; in solchen mit
guten Koüden.sationsbediiiL'UiiL'en sind beide groß. Da aber nach Altliildung 2
bei geringem Niedersclihii: d» r Auteil der Meereszufulir klein« r a\< bei brhem
Niederschlag ist, so wird das als Wechsel der Erscheiuuugslorm hezeiihuete
Yerliiltms w^xtm mit dem Wachsen der Meereszufuhr und der
Niederschlagshöhe stetig kleiner, mithin das rOchbesfigliche AbfluB-
verhlltnis m : « y : stetig größer. Das Erfahmngsgesetz, daß
mit der Zunahme des NiederseUags eine Mehrung des Abflusses und eine
Vergrößerung des AbflußverhSltnisses stattfindet, glauben wir durch vor-
stehende Betrachtung als ein IBr die Flußgebiete Mittel-£uropas im Jahres-
mittel gültiges Naturgesetz bewiesen zu haben.
Das durch die Lage und Steigung der Haui>tlinipn bildlich dargestellte
Abflußgestitz schreibt bloß für das Durchschniitsverhaiten vor, daß zu einem
Digitizoü by C3t.)0^lc
630 H. Keller: Die Abfliifter«eheiniingeii in HitteUEiiropa.
bestimmten Werte m auch bestimmte Werte von l und x gehören. Wir
haben geschm, unil die Abbildungen zeigen es, daß die Vordunstungsbedin-
gungen bedtnittiidü Abweichungen der die Verdunstunt^'sbiihc od'^r Land-
verdunstuug anzeigenden Punkte von den entsprecheaib'ti, schwach geneigten
Uauptlinien verursachen. Ein näheres Eingehen hierauf muß den folgenden
Abschnitten TOibehalten bleiben. OffinilMr hingt das dnroh jene AbweicbangeaL
gekennieichnete Sondenreriudten der Einzelgebiete in Beeng «if dns Mn0 der
Verdanatong TOn ihrer kUmatischen und 8<nut^|ett Sonderbeeehaffenheii ab,
wobei die Obnrfl&chengestalt und DuroUSssigkeit des Bodras eine wichtig«
Bolle spielen. Die hierdurch Temrsacbten Abweichungen der Land»
▼erdanstung im Jahresmittel vom Durchschnittsverhalt«n übertragen sich
aber im gleichen Sinne und in gleicher Größe auf die mittlere Nieder-
schlagshöhe der Einzeltrebiete. Die verdunstungsarmen Gebiete besitzen
daher gegen den Dnrehscbiiitt zu kleine, die verdunstungsreichen (iebiete zu
große Wert«? des Wechsels u—x: m. Umgekehrt ist das Abflußverhältnis
in vardnnstangaarmem Gebieten größer, in Terdunstungsreichen Gebieten kleiner,
als es beim Dorchsehnittsveihalten sein wflrdeu Im einseinen hingt mithin
die Hinfigkeit des Wechsels der Erscheinmigsfonn, ebenso wie die GrOfie des
AbflnBveriilltnisses, nidit nnr von den Kondensationsbedingqngen dar Meeres
zufahr, sondern auch wesentlich von den Yerdunstungsbedingungen ah»
die sieh naeh der klimatischen Besonderheit nnd nach der Sonder«
beschaffenheit der Einseigebiete regeln. (SchloA folgt)
Di8 deitsebe Keltnialnidi.
Eine politiseh-geographisohe Studie
▼OB Bnmo Velix^Hlnaoh.
m. Die einzelnen Kolonien.
3. Deutsch-Ostafrika.
Die allgemeine Lage von Deutsch -Ostafrika wird, abgesehen von den
bereits früher behandelten Gesichtspunkten, am meisten beeinflußt durch das
Verhültuis ?,um indischen Ozean. Kin großer Teil der gegenwärtigen poli-
tischen und wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Kolonie findet seine Begrün-
dung in ihrer leichten Erreichbarkeit zur See von den nordöstlich gelegenen
Küstengebieten Arabiens und Lidiens aus. Dies» Gebiete dnd mit der Ost-
koste Afrikas dnrdi ein System regelmißiger, mit den Jahiesieiten wechselnder
Meeresströmungen f die von den Monsnnwinden des indisehen Oseans hsrvor-
gernüm werden, Terbnnden. Die SohÜIe benutian TOn lütte November bis
Mitte Mfirz den ununterbrodien nnd gleichm&fiig wehenden Nordost-Monsun
und die dadurch hervorgerufene Monsuntrift, um von Indien und Süd- Arabien
aus die ostafrikanisoben Häfen abzufahren. Sie kehren nach Hause zurück
mit Hilfe des Südwest-.Monsuns, der von Ende April bis Anfang Oktober von
Ostafrika nach Indien eine ununterbrochene Segelschift'ahrt ermöglicht. Aus
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Brnno Felix H&naeb; Dm dovtiehe KoloBi»lreicb. ($81
diesem regehnüßigen Wiud- und Triftsystem ist es zu erklären, daß das
arabische und indische Element iu Ostafrika testen Fuß fassen, und daß sich
an dieser Küste eine Keihe von Ariiberstaaten entwickeln konnte. Wir
sehen darin die StrablungsreÜexe , die vom gegenüberliegenden Kontinente
ausgehen.
Die ostafirikuuseheii Araberstaftten, die neb unter diesen natfirlichen
Bedingungen entwiokelteo, Bind aber anfierdem nooh bedeotangsvoll als Ans-
drnokaerachmniiogeii einer andern groBen Bewegung, die, wie wir schon saben,
auch dem Kamerangebiete ibr Gepnge gab: Avsdniekseneheinnngtii des Vor-
dringens des Islam. Der wichtigste und am besten bekannte dieser Staaten
ist das Sultanat Sansibar. Von der Kttsteninsel Sansibar aus, die bei
den geschilderten Fahrten natürlich zuerst erreicht wnrde und auf der die
Besiedelung einen natürlichen Schutz tjenoß, begann die Beherrschung des
dahinter liegenden afrikanischen Fesllandrandes. Sansibar entwickelte dabei
in sich alle die Kräfte, die einer Schwellenlage innewohnen. Wir sehen
sich hier die gewaltige Position im Kleinen wiederholen, die England als
randbebarschende Eflsteninsel dem europSiscben FesUande gegenüber er-
rungen batte.
Die politisdie Beherrsdrang von der Scfawellenlage ans leigte sich in
der Beselsimg der Bandgebiete von Ostalnka durch den Bnltaa von Sansibar.
Es waren in der Tat nur Handgebiete von wohl kaum über 10 km Breite
mit einer Reibe von Hafenstädten, die zur politischen Angliederung kamen.
Paß aber die politische und wirtschaftliche Kräftestrahlunp, die von Sansibar
ausging, eine Knstenstrecke von über 1000 km Länge in völlige AMiängig-
keit von der Insel brachte, das zeigt uns die Machtfülle, die in einer vor-
gelagerten Kü^teniusel ruht. Aul' diese Insel gestützt und breit hingelagert
am Meere ist der Staat Sansibar ein klassisches Beispid einer SdiweUenlage,
die die Straften des Sklav«!- und Elfenbeinhandels ins Innere des Kontinents
behenrsdite. Wie fest aber diese Macht eingewunelt war, seigt sich in dem an
sieh nnbedentenden Zuge, daB der Kflstenetreifen «rat sechs Jahre spUtar als
das TTinterland in deutschen Besitz kam, so daß das deutsche Reich — im rein
politischen Sinne — eine Zeit lang ein Schutzgebiet aber keinen Zugang dazu hatte.
Heute liegen die Verhältnisse so, datJ auch hier wie in England die
Kräfte der Sch wellenlaire auf das Festhiud ül)er/.ugehen beginnen. Zwar
geht noch immer die Hallte des Gesamthandels von Deutsch-Ostafrika in
Einfuhr und Ausfuhr über Sansibar, aber der direkte Handel mit der Küste
unter Umgehung Sansibars ist im Zunehmen. Vom Standpunkte der poli-
tischen Geographie ans aber muB die Lage Sansibars vor der Kflste nnseres
Schntsgebietes bedingmigslos als bedrohlidi Temrteilt werden, umsomehr, als
diese Insel eine BerOhrung mehr mit England bedeutet
F^ ebenso sehr wie durch seine Randlage am indisdhen Oxeane wird
unser Schutzgebiet beeinflußt durch seine Lage am großen zentralafrika-
nischen Graben, der mit seinem Nachbar, dem ostafrikanischen tiraben,
jenem gewaltigen System von Grabeneinbrüchen angehört, das sich von da
aus nördlich zum Uudi'lf-See und nach Abessinien fortsetzt und dem im wei-
teren Verlaufe das Bote Meer mit den Meerbusen von Sues und Akaba,
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652
BrvBO Felix Hftntch:
ferner das Toti' Meer un<l (la.^ Jordaiilal bis zum Hermo!» und Libanon an-
gehören. I)aü iun»'rhalb iuis«'rer ostÄtrikanischen Grenzen in» zentralafrika-
niflchen Graben eine Reihe von gewaltigen öeeu eingebettet ist, ruft für die
An diese Seen aDgrensenden Gebiete eine Art Randlage hervor, die nach
dem Innern des Kontinents gerichtet ist 80 eriiftlt Dentseh-Ost-
afrika ein Doppelgeaicht. Zwischen Kflite und Qraben aber entsteht
eine Binnengrenze. Venohiedene noch su besprechende Umstände eriiOhen
die Trennnngstondenz, die in dieser doppelten Randlage liegt, nnd lassen die
Binnengrenze im vollsten Sinne geographisch werden.
Die geschildei-ten Verhältnisse bringen es mit <\i'h, daß si< h die Grenzen
von I >eutsch - ( )stafrika auf lanir»' Strcikfn au Küstfii anlehnen: Fast die
Hiilt'te aller (Jrenzen ^\^r K<il<»iiif ^m«! K iisteugrenzeii. I)as siud irn Sinne
des Schutzes und der Erschlieliung gute Grenzen. Lberbaupt ist die Tat-
sache, daß diese Kolonie irier der großen inuerafrikanischen Seen berährty
d«r <»freulichste Punkt in der gesamten deatsdi'afrikamsdhen Grenspolitik,
nnd die zahlreichen schweren Hingel der fibiigen Grenzabstecknngen sind
wohl s. T. aus der Notwendigkeit zn erklttren, ftlr das sShe Festhalten an
der Erreichong der Seen Kompensationen bieten zu mQssen.
Die Lage von Deutsoh-Ostafrika wird endlich noch charakterisiert durch
die licriilining mit zwei englischen Kolonien: Britiscb-Ostafrika im Nor-
den und liritisch-Zentmlafrika nnd Khodesia im Süden. Ifatzel bezeichnet das
mit den Worten „doppelte Nachbarschaft". Eine doppelte Nachbarschaft
birgt immer, wie schon gezeigt wurde, die (lefahr politischer Umklammerung
in sich. Diese Gefahr wird hier noch verstärkt dadurch, daß diese beiden
englischen Kolonien die vorläufigen £ndglied«r zweier politischer Reiben
sind, die von Ägypten und vom Kap her einander mtgegenstreboi und
beide getragen worden vom Gedanken des britischen Lnperialismns: Afrika
englis^ vom Kap b» Kairo. Die Etappen anf diesen politaichen Reihen
sind im Süden: Kapland, Betscbuanaland-Rhodesia, im Norden: Ägypten,
jSiubieu, Sudan mit Kordofan, l'bartum und Darfiir, Bahr el Gbazal und
Uganda Protektorat. Schon winkt der Kngliinder am Viktoria -See seinem
Landsnumne am südlichen ianganvika-Scc zu und niiichte ihm die Hand rei-
eben. Sebon bat er von Süden ber seinen Telepaplu'n bis Udjidji vor-
geschoben und suclit Anschluß au den Telei:raphen von Fascboda; schon hat
er mit dem Kongostaate unterbandelt wegen „Pachtung^' eines schmalen
Streifen Landes entlang den Seen zum Ban seiner afrikanischen Überiaad-
bahn. Schon w&ren No^ und Sfid vielleicht an einander gekettet, wemi nidit
Englands böser Nachbar, Deutschland, die mit aller Wocht der historisohen
und geographischen Entwicklung auf Vereinigung drangenden Enden gewalt»
sam aus einander gehalten hätte. Und hierin, in der Zwischenlage zwischen
diesen Reihen, liegt oflfenbar der bedeutsamste Zug in der allgemeinen Lage
unserer Kolonie. Diese Zwiscbenlage verhindert ein- für allemal, daß —
nach Herstellung einer politischen Reibe vom Mittelmeer bis zum Kap —
zur Beherrschung Indiens und Australiens auch noch die Behen-scbung der
ganzen Süd- und Osthälfte Afrikas trete. Das Ziel der deutschen Osta&ika»
Politik muß sein, die Vorteile dieser Lage, die dem deutschen Reiche «ine
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Da» deutsche Kolonialreich.
68S
ungealmte Fülle politisdiar Hsebt Tenofaaflfc, fortdanenkd MusimlltMii und
seine Pontion hier durch Bahnlwa ins Innere tn stärken.
Diese Notwendigkeit ist um so dringender, als die deutsch englische
Grenze im Norden und Nordoston nahezu ungeschützt ist. Wie die Masai-
steppe duri'h die dfMitsch-enj^'lLsche Circnze verunstaltet wurde, haben wir
schon früher gesellen. Nur an einer St^^lle der Nordgren/e haben wir einen
natürlichen Grenzschutz, im Vulkangebiet des Kivu-Sees. Sonst
haben die Gebirge bei Festlegung der Grenzen von Deutsch-Ostafirika, wie über-
haupt der deutschen afiikudsdien Kolonien kdme Bolle gespielt. Solohe Go-
birgsgrenzen sind nur gut, wenn sie auf dem Kamme veilaufen oder Uber ihn
hinansgreifen. Deshalb ist die Bünhesiehung des gansen Kilimandjaro-
gebietes ein glücklicher Griff, der noch einen besonders idealen Zug erhSlt
dadurch, daß hier ein Ort klassischer deutacher Forschungsarbeit zur poli'
tischen Angliederung gekommen ist. Und doch fordert diese halbkreisförmige
Ausbuchtung der deutschen Grenze zu einem interessanten völkorpsychologi-
schen Yergleicbe heraus: \vir hier der Deutsche aus englischem, so hat auch
der Engländer aus deutschem Gebiete — in Kamerun — einen Halbkreis
herausgeschält. Aber — si duo faciunt idem, non est idem — der Engländer
gewann dabei die politische und wirtschaftiiehe Metropole eines mlditigen
Btaateniqrstems, Yola, der Deutsohe den einzigen Gipfel des schwarzen IM*
•teils, wo er Oletscherfishrten unttraehmen Ironnte!
Es hat sich herausgestellt, daß das politisch-geographische Büd von
Deutsch-Ostafrika seine bedeutend.sten Ztige erhält durch die vorgelagerte
Küsteninsel , durch die doppelte Bandlage nach dem Ozean and dem Seen-
pohieto und endlich durch die starke Zwischenlage zwischen zwei politischen
Keihen, die zugleich eine doppelte Nachbarschaft l)edeutet.
Der Verkehr nun, der den fast losgelösten Westen der Kolonie mit dem
Osten notdürftig genug verbindet, vollzog sicii m trüberer Zeit fast ausschlitli-
lich auf dem Tabora-Wege. Von Bagamoyo aus drang der Sklaven- und
Elfonbeiahandel auf diesem Wege nach U4ji<Uii Hanyema und Uigoro vor.
Dieser Verkehr konnte sich dedudb zu einer so grofien HOhe auftchwingen,
weil das Seengebiel noch keinerlei verkehrqpolitische Bedeutung hatte. Die
raumbewttltigende Wirkung ausgedehnter Seestraßen vermochte man nicht
auszunützen, da man mit den einzelnen Seen, zwischen denen keine Binde-
glieder bestanden, in Hinsicht auf den Verkehr nichts anzufangen wußte.
Das wurde andei-s, sobald man anfing, in den Seen Glieder eines
Systems zu erkennen, das einmal grumllegend werden mußte für die Ent-
wicklung einer meridional verlaufenden Handelsstraße. Zuerst fand man die
Möglichkeit, vom Zambesi aus über den ächire zum Nyassa-Sce zu gelangen.
Sofort legt«! die EnglSnder Band anf diese Gebiete und sind eben bei der
Arbeit, durch eine die Sehireschnellen umgehende Bshn die sfidliohe Aus*
mfindung des Seenhandels in ihre Gewalt zu bringen. Dann knOpfke man
den Fadem von Viktoria^See zur KUste durdi die ebenfalls englisebe üganda-
Bahn. Endlich nahm man den westlichen Abfluß des Tanganyika-Sees, den
Lukuga, in ein System gewaltiger Verkehrsplane auf, das den See an den
Kongo anschließen soll Von drei Seiten her strecken sich also die Fang-
OvognpbiKtae 2eiUchrift. 13. Jahrsr»ng. 1906 11. H«A 48
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634
Bmiio Felix Hftnteh:
arme des Verkehrs nach unserem Seengebicte aus, und wenn erst «amal die
fehlenden Bindeglieder zu Lande zwischen den drei großen Seen geschaffen
sind, so wird eine Verkehrsstraße von solcher bphorrschenden Kraft den Erd-
teil meridional durchziohen , daß unweigerlich die wirtschaftlichen Kdifte der
Bimunhiilft*' von Deutsi h-Ostafrika in dieser Richtung abströmen werden,
wenn die deutüch-ostafrikanische Verkehrspolitik nicht Torbeugt. Die Kolonie
wird in sw«i Wirttehaftisoiiea serfalUn. Scium hrato ist dia detttadi«
Gebiet von Moaclii bis mm Kivu-See Anabeutiingsgebiet der Uganda-Bahn.
Die YetkebnomwUningen, die diese Balm ber?orgenifini bat| mOgen uns fliani
Voxgesdunaok geben von der verkdmpolitischen Berohition, die die Ent-
stehung einer novd-sfldlidien Verkehnlinie für das Ibuiere von Afinka herrotr'
rnfen muß.
Besonders verwickelt werden diese Verhältnisse dadurch, daß die ein-
lige bedeutende Verbindurigsstraßp der Kiistp mit dem Inneni, der Tabora-
Weg, fortduiurnd all den kriegeristhcn Zufälligkeiten ausgesetzt ist, die mit
den Völkerbewegungen der Semiten, Hamiten und Buutu Hand in Hand
gehen. Es besteht n&mlich auch in Deutsch-Ostafhka eine ethnologische
Boheidelinie, die sich ost-westlich dorch die Kokmie hindnxohsieht nnd
bedingt wird dnroh den Zusammenstoß der von Norden kommenden semi-
tischen und hamitisohen Invasion der Masai, Wandorobbo, Watatum, Wa-
fiomi, Wahuma mit den von Süden vorgedrungenen Bantuvölkem dff
Wagogo, Wambugwe, Warangi, Wanyatum, Warundi, Waha und Wanjaa-
wesi, sowie mit dem Zuluvolke der Wangoni. Unter diesem Vordringen von
zwei Seiten her gegen den die Küste mit dem Innern vrr])indpndpn Tabora-
Weg leidet die Sicherheit der Handelsverbindung ebenso sehr, wie ihre
Stetigkeit unter der UnzuverlUssigkeit in der Beschaffung von Trägem. Die
Bedrohung des Soenweges wird die Gefahren der doppelten Randlage dieser
Kolonie nodi Terstftrken. Auch hier ist es Pflidit einer weitsehanenden
Kolonialregiening, den Verkehr unabhängig zu machen von den Znftlligkeitsn,
die sich aus diesen YOlkenrerBchiebungem ergeben. Denn kein staatlidies
Gebilde kann auf die Daner in seinem Gebiete Binnengrenaen ohne Sehaden
fBr das Ganze ertragen.
Es gibt auch hier nur ein Mittel, dieser Gefahren zum Segen der Ko-
lonie Herr zu werden: das ist der Bau einer Bahn von der Kfiste zu
den Seen. Sie wird ]>ei der Möglichkeit, den Tanganyika- und Nvassa-See
auf leichte Weise durch einen Verkehrsweg zu verbinden, wenigstens zwei
der großen Seen au die deutsche Küste anschließen. Der Seenhandel wird
unabhängig gemacht Ton kriegerischen Zusammenstößen mit den Eingebomen,
ein AussinanderfaUen der Kolonie in zwei Wirtschafbnooen wird verhindert
Der Weg durch Deutsch-Ostafirika hat dann fBr die Waren des Seengebietes
Tor dem Schire- und dem Kongoweg die Kflrse und den Yorteil nur ein-
maliger Umladung — an der Küste — voraus. Er muß schon deshalb
konkurrenzfähig sein. Lebensbedingung für diese Bahn ist freilich^ daB eine
Verbindungsbahn zwischen Viktoria- und Tanganyika-See niemals, oder doch
nicht eher gebaut wird, als bis der erste Zug Wiedhafen und Bismarckburg
erreicht hat Die Wirkungen der Uganda-Bahn lassen sich nicht mehr be-
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Dfts deutsche Kolonialxeicb.
635
•eitigen. 8m sind geographifldi geworden. Verhindem «ber llfit ricSi, d«0
ürandi und der TanganyikirSee ebenfiüls Ton MombMsa anqgeeogen wexden.
4. Deutsch-Südwestafrika.
Die Lage dieser Kolonie außerhalb der Wendekreise, wo allein
die machtigsten Staatenbildun^cn möglich sind, wird hauptsachlich charakte-
risiert durch eine für Afrika starke mittlere \Viirmeschwaukung , die für
europäische Besiedelung günstig ist. In dieser Wiimieschwankung kommen
Lageverhültuisse zum Ausdruck. Die Lage der Kolonie am Gebiete kalter
Auftriebw&sser nnd im Windscliatteii der Pfttsatwinde ist hier
ebenso bedeatangsroU wie die Höhenlage.
Dem ruchen Anstieg des Gelindes von der Kflste ins Innere ist es zn-
snschreiben, dftft die Jftkresisothermen in diesem Qebiete fsst meridional
verlaufen nnd daß /. B. die 25°-Jahresisotberme von der KongomOndung Aber
Windhuk zur mittleren Kapkolonie streicht. Aus demselben Grunde rücken
die Jahresisotherraen eng zusammen. Während sich nämlich zwischen dem
mittleren Oranjefluß und dem Tsadsee eine Zone ausbreitet, innerhalb deren
durch 45 Breiteugrade hindurch die mittlere Jahrestemperatur nur zwischen
dem 25. und 30. Wärmegrade schwankt, durchschreitet man rechtwinklig
dazu von Swakopmund nach Windhuk das Gebiet der meridional verlaufenden
Isothsnnen, in dem auf einer Strecke von etwas mehr als 800 km die Za>
nähme der mittleren Jahrestemperator von der Ellste ins Lmere 10" betragt.
Die grOJHen Erscheinungen der physischen und wirtiohaftUchen Vezhiltnisse
von Deutsch-Südwestafrika erkliren sidi ans dieser Lage: die Besiedelungs-
flhigkeit durch Europier, die Armut an Wsisser, der Beiditum an sterilen
nnd succulent«n Pflanzen mit kurzer Vegetationsperiode nnd der Wüsten-
streifen, der (las Hinterland von der Küste trennt.
Detitscli Suiiw. stafrika hat seine Küste eigentlich nur an einer Stelle
dem Liebesut rbeii eurupuischor Kolonisation geöffnet, in der Walfisch-Bai,
Der ganze dürstende Landstreifen vom Kuneue bis zum Oranjefluß ist das
lfitft«r einer „abschreckenden Kttste**, die stati sur gesdikfaÜiolMtt Bnt-
fUtnng rar „geschicfatlichen Yerspfttung^ des dahinterliegenden Landes fUirt
ünd diese an sieh schon sohlechte Küste ist ferner noch dorch polilisohe
Gebüde besonderer Art verunstaltet: Torgelagerte Kflsteninseln beeintittchtigen
immer den Wert der KQste, wenn sie in fremdem Besitze sind. Eine wie
schwere Last Sansibar für Deutsch - Ostafnka bedeutet, ist schon früher er>
Urtert. Aber auch Fernando Po in Kamerun imd die Pinguin -Inseln vor
der Küste von Deutsch-Sttdwestafrika schädigen die politisch -geographische
Gestaltung der beiden Kolonien, und sei es auch nur durch die in ihnen
gchliunmernden Möglichkeiten. Die englischen Inseln vor deutschen Küsten
sind deutscherseits Brandmale einer politisch -geographisch dndksohwaclMn Zait»
Eine andere Verunstaltung der sttdwestafrikanischen Kflste ist ferner die
englische Enklaye, dis Ton deutschem Gebiet umschlossen wird, die Wal-
fiscih-Bai. Disse Enklave ist heute eigentlich weiter nichts als eine aus Sand,
Dflnen und Klippen bestehende Bodieit: die Bosheit liegt darin, daß dieses
Gebiet uns den besten Hafen wegnimmt» ohne daß daraus für die Bngiitnder
48*
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Bruao Felix Hänsch:
«in aaderer Yoiteil entspringe, als daS sie die EntwicUnng unserer Kolmiie
Terzflgert Denn es ftthrfc keine neimentwerte Handelsrerlnndiing ins Innere;
em DOnen- und Wüstengflrtel soUiefit den Hafen vom Lmem ab. Die Wal-
fisch-Bai ist nicht bloB politisch, sondern andi physisch eine Enklave. Sie
hat aber eine gewisse Bedeutung ftir uns als weiteres Glied in der Reihe:
Besetzung der Volta- Mündung durch England, Abschneidnng des C'roßfluft-
Schirt'nlirt-wegt^s. Abschneidung des Niger — Benuö -Weges. An zahlreii^lien
Orten liat England nnsfie Kuloiiien. nn «Irei Punkten unsere Küsten venbtrben.
In dieser Küstenpolitik Kngland^. vorgtlagertp Küstoninseln zu besetzen, üeizt
aber ein grußer Zug, auf den Katzel hinweist: England als Inselstaat er-
wirbt Inseln, wo sich andere MSchte kontinental ansbrdten.
Die ungünstigen EflstenverhSltnisse bringen es mit sich, daft Deutsch-
SüdwestafUka keine Bandlage besitzt, obwohl es den Band des Kontinents
einnimmtw Die Bandlage erhftlt ihren höhnen Wert immer eist dxaok ^e in
ihr begründete Durchgangslage zu einem wirtschaftlich starken Hinteriaade.
Dieses Hinterland fehlt. Gewaltige Wüsten und Dornbuschsteppen umlagern
die Ostgrenze der Kolonie. So entsteht das, was Ratzel „die Lage ab-
seits" nennt. Auch der Zutritt zum Zambesi, den der ..('aprivi- Zipfel*' fr-
niöglicht, lindert an dieser Tatsaehe nichts. Eine Durcbgangshige wird sich
erst dann herausbilden, woun die englischen Wirtschaftsinteresson im Innern
des Kaplandes mit seinen Gold- nnd Diamantendistrikten so gewaltig ge-
wadisen sein werden, daß die Oewinngrenzen dieses Wirtschaftsgebietes die
Westküste erreidien. Dann wird eine Bahn dordis deutsche Gebiet nur «ne
F^age der Zeit sein.
Bs ist zweifellos sicher, daB diese Bahn einmal gebaut werden wird,
wenn sie auch der Reichstag, eine kurze Kflstenstrecke au-Sgenoramen, eben
abgelehnt hat. Diese Hahn bedeutet eine wesentliche Yerkümung der europä-
ischen Verbindungen der Kolonie, ein Nälierriicken des britischen Kapb.ndes
an das Mutterland und eine Eingangs])fortp in die Kf)lonic vom Kückfii h'T.
In dieser Verbindung erst gewinnt der „Caprivi-Zipfel'" seine eigenartige
Bedeutung. Er ist der zur Realität gewordene Protest dagegen, dali diese
Bahn anders als durdi deutsches Gebiet gebaut werde. Jede von Iioanda
oder Mossamedes aus zu bauende Bahn nach Kimberley, die deutsches Gebiet
vermeiden soll, xwingt der „OapriTl-Zipfel" zu einer weiten ümgelinng, wo-
dnrdi ihre Bedeutung, den Weg xum Kap zu Terkllnen, T&Uig anfgehobot
wird. Den w^eit über 3000 Kilometern von Loanda nach Kimberley stehen
nur 1000 km über Lüderitzbucht, bez. 1700 km über Wiudhuk gegenflbor.
Es ist somit unbestreitbar, daß Dcutseldand den kürzesten und bequemsten
Zufahrt.sweg von England a\is zur mittleren Kapkülonie l^eherrschen wird,
und daß Ijei dieser Beherrschung die Barriere des „Caprivi-Zipt'els^* die Haupt-
rolle spielt.
Der „C'aprivi-Zipfel" ist aber noch in anderer Hinsicht politisch-geogra-
phisch interessant. Er ist die einzige, einer Abgliederuug fast gleichkom-
mende ünregelmftAi^eit unserer afrikanischen Kolonialgrensen, die jedoch
bei der GrOBe des Schutzgebietes die im übrigen sehr gflnstige Ver-
hBltniszahl der Grenzentwickelung nicht wesentlich zu bednflnssen TOinag.
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Das deuitebe Kolonialreioli.
687
Er ist eine Art ErstarruugsirSLhciüHTip im Gange der geschichtlichen Ent-
wicklung der (!ren/c. Zur Zeit der deuts( lu n llesitzergreitungen in Afrika
wuchsen die liestrehuiigen der deutscheu Kulüuiaipoiitiker von Jahr zu Jahr.
Immer weiter schobeu sich ihre Pläne ins Innere vor, die auf eine Ver-
einigung des Ostens mit dem Westen abxielten. Da Temichteten Vertrftge
mit einem Sehlage die BemflUiUDgenf als dwen letstnr Markstein der Zugang
anm Zambea im „Cainrivi-Zipfel'* das Kartenbild Tenanstaltet Er ist nidits
als eise erstante Wadistomsspitze der Grenae nnd ein Denkmal der rast-
losen Bemühungen der Kolonialpioniere jener ersten Jahre.
Es ist ja richtig, der „Caprivi-Zipfel" ermöglicht uns auch den Zugang
zum Zambesi. Als solcher ist er wohl auch ursprünglich gedacht. Nach
den eingehenden I)arle^ni:iL'en Passarges ist es aber zweifellos, daß dieser
Vorteil nur auf der Larnikiirtt' und in der Theorie licsteht. Zu praktischer
Bedeutung wird dieser Laudstreifen wohl nie gelangen. Denn der Weg von
Tsumeb zum Zambesi ist 1000 km lang. Das Okavangobecken mit dem
Ewandogebiet gehört wirtschaftlich zum Zambesi. Dieser Wasserweg und
die englisdie Bahn nach Bnluwayo schlieBen die Ph>duktion des Okavango-
beckens an die Mftrkte des MatabelfliaBdes an. Mit der polittsohen Wirknag,
die Engländer am Vordringen ins Hinterland von Portugiesisch-Angola ver-
hindert zu haben, und mit der verkehrspolitischen Wirkung, eine Kontinental-
bahn von der Westküste nach den Gold- und Diamantendistrikten der Kap-
kolonie von deutscheiu Gebiete abhttngig zu machen, ist die Bedeutung des
^Caprivi-Zipfels'" erschöpft.
Es wurde schon hervorgehoben, daß Deutsch- Südwestafiika in der
Schußlinie des Vordringens europäischer Kultur liegt, das sich an
den Spitsen der drei 8fld*Erdteile wiederholt. Dieses Vordringen hat hier die
lokale Form der Bnrentrekks angenommen. Es sind politische Femwir-
knngen des sftdafiikanischen Kulturq^ms. Vom Stiden her sind die Buren
staffelförmig nach Deutsch^Ostafrika, nach den Ngamiltndem nnd nach Portn-
giesiscb-Angola vorgedrungen. Das i^t der bedeutsamste Zug, der unser Ge«
biet an das Kap fesselt. Es sind gewaltige Käurae, die die Buren auf ihren
Trekks durchziehen mußten, und voller Entbehrungen und Mühen waren ohne
Zweifel diese W'arideriiiiiren, die ihnen ein hartes Schicksal inii'/.wang. Dafür
saßen und sitz»'n sie iiuer nun auf ihren neu*^n Weideplätzen wie iu Boll-
werken: ihr einziger aber wirkungsvoller Schutz ist der weite Raum, der
sie allseitig umgibt Bei Betrachtung der deutschen Kolonialzone wurde der
gewaltigen, politisehen Kraft gedacht, die weiten Räumen innewohnt, und die
so allmSditig ist, daß Armeen an ihr senchellen. Ln kleinen wiederholt
sieh diese Erscheinung im gegenwärtigen Kolonialkriege in Dentsch-Bfldwest-
afi-ika. Die Bevölkerungszahl des Aufstandsgebietes entspricht — auf deutsche
Verhältnisse übertragen — mit vielleicht loOOOO Köpfen der Bevölkerung von
Beuß j. L. Der Raum der beiden Gebiete aber verhält sich wie KJiM» -. 1.
An der völligen Niederwerfung des Aufstaudes arbeiten seit nunmehr 2 Jaliren
15 000 ausgesuchte, mit allen Mitteln der Knegtuhrung reichlich versehene
Soldaten. Was würde man sagen, wenn eine Macht gegen Reuß j. L. ein
Armcekorpä mobilisieren wollte? Nicbts kann deutlicher die dem Baume
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e88
Brnno Felix Hinseht
innewohnoude politische Kraft veranschaulichen als dieser Vergleich. Es er*
hellt, daß iu allen krioponschon Opprationon in unseren gewaltigen Koloni&l-
gebieten der Kaum als Mitkämjjfer einzustellen ist. Es muß möglich sein,
die Machteinheiten, die er darstellt, in bestimmte Formeln zu fassen.
Es gibt nur ein Mittel, die Macht des Raumes erfolgreich und dauernd
zu brecheOf das ist die Schaffung von Verkehrsmitteln. Auch hier lassen
liflli die VeribiltniaM der Eol(niialioiie auf die dnwlne groiiliuiiige Kolonie
flbertragen. Und wie dort Kabel, Kudebdampfer und Kriegssehiffe eingesetit
werden mOsseii, so hier bewmden die Balmeo, die auf dem festen Lande fiut
allein eis ranmbewSltigendes Verhehrsniitfeel in Betraeht kommen. Die Aof-
stinde der letsten beiden Jahre haben schlagend den Beweis erbraeht, daft
nnr die Gebiete einer Kolonie als politisch wirklich gesicherter Besita gelten
dtirfen, die durch Bahnen leicht erreichbar sind, und das ist in unsem Ge-
bieten von der mehrfachen Größe des Mutterlandes ein in der Tat verschwin-
dender Teil. Diese kleinen Gebiete bilden gewissermaßen Anhcftungspunkte
der kolonisatorischen Krüfte. A.n sie schließt sich nach dem Innera und
seitab der Bahn eine Reihe konzentrisch angeordneter Räume bis zu den am
weitesten entfernten Landschaften. Ihre Treunungslinien hat Ratzel tretfend
mit dem Worte „politische Isodynamen" bezeichnet. Sie begrenzen Zonen
abnehmender Kraft der von den Anheftungsp unkten der Kolonisation aus-
gehenden wirtschaftlidhen, politisohmi und kulturellen Unternehmungen und
der diesen Untranehmnngen entgegenstehenden WidentSnde.
Demnach bedeutet jedes Kilometer Bahn in weitrSumigen IG>lonial'
gebieten einen Zuwachs an politisdier Madit. Daher war auch die Klauad
im Vertrage mit der englischen South -West -Africa- Co., daß die deutsche
Begierong von der Küste aus keine Bahn nach Windhuk bauen dürfe, eine
politische Klausel. Kein Staat und keine Kolonie durfte sie sich je ge&Uen
lassen, ohne an der politischen Elire Schaden zu leiden.
Es ist zweifellos der gewaltigste Schallen unserer Kolouialpolitik, der in
Deutsch-Süd westatnka gerade zu den bittersten Folgen geführt hat, daß man
die unendliche widerstrebende Macht des Raumes nicht erkannt und sich des
einzigen Mittels zu ihrer Bewältigung, des Verkehrs, 20 Jahre hindurch fast
nicht bedient hat. Wann endlich wird man aus den gegebenen politisch-
geogra'phischen Bedingungen die eisernen Konseqnoum lielMn?
Eine so wichtige Bolle die Verkehrsfiragen in der inneren ErschlieBang
▼on Südwest- Afrika spielen, so wenig gibt es heute Yerkehrsfragen in der
Chmu^olitik der Kolonie. Die absehreefcende Kfiste und die Lage abeeito
▼erurteilen die Kolimie in dieser Hinsicht zu einer abwartenden Haltung.
Nur wenirre, schwor passierbare Wege verbinden sie mit den Nachbargebieten.
Im Norden hat man eine Zeitlang den Plan verfolgt, das Minengebiet
von Otavi und Tsumeb mit einem portugiesischen Hafen durch eine Bahn
zu verbinden. Glücklicherweise ist dieser l'hin t,'oscheitert. Denn durch diese
Verkehrsstraßo würde künstlich er/euet \senlen. was wir am Benue und
Croßfluß bedauern: die Angliederung deutscher Kolonialwirtschattsgebiete an
fremde Kolonien.
Der Haupt weg nach dem Osten und flberhaupt der einzige TOa
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Das deutsche Kolouialreieh.
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BedeatoDg in diiMr Riehtang itt der Ngamipfad. Er T«rbmdet Windhak
und Gobabifl mit dem wirtschaftlicli verhBltnism&fiig wertvoUen Ghaneefold
und dem Okavangobecken. Dieser violbonutzte Weg wird von der Grenie
eigentümlich behandelt. Nur aU ein Beispiel, wie sonderbare YerfaAltnisse
durch willkürliche Grenzziehungen entstehen können, sei hier kurz darauf
einsjej^angen : Hintor dem deutschen Oas betritt der Weg enfrlisches Gebiet,
fülirt dann nach ( Mifantskloof, um nach Überwindung' einpr Durststrecke das
wiederum deut,sche Kiettontein zu erreichen, das in der iiuBerston Ecke jenes
rechten Winkels liegt, der hier ins englische Gebiet vorspringt. Erst dann
betritt der Pfad endgtUtig englischen Boden. Bei der Zwangsläufigkeit der
Wege in jenen Gebieten, in denen man sidi von Wanerlodi sn Waeserloeli
bindurdidfirsten mnB, ist eine Twlegimg des Weges ausgeseUosseiL Biet-
fontflin wild als wichtiger Wasserplatx nadi einer 90 — 100 km langen Durst-
strecke seine beherrschende Stellung dauernd behalten.
AnBw dem Ngamip&d fUam nur noch wenige Wege in die HaohlMr-
gebiete hinüber. Die steOwandige Talschlucht des Oranje sdüieBt die Kolonie
gegen Süden, der Okavango und der Kunene gegen Norden ab. An der
Ostgi-enze aber erreicht, wie <}ie dentsch-englische Grenzkommission erwiesen
hat, der Pornwald stclbnnveiso eine solche Unwegsamkeit, daß er als Grenz-
wald gelten kann. Du treiiuonde Wirkung, die ein l'rwald durch die Üppig-
keit der Vcgotation hervorruft, beruht hier auf der verkehrshindernden Art
des Dornbuschos. Sogar Wüsten kennt Dt'\it.S'"h-Südwe.stafrika als (irenzschutz.
Vom 28.*^ s. Br. au bis zum Nossob zieht sich eiu völlig unzugängliches
Wflstengebiet hin, das die Arbeiten der deutsch -englischen Grenzkonmiission
unendlich erschwerte und snm T«l unmöglich macÄite. Der nördliche Teil
der Os^p'enxe dieser Kolonie ist insofam nicht ungOnstig, als er über das
Wfistengebiet der Omaheke hinausgreift und im Eaukaufeld und Enngfeld
groBe fOr Viehsoeht geeignete Steppengebiete der Kolonie angliedert Und
dodi bleibt diese Grenze so lange politisch-geographisch widersinnig, als sie
das Okavangobecken und das Ghansefeld abschneidet. In ihrem heutigen
Verlaufe fehlen ihr geographische Stützpunkte, Iftdt sie den „Capri vi -Zipfel**
fast wirkune^Ins werden und raubt der Kolonie em geographisch ihr zu-
gehöriges Hinterland.
5. Das Kolonial-Wirtschaftsgebiet des stillen Oseans.
Die Würdigung der Lage unseres pazifischen Besitzes ist in ihren Uaupt-
sfigen bereits erfolgt. Sie führte uns zurück auf die Einflüsse der südlichen
Westwindtrift. BedentnngSToll werden diese Besitsungen dadaroh, daß sie
die wirtschaftlichen Verbindungen xwischen Australien und Japan umlagern
und als Triger des paanfischen TelegraphenTcrkehrs dienen.
In ihrar aUgnneinen Anordnung zeigen sie das Bild einw zerstreuten
Lage. HoIISndische, deutsche, englische, franzSsische und amerikanische Be-
sitzungen schieben sich regellos durcheinander. Nur die britischen sind durch
eine feste Kette von Stflt^unkten an das Mutterland angegliedert. Die aller
anderen Mächte tragen mehr oder weniger den Charakter der rpirellosen Ver-
streuung. Eine einheitliche and nachdrückliebe Machtentfaltung wird durch
640
Brnno Felix Hinteh: Das denttehe Kolonialreich.
diese Lage erschwert. Es ist deshalb zu verstehen , daB in Frankreich s. Z.
•IUb Emates der Plan auftauchte, den paaifisohen Kolonialbeeits ao&agebea
lagunsten einer Konzentration auf Afrika.
Die nesitzvprhältnisse iin stillen Ozean sind wechselnd, und das Auf-
treten joder neuou Kolonialmacht in diesen Gebieten bedeutet ffir die dort
heimischen Miichte, bes. Japan und den Common nealih , eine \'ennehrung der
Nachbarn. Jeder nene, niaohtvolle Nachbar liringt ab^r t^ineu Zuwaclis von
Verwnckelungsmöglichkeiten. Deshalb ist es voll erklürlicb, daß s. Z. die
australische Kolonie gegen die Festsetzung Deutschlands auf Neu-Guinea pro-
testierto. Das Ausieheiden des kolonialpoUtaBcii in eine Nebenrolle gedrängten
Spanien ans der Beihe der paiifisohen Ittohte bedeatete deshalb fDr den
Commotneetäih sine Venehlechtamng der Nachbarschaft, weil die Vereinigten
Staaten, die an seine Stelle getreten sind, geographisch viel fsster in diesem
Teile der Erde wnneln als das weit entfernte Spanien. In ihrem Nachbar-
reichtum u. a. liegt fttr die pazifischen Mftohte der Zwang, rieh müittrische
Machtmittel zur See zu schatfen.
Sicher ist, daß sich die deutschen pazifischen Kolonien nie zu einer be-
herrschenden SteHuus.: aufschwingen werden. Sie sind den Ströniuntren des
ostasiatischrn, amerikanischen und australischen Wirtschaftslebens preisgegeben^
von dem sie handelspolitisch abhängig bleiben. Schon haben handels-
politische Ditlereuzen zwischen Deutschland und dem Cominonueaith in Bezug
auf die Marshall-Inseln zu einem Siege Australiens geflUirt. Die Auierikuuer
lenken ihre Verbindungen Aber Gnam nnd Tutoila und machen dadurch die
benachbartem deutschen Inseln teilweise sn Anhängseln ihrer Stationen. Nor
die erhofften nord- südlichen Handelsbeuehnngen swischen Australien nnd
Japan werden, wie schon erwfthnt, die Nachteile der Lage «inigermafien Ter-
bessern kOnnen.
Scihliißwort.
Der Blick auf die gewonnenen Ergebnisse nötigt zu zwei Schlußworten,
ZU einem rein politischen und zu einem, das die praktisch -wirtschaftliche
Seite unserer Kolonialpolitik belritlt
Uei allen praktisch - wirtschatllicheu Maßnahmen muß sich die Kolonial-
regierung die schweren (i (fahren, die in den politisch-geographischen Verhält-
nissen unserer Kolonien liegrüiukt liegen, vor Augen halten. Diese Gefahren
bedrücken und hemmen die Entwicklung des Stuatskörpei-s unserer kolonial-
politischen Qebilda. Sie arbeiten im stillen; sie sind die gefHurlichsten, weil
am wenigsten bemerkten Feinde. Ihrem stammen Wirlmi moB die Eobnial-
verwaltnng mit planvollen IfaBnahmen au begegnen sndien. Alle kolonial-
politischen üntemchmungen sind in prüfen mit Blicksicht anf die Frage:
stttrken sie die pditisah-gsographische Position der okkupierenden Uacht?
Nur so werden die Mängel der Lage, die Fehler der Grenzziehung und die
Gefahren, die in den weiten Räumen liegen, nnscbidlich gemacht werden.
Andererseits darf die Kolonialregierung nie vergessen, daß ihr bei der
Verteilung des schwarzen Erdteils an vielen Stellen eine große Summe poli-
tischer Macht zugefallen ist. Sie würde töricht handeln, wenn sie diese
Macht nicht rücksichtslos ausnützte und Zug um Zug das Gewicht ihrer
Geographiiche Neuigkeiten.
Ö41
poUtkdi-geographiselicii SteUimg in die Wagaebale würfe, wo es sich dämm
handelt, auf äw betretenen Bahn der Weltpolitik weiter zu schreiten.
Aber noch ein andwer Zug tritt markant in Erscheinung: so sicher es
ist, daß England vor der deutschen Expansion im Jahre 1881 in allen Erd-
teilen dominierte und, was noch niolir Sagen will, iast schrankenlose Ent-
wicklungsmögliclikeiten vor sieh sah, ebenso sicher ist e«?, daß ihm Deutsch-
land diese Eiif \\ntklunf:sin(i^'li(hk»>iten in Afrika allenthalben verlegt hat.
Und nun «iic Kehrseite dieser Behauptung: so sieher es ist, daß in den Au-
fSn<;eii der deut sehen kolonialen Expansion die Erringung eines deut.schen
Afrika uieht bloß beabsiehiigl, sondern sogar möglich war, ebenso sicher ist
es, daß das durch unser Eingreifen aufgeschreckte England nicht bloß seine
Besitzergreifungen im Gegensatse zu frflher ungeahnt heseUeunigte, sondern
uns auch aus bereits gewonnenen Portionen wieder verdrängte. Dieser
Procefi gegenseitigen Drftngens und Schiebens hat zwar durch Vertrftge einen
Torlftufigra AbsdiluB erlangt, hat aber doch eine ungeahnte Reihe Ton Frik-
tionspunkten zurückgelassen, die das Fleisch der beidnn Staaten wund reiben.
Mit jedem neuen Jahre, mit joder neuen Handelsstatistik, mit jeder ])olitischen
Verinderang, mit jedem Kriege, mit jeder wirtschaftlichen Unternehmung
werden auf beiden Seiten — woblgemerkt auf beiden Seiten — sehr reale
Schmerzempfindungen erzeugt, die sich /,u einem politischen Oefiihle der Ab-
neigung verdiehten, — geradeso wie eine Summe von Mißhandlungen das
Kind zu chronist limi Hasse gegen seinen Peiniger drängt. M<igen noch so
viele Ursachen dafür spre< hen, daß sich beide Nationen achten und lieben, —
die kolonialpolitischen Friktiouspunkte sind, wie die handelspolitischen, weil
realer, deshalb wirkungsvoller, und dringen mit der Folgeriditigkeit politisdi-
geographischer Evolution zum Austrag«
Qeographiselie Meni^keiteii.
ZnaammeugCHtellt von Dr. August Fit7.au.
Allgemeines.
* Die Herausgabe des Kicbt-
hofeniehen literarischen Nach-
lasses wird einem Rundschreiben Prof.
V. HrTf^alBkis zufolge folgendermaßen
durchgeführt werden. Von den vorhan-
denen KoUeg^Mannskrtpten haben sich
zwei als für die Veröffentlichun«; geeignet
erwiesen, n^lmlich „die vergleichende {""her-
sicht der Kontinent«'', die Prot. Dr.
Philippson, und ^die Siedelungs- und
Verkehrsgeographie^, die Pcivatdozent
Dr. 0. Schlüter hernuspehen wird. —
Die Herausgabe des dritten Bandes sowie
des »weiten Teiles des Atlas des „China-
weikes'* darf als gesichert bezeichnet wer-
den, nachdem durch den Kaiser, durch
die k preußische Akademie der Wissen-
schaften und durch den Verlag von Dietrich
Reimer die erforderlichen Mittel zugesagt
oder bereitgestellt sind. Einem Wunsehe
des Verstorbenen entp))rerhen(l liat sieh
Dr. E. Tießcn bereit erklärt, die Heraus-
gabe des Textes des dritten Bandes zu
übernehmen, während Dr. M. riroll die
Fertiirstellunp und Herauspabe di r Karten
übemehmeu will. Die Vollendung des
„Chinawerires" darf innerhalb der näch-
sten vier Jahre erwartet werden.
• Eine kurze Anleitunrr zum He-
obacbten von Erdbeben verötfent-
licht die kais. Hanptstation ftlr Erd-
bebenforschung zu StraBbnrg in Nr. 113
der „Straftbni^ Karrespondens**, indem
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642
Oeographiiehe Neuiffkettea.
sie dabei von dem (iedankcii ausgeht,
daß durch richtig aogesteiit« iieobach-
tangen fllhlbftnr Erdbeben jedoRnAiiii der
WisaenBchaft gute Dieofte leiaten kOnne.
Nach einer kurzen Erklilrung dor ge-
bräuchlichsten seismologischen Fachaus-
drücke und nach Aufzfthlung der wich-
tigsten Begleitewchwnimgen eines Erd-
bebens werden etwas »*itif,'ehi'iider die
8or;»>nannton ,,Erdbebcngerjiu8che" be-
handelt. Am häufigsten gehen diese Ge-
rioiehe der Hanptcmebattornng mimittel-
bar voraus , treten aber auch ^^cb-
zeitiir mit ihr ein und dauern nach
detu linde ded Bebens noch etwas an.
Die Art des ErdbebeogeAtucbea wird
sehr verschieden angegeben als Brausen,
Pfeifen, Heulen, Rollen, Donnern, Krachen.
Brüllen uüw. Im groüeu und ganzen kann
man swei Hauptgruppen ontenebeiden;
buiggesogeno . iihnlich flem Rollen dos
Donners, oder aber kurz abgebrochene,
wie beim Aufliegen einer Mine. Die
Geiftuaebe kommen in gleicher Weite bei
Erd- wie bei Seebeben vor. Auf was der
zufiUlige üeol achter eines Enlbebens
hauptsüchlich zu achten hat, um der
Wisaenschaft durch seine Wahrnehmungen
zu nützen, ersieht er aus der Pragekarte,
die die kais. Krdhebenstation in Straß-
burg zuaammeugesteilt hat; sie enthält
folgende Engen: Tag nnd Datum. Ort.
Um wieviel Uhr? hm s. Ortszeif^ (Zonen-
zeit Vfirmittag? NachinittagV Wo war
der Beobachter? Im Freien? Zu Hause?
In welchem StockwerkeY Zahl, Dauer der
Stöße? Richtung der Stoße? Welche
NN'irkung hatte da« Erdbeben? Erilbeben-
geriluBche? Verhalten von Quellen, Brun-
nen usw.? fikmatige Bemerkungen? Adresse
des BeobAchters?
