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Full text of "Geographische Zeitschrift"

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Wallace 
1876 

Lydekker 
1896 

Matchie 
1896 

Kobelti  Heg.) 
1  1897 

Arldt 
1905 

PaUgon.  Argent. 

Chilenische 

1 



Chilenische 

Patagonisch- 
Chilenisches 
Lrgeb. 

'  Argent- 
Patagonisohe 

Patagonlsche 

Anden 

Sudliche  Anden 
Nordliche  Anden 

Brasilien 

BruBiliiche 

Brasilische 

Sfidanierika- 
nisches 

Südbrasilische 

Braailiache 

Ctuayanm- 

Columhia 

Guayanische 

Columbische 

Centralameriktt 

Mexikanische 

Mexikanische 

Centrai- 
amerikanische 

Centrai- 
amerikanische 

Mexiko 

Mexikanische 

Westindien 

Antillisohe 

Antillische 

Westindische 

Westindische 

Union,  w.  T. 

Califurnltche 

Nieder- 
kaliforniHche 

Vereinigte 
Staaten  ürg. 

Sonorisch- 
Col  umbische 

Soooriscbe 

Felsengeb.  Ur. 

Nieder-  ~ 
Bonorische 

Union,  ö.  T. 

Alleghauies  Ur. 

Obersonurische 

Übergangszone 
Canadische 

Canadisches 

Holarktischo 

Canadische 

Canada 

C'auadische 
Europäische 

Labrador  Ugb  ? 

Arktisches  Geb. 

Arktische 

Sitka  Ugb.? 
Kordpolargeb. 

Boreale 

Europa  ohnu 
Mittelmeergebiet 

Europhische 

BaltisoHes 

Pontisches 

Europftiscbe 

Sibirien 

Sibirifche 

Central- 
asiatische 

Sibirisches 

SlbirUche 

Centrai-Asien 

Kaspisches 

Centrai- 
asiatische 

Centrai- 
asiatische 

Tibet 

Tibetanische 
Kaschmir  Ur. 

Chinesisches 

China,  Japan 

MandschuriBcho 

Mandschurische 

_   

Japanische 

Ostasiatiacbe 

Mittelmoer- 
gebiet 

Mittolmeeriscbü  Mittelineerische 

Mittelmeerisches 

c.  Holarktischen 
Makronesische 

Mittelmeerische 

Trop.  Afrika  n. 
Trop.  Afrika  ö.  ~ 

Ostafrikanische 

Suharische 

Steppengeb. 

Sokotra-Beg. 

SaTaunen  L'rg. 

Sud  arabische 
Somalilaud  Ur. 

Afrikanische 

SQdafrik« 

Sttdafrikanisohe 

Äquatorial- 
afrikanische 

Sfldafrikanische 

Westafrika 

West- 
afrikanische 

~  "West- 
afrikanische 

Guinea  Ugb. 

"  Weet- 

afrikanische 

Madagaskar 

Madagassische 

Madagaflsische 
Begion 

wcstl.  Ugb. 
östl.  Ugb. 

Madagassische 

Madagassische 
Maskanerische 

Seychellische 

Vorderindien 

U  indostanisohe 

Indische 

Yorderindisches 

Hindustanische 

Hindus  tanirobe 

Sfldindien, 
Ceylon 

Ceylonealtohe 

Malabariscb- 

Ceylonische 

Sadindiaohe 

Ceyloneiitcha 

Himalaya 

Indochinesische 

Himalayiscbe 

Hiuterindiache 

Sundanesische 
Philippiniacbe 
OalebM  I^rg. 

Nord- 
anstralisch- 
Papuanlscbe 

Australische 

Hiuterindien 

Birmanische 

IndochinOBiHchp 

Hintcrindische 

Geographische  Zeitschrift 

che 
che 

h- 
he 

le 
le 

Uuwuii  1 

Polynesleche 

Hawaiische 

Hawaiisohe 

Hawaiische 

Polynesien  | 

Polynesische 

Polynesische 

Polyneeiaohe 

V  on  «apI  »i  n  c<  {««•Vi 

|?arUarIi  (SToUcgf  libraro 

BfM;r.HT  WITH  INCOMR 
rnoM  TMS  BictycsT  of 

HENRY  LILLIE  PIERCE 

OF  BOSTON 

Under  a  vnte  of  the  President  and  Fcllow», 
October  14,  189S 


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GEOGRAPHISCHE  ZEITSCHRIFT 


HBBAÜSOEGEBEN 

VON 

Bb.  ALFRED  HETTNER, 

o.  nofSMOE  »n  eBO««APHii  a«  »n  umrnurXT  mDiuua. 


ZWÖLFTER  JAHRGANG. 


MIT  ABBILDOVOSN  UKD  KARTEN  IM  TEXT  UND  AUF  9  TAFELN. 


LEIPZIG, 

DRUCK  UND  YEBLAG  VON  B.  G.  TEUBNER 

1906. 


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ALL!  BBOHTE,  KIKSOHLnsnaOB  DBS  OBBBSBTSDXOSUOHTS,  TOSBBHAITBM. 


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Inhalt. 


CreBcbicht«  und  MetMIk  I 
4w  (jleoirraphie.  seit«  * 

J)if  Lehro  von  d«r  Kugelpestalt 
der  Kr<ie  im  Altertum.  Von 
Hugo  Berger  f  •  • '  

Di«  Uten  Zonenlehi»  der  OriMhaiL 
Von  dAins.   440 

Untersnchiuigen  zur  Geographie  der 
Odyssee.  Von  Dr.  Max  Kiess- 
1  i  n  g  in  Berlin  340 

Die  Waldseemüllerschen  Karten. 
Von  £.  6.  Ravenstein  in 
London  165 

Ferdinand  von  Bichthofens  Bedeu- 
tung fßr  die  Geognqphie.   Von  1 
A.  Hettner   l| 

Bü  c  herbe  sprechuugen. 

iveidel,  H.  Alexander  der  Orufie 
akOeosrapb.  Von  K.Kretschmer  591 ' 

Frentzel.  l'  A.  Major  .Tarne)»  Ruasel, 
der  Schöpfer  der  neueren  englischen 
Geographie.  Von  9.  Günther  ...  119  , 

Reich.  0.  Karl  Kriint  Adolf  von 
Hoff,  der  Bahnbrecher  modemer 
Geologie.   Von  J.  Walther    63 

Penck,  A.  Beobachtung  aU  Grund- 
lage der  Geographie.  Von  Th.  Fi-  ' 
•eher   709  1 

KalMdcr  and  HachnchliiKfTf frke.  \ 
Geograplienkalender.  IV^.  Jahrg. 

1906  07     Von  A.  Ilettner  468 

Jahrbuch  der  Sektion  r>re8den  des 

OsterreichiHchen  TouristeoUabe. 

Jahrg.  l'JOö.    Von  deras  469 

Moyere  großes  Konversationslexikon. 

6.  Aofl.  Bd.  X~XIIL  Von  deme.  414 

MsthematiHche  Oeograpkie  and 

Kartographie.  | 

M  ö  1 1  e  rs  „Orientierung  nach  dem  ■ 
Schatten'',    Die  Taschenuhr  als  ' 
Kompaß.  Von  Dr.  Karl  Peuck er 
in  Wion.  (Hit  4  Testfiguren).  lOl 
Bfleherbespreehnngen. 

Sr.hmidt,  W.    Astronomische  Eid- 

kund.-     Von  O   Tlauß   349  ! 

Albrecbt,    Th.   und   B  Wanach 
Besnltate  des  internationalen  Hrei- 
tendienst.-    IL  Bd.  Von  B.  Mes- 
serechmitt  646 

Allgemeine  phjrsiHche  Geographie. 
Gnm4gOBetee  des  Erdreliefr.  Von 


Oberlehrer  Dr.  Theodor  Arldt 

in  Radeberg  668 

Bericht  über  die  Fortschritt*»  der 
FiSanzengeographie  in  den  Jah- 
ren 1899—1904.  Von  Ftol 
Dr.  George  Karsten  in  Bonn 

7».  146 

Beziehungen  zwischen  Pflanzengeo- 
graphie und  Siedlungsgeschichte. 
Von  Dr.  Robert  Gradmann 

in  TQbingen  805 

Die  tiei^eognphiadien  Beidie  und 

Begionen.  Von  Theodor  Arldt  919 
Die  geographische  Verbreitung  der 
Molhi'^ken  in  iji'rn  palllarktischen 
Gebiet  \  oM  Frof.  Dr.  Ii.  Pfeffer 

in  Hamburg  406 

N  eu  igkeiten. 

Preisarbeiten  (Iber  die  maihematitche 

Bestimmung  der  Erde  107 
V'orkolumbiiohe  Kenntnis  der  magne- 
tischen Deklinatien  844 

Anleitung  com  Beobachten  von  Erd- 
beben 642 

Zentralbnrean  der  internationalen  teifl- 

mologischen  Staatenassoziation  . . .  408 
Neue  1^'ahrungen  über  Korallenriffe  999 
HSebeter  bisher  erreiehter  Pankl  der 

f.'.-.ten  ErdoberflUche  «48 

Abtragung  der  Gebirge  durch  die 

Flflsse   599 

Da8  Mnaeom  filr  Meereskunde  in 

Berlin  996 

Neue  Beobachtungen  tiber  die  hohe 

wärmere  Luftschicht  166 

Erforschung  der  Windverhältnisse  in 

der  Paasatreffion  108 

Internationale  Vereinigung  zur  Erfor- 
sdinng  der  Polargebiete  409.  689 

Büc  herbesprechungen. 

Gflnther,  S.  Physische  Geographie. 

Von  R.  Langenbeck  1T2 

Beul,  0.  Frühere  und  spätere  Hypo- 
thesen über  die  regelmäßige  .An- 
ordnung der  Erdgebirge.  Von  dems.  849 
Frech,  F   Aus  der  Vorxeit  der  Erde. 

Von  A  Philippson  981 

Keclua,  E.  f.    Les  Volcane  de  la 

Terre.    Von  C.  Uhlig  710 

Trabert,  W.  Klimatologie  und  Me- 

t'orologie.    Von  G.  Greim   53 

Weber,  L   Wind  nnd  Wetter.  Von 
W.  Meiaardas   .....  64 


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HildebrandsiOB,  H.  E.  Rapport 

Hur  les  obsorvations  internutionaleB 

des  nuagOB.    Von  G.  Greim  172 

»Oti,  W.  Das  Schwinden  des  Waa- 

gezB  in  den  höheiM  Bodansehialitea. 

Von  W.  üle  710 

Aufteß,  0.,  von  und  m.  Die  phyei> 

kaliüchen  Eigenich^ten  dw  Seen. 

Von  W.  ülc   64 

Jaoobi,  A.    Tiergeog^rapbie.  Von 

6.  Pfeffer  UO 

Allgemeine  Geographie  det»  Mensohen. 

Anpassungsbedingungen  und  Ent- 
wickelangsmotive  der  Kultur. 
Von  Dr.  Leonidai»  Glialikiu- 
ponloB  in  Rapsani  (Thenalies) 

878.  449 

Nation  und  Nutionalitfit.  Von  PH- 
vatdozent  Dr.  0.  Schlater  in 
Berlin  628 

Da«  deutsche  Koloiiiaireich.  Eine 
politisch  -  geographiache  Studie. 
Von  Semiinr- Oberlehrer  Dr. 
Brnno  Felix  Hinsoh  in  Pirna 

A46.  680 

Neuigkeiten. 

Kochs  Expedition  zur  Erfornchung 
der  Schlafkrankheit  16».  706 

Bflcherbesprechungen. 

F  i  n  o  t ,  J.  Da«  RaaeenvorurteiL  Von 

A.  Kirchhoff  469 

Kj eilen,  iL  Stormaktema.  II.  Von 

R.  Sieger  —   591 

Supan,  A  territorialf  Entwick- 
lung der  europäiäcben  Kolonien. 

Von  dems  698 

Dovc,  K.  Die  angelsächsischen  Ri('.--cn- 

reiche.  I.  Das  biiüeche  Weltreich. 

Von  A.  Kirchhoff  694 

Heilborn.  A.    Die  deiitächen  Colo> 

nien.   Von  Br.  F.  Uänsch  647 

Eichholts,  Tb.    Entwicklung  der 

Landpolitik.  Von  S.  Pass.irgc  65 
H  a  1 1  e ,  E.  T  o  n.  Die  Weltwirtschaft. 

I.  II.   Von  R.  Sieger  646 

S  c  h  ra  i  d  t ,  G.  M.  Geschichte  des  Welt- 

handel.H.  Von  A.  Kirchhoff  ....  711 
Hübner.O.  Geographisch-statistische 

Tabellen  aller  Länder  der  Erde. 

Von  A  Hettner     66 

Ephraim,  11.  über  die  Entwicklung 

der  Webeteehnik  und  ihre  Verbrei- 

tung  außerhalb  Europas.    Von  M. 

Haberlandt  IIS 

Gßtz,  \v     Histoiiücbe  Oeogrephie. 

Von  Th.  Fischer  416 


Gr«ß««re  Frdrftume.  s«»»« 

Das  deutsche  Kolonialrfiich.  Von 
Bruno  Felix  Hänsch  .    .ö4ü.  «ISO 

Bächerbe&ijrec  hangen. 

M eurer,  J.    Weltniwcbilder.  Von 

Ä.  Kirchhoff  116 

Dif-hl,  D    An  Bord  und  im  Sattel. 

Von  P.  Stange   59 

Heilborn,  \.    Die  deutschen  Kolo* 

nien.    Von  Br.  F.  Häusch  647 

Dove,  K.  DieangelsilchbischenKiesen- 

reirbe.  I.  Da«  britische  Weltrtieh. 

Von  A.  Kirohhoff  694 

Denteeklnni  nnd  NnehlHurllnier. 

Die  Abflnfieredieinmigen  in  Mittel- 
Europa.  Von  Geh.  Oberbaurat 
II.  Keller,  Leiter  der  k.  preuß. 
Laudesanstalt  für  (iewüsserkunde 
in  Berlin.  (Mit  2  KurvenUifeln 
auf  Tafel  Nr.  9)  6ii.  682 

Die  SchiUhhrt  auf  dem  Ober^Rhein. 

Von  Dr.  Badolf  Hots- Linder 

in  Buel  678 

Neuigkeiten. 

Ergebnis  der  Volkszählung  im  deut- 
schen Reiche  1906  S2G 

Die  Städt«  im  deutscheu  Reich  mit 
über  lUOOOO  Eiuw.  nach  der  Zah- 

lunjf  vou  lao:»  10» 

BevöllvcrungsverhältniMe  des  deut- 
sch on  R«  ich  OB   409 

Seenuntt^rsuchungen  der  preußischen 

geologischen  LandeRanstalt   648 

Lan<lgemnnung  an  der  holsteinischen 

Westküste  530 

Sturmflut  an  der  oitÄrieritehen  Kflete  898 
Laniipf'winnungswerk  am  DoUart  . . .  292 

ErOtinung  des  Simplontuunels  410 

Osterreieiiisehes  AlpenbahnennelB . . .  648 

Bfieherbespreohnagen. 

Wimmer,  J.   Geschichte  dee  deut- 
schen Bodens.   Von  Th.  Fteoher  416 
Begiebing,  H.  Die  Jigd  im  Leben 

der   salifichon   Kaiser.     Von  K. 

Kretschmer  416 

Qrupp,  G.  Der  deutsche  Volks- und 
.Stammeschacakter.  Von  A.  Kirch - 

hoff  635 

Hellmann,   G.     Regenkarte  von 

Deutschland    Von  W  Ule   647 

Handbuch    der  Wirtschaftskunde 

Deutschlande.  IT.  Von  F.  Hahn.  .56 
iNauticuB.  Jahrbuch  für  Deutschlands 

Seeinteressen.  1905.  Von  M.  Eckort  178 
I  Hasse,   E.    Deutsche  Grenzpolitik. 

I    Von  J.  Zemmrich  30O 

i  Morits,  Ed.   Die  geogni^isohea 


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Inhalt. 


56 


5S6 


331 


350 


861 
852 


647 


648 
712 


KeantniMe  von  den  Nord»  mid  Oit- 

•eekteten  bis  zum  Enrl,>  d,  s  Mittel- 
alters.   Von  E.  KretBchmer  

Otteen.    Der  Enit  Tondern.  Von 

M.  Rrkert  

Witte,  U.  Wendische  Bevölkenings- 

reete   in   Heeklenbai^.    Von  J. 

Z  e  ru  m  rieh  

Wagner,  H.   Orometrie  des  ostfüli- 

at^ea  Hügellandes  links  der  Leine. 

Von  K.  Pencker  114 

Wftetenbagen,  H.     Beiträge  znr 

SiedelungsKundc  des  Ost -Harzes. 

Von  F.  Hahn  47(» 

Tb.  Fon  tan  esWanderungen  durch  die 

Mark  Brandenburg.  Von  F.  Lampe  3öu 
Kohler,  G.         „Rücken"  in  Mans- 

ft'ld  und  in  Thänngen,   Von  A. 

Bergeat  

Oerbing,  W    Die  Pn^se  des  Thü- 
ringer Waldes.    Von  Fr.  Regel.. 
Woerl,  L    Das  Königreich  Sachsen. 

Von  P  Wa^ruer  

Zemmrich,  Jos.    liandeskimde  des 

Königreichs  Sachsen  Von  dems. . 
Beyer,  0.,  Cl.  Företer  n.  Chr. 

März.  Die  Oberlausit«.  Von  il.  mg. 
Bi'cker,  F.  Karte  von  Bodenaee  und 

Rhein.    Von  A  Penck  

Baedeker,  K.   Die  Sdhweis.  Von 

A.  Hetiner   56 

Wagn  e  r ,  E.  Tuohenatlaa  der  Schweis. 

Von  E   Zollinger  3;VJ 

Kümmerlj,  H.    Gesamtkarte  der 

Sehweis.  Nanemverseichnis  riasa. 
Spezialkarte    des  Exkursioaa- 

Sebietea  von  Bern.  —  äpezialkarte 
es  ZürtdieeM.  Von  dems  852 

Rabl,  J  niuetriertt  r  Führer  anf  der 
Tauembahn    Von  R.  Sieger  863 

Dftncmarks  Boden  *uad  Oberflidie. 

Von  Privatdox.  Dr.  Fritz  Ma- 
chacek in  Wien.  (Mit  'A  Land- 
schaftsbildtTu  auf  Tat".  H  u.  7) 

Siedlungen  der  serbibcüen  Länder. 
Von  Dr.  Paul  Vojevi«  in  Neu- 
wts  (Ungarn).  (Mit  1.  Fig.  im 
Text)  

Zur  Hydrographie  des  Kargta.  Von 
Privatdozent  Dr.  Karl  Oest- 
reich  in  Marburg  a  L   47 

Insela  dei  igÜMhen  Meeres.  Eine 
UndaaMOiche  Skiue.  VonIW. 
Dr.  Karl  Sapper  in  TfibiagAn. 
(Mit  .*>  Landaebalktbildcni  »nf 
Taf.  1  u.  2)  


8««t«;  Neuigkeiten.  8«ite 

Die   authropologischen  Verhältnisse 

Dänemarks  410 

Anschluß  Islands  an  das  WeMlelegm- 

phennetz   686 

Verkleinerung  der  britischen  Inseln 

in  Folge  von  Felsitilnen   681 

Vepuvausbruch    898 

Die  Wirkungen  des  letzten  Vesuv- 
antbmchs    411 

Bficherbesprechiingen. 

Fhilippson,  A.    Europa.    Von  A. 

Kirchhoff'  178 

Kerp,  U.  Landeskunde  von  Skandi- 
navien.  Von  R.  Sieger   68 

V.  Gey  r-Schwe ppcn bürg.  A.  Meint; 
Heise  nach  den  Färöem.    Von  B. 

Kahle  417 

Chantriot,  B.  La  Champagne.  V<kd 

F.  Hahn  801 

'Deman^eon,  A.  La  Picardie  et  les 
'     r^gions  voisines.    Von  dems. ...  ... .  98S 

'  Ornnd.  A.  Landeskunde  von  Östor- 
!    reich-üngarn.    Von  G.  A.  Lukas.  712 
I  Die  Eri(«'bniss('  der  TrianguliOfOBgen 
des  k.  und  k  Militär-geogra- 
phischen  Institutes.    Von  M. 

Petzuld    67 

Pichier,  F    .\iistria  Romana.  Von 

E.  Oberhumuier  '   68 

Resultate  der  wissenschaftlichen  Er- 
forschung des  Platten  •Sees.  Von 

W.  üle  718 

Maywald,  F.  Die  ra^Hi-  der  West- 
Karpathen.    You  U.  Sichrer  648 

Fischer,  Th   Mittelmeerbilder.  Von 

A.  Philippson  S8S 

Regel,  F'.    Landeskunde  der  ilori- 

schen  Halbinnel.    Von  K.  Supper  59 
Lorensi,  A.    La  colUna  di  Bnmio 

n.-l  Friuli     Von  Th.  Fischer..   .  470 
Wermert,  ü.    Die   Insel  Sicilien. 

Von  deme    176 

Koetscliet,  .1,   An?  Bosniens  letzter 

Türkenzeit.    Von  0.  Schlüter...  333 
Steinmets,  K.   Ein  VorstoA  in  die 
nordalbani.snhen   Alpen.    VoB  K. 

Oestreich  417 

Krebe,  N.  Densitli  e  aomento  dolla 
popolazione  nell*  letria  e  in  Triesto. 

Von  0.  Schlüter  176 

Lupsingrande ,    Lussinpiccolo.  Von 

dems    176 

.Annales    de   l'oljsen'atoire  national 
d'  Äthanes  publiefs  par  D»'nii  trius 

Eginitif.    Von  .1.  Parts^ch  470 

Wallare,  D.  M.    Rußland.    Von  A. 
Hettner  417 


361 


50 ; 


.18 


Asien. 

Die  jakutiBcheo  Kosten  des  nflrd- 


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VI 


lidien  fiisineeres.  Von  W.  8ie- 
rossewski  i^>b 

Von  der  anatolisclifn  Ifiviera.  Von 
Ohf-rlobrer  Fritz  Hraun  in 
Marienlnirg.  (  Mit  4  Landschalts- 
bildern  auf  Tafel  3)  iho 

England  in  Arabien.  Von  Oberst- 
leutnant a.  D.       Kleist  in 

Steglitz    425 

Die  Platte  zwischpn  Sumatra  und 
Morneo.     XOn    T>r.   J.  Hund- 

hauseu  in  Zürich  703 

Neuigkeiten. 

Die  Oberflftcbe  des  ariaUaebeii  Rnft- 

lands  706 

Die  Naledj  -  Erscheinungen  Üst-Sibi- 

riene  166 

SchiffBexpctliti  ni  nach  dnujJeni'^spilCT.  468 
Grothea  Expedition  nach  dem  Anti- 

tanmt  nna  nach  Heaopotamien  .  706 
Huntingtons  Rllokkehc  ansZentral- 

Asien  411 

FranzöBiscbe  arcUiolugische  Expedi- 
tion nach  Zentnil-Aöien   49 

Steina  Expedition  nach  Zentral-Aüien  531 
Zugmayon  Duxchqueruuj^  Tibets..  293 
Work  manne    Qletecherfiuutm  im 

Himalaja   648 

Lösung    des    Sangpo  -  Hrahmai.»utra- 

Problems  464 

Ural"   von   Lesdains    Keiae  durch 

China  vind  Tibet  227 

Tafeis  Expedition  nach  West-China  412 
Über    die    Pflanzengeofjfraphie  von 

Inner-t'hiua   167 

Pomosa  unter  japaniscber  Verwal- 
tung;  68') 

Erdbeben  auf  Korujosa  2ü4 

Bütherbesprechungen. 

von  Tornau,  N.  Kulturgeographi- 
scher  Atlas  von  Sibirien  und  Tur- 
kcstan.    Von  H.  St  üb  1er  471 

Brandenburger,  Cl.  Rusaisch-asia- 
tiKche  Verkehrsprohleme.  Von  M. 
Fricderichsen  234 

Fitzner,  R.  Beiträge  zur  Klima- 
kunde dee  Oamamschen  Reiches 
und  seiner  Nachbargebiete.  Von 
Th.  Fischer  418 

Nahmer,  E.  von  der  Vom  Mittel- 
mcci-  zum  Pontus.    Von  W.  Rüge  234 

Zugraayer,  E.  Eine  Heise  durch 
Vorder- Asien  im  Jahre  1904.  Von 
M.  Friederichsen   868 

Zitelmaun,  Katharina.  Indien. 
Von  E.  Schmidt  649 

Loti,  P.  Indien  (ohne  die  Englinder). 
Von  dems  473 


8«lto 

Piriou,  K  T/Tnde  conteinporaine  et 
le  mouvement  national.  Von  dems.  716 

Haeckel,  E.  Wandeibilder.  Ser.  I 
u.  II.    Von  0.  Karsten  478 

Weber-van  Bosse,  A.  Ein  Jahr  an 
Bord  I.  M.  S.  „Siboga".  Von  W. 
Kukenthal  419 

Algu^,  J.  The  Cyclones  of  the  Far 
Bast.   Von  W.  Brennecke  116 

Montgelas,  Pauline  Grf.  Ost- 
asiatische  Skizzen.  —  Bilder  aus 
Süd-Asien.    Von  W.  C.  Korthals  596 

Robert,  E    Le  Siam,    Von  dems.  .  717 

Doflein,  F.  Ost-Asien-Fahrt.  Von 
dems  69Ö 

Behme,  Fr.  n.  M.  Krieger.  Ffibrer 
durch  Tsingtau  und  Umgebung. 
Von  dems  649 

AMka. 

Alte  und  neue  iiaudel:>straßeu  und 
Handelsmittelpunkte  in  Nordost- 
Afrika.  Von  Oberlentnant  a.  D. 
Detmar  Kflrohhoff  in  Ghar- 

lottenbnrg  277.  326 

Die  Kameriinbahn  von  Duala  nach 
den  Maneugubabergeu  und  die 
deutsche  Niger -BenuS-Tsadsee- 
Expedition  (1903—1908)  unter 
Fritz  Bauer.  Von  Realschnl- 
direktor  Dr.  Alois  Geistbeok 
in  Kitzingen  a.  M.  .........  408 

Der  Meru.  Von  Dr.  Fritz  daeger 
in  Offenbach  u.  M.  (Mit  ö  Laud- 
schaftsbfldem  auf  Tafel  4  n.  5 
nach  Originalaufhahmen  von 
Prof.  Dr.  Carl  Uhlig  in  Dar- 
essalam)    241 

Die  ost-atnkani.sehe  Südbahn.  Von 
Privatdozent  Dr.  Emil  Philippi 
in  Berlin  S38 

Süd-Afrika  und  Sambesiflaie.  Von 
Prof.  Dr.  Alhrecht  Penck  in 
Berlin   601 

r>ie  Kalahari  (nach  S.  Pas  sarge) 
Von  Prof.  Dr.  Adolf  Sehen ek 
in  Halle  a/S  öl 8 

Die  kaoarisohen  biseln.  Eine  geo- 
graphisdie  Studie  tob  Prof.  Dr. 
Karl  Sappor  in  Tübiagon. 
fMit  6  Landsohaftsbildem  auf 
Talel  Nr.  S)  4SI 

Die  Kolonie  Madagaskar  in  ilirer 


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Inhalt. 


vn 


Seite 

geyepwSrtigen  Entwicklunp^.  Von 
Vrni  Dr,  CatI  K  .-lii-r  u.  /iiiii  li  

Neuigkeiten.  I 

Die  Bevölkerung  von  Marokko  412 

Erforschung  dea  Sebu- Flusses  in  Mä^  i 

rokko  10t>  j 

Dy^  L'nterȟchpDgcn  an  der  atlan-  j 

tiT.hftn  Kiistc  VOM  Miirukkn  Ifift  fi.Sl  \ 
riye  Sa  i  u  t  e  -  M  a  r  i  es  Krkundi^ningg- 

Chudeaus  ForBchungen  in  der  zen- 
tralen Sahara  ftiA 

Yillattes  und  Laparinea  Reia« 
pari]  A'lrar  ^  IM 

Hanna  Vischera  Sahara-Expedition  464 

Lyons'  Untersuchungen  über  die  Nil- 
tlut  und  ihre  Schwankungen  5Hf» 

Ij^tfnong  der  Eisenbahn  /.wischen  Nil 
and  rotem  Meer    IGU 

Aosbeutung  der  Erzvorkommen  in 
Abessinien  ö32 

Caetanis  Reise  im  Osthom  70«) 

Deutsch-englischer  Grenzvertrag  Ka- 
meron-Nigeria  643 

Verbindung  zwischen  Niger-Tschad- 
see-Nil   nO 

Terbindong  zwischen  Französisch- 
Eongo  und  dem  französischen 
Tschad-Territorium  G44 

Ywbreituag  ond  Lebenaweiae  des 
Okapi  •  ■"•  •  682 

Grenzübereinkummen  zwischen  Sudan 
und  Kongostaat  294 

Kochs  Expedition  zur  Erforschung 
der  Schlafkrankheit  169.  706 

Die  Gesandheitsverhältnisae  von 
Deutach-Ostatrika  227 

Cnnningtons  Expedition  zum  Tan- 
ganika   110 

Graaers  Ersteigung  des  Kuwenzori  345 

Wollastons,  Woosuams  und  Dents 
Ersteigung  des  Rowenzori  464 

Elpedition  des  Herzogs  dt^r  Ab ruz- 
zen  zur  Bestei^niD^^  der  Ftuwen- 
lon  .   22«  R86 

Weule«  und  JUgers  Expeditionen 
narh  npnts.>h-()rt;ttrik-a  TäT  dlA 

Eisenbabnbau  in  Deutsch -Sfldwest- 
afrika  7ü6 

Colin  Hardings  Erforschung  der 
SambcaiguelleQ   464 

Pencks  Reisen  in  Sad-Afrika  110 

Büch  er  besp  rechungen. 

Zabel,  R.  Im  muhamedanischen 
Abendlande.    Von  Th  Fischer.  115 

Langenbucher,  K  Karte  von  Ma- 
rokko.   Von  dems  176  j 

Baedeker.  K.  Ägypten  und  der  Su- 
daa.    Von  J.  Walther   587  , 


Seite 

V.  Othal  om.  A.  ü.  Edler.  Der  Suez- 
kanal.   Von  K.  W  i  t' d  (•  u l  eid  ■  ■  .  ■  177 

Falls,  J.  C.  E.  Ein  Bestith  jn  den 
Natronklöstern  der  sket ischen  W üste. 
Von  Kr.  Jaeger   ...  285 

Seidel,  A.  Deutsch-Kamerun.  Von 
S.  Passarge   ....  660 

V^inter,  M.  Anschauungen  eines  alten 
„Afrikaners"  in  dputürh-ostafrikani- 
schon  Hewirtsohaltung.sfragen.  Von 
A.  Sehen  ck  651 

Irle.  ■)■  D'w  Herero.  Von  S.  Paa- 
sarge  660 

Australien  und  niii»traHni-he  Inseln. 

Neuigkeiten. 

HuBchbriinde  im  südlichen  Australien  294 
Davidsons     Erforschung  Zentral- 

Aufitraliens  465 

Georges  Tod  345 

Michaelaens  u.  Hartmeyers  Küok- 
kehr  von  ihrer  Reise  nach  West- 
Australien    .  110 

Wagners  Bericht  über  das  Samoa- 

Observatorium    50 

Vulkanausbmch  auf  Savaii  296 

Meteorologische  Station  auf  Yap ....  538 
Zerstörung  Papentes  durch  eine  Flut- 
welle 294 

Erforschung  der  Osterinsel  413 

Nord-  und  Hittelamerika. 

Verändeningen  in  der  Bevölkerung 
der  Vereinigten  Staaten  von 
Noi*damerika.  Von  Dr.  Hans 
Heiderieb  in  Berlin  136 

Neuigkeiten. 

Harrisons  Expedition  nach  dem  ark- 
tischen Nordamerika  467 

Macgregors  Expedition  entlang  der 
Knuifi  von  f .aViradnr   .  .  .  .  .  418 

Der  höchste  Berg  in  den  Vereinigten 
Staal£u  ^  12fl 

Zerstörung  von  San  Fran/.isko  .  .  .  .   .  295 

Umfang  und  Verlauf  de»  großen  kali- 
fomischen  Erdbebens   466 

Zunahme  der  Indianer  in  den  Reaer- 
vationen   706 

Bücherbesprechungen. 

Bernius,  K.  Das  Becken  von  Parras. 

Von  K.  Sapper  116 

Sapper,  K.    über  Gebirgsbau  und 

Boden  des  südlichen  Mittel-Amerika. 

Von  H.  Lenk  537 

Kraentzel,  H.  Le  canal  de  Panama. 

Von  F.  Lampe   177 


vm 


Inhalt. 


Sfidamerika. 

Neuigkeiten. 

Frhr  v.  Nordenskjölds  Reisen  in 
Peru  und  Bolivien   öl 

EiHenbiihnbaii  i»  Bolivien   229 

Argt'ntiniaciie  Erforsclmug  dca  Piloo- 

mayo  : 

BevölKerungaverh&ltnitwe  von  Argen- 

tinien  686 

Erdbeben  von  Valparaiso  633 

Bficherbeaprechnngen. 

(loeldi,  E.  A.  Os  Moaquitori  po  Parä. 
Von  R   O.  Np  11  mann  589 

Schmidt.  M.  Indianerstudien  in 
Zentral- Hrawilien  Von  I'  Khren~ 
reich  235 

Burckhardt,  C.  Coupe  geoiogique 
de  la  CordiUäre  entre  Las  Lajas  et 
Curacautin.    Von  H.  Steffen   .  .473 

von  Vacano,  M.  J.  Buntes  Allerlei 
aus  Argentinien.    Von  dems  470 

Ale  mann,  Th  Ans  dem  Siidwesten 
doi  ar^,'entini^icben  üieeregiop.  Von 
W    SiHvcrs    CO 

Nord'Polargegendeii. 

Neuigkeiten. 

Arktowakis  Vorschläge  Eur  syste- 
uiatischen  Erforschang  der  Polar- 

regioneu    52 

Aufklärung  derStrOmungsverhältnisse 
im  nördlichen  Eismeer   öl 

We  1 1  m  a  ns  Luftballonfahrt  zum  Nord- 
pol  847.  467.  533 

Isachsens  Spitzbergen-Expedition..  S'l7 

Expedition  des  Fürsten  von  Mo- 
naco nach  Spitzbergen  ....    414.  707 

VViasenschaftliche  Station  in  Grönland  296 

My  lius-Erichsens  Expedition  nach 
Nordost-Grönland  170.  846 

Pearys  Rückkehr  von  seiner  Nord- 
polarexpedition  707 

Amundsens  Nordpolarexpedition  .  .  61 

110.  ÖÖ7.  708 

Harrisons  Expedition  nach  dem  ark- 
tischen Nordamerika  467.  708 

MikkelttenH  Expedition  in  die  l^t;au- 
fort-See   170.  346.  467.  646 

Bucherbeaprechnngen. 

Dröber.  W.  Die  Polargebiete  und 
deren  Erforachang.  Von  M.  Lin- 
dem an  Ö97 

Küchler.  C.  Unter  der  Mittemachta- 
gonnft  dnrrli  die  Vulkan-  und  Glet- 
scherwelt  Islands.    Von  H.  Kahle  68» 

SU(l-Polari;t'j;end('ii. 
Neuigkeiten. 
Arktowskis  Vorschläge  zur  syste- 
matischen Erforschung  der  Polar- 
regiunuu    52 


S«it« 

Neue  argentinische  Stationen  in  der 
Antarktis  229 

Bücherbesp  rechungen. 

V.  Richthofen,  F.  Ergebnisse  unJ 
Ziele  der  SÜdpolarforHchung.  Von 
A.  Kirch  hoff   ßQ 

Dröber,  W.  Die  Polargebiete  und 
deren  Erforschung.  V  on  M .  L  i  n  d  e  - 
man    fifti 

Arktowaki,  H.  Die  antarktischen 
Eiaverhaltnisae.  Von  K  Frickar  86ft 

Meere, 

Ncuigk  eiten. 

Inatitut  für  Meereskunde  in  Berlin..  112 

Institut  für  Meereäfordchung  in  Paris  348 
Die   Reise   des  Vermesaungsschififes 

„Planet"                         296.  68«.  708 

Abschluß  der  „Sealark-Expedition^' . .  171 
Agassiz'  Tiefseeforschungen  im  öat- 

Ti<-lion  atillcn  Ozean                    .  &a 

MagDcti.sche  Vcrmeat>ung  des  stillen 

Ozeans   348 

Bücher  besprecbungen. 

Kaieerliche   Marine.  Deutsche 

Seewart c.  Dampferhandbuch  für 
den  atlantischen  Ozean.  —  Atlas 
der  Gezeiten  und  Gezeitenatröme 
der  Nordsee.  —  Altlas  der  Strom- 
versetzungen  im  indischen  Ozean. 
—  Wind,  Strom,  Luft-  und  Wasser- 
temperatur auf  den  Dampferwegen 
des  Mittelmeers.    Von  M.  Eckert  298 

GeographlHcher  Unterricht. 

Die  Aufgabe  der  Schulgeographie. 
Von  Oberlehrer  Dr.  B,  Bruhns 
in  Annaberg  i.  Erzgeb  657 

Drei  neue  Methodiken  des  erdkund- 
lichen Unterrichtes.  Von  Prof. 
Dr.  R.  Langenbeck  in  Straß- 
burg i.  E  161 

Neuigkeiten. 

Geographische  Vorlesungen  im  8.-8. 

i«o«   «29  gftft 

Qeographiache  Vorle«angen  im  W  -S. 

1906/07  63:).  5>^8.  646 

(leit^TapluKche   Vorlegungen    an  der 

.Akadeniii'  in  Posen  .TT  297 

Geographische  Vorlertungeji   an  der 

Handelshoch-iihule  /u  Berlin  414 

Ordentliche  Professur  in  Berlin   68 

Ordentliche  ProfoBsuren  in  Freiburg 

und  Heidelberg  686 

Ordentliche  Professur  in  Halle  468 

Ordentliche  Professur  in  München  . .  297 
Ordentliche  ProfeMor  in  Münster  . . .  171 
Ordentliche  Profeisur  in  Wien  897 


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Inhalt 


IX 


Seit« 

Professur  an  der  Akademie  fBr  Han- 
dels   und  Sozialwiuenschaften  in 

Frauklurt  171 

Außerordentliche  Professur  in  Leipzig  281 
Außerordentliche  Professur  in  Münster  585 
Außerordentliche  ProfeHSur  in  Rostock  535 

HabiHtation  in  Berlin  231 

Habilitation  in  Wien  297 

Aufgabe  der  Professor  in  Rostock  . .  468 

Tenteetong  in  Münster  297 

In-tittit  für  Mpprr'.>^knnde  in  Berlin..  112 
Topographische  Übungen  an  der  Uni- 

▼«nitit  Heidelberg   297 

Rci-euntprstiitznnpen  der  Berliner 
Karl  Kitter -Stittung  und  der  EgL 
Akademie  der  Wieieiinhaften  n 
Berlin  680 

Bücherbesprechnngen 

Kraentzel,  F.  La  Geographie  dans 
renfeignement  moyen.  Yon  B. 
Langenbeck  177 

Pütz,  W.  Lehrbuch  der  vergleichen- 
deii  Erdbeechreibimg.  von  F. 
Wagner  178 

Pfitz'  Leitfaden  der  vergleichenden 
Erdbeaehnibung.  87.  o.  88.  Aull. 
Völlig  umgearbeitet  von  L.  Neti- 
mann.   Von  dema  66S 

Seblemmer,  K.  Leitfkdeii  der  Erd- 
kunde für  höhere  Lehranetalten. 
S.  Aufl.    Von  dems  661 

Nieberdinga  Sebulgeographie.  Von 
dems  178 

E.  T.  äeydlitz'  Geogzapbie.  Aus- 
gabe C:  Orofies  Lehroneh  der  Oeo- 
graphie.    Von  Hch  Fischer  ...  116 

E.  V.  Seidlitz*  Geographie.  Aus- 
gabe D.    Von  P.  Wagner  662 

Heimatkunden  zur  Ergänzung  der 
Schulgeographie  von  £.  v.  Seyd- 
litz    Von  L.Henkel  U.G.  Orcim  179 

Wfinsebe,  A.  Schulgeogiaphie  des 
KGnigsreiches  Sachsen.  Von  P. 
Wagner  287 

MAia,C]ir.  Berg  fmd  Tal  der  Heimat. 
Von  dems   179 

Clemenz,  B.  Heimatskunde  de» 
Stadt-  und  Landkreifie«  Liegnitz. 
Schulkarte  dazu.  Von  K  Pe ucker  H56 

Jenkner,  H  Rätsel  aun  Erd-  und 
Hiznmelskunde.  Von  A  Kirchhoff  180 

fieinze,  H.  Physische  Geographie 
Von  P.  Wagner  3öö 

Waner«  A.  Sociale  Erdkunde.  Von 
dem«  61.  717 

Gruber, Chr.  Wirt*chai tsgeographie 
mit  eingehender  Berücksichtigang 
Deutschunds.    Von  K.  Hassert.  .  .355 

WoUemann,A.  Bedeutung  und  Aas- 
tpcaebe  der  wichtigsten  scholgeo- 
>>raphiaeheB  Manen.  yoiiA.Kiroh- 
hoff  180 


I  Seit« 

Entgegnung  auf  Kirehhoffs  Bespre- 
chung meines  Büchleins  „Bedeu- 
tung und  Ausspräche  der  wichtig- 
sten HcliiilgcographiieheB  Namen^S 
Von  A.  Wollemann  419 

Kurze  Erwiderung  auf  WoHi  mauus 
Entgegnnng.  Von  A.  Kirchhoff.  476 

Schlemmer,  K.  Geographieohe  Na- 
men.   Von  dema   697 

Herberttton,  A.  J.  The  Junior  Geo- 
graphy.    Von  R.  Langenbeck  ,  S87 

Hoch,  Fr.  Der  Gletscher.  Von 
dems  18  t 

Hoel/.elH  Rassentypoii  des  Mauehen. 
Von  0.  Schoeteuuack   61 

Diercke.  Sohniwaadkarten. — Sclnil- 
wandkartevonBerlin  uDcU.'mgebang. 
Von  R.  Langenbeck  ..  866 

Leipoldt,  0.  und  M.  Kuhnert. 
Pliysik.-poHt.  Schulwandkarte  von 
Kuropa.    Von  R.  Langenbeck..  640 

Leipoldt,  G.  Yerkehnikarte  von 
Mittel-Europa.    Von  dems  640 

Rothaug- Umlauft.  Schulwand- 
karte  des  Ershenso^ftoms  Osterreieh 
uuUt  der  Ennn.  \un  (1  A.  Lukas  476 

Schulwandkarte  der  politischen 
Bezirke  Melk  und  Scheibbg.  Von 
R.  Langenbeck  .   477 

Leipoldt,  G.  und  M.  Kuhnert. 
W  andkarte  von  Palästina  bis  zur 
Zeit  Christi  Von  A.  Kirohhoff  686 

Tereine  vm4  TenmMlmqr^n* 
Zeltaelurlftea. 

Bemerkungen  über  die  Zukunft 
der  deutschen  (ico'j-i  :ip}ifntaj.,'e. 
Von  Dr.  Eduard  Waguer  in 
Leipzig  

Die  Zukionft  der  deutechen  Geo- 
graphentage.   Von  Prof.  Dr. 
Willi  üle  in  Halle  a.  8.  . 
Neuigkeiten. 

7H.  Versammlung  deutscher  Naturfor- 
scher und  Ärzte  297. 

X.  bitemationaler  (Jeologenkongreß 

III.  298. 

Intenuitiünaler  KougreÜ  für  die  Er- 
forschung der  Polargebiete  

XV.  Internationaler  Amerikanisten- 
Kongreß   

Internationale  ozeanische  u.  Fischerei- 
At!^-fellun>;  in  Marseille  

Kichthüfen-Tag  709 

„Zeitschrift  für  Gletscherkunde**  ....  848 

VerötFentlichungen  der  Zeutralkom- 
misäiou  für  wissenschaltliche  Lan- 
deskonde  von  Dentsehland  881 

Mitteilungen  der  Opnirrajihischen  Ge- 
dellschaft  in  München  690 


105 


700 


4(38 


646 


689 
181 


29s 


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1 


Inhalt 


FentellehM. 

Ferdinaiid  TOn  Biohfhofens  Bedea- 
teng  für  die  Qeogn^lde.  Von 
Alfred  Hettner   i 

HenniDIi  v.  Wissmann  zum  Ge- 
dftchtnis.  Von  Gt-l).  Heg. -Rat 
Pirof.  Dr.  Alfred  Kirchhotl  in 
Möolcaii  b.  Leipzig   IS 

Eduard  Biditer.  Von  Ptof.  Dr. 
Georg  A.  Lukas  inOra?.  1.>1.19S.96S 

Elis^e  Reclus'  Leben  und  Wirken 
(1830—1905).  Von  Prof.  Dr. 
Paul  Girardin  und  Prof.  Dr. 
Jean    Brunhes   in  Freiburg 

(Sdkweix)   «6 

Neuigkeiten. 

Herausgabe  des  Richthofeneoben 

literarischen  Nachlasses  641 

Ludwig  BrakebuBcb  f  460 

Karl  V.  Fritsch  t  118 

Karl  Futterer  f  231 

Hermann  Obst  f   414 

Bmil  Schmidt  f  709 

Bfleberbespreehungen. 

Enz en 8 p erger,  J.  Ein  Bergateiger- 
leben.  Von  £.  Oberhnmmer  . . .  174 

Heso  Btohor  und  Knrten* 

6S.  IIT.  181.  m  SOS.  867.  420  477.  541 

ö'J«.  6Ö3.  718 

Zeitgchri  ftenHcheu. 

Petermanns  Mitteilungen  63. 117. 182.  2S9. 

SOS.  868.  421.  479.  542.  699   t;r>4  719 
QlobUB..6S.  118.  182.  2S9.  803.  368.  422 
479.  542.  699.  654.  719 
Deutsche  Randschan  für  Geographie 
undStntiatik  63.  118.  ihh.  2:19.  aus.  :{.'>9 

422.  479.  642.  699.  Gäö  719 
Zeitschrift  für  Schulgeographie  ..(».■{. 

188  239  303  359  422.  479  ')43.  600.  719 

Geographischer  Anzeiger  ü3.  118.  183.  239 

;i03.  i-2-2.  479.  543.  600.  656.  719 

Meteorologische  Zeitechrit't  IIh.  ih3  289 

303.  859.  422.  479.  64J.  699.  G65.  719 

ZeitiehriftfBrGewa88erkande289.  869.  548 
Cons.  pernian   intemat.  poiir  l'oxplo- 

ratiou  de  la  mer  ...U9.  240.  804.  644 
Zaitaobrift  fBr  KdonislpoUtik,  -reeht 

u.  •wirfeechaA...63  iis.  is.i.  2:^9  303 

869.  422.  479.  643.  600.  666 

Zetticbxift  der  OeMllechaft  fBr  Erd- 
kunde n  Berlin  68.  118.  ins.  239.  359 

479.  543.  719 

Deotwbe  Erde...  118.  808  428.  648.  719 

DeutBche  Gecmnphische  Blätter  803.  429 
Mitteilongen  4MS  Vereins  für  Erdkunde 
in  Dresden  118.  869 


8«H« 

Mitteilungen  des  Veieine  lÜx Erdkunde 

in  Halle  a.  S  3u3.  666 

Jahresbericht  der  Münehener  Orien- 

taüsf'^u  ti  riesellschaft  118 

Mitteilungen  der  Geogr.  Gesellschaft 

in  Haimrarg  889 

Mitteilungen  der  Geogr.  Oeeellaehnft 

fOr  Thüringen  666 

Die  Beteiligung  DeoiecUeods  en  der 

internationalen Mcere8forschung304.  666 
Mitteilungen  der  k.  k.  Geographischen 

OeseUsehnft  in  Wien  68.  808.  428.  479 

64  3.  600 

Abhandlungen  der  k.  k.  Geographi- 
schen Oeselisehaft  in  Wien ...  .68.  989 

Mitteilungen  des  k.  k.  Militftigeogra- 

pbisohen  Institut«  in  Wien  648 

Janresbericht  derOeograpbiscb-Ethno- 

graphischeu  ( >•  .^cll^cliaft  in  Zürich  808 
Abrägä  du  Bull,  etc  de  la  Soci^tä  Hon- 

groise  de  Geographie  118 

Ymer  <i3   I8:i.  ;;59.  643 

Annales  de  Geographie  64.  188.  422.  643 

666 

La  G^ogra^e  (U.  iis.  183.  240.  304.  .">59 

4-.'2.  479.  643.  665.  719 
The  Geograpbical  Juurual  64.  118.  183 
239.  304.  369.  422.  480.  64 ;i  600.  666.  719 
The  Seottisch  Geographica!  Magazine  64 
118    188    239.  30  J.  360.  422.  480,  643 

600.  666.  780 

Sveoska  I'inl.st  Fcireaingens  .XrsskriFt  350 
The  l^atiuual  Geographie  Magazine  64 
118.  188.  840.  804.  860.  488.  480.  644. 

655.  720 

Bulletin  of  tbe  .\merican  Geographical 

Sode^  644 

The  Journal  of  Geograph v  119.  183.  240 

36Ö.  422.  644.  720 

Maryland  Qeological  Snnr^  488 

U.  8.  Oeologieal  Surr^  64.  118.  488.  644 

600 

Boletin  de  la  Soeiedad  Geografica  de 

Lima  .•104.  720 

Boletin  du  Musen  Goeldi  (Paraensc) 
de  Historie  natnral  e  Ethnographia  484 

Aus  vorBohiedeiien  Zeit-schriften  .  .  64.  119 
188.  240.  804.  360.  424.  480.  644.  600 

666.  780 

VonelchnlH  der  Tafeln. 

6  Landschaftsbilder  von  Inseln  de« 
ftg^ischen  Meeres  I  n.  II 

4  Laiirischaftsbildear  von  der  anatoU- 
sehen  liiviera   III 

6  LandsohaAsbilder  rom  Horn  .  .IV  n.  V 

8  Landsehaflsbilder  von  Dänemark 

VI  u.  vn 

6  Landsehaflsbilder  von  den  Kanari- 
schen Iiu^eln   Vni 

2  Kurveutateln  der  Abflußersctieinun- 
gen  Mittel-Europas   IX 


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fiEOGRAPHlSCllE  ZEITSCHRIFT. 


VON 


Dr  ALFRED  HETTNER, 

•s.)«  (.KR  .n:i.(!nAi'niK  an  i>kk  <  mvfi  «m  m  in  ri.Ki.nKKu. 


ZWOLFTKK  JAIIKUAKC.    KliSTES  HEFT. 


NUT  /NV 


M  StilMJKHKN  AM  -lANUAU. 


.N  Ii.         EU  BN  KU. 


Inhalt  des  ersten  Heftes, 


'Fi-rdinaiid    von    Riebt  Iiot'eris    Uedi'utunfr    tiir    iWv    <  H'oirruphie.  \'nn 

Allr.-.l   Ilftlncr    1 

IK-rmaiin    v.    Wissnianu    /.um    < iudiklitnis.     Von  iivU.    Htg.-Kal  l'iul. 

I>t*.  Alfred  Kirehhoft*  in  Moc^kau  b./Leipzic;  .  .12 
l  'it'  Lchro  von  d«r  Kuj^elgeslalt  der  Krde  im  iVlttrtum.    \  orli  iig,  gciiallt-n 

im  Vereiu  für  Erdkuu«ie  in  HaHo.  Von  Hugo  lierger  f  ,  .  .  -'0 
IiishItj  dt'S  iigiiischt'n  Mreros.  Eine  lHndsclianiit'li«>  Skizzi'.  Von  Prof.  Dr.  Karl 

8 Upper  in  'l'ilbingpn.  Mit  T)  Landschattsbildorn  aaf  TalVl  1  ii.  2  :iS 
'/.iir  Hydrographie  des  K:ir«;1s     \'nn  Priv.'itdnzent  Hr.  Knrl  Opstrcirli 

ui  Muri)urg  a  L 

< «eographische  Neuigkeiten: 

Asieu.    Kranzösischo  arcbAolofciüche  Ex|ie(lilioii  mch  ZfMitralasioii   4^) 

Alrik.i.     Klye  SRinte- Maries  Krkiiiidijrunfcsrüisö  in  «lio  wcstlicbo  Saliara.  — 

Yvrliiiiduii);  iwisclion  Nifror-Tscbiidsoo-Nil   4'.^ 

AustrAlion   iiu«)  RustraliscUo  Iiisolii.    Ileriii.  Wn);nors  Bericht  Uber  das 

SanioR- Obscrvitoriinn   M 

SQiianifjrikA.  Frhr.  KrlAiid  v.  NordünskjOlds  Reiscu  in  Peru  um!  Rolivion  M 
N or J-l'olar^ Ofrendoti.     Aniandscna  Nordp<)l.irux]>o<litioii.   —   Aufkblruiig  dor 

Str'minitfsvcrh&lttii-^e  im  nArdlicht'ii  l'isiiieor   r»l 

n  1  I'o lartreKontlM:     ArVi    Aa-'-  Wr^  )i  Sl"    nr  v  ^tomatiscboii  Krforscbunjr 

r  Poiarrugioiien    52 

Meuro.    Ai^nasix'  i uiHut'!ui.scli>iu^cii  im  <.>&UicliL'ti  K^lillou  O.vAti   52 

(icii^rapbiscbor  rnterricbt.    Hcsctxuug  der  nrdeullicben  l'rnfi'ssiir  ;  ■  I  rl  58 

fcuudo  an  dor  l'iii* er>it:U  Herliii    r»y 

Bücberbesprechungen : 

Roicb,  O.     Karl   lernst  Adulf  von   IIulV,  <ler  liabiibr'')  her  moJi-mer  Geologie. 

Von  J.  Waltber   ! 

Trnbert,  W.    Kliinatolugrio  und  MottiordoRie.    Von  H,  Ureini  ;»  . 

Wobor,  L.    Wind  und  Wolter.    Von  W.  Mt-inar-liiH  ....  54 

Au f s" 0,  (».,  Freiherr  vuu  und  ru.  Di>.> physikali«« heu  Kigensi-hiiltf»  dor  S.  .  i,.  * .      .  v  lu  M 

Eicbhnite,  Tli.    KntwickluKg  der  I.iiinlpolitik.    Von  S.  Pa^Rariie    ....  55 

Ilnbuer,Ü.  lieugrapliiscb-sUtttHti.si  lio  Tal'Ollen  aller  i-An  lcr  d^r  Erde.  Von  A.Uettuer  55 

llandVncii  diT  Wirtücbnftskiindo  UittteclilxnilH.    Vini  F.  Halm.          ....  55 


f Kortüctxuuff  nur  drr  Torh'lslen  Nrllr  il<>s  rMis«-lilii{r<(.] 


Künftighin  werden  Verölfentlicbungen  jeder  Art  (Bücher, 
l»i.HHfrtiitionen.  Progra ninif .  Karten  u.  a.i  uuBnabmslos  nur  dann  al.s 
'•rschieneii  erwähnt  worden  ki>nnen,  wenn  .sie  der  Geopra]»li i.Mcben 
/.'•itacbrift  ei ntreschickt  wor<len  sind. 


c;,i.'   (jJeojjraph.  -  •  i.'-    /.i  i  i     1.1 . . :    »sr'ii.iii    luil.i     'Iii  iiv- 

IbMHu  .  d*ror.  hr.  All"r<.'d  lletiner  in  Heidelberg,  Zio^elbiinser  Lund- 

-tralie  It»),  ili'itrii<,'e  zu  ilen  gtoj.'raphipchcn  Neuigkeiten  an  Dr  .\ugust  Fitzuu, 
'        15,  Liilir.-'traß«'  1*J,  erbeten.    Aufsi'itze  werden  mit  CO  Mk.  fiir  den  Druck- 
von  Ifi  Seiten,  HrdtrilKe  zu  den  Neuigkeiten  nüt  2  .Mk.  für  die  .Spalte 
lionoriert;  das  Honorar  der  Karten  und  Abbildungen  bleibt  der  Vor- 
■  ilielialten     ^      '  '  •    w«-rd»'n  den  Ht-rren  Vt-rfaHsem  von  .Xiif   •  ■  v.>\ 
■n      vni!  N  iiinl  Uf'Ki>reclningi'n  SS(inik*rabdni<'k»' I  'i 

IUI  .  ere  Anzahl  auf  Wunsch  zu  den  Uer^t'llu! 

ij.mu'i   uiiu  i\. Ilten,  d» •    '  •         '  'in;^'  in  der  (.Teogruplii- i  cii  /....;  ■ 
■i'oirriTiocht  wird,  sind  an  die  ^  udhing  B.  (J.  TiMibner,  Leipzig,  1 

i'inzuschicken.    LiefeningHwcrko  können  im  allgemeinen  erst  narli  ihrem 
hcn  wt ' ' 

Lpbinrhe  Zeiticbrift  erscheint  jührlieh  in  12  MonatsL 

•i;  der  Abi  '   •  haiiijiii*rU'.li 


Ihink  u!m1  Nfrlai;  von  \i.  (•'.  h'iilnHT  in  l.oipziir,  Po.stslr.  Ii. 


Ferdinand  von  Riehthofens  Bedeotang  flr  die  Geo^apUe. 

Von  Alfred  Hettner. 

Am  6.  Oktober  t.  J.  ist  uns  Ferdinand  von  Richthofen  dnroh  den  Tod 
entrissen  worden,  der  anerkannte  Führer  und  Meister  der  wissenschaftlichen 
Geographie  nicht  nur  in  Deutschland,  sondern  überhaupt  Eine  ausführliche 
Würdigung  seiner  Persönlichkeit  und  seiner  Bedeutung  soll  der  Feder  des- 
jenigen seiner  Schüler  vorbehalten  bleiben,  der  mehr  als  ein  anderer  in  den- 
selben Bahnen  der  Forschung  gewandelt  ist;  aber  am  Beginn  des  neuen 
Jahres,  des  ersten,  in  das  wir  uhno  ihn  eintreten,  ziemt  es  sich,  seiner  zu 
gedenken  und  uns  bewußt  zu  werden,  was  er  uns  gewesen  ist,  was  wir  an 
ihm  verloren  haben.  Die  Gefühle  persönlicher  Verehrung  und  Dankbarkeit 
gehören  nicht  hkriMr;  in  MldiQbteB  Worten  aoll  seine  wfeawieriiaftliAe  B«- 
demtong  iimTiiiiMWi  weiden« 

Biditliofen  war  Ton  Haus  tm  Geolog.  Nach  dem  AbooUiiß  seines 
ümremtfttsstndinnis  hegaon  er,  teilweise  im  Dienste  der  HHener  geologiscben 
Beidisattstalt»  mit  eigenen  Anfiialuiearbeiten  in  den  Alpen,  namentUoh  in  Sfid* 
Tirol  nnd  Vorarlberg,  später  in  den  Karpaten.  Sdion  diese  Jvgendarbeiten 
sengen  von  einer  ungewöhnlichen  Beobachtungsgabe  und  einer  erstaunlichen 
Kflhnheit  und  Sicherheit  wissenschaftlichen  Schließens;  sowohl  die  Beobaoh- 
tungen  wie  die  daran  geknüpften  Hypothesen  sind  durch  die  spätere  Forschung 
in  allen  wesentlichen  Punkten  bestätigt  worden.  In  seiner  ersten  Arbeit  über 
den  Bregenzer  Wald  wies  er  dessen  nahe  Beziehung  zu  den  Appenzeller 
Kalk- Alpen  nach  und  bemerkte?  gleichzeitig  auch  schon  die  Bedeutung  der 
Kheinlinie  als  einer  Grenze  zwischen  zwei  verschieden  gebauten  Teilen  der 
Alpen.  In  seiner  geognostischen  Beschreibung  der  Umgegend  von  Predazzu 
gab  er  ein  klares  Bild  der  Porphyrplatte  von  Bosen  und  fkftte  in  genislsr 
Intoition  die  Dolmnitberge  Sttd-l^ls  als  alte  KoraUenriffb  aul  Die  ünter^ 
sndiangen  in  den  Karpaten  legten  den  Grund  m  seiner  Aufifassung  der 
Altersfolge  der  jungen  EruptiTgesteine,  die  er  splter  ToUständiger  duro|ige- 
büdet  bat 

Im  Jahre  1860  schloß  sich  Richthofen  der  preuffiseben  Expedition  an, 
die  unter  der  FObrung  des  Grafen  Friedrich  Eolenburg  nach  China,  Japan 
und  Siam  ging,  um  Handelsyertrftge  mit  diesen  Staaten  abzuschließen;  nach 

der  Heimkehr  dieser  Expedition  filhrte  er  Reisen  auf  eigene  Hand  aus;  erst 
1872,  nach  12 jähriger  Abwesenheit,  kehrte  er  in  die  Heimat  zurück-  Er 
hat  auf  diesen  Reisen  große  Teile  Hintor-lndiens  und  der  indischen  Inselwelt, 
Chinas  und  Japans  und  des  Kordillerenlandcs  von  Nordamerika  gründli(  h 
kennen  gelernt,    öie  haben  ihn  zum  großen  Forschungsreiscndeu  gemacht 

«•flf  FW*«fc>  SellMhrifk.  M.  ttiugmng.  MOS.  1.  Hclt  1 


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2 


Alfred  Hettner: 


Richthoten   ist  als   Reiseuder  passend    mit   Alexander   von  Humboldt  vir- 
glichen  worden:  er  gleicht  ihm  nicht  nur  darin,  daß  die  Reisen  und  die  rei- 
di«n  auf  Umesi  gesammelteii  Erfdinuig»ii  den  Gnrad  fllr  die  eigene  wissen- 
scbaftfiebe  Tltigkeit  der  sp&teren  Jabre  gelegi  habeit;  beider  Beisen  sind  viel» 
mehr  auch  für  andere  rorbildlich  geworden  und  haben  neue  Ären  derFormdiunge- 
reiten  begrflndet.   Humboldt  hatte  awar  Vorl&nfor  gdiabt,  er  war  nicht  der 
eiate,  aber  doch  der  größte  wissenschaftliche  und  im  besonderen  geographische 
Forschungsreisendc:  die  Bedeutung  seiner  Reisen  für  die  Geographie  besteht 
darin,  daß  seine  Aufmerksamkeit  nie  Uoß  auf  die  einzelnen  natargesohieht^ 
liehen  Tatsachen  gerichtet  war,  sondern  daß  er  sie  immer  im  Zusammenhang 
mit  der  gan/on  Landesnatur  auffaßte,  und  daß  er  vollendete  geographische 
Charakterbilder    ganzer    Liindcr  schuf.     Die   hervorragenderen  Forschungs- 
reiseuden  der  folgenden  Jahr/ehnte  sind  in  seinen  Bahnen  gewandelt.  Auch 
bei  Richthüfeu  ist  die  Nachahmung  Humboldts  in  dem  Strcl)eu  nach  grulier 
geographischer  Auffassung  unverkennbar.    Aber  dies  Streben  nimmt  bei  ihm 
eine  besondere  Richtung  an.    Auf  der  einen  Seite  legt  er  sich  größere  Be« 
schrSnkung  auf;  eine  Allseitigkeit,  wie  sie  Humboldt  erstrebt  und  im  ganien 
auch  eireidit  hatte,  war  hfi  der  größeren  Ausbildung  der  einseinen  Wissen-* 
scfaaftsswmge  mdit  mehr  mOglidi.   Biehlhofen  hat  wohl  gdegentlich  bota- 
nisch und  xoologisch  gesammelt,  aber  das  lag  auBerhalb  seiner  eigent- 
lioben  Fofsofanngstätigkttt,  und  auch  von  astnmomisohai  Beobachtungen  hat 
er  sich  femgehalten,  um  sich  nicht  zu  zersplittern.    Seine  eigentliche  Auf- 
gabe sah  er  in  der  Aufnahme  von  Routenkarten,  bei  denen  die  gute  Auf- 
ikssung  des  GelUndes  die  Hauptsache  war,  in  der  wissenschaftliehen  üntei> 
suchung  des  Gebirgshaus  und  der  Oberflächengestaltung  der  Länder,  sowie 
in  der  Auffassung  der  Abhängigkeit  der  Siedelungen  und  des  Verkehrs  der 
Menschen  von  jenen.     In  dieser  Beschrilnkung  aber  hat  er  die  Aufgabe  viel 
tiefer  als  irgend  ein  nnderer  vor  ihm  erfaßt;  Länder,  die  bis  dahin  fast  un^ 
bekannt  waren,  hat  er  in  den  Hauptzügen  ihrer  2satur  ins  helle  Licht  wissen- 
schaftlich-geographischer  Erkenntnis  gerückt.     Mit  dieser   neuen  Methode 
wissenschaftlicher  Forsdrangsreisen  hat  er,  wie  Humboldt,  Schule  gemadit. 
Waren  bis  dahin  die  natnrwissenschaftlidien  Bdsenden  hauptsftchlich  Bota* 
niker  oder  Zoologen  oder  auch  Geologen  gewesen,  hatten  dagegen  Geographen 
sich  nur  als  Entdeckungsrosrade  betätigt,  und  hatte  man  die  eigenÜiche 
Aufgabe  eines  geographischen  Forschungsreisenden  geradezu  in  topographischeQ 
Aufnahmen  gesehen,  so  wurde  jetzt  die  Auffassung  der  Erdoberfläche  ala 
BolchMr,  namentlich  des  Baus  und  der  Form  der  festen  Erdoberfläche,  zu 
einem  selbständigen  ForschungsgQgrastaud  wissenschaftlicher  Reisender;  die 
geographische  I-'orschung,  die  bis  dahin  in  der  Stube  geblieben  war,  ging 
jetzt  in  die  Natur  selbst  hinaus,  setzte  mit  eigener  Beobaehtungsarbeit  ein. 
Wir  verdanken  es  im  wesentliehcn  Richthüfeu,  daß  es  für  jüngere  (leographea 
fast  selbst ver>ländli(  h  geworden  ist,  Beobachtuugeu  im  F«'lde  an/.ustellen  und 
womöglich  auf  einige  Jahre  in  fremden  Ländern  zu  reisen,  um  sich  dort 
nicht  nur  mit  Anschauung  zu  sättigen,  sondern  um  selbst  zu  forschen.  Die 
grofien  Fortschritte,  die  wir  in  den  lotsten  Jahnehnten  in  der  tieferen  wissen- 
schaftlichen Auffassung  der  meisten  Länder  der  Erde  gemacht  haben,  sind 


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Ferdinand  voo  Riehthofen«  Bedentung  ffir  die  Oeegr^phie.  3 


nattriioh  durch  die  moderne  Ausbildung  des  Verkehrswesens  sehr  erleichtert, 
aber  durch  Richthofens  Rei*:piel  und  Lehre  veranlaßt  worden.  Richthofen 
selbst  ist  allen  jüng^eren  Forschutipsreisondeu  ein  bereitwilliger  und  erfahrener 
Berater  gewesen;  es  läßt  sich  scliwer  ennessen,  wie  großen  Nutzen  er  durch 
solchen  Rat  gestiftet  hat.  Und  w«'it  über  den  Rahmen  persönli(  her  Anregung 
hinans  hat  er  die  Tätigkeit  der  wissenschaftlichen  Reiseudeu  durch  seine  vor- 
zügliche Anleitung  zu  Beobachtungen  über  Geologie  und  physische  Geographie 
in  Nemnayen  Anleitong  und  dann  durch  die  erweiterte  Benrbeitiuig  in  seinem 
Ftlhrer  fOr  Foisdrangsreisende  befrachtet 

Bichihofen  hat  nnr  einen  Tal,  man  muß  wohl  sagen,  nur  einen  kleinen 
Teil  der  Eigebnieae  seiner  Reisen  veröffentlidit.  Leider  hat  er  — >  er  selbst 
hat  das  in  spftteren  Jahren  oft  bedaaert  —  keine  snsammenhftngende  Schil- 
demng  seiner  Reisen  gegeben,  die  bei  seiner  vorzüglichen  Beobachtungsgabe, 
seinem  offenen  Sinn  auch  für  das  Menschliche,  seiner  Gabe  edler  Darstellung 
wahrscheinlich  zu  den  klassischen  Reisebeschreibungen  gehört  haben  würde. 
Ein  ferti^'t'S  Maniiskri]>t.  das  eine  gemeinverständliche  Dürstellung  der  Insel 
Java  enthielt,  ist  wiihrt'nd  seiner  Reisen  im  Inneren  Chinas  von  einem  Speicher 
in  Schan\j^hai,  wohin  er  es  zur  Aufbewahrung  gegeben  hatte,  t^f stuhlen  worden. 
Aus  seinen  Beobachtungen  in  Nordamerika  hat  er  nur  die  iKMioutsame  Studie 
über  die  Altersfolge  der  Eruptivgesteine  und  eine  Arbeit  über  die  kaliforni- 
schen Goldlagerstätten  veröffentlicht.  Seine  Beobachtungen  in  den  meisten 
der  Ton  ihm  bereisten  asiatischen  Linder  haben  nur  gelegentliche  Verwertang 
in  snnen  Vorlesungen,  in  seinem  Fflhrer  Ar  Forsehungsreisendef  in  der  im 
ersten  Bande  seines  Werkes  über  China  enthaUenen  geographischen  Übersicht 
Anens  und  in  einsdnoi  Auftfttaen,  wie  noch  neuerdings  in  den  tief  durch* 
dachten  BeitrSgoi  zur  Morphologie  Ost-Asiens,  geflmden.  Nur  die  Beobach- 
tungen Ober  Nord-China  hat  er  im  zweiten  Bande  seines  Werkes  über  China 
8y9tematisch  /.usammengefaßt.  Noch  in  den  letzten  Jahren  hat  er  fleißig  ara 
dritten  Bande  gearbeitet,  der  Süd -China  enthalten  sollte;  hoffentlich  ist  die 
Arbeit  genügend  gefordert,  um  wenigstens  teilweise  verriffentlicht  zu  wer- 
den. Vielleicht  wird  fS  auch  möglich  sein,  seinen  'I'aü'eln'irhern  wenigstens 
einzelne  Abschnitte  über  du»  Geographie  der  aiuleren  bereisten  Länder  zu 
entnehmen.  Aber  aucli  so,  da  so  vieles  unveröÜentlicht  gebliel)en  ist,  kann 
man  sagen,  daß  wenige  Reisen  so  reichen  wissenschaftlichen  Ertrag  gebracht 
haben,  und  daß  die  wissenschaftliche  Kenntnis  Asiens  wohl  durch  keinen 
anderen  so  gefördert  worden  ist,  wie  durch  Richthofen.  Die  geographische 
Übenidit  Asiens  und  im  besonderen  Centrai-Asiens,  die  er,  eigene  und  frraide 
Beobaehtnngen  msammenfassend,  in  der  ersten  Hftlfte  des  'ersten  Bandes 
seine«  Chinaweikes  gegeben  hat,  bedeutet  sowohl  in  der  Auf&ssung  des  Ge- 
hiigsbaus  wie  durch  die  AulEusung  des  ünterschiedes  der  centralen  und  der 
penpbenschen  Landschaften  einen  wesentlichen  Fortschritt  über  die  Uhnliche 
Zusammenfassung  unserer  Kenntnisse  hinaus,  die  Alexander  von  Humboldt 
33  Jahre  früher  entworfen  hatte.  Die  physische  Geographie  Chinas  ist  TOn 
Ünn,  fast  kann  man  sagen,  überhaupt  erfrt  begründet  worden. 

Aber  die  wissenschaltliche  Tragweite  von  Richtbofens  Forschungen  er- 
streckt sich  weit  über  die  Geograx>hie  Central-  und  Ost -Asiens  hinaus.  Er 

1* 


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4 


Alfred  Hettner: 


selbst  hat  an  vielen  Stellon  auf  die  Analogien  hingewiesen,  welche  die  Aus- 
bildung anderer  Teile  Asiens  und  anderer  Erdteile  mit  diesen  LUndem  zeigt, 
und  noch  mehr  haben  dftnn  andere  die  Richfhofenschen  Forschungen  und 
Fondiungsmetbod«!  auf  die  flbrigen  Erdrftiime  angewandt  Ein  Strom  nenm 
geistigen  Lebens  ist  yon  ihm  ausgegangen  und  hat  die  Oeographie  befruchtet. 

Der  Schwerpunkt  seiner  wissenschaftlichen  Bedeutung  liegt  in  der  Hör* 
phologie  der  festen  Erdobsifliohe.   AuBer  dem  gröBersn  Teile  seiner  asiati- 
schen'Arbeiten  ist  ihr  namentlich  sein  Artikel  in  Neumayers  Anleitung  und 
sein  Führer  fQr  Forschnngsrsisende  gewidmet,  die  beide  eine  weit  über  eine 
unmittelbare  Anleitung  zu  wissenschaftlichen  Beobachtungen  hinausgehende 
Bedeutung  haben  und  eine  große  Zahl  Ausführungen  von  originellem  wissen- 
schaftlichem Werte  enthalten.    Die  Morphologie  der  festen  Erdoberfläche  bil- 
dete auch  den  Hauptinhalt  der  schönen  Vorlesungen,  die  er  Vergleichende 
Übersicht  der  Kontinente  betitelte.     Sein  Interesse  war  ebenso  dem  inneren 
Bau  wie  der  oberflüchlichen  Unilnldiiui,'  der  festen  Erdrinde  zugewandt.  Die 
Kenntnis  des  inneren  Baus  hat  er  nicht  nur  durch  seine  klare  Darstellung 
der  asiatischen  Gebirge,  sondern  auch  durch  allgemeine  Theorien,  wie  die 
Unterscheidung  homOomorpher  und  heteromor|^er  Faltengebirge  und  die 
Theorie  der  ZerrungsbOgen,  bereichert   Aber  hierin  steht  er  neben  anderen 
und  tritt  wohl  hinter  dem  tou  ihm  hochTcrehrten  Bdnard  Sueß  surfUdtf  der 
diesem  Wissenssweige  seine  ganse  Lebenskraft  gewidmet  hat   In  der  Auf- 
fassung der  oberflächlichen  Umbildung  der  Erdrinde  dag^n  ist  er  dsr  Fflhrer 
und  Meister.    Er  hat  sie  überhaupt  erst  zu  einem  selbständigen  Zweig  der 
Wissenschaft  gemacht.    Die  englischen  Geologen  hatten  wohl  seit  Hutton, 
Playfair   und   Lyell   den   umbildenden  Vorgängen  der   Erdoberfläche  ihre 
Aufmerksamkeit  geschenkt  und  daraus  die  Formen  der  Erdoberfläche  zu  er- 
klären versucht;  aber  sie  waren  dal)ei  doch  in  einer  gewissen  Einseitigkeit 
verharrt,  da  sie  bei  diesen  ünttrsuchungen  fast  ganz  im  Rahmen  der  Er- 
klärung ihres  Heimatlandes  geblieben  und  über  gewisse  Allgemeinheiten  nicht 
hinausgekommen  waren.     Die  deutscheu  Geologen  waren  entweder  Petro- 
graphen  oder  Stratigraphen  und  standen  den  Problemen  der  Geomorphologie 
siemlich  teilnahmlos  gegenflber.    ]>iese  Fkobleme  waren  in  Deutschland  eben 
erst  durch  die  alpinen  Tal-  und  Seestudien  des  Anatomen  Bütimeyer  (1809) 
und  durch  Pescheis  neue  Ftobleme  der  Tergleichenden  Erdkunde  (1867) 
eingefllhrt  worden;  aber  jsne  standen  isoliert,  diese  waren  durch  ihn  auf 
vergleichendes  Karten-  und  Literaturstudium  begründete  Methode  wohl  sa 
einer  Zusammenftssung  bisher  gewonnener  Ergebnisse,  nicht  aber  zu  selb- 
ständiger neuer  Forschung  geeignet    Bichthofen  hat  seine  Untersuchungen 
auf  die  unmittelbare  Beobachtung  in  der  Natur  begründet,  hat  seine  Schlüsse 
durch  kluge   und   oft  geniale  Interpretation  der  Beobachtungen  oder  auch 
durch   umsii'litige   vergleieheudo  Untersuchung  innerhalb   seines   Reise-  und 
Beobachtungsgebietes  gewonnen  und  erst  danach  ihre  Bestätigung  durch  die 
Anwendung  der  vergleichenden  Methode  über  gi-öüere  Erdriiume  hin  gesucht. 
Er  hat  sie  dadurch  zu  eiuem  Gegenstände  fruchtbarer  Einzelarbeit  gemacht. 
Auch  im  einzelneu  hat  er  die  Methoden  ausgebildet  und  das  Yerstftndnis  für 
die  Aultonng  der  Vorgänge  geschärft;  namentlich  durch  die  sielbewuBte 


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Ferdinftnd  von  Biehthofent  fiedentnng  für  die  Geographie. 


6 


Aufstollunp  natiirlichpr,  fl.  h.  nicht  auf  einzelne,  sondern  auf  alle  Merkmale 
begiiindeter  Typen,  deren  sich  die  geographische  Wissenschaft  bis  dahin  nur 
weiazelt  bedient  hatte,  hat  er  einen  gangbaren  Weg  der  wissenschaftlichen 
(äankteristik  imd  der  geneliaehflii  Betnuihiiuig  dw  Bodenfonnen  uod  Boden- 
ttten  gewiesen.  Die  Morpholo^e  der  feeten  Erdoberflftcbe  hat  durch  ihn 
«in  festes  wissenschsftlicheB  Oeprilge  bekommen;  eine  geographische  Boden- 
knnde  ist  flberhanpt  erst  von  ihm  begrttndet  w<»den. 

Ans  der  großen  Zahl  neuer  AnfGummgen,  mit  denen  er  die  wissenschaft- 
liche Kenntnis  der  festen  Erdoberfiftche  bereichert  hat,  können  hier  nur  die 
wichtigsten  hervorgehoben  werden.    Zu  ihnen  ptluht  die  an  Ramsay  an- 
knüpfende Theorie  der  Entstehung  der  Kiimpfflächen  durch  marine  Abrasion. 
Es  ist  zum  mindesten  fraglich,  ob  sich  diese  Theorie  in  dem  Umfange  an- 
wenden läßt,  wie  es  Richthofeu  ursprünglicii  geglaubt  hat  —  er  selbst  hat 
luletzt  nicht  mehr  an  der  allgemeinen  Anwendbarkeit  dieser  Erklärung  fest- 
pehalten  — ,  und  ob  nicht  die  meisten  Ruin])fflächen  vielmehr  festländisch,  sub- 
Rerisch  entstanden  sind:   aber  sie  hat  eines  der  größten  und  auffallendsten 
Formgebilde  der  festen  Erdrinde  überhaupt  klar  auffassen  gelehrt  und  hat  für 
«ine  Ansahl  von  kleineren,  kflstennahen  BumpfBKchen  wohl  auch  das  Richtige 
getroffen.  Von  großer  Bedeutung  ist  die  Aufstdlung  des  Typus  der  Biaskflsten, 
die  er  besonders  im  sfldlichen  China  -kennen  gelernt  hatte ,  und  ihre  klare 
Ustencbeidnng  Tom  den  I|jordkilsten,  mit  denen  sie  Yielfaeh  xnsammengeworfen 
woiden  waren,  von  denen  sie  sich  aber  durch  das  Fehlen  glacialer  Umbildung 
usterscheiden.    Bichthofen  dehnte  Oberhaupt  die  genetische  Betrachtung,  der 
man  bisher  nur  einzelne  Küstenformen  unterzogt  hatte,  auf  alle  Küsten  aus. 
In  ähnlicher  Weise  behandelte  er  auch  die  Formen  und  Bodenailen  der  Land- 
obeiHäcbe.    Oleich  am  Anfang  seiner  asiatischen  Reise  lernte  er  die  in  den 
Tropen  so  verbreitete  Bodenart  des  Laterits  kennen;  er  erkannte,  daß  sie  ein 
Verwitteriingsprodukt  verschiedener  Gesteine  sein  kihine,  und  daß  l)ei  ibrer  Ent- 
stehung das  Klima  eine  gr«"*ßere  Rolle  als  die  fJesteinsbeschaffenheit  spiele. 
Seine  fruchtbarste  wissenschaftliche  Entdeckung  ist  aber  wohl  die  Auffassung 
der  Bodengestaltang  und  i3odenhilduDg  in  den  großen  Trockengebieten  der 
firde.  Wahrend  man  bis  dahin  eigentlich  nur  die  Teraehiedenhdt  der  Boden- 
gestaltung nach  dem  Gebirgsbau  und  der  Oesteinsxusanunensetsung,  nieht 
aber  ihre  Versehiedenheit  nach  der  Verschiedenheit  der  umbildenden  Krftfte 
beaehtet  hatte  —  denn  die  Untersuchung  der  glacialen  Bodengestaltung  lag 
damals  noch  in  den  Windeln        wies  Bichthofen  die  Abhftngigkeit  der 
bodengestaltenden  Vorgänge  von  der  Feuchtigkeit  oder  Trockenheit  des  Klimas 
und  namentlich  von  dem  \'orhanden8ein  oder  Fehlen  eines  Abflusses  zum 
Meere  nach.    Im  ein/.eluen  ist  auch  in  dieser  Theorie  noch  manches  um- 
stritten und  zweifelhaft;  aber  die  Entstehung  von  HochfiUchen  durch  Auf- 
v-hüttung  in  abflußlosen  Gebieten,  die  Anreiclierung  des  Salzes  im  Bereiche 
überwieg :nder  Verdunstung,  die  Ablagerung  von  Staub  in  den  Steppen,  die 
Anflaiisung  der  Lößlandschaften   als   ehemaliger  Steppengebiete  sind  große 
wissenschaftliche  Errungenschaften,  die  jetzt  wohl  als  ziemlich  sicher  ange- 
sehen werden  können.    Alle  späteren  Arbeiten  über  die  Denudation  in  der 
Wflite  knflpfen  nnmittelhKr  hieran  an:  aber  auch  die  AufPassung  der  Boden- 


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6 


Alfred  Hettner: 


gestaltung  ia  feacbten  KUmaton  ist  gerade  durch  die  Erkenntnis  der  eo  gans 
anderen  Bodengestaltnng  in  Trockengebieten  weeentlidi  geffodert  wordou 

Wenn  auch  Biehtliofens  grSBte  wiesenBchaftliche  Leietungen  in  der  ünter* 
sochni^  der  festen  Eidoberflicbe  liegen,  so  ist  es  doch  nur  ein  Yorarteil, 
daß  er  eigentlich  immer  Geolog  geblieben  sei  und  die  Geographie  gaai  ins 
geologische  Fahrwasser  gedrängt  habe.  Er  war  als  Geolog  hinausgegangen, 
ist  aber  als  Geograph  heimgekehrt.  Seine  Untersuchungen  haben  auch  die 
Geologie  in  reichem  Maße  befruchtet,  wie  die  meisten  Geologen  dankbar 
anerkennen:  ihre  gnißte  Bt^dentung  jodoch  haben  sie,  durch  die  stetige  Ver- 
folgung der  geograpliisclien  N'erbreitung  und  die  stetige  Beachtung  des  ur- 
sächlirhen  Zusamnieuhaugt'^  der  Erscheinungen  der  festen  Erdoberflüche  mit 
den  anderen  tellurischen  Faktoren,  für  die  (ieograpliie  gewonnen.  Richthofen 
hat  sich  wohl  immer  mit  einem  gewissen  ätolz  meiner  geologischen  Herkunft 
erinnert,  durch  die  er  sich  vor  oberflächlicher  Anwendung  geologischer  Me- 
thoden und  Theorien  bewahrt  fühlte:  aber  seine  Aufißusung  wissenMhaflUdber 
Probleme  war  ganz  geographisch  geworden.  Schon  in  seinem  W«rke  Aber 
China,  dessen  Schwergewicht  ja  in  den  Untersuchungen  Uber  die  feste  Erd- 
oberflftehe  liegt,  und  das  bei  der  lütteUung  der  Beisebeobachtnngen  teilweise 
ins  rein  Geologische  ttbergreift,  und  noch  mehr  in  einseinen  Aufsitaen  und 
in  seinen  Vorlesungen  ist  er  auch  den  übrigen  geographischen  Erscheinungen, 
dem  Klima,  der  Pflanzenwelt  und  namentlich  den  Siedelungs-,  Verkehrs-  und 
Erwerbsvtrhältnissen  des  Menschen,  durchaus  gerecht  geworden.  Seine  zu- 
sammenfu>sende  Darstellung  Chinas,  des  Landes  der  18  Provinzen,  im  ein- 
leitenden Kapitel  des  /unten  Bandes  von  (Jhiua  ist  ein  Kabinettstück  der 
geographischen  Charakteristik  ein<'.s  Tjatides. 

Es  ist  oft  die  Ansicht  ausgesprochen  worden,  daß  Ratzel,  der  den 
Namen  Anthropogeographie  geprägt  und  eine  ideenreiche  Einleitung  in  die 
Anthropogeographie  geschrieben,  der  sie  auch  später  mit  mehreren  größeren 
Werken  und  zahlreidhen  kleineren  Arbeiten  befruohtot  hat,  diese  flbeihaupt 
erst  ids  einen  neuen  Zweig  der  Geographie  geschaffen  habe.  Das  ist  ein 
merkwürdiges  Mißverstftndnis.  Die  Geographie  des  Mensdhen  ist  doch 
schon  von  Humboldt  und  Bitter  gepflegt  worden;  eine  Anzahl  Bitter^ 
scher  Schüler,  Mendelssohn,  Kapp,  Kohl,  Kriegk  u.  a.,  haben  gedankenreidie 
Studien  über  die  Geographie  des  Menschrti  veröffentlicht,  Peschel  hat 
schon  in  den  neuen  Problemen,  besonders  aber  in  den  Autsilt/.en,  die  dann 
in  die  Völkerkunde  übernommen  worden  sind,  eine  Anzahl  der  wichtigsten 
antbropogeographischen  Themata  enirtert,  Karl  Neumann,  Kirchhotf  u.  a. 
haben  die  geograjdiischen  Erscheinungen  des  Menschen  in  ihren  Vorlesungen 
nicht  in  der  äußerlichen  Weise  der  statistischen  Lehrbücher,  sondern  wissen- 
schaftlich-kausal behandelt,  und  auch  Kichthoten  hat  schon  vor  dem  Erscheinen 
von  Ratzels  Anthropogeographie  im  ersten  Bande  seines  Chinawerkes  eine  in 
ihrer  Art  klassische  anthropogeographische  üntersnchung  der  grofien  asiatisohen 
Völkerwanderungen  gcgeboi.  Im  Sinne  dieser  Untersuchung,  groflenteils  ans 
dem  reidien  Schatze  der  auf  seinen  Belsen  gesammelten  Erfahrungen  schöpfend, 
hat  er  auch  sfAter  die  Geographie  des  Menschm  durch  viele  wertvolle  Beiträge 
geftlrdert  Wer  au  lesen  versteht,  wird  in  seinem  Fahrer  für  Forschungsrdaende 


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Ferdinand  von  ßickthofens  Bedeutaug  für  die  Geographie.  7 


eine  Fülle  von  Anregung  und  Belehrung  aW  die  Abhftngigkeit  des  Ifenselien 
vom  Boden  finden.  Der  An&nts  über  den  Frieden  von  Schimonoeeld,  den  er  die 
Gate  hntte,  fttr  das  erste  Heft  dieser  Zeitsdirift  ni  schreiben,  ist  fOr  meine 
Snpfindong  eine  der  sehönsten  politisch- geographischen  Studien,  die  ttbet^ 
haopt  geschrieben  worden  sind.  Von  der  großartigen  Auffassung  seines  Vor- 
trages über  den  Verkehr  in  China  sind  alle  Teilnehmer  des  Breslauer 
Geograpbentages  begeistert  gewesen.  Sein  KoUeg  über  die  Geographie  der 
Siedelung  und  des  Verkehrs  soll  eines  seiner  sf'hönston  Kollegien  gewesen 
sein.  Es  ist  daher  durchaus  irrtümlich,  wenn  man  ihm  Gegnerschaft  oder 
auch  nur  mangelndes  Verständnis  für  die  (leogi-aphie  dos  Menschen  zuschreibt. 
Fremd  blieben  ihm  nur  die  ganz  ins  Allgemeine  gehenden,  die  Berührung 
mit  den  Tatsachen  der  Erdobertlüche  verlierenden  Betrachtungen  über  die 
r&amlichea  Verhältnisse  der  menschlichen  Erscheinungen;  ihnen  hat  er  ziem- 
lidi  skeptisch  gegenüber  gestanden.  Auch  in  der  Geographie  des  Menschen 
mdite  er  immer  den  Zusammenhang  mit  dem  Boden.  Seine  anthropogeogra- 
pluichen  Lsistongen  hingen  «ig  mit  seinor  vortieften  Auffossung  der  Ober- 
ffikhenfonnen  und  der  Bodenbesohaflfonheit  zusammen;  die  genetische  Aufifas- 
nag  der  KAsten  ermöglichte  ihm  andi  eine  Würdigung  der  Terschiedenen 
Ensteu  nach  ihrem  Verkehrswert,  die  sdiaife  Auffsasung  der  Steppmi  und 
Wüsten  zeigte  ihm  die  natürlichen  Bedingungen  der  Völkerwanderungen,  die 
deutliche  Anschauung  der  Natur  der  Oasen  lehrte  ihn  den  eigentümlichen 
Charakter  der  Oasenkulturen  verstehen,  die  Auffassung  der  großen  Bnich- 
linien  Ostasiens  verband  sich  mit  einer  Auffassung  von  deren  verkehrsgeo- 
graphischen Wirkungen.  Es  mag  gern  zugestanden  werden,  daß  er  manchen 
Teilen  der  Geographie  des  Menschen,  besonder.s  den  Fragen  der  Verbreitung 
der  Kulturgüter  in  ihrer  Abhängigkeit  von  der  geogiaphischen  Lage  und  vom 
Verkehr,  in  deren  Aufhellung  ja  die  größten  Verdienste  Katzeis  liegen, 
nur  geringe  Aufmerksamkeit  zugewendet  hat;  aber  die  Erkenntnis  der  Siede- 
hmgsweise,  des  Verkehrs,  der  wtrtsohafüichen  Produktion  in  ihrer  Abhängig- 
keit Ton  den  unmittelbaren  Bedingungen  des  Bedras  hat  er  wesentiich  ge- 
fSrdsrt,  und  über  seme  eigenen  Untersocbungsn  hinaus  den  Sinn  für  deren 
geographische  Anffhswing  geweckt  und  gebildet 

Wenn  ein  Mann  in  reifen  Jahren  unter  dem  Einfluß  großer  Eindrücke 
aus  einer  Wissenschaft  in  die  andere  übertritt,  und  zwar  in  eine  Wissenschaft, 
die  noch  kein  festes  wissenschaftliches  GefiOge  hat,  sondern  in  einer  Periode 
des  Sturmes  und  Dranges  steht,  wenn  er  berufen  wird,  als  Universitätslehrer 
in  iliespr  Wissenschaft  zu  wirken,  so  fühlt  er  das  Bedürfnis,  sich  und  anderen 
über  düs  W^sen  un<l  die  Aufgaben  dieser  Wissenschaft  Kechenschaft  abzulegen. 
Richthot'  ens  methodische  Auflassung  ist  teils  durch  die  Autoritält  seines 
N'amen^,  hauptsächlich  al;cr  durch  das  innere  (lewicht  seiner  Gründe  für  die 
Sftnerc  Entwicklung  der  Geographie  maßgebend  geworden.  Die  Geographie 
^  schon  bei  Ritter  selbst  und  noch  mehr  in  der  Ritterschen  Schule  all- 
■lUieh  vetknOohert,  war  in  besohreibender  und  oft  siemlich  oberflficUicker 
Dsntellnog  der  Natur  der  lAnder  und  einer  mehr  oder  weniger  teleologischen 
Wfer^guig  des  Einflusses  der  Natur  auf  den  Menschen  stecken  geblieben. 
Pssdnl  hatte  die  physisdie  Geographie,  die  inswischen  bei  den  Natuiv 


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Alfred  Hettner: 


wissemdutftMi  und  von  den  natorwisseoBdiafUiditii  Beiwndeii  gepflegt  worden 
wmr,  in  die  qrstflnmtisdhe  Geogisplde  «ingeftthrt  und  damit  eine  Periode  neaoi 
wiMensohaftliohen  Leben«  in  der  Geogfnpbie  begiündei  Aber  er  hatte  den 

richtigen  methodischen  Standpunkt  nicht  zu  finden  vermocht;  die  Geographie 
war  dadurch,  daß  er  sie  als  eine  allgemeine  Erdwisseneehaft  aoffaßtc,  weit 
fiber  den  Rahmen  einer  möglichen  WiaMneohaft  hinausgewachsen,  sie  hatte 
andere  selbständige  Wissenschaften  in  sich  aufnehmen  wollen  und  dadurch 
Klarheit  und  Bestimmtheit  der  Aufgabe  und  Methode  verloren.  Diesem  Über- 
sehwang gegenüber  erhob  Richthofen  im  Schlußworte  flos  ersten  Bandes  seines 
Chinawerkes  einen  enisten  Mahnruf  zu  woiser  ^>elbstbeschränkung  und  stellte 
statt  des  ganzen  Erdballs  die  Erdoberfläche  als  eigentlichen  Gegenstand  der 
Geographie  hin;  wenn  er  dabei  über  Peschel  auf  Ritter  zurückwies,  so 
konnte  das  bei  ihm  nat&rlich  nicht  Blickkehr  zu  einer  einseitig  auf  den 
Menadien  zugespitzten  Betraobtnngswdse,  sondein  nnr  Bflckkehr  mr  Llnder- 
konde  ala  der  eigentlidien  Aufgabe  der  Geographie  bedeuten.  Im  einxdbien 
war  aeine  Anflaasang  noch  einseitig,  nooh  siemlich  ttaric  dordi  seine  geo- 
logiaohe  Herkunft  bestimmt;  die  ünteisoehung  der  festen  Erdrinde  stend  noch 
gaas  im  Vordergründe,  die  übrigen  Erscheinungskreise  der  Erdoherfllobe 
sollten  nnr  in  ihrer  Abhängigkeit  von  der  festen  Erdrinde  einen  Gegenstand 
der  Geographie  bilden.  Nachdem  er  einige  Jahre  lang  im  akademischen 
Lehrberuf  gewirkt  hatte  und  dadurch  in  die  Notwendigkeit  versetzt  wor- 
den war,  über  das  Bedürfnis  der  eigenen  Forschung  hinaus  sich  über 
das  ganze  Gebiet  der  Wissenschaft  auszubreiten,  hat  er  diese  Einseitigkeit 
überwunden.  Auf  den  ersten  Blick  scheint  zwar  die  Definition  der  Geograpliie, 
die  er  in  seiner  Leipziger  Antrittsrede  gibt,  dieselbe  wie  im  Schlußwort 
seines  Chinawerkes  zu  sein;  aber  tatsächlich  ist  sie  anders  geworden.  Die 
Geographie  wird  auch  hier  wieder  als  die  Lehre  von  der  Erdoberfläche  be- 
stimmt; aber  Erdoberfllehe  bedeutet  hier  nicht  mehr  die  feste  Erdrinde 
aDetn,  sondeni  die  Gesamtheit  aller  Erscheinungen  der  anorganischen  und 
Olganischen  Natur  und  des  menschlichen  Lebens,  die  sich  an  der  Erdober- 
fllehe abspielen.  Der  festen  Erdrinde  ist  hier  ihre  dominierende  Stellung 
genommen f  sie  steht  nur  gleichberechtigt  neben  den  anderen  Erscheinungs- 
reihen,  der  Gesichtspunkt  der  örtlichen  Verteilung,  der  chorologische  Ge- 
sichtspunkt, ist  in  den  Vordergrund  gerfldiit  und  erscheint  als  das  wesent- 
liche Merkmal  geographischer  Beti-achtnngsweise.  Die  Geographie  ist  nicht 
eine  allgemeine  Erdwisseuschaft ,  weshalb  Richthofen  auch  den  Namen  Erd- 
kunde lieber  vermeidet,  sondern  die  chorologische  Wissenschaft  von  der  Erde, 
d.  h.  die  Kenntnis  der  verschiedenen  Erdrftume  und  der  Erdoberfläche  als 
eines  Komplexes  von  Erdräumen.  Diese  Leipziger  Antrittsrede  Richthofeus 
ist  das  Programm  der  neueren  Geographie  geworden.  Zwar  wird  diese  auch 
heute  noch  oft  genug  als  allgemeine  Erdkunde  definiert,  aber  tatoiohlich  ist 
die  geographische  Forschung  und  Lehre  seitdem  immer  mehr  in  den  engeren 
Kreis  ehorologiseher  Fcndinng  siirQckgekehrt,  hat  sich  ein  bestimmtes  Ariteita- 
gebiet  mit  flbersehbaven  Zielen  und  Methoden  geschaffen. 

Am  unmittelbarsten  ist  Bichthofens  Tätigkeit  seinen  akademischen 
flcfafllem  an  gute  gekommen,  ja  riele  seiner  Fonehungsergebnisse  und  seiner 


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Ferdiaftnd  von  Richthofena  Bedeatung  fflr  die  Geographie.  9 


AotfassungeD,  wie  namenUich  seine  groBaiüge  Auffassung  einer  vergleidienden 
LfaMnnMfo  mid  MiiM  Stadien  Ober  Teilalin*  und  Biedelimgsgeographie, 
■ad  lodMr  nur  ilmm  betmmt  gewordoi.  Et  wird  eine  Pflidit  seiner  Bcihlller 
MD,  eine  Pflicht  des  Dankes  gegen  ihren  grofien  Lehrer,  die  sie  mit  Freuden 
cffUlen  werden,  diqenigen  seiner  Vorlesungen,  die  fiber  das  gewöhnliche  MaB 
hintns  den  Stempel  seines  Geistes  tragen  nnd  wertvolles  Neoes  enthalten, 
dem  breiteren  Kreise  der  Facbgenossen  und  aller  an  den  Fortscbritten  der 
Geographie  Teil  nehmenden  im  Drucke  darzubieten.  Richthofen  ist  kein  aka- 
demischer Redner  gewesen,  der  die  Massen  der  Hörer  mit  sich  fortriß,  er 
sprach  ruhig;,  halb  ablesend,  häufig  etwas  stockend.  Er  hat  es  immer  ver- 
schmäht, sich  irgend  welcher  Zugmittel  zu  bedienen,  die  nicht  ganz  im  Wesen 
der  Sache  lagen.  Für  einen  großen  Toü  der  Zuhörer  war  der  Inhalt  seiner 
Vorlesungen  auch  zu  schwer  und  zu  hoch;  bei  den  Historikern  und  Philologen 
seilte  er  wohl  manchmal  zu  viel  naturwissenschaftliche  Vorkenntnisse  voraus. 
Dimn  siDd  seine  Vorlesungen  lange  Jahre  hindurch  nicht  so  besucht  gewesen, 
wie  es  ihrer  Bedeutung  entsprodien  hfttte;  er  hatte  oft  weniger  ZuhOrer, 
ib  manch«  Kollegen  an  Umnermi  üntverritilten.  Aber  fDr  den  emster  Stu> 
dierenden,  der  eine  gewisse  Grundlage  gewonnen  hatte,  waren  sie  vonflglieh. 
8i«  gaben  ihm  mne  FOUe  wissensehalUicher  Kenntnisse,  die  nie  isoliert  standen, 
iondeni  immer  unter  grofien  Oesichtspunkten  lusammenge&fit  waren;  weite 
Aneblieke  wurden  ihnen  eröffnet.  Der  tiefe  wissenschaftliche  Emst  mnfite 
Uber  den  besonderen  Inhalt  hinaus  erzieherisch  wirken.  Ich  erinnere  mich, 
welchen  tiefen  Eindruck  mir  sein  Kolleg  fiber  Europa  gemacht  hat,  als  ich 
als  junger  Doktor  nach  Bonn  eilte,  um  unter  seiner  T^eitung  weiter  /u  stu- 
dieren. Hier  fand  ich  eine  Art  der  geographischen  Betrachtung,  wie  ich  sie 
ersehnt,  aber  aus  eigener  Kraft  nicht  zu  erreichen  vernioclit  hatte.  Meine 
btudien  bei  ihm  wurden  bald  durch  meine  erste  südiiiiH'rikanische  Reise 
unterbrochen,  aber  als  ich  von  dieser  zurückkehrte,  war  mu-  auch  eine  Rück- 
kehr zu  Ricbthofen,  der  inzwischen  nach  Leipzig  übergesiedelt  wtur,  selbst- 
Tenttadlieh.  ünd  ihnüdi  wie  mir,  ist  w  vielen  anderen  gegangen.  Die 
ZsU  der  reiÜBren  Zuhörer  Biebthofois,  die  ihr  eigentliches  üniTerritiltsstudium 
lehoD  al^eechlossen  hatten,  ist  vidleicht  grOßer  als  hei  irgend  einem 
aadena  UniTersitKtBlehrer  Deutsdüands,  mit  Ausnahme  Mommsens,  ge- 
wem.  Kamentlich  in  seinem  Kolloquium  fanden  sich  diese  iltmvn  SditUer 
immer  in  großer  Zahl  mit  den  Studenten  zusammen.  Vielleicht  ist  dies 
Kolloquium,  in  dem  er  fiber  neuere  geographische  Arbeiten  referieren  ließ, 
fiu"  jüngere  Studenten  und  namentiich  fftr  solche,  die  Geographie  nur  als 
Nebenfach  trieben ,  nicht  recht  geeignet  gewesen ;  es  hat  mir  wenigstens  oft 
scheinen  wollen,  als  ob  die  Philologen  und  Historiker  den  mehr  naturwissen- 
äcbattiiciicn,  besonders  geologischen  Referaten,  die  Naturwissenschaftler  den 
bistorisch-geographischen  Referaten  manchmal  verständnislos  zugehört  oder  auch 
eicht  zugehört  hatten.  Sie  sind  erst  in  den  letzten  Jahren  von  Richthofens  Ber- 
^iew  Tätigkeit,  in  denen  er  besonders  Übungen  für  Anfänger  durch  seinen  Assi- 
'^Mrtea  Baschin  abhalten  liefl^  gans  su  ihrem  Bechte  gekommen.  Aber  die  rü- 
finea  Teifaiduier,  die  spesiell  Geograidiie  studierten,  haben  you  diesem  KoUo- 
<Pboi  großen  Gewinn  gehabt,  und  blicken  in  Freude  und  Dankbarkeit 


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Allred  Uettuer: 


daranf  rarflck.  Den  größten  Gewinn  hatte  immer  dar  Vortragende  selbit, 
der  sieh  ganx  in  einen  Gegenstand  vertieft  hatte,  und  der  dann  ans  den 
meist  nur  sparsamen  kritischen  Bemerkungen  Bichthofens  doch  entnehmen 
konnte,  oh  er  <^io  Aufgabe  richtig  angepackt  hatte.  Richthofen  paßte  die 
Themata  möglichst  der  Individualität  und  den  bisherigen  Studien  der  Vor- 
tragenden an;  gelegentlich  hat  er  sich  daliei  >sohl  vergrilVen,  aber  die  meisten 
seiner  SchiUcr  haben  immer  dankbar  eniptiinden,  daß  er  sio  auf  den  richtigen 
Weg  geführt  hat.  Der  oberste  (irundsatz  Hichthotens  si'iueu  Schülern  gegen- 
ü])er  war  die  Achtung  vor  ilirer  Individualität;  nie  hat  er  versucht,  sie  in 
die  eigenen  Jiahnen  der  Forschung  zu  zwingen.  Darum  sind  auch  tJeographen 
der  verschiedensten  Ilichtung  aus  seiner  Schule  hervorgegangen.  Er  war 
kein  IVeund  der  Ooktoriklnnkaiton,  wie  sie  manchmal  geflbt  wird;  er  ließ 
bei  der  Wahl  und  bei  der  Ausarbeitung  des  Themas  volle  Selbständigkeit 
walten  und  stellte  hohe  Anforderungen  an  den  wissenschaftlichen  Wert  der 
eingereichten  Arbeiten.  Damm  ist  die  Zahl  der  unter  seiner  Anregung  und 
Leitung  yer&ßten  Doktordissertationen  verhttltnism&ßig  gering,  denn  er  bat 
von  der  Promotion  in  Geographie  eher  abgeschreckt  als  dazu  angelockt 
Vielleicht  ist  mancher  dadurch  der  Geographie  entfremdet  worden;  aber  die, 
welche  blieben,  waren  dafür  auch  echte  Geographen.  Die  meisten  Arbeiten, 
die  er  als  Dissertationen  zugelassen  hat,  erheben  sich  weit  Über  Miitelware, 
einzelne  sind  hervomigende  wissenschaftliche  Leistungen. 

Wenngleich  Kichthofen  von  dem  Augenblick  au,  in  dem  er  seine  aka- 
demische Lehrtätigkeit  angetreten  hatte,  die  Aufgabe  des  Lchn  rs  mit  vollem 
Kruste  erfaßte  und  sich  ihr  mit  freudigem  Ptlichliiewuüt^ciu  hingab,  so  hat 
doch  sein  Einfluß  und  seine  Wirksamkeit  weit  darüber  hinaus  gereicht.  Ich 
habe  nie  den  Eindruck  gehabt,  als  ob  ihn,  wie  manchen  anderen,  ein  brennender 
Ehrgeis  oder  nnruhvoller  Drang  zu  breiter  öffentlicher  Betätigung  getriebeih 
hfttte.    Er  faßte  sie  als  eine  Pflidit  auf,  er  übernahm  sie,  weil  er  wußte, 
daß  er  dadurch  dem  Gmneinwohl  diene.   Aber  hatte  er  einmal  eine  Tfttig^ 
Init  übernommen,  so  gab  er  sich  ihr  auch  mit  vollem  Eifer  hin  und 
hatte  Freude  daran;  auch  die  Fragen  der  äußeren  Fona  bdiandelte  er  dann 
mit  Eifer  und  Emst.    Schon  bald  nach  seiner  Rtickkehr  aus  Asien  wurde 
er  snm  Vorsitzenden  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  in  Berlin  gewählt,  und 
als  er  von  Bonn  und  Leipzig,  wo  er  gleichfalls  Vorsitzender  des  Vereins  für 
Erdkunde  gewesen  war,  nach  Berlin  zurückkehrte,  tiel  die  Wahl  bald  wieder 
auf  ihn.    Teils  als  Vorsitzender,   teils  weniirstens  im  Vorstand  luit  er  sich 
gi-oße  Verdienste  um  die  Neubelebuug  und  Organisation  der  (Jesellschaft  er- 
worben.   Er  war  der  prUdestinierte  Leiter  des  internationalen  (ieographen- 
kongresses,  der  im  Herbst  1899  in  Berlin  abgehallen  wurde,  und  hat  am  mei- 
sten ZU  dessen  glänzendem  Erfolge  beigetragen;  freilich  hat  er  auch  fast  die 
ganze,  nidit  durch  den  Beruf  in  Anspfvdi  genommene  Zeit  eines  kostbaren 
Jahres  ihm  geopfert   In  der  doppelten  Eigenschalt      herrorragendster  deut- 
scher Forsohungsreisender  und  als  langjähriger  Vorsitzender  der  grBßten  dent- 
schen  geographischen  Gesellschaft  hat  er  auch  an  der  Organisation  und  Be- 
ratung aller  deatscheo  Forschnngsezpeditionen  in  den  letzten  Jahrzehnten  einen 
her?OETagenden  Anteil  genommen.   Auch  die  deutsdie  Südpolarexpedition  ist 


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Ferdinand  von  Bicbihofen«  Bedeutung  füx  die  Geogzsphie.  H 


wesentlich  unter  seiner  Ägide  zu  Stande  gekommen.   Zwar  war  der  Gedanke 
dina  lunptg&chUch  durdi  die  unefmfldJiehe  Beredsamkeit  Nenmayeni  er- 
«eekt  und  wach  gdialten  worden;  aber  dafi  sie  Wirklichkeit  wurde,  ist  wohl 
in  tnter  Linie  Bichthofon  zn  Terdanken,  der  seinen  EinflnB  heim  Kaiser  und 
kd  den  Beiehshehörden  daf&r  dnsetste;  er  hat  auf  ihren  Plan  bestimmenden 
EioihiS  gefibt  und  sie  sp&ter  gegen  alle  Vorwfixfe  Terteidigi  Seine  leiste  Arbelt, 
über  der  ihm  die  Feder  entfiel,  ist  mn  Vortrag,  in  dem  er  vor  dem  Kaiser 
die  Bedentung  der  Sfldpolarforschung  erSrtem  und  nnf  df-n  Wert  neuer  Espe« 
ditionen  hinweisen  wollte.     Als  die  geographische   Forschung  bei  unserem 
EiDtreten  iu  die  Kolonialpolitik  unmittelbar  politische  Bedeutung  gewann,  ist 
Richthol'en    ein   hilufiger  Berater  der  Kcichsregiening  in  Kolonialsaclien  ge- 
wurdeu  und  ist  auch  lange  Zeit   Mitglied  des  Kolonialrates  gewesen.  Den 
größten  Auteil  hat  er  bei  der  Erwerbung  von  Kiautschou  geuoinuien.  Schon  vor 
Jahren  hatte  er  den  Wert  der  Halbinsel  Schantung  erkannt,  und  er  hat  haupt- 
sächlich die  Aufmerksamkeit  der  ICeichsregieruug  auf  dieses  Gebiet  hingelenkt, 
hu  einem  schönen  Buch  hat  er  dann  die  neuerworbene  Kolonie  anf  Grund  seiner 
Baseerfahrangen  beepnHshen.  Als  die  militiirische  Eipedition  nach  China  nötig 
wurde,  hat  er  auf  Grund  seiner  eindringenden  Kenntnis  des  Landes  wertrolle 
BstseU%e  gegeben  und  die  Versorgung  unserer  Truppen  mit  guten  Karten 
feleitei    Seine  letste  Sehöpfting  ist  das  Institut  fOr  Meereskunde  gewesen, 
in  dem  in  seltener  Weise  Museum,  Ldirinstitnt  und  Organisation  der  For- 
schung vereinigt  sind;  wir  verdanken  e.s  wesentlich  Richthofen,  daft  dieses 
Institut,  das  dem  persönlichen  Wunsche  des  Kaisers  entsprungen  ist,  einen 
so  groß  angelegten,  im  edelsten  Sinne  populürwissenschaftlichen  Charakter 
bekomraen  hat;  leider  trägt  aber  auch  gerade  die  auf  seine  Einrichtung  ver- 
wandte Arbeit  die  Schuld,  daß  Richthofens  (  hinawerk  ein  Torso  geblieben  ist. 

Schon  der  unrnittelljare  Eindruck  des  hot  hgewachseueu  Mannes  mit  seinem 
soiiarf  ireprügten,  kräftigen,  aber  gütigen  (iesicht  war  der  »'iner  festen,  edeln 
und  vornehnieu  und  dabei  doch  von  Grund  aus  wohlwollenden  und  liebeus- 
wfirdigen  Persönlichkeit.   Effekthascherei  und  der  Wunsch,  fOr  den  Augen- 
Uidc  XU  glänzen,  warm  ihm  ftemä.    Er  war  sich  seines  inneren  Wertes  be- 
wsAt;  aber  von  Eitdkeit  und  persönlichem  Ehrgeiz  war  er  frei.  Sein  Streben 
ist  imnmr  nur  gewesen,  Grofies  zu  lösten;  der  äußere  Erfolg  war  ihm  Neben- 
Hche,   Audi  uderen  gegenüber  war  sein  Blick  immer  auf  den  Kern  ge- 
richtet; woU  hat  er  sich  hin  und  wieder,  mehr  als  er  glaubte,  in  PersOn- 
hdikeilm  get&uscht  und  ist  vielleicht  auch  nicht  ganz  frei  von  Vorurteilen 
p*wesen;  aber  seine  Absicht  ist  immer  rein  gewesen,  er  hat  immer  gesucht, 
tüchtige  Menschen  zu  fördeni  und  an  jeden  Platz  den  richtigen  Mann  zu 
stellen.    Mit  inniger  Liebe  und  Verehrung  hahen  seine  Schüler  zu  ihm  auf- 
geblickt, haben   seine   Freunde   an    ihtn    gehangen.     Auch   die   ihm  ferner 
stehenden  haben  seine  Leistungen  anerkannt  und  bewundert,  und  selten  haben 
sich  Neid  und  Verleumdung  an  ihn  herangewagt.     Richthofen  ist  einer  der 
Wenigen  Gelehrten  der  Gegenwart  gewesen,  die  man  mit  Recht  als  gieß  be- 
nicbMa  kann.    Hiebt  nur  seine  wissMisehslIfliohMi  Leistungen  werden  in 
^  GsschiGhte  der  Wissensehaft  eingehen,  er  selbst  wird  als  eine  große  und 
*^  Penfinliohkeit  in  der  Erinnerung  weiterleben. 


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12 


Alfred  Kirohhoff: 


Hermann  v.  Wissmann  znm  Gedächtnis. 

Von  Alfred  Kirohhoff. 

Am  15.  Juni  vorigon  Jahres  ist  uns  in  H«nnann  v.  WiHsmann  unser 
weitans  poptilürster  Afrikaforscher  entrissen  worden.  Unfern  seines  steirischen 
Landsitzes  bei  Liezen  an  der  oberen  Enns  fiel  er  aof  abetitlliehcr  Jagdstreife 
einer  unglückliehen  Kntladuncr  seines  Jagdgewehrs  sum  Opfer,  ehe  er  noch 
sein  52.  Lebensjahr  vollHmb't  liatte. 

Als  Sohn  eines  preuüiM.'hen  Kegierungsrats  in  Frankfurt  a.  0.  geboren, 
hat  er  .seine  Jui,'endzeit  großenteils  in  Thüringen  ( Lanj^cnsalza  und  Erfurt) 
verlebt  Richelmann,  nachnials  sein  wackerer  Schwertgenosse  beim  Nieder- 
werfen des  Buschiri- Aufstandes,  wurde  in  Langensalza  sein  Spielkamerad 
und  schildert  ihn  ans  jener  Zeit  als  einen  bildhttbschen  blonden  Knaben,  ge* 
weckt  und  gutmütig,  gern  geneigt  zu  tollen  Streichen. 

Nadidem  Wissmann  1871  ins  Kadettenhaus  ni  Berlin  eingetreten  war 
und  im  Folgajahr  seine  FShnriAhsprflfimg  bestanden  hatte,  wurde  er  Leut- 
nant in  einem  mecUenburgisdien  Infanterieregiment  mit  Bostock  als  Gami- 
sonsort.  Hier  empfing  sein  Lebensgang  die  entscheidende  Bichtung  dwceh. 
die  Bekanntschaft  mit  Dr.  jur.  Paul  Pogge,  einem  biedern  vierschrötigen 
Mecklenburger,  Landwirt  von  Beruf,  Weidmann  und  Afrikareisendem  von 
Passion.  Er  hatte  bereits  zu  Jagdzweken  das  Kapland  und  Natal  durch- 
streift, hatte  sich  1874  als  Volontär  der  Kassange-Expedition  unter  A.  von 
Homeyer  angeschlossen,  war  darauf  mit  Lux  über  Malange  nach  Kimbundo 
gezogen  und  endlich  IBTT)  allein  zur  „Mussumba",  d.  h.  der  Residenz  des 
Muata  Jainvo,  des  Beherrschers  des  Lundareichs  im  südwestlichen  Kougo- 
gebiet,  gelaugt,  somit  weiter  ins  südafrikanische  Innere  eingedrungen  als  ^ 
irgend  ein  Bendbote  der  damaligen  DeutschMi  Afiikaaischen  Gesellidiaft 
Tor  ihm. 

Pogge  rüstete  sich  eben  sn  einer  neuen  Beise  in  jene  Lftnder,  deren 
wunderbares  Vülkerleben  samt  der  großartigen  Natur  der  Wildnis  mit  ihrem 
nodi  WMuig  angetasteten  Wildbestand  ihn  m&chtig  gepackt  hatten.  Wies* 

manns  sehnlichstes  Streben  richtete  sich  darauf,  Pogge  auf  dieser  neuen 
Ausfahrt  bet'leiten  ZU  dürfen.  Soweit  der  niilitUrische  Dienst  ihm  freie  Zeit 
gewährte,  suchte  er  sich  nach  Möglichkeit  an  der  Kostocker  Universität  natur* 
wissenschaftlich  weiter  zu  bilden,  trieb  namentlich  unter  Leitung  Prof.  Or<*- 
nachers,  des  jetzigen  Zoolojjen  der  Universität  zu  Halle,  fleißig  tierkundliche 
Studien  und  ließ  sich  (später  auch  eine  Zeitlang  auf  der  Berliner  Sternwarte^ 
einführen  in  exakte  Breiten-  und  Längenaufnahmen. 

Wissmanns  Sehnsucht^ wünsch  wurde  erfüllt  Im  Auftrag  der  Deutschen 
AMkanischen  Gesellschaft  und  unseres  Auswärtigen  Amtes  ging  er  als 
wGeodftt  und  wissenschaftlicher  Sammler^  an  Dr.  Pogges  Seite  im  November 
1880  hinaus  in  den  dunkeln  Erdteil.  Von  der  Hauptstadt  des  portugie- 
sischen Angola,  Bio  Paulo  de  Loanda,  aus  wurde  im  Januar  1881  Malange 
erreidit  und  nun  der  Weg  ins  noch  unbetretene  Innwe  elngesdiligen,  der 
über  s&mtliche  südlichen  Nebenadem  des  Kongo  führte,  bis  dieser  selbst  am 


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HermMB     WiismAnn  snm  Ged&ebinis. 


18 


16.  April  18i<2  in  Nyangwe  erzielt  ward.  Das  war  Wissmanns  eigeatliclie 
Lehrzeit  in  der  Praxis  des  Afrikareiseus,  und  nie  hat  er  es  verhehlt,  vne 
viel  er  ihhex  seinem  lieben  Lehrmeister,  dem  braven  und  gescheiten  Dr.  Pogpe 
verdaiiktt',  de.ssen  Selbstlosif^keit  am  glänzendsten  daraus  hervorleuchtet,  daß 
er.  nachdem  er  der  ilauptpladfinder  bis  Nyangwe  gewesen,  auf  seine  Station 
zurückkehrt  und  dem  jungen  Freund  es  überläßt,  auf  bekannten  Pfiiden  von 
dort  aus  den  TaDganjikasee  und  die  Kflito  dm  iadiieiNii  Meeret  m  flrraolieD 
als  rokniToUer  erster  Durehquerer  Äquatocialafidcas  in  östUeher  Biehtung. 

Fut  genan  ein  Jahr  nachdem  diese  Dorehquenuig  am  16.  November  1888 
ta  Sedaai  ihren  Abachhiß  gefonden,  trat  Wissmann  im  Auftrag  der  untsr 
Lritong  des  Kdnigs  Leoi»old  IL  Ton  Belgien  stehenden  Intemationalen  AfiikA- 
nischen  Gesellschaft  seine  zweite  Expedition  naeh  Afrika  an,  dies  Mal  als 
Führer,  in  seiner  Begleitung  der  Militärarzt  Dr.  Ludwig  Wolf  und  die 
Offiziere  Kurt  v.  Fran9oi8,  Frana  und  Hans  Müller.  Zwar  ging  man  aber- 
nials  von  Malange  in  Angola  ans,  aber  dies  Mal  galt  es,  die  vorher  nur  in 
ihrem  Oberlauf  erkundeten  Flfls.se  in  ihrer  hydron^raphi.schen  Beziehung  zu 
einander  und  zum  Kongo  (die  ja  nocli  niemand  fest<,^(^stellt  hatte)  zu  er- 
gründen. Der  Erfolg  war  durch.schlai/cud.  Nach  Gründung  der  wichtigen 
Station  Lulualairj^'  am  Lulua,  einem  rechti.seitigen  Zutluß  des  Kassai  in  herr- 
licluter  Tropenlandschaft,  wurde  von  Ende  Mai  1885  ab  auf  eiuem  zerleg- 
baran  kleinen  Dampfer  und  einer  Flotüle  von  28  Buderbooten  das  ganze 
Gcdeeht  der  Gewisser  abvribrts  von  Lnlnabuxg  beSüuren  bis  in  den  Kongo, 
den  man  im  Juli  1886  mit  Kwamontfa  erreiohte.  Freilieh  hatten  die  Be- 
•diwernisse  d«r  Heise  vereint  mit  dem  TropenUima  Wissmann  nebst  seinen 
Oeßhrtsn  gesandheitlich  ang^piffen.  Zeitweilig  mußte  die  Fflhrung  der 
Eipedition  an  Dr.  Wolf  flbergeben  werden,  der  sich  um  die  Erforsdrang  des 
gröBt«  n  der  rechtsseitigen  Eassaiznflüsse,  des  Sankurm,  ein  Hauptverdienst 
erwarb.  Doch  nach  einem  Erholungsaufenthalt  von  nur  wenigen  Monaten 
in  der  balsamischen  Luft  Madeiras  sehen  wir  unseren  rastlosen  Forscher 
bereits  zu  Beginn  des  Jahros  1886  zu  einer  dritten  Expedition,  seiner  letzten 
geographischen,  aufbrechen,  die  sich  zu  einer  neuen  Durchquoninir  Afrikas 
gestaltete:  von  der  Kongumiindung  bis  zur  Mündung  des  zweitgrfißten  Flusses 
Südafrikas,  des  Sambesi.  GeineiusaTn  mit  Dr.  Wolf  wurde  der  Kassai  noch 
weiter  aufwärts  befahren,  dann  die  Station  Luluuburg  den  belgischen  Agenten 
ttbenriesen  und  dem  Osten  zugestrebt,  wo  inzwischen  ein  „Deutsch-Ostafrika" 
SBtBtanden  war.  ündnrobdringlieher  ünrald  jenseits  des  Sankurm  hemmte 
jsdodi  den  Iforsch  gerade  ans  nadi  Osten,  man  mußte  nordöstlich  Uber 
Nyangwe  dem  Kordende  des  Tknganjika  xuwandem,  diesen  See  bis  sum 
SMen  befohren  (da  der  sieh  sehon  Toxbereitende  Araberaufstand  den  Land- 
weg  tut  Kllste  nicht  ratsam  erscheinen  liefi),  um  schlieBlich  vom  Njassa 
Avs  den  unbehinderten  Wasserweg  som  indischen  Ozean  zu  gewinnen.  So 
endeten  im  August  1887  Wissmanns  Forscherzüge  durch  A&ika,  die  also 
mit  nur  kurzen  Unterbrechungen  7  Jahre  gewährt  haben. 

Es  wäre  Übertreibung,  wollte  man  Wissmann  dem  Dreigestim  unserer 
großen  Afrikafoi-scher,  Barth.  Schweinfurth,  Nachtigal  zur  Seite  stellen.  Er 
war  ein  Piomer  in  der  Erforschung  des  südwestlichen  Kongogebiets,  dessen 


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Alfred  Kirohhoff: 


l)is  in  die  aclitzigrr  .laliro  (l<'s  vorigen  Jalirhunderts  völlig  unniift^pklilrte  und 
in  der  Tat  nidit  Ipicht  überschaubare  Stromverhältiiisso  sich  wcsrntlich  seinem 
Scharfblick  t'iitscbU'ierten.  Zu  tiolorcn  geographischen  Forschungen  hatte  es 
ihiu  in  seinem  Studiengang  an  der  nötigen  t^chulung  gefehlt.  Seine  Reise- 
werke sind  schlichte,  durch  Anschaulichkeit  und  sichtliche  Wahrheitstreue 
anspreehende  Sehüdemngen  und  Ers&hluDgen  dee  Selbstgeschanteiif  Selbst- 
erlebten.  Seine  BeschreibtiDg  der  Landsdiaft  nimmt  niemals  einen  Anlaut^ 
die  plaitiaehe  Ausgestaltung  der  Obeifliehe  auf  ihre  Bildungsuvsaöheo  zurück- 
xnflUireii,  er  beschrSakt  sich  auf  daa,  was  sein  aufinerksames  Auge  geschaut 
hat  an  weiten  Lateritfluren,  Bergen  und  Tftlem,  prftchtigen  ürwalddickiohten, 
Busch-  und  Baunisavanen,  mannigfachen  Tier-  und  Menschenleben.  Von 
fundamental  wichtigen  Kenntniserweiterungen  innerhalb  seines  ForschungS' 
gebiets  über  Bodenhau,  Klimakunde^  Pflanzen-  und  Tierverbreitung  oder 
Ethnologie  wüßte  man  ihm  kaum  etwas  /nznschreiben  Aber  im  Routenauf- 
nehnicii,  in  Längen-  und  Breitenbestiminuugen,  in  korrektem  Ausmessen  von 
Querschnitt  und  Wasserführung  der  Ströme  —  da  stand  er  seinen  Mann. 
Deshalb  sind  auch  seine  Karten  durchweg  zuverlässiger  als  z.  B.  diejenigen 
Stanleys,  der  sich  ständig  elementare  Fehler  selbst  bei  gewöhnlichen  Breiten- 
bestimmungen zu  Schulden  kommen  ließ,  wie  wir  durch  Freiherm  v.  Dauckel- 
man  wissen,  der  ihn  einmal  bei  Aulhahme  einer  Sonnenhöhe  aus  unmittel- 
barster Nähe  beobaebtote. 

Qar  noch  nicht  genfigend  anerkannt  sind  bisher  die  schon  vorher  an- 
gedeuteten  hydrographiscben  Errungenschaften  unseres  Forsdiers,  fOr  die  ihm 
die  philosophische  Fakultftt  der  UniTeintftt  Halle- Wittenberg  bei  deren  zwei- 
hander^lbriger  Stiftungsfeier  die  Würde  des  Ehrendoktors  verliehen  hat 
Bei  ihnen  wollen  wir  deshalb  noch  etwas  verweilen. 

Aus  den  gekrösehaften  Flußlinien,  die  bis  an  die  Schwelle  der  achtziger 
Jahre  den  sonst  weißen  Fleck  unserer  Afrikakarte  hinter  Angola  verunzierten, 
ist  diu-ch  Wissmanns  und  seiner  ricfilhrten  Fe>tstellung  ein  einziges  süd- 
westliches Teilsystem  des  Ungeheuern  Kongosysteins  herausgeschält  worden: 
das  des  niiicbtiL'en  Kassai.  Dieser  hat  zur  Linken  lauter  geradst reckig  und 
ungetahr  von  Süd  na^  Ii  Nord  ihm  (nach  seiner  eigenen  Unibiegung  gen  Nord- 
west) zugehende  Tributäre,  deren  größter  und  westlichster,  der  Kuango,  ihm 
erst  unweit  seiner  MAndung  (wo  man  den  Kassai  Kwa  nennt)  zumlt,  zur 
Rechten  dagegen  bogenförmige  Zuflüsse,  die  ihm  die  Hohls«te  ihres  Laufes 
zukehren.  Unter  letzteren  ragen  hervor  die  schon  erwlhnten  zwei:  der  Lulua 
und  der  noch  weit  grSfiere  Sankurm,  in  seinem  hodiUindisehen  Oberiauf 
Lubilasch  genannt,  der  noch  am  4.  PtoaUdkreis,  in  dessen  Nfthe  er  sich 
dann  selbst  mehxarmig  in  den  Kassai  ergießt,  den  wiederum  bogtgen  Lomami 
aufnimmt 

Biese  erquickliche  Klllrung  beruht  auf  sorgf&ltig  ausschauender  Be- 
fahrung  und  genauer  Bemessung  der  Wasserführung  aller  in  Betracht  kom- 
menden Hauptstromadem.  Gleichwohl  begegnet  uns  auf  Karten  wie  in 
.Schriftwerken  immer  noch  die  Ansicht,  der  von  Togge  und  Wissmann  1882 
eutdekte  Sankurru  (oder,  was  dasselbe  heißt,  Sankullu)  sei  der  Huuptstrom 
des  in  liede  steheuden  Teilsystems,  der  Kassai  nur  dessen  Nebentluß.  Selbst 


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HerniAnn  t.  Wittmanii  znm  Oedftcbtnit. 


15 


Prof.  Friedrich  Hahn  neigt  dieser  Auf&sgimg,  obschon  mit  einer  gewissen 
Znrflckhaltmigy  m  in  seiner  sonst  so  vortrefflichen  Bearbeitung  Afrikas  in 
Sierars'  ,^llgemeiner  Länderkunde"  (S.  362).  Wissmann  vermaß  den  San- 
kurru  oberhalb  seiner  Spaltung  in  die  Mündunprsarmo,  dann  am  nächsten 
Tage  den  Kassai  15  Seemeilen  oberhalb  der  £imnüuduug  de»  Saukurru  mit 
folgendem  Ergebnis: 

Breite     Tiefe     Minuteageschwindigkeit  Wasserschub  i.  d.  Minute 
Sankurru    4')(>  m    5,5  m  45  m  1113  750  cbm. 

Kassai        750  „     7,5  „  65  „  3  65G  'J50  „ 

Wissmaun  hat  die  Berechnung  in  der  Schluüruhrik  wohl  nicht  genauer 
ausgeführt.,  denn  er  .schreibt  dem  Kassai  ..fast  eine  dreimal  gT(ißere  Wasser- 
masse"  zu  als  dem  Sankurni.^)  Wir  sehen,  das  volunietrische  Verhältnis 
beider  Ströme  ist  sogar  das  von  11^  :  36^.  Es  kann  mithin  keinem  Zweifel 
ttterliegen,  daß  der  auch  hei  weitem  längere  Kassai  die  ganz  Iberlegene 
Hanptader  in  dieser  tOdwesIliehen  Wasserprovini  des  Kongogebiets  ausmacht. 
XH  Recht  heUagte  sich  Wissmann  flher  die  Kartographen,  die  immer  nodi 
den  Unterlauf  des  Kassai  nnteihalb  der  Mfindung  des  Sankunru  mit  diesem 
Kamen  auf  ihren  Karten  belegten,  obwohl  er  doch  nnn  den  Tatbestand  auf- 
geUirt  habe.  Diese  Sache  bietet  aber  noch  ein  onomatologisches  Interesse. 
Jene  Kartographen,  die  Wissmann  bei  seinem  Tadel  im  Auge  hatte,  hielten 
sich  daran f  daß  Kund  und  Tappenbeck,  die  kxm  vor  Wissmann  die  be* 
sagte  untere  Stromstrecke  überschritten  hatten,  tatsächlich  von  den  anw(^- 
nenden  Negern  den  Strom  Sankurru  nennen  luirten,  indessen  bloß  gemäß 
der  in  dortiger  Gegend  üblichen  Gewohnheit  der  Fingebornen,  dem  Haupt- 
strom immer  von  der  Aufnahme  eines  neuen  NebenÜusses  —  dessen  Namen 
XU  verleiben!-) 

Da  erhebt  sich  eine  methodisch  anziehende  Frage.  Soll  der  Geograph 
ia  einem  derartigen  Fall  die  Nomenklatur  der  Eingebomen  annehmen?  Ganz 
gewiß  nicht  Das  wibrde  ja  nur  sur  unheimlichsten  Verwirrung  fahren,  wie 
w«0B  wir  den  Bhein  von  Mannheim  ah  Neckar,  von  Mainz  ab  Main,  von 
Bilgen  ab  Nahe  nennen  wollten.  Hierzu  gesellt  sich  noch  im  Kongogebiet 
^  polyglotte  NegerbeTÜlkerung,  yon  der  ein  und  derselbe  PluB  die  ver- 
schiedensten  Eigennamen  empfilngt  oder  auch  mit  dem  bloßen  Gattungsnamen 
für  Fluß  „NsaTre"  genannt  wird.  Aus  einem  solchen  Chaos  rettet  allein  die 
^  der  Grundlage  der  klar  ermittelten  Ko-  und  SubordinationsTerhältnisse 
der  Wasseradern  des  betreffenden  Stromsystems  von  der  Wissenschaft  fest- 
gesetzte Namengebung.  Wissmann  traf  offenbar  das  Richtige,  wenn  er  für 
den  Hauptstrom  seines  Forsch ung>tel(les,  ..dem  kein  Strom  Europas  an 
^Vassennasse  auch  nur  annähernd  gleichkommt',     den  Namen  Kassai  (kassai) 

1)  Wiiemann.  M^e  zweite  Dnzdiqnening  Äquatorial -Afrilcae  Tom  Longo 

Zambesi  wfthrend  der  Jahre  18SG  und  1887.    Frankfurt  a  0  ,  1H90.  S.  26. 

2)  Das  erinnert  etwas  an  die  früher  (in  Bayern  wohl  auch  noch  heute)  in  den 
^ulen  gelehrte  Angabe:  „^on  der  Einmündung  der  l'egnitz  heißt  die  Hednibi 
H^gaitL**  Der  Fluß  wird  aber  von  den  Anwohnern  ober-  wie  unterhalb  der  Auf- 
aaluee  der  f^tsm^  Rennez  oder  Rengez  genannt. 

I)  Wiiimann,  a.  a.  0.  4. 


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16 


Alfred  Kirehlioff: 


in  die  Wissenschaft  einführte,  den  wir  schon  bei  Livingstone  antreffen  in 
der  Form  Kas5?abi.  Denn  Kassai  heißt  er  auch  bei  den  Negervülkeru,  die 
ihn  um  wohnen,  auf  der  längsten  Strecke  seines  Mittellaufs.  Wissmann  fügt 
hiozu,  es  hätte  sich  sonst  nur  aocli  um  den  Nainaii  ^nSnf^  handdo  kSn- 
nen,  der  aber  ▼ermieden  werden  mflsse,  weil  die  am  UntorUnf  des  Kongo 
wohnenden  Volksstlmme  diesen  selbst  Nseire  nennen  und  sudh  die  Portu- 
giesen den  Namen  in  diesem  Sinne  flbemommen  haben.  Sollte  nicht  in 
der  nntslosen  Doppelbenennung  des  afrikanischen  Biesenstromes  „Kongo 
oder  Zaire^,  mit  der  bis  vor  kurzem  noch  unsere  Schüler  gequftlt  wnr* 
dm,  die  schon  uralte  Gewohnheit  nadiklingen,  von  der  wir  eben  sprachen, 
einm  Strom  nach  seinem  letztaufgenonunenen  Nebenfluß  zu  benennen? 
Beim  untersten  Kongo  konnten  die  Neper  srhwuükon,  ob  sie  bei  solcher 
Taufe  dem  Kassai  (Nsatre  t  oiLt  dessen  großem  linken  Zufluß,  dem  Kuango 
oder  Koango,  «ieu  Vor/,ug  gehen  sollten.  Im  übrigen  ist  ja  „Kongo"  nir- 
gends der  Name  des  Hauptstrtunes  hei  den  Anwohnern  früher  gewesen;  er 
ist  ihm  seit  seiner  Eutschleieruug  von  Stanley  erteilt  worden,  wie  der 
Kassai  den  Nameu  fortan  zu  führen  verdient,  den  ihm  sein  Erforscher  Wiss- 
mann gab. 

Wir  ehren  also  das  Andenken  Wissmanns  sehlecht,  wenn  wir  auf  unsem 
Karten  den  Namen  Sankurru  auch  flbr  den  unteren  Kassai  anwenden  oder 
einen  Eklektismns  treiben,  wie  er  uns  x.  B.  in  Andrees  Handattas  entgegen' 
tritt  Da  finden  wir  auf  Blatt  143,144  „Sankuru*"  veneichnet  als  Namea 
des  Sankurm,  „Sankalla"  als  den  des  untersten  Kassai;  auf  Blatt  149,150 
kehrt  hingegen  „Sankuru"  nur  in  ersterer  Bedeutung  wieder,  „Kassai"  er- 
scheint mehrfach  neben  der  Kassailinie  von  der  obersten  bis  zur  untersten 
Laufstrecke  des  Stromes,  mithin  auch  da,  wo  nach  jener  Karte  der  Flußname 
Sankulla  sein  sollte. 

Auf  den  Schild  erliril)en  von  (b-r  deutschen  Nation,  von  seinem  Kaiser 
durch  Verleihen  des  erblichen  Adels  ausgezeichnet  wurde  jedoch  iierniann 
Wissmann  erst  zufolge  der  kriegerischen  Taten  in  dem  zweiten  Abschnitt 
seines  Öffentlich«!  Wirkens. 

Wissmann  hatte  eben  noch  die  Qreuel  arabisdien  SklaTonfibigerei  in 
frischer  Erinnerung,  als  er  in  ungeahnter  Ißssimi  berufen  wurde,  einen  der 
ontscheidendsten  Schlage  gegen  dieses  durch  den  Gebrauch  der  überlegenen 
Schußwaffe  seitens  d«r  Araber  gwade  kuia  vor  seiner  Vernichtung  so  ont> 
setilidi  sich  gestaltende  uralte  Leidwesen  Ostafrikas  auszuführen.  Auf  seiner 
letzten  Expedition  liatte  er  reichlich  Gelegenheit  gehabt,  diese  verruchten 
Beutezüge  zu  beobachten,  die  sich  gewissenlose,  habsüchtige  Araber  unter 
dem  Deckmantel  des  Tauschhandels  immer  tiefer  und  tiefer  ins  Innere  von 
der  Ostkilste  her,  ganz  besonders  von  den  Küstenstrecken  aus,  wo  nun  die 
deutsche  Flagge  wehte,  gegen  last  wehrlose  Negervölker  erlaubten.  Hören 
wir  ihn  darüber  selbst. 

„Wie  uns  entgegen  nach  dem  Innern  nur  Waflen  und  Munition  gebracht 
wurden,  .>o  trafen  wir  in  wenigen  Tagen  drei  Karawanen,  die  den  Erlös  für 
den  erwälmten  Import  zur  Kflste  brachten,  etwas  Elfenbein  und  —  Hunderte 


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HermftDii  t.  Wisamann  snm  Gedieh tnif. 


17 


m  Sklaven,  zu  10,  xn  20  mit  langen  Ketten  und  Halsiingeu  Terbimdea. 
Ret  Schwächeren,  Weibern  und  Kindern,  bei  denen  Flucht  ausgeschlossen  war, 
hatte  man  nnr  Stricke  angewendet.  Diejenitren  Leute,  die  besondere  Yonidit 
erbeischten,  «jingen  zu  zweien  in  der  Mvikongua,  der  Sklavengabel,  einem 
Gabolhol/.,  bei  dem  der  Hals  in  die  Gabel  eingeschnürt  ist.  Es  ist  kaum  zu 
besehrpii)en .  in  welchem  elenden  und  erbärmlichen  Zustande  die  schwarze 
Ware  war.  Arme  und  Beine  fast  fleischlos,  der  eingezogene  Bauch  voller 
Baozeln,  der  Blick  matt,  das  Haupt  gebeugt,  so  schlichen  sie  in  eine  ihnen 
mbekaimts  Zukunft,  osMits  und  immer  Oltwirts  weg  Ton  ihrer  Heimat^ 
fertgeriseen  von  Weib  mid  Kind,  Ton  Vater  und  Mutter,  die  eich  Tielleieht 
im  Walde  dnrdi  Flndit  der  Hat»  eatiogeii  batten  oder,  neb  webrend,  niedef^ 
genaebt  waren.  Ein  forebibar  empOrraides  BQd  bot  im  Lager  einer  solcben 
Keiawaae  die  allabeadliebe  Yerteilnng  der  Bationen.  Mit  weit  anfgeriesenen 
Augen  drftngten  sich  die  Hungernden  mn  den  Platz,  an  dem  einer  der 
Widiter  zur  Verteilung  von  Lebensmitteln  stand,  ab  und  zu  die  ihn  vor 
Hunger  dicht  Umdrängenden  mit  einem  Stocke  zurücktreibend ;  ein  kleines 
Maß  in  der  Größe  eines  Wasserglases  wurde,  mit  Korn  angefüllt,  Mais  oder 
Hirse,  einem  jeden  in  den  Lappen  oder  die  Ziegenhaut,  mit  der  er  seine 
Blüße  deckte,  hineingeschüttet.  Vielo  dieser  Leute,  zu  müde,  um  das  Koni 
/u  reiben  oder  zu  stoßen,  koi.hten  es  einfach  in  heißem  Wasser  oder  rosteten 
es  im  Topte  auf  dem  Feuer  und  schlangen  es  so  hinab,  um  das  schmerzhafte 
Gefühl  des  Hungers  zu  besänftigen.  Bevor  die  einzelnen  Ketten  sich  zur 
Bobe  legen  durften,  wurden  gie  noch  einmal  binauegetrieben,  dann  warfen 
«e  sieb  in  der  Nihe  eines  großen  Feuers  nieder,  um  dem  fast  erscböpften 
KSrper  die  nötigste  Bube  sn  gdnnen.  Ohne  Bfleksiobt  auf  das  GeseUeebt 
warea  die  SUa^en  meist  naeb  ihrer  Marsobf  Ihigkeit  sasammengestelM^  Kaum 
dsr  Tiarte  Teil  dieaer  Armen  erreicht  die  Kflstenllnder,  in  denen  sie  Terp 
kanft  oder  sum  Export  bermt  gehalten  werden  oder  auf  die  Fflansungen  der 
Kfiatealeute  gehen.  ' 

Wie  arg  das  teuflische  Wesen  dieser  Menschenräuberei  um  sich  fraß, 
iand  Wissmann  in  doppelter  Hinsicht  bezeugt.  Er  dnr(  b/og  manche  Gegend, 
die  er  vor  wenigen  Jahren  als  friedliche  Stätte  hannloser  Neger  in  üppig 
fruchtspendendt-r  Tropenuatur  kennen  gelernt  hatte,  —  jetzt  war  si»'  durch 
Lberfall  arabisclier  „Händler"  in  bare  Wildnis  verwandelt,  nur  elende  Trünuner- 
•Mte  von  Hütten  waren  noch  zu  spIioh  neben  grinsenden  Totenschädeln  und 
amtigeD  Gebeinresten  der  Tausende,  die  im  Kampf  erschlagen  waren,  uiu 
^  SUarenlager  der  Sfistenanber  vieOeiefat  mit  einigen  Dntaenden  Ikiseber 
MwMebeaware  sn  bersiebern,  nachdem  so  viele  der  Yeischleppten  unterwegs 
^  gnosigsten  Elend  erlegen.  Aber  auch  sn  Helforshelfem  hatten  sich  die 
'tUnea  Araber  ganse  NegersUmme  gewonnen.  So  betraf  Wissmaan  die 
fiogebgmen  im  Quellgebiet  des  Kongo,  in  der  Nachbarsdiaft  des  Baagweolo- 
in  fnrebtbarer  Angst  vor  rftuberiscben  Überfftllen.  Niedergebrannte 
Dörfer,  verwüstete  Felder  zeigten,  wie  berechtigt  die  Furcht  war.  Frauen 
und  Kinder  ließ  man  Nacht  für  Nacht  in  Wald  verstecken  schlafen;  die 
Männer  bewachten  die  engen  Pforten,  die  durch  die  dichte  Palisadenhecke 
in  ihr  Dorf  führten.     Indessen  nicht  vor  den  Arabern  selbst  mußten  sie 

e«ogn»liiMb«  Zcitaobrift.  IS.  Jahrgang.  180J.  1.  Heft.  2 


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18 


Alfred  Kirchhofft 


ständig  auf  der  Laner  liegen;  die  saßen  gemächlich  unten  am  Oestade  dea 
nördlichen  Njassasees  und  ließen  die  schwarzen  Unholde,  die  Waweniba-Negei* 
d&s  Geschult  der  Menschenjagd  für  sich  botroiben,  die  sie  dann  mit  Gewehren 
und  Munition  abzahlten.  Nur  Weibt-r  und  Kinder  j»tb'pten  die  Wawemba 
zu  liefern,  die  Männer  t^iteten  sie  und  schnitten  ihnen  den  Kopf  ab,  da  unter 
ihnen  eine  f<)nnliche  Hani^abstufung  herrschte  je  nach  der  Anzahl  der  auf- 
Mweisenden  Köpfe  getöteter  Feinde. 

Udjidji  am  Tangai\jikasee  sowie  Tabora  im  bmern  Deutsch -Ostafinkaa 
waxen  wichtige  Depots  ftr  den  Sklavenliaiidel,  die  Hafsnplitae  uosena  el»ea 
in  Einrichtung  begriffenen  Schatigehieta  waren  vom  Nofden  bis  nun  ioBer^ 
sten  Soden  die  Yenchiffbngsplitm  der  Sklaven.  Kein  Wunder  also,  daB  e» 
an  giren  anfing,  als  nach  der  dentacben  Besitiergreifling  energische  MaDregeln 
ergriffm  wmden  nur  gftnzlichen  Unterdritekang  des  scbftndlidieo,  aber  immtsr- 
hin  für  die  Hanptuntemehmer  recht  einträglichen  Gewerbes.  Es  gesellten 
sich  auch  anderweite  Mifistimmungen  der  Eingeborenen  unseres  Schutzlandea 
gegen  die  mit  Regierungsvollmachten,  aber  nicht  mit  den  erforderlichea 
Machtmitteln  versehene  Deutsch-Ostafrikanische  Gesellschaft  dazu,  daß  es 
bereits  im  Laufe  des  Jahres  1888  zu  bedenklichen  Widersetzlichkeiten,  ja  zu 
gewalttätigen  Ausschreitungen  gegen  die  Beamten  dieser  (iesellschaft  kam  und 
die  Schiffe  unserer  Kriegsflotte  in  Aktion  traten,  um  den  hellen  Aufstand 
nicht  längs  unserer  ganzen  Küste  auflodern  zu  lassen. 

Zorn  Glück  unseres  Vaterlands  stand  noch  ein  Bismarck  mit  fester  Hand 
am  Steuer  des  Beiehs.  Er  erkannte  sofort  die  Kotwendigkeit  unmittelbaren 
Eingreifens  der  Beichsregiening  in  die  ostafrikanisehen  Winen  und  entsandte 
unter  Zustimmung  des  Beicfastags  Hauptmann  Wissmann  als  Beichskommissar 
mit  weitgehenden  Vollmachten  an  die  Stelle  der  Entscheidung.  Eine  bessere« 
Wahl  wBre  nicht  sn  treffen  gewesenl  Wissmann,  der  im  Winter  von  1887 
ni  1888  wieder  auf  Madeira  seine  durch  die  Reisestra{)azen  geschw&chte^ 
Gesundheit  gekrftftigt  hatte,  stand  in  der  vollen  Blüte  seiner  Leistungsf^ig*^ 
keit,  war  wie  kein  anderer  vertraut  mit  dem  Leben  in  der  afirikanischen. 
Tropen  Wildnis,  der  richtigen  Behandlung  afrikanischer  Eingeborenen,  daza 
aber  auch  ein  echter  deutscher  Oftizier  ohne  Furcht  und  Tadel. 

Es  ist  hier  nicht  der  Oii  zur  ^^kizzierung  des  merkwürdigen  Feldzugs, 
gegen    die    ostafrikanischen    Rebellen    unter   Führung    des  Halbblutarabers 
Buschiri.    Leider  ist  uns  nun  für  immer  die  Aussicht  geschwunden,  diesen 
erstmaligen  Feldzug  unter  deutscher  Führung  außerhalb  Europas  vom  sieg- 
gekrOnten  FUdherm  selbst  dargestellt  m  erhalteo.  Aber  betont  muß  werden^ 
da0  Wissmann  in  der  Organisation  seiner  Truppe  (der  Hanptsadie  nach  be- 
stehend ans  Sudanesen,  die  in  Ägypten  angeworben  waren,  unter  deutMhen. 
OfBrieren  und  üntetoffiiieren),  in  deren  taktischer  Ausbildung  binnen  weniger- 
Wocihen  nnd  ihrer  strategisdi«!  Verwendung  ein  milit&ris<dies  Meisterstflck 
ausgeftlhrt  hat,  das  kaum  seines  Gleichen  in  der  Geschichte  kennt.  Von  dem 
frisch-fröhlichen  Ausmarsch  am  Morgen  des  8.  Mai  1H8'J  aus  Bagamojo  gegen 
die  stark,  obscbon  nur  mit  dichter  Palisadenhecke  befestigte  Stellung  Buschiris, 
die  sofort  im  Sturm  genommen   wurde,  bis  zu  Buschiris  Niederlage  am 
17.  Oktober  bei  Dinda,  der  dann  am  15.  Dezember  sein  Tod  am  Galgen, 


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Hermann  v.  WisBmanu  zum  Gedächtnis. 


19 


Mgto,  und  bU  zur  Entflrmimg  dm  Lagen  Bana  Heru,  seines  Nachfolgers  in 

der  FAhrung  der  Aufständischen,  am  9.  Mftrz  1890  aidkt  ein  einziger  Fehl- 
schlag,  nicht  der  geringste  Mißgriffl  Als  Wissmann  am  23.  Juni  1890  be- 
reits wieder  an  Borlin  erachien,  durfte  er  seiiiom  kaiserlichen  Herrn  mitteilen, 
dsB  er  mit  einer  Truppe  von  900,  zuletzt  1200  Mann  den  an  Zahl  ungeheuer 
überlegenen  Gegner,  der  seine  Heerhaufen  über  einen  das  Deutsche  Reich  an 
Gruße  weit  übertreffenden  Kaum  ausgebreitet  hatte,  in  kaum  mehr  denn 
Jahresfrist  bewältigt  habe,  dati  die  deutsche  Herrschaft  vom  Indischen  Ozean 
bis  zum  Tanjjanjika,  vom  Viktoria-  bis  zum  Njassaäee  gesichert  sei,  daß  es 
Duu  ein  wirkliches  Deutsch-Ostafrika  gäbe! 

Vergessen  darf  nicht  werden,  daß  Wissmann  Tortreffliche  Ifitarbeiter  ge- 
fimden  bat  bei  seinen  stannenswerlen  Taten  der  Jahre  1889  nnd  1890.  Wir 
Dsnnen  aar  den  kObnen  Hauptmann  IVeihenn  t.  GraTenrentb  ans  BaTrisofa- 
Sdiwaben,  der  dann  in  der  herrlidien  Kamonner  Hodigebitgslandaehaft  vor 
Buea  80  Tomitig  den  Heldentod  atarb,  und  den  getreuen  Adjutanten  Dr.  Bn* 
niller.   Jedoeh,  wie  die  Audese  seiner  Genossen  Wissmanns  eigenstes  Werk 
gewesen,  so  hing  der  Haupterfolg  ganz  und  gar  an  seinw  Persönlichkeit 
Steis  kanieradscbaftlicb  im  Verkehr  mit  seinen  Offizieren,  war  er  ihnen  ein 
hehres  Muster  von  kaltblütigster  Ruhe  selbst  im  Augenblick  äußerster  Gefahr, 
mutigsten  Draufgehens,  wenn  die  Zeit  gekommen  war,  humanen  Verzeihens 
auch  dem  Feind  gegenüber,  falls  er  sich  irgend  der  Verzeihung  würdig  zeigte. 
Zum  Schwert  hatte  er  noch  einmal  zu  greifen  als  Keichskoramissar,  nämlich 
im  Januar  1891  gegen  den  unbotmäßigen  Häuptling  Sinna  von  Koboscho  am 
Kilimandscharo,  auf  dessen  rasche  Demütigung  die  Befriedung  des  ganzen 
Nordostens  von  der  Massaisteppe  bis  nach  Tanga  folgte.    Bezeichnend  aber 
eiseheint  es,  ßitA  er,  bald  naohdem  er  Im  A^  dsssetben  Jabres  das  B^eluh 
koBmusssriat  in  die  Hlnde  des  Frnberm  t.  Soden  niedergelegt,  an  ein  Werk 
des  VUedeus  daehts,  das  seinem  Geist  schon  damals  voraebwebte,  als  er 
die  lange  Fahrt  fiher  den  Tanganjika  gen  Sflden  unternahm. 

Br  daehte  in  jenen  Tagen  oA  darfiber  nach,  was  ftr  reiohen  Segen  ein 
einziger,  obschon  nur  kleiner  Dampfer  auf  diesem  See  spenden  könne  gegen 
^  büsen  SUaveoituber,  die  aor  Zeit  so  frech  ihre  schandbare  Beute  aus  den 
KongowSldem  über  den  See  an  die  nun  dem  Namen  nach  unter  deutschem 
^chitz  stehende  Uferseite  in  irgend  eine  stilb«  Bucht  straflos  bef(5rderteii,  und 
was  auch  sonst  ein  solcher  Dampfer  für  den  Handel  wie  für  Truppen- 
Wegungen  auf  diesen  unvergleichlich  günstigen  Riesenspiegeln  der  Binnen- 
*«n  leisten  könnten,  mit  denen  unser  Schiit zland  in  West,  Nord  und  Süd  so 
wich  begabt  ist.  Jetzt,  im  Jahr  1892,  bot  sich  ihm  durch  das  Angebot  des 
AntisklaTerei-Komitees  die  Gelegenheit,  die  Idee  für  den  Viktoriasee  zur  Aus- 
fthrang  tu  bringen.  In  der  Tat  wurde  ein  ansehnliches  Dampf  boot,  in  ein** 
idae  Stacke  serlegt,  an  die  ostafrikaniscbe  Küste  verfrachtet;  indessen  der 
Ml  Zelewskis  Niederlage  in  Ubehe  verursachte  Trtgermangel  Heß  es  niobt 
nit  das  loböne  Boot,  daa  Hermann  v.  Wissmanns  eigenen  Namen  trlgt,  durch 
den  Sambesi  und  Sehire  weiter  als  bis  in  den  Njassasee  zu  schaffen.  Dort 
aber  dient  es  nun  schon  seit  Jahren  am  Gestade  unseres  reizenden  Gebir|^ 
Jandaa  Konde  teefflich  dem  friedlichen  Vericehr.  Und  erlebt  hat  es  Wiasmaon 


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20      Alfred  Kirehhoff:  Hermftnn  v.  Wiitmftnn  imn  Oedftchtnis. 


anfierdem  noch ,  daß  ein  zweiter  Dampfer,  zu  'dessen  Herstellung  die  Mittel 
in  Deutschland  beigesteuert  wurden,  glücklich  über  den  Njassa  hinaus  auf 
Negorköpfen  bis  zum  Tanganjika  getragen  wurde  und  nun  auf  dessen  krystall- 
hellen  Fluten  unter  dem  Namensschild  seiner  (Tcniahlin  als  „Helene  v.  Wiss- 
uiann"  seine  Pfufle  zieht  in  vollem  Frieden.  Denn  Wissmanus  Traum  ist 
^liinzt'iitler  zur  ^^  irklichkeit  geworden  als  er  ihn  träumte.  Er  daclite  an  einen 
Kriegsdampier,  „der  ein  kleines  Geschütz  und  50  Soldaten  trägt",  um  den 
arabischen  Menschenfreunden  das  Handwerk  m  legen.  Nichts  von  alledem 
ist  mehr  nbtig,  und  das  ist  sein  Werkl 

Am  1.  Mai  1895  erfolgte  die  Eraenniing  des  l^ors  Hermann  t.  Wiss> 
mann  sum  GouTemenr  DeatMdi-Ostafiilcas.  Leider  aber  dauerte  seine  Yer^ 
waltung  diesor  hochwichtigen  SteDe,  mit  der  man  ihm  die  wflrdigo  KrOnung 
seines  Lebenswerkes  h&tte  wünschen  mögen,  nicht  gaas  bis  zum  Ausgang  des 
folgenden  Jahres.  Schwer  leidend  kehrte  Wissmann  nach  der  Heimat  zurOck. 
Die  alte  Jagdlust  und  die  Freude  am  Beobachten  des  Tierlebens  hat  ihn  iwir 
nooh  zu  zwei  weiten  Reisen  veranlaßt:  1897  unternahm  er  mit  seinem  treuen 
Freund  Dr.  Bumiller  eine  Heise  zu  Jagdzwecken  nach  Rußland  und  Sibirien, 
im  Winter  iH'.tH  zu  '.•*.)  tiiien  JagdausHuir  nach  Deutsch-Südwestatrika.  Die 
damaligen  Jagdi-rlebnisse  hat  er  in  seinem  letzten  Buch  geschildert,  das  1901 
erscliienen  ist  unter  dem  Titel  „In  den  Wildnissen  Afrikas  und  Asiens". 
Seit  1899  lebte  er  ständig  auf  seinem  Gut  Weißenbach  bei  Liezen  in  Ober- 
steiermark. 

Wissmanns  Name  wird  fortleben  durofa  die  Entschleierang  dos  Eassai 
und  sdner  Hebenflflsse,  mehr  nooh  dorch  die  loxnige  EnthtUlung  des  ost- 
afrikamsjghen  Krebsschadens  der  von  den  Arabern  ausgehenden  Mensehon- 
jagden,  die  bald  hätten  su  TOlliger  Verödung  des  Landes  führen  mflssen,  am 
mdsten  aber  durch  den  wuchtigen  Hieb  seines  Schwertes,  der  dem  schnöden 
Menschenjagen  den  Todesstofi  versetzte  und  uns  gleichseitig  Deutsch-Ostaftika 
gewann.   Deutschland  kann  seiner  nie  vergessen! 


Die  Lehre  toh  der  Ki^elgestalt  der  Erde  in  Aitertui. 

Vortrag,  gehalten  im  Verein  für  Erdkunde  in  Halle. 

Von  Huco  Borger  f. 

Vorbemerkung. 

Zwei  Aufidttie  haben  sich  unter  dem  sehrifUichen  Nachlane  Hngo  Beigere 
gefunden  und  waren  von  ihm  selbst  für  die  Geographische  Zeitschrift  bestimmt  ge- 
wesen. Sie  sind  mit  Eiiiwillif^nfz  des  Bruders  des  Verstorbenen,  Herrn  Walter 
Bergers  in  Leipzig,  von  dem  Unter/eichneteu  druckfertig  gemacht  worden.  Der 
erste  Aofmtz  „die  Lehre  von  der  Kugelgestalt  der  Eide  im  Altertnme**  enilAlt 
im  Wesentlichen  unverändert  einen  Vortrag,  den  Hngo  Beiger  im  Verein  ffdr  Erd- 
kunde in  Halle  gehalten  hat.  Eine  Anzahl  Erweiterungen  xmd  Verbesserungen,  von 
Berger  noch  "selbot  während  seines  letzten  Krankenlagers  auf  Zetteln  niederge- 
schrieben, habe  ich  eingefügt.  Die  Anmerkungen  rühren  von  mir  her:  nur  die  auf 
den  Seitm  98  and  97  g^en  Uber  blofie  Verweiee  auf  das  Hauptwerk  Beigere  ond 
Quellenangaben  hinaus,  —  die  erstere  darum,  weil  nach  einer  Kandbemedcung  im 
Manuskript  Uugo  Berger  einen  ähnlichen  Kxkuxs  beabsichtigt  hatte. 


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H.  Berger:  Die  Lehre  von  der  Kugelgestalt  der  Erde  im  Altertam.  21 

Den  zweiten  Anftftti,  ^die  ulterc  Zoiipulehre  der  Griechen'")  betitelt  nnd  die 
BOtweodige  Erg^änzung  des  ersten  darstellend,  hat  Huf^o  Berf^er  knrz  vor  neinem 
Tode  auf  dem  Krankenbett  nach  einem  früher  entworfenen  Konzept  seiner  Nichte 
üi  die  Feder  diktiert.  Ei  ist  TmlfttidBch,  daft  die  während  der  schweren  Erkran- 
kung geleistete  Arbeit  an  manchen  Stellen  Mängel  aufwies  und  namentlich  Klariieit 
der  Darstellung  und  ^'ollkonlmenheit  des  AnsdruclcH  und  der  litornrischon  Form 
vermissen  ließ.  Ich  habe  mich  nach  Kräften  im  alten  Geiste  meines  geliebten 
Lehrers  und  väterlichen  Freundes  bemüht,  solche  Fehler  zu  tilgen.  Die  Anmer- 
fangen  xfilneii  hier  bereite  vom  Tmtorbenea  selbst  her. 

Kine  in  der  letzten  Zeit  von  Hngo  Rerj^er  in  Angriff  gpnoniniene  und  bis  zur 
Hälfte  vorgeschrittene  Übersetzung  der  beiden  einleitenden  Bücher  der  Strabnnischen 
Erdbeschreibung  beiindet  sich  gleichfalls  in  meineu  UiiDden  imd  soll  in  einer  von 
Bir  vorberoiteten,  kommentierten  Anegftbe  dieser  Bflcher  ▼erwwiet  werden. 

inemand  und  namentlich  keiner  der  Freunde  Hugo  Bergers  wizd  sich  der 
tisfen  Rflhrun«;  erwehren  können,  wenn  er  aus  den  hier  veröffentlichten  AulsJltzen 
ericeant,  wie  dem  greisen  Meister  der  wissenschaftlichen  Erdkunde  der  Griechen 
die  Liebe  ffir  und  die  Arbeit  an  seiner  Lebensaufgabe  noch  die  loteten  Augenblicke 
Terklirt  haben,  und  wie  er  fast  bucliKtäblich  mit  der  Feder  in  der  Hand  dahinge- 
schieden i^it.  Die  Abhandlungen  enthalten  kaum  etwas  Neues;  sie  sollen  vielmehr 
namentlich  den  Geographen  noch  einmul  in  gedrängtester  Form  jene  ruhmvollste 
Periode  der  Vergangenheit  ihrer  Wissenschaft  vor  Augen  stellen.  Yielleidit  ohne 
daß  Hugo  Berger  es  dachte  nnd  wollte,  sind  sie  so  geradem  sein  wissenschaftliches 
Testament  und  sein  AbKchiod-  und  Mahnwort  an  uns  geworden  —  an  uns,  die  wir 
Geographen  sind  oder  Philologen.  Denn  beiden  gehörte  Hugo  Berger  zu,  an  beide 
wendet  sich  seine  meietediebe  wissensehalUicbe  Lebensarbeit,  beide  dürfen  stols 
auf  ihn  sein,  den  bis  anm  letzten  Atemzuge  die  gleiche,  nie  erkaltende,  wahrhaft 
jn£reTi(iliche  Begeisterung  erfiillte  für  den  von  ihm  miterlebten,  gewaltigen  Auf- 
schwung der  Wissenschaft  von  der  Erde,  dem  er  ein  Gegenstück  in  Jahrtausende 
rarflckliegender  Vergangenheit  nur  Seite  tu  steUoi  wufte,  als  sei*B  heute  —  und 
ftr  die  wunderbarliche  Geii^tesarbeit  der  Hellenen,  deren  Rnhmeskranze  er  ein 
neues,  wie  die  anderen  gleichschönes  Lorbeerblatt  hinzugefugt  hat.  kvi}Q  ystoyQdcpos 
*ui  tftlöioyos:  so  sollte  in  seinem  Sinne  einfach  uud  kurz  auf  dem  granitenen 
Steine  zu  lesen  sein,  der  seine  Ruhestätte  auf  dem  neuen  Jobannesfriedbofe  in 
Leqpeig  deckt  Einer,  der  Hugo  Berger  lieb  war. 

Dr.  Max  Kiessling. 

Zn  den  Schwichen,  die  dem  Wissen  der  Gebildeten  unserer  Zeit  an- 
haften, gehört  ein  unglaublich  weitverbreiteter  Irrtum.  Das  gesamte  Alt«r- 
tem,  so  kann  man  allenthalben  httren,  hat  sich  den  Erdkörper  als  eine  grofie 
Scheibe  TorgetteUt.  Wftre  das  wahr,  so  wOrde  die  geographische  Wissen- 
schaft der  Neuzeit  wohl  noch  nicht  die  H5he  erreicht  haben,  auf  der  sie 
jetrt  steht,  da  sie  sich  nicht  auf  eine  vicrhundertjäbrige  Vorarbeit  dw 
Oriechen  hätte  stützen  können.  Au  der  Hand  der  Lehre  von  der  Kugelge- 
stalt der  Erde  haben  die  Griechen  die  Grundlagen  der  ganzen  mathematisch- 
astronomischen  Geographie  bewältigt  und  ausgearbeitet,  verschiedene  Resultate 
fiir  die  anzunehmende  Gri^ße  der  Erde  ausgereelinet,  vorsfhie<iene  hypothetische 
Ansichteu  über  die  horizontale  (Jlioderung  der  Erdobertliielie  entwickelt,  die 
Karte  der  Oikumene  als  einen  nach  Länge  und  Breite  vennesseuen  Teil  der 
Erdoberfläche  bestimmt  und  sich  mehrere  Projektionsarten  für  diese  Karte 
■nsgedidii  Das  ist  mm  alles  so  wenig  als  möglich  bekannt.  Die  Verteeter 
der  Attertomskimde  sind  auf  anderen  Qebieten  dermafien  beschiftigt,  daB  sie 

1)  Er  wird  in  einem  der  folgenden  Hefte  der  0.  Z.  TerOflSBuflicht  werden. 


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22 


H.  Berger: 


der  ErörteruDg  r  incr  bisher  fÜr  ungenügend  aufgefaßten  Vorarbeit  des  hoch» 
begabten  Griechenvolkes  aus  dem  Wogo  gehen;  man  scheint  es  nicht  über 
sich  gewinnen  zu  können,  das  erhabene  Bild  der  griechischen  Geistest&tigkeit 
auch  einmal  von  tler  Seite  der  geographisehen  Wissenschaft  zu  betrachten, 
ja,  man  will  aii'^rheinend  einer  Arbeit,  die  diesen  Zweck  verfolgt,  neben  dem 
massenhaft  verarbeiteten   topographischen   Materiale   keine   noch   so  be- 
scheidene Erwähnung  zukommen  lassen.    Auf  anderen  Gebieten  wird  jedes 
Wörtlein  auch  der  zweifelhaftesten  Überlieferung  begierig  aufgeraö't,  hier 
geht  man  an  einem  Zeugnisse  ersten  Ranges,  dem  des  Pondonina  über  die 
Zooenlehre  des  Burmenides,  kopfsehttttelnd  Torttber.  Dasu  k<niunt,  daß  unsere 
sonst  in  Mathematik  und  Naturwissenschaft  schwelgende  Schnle  schlechterdings 
nicht  für  khure  nnd  anwendbare  Vorstellangen  der  elementarsten  Grondbe- 
giiffe  der  astronomisohen  Ge<^graphie  sorgen  will.   Unter  den  Geographen 
herrscht  vielfach  das  sehr  begreifliche  Bestreben,  den  ÜbesUiek  über  die 
flberwultigende  Entwicklung  der  ge(^raphi8chen  Disaplinen  durch  möglichste 
Beschränkung  einer  wahren  Geographie  möglich  zu  machen.    Man  weist 
darum  alles,  was  zu  anderen  selbständigen  Wissenschaften  gehört  und  gehören 
kann,  ohne  viel  Unterschied  aus  der  altgewohnten,  segensreichen  Verbindung 
hinaus  imd  erklilrt  das  Recht  der  Geographie   auf  weiteres  Mit-   und  Zu- 
sammenwirken tilr  erloschen.    Auch  die  Forschung  nacb  dem  Auftret*^n  der 
Lehre  von  der  Kugelgestalt  des  Himmels  und  der  Erde,  einer  Lehre,  die 
nach  ihrer  neuen  Fassung  der  drei  irdischen  Dimensionen  der  Ausgangspunkt 
aller  Geographie  geworden  ist,  mag  dabei  über  Bord  geworfen  werden.  Man 
fibeiiegt  nicht,  weldien  Vorteil  die  FSdagogik  für  doi  Aufbau  der  allge- 
meinen Bildung  aus  dem  Zusammenwirken  der  Erdkunde  mit  den  sie  he* 
rührenden  Wissenschaften  ziehen  kann.    Gerade  als  ob  eine  Entwiekelung  der 
mathematiach-astnmomisohen  Geographie  im  Altertum  ebensowenig  notwendig 
gewesen  wire  als  in  unseren  Tagen,  soll  auch  die  Geschichte  der  Geographie 
ihrerseits  Tomehmlich  das  ins  Auge  fassen  und  darlegen,  was  uns  noch  heut- 
zutage nottue,  die  Länderkunde.    Man  vergißt  dabei,  daß  die  auf  Länder- 
kunde gegründete  Ausarbeitung  mathematisch-physischer  Erdkunde  wie  z.  B. 
die  Zonenlehre  an  sich  einen  unentbehrlichen  Beleg  für  den  jeweiligen  Um- 
fang eben  der  Länderkunde  abgeben  kann,  und  man  sieht  die  Gefahr  nicht, 
die  sich   damil   heraiisclileitht.    Die   Geschichte   der  Geograpliie   wird  ihre 
erste  Haupt;uif(,'ahe  vergessen   und  als  historische  Chorographie  und  Topo- 
graphie wieder  in  den  Dienst  der  politischen  Geschichte  treten.    Diese  Ge- 
fahr drängt  mich,  die  so  stiefmütterlich  behandelte  Frage  nach  der  Herkunft 
der  Lehre  von  der  Kugelgestalt  der  Erde  nodmuls  aufrunehmen. 

Li  den  Siteren  Zeiten  der  griechischen  Geschichte,  deren  Bild  uns  die 
epischen  Dichtungen  entrollen,  war  man  freilich  nidit  über  die  unmittelbar 
g^eheno  Anschauung  des  ebmien  Erdkreises  hinausgekmnmen,  aber  um  die 
Wende  des  riebenten  and  sechsten  Jahrhunderts  Chr.  war  die  Zeit  da,  in 
der  das  Denken  an  die  Stelle  des  Dichtens,  die  Sehnsucht  nadi  wahrer  Er- 
kenntnis und  richtiger  Erklärung  neben  die  wundervolle  Phantasie  trat. 
Durch  kühne,  weitHlhrende  Seefahrten  im  Bereiche  des  Mittelmeeres  und  des 
schwarxen  Meeres,  durch  gewinnreichen  Handel  mit  fernen  Ländern,  an  derai 


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Die  Lehre  von  der  Kngelgettftlt  der  Erde  im  Altertum. 


28 


Kfifften  sich  nntemehmende  Kolonisten  festsetsten,  waren  die  griediiadien 

StSdte  der  Westküste  Kleinasiens  reich  geworden,  und  im  Gefolge  dieies 
Wohlstandes  regte  sich  zuerst  der  wissenschaftliche  Trieb.  Er  erzeugte  zu- 
nächst die  jonische  Naturphilosophie,  und  ans  ihr  ist  mit  anderen  Spezial- 
wissenschaften  auch  die  Geographie  hervorgegangen.  Durch  die  Handrlsver- 
bimlungcn.  die  von  alten  Karawanenwegen  her  Kunde  über  das  Innere  Asiens 
brachten,  die  begierig  aufgenommene,  ausfükrlichp  Nachrichten  verbreiteten 
über  das  Wunderland  Ägypten,  seinen  merkwürdigen  Strom  und  seine  Nach- 
WlSnder,  über  die  Steppen  Hußlauds,  über  den  jenseitlosen  Ozean  im  Westen 
tomd  im  Nnrden  und  teine  Zinn-  und  Bjtnrteininwtlw,  hatte  sieh  ein  heden- 
teadM  liadeilEQndlichee  Hateiial  angesammelt»  das  Ordnung  veriangte  nnd 
•efaHU  rar  Daratellnng,  nur  Kartographie  reiste  nnd  fttbrte:  denn  hereiti  im 
isdislen  Jahrhundert  entwarf,  wie  Eratoethenee  heieugt,  Anaadmander  von 
Milet  die  erste  Erdkarte.^) 

1)  Bei  Strabo  C.  7.    Wie  die  Karte  Anaxiraauders  aussah,  wissen  wir  wenig- 
stens in  großen  Zügen.    Die  Oikumene  war  kreisrund,  umQossen  vom  Okeano»;  ihr 
Mittalpuaht  lag  in  Delphi.  Auf  dem  den  Weet>  und  Oitpunht  ▼erbindenden,  tou 
dm  Siolen  des  Herakles  bis  sum  Kaspischen  Meer  reichenden  Dnrchmesaer  dehnte 
tich  das  Mittelmeer,  xusammen  mit  dem  schwarzen  Meere  und  dem  PlmRisflusse  die 
Oikumene  in  die  beiden  UiUt'teu  Eiuopa  und  Asien-Libyen  (Afrika;  scheidend.  Un- 
fefUur  ein  Menaohenalter  naeh  Anaximaader  war  in  Folge  de«  staik  tnnehmenden 
geographischen  Wissens  diese  ente  Erdkarte  so  veraltet«  dafi  Hekataios  ans  Milet 
'das  Jahr,  in  welchem  er  seine  jrtQlodog  yfjg  abfaßte,  bißt  sich  sicher  auf  517  oder  516 
fixieren)  daran  geben  konnte,  sie  durch  die  erste  beschreibende  Länderkunde 
n  enetsea  (EnIoettianeB  bei  Stmbo  C.  7).  Aueh  er  hat  offenbar  sagleicfa  oder 
«oriier  eine  Erdkarte  entworfen  und  seiner  Beschreibung  zu  Grunde  gelegt,  wie 
ibre  erhaltenen   Fragmente   Uhm  Werk    silb^^t    ist   verloren")   noeh   deutlich  er- 
kennen lassen.    Da  sich  der  geographische  Horizont  nach  Osten  und  Inneraaien 
(bis  Indien)  erweitert  hatte,  mußte  naturgemäß  der  Mittelpunkt  der  Ereiskatte  der 
(Kknoae  von  Delphi  ostw&rts  rfleken:  er  lag  fBr  die  Hekataionkarte  in  Byzans 
^Bosporogi.    Wesentlich  ist,  daß  auch  er  und  die  ihm  noch  folgenden  jonischen 
Geographen    an  der  Kreisgestalt  der  Uikumene   festhielten.    Man  findet  das 
läDdetkuu«iliche  Material  der  jonischen  Geographie  von  Uugo  Üerger  behandelt  in 
der  Oesduebte  der  wisseniehaftliehen  Brdkunde  der  Qriecfawi,  >.  Auflage,  8.  41^118. 
Er  hat  dabei  leider  die  Aufgabe  abgewiesen,  ja  (S.  28)  direkt  fSr  unmögh'ch  erklär^ 
in  ODserer  Überlieferung  über  die  jonische  Geographie  eine  Entwicklung  in  größerem 
UaJange  wie  im  einzelnen  festzustellen  und  zwischen  den  einzelnen  Vertretern  zu 
seheidsB.  Diese  Unterlassung  beseichnet  Bweifellos  einen  nicht  geringen  Ibngel 
des  fundamentalen  Werkes,  der  um  so  auffälliger  wird,  wenn  man  dagegen  die 
meisterliche   Behandlung   der  allmählichen  Kntwicklunp  nnd   Ausgestaltung  der 
Lehre  von  der  Kugelgestalt  der  Erde  und  die  scharfe  Unterscheidung  ihrer  ver- 
•ebisdensB  Vertreter  im  sw^ten  Teile  des  Buches  und  in  dem  hier  folgenden 
Aa£ntze  vergleicht.    Man  erhält  durch  Hugo  Berger  kein  rechtes  klares  Bfld  der 
6*cigT»phie  des  irekataio8,  so  wohl  sich  dieses  selbst  aus  den  des  Zusammenhanpes 
neiat  entbehrenden  Fragmenten  zeichnen  läßt,  und  es  ist  überkritisch,  wenn  Uugo 
Beiger  ^e  Tersuehe  der  Bekonstmktlon  der  Hekataieekarte  (vor  allem  duidi 
V-  Sieglin;  leider  nur  als  Mannskript  gedruckt),  ja  der  jonisohen  Karte  überhaupt 
ftr  Terfehlt  ansieht  (S.  Il7f).  Es  liegt  da»  daran,  daß  er  zu  weni«,'  rein  geschichtliches 
Ventändnis  hatte  und  darum  so  hervorragend  wichtigen  geographischen  Schriften 
wie  itm  Periplus  des  Skjlax  (Beschreibung  der  Mittelmeerkfisten)  oder  der  in  der 
l*^)Dischen  ubereetsung  und  Yersillsieirung  des  Avienus  vorliegenden  spanischen 
Ktiteabsidiieibnng,  die  beide  in  ihren  wesentlidiea  Teilen  der  jonisohen  Geographie 


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H.  B«rger: 


Neben  dieser  Länderkunde  muBten  notwendigerweise  aber  auch  die  Vor- 
stellungen von  dem  Erdkörper  selbst  zu  ganz  neuer  Entfaltung  gedrängt 
werden,  und  man  muß  auf  diesem  Wege  zu  der  Annahme  oder  wenigstens 
zur  ersten  hypothetischen  Erkenntnis  der  Kugelgestalt  der  Erde  gelangt  sein. 
Von  der  ersten  Hüllte  des  fünften  Jahrhundert«,  also  von  der  Zeit  der  Porser- 
kriege  an  begann  sich  die  mathematisch-physische  Geographie  auszutnldtu 
und  zwar  aut  Grund  des  festgestellten  Systems  der  konzentrischen  Kugeln 
des  Himmels  und  der  Erde,  deren  jede  fttr  ihre  einzelnen  Teile,  Punkte, 
Kreise,  Absehnitte  entsprechende  Teile  dw  anderen  über  oder  unter  sidi 
hatte.  Am  Himmel  mußte  man,  wie  Ptolamftus  und  Strabo  sptter  naefa  einer 
Uteren  QueUe  bemerken,  die  ftkr  unsere  Augen  selbst  nicht  Aber  sehbare 
Erde  erkennen.  An  der  Hand  h«rT(nTagender  Fflhrer,  s.  B.  des  Atistoteies, 
ttberwand  die  aene  Wissenschaft  die  schon  in  ältester  Zeit  hervortretende, 
für  sie  störende  Lehre  von  der  Bahnbewegung  der  Erde ')  und  war  in  wenig 
mehr  als  vierhundert  Jahren  so  weit  gediehen,  daß  der  berühmte  Astronom 
Hipparchos*)  in  seiner  Kritik  der  Geographie  des  Erat^stbenes  ganz  folge- 
richtig verlangen  konnte,  die  Karte  der  Oikumene,  die  schon  lange  als  ein 
bestimmbarer,  vergleichbarer  und  wirklich  vennesseuer  Abselinitt  der  gleich- 
falls vermessenen  Erdoberfläche  behandelt  wurde,  solle  in  all  ihrem  Ein/el- 
inhalte  nur  noch  von  astronomischer  Längen-  und  Breiten bestimmuug  ab- 
hängig gemacht  werden. 

Das  war  der  Wendepunkt,  weil  die  Theorie  wie  die  Forderung  Hipparchs 
der  allgemeinen  Bildung  au  weit  TOrausgeeilt  war.  Praktisdie  Leute  wie 
Polybius  und  Strnbo  drängten  surflck  sur  allgemdn  ▼erstladlichen  LSnd«r> 
künde  und  troti  der  energischen  und  sdittnen  Versuche  des  Posidonius  im 
ersten  Jahrhundert  Chr.,  die  Arbeitsart  der  älteren  Geographie  wieder  ver» 
stttndlich  an  machen  und  selbst  eifrig  fortsusetien;  trots  der  Wiederaufnehme 
der  grieclusdien  Karto|praphie  im  sweiten  Jahrhundert  n.  Chr.  durch  Marinus 
von  Tjrus  und  Ptolemäus  gewann  und  behielt  die  ungeographische,  barba- 
rische Kartenmalerei  der  römischen  Kompilatoren  bis  ins  Mittelalter  hinein 
die  Oberhau<l;  die  mathematische  Geographie  der  Griechen  mitsamt  den  geo- 
physischen  Vorarl)eiten  ging,  wenn  wir  absehen  von  zusammenhangslosen 
Gedanken  und  Versuchen  der  mit  geringen  lM)erbleibseln  der  alten  Literatur 
arbeitenden  Sdiolastiker  und  von  einer  eigenen  Art  von  Seekarten,  deren 
Herkunft  noch  zu  erklären  ist,  auf  mehr  als  ein  Jahrtausend  verloren,  um 
dann,  wiederentdeckt,  den  Aufschwung  der  geographischen  Wissenschaft  in 
der  Neuzeit  zu  ermöglichen. 

Zwei  Hauptaufgaben  hatten  die  Qriechen  nicht  Iflsen  können.  Ihre  Ter' 
suche,  den  Umfimg  der  Erde  su  berechnen,  hatten  sie  sdum  vor  Piatos  Zeit 

angehören  und  in  den  meisten  späteren  geographischen  Werken  llberrasehend  viel 

und  genau  benntsfc  sind,  anf  keine  Weise  gerMfat  werden  konnte,  obwohl  gerade 
■ie  die  von  ihm  abgewiesene  Hekonetniktion  namentlich  der  inneren  Zeiehnnng  der 
jonischen  Karte  vielfach  bis  ins  Detail  uriuubeu. 

1)  Darüber  liehe  8.  «6  n.  86. 

2)  Er  lebte  im  2.  Jahrh.  Vergl.  BorgerH  KratlingRSchiift  „die  geogzaphischea 
Fragmente  des  Hippaxcb"  und  „Geschichte'*  B.  466—487. 


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Die  Lehre  von  der  KugelgeataU  der  Erde  im  Altertum. 


2b 


▼on  xiuuDiiMiigdiörig6ii  BOgen  eines  Hiiii* 
nds-  «od  eines  ErdmeridianB  gegrflndet;  es  galt  das  Verliftltnis  des  ersterai 
SBB  ginaen  HeridiaD  m  bestimmen  ond  dsn  «weiten  naeh  den  fibliehen  Iti- 
MnriflB  zu  vermessen.  Sie  blieben  aber  trotz  aller  Fortschritte  der  Mathe- 
matik and  Astronomie  stecken,  weil  man  die  terrestrische  Strecken  Vermessung 
durchaus  nicht  auf  die  Höhe  der  astronomischen  Beobachtung,  die  noch  selbst 
einen  nach  unseren  Bepriff^n  ganz  unzulässigen  Spielraum,  mindestens  7y, 
Meilen,  verlangte,  zu  hriugcn  vermochte.  Ihre  Kenntnis  der  Erdoberfläche 
hört''  mit  dem  die  Oikumene  begrenzenden,  äußeren  Weltmeere,  das  man  für 
UDüi>er<'hreitbar  hielt,  auf,  sie  konnten  dämm  für  die  Verteilung  von  Wasser 
und  Festland  auf  den  außeroikumenischen  Teilen  der  Erdoberfläche  nur 
Hjpothesen  aufstellen.  Der  neuen  mathematischen  Geographie,  die  sich  im 
1&.  JahrimBdert  n.  Qa,  aa  dar  Hand  der  Ptolsn^Üselien  Schriften  Wiederau» 
ViUstt  b^nn,  wurden  die  Entdeckung  Amerikas  und  die  ümschiffong  Afrika^ 
sb  Patangeeehenke  glsidi  in  die  Wiege  gelegti  und  die  mathematischen  HiUk« 
Biittd  fBr  die  bald  in  Angriff  genommene  Gradmessnng  lieBen  nicht  allxtt 
Jsage  auf  sich  warten.  So  haben  sieh  durch  die  Gunst  der  neuen  Zeitrer- 
kiltaisie  in  abermals  vierhundert  Jahren  auf  den  Schultern  der  wiedeigelun» 
denen  griechischen  Geographie,  aber  weit  über  sie  hinausgehend  die  von  ihr 
bereits  formulierten  und  der  Lösung  möglichst  nahe  geführten  Aufgaben  durch 
die  Wissenschaft  der  Neuzeit  endlicli  definitiv  erledigen  lassen. 

Man  sieht,  daß  diese  Entwicklung  der  griechischen  Geographie,  wie  sie 
meine  früheren  Arbeiten  festgestellt  haben,  nicht  ohne  das  innerste  Funda- 
ment aller  mathemat lachen  Cieograpliie  hlitte  statttinden  können,  nämlich 
ohne  die  Lehre  von  der  Kugelgestalt  der  Krde.  Man  kann  es  ebenso  sehen, 
wenn  man  sich  die  drei  Fragen  überlegt,  in  denen  die  Griechen  in  der  besten 
Zeit  den  Inbegriff  ihrer  Erdkunde  zusammenfaßten.  Die  erste  hieß  wo?  und 
beschiflagte  sieh  mit  dem  Veriiftltnis  des  ErdldSrpn«  lur  Welt  und  su  den 
OcsÜnien.  Die  sweite  wie  beschaffen?  —  um&Bte  die  mathematische  Geo- 
giapUe  nnd  die  geopbjsiscben  üntersuchungen.  Die  dritte  —  wie  gn^?  — 
bsschlftigte  ridi  mit  dem  Erdmessungsproblem  als  der  Grundlage  der  wissen- 
sehaftliehen  Kartographie. 

Verfangt  man  nun  neben  diesem  Hinweis  auf  die  Ergebnisse  der  For> 
schnng  direkte  historische  Angaben,  so  genügen  wenige  Blicke  in  die  alte 
Literatur.  In  einem  Berichte,  der  auf  Theophrast  zurückgeht,  heißt  es, 
Parmenides  habe  zuerst  nachgewiesen,  daß  die  Erde  eine  Kugel  sei  und 
im  Mittelpunkt  der  Welt  liege.  Der  Philosoph,  der  in  Elea  (Velia)  in  T^nter- 
Italien  lebte,  arbeitete  ungefiihr  zur  Zeit  der  Perserkriege;  man  beachte  den 
Wortlaut  der  Nachricht,  der  ihn  nicht  zum  Erfinder,  sondeni  zum  Verteidiger 
der  Lehre  macht.  Aus  dem  1'^.  Kapitel  des  2.  Buches  der  Schrift  des 
Aristoteles  über  den  Himmel  erfahren  wir,  daß  wenigstens  die  zweite  Gene- 
tatton  der  Pjtfaagoreer,  Zeitgenossen  des  SokrateSf  TOn  der  Erdkngellshre 
•dien  sor  Ldire  too  der  Bahnbewegung  der  Erde  fortgesduritten  waren  und 
da0  ns  «ich  an  wehren  hatten  gegen  den  Ebwur^  die  Entfermvig  des  Be- 
tchaiua  von  dem  Mittelpunkt  der  Welt  müsse  Verschiebungen  der  Himmels- 
endMiBQngett  Temrsachea.   Sie  stfltsten  sich  in  ihrer  Abwehr  solchen  Wider- 


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26 


IL  Bergev: 


gpnichä  darauf,  daß  diese  Yenchiebimg  dann  sehon  mit  der  einen  Erdradius 
ausmachenden  Entfernung  eines  Beobachters  auf  der  Oberfläche  der  Erde 
von  ihrem  und  dem  allgemeinen  Weltmittelpunkt  beginnen  müßte.  In  die 
Mitte  des  Himmels  versetzten  die  Pythagoreer  das  göttliche  Zentralfeuer  und 
ließen  die  Erde  und  nnch  einen  ähnlichen  Weltkörper,  die  (iegenerde,  mit 
den  ihneu  bekannten  Wandelsternen  Saturn,  Jupiter,  Mars,  Sonne,  Venus, 
Merkur,  Mond  an  unterer  Stelle  um  jenen  Mittelpunkt  kreispii.^)  Wir  erfahren 
weiter  aus  derselben  Schrift  des  Aristoteles,  daß  drei  Pliilosophen  an  der 
Scheibcngcstalt  der  Erde  festhielten,  der  Milesier  Anaximenes,  Anaxagoras, 
der  Freund  des  Pwfldes,  mid  Demolcritoe.  Die  beiden  letstgenaanten  mflssMi 
wir  uns  gewift  sehon  im  Kampfe  gegen  die  Lehre  von  der  Kugelgestalt  der 
Erde  denken,  namentlich  w6bl  gegen  die  tob  den  Pythagoreem  snerst  ge- 
forderte Anerkennung  der  Möglichkeit  nnd  Tbtsidüichkeit  der  Antipoden- 
stelltmg.  Auf  Anaxagoru  besieht  sich,  was  Flato  im  PhSdo')  den  Sokiates 
enfthlen  läßt,  er  habe  sich  unter  anderem  über  die  Frage,  ob  die  Erde  eine 
Kogel  sei  oder  nicht,  Gedanken  gemacht  und  in  dem  Werke  des  berühmten 
Mannes  keinen  fftr  ihn  befriedigenden  Aufachlufl  gefunden.  Demokiit  scheint 
der  letzte  Cfeirner  gewesen  zu  sein;  denn  nach  einer  Notiz  im  Diogenes  Laer- 
tius')  muß  sein  Scliült  r  Hion  von  Abdera  ins  I^ai^er  der  Feinde  übergegangen 
sein,  da  wir  von  ihm  die  Lehre  kenneu,  daß  ant  dem  Erdpole  sechs  Monate 
lang  Nacht  herrschen  müsse.  Seit  Plato  stand  die  Anerkennung  der  Kugel- 
gestalt der  Erde  für  die  gi  iechische  Wissenschaft  fest.  Aus  dem  14.  Kapitel 
des  erwähnten  Anstotelischeu  Buches  sehen  wir,  daß  zur  Zeit  des  Aristoteles 
eine  Erdmessung  galt,  die  400000  Stadien,  etwa  10000  Meilen,  fCLr  den 
Umfong  des  größten  Kreises  der  Esde  annahm;  Plato  spricht  (wieder  im 
niftdo)^)  von  Leuten,  die  die  GrSße  der  Erde  m  bestimmen  Tersnchten,  nnd 
schon  wihrend  des  peloponnesischen  Krieges  spottet  der  Komiker  Anstopha- 
nes*)  über  dieses  Unterfangen.  IMe  von  Arehimedes  (Ende  des  8.  Jahrhmiderts) 
benntste  Erdmessnng  setste  den  Erdumfang  anf  300000  Stadien  (7500  Meilen) 
herunter,  die  zuletzt  gültige  des  Eratosthenes  auf  260000  (6250  Meilen)*).  Im 
vierten  Jahrhundert  handelte  es  sioh  nur  noch  um  das  Problem,  ob  die  Erd* 
kugel  feststehe  oder  sich  bewege.  Plato  hat  offenbar  geschwankt;  emer 
seiner  Schüler,  Pliilippos  aus  Opus,  scheint  sich  für  die  pythagoreische  Lehre 
zu  erklären,  ein  anderer,  Herakleides  Pontikos,  niihra  die  Achsendrehung  im 
Zentrum  des  Himmels  an').  Im  dritten  Jahrlmndurt  braihte  Aristarchos  von 
Samos  mit  der  heliüzentri.schen  Lehre  die  Grundzüge  des  Kopernikanischen 
Systems,  und  ihm  folgte  wieder  hundci't  Jahre  später  Seleukos  aus  Seleukia, 
der  die  Beweise  dafür  vorgelegt  oder  erweitert  haben  soll.")  Aristoteles 
aber  hatte  sehen  Tor  diesen  Terdnielten  Untemdunnngen  die  Erde  fDr  das 
Altertum  endgültig  festgelegt  durch  den  Hinweis  auf  die  allerdings  adion 
Tor  ihm  angebahnte  Lehre  von  der  Bdbwerkraft:  alle  mit  Schwere  behafteten 

1)  Siehe  „Gesch.  d.  Erdkde".  S  178  tf.         2)  Phaedo  yiCffl 
8)  IV,  7,  11  (08).  4)  108  C.  6)  Wolken  201fr. 

6)  Über  die  verschiedenen  Yersnche  der  Eidmessung  vergl.  „Oeech.  d.  Erdkde**. 
8.  «19  f.,  865  IT.,  406  ff. 

7)  TergL  „Qeach.  d.  Erdkde**,  a  188  f        8)  Daaselbe  S.  180  ff.,  660  ff: 


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Die  Lehre  von  der  KugelgeBtalt  der  Erde  im  Altertum.  27 


dMnenluren  Teile  der  Welt  mußten,  ao  lehrte  er,  naeh  dem  absolaten  Unten» 
dam  lüttelpunkt  der  Welt,  getrieben  werden  nnd  sieh  dort  im  Drängen  nach 
der  möglichst  untersten  Lage  zur  unbeweglichen  Erdkugel  ballen.^) 

Daß  die  Griechen  des  fdnften  Jahrhunderts  die  Lehre  von  der  Kugel- 

gestalt  der  Erde  gekannt  und  verwertet  haben ,  bedarf  nach  alledem  keines 
weitm-n  Beweises.  Ohue  Aussicht  auf  volle  Ellt^cbeidung  tritt  aber  die 
writcie  Flage  an  uns  heran,  wie  die  Lelire  entstanden,  woher  sie  gekommen 
M^m  könne.  Man  inug  wohl  zuerst  an  fremde  Herkunft  denken,  wenn  man 
erwägt,  daß  die  Griechen,  wie  allgemein  anerkannt  ist,  die  Anfllnge  ihrer 
Knltur  aus  dem  Orient  erhalten  haben;  Ililfe  bringt  uns  indessen  diese  Tat- 
mdie  nicht.  Die  Ägyptologie  und  Assyriologie  haben  großartige  Leistangen 
m  fezseicbnen  und  fiber  geschiditltche  nnd  knltnrelle  Verhlltniese  des  alten 
Orients  lidit  Terbreitet,  wo  nodi  vor  kurzem  tiefes  Dunkel  herrschte,  aber 
ein  Beleg  dafür,  daß  dort  lehon  in  alter  Zeit  die  Kugelgestalt  der  Eide 
eder  eine  deutliobe  Vorbedingung  fOr  ihre  Erkennteis  oder  eine  Beglsit- 
erMheinnng  oder  eine  Folgerung  aus  dieser  Ldure  bdcaunt  gewesen  w&re,  ist 
noch  nicht  gdkmden  worden.  Die  Versuche  und  Behaujitungen  von  Chabaa, 
der  die  Lehre  von  der  Bewegung  der  Erde,  von  Henri  Martin,  der  die 
Kenntnis  der  Erdkugel  im  alten  Ägypten  suchte,  von  Chiarini,  der  den 
Babyloniern  «las  heliozentrische  Weltsystem  zuschreiben  wollte,')  konnten  die 
Frille  der  Kritik  nicht  bestehen,  und  was  wir  von  Brugsch  über  ilgyiitiM  he 
<.ie<)gruphie  und  von  Epping  und  .Jensen  über  babylonische  Asirmiomie 
und  Kosmographie  wissen,  zeigt  nirgends  eine  Spur  von  der  Kenntnis 
der  Kugelgestalt  der  Erde,  Anführen  könnte  man  höchstens,  daß  sich  die 
Babyloniw  ihre  vom  ürgewässer  getragene  Erde  allerdings  als  eine  hohle 
Halbkugel  dachten  nnd  damit  Aber  die  unmittelbare  Wahrnehmung  lunaus- 
griflen,  nnd  daß  sich  im  Buche  Hiob,  dessen  Abfassungsseit  noch  nicht  ein- 
heUig  bestimmt  ist,  ein  marfcwflrdiges  Wort  Aber  das  Schweben  der  Erde  im 
freien  Baume  findet  Diese  Bemerkung  (Kap.  26,  7),  die  einnge  derartige 
im  gaaien  alten  Testamente,  leigt  nach  Budde  einen  gewaltigen  Fortschritt 
der  Spekulation.  Sie  paßt  zu  der  auch  von  Dillmann  und  Duhm  angisnom- 
menen  Wissenschaftliohkeit  des  Dichters  der  Hiobreden  und  man  kann  wohl 
daran  denkmn,  daß  er,  wie  es  allgemein  angenommen  ist,  sowohl  mit  ägjp- 
tistben  Dingen  als  mit  der  babylonischen  Mythologie  vertraut  gewesen  ist.') 
Möglich  bleibt  es  daher  immerbin,  daß  in  der  (wie  schon  die  Alten  wußten) 
Jahrtausende  umfassenden  Ausbildung  der  orientalisclien  Hinimelskunde  an 
irgend  einem  Orte,  in  irgend  einem  Kreise  die  Tjchre  autgetaucht  und  zu 
einiger,  wenn  auch  nicht  allgemeiner  Verbreitung  gekcuniuen  sei,  und  daß 
UBS  neuere  Forschung  einstmals  mit  solcher  Kunde  überrasche.*) 

1,.  Vergl.  „Gesch.  d.  Erdkde".  S.  *263.         2)  Dasselbe  S.  177,  Anmerkung  a, 

3)  Vergl.  „Gesch.  d.  Erdkde".  S.  »3.  Die  Abfassungszeit  der  Dichtung  schwankt 
leider  noch  immer  nrisehen  dem  7.  und  4.  Jahrhundert,  so  daß  die  Idee  des 
Schwebens  der  Erde  im  leeren  Weltraum  durchaus  nicht  sicher  als  orientalisch 
*og»:sprochen  werden  darf.  Es  besteht  die  Möglichkeit  fort,  daß  auch  ilieser  groß- 
ittige  Gedenke  dem  griechischen  Oeiste  allein  entsprangen  und  über  Ägypten  zu 
^  gat  enteerichteten  Hiobdichter  gelangt  ist 

4)  H.  Beiger  hat  sitli  bis  sn  seinem  Tode  der  Erwartung  hingegeben,  daß  die 


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28 


H.  Berger: 


6«i  weiterer  üntenuchung  ist  vor  allem  su  bedenken,  daß  die  Wissen- 
Schäften  in  Qrieehenland  einen  gans  anderen  Boden  fanden  als  in  Igjptsn 
und  in  Babylon.   In  jenen  miehtigen  Reichen  lagen  sie  durch  lange  Zeitp 


Tontnfelchon  eines  Tage»  die  Kugelgestalt  der  Erde  als  ein  geistiges  Besitztum  der 
babvloniBchcn  KoBmologie  bekannt  gclien  würden,  und  doch  zeigt  seine  Bchöne 
Charakteritttik  der  heUenischen  Wis^euachalt  gegenüber  der  babylunischeu  Geistes- 
t&tigkeit,  wie  wenig  im  Omnde  der  letsteren  solch  kühner  Flog  der  Oedanken  vnd 
der  Spekulation  zugetraut  werden  darf.  Daß  irgendwo  in  Vorderasiun  nicht  einen 
der  offiziellen  Gelehrten,  sondern  einen  einfachen  Privatmann  die  chaldäisohe 
UimmeiHkunde  su  solcher  Otienbaruug  geführt  habe,  ist  doch  recht  wenig  wahr- 
sdhemlioh.  Wir  haben  einmal  die  Tabiache,  daß  die  Pfllle  der  nenerscMoMenen 
Schriftwerke  des  Zweistromlandes  nicht  den  leisesten  Anhalt  für  die  Kenntnis  der 
Kugelgestalt  der  Erde  oder  für  geographisches  Forschen  überhaupt  geliefert  hat, 
uud  zum  zweiten  schließlich  eine  bestimmte  Notiz  in  dem  aus  Uerosos  schöpfenden, 
also  glaabwfirdigen  Diodoros,  die  geradesn  jeden  Gedanken  an  babylonische  Her« 
knnft  der  Erdkugellehre  ausschließt.  Berger  hat  die  Diodorstello  natürlich  ge- 
kannt, aber  tloch  nicht  in  ihrfm  Werte  beachtet.  Sie  steht  II,  31,  7  und  lautet: 
„:rc^^  dk  xf^s  Yijg  iimxaTus  üxotpäatis  nowivtai  (nämlich  oi  AoAdolot),  HyoPTts 
ixÜQX'**  o^T^v  cxtttpoaidl^  xeA  Darnach  haben  sich  die  Babylonier  die 

Erde  in  der  „Form  eines  Kahnes  nnd  hohl"  vorgestellt.  Das  letztere  Epitheton 
weht  darauf  hin,  daß  man  an  finen  mit  der  Rundung  nach  oben  gekehrten  Kahn 
zu  denken  hat.  Wir  müssen  nur  um  Euphrat  bleiben,  um  die  in  diesem  Hild  aus- 
gedrückte Vorstellung  recht  zu  verstehen.  Wie  ich  sehe,  bat  schon  Maspcro  („Ge- 
schichte der  morgenl&ndischen  YOlker*',  fiberaetst  von  Pietschmann,  8.  188)  den 
rechtMl  Weg  betreten,  wenn  er  nohreibt:  „Die  Turanier  Chaldäas  stellten  sich  die 
Erde  als  Kahn  vor,  niilit  als  einen  von  den  länglichen,  bei  uns  gebräuchlichen, 
sondern  als  einen  von  jener  ganz  runden  Trogart,  welche  die  Bas-Kcliefs  uns  so 
hinfig  vorflihien  nnd  deren  sich  die  StiUnme  am  nntsren  Enphiat  noch  gegenwär- 
tig bedienen.**  Sie  waren  ans  Leder  nnd  werden  nns  von  Herodot  1,  IM  ausfOluy 
lieh  beschrieben. 

Damit  sehen  wir  ganz  klar;  annähernd  als  Halbkugel  hat  man  sich  in 
Bal^lon  die  Erde  gedacht.   NaÜbrlich  hatte  den  babylonischen  Astrologen  bei 

ihren  mit  der  größten  Regelmäßigkeit  und  während  sehr  langer  Zetträume  ausge- 
übten Himmels-  und  (Jestirnbenbachtungen  die  Verilnderlichkeit  des  Horizontes  und 
die  dadurch  dokumentierte  Krümmung  der  ErdoberÜäche  nicht  verborgen  bleiben 
können.  Zn  weiteren,  Aber  diese  nnmittelbare  Anschannng  in  kfihnem  Gedmikenflng 
hinausgehenden  Theorien  sind  sie  nicht  vorgeschritten,  einfach  a\iH  dem  Grunde, 
weil  durch  eine  ung^fälir  hallikiif^cli^^r  irckrünmite  Erde  jene  auffiilligen  Er8chei- 
nongen,  die  wir  heute  der  mathematisch-astronomischen  Geographie  zurechnen,  zu- 
meist TöUig  ausreichend  erkllzt  worden.  Wir  müssen  bedenken,  daB  anch  die  roa 
Aristoteles  angefahrten  Erweise  der  Kugelgestalt  der  Erde  in  Wahrheit  nur  eine 
starkgebogene  Oberfläclif  bezeugen.  Es  gehOrte  die  ?;in7c  licrrliche ,  liarmonische 
Begabung  und  Au.->liildung,  der  wagemutige,  zu  kühnster  Höhe  und  tiefster  Speku- 
lation vordringende  Geist  der  Hellenen  dazu,  sich  von  der  znr  nächsten  Erklärung 
der  Erscheinungen  genügenden,  nnmiltdbsren  Wahrnehmung  xu  emanzipieren  nnd 
die  Harmonie  des  Kosmos  erstehen  zu  lassen.  Mag  die  Tat.saclie  der  gekriimmtca 
Erdoberfläche  aus  dem  Orient  zu  den  Pythagoreern  gekommen  sein,  —  aus  dem  halb- 
kugeligen Kahne  ist  erst  ihrem  tiefen  Blick  nnd  Geist  die  Erdkugel  geworden.  Wir 
branchea  nicht  in  schwanken  wie  noch  Hugo  Berger  getan  hat;  wir  haben  im 
Gegenteil  allen  Grund,  die  Lehre  von  der  Kugelgestalt  der  Erde  einzureiben  nnd 
Bu  preisen  unter  der  Zahl  der  herrlichsten,  eriiabensten  Qeistesheldentaten  der 
Hellenen, 

Auch  Agyptisdae  Herkunft  ist  auf  jeden  Fall  angeschlossen,  da  W.  Sieglin 
den  sicheren,  hier  nicht  nfther  aasufBhrenden  Nachweis  erbringt,  daft  die  Geographie 


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Die  Lehre  tob  der  KugelgestaH  der  Erde  im  Altertum.  29 

• 

nkome  in  der  Hand  eines  besonderen  Standes  und  arbeiteten  im  Dienste  der 

Religion,  des  Staates,  des  Königs,  vornehmlich  auf  praktische  TUtigkeit  und 
Erfolg  angewiesen.  I>ie  großartige  Entwickelung  der  Baukunst  nach  allen 
Kichtungen,  die  außerurdcutlicho  Vervollkommnung  der  astronomischen  Beob- 
achtung und  Berechnung  durch  die  Babylonier,  die  nach  Epping  schon  zu 
l'lanetenephemeriden  gelaii^'ten,  sind  beispielsweise  aus  diesfin  Umstand  zu 
begreifen.  In  (iriccbenlaiid  wandelte  man  zwar  anfangs  und  vielfach  auch 
spiter  auf  dem  unvermeidlichen  Wege  der  Schule,  zur  Geschlossenheit  kam 
nun  aber  nur  selten,  im  allgemeinen  herrschte  Dezeutralisatiou,  die  Grund- 
lagen dir  Wissenschaft  kamen  in  die  Hände  unabhängiger  Privatleute,  mit 
ibui  sog  sofort  der  wisrauehafUfehe  Streit  ein  und  trieb  m  sduaokenloMr 
EHi&ltaag.  Die  alte  ftgyptisehe  Beißkonst  eriioben  die  Griechen  Aber  alla 
hios  hinaus  cur  strengen  Wissenschaft  der  Geometrie,  ivie  IfUhand  vor 
kanem  wieder  so  klar  gezeigt  hat;  die  alte  Astrologie  und  Himmelskunda 
f&hrten  sie  weit  Über  die  blofle  Beobachtung  hinaus  zu  einem  kllhiMni  Hypo- 
thesenbau,  der  oft  in  überstürzender  Hast  in  die  Höhe  strebte  und  Aufgaben 
einschloß,  deren  wahre  Schwierigkeiten  sich  ent  nach  längerer  ungenlkgender 
Behandlung  zeigten  und  deren  Losung  erst  unsere  Zeit  endgültig  ausführen 
konnte.  J^ollt«  sieh  die  Übernahme  der  Lehre  von  der  Kugelgestalt  der  Erde 
aus  dem  Orient  nicht  bewahrheiten,  so  würde  es  kein  besonderes  Staunen 
erwecken,  wenn  wir  sie  als  eine  Frucht  dieser  wissenschaftlichen  Bewegung 
des  untremein  begabten  Hellenenvolkes  holracbten  müßten.  Wenn  wir  zu- 
bamntenstellen,  was  uns  von  der  Kulwickelung  der  griechischen  Ansichten 
äber  die  Erde  und  ihr  Verhältnis  zur  Welt  erreichbar  ist,  so  finden  wir 
darin  die  Vorbedingungen  der  Lehre  von  der  Kugelgestalt  wieder  and  auch 
die  Sdtwiengkeiten,  die  zu  flberwinden  waren. 

In  alter  Zeit  hatte  die  Erde  das  Himmelsgewölbe  getragen.  Die  Frage 
nadi  den  näheren  ümtttnden  und  nach  der  anfifilligen  Gestimbewegong  aer* 
mm  in  Diditnngen  Ton  tragenden  Sftulen  oder  Biesen  und  Ton  der  Wunder* 
weit,  die  mit  dem  die  Erde  umfassenden  Stiom  Okeanos  begann.  Nicht 
viel  weiter  scheint  der  VorllufiBr  der  jonischen  Philosophie,  Thaies  von  Milet, 
gekonunen  zu  sein.  Wenn  er  die  Erde  auf  dem  Urstoff,  dem  Wasser, 
schwimmen  ließ,  jedenfalls  nach  babyloniscliem  oder  ägyptischem  Vorbilde, 
so  vergaß  er,  wie  Aristoteles  meint,  daß  auch  das  Wasser  einen  Träger 
haben  müsse,  und  mit  der  griechischen  Inselwelt  war  seine  Lehre  überhaupt 
schwer  vereinbar.  Etwa  ein  Menschenalter  spüter  iuidert  sich  mit  dem  Auf- 
treten Anaxinianders  von  Milet  alles  wie  mit  einem  Zauberschlag.  ^)  Der 
erste  Versuch,  die  Erscheinungen  durchgreifend  und  harmonisch  zu  erklären, 
•teht  anf  «mnal  in  hewundemsweirter  Tollindung  vor  uns.    Der  Himmel 


der  Joder  in  ihren  aUgemeinen  Grundlagen  und  Lehren  und  daronter  vor  allem 
die  Annahme  einer  kreisrnnden  Erdseheib'e  ägyptischen  Ventelhuigen  nach- 
gebildet ist. 

Krwdhnen  mücbte  ich  noch,  ohne  deu  müglichea  Zusammunhung  zu  erörteru, 
daS  dek  Herakleito«  die  Sonne  oxa^oetd^,  htixvQtov  gedacht  hat  —  das  ist  ganz 
die  bsbyloniMshe  Vorstellnng  über  die  Erde  (vergl.  Flutareh  de  phM.  philoe.  II,  SS) 

1)  VsigL  „Geech.  d.  EidkdC*.  8.  S6— S7. 


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30  H.  Berg«r: 

• 

war  fQr  ihn,  den  ersten  Kartenzeichner,  nieht  tnehr  ein  halbkagelaitigeai  fest» 
stehendes  Gewölbe,  condem  eine  vollkommene  Kugel,  die  in  gleichmABiger 
Kreisbewegung  die  unverrückbaren  Bilder  der  Fixsterne,  Überbleibsel  einer 
ehemaligen  Feuersphäre,  um  die  Erde  henunführte.  Sonne  und  Mond,  ein- 
geschlossen in  reifenartige  Gebilde  von  verdichteter  Luft,  sollten  von  diesen 
Ringen  in  ziemlich  großen  Abständen  /.wiscbcn  Himmel  und  Erde  im  Kreise 
heruragetra^'t  ii  werden.  Die  Hauptsache  aber  ist,  der  unter  diesen  Umständen 
schon  verhültnisniiißig  klein  vorgestellte  Enlkörper  mußte  nun  vom  Hinunel 
gelöst  sein  und  auf  irgend  eine  Weise  frei  schweben.  Bemerkenswert  muß 
es  immer  erscheinen,  daß,  wie  schon  erwähnt,  auch  der  Dichter  des  Buches 
ffiob  an  dlMes  Freiseliwebett  der  Erde  denkt,  und  da0  ein  Zeitgenone  Ana- 
xinumden,  Pherekydes  von  Sjros,  entweder  das  Weltall  oder,  was  mir  wahr* 
seheinlicber  ▼orkommt^  die  Erde  mit  einem  Baome  Tergleioht,  der  auf  FUlgeln 
raht^)  Wie  sich  der  milesisobe  Philosoph  das  Schweben  der  Erde  mOgUch 
dadite,  berichtet  Arislotdsi  m  dem  oben  saeist  iBgeflBhrtaa  KapiteL  Da 
die  Erde  in  der  Mitte  des  Alls  Hege  und  sich  in  allseitig  gleichem  Abstand 
▼on  der  Himmelskugel  befinde,  heißt  es,  habe  sie  keinen  Anlaß,  sich  nach 
oben  oder  nach  unten  oder  nach  einer  Seite  bin  zn  bewegen,  und  Bewegung 
nach  mehreren  Seiten  zugleich  sei  unmöglich  Die  Begründung  klingt  ge- 
künstelt, und  Aristoteles  nennt  sie  blendend,  aber  unwahr;  eines  läßt  sich 
aber  nicht  verkennen,  Anaxiniander  nuiü  schon  v.nr  Erhebung  über  die  nächst- 
liegende \'orstellung  von  den  Begriffen  Oben  und  Unten  binausgedrungen 
sein,  als  er  auf  diesen  (iedanken  verfiel.  Ein  neuer,  kosmischer  Begriff 
hat  sich  von  da  au  stetig  weiter  gebildet  und  liegt  bei  Aristoteles  vor  in 
dem  Satse:  „Oben**  sei  die  Weltkugel,  „unten**  der  IGttelponkt  der  Welt. 
Nadifolger  Anaximanders  in  seiner  ErkUmng  des  Bchwebens  der  Erde  waren 
im  6.  Jahrhundert  Parmenides,  im  4.  Plato,  der  aber  gelegentliche  Abwecfas- 
hing  des  beiden  Bezeichnungen  „Oben  und  Unten**  verlangte.  Jenem  kam 
noch  die  Annahme  tou  der  Einheit  der  oben  und  unten  endenden  O^gensitse 
▼mn  lichten  Feuer  des  Himmels  zur  dunkelen  Materie  der  Erde,  vom  durch- 
gängigen Znsammenhange  der  Weltkugel  zu  Hilfe;  diesem  die  Lehre  von  dem 
Gleichgewioht  in  der  Fflgnng  aller  elementaren  Teile  der  Welt,  beiden  überdies 
die  Überzeugung  von  der  Kugelgestalt  der  Erde.  Erst  eine  konzen- 
trisch in  einer  anderen  liegende  Kugel  kann  .sich  ja  in  allseitig  gleichem 
Abstand  von  der  einschließenden  befinden.  Man  sollte  nun  meinen,  das 
könne  auch  .schon  dem  Anaximauder  eingefallen  .sein,  er  könne  sich  eine 
kleine,  im  allgemeinen  Mitt'ülpunkt  schwebende  Erde  auch  als  Kugel  gedacht 
haben,  etwa  nach  dem  Muster  der  Himmelskugel  (das  ist  nach  einem  Ver- 
gleich, den  die  Späteren  regelmäßig  vorzubringen  pflegten).  Aber  hier  wider* 
sprechen  die  eneiehbaren  Nachrichten  der  Wahrscheinlichkeit.  Es  heifit, 
wenn  wir  den  Bericht  recht  verstehen,  er  habe  den  Erdkftrper  mit  dnem 
niedrigen  Zylinderabschnitt  veiglidien,  dessen  BandhOhe  den  dritten  Teil 
des  Durchmessers  seiner  Oberfliche  ansmadite,  mit  einer  Figur,  von  der  Panser- 
bietor  richtig  bemerkte,  ne  könne  als  das  Abbild  einer  mitüwen,  aus  der 


1)  YeigL  „Gesdi.  d.  Ezdkde**.  8.  88,  Anmerkung  7. 


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Die  Lehre  Ton  der  Kugelgestalt  der  Erde  im  Altertam. 


31 


WeKkugel  gleichsam  hersusgeschnittenen  Zonenscheibe  betrachtet  werden. 
Aasdrücklieh  ist  in  dem  Berichte  himugef&gt,  daß  wir,  die  Menaoben,  auf 
dir  oberen  Kreisflache  dieses  Körpers  wohnten,  der  die  andere  entgegen* 
ge<;etzt  sei,  und  das  muß  beinahe  den  Gedanken  in  uns  aufsteigen  laasea^ 
Anaximander  habe  nur  die  Antipodenstellung  vermeiden  wollen. 

Vergogenwilrtigen  wir  uns  die  nach  diesem  Tathestiiiid  zulässigen  Mög- 
lichkeiten, so  können  wir  sagen,  entweder  war  der  Gedanke  an  die  Kugel- 
gestalt der  Erde  noch  in  keiner  Weise  an  Anaximander  herangetreten  — 
dum  bleibt  uns  außer  dem  Hinweis  auf  die  notwendige  Erklärung  der  Stem- 
bevegung  jeder  weitere  Einblick  in  seinen  Gedankengang  verwehrt  —  oder 
m  kalfte  sdioa  roa  der  neuen  Lehre  gehört,  oder  er  ww  selbst  in  dem 
Simen  und  Qrftbeln,  das  seine  ErUftmng  des  Schwebens  der  Erde  ▼<»»ns- 
Mist,  aof  jene  Idee  gekiHnmea.  War  das  letitere  der  Fkll,  so  mflBte  die 
Vmnutung  biningefBgt  werden,  Anaximander  habe  von  der  endgültigen  An- 
mbne  nnd  Ton  der  Darchfahmng  des  Gedankens  abgesehen,  sidk  mit  einem 
unraUkümmen  gedachten  Verhältnisse  der  Erde  zum  Himmel  zufrieden  ge- 
geben und  zwar,  wie  der  ausdrückliche  Zusatz  des  Berichtes  über  die  Wohn- 
itttte  der  Menschheit  andeuten  könnte,  um  der  mit  der  Kugelgestalt  der 
Erde  untrennbar  verbundenen  größten  Schwierigkeit,  der  Antipodent'rage,  ans 
dem  Wege  zu  gehen;  das  würde  heißen,  er  habe  sich  gescheut,  den  neu- 
geahnten Begritf  des  Oben  und  Unten  aus  den  kosmischen  in  rein  mensch- 
hche  Verhältnisse  zu  übertragen.  Daß  diese  Schwierigkeit  allgemein  tief 
empfunden  wurde  und  sehr  störend  wirkte,  kann  sich  gewiß  jeder  vorstrllen. 

Gleich  nach  Anaximander  finden  wir  die  Forscher,  die  an  den  Fragen 
aaah  I«ge  und  Gestalt  der  Brde  teilnahmen,  wie  wir  schon  bemerkt  haben, 
in  nrei  Piurteien  geschieden.  Die  eine,  geführt  Ton  seinem  jüngeren  Lands- 
muBL  Anaximenes,  dem  sich  dann  Anaxag(was  und  Demokritos  anschlössen, 
gsb  ftst  alles  wieder  anf^  was  der  altere  Milesier  bereits  erreicht  hatte.  Nur 
an  der  LSsnng  der  Himmelskagel  von  der  Erde,  an  der  fireien  Bewegung 
des  Himmels  hielten  sie  fest  Au  dieser  Lehre  hat  Überhaupt  niemand 
wiedor  gerüttelt,  nur  anter  den  gedachten  und  ei-zwungcnen  Beispielen,  mit 
denen  die  E^nknreer  ihre  erkenntnistheoretischen  Untersuchungen  zu  erlftutem 
pflc|Tten,  lassen  sich  derartige  Rück-  und  Mißgritie  finden.  Bei  Anaximenes 
schwebte  die  Erde  nicht  in  Folge  ihrer  Lage,  sondern  wurde  von  seinem« 
Ürstoff,  der  Luft,  getragen.  Als  eine  mächtige  Kreisscheibe  sollte  sie  so 
nahe  an  die  Hinimelskugel  heranreichen,  daß  der  bleibende  Zwischenraum 
zu  gering  war,  um  der  unter  der  Erde  befindlichen  Luftnutnge  genügenden 
Durchgang  zu  gew&hi'en.  Daß  hier  wie  später  bei  Auaxagoras  der  alte, 
sichite  Begriff  des  Unten  festgshaltsn  ist  fllr  die  kosmischen  Verhältnisse, 
Vwtot  dem  Aristoteles  hcsondoren  AnlaB  m  spöttischem  Tadel  Ifit  dem 
Widerspruch  nnd  der  Reaktion  dar  ungebildeten  Menge,  die  sich  in  Athen 
ffgM  die  Philosophie  und  ihre  Tocfa^enrissenschaften  erhob;  die  den  Anaza- 
gons  selbst  in  die  Yerhsnnung  trieb  und  den  Sokrates  das  Lebsn  kostete; 
ton  der  sich  Herodot,  der  Feind  der  Geographie  und  der  jonischen  LSnder- 
kunde  sugleich,  beeinflussen  ließ,  —  darf  man  aber  die  Haltung  dieser 
Xlaaer  nldii  Terwechseln.    Sie  fuhren  auch  in  ihrem  ßackschritt  fort. 


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32 


H.  Berger: 


wissenschaftlich   zu   arbeiten;  so   führte  z.  B.  die  lange  wahrgenommene 
Neigung  des  Erdhorizontes  za  den  Stern-  und  Sonnenkreisen  der  Himmds« 
kugel   schon   den  Anaximenes  auf  die  richtige  Erklärung  des  Nachtbogens 
der  Sonne  uad  der  \  erschiedenhoiten  dieser  Nachtbögen,    (ianz  rii  htig  faßten 
er  und   die  anderen  die  zu  beobarhteude  Neigung  dt.s  Horizontes  als  eine 
tatsächliche  Neigung  der  Erdscheibe  auf,  durch  welciie  die  nördlichen  Teile 
die  hüchte  Lage  einnehmen  mußten  unbeschadet  der  Geradlinigkeit  des  nord- 
sfidlicheii  Längendurchmessers.    Abschreiber  der  Excerpte  machen  aus  dieser 
Erbelrang  des  Nordens  der  Erde  liohe  Berge.   Die  Tatiaelw  dieser  Keigang 
fährte  sie  weiter  auf  die  ÜBterschiede  der  Erwlnnting  und  Belebung  der 
Erdoberflicbe.   Freilich  wohl  nicht  ohne  Anregung  durch  Iltere,  bald  ansu- 
fOhrende  Vorlagen  der  Gegenpartei,  aber  namentUob  unter  der  Hand  des 
I^pokrates,  der  wie  Anazagoras  an  der  ebenen  IMgestalt  festhielt,  bildete 
sich  aus  diesen  ErwUgungen  eine  klimatische  Einteilung  und  mit  ihr  die 
Lehre  von  dem  Einfluß  der  Wftrme  und  der  Kälte  und  ihrer  yerschiedenen 
Mischung  auf  geistige  und  körperliche  Anlagen  der  verschiedenen  Völker,  die 
für  das  ganze  Altertum   in  Geltung  geblieben  ist.')     Gerado  diese  wissen- 
schaftliche Haltung  wird  es  aber  gewesen  sein,  die  endlich  zum  Einlenken 
trieb.    Die  Schwierigkeit,  sich  der  neuen  Auffassung  der  vertikalen  Dimen- 
sionen zu  fügen,  die  Antipodenlehre  anzunehmen  usw.,  mußte  endlich  auf- 
gewogen werden  durch  den   Hinweis  aut   die   unabweisbaren  Gründe  der 
Gegenpartei  fiir  ihre  Lehre:  die  immerwiederkehrende  Bundung  des  Erd' 
Schattens  bei  den  Mondfinsternissen  und  das  im  Bereich  der  gewOhnlicheii 
LSnderkunde  wohl  bemerkbare  Steigen  und  Fallen  der  Gestune  bei  nflidlich 
oder  südlich  gerichteter  Ortsvertudiornng. 