DeutHChland und NachbarlSnder.
w Die deutsche Landesforschung
•rfUut gegenwftrfeig durch die Seen-
untersuchungen der k. preuß. Geo-
logischen Landesanstalt eine erfreu-
liche Förderung: die Laudesanstalt hat
jetst begonnen« ihre Tätigkeit auf die
Waasezfl&chen , insbesondere die Seen,
ihrer wirtschaftlichen Bedeutung ent-
sprechend, auszudehnen. Zu diesem Zweck
ist bei der Anstalt ein „Seen-ArchiT**
eingerichtet und mit seiner Leitung der
Landesgeologe Prof. Dr. Jentzsch be-
auftragt worden. Das „Seen-Archiv" soll i
die gedruckten und handschriftlichen
Nachrichten und Forschungen über pien-
Sisöhe n. Seen aunmeln nnd plamnifiig
herausgeben. Die Lficken sollen dxirch
Beamte der Anstalt und durch freiwillige
Mitarbeiter nach und nach ausgefüllt
werden. Inabeeondere sollen die Seen der
geologischen Kartenblfttter ron jetst ab
nach Möglichkeit Tiefeiii inien erhalten.
Daneben gehen Fors^ichungen über den
Untergrund der Seen und ihre Umgestal-
tung, physikftliache und chemiaehe Unter-
suehuntren des Wassers wie des Boden-
sclilannneö. Ein von Jent/.beh in den
„Abbaudlnngeu der k. preuß. Geol. L.-A"
(N. F. 48. Heft) eotsehienener „Entwurf
einer Anleitung zur Seen-Untersuchnng
bei den Kartenaufnahmen der Oeologi-
süheu Laudt^äanatalt" verbreitet sich über
die Gestaltung des Untergmndea, Yer*
breitung der untergetanchten , wie der
als Schaar in die Lufb emporragenden
Ptlanzenbeatünde, Beschatfeuheit dea L'nter-
grundea und Dnrehiiehtigkeit nnd Faibe
des Wassers; femer sollen am Rande und
in der Umgebung des Sees die Ufer-
gesteine kartiert und die auf Eutstehimg,
Abeehleifnng und bisherige teilweise Aus-
füllung des Seebeckens hinweisenden Tat>
suchen festgestellt werden. IH*' linino-
logische Tiltigkeit der (.ieologischeu
Landesanstalt zeigte sich bereits in der
„Beschreibung von sieben geologischen
Karten mit Tiefenlinien «»der Tiefenstiifen
der üewässer*\ wovon die Karten in der
deutschen BiunenBsehttei- Abteilung der
internationalen Ausstellung zu Mailand
ausgestellt waren, wilhrend die Beschrei-
bung als Souderabdruck aus dem „allge-
meinen Führer durch die AnssteUung^* er«
schienen ist.
« In dem Netze der österreichischen
Alpenbahnen, die bestimmt sind, dem
Westen Österreichs eine zweite kürzere
Bahnrerbindung nach THest nnd don
adriatbchen Meere zu eröfliien, ist Ende
September die wichtigste Strecke V i 1 1 a c h -
Roseubach- Aßling mit dem Kara-
wankentunnel eröffnet worden. Yen
Vilhich an der Drau auH;.re]ieud, flber-
schreitet die Bahn den «Tailthiü und lHuft
im Draatal am i'uße der Karawanken bis
sur Station Boeenbach, wo sie sieb mit
der von Klagenfurt kommenden Teil-
strecke vereinig^. Hinter Rosenbach durch-
I schneidet die Balm die Karawanken in
tieographische Neuigkeiten.
64S
dem 7976 m langen, zweigleisigen Tnnnel;
der Tunnel steigt anfanjjs bi« 637 m. senkt
sich dann aber wieder. Hinter dem Tunnel
folgt die Bahn einem Gebirgebache, der
nach Aßling 6ießt , und in Aßling ver-
einigt aicli (Vv Hahn sowohl mit der alten
Sfldbahnsirecke Tanria-Laibach, wie mit
der neaen StMiltbaliailnd» AÖling-Göra-
Triest, dem efldlicbsten Zwviii di-s neuen
Alpenbahnsystfma, die nucli in diesem
Jahre dem Verkehr übergeben worden ist.
Der Handel wird «ich der neuen Linien
bftld bedienen, namentlich wenn auch das
Bildliche Knde der Tauernbahn volNuiipt
und damit die Kette dieser Alpeubahuen
geschlossen sein wird.
Asien.
» Den höchsten bisher erreich-
ten i'uukt der festen Erdoberfläche mit
70M m Hohe ht* Ende JnU d. J. Frau
Ballock Workman in der Nun-Nun-
Ketto (le>4 Himalaja erstiegen. Nach sorg-
Altigeu Vorbereitungen in niedrigeren
Höhenlagen drang dae Ehepaar Dr. Ballock
Workman, »Ins ncli sihoii srit inelir.Tcn
Jahren dem Ik'rL'steiLT' r-itort im Himalaja
widmet, mit einer wuhlauhgerüsteteu Kara-
wane aar eigentlichen Operationibaaie fibr
den höheren Aufstieg in ein Lager im
Schappat - Nalo Höhenzage in 14 4U0'
Höbe vor. Von hier aus erfolgte am
46. Jnli der Anf bmoh de* Paare* in Be-
gleitung von sieben italienischen Fflbrem
nnd lf> Einjreborenen ; naehdem mnn am
folgenden Tage in Hübe ein Lager
bcMgen hatte, kehrten die Indier bis
anf «wei anr Operationabaw* inrOck. Beim
Weitermarsch wurde man von Nebel und
Schneegestöber überrascht und in 21 200'
Hohe wnrde da* hOchate bisher aufge-
schlagene Lager errichtet und „Camp
Amerika" getauft. Hierher Hchafften die
italienischen Führer 40 Pfund Mundvor-
zftte nnd kehrten dann snrflck, um das
weitere Geiiiick heranzuholen. Die Wit-
terung wurde hier sehr unirünstig, das
Paar mußte bei — 20 <* C im dicken Nebel
die Nacht TCrbringen. Am S9. Jnli traf
ein Fflhxer mit zwei TrBgtni wieder beim
Lager ein, und dan Ehepaar schickte sich
cum weitereu \'ordringen an. Vier Stunden
lang mußten Stufen in einen Eisabhang
gehauen werden, bei '22 800 ' wurde wieder
Halt gemacht. I>r Workman und ein
Tr&ger blieben hier zurück, während Frau
, Wockman mit einem Führer nnd einem
; TrSfjer den Aufstieg fortsetzte tuid bei
I231u0' BS 70&6 m den Gipfel des Berges
erreichte. Jn den Hohen Ober 19000'
litten die Reisenden empfindlich unter
I anhaltender Schlaf losigkeit; trotzdem
brachten sie insgesamt sechs Nächte in
diesen Höhenlagen auf dem Sdmea au.
Ifrlka.
« Der deutsch-englische Vertrag
Ober die Orencfestsetsung zwischen
Nordwest-Kamerun und dem briti-
schen (lehiete Nigeria von Ynla an bis
zum Tschadsee ist amtlich verötf entlicht
worden. Bei diesem endgültigen Grenx-
abkommen, dem im wesentlichen die
Arbeiten der gemischfeu deutsrh-eiirTli-
sehen Grenzkommission unter Haupttuann
Glauning und Oberst Jackson zu
Grunde li^ren, handelte es sich darum,
fOr die vorlriufigen rjradlinifjen Grenzen
des Jahres 1893 eine auf politisch und wirt-
schaftlich brauchbare Grundlage gestellte
Grence tu finden. Die jetsige, vielfiach
«.gewundene Orence ist im -wesentlichen
im Verhältnis zu der alten irradlinigcn
Grenze so gelegt, daß sich Laudzu wachs
und Landvolust fttr beide Parteien gegen-
seitig ausgleichen. Für die Feststellung
der Grenze wird die ]>olitiscbe Zusammen-
gehörigkeit der Eingeborenen und die
wirtschaftliche Verwertung der Haupt-
wasserliuife nnd ihrer Nebenflüsse als
maßgebend angeselion. Daß der wirt-
schaftliche Mittelpunkt des Grenzgebietes
Yola bei der Regulierung nun endgflltig
an I !t;^'Iand nillt, iut für nns gewiß
schmerzlich. Hißt sich aber in Hinblick
auf die früheren Abmachungen nicht
ändern. Wir mflssen uns damit trOsten,
daß uns Dikoa verblieben ist, das fSr die
Sfi<lgel>!ete <lt's Ts<'ha<l'<ees vot) großer
politischer und wirtschaftlicher Bedeutung
ist und diese Bedeutung unter einer
sorfxsumen Verwaltung noch weiter ver-
mehren kann. Ohne Dikoa wäre das
nordwestlichste Kamerun für uns ziem-
lich wertlos gewesen. Als Gegengewicht
gegen Yola könnte sich möglicherweise
die nicht all/uferu von Yola und der
Grenze gelegene alte Balihauptstadt Garua
politiseh wid wütsehafUich entwickeln.
Im allgemeinen scheinen die beiderseitigen
Interessen durch dan Abkommen gleich-
mäßig gewahrt zu sein
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644
Geographische Neuigkeiten.
• Pi<> franzrisigchon rittirnohmungcn
zur Uerstelluag einer Ver)<iiidun^
swiichen FransOiiiicb-CongM uud
dem franzOsisciit II bad-Territo-
rium, die ^<'it den l'nti'iut'limun'jen des
Kapt. Loetler i. J. liiül geruht habeu,
lind seit dem Sommer lOOß wieder ins
Werk gesetzt worden. Im ' ili i'.»05 hat
Leutuant Lancrenon p\n>-n Versurh pc-
macbt, zwiBchen Cariiot am oberen iSaogba
and Lai am Loguue eine Verbindung her-
zustellen, was Loefler 1901 schon vergeb-
lich versucht hatte Lancrenon ginfj mit
«einer Expedition zunächst nach Kunde
in Adamaua und wandte sich dann nord-
OeÜich mm Logone. Auf diesem Marsche
wurden ganz unerforsehte, orographisoh
und hydrographisch sehr iuleressante Ge-
biete durchschritten; in engen steilwan-
digen TUem ergossen sich die Fldrae
vom Adamaua-Plateau herab zum Loj^'one
und Schari; einer von ihnen, der Kgu,
stürzt dabei über einen 300 bis 400 Fuß
hohen Katuakt. Die angetroflPenen Yolka-
Stämme, von denen einige noch nichta
von Weißen gehört hatten, waren zunüchst
friedlich, wurden aber im Scharibecken
entschieden feindselig. Lai worde am
4. Sept. nach einem Marsch von 700 km
durch unbekanntes <!ebiet plücklieh er-
reicht. Den Rückweg nach Carnot nahm
die Expedition nnter Lancrenon« Leitung
auf einem anderen, Kunde nicht berfihren-
den Wege, und als Lancrenon hierauf
auf seinen Posten im Tschad-Territorium
■nrflckkehrte, wfthlte er eine dritte Rente
iwiflchen Carnot und Bnmbabal.
Mit der Leitung einer noch mehr Er-
folg veri^prechendcn Expedition bat die
Pariser (ieo^raphische Geselltehaft den
erprobten Afrikatorscher Lenfant in
dieseni .liilire betraut in der Absieht, die
Verkebrsverhältuitttte zwutcheu »^angha-
nnd Logonebedcoi weiter m klären, die
wirtschaftlichen Verhältnisse dieser (hegen-
den 7U erforschen und den franzfjsisrhen
Einfluß unter den Bewohnern weiter aus-
zubreiten. Kicht weniger als neun Eoro-
päw nehmen an der Expedition teil, die
im August 1906 Frankreich verlassen hat.
Auf dem Wege nach Carnot soll beson-
ders das Waldgebiet an der Vereinigung
des Mambore Kadel «am Sangha er-
forseht werden; jenseit Carnot will man
der Schitfbarkeit der Flüsse größere Auf-
merksamkeit widmen.
Etwas verschiedenen Chanikterfä ist
eine andere Expedition, welche die Pariser
< H ographische Gesellschaft mit ünter-
stützung (h'ä Pasteor-lnstitates ebenfalls
in dies^em Jahre ausgerüstet hat; sie ist
der Erforschung des Wesens und der Aus-
breitung der Schlafkrankheit im oberen
rbangi-Gebiet (gewidmet und der Leitung
des Stabsarztes Martin unterstellt worden
Die Expedition «oUte im Oktober noch
Frankreich Terlassen und ungefähr andeti-
halb Jahre abwesend sein.
» Von den beiden landeskund-
lichen b'orechungs - Expeditionen
nach Den tsoh-OstafrikannterWeules
und Jägers Leitung sind in Berlin Be-
riclite eingetrotTen , wonach beide Cnter-
nehmungen einen befriedigenden Verlauf
nehmen. Wuule bat zuerät die Wamuera
im Hinterlande von Lindi besacht nnd ist
dann westwürts in die Landschaft Mas-
sassi gezogen, wo er bei den Wal;j<io mit
Uilfe des Kiuematograpben und PhoDO-
graphen ethnologisdie Stadien machte
und an 700 ethnographische Objekte
sammelte. Von hier aus zog Weule nach
weiter südlich nach Tächiugulugulu uud
erreidite im September den Bovoma, den
südlichen Grenzfluß von Dentsch-Ostafrika.
Von hier gedaehte er sich östlich naeh
dem Makonde - Plateau im Uinterlande
von Mikindani zu wenden , um hier
seine Studien fortzusetzen und dann nach
der TCfiste zurückzukehren. Jäger ist
von Tanga liber Korogwe zuerst nach der
Landschaft Ungura marschiert, hat dann,
sich nordwärts wendend, die noch größten»
teils unbekannte Ma»«ai-Steppe zwischen
dem Pangani und Irangi durchwandert
nnd ist nach Überschreitung des oberen
Pangani zum Kilimandscharo gezogen, wo
er die Wartezeit bis zur Beruhigung der
westlicheren Landschaften benutzte, um
das Gebirge eingehend so ontersachen.
Das Hauptergebnis dieser Untersnchnng
ist dii' He-tei'Tun^' der we^*tliellen , ve>
gletächerten Kibo-äeite und ihre karto-
graphische Aufnahme. Von hier ans be-
absichtigte Jäger westwärts in das Ge-
biet der abflnUlosen Seen zu wandern und
von dort gegen Ende November am Vik-
toria-See einzutreffen, von wo in südöst«
Hoher Raehtnng die DorohfiMrachnng des
abflußlosen Seengebiets und der verschie-
denen Cirabenzonen fortgesetzt werden
soll. Der Abschluß dieser Expedition ist
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Qeograpbiscbe Neuigkeiten.
646
vor April oder Hai nichsten Jahres kanm
SU enratten.
• Von der Nordpolar-Expedition
Mikkelaens i»t ein bid zum IH. August
roicbender Bericht vuu der Nordküste
Alaskas eingetroffen. Danach scheint das
Unternehmen auf ungowöhnliclie Si hwie-
ri^keiten gestoßen zu st-in, dio oine glatte
Durchtuiiruug des Espeditiuusplanes ver-
eiteln dflifteo. Auf dem Wege rar Beringo
etraße wurden bei der St. Lorenz-Insel
die Hiilfto der erforderlichen Hunde an
Bord genommen, die sibirische Küste
konnte man jedoch wegen schwerer Stflrme
niefat erreichen. Mao setzte de-^^bulb den
Kurs auf Port ( larenre an der alu^ki^i-hen
Küste der Beriugutraße, aber erst nach
dreitägigem, gefahrvollem Umhertreiben
vermochte die „Duchess of Bedford" den
Hafen anzulaufen. Eine schwere Erkran-
kung Detlefsens, der schließlich vuu
dort ans die Heimreise antrat, und die
Desertion zweier Ifannschaftcn verzögert^jn
wieder die Abreise, und al* endlich um
22. Juli die Weiterreise angetreten wurde,
war das Wetter abnorm schlecht mid das
Eis wegen der bestBadig wehenden Nord-
winde so dicht, daß man nur sehr lau..,'-
sam vorwärts kam und er^t am 18. August
Point Barrow, von wo d«r Bericht abge-
sandt wurde, erreichte. Bis zu diesem
Z' itpunktf hatte sich noch keiner der im
vorigen Jahre au der amerikamscheuNord-
kdste eingefrorenen Walfischf&ager ge-
geieigt ond Mikkol»ene Schiff war erst
das zweite, und das erste Segelschiff, da$
in diesem ."Pommer wegen des überaus
schlechten Wetters bis Point Barrow vor-
gedrungen war. Bei Abgang des Berichtes
am IH. .\iigU8t Hchlen der Wind nach
Süden herumgehen zu wollen; in diesem
Falle bofite Mikkelsen in diesem Jahre
noch ein gutes Stflek oetwSrts kommen
zu können, um dann in da?* Winterquar-
tier zu gehen. Nächsten Sommer soll
dann der ursprüngliche Expeditiousplan
(8. 846) vor AnsRihrang kommen, wosn
allerdings noch zwei Jahre nötig sein
wenl"n, SU daß die Expedition anstatt der
geplanten zwei Jahre drei in Anspruch
nehmen wird.
Oeograpbiseber VBtmnieht.
* Wie ans IVof Friederichsen mit^
teilt, liest er an der üniversittt Rostock
neben der 4st. Vorlesung Ober „Geogra»
phie von Europa" „Allg. Geographie
1. Tl. (Die Erd«' und ihre (Jmwelt. Die
feste Erdobertiäche)" äst. und hält im
„Geographischen Seminar^ Übungen 6ber
„die geographinche Karte, ihren Entwurf
und Inhalt*' ab. F. Th.
Tereiae «ai TerMMmlaageH.
• Der X. Internationale Geologen-
kongreß, der vom 6. bis lö. September
in Mexico getagt hat, hat einem Berichte
in der „K. Ztg.*' infolge einen sehr anregen-
den Verlauf genommen, üher SOOKongrefi*
■ mitglieder aus allen Weltteilen waren in
'der Stadt Mexico versammelt, besonders
I zahlreich eraehienen waren Nordamerika-
ner, Deutsehe und Engländer. Die mexi-
kanische geologische i^andenanstalt hatte
einen wohl vorbereiteten, auü 31 Uefieu
bestehenden Führer fRr die Ansfltge des
Kongresses herausgegeben, die für die
Kongreßteilnehmer die Hauptsache der
ganzen Veranstaltung bildeten. Der Kon-
greß wurde mit militärischem Gepränge
durch den greisen Präsidenten der Ue-
pulflik Ceneral Porfirio Diaz -selbst in
der .\ula der polytechnischen Hochschule,
einer durch Alezander von Humboldts
Aufenthalt und Arbeit geweihten Stätte,
eröffnet. Die wissenschaftliche Arbeit des
Kongresses vollzog sich in dem (Jebi'uule
<ler geologischen Landesanstalt, das am
ersten Sitsnngstage eingeweiht wurde.
Aus der Fiille von Vortrügen, die hier
gehalten wurden, seien erwähnt: Prof.
Frech (Breblau^ : „Über die Klima-
ändemngen der geoI<^8chen Vei^angen-
heit"; Andersson: „On the principal
results of the Swedish Antarctic Expedi-
tion"; David: „La mori)hologie du Con-
tinent d'Anstralie et son Solution** und
Hovey: „La Sierra Madre Occidental de
Chihuahua.*' Die Gegcnntilnde der Stu-
dien auf den Exkursionen, um deren
Führung sich aoBer dem Direktor der
geologischen Landesan.-talt , .Vi|uilera,
und seinem Stellvet treter nrilonez in
erster Linie drei deutsche Geologen, Böse,
Bnrkhardt und Waits, die als Beamte
an der geologischen Landesanstalt tfttig
sind, verdient gemacht haben, waren vor-
nehmlich der Vulkanismus, die Tektonik
der Randgebiete nnd die nnersdiOpf liehen
Minen des Landes; daneben besweckten
die Ausflüge eine allgemeine EinfUhrong
646
Geographisclie Neuigkeiten.
ia die Natur des Landes and in die an dem Pedngal Ton San Angel, einem ge«
interessanten l'tnkmSllern so reichi' Gc- wältigen, rezenten Lavafflde tinweit der
ichiehie des Volkes von Mexico. Wüh- Hauptstadt, und nach der SilbernÜDe ron
rend des Kongressee wurden Exknnionen | Pachuca, einer der bedeutendsten und reich-
untemommen nach Cuemavaca, der Haupt- j iten Mexico«. Nadi dem KongreS ftihrea
Stadt den Staates Morelos, nach den Pyra- etwa 125 Geologen nach dem Xordf-n de*
miden der alten Tolteken iu Teotihuacan Landes, wo sie noch drei Wochen lang
im Norden des Talea Ton Mexico, nach i geologischen Studien obliegen wollten.
Bficherbesprechvnicen.
Albrecht, Th., und B. Wanaeh. Hesul- in dem vorliegenden nicht Verschiedene
täte des interuationalen Brei- Fachmäuuer ^darunter begreitUcherweise
tendienstes. II. Bd. (Zentvalbmean anfier dem Deranageber keiner, der der
der intertiat Erdme.s8ung. Nr. 1.3) Geographie nahe steht") behandeln die
190 S. 2 Tab. Berlin, G. Reimer „große" Politik, \Veltwirt8chaft8])olitik,
1'jOG. WeIt«ozialpolitik, Weltproduktion,
Bekanniltch hat die „Vereinigung der ' den Weltmarkt dei Geldee (Edelmetell-
intemati -iialon Erdmessung** zur Erfor- Produktion , Geld- und Rankwesen, Bör-
schung der I'cIm hwankuneen. im Jahre senlage, Geldmarkt),Welthandel . Welt-
189Ö begimiend, au «sechs btotiouen, die verkehr, Versicherungswesen, Finanzen,
auf dem gleidien Parallelkreiee liegen, Technik, Kunstgewerbe, Armenwetoi nnd
einen Beobachtungsdiennt eingerichtet. Wirtschaftsrecht. Von der Weltproduk-
Im vorliegenden Hand wenlen die in den tion i-^t jene der Landwirtschaft mit Ein-
drei Jahren 11102 bis lyuö erhaltenen ^ schluß der textilen Ilohstotfe und der land-
Beobachtungsresultate ausführlich mit- ■ wirtschaftlichen fiadofltrien nnd jene der
geteilt und die allfälligen Fehlereinflasse „industriellen Rohstoffe" bcBonders der
ein;jelii iifl (ÜKkutiert. Die Amplitude der Metalle und der Kohle' Vierücksichtigt.
jiihrlicheo Schwankung der Polhöhe ist Der Abschnitt „Weltverkehr** umfafit
in diesem Zeitraum wieder größer ge- 1 Eitenbahnen, Seeschi&hrt nnd Reederei,
worden nnd emiehla nahe 0,i", wae Poet, Telegraphie, Teleplionie. Der Wirt-
einer Bewegung des Poles von etwa 12 ' »chaftsgeograph findet in diesen und auch
Metern entspricht. Messerschmitt. lin anderen Abschnitten nicht nur nm-
fiuiende etatistiaehe Daten, aondeni lie
Die Woltwirtschafl Ein Jahr- nnd | gewähren ihm auch Einblick in den all-
LcHfluK h. Hrsg. von Ernst von gemeinen Entwicklungsgang und in man-
H alle. lex.»". l.Jahrg 1906. I.Teil: che wirtschaftliche Vorgänge, die auf
Internationale Übersichten. Vm ' Produktion, Handel nnd Verkehr wirk-
n. 866 S. 2. Teil: Deutschland sam werden. Wenn sieh «. B. das neue
VI u. '253 S. Leipzig u. Berlin, Teub- Verfahren der Stahlgewinnnng durch
ner 1900. ^€ 6. — ; 4. — . i die Stromwänue eines Induktiousstromes
Diese Übersicht ist der erste Band (S. 304} wirtschaftlich bewährt, so werden
eines groB angelegten wirtsehaftlichen I Lftnder, deren Kohlenarmut sie bisher an
Jahrbuchs; die beiden übrigen Bände des der Verwertung ihrer Er/.o zu Eisen und
I.Jahrgangs sollen da« Wirtschaftsjahr Stahl hindert, nunmehr ihren Kühlenbezug
1906 in den einzelnen Ländern ein- fast ganz auf die Boheisenproduktion auf-
gehend danteUen« Das Werk vegtfidgt | wenden kOnnen und dadureh sowohl ihre
das Ziel, in möglichst raschem Anschluß Ei.scn . wie ihre Stahlerzeugung steigern,
an das nerichtsjahr dessen Ergebnisse Wirtschaftliche Jahresberichte müssen zu
mitzuteilen, »oU. aber durchaus nicht auf einem großen Teil in der Schilderung
▼eigleichende Sflekblieke veniehten. Sie , verginglioher Ersoheinnngen aufgehen;
werden insbesondere für die kommenden dem vorliegenden darf man nachrühnicn,
Jahrgänge versprochen, fehlen aber auch , daß er das Bestreben zeigt, ihnen den
Bacher besprechungen.
647
grofien Hintergrund der wirtsohaftsge-
schichtlichen fiesamtontwicklung' zu ge-
währen. Direkte j^'t-ographische Bezieh-
ungen kommen naturgemäß bei Berichten
di«Mr Axif weldi« Angoiblicksbilder geben
müssen, wenig zur Geltung; aber auch
für den Geographen haben sie Wert als
Informationsquellen über das Wirtechafts-
leben.
Im zwei ton Teile tritt der Charak-
ter dos .liibrliuches ntärkor hervor, aU in
dem ailgemuiueu Uautie. Zwar fehlt es
auch hier nicht u snrflekgreifendeo Obsr-
sichten and Yexgleichungen , aber die
Lage im Jahre 1905 steht im Vorderffrund
der Berichte r»tuttung. Diese umfaßt die
Wixteehelbpolitik, die Lage der Land-
wirtschaft (die im folgenden Jahre aus-
führlicher behandelt werden soll), die In-
dustrien {in 13 Unterabteilungen, deren
enke dw Bergbau iat% Banwesm, Binnen*
Schiffahrt, Bank-.Verkehrs-undOründungs-
verbältnisse, Arbeit'«markt , gewerbliche
Organisationen , Außenbandelsstatistik.
Man rmniftt einen Abschnitt über die
Eisenbahnen; dieser und andere sind nach
der Vorbemerkung „für diesmal unerörtert
geblieben", werden also in Uinkuntt nach-
getragen werden. Die Rrferate rllhren
von sachkundigen Spenalisten her und
sind sehr übersichtlich anj»^eordnet. (Jeo-
graphiscbe Beziehungen sind naturgemäß
nur aelten angedeutet Wohl aber findet
der Lehrer der "Wirtschaftsgeographie in
dem Werke manche für ihn brauchbare
statistische und wirtschaftliche Angaben. 1
Sieger. |
Ueilbom, A. Die deutschen Kolo-
nien (Land und Leute;. Zehn Vor-
lesongen. (Ans Natur iL Geiates-
welt. 98. Bd.) Leipiig, Teiibnw 1906.
Das Bändchen ist aus den^ Vorträgen
hervorgegangen, die der Verfasser im
Auftrage der Deutschen Kolonialgesell-
Bchaft im .Jahre 1904 im Koloniahmisoum
zn Berlin gehalten hat. Aut wisseuhchatt-
licher Grundlage hat der V^erfasser in ge-
meinverstindlicher Form ein Bfiohlein
geschaffen, dag durch seine zahlreichen
guten Abbildungen nur gewinnt. Der
Nebentitel „Land und Leute" weift schon
daranf hin, daH die geogtapfaiaehe und
ethnographische Darstelluii^j: üborwiegt.
Diese Darstellungen sind lebensvoll und
treffen in der Auswahl durchaus das
Wefientliche. Bet=üiulors die ethnographi-
schen Schilderungen sind reich an be-
deutenden Einzelheiten und gestatten
einen bei aller Gediftngtiieit klaren Kn>
blick in die Kultur, sowie in das wirt-
' schaflliche, soziale und geistige Leben
der wichtigsten YOlkerschalten unserer
Kolonien. Vielleieht wlre aber die Arbeit
noch verdienstlicher, wenn sich der Ver-
fasser nicht von vornherein so ausschließ-
lich auf diese Seiten unserer Kolonien
feitgdegt hfttte. Gerade die Kreise un-
seres Volks, für die das Bändchen be-
stimmt ist, bedürfen so Hohr <lor Heleh-
ruug darüber, daß in uiisern Kolonien ja
Itnger je mdir auch etwa« so holen isl
Br. F. Hftnsch.
Hellmann, G. Regenkarte von
DeutHc bland. Mit erläuterrulon Be-
merkungen, gr. 4". Berlin, D. Hei mer
1906. Li ümschlag gebrochen JL 8. — .
Die Regenkarte ist das Ergebnis der
genauen kritischen Vprarbeitimg der Nie-
derflchlagsbeubachtuugeu im deutschen
Reich, sie attltit sich auf gegen 8000 Be-
obachtungsstationen und auf die lOjUi-
rige Beobachtungsperiode 189.S— 1902. Sie
ist im Maßstab 1:1SOOOOU gezeichnet.
In den beigefügten Erläuterungen sind
Angaben über die Grundlagen der Karte,
über die Art ihrer ITer-itellung, über die
räumliche Verteilung der miti leren Jahrea-
menge des Niederschlages, über den Wert
der lOjfthrigen Beobachtnngsperiode im
Vergleich zu längeren Reihen und über
die K.\treme der Niederschlagsmengen
enthalten. Da derselbe Gegenstand ein-
gehend in dem ebenfiJIs Ton Bellmann
herausgegebenen Werke „Die Nieder-
schläge in den norddeutschen Strom-
gebieten*' behandelt wird, das wir an
anderer Stelle dieser Zeitschrift ansfohr-
lieh besprechen wollen, so orübrigt ob,
hier näher aut" die Erläuterungen einzu-
gehen. Daß Uelimaun die Kegenkarte
dnrch gesonderte Anagabe jedermann sn-
gänglieh gemacht hat, dafür werden Ihm
alle Dank wissen, die ein Interesse an
der Kenntnis der Verteilung des Nieder-
schlages in Deutschland haben, also aneh
die Geographen. Ule.
SBeMMriehy Joe* Landeskunde des
Königreichs Sachsen. (Samm-
lung Göschen Nr. 258.) iU S. 12 Abb.
L^iyiii^uü Uy Google
648
Bfleherbesprechuageo.
n. 1 K. Leipzig, GHtaehen 19(W.
.(^ —.80.
Das Büchli iii l< hiit sich in spiiHT An-
lage an die übrigen Landeskunden der
bekannten Sunmlniig. Der YerfiuiMr
gliedert Sachsen in seebs Hanptland-
Bchaften und ffljirt an <1<'reii tMn^rehendo
Behandlung eine ZuäammeutaäguDg über
Volk und Staat. Ein LiteratnrTerteiohnii
Miet an weiteren Kinzelxtudien an. Auf
kleinem IJaume finden wir eine Fülle von
Material, so dalJ das Buch manchem als
Nachschlagequelle willkommen sein d&rfte.
Einige nchliebe Unrichtigkeiten bedürfen
der Verbe.sserung. So ist 7,. H «la« Cnttii-
8che Profil der Lausitz S. 13) tiilscli:
Hochwald und Lausche sind keine guell-
kuppen, sondern Deekenreste. Seite 17
sind die (Jrundmoninenhnf?!'! als HhihI-
höcker l>fzei( hii.'t. IHe Bahnlinie Uresden-
Görlitz deckt eich nur zum Teil mit der
alten HocbetiaBe nach Schienen (S. 19).
Das Elb»andBteiiigebir<^'e hat am Süd-
landc keine Flexuron. Für das Jahr 1766
als Eiittitebungsjahr des Namens „Säch-
sische Schweis*' kann Ref. keine Bele^
stelle finden; nach Rüge („Fest.schrift (U-n
Gebirgsvereins'" wurde der Ausdruck zu-
erst 1783 für den l'lauenschen Grund an-
gewandt P. Wagner.
Beyer, 0.» €1. Förster u. Chr. März.
Die Oberlansits. (Landachaftsbil-
der aus dem Königreicht' Sach8t'n.
Filter Mitwirkung bewiilirter Fach-
leute hrsg. von E. Schöne.) VlII u.
196 S. 24 Abb., 4 Textk., 8 Prof. n. 2 K.
Meifien, Schlimpert 1906. M 4.—.
Der 4. Band der SClitnuMi Sammlung
geographischer Monographien ist durch
Arbeitsteilung zu Stunde gekommen. För-
ster hat eine historisch-politisehe Ein-
leitung gegeben und das Gebiet ali;^^'-
groir/.t. Mi\rz behandelt die allgeiueiuen
phyoischeu Verhältnisse und die Nutur
der Einsellandsobaffcen. Hieran fBgt
Beyer eine rein geologische Übersicht,
und Förster schließt mit einer Ab-
bandlang über die Bewohner und die
wirbtchaftlicben Veihftltoisse. Alle Teile
zeugen von gewi^Henhaften Quellenstudien
und von « ingehendcr persönlicher Lantles-
kenntuis der Verfasser. Schon der äuüere
Umfug des Bnohes beweist, dafi die
Ziele hier etwas weiter gesteckt sind, als
in den früheren B&nden; aber anch die
Art der Behandlung setzt beim
größere wissen-'^chartliche Kenntnis«« tot-
aus. Damit hat sich die Tendenz des
ganzen Unternehmens allerdings noeh e4>
was Weiler vom nrsprüDglichen Plane ent-
fernt; denn eine schulmaßige Benntzunp
des Buches dürfte in einigen K.apit«ln
selbst auf der Oberstufe Schwierigfceitea
machen. In einem Punkte besondsn
W&re etwas mehr Einschränkring wün-
schenswert, niimlich in der Beschreibung
der Gesteine, die selbst seltene accesso-
risehe GemeDgtdl«, wie Äschinit usw.
berücksichtigt. Wir dürfen nicht ver-
ge>^Hen, daß in einem „Landschattybild"
die geologischen Verhültuisse nur so weit
dargestellt werden sollen, als sia aar
Erkllining der Felsformen, des allgemeinen
Keliefs, der Bodenkultur, Technik usw.
herangezogen werden müssen.
Die Form der Lansitser OiamtbcKge
als Abbilder der primären Erslanroiigs-
formen zu erklären, ist mich dem Beftinde
der Absonderung zwar verlockend; doch
es hat sieh in allen sldinsehen Granit-
gebieten herausgestellt, daß die weitrer»
breitete Hanknng parallel der q-egen-
wUrtigen Felsoberllüche eine jüngere reine
Verwittemngserscheiming ist (VeigL
Hermann, Steinbruchgeologie.) Den Aua-
druek Caüon auf alle möglichen Kngtäler
(z. B. Skala) auszudehnen, halte ich für
ebensowenig empfbhlentwert, wie die Be-
zeiclinui;!: der breiten nordwest-laiintMK
Täler als Wannen
Die äußere Ausstattung des Buches
ist mniteihaft. F. Wagner.
May wald, Fritz. Die Pässe der West-
Karpathen unter besonderer Berück-
sichtigong der Pafistrafien der Sand-
ateinzone. Leipziger Inaug.-Diss. (S.-
A. aus „Mitteil. d. Beskidenvereins**.)
Lex.-b '. 54 S. Teschen 19U6.
Eine tüchtige Arbeit ans der Sdnile
von J. Partsch. Der wichtigere Teil ist
der „'2 Hauptteil", welcher die Pii?^o der
Sandsteinzone im Einzelnen behandelt.
Sie werden anf Grund von Autopsie
gllleUich gruppiert, beschrieben und cha-
rakterisiert. Ihre A^hiingigkeit von der
geologischen Beschutleuheit und dem Ge-
birgabau wird recht anschaulich gemacht,
ohne daß wir eine umftMsende strati-
graphisch-tektonische Kompilation iu den
Kauf nehmen müssen. Die klimatischen
Bücberbesprechungen.
649
Yerhältnisge kommen wohl etwas so kniz
weg. Gründl icli und eindringend ist die
Getchiohte der PaAbenutzung (die ge-
•diiohtlieh« Bedeatang der einselaen
Straßen) behandelt. Der allgemeine Teil
gibt Übersicht und Gliederung der West-
Karpathen, eine kurze DarHU^Uung des Ke-
lieüi und eike Vergldchung der FBÄse weift
inabeeondere auf die „Schwierigkeiten" hin,
die aie darlneten (nach Art «Icr Arbeit
von Fox über die Sadeteu-Fu8«e;. Hier
wixe eine tiefere und breitere Behand»
lang möglich geweaen; so ist z. B. nur
die mittlere, nicht die jrrößte Wegsti'ile
berücksichtigt. Die Arbeit gewuhrt ein
•nscbaidicbe« Bild der Wediselwirknog
natürlicher und geschichtlicher Verhält-
nisse, die b-ich in Auswahl und Ausnutzung
der Verkehrswege äoAert Sieger.
Zltelmann, Katharina. Indien. Ein
Buch für Reisende und Nichtreisetide.
165 S. 4 Tai. u. 1 K. Leipzig, Woerls
iMaebfieher-Verlag (1905). JL 8.—.
Verfasserin möchte mit diesem Üiind-
«hen der Wotrlschen Städte- und Tal-
führer für die, die sich für Indien int«r-
eisiereQ, eine Lücke ausfüllen and ihnen
eine möglichst gute VorstollaDg von dem
aUi'ii ^\'lmlie^lande geben, den reisenden
Landsieuten aber durch praktische Winke
nützen und ihnen das Verständnis für die
ftemde Koltor, der «ie gegenfibertreten,
erleichtern. Sio piVit zu diesem Zwpck
ziinilrlit auf 1 1 Kleii;-Oktav-Seiten einige
praktische KatHchlüge, behandelt dann im
idlgemainen Teil auf 21 Seiten die ganae
BlMenentwicklung der Kulturen und Reli-
gionen Indiens und ihren heutigen Zustand,
auf weitereu U i>eiten die ganze Geschichte
Indiens von den Uzseiten bis auf den
heutigen Tag; einige weitere kurze Kapitel
ü>»er Frauenlelien, Pest »nid Hygiene, Ka-
näle und Landwirtschaft, über Deutsche
in Indien waxdiB diesem allgemeinen Teil
angefttgt. Der dritte Absohnitt .bringt
eine Plauderei über das. was Verfasserin
auf der großen Heerstraße indischer Tou-
risten geoohaot hat (Bombay, Ahmedabad,
JeTpor, Delhi« Simla, Amritsar nnd La-
bore, Apra, Rennres, Buddhagnyü . Tal-
cutta und Dardechiling), und schhelit mit
einem gans Irarsen Kapitel über die Prftsi-
dentschaft Madras, sowie über Ceylon,
„über das sich wirklich nichts Neues
sagen läßt". Wir fürchten, daß dag Buch
sein Ziel nicht gani erreicht. Mancher
Nichtreisen^le, der bisher nichts über In-
dien gehört hat, mag vielleicht die harm-
loee Beiseoehildenuig ganz gern lesen,
aber ob er dadnieh „eine möglichst ge-
treue Vorstellung von dem alten Wunder-
lande'' gewinnt, erscheint uns fraglich,
für den Reisenden aber, der meihr sehen
will, als der oberflächlichste (»lobe-Trotter,
genügt das Buch weder nach Fnifang. noch
an Tiefe und Schärfe. £mii Schmidt.
Behme, Fr. n. M. Krieger. Führer
durch Tsingtau und Umgebung.
8. AufL 222 S. 120 Abb., 12 K. u.
1 Plan. Wolfenbflttel, Heekner 1906.
M. 2.50.
Diese künstleriHch ausgestattete Auf-
laufe ist bereits die dritte des auch in
engliwher Sprache enehienenen ^Führers
durch Tsingtau und Umgebnng*^ — Dia
erste Aufluire mit 139 Seiten Text und
69 Abbildungen datiert vom Jahre 1904,
schon im Jahre 1905 folgte die xweite
mit 168 Seiten Text und 88 Abbildungen.
I>er Verleger benachrichtigt un.s, daß eine
chinesisch-japanische tTbersttiimg in Vor-
bereitung sei; wohl ein schlagender Be-
weis, daftdieTsingtaQ-Tonristen den Wert
dieses zuverlässigen Führers zu würdigen
versteb' u. Während der ersten Jahre ihres
Erscheinens hatten die Baedekerschen
Haodbfieher keinen solehen Brfolgl
Die Verfasser geben eine Übersicht
der von Deutschland nach Tsingtau füh-
renden Wege und leiti^n un.s danach in
die Stadt Tsingtau und ihre Umgebung
ein. Über 50 Fußtonren finden eine so
genaue Beschreibung, wie wir sie bis jetzt
nur in den Baedekerschen und Meyerschen
Reisebflohem ansutveffisn gewohnt waren.
Es verdient Erw&hnnng, daß der Tsing-
tauer Bergverein, nach dem Vorbilde der
deutschen Bergvereine, durch farbige
BforUerong der Feldwege nnd durch An-
bringung von Wegetafeln dem Fußgänger
da« Schutzgebiet erschlossen iiat. Dem
Botaniker bietet die Umgebung Tsiugtaus
ein reiches und bis jetat noch wenig
durchforschtes Feld.
Die Karten, meistens im Maßstab von
1:60 000, sind vorzüglich und die treff-
lich anagefthrten Lichtbilder erhohen die
Anziehungskraft des Werkes entschieden.
Die Notizen über Geschichte, Botanik,
Geologie und Meteorologie sind kurz ge-
Oaogrsphiccb« ZeiUcbrift. 1:2. Jahrgang. 1»06. ll.Uaft.
44
i^iyui^ud by Google
650
Bficberbesprechungen.
faßt, ohne dadurrh an wi!5sen-< haftlichem
Wert zu verlieren. Wir wünschen diesem
„Führer** einen fortdauernden, gl&nzenden
Eifbig. W. C. Kortbalt.
SeMely A« Deattoh-Kamemii. Wie
es iit and wm ea rerspricht. XVI
u. 3r.7 S 2.'? T«'xt- n. 9 Einschalth.
u. 1 Karltiuakizze. Berlin, Meidinger
1906. JL 4.—.
Der Verf versucht in vorliegendem
Bande eine Lundf-skundf von Kunit'run
zu bringen und hat diesen Zweck inso-
fern erreicht, als er dem Laien im großen
und ganzen ein richtiges Bild der Ver-
haitnififie bietet. Allording» besteht die
Arbeit lediglich in einem Exzerpieren und
Zusammenstellen. Schere und Kleister
•iad In ]ii<^t ongeaebickter Weise geh«id>
lutbt worden. Eine gründliche Durch-
arbeitung nach eif^enen (iesichtspunkten
fehlt. Der wisseuschattliche Geograph
findet also keine reohte Befriedigung.
Immerhin ist es dasjenige Buch über Ka-
merun, das man dem ^'n'ißcren Publikum
noch am meisten emplehleu kann.
Inhalflich ist es durch eine gar au
kurze Behandlung des phj'sisch-geo^ra-
phischcn und eine l>reitc l>arst( lhin<j df»8
kultur- und wirtächatlsgeugruphischen
Teils gekennaeichnei Die etimogntphische
BeechreiV'uiii.: bMMidtts wirkt ermfldend
dnroli dan ohne inneren Znpammenhanjr
aufgezählte Tatsachenmaterial. Am besten
ist das lingaistisdie Kapitel, ein Gebiet,
auf dem der Verf. bekanntlich selbstftndig
gearbeitet hat. S. Passarge.
Irie, J. r)ie Herero. Ein Reitrag zur
Landes-, Volks- und Missionskunde.
Vni u. 352 S. 66 Abb. n. 1 K. Gütersloh,
Bertelsmann 1006. JL 5.—.
Yierunddrf ißi^ .Talire hat der Vprf als
Missionar unter den Herero gewirkt und
daraus kann mau wohl schließen, daß er
eiaMseits ein ausgeseiohneter Kenner des
Volke.s sein wird, andererseits aber auch
Gefahr läuft, den MissionBstandpunkt gar
zu sehr zu betonen. Das ist denn auch
derFUl. Er betrachtet die Kolonie ledig-
lich unter dem engen Ge8ichtswinkel des
Missionars. Als ganz Deutschland in Kut-
rüstung geriet über die Massenmorde
Wehrloser durob die Herero hat sich Herr
Irle recht unliebsam bemeEkbar gemacht
durch «eine Anschnldif^ningen fjejren die
eigenen Landsieute, uud solche einseitige
Parteinahme ffir unsere Fi'itid.' hat ihm
damals recht herbe, derbe Kritiken ein-
gebracht. Man muß gesteheu, daß sich
der Verf. in diesem Buch bemflht ge-
rechter y.u urteilen. Den richtigen Stand-
punkt findet er aber doch nicht, ebenso-
wenig wie der Gouverneur Leutwein
ihn geftinden hat, daft nftmlich ein koloni-
sierendes Kulturvolk nie und nimmer mit
einem nomadisierenden Hirtenvolk in
Frieden auskommen kann, da die Gegen-
sfttie SU groft und unflberfarBekbar sind.
Daß das Nomadenvolk, wenn es schwä-
cher ist, dabei den Kürzeren ziehen muß,
ist ebenfalls ein ehernes Natatgeseta.
Bei den Heraro war der Konflikt erst
recht unvermeidlich wegen der kultur-
feindlichen Verquickunp von Religion und
Viehzucht — ich sage kultarfeiudlich,
weil sie jede rationelle Viehmidit und
Verwendung ihrer Produkte luunöglich
machte. Deshalb verdient Leutwein auch
in keiner Weise das Lob, das irle ihm
Hpendet. Ein umsichtiger OouTemear
hätte die Sachlage erkannt und recht-
zeitig Vorkehrungen zur Unterwerfung
der Uerero getroffen. Statt dessen hat
Leutwein mit allen drei Parteien — Ein-
geborenen, Missionaren und Ansiedlern —
frlcich/eiti^' )»eliobttugelt und so die Ko-
lonie au deu Uand des Abgrunds gebracht
Was den Inhalt des Buches betrifFt,
so bringen die ersten 48 Seiten einen
Überblick üIht das Land, seine Vor-
geschichte, phyäischeBeschaffenheit,KIiaia,
Pflanzen- und Tierwelt. Wie nicht anders
SU erwarten, zeigt sich der Veif. auf
naturwihsencchaftlichem und geographi-
schem Gebiet als Laie und hat keine
Veranlassung, so nichtachtend auf die
bisherigen Itantellungen des Landes herab-
BUsehen. Der Abschnitt „das Volk der
Herero" S. 4y — 144) bildet den weitaus
wichtigsten Teil, der in ethnologischer
Hinsicht wirkUdi eine Fundgrube iitw
Hier lernen wir die Organisation des
Volkes zum ersten Mal klar erkennen,
den Religiouscharakter, Sitten und 6e-
britnche. Auch bei der Gbarakten^ds-
nmg des Volkes bemllbt sieb Irle ob-
jektiv zu urteilen. Man wun fachte nur,
daß er nicht so hilutig „des Eaummangels
wegen'* fiber interessante und wichtige
ethnographische Tatsachen hinweggehen
mochte. Heutzutage, wo die Herero als
Volk vernichtet sind und ihr Volkstum
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BflcherbesprechuDRen.
651
in fttter Weite nicht mehr erstehen kann,
wäre 68 dnpjielt wichtip, alle Tatsarlien
über die ehemali^n Verhältnisse, alle
Erinnerongen ftus ihrer Gesehichte der
Kachwelt zu erhalten. Vielleicht ent-
schließt sich der Vrrf zu einer noch er-
weiterten Darstellung ilieaes Kapitels.
Der dritte Teil bringt eine nnaflUur^
liehe Schilderung der Geschichte der Mis-
sion unter den Herero, der maßlosen Ent-
behmngen und Mühen der ersten Pioniere
und die Bchließlichen, allerdings kämmer-
liehen Fortsdiritte, die ent eintraten, als
man zum ora das labora durch Einführung
von Handwerkern hinzufügte. Angesichts
dieser Tatsache berührt der Ausfall (S. 836)
g^fen diigenigen, die wie s. B. PeehnCl-
Lö.-icho darauf hinwiesen, daß erst eine
gewisse Kultur geschatreu worden mü9.so,
damit die HertTo zur Aul'uuhme des
Christmtoms Wag werden, recht selt-
sam. Die Missionare können meiner Mei-
nnntr nach sehr zufrieden sein, daß Frei-
heit und Volkstum und damit die Grund-
lagen de« so ehristenfeindlichen Ahnen-
kultus <^«'1 »rochen sind. Jetst hat das
Christentum viel mehr Chancen Fort-
Bchrittc zu machen als früher und das
wird die Mission, wenn die Erinnerungen
an die hlntigen Zeiten erst ve^ssen find,
spater einmal nolen« volens anerkennen
müssen. Denn das ihr so verhaßte ForL-
sehreiten der Kultur — überall machen
die Missionen gegen die K;iltur der Ko-
lonisation Front und liai>en dadurch schon
■o manchen Eingeboreueukrieg mit ver-
eohnldet, indem sie die Eingeborenen auf-
reisten — iat nun einmal doch die Grund-
lage für das Christentum, gleichzeitig
aber auch das einzige Bollwerk gegen
das Fortschreiten des Islam in Afrika.
8. Passarge.
Winter, M. Anschauaugen eines
alten „Afrikaners** in deutsch-
ost afrikanischen Bewirtschaf-
tungsfragen. .H3 S. Berlin, D. Rei-
mer 1905. .k. 1.—
Auf Grund mehrjähriger Erfahruugen
im deutsch -ostafrikanischen Plantagen-
betrif'b legt der Verfasser seine ATisicSiten
über die Zukunlt der Plantagen Ost-
A&ikas und Ober die Besiedclimg des
Landes dar. Er ist der Meinung, daß,
wenn auch Fehler bei der .Anlage der
bisherigen Kulturen gemacht worden seien, I
das Mißlingen mancher, wie d*'r Kaffee-
kultur in Usambara, der Tabakkultur auf
Lewa tmd im Rufijigebiet, der Baumwoll-
knltnr auf Kikogwe, mcihr den ungfla-
stigen Bodenverhältnissen und dem Klima,
' namentlich den unHicheren Niederschlägen
zuzuschreiben sei. Für das üebirgb-land
TOD Usambara wird die Anpflanzung der
Äeacia decutrens cur Gewinnung der gerb-
stofl'haltigeu Rinde empfohlen. Im Küsten-
gebiet bat die Sisal- Agave ausgezeichnete
Ergebnisse aufzuweisen.
Verfasser weist dann daianf hin, daft
sich manche Pflanzen, wie die Baumwolle,
das Zuckerrohr, die Koko.nj »ahne, vielleicht
auch die Olpalme, ferner Sesam, Erd-
nuB, Reis, Mais nsw. nicht oder nur teil-
weise unter besonders günstigen Bedin-
gungen zur (iroßkultur eignen, dagegen
sehr wohl von den Eingeborenen in vielen
kleineren Kulturoi gewonnen werden
konnten. Er empfiehlt daher eine kräf-
tige Förderung der Eingeborenenkulturen.
Dadurch werde auch die Kaufkraft der
eingeborenen Bevölkening filr europBieehe
Waren erhöht, mithin der Handel gehoben.
Eine Besiedelung Ost-Afrikas durch deut-
sche Landwirte hält der Verfasser jetzt
noch für verfrüht, da diese nicht einen
Markt für den Absatz ihrer Produkte fin-
den würden und in der Gewinnung export-
fähiger Erzeugnisse des Ackerbaues kaum
mit den Eingeborenen konkurrieren konn-
ten. Auch au Viehzucht sei vorläufig nooh
nicht zu denken. Dagegen würde es sich
für die Regierung empfehlen, der Forst-
knltnr behufs Gewinnung von Nntshülaem
ihre heeondexe Anfinerksamkeit zuzuwen-
den. A. Schenck.
SehlMUier, K. Leitfaden der Erd-
konde für höhere Lehranstal-
ten. 3. Aufl I. Teil: Lehrstoff für
Sexta und (Quinta. 63 S. ä Abb.
_.80. — n. TeU: LehrstoflP flir
die mittleren Klassen. 896 S. 84 Abb.
JC 2.80. Berlin. Weidmann Utof,.
Das Buch hat an dieser Stelle bereits
zweimal ^IV, löy«, S.472; VII, 1901, S.GO)
eine Besprechung erfahren, xmd da keine
wesentlichen .Änderungen vorgenommen
sind, genügt ein Hinweis auf die frühe-
ren Ausführungen Eckart Fuldas.
Doch möchte ich bei dieser Gelegenheit
einen niethodi.scheii Vorwu-f erheben, der
I nicht den Verfasser allein trifft, sondern
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652
BItcberbesprechuQgen.
vor allem die preußiscbe Lohrordnung
Nach alt^r OewohnluMt behamiolt der
Lehrätut) für die Unteratufe zuuitcbst die
Srd« all HimmelikOrper, Meere und Feet-
laad, Zonen, Rasncn usw.; dann folgt ein
kurzer Üljorblick über die Erdteile. Zum
Scblufi erst kommt .Mitteleuropa. leb
halle diese Anordnung fOr dturehMi m-
p^yeholOffiacb und dem kindlichen Geiste
iinangeniecBen. I»er kleine Sextaner hat
wäbrend Heiner N'olksscbulzeit erst einige
Entdeckungsreisen in der n&chaten hei-
nUKÜichen Umgebung gemacht. Kr müchte
nun weiter wandern in andere liegenden,
in fernere Länder; er verlangt nach Bil-
dern von Lead und Leuten, Und was
geben wir ihm statt dessen? Wir heizen
ilin um die ^an/.e Erde, damit er erst daa
'Gerippe' hat; wir überfüttern ihn mit
nenen Namen, nicht nnr von Lokalittten,
sondern auch von allen mOglichen geo-
graphischen Ersch»'inun<^en, zu deren Er-
klärung gar keine Zeit bleibt. Was inter-
essiert den Schüler der Begriff Schnee-
grenze, ehe wir ihn im Geilte eine rich-
tige Alpenreise machen lassen? Wozu ihm
das Wort Vulkan geben, bevor er einen
Yesuvausbruch mit Hilfe guter Hilder und
spannender ErsUiImig wizklich mit erlebt
hat? Und so geht's weiter, die endlose
Fülle von Namen, von Skelett ohne Fleisch:
Passate, Wüsten, (Jasen, Mongolen und
Hottentottenf Monarchen und Despoten usf.
Selbst von der Kugelgestalt der Erde,
den Hilt'nHnipn auf dem GlobuH braucht
der Sextauer m. E. noch nichts zu wissen.
Dam ist Zeit, wenn er seine erete grSAere
Seereise macht, also etwft nach Beondigong
der Betrachtung Enroi)aB; dieKrei>e dienen
uns bis dabin nur als Linien, die uns die
Himmelsgegenden weisen. Auch dae Ka-
pitel über die Hewegunj,'en der Erde kann
erst aut'Grund \ ieler Eiiuelbeobachtungen
fruchtbringend behandelt werdeu. Ich
würde es mit FVenden begrüßen, wenn in
dieser Beziehung eine völlige Umfiestaltung
des elementaren Geo^ra])hielehqdane8 er-
folgte, wenn wir die Schüler vom Nahen
zum l^meii f&hrten, wenn wir die all-
gemeinen Begriffe aus plastischen Einzel-
bildern, aus intensiver AiiHrhaunntr ge-
wönnen, anstatt von vornherein den ganzen
Schwall nnverstandener oder wenigstens
unUarer geographischer Namen über sie
auszuschütten. Nur so werden wir auf
der Oberstufe die nötigen Grundlagen
vorfinden, auf der die kausale Verknüp-
fung der Einzeltatsachen voll zur Geltung
kommen kann und die Geographie als
konaentrierendo Wiietnschaft ihre eigent*
lidke Bedentong erlangt. P. Wagner.
Pflts* Leitfaden der ▼ergleichenden
Erdbeschreibung 27. und 28.,
völlig uuigearb. Autl. von Ludwig
Neumann. XII u. 260 S. Frei-
burg i. B., Herder 1906. 1.60.
I'er Leitfaden ist für die „Ttiter- und
Mittelstufe der verschiedenartigsten Lehr-
anstalten" bestimmt und deshalb in seiner
Anordnung nicht auf eine einselne Lehr-
ordnung zuge$:cbnitten. Nenaa^g[enoiunien
ist eine allgemeine übersieht, wie ihn die
nach preußischen Vorschriften ausgeführ-
ten Lehrbflcher meist besitaen. Dieee
ist einfach und klar abgefaßt — meine
persönliclien Bedenken gegen derartige
Einleitungen Iiabe ich an anderer Stelle
ausgeführt. Die flbrigen Ahechnitte sind
gründlich durchgearbeitet. Wenn dabei
„Dutzende v»)n Namen" weggefallen sind,
so möchten wir nur wünschen, daß bei
der nftchften Auflage noch einige Hundert
das gleiche Schicksal erfahren. Nur ein
Beispiel für die noch immer vorhandene
NameufüUe auf einer einzigen Seite:
(iiovipaß, Col di Tenda, Argentera, Stnra,
Oisans, Mt Pelvoux, Grand Paradis —
welcher praktische Sehulinami wird wohl
einem Quintauer solche >iamen geben?
Kann man den Schülern nicht ein klaraes
Bild der Alpennatur bieten, wenn man
die widitigsten Tliänomene an einigen
Charakterlandschaften plastisch heraus-
arbeitet, anstatt das Gedlchtnis mit mehr
als 100 geographischen Namen zu belasten?
Wer den juis-tiven StoH' d.••^ \ orli<'genden
Leitfadens — selbst abgeaebeu vom Klein-
druck — bis ssnm Ende der Ifittelstofe
seinen Schülern eintrichtern will, der muß
entweder lien Hauptteil der kostbaren Zeit
zum Einpauken verwenden oder an den
Hausfleiß unbillige Anforderungen stellen.
Und die Geographie bietet doch so viel
wertvolleren Stoff zur Heranbildung der
jugendlicheu Geisteskräfte! P. Wagner.
E. V Seyil 1 i tzsche Geograph ie. Au«;-
gabe D in 6 Scbülerhefben und einem
Lefarethefte, hrsg. von B. Oehlraann
u. F. M. Schröter. Anf Grund der
Lehrplilne von 1901 umgearb von
A. Bohrmaun. Heft 1: Länder-
i^iyui^ud by Google
Nene Bticher und Karten.
653
kun<ip Mitteleuropa«, insbesondere | sonderen Hefte zu geben. lu Fußri'itpn
des Deutseben K«icbe6. 8. Aufl. 80 S. sind die wichtigsten Wandbilder namhaft
42 Abb. u. 1 Farbentaf. Breslau, gemaolit. Ein weitere« Eingehen auf In-
Hirt 1904. ^H, — )iu. I halt und Anordnung ist bei den allgemein
Die AuRgal>o H \>-X bestimmt, den bekannten SejdUtsschen Lehrbüchern
Lehrstoff für jede Klasse in einem be- . überflüssig. P. Wagner.
Neae Bücher und Karten.
kWfitmtXnt».
Die allgemeinen Grundlagen der
Kultur der Gegenwart ▼ob W.Lezis,
Fr. Paulsen, G. Sthöppa, A. MatthiM,
IT. (Jinidij;, r;. Kerschon.sttMner, W. v.
Djrck, L. Fallat, K. Kraepeliu, J. Les-
sing, 0. N. Witt, O. 6«h)er. P. Sehlen-
tber , K. Bücher , R. Pietachmann,
F. Milkau. H. Diels Die Kultur der
Gegenwart, ihre Entwicklung und ihre
Ziele. Hn^. ron Paul Hinaeberg.)
Lex. 8. XV u. 671 S. Leipzig n. Ber-
lin, Teiibner 19<»r. t{ IH
Brock haus' Kleines Konversatioua-Lexi-
kon. 6. Aufl. n. Bd. L— Z. 1068 S.
1000 Textabb . G.ö Bildertaf., 210 K. u.
N'rix'nk , -27 'l'extboil. Leipugf Brock-
haus 1S»U6. Jt 12.—.
Otto Hfibners Geographisch-statistische
Tabellen aller Länder der Erde. 66. Auh
^-abe filr das Jahr 1906. MI u. 102 S.
Frauklurt a. M., Keller o. J. il'JO«;.)
Buch- Ausgabe in Taschenformat JL l.oU.
Andrees AUgemeiner Handatlaa. 6. Aufl.
von A. Sc Obel. Lief, 81—66. Biele-
feld u. Leipzig, Velhagen Klasing
1906. -28.—.
flsseklclit« aad Wssra i»r a««tniphl«.
Detlefsen, D. Ursprung, Einrichtung
und Bedeutung der Erdkarte Agrippas.
(Quellen und For»«c:buugen zur alten
Geechichte und Geographie. Heft 18.)
VI u. 118 8. Berlin, Weidmum 1906.
J( 4 .—.
Penck, A. Beobachtung als Grundlage
der Geographie. Abschiedsworte an
meuM Wiener Schüler und Antritts-
vorlesung an der T'tii\ er-irät Berlin.
68 S. Berlin, BorntrÜK'er lyuG. .*C 1.60.
DemttchlABd ■■<! Xachbarliailer.
BftUset. Das Bemeroberlaad und Naeh-
b«igebiete. Ein geologischer Führer.
Spezieller Teil. Exkursionen. („Samm-
lung geol. Führer" XI.) XVI u. 348 S.
74 Fig. Landachaftsbilder w. Prof. im
Text u. auf Taf.) u. 1 K. Berlin, Gebr.
Bornträger 1906. JC 12.Ö0.
Gngenhan, H. Der Stuttgarter Tai»
kessel — von alpinem Eis ausgehöhlt!
gr s*'. S. 6 Abb. u. 2 Pläne. Ber-
I lin, Kommiss. Fricdlaeuder ic Sohn o. J.
I (1906.) JL 9.40.
Kaiserliche Marine. Deutsche See-
wart e. Monatskarte für den nord-
j atlantischen Ozean. Jahrg. VI. Nr. 9.
Bept 1906. Xr. 10. Okt 1906. Nr. 11.
Nov. iDon. Hamburg, Eckatdt k Me0-
torff. Je —.75
Uegi, G. Illustrierte Flora von Mittel-
Europa. Mit besonderer Berilckaidi>
tigung von Deutschland, Österreich und
der Schweiz. Zum (jebrainh in den
Schulen und zum Selbstunterricht.
8 Bde. 880 Tat Viele Abb. München,
Lehmann (in Osterreich: Wien, Pichlers
Wwe. iV Sohn) 1*.)06. 70 monaÜ. Lief,
zu JC 1.— = Kr. 1.20. 1. Lief.
Schulz, Aug. Entwicklungsgeschichte
der gegenwärtigen pbanerogamen Flora
und Pflanzeiiderke der oberrheiiiisi lifn
Tiefebene und ihrer Umgebung. (Forsch.
%. d. Landet- il Volkakde. XTI. Bd.
H. 8.) 119 8. 9 K. Stuttgart, Engel-
hom 1908. JL 6.40.
Historischer Atlas der österreichi-
schen Alpenländer. Hrsg. t. d. k.
Ak. d. Wiss. in Wien. Quer-4». L Abi:
Die Landgerichtskarte. Bearb. unter
Leitung von weil. FM. R i c h te r. 1. Lief. :
Salzburg i^von Ed. Richter), Ober-
Osterreieh (von Jul. Struadt), Steier-
mark (von Ant. Meli u. Hans Pirch-
egger). — Erläuterungen. Hoch -4°.
IV u. 50 S. Kartenblätter la, Ib, 4,
6, 9, 10, 11—19, 26, 27a, 97b n. 1 tUhmc
sicht8bl.Wien,Holzbau8enlü06. Kr.\2. -.
Perko, Frz. Schulkarte von Böhmen
nach dem Stande vom Jahre 1906.
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654
Nene Bfleber und Karten.
(Aue-rffiilirt mit rnterstiitzutip d Ges.
s. Füril. deutscher Wis8., Kunst u. Lit.
in Bflhmen.) Maftstab 1:600000. Mit
Text. .4C 1.60.
JustuB Perthes' Taschen- Atlas vom
deutscheu K^icb. liearb. vun Herrn.
Habenieht kl. 8« 24 K 96 S. Na-
menverzeichnis. >20 S. geogr.-itatist. No-
tisen von Hugo Wichmann. Gotha,
Justus Perthes 1UU7. JL 2.40.
Atlea.
Vamb^ry, H. Westlicher Kultureinfluß
im Oston YI u 430 S. Berlin, Diet-
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Anlei Pascha. Die Hedsebasbabn. Anf
Grund einer Hesichtiguiiggreise und amt-
licher Qm>llt n bearbeitet. Mit einer
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and tbe British Bc»derland. The saered
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daktik und Methodik des Geographie-
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mfttiKche (Geographie) CBaumeisters
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ricbtslehre för höhere Schulen". IV. Bd.
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Internationaler Amerikanisten-
Kon greS. Viexeehnte Tagung. Stutt-
gart 1904. 1. und II üiiirtc. LXXXVII
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Abb. u. K. auf Taf. Stuttgart usw.,
Kohlhamma 1906.
Zeitschriftenschau.
Petermanna MUteilungm. 1 906. 9. Heft, i in Italien. — Heß- Physiologische Wir-
Dau: Geographische Verbreitung der Be- kungeu des Höhenklimas,
mfsgruppe ,.('henn8cbe Industrie" dee GMma. 90. Bd. Nr. 19. Graebner:
deutschen Reiches im J. 1896. — Busch: Wanderung und Entwicklung sozialer
Chewsurien und TuKclietien — Braun: Systeme in Australien. — Die Amundsen-
Die geologische Geschichte des Mauersee- , sehe Folarexpedition. — Sei er: Paral-
gebiets. — Almagifc: Neuere Beigitflrae [ lelen in den Kaya-HaaidseliiiAen. — >
uiyiii^cü Uy Google
Zeile ehr iftenscbaa.
655
HftlbfftA: Dm Plankton in nordudMn
Jkus. Nr. 13. Hassert: Ein Uerbai-
awflug nach Eritrea. — Handelsbesiehun-
gen twiseben Japan und Mexiko im Be-
ginne des 17. Jahrhuiulertu — Krebs:
Der Cantabria-Tailun vom 22.-28. Sept.
190&. — Graebner: Wanderung und Ent-
'wiekluDg sotialer Systeme in Anitralien.
Deutsch- Rundseha» für Genrjraphle
utui Statistik. J'.». .Thrp. I.Heft. Kirch-
hof!': Die britiscbeu Inseln und die Bri-
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Nordpolarexpoditionen. — Zürn: Die
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MeUorcIlMMeZeUmshriß. 1906. 9. Heft.
Hopfner: über die Größe der solaren
Wärmemengen, welche in gegebenen Zei-
ten beliebigen Breiten der Erde zugestrahlt
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Wärmestrahlung auf einer in beliebiger
Breite fest gegebenen Flächeneinheit. —
Osthot f: Der Mammato-Cumulus.
Die Beteiligung DmlaehiaHd» on der
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Brandt: Bericht über iillpemeine bio-
logische Meeiesuntersuchuugen ^1 X.) —
Heineke: Die Arbeiten d. k. biologischen
Anstalt auf Helgoland in der Zeit vom
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auf statistischem Gebiete bis samSLlförz
190.-) :? Taf. ir, T;i}i., 'IVxtfig. u. 1 K".\
Geoijruphischer Atueiger. 1906. 9. Heft.
Schjerning: OberflBcbengestaltung im
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den Lelupläneu der höh. Schulen.
Zeii96krifi für KoUmiaipolitik , -recht
iHui -uirtschaß. 1900. 9. Heft. Bayer:
Die Nation der Bastards — Ncstler:
Argentinien, da» Land der Zukunft. —
v.Alvensleben: SüdamerikauischeStaats-
wesen nnd deatsebe Atnwandenmg. —
Most: Die wirtschaftliche Entwicklung
Dentecb-Ostafrikas 188r» 1906. — Bolle:
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Mündten. Bd. II. l.H. 1906.
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.''viele Abb. auf Taf.). Himmd imd Erde.
XV III. 10. Juli 1906. 11. Aug. 1906.
Uhlig: Regenbeobnehtongeo utDeutedi-
Oatafrika. I. II. lü. MiU. a. d. deut-
sehtn SchuttgebitUn. Bd. XIX. 1906.
Heft 1, 2, 3.
Wahn schaffe: Zar Kritik der Inter-
glasialbildangen in der Umgegend TOn
Berlin. Mon.-Brr. d. D. Chol. Oes.,
Jahrg. 1906. Nr.ö.
VMAut wörtlicher U«rftaig«b«t: Prof. Dr. A H r e d Uottner ia Hoideibcrg.
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■ '•ubmii, i-'r. u. M Kri. j. i. Ffihi.-r .Im -f in tm! rip.'"l.Mt! .
W. C. Korthnl
Sciilel, A. Hautscti ■ KaiitLfiiii. Viui S. l'ttssur.:' ' '"
Irlr, J. liiiä llcrero. V<iu de ms
Wintor. >I AiiKchaiiunct-n uinus oltoii „ AfrikniiLTs" in dt-uUch -i>stat"rikftiiischi.-i)
BoHirliclinftunifBfrnpoii. Von A. Schoiick
Schlcrutlicr, K [ .il rivl.'i-. >!.t l't.ll.iMr'l.' fm li''ilii'r.' T.''lirnr»vl;ilr. II
r. Wngner. '1
Pfitz-Naiinianu. L<Mtl.tii<:ii liut \i i^IcicliL-micn l.rdl>uscUreihiiii/. \<iji ilc-uis i:>'<'2
K. r. Sevdlitzscli t) Gto^-rnpliip. Aus^'nh.- !> V it: 1 . -i .... ' " J
Neue Bücher und Karten . .
Zeitschriften sc bau
4
V^erla'^»- von B. G. Teubncr in Leipziß-.
DAS MILITÄRISCHE AUFNEHMEN
INTKR BF.SONDKRER HERIH "KSICHTIGI N( 1 J)KR ARBEIT IN DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN LANDESAUENAHME NEiiST EINIGEN
NOTIZEN ÜBER ITKVrOGRAMMETR IE UND ÜBER DIE TOPOGUA-
rHISC HEN ARBEITEN DEUTSCHLAND BENACHBARTER STAATEN.
NA« H DF.N ALM- DER KÖNKiLHUEN KKlKf;SAKAf>I .NJrE
<;Kif \r 1 1- \i:n \ i)KrKÄr,KN itF.AKr.i i n i vm\
BRUNO SCHULZE,
Mil I2y Abbildungen im Texl. |XII1 ii. 305 S.] gr. ü. 1903. In I-einwand geb. J( 8.—
,,\VVnn aber ein .h von einrm .\ui<>r verüißt wiril. i!fr wii; kein .indorrr d.i;
bei •> - ' i> !• i'i. ii. • , "ii
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Jas Rartcnwrsen InU»re»»c besiUcn, viel
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Ml d.lfi mit Sirhcrbeit an.- n
ird. Da> H\xch wird
t 'i.t. M und bei altcit, •
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kreiM» binaua b<MondcTs b<*i l>iniltnc»*<?rn und iic(Ml><t<'ti Krt-utidr htulfn,"
I l.itcrai in Jif« /.cntr.ilM.iM
Verlag von B. G. Teubner in Leipzii:.
DAS ERDSPHÄROID
UND SEINE ABBILDUNG.
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. kann."
V V Dk. e. haentzschel.
.s.N un.. Ki.l.. : iXIIN. «OCHSCKULK USl» AM K"LI.SISC»II N «.^««t*.! II"»
l.lungcn. IVirr II. f 10 S.] pr. ^- lOOi In Leinwand geb. .K l AO.
Uli. ,• rUndlicV --t '• -"•l t. nfAr<!fniTiir an «rmitr-
Geographische Lehrbehelfe
aus (lern Verlag vou Ed. Hölzel i u Wien I V/2, Luisengasse N i .
Zar Aiischafl'uu!; für Schulen eiiiproli]«'ii!
llölaela Hohulwandkarto von AuBtralien und Folyneaion, Stiller O;
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Leinwand f^espannt iu Mappe 2.1. .'iOM., aufLeimvaiid ge-
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Selbölftiitlium. STüli^tüT^ i : ;^iiiiouuO. Ki Hlatt. Grübe der Kart« t\.
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m Mappe 22,60 M., mit Stäben 27 M.
Haardts Übersichtskarte der ethnoKraplnschen VerluiUnisBe von A
•md vou ilen an;^'ron7.enden Teilcu Kuropas. »0. tl '
;iOfachcni Karbendruck, (irütit' »icr Karte zuBammeii^' > , i ,. ■* t
Preis unaut^'f'fipaunt 25 M., auf Leinwand geB])anut in Mappe .HO M,, i
Haardts Nordpolarknrte. Maßfitab 1 : .'»OOOOOc tter in Tielim iieir
<ini' der zu ' k I' rte 172 ui. l i' ' i ■
loöC: 1 16 M., . , j)c 11) M., auf i
Haardts Siidpolarkarte. Maßstab 1:10000000. In 4 Uliittem r
16 fächern Farbendruck. TTröße der zunammen
hoch Preis in losen Blättern H.ftO M., auf Lea. . . .ü
wand mit Stäben 14.60 M. — Diese Karten wurden sowohl
Goo^jraphen-Kongreß in London als auch bei den \h
luieaion für Polar-P'orschung zu Berlin als kart^ij."-
bezüglichen Verhandlungen bonützt uu<l haben h
Haardts Wtmdkarte der Planigloben. Politische Aosgabe. ö Blatt.
1 : 20 000 000. Grüße ■ ' '/tSOGc . ,
gespannt 9 M., auf 1 , , appe 14
rohydrograpliiRCho Ausgabe. 8 Blatt. Maßstab 1:20000000. l'naufgcspannt
auf Leinwand gespannt in Mappe 12.60 M., mit Stilben 14.60 M.
Haardts Bchulwandkarto von Palästina. Für den Unterricht ir rVr )
('{eschichte des alten und ueuen TeblamentH. Nach den neii»"-tpn P
deut«cheu Palüstina-Vereins und der ( eu Pal
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— Die erste und einzige Übersichtskarte des
Alpen. Von der Fachkritik sowohl in wissenacnaiuicucr , a.- loci-
einstimmig als Meisterwerk anerkannt
Ansr&brUohe Prospekte stehen aaf Wunsch gratis nnd franko zn .
Zn betiehen durch alle Bvchhandltin^en sowie durrh dio Verlainhundln^
GEOGKAPIIISCIIE ZEITSCHRIFT.
II K RAUSriEClEBEN
VON
Dr. ALFRED HETTNER,
KSSOK DER OKOWKArHIB AN PKK UNIVKUSITÄT HKtnRI.RKK«;
ZWÖLFTER JAHR({AN(i. ZAVÖl.FTKS HEFT.
Ml I 1 l>i»I'l'ri..TAl"M.
AUHGEUKBICN AM > .lAXUAK.
LEIPZIU.
Inhalt «k's zwölften Heftes.
UbtiiiiiHi i)r. Ii. liniiiu*
uhiil'
Amiaherg i. Kr/gel»
1)10 AbHußerschi'inungen in Mittel-Europa. Von (Joli. Oberliaurat H. Keller,
Leiter der k. preuü. Landesanstiilt für (iewUsserkunde in Berlin.
I. Abweichungen der Einzelgebiete vom Durehsohnittsverhalt^n.
.'». .lahre.s/.eitliche Versehiedenhoit der Abflußerseheinungen. ■ Mit
■J Kurventafeln auf Doppel -Tafel Nr. 9t . .
T»'- 'Zukunft d»^r diMilsclu-n ' ^ ■ i 'rripbentavT''. Von Truf. I>v. Will, l i'
III Halle «. S .
T>i«' Platte /.wisehen Sumatra uu'l llortuo. Von Dr. .1. llnndhau^
in Zili-ieh ...
1 1 eogra ph iscbe Neuigkei ten :
Asluii OberllAcliö dos R»iati9cln.ii IkHUiiiuils. — tiiotlieii LxpiJitiou iihcIi >1i.ui
Autit*uru8 und itAch MesopoUimien
Afrik». Viacberi Reise durch die mittlere Sabani. — Kochs Expoditiua zur
Erforscliuntr der Sclilnntmiikheit. — Don Livio C&etatii« Heise im Osttiüru
Afrikas. — Eiseulahnban iu Doiitsch -SodwcstAfrika
Nordamerika. Vonn(>hrau(|r d«r Indisoer in den Roservationen
Nord-Folargebiet«. FQrst Alborts vi.ii Monncu K n tiacii Spiutiifgcn.
— Pearys Nordpolaroxpeditiou. — Aniundsi iis j r «uf r . i; ' i"
— llarrisons Nordpoiarexpedition
M«prü. Arbeiten des „Plant-t''
rKrsr<ii liebes. Emil Scbmidt f. — liicbtbofiiii-T.iL'
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Pouok, A. Ueobacbtun;^ ald OrundlngL» der Ot'Ofc'rapliio. Von Th. Fisch« i
KccItiK, H. f. Los Volcans de la IVrre. Von U. l.hlig
<lftt7. . W. Das Schwindt-n des Wassers iu df« h^herca Bodt-nlap'n. Vnn W. ;
Schmidt, (}. M. «imhirhte dos Welthaudels. Von A. Kirch hoff .
Hocker, F. Karte von Budensee iiud Rbfin. Von A. Penck.
Ortiiid, A. Landtskuiide von Ost^rrciL-h - L'ii;;atii. Yun G. A. Lukas.
Kcstiltato der wisscuachaftlichen Erforsch iin^' d«.-s Platten - Suos. Von W. ri>-
Pirioij, E. L'Iiide contemporaine vi lo mouvi'mont national. Von E. Schniidi (
Robert, E. Lu Siam. Von W. C. KortUnU t
Ujiner, A. .'<oxialo Erdknndo. Von P. Wa^n« r .
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t ' das Ikiuoiur lier Karten unu Ai
iuillon AuP' -'l • n, VU-.
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Die Aufgabe der Hchulgeographie.
Von B. Bmhju.
Allem Ansdieiii nach atehfiii wir am Vonbend einscbiieidender Vertnde-
Tangen in tmaerin heatigen llittelsohnlweseD, die darauf bumelen, daB den
8cbflleni der obersten Klassen unserer Gymnasien und Bealgymnasien eine
grOfiere Freiheit in ihrer Arbeit den persönlichen Anlagen entsprechend ge-
geben werden soll. Dies kann in der Weise geschehen, daß dem Schüler, der
in Prima besonders gute Leistnngen auf niathenmtisch-naturwisseuschaftlichem
Gebiet vorzuweisen vermag, gewisse Unvollkommenheit^'U in den philologischen
Fächern nachgesehen werden umi umt^fk« hrt. Matthias hat im Januarheft
der mit von ihm herausgegebenen „Monatsschrift für höhere Schulen" (1906)
einige Andeutungen gemacht über die Art und Weise, wie eine solche Kom-
pensation in Tersdiiedenen FSllen scboii dorchgefOhrt worden tat oder dnrch-
geflUurt werden kann. Es ist nicht anageschlossan, daß schließlich fthnlich
wie in Frankreich auf dnen gemeinsamen ünterban bis Oberseknnda (oder
üntersekonda) eine Gabelung des weiteren üntenichtes in ▼erschiedene Ab-
teiluogen, etwa mw vonsugsweise pliildL(>gi8che und eine Tonogsweise mathe-
matisch-naturwissenschaftliche folgt Die gegenwärtig durchgeführte allseitige
Ausbildung bis zum Abitnrientenezamen herauf hat za so vielerlei Schwierig-
keiten, Zersplitterung und Überlastung geführt, daß eine wesentliche üm-
gestaltimg der LehrpUlne im Laufe des niichsten Jahr/.ehnts mit Bestimmtheit
zu erwarten ist. Dann wird es aber für die ( Ji'ographie von großer Wich-
tigkeit sein, daß sie klar und mit bestiiuintcn u iihlht-grüiideteu Forderungen
ihren Platz auf der Schule wahrt oder erwirbt. Dafür erscheint es besotiders
wichtig, daß die methodische Stellung der Geographie im Vergleich zu den
andern Schnlf Schern deutlich klargelegt werde. Verfasser hat den Wunsch,
in nachfolgender Arbeit einen Beitrag dasn su liefern speiiell unter Hervor-
hebung der Ansicht, daß dem geographischen ünterrioht eine gans besondere
propftdentische Au%abe suflUt, die ihn wesentlich von allen andern
FIdiem unterscheidet.
Die Geographie als Wissenschaft, mehr noch als Unterrichtsfach hat ur-
sprünglich eine eigenartige Zwischen Stellung zwischen Geschichte und den
Naturwissenschaften eingenommen. In der Schule ist sie lange im Gefolge
der Ooschichte erschienen und z. B. der Geschichtslehrer beauftragt worden,
in den obersten Klassen ,.erdkundliche'' WiedorholuniTcn anzustellen. Dem-
gegenüber tritt sie beute im Gefolge der Naturwisseiiscliaften auf. Dies ist
aber eine neue Gefahr, die nicht unbedenklich ersi heint. Ist doch für die
Geographie ein zu weit gehendes Überwiegen der exakt-naturwissenschaftlichen
0«ogn«lll«tfteMilNfa«Ut ».Jahrgan«. 190S. U-Haft 46
i^iyui^ud by Google
658
B. Bralm«:
Arbeitsweise auch nicht richtig. Vielmehr ist demgegenüber sehr wichtig,
daran festzuhalten, dali die Schul geoprap hie nicht eine naturwissenschaftliche
Disziplin ist, ebensowenig wie eine geschichtlichei sondern dafi sie ihre ganz
selbstUndigen Wclt»' geht.
Um dies zu erläutern, sei zunächst eine kleine Nebenfrage erörtert, die
wohl unwesentlich erscheinen mag, es aber durchaus nicht ist: gibt das
deutsche Wort ,fExdkiiiide** alles daa wieder, was in dem Wort „Geographie*^
liegt? — Zunfichst hst jede YerdeutBohong geganflber dem altgewohnten
Fremdwort den Naditeil, daß man einerseits in dem Tiel&ch aosammen-
geeetzten deutsdien Wort die einseinen Bestandteile selbstlndig h^nsfUilt»
daB andererseits viele Fremdworte ihre besondere Gesehidite haben und
im Laufe «1er Zeit dadurch einen ganz eigenartigen Sinn gewonnen haben.
So ist „Erd-Kunde" die Kunde, d. h. die Beschreibung und die zur Erkenntnis
ftthrende Darstellung der Erde und ihrer einzelnen Teile. Das genügt aber
der „Geographie" nicht mehr. Diese ist nicht nur eine beschreibende und
darstellende Wissenschaft. soiKb-rn auch eine methodologische. Sie hat nicht
bloß die HeschreibuTig ihrer Objekte zu geben und aller für ein solches Ob-
jekt uialigebenden Ursachen, sie muß auch darauf hinweisen, wie diese Ur-
sachen mit einander zu verknüpfen sind, und bis zu welchem Grade neben
hdmnnien anoih imbehaante lÜnflüsse mit in Bedmung zn siehen suid. Vor
allem ist es ein wesentlidies Element der Geographie, ans den rar Verfügung
stehenden Darstellungen jeweilig das heranssnlesen, was bestimmend fOr einen
Ort oder ein Land nsw. ist neben dem unwesentUohen akaidentellen Beiwerk.
Eine wirklich allseitig erschfipfende Darstellung vennag die Geognqpide
nicht zn geben: auf einen Wasserlauf z. B. üben so unzählig viele auch der
exaktesten Darstellung unzugängliche Nebendinge ihren Einfluß aus, daß inuner
und immer wieder neue Fragen ihrer Erklärung harren. Wer sich bemüht,
Über einen See, seinen Urspnmg. seine Wirkung auf Landschaft, Menschen-
leben, Wasserverteilung, BodeubeschatJenheit u. a. genaue Auskunlt zu erhal-
ten, wird nur zu oft auf das leidige: „wir wissen nicht" stoßen. Saelu- der
„Erdkunde" ist die Schilderung der bekannten, tatsächlichen Verhältnisse,
Aufgabe der „Geographie^* ist es, die Methode zu lehren, alle diese Tatsachen
mit einander zu Terimfipfm imd das Unbekannte sn berOekiiditignL Die
„Erdlrande^* bringt das absolute, wiiUiehe Material rassmmen, die „Geographie^
lehrt dasu noch, von welchen Tersehiedenen Standpunkten ans man das
Material zn betnohten hat, nm es in rechter Weise in seiner Gesamtheit be-
urteilen za können. Bekannt ist^ wie Alphons Stfibel bemfiht gewesen ist»
bei seinen Arbeiten den Ort herauszußnden , von dem aus der Vulkan etwa
seinen besonderen Charakter, die Einzelheiten seines Aufbaus und seiner
Stellung in der Landschaft am deutlichsten erkennen läßt. Der Wert seiner
Arbeit liegt unter anderem mit darin, daß er lehrte, wie das hSufige genaue
Studiiuii. wie ('S beispielsweise der Mab-r übt, von verschiedenen Seiten und
zu versrhicit ueu Zeiten nötig ist. um die Landschaft in ihrer voUkomnien.'n
Eigenart aulzufassen. Er hat mit dazu beigetragen, dem Begritf „geographische
Auffassung» weise" seine besondere Bedeutung zu geben, die wir in das Wort
„Erdkunde" nicht hineinlegen.
Die Anfgabe der Sehnlgeographie.
659
In demselben Sinne sind PfUuiMllkunde, Insektenkundo u<^w., Gesteins-
kunde, Sternkunde die Bezeichnungen für den systematisch besi hreiht iiden
Teil der Botanik, Zoologie, MineralomMe, Astron<imin. Diese vfil»in<len abor
mit dem besehreilicnden Tatsachenbericht die inethodologiscln' Kenntnis der
äußeren Darstell ungslbnn, die mit denkbarst einfachen Hilfsmitteln aiok'Hchst
viel zur Anschauung bringt, und der inneren Auffassuugsweise, die mit mög-
lichst umgreifendem Blicke das Einzelindividuum als Glied des Grsnzen be-
greift InibetMidere ia der Geographi« ist diete Methodologie von grOfitor
Wichtigkeit. Hier ist das TatSMhenniaterial so ungeheuer groß, dafi es ab-
Bolnt nnmflglioh ist, all das Wissen als dauernden Berits sn «rwerben, das
für die einxelnen Phasen des praktisehen Lebens von Bedeutung ist Das ist
rine Folge der ungdramem Ausdehnung des modernen Verkehrs. 0afDr hat
aber die Geographie eine Ansahl Hilfsmittel erworben, die sich allm&hlich zu
außerordentlich hoher Vollkommenheit entwickelt haben, so daß durch ihre
richtige Ausnutzung der große Mangel an tatsächlichem Wissen leicht be-
hoben werden kann. Die Hilfsmittel sind Karten, 13iUI»>r. statistische Tabellen,
zusammenfassende systeniatisclie Darstelluuiren dlie heutigen Li'lirhücherj,
Monographien und — insofern jnan versteht richtig auszuwählen — die j^roße
Mentre von guten Momentbilderu nud Skizzen, wie sie heute die bes&ore Jour-
nalistik bietet. Das ernste geographische Studium verleiht dem Geographen
von Fadi die Ffthigkeit, idles technisch gebotene Material in saehgemißsr
Webe zu verwerten, d. h. ein gegebenes kleineres oder grSBeres Gebilde
(Beiy, Stadt, Landachaft» Ltaidergmppe) vom geographischen Standpunkt aus
au&nfassen. Sache des Schulunterrichtes muB das Bestreben sein, diese Flhig-
keit möglichst weit unter das Volk zu verbreiten.
80 ist es also nicht genügend, wenn der geographische Schulunterricht
lediglich einen Tat^achonbericht gibt, eine systematische Schilderun«:: der ein-
zelnen Teile der Erdoberfläche entsprechend dem Inhalt unserer Lehrbücher.
Der UnterriclU soll wes(>ntlieh auch ein propieh-iitischer sein und neben dem
Kanon uutwendiecn NV'issens di»- nclitiur»' .Vusnüt/.unrr der technischen Hilfs-
mittel und d'-y methodischen Hill^mittel, im {ganzen aber eine spezifisrh lT'O-
j^apliisih> Auffassungs weise der gegebf-nen ()l»jekte lehren. ]);iü diese l'orde-
rung für den geographischen Uutericht nichts anderes bedeutet, als was die
übrigen ünterriehtrflUjier schon Iftngst fDr sieh ab maßgebend angesehen
habm, oder wonach sie gerade in der Gegenwart konsequent hinstreben,
mag uns eine kurze vergleichende Abschweifiing auf diese anderen Gebiete
zeigen.
Zunftdist finden wir Botanik und Zoologie in der G^;enwart ausgesprochen
auf dem Wege zu einem Ausbau des T^nt^rrichts nach der biologischen Seite
llin, d. h. während früher in diesen FUchern vor allem systematische Be-
schreibung geboteu wurde, wird jetzt das Hauptgewicht auf die Darstellung
der Leben svorgünge im pflanzlichen oder tierischen Organismus geh j^t Sclnneil
und Kräpeliu besonders haben in letzter Zeit mit dazu beigetra^ren , ein
tfleologibches Prinzip - vi»lfaeh wohl in zu weitgeliendei- Weise — hervor-
zuheben, die einxelnen Ptlanzenteile z. B. immer nur mit der Frage zu be-
trachten: welchen Nutzen hat die ganze PUanz« davon? Dadurch wird schon
46*
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660
B. Brvhiif;
TOD frühester Ju^oud an unter den Schülern mit Bewußtsein einmal die Liebe
zur Natur, die Freude am Betrachten des regelmäßigen Wachstoms erweckt,
andererseits die Fähigkeit in sie gelegt, biologisch die Wechselwirkung zwischen
den einzelnen Teilen «irr Ptlanze und zwischen Pflanze und Tier zu beobachten.
Es ist bekannt, daÜ die .,Unterriehtskomrai8sion der Gesellschaft deatscher Nator^
forscher'* diese Bestrebungen besonders unterstützt hat.
Während wir hier ein Unterrichtsfach in der Entwicklung auf das ^el
der Propädeutik hin begriffen finden, sehen wir in Physik und Mathematik
Bcbon dorehaus die Entwicklung vollendet Das Ziel des pbjsikaliselira
ünterriehts ist es, die Schiller exakt beobaditen za lehren, das Zid des
mathematiscken Unterrichts ist es, die Behfiler exakt denken zn lehren. Im
Physiknntemcht geht das Streben der Methodiker darauf hin, die Apparate
möglichst zu vereinfachen, um auf die Schüler möglichst wenig dnrch zu
große Mannigfaltigkeit ventvurrend einzuwirken, dabei aber die wesentlichen
Folgerungen doch recht scharf hervortreten zu lassen, so daß jeder Schfiler
genau das Wechselspiel von Ureache und Wirkung verfolgen kann. Ich er-
innere nur an das Loosersche Thermo^kop mit seiner vielseitigen Verwend-
barkeit, ltder an die Modelle etwa der Dampfmaschine. Wollte man allen
Aiiiurderungen des praktischen Lebens entsprechen, indem man die jungen
Menschen mit den vielen wichtigsten Einzelformen von Maschinen vertraut
machte, so würde man nur Mißeifolge erleben. Allein die Vorftthrung typischer
Charakterformen, grundlegender allgemeiner Oesetse kann die Schfiler so weit
auf das praktische Leben yorbereiten, daß sie sidi hinreichend loraohtKafindw
vermögen. — Gegenwärtig findet die Forderung Tide Anlübiger, praktische
physikalische Übungen in den üntenicht einxnfligen. Diese haben aber oidit
den Zweck, den Wissensstoff zu vermehren, sondern die Flhigltoit, exakt
zu beobachten, also einen propädeutischen Zweck.
Noch sch&rfer zeigt dies die Mathematik. Der Schulunterricht an den
höheren Schulen soll — auch wenn etwa die jetzt auftauchende Forderung
einer Gabelung in Prima durchdringt — jedenfalls bis zur vollendeten Se-
kunda eine iiK'iglichst gleichmäßige liiUiung für alle Gebildeten erzielen,
ob sie nun einem technischen, einem kautinänuischen oder einem gelehrten
Berufe zustreben. Soll nun etwa der Unterricht in Arithmetik und in Geo-
metrie dem künftigen Kaufmann oder dem künftigen Theologen nur einea
WissensBchats geben, so daß er jedeneit eine Bndhstabengleudiung gut anf-
sulflsen vermag, oder eine Breieckskoiistniktljon mift Hilfe der Ähnlichkeits-
sfttze gut ausfahren kann? Sicher ist dies niidit das wesenflidie Zid, sondere
die exakt logische Denk •Schulung. Jeder Schfiler soll an der Mathematik
lernen, wie aus dm Anfuigsgranden, aus Definitionen, Axiomen und Yorans-
Setzungen streng logisch die neuen Behauptungen bewiesen werden können,
wie die lediglich aus Gedanken-Abstraktionen aufgebauten mathematischen
Ausdrucksmittel geeignet sind, streng logisch konsequente Schlußfolgerungen
zu entwickeln. Also hier ein bewußt propädeutisches Ziel.
Daß auch im chemischen T iiterrieht das richtige chemische \'erständnis
neben dem bloßen Wissen selir lioch eingeschätzt wird, lehrt die Einrichtung
der weit verbreiteten methodischen Arendtschen Lehrbücher.
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Die Aufgabe der Bchnlgeogrftphie.
661
Und wie steht es im Geschichtsunterricht, im Sprachunterricht? Be-
deutet nicht im ersteren die honte erstrebte Veriiiinderung des gedöchtnis-
mäßig einzuprä<:eii(lt n Zahleuiiiateriales eine Fonlt rung des Strebens nach
„historischem Verständnis"? Und wird der Philologe damit einverstanden sein,
wenn mau als Ziel des lateinischen oder neusprachlichen Unterrichts nur ein
Können, d. h. nur die F&bigkeit fordert, die betreffende Sprache lesen,
Bchreiben nnd sinredien ni ktaneii? Ist nicht Tiehnehr ein wetentUdier Teil
aeines Streben« ein YenttndBis ftlr die Spraobgesetse, der „Sinn fBx die
Spraehe*^? Das ist aber aneh ein propidentisohes Ziel. Und ebenso wird der
dentsehe Untenieht der Mittel- und OberUassen nicht so sehr die Kenntnis
von möglichst vielen Dichtungen, sondern das Versttnduis des Wesens der
Dichtung fiberhaupt als eins der wichtigsten Ziele erstreben.
Man soll nun natürlich nicht so weit gehen, daß man in der Schul-
geographie das propädeutische Element zu sehr hervorkehrt. Ein bestimmtes
Tatsachenwissen ist unbedingt notwendig und muß speziell in den Unter-
klassen (Sexta bis Quarta.) besonders in den Vordergrund treten. Hier hat
sich die Propädeutik in der Hauptsache auf die erste Einübung des Karteu-
lesens zu beschränken, so etwa, wie es Fischer in seiner „Methodik des üuter-
richts in der Erdkunde^' für die Volksschule gewünscht hat. Erst in den
andeien Klassen wird nach und nach das propftdentisdie Element mehr her? or>
treten, bis sddiefilieh ein etwaiger geographischer Unterricht in Oberprima
(in Heimatknnde, s. 8. 660 E) wesentlieh nur Methodenlehre ist
Bs handelt sich demnach in der Geographie um die drei Aufgaben:
1. Einfuilgung des notwendigen Wissens;
2. Erwerhung der Flhigkeit ZU weitestgehender richtiger Ausnntsiing der
technischen Hilfsmittel;
3. Erwerbung der Fähigkeit, die einzelnen Objekte nach spezifisch geo-
graphischer AiitYassuugsweise zu betrachten, d. h. so, daß jedes der Betrach-
tung unterworfene OI)jekt nicht isoliert, sondern stets im Vergleich und in
der mannigfaltigen Wechselbeziehung zu möglichst vielen gleichartigen und
ungleichartigen Objekten angesehen wird.
Den ersten Punkt wollen wir hier rasch erledigen. Eine gewisse Summe
Ton Objekten gibt es, die jedw Gebildete wissen mnfi^ eine Summe, die frei-
lich von Zeit zu Zeit sich Indert, aber dodi in ihrem Hauptumriß dnrch
lange Perioden gleich bleibt Wir beseicfanen sie als den „Kanon** notwendigen
Wissens. Im einielnen mag man viel&ch sweifelhaft sein Über s«ne Ab-
grensnng, im grofien nnd ganzen wird es genflgen, den Hauptkarten der guten
Sehulatlanten für die Unterstufe au folgen. Je dem persönlichen Interesse
entsprechend wird der eine diesen, der andere jenen Namen ausschalten,
niemand wird Namen wie Bombay, Ätna, Cypern, Magdalenenstrom oder gar
noch bedeutungsvollere eliminieren. "Weniger wichtig ist es, ol» jeder Schüler
über Manaos, den ('assiquiare, Citlaltepetl genau Hüscheid weiß. Doch sei
nebenbei hier darauf hingewiesen, wie außerordLiitlieh verschieden die Fähig-
keit ist, geographische Objekte zu merken. Man wird fast in jeder Kla.sse
einige finden, die beinahe jedeu eiumal gehörten Namen behalten, und andere,
die trota nachweislich größten Eifers fest immer versagen. Dieser Mangel an
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B. Brahnt:
geographisolMiii Ortsgedftchtnis braucht nicht etwa mit allgemeiner Dummheit
verbunden zu gPin. Zwischen don Extremen gibt es natürlich viele Abstufungen,
notwendig wird man abor vom Durchschnitt der Schüler nicht zu viel Ver-
la iijn «itiri'en. den Besseren jfdoch die Möglichkeit geben müssen, ihre bessere
Fähigkeit ent>prfch''nd aus/uiiiilzen.
Der technischen Hilfsmittel, die unter Xr. 2 erwähnt waren, gibt es drei
Gattungen: Karte, Bild und Text.
Wer Gelegenheit bat, den AÜm von Diereke-OftbUr xn benntsen,
wifd die Bärfithrong gemMbt bnben, daß ▼ewchiedeae Kuten tob Z«t n Z«t
guut weaentlidien Verftnderungen nnterworfen worden «nd, und swar ludit
nnr eoloben, die si^ ans dem Weduel der Bedtsverbiltune ergeben (Bnmn-
staaten, Bepnblik Panama usw.), sondern auch solchen, die die DanteUnngf-
weile gewisser Gegenden betreffen. Bald ist es die Abgrenzung der einzelnen
Blätter, die darauf hinweist, daß der Kartograph besonderen Wei-t auf äU
Darstellung eines Gebietes legt, das fiüher nicht so sehr berücksichtigt war,
bald ist es die veränderte Zeichnung eines Flußlau fes, eines Gebirgszncres oder
einer Küstenlinie, bald die Kintügung kleiner, unscheinbarer Angaben xur
Vergleiciiung (Orte gleicher Breite am Rande der Karten ), die dem aufmerk-
samen Beobachter auffallen. Diese \ eränderungen sind nun sehr geeignet,
die Schüler auf Wert und Bedeutung einzelner Sjmbole hinzuweisen. Es ist
immer leicht, in dieeem Zweck ftr daige Stande«, eventoett dnieh Entldbnng
TCO Atlanten ans einer anderen Klane, TCfBcbiedene Anfingen in hinxeicbea-
der ZaU nnter die Sidifller an verteilen. So habe ich indieBondere die Karle
▼on Vorder-Asien mehrfocb in ünterseknnda au diesem Zweck verwandt Des
sorgfUtige Stndinm an emem Beispiel Itöt die Sdiftler aocb in anderen FUlen
auf die vielen Kleinigkeiten achten, die den Wert unserer war Zeit ao vor-
aOglichen Kartenwerke ausmachen.
Das Studium des Kartenlesens wird wohl im allgemeinen dadurch ein-
geleitet, daß man in Sexta — schon um das verschiedenartige Schülermateri»!
dadurch zusammenzu.schweiüen — Pläne des Schulzimmors und Schulgnind-
stücks, dann aber der niicljsten Heimat anfertigen läßt. An dieser Stelle ist
es entschieden sehr empfehlenswert, die Schüler schon mit den Generalstabs-
karten im Maßstabe 1:25<X)0 vertraut zu machen, eine Maßnahme, die Fischer
(„Methodik** 8. 60) auch (Ar die Volksschnle wflnscbt Ocside diese Ksrtea
sind in gebirgigem Gelftnde sehr flbersicbtiieh und werden von den SebAlem
im allgemeinen gut verstanden. Ein werferolles SKlIsmittel ist es, wenn der
Lehrer sich der Arbeit unterzieht, mit den auf diesen Karten Üblichen Em-
bolen eine Heimatskarte in grofiem Mafistabe (1:6000) aaxnfertigeB, die
natürlich in vielen Dingen je nach den lokalen Verhältnissen vereinfadit
werden kann. Der Gang de.s Unterrichts muß dann folgender sein: 1. Ober*
Sichtskarte, sehr einfache Skizze der Heimat, vom Lehrer an der Tafel, von
den Schülern im Heft zu zeichnen; 2. wenn diese Zeichnung ganz oder fast
vollendet ist, Vorlühning und Besprechung der großen, selbstgefertigten Karte,
Erläuterung der Symbole, Aufsuchen bestimmter Straßen und Hiiuser usw.;
3. Vorführung der Generalstab.skarten selbst. Man wird sicher außer der
einen eigenen Karte immer noch zwei oder mehrere für jede Klasse erhalten
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Die Aufgabe der Sehulgeographie.