Die  Oegenpsrtei,  die  mit  Eifer  fttr  die  Lehre  von  der  Kugelgestalt  der 
Erde  und  die  Folgerungen  dieser  Lehre  gearbeitet  hat,  schloß  sich  airfhogs 
unmittelbar  und  entschieden  an  die  Vorarbeit  Anaximanders  an.  Die  Nach> 
richten,  die  uns  über  sie  belehren  sollen,  sind  indessen  in  einem  bedenklichen 
Zustand.  Sie  gehen  meist  auf  bloße  Aussfige  aus  grOBeren  historischen 
Werken  zurück  und  das  Spiel  mit  den  einzelnen,  des  Zusammenhangs  der 
Darstellung  entkleideten  Sätzen  der  Excerpte  hat  zu  argen  Mißverständnissen 
geführt.  Am  besten  kann  man  noch  zur  Erkenntnis  des  Zusammenhanges 
und  der  Entwicklung  der  die  Erdkugelgeographie  betreffenden  Partieen 
kommen,  wenn  man  den  Umweg  der  Kückschlüsse  einschlägt,  sich  dabei  nicht 
scheut,  die  Mißgiiffe  der  so  wohldurchschauten  Sentenzensammler  nach  Gebühr 
au£rafiusen,  und  die  Aussidit  nicht  Tenchmftht,  die  der  neii«ra  Standpunkt 
der  Geschichte  der  Geographie  darbietet. 

Drei  Mftnner  kommen  hier  in  Frage,  aber  erst  die  Angaben  über  dia 
Titigkeit  des  .jflngstea  von  ihnen  bieten  uns  einen  ÜBSten  Boden.  Über  doi 
schon  genannten  Parmenides  haben  wir  unter  anderen  Berichte  aus  einem 
Buche  Theophrasts,  Angaben  des  gelehrten  Posidonius,  des  einflußreichen 
Freundes  Ciceros,  die  sich  bei  Strabo  finden,  alles  Nachrichten,  die  klar  und 
achtunggebietend  sind  und  sich  mit  nicht  unbeträchtlichen  Besten  der  dgenan 

1)  YergL  „Geich,  d.  Eidkde".  S.  81  if. 


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Die  Lehre  vou  der  Kugelgestalt  der  Erde  im  Altertum.  88 

Wake  dM  Elwten  Torgleidieii  laaseD.  Auf  Grund  d«r  Ton  den  Orieohen  so 
tiefiiiiiiig  aufgefiiBteii  EigcnBchaften  des  ToUkommeiuteB  und  sohOiistasi  aller 
Kflipor,  der  Kvgd,  in  die  «r  sieh  selbst  den  im  hOohsten  Gnde  fibersian- 
lidisii  Gmndbegriff  seiner  Philosophie,  das  einzig  wirklich  existierende,  reine 
Sein  eingeschlossen  dachte,  vielleicht  auch  schon  in  Anlehnung  an  den  bei 
Azistoteles  wiederkehrenden  Gedanken,  daß  alles,  was  sich  in  vollkommener 
Harmonie  an  die  alles  umfassende  Kugel  anschließe,  wieder  Kugelgestalt 
hahen  müsse,  wies  er  zuerst  nach,  daß  die  Erde  als  Kugel  konzentrisch  im 
Mittelpunkt  des  ^gleichfalls  kugelHirmigen  Alls  ruhen  müsse.*)  Eingehende 
Erkenntnis  und  Darlegung  seines  Gedankenganges  ist  zur  Zeit  wenigstens  nicht 
möglich,  aber  das  können  wir  sagen,  daß  er  sich  auf  Erörtenmg  der  räum- 
lichen und  stofflichen  Verhältnisse  der  beiden  Kugehi  zu  einander  stützte  und 
insbesondere  nnf  die  Brw&gung  des  ffiafiiumMi,  den  dis  nadi  pjthagoreischer 
Lehre  das  Fener  des  Himmels  in  sich  sammelnde  and  wiedenuustraUende 
Sonne  durch  die  Eigentfimlidhkeiten  ihrer  Stellungen  und  Bewegungen  auf 
die  Obeiflidie  der  Erdkugel  aasObte.   Die  Fhudit  dieser  Arbeit  war  die 
Lskre  von  den  fllnf  phTsisoh-geograpliisehen  Zonen  der  Erde*),  die  in  der 
wissenschafUicben  Geographie  der  Griechen  mit  wenig  Änderungen  über  zwei» 
kuadert  Jahre,  in  der  Tradition  und  im  BJWußtsein  der  allgemeinen  Bildung 
aber  noch  viel  länger  geherrscht  hat.    Sie  ist  nicht  zu  verwechseln  mit  der 
pjrthagoreischen  Zoneneinteilung  des  Himmels  durch  den  Äquator,  die  Wende- 
kreise und  die  arktischen  Kreise  und  deren  Cbertragung  auf  die  Erde,  die 
noch  ohne  eingehende   geophysische  Untersuchung   nur   die  Korrespondenz 
himmlischer  und  irdischer  Kreise  im  Auge  gehabt  zu  haben  scheint.')  Zu 
beiden  Seiten   des  Äquators  breitete  sich  nach  Parmenides  unter  dem  un- 
mittelbarsten Einfloß  des  Sonnenfeuers  eine  verbrannte,  unnahbare  Zone  in 
tbenriegender  Breite  aus  (sie  sollte  beinahe  die  doppelte  Breite  des  Baumes 
smscksD  den  Wendekreisen  der  Erde  «nnehmen);  wiederum  su  beiden  Sdtan 
dies«  Zone  lieft  die  gemilderte  Wirme  swei  gemftftigte,  engere  Zonen  oiRsn 
sls  Brut-  und  Wohnstitte  fttr  die  Lebewesen  der  Erde;  rings  um  die  beiden 
Fde  aber  lagerten  sieh  endHeh  swei  leblose  Polaiaonen,  in  Kilte,  Nacht  und 
Nebel  begraben.    Daß  Paimemdes  mit  diesen  beiden  äußersten  Zonen  das 
Leben  der  Erde  beschlossen  habe,  dafür  gibt  es  in  den  Fragmenten  nur 
wenige  Worte,  die  noch  dazu  zweifelhaft  sind.    Sie  komoMn  aber  in  der  zu 
Grunde  liegenden  Vorstellung   übercin   mit   einer  Bemerkung,   die  Krates 
Mallotes*),  der  eifrigste  Vertreter  der  Erdkugelgeographie  im  2  Jahrhnndei-t 
V.  Chr.,  über  die  Polarzonen  machte,  und  die  hervortrotonde  1?»  loiiuni^  des 
nordischen  Nebels  in  dieser  Bemerkung  kann  am  ehesten  auf  Angaben  über 
die  westlichen  Teile  des  nördlichen  Ozeans  beruhen,  wie  sie  dem  Eleateu 
phokäische  und  massiliotische  Seefahrer  boten.  ^)    Übrigens  müssen  wir  vou 

1)  Vergl.  dasselbe  8.  Mtff. 

i)  Vergl.  darüber  ausHihrlich  den  zweiten  Aufeala. 

S)  Auch  darüber  siehe  den  zweiten  Aufsatz. 
4)  Yetgl.  „Gesch.  d.  Erdkde".  S.  441-468. 

ft)  CUeehiiehe  Sohifiahit  im  Atiantilchen  Osean  besengt  namentlich  der  bei 
Anennt  n  Qmnde  liegende  Periplns  (retgl.  8.  SS  Anmeikmig  1). 
"•«rwMwfci  aritwaiw.  lUahriMff.  lies.  i.  Büt  3 


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34 


U.  Berger: 


der  Entwickluiig,  die  die  Zonenlehre  des  Pannemdes  genommen  hat,  auf 

ihn  snrflckBchlieBen,  und  der  Gedanke  an  eine  größte  und  eine  abnehmende  Wärme 
kann  nur  in  der  Vorstellung  des  Mangels  aller  Wärme  seinen  AbsihliiB 
finden.  Bedenken  wir,  daß  dieser  Lelirt>  schon  die  Brkenntnis  der  Beleueb- 
tungsverhaltnisse  der  Enikugel  zu  Grunde  liegen  mußte:  daß  sie  die  Kennt- 
nis der  Zunahme  des  liirif^sten  Tages  nach  Norden  und  Süden,  d'^r  Schatten- 
verhftltnisse,  der  Konesputidenz  der  nördliehtn  und  der  südliehen  Zonen,  der 
zonenteilendeu  Krei.se  emschloli;  daß  Parnienides  auch  tatsächlich  schon  an 
die  Vergleichuug  der  Zonenbreit^  gedacht  hatte;  daß  eine  bedeutende  Unter- 
stützung von  Seiten  der  Länderkunde  anzunehmen  ist,  —  so  leuchtet  ein, 
daB  ein  gUnaenderar  Anftag  mii  der  Behandlung  der  Geographie  der  Erd- 
kugel nieht  gemacht  werden  konnte,  und  es  wird  sehr  wahrscheinlich,  da8 
▼on  der  ersten  Entdeckung  der  Lehre  von  der  Kugelgestalt  der  Erde  bis  su 
dieser  Leistung  schon  eine  geraume  Zeit  ▼erstrichen  sein  mnflte. 

Hinter  Parmenides  sieht  Zenophanes,  der  frfihor  als  des  erstgenannten 
'Lehrer  und  als  Qrflnder  der  eleatischen  Philosophensdinle  hochangesehen  war. 
Durch  den  ersten  Ansturm  der  Perser  unter  Harpagos  noch  im  6.  Jahr- 
hundert V.  Chr.  aus  Kolopbon  in  Kleinasien  vertrieben,  lebte  er  nach  langer 
Wanderung  wohl  meistens  zu  Ella  in  Unter-Italien,  nach  neuester  Auffassung 
als  fahrender  SUnper,  der  seine  epischen  TSedichte  vortrug  und  mit  dem 
alten  <  Jötterglauben  die  Hedeuiung  der  Honierisclien  Gedichte  herabsetzte. 
Die  Mängel  lU'r  Überlieferung  haben  vielleiclit  keinen  so  hart  L'etroflen  als 
ihn,  namentlich  die  Wiedergabe  seiner  kosmophysischen  Ansicliteu  ist  vielfach 
zu  einem  widerlichen  Unsinn  geworden,  dcu  man  einem  halbwegs  verstän- 
digen Manne  seiner  Zeit  wahrlidi  nicht  zatzauen  soUte.  San  enger  Zu- 
sammenhang mit  Anaximander,  seinun  ehemaligen  Ueinasiatischen  Lands- 
mann, seine  Kenntnis  der  Lehren  des  ^Tthagoras,  sein  Einfluß  auf  Parme- 
nides werden  nicht  geleugnet  und  kOnnen  auch  nicht  geleugnet  werden. 
Nach  den  bestehenden  Angaben  ftber  seine  Kosmophysik,  die  ich  nach  Mög- 
lichkeit gesammelt  und  vorgelegt  habe*),  muß  er  sich  im  Anschluß  an  die 
(nach  Aristoteles'  Zeugnis)  sdion  bei  Anaximander  vorliegende  Lehre  von  der 
allmählichen  Yerzehrung  einer  ursprünglich  die  ganze  Erde  überdeckenden 
Wassermasse  und  von  der  Ernährung  der  Gestirne  durch  die  feinsten,  feuer- 
artigen Teilchen  der  Ausdünstung  dieser  Gewässer  folgende  Ansicht  ge- 
bildet haben. 

Die  Erde  mit  dem  Wasser  verbunden  und  zeitweilig  von  ihm  bedockt, 
war  ewig  da,  zeitlich  unendlicli.  Ihre  „Wurzel'*  hatte  sie  im  Unendliclien. 
Nach  Anleitungen  der  Aristotelischen  Physik  über  die  Vorstellungen,  die  mit 
der  VorsteUnng  des  unendUdien,  leeren  Baumes  in  notwendige  Verbindung 
konunen  und  unter  denen  sidi  ein  für  uns  vielsagender  Ausblick  auf  die 
Ansicht  Anazimanders  vom  Schweben  der  Erde  findet;  nach  einer  Anzahl 
anderer,  Uarer  Bemerirangen  griechischer  Schriftsteller  Über  die  „Wurzeln** 
der  Erde,  unter  denen  sidi  eine  des  jüngeren  Zeitgenossen  Aischjlos  findet, 

1)  Veigl.  H.  Berger,  „Untmaehnngen  über  das  keemlsdie  System  des  Xeno- 
phanes '  (Ber.  d.  k.  sich«.  Ges.  d.  Wiss.,  phil.-hiat  Kl.  S.  80  ff.)  n.  „Gesch.  d.  Eid- 
kunde" S.  191—197,  wo  auch  alles,  hier  erwihnte  Quelleunateiiel  genau  sitterfe  ist. 


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Die  Lehre  vun  der  Kugulgestult  der  Erde  im  Altertum. 


35 


—  kann  ioh  mir  den  Antdrack  des  Xenopban««  nur  auf  eine  Weise  deuten. 
Ohne  an  neb  rlmnUeh  nnendUeh  m  eein,  wie  man  apftter  einmal  arniahm, 

befand  sich  die  Erde  im  unendliehen  Räume,  mit  desaen  Fixiemng  die  Anf- 
bebang  der  Vorstellung  des  Falles  verbunden  war.   Wir  werden  nicht  umhin 
können,  in  diesem  Gedanken  eine  eigentümliche  Wendung  der  Vorstellong 
Tom  Sc}i\vebf»n  der  Erde  7ai  orblickon,  aiif  dio  Anaximander  kurz  vor  Xeno- 
phanos  tr«^kommen  war,  —  keine  Abweuduu^'  von  ihm,  wie  sie  für  Anaxi- 
ment-s  und  Anaxagoras  bezeugt  wird.    Ausdünstungen  des  Wassers  bildeten 
dann  die  Luft  mit  den  Wolken  und  den  Winden,  dann  den  Himmel  und  in 
Folge  ihrer  Entzündung  die  Gestirne,  ein  Satz,  der  sich  wohl  gelegentlich 
gegen  den  griechischeii  Sonnengott  gebrauchen  ließ,  ohnb  in  diesem  Gebrauche* 
seine  Hauptbedeutung  au  haben.    Alle  dieae  mußten  nun  mit  der  ganaen 
neagebildeten  Außenwelt  auch  weiterhin  rom  Wasaer  unterhalten  werden. 
DaÄireh  Teraehrt  aich  daa  Waaser  der  Erde  immer  mehr,  ludd  reicht  ea 
aar  Emlhrung  der  Luft  und  dea  ffimmela  nidit  mehr  aoa  und  die  ganae 
Außenwelt  muß  in  Folge  deasen  wieder  vergehen.   War  aie  veradi wunden,  ao 
gewann  das  Wasser  der  Erde  wieder  die  Obtthand,  die  unglücklichen  Reste 
dea  Menachengeschlechtea  ertranken  in  der  neuen  Flut  und  es  kam  die  Zeit 
einer  neuen  Weltbildung:  ao  ging  der  Wechsel  zwischen  Weltbildung  und 
Weltuntergang  seinen  ewigen  Kreislauf,  nur  die  Erde  mit  dem  Wasser  blieb 
da.    Aus  dieser  Vorstellung,  die  in  allen  ihren  Teilen  gut  bezeugt  ist,  er- 
klären sich  seine,  so  oft  mißverstandenen  Ausspriithf  von  der  Unendlichkeit 
der  Erde,  von  dem  Verlöschen  und  dem  Wiederent/ünden  der  Gestirne  und 
von  unzählbaren  Sonnen   und  Monden.     Man   hat   ihm  in  alter  und  neuer 
2«eit  die  törichte  Annahme  zugeschrieben,  die  Sonnen  bewegten  sich  nicht 
in  Ejeiaen,  aondern  in  unei^liehen,  geraden  Linien  Torwirta.   Daa  beruht 
gsndesu  auf  ilUadiung  dea  Textea,  in  dem  von  einer  geraden  Linie  kein 
Wort  ateht,  vielmehr  nur  Ton  einer  endloaen  Yorwftrtabewegung  die  Bede 
ist    1^  dieaer  Bewegung  meinte  Xenophanea  aber  die  den  Alten  wohl- 
bekannte, endloae  Spirallinie,  in  der  die  Sonne,  den  geacUoaaenen  Kreia,  wie 
der  Bericht  deutlich  sagt,  vermeidend,  von  einem  Wendepunkt  zum  anderen 
auf-  und  absteigend  um  die  Erde  gefEÜirt  wurde.  Ich  darf  wohl  auf  Gründe 
für  die  Ablehnung  dieser  Erklärung  warten.    Man  hat  nicht  das  Recht, 
Xono]»hanes  auf  probe  Mißverständnisse  hin  aus  der  wohlzusanimenhUngenden 
Reihe  der  wissenschaftlichen  Forschor  herauszureißen  und  ihm  die  barbarische 
Ansicht  aufzubürden,  der  Himmel  sei  nach  oiien  hin.  die  Erde  nach  unten 
räumlich  unendlich.    Sie  kommt  nur  in  einer  von  allen  Seiten  veiurteilteu 
Schrift  vor  und  muß  aus  der  Aristotelischen  Vorlage  der  Bemerkung  dieses 
Buches  nach  Anleitung  des  Aristoteleserklärers  Simplicius  gedeutet  werden; 
aie  wird  jedenfalla  aua  der  oben  berflhrten  Beiapielaammlung  der  Epikureer 
ataaunen.') 

Ea  heißt  weiter,  Xenophanea  habe  von  einer  monatelangen  Sonnen- 
ßutoniis  geaprochen;  daa  iat  unmOgHdi,  ea  kann  aueh  hier  nur  IGßveratlnd- 
mi  ebea  poetiachen  Auadruokea  aein.   Meinte  er  die  Nacht,  waa  gana  nahe 


1}  Yei]^  „Gesch.  d.  firdkde*S  8.  IM,  Anmerkung  a. 

8* 


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36 


H.  Berg«r: 


liegt,  80  gewinnt  aber  die  Bemerkung  eine  tiefe  Bedeutung;  denn  wir  sehen 
dann  den  Philosophen  schon  beschäftigt  mit  der  Erörterung  der  Beleuchtung»- 
yerhältnisse  der  Erdkugel,  die  sein  Schüler  für  seine  Zonenlehre  brauchte,  in 
dem  Oodanken  an  die  länger  und  länger  werdenden  Nllchte  der  Polnrzone, 
der,  wenn  man  nur  die  Kugelgestalt  der  Erde  erkannt  hatte,  durch  die  Be- 
trachtung des  jährlichen  Unterschiedes  der  Sonnenstellung  und  seines  Ein- 
flusses auf  die  Beleuchtung  der  Kugel  mit  wenigen  Hilfsmitteln  eiTeichbar 
war.  Es  heißt  au  einer  anderen  Stelle,  der  mau  die  poetische  Ausdrucks- 
weise  noch  in  jedem  Wort  aatieht,  die  S<niD«  fiille  ausgleitend  hinunter  in 
einen  anderen  Abadinitt  —  damit  ist  ^oriiont**  gemeint  —  der  Erde,  dmr 
nicht  YOtt  uns  bewohnt  sei.  Wenn  man  annimmt,  er  habe  anÜMsh  Tmn 
Ügliehen  BonoenonteiKange  gesproehen,  so  würden  die  letiten  Worte  der 
Bemerkung  recht  passend  endielnen  für  die  Ansicht  Awaiimanders,  nach  der 
nur  die  obere  Fläche  einer  Erdscheibe  bewohnt  war.  Wenn  wir  aber  die 
Stellung  des  Xenophanes  zwischen  Parmenides  und  Pythagoras  /u  Rate  ziehen; 
wenn  wir  bedenken,  daß  er,  der  Lehrer  des  Parmenides,  wie  dieser  selbst  mit 
den  Lehren  seines  Zeitgenossen  Pythagoras  vertraut  und  von  ihnen  beeinflußt 
war;  daß  die  Pythagoreer  den  Mond  wie  die  Erde  für  eine  ringsum  von 
lebenden  Wesen  i)ewohnte  Kugel  hielten;  daß  Xenophanes  nach  wiederholter 
Angabe  des  Lactantius  dieselbe  Ansicht  vertreten  zu  hüben  scheint;  daß  in 
den  Worten  „nicht  von  uns  bewohnt"  streng  genommen  ein  Hinweis  auf 
verschiedene  Bewohnerschaften  zu  erblicken  ist,  —  so  wird,  glaube  ich,  aus 
diesen  Worten  eher  die  Antipodeolehre  heraoszolesen  sein. 

Der  Uteste  und  berOhmteete  Vertreter  d«r  für  die  Lehre  von  der  Kugel- 
gestalt der  Erde  klmpHenden  Partei  ist  aber  Pythagoraii.  Er  muA  ein  Zeit- 
genosse des  Xenophanes,  ein  jflngerer  Zeitgenosse  Anaximanders  gewesen  sein. 
Die  ÜberlieferungsrerhUtniase  sind  hier  gans  anders  geartei  Huftten  wir 
für  die  Ansichten  seiner  Nachfolger  nach  2^ugni8sen  suchen,  so  behaupten 
von  ihm  die  Berichterstatter  einmütig,  daß  er  die  Kugelgestalt  der  Erde 
gelehrt  habe.  Leider  behaupten  sie  aber  auch  so  viele  wunderbare,  unglanb* 
liehe  Dinge  von  ihm,  daß  man  vorsichtig  wertlen  mußte.  Die  besten  Zeug- 
nisse schweigen  von  ihm  und  sprechen  nur  von  seiner  Schule,  den  anderen 
hat  man  lange  Zeit  keinen  Glauben  mehr  geschenkt.  Daß  er  keine  schrift- 
lichen Werke  hinterließ,  daß  er  im  Gegensatz  zu  den  anderen  griechischen 
Philosophen  die  Öffentlichkeit  mied,  seine  Schule  auf  ethisch-religiösem  Gebiete 
sammelte  und  von  der  Außenwelt  abschloß,  die  göttliche  Verehrung,  die 
seine  Schfller  und  deren  Nachfolger  bis  in  späte  Zeit  für  ihn  hegten,  —  daa 
alles  snsammen  genommen  hat  ihn  sum  Wundermann  gemacht  Alles  kann 
aber  die  Tradition  nun  dook  nicht  erfartumt  haben.  An  seiner  Vertretung' 
dar  Lehre  von  der  Seelenwandenmg,  an  seiner  ZurflcicfBhrQng  der  Welt- 
prinxqpien  auf  die  ZahloiTerhlltnisse,  an  seiner  iiudiwissensdiaftliGhen  Be« 
handlung  der  Mathematih  und  der  Musik  hat  nie  jemand  gezweifelt.  Man 
ist  den  Spuren  der  ülteren,  besseren  Quellen  der  Tradition  nachgegangen 
nnd  hat  auf  diesem  Wege  neuerdings  mit  Recht  die  übertriebene  Zweifel- 
sucht verlassen.  Eigen  war  seinen  Schülern  das  stürmische  Vorwärtsdrängen 
in  der  Ausbildung  einmal  angefangener  Qedankenreihen:  sie  waren  es  ja,  die 


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Die  Lehre  von  der  Kugelgestalt  der  Erde  im  AUertum.  37 

den  kflhiMii  Schritt  lor  Animhme  der  Bahnbewegmig  der  Erde  taten;  sie 
smd  es  geweeen,  die  »ne  den  Begriffen  der  PumlleUtftt  der  genüUigten  Zonen, 

der  Oikumcne  und  ans  der  Erdinseltheoiie  das  ^ymmetriscbo  Krdbild  ent- 
warfen, nach  dem  zwei  gekreuzte  Gürtelozeane  die  vier  Erdinseln  (anawe 
Oikumene  und  die  Oikomenen  der  Antoiken,  Perioiken  and  Antipoden)  von 
einander  trennton.     Die  Spuren  dieses  Bildts  hol   Aristotelos,   Plato  und 
Eodoxos  führen  unwillkürlich  dazu,  es  für  pjt Ii ago reise h  zu  halten.*)  Eigen 
war  aber  den  Pythagoreern  auch,  was  Aristoteles  mehrfach  tadelt,  ein  Hang 
zu  phantastischer  Spekulation,  der  sich  der  Bedenken,  der  gründlichen  Er- 
örterung und  Beweisführung  entschlug.    Die  Zahl  der  um  das  Zentralfeuer 
im  Mittelpunkt  der  Welt  kreisenden  Weltkörper  venrollständigten  sie  z.  B. 
darch  die  Annahme  einer  anderen,  sogenannten  Gegenerde,  nur  nm  anf  die 
kilige  Zehnzahl  an  kommen.    Ffbr  sie  hatte  die  Antipodenlehre  keine 
Sflhwierigkeit  mehr.   Dnreh  nrei  nnverftngUohe  Angaben  der  besseren  Art 
«iid  ihnen  die  nnbedenkUohe  Annahme  der  so  leicht  Terwirrenden  Lehre,  die 
Behauptung,  die  Erdkugel  sei  ms  der  Mond  ringsum  bewohnt  fon  lobenden 
Wesen,  ansdrflcklicb  zugeschrieben.   Diese  eigentOmliehe  Geistesrichtung  aber 
maß  in  den  Anleitungen  und  in  den  eigenen  Anlagen  des  Gründers  dw 
Schule  ihren  ersten  Ausgangspunkt  gehabt  haben,  und  solche  Anlagen  waren 
gewiß  besonders   geeignet,   die  Annahme,   wenn   nicht  die  Entdeckung  des 
nahe  j^elegteu,  aber  anfancrs  erschrockonrlen  Gedankens  an  die  Kugelgestalt 
der  schwebenden  Erde  Anaiimanders  mit  allen  ihren  Folgerungen  zu  ermög- 
lichen.   Ein  Umstand  ist  es  vor  allen  anderen,  der  don  Pythagoras  zu  der 
so  ungemein  erfolgreichen  Weiterbildung  der  schon  an  sich  großartigen  Vor- 
arbeit des  alten  Milesiers  geführt  haben  kann:  seine  ganz  andere  Ansicht 
Hb«  die  Gestume.    Ifit  ihm  beginnt  in  Gbiedhenland  die  Kenntnis  der 
Rsaetea  und  einer  Planetenreihe.    Dafi  der  Morgenstern  mit  dem  Abend» 
itani')  identisdi  sei,  soU  er  suerst  erkannt  haben.*)  Solche  Kenntnisse  weisen 
«atsehieden  auf  Babylonien  und  lassen  uns  an  die  ÄuBerung  Heraklits  denken, 
der  ihm  die  umfaseendste  historische  Forschung  als  Vidwisserei  TorwirfL 
nie  dem  Anaximander  zugeschriebene  Lehre,  Sonne  und  Mond  wären  eigeni* 
lieh  nur  der  feurige  Inhalt  von  radfSrmigen  Röhren,  dessen  Strahlen  aus 
finer  Öffnung  der  Lufthülle  hervorbrächen,  kann  er  nicht  angenommen  haben; 
^fnn  gpine  Schüler  wenigstens  verglichen  schon  den  Mond  mit  der  Erde  und 
hicltt-n  ihn  wie  diese  tür  eine  ringsum  hewohute  Kugel,  und  Ari.stotelcs,  den 
wir  immer  wieder  zu  Hilfe  rufen  müssen,  bemerkt  mit  Recht,  daß  die  Kugel- 
gestalt des  Mondes  doch  mit  den  Augen  /.u  erkennen  sei.    Auf  diesem  Wege, 
glaube  ich,  kann  man  die  Haltung  des  Pythagoras  am  besten  begreifen  und 
sdiheßUch  Gomperz  zustimmen,  der  ihn  nach  anderen  Vorgängern  zuletzt 
moBwonden  als  dvn  iltesten  Vertreter  der  Lehre  yon  der  Kugelgestalt 
der  Erde  beieichnet^) 

1)  Vergl  dasselbe  8.  21,5— -218. 

1)  Bekanntlich  die  Venus. 

t)  Nach  Diogenee  LeMiae  Vm,  14. 

i)  Über  die  l^rthegoreer  nnd  das  hier  Vorgetregene  veigl.  „Qe»6tk.  d.  Brdkde^. 
8. 111>181. 


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38 


K»rl  Sapper: 


Inseln  des  ägäischen  Meeres. 

Eine  1  andsohaftliohe  Skizze 

y<m  Savl  Bapper. 
Hit  b  LaadmlialUbUdeni  snf  Tafsl  1  n.  i. 

Von  allen  Schriftstelleru  des  klassischen  Altertums  pflegt  keiner  auf  ein 
jugendliches  Gemüt  größeren  Eindruck  zu  macheu  als  Homer,  und  gar  mancher 
deotsehe  Jüngling  sehnt  aoh  in  stillen  Standen  darnaeht  mit  eigenen  Augen 
die  sonnigen  Landsdiaften  TOn  HeUas  an  sckanen,  die  ihm  seine  Phantasie 
in  leoehtenden  Farben  Tovgankelt   Aber  wie  wenigen  ist  es  vergOnnt,  das 
Ziel  ihrer  Sehnsucht  sehen  in  jungen  Jahren  an  erreichen  und  sich  im  Alter 
der  grOBten  Anfiiahmefiihigkeit  an  dorn  Farben'  und  Formenreiditum  der 
griechischen  Landschaft  zu  berauschen  I    Die  meisten  erreichen  es  nie  oder 
erst  so  spat,  daB  bereits  die  Ideallandscfaaften  der  jugendlichen  Phantasie 
verblaßt  sind,  während  niandi  schönes  und  eindrucksvolles  Landschaftsbild 
anderer  Länder  inzwischen  das  Auge  erfreut  hat  und  nun  bereit  ist,  von  der 
Erinnening   widergespiegelt,   im  Kampf  um   den  Siegespreis   der  Schönheit 
als  emsthafter  ^Vt'tt^lewerber  aufzutreten.    Der  Eindruck,  den  die  griechische 
Landschaft  auf  solche  erfahrene  Naturfreunde  macht,  wird  vielleicht  weniger 
tief  und  überwältigend  sein,  als  es  bei  einem  enthusiastischen  Jüngling  der 
Fall  wäre,  aber  die  Würdigung  der  Schönheit  dürlte  wohl  gerechter  sein. 
«Darum  wage  auch  ich  den  Versuch,  mit  euu^en  Worten  der  gnechiechen 
Landschaft  zu  gedenken,  nachdem  es  mir,  zwei  Jahrsehnte  nach  der  Qymnaaal- 
sfiit,  im  Herbst  1904  endlieh  gelungen  war,  das  Land  meiner  Jugendsehnsncht 
zu  schauen  und  mich  an  den  Gestaden  des  ftglischen  Heeres  yon  der  Smine 
Biomen  bescheinen  zu  lassen.  Von  der  Sonne  Homers  —  denn  so  tief  auch  der 
Eindruck  war,  den  der  Anblick  vieler  historischer  StStten  auf  mich  machte, 
am  meisten  lebte  in  mir  doch  die  Erinnerung  an  die  homerische  Welt  wieder 
auf,  wenn  ich  z.  B.  an  steilem  Berghang  ernst  und  würdevoll  einen  Hirten 
mit  hohem,  oben  krumm  gebogenem  Stab  vor  mir  stehen  sah,  oder  wenn  ich 
nach  heißer  Fußwandening  in  den  kühlen,  sauber  gekehrten,  plattenbedeckten 
Wohnraum  eines  koi^-cheu  (Jehöftes  eintrat  und  die  geschäftig  hin  und  her 
eihnd«'  Bäuerin  mir  freundlich  Gruß  und  Gastfreundschaft  bot,  „gerne  mit- 
teilend von  den  Vorräten"  (die  allerdings,  wie  ich  gewissenhaft  hinzusetzen 
will,  oft  üchr  ^pa^lich  waren).    Freilich  waren  meine  homerischen  Erinne- 
rungen nicht  mehr  ganz  frisch,  aber  gerade  das  hat  midh  vielleidit  vor  der 
Enttluschung  bewahrt,  die  so  manchen  griechenbegeisterten  Altphilologen 
heim  Anblick  der  modernen  Hellenen  überkommt.  Nodi  wirksamer  hat  mieh 
freilich  die  gewShlte  Eingangsroute  gegen  Enttäuschung  geschütst,  denn  wer 
vom  Hochland  Anatoliens  aus  dss  ftgSische  Meer  eraeicht,  der  wird  unter 
allen  ümsUlnden  geneigt  sein,  das  griechische  Element  als  den  Träger  einer 
verhältnismäßig  hohen  Kultur  anzuerkennen,  während  der  Reisende,  der  vom 
Westen  her  gnecfais<dien  Boden  betritt,  leicht  zu  Vergleichen  mit  westeuropä- 
ischen Verhältnissen  verleitet  wird. 


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Inaeln  des  AgKiaeken  Meeres. 


89 


Die  <Jriechon  zu  studieren,  war  irh  freilich  nicht  pekommeu;  das  wäre 
mir  in  Anbetracht  meiner  höchst  dürftigen  .Sprachkenutuisse  auch  gar  nicht 
möglich  gewesen,  sondern  das  Land,  das  sie  ])ew()hnen,  das  ihre  Vorfahren 
bewohnt  haben,  wollte  ich  kennen  lernen,  und  die  Unniöglichkeit  längerer 
Unterhaltungen  mit  den  Einheimischen  war  für  meinen  Zweck  vielleicht  sogar 
gflnstig,  inaofem  ich  dadurch  mehr  auf  das  Studium  der  Landschaft  kon- 
Mutricrt  Ueihen  konnte.  Freilioh  reicht  eine  Ferienrase  nicht  hin,  um  einen 
gentigendtn  Einblick  in  die  Natur  des  ganzen  griecfaisdien  Landes  xu  ge- 
itatten;  nur  im  Fing  konnte  ich  Attika  und  die  großartigen  Gehirgsssenerien 
der  Peloponnes,  die  horrliche  Ebene  Messeniens,  den  eigenartigen  Beiz  des 
Alpheiostaics,  die  stimmungsvollen  Eichenwälder  und  einsamen  Weideflftehen 
Toa  £lis,  das  freundliche  Kurfu  auf  mich  wirken  lassen;  dagegen  war  es 
mir  Tergönnt,  die  vielgestaltige  Inselwelt  der  Agäis  etwas  nliher  kennen  zu 
lernen,  teils  durch  Sichtiing  und  kürzeres  Betreten  zahlreicher  Inseln,  teils 
durch  längeren  Aufenthalt  i  auf  Santoriu,  Nisyros.  Kos),  der  durch  Fußwande- 
runpen,  Kitte  und  Bootfahiten  ausgefüllt  wunh-.  Auf  eine  knappe  Schilde- 
nmg  des  Landsi  haftscharakttTS  der  Inseln  des  iigaischen  Meeres  werde  ich 
mich  daher  im  Folgenden  zu  bescliriinken  haben. 

Schon  der  Blick  auf  eine  Karte  verrät  ohne  weiteres  die  außerordentliche 
Mannigfaltigkeit  der  landsehafflidieB  Bilder,  die  des  BeSsenden  in  der  Iglis 
hanen:  Land  und  Meer,  Berg  und  Ebene  stoßm  hier  auf  engstem  Baum  zu- 
ammen,  und  es  ergibt  sich  schon  aus  dieser  Tatsache,  daß  außerordentlidi 
vencfaiedenartige  Gruppierungen  dieser  Einselelemente  zu  wirkungsvollen  Ge- 
nmtbildem  mOglich  sein  müssen.    Man  könnte  demnach  erwarten,  daß  der 
Inselflur  der  Äg&is  die  Palme  landschaftlicher  Schönheit  auf  Erden  zukommen 
mäßte,  und  in  der  Tat  sprechen  sich  manciie  Schilderungen  mehr  oder  weniger 
bestimmt  in  diesem  Sinn  aus,  meines  Erachtens  aber  nicht  ganz  mit  Becht, 
denn  so  hoch  ich  auch  die  Schönheit  dieser  Inselwelt  einschätze  —  ich  kann 
nir  doch  nicht  verhehlen,  daß  obiges  Urteil  in  dieser  Allgemeinheit  nicht 
Wohl  aufrecht  erhalten  werden  kann.    Es  ist  freilicli  gar  nicht  möglich,  ver- 
schiedene Landschaften  einwandsfrci  mit  Rücksicht  auf  ihre  llsthetische  Wirkung 
mit  einander  zu  vergleichen;  aber  so  viel  scheint  mir  doch  festzustehen,  daß 
der  Uehrzahl  der  griechischen  Einzelinseln  andere  Gebiete  unseres  Erdballs 
an  landschaftlicher  SchOnheit  ftberlegen  sind;  ausnehmen  möchte  ich  hier  nur 
die  Perle  der  griechischen  Lisdwelt,  Santoiin,  jenen  wunderbaren,  teilweise 
Tcm  )ber  bedecktm  Vulkan  der  Ägiis,  innerhalb  dessen  zerbrochenem  Biesen- 
krater in  histmischer  Zeit  eine  ganze  Anzahl  von  LaTastank^(eln  angestiegen 
ist,  die  nun  eigenartige  vegetationslose  oder  wenigstens  T^etationsarme  dunkle 
InsoIcheD  bilden  mit  steilen,  stdlenweise  fast  senkrediten  Felswilnden,  mit 
wilden,  blockttbersftten  LaTastrOmen  und  schmalen  gewundenen  Buchten,  eine 
l^Mikrakaimeni)  auch  mit  einem  merkwürdigen  Ezplosionskrater.  Wilhrend 
aber  diese  Inselchen  den  meerbedeckten  lunenraum  zwischen  den  drei  supra- 
m&rinen  Resten  des  alten  Kraterwalls  in  höchst  malerischer  Wt  ise  ausschmücken 
und  durch   ihre   dunklen   Farbentöne   einen   eigenartigen  Kontrast  zu  dem 
tiefen  Blau  des  Meeres  bilden,  steigen  die  Kraterwallroste  selbst  ungemein 
schroff  an  der  Innenseite  des  Kraterkessels  auf,  sich  stellenweise  mehr  als 


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40 


K»rl  Sappert 


'J50  m  über  den  Meeresspirgel  erhebend.  Weiße  Bimssteinbänke  wechseln  auf 
Thera  und  Therasia  mit  rothraunen  oder  seliwilrzlichen  Schlackenlagen  ab, 
wahrend  sich  da  und  dort  eine  niüchtige  giauschwarze  Lavabank  hinzieht.  Der 
verschiedene  Zusammenhalt  dieser  mit  einander  wechsellagemdeu  Bänke  erzeugt 
im  Prohl  des  lunenabfalls  eine  Aufeinanderfolge  verschieden  hoher  und  ver- 
schieden steil  abgeböschter  Stufen.  Von  fenie  grOfit  die  fiber  dunklen 
SoUackanlagen  ausbaute,  senkreobt  abbrechende  weiBe  Bimsstmnkappe  vom 
Aspronisi  herfiber.  Auf  den  höchsten  HOfaen  yon  Thera  und  Theraria  abor 
thronen  die  auf  miehtigen  Statnnanem  ruhfinden  weiBgetflnditen  Hiuaer 
und  Kirchen  wohlhabender  DOrfer,  wShrend  der  hellgrane  BiniMteinboden  der 
sanft  gegen  das  Meer  hin  abfollenden  Außenabdacbnng  fast  gans  mit  Beben- 
pflanzungen bedeckt  ist,  nur  da  und  dort  Raum  für  Landbäuser  und  Ort» 
Schäften  lassend.  Im  Südosten  Theras  freilich  ist  der  gleichförmig  sanfte 
AuBenabfall  des  Vulkans  durch  ein  schroffes  Kalksteinmassiv  unterbrochen, 
dessen  (Gipfel  das  weithin  .sichtbare  Kloster  Hagios  Elias  krönt,  während  an 
seinem  hncli;,rebir^'sartig  steil  ins  Meer  abfallenden  Osthang  unterhalb  der 
altgriecbischen  Stadt  von  Mesobuno  die  l'berreste  der  wundervoll  gelegenen 
Einsiedelei  Askitario  ungemein  kübn  am  Felsen  angeklebt  sind.  So  bietet 
denn  die  Inselgruppe  von  Santorin  eine  solche  Abwechslung  von  Formen 
und  Farben,  wia  ri»  wohl  kaum  wieder  Irgendwo  auf  dam  Brdenmnd  in 
gleich  harmonischer  Verbindung  auf  engstem  Raum  wiederkehrt;  und  denkt 
man  sidi  fiber  all  dieser  Herrlichkeit  einen  tiefblauen  Himmel  mit  strali- 
lender  Sonne  und  weiAen  sidienden  Wolken,  so  muß  man  in  der  Tat  su- 
gestehen,  daß  Santorin  einen  H(ßispunkt  landschaftlicher  Schönheit  auf  Brdan 
bedeutet.  Nichts  innerhalb  der  ägäiscben  Inselwelt  kommt  ihm  auch  nur  an- 
nihemd  gleich;  selbst  Nisjros  mit  seinen  regelmäßigen  vulkanischen  Außen- 
bingen und  den  wild  aufgetürmten  Staukegeln  des  Kraterinnem,  mit  seinen 
merkwürdigen  kleinen  Einzelbocas  und  der  prtcbtigen,  die  Hauptinsel  ein- 
kleidenden Inselkette  kann  mit  Santorin  nicht  wetteifern,  auch  wenn  man 
von  dem  geringeren  Formenreicbtuni  absehen  wollte,  der  in  der  rein  vulka- 
nischen Natur  der  Insel  begründet  ist. 

Den  vulkanischen  Inseln  der  Agiiis  stehen  an  eindrucksvoller  Wirkung 
noch  am  nächsten  jene  Inseln,  die  sich  teilweise  aus  Kalkgebirgsstöcken  zu- 
sammsnsetian,  teilweise  aber  auch  andere  geologische  Formationen  aufweisen, 
äean  dnrdi  den  mehrfiuhen  Weduel  dar  Oestnnsarten  kommt  eine  wohl- 
tuende Abwechslung  der  Formen  su  Stande,  die  in  mancheo  Fftllen  ftsthetisdi 
sehr  befinedigende  Wirirangen  erxielt.  Der  Wedhsd  der  InnienflUimng  inner- 
halb ^nes  einseinen  InselkOipers  bringt  im  Gegensata  su  der  stetigen,  ringsum 
dominierenden  Horizontalen  des  Heeres  ein  solches  Leben  in  das  Gesamt- 
Inld,  daß  man  sich  nicht  genug  über  die  Mannigfaltigkeit  der  Formen  freuen 
kann.  Am  aufrälliir-^t^  ii  tritt  dieser  außergewöhnliche  Linienreichtum  zu  Tage 
auf  der  Insel  Kü>,  die  allein  unter  ihren  Nachbarn  eine  langgedehiite  Küsten- 
ebene  besitzt,  andrerseits  aber  audi  wild  und  hoch  aufragende  Kalkstein- 
berge von  z.  T.  wahrhaft  alpiner  Großartigkeit  autweist,  wälin-nd  sich  da- 
neben weiche  tertiäre  Schichten  in  milden  Böscliuugen  und  tnelirfachen  Ter- 
rassen abdachen,  am  andern  luselendc  aber  jungeruptive  Kuppen  aufragen 


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Inteln  dei  ftgftiseken  Meerei. 


41 


und  iwiachen  beiden  Gelniigsgegenden  ein  ausgedehntes,  jungvulkanisches  Tuff- 
plttnu,  von  tiefen  Barrancos  durchbrochen,  jene  eigenartige  Verbindung  einer 
boriiontalen  Hauptlinie  mit  jäh  abbrechenden,  steilgeknickten  Nebenlinien  auf' 
weist,  wie  sie  fflr  aolisch-vulkanische  Landschaften  kennzeichnend  sind. 

Dm  meisten  Inseln  des  ägäischen  Meeres  fehlt  aber  eine  derartitje  weit- 
gehende Mannigfaltigkeit  des  geologischen  Aufliaus,  was  sich  naturgemäß  auch 
in  der  landschaftlichen  Erscheinung  kundgibt:  wo  krystallinische  Massen, 
Schiefer  oder  sonstige  der  Zersetzung  und  Abtragung  leichter  zugängliche 
Gesteine  vorherrschen,  sehen  wir  sanft  aufsteigende  Kanunlinien,  die  sich  viel- 
Cidi  dnreh  die  Sehönheit  ihrer  Kuren  ansMiohiMB,  aber  dnrch  mebr&che  Hftn- 
fang  auf  eiig«iii  Banm  etwas  ermfldend  wirken  kOmieD,  um  so  mehr,  als  manehe 
ImAü  so  Uein  mnd,  daB  sie  nur  in  einem  einzigen,  alles  dominierenden 
Beige  gqpfeln  und  daher  jener  Abweehslnng  enthehren,  deren  s,  B.  nodi  Nazoe, 
eis  TeridUtassmUBig  groBe,  mdngipfelige  Lisel,  teilhaftig  ist  Im  sdiarfen 
Oegensatx  zu  dem  meist  sanften  Fluß  der  Linien  der  eben  erwähnten  Inseln 
steht  die  schroffe,  oft  jäh  geknickte  Profillinienfiihrung  der  Kalksteininseln, 
die  dem  Freund  wildromantischer,  fast  alpiner  Szenerie  viele  Befriedigung 
gewähren  mögen,  aber  trotzdem  nicht  eigentlich  formschön  genannt  werden 
können  und  hauptsächlich  nur  durch  den  Farbengegensatz  zwischen  den  oft 
weithin  kahlen,  grauen  Felswänden  und  dem  tiefblauen  Meer  das  Auge  erfreuen. 

(iiinstig  für  die  landschaftliche  (iesamt  Wirkung  der  ägäischen  Inselwelt 
hat  es  sich  aber  gefügt,  daß  die  verschiedensten  landschaftlichen  Inseltypen 
oft  auf  so  engem  Baum  zusammen  vorkommen,  daß  man,  namentlich  von 
«insr  bdmrsehendcn  Bergspitae  ans,  luwin  ganz  Yevadiiedener  landsdiaftliehw 
Asigestaltang  anf  einmal  üherbliokt  und  damit  einen  wesentlich  hefriedigen- 
4«en  Gesamteindniok  mliBlt,  als  wenn  man  nur  gleichartige  InB^  vor  sich 
Ahe.  Dies  wird  einem  hesonders  eindringlich  auf  den  hohen  Bergen  ron 
Km  Uar,  wie  schon  Melchior  Neamayer  herrorgehoboi  hat,  indem  er 
sagt:')  „Steht  man  auf  einem  der  höheren  Berge  Ton  Kos,  der  das  Heer  im 
Süden  und  Norden  beherrscht,  so  bilden  die  eisgrauen  Kalkfelsen  von  Ka- 
lymnos  und  Kapparo  auf  der  einen,  die  dunklen  Lava-  und  Aschenmasseo 
von  XisjTos  auf  der  anderen  Seite  einen  landschaftlich  und  geologisch  äußerst 
interessanten  Kontrast." 

Eines  aber  tiel  mir  bei  den  Inseln  der  Agäis  sofort  ins  Atige,  daB 
Äst  alle,  mit  Ausnahme  der  Vulkaninseln,  sehr  steil  gegen  das  Meer  hin  ab- 
fallen, mochten  die  Inseln  nun  aus  kalkigen,  schiefrigen  oder  massigen,  erup- 
hveo  Gesteinen  zusammengesetzt  sein;  freilich  zeigt  sich  im  Verlauf  der 
BMoagslinie  je  nach  der  geologischen  Beschaffenheit  wieder  große  Ver- 
idiiedenheit;  fiut  immer  aber  war  auch  hier  in  der  Ägftis,  wie  bei  anderen 
flechmseln  (s.  B.  der  Tropen),  die  ich  daraufhin  untersucht  hatte,  der  Abfoll 
gegen  das  Meer  an  jfth.  Der  Grund  ist  hier  offenbar  derselbe,  wie  s.  B.  auf 
^  Antillen;  er  ist,  wie  ich  firflher  schon  dargelegt  habe*),  darin  m  suchen, 

1)  Über  den  geologischen  Bau  der  Insel  Kos.  Denkachr.  k.  Ak.  d.  Wisa.  Wien. 
HittL  ni  CL  XL.  8.  S8. 

S)  In  den  VuIkangeMetea  Mittelamerilcae  und  Wettindiens.  Stuttgart,  Sehweiier> 
bertb  1906.  8.  tiOiL 


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42 


Karl  Sapper: 


daß  die  Engräum igkeit  der  Inseln  die  Abtragung  wesentlich  be- 
schleunigt, während  die  Weiträuniigkei  t  der  Kontinente  odir 
sonstiger  größerer  Landlläehen  sie  verlangsamt.  Diese  Beschleunigung 
der  Abtragung  engräumiger  (Jebiete  ist  natürlich  um  so  stärker,  je  steiler 
der  submarine  Kfistenabfall,  je  tiefer  das  benachbarte  Meer  ist,  was  übrigens 
Plato  im  Kritias  (III)  schon  andeutete,  indem  er  sagte,  daß  die  „vielen 
und  miehtigen  Überschwemmimgen  (in  Attika)  die  von  der  Höhe  herab' 
geschwemmte  Erde  nicht,  wie  anderwSrts,  aufittmmten,  sondern  daß  sie,  immer 
ringshenun  fortgesehwemmtf  in  die  Tiefe  verschwinde**.  Li  der  Tat  steigen 
die  InseLi  der  Ägftis  sumeist  aus  recht  tiefem  Meere  auf,  so  daß  es  sehr 
wohl  begreiflich  ist,  daß  das  von  den  Inseln  abgeschwemmte  Material  zumeist 
nicht,  wie  etwa  bei  den  Alluvialbildungen  der  kleinasiatischen  FlüssCi 
Ebenen  bilden  konnte;  dagegen  tindet  man  im  Norden  von  Kos  seichtes  Meer, 
und  so  erklärt  es  sich,  daß  sich  gerade  dort  eine  größere  Schwemmland- 
ebene  gebildet  hat,  während  im  Süden  derselben  Insel  die  Herge  unmittel- 
bar ins  tiefe  Meer  abfallen.  So  hat  also  die  geringe  'l'ifte  des  Meeres  im 
Norden  der  Insel  mittelbar  einen  großen  Einfluß  auf  die  landschaftliche,  und 
fügen  wir  gleich  noch  hinzu,  auch  wirtschaftliche  Entwicklung  der  Insel 
ausgeübt. 

Daß  im  letaten  Grund  tektonisohe  Vorgänge  für  die  Auflösung  des  ehe- 
maligen ägäischen  Festlandes  in  Insehn  und  für  die  Ausgestaltung  des 
Landschaftscharakters,  in  manchen  Fillen  auch  für  die  Steilheit  einselner 
Btediungen  venuitwortlich  zu  machen  sind,  scheint  mir  sicher  tu  SMn,  aber 
für  die  feinere  Herausroodollierung  der  Formen  muß  doch  die  Tätigkeit  des 
Wassers,  in  geringem  Maße  auch  die  <les  Windes,  angenommen  werden,  und 
für  die  Art  der  Herausmodellieimng  der  Ein/.elformen  war  die  Engräumigkeit 
der  Inseln  bi  deutsam.  Aber  auch  die  physikalische  Beschatfenheit  der  geo- 
logischen Ein/elgebiUle.  nanientlicli  ihre  Wasserdurchlässigkeit,  hat  auf  die  Aus- 
gestaltung des  Landschaftsbil  h'S  der  griechischen  Inseln  einen  großen  Eintluß 
ausgeübt:  die  jungviilkamscheii  l'utt'biinge  von  Santorin  und  Nisyros  /.eigen 
viel  weniger  gut  ausgebildete  Tiller  und  Flußrinnen  als  die  übrigen  Inseln 
des  Gebiets,  weil  die  Regenwasser,  wenn  sie  nicht  mit  großer  Helligkeit  und 
Masse  niederstflnten,  von  dem  lockern  BimssteintnlP  aufgesogen  werden  und  dann 
gar  nicht  oberflSchlich  sum  Abfluß  gelangen.  Dieselbe  Eigenschaft  der  vulka- 
nischen Tuffe  wirkte  aber  aodi  indirekt  auf  die  Ausgestaltung  des  Land- 
schaftsbildes ein:  da  auf  diesen  vulkanischen.  BOden  Quellen  und  dauernd 
fließende  B&che  völlig  fehlen,  sind  die  Menschen  fOr  ihre  Wasserversorgung 
auf  Zisternen  angewiesen,  die  sie  natärlich  ebensogut  auf  dem  Gipfel  als  an 
den  Hängen  des  Geländes  erbauen  kennen.  Daher  sind  auch  die  menschlichen 
Siedelungen  auf  den  vulkanischen  Inseln  scheinbar  ziemlich  regelmäßig  über 
die  Hänge  hin  zerstreut  und  etliche  der  wichtigsten  Dorfschaften  von  Nisyros 
und  Santorin  krimen  sogar  die;  hrnhsten  Teile  der  Kratenimwallung.  Auf 
den  nichtvulkanist  hpii  Inseln  dagegen  sieht  man  außerordentlich  häutig  die 
wichtigsten  Si^dflungen  —  abgoehen  von  den  naturgemäß  ans  Meeresuter 
gebundenen  Halenstiidten  —  sich  in  etwa  halber  Höhe  des  Berges  hin/.i«'hen: 
mag  auch  in  früheieu  Zeiten  die  Furcht  vor  Seeräubern  und  leiuduu  diese 


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Inieln  des  &gftitelieii  Heeres. 


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merkwürdige  Siedelungslage  empfohlen  haben,  80  ist  doch  das  gegenwärtige 
Amdanem  der  Bewohner  an  der  alten  Stätte  —  neben  der  Scheu  Tor  Ma> 
laria  —  in  erster  Linie  durch  die  Gunst  der  Wasservenorgung  verursacht: 
auf  den  griechisohen  Inseln  ist  in  halber  Höhe  der  Berge  vielfach  fließendes 
Wasser  vorhanden,  in  der  trockenen  Jahres/oit  aber  orreicht  es  das  Meer 
nicht  mehr,  sondern  versickert  lange  vorher,  so  daß  der  Anwohner  des  Meeres 
seinen  Wasserbedarf  durch  Brunnen  oder  Zisternen  decken  muß.  Das  ins 
Grün  der  Fi^uchtbäume  eingebettete  Weiß  der  hochgelegenen  Dörfer  hebt  die 
JUlerische  Wirkung  der  sonst  ziemlich  gleichfarbigen,  im  Sommer  meist  braun- 
lOtiichen  Inselbftnge  gam  wesentlieh  und  bringt  Abwechslung  in  das  etwas 
dntOnige  Büd  mandiar  Löseln.  Hlkshst  anffUlig  fXkt  das  Auge  des  Wanderers 
iit  namentlich  der  Anblick  der  lahlreiehen  HodidOrfer  am  Nordhang  des 
Kalkgebirgnrogs  des  Ostlidien  Eos,  nnd  verwondert  acht  man,  wie  daneben 
auf  dem  niedrigen  Isihmns  der  Lud  zwisehen  den  Sstliehen  nnd  wesiJichen 
HShen  die  Hauptdörfer  auf  den  höchsten  Erhebungen  des  Plateaus  gelegen 
sind  und  auch  früher  schon,  in  der  Johanniter/eit,  gelogen  waren;  aber  auch 
hier  gibt  die  geologische  Untersuchung  die  Antwort  auf  die  Frage  nach  dieser 
landschaftlichen  Anonialio:  der  Isthmus  zwischen  dem  Ost-  und  Westgebirge 
ist  seiner  Zeit,  wohl  von  Nisyros  her,  mit  vulkanischen  Auswürflingen, 
namentlich  Bimssteinlapilli.  übeisi  liiittet  worden,  und  nuturgemilß  stellten  sich 
damit  aueh  lokal  die  Ansiedhingsbedingungen  vulkanisch-iiolischer  Landschaft 
ein,  wie  sie  über  diis  ganze  Erdenrund  hin  zu  verfolgen  sind:  die  Festsetzung 
der  Ansiedler  auf  dem  Plateau  selbst  (oder  wo  die  Verteidigungszwecke  in 
den  Yordergnmd  teaten,  auf  Torgeschobenen  Platean-Laseln  oder  'Yorsprüngen), 
wUnend  die  Wasserrersorgung  durch  Zisternen  oder  Ton  benachbarten,  in 
tiefen  Schlnohten  fließenden  Blohen  her  erfolgen  konnte. 

Die  Terhlltnismftfiig  sehr  große  Mannigfititigkeit  des  geologischen  Anf- 
bans  der  Lueht  des  Iglischen  Heeres  hat  so  direkt  und  indirekt  auch  eine 
grate  Mannigfaltigkeit  der  landschaftlichen  Erscheinung  bewirkt  und  damit 
der  iglischen  Inselflur  in  der  Tat  einen  Vorzug  vor  den  allermeisten  Insel- 
gruppen der  Erde  verschafift.    Die  Dürftigkeit  der  Pflanzendecke  läßt  die 
Formen  der  einzelnen  Inseln  fast  unverhüllt  hervortreten  nnd  mit  Freude  er- 
kennt ein  geologisch  geschultes  Auge  schon  aus  weiter  Ferne  das  regelmäßig 
schöne  Profil  vuikani.scher  Aufschüttungskegel,  die  bizarren  Linien  von  La- 
▼astankegcln,  die  sanft  geschweiften  Umrisse  schieferigcr  Bcrj^'c,  tiie  plumpen, 
etwa«  brutal  wirkenden  Fonnen  der  Kalksteinklötze  mit  ihren  stellenweise 
Mnft  auf-  und  absteigenden,  dann  wieder  in  scharfe  Spitzen  und  jäh  ge- 
broditne  Kanten  anslaufenden  Linien,  und  aiich  auf  den  ungeschälten  Beob- 
sehtflr  wird  dieser  grofie  Formenreichtum  der  ägäisdien  Landschaft  einen 
isttuliaeh  anregenden  Eindruck  machen,  wenn  auch  vielleicht  nicht  immer 
•insa  völlig  befriedigenden,  da  die  Qegensfttse  dw  Linienführung  manchmal 
allzogroB  sind  nnd  manche  Einsdformen,  so  namentlich  der  Kalkbeige,  wohl 
änreh  Wildheit,  nicht  aber  durch  Schönheit  der  Umrisse,  imponieren.  Es 
kommt  durch  sie  in  das  Landscbaftsbild  eine  gewisse  Unruhe  und  ünaus- 
ge^chenheit,  die  durch  den  Gegensatz  zu  der  allenthalben  hervortretenden 
stetigen  Horizontalen  des  Meeres  nur  noch  auffälliger  wird. 


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44 


Karl  Sftpper: 


Aber  wie  dmr  ästhetisch  abwägende  Sinn  von  der  Oesamtwirknng  der 
Formen  nicht  ganz  befriedigt  wird,  so  kann  er  es  auch  tob  der  Gcsamtwir- 
kung  der  Farben  nicht  sein  —  zum  mindesten  nicht  im  Sommer  und  Herbst 
wenn  die  Vegi-tation  verbrannt  und  armselig?  erscheint  und  tiefes  Grün  nur 
in  voreinzf'lten,  meist  auf  die  Nähf  dfr  mensoJdiidien  An.siedlungen  beschränkt«>n 
Flocken  im  Landschattsbild  hervortritt.  Hochwald  fehlt  ja  auf  den  meisten 
Inseln  vollständig  und  wo  er  norh  vorkommt,  wie  in  Kos,  nimmt  er  so  ge- 
ringfügige Flüchen  ein,  daß  er  das  Landschaftsbild  nicht  wesentlich  beeiutiussen 
kann.  Dieser  Mangel  an  Wald,  der  die  Inseln  umkleidete  und  manche  allzu 
schroffen  Formen  mildernd  Teiiiflllte,  bringt  die  ägäisehe  Inselwelt  in  entsdiie- 
denen  laodschaftlieben  Nachteil  gegenflbmr  anderen  Inselgruppen  der  geroftßigten 
Zontti  und  der  Tropen.  Sehr  nngem  TetraiBt  das  Auge  das  Grftn  im  Farben- 
konsert  dmr  yom  Blau  des  Meeres  als  Gnmdton  beherrsehten  griechisehen 
Landschaft.  Wohl  treten  in  Folge  der  DOrftigkeit  des  Pflansankleides  die 
Eigenfarben  der  Tiestoinsarten  oft  halbveriifllltf  oft  weithin  TOllig  ftei  zu  Tage: 
das  Grau  der  Kalkfelsen,  das  Schwarz  juagemptiver  Gesteinsmassen,  das  Gran- 
Weifi  der  Bimssteinabsätze ,  das  Rotbraun  schieferiger  Gebilde,  das  Hellgrau 
mergeliger  Schichten  —  aber  all  dieser  Farbenreichtum  ersetzt  nicht  den 
Mangel  an  Griin  und  die  braunnUlif  Ii  oder  gelblich  angebauchten,  mit 
niedriger  Vegetation  bestandenen  Hänge  wurden  trot/  des  Formenreichtums 
der  oft  kräftig  in(jdeUierteu  Flächen  nianehnuil  geradezu  langweilig  anmuten, 
wenn  nicht  da  und  dort  weißgetünchte  Landhäuser,  Klöster,  Dörfer  wie  Licht- 
punkte hervorleuchteteu  und  die  einfarbigen  Flächen  freundlich  unterbrftchen. 
An  die  Stelle  steppenbaftsr  Grasfluren,  Kraut-  und  Straucbflftdien  treten  allere 
dings  auch  hiufig  weitausgedehnte  Busehformfttionen;  sie  ftberdecken  aber  nicht 
gesehlossen  die  gaaie  Flftche,  Tielmehr  sind  die  EimtelbOsche  oder  Bnsdi- 
gmiqpen  sehr  hftufig  durdi  kleine  FUchra  von  Kahlboden  oder  Gras^  und 
Krautregetataon  von  einander  geschieden,  so  daß  derwtige  Gettndestrecken 
ein  eigenartig  geflecktes,  man  möchte  sagen,  getigertes  Aussehen  eibalten: 
dunkelgrüne  Flecken  auf  hellem  (grauem  bis  rotlichem)  Grund  —  ein  Ssthe- 
tisch  unbefriedigender  Anblick!  Wesentlich  freundlicher  erscheinen  daneben 
die  menschlichen  Kulturen:  Weinberge  und  Felder  aller  Art.  soweit  nicht  be- 
reits die  Frucht  eingeheimst  Lst  und  gelbe  Stoppelfelder  an  die  Stelle  der 
grünenden  Flächen  getreten  sind.  Auf  alle  Fälle  ist  der  Einfluß  des  Men- 
selien  auf  die  Ausgestaltung  des  ftgSischen  Landschaftsbildes  sehr  beträchtlich, 
denn  die  Besiedelung  der  Inseln  ist  so  dicht,  daß  weite  Flächen  dem  Acker- 
bau oder  dem  Weidebetrieb  dienen  mfissen,  daß  die  nicht  unmittelbar  unter 
Kultur  stehenden  Fliehen  durch  Abholsung  oder  Wuchsbescbidigung  (durbk 
die  weidenden  Zi^en  s.  B  )  wesentlich  Tertndert  worden  sind,  und  daß  meoseh- 
liehe  Siedelungen,  stellenweise  sogar  schon  Wegebau,  das  landsehaftliche  Bild 
stark  bemnflussen.  Daß  bei  all  diesen  BeUtigungen  des  Menschen  der  Ein- 
fluß der  geologischen  Beschaffenheit  (sei  es  in  Auswahl  der  Bodanbenutinng, 

1)  Die  griechisehen  Inseln  sn  andern  Jahreeseiten,  namentlich  im  Winter  su 

sehen,  war  mir  nidit  beschieden;  ich  habe  daher  die  Mitwirkung  des  an 
der  Farbenwirknng  der  Landschaft  nicht  in  Betracht  sieben  können. 


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loseln  de»  ägaiechen  Meeret. 


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in  PlainB  der  Sieddong,  der  Anlage  der  Wege  usw.)  eine  eigene  Rolle 
ipiilt,  bnnebi  hier  nidit  beaonderg  erwBhnt  wi  werden. 

Schon  Ton  weitem  logen  dem  Reisenden  gewisse  Unterschiede  in  der 
Erscheinung  der  Siedelangen  die  Art  der  Bevölkerung  an,  indem  auf  den 
tärkisrhen  Inseln  vielfach  noch  schlanke  Minarets  auf  die  Anwesenheit  von 
Türken  oder  sonsti^jen  Anhängern  des  Islam  hinweisen,  wilhrend  daneben,  oft 
von  hoch  hehorrschenden  Felshüheu  herab,  freun« Hiebe  weiügetüncbte  Kapellen, 
Kirchen  und  Klöster  griechisch  kathc^lischer  Christen  herübergrüßen;  auf  den 
gnechiscben  Inseln  <3er  Agäis  abpr  findet  man  neben  den  Kirchenbauteii  ortho- 
doxer Christen  oft  auch  rüniiscb-katholischc  Tempel,  manchmal  etwas  plump, 
aieht  ganz  stUrön.  Im  allgemeinen  muten  die  Dörfer  und  Stfldte  der  tfir- 
IdidMi  Gestade  frenndlidier  au,  wegen  des  Sehmucks  der  Minarets  und  der 
aa&diea,  oft  sogar  unTollkommenen  WeiBtOndrang  der  flachen  Hftuser,  als 
die  sa^iraelisToUeren  Siidte  nnd  DOrfer  der  griedüsdien  Sdte,  wo  nicht 
Mltan,  wie  s.  B.  hOohst  stSrend  in  Syra,  Yerschieden&rbiger  Maneranstrieh 
die  Fkibeohannoiiie  des  Bildes  stSri  Das  Schönste  der  Stadt-  und  Dorf- 
bilder  ist  aber  vielfach  der  Schmuck  der  tiefgrünen  breitkronigen  Fnicbt- 
biume,  der  schlanken  Pappelnf'der  Palmen  und  Agaven,  imd  manche  be- 
scheidene Dorfkirche,  an  grauen  Kalkfels  gelehnt  und  von  schwarzgrünen 
Zypressen  umrahmt,  mutet  fast  an  wie  das  Original  gewisser  Böcklinscher 
Landschaften.  Uberhaupt,  wer  den  intimen  Heiz  griechischer  Landschaft 
kenneQ  lernen  will,  der  darf  nicht  am  Dampfer  und  den  Hafenstildten  kleben, 
der  muß  ins  Innere  wandern  und  wird  hoch  befriediget  die  prächtigen 
stimmungsvollen  Einzelbilder  genießen,  die  seiner  dort  harren.  Wohl  erblickt 
Bisa  auch  vom  Dampfer  ans  manch  prächtiges  Landschaftsbüd  aus  größerer 
eder  geringerar  Entfernung,  und  besonders  kräftig  pflegt  die  mal«risohe 
Wirkung  antiker  oder  mittelalteriidter  Baoreste  ni  sein,  da  wo  sie  massig 
geaag  erhalten  sind,  nm  vom  Strand  oder  von  beherrsdiender  Hohe  aus 
weit  ins  Meer  hinansraschanen,  wie  etwa  die  Akropolis  von  Nisiyros  oder  die 
Jeksawteifanigea  Ton  Kos.  Wenn  das  Schiff  nahe  an  die  Gestade  heran- 
kosunt,  so  ▼erspflrt  der  Reisende  zuweibm  schon  einen  Hauch  von  der  in- 
tnnen  Wirkung,  deren  zahlreiche  Eiozclbildor  ägttisoher  Inf^ellandschaft  ffthig 
sind  —  hier  eine  kleine  Bucht  mit  felsigem  Eingang  und  schmalem  Sand- 
Strand,  eine  baumbescbattete  Hütte  im  Hintergnind;  dort  eine  einsame  Palme 
am  .\usgang  einer  stillen  Talschlucht;  dann  wieder  tiefgrüne  Büsche,  die  aus 
Uiuen  der  grauen,  von  Wellengischt  gebadeten  Kalktelsen  hervorwacli^en 
0-  dergl.  Aber  den  vollen  Reiz  der  landschaftlichen  Schönheit  der  Ägiiis 
lenit  man  doch  immer  nur  kennen,  wenn  man  die  vieibotrett-'iieu  Tfade  ver- 
lUt  nnd  auf  einsamen  Wegen  durch  die  Dörfer,  die  Einöden  und  Berge 
lAwoft  und  mit  wachsoider  Höhe  das  Meer  in  immer  tieferem  Blau  an 
VUaa  neht  Vor  allem  treten  dann  die  Pflanzen  mit  aller  Eigenart  ihrar 
fiuslfonnen,  die  Tiere  nnd  der  Mensch  mit  seinen  Werken  als  wirkssme 
Staftge  TieUach  in  den  Vordergrand  nnd  verleihen  den  Bildern  oft  dnen 
•■b  bedeutenden  Stimmnngsgehalt:  wie  freandlich  grflBen  auf  hoh«r  Berges^ 
h''hp  zwischen  weißgrauem  Kalkfels  kräftige  grüne  Bergkiefern  den  stillen 
Wiaderer,  wie  fröhlich  rastet  ijch's  im  Tal  im  Schatten  riesiger  Platanen  am 


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Karl  äapper:  Inseln  des  ägaischeu  Meeres. 


Baad  des  tiefen  SchSpf bniiuieiu»,  dem  die  gef&Uigen  Anwohner  des  Orts  mit 
Schöpfeimern  das  kOsÜiche  Nafi  fttr  die  Beisendea  and  ihre  müden  Esel  oder 

Maultiere  entnehmen,  wie  priichtig  heben  sich  die  scharfen  Silhouetten  des 
auf  hohem  Ber<4grat  stehenden  Hirten  und  seiner  weidendon  Rinder  oder 
Schafe  vom  gluturuflossenen  Abendhitiimcl  aln  wie  freut  sich  das  Auge  des 
Wanderers  am  An)>lick  des  weiß»-!!  f!''h<ift.s,  das  einsam  in  sonniger  Heide 
steht  iim  Hände  einer  grünenden  Haumgruppe.  während  draußen  am  Horizont 
noch  da  und  dort  eine  schlanke  l*uj)pel,  ein  Maulbecrhauni  ^('hart"  konturiert 
fiber  die  unruhig  tanzende  untere  Luftscliicht  der  erhitzten  Ebene  aufsteigt! 

Es  sind  köstliche  Momente  im  Dasein  eines  Wanderers,  all  diese  Summe 
von  Schönheit  stimmungsvoller  Landschaft  zu  schauen,  und  einen  Höhepunkt 
«nreichen  die  Einxelbilder,  wenn  in  der  Feme  noch  das  tiefe  Blau  des  Meeres 
erscheint  und  Insel  auf  Insel  mit  wechselYollen  Kontoren  nnd  matten  Tinten 
ans  dem  lenditenden  Arar  des  Wassers  emporsteigt.    Nicht  leicht  dfirflo  «n 
Landschaftsbild  anderer  Zonen  den  Farben-  und  Fonnenrmcfatom  der  Land- 
Schaft  am  AsphendiA  erreichen,  wenn  der  Schimmer  der  untergehenden  Sonne 
den  Farben  rei  eil  tum  des  Bilden  noch  erhöht:   zu  seinen  Füßen  sieht  der 
Wanderer  die  weiBen,  flachdachigen  Häuschen  and  Kirchen  des  Dorfes  da» 
hingestreut  in  das  Grün  der  Fruchtbäume  und  das  Silbergrau  der  ölhaine: 
stolz  ragen  da  und  dort  etliche  schlanke  Pappeln  oder  Zypressen  über  ihre 
Umgebung  liervor;  in  weiterer  Kntternung  zeigt  sich  der  sanft  geschwellte 
Kalk-Bergrücken  des  Hagios  Elias,  daneben  die  weite  Küstenobene  mit  ihren 
gelben  WeideÜikhcn    und   den    wohlgeptiegten   grünen  Weingarten,  zwischen 
denen  sich  ein  großer  salziger  Strandsee  ausdehnt:  dahinter  tiefblau  das 
Meer  imd  die  energischen  Proflllinien  von  Kalymnos  und  Pserimos.  —  Wie 
so  anders  erscheinen  nebmi  diesem  freundlichen  Bild  die  trotzigen  Buinen 
der  benachbarten  Johanniterfeste  Palaeopjlli  auf  kahlem  Kalkfels  oder  die 
finstere  Burg  von  Kephalos  auf  Oden,  fast  ganz  des  Pflanzenkleides  baren 
HQhen  Tulkanischer  TuflTe,  in  deren  steilen  Wänden  Winderosion  flache  Ver^ 
tiefungen  herausgearbeitet  hat    Und  wieder  —  wie  so  anders  gestaltet  sich 
der  Blick,  wenn  man  von  der  Höhe  des  Plateaus  von  Antimachia  durdi  «ne 
der  zahlreichen  mit  fast  senkrechten  Wänden  oben  anhebenden,  dann  aber 
nach  der  Flußrinne  zn  sich  ailmiihlich  verflachenden  Erosionsschluchten  aufis 
Meer  hinausschaut,  dessen  mit  dem  Himmel  fast  verschwimmende  Grenzlinie 
so  rubig  (luliin/.icht ,  oder  wenn   man  von  der  beherrschenden  Felskuppc  des 
Christos  die  ganze  große  Insel  Kos  mit  all  ihrer  Mannigfaltigkeit,  das  blaue  Meer, 
die  Nachbarinseln  und  weithin  die  kleinasiatischen  Küstengebiete  üb^rlilickt 
Dann  aber  wieder,  welch  eigenartigen  Keiz  übt  es  aus,  des  Abends  et\va  auf 
den  Ruinen  des  Asklcpieions  zu  stehen,  rings  umher  die  Trümmer  einer  hehren 
Vergangenheit,  am  FuB  des  Bninenhfigels  die  malerische  Schar  der  Arbsitsr, 
um  ihren  Herrn  gruppiert,  sn  Füfien  die  ferne  Stadt  Kos  nnd  die  Kllsten- 
ebene,  das  Vorgebirge  Ton  Halikamaß  und  xahlreidie  Inseln  inmitten  des 
sch&umenden  Meeres,  am  westlichen  Himmel  das  herrlidie  Farbenspiel  rOtKch 
beleuchteter  Wolken  und  ineinander  verschwimmende  Tinten  von  Orange  und 
Gelb,  mitten  darin  der  untergehende  Feuerball  der  Sonne!    Ganz  verschieden, 
aber  ebenfalls  anregend  nnd  grofl,  wirkt  auf  den  Beschauer  der  Anblick  der 


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Karl  Oestreich:  Zur  Hydrographie  des  Karats. 


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wilden  Staukegel  und  vigetatioDslosen  Kraterfl&chen  TOn  Nisyros  neben  den 
■it  UBsSgUdieni  Fleiß  xn  AckerbauzweelEen  mit  kflnstUeken  Terrassen  Uber- 
ngenem  grOnenden  Hftngen  des  alten  Kraterwalls,  den  etliohe  Windmühlen  nnd 
Dörfer  mit  weißblinkenden  Flaehhinsem  freundlich  krOnen.  Und  wie  malerisch 
lieht  es  in  diesen  Höhendörfem  selbst  aus,  in  ihren  schlecht  gepflasterten, 
u^anbltch  engen  Straßen,  wenn  etwa  die  Ziegenhirtin  in  ihrer  farbenreichen 
Tracht  an  der  Spitze  ihrer  Schutzbefohlenen  dahinschreitet,  freundlich  die 
Nachbani  b^rOßend  —  ein  Idyll! 

Keine  weiteren  Beispiele  wollen  wir  namhaft  machen;  aber  so  viel  steht 
fest,  daß  man  fast  auf  Schritt  und  Tritt  neue  reizende  Ein7ell)ilder  findet, 
und  daß  demnach  das  Wandern  im  Innern  dieser  Inseln  ein  Hochgenuß  ist, 
sofern  man  unempfindlich  ist  gegen  die  Strapazen,  die  Klima,  Wegebeschaflfen- 
ht'it  und  Untcrkunftsverbiiltnisse  auferlegen.  Besonders  reizend  sind  diese 
Wanderungen  auf  den  türkisc  hen  Inseln  der  Agüis,  weil  dort  nicht  nur  Türken 
und  mohanimedanische  Kreter,  sondern  auch  Griechen  noch  in  Tracht  umher- 
gehen, indes  auf  den  grieehischen  Lueln  westenropmsche  Kleidung  fast  allein 
Bodi  in  sehen  ist  Dazu  kommt,  daß  dort  neben  tflrldschen  und  modem- 
nroplisehen  Bauten  so  hftufig  antike  Buinen  und  wohleriialtene  Reste  mittel- 
•Iterlieher  deutscher  Qotök  das  Auge  des  Beisenden  erfreuen  und  ikm  mit 
eiaem  Mal  einen  Ausblick  in  die  ganse  wechselyoUe  tausendj&hrige  Geschichte 
dieser  Stätten  eröffnen. 

Alles  in  allem  genommen  darf  man  in  der  Tat  die  Inselwelt  der  Ägftis 
als  ein  landschaftlich  besonders  bevorzugtes  Gebiet  ansehen;  und  wenn  ich 
auch  nicht  zugehen  k;uin.  driß  es  gerade  das  Schönste  wäre,  was  es  an  Land- 
schaftt'ii  auf  dem  Erdenrund  gibt,  so  muß  ich  doch  gestehen,  daß  der  bloße 
Anblick  ein(M-  Karte  des  ilgilischen  Meeres  mir  nach  dieser  Heibe  utiwillkür- 
lich  eine  ganze  Summe   angenehmer  Erinnerungen  auslöst:   liebe  Menschen, 
gefällige  Gastfreundschaft,  interessante  Tmchten,  schöne  Ptiauzentypen,  prächtig 
gelegene  Dorfschafben,  stolzragende  Berge,  sonnenüberglühte  Floren  und  schat- 
^  Haine,  grauer  Fels  und  blaues  Meer,  Winne  und  Sonnenschein  — 
freOieh  manchmal  auch  Tage  des  Sturms,  die  des  Beixes  wilder  Schönheit 
aber  aoeh  nicht  entbehren  —  das  alles  tritt  dann  mit  swingender  Gewalt 
vor  mein  geistiges  Auge,  und  ich  rufe  dann  wohl  in  der  Stille  ein  fröhliches 
Glückauf  den  Beisenden  su,  die  nach  mir  alle  diese  Sdiönheit  schauen  und 
ganießen  dfirfen! 


Zur  HydrogTapUe  des  Kmts.') 

Von  Karl  Oeetreloh. 

Den  Titel  eines  bekannten  geomorphologischen  Werkes  variit  rend  kcMinte 
■•n  Grunds  Studien  aus  West-Bosnien  „das  Gesetz  der  Verkarstuug"  über- 
w^neiben.    Ihm  ist  in  der  Tat  eine  einftche  und  plausible  ErklSrung  der 

1)  Orund,  Alfred.  Die  Karsthvdrographie.   Studien  auH  West-Bosnien  iGen 
|»phi»che  Abhandlungen,  hrsg.  von  Penck.  Bd.  VII.  Heft  3.)  200  S.,  14  Textobb., 
•  Tat  Lcipsig,  Tenbner  lOOS.  JC  SJBO. 


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Karl  Oettreich:  Zur  Hydrographie  dei  Karitt. 


Erscheinungen  der  Verkarstung  gelungen,  und  so  kann  man  sageu,  daß  die 
durch  Cvijiös  Arbeiten  begonnene  morphologische  Erforschung  der  Karstläuder 
nach  ihrer  theoretischen  Seite  — -  nicht  nach  der  Seite  gleichmißiger  Durch* 
forsehong  hin  —  zu  einem  gewissen  Abschlüsse  gediehen  ist. 

Über  dem  j^tagniemideii  Grundwasser**  (das  nach  oben  durdi  eine  sich 
nun  Meeresttireaa  senkoide  Fliehe  begrenzt  wird)  ffieBt  ab  zum  Meeresnivean 
das  ^arstwasser**,  das  ni  bestimmter,  von  den  jahreszeitlichen  Niederschlügen 
abhängiger  Mächtigkeit  gespeist  wird  von  dem  in  den  Klüften  der  Oberfläche 
vertikal  zirkulierenden  atmosphärischen  Niederschlag.  Das  Karstwasser  hat 
demnach  ein  „unteres"  und  ein  „oberes"  Niveau,  das  jeweils  mit  etwa  einoni 
Monat  Verspätung  gegen  das  Niederscblagsextreni  erreicht  wird.  Dies  wird 
an  den  Ponoren  anfr  sohAnste  wahrgenommm,  und  zwar  ist  in  einem  Beispiel 
der  Abstand  beider  Extreme  40  m.  Dieser  Wert,  in  VeibSltnis  gesetsfc  za 
dem  Wert  des  diesen  Abstand  bedingenden  Niederschlagsunterschiedes,  ermflg^ 
lieht  einen  ungefUiren  Betrag  der  Kiflftung  zu  berechnen:  0,0024  cbm  Klfifte 
auf  1  cbin  Kalk. 

Die  Lage  der  Quellen,  der  Talsohlen,  der  Po^enflächen  zu  den  beiden 
Karstwassemiveaus  erklftrt  nun  alle  Erscheinungen  der  Wasserffihrung  sehr 
einfidb:  periodiaehes  FUeBen  oder  ünterwaBietsein  l&8t  anf  Lage  zwischen 

oberem  nnd  unterem,  perennierendes  Fließen  oder  bestUndii^es  l-nterwassersein 
auf  Lage  unter  dem  unteren  Karstwasserniveau  schließen.  Bei  Lage  Ober 
dem  oberen  Karstwassemiveau  erfolgt  die  Bewässerung  vom  (iobiet  undurch- 
iRssiger  Gesteine  her.  —  Nur  wenig  kompliziert  worden  die  genannten  Ver- 
hältnisse durch  stauende  Hindernisse,  Antiklinalen  oder  eingefaltete  Synklinalen 
von  andnrcblässigen  Siechten. 

Es  wird  dann  der  V<ngang  und  Art  und  Weise  der  Innudation  der 
Poljen  besprochen,  und  bei  Erw&hnung  der  Umgestaltung  der  Austrittsponore 
in  Höhlen  fallen  Streiflichter  auf  die  auffallende  Tatsache,  daß  so  selten 
unterirdische  ZusammenhJlngf  oberirdischer  Fluütorsi  nachzuweisen  sind. 

Sehr  wichtig  sind  die  Bemerkungen  über  das  Flußsystem  des  Karstes;  es 
sind  zu  nntereeheideii  KamtwasserflllMe,  also  periodlzdie,  im  Eantwaseor  ent- 
stehende, und  perennierende,  ans  nndnrdillarigem  Gestein  kommende  FIflase. 
Diese  allein  führen  roechani8<4ie  Erosionsarbeit  aus,  es  sind  die  Caüonflüsse,  ent- 
standen als  überfließungserscheinungen  ausgefüllter  Karstpoljen,  entstanden 
also  von  der  Quellregion  her.  Auch  der  physiognnmische  Unterschied  der 
Kalkalpen  und  des  Karstes  wird  berührt,  er  kommt  von  der  relativen  Lage 
der  Erosionsbasen  zur  undurchlässigen  Unterlage  des  Kalkes,  da  doch  das  geo' 
logische  Profil  das  gleiche  ist  Allgemeine  Zustimmung  wird  der  Ver&sser 
auch  mit  seiner  Erklärung  der  Po^en  finden  als  gewöhnlicher  tektonisdier 
Senkottgifelder.  Während  diese,  wenn  wir  im  Beispiel  der  von  Grund  an- 
gezogenen ostalpinen  Senkungsfelder  von  Judenburg,  Sekkau  usw.  bleiben,  in 
tmdurchlässigem  (Tcstein  eingesunken,  durch  Cbertlüsse  ihrer  Seen  zu  Fluß- 
weitungen werden,  erfolgt  im  Karstgestein  eine  Konservierung  der  Form  und 
oft  auch  der  AbfluBlosigkeit,  weil  sie  eben  durch  das  Karstwasser  gespeist 
und  drainiert  werden. 

Diese  in  dem  „Schlnfibemerkimgen^  Qbei  schriebenen  Abschnitt  enthaltenen 
Bemerkungen  sind  eine  Zusammenfassung  der  Ergebnisse  geomorphologischer 
Einzeluntei-suchung,  deren  Material  den  Hauptteil  des  Buches  füllt.  Leider 
ist  die  Lektüre  durch  den  Mangel  an  boigegebeueu  Karten  einigermaßen  er- 
schwert. Der  Verfasser  gelangt  u.  a.  zu  einer  schärferen  und  ansfUhrHcheren 
Gliedemng  der  Tenrassen  an  den  Po^enrftndem,  als  sie  Ovijid  gegeben  hatte. 


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Oeographitohe  Neuigkeiten. 


48 


Die  oligo-miocäne  Einebnungsdäche  wird  z.  B.  für  das  Polje  von  Livuo  in 
grSfiare  Höhe  angesetzt,  als  bisher  geglaubt  wurde,  dadurch  rückt  auch  der 
^egd  des  Po\]ensee8  bedeutend  hinauf^  es  werden  ferner  plioslne  und  diluviale 
Taitnen  unterschieden.  Es  ist  nicht  möglich,  den  Inhalt  des  Baches  in 
Kürze  zu  erschöpfen,  ans  dem  ebenso  die  allgemeine  geologische  Erforschung 
und  ois/oitlicbe  Spenalfofschong  wie  die  Praxis  des  Wasserbaus  reichen  Nutsen 
liehen  wird. 


GeograpUsehe  Neuigkeiten. 

Zimammengestellt  von  Dr.  Angnst  Fitsan. 


Eine 


Asien« 

französische  arch&olo- 


Btraßen  kreuzte,  sollten  zunächst  die 
natürlichen  Verhältnisse  der  Gegend  er- 


gi>che  Expedition  nach  Zentral-  kündet  uni,  die  Unterlagen  für  spätere 
Asien  wird  gegenwärtig  von  Prof.  Pel-  p^P^r***«*"®*»  geechaffwi  werden.  Auf 
liol  und  Dr.  Vaillaat  taugerflstet;  die  ihrem    westwärts    gerichteten  Manche 

Kosten  tragen  der  Minister  des  öffent- '  erreichto    die   Expedition    einen  Punkt 


lieben  rnterrichtg.  di»*  Akademie  der  In- 
schriften und  schönen  Wissen  ach  aften,  die 
Qeographisdie  GeeeUschaft  und  das  ftan- 


6  "50'  w.  Gr.,  der  somit  nur  etwa  200  km 
von  dem  wichtigen  Handelszentrum  Tenduf 
entfernt  war.   Im  ganzen  dniehsehneiden 


zösisch- asiatische   Görnitz.     Hauptzweck  Gebiet  sechs  Flauptkarawanenstraßen 

der  Expi'dition  ist  da»  Studium  von  Bau-  ^o»  Marokko  zum  Sudan,  die  sich  alle 

denkmälem  aus  der  alten  turko-bnddhi-  Taodeni  nördlich  von  Timbuktu  ver- 

•tiMhen  Knltnrperiode  TOT  der  Bekehrung  einigen;  drei  kenunen  ans  der  Oeeen- 

der  Türken  zum  Islam,  womit  ntih  Pelliot  Ri^PPe  Tafilet,  zwei  aus  dem  Wadi  Draa 

haupUäcblich   befassen   wird,    während  eine,  auf  der  einst  Oskar  Lenz  die 


Vaillant  naturhistoriscbeu  und  geogra- 
phiichen  Studien  obliegen  will.  Die  Ex- 
pedition, an  der  auch  ein  Pbotograph 

teilnimmt,  geht  znnärhst  nach  Kaschgar 
niid  wird  in  Peking  ihren  Abschluß  finden; 
für  ihre  Dauer  sind  zwei  Jahre  in  Aus> 
neht 


AMka. 

«  Eine  Erkundigungareite  in  die 
noch  anerforschten  Gebiete  der 
westlichen  Sahara,  durch  welche 
die  wichtigsten  i^arawanenstraßen  zwi- 
■ehen  Ibrokko  nnd  dem  wesÜiohen  Su- 
dan fOhren,  hat  im  Sommer  1905  der 
französischf  Ka{)itiin  Flye  Sainte- 
Marie  ausgeführt.  Die  westlich  vom 
Ooed  Ssuia  liegende  ausgedehnte  Sand- 


Sahara  durchquerte,  von  Tenduf.  Fünf 
von  diesen  Karawaaenstrafien  fuhren  durch 

drei  günstig  gelegene  Distrikte  im  Igidi, 
die  nur  300  km  von  einander  entfernt 
sind;  durch  eine  stete  Überwachung  die- 
ser drei  Punkte  liefie  sieh  ehie  Kontrolle 
des  ganzen  KazawanenverkehrA  in  der 
westlichen  Sahara  ermöglichen.  Gegen- 
wärtig scheint  der  Uaudelsverkehr  durch 
Igidi  gäntlieb  auf||;eh<hrt  su  haben;  denn 
während  iU  m  ganzen  2000  km  langen 
Marsche«  der  Expedition  wurde  kein 
menBcbliches  Wesen  augetroffen;  auch 
die  Rinberbaaden  sehienen  vor  den  Fran- 
zosen einen  heiliamen Reujickt  ix  kommen 
zu  hal>en-  Di»'  mittpHiare  rrHurlu'  für 
das  Damiederliegeu  des  Uandels  ist  die 
Feetsetenng  der  FTensoien  in  Tuat,  welche 


dfiaeaiegion  Igidi  wurde  bis  in  die  Gegen-  den  Sklavenhandel  erschwerton;  die  Folge 

wart   von    südmarokkanischen    Riluber-  der  Erschwerung  des   Handels  war  <li«' 

banden  beonruhigt,   die  den  lebhatteu  Zunahme  der  herumstreifenden  Horden, 

Kinwaoenrerkehr  durch  diese  Öden  Ge-  durch  welche  der  Handel  nun  yollatändig 

biete  derart  erschwerten,  dafi  er  in  den  gdfthmtwnrde;  der  ehemals  grofieHendeb- 

letzten  Jahn-n  fast  aufgehört  hat:  durch  platz  Tenduf  ist  deshalb  neit  1903  voll- 

die  sorgfältig   vorbereitete    Expeditiim,  ständig    verödet.      Kapt.    Sainte  -  Marie 

die  von  Tuat  ihren  Ausgang  nahm  und  glaubt  sicher,  daß  nach  der  Paziiizierung 

Midgadlieh  gtriditeten  Kuawanen-  { dee  Igidi  der  Handel  tieh  wieder  zu  seiner 

ZeUMteiA.  lt.  Jahfgu»  im.  l.H«A.  i 


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.Geographische  NouigkeitcD. 


^frfiheren  Blüte  «ntwickeln  wird.  (Oeogr. 

*Journ.  26.  Bd.  S.  671  t 

[     *  Eine  für  die  I'aläogeographie  voa 

'Afrika  wichtige  Tatnche  ist  von  der 
Alexander -Qoaling  -  Expedition, 
welche  seit  üht^prer  Zeit  di»*  fJe1)icte 
zwischen  Niger  und  Tachadsee  erforscht, 
festgestellt  worden.  Wie  im  Scott.  Geogr. 
Mag.  mos  8.  667  mitgeteOt  wird,  hat 
Kapitän  Gosling  von  der  genannten  Ex- 
pedition dem  naturbistorischen  Museum 
in  South  KeoHington  eine  interessante 
Sammlung  von  Fiecben  am  dem  Tiohad- 
■ee  and  dem  Schari  gesandt.  Die  Unter- 
suchung dieser  Fisohe  hat  »Tgoben, 
dafi  sie  alle  ohne  Ausuahuve  Arien  ange- 
hören, die  sowohl  im  Nil  wie  im  Niger 
vorkommen.  Diese  Tateadie  verleiht  der 
von  vielen  Ichthyologen  vertretenen  An- 
nahme einer  noch  in  geologisch  neuerer 
Zeit  vorhanden  geweeenen  Verbindong 
zwischen  den  StromsysiemMi  des  Nil  und 
des  Senegal -Niger  eine  neue  Stvit/.e. 
Wahrscheinlich  stellt  der  Tschadsee  den 
aOn^Uüioh  ajattrocknenden  Reet  einer 
Reihe  von  Seen  dar,  durch  die  jene  Ver- 
bindung hergestellt  wurde.  Die  in  Kedc 
stehende  Sammlung  von  Fischen  ist  die 
erste,  die  man  ana  dem  Tiehadvee  nnd 

.  seinen.  Znfifissen  e^rhaltea  hat  ^  (Naeh 
Glohue,  88«  Bd.  8.  MO.) 

Aiif^mlen  nni  MelnllMhe  Inseln. 

Bericht  über  das  Samoa- 


ObHervatorium,  den  Herin.  Wugner 
in  den  Nachricliten  dex  k..  Gesellschaft 

■  der  Wissenschatten  xa  Göttingen  (1906. 
1.  Heft)  miMeilt,  entnehmen  wir  Folgen- 
des: Das  im  Jahre  1902  ins  Leben  ge- 
rufene geophysikalische  Observatorimn  in 
Apia  ist  im  Berichtiyahr  19U4  in  ein 
nenes  Stadium  eeiner  Entwickinng  ge- 
treten. Nachdem  lesonders,  wie  achon 
früher  mitgeteilt  (X.  Jhrg.  S  581\  die 
amerikanischen  Erdmagnetiker  unter  Füh- 
mng  von  Dr.  Bauer,  dem  Chef  der 
„DiviBion  of  Terrostrial  Magnetism,  ü.  S. 
Co^L.ßt  and  (ieodetic  Survey",  die  ununter- 
bruuhenoFortlühruug  d^r  erdmagnetischeu 

.BeobaehtungiB  auf  Samoa.  für  eine  Reihe 
vea  Jahren. aisL  Ergänzung  der  Arbeiten, 

'  die  von  den  neugegründeten  amerikani- 
•dieo  Stationen  im  Stilleu  Ozean,  auf 
Henolnln  nnd  cton  Philippinen  begonnen 
sind,  angeregt  hatten,  wurden  von  selten 
der  k.  OeeellMhalt  der  Wiasenichaften 


in   Göttingen  mit  der  StMtsrefi^ervng 

ruferhandlungen  gepflogen,  «lie  ein  er- 
freuliches Ergebnis  hatten.  Man  kam 
überein,  daB  die  Kosten  der  Erhaltung 
des  Obeervatoriums  für  weitere  fQnf' Jahre 
1904  — 1908  in  Anssicht  zu  nehnien  neien 
unter  Zugrundelegung  eines  jährlichen 
Bedarfs  von  25000  JC,  die  je  zur  Hälfte 
von  Preufien  und  dem  Reidie  getragen 
werden.  Die  Verwaltung  und  Beaufsich- 
tigung der  Station  bleibt  in  den  Händen 
der  k.  Gesellschaft  der  Wissenschaften 
tn  Güttingen,  welche  sie  einen»  Kn> 
ratorium ,  bentehend  aus  den  Herren 
Wagner,  Riecke  und  Wiechert, 
übertragen  hat.  Gleichzeitig  wurde  der 
Oonvemenr  von  Samoa,  Dr.  Solf«  er^ 
SQcht,  in  das  Kuratorium  mit  einzutreten, 
um  seine  Intt'ressen  an  Ort  \ind  Stolle 
zu  wahren.  Der  bisherige  Observator, 
Dr.  Tetens,  erkUrte  steh  bereit,  die 
Leitung  der  Arbeiten  des  Observatorinns 
Iiis  zur  Ankiintt  den  in  Aussicht  genom- 
meneu Ersatzmanns,  Dr.  Franz  Linke 
aas  Helmstedt,  weitennfBhreB.  Unke 
ist  ein  geschulter  Geophysiker  and  hat 
sich  mich  kurzer  Vorhereitnngszelt  in 
Potsdam,  Hamburg  und  Böttingen  am 
8.  November  1904  in  Bremen  eingeechilR. 
Er  nahm 'eine  große  Zahl  neuer  Instnh 
mente  zur  Erforsclning  der  Lviftelpktrizitit, 
Utensilien  und  Ersatzauärüstuugsstücke, 
die  vom  Beichsamt  des  Innern '  aus  dem 
zurückgebraehten  Beetande  der  deatechen 
Südpolarexpedition  »br  Verfügung  gestellt 
waren,  mit.  Am  16.  Dez.  1904  gelangte 
Linke  auf  dem  Wege  über  Amerika  wohl- 
behalten in  Apia  an'JaAd  am  10.  Jan.  1906 
bat  er  die  Leitung  dj's  Observatoriums 
ülicrnounnen.  Als  tvclmiHclie  Hilf.>;kralt 
i»t  ihm  ein  ehemaliger  Matrose  der  deut- 
seheo  Sfidpolarezpedition,  Alberli  Pos- 
sin aus  Rheinsberg  i.  Pr.,  der  eine  kurze 
Lehrzeit  bei  einem  Mechaniker  durch- 
gemacht hatte,  nachgesandt  worden. 
Dr.  Tetens       sich,  nachdem  er  .seine 

.Tätigkeit  am  Observatoriui||  eingestellt 
hat,  im  Auftrage  des  (Miuvt^rnemcnts  in 
den  ersten  Monaten  1905  mit  der  Ein* 
richtong  meteqrologiiwher  Stationen  anf 
den  Samoa-Inseiin  beschäftigt,  hat  im  Mai 
•Xpia  verla-ifcii  und  ist  wohlbelmlten  in 
der  Heimat  eiugetrotfen.  Die  liearbeitung 
der  Brgdi^nisse  seiner  iweij  ährigen  Be- 
oba^tongcn  wird  er  in  Deutschland  ans- 
fohren.    Zum  Zweck  der  Ko<^ration 


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^Geograpkiflche  Neuigkeiteau 


dtt  Atbdten   im   SüUm  Oimb  ftellte 

Dr.  Bauer  bei  einem  fierache  in  Göttin- 
gen  in  Auftsicht,  «M'nc  pi'eijjnoto  Persön- 
lidikeit  für  eine  Reihe  von  Mouateu  auf 
Kotten  Mine«  IniÜtatf  aadi  Sftmo«  sur 
Unterstätsang  Dr,  LinkM  ra  aenden,  wm 
nii  DftDk  lageniMnniflii  wurde. 

SÜMierlk«. 

•  über  Mine  in  den  .Tahzen  1904  und 

19<»5  in  Peru  und  Bo  1  i vi en ausgeführten 
Reisen  berichtet  Frhr  P^rlaud  Nor- 
denskjöld  in  „La  Geographie"  (19ur>. 
Nr.  6).   In  Gcmeinseliaft  mit  dem  Zoo- 
logen Holmjjren  besuchte  Nordensk jüld 
zuerat  die  (iegeiiden  der  peru  -  boliviuni- 
tfcben  Hochebene  im  Süden,  Osten  und 
Herden  des  Ttticaea-Seet  und  dann  Ge- 
Uirte  östlich  von  den  Anden  in  der  boli- 
vianischen Provinz  Caupolican  und  den 
penianischeu  Provinzen  Saudia  und  Cara- 
vaya,  betenden  die  Gebiete  swiaehen  den 
PlüBsen  Tambopata  and  Inambari.  zwei 
Neb«iflü88en  des  Rio  Madre  de  LHob.  In 
enter  Linie  erstreckten  sich  die  For- 
sehongen  aof  die  indianiiche  Bevölkerung 
der  böeisten  Gebiete,  von  deam  beM»* 
der«  drei  Stämme,  die  AtBahuacas,  die 
Yamiacas  und  die  Guarayo«,  näher  er- 
teebt  inudeo.    Die  AteaboacM  hatten 
TOrber  noch  keinen  Weißen  gesehen  und 
stwtden  fast  noch  auf  der  Stufe  der  Stein- 
zeit, ,und  die  leiden  a^der^n, jStämme 
hatten  neb  in  ihren  Sitten  md*  OdMin- 
cheu  npr  eehr  wenig  verändert  seit  der 
Zeil  der  InkaB.    Die  daneben  betriebenen 
aick^Iogisciien  Foischnngen  ergaben  das 
Rendtat,  daß  alte  J^ulturreste  nur  dort 
n  finden  waren«  we  auch  Weide  für  das 
Lama  vorhanden  war,  niemals  in  hohen 
Gebirgslagen  und  im  Urwalde  am  Oatab- 
hange  der  Anden.    Auch  die  berühmte 
FoMllagentfttle  von  Ulloma  am  Dee»' 
gnadero  und  eine  neuentdeckte  bei  Tira- 
pata  in   Peru   wurden   besucht   uiiil  zu 
Sammlungen  ausgebeutet.    L>r.  Uolmgreu 
beidiifligte  eich  mit  loologieehen  Stadien, 
iüe  sich  besonders  auf  die  Termiten  be- 
logen.   Trotz  der  schwierigen  TransjKJrt- 
.Terhältnisse  in  den  Urwäldern  gelaug  es 
£Mt  alle  Samminngen  onTeraehit  meh 
Europa  zu  bringen.   Die  wirtechaftliohe 
Zukunft  der  jetzt  von  Crwald  bedeckten 
Gebiete  am  Ostabhange  der  Anden  er- 
ß^^ij[^^X^n*}tMdjAf  gdnitig  in  lein; 
#qr        lat  jeooeh  rar  Aaibentnng  der 


mineiaUKAen  SehUae-nnd  der  Gnnuni- 
Wälder  die  Anlage  von  Yerkehrsstraßen 
notif»,  wozu  sich  große  kapitalkräftige 
Gesellschaften  bilden  müssen.  Das  mo- 
ralische Nivean  der  dem  T^mnke  vOUjg 
ergebenen  IndianerbevOUterang  würde  li«^ 
dann  von  aelbBt  heben. 

Hord-PolaigigenieB* 

«  Von  Amundaens  Nordpolarex- 
pedition nach  dem  magnetischen  Nord- 
]>ol  sind  aus  Eagle  (Alaska)  telegraphische 
Nachrichten  eingetroffen,  welche  einen 
glücklichen  Aoegang  dieser  kühnen  Ex- 
pedition sicher  erwarten  lassen.  Amund- 
sen  teilt  in  dem  Telegramme  mit,  daß 
Leutenant  Hansen  im  Frühjahr  1906  auf 
einer  Sehlittenreiae  das  Heer  awiaehen 
Viktoria-  und  King  Williams -Land  er- 
forscht und  dabei  über  lUU  Inseln  karto- 
graphisch aufgenommen  habe.  Sp&ter 
vermaft  Hansen  die  noeh  mibekaanto  Oet- 
küs'e  von  Viktoria-Land  bis  72"  10'  n.  Br. 
Am  18.  August  l'.»«».')  verließ  die  Expedi- 
tion ihren  Überwinterung»platz  und  er- 
reidite  am  t.  Septraiber  Kap  Sabine  an 
der  Mackenziemündung.  Die  Weiterreise 
wurde  bei  Kings  Point  unterbrochen ; 
hier  hemmten  Eismassen  das  Fortkommen, 
die  „GjOa**  hm  ein  nnd  die  Expedition 
mußte  zum  dritten  Mal  flberwintem.  An 
Pord  der  „Gjöa"  war  alles  wohl,  so  daß 
kein  GruAd  «u  Besorgnissen  vorbanden  ist 

*  Die  rar  Anfklirang  der  Strd- 
mungsverbKltnisee  im  n0rdlieb6n 
Eismeer  vor  mehr'Tcn  Jahren  auf  Be- 
treiben,  des  Admirals  Melville  erfolgte 
AussetBaug  beöoudeis  konsttwcirter  Ton- 
nen an  verichiedenen  Punkten  des  Nrad- 
polarmeercH  hat  nach  mclirjiilirigem 
Warten  doch  noch  zu  einem  liesultate 
geführt.  Wie  Brjant,  der  sich  um 
dieee  Saehe  ebenbdli  ein  groBee  Verdienst 
erworben  hat,  in  der  geographischen  Gc- 
öollBchatt  zu  Philadelphia  mitteilte,  wurde 
als  erste  eine  Toune  aofgefnnden,  welche 
Kapi  Tiittle  vom  Zollkntter  „Bear**  am 
2.  August  1901  ungefähr  l&O  km  nord- 
westlich von  der  Wrangel  -  Insel  ausge- 
worfen hatte;  man  fand  sie  ein  Jahr 
spftter  an  dw  sibirisehen  Kflato;  wieder, 
wohin  sie  nach  verhältnismäßig  kurzer 
Trift  gelan^'t  war.  Die  zweite  Tonne 
wurde  erHt  am  7.  Juni  1906  in  der  Nähe 
von  Kap  Rauda  Nupe  an  der  Nordkflate 
von  Island  an^efbnden;  eie  war  am 

4» 


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52 


Geographische  Neuigkeiten. 


18.  September  1899  nordwestlieh  von 

Point  Barrow  in  Alaska  unter  7 1  "53 ' 
n.  Br.  und  164  »60'  w.  L.  von  Kapt.  Tilton 
vom  Dampfwaler  ,^lexander*^  auf  eine 
tceibende  Biseeholle  gelegt  wofden  und 
hatte  bis  zu  ihrem  Anffindmigflort  unge- 
fthr  6500  km  quer  durch  das  panze  polare 
Becken  zurückgelegt.  Durch  diese  Touneu- 
trift  isl  die  Ezistens  einer  durch  das 
ganae  Polarbecken  führenden  StrOmang 
auf«  neue  bewiepen  Der  genaue  von  der 
Tonne  zurückgelegte  Weg  läßt  sich  natür- 
lieh  nicht  bestimmt  angeben,  aber  nach 
den  Routen  der  „Jeanette"  und  „Fram- 
zu  schließen,  wird  er  wahrscheinlich  auf 
der  asiatischen  Seite  des  Poles  ii^en 
und  einen  naeb  der  noidamerikanischen 
Eismecrküstc  zu  konkaven  Bogen  be- 
schreiben. Kh  steht  zu  hoffen,  daß  noch 
andere  zur  Trift  ausgesetzte  Tonnen  auf- 
gefunden werden,  da  ihr  besonders  star- 
ker und  den  eigentümlichen  VerfaUtnissen 
anffepaßter  Bau  den  Gefahren  einer  Eis- 
meertrift wohl  gewachsen  ist.  (Ueogr. 
Joum.  86.  Bd.  S.  676.) 

S  ü  d  -Po  1  n  risregenden . 
»  Über  die  Ait  und  Weise,  wie  das 
Polarproblem  im  Sinne  der  auf  dem 
Weltkongreft  von  Möns  (XL  1906. 
S.  641)  ge&Bten  Resolution  systematisch 
in  Angriff  zu  nehmen  sei,  äußert  sich 
der  ehemalige  Teilnehmer  der  „Belgica'*- 
Sildpolaiexpedition  Henryk  Arktows- 
ki  in  einer  soeben  erschienenm  Rro- 
schüre.  Zur  Erforschung  des  Nordpolar- 
gebietes  genügte  eine  Expedition,  welche 
von  der  Beringstrafte  ihren  Ausgang  neh- 
men müßte  und  iu  Begleitung  eines  Eis- 
brechers möglichst  weit  nach  Norden  in 
den  noch  ganz  unbekannten  Teil  des 
Nordpolarbeckens  vordringen  sollte.  An 
der  Erforschung  der  Antarktis  müfiten 
Kich  alle  Nationen  durch  Expeditionen 
beteiligen;  zu  einer  systcmatiHchen  Vor- 
bereitung der  Unternehmungen  sei  es 
jedenfalls  wünschensweri,  daß  sobald  als 
möglich  eineRekogno87.i(»rnni7s-Kx))C(iition 
nach  dem  südlichen  Polarkreise  entsandt 
werde.  Ihre  Aufgabe  soll  darin  bestehen, 
durch  eine  zirkumpolare  ümfUining  die 
Küstenlinien  der  Ant&rktin  <;enaucr  fest- 
zustellen und  auf  Wilkes-Laud  sowie  an 
der  noch  ganz  unerforschten  Seite  des 
sfidliditti  Eismeeres,  die  gpgea  den  In- 
dischen Oseaa  hin  liegt,  gedgnetePonkte 


SU  ermitteln,  ao  denen  die  ipBteni  ant- 
arktischen   Expeditionen    mit  einiger 

Sicherheit  überwintern  kOnnen.  Femer 
soll  diese  Orientierungsezpedition  den  von 
Arktowski  gemaehten  Voreehlag  der  'VfV' 
wendong  des  Automobils  auf  den  antark- 
tischen Gletscherloldem  prüfen.  Mehrere 
sehr  erfahrene  i^enner  der  EisTerhältnisse 
der  Antarktis  haben  letatem  Vorsehlag 
beif&Uig  beurteilt,  indessen  kommt  es  auf 
die  praktihcho  Erprobung  an.  Fällt  .sie 
günstig  aus,  so  dürften  sich  die  Schwie- 
rigkeiten einer  Überwinterungsätation  fm 
von  der  Küste  im  antarktischen  Binnen- 
laiitle  sehr  vermindern,  und  diese  Sta- 
tion würde  dann  als  Etappe  zu  weiterm 
y<nrdringen  gegen  den  Südpol  dienen. 
Es  ist  in  Aussicht  genommen,  daft  die 
Rekop-nos/ienings-Expeditioti  von  belgi- 
scher Seite  ausgeführt  wird,  und  sie 
könnte,  wenn  die  Mittel  dazu  bereitge- 
stellt  sind,  schon  im  Spitsomwier  1901 
auslaufen.  Die  Hvsteraatische  Erforschung 
der  Polarregionen  im  Sinne  der  Resolu- 
tion des  Kongresses  zu  Möns  kann  aber 
nur  durch  internationales  Zusammen- 
wirken der  Staaten  aaegefBhrt  werden. 

Heere. 

«  Über  den  Abeehhift  seiner  Tiefsee- 

forschungen  im  östlichen  Stillen 
Ozean  (XI.  1906.  S.  479)  berichtet 
Agassiz  im  2.  Bd.  der  „Science^S  Der 
«weite  Teil  der  Kmuexfhhrt  nmfiafit» 
einen  Beiadl  der  Ostlichen  Paumotu- 
Inseln,  wo  vom  27.  Januar  bis  5.  Februar 
der  Maugareva -Atoll  untersucht  wurde» 
and  dann  die  Heimreise  über  Aoapulc» 
nach  San  IVanusko.  Die  eingehenden 
Unterfiuchungen  am  Mangnreva- Atoll  er- 
gaben die  gleichen  Verhältnisse  wie  bei 
den  andern  Korallenbanten  des  Stillen 
Ozeans:  steiler  Abfall  an  der  Auftenteite' 
des  Atolld,  beträchtliche  Tiefe  der  La- 
gune, was  sich  alles  am  besten  durch  das 
allmBhliche  Untertauchen  eines  großen 
Vulkankegeli  erklären  Iftfit  Bei  den 
unternommenen  Schleppnetzzügen  bestä- 
tigten sich  die  beim  Anfang  der  Fahrten 
gemachten  Erfahrungen  über  die  Ab- 
htagigkeit  der  Fanna  von  den  Meeres- 
strömungen. Solange  man  auf  der  Fahrt 
nach  Mangareva  unter  dem  Einfluß  der 
kalten  Uumboldtströmimg  stand,  waren 
die  Netnflge  ecgielng;  weiter  efldlioli 
kam  man  wieder  in  die  Gegend  mit  der 


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Blleli«rb«ipreehnng6n. 


&3 


«pärlifhen  Fauna,  die  man  schon  auf  der 
Fahrt  nach    der   Osteriosül  angetroffen 
btke.   Unter  dem  BinllnB  der  ketten 
PttnitrOmung   zeigte  üeh  iSdlich  vom 
Äquator  bis  12"  s.  Br.  in  der  Tiefe  von 
ua  Faden  und  in  großer  Entfernung 
im  Kontinente  nodi  eine  Mfar  reiche 
Fauna    Die  Bodenproben  während  der 
Eip€ditioii  haben  erwiesen,  daß  eine  un- 
g«heuie  Bodenfläche  des  örtlichen  Stillen 
Onus  mit  Manganklampcben  bedeekt 
ht.  und  daß  diese  dort  charakteriBÜsch 
für  <len  Boden  Rind.    Als  ein  Ergebnis« 
der  Lotungen  ist  die  Auffindung  eines 
fOO  Seemeilen  langen  Rflckens  1700  bie 
1065  Feden    unter   dem  Meereeepi^l 
kalbwege  swiiehen  den  Qalnpefoe  imd 


Man^areva  zu  verzeichnen,  für  den  Apas- 
aiz  die  Bezeichnung  „Oarrettrücken"  vor- 
acUlgi  Anf  der  Rflekfabrt  neeh  Aea- 
pulco  zeigte  sich  die  westliche  Erstreckung 
(U?B  fast  ebenen  Bodens  des  öHtlichen 
ätiUen  Ozeans:  auf  3200  Seemeilen 
idiwankte  die  Tiefe  nnr  um  400  Faden; 
diese  große  Fl&che  war  bi»  jetzt  so  gnt 
wie  unbekannt.  (Nach  Globus  Bd.  88 
S.  259.) 

Oeographlseher  Unterrieht« 
*  AI«  Nachfolger  Ferdinand  von  Richt- 
bofens  ist  Uofrat  Prof.  Dr.  Albrecht 
Penek  in  Wina  all  PrafiMMor  der  physi- 
schen Geographie  an  die  Unireraitftt  Bedin 
berufen  worden. 


Bttcherbesprechnngen. 


Beieh)  Otto.  Karl  Ernst  Adolf  von 
Hoff,  der  Bahnbreeher  moder- 
ner Geologie.  Eine  wissenschaft- 
liche Biographie.  144  S.  Leipsig, 
Veit  &  Co.  1906.  JC  4.—. 
Vielfach  nimmt  man  an,  daß  die  in 
der  modernen  Geologie  so  fondamentale 
Mpthode,  nach  den  VorgRngen  der  Gegen- 
wart die  Wirkungen  einer  längut  ver- 
gangenen Zeit  zu  erklären,  von  Hutten 
aad  Lyell  begrfindet  worden  eei.  Es 
muß  alx^r  immer  wieder  darauf  hin- 
gewi.'Hen  werden,  daß  der  Mann,  dem 
diese  Biographie  gewidmet  ist,  die  un- 
geheme  Tragweite  dmr  ontologiachen  Me- 
thode zuerst  erkannte  und  den  ersten  Ver- 
sach nnteraahm,  sie  in  die  "Wissenschaft 
einzuluhren.  Es  ist  daher  mit  besonderer 
Wende  sn  begrOfien,  daft  der  VerfiMMr 
Hoffs  Lebensgeschichte  und  Verdienste 
in  trefflicher  Weise  bebandelt.  Der 
Lebeiugang  des  bescheidenen  Mannes, 
der .  nä»en  emnen  diplomattsehen  Auf- 
gaben als  Gothaischer  Legat ionnrat  ein 
langejj  arbeitsame«  Leben  an  liie  Erfor- 
•chung  seiner  Thüringer  Heimat  und  die 
ToUendong  seines  grundlegenden  Werkes 
(nGesdudite  der  durch  Überlieferung  nach- 
gewiei»enen  natürlichen  Veränderungen  der 
Erdoberääche'')  wandte,  wird  auf  Grund 
aalditf^ernngedniekter  Dolramente  inter- 
^»»»nt  ffeachildert  und  Hoffs  Stellung 
m  d«  r  'iesrhichte  der  WisseiiHchaften  gut 
eharakkrisiert.  Dem  Werkchen  ist  weite 
▼etbiBituüg  zu  wünschen.  J.  Walther. 


Trabert,  W.  Klimatologie  und  Meteo- 
rologie. (Klan  Erdkunde.  XIIL 
Teil.)    182  S.    37  Teztfig.  Leipdg 

u.  Wien,  Deuticke  1905.  5.—. 
lu  der  Anlage  weicht  das  vorliegende 
Werk,  daa  Meteorologie  und  Klimato- 
logie zusammen  behandelt,  Ton  dem  seit- 
her (lebräucblichen  wesentlich  ab  Es 
zerfüllt  in  drei  Hauptabschnitte.  Ira  er- 
sten werden  die  sogen,  meteorologischen 
Elemente  und  swar  in  der  Beihenfolge 
W'ind ,  Bewölkung  und  Sonnenschein, 
Niederschlag ,  Teuiperutur ,  strahlende 
Wärme,  Luftdruck,  Wasserdampf  bespro- 
chen, die  bitfaramente  und  Methoden  sn 
ihrer  Beobachtung  kurz  erläutert  und 
einige  f>aten  über  die  meteorologischen 
Beobachtungsnetze  gegeben,  in  denen 
anch  anf  die  Ballon-  nnd  Dtachen- 
benutzung  hingewiesen  wird.  Den  SehloS 
dieses  Kapitels  bilden  kurze  Erörterungen 
über  die  Bearbeitung  des  Beobachtuugs- 
materials.  Der  swdte  Hanptabaehnitt  be- 
handelt die  Physik  der  Atmoephlce  odor 
das  (  Jebiet  der  Meteorologie  im  engeren 
Sinn  unter  den  Überschriften:  Zeitliche 
nnd  Ortliche  ünterachiede  der  Temperator; 
Lufldruckverhältnisse  und  allgemeine  Zir- 
kulation der  Atmosphäre,  und  der  Krei«- 
iauf  des  Wassers.  Der  dritte  Haupt- 
abeehnitl  befiilt  sich  mit  dem  Wetter 
und  seiner  Darstellung,  mit  denZniammeu- 
hiingen  von  Luftdruckverteilung  und  Wet- 
ter und  der  W'ettervorhersage,  um  sodann 
allgemeine  Erörterungen  über  das  Klima 


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64 


Bfieherbetpreekangan. 


and  seine  Hauptlbrmen  zu  gei>en  und  die 
XUiuli  d«r  «nMlnen  T^e  der  Erde 

kort  zn  8chil(k>rn.  Einige  kuse  Ausfüh- 
rnngen  Ober  KlimaBchwankungpn  schließen 
dM  Buch.  Dem  Verf.  ist  es  gelungen, 
dai  WeMniliohe  au  dem  recht  mnfang- 
reichen  Wissensgebiet  in  den  TorlAlteiS' 
mßßig  kleinen  Kiumi  in  sehr  klarer,  prä- 
ziser Weise  zusammenzudrängen  und  da- 
bei überall  die  neuereu  Ergebnisse  zu 
verwMtei.  Besondcn  der  Lnftsirlraletien 
der  Atmospbftre  mflchten  wir  viele  Lener 
aus  Lehrerkreisen.  filr  die  ja  doch  in  er- 
ster Linie  die  vorliegende  Enzyklopädie 
beifeiiiiiiit  iit,  wibiMlien,  dunit  die  rer« 
alteAen  Doveschen  Ansfflbrungen  und 
Figuren  endlich  einmal  aus  den  Schul- 
büchern verschwänden.  Was  besondere 
BigenMmUebkeiten  dee  Backet  betriff!, 
so  ist  anzufObren,  daß  jede metbematische 
Ableitunjr  und  Ausführung  vermieden  ist, 
daß  überall  der  iiistorischen  Entwicklung 
entsprechende  Beachtnng  geschenkt  wird, 
und  daß  keine  Literatur  zitiert  wird. 
Auch  bei  der  Darstellung  der  verschie- 
denen „Wettersituatiouen''  geht  der  Verl 
eigene  Wege.  Die  Abbildiingen  rind  gut, 
mit  Ausnahme  der  Wolkenformen  S.  9 
und  10,  bei  denen  der  grobe  Rast<*r  ntö- 
rend  wirkt.  Dem  Buch  ist  die  weiteste 
Verbreitung  zu  wflnscheD.    O.  Greim. 

Weber,  Leonhard.  Wind  und  Wottor. 
Fünf  Vorträge  über  die  Grundlagen 
imd  wichtigeren  Aufgaben  der  Meteo- 
rologie.  („Aus  Natur  und  Geistes- 
welt". Sf).  Hd.)  lao  S    J"  Fig..  3  Taf 
Leipzig,  Teubner  iyU4     ,¥  1  — . 
Die   Vorträge,   die  zur  Herausgabe 
dieeee  Werkchene  Anlaß  gaben,  sind  Tor 
einem  weiteren  Hörerkreis  gehalten  und 
dem  Verständni.^   des   gebildeten  Laien 
möglichst  angepaßt  worden.    In  einigen 
Ponkten  würden  die  AnsfBhmngen  für 
eine  ^waige  Neuauflage  einer  Überarbei- 
tung und  Berichtigung  bedürfen.   Es  be- 
trittl  das  z.  B.  die  historischen  Angaben : 
nicht  Rtfanmnr,  sondern  Pahrenheit 
hat  da«  Quecksilber  als  thennometrische 
Flüssigkeit  eingeführt,  Toricelli  hat  nur 
die  Anregung  zu  dem  ersten  Versuch  mit 
dem  Barometer  gegeben,  Viviani  bat 
ihn  ausgeführt.    Auf  S.  74  ist  der  Aus- 
druck Iriametralen  durch  iKanonialen  zu 
ersetzen.    Die  Abkühlung  der  Luit  beim 
Aufiiteigen  ist  eine  Folge  der  Expansion, 


nicht  der  Arbeitsleistaug  gegen  die 
Sehwerinalt  —  Daakeniwert  ist  es.  daft 

den  Drachen-  und  Ballonbeobachtungen, 
ihrer  Geschichte  und  ihren  technischen 
Methoden  ein  besonderes  Kapitel  ge- 
widmet wurde,  um  das  Interesse  anch 
für  diesen  jflngaten  Ztreig  meteorologi« 
scher  Fonchnng  an  erwecken. 

W,  Meinardua. 

AbAmA»  OttOy  Freiherr  von  und  ZXL 
Die  physikalischen  Eigen- 
schaften der  Seen.  („Die  Wissen- 
schaft'*. Samml.  naiorwiss.  o.  math. 
Monographien.  Heft  4.)  ISOS.  88  Abb. 
Braunschweig,  Vieweg  u.  Sohn  1905. 

vtC  3.—, 

£iDe  zusammen  fassende  Darstellung 
der  phynkalifldien  Eigenschaften  der  Seen 

ist  gegenwärtig,  wo  eine  reiche  Fülle  von 
Bcobachtun^'Hniaterial  vorliegt,  gewiß  ein 
verdienstliches  Werk.  Es  ermöglicht  dem 
beobachtenden  Natarftennd  rieh  Aber  den 
Stand  unserer  Kenntnisse  auf  diesem  Ge- 
biete 7X1  orientieren  und  gibt  auch  dem 
Seenlbrscher  Anregung  au  weiteren  Ar- 
beiten. Erwflnicht  war  nanMmilich  eine 
solche  Darstellong  vom  physikalischen 
Standpunkt  ans,  wie  sie  in  dem  vorlie- 
genden Buche  gegeben  ist.  Aufseß  war 
als  Physiker  und  Seenforscher  zugleich 
besonders  für  die  Abfimung  dieses  Bnchee 
geeignet  In  klarer  und  übersichtlicher 
Form  hat  er  den  CJ egenstand  behandelt 
und  sich  vor  allem  bemüht,  für  die  Er- 
scheinaagen  die  theocetifehe  Erkliraog 
zu  geben.  Leider  hat  er  aber  dabei 
manche  wichtige  Beobachtung  unbenick- 
sichtigt  gelassen,  so  daß  der  Fachmann 
von  dem  Inhalt  nicht  immer  befriedigt 
ist.  Das  gilt  besonders  von  dem  Absdultk, 
in  dem  die  thermischen  Verhältnisse  er- 
örtert werden.  Hier  ist  neben  dem 
„Pinselthermomeieif*  (S.  94)  das  bequeme 
„Quellenthermomcter*'  gar  nicht  erwähnt 
und  die  gewöhnliche  Form  der  T'nikehr- 
thermometer  von  Negretti  &  Zambra  ^ä.  HS) 
nicht  angegeben.  Der  Einflnfi  der  Form 
der  Becken  auf  die  Erwärmung  wird 
zwar  für  möglich  erklärt,  aber  niolit  da- 
bei der  Tatsuche  gedacht,  daß  dieser  Ein- 
flnfi fSr  den  Gr.  PlOner  See  richer  be- 
wiesen ist  (S.  102).  Die  Ursache  der 
j^eriiulischen  Sprungschicliteti  i'S  lOo)  ist 
1  nicht  auBrcichend  erörtert  und  der  Gang 
I  der  Temperatur  in  den  gruücren  Tiefen 


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Bflcherbeipreehniigeii. 


66 


(ä.  lOb)  zu  kurz  behandelt.  Der  letztere 
MiM  doch  mehr  trineiuoliaftilielies  hi- 

tere«^,  als  der  VeiC  aimimint;  so  ist  die 
Ursache  der  Krwrmnunp  und  Abkühlung 
in  den  gröfierea  Tiefen  noch  ein  unge- 
UitM  Problem.  Die  von  Richte«  ^im 
KönigM«  wahrgenommene  Zunahme  der 
¥rftrme  nach  dem  Grunde  hin  um  mehr 
ila  1*  (S.  106)  ist  durch  die  Beobach- 
tongen  des  Referenten  nicht  uiwelixw 
•dienlich  gemacht,  sondern  vollkom- 
men bestätigt  worden.  Besser  befriedigen 
die  ersten  Abschnitte  über  Mechanik, 
Akustik  und  Optik,  obwohl  auch  diese 
MMhe  mliodiMve  Anichaniing  enthalten. 
So  dürfte  die  Springsche  Theorie  der 
Wassertrübiing  doch  mehr  Beachtung  ver- 
dienen, als  der  Verf.  ihr  zollt.  Daß  der 
KniiiB  der  thermiacben  ÄoigleichMftrö- 
mungen  tatsächlich  nicht  beobachtet  Mi 
(S.  43  ,  ist  ohne  weiteres  nicht  richtig. 
Der  in  der  Schlußbemerkung  ausgespro- 
ehene  Gedanke,  dafl  maa  die  Seen  eeeh 
ihren  physikalischen  EigensehelleB  eia» 
hcitlich  einteilen  polle  tmd  zwar  unter 
besonderer  Berücksichtigung  der  Farbe, 
dorefaeiw  bebenigeiinrert,  jedocb  in 
der  Natur  kaum  durchfOblber,  weil  auch 
geographiöcbe  und  orographische  Fak- 
toren auf  diese  einwirken.       W.  üle. 

Blehholtz,  Thilo.    Entwicklung  der 
Landpolitik.    („Angewandte  Geo- 
graphie." U.  ö.)   III  S.   Halle  a.  S., 
Gebeaei^Sehwekeobke  1906.  8.—. 
Dieses  Heft  der  von  Dove  heraus- 
gigebenen  Sammlung  ist  im  wesentlichen 
eine  nationalökonomische  und  kolonial- 
politische Schrift,  aber  auch  für  den  (Geo- 
graphen wertvoll.   Der  Verfasser  ist  ein 
Gegner  der  T.andsjickulation  und  daher 
ein  Anbänger   der  Bodenreform ,  deren 
Mfrigater  Verfechter  wohl  Damaschke 
iet  Audi  der  Yerfaeser  eelbst  hat  enf 
diPF-oni  Gebiet  bereits  rielfach  gearbeitet. 

im  ersten  Abschnitt  werden  die  all- 
gemeinen Grundsätze  aufgestellt,  uut  denen 
wm>  gesunde  Bodenpolitik,  gesunde  soziale 
nnd  kapitalistische  Verhftltnisse  sich  ent- 
wickeln können.  Der  zweite  Abschnitt 
enthält  die  Bodenpolitik  sowohl  der 
^•ttti  n  der  gem&fiigten  Zone,  als  auch 
o  dea  Subtropen  und  Tropen.  Gerade 
dnr  letztere  Abschnitt,  der  die  franzSsi- 
edien,  englischen  and  niederländischen 

die  der  andeiea 


Staaten  kurx  behandelt,  ist  lür  den  Geo- 
graphen wiebtigimd  intereseanl  Diedbnt-: 

sehen  Kolonien  werden  freilich  nur  berührt- 
unter  Hinweis  auf  die  betrübenden  Fehler,* 
die  dort  gemacht  worden  sind  '   '  ^ 
Zöm  Schlnfi  werdra  die  Ghnndiatse' 
nochmals  kurz  zusammengestellt ,  nach' 
denen  der  Staat  Bodenpolitik  in  den  Ko- 
lonien treiben  müsse:  Schatlung  und  Wah- 
rang  :Ton  Staats-Gemeindeland,  Vorbehalt 
des  Wassers  und  der  Mineralien  (und  man' 
darf  wolil  hinzufügen  der  Eisenbahnen), 
Schaifung   eines    bäuerlich -bürgerlichen 
Mittelstandes  und  seine  Krftftigung  im 
Kampf  gegen  die  internationalen  Bestr^ 
iiiiTi^'en  der  Gioflepekulanten  und  Kom- 
munisten. S.  l'asHarge. 

Otto  Hühnor's  peopraphisch -stati- 
stische Tabellen  aller  Länder 
der  Erde.  Hrsg.  von  Fr.  Jnra* 
schek.  64.  Ausg.  f.  d.  J.  1905.  Quer- 
okUv.  10-2  S.  Frankfbrta  M.,fi.  Kel- 
ler 190Ö.  JC  1.50. 

Es  iat  kaum  nötig,  diese  Tabellen  be- 
sondert au  empfehlen,  die  lieh  wegwi 

der  großen  TJeichhaltigkeit  und  Zuver-. 
laasigkeit  den  auf  en^'em  Raumr'  und  für 
billigen  Preis  geboteneu  statistidcheu  Mu-. 
teriala  mit  Recht  dee  besten,  Bnfes  er-, 
freuen.    Auch  die  vorliegeude  Ausgabe 
zeijjt  wieder  manche  wertvolle  Ergänzung; 
uauieutlich  siud  die  Ergebnisse  der  russi- 
schen TolkasShlnng  von  1897  (sociale 
Gliederung,  Konfessionen,  Nationalitlten) 
in  besonderen  Tabellen  mitgeteilt. 

A.  Hettner. 

Handbuch    der  Wirtschaftskunde 
Deutschlands.   Bearbeitet  von  64 
Fachmännern.   Hng.  i.  A.  d.  Deat- 
Bchen   Verbandes   f    d.  kaufmilnn. 
Unterrichtswesen.  4.  Bd.  Gr.  ö°.  VI 
u.  748  S.   1  K.  Zahlreiche  Tabellen. 
Leipiig,  Tenbner  1904.  JC  91.->. 
Deutschlanda  Hftndel  und  Verkehr  ist 
der  Schlußband  des  großen,  wohl  für  sehr 
lange  Zeit  gruudlegeuden  Werkes  über 
dente«)he   Wlrtsdiaftaknnde  gewidmet.' 
SelbstvereMndlich  ist  auch  dieser  Baad' 
80  wenig  wie  einer  der  früheren  vom 
fachgeographischen  Standpunkt  aus  ge-"^ 
Bchrieboi.  Aneh  bei  der  denkbar  weite- 
sten Ausdehnnng  des  Gebietes  der  Erd- 
kunde lassen   sich  Abschnitte  wie  licr 
—  übrigens  äußerst  lehrreiche  —  über 
Baak-  und  Bönmiweien,  über  Handels- 


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56 


Bflcberbesprechungen. 


IcAmmein,  Buchhandel  u.  a.  nicht  als  aach 

nur  der  Geographie  nahestehend  be- 
zeichnen. Zahlreiche  andere  Al)8(-hnitt*> 
dagegen  sind  viel  mehr  geographisch  ge- 
flbrbti,  TOI  allem  dte  gtdmlMnittieh»  Eiii- 
leitung  (von  R  van  der  Borght")  und  die 
verkehrsgeographischen  Kapitel.  Ale  Ver- 
kehrswege werden  nicht  bloß  die  reich- 
lioh  beifleksiehtigteii  BisenbahiMii  und 
WaasentraBen,  sondern  auch  die  sonst 
oft  vornachlässigten  Landstraßen  betrach- 
tet. Es  ist  aber  kein  Abschnitt  im  gan- 
sen  Baehe,  aaa  dem  der  Geograph,  der 
etwa  Vorlesungen  (Iber  das  deutsche 
Reich  halten  will  oder  Deutsrhland  im 
Schulunterricht  zu  behandeln  bat,  nicht 
etwae  und  buweüen  recht  Tiel  leraen 
kaon.  Beginnt  man  die  Lektfire  des  ge- 
waltigen Banden,  .ho  denkt  ni;in  wohl  eine 
gendean  erschöpfende,  vielleicht  unnötig 
breite  Behandltmg  der  einseinen  Ifatoien 
zu  finden.  Alier  man  überaeagt  aich 
bald,  dali  gerade  nur  da»  Nötigste  gesagt 
ist,  häuhg  würde  man  gern  noch  mehr 
hOfen.  Bi  iat  im  Rahmen  dieaer  Zeit- 
schrift unmöglich«  die  einzelnen  Kapitel 
auch  nur  aufzuzählen,  geschweige  ihren 
Inhalt  kritisch  zu  würdigen.  Die  beige- 
gebene Karte  (von  Wagner  und  Debes) 
stellt  die  dniohgehenden  Verbindtmgen 
des  großen  internationalen  Personenver- 
kehrs, soweit  sie  Deutschland  berühren, 
in  klarer,  leicht  verständlicher  Zeichnung 
dar.  Ich  habe  die  Karte  bri  nftberer 
Prüfung  überaus  korrekt  gefunden,  der 
große  durchgehende  I'ersonen verkehr  ciit- 
wickelt  sich  aber  so  schnell,  daß  schon 
jetat  nudit  wenige  Ergänzungen  nnd  in- 
derongen  nachgetragen  werden  müßten. 
Dies  gilt  besonders  vom  Osten  Preußens, 
aber  auch  von  Mittel-Deutschland,  wo  z.  B. 
die  wichMgen  Verbindwigen  Leipzig-Zeitx 
und  Naumburg -Saalbahn -Saalfeld  heute 
nicht  mehr  fehlen  dürften.  In  Summa 
ist  mit  den  vier  nun  abgeschlosseneu 
Bftaden  ein  Werk  geschafPen,  das  dem 
Verlag,  den  Leitern  und  Mitarbeitern 
Ehre  macht  und  dem  weit«  Verbreitung 
auch  über  die  Kreise  hinaus,  für  die  es 
■udtaiMrt  bestimmt  wurde,  sehr  zu  wfln- 
Bohen  isi        F.  Hahn  (KSnigsberg). 

Horitc,  Ed.  Die  geographischen 
Kenntnisse  von  den  Nord-  und 
OstseekQsten  bis  sum  finde  dM 
Mittelalters.  L  Teü.  (Wiss.  BeU.  s. 


Jahresber.  d.  Sophienadinle  an  Berlin. 

Ostern  1904.)  4''.  29  8. 
Von  «lein  Verf.  ist  eine  recht  an- 
sprechende Arbeit  über  die  Insel  Röm 
(Mitteil.  d.  geogr.  Ges.  in  Hamburg  19, 
1—910)  bereits  verOffentlieht  worden.  Mir 
viel  weniger  dagegen  befriedigt  die  vor- 
liegende Abhandlung,  die  den  im  Titel 
angedeuteten  G^enstaod  irom  AHertnm 
zunächst  bis  zum  13.  Jahrb.  behandelt. 
Die  Literatur  hierüber  ist  umfangreich 
genug,  aber  doch  nicht  so,  daß  sie  sich 
nicht  leicht  durcharbeiten  ließe.  Vor 
allem  wäre  es  aber  bei  einer  monograplii« 
sehen  Hehandluug  dringend  nötig  gewesen, 
die  Originalquellen  sorgfältig  zu  prüfen 
und  einzusehen,  und  nicht  bloß  nach  se- 
kundren Bearbeitungen  au  sitieren.  Bin 
Beispiel  mag  genügen.  S.  4  heißt  es,  daß 
für  Cäsar  die  Orkynien  !;  die  Grenze 
seines  Wissens  gegen  Norden  bildeten  und 
awar  auf  Grund  von  Ml.  gaU.  VI,  S4.  Ds 
der  Verf.  die  angezogene  Stelle  fiir  Cäsara 
Kenntnisse  von  Hritannien  heranzieht,  so 
scheint  er  die  Otkuej-lnscln  dahinter  zu 
vermuten.  In  Wahrhdt  aber  spricht  Claar 
dort  vom  Hercynischen  Walde,  der  bei 
Eratosthenes  „Orcynia"  genannt  werde. 
Irrige  Ansichten,  falsche  Übersetzungen 
u.  a.  m.  lassen  sich  in  Menge  nachweisen, 
was  in  einer  Monographie  nicht  sein 
dürfte  Da  der  Verf.  eine  größere  Arbeit 
hierüber  in  Aussiebt  stellt,  so  wäre  eine 
nochmalige  Durcharbeitung  des  StofPee  tb 
ihn  dringend  erforderlich,  wenn  sie  fÖr 
di  ti  Fachmann  irgend  einen  Wert  haben 
soll.  K.  Kretschmer. 

Baedeker,  K.  Die  Schweiz.  Handbuch 
lur  Reisende.   31.  Aufl.    XL  u.  664  8. 
68  K.,   17   SUdtpl.   u.   11  Panor. 
Leipsig,  K.  Baedeker  190&.   Jt,  8.—. 
Baedeker  hat  sich,  wie  wir  mit  Freu- 
den sehen,  nun  auch  für  sein  Reisehand- 
buch der  Schweiz  zu  einer  geographi- 
schen Einleitung  entschlossen  und  hat  sie 
Dr.  Hermann  Walser  in  Bern  anvertraut, 
der  ja  ^chon  durch  seine  Schulgeographie 
der  Schweiz  sein  Geschick  zu  popvüärer 
nnd  dabei  doch  echt  wissenschaftlicher 
geographischer  Darstellung  bewiesen  halte. 
Kr  hat  auch  hier  eine  hübsche  geogn^ 
phische  Skizze  geliefert,  die  eine  gfute 
Einführung  in  die  Geographie  der  Schweiz 
gewährt.  Meiner  Empfindnag  nach  wlre 
es  aber  liDr  den  vorliegenden  Zweck,  der 


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Bfleb  erb  ef  pr  ech«  ngeo. 


67 


doch  haupUiichiich  darin  besteht,  dem 
wiflbegierigeii  Beuenden  Aurkttrang  Aber 
di«  ihm  entgegentretende  Natur  zu  geben, 
wtniger  auf  das  Gesamtbild  als  auf  die 
ekwM  eingehendere  Erklärung  der  ein- 
MheB  EncheiDUiigeii  angekommen;  viel- 
leicht läßt  sich  hittm  in  der  nächsten 
Auflag«  noch  etwas  nachhelfen.  Anoh 
im  übrigen  Text  enthält  das  Keisehaud- 
boeh  eine  Ffille  von  Belebrnng  über  Land- 
schaften nnd  Südte  nnd  kann  daher  auch 
daheim  vom  Geographen  mit  Vorteil  be- 
nutzt werden.  Bei  den  Angaben  über 
den  Simplontunnel  ist  mir  aufgefallen, 
dafi  der  Name  des  Teietorbenen  Alfred 
Brandt,  der  den  Plan  entworfen  und  die 
Anfänge  des  Baus  geleitet  hat,  nicht  ge- 
mnntwird;  beruht  die  Notiz  etwa  auf  An- 
gaben der  hentigen  Baideitnng?  Beaon- 
den  bieten  die  zahlreichen,  schön  gezeich- 
wAen  Kart<?n  —  der  ^'rüßere  Teil  der 
Schweizer  Alpen  ist  im  Maßstäbe  1 :  loUOUO 
dMgMtdH  —  «in  nntehfttob«rei  Hilfb- 
■ittd  dar.  In  den  Panoramen  scheint 
mir  die  Zeichnung  der  Bergumrisse  nicht 
louner  charakteristisch  genug,  um  die 
Boye  danach  an  erkennnn;  eowohl  beim 
neuen  Fkoomaa  vom  P.  Langnard  wie 
bei  dem  vom  Mte  Oeneroso  ift  mir  dieser 
Übelstaud  aufgefallen.  Die  Zuverlässigkeit 
des  Textea  In  allen  praktischen  Angaben 
kt  bewnnderangewOrdig.  A.  Hettner. 

Die  Ergebnisse    der  Triangulie- 
rnngen  des  k.  nnd  k.  Militir- 

geographiacb«  Institutes.  3  Bde. 
I.  Bd  :   TrianguHerung    1.  Ordnung 
im  westlichen  Teile  der  Monarchie 
und  den  sfidlich  anscblieSenden  Ge- 
bieten.   X  u.  217  8.    7  Taf.  Wien 
lyOl.  II.  Bd.:  Trianguliorunf^  1.  Ord- 
Boog  im  östlichen  Teile  der  Monar- 
chie. Vm  Jt.  171  8.   4  Taf.  Wien 
1902.  III.  Bd.:  Triangulierung  2.  und 
3.  Ordnung  in  Ungarn.  VH  u.  874  Ö. 
ö  Taf.    Wien  um 
Die  Besultate  der  für  Gradmeäouugs- 
swecke  in  den  Jaliren  IMO — 1898  avsge- 
führten  Triangulierungen,  die  sich  über 
die  ganze  Österreich-ungarische  Monarchie 
erstrecken,  sind  iu  den  Veruffentlichungen 
für  die  iateinntionale  Brdmessnng  mitge- 
tdlt  worden    Diese  eignen  sich  aber  für 
I^Ändesverraessungszwecke  besonders  des- 
balü  uüch  nicht,  weil  zu  Folge  der  iuter- 
»•tMBaleB  Obeieinknaft  die  Ansgleiebang 


des  Dreiecksnetzes  volikummeu  zwanglos 
atugefnhrt  werden  mnftle.  ffinsichttich 

der  Schlußfehler  der  nicht  mit  Dreiecken 
ausr^efnilten  Polygone  und  der  Überein- 
stimmung der  Dreiecksseiten  mit  den  ge- 
messenen Grundlinien  wurde  deshalb  eine 
neue,  empirische  Ausgleichung  mit  Be- 
nutzung der  ersten  Ergebnisse  vorgenom- 
men. Die  mittlere  Verbesserung  einer 
beobachtelen  Hiehtung  bleibt  dabei  immer 
noch  unter  der  Sekunde.  In  den  vorw 
liegenden  beiden  ersten  Bünden  (Trian- 
gulierungen 1.  Ordnung)  sind  die  Loga- 
rithmen der  Dreiecksseiten  bis  auf  8  De- 
zimalen, die  geographischen  Koordinaten 
auf  4  und  die  Azimute  der  Richtungen 
auf  8  Dezimalen  der  Sekunde  angegeben. 
In  dem  S.  Bande,  mit  dem  die  Yeröflfent- 
lichung  der  Triaogulienmgra  S.  und  8. 
Ordnung  beginnt,  sind  die  geographischen 
Koordinaten  auch  bis  zur  4.  Dezimale  der 
Sekunde  angegeben,  währeud  die  Azimute 
und  die  aus  der  Nelsansgleiehnng  sieh 
ergebenden  Richtungsverbessenuigen  bei 
den  Richtungen  2  Ordnung  auf  zwei,  bei 
jenen  3.  Ordnung  auf  eine  Dezimale  der 
Sekunde  und  schliefilieh  die  Logaritiimen 
der  Eutfernungen  durchweg  auf  sieben 
Dezimalen  berechnet  worden  sind. 

Die  Bezeichnung  der  Punkte,  die  nicht 
durch  kflnstliehe  Bauten  ▼ersichert  sind, 
ist  einesweifache:  oberirdisch  durch  einen 
behauonen  Markstein  und  unterirdinch 
durch  eine  mit  einem  Metallkegel  ver- 
sehene Steinplatte.  Die  Berechnung  lier 
geographischen  Koordinaten  auf  Gxund 
der  Hcösolschen  Erddimensionen  stützt 
sich  auf  die  astronomisch  bestimmte  Pul- 
höhe und  Länge  (gegen  Ferro)  des  durch 
einen  Monumentalbau  dauernd  beaeieh- 
neten  Punktes  Hermannskogel  und  das 
auf  diesem  Punkte  gemessene  A/.iinut 
(von  Nord  über  Ost  gezählt)  der  Richtung 
nach  dem  Punkte  Hundaheimer  Berg  bei 
Hainburg. 

Jeder  der  beiden  ersten  Bände  zer- 
lüllt  iu  drei  Abschnitte,  von  denen  der 
erste  die  geographischen  und  Polar>Ko* 
ordinalen,  sowie  die  Bichtungsverbesse- 
rungen,  der  zweite  die  zU8ammenge^<tellten 
Dreiecke  (beob.  Winkel,  Verbesserungen, 
sphftr.  EneB  usw.)  und  der  dritte  die 
Punkt-  und  Dreiecksverzeichnisse  enthält 
In  dem  dritten,  nach  Generalkarf  t-nblilttern 
geordneten  Bande  stehen  außer  den  geo- 
graphischen und  Polar-Koordinaten,  Bidi- 


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58 


Baoberbespreohnngen. 


tungBTerbeBseningen  und  Entfernangs- 
logtfithmen  noch  die  Nnehweianngen  der 

Schnitte,  die  zur  Bestimnjung  Her  ein- 
telnon  Punkte  gedient  haben.  In  allen 
B&nden  ist  außerdem  jedem  Punkte 
die  genlherte  MeereshOhe  mit  beigefdgi 

worden. 

Angeführt  8oll  hier  noch  werden,  daß 
der  1.  Band  (Triangulieruag  des  west- 
liehen Tdlea  von  Oetexreich^üngun)  Tizol 
nicht  mit  enthält,  weil  die  dort  in  den 
achtziger  Jahren  auBgeführte  mangelhafte 
Trianguli^ng  erneuert  werden  muß. 
Hierron  abgeiehen  ist  mit  den  ersten 
beiden  B&nden  eine  Arbeit  «bgesdiloBaen 
worden,  deren  (iröße  nur  derjenige  zu 
würdigen  vermag,  der  selbst  im  Vermes- 
rangswesen  tfttig  ist.       H.  Petsold. 

Pichler)   Fritz.      Austria    Roma  na. 
Oeograpbiiiches    Lexikuu    aller  zu 
BOmeneiten  in  Oeterreicfa  genennten 
Berge,  Flüsse,  Hafen,  Inseln,  Länder, 
Meere,  Postorte,  Seen,  Stiidto,  Straßen, 
Völker.    (^„Quellen  u.  Forsch,  z.  alt. 
Gesch.  n.  Geogr.",  hrsg.  Sieglin. 
Heft  2—4.;    444  S.    1  K.  Leipzig, 
Avenarius  190  >— 1904.    M  17  30. 
Der  Verf.  hat  mit  einem  Sammeleifer, 
der  ebenso  wie  seine  Vorliebe  für  blofie 
Kamenrrihen  etadE  «n  die  gecgmphisehen 
Bücher  des  Plinius  erinnert,  alle«  soaem- 
mengetra'^en ,  was  ihm  aus  literarischen 
Quellen  über  die  alte  Geographie  de»  jetzt 
Österreich -Ungarn  nmfh«senden  lAnder- 
gebiett'8  erreichbar  war.    Den  Kern  bil- 
det ein  lexikalisch  geordnetes  Verzeich- 
nis der  innerhalb  dieses  Gebietes  von 
alten  SchriftsteUem  erwihnten  Namen 
mit  Angabe  der  Quellenschriften  und  der 
jetzigen  Benennung,  doch  ohne  Zitate  und 
Verweise  auf  die  neuere  Literatur.  Letz- 
tere ist  in  einem  besonderen  Yerseichnis 
in  alphabetischer  Folge  der  Autoren  zu- 
sammengestellt.   Voran  gebt  ein  einlei- 
tender Teil  mit  Aufzählungen  Terschie- 
dener  Art,  welche  in  der  vortiegenden 
Foffm  leider  meist  nur  geringen  Nutsen 
gewähren:  das  gleiche  gilt  von  den  mei- 
3teu    ZusammeuHtelluiigen    des  dritten 
Teiles,  wo  mehrfach  derselbe  Stoff  wieder 
unter  anderen  Gesichtspunkten  registriert 
wird.    Auf  eine  niilu  rt'  Meschreibung  der 
Lage  oder  eine  S«  hil(ierung  der  Zustände 
in  römischer  Zeit  geht  der  Verf.  nirgends 
ein.    Sein  Werk  ist  ein  Begisterbnch, 


das  ak  solches  mit  groSon  FleiS  gesr^ 

beitet  und  sehr  verdienstvoll  ist,  ab^  bei 

zweckmäßigeriT  Anordnung  noch  wesent- 
lich mehr  hätte  bieten  können.  Die  /.w- 
gehörige  Karte  in  1  :  1800000  macht 
eineb  gef&lligen  Eindrack  imd  gibt  einen 
guten  Überblick  disT  rfcnischen  Topo- 
graphie von  ( »Hterreich -Ungarn ,  des.^en 
antike  Gebietsteile  nach  Art  modemer 
politischer  Karten  doieh  FMdienkoloirit 
nntereehieden  sbd.   E.  Oberh timmer. 

Kerp,  Heinrieh«  Landeskunde  tob 
Skandinavien  (Sdiweden,  Nor- 
wegen und  Dänemark».  (Sammlung 
Göschen.  No.  202.)  12".  13h  S.  11 
Abb.  u.  1  K.  Leipzig,  Göschen  1904. 
JC  —.80. 

Eine  recht  ansprechende  landeskund- 
liche Darstellung,  die  wie  der  Tntertitel 
des  Abschnittes  1  4  vermuten  läßt,  auch 
dem  Lehrer  dienen  will  vnd  es  recht 
wohl  vermag.   Rine  geographische  Übo- 
sicht  l)ehandelt  kna]ij>,  aber  im  ganzen 
ausreichend  Lage,  Grenzen,  Gliederung, 
Erdgeschichte,  Klima  und  Pflansenlebeet 
und  die  Einteilun>c  in  „Natur-  und  Kultur- 
gebiete". Dicfe  werden  dann  einzeln  der- 
art behandelt,  daß  das  „Land8chatts<)>il(l", 
die  „Entstehung  des  überflikheubildes'* 
und  dae  „Knltorbild"  aas  typisdien  Reise- 
routen abgeleitet  werden.    Die  gegen- 
neitige  Verknüpfung  dieser  Teile  ist  recht 
gut,  so  wenn  z.  B  die  Siedlungsarmut 
der  WestKflste  ans  den  einsdnen  Wir- 
kungen der  Eiszeit  erklärt  wird.  Der 
SchlußabBchnitt  „Wirt.srlialtliche  und  po- 
litische Übersicht  über  die  skaudinavi- 
Bchen  Staaten**  sncht  mit  OMck  trockene 
Statistiken  zu   vermeiden   und  vermag 
trotzdem   ein    ziemlirb   reiches  Zahlen- 
material  mitzuteilen.    Die  schwierigen 
crdgeschichtlichen  Probleme  sind  meist 
geschickt  und  vorsichtig  behandelt,  doch 
wird  man  dem  Verf.  nicht  immer  zustim- 
men können.    Als  Beispiel  möchte  ich 
auf  8.  48  ff.  verweisen,  wo  im  Sinne  der 
norwegischen  Forscher  Stnuidebene  und 
Strandlinien  scharf  und  zutreffend  aus- 
einandergehalten, dann   aber  die  post- 
glaziale  Hebung  kurz  genug  behandelt 
und  die  längst  aufgegebene  Peacksclie 
Hypothese  von  1882        mö^^liche  Erklä- 
rung herangezogen  wiril    Nach  den  Er- 
gebnissen der  schwedischen  Forschungen 
Aber  die  „vngleidhmftflige  Hebung**  und 


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Bfloherbeapreehongen. 


59 


der  Analogie  der  (im  Buche  gar  nicht 
eiwähnten)  rezenten  Niyeauveräuderung  , 
idiemt  et  doch  nieht  mehr  snlftaug,  lii«r 
u  „Schwanktmgen  des  MeeresBpiegelB" 
ta  denken  Eb  stimmt  auch  nicht  gut 
n  der  S.  46  angedeuteten  Vermutung 
TM  Bodenbewegungen  im  mittleren  Teil 
Ur  Fjorde  In  Be7.ug  auf  Botner  (Kare) 
nnd  Tindor  schließt  sich  Korp  völlig  an 
Richter  an,  ohne  die  glaziaiistiscbe  Auf- 
bnong  zu  neoned.  8. 6S  bei  den  nndent* 
liehen  Wasserscheiden  war  wohl  der 
direkt<'n  OaKelungen  zu  gedenken.  S.  83 
■iad  die  Asar  als  ,,Moränen'^  bezeichnet. 
Die  trottioee  Sehildemng  norwegiflcher 
SfitenS.  60,  70)  trifft  nieht  allgemein  zu. 
Salt«j5n  bei  Stockhuhn  iS.  77  ist  nicht 
ein  bnckischer  See,  soudern  achlechthin 
du  Meer.  Ob  die  Litemtnrltete  «m 
Be^nn  dee  Werkee  die  TOm  VerfaMer 
^nutzten  oder  dio  dem  Leser  empfohlenen 
Werke  zutiammcnHtt'llt,  ist  mir  nicht  klar 
geworden;  in  keinem  von  beiden  Fällen 
iit  sie  gUBs  enteiHreebend.  Bei  dner  Neu« 
anflape  wären  VerHchen,  wie  die  Mtge- 
Mbrten,  zu  bcrichtifren,  auch  einige  un- 
ichöne  Landticbat'tsbilder  zu  beseitigen, 
die  gus  gut  darch  typieehe  Photogn- 
phien  ersetzt  werden  können,  und  für 
besser»?  Lesbarkeit  dor  Namen  i'z.  B.  Ra- 
Ben)  auf  der  recht  ansprechenden  Karte 
n  eorgeo,  endlieh  die  bes<mdere  in  Namen 
nicht  eeltenen  Druckfehler  (z.  B.  Tynsee, 
Söderhamm,  Moräneachnitt  st.  MorUnen- 
Khutt  auf  ä.  i'i)  auazumerzen,  dagegen 
vidleidit  toq  der  uchwedieeben  Indnettie 
etwas  mehr  zu  sagen  (Eskilstuna- Waren, 
Hand««  hnhc  .  Daü  t's  bald  za  einer  Neu- 
Koilage  kommen  wird,  läflt  aich  aber  er- 
«Uten.  Denn  die  ftniprecbende  Daretel- 
hiig,  die  gewandte  Diapoeition,  die  den 
•Ahrenen  Pädagti<;en  erkennen  liißt,  \ind 
die  Fülle  von  Daten  dürften  den)  Werke 
*iaenwche  Verbreitung  sichern.  Sieger. 

Begel)  F.  Landeskunde  der  iberi- 
schen Halbinsel.  (Samml.  Göschen. 
No.  t86.)  1768.  8  Abb.«. 8 K.  Leip- 
ag,  Gflaehen  1906.  JL  —.80. 

h  einem  handlichen  Göschenband  eben 
hat  Repel  eine  treffliche  kurzgefaßte 
lAodeskuude  der  iberischen  Halbinsel  ge- 
beferi  Die  ^rorhandene  Literatur  iet 
fleißig  benutzt,  der  weitschichtige  Stoff 
•orgf  ältig  gegliedert,  die  Darstellung  klar  j 
«nd  leicht  verständlich,  so  daß  auch  der 


jenige,  der  das  Gebiet  nicht  aus  eigener 
Anschauung  kennt,  sich  ein  gutes  Ge- 
aamtbild  rnftohen  kaam.  Die  Belenditnng 
der  gegenwlrtij^'en  ZustHnde  ist  treffend, 
doch  wiire  vielleicht  du  und  dort  eine 
größere  lio^erve  der  Ausdrucksweise  am 
Plats  gewesen;  ao  entspricht  es  ja  a.  B. 
durchaus  den  Tatsachen,  wenn  der  tren 
müito  als  ein  „Bummelzug"  bezeichnet 
wird,  aber  dieses  Wort  einfach  als  über- 
setcnag  »naafllhiett,  gdit  denn  doch  nidit 
recht  an.  Der  Verfasser  scheint  die 
Kenntnis  des  Spanischen  für  allgemeiner 
verbreitet  zu  halten,  als  sie  ea  ist,  da  er 
manche  Zitate  ohne  Übenetanng  mitteilt 
(:^.  1C2  u.  S.  164).  Die  Auswahl  aus  dem 
vielseitigen  Material  iHt  t,nit  getroffen, 
und  nur  selten  vermißt  man  wirklich  £r- 
-wfthnenawertea;  so  sollte  a.  B.  das  csta- 
loui.iche  Volkangebiet  S.  17  bei  einer  Neu- 
auflage angeführt  werden.  Die  Abbil- 
dungen sind  gut  gewählt,  kommen  in  der 
Reproduktion  aber  leider  vielfach  nicht 
dentlieh  genug  herans.  Die  beigegebene 
Kurte  im  Maßstab  1 :60<  0000  ist  zur  Orien- 
tierung Tollaut'  genügend.  K.  Sapper. 

Diebl,  Daniel.     Au   Bord  nnd  im 

Sattel.  f""arbi<,'e  Blätter  aus  meinem 
Heisetagebuch.  500  S.  Lahr  i  B., 
Schauenburg  1904.  JC  8.—. 
In  drei  grOfieren  Abachnitken  behandelt 
der  Verf.  die  von  ihm  unternommenen 
Reisen.  Im  ersten  schildert  er  die  Reine 
auf  einem  Kosmosdampfer  von  Hamburg 
durch  die  M agellanstraBe  naeh  Yalpaniso 
und  Callao.  Der  zweite  Abschnitt  zerftUt 
in  einzelne  Avigenldicksbikler ,  die  uns 
teils  in  das  Gebiet  vom  Amazonenstrom 
bis  snm  Misaisflippi  fahren,  teils  nach 
unserer  ostisiatischen  Kolonie  Kiautachao. 
Im  dritten  Teil  werden  uns  Patagonien  und 
die  vom  Verf.  dort  erlebten  Ereignisse 
vorgeführt.  Wenn  er  in  der  Einleitung 
sagt,  datt  er  nicht  den  Anspruch  erhebt, 
„mit  wissenschaftlichem  Mallaat  l>rsrhwert 
zu  sein  oder  ein  photographisch  getreues 
Bild  der  geschauten  Länder  zu  liefern", 
so  aeogt  daa  von  flbergroßer  Beacheiden- 
heit.  Da  ich  die  im  ersten  und  dritten 
Abschnitt  Ix'Hiirnchenen  Gegenden  aus 
eigenem  btudiuui  kenne,  so  kann  ich  dem 
Yerf.  das  Zeognia  anastellen,  daft  er  mit 
sehenden  Augen  geschaut  V.i  weiß  (Geo- 
graphisches und  Erlebtes  durch  einen 
leichten,  flüssigen  Stil  so  ineinander  zu 


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Bfielierbeipreohaiigeii. 


webeiL,  daß  man  mit  GenuB  bei  der  Lek- 

türe  verweilt.  Wertvolle  statiftische  Daten, 
wie  solche  über  die  Bedeutung  des  Deut  sch- 
tums iu  den  Magellanländem  und  in  Pata- 
gonieii,  Ober  die  Hauptqaelle  dei  Reicb- 
tun»  jener  Gegenden,  die  Schafzucht, 
weiß  er  so  in  dan  Ganze  zu  verflechten, 
daß  man  nicht  durch  trockene  Tabellen 
gelAogweilt  wird.  Die  Skinen,  die  Verf. 
gibt,  haben  den  Vorzug  der  Aufrichtigkeit 
der  Anfjabon  und  der  Lebenswiihrheit ; 
namentlich  zenj^en  die  Schilderungen  der 
gewaltigen  Andenuatur  von  feinsinnigster 
Natorbeobacbtang.  F.  Stange. 

AlemanMy  Tll«   Aus  dem  Südwesten 
der  argentinischen  Kleeregion. 

Das  National-Territorium  Pampa  Cen- 
tral r.4  S  1  K  Hu.'iKiH  Aires,  1904. 
Tlieudur  Alemauu,  der  Herausgeber  des 
««Aigentinisohen  Wochen- und  Tageblattes'' 
und  Kenner  der  wirtschaftlichen  Verhält- 
iiissp  der  Pampa  uu<l  Nord-Patagoniens, 
faüt  iu  diesem  Heft  eine  Iteibe  von  Ar- 
tikeln snsammen«  die  er  in  obiger  Zeitnng 
veröffentlicht  hat.  Der  Zweck,  dem  Lc>i  r 
ein  Bild  der  wirtHchaftlichen  Entwicklung, 
des  Lebens  und  Treibens  in  der  Alfaita 
bauendmi  Pampa  zu  geben,  ist  an  der 
Hand  lebendiger  ski/.zen  voll  erreicht 
worden,  aber  auch  der  (Troirrajih  zieht 
Kutzen  sowohl  aus  mancherlei  eiugestrc\i- 
ten  Bemerkungen  im  Teit  als  auch  name ut 
lidi  aus  der  allgemein  gehaltenen,  die 
Vegetation  besondere  berücksichtigenden 
Einleitung,  und  der  am  Schlüsse  gegebe- 
nen Beschreibung  des  Territorio  Pampa 
Genttal.  Die  Karte  in  etwa  1 : 8  4S6  ooo, 
eine  Eisenbahnkarte  . Argentiniens  der  Bue- 
nos Aires  and  Pacitic  Haihvay  Company 
L«L  von  iuoa,  idt  klar  und  deutlich  lesbar 
und  exfnnt  ihien  Zweck  voUstindig. 

W.  Sievers. 

T.  Richthofen,  F.    Ergebnisse  und 
Ziele    der  Südpolarforschuug. 
28  S.   1  Südpolark.   Berlin,  D.  Wei- 
mer 1905.   M  1.—. 
Stola  imd  Wehmut  ungleich  erfüllt 
uns,  wenn  wir  die  vorliegenden  14  Blät- 
ter durchlesen.    Mit  dieser  ToUendeten 
Beherrschung  des  Gegenstandes,  mit  die- 
ser sonnigen  Klarheit  doH  GeiBte>^,  in  so 
schlichter  Scliötiheit  des  Ausdrucks  .schrieb 
unser  großer  Geograph  im  hohen  Greisen- 
alter! Aber  er  wird  nie  wieder  schreiben 
noch  reden.   Als  er  diese  Abhandlung 


TerfisJIte«  nahm  ihm  am  Arbeitetiseh 

mitt(>n  in  einem  noch  unvoUendeteD  Satao 

der  Tod  die  Feder  aus  der  niramerm<ld«n 
Uand,  der  wir  so  viel  verdanken. 

Die  Abhandlung  war  bestimmt  sn  ei- 
nem Vortrag  zu  dienen,  den  Ferdinand 
v.  Ilichthofen  beim  Kaiser  über  das  ant- 
arktische Problem  halten  sollte.  Sie  be- 
schränkt sieb  daher,  ohne  auf  Einsd- 
heiten  sich  einzulassen,  auf  eine  groft- 
zügige  Darstellung  der  wichtigsten  Süd- 
polariahrten,  ihrer  Hauptergebnisse  und 
die  (nicht  ganz  zu  Ende  gediehene)  Be- 
antwortung der  Frage,  ob  es  sieh  lohne, 
die  antarktische  Forschung  weiterzuführen. 

Ausholend  von  den  für  den  Handela- 
zweck  unternommenen  phönikischen  i^t> 
deekungsfahrten  und  den  kühnen  See- 
zügen der  Griechen,  wie  sie  in  den  poesie- 
verklärten SchiflFennürchen  der  Odyssee 
ihr  Echo  gefunden  haben,  führt  uns  der 
Yerlksser  rasch  durch  die  Fludit  der 
Jahrhundertc  bis  zur  Neuzeit,  wo  man 
den  Erdteil  des  Südens  suchte,  den  man 
zum  Halten  des  Gegengewichts  gegenüber 
den  großen  nördlicheren  Landmamen  des 
Krdhall.s  für  sicher  vorhanden  erachtete. 
Das  Feuerland,  die  nfirdlichen  Vorsprünge 
Australiens  hielt  man  bei  ihrer  Entdeckung 
fflr  Teile  dieses  von  Tomherein  als  ein 
Ganzes  gedachten  Südlandes.  Als  dann 
Abel  Tasnian  den  Abschluß  Australiens 
schon  in  subtropischen  Breiten  feststellte, 
James  Cook  aber,  bis  in  südpolare 
Breiten  vordringend,  die  Landleero  der 
südlichen  Ozeane  nachwies,  erlahmte  die 
Lust,  dem  I'hantom  weiter  nachzutrachten ; 
man  verschenkte  den  alten  Zaubernamen 
Terra  ^«airalfo  wie  eine  gesduchtlieh« 
Kariti\t  an  Australien.  Da  taucht,  zu- 
nächst im  Gefolge  zufVilliger  Insclfunde 
von  Robbenscblägem  iu  subpolaren  wie 
polaren  Südbreiten,  im  19.  Jahibundert 
erneutes  Interesse  an  einem  doch  viel- 
leicht um  den  Südpol  herumlagernden 
Südland  auf,  und  James  Koß  ent- 
schleiert wirklieh  1641  ein  Stück  des  ant- 
adc^sohen  „Kontinents"  (wie  man  heute 
zu  sagen  pflegt,  obwohl  die  Zweifelsfrage, 
ob  Kestarchipel,  ob  Festland,  noch  keines- 
wegs entschieden  ist).  Heisterhaft  er- 
örtert Richthofen  den  sodann  nach  bei- 
nahe ßOjähriger  Pau.se  einsetzenden  mo- 
dernen Aufschwung  antarktischer  For* 
schung,  neben  den  kleineren  Expeditionen 
vornehmlich  die  Fahrt  der  „Be^^**,  die 


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Bflcherbeiprechangen. 


61 


deutsche,  englische  und  schwedische  Ex- 
pedition, mit  unbestechlicher  Oerechtig- 
keifc  obae  jede  Spur  nationaler  Vorein- 
f^nommenbeii  jeder  ibr  gatei  Beebt  so- 

erieilend. 

Der  Schluß  gilt  einer  in  knappen 
SUsen  gehaltenen  BeweiefSbzoiig,  wie  im- 

r-ntbohrlich  die  Fortführung  der  eigent- 
lich ja  erst  in  unaeren  Tagen  begonnenen 
tjiiteQiatigchen  Erforschung  der  Südpolar- 
velt tb  di»  Tonendmig  der  IMkonde 
■ei,  nicht  bloß  um  den  letzten  großen 
weißen  Fleck  vom  Globus  zn  tilgen,  son- 
dern um  eine  Fülle  theoreÜBch  wie  wiri- 
•AaftBeb  wichtiger  Probleme  allgemei- 
■ena  Inhalts  der  I^suag  nftber  zu  fBbien, 
w  da«  liher  die  Verarmung  der  Erde  an 
Niederschlag,  das  über  Verwandtschaft 
4er  OigaBiiiiMn  im  eadliebeten  Amenks 
ead  in  Autralien-Neiieeeland ,  das  über 
MeereMtrömc  und  dfren  wechselnde  Rich- 
tang  in  ihrem  EinÜuß  auf  das  Klima  der 
BMe,  endlidi  du  fiber  die  PUmkton- 
emihnmg  der  Fische  im  Meer,  dieser 
bei  rechter  Verwaltung  unerschöpflichen 
Nahnmgsqaelle  der  Menschheit. 

A.  Kirchhoff. 

HoelzelsRa 88 en typen  desMen^cli en. 
Unter  Mitwirkung  Ton  F.  Heger  aus- 
gewlblt  and  bettbeitet  von  F.  Hei- 
derieb, gemalt  von  F.  Beck.  Kurzer 
Begleittext  von  Heiderieb.  Wien, 
Hoebcel  1908. 

Wie  in  den  Begleitworten  bemerkt  iät, 
«ude  in  dieeem  Werk«  der  Tereneh  ge- 
nadii,  die  verschiedenen  Hassent; pen  des 

McBBchen  an  besonders  ansgewäblten  und 
charakteristischen  Völkern  zu  demon- 
rfmrM.  „Die  Anordnung  erfolgte  naob 
geographischen  Gesichtspunkten  und  zwar 
«i'Tart,  (laß  auf  Blatt  I  und  II  die  asiati- 
Khea,  auf  Blatt  III  die  afrikanischen  und 
Mf  Bbti  ly  die  unerilmnieehen,  nnetr»- 
bichen  und  poljmesiächen  Rassentypen 
nir  Abbildung  gelangt^in.  Eine  Tafel  mit 
MiMehließlich  europäischen  Typen  soll 
Mter  folgen.'* 

Die  Tafeln  sind  für  den  völkerkund- 
lichen Unterricht  an  Schulen  bestimmt, 
welchen  Zweck  sie  auch  im  Großen  und 
Otenn  erfüllen,  tt  Brustbilder  in  feinster 
polychromer  Anaftbrnng  auf  vier  Tafeln 
''trtße  "H'^g  cm)  geben  eine  Auswahl  von 
^'•••enköpfen,  die  ein  genügendes  An- 
"dMamigsmaterial  darbieten,  um  das,  was 


im  Anschluß  an  den  geographischen  Un- 
terriebt aber  die  YOlker  der  Erde  gelehrt 
wird,  krSilig  zu  beleben.  Dabei  ist 
dem  ethnographischen  .Material  (Kleidung, 
Schmuck  I,  das  nach  Vorlagen  aus  der 
Sammlung  des  natuxhistorischen  Hof- 
nraaeon»  in  Wien  dargeetellt  wurde,  be- 
Rondcre  dem  Schnlzweel»  entsprechende 
Aufmerksamkeit  geschenkt.  Nach  den  aus 
tausenden  von  Vorlagen  von  Prof.  Heide- 
lieh unter  Mitwirkung  Ton  Fnns  Heger 
ausgewählten  Köpfen  sind  von  dem  Haler 
F.  Beck  Aquarelle  hergestellt,  nach  wel- 
chen die  Bilder  zur  Austilhrung  gelaugten. 
Leid«r  tbd  die  kflneUefiwh  «uigefBkrten 
BeeeenkOpfe  in  den  Ow^teiflcfsn  i.  T. 
etwas  curopilisiert,  was  sich  wohl  nur 
hätte  vermeiden  lassen,  wenn  es  dem 
KfineUer  ermöglicht  worden  wlre,  lang- 
jährige phyaiognomische  Studien  flbtt  die 
betr.  Mcnachenvarietäten  zu  machen  und 
diese  teilweise  auch  nach  der  Natur  zu 
mnlen.  Derartige  Ansprüche  Inesen  eidi 
aber  an  ein  Unternehmen  nicht  ilellen, 
(itiH  «'in  Werk  in  solch  gediegener  Aus- 
führung zum  Preise  von  JC  17. —  (auf 
Leinwand  gezogen  und  mit  Stäben  versehen 
zu  JC  S4.— )  den  Lehranstalten  mr  Yer- 
filgung  stellt.  Da«  Bt-^rleitwort  SU  den 
Tafeln  ist  sachgimüU  ubgetaßt. 

Otto  Schoetensack. 

Waner,  A.  Soziale  Erdkunde.  Hilfs- 
bücher für  die  Hand  der  Schüler  in 
Volke-  und  Fortbildungsschulen  rar 
Einffihning  in  die  Landee-  und  Ge- 
sellKrhaftskunde.    I   Sachsen.    46  S. 

1  Skizzen,  2ü  Bilder,  1  K.  ./K  —.»(>. 
U.  Deutschland.  1.  Kursus.  1.  Abt.: 
Vorwiegend  LnndsehallBkunde.  48  8. 
4  Skizzen,  29  Bilder,  l  K.  —.30. 

2  Abt.:  Gesellschaflskunde.    38  S. 

3  Skizzen,  16  Bilder.  JC  — ..iO. 
2.  Kursus:  Dentsehbind  im  bmpfe 
um  seine  Erhaltung  und  Wohlfahrt. 
88  S.  7  Skizzen,  37  Bilder,  1  K. 
JC  —.60.    Dresden,  Frübelhaus  IdOö. 

„Die  eosiale  Erdkunde  ist  ein  Fort- 
schreiten von  den  natürlichen  zu  den  wirt- 
.arhaftlichen,  ]>oliti8chen  und  sozialen  Vit- 
hältnissen  des  Vaterlandes,  des  Erdteils, 
der  Welt.  Kenntnis  der  Volksentwicklung 
muß  das  Ziel  des  erdkundlichen  Unter» 
richts  sein;  mitten  in  dieser  Entwicklung 
steht  der  Zögling,  an  ihr  soll  er  bald 
tätigen  Anteil  nehmen."    Dies  ist  da» 


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62  Neue  Üüchei-  und  Karten. 


» 


meihodiacbe  Olaabmubekenntnii,  dM  der  ausgeföhrt ,  und  der  Hauptvotsog  d«« 

VerfasBer  in  seinen  „bescheidenen  Heft-  Werkchens  liegt  in  der  Art,  wie  das  fpröde 
chen"  iu  die  Praxis  überaetzen  will.  Die  statistische  Material  dem  Schiller  durcli 
Itebaudlung  geht  aus  vou  der  Gewinnung  tretfeude  Vergleiche  nahe  gebracht  wird. 
UaierBMunToratellmigen  (s.B.  Schilderung '  Nach  der  ganien  Behandhingaart  hslten 
einer  IteiBe  von  Kydtkuhnen  bis  Basel  ,  wir  die  Hefte  ffir  sehr  geeignet  als  Grund- 
gibt dann  die  nutürliehcn  Lundschaftt'n  la<;e  des  geographischen  F'ortViildungB- 
uud  ^eigt  schließlich  die  Bewuhuer  iu  schuluuterrichteti.  Hier  werdeu  die  Mängel 
ihrer  BeachiftigiiBg,  ihrem  Gfiteranttaiueh  i  im  phyaiBehen  Teil  nicht  aar  Geltung 
und  das  Staatswesen.  Es  liegt  in  den  kommen ,  dagegen  die  wirtschaftlichen 
Spezialinteressi-n  des  Verfassers,  daß  die  Fragen  sieher  volles  Interesse  und  Ver- 
Landschaitskunde  ziemlich  düri'tig  weg-  ständnis  finden.  Die  beigegebenen  Bilder 
kommt,  daß  nirgends  OmndbegriffiB  der  und  aftmtlich  verkleinerte  Reproduktionen 
physischen  Erdkunde  an  den  heimat-  der  bekannten  Schulbilder  von  Letunamn, 
liehe?)  Verhältnissen  entwickelt  werden.  Meinhold,  Geistbock  U.  a. 
Desto  breiter  ist  die  Wirtschaftsgeographie  j  P.  Wuguer. 


Nene  Bücher  und  Karten. 

flsicUchU  der  iieograpkia.  iBrockhaus'      Kleine«  Konversations- 

Grande,  Stef.  Le  carte  d*America  di     Lexikon.   5.  Aufl.   Viele  Abb.  u.  K. 

Giacomo    Gastaldi.    168  8.    6  Taf .  j    2  Bde.  in  6C  Heften  so  je  —.80. 

Torino,  Clausen  1905  |     1.^9.  H.    Leipzig,  Brockhaus  1906. 

Sandler,   Chr.    Die   Refonnaüon   der  Alliremln«' phy^Urhe  csMicruphir. 

Kartographie  um  1700.  26  S.  4  tabel- ,  Hann,  J.   Lehrbuch  der  Meteorologie. 

larische  u.  Text-Beil  u.  6  Kartentaf.  inj    j.  ^nfl.  Lief.  6,  7  u.  8  (SchluA).  Je 

Map]>e.  München  u.  Beriin,  Oldenbouzg  i    ^  3,  , 

lUUö.     .<r,  tJO.  — .  '  nruturhUiid  ud  üachbarliadrr. 

Torres,  L.  M.  Les  etudes  geographiques  pontane,  Th.  Wanderungen  durch  die 
et  hiatoxiqoea  de  FÄix  d'Aiam.  SO  S. ,  M^rk  Brandenborg.  Auiwahl,  hrsg  v. 
Buenos  Aires,  Hermanos  1906.  |    H.  Berdrow.  tS8  8.  Stuttgart,  Cotta 

AllKKmelnei.  ^yog     j^;  i  _ 

von  Neumayer,  G;  Anleitung  zu  wia-  März,  Chr.  Ber^  und  Tal  der  Heimat, 
aenaehnftlichen  Beobachtungen  aof  Rei- 1  Geologisch-geographische  Wanderungen 
len.  8.  Aufl.  Lief.  :>  *>.  Amtahanpimannschall  LOban. 

Geographisches  Jahrbuch.  X.WIU.  70  s  L^bau  L  8.,  WaMo  (Mvx)  1806. 
Bd.  11*05.  UrHg.  vou  Herrn.  Wagner.  —60. 
L  größere  Hftlfte.  890  8.  Ofthtgena:  AsIm. 
Berieht  über  die  ethnologiache  For-  Qenthe,  Siegfried.  Korea.  Eeiseschil- 
schung  1901  fl8»8)  bis  1903.  —  Lan-  derungen  (Genthes  ReiHen.  Bd.  I.). 
genbeck:  Die  Fortschritte  in  der.  Hrsg.  von  Georg  Wegener.  i  Büd 
Physik  und  Mechanik  clea  BrdkOrpen.  Qenthea.  L  u.  844  8.  Bedin,  Allg.  Ver. 
—  Oberhummer:  Berieht  über  die;    f.  dentodie  Liter.  (Paetel)'l906.  UK  8. — . 

Lilnder-  und  Vrdkf'rkuude  der  antiken  |  PolanrcKpndcn. 
Weit  III.  —  Drude:  Die  Forttichritte  1  Arktowski ,   Henrjk.     Projet  d'une 


exploration  tj^bkaailäqa»  dea  rögions  po- 
laires.  25  8.  BrflMol,  TudenMivea  St 


der  Geographie  der  Pflanzen  (1901  bia 

1904).    Gotha,  Perthes  1905.  9.—. 

Deutscher  Kauiera-Aluianach  1906.!     Cie.  1905. 
Jahrbuch  der  Amateur -Photographie. '  (•eographlseher  Ustcrrlcht. 

Hrsg.  v.  F.  Loa  sc  her.  SSO  S.  1  Taf.,  |  Wfinsche,  A.  Schulgeograpjire  des 
47  Yolib.  VL  107  Testabb.  Berlin,  G.  j  Königreichs  Sachsen.  VI'  u..  880  8. 
Schmidt  l'JOG  17  Textfig.  Leipzig,  Dürr  1906.  2.60. 

Beitrage  zur  Kenntnis  des  Orients.  Jenkner,  11.  Rätsel  aus  Erd-  und  Him- 
IL  Bd.   Hrsg.  vou  H.  Grothe.   219  S.      melskuudc.  Mit  einem  Begleitwort  vou 
1  Abb.  Halle a.8.,  Gebauer-Schwetaohkei    A.  Kirchhoff.   Neue  Folg«.   71  8 
1906.  J(  6.^.  I    Berlin,  Oehmigke'lOOO.  JL  l.~. 


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.ZeitaehriftentchaiL 


63 


Leipoldt,  G.,  u.  M.  Knhneil  ^bysi- ! 
k^iwh-politfaohe  Sehnlwaodkwrte  von! 

Europa    3.  Aufl.    l:30000uo.    Ifift  x 
1H&  cm.     Dre-*(len  ,  Leijizig  u.  Wien,  ^ 
Müller  •  Fiöbeihau»  1ÜÜ&.    Autgezogen  ; 
Ii  Leinwd.  mit  Sttben  n.  Wachstaeh  . 


sipoldt,  GnstAv.  Yerkehxakart«  von 
Mittel-Boropa.    Politische  Karte  mit 

Angabe  der  EiscnbahniMi  .  wichtigen 
Alpenstraßen,  Dampferliuieu  und  Tele- 
grapbeuverbindungeu.  I:8ö0000.  165  x 
180  ea.  Ebdft.  1905.  iLn^e».  %.  Lonwd. 
m.  Stiben  n.  Wachrtach  JL  S9.~. 


Zeitscbriftenscliaa. 


Pftfrmanvs  MiUeilungm  190:")  1 1  Heft. 
Schütt:  Die  Bodeaformen  und  Tempera- 
tarea  de«  cfidlichen  Eitmeeres.  —  Jeteh* 
ke:  L>er  Orkan  in  den  Harscball- Inseln 
am  30.  Juni  lOOj  —  Grubauer:  Ne- 
ghtOB.  —  Reinecke:  Der  neue  valka- 
Bttdie  AosbTach  anf  SavaiL  —  Linke: 
Eine  Umgehung  des  neuen  Kraters  im 
September  190").  —  Finsterwalder  u. 
Brückner:  Protokoll  der  III.  Intenuitio- 
iislen  Oletscherkonferenz  in  Maloja  vom 
6-9.  Sept.  1006.  —  Frhr.  v.  Anfseß: 
Untersuchungen  üb»*r  die  Erhöhung  der 
Temperatur  am  Grunde  der  JSeen.  — 
Bothamel:  Ist  die  Bezeichnung  Cassini- 
Soldneiscbe  Zylinderprojektioiibereohtigt? 

—  Kircbhoff:  Die  nennte  Anflfge  Ton 
i»tielers  Handatlas. 

GUAms.  Ö8,  Bd.  Nr.  1^.  Grpos: 
Die  Hnriehowo,  ein  Gebiet  für. ctimtfche 
Forschung  und  rutemehmung. — •  Halb- 
faf5;  I)ie  Projekte  von  Wasserkraftanlagen 
am  Walobensee  ij^ud  Kocbelsee.  —  Oppel: 
Derebere  S^e.  -r-j  Gaatie'rs.  Durohqne- 
inng  «ler  Sahara  vom  Tuat  bis  zum  Niger. 

—  Die  reriodizitat  der  Flutscbwankongen 
de«  jiuterenNil. 

Dm».  Nr. so.  V.  Knebel:  Studien  in 
Island,  Sommer  1905.  —  Max  Schmidte 
Indianerstudien  in  Zentralbrasilien.  — 
Etkniscbe Eigentümlichkeiten  des  Japaner- 
fiiBes.  —  T.  N egelein:  Die  Pflanze  im 
Volksglauben. 

Dojtf.  Nr.  21.  ^^tephftn:  Ein  modernes 
Kolonialabenteuer.  —  Kribi.  —  Grübner: 
.Kinig«  Speeifonnen .  des  Bismarck- Archi- 
pels. -  Die  Königin  Njawingi  Ton  Mgororo. 

Donw^Rt.  22.  V.Knebel:  Studien  in 
W*nd.  —  T.  Ne^?lein:  Die  Ptianzo  im 
ToU^glauben^,-;jß^pban.:  Ein  modernes 
KolwüalabeBtenfg.  -rWielke:  Eintönei^ 
•er  prähigtorischer  Fuß. 

Deutgehe  liunJschau  für  Geographie 
md  Statistik.  2b.  Jbrg.  3.  Hell.  Seidel: 
]>M  Atoll  Oleal  aad  aeine  Bewohner.  — 


Ol  in  da:  London  in  der  Gegenwart.  — 
Wiese:  Die  orientalischen  Kirchen  im 
tflrkisehen  Reiche.  —  GOtainger:  Der 
neu  aufgedeckte  Gletiehertopf  bei  Bad 

Gastein 

Zeitschrift  für  Üchtdgeo^ajphie.  1906. 
11.  Heft  Marek:  Dnreh  die  PrSrien Nord- 
amerikas zum  Grand  Canon.  —  Michler: 
Ein  8chwieri<,'t's  Kapitel  der  (ieographie. 

Gto(jraphiacher  Anzeiger.  19uö.  11.  Heft. 
Lampe:  Fhr.  v. Richthofenf.  —  Fischer: 
Der  Erdkundennterricht  und  die  GeMll- 
•chaft  Deutscher  Naturforscher  und  Ärzte. 

—  Schüfer:  Eine  poetinche  Beschreibung 
Europas  aus  dem  XVI.  Jahrhundert.  — 
Flacher:  Eine  nene  Methode  aar  Her^ 
at^llong  von  Volksdichtekarten. 

Zeitschrift  der  Gesellschaft  für  Erd- 
kunde zu  Berlin.  l\)Oö.  Nr.  ü.  Solger: 
J)ie  Moore  in  ihrem  geographiaehen  Zu- 
sammenhange. 

^Zeitschrift  für  Kolonialpolitik ,  -recht 
umi -icirtschaft.  lüOö.  lü.Heft.  Gessert: 
Über  rentable  Waioentaanng  in  Deutsch- 
Siidweetafrika.  —  Die  Tola-tschadaee- 
Grenzexpedition in  englischer  Releuchtung. 

—  Kürebboff:  Der  Kongo  als  Verkebra- 
atrafie.  —  G  i'i  m  p  c  1 1 :  Die  OtaTi-Babn  nnd 
die  Otavi-Minen. 

Mitteilungen  der  k.  k.  Geographischen 
Gesellschajt  in  Wiati.  19Öö.  Nr.  10. 
T.  Doblboff:  SuropUsobaa  Teikeliraleben 
(vom  Altertum  bis  snm  westfälischen 
Frieden)  I.  —  Wissert:  Das  WangOT' 
nitzcnkar  in  der  Scbobei'gruppe. 

Abhandlungen  der  k.k.  Geograpltischtn 
Geselhdiafi  m  Wien.  1905.  Nr.^.  (Nr.  8 
erscheint  später.)  —  v.  Kerner:  Ther- 
moisodromen.  Versuch  einer  kartogra- 
phischen Darstellung  des  jährlichen  Gaug^ 
der  Lufttemperatur.  •'.  " 

Yiner.  1905.  8.  Heft.  Anders son: 
Mesures  prises  reg  derniers  temps  en  Su^^e 
pour  la  protection  de  la  nature.  —  Nor- 
denikjOld:  Beitiige  aur  Kenntnis  eini- 


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64 


ZeittohriftenscliftQ. 


gw  bidianenttinme  de«  Rio  Msdre  de 
Dioe^Sebietes.  —  Lönnberg:  Extension 
gitfograpliique  dp  TOkapi  —  EliseeKeclusf. 

Annale»  de  Geographie.  1905.  No.  78. 
Novembre.  de  Hargerie:  La  Gart« 
bathymeferique  des  Oedu».  —  Vfteber: 
Le  haut  Cher,  sa  valli^e  et  Bon  r(?ginie. 
—  E  r  d  e  1  j  a  n  ü  w  i  c  h :  Lea  Etudes  de  Geo- 
grapbiu  humaiue  en  paye  serbe.  —  Mau- 
rette: £tat  de  noe  ConnaieMDcee  vor  le 
Nord-Eit  kfticain.  —  Vallaux:  A  propos 
de  la  „ceinture  dorn'"  —  üautier: 
Vojage  de  Gaatier  et  Chudeau  k  travers 
le  SaliM».  —  Conemin  d^agxi^tioii  d* 
hutoixe  et  de  g^ographie. 

La  (J^ographie.  1905.  No  5.  Nor- 
denekjöld:  Exploration  Hcieutifique  au 
P^roo  et  en  Bolivie  (1904,^6).  —  Haag: 
La  atructure  g^ologiqne  du  "^ali  iru  cen- 
tral d'aprf'i^  Foureau.  —  Äudoin:  No- 
tice hjdrographique  aar  le  lac  Tchad.  — 
Babot:  Pngetd*exploratioB  lyst^matiqiie 
des  regions  polaire«. 

The  (ieographical -Jourval.  1905.  No.  6. 
Markbam:  Tbe  Spberu  and  Uses  of  Geo- 
grapby.  —  Nansen:  Oseillations  of  Sbore- 
lines.  —  Delme-Radoliffe:  Surveys  and 
Studies  in  Uganda.  —  Herbert  höh:  The 
Visit  of  tbe  British  Association  to  Soutb 
Africa.  —  Bernaccbi:  Preliminary  Re- 
port Ott  the  Pbjncal  ObcenrationB  con- 
ducted  r>n  the  National  Antarctie  Eiqpe> 
dition.   IUO'2  04. 

The  Scottish  Geographical  Magazine. 
1905.  No.  18.  Watermeyer:  Geogra- 
phical Notes  <m  Sonth  Africa  south  of 
the  Limpopo.  —  The  South  African  Mee- 
ting of  tbe  BriliHh  Association.  —  Siberia, 


The  Xational  Gengraphic  Magazine. 
1905.  No.  11.  Wbarton:  Geograpby.  — 
The  Birtbplace  of  Civilisation.  —  The 
Proportion  of  Children  in  the  United  States. 

U.  S.  Geol.  Suri  ei/.  Bulletins.  No.  243. 
Eckel;  Ccment  Materials  and  Industry 
Ol"  tbe  U.  S.  (15  Tat'.,  1  Fig.).  —  No.  267. 
Hateher  n.  Stanton:  Geology  andPale- 
ontology  of  the  Inditb  River  beds  (19  Taf., 
1  Fig.).  —  Clarkp  u.  A.:  Contributions 
to  Hineralogy  from  the  U.  S.  Geol.  Sor- 
teij  (12  Fig.). 

Dos».  Water-Supply  and  Irrigation 
Paper.  No.  119.  Hojt  n.  Wood:  Index 


to  the  Hydrographie  Progress  Reports  of 

the  ü.  S.  Geol.  Survey  1888—1903.  — 
No.  120.  Füller:  Hibliographic  Review 
and  Index  of  Fapers  relating  to  Under- 
gronnd  Waters  publ.  by  the  U.  S.  Geol. 
Sorroy  1879—1904.  —  No.  181.  Letgb- 
ton:  Preliminary  Report  on  the  Pollution 
of  Lake  Champlin.  —  No.  122.  .Johnson: 
Relation  of  the  Law  to  Undergrouiid 
Waten.  —  No.  184.  Barrowt  n.  Hojt: 
Rep.  of  Progress  of  Stream  Heaenreniente 
for  1904.  I  :  Atlantic  Coast  of  New  Eng- 
land Drainage  (2  K.,  1  Fig.).  —  No.  126. 
OroTor  XL.  Hojt:  Dass.  IH.:  Snsqnebana 
usw.  (2  K.,  1  Fig.).  —  No.  128.  Hall, 
Johnson  u.  Hoyt:  DasB.  V.:  Eastorn 
Mississippi  K.,  1  Fig.).  •—  No.  132. 
Taylor  n.  Hoyt:  Dase.  IX.:  Weiten 
Gulf  of  Mexioo  and  Bio  Gianda  (8  Taf., 
1  Rg.). 

lu  Tflnddataen  Zeltieiriftea. 

Braun,  Fritz:  Die  Temperaturverhiilt- 
niswe  KonKtantinopels.  Dnitschr  Monats- 
schrift f.  Kolonialpolitik  u.  Kolonisation, 
m.  Jahrg.  Nr.  6,  7/8.  Juni,  JuU/Attg. 
1905. 

Ders. :  Die  WeltKtellung  Italiena  im 
Wechsel  der  Zeiten.  I.  Die  Entwick- 
lung bis  cor  Nenseit.  JEMor.  III.  6. 
Juni  2905. 

Ebert:  t'ber  die  Aufrechterhaltung  des 
normalen  elektrischen  Erdfeldes.  Fhj/g. 
Z.  ii.  Julirg.  Nr.  24.  8.  825— S28. 

Ders.:  Bemerknngen  za  dem  AnllNltM  des 
Herrn  Gerdian:  Der  Elektrizitätshans- 
halt  der  Erde  und  der  unteren  Schich- 
ten der  Atmosph&re.  Ebda.  6.  626 — 632. 

Hftberle:  Dfinen  in  derPfels.  PfSUitek« 
Heimatkunde.  1  14.    Dez.  1905. 

Hörstel:  Die  Erdbeben  in  Kalabrien. 
(Viele  Abb.)  Himmel  und  Erde.  VIII.  3. 
JhM.  1906. 

Porena:  Scbiarimenti  intomo  al  pas- 
saggio  del  primato  cartografico  dall' 
Italia  ai  Paesi  Bassi  nel  secolo  XVI. 
AfU  del  y.  CoHffr.  Qeogr.  Jkol.  JfajMii. 
G.—ll.  apr.  1904.  Vol.  2*.  Sw,  IV. 
{Sti/rica).  p.  7!tß-,^(>4  (1905). 

Tietze:  Ferdinand  Freiherr  von  Ricbt- 
bofen  f.   Fsrh.  d,  k.  k.  geoL  JMcftf» 

anf^talt.  No.  U.  1905.  (BßT.  V.  31.  Oii. 
1905.) 


▼tiutwottUdisr  H«rttticsb«ri  Piol  Dr.  Alfrsd  Hsttasr  la  BMdslItSff. 


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Geographische  Zeitschrift.  XII. 


Tafel  1. 


Boca»  f Hintergrund  Kos. 


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Geographische  Zeitschrift,    XII.  1906, 

Zu  Sapper:  Inseln  des  ügäi.schen  Meers. 


Tafel 


Kryonero  auf  Kos  Kalkgebirge).   (Aufn.  von  R.  Herzog.) 


L'ooirrnphisch«!)  Keimtni8s<-  vou  de»  Nord-  iirul  Osta<>e1( Asien 

'  iltor».   Von  K   Krot Schmer    .  M 
.  i  rij.    Von  A.  Ilottiior    .....  .56 

Minis»>e  der  Trinii(rnlieruiiK<!n  un<I  k    Mi1!tür-i.'oi)i:ra]>))i8<  lion 

[nstltute*.    Von  M.  l'etzold   ... 

I'ichler,  F.    Atistriu  IJornntia    Von  K.  Ohorhumtiii-r.  58 

K'orp,  B.    I.aniicskuii<Ii>  \on  Sk.m<linavioii.    Vou  R.  Sivgci  5ä 

Hot'el,  F.    Lftutleiikuiido  Her  iluyrisclicn  Hulbiiisel.    Von  K.  Sapin  r   ....  .V.) 

I'iclil.  1>.    Au  Bord  und  im  Sattel    Von  P.  Stimgo  .     •     .  59 

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Geographische  Lehrbehelfe 

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HölaelB  8chulwaudkarte  von  Australion  und  Polynesien,  Btiller  Ozean. 
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4lem  neuesten,  v. ,  iiichen   Mutt-rial  bearbeiteten  W'ui,  n  von  Aiiien 

und  Australien.  Sie  nehmen  gegi-nwiirtig  den  ersten  Kang  auf  diesem  Gebiet  ein. 
'         Is  Verkehrakarto  von  Österreich-UnRaru  für  den  allgemeinen  (.tebranrh. 

.iiifli  /luTi  (  iii(>rnrlit  ün  Koiitii.iii /.iitllt'ii  Lthran.-'talten  bearb.  von  Lcdpnlil 
Kullinn.  II.  Aufla^'c.  Malistabi  8o(Miu(l  II  I  Matt,  l'r.i»  unaufgi'.-»pannt  13  .<"iO  M..  auf 
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um.  Maßstab  1  :  ScimhmiU.  Ki  lUatt  (»röüe  drr  Karte  zuhaminen- 
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ße  der  TUKnnimengt'hftzten  Kartf  172  cm  breit,  148  cra 
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'         -.  '      ■     -,|)      _  Dit-.^  iv.ut  den  Rowfdil  auf  dem  VI,  in'  •     '  I^n 

in  Louddii  uU  u.  .  den  iJeratun^'en  dor  de; 

1  für  Polar-Forschung  zw  Berlin  al«  kartographische  Unterlage  für  di< 
■lieii  Vrrliandlungeu  benflt/.t  und  hab«  n  hierbei  die  bo.-ten  IMenste  gei 
•^^  Wmp  ik  r«.-  rVv  n'i!  ir-Vii:Fn.  Politische  Ausgabe.  8  l'datt.  M 

'  setzt  20«*i  cm  breit.  1H2  cm  hoi  1 
it  '.»  .\L.  uut  l.«'iii\M»ud  j^i'^iiaiiiil  III  Mappe  14  .'«0  M.  mit  Stiiben  HJ..it»  .M. 
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puurit  in  Mappe  12.60  M..  mit  StHben  14.50  M. 
ulwan  von  Palflatina.    h\lt  den  Unterricht  in  der  bibl 

iivii  'l'r  tH.    Nach  <'  .       "  '  l;lia(iotl' 

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Ausliüirliche  Prospekte  stehen  auf  Wunsch  gratis  und  franko  zu  Diensten. 

Zu  beziehen  durch  alle  Bnchhandlungen  sowie  durch  die  Verlagshandlone  selbst 


GEOGRAPHISCHE  ZEITSCHRIFT 


VON 

Dh  ALFRED  HETTNER, 

.T    in    -UMi-.üAriTIK  AN   I»Kn  ISIVKRSITÄT  HnnKI  BEHU, 


/Woi.FlK);  JAllRUA^Mi.    /\Vi:iTKS  HEFT. 


MIT  \IKB  I  HJrRKN  IM  IKSr 


.\USf;E<;Kl<KN  AM  "iT.  KKHKL'AU. 


Si.  VERLAR,  VON  B.  H.  TEllBNEK 


Inhalt  des  zweiten  Heftes. 


Klisee  Kwlns"  Lehm  und  Wirken  ^ib.U)  \  oi»  Trot.  Pr  l'aul 

(iiranlin  und  Prof.  Dr.  Jean    Urnnhes   in  Freilmrg  (Schweiz) 
Bericht    über  dif   Fortschritte  der   PHanzeiigcographie   in   den  Jahren 

1H9'J  -1901.     Von  Prof.  Dr.  George  Karsten  in  Honn   ...  79 
Die  Kcloiiie   .Madagaskar   in  ihrer  gefronwärti^jen   Eutwj.klnn.r  Von 

Prof.  Hr.  C   Koller  in  Zürich  ^  g., 

M.Ulcrs  „Orientierung  nach  dem  Schatten".    Die  Taschenuhr  als  Kon.paö 

^on  Dr.  Karl  Peucker  in  Wien.    1  Mit  4  Textti^renV  101 
Bemerkungen   üh»-r  die   Zukunft   der  deutschen  (Vographcntage.  Von 

Dr.  Eduard  Wagner  in  Leipzig 
Geographische  Neuigkeiten: 

AUyenieiuea.    Preisarbeiten  (ibcr  die  matheinatischo  Bcsiinn.H,„L:  ,1,  r  Frde  - 

Erforschung  der  Windvcrhältnisso  in  der  PAs.satreglün  ],,7 
Europa.    Dio  StAdte   im  Dcntacbcn  Reiche  mit  über  luOüÜu  E.nw    nncJi  .kr 

Zflhluujf  voü  1905    j^jg 

-Vfrika.  Krforschun;:  des  Sehi .Flusses  in  Marokko.  -  Yillattos  und  Lupe. 
rines  Roiso  nach  Adrar.  -  CuDtaingtons  Es|ieditiou  zum  Tai.ranika  - 
Poncks  Roiseu  in  Afrika  .... 

Australien.     Rückkehr  von   .Michaclse.i   und   llartniej  er  xon   ihrer  keiie 

Milch  Wost -Australien    .   ^^^^ 

Nürd-PolRrge(feDden.     Amundsons  Expedition  zum  matruetisohon  Nordpol  110 

Vereine  nnd  Vorsammluugon.    X.  lateroaüonaler  Gcoluh'Gnkonprefl  '  m 

«.eopraphischor  Unterricht.    Das  Institut  für  MeereskiHido  iu  Borlio  U-J 

Pers-nliches.    Karl  von  Fritsch  >  Ii' 
Bücherbesprechungen: 

Freiitzcl    C.  A.     Major  James  Ronneil,   der  .Schnpfcr  d.  r   ntuereu  englischen 

Geographie.    Von  S.  OQuther   jj,, 

Ephraim.  H.     Über  die   Entwicklung  der  Webotechnik  "und   ili'r..  *V,.rbr«i*tun? 

außerhalb  ^:^rol)as.    Von  M.  Habcriandt  .  Ij.j 

JVaguer.  H.  üroniclrie  des  ostfllischen  HöKollandes  links  der  Leiue.  Vun  K  l'ouckcr  ll-t 

Mourcr,  .1,    Weltreisebilder.    Von  A.  Kirchhoff  ....  ,,5 

AIku«,  J.    The  Cyclonos  of  tlie  Far  East.    Von  W.  Brennecke!  115 

Zabul,  B.    Im  muliamodaiiischen  Abendlnnde.    Von  Th.  Fischer.  115 

Bcrnius,  K.    Dns  B.'ckcn  von  Parrns.    Von  K.  Suppor   .     .  jlt; 

E.  V.  So.vdliU'   üeo;.mpl.ic.     Ausgabe   C:    (irofles    Lehrbuch    der  Geographie 

\on  Uch.  FiHclier  IIG 

Neue  Bücher  und  Karten   jj., 

Zeitschriftonschau  

  '  '■•••■..Iii 

Künftighin    werden   Veröffentlichungen   jeder    Art  (BOcb-r 
l»i8»ertatiünen.  Programme,  Karten  u.  a.)  ausnahmslos  nur  dann  al^ 

""n"."'"  werden   können     wenn   sie  der  GeogJap£ische„ 

1  t«r  h  r  ■  1 1  '■ '  n     w  bickt  worden  sind. 

Heran.  '.plrf        GeoF'aphischc~Zdtad;^  unter  der  Adresse"  des 

Sil^r^.n    H  -i-i         •  1^^*'^'^  Hcttner  m  Heidelberg.  Ziegelhäuser  Lan,! 
straüe  ivn   Beiträge  zu  den  geographischen  NeuigkeiUiu  an  Dr.  Augus^t  Fit/..,. 
Leipzig.  L,d,r8truße  19   erbeten,    Aufsätze  werden  mit  »50  Mk   filr  den  Druck 
P^gf.r  .^«^.^eiten    Beitrage  zu  den  Neuigkeiten  mit  2  Mk.  für  die  Spall 
Petit  liononert;  da*  Honorar  der  Karten  und  Abbildungen  l.kibt  der  Verl 
'         ung  vorbehalten.  Außerdem  werden  den  Herren  Verfasaem  von  Aufsätzen  und 
«.Hungen  20,  von  Neuigkeiten  und  Besprechungen 8 ?     '     1  '  •„ 
und  portofrei,  eine  größere  Anzahl  auf  Wunsch  zu  den 

Bücher  und  Karten,  deren  Be8i)rechung  in  der  Geographischen  Zeitachrirt 
gemischt  wird   sind  an  die  VerlagHbucbhandlung  B.  G.  TeubSfr    LeipS  1 
Ab   hl  ß  1'°''""  Liefeninggwerke  können  im  allgemeinen  er«t  ,mr|-  |l 


AbschJuB  1  n. 

Die  Geographische  Zeitschrift 
V     bis  4  Dir-  '  '  10  Seiten;  de.  Abonn.m.,  t  halbjährhrl. 

■    .H    Alle  a...  .  uTvl  ^^,~^nIl^^;ll^-r.  ".iitnen 

Druck  lind  Torlau  >üii  Ii.  i..  it  uliin  r  in^üipzij;,  Postwtr.  H. 


Ell8^  Reelus'  Leben  md  Wirken  (1830— 1905 . 

Von  Faul  Qirardin  und  Jean  Brunhes. 

Elis^e  Baclus  wurde  am  15.  März  1830  in  Sainte-Foy-la-Grando  (Qi- 
ronde)  geboren.  Sein  Lebenslauf  darf  hier  nicht  übergangen  worden,  donn 
wenige  seiner  Umstftade  blieben  ohne  Einfluß  auf  sein  Wirken.    Gerade  wie 

man  in  diesem  reichbewegt^n  Leben,  das  das  eines  Empör^^rs,  eines  Ge- 
lehrten und  eines  Apostels  war,  droi  Perioden  unterscheiden  kann,  so  lassen 
sich  auch  in  seinem  Wirken  <lie  Spuren  dreier  Kichtnngen  oder  dreier  Ein- 
tiüsse  erkennen:  die  seines  Vaters,  die  Karl  Kitter»,  die  seiner  Reisen 
und  der  Natur. 

I. 

Sein  Vater  war  der  Paslur  Jean  Keelus,  der  als  Vater  von  zwölf  Kindern 
ein  so  streng  bildliches  Leben  führte,  dali  er  zu  seinen  Lebzeiten  als  Prophet 
und  Heiliger  verehrt  wurde.  Ais  er  gegen  Ende  seines  Lebens  von  der  Be- 
Tdlkenang  eines  in  den  PyrenBen  verlorenen  Tales  herbeigerofen  wurde,  Ter- 
liefi  er,  um  diesem  Rufe  sa  folgen,  seine  Familie  und  seine  Besitnugen  und 
machte  sich  mit  seinm  Söhnen  anf  den  Weg.')  Dies  Beispiel,  im  Verein  mit 
einer  universeUen,  sich  auf  alle  und  alles  etstreckenden  Sympathie,  erzeugte 
in  ihm  jenes  über  alle  sozialen  Konventionen  erhabene  Wahrheits-  und  Ge« 
reditigkeitsbeJürfnis,  das  nur  eine  dringende  Forderung  seines  Herzens  war. 
Der  Gedanke,  daß  jedem  Volke,  jeder  Basse,  jedem  Bruchteil  der  Mensi-liheit 
in  der  Vergangenheit  wie  in  der  Gegenwart  Genugtuung  werden  und  (ie- 
reehtigkeit  widerfahren  mülite,  tindet  sich  in  der  „(leographie  Universelle"  wieder ; 
di»'  skrupultise  (ioutiuif^keit  in  der  Besebrt  ilning  ist  nur  eine  Form  dieser 
strenjien  < int  rliti<:keit,  ludern  ab«  r  dei-  Scliriftsteller  alle  ErscheitiMnL''*'ii  der 
Natur  nut  A uf rieht itrkeit  und  Sympathie  schildert,  erwirbt  er  da-,  tictiihl  der 
Verschiedenheit  der  Länder  und  wird  so  ganz  unwillkürlich  (ieographie 
treiben.  Hierin  berühren  sich  bei  Beclus  die  moralische  Besorgnis  und  die 
wiflsenaehafUiche  Genauigkeit,  und  das  eben  madit  vor  allem  die  Gedaak«i- 
«inheit  dieser  19  großen  B&nde  aus. 

Dieser  Fondamentalbegrifl^  empfoagen  in  einer  gans  nach  dem  Evangelium 
lebenden  Familie,  ist  nnwidersprechlich  christlich  in  seiner  Genesis,  gerade 


1)  Einzelheiten  hierflber  bietet  der  schöne  Artikel  von  F.  Schräder,  „Elisee 
Reclns",  in:  .,La  Geographie".  15.  Aug.  1905.  S.  81—86.  Femer  Porena  in:  „Hol. 
della  Soc.  Africana  d'Italia".  XXIV.  1906.  faec.  VII. 

0«ognphlw1w  ZaIlNkrifi  Ii.  Jahrgang.  IMM.  I.H«ft  6 


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66 


Pftul  Oizardin  and  Jean  Brunhea: 


wie  der  Begriff  von  der  Menschheit  als  Ganzem,  aufgefaßt  in  ihrer  historischen 
Entwifiklnng  und  jetzigen  Yerhreitmig.  Vom  gleichen  ehristlichen  Geilt 
dnrehdmngen  ist  auch  seine  KollektiTsympathie,  diese  Caritas  gmeris  human^ 
die  ihn  in  seinem  letzten  Werke  ansrofen  ließ:  „Überall  habe  ich  mich  ra 
Hanse  geflihlt,  in  meiner  Heimat,  bei  Mensehen,  meinen  nrfldeni.  Ich  glaube 
nidit,  daß  ich  mich  je  von  einem  Gedanken  habe  hinrnßen  lassen,  welcher 
nicht  der  der  Sympathie  und  Ehrerbietong  fttr  alle  Bewohner  des  großen 
Vaterlandes  gewesen  wäre." 

Andererseits,  und  gerade  durch  seinen  auf  die  Spitze  getriebenen  Altruis- 
mus, sollte  er  prfahren,  vvif  stark  der  Antagonismus  ist,  der  zwischen  seiner 
Auffassung  der  >ren>ehhpit,  als  Ziel  und  Gesamtheit  betrachtet,  und  unserra 
Stand  der  Zivilisation  herrscht,  wo  die  Ausbeutunt,'  und  das  Aussterben  der 
sogenaniittn  „minderwertigen"  Kassen  von  d<'n  ..starken  Viilkern"  als  Aus- 
breitungsbedingung der  „privilegierten  Hassen"  angesehen  wird.  Daraus  ent- 
stand der  erste  Konflikt  und  die  erste  Empörung,  und  von  sämtlichen  Pro- 
testatioaen  gegen  die  sosiale  Ordnung  ist  die  sa  gnnsten  der  Sehwanen,  Gelben 
nnd  Bothftute,  die  man  namens  einer  hohem  Zivilisation  niedermacht,  depor- 
tiert und  Terkanft,  die  beredteste  und  beihairliohste.  Man  lese  nur  in  JLes 
Piimitifii**  Ton  Elie  Beclus  den  Bericht  über  alle  die  Qrausamkeiteny 
die  die  Weißen  an  den  Eingebomen  Anstmliens  oder  an  den  Indianern 
Amerikas  Terfiben,  und  man  wird  dieselbe  Geistesrichtung  entdecken,  ein  Be- 
weis dafür,  daß  wir  es  hier  mit  den  „Grundpfeilern"  seines  Wirkens  zu  tun 
haben,  und  daß  es  die  Familieneinflüsse  sind,  die  die  Gefühle  des  großen 
französischen  Geographen  geformt  und  die  Eingebung  seiner  Ideen  Torbereitei 
haben.') 

Ist  es  nicht  gestattet,  noch  weiter  zu  gehen  un«!  in  dieser  Abstammung 
die  Erklärung  für  gewisse  Vorlieben  nnd  Abneigungen  zu  suchen  V  Sollten  wir 
im  Werke  des  Sohnes  nicht«  von  dem  my.stischen  Ideal  des  Vaters  antreffen, 
des  Mannes,  der  im  XIX.  Jahrhundert  das  Leben  eines  „Hirten  in  der  Wüste** 
zur  Zeit  der  Verfolgung  Tarwirklicheii  wollte?  Auch  Elis^  hatte  wie  der 
Hirte  sein  auserwBhltes  Volk,  die  Waldenser,  diese  „Israeliten  der  Alpen'', 
die  im  Mittelalter  durch  ihre  Hisston  und  ihren  Anssug  ein  zweites  Mal  die 
Gestalt  des  jüdischen  Volkes  erneuerten.  So  oft  der  Geograph  in  seinen 
Werken  auf  dieses  heroisohe  kleine  V91kchen  stOBt,  verweilt  er  bei  ihm  mit 
einem  gewissen  Wohlgefallen.  Nqr  zwei  Beispiele  unter  vielen  andern.  Durch 
eine  Wallfahrt  in  die  Vallouise,  ein  verlorenes  Tal  im  Brian^onnais,  die  den 
vertriebenen  Waidensem  als  Zufluchtsort  gedient  hatte,  begann  gleich  nach 
seiner  im  Jahre  1857  erfolgten  Rückkehr  nach  Frankreich  .seine  in  Gemein- 
schaft mit  Adolf  Joanne  unternommenen  Exkursionen.  In  einer  seiner  letzten 
Schriften,  „Supplement  au  Dictionnaire  de  la  France",  widmet  Joanne  eine 
der  das  Paßsystem  der  Alpen  erklärenden  Skizzen  der  „glorreichen  Rückkehr** 
der  Waldenser  in  ihr  Land. 


1)  Bei  einem  andern  Bruder  Elist'es,  OneBime,  dessen  geographische  Werke 
bekannt  sind  und  dessen  Ideen  in  so  mancher  Hinsicht  von  denen  seines  Bruders 
abwrtelMii,  finden  wir  dieselbe  Chrundstimmnng  einer  flBuigen  Begeislenuig. 


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Elii^e  Reelvi*  Leben  und  Wirken  (1M0~1906). 


67 


Dies  die  Herkunft  Elisee  Reelus'  und  einer  der  Umstände,  der  seine 
Geistesrichtung  unzweifelhaft  stark  beeinflußt  bat. 

n. 

Durch  weichet  ZnsammeBtreffeii  Tön  EiBflflssen  gelangte  nun  dieser  nn« 
mhige  Geist  snr  Geographie?  Die  Vorlesungen  Karl  Bitters  an  der  Uni- 
Tenitftt  Berlin  (1851)  entschieden  diesen  Bemf,  der  sich  selbst  verlengoete. 
Wenn  aneh  die  „Geographie  üniTerseUe**,  als  Tatsachensammlnng  betitMihtet, 
«ne  Fnu^t  langer  Bdtm  nnd  einer  stannenswerten  Belesenheit  ist,  so 
bildet  doch  die  geographische  Philosophie  Bitfcers  das  Wesen  der  geogra- 
phischen Tdeen  Heclus',  und  Bitter  sog  von  Tomherein  die  Leitlinien  des 
nikünftigon  Werkes.  Seine  Ideen  dienten  den  zahlreichen  kleinen  populären 
Abhandlungen  als  Bindeglied,  der  „Geofrraphie  Universelle*'  als  Vorrode, 
seinem  gesamten  Wirken  als  Methode,  Ideen,  die  sich  im  Laufe  einer  mclir 
als  ein  halbes  Jahrhundert  umfassenden  Schaffen.s/eit  im  großen  und  ganzen 
nur  wenig  veränderten.  Gleich  anfangs  war  der  in  die  Betrachtung  der 
äußern  Gestaltung  ganz  vertiefte  Schüler  wie  sein  Lehrer  betroffen  von  der 
im  Universum  herrschenden  Ordnung,  wie  sie  sich  durch  eine  Beihe  von 
nSjnunetrien",  „Kontrasten**  nnd  iiHamumien**  knndtnt:  der  Harmonie  der 
koDtinentalen  Formen,  der  Symmetrie  der  Lftnder  entspricht  die  der  Meere; 
die  grofie  Wasserhemisphftre  bildet  nach  demselben  Gesetz,  das  die  Fest- 
linder in  drei  Linderpaare  gerteilt  hat,  eine  Art  Weltmeerpaar,  und  es  gäbe 
danach  drei  Doppeloseane ;  die  nördliche  nnd  sfldliche  Polarregion  weist 
ebenfalls  ein  Beispiel  von  Gleichgewidit  zwischen  Land  nnd  Wasser  anf^  nnd 
Tieclus  ahnt  hier,  den  Forschungsresultaten  Nansens,  Drjgalskis  u.  a.  voraus- 
eilend, daß  sich  um  den  Nordpol  eine  Meeressenkung  ausdehnt,  während  eine 
Landkalotte  den  Südpol  besetzt  hält.  Und  doch  ist  diese  rein  äußerliche 
Symmetrie  der  Erdmassen  von  geringer  Bedeutung  im  Vergleich  zu  der  tiefen 
Harmonie,  die  als  Folge  der  Abwechslung  der  Winde,  Strfimungen  und  Klimate 
erschf'int;  ,,auch  ist  die  wahre  Schönheit  der  Erde  nicht  in  den  verschiedenen 
Teilen  der  Erdkugel,  wohl  aber  in  deren  Einwirkung  auf  einandt-r  zu  suchen". 
Hierin  erkennt  man  ohne  Schwierigkeit  die  Lieblingsideeu  Kitters  und  seiner 
Sdiide,  nnd  diese  selben  Symmetrien  und  Harmonien  finden  wir  in  den  „Homo- 
logien" Pescheis  wieder. 

Was  aber  Becins  nnter  „Erdharmonien",  „Erdschffnheit'*  Tersteht,  ist 
unter  anderem  Namen  die  Zwedmiftfiigkeitslehre,  die  er  in  glänzenden  Seiten 
entwickelt,  die  ohne  Zweifel  Leibnis  anerkannt,  die  sicherlich  Bastiat 
aicht  verleugnet  bitte.  Der  groBe  Anarohist  denkt  und  urteilt  ganz  wie  der 
große  liberale  Nationalökonom,  und  nichts  ist  logischer;  denn  beim  einen 
wie  beim  andern  ist  es  ein  entferntes  £cho  dieses  optimistischen  Vertrauens 
in  die  Natur  Jean-Jacques  Rousseaus.  Dieser  optimistischen  Auffassung  des 
Erltran/on  entlehnt  Elisee  Reclus  die  Definition  der  Geographie  selbst:  „Die 
physische  Geographie  ist  weiter  nichts  Anderes  nls  das  Studium  dieser  Erd- 
harinonien.  Sich  mit  den  hühern  Harmonien  zu  befassen,  d.  h.  mit  denon, 
die  aus  den  Beziehimgen  der  Menschheit  mit  dem  Planeten  als  deren  Schuu- 
plst»  entstehen,  bleibt  der  Geschichte  vorbehalten." 

6* 


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68 


Paul  Oirftrdin  und  Jean  Brnnhes: 


Wolcht^  Stelle  kommt  dem  ^ft'nschen  in  der  Symmetrie  der  iliißeni  For- 
men, in  dit'st  r  Hierarchie  der  lebenden  Furme]i  zu?  Seine  Kulle,  seine  Be- 
stimmung ist,  „das  Gewissen  der  Erde  zu  werden'',  und  gerade  dadurch  liidt 
er  eine  Verantwortlichkeit  für  die  Harmonie  und  die  bcautc  de  la  tiature 
environnanie  auf  sich.  AUe  YoUnrndit  ist  ilim  TsrUehen,  die  Gegend,  die  er 
bewohnt,  nach  seinem  Gutdfinken  zu  fonnen.  Sein  tfttiges  Eingreifen,  das 
sich  so  machtvoll  kundtut  in  der  Trockenlegung  der  Sttmpfe  und  Seen,  im 
Hinwegsohaffen  der  die  versehiedenen  Lftnder  trennenden  Hindernisse,  ist  Ton 
einsehneidender  Bedeutung  fllr  die  ftufieren  Umgestaltungen  dse  Planeten. 
Aber  nicht  nur  verschönern,  auch  verunstalten  kann  der  Mensch  die  Erde; 
i<  n;i<  h  dem  sozialen  Stande  und  den  Sitten  eines  Volkes  trägt  seine  TEtig- 
keit  dazu  bei,  die  Natur  an  Schönheit  gewinnen  oder  verlieren  zu  lassen. 

Darin  liegt  das  Prinzip  eines  zweiten  Konfliktes  zwischen  der  Erde  und 
dem  Menschen,  insoweit  er  sich  in  dem  jetzigen  Typus  der  Zivilisation  ver- 
körpert, und  dies  ist  die  zweite  Anschuldigung  Reclus"  g»'gen  die  Zivili- 
sation. Dt-r  Mensch  plündert  die  Erde  als  wahrer  Bsirhar,  treibt  Haubwirt- 
schäft,  und  die  Kidohei  Hiiclie  weist  ungezählte  Beispiele  solch  schonungsloser 
Verwüstung  aut.  Au  vielen  Orten  hat  der  Mensch  seine  Heimat  in  eine 
Wflste  verwandelt,  und  das  Gras  gedeiht  nicht  mehr  dort,  wohin  er  den  Fuß 
gesetzt  hat.  Aber  die  miBhandelte  Natur  rieht  sich  und  „sn  den  ünadwn, 
die  in  der  Oesehiohte  der  Menschheit  schon  so  viele  auf  einander  folgende 
Zivilisationen  vernichtet  haben,  müBte  man  in  erster  Linie  die  BQeksichts- 
losigkeit  sShlen,  mit  der  die  Mehrxahl  der  Volker  ihre  allgemeine  Nihnnutter 
miflhandelten**.  Indem  nun  Eeclus  diese  Erwägungen  auf  den  Niedergang 
Spaniens  anwendet,  zeigt  er,  wie  viel  gewisse  historische  Fragen  gewinnen 
würden,  wenn  man  sie  vom  geographischen  Standpunkt  aus  behandelte. 
Einige  Historiker  hal-eii  die  rrsaehc  dieses  Sinkens  der  Nation  in  der  Auf- 
findung der  (loldgrnhrn  Amerikas  gesucht,  andere  in  der  von  der  Inquisi- 
tion organisierten  religiösen  Sehreckensherrschaft,  in  der  Vertreilning  der  Juden 
und  Mauren,  in  den  blutigen  Autodafes  der  Ketzer,  ohne  zu  bedenken,  daÜ 
der  wutartigo  Eifer,  mit  dem  die  Spanier  die  Bäume  aus  bloßer  Angst  vor 
den  Vögeln  niederhackt^n,  nicht  zuletzt  mit  schuld  an  diesem  Verfall  ist. 
„Die  gelbe,  steinige  nackte  Erde  gewährt  jetzt  einen  widerwärtigen,  entsetz- 
lichen Anblick,  der  Boden  ist  veraimt,  die  Bevölkerung,  die  swei  Jahrhunderte 
hindurch  in  steter  Abnahme  begriffen  war,  ist  teilweise  in  die  Barbarei  zurOck- 
gesunken.   Die  klein«i  VOgelein  haben  sich  gertcht."') 