668
können, um jedesmal den g^rößten Teil der Schüler gleichzeitig mit iliiien zu
beschäftigen. Ließ ich dann diese Karte mehrere Tage in der Khisse hätigen,
so konnte ich stets beobaditei, wie tiele Jungen in den Pausen eifrig be-
mfilit wtren, ilmen behumte Orte aufimaachen, aach bald naob dem Sian
eiMs beeonderen Symbols: MllUe, Brfioke, Damm, Hdde usw. firagteiL
Der Vorteil dieser fiüliBeitigHi Gewöbnang ist ein diqni»dter. Siamal
sind die Generalstabakartsn die beste Qnmdlage ftr die spftters wmtsr-
gehaade Schematisiemng der lAnderdarstellung. Die Ht^Dlinien z. B.
sind zunächst sudier leichter yerständlich aU die HOhenstriche und bilden
für die Auffassung und Darstellung der Oebirgsumrisse mit den Talbuchten
die notwendige Grundlage. Dann aber ist es eine Forderung <ler Praxis, die
m. E. durchaus Berücksichtii^ung heanspnicht und verdient, daß auf allen
Stufen die Schüler iü»3gli( hst />ur Benutzung genauer Karton auf ihren Heisen
angehalten werden. Jeder, der selber für seine Wanderungen große Karten
verwendet, weiß, wie deren Studium und steter Vergleich mit dem Gelände
ganz besonderen Genuß verschafiPt, weiß aber auch, wie wenige Menschen tat-
fleUioh in der Lage sind, sieh in frsflKlsa& Gdttnde aut der Karte mreekt-
lafindeiL Und will man später an der Hand aaheliegeiider Beispiele etwa
anthropogeograpbiscbe Dinge erifartem, wie Lage nad Focm der Sudelungea,
Lage nnd Bedentnag Ton StraBen u. ft., so mnA man notwendig anf die
UoßtischblUtter 1 : 25000 sorflckgreifen. Was hat es aber fQr eiaen Zweok,
erst bis in die Tertia zu warten, ehe man die Scbfilei* mit diesem schönen
Material vertraut macht, wenn sdion von Sexta an die Möglichkeit hieran
geboten ist? In anderen Klassen geben dann die Schulansflnge z. B. die Ge-
legenheit, von neuem an das in der Sexta Gelernte zu erinnern und dann
vor allen Dingen auch andere Heimatskarten (Generalstabskarte 1 : lOUCXK),
Touristen karten usw.) zum Vergleich heranzuziehen.
Während es in Sexta schon aus praktischen Gründen, lar Konzentrie-
rang des Interesses, zur tatsächlichen Einprägung des Kartenbildes, zur £r-
laelnng der technischen Fertigkeit., angemessen erscheint, aiemlioh viel leiohnen
an lassen, ist es andererseits geboten, weiter herauf die Zahl der Zeiohnnngen
«insosdirinken. Weldiw Wert haben die Karlniseiehnangea übeihaapt?
Srstaas einen rein praktisdimi: der ScfatOer soll sich durch das Zeichnen das
Bild des dargestellten Landes möglichst fest einprftgen; sweitens einen pro-
pädeutischen: der Schüler soll aus eigener Erfahrung lernen, was für Ge-
danken in die Karten hineingezeiclinet werden kjtenso. Zum ersten sei be-
merkt, daß dies Ziel auch durch häutiges, aufmerksames Betrachton der Karten
von verschiedenen Gesichtspunkten ans erreicht wurden kann. Wer zuviel
zeii-huen liißt, verliert damit außerordentlich viel Zeit und wird hei der ver-
schiedeneu techni.-iclien Begabung der Schüler den geschickteren zwar viel
Freude machen, die uugeschickt<»ren aber leicht zur Entmutigung tülneu und
zu nutzloser Zeitvergeudung veranlassen. Aber freilich den Lauf der Rhone
s. B., oder die Kfistenlinie Italiens wird sidi der Schfller erst beim eigenen
Zeichnen in allen Einselheiten genan klar machen. — Widitiger ist der
swttte, propldentisohe Zweck. Wer nicht selbst mit Nachdenken Karten ent-
worfen hat, eine Kllstanlinie swisehen das Oradnets eingeieidmet hat, die
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664
fi. Brnhnt:
Flüsse mit ihren Windungen, die Ciebir^e mit ihren Tälom, die Städte nahe
oder ferne vom Fluß, der wird auch nie lernen, die kleinen unscheinbaren
Symbole sorgfältig zu studieren. Dazu ist aber eigene Gedankenarbeit not-
wendig. Man soll deahalb die Karten nie ao aeiehnen laaaen, wie aie im
Atlas direkt gegeben sind, aondem je naeh Gelegenheit in andwen Abgren-
rangen, in anderem Mafietab. Vier dttrftfln sdurn fUr Quinta und Quarta ge-
nflgen, aber swei noch für Untersekunda erwflnsoht sein. IGt Brfolg wirl
man sie insbesondere in größerem Maßstab auf Zeichenbogen zeichnen lassen,
eventuell selbst — wenn einzelne Schüler dazu Neigung und die Fähigkeit
haben — in qm-Fonnat auf BoUenpapier (als Wandkarten). Aber — das
ist wichtig — diese Zeichnungen sollen nicht bloß einfache Skizzen sein,
sondern entsprechend dem Ges( liiek des Schülers sorgfältig ausgeführte Karten.
Nur so lernt or wirklich auf Einzelheiten aufpassen. Die Verwendung von
Yorgediuckten Umrißkarten und alles mechanische Nachzeichnen ist durchaus
wertlos.
Auf eine besonders interessant« Karteuf olge für Obertertia (Europa) er-
laube udi mir hinzuweisen: Europa unter der Annahme, daß aidi das Meer
um 300 m HOhe surlicikgezogen lültte, und unter der Annahme, daß es um
300 m gestiegen wäre. Im ersten Falle tritt der Untarsefaied iwischen dem
weiten Kontinsntalsockel im NW gegenüber dem mittelmeerischeo Abbruefatal
deuilidi hervor. Die Ost- und Kordseeflßsse wtren hypothetiadi imtor Be-
rfidonohtigung der Doggerbank zu verlftngem. Im zweiten Falle löst sieh
Europa vollständig in einzelne Inseln auf, in die die Tiefebenen als tiefe
Buchten hereinragen. Die weniger Geschickten kann man inzwischen etwa
das normale Europa oder die Mittelmoerländer zeichnen lassen. Ein be-
quemes, hinreichend «^^enaues (Jradnetz für Europa (bis zum S.'). <5rad^ erhält
man durch eintaclie konzentrische Kreislinien in gleichem Abstand mit dem
Nordpol als Zenti-um.
Es ist wichtig, daß der Schüler auf allen Stufen vertiaut gemacht werde
mit sämtlichen Karten seines Atlas. Dazu ist notwendig, daß jederzeit mög-
lichst Wele Karten herangeaogen werden, möglichst viele, d. h. natSrlidi unter
Venneidung Terwirrender Unruhe und dem Begri&Termögen des Jahrgangs
entsprechend. Bs ist ein nütiliches Übungsmittri sowohl sur Kenntnis des
Atlas, als auch ram Drill des Kanon, wenn man hie und da mm Quarta an
einige am Schluß der Stunde etwa übrigbleibende Minuten in der Weise ver-
wendet, daß man irgend einen Namen nennt: Gardasee, Lima, Kilima Ndschan^
und die Schiller die Karte aufschlagen läßt, wo das betreffende Objekt am
genauesten angegeben ist. Mitunter wird man es lediglich aufsuchen lassen,
mitunter auch eine kurze Charakterisierung da/u geben lassen. Solcher Orill^
in beschränktem Matie angewandt, sollte nicht vorachtet werden. In den
oberen Klassen wird man auch die Nebenkarten mit heranziehen: Wie heitJt
die südlichste Insel der FUr ÖerV Welche Mitteltemperatur herrscht an der
Quelle des Paraguay? Welche Vegetation finden wir in der Gegend de»
Großen Salzsees? ScÄion hier mag auf den Qmndsats hingewiesen werden, dm
wir spEter nochmals erwihnen werden, daß im allgemeinen nidit die ein-
zelnen LKnder und Teile von LSndem hinter dnaader besprochen werden
Di« Aufgabe der Sohttlgeogrftphie.
66&
sollen, sondern möglichst immer eine größere Anzahl von ihnen neben ein-
ander. Es soll also L. B. in Obei-tertia (Etiropa") nicht erst Spanien und
8 Monate .sjtiiter Norwegen besprochen wt rden, sundern möglichst bald die
drei südlichen Halbinseln etwa im Gegensatz zu den nördlichen Küstenländenif
di» atlantischen Lftnder im Gegensats so den rein kontinentalen usw.
Bei der Benutzung der Karten nnifi anch darauf hingeiHeaen werden,
daft sieh mitonter auf Terschiedenen Karten Ungleichmiffigkeiten finden, teils
als teehnisehe H&ngel (s. B. die Adelsberger Gegend im „Dieroke-Gibler" auf
den Karten der Alpenlinder und von Sfld-Dentscbland), teils sum Zweck dar
Charakterisierung besonders wichtiger Einselheiten (z. B. die Breite der
Menai'Straße auf den Karten von p]uropa und von England). Der Schüler
soll vertraut werden mit seinem Atlas, mit uIIhiu Reichtum, aber auch mit
all seinen Schwachen, und er soll ihn benutzen lernen nicht nur im Unter-
richt, sondern auch im praktischen Leben.
Diese Rücksicht auf das praktische Leben sollte auch maßgebend sein
für die Beurteilung der Bilderiragc Bis zu welchem Grade soll man An-
schauuugsbilder verwenden? Nicht zu viel und nicht zu wenig. Nicht zu
▼iel, wenn es sich lediglich darum handelt, die typischen Formen wichtiger,
allgemeui bekannter Gegendai (Helgoland, Bemer Hochland, ürwaldssraerie,
Gaftoas) vomifBbren, nidit sn wenig, wenn es sich darum bandelt, die Schfller
anfiraUlreo Uber das, was sie aus guten Bildwn entnehmen kOnnen, oder
inwiewdt sie schleehte, charakterlose mit kritisdien Augen betrachten sollen.
DaB die Schiller eine Reihe typischer Charakterformen im Bilde anschaulich
kennen lernen müssen, darüber ist kein Zweifel. Dagegen ist über das
zweite, propädeutische Ziel, so viel ich weiß, noch nichts geschrie])en worden.
Und doch handelt es sich um eine in der Gegenwart anßf^ronhiitlich wirli
tige Aufgabe. Denn welche Unsumme von guten und schlecliten Bildern
geht nicht heut*" vor den Augen jeden Seliülers vorüber, wo die meisten
Zeitschriften, die meistm Bücher mit Illu.strutionen nach zum Ttil total
miBglückteu oder falsch autgenommeneu Photographien „geschmückt" sind!
Jedes Bild bietet einen verschwindend kleinen Ausschnitt aus der un-
endlich grofien manmgfiütigen Natur, und, wenn es gut ist^ bietet es diesen
Ausschnitt unter einer gans besonderen Stimmung. Es ist em Verdienst der
regen Kunstbewegnng unserer Zeit, dafi sie uns gelehrt hat, auf die Farben
in der Natur, die Formen, die Stimmungen sn achten, und wer nunmehr
daraufhin ein Städtebild, das BUd eines Sees, eines Beiges mit der Wirk-
lichkeit vergleicht, der wird zalillose Abweichungen wahrnehmen. Kein Bild
kann die Wirklichkeit wiedergdlwn. Aber doch brauchen wir die Bilder,
denn wir können nicht die ganze Welt bereisen und sollen uns trotzdem
eine Anschauung bilden vim fernen Gegenden. Dafür ist es notwendig, ein-
mal aus dem Bilde zu eliniinifrtii. was vorübergehend, unwesentlich ist, dann
aber uns in das Bild iuncinzudenkcn, als ob wir neben dem Maler stünden,
klein gegenüber der großen Natur, aber mit dem weiten Blick in die Ferne
oder unter dem großen Eindruck der hohen Felswand, als ob wir mit ihm
die Durdisielitigkwt der Luft empftoden oder das DrQdnnde der sehwena
roB* und stauberfUlten Atmoqriübre. Wir mtlssen lernen, alle die an uns
L.'iyui^cü Uy Google
666
B. Bxahnt:
flüchtig vuruberziehenden Bilder, auch wenn sie in ihren Einzelheiten vor
mamm Qe^litoiis Mbon iMlb wiedar «liioliinmAan lind, ss koabiiuanii,
«m das Gftme m erfiu8«ii, das Übereinsfeiiniiieiide im Gegeniats an den
Fremdartigen, — aber wir dflilni dabei nidit flilchtig, obeiflidüieh werden
und uns nicht Ton Torge&fiier Meiaang betören lauen.
Das kann natfirlich der SehQler nicht, kann das Aberiianpt yoUlrasnmen
jemand? — Aber wir kOnnen viel dazu lemeo, nnd schon der Schüler maft
anfangen, dazu zu lernen, wenn er nicht immer und immer wieder fslsolie^
irreführende Eindrücke in sich aufnehmen soll. Jeder von uns, der xom
erstt^n Male die Alpen oder das Meer gesehen hat, war überrascht von dem
Eindruck, »Itr so gar nicht den bekannten nildem und Schilderungen, um
auch diese gleuh lu«r mit zu behandeln, entsprach, und auch in Zukunft
wird es jedem trotz liester Vorbereitung ebenso gehen: den Bildern fehlt die
Luft, fehlt der Himmel, fehlen die Töne und die unmerkbareu Nuancen
Wer aber nachträglich die Wirkliehkeit mit dem Bilde veigleicht, wer seine
Oedankenfailder in BflcAsiebt aaf die Erftbningen, die ihm die Fkazis ge-
bnudit hat, revidiert, der wird jelct der Wirklichkeit nm ein groBea StAsk
niher kommen. Noch immer kennen wir nicht das wahre Wesen dw WOste,
aber wir ahnen jetst, was der Schriftsteller unter dem blendenden Licht,
4em Zittern und Flimmern der Luft im Mittagsbrand, unter der nuiberhaften
Pracht des nächtlichen Sternhimmels meint, was der Maler unter der fernhin
▼erdfimmemden Wüste gesehen hat, wie ihm das Öde Wüstental mit seiner
ziehenden Karawane erschien. Wer es durch stetes Aufmerken auf die Bilder
der wahren Natur gelernt iiat, /u sehen, der hat auch gelernt zu abstrahieren
und wieder zu kombinieren, »-i- versteht /wischen den Zeilen zu lesen, zwi-
schen den Linien und Farben zu sehen. Dafür soll der Schüler vorbereitet
werden. Wie viel wird er einst gelernt habend Das kann kein Examen
klarlegen, kann niemand exakt bestimmen, denn das sind unbestimmte Ein-
drucke, Empfindungen, die nienmnd in Worte fiusen kann. Aber trotedem
mflssen wir su unserm Teil anf das Ziel hinarbeiten.
Dazn dient, daB die Jungen hinausgewiesen werden ins Freie, daft ihnen
der Blick üBr die Formen und die Stimmungen der eigenen Heimat geweckt
werde. Der Knabe hat noch keinen Sinn Ar landschaftliche Schönheit, dieser
Sinn kommt mit den Jahren, aber wir müssen das Vertrauen haben, daß
wir ihn fordern können, und wer die Knaben recht beobachtet, der wird
manches leichte, frühzeitige Auftlackern dieses Sinnes bemerken. Dazu dient,
daß die Si hüler bei Zeiten (von Tertia an ■ lernen, die Wirklichkeit zu ver-
gleichen mit dem Bilde, daß sie dann darauf hingewiesen werden, iii die
Bilder mit bewußtem Sinn sich hineinzuversetzen. Ihrem (iedUchtnis haben
sich schon manche Formen eingeprügt (diuä Matlerhoni, die Wartburg, der
Rhein bei Bingen), nuu sehen sie sie Ton neuem nicht mehr als amüsante
Curiosa, sondern als Abbilder wirklicher naher Landschaften. Und von Jahr
an Jahr dringen sie tieÜBr in das Wesen der Bilder ein.
Der Sdifller soll lernen, das sohematiscbe Bild (aus der YogeladMui)^
das gewissetmaßen ein Zwitterding ist swisdien Bild und Karte, m untsr^
•dieiden von dem stimmungdhaften Bild, das neben der Landschaft die Ge-
Die Aufgabe der Schalgeographie.
667
danken des Haleis enthttlt: die beiden großen Sammlungen der Lehmaan-
teben und der HOlxelsohen Bilder enthalten wnndervolles Yei^g^chsmatertaL
Er soll aber andi «inen Begriff von der Mamugfiütigkeit der Natur eriuüien.
Nicht ein Bild dee ürwaldes genOgt, Knideni alle mögliehen, die enitiereii,
sind nur spärliche Einielbei^piele. Anfangs sind die VatfBhnuigen von Bil-
dern eine freudig begrüßte untrrhaltende Abwechslung, sp&ter bringen sie
Material zu ornstem StndioniL Wie viele soll man bringen? Eine allgemeine
Regel wird es nie geben. Mancher kann viele ohne Schaden TeorfGkhnai
mancher wirkt mit wenigen verwirrend.
Es !>ei mir orlaul)t, hier auf einen Modus hinzuweisen, den Schülern die
Bilder in geeigneter Weise vorzuführen, mit dem ich dies Jahr günstige Er-
fahrungen gemacht habe. Ich habe möglichst viele der großen Anschauungs
bilder aus der vorhandenen Schuläommlung m einem freistehenden Zimmer
«ufgehttngt und dasu eine große Aniahl von Photographien und anderen
Blittern (s. B. aneh eine Serie der VegetationsbUder von Ejarsten-flelMMlc),
Annchtdourten usw. ausgelegt Manches daron war Eigentom einaelner BohOler.
Im aUgeoAMnen wurde nur das ausgelegt, was wixUieh charakteriatiach die
Landschaft wiedeigab; gerade mder den Ansiobtapostkarten findet sich sehr
Tides ganz wertloses Zeug, aber auch viele recht gute Sa« lu u. Daneben
wurden jedoch auch einige schlechte Bilder (Erzgebirge der T rhmnnniinhan
Sammlnng, Sächsische Schweiz der Sammlung von K. Schulze, Königsee von
Oeistbock u. Engleder) mitgenommen. Bis zur Quinta abwärts wurden alle
Schüler je in einer Stunde hingeführt und auf alles Bemerkenswert»« je ilirem
VerstJindnis entsprechend hingewiesen, die älteren auf die Technik der Dar-
stellungöweise, auf das Typische neben dem vorübergeiiend Stimmungshaften,
die jüngsten lediglich auf die charakteiistischen Formen. In den Pausen
hatten die SobOlffi* dann Gelegenheit, sich die Sachen TOn neuen in Bnhe
«nsusehen, eine Gelegenheit, die rege benvtit worden ist So sind die SdiQlar
erst einmal mit der ganien Fttlle des Materials Tertraut gemacht worden,
das ihnen nun nacb Bedarf Ton neuem im ünterridit Tim qtesiellen GesiofatB-
pnnkten aus Torg^hrt wird. Ähnliche Ausstellungen mit teilweise neuen,
teilweise altem Material unter neuen Leitgedanken im nächsten Jahr werden
die Schüler allmählich immer tiefer in das Ventftndnis der Bilder einfElhren.
Karte und Bild sind technisch hoch vervollkommnet, am wenigsten voll-
kommen ist die text liehe Darstellung. Es fehlt wohl nicht an Schilderungen
aller möglichen (iegenden, aber man frage sich ernsthaft, welche Wirkung
eine solche Schildtrung auf die .lutigen hat. Sie ist her/lieh gering, weil
das Schildern die Schüler meist langweilt. Man vergegenwärtige sicli, wie
wir Erwachsenen selber eine Beschreibung einer Landschaft aufnehmen. Ein
Vortrag, der rein sachlich gehalten ist, ohne das persönliche Element mannig-
fadier Erlebnisse, der nur Anschauung oder typische Foimen gibt, ermftdst
und s«ne dauernde Wirkung ist im allgemeinen gering; wie viel mehr ist
das bei den geistag unruhigen, schwer ihre Gedanken konientrierenden Knaben
der FalL Andererseits ist ein Vortrag wirklich fesselnd meist nur dxutk
ein persönliches Element individuellen Interesses für den VortragendMi oder
individueller Stimmnngsmalerei. Die blofie anschauliche Schilderung einer
uiyiii^üd by Google
668
B. Bxuhns:
Landsehalt nimmt aelir viel Zeit in Anspradi und bringt selten großes
Nvtien. Stofien wir in «nem Bnclie auf eine lokhe, ao wird sie wolü iik
den meisten fUlen Abendblagen nnd nur flfldlitig dnrehgeselien. Will man
neh andererseits wirkUeh in die gesebilderte Scenerie völlig liineinlebra, so
ist das keine leichte Aufgabe. 8ehr wenige Ausnahmen gibt es; in Briefen,
in Tagebüchern, in Romanen findet sich hie und da eine meisterhafte Sehil-
derung (Graf Scbaok, Loti, Stratz, Geiger). Aber '/umeist ist es das ganze
Werk oder ein größerer Abschnitt, das mit allem Drum und Dran den rich-
tigen Eiii<lmrk liiiiterlaüt ( I?osogger, Jensen u. andoro); für den üntericht
ist das natürlich unhrauchl)ar. Man wird natürlich die Schilderung nicht
ganz entbehren können, aber das sind mehr skizzenhafte Angaben. kun:e
Stichworto, die man neben der Henorhebung der wesentlichen Grundursachen
für den Landscbaftscharakter heranzieht.
Und dann wolle man bedenken « daß die Bpradie ein noch viel unge-
fügeres Attsdmeksmittel fOr Landschaftsformen ist, als die Zeiduung, und
daß audi die beste wiiUich plastische Schilderung nur einen minimalen Aus-
sdinitt aus der ungeheuw großen Natur gibt. 80 schildem die TerscbiedeneB
Autoren den Urwald z. B. gans Tmchieden: Stanley, Stuhlmann, Graf Götzen,
Wissmann u. a. Wohl mag man einen richtigen Eindruck gewinnen, wenn
man den Heisenden durch mehrere Tage hindurch lebhaft interessiert von
Ort zn Ort begleitet, wenn man den Wechsel der Landschaft miterlebt; nur
schwer erhalt man ein klares Hild absolut, nackt herausgerissen aus dem
Kähmen des Milieus. Ich verwerfe keiiieswetrs die Schilderung überhaupt,
aber ich meine, sie mutJ in sehr beschränktem Maße und mit großer Vor-
sicht angewandt werden. Am nchti^fsten wird es sein, wenn hier und da
in den gewissermaßen exakten Text des Unterrichts den Schülern halb un-
bewußt, jedenfalls durdmus unaufdringlidi ein geeignetes Stichwort, eiee
ganz korae Bemexknng eingeschaltet wird, und wwn das WeseDiliche der
Landsdiaftsfonnen gewissermaßen naturwissenschaftlich Terglndiend behandelt
wird. Jedenfalls gebOrt das Kapitel der Laadschaftssdiilderong m den
allersdiwierigsten des geographischen Untenichts und ist noch lange nidit
gelOflt
Hier in<">chte ich hiuwMSen auf eine Arbeit von Frech^): Das AntUts
der Hochgebirge. Frech versucht aus der Bildungsgeschichte des Gebirges
heraus, aus der verscbiedenartigen Wirkung der Gletscher oder des Windes
die charakteristischen Formen u^ewissermaßen heraus /u modellieren. Diesen
Aufsatz zu lesen un<i si( h wirklii h klar zu machen, ist durchaus nicht leicht
(namentlich da die Abltildunsjreu lechnisch sehr weui«; scharf wieder<,'ei:eben
sind), aber er gibt tatsächlich ein gutes, deutliches llild. Der Schuluuier-
richt ist freilich ganz außer Stande, so viel Zeit für diese Art der Behand-
lung zu verwenden, aber sicher gibt Frech den richtigen Weg an, wie msa
die Formen herauskonstraieren sollte, und sein Auftats msg daher gewisser-
maßen Torbildlich sein — Diese Art der Behandlung entspridit llfarigens im
wesentlichen der Forderung Chr. Grubers nadi „genetischei^ Betraehtongt-
1) „Ans der Natuz*«. S. Jhxg. Heft 1—7.
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Die Aufgab» der Schnlgeographie.
669
weise.*) — Aus eigfueu Reisen und aus der eigenen Lekiürr wird jeder
Lehrer über gewisse Gegenden besonders orientiert sein, um sie den SchQlem
in seiner Weise als typische Beisfaele nahe m briagen. Vor allem ist aber
andi bier nicht su vergessen, daB der Schnlimterricht propldeutisch sein
mnß. Die wirUidie Kenntnis fremder Gegenden bringt erst das praktische
Leben, das den Menschen selber hinausfilhrt nnd ihn yiel dnrch Seihen nnd
durch Lesen kennen lehrt. Von der Sefanle soll der Schiller die Fihigkeit
mitnehmen, riditig, mit Verstand das Gesehene nnd das Gelesene in sich sn
▼erarbeiten.
Unter die Formen der textlichen Darstellung gehört das Lehrbuch, Es
ist seinem Wesen nach eine systematische Zusammenfassung df >^ Mnteriales.
Im Wesen der Systematik aber liegt es, daß sie jedes Individuum für sich
und eins nach dem andern nach dem fjleichen Schema möglichst vollstänctig
bespricht. Und das ist auch das gemeinsame ("liarakteristiknin aller Tichr-
bücher, das Unterscheidende liegt hauptsächlich in dem Schema, das die eiu-
selnen Ant<n«n anwenden, in der Anordnung, sowie in der Abgrenzung der
einseinen LkdiTidnen. Das Lehrbuch hat eine Shnliehe Bedeutung, wie etwa
im Sprachunterricht die Grammatik, und es gehOrt sicher mit sur Au^be
des geographtBchen Unterrichts, den SchfÜer mit ihm vertraut su machen.
Dabei mag die Frage unentschieden bleiben, welches Lehrbuch am meisten
zu empfehlen sei, jedes hat seine Vorteile und seine Nachteile. Aber ebenso
wie der Atlas auch viele Einzelheiten mehr enthält, als man lernen läßt,
und wie die heutigen Schulatlanten reichhaltig genug sind, um dem Schüler
noch weit in das Leben ein wertvolles Nachschlage- und Studienwerk zu sein,
so sollten auch die Lehrbücher, wenigstens für die Renntziiiig in den oberen
Klassen, möglichst reichhaltige Koinpen<lieii sein, ohne daü sie dabei aller-
dings an l^bersit htlichkeit und au Billigkeit verlieren dürfen. Aber keines-
falls sollten sie in dem Gedanken verfaüt werden, da Ii sie den mündlichen
ünteniidit ersetzen könnten. Denn dieser muß als propädentischer viel mehr
bieten, als sich je im engen Baume eines Schulbuches wiedergeben ließe.
Ich habe oben 8. 661 als 3. Aufgabe des geographischen Unterrichtes
die ErwOTbung der Fshigkeit genannt, die einselnen Ol^ekte nach apesifisch
geographischer Aufihssungsweise sn betrachten. Sie kann natflrlich nur Be-
deutung gewinnen für die mittleren und oberen Klassen. Es gehOrt aber
hierzu ein stetes Vergleichen und in Beziehung Setzen der vei-schiedenen
gleicharfigen und ungleichartigen Objekte, und ein hiiufiges Hervorkehren der
Mannigfaltigkeit von Ursachen, die für Bestand und Entwicklung von beson»
derer Bedeutung sind.
Um in dieser Hinsicht möglichst viel bei der beschränkten Stundenzahl
zu erreichen, ist es wünschenswert, daß
1 ) die einzelnen Objekte im allgememen nulii hinter einander, sondern
möglichst viel neben einander behandelt werden,
2) bald diese, bald jene besonders wirkungsvolle Ursache in den Vorder-
grand gestellt werde,
1} Geographie als Bfldungs&ch. 8. «Off.
uiyiii^cü Uy Google
670
B. Brabni:
3) der Lehrer beständig bemttht iet, den exakten wiaeemchaftlicheii For-
adnuigeii durch eigenes Stadium au folgen und tob Zeit in Zeit die Sdifller
dem UaBe ihres VersUndnisses ent^reehead eingdrand mit der trissensdmft-
Hohen iki)»eitsweise vertraut sn maehen.
Zur Erlftuterung dieser drei Punkte gebe Ush sunlehst ein Programm,
wie es sich fdr Untersekunda (attftereniopIli'^r]i>> Erdteile) durchfahren UBi
Man beginnt mit einer zusammenfassenden Übersicht über das gesamte
eurasische (lebirgssystem und das Kartenhild der Kontinentalgrenzen und der
Flüsse. Diese Stunden di<Mien wesentlich zur Einprägung der wichtigsten
Namen und Daten, wozu natürliLh Lage, sowie (irtiüen- und H«)henverhiiltnisäe
gehören. Dabei soll vor allem der grobe Unterschietl charakterisiert werden,
der zwischen den südlichen Schollen mit afrikanischem Charakter, den großen
eorasischen Faltengebirgen mit ihren Hochländern und dem nördlichen Flach-
lande besteht Gans kun erledigt man hiernaoh eine wiederholende Ober-
sifliht flber die Staaten und allerwichtigsten Stidte. Hieran schließt sich nun
die Einselbehandlung von Vorder-Asien, Indien, Ost-Asien und Hoeh-Aneu,
sowie Sibirien etwa in der folgenden Weise.
A. Die DartteUuBg YorderoAsieni auf den Karten in der Uteren und in der
neueren Auflage des Schnlatlaa von Diercke-Gäbler. Als Vorbemerkung lei enrlhat»
daß dieser Vergleich ursprünglich durchgeführt war mit der 34. Auflaf^c von 1H98
und der 3U. von 1903. Neuerdings sind wieder einige weitere VeränderuDgen vor-
genommen worden, und aodereneits Tenchwinden jetet allm&hlieh die Atlanten ans
den Jahren vor 190(), in denen sich noch das ältere Blatt von Vorder-Asien vor-
findet. Es dürfte daher geraten sein, jetzt für oinen Bolchen kartographischen Ver-
gleicb etwa Ust-Asieu zu verwenden, das erst nach 1908 (I9uö?) in einer neuen Be-
«rbeitmig erschienen ist — Ans BaomenpsniiB gebe ich lediglich einige Stichwoite,
die sich leicht ergänzen lu«äen. Unbedingt mnft der Lehrer bei dieser Art der
bandlung sich .->'llift das Material zusammensuchen.
1) Im .Mittelpunkt der Besprechung Vorder- Asiens sieheu zunächst die großen
Faltengebirge, die wir in swei nnter rieh ihnliche Gebiete teilen fcOonen: Inm und
KIi in-Asien. Je im Innern hubeti wir ein plateauartiges Hochlandf nmrabmt im
Norden und Süden von R;uid^'i'1iir;^'en mit tiefem Abfall nach außen. Zwischen
beiden scharen die Ketten zusammen: Armenien. Die neueren Auflagen lassen
auch noch das dritte iUmliche Gebiet dentlich hervortieten: Tibet mit seinen Rand-
kett«n, von Iran geschieden durch den Knoten «wischen Amu-darja und Indus.
St<ellun<x des Kaukasus mit großem Baichan und dem Grobirge dflC Klim-Halbinsal,
sowie doa Libanon und des Akdar-Gebirges in Oman.
8) Auf den Karten finden wir nur die Hanptrichtungen der Gebirge augegeben,
man darf nicht vergessen, daß alle diese Ketten im einseinen msoaigfhltig gegUedert
sind. Man .studiere z R den Kaukasus und vergleiche ihn etwa mit Bildeni (Z il
D. 0. Alpenver.j. — Hierzu betrachte man etwa auch das bosnisch serbische iierg-
land auf den Karten von Osterreich-Ungaru , das in den neueren Auflagen wesent-
lich einfacher geseichnet ist
3) Abgrenzung der Karte: Die alte Auflage enthält die Karawanenstraße von
Akabah — Suez bis Uengasi und iio<'li das sü(]r>-itliche Italien, ferner die südrussischen
Flüsse. Die neue Auflage zei>;t statt desbcn Indien bis mit Ceylon und bis zu den
Snnderbnnd» (Yei^leich der Enphiat-Tigris-Senke mit den lAadeni des Indns mid
des Ganges), sowie das gsnze Tarim- Becken (Sven Hedin 1). Im N ist des wirt-
schaftlich wichtige Gebiet Süd-KuBlands verloren gegansjen. Aber die vermehrte
Zahl der Städte auf der iialbinnel Krim gibt einen Hinweis auf die Bedeutung der
Nordküste des schwanen Heeres.
4) Die neuen Yexgleiehsnamen am Bande.
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Die Aufgabe der Schulgeograpbie.
671
5) Schon auf der ältereu Karte ist durch Somali-Küete, Sokoti», Bombaj,
Goa iiBw die Hauptechiffahrt^fstraße diarakterisiert. Ebenso achte man auf die
Ötrafien über Kabul, über Kaacbgar, durch die Dsuugarei, über Kars, Diarbekr U8w.
6) Die FlfliM; Wadie in Axabitn, Flflsee, die im Sande yeilaiifen, s. B. in
Chorassan (die neue Auflage bringt hier einen Sumpf in der Salz-Wüste, der in der
Älteren fehlt!'. Einen aolchen sehr charakteristischen Fluß zeigte auch die ältere
Karte in Mesopotamien, der leider in der neuen weggelassen ist. Viele Flüsse
naterbzochen geMidmefc: nnbekaaBt oder wechielndar Lauf. Der Hamnnmmpfl
7) Lage der Biedeliuige& in waeaeneioliem Gebiet: Herw, Baohar», Onaiee,
Hedina u. ».
8) Häufig sind aber die Flüsse selbst nicht gezeichnet, sondern nur die Täler:
El Djof (man beaehie die üüeche Zeiohnnng der KaiawanenstiaAe in der ilteren
Auflage), E'Riad, Jesd im Innern Persiens, Maimene (aadi hier ift die nenwe
Zeichnung des Tales zum Oxus hin richtiger), Balch usw.
9) Entsprechend können wir manchmal ans Flüaeen und Straßen auf Siede-
Inagen idiliefien, eo bei der Biegung der transkaepiecfaen Belm swiidien tferw und
Aikabad: hier liegt in der Tat Karry-bend alte und neue Auflage verschieden!)
10) Mitunter die Städte absiMts vom Fluß und die Straßen nicht in den Fluß-
t&lem, sondern seitlich oder kreuzend: dann ist das Floßtal entweder eine tiefe
BeUneht oder Terrampft, z. B. Ereimm in Armenien, Tokat, Kaiiarie in Ktein-Auen,
die Straße von Mosul nach Bagdad meidet die Tigrisniederung, Städte und Straflen
am Amu-darja und am Syr darja. S. Chiwa auf der Nebenkarte Hierher gehört
die Lage von Urmia und Tabris abseits des Seeufers. (Die neue Auflage zeigt die
Sümpfe.)
11) Wichtig ist die Angabe der Yerkehxslinien von Eflstenst&dten ine Binnen-
land, z. B. Abuscher, Bender \V»V)a-i, Kl Kuweit. KeHcli»;, Tarabison usw.
Diese und ähnliche Angaben mögen genügen zur Übung im Kartenleaen, die
eigentliche Besprechung der einzelneu Gebiete ist im Anschluß daran sehr schnell
ta eriedigen, da die meisten wichtigen Namen and Daten schon genannt sind.
Bei der Benutzung anderer Karten achte man auf die neu eingeführte Höhen-
stnfc von loo in. ferner auf die bedeutenderen Änderungen der folgenden Karten
(die Zahlen äiud die der neueren Auflage): Vegetatiun und Meeresströmungen 14/15,
Kolonialbeeiti nnd Weltverkehr 19/80, atlantischer Ozean 82, Hinter-Asien 86/87,
Afrika 43 (Teile von Europa und Sudamerika, Gebirge!), Australien und Polynesien
64 55, Europa 7'.» und 82 88, Spanien 80 87 Gironde, Genual\ Apenninen-Halb-
insel 94/96 AV'ieu, München, Gebirge!), KußlauU 110/111 (Boden verhiilLuisde, auch
eine gans geringe Verschiebung der Umraadnng), AlpenUlnder 114/116 (Mafistab),
Schweiz 11X 119, Niederlande und Belgien 121, usterreich rngarn 122 123, deutsches
Reich 130 131 und 1:^4 135, Temperaturkarte i:52, Nord- Deutschland Iis 149 und
163/104 (^Abgrenzung, Gebirgszeichnung, sowie namentlich auf der politiachen Karte
die Zeii^nng der I^vinzen. durch die leider das Bild dar Karte nicht besser ge>
worden ist, sondern wesentlich unruhiger und weniger fibersielltBch). Auch in den
Blättern 2/;i zur Tcrrainlehre tinden sich wefientliche .Ämleningen durch die Ver-
wendung von Farben. — Die teilweise Gruudierung der Gebirgsstriche durch ein
sdnraehee Grangriln dient snr Yertieftmg des Gebirgsbildes.
B. Indien als ein Beispiel der Rassen- und Religionsgeschiehte.
1) Kurze l'bersicht über die heutigen Verhältni^^se.
Kolarische Stämme, Drawida, arische Indier, mongolische Völker, Parsi, Euro-
pier, Araber. — Kastenwesen: Die höchste Kaste bilden die Brahmanen, d. h. die
srisehen Indier von hellem Typuy; ursprünglich war es eine Pricstorkaate. liadscb-
piiten. da« sind Aikciijuuer in NW- Indien und dort dif lieri sehend*' Bevidkerung.
Tiefer stehen die Ahir, Hirtenslitmme, und um tiefsten die Paria. — lieligiou: 207
Millionen Brahmanen, ft7 MiU. Mohammedaner. 3'/, MUl. Buddhisten, 3*/« MiU. Chri-
sten u. a. — Einwohnerzahl 1901: 2H3 MiU., di iunitr nur etwa luOOOO Europäer.
Volksdichte in dt-n urimittelliaren Besitzungen der Engländer IIO, speziell in Ben-
galen 191, in Hiududtau 179, an der Ostkflste bei .Madras 162. Dagegen wesentlich
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B. Bruhni:
geringen» Volksdichte in den iinabhiingiyen Staaten: Radschpntana 29, Zentral-
i'rovinzen -J6. (Deutschland hatte 190ü öti Mill., d. h. 104 auf 1 qkm. Sachsen
4 Mill. bezw. 280 auf 1 qkm.) Wichtigste Städte. 6uVo Ackerbau. 16'/, 7, Industrie.
S) FOr Indien iat ein richtigeB Yenttndnii des Volkilebeni nor unter Beittck-
■ichtirrnnfj der (beschichte möglich.
Früheste Berichte in den Geeängen iler Kig V'eda, jedenfalls vor dem Iri. big
14. Jahrhundert v. Chr. Eine Anzahl halb Ijrische ganz kurze Lieder meist zu
Ehren der Ootthelt mit Mhln^elMii Notiaen (Iber eimelne Ereigniaee. Seit den
ältesten Zeiten als heiliges Ruch betrachtett gilt 08 noeh heole bei den ftrengglftn-
bigen Hralininncn al;* in-piriort.
Nach diot>eu Dunkmälern sind die Arier jedenfalls im Laufe des 2. Jahrtau-
aenda ans dem Pamir-Hochland nach bidien gekommen. Et fanden mehx«re Züge
statt, nicht ein einmaliger Kinhnioh. Die Arier trafen teils auf eine schon ziem»
lieh hoch entwickelte an.><ä8Hige dunkle Hevölkerung: es werden Verträge geschlossen,
ieste Orte erwilhnt; teils auch fanden sie wilde Völker vor. Mitunter werden
ariache Dynastien von niohtarisehen geatfirst. Die Toten werden geaehmflcht mit
Bronze, Kupfer und Goldstücken, die noch in neuester Zeit in den alten GrabstUtea
gefunden wurden. Die .\rier drangen langsam zunächst nur in Nord-Indien vor,
daä Gebiet des Dekkan blieb wesentlich eine Welt für sich.
Die Einwanderer brachten mit eineNatnrreligion: bidra — Regen, Agni— FeacTf
daneben unt« r^^cordnete OOtter; Devas (die leuchtenden, scheinenden). Allmrihlich
entwickelt sic h tlaraus eine neue Glaubennform mit d»'r Triade Brahma i Schöpfanjr),
Wisehnu (Erhaltungji, Siwa (Zerstörung). — Es entwickelten sich 4 Karten: Brah-
maaen — Priester, Kschattriyas — Ibieger, Yaisiyas — Acketbaner, Sndraa —
Sklaven., Arbeiter, die Unterworfenen. — Das geistige Leben zeigte im Laufe der
Zeit manche Fortschritte: neben dem vulgilren Prakrit fand die ulte Schriftsprache
des Sanskrit einen weiteren Ausbau bis zum 4. Jahrhundert t. Chr., in dem auch
Astronomie, Mathematik, Medizin« Mnsik und Geeetseslehte in sehr hoher Bifite
standen Die Dichtung war seit sehr alten Zeiten gepHc^'t worden: die Rig Veda,
Maliahharata, Ramay.ina gehören zu den iierühmtestcn Werken. Ratzel führt in
seiner Völkerkunde an, daß über JüOoo alte intlische Manuskripte erhalten seien,
üm 600 T. Chr. entstand der Boddhisrnns, ausgebaut wurde er im 8. Jahrfanadeit
dnreh Asoka, den Kflnig von Behar. Später 2ur allgemein verbieiteteii BfJigien
geworden, wurde er dann wieder in Indien fast völlig verdrängt.
Die eräten tiefgreifenden Einäüsse ron außen brachten die Griechen, Tavana
oder Yonas genannt. Alexander d. Or. kam bis snm Indus. Der Diadoehe Selenkos
hatte einen Vertreter in Patna um 2'J5, nach einigen Autoren von 306 bis 29B, dat
Ge.tcliiflitschreiber Megasthenes. Hit-r in l'atna besteht das mächtige selbständige
Reich des Chandra Gupta, das seine höchste Glanzzeit unter Asoka um -2du fand
(ans dieser Zeit walirscheinlich viele Bauwerke). Den Griechwi folgten bis nach
600 n. Chr. sahhwiehe Berflhrungen mit den sentral-asiatiBehen Nomaden, dsn
Skythen.
Seit dem Knde des 1. nachchristlichen Jahrhunderts kann man die Bildung
des Hinduismus bemerken, d. h. es entwickelte sich aus allen Mischelementen eine
aeoe Basse anf hoher Kulturstufe, aber im einzehsen Äußerst vielf Utig. Diese "Viel»
fUtigkeit fand ihren Ausdruck in dtr Vi.'llieit der einzelnen Kasten und in der
politischen Zersplitterung. In zahlreichen inneren Kslmpfen, namentlich von 700 bis
1000 wurde schließlich der Ausgleich erreicht. Nicht eine der alten Rassen ge-
wann die au^sprochene Herrschaft, auch nieht etwa S oder 8 scdiarf geschiedene
Parteien blieben neben einander. Aber doch finden wir weeontlieh gleidie Lebene-
foimen in der Gangesebene und im Dekkan.
Noch verwickelter wurden die Verhältnisse durch das Eindringen des Christen"
tnms, des Mohammedanismus und der modwnen eurotAischen Kultur. Aber diessa
gegenüber zeigt sich die selbständige Widerstandskraft des Hinduismus. In Europa,
Ann-rika, Süd- Afrika wurde das Christentum die alleinherrschcnde Religion, hier
in Indien ist es eine neben vielen, hier hat es selbst Anregungtu aus dem Bad-
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Die Aufgabe der Schulgeographie.
673
^luamus empfangen. Und während der Islam, wo er sonst hinkam, in Nord-Afrik»
(in Sputiif-n) , in den türkischen Landen keine andere Religion neben sich duldete
oder antergiDg, wurde ur in Indien ein Element neben vielen. Und ebenso ist die
moderne europäische Koltor fiberall sonst, wo lie hinkam, Alleinhenaoherin ge-
worden , in Amerika, Afrika, Australien. Hier in Indien hemebeii die Ij^gltedw
lediglich dadurch, daß sie sich den indischen Verhältnissen anpassen, durch Dul-
dung der eingeborenen Elemente und durch die Zersplitterung der gewalügen in-
dischen IfMse.
Dm erste Eindringen ehmtlicher Lehien evfolgte im 1. Jalurliiiiiderl Um 190
fanden es die Römer schon vor. Daraufhin «oll der stoisch r- Philosoph Pantänus
von Alexandrien nach Indien gegangen sein und die Erfahrung gemacht haben,
4aß schon vor ihm jemand das Matthäus-Evangelium hingebracht habe. Allmählich
irerbteiteie lioh dee Cbrietenkim Aber gaas bdiea (iom Ü^f^med sagt Gibbon).
Aber e« wurde seihst wieder von dem Brahmaismus und Buddhismus beeinflnAt
und in das Kastenwesen aufgenommen als eine hochst^honde Kriegerkaste mit
Bischof, ArchidiakuuuH und Priestern. Im 16. Jahrhundert kamen mit den Portu-
giesen die Jesuiten.
Wesentlich tiefer greifend war der Einfluß des Uun, allerdings auch erst seit
dem Jahr 1000. Er wurde von Afghanifitan aus verbreitet und die Mohammedaner
beherrschten Nord-Indien durch mehrere Jahrhunderte hindurch. Bezeichnend aber
ist SS, dnS bald nach ISOO die sogenannte SklaTen^Dynastie nur Herrschaft kam,
■d. h. Könige, die aus dem Sklaveustande hervorgegangen waren. Der Zerfall der
mohammedanischen Reiche, die sich allmählich auch im Dekkan gebildet hatten,
erfolgte zu verschiedeneu Zeiten wesentlich unter dem Einäuß der von Norden her
«indringenden Mongolen und der Enropfter. Die Mongolen hatten unter Akbar um
1560 bis 1570 ein machtvolle^ Reich in Nord-Indien begründet, da« Reieh des Groft-
moguls, das sich zu Zeiten durch eine beispiellose Prachtentfaltung auszeichnete.
8o soll Aurangzeb um 1700 über eine Einnahme von 80 Mill. £ verfügt haben.
Aber die EnstensmOglicfakeit dieser Reiche war auf weitestgehender Duldung be>
gründet und trotzdem zerfiel auch diese Hensehaft imter Palastrevolutionen und
äußeren persischen und afghanischen Invasionen, fast ebenso kurzlebig, wie alle
Anderen mongolischen Herrschaften. Um 17üO erlag das Heich des Großmogul dem
Anfbl&hen der ans Indien selbst etwaehsenen Mazathas, die ihrendits wieder aller-
dings erst nach schweren Kämpfen im 19. Jahrhundert (bis 1857) von den Eng-
län'lera vernichtet wurden. Die Mongoleninvaaionen haben wohl zur MiHchung der
Bassen mit beigetragen, aber keinen wesentlichen Einfluß auf die Ueiigion gehabt.
Zum groSen waren die mongolisehen Beidie mohammedanisch.
Die Kolonisation der Europier hatte in kleinem Maßstäbe begonnen mit der
Festnetznng der Portugiesen nm 1500. 1510 hatte Alhuquerque Ooa besetzt. Die
Jahre von 1590 bis 1610 bedeuten die Uauptblütezeit des portogiesiachen Handels
und ihrer Maehl Spiier aber mußten sie tot den Hollindem und diese wieder
vor den Bnglindem zurücktreten, die nach 1796 die unbeschränkten Herren in
Indien waren. (nDfi ging Ceylon als letzter indischer Besitz deu Holländern ver-
loren.) Das Wesen der englischen Kolonisation beruht darauf, daß eine Gesell-
aehaft den Handel als Monopol in die Hand nimmt und je nach den Umstftnden
mit mancherlei Beschränkungen, Abgaben und UnterBtützongen vom Parlament von
Zeit zu Zeit seine Freibriefe erhält, Iuh schließlich die Verhältnisse dazu drängen,
daß in irgend einer Form die Gesellschaft abgelöst und die Kolonie verstaatlicht
wird. Dies geschah für Indien 1868, wo es in den Beeita der Krone überging,
aaohdem in vielen Kriegen und Aufttftnden eaglisehe Truppen gekämpft hatten:
18ft7 — 18ßn der Pepoy-.Vufstand. (Unterschie«! gegen .\tistralienl Seitdem wird
bdien von » inein < reneralgouvemeur regiert und England hat Agenten bei den ein-
geborenen i^'ürsten. 1877 wurde es zum Kaiserreich proklamiert. Ober die eng-
üsehe Hemehaft gibt M. v. Brandt ein wartvollie ÜiteU ab in der kleinen Schrift:
England in deutHcher Beleuchtung. 1. Heft: Die englisohe Kolonialpolitik und
Kolonialverwaltung. S. 29—31.
0»ogi1>litoch« Zaltaehrift. H.J»higMig. liOt. 11. Hall. 46
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674
B. Brabni:
8; Hieran schließt noh non «ine kurze erstmalige Behandlang de.< ßrahmais-
BltlB und des HuddhiamQS, für die es unbedingt nOtig ist, daß sich der Lehrer
jedesmal von neuem ein klares Bild su schatfen sucht. Es darf hier nicht mit
kunen Schlagworten geaibeiiet werden, eondern gerade hier konunt et wesentlich
darauf an, daft die Schüler Achtung gewinnen vor fremden Glanbensfonnea und
Sitten, die zwar vielfach verknöchert nnd in mechanischem Schematismus unter-
gegangen sind, aber doch auch den Uöuhstgebüdeten in ihrer reinsten Form un-
gemein tiefsinnige und dnxchani edle Gedanken and Anregungen geben. Ist der
Baddhiamos auch nicht onsexe Olaubensform, so sollen wir uns doeh auch bewnfli
sein, daß er eine tiefernste und wohl beachtenswerte Religion ist, die nicht mit
wenigen aus halber Kenntnis geschöpften Worten abgetan werden kann. Eins
zweite wiederholte und hier eingehendere Besprechung der indischen lieligiuuen
gehört in das Pensum der Untoprima. Man wolle mir nicht entgegenhalten, daft
diese Dinpe Sache des Keligioiisunterrichtes seien: dort sind sie vom Standpunkt
des Christentums aus zu besprechen, wobei hervorgehoben wird, worin die Bedeu-
tung der Ltihre Christi gegenüber der Gautama Buddhas besteht, wir im Geographie-
nntemcht behandeln sie tnr Charakterisiemng der f^remden Lebensformen , die aas
ihrem Milieu, aus (b'm Lande und aus der Mischung der Völkerelemente heraus-
gewachsen sincl. i»ali> i ist es aber ein unbestreitbares Recht «U's akademisch ge-
bildeten, selbständig denkenden Leliri.-rs, ohne Rücksicht auf beeugeude äußere
Vorsdiriften fiber die Formen individadlen Geisteslebens auch ans innerer persO»-
licher Überzeugung heraus zu sprechen. Der pflichtbewußt« Lehrer muß sich unter
allen Fmständen darüber Klarheit schaffen, wie viel Zeit ihm für dieses eine kleine
Kapitel seiner großen Aufgabe zut Verfügung steht und was er dem Fa^sungs-
▼etmOgen der Bohiller entsprechend sagen darf, ohne daB er in den jungen KOpfta
Verwirrung anrichtet. Danach muß sich auch im einzelnen die Behandlung in
Untersekunda richten, für die ich hier nur einige Leitgedanken gebe
a) Der Brahmaismus ist entätauden aus einer Verehrung von Natuzgottbeiten,
wie sie in den Liedern der Rig Veda niedergelegt ist.
b) Wahrend er im Volke verknöcherte und zu Aberglauben, zu Polytheismus
und zu meclianischem, äußerlichem Wesen führte /der Priesterzögling mußte in acht
Jahren 944 UUO Silben stumpfsinnig auswendig lernen, für Gebet und jede Opfer-
handlnng bestehen strenge ins einselnste gehende Vorschiiften), war da« eigntiiehs
Wesen des Hrahmaismus für die emstest Denkenden die Allbeaeelung der WeU»
d. b. der Pantheismus.
c; In hohen Ehren standen und stehen unter den Brahmanen die Asketen,
d. h. M&nner, die sich von aUeo wdilioheo Bedfirfiiisaen ftei machen. Aber dieser
Grundgedanke wurde sehr TeAuBerlidit: Bettelmönche« Fanatiamua in der AbtOtnng
des Lebens, die Fakire.
d) Aus dieser Grundlage entsprang der Buddhismus: Vergeistiguug des Prin-
aipa der Unterdr&ckung aller persönlichen äußeren Bedflrfhisse und dabei hohe &it>
Wicklung des Pflichtbewußtseins.
e) Xuüeres Leben Gautamas: .Mitleid mit menschli<hem Unglück, Empündung
des Übels in der ganzen Welt, d. i. PessimismuB, im Einsiedlerleben Erkennung des
Wertes der persönlichen Armut, d. i Bedflrfhislosigkeit, und der innediefaeD gsi-
sttgen Erleuchtung, Forderung an seine Jünger, die Lehre an verbreitni.
f 1 Der Glaube an die Seelenwanderung.
g) liöchbtcä Ziel: absolute W'unschlosigkeit, das jSirwana.
h) Verschiedene Difi'ercnzicrung des Buddhismus in den verschiedenen Lindem.
i) ÄnJSere Formen der indischen Religionen: weitestgehende Duldung frem der
Formen 'jetzt: früher vi* ]f rMaubenskriege«, Tempel, Klöster, Heiligtfimer, Wall-
fahrten und ProzcHsionen. I'er Ganges. Benares.
C. Hiuter-ludien soll hier nur kurz berührt werden; ich habe mich ent>
sprechend den firfiheren Ausftthxnngen hei der geringen Stundenaahl (nur 1 Stande
pro W^ochc in Sachsen) f&r berechtigt gehalt<?n, dies Gebiet im wesentlichen sa
übergehen, d. h. mich auf die rasche Durchnahme des Kartenbildes zu besohrtaken,
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Die Aufgabe der Sehulgeographie.
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ohne da1»ei den Wart dieser Lftnder sa tmteracliitien. Man weiM nur auf die
Ctaöße s. B. TOD Sumatra, Birma, Siam < ungefähr gleich Deutichland: 434 000«
664 DUO, 600 000 bezw. 640 000 q km), mit ihren Hovölkerungszahleii unter Buriick-
«cbtigUDg der ausgedehnten koltorfeindlicheu Hochgebirgslautischaften hin, sowie
%. B. aaf Bangkok mit seinen 800 OOO Eiuw., sodann auf die Einfuhr- und Ansfiihro
zahlen im Vergleich mit anderen Ländern: malajischer Archipel (Ein- und Aus-
fahr zusammen etwa 1000 Mill . Mexiko etwa 648 Mill^ Holland 8766 Ifill. JL
D. Ost- und Hoch-Asien.
Obgleich Ost-Asien ebeusu wie Tibet gegenwärtig im Vordeigmnd uiieeres
Literosoea stehen, sind sie uns innerlich doeh immer noch sehr iremd. Am ebeaten
ii^t uns noch Japan verstiindlich, das wenigstens in Gniße und Leistung unseren
europilischen Verhältnissen vergleichbar ist. Aber der meist begangene Fehler ist
der, daß zu sehr europüiäche Anschauungen auch für dortige Verhältnisse augewandt
werden. Die ungeheure ost-a«iatische Masse: China, Korea, Japan kann mit einer
kurzen Behandlung nicht gründlich erledigt werden. Das einzige, was wir errei-
chen können, ist eine vernünftige Heurteiluny «lor fremden Welt, die Erkenntnis
ihrer Unmeübarkeit nach uuseru Muüeu. Dazu mug folgender Uedankengang
dienen:
a) Krwünseht ist ein kuncer geschichtlicher Exkurs je nach der verfügbaren
Zeit mehr oder weniger auslührlich. Einzelheiten lindet mau z. B. in Helmolts
Weltgeschichte. Wichtig ist vor allem der große völkergeschichtiiche Grundgedanke,
dafl China die Stfttte dee ausgeprftgtet»ten monarchischen Prinaapa und die Heimat
unbedingt bodenständiger, soßhafter Landkultur ist. Die Jahrtausende vergehen,
mannigfache Stürme durehtolien das Land und zahlreiche Strf^me zentral-asiatitielier,
nomadischer Völker treüeu die Häuder des „lleiches der Mitte", die Djuastien
wechseln, die Yolksetimme sind unter sieh manniglisch verschieden: aber in China
bleibt stet- chinesische Rasse, d. h. eine seßhafte Bevölkerung, in sich ab-
geschlossen, beherrscht von einer autokratischen Zentralgewalt. mit einem ungeheuren
boreuukra tischen Apparat, der trotz alles Wechsels und trotz alier Mängel gut
fonktioniert, d. h. steis die Einheit des Reiches erhUt. Die Grenzen mögen schwan-
ken, \'erlu8t und Gewinn durch die Jahrhunderte halten sich die Wage, unzerstör-
bar besteht das Reich d. r Mitte. Ob Mougoleurirst, ob Mandschu, der Kaiser von
China wird immer Chinese sein, der monarchische Herrscher über Hunderte von
IßlUonen. Wie die aeterno Roma die westliche Welt durch die Jahrlausende be-
einflußt hat uuil noch beeinflußt, so ist ewig die Einheit deti chinesinchen Reiches.
Das liegt begründet im L nid mid im N'olk: China ist durch die hohen (tetdrge
gegen den raschen Wechsel geschützt, sein Boden ernährt die Millionen in seß-
hafter Kultur, das chinesische Volk ist zu zahlreich, um fremden Horden ohne
veit«res zum Opfer an fitUen. Die Fremden, die wohl iu0erlieh die Herrschaft an
sich reißen können, werden von der chinesischen Reese aufgesogen, sie werden
selbst Chinesen.
China hat seinen Machtbereich sehr weit ausgedehnt. Die Engländer, die
nach Lhas8a vordrangen, mußten in Peking um geringe Handelsvorrechte feilf>ehun.
Und England ist nicht gewohnt, zu handeln, wo es fordern könnte. Früher reichte
Chinas Macht noch weiter, zur Zeit des Kaisers Wu-ti (140—87 v. Chr.) berührte
sich römischer und chinesischer Einfluß. Aber Chinas Expansion hatte dasselbe
Ziel wie die Rußlands, die Umfassung und damit Beherxschung des unbeständigen,
kriegerischen Nomadentnms durch daa in sich bodenst&ndige, fnedUche, seßhafte
Element.
Und in Japan, das scheinbar alle Prophezeiungen zu Schanden macht, daa
immer neue Überraschungen für ans hat, wolle man bedenken, daß die jetzt Regie-
renden zum Teil noch dieselben Männer sind, die in den rsOer .Tahren die große
Kfv<dation tätig mitmachten, die das ganze durch ein .lahrtausend bestehende
Volkstum umwälzten. Hier lebt jetzt die erste Generation der neuen Ära. Wird
sie Bestand haben durch die degenerierende Periode spftterer Generationen? Das
Gzmidweeen der „ersten Generation** ist die Begeisterung flir das Neue, aber auch
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B* Brahnt:
die ünausgegliehenbeit im Yolkiohwalttar. Die Onippe der HotsolieiideB ist den
Unterlegenen weit roraus. Wie weit gclnigt dift Yenchmelsong? Es scheint, ab
ob die japanisriir Hogif^rnnjr noch gezwtincr^n spi, Hip nnzufriedenon Elemente
durch äußere Aktionen, durch den Ruhm einer nach außen geführten Expannont-
politik abinlenkeD. (Einen Vezgleidi der Lage Japem und l^glmde bebe idi in
einem Aufsatz „AÜan^e und Paeiftc** ekiineit, der nlehatons in den ^^Orennboten*
wiebeinen wird.)
b) Vor kurzem war eine chinesische Studienkoounission in Europa, um die
entop&iicbe Knltor kennen m leinen. Fragen wir uns, welebe Orte, wvldie Ein-
liebtongen wohl am einlencbtendsten die Lebensformen dee deutsehen Volkes m
■eigen vprmr>chten, und vorfrl*'i'Hpn wir damit das, was wir von China wissen:
Die (irundlage deutschen Volksleben! ist Ackerbau, Industrie iind Handel.
Die Qiinas ist der Ackerbau, aber auf meist sebr kleinen Gfitem. Industrie und
Handel sind nur von lokaler Bedeutung. — Die Scbwierigkeit der deutseben Yolk»>
wirtHohiift liegt in dem Ausplpich der drei Elempntp und in der Fixieninjj des
Ki'chtsverbältnisses zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, der Chinas in der
Ernühruug einer teilweise unglaublich dichten Bevölkerung ohne Großindustrie und
in dem Kampf gegen die SohSden der Beamtenkoiruption. Sdiantnng hat aof
160 000 qkm 38 MilL Einwohner. — Deutschlands VolkBwirtschaft ist be^rrflndet
auf dem WarenauBtaaseh mit fremden Völkern, China ist in sich abgeschlossen.
Sein Export und Import stehen noch lange nicht im rechten Verhältnis zu seiner
GrOSe. Binnenhandel nnd Terkebrawege! Wichtigste Yertengshlini!
Für Deutschlands Volksbildung ist das Prinzip der freien Entwicklung maß»
gebf^nd, für China war bis jetzt die ilußerste Verknöcherung charakteristiBch . und
sie wird es trotz aller Reformen wohl noch lange bleiben. — Deutschland ist
Ifililftrstaat, China bedMf seiner Lage naeh nidii ^esee Sefantaes dnrdi ein großes
stehendes Heer. — Deutschland ist konstitutionell (aber erst seit wenig mehr als
einem halben .Jahrhundert'. China hat absolute Monarchie, aber seinem Charakter
wohl entsprechend. (Versprechung der Konstitution nach Rückkehr der Studien»
kommission.) Man beaehte den Pusns des Reformedikts: „Seit dem Beginn Unssrsr
Dynastie regiettsn weise Kaiser und erließen Gesetze, die fflr ihre Zeit ge-
eignet waren. .letzt aber, da China im Verkehr mit allen Nationen steht, sind
Unsere Gesetze und Unser politisches System veraltet, und Unser Land
ist fortwUurend in ünnihe. Em ist dämm fBr üni nMig, mehr Kenntnisse so saa>
nii-ln und ein neues Gesetzbuch zu verfassen, nten Wir das nicht, so wilrden
Wir des Uns v(m den Vorfahren und dem Volke anvertranten Landes nicht würdig
sein." Folgt das Versprechen einer zukünftigen VerfatiBung. (ZeitungsberiohL
Mflneh. Allg. Ztg. 4. Sept. 06.) ^
E) Sibirien bietot O. lrgenheit für eine je nach der verfügbaren Zeit kflners
oder längere Besjncfhunjif der kliinati.ichen und jp^eologischen Verhliltniese Es sei
hierbei bemerkt, daü es wünschenswert ist, von Untertertia an anfangs ganz ele-
mentar, spftter tiefergreifend, die wiebtigsten geologischen Begriffe einmflihien.
Wesentlich kürzer als Asien, das bei seiner Größe noch in Kinselglieder zer-
legt werden mußte, lichandcln wir Nordamerika, indem wir auch zuerst eine
Übersicht über das iiodenreliet und über die geschichtliche Entwicklung der beiden
Staatswesen fl^nada nnd die Vereinigten Staaten geben. Eingehender sind dsan
die wirtschaftlichen Besiehnngen der Vereinigten Staaten im Vergleich mit Europa
und Asien unter Benutzung statistischer Tabellen (die hektographiert den Schührn
in die Hand zu geben sind) zu behandeln ^s. dazu z. B. Eckerts Haudelsgeogra-
phie). Kanada ebenso wie die mittelamerikanisehen Staaten kSnnen ihrer geringen
weltwirtschaftlichen Bedeutung wegen möglichst rasch abgetan werden. Dagegen
bietet Mittelanierika noch unter dem P'indruck der großen Vulkanausbrüche und
im Anschluß an die Arbeiten von Sapper (und Stflbel) die Möglichkeit einer
genaueren Besprechung des Vulkanismus.
Die drei sttdlichen Erdteile geben ein sehr interessantes Objekt ab fSr eine
gemeinsam Toigleiebende Behandlnng, wie ieh sie in iwei AnftUMn der n^ster
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Die Aafgabe der Sclialgeogirftpliie.
671
und Kultur* (DI. Jhrg. Heft MC, IV. Jhrg.) entepNdieiid dem durobgefllhrtoa
ünterricht veröffentlicht habe. Es genügt hier eine gttu korae Skisiienmg des
Inhalts, im übrigen der Hinweis auf die.se Aufsiitze.
I. Die Grundbediiiguugeu ihrer heutigen Kaltar.
1) Lage und Geitolt. Gemeinnm i»t allen drei Brdteilen, daB die einer
Kultor nach enxopftiielier Art gflnstigsten Gebiete dort liegen, wo sich ihre Süd»
spitzen am weitesten von den andern Ländergebiet<'n entfernen, daß dagegen die
der Kultur feindlichen Gebiete den Nord-Erdteilen am nüchsteu sind.
9) Vertikale Gliederung und Kflttenverlanf. Btaromgebiete. Sddamerika be>
steht aus dem westlichen noch wenig abgetragenen Faltengebirge, der östlicben
stark abgetragenen Gebirgsscholle und den großen SchwemmlandBchaften des Äma-
touas imd La Plata- Systems. Afrika ist ein gewaltiges Tafelland (8 Teile). Austra»
lien itt im Weiten Sknli«:h der afrikaaiichen Tafel, im Osten Umlieli dem ameri-
kanischen Faltungsgebiet. Verschiedener Eflstenverlauf. Südamerika ist durch
seine Ströme nach dem atlantischen Ozean geöffnet. Afrika nach allen Seiten faber
Stromschnellen!), Australien überhaupt gar nicht. Verschiedenheit der Stromgebiete.
8) Bodenaolifttie und KUma. Veg^ti«mtg«bieto: der ürwald ist ein gxdAerea
Verkehnhindenis alt die Wflitel Viehioekt Aekerban. Plantagenkoltor. Wald-
kiütor.
4) Menschliche Bedingungen. Kntdeckungs- und Koloniaationsgegchichte,
Baaaenentwicklung : in Südamerika sind durch Mischung neue Rassen entstanden,*
in Afrika geht die Mischnng^beTÖlkerung unter, erhalten sieh aber die aatochthonen
Neirerrassen (unter sich gemischt!, in Australien und Ozeanien verschwindet ul!-
mählich die autochthoue Kasse und wird ersetzt durch die reine europäische (natür-
lich viele Verschiedenheiten im einzeiuen!).
IL Die heutigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse.
5) Geschichte der Staaten und Kolonialreiche: in Siidamerika heute 11 st lh-
st^ndige Republiken, S Kolonien (außer den Falkland-luseln), in Afrika 3 solbstäu-
dige Reiche, sonst lauter Kolonien, in Austxalieu der ganz eigenartige Staatenbund,
in Oaeanien nur Kolonien.
6) Die wirtechaftHchen VerhilltnisBC, Schiffahrtsverkehr, namentlich deutsclie
Gesellschaften. Telegraph und Eisenbahnen. Stildte: man bt-aclit»' vor allem den
Unterschied zwischen der Ostküste und der Westküste von Südamerika.
Idh wflrde weseaüieh über den Rahmen eines AufiMties hinaosgehen mdssen,
wollte ich hier noch weitere Details, etwa aneh das ünterrichtaschema für die
anderen Klassen anführen. Für Obertertia habe ich dies getan in einem Aufsatz
in den „Lehrpruben und Lehrgängen aus der Praxis der Gymnasien und Real-
sehnlea** Aug. 1906 Heft 4.
Was die drei «dS 8. C69ff. angefttbrten Fordenuigen anbetrifft, so sei
aodi auf dieses bingewiesMi: man moB besonders im Schnlnntenieht be-
denken, daB in der Zeit, in der der Lehrer mit den Schfliern zusammen-
arbeitet, diese sehr rasoh sa immer besserem Verständnis fortschreiten. Die
Obertertianer sind schon wesentlich empfänglicher für tiefergehende Be-
trachtunfren als die Untertertianer: und wieder in höherem ^faße die Sekun-
daner. Nun Itietet sicher Deutschland, namentlich bei der litute recht weit
vorgeschrittenen Ein/.elforschung, dem richtigen Verständnis des Wechselj^pieles
von Ursache und Wirkung miudestous obeusüviel Schwierigkeiten, wie etwa,
Australien, das dazu bei der Größe seiner Fläche eine viel mehr an der
Oberfläche bleibende Behandlung fordert als Deutschland. Wollte man daher
in glaieher Weise die deatsohen Linder bespreehen wie die aostraliBchen, so
wflrda man entweder dem Venttndnis der Tertianer xu viel oder dem der
Untenekundanw su wenig somuten.
Auf den Torhergdienden Seiten sind — wie es der Gegenstand gerade
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678
B. firnhns:
mit rioh bnudito — die histori sehen Qrandlagen der geographischen Anf«*
faasongBweite hesonden eingehend berfickaiditigt woirden, Tollkommen gleidi-
hereehtigt neben ihnen stehen aber aneh die natnrwissenschaftlichen
Elemente, wie etwa die Geologie. Sie gehOren alle mr Geogn^ihie^ und es
wire fiJsch, wollte man die Geogrraphie Yon ihnen „befreien". Es ist natfii^
lieh Sache des Naturwissensohaftlenf etwa die wichtigsten Leitfossilien der
geologischen Perioden zu zeigen, aber der Geograph muß auf diese Perioden
selber doch Rücksicht nehmen. Es genügt auch nicht, wenn das Gebiet nur
einmal (in Untersekunda iin den sSchsischen Realj^ryinnasien) bohanilelt wird
und dann nicht wii-ib r, denn unfehlbar wird der Schüler die ihm fremd-
artigen liegrilTe sehr nisch liei Xifhtbenut/ung vergessen. Schon von Unter-
tertia an sollte der ( leographieuuterricht die Entstehungsgeschichte der Länder
mit betrachten. Es ist freilich ein anderes, wie man z. B. die Eiszeitwirkung
mit 14jihrigen Knaben im norddeotschen Tiefland dnrahaimmt, als wie man
es tut ein Jahr spttter bei einem Vergleich des skandinaTischen Hochgebirges
mit den Alpen, ünd man dtarakterisiert den Unterschied swisehen alten
forsten und jungen Faltengelnigen in Untertertia anders« als in Unteneknnda
hei der physischen Übersidit Uber Asien.
Von Stufe zu Stufe soll innere Verarbeitung der geographischen Be-
ziehungen fortschreiten, ein richtiges Verständnis der Fremde, sowohl der
Völker als auch der Landschaft erstrebt werden. Das wird aber nicht er-
reicht durch das bloße Tatsachenwissen. Pa^, was das Urteil des Laien von
dem des wissenschaftlieh gesehulten Mannes unterscheidet, ist die Ober-
flächlichkeit des ersteren rre^fenüber der exakten (iründlichkeit des anderen.
Und es bedarf kaum des Hinweises auf unsere moderne Zeituugsliteratur
(Kolonien, Ost-.\sien), um darzutuu, wie weit verbreitet diese Oberflächlich-
keit ist Das Tatsacbenwissen ist hier wohl TOrhaadeOf aber es fehlt des
allseitige grftndliohe Dorchdenken, ^e geographische Benrteflungsweise.
Freilich begeht auch oft genug der grOndlichste Geograph Fehler, aber diese
sind dann doch wesentiich verschieden Ton jener Engherzigkeit, die alles nur
nach den heimischen Verh<nissen xn beurteilen vermag, die unvoraiditig
Behauptungen an die Stelle von Vermutungen setzt.
Vorsichtig zu urteilen vermag ahor nur der, der es gelernt hat. allen
Ursachen nachzugeben, der selber das Suchen und Grübeln, das Zweifeln und
Fragen kennt. Nehmen wir nochmals ein Beispiel : die Behandlung der
Seen in Obersekunda. Supan bietet sicher in seiner „Physisehen Geographie*'
hinreichendeu Wissensstofl', aber es gibt doch ein i^auz anderes Vei-stehen,
wenn man sich selber bemüht, den wissensohalt liehen Arbeiten über die
Seen nachzugehen, selber so weit als möglich die Untersuehuugeu über die
Alpenseen verfolgt, dem nachgeht, was die Einzelforscher über Tiefenverhält-
nisse, Temperatur, Zusammensetzung des Wassers, vermutliche Entstehungs-
geschichte u. a. herausgefunden haben, wenn man selbst Lflcken und Unklsr'
heiten noch entdeckt Dies Studium geht fireilich sehr viel weiter ate es
direkt für die Unterrichtsstunde vor den Schfilem nötig ist, aber nur ans der
Frische dieser Eigenarbeit heraus kann der Lehrer die Schüler auf das
Nebeneinander und Miteinander der wissenschafttidien Forschung hinweisen.
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Die Aufgab« der Scholgeographie.
679
kann ihnen zeigen, welche mannigfaltigen Schwierigkeiten sich der Einael-
«rfclftrung übenU entgegenstellen, welche Bedeutung die meist hypotbetiBclien
EridSningen haben. Mui soll nicht sagen, daß die Hypothese in der Schule
durehaos >u vermeiden sei, daB nur die Tatsachen gegeben werden sollen:
Faeta^ nm fieta*). Das ist in der Geographie nicht möglich. Die ganze
gmetisehe Darstellungsweise, die Gruber besonders verteidigt, fBhrt auf
Hypothesen, die wir aber doch nicht entbehren können, wenn wir uns ein
anschauliches Bild verschaflfen wollen. Aber man soll unter allen Umständen
die Hypothoson auch als fida bezeichnpn, und der Schüler soll vor allem
lernen, »laß nach dem Stan<le unseres heutigen Wissens ohn*^ Hypothesen
je<les itiu«'re Verstilndnis undenkbar ist, daß dies innere Verständnis dann
aber auch nicht dem Tatsachenwissen gleich zu achten ist.
Für all dieses muß freilich der Lehrer beständig weiter arbeiten und
«war — was die bcMiidsn Schwierigkeit ausmadit — anf sehr vielen Ge-
bieten. Heute muß der akademisch gebildete- Geograph meist in vielen
Klassen den swei- oder einstflndigen Unterricht erteilen, sur gleichen Zeit
«nthropo-geographisch und geologisch und wirtsehaftsgeographisch usw. arbeiten,
er darf sich nicht auf ein Spsmalgelnet versteifen, sondern soll überall be-
schlagen sein. Das ist aber bei gleicher Grilodlichkeit nicht möglich. Wer
sich in dem einen Jahr privatim speziell mit geologischen Fragen befaßt,
wird im nächsten Jahr die völkerkundlichen etwa bevorzugen müssen, und
im dritten violleicht die Klimatologie. Und Ihm dem raschen Fortschritt
unserer Wi-;sinis( haft wird das einmal Ausgearbeitete nur für kurze Zeit wirk-
lichen Wert behalten. Das betriftt natürlich nicht so sehr die Haupttatsachen,
sondern lediglith die tiefer hineinführende methodische Unterweisung wesent-
lich in den höheren Klassen. —
Sexta bis Quarta, Untertertia bis Untersekunda umfiusen jetzt in
doppeltem Kursus die Lftnder der Erde. Wer es versteht, die Schfiler sn
beohaditen und sie im Unterricht bestftndig zu besehsftigaii, wird von Sti^
zu Stufe höhere Ansprflche an ihr YersUbidnis stellen können, besonders
dann, wenn er durch mehrere Jahre hindurch einen Jahigang fortzuftihren in
der Lage ist Für Oberseknnda und Unterprima sind jetzt (in Sachsen) je
1 Stunde wöchentlich angesetzt für allgemeine Geographie. Hier wären zu
behandeln die Grundlagen der physischen Geographie, der Kartographie, der
Anthropologie und der Anthropogeographie. Freilich ist mit einer Stunde hier
herzlich wenig zu erreichen, zumal da man mit Rücksicht aul ilie regel-
mäßigen längeren Pausen von Woche zu Woche bestrebt .sein muß, möglichst
immer in sich abgescblossetie Kapitel durchzunehin«*n. Wer selber einen ein-
stündigen Unterricht zu geben hat, wird sehr bald die Erfahrung machen,
welche Schwierigkeiten es hat, wenn sidi ein Kapitel bröckchenweise durch
mehrere Woehen hindundischleppt
Fftr Obeiprima ist zur Z^t mn Geographieunterricht nicht angesetzt,
dringend erwflnscht aber wlre er etwa in der Fonn eines zweiten Kursus in
der Heimatkunde. Viele, die das Wesen der modernen geographischen An-
1) Qrnber. Geographie als Büdnngsfiwh. S. 96.
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680
B. Brukni:
tcbanmigsireiM nicht kennen, werden nicht einsehen, was eigentlich di»
Oeognphie in Oherprima io tmgeheoer Wichtigea ni lehren hnbe, sie werden
in dieeem F^e, du ne nur als eme nerdkiindliehe** Wiederiiolnng rnnfibeien^
d. h. als einen erneuten Drill wen Namen oder w(^l gar Zahlen, nur ein»
nene ablenkende und lersplittenide Disnplin sehen. Oder sie Tenmiten eine
neue Richtung ontwe^ier des natnrwisspnschaftlichen Q^er &m gesehiehtiiBh«i
Unterrichts. Das aber soll Geographie nicht sein.
Tn Oberprima sollen nicht so s^hr viele neue Daten vorgetragen werden^
sondern viflmehr alle bis zu dieser Stufe bekannten Daten in geographischer
Weise mit einander verknüpft werden. Natürlich sehlieBt dies eine Wieder-
holung des früher Gelernten in sich und fordert stellenweise die Auführunir
einiger früher nicht erwähnten Einzelheiten, die erst jetzt verstandli«-h werden
können, aber das alles ist nicht die Haupteache, das Wesen des Oberprimauer-
ünteitiehts mnA die Methodeolehre, foopldeatik sein. Und daraaf begründet
sieh das Bedit der Geographie und ihre Notwendigkeit Ar die ohertte Stnfe.
Die Geographie hat alle sahlreiehen Einseleleiaente snsamneBni&sseii und
ihrem Wert nach ahioschitwn, die ittr iigend ein bestimmtes geographisdiea
Objekt maßgebend sind. Ihr Thema ist: die Erde and das Leben. Sie tsi
die sasammenfnssende, verbindende, übersohanende Wissenschaft xar i^oj;^
Tom menschlich-irdischen Standpunkte aus, wie es die reine Philosophie vom
geistig-transzendentalen Standpunkt aus isf Und mit demselben Rechte, wie
man für Oberprima philosophische Propädeutik fordert, nmß man auch
geographisclip Propädeutik fordern, ja mit noch viel höherem Rechte, denn
die Geographie schließt sich an die positiv gegebenen Tatsachen des prak-
tischen Lebens an, die Philosophie ist mi'hr oder weniger metaphysisch.
Diesem Gedanken kann die Geographie natürlich auf verschiedene Weise
gerecht werden. Wenn ich mir erlaobe, als einen jedenfiUls gangbaren Weg
die Heimatkunde Torinsehlagen, so geschieht es ans einem doppelten Gnade»
Einerseits entspricht es jedenfidls dordians einem praktisdiett BedMiiir
wenn der junge Menseh, beror er in das Leben selbstindig hinaustiitt» noA
einmal von Grand ans mit allen wichtigen Einselheiten der heimischen Laad-
schaft (natttrlidi nicht nur der engsten Ortsomgebang) und des heimischen
Lebens bekannt gemacht werde. Andererseits bietet die dem Schüler und
dem Lehrer bekannte Heimat am ehesten alle Elemente dar, an die sich der
Hinweis auf die Dinge der großen Welt im Vergleich oder Gegensats bequem
anschließen Iftßt.
Auf einer frilhereii Stufe wurden die verschiedenen geoloi?ischen Epochen
l)esprochen, die wichtigsten Gestpine vorgezeigt, es wurde auf den Gegensatz
zwischen den tertiilren Bildungen des Alpensjstems und der alten mitlei-
den tschen Humpfgebirge hingewiesen. Der Lehrer hat damals vielleicht im
geeigneten Moment die Schiller hinaoeg^Ahrt nnd ihnen im nahe gelegenen
Steinbruch einige Beispiele gezeigt, oder er hat sie auf die Basaltbeige des
zentralen Ersgebiiges (von Annaberg aus) hingewiesen, als auf «in Beispi«!
einstiger vulkanischer Tätigkeit. Jetst geht er mit den Primaneni wieder
liimt«f^ seigt ihnen die flbereinanderlagemden Schichten, zeigt ihnen, wo £ese
Schichten ttire Fortsetsung finden, wie der Geolog alle die ffiaaelvorkomai*
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Die Aafgabe der Sehnlgeogrftpliie.
681
nisse mit einander verbindet und wie der rjpopraph diese Studien benutzt,
um mit ihrer Hilfe eine Übersicht über das ganze Land zu gewinnen. Er
studiert mit den 8eh<Uem die geologiadie Ktrte mit ihren Erläuterungen
ond weist sie dnnnf liin, was in diesem schwer verstlndlichen Weihe das-
Wesentliche ist fttr die Benrteflong der geognphischen Znsuunenhlnge,
nnd WM als das spesiell geoI<^gisehe Beiwerk lediglieh Bedeutung hat
Ar den wissenschaftlichen Spesialisten. Er charakterisiert so, wie durch
die intensiTe Einzelarbeit Vieler mit der Zeit ein großes Gesamtbild ge-
wonnen wird, und fügt etwa als Beispiel an, wie Eduard Sueß aua
den mannigfachen Eiuzelvorkommnissen die Greschichte des mittelländischen
Meeres rekonstruiert hat; er zeigt femer. wie sieli die entre Heimat in
das Relief der größeren geographischen Einheit einfügt, und diese —
das ist nunmehr bloß kurze Wiederholung — in das Gefüge des ganzen
Erdteils.
Auf einer frilhereu 6tufe waren fremde Landschaftsbüder und fremde
Yegetationsfisrtien besfoioohen worden und vergleichsweise die bekannten
Bilder der Heimat erwihnt worden. Jetst geht der Lehrer hinaus und Iftfii
die Schfiler selbst das, was die Landschaft wesentlich charakterisiert, heraus-
suchen. Er 8e%t ihnen die Stimmung der Tages- und Jahresseit, Binfluft
von Luft und Witterung auf das Landsohaftsbild, er Itßt sie das gleiche
Objekt von verschiedenen Seiten sehen und sagt ihnen, wie sie einem IVemden
ein echtes Bild der heimatlichen Landschaft zu geben vermögen, wie sie
aber auch Bild und Schilderung (und Kartei) einer fremden Landschaft auf-
&ssen sollen.
Seit der Sexta sind städtische und provinzielle Einrichtungen nicht be-
sprochen worden, jetzt werden sie von neuem behandelt, dem W-rstiindnis dt-r
reiferen Schüler entsprechend. Sie werden verglichen mit den analogen
Institutionen anderer Länder, in England, Rußland, den Vereinigten Staaten
yon Amerika, und die Bedeutung der geschichtlichen Entwicklung f&r die
Ausbildung dieser Ftnrmen wird charakterisiert, aber nicht etwa als eino
Wledeiholnng aus der Gesdiichte, sondern als ein Stftek aus der Henschhmts-
entwicklung unter verschiedenen Boden- und BassenveihSltnissen.
Seit Untertertia sind die wirtschaftlichen Lebensbedingungen der Heimat
nur ganz flüchtig nebenbei mitunter berfihrt worden, jetzt werden sie noch-
mals behandelt. Jetzt versteht der f.Vnnaherger) Schüler, welche Bedeutung
die Posamentf^n-Industrie im oberen Erzgebirge hat, wie sie das ganie Leben
beeinflußt, und er hat ein Verständnis für die sozialen Institutionen der
Arbeiterfürsorge, für Vorteile imd Gefahren der Hausindustrie, für die
Schwierigkeit des Erwerljslchens in klimatisch wenig begünstigten Orten, für
die Bedeutung von Schutzzöllen und von neuen Verkehrsmitteln zur Anf-
schUeßung der Landschaft. Der Lehrer wird die alten, geschichtlich ge-
wordenen Erwerbs Verhältnisse in Parallele stellen mit den Bcmühimgen zur
wirtschaftlichen AuftohHeßung der Kolonien, mit den BemQbungen sur An-
knflpfnng neuer Verkehrsbeziehungen mit dem Ausland.
Es mßgen diese Beiqnele genOgen. Wir sind nooh weit entÜBmt von
der EinfBhrung dieser Einrichtung und es kann nicht meine Auijj^abe sem^
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682 B. BroliDs: Di« Anfgftbe der Scholgeographie.
schon jetzt ein toH ausgearbeitetes Programm aufirastellen;^) es sollte nur
gezeigt werden, wie Geographie in Obexinimft yerwertet werden knnn als
wiehtiges Element nur Eniehmig des jungen Mannes Ar das Ventindnie
fremder Arbeit nnd fBr das reale, praktisohe Leben, vnd wie sie die ge-
eignete Disäplin ist, ein oA nnd bitter empfondenes Manko in der Ans-
bildung zu beseitigen. Dem Lehrer natflrUch wird dadurch eine gana anBer-
onlentlich große nene Arbeit erwachsen, ehe or sich vollkommen eingearbeitet
hat, aber Scheu Tor einer Arbeit darf uns nicht abhalten, nach den höhemi
Zielen bu streben.
Die Abflnßemkeinoiigen in MiUel-Enropa.
Von H. Keller.
(BGt S Knrrentaföln auf DoppeUafel Nr. 9.)
4. Abwelohungen der Wnael gebiete vom Durehaolmittaveriialten.
Zur Gewinnung einer Übersicht über das Sonderverhalteu der ver-
aebiedenen Strom- nnd FluBgebiete stehen die in den Tabellen 1 und 9
(8. 614 n. 616) enthaltenen Angaben und ihre bildlichen Darstellungen (Abb.l
nnd 2) snr Verf&gung. Wegen der henrorragenden Bedeutung der Qellndeform
Ar die Abflnßerscheinungen sind die FluBgebiete in Tabelle 2 nacb diesem
Gesichtspunkt in Flachlands-, gemischte, Gebirge- und Alpenflußgebiete geordnet
Als Alpenflußgebiete besdchnen wir solche Gebiete, die ganz oder teil-
weise aus den Alpen gespeist werden. Zu den Gebirirsgehieten rechnen
wir alle, bei denen das Mittelgebirge und niedrigere Berglaud erheblich, aber
weilcr das Hocligebirge, noch das Flachland beteiligt ist, auch wenn sie
groiJt'iitcils ans sanft welligoin Hütjf^lland oder Hochfiächen bostt-hm. Als
gt' III i soll t e (Jehit'te sind di<'j(MiiL,'t'ii lie/.''i" linct. die teihveisf .solchem Ge-
bii^fslande, teilweise dem Flachla!i<i anfrehören. Durch Einreihung der in
Tabelle 1 aulgeführten Stromgebiete vermehrt sich die Zahl der in Tabelle 2
benannten Flachlandsgebiete um 2 (Memel, Pregel) auf 20. Die ZaU
1) Der Unterricht würde sich etwa so gliedern lassen:
I. Der Hoden der Hcinmt, das I.andschaftflbild und die kartographische Dar-
stellung, Klima, l'Uanzen- und Tierwelt.
n. Der Mensch und der Boden, d. h. Anaiedelungsformen, Straßen und Ter-
kehrsmittel, die Ausnutzung natürlicher Schätze.
III. Der MeüHch und der Mctisch. d. h Einrichtungen zum Schutz des Erwerbt,
VerwaltungäweHen, auch Zölle, Steuern, Militärwesen, olleutUcbes Bildungswefien uaw.,
ßbarhanpt das ganse OflTentliehe Leben der Gemeinde und des Staates.
Teil I und II sind wesentlich im Freien hei Exkursionen zu behandeln, die
zwei (?) Stunden sollen deshalb möi,'Iichst auf einen sonst freien Nachmittag,' pr?*
legt werden, Teil III in der Schulstube. Bei allen Kapiteln soll natürlich otets,
soweit es da« besondere Thema irgend snIftBt, die geographische AuffiMsuagsweise
berrorgehobcn werden, d. h. die Yerquickung aller Einzelursaehen bald mehr aatur*
wissensidiaftlichcr. Itald mehr gcschit-htichfr Art zum (icsamthild.
Die Einteilung soll so getrutfen werden, daß Ende Januar das Ganze beendet
ist, denn man kann und soll Ton dem Abiturienten inmitten der KrameninMe keia
Interesse mehr vedangMi fHr Dinge, die nieht unbedingt nötig sind fftt das Bwunsa»
uiyiii^cü Uy Google
H. Keller: Die Abflafteracheinangen in Mittel-Europa. 683
<ier gemischten Gebiete wird um 5 (Weichsel, Oder, Elbe, Weser, Ems) auf 11,
di» Ztld der Alpenflußgcbiete um S ^Uoin, Donaa) auf 10 -retgrOfiert; «ii-
viiTerKndert bleibt die Zahl der Gebiigigabiete (28).
Ordnet man di« Gebiete nach der Größe dar Meereasufuhr in drei
Gruppen mit m < 200, m » 200 bis 400, m > 400 mm, so entfiOlen auf
die untere Gruppe mit kleiner Heeressuluhr 23 Gebiete, auf die mittlere 29,
auf die obere 17;
CmmM Flachlands- Gemischte Gebirgs- Älpen-
gebiet Gebiete gebiete floßgebiete
Mecreszufuhr t» < 200 mm 14 4 5 —
„ ftt — 200 bis 400 mm 6 7 16 —
„ 1» > 400 mm — — 7 10
Wie man aus difspr /wsainnHnstellung sieht, vertoilen sich du' CnAnete nach
den Kondensati<>nsl)t'iHuv,ningen ( Lap*» zu dem Meer»; und dfn vorhoiTscheuden
Begenwinden, scukrechte Ciliederuug und Höhenlage). Bei der unteren Gruppe
herrsoht das Flachland vor; in den dort vertretenen Oehirgsgebieien liegen
.gxofie Fliehen im Begensehatten dw kfisteiiwSrts vorgelagerten Bergkrtten.
der mittleren Gruppe henrseht das Gebiigsland Tor; die bier Terketenen
Flachlandsgebiete gehfiren zum meeresnahen baltischen Htfhenrfteken. Die
-oberste Gruppe besteht aus den Alpenfiufigebieten und 7 kleinen Gebieten
4es als Wetterfeung wirkenden Berglandes, die Hoch gebiete benannt werden
sollen, weil i^ie durch ihro rolatir hohe Erhebung Aber das niedrigere Vor-
land die Kondensation beg{in.sti<^'en.
Wenn man die Vcrteiluiiir der (lebiotf mit groüem und kleinem AhHuü-
▼ermBgen über die tln i n;u:li (iröüe der Meereszufuhr gitreunt» ii Gruppen
betrachtet, so ergibt sieh, daß h»'ide Art^n ht-i jeder (iruppe nahezu in yanz
Uhnlichem Verhältnis veitroten sind, w u- « s /wix lien ihren Gesamtzahlen besteht
(39:30). Das Verhiiltnis betrügt iiei der unteren Gruppe 14:9 (statt 13:10),
bei der mittleren Gruppe 14:15 (statt 16:13), bei dur oberen Gruppe 11:6
(statt 10:7). Diese GleiöhmäBigkeit der Verteilung läfit darauf siiUiefien,
daß die dits Mafi der Meeressufuhr bestimmenden Kondensationsbe-
dingungen auf die Größe des AbflußTermOgens, d. h. auf den Sinn
und das Maß der Abweichungen vom I>uroh8ehnittsTerhalten, nur geringe
Einwirkung ausflben. Vielleidit geh(Nmi sur unteren und oberen Gruppe
desliaU» rtuas mehr Gebiete mit großem AbOußvermögen, weil in der unteren
die beim ungleichen Austausch des land verdunsteten Wasserdampfes benadl-
teiligten, in der oberen «lie dabei begünstigten Gebiete liegen. Krstere er-
halten dun h Entziehung eines Teiles des in ihnen verdunsteten Dampfes zu
wenig von Landverdunstnug er/.euL'tt-in Niederschlag' (l zu klein). Letztere
sind entsprechend reichlicher mit Niederschlni: t'remilen Ursprunges bedacht
(m zu groüj. In beiden Fällen ist der Ümsat/. '/ = / : m kleiner als ohne die
Wirkung jenes Austausches, einerlei ob der Zähler des Ikuches / : m ver-
feinert oder der Nenner TtrgrOß«t wird* Je kleiner der ümsats u, um so
kleiner ist aber aneh der Weehsel w ^ 1 « » xip, um so großer mit-
bin das AbfloßTerhlltnis v^^pix. In dieser Hin^dit wird demnaeh «ne
gewisse Einwirkung der Kondensationsbedingungen doch TOihanden sun.
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684
H. Keller:
WmtM» iHcbtiger für den Sinn und das VaM der Abweiehnnge»
fom DarehnitttTerlialteii emd almr die Yerdnnstnagsbedingungeu,
nach denen sich haaptsSchlioli die GrOße des dnreli LandTerdunetuttg im
Gebiet selbst Temnachten Niederschlags ikbtet. Beaeidmet man als vnr>
dnastangsreich die Gebiete mit mindestens 460 mm VerdmistongskOlM, als
TerduDstangsarm die Gebiete mit geringerer VerdonstiingshShe, so liegen alle
27 Punkte der verdunstangsreichen Gebiete in Abb. 1 und 2 über den Haupt-
linien der Verdunstung, dagegen die 42 Punkte der verdunstungsarmen Ge-
biete mit 3 Ausnahmen unter diesen Hauptlinien. Mithin haben sämtliche
verdunstungsrt'i'hf'n (.lebicte kleines Abflußvermögen, außenleni noch 3 (Ge-
biete mit nicht ganz, aber doch nahezu 450 mm ^'crdunstuug^h>Ule. Von
diesen Ausnahmen ahgfsehen haben die übrigen 39 verdimstungharmen (ie-
biete großes AbtiuUvermügcn. Uuter den Flachlaiidsgebieten ist nur ein
einziges verduDstungsreich ; von den gemischten Gebieten sind es 6, von den
aasgedebntersii Gebii^gebieten 17, von den Hochgebieten 3 vaä roa den
Alpenflofigebieten ebenfalls 8. Dagegen gehOren au den Terdanstongsarmen:
19 Gebiete des Flachlandes, 5 gemischte, 4 anigedeluitere Gebiete des Ge-
biigsUmdes, 4 Hodigdbiete und 7 Alpenfloßgebiete.
Ganz ausgesprochen sind also die Flachlandsgebiete ▼erdnnatnngio
arm und die ausgedehnteren Gebirgsgebiete verdunstungsreich.
Die einzige Ausnahme unter den Flachlandsgebieten ist das Hnvelgebiet (Nr. Z\
für welches sich die Ermittlungen auf die kurze Reihe 19()0/()4 mit dem
ungewühnlichcu Trockenjahr 1904 beziehen. Im langjährigen Mittel würden
die Werte // und .r wahrscheinli<'h gr(>ßer ausfallen, wohl etwas kleiner.
Von den vt'rdunstungsarnu'n ausgedehnteren (Jehirgsgehieten haben 3 (lebiete
(Nr. 42, 43, 4ö) verhältnismäßig reichliche Meeres/.ufuhr im Winterhalbjahr,
nämlich des Mosel- und 8aargebict an der Westgreuze Mittel-Europas und das
günstig Sil den regenbringenden ]>iftsttOmungen der kalten Jabredillfte ge-
legene obere 8aalegebiet; beim Werragebiet (Nr. 38) madit sieb die vielfiich
dnrchlSssige Bodenbeschaffenbeit dnrcb ziemlieh mhigen, an die FladilaBds-
gebiete erinnernden AbflußToigang bemerklioih.
Von den verdnnstnngsarmen gemischten Gebieten liegen 4 (Nr. 20, 22,
23. 24) günstig su den Ttegenwinden des Winterhalbjahrs, n&mlich das Aller-,
Mulde-, Enischer- und Lippegebiet Die beiden letztgenannten Gebiete zeichnen
sich außerdem durch guten Schutz des versickerten Wassers gegen Verdunstung
aus-, (las Eraschergebief ist, wie oben erwähnt, durch den Kohlenbergbau
drainiert, das ohcre Lippegebiet großenteils mit unterirdischen WasserUlufen
durchzogen. Beim Allergebiet herrscht das Flachland vor, mehr noch beim
Odergebiet unterhalb der Warthemündung. In beiden weicht das Maß der
Verduii.stuugshöhe sehr wenig vom Durchschnitt ^maße ab, da sich die Wir-
kungen des Flach- und Gebirgslandes ausgleichen. Dias gilt andi fBr
die ▼eranstangsreichsfen gemisditen Gebiete, abgesehen tob denjenigen der
mittleren Oder (Nr. 19) und mittteren Weser (Nr. 21), die ihren Zufloß vor-
zugsweise ans dem GeUrgsland emp&ngeo. Bei dem grSBtentsila sam Flach-
lande gehörigen Weichselgebiet trilgt die kontinentale Lage aar Stsigeraag
der TerdnnstongshOhe bei; besondars das ao seinem Sfldnnde ansgebreitate
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Die Abflnfiezscheinangen in Mittel-Europa. ^5
€M>irg8- und HOgellfuid ttoht schon ganz unter der Hemdi&ft dei Fest-
landklimm.
Ans dm TontebAndin Bemerkungen geht herror, daß die das Maß der Yw-
dmistnngshfilie im eiiiBaliiMi regelnden VerdnnstiingsbedingiiDgen erheb-
Ikh dnroh die hlimatisohe Eigenart der Binielgebiete beeinflufit werden.
Auf ihre jahreeieitlkfae VerBchiedenheit kommiii wir noch curttck. Nor so-
yiel sei jetzt schon erwähnt, dafi die Gebiete mit reichlichor Meereszufuhr
im Winterhalbjahr, also in der yerdanetungsarmen Jahreshälfte, unter sonst
Ähnlichen Verhältnissen geringere Verdnnstungshöhen aufweisen als jene, bei
denen die winterliche Meereszufuhr mehr zurih ktritt. Die Lage eines Ge-
biets zu den Zugstraßen der hauptsächlich während der kalten Jahreshälfte
im Norden Mittel-Europas vorüberziehenden großen atmosphärischen Wirbel
spricht daher auch beim Maße der Verdunstungshöhe mit, besonders wenn
die in ihrem Gefolge fallenden Niederschläge als Schnee ausgeschieden werden
md ttBe lange anhaltende &)hneedecke bilden, wie s. B. im Hemelgebiet,
das gerade im Winteriialbjahr eine sehr geringe LandTtrdnnstnng anfWeist.
Die bereits enrthnte Wirkung des ungleichen Austausdies der landver-
donsteten Dampfinassen Terringert bei manehen Fladilandagebieten das MaB
4er mehrfikdien Kondttuation ihrer If eeresnifiihr. Bei den ausgedehnteren
Oehieten des Gehirgslandes gesdiieht dies nicht, weil der von den sohwaoh-
weUigen Flächen entführte Damf^ innerhalb der Gebietsfliebe an Stellen mit
besseren Kondensationsbedingungen wieder niedergeschlagen wird. Hierzu
kommt, daß die erneute Kondensation des im Gebiet verdunsteten Dampfes
bei den Gebirgsgebietf>n begünstigt wird durch aufsteigende Luftbewegungen,
die über den Bergländern weit leichter als über den Niederungen entstehen.
Außer den klimatischen Besonderheiten wirkt hauptsächlich die Boden-
beschaf fenheit, die Durchlässigkeit und Gestalt der Oberfläche
darauf ein, ob die Verdunstung ein großes oder geringes Maß erreicht. Im
Flaehlande wird durch das geringe QeftUe die Yeraickerung des nisdeigs-
sehlagemen Begens und des gesehmolsenen Sdmeewassers beflSrderi Je durdi-
ItSBiger der Bodoi und je stilrkar die Bdiicht ist, die das Terslckerte Wasser
aufnimmt und den Omndwassenrorrftten suAhrt, je tiefer unter der Ober^
fläche diese liegen, um so besser wird das in den Untergrund ▼etaunksoe
Wasser gegen rasche Verdunstung geschützt. Ein Teil hierron gebt durch
Bodenverdunstimg und Pflauaenverbrauch wieder in Dampffoi-m zurück; der
andere Teil dient zur Speisung der Bäche und Flüsse, oft mit langer Ver-
zögerung des AbHusses. Ein ruhiger A bflu ßvonjung mit geringen
Schwankungen der Wasserstände und sekundlichen Al)tluÜnie!ii,'eii bildet das
Merkzeichen für Flach landflüsse, die aus Gebieten mit uuilaugreichen
unterirdischen Sammelbeeken kommen.
Im Gegensatze hierzu wird das Merkzeichen für Gebirgbflüsse, denen
tdohe unterirdischMi Wasservorrftte fehlen, durch stftrmisehan AbfluB-
▼Organ g mit großen Schwankungen der Wasserstände, mit pUftilicfaen An-
•chwelln^fen und lange dauernden WasseridemmMi, mit bedeutenden Unter*
•eideden der sekundlichen AbfluAmengen gebildet Eine dflnne, sur Auf-
speidiemng größerer Wassermassen ungeeignete Verwitterungskrame auf un-
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686
H. Keller:
darcblüssigem Grundgestein verhindert die ausgiebige Versickerung und zwingt
du niedergeschlagene Wasser zum offenen AbfluU oder zur baldigeu Rückkehr
in DampfTorm, wenn die Größe und nuuinigfiiche Bodengestalt der GebietdUeh«
und die Gliederong dee GewKsserneties der ausgedehnten Gebirgsgebiet#
▼erllindem, daB die AbflnßmeßsteUe in kdr&ester FHrt von den abfliefiendea
Wassermasaen flberechiitten wird. — Zwischen diesen InBersten Gegensitna
stufen sich die Abflußzustftnde der Gebirge- und Flachland^Mete in mannig-
facher Weise ab. Die bessere Anfaahmeffehigkeit des vorwiegend durchlässigen
Bodens und die Aufspeicherung größerer Wassermassen in unterirdischen
Sammelb»'(.ken zur Speisnnt: in trockenen Zeiten verschafft den Flachlands-
gebieten ein kleineres Mali lUr Landverdunstung als den meisten Gebieten
des Gebirgslandes und sichert ihnen ein größeres Abtluß vermögen, weil in
Folge des triitren Finsatzes ihre Nie<lerschlag>höhe gering ist.
Der btiirmische Abflußvorgaug in den an Meereszufuhr und Niederschlag
reichen Hoohgebieten hat zur Folge, daß sie bei langer Dürre im Sommer
oft unter Wassermangel leiden trots ihrer großen Abflnßhöhe, falls nieht
durch kOnstliohe Sammelbecken ein Ausgleich herbeigefOhrt wird. Aufier den
in Tabelle 2 mitgeteilten Zahlen liegen uns noch Angaben Aber andere Hodi>
gebiete vor, die wegen gar zu Iraner Beobaehtungsseit für die AUeitnng toh
Jahresmittelwerten nicht verwendbar sind. Sie best&tigen, daß in diesen
kleinen Gebieten des Berglandes die Verdunstungshöhe meist geringer ist, als
nach dem Durchscbnittsvcrlialten ihrer großen Niederschlagshöhe ankäme.