MuB  man  also  an  der  Zukunft  der  Erde  venweifelnf  Soll  der  „harte 
Landmann**  nur  an  ihrer  Verh&ßlichung  aibeiten?  Soll  man  mit  den  Maoris 
ausrufen:  „Die  Ratte  des  Weißen  wird  unsere  Ratte,  seine  Mücke  unsre  ver- 
treiben, sein  Klee  wird  unsere  Fanikrftuter  und  der  WciÜe  sell)st  den  Mnori 
töten"?  Ganz  und  gar  nicht,  denn  eine  echte  Zweckmüßigkeitslehre  bleibt 
optimistisch  trotz  aller  Greuel,  die  der  Mensch  an  der  Natur  verübt.  Daher 
stellt  auch  der  Geograph  dem  \Hrzweif lungsruf  Michelets  in  „La  Mon- 
tagne'':  „Die  Gemeinheit  wird  siegen einen  optimistischen  Ausruf  gegen- 


1)  „La  Terre".  U.  S.  748. 


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Elisäe  Beda«*  Leben  und  Wirken  <18S0— 1905). 


69 


über,  1»eteuert.  seine  Hoffnung  auf  die  Zukunft  des  soiner  Kolle  zurück- 
pegplienen  Mfiisclifn :  ,,Nein,  das  Idoal  wird  den  Bieg  erringen  I  Solange  dieses 
Ideal  weiter  nichts  sein  wird  nls  die  rrbarniachung  des  Bodens,  wird  ihm 
wohl  alles  geopfert  werden;  w^nn  sich  aber  einmal  der  Ackerbau  befreit 
von  dieser  Angst  vor  der  Not,  sich  ganz  der  Artenverilnderung  wird  zuwenden 
können,  wird  es  ihm  zweifellos  gelingen,  die  Pflanzenwelt  nach  seinen  Wün- 
teben  nrnzugestalten."') 

m. 

Nachdem  wir  versucht  haben  zu  scheiden,  was  in  diesem  \\  irkeu  von 
Jean  Reclus  stammt,  und  was  auf  Karl  Ritter  zurückgeht,  müssen  wir  die 
Lebensgeschichte  wieder  «ifiiehmen.  Klis^,  der  an  der  repnblikaniaehen 
Bewegung  des  Jahres  1848  Anteil  genommen,  kehrte  gerade  znr  Zeit  des 
Staatsstreichs  des  2.  Bmembers  nadi  Paris  zurück;  er  verlieB  sogleich  Frank- 
reidi  nnd  ließ  sich  nach  einander  in  England,  Lrlaad,  in  den  Vmnigten 
Staaten,  in  Mittel-Amerika,  in  NeorGranada  nieder  —  ahmte  er  hierin  nicht 
abdditlich  Humboldts  Beispiel  nachl  —  überall  die  vielgestaltigen  Erschei- 
nungsformen des  Planeten  in  sich  aufnelimend,  seinen  Sinn  für  Lokalftlrbung 
in  der  Berührung  mit  der  Natur  schürfend  und  seine  Schildcniiiir^j^abe,  die 
ihn  im  ersten  Anlauf  an  die  Spitze  der  Schriftsteller  setzt»*,  und  die  immer 
die  Stütze  seines  Talentes  blieb,  stets  ven'oUkomniend.  ' lioichzcif ijr  machte 
er  sich  mit  der  Sprache,  Literatur  und  den  Schriften  de^  Auslandes  vertraut, 
verkehrte  mit  einer  groUen  Anzahl  wissensrhaftlich  gebildet«  r  wie  ])olitischcr 
Persönlichkeiteu,  deren  Korrespondenz  und  ..liandscliriftliche  Autzeichnungen" 
in  seinen  Werken  einen  so  breiten  Kaum  Üudeu  sollten,  und  dies  alles  zu 
einer  Zeit,  wo  die  geographische  Literatur  noch  so  arm  war  nnd  sich  Ton 
einem  Land  znm  andern  versteckte.  Was  den  Wert  des  BoBland  und  Sibirien 
gewidmeten  Bandes  ausmacht,  ist  die  schwere  Menge  nngedmckter  Berichte, 
die  der  Verfasser  persönlichen  Besiehnngen  mit  russischen  Agitatoren  ver- 
dankte.  ünd  wenn  vielleicht  kein  Band  den  über  die  Yereirngten  Staaten 
sa  Weit  ftberragt,  so  hat  dies  seinen  Grund  darin,  daß  man  vom  Anfang 
bis  sum  Ende  unter  dem  angenehmen  Eindruck  steht,  daß  der  Verfasser  aus 
eigener  Anschauung  schildert  und  als  xmTerbesserlichor  Freiheitsschwärmer 
ein  wahres  Vergnügen  bei  der  Beschreibung  eines  freien  Landes  empfindet. 
Reclus  brachte  von  seinen  überseeischon  Keiscn  mehr  als  bloß  Skizzen  und 
IVojektc  zuriu'k,  es  erwuchs  daraus  sein  erstes  Uuch:  »Vojage  a  la  Sierra 
Nevada  de  Sainte  Martlie". 

Nach  Paris  (18<)"Jl  zurückgekehrt,  verband  er  sich  mit  Edouard  Char- 
ton,  der  ihm  den  „Tour  du  Monde"  eröffnete,  und  mit  Adolphe  Joanne, 
der  sone  liinirairta  Fraakreklis  durdi  eine  Reihe  Belsen  vorbereitete,  an 
denen  Redus  *i>iitiitbin.  Sr  verliebte  sich  nach  und  nach  ganz  in  das  Hoch- 
gebiige  und  vervollstSadigte  seine  Untersnchnngen  Aber  die  Dauphineer  und 
Bavoyer  Alpen  —  wo  er  als  VorlSufer  die  Englftnder  hatte  —  wie  der 
Pyrenäen  —  WO  er  dw  Nachfolger  Bamonds  und  der  Vorlftufer  Schraden 
war/)    Er  war  Mitaibeiter  bei  mehreren  Itmiraifes  Joannes,  von  denen 

1)  „La  Terre".  II.  S.  741. 

S)  Siehe  Henri  Beraldi:  „Cent  ans  aus  Pjn^n^».  7  Bde.  Paiis,  1898—1904. 


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70 


Panl  Girardin  und  Jean  Brnnhes: 


einige  durc-h  ihre  Genauigkeit  und  ihren  geographischen  Charakter  kleine 
Meisterwerke  sind^):  Alprs  frainni'fe.'i ,  Jura,  Pyn'nt'ei^  Vil{<\<  d'hirn-  de  In 
Mi'(litc)  i  iuti'e  rt  ih  <  Al/ics  Mdrilimes .  Gniilc  (},•  I  oridro^,  wt-li  hfr  eine  der 
besten  Intersuchiiugcn  üIht  das  Armenwesen  t-ntliiilt,  die  bis  jetzt  ersehieneu 
sind.  Durch  seine  Abhandliuig«>n  von  edler  Allgeraeiiiverstiindliclikeit  in  der 
Art  von  Viollet-le-Duc  bereitete  er  sich  auf  seine  Kolle  als  Wiederbeleber 
der  Geographie  in  Frankreich  vor.  So  erschienen:  „Histoire  d'une  montagne'', 
„Histoire  d'un  roisaeau",  „La  Terra"  (2  Binde).  Für  den  ZKefioiiitatre 
ffraphique  de  la  France  von  Joanne  schrieb  er  eine  meisterhafte  Einleitung, 
die  Stoff  fOr  awei  OktaYbftnde  liefern  würde;  endlich  führte  er  sich  dnrch 
seine  Artikel  in  der  „Revue  des  Deux  Mondes*'  beim  großen  Publikom  als 
Schriftsteller  ein,  insbesondere  durch  die  Uber  den  amerikanisehen  Sezessions- 
krieg, die  bewiesen,  daß  selbst  die  Kriegskunst  keine  Geheimnisse  für  ihn  liatte. 
Nicht  genug  erkannt  hat  man  den  bedeutenden  Raum,  <len  er  der  Kriegs« 
geschickte  in  seiner  Geographie  zuweist,  namentlich  in  der  der  außereuropäischen 
Lander,  deren  Grscliichte  wenig  bekannt  ist,  wie  z.  Ii,  die  Südamerikas,  und  die 
eine  Krinnerung  seiner  in  dieser  Zeit  erfolgten  Ausbildung  als  War  Coirc- 
Sjiondv)»'  ist.-) 

Von  lH7n,  ja  bereits  von  iHltf)  an,  nahm  das  Seliieksal  Iteilus',  das 
sich  bis  dahin  von  dem  der  „Liberalen''  unter  dem  Kaiserreiche  nicht  unter- 
schieden hatte,  zwei  Gestalten  an,  je  nachdem  man  dem  Geographen  oder 
dem  Politiker  nachgeht  Nidit  etwa  als  ob  in  ihm  swei  Menschen  vorhanden 
gewesen  wSren;  immer  wnßte  er  swischen  dem  Manne  der  Tat  und  dem  der 
Wissenschaft  das  Gleichgewicht,  ja  fast  einen  modus  vivendi»  zu  erhalten.  Wir 
werden  noch  su  untersuchen  haben,  inwiefern  die  Ansichten  des  letzteren  die 
des  ersteren  beeinflufiten.  Obwohl  seit  1866  der  „Intemationalen"  angeschlossen, 
erfüllte  er  1870  auf  den  W&llen  von  Paris  als  einfacher  Naüonalgardist  seine 
Pflicht;  am  18.  März  1871  beteiligte  er  üch  an  der  Commune,  wurde  auf 
dem  Plateau  von  Chatillon  gefangen  genommen  und  zur  Deportation  ver- 
urteilt, eine  Strafe,  die  Thiers  (Januar  1872)  auf  das  eindringliche  Bitten 
einiger  der  triiißten  (ielehrteii  Europas  in  die  der  Landesverweisung  niildei-te. 
Er  lieLS  sii'h  nun  in  der  Schweiz  nieder,  zuerst  in  Lugano,  dann  in  Vevey 
und  Genf,  wo  er  sich  Tnit  den  IIä\Ji»tern  des  russischen  Nihilismus,  den  Prinzen 
Kropotkin  und  Bakunin  verband,  und  kehrte  trotz  seiner  Begnadigung  im 
Jahre  1879  doch  nicht  nach  Frankreich  zurück.  Er  wurde  eben  nicht  müde, 
immer  wieder  die  „Schönheit  der  Berge**  aller  dieser  Ufer  der  Schweizer 
Seen  zu  bewundem,  die  seinen  Geist  stets  bezauberten,  und  die  er  gleich 
den  alten  Völkern  anzubeten  geneigt  war.   Man  mOge  in  Lee  ConUnenta 


1)  Ist  es  bekannt,  daß  Joanne  für  seinen  lUniraire  der  Auvergne  die  Manu- 
skripte des  Jean  de  la  Roche  und  des  Marquis  de  Villemer  benutate,  die  ihm 

George  Sund  mitteilte? 

2)  Über  die  Heziehiuigeu  des  .lounialidmue,  des  „Journalisnui?  hoher  Informa- 
tion'* zur  Laufbahn  einiger  der  größten  Geographen  des  XIX.  Jahrhunderts  er- 
lauben wir  uns  zu  verweisen  auf  Jean  Brnnhes:  „InsÜtuts  g^ographiques  et 
Cbambres  de  commerce  en  AUcmagne"  „IJevue  internationale  de  TeneeignemeDt 
■uperieur".  15.1. 1901.  S.  81—89)  und  „Friedrich ttatzel" („La Geographie".  lö.Mil.  Iü04>, 


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Elia^e  Reelns*  Laben  and  Wirken  (1880—1906). 


71 


(8.  154  ff.)  d'u'  tiofempfundonen  Seiten  lesen,  die  er  der  Sohdnhnt  der 
Beige  widmet,  „der  Freude,  die  man  empfindet  die  Bergesspitzen  zu  erklimmen, 
wo  man  bei  der  Berührung  des  Bodens  den  (Jebrauch  seiner  Glieder  und 
seiner  Froilieit  wieder  gewinnt,"  und  man  wird  die  Gründe  hegreifen,  die  ihn 
i]\c<vn  Aufenthalt  wälden  ließen,  wie  die  Art  (lebirgsreligion,  die  er  mit 
Michelet  teilte:  ..Vcvey,  Luzern,  Interlaken  sind  ebenso  viele  heilige  Städte, 
wohin  alle  Naturverelirer  pilgern." 

Im  Jahre  1892  ließ  sich  Reclus  in  Briissel  nieder,  einem  Rufe  der 
dortigen  „Freien  UniverarttV  folgend,  die  ihm  die  Lebrkuizel  fBr  verblei- 
eilende  Geographie  anbot;  1894  beteiligte  er  sich  durch  Wort  und  Tat  eifrigst 
an  der  Grflndiing  der  „Neuen  Uniyenitlt^.  In  die  Jahre  1866 — 1894  f&llt 
rajl^di  mit  der  mfrigsten  politiadhen  und  sosialen  Agitation  die  Hauptperiode 
seiner  wissenschaftlichen  Produktion. 

In  den  Jahren  1866 — 67  erschienen  die  beiden  Binde  von  ,Jia  Terre", 
denen  das  neue  Ansehen,  das  die  physische  Geographie  genießt,  zuzusehrei- 
bm  ist  und  in  denen  der  Hinfloß  Ritters,  wie  bereits  erwähnt,  be-  ' 
sonders  vorherrscht.  In  diesem  die  Entwicklung  der  Erde  darstellenden  Go- 
mSlde  be.x-liilftigt  sich  Reclus  vorzüglich  mit  der  oberflächlichen  und 
iuüeren  Gestaltung  der  Erdkugel,  während  er  die  innere  Struktur  über^feht; 
Fonn  und  Umrisse  der  Erdoberiiüclie  nehmen  mehr  Kaum  ein  als  der  Boden 
und  die  Bodenarten,  eine  Lücke,  die  um  so  begreiflicher  erscheint,  wenn  man 
erwägt,  daß  die  Geologie  damals  noch  lange  nicht  das  war,  was  sie  heute 
ist.  Das  Buch  zeichnete  sich  aber  durch  seine  durchsichtige  Klarheit,  die 
Neuheit  der  .A/xr^ti«,  die  Poesie  der  Schilderungen,  eine  der  wissensohafb- 
liehen  Genauigkeit  keineswegs  Ablnroch  tuende  B^eistening  so  sehr  aus, 
daft  es  im  ersten  Anlauf  die  gebildete  Welt  eroberte  und  seinem  Verfasser  den 
Rohm  des  Begründers  einer  neuen  Wissenschaft  eintrug.  Es  erschien  wie  «in 
anderer  diaeours  de  la  mähode  der  Geographie.  Gleichseitig  mit  der  Erhebung 
zur  Wissenschaft  gewann  die  Geographie  das  Heimatsrecht  beim  großen 
Publikum.  Andererseits  waren  von  nun  an  Rahmen  und  Form  der  gen^^raphi- 
schen  W.-rke  bestimmt,  während  bis  dahin  die  geographischen  Lehrbücher,  von 
denen  die  Bai  bis  am  höchsten  geschätzt  wurden,  ohne  sich  entscheiden  zu 
könn**ii  zwischen  den  Typen  Reisebuch,  Führer,  Wcirterbuch  \md  Atlas  hin- 
und  lit-rsi  hwankten.  Reclus  war  genau  wie  vni  Joanne  und  Dichter  wie 
ein  Mulielet.  ^fan  übertreibt  nicht,  wenn  man  die  Bedeutung  dieser  beiden 
Bände  betont;  waren  sie  doch  in  Frankreich  wie  im  Ausland  eine  wahre 
Offenbarung  einer  echten  allgemeinen,  vergleichenden  Geographie.  Einer  der 
Terfiuser  erinuMi  sich,  von  einem  so  hervorragenden  Gelehrten  wie  Albreoht 
Penck  gehört  an  haben,  daB  er  beim  Lesen  dieses  Bedus'sdhen  Werkes  eine 
seiner  sttrksten,  fhichtbarsten  und  entscheidendsten  Eingebungen  empfand. 
Ein  französischer  Gelehrter,  Emmanuel  de  Margerie,  gleich  bekannt  als 
Geolog  und  Geognph,  nimmt  keinen  Anstand  au  bekennen,  wie  viel  er  dem 
geistigen  Verkehr  mit  Elis^  Reclus  und  besonders  dem  Studium  von  „La  Terre*' 
verdankt. 

I>er  (leograph  Reclus  sehwieg  sieben  Jahre  lang,  dann  ließ  er  zwi- 
schen 1875  und  1893  die  19  Bände  der  „NonveUe  Geographie  Universelle" 


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72 


PauI  Gixardin  und  Jean  Brnnhes: 


erschein»'!!.  „Neu"  war  sie  in  der  Tat  durch  den  <ieist,  der  sie  durchdrang, 
wie  durch  die  Methode,  deren  Erklärung  er  eingangs  des  Bandes  J.a  Fnince 
zu  gehen  tilr  angezeigt  hielt,  und  wo  er  mit  aHcm,  was  vorausgegangen, 
tabula  n(sa  machte:  „Die  kouveutionelle  Geographie,  die  in  der  Angabe  der 
geographisohen  Lftnge  und  Brnte,  in  der  Aafitidnng  der  8t&dte  und  Dörfer, 
der  politisclien  nnd  administrativen  Einteilung  besteht,  wird  in  dieser  Arbeit 
eine  nur  untergeordnete  Stellung  einnehmen;  die  Atlanten,  Wörterbücher  und 
offiziellen  Dokumente  geben  Aber  diesen  Teil  der  geographisdien  Wissenschaften 
alle  wünsdienswerten  Auskfinfke.**  F.  Schräder  nannte  sie  mit  Becht  ein 
„Gemälde  der  Erde",  zwai  nicht  mehr  des  Lehens  und  der  Entwicklung  des 
Planeten,  aber  so  wie  sich  die  Menschheit  seiner  bemächtigt  und  die  Teilung 
vorgenommen  hat.  In  dem  so  erweiterten  Rahmen  von  La  Tcnr  hat  Heclus 
dem  physischen  Milieu  das  luithropologische  gcgenühergestellt,  Einteilungen 
be.stininit,  die  man  Nationen  nennt,  —  (iruppit-rungen,  die  Völker  heißen, 
—  Ivrystallisations/.eutren,  die  Städte  sind,  —  und  dem  (ianzen  eine  Be- 
wegung mitgeteilt,  die  Geschichte  genannt  wird.  So  hatte  der  Menschen- 
freund auf  seinem  Wege  die  Haupteigenschatt  des  Geographen  wieder- 
gefunden, „den  Sinn  für  die  Yielgestaltigkeit  und  das  Vennögen  die  Mensehen, 
Orte  und  Landschafken  im  Ausdrucke  von  einander  zu  unterscheiden;  aus 
lauter  Gereohtigkeatsliebe  und  Sjmpathie  für  die  Menschen  entdeckt  er  in 
jedem  Bruchteil  des  Planeten  und  der  Menschheit  besondere  Zflge,  die  sie 
charakterisieren'*.  Überall  weht  „ein  Liebeshauch  fttr  die  Erde  und  ihre 
Söhne".») 

Genfigend  betont  wurden  die  Verdienste  Keclu>',  der  Takt,  mit  dem  er 
die  goldene  Mittelstraße  einzuhalten  wußte,  sorgfältigst  jedes  tbermaß  in  der 
Beschrciltuiig  wie  in  der  Aufzeichnung  vermeidend,  womit  er  seinen  vor- 
gezoiclinrtrn  Kähmen  verlassen  hätte.  Das,  was  Heclus  hietct,  sind  keine 
Reiseeiudriicke  n  la  Loti,  ktin  kritiMlns  Werk  nach  dem  Muster  Taines, 
wo  der  Beweisapparat  den  Gang  der  Er/-ahluug  henuut  und  den  Zusanunen- 
bang  zerreißt  Stets  blieb  er  eben  seinem  Kunstideale  treu:  er  wußte,  daß 
die  gut  geschriebenen  Bflcher  allein  den  Nachkommen  Aberliefert  werden,  wie 
sie  auch  die  einzigen  sind,  die  dem  Verstauben  in  den  Bibliotheken  ent- 
gehen. Nun  war  aber  für  Beclns  die  NouveUe  GtograpMe  Universdie  gerade 
wie  seine  polemischen  Werke  ein  Propaganda-Mittel,  ein  Werkzeug  der  Be* 
kehrung.  Aber  nicht  bloß  den  engen  Kreis  der  Geographen,  den  ganzen 
öffentlichen  Geist  wollte  er  bekehren,  denn  diesen  fdr  die  Geographie  ge- 
winnen, bedeutete  für  ihn  so  viel,  wie  ihn  für  die  Schönheit  der  Erde  be- 
kehren, ihm  als  Beispiel  die  Natur  gf^b^n  als  die  einzige  Welt,  wo  Sein  Ideal 
einer  universellen  Harmonie  verwirklicht  wäre. 

Hinter  dem  Mangel  an  Belegen  verbargen  sich  die  ausgrdeimtfsten 
Kenntnisse.  Dieser  Schriftsteller,  dieser  Dichter  hatte  alles  gesehen,  alles 
gelesen,  alles  selbst  empfunden,  und  indem  mau  Zeile  für  Zeile  liest,  wird 
man  mit  Stannen  finden,  daß  ihm  kein  Beweisstack,  kein  technischer  Beridit, 
keine  wenn  auch  noch  so  geringfügige  Schrift  entgangen  ist.   Dort,  wo  er 


1)  F.  Schräder.  Eliste  Bedus.  a.  a.  O.  S.  85. 


Elii^e  Reclns*  Leben  und  Wirken  (1880—1905). 


73 


uehts  Gedracktes  vorfiuid,  durchlief  er  die  .,huudschriftlich(>n  Notizea"^  Uefi 
sich  von  HeiseDden  und  Flüchtlingen  belohieu.  Trot/drin  iriht  er  spine 
Quellen  nur  seiton  an.  sr-ine  Angaben  sin<l  •ipilvlicli,  s<'hr  kurz,  oft  unzureichend. 
Aber  nicht  allein  um  sein  Wissen  zu  verbergen,  empfindet  r-r  gleichsam  eine 
gewisse  Scham,  oder  aus  Furcht,  seine  Leser  durch  einen  reidiliclien  Fuß- 
noten-Apparat zu  erschrecken  .  ,  .  nein:  diese  Spiirlichkeit  der  Quellenangaben 
ist  eine  folgerichtige  Durchführung  seiner  kommunistischen  Ideen;  die  Wissen- 
schaft und  alles,  was  Wissenschaft  ist,  und  jedes  vom  Menschen  entdeckte 
Wahrheitsteilchen  darf  nicht  dem  elenden  Gesetz  der  persönliche  Aneignung 
unterworfiBn  werden;  alles  gehOrt  allen,  alles,  was  gedrackt  nnd  fürs  Publiknm 
vtrGflfentUcht  worden,  ist  eben  dadnroh  allgemeines  Eigentum  geworden, 
und  wenn  man  es  auch  vom  wissenschaftlichen  Standpunkt  ans  bedauern 
0100,  daß  er  nicht  hegriflf,  von  welch  großem  Werte  för  den  Leser,  Forscher 
ond  Kritiker  genaue  Angaben  der  benutziou  Qutdlen  sind,  so  kann  man  doch 
tBe  soziale  Idee,  die  ihn  daltei  leitete,  nur  bewundern;  er  blieb  mit  sich 
selbst  logisch  bis  zum  Ende,  und  wir  lialtcn  ihn  ollen  behaupten  hören,  daß 
jedermann  das  Kccht  habe,  ihn  nach  Belieben  zu  plündern,  ohne  ihn  anzu- 
führen: gar  niam  lier,  der  die  kommunistischen  Ideen  Reclus'  nicht  teilte,  hat 
iiiuj  gegenüber  von  dem  zugestandenen  Rechte  den  vollsten  Gebi-uuch  gemacht! 

Mnfite  disae  Methode  der  geistigen  Ofitergemeinschaft  besonders  die 
BibUographen  entsetzen,  so  war  seine  ganz  materielle  Auffiftssnng  der  BOoher 
nnd  vor  allem  der  Zeitschriften  danaeh  angetan,  die  Bflcherfreunde  zu  er- 
sdirecken.  Wir  hatten  Gelegenheit,  ihn  im  geographischen  Institnt  sa  Brfissel 
zu  beobachten,  wie  er,  ganz  in  das  „Sezieren"  vertieft,  viele  Zeitschriften, 
die  er  erhielt,  in  Stücke  zerschnitt,  jedes  Stück,  d.  h.  jeden  Artikel,  nach  dem 
behandelten  Oegeostande  einordnete.  Übrigens  legte  er  dabei  eine  Einfalt 
an  den  Tag,  die  eine  Art  Ehi-funht  einflößte:  er  empfing,  las  und  ordnete 
alles  ein  und  kt>nnte  gar  nicht  begreifen,  daß  andere  nicht  ebenso  aufrichtig 
nnd  gewissenhaft  wären,  wie  er  selbst,  und  bereichert«'  seine  geographische 
Mappe  über  Korea.  Tibet,  Armenien  mit  allen  Artikeln,  die  auch  nur  in 
etwas  die  Bevrdktrung  dieser  Länder  berührten  oder  in  den  unbedeutendsten 
frdkeitscb Wärmerischen  oder  revolutionären  Zeitschriften  erschienen. 

Beclus  setzte  sich  überall  und  in  allem  nicht  nur  Aber  jedes  geschriebene, 
ja  selbst  aber  jedes  gebrftnohliche  Recht  hinweg!  Er  lebte  ohne  jedes  Vor- 
urteil, ohne  irgend  welche  Voreingenommenheil  In  aller  Aufrichtigkeit,  ja, 
man  mOchte  fast  sagen  in  tatsftdilicher  und  sdiönw  Naivetftt,  war  er  un- 
abhängig, und  dieser  Pastorssohn  gelangte  zur  Anarchie  als  einfachem  und 
logischem  Endpunkt  »les  sogenannten  libre  rxamrn. 

Dieser  Schriftsteller,  dieser  Künstler,  dieser  Aiiostel  war  stets  ein  biederer, 
genauer  ('Jelehrter.  Niemand  dachte  weniger  als  er  daran,  sieh  seiner  TTn- 
parteilichkeit  /.u  rühmen,  und  doch  nahm  es  niemand  genauer  damit.  Nicht 
w^'nitj  erstaunt  man  beim  Lesen  seiner  Schriften,  darin  auch  nicht  eine  Sjjur 
dieses  so  reichbewegten  Lebens  zu  linden;  seine  l'rosa  tließt  klar  und  lauter 
d*Un,  ohne  Stillstand,  ohne  Überstürzung,  gleich  einem  großen  gereiften 
Strome.  Wenn  wir  in  seinem  Wirken  einige  Naehkttnge  seiner  in  mystischer 
Vitte  empfangenen  Erziehung  oder  einige  Episoden  seiner  geistigen  Bildung 


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74 


Paul  Girardin  und  Jean  Brnnhes; 


finden  zu  können  glaubten,  so  würde  man  darin  doch  vergebens  einen  Wider- 
hall sciiios  stürmisnheu  Lebens  suchen.  Sein  Werk  trügt  so  recht  einen  durch 
und  durch  objcktivt-n  Cliarakter.  Heclus  geh<"»rte  ehen  zu  jenen,  die  jeder- 
mann (Jerectitigkeit  wldertalireu  lassen  und  l»ei  denen  die  Sympathie  die 
Leidensrhiift  übertfint.  Einen  Beweis  dalür  liefern  beispielsweise  die  an- 
erkennenden Worte,  die  er  für  den  spanischen  Charakter,  für  das  Wirken 
dor  Jesuiten  in  Paraguay  gefimd«ii  hat;  dieselbe  Sympathie  ließ  ihn  auch 
die  Vonfige  des  cliinesisdien  Yolkscharakters,  wie  die  Zukunft,  die  der  gelben 
Basse  beschieden,  erraten,  wfthrend  er  vom  lÜtleid  ergriffen  wurde  über 
das  Geschick  der  so  sanftra  polynesischen  Bevölkerung,  deren  Schicksal  es 
zu  sein  scheint,  T<nr  den  Weißoi  su  Tersohwiaden,  und  von  denen  er  gerade 
so  spricht  wie  Loti.  Andererseits  war  sein  Gefühl  fÖr  Geschichte,  die  nach 
seiner  Idee  nur  eins  mit  der  Geographie  sein  sollte,  zu  sehr  entwickelt,  daß 
er  nicht  mit  Billigkeit  der  religiösen  und  politischen  Formen  der  Vergangen- 
heit 1,'edacht  hiitte,  die  seinem  I<lea]e  nicht  mehr  entsprachen,  gerade  wie  der 
jetzigen  sozialen  Formen,  die  sich  mit  unserer  Zivilisation  nicht  mehr  ver- 
tragen. 

Von  dieser  weithentigen  Auffassung  der  Holle  eines  jeden,  von  diesem 
anhaltenden,  für  ihn  sehr  leichten  Bemühen,  parteilos  /u  bleiben,  von  diesem 
freien'  Wunsche,  alles  ohne  üngweditigkeit  und  Engherzigkeit  zu  beur- 
teilen, und  gleichzeitig  von  dieser  warmen  Aufrichtigkeit,  die  weder  die  Vor> 
liebe  noch  die  Rührung  ausschloB,  mOchten  wir  unsem  deutschen  Lesern  zum 
Beweis  ein  Beispiel  anfahren:  es  sollen  ganz  ein&ch  die  ersten  drei  voll- 
ständigen und  wortgetreuen  Seiten  des  Frankreich  gewidmeten  Bandes  in  der 
Nouielle  Gi'ographle  Ufnvrrsflh'  sein.  Man  möge  sich  erinnern,  daB  sie  vor 
22  Jahren,  18B8,  bloß  l'^  Jahre  nach  dem  Kriege  geschrieben  wurden,  und 
man  wird  darin  die  ruhige  Beherrschung  der  verschiedensten  Gefühle  be- 
wundern müssen. 

„Frankreich  nimmt  unter  den  Ländern  der  Erde,  die  eine  eigene  Zivili- 
sationsentwicklung  aufweisen,  nach  seiner  Ausdehnung  eine  mittlere  Stel- 
lung ein.  Es  isf  weitaus  kleiner  als  China,  Hindustan  und  verschiedene 
neugegründete  äiaatcn,  wie  Rußland,  Brasilien,  die  Republik  der  Vereinigten 
Staaten,  nimmt  aber  eine  bedeutendere  FlSche  ein  als  manches  Gelnet,  dessen 
Bevölkerung  dennoch  einen  ansehnlichen  Einflufi  auf  die  ge.schichtlichen  Be- 
gebenheiten hatte  oder  noch  hat,  wie  Griechenland,  Portugal,  die  Schweiz,  selbst 
England.  Obwohl  es  kaum  mehr  als  ein  Tausendstel  der  Erdoborfliche  und 
den  swtthundertfBnfundfünfzigsten  Teil  der  emporgetauchten  Fliehe  ttnmmmt, 
zählt  <  s  doi  h.  der  numerischen  Stärke  >einer  Bevölkerung  nach  —  denn  mehr 
als  ein  Vier/igstel  aller  .Menschen  bewohnt  diesen  kleinen  Fleck  Erde  —  zu 
den  wichtigsten  Gebieten  des  Frdganzen. 

Seine  Bewohner  sitzen  jeiloch  nicht  so  dichtgedrängt  bei  einander  wie  in 
den  Tiilorn  des  (Janges,  Yang-tse.  Iluaug-hu  oder  in  Nord-It^ilien,  Sachsen, 
Belgien  und  < iroüliritannien.  Auch  durch  seine  relative  Hevölkerungsdichte 
nimmt  Fratikreii  Ii  eine  Mittelstellung  unter  den  zivilisierten  Staaten  ein. 
Ordnet  man  aber  die  Nationen  nach  dem  Werte  der  Rolle,  die  sie  in  der 
Geschichte  gespi  dt,  so  werden  wir  zugeben,  daB  der  kleine  Erdenfleck,  der 


Blitze  Reelns*  Leben  und  Wirken  (1880—1906).  75 

sich  zwiscbcn  <len  Alpen  von  Nizza  und  dem  Meere  der  Bretagne,  zwischen 
den  Pyrenäen  und  den  Vogesen  erstreckt,  zu  den  Gebieten  gehört,  wo  sich  die 
größte  Anzahl  der  für  die  Geschicke  der  Menschheit  besonders  bedeutungs- 
vollen  Er-'ii?nisse  abgespielt  hat. 

Es  wäre  ohne  Zweifel  rherln'bniifr,  wfillte  mau  ttir  Frankreich  nach  einer 
veraltt'tcn  Redensart  eine  Art  moralisuiitir  Hegemonie  beanspruchen.  Nach  den 
großen  ^iiederlagen,  als  sich  jeder  Ehrgeiz  einer  materiellen  Oberherrschaft 
•Is  trttgeriseh  «rwiesen  hatte,  fixierte  ein  Dichter  Frankreich  noch  inunor  als 
die  Königin  der  Welt,  und  die  Nation  wied^holte  diese  OesEnge,  um  sich 
Aber  die  HiBerfolge  xa  trSsten.  Das  war  einfach  eine  Schwachheit:  man  muß 
sein  IGfigescbick  za  ertragen  wissen  und  sieh  nicht  der  bittem  Besoh&mong 
tnssetxen,  die  das  Schicksal  über  den  Hochmut  TerlAngt.  Seit  An&ng  des 
Jshrfannderts  ist  Frankreich  in  der  Geistesarbeit  wii'  in  den  Friedenswerken, 
ohne  von  dem  blutigen  Spiele  des  Krieges  r.n  sprechen,  von  seinen  Rivalen 
in  Europa  eingeholt  worden.  Man  müßte  es  also  tadeln,  wollte  es  den  Namen 
grniide  nafion^  der  ihm  ehemals  zugestanden  wurde,  für  sich  allein  in  An- 
spruch nehmen.  Aber  welches  Volk  hiltte  nicht  durch  die  Stimme  seiner 
Sclirifi>t^ll('r,  Redner,  Staatsmiluner  und  oft  auch  des  gesamten  Volkes 
seiue  vermeintlichen  Rechte  auf  eine  Obtiherrschaft  angesprochen?  Da.s  „alte 
England'',  das  „große  Deutschland"  behaupten  gleichfalls,  an  der  Spitze  der 
Nationen  zu  stehen;  das  „heilige  BnBlaod'*,  obwohl  erst  spSt  in  das  Zivili- 
aationskonzert  eingetreten,  und  weil  es  allein  mehr  als  ein  Viertel  der  alten 
Welt  besetzt  hSlt,  glaubt  auf  ein  der  Ausdehnnng  seines  Gebietes  entsprechen- 
des Geschick  Anspmdi  erheben  zn  dfirfen;  Italien,  das  kaum  begonnen,  sich 
am  polittschen  Leben  zu  beteiligen,  strebt  nach  dem  primato  und  nennt 
sich  die  Erbin  der  „ewigen  Stadt",  während  da-;  ..juiif^'e  Amerika"  jenseits 
des  Heeres  seinem  Laufe  nach  Westen,  dem  Etoih  de  V Empire  folgend 
vermeint,  die  „Musterrepublik"  gegründet  zu  haben  und  die  oixAt*  icänUi  des 
penples  zu  tragen. 

Aus  allen  diesen  Ansprücht-n  geht  eine  Li  lire  hervor.    Die  Zivilisatiuus- 
welt   hat   ihre  Grenzen  weiter   gezogen  und   die  Initiativb»;\vt'^nin<.'eu  geben 
gleichzeitig  von  fleu  verschiedensten  Gegendon  aus.    Frankreich  hat  an  dieser 
ellgemeinen  Arbeit  gewiß  einen  ganz  bedeutenden  Anteil,  trotzdem  es  oft 
genug  Haß  und  Neid  als  einem  unaufhaltbaren  Verfall  geweiht  erklftrten; 
sein  Einfluß  nnd  seine  Ideen  kommen  der  Welt  so  zu  gute,  daß  man  sich 
die  zakllnftige  Geschichte  der  Nationen  kaum  Torznstellen  im  Stande  wäre, 
wenn  Frankreich  einst  fehlen  sollte.   Die  Gegend,  in  der  ein  so  namhafter 
Teil  der  menschlichen  Errungenschaften  erzielt  wurde,  verdient  wohl,  mit 
der  größtra  Sorgfalt  geschildert  zu  werden.    Vor  allem  tut  es  not,  alle  Be- 
dinjjnngen  zu  kennen,  unter  denen  sich  eine  Nation  mit  so  tatenreicher  Ge- 
schieht»» entwickelt  hat,  seit   sieb   die  Achse   der   Zivilisation  vom  mittel- 
lä:i<iisi-hen  Meere   geiren   den  O/ean   hin   veiS(  l:nl)en  hat.     Einen  Teil  jener 
Einllässe,  die  auf  die   fran/.ö-ixlie  Nation  eingewirkt,  um   aus   ibr  «las  zu 
machen,  was  sie  geworden    ist,    wcnien    wir   nie   kennen    lernen,  d<'nn  die 
beschichte  erzählt  uns  nichts  über  die  Anfänge  der  Kassen  und  ibr  primitives 
I^ben;  das  aber,  was  der  Boden,  das  Klima,  die  geograx)bische  GeMaltung 


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76 


Panl  Girardin  nnd  Jeftn  Brnnhei: 


erzählen,  genügt,  um  im  allgemeinen  das  Frankreicli  als  eigen  zukoriimeiKie 
Werk  in  der  Gesamtheit  der  menschli<lieu  Leistungen  lu  erklären.  Dies 
woU«n  wir,  80  gut  wie  möglich,  auseinandersetzen,  indem  wir  uns  bemUheu, 
jedem  Reste  nationaler  Eitelkeit  zn  entsagen.  Erlanbt  aber  bleibt  es  immer, 
sidi  bis  in  die  geheimsten  Fasern  gerührt  zu  fühlen,  wenn  man  von  dem 
Lande  spricht,  in  dem  der  söBe  Ton  der  Muttersprache  erklingtl^ 

In  diesen  Zeilen  haben  wir  zugleich  ein  recht  glflckliches  Beispiel,  wie 
Reclos  die  Bexiehnngen  zwischen  der  Geographie  und  Geschichte  aufzufassen 
pflegte.  Man  erkennt  darin  den  Künstler  gerade  80  wie  den  Gelehrten. 
Dem  Maler  gleich  trägt  er  Ton  um  Ton  auf,  bessert  nach  und  schildert  weit 
mehr  naeli  Eindrücken  als  nach  exakten  und  deduktiven  Zergliederungen. 
Und  wir  \v<  i<lt  ri  ilm  gewiü  niiUt  tadeln,  daß  er  die  (leschiehte  nicht  sozu- 
sagen ..Lreliririiisrlif  uu>  der  ( JeoLrrapliie  euts|»rin;zen  läßt.  Doch  gibt  es  ge- 
wisse Partien  in  der  (leograpiiie,  in  der  piiysisrlien  insbesondere,  wo  die 
Verkettung  der  Tatsachen  unter  einander  eine  wirkliche  Erklärung  abgibt. 
Aher  nicht  dieser  Zusammenhang  ist  es,  der  Rcclus  vor  allem  interessiert, 
sein  Bestreben  ist,  wie  bereits  erwftbnt,  flberall  und  in  allem  die  Hamonie 
nachzuweisen.  Dies  ist  in  gewissem  Sinne  eine  der  unleugbaren  Lfloken  in 
seinem  Werke;  es  ist  eben  nicht  so  erschöpfend  und  Aufschluß  gebend,  wie 
es  hätte  sein  können  (Beispiel:  L'Amazome^))*  Sein  Verfasser  ist  nicht  genug 
bestrebt,  eine  Erscheinung  aus  der  andern  abzuleiten,  und  in  Ermangelung 
dieser  die  vorgeführten  Tatsachen  ordnenden  Einteilung  bezeichnet  die  Xou- 
lelli'  Geographie  UnircrsrUc  eine  glorreiche  Übergangs- Etappe  —  aber  auch 
nur  eine  Etappe  —  zwischen  der  alten  rein  bcschieibenden  Methode  und 
der  neuen  und  der  modernen  methodischen  und  rationelieu  physischen  Geo- 
graphie.^') 

Auch  hielt  Roclus  sein  Werk  nach  dem  Erscheinen  des  letzten  IJandes 
nicht  für  vollendet.  Es  erübrigte  ihm  die  Synthese,  die  Gesamtidee  zu  bieten, 
die  keinen  Baum  in  dem  engen  Rahmen  der  Gtograpliie  gefunden  hatte. 
Er  verfaBte  L'homme  et  la  Terre»  ein  Werk,  dessen  Vollendung  ihm  zwar 
veigOnnt  war,  dessen  Veröffentlichung  aber  kaum  begonnen  hat.  Beurteilen 
können  wir  diesen  Epilog  erst,  wenn  er  vollstftndig  erschienen  sein  wird.*) 

IV. 

Die  letzten  zehn  Jahre  seines  Lebens  verlebte  er  in  Brüssel.  Man 
könnte  sie  charakterisieren:  eine  Hinwendung  zur  Kartographie,  aufgefaßt 

Ii  Vcrgl.  dazu  Deherains  sehr  wiehtige  Bemerkungen  in  seiner  Revue 
annuelle  de  gdographie''  ^iu:  „Revue  generale  des  Sciences".  1895.  S.  62011'.)  beim 
Erscheinen  des  XIX.  Bande«  der  „Nonvelle  G^graphie  UniTerselle**:  „L*Amasonie 
et  la  Plata". 

2)  Selbst  viele  Krsrheinnngen  der  Cteographie  des  Menschen  können  und 
müssen  aus  ihrer  engen  Verbindung  mit  dem  physischen  Rahmen,  in  dem  sie  sich 
abspielen,  erUlrt  werden;  als  Beweis  dafür  föbren  wir  blo6  das  vorzögliche 
„Tablean  de  la  gäogxaphie  de  la  France"  vuu  Vidal  de  la  Blache  an. 

3'  Seit  Drucklegung  dieser  Zeilen  (Ende  November  1905'  i^t  der  I.  Band  dieses 
nachgelassenen  Werkes  erRchieneu.  Das  Ganze  kann  man  nach  dem  einen  Band  noch 
nicht  benrteilen:  aber  wir  befOrchten,  da6  der  Gesamteindiuck  und  die  etwa« 
phantasierolle  Anfinachnng  unseren  Hofihnngen  nicht  entspricht. 


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Elittfe  BecUs'  Leben  und  Wirken  (1880—1906). 


77 


als  wissenscliaftliclie  Basis  uud  als  Verbreitungfinittel  geo^M-aphiseber  Kentitnisse. 
Von  jeher  war  er  bestrebt  gewesen,  zu  den  Augen  zu  sprechen,  und  die  zwei 
B&nde  von  La  Terre  machten  zur  Zeit,  wo  es  an  guten  Karten  noch  fehlte, 
«inMi  wthren  geographifidien  Atlas  aus,  das  firansfisische  Seitenstflck  zum 
„Bergbaus**.  Sie  enthalten  nicht  weniger  als  51  Karten  in  Farben,  437  Karten 
oder  Kartenskizzen  ün  Text,  nnter  ihnen  nnveröffentiichte  Bednktaonen  zabl- 
reidier  Karten  und  des  Qletsdieratlasses  y<Hi  Sonklar.  Auch  die  19  Bftnde  der 
XaurfUe  Geographie  Universelle  sind  so  reich  mit  kartographischen  Doka- 
menten  ausgestattf  t,  daß  ihr  Wert  dadurch  verdoppelt  wird.  Man  findet 
darin  nicht  bloß  Figuren,  Zeichnungen,  photographische  Darstellungen  usw., 
sie  enthalten  auch  eine  Menge  Kartons  —  mehrere  Tausendo  —  mit  genauer 
Angabe  der  geu>,'rupbi''chen  Liüipe  und  Breite  und  des  verjüngten  Maßstabes.*) 
Selbst  die  vor/.ügliclien  allgemeinen  Ver(>ftentliehungen,  die  in  den  letzten 
Jahren  in  Deutschland  oder  Amerika  erschienen,  sin<l  weniger  reich  an  karto- 
graphischen uud  topogi-aphischeu  „Mustern".  Dieses  Bestreben,  die  \\  ii  klichkeit 
auszudrücken  und  darzustellen,  bezeichnete  besonders  für  die  damalige  Zdt 
eine  wahre  Berolntion  in  den  geographischen  Stadien;  denn  unter  Geographie, 
wissenscbafUicher  Oeograpbie,  hat  man  vor  allem  eine  genaue  Lokdisation 
der  geographischen  Objekte  zu  Terstehen. 

Bedas  fand  in  d«r  berfihmten  und  intelligenten  Verlagshandlnng  Hachette 
Männer,  die  seinen  hegrOndeten  Bestrebungen  verstttndmsroll  entgegenkamen 
und  deren  Verwirklichung  auf  sich  nahmen.  Ein  zwar  nur  indirektes  aber 
tatsächliches  Verdienst  Reclus'  ist  es,  dazu  beigetragen  zu  haben,  daß  sich 
Oeorges  Hachette  die  ririindnng  und  Organisation  des  geographischen  In- 
stituts t\f'r  Buchhandlung  mehr  als  eine  Million  Franken  kosten  ließ.  Bedenkt 
man  tcnicr,  daß  der  Ijcitcr  dieses  geogruphist  hcn  Instituts  kein  anderer  ist 
als  der  sehr  geschickte  Kartograph  Franz  Schräder,  der  nicht  nur  eiu 
warmer  Bewunderer  und  Verehrer  Ketlus'  ist,  sondern  den  enge  Verwandt- 
sdiaftsbande  an  ihn  knüpfen,  so  errilt  man,  was  der  grofle  Geograph  aUes 
getan  hat,  um  die  wissenschaftliche  Kartographie  zu  entwickeha  und  zu 
popularisieren. 

S^t  dem  Jahre  1895  war  Elis^  Reclus  nodi  eifriger  bestrebt,  die 
Sfittel,  die  die  Karte  noch  sprechender  gestalten  sollten,  zu  Tervollkommnen 
und  zu  vermehren  durch  eine  reichere  Farbenskala  und  durch  die  Vermehrung 
der  konventionellen  Zeichen. 

Wir  verweisen  bloß  auf  die  Kartenmuster  in  Farben,  die  er  im  Empire 
du  Jlili'K  und  irn  Afriqur  Ait^tnilr  liot,  vereinfachten  und  zeitgemäßen  Neu- 
drucken ilcr  entsprcchfuden  Bäiule  (Kr  G» ogrüjihii',  und  besonders  auf  eine 
Ciift  ' riini.initiiif'  de  hl  Chine,  wo  sich  17  verschiedene  Farhentöne  vereiniL'cii, 
ohue  sich  zu  vermischen.    Er  wollte  die  wirtschaftlichen  uud  ethnographi- 

1)  Selbst  im  Bande  von  „La  France**  (Band  II  der  „NouTdle  O^graphie  ünirer- 
•elle'*')  findet  man  auf  sämtlichen  KSrfccben  nicht  nur  die  geograpliiscb«*  Länge  von 
Paris,  sondern  auch  von  Oreenwich  nntjegehen;  ebenso  ist  anch  der  Malistab  znernt 
Dutueriflch,  dann  ebenfalls  graphisch  verzeiuhuet.  Alle  dieae  Beweise  einer  exakten 
und  gewinenbafleii  ICethode  sucht  man  Tezgebens  in  ao  manchen  Bflchem,  die  weit 
grSflere  viiienichaftlxolie  Ansprflcbe  erbeben  I 


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78   Girardin  u.  Brunhes:  Elisee  Reclni'  Leben  und  Wirken  (1830—1905). 

scImii  Karten,  die  bis  dahin  am  meisten  vernachlässigt  waren,  auf  die 
Höhe  der  physischen  heben.  Zu  diesem  Zwecke  hidt  er  die  Kartographen, 
die  er  aar  Herstellung  der  Tafeln  fftr  die  QA^gra^pkie  um  sich  gruppiert 
hatte,  beisammen,  und  alle  versuchten  sich,  in  materiellen  Darstellungsformen 
diese  Farbenskala  auf  das  Papier  zu  bannen  und  auf  industriellam  Wega  au 
verviellUtigen.^) 

Aber  selbst  die  Karte  wurde  als  unzul&nglich  befunden,  allein  Mne 
richtige  Vorstellung  des  Reliefs  zu  verschaffen.  Dazu  —  und  dies  Argument 
haben  wir  von  ihm  selbst  vernnmmon  —  muß  man  befürchten,  daß  sie  die 
Vorsteliunj^cn  des  Kindes  fälschf.  Seine  .Skrupulosität  sab  darin  einen  Mangel 
an  Aufrichtigkeit I  Er  ging  alsbald  daran,  Heliefs  zu  konstruieren,  die  sich 
übnlieh  wie  die  Karten  vervielfältigen  ließen,  luid  aus  <len  Pressen  des  geo- 
graphischen Instituts  in  Brüssel  giogen  nun  jene  wunderbaren  Heliefs  aus  Metall 
hervor  (wie  das  Semojr-Tal),  wo  die  Iffilligkeit  der  Herstellung  die  künstlerische 
Vollendung  nicht  ausschliefit  Und  doch  war  auch  dieses  Bild  der  Erde, 
.selbst  in  Rdief  und  ohne  Überhöhung,  nach  seinem  Daflürfaalten  noch  nicht 
ge^u  genug;  denn  die  Erde  ist  rund,  jeder  FlScfaenteil  daher  gelx^n, 
wtiirend  der  Plan  jedes  Bdiefs  ebm  ist  So  kam  er  auf  den  Gedanken, 
einen  Atlas  aus  Reliefkarten  herzustellen,  wo  die  Bodenerhebungen,  in  ihren 
wahren  ^^rll!iltnissen  dargestellt,  einer  allgemeinen  Rundung  unterzogen 
würden,  die  die  der  Erdoberfläche  selbst  wilre;  die  so  in  einander  geschachtel- 
ten metallenen  Blatter  sollten  einen  Atlas  bilden,  der  die  Erdoberfläche  in 
ihrer  „Entwicklung"  darstellen  wiirdf.  Auf  diese  Weise  könnte  jede  Schule, 
selbst  die  Volksschule,  in  einem  kleinen  billigen  Hiindi  iieu  ein  wahres  Bild 
des  Planeten  erwerben.  Dieses  Bild  würde  jedoi  h  um  so  getreuer  sein,  je 
mehr  es  sich  den  wahren  Dimensionen  näherte,  und  so  faßte  Reclus  unter 
dem  Einflösse  seiner  Idee  den  Entschluß^  einen  gigantischen  Globus  au  kon- 
struieren,  der  auf  der  Pariser  Ausstellung  von  1900  prangen  sollte.  Welch 
aa«geseichnetes  Propagandamittel  w&re  das  nicht  für  die  Geographie  gewesen!') 
So  Iftfit  sich  bei  Reclus  dm-chwegs  die  Einheit  der  Eingebung  erkennen:  die 
wissensdiaftliche  Idee  diente  einer  Moral-  und  Propaganda-Idee  als  Stütse. 
Trotz  seines  Alters  schrieb  und  reiste  er  fort^hrend,  um  die  praktische 
Verwirklichung  seiner  Idee  au  befdrdem. 

Der  Mensch  war  gerade  so,  wie  wir  uns  ihn  gern  vorstellen:  so  ein- 
fach in  seinem  Leben,  daß  er  sich  mit  den  r<»}iesten  Möbeln  begnügte  und 
nichts  Sem  eigen  nannte  als  seine  Bücher:  so  uneigennützig,  daß  er  alles 
Geld,  das  iliin  seine  Publikationen  eintnigen,  unter  die  Armen  verteilte  und 
die  goldenen  Medaillen,  die  mau  ihm  verlieh,  nie  über  einen  Tag  behielt. 


1)  Bekanntlich  hatte  Bedas  in  seinen  letzten  Lebenxjahren  mit  Unteretfltsnng 
der  „belgischen  aetronomischen  Geselbchaft**  eine  »authentique«  übenichtakarte 
der  Erdvulkane  geplant. 

t)  Unter  seinen  Brüsseler  Schülern  und  Mitarbeitern,  unter  den  Haupthelt'em 
bei  der  Koostruktion  seiner  Reliefs  ist  vor  allen  Patesson  zu  nennen.  Bekannt- 
lich war  auch  der  sehr  geschickte  Kartograph  Jean  Bertrand  ein  Hanptschüler 
Reclus*. 


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Q.  Karsten:  Bericht  Aber  die  Fortachritte  der  Pflansengeographie.  79 

Die  auf  einander  folgenden  Fublikationen  aus  seiner  Feder  bereicherten 
den  Schatz  der  französischen  Literatur  fortwfthrend;  denn  er  blieb  seinem 
SdiOnlieitiidflal  treu  bis  nun  Ende  und  war  sowohl  Kftnstler  als  Gelehrter. 
Auch  Ton  ihm  gilt,  was  man  von  Rätsel  bebanptet:  sein  Schönheitssinn  bat 
lieh  durch  Beisen  entwickelt  und  verfeinert;  auch  er  wußte  die  strengste 
WisBoischalUichkeit  mit  der  feinsten  Schüdemngsknnst,  die  ja  gerade  für  die 
Geographie  von  so  benrorragender  Bedeutung  ist,  au&  glflcUiehste  sn  ver- 
binden.') 


Beriebt  Aber  die  Fortschritt«  der  Pflanzengeographie 

in  den  Jahren  ISIM)— 1904. 

Von  Q.  Karsten. 

Seit  Schimper  im  6.  Jahrgang  dieser  Zeitschrift  zuletet  einen  y,Beincht 
fiber  die  Fortschritte  der  Pflansengeographie"^  veröffentlicht  hat,  sind  mancher- 
lei Ändernngea  sn  verzeichnen.  Bevor  diese  jedoch  eingehender  gewfirdigt 
werden,  ist  es  angezeigt,  einen  Blick  auf  den  pegenwürtiircn  Stand  der  gansen 
botanischen  Wissenschaft,  soweit  sie  in  «'infm  VerhiUtnis  zur  Ptlan/.engeographie 
steht,  zu  werfen,  damit  wir  erkennen,  weklip  Fragen  hier  zur  Zeit  im  Mitt<'l- 
punkte  des  Intfiesses  .stehen,  wie  Hypothesen,  von  fnilier  mehr  oiier  minder 
allgemeiner  Anerkennung,  dureh  neuere  Forschungsergebnisse  zur  Seite  ge- 
drängt sind,  oder  wie  auf  diesem  oder  jenem  Gebiete  eine  zusammenfassende 
Bearbeitung  einen  vorlftufigen  Abschluß  gebracht  bat 

Beginnen  wir  mit  der  allgemeinen  Botanik,  die  sich  in  Morpbo- 
logie,  Anatomie  und  Physiologie  gliedert.  Während  die  Physiologie 
wohl  ohne  weiteres  als  Grundlage  der  gansen  physiologischen  Bichtung  der 
Pflanzengeographie  anerkannt  werden  dürfte,  möchten  die  geographisdien 
H'^ziehunrren  der  anderen  beiden  Disziplinen  minder  klar  zu  Tage  liegen. 
M()r}.holocip  und  Anatomie  sind  zunächst  einmal  als  breitere  Grundlagen  für 
die  Plianzenphysiolopie  unerlüBlieh.  dann  aV)er  werden  sie  auch  vielfach  von 
der  ökolotrisehen  l'flanzentreographie  direkt  in  Anspruch  genonunen.  Wie 
will  man  z.  B.  ein  tiefere.^  VerstUn<lni.s  von  der  unglaublichen  Mannigfaltigkeit 
der  Ausgestaltung  von  Xerophyten  tonnen  gewinnen,  ohne  soweit  in  der 
Pflanzenmorpbologie  geschult  zu  sein,  daß  man  die  Gruudurgane  eines  jeden 
Pflsnzenkörpers,  Wnnel,  Stamm,  Blatt  in  allen  Wandlungen  verfolgen  und 
erkennen  kann,  wie  sie  sich  unter  schwierigen  VeriiKltiiissen  gegenseitig  ver> 
lieten  oder  ergttnien?  Ebenso  bedarf  es  wohl  nur  des  ffinweises  auf  den 
gans  vendiiedenett  anatmnischen  Aufbau  von  Sonnen-  und  Bdiattenblftttem, 
von  WssBergewKchsen,  Ejnpbyften  und  Wttstei^flanzen,  um  auch  die  Anatomie 
sls  notwendige  ffilftnrissenschaft  anzuerkennen. 

1)  Wir  danken  Herrn  A.  Wahl  in  Freiburg  i.  d.  Schweiz  für  seine  gütige 
MitwiricQüg  bei  der  Yerdeutacbung  diese«  Aufsatzes. 

2)  A.  F.  W.  Schimper.  Berieht  Aber  die  Fortiohritfce  der  Pflansengeographie 
in  den  Jahmi  1896- im  O.  Z.  71.  1900.  8.  819. 


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80 


Q.  Karsten: 


Für  die  Morphologie  liegt  eine  neue  ZusammenfasBung  in  dem  Werke 
von  Goebel'),  „Organograpbie  der  Pflanzen**  tot.  Hier  und  die  morphologiBchen 
Glieder  als  Organe  genommen,  und  es  wird  neben  der  fOr  unsere  Zwecke 
weniger  in  Betracbt  kommenden  Entwicklung  vor  allem  die  Funktion  dieser 
Organe  in  den  Kreis  der  Betrachtung  gezogen.  Das  Buch  bietet  Mne  Ffille 
neuer  anrf  L'nn  ^  r  (icdankeri  und  neuen  Materials,  das  besonders  auf  dem 
Spezialgebiete  des  Verfassers,  dem  der  Archegoniaten,  nicht  leicht  überholt 
werden  kann. 

Dem  Titel  nm  li  auf  ähnlichem  IJodeu  slt  lit  das  Werk  von  Coulter  und 
Chaml»erl;i.in-'i,  ..Mnipliolojjy  ot'  Sperniatoi)h\ tes",  doeh  erstreckt  es  sich 
lediglieh  auf  ( i\ nitiospermen  und  Au«(i()spermen,  und  der  Naehdruck  ist  auf 
die  hier  gerade  minder  in  Betracht  kommende  Entwicklungsgeschichte  ver- 
legt Dagegen  bietet  eine  siemlicb  ausfOhrlicbe  Behandlung  der  fossilen  Fa- 
milien  beider  großer  Klassen  eine  ganz  erwfinsohte  Erginzong. 

Eine  allgemeine,  auch  die  niederen  Klassen  des  Pflanzenreiches  mit  um- 
fassende Bearbditung  der  Morphologie  fehlt  bisher  leider.  Diese  Lücke  wird 
jedoch  minder  fühlbar,  da  eine  ganze  Reihe  neuer  Einzelbearbeitungen  größerer 
zusammengehöriger  l'flan/enklassen  eiui*:en  Ersatz  dafür  bieten.  Solche  Ar- 
beiten kommen  in  dem  Kreise  der  niederen  Gewächse  naturgemäß  mehr  der 
allgemeinen  Bi)taiiik  als  nur  der  Systematik  zu  gute:  denn  eine  Behandlung 
der  nii'd.  ieii  tlewächM-  ist  ohn»*  voIKtänditje  Entwicklungsgeschichte  und  ein- 
gehende iuorj)huliigi>chf  wit-  anatomix  he  Darstellung  undenkbar,  da  die  syste- 
matische Stellung  resi».  die  Vcrwandtscliaft  der  kleineren  ( «nippen  in  vielen 
Fullen  nur  durch  die  Darlegung  des  Entwickluagsgauges  erschlosseu  werden 
kann.  Für  unsere  Zwecke  hier  genügt  es  aber,  die  wichtigsten  neueren 
Arbeiten  auf  diesem  Gebiete  dem  Titel  nsch  aufzuführen,  da  dnmal  die  nie- 
deren Pflanzen  für  die  Geographie  flbeihaupt  minder  in  Betradit  kommen, 
und  andererseits  der  Schwerpunkt  der  Bearbeitung  meist  auf  dem  für  uns 
gleichfalls  unwesentlichen  Gebiete  der  Entwicklungsgeschichte  liegt*) 

1)  K.  Goebel.  Orgaaographie  der  PÜauzeu,  insbesoutlerc  der  Archegoniaten  uud 
Samenpflaasen.  S  Tie.  Jena  1898—1901. 

2)  John  Merle  Coulter  and  Charle»  Joseph  Chamberlain.  Morpholog7 
of  Spermatophytes  I  and  II.    Nou-York  1901—1903 

3)  Alfred  Fischer.  Vorlesungen  Ober  Buklerien.  2.  Aull.  Jena  190S.  — 
Fried  rieh  Oltmanne.  Hoiphologie  und  Biologie  der  Algen.  L  Bd.  Spezieller 
Teil.   Jena  1904. 

Die  Pilzarbeiton  knüpfen  immer  noch  an  an  Anton  de  Bary:  Vergleichende 
Morphologie  der  Pilze,  Mycetozoen  und  Bakterien,  Leipzig  ISbi  und  Ü.  Brefeld: 
Botan.  Uatenuchungen  über  Sohinmelpilze  und  Botan.  Untersnchnngen  ans  dem 
GesamtgebietederMykologiel— YIH.  Leipzig  1872-89.  IX -XIT. Münster  i.W.  —t99b. 
Es  Bind  das  die  Pnldikationen  von  II.  A.  Harper:  Entwicklung  den  Peritheeiums 
hei  iSphatrotheca  Ctustagnei.  Ber.  d.  Bot.  Ges.  XIU,  iJSäö.  —  Ders. :  Sexual  repruductiuu 
in  Pjronvmtk  confluens  and  the  morpbologie  of  the  aseocarp.  Ann.  of  bot»  XTV,  1900. 
—  G.  Kleb«:  Zur  Physiologie  der  Fortjiflan/ung  einiger  Pilze  I — TU.  Pringeh.  Jahrb. 
f.  wiHw.  Hot.  XXXII-XXXV,  1S9H  — 1900.  —  P  Claußen:  Zur  EntwicklnncrKcreschiciit« 
der  Ascomyceten.  Bot.  Ztg.  Jahrg.  1906,  I.  —  A.  Moeller:  Phycomyceten  und 
Ascomyoelen.  ünters.  ans  Brasilien.  Jena  1901.  —  Femer  auf  anderem  Gebiete: 
H.  Klebahu:  KulturverHuehe  mit  heteroecischen  Uredineen,  Z.  f.  Pflanzenkrank- 
heiten Bd.  II— IX,  18i)8— 9i»,  weiter  in  Pzingsh.  Jahrb.  f.  w.  Bot.  XXIV  n.  XXY  und 


Beriebt  fiber  die  Fortscbiiite  der  Pflaniengeograpbie. 


81 


Von  einigem  pflanzeDgeographiscben  Interene  ist  dagegen  die  eigen- 
artige Klasse  der  Flecbten,  welche  ja  besonders  im  bohen  Norden  und  im 
Hochgebirge  «inen  sehr  erbeblichen  Anteil  der  Vegetation  bilden,  bis  sie 
allein  noch  die  nacktMi  Felsen  bekleidend  Itbrig  bleiben.  Ihr  Oiganismns 
bant  sidi  bekanntlich  ans  tm.  Torschiedenen  Komponenten  auf,  ans  Pilsen 
und  Algen,  die  sich  gegenseitig  in  ihren  Leistungen  für  den  Gesamtorganismus 
auf  das  Glücklichste  ergSaaen,  indem  die  Algen  die  Arbeit  der  Assimilation 
fiir  das  Ganze  übernehmen,  w&hrend  dem  Pilze  die  HerbeisLhaffung  der  an- 
organischen Xilbrstotfp  obliegt.  Gleichzeitig  hat  der  Pilz  den  Algenkolonien 
einen  für  die  Assimilation  günstigen  d.  h.  hinreichend  belichteten  Platz  im 
Inneren  zu  überlassen.  So  l>edingt  die  gegenseitige  .\bhiin^Mgkeit  der  beiden 
Symbionten  eine  ganz  besondere  Ausgestaltung  der  Ptlanze.  Eine  umfassende 
Darstellung  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  gab  Keinke^)  vor  einiger  Zeit; 
er  tSigie  den  Versoeh  «ner  möglichst  natOrlichim  systematischen  Anordnung 
der  Flechtentjpen  hinsu.  Im  AnschluB  sei  eine  Arbeit  von  Bitter*),  „Über 
den  EinflnB  ioBerer  Bedingungen  anf  das  Wachstum  der  Flechten**  erwfthnt 
nod  die  neueren  wichtigeren  Arbeiten,  die  sich  mit  der  Flechtenentwi<^lungs- 
gesdiichte  beschtftigmi,  unten  aufgefUhrt. 

Anf  dem  Gebiete  der  Pflanzenanatomie  ist  die  frühere  rein  deskrtp- 
tive  Behandlungsweise  mehr  und  mehr  der  v  i  logischen  Betrachtung  ge- 
wichen, welche  neben  ih  m  Baue  auch  gleich  die  Funktionen  der  betreffenden 
Pflanzenteile  ins  Auge  faßt  und  nachweist,  wie  gerade  dieser  anatomische 
Bau  am  besten  den  Anforderungen,  welche  jeweils  gestellt  werden,  ent- 
8pn<'bt.  Das  gesamt«-  Arbeitsgebiet  wird  vortrefflich  dargestellt  in  der 
^PhysKilu^'isehen  Ptlan/jiianatornie"  von  Ilaberlandt'),  die  soeben  in 
neuer  Auflage  vorliegt  und  die  Auffülirnng  iiller  Einzelarbeiten  und  -ergeb- 
nisse  flberflüssig  macht.  Auch  die  geographischen  Gesichtspunkte  kommen 
hier  sn  ihrem  Bedite.  In  jedem  EinielfUle  wird  man  sidi  leicht  orientieren 
können,  wie  sich  z.  B.  der  Traaspirationsschuts  fttr  Hygrophyten  und  Xero- 
phyten, der  Stammaufban  von  ^umen  und  Lianen,  das  Assimilationsgewebe 
von  HochgebirgspAansMi  und  solchen  aus  dem  Tieflande  unterscheiden,  und 
es  mag  hervorgehoben  sein,  daß  gerade  anch  die  an  unserer  einheimischen 
Vegetation  nicht  zu  beobachtenden  Organe,  welche  viele  Tropenbewohner  fttr 
besondere  ihrem  Standorte  entsprechende  Leistungen,  wie  z.  B.  für  Wasser^ 
auss(^hei»hing  und  -aufnähme,  in  verschiedener  Weise  herausgebildet  haben, 
eingehende  Behandlung  erfahren.    Verdanken  wir  doch  dem  Verfasser  eine 


Jahrb.  Hambuxgeor  wiii.  Anstalten  1908.  —  Der«.:  Die  wizlswediaelnden  Boitpilse. 

Bediii  1901. 

 ^1)  J.  Ueiuke.  Abhandlungen  über  Flechten  I — Y.  Pringab.  Jahrb.  f.  wiss.  Bot. 

XXVL  im.  XXDL  1896. 

i)  G.  Bitter.-  Über  die  YariabilitAt  einiger  Laubflecht^n  und  über  den  Bin» 
floß  äußerer  Bedingnnf^en  auf  ihr  Wachntura.  Jahrb.  f,  wiss.  Bot.  XXXVI.  1901.  — 
£.  Baur.  Zur  Frage  nach  der  Sexualität  der  (Jollemaceen.  Ber.  D.  Bot.  Ges.  XVI. 
1898.  —  Dere.  Anlage  und  Bntwicklung  einiger  Flechtenapotbecieu.  Flora,  Bd.  88. 
1901  and  Bot.  Ztg  ,  1904. 

3)  G.  Haber  lau  dt.  Physiologische  Päansenanatomie.  8.  Anfl.  Leipsig  1904. 
0«gfnpliiMlMZdlMhiifk  IS-JahcgM«.  180«.  S.Haft.  8 


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82 


(x.  Karsten: 


RoUie  wichtiger  AriteiteDf  die  als  l^gebrnMe  seines  Aufenthaltes  in  Bniten- 
sorg  in  froheren  nBeriehten"  von  Schimper')  Erwihnung  geftmden  haben. 

Bei  der  Phyiiologie,  dem  für  die  FflaiixeogeogTaphie  wichtigsten  Teil 
der  allgemeinen  Botanik,  ist  vor  allem  die  von  der  ganxen  wissenschaftlichen 

I^otanik  mit  Spannung  erwartete  Vollendung  der  zweiten  Auf  läge  tob  Pfeffers*) 

.^flanzenpliysiologic"  zu  nennen.  Es  ist  scIbstverstSadlich  unmöglich,  in  knraen 
Worten  dio  Bedeutung  dieses  umfassenden,  die  angestrengte  Arbeit  von  zwei 
Jahrzehnten  abschließenden  Werkes  zu  vvürdigen.  Aber  bereits  der  äußere 
Augenschein  zeigt  die  beiden  Bände  der  ersten  Autlatxe  von  1881  auf  den 
mehr  als  doppelten  Umfang  angewachsen.  Die  Glicdening  des  Werkes  ist 
wie  in  der  ersten  Auflage  derartig,  daß  im  ersten  Bande  der  ganze  Stoft- 
wechsel,  also  Atmung,  Assimilation,  Transpiration  usw.  behandelt  werden, 
während  dem  zweiten  Bande  der  Kraftwechsel,  also  Wachstum  und  seine  Ab- 
hängigkmt  von  KuBeren  Einflössen,  Bewegungserscheiniuigen  imd  ihre  teils 
innerhalb  der  Pflanze  liegenden,  teils  Ton  aofien  auf  sie  einwirkenden  Ur- 
sachen usw.  Torbehalten  sind. 

Wihrend  dieses  „Handbuch**  dem  Fachmanne  ein  unentbehrlicher  Batgeber 
ist,  wird  von  anderen  freudig  begrOßt  werden,  daß  sich  ihm  in  den  „^or- 
lesnngen  über  Pflanzenphysiologie"  von  Jost")  ein  handliches,  klar  und  auch 
dem  Anfiinger  verstÄndlich  geschriebenes  Buch  zur  Seite  stellt.  Mit  den  Hin- 
weisen auf  die  wichtigsten  Literaturi|uellen  versehen,  werden  diese  „Vor- 
lesungen" auch  zu  weiterem  Eiudnni,'<  ii  in  die  Ptiau/.enphysiologie  mit  Er- 
folg benutzt  werden  können.  Sie  geben  in  der  Begrenzung  des  8toßes  über 
Pfeffers  „Hantibuch"  insofern  etwas  hinaus,  als  auch  die  Foiiptiauzungs- 
pbysiologie  kurz  erörtert  wird. 

Den  Ansatz  zu  einer  eingehenden  Physiologie  der  Fortpflanzung  besitzt 
die  Botanik  dagegen  in  dem  Werke  Ton  Elebs^),  „Fortpflanzuugsphysiologie'', 
dessen  allgemeiner  Teil  freilidi  noch  aussteht.  Der  wesentliche  Inhalt  dieses 
Werkes,  das  frohere  Spesialarbeiten  desselben  Verfisssers  resümiert  und  zu 
allgemeinen  Besnltaten  zusammenfaßt,  bestellt  in  dem  Nadiweise,  dafi  die 
verschiedenen  Fortpflanzungs weisen  der  niederen  pflanzlichen  Organismen  von 
dem  Einflüsse  äußerer  Wachstumsbedingungen  abhängen.  Währetul  die  Moose 
und  Fampflanzen  in  einem  strikten  (Jenerationswechsel  leben,  der  stets  auf 
eine  geschlechtliche  Generation,  z.  B.  da:*  Protballium  der  Farne,  eine  un- 
geschlechtliche, die  eigentliche  Fariij)tlan/,e,  fol^'eii  bißt,  aus  deren  Sporen  sich 
wiederum  ein  Prothallium  entwnckeln  muß,  ist  bei  den  Algen  und  Pilzen 
kein  derartig  gesetzmUßiger  Wechsel  vorhanden.  Der  E.\perimentator  hat  es 
in  suiuur  Hand,  durch  Innehalten  gewisser  für  jede  Spezies  im  einzelnen  fest- 
zustellender Lebeosbedingungen,  wie  Terschiedenartige  Emfthrong,  Luftfeuditig- 

Ij  A.  F.  W.  Schimper.    G.  Z.  11.  S.  93  u.  Vi.  S.  818. 

8)  W.Pfeffer.  Pflansenphysiologi«;  ein  Handbuch  der  Lehre  vom  Stoffwedisel 
und  Kraftwechsel  in  der  Pflanse.  L  Btoffvechiel.  2.  Aufl.  1897.  II.  Knftweehsel. 
2.  Aufl.  1904.  Leipzig. 

8)  L.  Jost.  Vorlegangen  über  Pflanzeuphyäiologie.   Jena  19U4. 

4)  O.  Klebt.  Über  die  For^flanznngB-fhysiologie  der  niederen  Organisaten, 
der  nratobionten.  I.  Spezieller  Teil.  Bedingongen  der  Foripflanznng  b^  eisigen 
Algen  und  Pilzen.  Jena  1896. 


Bericht  Uber  die  Foxtaehritte  dex  Pflansengeographie. 


88 


keit  usw.,  entweder  die  eine  oder  die  andere  Generation  zu  erzielen,  die 
Bildung  von  (lesilileclitsorganeu  oder  auch  von  ungeschlechtlichen  Fort- 
pflanzungsorganen völlig  zu  verhindern,  so  daii  eine  lange  Keihe  gleichnamiger 
Generationen  einander  folgen  kann.  — 

Eine  völlige  Umwälzung  haben  in  den  letzten  Jahren  unsere  Auschau- 
nngen  yon  der  Entstehung  der  Arten,  der  Baatardierung  und  den  damit 
snnmmenhBngenden  Fragen  erlitten,  welehe  wegen  ihrer  großen  Bedeutung 
für  die  Fflanzengeographie  hier  eingehende  Erwfthnung  finden  mfissen.  Wie 
es  sehr  hftufig  beobachtet  werden  kann,  daB  eine  Itlr  die  Lösung  reif  ge* 
wordene  Frage  von  verschiedenen  Seiten  her  gleichaeitig  in  Angriff  genommen 
wird,  ist  es  auch  hier  geschehen.  Als  erster  zu  nennen  wäre  Korschinsky 
dessen  russisch  erschienene  Veröffentlichung  eine  deutsche  Übersetzung  in  der 
„Flora*^  fand,  üm  den  Gedankengang  wieder  su  geben,  lasse  ich  die  Einleitung 
hier  folgen: 

„Seitdem  im  Jaluf  1859  das  berühmte  Werk  Darwins:  „über  die  Ent- 
stehung der  Arten"  erschienen  ist,  begannen  viele  Gelehrte  die  Verbreitung 
und  das  Vorkommen  der  Varietäten  und  Variationen  aufmerksam  zu  uuter- 
snehen,  um  an  ihnoi  den  Vorgang  der  Bildung  neuer  Arten  in  der  Natur 
m  ymfolgen.  Diese  üntersnehungen  bereicherten  die  Wissenschaft  mit  einer 
großen  Menge  Ton  Tatsachen,  verbreiteten  Licht  Aber  viele  rfttselhafte  und 
wenig  erforschte  Erscheinungen,  fthrten  aber  in  Bezug  «uf  ihr  eigentliches 
Ziel  keineswegs  zu  den  erwarteten  Ergebnissen.  Einige  Antorra  verheim- 
lichten nicht  ihre  Enttäuschung  (W.  0.  Pocke),  andere  fanden  Bwar  in  den 
von  Urnen  beobachteten  Erscheinungen  eine  gewisse  Übereinstimmung  mit  der 
Theorie,  die  Tatsachen  waren  aber  nicht  besonders  überzeugend.  Es  ist  merk- 
würdig, daß  trotz  der  großeu  Zahl  der  begabten  und  begeisterten  Anhilnger 
der  Darwinschen  Lehre  die  faktisclie  Seite  des  eigentlichen  Darwinismus  (oder 
der  Transmutation),  d.  h.  der  Theorie  der  Entstellung  der  Arten  durch  Zucht- 
wald und  Häufung  der  individuellen  Merkmale,  bis  auf  unsere  Tage  fast  in 
demselben  Zustande  geblieben  ist,  wie  sie  von  ihrem  Schöpfer  selbst  ausgearbeitet 
wurde.  Die  ungeheuere  darwinistische  Literatur  aber,  die  in  den  letzten 
Jahnefanten  entstanden  ist,  besteht  hauptstohlich  ans  theoretischen  Betrach- 
tangen, in  denen  die  als  Beispiele  angefahrten  vereinzelten  Tatsachen  völlig 
versehwinden. 

Von  Anfang  meiner  wissenschaftlichen  Arbeit  an  untersuchte  ich  eben- 
falls mit  besonderem  Interesse  alle  Abweichungen,  forschte  nach  Ubergangs- 
formen  und  strebte  überhaupt,  der  allmählichen  Entwickelung  der  Arten  auf 
die  Spur  zu  kommen  .  .  .  Allein  je  weiter  ich  forschte,  desto  tiefen'  Enttilu- 
schuDg  mußte  ich  erleben.  Die  Tatsachen  waren  entschieden  nicht  mit  der 
Theorie  in  Einklang  zu  bringen.  Alle  Erscheinungen,  die  es  mir  /u  er- 
forschen gelang,  sprachen  für  die  Veränderlichkeit  der  Arten;  aber  wie  ihre 
Veränderung  und  die  Entstehung  neuer  Formen  stattfindet,  blieb  mir  nach 
wie  vor  ein  EfttseL   Ich  mufits  «idlich  das  Zugestftndms  machen,  daß  uns 


1)  8.  Korschinsk  j.  Ueterogeneeis  nnd  ETolution.  Ein  Beitrag  zur  Theorie 
der  Bntitdrang  der  Arten.  Flora.  Bd.  89.  Erg.-Bd.  1901.  8.  S40. 


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84 


G.  Kanten: 


die  Darwinsclu'  Theorie  in  diesem  Gebiete  die  Erschemuiigen  nicht  beleuchtet 
hat,  welche  ebenso  dunkel  und  unklar  blieben  wie  zuvor.  Unwillkürlich  stellte 
sich  der  ZweitVl  ein,  ob  denn  die  Erklärung,  welche  Darwin  für  den  Ent- 
wickelungspro/cB  gegeben  hatte,  auch  richtig  sei.  Diese  so  geistreiche  und 
yerlockende  Transmutatioustheohe,  steht  sie  auch  in  der  Tat  mit  der  Wirk- 
lichkeit in  EinklungV 

Nachdem  ich  mich  überzeugt  hatte,  daß  die  aufsteigenden  Zweifel  durch 
die  Baobftohtong  der  wildwachsenden  Formen  allein  nicht  geldst  werden  kOnnen, 
wandte  ich  mich  dem  Studium  der  Entstehung  neuer  Formen  in  der  Garten« 
knltur  zu.  Bekanntlieh  bildet  die  Frage  von  der  Verinderlicbkeit  der  Tiere 
nnd  Pflansen  in  der  Kultur  eine  Gmndfirage  des  Darfrinismus.  Dieser  wid- 
mete  Darwin  besonders  viel  Zeit  und  auf  ihr  baute  er  in  der  Hauptsache 
seine  Lehre.  Und  nichts  destoweniger  mußte  ich  mich  bald  überzeugen,  d&B 
die  Schlußfolgerungen,  zu  denen  Darwin  in  Bezug  auf  die  Entstehung  der 
kultivierten  Formen  gelangt  war,  auf  einer  unrichtigen  Auffassung  der  Tat- 
sachen beruhen.  Wenigstens  kann  ich  in  Bezug  auf  die  Gartenpflanzen  ent- 
scbiedfu  behaupten,  daß  kein  einziger  Züchter  jemals  zur  (Jowinnung  von 
neu<Mi  Kassen  mit  individuellen  Merkmalen  operierte,  und  daß  niemals  eine 
„Häufung"  der  letzteren  beobachtet  wurde.  Dagegen  sind  alle  neuen  Varie- 
täten (mit  Ausnahme  der  Bastarde),  deren  Herkunft  uns  bekannt  ist,  in 
Wirkliditeit  auf  dem  Wege  plOtalicher  Abweidinngen  ans  reinen  Arten  odw 
hybriden  Formen  entstanden.  Es  fragt  sidi  nun,  ob  nicht  diese  plötslidien 
Abweidlungen  auch  in  der  frmen  Natur  eine  Ihnliche  Bolle  qrielen  und  ob 
n6tk  nicht  auf  diese  Weise  die  Niehtabereitmtiimmpng  der  Natur  und  des  Vor- 
tonmens  der  Yariationen  mit  d<  r  Darwinschen  Theorie  erUBren  lasse. 

Die  Existenz  von  plOtaiichen  Abweichungen  war  Darwin  wohl  bekaant| 
allein  er  legte  ihnen  zu  wenig  Bedeutung  bei,  indem  er  diese  Erscheinung, 
die  ich  im  folgenden  als  Heterogenesis  lio/eichncu  werde,  für  eine  abnorme, 
exzeptionelle  hielt.  Aus  demselben  (irunde  wurde  sie  von  der  Meluzahl  der 
Darwinianer  vullkomnien  außer  Acht  gelassen.  Die  Tatsachen,  welche  von 
mir  in  diesem  Werke  dargelegt  werden,  werden,  wie  ich  hoffe,  klar  genug 
zeigen,  daß  die  Heterogenesis  eine,  wenn  auch  seltene,  so  doch  vollkommen 
normale  Ersciidnung  daitteUt,  welche  den  tierisdiien  wie  den  i^ainilichen 
Oi^anismen  xakommt,  und  in  der  Entwickelung  derselben  eine  anfiermdent- 
lidi  wichtige  BoUe  sidelt** 

Man  ericennt,  wie  Korschinsky  nur  widerstrebend  von  der  Gewalt  der 
Tatsachen  sich  überzeugen  lassen  muß,  daß  die  bisherige  Ansdianung  der 
allmählichen  Überleitung  einer  Art  in  eine  neue  unhaltbar  geworden  ist. 

Noch  schärfer  hervorgehoben  findet  sich  derselbe  Grundgedanke  bei  dem 
zweiten  Forscher  aut  L'leichem  Gebiete  Hugo  de  Vries'),  dessen  zweibän- 
diges Werk,  .,die  ilulution.stheorie",  auf  ausgedehnten  langjährigen  experimen- 
tellen Züchtungsversuchen  gründet  und  sich  von  der  Korschinskyschen  Hetero- 
genesis besonders  noch  dadurch  unterscheidet,  daß  auch  die  ganze  Bastar- 

1)  Hugo  de  Vries.  Die  Mutationstheorie.  VerHUche  und  Beobachtungen  über 
die  Entstehung  von  Äxten  im  Pflanzenreich.  I.  Die  Entstehung  der  Arten  durch 
Mutation.  Leipzig  1901.  II  EI«osentsiie  Bastazdlehre.  Leipzig  1901. 


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Bericht  über  die  Fortachritte  der  Pflansemgeographie.  85 


dieruDgslehre  unter  gleiche  Gesichtspunkte  gebracht  wird.  Aach  hier  wird 
die  Wiedergabe  der  in  der  Einleitung  henrorgehobenen  leitenden  Gedanken 
am  bestMi  eine  Übeniclit  sa  geben  vermögen: 

„Als  Matationstiieorie  beieiehne  ieh  den  Sats,  daß  die  Eigensdiaften  der 
OrganiSBiai  ans  scharf  von  einander  unterschiedenen  Einheiten  aufgebaat  nnd. 
Diese  Einheiten  kimnen  zu  Gruppen  Yerbnnden  sein,  und  in  yerwandten  Arten 
kehren  dieselben  Einheiten  nnd  Gruppen  wieder.  Übergänge,  wie  sie  uns  die 
SnBeren  Formen  der  Pflanzen  und  Tiere  so  zahlreich  darbieten,  gibt  es  aber 
swischen  diesen  Einheiten  i^bpnsowenig,  wie  zwischen  den  Molekülen  der  Chemie. 

Selbstverständlich  gelten  diese  Sätze  in  derselhen  Weise  für  das  Tier- 
reich und  für  das  Pflanzenreich.  In  diesem  Hm  he  werde  ieh  mich  aber  auf 
das  letzt*ire  beschränken,  in  der  Überzeugung,  daÜ  man  die  Richtigkeit  des 
Grundsatzes  liir  das  eine  Reich  anerkennen  wird,  sobald  er  für  das  andere 
bewiesen  ist 

Auf  dem  Gebiete  der  Ahstammimgslehre  führt  dieses  Prinxip  zu  der 
übersevgung,  daß  die  Arten  nicht  fließend,  sondent  stufenweise  aus  einander 
herrorgegangen  sind.  Jede  neue  sn  den  llteren  hinsokommende  Einheit  bildet 
eine  Stitfo  und  trennt  die  neue  Form,  als  selbstlndige  Art«  scharf  und  vOllig 

Ton  dar  Spezies,  aus  der  sie  hervorgegangen  ist.  Die  neue  Art  ist  somit 
mit  einem  Male  da;  sie  entsteht  aus  der  früheren  ohne  sichtbare  Vorberei- 
tung, ohne  Ül)ergänge. 

Außer  der  Lehre  von  der  Entstehung  der  Arten  beherrscht  die  >rutations- 
tbeorie  nach  meiner  Ansicht  auch  das  ganze  Gebiet  der  Lehre  von  den  Ba- 
starden. Hier  fülirt  sie  zu  dem  Prinzip,  daß  nicht  die  Arten,  sondern  die 
einta*  hen  Artmerkmale,  die  sogenannten  Elemente  der  Art,  die  Einheiten  sind, 
um  die  es  sich  bei  den  Bastardierungen  handelt.  Dieses  Prinzip  führt  zu 
einer  ganz  neuen  Behandlungsweise,  bei  der  man  von  den  einfachsten  Er- 
sehflinungen  allmählich  su  den  komplisierterBn  hinan&teigt,  statt,  wie  jetst 
flbfich  ist,  gerade  die  sehr  Terwickelten  i>1Üle  in  den  Vordergrund  der  Be- 
handlung SU  stellen. 

Aus  diesen  GrOnden  zerfällt  das  vorliegende  Werk  m  zwei  Hauptteile^ 
deren  erster  die  Entstehung  der  Arten  durch  Mutation,  und  deren  xweiter 
die  Prinzipien  der  Bastardlehre  behandelt. 

Auf  dem  ersteren  Gebiete  stellt  sieh  die  Mutiitionstheorie  gegenüber  der 
jetzt  heiTScheuden  Selektionstheorie.  Letztere  nimmt  die  gewfihnliche  oder 
sogenannte  individuelle  Variabilität  als  Au.sgan<fspunkt  der  Entstehung  neuer 
Arten  an.  Nach  der  Mutationstbeorio  sind  beide  aber  von  einander  durchaus 
unabhängig.  Die  gewöhnliche  Variabilität  kann,  wie  ich  zu  zeigen  hoflc, 
auch  bei  der  schärfsten  anhaltenden  Selektion  nicht  im  einem  Überschreiten 
der  Artgrenxen  führen,  viel  weniger  nodi  sn  der  Entstehung  neuer  konstanter 
Heikmale. 

Jede  Eigenschaft  entsteht  «war  ans  einer  vorher  anwesenden,  aber  nicht 
Stts  deren  nonnaler  Variation,  sondern  durch  eine,  wenn  auch  geringe,  dodi 
plotdiche  ümftnderung.   Vorlftufig  kann  man  diese  noch  am  ein&chsten  mit 

dner  chemischen  Substitution  vergleichen. 

Diese  „artenbildende  Variabilität"  soll  hiw  wieder  mit  dem  alten,  vor 


86 


6.  Karglen: 


Darwin  allgemein  gebräuchlicben  Worte  Mutabilität  benannt  werden.  Die 
Yon  ihr  bedingten  Verftnderungen,  die  Mutationen,  sind  Vorgänge,  Über 
deren  Natur  wir  noch  sehr  wenig  wiasen.  Die  bekanntesten  Beispiele  solcher 
Hatationen  sind  die  sogenannten  spontanen  Abftndemngen  winaHotui'*)^ 
dnrch  welche  scharf  unterschiedene  neue  YarieUten  entstehen.  Man  nennt  sie 
audk  wohl  Sprungmiationen.  Trots  ihrer  relatiTen  Hftofigkeit  werden  sie 
aber  fast  stets  erst  dann  bemerkt,  wenn  die  neue  Form  fertig  dasteht  und 
es  also  bereits  sn  spftt  ist,  den  Vorgang  ihrer  i^tstehong  e^rimentell  zu 
▼erfolgen. 

In  den  Aitfn  dt-r  Kultur,  welche  ja  häufig  Gemische  sind,  lassen  diese 
neuen  Formen  sidi  aufsuchen;  ebenso  in  der  Natur.  Willkürlich  hervor- 
bringen lassen  sie  sich  his  Jetzt  aber  nicht. 

In  ähnlicher  Weise  hat  man  .Mch,  nach  meiner  Ansicht,  die  Entstehung 
aller  einfachen  Merkmale  sämtlicher  Tiere  und  Pflanzen  zu  denken. 

Diesen  beiden  Grundformen  der  Variabilität  entsprechen  die  Methoden 
der  kflnstlichen  Zuditwahl  durchaus.  Die  gewöhnliche  Variabilität,  welche 
auch  die  indinduelle,  floktuierende  oder  graduelle  genannt  wird,  ist  stets  an- 
wesend  und  wird  yon  gans  bestimmten,  j^st  m  einem  großen  Teile  bekannten 
Oesetzen  beherrscht.  Sie  liefert  dem  Züchter  das  Material  flir  seine  ver- 
edelten Rassen.  Danelx'u  kennt  er  die  spontanen  Variationen,  welche  nicht 
der  Züchtung,  sondern  höchstens  der  Reinigung  von  Beimischungen  bedürfen, 
und  welche  fast  stets  von  vornherein  erblich  konstant  sind. 

Die  ganze  Lehre  von  der  Variabilität  zerfällt  demnach  in  zwei  Haupt- 
teile: Die  Variabilität  im  engeren  Sinne  und  die  Mutaliilität   Die 

fluktuierende  Variabilität  i.st  teils  eine  individuelle  im  engeren  Sinne  des 
Wortes,  teils  eine  partielle.  Im  ersteren  Falle  handelt  es  sich  um  die  stali- 
stisehe  Vergleichung  Terschiedener  Individuen,  im  letsteren  um  die  verschie- 
denen gleichnaroigen  Organe  auf  einem  Individuum,  s.  B.  um  die  einzdnen 
Bl&tter  eines  Baumes.  In  beiden  Fällen  wird  die  Variabilitit  oder  genauer 
die  GrOfie  des  AbSndenmgsspielraumes  von  hervorragenden  Forsoheni  vrohl 
mit  Recht  als  ein  Mittel  zur  Anpassung  an  die  ftufieren  Lebensbedingungen 
betrachtet  

Die  Gesetze  der  Mutabilität  sind  ganz  andere  aU  jene  der  Variabilität, 
sie  sind  aber,  soweit  unsere  dürftigen  Kenntnisse  reichen,  ebenso  unabhängig 
von  der  nioipholo^ischen  Natur  des  mutierenden  Teiles.  Man  unterscheidet 
zunächst  piMgressive  und  retrogressive  Miitatinnen.  Die  ersteren  umfassen 
die  Entstflmng  neuer  Ei^cnsclial'tcn,  die  letzteren  beziehen  sich  auf  den  Ver- 
lust bereits  vorhandener.  Auf  progressiver  Mutation  berulit  nach  dieser 
Theorie  offenbar  die  Entwickelung  des  Tier-  und  Pflanzenreichs  in  den  Haupt- 
zügen des  Stammbaumes;  auf  retrogressiver  Mutation  aber  bemhen  die  zahl- 
losen Abweichungen  von  der  Diagnose  der  sjrstematisdien  Gmppe,  zu  dmr 
sie  gehören.^ 

Damit  sind  die  leitenden  Chdanken  klar  und  scharf  hervorgehoben,  so 

daß  dem  nichts  hinzuzufügen  ist 

Für  einen  sehr  wesentlichen  Teil  seiner  Theorie,  „daB  die  Eigenschaften 
der  Organismen  aus  scharf  von  einander  unterschiedenen  Einheiten  aufgebaut 


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Bericht  fiber  die  FortschriUe  der  Pflense&geographie. 


87 


sind"*,  kann  de  A'ries  sich  auf  exporiinentelle  Beweise  stützen,  die  bereits 
in  den  sechziger  Jahren  dos  vorigen  Jahrhunderts  von  (ircgor  Mendel  ver- 
öffentlicht waren,  damals  aber  völlig  unbeachtet  geblieben  sind.  Gregor 
Hendel^)  untersoclite  die  Bastaidbildimg  «n  nUreichmiTendiieteeiiPflaiizeii- 
trten  und  erkannte  als  sdir  geeignete  Olijekte  dafOr  die  Erbten.  „Einige 
ganx  selbständige  Formen  aus  diesem  Geschlechte  besitaen  konstante,  leicht 
imd  sicher  in  unterscheidende  Merkmale,  und  geben  bei  gegenseitiger  Eim.- 
taag  in  ihren  Hybriden  Tollkommen  fruchtbare  Nachkommen.  Auch  kann 
eine  Stdrong  dun-h  fremde  Pollen  nicht  leicht  eintreten,  da  die  Befruchtungs- 
Organe  yom  Schiffchen  enge  umschlossen  sind  und  die  Antheren  schon  in  der 
Knospe  platzen,  wodurch  die  Xarbe  noch  vor  dem  Aufblühen  mit  Pollen 
überdeckt  wird."  Er  licschrünkte  seine  Boobaclitunpen  nun  auf  sieben  Merk- 
male, und  fuhrtf  dnrcli  8  Jahre  eine  Versuchsreihe  weiter  in  der  Art,  daß 
st^'ts  wechselseitige  Kronzungr  stattfand,  daß  also  bei  jedem  Artenpaar  j<Mle 
Spezies  in  einer  Anzahl  von  i^xemplaren  als  »Samenpflanze,  in  einer  zweiten 
Anzahl  als  Pollenpflanze  diente.    Die  Hauptresultate  sind  folgende: 

„Jedes  Tcn  den  sieben  Hybridenmerionalen  gleicht  dem  einen  der  beiden 
Stammmerkmale  entweder  so  vollkommen,  dafi  das  andere  der  Beobachtong 
entschwind^  oder  ist  demselben  so  ähnlich,  daß  eine  sichere  Unterscheidnng 
nidit  stattfinden  kaon.  Dieser  Umstand  ist  Ton  groBor  Wichtigkeit  für  die 
Bestimmung  und  Einreihung  der  Formen,  unter  welchen  die  Nachkommen 
der  Hybriden  erscheinen.  In  der  weiteren  Besprechung  werden  jene  Merk- 
male, welche  ganz  oder  fast  unverändert  in  die  Hybriden  Verbindung  über- 
gehen, somit  selbst  die  Hjbridenmerknialc  reprilsputieren,  als  dominierende, 
und  j'^ne.  welche  in  der  Verbindung  latent  werden,  als  rezessive  bezeichnet. 
D^r  AuNdruck  „re/essiv"  wurde  deshalb  gewählt,  weil  die  damit  benannten 
Merkmale  an  den  H\-ljriden  zurücktreten  oder  irunz  verschwinden,  jedoch  unter 
den  Nachkommen  derselben,  wieder  unverändert  zum  Vorscheine  kommen. 

Es  wurde  femer  durch  sSrntUche  Versuche  erwiesen,  daß  es  völlig  gleich- 
giltig  ist,  ob  das  dominierende  Merkmal  der  Samen-  oder  PoUenpflanze  an- 
gdiQrt;  die  Hybridform  bleibt  in  bnden  F&Uen  genau  dieselbe.** 

la  der  ersten  „Generation  treten  nebst  den  dominierenden  Merkmalen  auch 
die  leisssiTen  in  ihrer  vollen  Eigentömlidikeit  wieder  auf,  und  zwar  in  dem 
entschieden  ausgesprochenen  Durchschnittsverhaltnisse  3:1,  so  daß  unter  je  vier 
Pflanzen  aus  dieser  Generation  drei  den  dominierenden  und  eine  den  rezessiven 
Charakter  erhalten.  Es  gilt  das  ohne  Ausnahme  für  alle  Merkmale,  welche 
in  die  Versuche  aufgenommen  waren".  ,,Cbergang8formen  wurden  bei  keinem 
^  <^rsuche  beoljachtet '*  ,,Jene  Formen,  welche  in  der  ersten  Generation  den 
rezessivt'n  Charakter  erhalten,  variieren  in  der  zweiten  Generation  in  Bezug 
auf  diesen  Cliarakter  nicht  mehr,  sie  l)leibeu  in  ihren  Nachkommen  konstaut. 

Anders  verhält  es  sich  mit  jenen,  welche  in  der  ersten  Generation  das 
^cminierende  Merkmal  besitasa.  Von  diesen  geben  zwei  Teile  Nachkommen, 
welche  in  dem  Verhftltoisse  3:1  das  dominierende  und  rezessive  Merkmal  an 

1;  (iregor  Mendel.  Versuche  über  Pflauzenhybriden.  Verhandlungen  des 
astocfoneheiiden  Vereins  in  Britam.  IV.  Bd.  1866.  S.  1—47,  abgedruckt  in  Flora 
Bd.  8».  Erginzmigsbd.  1901.  S.  864—408. 


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88 


0.  Karsten: 


sich  tragen,  somit  genau  dasselbe  Verhalten  zeigen,  wie  die  Hjbridformen; 
nar  ein  Teil  bleibt  mit  dem  domimerenden  Merkmale  konstant** 

„Das  Yeriiftltnu  3:1,  nadi  welchem  die  Yerteilung  des  dominierenden 
imd  reaessiTen  Charakters  in  der  ersten  Oeneration  erfolgti  lOst  sieh  demnach 
für  aUe  Versnche  in  die  VeriAltnisse  3:1:1  auf,  wenn  man  sogleich  das 
dominierende  Merkmal  in  seiner  Bedentang  als  hybrides  Merkmal  und  als 
Stammcharakter  unterscheidet.  Da  die  Glieder  der  ersten  Oeneration  mi- 
mittelbar  aus  den  Samen  der  Hybriden  hervorgehen,  wird  es  nun  ersieht^ 
lieh,  daß  die  Hybriden  je  zweier  differierender  Merkmale  Samen 
bilden,  von  denen  die  eine  Hälfte  wieder  die  Hybridform  ent- 
wickelt, während  die  andere  Pflanzen  gibt,  welche  konstant 
bleiben  und  zu  gleichen  Teilen  den  dominierenden  und  rezes- 
siven Charakter  erhalten." 

Für  die  Frage  nach  der  Zerlegmig  der  Eigenschaften  einer  Pflanze  in 
scharf  tmtcrachiedene  Einheiten,  YOn  der  wir  oben  ausgingen,  haben  mm  noch 
folgende  Sfttie^)  die  grSBte  Bedeutnng:  „AUe  konstanten  Verbindnngen,  weldie 
bei  INsum  doreli  Kmnhinierung  der  angefUhrten  neben  charakteristischen  Meik- 
male  mOglidi  sind,  worden  durch  wiederholte  Ereosung  auch  wirklidi  erhalten. 
Ihre  Zahl  ist  durch  2'  128  gegeben.  Damit  Ist  zugleich  der  faktische  Be- 
weis  geliefert,  daß  konstante  Merkmale,  welche  an  verschiedenen 
Formen  einer  l'flanzensippe  vorkommen,  auf  dem  Wege  der  wieder- 
holten künstlichen  Befruchtung  in  alle  Verbindungen  treten  kön- 
nen, welche  nach  den  Kegeln  der  Kombination  möglich  sind,'' 

Daß  nicht  alle  Merkmale,  a\ich  nicht  alle  Pflanzeuformen,  den  an  l*isum 
nachgewiesenen  Spaltungsregelu  folgen,  war  Mendel  sehr  wohl  b<'kannt.  So 
sagt  er-):  ,.Einer  wesentlichen  Verschiedenheit  begegnen  wir  bei  jenen  Hy- 
briden, welche  in  ihren  Nachkommen  konstant  bleiben  und  sich  ebenso  wie 

die  reinen  Arten  fortpflanzen  Fflr  die  Entwickelungsgeschichte  der 

Pflanzen  ist  dieser  Umstand  von  besonderer  Wichtigkeit,  weil  konstante  Hy« 
briden  die  Bedeutung  neuer  Arten  erlangen.**  Woran  man  aber  von  vom- 
herein  etwa  entscdieiden  kann,  wie  sich  bestimmte  Eigenschaften  bei  Erea- 
aungen  verhalten  wflrden,  Isfit  sieb  durchaus  nicht  sagen,  es  bleibt  in  jedem 
Falle  zu  untersuchen.  Auch  nach  anderen  Seiten  ist  durch  die  Wiederent- 
deckung der  Mendel  sehen  Beobachtungen  ein  weites  Feld  fQr  experimentelle 
Untersuchungen  gegeben,  auf  dem  sich  neben  de  Vrics  lianptsächlich  die 
Arbeiten  von  Correns^},  Tschermak^)  \l  a.  bewegen.    Für  die  eben  ge- 

1)  a.  A.  0.  S.  381.         S)  a.  a.  0.  S.  897. 

8)  C.  Correns.  G.  Mendels  Begel  über  das  Verhalten  der  Naohkonunenschaft 

der  Rassenbastarde.  Ber.  d  D.  bot.  Oes.  Bd.  XVIII.  S.  158.  l'JOO.  —  Der 3. 
G.  Mendels  Versuche  über  Pflanzen -Uy briden.  Bot.  Ztg.  1900.  S.  229.  —  Der 8. 
Ergebnisse  der  neuesten  BaBtardforscbungen  für  die  Vererbungslehre.  Ber.  D.  bot. 
Ges.  Bd.  XIX.  (71).  1900.  —  Dere.  Bastarde  zwischen  Mainanen.  fiiblioth.  bot 
68.  Hefl.  1901  usw.  Ber.  D.  bot.  des  M.  XX,  XXI,  XXII.  —  Dcrs.  Experimentelle 
Untersuch,  über  die  Entstohung  der  Arten.  Archiv  f.  Hassen-  u.  Gesellsch.-BioL 
1.  Jahrg.  1.  Heft.  iyu4.  S.  27. 

4)  B.  Tiohermak.  Über  kOnetlidie  Kreusnng  bei  ^nm  mdivmm.  Bar.  D.  bot 
Gee.  XYIIL  1900.  XIX.  1901.  XX.  1901. 


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Beriehi  Aber  die  Foxtsohritte  der  Pflansengeographie. 


89 


stellte  Frage  nmß  hier  da3  vdu  de  Vries')  folgendermaßen  gofaßto  vor- 
läufigp  Ergebnis  genügen:  „Den  Mendel  sehen  Spaltungsrcgeln  folgen  im 
aligemeiDen  uiir  phylogenetisch  jüngere  Eigenschaften,  sogenannte  Kasscnmtrk- 
niale*';  ein  weiteres  Eingehen  auf  die  Saehe  würde  uns  weit  fiber  den  Rah- 
men dieser  Übersioht  binansfllbren  müssen. 

War  es  somit  naebgewiesen,  daß  die  einseinen  Iferkmale  oder  Eigen- 
idiaften  der  verscbiedaien  Pflansenfonnen  in  Ereusnngen  frei  von  einander  in 
beliebige  Kombinatum»  eintraten  kdnnen,  so  war  fiHr  die  Zellenforscbnng 
die  Frage  gestellt,  wie  sich  die  materiellen  Gnindlagm  dafür  veibalten?  DaB 
es  im  wesentlichen  der  Zellkern  sein  muß,  an  dem  die  Vererbung  von  Eigen« 
Schäften  hangt,  war  ja  lange  schon  klar  erkannt.  Die  komplizierten  Vor- 
g&nge  bei  der  Komteilung,  welche  die  Zerlegiing  des  Kernes  in  oinr'  für  jode 
Ptianzenart  genau  bestimmte  Zahl  von  „Chroniosomen"  gciuiniitcn  Ti  iU  n,  und 
ik-ren  urastilndliehe  gleichmäßige  Verteilung  auf  diu  beiden  Tochterkerne  be- 
dingen, wiesen  direkt  auf  eine  solche  Funktion  des  Zellkernes  hin.  Bei  der 
ungeheueren  Menge  von  Schwierigkeiten,  welche  sich  hier  der  Beobachtung 
entgegenstellten,  bei  der  mit  Becht  zu  maelienden  Forderung,  daß  die  nxd 
pflanzlichem  Gebiet  gewonnenen  Besnltate  mit  den  Ergebnissen  der  Zoologen 
Itbsreinstimmen  müssen,  ist  es  mt  in  den  allerletrten  Jabren  gelangen,  za 
klaren  SeUaßfolgemngen  an  gdsogen.  Es  ist  anf  botanischem  Gebiet  Tor 
allem  Btrasbnrger*),  der  in  zahllosen  eigenen  Arbeiten  und  solchen  seiner 
Schaler  stets  wieder  auf  diese  Fragen  zurÜ<^am;  von  seinen  Yeröffent- 
lichnngen  seien  unten  nur  einige  der  neuesten  und  wichtigsten  genannt,  in 
deaen  weitere  Literatur  nachgewie.sen  wird. 

Der  Stand  der  Frage  ist  zur  Zeit  etwa  folgender:  Eine  Ptianz«-,  nehmen 
wir  der  Klarheit  halber  eine  solche  mit  scharf  getrennten  (Generationen, 
also  etwa  ein  Fani,  zeigt  bei  jeder  der  zahllosen  Zell-  und  Kernteilungen, 
die  den  Körper  aufbauen  helfen,  eine  Zahl  von  n  Chromosomen,  die  sich 
durch  Längsspaltung  jedes  einzelneu  auf  die  beiden  Tochterkerne  derart  ver- 
teilen, daß  jeder  wiederum  ft  davon  erhftit  Bei  der  Bildung  der  Sporen 
jedodi,  ans  deren  Keimung  das  Pkotballium,  die  Sezualgeneraiion,  benrw- 
geben  soll,  wird  der  Vorgang  derart  modifiziert,  daß  jeder  Sporenkem  nur 
die  Zahl  «/,  Gliromos(mien  zugeteilt  bekommt.  So  ftthrt  auch  jede  Zelle  der 
Sexualgeneration  nur  n/^  Chromosomen,  bis  durob  die  Vereinigung  der  mSnn- 
liehen  und  weiblichen  Geschleclits/elle,  die  je  mit  ti/^  Cbromosomen  ausge- 
stattet  waren,  dem  Embryo,  also  der  jnngfn  Farnptlanze,  wieder  -|-  «/j, 
also  n  Chromosomen  zufallen.  —  Dem  abgekiuzt»ii  Eutwickelungsgange  der 
Phanerogameupflanzen  entsprechend,  bleibt  die  r<'duzierti'  Zalil  der  Chromo- 
somen hier  anf  die  Zellen,  weklie  Embryosack  und  Polleukörner  aus  ihren 
Teilungen  hervorgehen  lassen,  bcschiUnkt. 

1)  H.  de  Vriee,  a.  a.  0.  n.  141. 

S)  E.  Strasburgcr.  über  Keduktionsteilung.  S  -Ber.  Ak.  d.Wigs.  Berlin  1904. 
h^7.  —  Ders.  Die  Apogamie  der  Eualchimillen.  Pringsheims  Jahrb.  f.  wiss.  Bot. 
Bd.  41,  »6.  1U04.  —  Dcrs.  Typische  und  allotypische  Kernteilung.  Ebda.  Bd.  42. 
1.  1906  ans  Histolog.  Beitr.  zur  YererbungsCrage  von  £.  Sfaraaburger,  Charles 
B.  AUee,  Kücbi  IQiake  u.  J.  B.  Orerton  L 


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90 


G.  Ksriten: 


Die  Pro))»'  aufs  ExempHl  war  min  bei  den  in  neuenT  Zeit  mehr  und 
mehr  bekannt  gewurdenen  l'Jiaiizen  /.u  niacheu,  welche  Samen  produzieren, 
ohne  daß  eine  Vereinigung  männlicher  und  weiblicher  Geschlechtszellen  vor 
rieh  gegangen  wir».  Die  Mefanalü  dieser  Pflanzen  besitzt  degenerierten 
Pollen,  wie  komint  liier  also  die  Embryobildung  in  den  jlhrlidi  reichlicb 
produsierten,  anscheinend  nonnalen  Samen  zu  Stande?  An  den  EoaldiimiUen 
komite  Strasbarger  nachweisen,  daß  die  Bednfction  der  GbromoscmienMhl 
bei  Anlage  des  Embiyosackes  ausbleibt,  daß  also  keine  mit  der  halben 
Chroraosomouzalil  ansgerüsteto  G('schlecht8«elle  vorliegt,  sondern  daß  die  Ei- 
zelle viclmclir  ihre  sexuelle  Fähigkeit  eingebüßt  hat  und  vegetativ  geworden 
ist.  Dies  Vt-rlialtcn  bezeichnet  man  als  Geschleclitsverlust  oder  Apogamie. 
Als  junLrfriiulichü  Zeugunj?  oflor  PartlienoErenose  müßt»'n  dem  pegenübor- 
gestf'llt  wt-rdt  II  Fälle,  in  (b  iu-n  ciiio  mit  halber  ('hromoöunicnzahl  ausgerüstete 
normal*'  Eiznll«'  bei  FernbleilK'n  inünulicher  (n'scblecbtszellf>n  im  Stande  ist, 
aus  sieh  selbst  wieder  die  uurmale  volle  Chruuiosomeuzalil  zu  bilden. 

So  liefert  das  Verhalten  der  Geschlechtszellen  und  besonders  ihrer  Kerne 
Kriterien  fOr  eine  eiakte  Untersdieidimg  dieser  sehr  fthnlich  sdieinenden,  im 
Wesen  aber  durchaus  Terschiedenen  Portpflanznngsweisen.  Man  darf  daher 
hoffen,  daß  es  sjMiter  einmal  gelingen  wird,  auch  andere  Eigenschaften  von 
Pflanzenarten,  die  ja  nach  de  Vries  Einheiten  riad,  welche  nur  als  Games 
ausgewechselt  werden  können,  an  den  in  Teilung  befindlidieii  Kernen  in  Form 
kleinster  Chromosomenteileben  direkt  zu  erkennen,  wenn  auch  wohl  die  ge- 
ring^ff  wahrnehmbare  Größe  von  Chromatinkörncben  stf^ts  noch  Komplexe 
von  Eigenschaften  und  nicht  die  letzten  „Erbeinheiten'**)  darstellen  müssen. 

Ganz  unenvartet  bat  sich  Ini  .solrln'ii  rntfisui-buiigoii  nun  aurli  boraus- 
gt'slfllt^'),  daß  fiiii'_'e  unserer  allverbreiteten  K()m[)ositen,  wie  Tar(tjacum  und 
Hieraciiuuarteii ,  die  mit  ihren  ansehnlichen  Hlütenköpt'en  viele  Insekten  als 
Besucher  anziehen,  welche  die  Bestäubung  vermitteln  könnten,  trotzdem  apogam 
rind.  Bei  einigen  Hieraciumarten  scheint  der  Fall  sogar  noch  eigenartiger 
zn  liegen,  da  sie  anscheinend  sowohl  apogam  als  auch  auf  sexuellem  Wege 
Samen  henrorbringen  kOnnen.  Weil  es  aber  nach  dem  yorher  Gesagten  als 
ausgeschlossen  zu  betrachten  ist,  daß  eine  apogame  Eizelle  nodi  befrachtet 
wird,  wie  auch,  daß  rieh  eine  seznelle  d.  h.  mit  halber  Chromoeomenzahl 
ausgerüstete  Eizelle  nachher  apogam  entwickle,  so  scheint  hier  eine  gewisse 
Anzahl  der  in  solchen  Blütenköpfen  vereinigten  Blüten  für  die  eine,  eine  andere 
für  Iii  zw^eite  Möglichkeit  der  Samenproduktion  vorbereitet  zu  sein').  Doch 
sind  die  Untersuchungen  darül)er  noch  nicht  vollkommen  abgeschlossen. 

Ökologisch  läge  damit  ein  ähnlicher  Fall  vor,  wie  bei  denjenigen  PÜanzeu, 

1)  Strashursrer  a.a.O.  lOOfi  i;? 

2)  C.  Jiaunkiaer.  Embryobildung  ohne  Befruchtung  beim  Löwenzahn.  (Dä- 
nisch.) Bot  Tidskr.  Bd.  26.  8.  109.  1903.  —  Dere.  u.  Ostenfeld.  Ebda.  8.  409. 
—  C.  Tl.  Ostenfeld.  Zur  Kenntnis  der  Apogamie  in  der  Gattimg  Hieracium. 
Ber.  d.  D.  l  ot  TJes  IUI.  li.  r.i04  S.  \\n\.  --  Hers.  Weitere  Heitrlge  sur  Kenntnis 
der  Fruchtentwickeluug  bei  der  Gattung  Utcracium.  £bda.  iS.  öBT. 

S)  J.  B.  Over  ton.  Über  Parthenogeneria  bri  Thalie^m  purpwrtueetw,  Ber. 
d.  D.  bot  Oes.  Bd.  S8.  1904.  8.  «74. 


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Bericht  über  die  Fortachritte  der  Pflansengeograpliie.  91 


wfiihe  iifbfu  typischen  auf  Insektenbestäubung  ein^fericliteteu  Blüten  kloisto- 
game  Blüten  hervorbringen,  die  sich  nieniiils  öffnen  aber  durch  Auswachsen 
der  PoUenschläucbe  innerhalb  der  geschlossenen  Blüte  trotzdem  mit  eigenem 
Polltn  die  weiblichen  Zellen  befruditen  und  regelndißig  Samen  prodiuieren. 
Unsere  Violaarten  z.  6.  gehören  hierher.  Goebel'),  der  diese  Üeistogamen 
Pflanzen  genauer  untersucht  hat,  kommt  zu  dem  Sehlusse,  daB  quasi  ein 
Sieheriieitsventil  in  dem  Samenansatz  der  kleistogamen  Blflten  vorhanden  ist; 
die  Befruchtung  der  Insektenblflten  kann  daher  schon  einmal  ohne  Schaden 
unterbleiben. 

Es  scheint  demnach,  daß,  wenn  überhaupt  die  Möglichkeit  sexueller 
Zmgung  vorhanden  ist,  so  daß  im  Laufe  von  Generationen  mit  Sicherheit 
einmal  Narliknnimcn  i'i*sclioinen  müsson,  dif  auf  sexiu'lleni  Wepo.  al-io  durch 
Mischung  vci-schifHlener  Indivi<lu('n  entstamlt-n  sind,  sicli  sulclie  Ptian/.enarten, 
ohne  Schaden  zu  nehnifn,  s^i  es  durch  Selbstbefruchtung  wie  bei  den  kleisto- 
gamen Blüten,  sei  es  auf  upogainem  Wege  verbreiten  und  fortpflanzen  dürfen. 

Wenden  wir  uns  jetzt,  nachdem  die  wichtigsten  Gebiete,  die  zur  Zeit  im 
Vordergrande  der  phjsiologisch-botanisohfln  Wissenschaft  steheUf  berflhrt  sind, 
der  Systematik  zu,  so  mag  hier  zunächst  die  gerade  vielfach  yentilierte  Frage 
natk  der  Hiylogenie  der  Monokotyledonen  und  Dikotjledonen  in  ihrem 
gegensdtigen  Verhältnisse  zu  einander')  erwähnt  werden. 

Diese  beiden  großen  Klassen  sind  in  ihrem  Verhalten  so  durdiaus  Ter* 
schieden,  daß  es  nicht  leicht  erscheint,  sie  auf  gemeinsamen  Ausgang  zurück- 
zuführen.  Da  ist  es  mm  wichtig,  daß  alle,  welche  sich  mit  dieser  Frage 
letzthin  beschilftigt  haben,  ^ darin  einig  sind,  daß  Monokotyle  und  Dikotrle 
eine  Vorbindungsbrücke  besitzen  müssen  in  den  Fonuen,  aus  denen  sich  ein- 
mal die  Kanunculaceen,  Magnoliaceen  usw.  auf  «likotvler  Seite,  die  Alisnia- 
und  Sagittariaarten,  welche  zu  der  Ilelobiar  geziiiilt  werden,  auf  monokotyler 
Seite  herausgebildet  haben.  Spiraliger  Aufbau  der  Blüten,  zahlreiche  freie 
Prachtblätter  sind  unter  anderen  Merkmalen  die  wichtigsten,  in  denen  beide 
Ptnulien  flbereingtimmen  und  sich  gleichsam  von  der  Masse  der  übrigen  sehr 
wesentlich  unterscheiden,  so  daß  die  Möglichkeit  eines  Anschlusses  durchaus 
nicht  völlig  Ton  der  Hand  gewiesen  werden  kann. 

Daß  damit  gleichzeitig  auch  andere  Ansichten  über  die  Phylogenie  unserer 
jetzt  lebenclen  Pflanzenwelt  auftauchen'),  daß  z.  B.  unsere  einheimischen  wind- 
blätigcn  Lattbwaldbiume  nicht  mehr  als  niedrig  stehende,  an  den  Beginn  des 
Stammbaums  gehörende  Gewächse  aufgefaßt  werden,  sondern  daß  man  in 
ihnt-n  Formen  erkennt,  die  einem  Rüekbildungsprozeß  verfallen  sind,  mag 
gleich  hier  erwfthnt  sein.    Doch  ist  hinzuzufügen,  daß  wir  noch  sehr  weit 

1)  K.  Goebel    Iber  kleistogame  BIftten.  Biel.  Zentralbl.  Hd  2t.  l'JOi. 

2  H.  Hallier.  Polyphylet.  Trsprung  der  Symi)etalen  und  .\pctalen.  .Vbh. 
a.  (1.  Gebiet  d  Naturwiss.  Naturwies.  Ver.  Hamburg.  XVI.  1901.  —  E.  Sargant. 
Theory  of  the  origin  of  Monokotyledons.  Ann.  of  bot  Bd.  XVII.  1008  u.  Bot.  Ga- 
tett«  Rd.  XXXVII.  1904  ~  K  Fritach.  Stellung  der  Monokotjledoneu  BeibL  79 
tt  Englere  Bot.  Jahrb.  Bd.  XX.XIV.  S.  22  1906. 

3;  H.  Ballier  in  zahlreichen  Schriften,  zuletzt:  Ein  zweiter  Entwurf  des 
utfrlichen  (phylogenetischen)  Systems  der  Blütenpflanaen.  Bec.  d.  D.  boi  Ges. 
im  Bd.  XXXUL  8.  S5,  dort  weitere  Literatur. 


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92  0,  Eftrsten:  Bericht  fiber  die  Fortschritte  der  Pflanzeogeographte. 


davon  entfernt  sind,  das  xnr  Zeit  hensdiende  von  Alex.  Braun  «nfgestellte, 
durch  EichUr  und  neuerdings  besonders  von  Engler  weiter  ausgearbeitete 
System  durdi  ein  völlig  durchgearbeitetes  besseres,  d.  h.  natfirliciheres  ersetien 
zu  können.  Vielmehr  ist  durch  die  bis  auf  wenige  Familien  jetzt  fiortig  vor- 
liegenden „Natürlichen  Pflanzenfomilien**')  ein  großes  Sammelwerk  mit  zahl- 
reichen guten  Abbildungen  geschaffen  worden,  welches  auf  dem  Braun- 
Eichler-Englerschen  Systeme  beruht,  und  dem  man  bidier  nichts  Gleich- 
wertiges an  die  Seite  setzen  kann.  Auf  die  staunenswerte  Energie  und 
Arbeitskraft  desselben  Mannes  ist  das  Znstandekommen  und  rüstige  Fort- 
sehreiten eines  nocli  weit  nnifan<.n<  ii  hereii  riitenn'hniens  zurückzuführen,  das 
sich  bis  uuf  die  Summe  aller  einzelnen  Spezies  erstrecke,  des  „Ptlauzeu- 
reichs"^). 

Ein  sehr  freudig  zu  beginißendes  Unternehmen  ist  im  Laufe  der  aller- 
letsten  Jahre  in  Angritf  genommen,  «ne  „I^ensgeschichte  der  Blfitonpflansen 
Mitteleuropas''^).  Es  ist  ein  auf  5  B&nde  berechnetes  Werk,  das  monogra^ 
phische  Abhandlungen  flher  die  uns  umgebende  Pflanzenwelt  enÜialten  wird, 
die  vor  allem  auch  die  Skologischen  Veihftltnisse  berflcksichtigon  sollen. 
Nach  dem  Ausfall  der  ersten  drei  bisher  vorliegenden  Lieferungen  wird  das 
Werk  dem  gebildeten  Laien  eine  Fülle  von  Anregungen,  dem  Fachmanne 
eine  sehr  vollständige  Literaturangabe  und  eine  Menge  von  weniger  allge- 
mein bekannten  Einzelheiten  bringen,  die  für  ein  tieferes  Verstehen  der  ein- 
heimischen Pflanzenwelt  nicht  ohne  Red^Mitnng  sind, 

Wemi  wir  die  Berichte  über  spfziellore  systematische  Familienbearbei- 
tuugen  liestimmter  geographischer  Ciebiete  der  eigentlichen  PHanzengeographie 
vorl)ehalten ,  bleibt  nocli  eine  wichtigere  Tatsache  von  allgemeinem  syste- 
matischem Interesse  zu  registrieren.  Oliver  und  Scott^)  ist  es  neuerdings 
gelungen,  ans  äet  Hasse  der  tls  CycadofiUa»  beancSmeten  foasÜen  Pflanzen* 
reste,  die  bisiher  stets  den  Fampflanzen  zugerechnet  wurden,  eine  Gnippe  ab- 
zusondern, deren  AngdiSrige  im  Habitus  zwar  den  Pteridophjrten  entsprechen, 
jedoch  mit  typischen  Samen  ausgerüstet  waren,  die  denen  noch  jetzt  lebender 
Cjkadeen  außerordentlich  nahe  konmien.  Sie  bezeichnen  diese  Familie  als 
Pteridospenneen ,  womit  ihr  Misohcharakter  ja  ganz  gut  zum  Ausdruck  ge- 
bradit  wird.  Es  ist  das  ein  wichtiger  Hinweis  darauf,  wie  wir  uns  die 
immer  noch  unbekannten  Vorüiüiren  unserer  jetzt  lebenden  Gymnospermen 
habituell  vorstellen  mflssen.  (Schloß  folgt) 

1)  A.  Englcr  uud  K.  Prantl.  IMe  natäxUcben  Pflanzenfamiüea  nebst  ihren 
Qattmigen  und  wichügereii  Äxten.  Leipzig,  von  1889  ab. 

2)  Das  Pflanzenreich.  Regni  vegetaV)ilis  (  (^nspectus.  L  A.  d.  k.  FkeoB.  Ak. 
d.  Wisa.  hrag.  von  A.  Enpler.    Leipzig,  ab  1900. 

S)  0.  Kirchner,  K.  Löw,  C.  Schröter.  Lebensgcschichte  der  Blüten- 
pflansen  Hittelearopae.  Spezielle  Ökologie  der  Biatenpflaoten  Denteohlande,  Oster- 
zeichs und  der  Schweiz.   Stuttgart,  ab  1904. 

4")  F.  W,  Oliver  and  D.  H.  Scott.  On  the  structure  of  the  palaeozoic  seed 
Lageuostoma  Lomaxi  with  a  siatement  of  the  evidence '  opon  which  it  ia  referred 
to  Lygütodendion.  Fhilosi^h.  traasactions  of  the  Boyal  sodety  of  London.  8er.  B. 
Vol.  107.  London  1004. 


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C. Keller:  Die  Kolonie  Mftdsgaikar  in  ihrer  gegenwftrt  Entwicklung.  98 


Die  K«l«iiie  Midiisukar  in  ilmr  gegenwirtigen  Bstwicklmig. 

Ton  O.  Keller. 

• 

Die  Kolonisation-sgf's<-hiclite  von  MadaLraskar  weist  in  den  vergangenen 
Jahrhunderten  eine  lange  Reihe  von  verfehlten  Versutheu  auf,  dauernde  und 
gedeihliche  Unternehmungen  auf  madagassischem  Boden  anzubahnen,  ün- 
iUuge  KOpfe  Terschleoderten  die  ihnen  anverferanten  Mittel;  schiffbrttchig  ge- 
wordene Existenzen  und  Abentenrer  aller  Nationen  sachten  einst  üuren  lotsten 
Ziflnehtsort  in  jener  von  der  Natur  so  hegOnstigten  Begion,  wo  sich  die 
eiiigebornen  StSuune  zerfleischten  nnd  znletrt  diplomatische  Intrigen  eure- 
piisdier  Nationen  jeden  Aufschwung  Inhmten. 

Vor  einem  Dezennium  nahm  Frankreich  einen  neuen,  diesmal  recht 
energischen  und  geschickt  ausgefüJirten  Anlauf,  um  eine  entscheidende  Wen- 
dung der  Dinge  herbeizuführen.  Der  Moment  war  gut  gewiUilt,  die  Hova- 
regierung  war  unter  oinein  egoistischen  Premit^rminister  zur  Unfäliigkeit 
verdammt  und  hatte  die  elHmentarsten  Kiick.sichten  <ler  Klugheit  gegenüber 
Frankreich  auU^r  Acht  golassen.  f]ine  Katastrophe  war  unvermeidlich.  Da- 
mals drang  General  Duchenne,  ohne  nennenswerten  Widerstand  zu  finden, 
mit  seinen  Truppen  von  der  Westkflste  hw  bis  zur  Zentralprovinz  Imerina 
vor,  pochte  etwas  nnsanft  mit  Hüfe  seiner  Kanonen  am  Königspalast  in 
Antanarivo  an,  und  die  Hovadynastie,  ihr  baldiges  Ende  voranssebend,  fügte 
sidi  ins  Unvermeidliche. 

Die  firansSsischen  Kammern  beschlossen,  um  du  ftlr  allemal  eine  klare 
Situation  zu  schaffen,  1896  die  endgültige  Annexion  der  LiseL  Madagaskar 
war  damit  dem  französischen  Kolonialbesitz  einverleibt,  SO  nngem  man  dies 
in  London  sah.    Es  galt  jetzt,  ernstlich  zu  kolonisieren. 

In  manchen  Kreisen  ist  das  Kolonisationsgeschick  der  Franzosen  recht 
bkfjitisch  beurteilt  worden,  und  gerade  !Madaga^kar  bildete  mit  Rücksidit  auf 
die  MiB'  rfiilge  im  17.  und  18.  Jahrhundert  den  (iegneru  der  franzüsischen 
Kolouialpolitik  Augriffspunkte  genug.  Aber  man  muß,  um  gerecht  zu  werden, 
anderseits  nicht  vergessen,  daß  einst  auf  den  benachbarten  Maskarenen  doch 
bedeatende  Erfolge  erzielt  wurden  und  in  Nord-Afrika  sdir  aohtungswerte 
koloniale  Leistungen  zu  verzeichnen  sind. 

Die  Entwiddung  einsät  Kolonie  httngt  wesentlich  von  der  richtigen  Or- 
ganisation ab,  und  diese  ersdieint  um  so  glücklicher,  je  besser  sie  sich  den 
lokalen  ethnischen  ZustSnden  anzupassen  vermag.  Im  Anfang  h&ngt  Alles 
davon  ab,  den  richtigen  Mann  zu  finden,  der  mit  der  nötigen  Bildung,  Ener- 
gie und  Umsicht  auch  ein  glückliches  Organisationstalent  verbindet.  Ein 
feiner  Takt  ist  eine  ganz  unentbehrliche  Beigabe.  Ist  eine  Kolonie  einmal 
im  Gange,  so  ma<  ht  sich  die  Sache  sehr  viel  einfacher.  Soweit  ich  aus 
eigener  Anschauung  in  Afrika  reden  k.inn,  licirt  hier  das  ganze  (ieheimnis 
der  erfolgreichen  Kolonisatiousarbeit  der  Engländer,  die  bei  der  Einrichtung 
neuer  Kolonialgebiete  für  die  erste  Periode  jeden  ProtekLionskaudidaten  un- 
berttoksichtigt  lassen  und  mit  musterhafter  Objektivitttt  nur  das  organisatorisdie 
Talent  zur  Geltung  bringen. 


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94 


C.  Keller: 


Und  Frankreich  hatlc  «lie.^mal  da>  <!lück,  für  Mailairaskar  dt  n  richtigt  i> 
Mann  /.u  linden  —  Geueral  Gallicni  besit/.l  als  Goueralgouverneur  vou 
Madagaskar  zweifellos  alle  jene  hohen  Eigenschaften,  die  Ton  einer  bedeu- 
tenden nnd  aehöpferischen  Natur  verlangt  werden.  OaUieni  ist  am  riditig«i 
Platas  nnd  bat  es  verstanden,  in  verii&ltuamäfiig  kurzer  Zeit  ungewöhnliche 
Kolonisationserfolge  su  ersielen. 

Vor  uns  liegen  drei  starke  Bftnde^),  welche  einen  genauen  Einhliok  in 
den  Gang  der  Dinge  ermöglicben  und  außerdem  eine  Fülle  von  authentischem 
Material  über  die  Verhältnisse  der  versehiedensten  madagassischen  Distrikte 
enthalten. 

General  Gallieni  geht  von  der  vollkommen  riditigcn  Ansoliauiing  aus, 
dali  die  wissenschaftliche  Ers<'hlieüung  der  Kolonie  (irundlage 
bilden  muß  für  die  wirtschaftliche  Ero]»erung;  er  tVadert  jene  daher 
auf  jede  Weise   und  verfügt  über  die  bedeutendsten  materiellen  Hilfsmittel. 

Was  den  drei  Bänden  besonderen  Wert  verleiht,  sind  die  zahlreichen 
Monographien  der  einzelnen  Provinsen  von  l^agaskar,  wdehe  Ein* 
blicke  in  die  lokalm  Verhftltnisse  in  eUmisober  nnd  wirtscbaltlichw  Beziehung 
ermöglichen,  ünd  diese  gestalten  sieh  ja  auf  madagassischem  Boden  ftuBerst 
Tcrscbiedenartig,  de  bildeten  für  Gallieni  den  Hauptgrund,  aus  admimstratiyai 
Bücksichten  die  Provinzen  sich  mit  einer  gewissMi  Selbstibidigkeit  entwickeln 
zu  lassen.  Eiue  gut  ausgeführte  Übersichtskarte  im  Maßstabe  von 
1 :  3  dOO  000  bringt  die  gegenwärtige  administrative  Einteilung  in  29  Pro- 
vinzen und  Verwaltungskreise  zur  Darstellung. 

Die  vielen  Kinzel karten  liefern  für  die  s])iltere  genaue  Kartographienmg 
vou  Madaj^'askar  eine  schilt/.enswerte  (Jruudlage.  Zwar  kannte  man  bisher 
neben  <ler  Zenlralprovinz  Imerina  auch  deren  nilchste  t'mgebunLT  niit  hin- 
reichender Genauigkeit,  auch  die  Ostküste  war  besser  bekannt,  weniger  da- 
gegen die  Westküste,  da  die  dort  wohnenden  Hakalaven  der  Erforschung  des 
Landes  grofie  Bchwioigkeiten  verursachten. 

Von  den  Detailkarten  der  Östlichen  Seite  mag  als  besonders  beaehtens^ 
wert  hervorgehoben  werden  die  Detailkarte  der  AntongUbai  mit  dem  an- 
stofienden  Hinterland,  femer  die  Karte  von  Vohemar  und  Diego  Suarez. 

Für  die  Westseite  der  Insel  finden  wir  als  kartographische  Beigaben 
gut  vertreten  die  Provinaen  Nosi-Be,  Majuncra  und  Tulear,  sowie  die  Ver- 
waltungskreise  Mahavavj,  Maintirano  und  Marandava,  über  welche  bisher 
k^e  zuverlässigen  Angaben  existierten. 

Eine  geologische  (Mjersichtskarte  im  Maßstab  von  1  :  aOO  000 
trägt  den  neuesten,  besonders  die  Westseite  betreüeudeu  Forschungen  Kech- 

1)  Es  Bind  die  drei  Jahrgänge  des  ,,Guide  annuel  de  Madagascar**  für 
1903,  iyo4  und  l'.t05,  welche  als  offizielle  Publikationen  aus  der  Staatsdruckerei  in 
Antanarivo  hervorgegangen  sind.  Bildete  früher,  da  die  Engländer  die  Uovadynastie 
durch  ihren  EinfloS  beherrschten,  das  von  der  Londoner  MissioBigeeeUsohaft 
herausgegebene  und  im  allgemeinen  vorsflglich  redigierte  „Antanarivo  Annual 
and  Matiagascar  Magazine"  eine  wertvolle  Fundgrube  in  ethnographischer, 
naturhiistohscber  und  geographischer  Uineicht,  so  tritt  nunmehr  unter  den  vor- 
ftaderten  VechUtniasen  der  „Guide  annuel**  an  dessen  Stelle,  an  Reichhaltig- 
krtt  alle  froheren  Publikationen  fibertreffend 


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Die  Kolonie  Madftgaskax  in  ihrer  gegenwärtigen  £ntwicklnng.  95 

nung;  sie  läßt  eine  erhebliche  £rweiterung  unserer  Kenutnisse  und  eine 
wesentliche  Modifiksti<m       frOherMi  Angaben  eitennen. 

Man  wuBte,  dnfi  der  Kern  der  Insel  aus  Urgebirgsfonnationen  (Gneis, 
Glimmerschiefer,  Oianit)  bestdit,  welche  im  Innern  nnd  fast  auf  der  ganzen 
Ostseite  in  Tage  treten.  Vulkanische  Bildungen  sind  Aber  die  ganze  Insel 
zerstreut  und  finden  sidi  in  der  Nshe  der  Ostktlste  hftufiger  als  man  bisher 
annahm.  Sehr  ausgedehnte  vnlkanische  Gebiete  sind  auf  der  Westseite  im 
Kflsteng&rt«!  bei  Maintirano,  also  auf  dem  mittleren  Sakalaven gebiet  entdeckt 
worden.  An  das  archäische  Zeutralniassiv  ist  westlich  eine  stelleiiweise  ziem- 
lich brpito  Zone  von  Trias  angelagert,  welche  ohne  ünterbrochung  von  der 
Nähe  des  Kap  Ste.  Marie  im  Süden  bis  in  die  Nllhe  von  Vohomar  im  Norden 
reicht.  Ihre  stlirkstf  Entwicklung  lit'gt  auf  der  Höhe  von  St.  Andre,  wo  sie 
einen  isolierton  Kern  von  ürgebirge  umsäumt  und  beim  Kap  St.  Andre  bei- 
nahe die  Küste  erreicht 

Der  Tiiaszone  ist  ein  ungeffthr  ebraso  breiter  Gürtel  von  Juraformationen 
Torgelagert,  der  viel  ausgedehnter  ist,  als  man  bisher  annahm.  Er  beginnt 
Bimlicb  im  Soden  von  Tulear  und  endigt  im  Norden  in  der  Provinz  Nosi-Be. 

Die  &eide  erlangt  im  Westen  eine  betriehtliche  Ausdehnung  und  wird 
an  den  Sakalavenkfisten  von  einer  schmalen  Zone  tertiärer  und  quatemSrer 
Ablagerungen  nmsilumU  Leider  fehlt  immer  noch  eine  zuverl&ssige  Eintragung 
der  Korallenriffbildungen. 

Der  mineralische  Reichtum  der  Insel  ist  beachtenswert,  indem  neben 
Gold  auch  das  Vorhanden  sein  V'-n  abbauwürdigen  Eismlagern,  hosondei's  auf 
der  Ostseite,  naclig<'wicseu  ist;  Kupfer,  Zink,  Hleicr/  und  Nickel  linden  sich 
an  verschiedenen  Stollen,  ebenso  Lager  von  Kohlen.  Systoinatisch  ausgebeutet 
nnd  zwar  mit  stets  zunehmendem  Erfolg  wurde  bisher  nur  das  goldführende 
Geston,  nnd  seine  Verbreitung  in  den  ▼erschiedenen  Distrikten  ist  auf  der 
sehr  autf&hrlichen  geologischen  Karte  vom  Jahr  1906  eingetragen. 

8eh<m  unter  der  Henschaft  der  HoTUdynastie  war  das  Vorkommen  von 
Gold  bekannt^  allein  die  Regierung  weigerte  sich  damals  beharrlich,  Ifinen- 
konzessionen  zu  erteilen.  In  jflngster  Zeit  sind  auf  der  Ostseite  goldfOhieada 
Allnviuiipn  in  großer  Ausdehnung  bekannt  geworden,  ihre  Ausbeutung  erweist 
sich  als  lohnend.  Am  ergiebigsten  sind  die  Alluvionen  in  den  Fiufltälem 
der  Provinz  Mananjary  im  Südosten,  die  Minenindustrie  steht  hier  in  voller 
Blüte,  so  da  Ii  in  dieser  Provinz  allein  der  Goldexport  auf  1  Million  Franken 
angestiegen  ist. 

Im  Innern  der  Insel  weist  die  fruchtbare  Betsileoprovinz  eine  grüBere 
Zahl  betriebsfähiger  Goldwerke  auf. 

Wie  sehr  in  Madagaskar  die  Goldausfuhr  in  Zunahme  begriffen  ist,  Ififit 
sich  aus  der  Handelsstatistik  entnehmen.  Ln  Jahr  1902  befamg  der  Gold- 
export 1700000  Franken,  1908  schon  5800000  Franken,  1904  stieg  er 
auf  8  Miimonen  Franken. 

Eme  in  wissenschaftlicher  ffinsicht  recht  interessante  und  wiUk<mmiene 
ZusumuMiiassung  der  Paläontologie  von  Madagaskar  er^hült  der  ,,Guide 
1905**  und  zwar  aus  der  Feder  von  JuUy  in  Antanarivo,  welcher  zurzeit 
der  dortigen  Akademie  vimiteht. 


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96 


C.  Kellei: 


IMe  SltwtMi  Foflniien  stammen  aus  d«m  obenm  Idas  in  West-Madagaskar, 
wlhrend  aus  der  Trias  bisher  keine  Mollnskenreste  bekannt  worden.  Im 
Nordwesten  der  Insel  ist  seit  1891  in  jurassischen  und  Kreideschiehten  auch 
das  Vorhandensein  ^ßer  IHnosanrier  nachgewiesen  worden. 

Wichtiger  sind  die  subfossilen  Beste  von  Yögdn  und  Stngem  aus  den 
jungen  Ablagerungen. 

Bekanntlich  machte  schon  I80I  Qeofficoy  St  HUaire  der  französischen 
Akademie  Mitteilnntrpn  ttbor  »las  Hiesenei  von  Aepyornh^  das  Abadie  mit- 
gohracht  hatte,  18(»H  wurde  dvuvh  (irandidier  das  Vorkommeu  V(in  KiuM  ben- 
r«'Sten  riesiger  inadaL'assischor  Straulir'  Ijekaunt,  bald  iia<hher  wurde  ein 
ausgestorbones  Niljjtt'rd  [Hippopotdiiius  Lenxriri)  aus  der  ringobung  von 
Tulear  iiathgewiesen.  Bei  Antüirabc  hat  Müller  und  fast  gleichzeitig  Forsyth 
Major  (18U3  und  1894)  aus  quatemftren  Ablagerungen  Vogelreste  aufge- 
ftanden,  die  auf  zwei  ganz  Terschiedene  Straufigattungen  {AepyomiB  imd 
MüUeromU)  hinwiesen.  Aufsehen  erregte  der  Nachweis,  daB  noch  in  geolo- 
gisch wenig  zurückliegender  Zeit  in  Madagaskar  erloschene  Lemuren  Ton 
gewidtiger  Qröfte  Toxhanden  waren  {Adapis  magmis).  Eine  Studienreise 
wekdu>  189H  Wilhelm  Grandidier  nach  Madagaskar  unternommen  hatte,  fügte 
als  erloschene  Halbaffen  die  neuen  Gattungen  FtüaeofiropiOtecus  und  Breh 
äütmur  hinzu. 

In  dt>n  letzten  Jahren  sind  in  der  Xilhe  dos  Itasi-Sees  in  Kalkablage- 
rungen sulit'<i.s-.ile  Kcste  von  Säugetieren  aufgel'unden  worden;  die  Nach- 
forsehungeu  wcnicii  gegenwärtig  unter  der  Leitung  von  Jully  fortgesetzt  und 
versprechen  wichtige  Aufschlüsse  über  die  in  der  Quartärzeit  erloschene 
Fauna.  Ein  auttallend  großes  Exemplar  von  Palaeopropitlwcus  inyens 
gelangte  in  den  Besitz  der  madsgassisofaen  Akademie. 

Beiohe  Naturschfttze  bietet  das  Land  in  den  Waldungen,  die  noh  über 
eine  Flftofae  von  ungefthr  12  Millionen  Hektar  ausddmen.  Die  forstliehe 
Ausbeutung,  seit  1900  gesetzlich  geregelt,  konnte  sidi  nur  da  «itwiclmln,  wo 
der  Holztransport  zur  Küste  billig  ist,  also  da,  wo  die  Wilder  hart  an  die 
Küste  herantreten  oder  schiflFbare  "Wasseradern  vorhanden  sind. 

Die  Bai  von  Ajitongil,  die  Provinz  Voheniar  und  Majunga  an  der 
Sakalavenkü.ste  sind  die  wichtigsten  .\usfuhrgebiete.  Wie  sehr  die  Ausfuhr 
von  Holz  im  Steigen  begritfen  ist,  beweist  die  amtliche  Statistik,  1900  be- 
trug sie  43U0U  Franken,  1902  bereits  300  000  Frauken  und  1903  stieg  sie 
auf  5. "i 2  000  Franken. 

Eine  besondere  Sorgfalt  vt  rvvcndet  die  Kolonialregierung  auf  die  Hebung 
■der  Landwirtschaft.  Die  ti'opische  Agrikultur  läßt  sich  nicht  nach  einem 
allgemein  Terbindlichen  Schema  einriditen,  sondern  es  muB  dun^  ein  ge- 
naueres Studium  der  BodenveihUtnisse  und  der  meteorologischen  Bedingungen 
•erst  ermittelt  werden,  weldie  Kulturen  fOr  die  verschiedenen  Kolonisations- 
gebiete  am  lohnendsten  sind.  Ln  Allgemeinen  lüBt  sich  voraussehen,  daß 
sich  die  Ostseitc  der  Insel  vorwi^;end  für  Plantagenbau,  der  Westen  dagegen 
für  Viehzucht  eignet  Für  weitere  Einzelstudien  hat  die  madagassisoiie 
Landwirtschaftskammer  an  verschiedenen  Punkten  der  Insel  \'ersuchsstationen 
•eingerichtet    Bereits  1897  wurde  nördlich  von  Tamatave  die  Station  von 


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Die  Kolonie  Madagaikar  in  ihrer  gegenwftrtigea  Entwieklang.  97 

Ivoloina  eröflFnet,  ihre  Versui  he  erstrecken  sich  vorzugsweise  über  Kulturen 
von  Kaffee,  Kakaobäumon  iiiul  Kiintschnkpllunzen ;  von  letzteren  sind  neben 
den  in  Madapiskar  i'inheiiiiischt'n  Kautsclmckliauen  avicli  Ficiis  und  Ilrrra 
^^v;>/7/< eingeliilirt  und  kultiviert  worden.  Auf  einem  großen  Versuch.s- 
feldo  un  der  Küste  nördlich  von  Tainatavc,  das  etwa  1,>U  Hektar  umfaßt, 
ist  mit  dem  Anbau  der  Kokospalme  begonnen  worden,  darunter  die  Varietät 
der  SeydieUen,  weldie  eine  besonders  gescUltsta  Kopra  liefert.  Eine  sweite 
Station  befindet  sich  bei  Fort  Dauphin,  die  bisher  mit  der  Anpflanzung  von 
liberia-Eaffee,  Tee  und  Obstb&nmen  operierte.  Die  Zentralprorinz  besitzt 
in  der  Nihe  der  Stadt  Antanarivo  die  Station  Nanisana,  welche  zur  Zeit 
wohl  am  nunsten  Bedeutung  erlangt  Sie  befafit  sich  stark  mit  der  Einfahr 
und  Anpflanzung  von  Maulbeerbilunien  und  erweiterte  sich  unlUngst  zu  einer 
Seidenbaustation.  Die  Kolonialbehörde  erl)lickt  in  der  Seidenkultur  einen  der 
wichtigsten  Erwerbs/.woige  für  die  Zukunft  und  versuclit  die  Kingebornen 
mit  der  Aufzucht  der  Haupen  vertraut  zu  niadien.  (iünstige  Vorl'edinguuLren 
sind  da.  indem  die  natürliche  Intelligenz  der  Hova.stttmnie  schon  friiher  eine 
einheimische  Seidruiiidustrie  zu  üborrasrlieud  hoher  Ent wicklun«;  l>ra«lite.  In 
den  letzten  Jahrun  hat  die  Station  Nauisaua  an  die  Kolonisten  und  Em- 
gebomen  15  000  lebende  Kokons  nebst  Eiern  und  40000  Maulbeerpflanzen 
abgegeben. 

Von  tropischen  Kulturen  sdaeint  nach  den  bishwigen  landwirtschaftlichen 
Erhebungen  der  Anbau  von  Kaffee  den  gehegten  Erwartongen  nicht  zn  ent- 
spndien.   Man  hat  früher  schon  aaf  Nosi-Be  sehlechte  Erfahrungen  gemacht» 

nnd  die  Plantagon  gingen  naeh  und  nach  ein,  neuerdings  sind  ausgedehnte 
Anbauversuche  im  Norden  am  Mont  Amber  unternommen  worden;  anfänglich 
waren  die  Kaffeestauden  Nnelversprechend,  in  der  jüngsten  Zeit  wurden  sie 
je<lof'h  stark  von  IlnniUja  rnstutrir  betallen.  Auch  im  Süden  der  ln>^el  hat 
sieh  dieser  Parasit  bemerkbar  gemacht.  Dafür  scheint  in  Nord-Madagaskar 
der  Anbau  von  ^'anill^'  gute  lu-iultat»'  zu  geben,  wenigstens  ist  die  Ausfuhr 
der  Provinz  Nosi-Be  in  beständiger  Zunahme  begriffen,  indem  die  \  auille- 
pflanzungen  schon  mehr  als  400  Hektar  umfassen. 

Die  Viehzucht,  ein  für  Madagaskar  anBerordentlich  wichtiger  Pro- 
dnktiottssweig,  ist  in  starker  Zunahme  begriffen;  indessen  ist  es  bisher  ledig> 
lidi  die  Rinderzucht  gewesen,  die  von  wirUieher  Bedeutung  geworden  ist. 
Nach  den  amtlichen  Erhebungen  besaß  die  Insel  zu  Anfiing  des  Jahres  1904 
einen  Rinderbestand  von  2  776  000  Stück,  wKhrend  die  Zahl  zu  Beginn  von 
1903  auf  2  342  000  geschätzt  wurde.  Es  ergibt  das  eine  Zunahme  von 
beinahe  einer  halben  Million  Kinder,  was  etwas  auffallend  ei-scheint,  aber 
wtihl  in  der  stark  verminderten  Ausfuhr  nach  der  Kapkolonie  ihren  tSrund 
hat.  Die  reichsten  Hindorbpstiiiidf  weisen  dit^  I'rnvinzen  des  Südens,  dann 
die  ganz  im  Norden  ufb'k'eiHn  Hi-trikte  von  X'oliemar,  Diego  Suarez  und 
Nosi-Be  auf.  Sfld-AtVika  war  stet-  das  Hauptalisatzgebiet.  zur  Zeit  der 
kriegerischen  Verwicklungen  im  iiureulande  erreichte  die  jährliche  Ausfulu" 
schKsAl^  die  Summe  von  4*/^  Millionen  Franken,  gegenwärtig  beträgt  sie 
aar  noch  2V2  Millionen  Franken,  da  in  der  Kapkolonie  die  Einfuhr  aus 
Argentinien  sehr  bedeutend  ist    Indessen  werden  die  Madagassenrinder  auf 

0— tfMMwh«  Z«lladtrlfi  IS.  J«liTff»Bir.  IMM.  t.H«fk.  7 


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98 


C.  Keller: 


dem  südafrikanischen  Markt  wohl  nie  verdrängt  werden,  da  ihr  Fleisdi  als 
sehr  wohlschmeckend  gilt.  Neben  der  Kiuderzucht  ist  die  Schweinezucht 
bemerkenswert  und  neuerdings  in  fühlbarer  Zunahme  begriffen,  so  daß  die 
St&oknhl  ftiif  800000  angestiegen  ist  Die  Schafzucht  war  nie  hedentend 
und  wird  kaum  eine  Zuknnft  haben.  Die  eingebome  Basse  ist  ein  Terdar- 
benes  Fettsteifischaf^  das  swar  brauchbare  HSute,  aber  ein  schlechtes  Heisch 
lieüBrt  Man  Tcrsudit  gegeowftrtig  durdi  Einfidir  algerischer  Schafe  die  Basse 
su  Terbesaem. 

Pferde  haben  sich  in  Madagaskar  nicht  gut  gehalten,  doch  will  man  sie 
wie  ler  einbürgern,  indem  man  passendes  Zuchtniaterial  aussuchte  und  hierzu 
Berberpferde  und  abessinische  Pferde  wählte.  Zur  Zeit  befindet  sich  ein 
grf'tßeres  fJestüt  im  Betsileolaude  in  der  Nähe  von  Finanarantsoftf  WO  auch 
erfolgreiche  Versuclic  mit  der  Eselzurlit  im  (nmge  sind. 

Im  Allgemeinen  sind  in  Madaga.skar  die  Bedingungen  für  die  Groiivieh- 
zucht  weit  günstiger  als  auf  dem  afrikanischen  Festlaude,  da  die  dort  auf- 
tretenden Seuchen  den  madagassischen  Viehstand  verschont  haben. 

Eine  notwendige  Vorbedingung  fOr  die  wixtsdiafUidie  Erschlieflung  eines 
Landes  ist  die  Anlage  von  geeigneten  Verkehrswegen.  Li  dieser  Hinsidit 
hatte  die  firanzOsisohe  Kolonialbehörde  eigentlidi  Alles  erst  zu  schaffim.  Die 
frühere  HoTaregienmg  striluhte  sich  grundsfttzlieh  gegen  die  Anlage  von  Ver- 
kehrsstrafien  nach  dem  Inneni;  sie  wollte  eben  das  Vordringen  der  Europäer 
erschweren.  Straßen  in  unserem  Sinne  gab  es  vordem  in  Madagaskar  nirgendSi 
selbst  die  so  begangene  Route  von  der  Ostküste  nach  der  Hauptstadt  Anta* 
narivo  war  nur  ein  Fußweg,  der  wohl  den  Trägen»  bekannt  war,  aber  weder 
für  ein  Reittier  noch  für  ein  Fuhrwerk  gangbar  war;  die  zalihfichen  Wasser- 
liiufe  auf  der  Ostseite,  wo  sich  ja  der  Hauptverkehr  abspielt,  konnten  des 
kurzen  Unttrlaufes  wegen  nicht  lange  benutzt  werden. 

Hier  war  nun  ein  gewaltiges  Stück  Arbeit  zu  bewlUtigen.  Zur  Zeit  sind 
gute  Straßen  erstellt,  welche  die  Ostkflsto  und  die  WestkOste  mit  dar  Haupt- 
stadt in  der  Zentralprovinz  verbinden.  Auf  diesen  ist  zum  Teil  «n  Auto- 
mobilverkehr eingerichtet  worden.  Eine  groBe  Straße  fUhrt  von  Imerina  nadi 
dem  fruditbaren  und  stark  bevölkerten  Betsileolaude. 

Von  vitalem  Liteiesse  fEkr  den  AuÜKhwung  der  Kolonie  mußte  die  Er- 
stellung eines  Schienenweges  erscheinen,  der  die  Hauptstadt  der  Zentralprovinz 
Imerina  mit  der  verkehrsreichen  OstkQste  verbindet.  Die  französische  Begie- 
mng  ermächtigte  schon  im  Jahr  1900  die  Kolonie  Madagaskar  zu  einer  An- 
leihe von  60  Millionen  Franken,  um  dm  Bau  einer  Ei'^cnbahn  nach  dem 
Innern  an  die  Hand  zu  nehmen.  Nach  faehniUnuisclier  Prüfung  der  lokalen 
Verhiiltnisse  wurde  vorläufig  von  einem  ununterbrochenen  Schienenweg  zwischen 
Antanarivo  und  dem  wichtigsten  Küstenplatz  Taniutave  abgesehen;  für  die 
erste  Hauptstrecke,  welche  der  Küste  entlang  bis  Audevoranie  fährt,  ließ  sich 
der  billigere  Wasserweg  verwenden.  Es  finden  sich  nftmlich  südlich  von 
Tamatave  zahlreiche  und  genflgend  tiefe  Lagunen  parallel  der  Ostkflste,  welche 
duroih  eine  schmale  Sandbarre  vom  Me«re  getrennt  sind  und  nur  an  drei 
Stellen  von  wenig  ausgedehnten  Querbarren  unterbrochen  werden.  Durchsticht 
man  diese  sogenannten  Aw^^alema,  so  Iftßt  sich  ein  ununterbrochener  Wasser- 


Die  Kolonie  Madegaeker  in  ihrer  gegenwftrtigen  Entwicklung.  99 


wf'g  bis  nach  Andevorantf  in  eintr  Lüuge  von  122  Kilometern  erstellen.  Diese 
Arbeit  ist  bereit-s  voUt-ndet,  und  die  nötigen  Kanäle  sind  von  der  Compaf/nie 
des  Messmjcrics  Fruaraises  de  Madagascar  erstellt  worden.  Diese  Gesellschaft 
hat  10  kleinere  Dampfer  im  Betheb,  welche  die  Waren  und  Personen  von 
iTondro,  das  man  in  einer  halben  Stunde  mit  der  Eisenbahn  Ton  Tamataye 
her  enreieht,  naeh  RridcanUe  befiSrdem.  Letseterer  Ort  ist  der  Ausgangspunkt 
der  nadi  dem  Linem  ftthrenden  Eisenbahnlinie,  deren  Linge  nach  dem  defi- 
nitiven Ausbau  295  Jdometer  betragen  wird.  YorlAufig  wird  nur  die  erste 
Sektion,  d.  h.  eine  Strecke  von  185  Kilometer  gebaut,  da  die  Kolonie  ihr 
Budget  nicht  allzu  rasch  Termehren  will.  Von  dieser  Sektion  ist  am  1.  No- 
vember 1904  die  Strecke  von  Brickaville  bis  Fanovana  (102  Kilometer)  dem 
regelmäßigen  Betriel»  flljergebm  worden.  T^'i  dieser  vorliiufigen  Eml^^tation 
angelangt,  erfolgt  ))is  zur  Hauptstadt  Antaimrivo  der  Personen-  und  <Jepäck- 
vorkehr  'lurch  einen  regelmäßigen  Autoniohildienst  und  nimmt  fiir  die  Hiu- 
uikI  Rückt  ah  rt  zwei  Tage  in  Anspruch,  was  schon  eine  sehr  wesentliche  Ab- 
kürzung der  Keizezeit  bedeutet. 

Da  sich  zwisdien  dem  Hochplateau  und  der  Ostkfiste  ein  Chaos  von 
Bergen  ausdehnt,  stieß  der  fiahnban  auf  erhebliche  Schwierigkeiten. 

Für  den  Kfistenverkehr,  der  von  lokalen  Dampfern  unterhalten  wird, 
konnten  bisher  geschütite  Hftfen  noch  nidit  erstellt  werden,  so  notwendig 
dies  erscheint.  Dagegen  sind  die  Landungsplätse,  meist  offene  Beeden,  ver- 
bessert worden. 

Der  Post-  und  Telegraphenverkehr  verfügt  Aber  ein  Netz  von  Verbin- 
dungen, welches  alle  wichtigen  Punkte  im  Innern  des  Landes  einschließt; 
'^(hon  \c(-gen  der  Sicherheit  der  Kolonie  hat  man  die  Erstellung  dieser  Ver- 
bindungen beschleunigt. 

Die  wirtschaftliche  Entwicklung  der  KuKmie  findet  ilireu  objektiven 
Ausdruck  in  der  Handelsbewegung,  im  Import  und  Export.  Eine  statistische 
ZttsammensteUung  der  letzten  Jahre  ergibt  nun  unzweideutig  eine  fortwährende 
Steigerung  im  Verkehr.  Der  Außenhandel  beaffiarte  sich  1904  bereits  auf 
nahezu  46  Millionen  Franken,  wovon  26y,  Millionen  auf  den  Import  und 
gegen  19Vf  IfiUionen  auf  den  Export  kommen;  beachtenswert  erscheint,  daß 
der  letxtere  im  Jahre  1903  gegenObor  dem  Voijahre  eine  Zunahme  von 
3  Millionen  aufweist;  in  Wirklichkeit  liegen  die  allgemeinen  Verhftltnisse 
noch  günstiger  fQr  die  Ausfuhr,  da  1902  die  starke  Viehausfuhr  nach  Süd- 
Afrika  die  Exportziffer  erhöhte,  jetzt  aber  wieder  normale  Verhftltnisse  ein- 
getreten sind. 

Für  den  KleiuhUndler,  der  nicht  über  ausreichende  Geldmittel  verfügt, 
ist  zur  Z»nt  noch  eine  gewisse  Vorsicht  geboten.  Er  wird  leicht  erdrückt  von 
den  großt  n  Firmen,  die  mit  starkem  Kapital  arbeiten  und  ihre  Filialen  an 
allen  grüiieren  Orten  des  Landes  besitzen. 

Der  Transitverkehr  geht  hauptsachlich  Über  Tamatave,  den  wichtigsten 
Hand*  i  pUtz  der  Ostkfiste.  Man  rechnet,  daß  gegenwärtig  mindestens  die 
Hüfte  des  gesamten  Exportes  der  Insel  auf  den  Hafenplatz  Tamatave  ent* 
flllt  Daher  hat  das  rege  Leben  diesen  Ort  völlig  umgestaltet.  Frflher  be- 
stand <r  ans  einem  unregdm&ßigen  Haufen  von  niedrigen  Holsh&nsern  mit 


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100  C.  Keller:  Die  Kolonie  Madagaskar  in  ihrer  gegenw&rt.£niwicklung. 

einer  emsigen  Straße  und  den  unordentlichen  Strohhfttten  der  Madagnssen; 
ünterknnft  war  fttr  dem  Fremden,  der  nicht  von  einem  europttischen  Handels- 
hause  gastlich  aufgenommen  wurde,  nnr  schwer  erhftltlich.  Heute  ist  Tama- 
tave  eine  hlflhende,  regelmftflig  gebaute  Küstenstadt  mit  gesunder  ümgehnng 

und  mit  stattlichen  KaufhUusern,  Banken,  Magazineu,  administrativen  Bureaus 
und  gut  eingerichteten  Hotels,  in  denen  freilich  auch  die  Preise  für  die  Unter^ 
kunft  in  die  Höhe  gegangen  sind. 

Von  den  übrigen  Kttsteiiplät/en,  welche  sieh  dureh  direkten  Export  am 
Auü<'nhan<hd  l)t'feilig«>n,  k"mmen  aut"  der  Ostsi  il--  hfniptsiii  lilich  Fort  I)aviphin. 
Voheinar  und  Diego  Suarea^  auf  der  Westseite  Nusi-iie,  Majuuga,  Morondava 
und  Tuh  ar  in  lietraeht. 

Die  wichtigsten  Ausfuhrailikel,  bei  denen  eine  lortwühiende  Zunahme 
zu  verzeichnen  ist,  sind  Gold,  lebende  Binder,  Raphia,  Häute  und  Kautschuk. 
Letzteres  Produkt  schien  yor  Jahren  der  Ersdiöpfung  nahe,  weil  die  Ein- 
gebomen bei  der  Gewinnung  äußerst  sorglos  verfuhren  und  die  Kantsehuk- 
lianen  {Vdhea  madagaseariensis)  vielfach  zerstörten.  Es  war  das  zu  be- 
dauern, da  d«r  Kautschuk  von  Madagaskar  auf  dem  europäischen  Markt  sehr 
gesucht  ist.  Die  Kt>lonialverwaltung  wie  dif  ruropiiisf  lien  Kaufleute  haben  die 
Eingebomen  mit  Nachdmek  angewiesen,  die  Lianen  bei  der  Ausbeutung  scho- 
nender zu  behandeln,  und  ihre  RatschliiLic  landt  n  lieaehtung,  daher  das 
tiberraschende  Ergebnis,  daß  sieh  die  Kautschukausfuhr  in  kurzer  Z^it  ver- 
vierfacht hat  (^545  000  Franken  im  Jahr  1U02  gegen  2  200  000  Franken  im 
Jahi-  lOo:}). 

Am  nuidagassi^cheu  Handel  ist  naturgemäß  i'iankreich  in  erster  Linie 
beteiligt,  dann  folgen  die  südafrikanischen  Besitzungen  und  Ostafrika;  der 
deutsche  Handel  beginnt  mehr  und  mehr  dem  englischen  den  Bang  abzulaufen. 
Erleichtert  wird  der  Verkehr  mit  den  Eingebomen  durch  die  allgemeine  Ein- 
fOhrung  des  franztetschen  Oeldes;  das  bei  den  Madagassen  froher  allgemein 
verwendete  Hackgeld  wurde  vom  Mllnzamt  eingezogen  und  ist  jetzt  gänzlich 
verschwunden. 

Mit  der  wirtschaftlichen  Entwicklung  der  Kolonie  ist  die  geistige 
Hebung  der  Bevölkerung  eng  verbunden;  daher  hat  General  Gallieni  der 
Ausrff'staltung  des  Schulwesens  seine  besondere  Aufmerksamkeit  gewidmet  und 
durch  einen  Erlaß  vom  Januar  190  4  die  Untcrricht-verhUltnisse  neu  geordnet. 
Seinen  püdagogi.s<  h*'n  (irundsilzten  wird  man  nur  zustimmen  k()nniMi,  wenn 
er  in  Anlehnung'  an  die  tatsächlichen  Verhältnisse  der  Kolonie  die  Eingebornen- 
bchulen  von  unniit/Aiii  theoretischen  Ballast  möglichst  befreien  und  den  Unter- 
richt 80  viel  als  möglich  den  praktisohen  Bedltrfiiissen  anpassen  will.  Er 
betont  mit  Becht  —  und  in  dieser  Hinsicht  könnten  vielleidit  auch  euro- 
päische Pädagogen  noch  etwas  lernen  — ,  daß  eine  Überbfirdung  der  Schul- 
jugend die  Intelligenz  schwäche  und  dem  materiellen  Gedeihen  der  Bevölkerung 
durch  einen  auf  das  Praktische  gerichteten  Unterricht  besser  gedient  seL  In 
den  ländlichen  Schulen  unterrichten  auf  der  Primarstufe  Eiugeborn**,  die  sich 
über  ihre  Befähigung  ausweisen  müssen.  Die  Sekundarstufe,  die  in  den 
Provinzialhauptorten  landwirtschaftlichen  und  gewerblichen  Unterricht  vor- 
siebt, wird  von  französischen  Lehrkräften  versehen.    Für  Mädchen  wird  in 


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Karl  Peueker:  Möllers  „Orientiemng  nach  dem  Schatten**.  IQi 


diesen  Repionalsehulen  Haiishaltiiugsunterricht  von  französischen  Emeherinnen 
erteilt;  eine  beson(]ere  Abteilung  1)efaßt  sich  mit  der  HeraDbildttDg  ein- 
heimisclitT  Lehrkräfte  {Sertion  Honiuilc). 

Außt-rdem  wurden  an  den  wiclitigsteu  Orten,  \vr»  Europäer  augesiedelt 
sind,  europäische  Schulen  eingerielitct,  so  in  Aniaiuirivo,  Tamatavc,  Diego 
Su&rez  und  Majunga.    Diese  erfreuen  äich  eines  starken  Besuches. 

Erwähnt  mag  nodi  irardm,  daA  2ur  Pflege  wiMenschaftlkh»  iBtereflsen  . 
seit  1902  eine  AeadMe  MaJgache  besteht,  welche  monatliche  Sitzungen  in 
der  Hauptstadt  aUiftlt  und  jShrlidi  Beiträge  für  eine  Bibliothek  and  ein 
Museum  erhalt  Aufgabe  dieser  Akademie  ist  es,  die  Linguistik,  die  Sozio- 
logie und  Ethnographie  von  Madagaskar  zu  pflegen,  sowie  palaontologisohe 
und  geologische  Arbeiten  anzubahnen. 

Aus  den  hier  mitgeteilten  Daten  läßt  sich  ersehen,  daß  Fiankreich  in 
Madagaskar  einr»  intensive  und  höchst  erfreuliche  Tätigkeit  entwickelt  hat,  und 
di«'So  ist  wesentlirli  d>'r  schöpferischen  Initiative  des  Generals  (iallieni  zu  ver- 
danken. Um  gt'rt'cht  zu  stMu,  müssen  wir  indessen  auch  des  Comilc  de  Ma- 
dinjasair  in  Paris  voll  Aiurkennung  ge<lenk('n.  Dieses  Komitee,  an  dessen 
Spitze  der  berühmte  Geograph  Alfred  Graudidier  tiltig  ist,  steht  mit  seiner 
reichen  Erfahrung  der  Kolonialbebörde  zur  Seite  und  erteilt  fachmännische 
Batschläge;  es  bildet  gleidisam  dm  Vermittler  zwischen  der  Kolonie  Mada- 
gsskar  und  dem  französischen  Pablikum. 


MUlen  „MeBtienuigr  Baeh  dem  Seliattei". 

Die  Taschenuhr  als  Kompaß. 
Von  Karl  Feaoker. 

(Mit  4  Figuren.) 

Dem  Zwecke  nach  entfernt  verwandt  mit  Paul  Harzers  Abhandlung 
Aber  geographische  Ortsbestimmung  ohne  astronomische  Instrumente,  sachlich 
mit  Üteren  gnomonisdien  Studien  und  neueren  über  den  Bergschatten,  be- 
banddt  eine  Untersuchung  von  Max  Möller,  die  als  „Orientierung  nach 
<3(m  Schatten"*)  nicht  ganz  ausreichend  betitelt  ist  (der  Haupttitel  hieße 
wohl  richtiger:  Orientierung  nach  Schatten  und  Z»irK  die  Vorwondbarkeit 
der  Chr  als  Kompaß  bei  Sonnenschein.  Die  Touri.'5tfnn>g»l  ist  ja  vielen  be- 
kannt: Man  halte  eine  (nach  Ortszeit  gehende)  Taschenuhr  wagerecht  und 
^rehe  ne,  bis  der  kleine  Zeiger  nach  der  Sonne  weist,  so  also,  daß  der 
Schatten  etwa  eines  senkrecht  gehaltenen  Stiftes  den  Zeiger  deckt.  Die  Hal- 
bierungslinie des  Wink«'!-  der  Stunden,  die  zeitlich  von  der  Mittagsstunde 
des  TuLu-s  i'  df'r  Zahl  VI  )  trennen.  i<t  dann  die  Sü<lHnie.  (Bil«l  1  u.     S.  102.) 

Ost«-ii  lleirt  dann  links,  Wösten  rechts.  Jordan  hat  diese  Rf'^rel  als  mit 
ngroben  Irrtümern'*  behaftet  wohl  gelegentlich*')  bespöttelt,  verdienstlicher 
sWr  war  es  sie  auf  ihre  Ausnahmen  hin,  die  ja  jede  Regel  zulftßt,  einmal 


r  Max  Malier,    nrimtif-niiit,'  nach  dem  Schatten.    Stvulien  über  eine  Tou- 
nskxuregel.  I6d  ä.   SO  Bilder  i.  üolzachn.    Wien,  in  Kommiss.  b.  A.  Hölder  1905. 
{)  Z.  f.  yenneii.>Weien.  1896.  S.  660  it 


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102 


Kftrl  Peucker: 


exakt  zu  untersuchen.  Systematisch  ist  dies  —  nach  ersten  Behelfen,  die 
Kahle  im  Sinne  einer  Orientierung  nach  dem  Sonnenstände  in  seinen  prak- 
tiBchem  „Sonnen-  und  Sierntafeln**^)  an  die  Hand  gegeben  —  suenfc  ge- 
schehen durch  Carl  Schmidt  in  «nner  klar  geschriebenen  Programmarbeit*). 
Sie  tri£ft  nach  Fragestellung  und  Ergebnissen  in  knapper  Form  das  Wesent- 
lichste und  l^ächsünteressierende. 

Sonnenuntergang 

Bild  1:       am  21III  u  23.IX.  Biid2:  am  21.VI. 


Die  Arbeit  Möllors  ist  unabhängig  von  ihrer  Vorläuferin  und  bringt, 
breit  angelegt,  wertvolle  Einzelheit<'n  und  weitgeliondo  Eij^'Hnzungen  zu  jener. 
Das  Problem  laßt  sich  zurückfuhren  auf  die  l'raLro  nach  dem  Verhiuf  der 
Unterschiedskurven  zwischen  Azimut  und  Stundenwinkel  der  Sonne  als  Funk- 
tion der  gcographisehen  Breite,  der  Jahres-  und  Tageszett.  Man  «rslebt 
hieraus  sofort:  Die  Abweichungen  {vm  der  Regel)  mflssen  wachsen  yon  einem 
Nnllbetrage  an  den  Polen  bis  zu  einem  absoluten  Maximum  unter  dem 
Äquator.  Die  komplizierten  Beziehungen  zwischen  jenen  GrenztüUen  zu  ent- 
wirren werdt'n  nach  einander  drei  Wege  eingeschlagen:  im  ersten  Al>selinitt 
der  einer  graphischen  Konstruktion,  im  zweiten  der  algebraischer  Berechnung, 
im  dritten  der  wier  Herleitung  aus  der  räumlichen  Anschauung.  Die  hier 
beobachteten  Baumkurven  gleicher  Fehlerwerte  werden  im  IV.  Kapitel  noch 
rechnerisch  behandelt,  bis  im  V.  und  letzten  Abschnitt  die  Schattenumkehr 
eine  besondere  Erörterung  erfahrt.  Methodisch  neu  ist  zunitchst  die  graphische 
Lösung.  Die  Sonnenbahnen  wfrdon  auf  die  Ki)cnc  des  Horizontes  projiziert, 
ähnlich  wie  man  sie  zur  Krmittlung  von  Zahlenwcrten  für  den  Bergschatten') 
auf  das  gesetzmäßig  verebnete  Himmelsgewölbe  projiziert  bat.  Auch  an  sol- 
chen Bildern  übrigens  ist  die  hier  vorliegende  Aufgabe  Itebar.  Fragen  nach 
der  L&nge  der  Tagebogen  der  Sonne  unter  rerschiedenen  Breiten  und  ver- 


1)  Aachen  1H'.>2 

2)  Carl  Schmidt.  Beiträge  zur  uiathenuitischeu  Geographie  I.  (Der  Unter- 
schied zwischen  dem  Richtungswinkel  und  Stundenwinkel  eines  Sterns  b^nchtei 
in  seiner  Abhäns:ijjkeit  von  dem  Stundenwinkel,  der  Deklination  des  Sterns  und 
von  der  Polhöhe.)  Jahresber.  des  Groüherzogl.  Ostergymnasiuma  zu  Mainz  1903.  14  S. 

8}  Devlacher  Geographentag  1897. 


Mollen  MOrientieriing  nftoh  dem  Schatten'^. 


108 


wandto  wenlon  nach  d**m  npuen  Verfahreu,  iintHr  geschickter  Benutzung  von 
Propoilionalitätsüätzen,  lediglich  mit  Hüte  von  Kreis  und  gerader  Linie  be- 
•ntirortet*).   Didaktiach  eigenartig  ist  der  Beklitiiiii  an  «nsehaaliolieii  Ver- 
^«idieii  und,  abgeselieii  tob  den  beigegebMien  FlgweD,  flberiiaapt  die  An> 
atliaiiiuig.    Sie  gipfelt  im  Kapitel  III  von  dor  „anschaulichen  Verifikation", 
in  dem  der  Verfasspr  oin  Vorstellungsbild  zu  schaffen  sucht  von  dorn  Gesamt- 
verlaufe der  Abweichungen  über  die  ganze  Erde  hin.    Die  bildliche  Darstel- 
lung vermag  hier  noch  nicht  zu  folgen,  indem  sie  wohl  objektive  Verhältnisse 
in  der  Ebene  eindeutig  vetanachauHeht,  nicht  aber  solche  im  Bamne.  Bild  98 
(8.  96)  mit  dem  Verlaufe  tob  Äqui^erenxkurren  unter  dem  48.  Breiten- 
grade, projiziert  auf  den  Meridiau,  ist  immerhin  schon  sehr  lehrreich.  Baeh- 
lieh  neu  ist,  daß  nicht  nur  wie  bei  C.  Schmidt  fUr  eine  einzelne,  sondern 
für  eine  Reihp  wesentlich  unterschiedener  Breiten  zwischen  Pol  und  Äquator 
typische  Feblerwerte  berechnet  werden,  so  daß  der  reisende  Geograph  über 
<fie  Frage  einer  notftUigmi  VwwendbaadEelt  seiner  Tasehenohr  eis  Kompafi 
(ae.  la  nngefthren  Riehtungabeatimmungen)  manche  Auskunft  finden  wird  in 
Mollers  eingehenden  Zusammenatellungen Sonst  gehört  hierzu  etwa  noch 
die  Äusdehnun  der  üntersuchung  auch  auf  die  südliche  Halbkugel,  wo  natür- 
lich dieselben  Regeln,  nur  im  umgekehrten  Sinne  des  Uhrzeigers  ( ,,<  {egenuhr"), 
Korden  statt  Süden  gelten.    Auch  die  Erinnerung  an  einen  Zusammenhang 
awiadien  dem  Sinne  der  Zeigerbewegung  und  dem  Erfiodongsgcbiete  der 
Bidembren,  aoweit  dies  in  der  nördlichen  gemißigten  Zone  gelegen'),  ist  zum 
mindesten  geographisch  intereaaant.    Der  Lüialt  von  Abschnitt  V  gibt  eine 
Determination  zu  dem  Satze  von  den  Monoscii  und  Periscii  mit  dem  Er- 
gebnis, daß  der  Umkehr  des  Schattens  in  seiner  Hewegungsrichtung  „nichts 
Exotisches  anhaftet*^  sie  läßt  sich  auf  der  ganzen  Erde  beobachten.  Her- 
mann J.  Klein  gibt  im  „Sirius"^)  historische  Ergänzungen  hierzu.  Lediglich 
fb  Tertikale  Qegenstlnde  ist  sie  auf  die  Tropen  bescbrtnkt.  Fttr  das  prak> 
tisehe  Ziel  der  Untersuchung  kommt  ja  freilich  das  allein  in  Betracht;  aber  mag 
sie  sich  dem  Titel  nach  auf  die  Praxis  zuspitzen  wollen,  der  Schwerpunkt 
der  Arbeit  liegt  dennoch  auf  theoretischem  Gebiete.    Sonst  hUtte   es  auch 
nicht  der  Berechnung  bis  auf  Bogen-  und  Zeit-Sekunden  bedurft,  wo  doch 
mit  Absicht  andererseits  die  Änderung  der  Deklination  während  des  Tages, 
die  Btraklenbrechnng  und  insbesondere  die  Zeitgleichong  ausgeschaltet  wurden. 
Freilich  kommt  alles  das  auch  praktisch  wohl  kaum  in  Betradit.   Die  Theorie 
der  Zeitgleiehung  ist  übrigens  ebenfalls  von  Carl  Schmidt  zum  ersten  Male 
ausfUhrlich  entwickelt  und  in  einer  Kurve,   deren  Form  hierl»ei  gleichzeitig 
als  Interferenz  der  Kurven  ihrer  beiden  Bummanden  ersichtlich  ist,  dargestellt 
worden.^)  Das  Vorwiegen  des  theoretischen  Interesses  bei  Möller  zeigt  sich 
«^licb  auch  am  Schlüsse.    Er  fehlt  —  wenigstens  im  Sinne  des  gestellten 
Themas.  Die  „Touristenreger'  bedarf  doch  eben,  um  wirklich  mne  solche  su 
sein,  ^'ewis^er  Zusätze;  und  solche  hStten,  in  knappster  Fassung  und  etwa 
zöuenwfis  unterschieden,  das  Ganze  abschließen  sollen.    Hier  davon  —  neben 
ergänzenden  Bildern  —  nur  soviel:  Die  Bniuchbarkeit  der  Regel  wird**)  in 
den  Folpunkten  ganz  aufgehoben  dadurch,  daß  am  Nordpol  aus  dem  Süd- 

1)  S.  12  u.  :{6  tr. 

S.  (II)  5-iff.,  61  u.  7Ö-  H4  iTabellen),  {lllj  «7—80,  sowie  nach  \  j  löa^löö. 
»)  8.^32.  4)  iy06  H.  4.  8.  77. 

Carl  Schmidt.    Beitrüge  zur  matheinati-^chpn  Geographie  IT     Die  Zeit- 
giMchuQff.   Jahresber.  d.  gr.  Ostergjmnaeiuma  lu  ^laiuz  lÜUl.  27  iS.  u.  1  Taf. 
e)  Naeh  MOller,  8. 18  n.  Sl. 


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104     Karl  Peacker:  Möllers  „Orientiernog  nach  dem  Schatten". 


punkte  ein  Süd  kr  eis  geworden  ist  (am  Südpole  viee  versa),  ferner  nahe 
den  Polen  eingeschrftnkt  durch  die  schnelle  Änderung  der  Ortszeit  bei  Wande- 
rung im  Breitenkreise;  nur  bei  nordsttdlichen  Totiren  bew&brt  sich  auch  iu 
der  Praxis  die  filr  die  Pole  theoretisch  uneiu {geschränkt  geltende  Regol. 
Ferner  dürfte  die  Kegel  wfing  brauchbar  sein  zwischen  den  Wendekreisen, 
und  zwar  durch  den  hi)heu  Heiiug  der  Abweichungen  und  den  (in  Folge  der 
Schatteuumkehr)  komplizierten  Wechsel  ihres  Sinnes.  Dagegen  ist  die  Regel 
braachbar  in  mittleren  Breiten,  imd  zwar  fBr  den  größten  Teil  des  Jahres 
uneingeschränkt.  Nur  für  den  Sommer,  und  zwar  (ftir  Mittel -Eur(»pa  im 
Norden  [56"  Br.J  etwa  von  Mitte  Mai  bis  Ende  Juni )  unter  oO®  Br.  von  Knde 
April  bis  gegen  Endo  August  (und  im  Süden  f  1.')°  Br  ]  etwa  von  Anfang 
April  bis  Mitte  September),  empfiehlt  sich  ein  einfacher  Zusatz  für  das 
Maximum  der  Abweichung  (sc  der  Winkelhalbierenden  von  der  wahren  Slld- 
richtung): 

Zur  Sonnenwende  (21.  Juni)  besteht  um  9''  und  S*"*)  ein  —  der  Zahl 
12  abgekehrtes  —  absolutes  Maximum  von  4  Minutenstrichen*)  (Bild  4), 
Die  Abweichung  nimmt  ab  bis  zu  dem  abs.  Minimum  des  Mittags,  wobei 
noch  vor  und  nach  ihm,  zwischen  10 und  2*",  Süden  sehr  nahe  der  Rich- 
tung der  12  liegt  (relatives  Maximum'),  Bild  3),  andrerseits  bis  zum  abs. 
Hb.  des  Sonnenaiif-  und  -Unterganges  der  Tag-  und  Nachtgleichen  (Bild  1). 


Maxima  der  Abweichung 


Rtletive  Maxime  Abeoliitet  Mexiimiiii 

Bild  SsAftr  u.ntch  H mag  zwisdwn  .IOu.2%    Bild  4-:-d8luii4in  vor y.Mdi  MillaSf 


Ein  Verfehlen  des  richtigen  Winkels  beim  Halbieren  ergibt  die  gigan- 
tische Verwechslung  von  Norden  und  Stlden  (vergl.  Bild  1  u.  3),  ein  Verfehlen 

des  Sinnes  der  Abweichung  eino  mögliche  Fehlrichtung  von  50°  =  8  (im 
N:  =  G,  im  S:  r,i)«  =  lO)  Minutfiistrichen.  Beides  soll  obige  Fas- 
sung von  Hauptregel  und  Zu>atz  verhindern.  Ist  man  aber  des  Sinnes  der 
maximalen  Abweichung  nicht  sicher  —  imd  allein   aus  dem  Mölierschcu 

1)  Für  50"  Br.    Für  .".G "  um  8^"  und  3-";  für  1.'.'^  um  9*"  und  2 

2)  Unter  56*  von  3,  uutcr  45^  von  5  .Minuten.striclien. 

8)  Während  der  abs.  Betrag  deä  Winkels  der  Aljweichung  abnimmt,  nimmt 
sein  Verhältnis  so  dem  halbiert^  Winkel  zu  bis  unmittelbar  vor  besw.  nach  12>>. 


Eduard  Wagner:  Die  Zukunft  der  deutschen  Oeographentage.  105 


Buchf^  mit  seiner  wenig  praktischen  Formulierung  der  Ergebnisse  wird  man 
da>  schwer  — ,  so  ist  es  liir  das  ganze  Jahr  besser,  sich  allein  die  Haupt- 
regel zu  merken,  indem  dann  die  Fehlrichtung  nur  halb  so  grofi  werden  kann. 
Der  Yornchtige  wird  sieh  beide  Begeln  in  den  Deckel  der  Uhr  einlegen,  und 
entweder  am  Zifferblatt  auf  den  Sinn  der  maximalen  Abweicliungen  bezflg^ 
liehe  Marken  anbringen,  oder  Bausen  von  Bild  1—4  den  Regeln  beilegen. 
Vermitteln  wird  zwischen  beiden,  wer  sicli  (für  das  mittlere  und  südliche 
Mittel-Europa)  zur  Hauptregel  lolgendeu  aller kihvA'Sten  Zusatz  merkt:  Im 
Sommer  liegt  zwischen  Ii*'  und  3*'  die  wahre  Südrichtung  näher  der  Zahl  12 
als  der  Winkelhalbierenden..  —  Die  unelngeedirftnkte  Brauchbarkeii  der 
Hauptregel  in  Nüttel- Europa  durch  (im  N.  9'  g)  8  (im  S.  6*  ,)  Monate  im 
Jahre  läßt  sich  damit  begründen,  daß  während  dieser  Zeit  die  (maximale) 
chronometri?J('he  Mißweisung  nicht  griißnr  ist  wie  die  (maximale)  niagiirtiscbe 
'in  Mittel-Europa  z.  Zt.  5^ — 14"  wfstwiirts  wachsend,  zugleich  aber  auch,  nach 
Liznar,  mit  der  Höhe),  liie  man  ja,  wohl  selbst  im  westlichen  Deutschland, 
bei  ungefähren  Bichtungsbestimmungen  aueh  nicht  beachtet. 

Die  Darstellung  in  der  M öl  1  ersehen  Abhandlung  läßt  bei  ihrer  behag* 
Hdien  Br^te  wohl  hie  und  da  Wesentliches  im  weniger  Wesentlichen  ver* 
schwimmen,  liebevolle  Vertiefung  hat  den  Verfasser  wolil  da  und  dort  zu 
Het:nÜ'ssplitteruugeu  geführt,  dem  aufmerksanieu  Studium  aVier  bietet  die 
gründliche  Untersuchung  eine  Tülle  des  Belehrenden  uud  Auregeudeu  ius- 
bfliondere  auf  didaktiiehem  und  methodischem  Gebiete,  und  awar  vor  allem 
durch  den  Wert,  den  sie  auf  Anschaulichkeit  lagt  —  Das  Fehlen  Ton 
Bildern,  M^e  Sie  Referent  hier  in  ergänzendem  Sinne  bringt,  kommt  lediglich 
anf  Rechnung  des  Vorzuges,  den  in  der  Mr»ll ersehen  Arb^'it  die  Theorie 
genießt.  —  Sie  in  jener  Ri<  htune  speziell  dem  lehrenden  wie  dem  darstellenden 
Geographen  zu  empfehlen,  wurde  die  erweiterte  Form  der  Besprechung  ge- 
wihit  Hit  den  Hinweisen  auf  verwandte  Literatur  entspricht  Referent  — 
frnlich  wohl  nur  in  bescheidenem  Mafia  —  zonftchst  einem  vom  Verfasser 
im  Eingange  seiner  Schrift  geäußerten  Wunsche. 


Benerkingeii  Iber  die  Znkinfl  der  devtsclien  tteographeiitage. 

Ton  Bduavd  Wagnert 

Im  vorigen  Jahrgang  (^S.  ü37j  dieser  Zeitschrift  weist  Wilhelm  Halb* 
faß  auf  die  Beformbedfirftigkett  der  deutschen  Geographentage  hin.  Wohl 
jeder  aufinerksame  Besucher  der  letzten  Tagungen  wird  diese  Anregung  sehr 
berechtigt  und  dankenswert  finden. 

E«  unterliegt  keinem  Zweifel,  daß,  wie  Halbfaß  ausführt,  die  Bedeutung 
der  deutschen  (ledj,^  aplientage  in  den  vergangenen  Jaliren  von  Tagung  zu 
Tagung  im  Abnehmen  begriffen  ist.  Ich  möchte  den  Grund  hierfür  aber  nicht 
vift  er  daxin  suchen,  daß  einmal  „die  Zeit  der  großen  Entdeckungsreisen 
vorBber  sei**,  also  Ifongel  an  großen  Stoffen  die  Schuld  an  der  Herabminde- 
mng  der  Bedeutung  unserer  Geograpbentage  trage,  und  daß  daneben  noch 
die  Konkurrenz  der  Spezialkongrcsse  einen  ungünstigen  Einfluß  übe. 

M.  E.  liegt  der  wahre  Onin<l  darin,  daß  sich  wie  auch  auf  anderen 
Wissensgebieten  der  Gedanke  mehr  und  mehr  Bahn  gebrochen  hat,  daß  die 
^^Msensehaft  an  sich  durch  Kongresse  nicht  wesentlich  gefördert  wird,  daß 
^Msn  vielmehr  nur  eine  zweite  Stelle  zukommt,  neuere  Entdeckungen  oder 


106  £daard  Wsgner:  Die  Zukunft  der  deuUohen  Oeographentage. 

sonstige  Forscbungsresultate  einem  größeren  Publikum  zugänglich  zu  machen. 
Den  ersten  Platz  tHar  VerOffentlidnmg  nener  Srgebniaae  nimmt  heute  die 
Fachpresse  oder  auch  ^dai  Bnoh'*  der  einxehien  Aiit<n«a  ein.  Erst  nachdem 
dieser  Weg  in  die  öffenfliohkeit  beschritten  ist,  pflegt  man  an  den  Kongreß 

heranzutreten. 

Aus  (liosen  (iesichtspunkten  boraus  folf^t  (Hp  Abschwäebun^^  rlor  Bedeutung 
der  Geographentage  und  mit  ihr  die  in  den  letzten  Jahren  zunehmende  Ent- 
fremdung akademisdmr  Bosoiten  und  andeier  selhstlndig  aiiwitendflr  FonMiher. 

Treu  geblieben  sind  den  Kongressen  nadi  wie  vor  die  doreh  die  Fach- 
lehrer von  Schulen  aller  Grade  vertreteneu  Repräsentanten  der  Sclmlgeo- 
graphie,  die  denn  aneh  mehr  und  mehr  den  Geographentagen  ihren  Charakter 
aufzuprägen  gewußt  haben.  Wenn  auch  .ständig  den  ver.'^l•hiedensten  Ab- 
teilungen unserer  Wissenschaft  ein  Platz  im  Sitzungsprogramin  eingeräumt 
wurde,  so  zeigte  doch  die  nach  den  schnlgeographischen  Vorträgen  sinsetiende 
lebhafte  und  eine  längere  Zeit  nmfiissende  Diskussion  gegenflber  der  oft 
recht  bescheidenen  in  anderen  Abteilungen,  wie  sehr  der  Schwerpunkt  der 
Geographen tape  auf  diese  Seit»'  verli'jrt  worden  ist.  Bei  aller  Wertschätzung 
des  schulgeograijbiscben  Zweii:es  unserer  Wissenschaft  muß  doch  anerkannt 
werden,  daß  er  allein  niemals  so  allgemein  interessierende  und  weite  Kreise 
packende  Fragen  hervorzubringen  yermag,  die  eine  rege  Beteiligung  auch 
ttber-  den  engeren  Kreis  der  Sohulgeographen  hinaus  bewiricen  konnten. 
Wenn  nun  aber,  wie  in  Halbfaß'  Ausführungeni  selbst  auf  diesem  Gebiet, 
der  Schulgeographi»,  dem  -Geographentag  eine  größere  Bedeutung  und  eine 
fruchtbringende  Kinwirkuiig  abgesprochen  wird,  so  ist  das  in  der  Tat  ein 
recht  bedenkliches  Zeichen  und  der  Huf  nach  Keformation  der  Tagungen  ist 
hoch  an  der  Zeit. 

Was  nnn  das  Wesen  und  die  Durdifnhmng  dieser  Reformation  betrifft| 

möchte  ich  gleich  hier  betoneu,  4hül  ich  Ilalbfaß'  Ansicht,  ans  einer  Umwand- 
lung des  deutschen  Geographentages  in  eine  \Vanderversammlung  eine  Steige- 
rung des  Interesses  unserer  Fachgenossen  an  dieser  Veranstaltung  /u  er- 
holicu,  nicht  teile.  Wie  sehr  die  mit  dorn  aufmerksamen  Schauen  und  dem 
Steten  Platzwechsel  verbundene  Ermüdung  die  Anfhahmefthigkeit  des  einzelneu 
für  Vortr&ge  und  wissenschaftliche  Arbeit  beeinträchtigt,  habe  ich  bei  meiner 
Teilnahme  an  dem  stetig  umherziehenden  VIII.  internationalen  Geographen- 
kongreß in  Nordamerika  zu  beobachten  Gelegenheit  gehabt.  In  meinem  Be- 
richt in  „Petermanns  Mitteilungen''  (Bd.  51,  bes.  S.  13  und  17)  habe  ich 
mich  auf  das  Deutlichste  gegen  diese  „Neuerung",  wie  sie  der  damalige  Präsi- 
dent Robert  E.  Peary  nannte,  ausgesprochen.  Nach  den  dortigen  Erfah- 
rungen bin  ich  gewiß,  dafi  die  Ton  Halbfaß  Torgeschlagenen,  auf  die  Ezkor- 
sion  des  nächsten  Tages  vorbereitenden  Aheudsitzungen  ein  recht  negatives 
Resultat  haben  wflrden.  Ohne  Zweifel  haben  die  Exkursionen  mit  ihrem 
trefflichen  Anschnuungsnntrrrifbt  großen  Wert,  aber  eine  Verbindung  eines 
größeren  wissenschaftlichen  Vortragsprograninies  mit  den  einen  llauptteil  des 
Tages  umfassenden  Exkursionen  halte  ich  bei  der  naturgemäßen  Ermüdung 
der  Teilnehmer  flOr  unzweckmäßig.  Ich  kann  mir  nicht  vorstellen,  wie  es 
überhaupt  gelingen  soll,  in  den  wenigen  Abendstunden  ein  irgendwie  üb» 
den  Rahmen  der  Vorbereitung  auf  den  kommenden  Exkiu*sionstag  hinaus- 
gehendes Progrinnm  zu  erledigen.  Denn  wissenscbaftliclip  Besch äftigimg  und 
Aufnahmefähigkeit  verlangt  zu  einem  ausgeruhten  Körper  einen  frischen  Geist. 
Mir  scheint  es  jedenfalls  das  Beste,  bei  der  bisherigen  Gepflogenheit  zu 
bleiben  und  das  Wandern  erst  nach  getaner  Kongreßarbeit  m  beginnen. 


i^iyui^ud  by  Google 


Geogrftpbiiohe  Neuigkeiten. 


107 


Andererseits  halte  ich  es  aber  auch  für  fraglich,  ob  es  mit  Errichtung 
tolcber  Wauderversammlungcn  an  Stelle  der  bisher  üblichen  Tagungen  ge- 
lingen wird,  ein  Steigen  der  TeiliMlimemU  m  bewirken.  Die  bisherige 
Beteiligmtg  aa  den  auf  den  SchluB  der  Tagungen  folgenden  Exkursionen 
läßt  dies  bezweifeln.  Sie  bildete  doch  nur  immer  einen  gewissen  Prozentsat« 
der  Gesamtteilnehraerschaft.  Und  ob  sich  die  übrige  Mehrzahl,  die  nur  den 
Vorträgen  beij/ewohnt  hatte,  entschließen  würde,  den  im  Sinne  von  Halb- 
faß  umgestalteten  Geograpbentageu  überhaupt  beizuwohnen,  bliebe  doch  erst 
abzuwarten. 

Ich  Inii  daher  der  Meinung,  daß  die  BelSonnation  unserer  deutschen 

Qeograpbmtage  an  einem  gau/  anderen  Punkte  einzusetzen  hätte.  Es  niu8 
angestrebt  werden,  die  ersten  Träger  unserer  Wissenschaft,  die  akademischen 
Lehrer  und  die  selbstilndig  arbeitf-nden  Forscher  und  Reisenden  in  gmßer 
Zahl,  die  ersteren  womöglich,  was  das  deutsche  Reich  betritt,  in  ihrer  (le- 
samtheit,  den  Geographentagen  als  ständige  Gäste  zu  gewinnen.  Es  müßte 
geUugen,  sie  xn  bestimmen,  wichtige  Forschungs-  und  Beiseergebnisse  zur 
Veröffentlichung  möglichst  den  Geographentagen  vorzubehalten.  Sind  diese 
Bestrebungen  ▼OO  Erfolg  gekrdnt,  so  wird  sich  sehr  schnell  das  Interesse 
weitester  Kreise  und  nicht  nur  unserer  Far-htiennssen  den  Tagungen  der 
Gooirrapht-utage  zuwenden  und  mit  wachsender  reiluehmer/ahl  auch  ilue 
wiääeuächattliche  und  allgemeine  Bedeutung  steigen.  Die  Reformation  in 
diesem  Sinne  wird  aber  nur  Yon  Erfolg  gekrOnt  sein,  wenn  sie  ans  den 
akademischen  und  Forscherkreisen  selbst  herrorgeht.  Alle  diese  Triger  unserer 
Wissenschaft  müssen  es  geradezu  als  eine  ehrenvolle  Pflicht  betradttsD,  ihren 
Lehrstuhl  odei-  ihr  spezielles  Forschungsp'biet  auf  einer  Versammlung 
(itutscher  Geographen  vor  diesen  und  der  Welt  /.u  repräsentieren  und  selbst 
mit  beizutragen  zur  Hebung  der  wissenschuttlichen  Bedeutung  der  Tagung. 
In  ihren  Binden  all  der  FOhrer  unserer  Wissenschaft  mnfi  die  Beformationa- 
bewegung  liegen,  und  wenn  sie  in  dem  von  mir  angedeuteten  Sinne  durch 
Einsetzung  ihrer  Person  eingreifen  werden,  wird  sich  sicherlich  niemand 
mehr  über  eine  abnehmende  Bedeutung  der  deutschen  (leographentai^e  be- 
klagen kfinnen  und  Anlaß  zu  dem  trübe  kling('n<len  Ausspruch  haben 
die  Zeit  der  großen  deutschen  Geographeutage  gewesen  ist". 


GeograpUscke  Neiigkeites. 

Zusaumengeetellt  tob  Dr.  August  Fitsan. 

AUgemrtnea»  0.  Hecker  vom  preuftiechen  geodfttisehen 

•  Für  die  beste  mathematische  Institut,  über  deMs.-n  Schwcrbcstimraun<^en 
oder  experimentelle  .\rheit,  dii>  ei-  auf  den  Ozeanen  hier  jüngst  (XI.  iy05. 
BW  Fortschritt  f&r  die  mathematische  S.  707)  berichtet  worden  ist;  die  Arbeit 
Bestimmung  der  Erde  darstellt,  hat  >  behanddite  „die  Bestimmung  der  Schwer- 
Charles  Lagrange  einen  Preis  fje-  kraft  auf  dem  Atlantischen  Ozean";  die 
■tiftet,  der  alle  vier  Jahre  in  »It  r  Höhe  andere  war  von  dem  AnsiHtenten  Sc  h  wey - 
WB  1200  Frc8.  zur  Verteilung  gelangen  dar  am  astruphygikaliachen  Observatorium 
•oU.  Vor  knnem  ist  der  Preis  sum  ersten-  SU  Potsdam  und  enthielt  eine  „ünter- 
>ul  durch  die  k.  Akademie  der  Wissen- !  snchung  der  Oszillationen  dor  Lotlinie", 
•duftt-n  zu  Brüssel  zuerkannt  worden  Den  ausijesetztru  Preis  erhielt  die  Arbeit 
b  waren  zwei  Arbeiten  von  deutschen  von  ilecker,  die  besonders  wertvolle  Er* 
Ponchen  eiagelauftii:  die  eine  von  Prof. !  gebnisse  geaeitigt  hatte. 


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108 


Geographifcbe  Neaigkeiten. 


«  Durch  die  Kreuzertouren  und  Drachcn- 
aofstiege«  welche  die  Meteorologen  Roteb 

inid  Teis-iiT«'iic  de  Bort  im  .Sommer 
1905  io  der  i'u8»uUüue  dcH  uordatlauti- 
•chen  Ozeans  veranstaltet  habcu,  ist  eine 
definitive  Lösung  der  Frage  nach 
dem  Vorhandensein  nnd  der  Rich- 
tung des  Gegenpussats  nicht  herbei- 
geführt worden.  Auf  den  vom  Fürsten 
▼on  Monaco  in  den  Jahren  1UU4  nnd  1006 
verangtaltetcn  l'ntersuchungsfahrten  «'XI 
19*15,  S  TOi")  vermochte  Prof.  Hcrpesell 
durch  zahlreiche  iialluuaufsticge  zu  kon- 
statieren, daft  in  dem  Teil  des  Atlanti» 
sehen  Ozeans  zwischen  2<i'*  und  HS*  n.  Br. 
und  zwischen  10"  und  4'2 '  w  L  über  dem 
eigentlichen  Passat  auch  in  liöheren  Schich- 
ten bis  mindestens  10000  m  Höhe  vomrie- ' 
gend  \Vin<ie  mit  nördlicher  Komponente  | 
wehen  Ik'i  tleii  Aufstie^i'u  wunieii  drei  ! 
über  einander  liegende  Luftschichten  ver-  i 
sehiedenen  physikalischen  Charakters  ge 
funden :  eine  ontere,  in  welcher  die  Passat- 1 
wind«'  wplien  ,  eine  mittlere  mit  geringer ' 
Luftbeweguug,  die  als  Miscbuugszoue  be- 
seichnet  wird,  und  eine  obere,  in  welcher 
vorwiegend Noid-  und  Nordwestwinde  kon- 
statiert wurden,  die  sich  durch  ilire  Feuch- 
tigkeitsverhültnisse  als  absteigenden  Luft- 
strom  kennseicbneten.  Der  Kflrse  halber 
be/.eichuete  Hergesell  die  obersten  nörd- 
lichen Wind«'  als  ,,Anti]>as8at"  uder  als 
,^ückkehrcudeu  Antipassat'^  und  erblickte 
in  diesen  absteigenden  Luftmassen  den 
rflckkehrenden  Luftstrom  des  hohen 
Antipassats.  Narh  Ihrgcsidls  Utitt-r- 
BucbuDgeu  herrschten  also  in  dem  von 
ihm  durcbfonchten  Teile  des  Atlantisdien 
Ozeans  bis  zu  den  größten  erreichten 
Höhen  Winde  mit  uördliclior  Koni|i(>iiiMit<' 
dnrciiaua  vor,  der  bisher  angenommene 
Gegenpassat  ans  sfldUeber  Richtung  ist 
hier  nicht  vorhanden.  Ob  weiter  sudlich, 
also  in  Breiten ,  die  nii'dn'crer  -^iiid,  als 
26°,  südliche  Luftströmuiigtn,  die  man  als 
Gegenpassat  anffassen  könnte,  vorhanden 
sind,  müßte  »{Ateren  Forschungen  fiber- 
lasi^en  bleiben 

Zur  Nachpriil'uug  der  Beobui  htungen 
Hergesells  haben  im  Sommer  1905  die 
SCeteoiologen  Teisserenc  de  Bort  und 
Rotfh  eine  Expedition  ausgerüstet,  welche 
auf  dem  Dampfer  „Otaria*-  eine  Fahrt 
von  (Gibraltar  über  Madeira,  die  Kauareu 
und  Kap  Verden  bis  cum  9.*  n.  Br.  und 
nurflck  fiber  die  Acoren  ausffibrte,  nnd 


dabei  20  Drachenflfige,  18  Ballonaufstiege 
nnd  Besteigungen  der  Vitkä  von  Teneriffis 

und  Fogo  vornahm.  Die  dabei  gewonnenen 
K«sultate  bestätigen  im  allgemeinen  die 
Beobachtungen  Hergesells:  In  den  Gegen- 
den nOrdlich  von  Hadeiza  nach  den 
Azoren  zu  wehten  auch  in  großen  Höhen 
nur  Winde  aus  uordweHtlicher  bi«  nord- 
östlicher Richtung.  In  niedrigen  Breiten 
dagegen  swischen  den  Wendekreisen 
wehten  über  3600  m  Höhe  Südost-,  Süd- 
und  Südwestwinde,  die  den  (I n)>aHsat 
bilden.  Für  niedrige  südlitbe  breiten 
entspricht  dies  Resultat  den  Vermutungen 
Hergesells  über  die  Existenz  eines  Gegen- 
passats; die  neobachtungcn  der  Luft- 
strömungen in  der  Gegend  von  Teneriffa 
aber  stehen  im  Widerspruch  mit  denen 
Hergesells  in  derselben  Breite  über  dem 
freien  Ozean,  wo  von  ihm  kein  südlicher 
Antipassat  angetrutlcn  wurde.  Diese 
Verschiedenheit  der  Resultate  scheint 
darauf  hinzuweisen,  daß  die  bisherigen 
Ansichten  über  die  Luftzirkulation  in 
jenen  Gegenden  einer  Änderung  be- 
dflifen;  der  bisher  von  den  Meteorologen 
schematisch  angenommene  Gegenpassat 
existiert  in  dieser  .\u«tb'hnung  nicht  und 
in  der  Breite  der  Kanarischen  Inseln  sind 
Aber  dem  fteiea  Meere  sfidwestliche  Luft- 
strömungen durchaus  nicht  die  RegeL 

Europa. 

*  Die  Zahl  der  Städte  im  deut- 
schen Reiche  mit  über  100  000  Ein- 
wohnern ist  in  der  Zeit  vom  1  Dez.  1000 
bis  zum  1.  Dez.  1906  von  33  auf  41  ge- 
stiegen. Diu  iu  der  folgenden  Aufzählung 
fOr  1905  angegebenen  Zahlen  sind  nur 

als  \  I  ■rl'i  n  r:  /  1' :  rlmii 


1  Berlin 

2  Hamburg 
8  MQnchen 

4  Dresden 

5  Leipzig 

6  Breslau 

7  Köln 


a  Frankfurt 
ONOmberg 

10  Düsseldorf 

11  Hannover 
IS  Stuttgart 
IS  Chemnits 


a.M 


2  033 
800 

i  687 

I  614 
608 
470 
125 
836 

>  898 
86S 
849 
846 
848 


900  1 

682, 

800. 

283' 

605 

018' 

914 

9»5 

868' 

630 

619, 

988 

964 


888  848  7,68 
700  738  13,44 
499  988  7,M 
.306  14r)  29,82 
4'>6  124,10,1» 
488  70911,1» 
372  529'l4,S4 
288  i)89,16,«l 
861  08lll8,9e 
213  711  18,21 
286  649;  6,93 
176699,S9,n 
208  918' 17,80 


QeographiBche  Neuigkeiten. 


109 


j2  Name 
"  1 

.  1                  —  i 

1 

1005 

_ — . — 

1900 

 _ — 

14llAgdeburg 
1  j  Cbarlottontmiv 

240  709 

229  607 

4m 

2.H7  2.^^! 

189  30.-> 

25,00 

16  Stettin 

230  578 

210  702 

9.43  ! 

17  Es^eu 

229  270 

118  802 

9  2, MO 

Kunigebetg 

220  212 

189  483 

10,16 

19  liremen 

214  9Ö3 

163  297 

31,6.1 

SO  Altona 

179  081 

101  501 

10,H9 

21  Dortmimd 

17ö  292 

142  733 

22,H1 

S2  Halle 

lO'J  040 

1 50  009 

53  Elberfeld 

107  710 

156  960 

0,»:. 

24  Straftbug 

25  Ki.«l 

167  342 

151  041 

10,79 

103  289 

107  977 

5 1 

26  Klxdorf 

102  858 

90  422 

71,111 

27  Mannheim 

162  607 

141  ISl 

16,Sä 

ir.9  088 

1 10  503 

18,18 

2'J  l'.armen 

l.iö  U74 

141  944 

9,83 

30  (ieUenkirehea 

'  146  742 

186  986 

18,.w 

31  Aachen 

144  110 

135  245 

0..-.ß 

8- >cuöuüberg 

,  140  932 

95  998 

40,Hi 

3:^  Draonichweig 

34  Po*on 

186  428 

128  226 

0,5» 

185  743 

117  033 

t5,ltl> 

85  Kussel 

120  272 

106  034 

13,41 

SO  Duisburg 

119  651 

92  780 

28,t)i 

37  Bochum 

117  995 

05  551 

80. (w 

3**  Karlwruhe 

1113S7 

97  18Ö 

14,57 

Hi»  Krefeld 

1  110410 

106898 

S,tO 

40  Phiueii  i.  V. 

105  182 

1   78  888 

1-J..V. 

41  Wiesbaden 

100  944 

86111 

17,S3 

Afrika. 

♦  Der  S  e  b  u  -  K 1  u  ß  i  n  M  a  r « >  k  k  o  ist  im 
vorigen  Jubre  von  einer  frauzüäiächen 
Espedition  nnter  Dr.  Samn^  auf 
»eine  Scbiffbarkeit  hin  sorgHUtig  unter- 
sucht wordi'n     l>ns  Hosultat   war  «ehr 
zut'riedenbtelk'ud,  du  sich  ergab,  daU  der 
ilnS  für  flachgehende  Boote  bis  200  km 
Ton  Seiner  Mündung  hinauf  schiffbar  ist, 
lind  'iaß,  außer  bei  sehr  niedrigem  ^Vas^ipr- 
ttande,  die  Schittahrt  bis  nach  Fez  unter- 
kalten werden  kann.   Man  glaubt,  daft 
der  Floß  als  Zufahrtstraße  nach  dem 
Ii. nein   von  großer  Wichtigkeit  weiden 
uud  aa  üciuen  Ufern  eine  Reihe  vun  Städten 
entehen  wird.   Die  MSglichkeit  der  An- 
hige  eines  Hafenplatzes  an  der  Mündung' 
des  Sehu  begründet  Sanim-  mit  dem  Hin- 
weis auf  die  Wichtigkeit  der  Stadt  .Meh- 
-diya  am  linken  Ufer  der  FlofimOndung, 
deren  Geschichte  sich  bis  in  die  Zeiten 
der  I'hunizier  hin  vcrfolijen  lassen  soll. 
Die  barre,  welche  die  Mündung  versperrt, 
iet  nidit  hoch  und  bildet  deshalb  kein 
nnülerwindliches  Hindeniis.   Eine  »weite 
UnteBnefanog  der  Sebn-MOndnng  nnter- 


nabm  der  Leutnant  D  ye  gelegentlich  der 

von  ihm  durchgeführten  hydrographischen 
Aufnahmen  an  der  \Vc>tk(i8te  Marokkos. 
(Geogr.  Joum.  1906  S.  UO.^i 

*  Vi  Hatte«  Bericht  über  seine  und 
Laperines  Reise  von  Tidikelt  nach 
Adrar  uud  zurück  (La  Grographie  Okt. 
1906)  bringt  eine  genaue  üeschreibung 
des  Landes,  seiner  Vegetation,  des  Klimas^ 
des  geologischen  Baaes  und  somit  viel 
Neues  zur  Keiintiiie  dieses  Teile.-<  der 
Sahara.  Im  Jahre  1826  hat  Major  Laiug 
stellenweise  die  Wtfste  durchreist,  doch 
der  Verlust  seiner  Aufsei chnungen  nach 
seiner  Knnordung  bei  Tinibuktu  beraubte 
uns  aller  geographischen  Ergebnisse  die- 
ser Reise.  Nachher  ist  niemals  wieder 
eine  europäische  Expedition  in  diese 
Gesend  t,'ekoniiii<n  Am  14.  März  1904 
brach  die  Expedition  von  AkablL,  Süd- 
west 1.  von  InsaUih  auf,  der  Weg  f&hrte 
zunächst  in  sfidlieher  Biehtnng  in  das  ber- 
gige Gebiet  von  Adrar  ^O**  n.  Br  ).  Man 
durchwanderte  ausgedehnte  steinige  Ebe- 
nen wie  saudige  Flächen  und  Hügel, 
höhere  Be^  waren  auf  der  anderen  Seite 
des  WegCd  zu  sehen.  Wi  idcu  ind  andere 
Pi!an/ru  wurden  gelegentlich  angetroHen 
und  uhne  Schwierigkeit  genügende  Men- 
gen Wasser  gefunden.  Bei  ungefSUir  24* 
30'  n.  I3r.  hörte  die;  devonische  Formation 
auf,  die  archäische  m-gann  .Man  g«'langtc 
dann  in  die  unfruchtbare  SandwüateTanez- 
rufk,  die  aus  drei  Twsehiedenen  Teilen 
bestpht.  Zwischen  Takhamalt  und  Timis- 
sao  ist  das  Land  steinig  und  iinfruchtbar 
Erreicht  mau  das  nördliche  Adrar,  dann 
geht  eine  vollkommene  Verwandlung  vor 
sich:  die  Vegetation  wird  üppiger,  die 
Fauna  reieher  und  auch  da.^  Klima  ändert 
sich.  Auf  der  Hin-  und  Rückreise  war 
der  Himmel  bedeckt«  die  Luft  feucht,  und 
in  unregelmäßigen  Zwischenräumen  reg- 
nete und  sLürmte  es  lieftii,'  Die  große 
Hitze  aber  machte  die  Reise  sehr  be- 
s<^worlich.  Auf  dem  Rflckwege  wandte 
sich  Laperine  mehr  Ostiich  und  berichtet 
ilaniber:  |tie  K-'^ion  von  Tin  Ghaor  bildet 
ein  Dreieck  zwischen  Hoggar,  Adrar  und 
Air.  Das  Land  ist  suerst  hügelig,  dann 
wird  es  wieder  flach.  Bei  Tinef  beginnt 
das  Gebir^'e  Talialgar,  zwischen  .\balessa 
uud  Huggar.  Die  Forscher  überschritten 
den  westlichen  Rand  des  grofien  Hoggar- 
Plateaus.  An  verschiedenen  Stellen  wird 
Weizen  und  Ueiste  angebaut  Die  Haupt* 


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110 


Ueogxaphilche  Neaigkeiteii. 


uinedelQiig  hier  ist  Abalesta.  Sorgfältige 
Mtronomitcho  Beobaehtangea  worden  ge- 
macht. B.  L 

«  Die  vum  eugliHchon  Taugauika- 
komitee  unter  Cnnuingtons  Leitung 
sur  emeut(?ti  rutcrstichung  der  zoologi- 
schen und  liniiidlofnschen  Verbilltnisse 
des  Tanganikasees  ausgeaundte  Kipedi- 
tion  (XL  190ft.  8.  997)  ist  im  Juni  1906 
naoh  England  zurückgekehrt.  Während 
des  achtmonatlichen  Aufenthalti's  der 
Expedition  am  und  auf  dem  See  wurde 
eifrig  aoologiHch  and  botanisch  geeam- 
meli,  und  außerdem  wurden  Hoobnch- 
tungen  über  dii*  Temperatur  des  Wassers 
\md  über  die  Verüuderuugen  des  Wasser- 
■tandet  angestellt.  Die  Temperatur  des 
WasKcrs  erwies  sich  im  allgemeinen  als 
sehr  hoch  und  schwankte  zwisclien  2'2,9'' 
und  27,2**  C.  Bei  einer  Tiefe  von  137  m, 
der  Lftnge  der  Lotleine«  war  die  Tempera- 
tur fast  konstant  und  variierte  nur  noih 
zwischen  23.4»  und  23,8"  ('.  Die  Hück- 
reise  ging  über  den  Viktoria  Nyanza,  auf 
dem  ebenfalls  xoologrische  nnd  botanische 
Samminngen  angelegt  wurden,  durch 
Utrandii  n:u  h  Zaiisiluir  Zwischen  dem 
Tanganika  und  Hukoba  am  Viktoriasee 
wurde  die  Expedition  durch  schlechte!^ 
Weiter  mid  doroh  den  ansgehnngerten 
Zustand  de«  I>andes  einige  Zeit  aiitV'e- 
halten.  über  die  wiHBCnschattiicbeu  Er- 
gebnisse der  Expedition  betrefl'eud  die 
LOtong  des  Tangaaikapiobleaas  veriaatet 

noch  nichtfl,  wahrHcheinlich  werden  sie 
die  Theorie  MooreR,  der  im  'l'an^ranika 
einen  Keliktensee  sieht,  nicht  unterätüty.en. 
(Qeogr.  JooiD.  1906.  S.  89.) 

•  Prof.  Ponck  hat  im  Anschluß  an 
den  im  August  1905  in  Kapstadt  aVifrehal- 
tenen  Kongreß  der  iiritiah  Association, 
an  dem  er  mit  efnigen  andexen  deatschen 
Gelehrten  teilnahm,  eine  Studienreise 
in  Süd-Afrika  unternommen,  die  zu 
einigen  bemerkenswerten  Ergebnitiben  ge- 
führt bat.  Yon  Kapstadt  reisten  Ami- 
liche Kongreßteilnehmer  über  Kimberley 
nach  den  Viktoriafällen  des  Sambesi  und 
woiinteu  hier  der  Einweihung  der  Eisen- 
bahnbrfieke  der  Kap— Kairo  •Bahn  Uber 
den  SamlM  ;«i  bei.  Die  während  dieser 
Reise  auf  die  AufKndung  von  Spuren  einer 
ehemaligen  Vergletschenmg  gerichteten 
Bemfihnngen  waren  von  ^olg;  Penok 
konate  ein  reidihaltigea  Material  darüber 
sammeln  und  nach  Wien  schaffen.  Ami 


Sambesi  lOste  sich  die  ReisegeseUsehaft 

auf,  und  Penck  trat  nun  seine  eigentliche 
Forschungsreise  an.  Er  untersuchte?  zu- 
nächst die  großen  Katarakte  des  Sambesi 
und  konnte  dabei  feststellen,  dafl  sieh 
diese  Fälle  weit  der  Zeit,  da  Menseben 
dort  wohnen,  um  6  Kilometer  aufwärts 
verschoben  haben.  Der  Forscher  wandte 
sich  dann  naeh  der  Ostkflsto  Afrikas,  w» 
er  die  Bildung  der  Korallennffe  studierte. 
Seine  letzten  Untersuchnnpfii  <,'aU«'n  den 
Terrain bildungeu  in  der  Wüste  Sahara. 
Von  Assnan  kehrte  er  naeh  Wien  iurftek. 

Australien. 
*  Von  ihrer  Porsohnngsreise  nach 

West- Australien  sind  die  beiden  Rei- 
senden Dr.  Michaelscn  und  Dr.  Hart- 
meyer (XI.  lUOö.  S.6bä;  glücklich  wieder 
/.urackgekehrt,  naehdem  sie  ein  halbea 
Jahr  der  Erforschung  und  dem  Sammeln 
der  bisher  noch  .'^chr  wenig  bekannten 
westaustraliscben  iierwelt,  sowohl  der 
marinen  wie  der  Landfisnna,  gewidmet 
haben.  Das  Arbeitsfeld  nm&fiie  den  Sfld- 
Westen  West- Australiens  und  zwar  die 
Küstenlinie  von  Albanj  bis  zur  Sharks 
Hny  nnd  -das  sich  danm  ansdilieBende 
Hinterland,  etwa  700  km  weit  ins  Innere 
hinein.  Die  Aunbeute  umfaßt  49  große 
Kisten  mit  konserviertun  Tiereu  aller  Art, 
außerdem  bringt  Hartmejer  einen  Trans- 
port von  einigen  hundert  lebenden  Tienn^ 
darunttT  »'ine  Anzahl  seltener  Papageien, 
ein  weißes  Opossiun,  sowie  einige  weiße 
Dingos  mit.  Die  wiesenachaftUehen  Er- 
gebnisse sollen  in  einer  besonderen  Ver- 
öffentlich im  tr  nit'rIprfTelegt  werden.  Die 
beiden  Forscher  fanden  sowohl  bei  der 
westanstralisoben  Begienmg  wie  bei  ihren 
australischen  Fachkollegen  das  bereit- 
willij^ste  Entgegeukommen,  was  viel  zu 
dem  großen  Erfolge  der  Expedition  bei- 
getragen bat. 

Kord-Folargegenden. 
«  Von  dem  Verlauf  von  Amnnd- 

sens  Expedition  zum  magnetischen 
Nordpol  kann  man  sich  jetzt,  nachdem 
die  beiden  Briefe  Amundseus  aus  King 
Wflliams-Land  (XI.  1906.  8.  710)  nnd  das 
Telegramm  aus  Eagle  City  (8. 61)  in  den 
„Times"  %'oll8tiiudig  abpredruckt  worden 
sind,  ein  klares  und  vollkommenes  Bild 
maehen.  Die  beiden  Bxiefb  wurden  dnreh 
Eskimos  von  King  Williams -Land  im 
nördlichsten  Amerika,  wo  sieh  die  Bipe- 


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OaographiBche  Neuigkeiten. 