Wegen des starken (Jefälb-s der 01)ertiäi lie und der Wasserlüufe in den wenig
ausgedehnten Gebic tsl'lächen rinnt vom meist undurchliissigeu Boden
das bei starken HeLreugü.sSfn gefaUene Wasser sehr schnell zusammen und
fließt im Haupt bacli über die Al)flußmeBstelle hinweg, bevor es Zeit zur Ver-
dunstung gelunden hat. Nur bei schwächeren Niederschlägen, namentlich im
Somxuerhalbjabr , tritt auch in den Hochgebieten eine kräftige Verdunstung
ein. Ihre Mittelwerte x Ihnein denjenigen der Alpenflußgebiete. Btt-
spielsweise hat nach übersehlägiger Ermittlung das Eheingebiet bis Basel ftst
genau dieselben Mittelwerte, die in Tabelle S für das kleine Hochgebiet der
oberen Wupper angegeben sind, nimlidi y « 840, m » 400, x ^ 1940 nm.
Die naheliegende Vermutung, die Ähnlichkeit der Besdehungen zwisehea
Niederschlag, Abfluß und Verdunstung beruhe bei den Alpenflußgebitten
gleichfalls auf der Beschleunigung des Abflusses, kann fEbr die in Tabelle 2
aufgelührten Gebiete nicht zutreffen. Ihre Gebietsflächen sind zu ausgedehnt,
als daß aus diesem Gnmde das Maß der Verdunstung sehr gering werden
könnte; das gt'tallreirhe 'I raungebiet hat sogar die größte Verdunstungshühe,
die in Talielle 'J verzt ichru't ist. Aucli verschwindet die im Jahresmittel
vorhandene Ähnlichkeit mit den llochgel)it'ten, suliald man auf die jahreszeit-
liche Verschiedenheit der Abtlußerscheiuungeu eingebt. Noch weit mehr
als bei manchen Flacblaudsgebieten wirkt im Hodigebirge die lange Dauer
der Schneedecke, in den hödisten Legen die ewige Schnoebedeckung auf Ver-
minderung der Verdunstongshöhe ein. AndersMts liefert die bedeutende
Große der Meeressuführ, die namentlich in der warmen Jahresh&lfte dnrek
HerbeifDhrung des dem Vorland entzogenen Wasserdampfes gesteigert wird.
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Die AbflufierBcheinuugeu in Mittel-Europa.
687
reichliclien Stoff mr YerdunttiiDg. Selbst bei windstiUem Wetter treten oft
dnreb Örtliche ansteigende LuftetrOniiuigeii eilfediliehe Niedereddftge mn^ die
am Nifchmittag den tagsftber yerdiinsteten Tanfall als Regen zur&ckftUireD.
Das Mafi der Landverdunatniig scheint hierbei jedoch, soweit sich ein Urteil
nach (ion größtenteils nur aus kurzen Beobachtongsreihen abgeleiteten oder
überschlUgig ermittelten Zalilen der Tabelle 2 gewinnen läüt, sogar in den
niederschlagsreichston (leliieten nicht viel größer als im Mittelgebirge zu soin
und teilweise auf sehr geringe Hetrilge herabzusinken. Außer den klimatischen
Besonderheiten »lürfte hei den Alpentiußgebieten ebenfalls der Dureblüssig-
keit.sgrad darauf einwirken, ob die Verdunstuugshöhe ein mehr oder weniger
große» Maß erreicht. Das Verschwinden iu den Schwundlöchem des ver-
kanteten GebirgeB mag das abfließende Begenwasser bis m seiner Wieder*
erscheinimg in Form mlohtiger Qndlen tot zu starker Verdimstnng schtttaen.
Aber auch im nndurohlftssigen Hodigebirge bieten die GerSllehalden der Fels-
hingo und Sobotterbetten dar TKler wirksamen Schute. Yielleioht noch wirk-
samer ist er in den Decken- und Terrassensdiotteni des AlpmiToiiandes, die das
ihnen zugeführte Wasser aufnehmen and an die Flüsse dort zurückliefern,,
wo deiMi Gerinne bis in den nndurchlftssigen Untergrund eingeschnitten sind.
Zum Schlüsse dieses Abschnitts teilen wir in Tabelle o eine kurze Zu-
sammenstellung in runden Zahlen der Grenzwerte im Jahresniittfd mit, die
nach den Ergebnissen der tiisherigeu Unt^rsiichuiii^en hei den eiii/ehien der
mittel-europäischeu Flußgebiete erwartet werden küuuou. Die aus Flach- und
Tabelle S.
Abflußhöhe Verdunstunj,'f)- Niederschlags- Ahfiußver-
Art der Uebiete , (j/ = m) ! höbe {Zj hübe (.r) i hältuis (vg)
>' mm I mm mm v %
Flacblandsgebiete 100 bia 300 , 3ö0 bis 460
Gebirgsgebiete 170 „ 960 480 „ 660
460 bi« 700 20 bis 40
6S0 „ 840' 86 „ 46
Hoohgebiete 43o „ 8:,o ^:,0 „ 600 900 „ Il'öO ts 68
Hoohgebirgsgeb. UOO „ > 1100 , 350 „ > 600 ,1360 „ > 1700, 62 » > 73
Gebirgsland gemischten Gebiete mußten unberücksichtigt bleiben. Bei den
Alpenflußgebieten ist nur der Hochgebirgsteil iu Betracht gezogen. Bei den
Gebieten des Gebirgslandes sind die aasgedehnten Gebirgsgebiete von dea
kleinen Hochgebieten onterschieden.
5. JaliToaieitliohe y«fao]iiedoiiheit der AbflnBeraohefaiingen.
Vom mittleren AbHußverhältnis weichen uiiht nur die Abfluß\ erhiiltmsse
der Einzeljahre ab; sondern auch innerhalb des Jahres wechseln die Be-
ziehimgen zwischen Abflufi und Niederschlag sehr erheblich. Die jahresseitliche
Yerteilnng des Niederschlags kann in hohem Ma£e auf die GrSBe des mittlereii
AbAußTeihftltmsses einwirken und bedarf deshalb einer Untersuchung. Dies
«rsdieint um so mehr nOtig, als bei den bisherigen Forsdiungen die Ein>
Wirkung der Temperatur auf die Abflußersclieinungen in Mittel-
Europa nicht immer genügend beachtet worden ist. Penck hat für die
böhmischen Flußgebiete gefunden, die Verdunstung sei um so stärker, je mehr
688
H. Keller:
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und je Öfter es in ihnen regnet» uaA
sagt*): „Die Schwenkungen im Be-
trage der Verdunstung sind in weit
geringerem Umfange von den Schwan-
kungen der .Tahrestemperatur ab-
hängig als von jenen des Nieder-
schlags." Für die böhmischen Fluß-
gebiete trifft dies bei Betrachtung
der zeitlichen Änderungen der Be-
siebungen zwischen Verdnnstung,
Temperatur und Niedenehlag ge-
wiß SU. Man darf aber diese Begd
nieht ▼erallgemeinem und namenl-
lioh nidit auf die firtUehen Inde-
mngen jener Beziehungen in ym-
schiedenen Flußgebieten anwenden.
Wie Abb. 1 zeigt, nimmt in Mittel-
Europa die Verdunstungshöhe nUT
wenig mit d'-r wachsenden Nieder-
schlagsh M' 7U. In anderen Klima-
provinzen wird die Hauptlinie der
Verdunstung steiler ansteigen, die
Hauptlinie des Abflusses dagegen
minder steil. Dies gesoUsht aber
gerade dort, wo die Temperatur in
besonders hohem Giade auf das Haft
der Terdunstung einwirkt Keines*
Iftlls darf man die Einwirkung der
Temperatur für so unwesentlich hal-
ten, daß ein und dasselbe Abfluß-
gesetz für verschiedene geographische
Breiten, für ozeanische und konti-
nentale Gebiete den Abfluß als ein-
deutige Funktion des Niederschlags
ausdrücken könne.
Vom Gedaukeu ausgehend, die
Einwirkung der Temperatur mflsss
am klarsten zu erkennen sein, wenn
man die halbjihrigen Mittel'
werte der kalten und warmen
Jahreshftlfte für die Stromgebiete
Mittel-Europas unter einander ver-
gleicht, haben wir neben^sheade
Tabelle 4 aufgestellt, deren eiste
1^ Untenmehungen Aber Abiol^
8. 11.
Die Abflnßericheinangen in Mittel^Earopa.
689
<6 Spalton die Werte des Niederschlags, der Meerasiafnlir und Landverdon-
«tang im Winterhalbjahr {x\ m\ und im Sommerhalbjahr (x", m", /") an-
j(eben. Die folgenden 6 Spalten enthalten die Verhältniszahlen fär die Be*
35iehun<jon j^ner Werte zum mittleren Jahresniederschlag. Di^ letzten 3 Spalten
^eben 'lio Hüiifitrl^pit d<»s Wechsels der Erscheinungsf.)rm in boidon Halbjahren
und im gau/m .Jahre an. Als Unterlage der Zahlen haben die durch besondere
Ermittlungen erL'iinzteu Angaben über die jahreszeitliche Verteilung in unsern
Strombesehreibungeu gedient. Jedoch war es notwendig, statt der dort mit-
geteilten Werte der winterlichen und sommerlichen Abtluühühe (y' und y") die
nioht genaa hiemiit iUHveiBstiiiiraeiiden Werte der winterlichen und sommerlichen
ICearmzufiihr einzosetien (m' wid wl\ Das oben für Einse\jab>6 Aber die
Tersobiebang des Abflusses toh Jahr sn Jahr Gesagte gilt aneh f&r die
mittleren Werte der Jahreshälften. Beseichnet man mit « die in IfiUi-
anetem ansgedrflckte Verschiebung vom einen zum andern Halbjahr, so ist
:an setzen: m'«y'+», «"«y" — l' = z — i;, «"+ ^- Die Ver-
schiebnngen sind am größten bei Alpentlußgel)ieten mit ausgedehnter Ver-
gletschemng (beim Inngebiet bis Innsbruck 2r>°„ der mittleren Abfloßhöhe)
und bei durchlässigen Flachlandsgebieten mit später Schneeschmelze (beim
Memelgebiet 13%), dagegen verschwindend gering bei ondorchlttssigen Ge-
bieten im gefällreicheu Gebirgslande.
Um diu beim Durcbsehnittsverhalteii vorhandenen B»'ziehungen
zwischen m\ l' und m", t' zu finden, haben wir in Abb. 2 die m den untersten
■3 Reihen der Tabelle 4 aufgeführten Zahlen als Punkte {in,t) und (wT^^
•eingetragen. Sie entsprechen dmn. nOrdliohen Mittel*Europa, dem gesamten
Mittel-Europa und der Alpenstromgruppe, also den Hauptgruppen, die das
]>iirdmitt8Teriialtea bedingen. Dies gilt ebenso fttr die Jahreehllften wie
fBr das Jahresmittel Daher lassen sich jene Ponkte mit swei geraden
Linien Yerbinden, von denen die Linie der winterlichen Landver-
•dnnstnng (m', V) mit wachsendem rn mäßig ansteigt, während die Linie
40r sommerlichen Landvcrdunstang (m", /") eine entgegeogesetste
Neigung hat und schwach fällt. Werden nun die als Abszissen im Koordi-
natennetze aufgetragenen Werte der halbjährlichen M«>ereszufuhr auf der um
40" ansteigenden Linie der Meereszutuhr als Ordinaten (/«' und in") ab-
gegritlVu und zu den Ordinaten der Laudverdunstung (/* oder /") hinzu-
gefügt, so liegen die Endpunkte der Ordinatensummen wiederum auf zwei
geraden Linien, die den halbjährlichen Niederschlagshöben entsprechen, weil
d r r, x'^^wT -\-t* ist Die Linie des winterlichen Nieder-
schlags (m', x') steigt bedentend steiler an als die Linie des sommer-
liehen Niederschlags (m", 3if\ was sich nach den Neigungen der Land-
Tudonstongslinien von selbst verateht. Die Gleichungen der halbjihrlidien
Idnien des Niederschlags und der Landyerdunsfcung lauten:
Die halbjährlichen Linien der Landverdunstuncr sehneiden einander in
•einem Punkte mit der Abszisse m m" 690 mm und der Ordinate
«' = 74 + 1,29 «•', r — 74 + 0,29 m'
ft"^ 336 + 0,91 m", r» 336 — 0,09 m"
(in mm)
IV
OAotfrftiilÜMb« Zaiuchrift. l:I.J»iug»ng. ISKM. 13 lieft
47
690
H. Keller:
r r'= 274 mm, dio Linien des Niederschlags bei derselben Abszisse und
bei der OrdinaU- / = x" = 690 -|- 274 = 964 mm. Da so große halb-
jährliche Werte in Mittel-PiUropa selten vorkommen, würde die bildliche Dar-
stellung' hf'sagen , daß die sommerliche Land Verdunstung fast immer
größer sei als die winterliche, und zwar um so mehr, je kleiner die
hailjjährlu he Meeres/ u fuhr ist. Indes.sen bewirken die je nach dem Sonder-
verhaltcu der Einzelgebiet« verschieden gruüeu Abweichungen e' I von der
winterlichen Landverdunstung) und t' (von der Linie der sommerlichen Laud-
▼wdonstimg), daß inwealeii die Werte t und V eriieblich geringere Ünter-
achiede als naeh dem DimsliBeliiiittBTerbalteii anfireiBeii. Die Werte % und
mnd dann nm dieselben Betrige d nnd « ' gröBer oder kleiner als aadi
den Oleiehungfln IV. Anfier diesen Abweichungen, die von den be*
sonderen Terdunsinngsbedingungen des Einieigebieta abUbusen, wizkk
auch die bei den verschiedenen Gebieten verschiedene jahreszeitliche Ver-
teilung der Meereszufnhr darauf ein, daß in manchen F&llen das
Gleichgewicht zwischen der winterlichen und sommerlichen
Niederschlagshöhe schon bei Werten x ^ x" eintritt, die nnter 964 mm
liegen.
A. Supan') hat die Sc». höhe in) <i( t»irge, hfi der dieses, Gleichgewicht
ciTeicht wird, als „Umkehriinu'siiiveau'" bezeichnet, weil bei höherer Eihebung
mit größerem Niederschlag der winterliche Anteil überwiegt, x'y>x ". Im Ver-
gleich zur gesamten Landfl&che Mittel-Europas sind die auf das westliche Gebirgs-
land beschrftnkten Insehif die das „UmkehnrnginiTeaii" übersteigen, recht klein.
Im weitaus grOßten Teile Mittel>Enropas ist der sommwUcheMiedersehlHg bedeu>
tend größer als der winterliche (Ittr die Gesamtfllehe — 278, ^ » 486 mm),
dagegen die sommerliche Meerennfahr kleiner als die winterliche (für die Gesamtr
fläehe m = 158, m" = 110 mm), so daß das Überwiegen der Sommerregen
durch die jalireszeitliche Verschiedenheit der Landverdunstung bedingt wird,
die im Sommerhalbjahr sehr viel größer als im Winterhalbjahr isfe (für die
GesamttlUche t = 120, T' == 326 mm ). Au<'h die Abweichungen e umi
ämlem nur in (h ii Einzelheiten das Verhältnis zwischen /' und l'\ verhindern
aber nicht, daß bei allen Stromgebieten der Tabelle 4 die sommerliche
Tiandverdiiustung L" um das 2- bis 4';2fache die winterliche Landverdunstung
l' Übertriflt.
Der oben genannte Satz, daß die Größe der Verdunstung vor-
wiegend von der NiedersohlagshOhe abhängig sei, kann für die M'
liehen Änderungen der Beziehungen zwischen Niedersdilag nnd Vflr>
dunstung nicht geltMi. Sonst mflßte in Tabelle 4 mit dem vom Memsl*
gebiet bis zum Donaugebiet deutlich ausgesprochenen, fast stetigen Anwacbssa
der sommerlichen NiederschlagsbOlM x** eine Khnlidie Zunahme der somaer^
liehen Landverdunstung V parallel gehen. Dies ist aber keineswe;^'s der Fall.
Vielmehr beruhen die nicht besonders großen Unterschiede der Werte C
hauptsächlich auf den durch das Sonderhalteu der Gebiete verursachten Ab-
weichungen vom Durchschnittsverhalten. Dieses selbst zeigt aber nach
1) Die Verteilung dea Niedexschlagb auf der testen ErdoberÜäche. Gotha
Die Abflufierscheinungen in Mittel-Europa.
691
Abb. 2 nieht etwa eine Zunahme der sommerllcben LandTerdunstong mit der
•tark nmehmflndfln sommerlichen NiedersdilagsbOhe, aondera sogar eine geringe
Abnahme. Jm Winterhalbjahr findet eine Vo^irSßerang der Landverdttnetong
mit der dann noch stärker zunehmenden Niederscblagshöhc statt, woraus mi
sehlieAeo ist, daß auch im Sommerhalbjahr eine solche Besiehung vorhanden
sein mag. Sie wird in der warmen Jahreshälfte aber ausgeglichen, ja über-
wogen dnrch eine noch kräfti^trc Wirkung, die im entgegengesetzten Sinne
arbeitet. Die große Verschiedt nhoit der Landverdunstnng in dor kalten und
warmen Jahreshälftt' liiüt keinen Zweifel, daß letzten Ortes die Ver-
schiedenheit dur Temperatur jene kräftigere Einwirkung auf die
Größe der Verdunstung' ausübt.
üm das Maß der Temperaturwirkung ann&hemd festzustellen, haben wir
nach E. Sommers üntertuchnng *) geprüft, in welchem Verhältnis die
mittleren Temperaturen des Winter* und Sommerhalbjahrs bei den
Hanptgrnppen der mittel-europftisohen Stromgebiete sur mittleren Jahres-
temperatur der Qesamtflftche stehen. Da a. a. 0. außer der Jahrestem-
peratur für das Jahrzehnt 1891/1900 nur die Monatsmittel f&r Januar, April,
Juli und Oktober mitgeteilt sind, wurden die Durchschnittszahlen von Januar
und April als maßgebend für die winterliche, Yon Juli und Oktober als maft-
gehend für die sommerliche Jahreshiilfte angenommen. Die so gefundenen
halbjährlichen Mittelwerte bedurften nur geringfügiger Bericbtiu'uiigen, um sie
in Uboreiustimnnirig mit der mittleren Jahrestemperatur zu bringen. Einige
wiclitige Teile (b'r von uii>. betraelittten LaiKltlürlu» siiiil bei jener Unter-
suchung uiciit oder doch nur mit ver-ünzellen SJuliouen berücksichtigt worden,
namentlich West-Kußland, Galizien und das Alpenland. In dieser Beziehung
war eine Ei^buung nach unserer Strombeschreibnng des Weidisel- und
Memelstroms, nach dem Werke Aber den Bheinstrom und nach den von
Hann*) angegebenen Quellen erforderlieh. Ffir die Ennittlung der jahres-
seitlicben Verschiedenheit der Temperatur erschien die Verwendung anderer
Beobaehtungsreihen zulSssig, aumsl es sich nur um Nihemngswerte handln
kann. Eine Bestimmung der wirklichen Mitteltemperaturen wird durch die
ungleichmäßige Dicht*' dos Btatiotisnetzes erschwert. EinigennaBen ließ sich
diesem Mangel dadurch abhelfen, daß bei geringer Stationsditbte deu Boob-
achtuneen ein entsprechend grfißeres Gewicht bei Berechnung der Verhältnis-
Zahlen beigelegt worden ist. Anuiihernd dürfte die mittlere Jabrestempt ratur
Mittel- Europas 7,1** C. betragen, erbeblich weniger als die Durcliscbnittszabl
der a. a. 0. angei^ebeuen Jahresmittel (7,7** C). Der Unterschied beruht
hauptsächlich auf der Einreihung des Hochgebirgch in die Untersuchung.
Durch die eingehendere BerOoksichtigung der nordöstlichen Stromge biete ist
an der mit alleiniger Benutzung von Sommers Zahlen gefundenen Mittel-
temperator des nördlichen Mittel-Europa wenig geändert werden, wohl aber
an der jahreszeitlichen Veischiedenheit, da die halbjährlichen Verhältnisiahlen
eine Venninderung für das Winterhalbjahr und eine Vergröfierung fSr das
1) Die wirkliche Tempeiaturvexteilnng in Mittel-£uiops. Stntigart 1906.
S) Klimatologie. Bd. UI, 8. U9.
47«
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692
H. Keller:
Sommerhalbjahr erfahren iiaben, wie dies bei der Annlbemiig nuiiMiilieh dei
Weichsel gebi«ts an das FesUandsklima zu erwarten war.
Verhültuiszahlen der halbjührlichen und jährlichen Temperatar,
hozogon auf die niittlcrt» Jahresrcmperatur Mittel-Europas.
Hupt^pK« ^^/t'-Ö*^ So,^,«halM- Jirf„(,ui%)
NOnllicbfs Mittel-Enropa 94,7 182,1 103,5
Gesamtee Miltol-Eoropa 96,0 174,9 100,0
Alpen8trom^ru)>pe *6,6 167,1 91,7
Für die jaliros zeit liehe Verschiedenheit der Temperatur gelten
daher folgende Heu', in: r>< r Einfluß des hrdi. ren Sunnenstandes in der süd-
lichen Breite Mittel-Europas wird im Wiiuerhallijahr durch Zunahme der
Bodenerhebung von Norden nach Süden ualie/u ausgeglichen. Dagegen
macht sich im Sommerhalbjahr die Erscheinung, daß im Gebirgslande die
Temperatur geringer als in den Niederungen ist, dnrdi erhebliche Abnahme
der Verhaltniszahlen von Korden nach SQden geltend. Richtiger ^re m
sagen: von Nordosten nach Sttdwesten, da der Sehwerponkt der FUche des
nördlichen Mittel-Enropa in dem ausgedehnten nordöstlichen Flftdilande, der
Schwerpunkt der Flache des Rhein- und Donangebiets im südwestlichen 6e-
birgslando liegt. Eine bildliche Darstellung nach Art der .\bb. 2 würde,
bezogen auf die halbjährige Meereszufuhr, für das Winterhalbjahr eine (m', <*)-
Linir- f-rgeben, die nur ganz sehwaeh mit der waeb<;enden winterlichen Meeres-
zutuhr ansteigt, dape<:en für <las Sonnnerhalbjabr eine (m", <"}-Linie, die mit
der wachsenden sommerlichen Meereszufuhr stark fällt.
Über die jahreszeitliche Verschiedenheit der Meereszufuhr ist
Folgendes zu bemerken: Die sommerliche Meeres/.ufuhr ist im nördlichen
Mitt6l*Europa gering i^ö2 mm) und eiTeicht in der Alpenstromgruppe einen sehr
hohen Betrag (247 mm). Die winterliche Meereszufuhr ist im allgemeinen
grOfler, aber verhiltnisrnftBig im nOrdliohen Hittel-Enropa (118 m) weit mehr
als in der Alpenstromgmppe (255 mm). Im Sommeihalbjahr hftngen die auf
YergrOBerung der Meeressufuhr hinwirkenden Kondensationsbedingnngwi in
höherem Mafie ahi im Winterhalbjahr von der Höhenlage und senkrechten
("Iliedertng ab. Dagegen genügt im Winterhalbjahr schon eine geringere
Seehöhe zur Ausscheidung reichlichen Niederschlags, 80 daB das niedriger
liegende nördliche Mittel-Europa über doppelt so viel ozeanischen Wasserdarapf
wie in der wannen lahresliiUfte empfUngt. Bis nahe zum Dreifachen des
sommerlichen H' tr.it,'s wächst das Maß der winterlichen .Meereszutuhr in den
(if'iiieten. die am ^jiiti-tigsten /.n den Ztigstraßen der im Winterhall)jahr be-
sotiders häutig auttrcf »«nden großen atmosphäri-scheu Wirbel liegen und am
krüttigsten mit ozeanischen Wasserdampf überschüttet werden.
Die Meereszufuhr wSdtsi demnaoli im Winterhalbjahr T<mi nordflstlidiMi
Flachlande zum Gebirgslande im Südwesten staric, wihrend die Temperatur
keine nennenswerte Zunahme im gleichen Sinne zeigt, wohl aber die Land'
Verdunstung. Das Maß der Yerdunstnng in der kalten Jahreshftlfte
riditet sich also durchschnittlich nach dem Mafie der Meeressufuhr, d. h.
nach demjenigen Anteil des Niederschlags, der durch Kondensation des tou
Die Abfloßerfcheinungen in Mittel-Europa.
693
außen in ein Gebiet getragenen Wasserdainpfes verursacht wird. Im Sommer-
halbjahr wächst zwar die Meereszufuhr vom Durdö»tlichen Flachlande zum
GebbgBlaiidt im Sdchretten nodi atibrker; dagegen weist die Temperatur eine
bedeutende Abnabme in derselben Biditnng anf , und die Landverduastnng
nimmt gleichihUB mit der wachsenden sommerlichen Heeressufnhr ein wenig
ab. Das IfaB der Verdunstung in der warmen Jahreshilfte beeitst
demnach deshalb so geringe Unterschiede beim DurdischnittsTohalten,
weü swei annihemd gleich kräftige Wirkungen einander entgegenarbeitou:
die auf Steigerung der Verdunstung in den regenreicheren Gebietsflächeu
hinzielende Wirkuns? der Meereszufuhr einerseits, die auf Abnahme der
Verdunstung' in den kälteren Gebietsflächen hinzielende Wirkung der Tem-
peratur auderst'its. '
Im Jaliresmittel nimmt dcricnigf Anteil des Nit-dt-rschlags, <ler durch
Kondensation des in eiucm (Jebiot verdunsteten und nicht vom Wind »nt-
führteu Wusserdampfes erzeugt wird, also das Maß dt-r Land Verdunstung,
beim Durchschnittsreihalten vom nOrdlichen Mittel-Europa (440 m) zur Alpen-
stromgruppc (460 mm) nur um den geringen Betrag von 20 mm tu, hin-
gegen die Heeresanfhhr ▼on 170 auf 602^ also um 832 mm. Bei der haupt-
slcUich von den Kondensationsbedingungen abhingigen Meeressufuhr
▼erstirken sich die während beider Halbjahre in demsdben Sinne tfttigen
Wirkungen. Bei der Landverdunstung schwächen die während beider
Halbjahre in verschiedenem Sinne tätigen Verdunstungsbedingungen ein-
ander derart ab, daß sie beim Durchschnittsverhalten im Jahresmittel
fast gleichmäßig auftritt.
Die in beiden J ah res h ü 1 t't e n voihanden*'n Abwci ch u n i^cn der
Laad verdunstuu«,' vom Durchuntsverhalten werden durch die \ Crschieden-
heit der Verdunstur)frsl>«'<lingun<rcn bei den Einzolgebieteu illinlich gere^'elt,
■wie dies im Jahrfsmittil geschieht. Bei manchen Gebieten entfallen die
Abweichungen hauptsächlich auf das Winterhalbjahr, s. B. beim Memelgebiet,
das in dieser Jahreshälfte ein noch mehr als im Sommer unter dem Durch-
schnitt bleibendes Maß der Landverdunstung besitst, offenbar in Folge der
langen Dauer und weiten Ausdehnung seiner Schneedecke. Bei anderen
Oebieten treffen die Abweichungen Torsugsweise auf das Sommerhalbjahr,
X. B. im Weichselgebiet, dessen sommerliche Landverdunstung den Durch-
schnitt oheblich übertrifft, vermutlich wegen der di m Frstlandsklima am
meisten angenäherten Lage des Gebiets. Auch die Ix i den einzelnen Ge-
bieten bestehenden Unterschiede in der jahreszeitlichen Verteilung der Meeres-
zufuhr und der Temperatur, von denen das Mali <lt'r Landv» rduiKtun«; ah-
hänirt, verursacheil ^'röbcre oder kleinere Abwcichui!>:cn «ler Punkte )
und im",/"), die in Abb. 2 nicht eingetragen sind, von den halbjährliuhea
Linien der Laudverdunstung.
Diese Abweichungen übertragen sich dann in gleichem Sinne und in
gleicher Starke auf die den halbjährlichen Niederschlagshohen der
Einzelgebiete entsprechende Punkte (tn\x') und (in'\x")y die gleich&Us in
Abb. 2 wegbleiben mußten. Wenn die Meeresscufuhr größtenteils im Winter-
halbjahr stattfindet, in welcher Jahresseit wegen der niedrigen Temperatur
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694
H. KelUr:
die Virdunstung minder kräftig arbeitet, während der kleinere Rest im
^ .ininf'ihalhjahr durch die holi»- Temperatur zu mehrfachem Umsätze gelangt,
so ergibt sich eine beniei k< n.s\verte Beziehung zur jahreszeitlichen Ver-
schiedenheit des Niederschlags. Von dieser Beziehung kann man Ge-
brauch machen, falls die Aufgabe gestellt ist, das AbflufiTerhültnis eines
Flußgebiets mit bekannter Niederscblagshöh« einzosehltMB, dessen Abwiiehung
▼om DnrobsduiittsTeriialten sidi sonst sdiwer benrteUen Isfil
MTie Tabelle 4 (8. 688) leigt, flberwiegt im nOrdlidhen Mittel-Europa die
winterliche Meeressufahr die sommerliche bedeatend, nicht abor bei der Alpen-
stromgmppe. Bei den Stromgebieten des nOrdliohen Mittel*Earopa rfihren
17 bis 257o Jahresniederschlags von der winterlichen Meereszufuhr mid
nur 8 bis 11% von der sommerlichen Meereszufahr her. Anderseits stammSB
TOn der winterlichen Landverdunstung nur 12 bis 20°'^, dagegen von der
sommerli( hen Laml Verdunstung 4(5 bis 'TT^q ab. Die Einwirkung der Meeros-
zufulir auf d'-n .Jalirt .siiiedersrhlag erfolgt daher vorzugsweise im Winter-
halbjahr, die Kinwirkung der Landverdun^tuug namentlich im Sommer-
halbjahr. Winteiliche Meereszuluhr und sommei li« bc Landverdunstung zu-
sammen ergeben etwa '/^ des ganzen Jahresniederschlags. Die in Tabelle 4
mitgeteilten Zahlen des halbjährlichen Wechsels zeigen, daB im nörd-
lichen Hitfcel-Enropa die Meereszufuhr Aber die HStfte des Winteroiederschlags
ausmacht, wogegen ün Sommerhalbjahr nur bis Yg des K&edersddsgs auf
Meereszufuhr, der bei weitem größere Teil auf LandTerdnnstong entfUlt
Demnach deutet eine große Prosentsahl des Winterniedersohlags
darauf hin, daß ein Gebiet reichliche Meereszufuhr empf&ngt, also ein
gflnstiges Abflußverhältnis besitzt. Hingegen läßt ein starkes Übergewicht
der Sommerregen auf ein große.s Maß dt-r Landverdunstung, mithin auf ein
ungünstiges AbliußverhÜltnis schließen. Da die Größe des Abflußverhaltnisses
mit der wachsenden Niederschlagshöhe zunimmt, genügt bei kleinen Nieder-
schlagshöht'n schon eine ziemlich kleine Prozentzahl des Winterniederschlags,
um t iue Aljwt'ichimg nach der Scitf des großen Abflußveruiügens auzuzeigen.
Bei Gebi< ten mit großer Niederschlagshohe muß dagegen die Prozeutzahl
des Wintemiedcrschlags derjenigen der Sommerregen nahezu gleichkoDunen
oder sie flbertreffen, wenn das Abflußrerhlltais großer eis nach dem ]>oreb-
schnittsverbalten sein soll.
Kehrt man die Schlußfolgerung um, so bietet die Heranaehnng der
durch Abflußmessungen festgestellten Großen der Meeressufnhr die
Möglichkeit zur Erklllrung mancher Erscheinungen bei der Jahreszeit-
liehen Verschiedenheit des Niederschlags, die durch Beobachtungen
der Niederschlftge allein nicht so deutlich dargelegt werden, wie dies bei
Mitbenutzung eines festen Maßes für den TTrspning des Niederschlags mög-
lich ist. Im ,,Julirl). f. rJew!is>erk'le." haben wir dif> Mitteilungen CJ. Hell-
luanns') über die jährliche Periuiic d» r Niederschlagsmenge von diesem Stand-
punkte aus lietrachtet. Hier dürfen wir uns wohl darauf beschränken, die
Erscheinungen der jahreszeitlichen Verschiedenheit der Niederschlagsmenge
im Gebirgslande kurz zu behanblu.
1) Hell mann. DieNiederächliLge in den norddeatachen Stromgebieten. Berlin 1906.
Die AbfluBerioheinviiirea in Mittel-Europa.
695
Eine im I.Bande jenes Wtrkes*) enthaltene Tabelle lehrt überzeugend,
daß fast überall in unseren < Jebirgslandschaften eine relative Abnahme der
Sommer- und eine relative Zunahme der Winterregen mit der Hoho stattfindet.
Im allijemeinen herrschen die Winterregen auf der Luvseite sehr viel mehr
vor als im gleichen Niveau der Leeseita. Eine hochgelegene Talstation hat
viel melir ausgesprochene SommenregeD all eine Station, die in gldoher
Hohe am Gebizgsabhang liegt. Jene Zunahme des Winterniedenehlagi mit
der Hdhe bewirkt^ daB er oberhalb des erwihnten „ümkehronganiveaaii** Tor*
hencsehi Jedoeh wird das Gleiehgewicht nvischen Winter- ond Sommenegen
flberachiitten oder eireickt nur in den weatlidh ton etwa (ö. L.) ge-
legenen Gebirgen. Die Inseln mit vorwiegenden Wintemiederschlägen reidien
hier um so tiefer herab, je westlicher die Gebirge liegen. Das „Dmkehmngs-
aiveau" senkt sich dabei in der Richtung von Osten nach Westen um reich-
lich .')()( I bis 600 m. In den zum Kheingebiet gehörigen Alpen lassen die
Beoliiu'litunjrt n eine Umkehr der jährlichen Periode des Niederschlags mit der
Höht' niiht erkennen, was a a. 0. dem winterlichen alpinen Lultdnick-
maximum zugeschrieben wird, das die Bildung ausgiebiger Niederschläge ver-
hindert.
Zur Erkl&ning der Umkehr der jahresaeitliehen Niederschlags*
Verteilung in den westlichen Gebirgslandschaften weist Hellmann
darauf hin, daß dort h&nfig gerade in der kalten JahreshUfte starke Nieder-
sehlftge weit yerbreitet sind und in Bereitung barometrischer Depressionen
auftreten. „B« der Steigerung dieser Art vcm Began mit der Bodenerhebung
mflssen die höheren Lagen besonders reudiliehe Niederschläge erhalten,
wfthrend dies bei den sommerlichen Gewitterregen nicht der Fall ist." Die
erste Art von Regen entspricht dem, was wir als Meereszufuhr bezeichnet
haben, und die sommerlichen Gewitt» rrtL'en entsprechen dem durch Land-
verdnnstnn<' örtlich entstandenen und wiedt r kondensierten Anteil «Ics .lalires-
niedersclihik's. Die Erklürun^'^ stimmt also überein mit imseren 1 hirleLjungen
über die jahres/.'itliriie VerschifMieuheit der Meereszut'uhr und Land Verdunstung.
Sie betrachtet jedoch lediglich den Gegensatz zwischen der winterlichen
Heereszufuhr m and der sommerlichen LandTcrdunstnog V\ kann aber nicht
Bftcksidit nehmen auf die sommerliche Meeressufhhr m" und die winteriiche
Landverdunstong /', deren Vorhandensein den gleidiartigen Verlauf der be-
rileksichtigten ürsaohen und der als ihre Folge angesehenen Erscheinungen
beeintrichtigt
Nadi den obigen Bemerkungen über die jahreszeitliche Verschiedenheit
der Meereszufuhr und Landverdunstung bedürfen bei denjenigen Fluügebieten,
die ihre Meereszufuhr hauptsü ( hl ich im Winterhalbjahr erhalten,
die genannten Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen keiner be-
sonderen Erklärung. Voraussetzung ist aber, daß die sonmierliche Meeres-
zufuhr und die winterliche Landverduustuiig beide ziemlich klein sind. Als
Beispiele mit „Umkehiungsniveau" nennen wir die zu Talsperr-Samnielbecken
benutzten üochgebiete im bergisch-märkischen Schiefergebirge, die trotz ge-
1) Ebda. S 99/108.
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696
ringfT Brehöhe Iiis zu 1250 mm mittlere Jahresniederschläge emptangeo-
B» i ibueu kommen von der jährlichen Meereszufuhr etwa 75 ®q auf da»
Winterhalbjahr, und die winterliche Meereszufuhr ist fast doppelt so grofr
wie die toininerlidie LiadTerdmutung. Dieses oaeh den Ergebnissen der
AbfluBmessttiigen srbarf aiisge8|Hroebenef Übergewidit wird in den ErgebmasMi
der meteovologiseliflii Beobaehtimgen weit sehwftdier aagedentet durch Vor-
hemdiaft des Winterniederschlags (51 bis 56%) die Sommerregen (44
Ins 49%). Da anob die sommerlifllie Meeretsiifiibr nidit nnbetEichtlidi, die
winterliche Landverdunstung mindestens nicht ganz zu vernachlässigen ist, so-
kann man aus den meteorologischen fieobaditungen den Ursprung des Nieder-
schlags in heiden Jahreshälften nur vermuten und die Erscheinung nur hypo-
thetisch erklären, wogegen flie Abtiußmessungen nach Maß und Zahl angeben^
wieviel Wasserdampf von auß< n in das Hocbgebiet gebracht und wieder ia
flüssiger Fonn zu rückgeliefert worden ist.
Eine Erklärung des starken Überwiegens der Sommerregen ia
den östlichen Gebirgslandscha Tien und im Hochgebirge aus dea
meteorologischen Beobachtungen versagt aber vollständig, weil die sommer-
liche Meeresxufuhr dort gegenOher der winterlichen su größerer Be-
dentttng gelangt, so daB ein exheblicher Antefl des Sommenegens nicht toe
der im Gebiete selbst entstandenen LandTerdtmstiuig henOhrt. Dann handelt
es sich im Sommerhalbjahr nicht mehr bloll um Gewitterregen, die mit der
SeehOhe nicht zunehmen, sondern um Niederschlage oleantBchfin Wasier-
dampfea, dessen Kondensation bei aufsteigenden LuftstrSmiingen die höhereit
Lagen nnd die Luvseite der Gebirge reichlich mit Sommerregen überschüttet.
Am häutigsten und in besonders starkem Maße geschieht dies bei den-
jenigen östlichen < i ol» irge u . die nahe an den ZugstraBen jener atmo-
sphärischen Wirbel liegen, bei denen sieb ein Luftaustausch zwischen Mittel-
Europa und dem MittelmetTgebiet mit östlicher ("mgehung der Alpen voll-
zieht. Selbst wenn die winterliche Meereszufuhr noch den gnißereu Teil der
Jahreszufuhr bildet, i. 6. beim Hochgebiet der Wsetiuer Beczwa in dw
westlidien Beskiden 58 ^'g, überwiegt in den mehr kontinental gelegenen Ge-
birgslandschaften die sommerliche Landverdiinstimg beträchtlich Aber die
winterliche Meeresmfiihr und dringt die Prosentzahl des 'WintemiederscUags
zorfick, z. B. beim Beozwagebiet anf 39%. Für das Quellgebiet des
Queis am Nordhange d«r Sudetwi scheint nach einer freilich sehr konea
BeobadituDgsreihe die winterliche Meereszufuhr nur etwa 40"'^ der Jahres-
jdlftihr 7.n betragen, also erhel)lich kleiner als die somroerlicbe zu sein: die
Fh)zentzahl des Winterniederschlags ergibt sich dabei auf nicht ganz 30 '^'q.
Ebenso wie bei den Hochgebieten der östlichen fJebirge überwiegen :nicli
bei den vor/iigsweise aus dem H«)ebir«'birgc gespeisten Alpenflußgebietca
die Prozent /ahlen der Souiuicrrcf/en bei weitem über diejenigen der winter-
lichen Niederschlüge. Wünir mau die durch Abflußuiessungen festgesteUl<"a
^Lbflußhöhen beider Jahreshillttcn duie weiteres als Maßstab der jahresieit-
lieben Verteilung der Meereszufuhr annehmen, so ei^be tidi ein uodb viel
stärkeres Übergewicht der sommerlichen über die winterliche Meerewifiihr»
Dann wKre die Verdonstongshöhe im Winterhalbjahr erheUidi grOfiar als im
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Die Abfla£«rtc]ieiiiiiiigen in MitteUEnropa.
697
Sommerhalbjahr, in dmi sie in manchen Fällen so^,'ar negativ ausfiele, was
beides unmöglich ist. Beachtet man jerloch, daß ein großer Hrurliteil der
winterlichen Meeres/ufuhr in den Schnee- und Eismassen des Hochgebirges
zunächst gebunden wird und erst bei der verspiiteteu Schnee- und Gletscher-
Schmelze im Sommerhalbjahr zum Abfluß gelangt, so findet man bei den
auf die jahreneitliehe Verteilung hin nntersui^ten AlpenfluBgebieten gut
anter «nander übareinsttmmende Prozentttblen für die wintwliohe Heeres-
snfnhr, die etwas gröflw sind als die Broaenisahlen flir den wintwlidien
NiedeaieUag, beide bezogen auf das zugehörige Jahresmittel Danach schwanken
die Frozentzahlen der Meereszufuhr von 44 bis herab zu 38% und dea
Niederschlags von 38 bis :5')7o Winterhalbjahr. Die winterliche Meeres-
aufuhr ist hierbei an Größe wenig verschieden von der sommerlichen Land-
verdunstung: beide zusammen machen aber nicht viel über di'' Hälfte dea
Jahresniederschlags aus, da auf die sommerliche Meereszufuhr aUein etwa %
der ganzen Niedersehlagshöbe entfallen.
Oben haben wir die als Kliinasclieide /wisehen Xittel-Kuropa und dem
Mittelraeergebiet wirkende Alpenmaucr, die sich dem Luftaustausch iwischeu
Norden und Süden hemmend entgegenstellt, als mächtigen Wetterfang fiir
große Massen des unmittelbar vom Meere k<nnmenden oder auf der Land-
fliehe Mittel'Europas schon einmal niedergeschlagenen und wieder verdunsteten
Wasserdampfes bezeichnet. Die von anflen in die Alpenfluflgebiete gefShrten
und dort kondensierten Dampfinassen sind deshalb eriieUich grSßer als die-
jenigen, die in den Gebieten selbst durch Verdunstung erzeugt und wieder
niedergeschlagen werden. Allerdings scheint in den österreichischen Ost-Alpen
der Auteil des durch Landverduustung entstandenen Dampfes dem Anteil der
Meereszufuhr etwas näher zu kommen als in dem weiter westlieh gelegenen
Hochgebirge. Aber auch dort (iberwiegt die Meereszufuhr ihirt haus und ist
im Sommerhalbjahr am tfrößten, ebenso wie die sommerliche ^iiederschlags*
höhe die winterliche becieutend übertrifi't.
Wie man sieht, empfangen die Berglüuder, die näher am Meere und uu
Zugstraßen der vorzugsweise im Winter auftretenden atmospliürischcn Wirbel
liegen, in der kalten JahreshUfte mehr ozeanischen Wasserdampf als in der
wannen. Dagegen erhalten die ktlstenfemen Beiglinder in der wannen
JahreshUfte «ne größere Menge Zufuhr fremden Dampfes, falls sie sich hodi
genug ftber das fladiere Vorland erheben, um als Wetterfänge für die
hochsiehenden Sommerwolken wirken zu kOnnm. Dann kommen ihre
günstigen Kondensationsbedingungeu im Sommerhalbjahr um so kräftiger zur
Geltung, je größer die Fläche do Vorlandes ist, dem ein Teil des landver-
dunsteten Dampfes von den Winden geraubt wird: örtlich am kräftigsten
bei den Alpen, <lem gemeinsamen Wetterfauge Mittel-Europas, zeitlich am
kräftigsten in den heißesten Monaten zur Zeit der stärksten Verdunstimg im
Üachereu N'orlande.
Schließlich müssen wir noch einmal auf ilen für die bi>hmiselien Fluß-
gebiete bewiesenen I^enck scheu Satz zurückkommeu, daß die Schwaukungeu
dar Verdunstung in geringerem Maße ^mt den Schwankungen der Jahres«
tempentmr als von jenen des Niederschlags abhängen. Sr ist hei Betrachtung
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698
H. K«Iler:
der zeitlichen Beziehungen zwischen Niederschlag, Verdunstung
und Temperatur für das böhmische Elbe- und Moldaugebiet abgeleitet
word»'n. i'»L'i fiLTfiien Uiitr-isuihungen, deren Ergebnisse hier nicht mitgeteilt
w» rden können, haben wir ihn bestätigt gefunden, wenigstens für Flußgebiete
mit ähnlich starkem t^jerwiegen der Sommerregen.
Trägt man für solche Gebiete die halbjährlichen Werte der Abtlußhöbe
als Abszissen in ein Koordinatennetz und bezieht auf sie die ^rte der Ver-
lust- und NiedenohlagshShe ab Oidinaten, so erli&H man zwei Pnnktsdiwlmis,
deren Ponkte den Verlnst und den Niedersdilag der Mnzelnen Hidligahre einer
bestimmten Jabresreibe in einem bestimmten Flufigebiet darstellen. Die Oe*
setsmlfiigkttt der seitlicben Ändorungen wird dureb die mit der waohsendea
AbflnßbQhe mebr oder weniger steil ansteigenden Mittellinien dieser Pnnkt-
schwarme ausgedrückt. Hierbei zeigt sich, daß die Linie des sommarlicben
Verlustes lucht zu finden ist, weil die einzelnen Punkte nicht weit von ihr
abweichen, und daß sie sehr steil ansteigt. Dagegen läßt sich die viel
schwächer ansteigende Linie des winterliclu'n Verlustes wegen der großen
Abweichtingt-n der einzelnen Punkte si hwer ermitteln. Man wird hierbei in
ErwHgung ziehen müssen, daß erfahniiigsgemüli die Mittelteuii"eraturen der
Wintenuonate ver>chiedener Jahre um weit größere Betrüge schwanken als
die Mitteltemperaturon der Sonuuermouate.
Da fSr ein Gebiet mit geringer Durdillssigkeit die Verluste annShernd
der Verdunstung und die AbflnßhOhen aonftbemd der Meereasoftdur ent^
spreeben, so besagt jene bildlicbe Darstellung Folgendes: der durch Ver-
dunstung Im Oebiet selbst erzeugte Anteil des Niederschlags ist in
den einzelnen Sommerhalbjahren um so grOBer, je größer die sommer-
liche Meereszufuhr ist, d. h je mehr Wasserdampf in demselben Halb-
jahr von außen in das Gebiet gebracht und dort kondensiert wird. In den
einzelnen Winterhalbjahren hängt jedoch der durch Verdunstung im
Oebiet entstandene Anteil <les Niederschlags nicht allein von der winter-
lichen Meereszufuhr, sondern auch wesentlich davon ab, wie sich die
Temiterat urverhUltnisse des Winters gestalten. Die Menge der in
Schneeform fallenden Niederschlüge, Au.sbreitung und Dauer der Schneedecke,
Bodeu&oät und Eisbildung spielen dabei eine große Rolle.
Die zeitlichen Beziehungen swisdien Niedonohlag, Verdunstung und
Temperatur zeigen mithin einoi völlig anderen Gang als die örtlichen
Beziehungen beim Durobscbnittsrerhalten. Bei der bildlich«! Darstellung
der zeitlichen Beziehungen in einem bestimmten Flufigebiet steigt die Idnie
der sommerlichen Verdunstung mit der wadisendm Heraeszofiihr steil ao,
wogegen sie bei Darstellung der Örtlichen Beziehungen im Durcbsclmittshalb-
jahr schwach abfallt. Auf <ia< Verhalten der einzelnen Sommerhalbjahre
wirkt ihre Temporaturvcrschicdenheit viel weniger ein als die Größe ihrer
Meereszufubr, während die TemiM raturverschie.lenheit der Einzelgebiete gerade
im Soranieriialhjalir die h.inwirkung der Meereszufuhr auf das Maß der Ver-
dunstung üben rillt. In der kalten .lahresiiälfte wird umgekehrt bei den zeit-
lichen lieziehungen <ler EintluÜ, den die Meereszufuhr auf die Verdunstung
Äußert, von der Temperaturverschiedenheit der einzelnen Winterhalbjahre er-
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Die Abfliift«»eheiiiiingen in Miitel-Enropa.
699
iMbJich abgeschwiiiht, bei den örtlichen Beziehungen aber durch die Tempe-
raturverschicdcnhcit der Einzel^'pbicte wenig berührt.
Je größer die Pro/.cntzahl der Somnu'rreLjfu ist, uin so mehr üborwiegen
im Fhißgebift die IJedingun^a'ii, die das Maß der Verdunsturi«^ vor/.ugs weise
vom Niedersihlap abhängig muclien. Je größer di»- Prn/.mt/.ahl der Winter-
niederschläge ist, um so weniger gilt auch bei iietraclitung der zeitlichen
Beziehungen zwischen Niederschlag, Verdunstung und Temperatur der Satz,
4aB die Sohwanlnuigeii der YeKdunstimg in geringerem Maße Ton den
Sekwankongen der Jahrestemperatur ab von denen des Niederschlags abhingen.
0nd bei Betrachtung der OrÜidien Beiiehungen im Jahresmittel macht sich
die Temperatnrverschiedenheit zwischen Flachland , Gebiigsland und Hodi-
gelmge, wie oben dargelegt ist, im hohem Grade geltend. Offenbar sind die
klimatischen Unterschiede der wirklichen Temperatur im Jahres-
mittel in den vorseb iedenen Teilen Mittel -Europas größer als die
Unterscbiede der Jahrestemperatur in den Einzeljahren bei einem
bestimmiMiden Flußgebiet.
Auch luerbei zeigt sich, daß örtliche und zoitliebe Beziehungen nicht
durch einander gebracht werden dürfen, wie dies bei neueren Unter^uciiungen
mehrfach geschehen ist. Die Gesetzmiißigkeit der Abthißerscheinungen nimmt
einen anderen Verlauf, wenn ihre . Veräuderlichkoit von Jahr zu Jahr in
einem Einzelgebiet betrachtet wird, als bei der vM'gldehendMi Betrachtang
der jihrlichen und halbjtthrUehen Mittelwerte, die für das gesamte Mittel-
Europa und seine Terschiedenen Flußgebiete gefunden worden sind. Wie sich
Kiedersehlag, Abfluß, Verdunstung und Temperatur in den Einsei-
jahren und in der Flucht der Jahre durchschnittlich zn einander ver-
halten in einem Flußgebiet mit bestimmter Beschaffenheit, lißt sich f&r jedes
Gebiet durch ein Abflußgesetz ausdrücken. Abweichungen von diesem Ge-
setze werden dorch die Eigenart der Einzeljahre bedingt. Die Ermittlung
des ursächliihen Zusammenhanges der zeitlichen Änderungen bei den atmo-
spbänschen VorgUngen, von denen di< se Eigennrt abhängt, ist im Grunde
mehr eine meteorologische Aulgabe aU eine solche der Klimalehre.