III 


ditioD  niedergelassen  hatte,  nach  Kap 
FDlIerton  in  der  Hudsonbai  gebracht  und 
dort  dem  Major  Moodie  von  der  kana- 
dischen Polizei  nbergeb<'n,  der  sie  mit 
nach  Ottawa  nahm  und  von  dort  weiter 
Mndte.  Die  „Gjöa''  mit  der  Expedition 
an  Bord  verließ  also  am  81.  Juli  1908 
Godhavn  in  ?t  Crönland,  erreichte  die 
Melvüle-Bai  am  a.  Angast,  nahm  am  16. 
v.  17.  August  die  auf  der  Dalrymple-lDsel 
nedezgelegten  Yorrftte  an  Bord  und  kam 

unjrehindert  vom  Eise  am  22.  August  bei 
der  Uetrhy-IiKsel  au;  hier  uurdentiie  ersten 
magnetischen  Beobachtungen  angestellt, 
die  die  Lage  des  magnetitelien  Pole  in 
südlicher  Richtung  ergaben.  Bei  der 
Weiterreise  in  der  Richtung  auf  dvn  Feel- 
Sond  versa^^  der  Kompaß  nach  iwei 
Ilgen,  eo  daft  die  Schiffahit  lebwierig 
wurde;  da  aber  die  EisverhültniBRe  günstig 
blieben,  gelangte  man  an  der  Westküste 
von  Bootbia  entlang  tu  die  eistreie 
SimpioB-StraBe  und  warf  am  18.  Sep- 
tember an  der  Siidküste  von  Williams- 
Land  im  Gjöa-Hafen,  der  retterpens- Mai 
M'Clintocks,  Anker.  Nach  Landung  der 
Toirite  mirdeo  im  Laufe  des  OUober 
die  vendiiedenen  Beobacbtungshäuscr  er- 
richtet und  am  2.  November  mit  aUen 
fioobachtungen,  der  magnetischen  Varia- 
tion imd  bUimation,  den  meteorologi- 
•dbeii,  aetronomisdmi  und  abuoluten 
uegBetischen,  begonnen.  Am  29.  Oktober 
kamen  die  ersten  Eskimo,  Ugluli-Eskimo 
TOB  der  Festtandikflste,  mm  Besneh,  spftter 
traf  man  auch  Netchilli-Eskimo  von  der 
Westküste  von  Boothia  und  Itchuachtorvik- 
Eskimo  tou  der  Ostküste  von  Boothia.  Im 
Oktober  erlegte  man  noch  100  Renntiere. 
Der  Winter  ging  gut  vorüber,  der  kälteste 
Monat  war  der  Februar  mit  einer  Durch- 
•ciuuttstemperatur  von  —  40,5°  C.  Am 
8.  April  1904  traten  Amundien  oad  Rist» 
vedt  mit  10  Händen  und  2  Schlitten  eine 
Heise  znm  magnetischen  Pol  an  der  West- 
käste  von  Boothia  an,  maßten  aber  früher 
•Is  beabsichtigt  vrar  snraekkehren,  da 
Eskimos  ihre  Vorräte  geplündert  hatten, 
l'er  ?omnier  war  kalt  und  regnerisch; 
aU  im  Aogust  das  Eis  aufbrach,  fahren 
Leut  Hansen  und  Helmer  Hansen  im 
Boot  westwftrii  donii  die  Simpson-Straße, 
VXD  für  eine  im  Sommer  1905  beabsichtigte 
i3<iiüiteQreise  nach  der  Westküste  von 
Vikknia-Laad  Vonite  nach  der  Eta-IoBel 
m  lehaUhB.  Der  niehste  Winter  100^06 


war  nicht  so  streng  wie  der  erste,  die 
tiefute  Temperatur  war  im  Februar  mit 
—  46*  C,  Ende  Män  zeigten  sich  die 
ersten  Anzeichen  des  nahenden  Frühlings. 
Am  2.  April  traten  Hansen  und  Histvedt 
mit  2  Schlitten  und  12  Hunden  und  Pro- 
viant flRr  70  Tage  die  Reise  nach  Viktori»- 
land  an,  dessen  Ostkflgte  !^ie  bis  72°  10' 
n  Br.  erforschten.  Am  1.  Juni  l'.tOü  wurden 
die  Beobachtungen  auf  der  Station  in  iuug 
Williams  Laad  eingestellt,  nadidem  man 
ly  Monate  lang  ohne  Unterbrechung  mit 
der  rrrößten  Sorgfalt  beobachtet  hatte; 
die  meteorologischen  Beobachtungen  wur- 
den aneh  anf  der  Hdmreise  weiter  f6rt> 
gesetzt.  Außerdem  hatte  man  während 
dieser  Zeit  ximt'angreiche  ornithologische, 
ethnographische,  botanische  und  Ver- 
ateinerangs- Sammlungen  angelegt.  Am 
18.  August  verließ  die  „Gjöa"  ihren  Liege- 
platz und  kam  glücklich  ans  der  engen 
Simpsuu-Straße  heraus;  am  1&.  passierte 
man  das  inselreiebe,  von  Hansen  erforsidite 
Meer  zwischen  Williams-  und  Viktoria* 
land  und  fuhr  am  16.  in  die  enge  Meeres- 
straße zwischen  dem  Festland  and  Viktoria- 
land ein,  die  zwar  mit  einigen  Schwierig- 
kcit/Cn  aber  doch  glücklich  pausiert  wurde. 
Damit  war  der  Expedition  die  nordwest- 
liche Durchfahrt  gelungen  und  eine  Heim- 
reise ohne  Aaibothalt  schien  gesiehert. 
Aber  am  81.  August  swangen  grofie  Eis- 
ma.*5sen  das  Srhitf,  seine  Ffeist-  in  der 
Nähe  der  Küsle  fortzuäctzcn,  uud  am 
8.  September  mnSte  die  „Ojöa'',  da  das 
Eis  bi.s  zur  Küste  reichte,  bei  King  Point, 
(•.9»  10'  n.  Br.  und  137**  45'  w.  L.,  zu- 
sammen mit  einer  Anza.hl  vom  Eise  über- 
raschter Walfisdtftnger  sam  dritten  Haie 
ins  Winterquartier  gehen.  Am  24.  Okt. 
verließ  Amundsen  mit  Schlitten  und  Hun- 
den das  Schill  2U  einer  Cberlaudreise 
nach  Bagle  City  (Alaska),  wo  er  am 
ö.  Dezember  ankam,  um  der  Welt  tele- 
graphische Kunde  v(in  dem  \'erblen)  der 
Expedition  zu  geben.  Späteren  Nach- 
richten snfolge  beabsichtigte  Amundsen 
nach  King  Point  zurückzukehren,  um  im 
Sommer  1906  die  Limfahrung  des  Eis- 
meeres dadurch  zu  vollenden,  daß  er  auf 
der  novddiüichen  IHirehfiihrt  entlang  der 
Nordkfiste  Asiens  nach  Norwegen  aorflck- 
kehrt. 

Yereine  and  Yer»ammlangen. 
«  Der  nächste  X.  internationale 
Qeologenkongreft  findet  im  September 


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Geographische  Neoigkeiten. 


dieses  Jahres  iu  Mexiko  statt.    Ks  wird  CJeograpbischcr  Unterricht, 

jetit  eine  Mitteilnng  Aber  die  Ansflfige'  *  Prof.  Penck  wird  als  Nachfolger 
Tersaudt,  die  vor,  während  uod  nach  dem  |  Richthofen^^  neben  der  Leitung  des  Oeo- 
Kongreß  von  dessen  Mit^lie<iern  unter-  ^'ra]>hiflclien  TiistitutH  an  der  Berliner  Uni- 
nommen  werden  sollen.  Die  erste  Keise  versitüt  auch  die  des  mit  diesen  verbon- 
ist  anf  vier  Tage  bemessen  und  wird  von  |  denen  M^i^Btitot*  f^i^  Meereskunde" 
der  Haupititadt  Mexiko  örtlich  fiKer  Julaga  .  ttbemehmen. 
nach  Vera  Cruz  uml  zunick  libt-r  Ks-  PersönllHios. 
peranza  gehen.  Die  zweite  Exkursion  i  «  Am  i).  Januar  l'JOü  starb  zu  Goddula 
nach  dem  Süden  ist  anf  acht  Tage  be« ,  bei  DOirenberg  a.  d.  S.  im  Alter  von 
rechnet  und  wird  die  Pl;it/.e  Tehuakan,  67  Jahren  der  G«."ht'imc  Bergrut  Dr.  Karl 
Oxaca  und  Puebla  bcNUibeii.  H-r  iliitte  Frhr.  von  FritHcb  Seit  einer  Reihe 
Ausflug  geht  nach  den  berühmten  \  ul-  von  Jahren  war  er  auch  l'rüsident  der 
kanen  von  Toluca,  San  Andr^  und  Jorallo '  kais.  Leopoldinisch-Carolinisohen  Dent- 
nnd  wird  viersehn  Tage  in  Ansprach '  scheu  Akademie  der  Naturforscher.  1863 
nehmen,  von  denen  neun  zu  Pferde  ver-  habilitierte  sich  v.  Frit«cb  in  Ziirirh. 
bracht  werden  müssen.  Vielleicht  am  ^  In  den  lolgenden  Jahren  untersuchte  er 
interessantesten  ist  die  Reise  in  den  Gyser- ,  das  Gotthardgebiet  geologisch  nnd  unter» 
bezirk  von  Ixtiän  und  nach  dem  Vulkan  nahm  auch  autigedehnte  Reisen,  die  wert- 
Colima.  Di^'sc  Au^tlüf,'.'  werdt  n  vor  dem  volles  Matt-rinl  zur  Kenntnis  der  geologi- 
Kungreß  statUinden  und  wiiiirund  der  i  sehen  Deacituticnheit  Madeiras  und  der 
Tagung  werden  nur  kune  Streifzfige  in  |  Kanarischen  Inseln  lieferten;  die  Ergeb- 
die  Umgebung  <b  r  St.idt  unternommen  nisse  die.«er  Heisen  finden  aich  in  einer 
wcffleii  N.irli  Scliluü  der  !^it7iin<T  daj;et;en  ireologisch-topographisehen  Darstrllunt» 
wird  uoeb  eine  gruüe  f^xkursiou  i'ür  von  Teneritia  1807  und  iu  der  gegeu- 
swansig  Tage  nach  dem  Norden  ansgefdhrt  |  w&rtig  noch  viel  gelesenen  Schrift  „Reise» 
werden.  Das  Programm  des  eigentlichen  bilder  von  den  Kanarisclten  Inseln".  1872 
Koiiu'H'sseH  umfaßt  namentlich  Krörte-  unternahm  er  in  ( »emeinschai't  mit  llt  in 
rungen  über  die  klimatischen  Verhältnisse  eine  Forschungsreise  durch  Marokko  und 
w&hrend  der  geologischen  Zeitalter,  über  <  das  Atlasgebiet,  die  ebenfklls  bedeutsame 
die  Beziehungen  zwischen  dem  Bau  der  Ge-  l\r;_'. iicferte.  Seit  1873  war  er  als 
liir^'e  und  den  P^ruptivgestfiiu  ii,  hKit  die  ordcntiichrr  I'rotessor  an  der  ruiversität 
Entstehung  metalU'übreuder  Adern  und  Halle  tätig,  wo  er  neben  einer  anregenden 
Aber  die  Klassifikation  nnd  Benennung .  LehrtUtigkeit  die  geologischen  Verhftlt- 
von  Gesteinen.  Von  europflischen  Geo-  nisse  der  Provinz  Sachsen  erforschte.  Von 
logen  haben  Hi  ll. III  eine  gnnze  .\nzahl  ihre  alli,"'iiii'inerer  Bedeutung  ist  seine  t,All« 
Teilnahme  am  Kongreß  zugesagt.  gemeine  Geologie"  (Stuttgart  1888;. 


Rfleherbespreehangen. 

Frenlsdy  Curt  Arthur.  Major  James  zwei  Jahnehnten,  fiBr  sein  Vaterland  gana 

1{  en  n  f  1 1 ,  d  e  r  .'^  <■  h  öpf  er  il  er  n  e  u  e-  «lasscllpe,  wa<   Alexander  von  Hum- 
ren englischen  Geograpiiie.  Ein  boldt  in  Deutschland  darstellt,  nümlich 
Beitrag  aar  Geschichte  der  Erdkunde,  ein  wissenschalllicber  Mittelpunkt,  am 
IK  Q.  194  S.  Pulsnits,  FOrsters  Erben '  den  sich  die  ganxe  geographische  Tfttigw 
1904.  keit  der  Briten,  ob  sie  nun  mehr  in  der 
Eine  der  Bedeutung  des  Mannes  ent-  Erforschung fiemder Lander  udor  in  eigent- 
sprechende  Würdigung   des   verdieuten  lieh  gelehrter  Arbeit  bestand,  durch  lauge 
englischen  Geographen  hat  uns  bisher  Jahre  gruppierte.  Das  Wirken  dieeea  ver- 
gefehlt,   und    so    füllt   di'^se  Leipziger  dienst  vollen  Geographen,  dessen  geistvolle 
Doktordissertation,  die  noch  in  Katzeis  Züge  uns  ein  otlenbar  wohl  getrotfenes 
Schule  entstanden  ist,  eine  mehrfach  emp-  i^orträt  zur  Anschauung  bringt,  im  Zu- 
Amdene  Lflcke  ans.    Keanell  war,  mit  sammenhange  sn  betrachten,  war  wohl 
einer  nngef  fthren  Zeitverschiebong  von  eine  lohnende  Aufgabe,  deren  Lösung  sich 


Bfieherbespiechungen. 


denn  auch  der  7erf.  mit  Oeschiek  nnfter- 

togen  hat. 

Er  entledigt  sich  ihrer  in  der  Weise, 
daß  er  zaerat,  um  zeigen  icu  konueu,  wo 
Min  Held  einseteta,  eine  kirne  Übenieht 
ül'tT  dip  Entwicklung  der  P'rdkuiuli'  l>is 
711  dessen  Auftreten  voranssrhickt  und 
hierauf  die  Beschreibung  diese»  iuhalt- 
raebeo  Lebens  (8.  December  1748  bis 
2y.  März  1830;  folgen  läßt.  Auch  bin- 
lichtlich  der  Lebensdauer  war  er  ein 
Seiteoatück  zu  dem  großen  deutschen 
Nataifineeher,  und  beiden  hatte  es  nichts 
fesohadet,  dafl  sie  als  junge  Leute  län- 
gere Zeit  in  an^eetren^t^m  SchatFen  unter 
den  ätrahlen  der  Tropeusunuc  hatten  ver- 
billigen mfissen;  Humboldt  ab  Waa-| 
derer  und  Sammler  in  Südamerika,  Ren- 
neli  als  Geodüt  und  Karto^^raph  in 
Hindoatan,  wo  er  den  Grund  zu  einer 
genaneren  topographischen  Kenntnis  der 
Prlsident8chaft  Rengakn  legte  und  ins- 
besondere die  noch  wenig  ergründeten 
gsgenieitigen  Beziehungen  der  Ströme 
Ganges  und  Brahmapntra  ins  richtige  Licht 
stellte.  Ziemlich  frühzeitig  aus  dem 
Dienste  der  ostindisehen  Kompagnie  ent- 
lastten,  konnte  sich  der  damals  noch 
jugendliche  Mann  in  gesicherter  Muße  ganz 
•einen  Liebliugsstudien  hingeben,  und 
über  ein  Halbjahrhundert  hat  er  nnnmehr 
seine  Londoner  Studierstube  nicht  mehr 
für  Üngera  Frist  Terlasflen.  lüm  kann 
in  der  rastlosen  Arbeit,  welcher  er  sich 
hier  hingab,  drei  Hatiptrichtungen  unter- 
scheiden. Er  bemühte  sich  um  die  Urga- 
nisation  der  Erschliefivng  Afrikas  mid 
eines  Teiles  von  Asien;  er  löste  mit  Vor- 
liebe Probleme  der  antiriuarischen  Lilnder- 
künde,  für  welche  ihm  Uerodot  im 
Voidergfimdo  des  Intereeses  stand;  er 
rachte  endlich  mit  groflem  Erfolge  Ord- 
nung in  die  vor  hundert  Jahren  noch 
■ehr  im  Aigen  liegende  Lettre  von  den 
Meeresströmungen  m  bringen.  Alle  diese 
Betittigungen  einer  seltenen  <:ei.^tig>'n 
Spannkraft  werden  nun  in  den  einzelnen 
Kapiteln  gründlich  durchgesprochen,  und 
es  ist  dabei  aniuerkennen,  daß  die  Schil- 
derung sich  nicht  einseitig  auf  Renne  11 
Uh  t  koir'.cntriert,  sondern  daß  auch  die 
Leistungen  derer,  die  mit  ihm  nähere 
Verbindung  unterhielten  und  von  ihm  an- 
geregt wordtti  waren,  Berflcksichtigung 
gefjndf'ii  habpH.  So  erhalten  wir  «rele^ent- 
Kch  •  iiitT)  recht  «Twiiusehten  Einblick  in 

(**«gTmpitiMlM  ZoiUcbrift.  IX  Jslir||Mig.  IMC  i. 


113 

die  Stadien  des  Fortschrittes,  welchen 

die  Erkundung  Vorder-  und  Hinterindiens 
während  des  19.  Jahrhunderts  gemacht  hat. 

£s  ittt  nur  aatürlicb,  daü  der  Verf., 
der  sieh  so  ^ef  in  Benneils  Forsohar- 
(^'eist  versenkt  hat,  auch  da  für  ihn  ein- 
tritt, wo  andere  sich  gegen  ihn  zu  wen- 
den Veranlassung  hatten.  So  versucht 
er  Ton  dersameistangesweifeIten„RenneU> 
Strömung^  wenigstenB  etwas  zu  retten. 
Der  einleitende  Abriß  der  Geschiclite  der 
(leograpbieentbilltdankenswerteHinweise; 
die  genialen  Kartenseichner  Deüele  und 
d'Anville  erhalten  den  ihnen  ankom- 
menden Platz  angewiesen  Von  ein  paar 
Einzelheiten  mag  nur  auhangsweise  die 
Rede  sein;  Yerrassano  darf  doch  nicht 
1  als  Franzose  i  S.  7)  angesprochen  werden, 
weil  er  im  Dienste  der  Krone  Frankreichs 
stand;  die  beiden  Angaben  über  Schoe- 
ner  —  nicht  Schoner  —  (8.  9  n.  18)  sind 
zeitlich  unvcreinlnir .  und  letzterer,  der 
1477  zur  Welt  kam,  konnte  in  der  Tat 
nicht  um  147ö  Ucgiomontans  Unter- 
richt genießen.  Von  einem  Flario  Oioja 
(S.  8)  endlich  sollte  heute,  nachdem  eine 
Literatur  über  diesen  mythiHcbeJi  Anialti- 
taner  entstanden  ist,  nicht  mehr  geredet 
werden.  8.  Qflnther. 

Ephraim,  Hugo,  f'her  die  Entwick- 
lung der  Webetechnik  und  ihre 
Yorbreitnng  anAerhalbEnropas. 

(Mitt.  aus  dem  sUdt.  Museum  für 
Völkerkunde  zu  Leipzig.  1 )  gr.  4". 
ViU  u.  72  8.  67  Abb.  u.  1  K.  Leipzig, 
Weg  1906.  JL  8.». 
Die  vorliegende,  ans  dem  reichbestell- 
ten und  vortrefllich  verwalteten  Museum 
für  Völkerkunde  zu  Leipzig  (verheißnngs- 
Totl  am  Anfing  einer  in  Aussicht  ge- 
stellten Reihe  von  MuKeumspublikationen) 
hervorgehenile  Verütfentlichung  zerfällt  in 
zwei  ungleiche  Teile.  Der  erste,  in  drei 
Abschnitten  anfbretemda  ist  das  Muster 
einer  klaren,  auf  genauester  Sachkenntnis 
ruhenden  Zusammenstellung  des  Tat 
Sachenmaterials  unter  seltener  techno- 
logischer Behemchung  der  Prinzipien  wie 
der  Einzelheiten;  die  Gliederung  der  Ent- 
wickluiiLr''Ktadieii  der  Weberei  in  das 
Flechten,  die  Ilalhweberei,  die  Trittweberei 
und  die  Zugweberei  ist  erschöpfend  nnd 
unanfechtbü.  Der  zw^eite  Hauptteil  sucht 
aus  der  geographischen  Verbreitung  der 
vorstehend  geschilderten  Stadien  ethno- 

u»a.  8 


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114 


Bflcherbesprechuugen. 


;,'rai>hiBch-gont'alogi8i  Iie  SchlüSBe  im  Sinne  [ 
dor  R  a  t  zclsclu'ii  Srhulo  zn  zielifn.  pin  I 
begitmen,  das  Uetereat  für  auHüichthlos 
and  methodisch  anfaehtW  hftit.  Lebhaft 
bedauert  wertU-n  muß  racint's  Krachten« 
auch  die  B»'silu!liikung  auf  das  außer- 
europäische V  orkommen  der  Weberei  —  es 
ist  diese  Betchr&nknng  Tielleieht  subjektiv 
gerechtfertigt,  wiewohl  gerade  da»  Leip- 
ziger Museum  <ias  einzige  ethnograiihiKche 
Museum  ist,  das  auch  die  Völkerkunde 
Europas  nimgemftfi  einsehlieBt  nnd  Tiele 

▼ortreffliche  Samtnlungen  nnmentlich  von 
den  primitiven  Völkern  08t-Knrnj»aR  Im- 
»itzt;  objektiv  ist  kein  Grund  dafür  auf- 
zufinden. Bs  ist  aber  Inder  die  Gewohn- 
heit der  EtbuographoB  geworden,  zu  tun, 
als  ob  es  kein  Europa  gHbe.  well  die 
ethnographischen  Museen  aus  uneriind- 
licbcn  Gründen  die  Ethnologie  Europas 
ausschließen.  Vielleicht  erfährt  die  sonst 
außerordentlich  lehrreiche  .\rbeit  Ephra- 
ims in  dieser  Hinsicht  von  ir^'cnd  einer 
Seite  bald  die  wOnschenswerte  Ergänzung. 
Wiea.  H.  Uaberlandt 

Wagner,  Uermanii.    Orometrie  des 
ostflllischen  Hflgellandes  links 

der  Leine.     Forsch,  z.  deutschen 

Landes-  u.  Volkskde.  Bd.  XV.  H  4. 

öS  S.    1  K.    Stuttgart ,  Eugeibom 

IWM.   JL  4.—. 
Die  Betrachtung  gliedert  sich  in  einen 
methodischen  und  einen  snchü'  luMi  Ti'il, 
ihr  Gegenstand  wird  durch  eine  Höhen- 
schichtenkarte veranschaulicht.    Das  Be- 
streben die  Methodik  tu  festigen  ver- 
dient Anerkennung,  wcnii^er,  daß  hierbei 
nur  Darbietungen  von  il.  Kandier,  dem 
Referenten,  L.  Neumann  und  ältere 
giegen  einander  abgewogen  werden,  wo- 
bei eretf^enannter  das  Übergewicht  er- 
halt,   während    Arbeiten    und  Winke, 
S.  Fiusterwalders,  A.   Peucks  uiid 
E.  Hammers  (im  Geogr.  Jahrb.)  keine 
Beachtung  finden.    Die   wenigen  Werte  i 
aber,  die  dargelioten  werden,  sind  nutho-  ' 
discb  gesichert,  und  einer  uukiarou  Hau- 1 
Aing  ist  das  jedenfiaUs  vonuaiehen.  Laut  j 
Ab.'ichuitt  B  MTurden  auch  die  Messungen 
selbst  mit   rmsicht   vnrf^ennmmen ,  und 
zwar   selbstverständlich   auf  den  Mefi- 
tiflchblftttom.    Fflr  die  17  natürlichen 
Gruppeu  der  Landschaft  werden,  nach 
Ermittelung  der  Flächen  und  Volumina, 
nach  einander  die  Mittelhöhen  der  Hand- 


linien, Eanimsclieitellinieu  und  Massen 
angegeben,  alle.s  also  dimensionale  Werte 
Von  formalen  fanden  nur  die  Gehänge- 
winke!  und  die  horiamilale  Entwicklung 
der  Kammlinie  eine  Berechnung.  Ihre 
vertikale  Entwicklung  zu  lieziflTerri  wird, 
wie  so  manches  noch,  in  Nachfolge  Kand- 
lers  surfickgewiesen.  Von  snsammen- 
fassonden  Mittelwerten  lassen  sich  die 
mittlere  Höhe  des  (Jebirgsrandes  -  mit 
103  m  —  und  die  mittlere  MasseuhOhe 
anflIhTen,  die  96  m  über  jene  empor- 
ragt-, ein  Mittelwert  fSr  die  Gesamtheit 
der  Kammeclioitelhöhen .  der  Tallinien 
und  Böschungen  fehlt.  Die  Höheuscbich- 
tenkacte  i.  H.  1 : 100  dOO  (Höhenlinien  50, 
farbige  Schichten  100  m  Äquidistanz)  ist 
wOMciitlicli  be>;fler  nl«  nianrhe  fr'ihere  Kar- 
tenbeüage  derselben  hochverdienstlichen 
Sammlung.  Sie  zeigt  im  Bilde  noch  viele 
„charakteristische  Formen  verh&ltnisse'*,  illr 
die  Hell  st  nach  der  Detiiiition  der  Oro- 
metrie, die  im  Vorliegenden  iS.  17)  auf- 
genommen erscheint,  Zahlenwerte  noch 
zu  ermitteln  wftren.  Im  Hinblick  auf  die 
elliptiselie  Gnindform  des  Ganzen,  im  ein- 
zelnen auf  die  der  Hilsmulde  und  anderer 
dürfte  man  unter  diesen  mit  besonderem 
Nutzen  heranziehoi  die  Krflmmungsradien 
der  ^ToBen  Formen,  wie  sie  nieder^relegt 
erscheinen  in  den  Höhenlinien  nucli  ihrer 
exakten  Gcneralisierung.  Es  ist  bekannt, 
dafi  man  damit  auch  den  AnachluB  an 
das  Ganz.''  <les  Erdkörpers  gewönne,  da 
selbst  jene  Krümmungskreise,  in  denen 
unmittelbar  nach  der  Natur  generalisierte 
Höhenlinien  auf  Karlen  gtOBten  MaBstabee 
verlaufen,  mit  den  Breitenkreisen  von  glei- 
cher geometrischer  Natur  sind.  L'nd  diese 
Anschlußnahme  erscheint  notwendig:  denn 
mag  auch  die  Oxomelrie,  wie  im  vorlie- 
genden Falle,  ein  Gebirge  Ar  noh.  be- 
trachten, ein  Glied  des  Erdköri)er8  Vileibt 
dieses  doch.  £:o  wären  hierin  außer  den 
formalen  auch  dimensionale  VerhUtnisae 
zu  beziffern.  Wie  an  Form  tmd  Größe 
des  Erduninzen  wäre  damit  auch  ein  An- 
schluß an  die  exakte  Darstellung  in  der 
Karte  (nach  dem  Oeeeta  der  (Jeneraliaie- 
mng)  gewonnen;  und  das  muß  ebenfalls 
als  notwendig  erseheinen,  da  für  die  Oro- 
metrie, wie  für  eine  Reihe  anderer  geo- 
graphischer Betraehtnngsweiaen  —  ohne 
daß  sie  sich  deshalb  einer  Kritik  der 
Grundlage  zn  entäußern  hätte  —  nicht 
die  Natur  selber  diese  Gnmdlage  bildet. 


Bfleherbesproehnngen. 


115 


•ondern  die  iti  sjeop^raphiachera  Sinne  ob- 
jektiv dargestellte  Natur:  die  Karte. 

Karl  Peneker. 

Hwiren  1.  Weltreiaebilder.  VUI  n. 

308  S.  116  Abb.  im  'l<xt  u  aut  Taf, 
1  Weltk.  Leipsig,  Teubner  1006. 
JL  9.  -. 

Auf  einer  achtmonatlieben  Reise,  vom 

November  1903  bis  .\nfanff  Juli  1904,  hat 
sich  der  Vorfa8<*er.  ein  österreiclnsohor 
Ofiizier  a.  D.,  eiu  gut  Stück  Welt  uu- 
gewhen.  Nach  einem  kflnseren  Ausflog 
TOD  Marseille  aus  nacb  Algi*'r  und  Tunis 
ging  «eine  Wtltrfi^f  von  Hamburg  über 
Madeira  durch  da»  Mittelmeer  und  den 
Saeskanal  nach  Ceylon  nnd  dem  feet- 
läudiricben  N  orderindien  bi.s  an  den  Faß 
des  Hiinahija,  tiann  über  Rai)<?oon  und 
Siogapore  nach  Java,  weiter  über  Hong- 
kong, Kanton,  Schanghai  nach  Japan  nnd 
qner  durch  Nordamerika  (San  fSranciäco 
bis  New  York  nt'bst  Abatecheru  zum  Be- 
lach ded  YcLluvvätone-Parkii,  der  Kiagara- 
fiUle,  Philadelphias,  Baltimores  nnd  Wa- 
•hiagtoaa)  nach  Europa  zurück. 

Da,  wie  man  sieht,  die  Heise  keine 
Qobckauutea  Teile  der  Erde  berüiirte  und 
mehr  dem  eigenen  Interetse  an  fremden 
Ländern  nnd  YOlkein  diente,  will  das 
hübsch  au8{r»'8tatteto,  vor  allem  mit  recht 
iichonen  Abbildungen  von  Land.scbaituu, 
Städten,  Volkstjpen  versehene  Reisewerk 
natuigemlB  nicht  den  geographiechen 
Wi.Bseii'^krcis  erweit-eni.  E"  bietet  aber 
in  seinem  schlichten  Unterhaltuugsstil 
eine  angenehme  Lektüre  mit  gar  mancher 
femdnden  Skifsiening  der  Landecbafta> 
natnr  und  lehrreichen  Betrachtungen  über 
Kukur-  und  htaalliche  Verhilltnisse  (bo 
über  Britisch-Indieu ,  die  niederländische 
Verwaltung  Java«,  dae  kflhn  aofttrebende 
Japan»,  aus  denen  das  abpekUirte  Urteil 
des  erfahrenen  Mannen  und  klarsinnigen 
Beoba<^hter«  hervorleurlitet.  Kirchhoff. 

llgae,  JoH^.    The  Cyclones  of  the 
Far  East.  Special  Report  of  the  Di- 
reetor  of  the  Philippine  Weather  Bu- 
reau.   Second  iKev!  ed    IMiticn  i''. 
883  8.  Viele  Fi«,  u.  K.  Manila  iuu4. 
Die  zweite  Auflage  des  für  unsere 
Kenntnis  der  Taifune  des  Oaten«  grund- 
legenden Werkes  Algnes  enthält  gegenüber 
der  ersten  in  Bpanischer  Sprache  erschie- 
Bcnen  Auflage  weaentliche  Zufüguugen 
and  lieht  nicht   allein  das  Inselge- 


bii  t  der  IMiilippinen ,  pondern  auch  die 
benachbarten  Land-  und  Mceresgebiete  in 
den  Kreis  seiner  Betraehtnngen.  Der  In- 
halt dos  Buches  geht  weit  über  das,  was 
der  Titel  zu  versprechen  scheint,  hinaus. 
iSo  huden  wir  in  den  ersten  Kapiteln  über 
die  Bntstehnng,  Struktur  nnd  Bewegung 
der  Cyklonen  eine  Dariegnng  der  verschie- 
denen Theorien  über  die  Ursachen,  welche 
Störungen  des  atmobphiLrischen  Gleicb- 
gewiehtssustandes  bedingen  nnd  unter- 
halten k'"innen:  der  ^'erf.  hat  die  moderne 
Literatur  vollstiindiv'  durchgearbeitet  und 
liefert  weiivuUe  ZuHammenstellongen  der 
einschlägigen  Arbeiten.  Auch  bei  der 
Darstellung  der  Bahnen  der  Taifune  nnd 
der  umfassenden  I)iriku8«?nn  der  ErHchei- 
nungen,  welche  einem  Taifuu  vorangehen, 
finden  wir  beaditenswerte  meteorologische 
Kapitel  eingestreut  wie  über  die  Beob> 
achtung  cler  Wolken  und  ihren  Wert  zur 
Kenntnis  der  Itewegungserscheinungen  in 
den  höheren  Schichten  der  Atmospbiie, 
ebenso  Ober  den  Zusammenhang  swischen 
den  mikroseiHmischen  Bewegungen  und 
der  Bewegung  der  Cjklouen.  Neu  hinzu- 
gefügt ist  auch  das  letzte  ^kpitel,  welches 
praktische  Regeln  für  die  Schiffahrt  bei 
.\nnäherung  eines  Taiftins  sowie  eine  Zu- 
«tammeustelluug  über  eventuell  anzulauten- 
de Nothäfen  gibt.  Die  praktischen  Regeln 
für  die  Schiffahrt  wird  der  Seemann  nicht 
lei<'ht  in  »leni  wi^^enschat^lichen  TJewande 
des  Werkes  suchen,  jedoch  werden  sie 
hoffentlich  duch  dieS^lhandbfieher  anch 
der  Praxis  nntabar  gemacht. 

W.  Brennecke. 

Zabely  Badoipb.    Im  muhamedani- 

seben  All'- ml  lande.  Tagebuch 
einer  Reise  durch  .Marokko.  i63  rf. 
146  Abb.,  1  K.  in  l:2ouuuu.  Alten- 
burg, Stefan  Oeibel  k  Co.  1905. 

M  10.—. 

Der  Verfasser  als  anziehender,  ge- 
wandter Darsteller  bekannt  erhebt  in 
diesttm  reich  mit  lehrreichen  Bildern  ans- 
gestatteten  Buche  nicht  den  Anspruch  als 
fachwip.senscliaftlirher  f^'eo_'niphi scher  oder 
geologischer  Forscher  angesehen  zu  wer- 
den. Dennoch  verdient  sein  Buch,  nament- 
lich die  Verwertung  eines  annfthernd  ein- 
mouatlichen  Atifeiithalts  in  Fus  im  Fe- 
bruar, .März  1903  mitten  im  Aufstande  des 
Bu  Hamara,  und  die  von  dort  ans  anf 
der  Rflckreise  an  den  Osean  bei  Rabat  in 

8* 


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116 


BQeherbeaprechungeii. 


kühnem  EuUcblusse  unteruommeue  Durch- 
qoeniBg  dm  Dj.  Seiliiin  die  AnfmerksAm- 
keit  fiftchmllnnischer  Kreise,  wie  auch  der 
beste  Kenner  der  Kartograjibio  von  Ma- 
rokko, Prof.  P-  Schnell,  dem  X'ertauer  mit 
Rat  und  Tat  zur  lEfoiid  gegangen  ist.  Am 
Ostende,  im  Angesichte  von  Fas  auf  dan 
kleine  wie  eine  natürlich^  Festung  aus- 
gesonderte Tafelschoileugebirge  hinauf- 
steigend gelang  es  ihm  dieses  als  erster 
gebildeter  Kuropier  in  der  ganzen  Ost- 
hiUfle  zu  durrhiintTt-n,  '-itio  liislier  seihst 
vom  Marquis  de  Segouzuc  nur  sehr  flüchtig 
besachte  rOmische  Festung,  von  den  Ein» 
gebomen  ziemlich  vag  als  Ksar  er  Rumi 
bezeichnet,  zu  erforschen  niid  ilirou  Plan 
aufzunehmen,  die  höchsten  (iipfel  de» 
Gebirges  zu  ersteigen  und  die  beilige 
Stadt  Mnley  Idris,  die  ich  auf  S  km  Ent- 
fernung von  der  Trümmerstätte  von  Volu- 
bilis  zu  sehen  mich  begnügen  mußte, 
Bwar  nicht  m  betreten,  aber  doch  in  un- 
mittelbarster Nfthe  SU  umgehen.  Wenn 
der  Verfas^f'r  auf  l^rund  seiner  Heobach- 
tungeu  die  Richtigkeit  der  von  mir,  der 
ich  das  Gebirge  nur  rings  umgehen  konnte, 
rertretenen  Ansehaanngen  glaubt  bestä- 
tigen zn  können,  so  muß  doch  zu  S.  428, 
wo  i^esaf^t  wird.  <Ial3  der  von  Westen  als 
konische  Landmurke  besonders  auftallige 
Dj.  TselfU  nach  soeiner  Theorie  einen 
durch  Schrumpfung  krilfliger  aufgerichte- 
ten Rand  einer  Hochebene  bedeute,  be- 
merkt werden,  daß  ich  bezüglich  des 
Serhnn  niemals  von  Sehmmpfimg  ge- 
spiochen  habe.  In  einem  Anhange  gibt 
der  Verfasser  AuKkunft  über  die  aller- 
dings mit  recht  unzureichenden  Mitteln 
aufgenommene  Karfee  desSerhim,  die  aber 
namentlich  nach  der  ganz  wunderlichen 
Darstellung  des  Serhun  auf  der  Karte  des 
Marquis  de  Segonzac  als  eine  wertvolle 
Ansrälung  einer  Lücke  der  Marokkokarfce 
beseiehnet  werden  mu0.  Tb.  Fischer. 

Beminsy  K.  Das  Becken  von  Parras. 
Eine  monographische  Skisie.  64  8. 

1  Taf.  Berlin,  D.  R«imer  1905.  1.50. 
In  aller  Kürze,  aber  mit  fjroßer  Klar- 
heit schildert  der  Verfasser  Üodongestalt, 


,  Vegetationscharaktcr,  Bewässerenmg  und 
I  Klima  der  Umgeliungen  von  Parras,  sowie 
Bewohaar  md  Erwerbsleben  dieser  hoch- 
fjelegenen  mexikanischen  Landstadt,  die 
einst  durch  ihren  Weinbau  blühte,  aber 
'  seit  dem  Anftzefeen  der  Beblans  in  wirt- 
srliaftlirbem  Niodeigaiig  begriffen  ist. 
Die  Schilderungen  zeu^jen  von  scharfer 
Beobachtung  und  gutem  Verst&nduis  für 
die  Natur  des  Landes  uid  die  Eigenarft 
'  seiner  Bewohner;  nur  vermute  ich,  daB 
(las  Urteil  über  den  Charaktii'r  der  PanaftOS 
:  denn  doch  gar  zu  pessimistisch  ist 
I     Die  beigegebenen  BOto  sind  charak- 
teristisch, aber  sie  sind  gxofienteils  nicht 
Mcharf    ^'(Miu','     herausgekoinnien  Sehr 
dankenswert  sind  die  vom  Verfanser  im 
Ji^  1900  gemachten,  6  Monate  umfassen- 
den meteorologischen  Beobaehtongen,  so- 
wie die  von  ihm  aufgenommene,  im  Maß- 
I  Stab  1  : 33383  verötfentlichtc  Karte  der 
I  Umgebungen  von  Parras.   K.  Sapper. 


£•   T.   Seydlitz'  (ieographie.  Aus- 
gabe C:  Großes  Lehrbuch  der 
Geographie.     Unter  Mitwirknng 
vieler  Fachmänner  von  E.  Oehlmann. 
XVI  u    r,84  S..  '.!84  K.  n.   Abb.  in 
Schwarzdr.,  4  K.  u.  9  Taf.  in  Farbendr. 
M.  Bearbeilg.    nredan  u.  Leipzig, 
Hirt  1906.  JC  6.26. 
Die  24.  Auflage  ist  der  28.  innerhalb 
dreier  Jahre  gefolgt,   so  daß  im  allge- 
meinen nur  solche  Veränderungen  haben 
vorgenommen  werden  kSnnen,  die  sieh 
mit  Ausfeilen  des  Satzbaues  und  Ersatz 
veralteter  Zahlen  u.  a.  bezeichnen  lassen. 
Es  kann  daher  von  einer  lilngereu  Be- 
'  spreehang  des  bekannten  Werkaa  abge- 
!  sehen  werden.    Seine   Bedentmig  liegt 
fibrigens  weit  weniger  auf  seinen  Be- 
i  Ziehungen  zum  Lehrbetriebe  in  deu  Schu- 
'  len  als  in  seiner  Eigenschaft  als  tatsftcb- 
lieh  reichhaltiges  bequemes  Nachschlage- 
werk für  Ijiterefl8ent<;n  der  mannigfachsten 
Art.  Mein  schon  öfter  geäußerter  Wunsch, 
anf  dem  Gebiete  der  Abbildungen,  ge- 
nauer:  des  Landschaftsbildes,   iticht  zu 
rückständig  zu  bleiben,  bedarf  noch  der  Er- 
füllung in  der  Zukunft.    Hch.  Fischer. 


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Neue  Büeher  and  Karten. 


117 


Neae  Bücher  nnd  Karten. 


Allgemeines. 
Meje»   Großes  Kouversationa- Lexikon, 
e.  AirfL  18.  Bd.  L— Ljra.  90«  8.  Tkle 
Abb.  a.  Tftf.  Leipng«  Bibi  Inst.  1906. 
JL  10 —. 

Allff«B«lae  fhf Bisch«  OMfimpkl«* 

Kaiierllehe  Marine.  Denteehe  See- 
warte. Tabellarische  Reiieberichtenach 

dennieteorologisch  cn  ?  (■  h  i  fFs  t  u  g('l)ii  ch  orn . 
9.  Bd.  Eingänge  des  Jahres  ltiU4.  IX 
n.  900  8.  Berlin,  Mittler  ft  8obn  1905. 

a.— . 

Fischer,  Th.  Mittelmeerbilder.  Gesam- 
melte Abhandlangen  tar  Kande  der 
Mittekneerlftnder.  VI  u.  480  S.  Leipzig, 
Teubner  1906.  7.—. 

DcBtschUai  Hd  HMhbftrlinder. 

T.  Tein.  H.   Oat  Hoaelgebiet.  (Ergeb- 

nis-o  der  Untereuchung  der  Hocliwassor- 
verhältnisse  im  deutsrhen  Hbt  ingeliiet. 
Bearb.  u.  hrsg.  v.  d.  Zentralbuxeau  1. 
MeteoioL  n.  Hydzogr.  im  Grofib.  Baden. 
Vn.Heft.)  4».  6U  S.  67Zahlentaf.  12Taf., 
K.  u.  Fig.  Berlin,  Emst  k  Sohn  1906. 
JL  24.—. 

Wagner,  Emil.    Taschen •  Atlas  der 

Schweiz.    2«  kolor.  K.    'A.  Aufl.  v.  d.  * 
GeogfT.  Anst.  H.  Künimerly  Ä:  Frey,  Bern. ' 
35  S.  Text  u.  20  K.  Bern,  Geogr.  Kar- 1 
tenrerlag  (1908).  Jt  S.90.  | 
Artarias  Eisenbahnkarte  von  Österreich- 
üngarn.  Mit  Stationsverzeichnis.  6.  Aufl. 
Wien,  Artaria  &  Go.  (1906).    Kr.  2.2U. 
Aslra. 

Landen,  Perceval.  A  Lhas^a,  la  ville 
interdite.  Description  du  Tibet  Central 
et  des  coutumes  de  ses  babitants.  Eela- 
tion  de  la  maiehe  et  de  la  miasion 
envoyee  par  le  gouvemement  AngUds 
(1903  4 V  VU  u.  447  S.  Viele  Abb.  auf 
Taf.  Paris,  Hachette  1906.  Fr.  20.—. 


Webor-van  Bosse,  Frau  A.  Ein  Jahr 
an  Bord  I.  M.  S.  „Siboya".  Beschreibung 
der  holländischen  Tiefsee  -  Expedition 
im  Niedad&ndiseh-Indiiehai  Archipel. 
1899—1900.  Kaoh  d.  2.  Aufl.  a.  d.  Holl, 
übertragen  v.  Frau  E.  Ruge-Baenzi- 
ger.  XllI  u.  370  S.  26  Taf.,  4U  Text- 
abb.  n.  1  K.  Leipzig,  Engebnann  1906. 
JL  6.—. 

Afrika. 

Genthe,  Siegfried.  Marokko,  lieise- 
•ehilderangen.  Hnig.  von  Georg  We- 
gen er.  Einleitung  von  Theobald 
Fischer.  (Genthes  Reisen.  Bd.  II.) 
XIX  u.  368  S.  18  Ansichten  nach  Auf- 
nahmen des  Veilbsse».  Berlin,  Allg. 
Ver.  f.  dentacbe  Liter.  (Paetel)  1906. 
„H.  G. — . 

Langenbach  er,  K.  Karte  von  Marokko 
sar  Übersicht  der  Verkehrswege  and 

lUitenposten  der  deutschen,  englischen, 
französischen  und  sjianischen  Dampfer- 
linien sowie  mit  statistischen  Notizen. 
1 : 9  ODO  000.   Berlin ,  D.  Reimer  1906. 

1.-. 

Falls,  J.  C.  E.  Hin  BeHucli  in  den  Natrou- 
klöstem  der  sketischen  Wüste.  ^Fiank- 
fbrter  ZeftgemSße  Koscheren.  2X7. 8.) 
96  8.  9  Abb.  Hamm,  Breer  &  Thiemann 
1906.   JL  —.60 

Nordamerika. 
Sempie,  Ellen  ChurchilL  American 
Hifltory  and  its  geograpbic  conditions. 
466  S.    Viele  £.  im  Text  u.  auf  Taf. 
Boston,  Boughton,  Mitfliu  &.  Co. 

8fid.Folar)r<>ir«ndeB. 
Dase,  S.  A.  Unter  Pinguinen  und  See> 
handen.  Erinnerangen  von  dw  schwedi- 
sehen  Sfidpolarexpedition  1901  3.  Cbers. 
V.  E.  Engel.  VII  u  'Jf,2  S  81  Taf. 
Abb.    Berlin,  Bacn»ch  luoo.   JL  6.—. 


Zeitsehriftenseliai. 

AferNHMm«Jr«ilnI«N9en.]906.19.Heft.ldienstes''  anf  die  Sedhalbhogel.  —  Fi> 

'^traoß:  Eine  Reise  an  der  Noidgrenae ' scher:  Anschluß  de.s  sog  Serapistcmpcis 
Lnri«tan8.  —  Grubauer:  Negritos.  — !  an  das  Netz  des  italienischen  Präzisions- 
Heß;  Die  Alpen  im  Eiszeitalter  nach  nivellement«. —  Supau:  Da*«  neue  Polar- 
Penek  und  Bruckner.  —  Hammer:  Aas-  j  projekt.  —  Geinits:  Stracks  Unter- 
^«hmmg  des  ^ioteniatiooalen  Breiten- { saehnngen  fiber  den  Basischen  HOben- 


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118 


Zeit8chrit'ten«chRu 


rücken  in  Holstein.  —  Ergebnisse  der  Spni- 
chenzälilunjf  im  russischen  Keich  18'.>7.  — 
Re  i  II  t'  (  k  p :  DerVulkaiiauflinich  aufSavaii 

Globus,  äb.  Bil.  Nr.  28.  Jäger:  Der 
Tegemwe.  —  Paul  n.  Frits  Sarasins 
Forschungen  in  Cetebes.  Förster: 
Nf'iir  ForschunjTon  im  Tsa(iKt'e;,'t'bift.  — 
Die  Fox-lsland-Passapren  d<,'r  Aleuten. 

Du88.  Nr.  84.  v.  Knebel:  Studien  in 
Idand  1905.  —  Das  Projekt  von  Moos 
für  die  intt-rnatiotiale  Pohirforschung.  — 
Berd»u:  Der  Mond  in  Sitte  und  Gebräu- 
chen der  Mexikaner.  —  Die  letzten  Ora- 
bongen  in  Bttbjlon  mid  Ninive. 

Da&s.  Sil.  R,|.  Nr.  1  Ilutter:  Im  Ol- 
gebiet  von  Kamerun.  -  Da(<  «leutscb- 
euglische  (ireuzgcbiet  im  WcHteu  dea 
Viktoria-Kjansa.  —  Klose:  Mnsik,  Taut 
und  Spiel  in  'Vo^o.  —  Hennig:  Die  deut- 
schen Seekabel  —  Steplian:  Anthropo- 
logische Augabeu  über  die  liaiTtai  i,Neu- 
pommem).  —  Beidiskolonialamt  und 
Reichaekt  ftlr  die  Schutzgebiete. 

X)cr*«.  Nr.  2.  Karutz:  Von  Buddha« 
heiliger  Fußspur.  —  Wciäenbcrg:  Speise 
und  Trank  bei  den  sfidmrtiscben  Jaden 
in  ethnologischer  Beziehun;^  —  Friede- 
rici:  Der  Thränengruß  ib-r  Indianer.  — 
Mac  her  über  das  Alter  der  liuiucu  von 
fihodesia. 

Deutsche  Rundschau  für  GeorjrapJtie 
utui  Sl<ttistil\  -JH.  Jhrg.  4  Heft.  Hieber: 
Die  österreichische  Expedition  nach  KalTa. 
—  Seidel:  Das  Atoll  OleaT  nnd  seine 
Bewohner.  —  Olinda:  London  in  der 
Gegenwart.  van  Hille:  Reisen  in 
West-Nengui  uea 


Deutadte  Erde.  1(K)6.  Nr.  6.  Hasse: 

Die  Deutschen  in  Rußland.  —  Hettema: 

Die  friesische  Stanimescij^'enart.  —  Roh-, 
med  er:  Der  deutsche  Urtt>uameuschat2 
der  DeutMjh.Fersentaler  in  Sad-Tirol.  — 
Fackel  und  Meiche:  Niederdeuieche 
Spuren  in  der  Oberlausitzer  Mundart. 

Zeitschrift  für  Kulonial/iolitik .  -recht 
und  -Wirtschaft.  1U06.  11.  Heft.  Mayer: 
Die  ersten  VorllLufer  der  dentaehen  Kolo- 
ni>-arion^bestrebungcn  in  Afrika.  —  Eine 
Kuudfahrt  durel»  den  ostindischen  Ar- 
chipel. —  Besuch  des  deutschen  Kaisers 
in  der  Lissaboner  Geographischen  Gesell- 
Schaft.  —  Hassert:  Der  I.  italienische 
Kolonialkon<,'reß  in  Asmara  rjorn.  — 
Graf  Pfeil:  Viehseuchen  in  Deutsch- 
Oatafrika. 

Zeitschrift  der  CfsdUchaft  für  Erdkunde 
zu  Berlin.  llKli).  Nr  '.i.  Sol^rpr:  Die 
Moore  in  ihrem  geographischen  Zusammen- 
hange. 

Miit.  d.  Ver.  f.  Erdkde.  zu  Diesden. 
Heft  2  (1905).  Habenhorst:  Chinesische 
Dienstboten.  —  Richter,  P.  E.:  Literatur 
der  Landes*  und  Volkskunde  and  Ge- 
schichte des  Königreichs  Sachsen  1903  o. 

1904.  Nachtrag  6. 

Beiträge  zur  Kenntnis  des  Orients.  II. 

1905.  f  Jahrb.  d.  Münchner  OHmM.  Gti, 
1904  5.)  I.  Abt.  Brandenburger:  Bos- 
siscli  -  atfiatische  Verkehrsprobleme.  — 
Cuurady:  Acht  Monate  in  Peking.  — 
Jacob:  Die  Wanderung  des  Spitz-  and 
Hufeisenbogens.  —  Wirth:  Ostwestliche 
rrwanderunj^en    —  Hell:    Die  inneren 

I  Feinde  des  juugen  Islam.  —  Hart  mann: 


He  r},'!' seil 


Hallonaurstie;,'e  übi-r  (Icni 
freien  Meere  und  die  Erforschung^'  <l'  r 
freien  Atmosphäre  über  dem  atlantischen 
Ocean  1906.  —  Hann:  Die  Temperatur 
der  Zyklonen  und  Antiayklonen.  —  Leß: 
Die  \Van<b'runj:  der  sotnnu'rlichen  Regen- 
gebiete durch  Deutschland 

Zdifchrift  für  Schulgeugruphie.  1906. 
lt.  Heft.  Oppermauu:  Frhr.  v.  Richt- 
hofen f.  —  IHt  II  deutsche  Kulonial- 
kongreß.  —  Keisebriefe  aus  Ost-Asien. 

Geografhischer  Anzeiger.  1905. 12.  Heft 
Fischer:  Sollen  die  Geographentagc  in 
AuBfluj^fcrienaa^pelöHt  werden?  —  Ankel: 
8  Jahre  Erdkunde  in  den  Oberklassen 
einer Oberrealschttle.  —  Fischer:  Heform- 
beefcrebangen  im  finuuOsischen  Erdkande- 
unterricht. 


MeteorologischeSMtschrift.X^b.WMeft.yV^  nene  Arabien.  —  Hemel:  Bin  Jahr 


Konstantinopel.  Kjathane  (dritter  Mo- 
nat —  <Miiit'uT:  Die  geographische 
ErschlieUuug  Japans.  —  t.  Berlepsch- 
Valend&s:  Das  künstlerische  Leben  der 
Japaner.  —  Grothe:  Marokko  im  Lichte 
der  jüngsten  deutschen  Forschung  and 
Literatur. 

Abrege  de  Butt.  ete.  de  Ja  8oe.  Hon- 

(jroise  dedeographic.  XXXHL  1906.  No.  T. 
H  e  ^  y  f  0  k  y :  Über  die  Schwankttngen  der 

Blütezeit 

Diisa.  No.  8.  Sxil&dy:  Begritf  der 
Lebensbezirke  und  Zoographie  des  Meeres. 

—  rMr;il.1:  Über  die  Lei 'Cn8verhaltni8.se 
der  Einwohner  von  Resiuär  bei  2«agys- 
zebcn. 

Dom.  No.  0  Kormos:  Zoogeogra- 
ph ische  Beziehungen  der  Fauna  im  unga- 


Zeitschriftenscbaa 


119 


Da89.  Bapportft  et  />?o(  -  verbanx. 
Vol. in.  ri905.Vni  .  Kd.  alU-m  )  Ge.^amt- 
bericlit  über  die  Arljeit  (U  r  I't'iioiU'  Juli 
1902— Jali  1904  (1  K.)-  Uydrograpluäche 
UnterraoHnngen;  Petterston:  Ober  die 
Wabrscheinliclikeit  von  periodisclieD  und 
unpcriodisrliPTi  Scinviuiknn<7t'ii  in  «l"ni 
atlantischen  Strome  und  ihre  Beziehungen 
zn  meteorologischen  und  biologischen 
Phänomenen  (7  u.  16  Fig.)  —  Heiland» 
Hansen:  Die  Hydro^'raphie  dt-r  Kiirüer- 
Shetland-Rinne  in  u.  11(03  4  Fig.). 

-  Knudscu:  Über  den  Einfluß  des  ost- 
islilndiscben  Polarstromei  anf  die  Klima- 
scbwankungcn  der  Färöer,  der  Shotland- 
inseln  und  des  nördlichen  Schottlandeä 
(8  Fig.).  —  Fischerei  und  biologische 
TJnterrachungen:  Holk:  Einleitende  Uber- 
sicht Brandt:  l  Itor  dio  Produktion 
und  die  ProduktionslH.dinmnipcn  im  Meere. 

—  iieincke:  l>io  i-.ier  und  Jugeudlurmen 
der  Nntzfiscbe  in  der  Nord-  und  Ostsee 
(i  V\<z.).  —  Henkinfj:  Über  das  perio- 
dische Auftreten  der  wicht lY'^ten  Nutz- 
tiäche  im  Xordseegebiet  und  Skagerak 
necb  den  Fangergebnissen  deutoeber  Viwh- 
dainpfer  2CJ  Fig.,  2  K.)  —  Hjurt  und 
Petersen:  Kurze  (''ber«icht  über  die  I{e- 
Hultate  der  int^^rnatioualen  (bes.  norweg. 
a.  dän.>  Fiachereinntenraebnngen  (10  Taf, 
7  Fig.).  —  (»arstang:  Vorluuf.  Bericht 
Aber  die  Naturgeschichte  der  Scholle  auf 
Grund  der  Untersuchungen  der  Kommis- 
aion B  in  der  Zeit  bis  sum  80.  Juni  1004 
(3  K  ,  10  Fij:.  .-)  Tab)  -  Kedekc:  Die 
Verbreitung  der  Scholle  au  der  hollän- 
dischen Küste  (4  Fig.).  —  Nordäoeti»4cberei- 
Statistik.  Teil  I.:  Heek  n.  Kyle:  Die 
Fischereien  der  einzelnen  I^der  Tt  il  II: 
Kylc:  Kritische  ZuHammenKfellui!^'^  der 
zur  Verfügung  stehenden  »tatibtiucheu 
Angaben  nnd  ihre  Bedentang  ftlr  die 
Überfisch ungHfrage   l  K.,  2  Fig. 

Dans.     Vol.   IV.      11)0-,.   XII.  .Tuli 
1904  — Juli    l'JOö.      Kjle:     1.  Bericht 
Aber  das  dem  Bnrean  zugegangene  Mate- 
rial  betr.  der  Menden  von  kleinen  Schol- 
len, welclie  in  den  verschiedenen  U'idcrn 
gelandet  waren  ^12  Tab.;.  —  i'eterseu, 
Kvle  11.  Jobanaen:  Meuiorandom  Über 
den  Wert  der  Marktstatistik  als  Auskunft 
über  die  Verbreitung  der  F>che  '.'»  Tab., 
1  K —  Kyle:  Kurzer  Bericht  über  die 
I  vom  Bnrean  des  Z.-A.  organiaierten  Ex- 
Temperatur,  Salzge  halt  naw.  in  der  Tiefe  i  perimente  mit  Netzen  (5  Tab.).  —  Knud- 
Tat)  —  Stickstoff  uaw.  —  Plankton,  i  aen:  Einige  Bemerkungen  über  die  hydro- 


naeh-kroatischen  EGsiengebiete.  —  Bes- 
dek:  Aus  den  Marniaroser  Gebirgen.  — 

Päcala:  Ther  die  Lebensverhältnisse  der 
Einwohner  von  Hesinär  bei  Nagjszeben. 

La  Gefjfftaphie.  1903.  No.  6.  S^nart: 
üa  Bonveau  champ  d*ezpioiation  arclit'o- 
!o<:iqiie  —  Duparc  et  Pearce:  Sur  la 
prtisence  de  hautes  terrasses  duus  TOural 
du  nord.  —  Cordier:  L'associaiioD  bri- 
taamqne  dana  TAfHqne  aottrale.  — 
Lapparent:  Ferdinand  de  Riohthofen. 

Th(  f  r  eoijra ph  ica l  Jon rnal.  1 9 06  N o  1 . 
Markham:  Un  thc  Next  Cireat  Arctic 
Diieoveiy.  —  Tbe  Ute  Banm  ron  Richt- 
hofen  on  Antarctic  Exploration  --  Wc- 
stoii:  Travel  and  Exploiation  in  thc  Sou- 
thern Japanese  Alps.  Broun:  A  Jour- 
My  to  the  Lorian  Swamp.  —  Hnme: 
Hötet  on  the  Hintory  of  tbe  Nile  and  its 
Valley.  —  Buck;  Canal  Irrigation  in  tlic 
Poigab.  —  Schwarz:  Natural  Muunds 
in  Cape  Colony.  —  Daria:  The  Geogra- 
phica! Cycle  in  an  Arid  Climate. 

The  Scottish  (ri  nffrnphtcal  }ffi(fa:ine. 
190Ö.  No.  1.  Kleba rdbou:  The  Ethno- 
kgjr  of  Anatria  Hnngaria.  —  The  Oreat 
Piaina  of  thc  Central  United  States.  — 
•Tobnston:  Notes  on  thc  Advantage  of 
a  Tupograpbical  Survey  of  South  Africa. 
—  Watermeyer:  Oeogn^hieal  Notea  on 
Sonth  Africa  sonth  of  the  Limpopo.  —  The 
Aniand.<en  Expedition  to  the  MagneticPole. 

The  National  Geograpliic  Magasine. 
1906.  No.  IS.  Fee:  The  Paraeea  and 
the  Towers  of  Silence  at  Bombay  — 
Chentung  Liang-Cheng:  China  and 
the  United  iStates.  —  Shorts:  The  Buil- 
ding of  the  Panama  Canal.  —  Oreely: 
Bnssia  in  Hecent  Literature. 

Thr  Journal  nf  (ieograj^hii  1900  No. 'J. 
^öode:  A  new  Method  of  Itepresenting 
the  Eatth'a  Snrface.  —  Goode:  A  Model 
Serie»  of  Base  Map».  —  Koch:  What  the 
Civilian  May  See  of  Gibraltar  Today.  — 
Haber:  The  Scope  of  üeography. 

ü.  8.  Oed.  Smvey.  Monographs. 
Vol  XLVII.  1904.  van  Hitte:  A  treatiae 
on  MetamurphiBm  (32  Fig.;. 

Cum.  ficrman.  inUrtutt.  p.  ixplur.  d.  l. 
Mer.  B«0.  cfea  ritmUatB  ae^i$  pendant 
In  etmms  pt^riodiques.  1904—1906.  No.  2. 
Not.  1904.  No  .3  Febr.  I90.'>.  No.  4.  Mai 
1906.  ätaüoaen.  Zustand  der  Atmosphiire 
^  dea  Obeifltebenwaiaen  (S  Taf) 


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120 


Zeitschriftenschfta. 


graphischen  riitcrsuchungen.  —  Ders.: 
Vorschlag   zur  Bearbeitung   des  hydro- 
graphischen   BeobachtungsmateriaU.  — 
Der«.:  YondiUlge  cor  Umformung  desj 
Balletiiis. 

DasM.   Puhl,  de  circonstavce    N'o  13B 
Fischer  u.  Uenkiug:  Überuichi  über  | 
die  Seefiaeherei  DentMshlftnds  in  den  Ge- 1 
wässern  der  Ostsee.  (Die  ÜBtsee-Fischerei , 
in  ihrer  jetzigen  Lage  ;    2.  Tl.  III.  6  Taf., 
6  Fig.)    —  No.  24.    Ekmau:  Kurze  Be- ■ 
sebreitning  einee  PropeUetKommefleers  (l  I 
Tnf.).  —  No.  25.  Pettereion:  Beschrei- 
bung des  Bifilarstrommessers  (1  Taf.).  — 
No.  26.    van  EoosenUaal  u.  Wind:: 
Prfiibng  Ton  Strommenem  and  Strom- 
messungsversnehe  in  der  Nmdsee  (2  Taf.). 
—  Nil  27.  Ekman:  An  apparatua  for  the 
collectiuu  of  bottomsamplea  (ö   Fig.).  —  I 
No,SB.  Trybom,  v.Qrimm,  Henking,  i 
Levinsen:  Bericht  fiber  die  Anstalten 
zur  Vermehrung  des   Lachses   und  ih^r 
Meerforellen  in  den  FlüBsen  der  Ostsee.  — 
No  99.  Gongh:  On  the  dittribution  nad  I 
the  niigration  of  Muggiaea  atlantica  in 
the  English  Channel,  the  Irish  Sea,  and 
of  the  South  and  VVest-Coasts  of  irelandf , 
in  1904  (8  K.,  2  Fig.).  —  No.  80.  Wit- , 
ting:  Kurze  Beschreibung  eines  elektrisch 
registrierenden   Strommessers    (Fig.).  — 
No.  Sl.   Ders.:  Etliches  über  ätrommes- 
•nng.  —  No.  S2.  Kofoid:  A  self-elosing , 
Water  Bncket  for  Plankton  InvesligatiMiB : 

(4  Kg ).  I 

▲«t  TendUeiemaii  ZeitMlnlfleii.  i 

Tan  Raren:  De  Vulkanen  van  Ned.-IndiS. 
Enc;/rloj>a,die  vüH  N,'I.  Leiden.  1906. 
8.  (iüti—074. 

Den.:  De  ZeeSn  van  den  Indischen  Ar- 
chipel (7  Tab.).  Ebda.  S.  793—804. 

Ders.:  De  morj)hologiBche  bouw  van  het 
Vuluwelandschap  by  Amhem.  Haar- 
lern.  1905. 

Dukmeyer:  Letten  und  Deotsehe.  Die 

Fiu,h  „.  III.  !).  1905.  Dt:.  2. 
Uerritscb:  Die  glacialen  Tenaaaen  des[ 


Drautalet.  2  Fig.,  1  K.).  „CarinOiia  II.** 
Xr.  f.  jnor,. 

V.  Knebel:  Der  Nachweis  verschiedener 
EiBMiten  in  den  Hoehlllehen  des  inneran 
Island«  (Vorläuf.  Mitt.)  (2  Fig.).  Zmtral- 
bl.  /  Mineral,  Geol.  u.  Paläontol  1905. 
Sr.  17/18. 

Ders.:  YoiliQilge  Mitteanng  <ber  die 
Lagwungs Verhältnisse  glacialer  Bildun- 
gen auf  Itvliiud  und  deren  Bedeutung 
Bur  Kenntnis  der  diluvialen  Verglet- 
icherungen  (4  Fig.).  Ebda. 

Leiviskä:  Über  die  Entstehung  der 
Dünengebiete  an  der  Küste  des  Bott- 
uischen  Meerbusens  (80  Fig.  auf  4  Taf. 
8  K).   FemUa,  23,  9.  1906. 

Ruppin:  Bestimmung  dar  elektrischen 
Leitfähigkeit  des  Meerwassers.  —  Um- 
kippthermometer  aU  Tiefenmesser. 
Wiae.  Meenrnnienuth,  Abt.  Kid.  Üf.  F. 
Bd.  9.  (Ausd.  Ijotbor.  f.  internat.  Meeres- 
fai  <i  h..  in  Kieh  Hijdrogr.Äbt.  yr.4  u  .I  J 

Kuska:  Scbulausflüge  zur  Einführung  in 
die  Geologie.  I.  Zur  exaten  Orientie- 
rung (2  Fig.).  II.  Granit  und  Rotlie- 
gendes am  Heidelberger  Schloß  (5  Abb.). 
Aatur  u.  Üchuk.  JV.  1900.  4.  U.  F. 
1906.  1.  EL 

Schaffer:  Die  Behandlung  deutMher 
Dichtungen  und  die  Verwendung  natio- 
naler Foesie  im  geographischen  Unter- 
richt. Z.  f.  d.  deiä$dien  Unten.  XIX.  i. 

Steffen:  Heisebilder  aus  dem  Gebiete 
des  Rio  Baker  und  Lago  Cochrane 
(West-Patagouien)  (1  IL).  Verh.  d. 
Deutt^en  Wiu.  Ter.  in  Santiago.  Bd.V. 
1905. 

Stille:  Zur  Kenntnis  der  Dislokationen, 
Schichtenabtragungeu  und  Tiausgrea- 
sionen  im  jüngstöi  Jm»  und  in  der 
Kreide  Westfalens  (6  Fig.).  Jahfh,  d, 
k.  preuß.  Geol,  L.'A,  «.  Sergak.  f,  1906, 
XXVI.  1. 

Tower:  The  Geography  of  American 
Ciiies.   Bull,  of  the  Ämtr,  Cfeogr.  Soe.. 

Vnl.  XXXVII.  Xo.  10.  Ort.  1905. 
Wuttge:  Lichtbilder.  Die  Mäddtenechtde. 


VwaalwwtUkliw  HaiMU|«k«rt  Piot  Dr.  Al(r«d  Battaer  Im  HaU*tb«vg. 


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Antiquariats-Katalog  Nr.  272  ~     Hauptlehrer  Hermann  Itschuer: 

Geographie  und  Reisebeschreibungen  Lßlirproben  ZUP  Länderkunde  VOn  EuPOpa. 

(2887  Nummern)  ucitraj:  zum  Problem  «lor  .StoffjjpstaUiin?. 

Buchhandlung  Gustav  Fock  G.  m.  b.  H..  Leipzig.  ]  IV  ii.  jtsS.  |  ;,'r.!S.  r.i04  ff.  h  j(  '6 .üi\geb..iCi 


Verlag  von  B.  6.  Ccubner  in  Leipzig  und  Berlin. 

aieltreirebilder.  Ton  Julius  IVleurer.  '"/y'::,.?'':;'""!?^: 

ictpu  ciiirr  lücltfarlir.    ö^rb.  .H  ')  - 

I*fr  ^-^                           brfiinnlir  ücrfafirr  brindt  (ftnr  Hcf              ■  un?  .nitStUift  in 
,tOtm  von                             ^rrn  .  ^fm^  i-hi  (röfi  citicn  Kriffjbi             .  ^ln^<lt.    3"  Piffc" 
?tt<lci;nilttii               .'luiui  Iii                            bar,  luas  ^^^t  lUcitrfH»"i''n  rinjrlttfn 
iiinbcTTi                   ICH,   ■^,11'                          1,  noT^l1ttl^rif  1  .  .Ulf  rtiirr  liln^rrtii  Tte-  oöft 
i-^              ^'•ict  III  .                                      !l^f^                    rnrrif,   tfif  btt  IMnuiIaia, 
rfr                  ^ri'i                                          bifr  Vcf  .            lut  ijrridjtrf ,  L'>cr4lHd'r  511 
S*'                                                      um  i>ii&utd:)  rill  [ri4)irirä,  ^rr  trabrliril  oSrr  lütif 
Ii-"                                                       Crffr:-  hiTiu>rjunitni ,           irnf  Cärtt>rt  un&  OoJii 
ftf                               rv>i»}'.                                 t  i>fr  5d'i             ^fr  l>f^\)tl^rr*^  iSigciiiUt 
Of:                              ,   in;                               j  U'ttT  Ii             :ltr,  ^rt  JiiPiincf  an^ 
UI                                             ucf.  —  iludi  Ci\e  urtfrrficbl               cn  Kiini'ibtuitrn ,  (oirtr 
t*»!!.                                            ulr  3"f''''"5 .   ilMtio*                    -  =  3>Jr''i'i  ll'€t^tlt  ein. 
art;tni>(t  i>ciiiiuOrll< 

OrtaHenfahrt.  Ton  Dr.  f.  Dof lein.  f^l'^^lXi^lX!"::. 

>£hind  unO  iLrr<»ii.    lltit  jitl;Irrtct:rii  2Il>lnI^ulU)rn.    i^fb.  to.  ,H  '\ 

3                                        '                       Wriaifff  1"  öif)ciit  irvtfc  rill  .1 
yil6  ti                                                                  ,  ^n■fn  lllfnfdifri,  Ctirrc  ull^  4.^1 
in  "                                                                            i£i  i|)  ^rs^>llIl  iiud;  tti»  Hif\Uivtit  im 
ijf:                                                                      .r^^rl,   tt'iiffiiKi^iftlicf'rt  .'ii5t(tlniiM.  iftn 
bc'                                                                    jdjj  DL>firin  lJfr^^^e  in  ^c^  ,'^fij  ^f 
jiii                                                           ,  lt^^  ^ir  :r(.Mniuiiui  und  frtfijun^,  t>it  . 
tcra.jii.M.:  iiui.ni  xu-iijiii')^  .u.>.:iii:.ii>'.-ii  l/iuoriitrufrii  iDurdr,  ^urd'Jiitrrl  bus  janje  L^a^y. 

Das  europäifche  Rußland.  Ton  prof  .Dr.H.Rettner. 

lHu  2»  Ifitrattrii.    iPch.  .11.  V.-,  »jtb.  ..tt  4  *>«>. 

1,          ijfiip  ,n  l;uyi^^|ul  ■iri.u'ttat  ll>k»r^c!^ 
i'i.  tt>i                                                                      'irn  noii  bffotiftrrcni  3"*'^^'""'  tfin-  ^i' 

..illiWI.U'f                                                                     ,             .  |,„v 
'1  ,    inttfT                                                                                  !■  n  , 

ti!ii'  ^4  Uil.U' U  ui.  ii^uii.j  kjii'tii,  t'i.  in  l'i  ('irui  uilC>  iiul;l  i>f  i.iaiutiil   |oiiC<i'tii       i'ttiu'.'^cii  |u>.r'l. 

JVlittelmeerbilder.    Ton  Geh.  Reg,- Rat  prof.  Dr. 

C^HeObald  ^ifcHer     '^"''  ""'»i'l'c  lUibvtnMuiucn  J^^iiult^^  ^cr  I^IttrImccll^.in^fr. 

Bj»  Ifrrf  fommf  bim  in  inimrt  loriirmi  Mrcifrn  bti  tMutfcfien  üotfc*  ficfi  wat nbfn  un5 

•    '    ■         "1      ■    ■  ■     '~     ■               ■■  >               '            ■  , ..   -  .  .  {niitrlnu'- 

ilrii,  i'ii 

-II  ull^  >ii. 

■  H  in  il'i. 

j  ,   i'^'iii         >  ,  i            i  ij  jiu  flrinrii  r  |iu  .inj 
1  HeiK"  ftfor»d't  b^il,  bifirt  ^tn  tifrrn  riiif  .'jultp 

.  .  ._.u:..j   Uli.''            l  Ulli.; 

Oaö  jVIittclnieergebiet.  Ton  prof.Dr.H.pbilippfon. 

fulliirclJi'  >5:iiii-ii.i'. !.            ')  .V'juscti,  ;.">  Jliiiul;:cii  un?  In  '('.iiirii. 

fUjiiri  !■               lA,  utit  finfiii  n'cUni  Hrrlff  .ilUmictn  <Pt- 

,  ,.  ,.  i.j .  1    ....  ,,r     M  i-Ti,-i!r'i'l-    •'-,•!  .>rt 

iblt  unt>  rtui  aus^rftibr»,  ^ic  Hartm 
Dtttti<bnt  CitcT.itur-'ÄrKunt).! 

Geographische  Lehrbehelfe 

ans  dem  Verlag  von  Ed.  Hölzel  in  Wien  IV/2,  Luisengasse  Nr.  5. 

Zur  Aiischatt'iinu;  für  Scliulrii  (Miiploiilcii! 

Holzels  Bchiilwandkarte  von  Australien  und  Polynesien,  Stiller  Ozean. 
Hrarl.eitot  und  ^'czeicbnet  von  Dr.  V  ra  11 7.  H  fiiieri  rli.  MtillwoiileRcln'  llächoutmie 
I  "  1:100(1000(1.    6  V.luit  iu  lOl'a.liPiii  FarLeiulruck.    Grüße  »1er 

1.  i/.t  16<i  cm  liuch,  r.(L*  ciu  breit,    l'reis  unaufgc'8)ianiit  1»  M, 

Bul  Leinwaiul  ^c:<panut  in  Ma]!]»«  -'4  M.,  auf  Lcinwan«!  gcjpamit  mit  Stril>en  28  M. 
Hölzeis   Schulwandkarte    von   Asien.     Politische  Aasgabe  bearbeitet  von 
l»r  Franz  Hf'i<leriL  Ii.    >^~^naTrT7HTiriiTT7(ju     6  Blatt  iu  Idlaoheni  F:i^'  ' -  Inick 
firüße  der  Karte  /Ubunini'  ..t  14ii  v.m  hocb.  175  iiu' breit.   Prcip  un  juvimt 

M..  auf  Leinwand  ^enpanut  m  Mappe  '20  M..  auf  Leinwand  gespannt  mit  »Stiibeu  Ü2M. 
Holzels  Schulwandkarte  von  Asien.    Physikalische  Ausgabe.    IL  Auf 
vollkonuneu  neu   bcarljoitot   von  I>r.  Frun/.   Heidericb.    MuUtitab  1:800»' 
»>  Blatt  in  10  fächern  Farbendru<-k.    (Jrößc  der  Karte  zusainmengeoelitt  140  vm 
lnM>h,  Hb  cm  brtiit.    l'reis  uuau'  tit  15  M.,  auf  '  j>annt  in  Mappe 

•jo  M.,  auf  Leinwand  j.'ftjiiannt  u        .il»en  2*2  M.  — >  1  lie  besten,  uaeli 

»ieoi  neueston.  issenschaftlicbcn  Material  bearbeiteten  Wandkarten  von  Asien 
und  .Ali  •  Sie  nehmen  },'e;.'*'iiw;irtij^  den  ersten  Kaiii;  .t..f  diesem  Gebiet  ein. 

Hölzel .-^  V  ■  ..ohr'-'kn '-»f  von  östcrreich-ünKam  für  den  all>,'emeiuen  (Jobrancb. 
\*ie  auch  /um  '  it  un  kuniuier/iclku  Lehranstalten  bearb,  von  Leopold 

KuUin».  IL  Aufl»j,'e.  Malintab  1:800000.  1»  Blatt.  Frei»  luniufpespjumt  13.50  M.,  auf 
Leinwand  L'es]>annt  in  Ma]«pc  23.50M.,  auf  Leinwand  gespannt  mit  Stäben  27.fi(»M. 
Haardts    Übersieh  tskarte    von   Europa   fiir   den   Schulf/ebrauch   und  zum 
.■^t'lbstshi.limu      MaÜHtab   1  : 3  0o0O(m.     1»»  ülatt      (TTöße   der  Karte  /UHammen- 
•212  <.n>  l)reit,  IHl  cm  hoch    rnauf>,'e8pauut  15  M..  auf  Leinwand  gespannt 
.jip  2-J.r>(i  M.,  mit  SUil>en  27  M. 
Haardts  Übersichtskarte  der  ethnogrraphischen  "VcrltältnisBe  von  Aaieu 
von  den  anjjrrfnzen<len   Tiibii   Kuropas.  IimoOooOO.        Blatt  in 

;i<"facbem  Farbendruck.  Grüße  der  Karte  ?.U!»ammeiiL,  .  i-t  175  cnt  breit,  110  em  htirli. 
Frei«  unauf^rf?pauut  25  .\!..  auf  Leinwand  gejtjiannt  in  .Mappe  3o  M.,  mit  StLiben  .*t2  M. 
Haardts  Nordpolarkurte.  Mußstab  1:5000000.  4  Bliitter  iu  vielfachem  Farben- 
druck     » irößc  der  zu  '      '    "<e  172  ru\  breit,  148  cm  hoch.    Frois  iu 

losen  Blattern  15  M..  .  ,        ,.pe  lU  M.,  auf  Leinwund  mit  Stäben  21  M 

Haardts  Südpolarkarte.  Muß.Htab  1 :  lo;ot«>000.  In  4  Blättern  mit  je  12  — 
\\\  \  f>en druck.   TTröße  der  7.11-  •  •  172  cm  breit.  14>- 

li<i«  t,  I  losen  Bliittorn  8.50  M.,  a  .1  1.  :i  .  .lu  i  m    ..ij.pe  12.50  M.,  an*'  ' 

A  Hiid  !  t'ii  14  60  M.  —  Die«e  Kurten  wurden  sowohl  auf  dem  VT.  intern; 

in  London  al«  auch  bei  den  Bt  ■  u  der 

1  ]iuug  zu  Berlin  alb  kart<i;.'rapli.  >  w'  l'nterla^    i  ,j 
■cn  benützt  und  haben  hierbei  die  besten  LHenste  ■. 
ts  W.i  ;e  der  Planiglobeu.  Politische  Ausgabe,   s  Blatt.  Mnütitui. 

•  000.  der  Karte  /i  ■      /t  20t«  cm  breit,  132  cm  hocb.  Ünaul- 

ii<  «i  M  .  auf  Leinwand  ;^    :  ppc  14.50  .\L.  mit  Stäben  IG. 50  W. 

Orobydrogruphischo  Ausgabe,     Blatt.  Maßstab  1 : 20 OOO 000.  I'naufgespannt  7  M.. 

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  Ikarte  von  Palästina.   Für  den  Unterricht  in  der  bibl^^cbc., 

de.,  alten  und  neuen  Tetitauient*.  Nach  den  neuesten  Pubiii 

■  -  0  1 
Ilten.  <ii  ^ 

rte  /uhammpiij/pfetzt  131  em  breit.  15«i  em  hoch.    üna».  ut  «5.50  ^1.. 

-  12  .\L,  m  •  MM    A  lur  V< 

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I  5.60  M..  aui' Leinwand  gespannt  in  Ma](pe  11  M.,  n 
Dr.  >'r.  ^  che  Ü' 

iifii  '  »  i  .1,1 ; ;  Ii; 

L-n  in  l  10  M..  auf  1 

—  Die  erste  und  oin  -karte  > 

^'•in  der  K:  in  wie.  ..u  tl.  ui  1 

_:  aU  M'.  . iMit. 

Aasfnbrliohe  Prospekte  stehen  auf  Wunsch  gratif?  und  franko  zn  Diensten. 

Zu  beziehen  tlureh  aUe  BudüULndl äugen  sowie  durch  die  Verlagshandlung  selbst. 


II  EH  \T'^r;K<  !F11F  N 

VON 

Dr.  ALFRED  HETTNER, 

iKKSüOK  i)i;n  oKofiiiAniiK  w  i»eii  rsivKif^riAt  hjh-ki 


/.WÖI.KTKU  JAllROANd.    DIUTTES  HEFT. 


Vl'SOEnKMEN  AM  JJ.  MÄU/. 


LEIPZHi, 
UND  VERLAG  VON  B.  (i.  TEÜBNEK. 


Iiiliiilt  (los  drittou  Heftes. 

r-Muanl  Richter.     Von   TroJ.  J)r.  G.M.r-    \    Lukim  in  Hr.       Fl,,  i 

Voran.l..rurjgou  b  der  lWoi,.nu.,  a,  r  \  8taa1..„  v..n  N.nl- 

ummk.-,.    \on  Dr.  Hun>  JhMderi.h  in  Berlin  ,.- 

-l.»()4.   ^on  Prof.  Dr.  George  Karsten  in  IW   .S.hluü)  ir. 

,HkutKs..hen  Kü.sten  des  nördlichen  Ei.n.eeres.   Von  W.  Sioroszeu-ski  v 
Dn.    neue    Methodik.«    de.    crdkundli-ben  Unterrieht..s. 

l'r.  K.  Lan^T(.„beek  in  Slraßhun^  i  E 
Du.  WaIds..Hniinerschen   Karten.     Vo„'^E.  .i.  Kav.nste.n    .n    I..„d<>n  Z 
(•eograpbische  Neuigkeiten: 

I'.o  Na  ...Ij.Ersch.inuufca.n  0»t- Sibiriens.  -  .Scb>ffs.v,.,HM,  '  p '  v  ! 

AfrikÄ,    DjÖB  UntersuchiiUKei.  nu  der  «Hanf j,cl,e„  KOsto  ^      v  r  ii  . 

zur  E,  ror..c).u„^  .l«r  Sch.'aa-.ankbct.  -  Weu  ;a  7»  l''/ '"r 

radi  I>..Milscb-Ostafrik«i  "euj.s   .iiid  Jfl^.or.s  Eipwl.tionen 

S  orJanH.rika.    Der  hflcW  ß«;?  ii,  üc,M*crc.iWon  Sfnnl. . 

kUK  ^-Pe-'itK...  nach  Nordost -Gr...h,„i 

JUkkoLsünH  Kxp..diiioi,  tu  die  iJeaufort-b'. 

MoL-ro.    Abschluü  dor  ..  .Wark**- Espodition  '''^ 
Bücherbesprechungen:  ^'^ 

riiiiippsou.  A.    Ejiropa.    Vr.,j  A.  Kircbhoif 
U«r..,crf    t..    hit.  luscl  Slclie...    Von  Tb.  Fischer 

v'n'o's.M^Hr."  J-"-  Triette 

-^'hienen  .r.; A^^i^^^^ir.;  Ä:.':; . r ""^  ^r-,^^^ 

•  ^flirilt  t'i„-rHrI:  f.  ]..  f    V,      ,1..,,      ;  *  "  ^'IJl  p  h  I  sc  b  e  «) 


tT-:» 


17:: 


iljö  (»i-ograuiliscb«  Zeitachriff 

f^'r.  Allred   11,  i„   jj,  ,        .         ,    •  . 

u         ,r.vw,.,,  V  lygelbau^T  Un.l- 

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•"'•ii^'  Li    »;l  ,L  auch  JJ 


9  #■* 


Eduard  Richter. 

Von  Gtoorg  At  LukM. 

Immer  aaltonar  wird  es  bei  der  stetig  fortaelirriteiideii  Arbeitrteilimg  auf 

allMi  Gebieten  menschlichen  Wissens  and  Könnens,  daß  der  sichere  Blick  und 
das  sntrefEende  Urteil  des  Einzelnen  einen  größeren  Umkreis  beherrschen  als 
dns  meist  schon  allzu  große  Boreich  des  eigenen  Faches.  In  den  Grenz- 
gebieten, welche  zu  benachbarten  Wissenschaften  hinüberleiten,  erlahmt  not- 
gedrungen jede  .selbständige  Forschung,  wenn  auch  da  und  dort  persf^nliche 
Befähigung  und  Neigung  den  Kreis  ^'oistii»er  Interessen  etwas  weiter  ziehen; 
nur  wenige  Bevorzugte  vermögen  mehr  als  ein  Feld  wisseuschaftlicher  Arbeit 
erfolgreich  zu  bebauen. 

Es  ist  nicht  sn  leugnen,  daß  sieh  der  Geograph  gerade  in  Folge  der  sonst 
oft  beklagten  Weitsebiehtigkeit  seines  Ftehes  hier  in  einer  gOnstigeren  Lage 
befindet:  sososagen  pfliehtgendlß  hat  er  sn  Tersdiiedenen  HHssenssweigen  Be> 
siehni^n  sn  nnteifaalten,  die  über  den,  andi  bei  andern  Wissensehaften 
gebotenen  Umfang  des  geistigen  Horizonts  hei  weitem  hinausreichen.  Die 
Erdkunde  verknüpft  einander  anscheinend  ganz  Fremdes  darch  logische  Ge- 
dankenreihen, sie  weiß  von  gesichertem  Boden  aus  zu  dem  Abgelegensten 
eine  Brücke  des  Zusammenhanges  zu  bauen;  hierin  li<'gt  ihre  spezifische 
Eigenart,  auf  solche  Weise  vermag  sie  neue  and  selbständige  Erkenntnisse 
au  erscbließiMi. 

Bleibt  der  Geograph  vor  Einseitigkeit  sicher  bewahrt,  so  erschwert  ihm 
anderseits  doch  gerade  der  Beziehungsreichtum  jedes  Teilgebietes  seiner 
Wissensebaft  «ne  ausgebreitete  prodnktiTe  Forsclrang.  Dies  wird  schon  der 
empfinden,  der  allein  die  „natorwissensdbaftliche**  Biehtung  der  Erdkunde 
pflegt;  wie  ^iel  mehr  aber  der,  dem  auch  die  „historische**  Geographie  als 
ein  wesentlicher  Bestandteil  des  Faches  erBchont,  und  dmr  in  der  befimch> 
tenden  Wechselwirkung  beider  Bichtungen  Wesen  und  Ziel  seiner  Arbeit 
erblickt.  Die  meisten  älteren  Geographen  kamen  von  andern  Wissenschaften; 
es  ist  selbstverständlich,  daß  sie  sich  innerhalb  der  Erdkunde  jener  Richtung 
zuwandten,  welche  die  nächste  Verwandtsthaft  mit  ihrer  bisherigen  TjauflKihn 
zeigte.  Nicht  allen  ist  es  jedoch  treiungen,  das  G«'sanitgi'l)i>'t  der  (Icographie 
so  zu  durchdringen,  daß  sie,  ohrn^  die  Fühlung  mit  ihrem  Ausgangspunkte 
zu  verlieren,  auch  das  entfernteste  Feld  mit  den  Waffen  ihres  Geistes  er- 
obern and  siegreich  behaupti^u  konnten. 

Ein  solcher  Oeistesheld  ist  am  6.  Febmar  vorigen  Jahres  in  Edaard 
Siebter  von  uns  gegangen.  Als  Historiker  hatte  er  angefangen,  war  als 
NaAnrforsoher  berlihmt  geworden,  Teigaß  aber  so  wenig  auf  die  Wissenschaft, 

OM«n»blMft«  MtMhrfil  iLJahrgaas.  190S.  S.B«ft  9 


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182 


Oeozg  A.  LukAi: 


der  er  seine  Jugendarbeit  geweiht  hatt«,  daß  ihn  auch  die  Vertreter  der 
Geschichtswissenschaft  mit  H^cht  den  Ihrigen  nennen.  Violen  schien  Richter 
ein  bedeutender  Mann,  obwohl  sie  nur  eine  Seite  seiner  Tätigkeit  kannten. 

Es  liegt  nahe,  hier  eines  andern  großen  Geographen  zu  gedenken,  der 
wenige  Monate  vor  Biditor  am  dem  Leben  tehied:  des  unrecgeilkhen  Fried- 
rieh RatseL  Sein  Weg  war  der  umgelcelurCe:  der  Natnrforseher  begründete 
die  ttAntbropogeograpbie**  und  aehfitcte  den  Menschen  vor  den  Angriffen 
jener  radikalen  lUehtnng,  die  ihn  ganz  ans  der  Erdkunde  yerweisen  wollte. 
War  auch  ihr  Weg  verschieden  gewesen  —  als  Gelehrte  waren  Ratzel  und 
Richter  einander  in  der  universalen  Beherrschung  ihres  Faches  gleich,  und 
gleich  schmerzlich  ist  deshalb  ihr  vorzeitiger  Verlast  zu  betrauern. 

Soll  im  Folgenden  der  Versuch  unternommen  werden,  Richters  inhalts- 
reiches Leben  und  sein  wissensihaftliches  Erträgnis  zu  schilderti,  so  bedarf 
es  nicht  des  liinwcises  daraui',  daß  an  dieser  Stelle  vor  allem  .seine  geo- 
graphischen Leistungen  eine  Würdigung  erwarten  dürfen;  doch  stehen  auch 
die  historischen  Schriften  zumeist  der  Erdkunde  nahe  und  bilden  einen  so 
'  wesentliöhen  Zug  im  Lebensbilde  des  Ftnachers,  daß  sie  nidit  gans  m  llber- 
gehm  sind.  Eine  kante  Dsntellung  seines  Lebensganges  mSge  Torerst  die 
Grundlagen  Teranschaaliehen,  auf  denen  Biditers  Tielgestaltiges  Lebenswerk 
emporwneha^) 

X.  Miiaxd  BlolHloss  Lebenagaiig. 

Eduard  Bichter  Terlebfee  seine  Jugend  in  Wiener  Nenstadt,  der 
Heimat  seiner  Matter  and  dem  Wohnorte  der  Großeltern  mfitteriidierseits. 

Seine  Wiege  hatte  zwar  in  Mannersdorf  am  Leithagebirge  gestanden,  aber 
schon  sieben  Monate  nach  der  am  3.  Oktober  1847  erfolgten  Geburt  dieses, 
des  sweiten  Sohnes  war  sein  Vater,  Justitiar  und  kaiserl.  Venv'alter  Alois 
Richter,  im  Alter  von  lU  Jahren  gestorben  (am  1.  Mai  1848),  und  damit 
hörten  auch  die  lieziehungon  der  Familie  zu  dem  kleinen  Dorfe  atif. 

Der  Vater  war  ein  geistreicher  und  munterer  Mann  gewesen,  wegen 
seines  unterhaltsamen  Wesens  und  schlagfertigen  Witzes  bei  Alt  und  Jung 
sehr  beliebt.  Er  hatte  juridische  Bildung  genossen  und  erwies  sich  hierin 
offenbar  tüchtig:  denn  er  wer  als  Kandidat  des  Wahlbesirks  Bruck  a.  d.  Leitha 
fttr  des  Eraokftirter  Parlament  aasersehen,  als  er  starb.  In  seinen  Mofie- 
standen  besohftflagte  er  sudi  gern  mit  der  Malkunst  Zeichnerisdie  Anlagen 
and  gesellschaftUohe  Talente  yererbte  er  seinem  Sohne  Eduard,  aber  nioht 
die  Neigung  cum  Bwufe  eines  Juristen. 

Ij  Zu  dieser  Lebensachilderuug  konnten  außer  persünlicheu  Erinnerungen  de« 
VerfftMen  der  noch  nngedrackte  antobiographisehe  Nachlaß  Richters  and  seine 

Reieetagebücher,  Aufzeichnungen  usw.  verwertet  werden,  wofür  Frau  Hofrat  Luise 
Richter  der  wännute  Dank  gebührt.  P>gilnznngen  in  Einzelheiten  bieten  die 
Nekrologe  von  Diener  (Ost.  Alpenzeitimg),  Erben  (Salzb.  Volksblatt),  Finster- 
walder  (Comm.  int.  d.  glac),  Gfinther  (Mitt  d.  Geogr.  Oee.  ICßaehen),  Janker 
(Qeogr.  Anz.),  Lukaa  (ÖhI.  Mittelsch.  u.  33.  Jahresber.  d.  Staatsoberrealschule  Graz), 
Marek  (Mitt.  d.  k.  k.  Geogr.  Ges.  Wien),  Marinelli  (Riv.  geogr  Ititl.),  Meli 
(D.  Geschichtebl.  ,  Penck  ^Wiener  Zeit  u.  Mitt.  d.  A.-V.),  Schünbai  h  :Grazer 
TagespoBt;,  Sieger  (Ost Rundachao),  Stfidl  (Bohemia,  Prag),  Wutte  (Klageufoiter 
Freie  Stimmen  a.  Ctuinthis  I.  a.  II.),  Z wiedine ek  (Gräser  Tagblatt)  o.  A. 


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Eduard  Richter. 


123 


Die  Mntter  Magdaleae,  geb<n«ne  Fronner,  zog  also  mit  den  beiden 

Knaben  (der  ältere,  Karl,  war  1842  geboren  worden)  nach  Wiener  Neustadt 
zu  ihren  Eltern.  Der  Großvater  Johann  Nep.  Fronner  (geb.  1785,  gest.  1849) 
widmete  seine  Kraft  als  bürgerlicher  Magistratsrat  dem  städtischen  Gemein- 
wesen und  als  Liebhaber  antiquarischen  und  historischen  Studien,  die  sich 
besonders  auf  die  Geschichte  seiner  Vaterstadt  bezogen.  Zu  diesem  Zwecke 
hatte  er  eine  ansehnliche  Bibliothek  zusammengebracht  und  verfaßte  selbst  ein 
Werk  über  die  Altertümer  Wiener  Neustadts.  Auf  die  Erziehung  der  Enkel 
konnte  er  bei  seinem  verhältnismäßig  firfiken  Tode  keinen  Einfloß  nehmen; 
ncfa  die  Großmutter  Aloisia,  geborene  Sdnister,  eine  Eanfinaonstoehter  ans 
Neustadt,  die  erst  1860  86jBliiig  starb,  nisohte  sieb  niebt  darein.  Diese 
Aufgabe  naihm  die  Mutter  alldn  auf  sush,  und  niemand  wird  der  Idugen  und 
vent&ndigen  Vma  das  Zeugnis  Teraagen  kOnnen,  daß  sie  ibie  Kinder  vor- 
trefflidi  su  erziehen  wußte. 

Zumal  auf  den  jüngeren  Sohn  Eduard  verwandte  sie  die  zärtlichste 
SoigiSalt,  da  sie  seine  Begabung  wohl  erkannte.  Er  wurde  1858,  nachdem 
er  die  zwei  oberen  Klassen  der  Normal  -  Hauptschule  absolviert  hatte,  in  das 
OjBinasium  im  Neukloster  gebracht,  das  der  Zisterzienser- Orden  mit  Lehr- 
kräften versah.  Der  anfangs  vorzügliche  Fortgang  erlitt  in  den  mittleren 
Klassen  etwas  Einbuße;  Schuld  daran  trugen  die  alten  Spruchen,  deren  Be- 
theb nur  mäüige  Begeisterung  erweckte,  aber  auch  die  interessanten  Bücher 
des  Großvaters,  die  der  Lesewai  des  Knaben  mm  Opfer  fielen,  und  sein 
kindUdier  Hang  naoli  Fniheit  und  üngebundeobeii  Spiele  mit  einer  lirmen- 
den  Frenndessehar,  Botanisieren  und  Inselrtensamnieln  —  das  war  freilieh 
BchOner  als  die  oft  listige  Arbeit  fftr  die  Schule.  Da  die  Mutter  aber  hierin 
nur  Kutwillen  und  Leichtsinn,  jedoch  nidit  die  Vcnrflbungen  des  sukAnftigen 
Naturforschers  zu  erblicken  vermochte,  so  gab  es  manchen  Ärger.  Übrigens 
blieb  Eduard  fiichter  auch  in  diesen  .Taliren  noch  immer  einer  der  besten 
Schüler  in  seinem  Jahrgänge,  und  als  er  älter  und  reifer  geworden  war,  er- 
obert« er  sich  leicht  den  ersten  Platz  zurück,  den  er  bis  zur  dritten  Klasse 
eingenommen  hatte. 

Dieser  Wandel  war  hauptsBcblich  das  Verdienst  der  ilutter,  die  den 
Sohn  mehr  durch  Belohnung  seiner  guten  als  durch  Bestrafung  seiner  üblen 
Eigenschaften  zu  bilden  strebte.  Selbst  für  das  Schöne  in  Kunst  und  Natur 
bsgeistarfe,  fiel  es  ihr  nicht  schwer,  auch  ihr  Kind  dafür  su  erwInnen. 
¥usih  und  Zeichnen  wurden  darum  eifrig  geübt,  ja  eine  Zeit  lang  schien  der 
Beruf  eines  Landsehaftsmalers  der  Enri^fong  wert;  der  üsingebildete  Hausarzt 
Dr.  Frans  Lorens  erteilte  kunstgesdiichtlifihen  ünteiricht  und  legte  den 
Grund  so  jenem  eindringenden  Kunstverständnis,  das  mau  später  bei  dem 
Gletscher-  und  Seenforscher  immerhin  nicht  in  dieser  Tiefe  voraussetzen 
honnte.  In  die  Naturwissenschaften,  besonders  in  den  damals  eben  seine 
Siegeslaufbahn  beginnenden  Darwinismus  führte  ihn  ein  älterer  Freund,  Oskar 
von  Kirchsberg.  ein.  .Aber  wichtiger  als  iill  »lies  frsclicineu  die  Reisen  und 
jähriichf-n  Somnierl'risi-hen  im  Gebirge;  von  seinem  sieln-nten  Le])ünsialiio  an 
machtf  der  Knabe  jeden  Sommer  Keisen,  um  die  ihn  seine  Mitschüh-r  bc- 
oeideteu,  und  die  selbst  nach  heutigen  Verhältnissen  beträchtlich  erscheinen. 

9* 


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124 


Georg  A.  Lnkii: 


Sie  hatten  allerdings  zumeist  die  Alpen  der  engerra  Heimat  imd  der  be- 
nachbarten Kronländer  Steiermark,  Ober-Österreich  und  Salzburg  zum  Ziele, 
führten  aber  1861  bis  Prag  und  Dresden,  1863  an  die  Gestade  des  adriati- 
schen  Meeres  nach  Triest  und  Venedig',  worauf  die  Alpen  an  ihrer  breitesten 
Stelle  über  Kiva,  Triont,  Bozen,  Meran,  Landeck.  Innsbruck  und  München 
durchquert  wurden.  Noch  ungewöhnlicher  als  diese  weiten  Fahrten  war  da- 
mals die  rjepflogenheit,  den  Si>mmer  auf  dem  Lande  zu  verbringen;  es  wurde 
nach  einander  in  Leoben,  Puchberg  am  Schneeberg,  Gmimden,  Karlsbad, 
Gntenstein  im  Wiener  WaH  nnd  wieder  in  Ouniiidan  Bfholungs-  oder  Kur- 
aufenthalt genommen  oder  wenigstens  —  wenn  man  ans  iigend  einem  Gmnde 
die  Ferienseit  Torwiegend  in  Wiener  Neustadt  rabraehte  —  die  nBhere  vnd 
weitere  Umgebung  dieser  Stadt  ausgiebig  dnrehstreift,  die  landschalUidi 
sehönsben  Punkte  wiederiiolt  aufgesucht  und  Ittohtora  Berge  bestiegen. 

Natürliche  Anlage  und  liebevolle  Anleitung  befähigten  den  Knaben,  dem 
Gesehenen  nicht  bloß  kindliche  Neugierdet  sondern  auch  wachsendes  ästbeti« 
sches  Empfinilen  entpegenzubringen,  zu  dem  sich  bald  ein  immer  stärkeres 
Verlangen  gesellte,  den  Ilütseln  der  Schöpfung  dureli  eigenes  Forschen  näher 
zu  treten,  die  lichten  Berghöhen  und  die  geheimnisvollen  Seetiefen  zu  ent- 
schleiern. 

So  ist  es  leicht  verständlich,  daß  die  Eindrücke,  die  der  heranwachsende 
Gymnasiast  von  Hochalpen  und  Waldbergen,  von  Meeresküste  und  Alpenseen, 
von  historiseh  und  ardiitektonisch  bedeutenden  Stidten  in  Stid  und  Nord 
mitbracbte,  einen  nuTertierbaren  Sdiata  bildeten,  der  sorgsam  gehegt  and  ge- 
mehrt wurde,  der  seben  Besitser  sur  Freude  der  treffliohen  Mutter  bald  Ton 
kindischem  Wesen  und  mutwilligen  Streichen  fernhielt  und  so  den  AbsehluB 
dw  Gymnasialstudien  ebenso  erfireulich  gestaltete,  wie  ihr  Anfang  gewesen 
war.  Die  Scliilderung  von  Alpenwandemngen  lockte  den  Jüngling  zuerst  zu 
schriftstellerischen  Versuchen,  die  immer  besser  ausfielen  und  den  günstigsten 
Einfluß  auf  seine  deutschen  Auf>^ätze  übten;  das  Lob,  welches  dem  Abiturien- 
ten dafür  von  dem  Laiidessrhulinspektor  zu  Teil  wurde,  spornte  ihn  an,  alle 
Kräfte  zur  Erlangiing  eines  ausge/eirhneten  Keil'ozeuguisses  zusammenzimehraen. 
Das  Maturitütsexamen  selbst  wurde  freilich  unerwartet  durch  die  kriegerischen 
Ereignisse  von  1866  sehr  erleichtert:  da  mau  in  den  Räumen  des  Gymna- 
siums Verwundete  unterbringen  wollte,  gab  man  allen  Schilleni,  deren  bis- 
heriger  Studiengang  ihren  Erfolg  verbürgte,  das  Zeugnis  ohne  mflndliche  Prü- 
fung.  Unter  diesen  Bevorzugten  war  auch  Eduard  Siebter. 

Als  der  nun  ISjfthrige  Jfingling  im  Herbst  1866  die  ünivenitftt  Wien 
bezog,  war  die  wichtige  Frage  der  Beruftwahl  bereits  entschieden:  er  hatte 
llberhaupt  nur  zwisdien  dar  historischen  und  der  naturwissenschaftlichen  Fach» 
gruppe  geschwankt,  eine  andere  als  die  philosophische  Fakultftt  war  gar 
nicht  in  Uetracht  gekommen.  Daß  er  Historiker  wurde  trotz  seiner  Natur- 
begeisttTung,  hatte  mehr  iiiißerliche  Grüiule.  Vom  Gesamt  gebiete  der  Natur- 
wissenschaften war  ilim  eigentlich  nur  die  „Naturgeschichte",  wie  sie  am  öster- 
rcithischen  (iymnasium  bis  zur  sechsten  Klasse  «relehrt  wird,  näher  bekannt; 
da  sie  jedoi'l»  im  Lehrjdan  der  beiden  obersten  Klassen  fehlt,  waren  ihre 
Eindrücke  etw^as  verblaßt,  und  die  Zwangsverbindung  dieses  Faches  mit  der 


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Edaard  BUhter. 


126 


Mathematik  machte  es  ihm  vollends  ungenießbar.  Seiner  Liebe  für  die  Alpen- 
welt konnte  er  sieb  ja  auch,  obne  Fachmann  zu  soin,  hingeben.  Dagegen 
hatte  auf  ihn  die  große  gesehn  litliobe  Vergangeubeit  dos  deutschen  Volkes 
stets  einen  besonderen  Keiz  ausgeübt,  der  durch  die  Einigungskämpfe  der 
sechziger  Jahre  nur  verstärkt  werden  konnte;  es  kam  noch  eine  gewisse,  da> 
mials  TOB  vielen  geteilte  romantisohe  Sobwftnnerei  Ar  das  Mittelalter  hinzu, 
deren  Befriedigung  Baehter  auBer  von  der  Historie  andi  von  germanistisoheii 
Studien  erwartete.  So  iriOilte  er  also  Gescfaidite  und  Deuteeh  m  seineni 
Lebensbemf;  daA  xnit  enterer  Geographie  Terbimden  sei,  beachtete  er  kanm; 
nach  seinen  Erfahrongen  ans  der  Oynmasialieit  verspradi  er  sieh  Ton  diesen^ 
FWbf  so  viel  wie  nichts. 

Wir  dürfen  es  ihm  wohl  glauben,  wenn  er  qpSter  die  Cberzeugnng 
aussprach,  die  Geologie  würde  am  besten  für  ihn  gepaßt  haben;  Neigung 
nnd  Befähigung  hätte  er  hierfür  reichlich  mitgebracht.  Allein  zur  Zeit  der 
Berufswalil  kannte  er  nur  den  Namen  des  Faches,  jedoch  nicht  dessen  Wesen 
und  Metbode;  niemand  klärte  ihn  darüber  auf. 

Ja  selbst  von  den  auserkorenen  Gegenständen  Deutsch  und  beschichte 
hatte  er  keine  klare  Vorstellung.  Deshalb  verursachte  das  germanistische 
Stndiniu  sof^ieh  eme  herbe  EattKosehung:  statt  erhebeadar  Worte  über  alt- 
deatsebes  Sefariiltiiiii  und  dessen  Wert  hOrte  er  in  den  Yorlesnngen  Frans 
Pfeiffers  nur  trockene  grammatikalische  Erörterungen.  Diese  schienen  ihm 
so  unertiiglieh,  daß  er  die  Gezmamstik  für  immer  aa%ab  nnd  sich  darauf 
beachrttakte,  gelegentlich  «n  literargesdiichiliehes  Kolleg  bei  Wilhelm  Scher  er 
ZIk  belegen. 

Glücklicher  war  er  mit  seinen  historischen  Bestrebungen.  .\s(  h]>ach 
und  Jäger,  besonders  aber  Ottokar  Lorenz  führten  ihn  in  die  Gos(  hichts- 
vrissenschaft  ein  und  leiteten  ilm  zu  eigener  Arbeit  an;  er  lieferte  eine 
stattliclie  Anzahl  von  Öeminararbeiteu,  die  sich  meist  auf  die  Zeit  der  Völker- 
wanderung bezogen. 

So  vergingen  zwei  Jahre,  lüchter  iühlte  sich  anfangs  ziemlich  ver- 
einsamt; abgesehen  von  den  Familien  iwner  Oheime  war  er  auf  den  Verkehr 
mit  einigen  Medisinem  beschrilnkt,  die  ans  seiner  engeren  Heimat  stammten 
nnd  mit  denen  er  im  Gasthaus  regelmiOig  snsammentraf.  Als  er  jedoch 
seine  Wohnung  in  die  Nihe  der  UniTersität  verlegte,  fiund  er  leichter  einen 
ihm  zusagenden  und  geistig  anregenden  Umgang;  er  wurde  Mitglied  einer 
Tafelrunde  von  Stndenten,  die  teilweise  Ihnliehen  ZiMon  zustrebten  wie  er 
selbst  und  die  alle  in  gleicher  Weise  von  jugendlichem  Idealismus  erfüllt 
waren.  Viele  fröhliche  und  lehrreiche  Stunden  verlebte  Richter  in  der  Ge- 
sellschaft dieser  Freunde,  unter  denen  sich  auch  seine  späteren  Grazer  Kollegen 
J.  Loserth  und  A.  E.  Scbönbach  befanden. 

Indessen,  so  gut  die  ersten  vier  Semester  angewendet  waren  —  noch 
ixnmer  wartote  der  junge  Student  aut  jene  „i^rleuchtung",  die  jedem  zu  Teil 
wird,  der  ndi  einftr  Wissenschaft  ganz  ergeben  hat  und  den  Ehrgeiz  besitzt, 
ein  erfolgreicher  Hitarbeiter  auf  ihrem  Qelnete  zu  werden;  er  muß  den  Weg 
klar  Tor  sich  sehen,  den  er  beschreiten  soll,  er  muß  die  Stelle  ahnen,  wo 
Schatz  begraben  liegt,  den  zn  heben  gerade  er  bemfiBn  ist! 


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126 


Georg  A.  Lukas: 


Für  Richter  kam  dieser  große  Augenblick  mit  dem  Beginn  des  dritten 
Studienjahres:  da  wurde  ihm  die  Balm  gewiesen,  der  er  bis  an  sein  Lebens- 
ende treu  blieb,  durch  drei  bedeutsame  Ereignisse.  Deren  erstes  war  sein 
Eintritt  in  die  akademische  Burschense  ha  ft  „Silesia",  der  einige  Mitglieder 
seiner  Tafelrunde  bereits  angehörten.  Nationale  Begeisterung,  wie  sie  schon 
damals  troti  1866  in  den  akademischen  Kreisen  OsterreiohB  hemchend  war, 
die  dnrdi  Bismareks  Politik  ihrer  Lösung  entgegengehende  dentoehe  Frage 
nnd  sonBchst  wohl  aneh  die  Freude  am  „Gonleaileben^  fthrten  ihn  in  die 
Reihen  der  Burschenschaft  Ihre  politisehen  Anschauungen  hehielten  auf  seinen 
eigenen  Standpunkt  maßgebenden  Einflufi,  wenngleich  der  reife  Mann  in 
manchen  Dingen  anders  dachte  als  der  feurige  Jüngling.  Das  Interesse  an 
politischen  nnd  besonders  an  nationalen  Vorgängen,  das  ihm  ja  schon  durch 
seine  Wissenschaften  nahe  gerttekt  war,  walirte  er  unvermindert;  doch  suchte 
er  keinen  AnlaB,  auf  diesem  Gebiete  lurvor/.utreten;  als  er  während  seines 
Rektoratsjahres  <b m  steiermärkiächen  Landtage  angehörte,  schloß  er  sich  der 
deutschen  Volkspartei  an. 

Für  seine  wissenschaftliche  Entwicklung  war  am  wertvoilsten  die  Be- 
kanntsdiaft  mit  dem  Historiker  Theodor  Ton  Sickel,  der  von  nun  an  Biditers 
einflußreiduter  Lehrer  und  maBgebendes  Vorbild  snn  sollte;  er  konnte  die 
Auftiahme  in  das  k.  k.  Listitnt  für  Scterreidiiaolie  Gesduditsfiorsdiung')  er- 
wiricen,  deshalb  strebte  man  mit  groBem  Eifer  des  Meisters  Znfiriedenheit  ra 
erlangen.  Streng  waren  seine  Anforderungen,  bestimmt  und  zielbewußt 
seine  Arbtttsmethode;  das  machte  auf  alle  Schüler  großen  Eindruck,  auch 
wenn  sie  —  wie  Richter  —  dem  Formalen  der  Urkunden,  anf  das  Sickel 
den  größten  Wert  legte,  weniger  Interesse  entgegenbrachten  als  dem  Rechts- 
inhalt und  gewissen  sachlichen  Mitteilungen,  z.  B.  den  unverständlichen  Orts- 
namen. Nach  einem  Jabr««  wurde  Richter  als  ordentliches  Mitglied  in  das 
genannte  Institut  aufgenommen :  es  galt  hier  besonders  historische  Hilfs- 
wissenschaften zu  betreiben  zum  Zwecke  sachgemäßer  Bearbeitung  der  Ottoni- 
echen  Urkunden,  die  eben  Ar  die  „Monumente  Qerroaniae**  druckfertig  ge- 
macht werden  sollten.  Den  Mitgliedern  stand  eine  unbesehxtnkte  Benntrang 
der  Uniyerrititsbibliothek  ftei.  Trots  ablenkender  und  aufregender  Erlebnisse 
im  Frühling  und  Sommer  1870  (durch  das  aehigihiige  Stiftungsüsst  der 
„Silesia'*,  den  deutsdi-frumOnschen  Krieg  und  mne  schwere  Erkrankung  der 
Mutter)  konnte  Richter  im  Oktober  dieses  Jahres  eine  sehr  gute  Lehramts- 
prüfung ablegen.  Im  nächsten  Jahre  (1870/71)  bereitete  er  sich  auf  die 
Institutsprüfung  vor,  für  die  eine  Art  Dissertation  über  ein  frei  gewähltet 
Thema  einzureichen  war.  Er  machte,  ganz  unbeeinflußt  durch  Siekel,  die 
österreichischen  Besitzungen  des  Bistums  Freising  zum  Gegenstand  einer 
historisch-geographischeu  Untersuchung,  die  den  Beifall  der  Examinatoren 
fand  Kiner,  Prof.  Jäger,  forderte  den  Kandidaten  auf,  sich  für  österreichische 
Geschichte  zu  habilitieren;  doch  waren  die  Aussichten  für  dieses  Fach  damals 
nicht  günstig,  und  Sickel,  dessm  Hilfe  entscheidend  gewesen  wftre,  verhielt 

1)  Vgl.  die  Festechrift  cur  Feier  seines  60 jahrigen  Bestandes,  verfaßt  von 
S.    OttenthaL  Wien  1904. 


EdQftrd  Richter. 


127 


sich  kühl  und  abiehnoDd.  So  wurde  nichts  daraus:  Bichter  unterließ  es  des- 
halb auch,  sich  um  das  Doktorat  zu  bewerben.  Er  wandte  sich  der  be- 
adieideneren,  jedoch  sicheren  Laufbahn  eines  rirymnasiallehrers  zu. 

Daß  er  sich  leicht  dazu  entschloß,  war  zum  großen  Teil  eine  Folpe 
des  dritten  Ereignisses  am  Beginn  des  fünften  Semesters:  zu  „Silesia"  uud 
Sickel  war  auch  Friedrich  Simony  getreten.  Im  Herbst  1868  begann 
Richter  die  Vorträge  dieses  Altmeisters  der  geographischen  Forschung  zu 
hSreo;  doch  Bimony  las  gerade  Uber  matiMmattBehe  Geographie,  der  numdw 
keiaen  Geeehmaek  abgewinnen  konnten;  im  geographiaehen  Seminar  wnrde 
fiut  mir  geseiehnet  NatnrwiseeniiohaftHdie  Beiehrang  hier  in  Bochen,  kam 
Bichter  gar  nicht  in  den  Sinn;  mnBchst  foad  «:  aie  anch  mdit.  Da  wagte 
er  im  Sommer  1869  seine  ersten  Hodigebirgstoiiren,  die  ihn  bis  in  die  Eis« 
regionen  der  ötztaler  und  Ortier- Gruppe,  sowie  in  das  Felsenlabyrinth  der 
Dolomiten  führten.  Als  nun  im  folgenden  Herbst  Simony  über  die  Alpen 
vortrug,  ergab  sich  leicht  eine  Anknüpfung,  die  dem  Schüler  durch  das  über- 
aus liebenswürdige  und  wohlwollende  Wesen  des  Lehrers  sehr  erleichtert 
wur<l»'.  Bald  war  Richter  auch  in  dessen  Familie  wie  zu  Hause  und  unter- 
nahm keinen  wichtigeren  Schritt,  ohne  den  Rat  des  viiterlichen  Freundes  zu 
hören.  Simony  ebnete  ihm  den  Eintritt  ins  Lehramt,  wohnte  seiner  ersten 
Lehrstunde  im  Realgymnasium  auf  der  Landstrafie  in  Wien  bei  und  empfahl 
ihn  naeh  Ablanf  dea  ProbidahrM  fttr  einen  Posten  an  der  Wiener  Handels- 
akademie, ans  dem  aUercÜngs  nidits  wurde;  doch  bot  sich  mn  Ersati 
hierfBr  am  Staatsgymnasiom  in  Sald>nrg.  Simony  riet,  die  Stelle  anranehmen; 
wenige  Standen  spftter  —  am  80.  September  1871  —  war  Bichter  bereita 
auf  dem  Wege  dahin. 

Selten  hat  der  Wohnort  auf  die  Lebensarbeit  eines  Forschers  derart 
nachhaltig  eingewirkt,  wie  Salzburg  auf  Richters  Sinnen  und  Denken.  Den 
Historiker  mußte  der  althistorische  Boden  des  Erzstiftes  zur  Versenkung 
in  die  reiche  (ieschichte  des  Landes  und  der  Stadt  auffordern;  in  eleic  her 
Weise  beeinflußte  ihn  auch  ein  Kreis  edler  Freunde,  in  dem  der  junge,  kaum 
24jfthrige  Gymnasiallehrer  allsogleich  herzliche  Aufnahme  fand.  Die  Ver- 
pflichtungen des  Berufes  jedoch  und  die  herrliche  Bergwelt,  die  durch  das 
obere  Salsachtal  erschlossen  wird,  machten  ihn  nun  Geographen;  zeit^ 
lebens  blieben  f&r  ihn  die  Bichtangen  gelehrter  Ariwit,  in  die  er  damals 
emirat,  bestimmend,  sie  haben  seben  Böhm  im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes 
begründet 

Gleichwohl  darf  nicht  verschwiegen  werden,  daß  sich  Bichter  in  spä- 
tersn  Jahren  After  den  Vorwurf  machte,  er  habe  die  Beziehungen  zur  Besidens 
nnd  besonders  zur  Universität  durch  seinen  raschen  Entschluß  ku  leichtfertig 
abgebrochen  und  sieh  so  die  akademische  Laufbahn,  der  er  im  Grunde  seines 
Herzens  immer  zustrebte,  unnötig  erschwert.  Abtr,  wenn  dies  auch  in  ge- 
wisser Hinsicht  zutreffen  mochte,  er  vergaß  doch  seihst  nicht  die  Orfinde 
namhaft  zu  machen,  die  tiir  seine  Übersiedlung  naeh  Salzburi;  sprachen;  es 
waren  deren  so  viele  und  so  schwerwiegende,  daß  er  auch  als  gereifter  Mann 
nach  JahRehnten  sugeben  mnBte,  er  würde,  wenn  Uun  wieder  die  Entsdiei« 
dang  anheimgestellt  sei,  nidit  anders  handeln  kOnnen  als  damals.  Vor  allem 


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128 


Georg  A.  Lnkfts: 


fesselte  ihn  nach  Abschluß  seiner  Studien  nichts  mehr  so  reclit  an  Wien  und 
die  alte  Heimat ;  diu  hatte  übrigens  durch  den  kurz  vorher  erfolgten  Tod 
seiner  gut^n  Mutter,  die  im  Sommer  1871  im  Alter  von  67  Jahren  gestorben 
war,  zu  bestehen  aufgehört.  Mit  zärtlicher  Sorgfalt  hatte  sie  den  Lebeus- 
gang  des  Sohnes  aus  der  Feme  behütet,  ohne  doch  auf  seine  Eui.scliließun<reu 
Einflnfi  sa  nehmra;  rie  sah  woU,  dtA  «r  etiut  «nd  «dbaiftiidig  genug  sei, 
um  sainen  eigenen  Weg  m  gehen,  und  daß  dies  kein  fiüaeher  smn  konnte, 
schien  ihr  völlig  sidier.  In  Wien  wftre  es  hauptsftofalich  die  üniveiritftt  ge- 
wesen, die  Bichter  hitfee  festhalten  können;  da  aber  die  AussiGhten  anf  eine 
Habilitiening  so  ungünstig  als  möglich  standen,  so  fiel  diseer  Gnmd  eben- 
falls hinweg,  zumal  Simony  versprochen  hatte,  für  seine  Rückberufung  ge- 
legentlich sorgen  zn  v«roIlen.  Er  empfand  vielmehr  das  Verlangen,  der  Groß- 
*itadt-Atmosphare,  die  bei  ununtcrbntcbeuer  Einwirkung;  auch  eine  Art  Philister- 
tum zeiti<,'t,  w»>nigstens  für  einige  Jahre  zu  entrinnen.  Und  wohin  hätte 
er  sich  lieber  gewendet  als  nach  Salzburg?  Im  Sonuuer  1871  hatte  er  nach 
glücklich  beendeter  Studienzeit  die  Hohen  Tauern  kreuz  und  quer  durchstreift, 
hatte  die  meisten  ihrer  Hochgipfel  bezwungen  und  sich  an  der  Erhabenheit 
der  Bergwelt  ftnnlieh  beransoht.  Dabei  war  er  mit  hervorragenden  Alpi- 
nisten in  BerOhmng  gekommen,  hatte  mit  dem  bekannten  Alpmfinrande  Jo- 
hann Stfldl  (ans  ^ng)  eine  Beihe  von  Hoehtouren  gemaeht,  daranter  aooh 
eine  Erstersteignng  (der  SdiUeferqpitse),  und  war  durch  seine  treffliohe,  ans 
dem  Stegreif  gehaltene  Bede  anläBlich  der  EnthOllung  einer  Gedenktafel  IBr 
JKarl  Ilofmann  bereits  zu  einem  gewissen  Rufe  gelangt  Mit  Stüdl  hatte  er 
dann  die  Generalversammlung  des  Deutschen  AJpenvereins  zu  Salzburg  be- 
8Ui;ht  und  war  von  dem  neugewonnenen  Freunde  in  die  Familie  v.  Frey  ein- 
geführt worden,  mit  der  weiter  in  nahem  Verkehr  zu  bleiben  sein  lebhafte- 
ster Wunsch  sein  mußte:  machte  er  doch  wenige  Monate  später  die  Tochter 
des  Hauses  zu  seiner  geliebten  (Jattin. 

Daß  er  unter  solchen  Umständen  gern  nach  Salzburg  ging,  wo  er  seinen 
Bergen  nahe  sein  konnte,  wo  ihm  das  schönste  Glück  winkte,  erscheint  wohl 
begreiflich.  Aber  auch  die  Stelle  am  Gymnasium,  in  dessen  Verband  er  nun 
eintrat,  konnte  ihn  durchans  befriedigen;  fand  er  doch  Voigesetzte,  die  seinem 
wissenschafilicben  Streben  volles  Verstftndnis  entgegenbrachten  nnd  ihm  seine 
dienstlichen  Verpflichtongen  erleichterten,  sovid  in  ihrer  Macht  stand. 
Dies  galt  besonders  von  dem  auch  als  Geograph  bekannten  Direktor  Dr.  Her- 
mann Tick. 

Die  Frage  war  jetzt,  nachdem  sich  alles  so  glücklich  gefügt,  welche 
wissenschaftliche  Richtung  eingcschlafjen  werden  soll»';  Uichter  hat  sich  spilter 
selbst  deslialb  getadelt,  daß  er  nicht  von  .Vnfang  an  jenen  historisch-geo- 
graphisclitn  Themen  treu  geblieben  sei,  denen  er  mit  seiner  jjelungenen  In- 
stitutsarbeit über  die  Freisinger  Besitzungen  näher  getreten  war.  Indeß  sah 
er  sich  schon  durch  sein  Lehramt  genötigt,  auch  andere  Probleme  ins  Augo 
an  ftsseu.  Er  schien  dem  DirM>r  der  geeignete  Mann,  den  Geographie- 
ünterridit  an  der  ganzen  Anstalt  su  flbemehmen;  dieser  Aufgabe  glaubte 
sieh  jedoch  der  junge  ffistoriker  nicht  gewachsen.  Er  war  eben  ein  JUnger 
,der  QesdiidLtBwissenschaft  geblieben  —  trotz  Simony  —  nnd  hatte  mit  der 


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Bdnftrd  Biobter. 


129 


Erdkunde,  wie  sie  diesor  TOrbrug,  nur  durch  die  Alpen  Fiihlnnj^  gewonnen. 
Da  galt  es  nun,  all  das  nachzuholen,  was  auf  der  Universität  versUnrat 
worden  war,  besonders  die  grundlegenden  Kapitel  der  physischen  Geo- 
graphie. Bald  nahm  der  (Jegenstand  sein  Interesse  ganz  gefangen,  nament- 
lich soweit  er  daj$  Hochgebirge  damit  iu  Beziehung  setzen  konnte.  Lni  zweiteu 
Jahre  seine«  Salxborger  Anfenthftlts  Termoehte  er  bereits  produktiv  aufzu- 
triteD:  «r  Ttr&Bte  nun  28.  Jahresbericht  semer  Anstalt  (1873)  eine  Ab- 
handliing,  betitelt:  »Das  Oletscherphftnomen'*,  worin  Tersncht  war,  das 
dantttige  Wismd  TOn  den  Gletschern  naaimnenfassend  dannstellen.  Es  ist 
Biehters  erste  im  Drack  erschienene  Arbeit  von  rein  wissensehafÜichem 
Charakter;  sie  gab  den  Ton  an,  anf  welchen  seine  gesamte  Tfttiglteit  vor- 
wiegend gestimmt  bleiben  sollte.') 

Durch  das  „Gletscherphänomen*^  und  touristische  Aufsfttse,  die  seit  1872 
in  der  Zeit.schrift  des  D.  u.  0.  Alpenvereins  erschienen,  wurde  der  junge 
Salzburger  Gymnasiallehrer  in  kurzer  Zeit  eine  in  alpinen  Kreisen  hekuniite 
Persönlichkeit,  die  ^rasch  in  <ien  Vordergrund  trat.  Noch  in  spHteren  Jahren 
tat  sieh  Richter  gern  etwas  darauf  zu  (lute,  daß  er  auch  einmal  ein  „be- 
rühmter Bergsteiger''  gewesen  seL  Diesen  liuhm  verdankte  er  freilich  zuju 
TmI  dem  groBen  ünglüek,  das  ihn  dnieh  den  Tod  seiner  jungen  Gattin  nach 
kaom  eiq^Uiriger  gUtekliehster  Ehe  getroffen  hatte;  in  den  Bergen  suchte  und 
ftad  er  die  Rohe  des  Hersens  wieder.  Aber  auch  jetst  blieb  er  mit  8ab> 
bug  eng  Terbunden,  umsomehr,  als  ihm  dort  aus  dner  sweiten  Ehe  neues 
Glitek  eri>lühte;  die  freudigen  und  traurigen  Erlebnisse,  die  Arbeiten  des 
Berufs  und  der  Knfie,  der  Freundeskreis  und  die  stets  wachsende  Last  von 
Verpflichtungen,  die  er  sich  —  nicht  immor  freiwillig  —  aui'bOrden  ließ, 
alles  trug  doch  dazu  bei,  daß  er  naoSl  seinen  Interessen  und  nach  seiner  Ge- 
sinnung vollstiindig  zum  äaUborger  wurde  und  au  eine  Rückkehr  nach  Wien 
kaum  noch  dachte. 

Obwohl  ihn  schon  sein  Lelu"ainl  zlenilii  h  stark  in  Anspruch  nahm  und 
tr  seincu  dienstlichen  Vei-pÜichtungen  mit  großer  Gewissenhaftigkeit  nachzu- 
kommen strebte,  mußte  er  seine  leistungsfähige  Kraft,  die  in  der  kleineu 
Stadt  nicht  lange  verborgen  bleiben  konnte,  bald  den  verschiedensten  Yeremen 
and  Instituten  snr  Yerillgnng  stellen.  So  wurde  er  Mitglied  der  Prflfungs- 
kommisnon  filr  Volks-  und  BflrgersohuUehrer,  Ausschußmitglied  der  Gesdl- 
sdiaft  für  Salzbnrger  Landeskunde,  deren  „Mitteilungen**  er  1876 — 1883 
redigierte,  femer  Mitglied  der  Museumsverwaltuug  und  im  Ausschuß  der 
Alpenvercins- Sektion  Salzburg  zuerst  SohriftfOhrer,  dann  durch  mehrere  Jahre 
Vorstand. 

In  den  „Mitteilnnireu  der  Gesellschaft  für  Salzburffer  Landeskunde"  und 
an  anderer  Stelle  ersclüenen  bis  1881  zaliliflilie  griißcre  und  kleinere  Arbeiten 
nieiöt  zur  Landesgeschicht*  der  Provinz  Iiis  /uriick  in  die  prühisturisclie  Zeit; 
ein  näheres  Eingeheu  auf  diese  rein  geschichtlichen  Arbeiten  müßte  aus  dem 

1^  .\l8  überhaupt  erste  im  Druck  erschienene  Arbeit  Richters  ist  eine  in  der 
..Z.  f.  d.  öaterr.  (JymnaBien**  1S71  verr.ffcntlirht"  Rezotinion  über  Jos.  Zahns  „Codex 
diplomaticuB  Auätriuco-Friaingensis'  zu  uouueu,  eiu  Werk,  welches  er  bei  der  oben 
enrihBten  LutitutMobeit  Qber  die  Freisinger  Besüsangen  vOTsogsweise  brautat  hatte. 


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130 


Oeorg  A.  Lakai: 


Rahmen  dieses  Nachnifes  fallen.^)  Wohl  aber  ist  der  historisch-geographi- 
schen Studien  Richters  zu  gedenken,  die  von  1875  an  10  Jahre  lang 
ehne  Unterbrechung  mit  seinen  Gletscherforschungen  parallel  laufen  und 
denen  er  einen  der  größten  wissenschaftlichen  Erfolge  seines  Lebens  ver- 
dankte. Einerseits  waren  ihm  diese  Probleme  durch  die  Arbeiten  in  Sickels 
Seminar  und  im  Inatitnt  flr  OrtermdusdiA  CMhiditsfoEMiiiiiiig  noob 
in  fnaeket  Erinnerung,  anderseits  Teranlafite  ihn  seine  IiehrUltigk«t  am 
0 jmnasinm,  fiher  die  historische  Erdkonde  nnd  ihre  SteUiing  im  üntezriobt8> 
hetrieb  naohzadenken.  Hieraas  entstand  ein  1877  Terflffentlichter  Prognunm- 
anfeatz,  jene  Erinnerungen  aber  filhrten  ihn  darauf,  fftr  das  Salzburger  En- 
bistum  dieselbe  Arbeit  zu  leisten  wie  damals  für  Freising.  Daß  Vorarbeit«! 
auf  diesem  Gebiete  fast  gänzlich  fehlten,  ja  überhaupt  der  methodische  Weg 
erst  zu  finden  war,  machte  ihm  den  Gegenstand  nur  noch  reizvoller;  und  als 
er  1B85  mit  einer  umfangreichm  Abhandlung  über  „die  historische  Geo- 
graphie des  Er^stiftes  und  seiner  territorialen  Besitzungen"  hervor- 
trat, war  nicht  bloß  die  gestellte  Aufgabe  für  Siilzliurg  gelöst,  sondern  auch 
der  Weg  gezeigt,  wie  die  Kartographie  des  Mittelalters  zur  Aufhellung  dunkler 
Epochen  beiautragen  TennOehte. 

Gegenüber  diesen  mehr  gesehicfatlichen  Intevessen  bildete  der  Alpen - 
verein  dordi  seine  der  Bergwdi  gewidmete  Tätigkeit  in  Biohtsrs  Aürbeit 
das  entq>rechende  natmrw&nensdialUiche  Gegengewicht;  und  die  Ehrenimtei^ 
die  er  im  Vorstand  der  Sektion  Salzburg  bekleidete,  tragen  aar  Ausbildung 
seines  oft  bewunderten  organisatorischen  Geschickes  sehr  wesentlich  bei. 

In  noch  weit  höherem  Maße  dankte  er  dies  aber  dem  Ehrenamt,  das 
ihm  1888  zuliel:  er  wurde  damals  zum  Zentralpräsidenten  des  D.  u.  ö. 
Alpenvcrcins  gewühlt.  Als  solcher  erwarb  er  sich  unvergäuglicho  Verdienste 
einerseits  durch  die  Ausgestaltung  der  Voreinspublikationen,  denen  er  nach 
Möglichkeit  wissenschaftlichen  Wert  zu  geben  suchte,  anderseits  durch  <lie  Vor- 
bereitung der  meteorologischen  Station  auf  dem  Sonnblick,  die  Anregung  zu 
ausgedehnteren  OletsoherrermessungeD,  die  Mappierong  des  Berchtesgadener 
Landes  und  mancherlei  gemeinnfltdge  üntemehmnngMi.  In  jeder  Hinsieht  be- 
deutete die  Zeit,  als  Saliburg  Vorort  war,  einen  Höhepunkt  in  der  Geschichte  des 
AlpenTcreinB.  Daß  aber  der  nodi  nicht  36jilirige  G^mnasialprofessor  durdi 
al^emeines  Vertrauen  an  die  S{ntse  des  Gesamtvereins  bemfon  wurde,  er- 
klirrt sich  nicht  sowohl  aus  seiner  persönlichen  Eignung  für  diesen  ehren- 
vollen Posten,  sondern  mehr  noch  aus  dem  wissenschaftlichem  Ansehen,  das 
er  sich  als  Alpenforscher  während  der  unmittelbar  Torangegangenen  Jahre  au 
erwerben  verstanden  hatte. 

Es  bandelt  sich  hierbei  wieder  um  jene  Arbeiten,  an  die  man  eigent- 
lich zuerst  denkt,  wenn  man  Richters  Namen  nennen  hört:  um  die  Gletscher- 
forschung, die  er  seit  1873  nicht  mehr  aus  den  Augen  ließ.  Im  Jahre  1879 
war  er  in  der  Schweiz  gewesen,  um  den  internationalen  alpinen  Kongreß  zu 

1)  Ein  vollstilndiges  Verzeichnis  der  gedruckten  Schriften  Richters  versuchte 
ich  zu  geben  in  der  Prograuimabhandlung  „Eduard  Kichter.  Sein  Leben  und 
seine  Arbeit**  Beilage  zum  3S.  Jahreebericht  der  k.  k.  Staats-Obeireabchule  in 
Graa,  1905. 


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Ednftrd  Bichter. 


181 


Genf  (l.  u.  2.  Aug.)  zu  besuchen;  dieser  und  die  damit  verbundene  Schweizer 
fieise  brachte  ihn  auf  oinen  Gedanken,  der  ihm  noch  prößeren  £rfolg  boschied 
Als  jener  methodische  Fund  in  der  historischen  Geographie. 

Er  konnte  im  Chamonix-  und  Zermatt-Tal  nicht  bloß  seine  Kenntnis 
der  Gletscherwclt  in  erwünschter  Weise  bereichem,  er  fand  auch  Gelegen- 
heit, auf  der  Furka  die  Arbeiten  der  eben  begonnenen  Bhonegletscher-Ver- 
BWMong  m  beoebtigeD.  Kaeh  dem  langjährigen  Bfickgang  der  alpinen  Eae> 
strOme  stand  eben  wiedor  «n  VorstoB  sa  erwarten;  jede  in  dieser  Zeit  yor- 
genommene  genaue  üntersncbnng  mußte  daher  hoben  Wert  erlangen.  Bichter 
&Bt0  den  Plan,  nach  dem  Beispiele  der  Schweixer  bes.  A.  Favres  fllr  einige 
OMseber  der  Ost- Alpen  auf  eigene  Faust  etwas  Ähnliches  zu  versuchen.  Nach 
Hanse  snrQckgekehrt,  ließ  er  sich  im  Winter  auf  1880  von  einem  ehemaligen 
Mappieningsoffizier  in  die  FeldmeBkunst  einführen,  und  als  der  Sommer  kam, 
zog  er  für  längere  Zeit  in  die  Hochregionen  der  Tauem  hinauf,  um  den 
Karlinger-  und  Obersulzbach-Ctletschor  zu  vermessen.  Die  auf  solche  Weise 
entstandenen  wisseasehat'tlichen  Abhandlungen  und  Karten  erschienen  sämt- 
lich in  den  Publikationen  des  D.  u.  Ö.  Alpenvereins  und  hoben  deren  ohne- 
bin schon  bedeutenden  Wert  nicht  minder,  als  der  Kuf  des  Verfassers  hier- 
dnndi  gewann. 

Znm  Zwecke  seiner  Gletscberstndien  hatte  «Bichter  seit  dem  Beginn  der 
ttsbzi^er  Jahre  die  sommerlichen  Belsen  und  Bergwanderungen  fiist  aus- 
sebließlieh  auf  die  Alpen  beschränkt,  die  er  denn  auch  bis  xom  Mont  Blano 
und  G^ran  Paradiso  auf  das  grOndlichste  kennen  lernte;  es  gibt  wenige  Grup- 
pen, die  sein  Fuß  zwischen  1871  und  1885  nicht  betreten  hätte,  und  schier« 
zahllos  ist  die  Menge  der  Gipfel,  die  er  erstieg.  Selten  fehlte  er  in  dieser 
Zeit  auf  den  Generalversammlungen  des  Alpenvereins  und  auf  den  Geographen- 
tagen, die  ihm  vielf  persönliche  Freunde  verschafiTten;  auch  hatten  die  vielen 
Vorträge,  die  t-r  Ix-i  diesen  und  aiiÜHrn  Gelegenheiten  hielt,  vor  allem  aber 
seine  z.  T.  liahnbrcrheiulen  Arl)eiten  auf  dem  Gebiete  der  historischen  und 
der  physischen  Erdkunde  die  wissenschaftliche  Hedeutung  des  nun  38jährigen 
Gelehrten  über  das  gewöhnliche  Mafi  hinausgehoben. 

Noch  immer  jedoch  oblag  ihm  eine  LehrrerpHichtung ,  die  er  trots 
gern  gewihrter  Erleiehterungen  als  drUdrand  onp&nd;  sn  enge  war  der 
&eis  geworden,  in  den  Schicksal  und  Beruf  den  jungen  Hann  vor  14  Jahren 
hineingestellt  hatten.  Wieder  lebte  die  Sehnsucht  nach  der  akademischen 
Laufbahn  auf,  und  auch  von  anderar  SertSi  wie  z.  B.  von  dem  wohlgesinnten 
Landesschulinspektor  E.  Schwammel,  wurde  er  in  diesen  Hoffiiungen  be> 
stärkt.  Der  bevorstehende  Rücktritt  Simonys,  der  1885  die  vom  öster- 
reichischen Gesetz  vorgesehene  Altersgrenze  erreicht  hatte,  mußte  zur  Neu- 
besetzung einiger  Lehrkanzeln  Anlaß  ireben.  Auf  8ick«"ls  und  Simonys  Rat 
holte  er  deshalb  im  Juli  desselben  Jahres  den  1871  versäumten  Doktor  nach 
und  im  Spätherbst  befand  er  sich  im  Vorschlage  für  das  durch  Tomasche ks 
Abgang  nadi  Wien  erledigte  geographische  Ordinariat  an  der  Universit&t 
Graz:  am  6»  Februar  1886  erfolgte  seine  Ernennung. 

Die  lotste  Untenriehtsstnnde,  die  Bichter  am  Salsburger  Gymnasium 
hielt,  fiel  auf  den  28.  Februar,  die  erste  Voriesung  an  der  Gräser  UniTenitftt 


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132 


Georg  A.  Lnkai: 


auf  don  8.  Mai.  In  den  lol^'euden  Monaten  beschäftigte  ihn  die  Zusammen- 
stf'llung  des  Matoiiiils  für  die  Kollegien  und  auch  sonst  gab  es  manches 
vurzuhereiten,  wenn  er  sein  akademisches  Lehramt  mit  Erfolg  versehen  wollte; 
denn  äußerlich  war  die  geographische  Lehrkaosel  m  0nuc  damals  etwas  'Arm- 
lidi  ausgestattet,  em  Zustand,  den  er  sofort  zu  bessern  trachtete.  Um  die 
EinfUhrung  Biehters  in  seinen  neuen  Mllrkungskreis  hat  sieh  niemand  größere 
Verdienste  erworben«  als  sein  Freund  Prot  A.  E.  SchSnbach,  der  ihm  mit 
Bat  uud  Tat  an  die  Hand  g^ng  und  auch  spftter  in  treuer  Freundschaft  er- 
gebMi  blieb. 

Diese  Arbeiten,  namentlich  die  Abfassung  der  Vorlesungshefbef  auf  die 
Richter  stets  größte  Sorgfalt  verwendete,  machen  es  begreiflich,  wenn  1886 
keine  nennenswerte  Publikation  ans  seiner  Feder  im  Druck  erschien.  Es 
mußte  überdies  erst  eine  Entscheidung  L'etroÜen  werden,  auf  welchem  Gebiete 
sich  seine  gesteigerte  Schaft'euskraft  zuuiichst  betätigen  sollte. 

Seit  Ferdinand  v.  Ilichthofens  Progranimrede  galt  geologische  Kenntnis 
als  ein  unerläßlicher  Bestandteil  geographischen  Wissens;  in  erster  Linie  erwuchs 
den  akademischen  Vertretern  des  Faches  die  Pflicht,  die  BmtnrwissenschaA- 
liehe  Seite  der  Erdkunde  gaaus  besonders  im  Auge  su  behalten,  FOr  Bichter 
war  dies  trots  seiner  „historischen"  Veigangenheit  nicht  allsu  schwer,  da  er 
an  Natnrbeobachtnng  gewOhnt  und  mit  einem  der  komplisiertesten  Gebiete 
unseres  Kontinents,  den  Alpen,  hinreichend  vertraut  war.  Seine  produkÜTO 
Tätigkeit  aber  setzte  naturgemäß  da  ein,  wo  sie  an  frühere  erfolggckrOnte 
Leistungen  anknüpfen  konnte:  bei  den  „Gletschern  der  Ost-Alpen^'.  Das  80 
betitelte  Buch  (18H8),  dessen  Anfänge  in  die  Salzburger  Zeit  zurückreichen, 
zählt  y.u  den  Hauptwerken  der  (ilazialliteratur  und  ließ  den  Autor  fortan 
als  den   eigentlichen  N'ertreter  der  Gletscherkunde   in  Osterreich  erscheinen. 

Als  Richter  seine  Gletscherstudien  damit  zu  einem  gewissen  Abschluß 
gebracht  hatte,  brauchte  er  nach  neuen  Aufgaben  nicht  lange  zu  suchen. 
Ein  eben  ausgearbeitetes  Kolleg  über  Oaeanographie  und  ein  Sommeraufent- 
halt  am  Wdrtiiezsee  1889  boten  die  Veranlassung,  daS  er  sich  nunmehr  den 
Seebecken  der  Alpenlinder  zuwandte.  Nodi  war  jener  erste  Ein- 
druck  nicht  verblafit,  den  der  neuiytthiige  Knabe  am  Leopddsteiner  See 
empfiuigen  hatte;  das  VerUmgen,  auch  diesem  herrlichen  Schmuck  unserer 
Bergwelt  wissenschaftlich  nahe  zu  kommen,  sollte  jetzt  gestillt  werden.  Die 
mit  Temperaturbeobachtung  und  Tiefenmessung  verbundene  Arbeit  war  so 
recht  nach  .seinem  Geschmack;  konnte  er  doch  tagelang  ununterbrochen  in 
der  freien  Natur  weilen  und  sich  au  den  prileUtigen  Bildern,  die  unsere  Seen 
zu  allen  Zeiten  bieten,  erbeben  und  erquicken.  Es  waltete  auch  ein  glück- 
licher Stern  über  seinen  .Seestudien,  die  ihn  von  1881»  bis  1894  vorzugs- 
weise beschäftigten:  er  konnte  dif?  einschlagigen  Forschungen  zum  gewünsch- 
ten Ende  führen,  es  gelang  ihm  eine  befriedigende  Lösung  wichtigster 
Probleme  su  finden  und  die  Wissenschaft  in  dieser  Biohtung  erheblich  zu 
bereicheni.  Hier  boten  ihm  die  üntersuchungen  seines  Freundes  F.  A.  Forel 
(in  Horges)  an  Schweizer  Seen  mafigebende  Anregung,  namentlidi  fDr 
Tmaparaturbeobachtuttgen;  bei  den  Lotongen  muBte  er  asik  ab«r  seinen 
eignen  Weg  suchen.  Was  er  in  beiden  Bichtungen  fand,  ist  in  zwei  grOßerea 


Eduard  Biehter. 


183 


Publikationen  niedezgele^^:  im  „Saenatlas^*  und  den  dazu  gelifirigen  „See- 
stadien'^ 

Hatte  Richt<»r  unsere  Kenntnis  dos  Hochgebirfjes  zunächst  dun  h  seine 
Gletschfrforschungpn,  dann  durch  die  Seestudien  getördert,  und  war  er  hier- 
bei, wenngleich  ohne  vorgefaßte  Absicht,  in  den  Bahnen  seines  Lehrers 
Simony  gewandelt,  so  trat  er  im  letzten  Dezennium  seines  Lebens  der 
Alpenwelt  noch  von  einer  dritten  Seite  wissenschalUiek  nfther,  wofür  ^r 
ESnflnB  seines  jüngeren  Freundes  Albreeht  Penck  und  der  rasche  Auf- 
sehwnng  der  morphologischen  Bicbtung  in  der  Geographie  bestimmend 
waren;  aadi  die  seit  1891  eingeftthrten  „SditAeiTeisen^  fordarten  eine  ein- 
gehendere  BeoehJiftignng  mit  dem  FonuensdiiAs  der  Srdoberflidhe.  Unmittel» 
bare  Anregnng  empfing  Richter  gelegentlich  eines  Ausfluges  ins  Riesengebirgo 
(1893)  unter  Partschs  Fflhmng,  er  kehrte  mit  der  Absicht  heim,  auf  die 
Kare  und  Hochseen  sein  Augenmerk  zu  richten.  Sollten  diese  Arbeiten  jedoch 
vollen  Wert  erlangen,  so  mußton  sie  über  die  Alpen  hinaus  ausgedehnt  werden, 
wenngleich  dio  „geomorpholoiri^chon  Untersuchungen  in  <l("n  Hoch- 
alpen" das  eigentliche  Arbeitsthctna  blieben;  mit  dieser  IIKH)  oi-schienenen 
Abhandlung  konnte  Richter  auch  seine  morphologischen  Forschungen  ab- 
schließen. 

Dia  nottc  Arbeitsriditttng  hatte  ihn  xum  Besuche  gar  mancher,  ihm  bis- 
her anbekannter  Teile  Europas  Teranlafit.  Seine  Reisen  waren  seit  1886 
in  Folgo  jener  willkommenen  Ändemng  der  ftuBeren  VeriUÜtnisse  flbexhanpt 
weit  aaUreidier  und  ausgedehnter  geworden;  nun  dienten  sie  auch  soldien 
Zielen,  die  nicht  auf  die  Alpen  beschränkt  blieben.  Er  hatte  1888  die 
Riviera,  1889  Nordwest-Deutschland  besucht;  die  Osterzeit  entführte  ihn  fast 
alljährlich  nach  dem  Süden,  meist  ins  österreichische  Litorale  und  nach 
Dalmatien,  aber  kam  er  bis  Rom  und  Neapel,  1H93  bis  Florenz.  Die 

sommerlichen  Ik-rgtouron  in  doii  Aljieii  wurden  womitglicb  notb  vermehrt 
und  erstn'ckten  sich  auch  auf  abgt*lf;,'('npre  (iruppen.  Seit  er  nun  den  Karen 
und  Hoibseen  nachsjnirtt*,  traten  auch  andere  ^Jebirge  in  den  Kreis  seiner 
wissenschaftlicheu  Interessen:  181*3  das  Kiesengebirge,  1896  die  skandinavi- 
schen Hochgebirge,  1896  Sehwarzwald  und  Vogesen,  1897  das  illyrische  Ge- 
biigdand,  1901  die  Tatra.  Besonders  die  von  der  kaiserlichen  Akademie 
der  Wissensehaften  xn  Wien  unterstAtacte  Reise  nach  Norwegen  war  die  Stn- 
dienfahrt,  deren  nch  Biohter  trots  der  aufierordentlichen  Ungunst  des  Wet- 
ters am  liebsten  erinnerte;  stand  er  doch  damals  auf  dem  Oipfel  seiner 
Leistungsfähigkeit:  weder  vor-  noch  nachher  vermochte  er  einer  anderen  Reise 
ähnlich  reiche  Ergebnisse  abzugevirinnen.  Neben  den  geomorphologischen  Be- 
obachtungen, die  den  ei<,'entlicbon  Reisezweck  bildeten  und  in  mehreren 
^»^fflicheu  Arbeiten  nieiicrtjelept  wurden,  enint'uii^'en  die  Oletscherforschung 
Wie  auch  die  darstellende  Laiulerkunde  eine  wertvolle  Bereicherung. 

Indessen  hatte  Hichter  auch  zu  Arbeiten  anderer  Art  Zeit  gefunden. 
l^^Ho  entstand  sein  „Lehrbuch  der  tieugraphie",  1894  gelangte  unter  seiner 
Redaktion  das  große,  vom  Alpen  verein  herausgegebene  Werk:  „Die  Erschliefiung 

Ostalpen**  cum  Absehlufi.  Von  1894-^97  stand  er  als  zweiter  Pr&sident 
asnerlieh  an  der  Bpitse  des  Gesamtrereins  und  Terwendete  seinen  EinfluB 


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184 


Georg  A.  Lukas:  Eduard  Bieliter. 


hauptsäclilich  im  Interesse  der  Gletscberforschung,  die  er  1891  nnd  1892 
durch  historisch -geographische  Arbeiten  über  die  Schwankungen  der  Alpen- 
gletscber  mächtig  zu  fordern  wüßt«.  In  gleichem  Sinne  wirkte  or  als  Mitglied 
und  später  als  Präsident  der  ,^ternatioualen  Gletscherkonmiiäsiou''.  Das  Leben 
des  Qelehrten  stand  jftrt  in  dam  Mafia  im  Dimasta  aaiiimr  Arbait,  daß  eine 
Sohildamng  des  erstopen  nicht  yUü  andares  bieten  kOnnte  als  eine  Dar- 
tt^nng  dar  letsteren,  die  im  folgenden  Absohnitt  Termidit  sein  toll. 

Ifanmg&ehe  Beweise  der  Wertsehfttmng,  deren  er  sieh  in  allen  ^sisan 
erfrente,  wivan  ihm  ein  schöner  Lohn  seiner  lasiloeea  TMigktii  1889  wurde 
er  zum  Dekan  der  philosophischen  Fakultät,  1899  zum  Rektor  der  „Univer- 
sitas  Carola-Francisca'*  gew&hlt;  der  „historisdie  Atlas  der  Alpenländer"  führte 
ihn  1900  in  die  Reihen  der  korrespondierenden,  1902  der  wirklichen  Mit- 
glieder der  Wiener  Akademie  der  Wissensrhaften,  und  1903  wurde  er  zum 
k.  k.  Hofrat  ernannt.  Zahlreiche  angesehene  ^  eroine  und  gelehrt«  Küi-per- 
schat'teii  zühltt-n  ihn  zu  ihrem  Ehrenmitglied,  in  den  Alpen  und  selbst  in 
übtrseeischen  Gebirgen  wurde  sein  Name  verewigt.  Diese  vielfache  Aner- 
kennung erfüllte  ihn  mit  Freude  und  Stolz  und  befriedigte  ihn  so  vollkommen, 
dafi  er  gar  nicht  daran  dachte,  seine  Stellung  aoidi  ftnfierUoh  sn  vevhessmi: 
zweimal  schlug  er  einen  Bof  an  die  Wiener  Üntrersitilt  ans. 

Nur  dne  Gunst  sollte  ihm  das  Schicksal  noch  gewihren:  sein  Lebenswerk 
SU  Tollenden.  Aber  gerade  diesen  hödisten  Wunsch  versagte  es  ihm  nnd 
raubte  ihm  die  Freude,  die  er  allein  noch  begehi-te.  ^ 

Es  muß  schon  lebhaft  beUagt  werden,  daß  Richter  nicht  mehr  Gelegen- 
heit fand,  seine  letzten  Reisen  nach  Rußland  (1897),  Frankreich,  Belgien 
und  Holland  (I9n0),  Sizilien,  Tunis,  Algier  (190,'^\  nach  Griechenland  und  in 
die  Türkei  (1901)  zumindest  für  die  Landschaftsschilderung  auszuwerten.  Aber 
noch  sclunerzlielier  war  es  ihm,  daß  er  die  drei  Hauptwerke,  die  seine  Arbeit 
krönen  und  absdiließen  sollten,  eines  nach  dem  andern  vor  der  Zeit  aufgeben 
mußte:  zuerst  seine  „Gletscherkunde^^,  die  zweite  Auflage  des  He  im  sehen 
Handbwdies;  dann  auch  die  „Landeskunde  Ton  Bosnien**  und  den  „historischen 
Atias^S  An  diesen  beiden  Werken  arbeitete  «r  fast  Ins  zu  snner  letrtm 
Stunde  mit  fieberhafter  Hast^,  und  hier  soll  sein  MOhen  wenigstens  nicht 
umsonst  gewesen  sein. 

Für  JUditen  kQrperlidhss  Befinden  bildete  seine  Reis  einst  den  besten 
Maßstab.  Reisen  bedeutete  ihm  recht  eigentlich  Leben  und  eine  gewisse  Ab- 
härtung und  Widerstandsfähigkeit  gegen  die  damit  verbundenen  Strapazen 
gehört  ja  (nach  einem  seiner  scherzhaften  Aussj)nk'lie)  mit  zur  Geographie. 
Während  er  von  jeder  Fahrt  ueugestärkt  an  Leili  und  Seele  zurückgekehrt 
war.  vernioehte  er  ziiletzt  nach  schwerer  Erkrankung  in  Konstantinopel  (1904) 
kaum  mehr  die  Heimat  zu  erreichen.  Die  Anstrengungen  des  Körpers,  be- 
sonders die  unzähligen  Bergbesteigungen,  die  mit  den  oft  ebenso  großen  Be- 
schwerden der  Schreibtischarbeit  abwechselten,  hatten  sein  Herz  so  geschwiefati 

1  So  Bchließt  eine  der  aus  E.  Kichters  Nachlaß  veröffentlichten  Abhandlunjren 
snm  „histur.  Atlas"  („Immunität,  Landeshoheit  und  Waldscheukimgen")  mit  der 
Bemerkung:  „Meise  schwere  Erkrankung  hindert  mich  leider,  diese  interessante 
Frage  nach  Wunsch  weiter  aassaführen.  Sl.  JAaner  1906.  Biähter/* 


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Hftnt  Heiderieb:  Yerftaderiiiigen  in  der  BevOlkeriiBg  xmw.  135 


daß  CS  nan  den  Dienst  Tenagtc  und  endlidi  ~  trotz  einer  scheinbar  erfolge 
reichen  Nauheimer  Kur  —  stillstand.  Es  war  gerade  der  6.  Februar,  genau 
19  Jaiire  nach  der  Emennong  Bichters  zum  ordentl.  Professor  an  der  üni- 
versiUt  Graz.  (Foctaetning  folgt) 


VerandemBgeB  in  der  Beydlkernn^  der  Vereinigten  Staaten  von 

Nerdamenka. 

Von  Haue  StatdeKiali* 

Der  Amerikaner  der  Zukunft,  —  wie  wird  er  aussehen  und  was  wird 
er  leisten?  —  so  mOohte  man  nnwiUkflxüch  fragen,  wenn  man  die  fut 
aOdite  man  sagen  tiglioh  steigende  Bedentnng  des  ^wattigen  westlidien 

Staatswesens  und  die  gegen  früher  bedeutend  vr  riinderten  heutigen  Ein- 
wanderungsverhaltnisse  in  Betracht  sieht  Wird  der  Yankee  die  dominierende 
Stellung,  die  er  heute  im  geparaten  wirtschaftlichen  und  kulturellen  Leben 
der  Union  einnimmt,  bfehaltf-n:  —  wird  er  dl«'  Soele,  das  Rückgrat  des 
Staates  bleiben  oder  wird  er  die.si'n  Kang  anderen  sich  erst  in  Zukunft  out- 
wickelnden und  von  ihm  durchaus  verschiedenen  Volksindividualitäten  abtreten? 
Wie  aber  werden  diese  neuen  Typen  des  Amerikanismus  beschatfen  sein  und 
welche  Stellung  werden  sie  der  übrigen  Welt,  namentlich  aber  Europa 
gegenfiber  einnehmen?  Tragen  Ton  gewaltiger  Bedeutung,  aber  schwer  oder 
Tieimehr  nnmOglieh  sdion  hente  b^tiedigend  zu  lOsen;  dodi  aber  dürfte  selbst 
sb  onsnllnglidier  mid  sUnenhalter  Versoch  naoh  dieser  Biehtong  des 
Interesses  nicht  glnstiofa  entbehren  und  in  Anbetracht  der  Wiehtigkeit  des 
Gegenstandes  hoffentlich  nicht  unwillkommen  sein. 

Ist  der  deutsche  Volkscharakter  gegenwärtig  in  Folge  der  verbesserten 
Verkehrsverhältnisse ,  der  Freizügigkeit,  der  Zuwanderung  fremder  Volks- 
elemente,  wie  der  veränderten  Existenzbedingungen  und  der  veränderten 
wirt.schaftlichen  Verhältnisse  überhaupt  in  einer  keineswetjs  unbedeutenden 
Lmbildung  begriffen,  so  ist  dies  beim  amerikanischen  Volke,  in  welchen 
Begriff  wir  alle  in  den  Vereinigten  Staaten  betindlichen  Volkselemente  ein- 
schließen, in  ungleich  höherem  Maße  der  FalL  Geographische  Eiuiiüsse 
sowohl  wie  auch  die  von  Jabr  zu  Jahr  in  ihren  Bestandteilen  wechselnde 
finwanderung  wirken  auf  die  amerikanische  Bevölkemng  ein,  ihr  stets  neue 
und  fremde  Volkselemente  hinsufOgend  und  sie  dadurch  fortwährend  ver- 
ludernd nnd  nmbildaid.  Wiiken  die  klimatischen  Einflüsse  sowie  die 
dar  Bodengestalt  einesteils,  dadurch  daß  sie  die  Terschiedenen  BMsen 
in  landschaftlicher  Begrenztheit  in  gleicher  Weise  umbilden  und  allmShlich 
einen  bestimmten  Bevölkerungstyp  hervorbringen  oder  der  Bevölkerung 
«ne  Reihe  von  bestimmten  gleichen  Charakter/ügen  aufprägen,  vereinheit- 
hiljend  und  dadurch  gleichsam  rassebildend,  so  bedingen  sie  andererseits 
Differenzierungen,  die  heute  noch  nicht  zum  Abschluß  gelangt,  ja  in  vielen 
Bezi«;hungen  durch  den  nomadischen  Charakter  der  Bevölkerung  vieler  west- 
licher Distrikte  kaum  im  Entstehen  begriffen  sind.  Letzteres  gilt  namentlich 
▼on  den  differenzierenden  Wirkungen  des  Bodens  und  der  Bodengestalt, 


186 


Hsni  H«idericb: 


z.  B.  der  scharfen  Ausprägung  des  Charakters  der  Gebirgsbevölkenuig  wi«  in 
OberbayfTn,  Tirol  usw.,  der  Fischer-  und  Schifferbevölkerung  usw.;  ja  nicht 
einmal  der  richtige  Bauorntypus  ist  bis  jftzt  beim  Anelo- Amerikaner  auch 
nur  in  seinen  Autangen  zum  Durchbruch  gekommen;  es  gibt  bis  heute  nur 
Farmer  und  das  sind  keine  Bauern.  Die  starke  physische  Verschiedenheit 
des  fahlen  Yankee  und  des  dem  Deutschen,  Skandinavier  u.  a.  ähnelnden 
und  wie  jeno  mit  HOBendar,  roiigar  Gwiehtibri»  behaftoten  Kalifomiers  läßt 
dagegen  die  'Wirkungen  des  Klimas  wah  diastiflcMe  herrortreton.  In 
der  Oatlillfte  der  Vereinigten  Staaten  sind  die  ünterBchiede  swiscben  N<Hrd 
und  Sfid  sidion  so  sdiarf  pointiert^  dafi  der  bisherige  Entwicklungsgang  eine 
weitere  Verscbarfimg  der  Verschiedenheiten  mit  Sioherbat  Toraossetien  llfii 
Hinza  tritt  auch  hier  als  ein  die  Differenzierung  beförderndes  Moment  die  Ab- 
stammung („Kavalier'^  im  Süden  und  ^undkopf"  im  Norden)').  Ohne  Zweifel 
aber  steht  fest,  daß  sich  ein  neuer  Rasse -Typ,  eine  neue  Spielart  des 
Angelsachsentuins,  d^r  sogenannte  Yiiukeetypus  in  den  Vereinigten  Staaten 
und  zwar  in  den  Neui  ngland-Staaten  gebildet  hat.  Ein  Typ,  in  dessen  Außerm 
viele  Gelehrte,  ob  mit  Recht  oder  Unrecht  sei  dahingestellt,  eine  allmähliche 
Anpassung  an  den  ludianertypus  bemerken  wollen. 

Weitere  Verftnderongen  werden  bedingt  durch  die  sich  größtenteils  wieder 
ans  geogiaiihisoben  GrOnden  ergebende  verlnderte  Lebensweise  and  doroh  die 
schon  erwähnte  so  stark  in  ihren  Bassenbestandteflen  ▼«rinderte  Einwanderong. 

Den  Amerikanern  selbst,  die  ihre  Einwandemng  mit  scharfem  Avge 
beobachten,  ersohdnt  sie  in  Folge  der  in  neuerer  Zeit  yerftnderten  Eigebnisse 
der  Einschrftnkung  bedürftig.  Eine  ganze  Reihe  von  erschwerenden  Bestim- 
mungen sind  in  den  letzten  Jahren  nach  dieser  Bichtang  hin  rom  Stapel 
gelassen  worden. 

Unsere  Stammverwandten  jenseits  des  Ozeans  sind  mit  pi-ußen  Cilücks- 
gütern  gesegnet,  aber  auch  bei  ihnen  fehlen  die  Schattenseiten  nicht.  Die 
Neger  im  Bind:  Jhlt  Itilden  einen  Pfahl  im  Fleische  der  Union,  der  in  seinen 
späteren,  ja  schon  den  gegenwärtigen  Wirkungen  seinesgleichen  in  keinem 
europäischen  Staate  linden  dürfte.  Alle  Gegensätze  innerhalb  der  doch  im 
Gmnde  gmommen  einbntlichen  und  weiBen,  der  „kaukasisdien  Bassel 
hörigen,  europftischen  Nationen  versinlcen  in  Nichts  gegenflber  diesem  Ungeheuern 
Bassengegensats.  Mag  sich  der  Neger  politisch  auch  noch  so  sehr  als 
Amerilcaner  fühlen,  dieser  Gegensatz  bleibt  bestehen.  Die  Neger  bilden  sdum 
heute  das  Problem  der  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika. 

8  840  789  Neger  und  Mulatten  Stauden  1900  den  66  990  802  Weißen 
gegenüber.  Alle  Hoffnungen  auf  ein  Emporsteigen  der  schwarzen  Rasse,  ein 
Hinauf'/.iehen  zur  Höhe  der  eigenen  Kultur  erwiesen  sich  als  trügerisch. 
Im  Gegenteil,  die  Mischlinge  eiitfeniteu  sieh  von  den  Weißen  —  seit  der 
Negeremanzipation  trat  wenig  weißes  Blut  hinzu  —  und  sanken  in  die  Un- 
kultur der  Selnvarzen  znniek.  Kein  Wunder,  denn  die  Beweggründe  und 
Motive,  die  eine  Vennisthung  der  genuauischen  angelsUehsischen  Amerikaner 

1)  Wir  /ieben  )i\>-y ,  also  unter  der  Bezeichnung  .  Kavalier"  und  ,,ninidkopf'% 
nur  die  englische  Einwamierung  in  Betracht,  vergleichen  also  nur  die  demselben 
Volke  aDgebOrigen  Elemente. 


uiyiii^cü  Uy  Google 


Yezänderungen  iu  der  BeTülkerang  der  Vereinigten  Staaten  usw.  137 

vitc  de^'  FaringtB  iigend  weldier  BasM  sfork  wtigoichriBkt-.'  oder  Ubeilianpt 
imÜt  togelsMtn  -  hatteni  bliel>eii  nnverkflixt  in  Geltang,  und  die  B^rwmg 

der  Sehwarzen  vom  Joche  der  Slnechtschaft  wsr  und  ist  in  sozialer  Hiusidit 
siditB  als  eine  schöne  Dlusion.  Der  Schwane  Web  auch  als  freier  Mann 
sozial  ein  untergeordnetes  Glied  des  Staates  —  ganz  abgesehen  davon,  daß 
er  sich  den  Stürmen  des  freien  Wettbewerbs  keineswegs  gewachsen  zeigte. 
Sogar  daü  ihm  gesetzlich  zustehende  Wahlrecht  wird  in  neuerer  Zeit  keines- 
wegs unparteiisch,  sondern  offen  zu  seinen  Ungunsten  gehandhabt,  ja  in 
einzelnen  Südstaaten  durch  die  Aufstellung  von  Bildungsvoraussetzungen  oder 
einen  komplizierten  Wahlmechanismus  gänzlich  ausgeschaltet.  Jeder  Misch- 
Uog  wurde. nad  wird  von  der  hemolieiideiL  Basse  als.  nicht  glsiehbeveebtigfc 
Uber  die  Achsel  ugeseben.  Natfirlich  geht  er  dahin,  wo  er  msbr  geeini 
und  aaerhmnnt  wird,  la  seioea  schwanen  Stammesbrfidem.  80  verdichtete 
sidi  die  NegerberOlkernng  immer  mehr  in  den  Sfidstaaten  der  ünion,  im 
sogenannten  BUuk  Bdi^  und  afrikanisierte  diesOi  Denn  von  einem  kulturelleh 
Emporsteigen  ist,  einzelne  der  großen  Masse  gegenüber  kaum  ins  Gewicht 
fallende  Ansnahmen  abgerechnet,  keine  Rede  —  eher  das  Gegenteil!  Der 
Aufschwung  des  Südens  aber  wird  schon  heute  dadurch  gehindert,  offene 
Rasseukämpfe  werden  sogar  in  letzter  Zeit  häutiger;  und  nach  Vollendung 
des  projektierten  interozeanischen  Kanals  und  der  sich  dann  als  notwendig 
erweisen<len  Regulierung  des  Mississippi  wird  man  dieser  Frage,  die  man 
iaixi  trotz  allen  vorhandenen  Interesses  noch  scheut  wie  der  Gebrannte  das 
Feuer,  nfther  treten  mflsien.   Ifit  welchem  Erfolg,  wird  ^  Zeit  liAiren. 

Die  gelbe  Oefkhr,  £e  Überflutung  mit  mongolischen,  chinesischen  n.  a. 
Elemeilten,  erwies .  sich  bis  jetit  als  nngefUirlidier,  als  man  geglaubt  hatte. 
So  wurde  mit  Erfolg  dnreh  die  seit  1879  dagegen^  erlassenen  chinesischen 
AiMtereinwanderungsgesetse  lurückgedSromt.  Es-  gibt  jetzt  nur  noch 
119  050  Chinesen  in  den  ganzen  Vereinigten  Staaten.  Dagegen  haben  die 
Japaner  zugenommen.  Ihre  Zahl  beziffert  sich  auf  86  000.  Auch  hier  kann 
al?o,  wie  das  Anwachsen  der  Japaner  zeigt,  die  Zukunft  Änderungen  bringen 
und  ein  stiirkeres  Herüberströinen  gelber  Volkseleraente  sehr  wohl  hi'rbei- 
fuhren,  zumal  sich  die  japantVeiiniili.  hc  politische  Haltung  der  Vcrcinigti-u 
Staaten,  das  Anwacbsen  Japans  und  die  ungeheure  Stiirkung  seines  Prestiges 
in  Ostasieu  kaum  mit  derartig  scharfen  Eiuwandenmgsgesetzen,  wie  sie  den 
Chinesen  gegenflber  angewandt  werden  konnten,  den  Japanern  gegenüber  ver- 
tngen  wfirde.  Ja  die  OhinesMi  selbst  madken  schon  Front  gegen  eine 
differensierte  Behandlung:  schon  beklagen  sie  sieh  Uber  die  ihnen  bei  der 
Einwniidemng  zuteil  werdende  Bdiandlung  und  drohen  die  amerikanischen 
Waren  so  boykottieren,  wenn  nicht  Abhilfe  geschaffen  werde.  PMsident 
Booserelt  bat  daher  die  Beh«")rden  unter  Androhung  sofortiger  Entlassung 
angewieeen,  chinesische  £auflente  und  Ki  t->'nde  ebenso  hrtflich  zu  behandeln 
wie  Ängoh'irige  anderer  Nationen.     Ein  bedeutsames  Zeichen  der  Zeit. 

Hinzu  treten  zu  allen  diesen  Volkselementen  noch  266  760  Indianer, 
die,  langsam  in  der  Abnahme  begriffen,  in  Folge  ihrer  geringen  Zahl  und 
der  Unmöglichkeit  irgend  welchen  Zuschusses  kaum  einen  nennenswerten 
Einfluß  auf  die  Bevölkern ngs Verhältnisse  ausüben  dürften. 

GMgn^UMlM  Z«ttwbrift  11  Jahrgang.  1106.  *.  Haft  10 


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138 


Hanl  Heideiioh: 


StrOmliB  frfiter  dia  Wuwwaämmthun  Mi  ta  Wagtotitttn  Son^aii 

ans  den  gernianischen,  keltiiditii  nnd  keltogermanitdiMi  Gefaieteii  nnserei 
Erdteils,  so  daft  sich  eiiM  wwigstens  einigennaSen  honogeM,  miinilatjont" 
fähige  Volksmasse  m  der  nenen  Welt  bilden  konnto,  so  seben  wir  heute 
große  Massen  slaviscber  und  italienischer  Nationalität  über  den  Ozean  ziehen, 
um  dort  eine  neue  Heimat  zu  finden  und  eine  neue  Existenz  zu  gründen. 
Ein  Vorgang,  der  seine  Kückwirkung,  falls  dadurch  der  Typus  des  Ameri- 
kaners verändert  würde,  zweifellos  auch  auf  Europa  ausüben  dürfte.  Zwar 
haben  die  Amerikaner,  wohl  eingedenk  der  guten  Folgen,  die  das  Verbot 
der  ChinimiiimnwaiidwfiMy  mät  skli  biMiile,  «im  genetiHohe  Kegelang  und 
Betobrlnkuag  der  Sinwanderung  TorgenoBUMn  —  eine  Maßregel,  mf  denn 
Beeoltata  man  nor  getpannt  aein  kann  — ,  doch  aind  aekon  iokhe  Maaaen 
dieaer  fremden  und  von  der  Inaheiigen  Berölkerang  ahweichenden  Blemente 
in  dem  westlichen  Staatswesen  anslBBig,  ebenso  dauert  ihr  Zunig,  da  durch 
die  bis  jetzt  bestehenden  Besdhränkongen  doch  nur  ein  verh&ltnismftfiig  kleiner 
Teil  getroffen  wird,  nicht  nur  in  selbem  Mafie,  sondern,  wie  die  neuesten 
Nachrichten  zeigen,  in  noch  verstärktem  Grade  an,  daß  viele  oinsichtsvolle 
Amerikaner  eine  Benachteiligung  ihrer  Rassenmerkmale  befürchten  und  der- 
artige Folgen  energisch  abzuwenden  trachten. 

Dazu  kommt,  daß  der  hervorstechendste  Typ  des  Amerikanertums,  der 
Yankee  in  den  Neuengland-Staaten,  die  Tendenz  nicht  nur  einer  langsameren 
Beväteangsremiehning,  sondern  annlog  dem  franaOsiacfaen  Volkstnm  sogar 
einer  direkten  Abnahme  xeigt,  «o  daft  aelion  krata  Ina  und  da  die  Baftroh- 
tong  einea  allmIMiehen  Bflekgangea  dieaea  findigan,  eneigiaolien  nnd  laatioaen 
Amarikanertype  geliegt  inrd.  ünd  man  s^anbt  nielit,  daft  dnrch  dia  ver- 
ittderto  Buwanderong  ein  toII-  und  gleidnrertiger  £naia  ra  erwarten  steht 

Von  den  im  Jahre  1900  10  460  085  im  Ausland  Geborenen,  in  din 
Vereinigten  Staaten  Ansässigen  stammten  aus  Deutschland  25,8 7o  (s^gsn 
30,1 7o  im  Jahre  1890  und  26 7^  im  Jahre  1850),  aus  Irland  15,67o  (gegen 
20,2%  im  Jahre  1800  und  12,8%  im  Jahre  1850),  aus  Großbritannien 
11,3%  (gegen  13,5 7o  im  Jahre  1890  und  16,87o  im  Jahre  1850),  aus 
Schweden,  Norwegen  und  Dlinemark  10,3  7o  (unverändert  gegen  1890; 
1850  dagegen  bildeten  die  Eingewanderten  aus  diesen  Ländern  weniger 
als  1%)  und  ans  Kanada  11,4%  (gegen  10,6^0  im  Jahre  1890  und  6,6% 
im  Jalve  1860).  Dagegen  faüdeten  östetmeher  nnd  Ungarn  im  Jaihva  1850 
weniger  als  0,1%  aller  eingewanderten  Personen,  1890  aber  schon  8,3  7o 
nnd  1900  5»6%,  die  Italiener  atiegen  von  0,3%  im  Jalue  1860  anf  9% 
im  Jahre  1890  nnd  4,1%  im  Jahre  1900,  die  Bassen  von  0,1%  im  Jahre 
1850  anf  2%,  im  Jahre  1890  nnd  4,1 7o  im  Ja^re  1900.  Die  Einwande- 
nmg  aus  Ostureich  nahm  in  dem  Jahrzehnt  1890 — 1900  um  124,1 7o  ni, 
die  ans  Ungarn  nm  133,5 7ot  &us  Italien  um  165,27oi  &U8  Rußland  um 
132,2°'(,.  Dagegen  gingen  die  in  Nordamerika  ansiissippii  Deutschen  im  Ver- 
hältnis zur  Gesamtbevölkening  seit  dem  Jahr«;  1H90  um  4,2  7it  die  ir- 
länder  um  13,6  7oi  die  Engländer  um  7,4%  zurück.^) 


1;  Twellth  <Jeu8U8  of  the  United  States.   Washington  1901—1908.  —  Feh- 


üiyitizeü  by  GoOglc 


YerftsdernBgea  in  der  BevOlkeraaf  A9t  Ttreiaigten  Staaten  aew.  IM 

In  dem  Jahrzehnt  von  1860  bis  1870  kamen  2  064  000  europäiBohe 
Einwanderer  nach  den  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika.  Davon  waren 
767000  BeulHlie,  668000  Eugländer,  436000  IrlAnder,  109  000  Norweger 
and  Behwvden,  88000  Sdiotten,  35000  ThMioeeB,  11000  üaUeBir,  7000 
Oitemieker  and  4000  BaiMD.  1890  Ws  1900  kunen  8844000  Penonm. 
DatOB  warea  648000  DeatMhe,  408000  Irllader,  896000  Norweger  and 
Bebwedea,  382  000  Aigllader,  60000  Sekotten,  86000  FnutMien,  aber 
665  000  Italiener;  5  97  000  Ofterreicher  nnd  üngara  (banptrikdilieh 
au  Galizien)  nnd  588  000  Rassen.  Im  Jahre  1903  kamen  ans  DenftBCh« 
land  40  000,  aus  Irland  35  000,  aus  England  nur  26  000  Personen,  da- 
gegen aus  Italien  230000,  aus  Österreich-Ungarn  206  000  und  ans 
Rußland  136000  Personen.  Und  dieses  Verhältnis  ändert  sich  keines- 
wegs, PK  steigt  stetig,  die  Vereinigten  Staaten  mit  einer  Unzahl  fremd- 
ai-tiger  auf  niedrigerer  und  gänzlich  andersartiger  Kultnrstafe  stehender 
Individaen  fiberachweaimend. 

Gewisse,  jedem  ins  Ange  fiüleode  selildliehe  Folgen  kSanen  wir  schon 
heate  bei  einem  Bpanergang  daieh  die  Nonjorker  aad  GUkagoer  8hmu  be- 
ebaditeB.  Li  diesen  Skrnu  bat  siob  das  ganse  atedece  Oii»  nnd  Sfldenro- 
piertom  acbon  jottt  re  wabtea  Hftufon  des  Sleads  and  der  Verboaunenbeit 
snsiunmengeballt.  Qleioh  einem  iweiten  Magnetberg  zieben  sie  alle  verinmp* 
ten  Bsistenzen  des  Landes  mit  unwiderstehlicher  Gewalt  an  sich,  die  Ver- 
kommenheit vergrößernd  nnd  ihren  Wirkungskreis  erweiternd :  Erscheinungen, 
in  dieser  Größe,  Art  und  Form  den  Vereinigten  Staaten  früher  unbekannt. 

Wirtschaftlich  also  stoben  diese  ncMien  Elemente,  wie  schon  die  eben 
erwähnte  Tatsache  zur  Genüge  zeigt,  weit  gegen  die  frühere  Einwanderung 
rurück.  Aber  ist  dies  nicht,  von  gewissen  unausbleiblichen  Übelständen  ab- 
gesehen, auch  von  Vorteil?  Denn  nur  dadurch  steht  ein  großer  StAmm  von 
billigen,  stets  TufUgbaMn  und  TOillnflg  sa  b6berea  Arbeitsleistungen  kaum 
nnrarfbaren  AibeitdorlAen  nur  YflrfBgnng  sor  Herstellnng  und  Leistang  der 
m  den  Vereinigten  Staaten  in  noefa  Hut  nnttbersehbarer  FflUe  sn  eiledigenden 
Aibeitan  einCseberer  nnd  rein  pbjsiseber  Art  als  Landstrafien-,  Bisenbahn-, 
Ksnalbaa,  wie  sn  den  woU  bald  in  Angriff  zu  nehmenden,  der  Bewisse- 
rong  der  ewig  dflrren  Landesteile  dienenden  Arbeiten;  und  dadurch  wird  die 
besser  gestellte,  intelligentere  Bevölkerungsklasse  znr  BewUtigni^  der  auch 
hier  noch  überall  und  auf  allen  Gebieten  der  Erledigung  harrenden  intellek- 
tuellen Aufgaben  frei.  Wird  nicht  erst  dadurch  die  ziikünftige  Weiterent- 
wicklung der  jungen  Republik  in  gleichem  Tempo  gewährleistet?  Ich  glaube 
wohl.  Ebenso  bin  ich  anzunehmen  geneigt,  daß  allmähHch  in  Folge  der  fort- 
währenden Spannung,  der  harten  Auslese  der  Starken,  der  Sekdion  of  the 
fHktt,  eine  Ausjfttung  der  angeeigneten  Elemente  auf  dem  Wege  der  natflr- 
fieben  Andese  eifolgsn  mnB,  nnd  da6  sieh  nnter  den  sidi  behanptenden 
bidindoen  ein  mehr  oder  weniger  bescheidener  Wohlstand  einstellen  oder  die 
nhigfceit,  flieh  dnrehsnringen,  eintreten  nnd  bei  einer  immer  griJfleren  Zshl 

liager<  Die  BevOlkennig  der  Verebiigten  Staaten.  Folitiedi'-Anthropologiacbe 
Henie.  6.  Jahigaag.  Heft  6. 

10* 


140  ••  '  Hans  Heiderich: 


nnlir  vnd  mehr  nml  Dnashbrnch  gelangen  ifizd.  *  Übt  dodi  idboii  heute  ein 
knner  AnÜBnthalt  in  dem  neuen  gelobten  Lende'.einen  michtigen  vnd-  nicb- 
hiltigen  EinflnB  «if  den  KingAweaderten  ans.  Leute,  die  nie  ans  der  dumpfen 
Sphäre  der  Abhängigkeit  heransgekommen  waren,  betreten  kaum  das  Pflaster 

Nen-Torks,  -und  schmi  wandeln  sie  sirh  zu  kleinen  Unternehmern,  zu  eifrigen 
Zeitungslesen  usw.  um,  bis  sie  später  ihre  Krüfbe  an  größere  Aufgaben  heran- 
wagen kfinnon.  Ppr  Ausjäteprozoß  aber  dürfte  dadurch  beschleunigt  werden, 
daß  sich  nicht  mehr  win  friihfr  die  Stärksten,  Untemehmungslustigston  od<  r 
Kühnsten  -zur  Auswanderung  entschließen,  sondern  gerade  die  Schwächsten, 
die  Ausgestoßenen,  die  dem  Sturm  des  amerikanischen  Wettbewerhs  kaum 
lange  standhalten  dürften.  Sicher  aber  wird  die  gewaltige  Entwicklung  der 
Vereinigten  Staaten,  die  immer  mehr  um  sich  greifende  und  immer  intensiTer 
wwdende  ErseUiefiung  der  wirtsdiafliliehen  Hilftmittel  dieses  ungeheuren 
Landes  noch  gewaltige  ÄrbeitBicriCte  beanspmohen,  und  nur  auf  diesem  Wege, 
auf  dem  Wege  der  Einwanderung  dflrfte  der  Bedarf  hinreichend  gieidedkt 
werden  können. 

Wirischaftlich  freilich  werden  diese  neuen  Volkselemente  auöh  für  die 
nächste  Zukunft  zurückstehen.  Ebenso  dürft«,  damit  auft  innigste  zusammen- 
hängend, eine  gewisse  erweiterte  soziale  Differenzierung  eintreten;  sie  wird 
sich  gründen  auf  die  Unkenntnis  der  Sprache  der  herrschcinifu  Rasse,  wie 
auf  wirtschaftliche  und  kulturelle  Ursachen,  aber  alle  hieraus  resultierenden 
Folgerungen  mit  unabweisbarer  Notwendigkeit  auf  die  Rasse  übertragen 
müssen  und  sich  auf  die  Volksbostandteile  der  Italiener,  Galizier,  Russen,  Polen, 
Bamliuer  n.  a.,  Torl&ufig  wohl  gemeinsam  und  alle  in  einen  Topf  Werfend, 
eistreeken  und  ihnen  eine  bestimmte  Beihenliidge  in  der  aUgemonen  Wert- 
seh&tzung  anweisen.  Bangierten  firfiher  die  Deutsolien,  Skandinavier  und 
Irm  hinter  den  Angloamerikanern,  so  dürften  Ton  Hub  an  diese  neuen  Ein- 
wandemngsdemento  wieder  hinter  jenen,  also  in  dritter  Beihe  rangieren. 
Auch  hier  die  Basse  als  Ursache  des  oder  besser  in  diesem  Falle  eines  (eum 
graoo  salis  genommen)  gewissen  Klasssngegensatzefe.  Selbstventfindlich  müssen 
wir  uns  diese  Gegensätze  durchaus  verschieden  von  don  europäischen  vor- 
sfellon,  wo  die  tausendjährige  Entwicklung  die  ursprünglich  vorhandenen 
HasspngegensUtze  für  den  Laienbeobachter  im  allgemeinen  zwar  verwischt 
und  teilweise  günzlich  beseitigt,  hat,  wo  sich  aber  doch  in  Folge  der  in  der 
Zeit  der  Rassenmischung  weniger  ausgereiften  historischen  Entwicklungsstufe 
scharfe  Klassengegensätze  herausbilden  und  ihre  Wirkungen  bis  in  die  Gegen- 
wart fühlbar  madien  konnten.  Die  Nsger  Nordamerikas  scheiden  bei  dieser 
Betrachtung  freilidi  yollstftndig  aus,  denn  hier  bleibt  der  ungeheure  Bassen* 
gejgensate  uuTerkQrst  und  ungemildert,  ja  noch  bedeutend  ▼ersehiift  und 
▼ertieft  in  Geltung.  Auch  im  Osten  sind,  resultierend  aus  der  üngleudiheit 
der  Vermögensverhältnisse,  Ansitse  zur  Klassenbildung  zu  bemerken,  ja  es 
pbt,  wie  Schalk')  mitteilt,  einen 'amerikanischen  Kalender  {TlieWorld  1903)^ 
in  dem  die  Familien  der  Multimillionäre  mit  allen  Mitgliedern  aufgeführt  werden, 
gerade  wie  im  Gothaischen  Kalender  die  Familien  der  regierenden  H&nser. 

1)  Fniil  Schalk.  Der  Wfttk:nii]if  der  Völker,  mit  besonderer  Bezugnahme  auf 
Deutschland  und  die  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika.   Jena,  Fischet  1006. 


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Verftnderungen  in  dex  BevAlkernng  dex  Vexeinigt«&  Staaten  ntw.  441 

IBtehen  also  die  neuen  EittwandemngseleniMiie,  selbgtveisfcindUQh  ab  Qanaqi 
genommen,  wirtsdiaftlieh  nmldut  und  wobl  ancb  für  abmhbuo  Züt  hinaus 
mrflck,  lo  bilden  sie  doch  eben  in  wirtschaftlicher  Bexiehnng  an 
wohl-  SQ  :¥erw«idendes  und  wertvolles  Glied  des  Gänsen;  denn  das  Land 
braucht  Menschen,  Menschen,  und  abermals  Menschen  rar  Hebung  der  in  ver- 
schwenderischer Fülle  vorhandenen  Bodenschätze.  Die  Vorteile,  welche  das 
Vorhandensein  dieser  Hilfskräfte  mit  sich  bringt,  werden  dem  praktischen 
Amerikaner  nicht  verborgen  bleiben  und  ihm  ihre  Anwesenheit  ertcttglich,  ja 
willkommen  erscheinen  lassen. 

'  Wie  aber  steht  es  damit  in  nationaler,  allgemein  politischer  wie  kul- 
tureller Beziehung?  Werden  sich  die  eingewanderten  fremden  Volkabestand- 
teile  harmonisch  dem  angelsächsischen  Staat sgeftige,  der  von  den  Angelsachsen 
gebildeten  und  y^rtretenen  Staatsform  einfügen?  Werden  deren  Ideale  ihre 
werden?  Ist  es  übeihaapt  ratsam,  den  poUtiseh.  onmttndigen  Ostenropler  so 
lehneiU  som  politiBehen  Wihler  der  freiesten  Demokratie  aufrfleken  sn  lassen? 
Wird  der  angelsichsisch  -  gennanische  Freiheitsdrang,  der  Drang  nach  Selbst- 
bestimmung und  Sdbstbetfttiguiig,  der  den  stammmerwaadten  deutschen, 
skandinavischen  u.  a.  Einwanderern  auf  Orund  ihren  Bassenaulagen  bald  in 
Fittsch  und  Blut  überging,  unter  dem  HereinstrOmen  und  FestBetsen  dieser 
dumpfen  Massen  keine  Einbuße  erleiden? 

Ich  glaube  nicht.  Das  jugendlich  frische  und  doch  schon  so  fest  ge- 
fügte, national  so  von  sich  eingenomnifne,  rücksichtslose  Amerikaneriuni  wird 
auch  diesen  Elementen  sieghaft  und  unverwischbar  seinen  Stempel  autdrücken, 
ihre  Signatur  verändern  und  sie  mit  unwiderstehlicher  Gewalt  zu  sich  her- 
überziehen. Seine  Einrichtungen,  vor  allem  die  amerikanifichen  Volksschulen, 
^  aUes  Nene  und  Fremde  nnwiderstehlieh  sermahlen  und  amerikanisieren, 
werdm  diesen  Übergang  erisiehtem  und  beschleunigen.  Sollten  die  fteiheitB- 
dOrstenden  amerikanischen  Ideale  nicht  audi  derartigen  jrOckstlndigen  und 
bis  SU  ihrer  Übexsieddnng  in  dumpfer  Abhängigkeit  schmachtenden  Elementen 
gegoiflber  ihre  alte  Zauberkraft  bewihren,  sie  aufrftttelnd  aus  der  bisherigen 
dumpfen  Lethargie,  aus  ihren  alten  beschränkten  Anschauungen  und  sie 
hiaflberleitend  in  freiere  stolzere  Lcbeussphären,  latente  Tatkraft  und  scblum- 
memden  Idealismus  auslösend  und  sie  zu  tri.schoni  fröhlichen  Tun  begeisternd? 
Sicherlich^  sie  werden  den  Sieg  davontragen,  worin  auch  in  vielen  Beziehungen 
auf  lange  Zeit  hinaus  klaflfende  Unterschiede  bleiben  werden.  Der  anierika- 
aischc  Mfiisch  mit  all  seineu  Vorzügen  und  all  seinen  Fehlern  wird  sich 
-durchsetzen,  und  in  unverhältnismäßig  kurzer  Zeit  sogar  werden  alle  diese 
fremden  Bassenbestandteile,  soweit  sie  der  kaukasisch -aiiscben  Basse  ange- 
hören, amerikanisoh  denlMn  und  ftthlen.  Sie  werden  trots  der  voriiandenen 
Unterschiede  mit  jenoi  ein  Volk  bilden,  einig  in  smnem  Denken  und 
Flttden. 

SdbstTsrstindlich  werden  dem  Ebengesagten  entqirechend  die  Anglo- 
amerikaner die  Führer  sein.  Ihre  Ideen,  ihre  Lebensanschauungeu  werden, 
nur  kleine  Ausnahmen  abgerechnet,  maßgebend  sein  imd  auch  bleiben.  Sie 
werden  jene  verschwommene  Masse,  auch  ohne  sich  mit  ihr  allzu  schnell 
xa  vermischen  —  denn  dies  dürfte  so  bald  nicht  geschehen,  ja  vielleicht 


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142 


Haas  Ueiderich: 


gar  Biohi  oder  «nt  in  Mhr  ABÜtgan«  Zeit  — ,  utieMlpoIitiMlr  TfiOlg  ab- 

Andm  wird  ts  in  knlturelltr  Bedehug  «ein.  Bepfiientinmn  andlk  Ger- 
manen die  höhere  Baue  den  Slaven  gegenftbert  und  wird  anch  ihr  geistiger 
ond  knltiureUer  Stempel  das  Übergewicht  haben,  so  wird  doob  eioe  gewisse 
Beeinfloasnng  von  Seiten  jener  Elemente  unausbleiblich  sein. 

Und  wie  steht  es  mit  den  ItalieoetB?  Anch  sie  werden  ihr»  Spuren 
snxücklassen. 

Wird  das  etwas  nüchterne  heutige  Amerikanertum  von  den  neuen  Ein- 
wanderungselementen und  von  ihrem  Aufgehen  in  ihm  eine  größere  kulturelle 
Vielseitigkeit  namentlich  nach  der  musikalischen  und  überhaupt  künstlerischen 
Seite  SU  erwarten  haben?  Mit  der  Zeit  nelleicht  VarlftnÜg  aber  stekt 
dieser  ffinwaadsningssliom  viel  sa  tiel^  vm  irgend  wslohsn  tiefgehenden 
knltnrcllen  EinflnB  auf  das  eigentliohe  Amerihanertom  aosQben  su  kOnnen. 
Ansgenoramen  dadnrah,  daß  er  duoh  seine  Übernahme  grObarer  Arbeit  jenes, 
wie  auoh  Dentsehe,  Bkandinavisr  usw.  von  dieser  Art  Aibeit  befreit  und 
ihnen  ermOglidit,  mehr  und  mehr  rein  geistiger  Tätigkeit  naehsngehen.  Ein 
Besultat,  das  Ton  den  Besten  des  Landes  sur  Förderung  und  Hebung 
waerikanischer  Kunst  und  amerikanischer  Wissenschaft,  zur  Verfeinerung  und 
Ästhetisierung  der  ganzen  amerikanischen  Kultur  mit  allen  Fasern  ihres 
Herzens  herbeigesehnt  und  auf  dessen  Verwirklichung  von  ihnen  mit  aller 
Energie  und  aller  Intensität  hingearbeitet  wird.  Zunächst  also  werden  die 
Neueingewanderten  dazu  beitragen,  die  Kluit,  rein  kulturell  betrachteti 
Bwischen  sich  und  den  älteren  Bevölkerungselementen  sogar  zu  erweitem. 
Bine  sehnelle  innige  Dfisehung  wird,  allerdings  nibbl  aar  hierdureh,  Tsrluadeft 
und  für  lange  Zeit  hinaus  ein  getrenntee  NebeneinaaderherUafen  der  einzel- 
nen Bassen  —  allerdings  nur  in  kultureller  und  riobtig  genonmien  auoh  in 
sonaler,  aber  aidht  in  wirtsohaftliolier  Bedebung  —  gswlhrieittet,  wie  ee  j« 
im  großen  ganzen  aneli  bis  heute  drQben  der  Fall  gewesen  ist. 

Auch  scheint  die  amerikanische  Luft  zunSdist  die  rein  materielle  Seite 
der  Lebensführung  als  die  maßgebende  zu  bevorzugen.  Wenigstens  haben 
in  allen  diesen  Gebieten  selbst  die  Deutsch- Amerikaner  mehr  geleistet  als  in 
den  rein  geistigen  oder  besser  gesagt  ideellen  Hedeutende  Kautieute,  Bier- 
brauer usw.,  allerdings  auch  hervorragende  Ingenieure  und  Techniker  haben 
die  Nachkommen  des  Volkes  der  Dichter  und  Denker  in  Massen  hervor- 
gebracht, aber  keinen  einzigen  großen  Dichter,  Komponisten  oder  sonst  auf 
siaen  GeHnel  dss  reinen  Geisteelebens  hervorragend«  Hann,  wie  man  et 
dook  Ton  flineii  bitte  erwarten  sollen.  Im  Gegenteil,  die  Leuebtsn  auf  diesen 
Gebieten  stallen  die  in  aller  Welt  (und  in  der  Hauptsache,  d.  b.  beim  Gros 
wobl  nieht  gans  mit  Unreeht)  als  matsriell  ▼erBohrienen  britisdien- Amerikaner, 
wibrend  tkk  die  Deutsehen,  selbst  beute  noch,  in  behtbigon  Wohlstand,  selbst- 
verständlich  einzelne  Ausnahmen,  wie  Karl  Seburs,  Kapp,  Kömer,  Lieber  u.  a. 
abgerechnet,  am  Materiellen  wohl  sein  lassen.  War  dies  bei  den  Verhältnis- 
mäßig  wohlhabenden  und  auf  hoher  Kultui-stufe  stehenden  Deutschen  so,  so 
wird  es,  trotz  vielleicht  größerer  nationaler,  durch  den  größeren  Gegensatz 
bedingter  oder  auoh  angeborener  Zähigkeit  und  Widerstandskraft,  bei  den 


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Yerlndtrnng«!!  in  der  B«TOlkttriiiig  der  Vereinigtes  Btsetea  wir.  14S 

armen  unmündigen  neuen  Elementen  noch  mehr  hervortreten.  Bis  ihnen  ein» 
sich  auf  weite  Kreise  iiirer  Volkägenusäen  erstreckende,  materielle  Sicher* 
stellttDg  maßgebende  aktive  Eingriffi  m  die  kottiirelle  Tfttigkeit  das  Landes 
erianbt,  dttarfte  aoeb  mumUm  Jalir  ini  Land  gehen  und  mancher  Tropfen  den 
IGiiiHiDiii  IriniMniifMi 

Die  Aaglo-AnaikaMr  kabea  also  andi  in  knUnreller  Bsriehimg  bis 
dato  ihre  mafigebende  Btottnng  TOUig  la  erhalten  verstanden.  Dagegen  haben 
iie  9Mßh  vieles  von  den  Deutschen  angenommen  und  in  ihren  Kultarkreis 
einbezogen.  Die  HaanMiki  das  Oratorium,  die  Sinfonie  verdanken  sie  den 
Deutschen.  Eine  weniger  puritanische,  heiterere  Lebensauffassung,  eine  gröBere 
Freudigkeit  an  den  Genüssen  des  irdischen  Daseins  ist  ebenfalls  auf  die 
Deutschen  zurilckzuföhren  und  noch  manchas  Zarte,  Sinnige,  auf  das  Gemüt 
Wirkende,  wie  der  Weihnachtsbaum,  der  Sinn  für  Blumen  und  deren  sach- 
gemäfie  Pflege,  verdankt  sein  Dasein  unseren  amerikanischen  Landsleuten. 

So  wird  es  in  spftterer  Zeit  auch  mit  den  Keueingewanderten  sein. 
An«3li  ne  werte  allwitlilifih»  beeondsw  aber,  wenn  die  jetit  noch  gespaltenen 
Baasenbestandteile  mehr  and  mehr  na  einer  neuen  Bassenspielart  snsammen- 
gsechireigt  sein  werden,  gewisse  Banenmarkmale  and  Wiwsneigentflmtichkeiten 
in  die  dortigen  koltorelkii  YerbiUmsaa  hindnlngen,  wie  et  bei  nns  in 
Dentechland  Bomanen,  Kelten  und  Slaven  ebenfalls  getan  haben.  Eine  größere 
FnUe  ftnßenr  and  innerer  Kennzeichen  wird  durch  diesen  Verschmelzungs- 
proieß  sniaaimengebracht  und  eine  größere  Vielseitigkeit  wird  die  naturgemäße 
Folge  sein.  So  sind  bei  uns  Deutschen  auch  erst  durch  fremdes  Blut  gewisse 
Eigenschaften  ausgelöst  worden,  Eigeuschaftcn,  ohne  die  wir  uns  den  heu- 
tigen Deutschen  kaum  denken  können.  Sicher  ist  auch  die  straffe  Organi- 
sation des  preußischen  Staates,  die  im  preußischen  Heere  vorhandene  be- 
wundernswerte Disziplin  indirekt  auf  den  starken  Prozentsatz  slavischen  Blutes 
in  der  BevOtkarnng  raifleksafttbren,  .der  die  BinfühniBg  einer  oentraliner^ 
terra,  stramauraa  Yerwaltnag  ermflgliehte  oder  wemggteni  bedentend  er- 
Isiekterte.  M  alio  die  Venchmelaang  aller  bis  jetit  fremden  mit  den  an- 
iTaripn  Elementen  in  den  Vereimgtm  Staaten  eingetreten,  hat  sieh  eine 
aeae  Basse  durchgängig  gebildet,  so  wird  anch  eine  größere  kultorelle  Yiel- 
intigkeit  die  Folge  sein  und  vielleicht  auch  der  Nationalcharakter  nach  ge- 
wissen Richtungen  hin  dadurch  beeinflußt  werden.  Das  ist  bis  heute  noch 
nicht  der  Fall  gewesen,  wird  aber  zweifellos  auch  durch  andere  Ursachen  be- 
dingt werden,  z.  B.  das  Immcrdiehterwerdf^n  der  Bevölkenmg,  die  dadurch  ent- 
stehende Veren^'orung  des  Raumes,  der  in  seiner  früheren  gewaltitron  fast  un- 
beschränkten Ausdehnung  tief  tmd  bestimmend  auf  den  amerikanischen  Cha- 
rakter eingewirkt  und  ihm  das  Großzügige,  das  zur  Überwindung  dieser  un- 
geheneren  Strecken  notwendige  Nervös-Hastende  gegeben  hat,  femer  durch  die 
ant  der  größeren  Dichtigkeit  der  BevOlkemng  wohl  eintretende  verinderte 
LehenrflUinmg  vnd  Leheashaltimg. 

Die  Erobetonge-  und  Widentandskraft  eines  Yolkstoms  beruht  nach 
Albrecht  Wirtli^)  auf  drei  Dingen:  der  Zahl  seiner  Triger;  der  «ngeborenen, 

1)  Albreeht  Wirth,  Yelkstem  und  Weltmacht  in  der  Oeeddehte.  Uflnehen, 
Braefaeann  1901. 


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144.   -  Hans  Heiderich:  Vex&ndenui'geB  in  der  Bevölkerung  uw/ 

darcb  Kultur  und  Klima  gesteigerten  oder  geschwächten  Tüchtigkeit;  endlich 
4anmf,  ob  es  ait  wrwandieli  Bassen  und  Kulturen  im  Ausland  einen  B&ck- 
htm  &idei 

•  /  Am  widitigsten  ist  für  den  vdUidieii  ^Kiinpf  du  Inwtale  Voment  der 
Zahl,  nnd  dies  steht  den  Aoglo-Amerikanem  gflnstig  mr  Seite,'  snmal  wir, 
im  GegenaatB  m  den  nicht  germanischen  mfl  nicht  keltlsdien  Elementen, 
Deutsche ,  Skandinayier  und  Iren  als  das  Amerikanertum  nnterstützehd,  als 
ihm  qnasi  jetzt  schon  xogehörig  betrachten  können.  Es  ist  auch  nicht  an« 
zunehmen,  daß  der  Vorsprung,  den  die  germanokeltischen  und  keltogermanischen 
Volksbcstandteile  haben,  von  den  neu  ein  pro  wanderten  Kassen  eingeholt  wenlen 
•wird.  In  absehbarer  Zeit  wenitrstens  nicht,  zumal  auch  Rußland  in  Folge 
des  ungünstig  verlaufenen  russisch -japaniscbfn  Krieges  und  der  durch  ihn 
herbeigeführten  unruhigen  und  gefährlichen  politischen  Lage  in  den  russisch- 
polnischen Provinzen  eine  ganze  Beihe  yon  früher  verbotenen  Gouvernements 
kfinlichst  der  polnischen  Auswanderung  und'Aniiedlung  geOffiiet  vnd  dadurch 
wahrseheinlicb,  wenigstens  Ar  die  nftohste  Zukunft,  eine  Vemindeiiing  des 
AbstrOmens  der  Bevölkerung  nach  Amerika  hecbeigeftthrt  hat 
1  Der  sweito  ' Punkt  fiUlt  ebenfalls  durchaus  an  Chmsten  des  Ainerikaner» 
tnms  aus.  Alle  Faktoren:  Basse,  Bedingungen  der  Auslese,  Baum,  Boden 
und  Klima  konnten  nicht  günstiger  sein  und  haben  einen  Menschenschlag 
hervorgebracht,  dessen  Wagemut  unvergleichlich,  dessen  Nationalbewußtsein 
und  Nationalgcfühl  schon  heute  dem  der  meisten  enropRischen  Nationen  über- 
legen und  dessen  Energie  und  Arbeitskraft  von  keiner  der  europäischen  Na- 
tionen übertroffen  wird.  „Der  Einfluß  des  Landes  und  der  von  den  ersten 
Einwanderern  eingeführten  Gesetze,  der  Tradition,  ist  von  so  überwältigendem 
Einflüsse,  daß  trotz  der  großen  Masse  der  Einwanderer  aller  möglichen  Na- 
tionalitiften  die  Assiitrilation  der^bm  tnHenrt  ra8<di  ron  statten  geht  und 
daB  gewöhnlich  schon  in  der  sweiten  Generation  kein  üntereohied  mehr  be- 
steht zWisdien  den  lin^^  anaissigen  Einwohnern  und  denen,  welche  «nt  eine 
Generation  im  Lande  sind**,  sagt  Emil  Schalk  in  semem  „Wettkampf  der 
Völker**.  Hinzu  kommt  der  gewaltige,  alles  behemchende  und  nivellieiBude 
Druck  der  öffentlichen  Meinung,  welcher  natOrlich  der  hemchenden  Klasse 
SUgute  kommt. 

Der  dritte  Punkt  spielt  in  unserm  Falle  keine  Rolle;  nur  insofern,  als 
wir  sogar  hn  Inland  einen  Bückhalt  tür  das  Amerikanertum  an  verwandten 
Kassen  gefunden  haben. 

Es  sind  also  alle  Punkte  günstig;  und  weuu  auch  die  Assimilation  in 
Zukunft  langsamer  vor  sich  gehen  sollte  und  sich  eine  größere  soziale  und 
kulturelle  Fürsorge  lür  die  neu  ankommenden  und  angekommenen  £hiterbten 
des  Sohicksals  als  notwendig  erweisen  wird,  aller  Voraussicht  nach .  wird 
•erstere  mit  der  Zeit  sicher,  teilweise  vielleidit  sogar  ebenso  sdmell  ala  Torher, 
eintreten.  Die  Gefahr  tiast  kranUiaften,  dem  Allgemeinwohl  schldliöhea 
Beeinflussung  dur^  die  Enterbten  wird  dadurdi  vennindert,  und  der  nidit 
assimilierten  und  assimilierbaren  Elemente  wird  sich  das  Amerikanertum 
sch<m  7Ai  erwehren  wissen.  Wenigstens  ist  es  bisher  (von  den  Negern  stets 
abgesehen)  niemals  in  Verlegenheit  gewesen  über  die  Mittel,  unerwünschte 


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0.  Karsten:  Berielit  filier  die  PorUcliritte  der  Pflansengeographie.  145 

ffindringlinge  ftnumhalten ,  zu  entfernen  oder  auf  andere  Weise  zur  Baiaon 

ttl  bringen  —  und  das  wird  wohl  vorläufig  so  bleiben. 

Vorläufig  also  wird  für  lango  Jahro  hinaus  dpr  heute  maßgebende  Anglo- 
Amerikaner  seine  dominierende  Stellung  liehaltcn  und  sie  vielleicht  so  aus- 
tubauon  in  der  Lage  sein,  daß  sich  nur  geringe  und  nur  unwesentlichere  von 
ihm  abweichende  Modifikationen  in  der  Struktur  der  Bevölkerung  durch- 
zusetzen vermögen  werden.  Datiir  zu  sorgen,  die  Widerstands-  und  Expan- 
sioDskraft  der  eigenen  Rassenglieder  gegenüber  den  fremden  Elementen  za 
fybkeii  und  'diese,  möglichst  ohne  Soliaden  für  sieh  selbst,  zn  astiniiliereii 
md  sn  absorbieren,  ist  eine  der  ▼omehinsten  Afi^ben  smerikuüsdier  Staats^ 
kmut  Qod  amerikanisdier  KnHnrlEraft.  -  - 

Ob'  es  ihnen  gelingen  wird,  diese  An^be  in.  snfinedenstellender  Weise 
to  lösen,  wird  die  Zukunft  lehren.  Trotx  der  Gunst  der  Vorbedingungen 
hmren  der  Nordamerikaner  auch  auf  diesem  Felde  der  organisatorischen  Kraft 
groBe  und  in  ihrer  Art  gftnslich  neue  und  bisher  ungelöste  Ansahen. 


Beriefet  Iber  die  Fertseferitte  der  Pfluisengeograpliie 

in  den  Jahren  181)1)— 1904. 

Von  Q.  Karsten. 
(Schlofi.) 

Der  Versuch,  in  kurzen  Worten  zu  zeigen,  welche  Fragen  zur  Zeit 
das  besondere  Interesse  der  Botaniker  in  Anspruch  nehmen,  ist  gewiß  nicht 
frei  Ton  Einseitigkeit,  immerhin  glaube  ich  keines  der  widitageren  Qebiete, 
«.iWPit  sie  allgemeineres  Interesse  für  die  Geographie  besitzen,  und  nicht,  als 
zjr  Pflanzengeographie  zahlend,  später  Erwähnung  finden,  übergangen  zu 
iuihcn.  Daß  die  Aufzählung  auch  nur  der  wirklich  hervorragenden  Kinzel- 
arheiten  weit  über  den  Rahmen  dieses  Berichtes  hinausgehen  wiude,  ist  ja 
selbstverständlich;  es  sollten  vor  allem  die  zusammenfassenden  Arbeiten  ge- 
aaant  werden,  die  dem  Suchenden  einen  Überblick  über  weitere  Spezialliteratur 
leieht  «rmdglichen,  daneben  diejenigen  Publikationen,  welche  Anstoß  zur  Er- 
seUieBung  neuer  Forsehnngqgebiete  gaben  oder  Resultate  tou  ganz  besonderer 
Bedentoag  leitigten. 

Aneh  der  speziellere  Bericht  Uber  die  Fortschritte  der  Pflanzengeographie 
Ton  1891> — 1904  muß  sich  möglichster  Kürze  befleiBigen  und  kann  nur  die 
großen  Züge  der  Forschnngsrichtungen  skizzieren. 

Die  ökologische  Pflanze ngeographie  hat  mit  dem  Tode  Schim- 
pers  eine  ihrer  besten  Stützen  verloren.  Wie  es  oft  geschieht,  daß  auf 
eine  Hochflut  innerhalb  eines  Arbeitsgebietes  plötzliche  Ebbe  einsetzt,  so  ist 
e*  auch  hii^r  gesehehen.  Nachdem  in  der  Sclii  ni  per  sehen  „Ptlanzengeographie 
auf  physiologischer  Grundlage"  ein  Höhepunkt  erreicht  war,  auch  gewisse 
TngUk  einen  vorläufigen  Abschluß  gefunden  hatteu,  ist  es  sehr  viel  ruhiger 
geworden. 


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14$  0.  Kwstea: 

Schon  Schimper  hatte  nachgewiesen*),  wie  das  botanische  Institut  im 
Btiitenzorg  einn  direkte  Begünstigung  der  physiologisohen  Biohtmig  durWiaMft* 
Schaft  nach  sich  zog.  Nach  der  Durcharbeitung  d»r  aioh  W^itAm  Augen 
am  meisten  anHaxingenden  EigentOmliohktitan  tropiflchar  Vegetätion  ist  mm 
eine  andere  Sichtung  in  dort  unternommenen  Arbeiten  ▼Mherrechend  ge- 
worden. FOr  mnfiuigTeiclMve  pl^ologiaehe  Untomidnuigen  Ist  in  der  Begel 
die  Zeit  m  knn;  dagegen  sind  gewine  Fragen  der  Eolonialbotauk  naeb 
Aoftivtan  und  Bekimpfüng  pflauUoher  und  tierischer  Schädlinge  von  dringen- 
dem Intereese.  So  sind  von  den  neueren  Besuchern  Buitenzorgs  vielfach  Spezial- 
forschungen  auf  diesem  Gebiete  genaoht  und  Wege  eingeschlagen,  die  mit  der 
ökologischen  Pflanzengeographie  nur  lockerer  zusammenhängen. 

Interesse  verdient  eine  Untersuchung  über  die  Fortschritte  der  Flora 
von  Krakatau  von  Pen  zig*),  die  elf  Jahre  nach  dem  ersten  Besuche 
Treubs  stattfand.  Treub  hatte  seiner  Zeit  drei  Jahre  nach  der  yOlUgen  Zerr 
Störung  der  Vegetation  durch  den  bekannten  Ausbruch  eina  geringe  AniaU 
durch  Meeresströmungen  angetriebener  und  gekeimter  Straadpflaasen  gefondsn; 
im  übrigen  war  die  Oberflftohe  der  Luel  mit  dner  Fkxnvegetation  bedeckt, 
deren  lachte  Sporen,  doreh  den  Wind  dorthin  gebcaicht,  ihre  Keimniig  und 
FjroihaUienentwiekelung  in  einem  schleimigen  Gyaaophyceenfibennge  hatten  be- 
werkstelligen kOnaen.  Aafierdem  waren  nur  spirliche  Grftser  und  Komponten 
vorhanden,  denen  ebenfalls  der  Wind  als  TrSger  gedient  hatte. 

Pen  zig  fand  bereits  eine  richtige  Pf^coprac-Formation ,  wie  sie  für  tro- 
pische Dünen  und  Sandküsten  charakteristisch  ist,  an  den  dafür  geeigneten 
Orten  ausgebildet.  Die  flach  ansteigende,  vom  Meere  zurückliegende  Ober- 
fläche war  dagegen  von  über  mann^sliühen  Dickichten  jener  unverwüstlichen 
Gräser:  Saccharvm  spontamvm^  Phnujmitvs  lioxhuryhii  usw.  bedeckt,  die  über- 
dies von  schlingenden  Casaytha-  und  Ca/?at-oiia- Stämmen  oder  -Strllngen 
durchflochteu  dem  Vordringen  sehr  große  Hindernisse  bereiteten.  Die  steilen 
Felswftnde  dagegen  zeigten  noch  die  Torfaerrscbende  FamTegetation  wie  bei 
Treubs  entern  Besoche.  Von  den  gefiindenen  63  Fhanerogamea  —  neben 
16  Ftonen  —  konnten  607,  HeeresstrOmiingen,  82  7e  ^vc!» 

7,5  7e  äuoh  VOgel  auf  die  Insel  gelangt  sein. 

Andere  Arbdten  ökologischen  Inhaltes  aus  Buitenzorg  sind  femer  aus- 
geführt von  Nieuwenhuis-Üxküll»)  Ober  Schwimmvorrichtung  von  Früch- 
ten, M.  Raciborski^)  über  die  Verzweigung  und  verschiedene  morphologische 
Eigentümlichkeiten^),  M.  Treub:  „Nouvelles  recherches  sur  le  role  de  lacide 
cyanhydrique  dans  leg  plantes  vertes^^^). 

1)  A.  F.  W.  Schimper.  Die  gegenwärtigen  Anll^aben  der  Fflameogeogiaphie. 

O  Z  IL  1896.  S.  98. 

2)  0.  Penzig.  Die  Fortechritte  der  Floi»  de«  Kiaketeu.  Ann.  de  Buitenzorg. 

a.  B^r.  vol.  in.  1902.  8.  92  v 

3)  Mary  Nieuwenhuls-ÜxkülL  Schwimmvemchtung  der  Früchte  von  Tft«a- 

rea  aarwuntosa.   Ebda.  B.  114. 

4)  Ebda.  vol.  TT.  1901  ?  l 

5)  Über  die  Vorl&uferspitze,  Morphogenetiscbe  Versuche,  über  myrmekopbüe 
Ptianzen.  Flora.  Bd.  87.  1900.  S.  Iff. 

•)  Ann.  de  Buitenaozg.  9.  eär.  vol.  IV.  1904.  8.  S6. 


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Bericht  über  die  FortschriUe  der  Pflanzeageographie.  147 


Ton  miUnm  Ailmttn  Okelogiielur  Art  atitn  gmwmt  Mes'  nPliTaio- 
Jogiiche  BrandiMMBitadMii*''),  in  dintn  du  yqh  fl,eliiiiip«r  «unt  balnant 
ftgabneo  eigenartigen  Anpassungen  der  Broineliaceenbl&tter  als  Waner  anf- 
Dehmender  Organe  im  einsakien  durchgearbeitat  werden.  Interessant  ilt»  daß 
lieh  Formen  für  Regen wasaeraufnahme  yon  solchen)  die  für  Benetznng  und 
Versorgung  durch  Tau  geeignet  sind,  im  Bau  und  Habitus  unterscheiden 
lassen.  Erstere  starre  Hosettenpflanzen ,  deren  Schuppenhaare  der  dicken 
Cuticula  dicht  anliegen.  Sie  bewohnen  meist  Felsen,  besitzen  mächtiges  Wasser- 
gewebe. Tauformen  dagegen  sind  Epiphyten,  ihre  Tauschuppen  spreizen  ab 
wie  Spreubaare,  der  Habitus  ist  weicher,  hängend  oder  sich  scbl&ngelnd,  als 
Typua  etwa  Tükmdtia  mmmSiet  m  denlwn. 

Andere  Fragen  beliaiidelta  Detto  in:  „Ol»er  die  Bedeutung  d«r  ftfberi- 
achen  Ole  bei  Xewptijtan"*).  Die  Deotnog  dea  Verfiuiera  iat,  dafi  ea  aioh 
im  Sdmtnnitlel  gegen  Tierfirafi  bandle,  ob  aber  damit  die  einsigei  oder  auch 
Our  die  wichtigate  Aufgabe  angageben  iat,  kann  noeb  sweifelbaft  eraobeineD. 
Versuche  über  eventuellen  Transpirationsschutz  durch  eine  Hülle  ätherischen 
Öles,  oder  TOn  physiologiacher  Rückwirkung  der  Öldämpfe  aut'  das  Verhalten 
der  Pflanzen  müßten  im  Heimatlande  der  betreffenden  Xerophyten  angestellt 
weriion,  um  beweiskräftig  zu  erscheinen.  —  Auch  der  Milchsaft')  soll  haupt- 
sachlich ein  Schutzmittel  gegeu  Tierfraü  darstellen,  doch  scheinen  auch  hier 
Zweifel  am  Platze,  ob  sich  nicht  andere  Funktionen  wichtiger  erweisen  wer- 
den. —  Auch  die  Frage  der  Salzausscheidung  der  Mangrovepflanzen*)  ist 
verschiedentlich  behandelt  worden,  ohne  bestimmte  Beaoltate  zu  ergeben. 

Von  größerer  Bedeatong  aind  einige  umfangreidiesre  Arbeiten.  Znniehst 
mXkktB  icb  eine  bere&ta  aoa  dem  Jabre  1898  atammende  Arbeit  von  Mas- 
sart  nannen,  die  aber  metnes  Wissens  in  dieser  Zeitsebrift  noeb  keine  Er^  . 
wibnnng  geÄmden  bat:  TOjage  botaniqne  au  Sabaia***).  Bine  anaieheod 
geschriebene  Heiseskizze,  die  durch  einige  aebr  ebarakteristiscbe  Avfiiabmen  von 
Wfietenpflanxen  die  geschilderte  Vegetation  vor  Augen  führt.  —  Eine  sorgfältige 
pdansengeographische  Studie  von  Hardy')  beschäftigt  sich  mit  der  Vege- 
tation des  Languedoc.  Klima  und  Boden  werden  zunächst  eingehend  ge- 
schildert. Sodann  gibt  der  Verfasser  die  genauere  Zusammensetzung  von 
sechs  verschiedenen  Formationen,  die  nach  ihren  herv-diTngt-nden  Vertretern 
als  Qurrci4.s  lUx-,  Quercus  sessiiitlora-,  IHnus  halepensis -Yonnution  bezeichnet 
werden,  zu  denen  sich  Maquis,  Wiesen-  und  Ufergelilnde,  endlich  Felsbodeu 
gesellen.   Je  nacb  Bzpoaition  nnd  BodenTerblMaiissak  ist  die  Qmraii  $e8Büi' 

1)  C.  Mez.  Phyeiolog.  Bromeliaceenetudien.  I.  Die  Wasserökonomie  der  extrem 
almoBphäriacben  Tillandaien.    Pringaheima  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.  Bd.  40.  1!H)4  S.  157. 

2}  Kari  Detto.  über  die  Bedeutung  der  ätherischen  Öle  bei  Xerophyten. 
FloHL  Bd.  M.  1908.  8.  14f . 

8)  Hans  Kniep.  Über  die  Bedeutung  dea  Milchsaftes.  Flora.  Bd. 94. 1006. 3.188. 

4)  F.  W.  C.  Areschüu<j.  Zur  Frage  der  Salzausacheidunjf  der  Manj^ove- 
pflaiuenusw.  Floxa.  Bd.  i^S.  1^04.  S.166.  —  J.  Schmidt.  Gleicher  Titel.  £bda.S.26U. 

6)  Jean  Massart.  Un  voyage  botaniqne  an  Sabara.  Extr.  du  Boll,  de  la  loe. 
r.  de  bot.  de  Belffique.  t  XXXVII.  1898.  201—339.  7  Taf. 

6)  Marcel  Hardy.  Lag^ographie  et  la  Vegetation  l/ani;updoc  eutre  l'Herault 
et  U  Yidonrle.  Extr.  du  BulL  de  la  aoc.  Languedocienne  de  Ueogr.  t.  XXVI.  190S. 


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148 


G.  Kargfeen: 


/lora*Fonn»tion  grofiem  Wechsel  anterwbriiBik  Die  geographische  Verteiliuig 

der  Formationen  wird  kartographisch  dargestellt,  anfierdem  sind  auf  acht 
Tafeln  Habitusbilder  ans  den  Fonnationen  wiedergegeben,  welche  nun  Teil 
ilecht  charakteristisch  sind. 

Erinnert  sei  an  eine  bereits  früher  ausführlicher  besprochene,  ptianzen- 
geographische  Bearbeitung  aus  dem  Mittelmeer- Gebiet  von  Günther  Beck 
von  M annage tta:  „VegetationsverhiUtnisse  der  illyriscben  Lander"*).  Deiv 
selben  Sammlung  gehört  an:  „Die  Heide  Nord-Deutsdilands''  von  P.  G ra eb- 
ne r*),  ebenfalls  schon  hier  besprochen.  Mau  konnte  bedauern,  dafi  den 
Sehildenmgen  in  dieseiA  Falle  abweidiend  tcmi  dem  allgemeinen  Plan  keine 
lUttsferatimien  beigefögt  waren.  Eine  angenebme  Ergimnuig  sur  Beseitigung 
dieses  Mangels  bildet  ein  kleines  Heft  Tön  Boergesen  und  Jensen*),  das 
tkh  not  der.  Vegetation  eines  kleinen  dinisehMi  HeideTersudisgartens  be* 
schäftigt  und  neben  ein  paar  Dünenvegetationsbildern  einige  recht  gute  und 
charakteristische  Aufnahmen  von  Tetralix- Heide,  Calluna- Heide  und  einigen 
Begleitpflanzen  bringt.  Sanddänen  und  ihre  Vegetation  finden  sich  behandelt 
von  Cowles*),  Hansen'')  und  Massart'').  Obgleich  der  erste  die  Dünen 
des  Michigan- Sees  in  Nordamerika,  die  anderen  solche  von  der  deutschen 
und  belgischen  Meeresküste  al.s  Unterlage  wählen,  gleichen  sich  die  in  ver- 
schiedenen guten  AbbiMungen  wiedergegebeneu  Vegetationsfonnen  aulierordent* 
lieh,  da  eben  die  klimatischen  und  die  Bodenverhältnisse  so  nahe  überein- 
stunmen. 

Hier  reiht  sich  eine  Ton  Beinke*)  mefhodisoh  dnroihgefBlirte  ünter- 
sacbnng  der  KOstenTegetation  und  ihrer  Bildung  in  Sohleswig  an,  die  sich 
anf  Ost-  nnd  Westküste  gleichmlLBig  erstredrt  tmd  bei  der  fondamentaleB 

Verschiedenheit  der  beiden  seigt,  „wie  pflanzeiltragendes  Land  in  Wecbsd* 
Wirknng  mit  dem  Meere  entsteht  und  vergeht".  Zahlreiche  Ktlstenaufiiahmen, 
welche  die  charakteristischen  Bestandteile  der  Vegetation  gut  hervortreten 

lassen,  sind  in  den  Text  eingestreut. 

Eingehende  Behandhing  fand  in  der  „Vegetation  der  Krde"  der  Hercy- 
nische  Florenbezirk  vun  0.  Drudc^).  Man  wolle  den  genaueren  Bericht'),  der 
über  dieses  Werk  bereits  erstattet  worden  ist,  vergleichen.  Eine  Bearbeitung 
des  tertiären  Beckens  von  Veseli,  Wittingau  und  Gratzeu  in  Böhmen  von 

1)  Vegetation  der  Eide.  Bd.  IV.  Leipzig  1901.  Vcrgl.  G.  Z.  VlII.  1902.  S.  414. 

2)  Vegetation  der  Erde.  Bd.  V.  Leipaig  1901.  Vergl.  0.  Z.  Vm.  1902.  S.  480. 

8)  F.  Boergesen  og  C.  Jensen.  Utoft  Uedeplautage,  eu  floristisk  ünder» 
eoegdse  nvw.  Bot  Tidsskr.  Bd.  XXVL  8.  177.  Kope^iagen  1904. 