Das Ziel unserer l utersuchung war die Ermittlung eines für das ge
Samte Mittel-Europa gültigen Abflußgesetzes, das angibt, wie sich Nioder-
sehlag, Abfluß, Verdunstung und Temperatur von Gebiet zu Ge-
biet und bei der ganzen Landflftche durchschnittlich zu einander ver-
halten. Abweichnngen tou diesem Gesetze werden durch die Eigenart der
Einzelgebiete bedingt Die Ermittlung des nrsftchlichen Znsammenhange» bei
den drtlichen Änderungen der Abflußerscheinongen, die diese Eigenart kenn-
zeichnen, bildet eine Aufgabe der Klimalehre. Ihre vollstftndige Lösung ist
erst m iglich, wenn untere Kenntnis der Abflußerscheiaungen selbst weiter
vertieft sein wird.
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700
Willi Ule:
Die Zukuuft der deutschen Geographentage.
\ou WüU Ule.
"Vor etwa Jahresfrist hat Halbt'aB in dioser Zeitschrift auf die Notwendig-
keit einer Kefomi der <leut>(ben < Jeoprapheiitajrf hinL'evviesen und zugleich
ent'^preeliende Vorschläge dazu gegeben. Auf diese selbst will ich hier nicht
näher eingehen, da sie bereit« E. Wagner einer Kritik unterzogen bat. Ich
stimme Wagner darin Tollkommen bei, daB di« Vonchllge Ton BUbbA
pnktiseh schwer durchfOhrbar sind und ▼ermuflich den gewünschten Auf«
Schwung der Geographentag« ■ nicht bringen würden. Was mir aber einer
not:hm;tIiL"'it KriirttM-nntr wrt erscbeint, ist die Frage nach dfn Ursachen des
Rückganges der < ieogriipliciitagc. Ihr«- richtige Hrant wdrtung wird un^ zu-
gleich die rechten Mittel zur Wiederbelebung der Geographenlage an die Haud
geben. Wie E. Wagner vermag anch ich keineswegs die Ansiebt yon Halbfkft
SU teilen, daB die Zeit der großen Geographentage gewesen sein soll, wril
die Zeit der großen Entdeckungsreisen vorüber wäre. Es unterliegt ja aller-
dings keinem Zweifel, dali Vortrüge erfolgreicher Reisender ein besonderes
Lockmittel >iii(l: alier an sobh< n dürfte es auch zur Zeit nicht fehlen, da
doch noch uumer große Autgaben auf dem Gebiete der geographischen
Fortdinng zu lösen sind. Sie haben auch tatsächlieh in der lotsten Zeit
nicht gefehlt, gerade in diese fielen ja die großen Sfidpolarreisen, die Beisen
Sven Hedins und viele andere von wissenschaftlicher Bedeutung. Aber man
hat leid«r solche Männer nicht zu den Geographentagen Ii erangezogen. Daß
das ni(ht Lr'fcbehen ist. dürfte zum Teil in einem äußeren Umstand seinen
Grund haben. Zur Zeit, wo die großen Reisenden der letzten Jahre zurück-
gekehrt waren, gab es gerade keine Geographentage. Diese werden sett
Karlsruhe (1887) nur noch alle zwei Jahre abgehaltni. Man hoffte woU da-
durch den Besuch von zwei Tagungen gleichsam auf einen konzentrieren m
kOnnen. Es war da« aber ein Trugschluß; in Wirklichkeit dürfte die lange
Pause eber eine Verminderunir den Besuchts bringen. Durch das seltenere
Zusaiiitiit tit rtten eibibmt das Interesse, verlieren viele auch die persönUche
Fühlung mit ihieu 1 uchgenosseu. Man darf auch nicht vergessen, daß, wenn
jemand znföUig an der Teilnahme yeihindert ist, er gleidi vier Jahre okat
Berflhmog mit dem Oeographentag bleibt Eine Tdllige persönliche Snt-
firemdung ist da wohl denkbar, und mit dieser wird auch das sachliche In-
teresse schwinden. Hüekkebr zu (b-m fnih'T üblichen jährlichen Zyklus halt*
ich darum tür eines der Hilfsmittel zur Wiedeibeb-bung der GeogTripbenta),^.
Bei häutigerem Zusammentreten bietet sich auch eher Gelegenheit aktuelle
Ereignisse zum Gegenstand der Srörtemng zu machen, Beisende unmittelber
nach ihrer Rflckkehr vor dem Forum ihnr Fachleute zum Worte kommen
zu lassen. Wie nachteilig in dieser Hinsicht der zweijfthrige Zyklus ^ein
kann, hat der Geographentag in Danzig gezeigt Mau Hililte die Notwendig-
keit, auf die Tagesordnung die deutsche Südpolarexpedition zu setzen, allein
diese war schon fast zwei Jahre zuvor zurückgekehrt und über sie in den
Tagesblättern und wissenschaftlichen Zeitschriften, in Tereiaeu und Kongresaa
in ansfllhrlichster Weise berichtet worden. Der Bericht auf dem Geograpbes-
tage konnte daher kaum noch ein besonderes Interesse beanq[>nichen, es fMdtt
ihm der frische Hauch des Neuen.
Die jetzt übliche Art der Programmteststellung ist meines Erachteni
ebenfalls ein Grund für den Rückgang im Besuche der Geographentage. £s
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Die Zukunft dec daatachen Geogzaphentage.
701
ist seit Jahren Brauch geworden, bereite vor der Einladung ein bestimmtes
Programm fllr die Veriiandlangen festsosetsen, sogenannte Beratungsgegen-
•tände fElr die Tagung Torzoscbreiben. Das mag vom methodischen Stand-
punkt viel für s\(^ haben, ist aber ein Zwang, der der gesunden Entuicklung
der Geographoutage nicht dienlich sein konnte. Mehr Freiheit in dieser Hin-
sicht halte ich darum für ein weiteres wirksames Hilfsmittel zu ihrer Auf-
frischung. Man sollte zunächst ohne jede Anweisung zur Aumelduug von Vor-
trügen auffordern und erat nach erfolgter Anmeldung die Vortrftge bestimmten
Gruppen zuordnen. Es wird dann jedem Gelegenheit geboten, falls er mae
allgemein interessante Untersuchung gerade zum Abschluß gebracht hat, dar-
über den P'achkreisen zu berichten. Mir will es scheinen, als ob das Auf-
stellen bestimmter Beratungsgegeustiinde oft verleitet bat zur Aiinieldung von
Vorträgen nur des Gegenstandes, nicht der Bedeutung des luhaltes wegen.
Zu beachten ist hierbei auch, daß bei diesem Verfahren besondere Neigungen
in den leitenden Kreisen bestimmte Beratungsgegenstftnde in den Vordergrund
bringen können, während andere nicht minder bedeutsame ans Mangel an
Vertretung in jenen Kreisen nicht zur Geltung kommen, wie z. H die
Anthr(»pngeogr:ii)lüe auf der Danziger Tagung. Allerdings pflegen ja auch
andere Vorträge als die, welche sich auf die vorgeschlagenen üeratungs-
gegenst&nde beziehen, angenommen zu werden. Doch leider nicht immer, wie
die Vorbereitung zum Geographentag in Danzig gezeigt hat, bei der sogar
Anmeldungen so hervorragender Männer wie Supan und Schott um des
einmal aufgestellten Programmes willen zurückgewiesen wurden. Man kehre
also auch hierin zu dem fnilieien Brauch zurück und gewähre möglichste
Freiheit denen, die sich berufen fulileu, zu den Verhaudiungeu auf den Geo-
graphentagen etwas beizusteuern. Eine größere Mannigfaltigkeit des Pro-
gramms hat sicher etwas Anziehendes und für die Tagung selbst etwas Be-
lebendes. Wenn stundenlang immer nur ein Gegenstand zur Erörterung kommt,
so muß srbließlich auch der eifrigste Teilnehmer ermüden. Man b* achte doch
auch, daü der Zweck der Geographentage nicht die strenge Nchulmüliige Be-
handlung eines Gegenstandes ist. In dieser Hinsicht tragen Kongresse doch
nur in sehr geringem Grade zur i'ürderuug der Wissenschaft bei.
Endlich erblicke ich auch noch in dem seit Jena üblichen Termin für
die Tagung einen Grund des Rückganges der Teilnahme. Pfingsten halte ich
Ar die ungünstigste Zeit zu solchen Versammlungen. Die Lehrer unserer
höheren Schulen müssen sich vielfach, wenn sie teilnehmen wollen, durcli
Kollegen vertreten lassen, da die Ferien schon vorüber sind, und die Lehrer der
Hochschulen werden durch den Besuch des Geograph eutages mitten aus der
Semesterarbeit herausgerissen. Manche von ihnen nnd auch durch b«rafliehe
Pflichten an der Teilnahme behindert Das ist z. B. bei mir selbst der FaU.
Im Laufe des Sommersemesters unternehme ich mit den Studenten eine Reihe
TOn Exkursionen, unter denen sich eine auch auf mehrere Tage ausdehnt.
Will ich nun nicht die Vorträt,'e sell)st unterbrechen, so bleiben zur Aus-
führung solcher längerer Keisen nur die Ptingstferien übrig und von diesen
wieder nur die letzten Tage der Woche, weil sich die Pfingstfeiertage selbst
aus naheliegenden Gründen nicht dazu eignen. Die Exkursion auf den Be-
ginn der großen Ferien zu verschieben, geht auch nicht gut an, da dann
häufig eine gewisse Semesterr^digkeit und zugleich auch die Sehnsucht nach
der Heimat gepaart mit Ebbe im Geldbeutel vieb> von der Teilnahme abhült.
Ich war früher ein eifriger Besucher der Geographentage; seit diese auf die
Pfingsiferien verlegt sind, ist mir der Besuch fast unmöglich gemacht, denn
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702 Willi Ule: Die Zaknnft der detiiioheD 0«ographent»ge.
ich könnte ihn nur ausfahren unter Vemadilissigung meiner höheren Pfliditen
als Dozent.
Aber auch abgesehen von mehr persönlicben Hindernissen ist die Ptinirst-
zeit überhaupt nicht geeignet fQr Kongresse, es ist eine Zeit, die weit mehr
sum Gennne der Katnr einladet als mr Teilnahme an snweilen recht an-
strengenden Sitzungen im geschlossenen Baume.
(loradc diese Tatsache ist es zwar gewesen, die eine Verlegung von
Ostern uach Pfin;_'sten veranlaßt bat. l>as oft noch kalte Osterwetter paBte
nicht zum Prugramm der Tagung, auf das mit Recht auch Exkursionen
gesetzt zu werden pllegen. (iewiB besitzen diese eine große Anziehungskraft
und auch einen h(^en Lehrwert, allein der Schweipunkt der Geographentage
liegt nicht in ihnen, er liegt auch nicht in dem Halten und Anhlbmi von
Vortrigun, Tielmehr unzweifelhaft in dem Zusammentreffen zahlreicher Fadi-
genossen . unt'-r denen dadurcli ein fruchtbrinpender Gedankenaustausch er-
möglicht wird nie Vortrüge und E.vkursidnen sind gleichwohl notwendig,
sie geben der Tagung eine feste Grundlage und bringen vielfach erst die An-
regung zur Offendidien und privaten Dtdcnsfdon. Bei der Vorfaerritung der
Qeographentage sollte dieser Gesichtspunkt in erster Linie ins Auge gefoBt
werden; es muß daftir gesorgt wenleii, daß sich möglichst Gelegenheit m
persönlichem Verkehr unter allen Teilnehmern bietet und daß diese durch
die Vortragr,g('grn>tIiiide in möglichst lebhafter Weise augen-gt werden. Auf
Exkursionen wäre das nicht im vollen Umfange möglich, sie sehließen die
Teilnahme ftlterer Herren unter Umständen ganz aus und vermögen auch
nicht immer vielseitige Anregung zu geben. Die Bedeutung der Ezkursionoi
will ich darum keineswegs in Abrede stellen, ich weiß aus eigener Erfahrung
ihren Wert vollauf zu schützen und wtlrde sie nur ungern ganz missen, aber
immerhin doi^h liel»er darauf verzieliten , als ihretwegen den Geograpbeniag
auf eine ungünstige Zeit verlegt sehen. Also auch hier Rückkehr zu dem
früheren Brauche I Man verlege die Geograpbentage wieder auf die Oster-
ferien, wo gleichzeitig die Lehrer unserer höheren Schulen wie unserer Hodi-
schulsn freier und auch hereitwilliger zur Teilnahme an ihnen sind.
Ifit meinen Ausführimgen komme ich vielleicht zu sp.1t: denn die Vor-
bereitung zur niirlist jahrigen Nürnberger Tagung dürfte bereits im Gantfe
sein. Allein ich hielt es tiir meine Pflicht, als akadenusciier Lehrer meine
Ansicht zu äußern, da in der Diskussion über die Zukunft der Geograpben-
tage wiederholt — so von E. Wagner in dieser Zeitschrift und von H. HsscIe
im „Geographischen Anzeiger** — gerade die akademischen Lehrer um HiUt
angerufen sind. Es ist sicher nicht Mangel an Iiitere->e gewesen, die diese
TOn detii lel/.ten Geogra])lit'nt ag in gnißerer .\n/iihl als sonst fem gehalten
hat, sondern der (irund dafür lag doch wohl zum Teil in der für sie gani
besonders ungünstigen Zeit der Tagung, bides auch ein stürkerer Besuch
von Seiten der akademischen Lehrer allein wird den Geographentagen haus
die erwBnschte Auffirischung bringen, es mflssen auch sonst Yorkehmiign
fOx ein regeres Leben und eine größer»- Tt ilnalmie getroffen werden. DsB
ist meines Erachtens zu erreichen durch schnellere Folge der Tagungen,
durch größere Mannigfaltigkeit des Programms sowie durch Wahl einer
günstigeren Jahreszeit für die Zusammenkunft.
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J. Hundliftoaeii: Die Platte switohen Bnmiitra nnd Borneo. 703
IHe Platte swischeB SsBiatra oBd Bmeo.
Von J. Htmdliatiseii.
Auf d«r weiten Fuhrt von Genua bis und um Süd-Asion sind es auj-
wenige Stellen, wo die Oberfläche des Meeres durch starken Farbenwechsel
die Aufmerkninkdt anf neh sieht Zuerst ist es die bekannte ftlteste nau>
tische Beobachtung bei der AnnSherang an die Mündung des Niles, ▼on
dessen weit ins Meer hin reichender Trflbnng Herodot erdhlt, daß die
Schilfer wüßten, noch oine Tagosfahrt von Ägypten entförnt zu sein, sobald
sie das Blau d»'s Meeres in grau umschlagfn silhon. Daiui folgen im Roten
Meere die wundervollen hellblauen Streifen des Strand wassers, welche das
Auge entzücken, aber den Seemann, uls gefährliche Korallenriffe bergend, zur
Vorsozge mahnen. Indessen, das sind bd.des geringe Erscheinungen im Ver-
gleidi zu der ausgedehnten Veränderung, die der Ozean an zwei anderen
Stellen zeigt, am Eingang in den malajischen Arehipel und im Gelben Meer.
Ich will hier nur von ersterer sprechen.
In der Malakka-Sti aüe fällt die Farbe des niederen Wassers zunilciist
nicht stiirk auf, weil die Fahrt zu kurz ist {v.. T. auch bei Nacht verläuft),
als daß eine vorübergehende Untiefe in einer Meeresstrafie besonderen Ein-
druck machen könnte, flhrt man aber von 8ingapore südwärts nach Hol-
Iftndisch-Indien , so steigert sich die Erscheinung in einer Weise, die unsere
ganze Autinerksainkeit lesselt. Die Farbe des Wassers wird trüblich hell bis
Schlamuag l'ahl, ni;ui sieht die Fahrrinne stellenweise mit liesen aV)gesteci<t
wie bei uns in den Wattenmeeren und die bei bewegter See gradczu bo-
ingstigend wirkende Nihe des Meeresbodens dauert nicht hloB Stunden,
sondern hUt ein paar Tage an.
In der Hauptsache ja bekannt, maeht diese enorm ausgedehnte Untiefe
im malaiischen Areliipel bei der wirklichen Durchfahrting einen Eindruck,
wi'- man ihn nai'h der bloßen Kenntnis aus der Literatur doch nicht erwartet.
Studiert raun die Untiefe auf den Seekarten der englischen AdniiralitUt,
SO ist man znnftchst erstaunt über die ungeheure Anzahl der Tiefenmessungen,
die sich in gleicher Weise nur bei Httfeneingftngen und Hauptstrafien wie
beim Ärmelkanal, kaum aber ein /weites Mal in derselben bitensit&t über
einem so großen Oebiete wie hier wie<lerfinden. Mit vielen tausenden von
Faden/.ahlen sind die Karten übersät, und es erweckt fast den Anschein, als
sei hier das Meer besser ausgemessen als das Land, mit Ausnalnne natürlich
Ton Java. Das Bild dieser Zahlen entspricht in der GleicbinUßigkeit der
Erscheinung durchaus dem erlebten Eindruck. Muß man in diesem Gebiet
der zahlreicbsteu vulkanischen Eruptionen auch zunSchst an eben solche
unter dem Meeresspiegel «lenken, so ist doch das Relief dieser Untiefe ein
ungleich pheneres als da- der Inseln mit iliren Vulkanen. Ob die suli-
marinen Kef^el durch den Wellenschlag 7Air Klieue ausgeglichen wurden, oh
ein altes Stuck des asiatischen Kontinents durch Abrasion oder durch Ab-
sinken unter die MeeresoberflSche gekommen ist, wer will diese unsicheoren
Fragen entscheiden?
Aber eine andere Frage scheint mir mit weit größerer Wahrscheinlich-
keit beantwortet werden zu können. Wenn nämlich die große malayische
Untiefe während der Eiszeit nicht noch tiefer oder wenigstens nicht sehr viel
i^iyui^ud by Google
7U4 J- Hundhausen: Die Platte zwischen Sumatra und liorneo.
tiefer war, als heute, so kOnnen wir mit Gewißheit sagen, dafi, auch ih-
j^esehen von allen vnsichern Annahmen über ihre son'^tige Hebung und Sm«
kling, diese ganze ansrrndehnte Senke /.iir Eiszeit Land gewesen sein muß.
Das heißt al^o, daß damals die Halbinsel Malay soNNie dif* auf dem frag-
lichen (Jebiet liegenden großen und kleineu Inseln, namentlich also Sumatra,
Java und Bomeo eine Ificfanlos unter sidi nnd mit dem asiatisehen Kontinent
insammenhingende Landmasse gebildet haben. Das folgt zweifellos ans den
Tiefenzahlen.
Denn es ist ja klar, daß sich (g^anz abt,'esehen von sonstigen lokalen
Ä.ußeninL'fn ) d» r llaupteinfluß der Ei^zeit auf jene tropisLlitMi Länder darin
ausdrücken muüte, daß in Folge des als Eis auf dem Lande niedergeschla-
genen Wassers ein Herantordr&eken des ICeeresspiegels stattfinden mafite.
Hermann Wagner hat diese Niveansenknng auf 66 m berechnet, eine
Schltsnng, die eine spfttere Erweiterung unsrer Kenntnis von dem eiszeit-
lichen Phänomen wohl nur erhöhen könnte. Lorren wir diese Zahl als intra-
placialen Nullpunkt fest, so wird die malayische Untiefe in jpn»'r Zeit zu
«inem Land, das von der äquivalenten Zahl von 36 Faden auf den Cliarts
umgrenzt wird-
80 bestimmt, erstreckt sich die große Platte geschlossen swischen dem
Festland und den genannten Inseln. Hure westliche Nordgrenze liegt ziem-
lich genau auf dem f&nften Grade n. Br., w&brend sie un Osten der Malaj-
Halbinsel auf Tinmeo zu etwa zwei Grad südlichpr liegt. Im Westen und
Süden bildt n Sumatra und Java (mit Madura und Bali) den Abschluß.
Die Ostgreuze wird gegeben durch einen entschiedenen Abbruch zwischen
Boxneo und Oelebes, der sich im Westen von Gelebes an den Kalu Kalukuang-
Inselchen Torhei durch die Lombok'Straße zieht (mit Sterken tiefergehendea
Variationen seitlich) und sowohl Gelebes wie die kleinen Sunda-Tnseln auf
das bestimmteste trennt von jener großen zusamintMibängenden Tafel westlich
von diesen. Die Karte verzeichnet zwischen Honieo und Gelebes die sonst
in jenem Gebiet nirgends eingetragene Uundertfadenlinie, welche gegenüber
der Liban j-Bay auf Oelebes am weitesten nach Osten TOrstfiBt Die 86-Faden-
linie würde nicht sehr weit Ton ihr abweichen; sie niher auszuziehen hak
keinen Zweck, da es sich hier nur um die niemals bestendene Verbindung
mit Oelebes handelt, was durch das Vorhandensein einer 100 -Fadenlinie
umsomelir bezeichnet ist.
Die dunlist liiüttliche Tiefe der so umgrenzten Platte mag um zwölf
Faden betragen, so daß die glaciale Landerhebang etwa 24 Faden also
etwa 44 m betragen h&tte. Im Kordwesten sog sich ein sidi gegen die Aroa*
Inseln zuspitzender seichter Graben von wenigen Faden Tiefe hinein usw.
Es liegt nicht in meiner Absiebt, hier auf solche Einzelheiten weiter
einzui^eben, ich wollte nur darauf hinweisen, daß die bemerkfnswtrte in-
din kte Einwirkung der Eiszeit, die in der allgemeinen Herunterdrückung
des Meeresniveaus lag, an dieser auffallenden Platte zwischen Sumatra und
Bwneo in besonders ausgeddmtem MaBe hat sum Ausdruck kommen müssen.
Fflr die Verbreitung organischen Lebens war diese glaciale Laadpiatte natfir^
lidi von wesentlicher Bedeutung.
Dlgitlzed by GoogI(
Geographische Neuigkeiten.
705
Geographische Neaigkeiten.
ZuüUuneogeeteUt von Dr. Angast Fitaau.
« Die Oberfläche des aKiatischen
Rußlands ist von Tillo und nach des-
sen Tode vou Öchokalaky auf Grund
4er yon Boleohew geieicluieteii grofien
Kart« von Russisch-Asien im Maßstab von
1:4200 000 neu bestimmt worden; die
Ergebnisse, soweit sie sich auf die Flä-
cheninhalte der QoaTernements
und Provinzen von Rtuailch-ABien be-
xieben, sind nach Hammer in Peter-
manns Mitteilungen 1906, Ö. 235 folgende:
Aeiatisches BnBland: itSSOlSOqkm.
A. Sibirien 18 891 920 qkm
1. Amurprovinz . . 447 l'<0 qkm
2. Gouv. Jenisseisk . 2 604 420 „
S. Prov. Transbaikalien 618 280
4. OoQT. Irkntsk .
6. Küsten provinz .
6. (iouv. Tobolsk
7. Gouv. Tomsk .
8. Prov. Irfcotsk .
»♦
«*
746 650
1 842 430 „
1327 310 „
862 530 „
8 947 650 „
12 891 920 qkm
. 3 4H8 210qkin
. 566 590 qkm
4.
ö.
6.
7.
8.
9.
n
n
n
M
B. Z ontral- Artien
1. Prov. Akmolinsk.
2. Transkaspische Prov. 667 080
8. ProT. Samarkaod 87 080
Semipalatingk 5" 6 780
Scmirjetschensk 395 *.(30
Syr-barja . . 515 850
TargM. .. 464 960
rralB'< . . . .'502 110
Ferghaua . . 122 430 „
8 488 210 qkm
€. Teile vom europft-
ieehen Ruftland(TeUe
von Orenburf^ , Perm,
UiimHk), die /.um asia-
tischen Rußland gerech-
net werden .....
D. Khiwa
E. B u c h a r a
AsiatiBcliea Iiußland 16 380 130 qkm
* Eine Expedition nach dem
Antiianrns nnd naehMeeopotamien
bat Dr. Hu^o Grothe aas München
mit kaiserlicher I ntüiHtützung zu Anfang
des Herbstes 1906 vou Konstautinopel aus
angetreten. Ghnothe benatste die anato-
lieehe Bahn bis sa ihrem Endpunkte in
288 070 qkm
50 470 „
'JIT) 4f,(t „
j Eregli und ging von dort auf Wegen, die
seit MoHke und seinem Kameraden
Oberst Fischer von keinem Europäer
betreten waren, nach dem Antitaunis.
Im Tale des Bozanti, dem auch die sa-
künftige Bagdadbahu folgen wird, und
in den benachbarten üerglandschaften
wurden Untersuchungen über Mineral-
zeiehtom nnd AnbanflUiigkeit angestellt,
dann wandte man sich am Südabhang
des Antitaurus nordoHtwiirfs, marschieite
fünf Tage durch herrliche Hucbgebirgs-
wftlder and erreichte schlieftlich Kaisarieh,
nachdem man mit Eifer Inschriften und
Skulpturen für eine vorderasiatische Aus-
stellung gesammelt hatte, welche die
Orientaliiche Gesellschaft in München
veranstalten will. Von Kaisarieh ans ge-
dachte Grothe Uber Maraeeh nach Moesnl
SU gehen.
AftrÜM.
« Von Hanns Vischers Reise
durch die mittlere Sahara S. i«)4';-
liegen briefliche Nachrichten des Reisen-
den ans Mursuk Tor, welche in Petermanns
Mitteilungen 1906, S. 24o reröffeni licht
werden. Danach gelangte Vischer in drei
leichten Tugi.-miir»cheu vou Tripolis aus
nach dem 1) jebel Gharian, wo er rOmieehe
Ruinen uini ganze unterirdi.'-che Dörfer
zwischen Hainen von Oliven und Feigen-
bäumen antraf. In Folge von Streitig-
keiten, die unter den Trägem entstanden
waren, teilte V^ischer die Karawane: er
selbst zog mit den Negern und in Beglei-
tung eines türkisch^'n Ofti/.ierä, der mit
40 Soldaten zu ihm gebtoßen war, der
Boute Barths folgend nach Munik,
während die Arabi-rleute unter einem
arabischen Führer auf eiueuj andern Wege
nach Murzuk zogen, wo »ich beide Teile
wieder Tereinigten. In Mursuk, wo groBer
Empfang durch den Gouverneur stattfand,
bereitet sich Vischer auf ilie WeiterroihC
vor, er hutft zu Neujahr am Tsad-See
einzutreffen. Auch ein Besuch von Tibesti
ist in Aussicht genommen worden. Lei-
der scheint die Ex|>t'<liti(in nach ihrem
Aufbruch von Mur/.uk uicut weiter so
ruhig verlanfen an sein, wie bis dahin.
Telegraphische Naohriehten vom 19. Okt.
«flOsn«Uaah*SMlMhiill. IS-Jakcgug. ISO«. tl.BUI.
48
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706
Geogrsphisehe Neaigkeiien.
aoa Tripoli» meldeu, duü ViBchers Kara-
wane ftnf dem WeHemuuraeh naefa Sfldea
boi Tedjerri südlich von der Oase Gatrun
2<ȟ km von Miirzuk von Tuareg ange-
ghtfeu, daß aber der Angritf ohne be-
sondere Verlaite ebgeschlagen wurde.
» Die deatschü Expe<litiüi. / ir
Erforachung d«T Sohlafkran k !i> it
unter Prof. Kochs Leitung (S. 1GU> hat
jetet ihr Haoptquarfcier auf den Seeee-
Ineeln im Viktoria -See anfgeschlagen,
wohin sie in den ersten Tagen des Sep-
tember von Kntebbe aus übergesiedelt ist.
Da die Serae^Inaeln, die tob Schlafkrank-
heit und Rückfallfieber im hohen Grade
verBeurht sind, nur sehr mangelhafte
Unterkuut't uud Verpflegung bieten, hatte
Stabearst Banse auf der ▼on Kooh da-
zu bestimmten Insel Ugalla vorher bereite
in Form eines fest^'n Zeltlufjers (Quartier
gemacht. Mit Prof. Koch arbeiten zur
Zeit auf den Sesse-Inseln die Professoren
Kleine und Beek und die Stiibsärzte
Banse und Kndicki- Srhon in den
ersten Tagen der begonnenen Arbeit sind
den Foracbem an SOO an den ersten Sta-
dien der Schlafkrankheit (Trtfjjanono-
tnyusis) Leidende /.n^Tströnit Dii* 'ilos-
sinen, die gefilrchtetcn . die Krankheit
Übertragenden Stechfliegen, sind in Masse
toihanden, nnd auch die im Viktoria-See
häufigen Krokodile bieten wichtiges wis-
senschaftliches Untersuchungsmaterial. Das
Ende der Expedition, mit deren liesul-
taten Koeh bisher solrieden ist, ist noch
nicht abzunehen ; die Arbeiten auf den
Sesge-Inscin hotft man vor Sommer IWil
beendigen zu können.
* Eine Forschnngsreise im Ott-
horn von Afrika hat Don Li vio Cae-
tani, ein Snhn des Herzogs von Sermo-
ueta, der bitiber Öekretär der italienischen
Qeeandtschaft am Hofs H eneliks war, vor
Antritt seines neuen Postens in Petersburg
angetreten. Der Reisende gedachte von
Addis Abeba aus durch das Gallaland
den Budolf>See sn erreichen, diesen sn
nmwandern und in den Quellen des Omo
vorzudringen; voraussichtlich wird sich
die Reise bis iu den Sommer 1907 hinein
erstrecken.
♦ Im Laufe de« Monat Oktober «ind
in D e u t s c h - S fi d w e h t a t'r i k a zwei
Eisenbahnen iertiggestellt worden,
wodnrch die wirtaehalUiche Entw^^ung
dieser Kolonie hoffentlich ein heseblen-
nigteres Tempo annehmen wird. Im nörd-
Hehea Teile iek die Otawibahn« welche
die kupferreichen Otawiminen mit der
Küst4> verbindet, um die Kupfererze zur
Ausfuhr bringen zu können, fertiggestellt,
so da6 für die ersten Monate 1907 der Beginn
der Ausfuhr erwartet werden kann. Von
größerer Bedeutung als diese ausschließ-
lich einem Privatunternehmen dienende
Bahn ist die im Sflden der Kolonie fertige
gestellte Eisenbahn von Lüderitr. bucht
nach Kubub. die nicht nur für die
Verptlegung unserer im Süden stehenden
Truppen sondern auch fBr die AnfiMdilieflang
der ganzen südlichen Hälfte der Kolonie
von größter Bedeutung werden wird. Der
Hauptwert der Bahn liegt vorläufig dann,
daß es jetzt möglioh ist, den sich von
di r Kü>te 80 bis 100 km laadeinwiltt«
erntreckenilcn wasser- und vegetations-
losen Wüstengärtel gefahrlos durchqueren
nnd das grasreiehe Innere dee Luides in
wenigen Stunden erreichen zu können.
Der Biui der Bahn, die als Anfani:!it:li'd
einer sich später au das Kupbahunetn
anschlieSenden Inlandbahn die Kapspur-
weit«- von 1 m hat, gestaltete sich beson-
ders in dem Dfinengurtel zwiscliei! l'J
und 26 km wegen der gefürcht«ten Wan-
derdünen sehr schwierig, konnte aber in
der knnsen Zeit von sieben Monaten so
Endf geführt werden. Die Bahn hält
sich nördlich des Tsi-haukaibis- uud des
Tsinubgebirges und endet vorluuhg bei
der Wasserstelle Ans« ohne die kleine
Militilrstation K»ibub zu benUiren; sie ist
rund IHS km lantr. über\s'inilet Steiguim-'ü
von 1 : 40 uud hat außer den beiden Kud-
bahnhOfen drei Zwisehenstatiooeii, die je>
doch nur fHi Betriebszwecke in Betracht
kommen. Zur BeschulTung de« für den
Betrieb nötigen Wassers sollen längs der
Bahn Wasserbohmngen ansgefBhrt we^
den, von denen man sich auf Grund geo-
logischer l'ntersuihuugen einen guten
Erfolg verspricht. Ihre volle Bedeutung
wird natfidich die Bahn erst erlaagoa,
wenn sie ihre Fortst tzung bis nach Keet-
m.mshoop gefunden haben wird, wozu
hoffentlich der im .lanuur 1907 neu zu
wftUendeBeicbstag die nötigen Mittel ge-
währen wird.
Nordamerika.
* Die Zahl der in den Uet>ervatr
gebieleii derVeceiiiiglen Staaten lebenden
Indianer w&chst entgegen dergewOhn»
üiyiiizcu by Google
Geographische Neuigkeiten.
707
licll6n Annahme langsam aber stetig', wie
Mia einer Statistik hervorgeht, die kürz-
licli von dem Major Larrabee, dem Be-
ToUm&cbtigten fdr die indianitdien An-
gdegeidieiten in den Vereini^rten Staaten,
■USanimen^estollt wurde Im Jahre 1830
sUüie mau 262 404 Indianer, im J. 1860
«54 800, im J. 1880 256197, im J. 1900
272 023, und heute z&hlt man 284000 In-
dianer. Die Legende von dem Aussterljeii
der Indianer führt Larrabee auf die
durch die Schilderungen der ereten Bei-
oenden herrorgemfene Meinung zurück,
daß das Lund ursprünglich dicht mit
Indianern bevölkert war, was aber nicht
der Fall war.
Nord-Polargesrenden.
* über den Verlauf und die Krgeb-
nisse der Expedition den Filrsten
Albert TOB Monfteo aftch 8pitsber>
gen (S. 414) berichtet La G.-ogr. 1900,
S. 172. Die Expedition, an der außer
dem Fürsten selbst Dr. Richard, Di-
rektor dea ozeauiiehen Mnaeome Ton Mo-
naco, Dr. Portier, Dr. Bruce, der ein-
stige Leiter der B< hot tischen Südpolar-
expeditiou, Kupitiiu luachaeu und Pro-
feMor Hergeaell «u StraBburg aU
wieaemchaftliche Mit<;lieder teilnahmen,
verließ am Juli an Bord dtr „Prinzeti
Alice*' Tromsü und ging am 12. deti»elbeu
MoBftta in der King-Bai nn der Westkfiete
von Spitzbergen vor Anker, wo <lie mit
den Landefiforsi liuii^'e!! beauftraii^teii Ab-
teilungen au Land gingen. Am 14. Juli
ging Bruce mit 8 Mann nach Prins Karl-
Vorland, einer ijrdßen bisher noch un-
l el:iinnten ln!<el au der Westküste Sjiitz-
bcrgeus, und nahm trotz häutiger Giebel
die nördliche H&lfte der Lusel wfthrend
eines mehrwöchigen Aufenthaltes auf.
Eine andere Abteilung'- unter Tnai hucn ver-
maß vom 13. bis 19. Juü die Kruuz-liai,
fahr dann anf dem Tender „Qvedfjord"
am 90. Juli nach Smeerenberg und machte
sich von hier aus fofort an die Erfor-
schung des nordwestlichsten Spitzbergen;
man teilte sich in zwei Abteilungen, er-
forschte in 96 Tagen die ganze Gletecher-
wolt in diesem Teile der Insel und .er-
einigte («ich wieder in der Kreuz- Bai,
worauf Isachseu noch von deu Gletschern,
die in die Smeerenberg-, Magdalenen- and
Kreuz-Bai münden, Aufualimen großen
.Maßstabes machte. W&hxend dieeex Zeit
kreuzt«' der Fürst mit Richard und Por-
tier an der Küste von Nnrdwost-Spitzber-
geu und befaßte sich du bei mit ozeano-
gr.iphischen nnd soologischea Unter-
suchungen; Richard allein veimochte 84
Zü^-^e mit feinen Netzen air-/nFMliren und
zahlreiche wieBenscbaftliche i'hotographien
aolbmehmen. WShrend dergaoaen Kreazer-
fabrt studierte Prof. Hergesell durch
Ballonaufstiepri' die meteorologischen Ver-
hältnisse in großen Höhen ; man kann
deihalb von deu vielseitigen Untersuchun-
gen, die von der Expedition aoegeftthrt
wurden, eine wertvolle Frir^Ti/nng der
Bchwedischen und russischen Forschungen
in dieser Gegend erwarten.
« Von Pearye Nordpolarezpedi«
tion sind nun endlich günstige Nach-
richten ein^'etroffen, aus denen hervorgeht,
daß sich die Expetiition, nachdem sie die
hOehite bis jetst enreiehte Breite von 87 *
6' erreieht hat, wohlbehalten auf der
Heinirt-ini' befindet. Dm Verlauf der Ex-
pedition schildert kurz das Telegramm,
welches Peaiy von Hopedale in Labradcw
am 2. November dem Pearv -Arktic-Clnb
in Neuyork f^esandt !i;it: .Ahe *Booae-
velt^»^ überwinterte uu der Nurdkübte von
Gvant-Land« etwa« nOrdlieh vom Haupt-
quartier des »Alert* im WiutiT l><rt4 «5.
Wir gingen im Februar auf Srhlitteu via
Kap Uekla und Kap Koiumbiu uucii
Norden, wnrden aber durch offenes Was-
ser zwischen 84"' und 83* aufgehalten.
Jenseits de.t H(\ Breitenfrrades' zerbrach
ein sechstiigiger Sturm das Kis, schuitt
die Yerbindong mit den Unterstfltsimgs-
kolonnen ab und trieb mich nach Osten.
Wir erreichten den 87. • 6' auf dein Eis
stetig nach Oateu treibend. Auf der
Rflekkdir aften wir adit unserer Hönde;
wir trieben nach Osten, wurden durch
otfeneii Wasser auftjelMlN'n und erreicliten
endlich die Nordküste Grönlands in be-
drängter Lage. Wir erlegten einige Mo-
BchuBOchsen nnd kehrten die grOnUndische
Küste »iitlang nach den» SchitV zurück.
Die beiden ruterstützuugsabteilungeu wur-
den auch nach der Nordküste ChrOn-
laad getrieben ; eine von ihnen wurde im
verhungernden Zustiind«' gerettet. Nach
einer Woche p>holung auf der Koose-
velt< fuhren wir auf Schlitten nach Westen,
vollendeten die Toor längs der Nordkfiste
ton Graut-Land und erreichten weiteres
Land nahe beim 100 l.ängeugrad. Die
48»
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708
Geographische Neuigkeiten.
HAunreite war ein unaufhörlicher Kampf d&e arktische Eifl, du er vom Schiff auf
mit Eis und Aviflri<.'em Wind." i'enry öfters betrat, zu machen. Da ihm aber
bat also seinen ursprünglichen I'lan, an die Waljäger nicht, wit> er erwartet hatte«
der Nordkfiete tod QrOnluid oder tob ' mit YoRiten für eioe Überwintertmg m-
Grant-Land zu überwintern und im Februar sehen konnten, miifite Harrison am Ende
aufschütten polwärts vorzudringen, durch- dee Sommers wieder mit nach der Herschel-
föhren können; au der Erreichung des . Insel zurückkehren, wo er auch den zwei-
Kordpols hindert«! Um nnvorhergesebene ten Winter Terbringen will. Im Frdhling
Scbwierigkeit-en, trota deren er ab«; noch Tjut will er dann znnäohHt eine Reise
einen ;,'r(»licii Krfolp, am weitesten nach nach (>s,t(;ii antreten und auf dfm Eise
Norden vorgedrungen zu sein, erzielen der Küste entlang zurückkehren. Im
konnte. Dnrch die Schllttenreine naeh ^ Sommer lollen WalfSiumr von San Pran»
Westen entlang der Xordküfite von Orant- ; zisco aus Vorräte zur Ubenrinterung auf
Land tind die Auffindung bisher unbe- Banks-Land mitbringen und Harrison
kannt-r Teile des nordamerikanischeu selbst nebst zwei engagierten Eskimo-
Archipels bat Peary auch auf dieser Heise Familien dorthin bringen Dae Ergebnil
aar Erweiterung nnserer Kenntnis der der bisherigen Untersuchungen bilden
Arktis beigetragen : Karten von der Baillie- und der Herschel-
* Amundsen ist mit seiner Expe- Insel mit einer Reihe von Lotungen zwi-
dition auf der „Gjöa'' am 19. Oktober sehen beiden Inseln, die wegen der Hafen-
in San Fnu»i«co angekommen nnd hat annnt jener KAste von besonderem Werte
von dort di • Heimreise durch die Ver- sind. Auf Grund zahlreicher neoliach-
einigti-n Staaten n.ich ' hristiania ange- tungea über die Eisdrift kommt Harrison
treten. 1 her das Ergebnis seiner Reise zu folgendem Ergebnis: Es besteht eine
tnfleiie sich Amondsen sehr befriedigt in Drift, welche von Point Banow nordost-
der festen Überzcugong, daß er den wärt« führt und welche mit den Gewäs-
magtleti^<chen Nordpol, da« Ziel seiner Bern des Mackenzie etwas nördlich vi»n
Reise, tatsächlich erreicht hat. Die Ord- der Herschcl- Insel zuäummeutnüt. Da
nnng des Materials nnd die Berechnung diese Wassermenge nach Norden oder
der dn*ij&hngen Beobachtungsreihen wer- Osten keinen Ausweg findet, wird sie
den ungefähr drei Jahre in Anspruch nach Nordwesten g'^drängt und nimmt
nehmen; erst dann wird man im Stande schließlich die Richtung der „Jeanette"-
aein, die Ergebnisse der Expedition in nnd .,Fram*'-Orift an. Für die ErUiraag
Bezug auf die Verhältnisse des magneti- der Strömungsverhältnisse im Polarbecken
Mchcn Nordpols klar zn erkennen. Die int diese Mitteilang von großer Beden-
sonstigen Beobachtungen und Erlebnisse tung.
während der Expedition werden nach der Mmtb«
Bflckkehr nach Christiania veröffentlicht I * Das Yermesfongasohiff „Planet"
werden: <lie ganze während der Fahrt ist programmäßig an seinem Bestim-
angelegte Sammlung arktischer Objekte mungsort Matupi eingetrotfeu (S. ödä) und
wird der norwegischen Regierung zur steht nnn am Beginn seiner eigentiichen
iVerflBgung gestellt werden. | AutVale, der Vermessung des deut-
* t^ber die Tätitjkeit der Harrinon- H<'ht'n S ü da ee- (> e bi et es , di»- ungcflUir
NordpolarexpediLion ^.S. 467; während 15 Jahre in Anspruch nehmen wird. Das
des Sommers 1906 berichtet der Leiter Schiff wird nuäcihsl die Hermite-Tnseln^
der Expedition in einem Briefe vom ein Atoll im Norden von Neu-Ouinea,
i6. August von der Herscliel- Insel aus aufsuchen und hier mit den hydrographi-
(Geogr. Jüurn. linxi. S 512). Den Früh- sehen Arbeiten beginnen. Daran schließt
ling und die ersten Sommermonate ver- ' sich die Yermesdung des Nordostens, der
bnudite Barrison anf der HereeheUbsel; Kdsten ron Neu Mecklenbntg« des vor-
erst im Juli bot sicli ihm die (lelegenheit gelagerten Neu - Hannover« und der St.
zur Überfahrt nach Banks-Latid au Bord Matthias-Insel, dann der Gewässer nörd-
eines Walfängers. Während der sechs- lieh von Nea-Pommern bis zum Kaiser
wöchigen Kreuserfahrt, die ihn bis cnm Wilhelm- Laad, dw Admiralitftts-Inseb
Kap Kellet auf Banks-Land brachte, ver- und des Gebietes im Südosten. Das alte
mochte Harrison wertvolle Stadien über Vermessungsschiff „Möwe*^ bat in einer
Bfleberbeapreehnngeii.
709
lOjäbngen Tätigkeit 1000 km Küstenl&oge
vttmMMn; 4ai noeh unvermentne Gebiet
hat eine KüsteuHtrecke von 7()00 kni; es
WjVren somit nach dem alt i n \'t'rriilireu
noch 70 Jahre für die VermeHSung uuserea
Sfidflee>Schutzgebieto8 erforderlich. Dank
der zweckmllSigen Einrichtung des mo-
dernen Vermessun^'-isrhifffs „Plftnet** und
der Anwendung der von Dr. Pulferich
erfundenen Stexeophotugrammetrie wird
es »ber gelingen, dM Gebiet in 15 Jabxen
SU yemenen.
Persöiiliclios.
* Am 22. Oktober Htarb zu Jena im
Alter ?on 69 Jahren der ehemalige Pro*
fessor der .Anthropologie ond Uvgeidlichte
an dir L'niveraitilt Leipzig Dr. Kmil
Sc b m/dt. Der (ielehitti war aut dem
Gebiete der amerikanitehen Urgeaehiehte,
der physischen Anthropologie und Kranio-
logie eine AutoriUU und veröffentlichte
seit 1872 eine Reibe von benorragenden
Werken und Abbandinngen Mt diesen
Gebieten. Durch eine 1889 naoh Indien
und Ceylon unternommene Reise, über
welche er zwei Werke: „Heise in äüd-
I Indien'^ und „Cejrlon" verötientlicbte, hat
' sieh der yerKtorbene auch den Geogra-
j pben vorteilhaft bekannt gemacht. Un*
svre Zeitflcbrift verliert in ihm Mnen Ter-
I dienten Mitarbeiter.
i* Bei der diesjährigen Wiederkehr des
Todestages Ferdinands v.Biehtbofen
ist in Berlin ein Eichthofen-Taj? be-
gründet worden ais Vereiniguiifr ehe-
maliger Schüler de» großen Uelohrien.
Der Zweck dieser Vereinigung ist die
PHege dea Andenkens an die Persönlich-
keit und die Lthcnsarlteit Hirl^thofens,
sowie die Förderung aller Untemebmuugsn,
die sich an seinen Namen knflpfen. Der
I Ricbthofcn-Tng wird vorwi^ttid wi,Ren-
scliultli' lif Ziele verfolgen und die Er-
haltung und Weiterentwicklung der von
Bichtboten vertretenen Forsehnngsprinsi-
pien in der Geographie zu fördern streben.
Der nächste Richtholen-Tn^ wird wieder
lam Todestage des Forsciiorä im uücbsleu
Jabre in Berlin einbemfen werden. (Zn-
I Schriften sind zu richten an Dr. E. 1' i e s » e n,
Berlin - Friedenau, Friedrich Wilhelm-
I Platz C.)
Bftclierbesprei; Illingen.
Pencfc y Albr. n V o h a (• h 1 11 n a 1 ? ren len ermöglichten. Mit (lenugtuung
Grundlage der Geographie, vernehmen wir daher (S. 62;, „daß die
68 8. Berlin, Gebr. Bomtnlgcr 1906. ! prenfiische Regierung die MOglidikeit mr
Unter diesem Titel hat Pen ck seine ! weiteren Ausgestaltung des geographischen
Abschiedsrede an seine Wiener Schüler HochsLliult-tudiuins in Berlin durch Ge-
und seine Berliner Antrittsvorlesung ver- Währung von Mitteln zur Voroabme von
OffentUcht. Beide Reden verdienen aber geographischen Exkursionen der Studie-
ebenso sehr die Beachtung der Fach-jrenden gewährt haV*. Es ist nur m
mSnner, wie der Stmiierenden der Geo- ' hoffen, <I;i Ii dieProvinz-rniv"rHitaten,<icren
graphie, indem diu eine einen Ülierblick peograjilupche Apparate in Preußen obne-
über Pencks Wirksamkeit in Wien, die , bin ächlecbter ausgestattet sind, als au
nodeore dne Art Progranun fOt die in dennichtpreaßiscbeuUniversitfttennnd von
Berlin biingt. In beiden wird das größte | denen einzelne mit l e-cheidenerrn ^fitteln
Gewicht auf .-Vnleitnn^ zum Selbstseben ; dasselbe zu lei.sten vi'nn'i'.^i'n . niclit zu
nnd auf das Studium im Gelände gelegt, l sehr als Ascbenlrüüel behandelt und
Obvrohl es kaum einen akademischen j lediglich anf den Beistand umsichtiger,
Lehrer geben dürfte, der, in der Theorie aber in ihren .Mitteln beschrankter Kura-
wenigstens, nicht mit Penck voll flberein- toren angewiesen Vdeiben. Üiebewunderns-
stimmt, so ist doch von Wert, im Zu- werte Ürgauit^ation des geographiscbeu
aammenhaoge an fiberblicken, welche 6r- Studiums ao der Pariser Univerait&t, aneh
folge P. damit erzielt hat , allerdings in dieser Hinsicht, verdient alle Beaoh-
Dank einer umsichtigen l nterrichtsver- tung, wenn man auch in Zukunft von der
waltung und sonatigen Einrichtungen, Geographie als der deutschen Wisseu-
VQlche Ansinge nnd Beisen mit Studie- schaft sprechen soll. Tb. Fischer.
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710
Büoherbetpraohnngen.
BeelnSf Elis^e f. Lee Yolcang de la
Terre. (Hrsg. von der „Soc. Beige
d*Aitroiiomie, de Meteorologie et de
Physique du Globe". I. faec. I. part.:
Asie Anterieure. S. 5— 167. Brfls-
■el (nicht genannt) 1906.
Ein paar Jahie vor seinem Tode hat
Klisee Keclns damit bej^onnen, eine
Sammlung' von kurzen Heschreibunj^en
aller Vulkane der Erde zu verfassen. Er
hat sie eiii ,,NMhflehlagehnch** gensiuit
und foljfcndon Arbeitsplan aufpostellt
Alle \ ulkatiischeu Herde, die irgendwann
in der Zeit seit dem Begiun des Tertiärs
tfttig waren, nnd anfranohman. Kleinere
Ergüsse and paraeitixche Vulkane sollen
überp^anpen werden. Die Anordnung ist
topographisch. Sie beginnt mit den Vul-
küien Vorder- Aeiene; ee eolloi folgen das
Mitteimear- Gebiet, die übrigen Stellen
Europas nnd die Inner- Asiens, die ^'n.ß. ri
Ketten von Kumtachatka bis Insuiiude,
die mit den grofien Bmehlinien des 8«t-
lichen Aftika verknüpften Vulkane, die
des atlantischen Beckens, die Riesenketten
Nord- und Südamerikas und schließlich
die Fenerberge der Polar-Gcgenden.
In sehr dankenswerter Weise hat die
„Societ«' Beige d'Astronomie, de Meteo-
rologie et de l'hysique du Giobe'* die
Heraasgabe dieees bedentsamen Werket«
übernommen. Nach Elis^e Reclus' Tod
(vgl. G. Z. XI. 1905. isi) libortnig die
Gesellschaft die Fortführung des Werkes
•einem NetTen Paal Beclus, seinem
Nachfolger in der Direktion dea mit der
Brüsseler „TuiversitL' nouvellc" verbun-
denen (Je()i,'raphischen Instituts, in dessen
Hand auch die Herauagabe des uach-
gelaaeenen Werkes: ^L^homme et la terre**
liegt. Bei der Fortsetzung der „Vulkane^
bat Paul Reclus «inen Mitarbeiter in
Pierre Öchoenaer». l'rof. Ch. Velaiu
von der Pariser Sorbonne and Ptof. W.
Prniz von der Brüsseler üniver.-^il.' libre
st-'hcn andauernd dem Werke mit Rat
und Tat ziu Seite. So erscheint der un-
gestörte Fortgang des groB angelegten
Cnteruehmens gesichert.
•Jüngst pn<chienen die letzten Bogen
des ersten grüüeren Abschuittes: die Vul-
kane Vorder- Asiens in fünf Kapiteln:
Iran« Armenien, Syrien, Klein-Asien, Kau-
kasus (einschlicßlicii der Krim). In Be-
schreibungen noch Art der „Nouvelle Geo-
graphie ünivenelle'* werden saent die
größeren Gebiete, in denen sich vulka-
nische T&tigkeit entfaltet hat, topogra-
phisch daigeetellt anter Berflokiiohtigaag
ihres geologischen Aufbaues. Es folgen
die Schilderungen der einzelnen vulkani>
sehen Massive und Vulkane, die eine
FSUe interessant« iopographisdier nnd
historischer Einzelheiten bringen und ins-
besondere die Bexiehiingcn des Menschen
zu diesen i'unkten der Erdoberfläche ein-
gehend berflcksiehtigen. Es sind beeehrie-
ben oder wenigstens genannt am vnlkani-
scbeu Stollen aus Tran 27. davon drei
tütige Vulkane, aus Anuenieu «U, davon
ein tfttiger, ans Syrien 4% (kein tttiger
Vulkan), aus Klein-Asion 31, davon eim r,
au<* dem Kaukasus nebst Vorland und
der Krim 38, wovon 17 tätig.
Aneh der Anf baa der einidnen Vol-
kane wird aus den vorhandenen Quellen
■Mit wickelt, die freilich für viele Teile
\ order-Asiens in dieser Hinsicht noch
ftberans spariieh flieSen. DenUieh seigt
sich, wie vi< l in diesen Gegenden noch
der Arbeit des beobachtenden Geologen
und Geographen harrt.
Da, wo in der Fortsetzung des WeAes
über die Mittelmeer- Länder hin, weit
be.-iser bokannt^ Gebirte behandelt wer-
den, sind abgerundetere, klare Darstel-
lungen des geologischen Baus der einael-
nen Yulkangruppen zu wünschen. Sie
sollten reichlich von Skizzen begleitet
sein, die ganz einfach gehalten 8>^in könn-
ten. Ein Anfang in dieser Richtung ist
gemacht in einigen dem bisher Erschie-
nenen beigogebonen Illustrationen unri in
zwei hübschen Tafeln. Sie entstammen
dem mit dem geographischen Institut
verbundenen kartographisehen, das von
E. Patesson geleitet wird.
Viele Hinweise auf die Literatur sind
dem Text eingefügt, und überdies belindet
sich am Ende jedes Kapitels eine wert-
volle eingehende Bibliographie des be-
handelten Gebietes.
Möge das Werk die Hoä'nuugen, die
man mit Recht an seinen eisten Teil
knüpfen darf, auch weiterhin erfüllen
und grundlegend werden. Als .\bschluß
des gesamten Werkes ist eine Darstellung
des Vnlkaniflmns aas der Hand eines Geo-
logen in Au.<sicbt geuommeu. sicherlieh
ein sehr glücklicher Qedanke. C. Uhlig.
CMtiy WUkelm. Das Sehwinden des
Bächerbesprechungen.
711
Watten in den höheren Boden-
lapen. 29 München, l'.ior.
Der Vertiisser weist zunächst nach,
•daß durcii W aldbescitiguug und Auadeh-
nnng dee Ackerlende« sowie durch kflnst-
liche Verkleinenintr der gtehendpn Wasser-
flächen (Trockonh'rren von Seen, Mooren
und Öümpfeu) eine Minderung der Ver-
dnnetaDgamenge Teronacht werde, was
in geringem Grade auch klimatische
Änderungen zur Fol^'c habe wie stärkere
Temperaturgegensätze und geringe Ab-
nahme der Niedenehlagtmenge. Dae
natürliche Zurückgehen des Waldes er-
H\\>t sich für ihn namentlich aus dem
vielfach beobachteten Sinken der oberen
Waldgrenze, als deren Ursache er wieder
die fortschreitende Verwitterung und das
rafrhpre niid tiefere Einsinken desNieder-
HcklagHwadbers , die obige klimatische
Änderungen bewirken, annimmt. Das vn-
mehrtc Einsinken des Wassers sucht Götz
durch die stete Znnahnie der Mächtigkeit
des Verwitterungsbodens und durch das
dadnreh bedingte Sinken des Sicker- nnd
Grundwassers su beweiHen. Diesem Ver-
lust steht nur eine sehr {^eriii<,'f Waeser-
xafnhrong gegenüber. In Betracht kom-
men die HeeresatmosphEre, deren Wasser-
abgabe sich aber in historischer Zeit
kaum verändert halien kann, dann das
Meerwaüücr, für deatten tiefergehende Im-
bibation jeder Nachweis fehlt, und schlieft-
lidi das Wasser des Bvdinnem, dessen
Zufuhr aber auf die vTilkanischen und
tektonisch gestörten (Jebicte der Erde he-
schr.inkt bleibe. Da» Ergebnis der Bu-
rechnong von Vetlnst nnd ZoAibr sei
demnach ein Schwinden des Wassers in
•den höheren Bodenlagen.
Diener Beweistuhruug des Verfassertt
vermögen wir nieht ohne weiteres beisa-
stimmen. Es liegt hier ein auBerordeut-
lich schwieriges Problem vor, dessen Lö-
sung nicht eher gefunden werden kann,
als bis Aber die Vorgänge, welehe das
Schwinden des Wasser beweisen sollen,
völlige Klarheit geschaffen ist. Die Ur-
sache des Sinkens der oberen Waldgrenze
im Gebirge ddrfle wohl aneb in der Denn-
dation zu suchen sein, durch die der
Verwitterungsboden von den I nheren Ber-
gen beständig talabwärts getragen wird,
ein Vorgang, der an der oberen Vegeta-
tionsgrenze sich am deutlichsten zeigen
snnft, weil onterhalb dieser die Denuda-
tion durch den Pflanzenwuchs behindert
wird l)aß die Zunahme des Verwittenings-
bodens unbedingt auch eine Verminderung
der Wasserverdunstung bewirken müisüe,
kann immerhin bestritten werden. Zu-
nahme des Verwitterunpsbodens hat meist
auch Zunahme der Vegetation zur Folge
und diese vermehrt wieder die Verduu-
stongsmenge. Vereinseitee Tiefersinkai
des Grundwassers und seiner Quellen ist
kein l^eweis lur eine allgemeine Abnahme
des Boden waätters. Aber wenn auch gegen
die AnsflUurnngen des Verfassers Ein-
wände uns berechtigt erseht inen, so ver-
kennen wir doch nicht, daß dem Ver-
fasser es als ein besonderes Verdienst
angereehnet werden mnfi, auf die Mög-
lichkeit einer allgemeinen Abnahme des
Wassers in den oberen Bodenschichten
hingewieneu und die weitere Erforschung
dieses Vorganges angeregt zu haben, üle.
Schmidt, <teorg Max. Geschichte des
Welthandels. (Aus Natur und
Geisteswelt. 118. Bd.) 140 8. Leip-
zig, Teubner lUOÖ. 1.26.
Das Iiu1)S(1h> Bündchen, das sich an
weitere Kreise wendet, ist aus Vorträgen
entstanden, die der Verfasser, Oberlehrer
in Marburg, in den dortigen Ferienlcursen
des vori^'en Jahres gelullten hat. Als
tüchtiger Geograph und llislonkt r zeijrt
er sich gründlich vertraut mit der jetzt
so umfilssenden Literatur seines Gegen-
standes (obwohl er sie nicht in Zititten-
reihen vorführt uii'l liat in recht anspre-
cheuder Weise aud der gewaltigen Fülle
des Stoffes in sweckmftBiger Gliederung
ein Ganzes gestaltet, das auf jeden Leaer
bei der ruhigen Klarheit des Stil« fesj^elnd
wirkt und auch auf den Fachmann durch
fein durchdachte Übersichtlichkeit^ ver>
bunden mit gesunder Kritik, den ESindruok
nicht verfehlen wird.
In sieben Absclmitteu erhalten wir
nicht in trocknem lehrhaften Ton, sonden
lebhaft, mitunter durdi treffende knappe
Einzelschilderungen veran->chaulicht, den
Welthandel der ganzen Flucht der Jahr-
tausende TOrgefUhrt, seitdem die Prflh-
blüte menschlicher Gesittung am ägyp-
tischen Nil und im Zweistroniland des
Euphrat und Tigris einen weit ausgrei-
fenden HandelsTerkehr herrorrief. Wir
lernen die gewaltige Bedeutung des Mittel-
meers nebst seinem pontisehen Anh&agsel
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712
Bfleherbetprechangen.
wflrdiKi« lOwoU in d«r ph4liusiteh«n
Frfihzeit, alg dann in der hellenisrh-römi-
Bchf'n Olanr.epoche, der bvzautiniachfn
Ära, ja während der Krvuzzüge, die von
klagen, wieit in die Znlraiift •ofaaoenden
italienit« ht n ScchandelBatftdten to genau
für ihre kaufmilnnifulHMi Int^resspn htik-
genutzt wurden, da6 Cbriüti Grab für sie
gans in den Hintergrnnd' trat, hingegen
•ich wunderbar dif gleichen koIoniMtori-
flchen und merkantilen P>8cheinunjjpn er
nenten im östlichen Mittelmecrbecken,
im Sehwatsen Mt^er, ja Ober dat Ammatäub
Ifeer hinaud wie in der HeUenenaeit, —
der j^eachiehtlicht' Zn«aminenhan<r war
i'in ganx anderer geworden, aber die von
Frfiheren w oft in ibrer ttberrasrenden
Hedentnuf? unterschUtzte Großmacht lenkte
die geBchirhtlichrn Kreij^nisse: die Ver-
teilung von Land und Meer. Auch dem
Islam, dem man bei uns bis in unsere
l^ge in ücheeler christlicher Mifignnst
keine weltpeschicbtlicbe riröße ziit'rkfnnen
mochte, ist eine wohltiu n«! oV)jektivp Diir-
Ktellung zu Teil geworden bezüglich seiuer
hohen Bedeotong als Trilger desTerk^rs
swischt*n Abend- und Morgenland. Dann
aber folgen bcsondfrs gehaltvolle Dar-
legungen über den Umschwung des Han-
dys nach Mittel- nnd West-Buopa, seine
VoUendung zum wirklichen Welthandel,
die ja nie biltte gex-behen könn«-D, wenn ]
nicht Mut und Scharfsinn der Entdecker,
wieder ein Gnindtheorem der Erdknnde,
das schon die Himmelsforsclier im uralten '
Babel kannten, »•ndlich zur kiibni'ti Tat
spornen ließ, den MenKcheu /.um Herrn
Queeres Planeten m machen: die Lehre
v<»n dessen Kugelgestalt. Die yerwirkelten
Züge, wie «ich zner«t inst bloß PortuL.':»!
und «Spanien an diesem Ringen um dte
Hegemonie avf Erden beteiligten, alsbald
aber Frankreich und England, eine Zeit
lang beide nii«( bt inenil iili(Tflii'„'(>liifi Hol-
land, mit wunderbar weehseludem (tlück
auf den großen Schanplats der Entschei-
dung traten, sehen wir hier vorzüglich
pi'schildert Am mtiHtfn ji'doch befrie-
digt die ein>^ehende Krörtt-rung, wie sich
Deutschland, für den Mitkampf um die
Pahna auf dem Feld des Welthandels
geographisch weniger betrabt iils mancher
der benachbarten Nebenbuhler, im Mittel-
alter wie in der Neuzeit eine namhafte
Handelsmaoht trotsdem errungen hat» ob-
eehoB nach Mafigabe seiner poliÜMlien
Zustände mit ungleichem Erfolg, Ins
bei seiner starken Reichi^rnstungto
die gewaltigste liaruicl-igrüBe des ganzen
europäischen Festlandes geworden ist
Unter der Unmasse bewSltigten Stoffea
ist dem verdienstvollen Verfasser nur ein
einrigf'r. und zwar ein lustiger zoologi-
scher Fehler untergelaufen. Ais er näm-
lich anf S. SH von dem koetbaren Aiona
der Ambra redet, die vom Potiwal konmatr
rechnet er diesen zu den „Seefischen". —
ein Walungetüm von 20 — SO m Länge!
Dodischlagen wir das Heber an den Sdhrmb-
oder Dmckversehen wie die sehreekhaft
vermehrten „Märchen au'* lonoi Nacht*
auf der folgenden ^eite. Kirchhoff.
Becker, F. Karte von Bodensee und
Rhein mit den angrenzenden Ge-
bieten von Baden, WOrltembeig,
Osterreidk nnd der Schweis, fbng.
r. Ver. f. d. Gesch. d. Bodi uscea n.
seiner Hmgebung u. d Bodensee-
Verkehrsver. GrOße 74 x 39 cm.
Mafistab 1 : 196000. Bern, Geograph.
Karten verl.(Eammerl7,FreyJkFrandEe>
O. J. (190.0). JC 2. — .
Eine recht anschanlirbe Karte des
Bodensee- GebieU /.wischen Bregens und
Schaff haosen, awischen RaTensboig nnd
St. Gallen. Orte, Wege, Staatsgrenzen nnd
Nnmt'ii schwarz, Gewässer blau, Kisen-
bahnen rot, Isohypsen mit öU m Aeqoi-
distans brenn. Die RelielWirkung wird
«hirch Farbentöne erzielt: das flache tief-
gelegene Land graugrün, gegen Nord-
westen gerichtete Gehänge gelblich, nach
Sfldosten gekehrte mit kAfligen grauen
Schatten. In Folge dieser Farbenwahl
ht bcn sicti der .Tora im Nordwesten, die
Tertiärbühen in der Mitte und die Mo-
lasseketten im Sfidoeten charakteristiBch
hervor, aber die Unruhe der kleinen For-
TiK ii de- Moränengebiete?* , /. B. der
Drumlinlandschaft bei Lindau kommt
nicht voll cor Geltung. Sehr stSrend ist
der Mangel eines Gradnetzes auf der
Karte, denn diese ist nicht in der üblichen
Weise orientiert, sondern so, daß die
Längsachse des Sees horizontal verUluft.
Es ist also Nordosten oben, was wenigstens
durch ein<'n Meridianpfeil hütte erBichtJieh
gemacht werden sollen. Penck.
Grand« Allkred* Landeeknnde von
Osterreieh - Ungarn. (Sammlung'
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Bficherbesp
rechungen.
713
GöBcben. Nr. 244.) IÄ2S. lü Textill.
u. 1 K. Leipzig, Göschen 1906. — ftO.
An zusammenfassenden Obersicbten
hat die meist auf Riuzelgebicte beschränkte
landeskundlicbo Forschung in Österreich-
Ungarn seit A. Supans Werk (1889)
eigentlich nichts aufzuweisen. Um so
danki'nswertcr ist der vorliegende (irund-
riß, der zwar in gedrängter Kürze, aber
vom neuesten Standpunkte aus die Ge-
samtmonarchie einschließlich Bosniens be-
handelt. Nach einander werden Aufbau
und Klima des böhmischen Massivs, der
Ost-Alpen, der Karpathen, des dinarischen
Gebirges, der Ebenen besprochen; es folgt
ein sehr hübscher Abschnitt über die
Staatsbildung des Donaureichs, worin die
Entstehung des heutigen Greuzzuges er-
klärt wird und die derzeitigen politischen
Verhältnisse durch gute Anordnung der
Tatsachen und klare Sprache verstiindlich
gemacht sind. Dasselbe gilt auch von
dem nächsten Kapitel, welches dun natio-
nalen und konfes<3iunellen Zustilnden in
Vergangenheit und Oe<»enwart gewidmet
ist. Der Kest — ungefähr ein Drittel
des Büchleins — wird in mllkommener
Ausführlichkeit von dem eigentlich anthro-
pogeographi sehen Teile eingenommen; es i
erfahren Dichte und Wohnweise der Be-
völkerung in den einzelnen von Natur
aus gesonderten («ebieten (böhm. Massiv,
Alpenvorland, westl., nördl. und östl. Kar-
pathenvorland , Ost - Alpen , oberungar.
Becken, niederungar. Tiefebene, Küsten-
länder) eine durchaus zutretfende Dar-
stellung; besonders eingehend wird auch
Wiens und Budapests Bedeutung nach-
gewiesen. Nicht ganz einleuchtend ist
vielleicht die Notwendigkeit, bei ungari-
schen Städten und Ortschaften die magva-
rische Bezeichnung in Klammern den deut-
schen Namen zur Seite zu stellen, da ja
auch die übrigen nichtdeutschen Benen-
nungen dies- und jenseits der Leitha un-
berücksichtigt blieben. Der ansprechende
Text des sehr brauchbaren kleinen Wer-
kes ist durch IQ typii«che Land^chufts-
und Siedelungsbilder und durch eine gute
Karte bereichert. Georg A. Lukas
Resultate der wissenschaftlichen
Erforschung des Platten - (Bala-
ton-) Sees. Wien, Holzel 190G.
L Bd. IV. T. a.Sekt.: Staub, Moritz.
Resultate der phytophänologischen
Beobachtungen in der Umgebung des
Balaton -Sees. Aus dem Nachlasse des
Verf. in Druck gegeben von J. Ber-
n4tzky. MS. 1 K. Ar. (».— .
Die Bearbeitung der pflanzenphäuo-
logischen Beobachtungen am Platten-See
war dem Prof. Dr. M. Staub übertragen,
der aber 1903 noch vor Vollendung seiner
Arbeit plötzlich verschied. Bemätzky
hat dann da« hinterlassene Manuskript
geordnet und für den Druck fertiggestellt.
Die Beobachtungen selbst sind auf An-
regung Staubs nach der in Mittel-Europa
allgemein üblichen von Hoffmann und
Ihne begründeten Methode ausgeführt.
Einige Schwierigkeit bot sich bei der
Untersuchung dadurch, daß die Beobach-
ter zuweilen nicht sicher genug die Pflanzen
zu bestimmen vermochton, so daß ver-
schiedene Abarten unter der gleichen Be-
zeichnung verwertet werden mußten.
Staub untersuchte mit besonderer Sorg-
falt bei der Verarbeitung des Materials
die Krage nach einem etwaigen Einfluß
des Platten-Sees auf die phänologischen
Verhältnisse. Ein solcher konnte aber
nicht nachgewiesen werden, wie ja auch
schon Säringer bei der Bearbeitung des
Klima.s festgestellt hatte, daß der Platten-
See in meteorologischer Hinsicht nur
einen ganz geringtügigen Einfluß auf
seine Umgebung ausübt. Die Ergebnisse
der phänologischen Beobachtungen in
weiterer Umgebung des Sees sind auch
kartographisch dargestellt in einer phäno-
logischen Karte des transdanubischen
Teiles Ungarns, die dem Buch beigefügt
ist. Als Ausgangspunkt ist die Station
Fünfkirchen iPecs) gewählt. Uns will bei
Betrachtung der Karte scheinen, als ob
doch das nördliche Ufer, das am meisten
unter dem Einfluß der Wärme- und Licht-
reflexion steht, phänologisch begünstigt
ist. Während auf der Südseite dieBlüten-
crötFnung um 1 — 5 Tage spilter als in
P^cs eintritt, erfolgt sie auf der Nordseite
um 1 — 5 Tage früher.
I Bd. V. T. 5L u. a. Sekt.: Cholnoky,
E. v. Die Farbenerscheinungen des
Balaton-Sees — und: Bela Har-
kanyi. Die Reflexionserscheinungen
an bewegten Wasserflächen, fil u.
21 S. 2 Farbentaf. u. 34 Textfig.
Kr. ü.— .
Cholnoky hat zunächst die Durchsich-
tigkeit des Seewassers untersucht. Wie
L lyi.i^. ü üy Google
714
Bücherbe sprechungen.
bei der geringen Tiefe des Platten-Seea
von vornherein erwartet werden konnte,
ist da» Wasser sehr trüb. Das Verschwin-
In Folge »einer geringen Tiefe hat der
Platten-See, wie Entz festgestellt hat, ein
weniger tjpisch ausgebildetes Limno-
den der weißen Scheibe erfolgt im all- 1 plankton. Auch fehlt hier die Schichten-
gemeinen vor der Tiefe von 1,75 m, nur . weise Anordnung der Organismen, wie
ein einziges Mal ist die Sicht barkeits- . wir sie in tiefen Seen Huden. Außerdem
grenze erst bei 3^ m erreicht worden, i ist daa^lankton in allen Teilen des Sees
Hei diesen Zahlen muß allerdings berück-
sichtigt werden, daß die benutzte weiße
Scheibe nur einen Durchmesser von 16.6 cm
ziemlich gleichartig. Einige Protisten
des Platten-Sees gehören zu jenen Arten,
die iu den Salzteichen von Torda und
gehabt hat, »Iho svhr klein war. Die , Süd -Rußlands vorkommen. Das erklärt
Sichtharkeitsgrenze hängt aber von der j Entz dadurch, daß wir im Platten-See
Größe der Scheibe ab. Die Bestimmung | ein verdünntes Mineralwasser haben; er
der Kigeufarbe de» Wassers geschah nach i steht den seichten Natron -Tümpeln des
der Forel sehen Methode. Eh deckte sich
das Wasser, dessen Farbe sehr veränder-
lich ist, in der Kegel mit VIII iler Forel-
schen Skala, schwankte aber zwischen
VI und XI. Eine spektroskopisi-he Unter
Alföld näher als den tiefen Seen Mittel-
Europas. Des weiteren zählt der Verfa«-
f^er einige neu gefundene Urgani:imen auf
und gibt ausführlich Bericht über das
Ergebnis seiner Untersuchungen über das
suchung ibt nicht ausgeführt. Weiter i V^ariieren von Ceratium hiruttdittella.
sind von Cholnoky die Reflex ionserschei- Die zweite Arbeit enthält ein neues
nungen an der Oberfläche des Sees unter- Verzeii hnis der im Platten-See und seiner
sucht, sowie auch die Lichterächeinungen Umgebung vorkommenden lebendenWeich-
des bewev'ten Wasser.-«, wobei er auch das
Zustandekommen der „goldenen Brücke^',
wie daa Volk die zusammenhängenden
Lichtstreifen der Bilder von Sonne und
tiere Mollusken), das aber auch die Arten
umfaßt, welche bereit« früher in den Re-
sultaten der wissenschaftlichen Erforschung
des Platten-Sees (I Bd., L T.) mitgeteilt
Mond nennt , erklärt. Von be.sonderem < sind. Gefunden sind nach Weiß 21 Arten
Interesse ist noch der .\b3chnitt, in dem
die Spiegelung des Himmels auf der be-
und Varietäten, davon 2h Arten und 1
Varietäten Süßwasserschnecken, ü Arten
wegten Wasserfläche behandelt wird, weil | Süßwassermuschelu und 31i Arten und 3
durch sie die allgemeine Farbe des von i Varietäten Lundschnecken.
fem betrachteten Sees bestimmt wird.
Hier gedenkt der Verfasser auch der so-
genannten Ölflecke, welche er als Stellen
des Sees bezeichnet, über denen tlie Wind-
ge-^chwindigkeit zu gering ist, um liie
IT. Rd IT T. 1 Sftkt Anh.: Plantocsek,
Josef. Die Bacillarien des Balaton-
Seos. 112 S. aZ2 Abb. auf Ifi litho-
graph. Taf. u. 1 Textfig. Kr. ifi — -
Der Verfasser hat eingehend die Ba-
Oberflächenspannung des Wassers zu bre- cillarien oder Kieselalgcn des Platten-Sees
eben. Im letzten .'VbKchnitt werden schließ
lieh noch einige andere Lichterscheiuun-
gen besprochen, so die Bildung der Luft-
spiegelungen und die Wirkung der Nebel.
Sehr schön .sind die im Text gegebenen
Schilderungen durch einige farbige Bilder
veranschaulicht.
In der zweiten Arbeit bringt Bela
Harkanyi eine theoretische Untersuchung
untersucht, von denen er über 300 Arten
und Varietä,tHn gefanden hat. Nach ein-
leitenden Mitteilungen über das Bacil-
larienlebcn im See, über das Einsammeln
und Aufarbeiten des Materials, über die
Herstellung der mikroskopischen Präpa-
rate und über die Literatur gibt er eine
ausführliche Beschreibung der einzelnen
Arten, die er durch sorgfältige Zeichnung
über die Reflex ionserseheinungeu an be- 1 auch bildlich auf den angehängten Tafeln
wegten Wasserflächen, die Choluokys Ar- | wiedergegeben hat.
beit in wertvoller Weise ergänzt.
II. Bd. I T. Anh.: Entz, (it-za. Bei-
träge zur Kenntnis des Planktons —
und: A. Weiß u. Theodor Kormos.
L u. IL Nachtrag zur Aufzählung der
Weichtiere. 86^ 21 u. lü S. m Abb.
u. a Tab. Kr. 5.—.
m. Bd. L T. L Sekt.: Rhe, Gyula.
Archäologische Sparen aus der Ur-
zeit und dem Altertum bei V^eszprem.
S. 1 Farbeutaf. u. Texttig.
AV. -
Die Stadt Veszprem ist offenbar die
bedeutendste Kultarstätte des Berggebietes
L lyi.i^. ü üy Google
Biicherbesprechungen.
715
»m Platten-See gewesen, weshalb dort aoch
Funde aus der ftltesten Zeit der He«ied-
lung' gemacht worden sind, die z. T. der
Steinzeit, zahlreicher der Bronzezeit ent-
stammen. Sie werden vom Yerfast^er auf-
g^'zilhlt und beschrieben. Sodann sind
auch Spuren römischen Lebens aufg«^deckt
und zwar an vier Punkten: am Pogäny-
telek, Baläcza, Romküt und hinter Öskü.
Besonderes luteres-se kommt dem Funde
bei Pogänytelek zu. Dort bestand zur
Kömerzeit eine bewohnte Kolonie, ver-
mutlich eine Gemeinde mit den aus Stein
gebauten Häusern einiger wohlhabender
Bürger. lu der Umgebung von Veszprem
sind auch Rettte römischer Straßen ge-
funden worden. Der Verfasser hat das
Netz dieser in der Umgebung der Stadt
auf einer beigefügten Karte eingezeichnet.
Diese alte römische Kultur ist vermutlich
durch die Rüde des :L Jahrh. eingebro-
chenen Ooten und deren Nachfolger ver-
nichtot worden.
m. Bd. II.T : Janko, Johann. Ethno-
graphie der Umwohner des Balaton-
Gestades. Nach dem Tode des Verf.
deutsch bearb. von Willibald Se-
mayer. fiOÜ S. C Taf , Ifi Tab. u.
Läfi Textabb. Kr. W —
Dieser l^uartband des großen Platten-
See -Werkes enthält die genamte Sied-
lungs- und Volkskunde dei> Seeugebietes.
Nor die anthropologischen Untersuchungen
sind nicht darin aufgenommen; sie wer-
den in einem besonderen Abschnitt ver-
ötf'entlicht werden. Ks ist ein gewaltiges
Material, das der leider inzwischen ver-
btorbene Verfasser Jankö zusaninn-ngetra- j
gen hat. Seine Arbeit muß um so höher
geschätzt werden, als nur ^ehr dürftige
Vorarbeiten vorhand'.-n waren. Es ist bei
der Fülle des StofTes leider unmöglich,
auf den Inhalt des Buches im einzelnen
einzugeb.en. Wir mfiasen uns damit ge-
nügen, diesen nur im allgemeinen anza-
geben. In dem ersten Kapitel werden
zunächst die Ortschaften am See- Ufer
aufgezählt und alles Wissenswerte (,Topo-
graphiscbes, Statistisches und Geschicht-
liches) über diese mitgeteilt. Dann folgt
eine Untersuchiuig über die Ortsnamen.
Das a. Kapitel behandelt „Zahl und Ele-
mente der Bevölkerung'V In diesem wird
auch die historische Entwicklung berück-
sichtigt, indem die Bevölkerungsvcrhält-
uisse im liL Jahrhundert dargestellt wer-
den. Wohnung, Nahrung und Kleidung
bilden den Gegenstand des nächsten Ka-
pitels, das besonders reich durch gute
Abbildungen ausgestattet ist. Die Haupt-
beschäftigung der Bewohner des See-
Gestades ist die Landwirtschaft, die da-
her auch eingehende Behandlung findet.
Daneben wird auch lebhafte Fischerei ge-
trieben. Gerade durch diese sind die
Umwohner trotz ethnographischer Ver-
schiedenheit zu einem einheitlichen Völk-
chen, einem Finchervölkchen geworden.
Mit be$;onderer Liebe und Sorgfalt hat
Jank6 diese Seite des Volkslebens am
Platten-See studiert, indem er an Ort and
Stelle, zum Teil auch durch persönliche
Teilnahme über den gegenwärtigen Be-
trieb der Fischerei sowie auch über deren
Geschichte sich genau unterrichtete. In
den beiden letzten Kapiteln werden die
Sitten und Gebräuche bei Hochzeit, Taufe
und Begräbnis geschildert und einiges
aus dem im Volke vorhandenen Aber-
glauben mitgeteilt. Man sieht aus dieser
kurzen Inhaltsangabe, daß in der Tat,
wie der Übersetzer und Herausgeber Se-
mayer im Vorwort bemerkt, so ziemlich
alle Gebiete der heimatkundlichen —
besser der vulkskundlichen — Forschung
in dem Buche behandelt werden,
m. Bd. V. T.: Sziklay, Julius v.
Bibliographie de» Balaton-Sees, fiü S.
Kr.
Diese Bibliographie beginnt mit einem
g»'Bchichtlichen überblick über die Kennt-
nis vom See als Einleitung, dann fol-
gen Zusammenstellungen möglichst aller
Werke, auch der belletristischen sowie
der Tagesllätter und Zeitschriften, die
Nachrichten über den See enthalten, und
schließlich auch der Landkarten.
Topogr. u. geol. Atlas. I. T. : Löczy,
Ludw. V. Spezialkarte des Balaton-
Sees und seiner Umgebimg. 4. Bl.
1 : laOOO. Ausgeführt im k. n. k.
militärgeogr. Inst, in Wien. Kr. IL — .
Die Grundlage dieser topographischen
Karte lieferte die Spezialkarte der öster-
reichisch-ungarischen Monarchie, die aber
zahlreiche Nachträge und Berichtigungen
erfahren hat. Neu eingetragen ist vor
allem eine genaue Tiefenkarte des Sees
auf Grund der 18U2— 96 ausgeführten
Lotungen der Hydrographischen Sektion
des k. Ungar. Ackerbau - Ministeriums.
Wald und Weingärten sind durch beson-
716
Bfloherbespreehangen.
dere Farbentöne kenuüich gemacht. Dm
G^taide iat durch Sehnffm dacgMtdlt.
Da die Karte technisch in jeder Hinsicht
vortrefflich auKtrcstaltvt ist. so niht h\p
auch ein sehr klares Bild der äeuumgebuug
und bildet eine durchai» Inruichbare und
würdige Beigabe laiii giofien Platten-See-
Werk. Ule.
Pirio«, ErMSt» L'Inde contempo-
rainc et le mouvemt-nt national.
278 S. Paris, F6lix Alcan 1905.
Fr. 13.60.
Pirioni Boob iit die Fracht einer 8ta-
dienreise, die der Verfaeier im Winter
1900 1001 unternahm, nm auf dem „Xa-
tiuualkon^'reß" die Frage der nationalen
BeweKun^ in Indien nt studieren. Er
landete Mitte Dczemher in Bombuy und
hatte durch Kintuhrunf» b^i «Ion dor-
tigen Aatohtäten der Bewegung erst tage-
lang Zeit, sich fBr den Kongreß vor-
zubereiten, der in der Woche swischen
Weihnachten und Neujahr in Lahoro statt-
fand. Verf. gibt einen Bericht über die
Tenammlvng, in der als nftchste wich-
tige Forderungen aufgestellt wurden: die
Eiusetzun;^' i inf!r Enqui'tc über die perio-
disch wiederkehrenden Hungersnöte, Tren-
nung der richterlichen and exekutiven
Gewalten, Zulassung der Einzelnen zu den
höheren Zivil- und Militilrstellungen, Hin-
richtung von höheren Spczial- (besoudern
technischen) Schulen, allgemeine Einrich-
tung von MAdchensehnlen , Wiederver-
heiratung von Witwen usw. AIh letztes
Ziel schwebt dem Kon^reti und der gan-
zen Bewegung vor; „Indien den ludern."
Yer^Mser bringt diesen Beetrebnngen die
volbte Sympathie entgegen, er begeistert
8iih tiafür. daß die jrroßen GrundsRtze
der Iraui^Otiiscbeu licvulutiou : Freiheit,
Gleichheit, Brflderlichkeit schleunigst in
Indien Geltung gewinnen werden, und
ist davon (ibcr/.engt, daß der ParlaniPn- '
tarismus („Lea Indiens sout le peupie le
plus parlamenteire du monde^') in nicht
femer Zeit das Ziel einer völligen Frei-
heit der Inder ei reichen wird.
Verfasser hat die indische Bewegung
und den Kongrefi mehr mit warmem Her-
aen, als mit der Sachlichkeit des wissen-
schaftlichcn Beobachters studiert, (ianz
anders, als der Franzose, der, frisch aus
Baropa gekommen, alle seine Infonna-
tionen ans der einen Quelle schöpft und
sich danach in wenigen Wochen sein l'er-
tigee UiteU <ber infieret schwiaige ond
verwickelie Lel"'n8fragen eine^i Landes von
300 Millionen Bewohnern bildet, d-nken
darüber die Knglauder, die seit andert-
halb Jahrfanndecten Land und Volk re-
gieren, und deren praktischer Blick sehr
empfindlich für die Bedrohung ihrer Vor-
herrschat'l ist. Sie lassen den isLongreß
sehOne Beden halten: „a great deri of
talk, thet's all!" Ihnen sind die Verband-
lunuen ..niaiseries", sie schauen mit ,,m»'pns
hauLain, repoae et sür" auf die ganze Be-
wegung herab. Der Fransose glaubi, daft
ein mächtiges Wogen das ganze indische
Volk durchdringt, der Kiifiläml« r sieht
darin nichts als leichte Kräuselungen an
der Oberflache eines ruhigen Meeres. Die
Bewegung wird nicht ^etra^'en von der
großen Men^e des Volkes, die sie gar
nicht kennt oder versteht, sondern von
einer Handvoll auf den englischen Schalen
des Landes mit europäischen Ideen ge-
nährter Journalifit«ti , Advokaten, Lehrer
und vor allem Studenten; gewiß behnden
sidi anter ihnen Idealisten, die von der>
einstiger Größe Indiens träumen, aber
weitaus die große Mehrzahl .Tung-Indieus
denkt bei ihren Forderungen mehr au
sich, als an ein gemeinsames großes Vater-
land. Eine solche Vorstellung ist der
geisti^jen Kntwickliing Indiens völlig fremd.
Es hat nie eine indische Nation gegeben
und es gibt auch jetzt keine, sondern nur
eine durch engHeche Hand msammenge-
faßte Masse von sehr heterogenen Ein-
heiten, verschieden nach Blut, Religion,
Sprache usw. Das soziale Element ist die
Kaste, das politische die Dorijgemeinecheft
and viele tausende solcher Elemente stehen
einander fremd, ja feindselig gegenviber.
Woher sollte ihnen die Vorstellung eined
nationalen indischen Beiches kommenf
Von allem Anfang indischer Geschichte
an hat Disnociation das indische Wesen
beherrscht, und der heutige indische Geist
iit das Produkt einer solchen mdurtaueend-
jährigen Eutwirklung. er wird sich nicht
im Handiiiuilrehen liurch eine kleine An-
zahl junger Apostaten die in Europa
organisch entwickelte Vorstellung einer
nationalen Einheit nnd Größe aufpfropfen
lassen. l>cr Verfasser berrthrt auch die
Schwierigkeiten der Frage, er weist auf
•ie hin in den Kapiteln ftber die Dorf-
gemeinschaften (Jbide raralr'), ftber die
Digitized by Gopgle
Bücherbesprechungeu.
717
Bedeutung der StUdte. die Opposition dos
Mohammoiianisnins u?w , abi-r er schlagt
sie mit seinen iudiecheu Freunden gering
•a nnd findet in ihnen kein Hindernis
ff3tr eine allen Alte von Grund aus um-
8tfir7,en<h' Rrvolution. Der Engläiulpr ab- r
blickt sorglos auf diese Bewegung herub,
er kennt die Land und dorohscliaat «loh
die Bedeutung des „congrds national".
Emil Schmidt f-
Itoberk, Enmt. Le Siam. Etüde de
Geographie politiqae. (Travaux du S^-
minaire de Geographie de rüniversit«*
de Liege. Fase. Y.) 7(i S. Abb. auf
a.lK. Lattich, Connauz 1906. JV.S.— .
IHoH'- Abhandlung fiber Siame wirt-
schaftliche Bedoutiini,' wurde nrspi ünglich
'dem geographischen Seminar der Lütttcher
üniverait&t vorgelegt und im „Bulletin'^
der königlich belgischen Gesetlscbaft fBr
Erdkutjde zu Antwerpen veröffentlicht.
Jetzt erscheint ein iSonderaldnick ili.-ser
Arbeit. Aus eigener Anschauung ist dem
Vetfiuner da« Land dee weifien Ele&nten
Tinb. kaiint geblieben; dennoch hat «ich der
junge Gelehrte eine gn'indliche Kenntnis
•einer Zustände auä zahllosen englischen
und fraoaöiiaeben Quellen erworben und
das umfangreiche Material gründlich
durchgearbeitet Nach einom l berblick
der Laudi-tigeschichte bis auf die Jetzzeit
geht der Yerfa«ser su einw Beeohrubung
der Flflsse und der BodenbeeeliaffiMiheit
Aber und entwirft in knappet Form ein
kl^es Bild der jetzigen wüctsobaftlichen
Terfa<nisse in Siam. POr eine allmähliche
Entwicklung des Landes iht die jetzige
Zeit bebunders günstig; die Unabiiiingig-
keit Siams ist von seinen milchtigeu Nach-
barstaaten, England und Frankreich, an-
erkannt und der langwierige Orenzstreit
beim Vertrag vom Tahr-' l9oi endgilltig
geregelt worden, iiaudel und Schiffahrt
entwickeln sieb fortwährend, und selbst
im jetzigen Aufschwung Japans odet im
Erwachen Ciiinas bc-tiht k<in" Gefahr
für Siam. Die englischen und französi-
schen Kolonialbestrebungen finden in die-
•er Abhandlung eine überaus sacbgemäfie,
unparteiische Beurteilung; sobald es je-
doch den deutschen Int( r 's.;cn gilt, verläßt
der Verfasser diesen Standpunkt und gt'ht
zu einer scharfen, einseitigen und dcübulb
unbiUigeu Kritik <tber. — Die 8elhstherr>
Schaft Siams wird ja keineswegs durch
deutsche Schiffahrts^gesellschuften gcfUhr-
det ; das dentache Reich nimmt ja heut-
zutage die erste Stelle im Verkehr im
Hafen Ton Bangkok ein, es folgt Nor-
wegen und dann erat kommt England,
aber neuerdings ist ein gefährlicher Mit-
bewerber, die japanische DampfschifiTahrts-
gesellschaft Nippon Ynsen Kaislia. in den
Gewässern erschienen, um dt-m Norddeut-
schen Lloyd den ersten i'iatz streitig zu
machen.
Verdient ist das dem im Jahre 19M
verstorbenen Juristen Hoiin-Jaci|uemiii.s er-
teilte Lob; während neun Jaiiren arbei-
tete dieeer hervorragende Gelehrte an einer
Einführung neuer (resetze in Siam, die
dem Lande zum Heil und Segen geworden
sind, Noch heutzutage erkennt die Re-
gierung das Verdienst Rolin-Jacquemins
dadurch an, dafi sie su Ratgebern ihrer
einheimischen Rifliter nur Belgier ernennt.
Die Abhandlung ist mit einer .An/.alil
wuhlgeluugener Ansichten geschmückt
und enthftlt eine vom Verfasser entworfene
Karte mit Angabe der beim Vertrag Tom
Jahre lUOl festgestt llten (irenz' ii zwischen
Siam und den französischen und eng-
lischen Schutsgebieten. W. C. Kurth als f.
Waucr, At Soziale Erdkunde. Lundes-
und Gesellschaftskunde für V'olks-
schulen,Fortbildungsschuleu, Handda-
schnlen usw. l Sachsen. 2. Aufl. 80 S.
6 Skizzen, 33 Bilder, 1 K. Dresden,
Müller- FrÖbelhaus 1UU6. .4t —.60.
•
Das Heftehen ist in der 8. Auflage
nicht unwesentlich erweitert, der Stoff
teilweise umgestellt I>ie Ein/elsifde-
lungen erfahren eine grüüere Berück-
sichtigung. Ein neu aufgenommene —
leider ziemlich verunt:liickte.s — Kapitel
behandelt den Grund und Ui-den Da«?
Beste ist wiederum die leichtfaßliche
Verarbeitung des statistischen Materials
zur Wiitschaflskunde geblieben.
P. Wagner.
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718
Nene Bücher und Ksxten.
Neu Bieber ond Kartei.
AllffMMll
Meyer» Kloines Konvorsations -L»ilton.
7^ Aufl. Bd. I. A bi« Canihriss. VI u.
loa» S. Viele Abb. u. Tat. Uipzig,
BibL Lift. 190«. 12.—.
AllftmtM fiyituh« C(M«npkl*.
Baron, I. van. Do Vormen der Aanl-
korst. Inloiininjjc tot de ntiidie der
Physiogratie. VIII u. 888 S. 10 K.,
46 Abb., 4S Fig. n. 96 Tab. Gtoningen,
WoUtT.s 1907. JC 11.—.
BecluB, F'Ji.M.M' f. Les Volcana de 1a
Terre. (Ur»g. von der „Soc. Beige
d* Astronomie, de M^tdorologiu et de
Pbytiqae da Olobe".) L fiuc. I. part.:
A 8 i o A II t o r i 0 u r e. S. 6 — 167. Brflnel
(nicht genannt) 1906.
Oeinits, F. E. Die Eiszeit. („Die Wia-
muohaUf*. Sammlung natnrwiaa. n
inath. Monoijraiihicn. Heft 16.; XIV u.
19H S. 20 Textabb., H Tat , 1 Tab.
Brauubchweig, Vieweg k Sohn 1906.
X 7.—.
Karsten, C u. H. Schenck Vegeta-
tionsbilder. IV. R. H. 2: W. Busse.-
Da« »ildliche Togo. Taf. 7—12. — H. 6
n. 4: G. Skotttberg: VegetatioDsbil-
der aus Fcuerland, von den Falkland-
ingeln und von Süd-Cioorgien. Tat'. 1.3 —
24. — H. ö: W. Busse: VVestatrika-
nischeKutipflaiiMn. Taf. 26— SO. Jena,
Fiicher 1906. Ja JC 2.60; einaaln JC 4.- .
lllfcneiae 6«Of r«|»lile de« HeBflchea.
Schliiter, 0. Die Ziele der Geographie
des Menschen. 64 S. Miincheu u. Ber-
lin, Oldenboorg 1^0«. JL 1.20.
Schftfer, Dietrich. Kolonial-Qeaohichte.
(Samml. Göschen. Nr. lt')ß> 2. Aufl.
kL 8*. 151 S. Leipzig, (iöschen 1906.
—.80.
DnrtMilaai mmi HadifeMrIlaisr.
Kaiser, Max. Land- und Seewinde an
der deutschen O.stseoküste (Tnaug.-
Diss. Halle.) 2i ä. 8 Taf. Halle a. S.
1906.
Stoekigt, W. Über den Einfloß der
Lage auf die Teinj)» raturentwickbing
tier Sommermonate und die Lufttcucb-
tigkeit uu huiüuu Tagen im Schwarz-
waldgebiet mit besonderer BerCkskaieh-
ügnng der Ar die Hygiene wichtigsten
Tempenlor- nnd Feochtigkeits-TediiU-
nisse. (Jen. Diss.) 4*. 72 8. 1 Taf.
Jena 190ß.
Förderreutberi Max. Die AUgkaer
Alpen. Land nnd Leute. 8—10 L!^.
sn je JC 1.20. Lief. 1—6. S 1—320.
Violo Abb. u. Taf. Kempten, Kösel.
Panorama von der Schmittenhöhe bis
ZeU am See (1968 m). Wien usw.,
üartleben 1906. La LeinwBnd-Enrtoa
gefUst Kr. —.80 » JL —.76.
übriges Enropft*
Schweden. Ein kurzer Führer durch
Sehwedens Gesehichte, WiitseliafW-
gebiete, soziale Verhi\ltnisse, rnten-ichts-
wesen, Sport, Kunst, Natur us.v. Hr^rr
Ver. z. Förderung d. Fremdeuverkehrs
OTuristtfaikföibQndet) Stockholm. A.
d. Schwed. vou C 0. Nordgren. kl. 8*.
16:5 s Vi.'lo Abb. im Text u. auf Taf.
Stockholm, 1U06.
Blanchard, B. La Flandxe. ^tnde göo-
graphiquo de la plaine Flamande en
Franc*', Helgique et Hollande, gr. 8*.
VUl u. Ü4Ü S. 76 Texttig., 48 Taf., 2 K.
Paris, Colin 1906. Fr. 12.—.
Sldaarrika.
Meyer, Hans. In den Hoch-Anden von
Ecuador: Chimborazo, Cotopaxi usw.
Iteisen und Stadien. 662 S. 3 färb. £.
a. 188 Abb. aaf 87 Taf. JL 16.—
Huber, J. Arboretum Amazonicum.
Iconographie des plantes spontau'-es et
cultivees les plus importAutes de la
r^gion Amaaonienne. (Hnsea Goeldi)
8. D^de: Taf. 21 30 4. Ddc: Taf.
81—40. Mit port.-lianz. Text Pari,
1906.
flSSfraf hilf her Unterricht.
Oppormann, Edm. Einführung in die
Kartenwerke der k. preufi. liandesaof'
nähme. VH n. 86 & 6 K..BeiL Han-
nover, Carl Meyer (Gostar Prior) 1906.
.1/ 1 — .
Herbertson, A. J. The Uxford (ieo-
grapbies. ToL L The preliminary Geo-
graphy. VIH n. 149 B. 72 Fig. Oz-
foni, ('hirendoü Press 1906.
Fevre, J. u. H. Häuser. Le^ons de Geo-
graphie. 1*>« gim^. G^graphie gene-
rale, Am^riqae, Os^ie, Asie, Afriqne.
X a. 744 S. Paris, Alcan 1906.
Googl
Zeitiehrifteatichaa.
Zeitschriftenschan.
I'fteruianns MiUeihiiifiett. 1906. lo. Hett.
Payer: lieiHen im Jauapiry- Gebiet. —
Boaeh: Cbewsnrieii und Tosehetien. —
Supan und Caustatt: Die Karte des
AcregeWiet». — Der geographische IJnter-
richt im W.-S. 1906/07. Hammer:
Nene Bestimmnng der Oberflftche des
adiatiscben Kufiland. — Sapper: Zur
Geolojrie von Chiapas und Tabasco.
Globtu. dO. Ud. Nr. 14. Hasaert:
Ein Herbttaasflng nach Eritrea. —
Gr aebner: Wanderung sozialer Systeme
ii! Australien. — Andrce: Zum Haua-
tieraiter des Pferdes. — Wils er: Studien
Bur Yorgeeehicbte de« Henieben.
D(tS8. Nr. 15. Hall, fuß: Ist der
Büdensee ein internationaler Se<'? — Vor-
tisch: Die Neger der GoldküBte. —
Graebner: Wanderung socialer Systeme
in Australien. — Der Kongreft ffir die
internationale Polarfor.'^ehung.
Dass. Nr. 16. Hellwig: Da« Ein-
pflOeken von Kranklieiten. — Vortisoh:
Die Neger der Qoldkfiste. — Giuffrida-
Ruf^pcri: r>us sog. Aussterben der Ne-
audertlial-Spy-itasse. — Roth: Die Pflan-
senwelt Australiens. — Die ECrankheiten
der Indianer.
Dnss. Nr, 17 K o r ]■ - T, r n u b er g :
Kreuz und tjuer durcli Nürdwest-Brasilien.
— V. Kleist: Flye- Saint -Maries Zug
durch die nordwestUehe Sahara. — Leb-
mann; Zu dem Aufsatz: ..Da^ Wissi-n
der Quicbt'-hidiaiier in uiythiseh^T Form".
Voss. Nr. la. Marquardseu: Der
neue Vertrag über die dentidi-englisehe
Grenze in Kamerun. — Senfft: Die Be-
wohner der West-Karolinen, — M<)i?cl:
Aufgaben and Resultutt- der Süd-Kumerun-
Orenaezpedition 1900/(>i. — Zur Besiede-
Inng des Herero-Landes. — Friederici:
Die Ethnographie in den ,,DocumentOS
Inädiio« del Archivo de ludias*'.
Dentt^e Bundtdtau für Geoffraphie
uht/ Stiilistil. 29..J!irL,'. '2. Heft. Alhrccht:
Div Marschalliiisolii. — KritMlrich: Altes
und Neues vom Kungostual — Kirch-
hoff: Die Britischen Tnseln and die Bri>
ten. — Meyer: Kiu .\usflng in die Eifel.
— V. Kleist: I'cr Mcknnp und Laos.
Mtleoroioymdu Zetlsd^ri/t. lüo«». Nr. lU.
Woeikof: Perioden in der Temperatur
von Stockholm. — Woeikof: Uegeninten«
eität und IJegendauer in Batavia. —
Christ: Klima von Urla, Ober-Mesopo-
tamien. — Schubert: Wald und Nieder*
schlag in Westpreußen und Posen.
X'ifschrift für Schuhfeographie. 1906.
1. lieft Lukas: Der Wert Bosniens für
Osterreich. — Rieek: Epitheta geogra»
phica. — Arstal: Methodik des geogra-
phischen Untenichts in Norwegen.
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in tu<lt'llos erhaltener Erdglobus von ho vm Durchmeüsi-r im W
Hiilfte doü EinkautVprt'ises zu vcrkuuffn.
König. Potsdam, Alpxandrinenstr. IT I
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig.
Elementare kosmische Betrachtungen Uber das
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[nd Widerlegung der von Kant und Laplace aufgestellten Hypothesen
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Mit 8 Figuren im Text. [VI u. 98 S.] 1906. Geheftet " 1.80.
Der Vtirfa-aMfr hat eine Ri>ih<? von VortrEurm, tu J«mf»n
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iKeii /II lindrn.
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Verlag von B. G. TEUBNER in LEIPZIG.
Die philosophischen Grundlagen der ilVissenschaften.
Vorlesungen jjjeb.ilten an der Univnrsitüt Rt^rlin
Professor Or. B. Weinstein.
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Geographische Lehrbehelfe
aus v:em Verlag von Ed Hölzel in Wien IV 2, Lui
Zur Aiisclialluiii: für Schulen ouiplolilm!
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