4)  H.  Ch.  CowlcB.  The  ecological  relations  of  the  Vegetation  on  ütkb  sand 
dunes  of  hiko  Michigan.    Bot.  Gaz.  vol.  XXVIT.  1899.  S.  96—391. 

bj  A.  II  au  Ben.  Vegetation  der  ostfriesischeu  Inseln.  D&nnstadt  1901.  Yergl. 
dam  E.  Warming  in  Engten  Bot.  Jahib.  Bd.  XXXI.  1908.  8.  666. 

6)  J.  MaBsart.  Les  conditious  d'existence  des  arbres  danslesdonee  littoralss. 
£xtT.  du  Bull.  d.  I.  80C.  centrale  l'orcBt.  de  Belgique.  1904. 

7)  J.  Reinke.  BotaniHch-gcologiBche  Streil'züge  an  den  Küsten  des  Herzog- 
tums 8ehleewig.  967  Ahb.  Wim,  Meerewmters.  N.F.  Bd.Vin.  fiig.-H.  üel  1909. 

8)  Vegetation  der  Erde.  Bd.  VI  —  0.  Dm  de.  Der  HenTnieehe  Florenbesiilc 

Leipzig  1902. 

9)  G.  Z.  JX  1903.  S.  232. 


uiyiii^cü  Uy  Google 


Bericht  über  die  Fortfehxiite  det  PflftniengeogrAphie.  '149 


Do  min')  schildert  die  reichen  Mooifonnationpn  des  Gebietes,  die  Heide- 
moore und  Wiese ninoore  mit  Übergangsbilduiigen;  von  den  Mooren  sondert 
der  Verfasser  als  besondere  Formation  die  rasenbildenden,  nicht  geschlossenen 
Cjperaceen  ab,  die  sich  im  letzteren  Charakter  den  Böhrichtformationen 
Bibern.  Daran  schließen  sich  die  Sandfluren,  H«de,  Wiesenfonnationen, 
Wilder  und  Eoltiizli^  In  guten  Abbilduigeii  wiid  ein  sumpfiger  Eidenr 
brach  nut  Ckttta  pdhuMa  als  Tonriegendeiii  Bettondteil, .  fisnier  eine  Arnioer 
Heidewiefle  wiedergegeben. 

Eine  sehr  gute  ökolc^psche  Studie  liegt  endlidi  in  dem  Anfimtse  von 
Hesselm  an')  vor,  betitelt:  „Zur  Kenntnis  des  Pflanzenlcbens  schwedischer 
Laubwiesen".  Einige  der  Schlußsätze  daraus  mögen  hier  folgen,  um  die  Ar- 
beitsrichtung und  ihre  höchst  wertvollen  Resultate  zu  zeigen:  „Die  Laubwiesen 
sind  Ptlanzenformationen  aus  edlen  Laubbäumen,  die  in  kleineren  und  grütieren 
(Inippen  geordnet  sind.  Zwischen  den  Baxungruppen  hat  die  Vegetation  einen 
wieseDähnlichen  Charakter.  ....  Die  Teini)eratur  ist  an  den  sonnenoftenen 
Wiesen  an  heiteren  Sommertagen  1 — 1,5"  höher  als  in  den  am  meisten  ge- 
schlossenen Beständen.  Die  absolute  Feuchtigkeit,  sowie  die  reAative  variiert; 
sn'Tersdiiedenen  Stnndoiten  an  demselben  Tage  bedeutend,  duohsofanittilioh 
ist  jedocli  die  absolute  Fenehtigkeit  im  Basen  auf  den  sonnenoffenen  Wiesen 

sm  bjkshsten,  in  den  am  etibrksten  beschatteten  am  niedrigsten  Auf  den 

Mnnenolfenen  Wiesen  anf  frischem  Boden  kommt  sandgemisdite  Hnmusart 
Tor  mit  einem  Gehalt  von  8 — 97o  organischer  Beste,  in  den  Sesleria-Wiesen 
ist  der  Humus  mehr  torfartig,  da  betrugt  dieser  Gehalt  20 7o»  den  ge- 
sehlossenen  Beständen,  die  aus  Eschen  oder  Hasel  bestehen,  bildet  sich  reich- 
Udli  Humus  mit  einem  Gehalt  von  40—  50%  organischer  Reste. 

Die  Bäume  der  Laubwiesen  wurden  be/.ü(,'lieh  ihres  Lichtbedürfnisses 
untersucht.  Die  Reinigung  der  Krone  beginnt  bei  der  Esche,  der  Birke,  der 
Eberesche  bei  einem  Lichtgenuß,  bei  welchem  noch  die  innersten  Blätter  der 
Krone  sehr  assimilieren  und  große  Mengen  Stärke  in  den  Blättern  aufspeichern. 
Bei  dnr  ftuel,  ebenso  bei  der  Eiehe  tritt  im  Innern  der  Krone  ein  Assimi- 
lationaminimmn  ein.  ....  Das  liditbedtkrfitis  wechsdt  mit  den  Nahrungs- 

bsdingongen  Der  Idchtgenufi  der  Pflanzen  aof  den  sonnenoffenen  Wiesen 

ist  1  oder  beinahe  1,  in  den  nnbelanbten  Eschenbcsttnden  beträgt  er  — '/y^, 
in  den  belaubten  — Vit*  ^  ^'^^  unbelanbten  Haselbestftnden  Vi^ — Vs>  ^ 
den  belaubten  wechselt  der  Licbtgenuß  an  verschiedenen  Punkton  vim  '/j^ — 
und  — Yjg.  Die  Pflanzen  der  Wacholder-  vmd  Fichtenbestände  haben  stets 
nur  einen  herabgesetzten  Lichtgenuß,  in  den  erstcreu  beträgt  er  Vj, — Vjo» 
den  letzteren  — Vis*  ^  jungen  Beständen  sinkt  er  bis  Y^,  ja  auch  nodi 
tieter. 

Im  Frühling  assimilieren  die  Pflanzen  in  den  unbelaubten  Baum-  und 
Strauchbestäuden  sehr  lebhaft,  ebenso  aui'  den  sonnenolfenen  Wiesen.  Die 

1)  Karl  Domin.  Die  Ve^'t  tationsverhältnisse  des  tertiären  Ueckont  von yeseli, 
'Vtßttingau  und  Gratzen  in  Böhmen.   Hriheftf  •/  l^ot.  Z.Mitralbl.  I5d.  XVI.  l'H)4.  S.SOl. 

Henrik  Uesselman..  Zur  Kenntnis  des  Pilauzeuleboua  schwedischer  Lanb- 
viMts.  MHt  a.  d.  boi  Insi  d.  Univ.  Stockholm.  Beih.  i.  Bot  ZentialbL  Bd.  XVB. 
IWi.  8.  811. 


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160 


Q.  Kantern: 


Entwickelung  des  Laubes  bedeutet  fUr  die  allermeisten  Pflanxen  durch  ge- 
ringeren Licbtgenuß  eine  bedeutende  Herabsetzung  der  Assimilation «  welche 
sich  bei  den  meisten  Arten  in  den  stark  geschlossenen  BestAnden  so  wnt 
«ninekt)  dal  kdaA  odur  lehr  wenig  Stlrl»  gebildet  ivird,  obgleich  dtetlben 

Indhidneii  im  Mhling  viel  dam  gebfldet  heben  Mit  dem  hmk* 

geietsten  Knhmiigekoniom  der  Sehnttenpflanicn  fölgt  ttiter  andeiem  eine  be- 
deutende Yemrindernng  der  Atmnngnntwsittt.  Du  Mblingdieht  bei  nkibl 
nur  auf  die  ümShrangBarbeit,  sondern  auch  auf  die  Entwiokelang  des  Assi- 
Bulationsgewebes  einen  Oberaus  großen  Einfluß.  Pflanzen,  die  ihre  Entwicke- 
lung bei  einem  stets  herabgesetzten,  jedoch  nicht  besonders  niedrigen  Licht- 
gennß  vollziehen,  erhalten  eine  weit  geringere  Ausbildung  des  Assimilations- 
gewebes, als  die  Pflanzen,  welche  im  Frtihlin^  viel  Licht  genießen,  im  Sommer 
abor  stark  beschattet  sind.  Die  Schatte npflanzen  transpirieren  in  den  ge- 
schlossenen Haselbeständen  weit  weniger  als  Sonnenptlan/en  auf  ofi'enen  Wiesen, 
die  Unterschiede  an  heiteren  Tagen  und  unter  guten  Transpirationsbedingungen 
eneicben  bOohst  bedeatende  Werte.  Wenn  die  T^ianspirationss&ahlen  auf  die* 
eelbe  Blattfliehe  barechnet  weiden,  leigt  ee  sich,  daB  in  der  Sonne  die  Pflanaen 
mit  Feliandeniellen  am  meitten  tnmspirierBn,  diejenigen  aber,  welche  eine 
geringere  DiffiBiennening  dee  Blattgewebes  seigen,  wdt  geringer." 

Blattqiietachnitte  illmtaieNn  als  Teitldldar  die  anatomiedhen  Untenehiede 
der  Blätter  ungleichen  Lichtgenusses»  Gute  HabitosbOder  der  Bodenvegetation 
aus  Eschen-  and  Haselhainen  wie  von  einer  sonnenoffenen  Wiese  folgen  aof 
fttnf  Tafeln. 

Aus  allen  den  letztgenannten  Schriften  wird  als  gemeinsamer  Zug  zu 
ersehen  sein,  daß  man  neuerdings  bestrebt  ist,  dem  geschriebenen  Wort  als 
Erläuterung  physiognomische  Habitusbilder  dir  l)ohandelten  Vegetationsformen 
oder  Formationen  beizugeben.  Die  Illustrationstechnik  ist  so  weit  vorgeschrit- 
ten, daß  dies  ohne  allzu  erheblichen  Kostenaufwand  zu  erreichen  ist.  Das 
Bedfirfins  solcher  BliutratioDen  für  ünterrichtiiwecke  hatte  sich  seit  geraumer 
Zeit  geltend  gemacht  ond  ihm  sa  genügen  ist  TendiiedentÜdi  tersneht  wor> 
den.  Von  derartigen  Pablikationen  sind  hier  m  nennen:  Bnglers  „Yegeta' 
titmsansiehten  ans  Deutsoh-Ostafinka**^)  nach  64  photographisdien  Anfiiabmen 
▼on  Walther  Goetse;  Wettsteins  „Vegetationsbilder  aus  SSd-Brasilien*^*); 
endlich  eine  Sammlung  „Vegetationsbilder"'),  herausgegeben  von  Karsten 
und  Sehen ck.  Die  beiden  erstgenannten  Publikationen  beschränken  sich  auf 
ein  spezielles  geographisches  Gebiet,  das  in  zahlreichen,  möglichst  mannig- 
faltigen FoiTuationfii  entsprechenden  Aufnahmen  nieist  eines  und  desselben 
Photographen  dargestellt  wird.    Das  letztgenannte  Unternehmen  soll  nach 

1)  Vegetationsansichten  aus  Dcutsch-Oatafrika  nach  64  von  Walther  Goetze 
auf  der  Nyassa-Bce-  und  Kinga-Gebirgs-Kxpedition  der  Herrmann  und  Elise  geb. 
Heckmaun -Wentzel-Stiftung  hergestellteu  photographischeu  Aufnahmen  zur  Erl&ute- 
mng  der  oetafrikanischen  Yegetationsfonnatiooen  beqwocben  tob  A.  Engler. 
Leipdg  190S.   Vgl  die  Besprechung  von  Hans  Maurer.  G.  Z.  VUI.  1902.  S.  603. 

2)  Rieh,  von  Wettstein.  Vegetationsbilder  aus  Süd-RrasiUen.  Mit  68  Tafeln 
in  Lichtdruck,  4  färb.  Taf.  n.  6  Textb.   Leipzig  u.  Wien  1904. 

8)  Vegetationsbilder^  hrsg.  von  G.  Karsten  n.'  H.  Bohenek.  1.  Beihe  Hell 
1—8.  Jena  1908.  %  Reihe  Heft  1—8.  Jena  190A.  8.  Reihe  Heft  1—8.  1906. 


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Bericht  über  die  Fortschritte  der  Pflenzengeographie.  151 


ud  wuk  ÜB  gaase  SrdoberflSohe  la  ihreii  ohankteristischeii  Formationen 
und  Einzelanfiiabmeii  von  Pflaazenformen  umfassen;  zahlreicHe  Botaniker  sind 
bereits  jetzt  neben  den  Henangebero  tätig  daran  beteiligt.  Übrigens  sind  die 
von  Wettstein  herausgegebenen  „Yegetationsbilder"^)  wie  diese  letxtgenuiiite 
Sammlung*)  in  dieser  Zeitschrift  bereits  besprochen.  — 

Einen  breiten  Raum  nimmt  in  den  letzten  Jahren  besonders  auch  die 
ökologische  Durchforschung  der  Meeres-  und  Süßwasserseen -Vegetation  in 
Anspruch.  Die  Arbeiten  gliedern  sich,  abgesehen  von  diesem  Gesichtspunkte, 
in  solche,  die  sich  mit  der  Bodenyegetation ,  und  solche,  die  sioh  mit  der 
Sdnrebeflom,  dfloi  Flattktoii,  iMwblllig«!. 

Die  BodtiiTflgetatioii*)  bleibt  iiatiiiiB«miB  auf  den  Baad  der  tiefeno 
Tandwe  wie  bjBsonden  der  grofien  Weltmeere  beeebrinkt;  für  ansere  flaehe 
Oitiee,  deiea  geriage  Tiefe  Überall  aoob  eiae  Yegetaticm  am  Groade  der 
TOibandeoeB  Lichtmenge  nadi  gestatten  würde,  ist  das  Resultat  etwa  so  za 
foimnlieren :  Pester  Meeresgrund  ist  bewachsen,  beweglicher  Mecresg^rund  trügt 
keine  im  Boden  wurzelnden  Pflanzen,  ist  aber  die  eigentliche  Heimstitfce  der 
beweglichen  Grand-Diatomeenformen. 

Sehr  viel  reicher  ist  die  Zahl  der  Planktonuntersuchungen*),  deren  prak- 
tische Bedeutung  man  ja  mehr  und  mehr  erkennt,  nachdem  die  Hensensclien 
grandlegenden  Beobachtungen  und  Gedanken  sich  langsam,  wenn  auch  nicht 
in  allen  Einzelheiten,  zu  allgemeiner  Anerkennung  duichgerungen  haben. 
Nor  einige  der  weseiitliohsten  neueren  Erscheinungen  auf  dam  GeMete  l»an 
idi  bier  aii6lblen,  in  denen  weitere  8peziaUiteratttr  ja  leiöfat  naehsnseben 
ist  Die  fimdamentale  Okologiscbe  Fhige  ist  in  den  genannten  Arbdten  von 
Brandt  aufgestellt  und  dort  auch  am  emgehendsten  bebandeli  Die  leitenden 
Gedanken  sind  etwa  die  ÜDlgeadea.  Der  Reichtum  an  Phytoplankton  in  den 
Seen  nad  Meeren  hängt  von  den  jeweils  gebotenen  Emlbmngsbedingnngen 
sb  nad  zwar  ist  die  Menge  des  Toa  den  nothwendigea  Elementen  am  spär- 
lichsten vorhandenen  Elementes  ausschlaggebend.  Dieses  am  mindesten  reich- 
lich vorhandene  £lement  ist  der  Stickstoff.    Demnach  steht  die  Quantität 

1)  0  Z.  X.  1904.  S  715. 

2)  Ebda.  IX.  1903.  S.  il'J  u  X.  1904.  8.  113  von  0.  Warburg. 

3)  G.  Karsten.  Diatomeen  der  Kieler  Bucht.  Wiaa.  Mcere^untcr».  Kiel. 
N.  F.  Bd.  4.  1899.  —  F.  Boergeseu.  Om  Algeyegetattoaen  Ted  Faeroeenei  kjeter. 
Mit  zahlreichen  HabituBbildem.  Kopenhagen  1904.  —  C.  Schroeter  und  0.  Kirch- 
ner. Vegetation  des  Bodensees  II.  Characeen.  .Moose  usw.  Schriften  des  Vereins  für 
Geschichte  des  Bodensees.    Lindau.  Bd.  XXXi.  1UU2. 

4)  C.  Wesenberg-Lund.  Studier  over  de  Danske  8o6n  Pbmkton.  Kopen- 
hagen 1904.  —  H.  Loh  mann.  Neue  ünterauchungen  über  den  Reichtum  des  Meeres 
an  PUuikton.  Wisa.  Meereauntera.  N.  F.  Bd.  7.  Kiel  1902.  -  H.  H.  Gran.  Da« 
Plsaiklmi  de«  norwegischen  Nordmeeies.  liep.  on  Norweg.  fiahery-  a.  marine-inveati- 
gatioiu.  ToL  n.  19M.  No.  h.  —  P.  F.  Cleve.  The  seasonal  diitribntion  of  at- 
lantit  Plankton  organisms.  Ooeteborg  1901.  —  J.  Pavillard.  Bediercbes  Sur  la 
flore  p^lagiqiu"  Phytoplankton  i  de  lYtang  de  Tbau.  Montpellier  1906.  —  K  Brandt, 
«b«  den  Stotiwechael  im  Meere  I  u.  H.  Wisa.  Unters.  Kiel.  N.  F.  Bd.  IV.  1899. 
B.  SU  0.  Bd.  VI  19M.  6.  96.  —  £.  Baur.  Über  swei  denitrifisierende  Bakterien 
aas  der  Osispv  Ebda.  Bd.  YT.  -  J.  Keutner.  Über  daa  Vorkommen  und  die 
Verbreitung  stickatotTbindonder  Bakterien  im  Meere.  Ebda.  N.  F.  Bd.  VIII.  1904.  — 

B.  Gran.    Studien  über  Meexeabaktexien  L   Bergens  Muaouma  Aarbog.  1901. 


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159 


des  dem  Phytoplankton  in  j/eeigueter  Form  frei  zur  Verfügung  stehenden 
Stickstoffes  in  dirokttin  Verhältnis  zur  Masse  des  Phytophuiktous.  Die  Sticke 
Stoffanreicherung  im  Meerwasser  geht  auf  sehr  verschiedene  Arten  von  Statten, 
vor  allem  ist  die  Arbeitsweise  von  Bakterien  zu  beachten,  welche  teils  Stick- 
stoff bindoii,  teOs  äui  was  rnntn  Yeilniidiingeii  befrwtn.  Die  avflUlige  Tai* 
stehe,  daß  die  Fhjtoplaiiktoiiniaase  kfilter  Meere  stets  erhehlioh  bedeutender 
ist  als  diejenige  wamer  Tropenmeere,  beruht  demnadi  auf  der  bei  höherer 
Teniperator  sehr  Tiel  energischer  von  Statten  gehenden  Arbeit  der  denitrifi- 
sierenden  Bakterien,  die  ans  allen  oxganischen  faulenden  Stoffen  den  Staek- 
Stoff  befreien  und  entweichen  lassen,  wahr«id  in  den  kftlteren  Polarmeeren 
bei  träger  Arbeit  dieser  Bakterien  sich  die  zur  Ernährung  wichtigen  Stick- 
stoffverbindungen im  Meerwasser  länger  7,u  halfon  im  Stande  sind.  Sie  wer- 
den daher  vom  Phytoplankton  energisch  ausgenutzt  und  bedingen  seine  ^eh^ 
viel  nmchtigere  Entwickeluug  gegenüber  jenen  stets  stickstotfarmen  Tropen- 
meeren, üm  die  Kinzelnachweise  des  verschiedenen  Verhaltens  der  Stickstoff- 
bakterien unter  verschiedenen  Bedingimgen  dreht  sich  der  Inhalt  der  ge- 
nannten Uteiatar  Aber  Bakterien,  die  in  dem  Mseresstoffwechsel  nnd  dahmr 
in  der  MeerasGkologie  eine  so  ausschlaggebende  Bolle  spielen.-—  . 

Bevor  wir  sor  systematischen  Pflansengeographis  flbeigehen,  mag  eine 
Arbeit  historischer  Art  Ton  Engler  genannt  sein,  die  beiden  Biehtongen  ge- 
recht zu  werden  sndit:  „Die  Entwicklung  der  Fdanzengeograi^  in  den  letiten' 
hundert  Jahren  und  weitere  Aufgaben  derselben"*),  eine  sehr  gründliche 
Durcharbeitung,  ans  der  sich  viele  wertvolle  Fingerseige  für  die  Weiterarbeit 
ergeben. 

Naturgemäß  ist  die  systematische  Hicbtung  unserer  Wissen- 
schaft nicht  durch  eine  scharfe  Grenze  von  der  ökologischen  zu  scheiden 
und  von  den  vui stehend  aufgeführten  Arbeiten  hätten  gar  manche,  so  z.  B. 
alle  aus  der  bammlung  „Vegetation  der  Erde"  genannten,  ebensogut  hier 
ihren  Platz  finden  können.  Auch  das  lunächst  zu  erwähnende  Werk  G rad- 
mann Pflanxenleben  der  sohwftbischen  Alb  bietet  genug  Bttührongspunkte 
mit  der  Skologischm  Richtung.  Der  ganze  erste  Teil  besohftftigt  sieh  mit 
den  Betiehungen  der  Pflanzen  zu  EUma  und  Boden,  m  der  umgebenden 
Pflanaenwelt  und  IWivelt  Der  Zusammensdhluß  der  Pflanzen  sn  Wäldern, 
Heiden  und  sonstigen  Formationen,  der  Wechsel  der  Vegetation  gemäß  den 
Jalireszetten  wird  behandelt.  Daran  sich  schließt  eine  Besprechung  der  Pflanzen- 
verbreitung und  der  Ursachen  ihrer  jetzigen  Verteilung.  Der  zweite  spezielle 
Teil  enthält  dann  die  Aufz&hlung  nnd  Beschreibung  der  im  Gebiete  gefun- 
denen Pflanzen. 

Hier  soll  auch  gleidi  auf  die  neueste  Auflage  der  bekannten  ausgezeich- 
neten  Flora   von   Deutschland    von   Garcke'*)    hingewiesen    werden,  deren 

1)  S.-A.  a.  d.  Huiuboldt-Zenteaar  iSchrüt  d.  Ges.  f.  Erdkde.  zu  Berlin.  1899. 

S)  B.  Gradmann.  Das  Pflsnsenleben  der  sehwftbitehen  Alb  mit  Berficksieh- 
tigung  der  angrenzenden  Gebiete  Sfid-Deutechlands.  60  Chiomotaf.,  2  Kartenskizzen, 
10  Vollb  u.  über  200  Textfig.  2.  Aufl.  Tübingen  1900.  (Nach  dem  Auszug  in 
Justs  Jahreaber.  Bd.  26.  1.  189ä.) 

3)  Aug.  Garcke.  Illustrierte  Flora  von  DentseUand.  10.  Aufl.  770  Orig.-Abh. 
Berlin  190«. 


Bericht  Ober  di«  Fortieliritte  der  PflftnBengeographie. 


153 


Wert  durch  Beigabe  sehr  zahlreicher  Illustrationen  besonders  fftr  minder  in 
der  systetiiatischf'u  Botanik  Bewanderte  erheblich  rrhöht  ist.  Als  Anleitung 
für  die  geographische  Betrachtungsweise  der  Flora,  für  das  Zusammen  vor- 
kommen bestimmter  Pflauzenarten  in  Vegetutionsformatioucn  und  das  Er- 
kennen ihrer  wosentlieh  charakteristischen  Bestandteile  wird  der  Botanische 
Ffllurer  durch  Norddentschland  von  Graehner^^  gute  Dienste  leisten  kOnnen. 

Für  die  Erweiterung  und  Verfollstifaidigung  der  Florenkunde  ist 
Berlin  immer  noch  der  führende  Ort,  dank  der  Ifaaae  der  dorthin  sasammen- 
ifarömenden  Sammlungen  nnd  der  bewundernswerten  Enorgie  des  Ldters  der 
ijstematiadi'botanisdien  Anstalten.  Vor  allem  die  afrikanische  Ilaca  wird 
TOD  Engler*)  nnd  den  zahlreichen  Beamten  des  Gartens  und  Miiseomt 
nach  allen  Richtungen  hin  dort  auf  das  Gründliehste  durchgearbntet.  Da- 
neben her  geht  die  Bearbeitung  anderer  SammlungeUi  die  teils  von  den  Än- 
gehSrigen  des  Institutes  auf  Reisen  selbst  zusammengebracht  sind'),  teils  von 
auswärts  dorthin  gelangen.'*)  Die  Eindrücke  einer  eigenen  Reise  nach  Ost- 
.\frika  und  die  Ergebnisse  der  bereits  erwähnten  E-xpedition  d»'r  TTeckiiiann- 
W'enzel- Stiftung  gibt  En  gl  er  ^)  dann  in  Schilderungen  der  Forniatiuneu  und 
der  Vegctations Verhältnisse  wieder,  wie  sie  in  kurzen  Auszügen  auch  den  ge- 
Mumteii  Veg6tationsaidha]ime&  ans  Ogt*Af!nka  beigegeben  sind. 

Ton  sonstigen  florenkondlichen  VerOffmtlichttngea  dieses  Zritabscfanittes 
Misn  nur  esniga  wenigo  hierunter*)  genannt 


1)  Paul  Oraebner.  Botanischer  Führer  dazeh  Nord-DeutBohland.  Hilfsbach 
nun  Erkennen  der  in  den  einselnen  Yflgetationilbnnattonen  wildwachsenden  Pflaasen-' 
Uten.    Berlin  1903. 

5)  A.  Engler.  Beiträge  zur  Flora  von  Afrika.  Englem  Bot  Jahrb.  f.  Syate- 
milik  Q.  PflaaMBgeogr.   XXVI.  1899— XXXIV.  1906. 

8)  L  Dif  ls  u.  E.  Pritzel.  Beiträge  zur  Kenntnig  der  Pflanzen  West» 
Anitraliens.  Ebda.  ßd.  XXXV.  1906.  S.  5ü.  —  L.  Diel«.  Reisen  in  West-Austra- 
lien. Z.  d.  Ges.  f.  Enikde.  zu  Berlin.  1902.  S.  797.  —  G.  Volkens.  Vegetation 
dar  Karoliaen  mit  besonderer  Berfldcsiehtigang  der  von  Yap.  Engleis  Jahrb. 
R<1  XXXI.  1901.  --  O  Warburg.  MonsmÜL  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Vege- 
tation dt^s  sfid-  und  ostasiatiechen  Monsungebietes.    Bd.  I.    Leipzijf  19o(t. 

4)  L.  DieU.  Flora  von  Zentral-Chiua.  Englers  Jahrb.  Bd.  XXIX.  1901.  S.  169. 

—  J.  Urban.  Plantae  novae  americanae  infirimis  Olasiovianae.  Englen  Jahrb. 
Bd.  XXV.  1898.  Beibl.  60.  XXX.  1902,  Beibl  07.  —  A.  Sodiro.  Plantae  ecuado- 
lenses.  Enplers  JahrK.  Ih]  XXV.  Ihus.  S.  722.  XXIX.  l'JOl.  S.  1.  XXXIV.  I'.m).-).  Ileibl.  7H. 

—  G.  Hieronymus,  l'lantae  Lehmanuiauae  in  (juatemala,  Columbia  et  Ecuador 
eoUectae  etc.  Baglen  Jahrb.  Bd.  XXXIV.  1906.  8.  417.  —  C.  Oilg  n.  Th.  Loe* 
seaer.  Beitrag  zur  Flora  von  Kiautschau.   Ebda.  Bd.  XXXIV.  1905.  Beibl.  75. 

6)  A.  Erij»ler.  Üher  die  Vef^etationsverhilltnisBe  des  T'Iugui-u-Gebirpes  in 
Bentsch-Ostatrika  S.-Ber.  d.  k.  pr.  Ak.  d.  Wisa.  Berlin.  XVI.  lUOO.  S.  IUI.  — 
Ders.  Über  die  VegetationsTerh&ItniiBe  des  im  Norden  des  Kyassa-Sees  gelegenen 
Oebirgelandes.  Ebda.  XU  1901.  S.  816.  —  Ders.  Über  die  Vegetationsformationen 
Ostafrikns  auf  Grund  einer  Reise  durch  Usambara  snm  Xilimandschaio.  Z.  d.  Gee. 
f.  Krdkde.  zu  Berlin.  1903. 

6)  Alles  atiert  nach  Justs  Jahreebericht.  R.  Pirotta.  Flora  della  Colonia 
Eritrea.  Roma  1908.  Parte  1.  Fase.  1.  —  E.  de  Wilderaan.  Etudes  sur  la  llore 
da  Katanga.  Ann.  du  Mus^e  du  Conrro.  Hot.  H.-r.  IV.  fasc.  l  — ;i.  lüOa— 1903. 
Bnixelles.  —  i'.  Dus^n.  GetUßptiauzen  der  Magellauländer  usw.  Wissenseb.  Kr- 
gsbnuae  der  sohwedisdien  Expedition  nach  den  UageUanUhideni  unter  Leitung  von 

9M«npUMlM  Xalladttift  11  JahffM«.  IWM.  a  Bift.  11 


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154  0.  Eartten:  Berieht  ftber  die  Forttchntte  der  Pflftasengeograpliie. 

Die  große  Zentralstelle  für  die  Aorist ische  Durchforschung  der  Sunda- 
Tiist'ln  bleibt  natürlich  nach  wie  vor  liuitenzorg.  Die  wichtigen  Unter- 
.suchungen  über  die  Bauniartfn  von  Java  von  Koorders  und  Valeton*) 
sind  bis  mm  zehnten  Beitrag  gelangt,  von  der  Flora  von  Buitenzorg')  liegen 
aufier  der  bereits  im  letzten  Bericht  genannten  Phanerogamenflora  Boerlages 
jetit  dkl  Pteridophjtea  Ton  Baeiborski,  die  Lebermoose  Ton  Sehiffner 
und  die  Algen  TOn  de  Wildeman  bearbeitet  fertig  vor;  damit  ist  aueh  fDr 
die  mm  Stadium  der  Tropenvegetation  nacb  Bniteniorg  gehenden  Botaniker 
eine  nicht  leicht  ni  übenohfttcende  Erleiohtemng  der  enten  Orientiemng 
gegeben. 

Durch  prakti^ohe  Bficksichten  anf  die  Kolonien  der  verschiedenen  Na- 
tionen ist  in  den  letzten  Jahren  eine  „koloniale  Manzengeographie"  wach- 
gerufen, die  hier  nicht  übergangen  werden  darf.  Sie  geht  naturgemäß  Hand 
in  Han<l  mit  der  tropischen  Agrikultur'),  indem  sie  die  Aufgiabe  zu  erfüllen 
sucht,  jeder  Kolonie  die  geeigneten  Nutzpllun/.en  zu  linden  und  sodann  deren 
Anbau  zu  fordern.  Die  Organe  dieser  praktischen  Nutzbarmachung  der 
Pflanzengeographie  sind  ins  Leben  gerufen  von  dem  rührigen  Kolonial- wirt- 
schaftlichen KcHniiee,  dem  wir  die  wenigen  Eriulge  uniarer  Koloniatwirtsdiaft 
bei  der  immer  noch  unglaublich  großen  Intoeaselosigkeit  der  Menge  allein 
SU  verdanken  haben.  Vor  allem  ist  es  die  Torzflglich  redigierte  ZmtBthxiSt 
«Der  Tropenpflanzei'**),*  weldie  diesen  Interessen  dient  mit  ihren  den  letiten 

0.  Nordenakjflld.  m.  Stockholm  1900.  --  J.  Schmidt.  Flora  of  Koh  Chang. 

Contributioiis  to  the  knowledge  (MT  thc  Vegetation  in  the  Golf  of  Slam.  iy02.  — 
W.  H  Hernie  V  a  H  H  W.  Pearson.  The  Flora  of  Tibet  or  High-Aaia.  Joom. 
Linn.  Soc.  London  XXXV.  1902. 

1)  8.  H.  Koorders  «n  Th.  Taleton.  Bijdrage  Ko.  10  tob  de  Kennis  der 
Boomiiorien  of  Java.   Mededeelingen  uit's  Lands  Plantentuin.  No.  LXVIII.  1904. 

2")  Flnre  de  Buitcnzorg  publice  par  le  jardin  botaniqne  de  l'fttat.  Leiden. 

1.  M.  M.  Baeiborski,  rteridophjien,  189ä;  2.  V.  Schiffner,  liepaticae  I,  1900; 
$.  E.  de  Wildeman,  Alguen,  1900. 

8)  Bs  sei  herrorgehüben,  daß  das  Standard  work  H.  Semlers  in  zweiter  Auf- 
lage erschienen  ist:  H.  Semler.  Die  tropische  Agrikultur.  Ein  Handbuch  für 
Pflanzer  und  Kaufleute.  2.  Aufl.  Unter  Mitwirkung  von  0.  Warburg  und  M.  Böse- 
mann  bearb.  n.  hrsg.  von  B.  Hindorf.   Wismar  1900. 

4)  Der  TropenpAaBser.  Z.  f.  trop.  Landwirtschaft.  Organ  des  Kolonialwirt- 
schaftl.  Komitrp.H.  hrsg.  von  0.  Wiirburg  u.  F.  Woliltmann.  Berlin.  Jahrgilnge 
1 — 9.  189" — lUü.ö.  Beihefte  zum  Tropeupflanzer.  Wiss.  u.  prakt.  Abh.  über  trop. 
Landwirtschaft,  hrsg.  von  O.  Werburg  u.  F.  Wohltmann.  Bd.  I— VI.  1900—1905. 
Wichtigere  Abhandlungen  daraus:  W.  Sack:  Geographische  Verbreituag  desZacker^ 
rohres.  Bd.  L  S.  128.  —  F.  Wohltmann:  Togo-Reise.  L  197.  —  F.  Stuhl  mann: 
R^uniou.  II.  1.  —  A.  Schulte  im  Hof:  Kultur  und  Fabrikation  von  Tee  in  Britiach- 
Indien  und  Ceylon.  IL 37.  —  F.  Koschny:  Kultur  des  Castilloa- Kautschuk.  IL  119. 
—  W.  Busse:  Forschnngsri'ise  durch  den  nördlichen  Teil  von  Deutsch-Ottafirika. 
ITT.  98.  —  F.  Stuhlmann:  Studienreise  nach  Niederl&udisrh  und  Britiseb  Indien. 
IV.  1.  —  F.  G.  Kohl:  Untersuchungen  über  die  von  Stilbdla  (laricUi  hervorgerufeue 
Kafleekraukheit.  IV.  61.  —  E.  Dürkop:  Nutzpflanzen  der  Sahara.  IV.  161.  — 
F.  Wohltmann:  Pflanzung  und  Siedlung  anf  Samoa.  V.  l.  —  Alexander  Kuhn: 
Die  Fisrhflußexpedition.  V.  165.  —  E.  von  Schkopp:  ■Wirtsrhaftlichi-  Bcdeuttiiii,' 
der  Baumwolle  auf  dem  AWlttnarkt.  V.  323.  —  E.  Ule:  Kautgchukgewiunung^  und 
KauttJchukhaadel  am  Amazonenstrom.  VI.  1.  —  P.  Keiutgen:  Die  Kaut«chuk- 
pflansen,  eine  wirtflcliaflsgeogni{»hijiehe  Studie.  VI.  74. 


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W.Sierossewiki:  Die  jakatitehen  Kflttaa  dtf  nördlichen  Eismeerei.  165 

Jahrgängen  regelmäßig  beigegebonen  „Beiheften",  die  grSBere  wissecschaftlicbe 
Abhandlongen  zu  bringen  bestimmt  sind.  Die  in  den  ersten  Heften  eines 
jeden  Jahigauges  erschienenen  einleitenden  Artikel  von  einem  der  beiden 
Bediktenre  fusen  die  Ergebnisse  des  Toriiergegangeoen  Jahres  flberaidiliioh 
mwaninfm  imd  sind  geeignet,  Uber  den  jeweQigm  8tasd  der  einseinen  Eni« 
tmen  in  den  Kolonien  nnd  sonst  iateresriarende  Fragen  Anftdilofi  m  geben. 
Teisohiedene  grOfiere  Arbeiten  tÜI>er  Baumwolle,  EAntschnkpAansen,  Faser- 
pflsDsen  usw.  sind  abgesehen  TOn  ihren  direkten  praktischen  Zwecken  aneh 
TOD  wissenschaftlichem  Interesse;  die  beigegebenen  Illustrationen  häufig  redit 
r-haraktenstisch  und  sar  Demonstration  brauchbar.  Daß  die  größeren  and 
kleinereu  Expoditionpn  7ur  Untersuchung  der  Kulturen  in  fremden  alteren 
Kolonien  oder  zur  Aufsuchung  wichtiger  neuer  NutzpUuuzen  in  den  Willdem 
unserer  kolonialen  Besitzungen  nur  durch  die  Energie  desselben  Kolonial- 
wirtschaftlichen  Komitees  zu  Staude  gekommen  sind,  ist  bekannt.  Die  wert- 
vollen Berichte  über  zwei  dieser  Expeditionen,  nämlich  diejenige  nach  Zentral- 
vnd  Süd- Amerika  von  Paul  Preuß^)  nnd  die  Knnene-Sambesi-Ezpeditioa 
Toa  H.  Baum*),  herausgegeben  Ton  Warbnrg,  sind  in  dieser  Zeitschrift 
Iwreita  beqprodien  nnd  branehen  daher  nieht  wiederholt  in  werden.  Tielleidit 
den  größten  praktischen  Erfolg  hat  woU  die  Expedition  von  B.  Sohleehier 
SDr  Elrforsdinng  der  Ghittaperohar  und  KantschukyerfaUtaisse  in  der  Sfldsee 
aufzuweisen  gehabt  Es  gelang  ihr  bekanntlich^),  im  Bismarckgebirge  anf 
Neu-Guinea  eine  neue  Guttaperchapflanze,  Paiaquium  Supftanum,  zu  entdecken. 
Der  Baum  war  von  100 — 800  m  Meereshöhe  im  Walde  sehr  verbreitet  und 
eröffnet  demnach  gttnsÜge  Aussichten  für  die  Zukunft  einer  Qattaperchakultor 
daselbst^) 


Die  jakiüsehen  Kttsten  des  nördlichen  Eismeereß. 

Von  W.  SienMaewaki.') 

Zwischen  dem  Kap  Taeheynskm  und  dem  Kap  Swjatoj  Noß  (103*  bis 
141*  0.  Ii.)  füllt  das  nOrdlidie  Eismeer  einen  tiefen  Einsdhnitt  in  der  Kord- 
grenw  Asiens  ans.   Das  erste  der  bnden  Vorgebirge,  das  Kap  Tschel- 

ju.skin,  liegt  im  Westen,  geht  bis  zu  77®  36'  n.  Br.  und  ist  der  nördlichste 
Punkt  der  Alten  Welt,  das  andere,  fast  um  fiinf  Grad  südlicher,  darf  als  der 
oMidiste  Punkt  der  jakutischen  Küsten  Asiens  beseichnet  werden.  Der  große 

1)  G.  Z.  VIII.  1902.  S.  282. 
I)  6.  Z.  IX.  IMS.  S.  714.* 

3  :  Ober  die  nene  Gnttapereha  Ton  Neo-Guinea.  Tropenpflanaer.  Bd.  YIL  190S. 

8.  467. 

4)  F.  Wohltmanu.  Nei\jahngedanken  lUOö.  Tropeupflanzer.  Bd.lX.  1905.  S.  4. 

5)  Der  VerfatBer,  Waetaw  Sierossewski,  rote.  Pole,  geb.  IMO,  wurde  m 

lTjUirig«t  Verbannung  nach  Sibirien  verurteilt  und  brachte  davon  zwölf  Jalu  p  unter 
den  Jakuten  zu.  Kr  erhreibt  seine  literarischen  Arbeiten  teils  in  polniBohcr,  teils 
in  ruwischer  Spraciie.  Der  obige  Artikel  ist  rosttitich  erschienen  in  der  Muükauer 
2alidrilt  ZaMaiden^je  (Erdkunde)  und  wird  hier  in  Übenetsung  von  Traagott 
Pech  ia  Leipsig  geboten. 

11* 


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156 


W.  Sieroaiewiki; 


Toii  ihnaa  eingeschlossene  Busen,  ein  ganzes  Meer,  bestellt  aus  einigen  mehr 
oder  weniger  liequemen  Buchten  und  Limanen,  die  aber  Iniher  nur  Ton 
Fischen,  Seehnnden,  läsbftren,  ZngrOgeln  und  schwimmradem  Eis  besucht 
werden.  Fast  in  der  Mitte  dieses  Busens  hat  noh  einer  der  Biesenströms 
Sibiriens,  die  Lena,  ein  Delta  angeschwemmt,  das  als  ein  Hflgel  ins  Heer 
hinausragt  und  aus  einem  ganzen  Archipel  von  Inseln  besteht;  westlich  von 
ihr  schneidet  die  Chatangabucht  tief  in  die  Ostküste  der  Tajmyrhalbinsel 
ein,  die  schon  im  Altertum  (bei  Plinius)  unter  dem  Namen  .,Tabin''')  dunkel 
bekannt  war;  im  Osten  streckt  sich  weit  ins  Meer  hinaus  das  flache,  sandii^e 
Dreieck  Borchoja,  das  die  Wilsser  in  zwei  Buchten  von  fast  gleicher  (iröße 
und  Form  teilt,  in  die  Borchoja -Bucht  und  in  die  Jana-Bucht.  Schon  im 
offenen  Meere,  im  Osten  von  den  genannten  Buchten,  liegen  die  Ljachow- 
loseln,  die  Neusibirischen  Inseln,  die  Inseln  Bennett,  Wrangel  und  andere 
kleinere,  deren  flbrigens  siemlidi  lichte  und  xerrissene  Kette  den  Kflsten  des 
Festlandes  in  ihrer  Bichtung  nach  Osten  folgt. 

Dieses  ganze  Kfistanland,  Ton  nTscheljoskin^  beginnend  und  mit  dem 
Ostkap  (Kap  Deshnew),  dem  Östlichen  Pylon  Asiens,  endend,  hat  sich  längs 
der  idealen  Diagonale  eines  geographischen  Neties  ausgedehnt,  das  aus  11  Graden 
Breite  und  90  Graden  Länge  besteht;  aber  die  Entwickelnng  der  Küstenlinie  ist 
hier  ziemlich  schixnch,  die  Küste  ist  seicht  und  auf  ihrer  großen  Ausdehnung 
doch  nur  an  einigen  Stellen  für  See3chi£fe  zugänglich.  Das  vertikale  Profil 
des  schmalen  Gürtels  (Unser  Küste,  dessen  südliche  Grenze  nur  stellenweise 
die  Linie  des  Waldwuchses  überschreitet,  bildet  im  alli^eiii'-incu  eine  krumme 
Linie,  deren  größte  Biegung  auf  die  Gegen<leu  kommt,  die  zwischen  den  Mün- 
dungen der  Lena  und  der  Indigirka  liegen.  Es  sind  dies  Gegenden,  die  sich 
sehr  wenig  über  das  Niveau  des  ^leeres  erbeben  and  deren  größte  Höben  selten 
1400  Fuß  erreidien.  Der  westliche  Flügel  dieser  Biegung  ist  niedriger,  weil 
seine  Kuhninationqiunirte,  die  Berggipfel  der  Tigmyrhalbinsel,  3000  Fufl  nidit 
überschreiten,  während  sich  im  Osten  die  Berge  der  Tsohuktsdienhalbinsd  nicht 
selten  bis  4000  Fuß  «rbeben,  und  einer  Ton  ihnen,  der  Berg  Manatschinga, 
sogar  8800  Fuß  hoch  ist,  der  höchste  der  Gipfel,  die  sich  überhaupt  in  den 
Grenzen  oder  in  der  Nähe  des  nördlichen  Polarkreises  finden.  Der  Anblick 
der  Küsten,  die  direkt  vom  Meere  bespült  werden,  ist  allerdings  meist  niedrig, 
aber  danach  den  Charakter  dos  ganzen  Küstengebiets  beurteilen  zu  wollen,  wäre 
doch  falsch,  weil  sich  tiefer  im  Lande  Gebirgsausläufer  finden,  die  als  Wasser- 
scheiden der  in  das  Eismeer  mündenden  Flüsse  Ghatanga,  Anabara,  Olenek, 
Lena,  Jana,  Indigirka,  Alaseja,  Kolynia,  Tschaun  und  anderer  dienen  und  dem 
ganzen  Lande  ein  mehr  oder  weniger  migleiches  liügeliges  Ansehen  geben,  so  >vie 
auch  nicht  selten,  wenn  auch  stark  platt  gedrückt,  bis  zum  Heere  selbst  reichen. 
Im  Westen  und  Osten  aber  erheben  rieh  nicht  weit  von  der  Heereskfiste  wirkliche 
Bergrflcken,  wie  auf  der  Tajmyzlialbinsel  das  Bjrangagebiige,  und  auf  dem 
Tsehuktschenland  ein  ganzes  Nets  von  Ketten,  das  der  Halbinsel  einen  entsohie' 
denen  Gebirgscharakter  gibt.  Hier  ziehen  rieh  neben  demHauptrttcken,  der  in  der 
lütte  der  Halbinsel  von  Ost  nach  West  geht,  noch  viele  andere  Ketten  zwriten 


1)  So  im  ziMBiechen  Text;  beiPlinini  heißt  der  Name  Tabis  {Tdfite).  Der  Üben. 


Die  jakutischen  Küsten  des  nördlichen  Eismeeres. 


157 


Qnides,  di«  manolimal  sehr  nahe,  mweilen  sogar  dicht  ans  Meer  herankonmien. 
ÜWhaiipt  sind  die  Kllsten  dieser  beiden  Grensllnder  des  jalnitischen  EHsten- 
landes,  des  westlichen  und  des  östlichen,  Ton  seiner  niedrigen  lÜtte  yer- 

schiedMl,  haben  aber  unter  sich  etwas  Gemeinsames:  sie  sind  nftmlich 
felsiger  und  fallen  steiler  ins  Meer  hinab,  als  in  den  anderen  Gegenden  des 
Küstenlandes,  auch  erinnern  sie  durch  die  Form  ihrer  Vorgebirge  und  Buchten 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  an  die  Nordküsten  Skandinaviens.  Das  ist  be- 
sonders iui  Osten,  an  don  Küsten  der  Tschuktschenhalbiusel  l)emerkbar,  wo 
sich  die  felsigen  Klippen  stellenweise  direkt  vom  Meeresgrund  erheben  imd 
die  schniale  Koljutschin- Bucht  weit  in  die  Tiefe  des  Festlandes  einscluieidet. 
Fjorde  im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes,  wie  sie  für  die  Küsten  Norwegens 
SO  charakteristisch  sind,  gibt  es  aber  hier  auf  der  ganzen  arktischen  Kflst« 
.Asiens  nidit;  sie  finden  nch  nicht  einmal  dort,  wo  einige  Bedingungen  zu 
ihrer  Bildung  Torhanden  zn  sein  seheinen. 

Eigentlich  senkt  sich  die  Meereskflste  am  hanfigsten  allmfthlich,  in  nie- 
drigen, flachen  Terrassen,  zum  Wasser  herab,  oder  sie  bildet  «inen  schlammigen, 
sandigen  Band,  der  sich  erst  kür/Jich  aus  dem  Meerwasser  am  Fuße  Älterer 
Terrassen  des  Festlandes  abgesetzt  hat.  Dieser  OnHel  von  junger,  frisch  auf* 
getragener  Erde  wächst  immer  mehr  und  mehr,  entsprechend  dem  langsamen 
Kückgan«,'  iles  Eismeeres,  der  immer  weiter  und  weiter  nach  Norden  zu  statt- 
findet, wenn  auch  nicht  auf  der  f^^aiizen  r>inie  der  sibirischen  Küsten,  so  doch 
wenigstens  in  dem  hier  beschriebenen  Teile.  Dieser  (Jürtel  ist  manchmal 
so  niedrig,  daß  im  Winter,  wo  das  Festland  und  das  gefrorene  Meer  mit 
Schnee  bedeckt  sind,  die  auf  dem  Meere  in  Geschäften  herumfahrenden  Jftger 
die  Nshe  des  Landes  nur  an  den  Haufen  des  da  und  dort  angeschwemmten 
Holzes  erkennen;  doch  spricht  auch  dieses  Merkmal  noch  nicht  für  die  NShe 
des  Meeres,  weil  man  solche  Haufen  Treibholz,  das  man  hier  Adamshols 
(adamovHina)  oder  Noahhols  {ni(jevi£ma)  nennt,  manchmal  auch  einige 
Dutzende  von  Werst  von  der  Küste  entfernt  und  auf  HShen  von  einigen 
hundert  Fuß  über  dem  Meeresspiegel  findet.  Diese  Haufen  alten  Holzes 
mit  Ablagerungen  von  Seemoscheln  und  versteinertem  Tang  sind  natürlich 
Zeugnisse  dafür,  daß  auch  hier  einstmals  Meer  war.  Solcher  Stellen  gibt  es 
auf  dem  ganzen  Küstenland  so  viele  und  sie  sind  so  regehnilßig  verteilt,  daß 
es  nach  ihnen  nicht  schwer  xiii  wünle,  ein  Bild  der  Nordküste  Sibiriens  in 
den  verschiedenen  geologischen  Kpoclien  wiederherzustellen. 

Die  Tundra,  jakutisch  iiworu  genannt,  nimmt  die  niederen^  Teile  der  be- 
sekriebenen  Gegenden  ein  und  stellt  eine  mehr  oder  weniger  flache,  mit  einer 
Messe  großer  -und  kleiner  Seen  besftte  Ebene  dar.  Wenn  man  sie  von  einer 
gewissen  HOhe  aus  betrachtet,  erOflhet  sich  ein  origineller  Anblick:  rund 
herum,  wttt,  so  weit  das  Auge  reicht,  sieht  man  eine  bunte,  wunderiiare, 
fast  gleichmftfiige  Mischung  dunkler  Stflcke  Erde  und  silbemer  Wasserbecken. 
Man  könnte  diesen  Anblick  mit  einem  großen  Schachbrett,  genauer  noch  mit 
nach  der  Ebbe  entblößtem  Meeresbodrn  vergleichen,  so  eigenartig  regelmäßig, 
wie  Ton  den  Wellen  abgewaschen,  sind  hier  die  mit  Wasser  angefüllten  Ver- 
tiefungen und  die  mit  Moos,  Gras,  Beeren  und  kleinen  StrJiuchem  bewachsenen 
L&ndbögel  verteilt    Im  Winter,  wenn  das  alles  mit  einer  Schicht  harten, 


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158 


W.  Sieroszewiki: 


durch  dift  Wind«  fesligttwditea  Schnees  maachmal  tos  der  Dicke  eioer  gßaw&ä 
Sadim  (d.  i  reichlich  2  m)  beschüttet  und  aasgeglichen  ist,  stellt  die  Tundr»^ 
eine  vnbegrenste»  einheitliche  Ebene  dar,  glatt  wie  ein  Bogen  Papier.  Mitten 
in  dieser  Ebene  gewähren  einen  sonderbaren  Anblick  die  selten  vorkommen- 
den vereinzelten  glockenförmigen  Erdbügel,  die  hRufip  einige  Dutzend  Fuß 
hoch,  vollständig  kubl  und  von  si>  regelraaßijjer  Form  sind,  daß  Midden- 
dorff,  der  jene  Hügel  auf  der  1  ajniyr-Tuiidra  sah,  sie  iiir  von  Menschen 
aufgeschüttete  Kurgane  (Griibhügel)  hielt.  Ebeusoli-he  glockenförmige  Hügel 
habe  ich  auf  der  Tundra  an  der  Müudung  der  Jana  gesehen. 

Trotn  ihrer  GrOBe,  Eheahrii  and  Einförmigkeit  macht  9a»  Tundra  doch 
nicht,  wie  die  Steppe,  den  Eindruck  der  ünendÜdikeit.  Im  Sonuner  ist  dem 
die  Mgenartige  Poluheleiichtiuig  hindexUch,  die  die  Entfenmng  Terhiigt  und 
die  GegenstSnde  nmnchmal  dermafien  TergröBert,  dafi  geringftgige  Strftudier 
und  GriLser  als  den  Horizont  TcrdedMode  Wilder  erscheinen,  und  sich  jeder 
Yorspning,  jode  Ungleichheit  oder  jeder  flache  Hflgel  als  eine  lange  Bergkette 
darstellt.  Im  Winter  wirken  die  D&nmemngen  und  die  Frostnebel  hinderlich, 
indem  sie  die  Aussicht  verdecken,  und  nur  im  Frühling,  im  Monat  März  und 
später,  würden  es  vielleicht  die  Lichtverhältnisse  gestatten,  die  Tundra  in 
ihrer  ganzen  Herrlic^likeit  zu  .sehen,  aber  au  trüben  Tagen  wird  tler  Eindruck 
durch  die  niedrighängenden  Wolken  und  die  der  Meeresküste  eigene  feuchte, 
schwere  und  finstere  Luftperspektive  verdorben,  an  sonnigen  Tagen  aljer  er- 
seugt  die  grell  weifie  Tundra  einen  so  starken  Reflex,  daß  es  fast  unmöglich 
ist,  wegen  des  starken,  leicht  Schwindel  erregenden  Augenscbmenes  in  die 
Feme  sa  sehen.  Als  eine  der  in  Gedringtheit  und  Genauigkeit  besten  Be- 
schreibungen der  bergigen  Gegenden  des  hiesigen  Kttstrastriobs  fIEÜure  ich  die 
Tom  Kaj^tln  Billings  TcrfaBte  Beschreibung  der  Tschnktschenhalbiasel  an; 
er  Tcrbrachte  hier  den  Sommer  des  Jahres  1792. 

„Das  ganze  Tschnktschenland  besteht  aus  Bergen  und  unfmchtbarea 
Tälern;  auf  den  Bergen  ist  kein  Gras  bemerkbar,  mit  Ausschluß  von  Moos, 
das  den  Renntieron  als  Nahrung  dient;  überall  sieht  man  nur  nackten  Stein; 
in  einigen  Tälern  gewahrt  man  Weidenstengel,  aber  sie  sind  recht  dünn. 
Das  Klima  ist  ganz  unerträglich:  vor  dem  20.  .Juli  ist  noch  kein  Sommer 
bemerkbar  und  um  den  20.  August  zeigt  sich  schon  in  allem  das  Nahen  de» 
Winters.  Das  Tschuktächenland  liegt  hoch,  uud  oft  sind  uns  Berge  von  er- 
staunlicher GrOBe  vingekommen.  Auf  den  Bogen  und  in  den  Tllem  be* 
decken  an  vielen  Stellen  Schneehaufisn  die  Erde  das  ganze  Jahr  hindurch. 
In  den  nach  Norden  gerichteten  T&lera  fliefien  viele  seidite  FliSsse  und  Bichs 
mit  steinigtem  Grund.  Die  Tller  selbst  sind  meist  sumpfig  und  von  einer 
Menge  kleiner  Seen  angeflUlt.  Von  Beeren  gedeihen  nur  die  Blaubeere,  die 
Preiseisbeere  und  die  Bau.scbbeere,  hier  sihsa  genannt.  An  den  Küsten  der 
Nordost-,  Ost-  und  zum  Teil  der  Südseite  fängt  man  Seelöweii,  Walrosse  und 
Robben.  Das  Renntier,  der  Bergwidder,  der  weißliche  Wolf,  der  Bär,  Füchse, 
Blaufüchse  bilden  das  lmh/c  Reich  der  VierfüÜler.  Während  des  kurzen 
Sommers  sieht  man  Adler,  Falken,  Rebhühner  und  Wasservögel  verschiedener 
Art,  und  zur  Winterszeit,  wo  die  Einwohner  umherreiscn,  lliegeu  überall 
Krähen  hinter  ihnen  her." 


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Die  jakntisehen  Küsten  dea  nördlichen  Eiameerea. 


159 


Ich  füge  hinzu,  daü  nach  der  Bestimmung  des  Leutnants  Nordquist, 
des  Begleiters  Nordenskiölds,  das  in  dieser  Gegend  vorwiecrende  Gestein 
Granit  ist,  und  daß  die  Sohle  der  Täler  am  häufigsten  aus  nachtertiären  Bil- 
dungen, Sand  und  Geröll,  besteht. 

Dieses  Stück  Festland^  arm  an  Formen  des  Beliefs,  fast  ohne  Pflanzen- 
decke^ ohne  Wald,  hnt  gleidiwohl  ein  hohes  Interesse  flfar  den  Geographen;  hier 
hemflht  sidi  gewissennafien  die  Natur  etwas  um  sweiten  Ual  dnrduoftthren, 
was  ae  schon  in  lingst  Terganganer  Zeit  in  der  Tiefe  des  Eonünents  ge- 
tan hai 

Schon  Reclus  lenkte  die  Aufmerksamkeit  auf  die  merkwürdige  Ähnlich- 
keit, fast  Gleichheit  der  Erhebungslinien  in  diesem  TeHe  des  Erdballs.  Seine 
flüchtig  hingeworfene  Bemerkung,  daß  das  Tal  des  Wiljuj  eine  westliche 
Fortsetzung  des  unt<»rf*n  Aldans  sei,  hat  mich  veranlaßt,  die  Marschrouten  der 
Reisenden  in  diesen  Ländern  aufmerksam  la  verfolgen.  Auf  Grund  dies»'r 
Angaben  und  nach  raeinen  eigenen  Beobachtungen  bin  ich  zu  dem  Scliluß 
gekommen,  daß  die  Vermutung  Reclus'  ganz  richtig  ist,  ja  mehr  noch,  daß 
das  ganze  Plateau,  das  von  der  Lena,  dem  Wiljuj  und  dem  Aidau  kreuzweise 
durchschnitten  wird,  eine  große,  leicht  gewellte  Vortiefung  mit  nach  allen 
Seiten  stark  gdiobaun  Bindern  bildet.  Die  Sohle  diaser  Vertiefiing,  ihre 
tiefste  Ansbaohtnng,  kommt  auf  die  Stellen,  die  an  der  Vereinigiiag  der  drei 
ebtt  genannten  Flflsse  liegen*  Diese  SchloBfolgerong  hat  mir  die  HS^^ich- 
bit  gegeben.  Über  viele  geographisehe,  klimalische  und  botanische  EigentOm- 
lichkeiten  der  Gegend  ins  B[lare  zu  kommen,  z.  B.  über  die  Verteilung  der 
Sümpfe  und  Seen,  über  das  regelmäßige  Auftreten  trockener,  kalter  West- 
winde im  Sommer,  über  die  Verbreitung  der  Arten  der  Holzge wüchse,  über 
die  (iren/.c  des  Wachstums  der  Getreidepflanzen,  über  die  Eigcnscliatt^'n  der 
Wiesen  und  Wiesenkrüuter  in  den  verschiedenen  Gegenden  dieser  Vertiefung, 

Bei    meinen    ethnographischen   Untersuchungen   des   Jakutenlan<le.s  war 
meine  Hauptaufraerksamkeit  natürlich  nur  auf  die  wichtigsten  geogiaphischen 
Faktoren  gerichtet,  die  unmittelbar  das  Leben  der  Menschen  beeinflussen.  Nur 
gelegentiidi  habe  idi  anch  Bigentflmlichkeiten  veneidinet,  die  mich  dnroh  ihre 
m  der  Folge  so  frnchtbare  Annlherong  zu  einander  flbemseht«!.  Vor  allem 
Imkt  die  merkwQrdlge  IhnUohkeit  swischMi  den  swei  Vertiefiingen  des 
^ikntenlandea:  der  sfidlichrai,  wo  Wi^,  Lena,  Aldan,  ond  der  nördlichen, 
wo  die  Jana,  Indigiika,  Koljma  fließen,  die  Aufmerksamkeit  auf  sich.  Ob- 
gleich beide  Vertiefungen  durch  ziemlich  hohe  Bergketten  von  einander  ge- 
trennt sind,  sind  diese  in  Wirklichkeit  doch  ebenso  flach  gewellte,  fim  Nor- 
ken) mit  zahlreichen  Seen  besäte  und  (im  Süden)  von  Flüssen  durchschnit- 
tene Plateaus;   nur  ist  das  südliche,   weil  älter,  auch   trockener  als  das 
nürdliohe  und  mehr  ausgewaschen  als  dieses.    Ich  habe  mir  nach  meinen 
nördlichen  Erinnerungen  ohne  Mühe  in  Gedanken  ein  Bild  von  dem  Lande 
gemacht,  als  das  Niveau  seiner  Wässser  noch  höher  stand  und  die  Flüsse  in 
wenigen  tiefen  Rinnen  flössen.  In  der  Umgegend  der  Stadt  Jakutsk,  auf  dem 
Attga'Lena-Platean  in  den  Aktssm^)  des  Nymskij  nnd  des  West-Nyngalaskij 

1)  Jakutisch  aläs,  uluß,  ein  von  Wald  umgebener  Platz.  Vgl.  O.  Böbtlingk. 
^  die  Spiadie  der  Jakuten  II,  10*  (St.  Petereb.  1861).  Der  Übers. 


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160  W.  SieroiseiTBki:  Die  jakniitchen  Kfliton  des  nOrdliohen  Eifmeerei. 


ülus  habe  irh  <las<flbp  Knlymsche  Laud  und  die  Seetälcr  des  Bezirks  Wercho- 
jansk  erkiinnt.  Manchmal  habe  icli  in  einem  ziemlich  dichlca  und  gesunden 
südlichen  Walde,  wie  zur  Bestätigung  meiner  Vermutungen,  versteckte  Über- 
reste Iftngst  vergangener  Zeiten  gefunden:  konservierte  Bruchstücke  einer  sel- 
tenen DOrdlidMil  Tt(^!fa  mit  ihren  krommen,  kranken  Ltn^eni  mit  einer 
Menge  gefallener  Stimme,  mit  dem  grauen  knotigen  Beuig,  das  das  mager» 
Grfln  erstickte.  Oder  es  erOfinete  sick  vor  mir  plOtilioh  tan  moosiges,  snnqpfiget 
Tal  mit  Kolonien  Yoa  Flechten  nnd  Bflschen  der  nnfiradhtbaren  entarteten 
Sdiellbeere;  der  kalte  Torf-Eis-Boden,  mit  Mooshflgeln  bedeckt,  das  niedrige 
Weidengebölz,  die  kleinen  Pftit/(  n  des  aufgestauten  Frühlingswassers  vervoll- 
ständigen die  Ähnlichkeit  dieser  Täler  mit  den  Brüchen  des  Nordens.  Bund- 
herum  sind  dif  stllien  ninden  mit  Moos  l)ewachsenen  Hügel. 

Wenn  wir  nun  di'>  Karte  zur  Hand  nehmen,  so  tritt  die  geographische 
Ähnlichkeit  der  beidru  erwähuteu  Plateaus  noch  deutlicher  hervor.  Die 
Flüsse  nehmen  hier  wie  dort  ihren  Lauf  von  Süden  nach  Norden,  die  Höhen- 
züge gehen  annähernd  in  meridionaler  Kichtuug,  die  Menge  der  Seen  nimmt 
von  Sfiden  nach  Norden  so,  die  laßeren  Binder  beider  Plateaus  sind  erhdht 
und  bilden  eine  Verfleohtnng  siemli<di  ht^er  Beigrfioken.  Nur  das  sttdliche 
Plateau  ist,  wie  sdum  bemerkt,  auf  allen  Seiten  Ton  Bergriloken  umgeben  und 
bildet  eine  grofie  geschlossene  Yertiefong,  das  nördliche  aber  senkt  sich  mit 
seiner  Nordgrenae  ins  Meer  hinab.  Zieht  man  in  Betracht,  daA  die  lings 
^r  Eismeeikllste  serstrenten  Inseln  die  höchsten  Stellen  des  Meeresbodens 
sind,  so  muß  man  annehmen,  daß  auch  dieses  nördliche  Land,  das  jetst  Tom 
Meer  bedeckt  ist,  eine  ähnliche,  von  erhöhten  Rändern  umgebene,  nicht  große 
Vertiefung  bildet,  und  daß  wahrseheinli<'h  erst  hinter  ihr  die  eigentlichen 
Meerestiefen  beginnen.  Die  Messungen  Wrangeis  und  Nordenskiölds  be- 
stätigen /.vim  Teil  eine  solche  Annahme.')  Sonach  wird  die  Ähnlichkeit  der' 
beiden  i'lateaus  fast  zu  einer  (ileichheit. 

Middendorff  hat  zuerst  festgestellt,  daß  auf  dem  südlichen  Plateau 
einstmals  ein  Heer  war*);  welcher  Art  es  war,  ist  nicht  bekannt  Jedenüüls 
können  wir  uns  aber  einen  solchen  Moment  seines  Bflckgangs  Torstellen,  wo 
sich  aus  den  Gewissem  in  der  Gestalt  von  Lisehi  die  Gipfel  erhoben,  die  su 
dem  Gebii^swal]  gehörten,  d«r  das  nördliche  Plateau  von  dem  sAdlidien 
trennte.  Damals  bildeten  die  Tftler  des  unteren  Aldan  und  des  Wi^'uj  eine 
Meerenge,  alle  jetst  in  diese  mündenden  Flüsse  gingen  damals  selbst&ndig  ins 


1)  N.  Sei  an  der.  „Karte  der  Norrlkfiste  der  Alten  Welt  von  Norwegen  bis  /nr 
Berin^straße  mit  dorn  Kurse  der  *Vega*.-Kxi)edition"  (bei  Nordenskiöld,  Die  Um- 
gegelung  Asiens  und  EoropM  auf  der  „Vega",  Bd.  II,  Leipzig  1882).  Auf  dieser  Karte 
Bind  von  der  Tajmyrhalbinsel  aus  gerechnet  die  größten  Tiefen  eben  gerade  bei  dieser 
Halbinsel  bezeichnet  (124  Meter,  etwas  östlich  vom  Kap  Taihelju.skin,  die  höchste 
Ziffer  aut  dem  ganzen  Wege  bis  zur  Beringutraße);  die  kleiauten  Tiefen  sind  in  dem 
Durchgang  swischen  der  Ljachow-Luel  und  dem  Festland  (9 — 16  m)  Termearkt. 
Wränge  1  bat  bei  seinen  Messungen  unter  dem  Ki.->i'  zwischen  dem  Feitiaad  und 
der  Insel  Wraiif^el  keine  f^rößere  Tiefe  als  49  ni  gefunden. 

2)  In  den  Kalksioincu  des  Aldaus  habe  ich  selbst  Abdrücke  von  versteinerten 
Seemnscheln  gefunden.  Einige  von  mir  dort  geAmdene  Tenteinenugen  finden  sich 
gegenwürtig  im  Muienm  tu  Jakntsk. 


&  Langenbeek:  Drei  neue  Heibodikeii  des  erdknndL  ünterzichies.  161 

Meer,  und  die  südjakutische  Vertiefung  selbst,  die  sich  mit  ihrem  Nordrande 
ins  Meer  senkte,  hatte  damals  eine  große  Äbulichkeit  mit  dem  Amphitiieater 
des  Plateaus  Jana-Indigirka-Kolyma. 

Es  muß  angenommen  werden,  daß  die  Hebung  dor  jakutischen  Küste 
des  Eismeeres  verhältnismäßig  schiu'll  vor  sich  gfcrangfn  ist,  denn  die  Haufen 
von  Seetreibholz,  die  sicli  bisweilen  in  einer  Etitfernuni^  von  einim'en  Werst 
TOü  der  Grenze  der  jetzigen  llraudung  linden,  sind  noch  nicht  verwest! 

Wenn  der  Bückgang  des  Meeres  nicht  aufhört  und  mit  derselben  relativen 
Sdhnelligkeit  weitergeht,  so  ist  es  zweifellos,  daß  aofa  in  einer  mehr  oder 
weniger  fernen  Zeit  der  an  der  Kllste  liegende  Streifen  des  Heeres,  auf  dem 
NordenskiOlds  „Vega**  von  der  T^yilialbinsel  nach  Osten  fohr,  in  eine 
Meerenge  verwinddn  wird.  Im  Kordoi  wird  sich  diese  Meerenge  dnndi  ein 
Band  von  Inseln  absondern,  die  sich  in  ihrem  ümfang  immer  mehr  erweitem, 
sich  der  Zahl  nach  vermehren  nnd  endlich  in  eine  große  Landsnngc  zusammen- 
fließen werden.  Das  Meerwasser  wird  allmählich  aus  der  seicht  werdenden 
Meerenge  durch  das  süße  Wasser  der  in  sie  einmündenden  Flüsse  verdränfrt 
w?;rdrn,  der  Lauf  der  (iewässer  wird  sich  nach  und  nach  regeln  und  hier 
wird  die  Fortsetzung  eines  der  großen  Flüsse  entstehen,  die  aus  der  Tiefe 
dos  asiatischen  Kontinents  koranien.  Dieser  Fluß  wird  sich  in  scharfer  Bie- 
gung nach  Westen  oder  nach  Osten  wenden  und  wird  alle  Flüsse  in  sich 
sofiMlonen,  die  bisher  selbstlndig  ins  Ifeer  geben.  Fraglich  ist  nur,  ob 
dieser  Fluß  in  so  hohen  Bretten  im  Stande  son  wird,  im  Sommer  seinen  Eis- 
panaer  abzuwerfen.  Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  daß  das  Klima  dieses  Teils 
der  Erdoberfläche  strenger  werden  wird  —  im  Winter  kSlter,  im  Sommer 
heißer  —  und  daß  trotzdem  die  W&lder  ihre  Grenze  weiter  nadi  Norden 
schieben  und  die  jetst  waldlosen  Tundren  einnehmen  werden. 


Drei  neue  Methodiken  des  erdkundlichen  Unterrichtes. 

Es  ist  ein  erfreuliches  Zeichen  für  das  in  Lehrerkreisen  wachsende  In- 
teresse am  erdkundlichen  Unterricht,  daß  uns  das  verflossene  Jahr  drei  und 
ixxm  Teil  vortretf liehe  Methodiken  dieses  l'nterrichtszw-eiges  gebracht  hat. 
Alle  drei  Bücher')  sind  aus  einer  langjährigen  praktischen  Tätigkeit  hervor- 
gegangen, und  anderseits  stehen  ihre  Verfasser  durchaus  auf  modernem  gco- 
graphisehen  Boden.  Als  die  eigentliche  Aufgabe  des  erdkundlichen  Unter» 
riclit,s  betrachten  alle  drei,  den  Schülern  ein  richtiges  Verständnis  für  die 
Wechselwirkungen  zwischen  den  physischen  Verhältnissen  der  Erdoberfläche 
einerseits,  dem  Menschen,  seinen  Siedluns^'^en  and  wirtschaftlichen  Verbältnissen 
anderseits  zu  vermitteln.  Daneheu  lassen  sie  auch  den  buhen  praktischen 
Wert  des  erdkundlichen  Unterrichts  keineswegs  außer  Augen,  wenn  auch 
diese  praktisehe  Seite  wohl  Becker  am  schftrfsten  und  klarsten  hervorhebt. 

1  l'ock'  r,  Ant.  Methodik  des  geographischen  Unterrichtes.  (III.  Teil  von: 
Klara  .,Krdkunde''.>  III  u.  92  S.  Leipzig  u.  Wien,  Deuticke  1905.  .(f.  3.—.  — 
Fischer,  Heb.  Methodik  des  Unterrichts  in  der  Krdkumit  it,s  S.  Breslau, 
Hirt  1906.  JC  l.HO.  —  Barj^mann,  A.  Methodik  des  Unterrichts  in  der  Erdkunde 
io  Volks-  und  Mittelschulen.    104  S.  ö  Taf.    Leipzig,  Teubner  190ö.    JC  1.40. 


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162 


fi.  Lftngeabeck: 


Das  Bf  ckersche  Buch,  obgleich  das  am  wonigste»  uintaiigreiche,  ist  do<;h, 
weaigätens  nach  einer  Richtung  hin,  nämlich  in  Bezug  auf  die  allgemeine 
Methodik  des  IMkimdeoiitornalitB  dis  um&sseiidite  «ad  zugleich  ^  «n 
strengsten  systematiscli  angeordnete.  Die  spesielle  Methodik  enthftlt  es  Aber* 
haopt  nicht,  da  für  die  Mothodik  der  Heinlat-  wie  der  Lunderkunde  noch 
besondere  Hefte  in  der  Klarsehen  Sammlung'  vorgesehen  sind.  Das  Buch 
gliedert  sich  in  drei  Hauptabschnitt^^:  1.  der  Lehrer,  1?.  der  Schiller,  8.  die 
Lehrbehelfe.  Der  erste  Abschnitt  behandelt  zunächst  Vorbildung  und  Weiter- 
bildong  des  Lehrers,  sodann  die  allgemeinen  Oesiditsponkte,  weldie  bei  der 
Erteilung  des  geograpbisohea  ünteniidits  in  Betracht  kommen,  eodlieh  die 
Stoffauswahl  und  Stotf behandhing.  Im  zweiten  Abschnitt  tritt  das  speziell 
Geographische  mehr  in  den  Hintergrund  vor  der  allgemeinen  Anleitung  für 
die  Behandlung  des  SchiUers.  Über  die  Mittel,  die  Aufmerksamkeit  der 
Schüler  rege  zu  erhalten  und  sie  zur  Mittätigkeit  anzuspornen,  über  richtige 
Fragestellung,  über  Prüfen  und  Klassifizieren  finden  sich  hier  viele  wertvolle 
und  beachtenswerte  Winke.  Im  dritten  Abschnitt  werden  Globus,  Relief^ 
Karte,  Lehrbuch,  Bildwerke  imd  geographische  Schulsammlungen  und  ihre 
Benutzung  im  Unterricht«  besprochen.  Die  letzten  Kapitel  sind  dem  Zeichnen 
im  gengraphischen  Unterricht  und  dem  Unterricht  im  Freien  gewidmet. 

Mit  voller  Ab.siclit  gelit  Becker  nicht  zu  sehr  in  Einzelheiten  ein.  „Es 
wäre  eine  Anmaßung,''  äagt  er  in  der  Einleitung,  „wollte  man  akademisch 
gebildeten  Lehrern  den  ganxen  geographischen  Lehrstoff  gewissermaßen  für 
den  Unterricht  zurecht  legen;  abgesehen  davon,  daß  i(di  mir  nicht  vorstellen 
kann,  wie  der  Lehrer  einen  derartig  zubereiteten  Stoff  verwenden  sollte,  muß 
es  als  feststehender  Grundsatz  joder  Methodik  gelten,  daß  es  da  keinen  allein- 
gültigeu  NVeg  gibt,  sondern  daß  man  auf  verschiedenen  Wegen  zum  Ziele 
gelangen  kann.  So  habe  ich  mich  auf  praktische  Winke  und  Anregungen 
besdirftnkt**  Man  wird  diesen  GrundsStsen  voll  xustimmen  kOnnen.  Gerade 
in  dieser  weisen  Beschrinkong  liegt  ein  Hanptwert  des  Buches.  Der  junge 
Lehrer  wird  dadurch  angeregt  und  auf  alles,  was  er  beim  Unterricht  zu  be- 
achten hat.  hingemesen,  aber  er  Vird  nicht  bevomiundet,  seiner  Selbsttätig- 
keit, seiner  Initiative  werden  keine  Fesseln  angelegt.  Für  die  weitere  He- 
schilftigung  mit  Einzelfragen  geben  ihm  außerdem  auch  die  zahlreichen 
Literaturnachweise  die  nOtige  Anleitung. 

Aach  inhaltlich  kann  ich  mich  mit  Beckers  Ausführungen  fast  durchweg 
einverstanden  erklären.  Nur  gegen  einen  Satz  muß  ich  doch  Widerspruch 
erhoben.  Er  sagt  (S.  10):  „Die  geographischen  Grundbegriffe  sollen  nur  auf 
dem  Boden  der  Anschauung  der  Heimat  entwickelt  werden."  Das  sclieint 
mir  einlach  unmöglich.  Die  meisten  Schulorte  werden  iu  liuer  Umgebung 
nur  fttr  eine  sehr  beschr&nkte  Zahl  von  Grundbegriffen  die  MOglidikeit  bieten, 
sie  durch  unmittelbare  Anschauung  der  Natur  den  Bchflleni  Uar  su  machen. 
Für  die  Mehrzahl  wird  man  immor  auf  Karte  und  Bild  angewiesen  sein. 
Und  das  scheint  mir  auch  nicht  einmal  ein  so  großer  Nachteil.  Denn  so 
wertvoll  für  den  Schüler,  und  gerade  den  jüngeren,  auch  die  Einführung  in 
die  Natur  selbst  ist,  so  wird  man  zur  Entwickelung  der  geographischen 
Grundbegriffe  stets  neben  der  unmittelbaren  Natoranschauung  das  Kartanbild 
mit  heranziehen  müssen.  Denn  die  Natur  bietet  nur  selten  reine,  einfiMshe 
Typen  dar,  sie  umgibt  die  Hauptzüge  mit  zahlreichem,  zunächst  für  den 
Schüler  unwesentlichem  Detail.  Wenn  man  ausschließlich  auf  die  unmittel- 
bare An.schauung  die  Entwickelung  der  Grundbegriffe  stützt,  liegt  die  Gefahr 
nahe,  daß  die  Schüler  von  der  Menge  des  Details  überwältigt  werden,  daß 


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Drei  neae  Methodiken  des  erdkundliciien  L  aterrichtes. 


163 


at  dieses  gendera  hindert,  sa  klaren  Vcurstellimgen  und  Begriffen  su  ge- 
langen. 

Fischer  bphandelt  zunächst  auch  die  Weiterbildung  des  Lehrers.  Diesen 
eisten  Abschnitt  kann  man  nicht  als  gelungen  bezeichnen.  Was  der  Verfasser 
hier  Aber  die  verschiedenen  Arten  von  Karten,  über  Kartenprojektioncn,  £nt- 
ftmoiigsfibangen  n.  dergl.  sagt,  sind  Dinge,  die  jedem  akademiseli  gebildeten 
Lehrer,  ehe  er  an  die  Schule  kommt,  schon  in  Fleisch  und  Blut  fibergegangen 
sein  müssen  und  auch  dem  Seminaristen  nicht  unbekannt  sein  sollten.  Außerdem 
findet  sich  hier  auch  manches  Bedenkliehe.  Einem  Satze  wie  dem  folgenden: 
„Ein  wirkliches  Eindringen  in  die  Lehre  vom  ,Verebnen  der  Kugeloberflache'  er- 
ftidert  eine  recht  bedeutende  Menge  mathematischer  Arbeit  und  kann  nicht 
TOD  allen  denen  erwartet  werden,  die  geographischen  Unterricht  geben**,  wird 
man  mimöglich  zustimmen  können.  Wenn  aber  der  Verfasser  eine  so  geringe 
Kenntnis  der  Kartenprojektionslehre  bei  den  Lehrern  der  Erdkunde  voraussetzt, 
daß  er  eine  Erläuterung  der  wichtigsten  Projektionsarten  in  einer  Methodik 
de»  erdkundlichen  Unterrichts  für  notweniiiu  hiilt,  so  mußte  es  iii  anderer 
Winse  geschehen  wie  hier.  Aus  seinen  Austülirungen  wird  sich  jemand,  der 
dm  G^^enstand  nicht  kennt,  schwerlich  ein  klares  Bild  Ton  den  einseinen 
Projektionsarten  machen  können.  Nebenbei  ist  hier  dem  Ver&sser  das  mir 
nicht  recht  begreifliche  Versehen  passiert,  daß  er  die  Lambertsche  flSchen- 
treue  Aziniutalprojektion  als  Flanisteedsche  bezeichnet.  Im  übrigen  enthält 
der  Abschnitt  nur  eine  AufzUlilung  und  kurze  Bespretlmng  solcher  geogra- 
phischer W^erke,  die  der  Verfasser  für  die  Weiterbildung  des  Lehrers  iur 
bsiOBders  geeignet  hllt 

Weit  besser,  com  Teil  sogar  ganz  Tortrefflich  ist  der  den  grOßten 
Raum  einnehmende  sweite  Abschnitt,  der  den  eigentlichen  Unterricht  in  der 
Knlkunde  und  zwar  nicht  nur  die  allgemeine,  sondern  auch  die  spezielle 
Methodik  der  Heimat-  un<l  Tjänderkunde  für  die  Unter-  und  Mittelstufe  ent- 
hält. Hier  erkennt  man  überall  den  erfahrenen  Pädagogen,  und  der  junge 
Lehrer  wird  ans  dem  Stadium  dieses  Abschnitts  selur  viel  lernen  kihinen. 
Auf  Einaelhetten  einzngehen,  ist  in  dem  Bahmen  einer  knnen  Besprechnng 
sidkt  wohl  mOglioh.  Hervorheben  möchte  ich  nur,  daß  es  auch  Fischer 
vcrmpidet,  zu  sehr  ins  Einzelne  ein/.iigehen,  sondern  der  Eigenart  des  Lehrers 
vullt'  Freiheit  läßt,  daß  den  richtigen  Mittelweg  eingeschlagen  hat  zwischen 
der  sogenannten  „analytischen"  und  „synthetischen"  Methode  ^^zwei  Bezeich- 
nungen, die  er  llbrigsi»  ab  wenig  den  Kern  der  Sache  treffend  mit  Recht 
vwwirft),  daB  er  aof  klare  rinmliche  Vorstellnngen  den  größten  Wert  legt 
und  sehr  wertrolle  Anleitung  gibt,  eine  solche  bei  den  Schülern  zu  erzielen^ 
'ind  daß  er  endlich  keine  zn  hohen  Anfordenmgen  an  die  Schüler  stellt, 
sondfrn  sich  stets  auf  das  hei  der  meist  so  geringen  Stundenzahl  wirklich 
Srreichbare  beschränkt.  In  einem  Anhang  teilt  er  eine  Anzahl  von  Lehr- 
pUnen  mit»  die  su  kennen  dem  Ldirer  gewiß  nütsUch  ist 

Das  Bargmann  sehe  Bnoh  ist  ansschliefilieh  ttar  die  Lehrer  an  Volks- 
^d  Mittelschulen  bestimmt  und  hat  dadnroh  naturgemäß  einen  etwas  anderen 
Charak»»»r.  als  die  beiden  erstbesprochenen  Werke.  In  der  Einleitung  gibt 
Bargmajiu  ein^  n  kurzen,  aber  alles  Wesentliche  klar  hervorhebenden  Überblick 
ftber  die  (Jeschichte  der  geographischen  Unterrichtsmethodik  und  legt  sodann 
dan  Bildiuigswert  und  die  Ziele  des  geographischen  Unterrichts  dar.  Weiter- 
hin gliedert  sieh  das  Buch  in  allgemeine  und  besondere  Methodik.  Der 
Verf.  legt  für  die  Volks-  und  Mittelschulen  den  größten  Wert  auf  die  Heimat- 
kunde, die  er  nicht  nur  auf  die  Unterstufen  beschränkt  wissen  will,  sondern 


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164      Langenbeck:  Drei  neue  Methodiken  des  erdkundl.  Uaterrichtei. 

der  aucb  auf  fast  allen  höheren  eine  gewisse  Stundenzahl  gewidmet  sein 
soll,  da  t^s  erst  bei  größ^rf  r  Reife  der  Schüler  mOglich  ist,  ihnen  auch  für 
die  Pflanzen-  und  Tierwelt,  «iie  geologisehen,  klimatischen  und  wirtschaftlichen 
VerhältDisse  der  Heimat  Verständnis  zu  erweclcen.  Ich  halte  das  tür  durch- 
aus richtig  und  swar  nicht  nnr  f&r  Volks-  und  Mittd-,  sondern  auch  flfa* 
die  höheren  Sohnlen.  Idi  bedauere  es  stets,  daft  wir  keine  Gdegenheti  haben; 
uns  in  einer  der  höheren  Klassen  noch  einmal  eing^end  mit  der  engeren 
Ht'iniat  zn  beschäftigen,  was  eben  mit  der  so  gerin^jen  uns  zur  Verfügung 
sttlicndeii  Stundenzahl  zusammenhängt,  die  uns  üherall  die  beengendsteu 
Fesseln  auterlegt.  Ferner  wird  man  dem  Verf.  auch  darin  vollständig  bei- 
stimmen können,  daß  er  von  der  mathematischen  Geographie  auf  jeder  Stufe 
doiges  geben  will,  wie  es  gerade  dem  Verstibidnis  d&t  SchtQer  angsmessen 
ist.  Dagegen  kann  ich  mich  mit  seinen  konzentrischen  Kreisen  nicht  ganz 
einverstanden  erkliirrn.  die  ihn  von  der  Heimat  über  Deutschland  und  die 
au Üerdeut sehen  Länder  erst  zuletzt  zu  den  fremden  Erdteilen  führen.  \on 
den  letzteren  erfahren  daher  die  Schüler  erst  auf  der  obersten  Klasse  etwas, 
wfthrend  es  mir  durchaus  notwendig  erscheint,  ihnen  Aber  sie  auf  einer 
der  froheren  Stufen  wenigstens  einen  kursen  Oberblick  su  geben.  In  der 
speziellen  Methodik  ist  Bargmann  leider  in  den  Fehler  verfallen,  den  Becker 
und  Fischer  glücklich  vermieden  haben,  zu  sehr  ins  Einzelne  zu  gehen 
und  die  Eigenart  des  Lehrers  dadurch  zu  beschrSinken.  Er  gibt  von  dir 
llemiatkunde ,  wie  von  einzelnen  Abschnitten  der  Länderkunde  ausführliche 
Lehiproben  in  der  neuerdings  so  sehr  beliebten  Form  Ton  Frage  und  Ant- 
wort  Bei  solchrai  Lehrproben  kommt  meiner  Ansicht  nach  nidit  viel  Er- 
sprießliches für  den  Lehnr  heraus,  da  bei  ihnen  gans  unwillkürlich  fast  stets 
Idealschüler  vorausgesetzt  werden,  die  auf  die  Frage  gleich  die  richtige 
Antwort  geben.  In  Wirklichkeit  sind  aber  die  Antworten  zunächst  selten 
völlig  zutreffend,  häuhg  auch  ganz  falsch,  und  die  Kunst  des  Fragens  besteht 
gerade  darin,  durdi  erglnsende  Fragen  den  Schfller  allmihlidi  auf  das  Richtige 
BU  führen.  Überhaupt  wird  Bargmann  im  GegoisatB  an  dem  hier  und  da  her- 
Tortretendeu  Pessiminmus  Fischers  von  einem  zu  starken  Optimismus  in  Bezug 
auf  das  beherrscht,  was  er  glaubt,  im  erdkundlichen  Unterricht  erreichen 
zu  können. 

Zum  Schluß  möchte  ich  noch  ein  paar  Worte  über  den  Unterricht  im 
Freien  und  die  geographisdien  Ausflüge  sagen,  auf  welche  alle  drei  Ver- 
fasser großes  Gewicht  legen.    So  hoch  man  nun  auch  den  Wert  soldier 

Ausflüge  einschfitzen  mag,  so  stellen  der  praktischen  Ausführung  doch  große 
Schwierigkeiten  entgegen,  auf  wcldie  die  Verfasser  zu  wenig  eingehen.  Sie 
bestehen  nicht  nur  in  der  oft  recht  Itedeutenden  Entfernung  solcher  Ortlich- 
keiten,  die  geographisch  wertvolles  Anschauungsmaterial  darbieten,  vom  Schul- 
orte,  sondern  vor  allem  in  der  Größe  der  Klassen.  Diese  bringt  es  mit  sich, 
daß  der  Lehrer  sich  auf  den  Ausflfigen  stets  nur  mit  einem  Teil  der 
Schüler  wirklich  beschäftigen  kann,  so  daß  für  viele  der  Ausflug  ziemlich 
ergebnislos  verläuft.  Einen  sehr  praktischen  Vorschlag,  um  diesen  Mißstand 
zu  heben,  hat  Treutleiu  im  vorjährigen  Programm  des  Real-Reformgymna- 
siums  in  Karlsruhe  gemacht:  er  wünscht,  daß  die  geo^'raphischen  und  natur- 
wissenschaftlichen Fachlehrer  die  Ausflüge  stets  gemeinsam  unternehmen,  so 
daß  jeder  abwechselnd  die  eine  und  die  andere  H&Ute  der  Klasse  beaehftftige. 

R.  Langenbeck. 


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E.  G.  BaTeniieia:  Di«  Wftldieemfilleraohen  Esrten.  166 


Die  WaldseemAllendieB  Karten. 

Im  vierten  Heft  (B.  228)  des  11.  Jahrgangs  (1905)  der  O.  Z.  finde  ich, 

daß  Prof.  von  Wieser  und  Piof.  Fischer  endlich  von  ihrer  absonderlichen 
Ansicht  zurückgekommen  sind,  daß  die  Waldseemüllerschen  Karten  auf 
Schloß  WolfogiT  Korrekturabzüge  und  nicht  Koindrucke  sind,  und  daß 
die  ^  den  Woltegger  Karten  zahlreich  angebrachten  handschr.  Verbesserungen, 
Mvie  des  rote  Gradnetz  von  dem  Besitzer  dieser  Exemplare,  Johann  Schd- 
aer,  borrOhren**.  Ich  erlsobe  mir  sn  bemerken,  daß  diese  f&r  jeden  mit  dem 
^rtenfibch  Vertrauten  seLbstrerstftndliche  Ansicht  von  mir  bereits  im  „Athe- 
Meum"  vom  26.  März  1904  ausgesprochen   wurde.    Blatt  20  ist  entweder 
ein  Originalentwurf  oder  eine   genaue  Kopie  des  Originals,   aber  jedenfalls 
keine  Pause,  d.  h.  eine  Durchzeichnung  auf  durchscheinendes  Papier,  sog. 
Pauspapier  oder  Tracing  Paper.    Schöner  könnte  aber  das  Blatt  mit  Hilfe 
«ner  fiärbigen  Papier>ünterlage  dorchgezeichnet  haben.  Dann  bedarf  es  ahet 
einer  Erklärung,  auf  welche  Weise  Schöner  in  den  Besitz  eines  Blattes 
Papier  gelangte,  welches  dasselbe  Wasserzeichen  bat  wie  sämtliche  Dnick- 
abzügp  der  beiden  Karten  mit  Ausnahme  des  eingelegten  Abdrucks  von  Blatt  20, 
der  offenbar  aus  späterer  Zeit  stammt.    Kann  man  annehmen,  daß  Schöner 
and  Waldseemüller  ihr  Papier  aus  derselben  Fabrik  bezogen?    Eine  An* 
aU  von  Namen,  die  auf  d«r  Zeichnung  richtig  sind,  bat  der  Stecher  fehler- 
baft  gegeben.   Die  Legende  bei  den  Guinea-Inseln  (InflUe  hec  iuete  ft.  Ätmo 
1484,  d'c.)  ist  auf  dem  Abdruck  ausgelassen.   Übrigens  mag  Schöner  diese 
Legende  einer  von  ihm  gemacht'^n  Kopie  einverleibt  haben,  denn  sie  stimmt 
d^ra  Sinne  nach  mit  einer  Legende  ül)erein,  die  sich  auf  Behaims  Globus 
&ndet.     Dann   ist   es   aber   sonderbar,   daß   die   südlichste   dieser  Inseln, 
welche  Bebaim  InstUe  Martim  nennt  und  die  wir  beute  Annobom  nennen, 
nuienlos  geblieben  ist,  wie  auf  der  von  Waldseemflller  kopierten  Canerio- 
Karte.    Übrigens  identifiziert  Schöner  diese  Insdn  in  einer  Randbemerkung 
aof  Blatt  11  ( Jn/'nle  S.  MarfinI  ih'i?  tfr.)  mit  den  lusule  7  ddh-  puheUe  des 
Waldseemüller.    Über  diese  Puhiilr  ließe  sich  viel  sagen:  Dulc<"ti  (  l.'}3yj 
kennt  sie  bereits  als  Insule  Scti  Brandani  sive  puellanim  und  versteht  dar- 
nater  die  Gaoaren.    Schöner  selbst  kennt  sie  (l')15)  als  Sehern  insulae 
pidehrae.  Über  die  von  Waldseemüller  benutzt«!  Quellen  gehen  die  Heraos- 
gtber  viel  zu  flüchtig  hinweg.   Daß  sieh  abessinische  Länder-  und  Flußnamen 
^is  in  den  Süden  Afrikas  verirrt,  haben,  ist  ja  otfenbar,  aber  wo  hat  Wald- 
seemüller (und  nicht  nur  er,  Sündrrn  auch  Bebaim  und  andere  Vorgänger 
von  ihm)  die  Darstellung  von  Inner-Afrika  und  von  der  ost-asiatischeu  Insel- 
wslt  hergenommen?    Was  Inner-Afrika  betriffb,  so  finden  wir  da  einige 
Kamen,  die  in  dem  zuerst  ?on  Hudson  Teröffentlichten  „geographischen 
Fragmente**  Twkommen.    Auch  kann  man  auf  seiner  Karte  die  große  Reise 
des  Ritters   von   Harff  verfolgen.     Dieser   edle   Ritter,  der   1499  nach 
Beutacbland  zurückkam,  hat  jedenfalls  seiru;  tamose  Reise  von  der  Ostküste 
aus  über  die  Mondberge  und  den  Nil  hinab  auf  einer  Landkarte  gemacht! 
Wo  ist  diese  Landkarte  jetzt  zu  find«i?   In  der  Rottanmg^  cßeser  Karte  auf 
tie  Spar  zu  kommen,  besuchte  ich  im  August  1904  das  altertOmlicbe  Sdilofi 
Harff,  wurde  dort  auf  das  liebenswürdigste  von  der  Familie  des  Grafen  Mir- 
bach empfangen,  fand  aber  nichts  in  dem  wohlgeordneten  Archiv.  Hoflfent- 
licb  gtliii'jt       einem  jüngeren  Foi-scher,  auf  einem  der  vielen  Schliisser  des 
rheiniächen  Adels  diese  verschwundene  Karte  und  andere  Dokumente  aus  jener 
2nt  n  entdecken.  E.  G.  Bavenstein. 


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166 


Geographische  Nenigkeiteo. 


Oetgraphiselie 

Ziwsininftiigeetollt  ▼<m 

AIlfemeinM. 

*  Noxif  ISeobachtungen  Aber  die! 
TTiptporolo^ischen  Verhaltnisse  der  höhend 
wärmereu  Luftschicht,  die  einiges 
Liohi  tiaf  dieeee  PhBaomen  ra  Terbreiton 
■eheinen,  teilt  Herges  eil  mit  (Meteocol. 
Z.  1906.  S  84).  Sowohl  Aßmann  als 
Teissereuc  de  Bort  haben  mittels 
SegirtrierbftUoBi  in  der  HOhe  von  etwa 
11 000  m  eine  warme  Luftschicht  konsta- 
tit'rt,  deren  hohe  TerapcratTir  hislier  un- 
erklärt war.  Die  Aufzeichnungen  der  In- 
eines  ron  Hergesell  empor- 
gesandten licffistriorballons ,  der  unter 
äußerst  f^nstifjen  rrnntiludcn  aufstieg  und  ' 
dessen  tadelloa  f un ktiouierende  1  n s t  ru m ente  i 
nmch  iwei  Tagen  nnTeraehrt  aufgefunden 
wurden,  zeigten  folgende  Temperaturver-  j 
teilung  in  den  liin  listeri  Höhen  :  Die 
warme  Schicht  begann  in  11 4oo  m,  nach-  ■ 
dem  der  Ballon  SO  Minnten  gestiegen  | 
wiir.  Die  Temperaturubnahnie  hört  hier  , 
(bei  — Oy";  pl<Uzli(  li  auf  niid  gt  lit  in  eine 
scharfe  Zunahme  über,  die  mit  wachsen- 
der Hohe  Ideiner  wird.  In  der  Maiinal- 
hffhe  von  16  080  m  ist  die  Temperatar 
auf  — 67°  gentieijei),  also  für  .".»'HO  m  nm 
12".  Der  Abstieg  bietet  ganz  analoge 
YerhUtaisse:  Nachdem  der  Ballon  in 
16080  m  geplatzt  war,  fiel  er,  die  Tem- 
peratur Kaiik  wit'iliT  und  der  Wendepunkt, 
also  die  untere  üreuM  der  warmen  Schicht 
wurde  in  11 800  m  erreicht.  Auch  die 
Feuchtigkeitsknrvc  zeigt  beim  Übergang 
in  die  warme  Schicht  einen  starken  Knick, 
sowohl  beim  Eintritt  wie  beim  Austritt, 
was  aaf  eine  größere  relative  Feuchtigkeit 
der  warmen  Schicht  schließen  läßt.  Sehr 
wichtig  sind  nun  die  Ergebnisse  der 
Visierungen,  durch  die  eine  Beobachtung 
der  Bewegungen  des  Ballons  bis  zum 
Moment  des  Platzens  von  der  Erde  ans 
erniöf,'licht  wurde ;  sie  beweisen,  daß  sich 
die  Windverhilltniase  beim  Erreichen  der 
warmen  Schicht  völlig  verändert  haben, 
ünten  herrscht«»  nordOeUiehe  Winde,  die 
gans  unten  tehwach  waren,  mit  der  Höhe 
an  Stürke  zunahmen  und  in  10  000  m  die 
Geschwindigkeit  eines  wahren  08t«turmes 
von  80  m/sec.  zeigten.  Sobald  der  Ballon 
die  warme  Schicht  erreichte,  nahm  die 
Windstärke  bedeutend  ab,  die  Eichtungen 


Neuigkeit«!. 

Dr.  Angnit  Fitaan. 

gingen  (Iber  N  in  NW  Aber,  und  von 

13  000  m  bis  16080  m  herrschte  fast  rei« 

ner  XW  mit  etwa  14  ni  sec.  Die  warme 
Schicht  unterbricht  abo  nicht  nur  den 
■tetigen  Verlanf  von  Temperatur  vnd 

Feuchtigkeit,  sondern  reprilsentiert  eine 
völlig  andere  L\if(«(hioht  In  den  großen 
Höhen  existierte  ein  ostwärts  gerichteter 
Lnftsfcrom,  der  unabhängig  von  den  Bltö- 

mungen  der  unteren  Schichten,  in  denen 
die  Misohungen  vertikaler  Strömungen 
eine  fast  adiabatische  Temperaturabnahme 
bedingen,  wie  die  Temperatorrertwlmig 
zeigt,  keine  vertikalen  StrSmnngen  ent- 
hielt, sondern  eine  warme  feuchte  StrO- 
mung  darstellt,  deren  Uerkunft  wahr- 
seb^ilieb  dnroh  weitete  Beobaehtungen 
wird  aafgeltHLfi  werden  kOnnen. 

Asien. 

«  DieN&ledj-Erseheinungen  Osi- 

Sibiriens  und  die  Ursachen  ihrer  Ent- 
stehung sind  von  Podjakonoff  in  den 
„Iiwestija"  der  kais.  russ.  Geogr.  Ges. 
von  1908  (Heft  4)  eingehend  behandelt 
worden,  nachdem  sich  schon  frflher  Dit- 
mar,  Middendorff  und  Baron  v.  tfay- 
de  11  mit  ihnen  beschäftigt  haben. 

Die  von  den  Russen  als  N&le^  (mit 
„Aufeis"  zu  übersetzen),  von  den  Jakuten 
als  Tar\  n  polnisi^he«  y  bezeichnete  eigen- 
tümliche Erscheinung  hat,  glaube  ich,  in 
deutsehen  Lehrbüchern  noch  keine  Beach- 
tung gefunden.  Sie  ist  in  Ost -Sibirien 
weit  verbreitet  ntid  liestelit  im  Sommer 
einfach  in  hier  und  da  auf  dem  Schotter 
der  Tftler  auftretenden  meterdicken  Eisfel- 
dern, dureh  die  ein  Bach  fließt;  im  Winter 
alicr  sind  diese  Eisfelder  viel  größer  und 
selbst  bei  40-  und  50 gradigem  Frost  in 
Spalten  und  Hohlräumen  erfüllt  von  Was- 
ser oder  Eisschlamm,  io  daB  diese  Stellen 
vom  Verkehr  tunlichst  gemieden  werden. 
Durch  immer  neue  Eisbildungen  und  wei- 
teres EmpordriLugen  des  Wassers  zwischen 
ihnen  iteigt  die  N&ledj  aUmlhlieb  inunor 
höher. 

Nach  Podjakonoff,  der  wiederholt 
mitten  in  der  Nüledj  Schürfarbeiten  vor- 
genommen hat,  beetdit  das  Wesen  dar 

Erscheinung  in  der  Versperrang  der  nor- 
malen Wege  des  Wassers  durch  den  Frost; 


Qeogrftphisehe  Neuigkeiten. 


167 


zuDäcbst  wird  da«  unterirdiflch  im  dnroh- 
Itoigen  Seboller  ffiefiendeWMier  mn  die 

Oberfläche  gedfängt,  wie  denn  auch  das 
Flüßchen  aus  scirK  ii  ütern  gedrängt  wird 
durch  die  immer  weitergehende  Einengung 
de«  Qaerschnitto  im  Bett  in  Folge  der 
Verdickung  der  ESidMlEe.  Von  gewöbn- 
lichpii  ültorschwemmungen  unterscheidet 
sich  also  die  Näle<^  scharf  dadurch,  daß 
•ie  oline  Znnnlime  derWaeterfllbnmg  des 
Flufitales.  ja  aogar  gewöhnlich  bei  ihrer 
Abnahme  in  Folge  des  FroHtos  zu  Stande 
kommt  Im  Cr^enaatz  zu  den  Frühjahrs- 
boehwftsceni  ist  es  nicht  Tkrawetter,  son- 
dern zunehmender  scharfer  Frost,  der  das 
AUfitreten  des  "Walsers  bewirkt,  weil  das 
Eis  dessen  normale  Bahnen  versperrt. 

Das  schnelle  Geirieren  des  austretenden 
Wassers  gibt  zu  seltsamen  Bildungen  An- 
laß Insbesondere  sind  EiKbfigel  auf  der 
ebenen  (Jberfläche  der  Näledj  bemerkens- 
wert, die  Podjakonoff  als  das  Resultat 
der  Ansdehnong  allseitig  abgeschlossetter 
Wassermassen  Leim  riefrioren  unter  einer 
Kisdeeke  erklärt.  Letztere  wird  dabei 
dorch  Risse  in  charakteristischer  Weise 
gespalten. 

Das  Frübjahrribochwasscr  sägt  sich 
irgendwo,  oft  am  Rande  der  Näledj,  sei- 
nen Weg  durchd  Eis  und  zerstOrt  dabei 
die  etw»  wter  ibr  Torhandene  Fflanseo- 
decke  völlig.  Auf  diese  Weise  kommen 
die  breiten  vegetationslosen  Schotter- 
ffikben  mit  vereinzelten  abgestorbenen 
Bnmitimmen  an  Stande,  welebe  die 
Tnngusen  Ajan  nennen.    W.  Koppen. 

•  Von  einer  russinchon  Schiffs- 
expeditiua  nach  demJenissei,  durch 
veldie  die  Möglichkeit  einer  Seevecbin« 
dong  zwischen  Europa  und  Sibirien  aufs 
Heoe  dargetan  worden  ist,  l>erichtet  Blank 
in  „La  Geographie"  (.1906  S.  164).  Die 
Expedition,  die  mOgliehet  geheim  ge- 
halten wmrde,  machte  sich  nötig  zum 
Transport  von  Eisenbahnmaterial  zum 
Ausbau  der  Sibirischen  Eisenbahn,  die 
nna  dem  wegen  der  fortgeseteten  Tnippen- 
trang^xnte  nach  dem  ostasiatischen  Eriegs- 
•cbauplstze  nicht  verwenden  konnte.  Auch 
wollt«  man  gleichzeitig  die  Brauchbarkeit 
dietni  Seeweges  alt  Transportweg  som 
■nadschurischen  Kriegsschaupia tzi'  und 
•I*  qiMere  Handelsstraße  prüfen.  Für 
die  Expedit  ioD  mietete  mau  vier  Handels- . 
danpfer,  denen  man  «ne  FlotfeiUe  Tonl 
Neppern  imd  anderen  Ueinen  Fabv| 


zeugen  zur  ständigen  Verwendung  auf 
den  eibirischeo  Strtaien  beigab.  Anfier- 
dem  nahmen  der  Eisbrecher  „Yermak", 
zwei  Kreuzer  und  zwei  deutsche  Kauf- 
fahrteischiffe, welche  sich  auf  eine  russi- 
eohe  AnfTordemng  hin  der  Expedition 
angeschlossen  hatten,  an  der  Fahrt  teiL 
Den  Oberbefehl  führte  Oberst  Sergieff, 
während  bei  der  Organisation  der  Expe- 
dition Kapitibi  Wiggins  nnd  General  Wil- 
kitzki  ihre  Unterstützung  geliehen  hatten. 
Trotz  mannigfacher  Schwirrij^'keiten  und 
einiger  Unglücksfalle,  darunter  einer 
schweren  Beech&digung  des  „Termak**  hii 
einem  Sturme  in  der  Nähe  der  Jngor- 
Straße,  wurde  die  Expedition  zn  einem 
glücklichen  Abschluß  gebracht.  Am  3.  Sep- 
tember passierte  man  die  Jugor-StraBe, 
und  am  13.  September  erreichte  der 
größte  Teil  des  Geschwaders  den  .leniwKei, 
während  die  deutHchen  Schiffe  ihre  Fahrt 
zum  Ob  gelenkt  hatten.  Drei  der  Handels- 
schiffe fuhren  indielffindung  desJenissei 
ein,  wo  ihre  Fraolit  von  Leichterscbitfen 
zum  Flußtransporl  übernommen  wurde. 
Man  hoifte,  daß  diese  Leichterflotille 
ihren  Bestimmungsort  Krasnojarsk  noch 
vor  Eintritt  des  Winters  erreichen  würde. 

*  Über  die  Pflanzengeographie 
von  Inner- China  bringt  Diels  in 
der  Zeiteehrilt  der  Berliner  Geselleehaft 
für  Erdk'.itidc  ri!m.',.  S.  748),  auf  Grund 
der  bisher  von  lieisenden  darüber  gemach- 
ten Mitteilungen  und  der  von  ihnen  heim- 
gebrachten Samminngen  eine  Arbeit,  ans 
der  sich  im  wcKcntlichen  folgendes  floristi- 
sches Bild  Zeutral-Chinas  ergibt:  1.  reiche, 
relativ  wenig  gestörte  Wald  Vegetation  am 
Sfldoetrande  Oet-Tibeto,  anm  Teil  auch 
in  den  Mittelgebirgen  des  sinischen 
Systems:  -2.  Wäldzerstörung  und  Ersatz 
durch  Buäch Vegetation  im  Morden  aui 
TUn  ling  aehan,  nnd  Tielfiich  im  Sfid- 
osten;  3.  schneller  Übergaug  in  die  tibe- 
tanische Hochlandsflora  am  Oberlauf  der 
großen  Flüsse;  4.  sonst  in  den  unteren 
Regionen  Ifieohwald  mit  vielen  Lnmer« 
grünen,  der  jedoch  am  Nordhang  des 
Tain  ling  schan  bereits  fehlt.  In  den 
Mittelgebirgen  reicher  Mischwald  mit 
laubwerfenden  Binmen  nnd  mannigfhchem 
ÜTitenvurhs.  Darauf  Koniferenwald,  Rho- 
dodendron-Gebüsch,  oder  Bambusen  -  I»i- 
kicht.  Oben  sehr  artenreiche  Alpeu- 
matten.  über  die  biologisehen  nnd 
allgoneinen   YerhUtniase   der  central- 


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168 


Geographiache  Neaigkeiten. 


ohiiiMifohen  Flon  geben  die  folgenden 
BemerknngeD  einigen  Aufschluß:  Nirgend- 
wo sonst  auf  der  Erde  als  im  inneren 
China  stehen  Tropen  und  gemäßigte  Zunen 
in  ao  breitem  Verbände  mit  einnnder,  ist 
ein  lo  intensiver  Austausch  zwischen  bei- 
den mö^'ücli.  Die  großen  Stromtäler 
Hinter-Indiens  führen  aus  den  Tropen  zu 
den  arktischen  Gefilden  von  Hodiübet. 
Nicht  als  ein  Qnemegel  hemmend,  wie 
der  Himalaja,  sondern  milchtig  fördernd 
von  Nord  nach  öüd  verlaufen  die  mäch- 
tigen Pwnllelicetten  de«  binterindiaehen 
Byateuis.  Völlig  temperierte  Witterung 
weicht  nur  allmählich,  in  zahlreiclien 
feinen  Abstufungen,  einem  durch  Winter- 
Ulte  länger  nnterbroehenen  Klim». 
Daher  stehen  oft  immergrüne  und  blatt- 
werfende Gewächse  nehen  einander,  i^e- 
wisaermafieu  in  unentuchiossenem  iSchwau- 
ken.  Immergrüne  EHehen  wachsen 
zusammen  mit  winterkahlen.  Man  sieht 
die  Eigentümlichkeiten  des  sommergrüncn 
Laubwaldes,  wie  wir  ihn  bei  uns  kennen, 
aich  gewiaaennaBen  erat  heianaacb&len 
aus  der  tropisch  gearteten  Gmndmassc. 
Auch  in  der  Zusainmcn«ptzung  der  Arten 
zeigt  sich  diu  eigentümliche  Mischung 
Ton  sonst  Getrenntem,  wie  bei  den  biolo- 
gischen Eigenschaften  der  Flora.  Nirgends 
auf  der  Knie  ist  die  Klora  des  Nordens 
80  innig  und  ho  mannigl'ach  mit  tropischen 
Formen  gemengt,  nirgendwo  sonst  ver- 
lieren sich  ao  volintätuiig  die  Grenspfade 
zwischen  beiden.  Die  Heziehungen  zu 
Hinter-lndien  Hind  besonders  innig. 
Mancherlei  deutet  auf  eine  durch  lange 
Perioden  wenig  gestörte  Entwicklung  der 
Pflanzenwelt  in  Oat- Asien  fjfidlich  vom 
Tain  ling  scban,  worauf  auch  ein  mehr- 
fach beobachtetes  entwickelungsgeachicht- 
lichea  Moment  hinxnweisen  scheint.  Es 
betrifft  Oattungcn,  deren  Verbreitung  die 
ganze  nördliche  HemiBphäre  üher»pannt, 
z.  B.  Liliam,  Frimula,  gewisse  Orchideen, 
Birken,  Bnchen  n.  a.  Sie  alle  beaitaen 
im  inneren  China  eine  Formenmenge,  die 
jeder  Beschreibung  pputtet.  Von  dort 
mit  der  Weite  der  Entiernung  mindert 
sieh  Menge  nnd  Wedtael.  Manche  Gat» 
tungen,  die  bei  uns  getrennt  stehen  in 
weni<,' Ar'on,  fließen  im  westlichen  China  zu- 
sammen zu  viel  verzweigten  Formouuetzen. 
Man  gewinnt  den  Eindmck,  ala  h&tten 
sich  die  Gattungen  dort  zuerst  entwickelt, 
nm  sich  dann  dahin  nnd  dorthin  zu 


wenden,   oatwirta    nach  Kordamerika, 

westlich  nach  dem  westlichen  Asien  und 
Europa.  Die  gehirf^ige  Natur  des  süd- 
lichen Zentral-Chinas  hat  seit  laugen  Exd- 
periäden  bMfauiden;  die  Plastik  seiner 
Obexttidie  aehuf  Raum  für  sämtliche  Re- 
gionen, vom  tropischen  Waldgürtel  bis 
zur  Schneegrenze,  vielleicht  früher  schon 
ala  irgendwo  anf  der  nltedlichen  Halb> 
kugel.  Nimmt  man  dazu  die  nordsüdliche 
Zugäuglichkeit,  so  erscheint  der  gewaltige 
Gebirgsknoten  Ost  Tibets  und  die  Ge- 
biete, die  ihn  umlagern,  als  ein  wahrer 
Entwicklungskeru  für  die  Vegetation  nnd 
ein  in  «einer  Fernwirkuug  vielleicht  uner- 
reichtes Land  der  Erde,  voll  von  Pro- 
blemen nnd  noch  ylele  Anftchlüsse  ver- 
heifiead. 

Afrika. 

«  In  aller  Stille  hat  eine  französische 
Expedition  unter  Leutnant  Dyö,  einem 
ehemaligen  Gefährten  Marohanda  anf 

seiner  Faachoda- Expedition,  die  ebenso 
unbekannte  wie  gefährliche  atlantische 
Kfiste  von  Marokko  untersucht  und 
aufgenommen  nnd  die  Zufahrtsverh&ltniaae 
der  wenigen  marokkanischen  Häfen  stu- 
diert.   Der  Expedition   stand  zu  ihren 
Aufnahmen  die  mit  Instrumenten  vorzüg- 
lich ausgestattete  Tacht  ,rAigle^  Ton  8Mt 
zur  Verfügung;  die  hydrographischen  Ar- 
beiten wurden  durch  das  Felilen  jeglicher 
Schiffahrtaseichen ,  durch  die  feindliche 
Haltung  der  Biageboieneii  und  dureh  daa 
Verbot  der  Landung  auDer  in  den  secha 
ottenen  Häfen  sehr  ersehwert.    Man  be- 
gann die  Arbeiten  mit  der  Aufnahme  der 
wiehtigaten  Haadelahftfen  und  der  Teile 
der  Küste,    wo   TTafenanlagen  möglich 
schienen,  im  MaDstal»  von  1:10  000  und 
1:20000  und  unteräuchto  alle  Häfen  von 
Tanger  bia  Agadir  auf  ihre  hydrographi- 
schen, geodätischen,  astronomischen,  mag- 
netischen und  meteorologischen  Verhält- 
nisse  hin.    Als  Ergebnis   dieser  Unter- 
anchnngen  gibt  T)j6  an,  daß  an  dieattr 
ganzen  Küste  kein  natürlicher  Hafen  oder 
keine  von   der  Natur  ge>chairene  Hucht 
existiert,  wo  sich  der  Seemann  vor  dem 
Stnime  aicher  ftthlen  kannte;  daher  iat 
die  Schaffung   künstlicher  Häfen  eine 
zwingende    Notwendigkeit.     Das  bisher 
allgemeiu  für  einen  guten  Hafen  gehal- 
tene Agadir  iat  nach  Dy^  ein  ebenao 
I  mittelmäßiger  Hafen  wie  Safi  und  ist  nur 
1  gegen  Nordost-,  nicht  aber  gegen  West* 


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Oeographiseli»  Neliigkeitdii« 


10» 


winde  geschützt;  der  Ausbau  dieses  Ha- 
ftn  irflbede  gewaltige  Koaleii  wonaebeD. 
Amh  ÜMagan  ist  ein  nur  schwer  zu- 
^la^sther  Hafen.  Welcher  von  den 
Häfen  durch  Kunstbauten  zu 
vOUig  rieheran  Haftn  anigebant 
werden  soll,  wird  von  dem  Yerlaofe  der 
HandelBstraßen  im  Inneren  und  von  der 
Kichtuog  der  auch  zu  erbauenden  Eiseu- 
bsknen  aUiAogen.  Die  Bqpediti<m  Dy^ 
hat  mit  der  im  Dezember  «folgten  Rück- 
kehr nach  Frankreich  nur  einen  vorläu- 
figen Abschluß  gefunden;  die  Arbeiten 
soOes  widmelir  soeh  swei  Jabxe  lang 
fortgesetzt  werden  und  die  bisherigen 
Aufnahmen  nur  als  Vorbereitungen  für 
die  während  des  Sommers  1906  Torzu- 
nehniMiden  KfitlengeirikMenmienDehun- 
gui  dienen.  (Annalee  de  GMogr,  1906. 
8.  94.) 

«  Am  27.  Januar  ist  die  Eisenbahn 
tvisehen  Nil  und  rotem  Heer  durch 

den  Vizekönig  Lord  Cromcr  zu  Port  Sudan 
eröffnet  worden.     Die  Bahn  geht  von 
der  Atbara-Station  der  Nileiaenbahn  am 
Sinflnfi  det  Atbara  in  den  Nil  ans  tmd 
cmiebt  das  Rote  Meer  bei  Port  Sudan, 
dem  60  km  nördlich  von  Suakin  gelejjenen, 
aeaerbauten  englischen  Hafenort  (XI.  1905, 
8.  7M).    Die  578  km  lange  Strecke  iet 
«OB  einwhneidender  Bedeutung  für  die 
wirtschaftlich«'  Entwicklung  Zentral-Afri- 
kss,  die  wegen  der  schwierigen  Verkehrs- 
veddOtniaae  mit  der  AvBenwelt  anch  naoh 
der  Niederwerfung  des  Mahdi  nur  sehr 
Isnf^am   fortgeschritten    ist.  Trotzdom 
Kbartom  fast  4000  km  von  Alexandria 
ntfemt  liegt,  war  doch  Alexandria  bis- 
W  der  Ausfuhrhafen  für  Khartum  und 
den  iifryptis-cheu  Sudan,  aber  dif  Ausfuhr 
war  wegen  der  durch  mehrmaliges  Um< 
l*diB  Boeb  erliOhi«!  Fraeht  nnr  minimal. 
Jetzt  hat  Khartum  eine  direkte  Eisenbahn- 
wbmdung,  wt  lche  auf  .^83  km  Schienen 
v«g  sam  Meere  führt  und  welche  eine 
Avätlltt  ron  Waren  mittleren  nnd  bOheren 
Werte«  möglich  machen  wird.  Die  Steppen 
^on  Kordofan  und  l>arfur  im  ii^'Vptisihpn 
ändsQ  produzieren  schon  jetzt  die  Uaupt- 
**"8>      in  Bnropa  und  Nordamerika 
^  ^Qvendung    gelangenden  Gummi- 
^Wcamg,  sowie  Straußenfedern,  Felle 
«od  Wolle  in  ansehnlichen  Mengen,  die 
""^  ibiB  Weg  auf  der  nenerbanten  Bahn 
"'^  Boim  Meer  nebmen  werden,  auf 
valcheui  jetrt  mueh  eoropftiiebe  Bneng- 


nisse  leichter  und  billiger  in  den  Sudan 
eingembri  werden  können.  Dureb  Hebung 

der  Bodenkultur  in  den  sich  bisher  selbet 
überlassenen  fruchtbaren  Gegenden  wird 
die  Produktion  und  damit  die  Kaufkraft 
dee  Sudans  bedeutend  gesteigert  werden 
können  und  dorch  Verbesserang  der  Ver- 
kehrsverhiiltniBBC  auf  dem  oberen  Nil  wird 
der  fördernde  EinÜufi  der  neuen  Eisen- 
babn  bia  binauf  ram  Alberi>See  autsbar 
gemacht  werden  kOnnen.  Zur  weiteren 
Erschließung  de«  Sudan  besteht  nunmehr 
die  Absicht,  von  Atbara  aus  eine  weitere 
Eisenbabn  sildMilieb  nadi  Kanala  lu 
bauen,  um  dadurch  die  reichen  T/and- 
schaften  am  Fuße  des  abessiniflchen  Hoch- 
landes an  das  ägyptische  Verkehrsneti 
anzusehliefien. 

*  Ale  Leiter  einer  vom  Staate  ge- 
planten Expedition  zur  Erforschung 
der  Schlafkrankheit  wird  Prof.  Ro- 
bert Koeh  voraumebtiidi  lütte  April 
nach  Ost-Afrika  gehen.  Als  Reiseziel  ist 
zuniicbst  Hritisch-Üganda  in  Aussicht  ge- 
nommeu,  wo  sich  in  Entebbe,  dem  Sitz 
der  Regierung,  boreits  eine  wisN08diaft> 
liehe  Forschungsstelle  befindet.  Man 
schätzt,  daß  in  den  letzten  zehn  Tahren 
in  Atrika  60000  — 2UU  000  Menschen  der 
Söblafkrankbeit  snm  Opfer  gefallen  sind. 
Vom  Westufer  des  Viktozia-Njanza  ist 
die  gefährliche  Seuche  aucli  in  das 
deutsche  Schutzgebiet  von  Ost-Afrika  ver- 
schleppt worden.  Für  die  Erforschung 
der  Schlafkrankheit  sind  im  Eolonialetet 
120000  JC  angesetzt  worden.  Es  ist  zu 
hoffen,  daß  es  Prof.  Koch,  der  sich  bereits 
wiederbolt  an  Ort  und  Stelle  mit  der 
Seuche  beschäftigt  hat,  gelingen  wird, 
wesentliches  Material  zur  Bekämpfung  der 
Krankheit  beizubringen.  Für  die  Daner 
der  Arbeiten  ist  ein  anderthalbjähriger 
Aufontbalt  in  OsUAfrika  in  Aussiebt  ge- 

ii'.mmen. 

*  Die  landeskundliche  Erfor> 
schung  der  deutseben  Sebuta- 
gebiete  (XI  i  lo:,  s.  476)  wird  in  diesem 
.Jahre  noch  in  Angriff  genommen  werden. 
Nachdem  die  iteichsregietung  eine  von  der 
landeskundlioben  Kommission  des  Kolonial- 
rates  verfaßte  Denkschrift,  worin  die  Auf- 
gabe einer  einheitlichen  Inndesktindlichen 
Erforschung  der  deutschon  Schutzgebiete 
erOitert  wird,  eur  Kenntnis  genommen 
hat,  sind  von  ihr  die  zur  Ausführung  des 
Plaiiee  nocb  erforderlicben  Mittel  in  den 


*«m»Usob«  SMtsArift.  U.  Jitegsag.  IMW.  S.  Hütt. 


IS 


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17ü 


Qeographische  Neuigkeiten. 


Etat  «bgeitellt  worden,  eo  d«t  da»  Werk 

begennen  werden  kann.  Für  diesi^s  Früh- 
jahr ist  die  AuBsendung  zweier  Expe- 
ditionen nach  DenUch-  Oat&fh  ka  geplant  : 
Frof.  Dr.  Weule  ua»  Ldpng  geht  wa 
ethnologischen  Studien  nach  Rondoa 
Irangi,  Dr  .Tä^'er  leitet  eine  g^-ößere  Ex- 
pedition ins  abflußlose  Gebiet  zwischen 
Küinumdeoliaro  and  Viktorin  Nynnsn,  dee 
nicht  nur  ethnologisch,  sondern  auch  geo- 
logisch durch  Grabonhildun^^en  mit  eigen- 
tümlichen Seen  und  weit  verbreiteten 
▼alkanuchen  Eneheürangen  merkwürdig 
ist.  Hier  hat  die  Expedition  von  Uhlig 
(XI.  1905  S.  I20i  schon  wertvolle  Vor- 
arbeit geleistet.  Für  diese  Expedition  ist 
ein  Jahr  in  Aoiticht  genommen. 

Nordamerika. 

•  Der  höchste  Berg  in  den  Ver- 
einigten Staaten  von  Nordamerika 
anfier  Alnsk»  iek,  wie  Henry  Gnnnetfe  im 

Bulletin  der  »merikanischen  Oeof^raphi- 
achen  Gesellschaft  mitteilt,  der  Mount 
Whitney  mit  4419  m  in  der  Sierra 
Nevada  im  Staate  Kalifornien.  Vom  Qeo- 
logical  Survey  wurde  im  letzten  Sommer 
von  der  paxitischen  Küste  über  Los  Angeles 
und  Mohave  nach  dem  Owauä-See  ein 
Nivellement  an^iefBhrt,  dae  fOr  den  Ht 
Whitney  eine  Höhe  von  1410  m  or^'ab. 
Da  die  ganze  Linie  zweimal  gemessen 
wurde,  ist  dies  Resultat  bis  auf  einen 
Fuß  abMdnt  dcher  nnd  die  viel  iimelrittene 
Frage  nach  der  Höhe  des  Berges  kann  als 
endgültig  entsehieden  angesehen  werden. 
Die  Höhe  des  Mount  Kaiuier  im  Staate 
Washington  ist  durch  Triangulation  anf 
i:  T  *  m  festgestellt  worden;  dieser  bisher 
iür  ilen  hiichsten  Berg  der  Vereinigten 
Staaten  gehaltene  (iipfel  wird  also  von 
Mt.  Whitney  nm  Cut  ftO  m  an  Hohe  fiber- 
troffen. Ebentiio  wird  der  höchste  Berg 
von  Colorado  der  M  t.  Shastii,  dessen 
Höhe  durch  Triangulation  zu  i'iti6  m  be- 
stimmt wurde,  von  Mt.  Whitney  um  88  m 
fiberragi 

Nori-Folargefenden. 

«  Die  nach  dem  voigfthrigen  gxoBen 

Erfolge  für  190G  vom  Herzog  von 
Orleans  geplante  Fortsetzung  der 
Erforechnng  dernooh  unbekannten 
Teile  der  Küste  Nordost-Grön- 
landf,  für  die  bereits  H-r  I»am|ifer 
,3^lgiea"  der  belgischen  Südpolarexpedi- 


tion angekauft  worden  war,  wird  der- 
gestalt nicht  zur  Ausführung  ge- 
lan^i-n,  da  der  Herzog  von  seinem  Plane 
zurückgetreten  ist  und  Schiff,  Auerüstung 
und  Inetnunente  dem  ehemaligen  Leilsr 
der  literarischen  Grönlandexpedition 
M yliu 8 -Eric Ilsen  ,  der  für  1906  auch 
eine  Expedition  nach  der  nordostgrön- 
Uhotdieehen  Kflite  geplant  hatte,  fiberlawsn 
hat.  Mylius-Erichsen,  über  dessen  ur- 
sprünglichen Man  wir  bereite  (XI,  1905 
S.  71U)  berichtet  haben,  wird  im  Juni  1906 
mit  seiner  Expedition  von  Kopenhagen 
aufbrechen  nnd  sunftchst  versuchen,  bei 
der  Pendulum-  oder  bei  der  Shannon- 
Insel  die  ostgrönländische  Küste  zu  er- 
reichen. Hier  eoUea  Depots  angelegt 
und  dann  die  Fahrt  an  der  Küste  ent- 
lang nach  Norden  angetreten  werden, 
wo  mau  zu  überwintern  gedenkt.  Für 
Februar  1907  sind  dann  Sehlittenreiaen 
geplant,  die  bis  zur  Lftdependence-Bai  und 
wenn  möglich  durch  den  Peary-Kanal 
uach  der  Westküste  von  Nord-Grönland 
ausgedehnt  werden  sollen.  Nadk  der 
Rückkehr  zum  Schiffe  und  uach  dem 
Aufgehen  des  Eises  soll  das  Schiff  nach 
Süden  fahren,  um  beim  Franz  Josef-Fjord 
zum  sweiten  Mal  tu  fiberwintem.  Von  hier 
aus  will  im  Frfihjahr  1908  ICylius-firichsen 
mit  zwei  oder  drei  Begleitern  eine  Fahrt 
über  das  grönländische  Biuueneis  zur 
Weetkilste  antreten,  die  er  an  der  Swar- 
tenhuks-Halbintiel  zu  errcidien  gedenkt. 

♦  Die  Nonlpolarexped  itiou  Einar 
Mikkelseus  in  die  Beaufort-See  ist 
nadi  Aufbringung  der  daau  nötigen  IGttel 
gesidiert.  Mikkelsen  ist  bereits  im  Ja- 
nuar von  England  nach  den  Vereinigten 
Stauten  abgereist,  um  dort  die  Expedition 
zu  organisieren.  "Et  selbet  beabsiehtigt 
von  Sun  Franzisko  aus  auf  dem  Seewege 
durch  die  Behringstraße  nach  der  Beaufort- 
See  zu  gelangen,  während  die  übrigen 
Expeditionsmitglieder,  derOeologc  Leffing- 
well,  Teilnehmer  an  der  ßaldwin-ZiegleX' 
Expeditinn  1901-02,  der  Zoologe  Ditlevsen, 
Mitglied  der  Amdmp-Ezpeditiou  19UU,  und 
ein  Anst  auf  dem  Mackenzie  in  dae  Ei«, 
meer  gelangen  wollen.  Mikkelsen  hofft» 
daß  ihm  die  l.'f^^'iening  der  Vereinigten 
Staaten  eins  der  kleinen,  32  bis  60  Tonnen 
großen  Zollsehtffe  surBenuttungflberlftfit; 
andernfalls  soll  ihn  ein  Walfänger  zur 
Mackenziermindung,  und  der  kanadische 
Üegierungsdampfer  ihn  samt  der  £xpe> 


Geographische  Neuigkeiten. 


171 


ditioD  von  dort  zur  Südweattpitze  von  j 
Banksland  bringen.  Für  die  Durchführung  ' 
des  £xpeditionBplau8  wird  es  entscheidend  j 
lein,  ob  der  Expedition  «m  Sohiff  rar  ant- 1 
•chlieAUehen  Benninuig  flbadanen  wird.  | 

In  diesem  Falle  würde  man  runächst  in 
der  Nähe  der  Behrings tra^  hydrographi- 1 
lebeUntoiradiiiiigen  aaitoUoiiimd  wlhMnd 
des  übrigen  Teils  von  1907  die  westlichen 
Inseln  des  Parry-Arcbipela  erforschen;  die 
Haaptreise  von  einem  Punkte  aul'  Prinz  i 
P!itrik«Laad  tna  nofdwtrta  wfifde  darni 
im  Frühjahr  1908  ansgefQhrt  werden;  im  ! 
Falle  daß  man  kein  Schiff  erhält,  würde 
dies  jedoch  ichon  1907  geschehen. 

*  Die  Arbeiten  der  „ Seal ark"- Ex- 
pedition zur  Erforschung  des  In- 
difcben  Oieant  (XI.  1906.  8.  689)  unter 
Gardiners  Leitnng  lind  zom  Abschluß 
gebracht  worden,  worauf  die  wiasenscbaft- 
hchen  Mitglieder  der  Expedition  die  „Sea- 
kzk*  in  Port  TiUoiia  (Seychellen)  yer- 
bnaii  haben ,  um  nach  England  zurück-  \ 
zukehren.    Die  letzten  Arbeiten  der  Ex- 
pedition umfaßten  eine  flozistische  und  i 
firaniititdie  Eifenohimg  dM  fOOkm  ffid*  | 
Hch  von  den  Seychellen  gelegenen  CoetiTy- 
Riffä:  Flora  und  Fauna  sind  fast  dieselben  ! 
wie  auf  den  Tschagos-Inseln,  jedoch  ent- 
hält die  Fauna  außer  den  Tschagosformen 
aoeh  viele  andere  Gattungen.   Die  Flora 
de«  Riffs  scheint  mehr  durch  die  Natur 
•eines  Bodens  als  durch  die  Nähe  des 
Festlaades  bestimmt  worden  zu  sein.  Die 
Seeseite  des  Riffs  o&d  der  ganse,  ipftter 
besuchte  Farqnhar- Atoll  waren  fast  ganz 
mit  einem  graeähnlichen  Gestrüpp,  „Va- : 
setfich*'  genannt,  bedeckt,  was  bisher  selbst 
im  Cfatoien  Osean  noch  nicht  beobachtet  | 
wonlen  ist.    Auf  dem  Coetivy-  wie  auf ' 
dem  Farquhar- Atoll  zeigten  sich  keine  [ 
Spuien  submariner  Ablagerungsstoffe,  die 
•nf  rtkolare  Hehong  schließen  lassen 
konnten.    Lotungen  zwischen  Farquhar, 
den  benachbarten  Inseln  Providence,  Pierre  i 


und  den  Amiianten  lor  Feititelbuig  einer 

möglichen  früheren  Verbindung  zwischen 
den  Seychellen  und  Madagaskar  ergaben 
irareiniweilUhafteeReraltal  BiaDräeeh- 
sog  6  km  vor  dem  Providence-Riff  ergab 
aus  744  Fadentiefc  250  kg  Steine  bis  zu 
0,6  m  Durchmes&er,  deren  genaue  Be- 
stimmung noch  nicht  Torgenommen  werden 
konnte;  alle  waxen  mit  Mangan  umhüllt, 
einige  sahen  ans  wie  festgewordene  Asche, 
andere  glichen  vulkanischen  Bomben, 
keiner  enthielt  elwae  Organiaehee.  Diee 
bisher  noch  nicht  beobachtete  Vorkommen 
ähnlichen  Gesteins  bei  Korallenriffen  hängt 
wahrscheinlich  mit  der  Entstehung  des 
RMb  BOMunmen.  DieiwiBehenlfadagaikar 
und  den  Seychellen  liegenden  Eorallen- 
inseln  zeigten  unter  einander  ganz  ver- 
schiedene Mühen  Verhältnisse:  Coetivy  mit 
96  m  abeolnter  Höhe  Aber  dem  Meere  was 
die  höchste  von  allen;  Farquhar  steigt 
bis  20  m  an.  Pierre  ist  eine  gehobene 
Koralleninsel  ohne  Saumriff  von  9  m  Höhe. 
Alphottie  und  FranpoiB  tind  Ssndbiake 
auf  den  Rändern  zweier  Riffe  mit  Atoll- 
bildung, Die  .\miranten  sind  ebenfalls 
Sandbänke,  deren  keine  zur  Flutzeit,  mehr 
all  8  m  hoch  iat.  Alle  Amiranten  mit 
Ausnahme  von  Marie  Louise  und  Eagle 
sind  jetst  mit  Kokospalmen  bepflanzt; 
Fauna  nndFlora  sind  fast  dieselben  wie  auf 
Coetivy  und  dem  Tschagos-Archipel,  ver* 
mehrt  durch  einige  vom  Kontinent  und 
den  Seychellen  itammende  Arten. 

SeognplitMiier  ünteralAht. 

«  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  Riehard 

Lehmann  in  Münster  hat  die  o.  Pro- 
fessur für  Geographie  an  der  dor- 
tigen Universit&t  aus  Gesundheitarück- 
sichten  am  Ende  dieaes  W.-8.  nieder- 
gelegt. 

*  Dr.  Emil  Deckert  ist  als  Dozent 
der  Wirtschaftsgeographie  an  die  Akade- 
mie für  Handele»  und  Sozialwiseenschaf- 
ten  zu  Frankfurt  a.  M.  berufen  worden 
und  hat  den  Ruf  angenommen. 


18' 


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172 


Bfieherbeiprechniif«». 


Rttcherbesprechmigen. 


Qttnther,  Sleffm.  Physische  Hnopra- 
nhie.  ^äammlaug  Göschen.  Nr.  2ü.) 
S.  Aufl.  147  S.  SS  Abb.  Leipzig, 
GMJtohen  1906.  JH  —.80. 
Die  schon  in  3.  Auflage  vorliegende 
kurze  physische  Geographie  vou  Öieg- 
mnnd  Gflnther  «ign^  ■><^  tot- 
züglich  zur  ersten  Einfiihrung  in  die  be- 
treffende Disziplin.  Der  Verf.  behandelt 
auf  dem  kleinen  ihm  zur  Verfögung 
itohendflm  Rftnm  tetaftchlicb  slle  Zweige 
dar  pbyuachen  Erdkunde,  die  Gestalt, 
Srhwerf^  und  Dichte  der  Krde,  das  Erd- 
innere, die  Morphologie  der  Erdoberfläche, 
dM  Wichtigste  ans  der  Qeateiiu-  und 
Foimationslebre,  Vulkanismua,  Erdbeben 
und  Gebirg»bildun}^,  ErdmagnftiHmu.H,  die 
LufUiülle,  das  ileer,  di«  ( it'\s  iissfi-  des 
Binnenlandes,  Schnee  und  Eis.  Kr  bietet 
eine  mBecocdentliehe  Fülle  von  Material 
und  hat  es  meisterhaft  verstanden,  in 
knapper  Form  dncli  alles  klar  untl  leicht 
verständlich  darzustellen  und  alle  Er- 
eeheinnngen  dnreh  wenige  aber  gut  aus- 
gewählte und  typische  Beispiele  zu  er- 
läutern. Selb.it  auf  wissenschaftliche 
Kontroversen  ist  er  uiehrtach  eingegangen, 
s.  B.  auf  die  Tenehiedenen  Anffaevongen 
über  die  Beschaffenheit  des  Erdinnem, 
die  verschiedenen  Vulkantheorien,  die 
zum  Teil  gegensätzUcheu  Ansichten  über 
Qletaobereronon,  und  hat  den  gegenwär- 
tigen Stand  dieser  Fragen  klar  dargelegt. 
Kleine  Ausstände  hätte  ich  eigentlich  nur 
bei  dem  Abschnitt  über  Petrographie  und 
Petrogcneiw  m  ntacben.  Der  Uatendiied 
zwischen  vulkanischen  oder  Ergoflgeateinen 
und  plutonisclien  oder  mas.>!igen  Tiefen- 
gesteineu  ist  hier  etwas  verwischt.  Es 
wird  ftmer  der  Oneia  an  einer  Stelle 
als  nrqirüngliche  Eistarrungskruste,  an 
einer  andern  als  wiissriger  NiedtTsrhlag 
bezeichnet,  ohne  daß  klar  au!<gesprochen 
ist,  daß  eben  Gneis,  wie  alle  krystalli- 
nischen  Schiefer  wahrscheinlich  anf  sehr 
verschiedenem  Wf>n;p  ;^r,ihiii^.t  gein  könne. 
Die  80  wichtige  Umwandlung  sedimen- 
tärer Gesteine,  selbst  jüngerer,  z.  B.  jurassi- 
•oher  (in  d«i  Alpen)  dniNsh  Gebirgadraok 
in  krystallinischen  Schiefer  ist  gar  nicht 
erwähnt.  .\ber  das  sind  Einzelheiten,  die 
den  Wert  des  Buches  als  Ganzen  nicht 


wesentlich  beeinträchtigen.  Wichtig  für 
den  angehenden  Jünger  der  GeographiAi 
der  rieh  an  QflntberB  Buch  fiber  das  Ge- 
biet der  physischen  Erdkunde  orientieren 
will,  ist  auch,  daß  die  hauptsächlichste 
Literatur  am  Anfang  übersichtlich  zu- 
sammengestellt ist.    R.  Langenbeck. 

UUdebrandsAon,  II.  Hildebrand.  Kap- 
port sur  les  obserTations  inter- 
nationales des  nnagei  an  Gö- 
rnitz M^t^rologiqne  InternatiaiiaL  IL 

Ilauteurs  et  viteese  des  nuages.  — 
Sur  la  circulatiou  de  l'air  autour  des 
minima  et  des  maxima  barom^- 
qnes  et  sur  la  formation  des  satellltes. 
87  S.    3  Abb.  u.  7  Taf.  Upsala, 

Wretman  lyOö. 
Die' Abhandlung  ist  eine  Fortsetzung 
des  im  X.  Bd.  (19M),  8.  %%  dieser  Zeitsefarift 

in  einem  Aufsatz  besprochenen  ersten 
Teils.  Hat  der  erste  Teil  die  Ergebnisse 
der  Beobachtungen  des  internationalen 
WoUmi^riirs  in  besag  anf  die  allgemeine 
ZirknlalioB  dar  Atmosphäre  behandelt, 
so  werden  hier  die  genannten  Beobach- 
tungsreaultate  für  Schlüsse  über  Böhe 
and  Gesehwindi^Mat  der  Wölken,  über 
die  Bewegung  der  Luft  am  die  baio* 
metrischen  Maxima  und  Minima  und  über 
die  Bildung  der  Teildepressioneu  ausge- 
nntst.  Es  ist  nnmOglich  hier  alle  Br> 
gebnisse  wiederzugeben,  dafBr  sei  anf 
duH  Original  verwiesen;  als  besoiuion*  in- 
teressant möge  nur  hervorgehoben  werden, 
daß  die  Hohe  der  Wolken  der  gleichen 
Form,  besonders  der  oberen  Wolken,  von 
dem  .\quator  nach  den  I'olen  7u  ühnimmt, 
und  daß  die  Wolkeuhöheu  im  Winter  ge- 
ringer sind,  als  im  Sommer.  Mnlfciplisiert 
man  die  Wolkengeschwindigkeit  mit  der 
mittleren  hiehte  der  Luft  in  der  be- 
treffenden Höhe,  so  erhält  man  eine  an- 
nähernd  konstante  Zahl,  woraus  mau 
schließen  kann,  dafi  annfthemd  die  glrieha 
Luftmasse  im  Mittel  in  jeder  H'die  den 
gleichen  Querschnitt  passiert,  oder  daß 
die  Windgeschwindigkeit   in   der  Höhe 

I  nmgekehrt  pioporüonal  der  IMiAite  der 
Luft  ist.  Wichtige  Schlüsse  auf  die  Httba, 
bis  zu  der  die  Störungen  des  Luft^lmcks 

_  an   der  Erdoberfläche  reichen,  gestattet 


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Bflelierbeipreelkiiiigeii. 


178 


die  mit  vielen  Beispielen  belegte  Tatsache,  I 
(Uö  die  oberen  Wolken  nicht  immer  von 
diette  Störungen  berflhri  werdMif  sondern 
oft  über  die  baromoirischen  Minima  und 
ifaxima  hinwegzieheu ,  ohne  deren  ge- 
riiijjsten  Einfluß  erkennen  zu  lassen.  In 
»akm  FUlmi  nad  fieilidi  Moh  wieder 
die  Inflwirbel  sehr  hoch  und  flberschreiten 
die  Hühe  der  Cirren,  welche  sich  dann 
um  sie  parallel  zu  den  Isobaren  bewegen. 
Avtedem  werden  die  Beobaektimgeii  in 
beng  auf  die  Entstehung  der  Teildepret- 
liotipn  «liskutiert  und  führen  m  wichtigen 
i^clüü«sen  auch  über  deren  Verhältnis 
snm  lUgeineinen  Polenriibel.  Sftmtlicbe 
Ansfübruiigen  sind  mit  reichem  tabella- 
riichem  Material  und  einer  Anzahl  karto- 
gnfthischer  Danteliungen  begleitet  und 
beUist.  Greim. 

Jahrbuch  für  Deutschlands  Sce- 
interessen  unter  teilweider  Be- 
mlnuig  amtlichen  Mntwials  hetmu- 
gegeben  von  Nauticua.  VII.  Jhrg. 
1905.      Berlin,  MitÜer   k  Sohn. 

JL  5.60. 

Die  letzten  Jahrgänge  des  Nnnticns- 
Jehrimdies  haben  geg«i(lber  den  ersten 

■'ahr^anijen  an  Zuverlftesigkeit  und  lie- 
»ondprs  au  (jenauigkfit  der  statistischen 
Angaben  sehr  gewonnen,  üeute  gilt  der 
Kmilieas  als  üiM  snveriftssigite  dentsche 
Handbuch  fflr  maritime  Dinge.  Es  zer- 
fällt in  drei  Teil»'.  Der  erste  Teil  brinpt 
Aufsätse  kriegamaritimen,  politischen  und 
Uitomehen  Inhalte,  der  sweite  Anfriktee 
wirt«cbaftlicheu  und  technischen  Inhalts 
und  der  dritto  StatistiHches.  Im  zweiten 
Teil  begegnet  man  auch  Aufsätzen,  die 
fk  den  Geographen  von  biteresae  sind, 
•0  im  .lahrgang  1904  den  Abhandlungen 
über  den  „Panamakanal"  und  über  tlen 
„Robbenfang'',  im  letzten  Jahrgang  der 
Abhaadhmg  Aber  die  „Seehlfen  des  Welt- 
wkehl»**.  In  diesem  Aufsatz  werden  in 
einem  er^t^n  Abschnitt  die  Grundlagen 
der  Seehäfen  im  allgemeinen  entwickelt 
■ad  in  «inem  iwetten  die  Welth&fen  der 
O^geowtrt  geadiildert  Die  Beschreibung 
der  außereuropäischen  Welthäfen  könnte 
«twa«  aasführlichei  sein.  Auch  das 
^^MBorpbologische  und  die  eigentliche 
^'eltlagc  hätten  nodi  eingehender  be- 
rruk«i.|it[^t  werden  niÜRscn  Ich  hoffe, 
diejen  Punkt  demnächst  ausführlicher  bc- 
■pieehsa  zu  können,  weshalb  idh  mich 


weiterer  Ausführungen  hier  enthalten 
kann. 

Die  steüstiiehen  Angaben  aind  mit 

jedem  .Tahre  verbessert  Wid  erweitert 
worden.  Im  Nauticus-Jabrbnch  1905  tinden 
wir  folgende  Stetistiken:  die  Marine- 
bodgeCa  der  grSßem  Seendtehte;  die 
deutsche  Handelsflotte ;  die  Handel  s- 
dampfer  aller  Nationen;  den  deutschen 
Seeschi Üahrtsbedtand ;  die  Welthandels- 
flotte der  wichtigiten  leelUirenden  Völker; 
den  Seeverkehr  in  den  bedeutenderen 
Welthäfen  und  den  bedeutenderen  deut- 
schen Häfen;  die  Ein-  und  Ausfuhrwerte 
des  denttchen  ZoDg^ieti;  den  Wert  des 
Weltbauilrls  der  Haupthandelsstaaten'; 
den  (itiUst  hen  Schiffsbau  und  den  W^elt- 
schitisbau;  die  deutschen  Kolonien;  die 
Marinettationen,  Flottenettttqtnnkte  nnd 
Kohlenstationen  der  größern  See-  imd 
Kolonialmächte  ond  schlieAlich  das  Wdt- 
kabelnetz. 

Die  Illustrationen,  die  dem  Nantiena 
beigegeben  sind,  beziehen  sich  haopt* 
B&chlich  auf  Schiffskonstruktioncn  und 
neue  Schitftitypen.  Sie  sind  wie  die  bei- 
gegebenen Karten  klar  und  deutlich.  Im 
letiten  Jahrgang  befindet  sich  eine  Welt- 
karte aar  Veraniehauliehunfr  der  Kabel. 

Max  Eckert. 

PhUlppi«ii9  A.    Europa.  Zweite  Auf> 

läge.  ^T.  S".  XII  u.  7C,1  S.  114  Abb. 
u.  K.  im  Text,  14  K.  u.  22  Taf. 
Leipzig  u.  Wien,  BibL  Insl  1906. 
JC  16.—, 

Auch  dieser  Schlußteil  der  Ton  Sievera 

herausgegebenen  ..Allgemeinen  Länder- 
kunde** Ist  nun  nach  natürlicher  (ilicde- 
mng  einheitlieh  bearbeitet  worden  nnd 
somit  gans  wesentlich  gehoben.  Alfred 
Philippson,  der  bereits  in  der  ersten  .\uf- 
lage  dieses  Bandes  die  pbysiographische 
Abteilnng  geliefert  hatte,  hat  sich  als  der 
rechte  Mann  bewährt ,  das  schwierige 
Werk  zum  guten  Ziel  zu  IVihrt'ii.  Fast 
ganz  neu  galt  es  das  Cicbitude  aufzurich- 
ten. Das  so  vidgesteltige  Europa  legte 
jener  wissenschaftlichen  Darstellung,  die 
nicht  schematiflch  r.ert^licilpriid  beschreibt, 
sondern  die  Landesart  iu  ihrem  organi- 
schen Znsammenhang  zu  deuten  versucht, 
grofle  Schwierigkeiten  in  den  Weg.  In 
einer  ausführlichen  einleitenden  t'berschau 
werden  zunächst  die  physiacheu  wie  die 
kulturellen  Wesenszüge  Europas  im  all- 


174 


BficherJbeipreebniigen. 


^meineo  dargelegt.  Darauf  folgt  die 
Betmelitang  d«r  lAmlieliflii  WeMnuüge 

in  der  banten  Mannigfaltigkeit  der  länder- 
kundlichen Einzelgebilde,  geschieden  in 
die  drei  entwicklungsgeschichtlich  be- 1 
stimmten  Hauptteile:  die  südeuropüischen 
Faltungsländer,  das  noidiresfeentop&ische 
Schollenland  und  di«  muisoh-eluuidma- 
viache  Tafel. 

In  wohltnendex  Harmonie  erhalten  wir 
otete  Tor  aUem  einen  klaren  Eiabliok  in 
den  Aufbau  des  Bodens  und  in  dessen 
Gewordenaein,  wobei  es  der  Verfasser  mit 
wohlgeübtem  Lehrtalent  versteht,  dem 
Leier  Tentindlidi  sa  werden  aaoh  ohae 
suviel  geologuche  Vorkenntniate  voran«- 
zQsetzen.  Daran  schließen  sich  unge- 
swungen  die  hydrographischen  und  klima- 
tisehea  VerldUfcniue,  daa  Pflansen-  und 
Tierleben,  lowolt  ee  iriehtige  Zage  in  der 
Lan(b'?>natur  ausmacht,  endlich  die  Be- 
völkerung, wie  sie  sich  in  ihrem  Wohn- 
ranm  bettHgi  hat  in  Siedetnngen,  Ver- 
kehraanlagen ,  Staatsgründungen ,  Wirt- 
schaft Ii  eher  und  geistiger  Kultur.  Das 
ist  alles  in  so  känsilerisch  abgerunde- 
ten Büdem  vorgeftihrt  bis  herab  auf  die 
Klrinmalerei  auch  der  einzelnen  Land- 
schaften, daß  der  Leser  nicht  ermüdet, 
die  großartige  Bilderreihe  von  Spanien 
bis  Rußland,  Ton  Hellas  bis  Schottland 
an  rieh  Torübeniehen  zu  aehcii,  somal 
rie  ausnahmslos  dnrchgei.  tigt  wird  durch 
das  Streben,  den  tieferen  innerlichen  Zu- 
lammenhang  der  europäischen  Dinge  zu 
entaoUeiem. 

Aach  die  gleichmäßige  Schönheit  des 
schlicht'Cn,  klaren  Stils  macht  das  Werk 
XU  einem  wahrhaft  klassischen,  nicht 
minder  die  Ffllle  der  techniich  Tollende- 
ten  und  stets  lehrreichen  Abbildungen 
und  Karten.  Die  geologische  tlbersichtf- 
karte  von  Europa  ^zu  S.  2ü)  ist  z.  B.  ein 
kann  in  flbertreflbndei  Meiitertlfick  von 
Reichhaltigkeit ,  Zuverlässigkeit  und 
schönster  t'bergicbtlichkeit  dank  der 
treülich  ausgewählten  Farbenenergie. 

Wollte  man  dem  Yerf.  in  der  erstaun- 
liehen  und  doch  nie  überlastenden  Masse 
»einer  sachlichen  Angaben  irgendwo  einen 
kleinen  Verstoß  nachweisen,  so  müfite 
man  bei  seiner  sorgfältigen  Arbeiteweise 
schon  mit  der  Lnpe  vorgehen.  Dann 
f&nde  man  etwa  auf  S.  rr23  das  ,, Zink- 
bergwerk von  Alteuberg"  iu  dem  berühm- 
ten pseudoneutralen  Landzwickel  Moresnet 


südwestlich  von  Aachen  und  die  Bemer- 
kung, daß  die  S700  Bewohner  von  Alten- 
berg  „unter  wechselnder  (?!)  Verwaltong" 
Preußens  und  Belpiens  ständen.  Daa 
einst  für  die  Messingfabrikation  so  wich- 
tige Galmeiwerk  iit  jedoch  längst  er- 
schöpft, nur  noch  ein  Loeh  im  Boden 
(„die  Kuli"),  und  die  etwa  4000  Alten- 
berger,  die  einzigen  staatlosen  Europäer, 
stehen  ständig  unter  der  Doppelkontrolle 
eimi  prenBiadiea  nnd  einee  belgiicben 
Kommissars. 

Nicht  nachahmenswert  dünkt  der  Zir- 
kumüex  auf  dem  Namen  Khone  (den  der 
Yeif.  doch  naeh  dentecher  Weiee  ftminin 
gebraaeht)  nnd  die  niederlftndiiehe  Form 
Zuidersee  an  Stelle  der  in  unserem  Nord- 
westen noch  ganz  volkstümlichen  deut- 
•chen  Form  Sfldenee.  HOehit  rOhmene- 
wert  dagegen  erscheint  es,  daß  dem  um- 
fangreichen Werk  das  (noch  bei  den 
größten  Geographen  heimische)  ekelhafte 
Ungeiiefer  der  nOirea**  «od  gans 
fehlt  Kirchboff. 

Enzeniperger) Josef.  EinBergsteiger- 
leben.  Eine  Sammlnng  von  idpinen 

Schilderungen  nebst  einem  Anhang: 
Keisebriefe  und  Kerguelen-Tagebnch. 
i\  XV  u.  27<i  S.  X4  Tat.,  2  K., 
1  Panor.  xl  viele  Teztill.  Mag.  vom 
Akadem.  Alpenverein  München.  Mün- 
chen, Vereinigte  Konstanitalten  A.-G. 

1905.         -iO  —. 
Eine  vornehme  Weihegabe  hat  der 
Akademiiehe  Alpenverein  Mflnohen  dem 

Andenken  seines  hochverdienten  Mit- 
gliedes und  ehemaligen  Vorstandes  gfe- 
widmet.  Das  tragische  Schicksal,  das 
d«i  ju^en,  wa  g^fien  Erwaituugen  be- 
rechtigenden Forscher  al.s  mcteoioiogi- 
scheu  Beobachter  auf  der  Keiyuelen- 
Station  der  deutschen  Südpolar-Expedition 
betroffen  hat«  reehtfertigt  die  Erriehtong 
eines  literarischen  Denkmals  von  Seite 
jener  Jugendfreunde  des  Verstorbenen,  die 
am  meisten  seine  touristische  Kühnheit 
nnd  Gewandtheit,  leine  B«geiitenuig  fBr 
die  Alpen  weit,  wie  den  Bmit  ieinea 
wissenschaftlicheTi  Strebens,  nicht  zum 
mindesten  auch  die  Lauterkeit  nnd  Liebens- 
wflrdigkeit  «einet  Gharakten  za  beobaeb» 
tcn  und  schüt/t  n  Gelegenheit  hatten.  8o 
stellt  sich  dieser  Hand  dar  als  eine  Samm- 
lung der  zerstreuten  alpinen  Schriiten 
Enzenspergers,  demen  PenOnBehfceifc 


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Bficherbesprechungen. 


176 


auch  dem  Femeratehenden  als 
Gftnzes  entgegenleuchtet.  Wehmütig  be- 
rühren die  noch  von  froher  Hoffnung  und 
Labeaafireod«  dvNluogeiiMi  Reüebriefe 

und  das  anschließende  Kerj^nelen- Tage- 
buch, das  den  Fortschritt  der  tückischen 
Krankheit  verfolgen  iiißt,  bia  die  Feder 
dem  enchOpften  Dulder  und  Mi  nur 
äuBersten physischen  Möglichkeit gewiBsen- 
haflen  Beobiicbter  entsank.  Ein  warmer 
Kachruf  seitens  des  Leiten  der  deutscheu 
SidpdIar-BqMditfon,  Prof.  Drjgrsliki, 
mM  «imgoi  biogrftphischen  Notizen  der 
Herausgeber  (P.  v.  Cube,  L,  Dis^t^l, 
E.  Enzensperger)  ist  dem  Ganzen  vorau- 
fMteUi  Di6  AuMteltaag  dee  Boäbm  ut 
tiae 'fllmnis  gIftiiMnde.  Außer  dem  wohl- 
gelungenen  Bildnis  des  Verstorbenen 
■ehm&cken  es  prächtige  Bilder  der  haupt- 
dddidi  ton  Ihm  begangenen  Gebiete 
(Allgftner  Alpen,  Kaisergebirge,  Kerguelcn) 
in  Kupferdruck  Rowit^  eine  Reihe  <d)en- 
fkUs  Tortrefflicher  Textillustrationen.  Es 
i«l  ab  Werk,  das  jeder  Bergfreand  mit 
holiem  Genuß  durchbl&ttern  wixd,  doch 
anch  mit  dem  Gefühl  der  Trauer  um  ein 
joDges  deutsches  Bergsteigericben,  das  so 
jäh  und  vorzeitig  sein  Ende  gefunden. 

S.  Oberktimmer. 

Wermert,  (ieorf.  Die  Insel  Sicilien 
in  volktwirtae]iftftlioli«E^  knltv- 
reller  und  lotialeY  Besieh ung. 

fol.  48ft  S.  1  K.  in  1 : 800  000.  Beilia, 

D.  Kfimer  1905.  10.—. 

Da  die  Insel  Sicilien  in  der  letzten 
Z«it  durch  die  trsnrige  Lage  der  Masse 
Miier  acker-  und  bergbaulichen  BevOlke- 
ning  und  «ladunh  liervorgerufene  Un- 
ruhen wiederholt  die  Blicke  der  Welt  auf 
wh  gelenkt  hat  und  in  Znknnft  lenken 
wird,  M  ist  es  sehr  dankenswert,  dafi 
sich  der  Verf.  offenbar  auf  Grund  eines 
liUigeren  Aufenthalts  auf  der  Insel  die 
Aufgabe  gestellt  bat,  die  deutsche  Lese- 
welt über  diese  Zustände  zu  unti  rricht<  n 
An  Quellen  boten  sich  auch  zahlreic  he 
dickleibige  auf  amtlichen  Erhebungen 
berahende  Werke  nnd  private  Dantel- 


Pas  Werk  ist  als  ein  im  wesentlichen 
volkswirtschaftliches  anzusehen.  Dort  liegt 
der  Schwerpunkt  derYorbildung  und  der 
Stadien  des  Verfassen.  Es  enthält  in 
•iiei«er  Hinsicht  eine  Fnlle  gewichtiger 
Tatsachen  und  Termag  selbst  mir,  obwohl 


ich  fast  zwei  Jahre,  freilich  vor  beinahe 
30  Jahren,  auf  der  Insel  gelebt,  diese 
sorgsam  studiert  und  manches  über  sie 
verOffenflieht  habe,  noeh  hie  und  da  Nenee 
zu  bieten.    Dabei  lilßt  es  der  Verf.  an 
der  oft  aucli  amtlichen  Veröffentlichungen 
namentlich  statistischer  Natur  gegenüber 
gebotenen  voniehtigen  Kritik  nicht  feUen. 
Viehzucht,  Ackerbau,  Obstzucht,  nament- 
lich Agrumenbau,  Schwefelbergbau,  die 
Lage  der  Arbeiter  in  diesem  wie  in  der 
Laadwiitsehaft,  die  oft  meikwflxdige  Er- 
Bcheinun^ren   bietende  KommunaWerwal- 
tung,  das  kirchliche  Leben,  Sitten  und 
Gebräuche,  der  Volkscharakter  werden 
eingehend  nntenneht  and  der  MafiBa  nnd 
den  sozialen  Bewegungen  der  Neuzeit  die 
Schlußkapitel   gewidmet.    Es  wird  ein 
klares  Bild  des  vorherrschenden  Groß* 
gmndbeeitses  nnd  seiner  Folgen,  des  tie- 
fen  Standes   der   sicilischen  Laadwirt- 
schaft, auf  welche  die  Bevölkemnfj  doch 
vorzugsweise  angewiesen  ist^  des  Pächter- 
miweeens,  des  Absentismos  entworfen. 
Auch  das  Gedrängtwohnen  der  landwirt- 
schaftlichen Arbeiter  wird  hervorgehcjhcn, 
ebenso  die  kirchlichen  und  sittlichen  Zu- 
stände, welch  letstere  gewifl  mit  dem  Verf. 
als  Entartongsersoheinongen  aulkafassen 
sind.  Die  UrKachen  der  traiiri>»en  La^je  der 
großen  Masse  der  Bevölkerung,  einer  Er- 
scheinung, die  hier  schon  früher  wieder- 
holt hervoigetrsten  ist  nnd  aa  Ägypten 
erinnert,  werden  nur  geschichtlich  und 
wirtschaftlich  hergeleitet.  Ks  spielen  aber 
gewiß  geographische  Faktoren  mit.  Leider 
liegt  dies  Gebiet  demVeif.,  wie  raerinrür- 
digem  eise  den  meisten  YolkswirtschafUem 
völlig  fem.    Auf  zwei  Grundbedin<7ungen 
des  sicilischen  Ackerbaues,  die  Boden- 
beschaffoiheit  nnd  die  Wassecfinge,  über 
welche  beide  gute  Vorarbeiten  vorliegen, 
wird  daher  kaum  einjjeganp^'en,  und  der 
geographische  Abschnitt,  welchen  der  Verf. 
Toranssehieken  sn  mflesen  glanbte,  ist 
ganz  unzureichend,  wimmelt  von  Tin- 
Genauigkeiten,  Irrtümern  nnd  Druckfehlern. 
Auch  die  Auswauderungstrage,  die  heute, 
namentiich  aneh  in  besag  anf  Tunesien, 
wo  man  jetat  180  000  Italiener,  st 

Sicilianer,  zählt,  eine  so  große  Rolle 
spielt,  wird  kaum  gestreil't.  Th.  Fischer. 

Krebs,  Norberte.  Densitä  c  aumento 

della  popolazione  nell"  Istria  e 
in  Trieste.  (Estratto  dall'  „Archeo- 


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Bfieherbefpreehniigen. 


grafo  Triestino."    Ser.  10.   VoL  II.) 
S6  S.   Trieste  ld05. 
Der  y«iliUBer,   der  tehon  mehrere 
Schriften  Aber  Istrien  veröffentUelit  hat  nad 

allem  Anftcheine  nach  "'ine  HV-ätematiBclu« 
geographische  Durchforschung  der  Hall>- 
insel  beabsichtigt,  gibt  hier  eine  genaue 
.  Oberaieht  Aber  die  Titaaoheii  der  Be- 
v/ilkerungsgeographie.  Zuerst  wird  dif 
Volksdichte  abgehandelt,  und  zwar  in 
der  Weise,  daß  der  Verfasser  von  Triest 
auRgehend  nach  und  naeh  die  eiiuehien 
Teillandschaften  der  Halbinsel  bespricht. 
Dann  wird  in  ähnlicher  Weise  die  Zu- 

•  und  Abnahme  der  Bevölkerung  Ton  18C9 
bie  1900  dargestelli  Ein  Anhang  gibt 
dii'  Zahlenwerte  in  Bezug  auf  die  ge- 
wählte Einteiluiij^'  des  Landen  in  tabella- 
rischer Übersicht,  während  eine  Karte 
die  Bevölkerungsverteilung  mit  Hilfe  von 
bieben  schwarzen  Tönen  gut  veranschau- 
liclit.  Eh  handelt  sich  in  der  Arbeit 
hauptsächlich  um  eine  Feststellung  der 
Tataaehen,  weniger  nm  einen  analytiachen 
Nachweis  der  sie  bedingenden  Faktoren. 
Auf  diese  wird  jcddch  beständi«;  an- 
deutend hingewiesen,  sowohl  nach  der 
Seite  der  Natur  wie  naoli  der  dee  MeneebeD. 
Die  Arbeit  ist  eine  dankenswerte  Be- 
reicherung der  Literatur  über  die  Volks- 
dichte.  O.  Schlüter. 

Lnseingrande,  Lussinpiccolo.  Lus- 

sin  und  d i e  I n s e  1  n  d e 8  Q  u  a  rn  e  r o 
Ein   Wegweiser  für  Kurgübte  und 
Ferienzeiaende.  104  8.  60  Abb.  n.  8  K. 
Wien  u.  Leipzig,  Hartleben  o.  J.  ( 190'>). 
Ein  lebendig  i|relegentlirh  aiü  ii  einmal 
etwas  krampfhaft  lebmdi^'i  ^MSihrie- 
hener  Führer,  der  wohl  geeignet  i.»t,  den 
Wunsch  naeh  nftherer  persönlicher  Be- 
kanntschaft mit  diesem  nördlichten  Teil 
der  dalmatischen  Inselwelt  zu  erwecken. 
Zugleich  ein  Führer,  der  mehr  als  andere 
aeines  gleidien  das  Geographische  hervor- 
hebt.   Die  ganze  erste  Hälfte  wirfl  von 
einer    kleinen    landesknndliohen  Skizze 
.  eingenommen,  und  auch  bei  der  Be- 
sprechung der  Ansflflge,  weldie  die  aweite 
Hiilfte  einnimmt,    wird  beständig  das 

•  Auge  auf  die  Natur  gelenkt.  Den  An- 
gaben über  Luterkunlt  usw.  sind  nur  die 
wenigen  Seiten  des  Anbanges  gewidmet. 
Em  wäre  jedenfalls  zu  wünschen,  daß 
Rci^oführer  die.ser  Art  in  größerer  Zahl 
vorhanden  wären,  damit  da^  reisende 


Publikum  mehr  Anregung  rar  verständnis- 
vollen Betrachtung  der  Natiir  empfinge. 
—  Die  vorliegende  Dazatelloiigbeflohiftnkt 
sich  nicht  auf  Lussin;  sie  bemtlt  diflie 
Insel  nur  als  Stützpunkt,  um  von  da  ans 
auch  die  kleineren  und  größereu  Nachbar- 
inseln (Cherso,  Axbe,  Veglia)  zu  besucben. 
Viele  Abbildnngea  gel>en  eine  gut«  An- 
scbauunir  v'>ii  der  geschilderten  Erdstelle. 
Die  Ausstattung  mit  Karten  hätte  aller- 
dings etwM  zeiehhftltigar  ans&Uen  kOnaen. 

O.  Seblfiter. 

Langenbucher»  K«    Karte  von  Ma- 
rokko. 1;SOOOOOO.  Berlin,  D.Beimer 

(E.Vohsen).    1906.   JL  1.—. 
Um  die  vorliegende  Karte  j^erecht  zu 
beurteilen,  muß  man  sich  gegenwärtig 
halten,  daß  sie  eine  Gelegenheitsarbeit 
ist  und  nor  einem  gewissen  Zwedce  dkoen 

will,  nümlich  der  Darstellung  der  Ver- 
kehrswege und  Hotenposten,  der  deutschen, 
französischen,  englischen  und  spanischen 
Dampferlinien.  V<m  Botenposten  sind  nur 
die  Linien  der  deutschen  und  französi- 
schen ein^'»^zBichnet.   Leider  aber  letztere 
ganz  unvulLstüudig,  denn  eine  französische 
Botenpost  geht  nicht  mnr  an  der  Osean« 
küste  entlang  bis  Mogador,  sondern  auch 
von  Tanger  nach  Tetuan,   von  Tanger 
nach  Fäs  mid  Meknus  über  Ksar  el  Kebir 
bsw.  von  LaMMch  Aber  Ksar  el  Kebir,  von 
Mazagan  nach  Marrakesch,  außerdem  an 
der  Oatgrenze  von  der  französischen  Grenz- 
stadt Laila  Mamia  nach  der  marokka- 
nischen U^da.    AoBerdem  dürfte  der 
Sommerweg  der  deutaeheuRekkas  zwischen 
Tanger  und  Fäs,  genau  wie  der  der  fran- 
züsisuheu  ein  andrer  sein  w^ie  der  Winter- 
\%  eg.  Femer:  ich  vermute,  da0  die  deni» 
sehe  Privatpost  M  ogador — Marrakesch  noch 
besteht,   überhaupt  hätten  auf  einer  Ver- 
kehrskai"te  doch  auch  wohl  die  wichtigsten 
Karawanenwege  eingetragen  werden  sollen. 
Welchen  Zweck  haben  sonst  die  zwischen 
Maprador  und  Manakosi  h  tnid   auf  der 
Winterlinie  Tanger  —  Fäs  eingetra^'ouen 
Uauptrastorte  und  vollends  die  beiden 
Fisse  Psab  Tsinka  «nd  Beb  Tiara  Djorf, 

durch  welche  man  die  ungangbare  Durch» 
bruchschludit  des  Aled  Hedem  unitrehend 
aus  der  Tieflaudbucht  des  Sebu  auf  die 
obere  Terrasse  emporsteigt?  Auf  die 
Gelilndedarstellung  und  die  Hydrographie 

!  wollen  wir  lieber  gar  nicht  eingehen. 

i  Aber  selbst  die  Küste  ist  veraeiohnet. 


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BfleherbetpreehiiBgen. 


177 


Daß  Tanger  am  westlichen  Eingange  einer 
halbkreiaförmigen  Bucht  liegt,  tritt  selbst 
auf  der  Nebenkarte  nieht  herror 

Dieae  Karte  «üd  auf  der  Konferenz 
keine  Vorst-ellung  von  deutscher  Karto- 
graphie und  Gründlichkeit  geben.  Der 
Maflatab  iai  der  TOn  Lannay  de  Biaaya 
Karte.  Th.  Flacher. 

T.Uihalom,  Albert  Ungard  Edler.  Der 
Sneakanal.  Seine  Geschiebte,  aeine 
Baa-  und  Verkehrsverhältuiöse  und 
seine  militärische  Bedeutung.   10  t  S. 
6  K.   Wien  u.  Leipzig,  Hartlebeu 
1906.    JL  4.—. 
Abgesehen  vom  Militftriaehen,  in  dem 
selbstärHlige  Darlegtmgen  gegebt-n  werden, 
erhebt  der  Verfasser  nicht  dfn  Anspruch, 
wesentlich  Neues  zu  seinem  Gegenstände 
m  sagen;  Uber  die  Qeechichte,  Ban-  imd 
Wrkehrsverhältnisse  will  er  nur  in  knap- 
pen Zügen  in  einem  Buch  zusanunen- 
fas»en,  was  sich  sonst  au  verschiedeneu 
Stellen  anafBhxlich  findet.  Ein  Ziel,  nieht 
leicht  zu  erreichen  —  setzt  es  doch  die 
absolute  Beherrschung  all  der  Sachgebiete 
voraus,  die  für  die  Beurteilung  eines  sol- 
chen Banwerha  in  Betracht  kommen  — ; 
und  man  kann  denn  auch  nicht  sa^eu. 
daß  es  der  Verfasser  errnVlit  habe:  es 
fehlt  die  Unterscheidung  zwischen  Wesent- 
lichem und  Unwesentlichem. 

So  durchziehen  die  i^chrifb  trotz  ihres 
allgemein-orientieri'nden  Cliarakt.TH  zahl- 
lose Einzelheiten,  deren  Wert  an  dieser 
Stelle  nicht  zeeht  an  exaehen  ist,  -die  d»- 
faer  daa  Geaamtbild  nur  verwirren,  nicht 
klär<n  können;  wohl  das  krasseste  Bei- 
spiel bietet  der  völlige,  wortgetreue  Ab- 
druck des  Frachttarifs  des  österreichischen 
Uoyds,  ans  dem  sieh  der  gediddige  Leser 
gefälligst  fclbpt  und  ohne  Hilfe  das  Wich- 
tige   herausnehmen   möge.    An  andern 
Stellen  wieder  unterläßt  es  der  Verfasser, 
die  sidi  hiatoriach  folgenden  Begeben- 
heiten zu  einem  Bild  ihrer  gegenwärtigen 
Oesamtwirkung  zu  vereinigen;  ja  man  hat 
gelegentlich  das  Gefühl,   daß  er  sich 
sdbrt  einen  solchen  Gesamteindmek  nicht 
nrsehafft   habe  —  anders  kann  man 
wenigstens  die  Verworrenheit  nicht  er- 
Uiien,  mit  der  die  beim  Suezkanal  so 
besonders  wichtigen  FinansTerhftltoisse, 
insbesondere   die  Berechnung  und  Ver- 
teilung des  Keingewinna  behandelt  wor- 
den sind.    Gerade  die  Form  der  Dar- 


stellung gibt  aber  bei  Werken  des  an- 
gegebenen Ziels  für  ihre  Bewertung  den 
entscheidenden  Malletab,  dn  sie  aachlieh 

nichts  Neues  bieten  wollen. 

Der  militärische  Abschnitt  scheint 
besser  geraten  zu  sein;  wenigstens  be- 
kommt hier  der  Lde  einen  allgemdnen, 

durch  Einzelheiten  nicht  belasteten  Ein- 
druck von  der  Rolle,  die  der  Kanal  itn 
Kriege  spielen  kann.   K.  Wiedeufeld 

Kraentzcl,  H.  Le  canal  de  Panama. 
(Travaux  du  8eminaire  de  Geographie 
de  rUniverbitä  de  Li^.  IV.)  68  S. 
Lfittaoh,  Cotmanz  im. 
Kraentsel  behandelt  in  seiner  kleinen 
Arbeit  über  den  Panamakanal  auf  Gmnd 
eines  kleinen,  doch  nach  dem  innerlichen 
Wert  richtig  uusgewühltcn  Teiles  der 
wtitschiditi^  VerOffimtiidrangen  fiber 
dieses  Banweik  die  weaentlicbsten  Züge 
der  Länderkunde  im  Kanalgebiet,  die 
Uauptereignisse  aus  der  Geschichte  der 
YerkehnsbaBe  und  ihre  politiiche  nnd 
wirtschaftliche  Bedeutsamkeit.  Der  Inhalt 
der  verständigen  Schrift  ist  nirgends  zn 
beanstanden.  Allerdings  werden  weder 
unbekannte  Tataaehen  noch  bemerkens- 
werte neue  Gesichtsponkte  zur  Beurteilung 
der  schon  von  den  ver<»rbie(lpnsteti  Seiten 
her  ausführlich  oder  knapp  zusammen- 
fasaend  behandelten  Kannlangelegenheit 
beigeatenert.  Felix  Lnmpe. 

Kraentzcl)  F.    La  Geographie  dans 
Tenseignement  moyen.  (Travanz 
dn  S^inaire  de  Geographie  de  TUni- 
versite  de  Liege.  I.)   37  S.  Lüttich» 
Cormaux  l'Jüö.    hr.  1.—. 
Die  Arbeit  ist  die  erste  Veröffentlich- 
ung des  in  Folge  der  Beformiening  des 
geographischen  Univorsitilts-rnterrichtea 
in  Belgien  lyo.S  gegründeten  geographi- 
schen Seminarä  der  Universität  Lüttich. 
Sie  ist  ein  erfreuliches  Zeidien  daf&r« 
daß  iiueh  in  Belgien  das  Bestreben  her- 
vortritt,   den    geographisrheii  Unterricht 
au  den  Gymnasien  uud  boustigeu  höhereu 
Lehranatalten  an  erweitern  und  an  ver^ 
tiefen.    Die  Grundsätze,   die  der  Verf. 
dafiir  entwickilt.   sind   nicht   neu.  Die 
Geographie  soll  sich  nicht  auf  eine  reine 
Beschreibung  der  Erdoberflftche  beschrän- 
ken, sie  aoil  fiberall  auf  die  Ur!^achen 
der  Erscheinungen  zurückgehen,  soll  den 
Öchülem  die  Wcchselwixkuugeu  der  ver- 


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178  Bflcherbesp 

schiedenen  geoj^phischen  Elemente  iiud 
den  £iiiflafl  dea  Müieos  auf  den  Men- 
wshm,  Mino  wiiiidi«IUie1i«n  YtrhSUaiiM 
Mine  Siedelungsformen  zum  Verständnis 
bliogeii.  Weiterbin  weist  der  Verf.  auf 
den  gEOfien  p»kti«clien  Wert  des  Unter- 
ridiies  hin  und  wfbuoht,  dm6  der  Wirt- 
schaftsgeographie ein  besonders  breiter 
Raum  in  diesem  zugewiesen  werde.  An 
einer  Anzahl  von  Beispielen  zeigt  er  so- 
dann in  trefflicher  Weise,  wie  er  den 
geogn|ilutdien  ünterrieht  auf  dem  einzel- 
nen Stufen  gehandhalit  zu  wissen  wünscht. 
Ein  längerer  Abacbuitt  ist  der  Benutzung 
von  Wandkarten  und  AÜas,  sowie  dem 
geogrftphiaohen  Zddinen  in  der  Seihnle 
gewidmet.  Sehr  erfreulich  für  uns  ist  die 
hohe  Anerkennung,  die  er  (iahci  der 
deutschen  Kartographie  zollt.  Li  tritt 
aebr  eindringHoih  dalBr  ein,  deutaehe 
Schulatlanten,  etwa  Sydow -Wagner  oder 
I)u'rcke,  und  deutsche  Schulwandkarten 
auf  den  belgischen  Schulen  einzuführen,  da 
ihnen  Oleiehwertigea  in  Belgien  nicht  vor^ 
banden  sei.  Für  das  Schülerzeichnen  ver- 
wirft er  mit  Hecht  alle  künstlichen  Kon- 
struktionen und  überhaupt  das  Zeichnen 
von  Kaitenskinen  nna  dem  Ged&ehtnie. 
Die  Forderungen,  die  der  Verf  zum  Schluß 
stellt,  decken  sich  vollständit?  mit  denen, 
die  auch  wir  deutschen  Geographen  schon 
eeit  Jahnehnten,  leider  lum  großen  Teil 
bieher  ohne  Erfolg,  erholjen  haben:  Ver- 
mehrung der  geographischen  l  uterrichts- 
itunden,  Fortführung  des  geographischen 
Untenichtee  bia  in  die  obersten  Klassen 
aller  Lehnmatnlten,  Tolkttndige  Tren- 
nong  des  geographischen  vom  geschicht- 
lichen Unterricht  und  Übertragung  des 
erstereu  au  wirkliche  geographische  Fach- 
Lehrer.  B.  Langenbeek. 

Ptttx,  Wilhelm.    Lehrbuch  der  ver- 
gleichenden Erdbeschreibung 
fOx  die  oberen  Klaesen  höherer  Lehr- 
anstalten und  zum  Selbstunterricht. 
1».    verbesfl.    Aufl.,    bearbeitet  von 
Ludwig  Neumauu.  392  S.  Freiburg 
i.  B.,  Herder  1906.  UK  8.—. 
Ee  wird  nicht  viele  Lehrbfieher  geben, 
die  wie  vorliegendes  ein  fünfzigjilhriges 
Jubilftwn  feiern  können  —  und  es  ist 
gut  io!  Denn  waa  haben  nne  die  leisten 
60  Jahre  fttr  Umwandlungen  in  der  Auf- 
fa-^'-nnir  wissenschaftlicher  (Jeographie  wie 
im  methodischen  Betriebe  gebracht  I  Die 


»rechungen. 

Fortschritte  sind  so  gewaltig  und  tief- 
greifend, dafi  ihnen  ein  Lehrbuch  nicht 
dnreh  kleine  Anderangen  folgen  kann; 
es  müfite  denn  seine  gnnze  Grundlage, 
sein  Wesen  aufgeben.  „Pütz"  ist  aber 
der  Alte  geblieben,  wenn  ihn  auch  jetat 
ein  modemer  aksdeouaeher  Terlteter  der 
Geographie  in  Pflege  genommen  hat.  Es 
ist  das  alte  Rezept:  Lexikonwisaen .  nel 
Namen,  hübsch  systematisch  aufgetischt, 
die  hergebrachte  Disposition  fSr  jedes 
Land:  Lage,  GhrOBe,  horiaontale  und  rerti- 
kale  Gliederung,  politische  Einteilung  (bis 
herab  auf  sämtliche  87  französische 
Departement«)  usw.  Kurz,  dieser  Luhr- 
atoff  fttr  die  „Obeisliifo^  bringt  Erweite- 
rung des  Gedächtnisballastes,  aber  keine 
Vertiefung,  keinen  Denkstoff.  Es  sind 
nur  wenige  Oasen,  z.  B.  bei  der  Betrach- 
tung Europas,  wo  Twmieht  wird,  irgend 
ein  geographisches  Problem,  eine  wert- 
volle (Jed  an  kenkette  dem  reiferen  Schüler 
nahezubringen.  Diu  moderne  Schule  aber 
ringt  nach  Befreiung  von  nnniitaem  Oe- 
dächtniskrum  ;  sie  hungert  nach  kräftiger 
Kost,  nach  wertvoller  Gedankenarbeit  für 
unsere  Jünglinge  I  Darum  wollen  wir 
nicht  mu  Fietit  alte,  glückUdi  «bec^ 
wundene  Ldixmethoden  beibehalten,  aon- 
dem  lieber  von  Grund  aus  neu  aufbauen. 
Das  ist  der  einzige  Rat,  den  wir  dem 
Benibeiter  der  18.  Auflage  dea  ▼orllegen- 
deh  Bnehee  geben  kOnnen.  P.  Wagner. 

Meberdingg  Schulgeographie.  Bearb. 
▼mi  Wilh.  Richter.  M.AttiL  «71 8. 

Paderborn,  F.SchOningh  1906.  i  .36. 
Wenn  ein  Buch  wie  das  vorliegende 
durch  das  Erscheinen  l  iniT  24.  Autlage 
seine  LebensHlhigkeit  beweist  und  uns 
>einen  BfickeehlnB  auf  den  gegenwärtigen 
T^uterrichtsbetrieb  gestattet,  so  muß  una 
das  mit  tiefem  Bedauern  erfüllen.  Allee, 
was  die  moderne  Methodik  als  wüniichens- 
wert  hinstellt:  Anigang  von  der  Heimat, 
Entwicklung  der  geographischen  Grund- 
begriffe an  konkreten  Landschaftsbildern, 
Vertiefung  des  Lagebegriffs,  Beziehungen 
swiflohen  Boden  und  Mensch,  knra  adle 
kausale  Verknflpfong  fehlt  vOUig.  Dn 
wird  der  Sextaner  zuniVchst  auf  dem 
ganzen  Erdbälle  herumgejagt,  lernt  die 
technischen  Anadrficke  (denn  C^ewinnong 
von  „Begriffen"  kann  man  so  etwas  nicht 
nennen)  in  einer  abstrakten  Einleitung. 
Daun  wird  Mitteleuropa  im  Skelett,  d.  h. 


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Bfloherbetpreehungen. 


179 


in  trockenster  Namenanfz&hluDg  behan- 
delt; in  derselben  Weise  folgt  das  Übrige. 
Uad  wtDB  dem  8elifil«r  «of  d«r  ünter- 
lAnh  dM  Fach  noch  nicht  ganz  verekelt 
ist,  wenn  er  vielleicht  auf  der  Oberstufe 
das  nötige  ,^leiBch''  zu  ündon  hofft  — 
yagtkeaB.  Ntmen,  politisoihe  OHedenm- 
geu  bia  ina  Binzeine,  philologische  Er- 
idäruDgen  —  es  gehört  ein  guter  Magen 
daxu,  solch  trockene  Nahrung  zu  ver- 
danml  Wenn  wir  Geograph«n  hente 
nelir  denn  je  um  eine  höhere  Würdigung 
■unseres  Faches  im  Lehrplane  kämpfen, 
dann  wird  es  Zeit,  daß  wir  solchen  Geo- 
graphiebetrieb energisch  von  unsem  Rock- 
•difiBMi  sehUtteln.  Denn  er  ut  nicht 
vnt,  ilaß  man  damit  kostbare  Schulzeit 
vergeudetl  P.  Wagner. 

fleimatknnden  sor  Ergänzung  der 
Schnlgeogrsphie  von  £.  v.Seyd- 

litz. 

F.  Regel.  Landeskonde  von  Thü- 
ringen. 3.  Aufl.  66  8.  87  Abb. 

(t.  H»'rtel.  Landeskunde  der  Pro- 
vinz Sachsen  u.  des  Herzogtums 
Anhalt.  3.  völlig  umgearC.  Aufl.  von 
A.  MertODi.  M  8.  65  Abb. 

Breslau,  Birth  1904.  Je  JC 
Der  traditionellen  Anlage  der  ganzen 
Sammlung  entsprechend  bieten  die  beiden 
Torliegenden  Blodebon  Tiderlei,  das  mit 
darSrdkunde  nur  in  sehr  losom  Zusammen- 
hange steht,  statistisches  Material,  Denk- 
würdigkeiten ,  Sehenswürdigkeiten  usw. 
An  ndi  mag  es  ja  etwas  tfb  sieb  haben, 
dem  Schfiler  in  seinem  Leitfaden  auch 
♦•inp  \it  XachHchhigi'buch  über  die  Ver- 
hiÜtnisse  seiner  Ueimatprovinz  zu  geben. 
Leider  besteht  dabei  nur  die  Oefohr,  daß 
dann  gewisse  eifrige  Lehrkräfte  in  dem 
Anf;;pl>PT  und  Abfragen  solchen  Notizeii- 
krams  ein  Hauptziel  ihres  Unterrichts  er- 
blicken. Gewisse  Grenzen  sollten  aber 
dami  doch  iniiegehalten  werden.  DaA  ein 
Ort  ein  Gymnasium .  i  in  Amt.<^gericht, 
meinetwegen  ein  ZuclithauH  besitzt,  mag 
ja  noch  in  eine  Landeskunde  im  weite-  j 
«iMi  Sinne  hineiogebSren,  die  Geburt  dea  | 
Dichters  Bomemann  im  Jahre  1767  aber 
doch  wirklich  nicht  mehr.  Dagegen  halte 
ich  es  andereraeita  für  geographisch  be- 
dctttMtti,  daA  Wittenbevg  mid  Torgau  bis 
vor  wenden  Jahr/ehnton  als  Festongen 
den  Elbstrom  beherrschten,  und  vormisae 
die  Erwähnung  dieser  Tatsache. 


Was  nun  die  eigentlich  landeskundliche 
Darstellung  anlaugt,  so  hat  F.  Regel  die 
•obwierige  Aufgabe,  auf  Ueioem  Baun 
eine  anschauliche,  abgerundete  und  bei 
aller  Faßlichkeit  doch  wisHenschaftliche 
Darstellung  zu  geben,  vortrefflich  gelöst. 
Ob  ea  nur  nicht  mSglicb  geweeen  ^rtie, 
im  speaiellen  Teil  den  leidigen  Depeaehen- 
stU  ganz  zu  beseitigen? 

Die  Darstellung  von  Mertens  unter- 
scheidet sieh  aebr  m  ibxem  Vorteil  von 
der  der  erstm  AnfUigen.  Vor  allem  tritt 
sogleich  die  geographische  AuffuHsnng 
darin  zutage,  daß  das  künstliche  Gebilde 
der  Provinz  Sachsen  in  natürliche  Land- 
schaften lerlegt  ist  Der  Ver&iser  ist  sicht- 
lich betrebt  gewesen,  ein  anschuuHohes 
Bild  der  einzelnen  Landschaften  zu  lirfer», 
hinsichtlich  des  Gebirgslandes  ist  ihm 
diea  aber  allevdinga  meiner  Ansiebt  naeh 
nicht  völlig  gelungen;  ich  vermisse  da  die 
recht«  Klarheit.  Dit  Vorsuch,  di**  Dar- 
stellung geologisch  zu  vertiefen,  muß  lei- 
der eis  miftlnngen  beaeiehnet  werden,  da 
offenbar  ganz  veraltete  Quellen  benutet 
sind  So  sind  beispielsweise  die  Schichten 
der  Trias  keineswegs,  wie  der  Verfasser 
meint,  in  der  Moide  swiaoben  "Hm  nnd 
Thüringer  Wald  abgelagert,  denn  zur  Zeit 
ihrer  Ablagerung  bestanden  diese  Gebirge 
noch  gar  nicht.  L.  Henkel. 

Pfaff ,  H.  Landeskunde  des  Orofi- 
herzogtums  Hessen.  3.  Aufl.  36  S. 
14  Abi..   Breslau,  Hirt  190r,.   JC  —.60. 

Die  kleine,  für  den  Schalgebrauch  be- 
stimmte Landeakimde  Hegt  nunmehr  aehon 
in  dritter  Auflage  vor,  was  ihre  Beliebt- 
heit beweisen  dürfte.  Zur  Vergleichung 
konnte  nur  die  erste  Auflage  bcächafft 
und  festgestellt  werden,  daß  der  Ab- 
schnitt Aber  Bodenbescbaffenheit  nen  ein- 
gefügt, der  über  das  Klima  wesentlich 
gekürzt  und  der  geschichtliche  Abriß  er- 
weitert wurde.  Sonst  ist  sich  die  Landes- 
konde nach  Lage  nnd  Inbalt  im  gtofien 
und  ganzen  gleich  geblieben;  wesentlich 
besser  geworden  ist  dagegen  der  Druck, 
der  jetzt  allen  Ansprüchen  genügen  dürfte; 
der  Bilderaobaog  iat  um  swei  vermehrt,  ein 
Bild  iat  doroh  eui  grOfieres  ersatat.  Q  r  e  im. 

UlkrZf  Christian.    Berg  und  Tal  der 
Heimat.  Geologisch -geographiache 

Wanderungen  in  der  Amtshauptmann- 
schaft Lübau.  70  8.  Löbau  L  S., 
Walde  1906. 


180 


Bflehe^betpreehiingeii. 


Da«  Heftchen  will  zeigen,  wie  man 
ftof  einigen  Aasifigen  in  der  Heimit 

nicht  nur  die  Kenntnis  einer  eng  be- 
f^enzten  Landschaft,  sondern  anch  die 
Grandlehxeu  der  allgemeinen  Geologie 
vennitteln  kann.  Der  Verfaaeer  Tedmflpft 
die  in  den  Erläuterungen  der  geologisclien 
Spezialkarte  gegebenen  Tatsachen  und 
die  petrogenetischen  und  tektouischen 
Theorien  zu  einem  ganz  antpreohenden, 
leicht  verständlichen  Gesamtbilde.  Ver^ 
altet  ist  diu  Erklärung  der  Kaolin-  imd 
Zeoli  thbilduug  al«  einfacher  YerwitterongB- 
Torg:ünge,  falsch  die  AnfSusong  der  Ora- 
iiitbaiikung  als  primärer  Absonderung, 
tlun  li  ilie  der  Verfasser  sich  übrigens 
selbst  widerspricht  (vergL  S.  lä  und  IUI). 
Die  BeMiehnnng  der  Lansitser  Tller  all 
Wannen  entspricht  nicht  der  jetzt  gc- 
blÄnchlioheu  Ditinition  einer  „Wanne". 
Dei  Verfasserb  Zweiiel,  ob  die  Erosion 
mit  der  Gebixgsfaltung  Schritt  halten 
kOnne,  teilen  wir  nidit;  wohl  aber  er- 
scheint uns  die  Darstellung  von  der  Ent- 
Btohuug  des  varisciiichen  Gebirgszuges 
(die  langen  Firstspalteu  usw.)  wenig 
stichhaltig.  P.  Wagner. 

Jenimer^  11.  Kätsei  aus  Erd-  und 
Himmelsknnde.  Neuel'ulge.  kl.»*'. 
71  S.   Berlin,  Oehmigkes  Verlag  (B. 

Appelius)  1906.  JC  1. — . 
Der  früher  erschienenen  kleineren 
Gruppe  seiner  geographischen  liütsel  läßt 
der  y«rfiuser  hier  eine  größere  folgen, 
170  an  der  Zahl.  Sie  omd  gaaa  wie  jene 
in  hübsclie  kurze  lieimversc  gefaßt  und 
beziehen  sich  wieder  zumciiit  auf  lünder- 
kondliohe  Dinge:  SiAdte  und  Lftnder, 
Berge,  Flusse  und  Seen  oder  Landeser- 
zeugnisse,  berüljuite  Denkmäler  und  dp;l. 
Dazu  gesellen  sich  Naturvorgänge  wie 
die  Himmelsftrbung  bei  Sonnenanf-  und 
-Untergang,  die  Gezeitenflut,  Sandhose, 
^^';l^serl;lll  und  niaiichtMlt  i  aus  der  Him- 
melskunde: die  Jupitermuude,  die  Mars- 
kanäle, Meteore,  Zodiakallicht,  Licbter- 
soheinungen  bei  Sonnenfinsternis  auf  dem 
Mond  und  auf  der  Erdoberflilche.  wenn 
man  sie  bei  irdischer  Sonnenhnsternis  vom 
Mond  aus  betrachtet.  Stets  wird  zur 
LOsnng  der  Rätsel  ein  erUecUieher  Yor- 
xat  von  Kenntni9!;cn  aus  den  cinschlilgigen 
\Vissen8zwci}T''n  erfordert,  es  wird  die 
Kombination  augeregt,  das  rasche  Um- 
springen mit  dem  dem  Batenden  snr  Ver- 


fügung stehenden  Kenntniascbatz  geübt. 
Wo  idiwierigere  Dünge  in  fkage  kommen, 
wie  bei  den  erwähnten  Verfinsterungen, 
da  hat  der  Verfasser  gelegentlich  der 
Rätoellusungen  im  Anhang  durch  knappe 
Erlänternngen  dem  Leeer  nadigeliolfoa. 
Manche  dieser  Rätsel  dOxIleB  dem  Lehrer 
zur  Wfince  des  Unterrichts  willkommen 
sein.  Kirchboff. 

Wollemanuy  A.  Bedeutung  und  Aus- 
sprache der  wichtigsten  schul- 
geographischeu  I^amen.     ti»  S. 
Brannschweig,  Seboli  1905.  «4C 1.—. 
Der    Verf.    gibt    in  alphabetiseher 
Reihenfolge  eine  kurze  I>eutuurr  geogra- 
phischer Namen  erst  der  europäischen 
Länder,  dann  der  aufierenropäischen  Erd- 
teile, zuletzt  noch  eine  solche  von  Kunst- 
ausdrücken  ans  der  allgemeinen  Erd- 
kunde. 

Der  Lehrer  mag  ja  aus  diesen  Listen 
manches  ff&r  iim  Brauohbace  entnehmen. 

Aber  gewiß  wäre  es  nutzloses  übenoafi^ 
dem  Schüler  jeden  im  erdkimdlichen 
Unterricht  vorkommenden  Namen  seiner 
nnprflngficben  Bedeutung  nach  erklären 
zu  wollen,  vollends  wenn  (wie  so  oft) 
seine  Etymolorric  zweifelhaft  erscheint. 
Was  hätte  der  Schüler  z.  B.  davon,  wenn 
man  ihm  zum  Namen  Tangaigika  die 
hier  (8.  66)  gegebene  Übersetzung  „Zu- 
sammenkunft ('der  GewSsserV  einprägte, 
selbst  wenn  sie  zuverlässig  wärev  Für 
den  Floftnamen  E^r  soll  (nach  8.  11) 
der  Lehrer  wählen  zwischen  den  beiden 
Deutungen  „schrecklicher  Fluß"  oder 
„Salmflufi'*;  besser  doch,  er  wählt  keine 
Ton  beiden.  Fflr  Dessau  bringt  der  Verf. 
ebenda  zwei  etymologisch  unhaltbare 
Deutiirifren:  „Durchrauschte  Au"  und 
„Insel  am  Wasserfall".  Für  Bodensee 
Stent  er  der  allein  richtigen  ErkUron^ 
des  Namens  nach  der  alten  Merowinger- 
pfalz  „zo  den  bodemen"  die  ganz  unmög- 
liche zur  Seite,  nach  der  „Boden"  See 
heißen  soll  (S.  10).  In  etymologische 
Analyse  der  Namen  läßt  sich  der  Veif. 
allzu  wrni^  ein  Dasteht  S.  10)  einfach: 
„Bayern,  Wahrer  des  Bojerlandes".  In- 
dessen, wollte  man  dem  Schüler  wirklich 
solche  Gelehxsamkeit  flberlietenf  eo  ge- 
hörte doch  zur  besseren  Verdaulichkeit 
der  Hinweis  dazu,  iliiß  die  Bayern  einst 
in  Büluueu,  dem  alten  Bojol^mum  ^nach 
male  gekflzit:  B^jaa),  safien  nnd  daii»eh 


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Neue  Bücher  und  Karten. 


181 


»nch  norh   nach  iliretn  Eindrinpen  ins 
Donaulacd    Bajuwarii    genannt  wurden. 
Gildhöpig  (S.  -11)  sollte  gleichfalls  nicht  | 
Mekt  Ott  ^Obeupitee  m  Galde^  »b- 
gltlD,  sondern  analysiert  nein  in  Gald- 1 
hO-pig  (Höhenspitz  oder  Pik  über  dem 
Senaetbof  Gald  oder  (jalde;  dann  ergibt . 
deh  todi  die  riehtige  AnaepcMhe  gfU-hm 
pig  fast  von  selbst,  wfthrond  sonst  der' 
Deutsche  sinnlos  galdbopig  anssprecben 
vird).    Desgleichen    empüeblt   es    sich  i 
dudttvi,  M  ffimal^ja  (S.  46)  die  sprach- 1 
liebe  Herleitung  nicht  zvl  unterdrücken: 
btma  Schnee,  nlaja  Wohnung;  der  Latein 
lerueude  tichüler  wird  dabei  au  hiems 
•mmeci  tmd  anf  die  Eontraktion  der 
bdden  a  zu  X  anfinerkfam  gemacht,  was 
ifal  TOT  der  bei  uns  po  w*»it  verbreiteten 
ftbehen  Aussprache  kimälaja  statt  himä- 
I^ft  warnt. 

Die  Ausfptaehe  gibt  aim  unser  Verf. 
iwar  häufig  an,  aber  nicht  zur  Genüge 
ud  nicht  immer  richtig.  Beim  eben  er- 
«Umim  Hlmaliga  i.  B.  tvird  »war  das 
ente  a  durch  Fettdnu^  als  betont  be- 
wichnet,  nicht  aber  vermerkt,  oh  lanj^ 
oder  kurz  zu  sprechen.  Gern  würde  man 
(S.  18}  neben  Sueät  die  zweifelhafte  Deu- 
tiiBg  ^dsita*^  missen,  dagegen  fehlt  die 

Jti  nötipo  Angabe  der  Aussprache  söst. 
geradeso  wie  (S.  10)  bei  Chiemsee  kimi. 
Eine  Stadt  iSingapure  ^S.  öu)  gibt  es  gar 
neht;  md  Siagapcne  wird  sfi^^por  an»- 
gesprochen.  Statt  Cotop^i  (S.  69)  muß 
es  Cotopazi  heißen  (wird  sa<Ä  mit  z  ge- 


s])rochenV  Für  Montreal,  Qnehcc,  Riilti- 
more  fehlen  die  Angaben  moutridl,  kue- 
bäk,  böltimor.  Irrtümlich  meint  fireilioli 
der  Vertf  bei  eDglisehM  wie  fraatOeisohen 
Namen  wisse  man  ja  die  Aussprache  von 
selbst.  Daß  der  höchste  Berg  der  briti- 
schen Inseln  b^n  n^wis  heißt,  wii«aen 
selbst  die  Englftnder  nidit  alle.  Nipon 
ist  nicht  aus  chinesisch  ji-pen  TOa  dmi 
Japanern  entstellt  (S.  46),  sondern  dieses 
aus  jenem  durch  die  Chinesen.  Limau 
(S  29)  kommt  nicht  von  Hmen  (HafeiiX 
sondern  von  limne  (See).  Gaurisankar 
(S.  4.5)  muß  nun  ganz  uns  der  Schulgeo- 
graphie verschwinden,  da  wir  nun  wissen, 
dafi  das  gar  nioht  der  Ifoont  EveNst  ist. 

Kirobhoff. 

Hoeh)  Fr.    Der  Gletscher.  Farbige 
Original-Litliogiapbie.  OxOSe  100:70 

cm.  Leipzig,  Teubner  19üö.  JC 
l)as  künstlerisch  fein  ausgeführte  Bild 
wird  auch  für  den  Unterricht  gute  Dienste 
leisten  kOnnen,  da  es  dnrehaos  fttr  den 
Blick  aus  der  Feme  berechnet  ist.  Es 
Htcllt  den  ra«tr'r7enir1»'t«plKT  mit  dem 
Großglockner  im  Hintergründe  dar  und 
gewährt  einen  vortrefflichen  Einblick  in 
die  Hochalpen  welt.  Besonder«  klar  treten 
die  Spaltenbildung  am  nietscher,  nowie 
die  Bildung  der  Stirnmoräneu  hervor. 
In  dem  gleichen  Verlag  und  von  dem- 
selben KflnsUer  ist  sehen  Mber  ein  BUd 
„Morgen  im  Hochgebirge"  erschienen. 

R.  Langenbeck. 


Neae  Bttclier  mid  Karten. 


AllKenielnpR. 
Aakitong  zu   wiss.  Beob.   auf  Heisen. 
Hrsg.  von  Q.  v.  Neumayer.    3.  Aufl. 
laet  7/8. 

Meyers  Geographischer  Hand  -  Atlas. 
3.  Aull.  Lief  2'J — 40:  NameuregiBter  zur 
Ausg.  B.   Leipzig  u.  Wien,  Bibl.  Inst. 

\m. 

Batzel,  Friedrich  f  Glücksinseln  und 
Träume  Gesammelte  Aufsätze  aus  den 
GreiuUten.  VIII  u.  615  S.  l  Bildnis 
Batsdi.  Leipzig,  Qnmow  1906.  JL  8.60. 
^>l|t«Mlae  f  lir*ts«h«  6s*sni»U«. 

de  MoDtessns  dp  Hallore,  F.  Lcs 
TreabUmeats  de  Terre.  Geographie 


s^ismologique.  V  u.  476  S.  89  K.  u. 
Fig.  im  Text,  3  K.  auf  Taf.  Paris, 
Colin  1Ü06.    Fr.  12.—. 

Karopa. 

Philippson,  A.  Europa.  2  Aufl.  XII  u. 
761  S.  144  Abb.  u.  K.  im  Text,  14  K. 
a  tt  Taf.  in  Holssohnitt,  Ätxnng  n. 
Farbendxnek.  Leipaig,  Bibl.  Inst  1906. 

17.  —  . 

Thoroddseu,  Th.  Island.  Grundriß  der 
Geographie  nnd  Oeologie.  t.  (Erg.-H. 
Nr.  162  zu  „Peterraanns  Mitt.")  161  S. 
Textfig.  n.  1  K.  Gotha,  J.  Perthea  1906. 
JL  10.—. 


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182 


Neu«  Bfleh«r  und  Karten. 


So  mm  er  f  £.  Die  wirkliche  Temperatnr- 
TcrtoQnag  in  Hitkel-Ean^  (Fondi. 
%.  d.  LandM-  u.  Volk^kde.  XVI.  2.) 
85  S.  6  E.  Stattgart,  £iigelhoni  1906. 
JU  6.—. 

HMte,  B.  DoniMhe  Grenspolitik.  (Deut- 
sche Politik.  I.  8.)  VI  u.  181  8.  IfBii- 
chen,  Lehmann  1906.  3.—. 

Ottseil.  Der  Krui»  Toudem.  Bilder  aus 
d«r  Erdkunde  und  Qeeehiehte  dee  bei- 
■68.  Viri  u.  232  8.  1  Te£  Töndeni, 
Mfttthiesen  l'.tOß. 

Wüsteuhagen,  Uch.  Beiträge  zur 
Siedelniigskimde  des  Otttuunet.  (Dies.) 
69  S.  ]£dle,  Baehdr.  d.  WaisenluuiieB 

1905. 

Hessische  Landen-  und  Volkskunde. 
Du  ehemalige  Knriieesen  und  du 
Hinterland  am  Ausgang  de»  19.  Jahr- 
hunderts. In  Verb.  m.  d.  Ver.  f.  Krdkde. 
SU  Kassel  u.  zahlr.  Mitarb.  hrsg.  von 
C.Hefller.  Bd.I.  HeieiieheLsndei- 
kunde.  I.  Hälfte.  XI  n.  681  S.  8  K., 
1  'J'itelb.  w.  zahhr.  Abb.  Merborg,  Elwert 

1906.    JL  ö.— . 

Afrik«. 

Seidel,  A.  Deutsch -Kamerun.  Wie  es 
ist  und  wm  et  veiQ>richt.  Hiitori«di, 

geographisch,  politisch,  wirtschaftlich 
dargestellt.  XVf  u.  367  S.  Textabb., 
y  Taf.,  1  K.  Berlin,  Meidinger  1906. 
JL  4.—. 

X«ri>  WUelaaerlka. 

Sapper,  Carl,  über  Gebirgabau  und 
Boden  dee  sttdlicben  MitteUmeiik». 


(Erg.-H.  Nr.  151  zu  „P.  M.")  IV  n. 
82  S.  8K.  Gotha, J.Perthes  1905.  JL^.—. 


|StflbeI,  Alphons  f.  Die  Yalkanberge 
von  Colombia.  Oeol.-topogr.  aufgen.  u. 
beschrieben,  erg.  u.  hrsg.  v.  Theodor 
Wolf.  4*  ym  IL  164  8.  8  K.  «.  W 
Bilder  auf  87  Teil  Dreeden,  Beenedi 

1906.    JC  20.—. 
T.  Vacano,  Max  Jos.   Buntes  Allerlei 
ene  Azgentinieo.  Stceiflichter  anf  ein 

Znkunft«Iand.  209  S.  86  Abb.  u.  1  K. 
Berlin,  D.  Reimer  1905    JC  10.—. 
Kor4>PoUrg«|(ea4lea. 

Meeking,  L.  Die  Eietnll  aus  dem  Be- 

reiöli  der  BafBn-Bai  beherrscht  von 
Strom  und  Wetter.  fVeröfiF.  d.  Inst.  f. 
Meereskde.  u.  d.  Üeogr.  Inst.  a.  d.  Uni- 
▼en.  Bedia.  Heft  7.  Jaa.  19M.)  «. 
13..  8.  8  Abb.,  9  Tk£  Bedin,  Mittler 
k  Sohn  1906.    JC  6.—. 

Tereine  and  TerMMialaafCB. 

Verhandlungen  des  16.  deutschen 
Oeograpbentages  au  Daniig  am 

13.,  14.  u.  16.  Juni  1905.  Hrsg.  v.  Q. 
Kollm.  LXXIH  u.  207  S.  8  Taf.  u. 
8  Textabb.    Berlin,  D.  ßeimer  1905. 

PerHÖnlicheii. 

Wolf,  £.  Wissmann,  Deutschlands  grüfi» 
ter  AfHkaner.  GedAehtniazede.   84  8. 

Leipzig,  Grunow  (o.  J.).    X  — .60. 
Wahnschaffp,  Felix.  Gedächtnisrede 
auf  Ferdinand  Freihenn  von  Richt- 
hofen, gehalten  in  der  Sitsung  der 
Deutschen  geologischen  GescUsdiaft 
1.  Nov.  1906.  18  S.  1  Bildnia. 


Zettflehrlftenseliaii. 


Fetermannt MitUilungm.  1906.  I.Heft. 
Hoek  u.  Steinmann:  Eil&atexQng  rar 

Routenkarte  der  Expedition  Steimnaan  in 
die  bolivianischen  .\iiden  1908/04.  — 
Is a  I  h  ^  (<  n :  Das  palüokrystiache  Eis.  — 
Supuii:  Die  Erforschung  der  höheren 
Lnflnehiehten  Aber  dem  atlantischen  Osean. 
—  H  am  mer;  Landesanfiiahme  und  Karto- 
graphie. 

Globus.  89.  Bd.  Nr.  8.  Goldstein: 
Die  MenedtenopÜBr  im  Liebte  der  Politik 

und  der  Ptaatswissenschaften.  -  Der 
Anti|iassat.  -  Voll  and:  Bilder  aus  Ar- 
meuieu  und  Kurdistau.  —  Karutz:  Von 


Buddhas  heiliget  Fußspur.  —  Die  Namen 
EliaB,  Odenwald  nnd  Hart. 

T)<tss.  Nr.  4.  Qents:  Die  Burenein- 
wanderung nach  uuBem  deutschen  Kolo- 
nien. —  Vilattes  Forschungen  in  der 
Sahara.  —  Mehlia:  Eine  neolithiacbe 

Ansiedlung  in  der  Pfalz.  —  Friederici: 
Über  eine  als  Conrad »•  gedeutete  Wieder* 
geburtszeremonie  bei  den  Tupi. 

Dqss.  Nr.  6.  Klose:  Musik,  Tanz  und 
Spiel  in  Togo.  —  Friederici:  Zur  Yer» 
Wendung  TOn  Kamelen  in  Deutsch-Süd- 
westafrika. —  Singer:  Der  Stand  der 
geographischen  Erforschung  der  deutschen 


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ZeitsehriftenseliftQ. 


183 


Schntz^ebiote.  —  WixteduifUichei  ms 
Abeasimea. 

1km,  Nr.  S.  Kfiehler;  Bin«  Bealei- 

gung  der  Hekla.  —  Andree:  Mythologi- 
•eher  Zasamtnenhang  zwischen  der  Alten 
und  Neaen  Weit.  —  PrähiBtorischer  Berg- 
Uq  bd  BiMlkofthofen.  —  Halbfaß:  Die 
JEaaten**  }m  Sontra.  —  Biehringez: 
Die  SajT«'  von  Hero  und  Leauder. 

Ueutsdu  Jiunäschau  für  Geographie 
und  Staiittäe.  28.  Jhrg.  5.  Heft.  Krebs: 
8titiitik  der  SehiHbrerlnate  mit  Besog 
•uf  die  natürlichen  ürsacben.  —  Soko- 
lowsky:  Yölkertypen  aus  dem  Osthom 
Afrika«.  —  FredericoB:  Die  Quebracho- 
WiJdimgeii  in  Aigentinieo.  —  Ol  in  da; 
London  in  der  Gegenwart.  —  Man- 
ko w  s  k  i :  Dünen w&lder  auf  der  Ualbinsel 
Heia. 

MeUorolagitAeZMknft.  1906.  Nr.  IS. 

Leß;  Über  die  Wanderung  der  sommer- 
lichen Regengebiete  durch  Deutschland. 

—  Anderkö:  Über  den  vertikalen  üxa- 
«Ueaten  det  Lnfldraeb. 

I)a$s.  1906.  Nr.  1.  Woeikof:  Ver- 
hältnis der  Temperatur  der  untersten 
Lallscbicbt  zu  jener  der  oberen  Schichten 
im  Pesten  oad  Flftseigen.  —  Regenmenge 
pro  Tag  und  Stunde  in  NW- England.  — 
Bemerkungen  über  Kegendichtigkeit  und 
Regendauer.  —  Exner:  Das  optische 
Temögen  dar  Atmosphäre.  —  Götz:  Fort- 
•chreitende  Inderang  in  der  Bodendnrah- 
feuchtunjr  -  ?assenfeld:  Zur  Kenntnis 
der  täglichen  l'eriude  der  Temperatur  in 
der  untersten  Luftschicht. 

ZeiUckrift  für  SeM^eognipkie.  190«. 
4.  Hpft.  Oehlmann:  Die  Weichselfahrt 
des  Geotrraphentages  1905.  —  Rei.sebriefe 
•es  Ost-Asien.  —  Schoener:  Zur  Orta- 
ntmenknnde  Sehwedene.  —  Zur  Yermeh- 
ning  der  historisch-geograpbischen  Lebr- 
■tunden  in  der  dritten  Gymnasialklasse. 

Geographischer  Anzeiger.  1906.  1.  UefL 
Fischer:  Zur  Anegabe  der  EartenbUttter 
großen  Maßstabes  für  Schulzwecke.  — 
Cherubim:  Der  jüngste  Nachwiich.H  an 
Geographielehrem,  —  Byhan:  Die  Masai 
^  ibre  Sagen. 

Zeüschriß  der  Gesellschaft  für  Erd- 
kunde zu  Berlin.  VJOb.  Nr.  10.  Di  eis: 
Uber  die  Pflanzengeographie  von  Inner- 
CWa».  —  Fiteber:  Uber  den  Erdlcnnde- 
«nterricM  in   df-n  Vereinigten  Staaten. 

—  Brana:  Zur  Morphologie  des  Vol- 
terranu. 


ZeiUchrift  für  Kolonialpolitik,  -recht 
und -wirUchafi.  1906.  12.Heft.  y.  Engel- 
breehten:  Der  Krieg  in  DaolMh-Sfid- 
westafrika.  —  Gent%:  Madagaskar  von 
1896—1905.  —  Bolle:  Deutsche  Unter- 
nehmungslust über  See.  —  Hennings: 
Der  Baumwollkulturkampf.  —  Herzog: 
TelegrapbeuTerbindungen  innerhalb  Afri- 
kas und  mit  Afrika.  —  Lenz:  Die  deut- 
sche Schule  im  Auslände.  —  Bongard: 
Arbeiterverhältuisse  und  Besiedelungsver- 
■nehe  in  PortngieaiMsh-CMnfirikft. 

La  Geographie.  1906.  No.  1.  Gau- 
tii^r:  I)u  Touat  au  Niger.  —  Beule: 
Lemuricns  et  Lemurie.  —  Eudaux:  Ob- 
•enrations  phynqnes  effsetndee  an  eoinn 
de  Texpedition  antarctique  anglaise  de 
1902/04.  —  Schirmer:  Les  resultata 
g^graphiquea  de  la  Mission  Foureau- 
Lamy.  —  A  propoi  de  la  porition  gSo- 
graphique  d*El  Oued. 

A»»ales  de  Geographie.  1906.  No.  79, 
Janvier,  de  Montessus:  Les  tremble- 
ments  de  terre  et  les  ayst^ee  de  d^or^ 
mation  tätraedrique  de  IVcorce  terrestrc. 

—  Altoff:  Pcuples  et  langues  de  la 
HuPsie  1  K.).  —  Rouget:  Etüde  sur  la 
r<ii  tugraphie  de  l*Indo- Chine  ftan^aaie.  — 
Demangeon:  Le  Ealahari  d'apr^s  Pas- 
garge. —  Engeil:  La  i^gion  de  Jakoba- 
havn. 

The  GeographicalJoumal.  1906.  No.2. 
Workman:  First  Exploration  of  the  Höh 

Lumlia  and  Sosbon  OlacierB  (1  K.;.  — 
Murray  and  Pnllar:  Hathyinctrical  S)ir- 
vey  of  the  Fredhwater  Loch»  of  Scotlaud 
(1  K.).  —  Harerfield:  The  Ordonanoe 
Survey  Maps  from  the  Point  of  View  of 
the  .\ntiquitie9  of  them.  —  Tal  bot:  The 
Ale.\auder-(jiosling  Expedition  in  Northern 
Nigeria  1004/05  (1  K.).  —  Barrett  and 

Hu  ii  II t  M  11  in  (\'ntral  Asi;i.  —  Longi» 
tude  i  y  i  elegraph  round  tlie  World.  — 
Feuck:  Ciimatic  Features  of  tbe  Pleisto^ 
eene  lee  Age. 

The  Scottish  Geographical  Magazine. 
1906.  No.2.  Cnrrif:  The  Faeröe  Islands. 

—  Davis:  The  Sculpture  of  Mountains 
by  Olaeien.  —  The  Voyage  of  the  „Di»- 
covcry". 

Ymer.  1905.  4.  H.  tt.  Kjelhnark: 
Une  n^cropole  de  la  deruiere  p^riode  de 
räge  du  fet  prdi  d'As  en  Jemtland.  — 

Skottsberg:  Some  remarks  upon  the 
geographical  distnibution  of  Vegetation 
in  the  colder  Southern  Hemisphere.  — 


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184 


Z«ittelirifteiitehftii. 


Wittrock:  Lea  diff^rents  tjpes  de  cartes 
da  la  population. 

The  JVotiMMl  Ow^raphie  Mageuiitt. 

1906,  No.  1.  Greely:  (reographical  Ex- 
ploration, ÜH  Moral  and  Material  Aspects.  1 
—  (jifford:  The  Florida  Key». 

TheJoitmaiofOeografAy.  1906.  No.10. 
Semple:  Mountain  Poü]>1( -^^  in  Relation 
to  their  Soil.  —  (ioodtv  <  nmniercial 
Qeography  for  Secoudary  Öchoola.  -- 
Buediger;  Snggestioiw  for  fhe  Teaching 
of  Gteography  in  the  Upper  Grades.  — 
Hine:  The  Funktion  of  the  School  Ex- 
cunion. 

Ans  Temekledenea  Z«ll»ekrlfleB. 

Bauer:  Results  of  Magnetic  observations 
made  by  the  Coast  and  Geodetio  Sor- 
vflj  between  Jnly  1,  1904,  and  Jone  SO, 

l'JOn.  Coast  a.  Geotl.  S.  Terrestr.  Magnet. 
Äppt  tul  No.  3.  —  Rep.  f.  1905. 

Beschoruer:  Wesen  uud  Aufgaben  der 
hiaboriechAD  Geographie.  Hütor.VierUi' 
johrsschr.  1906.  1.  Hrft. 

Blink:  Oi)küiiist  der  Economischc  Geo- 
graphie eu  haar  heteekeuid  vour  Neder- 
land.  Vragen  van  den  Dag,  SU  Jmarg.y 
Aflev.  2,  1906. 

Fischer,  Th.  Momrco.  'übers,  a  d.  „0. 
Z."  1903.)  ümUhson,  Jitp.  /.  1904, 
p.  355—373.  (Nö.  1616.)  1905, 

Ooeldi:  Ob  Mosqaitofl  no  Pani  (144  Fig. 
6  Tiif  .  Memoricm  do  Musen  (roeUli 
(Muh.  Paraense)  de  Huior.  Nat.  e 
EÜmogr.  IV,  1905, 

Gulliver:    Naataekol   Schorlines.  IL 


(4  Fi^'.,  4  Taf.)   Bull.  Geol.  8oc.  Ämtr. 
Vol.  15.  iVoü.  1904. 
Gflniher:  Ferdinand  von  Richtholan  f. 

Nachruf.  Naturwiss.  Rundtdtam,  XX. 

Jahrg.,  1905,  Xr.  51  u.  53. 

Heim:  Das  Säntisgebirge.  Verh.  d. 
Sdiweix.  Naiurfortek.  Oa,  Liaem  1905. 

liirkOT:  Le  Lac  de  OhOd^jd.  Ren- 
seignements  prel^minaireB  morphomdtri- 
quee.  Ännuaire  de  l' Universitc  de  So- 
I)hia.  1.  1904—1905. 

Jacob  et  Flusin:  Irltude  aur  le  glacier 
noir  et  le  glacier  blanc  dans  le  massif 
de  Felroux  (7  Fig.  auf  8  Taf.,  2  K.). 
Ann.  d.  l  de»  Tomütu  Dvim- 
phine  Num.  30,  1905,  (Comm.  FVanf. 
(li-s  glaciers.  1905.) 

Müller,  Franz  Joh.  Ein  neuer  Netz- 
entwarf fSr  topographieche  Karten. 
SüddeuttOte  TeAmker-Zlg.  1905. 

M n  1 1  crm e i  H t  er :  Sonnenschein  wnA  Be- 
wölkung. (Das  Klima  von  Aachen.) 
Veröff.  d.  meteorol.  Obs.  Äadiett.  1906. 
(DeuUikeB  mOeorol.  Jahrb.  f.  Aadien, 
1904.) 

Polic:  Die  wdlkenbnichartigen  Regenfälle 
im  MaaH-,  Rhein-  uud  VVesergebiete  am 
17.  Jnni  1904.  Ebda. 

Preuß:  Aus  der  Stciu-  und  Eis-Region 
des  Nordens.  Himmel  und  Erde.  X  VUL 
4.  1906.  Jan. 

Regelmann, C:  Die  wiehttgeten  Struktur- 
linien  im  geologischen  Aufbau  Sfldwest- 
Dcut-jchlands.   Z.  d.  I).  Geol.  Grs.  lfH)5. 

Sapper:  Aztekische  Ortsnamen  in  Mittel- 
amerika.   2L  f.  EOutologie.  Bsß  6, 

im. 


V4nuatvrortlicb«r  H«nasg«b«r:  Prot  Dr.  Alfrsd  Hettosr  in  Uaid«lb«rg. 


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Villi  «Ilmiis. 

KTaite  von  Marokko.  ^^^^^^HBMWIF  IT* 

'^V.  Etiler.    '  /kniial.    V..»  K.  W mf^mH  "  177 

^    Itzel.  II,    La  la Ulli  d.  V..n  F.  hrtiii|.c    .     .  177 

.  rneui  rel.  F    La  Gio(rra|.hie  «111118  rcnsflipni-mei.t  mnvcn.  Von  K.  Langoii  Imt)»-  177 
'  '.  \N.    I.ehrltucli  Jor  v.r^-lui.  IhuiIou  KrJli.  schreiliun^ir.    \n„  p.  Wii^^nfr 
■  rdings  Scliulgcoj/rnphiu.     \i,ti  «loms.      .     .     ,  . 
iieiiiiatknndon  xar  Er:f*nzuii?  dt-r  Sclinlp otraphi..  i,n  '\  NdlftV  V 

1..  Henkel  u.  <l.  Groim   *  I-9 

Marz,  Chr.    Rer^'  und  Tul  der  Hfimot.    Vou  I'.  W.i ^   ,  i  .  1 
Jenkner.  H.    RäiboI  nus  Erd-  und  Hiinmel«kiinUo.    Von  A.  Kirclil.oi.  \lu 
^'     '•Mi.Ri.n    A.    B.deutuiitf  und  Auvsi.rftchc  .lor  wicht.jfstfn  schulgeoBraplusdioii 

icn.     »011  d.;ni8     .  .     .     .  jj^,^ 

NVuü  Bflcher  xmd  Knrt«'n  

Zei  l  si^hrif  tenscha  >  I 

\vrhia  von  H.  <i.  Tciibnrr  in  Lcipzii:. 

^*'T!'n?;A'  ^'"^^'^^'^^  ^"  ''^T  I  niverflit^t  Cainbri.i^^..,   Kbl.,,  .»,..1   Klüt,  .owio  • 
wandte  Lrscheinuntreu  im  Sonnensynteni.    Autoiiiierte  .leut.rhe  AusgnJw 
'  M>t  einK'iu  KinlVibrun^rswort  von  Prof.  I)r 

'Yf.^*n''''l    .  .^.alitätBnit  ui.il  Direktor  dvr  .I.Mitsolum  See« 

i- ,  :f.un«U3  llhistrationen  im  Text  jXXIi  u  3M  S  [  «  i'io2  In  Lviinv.  «0!,  „ 

'  '  iinii  Iiiirjmt»l«;rI„l.o«.  ilir.-  Ce^rhiclitc  und  Konstru 

•'"•n  ir.r  bearl.eiti^t  v-,  ^ie-u.ur..|  (inntlicr.    Mit  y  Toxtl.uuivu 
KCu.  n.  ** 
u  Im   Th.,  IVolV-v-.,  ..II  .lor  l'nist-rsitat  Marbiuir,  Mittol 
'  ;    r.mrreu  y,i,r  Ktmdf  .Jer  Mittelmepririii(U.T.     VI  u.  1> - 
P  ,  :d  lA'inw.  gfli.  n.   V.  7  — 

'  l'niv»'isit:it  (;r:i7..  die  A  bbildun^'-lelir.'  und 

"^t...'r:ii»biH  und  (ip.Mliif.ii\    Mit  ö  Kijrmeri  iiu  Text 
lür  niiitiiem.  u.  nntnrw.  rutorrnlit     :!»•>    I.iIm  - 

II.  .«  J  .  — 

.  .-ha Uli. .•he  Gruii.lltigen  An  nüi  t  brwnatiscbL'u  iw  .ikuiiii, 
und  tut  linterBtiitziiii^r  dus   ("iitL-rriibts      M  t         l'i  nirf  ,,  :.. 
1  u   I  j-.'  >.|    ^^         1904.    In  l.einw.  jfcb.  u.  ./K  ;{ 
^c.hpV        V  .  T-  ,.r...  .  .,.  K^,!.  TwI^,,  Ilurhschub-  u».l  au,  K,, 

"                                 1  oid  un.l  H.'iiu- .\  bbi  Idin.  L'    M;t  |.; 'I', 
^ '  '  "  I                  'i     In  Loinw.  gel"  1; 
t*"pr  Tt-  ^  ,  V  '          '   ,.  ,  • 

■  '         '  im  ] .'.  .J  a  Ii  X  i.  un  ,: 

  !t.)  I  Iti  S.j   t-T  I 

....  II  und  Südcliilr 

"  /  -'i        '•     (l'I  S.|   irr.  KIM.'. 

..t,    il  1  '■    1.  f  d  jv  u  u  (I  I  •  II   iv  I  I 

■II       •;,'ra|.ihiHcbpt>   '  '  1  t'r    ■  i 

r.  Lud  WlL  lUttllU.  I'i 

vnn      <;  ,,.t  ,M  1     M,(  ■'  im  i^.. 

n    s7  ^  '  ,  - .  ( 


d  und 


Geographische  Lehrbehelfe 

aus  dem  Verlag  von  Ed.  Hölzel  in  Wien  IV/2,  Luisengasse  Nr.  5. 

Zur  Ansehattuii^  für  ScIiuU'ii  iMiipfoliIcii! 

Holzels  Schulwandkarte  von  Aiiatrnlien  und  Polyneflien,  Stiller  Oaean. 
Hi"  t  \imi  ge/oichuet  vuu  Dr.  Krau/.  Heitlerich.  Mollwoidcschi'  tiiichcii treue 

Tf'  , .  .. i.  ü  Malistull  1:1(K)UÜUOO.  6  lilatt  in  lofachcm  Karbcndnick.  Größe  der 
Karte  7.u«amnjeü}^'i'setxt  160  cm  Loch.  ll»2  cm  breit.  Treis  unaul'gespannt  lö  >!., 
auf  Leinwand  frc-piiunt  in  Mappe  24  M.,  auf  Leinwand  gCHpanut  mit  Stilben  28  M. 
Hölzela  Schulwandkarte  von  Aalen.  Folitiscbe  Ausgabe  bearbeitet  von 
I>r.  Franz  Hoidcriclr  ^Malistab  l:biiO()UUU.  6  IHatt  in  lnfachem  Farbenflnick. 
Größe  der  Karte  zusanmiengeHetzt  140  cm  hoch,  17fi  cm  breit,  Preis  unaufgeapaunt 
1*»  M..  auf  Leinwand  gespannt  in  Mapjte  20  M..  auf  Leinwand  ge^^pannt  mit  Stäben  22  M. 
HfllzelB  Schulwandkarte  von  Asien.  Physikalische  Ansgabe.  IL  Auflagt-, 
oninu'U  neu   bt-urbeitet   von  ranz  Heiiiericli     MaßHtab  1  :  8(>0()0(H>. 

<5  Blatt  in  10  fächern  Farbrudnick.  (rröße  der  Karte  zusammengesetzt  140  cm 
hoch,  175  cm  breit.  IVeis  uuaulgey.pannt  lö  M.,  auf  Leinwand  gespannt  in  Mnpjie 
20  M,,  auf  Leinwand  gespannt  mit  Stiilien  22  M,  —  Ee  .sind  die.'*  «lio  besten,  nach 
<U*m  neuesten,  wisaouschaftlichen  Material  bearbeiteten  Wamlkarteti  von  \»\rt\ 
und  Aimtralien.  .Sie  uebmeu  gegenwärtig  den  ersten  Hang  auf  diesem  Oebict  ein 
Hölzels  Verkehrskarte  von  ÖBterreieh-Ungarn  für  <len  allgemeinen  (Jebrauch, 
wie  auch  zum  I  nterricht  au  kojimierzielb^n  ijcliranstalten  bearb  von  Leopold 
K  II.  Am  lago.  Maü-tab  i  s.ioooo.  '.i  Hlatl,  i'r.  i^  t  IS.frOM..  auf 

Li  1  gespannt  in  .Maj)pe  •J.'^.riO  .M  .  aul  Leinwand  gt  j  .■,  ..  uiben  27.50  M. 

llaurdLs   Übersichtskarte    von   Europa  filr  den   Schulgebrauch   und  zum 
liuni.     Mali.-,t'äb  1  : 30O0OO0.     Hi  lUatt.     (Jrüßo  der  Karte  zut«ammen- 
12  cm  breit,  IHl  cm  hoch    l'naufgespaunt  Itt  M.,  auf  Leinwand  geHpannt 
n,  22,50  M.,  mit  Stäben  27  M. 

Hannitü  Übersichtskarte  der  ethnographiHclien  VerliMtnisse  von  Asien 
\i'  den   ~  '^^n   Teilen   Europas!  ■  ib  l:t«o0U00U.    G  Blatt  Tn 

'A*'  -.    i     1  Farlteii  .  ilie  der  Karte  zusamnn         t/t  I7ö  cm  breit,  HO  cm  b'i'  b 

l'reis  unaiifgespannt  2&  M.,  auf  Leinwand  gespannt  in  Mappe  HO  iL,  mit  Stäbei 
Hu.Trdls  Nordpolftrk:trte.  Malistal»  I  r.'iCOOOOü.  4  Bllitter  in  vielfachem  l  uri>oii- 
'  i'f  der  zuHauinn  '/.tcu  Kurte  172  cm  breit,  14H  cm  hoch.    Fn-is  in 

•I  l.T  M  .  auf  I.'  ;  in  .Majipc  Ii)  M.,  auf  Leinwand  mit  Stiiben  21  M 

H  iktu-te.    Maßstab  IrlOOooüoO.    In  4  Bluttom  mi  — 

Ii  iaiin  '  der  z;  Karte  172  em  breu,  i 

Ii  in  l'  ■     .      ;  ...  "^.:>o  M  ,  .,  n  Mui)pe  12  'o  ••• 

l>en  14  .50  M.  —  l>ie#©  Karton  wnrdeu  eowobl  auf  dem  \ 

III   .  ■■   .i  ..is  kart- 

]<>  \'erlmnd hingen  benutzt  und  haben 

II  PolltlbCilU                   o  illall.  .\1 

T~  ■  n'.    I  .1.  L L  i.-.  L  II,...  1 1                         •  '  2l'0  cm  i'i'  1  i,  !  "■'  '      '  ■ 

g.  M  .  nnt'  Leinwand                               1 1  öo  M  . 

Ol  Ansgabe.  >  Uiatt. 

;ii.  f  in  Mappe  l'J  "           mii         .li;  i. 

II  .arte  von  Pnl             Für  den  Uut         :  in  der  bibliscli' : 

rr  e  des  alten  und  neuen  Te»{anieiit(i.  Nach  den  ncuetiton  Publikationen  d< - 

d<  '             und    ■                       '                           '    '( .  —  •'  " 

M.  lurMli..  ..    .  -  ..  t'iltn, 

d<  (  181  cm  breit,  Ifit*.  cm  hoch. 

ai.  '         12  M.,                   UM.  Au.-.^aiu!  , 

Bi  .  ■-  -  ...irte  ZU--   i-l  cm  br' 

Vi  nt 'i.fiO  M.,  auf  Leinwand  gespannt  in            11  M., 

Dr.  Fv.  WO'  le  Ubi                                    n.    Mabsiab  i 

Mi'  ~                        ■   ''U.    «                                  ■  '  ' 

Vih  .  'le  10  \\  .  rmf 

—  Die  erat©  und  einzi;. 

Alpen.  Von  der  Fpi  '                         .■.  i.-^r.c;j?cti.iu..i.    i .  .iii-  icnii..-«  i,  .  i. 

einstimmig  als  Mei.   iit.  [ 

Ansffilirliche  Prospekte  stehen  auf  Wunsch  gratis  und  frRuko  zu  Diensten. 

Za  beziehen  dnrch  alle  Buchhandlnngen  sowie  durch  die  Vei  '^dlane 


GEOGRAPHISCHE  ZEITSCHRIFT. 


riKHACSGEr.EBEN 


VON 


Dr  alpred  hettner, 

I  HurE(*!<MK  I>KR  OKUURAl'Hie  AN  llKH  I  NIVKMSITAT  lIEIIIBI-nKItii. 


ZWnf.FTER  JAHRGANfJ.    VIERTES  HEFT. 


LEIPZIG, 


Inhalt  des  vierten  Heftes. 


Seit.- 

Wm    <l»'r   anatolLsfhen    Hiviera.     Von    Oberlehrer   Fritz    Hrauii  in 

Marienburg.    (Mit  A  Landschaftsbiltlern  auf  Taf.  3.) 
Kduard  Richter.    Von  Prof.  Dr.  Georg  A.  Lukas  in  Graz.    II.  Kdiinrd 

Uirhters  Lebenswerk,    {^i — 3.)                                   .    .  1'<:J 

Die  tiorgeographischen  Reiche  und  Regionen.  Von  Dr.  T  Ii.  A  i  i  dt  in  Radtlier;^'  212 

Dil!  ostafrikanischc  Südbahn.    Von  Dr.  E.  Pliilippi  in  Hcrlin            .  22H 

( JeojjTTHphische  Neuigkeiten : 

Allfremeines.    Das  Museiiin  fQr  Meereskunde  iu  Berlin    226 

Knropa.    Krgebuit  der  Vblkszfthlunif  im  DeutBclien  Reich   226 

AKiei).    Graf  v.  Lesdains  Rr^ise  durch  Itiuor- China  und  Tibot   227 

.\frikn.     Die   Go.iuDdheiUverh&ltniiMe   von   I>eutsch -Oatafrika.    —   <ieplante  He- 

fctcigunp  des  Rowenzori  durch  den  Uerzog  der  AbnizEcn   J27 

Sad«mi>riba,    Eisenbahnbau  in  Bolivien     .     j   229 

SQd-Polnrgegen den.  Neue  an^entiniBcho  Stationen  in  der  Antarktis  223 
Geographischer  Unterricht.    Geo^aphischu  Vorlesungen  im  S. -S.  10u6.  l. 

—  Qabilitation  an  der  Univenit&t  Berlin   22'J 

Vereine  und  Verüanimluugen.  XV.  internationaler  Ain<>rikaiiisten •  KoD(:roO  2ul 
ZoitKChrlften.    VerfifTentiichunfrun   der  Zentralkummiiision   fQr  wissenBcbaftlich«' 

LBn'ieskunde  Ton  Deutschland                                                  ...  2:il 

Persrinliclifs.    Kuttoror  t.  —  I'rof.  Friedrich     .               ...  2'M 

PUcherbesprechungen: 

Frech,  F.    Au*  der  Vonteit  der  Erde.   Von  A.  PhilippsoD   2:J1 

Witte,  Ii.    Wendische  BeTAlkernugsreste  in  Mecklenburg     Von  Zenimrich  2ol 

Domanpenn,  A.    i.a  Picarliu  et  les  r^g'ums  voisinM.    Von  F.  Ilnlm  2:V2 

Fischiir,  Th.    Mittflmeerbilder.    Von  A.  Philippsou. 

Koetscbet,  J.    Aus  Urisniens  Iptrter  TOrkenzeit.    Von  0,  .Schlui.  r. 

Xahmer,  E.  yod  der     Vom  Mittolmcur  zum  Pontus.    Von  W.  Rage  .  4 

Braudenbnrj^er,  Cl.  Bnssisch-nsiatischu Verkehrsproblcmo.  Von  M.  Fri edericbsen  2:U 

FulLs,  J.  C.  E.  Kin  Besuch  iu  den  Natronklnat^m  der  bketischou  \Vfl»te.  Von  F.  Ja e per  '  ' 

Schmidt,  M.    ludiauerstudicu  in  Zontralbrnsilion.    Vun  P.  K h ron  rc  i o  h  . 

Herbortson,  A.  J.    The  Junior  Geofcrnphy.    Von  R.  Lnufrenbeck  .^:{7 

Wünsche,  A.    Schiilgi'Ogrnphio  dos  Krinij;n!icli(<s  Sachsen.    Von  P,  W.itrii'  i  287 

N«'Ue  Bücher  und  TCnrtt  n     2:J7 

/'■ils.liriftfnsrhau                         .....                                   .     .  23« 


Küuftighin  werden  Veröffentlichungen  jeder  Art  (Hficher. 
l>i>iSfrtaiionen,  Progrummc,  Karten  u.  a.)  ausnahmslos  nur  dann  als 
erachieuen  erwähnt  werden  können,  wenn  sie  der  Geo^'raphisrhen 
Zeitschrift  eingeschickt  worden  sind. 


\ii*'^ä.tze  filr  die  Geographische  Zeitschrift  werden  nnt<  . 
lleni  rs  (Prof  Dr.  Alfred  Hettuer  in  Heidelberg,  Zi' 

»traüe  1'.';,  Ut-itrilge  zu  den  geographischen  Neuigkeiten  an  Dr  .iu^u.^t  Kilauu, 
Leipxif?.  Löhrstraße  lU,  -  ri  '  'i.  Aufaiitze  werden  mit  «50  Mk.  für  den  Druck- 
bo}.,'en  von  16  Seiten,  B<  zu  den  Neuigkeiten  mit  2  Mk.  für  die  Spalti- 


l'etit  honoriert;  daa  Honorar  der  Karten  und  Abbildungen  b).  v  Ver- 

0'  !   ■  '  '      1.1  ilteu.  Außerdem  werd>  t'      ■  TT, v,  -  f  r.  v,  i,  imd 

L  ,  von  Neuigkeiten  und  1  ich 

und  p(»rtüfrei,  eine  größere  Anzahl  auf  Wunsch  zu  den  i 

Bücher  und  Karten,  dorr;        i  -    ^   -  •  in  der  '  m  ,.^. ..j,;,,  , 


geminscht  wird,  sind  an  die  V-  g  B.  G.  Teubner,  1. 

Straße  3,  einzuschicken.    Lieferungawerke  können  im  allgemeinen  erst  uach  ihrem 
'    '       1    hen  werden. 


Die  Geographische  Zeitschrift  erscheint  jährlich  in  12  Monat 

bis  4  Drn  '         a  von  Ii)  .  iL.juLrin-Ji 

'    JC.    Alle  Bu.  i..alungen  uu>.        a  . 


Druck  imd  Verlai;  von  M.  G.  Toulnier  iu  Leipzig,  l*o«tstr.  -i. 


T»  der  uattUflchoi  Bivien. 

Ton  Mte  Bnma. 
(Hit  4  Lftndsehaflsbildern  auf  T»f  8.) 

Einer  der  reizvollsten  und  zugloidi  auch  am  leichtesten  zugänglichen 
T^Ue  der  asiatischen  Türkei  ist  die  riviercnartige  Südküsto  der  bitbynischen 
HtlbinseL  Von  Beisenden  wird  dieser  gesegnete  Landstrich  viel  seltener 
anfgemelit  alt  er  es  Twdiiiit  Die  mekliii  dmctAManm  ihn  mit  der  Eisen- 
bahn, um  mSgliehat  sohnell  die  gesehichtlieh  rnnkwllzdigen  Mittelpnnkte  dee 
Inneni,  Kosia  oder  Aogora,  m  erreiehen.  Und  dooh  lohnt  es  sidi  reeht 
wohl,  ein  paar  Tage  in  den  Olhainen  ^on  Dari^a  m  Tertrftnmen,  am  Grab» 
mal  Hannibals  an  rasten  nnd  Ton  dem  ragenden  Teehine  Dagh  auf  ein 
Fanorama  niederzuschanen,  wie  es  manch  viel  gefeierter  Bergriese  nidtt 
wechselreicher  und  gewaltiger  zu  bieten  vermag. 

Nicht  mit  Unrecht  wird  der  schmale,  von  Bergzügen  nmfiiedete  Qolf 
von  Ismid  mit  einem  Alpensee  verglichen.  Allerdings  tragen  sein«  Ufer- 
hShen  anstatt  rauschender  Wiilder  nur  Obstgärten  und  ölhaine.  Dafür 
schüttet  aber  der  Lenz  auch  eine  um  so  größere  Fülle  von  Blüten  über 
sein  Ufergelände  aus,  glänzt  an  seinen  Ufern  die  Feme  in  satteren  Farben, 
verteilt  eine  leuchtendere  Sonne  hier  Licht  und  Schatten. 

Daß  diese  Küste  in  Klima  und  Ftiauzenwuchs  unverkennbar  die  Eigen- 
art einer  BiTiera  bsiitgri;,  liegt  daran,  da0  der  sehmale  Strand  tfberall  yon 
BergsQgen  begleitet  wird,  deren  HOhe  bis  sa  660  m  ansteigt  Sie  genügt, 
die  kalten  Nwdwinde,  die  Tom  Schwanen  Meere  her  blasen,  roa  den  XJfw- 
sinmen  des  Golfes  femsnhalten.  In  Folge  dessen  findet  sich  die  Olive  hier 
an  ihrer  Nordgxenza  noch  eimnal  in  weiten  Bavmglrten  snsammen,  entfeltet 
die  Granate  ihre  seharlachroten  Bifiten,  während  wir  diese  Arten  an  der 
nnr  40  km  entfernten  Nordküste  der  bithynischen  Halbinsel  vetgebens 
suchen.  Hier  hält  der  Frühling  weit  eher  seinen  Einzug  als  in  dem  nahen 
Konstantinopel.  Mau  braucht  im  Februar  von  Stambul  nur  bis  Erenkiöi 
oder  Daridja  zu  fahren,  um  Gebietn  zu  erreiehen,  die  bezüglich  der  JPrüh- 
lingsblüte  um  8 — 10  Tage  vor  Kunstantinopel  ))evor/.ugt  sind. 

Leider  vermag  ich  nicht  exakte  Beobachtungen  anzuführen,  die  einen 
Vergleich  der  Temperatur  an  dieser  Hiviera  mit  jener  in  Kunstantinopel 
ermöglichen.  Nach  unregelmäßigen  Aufzeichnungen,  die  sich  nur  über  Wochen 
erstveckm,  seheint  die  Wftime  aar  Wintersseit  in  ErenkiOi  etwa  nm  1® 
bflher  sn  liegen  als  in  Pera.  Bas  erscheint  wenig,  doch  wollen  solche  kleine 
Werte  hart  an  der  Grenze  zweier  Florengebiete  Ar  den  Fflansenwnchs  schon 
sehr  Tiel  besagen  (Tgl.  Banag  und  Königsberg  Fr.  —  Botbnehe),  sumal  wenn 

OMgimsklMk«  EaHMhilfk  11  Jalugaaf.  1M6.  4.H«fl.  18 


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186 


Fritz  Braun: 


ihr  segeoarnoher  EioflvB  to  wie  hier  dordi  energiadmk  Schuti  vor  kiltaii 
Winden  weienttieh  gefördert  wird. 

Ihrem  Verlsiife  nech  kflnnen  wir  die  Sfldkttete  Bithyniens  in  zwei 

Absclinitte  teilen.  Li  dem  ersten,  der  von  KadikiÖi  bis  zum  Vorgebirge 
Yelken  Kaya  Bamn  reicht,  verläuft  die  Kflste  Ton  Nordwesten  nach  SOd- 
oeten,  wShrend  sie  von  Yelken  Kaja  Bomn  an  eine  westostliche  Richtung 
einschlägt.  Der  erste  Teil  der  Küste  senkt  sich  hinab  zu  dem  tiefen  Ein- 
bruchsbecken  des  Marmarameeres,  der  zweite  zu  einem  schmalen  golfartigen 
Busen  mit  nicht  allzu  bedeutenden  Tiefen  (bis  100  Faden),  der  in  seiner 
Form  dem  heute  völlig  vom  Meere  getrennten  Sabandscha-See  sehr  auffällig 
gleicht. 

Das  Gestein  der  Uferhöhen  besteht  im  weetlichsten  Teile  ans  Ton- 
echiefBrn  von  sehr  Tenchiedener  Hirte  nnd  Tkrbe  nnd  ane  Qoaniten  (KiSSeh 
Dagh,  Bnlgnrla  usw.).  Längs  der  Blehe  finden  sich  sum  Teil  sehr  betileht- 
liehe  Ahlagerangen.  Desgleichen  sind  hier  und  dort  Bcfaottezhalden  tectÜrer 
Gesteine  ro  finden.  Manche  yon  diesen  enthalten  Yersteinerangen.  Einer 
meiner  Schiller  fand  in  einer  solchen  Bdhotttthalde  heim  Dotfs  ErenIdOi 
onen  gnt  eihaltenen  Zahn  von  Dinotherkun  giganteum. 

Die  genannten  Gesteine  reichen  gerade  his  zum  Dorfe  Daridja.  Hier 
heginnen  geschichtete  gelbliche,  zum  Teü  rein  weiße  Kalke  und  Kreiden,  die 
hinter  Daridja  zum  Ufer  in  einem  Winkel  von  etwa  30°  herabhängen.  Sie 
enthalten  Versteinerungen.  Versteinerte  Seeigel  kann  mau  am  Strande 
zwischen  Daridja  und  Eskihissar  in  Menge  auflesen.  Daneben  findet  sich 
JAicind  prisra  und  Orihocrras  duplex. 

Aus  ganz  anderen  Gesteinen  besteht  der  östlichste  Teil  des  Golfes,  wie 
beispielsweise  die  Höhen  am  Tschine  Dagh.  Hier  steht  eine  Arkose  von 
gneisartigem  Aussehen  an.  Ihre  vom  Wasser  fortgeschleppten  Teile  be- 
deckten die  Ebene  twisohen  Derin^je  nnd  Ismid  mit  einer  hohen  Schicht 
Schwemmlandes,  in  das  die  Wasserilnfo  eine  grofie  Zahl  von  Erosionsrinnen 
hinmnfrafien.  Als  fiein  semebene,  kiesartige  Masse  finden  wir  diese  Arkose 
am  Strande  von  Derinc^je  wieder. 

Eine  Eigentümlichkeit  des  westlichen  Teiles  sind  die  "Mengen  insularer 
Bildungen,  die  wie  die  Küste  selbst  aus  Qoaniten  und  Schiefern  bestehen. 
Manche  von  ihnen  sind  wirkliche  Inseln,  wie  die  neun  Inseln  der  Prinzen- 
gruppe,  die  schwarze  und  die  Andreasinsel,  andere  sind  durch  Sf.hweramland 
mehr  oder  minder  fest  mit  der  Küste  verbunden,  wie  die  inselartigen  Hügel 
an  der  Westküste  der  flachen  Halbinsel  bei  Tuzla  und  die  Hügel  von  Ütsch 
Bumu.  Wieder  andere,  wie  der  durchaus  inselartige  Drakos  Tepe  bei  dem 
Orte  Maltepe,  sind  vollständig  in  die  Küstenlinie  eingeschaltet. 

Auch  Tom  wirtsohaftsgeographischen  Standpunkte  mftssMi  wir  mehrere 
Teile  der  Küste  nnterscheideo.  Am  dichtesten  besiedelt  ist  die  Strecke  Ton 
KadikiOi  nnd  Daridja.  Zwischen  das  üfer  nnd  die  bithynischen  Beige 
schaltet  idch  hier  ein  Yorstnnd  ein,  dessen  Brette  auf  den  euuelnen  Strecken 
sehr  Terschieden  ist,  oder  die  Berge  des  Lineren  steigen  in  sanfterem  Hfigel« 
lande  zur  Kflste  herab. 

Diessr  Teil  der  Kflste  ist  anch  am  dichtesten  besiedeli  Allerdings  fehlt 


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Von  der  anfttolisehen  Bivieta. 


187 


fliiMm  großen  Prozentsätze  der  Siedlungen  im  Westen  so  zu  sagen  die  wirt- 
sehalUifilM  BtllwliiidigMt  Die  meigfeeii  der  TÜlenartigen  HBnser  sind  "Vü- 
leggiatnren  reieher  TQiken  der  Hauptstadt  Die  BLnmeii-  und  Obstgärtea 
M^len  mdit  den  ünteriudt  einer  FanuEe  beetreiten,  aondem  werden  von 
Girtneriiand  gepflegt,  mn  das  Auge  des  glllekUohen  BesitierB  wol  erfreuen, 
lllerdinga  wird  daneben,  nanentlieh  bei  BreokUft,  reeht  viel  Weinbau  ge- 
trieben, dessen  geschäftliche  Ausnutzung  liaupteichlich  von  fremden  Winzern, 
den  Finnen  Eckerlin,  Ilerter  und  Thomson  bewerkstelligt  wird. 

Auch  im  östlichen  Teile  dieser  Kfletenstrecke  zwischen  Maltepe  nnd 
Daridja  wird  die  Eigenart  der  Siedelungen  nicht  durch  den  Ackerbau  be- 
dingt. Wegen  der  (leringfütrigkeit  des  Kttmerbaus  fehlen  geräumige  Scheunen 
und  da  der  Bestund  an  Großvieh  sehr  gering  ist,  findet  man  auch  nicht  , 
größere  Ställe.  Orte  wie  Kartal  und  Pendik  tragen  durchaus  städtisches 
Gepräge  und  unterscheiden  sich  nicht  allzusehr  von  manchen  griechischen 
Vierteln  der  Hauptstadt. 

Die  griedumhe  Bevfilkening  dieser  Fleeken  lebt  yomelmilidi  Ton  dem 
Bitragie  des  Gartenbans  nnd  der  Fiseberei  Die  Hflgel  in  ibrem  Weiehbilde 
sind  weithin  von  Gttrten  bedeckt  Die  priobtigsten  Olivenbaine,  die  fippigsten 
Weingirten  nebmen  den  Baum  iwisohen  Tuda  und  Daridja  ein.  Daswisdien 
finden  wir  gertumige  Obs<;gSrten  voller  SSrsdien,  Pfirsidie  und  Aprikosen. 

Wie  in  Italien  sind  auob  hier  auf  demselben  Btftoke  Landes  gleidis^tig 
mehrere  Nutzpflanzen  angebaut.  Zwischen  den  Stämmen  der  öl-  oder  Eirsoh- 
bäume  wachsen  Bohnen  oder  Artischocken.  Zuweilen  baut  man  an  ihrer 
Statt  sogar  Weizen.  In  dem  heißen  Gebiete  beeinträchtigt  der  Baumschatten 
wohl  nur  sehr  wenig  den  Ertrag  des  Getreides.  An  anderen  Stellen  streben 
zwischen  den  Büumen  üppig  entwickelte  Maispflanzen  empor,  kurz,  allerorten 
bemüht  man  sich,  dem  Boden  gleichzeitig  mehrere  Ernten  abzuringen.  Die 
Üppigkeit  des  Pflanzenwuchses  zeigt  uns,  daß  der  anspruchsvolle  Mensch  dem 
fruchtbaren  Boden  damit  nicht  zu  viel  zumutete. 

Es  ist  ein  böhsr  GenuA,  swiseben  Dari4ja  und  Tuila  an  dem  hOgeligen 
Btaande  dnrdh  die  laoboiden  Girten  sn  wandern,  stmderlicb  sur  FrQblingszeiti 
wenn  der  Lenx  die  Baine  mit  einer  Ffille  Ton  Blumen  flbersebflttete  und  die 
bonten  Blttfesn  der  Obstbftume  sieb  üurbig  abbebeu  Ton  den  silbeigrauen 
OKven  und  den  dunklen  Zypressen,  die  wie  riesig«  MurwSebter  Uber  OÜTen 
nnd  Kirschbäume  binausstreben.  In  schOnen  Linien  beben  und  senken  sich 
die  Högel.  Über  uns  strahlt  der  blaue  Himmel,  imter  uns  leuchtet  die 
ebenso  blaue  Meeresflut.  Jenseits  des  Golfes  aber  türmen  sich  die  Berge 
hoch  auf  und  hinter  ihnen  trotzt  das  schneebedeckte  Haupt  dee  Oljmps,  mit 
23ÖO  m  7M  alpinen  Höhen  aufragend. 

Unvergeßlich  bleiben  dem  Wanderer  die  Mondnächte,  die  er  in  diesen 
Ölgärten  verleben  durfte.  Weithin  schimmert  der  Golf,  schwer  ruht  das 
silberne  Licht  auf  den  Kronen  der  Oliven.  Kein  Lüftchen  weht.  Die  Natur 
hllt  den  Atem  an,  um  die  Tr&ume  ihrer  Lieblinge  nicht  zu  stören.  In  der 
Brombeefbecke  sefatt  ein  Ammer  sn  seinem  einÜMben  Lieddien  an  und  meldeti 
daft  Ekos,  der  AllbeKwinger,  aucb  in  d«r  sdiimmemden  Mondnaoht  wadit 

Diese  Girten  sind  ein  Dorado  der  VdgeL   Ln  buscbigen  Tal  sobligt 


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188  Frits  Braun: 

dM  NftohtigalL  In  den  Feldli6<&0n  nngfc  die  Domgraamlioke  nnd  dae  Ueme 
IfSllerehen.  Yom  Kinchbavm  floten  der  Kappentmmer  und  der  Orfeolaa  und 
•m  Bteilen  Abhangf  den  der  QSrtner  wuchernden  LorbeerBfcrttooheni  preisgi]», 
enpllien  wir  nrpende  Zaun-  und  Zippunmran. 

Wandern  wir  im  AprU  und  Mai  Itugs  des  Meeres  doreh  die  Olbaum- 
baane,  so  tragen  die  Biume  einen  seltsamen  Scbrouck,  der  ans  daran  er* 
innert,  dafi  die  Einwohner  von  Daridja,  Tuzla,  Pendik  u.  a.  0.  m.  n\rht  nur 
Gftrtner  sind,  sondern  als  rüstige  Fischer  einen  großen  Teil  ihres  Unterhaltes 
dem  Meere  abgewinnen.  Glei<'h  festlichen  Gewinden  schlingen  sich  dann 
20,  30,  40  m  lange  Seile  von  Baum  zu  Baum.  Sie  tragen  aber  nicht  bunte 
Blumen,  sondern  silbern  glitzernde  Fischchen,  die  lange  nicht  so  groß  sind 
wie  die  Heringe  der  Dan/jger  Bucht.  „Cjtos"  nennen  die  Griechen  diesen 
Fisch,  der  an  der  Luft  getrocknet  wird  und  das  ganze  Jahr  hindurch  zur 
Herstellung  von  Salaten  und  mancherlei  Speisen  benutzt  wird.  Zoologisch 
gesprochen  gehOrt  der  Euieh  einer  MurSaeaari  an,  deren  Fang  hcMmdars  im 
Frflhling  recht  ergiebig  zu  sein  pflegt 

In  Kartal  beekeht  eine  Eonserren&biik,  deren  Fisdipfri^^arate  aus  Ma- 
nnen und  Tnnfiadi,  der  namentiich  im  innersten  Tale  des  €lolfes  Ton  bmid 
gefimgen  wird,  ticfa  in  Koutaatinopel  guten  Absatses  erfreuen.  Im  Literesse 
des  Landes  wtre  su  wünsdien,  daB  sie  sich  auch  auf  dem  europllsohea 
Markte  Eingang  Yersohafften. 

In  manchen  Jahren,  wie  im  Jahre  1905,  bleibt  der  Ertrag  des  Muränra- 
fanges  weit  hinter  dem  Durchschnitt  zurück.  Für  die  Einwohner  der  Orte 
an  unserer  Riviera  ist's  dann  karge  Zeit,  denn  wenn  das  Gartengelände  auch 
zur  Genüge  Obst  und  Gemüse  für  den  eigenen  Haushalt  liefert,  ist  doch  der 
Ertrag  eines  Obstgütchens  recht  gering,  wenn  er  in  Geldwert  ausgedrückt 
werden  soll.  Je»  besser  das  Jahr,  um  so  billiger  die  Früchte,  die  dann 
allerorten  in  Fttlle  vorhanden  sind.  Für  180  Körbe  Kirschen,  d.  h.  für 
mindestens  40  Zentner  Frfiehte,  erzielte  ein  Obstbauer  aus  Derindje  in  diesem 
Jahre  25  Fiaster  Gewinn.  Das  sind  etwa  4  Mark  50  Pfennig  dentschen 
Gddes.  Die  Menge  der  Zwisdienhindler  drOekt  die  Fkeise,  die  der  Ph>du- 
xent  erhilt»  und  Terteuert  die  Waren  für  den  Eonsomenten  in  unbilliger 
Weise.  Während  der  Obstbauer  in  Derindje  ftbr  das  Kilogramm  Kirsohcii 
gerade  einen  Para  erhielt,  mußte  der  Bfliger  der  Hauptstadt  dieselbe  Menge 
mit  t(>  Para  bc/.ahlen.  Das  sind  vom  wirtscbaftlidien  Standpunkte  aua 
geradezu  lächerliche  Verhältnisse. 

Bei  dieser  Lage  der  Din^e  ist  es  nicht  verwunderlich,  daß  leicht  ver- 
derbliche Obstsorten,  wie  Kirschen,  Apnkosen  und  Pfirsiche,  in  manchen 
Gegenden  Kleinasiens,  wie  bei  Amasia  am  Jeschil  Irmak,  von  dem  nicht 
islamitischen  Teile  der  Bevölkerung  in  groben  Massen  zur  Schweinemast 
verwandt  werden.  Das  Einheitsmaß,  in  dem  diese  Früchte  dort  verhandelt 
werden,  sind  10  Oka  »  12,5  kg.  Schon  daraus  geht  herror,  daß  die  ein- 
gehandelten FrAchte  nicht  daacu  bestimmt  sein  Unnen,  roh  in  der  IWnilie 
Terspeist  za  werden.  Wo  schleunigste  Ausfbhr  unmöglich  ist,  kSnnen  die 
Frdehte  nur  entweder  sur  Sjnqibweitnng  oder  snr  ViehfÜtternng  Terwaadt 
werden. 


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Von  der  anatolischen  Kiviera. 


189 


Wagoi  diMer  Bülif^wt  des  BohstoffM  Yerlohnte  es  sidi  TieUeicht,  is 
mmclien  Qegraden  Obetsaft  la  presaen  und  in  groBen  Mengtn  anf  den 
«nropliaelwn  Markt  in  wetCm,  smiial  garade  t&r  die  bitil^jiiiaalia  Kflgte  ateh 
die  Frachtspeaen  nicht  allzu  hoch  stellen  dürften.  Es  fragt  aich  nur,  ob  der 

von  Kalifornien  und  anderen  Obstgebieten  reich  beschickte  europäische  Markt 
f&r  solche  Waren  noch  aufhahmeiahig  wäre  und  der  Gewinn  die  Scherereien 
mit  den  türkischen  Behörden,  denen  sich  jeder  fremde  Gewerbetreibende 
aussetzt,  wirklich  aufwiegen  könnte.  D(n-  landfahrende  Reisende  neigt  in 
solchen  Dingen  leicht  zu  einem  Optimismus,  den  die  in  Konstant inopol  an- 
sSssi^en  deutschen  Landwirte  von  fachmännischem  Ruf,  in  Sonderheit  die 
Herren  Hermann  und  Scheiblicb,  durchaus  nicht  teilen. 

Zwischen  den  Olivenhainen  und  Obstgärten  finden  sich  allerdings  an 
den  waaUiehaii  Teile  dar  bithymachAn  Slldkttate  atellonwdaa  andk  öd«  Heida- 
lidMn,  die  unr  der  aduurfe  Bof  der  Stehen  und  Fieper  und  dia  adkwer- 
aifltiga  Waiae  dee  ScfaSfert  belebt,  der  mit  aeinen  rieaigen,  achwannaaigea 
Hunden  den  weidenden  Schafen  folgt  Aber  aelbat  dieae  Heiden  sind  nicht 
ebne  landachaftliche  Beiae.  Ln  Soden  und  Norden  wird  der  Blick  dundi 
aaaehnliche  Bergketten  begrenzt  Nirganda  fehlt  dem  Landachaftabilde  ein 
schmucker  Rahmen 

Der  Streifen  Landes,  der  mit  Gartenkulturen  bedeckt  ward,  ist  durch- 
schnittlich recht  schmal  und  nur  an  wenigen  Stellen  mehrere  Kilometer  breit. 
Nicht  überall  tindcn  wir  hinter  dem  Gartenlande  noch  ein  Gebiet,  das  von 
Getreidefeldern  eingenommen  wird,  wo  der  von  Ochsen  gezogene  i^flug  an 
die  Stelle  der  Hacke  tritt,  die  in  dem  Gartenrevier  ausschließlich  vorherrscht. 

Hinter  den  Getreide tclderu  beginnen  die  Berge  \md  das  Heideland.  Die 
Bei^  sind  größtenteils  nur  mit  Scrub  bestanden,  einem  Dickicht,  das  von 
Steinaidienarten,  Erdbearlinrbeer  und  Beaenheide  gebildet  wird.  ICanohe  Ab- 
hinge  Bind  auch  mit  mannaboham  Eichendickidit  bedeckt  Kleina  waldartige 
Beattnda  finden  wir  nur  in  feuchten  Talmulden.  Zumeiat  beaehtttten  sie 
einen  Brmmen,  der  in  dieaem  trocknen  Lande  eine  weit  wichtigara  BoUa 
spielt  ala  daheim. 

Die  adilimmsten  Feinde  daa  Waldwnchaea  aind  die  Köhler,  die  kanm  arm- 
dickes Stangenholz  schlagen,  um  die  schwanken  Beiaer  in  Holzkohlen  an 
Tcarwandoln,  und  die  Hirten,  die  immer  wieder  Faner  an  den  Scrub  legen, 
um  frischeren,  kräftigeren  Nachwuchs  zu  erzielen.  Erst  an  dritter  Stelle 
kommen  die  Ziegen,  denen  man  so  gern  die  ganze  Schuld  aufbürdet,  ün- 
bes<'.hadet  der  Ziegenwirtschaft  ließe  sich  ganz  gut  ein  großer  Teil  dieser 
Gebiete  aufforsten ,  wenn  ihre  menschlichen  Herren  Einsicht  genug  besäßen, 
nut  dem  Feuer  etwas  vorsichtiger  umzugehen. 

Am  angenehmsten  wandert  es  sich  auf  diesen  Höhen  zur  Frühlingszeiti 
«Mm  Ciataaarten,  Alpenvaihihen,  Perlhjaanthen,  Hni^kaBiille,  Anemonen  und 
Annkaarten  den  Boden  mit  buntem  Bltttenteppich  tibenogan  und  dar  Thymian 
wieder  aeinen  aromatiachen  Qemeh  in  dia  Lftfte  haucht 

Dia  Auaaiehten  von  den  Beigen  Bithyniana,  dem  Kabch  Dagh,  dem 
Aidoa  Dagh,  dem  Ser^Je  Tepe  und  dem  Tbchine  Dagh  haben  unter  einander 
aehr  ^Uü  Ähnlichkait   Naeh  Sflden  an  fibaraebaiien  wir  den  aeihmalen  Tega- 


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190 


Fritz  Braun: 


tetioiinMfeii  der  Ellgte  and  den  blauen  Goli,  hinter  dem  noh  du  Qelnige 
trotng  emporreekt  Kaoh  Neiden  ni  dehnt  sieh  dai  wellige  Hflgelland  dei 
Inneren.  BesOglioh  seines  BeUefii  ist  diesee  GeUade  ger  niefat  so  versehisden 

von  dem  Gebiet,  das  man  von  meinem  heimatlichen  Turmberge  aberscbsai 
Nor  fehlen  ihm  die  Seen  und  Wälder  der  baltischen  Seenplatte.  Der  schwarz- 
grüne Farbton  der  Scmbpflanzen  bildet  die  Grundfarbe  des  Landes.  Bings 
um  die  gar  nicht  seltenen  Dörfer  —  namentlich  vom  Tscbine  Dagh  übersieht 
man  deren  gleichzeitig  eine  große  Anzahl  —  heben  sich  hellgrüne  Flecken, 
die  Getreidefelder  der  hitliynischen  Bauern,  von  dieser  Grundfarbe  ab.  Es 
sind  Oasen  inmitten  weiten  Odlande.s.  Vermutlich  sind  nicht  mehr  als 
8 — 12%  der  inneren  Hochfläche  unter  Pflug  und  Hacke,  das  übrige  gehört 
den  Ziegen  und  Schafen  und  dem  Wolfe,  der  im  FelsgerOll  zwischen  Lorbeer 
und  BesMiheide  sein  Lager  nnftchlSgt 

Ben  Beriditen  der  Einwohner  sn  Folge  kommt  auf  den  HShen  des 
Tdken  Tepe  nnd  des  Kayali  Dagh  auch  die  Gemse  vor.  Ich  halte  es  nicht 
für  nnmSglich.  Wenn  der  KayaK  Dagh  aneh  kaum  700  m  errricht,  sind 
der  allgemeine  Landsehaftsohsnkter  dieser  Gegenden  nnd  ihre  Pflamendeeke 
doch  nicht  derart,  daß  man  sie  von  Tomherein  ftr  nngeeignet  halten  nfifttSi 
die  flinken  Gemsen  xn  beherbergen. 

Weit  anmutiger  als  die  Aussichten  von  den  genannten  Bergen  ist  der 
Blick  von  den  inselartigen  Erhebungen  an  der  Küste.  Ich  fiir  meinen  Teil 
schätze  die  Aussicht  von  (h'in  Drakos  Tepe  zwischen  Maltepe  und  Kartal  am 
höchsten,  trotzdem  diese  (.^uarzitkuppe  nur  eine  Höhe  von  107  ni  erreicht 
Dort  rastet  es  sich  gar  gut  am  hellen  Sommertatj.  Bunte  Fliegen  umsurren 
uns.  Schmetterlinge  gaukeln  über  den  duftenden  Kräuteni.  Unter  uns  ziehen 
weiBe  Segel  auf  feuchten  Pfaden  dahin.  Lange  noch  sehen  wir  ihre  Spuren 
in  der  glatten  Flut  Wie  dnfUge  Topase  schwimmen  die  Inseln  im  stahl- 
grauen Meer,  prangend  im  Schmucke  dunkler  Wftlder,  nmgflrtet  von  lustigen, 
weiB  sdhimmemden  Landhftusem.  Den  Hintexgmnd  aber  bildet  auch  hier 
der  gewaltige  Wichter  Bithyniens,  der  Biese  Oljmp  mit  seiner  Bislast  im 
Nacken. 

Ganz  anders  wird  das  Ufergelände  westlich  von  Derindje.  Die  Kalk- 
steinberge fallen  hier  so  steil  zur  Kflste  ab,  daß  nur  der  schmale  Weg  für 
die  Eisenbahn  frei  bleibt.  Von  einem  Fenster  des  Wagens  sehen  wir  auf 
die  Blöcke  der  gelben  Kalksteinwand,  in  deren  Fugen  großblättrige  Feigen 
und  kümmerliche  Obstbäumchen  ein  Pliit/chen  fanden,  aus  dem  anderen 
schauen  wir  auf  das  Meer.  Es  wogt,  so  dicht  unter  unseren  Füßen,  daß  wir 
glauben  könnten,  in  hurtigem  Dampfer  seine  Fluten  zu  durchschneiden. 

Besonders  leicht  wird  uns  dieser  Glaube,  wenn  dicht  neben  uns  eine 
Begelbaike  dahin  gleitet  oder  eines  der  großen  Marktboote,  dessen  Form  uns 
an  die  Zeiten  erinnert,  da  Odjsiens  dem  heimatlichen  Ithaka  rastvebte. 

Die  Kalkberge  steigen  hier  so  stsU  Ton  der  Koste  an,  daB  wir  wenige 
Kilometer  landeinwirts  schon  Hdhen  von  8— 400  m  finden.  Die  DOcftr 
liegen  oft  auf  dieser  Hbchfllche.  Neben  den  Girten  findet  man  bei  ihnen 
schon  mehr  KSmerbau,  da  die  Bedingungen  ftr  den  Obst-  und  Olivenban 
hier  nicht  mehr  so  günstig  sind  wie  anf  den  sanften  Hfigebi  bei  Daci^a. 


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Von  der  anatolischen  Biviera. 


191 


Mandii»  von  diiaoii  Ortwihafteii,  wie  du  dnrdi  Mine  Kaiserlidie  Seiden- 
&brik  bekumto  Hereke,  aendfln  üm  Yacpoeten  Ms  snm  BieenbahnefaMig 
Wab.  Die  Fabrik  von  Hereke,  deren  Oebftnde  wir  von  dem  Eisenbahnwagen 
ans  erblicken,  beschäftigt  etwa  800  grOBtenteils  griechische  Arbeiterinnen, 
die  seidene  Schals,  Kleiderstoffe  und  Teppiche  herstellen.  Mehrere  Monteure 
der  Fabrik  sind  Deutsche,  neben  dem  Gastwirt  in  Derindje,  dem  Oberbeamten 
des  dortigen  Bodenspeichers  und  den  Weinbauern  in  Erenkiöi  die  einzigen 
Laodsleute  an  diesem  kleinasiatischen  Küstenstrich. 

Vor  dem  Orte  Derindje  treten  die  Berge  von  der  Bahn  und  der  Küste 
zurück  und  geben  uns  den  Blick  frei  auf  eine  breite,  bewaldete  Ebene,  hinter 
welcher  der  spitze  Gipfel  des  Tschine  Daghs  aufragt 

Dieee  Ebene  lieht  aush  in  einer  LKnge  tou  10  km  nnd  ein«r  Breite 
▼on  4 — 6  km  an  dem  aetlicheton  Teile  der  NordkOete  daihin.  Sie  steigt 
nach  den  Bexgen  sn  allmihlieh  an  nnd  wird  Tcm  einigen  flachen  Erosi<ms- 
lümen  dnrdudmitten,  die  Ton  den  GewSssem  der  Wintencegen  in  das 
Schwemmland  eingeschnitten  sind.  Sin  Teil  der  Sboie  ist  bewaldet  Naeh 
Osten  zu  wird  der  Wald  lichter  nnd  löst  sich  in  einzelne  Gebflsche  auf,  bis 
er  im  Westen  von  Ismid  ganz  verschwindet  und  dem  anmutigen  Garten- 
gelinde  dieser  Stadt  Platz  macht 

Der  Wald  besteht  größtenteils  aus  6  —  8  m  hoben  Steineichen  nnd 
anderen  Troekenpflanzen.  Nur  dort,  wo  ein  Büchlein  dem  Meere  zueilt  und 
abfließendes  Regenwasser  den  Grund  feucht  erhält,  finden  wir  schöne  Bestände 
laubwechselnder  Bäunie  und  blühender  Büsche.  Der  Charaktervogel  dieser 
Gegend  ist  «lie  Nachtigall.  Sie  ist  hier  so  häufig  wie  der  Buchfink  im  nord- 
deutschen Walde  und  trägt  das  Ihre  dasa  bei,  eine  abendliche  Wanderung 
Ober  diese  Ebene  ro  YmMattL  In  den  feuchten  Gtflnden  üben  dann  gleich- 
seitig 6,  7,  8  der  biannen  Sftngerinnen  ihre  Lieder  und  nm  die  Bflsohe  avf 
den  Lichtungen  geistern  Hunderte  von  Leuchtkifern,  in  regelmäßigem  Wechsel 
«ifleachtend  nnd  yenchwindend.  Vor  nns  sieht  ein  Baner  mit  einem  Esel- 
ehen seines  WegeSi  das  gespenstisch  groß  aussieht,  wenn  es  den  Bflcken  einer 
der  flachen  Bodenwellen  eneieht  hat  und  sieh  Ton  dem  liehteren  Abend- 
himmel  abhebt. 

Am  Fuße  des  Höhenzuges  treibt  man  einen  recht  ausgedehnten  Kömer- 
bau. Hier  findet  man  am  Golfe  von  Ismid  die  größten  Wpi/.enscblage.  Die 
Dörfer,  zu  denen  sie  gehören,  liegen  auf  den  Vorbergon.  Ihre  Stülle  und 
Scheunen  sind  ganz  und  gar  aus  Stangen  uiul  gelbem  Weizenstroh  verfertigt, 
so  daß  sie  äußerlich  fast  unseren  norddeutschen  Struhinioten  gleichen.  Ver- 
steckten sie  sich  im  Schatten  dicht  belaubter  Eichen  und  Terebinthen,  um- 
gaben sie  blumige  Wiesen,  deren  Halme  und  Blütenstengel  uns  weit  übers 
Kaie  reichen,  so  ergibt  das  recht  hflbsche  Dorf  bilder,  wie  man  sie  hinter  der 
troAenen  Ebene  kamn  erwartet  bitte. 

Lings  des  Golfes  dehnen  sich  flppige  imesen,  die  mit  ebum  schmalen 
flnmpfctreifan,  in  dem  die  gnnen  Beiher  flsehon,  an  das  stille  GowSsssr  des 
GolüM  gienaen.  IKese  Wiesen  liefern  recht  reichliche  Erträge.  Einige  YOa 
ihnen  bat  unser  Landsmann  Scheiblich  gepachtet,  der  das  Gras  in  Mahonen, 
diokbanebigen  Markibooten  (die  Transportkosten  betragen  fttr  den  Zentner 


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192 


Frits  Brftnn:  Von  der  anatoÜBchen  Kiviera. 


PMBbmi.  etwa  76 — 80  Pfennig«),  nach  Konitutinopel  fDhrt,  «m  m  in  Mimr 
MoUnrei  sii  wAttara. 

D«0  die  Dörfer  sich  in  dieser  Ebene  in  die  Tiler  dei  Oebirgee  flilefaieteii. 

Hegt  zum  Teil  daran,  dafi  die  Ebene  von  Fieber  heimgesucht  wird.  Aus 
dem  gleichen  Qnmde  ßnden  wir  manche  Flußtäler  in  Bulgarien  (s.  B.  bei 
Philippopel)  ganz  von  Ortschaften  entblößt.  In  ganz  ähnlicher  Weise  meidet 
man  ja  auch  bei  uns  in  Nordostdeutschland  viele  FluBtftler,  nur  daß  an 
Weichsel  und  Oder  die  Überschwemmungsgefahr,  hier  das  Sompfßeber  dafür 
verantwortlich  gemacht  werden  muß. 

Sicherlich  ließe  sich  noch  ein  sehr  ;:roßer  Teil  der  Ebene  dem  Kömer- 
bau gewinnen.  Ob  aber  der  deutsche  Landwirt  dabei  auf  seine  Rechnung 
käme,  ist  eine  andere  Frage.  Der  Rücksichten  auf  die  Gesondheitsverhalt- 
nisse,  anf  die  Schikanen  der  tOrkisolien  Behörden,  anf  die  Geblssigkeit  islami' 
tiicher  HacUmm,  anf  den  ünterscfaied  in  der  Uenge  der  jftfarliolien  Nieder- 
achlBge  sind  so  viele,  daB  diese  Frage  sn  jenen  getf  blt  werden  mnft,  die  ein 
gewissenhafter  Berichterstatter  am  liebsten  offen  llftt,  snmal  das  Urteil  dar 
dentsehen  Landwirte,  die  mit  den  Verblltnissen  vertrant  sind,  recht  wenig 
ermunternd  ist. 

• 

Wenn  man  beispielsweise  oft  anfahrt,  daß  Konstantinopel  einen  grofien 
Teil  seiner  Gemüsenahrung  aus  Ägypten  bezieht,  daß  also  dem  Anbau  den 
Gemttsesorten  in  seiner  Umpebunt,'  noch  ein  weites  Feld  offen  stehe,  darf  man 
nie  vergessen,  daß  es  sich  bei  der  Einfuhr  vorwiegend  um  ägyptische  Speziali- 
täten handelt,  die  bei  Konstantinopel  nicht  gedeihen.  Andere  Gemüse  werden 
nur  dann  aus  Ägypten  eingeführt,  wenn  ihre  Saison  bei  Konstantinopel  noch 
nicht  begonnen  hat.  Ist  es  aber  schon  in  der  Heimat  für  den  Landwirt  ein 
mißlich  Ding,  sich  auf  den  Bau  einer  Spezialität  zu  beschranken,  so  trifft 
das  fttr  die  Fremde  doppelt  su.  Anch  mit  dem  Anban  Ton  Kartoffeln  hat 
man,  namentlich  in  tieferen  Lagen,  nur  geringm  Erfolg  erzidt. 

Der  Ort  Derin4$e  Terdaakt  sein  Dasein  eigentlich  nnr  dem  Ycriianden- 
sein  der  riesigen,  ans  Wellbledi  gebauten  Bodenspeieber,  in  denen  die  Kom- 
sdiitse  Kleinasiens  an^sehinft  und  gereinigt  werden,  bis  sie  anf  en^ischen, 
franxölischen,  deutschen  Dampfern  ausgeftthrt  werden.  Dicht  neben  dem  Kai 
vor  den  riesigen  Bodenspeichern  träumt  mitten  in  verwilderten,  aber  desto 
anmutigeren  G&rten  eine  verfallene  Gloriette  des  Sultans.  Hier  die  riesigen, 
von  elektrischem  Licht  erhellten  Speicher,  bei  deren  Bau  alle  Regeln  der 
modernen  Technik  beobachtet  wurden,  dort  das  in  Waldesnacht  träumende 
Schlößchen  des  Sultans:  welch  merkwürdiger  Gegensatz  zwischen  einst  und 
jetzt!  — 

Dieser  innerste  Teil  des  Golfes  ist  landschaftlich  bei  weitem  der  schönste. 
Durchschneiden  wir  in  einer  Barke  seine  Fluten,  so  erhebt  sich  zu  unserer 
Linken  das  bftnseirsiclie  Ismid,  dessen  Strafienseilea  iwiseheii  bllllienden 
Oirten  am  Abhang  der  HUgel  emporstdgen,  bis  empor  tn  der  alten  Akropolis, 
wo  noch  hentsntage  altes  Manerwwrk  den  Jahihnnderten  trotst  Westlidi 
der  Stadt  aber  dehnen  sieh  ICanlbeeipflaiurangen,  Weingirten  nnd  ObtOaine 
bis  herab  snm  Ufer  des  Golfes. 

Von  diesem  firenndlichen  Stldtebild  hebt  sich  der  1600  m  hohe  Kol  Tepe 


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Georg  A.  Lukas:  Eduard  Eichter. 


19S 


(Qdk  Dagh  ift  nur  ein  Gelehrtomiaiiie,  d«r  Tielleieht  aof 
um  80  machtrolkr  ab.   Sem  riesiger  Leib  wirkt  wie  der  ICagneeitblock  des 
Athoe  um  so  waditiger,  weQ  er  gleich  hinter  dem  Ufer  des  Meeres  empor- 
strebt lliUiblage  Hochwftlder  bedeeken  seine  HSnge,  licht  erglUhendf  wenn 
swischen  BegengewOlk  ein  Sonnenstrahl  zu  den  Laubkronen  niedergleiiet. 

Ich  sab  dieses  Bild,  wena  Winterschnee  bis  tief  in  die  Tftler  binnb- 
reichte,  wenn  die  Obstgärten  in  der  BlütenflÜle  des  Frühlings  prangten,  und 
wenn  ein  Sommergewitter  düstere  Wolkengebirge  über  dem  Baschkires  Dagh 
auftürmte  und  Regenschauer  die  Fluten  peitschten.  Innner  aber  erschien  es 
mir  groß  und  gewaltig  und  immer  wieder  bedauerte  ich  die  Touristen,  die 
von  dem  Orient  scheiden,  ohne  diesen  stillen  Winkel  besucht  zu  haben,  den 
der  Schönheit  Schwester,  die  Anmut,  zu  ihrem  Lieblingssitz  erkoren  hat. 

Da  die  höheren  Gebirge  auf  der  südlichen  Seite  des  Golfes  emporragen, 
Irieten  die  Qipfel  nnd  Hänge  des  bithynisohen  Gebirges  dem  Wanderer 
inAehtige  Aussiebten.  Von  den  höheren  Bergen  der  Halbinsel  hat  meines 
Sraditeos  der  Tschine  Da^  das  gewaltigste  Panorama.  Der  etwa  450  m 
hohe  Be^  ist  von  Derin^e  leicht  nt  ersteigen.  Bis  nun  Kamm  des  Ge- 
birges führt  «ne  Fahrstrafie,  so  dafi  man  sich  nur  etwa  180  m  durch  das 
GestrClpp  emporsrbeiten  mnfi,  um  den  Gipfel  zu  erreichen. 

Streckt  man  sich  dort  zwischen  tfirkischen  Grabmalen  in  das  blühende 
Kraut  f  so  beherrscht  der  Blick  eine  weite  Rundsicht.  Im  Osten  dämmert 
der  Spiegel  des  Sabandja-Sces,  jenseits  des  Golfes  dräut  die  gewaltige  Masse 
des  Kel  Tepe  und  nordwärs  dehnt  sich  die  hü^'olige  Hochebene  der  bithyni- 
schen  Halbinsel.  Mit  einem  Blickp  üi>erschaucn  wir  ihren  Aufbau.  Längs 
der  Südküste  streicht  die  höchst«  Berjrkette,  nach  Norden  senkt  sich  das 
Gelände  ganz  allmählich  zum  Schwarzen  Meere  hin,  durchzogen  von  langen 
Erosionstälem,  da  die  Wasserscheide  sich  nur  wenig  von  dem  Golfe  von 
Ismid  entfernt  Zu  unseren  Ffißen  erblicken  wir  die  grauen  Steineidienwftlder 
der  Ebene  und  die  riesigen  Speidier  von  Derin^je,  ein  Werk,  an  dem  auch 
unsere  Landsleute  mitgearbeitet  Das  ganae  Bild  atmet  Leben  und  IVende, 
nioht  jene  hoffirangslose  Schwermut,  die  so  vielen  türkischen  Landsdiaften 
«gen  ist  Wir  fttUen,  da0  eine  lebensvolle  Zukunft  dieses  blühenden  Landes 
banrt   Hoffen  whr,  daB  unser  Volk  ihre  Mühen  und  ihre  Erfolge  teilt 


Ediard  Riehter. 

Von  Oaoiv  A.  Liukae. 

n.  Bdvacd  Biehters  Lobonewoik. 

Richter  hat  kein  selbständiges  geographisches  Lehrgebäude  botriündet; 
seine  Tätigkeit  läßt  einen  mehr  konservativen  Zug  erkennen,  insofern  er  be- 
müht war,  die  geschiehtlioh  gewcvdene  Eigenart  der  Erdkunde  aufrecht  m 
«hslten.  Desto  mehr  Forderung  danken  ihm  aber  die  Tersduedensten  Zweige 
unserer  Wissenschaft.  Ein  Überblick  über  sein  Schaffen  und  über  das,  was 
er  bei  lingerem  Leben  noch  hätte  leisten  wollen  und  kOnnen,  wird  am  besten 


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194 


Georg  A.  Lukas: 


»1  gewinneii  sein,  wonn  die  eiluseliien  Biehtungen  seiner  Arbeit  gesondart 
betnushiet  und  gewürdigt  werden. 

1.  Qletscherkande^ 

Als  Oletscherforscber  ist  Eduard  Richter  nie  bereits  erwftbnt  wurde  — 
saerst  literarisch  hervorgetreten,  indem  er,  hauptsächlich  zu  eigener  Inibr- 
nuttion,  in  mehr  kompilatorischer  Weise  alles  über  das  „Gletscherph&nomen'* 
damals  Bekannte  in  jenem  Programmaufsatz  von  1873  zusammenstellte.  Doch 
ist  die  Art,  wie  er  den  Oegenstand  behandelt,  vielfach  so  charakteristisch  und 
für  seine  wissenschaftliciie  Entwicklung  prinzipiell  bedeutsam,  daß  auch  dieses 
Erstlingswerk  wohl  beachtet  werden  muß. 

Der  Verfasser  geht  in  dem  als  „Beitrag  zu  einer  populären  Geographie 
der  Alpen'^  bezeichneten  Aufsatze  von  den  klimatischen  Voraussetzungen 
«US,  bespridit  die  Abnahme  der  Tempentnr  mit  der  HShe,  die  Formen 
medenchlages,  die  Sdineegieuze,  ibre  Ortlidien  VersohiebungsursMlisa  und 
Hobe,  gebt  dann  anf  die  Sohne eansammlnngen  ttbor,  deren  lokale  Be- 
dingungen und  MaBbesümmungen  erörtert  werden;  sodann  wird  der  ümr 
wandlnngsfurosefi  des  Schnees  in  "Fim  und  der  Funfelder  in  Oletseher  0iaiiptr 
Sttohlioh  nach  Agassiz,  Tjndall  u.  a.)  dargestellt.    Das  dritte,  den  Qlet- 
Schern   gewidmete  Kapitel  behandelt  die   Entstehung  der  Gletscherzcmge 
durch  Druck  und  Regelation,  die  Fimlinie,  als  die  jene  obere  Grenze  be- 
zeichnet wird,  „bis  zu  welcher  im  Momente  der  Beobachtung  die  in  der  letzten 
Zeit  gefallenen  Öchnoemassen  (auf  dem  Eise)  bereits  wieder  weggeschmolzen 
sind''.    Dann  wendet  sich  Richter  der  Struktur  des  Gletschereises  zu,  er- 
klärt seine  Bewegung  als  ein  durch  Druck  und  Schwere  erzeugtes  Fließen, 
das  trotz  des  geringen  Flüssigkeitsgrades  nach  denselben  Gesetzen  vor  sich 
gehe  wie  jedes  andere  Fließen.    Im  Zusanunenbang  damit  erfahren  Bände- 
rang  und  Spalten  eine  ausfShriidie  Dantellnng.    Der  vierte  Abeduitt 
wendet  sich  der  Zerstörung  der  Gletscher  m;  die  Absehmeliang  oder 
Ablation  wird  entsprechend  gewürdigt,  auch  der  damit  Terbundenen  Er- 
sdieinnngen,  wie  der  Gletschennfiblen,  Gletsohertische,  Eisseen  und  GletsUier- 
tore  eingehend  gedaobi    Das  nftcbste  Kastel  venacht  ttber  die  GröBen- 
Verhältnisse  der  Gletscher  wllnschenswerte  Aufklärung  zu  geben.  Jeder 
Gletscher  existiert  unter  gewissen  unveränderlichen  Bedingungen,  deren  wich- 
tigste sind:  „1.  die  Ausdehnung  des  Fimfeldesj  2.  die  Breite,  Tiefe,  Gestalt 
und  der  Neigungswinkel   des  Talbettes,  in  welchem  der  Gletscher  fließt; 
3.  die  Exposition  des  Fimfeldes  und  der  Zunge  der  Himmelsgegend  nach". 
Hierzu  treten   noch   wechselnde   Bedingungen,  wie   sie   durch  die  jälirliche 
Niederschlagsmenge  und  den  Gang  der  Wärme  erzeugt  werden;  deren  Folge 
sind  die  bekannten  Oszillationen  der  Gletscher.  Die  Ursache  der  allgemeinen 
Gletsoherschwankungen  ist  also  „das  verschiedene  Verhältnis,  in  welchem 
Wintersdmee  und  Sommerwiime  la  einander  stehen".  Anfibllender  sind'  die 
vereinnlten  TorstOße  mandier  Glstsdier  im  Gegensats  su  ihren  rsIatiT 
ruhigen  Nachbarn;  da  werdan  meist  lokale  Verhiutnisse  bestimmend  sein 
(weites  FimUdd  und  sehmale  Zunga).   „Das  VorbeRBchen  solcher  Windzich- 
tongen,  welche  einon  gewissen,  nach  einer  Sichtung  ezponiertai  Fixnftld  be- 


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Bdnard  Siebter. 


195 


WMiders  viel  Schnee  zuzofGLhren  geeignet  sind,  kann  vielleicht  zum  ersten  An- 
waeham  des  61«tKlien  Anlaß  geben;  sind  dann  die  erwähnten  günstigen 
Bedingongtn  Torhanden,  so  oimnit  dann  wohl  das  Aawaohsen  ein  ao  «memw 
UaB  an.** 

Am  iriehAigsfeNi  imd,  gMgiapIiiseli  genommen,  die  Wirkungen  der 
Oletsclier,  worauf  Bicfater  nun  im  ScUnfiki^itel  seiner  Erstüngsaiiteit  n&her 
eingeht;  er  besdninkt  sich  jedoeh  unter  AusBchlnfi  der  n^u^toriseben  Tltiff- 

keit'^  der  EisstrOme  auf  das,  was  sie  jetzt  noch  znr  Veränderung  der  Erd- 
oberfläche beitragen.  Die  Gletscher  vorhalten  sich  der  Erdfeste  gegenüber 
teils  transportierend,  teils  abschleifend,  stets  jedoch  ausgleichend  und  nivel- 
hereud.  „Sie  weichen  hierin  nicht  von  dem  allgemeinen  Ziele  ab,  welches 
alles  Wasser  auf  unserer  Erde  den  Unebenheiten  ihrer  Rinde  gegenüber  zu 
verfolgen  scheint."  Es  wird  demnach  der  Gesteintransport  durch  die  ver- 
schiedenen Arten  der  Moräueu  beschrieben  und  gewürdigt.  Die  Gletscher  ent- 
fernen schützende  Schuttmassen,  die  sich  sonst  am  Fuße  einer  abbröckelnden 
Felswand  ansammebi,  und  bewirken  dadnroh  jene  Schroffheit,  Zackung  und 
TrAmmenmg  der  Qrate  und  Gipfel  oberhalb  der  SchneeUnie.  ,;Hftttan  die 
Alpen  keine  Gletscher,  so  wären  ihre  obersten  Kämme  sanfter,  geschlossener 
nnd  teilweiser  höher.'*  Dia  Olasialerosion  darf  nieht  übersebfttEt  werden 
^Wenn  man  behauptet,  daß  ein  Gletscher  ganze  TaUurdien  auszugraben  im 
Stande  sei,  so  ist  dies  im  höchsten  Gxado  übertrieben.  Nur  die  ihm  entgegen- 
stehenden Vorsprünge  werden  abgerundet,  nie  aber  in  den  Fels  hinein  Ver- 
tiefungen gemacht."  Im  übrigen  jedoch  sind  Kondhöcker  und  Kritzen,  durch 
Grundmoränenmaterial  ausgefllllte  Vertiefungen  im  ehemaligen  Oletscherbett 
sprechende  Beweise  jener  gewaltigen  Natnrkraft;  „ein  Terrain,  welches  vom 
Gletscher  bedeckt  gewesen,  zeugt  auf  jedem  Schritte  von  den  Lasten,  welche 
über  dasselbe  hinweggegangen  siud." 

Das  „Gletscherphänoraen"  wurde  im  folgenden  Jahre  (1874),  mit  einigen 
Abbildungen  versehen,  in  der  Zeitschrift  des  D,  Ö.  A.-V.  abgedruckt,  wodurch 
die  Arbeit  zur  if weiterer  Kreise  gelangte. 

Bald  darauf  (1876)  begannen  die  später  Ton  Richters  Arbeitsgenossen 
X.  Fagger  abgeschlossenen  Untersuchungen  der  Sishöhlen  des  Unters- 
berges  bei  Salzburg;  die  schon  im  ersten  Beobachtnngqjahre  ▼on  beiden 
gewonnene  Oberzengong,  „daß  die  alte  Deluc-Thniysche  Erklärung  der  Eis- 
bildungen durch  die  eindringende  Winterluft  vollkoaunen  zutreffe  und  für  alle 
beobacbteteten  Erscheinungen  ausreiche",  wurde  später  durch  Beobachtungen 
ans  einer  Eishöhle  bei  Besannen  in  entscheidender  Weise  bestätigt.*) 

Als  die  Schweizerreise  von  187Ü  Richters  Gletscherstudien  in  neue,  aus- 
sichtsreiclie  Bahnen  gelenkt  hatte  und  in  der  genauen  Vermessung  und  Unter- 
suchung recenter  Eisstriane  das  geeignetste  Mittel  erkannt  war,  um  in  das 
Wesen  dieses  Geheimnisses  der  Hochgebirgswelt  einzudringen,  erschienen  in 
rascher  Folge  jene  Arbeiten,  die  für  die  wissenschaftliche  Erschließung  der 
Ost-Alpen  geradezu  eine  neue  Epoche  heraufführten. 

1)  Zur  Frage  über  die  Entitehong  der  Eishöhlen.  Peterm.  geogr.  Mitt.  1876. 
8. 816—317. 

Über  EiAOhlen.  Pet.  geogr.  ICtt  1889.  8.  818—9». 


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196 


Georg  A.  Lukas. 


Biehieit  Forachungen  gingen  bekanntEeh  Tom  Ktrlinger-  und  Ober- 
snlxbach' Gletscher  in  den  Hohen  Tnuem  am.  Die  im  Sommer  1880  doroh 
selbst&ndige  Aa&ahmen  entstandene  echOne  Karte  vom  Znngenende  det 

letzteiren  in  1:5000  aamt  Erörterungen  ttber  das  Wesen  der  Oletseher- 

schwankungen  und  ihre  Bedingtheit  durch  das  Klima  des  vorangegangenen 
Jahrhunderts  wurde  als  erster  Teil  einer  Anfsatzreihe  („Beobachtungen  an 
den  Gletschern  der  Ostalpcn")  in  der  Alpenvereins-Zeitschrift  von  1883  ge- 
druckt und  fand  reiche  Anorkennunp.')  Der  Verfasser  hatte  mit  dieser  ersten 
Publikation  /.uglfich  die  Anregung  zu  iilmlichen  Untersuchungen  geben  wollen; 
in  der  Tat  fand  sein  Beispiel  mehrfache  Nachahmung  und  bald  konnten  sich 
die  Ost-Alpen  auch  hinsichtlich  dieses  bisher  vernachlässigten  Zweiges  der 
Forschung  mit  der  Schweiz  wohl  vergleichen. 

Biohter  selbst  setste  seine  Üntennfllmngen  erst  am  Karlinger^Oetsdier, 
dann  in  der  Otxtaler  Gmppe  fort  und  war  in  Wort  vnd  Schrift  bemfiht,  das 
Interesse  für  den  Fimschmnck  der  Alpen  sa  w%6kea.  Ohne  auf  die  einaehiea 
PoUikationen  nKher  einangehen*),  mag  es  genflgen,  mr  Wflrdignng  dieser 
Arbeiten  den  Gedankengang  eines  Vortrages  zu  skizziet«i,  den  er  anf  dem 
vierten  deutschen  Geographentage  sn  IfUndlien  (1884)  hielt  und  der  alle  Er* 
gebnisse  in  übersichtlicher  Weise  zusatnmenfafit.') 

Er  fährt  da  Folgendes  aus:  Beobachtungen  in  der  Schweiz  und  in  den 
Ostalpen  ergaben  übereinstimmend  einen  außerordentlich  starken  Rückgang 
der  Vfigletscherung.  Der  Khöneglctscher  büßte  etwa  lOO,  der  Übersulzbach- 
glet^chcr  60  Millionen  Kubikmeter  der  Eismasse  ein:  „oder  da  sich  der  Vor- 
gang auf  ungefilhr  30  Jahre  verteilt,  so  heibt  das  so  viel,  daß  die  Vermin- 
derung des  Machsebubes  iuuerhalb  dieser  Zeit  ein  volles  Fünftel  betragen 
haben  muß,  im  Verhältnis  zu  jener  Masse  des  Nachschubes,  welche  dem 
Maximalstande  des  Gletschers  im  Jahre  1850  ent^traoh'*.  Noch  fibecrasdiender 
ist  es  jedoch,  daß  diese  starke  Schwankung  eontrotsn  konnte  ohne  eine  wahr^ 
nehmbare  wesentliche  Änderung  des  Klimas.  Eine  gewisse  Periodintftt  llfit 
jedoch  der  Niederschlag  erkennen;  regei^rmere  und  regenreichere  Jahresieiten 
bedingen  Bücksug  und  Vorstoß  der  EisstrOme.  hi  der  Tat  war  die  Periode 
1842 — 61  im  allgemeinen  feucht,  jene  von  1852 — 70  vorwiegend  trocken. 
Aber  die  Schwankung  der  Gletscher  spiegelt  sich  in  den  Niedersdila^tabeUen 
der  alpinen  Stationen  bei  weitem  nicht  so  deutlich  wider  als  man  erwarten 
sollte,  und  noch  st&rker  wird  unsere  Yorstellung  von  der  Leistungsfähigkeit 


1)  Der  Obersnlzbachgletacher  1880  — 82.  57  S.  1  K.,  1  Ansicht,  Profile, 
1  Diagr.  u.  7  Textfig. 

S)  Der  intenat.  alpine  KragxeB  sa  Genf  Tom  1.  und  S.  Aug.  1879.  Mitt.  d. 

D.  ö.  A.-V  1H79 

,,Bk^t>bachtungen  am  überBulzbachglctscber"  und  „Die  MorÜDenlandschaft  dee 
alten  Salzacbgletschers'S    Vortrftge  auf  der  Katurf.-Vers.  zu  Salzburg  Ibül. 

Dar  Rflckgang  der  alpinen  Gleteeher  und  seine  Uziachen.  Aviland  1888. 

Die  Gletscher  der  Ötztaler  Gruppe  im  Jahre  1888.  (ICit  einer  Ansicht  des 
Vernagtgletrichers.)    Z.  D.  ö  A.-V.  1885. 

Der  Earlingergletecher  ibSO— 80.  (1  Karte.)   Ebda.  1888. 

3)  Über  BMbaehtnngea  ui  den  gegenwBrtigen  Gletsehem  der  Alpen.  (Als  Bei- 
trag nm  Studium  der  Bisieü)  Yerii«  d.  lY.  D.  Qeo8r.-Tages  in  Mfiuchea.  1884. 


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Bdnard  fiichter. 


197 


dw  Stationen  herabgedrückt,  wenn  wir  sehen,  „dafi  unsere  meteorologischen 
Listea  nun  seit  mäu  als  sehn  Jahren  eine  gans  unsweifislhafte  Periode 
stBricerer  NiodeneUSge  aafweuen,  die  Gletedier  aber  nocih  immer  nieht  recht 
IGene  maeheo,  ihre  rflokgehende  in  eine  TontoBende  Bewegung  in  Terkebrea**. 

Die  Orfinde  fttr  die  UnxvyerlBssigkeit  der  meteorologischen  Beobachtnngen 
liegen  znnSchst  darin,  daß  Talstationen  fftr  Qebirgsg^penden,  vollends  ftr  ent- 
ferntere, keineswegs  maßgebend  sind,  daß  sie  nach  Zahl  nnd  Alter  durchaus 
nidit  amreichen  und  daß  die  Schneehöhen  bisher  nur  in  unzulänglicher  Weise 
gemessen  werden  konnten.  Sind  aber  die  Gletscher  wirklich  ein  klimatisches 
Phänomen,  dann  besitzen  wir  in  ihrem  jowoiligHn  Stand  den  empfindlichsten 
Spiegfd  der  Veränderungen  und  Schwankungen  des  Klimas,  die  auch  von  den 
Apparaten  nicht  mehr  registriert  werden;  hinsichtlich  der  Eiszeit  finden  wir 
die  Vei-ni\itung  bestätigt,  ,,daß  schon  verhiiltnisniiißig  sehr  genngiugige  Ände- 
rungen des  Klimas  genügen  mußten,  um  außerordentliche  Dimensionsverände- 
rungen  der  Gletsdier  hervorzubringen,  also  Eissexten  zu  erzeugen". 

Die  Beobachtungen  an  den  EisstrOmen  des  Otxtales  lehren  (was  schon 
die  meteorologischen  Tabellen  hatten  erkennen  lassen),  daß  die  Schwankung 
der  GletscherlSnge  von  der  Schwankung  der  Niederschlagsmenge  abhlngig  ist. 
Obwohl  einzelne  benachbarte  Gletscher  unter  gans  gleiehen  klimatischen  Ver- 
hältnissen existieren,  war  doch  der  Grad  ihres  Bdokgangee  ein  sehr  ungleich- 
mäßiger. „Während  einzelne  Gletscher  so  snrückgegangen  sind,  daß  sich  der 
ganze  Landschaftscharakter  verändert  hat,  und  das  Gletscherende  jetzt  um 
einen  Kilometer  und  mehr  zur&ckverlegt  ist,  sieht  man  benachbarte  Gletscher, 
bei  welchen  der  Rückgang  nur  wenige  Dutzend  Meter,  das  Einsinken  eben- 
falls nicht  80  oder  100  in,  wie  bei  den  anderen,  sondern  nur  10  l»is  20  m 
beträgt."  Richter  erblickte  die  Ursache  dieser  auffallenden  Erscheinung  in 
dem  sehr  verschiedenen  Verhältnis  zwischen  Firnfeld  und  Länge  des  Eisstromes. 
Der  Rauminhalt  des  Fimfeldes  zu  dem  der  Eiszunge  verhält  sich  hier  z.  B. 
wie  6:1,  dort  wie  9:1,  ja  wie  15:1.  Letzteres  dann,  wenn  die  Eismasse 
über  steile  Stufen  rasch  in  wärmere  Regionen  gelangt,  wo  die  Abschmeixung 
bei  geringer  Flächenentwicklung  ebenso  viel  verzehrt  als  weiter  oben  bei  einer 
bedeutend  größeren.  Die  Kleinheit  der  Abschmelzungsfläche  beschleunigt  eben 
den  ganzen  Gletscherprozeß.  „Tritt  nun  auf  einem  Gletscher  letzterer  Gattung 
ein  bedeutender  Zuwachs  ein,  welcher  durch  seine  Masse  und  schnelle  Bewegung 
die  Abschmelznng  bedeutend  überwiegt,  so  wird  er  in  dem  räumlich  beengten 
Gletscherbett  viel  mehr  sichtbar  werden,  als  in  einem  räumlich  ausgedehnten. 
Dort  wird  eine  auffallendere  Zunahme  der  Eisdicke  und  Zungenlänge  ein- 
treten, als  hier,  wo  sich  dasselbe  Quantum  auf  eine  viel  größere  Fläche  ver- 
teilen kann."  Beispiele  bieten  der  Mittelbergglet.scher  mit  einem  Rückgang 
von  800  m  und  einem  Einsinken  von  mehr  als  100  m,  demgegenüber  der 
flache  Gurglergletscher  nur  150  in  Rückgang  und  20 — 30  m  Erniedrigung 
aufweist.  Ein  solcher  Gegensatz  würde  unerklärt  bleiben,  wenn  man  bloß  in 
Sehwankungen  der  abschmelzenden  Wärme  und  nicht  in  der  Verschiedenheit 
der  Quantität  des  Nachschübe  seine  Ursache  erblicken  wollte. 

Der  interessanteste  Punkt  jedoch,  den  der  Vortragende  zur  Sprache 
bradite,  war  die  Darlegung  seiner  Ansicht  Aber  die  Olaiialerosion,  wie 


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19d 


Georg  A.  Lnkai: 


er  de  naoh  seinen  Beobeefatongen  an  menten  Olettehem  eineohitMn  n 
•ollen  gUrnUe.  Wir  erkennen  den  VerfiMser  des  „GletBclierplilnonienS**  wieder, 
wenn  wir  hören,  wie  Biditer  ancb  jetet  den  Gletsdiem  eine  solohe  Boden- 
almntning  oder  GeschiebeyerBchleiipaag  nicht  sutrant,  wekhe  irgendwie  nur 

Herstellung  hohler  Bodenformen,  d.  h.  zur  Muldenbildnng  ftthren  könnte.  Er 
sohlieflt  nui  den  Worten:  „Es  wäre  ja  eine  wahrhaft  erlösende  Entdeckung, 
wenn  man  sagen  könnte:  hier  sehen  wir  einmal  auch  bei  einem  jetzigen 
Gletscher,  im  Experiment,  vor  unseren  Augen  die  Entstehung  eines  Seebeckens, 
einer  Mulde  durch  Glazialerocdon.  Ich  war  bisher  nicht  so  glücklich,  etwas 
derartiges  zu  finden," 

Als  Richter  dem  Rufe  an  die  Grazer  Universität  gefolgt  war,  erweiterte 
sich  naturgemäß  auch  der  Umfang  seiner  Gletscherstudien. 

Sein  Hauptwerk  auf  diesem  Gebiete  waren  und  blieben  „Die  Gletscher 
der  Ost- Alpen" ein  Bnch,  dessen  Aniknge  tief  in  die  Salsbnrger  Zeit 
srnrOckreichen,  mit  dem  aber  nun  eine  Art  akademischer  Antrittsechrifk  großen 
Stiles  geboten  werden  sollte.  Die  mUherolle  Arbeit  war  enndglicht  erst  seit 
YoUendnng  der  Originalanfiifthmen  des  Alpengebiets  in  1:26000  dureh  das 
k.  n.  k.  miL-geogr.  Institut  (1870 — 78).  ^  Ansnttfanmg  dieser  Karten- 
blätter  gestattete  einen  wesentlichen  Fortschritt  g^enfiber  den  ftof  Klterem 
Material  beruht>n<len  Forschungen  K.  Sonklars. 

Allen  physikalischen  Erörterungen  ging  Richter  deshalb  aus  dem  Wege, 
weil  er  nur  jene  Seiten  des  Gletscherphönomcns  zu  behandeln  gedachte,  deren 
Auftreten  örtlich  bedingt  erschien.  Er  wollte  erschöpfende  Antwort  geben 
auf  die  Frage:  „Tu  welchem  Umfange  und  mit  welchen  besonderen  Erschei- 
nungsformen treten  Gletscher  in  unserem  Gebiete  auf  und  welches  sind  die 
klimatischen  und  orographischen  Voraussetzungen  dieses  Auftretens  V'  Aus 
äußerlichen  Gründen  unterblieb  eine  Besprechung  jener  Ost-Alpengruppen, 
welcbe  gans  der  Schweiz  angehören;  dagegen  wurden  auch  sohweiserisohe  und 
italienische  Gebietsteile  behandelt,  wenn  die  Hauptmasse  dar  betreffenden  Oe- 
birgsgmppe  in  Österreich  gelegen  war. 

Ffir  das  in  dieser  Art  modifisierte  Ost>Alpengebiet  wurde  nun  unter  Zu- 
grundelegung der  Einteilung  A.  y.  Böhms  eine  Tollstindige  Auftihlnng 
und  Flächen  Vermessung  sämtlicher  Einzel  gletscher  gegeben;  selbstverständlich 
war  damit  auch  eine  kurze  Beschreibung  ihrer  Lage  und  Eigentümlichkeiten 
verbunden,  und  /war  gilt  dies  nicht  bloß  von  den  großen,  sorgfältig  beob- 
achteten Eisströmen,  sondern  ebenso  von  den  kleinen,  namenlosen  Fimtlocken. 
Denn  auch  diese  letzteren  kamen  für  das  in  Betracht,  was  vom  Verfasser 
selbst  als  der  eigentliche  Hauptzweck  seiner  Untersuchungen  angesehen  wurde: 
die  genaue  Fesistt  Uung  der  Schneegrenzh()hen  in  den  einzelnen  ostalpinen 
Gruppen  und  die  Aufdeckung  der  Ursachen,  aus  denen  in  manchen  Fällen 
Abweichungen  von  der  theoretisch  zu  erwartenden  Höhensahl  vorkommeiL 

Eme  Voranssetsung  dieses  Unternehmens  war,  dskß  vorher  fkber  dsn  Be- 
griff der  Schneelinie  und  die  Methoden  sn  ihrer  Ermittlung  ausftUirlicher 

1)  Handbücher  zur  deutachen  Landes-  und  Volkekunde  (hrqg.  t.  d.  Zentral- 
komm, f.  wise.  Landeekde.  von  DentieUand).  8.  Bd.  7  K.,  i  Ane.  n.  44  Prof.  im 
Test   Stattgait  1888. 


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Edaard  Hioliter. 


199 


gehandelt  wurde,  da  mit  einem  so  viel  besprochenen  und  mituiiter  so  ver- 
•diiadeii  w^gifafltoa  Gegensteade  nkSit  tAa»  ▼orlrarige  klärende  Auseinander- 
MtniDg  operiert  werdm  dnrfta.  Dvr  erste,  allgemein«  Absclmitt  dea  Bache» 
ist  daliflr  anflar  korian  ErOrtemogen  llbar  die  Genanigkeit  der  Karten  und 
MeaningMi  eowia  über  die  Terwandeten  teehmBchen  Ausdrücke  (Tal>,  Kar-*), 
Gehänge-,  Plateau-  und  SeklnehtgletsclMr,  Oipftlfime)  anssddießlioli  dar 
Schneegrenze  gewidmet 

Richter  definiert  den  Tielnmstrittenen  B^[riff  dorsolben  „als  jene  Höhen- 
linie im  Gebirge,  oberhalb  welcher  die  sommerliche  Wärme  nicht  mehr  aus- 
reicht, den  im  Verlaufe  des  Jahres  fallenden  Schnee  wegzuschmelzen".  Die 
S<hwierigkeiten,  welche  sich  einer  Ermittelung  der  klimatischen  Schnee- 
grenze (im  Sinne  Ratzels)  entgegenstellen,  beweisen  nichts  wider  ihre  tat- 
sächliche Existenz;  „die  Schnepansaramlungen  auf  den  Gebirgen  unserer  Erde 
sind  und  bleiben  klimatische  Erscheinungen,  denn  sie  w  erden  diircb  kliniatische 
Faktoren,  die  Wärmeabnahme  mit  der  Höhe  und  die  Anwesenheit  einer  ge- 
niMen  Hange  Ton  Wasserdampf  hervorgwafen,  und  die  rdsÜTe  Größe  dieser 
Faktoren  bestimmt  das  Maß  ihres  Aaftreten«^.  Horisontale  FUUshen  alleiiL 
würden  eine  exakte  Hessong  der  UimatiBchen  Sdmeelinie  snlassen;  da  es 
aber  solohe  in  den  Alpm  bekannüioh  nicht  gibt»  so  steht  eben  jedes  limfeld 
and  jeder  Gletscher  in  hSherem  oder  geringerem  Grade  nnter  dem  Einfloß 
einer  orographisdien  Begfinstigang  oder  Benachteiligong  (Batsds  orographi- 
sche  Schneegrenze).  „Wir  werden  also  immer  mit  Ergebnissen  zu  tun  haben^ 
welche  gegenüber  der  Vorstellung  einer  klimatischen  FUcbe,  die  sich  mit  dem 
Gebirge  verschneidet,  entweder  zu  hoch  oder  zu  niedrig  sind,  nnd  daher 
&berall  eine  cntsprochoude  Korrektion  anbringen  müssen." 

Eine  Berechnung  der  klimatischen  Scbueelinie  kann  nun  zunächst  aus 
den  meteorologischen  Verhältnissen  erfolg''n  unklar);  doch  müliten  in  diesem 
Falle  die  Temperaturen  an  der  Schneegrenze,  somit  auch  die  ILihen  der 
Schneeregion,  wenigstens  für  einen  Teil  der  Alpen,  ferner  die  Schneemengen 
und  die  Temperaturen  für  alle  Höhenstofen  genau  bekannt  sein.  Ein  anderer 
Weg  ist  die  direkte  Messong  oder  SclUltzung,  wobei  die  Finilinie  (Hugi) 
eine  Bolle  spielt,  jene  Stelle,  wo  das  Bis  der  Gletsdienonge  ans  dem  Schnee 
des  Fitnfeldes  „heranswichst^;  hier  ist  die  Grenze  swisehen  Nihr-  nnd  Sdmiels- 
filnei  Diese  Linie  liegt  wohl  erfahrongsgemiß  tiefer  als  die  Uimatisdie 
Sdmeegrense,  aber  ein  konstantes  Verh&ltnis  swisehen  beiden  besteht  nicht. 

Einen  neuen  Versuch,  die  Schneelinie  zu  ermitteln,  machte  Brückner 
durch  die  Untersuchung  der  eben  noch  und  der  eben  nicht  mehr  vergletscherten 
Gebiete,  also  durch  Grenzwerte.  Richter  weicht  von  dieser  Metbode  insofern 
ab,  als  er  sich  von  der  Notwendigkeit  überzeugte ,  „zwischen  den  einzelnen 
Gattimgen  kleiner  Gletscher,  je  nachdem  sie  einen  größeren  oder  geringeren 
Grad  orographischer  Begünstigung  erfahren,  Unterschiede  in  der  Art  der  Fol- 
gerungen zu  macheu,  welche  aus  ihrem  Dasein  gezogen  werden.  Es  wird  für 
die  Höhe  der  Schneegrenze  ein  IMateaufirn  eine  ganz  andere  Beweiskraft 


1)  Richters  a.  a.  0.  (S.  9)  Torgeechlagene  Schreibung  „Kahr"  hat  sich  nicht 
eingebürgert. 


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200 


Georg  A.  Lukat: 


haben,  als  ein  flaches  Kar,  und  dieses  wieder  eine  andere,  als  «ine  stark  be- 
Mhattele  Hiüde.'*  Nor  solehe  GklaolMr,  irelcli«  in  weiten,  w«nig  geneigten 
Karm  li^n,  kOnnen  Ar  die  Bestimmang  der  Uimnlisdien  Ek^neelinie  in 
Betraeht  kommen.  Im  Oegeniatse  an  Bruckner  lind  an  Stelle  der  Gipfel 
die  wenig  geneigten  Stellen  der  Mniden  in  Rechnnng  an  liehen.  Steile, 
aehneafireie  Feltpärtien  sind  «onoMfaeiden. 

Richter  gedenkt  femer  der  älteren  Schneegrenzangaben  S  ansäuret, 
Humboldts,  Buchs,  Wahlenbergs,  der  GebrQder  Schlagintweit,  erwähnt 
Darocher,  Weiden,  0.  Heer  und  Höfer;  dann  wendet  er  sich  zur  Be- 
rechnung der  SchnecgrenzG  durch  Vergleich  des  Fläehenraumes  der  Ver- 
gletscherung mit  den  von  gewissen  Höhenlinien  eingeschlossenen  Küumen. 
Da  aber  deren  Beziehungen  durch  orographische  Elemente  derart  gestürt 
werden,  daß  ein  Parallelismus  zwischen  dem  Gang  der  dieses  Verhältnis 
ausdrückenden  Zahlen  und  der  Höhe  der  klimatischen  Schneegrenze  nicht 
anzunehmen  ist,  kann  eine  allgemein  gültige  Methode  hierauf  nicht  gegründet 
werden;  doch  wird  die  Yeimessung  des  flBehenranmes  innerhalb  gewisser 
HdhenUnien  mit  Erfolg  nr  Erlftutemng  der  in  den  einseinen  Gmppen  ob- 
waltenden Masse  der  Vergletscherung  heranzuziehen  sein.  Wenn  Brückner 
awisdien  Sammelgebiet  und  Eiszunge  ein  YerhBltnis  yon  8:1  annimmt,  so 
ist  dies  ein  Maximalwert,  der  sich  gelegentlich  so  weit  von  der  WirUicUceit 
entfernt,  daß  er  bedeutungslos  wird;  dran  folgende  Satze  Aber  das  GrOßen- 
verhältnis  von  Fimfeld  und  Zunge  werden  von  Richter  erwiesen:  Die 
Teilung  eines  Gletschers  in  Fimfeld  und  Zunge  fällt  in  der  Kegel  nicht  zu* 
sammen  mit  der  Orenze  des  Schmelz-  und  Sammelgebietes.  Indem  man  dies 
übersehen  hat,  entstanden  die  so  stark  abweichenden  Angaben  über  das 
Größenverbiiltnis  dieser  beiden  Räume.  "2.  Die  stärksten  Unterschiede  in 
diesem  Verliiiltuis  werden  nicht  durch  tiefere  oder  böliere  Lage  der  Zungen, 
sondern  durch  die  veiTJchiedene  orographische  Begünstigung  der  Firafelder 
hervorgerufen.  3.  Für  Talgletscher  kann  man  als  Begel  ein  Yeih&ltnia  des 
Schmelzgebietes  znm  Sammelgebiet  wie  1:8  TOnrasselBKi;  bei  staiker  oro- 
graphischer  Begfinstigung  wird  das  aweite  Glied  des  Verhlltnisses  kleiner, 
bei  mangelnder  Zungenbüdnng  (bei  Plateaugletschem  und  klttnen  Fim- 
ansammlnngen)  bedeutend  grOßer  werden.**  Danach  ist  es  einleuchtend,  daß 
Brfkckners  Methode,  d.h.  die  Aufsudinng  jener  Ldnie,  weldie  den  Gletsoiber 
im  Verhältnis  1  :  3  teilt,  sich  wenigstens  auf  Talgletacher  anwenden  iSßt; 
nie  jedoch  darf  die  orographische  Begünstigung  unterschätzt  werden. 

In  dem  nun  folgenden  „Besonderen  Teil^  seines  Buches  gibt  Richter 
genaue  Mitteilungen  und  Berechnungen  von  nicht  weniger  als  101 'i  riletschem, 
welche  zusammen  (nach  der  zu  (iruiide  gelegten  Karte)  14(il.9  ([km  maßen. 
Am  wertvollsten  ist  hier  das  SchluBkajtitel .  welches  zusmnmeufassende  Er- 
örtpmngen  über  dit-  Hr>he  der  Schneegrenze  in  den  Ostalpcn  bringt. 
Am  auffallendsten  sind  da  die  großen  Differenzen  zwischen  einzelnen  Gruppen: 
den  2500  m  der  nördlichen  Kalkalpen  stehen  2600  m  der  Goldberg-  und 
Ankogelgruppe,  2700  m  der  wesÜichen  Tauem,  ZiUertaler  und  Stnbaier  Berge, 
sowie  der  sfidliohen  Ralkalpen  mit  Brenta,  2760  m  der  nördlichen  SüTretta, 
3800  m  der  nOrdlidien  Otztaler  Bei^e,  der  Adamello*  und  Presanellagmppe, 


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£duard  Richter. 


201 


2900  m  der  Ortlergruppe  und  3950  m  des  seiklnl«n  Otcteles  gegenflber.  „So 
wigk  lieh  also  in  nnserai  Alpen  die  Lage  der  Sohneeliiiie  in  der  Weise  an- 
geordnet, daB  fibenll  die  Anfienrtnder  one  tiefere  Bdmeegrenie  besitien,  als 
die  inneren  Teile  nnd  die  grOßten  HasseneriielNmgen  den  höchsten  Stand  anf- 

weisen,  während  sie  umsomehr  sinkt,  je  weniger  breit  im  ganzen  der  noch 
in  die  Schoeeregion  anfragende  Teil  des  Gebirges  ieti  nnd  daß  die  Höhe  von 
Norden  gegen  Süden  weniger  bedeutend  ist  als  die  von  außen  gegen  innen.** 
Die  Schneegrenze  in  den  Alpen  steigt  also  nicht,  wie  man  frflher  glaubte, 
gegen  Osten  an.  vielmehr  zpigt  sich,  dali  stark  geglioderte  Gebircje  in  Bezug 
auf  die  Schneegrenze  einf  ähnliche  Wirknnf'  hprvorbringen  wie  Hochebenen, 
nämlich  daß  sie  ein  Austeigen  dt  r  Schueeregion  nach  innen  zu  veranlassen. 
Trockenheit,  höhere  Wärme,  klares  Winterwetter,  Hinaufrücken  der  Vegeta- 
tioDs-  und  Schneegrenzen  sind  für  Hochebenen  und  zentrale  Gebirgsgruppen 
in  gleidier  Weise  kennzeichnend.^) 

Schließlich  konunt  Richter  noch  auf  die  Schwankungen  der  Qletscher 
m  sprechen;  er  weist  auf  die  ungeffthr  gleidi  starken  Yorstöfie  von  1830 
ud  1860  hin,  Ton  denen  der  letitere  sich  da  und  dort  in  swei  Maadma  sn 
teilen  schien. 

Der  Schwerpunkt  des  auch  mit  Karten  und  Profilen  reich  ausgestatteten 
Werkes  liegt  wohl  hinsichtlich  der  positiven  Ergebnisse  im  besonderen  TeilCf 
in  der  Mitteilung  der  vielen  planimetrischen  Flächen  berechnungen  ostalpiner 
Glptscher  \md  in  der  kritischen  Erörterung  der  gewonnenen  Werte.  Kaum 
geringere  Ik'deutung  wird  man  aber  den  einleitenden  und  zusammenfassenden 
Abschnitten  l>eimessen  dürfen,  welche  durch  ihre  ))elehrendpn  Ausblicke  nnd 
Anregungen  wesentlich  zur  Belebung  der  Gletscherstudieu  überhaupt  bei' 
getragen  haben. 

1889  fand  Bichtnr  zusammen  mit  Finsterwalder  gelegentlich  einer 
Inspektion  der  von  ihm  angeregten  Yemagtgletsoher-Üntwsudiung  den  Eis- 
•ee  im  Hartelltal.  Sofort  beschlltigte  ihn  dieses  Fhlnomen,  das  durch 
die  traurigen  Vnheerungen,  die  sich  alle  Jahre  wiedecholten,  auch  weiteren 
Kreisen  bekannt  wurde;  er  beechiftnkte  sich  jedoch  nicht  auf  die  Erklimng 
Düsses  bekanntiich  durch  das  VoirOcken  des  Zufallfemers  aofgestantm  Sees, 
sondern  er  bemühte  sich  anchf  an  berufener  Stelle  geeignete  Vorkehrungen 
g^gen  die  mit  Sicherheit  zu  erwartende  Wiederkehr  der  Katastrophe  zu  ver- 
anlassen.') Er  schlug  zu  diesem  Zwecke  vor,  die  Schutzbauten  im  Tale 
wieder  herzustellen  imd  zu  verstärken,  femer  eine  Talsperre  anzulegen  und 
endlich  nötigenf&LU  den  Butzenbach  abzuleiten.    Die  Regierung  wandte  sich 

1)  Andere  hieiheigehdrige  PnbUkatiooen  Richten  lind: 

Die  Bestimmung  der  Schneegrenze.   Hmnboldt  VIII.  1889. 
L'altitudine  del  limite  delle  ucvi  nelle  Alpi  orientali  (l  K  V   Cron.  d.  Soc.  Alp. 
Friul.  Vn  u-  VIII.  1889.  (VergL  Kiv.  mens.  d.  Cl.  Alp.  Ital.  IböO.) 

9)  Der  Gletscheianshnich  im  Vartelltal  und  seine  Wiederkehr.  H.D.0.A.-y.l889. 

Die  Hilfsmittel  gi^n  Ansbrflche  von  Eisseen.  Ebda. 
Die  Glet*cherBeen  der  Alpen,    fl  Abb.)   GlobuB  1890. 

Eine  ausfährliche  Daxstellong  jener  mit  Richter  gemeinsam  erfoncbten  Ver- 
hlllBisae  bot  8.  Finsterwalder.  Die  OletMhenMsbtflche  des  Martentales.  Z.  D. 
ö.  A.-V.  1890. 

•HSWSiiwii»g«iiMlHW  IS-Jakimc.  19M.  4.BMk'  14 


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202 


Georg  A.  Lukas} 


deshalb  an  üm,  als  1891  neuerdings  Gefahr  drohte,  und  landte  ihn  als 

SaehverstJlndigen  in  das  bedrohte  Tal. 

Bald  daxaof  veranlaßte  ihn  Brückners  Entdeckung  der  35jährigen 
Klimaschwankungen  (1890)  zu  einer  Arbeit  besonderer  Art.  Die  Empfind- 
lichkeit unserer  Eisströme  auch  geringfügigen  Änderungen  des  Klimas  gegen- 
über ist  schon  hervorgehoben  worden;  es  lag  deshalb  nahe,  zu  untersuchen, 
ob  tatsächlich  Brückners  Theorie  durch  die  Geschichte  der  Gletscher- 
schwankungen bestätigt  werde.  Was  Richter  mit  besonderer  Genugtuung 
empfand,  war  nicht  bloß  das  interessant«  Thema  an  sich,  sondern  mehr 
noch  der  eigenartige  Weg,  auf  dem  er  zum  Ziele  gelangte  und  den  nur 
wenige  Forscher  hfttten  wagen  dftrfeo.  8nt  mehr  als  fttnf  Jahren  war  der 
Sstoriker  in  ihm  nicht  auf  seine  Bedmung  gekommen;  jetxt  konnte  er  die 
Methode  gesehichtlidher  Quellenkritik  anf  einen  natnrwissenschalUichen  Gegen- 
stand anwmden  nnd  das  erftttlte  ihn  mit  bestmderer  Freade.  Schon  1877 
hatte  er  einen  Beitrag  zur  Geschichte  des  Vernagtgletschers  aus  dem  Material 
der  k.  k.  Hofbibliothek  in  Wien  schöpfen  können'),  jetzt  dehnte  er  seine 
Forschungen  auf  das  Gesamtgebiet  der  Alpoi  aus.^)  Die  Ergebnisse  stimmten 
mit  den  Aufstellungen  Brückners  vollkommen  übercin;  die  Gletschervorst^iße 
kehren  in  Perioden  von  20 — 40,  im  Mittel  35  Jahren  wieder;  die  Vorstöße 
haben  jedoch  nicht  gleiche  Intensität  und  verlaufen  nicht  ganz  gleichmäßig; 
auch  kann  Vorstoß  oder  Rückgang  gelegentlich  so  schwach  angedeutet  sein, 
daß  eine  Hochstand-  oder  Schwiridperiode  von  doppelter  Länge  in  Erscheinung 
tritt.  Der  Vorstoß  beginnt  noch  während  der  feucht- kühlen  Klimaperiode, 
es  ist  also  die  Verzögerung  geringer,  als  man  annahm.  Endlich  f^egt  keine 
einzige  wirklich  gat  beglaubigte  Naehridit  vor,  welche  uns  nötigen  wflrde 
annmehmen,  dafi  in  historischer  Zeit,  yw  dem  16.  Jahriiundert,  die  Alpen- 
gletscher dauernd  kleiner  gewesen  seien  als  jetit,  vielmehr  dürfte  jene  YolkS" 
meinnng  yomehmlioh  durch  die  Erinnerung  an  die  regehniftigen  Gletscher- 
Schwankungen  und  die  dadurch  hervorgebrachten  YedSuderungen  der  Weg- 
samkeit  beeinflußt  sein". 

Je  Tielseitiger  die  Beziehungen  Richtars  zu  allen  Zweigen  der  Qletscher- 
forschung  winden,  desto  lebhafter  wünschte  er,  zur  Bewältigung  der  immer 
zahlreicher  auftauchenden  Probleme  weitere  Kreise  zu  interessieren.  Diesem 
Wunsche  kam  die  Begründung  des  „Wissenschaftlichen  Beirats"  zmn  D.  u.  O. 
Alpenverein  entgegen,  dem  er  als  Mitglied  oder  Vorsitzender  seit  1890  an- 
gehörte; die  reichen  Mittel  dieser  großen  Körperschaft  konnten  nun  manchem 
Unternehmen  dienstbar  gemacht  werden,  das  man  sonst  einer  fernen  Zukunft 

1)  Z.  D.  ö.  A.-V.  1877. 

2)  Über  Klimaschwankungen.  Deutsche  Rundschau.  1891. 

Geschichte  der  Scbwankongen  der  Alpengletscher.  (1  K.,  1  Abb.)  Z.  D.  Ö. 
A.-y.  1891. 

Neues  von  den  Gletschern  der  Ost-Alpen.    P.  M.  1891. 

Urkunden  über  die  Ausbriidie  des  Vernagt-  und  Gurglergletschers  im  17.  und 
18.  Jahrhundert.  Aus  den  Inns  brucker  Archiven  hrsg.  (1  K.)  Forsch,  z.  d.  Landes- 
Q.  Yolkskde.  VL  Bd.  4.  H.  189S. 

Bericht  aber  die  Bohwaaknngen  der  Gletscher  der  Ost>Alpen  1868— 18M* 
Z.  D.  ö.  A.-V.  1898. 


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Edvftrd  Bic1it«r. 


203 


hätte  überlassen  müssen.  Richters  Einfluß  wuchs,  da  er  in  den  Jahren 
1895—97,  solange  Graz  Vorort  war,  als  zweiter  Präsident  wieder  an  der 
Spitze  des  Vereines  stand.  Für  das  Studium  dos  Gletscherph&noraens  aber 
war  es  noch  wichtiger,  daß  er  auf  dem  Geologenkongreß  zu  Zürich  1894 
rum  Mitglied,  1897  zn  St.  Petersburg  zum  V^orsitzenden  der  internatio- 
wlai  Gletscherkommission  gewählt  wurde.  Er  versuchte  jetzt,  ein  für 
•Ue  Kalturlinder  gültiges  Azbeitsprogramm  m  mäuSm  und  die  Fondnuig 
oobeiilieher  su  gestaHen.^)  Dieaem  Zweoke  sollt»  die  von  ihm  emberafeae 
AduBlmiexlronfefei»  dienen,  welehe  im  Augnrt  1899  un  Bhönegleteöher  (ni 
fibtedi  im  Wallis)  znsunmeBtnt»  den  Bhöne-  und  üntefMigletMher  eingehend 
Mehtigte  und  melurere  Sitcnngen  abhielt.  Als  Sigebnisse  and  la  betraditen 
dir  dem  Protokoll  beigelegte  Beftmd  Uber  die  Struktur  der  genannten  Eis> 
strOne^  eine  Klaesifikation  und  Benennung  der  Morftnen,  Wünsohe  für  weitere 
ÜBiersuchungen  und  ein  Befund  über  die  Kömerstruktur.') 

Richter  selbst  hielt  filr  die  wiclitigsten,  zunächst  der  Lösung  zuzuführen- 
den Fragen:  „1.  Die  Feststellung  des  Verhältnisses  zwischen  dem  Ablauf  eines 
Gletschervorstoßes  und  der  Bewegungsgeschwindigkeit  des  Eises;  2.  das 
neuerliche  Aufgreifen  der  eigentlich  physikaliscli -thermischen  Fragen."  Er 
hatte  1895  Gelegenheit  gefunden,  durch  eine  längere  Reise  nach  Norwegen 
Mne  Autopsie  auf  dem  Gebiete  der  Gletscherwelt  erheblich  zu  erweitern; 
den  Lesern  dieser  Zntsohiift  ist  der  treffliche  Anftati  bekannt,  in  dem  er 
Mine  diesbesflglidien  Beobachtungen  niederlegte^);  andi  über  Oletseher- 
•ebwaDkongen  Tsonodite  er  neues  Material  beosubringen.^)  Die  norwei^sehe 
Bdie,  deren  morphologische  Ziele  weiter  nnten  za  wllrdigen  sein  werden, 
lederte  seine  Meimmg  von  der  Titigkeit  der  GletMihsr  insofern,  als  er  nnn 
von  ihrer  tiefergreifenden  erodierenden  Wirksamkeit  überzeugt  war.  Seinen 
Standpunkt  kennzeichnete  er  in  dieser  Zeitschrift  (1899)  gelegentlich  einw 
tusführlichen  Besprechung  des  Drygalskischen  Grönlandwerkes. 

Für  die  internationale  Gletscherforschung  trat  er  auch  1900  auf  dem 
lur  Zeit  der  Weltausstellung  in  Paris  tagenden  Geologenkongreß  ein;  seinen 
Bemühungen  gelang  die  (Gründung  einer  französischen  CJletscherkommission.'^) 

Die  Redaktion  der  jährlichen  „Rapports"  über  den  Stand  der  Beob- 
•chtungen  an  den  Gletschern  aller  Gebirgsländer  der  Erde  veranlaßte  ihn, 
Bodi  einmal  eine  Fachkonferenz  einzuberufen,  die  1901  im  Otztal  zusammen- 
trat; anoh  1903  hatte  er  an  der  AbÜRSsung  des  Führers  fttr  die  Glaaialezfcur- 
■on  des  Wiener  Geologenkongresses  noch  Anteil,  den  Ausflug  selbst  aber 
konnte  er  nur  mehr  teilweise  mitmaehen;  kOrporUdies  Leiden  swang  ihn,  sieh 
Sdumnag  anlkusrlegen.  Bald  rauBte  er  auch  seinen  Liehlingsgedanken  anf- 
l^bsn,  dessen  ErAUnsg  seit  Jahren  sein  sehnlichster  Wnnseh  gewesen  war:  eine 
neue  „Gletscherkunde"  zu  verfassen.  Am  28.  November  1898  hatte  er  in  der 
k.  L  Qeogr.  Oesellsdiaft  an  Wien  einen  Vortrag  gehalten  über  „Nene  Eigeb- 

1)  Die  Arbeiten  der  inteinationaleu  Gletficherkommission.   P.  M.  1899. 
t)  Die  Qleteeherir<mfereiu  im  August  1890.  Ebda.  1900. 

3)  Die  Gletscher  Norv  egens.    (8  Abb.)    0.  Z.  1896. 

4)  Beobachtungen  über  (Tletscherschwanknngen  in  Norwegen  1896.  P.  M.  1896. 
i)  Gletscherforschung  in  Frankreich.   G.  Z.  1901.  S.  626. 


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S04 


a«org  A.  Liikftt: 


nisse  und  Probleme  der  Gletschert'orschung",  in  dem  er  in  gewohnter  klarer 
Weise  einen  Überblick  über  das  bisher  Geleistete  gab  und  auf  die  nächsten 
Aufgaben  hinwies.^)  Er  schloß  damals  mit  den  Worten:  „Vor  nunmehr 
16  Jahren  bezeichnete  Heims  ,61etMherfanide'  eine  glliitende  Zusammen- 
£usang  des  dimaligen  Steiides  oaierer  KemitniaM,  annebend  gemaeht  dnrek 
die  Originalitit  und  den  freien  Standponkk  ihres  Yeiikssen.  Sie  leigte  die 
Fortsdiritte,  die  in  den  29  Jahren  gemaeht  worden  waren,  seit  Moussons 
Bnch  (^e  Gletscher  der  Jetstseit^,  Zllrieh  1864)  enehieneiL  war.  Bei  ij^ste- 
mataacher  Verwertung  der  vorhandenen  materiellen  Mittel  und  zielbewußtem 
Zusammenwiiken  der  Fcocfaw  wird  es  vielleicht  möglich  soiu,  bei  einer  aber- 
maligen Zusammenfassung  wieder  einen  bemerkenswerten  Fortschritt  lestsn- 
steUen." 

Niemand  wäre  zu  dieser  Arbeit  berufener  gewesen,  als  Richter  selbst, 
der  seit  dem  Krscheinen  des  Heim  sehen  Werkes  einer  der  Führer  auf  diesem 
Gebiete  gewesen  war;  und  er  war  auch  mit  Freudon  bereit,  sich  dieser  Auf- 
gabe zu  unterziehen,  die  seinem  Lebenswerk  den  passendsten  Abschluß  geben 
sollte.  Wie  schmerzlich  mußte  es  ihn  berühren,  als  er  erkannte,  daß  seine 
phjsisdien  &lfte  dasu  idibt  mehr  ausreidmi  wflrdenl  Weleher  Verlnst  aneh 
fttr  die  Wissensdiaft,  der  das  Buch  dienen  soUtel  Und  dennodi:  was  Richter 
als  Gletscheiforseher  bis  dahin  geleistet,  reicht  bereits  Tollkommen  auSi  seinen 
Namen  nnTergeßlidi  su  machen.  Die  Oletscherknnde  hat  ihn  soerst  1883 
bekannt,  wenige  Jahre  spiter  berOhmt  gemacht,  sie  erhob  ihn  endUch  sa  «ner 
internationalen  Position;  als  Gletscherforsoher  vor  allem  wird  er  darum 
in  der  Erinnerung  von  Fachminnem  und  Laien  fortleben,  auf  Jahrzehnte 
hinaus  werden  die  Anregungen,  die  er  gegeben,  fortwirken,  und  noch  ISnger 
wird  das  Beispiel  seiner  Leistungen  snr  „rauhen  und  frostigen  Arbeit  der 
Gletscheruntersuchung"  aneifem. 

3.  Seenforschung. 

An  Stelle  der  Gletscher  traten  seit  dem  Ende  der  achtziger  Jahre  für 
längere  Zeit  die  Seen  in  den  Vordergrund  der  wissenschaftlichen  Interessen 

Wihrend  in  der  zweiten  Lieforung  des  „BeenatlaS^')  die  kartographi- 
schen Ergebnisse  der  Lotungen  und  Messungen  susammengesteUt  sind,  durch 
welche  Bichter  das  Ton  F.  Simony  begonnene  Werk  erfblgreich  beendete 
und  in  suverlissiger  Weise  den  Bau  der  größeren  Seebecken  Kfantens  und 
Krains  nebst  dem  Osterreichischen  Gardaseeanteü  aufdeckte  (die  Karten  sind 
nach  den  Originalaufnahmen  des  k.  u.  k.  militUr-geogr.  Instituts  in  1:25000 
mit  Schichtenlinien  und  mehrfach  abgestuften  Farbentönen  ausgeführt),  geben 
die  „Seestudien*")  zunächst  ErlSluteningen  zum  Atlas  und  bieten  sodann 
eine  Übersicht   über  die    Temperaturbeobachtungen   am    Millstätter-  und 

1)  Abb.  d.  k.  k.  Oeogr.  Gee.  in  Wien  1899. 

2)  Atlas  der  Osteir.  Alpenseen  (hrsg.  von  A.  Penck  und  E.  Richter), 
2.  Lief.  (Seen  von  Kämtcn,  Krain  und  Sttd- Tirol);  9  Taf.  mit  10  JL  n.  88  Frot 
Zu  Bi  VI  d.  Geogr.  Abb.    Wien  1897. 

8)  Ebda.  2.  U.  (8  Taf  u.  7  TextEg.)  Wien  1B97. 


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Eduard  Bichter. 


205 


WOrthersee.  Beaonders  die  leteteren  Absohiiiite  dieser  Ablumdlmig,  m  weklMii 
das  GefrieEroi  und  Aaftauen,  der  jahresacitliche  Wärmegang  der  Seetiefen 
besprodien,  Sprangschicht  und  Erd wärme  gewürdigt  und  sot  dem  groBen 

Zahlenmaterial  einleuchtende  Schlußfolgerungen  gezogen  werden,  trugen  sehr 
wesentlich  zur  Förderung  der  jungen  limnologischen  Wissenschaft  bei;  doch 
boten  auch  die  Kapitel  über  Lotungen  viel  Lehrreiches,  so  daß  es  nicht  un- 
angebracht erscheint,  den  Gedankengang  der  „Studien"  hier  kur?,  /u  skizzieren. 
Es  wird  dadurch  deutlicher,  inwiefern  Richter  die  Seenfurscliung  praktisch 
und  theoretisch  gefördert  hat  und  welchen  Standpunkt  er  in  mancher  Frage 

Alle  Lotongamethodea  haben  in  erater  linie  SOcksieht  ni  nelmien  auf 
eine  genflgende  Annhl  mid  besonden  anf  eine  iweoicmlBige  Yertoilong  der 
Lotpnakte;  diee  wiid  allerdiage  dadnroih  erleichtert,  daB  hÄ  der  Einfiidibeat 
des  Baues  der  meisten  Seewannen  schon  eine  Tezhiltnismiffig  geringe  Menge 

gemessener  Tiefenpunkte  ausreicht,  doch  gilt  auch  die  Begel,  „daß  die  An- 
sakl  der  notwendigen  Lotungen  bei  einem  kleinen  See  relativ  viel  größer 
sein  muß,  als  bei  einem  groAen^'.  Femer  mflssen  stets  in  der  Nähe  des 
Ufers  die  Messungen  dichter  sein  als  über  der  meist  ziemlich  ebenen  Mitte, 
Langjährige  Erfahrung  emptiehlt,  jede  Lotungsreihe  nach  Querprofilen  vorzu- 
nehmen, die  auf  dem  Ufer  möglichst  senkreclit  stehen;  denn  so  lassen  sich 
am  leichtesten  die  richtigen  Neigungswinkel  der  Uferböschung  feststellen,  was 
als  das  wichtigste  Moment  zur  Erkenntnis  des  unterseeischen  Reliefs  zu  be- 
zeichnen ist. 

Die  größte  Schwierigkeit  liegt  in  der  Bestimmung  des  Lotpunktes.  In 
dieser  Snsie^  ist  natOrHch  die  Lotung  vom  Eise  ans  allen  anderen  Methoden 
Tonrasidien;  leider  kommt  dieser  einfache  Weg,  den  schon  Simony  cor  Er> 
fossehong  des  WOrtherBcebeekens  beschritt,  selbst  fBr  die  Sffcers  zng^erenden 
Seen  nnr  snsnabmswmse  in  Betradit.  Einerseits  frieren  gerade  die  großen 
Seen  nicht  regelmftBig  zu,  andererseits  verursachen  Schneefall,  einmündende 
Biehe  und  aufsteigende  Quellen  ernste  Gefahren,  während  zu  große  Dicke  des 
Eises  viel  zeitraubende  Arbeit  beim  Anschlagen  der  Löcher  beansprucht 
Überdies  dauert  die  Zuverlässigkeit  der  Eisdecke  viel  zu  kurze  Zeit,  so  daß 
jedenfalls  die  Hauptarbeit  stets  vom  schwankenden  Boote  aus  vorzunehmen 
sein  wird  und  die  Bestimmung  des  Sohiffsortes  das  eigentliche  Problem 
darstellt. 

Am  einfachsten  und  zwtekinäßigsten  ist  hierfür  die  Zählung  der  Ruder- 
schläge, wobei  allerdings  Kuhe  der  Seeoberfl&che  und  große  Lotdistanzen 
▼oraosgesetst  werden.  Die  grOßte  Pehlerquelle  liegt  in  der  Unmöglichkeit, 
das  Boot  sofort  snm  Stehen  sn  Inringen  und  dann  genau  mit  der  froheren  Oe- 
sdiwindigkeit  die  Lotstation  wieder  ta  verlassen.  Wo  es  mOglich  ist,  kann 
man  freilich  dnrdi  Anfrtellmig  sweier  Theodoliten  vom  üfer  ans  den  Stand- 
pvmkt  des  Bootes  trigonometrisch  bestimmen  lassen;  aber  jeder  Fehler  ist 
BOT  dann  ansgeedilossen,  wenn  das  üfer  genauestens  aufgenommen  wurde, 
was  nicht  immer  zutri£Ft.  Richter  fand  schließlich  —  nach  ungtlnstigen  Er- 
'fünrongen  mit  der  Tachymetrie  —  als  einfachstes  und  sicherstes  Mittel  die 
n<ie<lieimniiwiiiig  mit  einer  gewöhnUdien  Log- Vorrichtung,  wobei  der  Ort  der 


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206 


Qttorg  A.  Lukas: 


LotuDg  doreh  ins  Wasser  geworfene  Papierschnitzel  markiert  werden  kann. 
Freilich  paßt  dieser  Vorgang  nur  für  kleine  Seen,  auf  großon  mit  starkem 
Wellengang  würden  sich  die  Fehler  allzu  emptindlich  summieren;  da  muß 
dann  der  Sextant  aushelfen.  Immer  jedoch  bleibt  es  nützlich,  die  Boder- 
BChläge  zwischen  den  einzelnen  Lotpunkten  zu  zählen. 

Auf  Grund  seiner  praktischen  Erfahrungen  konstruierte  Richter  bekannt- 
lich einen  Lotapparat,  dessen  erprobte  Brauchbarkeit  ihn  mit  gerecht- 
fertigtem Stolze  «rfUltft  und  ta  «r  dalur  den  Bemidiem  arines  geographischen 
InilitntB  gern  vorflUirte.  Die  Mmekine  (abgebildet  avf  8.  8  und  9  der  „See- 
Stadien*^  Ittfit  sich  sowohl  im  Boot  wie  auf  dem  Schlitten  anbringen;  der 
Erfinder  sagt  von  ihr:  Möglichste  Leiditigkett^  sdmeUe  Verpackung  auf  engen 
Baum  und  die  Möglichkeit,  sie  auf  jedem  Boote,  tack  dem  kleinsten,  raaoh 
und  sidier  su  befestigen,  waren  die  Anforderungen,  die  erfüllt  werden  mußten. 
Es  ist  gelungen,  ihnen  allen  gerecht  zu  werden  und  dabei  noch  eine  Messungs- 
genauigkeit  bis  auf  Zentimeter,  schnelle  und  bequeme  Handhabung  und  eine 
Iieistungsflihigkeit  auch  für  die  größten  in  Europa  TOrkommenden  Binnensee- 
tiefen zu  erreichen."  Von  ähnlichen  Apparaten  unterscheidet  sich  der  Richter- 
sche  hauptsächlich  dachych,  daÜ  alle  vorliandenen,  durchwegs  metallenen  Räder, 
mit  Ausnahme  der  (übrigens  umklappl)aren)  Zalilvornchtung,  in  einer  Ebene 
angebracht  sind,  so  daß  die  Breiteudimeusion  der  eigentlichen  Maschine  nur 
5  cm  beträgt.  In  Folge  ihres  Zählwerkes  gehört  sie  unter  die  Prüzisions- 
apparate;  sie  gestattet  auch  Temperatunnessungoa  und  Aufholong  von  Grund- 
proben mit  der  Lotung  zu  Tcrbinden. 

So  ausgerüstet  lotete  Richter  den  Österreichischen  Anteil  des  Qaidasees 
aus,  wo  das  Senkblei  die  tie&te  Stelle  erreichte  (811  m);  femer  sind  die 
Karten  des  WOrther*,  Millstfttter-,  Faalrar-,  LSng^,  V^des-  und  Wocheinersees 
in  erster  Linie  das  Ergebnis  eigener  Bemühung;  der  Ossiachersee  wurde  Ton 
einem  Schüler  Richters  auf  Kosten  des  Deutschen  und  österreichischen  Alpen- 
Vereins  untersucht;  nur  für  den  Klopeiner-  und  Keutschaohersee  maßten  aus- 
schließlich fremde  Lotungen  in  Verwendung  kommen.  Das  unterseeische 
Relief  aller  genannten  Tlohlformen  erfährt  eine  eingehende  Prüfung;  am 
schwierigsten  war  dies  beim  Wörthersee,  dessen  verwickelter  Bau  483  Lot- 
puukt^,'  zur  Konstruktion  der  Karte  nötig  machte. 

Noch  wichtiger  als  die  Erkenntnis  der  TiefenverhSltnisse  eines  Seebeckens 
erscheint  die  Klärung  und  Deutung  des  Temperaturganges,  den  die 
Wassermasse  im  Wechsel  der  Jahreszeiten  durehiumachen  hat  Bichter  Ter- 
weist  da  auf  seine  dem  Wiener  Geographentage  1891  gegebene  Darstellung, 
▼ervollstftndigt  aber  die  damaligen  AusfBhmngen  in  manchoi  Einselheiten; 
er  statst  su^  dabei  auf  Messungen  im  MUlstStter*  und  Wdrtfaersee.  Der 
Abschnitt  Uber  das  Qe£neren  und  Auftauen  bringt  wertvolle  AufUtrungea 
über  den  Temperaturgang  zur  Zeit  der  verkehrten  Warmeschichtung,  wann 
sich  das  Wasser  abkühlt.  Diese  Beobachtungen  zeigen  die  Gültigkeit  der  von 
Forel  aufgestellten  Theorie  der  Uniformisation  durch  Konvektioiisstrome 
auch  für  die  verkehrte  Schichtung.  Von  Richter  selbst  stammt  „die  Beob- 
achtung und  nähere  Untersuchung  der  unerwartet  scharfen  Grenze,  die  dieser 
Erscheinung  der  jUniformisation*  (Ausgleichung)  nach  unten  gezogen  ist  und 


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Eduard  Biehter. 


207 


deren  Bezeichnung  als  Spniugschichte".  Daß  dieser  glücklich  gewählte  neue 
Fachausdruck  sich  rasch  einbürgerte,  erfüllte  seinen  Urheber  mit  großer  Ge- 
nogtuung. 

Es  mag  hier  in  aller  Kürze  daran  erinnert  sein,  worin  das  Wesen  der 
nSprungschichte"  besteht,  und  zwar  unter  Zugrundelegung  der  eigenen 
Ansffthrungen  Richters  vom  Wiener  Geographentage  (1891).^)  Er  sagte  där 
mall:  „Als  ich  im  August  1889  meine  regehmßigen  Uessnngen  (im  WlMfaer* 
lee)  begann,  hatte  die  8eeobei4Sehe  eine  Temperatnr  Ton  92 — 23^  C.  leh 
woßte,  dafi  die  Abnahme  unten  nieht  gans  regehnlfiig  vor  neh  geht;  was 
ich  fiad,  Obertiaf  aber  meine  Erwartungen  sehr.  Ym  der  Oberfläche  bis  tn. 
einer  Tiefe  Ton  8  m  hatte  das  Wasser  nahesn  die  gleiche  Temperatur;  es  gab 
Üatersehiede  nur  nach  Zehntelgraden.  Von  SV,  m  aber  nahm  die  Temperatur 
ganz  rapid  ab.  Wahrend  bei  9  m  noch  19''  zu  finden  waren,  fanden  sich  bei 
10  m  nur  mehr  IS'*  und  bei  11  m  II**.  Darauf  verlangsamte  sich  die  Ab- 
nahme wieder.  Bei  15  m  hatte  man  etwa  S**,  bei  19  m  7°,  bei  30  m  6**, 
bei  44  m  5**.  Während  also  zwischen  dem  15.  und  20.  Meter  die  Abnahme 
auf  den  Meter  ungefähr  V4  Grad  und  vom  20. —  30.  Meter  nur  Vu  Grad  be- 
trug, nahm  vom  9.  auf  den  10.  Meter  die  Temperatur  um  volle  ab;  es 
kain  also  auf  je  20  cm  eine  Temperaturabnahme  von  einem  Grad."  Als  Richter 
.  dann  diese  schmale  Schicht  mit  den  grellen  Temperatursprüngen  genauer 
untersiiehte,  ergab  sich,  sich  auch  diese  rasche  Abnahme  nicht  gleieh> 
mlfiig  auf  das  ganse  Meter  verteilte,  sondern  daB  es  in  der  Mitte  eine  Stelle 
gab,  wo  die  Abnahme  auf  20  om  2,4^  betrug;  die  Temperatnr  also  auf  8  cm 
um  eanen  gansen  Grad  abnahm.** 

Dar  Grund  für  diese  im  Hodisommer  und  Herbst  regniftre  Erscheinung 
Uogt  weder  in  der  Besonnung  noch  im  Wellengang  oder  in  der  direkten 
Wirmeleitung,  sondern  in  den  Strömungen,  welche  durch  abwechselnde  Er- 
wlimung  und  Abkühlung  der  Oberfläche  hervorgemfen  werden.    Daher  fehlt 
die  Bpmngschichte  noch  im  Mai:  sie  entwirlcelt  sich  erst  im  Juni,  indem  die 
Temperatur  in   10  m  Tiefe  ziomlit  h   konstant  bleibt,  die  ()l»eHlüch(Miwürme 
aber  immer  tiefer  nach  abwärts   greitt.    Dies  ist  üben-asclitridriweise  oine 
Folge  der  nächtlichen   Abkühlung,  da  hierbei  die   oberflächlich  abgekühlte 
Schicht  stets  bis  in  jene  Tiefe  sinkt,  wo  ihr  entsprechende  Temperatur  und 
Dichte  herrschen.    Alles  darüber  lagernde  Wasser  wird  durcheinandergemengt 
uad  nimmt  eine  gewisse  Mitteltemperatur  an,  die  sich  immer  mehr  von  der 
des  Tisfonwassers  entÜBnit.    „Es  sind  also  Strtoiungen,  langsame  kouTektive 
Zirkulationen,  welche  jene  scharf  abgegrenzte  warme  Schidit  enengen,  die 
wie  ein  IVemdklirper  auf  den  kflhlen  Massen  der  Seetiefen  schwimmt.**  Die 
Iststeren  werden  duroh  direkte  Wirmeleitung  „gehmsk^,  doch  geht  dies  un- 
gemein langsam  Tor  sich.    Wenn  dann  von  Anfang  September  an  die  all- 
näcbthcbe  Abkühlung  über  die  täglich«'  Erw&rmung  KU  flborwiegen  b^;innt^ 
"^rä  nicht  nur  die  Oberfläche  davon  betroffen,  sondern  die  ganze  warme 
Schicht  macht  diese  Temperaturemiedrigung  mit    Es  kommen  Sprünge  von 


1)  Die  Temperatnrverbältnisse  der  Alpenseen.  Ein  Vortrag,  gehalten  auf  dem 
IX.  D.  Geogr.-Xage  in  Wien  Verh.  ä.  189—197.   Berlin,  D.  Eeimer. 


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208 


Georg  A.  Lak»f: 


2®  in  einer  Nacht  vor.  „Vom  13.  bis  18.  Oktober  1889  kühlte  sich  die 
Oberfliche  von  16,^°  auf  14^^®  ab;  und  ebenso  die  Sdddiie  tod  10  m  Tiafo 
TOB  16,9*        ^^^^  können  sehAne  Tage  den  Wlrmeambll  bis  ta 

eineni  gewissen  Beirage  wieder  hereinbringen;  erst  Ton  Mitte  Oktober  an 
tritt  die  allgemeine  gkichmiBigo  Abktthluig  ein.  Die  OberflSdientempentar 
sinkt  iiglich  nm  etwa  0„*,  so  daß  Ende  November  nngefittur  6*  enreicht  rind. 
Jetxt  erst  ist  der  noch  Tor  einem  Monat  Torhandene  grelle  Übergang  samt 
der  warmen  Oberschichte  veracbwunden.  Non  greift  die  abkühlende  Zirku- 
lation immer  tiefer,  jedoch  überaus  latiL'sam,  weil  die  Wfirmeentziehimg  sich 
auf  30  und  mehr  Meter  Tiefe  gleichzeitig  erstrecken  muß.  In  der  zweiten 
Dezemberhälfte  sind  an  der  Wasseroberflilche  +  4®  C  erreicht.  Aber  erst  ein 
weiterer  Wlirineverlust  von  2^  ermöglicht  die  nste  Bildung  der  Eindecke,  die 
sich  fast  mit  einem  SchlajK'c  über  den  ganzen  See  ausbreitet  und  bei  zu- 
nehmender nicke  die  Wärmeabgabe  unterbricht. 

Aus  dem  Gesagten  geht  hervor,  daß  diese  von  Richter  zuerst  näher 
untersuchte  Sprungschicht,  ihr  Entstehen  und  Vergehen,  eigentUi^  scbon  das 
ganze  Problem  des  jährlidien  .Temperaturganges  anfiroUt.  Die  BrkUrang  des- 
sdben  bietet  nun  keine  erheUiehen  Sehwierigkeiten  mebr;  die  „Seestndien*' 
werden  denn  andi  mit  einer  snsammsnfiusenden  Übersicht  gssdüossen,  die 
swsr  sonSchst  sieh  nur  auf  WOrtber>  und  ICUstftttereee  besieht,  aber  bei  Be> 
rflokncbtigung  allf&Uiger  Differenaen  in  LagOi  Bau  und  Größe  des  Seebeckens 
selbstverständlich  allgemein  gilt. 

Auf  diese  Weise  hat  Richter,  der  die  Sommer  von  1888  bis  1894 
größtenteils  an  den  Klirtner  Seen  verlebte  und  auch  zu  anderen  Jahreszeiten 
viele  Reisen  dahin  unternahm,  durch  seine  gründliche  Arbeit  selbst  am  meisten 
dazu  beigetragen,  jenes  Programm  zu  verwirklichen,  welches  er  1^90  aufge- 
stellt hatte');  er  galt  nun  auch  auf  diesem  Gebiet«  als  eine  der  ersten 
Autoritäten,  deren  Rat  und  Hilfe  mehrfach  begehrt  wurde,  z.  B.  von  der 
ungarischen  geographischen  Oesellschaft  für  die  Erforschung  des  Plattensees. 

Welcher  Genoß  aber  Ar  ihn  mit  der  Litonng  dieser  Aufgaben  Ysrbundan 
gewesen  mx,  kann  man  den  schOnen  Worten  entnehmen,  die  er  im  Herbst 
1894  nach  Beendigung  seinw  Gardaseelotungen  niederschrieb'):  ^Niemand 
kann  eine  Landschaft  mehr  genießen,  als  der  sie  forschend  und  suchend  durch« 
streift.  Bäsch  eilt  das  Dampftehiff  yorbei,  von  dem  nnglfickUchen  Conp^- 
gefangenen  ganz  zu  schweigen;  wer  aber  durch  Tage  und  Wochen  sich  in 
der  Flur  und  am  See  umheiireibt,  der  sieht  Farben,  Formen  und  Stimmungen, 
die  der  Reisende  nicht  ahnt;  er  sieht  vor  allem  den  unglaublichen  Wechsel, 
der  unaufhörlich  die  Landschaft  neugestaltet;  was  jetzt  im  Scharfen  Sonnen- 
glanz in  allen  Einzelheiten  sich  gliedernd  vor  ihm  steht,  verschwimmt  nun 
zur  dunklen,  drohenden  Schattenmasse;  was  früher  im  fernen  Duft  versdiwand, 
steht  nun  müchtig  und  ausdrucksvoll  nahe;  der  See,  der  vor  einer  Stunde  als 
farbloser  Spiegel  sich  melancholisch  dehnte,  erscheint  nun  im  hellsten  Blau 
mit  seinen  weißen  Schaumkämmeu  von  rascher  Bewegung  belebt    Und  noch 


1)  Kin  Programm  für  Scenforscbung.    M.  D.  Ö.  A.-V.  1890. 

S)  Vom  Oacdaeee.  Münchener  Neoeate  Nachrichten.  Kr.  486.  M.  Okt 


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Bduftrd  Riehtez. 


209 


einen  Vorteil  hat  der  wissenschaftliche  Betrachter  vor  dem  Vergnügungs- 
reisonden  voraus:  das  ununterbrochene  Schauen  stumpft  die  Sinne  ab;  in  der 
herrlichsten  Landschaft  si»  ht  man  die  Schlafer  am  Verdeck  sich  dehnen;  wer 
aber  über  Apparat  und  Notiz])uch  sich  gebeugt  hat,  dem  ist  der  Aufblick 
Labmig,  und  dankbar  empfindet  er  immer  von  neuem,  daß  die  Natur  nicht 
UoB  intefieaiaiiti  soodem  andh  schdn  ist** 

8.  Oeomorphologische  üntersueliuiigeii. 

In  nieht  geringerem  MaBe  als  Gletsoher  und  Seen  muA  den  Alpen» 
ftneher  der  nnerschUpfliche  Formenschats  des  Hoehgebiiiges  anaehen.  Bioliter 
war  selbstverstlndlieh  auch  fHlher  nicht  aehtloe  an  dm  lahUosen  lodcenden 
BitMln  TorAbeigegangen,  welche  die  Natur  in  jenen  Regionen  der  wissen- 
schaftlichen Arbeit  gestellt  hat;  aber  erst  ab  TJniTersitätslehrer  beschäftigte 
er  sich  eingehender  damit  und  die  Blüte  der  morphologisdion  Forschung,  die 
liaiq»t8ftchlich  im  Erscheinen  von  A.  Penoks  „Morphologie  der  Erdoberfläche** 
ihren  äußeren  Ausdruck  fand,  regte  ihn  zu  eifriger  Mitwirkung  an.  An- 
knüpfung bot  sich  in  dem  merkwürdigen  Phänomen  der  Kare. 

Über  diesen  Gegenstand  sprach  er  bereits  1894  auf  der  Naturforscher- 
versammlung zu  Wien'i;  er  erklärte  „die  Erosion  des  fließenden  Wassers 
und  die  des  Eises  als  alleinige  oder  als  Hauptagentien  bei  der  Karbilduug 
für  ausgeschlossen'^  und  erblickte  deren  Ursache  in  der  mechanischen  and 
dwmlHlien  Verwitterung  des  der  Atmosphäre  frei  ausgesetzten  Gesteins. 
„Diese  Wirkung  wird  um  so  größer  sein,  je  mehr  die  ihr  atisgesetste  Flttcfae 
nch  der  senkrechten  Stellung  nihert,  da  die  Verwittemngsprodukte  dann  um 
so  Isichtw  «mtfemt  werden  odor  sudi  entfernen,  und  das  anstehende  Gestein 
sidi  nioht  in  den  sebatsenden  Hantel  seiner  dgenen  Spine  einhtUlt^  (Wand- 
Terwitterung).  Diese  Art  der  Zerstörung  wirkt  besonders  gewaltig  auf  jene 
Flldien  der  Hochregionen,  welche  durch  keinen  Vegetationsmantel  ge- 
schützt sind,  also  auf  die  Zone  zwischen  Firngrenze  und  geschlossener 
Pflanzendecke,  sowie  auf  alle  frei  liegenden  Felsen  der  Fimregion. 

In  dem  Felsköi-per  des  (iebirges  gibt  es  Stellen  von  lockerer  Fügung 
xmd  verminderter  Widerstandskraft;  da  ktinnpn  durch  Hergstür/o  u.  dergl. 
leicht  Ausbruchsnischen  mit  vergrößertem  Neigungswinkel  entstehen.  Hier 
setzt  nun  die  Wand  Verwitterung  mit  voller  Kraft  ein,  und  die  Nische  wird 
durch  radiales  Zurückweichen  der  Wände  bald  zu  einem  Kare  erweitert. 
Da  auch  scheinbar  ganz  homogene  Gesteinsmassen  den  atmospUrisehsn  An« 
griffen  gegendber  gn>8e  Verschiedenheiten  aufweisen,  so  kann  die  Zerstdmng 
sn  mdureren  Punkten  glsichieitig  ansetsen,  von  wo  aus  sie  dann  in  ihrer 
Weise  weitexgrmfL  nDamit  ist  auch  das  gesellschaftliche  Auftreten  der  Kare 
«rUlrt,  welche  demnach  als  die  reguläre  7onn  der  Denudation  ftr  obexhalb 
des  YegetationsschutMS  liegende  kzystallinisehe  Gebiigsmassen  sn  gelten 
bitten.** 

Aber  auch  durch  das  Fehlen  oder  die  Schwäche  der  Wassererosion 
sind  die  Kare  in  eine  gewisse  Höhe  Terbannt;  durch  krilflage  Erosion  würden 

1)  Kahre  und  Uochseen.  Vortrag.  „Tageblatt'* d. Wiener Natarf.-Vecs.  8.862—266. 


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210 


Georg  A.  Lnkat: 


tie  ja  bald  in  Erosionstrichter  verwandelt  sein.  Hingegen  wirken  tester 
Niederschlag  und  Vergletscherung  auf  Vergrößerung  und  Ausarbeitung  der 
Kare  äußerst  förderlich.  Einerseits  wirkt  die  Wandverwitterung  an  der 
Schneegrenze  kräftiger,  andorseitfl  wird  der  Schutt  durch  die  Fimbewegung 
rasch  und  sicher  entfernt  „So  «vd  lieh  eim  vevteites  Kar  iMcfaer  erwei> 
tem  als  ein  schneefreies,  dasa  wird  der  Kaiboden  abgeeeUüfen,  an  dem  Kar- 
ansgang oder  weiter  abiribrts  am  Gehinge  werden  Moilnen  abgelagert.*' 

Es  ist  darnach  leioht  TorstAndlidi,  weshalb  die  Kare  nnr  anf  dem  Boden 
alter  Gletscherverbreitang  m  finden  sind.  Lange  tot  der  Eiaseit  hatten  wä». 
an  schwach  bewachsenen  Gebirgsketten  stufenweise  über  einander  liegende 
Kare  gebildet,  die  durch  Bäche  mit  Klammen  nnd  Wassei-fällen  verbunden 
waren.  „Nun  kam  die  Eiszeit:  die  Kare  erweiterten  sich  rasch,  die  Kar* 
böden  wurden  geschliflFen,  Moränen  wurden  aufgehüuft.  die  Spuren  der  gUnz- 
lich  still  gestellten  Wassercrosion  nllmühlich  verwischt.  So  wurden  die 
Klüiiunen,  welche  die  einzelnen  Talstufen  mit  einander  verbanden,  durch 
Moräiienniatcrial  vorstopft.  Dadurch  wurden  beim  Küi  k^'ang  des  Eises  ganze 
TaUtufen  und  Kare  in  Seen  verwandelt,  anderswo  wenigstens  einzelne  Stücke 
von  Talbödeu  durch  Moräncnwällc  abgedämmt.  Hier  und  da  bildeten  sich 
anch  Lachen  in  Ueinen  nnd  gewundenen  Beckan  zwischen  den  Bondhöckem, 
echte  Gletsehererosionsseen.** 

Die  Hochseen  sind  also  «ne  charakteristische  seknndlre  Begldtersdiel- 
nnng  der  Kare;  teils  liegen  sie  in  akkomuliertem  Material  (Morttnenaeen), 
teils  sind  sie  reine  Felsbecken.  Ihre  vielfach  bedeutende  Tiefe  erUSrt  sidi 
ungezwungen  aus  der  Verstopfung  jener  prilglazialen  Klamm,  worauf  sich  das 
Wasser  einen  höheren  Auslaufspunkt  über  den  Felsriegel  hin  suchen  mußte. 

Noch  sind  die  Sparen  der  Eiszeit  deutlich;  naher  schon  füllen  sich  die 
Seen  aus,  die  WUnde  bekleiden  sich  mit  ihrem  eigenen  Schutt,  die  Riegel 
werden  durchsUj^t,  und  so  die  Kare  in  normale  Stücke  der  Wassergerinne 
verwandelt.  Käuje  eine  neue  Eiszeit,  so  leitete  .sich  der  unipekehrte  Prozeß 
ein:  die  kahlen  WUnde  würden  neuerdings  rascher  zurückweichen,  es  erfolgte 
eine  neue  Auskleidung  der  Täler  mit  Grundmoränen,  neue  Abschleifung  der 
Riegel  und  Buckel,  und  die  nonnale  Drainierung  des  Landes  würde  Waunen- 
bildungen  Fiats  madten.** 

Über  Fencks  Morphologie  sprach  sich  Bichter  in  zwei  grOBeren  Bet- 
raten aus  (1896)^). 

Wollte  er  jedoch  selbst  nun  zu  einer  bestimmten  Auffiusung  der  ent- 
scheidenden Probleme  gelangen,  so  war  ein  Besuch  jenes  Landes  unerllBlidi, 
das  ihn  als  Bergsteignr  schon  längst  wegen  seiner  Naturschönheiten  gelockt 
hatte.  1895  kam  er  dahin.  Tn  Norwegen  durfte  er  die  reichste  Ausbeute 
für  mehr  als  einen  Zweig  seiner  Forschertfttigkeit  erwarten;  den  eigentlichen 
C^egenstand  seiner  Studien  bildeten  die  morphologischen  Verhiiltnisse, 
deren  Werdegang  er  in  so  klarer  und  einleuchtender  Weise  darzulegen  wuBte, 
daß  hierdurch  die  norwegischen  Forschungen  neu   belebt  wurden').  Die 

1)  Z.  f.  d.  Osterr.  Gymnaaien  u.  M.  D.  ö.  A.-V. 

2i  Geomorphologiscbo  BeoVtaohtungen  aus  Norwegen  (2  Taf.  u.  8  Textfig.). 
S.'Ber.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  in  Wien.  Math.-uaturw.  Kl.  Bd.  CV.  1896. 


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EdoATd  Richter. 


211 


„Geomoi-phologischen  B«ob«ditimgea**  sind  den  Lesern  dieser  Zeitschrift  (1897) 
durcb  Alfred  Hettner  auszugsweise  mitgeteilt  worden,  worauf  hier  verwiesen  sei. 

Richter  suchte  durch  Analyse  und  Klassifikation  der  Gebirgsformen  zu 
ihrer  Erklärung  zu  gelangen;  in  Norwegen  waren  es  die  Fjeldtäler,  die  Kare 
(oder  Botner)  der  Fjeldlandschaft,  die  ÖacktUler  und  die  Fjorde,  denen  er 
seine  besondere  Aufmerksamkeit  widmete.  Die  Reise  berührte  Hardanger-, 
Sogne-  und  Nordfjord,  führte  durch  Jotunheim  und  das  Fjeldgebiet  an  der 
oberen  Otta  nach  Trondheim  und  erstreekte  sich  1»i  m  den  LofoteiL  Am 
aolftUendeteii  aefaiem  ihm  der  Gegensaii  swiMhen  den  energieehen  Brosiont- 
formen  der  I|joide  mid  den  flachwelligen,  einf&imigen  I|jelden.  Trots  ihres 
nnTariDennher  glnxislen  Charakters  ist  die  lüeldlandschaft  aber  nioht  bloB  als 
glaiiale  Denndationsplatto  aufiniihsBen,  vielmebr  ist  das  naeh  hydrographischen 
Gesetsen  angeordnete  Flnflsystem  der  Hauptsache  nach  prtglazial;  auch  die 
allgemeine  AMa^lintig  widerspricht  der  Flußrichtung  des  Inlandeises.  B&che 
nnd  Flüsse  vermögen  den  harten,  geschliffeneu  Felsboden  nur  langsam  anzu- 
greifen. Die  glazialen  Trogtäler  haben  keine  Kare  (Botner);  diese  finden 
sich  nahe  der  Schneegrenze  und  arbeiten  durch  „Wandverwitterung"  oberhalb 
15  — 1800  m  Höhe  in  hoiizontaler  Richtun^r  an  der  Abtrar'unEf  des  Gebirges, 
wiüirend  unten  das  tiieüende  Wasser  die  Oberllüche  in  vertikalem  Sinne  zer- 
schneidet. „Daraus  tolirt,  daß  sich  in  dieser  Höhe  ein  horizontales  Denuda- 
tionsniveau herausbilden  muß.  Alle  Hervorragungeu  über  dasselbe  werden 
von  der  Verwitterung  rasch  zerstört,  und  zwar  im  Wege  der  Ausweitung  dar 
Botner.**  Das  gilt  fttr  alle  Hochgebirge  der  Erde;  alle  haben  deshalb  in 
dieser  Höhe  («wischen  Vegetations-  und  Schneegrenae)  eine  QeflUlsknickung. 
Die  norwegisdien  .Botoer  und  postglasiale  Verwitteroogsfonnen,  deren  Ans- 
bfldimg  dnrdi  die  LokalTergletschemng  beMnflnflt  ist,  nnd  die  krftftig  mit- 
aibeiften  an  der  Zerstörung  der  groBen  glaadalen  Formen. 

Die  Fjorde,  in  deren  Fornienreihe  die  SacktiÜer  nnr  ein  Glied  vor- 
stellen, lassen  sich  durch  präglaziale  Talbildung  nnd  spiltere  marine  Trans- 
gression  (während  der  Eiszeit)  befriedigend  erklären;  die  Schärenküste  ist 
die  tjrj^isfhf  Uferfonn  glazial  bearbeiteter  Platten  harten  Gesteines. 

Richter  verließ  Norwegen  mit  der  Überzeugtuig,  daß  die  Arbeit  des 
Eises  doch  grüßer  sei,  als  er  bislang  anzunehmen  geneigt  war.  Hier,  in  der 
^wahren  Glaziallandschaft",  wo  nur  fraglich  bleibt,  was  von  den  jetzt  erkenn- 
baren Formen  noch  präglazial  ist,  wo  die  Aushöhlung  zaliUoser  tiefer  Fels- 
becken unzweifelhaft  der  Eiswirkung  zugeschrieben  werden  muß,  empfängt 
der  wissenschaftliehe  Beobachter  mafigebende  Eindrücke;  „daznaoh  kann  man 
die  weniger  sicheren  oder  gans  sweifelhaften  Eiswixkungen  in  andwen  Teilen 
Sonjas,  besonders  in  den  A^pen,  beurteilen  und  kritisieren.** 

Dies  tat  Richter  in  den  non  folgenden  Publikationen,  die  sieh  wieder 
mit  dem  alpinen  Fonnensdiats  beschäftigten.^)  Ib  den  „Geomoiphologischen 

Die  norwegische  Strandebene  und  ihre  Entstehung  (4  Abb.).  Globus  LXIX.  1896. 
Neue  Beiträge  zur  Morphologie  von  Norwegen.    G.  Z.  1901. 
1)  Oebiigshebmig  und  Talbildung  (1  Abb.).  Z.  D.  ö.  A.-Y.  1899. 
Geomorphologische  Untersuchungen  in  doi  Hodialpen  (6  TaH  u.  14  Totflg.). 
£rg.-H.  Nr.  ISS  su  P.  M.  1900. 


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312 


Georg  A.  Lukas:  Eduard  Biehter. 


Untersuchungen  in  den  Hochalpen'*  läßt  sich  der  Einfluß  Norwegens  gegen- 
über den  friihf^ren  Aufstellungen  leicht  erkennen.  Gestützt  auf  den  nach- 
gewiesenen Zusanimenhaug  zwischen  Karen  und  Gletschern  wird  hier  der 
ehemaligen  Vereisung  der  Alpen  nachgegangen;  es  stellte  sich  folgendes 
heraus:  „Die  Alpen  verdanken  ihre  heutigen  Formen,  soweit  sie  über  die  eis- 
saitliche  Schneegrenze  emporreichen,  der  Eiszeit.  Ganze  Ketten  von  Hun- 
derten von  Kilometem  I4taige  nigen  scharfe  HochgebirgsfimiieiL,  mit  Kami 
und  Graten  dazwisdien,  obwobl  sie  gegenwärtig  nieht  melur  Gletsdier  tragen. 
Ohne  Eisseit  besftfien  sie  Mittolgebirgsfonnen.  Aneh  an  den  heote  yerglei- 
Boberten  Ketten  Iftftt  sioli  der  EinflnA  der  einst  '?iel  stlikeren  Yereisong  an 
den  Formen  dentlidi  nadiweisen  . . .  IMe  Hoehseen  sind  offenbar  glasialen 
Ursprungs,  wenn  auch  der  Vorgang  ihrer  Ausgrabung  schwer  vorstellbar  ist.** 
Mit  dieser  großen  Arbeit,  die  noch  in  zu  bischer  Erinnerung  steht,  als 
daß  sie  einer  ausführlichen  Besprechung  bedürfte,  erachtete  Richter  selbst 
seine  morphologischen  Forschungen  wenigstens  vorläufig  für  abgeschlossen- 
Selbstverständlich  hörtf  er  aber  auch  jetzt  nicht  auf,  diesen  Studien  vollste 
Aufmerksamkeit  zu  widmen;  insbesondere  standen  sie  unter  den  GegeustÄnden 
seiner  Lehrtätigkeit  dauernd  in  erster  lieihe.  (Schluß  folgt) 


Die  tiergeo^aphisehen  Reiche  und  Regionen. 

Von  Theodor  Arldt« 

Als  Selater  1858  die  Erdobeifllobe  som  errten  Mal  in  tiexgeographisch« 
Regionen  teilte,  sah  er  in  jeder  dmielhen  ein  selbsUndigeB  SdiOpfungsientnun^ 

und  wenn  auch  diese  Auffassung  TOn  seinen  Nachfolgern,  besonders  Yon 
Wallace,  sehr  bald  aufgegeben  wurde,  so  glaubten  diese  doch,  daß  das  auf 
der  Verbreitung  einer  Tiergmppe  begründete  Schema  auch  für  alle  anderen 
gelten  müsse.  Dies  war  ein  Irrtum,  wie  man  schon  aus  der  Tatsache  er- 
sehen kann,  daß  die  Einteilung  der  Erde  ganz  verschieden  ausfllllt,  je  nach 
der  ihr  zu  Grunde  liegenden  Tierform.  Man  vergleiche  hierzu  die  Zusanuuen- 
stellung  einiger  tiergeographischer  Systeme  in  den  beigegebenen  drei  Tabelleu. 
Daß  die  Tierverbreitung  sich  nicht  in  ein  starres  Schema  fassen  läßt,  ist 
auch  ganz  natürlich,  da  die  einzelnen  Tiergruppen  zu  verschiedenen  geologi- 
schen Zeiten  bei  Tenchiedener  Yerteilnng  von  Land  und  Heer  sich  eotwidtelt 
haben  and  eine  sehr  Tenchiedene  Migrationgflfliigkeit  besitsen.  Ans  diesem 
Grande  ist  in  der  Tieigeograplue  der  „individualistisflihe**  Standpunkt,  wie 
ihn  Maas  beaeichnet  hat,  mdir  in  den  Vordergrund  gestellt  worden,  der 
sich  die  möglichBt  intenrive  Erforschung  eines  beschränkten  Gebietes  zur 
Hauptaofgabe  gestellt  hat.  Trotzdem  läßt  sich  aber  die  Einteilung  in  Re- 
gionen sdum  aus  systematischen  Gründen  nicht  gut  völlig  entbehren.  Bei 
der  Abgrenzung  derselben  dürfen  wir  uns  aber  nicht  einer  rein  statistischen 
Methode  bedienen,  sondern  müssen  auch  auf  die  Tataachen  der  Geotektonik 
und  <ler  tertiären  und  meso/.oiMhen  Paliiogeographie  Rücksicht  nehmen,  so- 
weit diese  bis  jetzt  haben  festgestellt  werden  können,  da  die  verschiedene 


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Th.  Arldt:  Die  tiergeographiaohen  Eeiche  und  Regionen.  213 


Faunenentwioklung  der  einzelnen  Kontinente  durch  ihre  jüngste  geologische 
Geschichte  bedingt  ist.  Am  bekanntesten  sind  auch  jetzt  noch  die  ältesten 
T<Hi  Sclater  vorgeschlagenen  und  TOn  Wallace  etwas  modifizierten  6  Be- 
gionen  zu  je  4  Untenregionen,  eine  leidit  m  melkende,  aber  sehr  schema- 
tisehe  Einteilung,  die  scbon  durch  ihre  OleiehmlAiQ^t  den  Terwickelten 
natOrlichen  VtiUUtoissen  sich  nicht  nngeswuigeii  anpanen  iSfit.  In  Folge 
deesen  und  auch  viele  YerbeesenrngsTorschllge  gemacht  worden,  von  denen 
wir  einen  Teil  zunftohst  kurz  besprechen  wollen. 

Die  neotropische  Region  von  Wallace  ist  durch  zahlreiche  ende- 
mische Gattimgen  und  selbst  Familien  so  wohl  charakterisiert,  daß  sie  von 
allen  seinen  Nachfolgern  unverändert  beibehalten  worden  ist,  nur  Kobelt 
zerlogt  sie  in  neun  Regionen,  freilicli  bat  dieser  auch  für  die  ganze  Erde 
28  angenoninien.  Die  wichtigste  Veränderung,  der  das  Wallacesebe  System 
unt^TuortVn  worden  ist,  bezieht  sich  auf  das  VerhUltnis  der  nearktisc-hou  zur 
pabiarktischen  Region.  Wallace  suchte  zwar  auch  in  späteren  VerötTent- 
licbuiigeu  die  Selbständigkeit  der  ersteren  zu  verteidigen*),  aber  je  weiter 
wir  nach  Norden  kommen,  um  so  auffälliger  wird  die  Ähnlichkeit  beider 
Bsgionen,  um  soletst  in  TöUige  Gleichheit  ttbenragehen.  Möbius  schuf  aus 
diesem  Grunde  eine  zorkumpolare  arktisdie  Zone,  sah  aber  im  fibrigsn  die 
beiden  H«Buqphiren  als  getrennte  Gebiete  an.  Am  radikalsten  war  der  Vof 
schlag  Ton  Prof.  A.  Newton,  beide  Begionen  zn  einer  bolarktisohen  sa 
Tsreimgen,  von  der  fteilich  Heil pr in  die  sttdlichen  Teile  als  sonorische  und 
als  mittell&ndische  Begion  abtrennte.  Die  letztere  ist  nicht  lange  als  selb- 
ständig angesehen  worden.  Dagegen  wird  die  erste  auch  von  Blanford, 
Lydekker,  Kobelt,  Pocock  und  Maas  als  Kegion  angesehen,  die  ihr 
aber  eine  größere  Ausdehnung  geben  als  Heilprin.  Auffällig  ist  dal)ei,  daß 
Lydekker  sich  genötigt  sieht,  zwischen  dem  souoriscbeu  und  dem  liolark- 
tischen  <lebiete  eine  „transitton  zotu"  anzunehnien,  und  daß  von  den  durch 
ihn  zusammengestellten  für  die  s(•n(^^i^(•be  Region  cluirakteristischen  '^0  Säuge- 
tiergattungen 15  auch  in  die  iiolarktiscbe,  13  in  die  neotropische  eintreten 
und  nur  8  rein  endemisch  sind,  und  zwar  fast  alles  Nager,  die  allgemein 
zeidi  an  endemischen  Formen  sind.*)  Die  sonorische  Begion  ersdieiiit  hier* 
nach  mehr  als  sin  Übergangsgebiet,  in  dem  neotropisdie  und  holaiktische 
Foimen  sich  mengen.  Da  i^wr  die  letsteren  Torherrschen,  und  die  Grenze 
gegen  die  holarktische  Begion  gioslich  yerwisdit  ist,  so  dürfen  wir  das  sono> 
riscbe  Gebiet  der  letsteren  zurechnen,  ebenso  wie  andere  Übergangsgebiete  in 
der  alten  Welt,  zumal  bei  den  niederen  Tieren  eine  deutliche  Grenze  ebenso- 
wenig »istiefft.  Daß  Kanada  zur  holarktischen  Begion  zu  rechnen  ist,  kann 
man  schon  daraus  ersehen,  daß  Kobelt,  der  doch  im  allgemeinen  sehr  kleine 
Begionen  annimmt,  auf  Grund  der  Verteilung  der  Binnenkoncbylien  Kauada 
mit  Sibirien,  Europa  und  dem  Mittelmeergebiete  als  eine  Region  zusammen- 

1)  Wallaoe.  The  Palaeaietie  and  Neaictic  Regions  compaied  at  regarda  the 
Families  and  Geaeia  of  fhsir  Mammalia  and  Birds.  Natnial  Bcience  Bd.  lY.  1894. 

8.  488—446. 

2)  Lydekker.  Die  geographische  Verbreitung  und  geologische  Entwicklung 
der  Saugetiere.  DentMhe  Ausgabe,  f.  Aufl.  1901.  8.  499— Ml. 


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214 


Th.  Arldt: 


^t.  In  dieser  großen  holarktischen  Begicm,  die  also  beide  Wal lace sehe 
Begionen  umfaßt,  kUnxieB  wir  drei  Abtttlnagwi  untenohflideii:  die  lirkim- 
polare  boreale,  die  der  arktischen  Begion  von  MSbiua  und  dem  Nordpolai^ 
gebiet  von  Matsehie  entapridit,  die  nearktiache  und  die  pallaiktisdie,  Ton 
denen  die  beiden  letrten  wieder  in  üntenregionen  ni  leriegen  sind. 

J3i<b  ttthiopische  Begkm  wird  wieder  aUgemein  anerkannt,  doeb  vt 
nach  Möbius«  Reichenow,  Blanford,  Lydekker,  Matsehie  und  Eobelt 
Madagaskar  als  selbständige  Region  abzutrennen.  Dafür  spricht  die  große 
An«ff.hl  endemischer  Formen.  So  sind  nach  Lydekker^)  unter  den  Säuge- 
tieren Madagaskars  von  14  Familien  5,  von  37  Gattimgen  34,  von  81  Arten 
78,  also  bez.  3fi"/,,  92%  und  Of>%  pndemisch.  Ebenso  sind  zahlreiche  ende- 
mische Formen  aus  den  anderen  Tierklassen  vorbandf^n,  sowie  eine  weitere  Reihe 
von  Tieren,  die  in  Afrika  fehlen,  dagegen  Madagaskar  mit  anderen  Begionen 
gemeinsam  sind. 

Bei  der  orientalischen  Begion  ist  die  Abgrenzung  gegen  die  austra- 
lische xweifelhaft,  da  die  Wallace-Linie  sich  nicht  als  die  scharfe  Scheide- 
linie bewihrt  hat,  die  man  erst  in  ihr  sah.  Die  tektonisdie  Grenilinie  zwi- 
sdien  den  asiatisch«ii  nnd  den  australischen  InselbOgen  Terliuft  swisdien  den 
Kei-  und  den  Am-Liseln  hindurch  ämch  die  Ceram-See,  zwischen  Obi-  und 
Sula-Ihseln,  und  dann  iwisdien  Hahnahem  einerseits  und  Odehes  und  den 
Salibabn-Inseln  andererseits  hindurch.  Gelebes,  die  kleinen  Sonda-Inseln  ein- 
schließlich Timor,  die  Bfldost-  und  die  Kei-Inseln,  Ceram,  Buni,  die  Sula- 
Inseln  gehören  hiernach  zu  Asien,  Hairaahera,  Obi,  die  Aru-Inseln  zu  Austra- 
lien. Es  lie^t  kein  Grund  vor,  warum  die  Repionenprenze  dieser  tektouischen 
Linie  nicht  folgen  sollte,  kann  sie  in  einem  Uhergangsgebiete  wie  den  raalay- 
ischen  Inseln  doch  einmal  nur  konventionell  sein.  Celebes  hält  auch  Pa- 
lacky')  für  dem  malayisrhen  Gebiet  angeh/irig,  nach  den  Vettern  Sarasin') 
sind  dortbin  von  den  Mollusken  nui-  25'*q,  von  den  Reptilien  und  Amphibien 
18%,  von  den  Vögeln  307«  von  der  australischen  Seite  her  eingewandert, 
dabei  dnd  aber  die  Fonnen  mitgerechnet,  die  Ton  Flores  kamen,  es  sind  also 
darunter  immer  noch  in^sdie  Typen,  ünter  den  Säugetieren  eiidUcb  ist 
australisch  nur  die  Gattung  phäkmger  gegenlkber  zahlreichen  indischen  Formen. 
Ähnlich  liegen  die  VerhUtnisse  in  Timor,  das  Ton  den  Gattungen  macaeus, 
paradoamts,  viverra^  fdis^  kjfäriK  und  eemta  erreicht  worden  ist  Dagegen 
ist  Halmahera  von  einer  zweiten  Beutlergattung  petaurus  erreicht  und  ebenso 
▼on  den  Paradiesvögeln  (semioptera)  y  die  beide  in  Ceram  fehlen.')  Daß  in 
den  nunmehr  zur  orientalischen  Region  ges&hlten  Gebieten  noch  vereinzelte 
australische  Formen  vorkommen,  darf  uns  nicht  mehr  stören,  als  das  Auf- 
treten indischer  Formen,  wie  altweltiicher  Sperlingsvögel,  Reptilien  und  Am- 
phibien in  Melanesien,  das  selbst  auch  noch  als  Übergangsgebiet  aufzufassen  ist 

ij  Lydekker,  a.  a.  0.  S.  296—296. 

8)  Palaeky.  Die  YeibraitoBg  der  Batrachier  anf  der  Brde.  Yerh.  d.  k.  k. 

SOoL-bot.  Gesellschaft  in  Wien.  1898.  S.  380. 

3)  P.  u.  F.  Sarasin.  über  die  K^nlogische  Geschichte  der  Insel  Celebes  anf 
Grund  der  Tierverbreitung.    Wiesbaden  1901. 

4)  Lydekker,  a.  a.  0.  S.  64—69. 


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Die  tiergeographischen  Reiche  und  Regionen. 


215 


Die  leiste  strittige  Frage  bei  der  Abgreuniig  der  Begionen  iit  die,  ob  die 
oMuisolieii  loaelii  als  ansfarsUadie  Unterregion  oder  als  selbstibidige  Begion 
oder  Begiimen  anfaifassen  sind.  TSeigeographmi,  die  sioli  auf  die  Verbreitiuig 
der  Säugetiere  stützen,  mflssen  AtSi  mehr  der  letstereo  Ansudit  snneigeD,  im 

übrigen  aber  ist  die  ozeanische  Fauna  eine  Terannte  lestlftndisdie  und  hat 
nicht  allzuviel  en«1otnisckc  Formen  aufzuweisen,  am  meisten  natürlich  die 
größeren  Landpebiete  Neuseeland,  die  Hawaii-  und  die  Samoa-Inseln.  Immer- 
hin scheint  der  Kn'lemismus  nicht  groß  gpuug  zu  sein,  um  eine  regionale 
Trennung  zu  rechtfertigen,  wie  ja  auch  die  an  endeniiselicn  Formen  reichen 
Galapagos-lnseln  trotzdem  zur  neotropischen  Region  gerechnet  werden.  Das 
antarktische  Gebiet  endlich  kann  vorläufig  in  die  tiergeographischen  Systeme 
noch  nicht  einbezogen  werden,  iiu  übrigeu  sei  betreffs  der  Regionaleinteilung 
bier  nochmals  auf  Tabelle  II  nnd  m  verwiesen,  in  der  natürlich  neben- 
rinander  stellende  Ansdrdoke  nur  annähernd  sich  deck«D,  nnd  die  anf  Voll- 
stlndigkeit  keinen  Anspnudi  machen. 

Wenden  wir  uns  nun  der  Zusammenfassung  Ton  tiergeograpldsohen  Be- 
gionen SU  Bei  eben  su,  so  hat  Solater  in  seinem  ersten  Werke  die  amerika- 
msehen  Begionen  als  Neogäa,  die  anderen  als  Fsltto^a  susammenge&ftt, 
Mtspreebend  der  neuen  nnd  der  alten  Welt.  Diese  Zusammenfassung  paßte 
aber  nur  fftr  die  Vögel*).  Einen  großen  Fortschritt  brachte  Huxley,  der  die 
beiden  arktischen,  die  äthiopische  und  die  orientalische  Begion  als  Arktogäa 
zusammenfaßte  wegen  der  Übereinstimmung  derselben  wenigstens  in  df»n  Fami- 
lien der  höheren  Tiere.  Name  und  BegritF  ArktogHa  haben  sich  bei  den  eng- 
lischen Tiergeographen  unverändert  behauptet.  Die  beiden  anderen  Regionen 
faßte  Huxley  als  Xotogäa  zusammen  in  (iegeusatz  zu  den  nördlichen  Gebieten, 
er  setzt«  also  an  die  Stelle  der  meridionaleu  Gliederung  Sclaters  eine  modi- 
fiiierte  zonale.  Wegen  der  betr&chüichen  Verschiedenheit  der  jetzt  lebenden 
Fknna  der  Teile  von  Notogia  zerlegte  Solater  sechs  Jahre  spftter  dieses  Bdch 
m  Den^gla  Sfldamerika,  OmithogKa  »  Polynesien  und  Antaiktogia 
Aostralien.  Von  diesen  Kamen  war  allerdings  nur  der  mittlere  glflcUich  ge- 
wlUt,  wibrend  der  erste  fOr  die  Pampas  und  Llanos  niobt  recht  pafite,  und 
der  letzte  leicht  mißzuTersteben  war.  Blanford  zog  die  beiden  letzten  Beiehe 
Sclaters  wieder  in  ein  australisches  zusammen  und  ein  ungenannter  Verfasser 
brachte  drei  Jahre  später  Huxleys  Namen  Notogäa  dafür  in  Vorschlag,  während 
er  Blanfords  südamerikanisches  Reich  nach  Sclatcr  als  Neogäa  bezeichnete. 
In  ähnlicher  Weise  klassifizierte  Maas,  indem  er  zunächst  Australien  als  meso- 
zoü;clie  Erde  in  Gegensatz  zu  der  übrigen  tertiären  Erde  setzte,  und  bei 
dieser  wieder  Südamerika  zu  den  andern  Regionen.  Das  Wort  mesozoisch 
scheint  mir  hier  wenig  treffend  zu  sein.  Wohl  finden  wir  unter  den  austra- 
lischen Säugetieren  als  Hauptvertret^r  die  Beuteltiere,  die  bei  uns  im  Meso- 
soknm  weit  verbreitet  waren,  aber  die  mesozoischen  Beutler  stehen  doch  den 
xeaenten  anstnüisshen  ebenso  fem,  als  die  primitiTen  plaaentalen  Singetiere 
den  hoch  entwickelten  Ordnungen  der  Primaten,  Baubtiere  nnd  Huftiere. 


1}  Vgl.  Beiebenow.  Die  Begrensong  der  soologisdieii  Begionen  vom  omitho- 
ktgiseW  Standpunkte  .ans.  Zool.  Jehibltoher  1888. 


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216 


Th.  Arldt: 


Die  aiutmUaeheii  Time  tind  durchaiu  nicbt  auf  der  mesosoischai  Entwiek- 
Inngertofe  stehen  geblieb«i,  haben  aidi  vielmehr  in  tiuüidier  Weise  weiter 
«otwid^elt  und  differenzierfc,  wie  die  höheren  Sftngetiere.   Dazu  kommt,  daft 

wir  nicht  einmal  wissen,  ob  die  Beateltiero  vor  dem  Tertiär  überhaupt  in 
Australien  waren.  Das  Vorkommen  echter  BeuteUnarder  in  der  jedenfalls 
oligocänen  Santa  ( Vuz-Fonnation  von  Patagonien  erweckt  daran  wenigstens 
lebhaften  Zweifel.  Mehr  erinnern  an  die  mesozoische  Zeit  die  Brückenechse 
Neuseelands  Qiatteria),  der  Lun^'entiseh  nratodus^  die  bei  uns  jurassische 
Muschelgattung  trigonia.  doch  ist  auch  bei  diesen  Tieren  eine  Weiterentwick- 
lung nicht  zu  verkennen.  Unter  den  Vögeln,  den  Si-iilanj^en,  Eidechsen  und 
Amphibien  aber  finden  wir  vollends  nur  tertiäre  Typen  iu  Australien  ver- 
treten. Auch  Matschie  sieht  ein  selbständiges  Reich  in  Australien  und 
ebenso  in  Madagaskar,  wihrend  er  alle  anderen  Regionen  als  kontineiitsles 
Beich  insammenfaßt^  für  das  die  Yerbreitong  der  Gattungen  eams  und  hära 
charakteristisch  ist,  indem  in  jedem  Gebiete  wenigstens  eine  Hunde-  und  eine 
Fisehotterart  vorkommt  Den  Dingo  sieht  demnach  Matschie  swmfellos  als 
nrsprOnglich  domestizierten  Hund  an  im  Gegensata  sn  Nehring*).  Weiter 
hi  an  das  Kontinentalreich  gebunden  das  Voikommen  von  Affen,  Katzen, 
Eichhörnchen,  Hasen,  Huftieren  nnd  Zahnarmen.  Im  folgenden  soll  nun  eine 
neue  Gnippierung  vorgeschlagen  werden,  die  nicht  nur  auf  die  gegenwärtige 
Verbreitung  möglichst  vieler  Tiergruppen  Rücksicbt  ninunt,  sondeni  auch  die 
historische  Entwicklung  der  Koutiueute  und  ihrer  Fauna  nicht  außer  Acht  läßt. 

Als  Huxley  Südamerika  und  Australien  als  Not(»gHa  zusammenfaßte, 
schienen  die  beiden  Regionen  einander  ziemlich  fremd  gegenüber  zu  stehen. 
Neuerdings  hat  sich  aber  gezeigt,  daß  dies  nicht  der  Fall  ist.  Ähnlichkeiten 
haben  sich  bei  den  Wirbeltieren  wie  auch  bei  den  Wirbellosen  herausgestellt, 
auf  die  besonders  yon  Jhering'),  Moreno"),  Plate^),  Stoll"),  Smith- 
Woodward*)  und  Palaekj^)  hingewiesen  worden  ist  Auch  Ljdekker 
hat  auf  Torschiedene  Verwandtsehaften  unter  den  Siugetiwen  anftnerksam 

1)  Nehring.  Sitzungsberichte  d.  nsturf.  Freunde.  Berlin  1682.  S.  67.  —  Zoo- 
logischer Garten  1885.  S.  164. 

5)  Jhering.  Ausland  1890,  S.  941—944,  968—978;  1881,  S.  SM— 881;  1898, 
Nr.  1^4.  —  Archiv  l  Naturgeschichte  1890,  S.  117—170;  1893,  S.  4?^— 140.  — 
Verb.  d.  d.  wies.  Ver.  z.  Santiago  1891,  S.  142  —  149.  —  New  Zealand  Journal 
cf  Science  1891,  S.  161—164.  ~  Transact.  of  the  New  Zealand  Institute  1881, 
8. 481—446.  —  Englen  Boten.  Jahrbücher  imi,  3. 1—64.  —  Berliner  entomol.  ZeiU 
Schrift  1894,  S.  321—446.  —  Bevitta  do  Museu  Pauliita  1888,  S.S17— S88.  —  Sdence 
1900,  S.  867—864. 

3)  Moreno.  Note  on  the  discoverj  of  Miolania  and  of  Giossotherium  in  Pata- 
gonia.  Ged.  Mag.  1808. 

4)  Plate.  Über  Cyclostomen  der  sfidliehen  Halbkugel  TegebL  d.  5.  intem. 
ZooL- Kongreß.    Beriin  19üi. 

6)  Stoll.  Zur  Zoogeographie  der  landbewohuenden  Wirbellosen.  Bedin  1897. 

6)  Smith-Woodward.  On  some  estinet  Beptflei  of  Patagonia.  Ftoe.  wotA. 
8oc  London  1901. 

7)  Palacky.  Verb.  d.  Oea.  d.  Naturforscher  u.  Ärzte  1894.  Bd.  II,  1  S.  129—133. 
—  Verb.  d.  k.  k.  zooL-bot.  Ges.  in  Wien  1898.  8.  374  —  388.  —  Mem.  Soc.  Zool. 
Pens  1888.  —  8t.  d.  k.  böhm.  Ges.  d.  Wies.  1888.  —  ZooL  Jährbfleher.  Abi  f. 
Systematik,  Geogiaphie  u.  Biologie  d.  Tiere.  1808.  8.  t48-.886. 


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Die  tiergeographisohen  Reiche  and  Regionen. 


217 


gemacht.    Wir  können  im  folgenden  selbstrerstBndlich  nur  eine  sehr  geringe 
Auswahl  von  den  zabh-eichen  Formen  auffuhren,  die  in  beiden  Regionen  sich 
entspreditD.    Et  sollen  mir  fllr  die  wichtigsten  TierUassen  ein  paar  charak- 
teristisohe  Vertreter  genannt  Werden,   ünter  den  Säugetieren  finden  wir 
wie  schon  orwftbnt  in  Patagonien  fossile  Vertreter  der  jetct  lyinseh  anstra- 
lisehen  Bentehnardor  {da8ifundae\  danehen  auch  Fonuen  (piagiatäaadae  von 
Santa  Graz),  die  mit  den  Klngnmhratten  (kgpt^prjfmnidae)  anfiUlend  über- 
einstimmen.   Bei  den  Sirenen  entspricht  diar<moMO(m  aus  dem  australischen 
PliocftD  iihodon  aus  dem  patagouischen  Mioc&n  nnd  cmtaodon  aus  dem  dor- 
tigen Pliocän.    Unter  den  Vögeln  sei  verwiesen  auf  die  Papageien,  die 
Tauben-  und  Hühnen'ügel,  besonders  auf  die  südamerikanischen  Hallonvögel 
carlnhia^  phororluii  du,  (irnmus.  psoi>1iin  und  eurijpyga.  mit  denen  der  neukiile- 
donische  Rallenkranieh  rlnuochctus  nüchstverwandt  ist,  ebt  iix)  auf  die  \'Hr]iroi- 
tung    der  Pinguine.     Bei   den  Reptilien   kommt  die   ozeauisebe  (Jattuug 
fmfffnis  aucb  iu  Brasilien  in  6  Arten  vor.    Die   amerikanischen  Iguanideu 
erscheinen  aucb  auf  den  Fidschi -Inseln.    Die  Lurcb Schildkröten  {ctielydidae) 
sind  beiden  Regionen  gemeinsam.  Unter  den  Amphibien  sind  die  Beispiele 
qtlrlich,  die  avstralischen  weisen  fast  alle  nach  Lidien.   Bei  den  Fischen 
sind  unter  den  Ph  jsostomen  die  Haplochitoniden  und  Galaziaden  im  sOdlichMi 
Teile  beider  Regionen  gefunden  worden,  abgesehen  Ton  anderen  Ähnlichkeiten, 
ünter  den  Insekten  erwihnen  wir  die  Ameisen  IHd^Myrmeü^  aemOtopomera, 
daccton-oryctcfftwthus^),  die  Stephanide  rtenapasmua,  die  Pelecinide  monomachus, 
die  Thynniden  elaphrodrrn-fhijnnus  und  apenesia,  den  Laufkäfer  pseudomorpfia, 
die  Prachtkäfer  curis  und  aciierusia,  den  Weicbhautk&fer  rhipidocera,  den  Bunt- 
klfer  nataiis,  den  Schnellkäfer  In'risiofiatvs ,  den  Scbwarzkäfer  enfiohorus.  die 
Schmetterlinge  '  Kryndes-ruriicus.  itJu  wt  'hmnddnjns  fjHipiliiniidae),  die  Schwürraer- 
familie   der  castniida<  .  die  Schnaken  ((uiii<h  nts .   ct<  dtmut-cerozoilia ,  die  Heu- 
schrecke t'iilria;  unter  den  übrigen  Arthropoden  die  Spinnen  arcys,  crypto- 
thrU,  ulohorus ,  den  Afterskorpion  idcfibi.'^iitm,  <lie  Millx'n  huaunjihifsalis  und 
nifffiHhanuSf  die  Garneele  ati/a  und  die  isolierte  Gattung  ptripatus.  Unter 
den  Landmollusken  sind  erwähnenswert  gefMbia,  mmorgamicria,  diplom- 
matma  und  die  Unterfkmilie  der  hkmeymae»  sn  den  Wegsdmecken  gehörig. 
Aus  der  Zahl  der  Wflrmer  endlich  nennoi  wir  die  Regenwfirmer  «rockada 
und  mdr^us,  die  Landplanarie  geopkma  und  die  Landblut^l  eylieobdeUa" 

Wie  zwischen  Australien  und  Sfidamerika  hat  man  auch  zwischen  der 

letzteren  Region  und  Afrika  venvandtscbaftliche  Be/jehungcn  entdeokt|  und 
swar  weist  eine  besonders  auffallende  Ähnlichkeit  Madagaskar  auf,  das  nicht 
mit  von  der  pHoeanen  Invasion  hctlarktisch-orientalischer  Tiere  betrutfen  wurde, 
die  der  h«iheren  Tierwelt  von  Atrika  ihren  Charakter  aufgedrückt  hat.  Auf 
difse  Beziehungen  finden  wir  bei  den  olien  zitierten  Forselu-rn  hingewiesen, 
denen  i'b  hier  noch  Scharff*)  anfügen  mTiriite.  Die  Be/.ieliuiiifen  sind  hier 
sogar  nt)(  !i  vielseitiger  als  zwischen  Südamerika  und  Australien.    Wir  stellen 

1)  Die  «iurch  Bindestrich  vereinigten  Namen  bezcirlinon  vikariierende  (iattungen. 

2)  Schart  f.  Some  itemarks  ou  the  Atlantis  Problem.  Proc.  of  the  Ii.  Iriah  Ac. 
Bd.  S4.  Sekt.  B.  IM».  8.  S68— SOS. 

«Mgi^hlaalw  ScMaohfUI.  lS.Jaki|wg.  IWW.  «.Hall.  16 


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218 


Th.  Arldt: 


suniehst  einige  der  wichtigsten  AhnUehkeiten  swisdiiii  Stt^Aiiierik»  und 
Madagaskar  siuammen.  Unter  den  Singe ti  er en  ist  aeimoäon  Ton  den  An- 
tillen nlehstrerwandt  den  Borstenigeln  (ceiUetidae)  TOn  Madagaskar,  den 
Lemoriden  der  letzteren  Insel  stehen  die  sfldamerilauusehen  Affen  am  nlch- 
sten.  Bei  den  Vögeln  gehdrt  megiies  m  den  oben  erwfthnten  BallenTQgeln. 
Unter  den  Hoptilicn  sind  zu  erwähnen  die  Bieeensohlange  boa,  die  in  swei 
Arten  in  Madagaskar  vertreten  ist;  die  Leguane,  die  auch  hier  vorkommen^ 
sowie  die  Schildkröte  podocnimis;  unt«r  den  Amphibien  die  Familie  der 
Baunifi-nsche  {dendrobtififlnr),  von  der  7  Arten  in  Südamerika,  6  in  Mada- 
gaskar endf'miscli  sind;  von  den  lu>ekten  die  Ameisen  ci/Iin'h-omi/n)ie.r- 
ttitnoponc,  leptotliorux ,  die  Sandlaufkilt'er  peridixid,  cteiwstoma-pogimusfornn, 
die  Schmetterlinge  uramdki-chrysiriditi^  die  Schnake  ciiocira,  die  Heuschrecken 
iurpdut ,  podoscirfKs:  von  den  übrigen  Arthropoden  die  Skorpionsspinne 
phrynus,  der  Tausendfüßer  siplionoj^iora,  die  Garneele  atya,  die  Asseln  nteto- 
ponor^uB  und  pkUoteia,  Von  d«n  MoHnsken  nennen  wir  Jututesia.  Afrika 
und  Sfldamezika  bes.  anch  nodi  Madagaskar  gemeinsame  Fonntti  finden  wir 
in  nodi  größerer  Zahl.  Auf  die  Verwandtschaft  der  Cebiden  nnd  Lemoriden 
ist  schon  hingewiesen.  Von  den  tlbrigen  S&ngetieren  ist  ein  fossiler  In- 
sektenfipssser  Fatagoniens  neerolestea  sehr  Ähnlich  dem  südafrikanischen  Gold* 
mnll  (chrysoehloris).  Die  hystricomorphen  Nager  sind  vorwiegend  neotropisch, 
doch  gehören  zu  ihnen  die  afrikanischen  Ctenodactjliden  und  die  Stachel- 
schweine, die  ebenfalls  in  Afrika  ihre  Haupt  Verbreitung  haben.  Die  süd- 
amerikanischen fossilen  Typotherien,  Toxodontiei-  und  Litoptemen  sind  nllchst- 
verwaudt  dem  Schliefer  [lit/rax],  den  südamerikanischen  Zahnarmen  entspre- 
chen Erdferkel  (ori/cleropns)  und  Schuppentier  (manis),  die  Sirene  tmouifus 
weidet  an  der  atlantischen  Küste  Südamerikas  sowolil  wie  an  den  Ufern  West- 
afrikas. Von  den  Vögeln  sind  besonders  die  echten  Papageien  (psittacidat) 
EU  erwähnen,  sowie  einige  Enten,  wie  die  Witwenente,  und  die  Pinguime. 
Unter  den  Reptilien  erwihnen  wir  die  westafrikanisdie  Biesensdilaage  ptlo- 
phüm,  die  mit  der  sddamerikanischen  boa  rerwandt  ist,  femer  die  Doppel- 
schleiehe anops,  die  Eideehsenfrunilie  der  i^^idosUmidae,  die  LorehschildkrÖten 
(i^eljfdidae)\  unter  den  Amphibien  die  nugenlosen  FrOsobe,  nimlich  die 
sftdamerikanische  Walenkröte  (p^)  nnd  den  afrikanischen  Spomfrosoih  (daety- 
\ethr<i)\  unter  den  Fischen  die  Chromiden.  Characiniden ,  Pimelodinen  und 
die  Lungenfische  Qepidosiren'protopta'us).  Von  den  Insekten  sind  sn  nennen 
die  Ameisen  e^UmrOmmma,  lahidus-aenicfus,  hptogmys,  platythyrca,  anochetm, 
poganomyrmtx-ocifmyrmex,  }>^eifd()niyrm<i-sinm.  iratioprlfn-cnnbaru,  die  Hunger- 
wespe sfen'tpdsnnis ,  die  Küfer  Im,  (/ouiutropis ,  In/iiolilliiis,  gtderita,  idindria, 
rj,//issus,  hi  i  iith'  ,  iirrhefiotlcs,  oniorgits.  die  Schmetterlinge  hypanarfia,  oxtnu  tray 
h  uanhilonai.  pardahodiS,  Uulnjris.  acraid,  die  Heuschrecken  (ii/rotcin .  m  ron- 
cidius,  cmidlti,  cyrhxiphiis,  scuddirui-corymeia;  von  den  anderen  Arthro- 
poden die  Afterspinne  crypfostemma,  die  Milbe  meffisOtamu  sowie  peripahu. 
Unter  den  Mollusken  sind  gemeinsam  tustrei^axis,  unter  den  Wflrmorn 
geogtma,  aeamthodrüm,  tr^ftuktf  gordiodrUus,  nmatogaUa  sowie  die  geosecii' 
ddae.  Diese  viel&che  Übereinstimmung  dar  sfldlichen  Kontinmte  Iftfit  mnf 
eine  frllbere  Verbindung  derselben  schließen,  wie  sie  tataScUicb  swisohen 


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Die  tiergeogxftphischen  Reiche  and  Aegionen. 


219 


Afrika  und  Südamerika  von  den  meisten  Geologen  für  die  mesozoische  Zeit 
augenouimeü  wird,  und  wie  sie  auch  zwischen  Südamerika  und  Australien 
wahrscheiniicb  gemacht  worden  ist^)  Diese  südliche  Landmasse  hat  jeden- 
ftlk  epitesteiiB  in  dar  Eodbueit  sich  in  die  jetzigen  Kontinente  aQ%el6fft 
Die  Stacken  hatten  uiikngs  sehr  fthnliofae  Eannen,  die  sich  spftter  inuner 
mehr  speaalasierien,  am  meisten  bei  den  hOchstrtehenden  Wirbeltieren,  den 
Bingetieren  nnd  VOgeln,  nnd  da  man  nach  ,  diesen  suerst  die  Brde  in  Re- 
gionen eintoltei  mußten  die  Sfidkontinente  einander  fremd  erscheinen.  Dam 
kam  noch,  dafi  in  der  Miocän-  nnd  der  Plioc&nzeit  nordische  Tiere  in  ver- 
schiedenem  Maße  in  die  bisher  isolierten  Gebiete  eindrangen,  sehr  spärlich 
in  Australien  und  Madagaskar,  reichlicher  in  Südamerika,  in  hohem  Maße  in 
Afrika.  In  dem  letzten  Erdteile  wurden  die  alteinheimischen  Formen  ganz 
zuriickgedriingt,  in  den  anderen  Gebieten  sind  aber  auch  jetzt  noch  die  Nach- 
kommen der  alttertiären  Fauna  das  vorherrschende  Element.  In  Folge  dessen 
machen  die  Tiere  dieser  Länder  auch  einen  so  fremdartigen  und  altertüm- 
lichen Eindruck  auf  uns.  Weil  nun  also  die  drei  Regionen  Austialien,  Süd- 
amerika und  Madagaskar  jetzt  noch  durch  ihre  alte  Fauna  charakterisiert 
sind,  können  wir  sie  als  ein  tiergeographisdies  Beich  xnsammen£Msen  unter 
dem  Namen  Palftog&a,  das  in  dem  alten  Sclatersehen  Sinne  doch  nicht 
in  Gebranch  ist  Wtdtte  man  die  Namensgleichheit  Termeiden,  so  virtbre 
der  Name  ArdhiogSa  ebenso  trelfend,  doch  glaabte  ich  PaUogHa  wegen  der 
Analogie  sn  den  geologischen  Perioden  voniehen  su  sollen.  Afrika  dagegen 
zeigt  einen  moderneren  Typus.  Die  Tierfamilien  besonders  aus  der  Klasse  der 
Säugetiere,  die  hier  vorherrschen,  sind  fast  alle  aus  dem  holarktischen  Miocftn 
oder  Pliocän  bekannt,  während  sie  jetzt  in  den  nördlichen  Gebieten  meist 
verschwunden  sind,  wie  die  Menschenaffen,  die  Hyänen  und  Schleichkatzen, 
die  Elefanten,  di"  Antilopen,  Oiniffen,  Zwergmoschustiere  und  Flußpferde, 
und  die  Nashörner.  Diese  Formen  haben  z.  T.  in  dem  für  sie  sehr  geeig- 
neten Savannengebiete  Afrikas  sicli  außerordentlich  diflferenziert.  Eine  ähn- 
liche Entwicklung  griff  in  d<'r  orientalischen  Region  Platz,  die  vielleicht  bis 
xor  Pliocänzeit  wenigstens  zeitweise  ein  Teil  der  holarktischen  Region  ge-. 
weseo  ist  nnd  in  Folge  dessen  bei  weitem  nicht  so  viel  alte  gfldkontinentale 
Fennen  aufweist  wie  das  feetllndisehe  Afrika.  Trotzdem  ist  die  Ähnlichkeit 
swischen  den  beiden  Regionen  so  grofi,  daB  Allen*)  sie  wieder  in  eine  Region 
nisammenfiusen  wollte,  nnd  daB  wir  mit  um  so  grOflerem  Rechte  beide  als  ein 
Bttch  ansehen  kOnnm,  das  wir  als  Mesogia  beieichnen,  da  in  ihm  die 
mitteltertiäre  holarktische  Fauna  sich  besonders  spezialisiert  hat.  Die  hol- 
arktiscke  Region  bildet  dann  allein  das  dritte  I^eich,  das  die  modernsten 
Pormen  enthält,  die  unter  wesentlicher  Beeinflussung  durch  die  Eizeit  sich 
entwickelt  haben.  Wir  nennen  es  Känog&a.  Wir  kommen  also  zu  folgender 
Einteilung  der  festen  Erdoberfläche: 


1)  Vergl.  C.  Burckhardt.  Traces  gfologiqnes  d*on  aaeient  oontineDt  pad- 
fiqn«.   Rev.  Museo  La  Plata  Yol  X.  1900 

S)  Allen.  The  Geographica!  Distribution  of  North  American  Mammals.  Bull. 
Amer.  Nni.  ToL  lY.  im. 


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220     Th.  Arldt:  Die  tiergeographischen  Keiche  und  Regionen. 


L  Paläogäisches  Beioh:  1)  anstmlisehe  Begion  mit  5  Unterregionea; 
2)  naotropiache  Begion  mit  4  üiiteRegi<««ii;  3)  madagaasisehe  Begion  mii 
3  ünteiregioneiL 

IL  MeaogliBohtti  Reich:  l)  ftthiopiadh«  Bagion  mit  3  üntanegioDen; 

S)  orieutaliadie  Bagion  mit  6  ünterregiooen. 

UL  KänogSisches  Reich:  l)  holarktische  Region:  a)  paläarktische  Ab- 
teilang mit  5  ünterregionon ;  b)  boreale  Abteilnng  mit  1  Unterragion; 
c)  nearkti-^i'ho  Abteilung  mit  2  UuteiTegionen. 

Die  j^amen  der  Untarregionen  sind  aus  Tabelle  III  zu  ersehen. 

Auhantr. 

Verzeichuis  der  den  lolgeuden  Tabellen  zu  Grunde  liegenden  Literatur. 

1.  Sclater,  P.  On  the  General  Geographical  Distribution  of  the  Membem  of  the 
Claas  Aves.  Joom.  Lum.  Soc.  Zool.  Vol.  U.  lö&8.  S.  130—146.  —  8.  Huziey.  Od 
iha  daRnficatioB  and  Durtribntion  of  Alaotorcnnorphaa  and  Hataromorphae.  Plroe. 
Zool.  Soc.  1868.  S.  294—319.  —  8.  Sclater,  P.  The  Geographica!  Distribution  of 
Mammals.  Manchester  Seienrf  L<m  tur<  <  5  and  6.  ser.  1874.  S.  202—219,  —  4.  Wal- 
lace.  The  Geographical  Distribution  ot  Auimals.  London  1876.  —  &.  Moebius.  Die 
AittMgrifi«  nnd  ihr  YarliUtnis  snr  Ahatammnngddura.  ZooL  Jahrh.  Bd.  I.  1S86.  — 
6.  Heilprin.  The  Geographical  and  Geological  Distribution  of  Aidmals.  Inter- 
national  Scientific  Seriea.  London  1887.  —  7,  Blanford  Anniversari-  .Address  to 
the  Geological  Society.  Proc.  Geol.  Soc.  1890.  S.  48—110.  —  8.  Anonymus.  The 
Naarctic  Region  and  ita  Mammals.  Natural  Science  YoL  UL  1898.  8.  — 899.  — 
9.  Lydekkar.  A  Oaographical  Hiatory  of  Mammals.  Cambridge  1896.  —  10.  Mat- 
Bchie.  (Teographiscbe  Fragen  aus  der  SÄugetierkunde.  Verh.  d  Gospll^ch.  f.  Erd- 
kde. IM  Berlin.  Bd.  28.  1896.  S.  247— 249.  —  11.  Kobelt.  Studien  zur  Zoogeographie. 
Wiesbaden  1897.  —  12.  Pocock.  The  Geographical  Distribution  of  the  Arachnida 
of  the  Orden  Pad^alpi  aad  SoliftigM.  Natoial  Sdence  1899.  —  IS.  Maas.  Stieit> 
fragen  der  Tiargaogxaphia.  G.  Z.  1909.  8. 191—140. 


Tabelle  L    Zoogeograpliische  Reiche. 


BcgtoneniL. 
Babragio- 
D«n  nmeb 
WftlUoe 

8el»t«r 

isss 

Hulnr 

isia 

Sdatar 
1S74 

Bluinrd 

issa 

tsn 

Lydddkw 
UM 

MMmU« 
IM« 

Ii 

Alldt 
IM» 

N*. 
•rktiMh* 

_ 

•rktiMh« 

Oritn- 
tsllMh« 

Atlltoi>i)u-hu 
Oba«  Madk- 
fttSkw 

Arirtogta 

Aiklogte 

Aifctogta 

Arktugta 

KoDtinen- 
telgabiet 

Tertiüro 
Erde  b 

BfMOgt» 

'UsdikeM- 

•iaehe 

PallogU 

Mailogai^. 
(iebiet 

Anstn- 

litob« 

i 
1 

Mmo- 
■olaob« 

Bta* 

l'nlvne-" 
•iichu 

Neu*««- 

1 

Ornitho- 

Auatra- 
liMbsBAg. 

Koiogt» 

SudlichM 
Qebitt 

PaUegto 

Neo- 
tropische 

1  MMgte 

! 

Dendrogto 

MMgte 

XU 

Koat.-O«b. 

TwtUr« 
Sftfca 

MMlscta« 

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Tabelle  HI.    Zoogeographische  Unterregionen. 


1  1»76 

T.v/ii'L'lror  '\ 
Ij  V  l^lt^  IV KCl  j 

18U6 

itltiLCQlO 

1896 

ii.oi>».'lt  lieg.} 
1897  •) 

j  Arlut 
1  1905 

Pategon.  Argeot. 
Anden 

1 

1  CbUenieche 

1 

1  Chilenische 

Patagonlscb- 
Chilenlsches 
Urgeb. 

PatagoDitobe 
Südliche  And^n 

Patagonlsohs 

1 

Bmiliea 

SUdhrasilischT 

Guayana- 

Columbia 

firaiillfcbe 

Urasilische 

(iua>anische 

Braailisohe 

SOdamerlka- 

Cnlumbiaelw 

Contra  latnerika 

Mexlkaniaehe 

Mexikanische 

nitcbes 

Central- 
amerlkanisobe 

Central- 
amerlkanlsoba 

Mexiko 

Mexlkaniacbe 

Weaiindien 

AntiUleche 

Antillitche 

Waattadiichc 

WeaUadUebsr 

ITninn    ve  T 

vaiiiurnuobe 

Niedur- 
kaliforniitche 

Fcliengeb.  Ur. 

Nleder- 
snonriiichp 

Vereinigte 
Staaten  Urg. 

Sonorisch- 
Columbisdie 

SoQoHscbe 

Union,  ö.  '1. 

Allegbaniei  ür. 

Obersnnurische 

Übergangssone 

Canadiscbes 

C'aoada 

Canadiscb« 

Labrador  Ugb.? 

Arktitcbe«  Oeb. 

<  auadlaclio 

Arktische 

Sitka  L'gbTT^ 

Boreale 

Kuruphitcho 

Nordpolargeb. 

Holarktische 

Europa  ohn» 
Hittelmeergebiet 

Europaische 

BalUsohae 

Eoroptische 

I'ontisches 

äiliirieu 

Centrai- 

Sibirisches 

Sibiriacha 

Ceutral-A«i«B 

Sibiriecha 

asiatische 

Kaspisches 

Centrai- 
asiatische 

Central- 
asiatische 

iiDet 

TibetauiBche 
Kaschmir  l'r 

Chinesisches 

China,  Japan 

Mandecbnrische 

Mandschurische 

Jananischa 

M      I'  ™ «4  ■  v%>UV 

Oatasiatiache 

Mittelmeer 

Mittelmeeriiche 

Mittelin  tierische 

M  i  tte  Imee  ri  sches 

s.  Holarkt Ischen 

Mlttulnieerisc-be 

gebiet 

— 

MaicroDoiache 

Trop.  Afrika  n. 
Trop.  Afrilia  0. 

 .  

Uitafrlkaniiche 

Saharische 
Sudarabische 

Sfkkotra« 



Sonialilaud  Ur. 

Steppengeb. 

Saranuen  Urg. 

Sadafrik» 

SUdafHkaniacbe 

Äquatorial- 
afrikanische 

Afrikanische 

SOdafrikaniaobe 

Weitafrika 

West' 
afrikanische 

"  West- 
afrikanische 



Guinea  Ugb. 

Watt» 

afrikanische 

Madagaekar 

Madagassische 

Madagassische 

westL  ügb. 

Madagassische 

Madagassische 
Maskanerischa 

UQgiun 

Ostl.  Ugb 

1 

Seycbetlleebe 

Torderindien 

Hindnstanisohe 

Indische 

Hlndustaniache 

Min    it  A<sn  i  Af*lt0i 

Sodindien, 
Ceylon 

Ceylonealsche 

Malabarisch- 

Ccylonische 

Vorderindischns 

Sadlndiacba 

Ceylonesische 

Himalaya 

Himalayische 

Uinterlndien 

Indochinesische 

Birmaniaabe 

Hintorindische 

Hiuterindiache 

Indochinesische 

Or.  Snndaineeln 

Indomalayiache 

Malaylscbe 

lilnterindiscbes 

Snndanesiscbe  | 

Snndanaelacbe 

Philippinen 

Philippinische 

n«  s  s  t         1  1  

Phil  ippLui  sehe 

PhHippiniscbe 

Celebee 
Uolnkktn 

Aaitralo- 
malajrische 

Anstro 
malayische 



1 

Papuanlscb- 
Melanesiscbe 

Celebes  l'rg 

Neuguinea 

Noril- 
australisch- 
Papuaniscbe 

NordauatralieD 

Anitraliecbe 

Australische 

Anstralisobei 

~  SUddSt- 
australiscbe 

Australien 

West-  ~j 
•ostraliscba 

Ausiraliacbe 

HawaU 

PolTOMiaeho 

Hawaiische 

Uawaiisotae 

"  UawaUaeba 

Polyneiien 

- 

Polynesische 

Polyncsische 

Polynesiscbe 

Nenaeeland 

Neaseeltndische 

Neaseelkndiscb. 

NeuseeUndiecbei 

KausMlfcndiiscte 

1)  Ljdekker  stützt  bicb  auf  Einteilungen  von  Heilpriu  und  Blanford. 

2)  Vergl.   hiermit  Fischer.    Manuel   de  Conchybiologie.    Paris  1880  —  87 
(80  Regionen.) 


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E.  Pbilippi;  Die  oitftfxikftnitehe  Sfldbfthn. 


223 


Die  ostafrikuiiseke  sadbalm.') 

„Unter  den  europäischen  Großmächten,  die  in  Afrika  größere  Besitzungen 
haben,  steht  Deoteohland  besflglich  des  Eisenbahnbaaee  an  letzter  Ste]!».** 
Vit  diesen  melancholischen,  abei*  leider  nur  sn  wahren  Worten  beginnt  die 
Berichtorstattang  Ton  Fachs,  die  idi  mit  stets  wachsendem  Interesse  ge- 
lesen habe. 

Die  ostat'rikanisclie  Südbahn,  um  deren  Erkundung  es  sich  hier  handelt, 
soll  von  Kilwa  nach  dorn  .Njassa  füiiren.  Das  Projekt  ist  keineswegs  neu; 
sehen  „Banmftnn  gab  Tcm  allen  deatsdi-ostafrikanisdien  ftihnprojekton  dem 
einer  Nyassabahn  den  Vorsog  und  seit  Jahren  erbebt  Hans  Meyer  seine 

warnende  Stimme,  uns  mit  dem  Baa  einer  Sfldbabn  sn  beeilen,  damit  uns 
andere  Nationen  nicht  zuvorkommen**. 

Der  Süden  der  Kolonie  ist  von  jeher  etwas  stiefmütterlich  behandelt 
worden.  Eine  direkte  Dampferverbindung  mit  Europa  ist  auch  heute  noch 
nicht  vorhanden,  Passagiere  und  Fracht  werden  mit  Eüstendampfem  nach 
Dareasalam  befSrdort  und  erreichen  erst  dort  die  direkte  Linie.  Außer  der 
noch  in  den  Anftngen  steckenden  Lindi-Handels-  und  Plantagen -Gesellsehaft 
pbt  es  im  Süden  kein  Pflanzimgsuntemehmen ,  während  im  Norden  etwa 
20  Millionen  in  Plantagenban  angelegt  sind.  Trotz  der  planmäßigen  Bevor- 
zugung der  Nordbezirke  butteii  sich  diese  wirtschaftlich  nicht  entsj »rechend 
entwickelt  und  selbst  die  iiaudelsätatistik  des  Nordens  weist  kaum  günstigere 
Zahlen  auf  als  die  des  Sfldens,  wenn  man  von  Bagamoyo  und  seinem  Elfen- 
beine^ort  absidit.  Die  Ausfuhr  des  Hafens  Kilwa  hatte  im  Jahre  1904 
einen  Wert  von  1  063  564  J(.,  weitaus  an  erster  Stelle  bteht  Kautschuk, 
dann  folgen  Getreide,  Co{)ra.  Elfenbein,  Sesamsaat,  Holz,  Wachs  und  Copal. 
Nur  Kautschuk,  Elfenbein,  Wachs  und  Tabak  (letzterer  von  Mikindani  und 
Lindi  ausgeführt)  stammen  aus  dem  Inneren,  alles  andere  aus  küstennahen 
Gebiettti.  Der  WarenTerkehr  naidi  dem  Inneren  TolMeht  sich  au^  heute 
noch  auf  den  Köpfen  der  Eingeborenen;  es  gingen  ab  von  Kilwa  im  Jahre 
!()()3  23  531  Leute  mit  11334  Lasten.  Es  liegt  auf  der  Hand,  daß  sich 
der  heute  schon  nicht  unbeträchtliche  Warentransport  erheblich  steigern  muß, 
sobald  einmal  ein  billigeres  und  bequemeres  Transportmittel  vorhanden  ist. 
Dabei  ist  jedoch  zu  bemerken,  daß  das  Hinterland  des  Distrikts  Kilwa  nur 
sehr  schwach  bewohnt  ist;  schuld  au  seiner  Verödung  sind  die  Waugoni- 
EinAUe  der  letzten  Jahrzehnte,  die  die  Torher  stark  bewohnten  Distrikte  ent* 
TÖlkert  haben.  Es  müßte  also  Hand  in  Hand  mit  don  Bahnbau  eine  plan- 
mäßige Besiedelung  der  durchquerten  Strecken  gehen,  mit  anderen  Worten, 
dif  Arbeiter  müßt^'n  dauernd  in  dem  „menschenarmen"  Hahugebiet  angesiedelt 
weiden.  Für  die  Besiedelung  künu-n  in  »T'^ter  Linie  die  Bewohner  der  dii-ht 
bevolkeiieu  Landschaften  Uujauiwesi  und  Usukuma  in  Frage.  Daß  solche 
Massenaiisiedelungen  möglich  sind,  zeigen  die  Erfolge  des  Bezirksamtmanns 
Meyer  in  Taoga,  der  4 —  5000  Wanyamwesi  und  Wasukuma  lings  der 
Usambara-Bahn  angesiedelt  hat.  Im  allgemeinen  lebt  der  Neger  gern  an  den 
Bahastr&Ben,  da  er  dort  seine  Neugierde  und  sein  Geselligkeitsbedfirfiiis  be- 


r  Fuchfi.  Paul.  Dit^  wirtschaftliche  Erkundung  einer  ostafrikanischen  Süd- 
bahu.  Hrsg,  vom  Kolonial- Wir tschaitlichen  Komitee.  192  S.  48  Abb.,  2  Skizzen 
im  Text  u.  8  K.  Bedin  1906. 


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224 


E.  Pbilippi: 


friedigen  kann.    Es  edieiiit  keinem  ZwMfel  zu  unterliegen,  daß,  eine  Ter- 

sttndige  BehandluiiLT  vorausgesetzt,  stets  genügend  eingebinvne  Arbeiter  für 

den  Bahnbau  viirli;ui(lt.ii  sei»  worden. 

Als  Ausgangspunkt  für  die  Sildbahn  kommt  di»'  Rucht  von  Kilwa  Kisi- 
waui  in  Betracht,  insbesondere  die  Lokalität  Kikoni.  gegenüber  von  Kilwa 
auf  dem  Festlande  gelegen.  Die  Kilwa-Bucht  ist  leicht  zugänglich  und  da- 
bei gegen  alle  ITHnde  gut  geeehützt  Dampfer  können  bei  KUconi  in  einer 
Entfernung  von  nur  100  m  vom  Lande  ankern.  Das  Gelände  ist  dabei  zur 
Anlage  einer  Stadt  dun  linus  geeignet.  In  richtiger  Erkenntnis  der  Sachlage 
bat  die  Kommune  Kilwa  sihon  vor  Jahren  das  Gebiet  von  Kikoni  angekauft, 
80  daB  wilden  Landspekulatioaen  der  Bfxlen  entzogen  ist. 

Das  erste  Drittel  der  Strecke,  von  der  Küste  bis  zu  der  in  letzter  Zeit 
oft  genannten  Station  Liwale,  bietet  dem  Babnbau  keine  Schwierigkeiten. 
Die  Trasse  steigt  bis  Mgeregere  sanft  an  nnd  Terlluft  dann  bis  tn  H^em  ea. 
500  m  hoeb  gelegenen  Liwalo  eben.  Das  Gelände  ist  mit  lichtem  Laubwald 
bestanden,  «ler  den  Bedarf  einer  Eisenbahn  an  Brennmaterial  auf  lange  Zeit 
decken  würde.  Jedoch  ist  das  Land  tr  ilweise  wasserarm  und  auf  eine  Strecke 
von  75  km  gibt  es  überhaupt  kein  Wasser.  Liwale  ist  der  Hauptort  des 
Dondebeiirkes;  seine  Bewolmer,  die  Wagindo,  sind  azbettssdien  nnd  dem 
Tranke  (Pombe)  ergeben,  kommen  daher  als  Arbeiter  für  den  Bahnban  nicht 
in  Betracht.  Das  Dondeland  liefert  einen  ausgezeichneten  Kautschuk,  der 
von  der  wildwaclisenden  Tiiane  Landolphia  doifleen^is  stammt.  Eine  andere 
Kautschnkptlan/.c,  Manihot  (ila:i<)rii.  wird  mit  Erfolg  kultiviert,  doch  stehen 
die  Untersuchungen  über  deren  Produkt  noch  aus.  Baumwolle  wird  in  Liwale 
und  in  der  Nähe  der  Küste  mit  verschiedenem  Erfolge  gepflanzt. 

Zwischen  Liwale  nnd  Ssongea  ist  das  Terrain  fEür  den  Bahnbau  etwas 
schwieriger,  dafür  ist  aber  das  Gebiet  sehr  reich  an  gutem  Trinkwasser. 
Der  lichte  Laubwald  reicht  bis  Sflongea,  das  1150m  ttbör  dem  Meere  liegt 
und  malariafrei  i^t.  Die  Bevölkerung  des  Bezirkes  S-ongea  wird  auf  löO — 
IHn  ()()()  Köpfe  gt'^rliiit/.t,  das  herrschende  Element  sind  die  VVangoni,  Nach- 
kommen eines  Zulustaniiues,  der  vor  .'jU  Jahren  hier  eindrang  und  sieb  mit 
den  alteingesessenen  Stämmen  Termischte.  Nach  dem  Berichte  von  John 
Booth,  der  in  Ssongea  angesessen  ist,  dfbrften  die  Eingeborenen  arbeitswillig 
und  für  den  Bahnbau  zu  verwenden  sein.  Den  üntergnind  des  Bezirkes 
bilden  Roterden,  die  aus  Gneis  und  Granit  hervorgegangen  sind  und  sich  zum 
Körnerfruchtbau  gut  eignen.  Vielfach  ist  jedoch  der  Boden  durch  die  un- 
verständige Bewirtschaftung  der  Eingeborenen,  besonders  durch  den  Anbau 
der  sehr  anspruchsvollen  Eleusine,  ganz  erschöpft.  Kulturfähiges  Neuland 
gibt  es  kaum  mehr;  „jungfrftulich**,  meint  Booth,  „ist  in  Afrika  nor  das 
Schlechte:  der  Sumpf,  die  Steppe,  das  Steinland".  Unter  den  FcldtVüchten, 
die  in  Ssongea  angebaut  werden,  nimmt  leider  noch  Eleusine,  die  als  Handels- 
artikel gänzlich  wertlos  ist,  die  erste  Itolle  ein,  an  zweiter  Stelle  kommt 
Mais,  an  dritter  Mtania ;  auch  Reis  wird  neuerdings  vielfach  gel)aut,  daneben 
Maniok,  Bataten  und  mehrere  Ölfrüchte.  Einige  Lagen  eignen  sich  zum  An- 
bau Ton  Baumwolle;  die  nadli  Deutschland  gesandten  Proben  ftndan  im  all- 
gemeinen günstige  Beurteilung.  Das  Ertrftgnis  an  Kautschuk,  den  fast  aos- 
schließlicb  die  wildwachsende  Liane  Landol}>hi(t  Iii  fert,  ist  geringer  als  im 
1  >on<lelande:  doch  dürfte  das  Tiand  für  Kant-rhukplantagen,  in  denen  Kikria. 
Cn^tiHiia  und  Muiiiliot  gezogen  werden  kiinnten,  in  Frage  kommen.  Für  Tee, 
Kaüee  und  Chinarinde  sind  die  Aussichten  wenig  günstig,  ebenso  für  den 
Obitban,  wBhrend  Glemttse  besonders  in  den  höheren  Lagen  gut  gedeihen. 


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Die  ostafrikttiiifolie  Sfidbahn. 


225 


Die  Viehbestände  wareu  früher  sehr  groß,  siud  aber  durch  die  Rinderpest 
deamiert  worden. 

f,Fflr  jemanden,  der  diese  Linder  kennt,  kann  gar  kein  Zweifel  vor- 
haadeo  sein,  daß  ein  Babnbau  sehr  schnell  einen  großen  and  dauernden  Anf- 
ichwnng  mit  sich  bringen  würde.'' 

Zwischen  Ssnnaca  und  Wiedhafeu  am  Nyassa-See  ist  das  Land  berpifj 
uod  der  Bahubau  durfte  auf  größere  ächwierigkeiten  stoßen  als  auf  der 
Strecke  Kilwa — Ssongea;  ftlr  die  Fflhmng  der  Tnuse  kommt  nnr  das  Dordi- 
brachstal  des  Bohnhu  in  Frage. 

Anoh  die  Njassaländer  sind  durch  langj&hrige  Ncgerkultur  entwaldet 
und  zum  Teil  erschöpft.  Für  den  Anbau  von  europäischen  Oetreidearten 
und  B<'.sipd<Munt:  durcli  deutsche  Kleinbauern  wilrden  die  über  lOOO  m  lie- 
genden Hochllüilipn  östlich  vom  Njassa  in  Frage  kommen.  Zur  Viehzucht 
sind  die  tiefer  gelegenen  Gebiete  am  See,  im  Ssongwe-Tale  und  in  der  Huaha- 
Rikwatenke  anBerordentlich  geeignet.  Die  Rentabilität  von  Ackerbau  und 
Viehxacbt  steht  natftrlich  in  engem  Znsammenhange  mit  dem  Bahnbau. 

Die  Lange  der  projektierten  Bahnstrecke  zwischen  Kilwa  und  Wiedhafen 
beträgt  etwa  (wO  kni.  Wenn  man  einen  Frachtsatz  von  5  -\  für  das  Tonnen- 
kilometer zu  Grunde  legt  (den  gloiclien  Satz  hat  die  britische  Uganda-Hahn). 
80  wurde  allerdings  Mais  seine  Gewinugrenze  schon  bei  Liwale,  Mtauia  bei 
Ssongea  erreichen,  Reis,  Sesamsaat  und  Erdnftsse  aber  kOnnten  auf  viel  wei> 
tere  Entfernungen,  bei  einigermaßen  billigen  Tarifen  auf  dem  Nyassa  sogar 
aus  Zentral-Afrika  und  Nordost-Rhodesia  transportiert  werden.  Für  den  An- 
bau von  Reis,  d*  r  h"ute  nrx-h  in  großen  ^ff-ngen  aus  Indien  eingeführt  wer- 
den muß.  sind  aber  einzelne  an  der  Baliiitra-^se  lieLrende  Lanilschaften,  wie 
Ungoni  und  Mahenge  selir  geeignet,  die  ausgezeichnete  Sorten  hervorbringen. 
8ow(Al  der  Personen-  wie  der  Warenyerkehr  nach  dem  Njassa  würde  sich 
durch  den  Bau  der  Sfldbahn  sehr  verbilligen.  WUirend  heute  ein  BiUet 
I.  Klasse  von  Hamburg  über  Chinde,  den  Zambesi,  Shire  und  Shire  Highlands 
Railwaj  nach  Wiedhafen  l'>2'>  Jt.  kostet,  wfibrde  es  bei  Benutzung  einer 
ostafrikani^chnn  Südl»ahn.  d:»s  Kilometer  auf  16  .\  berechnet,  von  Hamburg 
nach  Wiedhafen  nur  U27  Ji.  ko-»ten.  \o«  h  stärker  würde  sich  der  Güter- 
transport verbilligen.  Mau  muß  allerdings  ins  Auge  fassen,  daß  die  Dampfer- 
geseUschaften  auf  dem  Zambesi  und  Shire  den  Bahnbau  mit  allen  Sfitteln 
der  Konkurrenz  bekämpfen  würden.  Es  wird  daher  notwendig  sein,  daB  die 
Gesellschaft,  die  die  Südbahn  baut,  anoh  den  Dampferbetrieb  auf  dem  Nyassa 
an  <'v\\  zif'ht  und,  ebenso  wie  die  Uganda-Bahn  auf  dem  Viktoria-Soe.  gute 
Dampfrr  mit  billigen  Tarifen  unterhillt.  Heute  ist  der  Passagier-  und 
Frachtenverkehr  auf  dem  Nyassa  etwa  noch  drei  bis  vier  Mal  teurer  als  auf 
dem  Viktona-Seel  Andi  eine  bedeutende  Zeitersparnis  wflrde  die  Sfldbahn 
ftr  die  Bewohner  der  Njassa -Lftnder  bedeuten;  wftbrend  die  Reise  von 
Southarapton  über  Kapstadt  nach  Chind«>  un  l  von  dort  auf  dem  Zambesi- 
Shire-Wege  nach  Wiedhaffn  mindestens  47  Tage  in  Anspnnh  nimmt,  \nirde 
die  Befr')rderungsdauer  von  Hamburg  über  Neapel  nach  dem  Njassa  nur  etwa 
28  Tage  betragen. 

Wahrscheinlich  wflrde  der  Kilometer  Bahnbau  einschließlich  Qebauden 
und  rollendem  Ifoterial  me  auf  der  Üsambara-Bahn  auf  86000  Ji.  xu 
stehen  kommen;  die  gesamte  Strecke  wflrde  darnach  rund  57  Millionen  Mark 
kosten.  Einen  Rentabilitntsnachweis  kann  man  aus  dem  heutigen  Handels- 
verkehr nicht  erbringen;  «laü  Hl)fr  au>li  in  dieser  Frage  ein  allzu  schwarzer 
Pessimiunus  unberechtigt  ist,  beweist  die  üganda-Bahn,  fUr  welche  im  Jahre 


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226 


£.  Fhilippi:  Die  oatafrikanieche  Südbahn. 


1904/5  beraits  eiii  erheblicber  Übcnehoß  angenommen  wird,  und  die  Usam- 
barft-Balm,  b«i  der  sieli  Eimiahmeii  und  Ausgaben  bereits  decken. 

Drei  Dinge  worden  dem  Leser  des  anregend  geschriebenen  Buches  durch- 
aus klar.  Erstens,  daB  die  ostafrikaniscbe  Südbahn  gebaut  werden  muß  und 
zwar  möcrlichst  bald,  wenn  nicht  der  Verkehr  der  Nvassa-Lftnder  auf  eng- 
lisches tiebiet  abgt'l»?it»'t  werden  soll.  ZweiU*ns,  daß  die  Hahn  dem  Süden 
der  Kolonie  außerordeutliche  Vorteile  gewähren  uud  seine  Eutwickelung  sehr 
bsflchleunigen  würde.  Und  drittens,  dnfi  ihre  Kosten  nidit  unersohwini^ioh 
und  eine  Rentabilitftt  nicht  aasgescUossen  sein  wflrden. 

Man  fragt  sich  nur  mit  Erstaunen,  weswegen  nicht  diese  Bahn  bereits 
in  Angriff  genommen  worden  ist,  statt  der  Str»'oke  von  Daressalam  nach 
Morogoro,  liir  dere  n  Notwendigkeit  wohl  kauiu  so  wichtige  Gründe  ins  Feld 
geführt  werden  können.  £.  PhilippL 


0eo^aphi8che  Neuigkeiten. 

Znsammengestellt  von  Dr.  Augnst  Fitzaa. 


Allgemeines. 
*  Durch  das  Hnseum  fflr  Meeres- 
kunde in  Berlin,  welches  am  6.  März 
durch  den  stell  vertretenden  Direktor  Prof. 
V.  Drygalski  in  Anwesenheit  des  Kaisers  i 
und  des  Fürsten  von  Monaco  eröffnet  | 
worden  ist,  hat  die  Berliner  Unirersität 
eine  hervorra>?ende  Lehrmittelsaninilung 
und  das  von  Hii  htliofen  gegrflndete  Institut 
für  Meereskunde  eine  wertvolle  luid  not- 
wendige Ergänzung  erhalten.  DasMnseiim 
gliedert  sich  in  rier  Abteihmgen:  1)  Die 
I{«'i('liBmarine-Sammlungmit  Bildern 
uud  Schiti'sniodclleu  zur  Dantellung  der  | 
Hauptabedmitte  des  dentschen  Seekriegs«  < 
wesenn,  mit  einer  umfangreichen  Sammlung  ^ 
von  Modollen   der  modernen  dentsrben 
Kriegsschilfe  im  Maßstab  vou  1 :  60  und  | 
mit  einem  Waffenaaal,  in  dem  die  artille* ' 
xifltische   Entwickelung  unserer  Marine ' 
einschließlich  des  Minen-  und  Torpedo- 
wesens   zur   Darstellung   gebracht  ist. 
9)  Die  historisch>voIkswirt«chaft> 
liehe  Sammlung    mit   einer  Modell- 
sainmluncr  vom  .'^«"hitfs-  und  SchitlHtnaschi- 
nenbau,  einer  Sammlung  von  Fabr/.eugen 
unziviUijerter  Völker,  einer  kartographisch« 
diagrammatiachen    des   modernen  See- 
verkehrs und  einer  Sammlung  vou  Modellen 
vou  Rettungaapparaten  und  Schiffahrt«- 
zeichen.    3)  Die  ozeanologische  und 
Instrnmenten-8ammlnng,weldieent- 


hUt 


emc 


reichhaltige  Sammlung  aller 


Arten  Schitfs-  und  Meßinstrumente,  Kom- 
pafikarten,  Schlepp-  und  i'lanktuuucUe 
und  sahlxeiohe  Mermorblöcke  sur  Dar- 


stellung  der  V'olumeu-  uud  Gewichtsver- 
h&itnisse  von  Land  und  Meer  im  Verhältnis 
cur  ganzen  Erde,  von  Höhe  der  Eontinente 

zur  Tiefe  der  Meere,  vom  Gesamtsalzgehalt 
der  Meere  usw.  4)  Die  biologische 
und  Fischerei-Sammlung,  enthaltend 
biologische  Qrappen  vim  Meereatieren  der 
versehiedensteu  Zonen  und  Meere,  eine 
Zusammenstellung  der  SchUt/.e  de.s  Meeres: 
Tran,  Fischbein,  Guano,  Walroßzühne, 
Schildpatt,  Perlen  und  Perlmutter,  Ko- 
rallen, Schwämme,  Benstein  und  die 
Delikatessen  des  Meeres:  Auatem  und 
Hummer,  und  eine  Sammlung  von  Faug- 
appaiaten  aller  Art.  Das  Museum  befindet 
sieh  mit  dem  Institut  für  Meereskunde 
in  der  <!eorgenstralie  34  —  3»),  in  den 
Bäumen  des  früheren  ersten  chemischen 
Institiits,  das  s.  Z.  Ar  den  Chemiker 
A.  W.  von  Hoflmann  errichtet  worden  ist 

Europa« 

«  Nadi  dem  vorläufigen  Ergebnis 

der  Volkszählung  vom  1.  Denmber 
1U06  beträgt  die  Bevölkerung  des 
Deutschen  Reiches  60  606  183  Ein- 
wohner, Diese  verteilen  sich  folgend«- 
maßen: 

Preußen   37  278  820Binw. 

Prov.  Ost-Preuüen  .     2  02ö  741 
,       „    West-Preußen    1  641  986 
Stadt  Beriin.  .  .  S0409tt 
I    Prov.  Brandenburg .    3  529  83!» 

„    Pommern  .    .     l  t')84  126 
^       „    Posen    ...     1  yöü  2Ü7 
Schlesien  .   .  49868» 


n 


n 


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Geogr»phisehe  Neuigkeiten. 


227 


ProT.  Sachsen    .    .    8  978  679 
„  Sehletwig^Hol- 

stein  .  .  .  1604S89 
M  Hannover  .  .  8  759  699 
„  Westfalen.  .  8  618198 
„  HeeMn-Knieftu  S  070  078 
„  Rheinland.  .  6  486  778 
HohensoUezn.   .   .   .    68  098 

Bayern   6  618  884 

Sachsen   4  608  860 

Wfirttembeqr   ....   8800  880 

Radi-n   2  00 D  880 

Hessen  1210  104 

Mecklenburg-Schwerin  .  624  881 
Sttehaen-WeimM  .  .  .  887  898 
Hecklenbnig^StceliiB .   .     103  251 

Oldenburg   138  195 

Braanschweig  ....  486  656 
Snehaen-lfeiningen  .  .  868860 
SachBen-Altenburg  .  .  206  500 
Sachsen-Koborg-Gotha  .      242  282 

Anhalt   828  007 

SdiwBnbnzg-^ondenhwuen  86177 
Schwarzbwg-Bndoktndt       96  880 

Waldeck   69  136 

Aeufi  ä.  L   70  690 

ReoB  j.  L   lU  670 

Lippe-Schanmbarg  .  .  44  992 
Lipi.e  lVtraold  .    .    ,    .      145  610 

Hamborg  876  090 

Bkemen   868  486 

Lübeck   106  857 

ElaftA-Loihringen      .       1814  686 


Einw. 


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♦  Eine  bem«riEenawerfce  Beiee  durch 
Inner-Chiua  und  quer  durch  Tibet 
Ton  Nord  nach  Süd  hat  der  Graf 
Ton  Lesdain  im  Jahre  1904  ausgeführt. 
Wie  w  unter  dem  86.  Nov.  1806  von 
Darjeeling  aus  der  Pariser  Geographischen 
Oesellschaft  briel'lich  mitteilt,  ist  er  am 
80.  Juni  19U4  von  Peking  aulgebrocheu 
und  htti  anerst  die  noch  unbekannten 
WOfltengebiete  im  Lande  der  Ordos  be- 
sucht. Dann  hut  der  Graf  in  den  nächsten 
Monaten  die  Landschaft  Ala-Schan  in 
den  venchiedeniten  -Riebtungen  duieh- 
streift  und  dabei  eine  groBe  Mei^  von 
Ruinen  entdeckt.  Nach  einer  Reise  nach 
Kombum  erfolgte  die  Erforschung  einiger 
Seen  in  dem  noeb  unbekannten  Teile  der 
zentralen  Gobi  und  dann  wurden  in  Nan- 
Shi-tHobu  die  Vorbereitungen  ror  Durch- 
qoemng  Tibet«  getroffen.  Zuerst  wurde 
die  Landfchnft  TWUam  ohne  ünlidl 


durchkreuzt,  dann  gelangte  man  nach 
einem  mflhieligen  Harsche  an  die  QueUen 

des  Yangtsekiang .  wandte  sich  darauf 
direkt  nach  Süden,  überschritt  den  Brah- 
maputra und  erreichte  Dschjangttie,  den 
Ausgangspunkt  der  loteten  engliBch«i 
Expedition  gegen  Lhassa.  Die  noeb  in 
erwartenden  näheren  Nachrichten  von  der 
Expedition  werden  gewiß  wertvolles  Mate- 
rial IUI  Kenntnis  Inner-Asiens  bringen. 
(La  G^ogr.  1006,  S.  170.) 

Afrika. 

«  Cber  flie  Gesundheitsverh&lt- 
nisee  iron  Deuteoh-Oetafrika,  die 

fflr  die  künftige  wirtschaftliche  Entwicke- 
hing  «lieses  Landes  von  »»^roßer  Bedeutung 
tiind,  berichtete  Prof.  Robert  Koch  in 
einem  Toitrag  sn  Berlin  auf  Orund  Miner 
langjährigen  Erfahrungen  im  Lande  selbst. 
Mit  Ausnahme  eines  verhilltnism&ßig 
schmalen  Küsten  Streifens,  dessen  Klima 
dem  Europäer  wegen  leiner  gleiehm&ftig 
hohen  Temperatur  und  wegen  seiner  großen 
Feuchtigkeit  weniger  zusaj^.  hat  der 
größte  Teil  von  Deutsch-Ostafrika  als  ein 
Hoehland  von  Aber  lOOU  m  Meereshohe 
ein  gesundes  Klima,  das  dem  berühmten 
Klima  Südafrikas  nahezu  gleich  kf)mnit, 
mit  dem  einzigen  wesentlichen  Inter- 
sebiede,  daB  hier  die  Luft  in  derTrodma- 
2eit  nicht  ganz  so  trocken  wird  wie  in 
Südafrika;  die  Hitze  des  Ta;:es  i^t  w.^gen 
des  geringeren  Feuchtigkeitsgehaltes  der 
Luft  hier  nie  so  schwül  und  erschlaffend 
wie  im  Kflatenklima.  In  dieeen  feet* 
i  in  nd lachen  Gebieten  Afrikas  gibt  es  nicht 
besonders  viel  Krankheiten;  die  gefalhr- 
liehen  europäischen,  Tuberkulose,  Diph- 
therie und  Typhus  fehlen  fast  gana.  Die 
erste  Stelle  unter  den  tropischen  Krank- 
heiten nimmt  die  Malaria  ein.  rlie  aber 
in  Ostafrika  wie  in  der  ganzen  Welt  mit 
der  Erkenntnis  dea  Wetens  der  Krankheit^ 
der  Ausbildung  ihrer  Behandlung,  dem 
systematischen  Vorgehen  gegen  die  Krank- 
heit und  ihre  Infektioustr^er,  die  Ano- 
phelennflcken,  an  Gefahr  und  Verbreitung 
erheblicli  abgenommen  hat.  Die  an  ihimr 
charakteristi.schen  Haltung  und  ihren  ge- 
fleckten Flügeln  leicht  kenntlichen  Ano- 
pheleomOeken  find  die  einsigeo  Weiter> 
träger  der  Malariakeime:  sie  fliegen  in 
manchen  Gegenden  rJeutsoh-Ostafrikas, 
z.  B.  in  Dareasalam,  das  ganze  Jahr, 
wibrend  sie  in  andecMi,  wie  Morogoro, 


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228 


Geographische  Neuigkeiten. 


KUoeM  imd  Mnapna,  auf  einige  Monate 

Flugzeit  beschränkt  sind.  Damit  steht 
in  zeitlicher  Wechselwirkung  dif  Mf  ><s'lich- 
keit  der  Malaria-Infektion.  Orte  ohne 
Anopheles,  wie  die  inf  dnrehläesigem 
trockenen  Korullenboden  §tehende  eng- 
lische Hafcn-jtadt  M()mlin<s«a.  <ind  malaria- 
frei, weshalb  sich  dt-rartige  Plätze  besonders 
für  Europäemiederlassungen  eignen.  Da 
Anopheles  nur  bia  an  einer  beetinunten 
Mi'oreshöhe  lebt,  sind  Orte  mit  gewissen 
Hüheulagen  überhaupt  nialariafrfi :  so 
beginnt  in  Usambani  die  Malariafxeiheit 
sehon  mit  1000  m  Hohe  imd  Uhdie  iet 
ia^t  ganz  malariafrei.  Bei  der  Heise 
durch  das  vorsenchte  KüsttMiErebiet  nach 
den  mulunulreien  Hochluudern  im  Innern 
«chfltit  eine  riehtige  Ghinioprophylaze 
ToUkommen  gegen  die  Malaria.  Naefa- 

lÄssigo  rhininbchandlung  von  erworbener 
Malaria  schuü't  leicht  einen  üaug  zum 
gefürehteten  Schwarzwasserfieber, 
da«  nicht  durch  einen  besondern  Krank- 
lieitserreger ,  sondern  durch  Körperan-  ! 
strenguugeu,  Erkältungen,  vor  allem  aber 
durch  Chemikalien,  in  erster  linie  Chinin, 
herbeigeluhrt  wird.  Eine  der  Malaria 
ähnliche  und  hiiufig  mit  ihr  vfr^vr-diseltf 
Krankheit  ist  das  Kückfalll'ieber,  das 
durch  eine  blutsaugende,  wanzen&hnliche 
Zecke  übertiagen  wird;  man  kann  sich 
sehr  leicht  gegen  Übertragung  Hchöt/cii. 
wenn  man  nachts  die  Häuser  der  Kiu- 
geboreneu  und  die  von  ihnen  häutig  be- 
nutsten  Rasthäuser  imd  Sehnti^her  an 
der  Karawanenstraße  meidet.  Die  als 
Tropenkrankht'it reclit  i,'etahrliche  Dysen- 
terie ist  in  Ustafrika  selten  und  der 
BesiedelungeAliigkeit  des  Landes  nieht 
hinderlich.  Als  die  letzte  der  Krank- 
heiten, welche  die  GesnndheitHverhältnisse 
Deutsch-Ustafrikas  weseuüich  beeinflussen 
konnten,  iet  die  Schlafkrankheit  au 
nennen,  zu  deren  BekBmpfnng  bekanntlich 
die  Regierung  eine  Expedition  unter 
Kochs  Leitung  entsenden  wird;  Koch 
glaubt,  dae  Wesen  dieeer  Krankheit  dabei 
ergründen  und  die  IGttel  zu  ihrer  Aliwehr 
finden  zu  können,  po  daß  die  frioße  (ie- 
fahr  des  Ausbreitens  der  iSchlal  krankheit 
in  der  Kolonie  femgehalten  werden 
würde.  Mit  der  Schlafkrankheit  des 
Meii-chfii  nahe  verwatidf  ist  die  Tsetse- 
Krankheit.  die  allen  iiausticreu  aufier 
Schafen,  Ziegen  imd  Geflflgel  gefUulidi 
wird  und  Uber  die  ^lonie  weit  verbreitet 


ist.    Sie  ist  an  das  Vorkommen  ihrer 

Infektionstrftgerin ,  der  Tsetsefliege,  ge- 
bunden  und  ist,  da  in  Tsetsegegenden 
die  Viehsucht  fast  gänzlich  ausgeachlossen 
ist,  ein  wirkliches  Hindernis  fOr  Ackerbau 
und  Viehzucht.  Man  darf  aber  erwarten, 
daß  di^  Arbeiten  der  Srhlafkrankeits- 
Eipedition  auch  für  die  Bekämpfung  der 
Tsetsekrankheit  sich  nützlich  erweisen 
werden. 

*  Eine  Besteigung  des  Ruwenzori 
plant  für  190G  der  durch  seine  Ersteigfimg 
des  St.  Eliasberges  in  Nordamerika  1S97 
und  durch  «eine  Nordpol>Expedition  1900 
rühmlichst  bekannte  Prinz  Ludwig  TOn 
Savoyen,  Herzog  der  Abruzzen. 
Der  unter  1°  n.  Br.  zwischen  Albert-  und 
Albert  Edward-See  liegende  Gebirgestoek 
des  Ruwenzori  ist  seit  seiner  im  Mai  1888 
durch  Stanley  erfolgten  Entdeckung  das 
Ziel  mehrerer  Bergsteiger-Expeditionen  ge- 
wesen, von  denen  aber  keine  den  Gipfel 
zu  erreichen  vermochte;  Staiia  drang  im 
!  Juni  ISM'.t  bin  zu  3.'>n0  m  Höhe  vor,  Stnhl- 
mann  erreichte  im  Juni  1891  eine  Höhe 
von  4068  m,  Scott  Elliot  gelangte  1898 
nach  Tienndnatigen  vergebliohiBtt  An- 
strengungen nur  bis  SOoO  m  und  im 
Laufe  des  Sommers  190ö  hat  einer  der 
erfahrensten  und  erprobtesten  Alpinisten, 
Douglas  W.  Freshfield,  einen  wohlvor- 
bereiteten Versuch  gemacht,  den  Gipfel 
des  Berges  zu  erreichen,  hat  aber  etwa 
SOG  m  unter  dem  Gipfel  wegen  undurch- 
dringlicher Nebel  von  dem  Beginnen  ab- 
stehen milesen.  Xun  will  es  der  kühne 
Herzog  der  Abruzzen  nach  sorgfaltigen 
Studien  der  vorhandenen  Reiseberichte 
nnd  Fonehungiergebnisse  versuchen  und 
zugleich  eine  grundliche  Erforschung  des 
ganzen  Gebirgsmassivs  vornehmen.  An 
der  geplanten  Expedition  werden  seine 
auf  den  froheren  Expeditionen  erptobttn 
Gefährten  Kommandant  Cagni,  Obenlabe- 
ar/.t  Cavalli,  Leutnant  z.  S.  Winsjieare, 
Vittorio  Sella,  Botta  und  zwei  piemonte> 
sische  AlpeniPBhrer  teilnehmen.  Mitte 
April  gedenkt  die  Expedition  Italien  zu 
verlassen,  in  Mombassa  zu  landen,  mit 
der  Ugandabahn  nach  Port  Florence  und 
Ton  da  über  den  Viktoriasee  zn  fMuraa 
und  dann  den  Fußmarsch  zum  Ruwenzori 
anzutreten  Im  .luni  hofft  der  Herzog 
den  Gipfel  erreicht  zu  haben,  worauf  die 
Bfldkkdir  im  Septemhic  den  Nil  abwicti 
Uber  Kairo  erfolgen  eoIL 


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Geographische  Neuigkeiten. 


229 


•  Für  die  wirtschaftliche  Ent» 
•Wickelung  Boliviens  sind  zwei  Eigen- 
bahnprojekte,  welche  vou  argentinischer 
Seite  geplant  werden,  von  großer  Be- 
dentmig.  Wie  der  engliBche  Geschäfts- 
trftger  in  Buenos  Aires  mitteilt .  hat  fine 
Mgentinisiche  Gesellschaft  soeben  von  der 
bolivianiacheu  ßegiemug  die  Konzession 
cum  B»Q  «ner  ESsenbahn  von  1  m  Spur- 
weite von  Santa  Cruz  ostwärts  nach 
Pedro  Suarez  am  oV^ren  Paraj^iiay  er- 
halten: dort  soll  auf  dem  bolivianischen 
Ufer  gegenflber  von  Oommba  auf  der 
brasilischen  Seite  ein  Hafen  angelegt 
werden.  l)it*ne  Linie  würde  6-20  km  lang 
werden  und  völlig  auf  boüvischem  Terri- 
torinm  liegen.  AnBerdem  nnteriiandelt 
die  atgentiniisehe  Begiemng  mit  der 
boÜTischen  wegen  einer  Eisenbahnver- 
bindong  von  Potosi  uach  der  argentinischen 
senbalen  Nordbahn,  welche  gegenwärtig 
die  argentinihche  Regierung  in  aller  Eile 
über  Jujuy  hinaus  nach  der  bolivischen 
Grenze  bauen  läfit.  Hierdurch  würde 
ftr  die  rildlidie  Bolivien  ein  Ausweg  nach 
Argentinien  geschaffen  werden,  während 
dienerst  erwähnte  Buhn  mich  dt-ra  oberen 
Paragtiav  dem  Ö8tlici)eu  Bolivien  einen 
Ausweg  t^chaffen  würde.  Man  sieht,  daß 
Aigentinien  ernstlich  bemüht  ist,  gegen 
die  projektierte  Eisenbahn  Arica— La  Paz, 
dmdi  welche  Bolivien  einen  direkten 
Zugang  westwärts  zur  pazifischen  Küste 
erhalten  wird,  einOegengewichtsasehaffen. 

Sttd-Polai^egenden. 
*  Die  argentinische  Regierung 
wird  die  wieeenschaflliche  Beobach- 
tiirtTB Station  auf  den  Sdd-Ork  ti e y 
auch  während  des  vierten  Jahres  unter- 
halten. Ende  Dezember  lUOö  ist  der  argen- 
tiniaehe  Foraefanngidampfer  ««El  Aneteal** 
mit  drei  wissenschaftlichen  Beobachtern 
nnt^r  Leitung  des  Sefior  Lind  von  Buenos 
Aired  abgegangen,  um  die  seit  einem 
Jahre  auf  An  Station  an  der  Skotia-Baj 
auf  den  Süd -Orkneys  tätigen  Beobachter 
aozulö^en ,  so  daß  das  von  der  schot- 
tischen antarktischen  Expedition  be- 
gonnene Weric  aveh  Ar  dae  vierte  Jahr 
geeidiert  iet.  Nach  .\bl5snng  der  «^eit 
einem  Jahre  auf  der  Station  tätigen  Be- 
obachter wird  das  Schilf  „El  Austral" 
nach  Uediinnila  auf  dem  Fenerlaode 
nufekkehren,  wohin  sich  onterdeesen  der 


ehemalige  Leiter  des  Obeervatorinme  anf 

dem  Ben  Xevis,  Angus  Rankin,  mit 
drei  Gefährten  begeben  haben  wird.  Mit 
diesen  Beobachtern  au  Bord  fährt  dann 
„El  Anstcal**  sfldw&rla  nach  der  Wandel- 
Insel  im  Graham- Archipel,  wo  Rankin 
am  Södauflgang  der  nt  rlache-Stniße  unter 
65"  8.  Br.  eine  neue  argentinische 
aDtarktieehe  Station  Ib  meteorolo- 
gische und  magnetische  Beobachtungen 
einrichten  wird.  Auf  der  Rückfahrt  des 
Schilfes  nach  Buenos  Aires  wird  ein 
anderes  Mitglied  des  ehemaligen  Obser^ 
vatorinms  anf  dem  Ben  Nevia,  Mac 
Dougall  auf  Süd-Georgien  ausg^s.  )iifft 
werden,  um  daselbst  eine  dritte  autark- 
tische Station  zu  gründen.  Dank  der 
fVeigebigkeitderargentinisehen  Begiemng 
werden  die  mett'orologiHchen  und  mag- 
netischen Vorhältni.spe  dieses  Teils  der 
Autarktis  zuerst  entschleiert  werden. 

GMgnpklMher  ünterrielit« 
Oeograplilscihe  ▼orlaamigwa 

an  den  il<  iitsflis;>rachi(ren  orsitdtt'ii  und  ttcb- 
nischen  UucIiscIuiUmi  im  Sominerseuiester  1906.  L 

Universitäten. 

Deutsches  Beich. 

Berlin:  o.  Prof.  Penek:  Geographie 
des  Deutschen  Beidies,  4  8t.  —  Hydro- 
graiihie  der  Binnengewässer,  2  st.  — 
Ubungeu  zur  praktischen  Einführung  in 
die  (teographie,  9  et.  —  übongen  im  Ent- 
werfen und  Zeichnen  von  Karten,  28t.  — 
t'bungen  im  Uebrauehe  n:uitij*fher  Instni- 
niente,  2  8t.  —  Exkursionen.  —  KoUo- 
qtiium,  2 st.  —  o.  Prof.  Sieglin:  Geogra- 
phie der  Mittelmeerländer  im  Altertum, 
■_'.^t.  —  Im  .Seminar  für  historisehe  ^pn- 
graphie :  (Jeogi'apbie  von  <  iriechenland 
und  den  griechischen  Kolonien  in  Europa 
nnd  Alien,  Set.  —  a.  o.  Prof.  von  Dry- 
galeki:  (Jeographie  von  Nordamerika, 
2Bt.  —  Pd.  Pri.r  Kretschmer:  Phy- 
sische und  politische  Geographie  von 
Mitteleoropa,  Sei  —  Pd.  Meinardns: 
Die  deutschen  Meere,  Ist.  —  IM.  Schlü- 
ter: Grundzüge  der  allgemeinen  Anthropo* 
geographie,  2  st. 

B<mn;  o.  Prof.  Bein:  Physi^^iraphie 
und  Länderkunde  Amerikas,  4 st.  —  Im 
Seminar:  Geograi>hi«iehe  l'rojektionslehre 
nebst  kartographischen  Übungen. 

Brealau:  o.  Prof.  Pasearge:  Phj- 
liedie  Erdkunde,  4et.  —  Seminar,  Set  — 


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230 


Geographische  Neuigkeiten. 


Anleitmig  zu  geographischen  Beobach- 
tungen   auf    Heit^t-n     mit  Exkuraionen. 

—  Pd.  Leonhard:  Wege  de«  Weltvei- 
kefan,  Ist. 

Srlaacam:  ft-  o.  Prof.  Pechnel- 
Loesche:  Allgeim-ine  Kr  i künde:  Welt 
und  Erde,  4gt.  —  Witterungskunde  und 
Wettervorhersage,  Ist  —  Übungen. 

WrtAhaxg  i,  Br.:  o.  Hon.-Prof.  Neu- 
mann:  Allgemeine  Knikunde,  II:  a)  Mor- 
phologie der  testen  Erdobei fläche;  b)  An- 
tbropogeographie ,  öst.  —  Dm  rassische 
Reidi  in  Earop»  imd  Aiitn,  lit.  — 
Kartenent^^-tirffllehre  mit  Übungen,  8 st. 

Gießen :  o.  Prof.  S  i  e  v  e  r  b  :  Allgemeine 
Geographie  C:  Verbreitung  der  Pflanzen 
und  Tiere,  in  Verbindung  mit  WirtichttfU- 
geogruphie,  2sl  —  Geographie  von  Au 
stralien  und  Ozeanien,  2  8t  —  Die  Er- 
forschungflgeschichte  des  19.  Jahrhunderts, 
Sit.  ~  Kutogiaphieche  Cbongen  II,  ist. 

—  Kolloquinm,  2 st. 

Göttingen:  o  Prof.  Wagner:  Mathe- 
mstische  Geographie,  4 st.  —  Kartogra- 
phiadier  Em«  Är  Anfänger  II,  2Bt.  — 
Geographische  F]inzelül)ungen .  Sst.  — 
KolIo(iuium,  28t.  —  IM  Kriederichsen: 
Geographie  der  Mittolmeeriäader,  Sst.  — 
Anleitang  zu  geogruphieehen  Anfhihmen 
auf  Reisen. 

Oreifswald:  o  Prof  Crodnor;  All- 
gemeine Morphologie  der  Erdoberfläche; 
hoiisontale  Gliederung,  28t.  —  L&nder- 
konde  des  enfiermedäterranen  Europas, 
Sst    ~  f'lmngen,  Ist.  —  Exkursionen 

Halle:  u.  Prof.  Brückner:  Allgemeine 
Geographie  des  Menschen,  28t.  —  Geo- 
graphie der  Mitlelmenrlinder,  4tt  — 
Einfühninf;^  in  don  'Jcbrauch  geographi- 
scher HiUniuitttl  mit  Übungen,  Ist.  — 
iSemiuar,  28t.  —  Exkursionen.  —  Pd. 
Prof.  Ule:  Lftnderkonde  von  Afrika,  4at 

—  über  topographische  und  geographische 
Aufnahmen  mit  tbungen,  Ist.  —  Exkur- 
sionen. —  Pd.  Prof.  Schenck:  Physische 
Geographie  und  Geol<^e  von  Deatsch- 
land,  28t.  —  Landeskunde  von  Wret 
afrika.  besonders  der  deutschen  Schutz- 
gebiete, 28t. 

Heldelbefs:  o.  Hon.-Prof.  Hettner: 
Geographie  Ton  Amerika,  4  st.  —  Einfah- 

mg  in  das  geographische  Verstiinduis 
deutscher  Landsciiat't  und  Kultur,  1  st.  — 
Seminar:  I.  Abt.;  Vorträge  und  Referate, 
2et  —  II.  Abt.:  Einführung  in  die  all- 
gemeine  Geographie  n,  2iL 


Jena:  a.  o.  Prof.  DoTO:  Geographie 
von  Afrika,  3  st.  —  ObuQgeil  SOT  Anthiöpo- 
geograpbie,  Ist. 

IQel:  o.  Ftof.  Krflmmelt  Morpho- 
logie der  Erdoberfläche,  ist.  —  KoUo- 
(|uium,  Ist.  —  Institutaiibungon  für  Fort- 
geschrittenere. —  Pd.  Eckert:  Länder- 
kunde von  West-,  Nord-  und  Osteuropa, 
Sst.  —  Über  Land-  und  Seekarten,  nebst 
praktischer  Anleitung  im  Kartenentwurf, 
2  8t.  —  Übungen  zur  Wirtüchaflsgeogra- 
pbie  (Erzeugnisse  des  Pflanzenreichs),  Ist 

—  Pd.  StrOmgren:  Mathematische  Geo- 
graphie,  Ist. 

Königsberg:  o.  Prof.  Hahn:  Poli- 
tiscLe  üeographie,  Sst.  —  über  einige 
Krichtige  neuere  Reiten  und  ihre  Bigeb- 
nisse,  Ist.  —  Übungen,  1*4 ^t. 

Iieipzig:  o.  Prof.  Partsch:  Geogra- 
phie des  Welthandels,  äst.  —  Die  Alpen, 
8b1  —  Seminar  f9r  Fortgeschrittenere; 
für  Aniftngex  durch  Assistent  Dr.  Merz, 
1  st  —  a.  o.  Prof.  Friedrich:  Wirtschaftfi- 
^eographie  von  Asien,  2Bt.  —  Wirtächaft*- 
geographie  der  dentaehen  Kolonien,  IsL 

—  Morphologie  des  Landes,  Ist.  —  Für 
die  Studierenden  der  Handelshochschule: 
Einführung  iu  die  allgemeine  Wirtschafts- 
geographie (fSr  Anfänger)  und  Klebe 
•chrilUicbe  Arbeiten  aus  der  Verkehrs- 
geographie für  Fortgeschrittenere  .je  l  st. 

Marburg:  o.  Prof.  Fischer:  Phy- 
sische Geographie  Ton  Deutschland,  ist 

—  Kartenknndliche  Übungen  II,  2st  — - 
Anleitung  zu  Beobachtungen  im  Gelände. 

—  Pd.  U estreich:  Länderkunde  von 
Europa,  außer  Mittel-  und  Südeuropa,  2  st 

Münehen: 
Münster: 

Rostook:  a  o  Prof.  Fitzner:  Phy- 
sische Erdkunde,  48t.  —  Die  deutschen 
Kolonien,  2ai  —  Erklimog  aoigewiUtir 
Abschnitte  aus  geographischen  ElassikeEBf 
Ist.  —  Geo^n-aphiiche  undtopographisdie 
Übungen,  38t. 

StraAbuxjgx  o.  Ptof.  Gerlaad:  Geo- 
graphie de«  Deutschen  Reiches,  4 st.  — 
Die  Vo^'psen,  Ist.  —  tibungen  für  Fort- 
geacbritteuere,  2ttt.  —  Pd.  Prof.  Rudolph: 
Geographie  TOm  Amerika,  8 et.  —  Die 
Alpen,  Ist.  —  Seminar  für  Anfänger. 

Tübingen :  a.  o.  Prof.  S  a  p  p  e  r :  Grund- 
züge der  allgemeinen  Geographie,  Sst.  — 
Wirteehafisgeographie  des  Dmtsehen  Rei- 
ches ,  1  st.  —  Übungen  Aber  Fragen  der 
allgemeinen  Geographie,  Ist. 


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Bficherbesprechuagea. 


231 


WOnbturg:  a.  o.  Ptof.  Regel:  Lln- 
detkonde  von  Anstoalien  und  Polynesien, 
48t.  —  L' bangen  Aber  Maereskoade  aad 
Kümatologie,  2  st. 

»  An  der  UaiTereitftt  Berlin  hat 
rieh  mit  Eade  det  W.^.  iMö/«  Dr.  0. 
Sehlflter  babilitieit 

Vereine  nnd  Yersnmmlunsren. 

*  Der  XV.  internationale  Ameri- 
kaaittea>Kongre6  findet  Tom  10.^ 
16.  Sept  d.  J.  in  Qaebeo  itatt. 

Zeltgchriften. 

•  Die  Mitteilangen  der  Zentral- 
kommission  tür  wissenschaftliche 
Laadetkande  von  Deaifeblaad  er- 
«cheinen  fortan  regelmäßig  in  der  Zeit- 
schrift „Deutflchf  Erde"  (Herausgeber 
Prof.  Paul  Laughans  in  Gotha.)  In 
Folge  deteea  riad  in  den  berateaden 
SchriftleitnngsanBachuß  der  „Deutschen 
Erde"  einjEretrotcn :  df r  Vorsitzonde  des 
deutschen  Geographeatages  Prof.  Dr. 
Siegmaad  Ofiather,  der  YonitMadA 
der Zeatralkoauaiinoa  Prof.  Dr.  Kr.  Hsba 
nnd  der  Hf'mus<;ebcr  der  .,Kor9i  hungen 
wir  deutschen  Landes-  und  Volks*kiinde" 
Geh.  Keg.-itat  Prof.  Dr.  Alfred  Kirch- 
boff. 


PenSalielies. 

*  Tm  Alter  von  kaum  40  Jahren  starb 
am  17.  Febr.  in  der  badischen  Heilanstalt 
Illenau  Dr.  Karl  Futterer,  bis  vor 
kurzem  Professor  der  Geologie  an  der 
techniseben  Hochschule  zu  Karlsroba. 
Dorch  seine  in  (»eraeinschaft  mit  dem  Amt^ 
mann  Dr.  Holderer  (jetzt  in  Bretten)  in 
den  Jahren  1897 — 9tf  unternommene  £x- 
peditiMi  dareh  Ceatral-Anea  bat  lieh 
Futterer  große  Yerdien.ste  um  die  geolo- 
gische und  geographische  Erforschung  von 
Tibet   und  Inner -China  erworben.  Das 

I  gio6  angelegte  BeieewMk«  das  wobl  leider 
i  ein  Torso  bleiben  wird,  wie  eine  Reihe 
von  Monographien  und  Aufsätzen  haben 
,  die  Ergebnisse  dieser  ersten  deutschen 
I  Dnrehqaemag  Aiieai  voa  W  naeh  0 
größeren  Kreisea  bekaaat  gemacht.  Dia 
„(i.  Z in  der  auB  seiner  Feder  eine 
Studie  „Der  Fe-schan  als  Tjrpos  der 
Felaeairflite*'  (190S)  ersebiaieB,  betraaeri 
'  in  dem  der  geologischen  und  geographi- 
gchf'ii  Wisf-ciiHchatt   viel  zu  früh  Entris- 
senen einen  langjährigen  Mitarbeiter,  der 
ibr  von  Anfang  an  dae  r^te  latereeea 
entgegenbrachte.  F.  Th. 

♦  Der  Privatdozent  der  Geographie  an 
der  Universität  Leipzii^  Dr.  Ernst  Fried- 
rieb ist  Bum  außeretatem&Bigen  aoßer- 
ordenilichen  Profesaor  ernannt  worden. 


Bücherbesprechangen. 


Ftocby  F.  Aus  der  Vorzeit  der 
Erde,  (tt^us  Natur  u.  Geisteswelt." 
61.  Bd.>  1S6  Sm  49  Abb.  im  Text  n. 
auf  Taf.    Leiinig,  Tenbaer  1906. 

JL  1.25. 

Sechs  populäre,  gläcklich  disponierte 
aad  darcb  treif lieb  aa«gewMilte  Bilder 
ediaterte  Vorträge  aus  <Iem  (icbiet  der 
dynamisclieii  Oeologie  :  VnlkanismuH ;  Kis- 
reiten  und  tropisches  Klima  der  Ver- 
gangenheit (nach  der  bekannten  Theorie 
dea  Verf.  aad  voa  Airiienine  in  nrsftcb- 
hchem  Zoeammenhang  mit  dem  Vulkanis- 
smsj;  die  Gebirge  und  ihre  Entstehung; 
die  TalbUdung;  die  WUdbftche;  die 
Koralleaiifli»  (aacb  dar  Oanriaadien 
Iheona).  Pbilippsoa. 

WHte,  Haai*    Waadiecbe  Bevölke- 
raagireeta  ia  Meekleabarg 


(Forsch,  z  d.  L.  u.  V  -Kde.  XVI.  Bd. 

H.  1).  124  S.  1  K.  Stuttgart,  Eugel- 

born  1906.  JL  8.40. 
Dieses  Buch  Wittes  ist  eine  methodisch 
vorzügliche  Arbeit,  in  der  jahrelange 
Studien  über  die  slawische  Bevölkerung 
ia  Heckleabuxg  aiedergelegt  nad.  Witte 
beweist,  daß  nicht  aur  die  Urgennanen- 
Tlieorio,  sondern  auch  die  sogenannt© 
Ausruttungatheorie  falsch  ist.  Auch  in 
HecUenbaig  haben  eieb  sehr  laage  wen- 
dische  Bevölkerungsreste  erhalten.  Witte 
weiat  klar  nach,  daß  in  Mecklfnbtirg  die 
Eindeutschung  zu  derselben  Zeit,  in  dem- 
selben Zeitraam  aad  aacb  in  denelbea 
Weise  wie  etwa  ia  Sachsen  erfolgt  ist. 
Ein  geschlossenes  wendisches  Sprach- 
gebiet hat  sich  nach  der  deutschen  Besiede» 
Inng  im  Sfldwesten  in  Anlehnung  aa  dae 
baaBOverscba  Weadlaad  laage  eriialtea. 


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232 


Bficherbesprechniigen. 


Die  wmdifohe  Berölkennifr  g^g 

Hau|>t8acbe  hie  zum  Knde  dm  14.  Jahr- 
hunderts in  der  deutschen  auf.  aber 
•teiienweise  erhielt  sie  eich  noch  bis  zum 
16.  Jahrhtmdert.  Eine  kone  Znsunmen* 
fassung  der  Hauptcrgebnisi^e  seiner  Arbeit 
hat  Witte  in  der  „Deutschen  Erde",  1005. 
S.  1-8  gegeben.  Dort  ist  auch  bereits 
die  große  Karte  TerOffentlicht  worden, 
die  dem  Buche  beigegeben  ist.  Es  ist 
ein  Neudruck  der  1794  vom  Grafen  von 
Schmettau  herausgegebenen  Karte  von 
Mecklenburg,  auf  der  Witte  mit  großer 
Sorgfolt  und  AasfnhrlichkMt  ktrtogra- 
phisch  dargestellt  hat,  wo  und  wie  lange 
sich  wendibche  BevOlkerang  in  Mecklen- 
burg erhalten  hat.  Zemmrieh. 

Demangeon,  \.  La  Picard ie  et  les 
rägious  vüisines.  Artois  -  Cam- 
br^-BemiTaitis.  496  S.  8  K.,  84  An- 
iiebten,  4S  Textfig.  Paris,  Colin 
1906 

Eine  Landpchat't  ohne  bedeutende 
1  erruinunterächiede,  uirgendä  2U0m  über- 
sohreitend,  nichtige  Lager  von  weißer 
Kreide  oft  unter  einem  Mantel  gelblichen 
Lehme«  verbor>,'eti,  -spärlich  rinnende  Ge- 
wässer, Trockeutüler,  die  sich  nur  bei 
natsr^iren  fdllen,  fruchtbare,  kornreiche 
aber  baumanne  Gefilde,  große  dichtge- 
baute Dörfer,  ein  Volk  von  mittleren  und 
kleinen  Besitzern,  deren  Geschlechter  seit 
Jahrhanderten  an  dieier  SeboUe  haften, 
tahlreiche  iind  bequeme  Verkehnwege, 
manrlicrlei  Industrie  an  ihnen,  vorwie- 
ge ml  kleine,  ländlichen  Charakter  tra- 
gende Stödto  —  diM  ist,  wie  Demangeon 
aagt,  das  Bild  des  Landes  zwischen  Beau- 
vais.  Abbf'ville,  Arras,  Cambrai,  8t.  Quen- 
tiu  und  Laon,  einet^  Landes,  das  er  uns 
in  einem  sehr  anerkennenswerten,  echt 
geographiieben  Werke  geschildert  hat. 
Man  kann  nachschlagen  und  snchen,  wo 
man  will,  man  wird  überall  große  Voll- 
ständigkeit und  anregende,  lehrreiche  Er- 
Ortemngen,  Tonfiglieh  Aber  die  Bedingt- 
heit der  Tätigkeit  des  Menschen  dvrch 
die  feinen  Züge  des  BodenV»aues  und  der 
Gewäaserverteilung  antretlen.  Das  Lite- 
ratnrreneiehnie  weist  699  benotete  Hfl- 
eher  nnd  Anftibe  nach.  Schla^'eu  wir 
beispielsweise  das  siebente  Kapitel  auf, 
SO  wird  uns  zunächst  die  Geschichte  der 
THex  ohne  aUmreicUiehee  geologisches 
Detail  enfthlt,  dann  werden  die  Gewto- 


ser  nnd  die  Quellen  im  Kreidetenrain 

geschildert  (vgl.  das  Kärtchen  S.  127). 
Zahlreiche  Lokalauödn'icke  werden  hier 
wie  an  anderen  Stelleu  erklärt.  Die 
m&chtigen  Qoellm  der  Talböden  hindon 
das  Gefrieren  der  Gewässer,  oft  fließt  die 
Summe  noch,  wenn  die  Seine  tjefroren 
ist:  im  eisigen  Dezember  lö70  fanden  die 
Deutschen  wider  Erwarten  die  Hallne 
noch  offen.  Auch  die  Trockentäler,  die 
Sümpfe  und  die  Flüsse  selbst  lueten  hier 
manche  interessante  Erscheinung.  Die 
eahlreichen  Ansichten  geben  meist  wirk- 
liche Charakterlandschaften  aus  der  wetten 
Flur  oder  aus  dem  Innern  der  oft  un- 
schönen Dörfer  und  Gehöfte.  Eine  der 
Karten  stellt  die  Verteilung  der  Orte  über 
500  Einwohner  nach  GiOBenklaasen  dar. 
Der  große  Beichtuni  iiu  Orten  im  Norden, 
y.wiBclien  St.  (Juier,  Arras  und  (Jambrai 
bildet  einen  Bcharl'en  Gegensatz  zu  den 

weiten,  gxOBerer  Orte  fest  gans  ent- 
behrenden Flächen  des  Weidelandes  im 
Westen  und  Süden.  F.  Hahn. 

Flsclwr,  Theabali*  Mittelmeerbil- 
der. Gesammelte  Abhandlungen  zur 
Kunde  der  Mittelmeerländer.  480  S. 
Leipzig  und  Berlin,  Teubuer  1906. 
jtL  6. 

Der  verdiente  Erforacher  des  Mittel- 
meergebiett'S  liat  uns  mit  diesem  Buche 
eine  hoch  willkommene  Gabe  geschenkt: 
eine  Zusanmenstellnng  einer  aoeehnliehen 
Zahl  von  Aufsätzen,  die  er  seit  dreißig 
Jahren  in  den  verschiedensten  Zeitschrif- 
ten hat  erscheinen  lassen  und  die  daher 
in  ihrer  Zerstreuung  leicht  flbendien  oder 
vergessen  werden  wfirden.  Dazu  kommen 
noch  einijje  neu  verfaßte  Abhandlungen. 
Auch  die  älteren  verdienen  ihre  Aufer- 
stehung in  vollem  Maße;  selbst  in  den 
F&llen,  wo  sie  von  der  raseh  foctsdirei- 
tenden  Entwickelung  überholt  sind,  haben 
«ie  doch  den  Wert  historischer  Dokumente. 
Denn  aiies,  was  Theobald  Fischers  Feder 
entstammt,  ist  von  einer  seharfen  nnd  viel^ 
seitigen  Beobachtungsgabe,  einer  erstaun- 
lichen Literaturkenntnis,  einem  vorzüg- 
lichen Verständnis  für  das  Wesentlicbe 
und  für  den  innerm  Zusammenhang  der 
Tenehiedenartigen  Erscheinungen ,  knrs 
von  echt-länderkundlichem  Geiste  diktiert. 
Neben  dem  objektiven  Werte  bieten  diese 
Abhandlungen  aber  auch  ein  hohes  per- 
sönliches äteresse.   Man  kann  an  ü 


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fiacherbespreclinngen. 


•0  reeht  die  Entwiekeliiiig  des  Verflunen,  1 

im  frleichen  Schritt  mit  der  modernen  I 
LündtTkiindt'  übi>rh;uiy>t,  inuerhalli  dreier 
Jahrzehutti  Tertolgeo:  von  den  älteren, 
Boeh  weeentlifiSi  hletorieeh-tiftttaziiehen 
(z  B  ilber  die  Dattelpalme)  oder  mehr 
b» -chreiltenden  AufsiVtzen  bia  zur  vonon 
M«iüter8chiift  in  der  heutigen  naturwissen- 
achafUich  begründeten  Uethode  der  Län- 
detkunde- 

Das  Buch  enthält  sclhstverständlich 
nicht  f'ine  Charakterisierung  des  Mittel- 
meexgebietes  selbst,  sondern  eine  Anein- 
aBdemUrang  ▼<m  SohildanngtB  einaelner 
Teile  desselben;  insofern  ergänzt  es  sich 
mit  dem  vor  kurzem  erschienenen  „Mittel- 
meergebiet'* des  Eeferenten,  das  eine 
tjttemfttische  DusteUmig  dee  Ganieii  so 
feben  versuclik  hat  und  dabei  die  einzel- 
nen Länder  nur  ganz  kurz  streifen  konnte. 
Ebenso  natürlich  ist,  daß  die  einzelneu 
An&fttsd  recht  veradiiedenartig  »ind.  Zn- 
— nilnflllf^^^■^tnd^»  Skizzen  ganzer  Länder 
of}fr  bedeutender  Städte  stehen  neben 
auächaulichen  Keiseachilderungen  und 
knttnr-geographiecheik  oder  politiacb-geu- 
graphischen  Essays.  Dabei  tritt  das  w  est- 
liche  Mittelmeer,  in  dem  flieh  der  Ver- 
faster  überwiegend  betätigt  hat,  in  den 
Voxdeigrund.  ,,Aus  dem  Orient**  liegen 
anfier  zwei  «Ugemeineren  Studien  („Die 
geo^^raphische  und  ethi;ntrrri]i1iisrlie T'nter- 
lage  der  orientalischen  Frage,  1891"  und 
„Die  Dattelpalme  im  Kultur-  tind  Geistes- 
leben dea  Orienti,  1881*')  ein  nener  Anf- 
lateftber  „Koustantinopel"  (1906)  und  zwei 
alte  über  Ausflüge  in  die  Umgebung  (lieber 
Stadt  („Yarim-Bugas"  und  „Uithyuiäciie 
Biviera*'  1878)  wr.  Der  Artikel  Kon- 
stantinopel  ist  wohl  einei  der  besten 
EssajB,  die  über  diese  einzigartige  Stadt 
verfaßt  sind,  und  es  ist  dem  Beferenten 
eine  beaond«ie  Freude,  hier  in  Tieler  Be- 
adinng  eine  weitgehimide  Übereinätiui- 
■nng  mit  seinen  eigenen,  1H98  in  dieHt  r 
Zeitachrift  erschienenen  Auaführungen  feat- 
iMlen  m  kOnnen.  Einige  ganz  neben» 
sächliche  Versehen:  elektri»<che  Straßen- 
bahnen die  Elektrizität  ist  noch  injir\er 
in  der  Türkei  als  staatsgetähriich  verpönt, 
aa6er  dem  Staatatelegraphen ;  drei  Brücken 
fber  das  Goldene  Horn  —  es  sind  nur 
zwei  baunUlige  Schiffbrücken ;  Ankern  der 
tärkischen  ,JbLriegafiotte'*  im  Sommer  auf 
dem  Boapofaa  —  sie  liegt  immer  be- 
wagungennf&hig  im  Goldnen  Horn  —  er- 

4l«ogtvhlicitoadüohillt  ILlstagn«.  IMM.  4. 


2a3 

klären  rieh  wohl  darani,  daß  der  Verf. 

seit  längerer  Zeit  die  türkische  Haupt- 
stadt nicht  wieder  besucht  hat  Es  folgt 
die,  in  dieser  Zeitschrift  orHchieneue  Ab- 
handlung über  Palästina,  jedoeh  revidiert 
und  erweitert.  Von  Italien  handeln  vier 
Aufsätze:  eine  länderkundliche  Studie 
(1893),  „Die  sizilische  Frage  1876",  „An- 
siedlung  und  Anbau  in  Apulien  1906** 
(▼on  besonderem  originalem  Wert),  „Land 
und  Leute  in  Korsika  1904".  Süd-Frank- 
reich ist  leider  gar  nicht,  die  Iberische 
Halbinsel  nur  durch  zwei  Abbandlungen: 
eine  geographiiche  Skiaie  der  BUbiniel 
(1893)  und  „Skizzen  aus  Süd-Spanien  1889" 
vertreten.  Am  wert\'ollsten  sind  wohl 
die  8  Aufsätze  über  die  Atlasländer,  da 
dieee  bisher  einer  lasammenfiMsenden  Be- 
handlung ganz  entbehren  nnd  ihre  Kennt> 
nis  durch  eigene  Forsohtingsreisen  des  Ver- 
fassers noch  in  den  letzten  Jahren  wesent- 
lieh  gefitedert  worden  ist.  Aneh  hier 
ciuo  Gesamtdarstellung  (188S),  dann: 
„Heiseskizzen  ans  Süd-Tunesien"  (1886), 
„aus  Marokko''  (1899;;  eine  länderkund- 
liehe  Skizze  von  „Hazokko**  (1908),  heate 
gewiß  ganz  besonders  willkommen;  ,, fran- 
zösische Kolüuialpolitik  in  Nordwest- 
Afrika"  (1894),  ,4n  Tunesien''  (1886),  „Tu- 
nis, Biserta  nnd  Tnnesien  im  Jahre  1904**, 
endlich  „Palmenknltnr  und  Brunnenboh» 
rangen  der  Franzosen  in  der  algerisflien 
Sahara"  (1880).  Ein  Register  schließt  das 
für  den  Fachmann,  den  Lehrer,  den  Bei- 
senden und  jeden  Gebildeten  gleich  an- 
ziehende Werk.  Fhilippson. 

K9«tMhet,  Joaet    Ana  Bosniena 

letzter  Türkenseit.  Hinterlassene 

Aufzeichnungen  von  — .    Veröff  von 
Geurg  GraßL    („Zur  Kunde  der 
Balkanhalbinsel.'*   Heft  9.)  VII  nnd 
109  S.    Mit  .1.  Eoetechets  Bildnia. 
Wien  u.  Leipzig,  Hartleben  1905. 
Der  Verfasser,  ein  Schweizer  aus  ur- 
sprünglich niederländischer  Familie  und 
von  Berat  Arat,  ist  firflh  in  die  Dienste 
der  Türkei  getreten,  die  ihn  zuerst  naob 
dem  Kaukasus  und  später  nach  Bosnien 
ttihrten.    Hier  hat  er  von  1864  bis  zu 
seinem  1898  erfolgten  Tode  in  Sarajevo 
gelebt,  die  l&ngste  Zeit  in  der  Stellung 
•'ines  Stadtarzte«.  '  Gleichzeitig  stand  Koct- 
schet  aber  mitten  im  politischen  Leben. 
Er  war  der  Yertramie  der  höchsten  Otto- 
manischen  Beamten  nnd  iat  im  Dieoate 

Htft  16 


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2S4 


Bit  cb  er  besprec  hangen. 


der  Pforte  oft  und  mannig&oh  üitig  ge- 
wesen Er  schildert  also  die  politischen 
Vorgünge  aas  eigenster  Kenntnis.  Seine 
DanieUnng  isft  rein  politiseh;  sie  bOdet 
die  erste  niefatamtli«  ho  Schilderung  der 
Ereignisse  und  besitzt  deshalb  als  Ge- 
schieh taquelle  ohne  Zweii'el  gro^n  Wert. 
Wir  bekommen  ein  lebendiges  Bild  von 
der  türkischen  Verwaltung  mit  ümo 
fortgesetzt  gehäuften  Mißgritfen,  sowie 
von  den  Stimmungen  der  Landesbevöl- 
kening.  Mebr  im  ffiniergmnde  bleibt  das 
VerhUtnis  zu  Österreich,  bis  die  Schil- 
derung  des  Verlaufes  der  Okkupation  das 
unruhige  und  unerquickliche  Bild  ab- 
seUieftt.  Das  Torliegende  Heft  zerfällt 
in  awei  Teile.  Im  ersten  (S.  1 — 66)  wird 
der  Aufstand  in  der  Herzegovina  1876-76, 
im  zweiten  iS  fit)  — 109  die  Auflösung 
der  ottomauischeu  Herrschaft  in  Bosnien 
und  der  Henegovinn  nnd  die  Okkupation 
1877—78  geschüdext.  Damit  ist  nui  die 
zweite  Hälfte  der  hinterlassenen  Auf- 
zeichnungen des  \'erfa88erä  wiedergegeben ; 
die  erste  soll  spUerverOffentlieht  werden. 

0.  Schlüter. 

Nahmery  B«  TOn  der.  Vom  Mittcl- 
meer  snm  Pontns.  3S4  S.  80  Abb. 
Berlin,  Allg.  Ver.  f.  dentsche  liteiaiur 

iyo4.  .H.  <;.— . 
In  drei  Uruppen  zerfällt  der  Inhalt 
dieser  Schilderungen,  die  ersten  beiden 
stammen  von  einer  Reise  des  Jahres  1898, 
die  letzte  ist  von  1901  dntiert.  Zuerst  gibt 
der  Verfasser  eine  Beschreibung  der  Bui- 
nenstfttke  des  alten  Priene;  dem,  der 
die  deutschen  Ausgrabungen  verfolgt  bat, 
bietet  sie  nichts  Neues,  sie  ist  aber 
gut  geeignet,  auch  Fernerstehendeu  die 
Bedeutung  des  Unternehmens  klar  zu 
machen.  An  den  Besndi  von  Piiene 
schloß  sich  dann  die  Krise .  auf  die 
der  Titel  des  Burhes  paßt,  sie  ging  von 
Smyma  mit  der  Bahn  nach  Konia,  dann 
weiter  über  den  Taums  nadi  Küikien, 
und  von  dfirt  nordw&rts  über  Kaisarich, 
Siwas,  Tokat,  .\massia  nach  Samsun.  Der 
letzte  Abschnitt  endlich  gibt  Skizzen  von 
einer  Rnndtonr  dmreh  chis  alte  Paphla- 
gonien  von  Ineboli  nach  Ka  tainuui  und 
Ton  da  weiter  über  Satranboli  nach 
Amasra.  Dabei  hat  sich  der  Verfasser 
meht  immer  an  bekannte  nnd  viel  be- 
gangene Wege  gehalten,  so  ist  er  z.  B. 
von  der  innexen  Hochebene  über  den  Kar» 


Sekhis  Boghas  nnd  im  Tal  des  GK}k-8u 

nach  Kilikien  gegangen,  währt^nd  er  sich 
den  bekannten  Weg  durch  die  kilikischen 
msae  für  die  Rflekkehr  aufgespart  hat. 
Wenig  besucht  ist  auch  das  Tal  des 
Korküii-Su  und  des  Buldurutficb-Su,  durch 
(bis  er  dann  nordwärfas  nach  Kaisarieh 
gezogen  ist,  und  noch  völlig  unbekannt 
das  Waldland  westlich  von  Safranboli 
I  nach  dem  Kodjauos- Tschai.  Leider  hat 
er  die  Gelegenheit,  wertvolle  Beiträge 
zur  Kartographie  Eleinasiens  zu  liefern, 
nicht  benutzt,  sondern  sich  nur  auf  be- 
schreibende Schilderung  beschränkt.  Die 
kleine  Übersichtskarte  soll  uud  kann 
kein  Ersatz  sein,  sie  ist  im  Gegenteil 
in  der  Terraindarstellang  der  vorneh- 
men Paiiimlung,  in  der  das  Buch  er- 
achienen  ist,  nicht  r<'cht  wiirdig.  Aber 
abgesehen  von  diesem  einen  Punkt,  uuf 
den  man  hinweisen  darf,  aneh  wenn  der 
Verfasser  ausdrficklich  bemerkt,  daß  er 
nicht  den  Anspruch  erhebt,  der  Wissen- 
schaft etwas  Neues  zu  bringen^  kauu  sein 
Werk  dnrchans  empfohlen  werden.  Die 
eingestreuten  historischen  Exkurse  ver- 
raten eine  ;.rute  Kenntnis  der  Geschichte 
des  Landes  uud  der  neueren  Literatur; 
.  man  firent  sieh,  wieder  einmal  dem  Namen 
I  Fallmerajcr  zu  begegnen,  dessen  wun- 
I  dervoUe  S(  hildorungen  pontischer  Land- 
[  schatten  oifenbar  viel  an  wenig  bekanntsind. 
Aber  auch  in  den  modernen  YorhAltniaaem 
weifi  der  Verfasser,  der  das  Land  schon 
lange  kennt,  gut  Bescheid  —  kurz,  man 
hat  bei  der  Lektüre  in  mehr  als  einer 
Beziehung  reichlichen  GennB.  W.  Rüge. 

Brandenburger,  Clemens.  Kussisch- 
asiatische    Verk  ehrs Probleme.  • 
(„Angewandte  Geographie"   II,  7.) 
Hallen.  8.,  Gebaner-Sehwetschke  190ft. 

Nacli  einem  Überblick  über  die  be- 
steheudeu  Verkehrswege  in  Kussisch- 
Asien  imd  einer  Beurteilung  ihm  wirt> 
schafklichen  und  militärischen  Bedeutung 
werden  die  im  Augenblick  oder  in  aller- 
nächster Zukunft  aktuellen  Eibenbahu- 
projekte  und  Waseerbnnfrngen  behnndeli. 
Verf.  tritt  dabei  aus  militärischen,  wie 
wirtschaftlichen  Gründen  nicht  für  ein 
zweites  Geleise  der  sibirischen  Bahn, 
sondern  fDr  eine  sildsibirische,  also  vOUig 
neu  zu  erbauende  Purallelbahn  ein.  Wir 
«cfahien»  dafi  man  in  fioAland  einer  sol- 


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Bfloherbespreelittiigeii. 


2S5 


dien  PuraUelbtthn,  welche  von  Om^k 
Uber  Pawlodar-Barnanl'Hiniissiiitk  naeh 

üdinek  geplant  ist  und  gen  Wetsten  durch 
eine  ebenfalls  projektierte  Verhinduug 
Semipalatiuak-Akmoliask-Orenburg  uu  die 
•oeböi  fertig  gewordene  Orenbnrg-TaBoh- 
kent-Bahn  angeschlossen  werden  könnte, 
keineswegs  ablehnend  gegenfibereteht.  Da 
Verf.  nachzuweisen  sucht,  daß  die  Her- 
■teUnngskoeten  einer  solchen  sfidliehen 
dbinadien  Parallelbahn  in  der  Tat  keine 
gröfteren  wären,  als  die  für  Legung  eines 
zweiten  Geleises  der  bereits  vorhandenen 
MagutaAle,  lo  leoehtetsnm  mindeften  die 
dadwcli  gegebene  MOglidikeit  der  wirt- 
schaftlichen Erschließung  neuer  und  durch 
Vorherrschen  des  Schwarzerdebodena  er- 
■diUeßungafthiger  Gebiete  Weil-Bibiiiena 
ein.  Wie  es  mit  der  Meinung  der  Stra- 
tegen über  dieses  Projekt  ftehfc,  mag 
fraglicher  erscheinen. 

Oft  ventiliert  nnd  auch  hier  er^brtert 
ist  die  Frage  einer  Eisenbahoverbindnng 
TOn  Semipalatinsk  \-ia  Wjprnyj  nach  Tasch- 
kent. Wenn  Rußland  in  Asien  in  uliseh- 
barer  Zeit  überhaupt  au  üahubauten  heran- 
sotreten  vermag,  wird  auch  diese  Linie 
gebaut  werden  müssen. 

Weniger  aussichtsreich  erscheinen 
einige  der  vom  Verf.  erörterten  Wasser- 
baoftagen,  so  vor  allem  die  Idee  einer 
Überleitung  de«  Aral-Seee  dnzeh  den  viel 
erörterten  „üsboj"  oder  eine  Durch- 
querung der  transkaspischen  Wüste  durch 
eine  Keabewtaerang  dea  alten  Ungar- 
Flußbettes.  Alle  diese  Ideen  sind  beste 
durch  die  Orenburg-TaHfhkent-Üalin  un- 
aeitgemäfi  geworden  und  dürften  vor  allem 
deswegen  in  Transkaq[»ien  nie  cur  Am- 
IBhmng  kommen,  weil  das  Land  sein 
Wasprrzu  Berieselungszwecken  viel  nötiger 
hat,  als  zu  derartigen  utopischen  Kaual- 
projekten.  Im  Grande  ist  auch  Verf. 
diesOT  Meinung.  Warum  aber  dann  Ober- 
haupt noch  so  viele  Worte  Aber  diese 
phantastischen  Dinge? 

Viel  handgreiflicheren  Nutzen  würde 
eine  Ansgestaltnng  der  sibiriaehen  Wasser- 
wege im  Sinne  der  besonders  von  Sibi- 
riakow  vertretenen  Plüne  der  Verbindung 
der  großen  schiifbareu  Ströme  Ost-  und 
Wes^ibiriens  bringen.  Diese  viel  dis- 
kntableren  Ideen  kommen  indessen  in 
vorliegender  Schrift  nnverh&ltnism&Big 
kurz  weg. 

Über  die  beigegebene  Karte  spricht 


man  lieber  nicht!  Sie  kann  dadnzeh  nur 
gewinnen.        Maz  Fried erichsen. 

Falls,  J.  C.  Ewald.  £iu  Besuch  in 
den  NatronklOstern  der  sketi- 
schen  Wflste.    (Frankfurter  sei^ 

gemäße  Broschüren.   XXV    3.)  2.'}  S. 

9  Abb.    Hamm  i.  VV. ,  Preer  ic  Tbie- 

mann  i906.  .iC  —.60. 
Das  Sehriftehen  ercUtlt  von  der  Ein* 
richtung  der  koptischen  Klöster  im  Wadi 
Natrun.  von  den  Mönchen  und  von  einigen 
Legenden,  die  sich  an  diese  Stätten 
knflpfen.  Aach  von  der  Sahtgewinnung 
wird  kurz  berichtet.  Mehr  als  der  Text 
bieten  einige  <lf'r  Hildfr  narh  Original- 
aufhahmeu  der  Kautmauuschen  Expedition 
in  die  libysche  WOste.   Frits  Jaeger. 

Sehmidt,  Max.  Indianerstudien  in 
Zentralbrasilien.  Erlebnisse  und 
•thnologiiehe  Ergebnisse  einer  Reise 

in  den  Jahren  i'-xio  bis  1901.  XIV  u. 

456  S.    281  Textb.,  l'J  Taf  n    1  K. 

Berlin,  D.  Reimer  1906.  .tC  lU.  — . 
Die  hier  beschriebene  Reise  verfolgte 
den  Zweck,  unsere  Kenntnis  der  erst  seit 
ktirzem  erschlossenen  merkwürdigen  indi- 
anischen Welt  im  Quellgebiet  des  Xingu 
durch  lilngereu  Aufenthalt  bei  einem  dor- 
tigen Stamme  (sonftehst  den  Kamayora) 
zu  vertiefen,  eine  Aufgabe,  die  in  der 
Tat  für  einen  jüngeren  Ethnologen  ebenso 
dankbar,  wie  für  die  Wissenschaft  von 
höchstem  Nntsen  so  sein  verspraeh.  Leider 
war  es  dem  Verfasser  nicht  vergönnt  sein 
Ziel  zu  erreichen,  da  unvorhergesehene 
Schwierigkeiten  ernstester  Art,  haupt- 
riMiUch  bedingt  dnreb  den  Ifangel  dner 
zu%'erlässigen  Begleitmannschatl,  zum 
plötzlichem  Abbruch  der  Hauptunter- 
nehmung zwangen.  Dennoch  aber  ist  es 
ihm  gelungen,  durch  Feststellung  wich- 
tiger neuer  Tatsachen  die  Ergebnisse  der 

früheren  deutschen  T'ntprnehmungen  in 
diesen  Gebieten  in  wesentlichen  Punkten 
zu  ergänzen  und  sich  überhaupt  selbst  in 
den  schwierigsten  Sitnationen  als  treff- 
lichen Beobachter  zu  erweisen.  Seine  fast 
dramatische  Spannung  erweckenden  Schil- 
derungen zeigen  uns  Land  und  Leute  in 
gans  anderem  Licht  als  bisher.  Sie  geben 
gewissermaßen  die  Kehrseite  des  idylli- 
schen BiMea.  da»  sich  den  fröhei-en  Ex- 
peditionen darbot.  Ereignisse  wie  die 
Niedermetaelnng  einer  amerikanisdten 

16* 


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286 


Bücherbesprechangen. 


Expedition  durch  die  Snya  i.  J.  1900,  die 

Feetstellung  der  Sitte,  fioh  iiBbe<|\i*'iner 
Fremder  oder  Stammospenossen  durch 
Gift  zu  entledigen,  der  Charakter  der 
indianiichen  Gaitfrenndsohaft  alt  einer 
Art  lesjalisiert^  n  Plündernngtsytitems  be- 
wei-*eu.  daß  für  ein  län^pros  wiss«'ns<  haft- 
licbes  Arbeiten  von  Einzel t'orscbern  in 
diesen  Gegenden  die  Zeit  nodt  nicht 
gekommen  ist.  Der  Vi  ifaaser  traf  am 
10.  Nov.  19(K)  in  (\iyiibu  t'iii  uiul  trat 
nach  einem  Abstecher  zu  den  üakairi 
am  Bio  Hon»  nm  19.  Min  1901  die  Reise 
siun  Parontttinga  an,  swar  genügend  aus- 
gerüstet aber  nur  von  zwei  Leuton  be- 
gleitet, von  denen  nur  einer,  Andre,  bei 
ihm  ausharrte.  Bei  den  Bakairi  am 
Paranatinga,  wo  jetst  der  snm  Oberhlapt- 
ling  aller  Indios  maiisn^  diesps  Gebiets 
offiziell  ernannte  Antonio,  der  bekannte 
Begleiter  von  den  Stciuena,  das  Zepter 
fahrt,  sicherte  er  sich  noch  die  Beihilfe 
TOn  vier  recht  unzuverlUssigen  Indianern, 
die  er  aber  schon  am  ersten  Dorf  der 
wilden  Bakairi,  das  sich  allein  noch  an 
der  alten  Stelle  hefindet,  snrflcklassen 
mußte.  Mit  einigen  dw  dortigen  Leute 
und  jenem  Andre  als  einzigem„zi  vilisierten" 
Begleiter  verfolgte  ex  nunmehr  den  Ku- 
liteufluA  ahw&rts,  kam  in  Becfihrung  mit 
Nabuqua  und  Mehinaku,  die,  ohne  grade 
feindlich  zu  sein,  doch  dureh  ihre  Rab- 
gier lilstig  waren,  wurde  aber  am  2U.  Mai, 
naehdem  die  Auetd  ihn  fast  seiner  ge- 
samten Habe  beraubt  hatten,  zum  sofor- 
tigen Rückznc  gezwnngen.  Völlig  er- 
adittpft  langte  er  am  lU.  Juni  am  Ein- 
achiffnngsplatz  wieder  an  und  mufite 
nnter  Zunicklassnng  aller  Samminngen 
und  des  Restes  der  Ausrüstung  nur  von 
Andre  begleitet  den  Rückweg  nach  dem 
Paranatinga  zu  Fuß  antreten,  den  er  nach 
sieben  Tagen  unter  großen  Schwierig- 
keiten nach  mehrfachem  Verirren  erreichte. 

Am  r.t  Juli  traf  er  wieder  in  Cuvaba 
ein,  um  nach  Wiederherstellung  seiner 
Gesundheit  noch  einen  Ansflng  sn  den 
Guatos  im  Gebiet  der  Uberahaseen  aus- 
zuführen, wo  es  ilim  gelang,  diesen  noch 
so  wenig  bekannten  Stamm  eingehend 
an  stadieven.  Der  sweite  Teil  des  Werkes 
gibt  uns  ein  vollstündiges  Bild  der  Lehens« 
Verhältnisse,  der  Rechtsanseliauungen  und 
der  sozialen  Organisation  dieser  eigen* 
artigen  WaMOnomaden ,  vor  allem  aber 
anch  die  erste  genauere  Darstellnng  ihrer 


Sprache,  die  bisher  nur  aus  dflrftigen 

Vokabularen  bekannt  war.  Durch  ihren 
ent.schiedenen  Charakter  der  Einsilbigkeit 
und  ihre  überaus  merkwürdige  Art  der 
Wortbildung  unterscheidet  sie  sich  scharf 
von  allen  übrigen  Idiomen  des  Kontinents 
und  durfte  noch  wichtige  .Aufschlüsse 
über  die  Probleme  der  menschlichen 
Sprachbildung  (Iberhaupt  su  gehen  he> 
rufen  Hoiu.  Auch  für  die  Xingust&mme 
hat  der  Verfasser,  der  von  Hause  aus 
Jurist  ist,  eine  Anzahl  von  Kechtsgebräu- 
chen  feststellen  kOnaea,  die  Yon  höchsten 
allgemeinen  Interesse  sind.  In  der  Auf- 
belhiiig  dieser  bisher  ganz  vem.ichliissig- 
teu  Seite  der  südauierikaniHcben  Ethno- 
logie dürfte  die  Arbeit  vorbildlich  wirken, 
ebenso  wie  die  eingehenden  tfntersuehun- 
gen  über  die  Flecht-  und  Webetechnik 
in  beiden  Vtehanilelten  Gebieten.  End- 
lich sei  noch  aut  die  bedeutsamen  Er- 
örterungen hingewiesen,  mit  denen  der 
Verf.  die  Art  de«  Kulturaustausches  be- 
handelt, wie  er  sich  gegenwärtig  im 
Xingu-^^ucllgebiet  zwischen  den  dumesti- 
sieiten  und  wilden  Indianern  Tollrieht. 
Xur  durch  die  schmale  Eingangspforte» 
die  das  Rakairidorf  am  Par;inatinga  dar- 
stellt, dringen  Kultureindüsse  in  Gestalt 
▼on  Eisenwerkieugen,  Schmuekperlen  u. 
dgl.  zu  den  Kuliseustämmen  vor.  So 
haben  diese  ihre  alte  Kultur  nicht  nur 
bewahrt  und  gestärkt,  liondem  sie  haben 
auch  ihrerseite  die  sahmen  Bakairi  hn 
wilden  Sinne  beeinflußt,  indem  sich  viele 
Wilde  bei  diesen  niedergelassen  haben. 
Die  alten  Tänze  und  Sitten  wurden  so 
bei  den  „Zahmen'*  aufs  neue  belebt,  wäh- 
rend die  Ansehauungswelt  der  Wilden 
wicdenim  langsam  aber  sicher  durch 
jene  modifiziert  wird,  wa.s  sich  schon 
jetzt  durch  Veränderungen  in  Stil  und 
Kunstfonnen  kund  gibt.  So  liegt  die 
Gefahr  nahe,  daß  spätere  Forscher,  die 
hi'T  einsetzen  und  einsetzen  müssen, 
nicht  mehr  auf  unverfälschte  Änächau- 
üngen  stoßen  werden,  ein  Bedenken,  das 
für  diese  Gegenden  wenig^t^ns  durchaus 
berechtigt  ist.  Wenn  der  Verf.  aber  fv^  328i 
die  Frage  aufwirft,  ob  eine  Überein- 
stimmung Ton  Mytiien  bei  versehiedaien 
Stitanmen  nicht  in  vielen  Fillen  auf  eine 
gemeinsame  Beeinflussung  durch  euro- 
päische Anschauungen  zunickzufübren  sei, 
so  ii^  in  erwidern,  daß  gegenwärtig  sohoa 
unser  kritischer  Apparat  dank  der 


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Nene  Bfieher  und  Karten. 


237 


fiMWndeu  MytheusammiuDgen  aus  allen  .  durchaus  im  Vordergrunde,  doch  ibt  die 


Teilm  der  Erde  rdeUnltig  genug  ist, 
um  in  der  Regel  dei  Echte  vom  Impor- 
tierten unterscheiden  zu  können. 

Die  Ausstattang  deä  Werkes  ist  bis 
Mif  die  etwas  allsn  dürftige  Karte  Tortreff- 
lieh.  Beeonden  dankenswert  sind  die  zahh 


iriiyviBelie  Uaderlnuide  dabei  keineewegs 

vernachlässigt.  Die  Abhängigkeit  und 
Bedingtheit  der  -wirtschaftlichen  von  den 
physischen  V^erhältnissen  ist  überall  klar 
dargelegt  und  begrflndet.  Oans  beion- 
den  hat  sich  der  Yer&uer  bemüht,  das 


reichen  flchematischon  Abbildunpen  der  eigene  Nachdenken  und  die  Selbsttätig- 
technischen  Einzelheiten.    Ethnologische  keit   der   Studierenden    anzuregen,  sie 


sehen  Sondermerkmaleu  der  starke  Bart- 
wodiB  nnd  die  durch  da«  andanemde 
Staen  in  Kauns  bewirkte  Verkümmerung 
der  unteren  Extremitäten  bcrrorzuhcben 
sind.  P.  Ehrenreich. 


Tjpeo  nach  Photographie  lind  bei  dem  |  namentlich  auch  ea  einem  gewissenhaften 
Verlust  des  Xingomaterials  nur  von  den  |  Studium  der  Kiirte  anzuleiten.  Die  recht 
GuatoB  gegeben,  von  deren  anthropolofri-  zahlnnt  h  beigegebenen  Kartenskizzen  sind 

dazu  sehr  dienlich.    Ii..  Laugen beck. 

Wünsche,  A*  Sehulgeographie  des 

Königreiches   Sachsen.     210  S. 
17  Abb    Leipzig,  Dürr  190G.  JC  2.—. 
Das  Buch  bietet  dem  Lehrer  Material 
snr  Yorbereitang  tOr  den  ünterricht  nnd 

zwar  fast  durchweg  in  recht  brauchbarer 
Form  und  wi9s»?nschattlicbcr  Zuverlässig- 
keit.   Im  Vordergründe  des  Interesses 


A*  J*    The  Junior  Geo- 
graphv.   n'he  Oxford  Gcographies.) 
Vol.  II.'  2Ht<  S.  Oxford,  1905. 
Der  Verfasser,  dessen  geographische 


Lesebtteher  wir  in  dieser  Zeitsc^ft  sehen  stehen  dem  YerfSMUMr  die  Fhigen  der 

mehrfach  besprochen  haben,  tritt  hier  mit  Siedelungs-  und  Wirt8chaftBgengra])liie. 
einem  Leitfaden  der  Länderkunde  an  die  Die  Entwickelung  der  Landscliattsfurmen 
Öffentlichkeit,  der  für  die  jüngeren  ätu-  kommt  etwas  stiehnütterlich  weg;  in 
diensemester  und  snx  Yorbermtong  fftr  diesem  Punkte  ist  die  Dantellong  anch 
das  erste  Examen  bestimmt  ist.  Er  be-  nicht  ganz  frei  von  veralteten  AnHichten 
handelt   zuerst    ziemlich   eingehend    diöS  (z  R.  S.  4,  f),  88,  96,  Unter  der 

Britischen  Inseln  (91  Seiten},  dann  kürzer  |  benutzten  Literatur  vermissen  wir  uameut- 
die  fibrigen  L&nder  Europas  (68  Seiten)  i  lieh  das  Elbstromwedc,  Cottas  alte  nnd 
unddieaußereuroplli»4chen Erdteile  (112Sei-  Lepsias*  neueste  Darstellung  der  geo- 
ten).    Die  Wirtschaftsgeogiaphie  steht  j  logisehen  Verhältnisse.     P.  Wagner. 


Kern  Meker  md  Kartei. 

AllgeiiiPlnf«.  Nouv.  de  Bruielles.    Inst,  des  Hautes 

Brockhaus'  Kleines  Konversations-Lexi-      Stüdes.)  66  S.  2  Bildnisse  (EUe  u.  Eli- 
koB.  6.  Anfl.   17.— 19.  Heft.  s^eRedns).  Gent^  „Yolksdrukkery"1906. 

Ratsei,  Friedrich  f.  Kleine  Schriften.  |  AIIge«el««  ptajralBcta«  Gcofraphl«. 

Ausgewählt  u.  hrsg.  dnnh  Han<  Hei-  Franz,  J,  Der  Mond.  („Aus  Natur  u. 
molt.  Mit  einer  Bibliographie  von  i  Geisteswelt".  90.  Bd.)  IV  u.  182  8. 
Viktor  Hantsseh.  (BatMl-Bibliogr»- {  81  Abb.  im  Text  n.  auf  9  Doppeltaf. 
phie  1867— 1905.  Verzeichnis  der  selb- I  Leipsig«  Teubner  1906  .^.1.25. 
ständigi-n  Werke,  Abhandlungen  u.  ,  Rörnstein,  K  Leitfaden  der  Wetter- 
Besprechungen.  LXIII  S.)  Bd.  I.  XXXV  j  künde ,  gemeinverständlich  bearbeitet, 
u.  631  8.  1  Bildnis  u.  2  Taf.  JC  12.—.  «•  Anfi.  gr.  8*.  XII  Q.  880  B.  61  Text- 
Bd.IL  KI  n.  644  S.  1  fiildms  o.  6 '  abb.  xl  n  TbI  Bnmasehveig,  Yieweg 
Textskizzen    JL  18  —.    München  n.|    1»06.   JC  6.—. 

Berlin,  Oldenbonrg  1906.  '        AllprrnictBe  Geofrsphie  de«  HentchcB. 

de  Greef,  Guillaume.  Eloges  d'Elisee  .  Stein,  Ludw.  Die  Anfänge  der  mensch- 
Redim  et  de  De  KeeUe-Kraos.  (üniven.  I    liehen  Kultur.  Einfflhmng  in  die  Sodo- 


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238 


Nene  Bücher  und  Karten. 


logie.  (jLvm  N»tiur  n.  OeMtecwelt^. 
9S.  Bd.)  IV  u.  146  8.  Leipaig,  Teobner 
190e.  M,  IM. 

D«Rtiekl«Bd  »d  Kschbarlinder. 

Behrmann,  W.  über  die  niederdeut- 
schen Seebücher  des  15.  u.  16.  Jabr- 
hnnderto.  (GMÜnger  Dies.)  Tin. HO 8. 
4  Textabb.  u.  4  K.  Hunlmig,  FHede- 
richsen  1906. 

£ckert,  Chr.  Die  Seeinteressen  Rhein- 
luid-Westfaleiu.  6S  S.  Leipzig,  Tenbner 
190C.    ,iC  1.—. 

Halberstadt  in  Wort  und  Rild  84  u. 
86  S.  8  färb.  Vollb.,  61  TeztiU.  u.  4 
ktttogr.  Beig.  Halberrtedt,  Koch. 

Hantzsch,  Viktor.  Die  ältesten  ge- 
dmckten  Karteu  der  siicbßiHch-thürin- 
giichen  Länder  16ö0  — 1693.  gr.  Fol. 
18  Lichtdmcktaf.  n.  begleit  Text  (Vm 
n.  6  S.)  Leipzig,  Teabner  1906.  In 
Lwdmappe  ^(C  18. — . 

Woerl,  Leo.  Das  Königreich  Sachueu  in 
Wort  und  Büd.  XV  u.  öö8  S.  Stadt- 
pliDe,  1  K.  n.  940  Abb.  Leipsig,  Woerl 
1906.  4.— 

Bejer,  0.,  Cl.  Förster  und  Chr.  Marz. 
Die  Oberlausitz.  ^Laudschaftäbilder  aus 
dem  KOnigmch  Secfaten.  6.)  196  8. 
24  Abb.,  4  Textk.,  2  Prof.,  1  topogr.  u. 
1  orohydrogr.  K.  Meißen,  ScÜimpert 
1906.    JC  4.—. 

BegelmaDn,  C.  Oeologisdie  Übenichte- 

karte  von  Württemberg  und  Baden, 
dem  Elsaß,  der  Pfalz  und  den  weiter- 
hin angrenzenden  Gebieten.  Hrsg.  v. 
d.  k.  württ.  Stai  L.-A.  6  Anfl.  1 : 
600  000.  68  :  68  cm.  Stntigart  1906. 
Mit  einem  Heft  „Erlftuterongen**  (S6  8.) 
JC  8.—. 

tMg«s  Bwopa. 

Chaiitriot,  lt.   La  Champagne.  Etüde 

de  geographie  regionale.  XXIV  u.  316  S. 

81  Abb.,  21  Taf.,  17  K.  Paris,  Berger- 

Levzanlt  1906. 
Qaell  Fels,  Th.    Rom  und  die  Cam- 

pagna.    6.  Aufl.   XVI  u   1146  S.  6  K., 

68  Pläne  u.  Grundrisse,  61  Ansichten. 

Leipzig,  Bibl.  Inrt.  1906.   JC  19.^. 
Harasse,  M.  Römische  Sonntage.  188  S. 

Leipzig,   Boncker       Hamblot  1906. 

JL  2.60. 


l 


IfejeriBeieebflcher.  Griedienlandond 

Kleinasien.  6.  Aufl.  X  u.  836  S.  12  K., 
91  Pläne  u.  Grundrisse  u.  8  bildliche 
Darst  Leipzig,  Bibl.  Inst  1906.  JC  7.60. 
▲■lea. 

Seh  war«,  F.  t.  Alennden  dee  Giofien 

Feldzvige  in  Turkestan.  2.  Aufl.  108  S 
♦2  Taf,  6  Terrainaufn.  u.  1  Übersichtsk. 
d.  Feldzüge  Alexanders.  Stuttgart,  Grub 
1906    Jt  i.— . 

Hacckel,  Ernst.  Wunder  der  Tropen. 
Gr.  Fol.  Viele  Taf.  Gera -Unterm haus, 
Köhler  1906.  In  2ilappe  JC  36.—,  Volks- 
ausgabe JC  94. — . 

Robert,  E.  Le  Slam.  £tnde  de  gäogra- 
phie  poIitiqTif.  (Travaux  du  St^minaire 
de  Geographie  de  l'Universit^  de  Li^ge. 
Fase,  y.)  76  6.  Abb.  auf  Taf.  n.  1  K. 
Lfittich,  Cormaux  1906.    Fr.  2.—. 

Filchner,  Wilh.  Das  Kloster  Kumbum. 
Ein  Beitrag  zu  seiner  Geschichte.  VIII 
u.  164  8.  99  Ttf.,  8  K.  n.  Abb.  im  Text 
Berlin,  IGtUer  ä  Sohn  1906.  JC  6.—. 

Afrika. 

Irle,  .1.  Die  Herero.  Ein  Beitrag'  zur 
Laudes-,  Volks-  und  Missiouskunde. 
vm  n.  869  8.  66  DL  n.  1  K.  Gflten- 
loh,  Bertelsmann  1906.  JC  6.—. 

Nord-Pol  sr^parenden. 
J  e  1  i  n  e  k ,  E.  Eine  Nordlandsreise  mit  dem 
DoppelieliranbeD  -  Posidampfer  „Ffirst 
Bismarck'^  der  Hamburg- Amerika-Lioie. 
49  8.  Wien,  Selbstverl.  1905. 

Geogrsphiicher  InlrrHcht. 

Heinze,  H.  Physische  Geographie  nebst 
einem  Anhang  Aber  Kartographie  für 

Lehrerbildungsanstalten  und  andere 
höhere  Schulen.  3.  Aufl.  l.Sy  S,  ö8 
Textabb.  Leipzig,  Dürrsche  BuchhandL 
1906.    JC  9.—. 

Kraepelin,  K.  Naturstudien  in  der 
Sommerfrische.  Reiße-Plaudereieu.  Ein 
Buch  für  die  Jugend.  VI  u.  176  S. 
ZeiehunagenvonO.  Sehwindrasheim. 
Leipzig,  Teubner  1906.    JC  3.20. 

Sc  Iii  omni  er,  K.  Opog^raphische  Namen. 
Erklärung  der  wichtigsten  im  Scbul- 
gebranche  vorkommenden  geographi- 
schen Namen.  99  S.  Leipzig,  Benger- 
sehe  Buchhandl.  (Gebhardt  n.  Wilisoh) 
1906.   JC  1.60. 


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Zei  ttclirif  ienschaii. 


239 


Mtsehrifteiiflelhai. 


Peiermanna  Älitteiluttgen.  1906.  2.  Heft. 
Hoek  mid  Steinmftiin:  Erlftntenmg  zur 
Bonlenksrte  der  Expedition  Steinmatm  in 
den  Atidpii  von  Bolivien  19(»3  04.  — 
Uopfner:  Die  thermittchen  Anomalien 
anf  der  Erdobetffidlie.  —  Snpan:  Der 
jährliche  Gang  der  Tempfratiir  auf  der 
Elrdoberfläche.  —  Kiißuer:  Der  Devna- 
See.  —  Trounier:  Die  Veränderang  der 
Mobariidie.  —  Friederichten;  Obrnt- 
•dbeiri  Beiie  im  Gebiet  des  Tarbagatai 
1905.  —  Lanpenbeck:  Das  Atoll  P^una- 
fbti.  —  Mylius-Erichsen:  Plan  der 
f,Danmark*'-Expedition  nachN0-Gr6nland. 

OUbtu.  89.  Bd.  Nr.  7.  Laeeli:  Ter- 
wendunp  des  Eies  im  Volksglauben  und 
Volksbrauch.  —  Anf&nge  der  Kunst  im 
Urwald.  —  Passarge:  Der  paläuiithihuhe 
Meudi  ftB  den  Tikfcoriaf  ftllen  dea  Sam- 
besi. —  Kfisthardt:  Vom  Okapi.  —  Die 
nächste  Aufgabe  dnr  Nordpolarforschnng. 

Dag8.  Nr.  8.  Bieber:  Eeiseeiudrficke 
mid  wiitMhaiMielie  Beobaditangen  ana 
Gallaland  und  Kaffa.  —  Die  nene  Bahn 
Berber — Port  Sudan.  —  Pnrrot:  Vogel- 
zoggbeobachtungen  auf  Kaisen.  —  Zur 
Baakeakrode.  —  Eoltaekaks  Expedition 
nach  der  Benaettinsel. 

Dass.  Nr.  0  Bieber:  ReiMeeindn'icke 
nnd  wirtschaftliche  Beobachtungen  aus 
Oallalaad  ond  Kailk.  —  SpieB:  Beden- 
tnng  einiger  Städte-  und  Dorfnumeu  in 
Deutech-Togo.  —  Schütze:  Der  Elefant 
in  Britisch-Ostafrika.  —  Sohults:  Noch 
eb  Steinnagel  ana  Samoa.  —  Kiankadton 
im  J.  1904/06. 

Dtutschf  Rundschau  für  GeO(jraphle 
mtd  Statistik.  28.  Jhrg.  6.  Heft.  Zürn: 
Von  Tosari  zum  Brome.  —  Weinberg: 
Die  BevOlkenmg  dea  Kankaans  in  atati- 
stischer  ixnd  ethnischer  Beziehung.  — 
Korea,  das  Reich  der  Morgenatille  (1  K.). 
—  Olinda:  London  in  der  Gegenwart. 

Zttitohtift  fät  GtipSt$tHnuid€»  7.  Bd. 
3.  Heft.  Oravelius:  Abhftngigkeit  des 
Ke^'Hnfalls  von  der  Meercahfibe.  —  Braun: 
Da«  Frische  ilaff.  —  Keila:  Zwei  Bei- 
tilge  snr  graphiichen  Beredinung  hydro- 
metrischer  Aufgaben. 

Metz-ffTologische Zeitschrift.  IIMIG  '2  Heft. 
Gockel:  über  den louengehalt  der  Atmo- 
■pldie.  —  Klein;  (Smia-Stadieii.  ~ 
Hamn:  Der  Polwchlag  der  Atmoaphire. 


Zeitschrift  für  KolonicUpolitik ,  -recht 
wnd  -wirMaß.  1906.  1.  Heft.  Beiiede- 

lungsversuche  in  Fortogiesisch-OBtafrika. 

—  Vogelsang:  Die  ersten  Schritte  zur 
Erwerbung  von  Südwest- Afrika.  —  Born- 
hanpt:  Die  KonseMieoifirage  in  den  deni» 
sehen  Schutzgebieten.  —  v.  Engelbrech- 
ten: Der  Krieg  in  Deutsch-Südwcstatrika. 

Zeüsdtrift  für  Schulgeographie. 
5.  Heft.  Krebt:  Die  Geographie  in  ihrer 
Stellung  zu  anderen  Wissenschaften.  — 
\V 0 1 1  e  n  H  a  c  k :  Der  Mond  in  den  fremden 
Zonen.  —  Braun:  Die  Antarktis.  —  Eine 
Fahrt  auf  dem  Yangtse-Kiang  bis  Haukou. 

€feographi»dter Angeiger.  1906.  S.Heft. 
Heiderich:  Die  Getreideproduktion  der 
Erde.  —  Baltzer:  Die  Erforschung  des 
Weltalla.  —  Bjhan:  Die  Masai  und  ihre 
Bagan. 

Zeitschrift  der  GeseUschaß  für  Erdkunde 
eu  Berlin.  1906.  Nr.  1.  Friedrich: 
Die  glazialen  Stauseen  des  Steine-  und 
dea  Neifie-IUea.  —  Oalle:  Neoace  Ar- 
beiten auf  dem  Gebiete  der  Erdmessung. 

Mitteilungen  der  Geogr.  Ges.  in  Ham- 
burg. Bd.  XXL  1906.  Michow:  Das  erste 
Jalulranderfc  marfseher  Kartographie  16S6 
— 1681  und  die  Originalkarte  des  Antoo 
Wied  von  1512  i  l  Abb.  u.  4  K  i.  — 
Behrmann:  ^iederdeuteche  Seebücher 
dee  XV.  n.  XVI.  Jahriranderte  (4  Abb.  n. 
4  K.).  —  Albrecht:  Durch  den  Daghe- 
stan  auf  der  Awaro-Kachctinischen  Strafie 
im  Mai— Juni  1904  (^14  Abb.). 

MüMhmgen  dm-  k,  k.  GeographimiteH 
GettMMß  in  Wien.  1906.  Nr.  1.  Von 
der  Simplonbahn  —  Diener:  Die  Ent- 
wicklung Neuseelands  im  letzten  Jahr- 
zehnt. —  JönsBon:  Island. 

TheGwgrofhMJimrndL  1906.  No.8. 
Seligmann:  Anthropogeographiral  In- 
vestigations  in  BritiHh  New  (iuinea  1  K.). 

—  Gibbons:  British  East  African  Pla- 
teau Laad  aad  iti  Eeonomie  Gonditiona 
(1  K.).  —  Neumayer:  Recent  Antarctic 
Expeditions.  —  Schwarz:  The  Rivers  of 
Cape  Colonj.  —  Herbertson:  Recent 
Regulation!  and  SjUabnaea  in  Geography 
affecting  Schools.  —  Mac  Mann:  The 
Areas  of  the  OrographMMÜ  Begiona  of 
England  and  Wales. 

The  Seottkk  Oeografhktd  Magatine. 
1906.  No.8.  Geikie:  The  Hietoiy  of  the 


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240 


Zeitschriftenachaa. 


Geograph;  of  Scottland  (1  K,V  —  Cur- 
rie:  Th>>  FaerOe  lalanda.  —  Gross:  New- 
foaiidlaud.  i 
La  Geographie.    1906.   No.  S.   Des-  { 
plagnea:  Une  miinOD  aiclitelogique  dans  . 
la  vall^e  du  Niger.  —  Danes:  La  n'gion 
de  la  Narenta  inferieure.  —  Deniker: 
Los  räcentes  publications  sur  Lhassa  et ! 
l0  Tibet.  —  Bznnhes:  La  oonfärance  { 
metdorologiquc  d'Innsbruck.   —  Pelet: 
La  poaition  gi'ngrajihique  d'El  <  >ued. 

The  National  Geographie  Magazine, 
1906.  No.9.  Shonts:  The PAiiania  CanaL  I 

—  Gibba:  Transportation  Methods  in 

Alaaka.  —  Blanohazd:  Winning  the . 

Waat 

The  Jornnal  of  Geography.    1906. 1 
No.  1.   Brown:  rJeographical  Changea- ' 
bleness.  —  Hubbard:  The  Industrial  and 
Commercial  Importance  of  a  Tropical  | 
Poasesrioii.  —  Kellogg:  American Samoa. , 

Dass.   No.  2.  Parnham:  Geography  I 
Course  in  the  Oswego  State  Scliool  — 
Whitbeck:  Tbe  Fundamental  and  the , 
Inddental  in  Geography.  —  Dresser: 
The  Monteregian  ffills. 

Cons,  perm.  internat.  p.  Vexphtr.  d.  1. 
mer.  Publications  de  circonstance.  No.  38. 
Catalogue  des  eapfecea  de  plautea  et  d'ani- 
maaz  obeervfes  dans  le  Plaiiktoii  leeneilli 
pendant  le^  cxju'ditions  |i(''riodiqueB  de- 
puia  aovit  iyO'2-  mai  l'.'Oö  —  No  84. 
Nanaeu:  Methoda  für  mcaauriug  direc- 
ti<m  and  TelocKj  of  einxents  in  the  sea 
(S  Tttt,  Sl  Fig.). 

Ana  Tenehiedenen  Zeitsehriften. 

Braun,  G.:  Die  Gnippe  der  Legiener 
Seen  (1  K  ).  JhricJite  des  Fischerei -Ver. 
f.  d.  Frov.  Ostpreußen,  30.  Jahrg. 
Febr.  1906, 

Brunhea,  J. :  Lea  relationa  actuelles  entre  Romer:  Die  Einzeit  im  Swidowiecgebirge, 
la  France  et  la  Suisse  et  la  question  |  Oatkarpaten.  Bull,  de  VAc.  des  sc.  de 
dea  voiea  d'acc^a  uu  Simplen  (9  K.  u.  [  Cracovie.  Cl.  des  sc.  math.  et  ttat.  De'c 
FUae).   Bemie  Eeonamiqm  iiUemaUO'  ]  1905. 

nale.  III.  1906.  Fevr.  ;  ten  Kate:  Die  südliche  Abatammung  der 

Eckardt:  über  die  klimatischen  Ter-  Japaner.  Deutsche  Japan- Poei.  Nr,  42. 
h&ltuisae  der  Vorzeit.   Ifa^uru•tss.  Wo-  '     Yokohama,  20.  Jan.  1906. 


chenschr.  N.  F.  V,  Sd,  (XXL  Bd,) 
Kr.  8.  IS.  II.  06. 

Ders. :  Der  Baumwollbau  in  seiner  Ab« 
bilngigkeit  Tom  KBma  aa  den  Giraten 
seini-H  Aiiliau^'cljietes.  Beihefte  z.  Tro- 
penpfl  Bd.  Vif  Nr.  1/3.  Febr.  1906. 

Endröa:  Die  Seichea  dea  Waginger- 
Tasohingersees  (1  Taf.).  &*Ber.  d,  matk.^ 
phtfs.  Kl.  d.  k.  bayer.  Äk,  d.  Wiu, 
Bd.  XXXV.  1905.  H.  III. 

i<]  II  g  e  U  >  r  c  c  h  t :  Die  Aufgaben  dea  äouder- 
aut<8chu88ea  fOr  Klima-  und  Wetter- 
kunde. JaM,  d,  d,  Lamdwirt8ek.'Ge$. 
1905. 

Feydt:  Der  Kintiuß  der  ostpreußischen 
Eiaeubahueu  auf  die  städtischen  und 
einige  andere  Siedelni^en.  AUfreufi. 
Monatssehr.  Bd.  XLI  H.  7  u.  8, 
Bd.  XLII.  II.  1  u.  2.  H.  7  u.  S. 

Garde:  laforholdene  i  de  arktiske  Have 
1906.  (The  stete  of  the  ioe  in  the  arctie 
aeaa  1906.)  (5  K.)  Dnnske  met.  Inet, 
vmitisk-met.  Anrliog.  /a«.  190(1. 

Heim,  Albert  (sen.) :  Ein  Profil  am  Süd- 
rand der  Alpen,  der  PliooaenQord  der 
Breggiaachlucht.  (Geol.  Nachleae.  Nr.  15.) 
(2  Taf  u.  8  Textb )  Vitrteljuhrsschrift 
d.  Naturforsch.  Ges.  in  Zürich.  Jahrg.51. 
1906. 

Hertzberg :    Heise  -  Erinnenmgen  aua 
Weat-Preußen.  Ilnl.  d.  Osferj>rogr.  1906 
d.  Stadt.  OberrealsdiuU  su  Malle  u.S. 
Jentzsch:  Über  nmgestaltende Vorgänge 
in  Binnenseen.   Protokoll  d.  Mon.-Ber, 
Nr.  11.  Jahrg.  1905  d.  D.  Geol.  Ges. 
Eatacher:  Die  submarine  Tunneleisen- 
bahn zwischen  England  und  Frankreich. 
Himmel  und  Erde.  YUL  5.  Febr.  06. 
Lindem  an:  laland.  Weter^Zig,  Nr.jU904. 

6.  Febr.  1906. 
Richter,  Ed.  f:  Bosnien.  Österr,  BuHd- 
Bd.  VL  H,  69. 


ri  VMl  Dr.  Alfred  Hsttasr  la  HsMslbwg. 


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Geo^irnpliii 


Tafel 


S. 


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Verlajc^  von  B.  G.  Teubnor  in  Leipzi«?. 


Soeben  erscbitjii; 

DIE  SEEINTEKIvSSEN 
TJ  TT  ETNT^AND-WESTFA  LENS. 

Von  Stuimendirektor  Pkofkssou        CHR.  ECKERT. 

[52  S.]    8.    19ÜC.    geh.  n.  l 

lni»»it  AVhanilltuig  ift  ein  flb«muf  wortvollnr  nfltnijr  inm  ProMmi  der  •lent«c?i»"n  SM'(nf»«r 
Ii  »ich   nnf  ein   kltiior-«  rcebiet   Ix'HchrAukJ ,  >liia   frcilicli   dii«  v ' 

1>'  ri  nud  Hnndi-Uwelt  bildet,   i»t  er  in  der  Lagn ,  alle  lilcr  ciii 


Verlag  von  B.  G.  Teubner  in  Leipzig. 


M 1 T  T 1 :  L  M  E  E  T\  BT  iJ)E  R . 

G ESAMM E LTE  A liH A X ÜLUN( i EN 
ZUH  KUNDE  DER  MITTELM  EEKl.ÄNDEK. 

\<>X  (iEH.  liEOFEliUXGSRAT  Dil.  THEOBALD  FISCHER. 

f*ri>li»*-<>r  Hl)  tl«'r  rii(v«<Mitul  M.irlnirvt 

[VI  II  4H0  S. I    gr.  i*.    l'.tor,.    freh.  n.  .1/  f, ,-  ,  in  Leiüw.  geb.  u.  .(  7 

„Withrend  PliiUvpvou^    Mi(leltiii-er(tebit<t'*  vln«  i.v«t<anitti«olie  Dumtnllunp  dli'«>r  kaiikou  Ü' 

'  •■  •■M  an*  dl'-  .    -i       -  ■    i  -   \-  ,.  .     V  •    m,m   rkundc  rinr  Knihf  i  r  i'.^ 

«um  ui  .  dabfr       lit  aUi-iu 


.  ,1  Ii. 


.  d«r  ttr.h  dir  rüui  Mit(«Im<'i 
.  1  ■ .  .         Ii  i>iiii-  ttii 

iiU  :i'  Ii      i  .1  Ii  .!  ,  lll.lIlKr    lU  li' 

I     Auch  fiir  dif  Schuli-  uurdon 
.,  AI m-.  liiit!i<rl>jldiir**  %ln  vinv  wnhri;  /u-rdn  nun  lei  jn 
I  l)t<utii-h««  Liit-r-Htur/flturiif.    I'.'0'5  Nr. 


>>i'  I  .11  ji 


Verlag  von  B.  G.  Teubner  in  Leipzig. 


DAS  MlT'l  JiLMRHRGRBlBT. 

ÜE0GRAP11I.S(  IIK  UND  KULTURELLE  EIGENART 
Von-  Professor  Dk.  A.  PHILIPPSON. 


XnskLltn  und  lo  Karlen  aut   i>  Tafeln. 
1904.    ach.  .V.  6  — .  pc\>. 


VIII 


Geographische  Lehrbehelfe 

aus  dem  Verlag  von  Ed.  Hölzel  in  Wien  IV/2,  Luisengasse  Nr.  5. 


Zur  Aiischatfuii^  für  Schulen  ciiiprulileii! 

Holzels  Bchul Wandkarte  von  Australien  imd  Polynesien,  Btiller  pEean. 
I'n'iitbeitet  und  i^czcichiiet  vou  Dr.  Kranz  iloiderich.  MoUweideHcbe  flüchcntreue 
Trojektiun.    Maßi.tali  1 :  lOüUOOuo.    6  Blatt  iu  lOl'achem  Farbendruck    Größe  der 
Karte  7.usammcnf»t!Betzt  160  cm  hoch,  r.i2  cm  breit.    Preis  unanf^eBjiannt  18  M., 
auf  Leinwand  ger-pannt  in  Mappe  24  M.,  auf  Leinwand  gespannt  mit  Stilben  28  M. 
Hö  yiels   Bchvüwandkarte    von   Asien.     Politiscbe   Aoflgabo   be:i'^'  von 
I>r   Franz  Heidcricb    SririJf7iri7T!Töö7mu(L    0  Blatt  in  H» fächern  i  ..  inick 
(Jrößü  der  Karte  znsammengeMetzt  1  to  cm  hoch,  176  cm  breit.  Preis  unautgespaunt 
1"»  M.,  auf  Leinwand  penpanntin  Mappe  '_MiM.,  auf  Leinwand  rroapannt  mit  St&ben  22  M. 
Hölzeis  Schulwandkarte  von  Asien.    Physikalische  Aoagabo.    ü.  Aufln"i 
wjllkonniien  neu  b»?arbi'il«l  von  Dr.  Franz  liciderich     Maßntab  l:80(i 
•>  Blatt  in  10  fai-hfni  Farbendruck.    TJröße  der  Karte  zusam-  '  tzt  140  cui 

hoch,  175  cm  lireit.  l'reia  nuaulgcspaunt  l;'j  M..  auf  Leinwand  ^  ..uiit  in  Mappe 
•20  M.,  auf  Leinwand  f^i'sjmnnt  mit  Stäben  22  M.  —  Es  nind  difs  di»«  besten,  nach 
dem  nr-nr-stcii.  wi8.->en>chaltlichen  Material  bearbeiteten  Wan  i  von  .\-ii'n 

und  Aus(n\licn    Sie  nehmen  gegeuwilrtig  den  ersten  Rang  auf  «iiL-i  lu  Gi-bict  ein 
nölzels  Verkehrskarte. von  österreich-üngam  für  den  allgemeinen  Gebrauch, 
wie  auch  zum        erficht  tiu  kouiuierzifUon  Lchranataltcn  bearb.  von  Leopold 

Kalliua.  II.  Aufl:i-,'c.  Miiü-^tab  1 : «0(»o(lO.     Blatt.  Fn  is  m   1 3 . .SO  M.,  anf 

Leinwunrl  gcepauut  in  Mappe  23.r»uM.,  auf  Leinwand  ges;   .  ueu  27..')OM. 

Haardts    Überfiichtakarte    von   Europa   für   den   Schulgcbrauch   und  zum 
1  iidium.     Maßstab   1  :  .'iOOOuUO.     Ii»  Blatt.     Grüße   der  Karte  zubammon- 
^   iL.  i  212  cm  breit,  1H4  cm  hoch    l'naufgeepannt  15  M.,  auf  Leinwand  gespannt 
in  Mappe  22.ftO  M.,  mit  StAben  27  M. 

Haardts  Übersichtskarte  der  ethnographischen  Verhältnisse  von  Asien 
und   von   (It'ii   iiii;,itiizeudcii   Teilen   Kuropas.  iT?öU(7Öü(r    (>  Blutt  in 

:^<»fachem  l'arbeniiruck.  (iri>ßc  der  Karte  zusammeii^  i  17ö  cm  breit,  1-iOcmhocb. 
l'reis  uuauigr>>ipaunt  25  M.,  auf  Leinwand  gespannt  in  Mappe  30  M.,  mit  Stäben  ^2  M. 
^  ■      dpolarkHrte.  MuL'htab  1  rffOOOOoo.  4  Blätter  in  vielfachem  Farben- 

.ii!..         1  ^    der  zuHunnuengesetzten  Karte  172  cm  hreit.  148  cm  hoch.   Preis  in 
lobeu  Blrittern  16  M.,  auf  i^einwand  iu  Ma]>pe  IU  M.,  auf  Leinwand  mit  Stäben  21  M 
Haardts  Hüdpolarkarte.    Maßstab  1:10000000.    In  4  Blättern  mit  je  12— 
Uj  fueheiu  Karben  '  ße  der  zu-  •  '"n  Karte  172  cm  breit,  148  cm 

hoch    I'reifl  iu  lo-  ..  .u  8.60  .M   in  Mappe  12. uO  M.,  n-'f  I  oln- 

uund  mit  Stnbeu  14.60  .M.  —  Diese  Karten  wurden  sowohl  auf  dem  VL  inten-  ii 
'  reß  in  London  alf  auch  bei         '      ■  -  ' 

 Fur:»chung  zu  Berlin  als  kui  ,  

i  heu  Verhandlungen  beniitzt  und  haben  hierbei  die  besten  Dienste 

Wandkarte  der  Plf  Politische  Ausgabe.  8  Blatt.  MuliKiai. 

!  -  '  '  i  ■  '-"0.   Grüße  der  Karte  /  '  t  '!<)G  cm  breit,  132  cm  hoch.  Ti  * 

.1  M.,  auf  Leinwand  yi  ,  •  14  f>o  M.,  mit  Stiibcn  IG., 

lographische  Ausgabe.     liluti.  Mußbial)  i         '00i>.  Unaul'ge8[»Buut  7  M.. 
aui  i.  iuu  '    '       pauiit  in  Mappe  12.50  M.,  mit    i..na  14.60  M. 
Haardta  ..  andkarte  von  Palftstina.   Kiir  den  Unterricht  in  der  Inblischcu 

(icscliiehto  dcH  alten  und  neuen  Testaments.  Nach  den  neuesten  Publikationen  des 

und  der  engliKchen  !'  —  G  Blatt. 

.   ..       1  _  ^  .  .  lürMittelscbnien  und  i     .  - .  Uten.  Größe 

der  Karte  zusammengesetzt  131  cm  breit,  160  cm  hoch.    Unai  int  G  .50  M.. 

auf  Leinwand  gespannt  in  ^'  M.,  mit  14  M.  Ausjjaiic  lur  V'  '  iii 

Bnr,"*"">''!ialen  etc.   Gruße  <!.        .to  zusamrii>   /.t  1.31  cm  breit  ir.*' 

innt  5.60  M.,  auf  Leinwand  gespannt  in  Mappe  11  M.,  i: 
Dr.  i'r.  JSiofi,  GeoV  ■  über 

Mit  einem  Lieft  llrl.i  .n  itjugen.     -  i.ui;  u; 

waudstreifen  in  Umbchlncnunppe  10  M.,  auf  1  I 
—  Die  erste  und  ein  -karte  des 

*'    •     Von  der  F  in  wissen^' u-^uj.' i.  ; ,  air  uiü. 

.mig  als  M'  ant. 

Ausrührliche  Prospekte  stehen  auf  WonBch  gratis  nnd  \nuko 

Zu  beriehen  durch  alle  Buchhandlungen  sowie  durch  die  V 


^  JUN  141906 


r.EOGlUPlI 


ilTSCHRIFT. 


V<tN 


Dn  ALFRED  HETTNER, 


ZWoLFTEJ{  .IAHRCJAN(5.    KÜNFTKS  HKFT. 


■M  I  I    .  .\  I  1    I  AUiLN 


Arsf;K<;i:Bi:N  am  j.'  mal 


LEirzjd. 

•  \  EULA«;  VON  B  r,.  TEÜBNER 


Inhalt  des  firnftcii  Heftes. 


a. 


Ihr  Mpiii.  Von  Dr.  Fritz  Jaegor  in  Offotibacli  a.  M.  (.Mu  Uiul- 
schaltsbildeni  auf  Tafel  4  und  T)  nach  OriKinalaufnahmen  von 
Prof.  Dr.  Carl  ühlig  in  Daressalam)  

Kduard  Richter.  Von  Prof.  Dr.  Georg  A.  Lukas  in  Graz.  IL  Kduard 
Ri.hlers  Lebenswerk.    4—9.     III.  Eduard  Richters  I'ersönlichkeit 

Alte  lind  neue  Handels.straßen  und  Handelsmittolpmiktfl  in  Nordost-Afrik 
Von  Oberleutnant  a.  D.  Detniar  Kürchhoff  in  Charlottenburg  . 

Geographische  Neuigkeiten: 

Allfünioinos.    Neue  Krfahruiigoij  über  Korallcnriffü  . 

Europa.     LaudgewiniMjnKSwerk  an,  Dollart.  -  StiirniJl.it' an"  der  nstfriosisclicn 

KQst«.  —  vestivaiiabruch  

Asien.    Zupmayers  Durchiiuerung  Tibeta.  —  Erilbeben  auf  Pormosa 

Afrika,    «irenzabereiukoranien  zwischen  Sudan  und  KongosUat. 

Auatralien  und  australiiche  Inseln.    Üuschbrtndo  in,  südlichen  Auntralion' 

-  Zorstöning  Papoetes  durch  eine  Flutwelle.  -  Vulkanausbrnch  anf  Savaii 
Nordamerika.    Zerstörung  rou  San  FraniiaVo  .... 
Nord-PüliirueifeDden.    Wissenschaftliche  Station  in  Ürönland 

Meere.    Di.«  Fahrt  dea  „Planet"  

Ooographi scher  Unterricht.    Geographische  Vorlesunpen  im  S.-S  1906  II 

—  Topographische  Ühnngen  nn  der  UnjiersitAt  üeidelUrg.  —  (»rdontliche  Professur 
an  der  Universität  München.  -  Vertretung  in  Münster.  —  (»rdeutlitho  Professur 
in  Wieu.  -  Habilitation  in  Wie,,.  _  Gcogruphiscl.o  Vorlesungen  an  der  Akademie 
in  Posen   

Voreine  und  Versammlungen.    78.  Veraamnilu.ig  Douuicher  Naturforscher"  und 
Atite.  —  Inteniationalo  ozeanische  und  Fischerei- Ausstellung  iu  Marsoilb  — 
\.  Int«niatioualer  Oeologen •  CougroD  in  Mexiko 
Hücherbesprechungen : 

Kaiserliche    .Marine.     Deutsche    Seowarto.     DampferhonJbuch    fOr  den 
iitlantischen  Ozoan.  -  AtJas  der  Ueroiten  und  (iozeitcnslrVne  der  Nordsee  — 
Atlas  der  StromTersetzungen  im  Indischen  Ozean.  —  Wind,  Strom,  Luft-  und 
Wasserte mperatur  auf  den  Dampferwfgen  des  Mittelmeors.     Von  M 
Hasse,  K.    Deutsche  ürenzpolitik.    Von  J.  Zemmrich 
Chautriot,  E.    La  Champagne.    Von  F.  Hahn 

Neue  Bücher  und  Karten  

Zcitschriftenschau  


•252 
277 

292 

292 
293 
294 


294 

295 
29G 
296 


2;tG 


Eckert 


298 

301 

302 


kilnftighin    werden    Veröffentlichungen   jeder  .i.nrhrr 
hiBsertationen,  Programme.  Karten  u.  a.)  ausnahmslos  nur  dann  alJ 
erschienen   erwähnt  werden   können,   wnnn   .ie   der  GeoKraphischen 
/eitschrilt  oingcachickt  worden  .sind. 


Aultiutze  für  die  Geographische  Zeitaclunft  werden  unter  der  Adresse 
IKrau.gebMr.  .Prof.  Dr.  Altred  Hettnor  in   Heidolberg,  ZiogelhiiuHer  Laud- 
Htraße  Iii)    nL-itriige  zu  den  geographi.schen  Neuigkeit^^n  au  Dr  AuKUHt  Fitzau 
Leipzig,  Löhrstralie  lü,  erbeten.    Aufsätze  werden  mit  60  Mk   fvir  den  Dnick' 
l»ogen  von  16  Seiten,  Beitriljre  zn  den  Neuigkeiten  mit  2  Afij    für  dio 
Petit  honoriert;  das  Honorar  der  Karten  und  Abbildungen  bleibt  der 
einbarung  vorbehalten    Außerdem  werden  den  Herren  Verfafisern  von  Aufütttzei, 
kl.MitU'iiungen20,  von  Neuigkeiten  und  B-         '  ungcn  :'•  ke  unei 

und  portofrei,  eine  größere  Anzahl  auf  W  i  zu  den  ü  . 

Bücher  und  Karten,  deren  Besprechung  in  der  Geograi 
gewünscht  wird.  Bind  an  die  Verlagabuchhandlung  B.  G.  Teubuer,  l^einzig  l'ost- 
Au"  u,^«  PmzusLhicken.    Liefcrun^^swcrk.'  k/inn-n  im  allgemeinen  ernt  nach  ihrem 
AbscnliiQ  besprochen  werden. 


\  LI  - 

und 

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i. 

A't 


Die  GeographiHthi-  /eil^cüritl  erscheint  j.iJiUicii  m  ij  y 
3';  bin  4  Druckbogen  von  ir,  Seiten;  der  Abonncmenlspieis  b. 

Alle  Buchbaudlungen  und  Po^tanstalten  nehmen  Üestelluimen  an 


Druck  lind  Vi'rlac:  von  B.  0.  Teubnor  in  Ltipzm,  i'osihU. 


Der  MeriL^) 
Von  Mti  JMger. 

(Mi  5  LftpdiehftfUMldeni  auf  Tafl  4  n.  6  aadh  Originalanfiiahmen  toh  Carl  Uhlig.) 

Westsfldwestlidi  Ton  dem  denteoh-ortafrikamsehan  BuseitTiilkaa 
xnandaeharo  liegt  swisolioii  8  und  SYi^  sBdliflher  Breite  dar  gleiehfidls  tuI* 
kailiBcbe  Kegel  dee  Uero;  die  beiden  Berge  liegen  eo  nahe  bei  einander,  daB 
ihre  ToffiraftdiAttiingen  in  einander  fibecgehen.  IMe  Entfernung  des  eigent- 
liehen  Fnfies  beider  Berge,  der  Stellen,  wo  ein  steilerer  Anstieg  ans  der 
flachen  Steppe  deutlich  den  orographisnli«  ti  Beginn  der  Berge  kennzeichnet, 
betrttgt  an  der  Stelle  der  größten  Nachbarschaft  etwa  20  km,  die  Entfemtmg 
der  Hauptgipfel  70  km.  Die  vielen  Reisenden,  die  seit  der  Entdeckung 
der  beiden  Berge  durch  Rebmanu  im  Jahre  1848  den  Kilimandschaio  be- 
suchten, haben  daher  alle  auch  seinen  kleineren  Nachbar  gesehen,  dessen 
schöngefonnto  Silhouette  den  westlichen  Horizont  stilvoll  unterbricht.  Gerade 
von  den  Kiliinandacharolandschat'ten  aus  gesehen  macht  der  Meru  bei  seiner 
relativen  Höhe  von  3800  m  auf  den  Beschauer  einen  mächtigen  Eindruck, 
der  noch  weeentlieh  gehoben  wird  dnzoh  die  kleinen  Yorberge  in  seiner 
n&chstwi  ümgebnng.  An  sich  HQgel  Ton  ansehnlicher  GrOBe,  wie  t.  B.  der 
„Dombeig**  nnd  der  nSargbag**,  treten  sie  doch  gans  surOck  neben  dem 
gewaUagen  Hanptberge.  Zu  döi  stunnrangsroUsten  Büdem,  die  ich  in  Afiika 
genossen  habe,  gefafirt  die  Aossicht  von  Moeehi  am  Eilimandschazo  1tt>er  die 
weite  Steppenniedemng  hinweg  nach  dem  Mem,  besonders  wenn  die  Sonne 
eben  nntorgegangen  war.  In  tiefem  Dunkel  liegen  die  untersten  Radialrücken 
des  Kilimandscharo,  die  weite  Steppe,  die  Meruvorhügel  und  schließlich  der 
große  Merukegel  selbst.  Aber  das  Dunkel  stuft  sich  ab  in  den  zartesten 
Farbentönen  vom  tiott-n  Blauschwarz  des  näch.sten  Bergiiickens  zu  Dunkel- 
violett in  der  Steppe  und  /.um  lichten  Grauviolett  des  Meru.  Auf  den  purpurnen 
TlintHrgrund  des  Westhimninls  ist  mit  markigen  Zügen  sein  Profil  gezeifhiict. 
Zur  Linken  steigt  es  steil  und  geradlinig  aus  einer  Hügelgruppe  an,  in  der 
dar  abgestntste  Sargberg  aufiE&Ut,  bis  zum  höchsten,  fein  gezähnelten  Qrat. 
Ein  schOn  geschwungener,  nach  oben  konkaver  Bogen  Terbindet  diesen  mit 
der  niedrigeren  Spitse  im  Norden.  Steil  nnd  geradlinig  steigt  die  ProflUinie 
siar  Bedhten  von  der  Nordspitae  hinab  zor  flachen  Steppe.*) 

1)  TorliluHge  Veröffentlichung  der  Ostafrikanischen  Expedition  der 
Otto  Winter-Stiftung  unter  Leitung  von  Prof.  Dr.  Carl  Uhlig. 

2)  Dies  Profil  tritt  in  Fig.  1  (Taf.  4),  obwohl  die  Aufnahme  von  Osten  ge- 
nommen iat,  wegen  des  aUm  nahen  Standpnnktes  des  Anfhehmenden  nnr  nnväl- 
kommen  hervor.   Fig.  1  G,  N. 

OMfraphtooh«  ZtÜMlutn.  Ifl. Jabiiug.  180«.  ».Halt  17 


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242 


Friti  Js«ger: 


Trotz  der  geringen  Entfemong  vom  Kilimandscharo  wurde  der  Mem 
erst  von  wenigen  Forsphmifrsi eisenden  besucht.  Zuerst  haben  G.  A.  Fischer 
die  Südseite,  v.  Höhnel  und  Ciraf  Teleki  die  Südostseite  näher  kennen  gelernt 
und  darüber  berichtet.  Erst  im  Jahre  1901  erforschte  Carl  Uhlig  die 
Hauptzüge  im  Aufbau  des  Berges,  indem  er  ihn  zum  ersten  Mal  erstieg  und 
von  der  Ostseitu  iu  die  Caldera  eindrang.  Ende  1904  konnten  Uhlig  und 
ich  diese  Forschungen  weiter  ausdehnen  und  ergänzen« 

Der  Uera  und  der  Kilimandsolitro  eriiebea  ridi  auf  dnem  yon  Brfldiai 
begrenstoi  und  durchsetzten  Senknngsgebiet,  das  als  eine  Abzweigung  todl 
grofien  ostaftikanischen  Graben  angesehen  werden  kann.  Die  Gneise  und 
Qnanite  der  ümgebung  dieser  Senke  dürften  unter  dem  Mem  in  etwa  600  m 
HeereshAhe  anstehen,  so  dafi  die  HShe  des  Tulkaaisehen  Baues  mnd  4000  m 
betrigt.  Ans  flachen  Steppenlündern  von  8 — 1200  m  HQhe  ragt  der  Meru 
als  machtiger,  ziemlich  regelmäßiger  Kegel  zu  4630  m  empor.  Das  Umland 
und  die  untern  Teile  des  Berges  haben  im  großen  ganzen  eine  sanfte 
Neigung  nach  außen,  deren  Kegelmäßigkeit  durch  viele  parasitische  Vulkan- 
hügel unterbrorhon  und  belebt  wird.  Namentlich  am  Südfuß  liegen  eine 
große  Anzahl  solcher  Hügel  und  bilden  die  Landmarken  in  der  weiten,  sanft 
nach  Süden  abgedachten  Steppenebene.  Im  Westen  ist  dem  Kegel  des  Meru 
ein  sehr  hügeliges  Vorland  von  dreieckigem  Umriß  angelagert,  das  in  Steil- 
wänden zur  Steppe  abfallt  und  von  2400  auf  3000  m  ansteigt.  Kraterformen, 
die  sieh  an  den  Hfigeln  noch  »kennen  lassen,  sowie  die  Zosammensetzung 
aus  feinen  Tnflini  spreehen  dafttr,  daß  das  ganze  Voriand  durch  paraaitSre 
Ausbrüche  entstanden  ist,  die  so  nahe  neben  einander  erfolgten,  daß  statt 
einzelner  Httgel  ein  susanunenhSngendes  Hochland  aufgeschttttet  wurde.  Die 
Kordseite  des  Berges  steigt  steil  aus  flacher  Steppe  an  und  erhftlt  ihr  Ge- 
präge durch  einen  aufgesetzten  großen,  spitzen  Kegel,  der  wahrscheinlich 
als  Best  der  Unnvallung  eines  bedeutenden,  in  die  Nordilanke  des  Beiges 
eingesenkten  Kraters  aufzufassen  ist.  Am  Ostfuß  des  Meru  breitet  sich  eine 
Seenplatte  aus,  die  sich  nach  N  und  0  allmählich  abdacht,  nach  Süden 
dagegen  in  einem  Steilrand  abbricht.  Von  diesem  Steilraud  zieht  nach  Süd- 
osten ein  bewaldeter  Bergrücken,  der  zwei  sehr  umfangreiehe  Krater  mit 
ebenen  Kraterböden  trägt.  Die  höheren  Hänge  des  Bcrgkegols  haben  nach 
allen  Seiten  hin  eine  Neigung  von  etwa  30^'.  Das  ist  sehr  viel  im  Ver- 
h&ltnis  zum  Kilimandscharo,  der  mit  durchschnittlich  8®  bis  zum  Sattelplateau 
zwischen  seinen  beiden  Bbbup^jipfiBln  ansteigt  Dieser  charakteristisehe  Fonn- 
unterschied  beruht  auf  der  ganz  verschiedenen  Bildungsweise  beider  Beuge. 
Der  Kilimandscharo  ist  ein  Aggregat  von  monogenen  YuUcanbaigen  Stnbelscber 
Definition,  der  Mem  em  polygener  Vulkan,  der  durch  alhwihlinhe,  ateta 
wiederholte  Auftchttttung  Ton  Tuffen  und  Lam  die  regebnftffiige  steile  Kegdfonn 
annehmen  mußte. 

Die  Erosion  hat  die  Form  des  Berges  noch  nicht  zu  zerstören  vermocht, 

aber  sie  hat  viele  Einzclformen  geschaffen  und  durch  ihre  verschiedene  Stärke 
L'ntersebiede  /wi.schHii  den  verschiedenen  Bergseiten  hervorgenifen.  Nur  die 
dem  vorhemjchenden  Südo^tpassat  ausgesetzten  Süd-  und  Osthänge  sind  stark 
durchfurcht  von  tiefen  Kadi&lschluchten,  denen  ansehnliche  Bäche  entströmen. 


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Der  Meru. 


243 


Der  Nordhang  bat  weniger  bedeutende  Sehlncbten,  dem  oberen  Weethang 
feblen  Erononsfonnen  TflUig.  Nur  die  Gewiaaer  des  sfidtetlichen  Qoadraafeen 
des  Mera  Yereinigen  sich  zum  XikuletwS-  oder  Daijjunaflfißchen  und  werd^i 
durch  dieses  dem  Pangani  und  dem  Lidisdheii  Ozean  zugeführt,  wfthrend  die 
anderen  Seiten  des  Berges  dem  abfluBlosen  Gebiet  angehören.  Die  B&che, 
die  diesen  Hangen  entströmen,  versiegen  bald  in  der  Steppe.  Von  der  Nord- 
und  Westseite  ziehen  überhaupt  keine  Büebe,  sondern  nur  große,  bei  seltenen 
Gelegenheiten  Wasser  führonde  Trockenschluchten  in  die  Steppenflächen  hinaus. 
Die  Bildung  dieser  Täler  und  der  Schottermassen  in  ihnon  reicht  in  die 
regenreichere  Diluvialzeit  zurück,  unter  den  heutigen  Niederschlagsverhältnissen 
können  sie  nicht  entstanden  sein. 

In  den  Bergkegel  des  Meni  ist  eine  gewaltige,  nach  Osten  offene  Caldera') 
(Fig.  1)  Tou  luigemein  imposanten  Formen  eingesenkt  Der  Kraterkessel,  der 
die  zentralen  Teile  des  Bergkegels  einnimmt,  hat  einen  Durchmesser  Ton  etwa 
4  km  und  eine  Tiefe  von  etwa  1000  m.  Steil,  ftst  senkrecht,  ja  stellenweise 
llbefbingend  stflrzen  gewaltige  Felswände  (Fig.  1  C)  vom  Kratenrand  1000  m 
hinab  zum  Kraterboden.  Jedodi  nur  an  der  wesüichen  Wand  exreicht  der 
Abstun  diese  Hdhe.  An  der  Nord«  und  an  der  Slldwand  senkt  sieh  der 
Ckldenurand  nach  Osten.  In  derselben  K  ichtun g  senkt  sich  der  Caldeiaboden, 
aber  weniger  stark,  daher  nimmt  die  Höhe  der  Wände  nach  Osten  auf  etwa 
500  m  ab.  Auf  der  Ostseite  fehlt  di^  Wand,  die  die  gewaltige  Kratermnde 
abschließen  sollte.  Dort  braucht  mau  nur  bis  2700  m  empoi-zusteigen,  um  auf 
den  Calderaboden  zu  gelangen  und  auf  ihm  bis  zu  seinen  höchsten  Teilen 
in  3G00  m  vorzudi'ingen.  Der  Meru  ist,  von  den  jüngsten  Bildungen  im 
Krater  abgesehen,  wie  ein  gewaltiger  Thronsesscl,  den  sich  Hephästus  aus 
unterirdischem  Feuerbrei  erbaute.  Der  Calderaboden  ist  der  Sitz,  die  West- 
wand die  Rückenlehne,  die  Nord-  und  Südwand  sind  die  Armlehnen,  die 
Seenplatte  ist  der  Sehemel  der  FOfie. 

Der  grolle  hufeisenfitonige  Bogen  der  Galderawftnde  umsdiliefit  andere 
Bildungeo,  zu  denen  er  in  demselben  Yeriilltnis  stobt,  wie  der  balbkreis- 
fifnnige  Wall  der  Somma  zum  Kegel  des  VesuTS  und  den  Produkten  seiner 
Tltigkeit.  Doch  sind  am  Mem  die  Verblltnisse  weit  komplizierter.  Wir 
mfissen  folgende  Gelnlde  unterscheiden: 

1.  die  Calderanmwallnng  (Fig.  1  C); 

2.  hochgelegene  Beste  einer  konzentrischen  Ringmauer  im  SSW  der 
Caldera  (Fig.  1  7?)  ; 

3.  annähernd  horizontale  Lavaschicliteu  im  SW  der  Caldrra,  die  discordant 
an  den  Calderawiiiiden  anliegen  und  nach  Osten  steil  ablnechen  (Fig.  1  /)); 

4.  den  Zentralkegel,  an  dem  seinerseits  eiim  iuiüere  Umwallung  von 
einer  inneren  Kuppe  unterschieden  werden  kann  (Fig.  i,Ä)\ 

5.  einen  Lavastrom,  der  am  Westfuß  des  Zentralkegels  entspringt  und 
die  NordhSlfte  des  Galderabodens  ausfttllt  (Fig.  1  L). 

I)  Unter  einer  Caldera  ver«tf'!it  man  einen  nach  einer  Seite  offenen  Krat«r- 
kessel.  Daher  werde  ich  im  Folgenden  vom  „Krater"  sprechen,  wenn  ich  den  Kessel 
ohne  die  Lfieke  in  der  ümwalluag  meine,  von  der  „Gsldera",  wenn  ich  die  Lfloke 
einbegreife. 


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244 


Fritz  Jaeger: 


Mfibsani  steigeii  wir  von  Osten  h«r  durch  die  Lfloke  in  dar  Krater- 
umwaUnag  in  die  Caldera  hinein.  Nachdem  wir  die  pAtdiose  "Wildnis  eines 
dichten  Bnsohwaldes  von  Banmeiika  mit  Hilfe  Ton  Bnschmessem  ^AcUieh 

durchdrungen  haben,  wird  der  Anstieg  keineswegs  leichter.  Zwar  hält  uns 
jetzt  voa  etwa  3100  m  an  keine  Vegetation  mehr  auf,  aber  der  Boden  wird 
dafür  um  so  schwieriger  gangbar.  Über  die  köpf-  bis  */,  cbm  großen,  rauh 
zerspratztPTi  Felsklütze  einer  jungen  Blocklava  geht  es  steil  hinan.  Immer 
unebent'i.  ztirissener  und  fnscher  wird  die  Lava,  je  weiter  wir  hinaufkommen. 
Wie  ein  lik't.scher  ziclit  sich  der  :>  km  lauge  und  1  km  Itreite  ShTJiii  vor  uns 
am  Fuß  der  Caldorasteilwünde  hin.  Die  grolic  /iihigkeit  des  Lavatiu>ses, 
welche  sich  auch  darin  deutlich  ausspricht,  daß  die  Masse  noch  während  des 
Fließens  in  einzelne  BiScke  zerrissen  ist,  hat  diese  Analogie  der  Form  mit 
strömendem  Eise  hervorgebracht  Die  Vegetation  hat  «rst  am  nntem  Ende 
des  Stromes  starker  Fofi  gefaßt  Nach  seinem  Verwitterungssnstand  an 
urteUen  ist  der  ganae  Strom  schwerlich  mehr  als  100  Jahre  alt,  das  Alter 
der  letsten  Nachschflbe  nahe  den  Qnellen  des  Stromes  sohStaten  wir  anf 
kaum  25  Jahre.  Demnach  kann  der  Meru  noch  nicht  als  erloschen  gelten. 
Auch  der  zentrale  Aschenkegel,  an  dessen  Westfuß  der  große  Lavastrom 
entspringt,  ist  ein  junges  Erzeugnis  der  Merutätigkeit.  Aus  einigen  Spalten 
an  seinem  Fuß  steigen  noch  heute  weiße  Wasserdampfwolken  empor.  Wiewohl 
der  Kegel  dem  Vesuvkegel  an  Größe  nicht  nachsteht,  beeinflußt  er  das  Ge- 
samthild  des  Borges  kaum,  da  er  Yon  den  riesigen  Steilwänden  der  Caldera 
bedeutend  überragt  wird. 

Hier  auf  dem  Calderaboden  umgelieii  uns  diese  kahlen  Felswände  fast 
ringsum.  Sie  sind  gegliedert  durch  vorspringende  Gräte  mit  vorzüglich  sicht- 
barer perildinaler  Schichtung  und  dnxioh  einspringende  Schluchten,  in  denen 
nnanfhfirUch  StainsehUge  herahrieeeln  oder  piasseln,  um  sich  am  Fnfi  der 
Wtode  za  grofien  Sdinttkegeln  und  mortnenartigen  Wällen  ananhftufini.  Di» 
Grftte  liehen  hinauf  su  den  Torsiwingenden  Tfirmen,  Zacken  und  Nadeln  des 
Eraterrandes.  Außer  der  den  AuBenhttngen  des  Beiges  parallelen  Bdiiöhtang 
bestimmen  die  vielen  mehr  oder  weniger  senkrechten  Oftnge  das  geologisdie 
Bild.  Die  Wasserloeigkeit  der  Caldera  —  wegen  der  Auswllrtsneigung  der 
Schichten  können  an  den  Steilwänden  keine  Quellen  austreten  — ,  der  Mangel 
an  schimmeniden  Eis-  und  Sclmeetiiichen,  dazu  das  Grau  des  Aschenkegels, 
das  Schwarz  des  Lavastroraes  verleihen  dieser  Hochgebirgswüste  eine  düstere 
Stimmung.  Belebt  wird  das  Bild,  wenn  wallende  Nebel  vom  Winde  in 
wildem  Spiele  gejagt  diu  Steilwilnde  zeitweise  verbergen  und  dann  wieder  um  so 
klarer  eutschleiern.  Oft  aber  füllen  auch  die  Wolken  die  ganze  Caldera 
aus  und  benehmen  jede  Aussicht,  wie  wir  zu  unserm  Leidwesen  erfuhren. 
Denn  die  Caldera  i4  ein  besonderes  Wetterloch,  in  dem  die  Wolken  mit 
Vorliebe  hingen  bleibeiL 

Es  scheint  nich^  daB  der  grofie  Kraterkessel  durch  eine  Szplosion  ent- 
standen ist  Sonst  müßten  gewaltige  Tuff-  und  Trflnunennassen  die  ftoßeren 
Hänge  des  Berges  bedecken,  namentlich  ihre  höhoran  Teile;  das  ist  aber  nicht 
der  Fall.  Wahrscheinlich  haben  wir  uns  die  Entstehung  des  Sjraters  80  vor- 
zustellen, daß  am  Schluß  der  Emptionsperiode,  die  den  ganien  Berg  auf- 


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Der  Hern. 


245 


schüttete,  große  Lavamassen  tief  in  den  Fördcrscbacht  zAirücksauken  und  auch 
erstarrte  Teile,  ihres  Haltes  beraubt,  nachstürzten.  Mit  dieser  Annahme  lassen 
sich  auch  die  erwähnten  Reste  einer  konzentrischen  Ringmauer  und  die 
homontalen  Lavaschichten  in  der  Galdera,  auf  die  ich  hier  nicht  näher  ein- 
gehen kann,  gut  in  EinUaag  bringen. 

Durch  die  öffiinng  der  Caldera  genieBen  wir  eine  hesehrfaikte,  aber 
malerische  Femsldht  Weithin  breiten  sich  die  gelben  Steppen  am  FuB  des 
Mem  ans.  Wir  Uichen  hinab  auf  die  vielen  kleinen  blinkenden  Seen  und 
in  die  beiden  grofien  flachen  Krater,  die  dem  südöstlichen  Anslftafer  der 
Seenplatte  aufsitzen.  Wiewohl  geringere  Höhendifferenzen  von  hier  oben  ge- 
sehen fast  verachwinden,  erkennen  wir  an  der  dunklen,  durch  reichere  Baum- 
vegetation  hervorgebrachten  Färbung  den  Steilabfall  des  Sogonoiplateaus,  der 
die  Kilimandscharo -Meruniederung  im  Süden  begrenzt.  Don  Hintergrund 
bilden  das  ferne  Paregebirge,  die  östliche  Begrenzung  dieser  Senke,  und 
links  davon  der  gewaltige  Kilimandscharo.  Seine  beiden  Gipfel,  der  fernere 
zackig-schroffe  Mawensi  und  der  nllhore  Schueedom  des  Kibo  ragen  noch 
hoch  über  unsern  Standpunkt  empor  in  eisige  Regionen.  Der  Kibo  kehrt 
nns  seine  Westseite  zu,  anf  der  ^e  Gletscher  in  mächtigen  Zungen  weit 
hinabxeichen.  Der  unregelm&flige  und  doch  harmonische  Wedisd  vcm  weißen 
Gletschern  und  dunklen  Felsmassen  bringt  gerade  auf  dieser  Seite  die 
malerisdiste  UHrknng  hervor,  die  auch  in  so  großer  Feine  noch  zur  Geltung 
kommt. 

Aus  der  Caldera  zum  Fnße  des  Meru  hinabsteigend  gelangen  wir  auf 
die  Seenplatte  (Fig.  3).  Durch  die  Seen,  die  unruhig  welligen  Bodenformen  und 
durch  die  Erosionstäler  erinnert  diese  eigentümliche  Landschaft  an  unsere  nord- 
deutschen Glaziallandschaften.  Dieser  Eindruck  wird  noch  verstürkt  durch 
das  Material,  aus  dem  sie  aufgebaut  ist.  Wie  in  der  norddeutschen  Grund- 
moriine,  so  sind  in  diesen  „Brockentutfen"  grolie  unrogcliniiliige  Blöcke  in 
feinerem  Material  eingebettet,  und  wie  in  Glaziallandschat teu  gelegentlich, 
so  liegen  hier  fast  überall  ausgewitterte  Blöcke  bis  zur  Grüße  eines  zwei- 
stöckigen Hauses  lose  auf  der  Oberfläche.  Die  unregelmäüig  eckigen  Bruch- 
stücke Ton  Laven  und  ftlteren  Tuffen,  die  in  den  Kookentnffen  mit 
feinerem  Eruptions-  und  ^rOmmezmaterial  mehr  oder  weniger  fest  verkittet 
sind,  weisen  darauf  hin,  daß  die  Brodcentuffe  der  Zertrümmerung  Älterer 
Gesteine  ihren  Ursprang  verdanken.  Ihre  Lage  am  Ostfoß  des  Mem  sagt 
uns  das  Weitere:  als  der  Memkegel  aufgetOrmt  und  der  Eraterkessel  ein- 
gesunken war,  fand  einmal  eine  große  etwas  exzentrische  Eruption  statt, 
die  den  östlichen  Teil  der  Krateniniwallung  in  die  Luft  sprengte  und  so 
die  östliche  Lücke  schuf,  den  Krater  in  eine  ofi'ene  Caldera  umwandelte.  Die 
großen  Trümmerniassfn  fielen  am  untern  Hang  und  am  Fuß  des  Berges 
nieder  und  bildeten  mit  dem  Wasser  der  den  Ausbruch  begleitenden  Wolken- 
brüche Scblammströme,  die  sich  am  Fuß  des  Berges  ausbreiteten.  Die  un- 
regelmäßigen Obertlüchenformen  dieser  Scblammströme  wurden  nachträglich 
durch  spülendes  und  fließendes  Wasser  noch  etwas  schärfer  ausgearbeitet 
Die  Seenplatte  ist  daher  mit  einer  Unmenge  von  kleinen  Hügeln  von  10  bis 
70  m  Dniehmesser  und  5  bis  20  m  Höhe  wie  mit  lauter  Maulwurfihaufen 


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246 


FriU  Ja«ger: 


regellos  übersät.  Etliche  ganz  unregelmäßig  geformte  Becken  sind  m  sie 
eingeseokfe  und  nun  T«il  mit  WAinr  orfllUt.  Der  grOßte  der  14  Seen  dieser 
Gegend  liat  etwa  4  qkm  FISdieiiinhatt  Landzungen  springen  tob  Osten 
und  Westen  io  den  See  vor  and  setsen  ridi  unter  dem  Waeserqpiegel  ganz  onregel» 
mifiig  fort.  Die  grOBte  Tiefe  maß  ühlig  m  88  m.  Die  Ufvwlnde  fiülen 
siemlioh  steil  mm  Bee  ab,  der  etva  40  m  tief  in  die  Platte  mngesenkt  ist. 
Die  übrigen  Seen  zeigen  Bhnliche  Verhaltnisse.  Zum  Teil  sind  die  Seen 
durch  periodische  Abflüsse  verbunden,  die  in  stoilwandigen,  bis  40  m  in  die 
Hügf'llHiulsehaft  eingeschnittenen  Tälern  fließen.  Alle  sind  salzhaltig,  manche 
so  stark,  daß  das  Wasser  auf  die  Schlcinihäuto  fast  atzend  wirkt.  Da  die 
Zutiiisso  in  dem  vulkanischen  O^stfin  verliältnisniiißig  viel  Salzo  lösen  und 
die  Verdunstung  so  stark  ist,  duU  nur  cnn  'i'fil  der  Soen  eineu  Abfluß 
besitzt  und  nicht  einmal  einen  dauernden,  so  reichert  sich  das  Salz  rasch 
an,  das  Wasser  wird  sehr  konzentriert.  In  der  Regenzeit  steigt  das  Wasser 
der  Seen  etwa  um  1  m  an,  und  einige  fließen  dann  nach  dem  Kikuletwa- 
i^stem  ab.  In  der  Trockenzeit  flllt  der  Seespiegel  wieder,  und  die  Ufer 
bekleiden  sich  mit  weiAen  Salsansblflbungen. 

Li  nnd  an  den  Seen  entwickelt  nck  überall  ein  lebhaftes  Treiben.  Da 
tommeln  sich  die  Flofipferde^  tauchen  unter,  taudien  mit  lautem  Pusten  und 
Gmnxen  wieder  mit  dem  Kopf  über  den  Seespiegel,  das  Wasser  meterhoch 
in  die  Luft  blasend.  Der  afrikanischen  Sitte,  die  Kinder  auf  dem  Rücken 
zu  tragen,  huldigen  auch  die  Fluüpferdmütter,  aber  selten  bietet  sich  die 
Gelegenheit,  dies  Mutterglück  zu  beobachten.  Die  Krokodile,  die  sonst  stets 
mit  den  Flußpferden  zusammen  vorkommen,  meiden  die  Salzseen.  Enten, 
Gänse,  Wasserhühner,  Pelikane,  Flamingos  schwimmen  auf  dem  Wasser- 
spiegel oder  stehen  einbeinig  am  Ufer;  auf  den  Bäumen  thront  der  Marabu. 
Aus  der  Menge  der  Vögel  liißt  sieh  schließen,  daß  es  auch  in  den  sehr 
salzig<'n  Seen  Fische  gibt,  wiewohl  noch  keine  beobachtet  w*urden.  Höheres 
Pflanzenleben  scheint  dagegen  im  Wasser  der  Salzseen  nicht  zu  gedeihen. 

Die  Pflanien»  und  Tierwelt  der  Seenplatte  mit  Ausnahme  der  Wasserflora 
und  -&una  bietet  das  diantkteristiBehe  Bild  der  ostafrikanisdien  Steppen. 
Nur  die  höchsten  Teile  der  Seenplatte  und  ihres  südöstlichen  Ausl&ufers 
mit  den  beiden  großen  Kratern,  die  bis  1600  m  ansteigen,  tragen  Bogeowald. 
Die  Steppen,  d.  h.  solche  Vegetationsgebiete,  deren  Yegetationsformationen 
einer  langen  Trockenzeit  angepafit  sind  und  ihre  vegetativen  Funktionen  in 
der  Regenzeit  verrichten,  nehmen  rings  um  den  Meru  die  tiefem  Lagen  ein. 
Hier  werden  die  Niederschläge  nicht  durch  aufsteigende  Winde  veranlaßt  und 
sind  daher  auf  die  beiden  jährlichen  Regenzeiten  beschränkt  und  wenig  aus- 
giebig. Verbunden  mit  der  hohen,  die  Verdunstung  begünstiijenden  Temix-ratur 
dieser  Gegenden  veranlaßt  d»  r  Kegenmangel  eine  wenigstens  periodisch  seiir 
starke  physiologische  Trockeubeit,  in  der  nur  Pflanzen  leben  können,  die 
sehr  geschützt  sind  gegen  Wasserabgabe  durch  Verdunstung.  '/^ — m 
hohes  Gras,  das  den  Boden  zwar  nicht  in  Uasen,  aber  doch  in  dicht  stehenden 
Büscheln  bedeckt,  bildet  den  wesentlichsten  Bestandteil  der  Steppen  um  den 
Mem.  Beine  Grassteppen  finden  wir  s.  B.  häufig  im  Südosten  des  Berges, 
in  der  Gegend,  die  vom  Kikuletwa  und  seinen  Zuflüssen  durchstrOmt  ist. 


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Der  Meru. 


247 


>rpist  aber  sind  dem  Gras  andere  Vegetationsformen  beigemischt,  Kräuter, 
Halbsträucher.  Dornsträucher  oder  Bäume,  besonders  Sohirmakazion.  Es  finden 
sich  alle  t  bergting^  von  der  (irassteppc  mit  wenigen  Beimischungen  bis  zur 
reinen  Buschgras-  oder  Baumgrassteppe  und  zum  dichten  Busch.  Im  Gebiet 
der  Seenplatte  stehen  meist  kleine  Akazien  mit  vielen,  durch  Ameisenstiche 
hervorgerufenen  kugeligen  Aufblähungen  der  Stacheln  ziemlich  spärlich  in 
d«r  Chmssteppe. 

Die  Steppe  weduelt  ihr  Kleid  im  Lauf  der  Jahresieiteii.  In  der  Begen- 
sMt  ist  FrOUing,  da  grfint  und  blOht  Allee,  das  Gras  spriefit  friseh  empor, 
die  Akaaen  bedeeken  sich  mit  ihrem  sierlioh  gefiederten  Lanb  nnd  schwängern 
die  Lnft  mit  ihrem  Bltttendnft,  bnnte  Blnmen,  an  denen  Schmetterlinge 
nnd  Kllfer  Honig  naschen,  sind  in  das  Grün  «ngestreut  Hensdiredken 
sch^virren  nnd  Grillen  lassen  ihr  schrilles  Gezirpe  ertönen,  Schlangen,  Eidechsen, 
Chamäleons  verlassen  ihre  Yttrstecke,  und  eine  fröhlich  zwitschernde  und 
singende  Vogelwelt  findet  einen  reich  gedeckten  Tisch.  Aber  die  sengenden 
Strahlen  der  Tropensonne  töten  all  dies  Leben,  sowie  der  Himmel  nicht 
mehr  genügend  Feuchtigkeit  spendet.  Das  Gras  stirbt  ab,  Büunie  und 
Büsche  schützen  sich  durch  Abwerfen  des  Laubes  vor  allzu  starker  Ver- 
dunstung. Von  der  Tierwelt  machen  sich  nur  noch  die  großen  Herdentiere 
bemerkbar,  verschiedene  Antilopenai-ten,  Guuä  imd  Zebras,  denen  auch  das 
trockene  Gras  mr  Nahrung  genügt,  da  sie  bei  ihrer  Beweglichkeit  hftufig 
TiftnkeplStM  aufiracken  kGnnen.  Die  weiten  strohgelben  Grasflftchen  werden 
nur  Qnteibrodien  von  den  domigen  Bimnchen,  deren  oft  hSßliche,  krüppelige 
Fovmea  jetst  nicht  mehr  durch  ein  fimmdliohes  BUtteikleid  Terborgoi  werden. 
Wo  die  Bosch-  und  Baum^egetation  dichter  wird,  ist  die  ganze  Steppe  eine 
eintönige  graue  oder  braxuiTiolette  FlSche.  Einige  Abwechselung  der  Fkibe 
malen  zunBchst  die  Steppenbrftnde  in  das  Bild,  die  alsbaM  LTößcre  schwsMe 
Flecken  nnd  Streifen  ausfressen  und  sich  nachts  als  leuchtende  Schlangen 
an  HSngen  und  iU)er  Ebenen  hinziehen.  Aber  wenn  sie  erst  größere  Gebiete 
versengt  haben,  wenn  nur  verkohlte  Zweige  aus  dem  aschenbedeckten  Boden 
in  die  Luft  starren,  dann  liegt  eine  unheimliche,  trostlose  Öde  über  der 
Landschaft,  in  der  die  bizarr  aulragenden  Termitenhaufen  die  einzige  Er- 
innerung an  die  Tierwelt  Inlden.  Doch  der  erste  Regen  erweckt  sofort 
wieder  das  Leben.  £r  lockt  die  Uälmchen  hervor,  daß  ein  grüner  Schimmer 
den  schwanen  Boden  fiberklttdet,  nnd  bald  beginnt  die  ganze  Ffllle  des 
Lebens  von  neuem. 

An  den  üfern  der  dauernd  fliefienden  B&ohe  wird  die  eintönige  Steppen- 
▼egetation  nnterbrochen  durdi  ganz  sdnnale  Streifen  Uppigm  immergrünen 
Waldes.  Von  weitnn  erkennt  man  den  Lanf  einm  Badies  an  dem  dunklen 
Uferwald,  besonders  wenn  er  sieh  von  gelber  Grassteppe  abhebt,  wie  die 
UfiRwftlder  der  Quellbäche  des  Kiknletwa  (Fig.  1). 

In  diesen  bachreichen  Grassteppen  im  Südosten  des  Meru  trifft  man 
sehr  häufig  die  schönen  Rinderherden  und  die  Krale  der  Masai,  jenes  Xomaden- 
volkes,  das  uns  durch  Merkers  Monographie')  so  genau  bekannt  geworden 

1  Merk  er.  Die  Masai.  Ethnopra]iliisfbc  Monof^raphie  eines  oetafrikanischen 
beuiteuvoikes.   Berlin  1904.   VgL  Weuleä  Besprechung,  G.  Z.  XI.  1906.  S.  539. 


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248 


Fzits  Jaeger: 


ist,  über  dessen  Rassei^ugfhörigkeit  aber  gerade  durch  dieses  Werk  der  Streit 
entbrannt  ist.  Die  Masai  und  ihre  ghnchfalls  am  Meru  vertretenen  Ver- 
wandten, die  Wakuati  und  Wandorobo  sind  nach  Merk  er  durch  folgende 
Körpermerkmale  charakterisiert:  ^^Die  Körper  sind  groß  und  schlank.  Sie 
eraoliniieii  indes  nieht  UDSohSn  mager,  sondeni  gewftfaren  Titlmehr  den  Bin- 
dniek  eleganter,  elartiieher  Bewegliohkeit . . .  Die  Hautfkibe  Texiiert  sidaehen 
tiefSnnkennsaii  und  hellem  Sehokoladeabnuin.  Die  Kapfe  nnd  hoeh  und  ichiBal, 
das  ovale  Geeicht  bat  oft  ÜBingesohmltene  nnd  ^Tmpathiaöhe  Züge  nnd  ist 
weniger  prognath  als  bei  Negern . . .  Die  hohe  adhmale  Stini  ist  gut  gewdLbti 
die  Augen  mandelförmig,  gerade  oder  etwas  schrftg.  Die  Nase  ist  gestreckt, 
aohmal  und  an  der  Wurzel  flach  oder  sehr  m&fiig  tief  gegen  die  Stirn  ab- 
gesetst .  * .  Der  Nasenrücken  ist  gerade,  manchmal  leicht  konvex,  die  Lippen 
sind  voll,  ohne  direkt  wulstig  zu  erscheinen  , . .  Das  Haar  ist  über  die  Kopf- 
haut gleicbmäBig  verteilt  .  .  .  Die  Armo  und  besonders  die  Beine  sind  sehr 
lang,  die  Handgelenke  dünn,  Hände  und  Füße,  besonders  bei  weiblichen 
Individuen  klein,  schnial  und  zart."  Über  die  Sprache  der  Masai,  die  auch 
die  der  WakuäÜ  und  eines  Teils  der  Wandorobo  ist,  während  ein  anderer 
Teil  dieses  Stammes  ein  besonderes,  aber  dem  Masai  verwandtes  Idiom  q^richt, 
sind  die  Untenochnngen  noeh  nleht  abgescMoniiMi.  Audi  die  tieüBt  wunelnden, 
nieht  an  die  ioßeran  Lebensnmstlnde  geknflpften  Sitten  nnd  Gebrioche  der 
drei  Völker  stunmen  Tollkommen  flbeiein  nnd  sind  dmehans  ▼ersdiieden  von 
denen  der  flbrigen  Volker  Ost-Afiikas,  so  daB  die  nrqnikngliehe  volUiche 
Einheit  der  drei  Stimme  anBer  Zweifel  steht  Vor  allem  gilt  dies  von 
ihren  religiösen  Traditionen,  die  nach  Merkers  Forschungen  so  sehr  mit  den 
uns  aus  der  Bibel  bekannten  Traditionen  der  Hebräer  übereinstimmen,  daß 
Merker  die  Masai  mit  ihren  RrudersUlmmen  und  die  Hebräer  f&r  die  Nach- 
kommen eines  und  desselben  Semitenvolkes  der  Urzeit  hält. 

Alle  drei  Völker  kamen  ursprünglich  von  Norden  her  als  sehr  kriege- 
rische, nomadisierende  Hirten  ins  Land,  aber  nur  die  Masai  haben  heute 
noch  diese  Kulturform  rein  bewahrt.  Sie  züchten  vor  allem  Rinder,  aber 
auch  Ziegen,  Schafe  und  Esel.  Nahrung,  Wuhnung  und  Kleidung,  kurz  der 
ganze  materielle  Enlturbesiti  ist  im  wesentliohen  anf  dfe  Bindersodat  to- 
geschnitten.  Die  Herden  bieten  ihnen  Fleisch,  Miloh  nnd  Blnt  sur  Nahrung, 
mit  ihrem  Übersohnß  tanschen  sie  bei  anslssigen  Nachbarn  Tegelabilisehe 
Ebet  ein.  Die  Masaünrale  sind  kreisronde,  von  einem  DoniTeihaii  nmgebene 
Flätee,  deren  Einginge  des  Nachts,  nachdem  das  Vieh  in  den  Eral  getrieben 
ist,  mit  Dombllsohen  ▼erschlossen  werden.  Die  20  bis  60  Htttten  stehm 
dicht  neben  einander  an  der  Innenseite  des  DomTechanes.  Sic  sind  von 
ovalem,  fiut  rechteckif:o]n  Grundrifi,  4 — 5  m  lang,  gegen  3  m  breit  und 
IYj— 1*/^  m  hoch,  Sie  b(  stehen  ans  einem  Gestell  von  Stangen  und  Zweigen, 
die  in  den  Boden  gesteckt  imd  oben  zur  wagreehten  Decke  umt^ebogen  werden. 
Dieses  Gestell  wird  dick  mit  Gras  belegt  und  darüber  mit  Hindermist  verschmiert 
(Fig.  5).  Die  Kleidung  besteht  aus  wenig  präparierten,  zusanmieugeniihten 
Fellen,  Zeug^totle  haben  sich  noch  wenig  eingebürgert.  Sehr  reichhaltig  ist 
der  Schmuck.  Eine  Masaischöne  muß  au  Armen,  Beinen,  um  den  Hals,  in 
den  lang  ausgezogenen  Ohrläppchen,  also  &8t  an  jeder  irgend  mOglidien 


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Der  Merii. 


S49 


Stelle  eine  Unmengo  von  Eisen-  und  Kupfersjtangcn  und  Drahtrollen  tragen^ 
wohl  meistens  mehr  als  10  Pfimd  und  üherdies  lauter  Gegenstände,  die  sie 
nie  ablegen  kann.  Lederarmbänder,  die  sie  mit  Perlen  europilischcr  Fabrikation 
benäht  hat,  ergänzen  ihren  Schmuck.  Dagegen  wird  ihr  Kopfhaar  glatt  ab- 
rasiert. Die  Männer  tragen  ähnlichen  Schmuck,  wenn  auch  in  geringerer  Menge^ 
dalBr  baben  wenigtteiu  die  &ieger  um  so  knnrtvollere  Frisören.  Das  ge- 
strfümte  Haar  wird  m  einer  AnsaU  ZOpfohen  snsammengebunden,  die  Uber 
Stirn,  Sehllfen  und  Wntexkapf  herabhingen.  MSimlein  und  Weiblein  sdunioen 
sieh  Öfters,  namentlich  in  Tansfesten  den  EOrper  mit  Fett  und  roter  Erde 
an.  Dtt  sieh  das  Fett  auch  der  Kleidung  mitteilt,  pflegen  die  Ifasai  stets 
nach  ran'/igem  Fett  su  riechen,  nicht  nur  zur  Zeit  der  Tansfeste. 

Die  Masai  waren  vor  der  deutschen  Herrschaft  weit  und  breit  als  sehr 
kriegerische  Räuber  gefürchtet.  Der  Hauptzweck  ihrer  vielen  Kriegszüge 
war,  Vieh  zu  erbeuten.  Die  Kriogsrüstung  besteht  aus  einem  Speer  mit  sehr 
langem,  schmalem  Eisenblatt,  kurzem  Holzschaft  und  langem  eisernem  Schuh, 
aus  einem  Schwert,  das  in  lederner  Scheide  getragen  wird,  ans  Bogen  und 
Pfeilen,  einer  Hol/.keule  und  dem  großen  Schild.  Dieser  ist  aus  Hinderhaut 
gefertigt,  die  über  einen  Uolzrahjuen  gespannt  und  sehr  hübsch  rot,  weiß 
und  schwarz  mit  Zieraten  von  symbolischer  Bedeutung  bemalt  isi  Dasu 
kraamt  nodk  ein  besonderer  Kopftehmnok,  ein  Gesiehtsrahmen  aus  StrauBoi- 
ftdern,  der  das  kriegerische  Aussehen  wesentlidi  ezhOht  Die  Eisen  waffen 
und  Geritsehaften  werden  Ton  den  Schmieden  hergestellt,  die  eine  besondere, 
▼on  den  aadem  ▼erachtete  Kaste  bflden.  Die  Masaischmiede  kennen  swar 
die  Gewinnung  des  Eisens  ans  eisenhaltigem  Bachsand,  aber  das  mühsame 
Verfahren  wird  heute  kaum  mehr  angewandt,  sondern  aus  Europa  eingeftthrter 
Eisendraht  verarbeitet. 

Während  in  der  Steppe  nur  nomadisierende  Masai  hausen,  sind  am  Fuß 
und  den  untersten  Hängen  des  Meru  in  der  Übergangszone  zwischen  der 
Steppe  und  dem  weiter  oben  folgenden  Regenwaldgürtel  a<  ktTbauende  Vidker- 
schaften  ansässig,  aber  nur  auf  der  Süd-  und  Ostseite  des  Berges,  wo  die 
vielen,  dem  Berg  entströmenden  Bäche  dauernde  Ansiedelungen  ermöglichen. 
Drei  Landschaften  werden  hier  unterschieden,  Ngongo  Ngäre,  d.  h.  Wasser- 
äuge,  nach  einem  kleinen  See  inmitten  der  I«ndschaft,  im  OstsQdost,  Hera 
im  Slldsfldost  und  Aruseba  im  Sfldsfidwest  dee  Bergkegels.  Von  der  Land- 
sehaft  Hera  wurde  der  Name  (von  den  Europäern?)  auf  den  ganaen  Bexg 
Übertragen.  In  Ngongo  Kgare  hansoi  Masai,  die  ihren  Viehbesits  bei  der 
groBen  Binderpest  sn  Anfang  der  90er  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  ver- 
loren haben  und  seBhafte  Ackerbauer  geworden  sind.  Die  Bewohner  von 
Meru,  Wameru  genannt,  sind  Wadschagga,  denen  des  Kilimandscharo  aufs 
Nilchste  yerwandii  Die  Landschaft  Aruscha  nehmen  Wakuafi  ein,  Verwandte 
der  Masai,  zu  denen  sich  seit  der  großen  Viehsterbe  auch  echte  Masai  ge- 
sellt haben.  Außerdem  bewohnen  Wandoroho  Teile  des  Merugebiets,  z.  B. 
den  Steppenbusch  in  der  Nähe  der  Seenplatt«,  violleicht  auch  Teile  des 
Waldes.    Durch  Jagd  und  Bienenzucht  emüliren  mp  sich  kümmerlich. 

Die  seltene  Fruchtbarkeit  dieser  besiedelten  Landschalteu  des  Meru  gibt 
sic^h  schon  in  der  natürlicheu  Vegetation  zu  erkennen.    Hier  im  Südosten 


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Friti  Jaeger: 


des  Berfres  beginnt  der  Refjenwaldgürtel,  wenn  auch  mit  Uuterbrechuu^'en 
schon  in  14(M)  m  Moeroshöh^.  Diese  uuteren  Urwälder  sind  die  schönsten 
des  ganzen  ^^eru.  IxuM  iistäinme  tragen  das  Laubdach  des  Walddomes.  Hier 
fehlt  hüuHg  die  erdrückende  Fülle  der  Lianen,  die  in  den  Kilimandscharo- 
und  Usambarawäldern  jeden  Raum  erf&llen,  so  daß  die  msgestätiscbe  (rrSde 
der  Banmriflteii  aoeh  eindmckBToIlflr  bemntritt  Wo  ancb  du  üsfeailiols 
fehlt,  ist  der  Boden  nur  mit  einem  grünen  Teppich  Aberzogen,  am  dem  die 
roiaihrbeneB  Blüten  der  Baleaminen  freundlich  herrorleaehten.  Merkwürdig 
ist  der  geringe  Znsammenhang  der  Waldstüidce.  An  vielen  Stehen,  wo  doch 
im  allgemeinen  die  dichteito  Vegetation  gedeiht,  ist  dw  Wald  von  saftig 
grünen  Sumpfwiesen  unterbrochen.  An  andern  Stellen  dringt  die  Steppen- 
Vegetation  in  seine  Lichtungen.  Dort,  wo  man  von  der  Seenplatte  zum 
Berg  ansteigt^  erfreuen  besonders  prächtige  Vegetationsbilder  das  Auge.  Hoch- 
etSmmiger  Wald,  sumpfige  und  trocken*-  Lii  htungen  wechseln  ab.  Der  Wald 
ist  durch  die  hier  ungewohnte  Plianzeutorm  einer  Fiederjmlme,  der  Phnttiix 
rcclinaia  ausge/.oichnet.  Aul"  den  GrasplUt/en  stehen  viele  hochgewai  hsoue 
Exemplare  der  Juniptrns  jnorern,  eines  Nadelbaumes,  der  die  Krinnerung  an 
die  kraftvolle  Vegetation  der  Alpen  wachruft.  Den  wirkuugsvollen  Hinter- 
grund des  Bildes  stellen  zur  Linken  die  schroffen  Felswände  der  Merucaldera, 
zur  Bedhten  der  gletsehergekrOnte  Kilimandscharo,  nnd  swisehen  beiden  dehnt 
sich  weites  Stcppenland  bis  zum  fernen  Horisonl 

Die  natürliche  Fmditbarkeit  des  Bodens  wird  Ton  den  Bewohnern  noch 
dadurch  gesteigert,  daß  sie  das  Wasser  in  vielMi  Berieselnngsgrilben  toü  den 
Bftchen  anf  ihre  Pflansungen  führen.  Von  den  heutigen  Bewohnern  sind 
wohl  die  Wameru  am  längsten  hier  ansässig.  Sie  brachten  den  Hackbau 
mit  künstlicher  Bewässerung  vom  Kilimandscharo  mit.  Die  Wakuaß  von 
Aruscha  und  die  Masai  von  Ngongo  Ngare  haben  Ton  ihnen  den  Ackerbau 
gelernt  und  daher  in  derselben  Form  übernommen.  Tn  üppigster  Fülle  ge- 
deiht hier  Alles,  was  des  Negers  Her/,  und  MaLrt  u  begehrt,  Bananen,  Bohnen, 
Erbsen,  Mais,  Negerkom,  SüßkartotlVln  und  Maniok.  Von  der  Landschaft 
Meru  berichtet  Uhlig'):  „Kein  Soniiensirahl  drang  auf  den  Boden  der 
Banaueuhaine,  deren  Htammo  im  Durchschnitt  8  m  hoch  ragten.  Auf  den 
Eleusinefeldem  drängten  sich  die  kleinen,  fingerftSrmigeu  Ähren  dermaßen, 
daß  sie  dem  dichten  Filz  eines  fes^eknüpften  Teppichs  glichen.  Audi  die 
Bohnenfelder,  besonders  solche  mit  Dol/idtoM  LäbkA,  standen  gnt.**  Die  Hütten 
d«r  Wameru  sind  die  auch  am  Kilimandscharo  sehr  gebrftoohlichen  Dsohagga 
hütfcen  von  der  Form  einer  KSseglodre.  Sie  sind  mit  Bananenschftften  ge* 
deckt  Die  Wakuifi  haben  diese  Art  der  Hütten  mit  dem  Fbldbau  Ton  den 
Wameru  angenommen.  Die  Masai  von  Kgongo  Ngare  hingegen,  die  erst 
kürzere  Zeit  hier  ansJlssig  sind,  haben  noch  ihre  alte  Hütlenform  beibehalten, 
nur  im  Baumaterial  der  Hütten  mußten  sie  sich  an  das  Leben  als  Ackerbauer 
anpassen.  Andererseits  haben  die  Wadschagga,  und  zwar  nicht  nur  die  von 
Meru,  soudem  auch  die  vom  Kilimandscharo  schon  seit  längerer  Zeit  Kleidung, 


1  I  hlig,  C.  Vom  Kilimandacharo  zum  Mem.  Z.  d.  Ges.  f.  Erdkde.  zu  Beilin. 

1004.  Ö.  701 


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Der  Hern. 


251 


Schmuck  und  Waffen  der  Masai  nachgeahmt,  in  der  Meinung  dadurch  den 
getHbrlichen  Feinden  eher  gewachsen  zu  sein.  Neuerdings  findet  mehr  und 
mehr  eine  Vennisohung  der  Merubewohner  statt,  namentlich  der  Wameru  und 
der  Wakuafi  von  Aruscha. 

Die  bedeutendste  der  Merulandsehaften  ist  Aruscha,  namentli(;h  seitdem 
dort  im  Jahre  1900  ein  Militärposten  augelegt  worden  ist.  Dank  der  sehr 
nnften  Neigung  des  Bodens  nehmen  die  ftr  den  Anbftu  und  die  Besiedelung 
geeignetsten  HOhen  Ton  13 — 1700  m  hier  im  Bilden  des  Mern  dnen  Ter- 
hftltnismlBig  grofien  Baum  ein.  Das  Land  ist  mit  einer  großen  Menge  von 
parasitSFen  Ynlkanhfigeln  mit  und  ohne  Krater  beaetst,  deren  stattlichat«r,  der 
400  m  hohe  nSargberg**  das  weithin  siehfbare  Wahneiehen  Tom  Aruscha 
hüdet.  Der  Boden  besteht  hauptsachlich  aus  dem  Verwitterungslehm  der  Brocken- 
tuffe, in  welche  die  Bäche  5 — 30  m  tiefe  Täler  eingeschnitten  haben.  GrOfiere 
und  kleinere  Parzellen  von  Trockenwald  mit  stattlichen  hellrindigen  Akazien 
und  dichtem  Unterholz  wt-cbscln  ab  mit  den  Ackerfluren  und  den  Bananen- 
hainen, in  denr-n  die  Hiiiten  der  Wakuafi  versteckt  sind.  Xach  Süden  schweift 
das  Auge  über  die  hügelbesetzte  Steppe  wie  über  ein  inselreiches  Meer  hin 
in  die  Feme,  wo  der  zackige  Sogonoiberg  und  der  Rücken  des  Dönjo  Kissälc 
hinter  der  Linie  des  Horizontes  schattenhaft  aufragen,  ein  Anblick,  der  wie 
wenige  die  Empfindung  unendlicher  Weite  und  Feme  wachruft.  Im  Westen 
schließt  der  viergipflBlige  Vulkan  MondÄl  das  BÜd  ab,  die  Hordhftlfte  des 
Panoramas  nimmt  der  nuyestStische  Kegel  des  Mem  ein.  Oftmals  genossen 
-wir  seinen  Anblick  in  henüoher  Klaxlieii.  Besonders  morgens  und  abends 
seicbnet  die  Sonne  dunkle  Kern-  und  Schlagschatten  in  das  Belief  dieses 
Hanges  und  verleiht  ihm  eine  kittflige  Plastik.  Da  lassen  sich  die  Tiel- 
gewondenen  und  -venweigten,  bisweilen  auch  nach  unten  gegabelten  Schluchten 
genau  verfolgen,  da  erkennt  n^an  sngar  die  der  steilen  Neigung  des  Hanges 
entsprechende  Schichtung  der  kahleu  Lavamauem,  welche  au  den  oberen 
Hangen  die  grauen  Schutt-  und  Asehef»!lder  unterbrechen  und  in  die  stolzen 
Türiuc  und  Zacken  des  Calderarandes  auslauten.  Die  Regenzeiten,  die  von 
November  bis  Anfang  Januar  und  von  ^iHrz  bis  Mai  dauern,  gewähren  den 
Anwohnern  seltener  den  Anblick  des  Berges.  Auch  wenn  sich  nicht  ge- 
rade strömender  Kegeu  unter  Blitz  und  Donner  aus  den  Schleusen  des  Uim- 
melä  ergießt,  verhüllen  doch  meist  tief  hängende  ^olken  die  höheren  Teile 
des  Bergkegela.  In  trabem  Dunkel  liegt  der  Urwald,  nach  oben  mit  den 
Kobeln  versoihmehend  oder  hinter  ihnen  versdiwindend,  ein  melancholisches 
Bild.  Wenn  aber  der  dichte  Wolkenschleier  reißt,  erstrahlt  der  Berg  in  desto 
schönerem  Glanse,  geschmflckt  von  einem  glitsemden  SchneemanteL  Aber 
unter  den  Strahlen  der  Tropensonne  zerschmilzt  die  weifie  Pracht  und  ist  in 
höchstens  zwei  Tagen  verschwunden. 

Der  Militärposten  Aruscha  (Fig.  2)  hat  das  Aussehen  der  Landschaft  wesent- 
lich verändert.  Die  geräumige  „Borna",  das  Fort,  ist  im  Rechteck  angelegt,  von 
einer  Opuntien-  und  Stacheldrahthecke,  einem  mannestiefen  CSraben  und  einer 
starken  Mauer  mit  Bastionen  unigeben.  Im  Innern  dieser  Befestigungen 
liegen  in  sehr  praktischer  Anordnung  die  Magazine  und  die  Wohnräume  dpr 
Besatzung,  die  aus  einem  Leutnant,  einem  Öauitätsunteroffizier  und  etwa 


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Frits  Jaeger:  Der  Mern. 


30  Askaris,  sch\varz<'n  Soldaten,  besteht.  Ein  großer  Platz  vor  der  Borna 
ist  mit  hüljschen  Anlagen  geziert.  Bei  dem  aDgenehmen  Klima,  der  land- 
schat'tlichen  Schünbeit  und  den  Oenüsscn  der  Tafel  —  der  Posten  hat  eigenes 
YUSi  und  dam  dgaaen  GanfLiegarten  —  fttfalten  wir  xua  in  Aruscha  wie 
in  der  Sommerfriwdie.  Der  Bedarf  des  PoBtena  liat  in  der  mhe  der  Borna 
ein  Dort  entstehen  lassen,  dessen  Hftuser  an  geraden  StraBen  im  Kttstenstü 
erbaut  sind.  Diese  Kflstenlifltfcen  und  viel  grtJBer  als  die  landUtnfigen,  Ton 
reohteekigsm  GmndriB  und  mit  hohem  GKebeldaeh  Tersehen,  das  an  der  Front* 
Seite  so  weit  fibersteht,  daß  eine  Art  Veranda  gebildet  wird.  Die  Hfitten 
bestehen  aus  einem  mit  Lehm  verschmierten  Holzgerüst  und  erhalten  durch 
weiße  Tünche  ein  freundliches  Aussehen.  Das  Dach  ist  hierzulande  mit 
Bananenschäften  gedeckt.  Außer  Eingeborenen  wohnen  Küstenneger  und 
Inder  im  Dorfe  als  Händler.  Keobnet  man  die  Deutschen  der  Station  hinzu 
und  die  Askaris,  die  großenteils  Sudanneger  sind,  so  hat  Amsoha  eine  recht 
internationale  Bevülkemng. 

Außer  dem  Militärposteu  gibt  es  am  Meru  zwei  Missiousstationen,  eine 
in  Mem  und  eine  in  Aruscha.  Seit  1904  hat  sich  eine  größere  Anzahl 
Burenfunilien  am  Mero  niedeigalassen  nnd  Farmen  emehtet,  hauptslcfalieb 
am  Sfldwestfttft,  wo  ne  geeignetes  Weideland  fanden.  Auch  ein  dsoMisr 
FArmer  lebt  bei  der  Station  Amsdia. 

Die  Wegsamkeit  des  Hemgehietes  hat  ssit  der  Anlage  des  Ifllitlipostens 
sehr  gewonnen.  Wthrend  früher  nur  sshmale,  gewundene  Faßwege  von 
einer  LandS4diaft  zur  anderen  führten,  ist  jetzt  eine  fahrbare  Karawanen- 
Straße  angelegt  und  die  Bachschluehten  sind  solid  ttberbrftckt.  Die  Straße 
verbindet  Aruscha  mit  den  Barenfarmen  und  andererseits  mit  der  Militfir- 
station  Moscbi  am  Kilimandscharo,  wo  sie  an  die  Wege  zur  Küste  anschließt. 

Landschiittlii  h  hat  der  Meni  das  Aupf  jedos  Natui-froundes  entzückt,  der 
die  mannigfaltige  Vegetation,  die  schönen  Fonnen  des  Berges  und  die  groß- 
artige Fernsicht  kennen  lernte.  Die  gegenwärtige  Entwickelung  erweckt  die 
besten  Hoffuuugen,  daß  der  Süd-  und  der  Ostfuß  des  Berges  auch  wirt- 
schaftlich SU  einer  der  blühendsten  Landschaften  unserer  Kolonie  werden. 


Edurd  Riehter. 

Von  OeoTig  A.  lAxku. 

II.  Eduard  Richters  liobonswerk. 
4.  Historische  Geographie. 
Es  war  wohl  zu  erwarten,  daß  sich  Richter  auf  jenem  (iebietei  weiter 
betätigen  werde,  dem  er  schon  als  Student  dun  li  die  oben  erwähnte  lustituts- 
arbeit  über  „Freisingische  Besitzungen  in  <  )>tcmnch"  einen  schönen  Erfolg  zu 
verdanken  gehabt  hatte.  Das  „Gietschei  phänomen"  verursachte  zwar  eine 
Unterbrechung,  aber  schon  von  1875  an  erschienen  mehrere  Veröffentlichun- 
gen, die  ebenso  das  Interesse  des  Geographen  wie  des  Historikers  bean- 
^ruoben  dtbrfen. 


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Georg  A.  Lukas:  Eduard  Bichfeer. 


35a 


1875  verOlfeDtlichto  Richter  im  sechsten  Bande  der  Alpenvereins-Zeit- 
scbrift  eine  Abhandlnag  über  den  „Krieg  in  Tirol  1809*',  wo  dargetan 
werden  sollte,  inwiefern  die  Oberfllehengestaltong  der  Alpenlinder  auf  hieto- 
riaehe  Vorginge  einsawirken  Termag,  in  diesem  Falle  speslell,  wie  die  Be- 
wegungen der  Trappen  wilirend  des  Anfirtandes  von  1809  doreh  örtliche 
Verhiltnisse  beeinflußt  wurden. 

Bald  aber  trat  er  dem  Gesamtgebiet  dieses  Teiles  der  Erdkunde  metho- 
disch näher.  „Die  historische  Geographie  als  Untorrichtsgegen- 
stand"  wurde  in  einem  Propra mmaufsatz  von  1877  behandelt^);  da  Richter 
hierin  einen  Teil  seines  danialigon  wissenschaftlichen  Glanbensbekenntnisses 
niedergelegt  hat  —  das  übrigens,  nebenbei  bemerkt,  im  Laufe  der  Zeit  nur 
sehr  geringe  Wandlungen  erlitt  — ,  so  ist  eine  genauere  Bekanntschaft  mit 
dieser  von  manchen  Kritikern  heftig  getadelten  Schrift  nicht  zu  umgehen, 
zumal  sie  mehr  bietet,  als  der  Titel  verspricht,  und  über  rein  schulgeogra- 
phisebe  ErOrtsningen  mebrfaoh  binansgebt. 

Der  Yer&sser  wendet  sich  in  der  E^eitung  zuirikdut  gegen  das  rein 
gediebtnismifiigo  Aneignen  von  IK^ssensstoff;  bemttben  sieh  lüUe  üntenicbts- 
xwoge,  „daqenige,  was  gonerkt  werden  soH,  von  dem  HHTeaa  des  An-  und 
Answendiggeleniiea  in  die  Begion  des  Tollkommen  sidisreD  assimilierten 
Wissens  za  eilieben",  so  gilt  dies  besonders  auch  von  der  Erdkunde;  es 
„muB  die  geographische  Einzelheit  nach  kflrzester  Frist  aus  der  Reibe  der 
reproduzierbaren  Vorstellungen  ausscheiden,  wenn  sie  nicht  dardi  eine  ganze 
Gruppe  verwandter  Vorstolhnigen  mif  frebalten  wird".  Von  einer  großen  Masse 
halb  vergessfiKM-  Vorsttlhuiyt  ii  wird  auch  all  das  getragen,  was  wir  Erwach- 
sene gedächtnisniäßig  wissen:  nur  muß  alles  durch  das  Band  des  verstan- 
denen logischen  Zusamnienhanpos  vcrljunden  sein,  sonst  fehlte  uns  die 
Stikrkste  Hille  zur  Erinnerung  an  bestimmte  Tatsachen. 

Damach  hat  sich  die  Tätigkeit  der  Schule  zu  richten,  wenn  sie  mecha- 
nische Aneignung  des  Lehrstoffes  Termeiden  will;  „aberbaapt  wird  das  Bild, 
die  Yorstellnng  der  leibUoben  Erscheinung  der  Dinge  bei  den  ScblUem  su 
«rsengen,  die  wste  nnd  natttrfiohste  Aufgabe  einer  Disziplin  sein,  welche 
Oegenstinde  behandelt,  die  zwar  tatsicblioh  und  kOiperlieh  Torhanden  sind, 
jedoch  nmr  im  beschrinktesten  Maße  wirklieh  Torgeseigt  werden  ktfamen**. 
Das  "Wichtigste  ist  also  die  Anschauung;  die  besten  Dienste  werden  fttr 
den  Anfang  der  Globus  und  gewisse  einfache,  den  Knaben  leicht  verstöndliche 
Apparate  leisten.  Es  soll  nicht  mit  der  scheinbaren,  sondern  mit  der  wirk- 
lichen Bewegunij  der  Himmelskörj)er  begonnen  werden;  „nur  der  Schüler 
hat  die  kosmischen  Vt  rhältnisse  wirklich  inne,  dnr  die  Weltkörper  vor  seiix'm 
geistigen  Auge  ihre  Kreise  ziehen  siebt".  Zweckmäßig  dürfte  ee  übrigens 
sein,  den  Unterricht  mit  der  Heiniatskunde  zu  eröffnen. 

Weiterhin  ist  selbstverständlich  die  Karte  das  unentl)ehrlichste,  kaum 
genug  auszunutzende  Hilfinnittel.  Über  den  Wert  des  Nachzeichucns  der- 
selben dmcb  SebtUeotband  kann  man  jedoch  Terscbiedener  Ifieimmg  sein. 
Richter,  der  selbst  Tortrefflidi  Karten  zn  zeichnen  yerstand,  nannte  neben 


1)  Auch  edbitiadig  eischienen  im  Teilag«  von  Friedr.  Beek  in  Wien. 


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G«org  A.  Lukaa: 


gleichseitig«!!  Ütrangen  auf  der  Sdioltafel  und  im  Hefte  das  Durehpan- 
sieren  „eine  sehr  empfehlenswerte  Übnng*'.  Ton  dieser  Ansieht  ging  er  anch 
in  späteren  Jahren  trotz  des  heftigsten  Widerspnushes  mancher  Fadikreise 

nicht  ab.  Er  vertrat  den  Standpunkt,  daß  die  Einprtgimg  eines  richtigen 
Kartenbildes  vor  allem  anzustreben  sei;  da  nun  selbst  Sit  fVeihandzeichnen 
begabt«  Schüler  nur  in  seltenen  Fällen  ohne  weiteres  richtig  skizzieren  kön- 
nen, darf  eine  solche  Nachhilfe,  wie  sie  das  Durchpaiisieren  wenigstens  für 
die  ersten  Versuche  bietet,  nicht  sogleich  als  eine  „Fiilschung"  gel)randroarkt 
werden.  Eine  Fälschung  der  richtigen  ITmrisse  usw.  ist  vielmehr  meist  die 
mit  unendlicher  Mühe  und  reichlicher  Anwendung  des  Radiergummi  verfer- 
tigte „selbständige"  Skizze  des  Schülers,  dessen  Erinnerungsvermögen  durch 
das  eigene  Machwerk  hftofig  genug  getrfiht  wird. 

Das  Ange  soll  sieh  also  an  das  oft  gesehene  und  hoirekt  gezeichnete 
Kartenbild  gewöhnen;  die  ^il&konstmktionen**,  welche  dies  in  erleichten! 
erdacht  worden,  haben  ihren  Zweck  gllnzlich  Terfehlt 

Die  Karte  ist  im  Untevricht  möglichst  aussnbenten;  alles  soll  dahin 
wirken,  daß  sich  der  kleine  Baum  des  Kartenblattes  fOr  das  geistige  Ange 
des  Schülers  mit  den  mannigfachsten  Dingen  erflUlt  und  zu  einem  von  bc' 
stimm tem  Lokalcharaktcr  beherrschten  Erdraum  ausdehnt.  Der  Lehrer  kann 
seine  Schilderung  unterstützen  durch  Anknüpfung  an  die  Schullektüre,  an 
andere  Gegenstände  (wie  Naturkimde),  an  heimatliche  Verhältnisse,  endlich 
durch  pas.sende  l»il<lliclie  Darstellungen  — •  ein  Wunsch,  der  ja  seither  seiner 
Verwirklichung  /.lemlich  nahe  gekommen  ist. 

Sehr  wesentlich  ist  dann  die  Lehrbucii frage,  die  Richter  später  (1893) 
durch  sein  eigenes  Werk  zu  einer  befriedigenden  Lösung  brachte,  und  die 
geographisch  nutzbringende  Idlnsliche  Lektüre  der  Knaben.  Das  fremdartige 
Kolorit  der  abenteneriichen  Reise-,  Jagd-  nnd  Seegeschiehten  vermag  erheb- 
lich Bor  Bdebvng  des  Unterrichts  beisatragen. 

Der  YerfiMser  beschrinkt  sich  nnn  nach  diesen  allgemeinen  YcHrbemer- 
knngen  anf  jenen  Teil  der  Seholgeographie,  welcher  in  den  Oberidnsssn  öster- 
reichischer Gymnasien  und  Realschulen  als  Anhängsel  der  Oesduchte  ein 
kärgliches  Dasein  fristet,  hier  der  Hauptsache  nach  der  antiken  Topt^^raphie 
dient  und  daher  mit  doppelter  Berechtigung  „historische"  Geographie 
genannt  w^ird.  An  diese  Betrachtung  knüpft  sich  das  interessante  Problem, 
„inwiefern  es  möglich  ist,  in  der  Schule  jenes  schwierige  t  bergangsgebiet, 
die  Lehre  vom  Zusammenhang  zwischen  Wohnplatz  und  tiescliichte  über- 
haupt zu  behandeln,  woran  endlich  die  praktische  Frage  hängt,  ob  der  Geo- 
graj)hie-riiterrieht  ferner  mit  dem  der  Geschichte  verbunden  bleiben,  oder  in 
eine  andere  Hund  als  die  des  Historikers  gelegt  werden  soll**. 

DsB  der  Boden  auf  die  Gesdiiohte  der  Menschheit  einen  sehr  weit- 
gehenden EinfloB  Übt,  ist  eine  seit  dem  Altertum  (seit  Strabo)  bekaimte  Tat- 
sache; aus  der  neoeren  Literatur  seien  nur  die  Namen  Bitter,  Pesehel, 
Kohl,  J.  Braun  genannt.  Es  handelt  sich  nur,  da  die  Sache  selbst  nicht 
sweifelhaft  ist,  um  ihre  Eignung  fBr  den  üntemcht  ffier  ist  nun  die  durd! 
TOrstehende  Namen  charakterisierte  Richtung  dem  jugendlichen  Geiste  nicht 
sehr  gemftfi;  vor  allem  ist  hinderlich,  „daß  jener  Einfluß  des  Landes  auf  das 


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4 


Eduard  Kicbter. 


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Volk  als  etwas  Vages,  ünüütbares,  nieht  weiter  in  BestandteUe  Zerlegbarea, 
als  dn  MTstakiun,  das  eben  ainmal  da  ist,  Imigestellt  wird**.  Fflr  Hypothesen 
aber  ist  in  der  Sehule  im  aUgemeinen  kein  Baun. 

Dem  Schüler  sollte  die  Naturbedingtheit  des  geschicbtlicben  Lebens  \ie\- 
mphr  dadurch  deutlich  gemacht  werden,  daß  man  ihm  zuerst  die  Beweise 
für  die  in  Rede  stehende  Sache  vorführt;  letztere  ergibt  sich  dann  wie  von 
selbst  als  loj^'i^^che  Folgerung.  Der  Einfluß  geographisclier  Einzelheiten  auf 
historische  Vorgänge  soll  sofort  und  von  selbst  deutlich  wt  rdfn;  selbstredend 
sind  nur  jene  Seiten  der  Naturbeschaflenheit  unserer  Erde  gemeint,  deren 
Einwirkung  auf  die  Geschichte  der  Menschheit  erwiesen  ist.  Alles  Indiffe- 
rente hat  fernzubleiben. 

Nun  wird  Auswahl  und  Anordnung  der  hierher  gehörigen  bistoiiscb« 
geographischen  Details  ansfahrlieh  dnrchgesproclisiL  Die  Bewohnhailnit  der 
einseinen  Lind«:  hingt  Tor  allem  ab  TOin  Klima  im  weiteren  Sinne  des 
Wortes;  Mona  tritt  als  bestimmend  fDr  die  ftufiere  Physiognomie  des  Landes 
der  Pflanxenwaehs.  Beides  ist  maßgebend  für  die  Produktion,  TOn  der 
wiederum  in  erster  Linie  der  dem  betreffenden  Volke  erreichbare  Kultorgrad 
festgelegt  wird.  Wie  weit  sich  die  BeySlkerung  von  den  Fesseln  der  sie 
umgebenden  Natur  freimacht,  ist  abh&ngig  von  den  Möglichkeiten  des 
Verkehres,  durch  dessen  Würdigung  wir  auf  Gestalt,  Lage,  äußeren  Umriß, 
Größe  und  Nachbarschaften  eines  Landes  aufmerksam  worden.  Oro-  und 
Hydrographie  crirehcn  eine  Menge  politischer  und  ni i  1  it ilr isolier  Even- 
tualitäten. Vertikale  Gliederung  und  Flußnetz  können  bei  geeignetem  Lehr- 
vortrag  im  Schüler  am  ehestt'ii  die  Vorstellung  vom  AuseiuandürfHlleii  dnr 
Länder  in  Gaue  und  Landschaften  erwecken;  dies  ist  aber  gerade  dasjenige 
geographische  Verhältnis,  welches  in  der  Geschichte  am  häußgsten  wirksam 
ist,  auch  sum  Verständnis  kriegerischer  VorgBnge  am  besten  dient.  Mit  dem 
Vwkehrsnets  hingen  die  Ortdagen  aufs  engste  sosammen;  auch  darauf  wird 
mit  weiser  Beschritnknng  hinsudenten  sein. 

Die  „historische**  Geographie  soll  also  in  denselben  Bahnen  bleiben 
wie  der  allgemeine  geographische  üntemcht»  ohne  aber  die  Besiehung  auf 
den  Menschen  als  neuen  Gesichtspunkt  zu  vergessen.  „Es  soll  mit  Hilfe 
der  klimatischm  Elemente,  der  richtig  verstandenen  Karte,  der  Abbildungen, 
des  Vortrages  und  der  Lektüre  ein  Gesamtbild  der  einzelnen  Länder  ent- 
stehen: wie  sie  sich  in  verschiedonf  Landstriche  gliedern,  wie  ihre  Verkehrs- 
verhältuisse  und  ihre  Produkte  beschaffen  sind;  ein  ( Josamtbild ,  welches  in 
Verbindung  mit  dem  erworbenen  gcschiciitlicheu  Wissen  dem  Schüler  wenig- 
stens einen  Schimmer,  einen  Hauch  dessen  geben  soll,  was  man  Kenntnis 
von  Land  und  Volk  nennt;  jene  Kenntnis,  deren  höchster  Grad  immer  nur 
durch  Bereisung,  oder  noch  besser  durch  längeren  Aufenthalt  in  einer  Gegend 
erworben  werden  kann.** 

Es  genügt,  wenn  der  Schfller  auf  einem  besehrinkten  Gebiet,  etwa  dem 
Lbidem  der  altklassischen  Völker,  ganz  durchgedrungen  ist;  er  wird  sich 
dann  auf  benadibarten  Gelaetai  lacht  surecht  finden.  Daher  ist  der  Yor- 
geschlagene  W^  eines  firnchtbringenden  Unterxidits  in  der  histcrisohra  Geo- 
graphie locht  SU  besdireiten,  auch  ohne  groBe  Veribiderung  im  Lehrplan 


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Georg  A.  Lukas: 


oder  gar  M«liil>elutiing  der  Schiller.  Aus  einem  lebendigen,  alles  Meeha- 
niflohe  yenneidenden  Betriebe  der  geschichtliehen  Brdkonde  würde  aber  kein 
Gegenstand  grOBeren  NutMn  ziehen  hOnnen  als  die  Geschichte  selbst;  es  gibt 
keine  besseren  Ge&kihtaiBsttttBen  für  historische  Dinge. 

Damit  beantwortet  sich  endlich  auch  die  Frage,  ob  der  Geschiditslehrer 
fernerhin  geographischen  Unterricht  erteilen  dürfe;  h&tte  es  dieser  nur  mit 
den  physikalischen  und  inatlu^niatischen  Verhältnissen  des  Erdkörpers  za  tun, 
so  müßte  er  selbstvcrständlicii  zur  naturwissenschaftlichen  Fachgruppe  ge- 
hören; solange  jedoch  „die  Erdkunde  aurh  die  Wechselbeziehungen  der  Men- 
schen und  ihrer  Wohnplätze  ins  Auge  zu  fassen  hat,  ist  sie  von  der  histo- 
rischen Wissenschaft  nicht  zu  trennen*'. 

Richter  gibt  damit  einer  Ansicht  Ausdruck,  die  mancher  Anfeindung 
aasgesetzt  war,  aber  dodi  siegreich  geblieben  ist,  niebt  snm  wenigsten  dnreh 
sein  bebarrlidiss  Wirken  in  dieser  Richtung  und  das  Betspisl  seiner  eigenen 
gelehrten  Tätigkeit.  Wie  wenig  er  selbst  diesen  1877  Tertretenen  Stand- 
punkt Terliefi,  beweist  am  besten  seine  Bektoratsrede  Ton  1899. 

In  ein  gana  neoes  Btadium  traten  die  historisoh-geographisdken  Studien, 
als  das  Salzhnrger  Erzstift  mit  seiner  reichen,  wechselvollen  Vergangen- 
heit  der  Gegenstand  wurde,  dem  der  junge  riymnasialprofessor  seine  Auf- 
merksamkeit zuwandte.  Es  war  ihm  bald  der  naheliegende  Gedanke  gekom- 
men, das,  was  er  einst  für  das  Freisinger  Bistum  geleistet  hatte,  nun  in  un- 
gleich größerem  Maßstabe  für  Salzburg  zu  versuchen,  d.  h.  die  Fragen  zu 
beantworten:  Welchen  Umfang  hat  der  erzbis«  höfliche  Territorialbesitz  in 
verschiedenen  Zeiten  gehabt?  Wie  ist  der  spätere  Territorialstaat  entstan- 
den? —  Die  eigentliche  Hauptsache  war  die  Konstruktion  einer  diese  Ver- 
hältnisse veranschaulichenden  Karte. 

Die  einschlägigen  Arbeiten,  welche  eine  ganze  Reihe  rem.  Jahren  hin- 
durch fbrigesetzt  wurden,  kamen  zum  AbscUnB  dnrdi  eine  nmfltngliche  Ab- 
handlung, die  Richters  Ruhm  als  Historiker  für  alle  Zeiten  fest  begrflndet 
hat^)  Was  der  Yerfiisser  beabsichtigte,  sagt  er  in  den  fölgenden  Sitten  der 
Einleitung:  ttDnrth  Neigung  und  Studiengang  fiUbe  auf  dieses  Gebiet  Ter- 
wiesen,  welches  gestattet,  die  Methoden  urkundlicher  Forschung  auf  Themen 
kartographischer  und  geographischer  Natur  anzuwenden,  kam  er  nach  lang^ 
jfthriger  Beschäftigung  mit  der  Sache  zu  der  Ansicht,  daß  nicht  die  An- 
sammlung einer  großen  Menge  topographischer  Details,  sondern  die  Auf- 
suchung der  administrativen  und  gerichtlichen  Abgi-enzungen  die  Aufgabe  sei, 
durch  deren  Lösung  die  geschichtliche  Geographie  sich  um  die  Aufhellung 
unserer  Vorzeit  vielleicht  einige  Verdienste  erwerben  könnte.  Und  da  diese 
Abgi'enzungon  sich  einer  außerordentlichen  Beständigkeit  erfieuen,  so  traten 
als  Quellen  zu  den  Urkundensammlungen  des  frühen  Mittelalten  die  Rechts- 
altertümer  des  spiteren  und  die  Akten  der  letzten  Jahrhunderte  hinzu.  Da- 
durch wurde  sowohl  Gestalt  als  Methode  der  Arbeit  grOndlich  ▼eriündert'* 

In  diesen  Worten  ist  ein  neues  methodisdies  Ph^ramm  entwickelt, 

1)  Untersuchungen  zur  historischen  Geographie  des  ehemaligen  Hochaüfiefl 
Salsbuig  und  seiner  Naehbazgebiete  (1  K.).  Mitt  d.  Inst  f.  (ietenr.  GesohichtifiDr- 
schung.  1.  Ei^bunmgaband.  Wien  1886. 


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Sdntrd  Riohter. 


957 


dessen  Vortrefflirhkf^it  Richter  selbst  gleich  an  seinem  Gegenstande  erprobte. 
Er  hatte  erkannt,  daß  für  seine  Zwecke  die  bisherigen  Methoden  nicht  aus- 
reichten; so  sachte  er  seinen  eigenen  Weg.  Es  erhöhte  dies  wohl  die 
Sehwierigkeit  der  Angabe,  gleichzeitig  aber  auch  deren  Beiz. 

Man  hat  also  beim  Entwexfen  von  GeacliiflliiBkarton  aassngeheo  Ton  den 
politiieben  und  reohtliehen  Bnielrnngan  dar  einsalnen  Landachaften;  vor 
allem  muß  die  jndisiflUe  und  administratiTe  Einteilung,  wie  sie  das  18.  Jabr- 
hnndflrt  kannte,  genau  faslgestellt  aein;  die  auffiülende  ünTertndarliebkeit  in 
daa  Abgrrasungen  besonders  der  höheren  Gariolit88|Hrengal  ennOgUoht  dann 
eine  Verfolgung  denelben  in  immer  fernere  Zeiten  zurück;  aus  den  Land- 
gerichtsgrenzen laasen  sich  die  alten  Grafschaften  des  11.  und  12.  Jahrhnn- 
derts  und  endlich  sogar  die  Gaue  des  frühen  Mittelalters  mit  großer  Sicher- 
heit ermitteln.  Diese  alten  Abgrenzungen  waren  maßgebend  für  den  Grenz- 
verlauf der  heutigen  Staaten  und  für  deren  spätere  Unterabteilungen.  In 
Folge  dieser  Behandlung  des  Quellenmateriales  sollte  und  konnte  die  den 
„Untersuchungen"  beigegebene  meisterhafte  Karte  in  1  :  200  000  folgende 
Verhältnisse  zum  Ausdruck  bringen:  1)  die  alte^  Gaueinteilung ;  2)  die  alten 
Grafschaften;  3)  die  Einteilung  des  Landes  in  Gerichte  im  späteren  Mittel- 
alter und  dar  neoeran  Zeit;  4)  die  Itetstehung  dea  Salafamrgsolien  Tenitorial- 

Diesen  originellen  methodischen  Oealahtapunkt,  die  rttekaobreitende 
Behandlung  Ustoriaeher  Grenittufe,  begrOndate  Bichtar  nun  in  anaflUuüehar 
Waiaa;  er  wies  nach,  daß  die  Landeshoheit  der  Salzbuigw  Ertbiieböfe  aieb 

nur  dort  entwickeln  konnte,  wo  neben  der  Immunität  auch  die  höchste  Ge- 
richtsbarkeit, die  Grafengewalt,  durch  Kauf,  durch  Besitzergreifung  beim  Aua- 
sterben eines  Grafengeschlechtes  oder  durch  kaiserliche  Belehnung  an  das 
Er/stift  gekommen  war,  daß  die  Grafschaftsrechte  auf  Grundlage  der  Land- 
gerichte erworben  wurden  vmd  daß  wir  in  den  letzteren  nichts  anderes  zu 
erblicken  haben  als  die  karolingisclien  Ceuteu.  Diese  Grundsätze  haben  mit 
geringen  Abweichungen  für  das  ganze  Alpengebiet  Geltung;  dämm  bilden 
sie  nebst  der  Kichterschen  Karte  von  Salzburg  die  Basis,  auf  der  em  Jahr- 
zehnt später  ein  anderer,  noch  grGfierer  Bau  begonnen  wurde. 

Per  hiatoriBch-geographischen  Arbeitsriditung  gehOrt  übrigena  nodi  eine 
ganze  Beihe  von  Au&fttzan  und  Yorlarftgen  an,  deren  wichtagate  anmaxkungs- 
iraiBe  yeneiehnet  aein  mOgen.^)   Dem  Geographen  wird  ala  schöner  landes- 


1)  Die  Saracenen  in  den  Alpen.    Z.  D.  ö.  A.-V.  1877.  S.  221—229. 
Die  Funde  auf  dem  Dflxenberg  bei  fiaUein.  Mitt  d.  Oes.  f.  Salzb.  Landeskde. 
1879  XL  1880. 

Lee  Sammni  daas  la  vallte  de  Saas.  Echo  des  Alpes.  1880. 

VerseichniB  der  FHmdstellen  vorhistor.  u.  rOm.  Oegenstftnde  im  Henoglnme 
Sahburg  n  K.).    Mitt  d.  Oos  f.  Salzl..  Landeskde.  1881. 

Die  Salzburgischen  Traditionscodices  dea  X.  u.  XI.  Jahrhunderts.  Mitt  d.  Inat. 
f.  (ieieir.  Oewshichtdozwh.  188S. 

Zum  lOOjIhr.  Gedlchtnis  tob  Fians  Thadd.  Kleinmajnis  Juvavia  (Vortrag). 
Mitt  d.  Gea.  f  Salzb   Landeakde.  1885. 

über  einige  Aufgul)eu  der  histor.  Kartographie  für  dos  deutsche  Mittelalter 
(Vortrag).    Das  Ausland.  Iöö5. 

0<«Hwi»iilsctogtltiohriit.  ll.Ji]ttgMg.  leoe.  SwHtIt  18 


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258 


Georg  A.  Lnkai; 


kundlicher  Beitrag  Richters  Anteil  an  der  Abhandlang  „Das  Land  Berchtes- 
gaden" am  interessantesten  sein');  während  A.  Penck  die  Oberflächen- 
gestaltung und  ihre  Entstehung  darlegte,  war  Richter  die  Aufgabe  zugefallen, 
den  Zustand  der  Bevölkerung  und  dessen  geschichtliche  Entwickelung  zu  er- 
örtern. Betonen  ftndnd  smd  di«  wirMiiftsgeographiMlMn  VarhSltniMe 
dargestellt  (Laadlwa,  HokmdnstriA,  KnmtMliiiitMrei,  WaldwirtMhaft  «gw.). 

Durch  etwa  lehn  Jahre  mhtea  die  historisoheii  Btodieii  Buhten  nui 
£ut  ¥Bl]jg,  da  die  AueOhmig  dee  akadenuBoheB  Lehramtee  eine  itiriMre  Be- 
toanng  der  natorwiMenaehaftliebeB  Aibeitviohtang  bedingte.  Doeh  nooh  ein» 
mal  trat  er  jenem  GedankenkteiB  aiher,  dem  die  üntenaohiingeB  nar  histo> 
rischen  Geographie  Salzburgs  entstammten;  es  handelte  sich  um  jenes  grofie 
Werk,  dem  die  letzte  Sorge  des  Schwerkranken  galt,  um  den  „HistoriBchen 
Atlas  der  nRtfrreichischen  AlpenlHnder".  1895  hatte  Richter  in  einem 
Beitrag  zui-  Krones-Festschrift  gezeigt,  wie  man  seinen  methodischen  Fund,  die 
rückschreitende  Behandlung  der  Abgrenzungen,  für  ein  größeres  Gebiet,  die 
österreichischen  Alpenprovinzen,  verwerten  könne.*)  Da  die  kais.  Akademie 
ihn  an  die  Spitze  des  von  ihr  geförderten  Unternehmens  stellte,  trat  er  in 
Wort  und  Schrift  unermüdlich  för  seine  Ideen  ein')  und  organisierte  eine 
große  8ehar  sadikaodiger  IGtubeiter,  eo  daß  dae  GeUngon  dae  Wecket  wdtl 
▼erhflrgt  ist.  Er  selbit  erlebte  fireilieh  nidit  einmal  die  Ausgabe  der  errtea 
Lielkmng;  dooh  brachte  ihm  gerade  der  JBBstorisohe  Atlai^  die  stolieste 
Freude  seines  Lebeos:  er,  der  Natnrforseher,  wurde  1900  nun  koriespon* 
dierenden,  1903  zun  wirklichen  Mitgliede  der  philosophisoh-historisohen 
Klasse  der  Wiener  Akademie  gewählt  und  damit  seine  wissenschaftliche  Be- 
deatnng  uid  Eigenart  öffentlich  anerkannt^) 

5.  Linderknnde. 

Li  der  alle  Ergebnisse  der  Detailforschung  verarbeitenden,  künstlerisch 
yoUendeten  Iftnderkimdliehen  Darstellung  kleinerar  oder  grBlerer  Erdrinme 
liegt  das  erstrebenswerteste  Ziel  geographiseher  Arbeit.  Richter  yetsnchte 
sich  bereits  in  den  letsten  Jahran  seines  Salsbinger  AnfBnthaltes  an  solchen 
Themen,  die  er  allerdings,  dem  Zwecke  der  betreffenden  Pablikationea  an- 
gemessen,  Yorwiegend  in  mehr  Tolkstflmlioher  Weise  behandelte.  So  erschien 
1881  von  ihm  verfaßt  der  5.  Band  des  von  Fr.  Umlauft  herausgegebenen 
Sammelwerkes  „Die  Länder  Österreich  Ungarns  in  Wort  und  Bild",  nämlich 
„Das  Herzogtum  Salsburg"^).  Im  Zusammenhang  damit  schrieb  er  ans  fest- 

1)  Z.  D.  Ö.  A.-V.  1886.  B.  266—298. 

2)  Abgedruckt  im  Korrespondenzbl.  des  Gesamtver.  d.  doutnchen  Geschichts- 
Q.  Alteitumsver.  XLIY  (1896)  und  in  den  Mitt.  d.  Wiener  Geogr.  Ges.  XXXIX  U896). 

8)  Vortrag  gehalten  auf  dem  4.  deutMhen  ffistorikertage  zu  Innsbrack,  11. 8ept 
1896;  vergl.  G.  Z.  1896.  S.  641  und  (Münchner)  Allg.  Ztg.  Nr.  213  vom  15.  Sept.  18'J6. 
—  Mitt.  d.  Inst.  f.  österr.  Gesohichtsforst  h.  Erg.-Bd.V.  1896{  Ezg.-Bd.VI  (Siokel- 
FeitBcbzift)  1901.  —  Deutsche  Geschichtsblätter.  IX.  190S. 

4)  Vor  kmrsem  encbiMMn  noch  (während  der  Drucklegung  dieses  Nadirate) 
swei  Abhandlungen  aus  der  Feder  dee  Verewigten:  „Gemarkungen  und  Steuer- 
gemeinden  im  Lande  Salzburg";  „Tmmunit&t,  Lendeshoheit  and  Waldsohenkongen**. 
Archiv  f.  österr.  Gesch.  Bd.XCiy.  1906. 

6)  126  S.  Zahlr.  Abb.   Wien,  Graeser. 


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Bdnftxd  Bichter. 


259 


liehen  ÄDlftsseo  zwei  Aufsätze:  „Geographisclier  Überblick*^  (fibar  8ili- 
burg)*)  und  „Die  Erschließung  der  Salzburger  Alpen"  (geschichtliche 
Sldsse)').  Von  Ratzel  aufgefordert  lieferte  Richter  anfangs  der  80er  Jahn 
zahlreiche  Beiträge  für  das  „Ausland"  (besonders  1882);  am  bemerkenswert 
tasten  ist  darunter  die  Abhandlung  „Zur  Geschichte  des  Waldes  in  den 
Ost- Alpen^'').  Schließlich  versuchte  er  1885  auch  eine  Neabearbeitang 
des  Abschnittes  „Die  Alpen"  aus  Daniels  Handbuch. 

Aus  den  folgenden  Grazer  Jahren  sind  zu  erwähnen  sein  Beitrag  zum 
JKronprinzenwerk"  (Die  österr.-ungar.  Monarchie  in  Wort  und  Bild),  das 
Sftlsburger  Flachland  imd  d«l  Potigau  b«tareffend  (1889),  sodann  der 
Avftatx  f,^n9  Norwegen"^),  eine  wahre  Perle  der  ISadevkimdlidieii  LUerator. 

So  batte  er  den  allgemeineii  WmiBeb  naeh  einem  größeren  wisBeoBÖhaft- 
liohen  Werk»  dieser  Art  erweckt  und  fühlte  nch  selbst  wohl  hiersu  einiger- 
maßen berufen;  doch  war  bisher  immer  noch  der  eine  oder  andere  Zweig 
spesieller  Forscbiing  einem  solchen  üntemehmen  hinderlich  gewesen. 

Seit  1895  hatten  die  Schülerreisen  der  Grazer  Geographen  mit  Vorliebe 
den  Karst  aufgesucht  als  eines  der  dankbai-sten  und  lehrreichäten  erdkund- 
liehen  Objekte;  hierbei  wurde  Richters  Aufmerksamkeit  auf  die  Karstländer 
flberhaupt  gelenkt,  deren  wirtschaftliche  Verhältnisse  er  in  einer  gehaltvollen 
Studie  beleuchtete.^)  Er  wies  in  dieser  Schrift,  die  zum  erstenmal  mit 
eigenen  photop-aphischen  Aufnahmen  ausgestattet  wurde,  u.  a.  nach,  daß 
Tor  allem  die  Kleiuviehbaituug  an  der  Waldlosigkeit  des  Karstes  Schuld 
trägt. 

Bald  aber  leifle  in  ihm  der  Plan,  Bosnien  nnd  die  Hersego wina 
mm  Gegenstand  einer  nm&ssenden  Underkundlidien  Darstdlnng  zu  maohoL 
Die  an  sieh  hOehst  merkwilrdige  Nator  des  Landes,  die  eigentOmlidhen,  vr- 
wllehaigen  Zvsflnde  der  BevOlkerong,  der  Oegensats  swischen  Orient  nnd 
abendllndisoher  Knltnr  nahmen  sein  Interesse  ganx  gefimgen.  Er  gedadite 
mit  diesem  Werke  auch  auf  l&nderkundlichem  Gebiete  eine  mustflCglUige 
Leistung  zn  vollbringen.  Drei  ausgedehnte  Reisen  (1897,  1899,  1901) 
lehrten  ihn  das  Land  genau  kennen  —  er  lernte  eigens  zu  diesem  Zwecke 
noch  reiten  — ,  das  bosnisch -herzegowinische  Ministerium  förderte  seine  Pläne 
in  tatkräftiger  Weise,  doch  reichte  Richters  physische  Kraft  zur  Beendigtmg 
drs  Buches  nicht  mehr  aus.  Immerhin  >vird  auch  die  bevorstehende  Publi- 
kation des  Torsos  eine  überaus  wertvolle  Bereicherung  der  Fachliteratur 
bilden. 

6.  Schnlgeographie. 

Dem  erdkundlichen  Unterricht  an  Oj-innasium  und  Realschule  war 
Richter  bereits  in  dem  oben  gcwüidigten  Autbatze  „Die  historische  Geographie 
als  Uuterrichtsgegenstand'*  näher  getreten.   Hier  ist  vor  allem  der  abschließcu- 

1)  FesUchrift  d.  54.  Vers,  deutscher  Naturf.  u.  Ärzte  in  Balsbnxg  1881. 

2)  Festschrift  zum  alpinen  Kongreß  in  Salzburg  1882. 

3)  Das  Ausland.  1882.  S.  186—190,  208—211. 

4)  Z.  D.  ö.  A.-y.  1896. 

5)  Die  Kanitländer  nnd  ihre  Wirtschaft  (10  Abb.).  Himmel  and  Erde  1896  (ab- 
gedr.  in:  Z.  f.  Scbulgeogr.  1899). 

18* 


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260 


Georg  A.  LuIcm: 


den  und  yorbildlicben  Leistung  zu  gedenken ,  zu  der  ihn  seine  mebr  als 
14j&farige  Tätigkeit  im  Gymnasiallehramte  bewog.  Die  reichen  Erfahrungen, 
die  er  von  da  mitgenommen  und  stets  bewahrt  hatte,  sicherten  den  Erfolg 
(lor  Arbeit:  seines  Lehrbuches  der  Oeo^^raphie*),  das  gegenwärtig  an 
mehr  als  zwei  Dritteln  rlor  österreichischen  ^fittelscbulen  eingeführt  ist  und 
die  siebeute  Auflage  erreicht  hat;  18'.»7  wurde  ihm  auch  ein  Schulatlas 
beigegeben.  Die  erste  Niederschrift  war  ohne  jedes  literarische  Hilfsmittel 
2U  Papier  gebracht  worden  und  kam  durch  die  schlichte,  einfache  und  klare 
Sprache  dem  kindlichen  Verständnis  so  nahe,  als  es  ohne  Schaden  fiir  den 
Gegenstand  überhaupt  gesdieheii  luMuntei  Sterin  liegt  wohl  das  GeheuBidt  der 
raschen  Verbreitung  des  Badies.  DaB  dasselbe  trotidem  manchem  Tadel 
mehr  oder  woiiger  berofener  Kritiker  ausgesetst  war,  konnte  bei  dem  prin> 
zipiell  ablehnenden  Standpunkte  einiger  Fachmänner  in  der  Ldirbnchfirage 
nicht  yerwundem;  wie  Bachter  selbst  in  dieser  Angelegenheit  gesinnt  war, 
geht  am  deutlichsten  aus  dem  Begleitwort  henror,  welches  er  d«r  fünften 
Auflage  seines  Lehrbuches  mit  auf  den  Weg  gab.^ 

Darin  erklärt  er  die  vielfach  so  warm  empfohlene  und  sicherlich  be- 
rechtigte „Anknüpfung  an  die  Heimat"  als  eine  Aufgabe  der  Lehrmethode, 
nicht  des  Lehrbuches.  „Es  wird  sich  darum  handeln,  für  den  (allgemeinen) 
Stoif  des  Lehrbuches  Beispiele  und  Anknüpfung  in  der  Natur  zu  suchen", 
in  jener  Natur,  versteht  sich,  wie  sie  in  der  unmittelbaren  Umgel)ung  des 
Schulortes  zu  Üuden  ist.  Freilich  ist  es  auch  hierzu  erforderlich,  den 
Schfllem  der  untersten  Stufe  das  Verständnis  ihrer  Heimat  erst  zu  erschließen, 
denn  man  kann  in  dieser  Besiehung  kaum  wenig  genug  TOraussetian;  gewiB 
wird  jeder  Lehrer  an  eigene  Erlelmisse  erinnert,  wenn  er  hSrt,  daß  Biohter 
am  Sakbuiger  Gymnasium  alljfthriidi  snm  Schulbeginn  unter  den  neu  ein- 
getretenen Schtklem  der  eisten  Elasae  nur  wenige  traf,  die  den  Gaisberg  und 
Untenberg  kannten. 

Wenngleich  manche  Hilfsmittel  den  Unterricht  noch  untersttttaen  k5n* 
nen,  so  wird  die  Hauptsache  doch  der  Lehrer  selbst  leisten  müssen;  das 
Lehrbuch  vermag  diese  Anknüpfung  an  die  Heimat  nur  durch  SMue  An- 
ordnung zu  erleichtern. 

Man  wirft  den  Verfassoiii  ^i-orrraphisi  hfr  Schulbiicher  auch  vor,  daß  sie 
der  „h  r  u  r  1  s  t  i sc h e n"  Mcthod»-  zu  wenig  gf recht  werden.  Da  besteht  eben 
jene  gruiulNÜtzliuhc  Versrhicdenhcit  in  der  Auffassung,  die  Richter  mit  den 
folgenden  tretf liehen  Worten  kennzeichnet:  „liisher  glaubte  mau,  das  Lehr- 
buch solle  nur  das  positive  Ergebnis  des  Unterrichts  in  einer  präzisen,  Miß- 
yerstftndnisse  auaschließenden  Weise  darbieten,  gewissennaBen  das  Sediment 
der  Lehrstnnde  sein;  jetst  Tcrlangt  man,  daB  es  den  Untemchtqwoaeß  selbst 
abbilde.**  Gegen  diese  neue  Richtung,  wie  sie  von  A.  Beckers  und  J.  Majore 
,Jiembuch  der  Erdkunde"  (Wien  1901)  erOi&et  wurde,  lafit  sich  jedoch  gar 
manches  einwenden.  Es  wird  auch  hier  die  geforderte  TSUige  Auflösung  des 
Stoffes  in  F^gen  nicht  dundigefiBhrt,  weil  dies  offenbar  nicht  mSglioh  ist 

1}  Lebrbneh  der  Geographie  fibr  die  I.,  H.  und  nt.  Klseae  der  Mitlelschnlen 
(Gymnasien  uuil  Realschulen).   19  K.  u.  82  Abb.   Wien  u.  Prag,  F.  Tempsl^  18t9. 
i)  Das  Lehrbuch  im  Geographie -Unterricht  Wien  n.  Prag,  ebda.  190S. 


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Bduftrd  Bichter. 


261 


Die  Keuanmg  liegt  bsuptiadilieli  darin,  dafi  didakUsdie  Anweismig  fllr 
den  Lelmr  in  das  Lernbach  filr  die  Schiller  hineingeecholKni  itt"  ein  Sz- 
pMunent,  das  si«  h  erst  bewähren  muß,  bevor  man  M  nur  lUchtBchnnr  fOr 
den  geographischen  Unterricht  machen  darf. 

Bichter  schließt  seine  überzeugenden  Darlegungen  mit  dem  Hinweis  auf 
die  Tatsache,  daß  die  Geographie  durch  ihre  wissenschaftliclien  Fortschritte 
für  den  Unterrieht  brauchbarer  fjeworden  ist,  was  man  nicht  von  jedem 
Fache  behaupten  kann.  „Die  Erdräume  mit  ihrer  Naturausstattung,  Lage 
und  (ieschichte  als  geographische  Einheiten  und  Individualitilt^^n  zu  begreifen 
und  als  solche  darzustellen,  ist  die  Hauptaufgabe  der  Geographie  geworden, 
eine  Aufgabe,  die  sich  als  ungemein  dankbar  und  als  eine  wahre  Er- 
leichtenmg  des  üntenichts  heraiusfceUt»  wenn  ihr  der  Lelurer  gewachsen  ist** 
Daraus  ergibt  sieh  aber  die  nnabweisliche  Fordemng,  der  Exdkonde  in  die 
oberen  Klassen  der  iSymnasien  und  Obemalschnlen  EinlaB  su  gewSbren,  was 
dnrdi  geringe  Yersehiebimgen  innerhalb  der  bestehenden  Lebrplftne  erreichbar 
wire.  Man  müßte  nur  bedenken,  daß  die  jugendlichen  Schüler  meist  mit 
einem  frischen  Gedächtnis  für  Namen,  Zahlen  und  Formen  begabt  sind,  da- 
gegen  vorgeschrittenen  Überlegungen,  wie  z.  B.  dem  Evolutionsgedanken, 
ziemlich  verständnislos  gegenüberstehen.  „Würde  die  erste  Klasse  an  mathe- 
matischer und  physikalischer  Geographie  entlastet,  so  könnte  man  auf  die 
Aneignung  von  Formen  und  Namen  das  Hauptgewicht  legen  und  so  mit- 
einer  geographischen  Fonnetilelire  für  spätere  Stufen  in  ähnlicher  Weise  den 
Grund  legen,  wie  man  im  Sprachunterrichte  durch  gedächtnismäüige  Aneignung 
der  Formenlehre  in  den  untersten  Klassen  den  Grund  legt  tür  eine  weitere 
Ausbildung.**  Dann  könnte  die  Geographie,  welche  Bichter  ,,ein  wahrhaft  au- 
sammenfisssendes,  ein  begreifliches,  einleachtendes,  ganz  allgemein  bildendes 
Fadi"  nennt,  „wirUich  jene  Bolle  einer  absehliefimden  Znsammenfossung  für 
eine  ganse  Gruppe  Ton  Erkenntnissen  übernehmen,  die  ihr  der  Organisations- 
Bntwoif  Ar  die  östeneichiBdien  Gymnasien  vom  Jahre  1849  TerfrOht  ange- 
wiesen hatte**. 

Sind  diese  beherzigenswerten  Worte  anch  in  erster  Linie  mit  Rilcksicht 
anf  Osterreich ische  Vttrhftltnisse  geschrieben,  so  dürfen  sie  doch  gewiß  all- 
gemeinere Geltung  beanspmchen.  Jedenfalls  muß  der  Tätifjkeit  des  Schul- 
mannes Richter  verdiente  Beachtung  geschenkt  werden,  wenn  nicht  ein 
charakteristischer  Zusr  in  dem  LebensbiM*'  <!es  Gelehrten  t'elilen  soll.  Er,  der 
langjährige  Vertrautheit  mit  den  Bedürtnissen  des  Schulbetriebes  und  den 
weiten  Blick,  das  tiefe  Wissen  des  Forschers  zu  verbinden  in  der  Lage  war, 
der  an  Gymnasium  und  Universität  als  Lehrer  beneidenswerte  Erfolge  er- 
sielte, er  darf  woU  erwarten,  daß  auch  in  d«a  nidit  immer  «rfrenliehen 
Streite  gegensitalieher  Meinimgen  seine  ernste  Stimme  gehört  worde. 

7.  Alpinistik. 

Bichters  wissenschaftliche  Lebensarbeit  ist  zwar  in  dem  >raße  mit  der 
Alpen  weit  verknüpft,  daß  in  diesem  Zusammenhange  eigentlich  fast  alle 
literanschen  Eraeugnisse  seiner  Feder  aufgeführt  werden  müßten;  doch  soll 


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262 


Georg  A.  Lnkai: 


liier  nur  von  jenen  mehr  populären  Schriften  die  Bede  eeiii|  die  didi  keiner 
bereite  besprochenen  Arbeitsrichtung  einreihen  lieBen. 

In  der  Alpenvereins -Zeitschrift  war  Richters  Name  zuerst  1872  auf- 
getaucht; er  hatte  damals  eine  Beschreibung  der  in  Begleitung  Joh.  Stüdls 
unternommenen  Wanderungen  in  der  Venedigergruppe  geliefert. \)  Dar- 
gestellt waren  hier  in  touristischer  Weise  die  Besteigung  des  Groß -Venedigers 
vom  Gscliloß  aus,  die  erste  Bezwinirung  der  Schlieferspitze;  femer  Mitteilungen 
über  die  bei  Gelegenheit  des  Aufenthalts  in  PrUgraten  erhielte  Ordnung  des 
Fflhrerwesens  daselbst;  die  letzten  Abedmitte  sind  dem  Umbaltal  und  der 
Drnherrenspitze,  der  Dabor-  und  BOdtqpitie  und  endlich  der  nemlieh  hals- 
breeheriMhen  Beiteigang  des  Hoehgall  gewidmet,  dessen  Ansaidit  Bidhter 
eine  der  sobOnsten  im  ganzen  AlpengeUet  nennt 

In  demselben  Bande  der  „Zeiiisdirift^  ersobien  anob  eine  Sehilderang  der 
Beeteigung  des  Roth-  und  Birnborns  bei  Frohnwies.*) 

In  den  Jahren  1887  >)is  1890  gab  Richter  wiederholt  wertvolle  kritische 
Übersichten  über  die  alpine  Literatur,  welche  in  den  Mitteilungen  der  k.  k. 
Geogr.  Gesellschaft  zu  Wien  (1887)  und  in  der  Zeitschrift  des  Alpenvereins 
(1889  und  1890)  erschienen  und  durch  ihre  geistvollen  Ausföbmngen  "neAr 
fach  über  den  Kähmen  gewöhnlicher  Referate  hinausreichen. 

Seine  engen  Beziehungen  zum  Deutschen  und  österreichischen  Alpen- 
verein und  das  Ansehen,  welches  er  bei  allen  Vereinsmitgliedern  geuoli,  be- 
riefen ihn  bald  darauf  an  die  Spitze  eines  großen  Unternehmens,  das  zu 
seiner  Volksttünlichkeit  vielleiobt  am  meisten  beitrug,  wenn  er  selbst  auch 
seiner  Leistong  wissensdiaftliebe  Bedeutung  abspraeh.  Die  Anregung  zu 
diesem  Werke,  der  „Erschließung  der  Ostalpen***)  war  Ton  Aug.  v.  BObm 
ansgegangen,  der  1884  in  der  Sektton  JLnstria**  den  Antrag  stellte,  für  die 
Ostalpen  eine  Bhnliidie  PuUikation  ins  Leben  n  roftn,  wie  sie  die  Schweis 
in  dem  Buche  Studers  „Über  Eis  und  Schnee**  schon  besaß.  Bald  erkannte 
man  aber,  duÜ  die  Kräfte  einer  Sektion  hierstt  nieht  ansreiehten,  und  suchte 
daher  den  Gesamtverein  dafür  zu  gewinnen.  Dies  geschah,  aber  trotzdem 
kam  die  Sache  niclit  in  Fluß,  da  man  keine  Persönlichkeit  zu  finden  ver- 
mochte, welche  zur  Leitung  des  groß  angelegten  Unternehmens  bereit  ge- 
wesen wäre.  Da  etitsebloß  sich  im  März  1889  Prof.  Richter,  das  mühevolle 
Amt  eines  Redakteurs  auf  sich  zu  nehmen,  und  damit  war  das  Gelingen  des 
Werkes  außer  Frage.  Ein  Jalir  darauf  wurde  den  21  Mitarbeitern  der  Plan 
bekannt  gegeben,  an  den  äie  sich  bei  Abfassung  ihrer  Abschnitte  zu  halten 
hatten;  im  Dezember  1891  erfolgte  die  Ausgabe  der  Subskriptions -Einladungen 
und  nach  kurzer  Zeit  erschien  die  erste  Lieferang.  1894  war  das  glänzend 
ausgestattete  Werk  abgeschlossen. 

Seine  Bedeutung  ist  sunBdhst  in  den  sahlreiohen  Angaben  und  Be- 
richten über  Erstlingsbesteignngen  ans  Slterer  Zeit  m  suchen;  als  Quellea 

1)  Z.  1).  ö.  A  -V  m.  Bd.  S.  275-316.         2)  a.  a.  0.  S.  107. 

8)  8  Bände  mit  61  Licht-  und  Crayundruckeu,  Heliogravüren  und  Autotypien, 
6  Karten,  8  Panoramen  nnd  184  Abbildungen  im  Text,  darunter  88  YollbildenL 
Berlin  1892  —  4.  Verlag  des  D.  0.  A.-y.  In  Kommission  der  J.  Lindanec'idieB 
Buchhandlung  in  München. 


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Eduard  Kichter. 


263 


dienten  die  mfindUohe  Überlieferang  der  betreffenden  Bergsteiger  oder  ihrer 
Zeil|{enoMeii,  die  alten  I^mden-  oder  FOhniiblldMr  und  AnflBltBe  in  aeltenen 
Sdiriften,  so  daß  dieset  wert?oUe,  grOBtenteils  leicht  Teigingliohe  Material 

nun  für  immer  gesichert  war.  Stets  geht  die  Bearbeitung  auf  diese  zuver- 
lässigen Quellen  zorflok  und  versteht  es,  mit  kritischem  Scharfblick  manchen 
Widerspruch  zu  lösen,  manches  Dunkel  zu  erhellen.  Wegen  der  Vollständig- 
keit und  Ausführlichkeit  in  der  Darstellung  der  Anstiegsrouten  kann  die  „Er- 
schließung^* auch  als  der  verl&ßiiohste  hoohalpine  Führer  großzfigigster  An- 
lage für  die  Ostalpen  gelten. 

Richters  Verdienst  liegt  nun  nicht  sowohl  in  seiner  eignen  Mitarbeit, 
deren  gleich  zu  gedenken  sein  wird,  sondern  vor  allem  iu  der  umsichtigen 
und  IconciUanten  Führung  der  Bedaktionsgeschftfte.  Er  verstand  es,  ohne  die 
Individnalitit  der  einzelnen  Autoren  zu  nnterdrflcken ,  doch  den  vielköpfigen 
Organismus  mit  einem  einheitlichen  Geiste  zu  erfUlen,  mit  seinem  Geiste, 
80  daS  die  Vorzüge  seiner  eigenei)  Darstelhmgsweise,  fibersichtlidie  Gliederung, 
klare  und  schOne  Sprache  dem  ganzen  Werke  eigen  sind.  Wenn  es  trotz- 
dem nicht  ohne  persönliche  Eifersüchteleien  und  VerdrieBlichkeiten  abging, 
so  lag  die  Schiild  an  der  böswilligen  MiBgonst  gewisser  Kreise;  ja  es  gelang 
diesen  sogar,  Bichter  die  Erinnerung  an  das  wohlgelnngene  Werk,  dem 
der  Alpenverein  auch  einen  bedeutenden  materiellen  Gewinn  zu  danken  hatte, 
daut^rnd  zu  verleiden.  Um  SO  mehr  muß  seinen  Verdiensten  gebührende  An- 
erkennung gezollt  werden. 

Die  von  Richter  selbst  geschriebenen  Abschnitte  sind  die  Einleitung 
zum  I.  und  die  Hohen  Tauern  im  III.  Band*).  Von  den  Tauem  behandelte 
er  die  Venediger-,  L&ndeck-  (Granatkogel-)  und  Glockner- Gruppe;  einen 
Glanzpunkt  bildet  hier  nameotUdi  die  Ersteigungsgesehidita  des  m^est&tischen 
OroBgiockners.  Als  ein  ganz  besonderes  Meisterstflok  muB  jedoch  jene  Ein- 
leitung zum  Gesamtwerk  bezeichnet  werden;  in  unübertrefflicher  Weise  wird 
hier  mit  kriftigen  Strichen  der  Entwicklungsgang  skizziert,  „wie  unser  Alpen- 
anteil  innerhalb  weniger  Ifensehenalter  ans  einem  der  unbekanntesten  Teile 
Envopas  einer  der  bekanntesten  und  meist  bereisten  geworden  ist^'.  Aber 
wertvoller  noch  ist  die  meisterhafte  Charakteristik,  die  dem  Wesen  und  den 
Beweggründen  des  Alpinismus  zuteil  wird,  dem  noch  vor  wenigen  Jahr- 
zehnten wie  den  Forschungsreisen  der  Rfiz  vrilHger  Neuheit  anhaftete.  Die 
Triebfedern  zu  kühnen  Taten  dürfen  nicht  außer  acht  gelassen  werden,  denn 
„so  wenig  man  das  Wesen  der  Musik  ersch«")pft,  wenn  man  die  Gesetze  der 
Akustik  ergründet,  so  wenig  bringt  das  schlietJlit  iio  wissenschaftliche  Resultat 
das  zum  Ausdruck,  was  die  Entdeckimgsfahrt  für  den  gewesen  ist,  der  sie 
unternommen  hafS  Bichter  fand  später  Gelegenheit,  diese  Gedanken  in 
eigenen  Publikationen  ansfEUirlicber  zu  erörtern;  auf  sie,  die  ihre  Würdigung 
weiter  unten  finden,  mag  deshalb  hier  rerwiesen  sein;  nur  das  Schlußwort 
der  ,JEinleitung"  soll  als  der  Mahnruf  eines  begeisterten  Alpenfireundes  nicht 
unterdrtUdrt  werden:  „MOge  das  nachfolgende  Werk  —  schreibt  der  Ver- 
hat&r  —  zur  rechten  Zeit  kommen,  um  die  Erinnerung  an  die  friedlichen 


1)  L  Baad.  S.  1—19.  m.  Baad.  8. 180— ttS. 


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264 


Geoig  A.  Lukas: 


Erobenuigen  festznhalten,  die  nnsern  Vätern  und  ans  hier  gelungen  sind; 
mögen  auch  den  nachlebenden  Generationen,  denen  fllr  neue  Taten  nicht  mehr 
so  viel  Raum  bleibt,  als  die  alten  hatten,  doch  niemals  die  Freude  erlöschen 
an  dem  unschätzbaren  KU>inod,  das  uns  ein  gütiges  Geschick  besohieden  hmX, 
an  unsern  herrlichen  Alpen." 

Als  Nachtrag  zur  .,Erschließung"  schrieb  Richter  1894  zum  26 jährigen 
Jubiläum  des  Alpenvereins  einen  vortrefflichen  Aufsatz  über  »Die  wissen- 
sehaftliche  Erforsohnng  der  Ostalpen**^),  eine  Arimt,  die  er  in  Ideine- 
rem  MaBstabe  für  die  Festsdirift  der  k.  k.  geogr.  GeseUeohaft  in  Wien  1898 
wiedezholte.*) 

8.  Zur  Ä.8thetik  der  Hstvrftuffessnng. 

Es  wurde  schon  gelegentlich  der  Dai-stellung  seiner  Jugendjahre  hei*vor- 
gehoben,  daß  Ricliter  die  Natur  nicht  bloß  mit  dem  Auge  des  Forschers, 
sondern  ebenso  mit  dem  des  Künstlers  zu  betrachten  pflegte.  Sein  ästheti- 
tchei  Empfinden  der  Lendsdiaft  gegenflber  enthlkUt  sieh  ims  in  einigen 
nebenbei  entitandenen  AufafttMO,  deren  erster  bereits  1885  erschien.*)  Er  enl- 
hllt  eine  Beantwortung  der  Frage:  „Sind  die  Alpen  das  schOnste  Gebirge 
der  Erde?**  Wird  von  schSnen  Landschaften  gesprochen,  so  mdnt  man  in 
erster  Ldnie  stets  gebirgige  oder  wenigstens  unebene:  „da  gibt  es  in  ver- 
schiedenen Tönen  abgestufte  Femen,  Vorder-  und  Hintergrund  trennen  sich; 
einzelne  Bergkörper  stellen  sich  als  durch  Licht  und  Schatten  gegliederte 
und  belebte  Objekte  dar,  die  Abnahme  der  Wärme  nach  oben  bedingt  ver- 
schieden gefllrbte  Vegetationsstiifen  und  setzt  endlich  auf  die  Häupter  des 
Gebirges  das  beherrschende  Licht  der  Schnee-  und  Eisbedeckung.''  Können 
nun  die  Alpen  gegenüber  anderen  Hochgebirgen  der  Erde  bestehen? 

Der  ffimslaya  ist  unaweifiBlhaft  groBartiger  im  kfihnen  Anfbau  seiner 
nnbeswinglichen  Gii^  in  seinen  wilden,  tief  eingerissenen  Sdilnchttilem,  in 
seiner  mlehtigen  Simttberlagemng;  doch  gilt  dies  vorwiegend  nnr  von  sraier 
Südseite.  Durch  mBehtige  Vergletscherung  setzen  auch  die  neuseel&ndischen 
Alpen  in  Erstaunen,  während  sich  der  Kaukasus  alpinen  Verhältnissen  mehr 
nähert.  Die  Anden  aber  zeigen  in  ihren  durch  große  Trockenheit  verursach- 
ten breiten  Zonen  des  reinen  Felsengebirges  prächtige  Furbenkontraste  als 
Ersatz  für  Vegetationsgürtel  und  Schueeregion;  dazu  kommt  noch  eine  macht- 
volle Entfaltung  des  vulkanischen  Phänomens. 

Wenn  trotzdem  den  bescheideneren  Alpen  der  Schönheitspreiü  zuerkannt 
wird,  so  liegt  der  Grond  hierfftr  offenbar  nicht  allein  in  der  Groiartig- 
keit  ihres  Anfbanes  und  ihrer  EisstrOme,  sondern  hanptsBchUidi  in  dem 
Gegensats,  ,4n  welchem  diese  ernsten,  drohenden  Gestalten  nnd  Farben  sa 
den  sanften  Linien  und  Tönen  eines  mit  Vegetation  erfüllten,  dureh  Seen 
und  menschliche  Ansiedelnngen  belebten  Vordergrundes  stehen".  Weil  die 
Alpen  mit  ihrem  Formenreichtum,  ihrem  günstigen  Klima,  ihrem  reichen 
Kulturboden  mitten  in  das  dicht  bevölkerte,  zivilisierte  Europa  hineingestellt 

1)  z.  D.  0.  A.-y.  im. 

2)  Die  Pflege  der  Erdknnde  in  öateneioh  1848—1996.  Hrsg.  von  F.  Umhraft. 
8)  Mitt  D.  ö.  A.-y.  1886.  S.  1— S. 


Eduaxd  Kiehter. 


265 


sind,  rfidceii  die  Qtgemäia»  §o  nahe  an  einander  und  sidieni  eine  malerisehe 
ÜbeHeginheit  Uber  die  Öden,  menaehen-  und  viel&eh  auch  pAanienleeren 

Gebirgsländer  anderer  Kontinente.  ^JHe  Kombination  der  starren  Formen 
der  Hochgebii^welt  mit  der  sanften  Schönheit  des  Kulturlandes  und  der 
hierdurch  liervorgcbrachte  packende  Kontrast,  die  wilden  Felsstürme  und 
scharfen  Eisgrate,  die  sich  über  mächtigen  Fichten  in  einem  friedlichen  See 
spiegeln,  sattig  grüne  Matten  mit  niedlichen  HUusem  und  Kirchen  und 
malerischen  Baumgruppen,  auf  welche  Gletscherabstürze  und  uiiersteigliche 
Felswftnde  herabsehen:  daä  ist  die  Spezialität  der  Alpen,  in  der  sie  uu- 
besiegt  und  nnbesie^ioli  sind.** 

Breiter  angelegt  ift  ein  Auftata  aus  dem  Jahre  1897  Uber  «Das  Wohl- 
gefallen an  der  Schönheit  der  Landsehaft**.')  Es  werden  beilinfig 
folgende  Gedanken  ausgefnhrt:  Wihrend  man  firOher  fai.u|^leh]ioh,  wenn 
nicht  ausschließlich,  sein  Bedürfnis  geistiger  Erhebung  und  Erquickong  durch 
die  bildenden  und  schaffenden  Künste  deckte,  haben  diese  im  letzten  Jahr- 
hundert am  Genuß  landschaftlicher  Schönheit  einen  gefährlichen  Konkurrenten 
erhalten.  Es  hfyidelt  sich  bei  Kunst  und  Natur  um  identische  Wirkungen: 
„Der  Anblick  besonders  schüucr  Landschaften  oder  Naturschauspiele  ruft 
genau  dieselbe  Art  von  Wohlgefallen,  von  Erregung  und  Entzückung  des 

Gemtttee  henror  wie  der  Gennfi  henrorragender  Kunstwerke  Wie  die 

Tonmassen  eines  ToUbesetiten  OrelMsters  dringen  die  Gesichtseindracke  (in 
einer  sdhOnen  Landsehaft)  heran,  der  Fluß  der  Linien,  die  Kontraste  und 
Überginge  der  Farben  wirken  wie  die  Themen,  die  einander  fidgen  und  ent* 
weder  schmeichelnd  und  wohlgefällig  oder  drOhnend  und  erschütternd  die 
Seele  ergreifen  und  widerstandslos  in  die  Stimmung  hineinziehen,  die  aus 
ihnen  spricht."  Die  Obertiächenformen  der  Erde  können  also  zweifellos  in 
hohem  Gradp  unser  ästhetisches  Empfinden  ansprechen;  es  bedarf  dazu  keines- 
wegs angenehmer  Nel)enunistände  wie  wohltätiger  Miibe,  schönen  Wetters  usw.; 
oft  gfnug  muß  vielmehr  der  Xaturgcnnß  durch  große  Anstrengung  und  Müh- 
sal erkauft  werden,  ohne  daß  sich  uuser  ästhetisches  Werturteil  änderte. 
Nator  und  KnnstgenuB  sind  einander  andi  darin  ihnlieh,  daft  beide  ihre 
Wirkungen  su  stngem  soeben;  wie  die  Kflnste  sieh  mit  immer  reidieren 
Ansdmeksmitteln  an  stets  gröBer  werdende  Aufgaben  heranwagen,  „so  ist 
auch  in  der  Sebltaung  der  Katursehönheiten  eine  Entwiddnng  vom  Ein- 
fiudMO,  Schlichten,  Idyllischen  zum  Großartigen,  Wilden,  Heroischen  zu  Ter> 
folgen".  Es  ist  noch  nicht  lange  her,  daß  man  die  FelstÜrme  und  Eisstrttme 
des  Hochgebirges  schöner  findet  als  flache,  wohlangebaute  Gegenden. 

Der  letzte  Grund  des  Wohl<:ofallens  am  Schiinen  in  der  Kunst  wie  in 
der  Natur  ist  ein  physiologischer  und  uns  verscblfifTt ;  eine  auffallende  Tat- 
sache muß  es  aber  genannt  werden,  daß  jeder  normale  und  gesunde  tierische 
oder  pÜanzliche  Organismus  auf  unser  ästhetisches  Empfinden  anziehend 
wirkt,  als  unbedingt  sckdn  gilt^  wihrend  Yerkflmmemng  und  Eingriff  in  die 
Natllrlidikeit  als  unlsüietisch  uns  abetOAi   Bemerkenswert  ist  es  auch,  daA 

1)  Cosmopolis.  VIL  Bd.,  S.  22d  — 246. 

Einen  Anesng  dieses  Auftaties  enttialten  die  HitleilungeD  des  D.  0.  A.-y. 
IftM.  8.  MS. 


L  iyiii^üd  by  Google 


266 


G«org  A.  Lukas: 


•Ue  oiguiisolieii  Wesoi  die  Tendeni  logMi,  lidi  dinuftoU«,  «uien  gvwinm 
SehnmiA  aeh«n  ni  lassen,  oder  wenigstens  —  falls  rein  ornamentale  Zugaben 

fehlen  —  offenbart  die  ausdrückliche  Hervorhebung  der  den  einzelnen  Glied- 
maßen  innewohnenden  Funktion  ein  deutliches  Zierbestreben.  Die  Erhaben- 
heit über  den  gemeinen  Nutzzweck  kann  auoh  durch  ein  gewisses  Übermaß 
in  der  Betonung  diT  Puuktion  verstärkt  werden:  „die  Beine  des  Rehes  sind 
übcrschlank  und  werden  mehr  als  nötig  ist  gehoben."  Ein  „omamentaler** 
Überschuß  an  Kraft  oder  Kiastüutät  ist  u.  a.  dem  Stiemacken  oder  dem  Gang 
des  Tigers  eigen. 

Li  den  organisehen  Beiolien  sind  also  alle  Bildungen  in  Folge  tkrer  ans- 
ge^rodiaien  Geseta*  und  ZweckmifiigiEeit,  die  in  „mrnameoialsi^  Weiaa  berrvMv 
gehoben  weiden  kann,  nnsem  Sinnen  woblgeftUig;  aUes,  was  die  Natur  achalllt 

bat  Stil,  Abrundung,  EinheiÜidücsit. 

Durch  dieselben  Gesetze  nnn  ist  auch  unsere  Begeisterung  für  das  land- 
schaftlich Schöne  bedingt;  man  empfindet  aus  der  Landschaft  stets  das  Moti- 
vierte und  ( Jt'Sf'tzmaßige  heraus,  ohne  sieb  um  Yorgllnge  und  Gesetze  ira 
einzelnen  küiumern  zu  müssen.  „Hier  die  Steilküste:  wir  sehen  die  Schichten 
eines  Gesteines,  das  einst  aut  dem  Meeresgründe  abgelagert  worden  ist;  eine 
Bewegung  der  Erdkruste  hat  einen  Teil  davon  emporgehoben;  die  Bruch- 
mcbe  bildel  eine  Felswand;  der  andere  Teil  sit  unter  den  Heemsspiegel  ab- 
gesonkeo.  Jetet  rollen  die  langen  Wellen  der  blauen  Saliliat  heran,  der 
Wind  treibt  sie  in  einer  bestinimten  Biehtnng,  er  selbst  ein  Glied  in  dem 
großen  Tkiebweik  der  atmosphlrischen  ZiikaUtion.  Wo  sieb  die  Welle 
llberschlagen  wird,  das  ist  genau  und  leieht  m  berechnen;  jetzt  donnert  die 
Brandung  nnd  wäscht  Gruben  und  Löcher  von  genau  bekannten  und  bestimm- 
ten Formen  aus.  Die  überhängenden  Klippen  stürzen  herab,  und  zwischen 
ihnen  gurgelt  die  Brandung  —  wie  sie  muß.  Und  darüber  eine  Pflanzenwelt 
au  der  Felswand,  wie  sie  dem  Klima  entspricht  Alles  ist  Gesetz  und  Zwang, 
nirgends  eine  W  illkür." 

Auch  die  unbelebte  Natur  hat  Stil,  Einheitlichkeit  und  Ausdruck  und 
wirkt  ebendadureh  an  und  Ar  sidi  wohlgefällig  —  wie  die  Oinanisnien. 
Nur  ist  das  GeAbl  dafOr  bei  der  KompUBertheit  des  Landaehaftsbildea  nicht 
so  naheliegend  und  so  allgemein;  es  ging  damit  nicht  anders  als  mit  der 
kflnsÜerisehen  Wiedergabe  des  menschlichen  Körpers,  die  eine  lange  Geschichte 
hat,  weil  sie  dem  Maler  und  Bildhauer  ähnlich  schwierige  Probleme  stellte 
wie  die  Landschaft.  Das  1!>.  Jahrhundert  hat  die  Landschaftsmalerei  erst 
auf  eine  hohe  Stufe  gebracht,  vornehmlieh  durch  die  Einwirkung  der  Photo- 
graphie; diese  ermöglicht  es,  das  in  der  Erinnerung  fast  immer  verzerrte  Oe- 
dächtnisbild  jederzeit  zu  korrigieren.  Die  spitzigen  Vulkankegel  Älterer  Reise- 
werke  sind  heute  nicht  mehr  zu  ünden. 

Die  Gruppe  Ton  Qegenstftnden,  die  gefollen  soll,  muß  ferner  so  ange> 
ordnet  sein,  „daß  man  sie  in  ihrer  Form  und  Gestalt  dentlieh  flberblicken 
und  auflhssen  kann**.  Auoh  die  natSrliehe  Landschaft  muß  nbildmißig** 
sein,  eine  Forderang,  die  nicht  allmhlnfig  befriedigt  wird,  meist  nur  von 
einxelnen  deshalb  berfihmten  Punkten  aus  und  su  gewissen  Jahres-  und 
Tagesseiten.    Morgen-  oder  Abendstunden  im  Sommer,  wenn  die  Sohnee- 


Digiti/Oü  by  Cjt.)0^lc 


Eduard  Richter. 


267 


iHtdix^iny  wirkMiu  beschrlukt  ist  und  bnito  Schatten  alles  gliedern  und 
TewtHiidHdi  maehep,  bringen  da  die  rricluten  Oenflaaa. 

Bin  weiterer  wichtiger  ümitand  ist  die  rhythmische  Wiederholung 
gawiaser  verständlicher  Formen;  wie  z.  B.  in  Architektor  und  Musik^  so  wirkt 
dies  auch  in  der  Landschaft  wohlgefällig.  Einen  streng  eingehaltenen  Stil 
haben  selbst  die  scheinbar  willkürlichsten  Bergformen  der  südlichen  Kalkalpen. 
„Wie  die  Krabben  und  Spitzbögen  und  Pfeiler  und  Fialen  an  einem  gotischen 
Dome,  so  stehen  immer  dieselben  Wandstufen  und  Türme  und  Bastionen 
neben  einander,  wie  jene,  keine  der  andern  ganz  gleich,  aber  alle  von  der- 
seUmi  oiuma]  angwiommnMii  QrOflsncvdnnng  in  riiythmiMlier  Almeduliing 
unter  rioh  Ihnlich  und  dnrdiaiu  stügvrecbt  Die  gleidimifljge  Sdiiditang, 
dar  gleiehe  H^desstaad  gegoi  die  Verwittenuig,  die  regelmlffige  Anordnung 
der  Wasser-  und  Steinschlagrinnen,  Schuttkegel  usw.  pi^en  bei  aller  angeb- 
lichen Willkür  und  Freiheit  in  der  Anordnung  dem  Garnen  einen  einheit- 
lidien  Charakter  auf.** 

Endlich  wird  die  Schönheit  der  Landschaft  befördert  durch  gefällige 
Farben  und  Farbenkombinationen,  durch  eine  gewisse  räumliche  Größe  des 
Gegenstandes,  ohne  welche  die  Empfindung  der  Erhabenheit  und  Majestät 
nicht  hervorgerufen  werden  kann,  und  durch  Kontraste  in  Farbe  und 
LinienflpB. 

Behandelte  Bidifter  in  dieser  gehaltvollen  Studie  die  Landschaft  im  all- 
gemeinen, to  suchte  er  in  dnem  spiteren  Vortrage  an  eiprflnden,  was  die 
eigentlichen  Triebfedern  der  Bergsteigerei  seien,  einer  Bewegung,  die 

trotz  der  damit  verbundenen  Gefahren  noch  immer  an  Umfang  gewinnt.^) 
Die  moderne  alpine  Literatur  gibt  auf  diese  Frage  keine  verläßliche  Auskunft; 
fiberkommene  Redensarten  werden  da  immer  wieder  gebraucht  an  Stelle 
eigner  echter  Empfindung,  über  die  sich  allerdings  die  wenigsten  Menschen 
heutzutage  Rechenschaft  ablegen.  Wenn  Norman -Neruda  meint,  wir  steigen 
deshalb,  „weil  es  uns  freut",  so  sagt  er  damit,  daß  es  weder  der  Gesundheit 
noch  der  Wissenschaft  wegen  geschehe;  aber  auch  die  Aussicht  kann  nicht 
der  flinaige  Zweck  des  Bezgsteigeos  sein,  sonst  wtre  es  ja  sinedsi,  ob  man 
hinaufgeht  oder  -fUixt. 

Selhstbeobaohtnng  lehrt  uns,  dafi  der  erste  Eindruck  des  Hochgebirges 
den  Reiz  der  neuen,  fremdartigen  Erscheinung  birgt;  hierin  liegt 
vielleicht  der  erste  Antrieb  sur  Überwindung  selbst  drohender  Gefahren  nicht 
bloß  für  den  Alpen wandcrer,  sondern  auch  für  den  Entdeckungsreisenden, 
dessen  Erkenntnistrieb  und  wissenschaftlicher  Ehrgeiz  durch  die  Lust  am 
Neuen  und  Abenteuerlichen  gefördert  wird.  Dazu  gehört  auch  der  mit  vielen 
Bergbesteigungen  verbundene  leichte  Rückfall  in  das  „wilde  Leben  des  Natur- 
menschen', der  freilich  durch  die  Tätigkeit  der  alpinen  Vereine  allmählich 
serstOrt  wird. 

Li  sweiter  Linie  ist  dann  die  Lust  an  der  Überwindung  von  ICflhe 
und  Gefahr  sn  nennen,  in  welcher  Hinsicht  das  Beigsteigen  ab  ein  Sport 


1)  Über  die  Triebfedern  der  BeKgsteigexei.  Tottcag  beim  IL  Stiftungsfest  der 
akad.  Sektion  Gras  des  D.  0.  A..7.  Miti  A..y.  1908.  8.  68— M. 


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268 


Georg  A.  Lukai: 


beseichnet  werden  rnufi.  Uns  teirt  die  Betitagnng  toh  Kraft  und  Eonst^ 
die  dnreh  den  WetÜbewevl»  mit  nndeni  gemenen  wird.  „Der  Beu  liegt  ameh 

liier  Tie!  mehr  in  der  Arbeit  als  in  der  Erreidrang  dee  Zieles",  womit  sich 
>.  B.  die  Frage  erledigt,  weshalb  man  einen  Berg  von  einer  schwierigen  Seite 
erWimrat,  wenn  anderswo  ein  leichterer  Weg  hinaufführt.  Man  sollte  dies 
mindestens  ebenso  weni^  töricht  finden,  wie  wenn  sich  „die  Menschen  an 
einer  Schachpartie  das  (iehim  zermartern".  Wie  das  erlegte  Wild  nicht  der 
eigentliche  Lohn  der  Jagd  ist,  so  tritt  auch  die  Aussicht  gegenül»er  der 
Schwierigkeit  der  Besteigung  als  Nebensache  zurück.  Natürlich  kann  bei 
der  thmm  Terschiedenen  LMstungsfähigkeit  der  Mensehen  nur  der  sobjdriite 
Wert  ihrer  Tat  maBgebend  sein.  Deshalb  muB  aber  anch  jeder  wissm,  wi» 
teuer  er  sdn  Vergnügen  m  sahlen  bereit  ist,  ob  er  der  Gefiihr,  in  die  er 
sieh  begibt,  gewachsen  set  Solohe  Leute' verdienen  die  Beseichnmig  „ohcrakter- 
ToU**,  die  Mut,  Selbstverleugnung  und  OpferfShigkeit  besitzen;  es  liegt  also 
ein  noch  dunkies  ethisches  Moment  im  Bei^gsteigen,  durch  welches  alle» 
Bekordwesen  ausgeschlossen  erscheint, 

üoch  der  schönste  Lohn  des  Alpinismus,  worin  ihm  höchst^^ns  die  Jagd 
nahekommt,  ist  der  Genuß  der  Schönheit  des  Gebirges;  darin  haben  wir 
die  dritte  und  stärkste  Triebfeder  der  Bergsteigerei  zu  erblicken.  Das  Wesen 
dieses  Wohlgefallens  an  dem  landschaftlich  Schönen  wurde  eben  dargetan-, 
unter  den  Alpenfirennden  dfirfte  wohl  kemer  sn  finden  sein,  der  hiergegen 
ganz  stumpf  wSreu    Dies  sind  selbst  die  Bei^gfUizer  nichl 

Seine  eigne  Ansicht  Aber  das  Bergsteigen  faßt  lUehter  in  fblgenden 
treffliehen  Worten  zusammen:  „Der  Bergsteiger  ringt  um  sein  Ziel  mit  An- 
strengung, vielleicht  mit  Gefahr;  er  fitent  sich  seiner  Kraft  und  Grewandtheii 
So  weit  ist  sein  Tun  mit  dem  Treiben  anderer  Sporte  zu  vergleichen.  Aber 
er  findet  außerdem  einen  Lohn,  der  diesen  nicht  (»der  nur  in  viel  geringerem 
Orade  beschieden  ist:  den  Genuß  der  aller.schönsteu  und  erhabensten  Natur. 
Das  erhebt  den  .Mpinisnnis  in  einen  höheren  Kang,  es  verleiht  ihm  einen 
Kulturwert  ganz  besonderer  Art.  Wir  wissen  nicht,  ob  der  ästhetische  Ge- 
nuß den  Menschen  bessert;  aber  niemand  ist  im  Zweifel,  dafi  er  unter  die 
edelsten  und  würdigsten  Bet&tignngen  des  Mensdientums  gehfirt  und  ansage 
bar  beglüokt." 

9.  Zur  Methodik  und  Philosophie. 

Jeder  Forscher,  der  sein  ganzes  Leben  in  den  Dienst  einer  W^issenschaft 
gestellt  hat,  wird  einmal  das  Bedürfnis  empfinden,  den  Rück  von  der  ge- 
lehrten Kleinarbeit  zu  erheben  und  auf  die  gr  ißen  Zusammenhünge  zu  lenke«, 
welche  sein  Fach  mit  den  übrigen  Wissensgebieten  verbinden.  Nur  so  wird 
ihm  die  Art  des  eignen  SchaÜens  deutlich,  und  so  wird  er  sich  über  deu 
Wert  seiner  Arbeit  fUr  das  Erkennen  der  Weltrtttsel  Rechenschaft  ablegen 
können. 

Es  erdbr^^  audi  in  dieser  Darstellung  der  Foisdiatttiglceit  E.  Bichttt» 
der  Nachweis,  welche  Anfbssung  er  von  seiner  Wissenschaft  und  deiwi 
Stellang  sich  gebildet  hatte. 

Ein  Problem,  welchem  er  seit  Beginn  seiner  Qelehrtenlanf  bahn  manche 


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Eduard  Biehtor. 


^9 


Stunde  der  Überlegung  widmete,  war  das  Verhältnis  der  historischen  und 
der  naturwisscnscbattlichen  Forschungpn  und  KLimtnissc  zu  einander.  Wird 
ein  Geograph  überhaupt  durch  den  wtiteivn  T'mtatig  seines  Faches  zu  der- 
artigen Gedanken  angeregt,  so  durfte  es  sich  Richter,  der  geschulte  Historiker 
und  erprobte  Naturforscher,  wohl  getrauen,  hier  ein  maßgebendes  Wort  zu 
sprechen  und  dttnii  sogleich  Stti»  Aiiddit  llbor  das  so  yidlimistritieiM  Wesen 
der  Erdknnde  sa  ftnfiwn.  Er  tat  dies  in  swei  Festreden,  die  wegen  ihrer 
Tollsndeten  Form  und  wegen  ihres  reichen  Gehaltes  Bewnndemng  verdienen. 

In  der  ersten  dexselben  ontersucht  die  „Qrensen  der  Geographie**^) 
gegen  Katarwissenschaft  und  Geschichte.  Die  allgemdne  Geographie  ist 
2weifellos  naturwissenschaftlichen  Inhalts;  es  fragt  sich  nur,  wie  viel  sie  aus 
benachbarten  Fächern  herübemehmen  dai-f,  wo  die  Grenzen  geographischen 
Interessf  ^  zu  suchen  sind.  Den  Schlüssel  zur  Lösuntj  dieser  höchst  wichtigen 
Frage  besitzt  die  Länderkunde,  welche  die  verschiedenen  Frdräume  kennen 
lehrt  nach  ihrer  natürlichen  Beschaffenheit  sowohl  wie  auch  als  Wohnplatz 
des  Menschen.  Die  Stellung  der  Geographie  zwischen  Natur-  und  Menschen- 
hände ist  gegeben  dnreh  die  Bexiehung  auf  den  Baum,  den  eigentlich 
geographischen  Genehtq»unkt  „Wenn  man  ihn  bei  Sichtung  des  heran- 
strBmenden  Materials  ÜBsthllt,  dann  gliedern  sieh  die  SÜMSen,  die  T<m  andern 
Fidiem  entlehnten  Bruchstfleke  gewinnen  eigenes  Leben  und  werden  selbst- 
ständiger  Fortbildung  flhig."  Die  Aufgabe  einer  länderkundlichen  Darstellung 
läßt  gar  bald  das  geographisch  Wichtige  herausfinden,  es  werden  die  Zu- 
sammenhänge scheinbar  weit  von  einander  abstehender  Gebiete  deutlich  und 
ganz  neue  Ergebnisse  sind  solchen  weit  ausholendeu  Gedankenrcilien  zu  ent- 
nehmen,  in  denen  wir  die  eigentliche  Blüte  der  Erdkunde  erblicken  müssen. 

Wie  weit  man  bei  dieser  Fundierung  des  geographischen  Wissens- 
gebäudes  geben  darf,  ist  meist  nicht  zweifelhaft;  Meinungsverschiedenheiten 
bestehen  nur  hinsichtlich  der  Geologie  und  der  Geschichte. 

In  den  letiten  Jahrsehnten  nnd  zwei  neue  Triebe  der  Geologie  in  das 
Bereich  der  Erdkunde  hineingewadisen:  die  dynamische  Geologie,  welche 
sich  mit  den  Yerftnderungen  im  Antlitz  der  Erde  besch&ftigt,  und  die 
Morphologie,  welche  die  Formen  der  Erdoberfläche  genetisch  erläutert. 
Durch  die  Aufnahrae  dieser  Disziplinen  ist  nun  aber  das  alte  geographische 
Programm  nicht  im  gering.sten  verändert  worden,  vielmehr  hat  dieses  so 
seine  größte  innere  Bereicherung  erfahrcu:  denn  an  den  Formenschatz  der 
Erde,  der  stets  ein  Objekt  geographischer  Forschung  gebildet  hatte,  konnte 
man  jet/.t  auch  erklärend,  nicht  mehr  bloß  beschreibend  herantreten.  Die 
Erdbeschreibung  verwandelte  sich  in  die  Erdkunde.  Für  die  produktive 
Arbeit  auf  morphologischem  Gebiete  sind  nun  frmlioh  geologische  Kenntnisse 
uneriUftlich.  Wie  viel  geologis<dien  Einschlag  Lehre  und  Darstellung  ent- 
halten dfirfen  und  sollen,  muB  dem  Takt  und  Geschmack  des  Lehrers  und 
Autors  überlassen  bleiben.  Die  eigentliche  geologische  Vorgeschichte,  die  nur 
das  Verständnis  fttr  die  gegenwirtigen  Formen  vorbereiten  soll,  gehört  jeden- 
falls nicht  in  den  Rahmen  einer  rein  geographischen  Betrachtung. 

1;  Rede,  gehalten  bei  der  Tnanf^uration  als  Rector  magnificus  der  k.  k.  Karl 
FnuDzens-Universit&t  in  Gras  am  4.  November  1899.  Graz,  Leuschneru.  Lubensky  18U9. 


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270 


Oeorg  A.  Ltiktti: 


Während  dieser  Auffassung  vom  Grenzgebiet  zwischen  Geographie  und 
Geologie  kein  schwerwiegendes  Bedenken  entgegensteht,  sind  hinsichtlich  des 
Verhältnisaes  zwischen  Erdkunde  und  Geschichte  grundsätzlich  verschiedene 
Standpunkte  möglich;  die  uralte  traditionelle  Verbindung  zwischen  beiden 
UniMiiMliftften  macht  «iw  Kttrang  nur  nodi  idiwieriger. 

Wm  besagt  smUkshst  die  so  geläufige  Beniefanimg  „historitelie''  Geo- 
graphie? Man  kann  daibd  an  die  G«aeliiehte  der  QeognphiA  telbat  dflnken, 
inaoton  dnvdh  m»  Oeaduoht»  dar  winfnnchaftlicheiii  EntdeokmiganiMii  dw 
allmähliche  Xniaehleierung  des  Weltbildes  veranschaulicht  wird.  Gewöhnlich 
jedoch  wird  man  unter  „historischer  Geographie"  jene  Wissenschaft  verstehen, 
die  im  XVIT.  Jahrhundert  von  Philipp  ("Ittver  begründet  wurde  und  die 
räumliche  Erforschung  der  antiken  Welt  zum  Gegenstande  hat.  Soweit  sie 
sich  auf  die  Ermittelung  von  alten  Städteiagen,  Straßenzügen  und  Völker- 
grenzen beschränkt,  ist  sie  nichts  anderes  als  archäologische  Topographie, 
also  eine  Hilfswissenschaft  der  Geschichte;  sobald  ein  wirkliches  geographi« 
icheB  l^d  altor  Eoltiirliiideir  entworfen  weiden  icdl  (wie  a.  R  in  Niaaena 
nltaüiaeher  Landedninde**),  mnfi  daa  natnrwiBMoaohaftliclie  Blement  ehenw 
hereingaaogMi  werden  wie  bei  einer  modenien  Landeakande.  Jht  üntecaehied 
liegt  nur  im  anthropogeographiadien  Teil;  in  dem  einen  Falle  werden  die 
menadilichen  VerhUtnisse  einer  vergangenen  Periode,  in  dem  andern  die  der 
Oegenwart  auf  denselben  Boden  projiziert."  Für  das  Mittelalter  sind  solche 
Aufgaben  viel  schwerer  zu  lösen,  da  wir  den  Quellen  nur  vereinzelte  zuver- 
ISssige  Daten  zu  entnehmen  vermögen,  ('brigens  .sind  die  Veränderungen  in 
der  Natur  jedenfalls  so  geringfügig  innerhalb  hi.storischer  Zeiträume,  daß  sie 
allein  nicht  den  Inhalt  eines  Faches  bilden  können. 

EUchear  irt  ea,  dafi  nnr  jener  Zweig  der  Geographie  eine  Beriihmig  mit 
der  Geaohiohte  hdben  kann,  der  aich  mit  dem  Menichen  heftet  Gilt  nna 
dieser  ala  geogiaphiachea  Foxaehnngaoljekt  —  eine  Rrage,  die  Ton  der  über- 
wiegenden Mehrheit  der  Fachleute  bqaht  wird  ao  bleibt  noch  an  nnter- 
anchen,  in  welchem  Grade  die  Menschen -Geographie  (Bataela  ,,Anthropo- 
geographie")  historisch  sein  darf,  ja  mufi. 

Der  „Einfluß  der  irdischen  Räume  auf  VSlkergeschichten"  ist  ein  be- 
liebtes gescbichtapbilosophisches  Thema  allgemeiner  Art;  nicht  minder  wichtig 
sind  aber  die  speziellen  Untersuchungen,  „wie  die  natürliche  Ausstattung  im 
Einzelfall  gewirkt  hat",  wofür  Morphologie  und  Statistik  das  nötige  Material 
bereit  halten.  Bechtsformen  und  gesellschaftliche  Ordnung  eines  Volkes  sind 
Torgeieicbnet  durch  die  widitigatai  Erwetbaiwaige  und  dieae  wiederom  dnxdi 
•  die  natfiriiche  BeachalTenheit  dea  Landea.  Der  gegenwSrtige  Zoatand  der  Be- 
valkemng  iat  aber  nur  ana  der  OescMchte  au  vwratdien,  und  diea  iat  dar 
Punkt,  wo  „die  Geographie  niemals  aufhören  darf  und  aufhören  kann,  histo- 
risch zu  sein  Rechts-  und  Wirtschaftsgeschichte  sind  die  Säulen  der 

speziellen  Anthropogeographie,  die  wieder  durch  Betrachtung  der  Boden- 
verhältnisse diesen  Wissenschaften  an  Erleuehtung  zurückgeben  kann,  was  sie 
von  ihnen  gewonnen  hat  Wir  niüs.sen  den  geschichtlichen  Verlauf  kennen, 
um  die  Wirksamkeit  der  natürlichen  Einflüsse  an  ihm  richtig  taxieren  zu 
können." 


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Edaftrd  Biehter. 


271 


Die  alle  geographischen  Eigenschaften  eines  Raumes  berücksichtigende 
spezielle  Anthropogeographie  wird  den  Hauptgegenstand  landeskundlicher 
Schilderung  zu  bilden  haben.  Hier  liegt  die  bedeutendste  Aufgabe  für  den 
Geographen  der  Gegenwart  und  Zukunft.  Es  kommt  darauf  an,  das  erd- 
kondlMli  Wichtige  in  der  Landaehaft  hmuiflnhebea  und  generalintrBnd  aa 
beschreiben;  doch  wird  man  Ton  einer  solchen  Bchildenxng  fordern  mflssen, 
da0  aie  anaehanlieb,  lebenaroll  und  kflnatleriadi  überlegt  sei  —  woraiu  sich 
die  Notwendigkeit  der  Autopsie  fUr  den  geographischen  Schriftsteller  so  gut 
wie  f^r  den  Heisenden  ergibt.  Denn  wie  die  Gesc^chtsdireibQng  ist  aneh 
die  Länderkunde  nicht  bloß  vom  wissenschaftlichen,  sondern  anch  vom 
künstlerischen  Standpunkte  ans  zu  beurteilen;  die  zahllosen  Einzelheiten 
müssen  in  literarisch  wertvollen  Gemälden  vereinigt  werden,  was  allerdings 
künstlerische  Veranlagung  und  (iestaltungskraft  voraussetzt.  „Die  höchsten 
Aufordenmgen  sind  in  dieser  Richtung  vollkommen  gerechtfertigt;  denn 
wenn  es  tmssre  Aufgabe  ist,  den  Menschen  das  Bild  ihres  Wohnhanses  m 
aeigen,  so  kann  man  aneh  verlangen,  daB  dieses  Bild  von  Kllnsflein  ge- 
matt seL** 

Hatte  Biohter  1899  dnroli  diese  Bektoratsrede  seinen  Standpunkt  ge- 

kennaeichnet  bezdglicli  der  Auffassung  von  dem  Wesen  und  den  Aufgaben 
geograpliischer  Forschung,  so  ließ  er  sich  1903  in  seiner  Akademie-Festrede 
vernehmen  über  die  ,,Vergleicbbarkcit  naturwissenschaftlicher  und  ge- 
schichtlicher Forschungsergebnisse"'.)  Den  unmittelbaren  Anlaß  zur 
Ausarbeitung  dieser  wahrhaft  glänzenden  Rede,  deren  Keime  in  die  ersten 
Jahre  seiner  geographisch -historischen  Lehensarbeit  zurückreichen,  gab  eine 
Debatte  auf  dem  Historikertage  zu  Innsbruck  (1896)  über  die  Frage,  wie 
mit  die  Geseldclite  ndi  sur  Briangang  gesidierter  Ergebnisse  natuntlssen- 
snhaftKclMir  Methoden  bedienen  solle.  Unter  dem  Eindrocke  der  unbedingten 
übenehitsnng  d«r  den  letsteren  innewohnenden  Sieheriieit  Ton  Seiten  aller 
BBstoiiker  notierte  sich  Biditer,  d«r  dnreh  den  Abbrach  der  Debatte  ver- 
hindert wurde,  öffentlich  das  Wort  zn  ergreifen,  in  sein  Tagebndh:  ,,Glauben 
die  Herren  wirklich,  daß  man  yon  den  krystallimschen  Schiefem  mehr  weiß, 
als  von  den  merowingischen  Königen?"  Die  hierdurch  veranlaßten  Über- 
legungen führten  schließlich  zur  Aufstellung  folgender  Gedaukenreihe.*) 

Es  war  in  früheren  Zeiten  die  herrschende  Anschauung,  duli  die  (»e- 
schichtswissenschatt  bestimmten  liichtuugen  zu  dienen  habe,  daß  sie  berufen 
sei,  gewisse  feüigiOse  oder  politisdi-pldlow^ihisidie  Systeme  an  sttttsen.  Ten- 
denaOse  Belobung  oder  Verwertung  alles  dessen,  was  mit  dem  prinzipiellen 
Stan^ninkt  des  Verfssseis  nidht  ttbereinstimmte,  wer  die  natfirUdie  Fblge; 
denn  der  Geschidbtsvedanf  soUte  ja  nur  die  unbedingte  Geltung  der  eigenen 


1)  Vortrag,  gehalten  in  der  feierlichen  Sitzung  der  kaiserlichen  Akademie 
der  WisBcnHchaflen  am  28.  Mai  1908.  Gedruckt  im  Almanach  der  kaiperl.  Aka- 
demie für  ld03  (S.  309  —  338)  und  in  der  Deutschen  Kundschau  ^üodenberg), 
April  1904. 

2)  Nach  „Geschichte  und  Xaturwiasenschaft",  einem  von  Richter  selbst  her- 
rührenden Auszug  ans  der  Akademie -Festrede.  Steizische  Zeitschrift  f.  Geschichte 
(Graz).  II.  Jahrg.  1904.  S.  98  —  96. 


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212 


Georg  A.  Lakai: 


Ansichten  im  einzelnen  nachweisen.  Wer  damit  nicht  übereiustimmte  oder 
übereingestimmt  hatte,  wurde  erbarmungslos  verurteilt. 

Im  Hinblick  auf  diese  rückständige,  jedoch  keineswegs  schon  völlig  über- 
wimdaiM  SidituBg  bedeutet  der  Ton  Bänke  aufgestellte,  ans  so  tdbit- 
Tentlodlich  dOnkende  scUiehte  Gmndsatc:  JOie  Gesdiielite  hat  vor  allem  so 
beriehten,  wie  es  wiikUeh  gewesen  ist^  —  einen  unermefiliehen  Fortsehritt 
nnd  zwar  im  Sinne  der  Naturwissenschaften.  Der  Kundige  weiB,  dafi  mit 
diesen  scheinbar  so  einÜMshen  Worten  des  Altmeisters  deutscher  Qesi^eht- 
schreibung  die  Anforderungen  an  die  Qualität  historischer  Forschung  ungemein 
gesteigert  wurden  nnd  an  Stelle  leerer  Redensarton  nun  die  induktive  Methode 
treten  mußte,  gleichwie  bei  don  Xaturwissenschaften.  „Nicht  ein  allgemeines 
Bild,  wie  es  beiläufig  gewesen,  sollto  und  konnte  genügen,  sondern  nun  galt 
es  auch  das  Kleine  und  Kleinste  zu  ergründen  j  nicht  bloß  die  beiläufigen  liich- 
tuugcu  and  etwa  noeb  die  Taten  nnd  Bete  der  HeldMi,  sondern  dss  Leben 
nnd  Treiben  der  namenlosen  Masse,  die  Znslftnde  nnd  deren  Entwiekelnng.*^ 

Macht  sieh  der  Historiker  diese  Fordenmgen  snr  Biohtsohnnr,  so  ist 
seine  Arbeit  von  der  des  Natazfovsohers  nicht  so  sehr  Teisehieden;  beide 
sammeln  in  voran  ssetzungsloser  Forschung  ein  möglichst  großes  Material  an 
Tatsachen,  swischeu  denen  sie  Zusammenhänge  herstellen  und  aus  denen  sie 
ihre  Schlüsse  ziehen.  In  dieser  Hinsicht  sind  geschichtliche  nnd  naturwissen- 
schaftliche Ergebnisse  gewiß  vollkommen  vergleichbar. 

Dieser  Parallelismus  gilt  nun  freilich  nicht  in  allen  Fällen.  Da  sich  die 
Naturwissenschaften  zumeist  mit  ^'urgängen  beschäftigen,  die  unter  gleichen 
Umständen  immer  wiederkehren,  so  handelt  es  sich  bei  ihnen  vor  allem  um 
die  Ermittelnng  dar  immer  und  flberall  geltenden  Normen,  d.  i  der  Natnr- 
gesetse,  wonadi  gleiehe  ürsaehen  stets  gleiohe  Folgen  bedingen.  Ein 
Irrtum  ist  nicht  möglieh,  wenn  nur  die  Yoransbeiecbnnng  riohtig  wer. 
Wenn  man  nun  aber,  wie  es  nenestens  geschieht,  aueh  von  der  Geschichts- 
wissenschaft verlangt,  sie  solle  anf  ähnliche  Art  die  Gesetze  des  Werdens 
der  Menschengeschichte  erforschen,  so  täuscht  man  sich  über  ihr  Wesen  und 
ihre  Grundlagen.  Im  allgemeinen  ist  ja  ein  Fortschritt  in  der  Kultur- 
entwickelung zu  beobachten:  ,,da  das  mciisehliche  Geschlecht  durch  Sprache 
und  Schrift  im  Stande  ist,  die  Erruugeuschüfton  einer  (Jeneration  auf  die 
andere  zu  vererben,  su  kann  es  geistige  Kapitalien  sammeln,  es  kann  einen 
Bau  errichten,  bei  dem  der  Erwerb  späterer  Gtenerationen  auf  dem  anver- 
lorenen Besiti  der  früheren  ruht**  Es  kann,  aber  es  muB  nicht;  Beweis 
dafttr  die  schweren  BlloksehUge^  weldhe  oft  g«rag  der  Entwiebfau^  onseier 
eigenen  Kultur  eine  schimr  nnllberwindliehe  Sehranke  setstm. 

Der  Sats,  daß  si«^  aus  denselben  Konstellationen  mit  Notwendigkdt 
dieselben  Folgen  ergeben  müssen,  ist  wohl  fdr  das  geschichtliche  Leben  niebt 
minder  zutreffi  iui  als  für  die  Natur.  Aber  in  der  Geschichte  gibt  es  keinen 
Kreislauf,  nie  kommen  die  gleichen  Voraussetzungen  wieder;  sie  können  es 
nicht,  „weil  die  geschichtlichen  Yorträngo  durch  die  Veränderungen,  die  sie 
bewirken,  selbst  ihre  Wiederkehr  uumiiglich  machen.  .  .  .  Ein  Kunstwerk  wird 
nur  einmal  geschalfeu,  Politik  und  Krieg  kehren  su,  wie  sie  einmal  abge* 
laufen  sind,  gewifi  nidit  wieder.** 


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Eduard  Bieliter. 


273 


Auch  von  den  zum  Mithandeln  berufenen  Menschen  i^^t  ja  nicht  einer 
dem  andern  gleich;  aber  selbst  wenn  dies  eintreten  könnte,  würde  es  nichts 
zu  bedeuten  haben,  denn  das  neue  Geschlecht  steht  immer  einer  völlig  ge- 
änderten Lage  gegenüber.  Da  überdies  die  Lehren  der  Geschichte  zwar  oft 
genug  ToUtOoMid  gepriesen,  doch  erfahrangsgemftfi  faat  nie  belunigt  werden, 
so  waren  nod  sind  die  Untemohteerfolge  der  grofien  JLehnneisterin  d«r 
Vfilker**  stets  Ulgliehe.  Ebenso  nnmfi^ioh  ist  es,  den  OeaduditiTerlauf  fBr 
«ine  noch  so  nahe  Znkanft  mit  nnfehlbarer  Sicherheit  Torauszusagen. 

Die  Geschichte  —  im  weitesten  Sinne  des  Wortes  —  hat  also  nnr  ein- 
mal sich  abspielende  Vorgänge  aufzuweisen^  ist  eine  Ereigniswissenachaft. 
Auch  manche  Zweige  der  Naturfonschung  gehören  hierher,  indem  sie  Ent- 
wickelungsreihen  ins  Auge  fassen,  die  ein  zweites  Mal  nicht  wiederkommen; 
sie  bemühen  sieh  um  Erkenntnisse  von  zweifellos  historischem  Trpus  und 
bringen  diea  schon  in  ihrem  Namen  zum  Ausdiuck:  „Erdgeschichte^^, 
„Natnrgeseliiekto*'. 

Soweit  aber  die  Katarwissenschalten  nnr  die  gleicübleibenden  Bestehnngen 
swisehen  den  Elenwnton  der  Welt  kkrtteUen  sollen,  erforschen  sie  einen 
andern  Brkenntnistjpns:  sl»  sind  Gesetxeswissensohaften. 

„Geschichte  und  Naturwissenschaften  sind  also  vergleichbar  in  Bezug  auf 
die  Sicherheit  der  Ergebnisse,  wenn  hier  und  dort  mit  gleicher  Unbestochen- 
heit  geforscht  wird.  Es  ist  aber  ungereimt,  wenn  die  Geschichte  Gesetze 
aufstellen  will,  und  man  verkennt  ihr  Wesen,  wenn  man  es  von  ihr  ver- 
langt. Im  G<»gent('il:  der  gi'ößte  Fortschritt,  den  die  Naturwissenschaft^'n 
in  dem  abgelaufenen  Jahrhundert  gemacht  haben,  beruht  darin,  daß  mau 
die  Natur  als  Ergebnis  einer  Geschichte  aufzufisissen  gelernt  hat.  So  be- 
rfthren  sidi  die  Ziele  und  Methoden,  es  ist  aber  gmnd&lsch,  sie  sn  Ter- 
mengen.** 

Es  war  Blohter  bei  dieser  tief  angelegten  Festrede  nicht  UoB  um  die 
V«ari^eichba>keit  der  beiderseitigen  Forsdiungsergebnisse  zu  tun,  vielmehr  be- 
absichtigte er  —  wie  bereits  die  oben  angeführte  Tagebuchnotis  erkennen 
läßt  —  eine  Ehrenrettung  der  Geschichte,  die  ihm  gegenüber  den 
Naturwissenschaften  mit  ihren  strengen  Gesetzen  in  MißkrocHt  gekommen  zu 
sein  schien.  Wie  er  auf  geographischem  Gebiete  den  historischen  Einschlag 
um  keinen  Preis  missen  wollte,  so  wünschte  er  auch  im  allgemeinen  der 
Historie  den  ihr  gebührenden  Platz  eingeräumt  zu  sehen.  In  diesem  Sinne 
sohloB  er  angesichts  der  festtiehen  Versammlung  seine  Ausfittirungen  mit  den 
Worten:  „Wenn  die  LOsong  des  Bfttsels  dieser  Welt  darin  besteht,  Uber  die 
Bedingungen  Anfklimng  su  erhalten,  unter  welchen  das  mensiäiliche  Ge- 
schlecht existiert,  dann  kann  die  Gesohidite  allerdings  wenig  dazu  beitragen, 
denn  es  sind  die  Gesetzeswissenschaften,  die  uns  jene  Bedingungen  orläutem; 
die  Geschichte  aber  ist  das  Resultat,  also  selbst  das  Rätsel,  das  aufgeklärt 
werden  soll.  Trotzdem  aber  kann  allein  die  historische  Betrachtungsweise 
die  allerwichtigste  Grundfrage  lösen,  die  man  sich  zu  stellen  vermag,  näm- 
lich, ob  die  Entwickelung  der  Menschheit  sich  autonom  vollzieht 
nach  den  in  ihr  selbst  liegenden  Voraussetzungen,  oder  ob  sie  von 
den  Gesetzen  einer  anderen,  außer  oder  über  der  Natur  stehen- 

OMgn^MMlM  MiMtelfl.  lt.  fthtwtmg,  190C  B.  Htft.  19 


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274 


den  Welt  beherrscht  wird.  Danibr-r  muß  die  Geschirhto  der  Jahr- 
tausende Aufschluß  geben  können.  Von  der  lit^antwortung  dieser  Frage  hängt 
aber  die  Bedeutunj^  und  Wertschätzung  aller  Wissenschaft  und  Forschung  ab: 
am  meisten  der  Natnrforschung.  So  wird  allerdings  die  Oeschichte  xor 
LOtnng  der  größten  Weltfrage  enteoikeideiid  ndtwiriceo  ktanen,  wenn  sie 
addieht  der  Wahrheit  dient  —  ohne  Tonraeeetiang.*' 

XU.  Eduard  Biohters  Persönlichkeit. 

Schwerer  als  von  Richters  Lebensarbeit  kann  von  seiner  Persönlich- 
keit ein  Bild  entworfen  werden,  das  der  Wahrheit  einigermaßen  nahe 
kommt.  Die  Vielseitigkeit  seiner  wissenschaftlichen  Interessen,  der  Umfang 
des  Gebietes,  dem  seine  Tütiji^'keit  gewidmet  war,  die  Förderung,  die  unser 
Wissen  durch  seine  Wirksamkeit  erfahren  hat,  der  Erfolg,  der  sein  Schaffen 
krSnte  von  aU  dem  eine  entsprechMide  Tontellung  tn  erwecken,  ist  dieeen 
Blittem  yieUeiofat  gelungen.  Kaum  mBgUdi  aber  ist  es,  daB  wir  Ton  Biohtar 
als  einem  anageieiehneten  Mensehen  reden  und  nidit  besorgen  mftBten,  das 
SU  seinem  Lobe  Gesagte  bleibe  weit  hinter  der  \nrUieUBeifc  sorftek;  wer  ihn 
kannte,  wird  zugeben,  daß  der  Verlust  dieses  Hannes  fOr  sein  Volk  und^e 
Menschheit  fast  noch  schwerer  wiegt,  als  der  Sehlag,  der  die  Wissensdiäft 
durch  das  Hinscheiden  des  Gelehrten  traf. 

Die  harmonische  Ausbildung  seines  Geistes,  die  in  Foreohung  und  Dar- 
stellung gleichej-weise  ihren  Ausdruck  fand,  war  verbunden  mit  unerschroc  kenem, 
sich  nie  verleugnendem  Freimut  in  Wort  und  Schrift,  mit  treuer  Liebo  zum 
angestammten  Volke,  mit  wahrem  üeldensinn,  der  sich  nicht  leuchtender 
ofienbaren  konnte  als  in  der  heiteren  Buhe  der  lotsten  Tage  und  Stunden. 
Gedenken  wir  dann  auch  seiner  mftnnlich - schCnen  Erscheinung,  der  aos- 
dauemden  KOiperkraft,  die  er  in  der  Jugend  als  nnermlldlicher  Beigsteiger, 
in  qpftteren  Jahren  noch  auf  Studienreisen  oft  in  erstaunlichem  Maße  be- 
wahrte, so  m«nen  wir  in  ihm  jenes  Ideal  erreicht  su  sehen,  welchem  die 
alten  Athener  nachstrebten,  wenn  sie  Geist  und  Körper  eng  vereint  auf  die 
höchste  Stufe  menschlicher  Vollkommenheit  zu  heben  trachteten.  Einem 
solchen  Manne  war  es  gegeben,  Freunde  in  unbeschränkter  Zahl  zu  erwerben, 
so  daß  sein  Hingang  einem  außergewöhnlich  großen  Kreise  von  Menschen  als 
persönlicher  Verlust  erscheinen  konnte. 

So  ist  es  zu  Tflrstehen,  wenn  unter  dem  erschfittemden  Eindruck  dsr 
Todesnachricht  ein  Mitf^ied  seines  engeren  Freundeskreises  schrieb^):  ,^s  gibt 
Menschen,  die  auf  ihre  Umgebung  wie  ein  Kunstwei^  wirken,  wie  ein  sdidnes 
Kunstwerk,  das  wir  nie  genug  geniefien  su  ktanen  glauben;  Mensdien,  denen 
wir  von  Herzen  gut  sein  müssen,  obwohl  wir  ne  kaum  kennen  gelernt, 
Menschen,  die  wir  verstehen  und  von  denen  wir  verstanden  zu  werden  über- 
zeugt sind,  wenn  wir  unsere  Gedanken  auch  nur  in  wenij?en  Worten  mit 
ihnen  austauschen;  Menschen,  die  mit  dem  Blicke  ihrer  klaren  Augeiwden 
Eindruck  ihrer  Worte  verstärken,  deren  bloßes  Dasein  unsere  Lebensfreude  zu 
erhöhen  vermag.    Zu  diesen  Menschen  hat  Eduard  Richter  gehört."  — 

l)B.  V.  Zwiedineck  im  „Grazer  Tagblatt"  (Moigenausgabe  vom  9.  Fe- 
bruar 1905). 


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Eduard  Richter. 


275 


Richter  war  der  geborene  Lehrer.  Schon  die  jugendlichen  Gemüter 
seiner  Sakburger  Gymuasiasten  wußte  er  durch  die  Unmittelbarkeit  des  Vor- 
trages zu  gewinnen,  der  swaaglot  tfbenll  da  anknüpfte,  wo  er  des  inneren 
Anteiles  der  Hflrer  sidier  war,  wihrend  er  sie  mit  numcher  ohneiiia  dem 
Tergessen  gewailiten  Einselheit  Terschoiite.  Ohne  daB  sie  ias  merkten,  s«>g  er 
die  Knaben  sa  einer  mftnnlichen  Anffiusnng  des  Lebens  heran,  snohte  ihnen, 
sobald  sie  reif  genug  waren,  Wert  und  Ziel  wissenschaftlicher  Forschung  klar 
zu  machen,  ihren  Sinn  zu  schärfen  fOr  ein  SsthetiBehes  Wohlgefallen  an  den 
Werken  der  Kunst  und  Natur.  ^) 

Schätzten  so  schon  alle,  die  Richters  Schüler  am  Gymnasium  waren, 
seine  Anregungen  als  wertvollsten  geistigen  Besitz,  wie  viel  mehr  war  dies 
der  Fall  bei  jenen,  die  sich  seiner  Führung  auf  der  Universität  anvertrauten! 
ffier  braaehte  er  sich  keinen  Zwang  mehr  aufisuerlegen,  den  die  Rücksicht  auf 
das  besehifinkte  Verstindnis  des  HOrecs  dort  geboten  hatte;  mit  der  (SrOfle 
der  Avfjsabe  wachs  aneh  seine  Kraft  nnd  die  nrende  an  der  Arbeit  In 
weldiem  Grade  der  Erfolg  diese  lohnte,  asigt  ein  knrMr  Blick  auf  die  Ent* 
Wicklung  des  Ton  ihm  gegrfindeten  Geographischen  Instituts,  denen  Ge^ 
deihen  ihn  mit  gereehter  Freude  erfDilte.    Hatte  er  es  doch  fast  aus  dem 
Nichts  geschaffen;  humorvoll  gedachte  er  gern  des  Augenblickes,  da  er  die 
wenigen   alten   Bücher  und   Instrumente  in   dem  altertümlichon   Saalo  dos 
„Stöckls"  übernahm.     In  dessen   zweitem   Stock,   einem   Zubau    zur  alten 
Grazer  Jesuiten-UniversitÄt,  waren  geographische  Lehrmittel  und  Bücher  bis 
1895  in  demselben  Räume  untergebracht,  wo  auch  die  erdkundlichen  Vor- 
lesnngen  nnd  Übungen  stattfiuiden.   FQr  die  geringe  Zahl  dar  HSrer,  deren 
es  anftags  kaum  ein  halbes  Dutsend  gab,  bitte  die  GrOße  des  Zimmers 
allenfalls  genügt,  würde  es  nor  sonst  seinem  Zwecke  besser  entsprochen 
haben.    Znm  ersten  Mal  fühlte  man  sich  beengt,  als  Biditer  im  Winter^ 
Semester  1893/94  ein  Kolleg  über  die  Alpen  ankündigte  xmd  der  Ruf  seiner 
Autorität  eine  ungewohnte  Schar  von  Alpenfreunden  aus  allen  Fakultftten 
anlockte.  Doch  damals  waren  schon  die  Neubauten  der  Abna  matrr  Grarcf^ws 
ihrer  Vollendung  nahe;   1895  übersiedelte  die  Geographie  aus  deiu  alters- 
grauen Stöckl  in  den  neuen  Haupttrakt,  1899  in  geeignete  Käuralichkeiten 
des   inzwischen    fertiggestellten    naturwissenschaftlichen  Institutsgebiludes.*) 
Bücherei,  Lehrmittel-  nnd  Eartensammlung  mehrten  sich  hier  in  erfreulicher 
W«se;  am  IllmTasehendsten  aber  war  die  Znnahme  der  Frequens  in  Vorlesung 
nnd  Seminar,  so  da0  in  letater  Zeit  bereits  wieder  Platsmangel  herrschte. 
Wenn  nach  TCtsohiedene  ümstftnde  seit  einigen  Jahren  das  philosophische 
Stodinm  in  Osterreich  flberhanpt  begünstigten,  so  überstieg  doch  das  Wachs- 
tum der  geographischen  Hdrerschafb  das  andf  r\v;irts  beobachtete  Maß.  Richters 
Hdrsaal  war  einer  der  ersten,  in  dem  Studentinnen  auftauchten,  sobald  den 
Frauen  der  Zutritt  gestattet  war;  merkwürdiger  noch  schien  der  ..General- 
stab", durch  den  am  deutlichsten  vor  Augen  gestellt   wurde,  welchen  Ruf 
Richters  Vorträge  genossen.  Der  „Oeneralstab"  setzte  sich  nämlich  zusammen 

1)  W.  Erben.  Erinnerungen  an  Eduard  Richter.   Salzburg  19U5. 
t)  Siehe  G.  Z.  Ih  1900.  8.  ISO. 

19* 


Digitizoü  by  C3t.)0^lc 


276 


Georg  A.  Lukas:  Eduard  Uichter. 


ans  maer  betrichtlielien  Aiuwhl  höherer  Beamten  nnd  OfBaere  des  Buhe- 
Standes  bis  sum  Feldsengmdster  anfwtrte,  die  sidi  seit  einw  Beihe  toh  Jahren 
pfinktlich  als  Oiste  ein&nden  nnd  stets  die  eisten  BSnke  des  Saales  lllllten. 
Alt  und  jung,  HOrer  und  Hörerinnen  lanschten  mit  gleicher  Spannnng  den 

Worten  des  Lehrers. 

Und  wie  konnte  er  reden!  Er  beherrschte  nicht  nur  die  Sprache  in 
vollendeter  Weise,  sein  geistreiches  Wesen,  sein  schlaefrrtiirer  Witz  brachten 
auch  in  den  sprödesten  Stoff  Leben.  So  gab  es  wohl  kaum  ein  Teilgebiet 
der  Erdkunde,  dem  er  nicht  anziehende  Seiten  abgewonnen  hätte.  Am 
besten  sprach  er  jedoch  über  länderkundliche  Themen,  und  liier  waren  es 
wiederum  besonders  dl«  historisch -geogrsphisdisii  IHiiIeitnngen,  in  dmen  er 
sich  ganz  und  gar  auf  eigenstem  Gebiete  iUhlte.  War  ihm  das  akademische 
Lehramt  ttberhaupt  eine  Lust»  so  bedeuteten  ihm  diese  Stunden  wahre  Feste; 
auch  seine  Hörer  gingen  wohl  nie  mit  reidierem  Gewinn  nach  Bana». 

Von  der  Hednergabe  Richters  gew&hren  seine  Schriften,  so  TolUrommen 
sie  sich  auch  darstellen  mögen,  nur  einen  schwachen  Begriff');  er  selbst 
war  mit  dem  Gescliriebenen  nie  recht  zufrieden,  auch  mit  den  besten 
Leistungen  glaubte  er  sich  nicht  trenn«.'  iieiau  zu  haben.  In  freier  Rede  aber 
vermochte  er  durch  sein  lel)hattes  Micneuspiel,  eine  leichte  Armboweguug  dem 
Worte  immer  die  gewünschte  Färbung  zu  erteilen  und  den  beabsichtigten 
Xindmok  hervonnbringsn.  Deshalb  war  es  auch  stets  ein  hoher  Genuß,  ihn 
SU  hören,  im  Kolleg,  bei  akademischen  Festen,  oder  im  geselligen  Ernse. 
Zahlreichen  Vereinen  bedeutete  sein  Erscheinen  eine  inUkommoie  Zugkraft; 
kaum  sn  flbeisehen  tind  die  teils  wisseosGhaftliohen,  teils  TolkstOmlichen  Voi> 
trage,  die  er  bei  den  verschiedensten  Anlissen  vor  einem  größeren  oder 
kleineren  Auditorium  hielt.  Auch  in  dieser  Beziehung  hinterließ  er  «ne 
schmerzlich  empfundene  Lücke  in  der  Gesellschaft. 

Er  hielt  darauf,  seinen  Stand  und  die  Würde  der  Hochschule  überall 
entsprechend  zu  wahren  und  auch  in  Äußerlichkeiten  sich  da  nichts  zu  ver- 
geben. Obwohl  er  manchmal  mit  grober  Festigkeit  und  Entschiedenheit  aut- 
treten kpnnte,  verletzte  er  doch  niemanden;  er  brachte  es  selbst  bei  Leuten, 
die  ihm  widerw&rtig  waren,  nicht  über  sich,  beleidigend  zu  smn.  So  ffihlte 
sich  auch  ein  Fremder  in  seiner  Nihe  sehr  wohl  und  war  leicht  su  olbnen 
JLußttungen  sn  bew^^en,  was  dem  Geographen  auf  Beisen  mehr  als  einmal 
zu  statten  kam. 

SoigfiÜtig  pflegte  Richter  die  vielen  Bekanntschaften  iu  Fachkreisen,  zu 
denen  ihm  sein  Amt  und  seine  geradezu  beherrschende  Stellung  im  Deutschen 

und  Ö'^teneichischen  Alpenvercin  verhelfen  hatten.  Er  war  überhaupt  nicht 
gern  einsam;  schwer  empfand  er  es  darum,  als  er  in  den  letzten  Monaten, 
oft  wochenlang  ans  Zimmer  gefesselt  war. 

Kamen  seine  geselligen  Talente  allen  zu  gute,  so  waren  es  doch  wieder 

1)  Imnierhin  sind  sie  jetzt  die  einzige  Quelle,  au8  der  sich  Richters  Wesen 
noch  erschließen  kann;  mit  Abnicht  wurden  deshalb  in  diesem  Nachruf  charak- 
ieristiache  Aussprüche  and  Zitate  in  größerer  Zahl  aufgenommen,  weil  sie  nicht 
bloß  den  Uatdenkenden  Geehrten  und  gewandten  Sohriftateller  venaten,  sondern 
auch  den  Meiiter  des  lebendigen  Worte«  ahnen  lassen. 


D.  Kürchhoff:  üandelsstraßen  und  UandelBmittelpunkte  uaw.  277 


gerne  Stadenten,  in  deren  Mitte  er  lo  recht  aufitante.  D«  fBhlte  er  sidi  jung 
und  alte  BnrMhenschaftserinneningen  wurden  lebendig.  Die  akadentiache 
IMhwt,  der  ZneammMÜiaiig  iwtHhen  ProtaorenkdlegiQni  und  Studeoten» 
Schaft  hatten  an  ihm  einen  überzeugten  und  begeisterten  Verteidiger.  Wurde 
in  seiner  Gegenwart  das  „Vivat  Aeademia^^  angestimmt,  so  gewann  das  alte 
Lied  einen  ganz  besonderen  Klang.  Am  liebsten  jedocb  weilte  er  unter  seinen 
engeren  Schülern,  die  denselben  Weg  gehen  wollten,  den  er  selbst  einst  in 
jugendlichem  Idealismus  gesucht  und  gefunden  hatte.  Wie  er  schon  im  Kolleg 
nie  den  Contact  mit  seinen  Hörern  verlor,  so  waren  die  von  ihm  geleiteten 
Übungen,  die  Wechselreden,  die  sich  etwa  an  den  Vortrag  eines  Schillers 
knüpften,  und  die  er  immer  in  die  gewQnsebte  Richtung  lenkte,  ebenso  be- 
lehrend als  genußreidi.  Aber  nichts  kam  in  dieser  Hinsicht  den  geographi- 
sehen  Schft  1er reisen  gleich,  die  seit  1891  mit  immer  xahlreieberen  9fit> 
l^iedem  des  Lnstitttts  unternommen  wurden.  Da  gab  er  sich  ganz,  wie  er 
war,  sein  göttlicher  Humor  durchleuchtete  auch  die  unbehaglichste  Situation 
im  Hochgebirge  oder  in  den  Steinwüsten  des  Karstes,  seine  liebenswürdigen 
Umgangsformen  öffneten  ihm  die  Herzen  aller;  niemand  wollte  von  seiner 
Seite  weichen,  jeder  sah  in  ihm  den  wohlmeinenden,  wahrhaft  väterlichen 
FruiiKl.  Daß  er  dies  stets  blieb,  bewies  er  so  manchem  seiner  Schüler,  dem 
er  den  ferneren  Lebensweg  ebnete.  — 

So  war  Richter  eine  PersflnliehkeSt,  deren  wissMischaftliche  Bedeutung  und 
Eigenart  aufiiditiger  Bewondernng  wert  ist,  deren  edler,  durchaus  wahrer 
Charakter  Hodiaehtnng  fordert,,  deren  gewinnendes  xmd  Tersflhnendes  Wesen 
noch  in  der  Erinnerung  wohltuend  wirkt  Zu  der  ^verdienten  Anerkennung 
seiner  gelehrten  Tfttigkmt  gesellen  sich  fast  beispiellose  Erfolge,  die  der  Gym« 
nasial-  und  Universitätslehrer  errang  und  die  ihm  die  Dankbarkeit  ganxer 
Generationen  sichern.  Er  war  aber  auch  ein  Lebenskünstler,  der  sich  den 
Inhalt  des  irdischen  Das»'ins  so  rejih  zu  pestalteu  wuüte,  daß,  wer  sein 
Freund  oder  Schüler  war,  keinen  liuhricn  Wunsch  kennt,  als  ihm  nachzu- 
streben, um  am  letzten  einer  langen  Reihe  wohlangewendeter  Tage  von  sich 
sagen  zu  können  wie  er:  „Ich  habe  doch  ein  schönes  Leben  gehabtl** 


Alte  und  neve  HandelsslnBeii  ind  Hmdelsniittelpiiikto 

is  Nordost -Afrika. 

Von  D.  Kürohhoff. 

Afrika  ist  verteilt.  Es  gilt  nun  für  die  beteiligten  Staaten  aus  dem  Er- 
worbenen in  sachgemäßer  Weise  den  gr<>btraö<Tlicben  Gewinn  zu  ziehen. 
Die  Folge  dieser  Bestrebungen  ist,  daß  sich  be.sonders  in  den  Handelsverhält- 
nissen allmählich  ein  Wandel  vollziehen  muß,  deuu  es  kommt  den  europäischen 
Kanflenten  nicht  allein  darauf  an,  daß  Produkte  geschaffen  werden,  son- 
dern es  ist  auch  von  größter  in^chtiglrait,  daB  diese  Produkte  auf  ren- 
tabelste Weise  au  den  gOnstigsten  Verschifhngspnnkten  an  der  Kflste  und 
zu  den  Absatigebieten  gest^alR  werden  kOnnen.    Genflgt  wird  diesen. 


278 


D.  Kürchhott: 


Foidenuigea  dnroh  VOTbindangen  jeglicher  Art,  die  den  Maasentransport  am 

billigsten  gestatten,  und  dadurch,  daß  di(Si-  Verbindungen  auf  möglichst 
direktem  Wege  die  fraglichen  Punkte  erreichen.  Nur  in  den  seltensten  Fällen 
zeigt  Afrika  vor  dem  Eindringen  der  Europärr  einen  in  den  angegebenen 
Bahnen  verlaufenden  Verkehr;  der  ganze  Handel  der  nördlichen  HJllfte  des 
schwarzen  Erdtoils  wird  trotz  vorhandeunn  näheren  und  teilweise  guten  Ver- 
bindungen fast  bis  zum  Äquator  hinab  von  den  Küsten  des  Mittelmeera  be- 
herrscht. Im  Nordosten  Afrikas  bildet  der  Kil  die  Haupteingangs-  und  Aua* 
gangsstrafie  Ar  die  VOlkerr  und  Handelsbewegungen.  Seitdem  die  Türken 
die  Hensehaft  über  Ägypten  an  sieh  geriiaen  hatten,  war  ea  besonders  Kairo, 
das  den  Handel  mit  den  weiter  sfldwtrts  gelegenen  Oebietmi  vermittelte  und 
das  Brown  im  Jahre  1792  als  den  vornehmsten  Handelsplatz  für  die  üst> 
liehen  Gegenden  v(>n  Afrika  bezeichnete.')  Vor  der  Cholera  im  Jahre  1833 
und  der  Pest  im  Jahre  1834  soll  die  Stadt  500  000— «5 ÜO  000  Einwohner 
geha})t  haben.  Durch  beide  Epidemien  fiel  die  Bevölkerungszahl  auf  300  OUO 
Einwohner. ' ) 

Drei  große  Karawanenstruüeu  dienten  zu  Beginn  des  vorigen  Jahr- 
hunderts dazu,  die  verschiedensten  Artikel,  besonders  Sklaven,  Elfenbein, 
Kamele,  Straufienfedem,  Gummi  aus  dem  Linem  nadi  Kairo  au  bringen: 
die  Straßen  von  Hursnk,  Darfrur,  Sennaar.  Die  Zeit,  in  der  die  Karawanen 
in  dem  Handelsemporiom  am  NU  eintrafen,  war  Tenchieden,  siemlich  regel* 
ndßig  kam  meist  jährlich  eine  von  Mursuk  kurz  vor  Beginn  des  Ramadan.^) 
Diese  hatte  zur  Fortschaffimg  der  Waren  5000  Kamele  und  mehr  nötig. 
Ein  Teil  setzte  seinen  Weg  weiter  nach  Mekka  fort,  der  Kest  blieb  zu 
Handelszwecken  in  Kairo  und  erwartete  die  Rückkehr  der  häufig  aus  Marokko 
stammenden  Pilger  TJanz  unbestimmt  war  das  EintretTen  der  von  Süden 
kommenden  KarawariLii,  ilt-iui  (h  it  ii  Hcwcgungen  hingen  von  den  öftei-s  statt- 
findenden politischen  \  eränderungi  ii  in  Inner- Afrika,  von  der  Willkür  der  ge- 
rade die  Regierung  ausübenden  Despoten,  sowie  von  der  Ifetigheit  der  die 
Karawsnenstrafien  beonruhigenden  BSoberiiorden  ab.  Bisweüen  vergingea 
swei  bis  drei  Jahre,  be?or  eine  Karawane  nach  Ägypten  kam,  andererseits 
trafen  aber  auch  unter  Umstünden  zwei  oder  drei  in  einem  Jahre  ein.*) 
Auch  die  Stärke  der  einzelnen  Karawanen  war  sehr  verschieden  und  schwankte 
zwischen  2000  und  16000  Kamelen,  wozu  noch  1000  Sklaven  traten.  Diese 
letzteren  sämtlich,  sowio  ein  großer  Teil  der  Kamele  wurden  in  Kairo  ver- 
kauft, so  daß  die  zurückkehrenden  Karawanen  meist  nur  200—  500  Kamele 
stark  waren. ■'')  Die  Karawanen,  die  von  St-unaar  nach  Ägypten  zogen,  waren 
nicht  .so  heträchtlich,  wie  die  von  Darfur,  sie  bestanden  gewöhnlich  nur  aus 
400 — 500  Kamelen.  In  ruhigeu  Zeiten  kamen  aber  jährlich  zwei  bis  drsi 
Karawanen  nach  Ägypten.  Die  Handelsartikel  waren  nngefkhr  die  glichen 
wie  von  Datfrir:  SUaren,  Kamele,  Elefontensfthne,  Straußenfedern,  Gummi, 
Goldstaub.*)   Sowohl  die  Straße  nach  Darftu*,  als  auch  die  nach  Sennaar 

1)  Brown,  ileisen  in  Afrika.  S.  Ul. 

5)  Ruseegger.  Reisen  in  Afrika.  Stuttgart  1848.  «.  Teil.  I.  8. 180. 
8)  Brown  a.  a.  0.  S  2H4         4)  Ebda  S.  284.         5)  Ebda.  8.  S88. 

6)  Allgemeine  geographische  Ephemeriden.  Bd.  12.  S.  64tt. 


Digiti/Oü  by  Cjt.)0^lc 


Hand«liitr»ft«n  und  HaadeUmittelpiinkte  in  Nordost-Afrika.  379 

folgten  vou  Kairo  zunächst  dem  Lauf  des  Nil;  die  erstere  verließ  den  Strom 
bei  Siut,  um  über  Beheb -Selime  direkt  nach  Süden,  nach  Kobbe-El  Fascher 
zu  füiiren,  die  letztere  erst  bei  Assuan. 

Siut  war  zu  Autaug  des  vorigen  Jahrhunderts  die  bedeutendste  Stadt 
Ober-Ägypteo«  und  llbtrtraf  an  OrSBe  mit  ihron  25000  BimrolmiRi  all«  Ort- 
Bchaften  sfldlieh  Kairo.')  Über  die  310  km  Ton  Sint  liegenden  Oasen 
Mondrieh  d'Asstnt  ftnBert  sich  „La  O^ograpbie*^:  Man  schltzt,  dafi  in  jeder 
8«aaon  600 — 700  Kamele  kommen,  anr  Zeit  des  SUaTenhandels  kamen  4000 
TOn  Darfür,  nm  naeh  Sint  sn  gehen.') 

Assuan  war  nur  von  geringer  Bedeutung,  obwohl  bei  ihm  eine  Weiter- 
fahrt der  von  Kairo  konunenden  Schiffe  unmöglich  war;  denn  wenn  auch 
der  erste  Katarakt  durch  Fahrzeuge  überwunden  werden  konnte,  so  mußten 
diese  doch  von  besonderer  Bauart  sein,  ein  Umladen  der  Güter  und  ein 
Umsteigen  der  Fahrgäste  war  also  hier  st«t8  geboten,  gleichviel  ob  der  Weg 
an  Wasser  oder  zu  Lande  foiigesetzt  werden  sollte;  aber  der  Frachtverkehr 
«nf  dem  Flosse  und  somit  der  Wert  dar  Stadt  als  Umschlagsplats  war  flber- 
hanpt  nnr  sehr  gering,  denn  die  Handelskarawanen  ans  Berber  nnd  Sennaar 
konnten  nieht  an  Sdiüb  nilabwirts  gehen,  da  sie  zum  Teil  ihre  Kamele 
selbst  als  Ware  nach  Ägypten  brachten.  Burekhardt  (1813)  und  Rus- 
segger  (1H13)  schildern  Assuan  als  kleine  unscheinbare  Stadt.  Von  ihr 
führten,  abgesehen  von  der  bei  dem  auf  dem  linken  Ufer  liegenden  Alt- 
Esne  beginnenden  Verbindung,  die  den  AnsdiUili  an  die  Straße  Siut — El 
Fascher  ennüglichte,  zwei  Karawanenstraßen  nach  Süden.  Die  eine  ging 
durch  die  große  nubisehe  Wüste  über  I)s(  hobel  Schigre,  sie  wurdo  am  mei- 
sten benutzt,  da  mau  auf  ihr  mehr  und  öfter  Wasser  fand  als  auf  der 
iweiteu,  weiter  westlich  gelegenen'),  die  annftehst  dem  Niltal  folgte  nnd  dies 
«nt  bei  Korosko  TortieB,  wo  auch  die  Landreise  für  alles  b^pmn,  das  den 
Kweiten  Katarakt  zu  Schiff  fiberwnnden  hatte.  Auf  dieser  Strafte,  welche 
ebenso  wie  die  anter»  dm  Nil  wieder  bei  Abo  Hamed  enmchte,  herrschte 
«teta  Wassermangel,  da  auf  ihr  nur  ein  Brunneu  halbwegs  der  beiden  End« 
punkte  zu  finden  war.*)  Korosko  und  Abu  Hamed  waren  somit  wichtige 
Stationen  des  Handelsverkehrs  und  behielten  dies«-  Bedeutung  fast  das  ganze 
Jahrhundert  Uber  bei,  sie  machten  aber  trot^em  nur  einen  kläglichen  Ein- 
druck. 

Von  Abu  Hamed  folgte  die  Karawauenstraße  dem  Nil  /zunächst  bis 
Berber.  Hier  war  der  Hauptmarktplatz  f&r  doi  südlichen  Andel,  um  so 
mehr,  da  alle  Kamwanen  von  Sranaar  und  Sdiendj  hier  durchgehen  maßten. 
Diese  fiedentong  hat  die  Stadt  auch  spiter  beibehalten^  nnd  Ende  der 
70er  Jahre  wird  belichtet,  daft  tiglich  Karawanen  von  einigen  Hundert 
Kamelen  anlangten  und  die  j&hilieh  einmal  koiumende  große  Karawane  aus 
Hairar  aus  12(J0  Kamelen  und  ungezählten  Herden  von  Schafen  und  an- 
derem Vieh  bestand.  Beurmann  weist  IHilO  darauf  hin,  daß  der  Ort, 
der  um  diese  Zeit  20000  Einwohner  zählte,  ein  bedeutender  Punkt  an  der 

1)  Brown  a.  a.  0.  S.  119.         2)  La  Geographie.  III.  1901.  S.  330. 

5)  Burekhardt.  Reisen  in  Nubien.  4)  Globue.  1870.  S.  389. 

6)  RuBsegger  a.  a.  0.  S.  443.         G)  Burekhardt  a.  a.  0.  S.  98. 


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280 


D.  Kflrehhoff: 


Handelsstialjp  zwischen  Zentral-Afrika  und  dem  Ausland  sei,  da  sich  hier 
die  großf  Strabe  aus  dem  Innern  in  zwei  teile,  von  denen  die  eine  nörd- 
lich über  Kairo  nach  Europa  tiihrf  und  sich  die  andere  östlich  über 
Suakin  nach  Asien  wende*);  diese  letztere  Verbindung  wurde  im  Anfang  des 
19.  Jahrhunderts  wenig  besucht,  da  die  Kaofleate  Furcht  vor  den  räuberischen 
und  unbamilMiug«!!  BesdiarMii  hatten.')  Dieie  YerUltniaM  inderten  sich 
erst  lange  nach  der  BeeitieigreifiiBg  der  sfidlidien  CMiiete  dnreh  die  Ägypter'), 
aber  die  Bedeutung  der  StraBe  Kaenla — Boaldn  konnte  die  Verinndnng  Ton 
Berber  mit  dem  wichtigen  Hafenplatz  am  Roten  Meer  dodi  nicht  emiehen. 
Trotz  seiner  Wichtigkeit  als  Handelsplatz  hatte  Berber  zu  Anfang  des  vorigen 
Jahrhunderts  mit  keinem  der  südlicheren  Staaten  eine  direkte  Verbindung, 
ausgenommen  mit  Schendy,  wohin  die  Karawanenstraße  dem  Lauf  des  Nils 
folgte;  der  Fluß  >elb8t  wurde,  obwohl  der  sechste  Katarakt  der  Schiffahrt 
wenig  Schwierigkeiten  entgegensetzte,  dem  Verkehr  nicht  dienstbar  gemacht.*) 
Früher  hatte  zwischen  Berber  und  Kordofan  eine  direkte  Karawauensti'aße 
bestanden,  jedodi  winde  dieie  bweiti  tn  Beginn  dei  19.  Jahiihitnderts  niobt 
mehr  begangen.^) 

Schendy  war  nm  diese  Zeit  nftchtt  Sennaar  und  Kobbe  die  grOflte  Stadt 
im  eftdUdien  Sudan*),  ehemals  die  Hauptstadt  des  gleichnamigen  KOnigreiehs 
nnd  der  Hanptstapelplatz  des  Binnenhandels  von  Ägypten  und  Nubien  mit 

Abessinien,  Sennaar,  Kordofan  und  den  übrigen  Negerlftndem,  sowie  mit 
Suakin  '  >  Burckhardt  gibt  1813  als  westliche  Grenze  des  Handels  von 
Sehend j  Bagirmi  an*^),  dagegen  war  der  Handel  mit  Dongola  ohne  alle 
Bedeutung.*  I 

Auf  den  Markt  von  Schendy,  dessen  Einwohnerzahl  ungefähr  5 — 6000 
betrug,  kamen  in  erster  Linie  Baomwollzeuge  aus  Sennaar,  ebendaher  Gummi- 
arabicwn,  Gold  nnd  Eleftntenxihne  ans  allen  Gebieten  Inner-Afinkas,  anfieidem 
Sklaven«  die  Zahl  der  letzteren  sch&tste  Burckhardt  anf  6000,  Ton  denen 
2500  nach  Snakin,  1500  nadi  Ägypten,  die  flbrigen  nadi  Dongola  und  su 
den  Beduinen  gingen,  die  Östlich  von  Schendy  gegen  den  Atbara  und  das 
Rote  Meer  zu  lebten.^")  Europäische  Waren  kamen  aus  Kairo  und  die  grOBte 
Zahl  aller  H&ndler,  die  am  Anfang  des  19.  Jahrhunderts  den  Markt  von 
Schendy  besuchten,  kam  aus  Suakin,  von  woher  besonders  indische  Waren 
eingeführt  wurden.")  In  erster  Linie  ist  von  diesen  Sandelholz  zu  nennen, 
das  bis  Bagirmi  verhandelt  wurde. 

Von  Sehend)'  strahlten  nun  nach  den  vei'schiedensten  Seiten  Karawaneu- 
straßen  aus,  so  nach  Suakin,  entweder  gerades wegs  oder  fiber  Tsika,  beider 
Treffyunkt  war  am  Atbara.  Der  letitere  Weg,  obwohl  unsieher,  wurde  dodi 
am  meisten  benutst,  da  an  ihm  viel  Wasser  nnd  Weide  su  finden  war**),, 
eine  andere  Verbindung  ftthrte  nach  Sennaar.  Dieser  Ort  war  swar  awA 
mit  Berbw  direkt  verbunden;  während  aber  diese  Straße  fast  gar  nidit  be- 
nutzt wurde,  wurde  der  Weg  Schendy— Sennaar  sehr  lebhaft  b^jangen. 

1)  P.  M.  186S.  8.  61.        2)  Burckhardt  a.  a.  0.  8.  98.        8)  Ebda. 
4)  Ebda.  S.M7  Ebda.  S.  837.         6)  Ebda.  S  148. 

7)  RuBsegger  a.  a.  0.  Teil  I.  S.  492.         8  Burckhardt  a.  a.  0.  S.  206. 
9)  Ebda.  S.  205.      10)  Ebda.  8.  20\>.       11)  Ebda.  S.  197.      12)  Ebda.  S.  264. 


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Haiideltiätrußen  und  üandelsmi ttelpunkte  in  Nordost-Afrika.  281 

Weitere  SfcnJen  folgten  dem  NU  anf-  und  «bwiits,  und  ebenso  bestand 

eine  Verbindung  mit  El  Obeid.  Eine  wenig  begangene  Straße  führte  quer 
durch  die  Behidu,  erreichte  bei  Ambnkol  den  Nil  nnd  b^leitete  ihn  bis 
Dongola. 

Zu  Beginn  des  19.  Jahrhunderts  begann  nun  Ägypten  seine  Herrschaft 
weiter  nach  Süden  auszudehnen:  in  jener  Richtung  lagen  drei  beträchtliche, 
gut  regiert«*)  Staaten,  deren  Hauptorte  Sennaar,  Dongola,  Kl  Obeid  waren. 
Der  erstere  wurde  bereite  1811  von  dem  damals  die  Regierung  in  Ägypten 
IBhrenden  Paseha  Mohainet-AU  besetzt,  gelegeof^ih  der  Verfolgung  der  ge- 
flohenen Beste  der  vam  grOfiten  Teil  Temiehteten  Mamelnehen.  Dongola, 
inneriialb  fruchtbarer  Gegenden  gelegen,  trieb  schon  vor  dieser  Erobnmng 
Idthaften  Handd  mit  Ägypten,  jedoch  nur  mit  den  Erzeugnissen  des  eigenmi 
Landes.  Abgesehen  von  den  Pilgerkarawanen,  die  nicht  den  Weg  über 
Scbendj  benutzten,  hatte  der  Ort  so  gut  wie  gar  keinen  Verkehr  mit  den 
innerafrikanischen  Staaten.  Mit  der  Besetzung  durch  die  Ägypter  änderte 
sich  dies,  alsbald  fand  die  Eröffnung  einer  Karawauf-nstraße  nach  El  Obeid 
Statt,  und  eine  andere  Straße  führte  über  Ambukol  nach  Schendj,  jedoch 
war  der  Verkehr  mit  dieser  Stadt  gering. 

Das  Aufbifliien  Dcmgolas  hatte  auch  die  Entwicklung  Wadi  Haifas  zur 
Folge;  hier  war  die  &iq;itstation  ftr  alle  ttngs  des  Nil  nord-  nnd  sUdwIrts 
wandflcnden  Karawanen,  und  daher  kam  die  hohe  Bedeutung  des  Ortes,  weil 
}ußr  umgeladen  werden  muflte  und  mäi  der  Schifistransport  yon  Assnan  bis 
hierher  der  langen  Reihe  der  Katarakten  wegen  weiterhin  gegen  Dongola  in 
den  Landtnuisport  und  umgekehrt  gestaltete.') 

Im  Jahre  1821  begann  Mohamet-Ali  die  eigentlichM  ErolM-ninir  der 
weiter  südlich  gelegenen  Gebiete:  bis  1825  wurfii  Sennaar  und  Kordüfan 
unt€r  ägypti.sche  Herrschaft  gebracht,  nachdem  im  Jahre  1823  als  Stütz- 
punkt zur  Behauptung  des  Eroberten  und  als  Ausgangspunkt  für  fernere 
Unternehmungen  am  Zusammenfluß  des  weißen  und  blauen  Nil  Khartum  ge- 
gründet worden  war.  Zur  Zeit  des  ägyptischen  Erorberungszuges  nur  ein 
kleines,  unansehnliches  lisciherdorf ,  entwickelte  sidi  die  neue  GrOndnng  sehr 
schnell,  was  bei  der  Lage  an  dem  Zusammenmtlnden  sweier  groBer  aus 
reidien  Q^^den  kommender  WasserstraBen  nicht  weiter  Wunder  nehmen 
kann.  Wenn  ein  Schiffsverkehr  auf  dem  weißen  und  blauen  Nil  selbst  um 
diese  Zeit  auch  noch  nicht  stattfand,  so  zogen  beide  Ströme  doch  zahlreiche 
Karawanen  an,  welche  längs  der  Ufer  dahinzogen,  wfnn  sie  nicht  durch 
räuberische  Horden  nnd  durch  Ali^^'uljt  iurpressung  zum  Einschlagen  anderer 
WcL'c  gezwungen  wurden.  Einer  der  wesentlichsten  Vorteile,  welche  die 
ägyptische  Herrschaft  den  eroberten  Ländern  brachte,  bestand  aber  in  dem 
Streben,  den  Verkehr  auf  den  Handelsstrafien  mOgUchst  sidwr  va  stellen, 
und  da0  diese  Absieht  von  Erfolg  gekrOnt  war,  zeigen  die  Mitteilungen  sahl- 
Teieher  Beisenden. 

Khartum,  bereitB  1858  30000  Einwohner  nnd  1885  50000  Einwohner 


1)  Novrdke  Annales  den  voyages.  VI.  1868.  S.  844. 
i)  Raesegger  a.  a.  0.  Teil  II.  8.  88. 


282 


D.  Kflrehhoff: 


zählend,  zog  den  ganzen  Handel  Nordwest- Afrikas  derart  an  rieb,  daft  nicht 
allein  Doiif/ola,  Berber  u.  a.  viel  von  ihrer  Bedeutung  verloren,  sondern  auch 
Schendy  und  Sennaar;  beiden,  bei  der  Kroberung  durch  Mohamet-Ali  zer- 
stört, wurde  jedes  nennenswerte  Wiedfraut'hlühen  unmöglich  gemacht.*)  Die 
Stadt  bildete  bald  den  wichtigsten  Hauptstapelplatz  für  die  Produkte  Zentral- 
Airikas  und  behielt  diese  führende  Rolle  bis  zu  ihrer  Zerstörung  durch  die 
Truppen  des  ICahdi;  starke  Karawanen  mit  Elfenbein,  Ebenholz,  Straußen- 
federn nsw.  Bogen  von  hiw  aus  nach  Kairo,  wSbrend  der  Aostansdi  von 
Getreide,  Baumwolle  und  Onmmi  gegen  die  euroiAiaohen  Eneugnisse  Kbar- 
tum  SU  einem  Platz  von  großer  kommersieller  Aktivität  machte.  Der  Yer- 
kehr  nach  Norden  vollzog  sich  teils  Aber  Berber ,  teils  über  Dongola.  Im 
eisteren  Fall  mar^^chicrten  die  Karawanen  zunächst  längs  des  Nil,  am  von 
Berber  au-^  die  weiter  oben  angeführten  Straßen  zu  benutzen.  Der  Weg 
von  Khartuni  nach  Donpola  verließ  den  Nil  bei  Kereri  und  erreichte  ihn 
wieder  bei  Dehbe.-j  Trot/jleiii  /,u  tiieseiu  Ort  autli  eine  direkte  Straße  vun 
dem  Uaudelsemporium  EI  Obeid  her  führte,  konnte  er  es  doch  zu  einer 
nennenswerten  Entwicklung  nicht  bringen,  er  blieb  ein  unbedeutendes  Nest 
Neben  diesem  immer  lebhafter  werdenden  Verkehr  su  Lande  entwidcelte  sich 
allmihlidi  auch  eine  rege  Schiffiüirt  swischen  Kbartum  und  dem  Norden, 
besonders  mit  Berber,  und  im  Jaihr  1877  berichtet  Junker,  daß  die  18  Schiffe 
der  Khartumer  Nilflottc,  alle  Raddampfer,  neben  zahlreidieD  Handelsbarken 
einen  ziemlich  regelmäßigen  Verkehr  zwischen  beiden  Städten  unterhielten.') 
Eine  Folge  der  immer  mehr  zunehmenden  Ausnutzung  des  mittleren  Nils  filr 
den  Fraditverkchr  war  eme  Zunahme  des  Frachtverkehrs  auf  dem  unteren 
Nil  bis  Assuan:  im  Jahre  1873  hnden  wir  auf  der  Strecke  Assuan — Kairo 
die  großen  Barken  einer  englisch-amerikanischen  (nitertranspurtgeselhschaft  tätig.*) 
Leider  schob  die  ägyptische  Regierung  der  Entwicklung  des  Handels 
insofeni  einen  starken  Riegel  vor,  als  ne  den  BEandel  mit  Gummi,  Elfenbein, 
Häuten  und  einigen  andern  Handelsartikeln  als  Monopol  der  B^^ierung  ei^ 
klSrte,  außerdem  aber  von  den  flbrigen  Landeseneugnissen,  weldie  im  engeren 
Sinne  des  Wortes  nicht  als  Gegenstände  des  Handelsmonopols  betrachtet 
wurden,  so  große  Zölle  und  Abgaben  bei  ihrer  Ausfuhr  nach  Ägypten  forderte, 
daß  es  für  die  Privaten,  die  außerdem  auf  der  langen  Beise  die  Fracht  und 
sonstige  Kosten  zu  bestreiten  hatten,  kaum  möglich  war,  den  Verkauf 
der  Produkte  mit  Vorteil  zu  bewirken;  die  Folge  war,  daß  sich  der  Druck 
des  Monopols  auf  den  ganzen  Handel  ausdehnte.  Endlich  veranlaßten  die 
zahlreichen  von  der  Regierung  unternommenen  Sklavenjagden,  daß  rieh  die 
Negerlinder  im  Sflden  ganz  abedilosBen.*)  So  bßrten  älhiddiliob  die  großen 
8ennaar-Kar»wanen  auf  nach  Ägypten  su  sieben*),  und  der  Sultan  von  Daifiir 
ließ  allen  Verkehr  mit  Kordofim,  Nuhiem  usw.  abscdmeiden,  die  Brunnen  auf 
den  dahin  führenden  Karawanenstraßen  versehfitten  und  gestattete  nur  den 
Verkehr  auf  der  Straße  nadk  Siut^)   Hier  liegt  einer  der  Hauptgrfinde,  die 

l)RnBBegera.  a.  0.  Bd.n.  8  460.      9)  Moitvement  g^graphique.  1884;  S.7. 
3)  Junker.  Reisen  in  Afrika.  Bd.  I  S.  5ho.         4)  Ebda.  S.  «8. 
5)  RuBseger  a.  a.  0.  S.  34.         6)  Ebda.  Bd.  IL  8.  848. 
7)  P.  M.  IbeO.  S.  826. 


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Haudelastraßen  und  UandeUmiitelpankte  in  Nordoit-Afrika.  283 

trots  der  leiditeren  und  bequemeren  Verbindong  Aber  Khartum  und  den  Xil 
die  lange  und  beschwerliche  Verbindung  mit  Siut  offen  hielten.  Hauptsäch- 
lich wnrden  hier  befördert  Sklaven,  Elfenbein,  Straußenfedern,  Gummi-arabicum 
usw.;  eine  ums  Jahr  1850  in  Siut  ankonmieude  Karawane  brachte  allein 
1000  Zentner  Elfenbein  und  übor  '.».')()  Sklaven.*) 

Betrachten  wir  den  Karawaut  nverk.'hr  Kliartums  narh  X-ndosten  weittn-, 
80  ging  der  Hauptverkehr  mit  dem  wichtigen  iiaten  Suakia  im  allgemeiuen 
über  Berber.  Der  Wandel,  den  die  Handelsyerhältnisse  in  Nabien  durch  die 
Eroberongen  Mahomet-Alis  erfuhren  und  der  du  Veradiwinden  Schendjs  und 
Sennaars,  auf  deren  Blflhen  der  Handel  Snakins  in  erster  Linie  beruhte,  zur 
Folge  hatte,  war  an  diesem  Hafen  nicht  spurlos  vorfibergegangen,  und  im 
Jahre  1843  war  der  Handel  Suakins  nur  von  geringer  Bedeutung.*)  Zu- 
nächst unter  türkischer  Herrsehaft  stehend,  konnte  sich  der  durch  seine  Lage 
Ton  Natur  stom  llafenplatz  des  ägyptischen  Süden  bestimmte  Ort,  so  lange 
auch  nicht  wieder  entwickeln,  als  die  Verwaltung  von  Arabien  und  Konstan- 
tinopel aus  geleitet  wurde.  Erst  nach  der  im  Jahr  1865  ertolgten  Abtretung 
au  Ägjiifen  begann  ein  neuer  Aut's(diwunv\  und  schon  im  Jahr  IHOH  konnte 
Schweinfurth  berichten,  daß  sich  die  Stadt  in  kurzer  Zeit  außei-ordentlich 
gehoben  habe;  er  wies  jedoch  gleichseitig  darauf  hin,  daß  dieses  Gedeihen 
nur  relativ  ssi,  da  die  ftgyptische  Regierung  den  Handel  dureh  Zollschranken 
selbst  g^n  den  natnigemftflen  Verkehr  mit  Sues  immer  mehr  ahgesohlossen 
halte.  Dann  £uid  sie  es  fllr  gut,  den  Schwerpunkt  ihrer  biteressen  nach 
Massaua  zu  verlegen.')  Trotz  dieser  Erschwerungen  erfreute  sich  Suakin  bis 
zur  Zeit  des  Mahdi-Aufstandes  eines  nicht  unerheblichen  immer  mehr  steigen- 
den Wohlstandes,  besonders  hervorgerufen  durcli  die  Ausfuhr  von  Gummi, 
Straußenfedern,  Salz,  Baumwolle,  Elfenbein.  Mitte  der  sechziger  Jahre  wurde 
der  jährliche  (iflterunisatz  auf  1  Mill.  Mk.  und  in  den  Jahren  unmittelbar 
?or  dem  Aufstand  auf  mehr  als  1  Mill.  Pluud  Sterling  veranschlagt.*) 

Auf  der  Karawaueuätraße  Berber — Suakiu  wurde  dem  Halen  besonders 
Onmmi-aralnciun  nigeftthrt  Nachdem  Gordon  die  Begierung  in  den  Äqua- 
torial'Provinsen  flbemommen  hatte,  ließ  er  an  manchen  Stellen  dieser  StraBe 
Veihesserungen  anbringen,  auch  ein  Gesdiftflsmann  in  Suakin  begann,  wenn 
auch  nüt  bescheidenen  Krftfken,  snne  Flftne  für  eine  Veihesserung  des  Weges 
und  sogar  fDr  die  Anlage  einer  fhhrbaren  Straße  zur  Ausführung  zu  bringen.*) 
Dank  dieser  Arbeiten  wäre,  wenn  nicht  das  für  den  Sudan  schwere  Unglück 
des  Mahdisten-Aufstandes  allen  zivilisatorischen  Bestrebungen  ein  jähes  Ende 
bereitet  hätte,  unstreitig  mit  der  Zeit  der  Koute  von  Berber  nach  Suakin 
für  Import  und  Export  der  V'orzug  zuerkannt  worden.  Vorerst  mußte  ^ic 
sich  hm.sichtlich  ihrer  Bedeutung  für  den  Handel  mit  Inner-Aafrika  mit  der 
sweiten  Stelle  gegenüber  der  auch  für  die  Verbindung  Khartums  mit  dem 
Boten  Meer  wichtigsten  Karawanenstraße  Suakin — ^Kassala — ^Khartum,  welche 
auch  im  Verglmdi  mit  ersterer  die  V(»rteile  größerer  Sicherheit  bot,  begnügen. 

I  i  I^ull  de  la  HOC.  de  G^ogr.  Paris.  1860.  S.  14. 
2)  Kussegger  a.  a.  0.  S.  469. 

8)  Schweinfurth.   Im  Henen  Ton  Afrika.   Teil  I.  8.  tO. 
4)  Jnnker  a.  a.  0.  Bd.  L  S.  67.        6)  Ebda.  S.  SS. 


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284 


D.  Kfircbboff: 


Diese  Verbindttog  gebOrte  vor  dem  Aufstand  des  Vahdi  la  dM  beleb- 
testen im  IgTptasohen  Sudan.  Benutzt  worden  vier  verschiedene  Wege,  von 
d<»nen  der  von  Ermenal  am  begangensten  war.  Obwohl  nioht  am  kürzesten, 
bot  er  doch  don  Vorteil,  daß  sich  viel  Futter  und  Wasser  an  ihm  fand.*) 

V<!r  dem  Beginn  der  Reg»'iizoit  war  der  Verkehr  am  stärksten;  nament- 
lich kamen  um  diese  Zeit  die  Scliukrieh  aus  Gedaref  in  starken  Karawanen, 
die  zuweilen  1.>(K)  und  mehr  mit  (Jummi  heladene  Kamele  zählten,  direkt 
bis  Snakin,  während  in  gewöhnlichen  Zeiten  Kassala  für  die  von  Norden 
naeh  Sflden  kommenden  Karawanen  den  Halte-  und  Umladeplatt  bildete. 

Kassala,  im  Jahr  IfUO  begrOndet,  eine  der  jüngsten  Stldte  des  Sodaa, 
entwickelte  sidi  dank  des  Versehwindens  der  lebhaftem  Handelsstadt  Sennaar 
nnd  in  Folge  ihrer  gQnstigen  Lage  swischen  Buakin  und  den  getreidereiehen 
Bezirken  von  Gedaref  und  Teka  so  schnell,  daß  8ie  bereits  im  Jahr  1862 
Kinzelbach  als  eine  bedeutende  Handelsstadt  bezeichnete,  wenngleich  sich 
auch  hier  die  ilcrvjttische  Verwaltung  mit  ihrem  System  türkischer  Erpressung 
außerordentlich  hemmend  bemerkbar  machte.')  Mit  der  steigenden  Sicherheit 
des  Verkehrs,  etwa  seit  1H60,  entwickelte  sich  ein  immer  lebhafterer  Handel, 
und  in  der  Bltitezeit,  d.  h.  vor  dem  gi-oßen  Unabhängigkeitskrieg  Abessiniens 
kamen  nnd  gingen  täglich  Dutzende  von  Karawanen;  die  vor  den  Toren  der 
Stadt  lagernden  Kamele  zfthlten  nach  Tausenden.*) 

Die  Bedentang  der  Stadt  war  nnd  ist  nicht  in  ihrem  eigmen  Handel  begrOndeti 
sondern  in  ihrer  Stellmig  als  TransithandilspIatB,  wobei  besonders  auch  die 
Länder  im  Stlden:  Gedaref,  Doqua,  Galabat,  deren  gleichnamige  Hai^torte 
auch  gleichzeitig  die  wichtigsten  Handelssitze  waren  ,^)  in  Betracht  kommen. 
Kassala,  welches  Anfang  der  achtziger  Jahre  nach  Hartmann  15  000  Ein- 
w<i])ner  hatte,  entwickelte  sich  allmählich  zu  einem  Mittelpunkt  des  Tier- 
haudels  für  die  eurdpilischon  zoologischen  (üirten 

Galabat,  wo  sich  die  Händler  aus  Sonnaar  mit  denen  aus  Gondar  trafen, 
war  früher  ein  sehr  bedeutender  Stapelplatz  fOr  den  innerafrikauischen 
Handel,  der  jedoch  mehr  nnd  mehr  an  Widitigkeit  abnahm  in  dem  Yer- 
hlltnis,  als  wAt  der  Verkehr  swischen  Ägypten  nnd  dem  Sndan  hob.^ 

Suk  Abu  Sinn— Gedaref  (2 — 3000  Einwohner),  dessen  wöohentHcfaer 
Markt  von  15000  Menschen  besncht  wurde,  war  bedeutender  AustMischplats 
fdr  Sklaven  und  Straußenfedern  aus  Kordo&n,  Qoldstanb  aus  Sannaar,  Sals 
und  einiga  andere  Artiki  1  aus  Abessinien. 

Zwei  stark  begangene  Karawanenwege  führten  nach  den  genannten 
Ländern,  und  zwar  ging: 

1.  einer  nach  Gasehmel  Girba  am  Atbara,  folgte  diesem  Fluß  bis  Tomat  an 

der  Mündung  des  Setit  und  führte  dann  nach  Gedaref,  dem  Stapelplatz 

des  Gummihandels,  eine  Fortsetzung  stellte  über  Doqua  die  Verbindung 

mit  Galabat,  dem  bedeutendsten  Marktplatz  an  der  abessinisoheo  Grense 

her;  diese  StraBe  bildete  die  Hanptroute  für  die  Anafbhr  von  Gummi, 

Hinten,  Sesam,  Wachs,  Kaffee  nnd  war  fortwUirend  von  Tausenden  Ton 

Kamelen  begangen; 

1)  P.  M.  1887.         2)  Ebda.  186t.  S.  219. 

8)  J  nnk er  a.  a.  0.  Bd.  1.  8.  S06.    4)  P.  JH.  1888.  8. 67.     6)  Ebda.  1887.  8. 466. 


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HftBddlastraBeii  and  HftndeUmitftelpanlcte  in  Nordott*Afrika.  285 


2.  ein  zweiter  Weg  von  Kassala,  direkt  südlieh  zum  Setit,  wurde  haupt- 
sächlich von  den  Karawanen  der  Bedja-  und  Chasestämme  benutzt; 
HudelHurtünl  bUdeten  Ider  Doram&tten  und  Sali,  dia  am  Setit  und 
w«it«r  gegen  Dana  und  etwas  Baomwolle  amgetanaelit  worden.^) 

YoB  eehr  geringer  Bedeatang,  wenn  man  überiiaupt  tob  mner  solchen 
qi>iechen  fcsan,  war  die  Karawanenstrafie  Kassala — ^Massaaa.  Dies«  Hafen 
verdankt  seine  Entstehung  Kauflenten  ans  allen  Weltgegenden,  die  von  hier 
aus  Handel  mit  dem  Innern  Abessiniens  trieben.  Ende  der  fünfziger  Jahre 
kamen  bei  günstigen  Verhältnissen  im  Innern  gewöhnlich  zwei  Mal  im  Jahr 
große  Karawanen  aus  den  GallaUindem  und  ganz  Abessinien  nach  der  Küste; 
Heuglin  gibt  den  Gesamtwert  der  durch  sif  abiresetzten  Handelsartikel  auf 
ungeföhr  1  Mill.  Talor  au.  Besonders  sind  als  Handelsprodukte  Wachs  und 
KaffM,  in  etster  Urne  aber  EUenbräi  and  BklaTm  sn  nennmi.  ürsprüng- 
lieh  wurde  alles  Elfenbein  aus  Abessinien,  den  Galla -LSndem  und  den  Ge- 
bieten sfldwestlidi  und  sfldüch  davon  nadi  diesrnn  Hafenort  gebracht,  ^ter 
beteiligte  ndi  maxk  SSiartom  an  der  Ausfohr  disses  Artikels  und  swar  der- 
art, daß  von  hier  die  L  und  IL  Sorte  Aber  Berber — Suakin,  die  III.  und 
IV.  über  Kassala— Massaua  zur  Versendung  gelangten.')  Der  Sklavenhandel, 
früher  eine  Quelle  des  Reichtums,  ging  unter  ägyptischer  Herrschaft  zwar 
zurück,  war  in  den  sechziger  Jahreu  aber  noch  immer  so  beträchtlich,  «laß 
Beurmann  die  Zahl  der  jährlich  ausgeführten  Sklaven  auf  ungefähr  lÜOO 
veranschlagt.  Außer  den  eben  angeführten  Hauptkarawanen  kamen  die  Kauf- 
lente  aus  Tigre  und  Hamazen  das  ganze  Jahr. 

Ifassana  stand  durch  Landwege  in  Verbindung  mit: 
1.  Suakin,  wohin  die  Strafie  in  mehr  oder  minder  naher  Bntfemung  dem 

Verlauf  der  KSste  fblgte; 

3.  Kassala  über  Karein; 

3.  dem  abessinischen  Hochland, 

a)  nach  Halai — Digsa,  in  Folge  von  Räubereien  wenig  besucht, 

b)  nach  Osmara-Gordofelasi, 

c)  über  Adua — Asmara  nach  Adis  Abeba. 

Wenden  wir  uns  dem  Ausganirspunkt  der  letzten  Betrachtungen,  Kas- 
sala, wieder  zu,  so  stand  dies  durch  mehrere  Wege  mit  Khartum  in  Ver- 
bindung. 

Sfit  den  Ägyptern  zugleich  waren  1821  einige  Europfter  als  Ärzte  oder 
Apotheker  usw.  nach  dem  Ost^Sudan  gekommen.  Ihnen  folgten  nach  dar 
Gründung  Khartums  viele  andere.   Biese  organisierten  nach  und  nach  den 

sudanischen  Handel;  er  vollzog  sich  vorerst  auf  den  Wasserwegen,  besonders 
auf  dem  weißen  Nil,  w&hrend  der  blaue  Nil  ziemlich  unbeobachtet  blieb. ^) 
An  diesen  Strom  lagen,  nachdem  Sennaar  seine  Bedeutung  als  wichtige 
Handelsstadt  verloren  hatte,  als  wichtigste  Handelsniederlassungen  die  großen 
Dörler  Karkodj,  Roseires  und  Farn  Feka*),  das  Dorf  Hedebat,  das  von  einiger 
Wichtigkeit  als  Ausgangspunkt  der  nach  den  Bergen  der  Fundj  führenden 


1)  P  M.  1888.  S.  67.         2j  Ebda.  1862.  Ö.  51. 

S)  Hartmann.  Abetsiniea.  8.  66.        4)  Ebda.  S.  100. 


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286 


D.  Kflrehhoff: 


Kaniel>traße  ')  war.  Von  diesen  Ortsohafton  f  iit  wickelte  sich  allein  die  erst- 
genannte bis  zum  Ausbrach  des  Mahdi-Aufstaudes  /.u  einem  bedeutenden 
Handelsplatz^),  was  erklirlicb  ist,  wenn  man  bedenkt,  daß  bis  zu  diesem 
Ort  der  blaae  Nil  das  ganze  Jalir  ttber,  also  svoh  wShnnd  der  TrodcenMit 
schiffbar  ist 

In  bedeutend  ausgedehnterer  Weise  entwickelte  ach  der  Y«kelir  auf 
dem  weißen  Nil;  die  Händler  Khartums  rüsteten  kurz  nach  Gründung  der 
Stadt  große  Nilbarken,  mit  Proviant,  Glasperlen  und  andern  Handelsartikda 

beladen ,  aus,  schickten  sie  im  De/.ember  den  weiBen  Fluß  hinauf  und  han- 
delten den  tifcrbf'wohnenden  Schwarzen  Elfenbein  ab.^i  Auf  diese  Weise 
drangen  die  Händler  aut'  <lem  Bahr  el  Dschebel  bis  Goudokoro  und  Lado, 
der  Hauptstadt  der  Ä(iuatorial-Provinz,  vor  und  später  auf  dem  Bahr  el 
Ghazal  bis  zum  Mechra  er  Heck,  welcher  Ort  sich  schnell  zu  einem  wichtigen 
Handelsplats  der  Bahr  d  Ghazal-ProTinz  entwickelte.  „Vom  Ende  der  Regen- 
seit  im  November  und  Beiember  bliesen  die  günstigen  Nord>Osi*  und  Nord- 
winde die  dreieckigen  Segel  der  Barten  auf,  und  diese  segelten  den  weißen 
NU  aufwärts,  drangen  in  den  Bahr  el  Ghasal  ein  und  löschten  ihre  Ladung 
beim  Mechra  er  Beck  auf  einer  festen  Insel.  Hier  endete  die  Schiffahrts- 
straße, und  von  hier  gingen,  nur  gangbar  zur  trockenen  Jahreszeit,  die  Land- 
handelswege weiter."*)  Ähnlieh  lagen  die  Vorhältni.<ss  '  auf  dem  weißen  Floß, 
dessen  Schifl'barkeit  bei  Lado  durch  Stromschnellen  beendet  wurde. 

Mit  der  Zunahme  dps  Handelsverkohrs  auf  dem  Nil  richtete  die  Regie- 
rung auch  von  Khartum  aus  einen  regelniüÜigen  Dampferdionst  nach  dem 
Bftden  ein.  Nach  dem  Fahrplan  sollten  bis  Lado  monatlich  zwei  Fahrten, 
mindestens  aber  eine  stattfinden;  das  letstere  war  in  den  Jahren  vor  dem 
Mahdi-Aufttand  die  BegeL  Die  Fahndt  der  einseinen  Schiffe  war  sehr 
schieden,  die  schndlfahrende  ,Jsmailia'*  legte  die  Strecke  Kliartam — ^Lado  in 
nur  19  Tagen  zurück,  wihrend  andere  mehr  als  40  Tage  unterwegs  waren. 
Das  Heizmaterial  war  Holz,  welches  je  nach  Bedarf  während  der  Fahrt  in 
den  Uferwiildem  gefällt  wurde  Dies  war  nun  allerdings  nicht  so  einfach, 
wie  es  den  Anschein  hat,  denn  einmal  waren  ausgedehnte  Uferwälder  nicht 
vorhanden,  /.wnitens  aber  gestatten  die  sumpfigen  Ufer  ein  Anlegen  nur  an 
drei  oder  vier  Punkten,  deren  wichtigster  Faschoda  war;  hier  wurde  1867 
ein  Ort  gegründet,  der  sich  ziemlich  schnell  entwickelte  und  in  Folge  der 
geschilderten  Yeih&ltmsse  seme  Bedeutung  auch  bei  der  Neugestaltung  der 
Dinge  beibehalten  wird. 

Di«  lOiartnmer  Htadler  hatten  sich  xunSchst  damit  begntigt,  die  Ungs 
des  NU  und  seiner  Nebenflüsse  aufgestapelten  Elfenbeinmengen  au&ukaiifen; 
nachdem  diese  Bestftnde  erschöpft,  drangen  sie  immw  tiefer  in  das  Land 
hinein.  Von  dem  sich  auch  als  Handelsplatz  immer  mehr  entwickelnden 
Lado  führte  eine  Karawanenstraße  löngs  des  Nil  zum  Albert-  und  Viktoria- 
Njansa.  Der  Verkehr  auf  ihr  wurde  immer  lebhafter,  besonders  nachdem  die 
ägyptische  Herrschaft  in  den  Jahren  1871 — 74  fast  bis  zum  Äquator  vor- 

1)  Hartmann  a.  a.  0.  S.  98.  2)  P.  M.  1882.  S.  2. 

3)  Rüppel.  Reisen  in  Kubien.  Frankfurt  a.M.  Iä29.  S.  13i. 

4}  Beiseskizsea  ans  Noidoetafrika.  S.  80«. 


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Handelsttr»Aeii  und  Hftndelsmittelpnnkto  in  Nordost-Afrika.  287 

gedrungen  war,  ohne  allerdings  in  Uujoro  vollständig  festen  Fuä  fassen  zu 
kOnnen. 

Dnrch  diese  Straße  war  es  möglich,  von  Ägypten  aus  Handelsverbin- 
dmigen  mit  dem  elfenbeinreichen  Uganda  anzubi^nen.  Der  Hauptort  in 
diMen  Gegenden  war  das  Ton  SkUvenjägem  gegrfindete  Fatiko,  welches 
kleinere  Stationen  bis  an  die  ünjdroseite  des  Yiktoria-Nil  Torgeschoben  hstbe. 
Anfimgs  in  erster  Linie  dem  SUaTenbandel  dienoid,  wollte  die  ägyptisch« 
Regienmgy  nachdem  die  Bakerscbe  Expedition  den  Nil  für  diese  Zwecke  g»> 
schlössen,  Tersachen,  den  Elfenbeinhandel  in  dieser  Kirhtung  zu  ziehen;  dieser 
war  im  allgemeinen  nach  Sansibar  geleitet:  traf  doch  die  Bakerscbe  Kxpe- 
dition  in  Uganda  Händler  aus  Karagwc*),  die  für  ihren  König  Eltenbein 
kauften.  Mitte  der  siebziger  Jahre  vermochte  der  zur  DiirchtÜhning  der  an- 
gegebenen Absicht  entsandte  Oberst  Long  zwar  den  König  Mtesa  datiü-  zu 
gewinnen,  den  Weg  nach  Sansibar  m  schliefien  und  im  Interesse  von  Agyp- 
tem  BIliBQbeinmonopol  sein  Elfenbein  nach  Gondokoro  su  schidcen,*)  der 
Mahdi-Auflrtaad  Terlünderte  aber  ein  praktisches  lärgebnis  dieser  Zusage. 

Von  Kbaitom  ans  wurde  auch  sehr  bald  au  Lande  die  Veriiindung  mit 
der  wichtigen  Handelsstadt  El  Obeid,  der  Hauptstadt  von  Kordofan,  herge- 
stellt. Drei  vielhereiste  Straßen  verbanden  bei  Ansbrnch  des  Mahdiau&tandes 
diese  beiden  wichtigen  Ortet  eine  nördliche,  w^elche  von  Omdurman  ziemlich 
direkt  nach  El  Obeid  führte,  eine  mittlere,  die  gewöhnliche  Karawanenstraße, 
welche  bis  Turra  el  Hadra  liings  des  Nil  entlang  ging  und  dann  über  Bara, 
und  eine  dritte  südliche,  welche  den  Nil  bei  Duem  verlassend  direkt  die 
Hauptstadt  von  Kordofan  erreichte.  Dieses  Land  stand  bis  zur  Eroberung 
dmcÄt  die  Ägypter  unter  der  Hensobaft  von  Darftir  nnd  wfinente  sich  eines 
großen  Wohlstandes,  Karawanen  ans  Abessinien,  ans  dem  Lmexn  Afrikas,  ans 
Ägypten  Inackten  ihre  Produkte  in  die  beiden  wüditigsten  Handelsstädte  des 
Landes,  El  Obeid  und  das  wenig  nSrdlich  gel^{ene  Bara.  Bn  der  Eroberung 
durch  die  Ägypter  wurde  El  Obeid,  das  ja  schon  seit  langem  als  eine  der 
wicbti^'^sten  Handelsstädte  des  Ost-Sudans  blühte,  vollständig  zerstört  und  ge- 
plündert. Alsbald  wieder  aufgebaut  entwickelte  es  sich  in  Folge  seiner  guten 
Lage  sehr  günstig  und  zählte  1888  bereits  wieder  12  000  Einw.^),  1855 
20000  Eiuw.'),  1877  30000  Einw.,  obwohl  das  übrige  Land  besonders  in 
Folge  des  schon  erwähnten  Monopolsystems  der  ägyptischen  Regienmg  die 
alte  Wohlhabenheit  auch  nicht  annfthemd  wieder  erlangen  konnte.  Wesent- 
lich trag  hieran  bei,  daß  der  Bnltan  von  Darftur,  nachdem  er  einmal  seina 
BelbsOndigknt  dnioh  das  Umsichgreifen  der  tttrkisdien  Macht  im  Sndan  be- 
droht glanbte,  allen  Verkehr  mit  KordoCu  usw.  abschneiden  ließ.  Die  Folge 
war,  daß  alle  aus  Wadai  und  den  Ländern  bis  znm  Tsad  kommenden  Pilger- 
und  Haodelskarawanen,  welche  friiher  über  El  Obeid  nach  Schendy  oder  Dongola 
sogen,  ausblieben;  aber  der  Verkehr  mit  den  freien  Negern  war  eine  unver- 
siegbare Reichtumsquelle  für  die  Handelsleute  von  Obeid,  wenn  auch  hier 
wieder  die  Monopolmaßnahmen   der   ägyptischen  Regierung  ziemlich  enge 

1)  P all  nie.  Beschreibung  von  Kordofan.  S.  8. 

S)  Prouet.  Gen.  Rep.  ol  the  prov.  of  Koidofan.  Kairo  1877.  b.  76. 
8)  P.  M.  187$.  8.  SM.        4)  Ebda.         8.  417. 


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288 


D.  Kfl rohhoff: 


Schranken  zogen.  Nachdem  im  Jahr  161  ü  Darfur  endgültig  unterwortien 
war,  wurde  £1  Obeid  wieder  der  Hauptbandelsplatz  aller  aus  jenen  Gegenden 
kommenden  Avdnkte,  von  denen  in  «riter  Linie  in  nennen  ^nd:  Sklaven  nnd 
StanuiBenfodeni;  aas  Takhele  nnd  den  Lindnrn  der  Nnbaaeger  Gold  nnd 
SUaren;  anfierdem  als  bedeutende  Handelsartikel  anf  den  Mlikten  Ton  El 
Obeid  ond  Bara  Gnmmi  und  angegerbte  Häute. 

Prouet  gibt  den  Wert  der  jährlichen  Ausfuhr  aus  Kordofan  wie  folgt  an: 
Gummi  55  000  Pfd.  St.,  ungegerbte  Häute  25000  Pfd.  St.,  Straußenfedern 
75000  Ptd.  St  Nach  demselben  Offizier  wurden  noch  von  Kordofan  ein- 
geführt: Baumwnllenzeuge  im  Wert  von  40000  Pfd.  St.,  andere  Gegenstände 
im  Wert  von  lOOOO  Pfd.  St.') 

Ende  der  siebziger  Jahre  wurde  der  wöchentliche  Markt  in  El  Obeid 
▼on  4000 — 5000  Menschen  besucht 

Noch  bemr  die  wichtige  StraBe  nach  Khartom  erOfiiet  wardsi  bestand 
ein  direkter  Weg  nadi  der  damals  bedentenden  Handelsstadt  Sennaar,  der 
über  Korsi,  Omganatir  vnd  Sohabie,  die  lUbrrtelle  über  den  Bahr  el  Abiad, 
führte  und  auf  dem  besonders  Gold  und  Sklaven  nach  Osten  und  von 
Suakin  aus  Indien  kommendes  Sandelholz,  welches  bis  Bagirmi  verkauft 
wurde,  befördert  wurden.  Als  zu  Beginn  des  1 1>.  .lalirhunderts  die  Räubereien 
der  Schilluk  besomlfrs  am  Bahr  el  Abiail  immer  lästiger  wurden,  wurde 
diese  Strube  l'hhz  autt/egeben,  und  die  Karawanen  zogen  direkt  nach  Sobendy; 
diese  Verbindung  wurde  aber  nach  der  Zerstörung  dieser  Stadt  und  nach 
der  Gründung  Khartums  zu  gunsten  der  Wege  nach  letzterem  Ort  aufgegeben. 
Von  El  Obeid  war  der  KU  nach  dem  Eindringen  der  ägyptischen  Hemohaft 
in  jene  Gegenden  auch  auf  dw  direkt  nördlich  nach  Debbe  ftthrenden  StraBe 
SU  erreichen,  doch  wurde  dicBC  Verbindung  wenig  benutst,  da  sie  stets  un- 
sicherer war,  als  die  nach  Khartum;  dazu  kam,  daB  eine  ftber  Debbe  und 
dann  nUabwtrts  ziehende  Karawane  nicht  vor  sechs  Monaten,  oft  einem  Jahr 
in  Kairo  sein  konnte,  Körend  diese  Stadt  Aber  Khartum  in  15  Tagen  er- 
reicht wurde.*) 

Nach  W^esten  führten  drei  Wege  von  El  Obeid,  die  sich  alle  in  Ril  ver- 
einigten, um  von  hier  gemeinsam  Kobbe,  die  wenig  nördlich  der  politischen 
Hauptstadt  £1  Fai>cher  (1874:12—1300  Einw.)  gelegene  wichtigste  Handelsstadt 
Darfiirs  su  eireidben.') 

Schon  bald  nach  der  Besetzung  Kordo&ns  durch  die  Ägjrpter  hatten  die 
Araber  ihre  Handelsbesiehungen  weiter  nach  Sflden  ausgedehnt,  und  sehr  bald 
entwickelte  sieh  im  Südosten  von  El  Obeid,  mit  diesem  durch  eine  vielbe* 
gangene  Karawancnstrafie  verbunden,  Schabun  zu  einem  für  den  Negerhandel 
wichtigen  Ort  Er  war  der  Hanptstapelplatz  für  den  Goldhandel  im  Süden 
von  Kordofan,  und  Handelsleute  aus  letzterem  bezogen  von  dort  außer  dem 
(iolde  Elfenbein,  Hhinozeroshöruor,  Tamarinde  und  ähnliche  Naturprodukte. 
Diese  blühende  Stadt  wurde  im  Jahr  1836  von  Mustapha  Hey,  dem  da- 
maligen Greneralgouvemeui-  von  Kordofan,  bei  Gelegenheit  einer  Sklaveigagd 


1;  Prouet  a.  a.  0.  S.  76.  1)  Bull.  boc.  Gi^ogr.  Paris.  1865.  S.  S66. 
S)  Büppel  a.  a.  0.  8.  176. 


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Hftndeliitrftften  und  HABdelimitt»lpiinkte  in  Nordost-Afrika.  289 


und  nur  in  der  Absicht,  einen  cToßen  Sklaveiitrausport  bringen  zu  können, 
im  Ötarm  genommen,  wobi-i  K300  Menschen  erschlagen  wurden}  ebensoriei 
wurden  nach  Konlofau  geführt,  der  Rest  cuttloh.') 

Die  von  Öchabun  gespielte  Rolle  ging  an  Sehekka  über.*)  Entsprechend 
der  Festigung  der  ägyptischen  Herrschaft  drangen  über  diesen  Ort  die  ara- 
biseheii  ffibidler  weiter  nadi  Sttden  in  die  Gebiete  des  Bahr  el  Ghaial  Tor; 
und  als  im  Jahr  1855  die  erstem  Handelfbariceii  diesen  Fluß  aoMrts  ftihren*) 
und  deren  Besitaer  Ton  Mechra  er  Beek  ans  nach  dem  Lmem  Tordrangen, 
teafen  ae  auf  die  Kordofaner  und  Darfurer  Sklavenhändler,  die  ftber  Hoferat 
•1  Nahas  regelmftflig  Karawanen  bis  zu  dem  Handelsplatz  Teiganna  sandten.^) 
Ffir  die  von  Khartum  zu  Schiff  nach  jenen  Gegenden  kommenden  Händler 
handelte  es  sich  nur  um  die  Gewinnung  einheimischer  Produkte,  besonders 
um  Elfenbein,  sehr  bald  aber  erkannten  sie  das  Gewinnbringende  des  Sklaven- 
handels und  zogen  nun  auch  dieses  Geschüft  in  ihren  Wirkungskreis  mit  ein. 
Rücksichtiilos  wurden  die  Menscheujagdeu  betrieben,  und  es  ist  klar,  dali  unter 
diesen  Veririrttnissen  an  einen  nennenswerten  anderweitigen  Handel  nicht  sn 
denken  war. 

Bis  1878  blieben  die  BldaTenhUndler  Herren  der  Bahr  el  Ohasal-Provins 
nnd  drangen  innerhalb  dies«:  nnd  Aber  ihre  Grenxen  hinaus  immer  weiter 

naidi  Süden  vor,  so  daß  wir  sn  Beginn  des  ^fahdiaufstaudes  ihre  vordersten 
Stationen  jenseits  des  Uelle  am  Bomokandi  und  südwärts  dieses  Flusses 
finden*),  wo  sie  ungefähr  mit  den  Arabern  aus  Sansi!»ar,  die  längs  des 
Kongo  nordwärts  gebend,  ihre  Sklavenjagden  betrieben,  zusammentrafen.  Der 
Hamlelsverkehr  iu  jenen  (iegendeu  war  und  bliel)  s/ering,  wie  sich  aus  den 
Mitteilungen  Casatis  ergibt,  daß  der  Uelle  von  Barken  dui-chkreuzt  werde, 
daß  aber  der  Verkehr  zwischen  den  verschiedenen  Lftndem  in  Folge  der  Ri- 
YaUtat  d«r  einzelnen  Stimme  anf  sehr  enge  Kreise  beeduinkt  bliebe^;  ein 
gleidies  galt  Tom  Bomokandi,  anf  dem  im  ganzen  nnr  fünf  F&hrstellen  xur 
Verbindung  beider  Ufer  Tinhanden  waren.^ 

Die  in  jene  Gegenden  vordrängenden  Mohmmedaner  legten  als  Stfttapunkte 
fBr  ihre  üntemebmnngen  Seriben  an,  von  denen  die  widitigsten  Dem  Soli- 
man,  Ganda,  Wania  waren.  Von  diesen  führten  begangene  Handelsstraßen 
nach  Mechra  er  Reck,  dem  Haupthafen  der  Provinz  Bahr  el  Gha/.al,  utid  nach 
Norden  über  Sehekka  nach  El  Obeid  und  über  Hoferat  eu  Xabas  nach  Dartur. 
Hauptsächlich  dienten  diese  Verbindungen  dem  Trausport  von  Sklaven  und 
mehr  uebeubei  dem  vou  jSli'eubeiu.  Zur  Beförderung  besonders  auch  der 
enteren  wmde  in  der  ersten  Zeit  nadi  der  Ägyptischen  I^bemng  »miehst 
in  wmtgehendstem  Mafie  der  Nil  benutzt.  Zu  Beginn  der  sechager  Jahre 
veibot  die  Igyptische  Begiemng  bei  Todesstrafe  den  Sklavenhandel  und  bis 
Ende  des  Jahrsehnts  war  es  gelungen,  den  Handel  auf  dem  Mil  wesentlich 
einsnschrtbiken;  die  Hindler  wurden  gezwungen,  wenigstens  die  Hanptstationen 

1)  Russegger  a.  a.  0.  Bd.  II.  S.  196.  2)  Schweinfurth  a.  a.  0.  ä.  388. 
8)  Ebda.  8.  99i.        4)  P.  M.  Erg.-H.  16. 

6)  Janker  a.  a.  0.  Bd.  II.  S  320.    P.  M.  1883.  S.  291. 

ß)  ra<;nti    10  Jahie  in  Äquafeoxia.  Bamberg  1891.   Bd.  L  S.  218. 

7)  Kbda.    S.  192. 

OMgnphlldMMlNkxlft.  tS-Jahrgao«.  190t.  ft.H«(l.  SO 


290 


D.  Kfirehhoff: 


711  ninpohen;  so  nahmen  z.  B.  dii'^  Elfenbein  und  die  Sklaven  aus  Fatiko,  mn 
Ladü  zu  umgehen,  ihren  Weg  über  Wania  nach  Gambah — Schambäh'),  von 
diesem  Ort  wurden  Barken  bis  kurz  vor  Khartum  benutzt.  Strenge  Maß- 
nahmen machten  auch  diesen  Vorkehr  unmöglich,  und  Anfang  der  siebziger 
Jahre  konnte  Becker  feststellen:  „Nicht  ein  Sldave  kann  den  weißen  Nil 
hinAbkommen.'*')  Der  BUavenhandel  wur  hi«rdiireh  m  keiner  WeiM  baidtigt, 
68  wurde  nur  erreicht»  dafi  die  SUaven  nimindir  auf  nnbekumten  PfiKleii 
dnrch  die  Wflate  geeehleppt  wurden,  wobei  mehr  ah  die  Hilfte  der  üa^ttek- 
liehen  den  Anstrengungen  und  Bntbehmiigen  erlag.  Die  neuen  Wege  gingm 
teils  durch  das  Land  Sennaar  sum  T^otea  Meer,  besonders  aber  durch  Kw 
dofan  und  Darfur,  das  sich,  wie  schon  hervorgehoben,  nach  dem  Vordringen 
der  Ägypter  nach  Süden  vollständig  abschloß,  wodurch  besonders  der  sehr 
lebhatte  llamli  ]  mit  Kordolan  vollständig  nnterbrochen  wurde.  Auch  auf  den 
anderen  Straßen  war  der  Verkehr  sehr  *'rs<  liwcrt,  wie  sich  aus  einem  Brief 
des  Konsuls  Vaudey  ergibt,  in  dem  es  heißt,  daß  von  den  beiden  Uaupt- 
kamwaoenstraBen  nach  Darftir  —  den  von  Ägypten  Aber  die  Oase  Selime 
ffidli<^  und  von  Dongola  sfldwesttich  führenden  —  die  eratare  jetzt  ganz 
verlassen,  auf  der  sweiten  kflnemn  nnd  weniger  schwierig  m  boeiaenden  aber 
der  Eintritt  in  Darfor  bei  Todesstrafe  verboten,  der  Verirehr  Fariseher  Kanf- 
leute  auf  ihr  daher  gering  sei.')  Im  Jahr  1874  wurde  Darftir,  der  große 
Knoten  des  smtralafrikaniseben  Sklavenhandels,  von  Igyptisehen  1Viq[»pen 
besetzt. 

Einen  regen  Hiin<ielsverkehr  liat  l>art'ur  von  jeher  mit  dem  kommerziell 
wenig  ausgebeuteten  Wadai  unterhalten;  er  vollzog  sich  zumeist  auf  dem 
mittelsten  der  drei  vorhandenen  Wege,  dem  von  El  Fascher  über  Dumta 
.nach  Abeschr,  der  Hauptstadt  Wadais.^)  Diese  Stadt,  früher  ein  kleiner 
Ort,  wurde  Ende  der  viersiger  Jahre  aar  Residenz  ansasehen  und  wt* 
wickelte  sich  anch  als  Handelsstadt  schnell,  im  Jahrs  1860  betrug  ihre 
Einwohnertahl  10—15000,  wfthrend  die  frühere  Hauptstadt  Warn  in  kunsr 
Zeit  jede  Bedeutung  verlor.  Als  zweite  sehr  wichtige  Handelsstadt  ist 
Nimro  zu  nennen.  Der  sehr  schwungvolle  Handel  mit  Sklaven,  StrauBen- 
^dem  und  Elfenbein  hatte  in  Folge  der  von  Seiten  des  Sultans  gegen  die 
Händler  durchgotuhrteu  Bedrückungen  um  die  Mitte  des  19.  Jahrhunderts 
fast  ganz  autgehört  und  wurde  erst  unter  seinem  Nachfolger  Ali  wieder  leb- 
hafter. Außer  auf  der  Straße  nach  Darfur  bewegte  sich  der  Verkehr  mit 
Ägypten  auch  auf  dem  direkten  Wege  über  Djalo.  'j  Zu  Beginn  des  vorigen 
Jahriraaderts  war  eine  direkte  Verbindung  mit  der  NordkOste  durch  Begehen 
tdnes  Karawanenweges  angebahnt  worden.  Seit  Ende  der  fttn&iger  Jahre 
wurde  jedoch  der  direkte  Verkehr  zwischen  Beugad  und  Wadai  in  Folge  der 
BEubereien  der  Wflstenstimme  abgeinnochen  und  selbst  die  Strafie  nadi  Mursuk 
scheint  verödet  gewesen  /\i  sein,  wozu  auch  die  ünterdrfickung  des  Sklaven- 
handels in  den  türkischen  Lftndem  beigetragen  haben  mag**)  Die  Verhftltnisse 

1)  Marno.  Reisen  im  Gebiet  dee  blauen  und  weiSen  Nil.  Wien  1874.  8.  91. 

8)  F.  M.  1873.  S.  36Ö.         3)  Ebda  mv2.  S.  45.        4}  Ebda.  1876.  S.  188 

5)  Xachtigal.  Sahara  und  Sudan.  Bd.  HL  S.  864. 

6)  r.  M.  1862.  Ö.  31. 


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HandelssttAflen  and  Handelamittelpunkt«  in  Nordott- Afrika.  291 

luderten  nch  Anfangs  der  siebziger  Jahre,  wUirend  der  Anwesenheit  Nach- 
tigals  im  Jahr  1872  kam  xum  ersten  Val  eine  &urawuie  mit  gröfierem 
Ki^talwert  an,  die  als  Ausgangspunkt  nicht  Kairo  sondern  TUpolis  hatte.') 
Eine  weitere  Ausgestaltung  erhielt  der  Verkehr  nach  den  Kllsten  des  mittol- 

liindischen  Meeres  nach  der  Besetsnng  Darfurs  durch  die  Ägypter,  indem  in 
Folge  des  von  letzteren  eingeführten  unswekmäßigen  Zoll-  und  Abgaben- 
systems die  Hiln'ller  die  Richtung  nach  dem  Nil  immer  mehr  mieden.  Be- 
sondi^rs  der  Handel  mit  Bengasi  heh-bte  sich  immer  mehr,  seitdem  Tripolis 
als  Hauptstadt  der  türkischen  Regierung  in  Nord-Afrika  immer  mehr  auf- 
hörte ein  wichtiger  tiklavenplatz  zu  sein,  denn  der  Sklavenhandel  mufite 
sich  nun  einen  neuen  Weg  suchen.  Diesen  fand  er  zum  größten  Teil  auf 
der  StraBe,  welche  im  Osten  durch  die  libysche  WOste  Aber  Enfra  nnd  Djalo 
nach  Bengasi  fahrte.  Der  ach  hier  bewegende  Handel  erhielt  einen  nenen 
Impuls,  als  Ifitte  der  nennsiger  Jahre  der  Usurpator  Babeh  sein  Land  gegen 
Osten,  Nordosten  und  Norden  abschloß.')  Wadai  suchte  und  fand  für  den 
ausbleibenden  Handel  nach  Bornu  Ersatz  durch  eine  sidi  immer  kr&ftiger 
entwickelnde  Handelstlltigkcit  auf  der  Stniße  nach  Bengasi.  Besonders  wurde 
um  diese  Zeit  ein  starker  Import  von  <iewehren  und  Sehieümatorial  nach 
Wadai  testgestellt.  Diese  günstigen  V'erhSltnisse  blieben  bestehen,  bis  Ende 
der  neunziger  Jahre  die  Räubereien  der  Wüstennomadeu  den  Verkehr  immer 
unsicherer  gestalteten,  und  der  Handel  mußte  fast  ganz  eingestellt  werden, 
als  in  Beginn  dieses  Jahrhunderts  in  Folge  von  Thronstreitigkeitan  in  W«dni 
hefUge  innere  Kimpfe  ausbrachen. 

Die  in  firflheren  Zeiten  ziemlich  staj^  begangens  Straße  Wara — Oase 
Selime  an  der  Karawanenstraße  El  Fbscher — Sint  wurde  bereits  in  den  fttnf> 
siger  Jahren  nur  sehr  wenig  benuts^  dagegen  fahrte  aus  Wadai  nach  Westen 
eine  sehr  Tiel  beschrittene  Karawanenstraße  nach  Masena.  Bereits  Barth 
berichtet,  daß  eine  Karawane  ans  Ximro  in  Wadai  angekommen  sei.  Die 
Fracht  bestand  hauptsUchlich  in  Kupfer  von  dem  großen  Kuj)t'erberg\verk 
H*it'ra  en  Nahas  im  Süden  von  Darfur,  das  die  Karawane  aufwärts  bis  nach 
Kairo  brachte,  dies  schöne  Metall  gegen  das  von  den  arabischen  Kara- 
wanen aus  Tripolis  eingeführte  alte  Kupfer  den  Markt  behauptete.  Außer- 
dem  beförderten  diese  Karawanen  Salz  Ton  Bahr  el  Ghazal  nach  Wara,  wo 
es  von  Dtjellaba-Hlndlem  aufgekauft  und  bis  nach  Logen  nnd  Küssen  ge- 
bracht wurde.*) 

Wie  Jacger  nachweist,  blieben  diese  Tlandelsverhältnisse  bestehen,  bis 
Rabehs  Umwälzungen  in  den  Ländern  des  Tsad  sich  föhlbar  machten,  denn 
nach  ihm  findet  man  anch  Haussakaufleute,  die  von  Kano  mit  Indigo  ge- 
färbte Hemden  bringen,  um  die  von  Darfur  gebrachten  Esel  dafür  einzn- 
tauschen.  Wir  befinden  uns  also  hier  in  Baginni  an  der  Stelle,  an  welcher 
der  Handel  Nordost-Afrikas  mit  dem  Nordwest-Afrikas  zusammenstößt. 
  (Schluß  folgt) 

1)  Nachtigal  a  a  O  ?  264.  '2   Op])Pnheim.  Rabeh.  iS  63. 

3)  Barth.  lleiüeD  und  Eutdeckaogen  in  >iord-  und  Contralafrika  in  den  Jahren 
1849— Gotha  1869— ISSO.  Bd.  III.  S.  SOff. 




Digiti/oü  by  Cjt.)0^lc 


292 


Geographische  >ieuigkeitea. 


Geographische  Neuigkeiten. 

Zuuunmeiij^tellt  von  Dr.  Angust  Fitsaa. 


♦  Neue  Erfahrungen  über  Koral- 
lenriffe hat  Prof.  Voeltzko  w  auf  seiner 
von  1908  —  05  im  westüidien  Lidiiofaen 
Ozean  ausgeführten  Forsch angsreiee  ge- , 
macht;  über  dun  Ergebnis  der  Heise,  das 
eine  ganz  neue  Vorstellung  von  dem  , 
BannndderEntwiclclangsgetehiehte 
der  Korallenriffe  des  westlichen  Indischen 
Ozeans  erweckt,  und  da«  für  die  LÖBung 
der  Bitffrage  epochemachend  zu  werden 
▼«nprieht,  berichtel  yo«lt>1tow  in  „Petor- 

manns  Mitt"  190G.  S  70:  Auf  der  ganzen 
Reise,  an  den  Küsteniuäeln  von  Briti.sch- 
und  Deatoch- Ostafrika,  auf  Pemba,  auf 
HanritinB  and  Ceylon,  ist  ee  nirgends 
gelungen,  ein  aus  sich  selbst  in  größerer 
Stärke  sich  aufbauendes  lebendes  Ko- 
rallenriff zu  finden.  Die  untersuchten 
Riffe  erwiesen  sich  ohne  Ausnahme  als 
Bestandteile  mHobtirrer  massiver  Kalkbiluke 
wechselnder  Zusammensetzung,  die  durch 
eine  NiTeanvenohielmng,  hervorgemfen 
durch  einen  über  den  ganzen  westlichen 
Indischen  Ozean  ^Icirbniiißi;:  iiuH^iMlclinten 
Rückzug  des  Meeres  von  geringem  betrag, 
trocken  gelegt  und  dnreh  die  Oewalfc  d«r 
Wogen  bis  zur  mittleren  Flut-Bbbezone 
abrasiert  worden  sind.  Die  auf  diesen 
Riffen  aus  dem  Meere  hervorragenden 
Inselehen  mnd  die  letiteii  Beete  des  ler- 
■tOrten  Mutterriifs  und  bilden  mit  diesem 
ein  einheitliches  Ganze  von  gleicher  Zu- 
sammensetzung. Die  au  manchen  Stellen 
•ich  YorBndenden  KonUengfatm,  die  ein 
Korallenriff  vortäuschen,  zeigten  sich  bei 
Prüfung  ihres  Untergrundes  als  sekundäre 
Gebilde,  ohne  jede  nähere  Beziehung  zu 
dem  Soekel,  dem  sie  auftitsen.  Nirgends 
konnte  die  Bildung  einer  Insel  auf  einem 
wachsenden  Riffe  in  Betracht  kommen; 
stets  fanden  »ich  die  Inseln  nicht,  wie 
bisher  angenommen,  anfgebant  durch  An- 
h&nfangyon  Bruchstücken  und  abgerollten 
und  versinterteu  Bestandteilen  eines  leben- 
den Riffes,  sondern  in  allen  Fällen  ak 
letzte  Reste  einee  trockengelegten 
und  a1><.restnrbenen  und  später  ab- 
rasierten einst  viel  größereu  Riffes,  em- 
pontcebeod  aas  der  Stiandterrane,  ein 
einheittiohee  Ganze  mit  ihr  bildend  nad 


am  Fuße  allmählich  in  dieselbe  übergehend, 
kleinere  isoliert"  Felsen  häufig  nur  bisher 
erhalten  geblieben  in  Folge  dichterer  Zu- 
sammeneetaong  ond  grOBwer  Sttike,  aber 
auch  sie  unweigerlich  einst  der  Zerstörung 
und  dem  Zerfall  auheimgegeben.  Durch 
den  erwähnten  Rückzug  des  Meeres,  der 
Tor  geologisch  sehr  knistr,  fielleicht  noch 
in  historischer  Zeit  stattgefunden  haben 
muß,  findet  auch  die  sich  der  Ont- 

küste  Madagaskars  über  GOO  km  hin  er- 
streckende Lagnnenkette  eine  ^nfSMbe 
Erklärung:  durch  dii'  Xiveauvernndemng 
wurden  die  der  Küste  vorgelagerten  Riffe 
trockengelegt  und  später  mit  Sandwehen 
überlagert;  die  Lagunen  stelltti  also  nichts 
weittT  dar,  als  d«'n  Straudkanal  de?  ehe- 
maligeu  Küstenriffs.  Auch  auf  Ceylon  ließ 
sich  für  die  dortigen  Lagunen  die  gleiche 
Art  der  Entstehung  nachweisen.  Das 
weehnelnde  Außere  der  Küstenpartii'ti  <ler 
Riffe  und  Inseln  trotz  ihrer  gleichen  £nt- 
stehnng  ist  surficksnfBhren  auf  die  Ver- 
achiedenheit  der  Gezeitenhöhe;  denn  bei 
einem  Gezeiteiiunterschied  von  nur  1  m, 
wie  auf  Mauritius,  muß  sich  natürlich 
eine  andere  Form  der  SteilkOste  heiaui- 
bilden  als  bei  einem  solchen  von  o  —  6  m 
wie  im  nordwestlichen  Teile  des  ludischen 
Ozeans.  Ob  sich  diese  neue  Theorie  auch 
auf  die  Korall«iinaeln  dee  Großen  Ozeans 
wird  fibertragen  lassen,  muß  eingehender 
Prüfung  vorbehalten  bleiben;  die  bisher 
unerklilrte  Erscheinung  der  Dol  omitisieruug 
des  Biffkalkes  in  grOBeren  Tiefen,  die 
sich  bei  den  Bohrungen  auf  dem  Pnnafbti- 
Atoll  fXI.  Jahrg.  1906,  S.  'J'J4;  ergeben 
hat,  findet  in  Voeltzko ws  Theorie  eine 
ungeiwongene  Erklirang. 

Europa. 

*  Ein  Landgti winnungswerk  am 
westlichen  Dollartgestade  wird  in 

der  nächsten  Zeit  dtirch  ein  Zusammen- 
wirken der  preußischen  und  der  nieder- 
ländischen Regierung  beginnen.  Es  wird 
beabsichtigt,  von  der  Pogumer  Deichecke 
auH  einen  «tark'n  Leitdamni  in  den  Dollart 
vorzutreiben,  dem  von  der  holländischen 
Kfltte  ans  ein  gleieber  Damm  entgegen- 
gefflhrt  werden  wird,  ünter  dem  Sohntie 


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Geographische  Neuigkeiten. 


298 


dieses  LeiUiammes  and  mit  Hille  von 
BeggeniDgen  und  kflnitlichen  AvfhOhini- 

gen  würde  sodann  vor  Dyksterhusen  und 
dem  Kanalpolfler  bald  ein  wertvolles  Vor- 
land vou  inekreren  Tausenden  von  Hektaren 
geschaffen  werden,  dae  Hunderten  von 
Familien  Nahrung  ond  Wohnung  bietou 
wird.  Dan  hier  in  Frage  kommende 
Außendeichsland  ist  erüt  allerneuester 
Bildung;  noch  im  Jahre  1896  lief  jede 
Flut  bis  an  den  Eanalpoldcrdeich  heran. 
Inzwischen  aber  sind  dort  Muhneu  auf 
eine  Entfernnog  von  270  m  iu  den  Dollart 
▼(»geeehoben  und  parallel  cur  Kflste  in 

einer  Entfernung  von  150  m  Htiscb  ange- 
legt. Die  Strömun><  wiixde  hierdurch  be- 
deutend ruhiger,  und  der  Seeschlick,  den 
jede  Flut  mit  sich  fahrt,  konnte  sich  in 
so  koTEor  Zeit  in  solchen  ungeheuren 
Massen  ansammeln. 

«  Die  ostfriesische  Küste  ist  in 
der  Nacht  vom  12.  cum  18.  M&nt  von 
einer  Sturmflut  heimgesucht  worden, 
die  seit  Menschengedenken  an  jener 
Kflste  die  hOchste  gewesen  isi  Die 
schreck] iche  AUerheiligenflut  vom  Jahre 
1570,  die  lange  Zeit  als  die  höchste  galt, 
wurde  durch  die  Weihnachtsäut  vom 
Jahre  1717  an  H5he  flbertroflSen,  wie  die 
.Marken  an  der  Snurfauser  Kirche  aus  bei- 
den Jahren  anzeigen.  Die  darauffolgende 
hikhüte  Flut  vom  S.  und  4.  Februar  1826, 
die  lieh  etftrker  in  dar  Erinnerang  eingrub, 
hat  allerdings  diese  Kirche  nicht  ganz 
erreicht,  da  der  Wasserschwall  damals  in 
jene  Gegend  nicht  so  rasch  und  in  etwas 
anderer  Richtung  Tordrang,  aber  mehrere 
andere  Merkmale  an  der  Küste  Lcwi  n, 
daß  diese  Flut  doch  höher  war,  iils  die 
vorhergehenden;  der  au  der  alten  Kmder 
BOrgerwaefae  angebrachte  Pegel  normiert 
sie  auf  2,2.3  m  über  Flutnull.  Aber  die 
erste  hohe  Flut  im  '20.  .Jahrhundert,  die 
von  liK)l,  stieg  auf  3,94  m,  und  die  vom 
12.  cum  18.  Märs  1906  überbot  aueh  diese 
wieder,  indem  sie  bis  auf  4,0G  m  auflief, 
jene  von  1825  also  um  83  cm  übertraf. 
Es  zeigt  sich  also  eine  fortschreitende 
Zunahme  der  Fiathöhe,  die  sich  vielleicht 
durch  die  andauernd»-  Senkung,',  in  der 
die  friesische  Küste  seit  langer  Zeit  be- 
grifhn  lat,  erUlien  IftSt. 

«  Ein  heftiger  Teinvausbriu  }i ,  der 

■ich  mit  aeinf-n  zerstörenden  Wirkungen 
denjenigen  vom  Jahre  7i>,  lü3l  und  1794 
vergleidben  lUt,  begann  Anfimg  April 


dieses  Jahres  und  erreichte  seinen  Höhe- 
punkt am  7.  und  8.  April;  am  9.  setzten 

dichte  Aschenregen  ein,  die  sämtliche 
StMdte  und  Dörfer  des  Vesuvgebietes,  be- 
Hoiulers  aber  Neapel,  in  Mitleidenschaft 
7.ogen  and  die  gesamte  Vegetation  diesen 
Hezirkes  vernichteten.  Unter  der  Last 
der  niedergefallenen  vulkanischen  Asche 
und  der  Lapilli  brachen  zahlreiche  Wohn- 
stfttten  und  Kirehen,  wohin  sich  die  er^ 
schreckten  Einwohner  geflüchtet  hatten, 
zusammen  und  begruben  viele  Hundert 
Menschen  unter  ihren  Tnlmmem.  Die 
Asehe  wurde  dnreh  den  Wind  weit  hin* 
weg,  bis  nach  Cottinje  in  Montenegro, 
nach  verschiedenen  Zeitungsmeldungen 
auch  über  die  Alpen  weit  nach  Norden, 
bii  an  die  Osisee-Kflsten  getragen.  Yen 
gleich  verheerender  Wirkung  wie  der 
Aschenregen  waren  die  Lavaströme,  die 
dem  Krater  entquollen  und  aus  ihm  reich- 
liche Nahrung  erhielten.  Die  Stadt  Boeeo> 
trecaae  am  SOdostabhange  des  Vesnv« 
wurde  durch  die  Lavaströme  zum  großen 
Teil  sentOrt,  die  Stadt  Torre  Annunziata 
entging  mit  genauer  Not  dem  üntergange, 
da  der  Lavastrom  ungefähr  100m  vorder 
Stadt  zum  Stillstand  kam.  Während  des 
Höhepunktes  des  Ausbruchs  wurden  hef- 
tige KrderschütteruDgen  wahrgenommen, 
da8  Meer  war  stark  erregt  und  Hohien  über 
die  Ufer  treten  zu  wollen,  sodaß  die  Ein- 
schiffung der  flüchtenden  Binwohnenchaft 
mit  großen  Sch  wicri^'keiten  verknfipft 
war.  Dureh  die  i^fwaltigen  Aschenregen 
sind  die  Weinberge  and  Obstgärten  im 
weiten  Umkreise  dee  VesuTs  Teinichtet, 
und  die  Bevölkerung  dee  Ausbmehsgebiete 
ist  auf  Jahre  hinan«  niinieri 

Alien« 

*  Eine  Durchquerung  Tibets  von 
Chinesisch-Turkestan  naeh  Indien 
will  der  österreichische  Zoologe  Dr.  Zug- 
mayer im  Sommer  1908  auf  eigene  Kosten 

au&Rihren.  Von  T;i-;chkent  aus,  wo  Zug- 
mayer am  2(J.  Milr/  in  Begleitung  seines 
Dieners  eiugetrotfeu  ist,  geht  die  Heise 
zunächst  nach  Kaschgar,  wo  vier  Ein- 
geborene angeworben  werden  .sollen  und 
die  Ausrüstung  der  Karawane  vervoU- 
st&ndigt  werden  soll.  Sodann  erfolgt  der 
Weitermarsch  am  Siidrunde  des  Tarim- 
ßockens  üVut  Jai  kent,  (  hotan  nach  Kerija, 
von  wo  aus  Anfangs  Mai  nach  Tibet  vor- 
gedrungen werden  soll,  aunAohit  cum 


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294 


Geographische  Nenigkeiteu. 


Jeachilkul,  dann   ostwärts  dureh  uiht 
fonehte«  Oebiei  sam  Dopleuc-Gebirge. 
Von  hier  aus  gedenkt  sich  dann  Zug- 

mayer  wioder  Büdwürt«  zu  wendt^i  uml 
über  LhaHa  durch  das  Tschuuibi- ial 
Daijiling  EU  erreichen.  Sollten  sich  dieson 
Plane  g^roße  Hinflcrniss»'  entpogenatcllen. 
dann  will  Zugoiayer  über  (rartok  nach 
Simla  oder  über  die  i'ang  Kuug  Seen 
nach  Leb  zurdckkehxen.  Jedenfalls  soll 
vor  Eintritt  des  «tr^nf^en  Winters  einer 
von  diesen  I'liilren  erreicht  «ein.  Uaupt- 
Bweck  der  Reise  sind  geolugische  Samm« 
lungen  und  mSglichst  sahlxeiche  Orts- 
Qnd  Höhenheütimmungen. 

«  Ein  heftiges  Rrdbeben  erschüt- 
terte am  17.  mn  die  ganze  Insel  For- 
niM-;i;  vom  frühen  Morgen  bis  spät  in 
die  Nacht  hinein  dauerten  <lie  Krdstoße 
fort,  leichte  Erschütterungen  wurden  auch 
in  Japan  verspürt.  So  worden  in  Enmamato 
während  der  Nacht  und  am  folgenden 
Morgen  fünf  deutli<lie  Erdstöße  wahr^je- 
Dommen.  Nach  teilweiser  Wiederher- 
eteUnng  der  telegraphisch«!  Verbindung 
awischen  Tokio  und  Formosa  meldeten 
Telegramme,  daß  die  Idühenden  Orte 
Datrgo,  Kavisbiku  und  Schriuko  vollständig 
serstSrt  worden  sind.  Die  Zahl  der  wUtrend 
des  Erdbebens  Umgekommenen  wird  auf 
mehrere  Tausend  geschätzt,  in  Datrijo 
wurden  ungefähr  600  und  in  Kagi  200  Tote 
ges&hli  Die  Beh<»rden  und  die  Be- 
v"ilk>ning  verrichten  ihre  Arbeit. n  ent- 
weder unt^r  freiem  Himmel  oder  in  schnell 
insammengezimmerten  Hütten.  Der  Sach- 
schaden ist  ungeheuer.  Am  14.  April 
wiederholten  Kich  die  ErH<  hiitteningcn  mit 
noch  größerer  Heiligkeit,  wobei  die  Stadt 
Kagi  au  meisten  gelitten  hat;  alle  EMn- 
ser,  die  beim  ersten  Beben  der  Vemieh« 
tung  ent^cin^'en  waren,  worden  serstSrt 
and  lOi)  Personen  getötet. 

Afrika. 

•  Wegen  des  zwischen  dem  Kongo- 
staat und  dem  englischen  Sudan  strei- 
tigen Gebietes  sQdlioh  von  60*n.Br. 

und  nordöstlich  von  der  Nil-Kongo- 
Wasserschei de  bis  zum  Nil  XI.  1905. 
S.  588)  ist  jetzt  zwischen  den  Kegierungen 
des  Sndan  und  des  Kongostaates  ein  vor- 
l&nfiges  Übereinkommen  getroffen 
worden.  Danach  verst«^lit  Bich  der  Konj?o- 
staat  zur  Häumuug  der  in  dem  streitigen 
Gebiet  liegenden  ron  ihm  besetzen  Ponkte, 


die  er  seit  dem  Äbschluü  des  vom  belgischen 
Hauptmann  Lemaire,  als  Vertreter  des 
Kongoi^taateri ,  und  von  dem  Gouverneur 
von  Bahr-el-Gha»:al ,  Major  lioulnoL),  als 
dem  Vertreter  Englands  im  Märx  liK>5 
herbeigeftüuten  Vertrages  innehatte.  Nach 

ileni  neuen  rbi-reinkommon  sollen  die 
streitigen  Gebiete  vorläutig  durch  suda- 
nische Beamte  verwaltet  werden.  Anderer- 
seits werden  die  seit  mehreren  Monaten 
bestehenden  neschränknngen  dor  Nilsi  liiff- 
fabrtf  nach  denen  e«  Dampfern  nicht  ge- 
stattet war,  an  belgischen  Stationen  an- 
xnlegen,  aofgehoben  und  die  Verbindung 
mit  den  am  Nil  fjelegfrien  belfrischea 
Stationen  wiederhergestellt.  Durch  da« 
neoe  Abkommen  veiiierfc  der  Kongo  s  taat 
nicht  nur  einen  Gebietileil  von  ziemlicher 
(iröße  sondern  auch  den  direkten  Zu- 
gaug zum  Nil,  von  dem  er  nun  voll- 
kommen abgedrängt  worden  ist. 

AnntraHen  und  auhtruliMche  Inseln. 

*  Durch  Buschbräude  von  außer- 
gewöhnlicher Aoedehnnng  and  Heftigkeit 
Hind    die   sfidliohen    Staaten  von 

Australien  zu  Anfang  dieses  Jahres  arg 
heimgesucht  und  große  Verluste  an 
Hensehenleben  ond  Eigentom  Temreaeht 
worden.  In  Folge  der  schon  Weihnachten 

einsetzenden  Hitze,  die  bis  66"  C.  im 
Schatten  und  72"  in  der  Sonne  stieg  und 
den  gansen  Januar  Aber  anhielt,  fluid 
dan  meist  durch  UnvorHichtigkeit  ent> 
stehende  Feuer  überall  reiche  Nahrung. 
Viktoria  wurde  am  meisten  heimgesucht, 
im  Distrikt  Gippelaad  dflrfte  die  Zahl 
der  Ojifer  60  übersteigen;  erschreckend 
groß  ist  die  Anzahl  der  durch  Rauch 
ond  Hitse  Erblindeten.  Gegen  das  Vor- 
dringen des  Feuermeeres  waren  alle  sonst 
angewandten  Mittel.  Abgraben,  Gegen- 
feuer usw.,  völlig  nutzlos,  kaum  das  nackte 
Leben  konnten  die  vom  blitsschnell  da» 
liinrasenden  Elemente  Oberraschten  retten. 
Tausende,  dnninter  auch  viele  deutsche 
Ackerbauer,  sind  an  den  Bettelstab  ge- 
kommen. 

*  Eine  Flutwelle  von  außerge* 
w  11  Im  Ii  eher  Höhe  ging  in  der  Nacht 
vom  7.  zum  8.  Februar  1906  über  die 
Insel  Tahiti  hinweg  ond  serstftrte  die 
an  der  Nordwestseite  liegende  Hafen- 
Stadt  Papeete  vollständig.  Bei  fallen- 
dem Barometer  aber  ohne  Sturm  begann 
das  Heer  im  Hafen  von  Papeete  am 


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Geographidclie  Neuigkeiten. 


295 


6.  Februar  unruhig  zxx  werden,  am  7. 
Abends  verließ  das  Meer  seine  Ufer  und 
begann  in  zwei  bis  drei  Meter  hoben 
Wellen  sich  über  dieStedt  hinw^nwaigea, 
alles  mit  nich  fittlreifiend  and  unter  sich 
begrabend,  was  sich  ihm  in  den  Wo-y 
stellte;  nur  wenige,  geschützt  liegende 
Steinh&nser  wnrden  vor  schweren  Schftden 
behütet.  Da  die  Bevölkerung  rechtzeitig 
flüchten  konnte,  war  der  Verlust  an 
Menschenleben  gering,  die  ganze  Stadt 
P»peeto  wurde  aber  in  eine  wfiete  Stfttte 
verwandelt.  Bis  zum  Morpen  dos  8  Fe- 
bruar setzte  die  See  ihr  vernichtendes 
Toben  fort,  dann  setzte  ein  Orkan  von 
der  Landaeite  ein  und  bladigte  die  Gewalt 
des  wfitenden  Meeres  WUhrend  des 
Sturmes  sank  das  Barometer  aul'  73<.)  mm. 
Die  Paumotn-lnseln,  welehe  im  Januar  1U03 
von  einer  fthnlichen  Katastrophe  heim- 
ge«iioht  wurden,  wurden  diesmal  nur  teil- 
weise betroffen;  was  aul*  dem  Wege  der 
Zyklone  lag,  wurde  vom  Meere  und  vom 
Stonne  vernichtet. 

♦  Der  Vulkan  auf  Savuii  XI  1905 
8.  641)«  dessen  Entstehen  und  Tiltigkeit 
Iniher  niehii  fieeo^is  Erret^ndes  fBr 
die  Ineel  und  ihre  Bewohner  hatte,  droht 
nun  doch  zum  Verhängnis  der  Insel  zu 
werden  und  hat  bereits  ihren  wertvollsten 
Teil  an  der  Nordkflate,  der  fast  vollkommen 
nnter  Enltur  stand  und  unter  großen 
Opfern  mit  einem  Wegenetz  versehen 
worden  war,  unter  seinen  Lavamasseu  be- 
graben. Anfiuigs  Deaember  vor.  Jahree 
fiknden  unter  ungeheurem  GetOse  heftige 
Ausbrüche  des  Vulkans  statt,  und  seit 
dieser  Zeit  wälzen  sich  LavastrOme  von 
vielen  Meilen  Unge  ans  drei  verachiedenen 
Stellen  am  Fuße  des  Tulkans  dem  Meere 
«u,  das  sie  an  einer  Stelle  schon  erreicht 
haben.  Die  Lava  erreichte  am  28.  De- 
aember dae  Flnfbett  deo  AUa  TsopeiiMi, 
in  welchem  sie  sich  mit  großer  Gesrh  windig- 
keit dem  Meere  zu  bewegte;  am  29.  De- 
sember  zerstörte  der  Lavastrom  das  Dorf 
Taopaipai  und  die  in  seiner  Nähe  liegen- 
den wertvollen  Palmenwiilder  und  ergoß 
eich  dann  ins  Meer,  sich  in  dem  seichten 
Wasser  bis  m  dem  weit  vorgelagerten 
Riffe  vorschiebend.  Ende  Januar  zeigte 
wich  wieder  eine  ganz  bedeutend  erhöhte 
lätigkeit  des  Vulkans;  das  große,  in  Folge 
■einer  bedentenden  Kakaoknltnren  wohl- 
habende  Dorf  Malaeola,  zwei  Meilen  öst- 
lich vom  ersten  Onrchbmcb,  wurde  äber- 


flutet  und  ganz  ausgebrannt.  Auch  wett» 

lieh  von  der  alten  Lava  floß  vom  2»*  .Tanuar 
bis  H.  Februar  ein  neuer  Lavastrom  hinunter, 
der  das  Dorf  Salago  serstOrte.  Die  neuen 
StrOme  seiehnen  sich  durch  besondere 
Höhe  aus,  und  es  steht  zu  befürchten, 
daß  ganz  Nordost-Savaii  unter  Lava  be- 
graben vrerden  wird.  Der  anstoBende 
Bezirk  Saleaula  ist  ebenfalls  schon  fast 
ganz  vernichtet,  die  Plantagen  sind  liing-<t 
zerstört  und  die  beiden  Dörfer  Lepule  und 
Yaitiratnn  verbrannt.  Auch  brannten  sich 
wieder  neue  gewaltige  Ströme  direkt  vom 
Vulkan  durch  den  Busch,  um  den  Durch- 
bruch zum  ^leere  zu  erzwingen.  Furcht- 
bar war  das  Bild  der  sich  ins  Meer 
schiebenden,  glüheydci!  und  schwarzen 
Steinmassen.  Uochauf  kochte  und  brodelte 
das  Wasser  in  weitem  Umkreise,  tote 
Fische  und  Seetiere  schwammen  umher, 
und  über  dem  rjauzeu  liifjeu  <He  Dunst- 
ballen und  weißen  Dämpfe,  die  beim  Ein- 
dringen der  Lava  ins  Wasser  entstehen 

Noi'duniorika. 

*  Ein  Erdbeben  von  uußürgewöhn- 
licber  Heftigkeit  eEschiltterte  in  den  Mor> 

genstunden  des  18.  April  das  schon  häufig 
von  Erdbeben  heimgesuchte  Kalifornit>n 
und  zerstörte  die  im  Mittelpunkte  des 
erschflttnien  Gebietes  liegende  Stadt 
San  Franzi.sko  nebst  einigen  kleineren 
benachbarten  Orten.    Die  Erschütterung 
wurde  auf  dem  ganzen  nordamerikaui- 
sohen  Kontinente  verspürt  imd  anch  vmt 
den   Apparaten  der  europäischen  Erd- 
i  bebenstationen  registriert;  trotz  <\ri  nn- 
.  gefähr    14  öOO  kui    weiten  Enti'eruuug 
I  zeigten  die  dentsehen  Seismometer  Er^ 
I  schütterungskurven  von  außerordentlichen 
[  Abmessungen  und  das  Leipziger  Seismo- 
meter zeigte  Ausschläge,  die  einer  Boden- 
sehwanknng  vim  1  bb  1,6  em  entspreehen. 
Nach    dem    Erdlnbeu    überflutete  eine 
Springflut   die   niedrig   gelegenen  Teile 
der  Stadt,  und  in  Folge  von  Bodensen- 
kungen bfacfatti  die  Bohren  der  Oaslei- 
tungen,  wodurch  eine  Keiierslu-unst  ent- 
stand, die  die  gänzliche  Zerstörung  der 
Stadt  zur  Folge  hatte.  Gegen  1000  Men- 
schen bflßten  ihr  Leben  ein,  der  verur- 
nachte  Materialschaden  wird  auf  3oo  Mil- 
lionen Dollars  angegeben.    Sobald  der 
Brand  der  Stadt,  der  wegen  Wassermangels 
mehrere  Ttge  wütete,  gelOscht  war.  ent- 
warf man  neue  Pläne  zum  Wiederaufbau 


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296 


Geographiich«  Nevigkeiten. 


(\fr  Ptadt,  den  man  in  höchBteos  fünf 
Jttiiren  voUemiet  zu  haVien  hofft. 

Kord-Folargegeuden. 

*  Die  Erriditang  der  dftniBeben 

wissenBchaftlichen  Station  inGrön- 
land (Xl.Jhrg.  190Ö.  S.  VIS  i^t  nunmehr 
gesichert,  nachdem  Juetizrat  liolck  in 
Kopenhagen  eine  gröBere  Snmme  bei- 
gesteuert, und  die  dttnischo  Regierung 
eine  jiihrlichf  Beihilfe  von  lOOOU  Kronen 
xugesagt  hat.  Die  Station  wird  un  der 
Sildkfiite  der  DiekoJnael  errichtet  wer- 
den und  ein  biolopigrhe-  LiilMiratorium 
enthalten,  da«  unter  der  Leitung  des 
Botanikers  Porsild  stehen  und  auch 
einige  Arbeitsplätze  f&r  firemde  Natur- 
forscher enthalten  wird.  Kitie  niuplichst 
vollständige  arktische  Bibliothek,  die  man 
durch  Schenkungen  zusammenzubringen 
hofft,  soll  die  Arlx  iton  im  Laboratorium 
unterstnt/en  Wie  <lie  kainerliche  Haupt- 
station  für  Erdbebenforschuug  in  Straß- 
burg mitteilt,  hat  dch  Porsild  bereit  er- 
klärt, neben  der  biologischen  auch  eine 
Beismisohe  Station  7,n  errichten  und  zu 
leiten,  zu  welchem  Zwecke  der  Station 
ein  eeismieeher  Apparat  auf  Kosten 
der  internationalen  seismischen  Assozia- 
tion zur  Vorfügung  gestellt  werden  wird. 
Die  Kutiten  für  die  Errichtung  uud  den 
Unterhalt  der  Miamisdien  Station  ftber- 
nimmt  der  diniaehe  Karlabergfond.  Por- 
sild wird  vor  seiner  Abreise  nach  (irön- 
laud  in  Straßburg  die  Methoden  der  iie- 
obachtong  kennen  lernen  und  den  seis- 
niachen  Apparat  in  Empfang  ndunen. 

Heera« 

*  Das  Vei-messungspchiff  „Planet" 
(XI.  1905.  S.  643)  hat  den  ersten  Teil 
seiner  wfeseniehaftliehen  Anfii^ben  wfth- 
rend  der  Ausreise,  die  Erforschung  de« 
ostatlaiitiscb'-ii  H/eaiis  Ix  cndet.  Die  Unter- 
suchungen, welche  außer  von  den  Schiffs- 
offizieren von  Prof.  Dr.  Kraemer  (Kiel) 
und  Dr.  Brennecke  (Hamburg)  ausge- 
führt worden  sind,  haben  ein  reif  lies 
Material  ergeben;  es  wurden  Aufsliege 
von  Dradienballons,  Tieflotnngen,  Tempe- 
ratormesanngen  nnd  Planktonunteranch- 

unpeii  vorgenommen.  Der  „Planet"  ist 
vor  kurzem  in  Kapstadt  eingetroffen  und 
nininit  dort  einen  Mageren  Anfenthalt, 
um  Ach  fiir  eine  Fahrt  bia  in  die  antaxk- 

tischen  Gewässer  hinein  aus/.unisten. 
Darauf  soll  das  Schiff  in  einem  großen 


Hegen  den  Indischen  Ozean  dnrchkrenxen 
und  dabei  St.  Marie  auf  Madagaskar,  Fori 
Lonis  anf  Manritiai  nnd  Oeflon  anlanÜBn. 
Die  letzte  Station  im  Indischen  Ozean 
ist  Padang  an  der  Westküste  Sumatra«. 
Durch  die  Sunda- Straße  geht  dann  die 
Reise  nach  Batavia  nnd  in  die  JaTa-See, 
nach  deren  Erforschung  man  durch  die 
Banda-See  nach  Matupi  fahren  wird,  wo 
die  Expedition  voraoasichtlich  Mitte  Sep- 
tember eintrifft 

GeographlMher  Untuniekt. 
GtoogfmitWaeh»  ▼orlenaiic«n 

an  den  deuUch sprachigen  Univcrsit&tcn  und  tech- 
Discb«n  Hochschulen  im  Soinmers«mest«rl906.  U. 

Sdtume. 

Basel: 

Bern:  o.  Prof.  Philippson:  Astrono- 
mische und  physikalische  Geographie,  3  st 

—  LBnder-  nnd  Völkerkunde  Ton  Ame- 
rika, 3 st.  —  Übungen  für  AnfÄnger,  "ist 

—  Kolloquium,  2^1.  —  Arbeiten  im  In- 
stitute. —  Exkursioneu. 

Blictoh:  o.  Pkof.  Stell:  FhTalsehe 
(Jeographie,  2  st.  —  Allgemeine  Ethno- 
logie, 2  st.  —  Uthnologie  der  Seruul- 
sphilre  U,  Ist  —  Die  pazihachen  Insel- 
gruppen, Ist  —  Sfidenropa,  tst 
Österreich-  Ungarn. 

Czemowite:  o  Prof.  Löwl:  Mathe- 
matinche  (<eographie,  48t.  —  Ueographi- 
sche  Typen  (ausgewfthHe  Abachnitte  der 
speziellen  Geographie),  Forts.,  Ist 

Graz:  o.  Prof  Sieger:  Allgemeine 
physische  Geographie  II,  3  st.  —  Einfüh- 
rung in  die  Antbzopogeographie,  2st  ~ 
Übungen,  2  st. 

Innsbruok:  o.  Prof.  v.  Wieser: 
Ethnographie  von  Europa  (Forts.),  3at  — 
Geographie  der  altorientaliaehen  Koltor- 
gebiete,  2  8t  —  Übungen,  Ist. 

Prag:  o.  Prof.  Lenz:  Geographie  von 
Afrika,  4  st.  —  Geographie  von  Skandi- 
navien, 1  at  — >  Oeographiaebe  Beapreehnn- 
gen,  2  st. 

Wien:  o.  Prof  oti.Thummer:  (Jeo- 
graphie der  Polarluuder  und  ozeanischeu 
Inaein,  4at.  — >  Wien  nnd  aeine  Vororte 
nach  Laf,'e  nnd  Entwicklung,  1  st.  —  Se- 
minar, 2  8t.  —  Pd  Müllner:  Seenkunde 
II,  Ist  —  Pd.  Grund:  Geographie  von 
Oateireieh-Ungani,  68t. 

Technische  Hochschulen. 

Danzig:  Prof.  v.  Bockel  mann: 
Deutschlands  Kolonien  im  Vergleich  mit 


Digiti/Oü  by  Cjt.)0^lc 


Geographische  Neuigkeiten. 


297 


den  Kolonialieiehen  der  «ndem  eorojA- 

ischen  Völker.  —  Wirtechaftsgeographie 
von  Großbritannien  und  Irland  and  des 
britischen  Kolonialreiches. 

DttRUtadts  Prof.  Oreim:  Mathe- 
matische Geographie. 

Dresden:  I*rof.  Graveliue:  Wasser- 
wirtechaft.  —  Der  atlantische  Ozean. 

München:  o.  Prof.  Günther:  Physi- 
kalische Geographie  des  Hochgebirges 
(speziell  der  Alpen).  —  Handels-  und 
Wirtaohaftsgeographie  I.  —  Seminar.  — 
o.  Hon^Prof.  GOts:  Da«  Dilurinm  in 
Europa. 

Stuttgart :  Oberatadieurat  S  c  h  u  • 
m*BB:  LIi^Lerkande  von  Mitteleozopa. 

Wien:  Prof  v.  Böhm:  FbyaiMhe  Geo- 
graphie von  ÖKteneich-Ungam,  Ist.  — 
Das  Alpengebiet,  ist. 

Bflrich:  Prof  Frflh:  Oseanographie, 
2  8t.  —  Das  Mittelmeergebiet,  'ist.  — 
GnmdsOge  der  Anthropogeographie,  Sst. 

Handelshochschulen. 

Köln:  0.  Prof.  Rein:  Warenkunde 
der  rüanzenstotfe,  3  st.  —  Die  wichtigsten 
Handelsartikel  an«  dem  Tierreidi«  Ist. 
—  Prof.  Hassert:  Landeskunde  und 
Wirtschaftsgeographie  von  Afrika,  3 st.  — 
Karteukunde,  Ist.  —  Erythräa  und  Abes- 
sinien,  let  —  Übungen,  Ist. 

Frankfurt:  Prof.  Deekert:  Ameiika, 
4 st.  —  t  bungen,  2 st. 

*  An  der  Universität  Heidelberg 
werden  von  diesem  S.-S.  an  im  geo- 
graphischen Seminar  topographische 

Übungen  durch  den  Dozintcn  an  der 
Karlsruher  technischen  liuchsuhule  und 
Asmstenten  am  dortigen  geoditisehen 
Institut,  Obergeometer  Bürgin,  abgehal- 
ten; «it"  bej^tplif'n  im  .'"'oniincr  in  Übungen 
in  der  Handhabung  der  Instrumente  und 
Anfiiahnien  im  OeMnde;  im  W.>8.  sollen 
sich  daran  Übungen  im  Entwerfen  xmd 
Zeichnen  von  Karten  anschließen.  F.  Th. 

*  Schon  seit  einer  Reihe  von  Land- 
tagssessionen bemühte  sich  das  bayerische 
Staatsministerinm  des  Innern  für  Kirehen- 
urid  Schulangclegenheitcn,  die  Umwand- 
lung der  außerordentlichen  Pro- 
fessar für  Geographie  an  derMfln- 
ebener  üniTersitftt  in  eine  ordent- 
liche 0  904.  S  17u}  zu  erreichen,  aber 
die  Kammermehrheit  lehnte  die  unbe- 
trächtliche Mehiibrdenmg  regelmäßig  mit 
dem  Hinweit  aof  die  «ndentliehe  Pro- 


ftssur  für  Geographie  an  der  teehnisehen 

Hochschule  ab.  Jüngst  wurde  endlich  die 
minist<"rielle  Forderunj^'  von  der  2.  Kain- 
uier  nahezu  mit  Stimmuneiuheit  geueh- 
migi.  Die  EVende  darftber  ist  in  Ata 
interes.Hierten  Kreisen,  namt-ntlich  bei  den 
Lehrern  der  Geographie  an  den  bayeri- 
schen Schulen  groß,  umsomehr,  als  man 
sich  der  Hoflnnng  hingibt,  Iflnisteritun 
und  Landtag  werden  es  bei  diesem  ersten 
Schritte  nicht  bewenden  lassen,  sondern 
die  neugeschaffene  Stelle  auch  so  aus- 
statten, wie  es  eine  zeitgemäße  Behand- 
lung der  Geographie  als  Wissenschaft  und 
Lehrgegenstand  unentbehrlich  erscheinen 
läßt  Nach  Zeitongsnaehriehten  soll  Pkof. 
Dr  Erich  v.  Drygalski  in  Berlin  als  Ordi- 
narius nach  .München  berufen  sein.  A.  G. 

«  Prof.  Dr.  R.  Lehmann,  über  dessen 
Bfloktritt  wir  (S.  171)  beriehteten,  wird 
auch  fernerhin  Mitt,'lied  der  philosophi« 
sehen  Fakultilt  der  Universität  Münster 
bleiben;  er  ist  aus  gesundheitlichen  Grün- 
den TOD  der  amtliohan  Veipifliditang,  Vor- 
IcBungen  /.u  halten,  entbunden  worden  und 
hat  die  Erlaubnis  zur  Verlegung  seines 
Wohnsitzes  ^nach  Godesberg;  erhalten. 
Für  dieses  8.-8.  ist  der  Privatdosent  an 
der  Universität  Berlin  Dr.  W.  Meinar- 
dus  mit  der  .\bhaltung  von  Vorlesungen 
und  übimgen  über  Geographie  beauftragt 
worden.  Er  liest:  Allgem.  phys.  Geo- 
graphie, II.  Tl.  (Meereskde.),  2  st.  —  Geo- 
graphie von  Asien,  Sst.  —  Probleme  der 
Folarforschung ,  Ist.  (publ.);  hält  Sst. 
geogr.  Übungen   ab   und  veranstaltet 

geogr.  Exkursionen.  F.  Th. 

*  Prof.  Dr.  Brückner  in  Halle  a.  8. 
ist  als  Nachfolger  Pencks  als  Professor 
der  physikalischen  Geographie  an  die 
Universität  Wien  berufen  worden. 

*  Au  der  Universität  Wien  hat 
sich  der  Professur  am  Maximilian-Gymna- 
sium Dr.  Frits  Macha^ek  als  Privat- 
dozent  für  Heographie  habilitiert. 

*  Der  Direktor  des  Gymnasiums  in 
Krotodchin  Prof.  Dr.  W.  Schjerning  ist 
mit  der  Abhaltnng  geograpiii>cl!er 
Vorlesungen  an  der  Akademie  in 
Posen  beauftragt  worden;  er  liest  in 
diesem  8.-8.  Aber  „ausgewählte  Abeehnitte 
der  allgemeinen  Erdkunde**. 

Vereine  und  Yereammlungen. 

e  Die  die^ihrige  78.  Yersammlnng 
Denleeher  Naturforscher  und  Ärste 


üiyiiized  by  Google 


298 


Geographische  Neuigkeiten. 


findet  vom  16. —  22.  September  in  Stutt- 
gart statt,  Der  Vorstand  tlt-r  Ahteilnnp 
für  G eo^raphie,  Hydrographie  und 
Kartographie  ladet  die  Fachgf'nossen 
xur  Teilnahme  ein  vnd  bittet.  Vortrage 
und  Denionstraf innen  wenn  mi'i^Hch  bin 
zum  16.  Mai  bei  i'rof.  Dr.  K.  Hammer 
in  Stuttgart,  HegeletraBe  16,  anmelden 
zu  wollen.  Die  allgemeine  Gruppierung 
der  Vprhundlnngen  soll  so  stattfinfb'ii,  daß 
Zusammengehörige»  tunlichst  in  derselben 
Sitrang  Bur  Besprechung  gelangt.  Be- 
sonders dankliar  wäre  man  für  Vorträge 
Aber  (legenstände.  die  sich  zur  Be8])rech- 
ung  in  kombinierten  Sitzungen  zweier 
oder  mehtexer  verwandter  Abteiinngen 
eignen.  Ein  ausfdhrliches  Programm  über 
die  Versammlung  wird  im  Juli  •■rsoheinen 
uud  auf  Veriaugen  zugenundt  werden. 

*  Eine  internationale  oieanieehe 
und  Fi 8ch e rci  -  A  usstellu ng  findet  in 
den  Monaten  April  bis  Oktober  in  Mar- 
seille statt.  Anf  EioIaduDg  des  geschäfts- 
Alurenden  Awechnaiee  werden  tieh  die 
meistvii  spf'f'ahrendcn  Nationen  an  der 
Ansstelluag  beteiligen  und  die  bedeutend- 
eten Ozeanograpben,  Tiefseeforscher  und 
Heeieebiologen  werden  an  den  Verhand- 
lungen teilnohmen;  der  Tiefseeforschung 
and  den  ErgebnisAcn  dei  neueren  Polar- 
foraeiinng  werden  bewndere  AbteOnngen 
gewidmet  werden.  Im  Anschluß  an  die 

Austeilung  werden  verschiedene  Kongresse 
■tattfinden :  eine  Versammlung  von  l'olar- 
foncbem  wird  die  in  Hone  (XI.  1906. 
S.  641  l'egonuene  Beratung  der  inter- 
nntioiial'ii  l'olart'oisfhung  fortsetzen;  im 
September  wird  ein  frauzöaischer  Kolonial- 
kongreB  unter  dem  Voreitz  von  Charle« 
Roux  abgehalten;  dann  werden  die  fran- 
zösischen gengraiihischen  Gesellschaften 
gemeinsam  in  Marseiile  tagen  und  schlieÜ- 
lieb  wild  die  „Allianoe  iranfaiae'S  eine 
Vereinigung  zur  Ausbreitung  der  franzö- 
sischen Sprache  in  den  Kolonien,  einen 
Kongreß  abhalten. 

*  Da«  Oxganisationicomitö  de«  X.  in- 
ternationalen Oeologenkongreeses 


tS.  III)  teilt  in  einem  weiteren  Rund- 
schreiben  den  endg\iltigen  Plan  der  Aus- 
flüge vor  und  nach  den  in  Mexico  vom 
6.  bis  14.  September  stattfindenden  Sitsnn- 

gen  mit. 

Die  schon  in  der  ersten  Mitteilung 
genannten  Ausflflge  vor  der  Tagung  be- 
ginnen am  SO.  und  91.  Angust,  an  ihnen 
können  bis  zu  30  Personen  teilnehmen, 
allein  an  der  kurzen  3tllgigen  Fahrt  nach 
Jalapa  (nicht  Jalaga)  und  Vera  Cruz  bis 
zu  96A;  die  Teilnehmer  an  ihr  kdanen 
aber  jetet  sq  denen  am  Bitt  naeh  Tolnca 
stoßen. 

Die  große  20tlLgige  Reise  nach  Norden 
naeh  den  Sitenngen  (IBr  960  Teilnehmer) 

führt  Aber  Zacatecas  durch  das  .Minen- 
gel'it't  von  Majtimf,  Conejos  und  Quebra- 
dilla  nach  i'arraa;  von  da  über  Concep- 
cion  del  Oro  dotoh  die  Sierra  de  Sa.  Rosa 
nach  Montery  und  S.  Luis  Potosi;  sie 
beginnt  am  16  Sept.  in  Mexico  und  endet 
ebenda  am  4.  Okt.  Dann  findet  noch 
eine  weitere  Fahrt  rar  Landenge  von 

Tehuantepec  statt  vom  6  —1.3.  Dkt  für 
60  Personen) ,  die  bis  zum  puzitihchen 
Hafen  Salina  Cruz  und  wieder  zurück  zur 
Hauptstadt  führt. 

Den  Rabatt  von  50 für  die  über- 
fahrt mit  einem  Dampfer  der  „Hambarg- 
Amerika-Linie**  od«  der  „Compagnie 
Transatlant iciue'*  nach  einem  mexika- 
nischen Hafen  trii^'-t  aufs  liberalste  die 
mexikanische  Regierung,  der  dafür 
ganz  besonderer  Dank  gebührt.  Die 
„F.  C.  Kadonal"  bofit,  bei  einer  Betei- 
ligung von  100—200  Personen  atich  auf 
den  Linien  der  Vereinigten  Staaten  für 
die  Hin-  oder  Rflckfriut  durch  die  üaion 
eine  Preieerm&Bigung  zu  erlangen.  Anf 
allen  mexikanischen  Hahnen  ge- 
nießen die  Teilnehmer  am  Kongreß  eine 
Ermftfiigung  von  60%. 

Anmeldungen  werden  erbeten  an: 
W.  Ezequiel  Ordonez,  Secrötaire  g^neral 
du  Comite  d'organisation  du  X".  Congres 
G^logiqne  International,  6^.  del  Ciprds 
No.  9798.  Mexico,  D.  F.  F.  Th. 


Bllelierliespmhaiiseii . 

Kaiserliche  Ma  riue.  Deutsche  See- 1  17  Tat.  u.  25  Textfig.  Hamburg, 
warte.  DampferhandbaohfOrdenat-  Friederichaen  t  Co.  1906.  JL  5.—. 
huitisohen  Ozean.    XVI  n.  486  8.  Dies.  Atlas  der  Gezeiten  und  Oeieiteii- 


Bfieherbetprechungen. 


299 


ströme  fiir  das  Gebiet  der  Nordsee 
nnd  dar  britiBelMii  GewiMer.  IS  Taf. 

2  S.  Text.    Ebd.  1905.  6.—. 

Dies.  Atlas  der  Stromverseizungen  auf 
den  wichtigsten  Dampfarwegen  im 
im  Indiseben  Omn  und  in  den  ost- 
arifttischen  Gewäflsem  52.  Taf.  8  8. 
Text.    Ebd.  1905.    JL  15.—. 

Diea.  Wind,  Strom,  Luft-  tind  Wasser- 
temptrator  auf  den  wichtigst*  n  T)am- 
pferwcgen  dt  s  Mittclmeeres.  Nach  den 
Beobachtox^^en  deutscher  Dampfer  be- 
ariMitet  14  Taf.  60  8.  Ttat.  BeiL 
i.  d.  f^OD.  d.  Hydrogr.  u.  Marit. 
^reteoIol.»  1906.  Berlin,  Mittler  k 
Sohn. 

Die  Deotodie  Seewarte  hat  eine  Reihe 
bedeutender  Publikationen  herausgegeben, 

die  Tvnbl  zunäclist  nur  dor  praktischen 
Schiffahrt  dienten,  die  aber  auch  fördernd 
anf  die  Wlaeenidiaft,  beionden  anf  die 
Erweiterung  und  Klärung  physisch -geo- 
graphischer Tatsachen  der  Meere  wirkten. 
Bei  der  Seewarte  gehen  alljährlich  Schiffs- 
jonniftle  in  grofiw  Aniahl  ein;  die  anf 
diete  Weise  aufgestapelten  handschrift- 
lichen Schätze  werden  sachpemiiß  verar- 
beitet und  weiteren  Kreisen  zugänglich 
gMiMhl  Dabei  werden«  wenn  es  an^togig 
iat|  auch  fremde  Veröffentlichungen  mit 
verarbeitet,  wie  z.  B.  bei  dem  Atlas  der 
Geseiten  und  Gezeitenstrüme  für 
das  Gebiet  der  Nordsee  nnd  der 
britiHohen  Gewässer.  Gestützt  anf 
deutsche,  englische,  französische,  hollän- 
dische und  dänische  Quellen,  wird  auf 
jeder  der  12  Tafeln  f&r  jede  volle  Stande 
der  tiezfiten  von  Dover  und  Cuxhaven 
der  örtliche  Stand  der  Gezeiten  liir  alle 
namentiieh  anljaiefllbrten  Orte  und,  soweit 
zuverlässige  Stellen  es  erlaubten,  ein  voll- 
etändiges  Bild  der  Gezeitonntröme  für  das 
ganze  von  der  Tafel  umfaßte  Gebiet  ge- 
geben. Der  Text  befUt  sich  sonftchst 
mit  einer  allgemeinen  Erklärung  über  Tide 
oder  Gezeitenwelle  und  K^ht  dann  zu  den 
besonderen  Verhältnissen  der  Nordsee  nnd 
der  britisehen  Gewisser  Aber,  wobei  die 
Zeiten,  die  GeceiteuHtröme,  der  Einfluß 
des  Windes  auf  die  Gezeiten  und  der  Ein- 
fluß des  Windes  auf  die  Gezeitenströme 
niher  charakterisiert  worden. 

Die  drei  andern  oben  bezeichneten 
Veröffentlichungen  der  Deutschen  See- 
warte stützen  sich  lediglich  uuf  Erfahrungen 
nsdfieobnehtongen  deutscher  SchiffslBhrer. 


In  der  Wissenschaft  dürfte  der  Atlas  der 
Stromversetsnngen  anf  den  wieh- 

tignten  Panipferwegen  im  In- 
dischen Ozean  und  in  den  ostaaia- 
tischen  Gewissem  am  meisten  Beadi- 
tung  finden,  da  er  zum  Teil  überraschende 
Resultate  bringt.  Diesen  kam  auch  die 
leistungsfähigere  Darstellungsmethode  der 
Dentsehen  Seewarte  gegenüber  der  anderer 
Länder  zu  gute.  Die  Deutsche  Seewarte 
hat  sich  die  Aufgabe  gestellt,  ganz  in 
derselben  Weise,  wie  man  die  Winde, 
ihre  ffllnfigkeit  nach  den  vendiiedenen 
Richtungen,  ihre  Stärken,  ihre  örtliche 
Verschiedenheiten,  ihre  jahreszeitlichen 
Änderungen  usw.  verdchiedeuartig  dar- 
stellt nnd  so  ein  deutliches  Bild  über  die 
Luftbewegungen  erhält,  anch  das  Phänomen 
der  Oherflächen8tr5mnTi?en  planmäßig, 
statistisch-systematisch  zu  bearbeiten,  also 
die  nftckten  Tatsachen  festsulegen  ohne 
alle  Rücksicht  auf  die  Ursachen  oder  Folge- 
erscheinungen. Das  ist  gewiß  eine  große, 
aber  auch  »ehr  schwere  Aufgabe.  Der 
vorliegende  Attas  ist  in  dieser  Hinsicht, 
wie  der  begleitende  Text  auch  selber  be- 
merkt, nur  mehr  programmatisch  aufzu- 
fassen; er  zeigt  den  Anfang  des  Weges, 
der  rar  Lfisnng  filhrt.  Das  Beobaehtnngs- 
raaterial  i.>*t  nur  den  Schiffsjournaleu  deut- 
Hcher  l>ampfer  entnommen,  die  innerhalb 
der  großen  Flächen  des  Indischen  Ozeans 
gans  bestimmte  Uniensflge  Inhalten.  Man 

hat  sich  darum  vor  zu  weitgehenden 
Schlußfolgerungeu  zu  hüten.  Endgültige 
Resultate  für  die  ganze  Physik  des  Ozeans 
wird  erst  der  von  der  Seewarte  ange- 
kündigte Atlan  der  Stromver-etznngen  im 
gebamten  Indischen  Ozean  erlauben.  In- 
dessen können  wir  heute  bereits  an  einigen 
wichtigem  Ergebnissen  nicht  achtlos  vor« 
üViergehen.  Wohl  war  die  starke  Strömung 
au  der  Somaliküste  schou  den  Alten  be- 
kannt, wie  wir  ans  dem  „Feriplns  Maris 
Frythiaei"  erfahren,  daß  sie  aber  mit 
ihren  Sm.  im  ?]traal.  d  h.  innoihalh 
'24  Stuuden,  von  einem  Mittag  zum  andern, 
d  ie  größte  Geschwindigkeit  des  Oolfiltroms, 
die  man  zu  hudistens  l'2<i  Sm.  kennt,  über» 
trifTt,  i-t  ein  üliorraschendes  Ergebnis, 
läl  Sm.  innurhulb  24  Stunden  ergeben  2,»m 
in  der  Sekunde,  demnach  fast  1  m  mehr 
GeBohwindigkeit  als  man  beim  Rhein  und 
andern  Strömen  b<'i  Hochwasser  beobachtet 
hat.  Des  weitem  i^t  aua  deu  Atlaskurten 
ersiditlich,  daB  auf  den  Dampf  erwegen 


Digiti/Oü  by  Cjt.)0^lc 


300 


Bfloherbetpr«eiiung«]i. 


switchen  dem  Golf  too  Aden  nnd  SingA- 1 

pore  die  Stromversetzungen  sehr  ^ohuell ' 
abnehmen:  sie  pehen  östlicli  vom  00"  ö.  L 
bis  auf  16  Sm.  im  Ettual  herab.  Die  Ver- 
Mtacnngen  »at  d«n  Wegtm  Singapore- 
Hongkong  entsiircchon  denen  von  Aden  ' 
nach  Colombo  in  HichtunK'  und  Stärke. 
Der  Kuro  Shiwo  bingej^eu  hat  eine  U,hu- 
lidie  bestftndige  Bichtang  nach  ONO  avf 
o.  Br. ,  wie  der  Agulhaastrom  nach  SSW 
an  der  ostafrikanitJchen  Küste  iinf  ?  Br. : 
er  erreicht  jedoch  nicht  die  ?>t4irke  de« 
Affidbautromes.  Auf  den  Dampferwegen 
zwischen  Ceylon  und  Kap  Leeuwin  hat 
sich  ergeben,  daß  man  im  Bereich  des 
iSO-Pugsatti,  alau  im  S  von  lu"  4.  Br.,  aus 
dem  tax  YerfBgang  ttehenden  Beobacb- 
tunpsnsatet  ial.  auf  eine  ref^elmJlßige  Trift, 
den  Siid-Äquatorialntrom,  noch  nicht 
Bchließen  kami.  Hier  dürfteu  eine  große 
Anzahl  anderer  Beobachtungen  noch  hin- 
zutreten, um  zur  Klarheit  Uber  diese 
Strömung  zu  gelangen 

Die  in  der  Veröffentlichung  der  Deut- 
schen Seewarte  über  Wind,  Strom, 
Luft-  und  Wa  -  -  >M  t  p  III  peratur  auf 
den  wichtigsten  Uampferwegen  des 
MittelmeeroB  niederlegten  Ergebnisse 
sind  auf  den  Dampferwegen  von  Gibraltar 
nai'h  Genua,  Neapel  und  Port  Said,  von 
Gibraltar  nach  Meapel  und  von  (iibraltar 
nach  Port  Said  gewonnen  worden.  Sie 
zeigen  das  Mitt^neer  so  recht  aU  ein 
Mittclmeer  in  ozeanographischer  Hinsicht 
Im  Mittelmeergebiete  mischen  sich  Meer- 
imd  Landeinflfitse.  Das  Mittehneer  bildet 
eben  einen  ri>ergang  von  einem  See  zor 
See,  mit  Ankliuif^en  an  beide.  Stromver- 
setzungen sind  selten,  nur  hie  und  da 
wird  einmal  dn  Betrag  angetroffen,  wie 
er  im  offenen  Ozean  öfters  erreicht  wird. 
Späterhin,  wenn  die  Koute  Gibraltar-. Malta- 
Konstau  tinopel  eine  genügend  lauge  Be- 
obachtongsteihe  anfkaweisen  hat,  dfirfte 
die  Torliegende  Veröffentlichung  noch  eine 
Ergänzung  in  der  Darstellung  der  griechi- 
schen Inselwelt  erfahren. 

Das  Dampferhandbnch  fOr  den 
Atlantischen  Ozean  ist  ein  erstes 
seiner  Art  Den  von  der  l't'utschen  Soc- 
warle  lierausgegebenen  drei  Scgelhand- 
bilchem  sollen  sich  drei  Dampferhand- 
bflcher  anreihen,  je  eins  für  den  Atlan- 
tischen. (It'n  Indischen  und  Stillen  Ozean. 
Da.s  Damplcrhandbucb  schließt  die  Küsten- 
beschreibnng  ans,  es  will  ein  „Segelband- 


bnch  fOr  Dampfer**  in  dem  Sinne  der 
früheren  Segclhandbücher  der  Deutschen 
Seewarte  für  die  Segelschiffe  zur  Fahrt 
iU>er  den  Uzeau  sein.  GewiA  ist  der 
Dampfer  von  Wind  imd  Welker  nnab- 
hängiger  als  der  Segler,  indessen  ist  die 
.Ansicht  irri^r,  daß  sich  dor  Führt-r  eines 
Dampfers  nicht  nach  Wind  und  Wetter 
sa  richten  tnanebe.  Ein  tfichtigerDampf- 
scbifTsfQhrer  maß  aaf  jeder  Heise  Wind, 
Wetter  und  Strom  immer  wieder  TOn  neuem 
berücksichtigen  und  den  Kurs  den  je> 
weiligen  YeririUtnissen  anpassen.  Würde 
er  dies  versäumen,  so  dürfte  er  sein 
., Durchhalten  unter  allen  Umständen"  nur 
zu  sehr  mit  dem  Kohlenverbrauche  und 
andermbSBen.  Der  erste  Teil  des  Dan^fer- 
bandbnches  bringt  eine  allgemeine  Uber- 
sicht der  physikalischen  Verhältnis-ie  des 
Atlantischen  Ozeans  und  ihrer  Kiutlüsse 
anf  den  Dampferweg.  Der  besondere  Teil 
den  DampferhandbucVirs  bespricht  in  15 
Abschnitten  185  einzelne  Dampferwege 
unter  Hervorhebung  der  zur  Förderung 
und  Sicherung  der  Reisen  dienlieben  phy« 
sischeu  und  i)raktischen  Tatsaelien,  die 
aus  den  Kt'istenbaudbiichem  und  den  üb- 
lichen Seekarten  nicht  ersichtlich  sind. 
Ausreisen  und  Rückreisen  werden  gesoo* 
dert  b<'trachtet ,  auch  nach  den  Jahres- 
zeiteu;  ebenso  werden  die  verschiedenen 
OrOBen  und  Arten  der  Sehiffb  berücksich- 
tigt und  Karten  und  Bücher,  die  für  die 
betrefFcndf  1  )nn)pferfahrt,  wenifjstents  für 
ihren  Anfang  und  ihren  Endpunkt,  von 
Ntttzen  sind.  Die  beigegebenen  Tafbln 
enthalten  die  Darstellung  der  magnetisohen 
Deklination  für  l^M»G,o  für  den  ganzen 
Atlantischen  Ozean,  der  Winde,  der  Sturm- 
wamungssignale,  der  IfeeresstrOmnngen, 
der  Stromversetsongen  anf  den  verein- 
barten Dampferwc^en  zwisi-hcn  Kanal 
und  Nordamerika,  der  Dampferwege  und 
^tfenrangen  in  West-Indim,  der  Winde 
nnd  Strömungen  auf  den  Dampferwegen 
zwiHchen  dem  englischen  Kanal  und  der 
Magelansstraße,  der  Dampierwege  und  Eut- 
femm^en  im  Hittelmeer  Am  Ende  des 
Handbuches  befinden  sieh  Wegekaiten 
für  die  verschiedenen  Abschnitte 

Max  Eckert. 

Hasse,  Krnst.  Deutsche  t^renzpolitik 
(Deutsche  Politik.  1.  Bd.  3.  H.).  181  S. 
München,  Lehmann  1906.  ^^C  8. — . 
Auch  in  diesem  Hefte  behandelt  Hasse 


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Bfleherbesprechungen. 


301 


nicht  nur  Fragen  der  Politik,  Boudera 
ftocli  Probleme  der  politischen  Geographie. 

In  (loin   tinleit^^ndpn  Abschnitte  Ix-rdhrt 
er  sich  vielfach  mit  Katzeis  Anschauungen, 
die  Ton  ihm  mehrmals  wörtlich  angeführt 
«erden.    Als  neuen  politisch-geographi- 
schen Begriff  führt  Hasse  die  „Zwischen- 
länder" ein.    £r  versteht  darunter  die 
Siedlungsgebiete  der  kleineren  yslker, 
dif  zwischen  die  großen  Nationen  ein- 
gelagert sind,  wie  z.  B.  Tschechen  und 
Polen.   In  diesen  Zwischenländern  sieht 
Hmm  „den  Spielraum  fBr  die  Entwicke- 
Inng  mächtiger  Volker  zu  großen  National- 
staaten".   Uber  ein  Drittel  de^*  Heftes 
ist  der  deutschen  Weatgrenze  gewidmet,  i 
Beeonders  atiaföhrlieh  ist  ihre  geichicht- 
Hebe     Eutwickelung    geschildert.  Aufj 
Seit«  6()  und  CT  1  eachte  man  »lie  statisti- 
schen Tabellen   über  die  Herkunft  der  | 
heatigen  BetrSlkenuig  EIsaB-Lothringene.  | 
Bei  Beapreebung   der  Xordgren2e    wird  i 
die  T>i\nenfra<^e  erörtert     I>ii'  nHtv,'i"»'n/.e 
ist  nach  ihrer  geschichtlicheu  Eoti-telmug 
dea  Oftheren  behandelt   Ob  freilieh  de«} 
Verfassers  Ansichten  über  ihre  etwaige  i 
zukünftige  Ausgestaltung  größeren  Beifall 
finden  werden,  mag  dahingestellt  bleiben. 
Daa  VerhUtiuB  Oatenmch-Ungania  sum 
Deutschen  Ri  inlie  wird  bei  Be^i)rrchun;i 
der  Südgrenze  ausführlich  erörtert.  Hier 
greift  Haaee  auf  den  Gedanken  Bismarckä 
nuftok:    Österreich -Ungarn    durch  ein 
staatsrechtliches  Band  mit  dem  Deutschen 
Keiche  zu  verknüpfen.    F!r  gibt  einen 
Tolltt&ndigen  Entwurf  für  einen  solchen 
Vertrag,  der  auch  f&r  den  Geographen 
verschiedene  sehr  beacbteiiFwerte  funkte 
enthält,  namentlich  soweit  das  Verhältnis 
eine«  dentseb  regierten  öiteneieh  m  den 
slawischen   und  anderen  nichtdeutflchen 
V('ilkerHchaft4.'u  in  Hetracht  koninit.    Als  ' 
Anhang  ist  ein  Verzeichnis  der  Karten  • 
der  deoteclien  Bpracbgrensen  und  Sprach- 
inselu  in  Mittel-Europa  aus  der  Feder  von  > 
Professor  Paul  Langhans  beigegeben,  da.s  ' 
jedem  Geographen,  der  sich  mit  diesem 
Stoffe  SU  beschftftigen  hat,  aelir  will- 
kommen sein  wird.  Für  eine  Neuauflage 
eei   auf   einige    Versehen  hingewiesen: 
Seite  90  steht  Kaomrin  statt  Kammin, 
der  deataehe  Name  fAr  Niemen  iet  Memel, 
der  Hauptort  von  Deutsch-Belgien  hei£t 
auf  deutsch  Arel.  Seite  87  iteht  Bhenne 
stott  Biel. 

Zemmrich. 


Chantrlot,  £.  La  Champagne.  Ktude 
de  gtegxaphie  regionale.  Gr.  8*  XXIV 

u.  S.,  17  K    n    frrapb    Darst , 

21  Taf ,  31  Ansichten.  Paris  u.  Nancy, 
Berger-Levrault  &  Co.  1905. 
Im  Jahre  1867  erschien  Gnthes  sach- 
lich und  methodisch  bemerkenswerte^Buch 
über  die  Lande  Braunschweig  und  Hau- 
nover.  An  dieaea  noch  heute  brauchbaie 
Werk  wird  man  vielfitch  erinnert,  wenn 
man  sich  in  den  speziellen  Teil  dieses 
neuen  schönen  Probestuckes  französischer 
„Kegionalgeographie"  Tertieft.  Nirgends 
bietet  uns  Chautriot  ntratigraphische 
und  paliiontolo^'iNi  he  Einzelheiten,  die  für 
deu  Geologen  gewiß  sehr  iuteres&ant,  für 
den  Geographen  aber  gleichgültig  sind, 
andererseits  at.er  libeiliftufi  er  auch  den 
Leser  nirs^nds  mit  geosfraphiiäcli  li.dou- 
tungülosen  Notizen  über  Menschen  werke. 
Die  beiden  Seiten  der  Erdbesehrribung 
kommen  hier  vOUig  an  ibiem  Recht.  Man 
ktinnt^e  denken,  es  gäbe  kaum  eine  lang- 
weiligere Laudschatt,  als  die  Öde,  aber 
durch  ihren  Wein  berflbmie  Champagne. 
Wenn  schon  der  Geograph,  wenn  er  auch 
nur  die  Generalstabsblätter  studiert  hat, 
diesen  Irrtum  nicht  wohl  teilen  katm,  so 
kann  er  sich  doch  bei  Cbantriot  Uber- 
7.PULren.  welches  höchst  lehnciche  Beispiel 
der  Wech^^clwirkung  physischer  und  au- 
thropogeographitichcr  Faktoren  die  Cham- 
pagne bietet.  Zwischen  der  östlicheren, 
undurchlässigen  Boden  besitzenden  und 
deshalb  feuchteren  und  besser  bewach- 
senen Champagne  humide  und  dem 
inneren  Teil  der  Landsehaft  (Cb  am  p  a  g  n  e 
Hcche  mit  seinem  waaserarraen,  durch- 
lässigen Boden  ist  überall  wohl  zu  unter- 
scheiden. Aber  nirgends  finden  wir  in 
der  Champagne  wüstenhaitc  Verhältnisse, 
ja  nie  empfängt  mehr  Regen  als  das 
Pariser  Becken  und  s.  B.  nicht  weniger 
als  KönigsVierg  oder  Leipzig.  Sehr  auf- 
fällig, wenn  auch  nicht  etwa  einzig  da- 
stehend, ist  aber  im  trockenen  Lnudfsteil 
die  Verteilung  und  die  Art  der  Siedeluugen : 
groBe  Unseriöse  Flftoben  werden  nur  hier 
und  da  von  massigen,  früher  wegen  der 
fehlenden  Materialien  oft  .sehr  schlecht 
gebauten  und  noch  heute  wenig  ansehn- 
lichen Dörfern  unterbrochen.  Ein  Land 
zahlreicher  Städte  ist  die  Champagne  nicht, 
wenn  auch  einzelne  der  städtischen  An- 
siedelungen weltbekannt  sind.  Alles  das 
wild  uns  in  unendlich  fleißiger,  steta 


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302 


Nene  Bücher  and  Karten. 


mit  reichUehen  Llteratonwehweiaen  ret^ '  an  den  graphischen  DanteHiingen ,  an 

sehener  Darstellung  vorgeführt,  selbst  so  |  den  Karten  üV)or  Niedersehllge,  Volks- 
«•ntlejjene  Werke  wie  Schultes'  Briefe  i  dichte  und  manchen  anderen  und  haben 
über  Frankreich  (Leipzig  1816)  u.  v.  a.  jims,  wenn  wir  das  üach  —  uicht  für 
werden  berfiekriehtigt.  Die  Karten  nnd  Ab- ;  immer  —  ani  der  Hand  legen,  Ton  Neoeu 

InUnngen  sind  völlig'  doin  Z\vt'(ke  ent-  überzeugt,  daß  die  „Regionalgeographie** 
sprechend  gewählt.  Wir  Lctrachteti  Dorf-  in  Frankreich  in  achtungswerter  Blüte 
and  Landecbattsbihler  und  erfreuen  ans  steht.  F.  Hahn. 


Neue  liiicher  uud  Karteu. 


AUfsmiast. 

Brockhaas*  Kleines  KouTersatioas-Lexi- 

kon.    5  Aufl.   L  Bd.   A— K.    1044  S. 

lOiKi  Textabb.  CS  Bildertaf,  K . 

34  Textbeil.  Leipzig,  Brockhaus  1^06. 
JL  IS.—. 

Anleiinng  sa  wiss.  Beob.  aof  Reisen. 
Hrsg.  von  O.  von  Nenmayer.  S.  Aofl. 
Lief.  9/10.  11/12. 

Allitatla*  yhjrtisek«  Oeoffnpklt. 

Bühl,  Alfred.  Beiträge  zur  morpho- 
logischen Wirksamkeit  der  Meeres- 
strömungen. („Yeröff.  d.  Inst  f.  AVIeeres- 
kde.  nsw.**  Heft  8.  Febr.  1006.)  44  S. 
Berlin,  Mittler  d  Sohn  1906.    .€  2.—. 

Vegetationsbilder  hrsg  von  G  Kar- 
sten u.  U.  Scbenck.  IlL  Keihe. 
Heft  4.  H.  Sehenck:  Uittebneerb&ame 
(6  Taf.  19—24;.  —  H.  6.  R.  v.  Wett- 
8tein:  Sokötra  ,6  Taf.  25  — 30i.  — 
H.  6.  £.  Zederbauer:  Vegetations- 
bilder  ans  Kleinasien  (6  Taf.  81—86). 
Jena,  Fiseher  1906.  Je  JL  4.—. 

DvatichUnd  Xsehbarlinder. 

Forstbotanisches  Merkbuch.  Xacb- 
weis  der  beachtenswerten  und  sa 
sehfltsenden    arwüchsigen  Strilucher, 

Bäume  und  Bestände  im  Königreich 
Freufien.  Hrsg,  auf  Veranlassung  des 
Ministers  fSr  Landwirtsdiaft,  Dom&nen 

und  Foraten.    IV.  Provinz  Schleswig- 
Holstein.  VIII  H.  112  S    20  Abb.  Ber- 
lin, Gebr.  Borntracger  1906,    JL  3.—. 
Tbrlitet  Karopa. 

Saetren,  0.  Kart  over  det  sydlige  Noige 

for  skole  og  hjem  ved.  1  :  1  000  000. 
Kriatiania,  Canuncrmeyer  1906. 


Alles. 

Beb  lue.  Fr.  u.  M.  Krieger.  Führer 
dorch  Taingiaa  and  Umgeboag.  S.  AnlL 

222  S  120  Abb.,  12  K.  o.  1  Stadtpl. 
Wolfenbuttel,   Herkner  (Weüel)  1906. 

PoUrce|rrnd«a. 

Dröber,  W.  Die  Polargebiete  und  deren 
Erforsehoi^.  GemeinTentlDdlieh  dar- 
gestellt, kl  u«.  938  8.  iK.  Stattgact, 
Lehmann  1906. 

CeOfrrsiihUcher  l'ntrrrlrht. 

Frauz  Bambergs  Wandkarte  zur 
Kultur-,  Wixtschafts-  uud  Uan- 
dels«Geographi6    von  Dentseh- 

land,  dem  angrenzenden  Österreich 
und  der  Schweiz  mit  Karton:  Bevölke« 
raugsdichte  im  Deutschen  Reiche.  Neue 
venia&chte,  billige  Aoagabe.  Mafletab: 

1  :  750000.  Größe:  1,75m  x  1,00 m.  Ber- 
lin, Chan  (Fahrig!  1906.  Aofjgesogen 
mit  8tlb«n  (Fkhrigs  Originalanftmg)  oder 
zum  Zusammenlegen  in  Mappe:  JL  10.— 
(lackiert  JL  22.—),  unan^eiogen  in 
6  Blättern:  ,tL  18.—. 
Illustrierter  Fachkatalog  fitr  Geo- 
graphie und  Geschichte.  'Archiv  für 
moderne  Lehrmittel.  II.  .Ihrg.  1904/6. 
Hea  VI.)  Hrsg.  von  A.  Maller.  64  S. 
Dresden,  Mfiller-MbeUuws  1006. 


Drygalski,  E.  v.  Ferdinand  Frhr.  von 
Richthofen.  Gedächtnisrede.  („M&nner 
der  Wissenschaft".  Heft  4.)  18  S. 
1  Bildnis.  Anhang;  E.  Tiessen:  Die 
Schriften  Ferdinand«  von  RichtlioibB. 
Leipzig,  Weicher  1906.  JL  1.—. 


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Zttitvchrifteniolian. 


Zeitsclirifteiischan. 


Pf  termanntf  Mitteilungen.  1906.  8.  Heft. 
Bauers:  Zur  Geschichte  der  alten  Han- 
delBstrafien  in  Denteehland  (1  K.).  —\ 
Beß:  Winterwasser  der  GletacheKbftehe. | 

—  Friederichsen:  Neue  Beitrüge  zwr 
Morphologie  des  Ti&u-schan.  —  Voeltz- 
kow:  Naoe  Erfahrungen  Aber  Kwallai- 
rifie. 

Globus  89  B.l  Nr.  10.  Sapper:  Der 
Einfluß  dea  Meuschen  auf  die  Gestaltung 
des  nwiikaniich  •  mittelaittarikaaifelien 
Laudschaftsbildea.  —  Perke:  Die  Ries^n- 
grotte  bei  Triest.  —  Decke:  Feuer- 
kugeln und  Meteoriten  in  1001  Nacht.  — 
Bekert:  Zur  Oetehidite  nnd  Methodik 
der  Wirtschaftsgeographie. 

Das8.  Nr.  11.  Koch-Grünberg: 
Kreuz  nnd  qner  durch  Nordwest-Brasilien. 

—  T.  Kleist:  Die  Ued^chasbahn.  — 
Hälterliu:  Brennmaterial  und  Feuer- 
herd auf  den  Halligen  der  Nordsee. 

Bat».  Nr.  IS.  Andrae:  Hansineehrif- 
ten  ans  deutschen  SlAdten.  —  Rein  dl: 
Die  letzten  Spuren  urältesten  Ackerbaus 
in  Süd-Bajern.  —  Schütze:  Die  Ent- 
wieklnng  ron  Birma.  —  Der  höchste  Berg 
Amerikas. 

/.»rt.s.s.  Nr.  1*5.  Gntmann:  Traner- 
und Begräbnissitten  der  Wadschagga.  — 
Bilder  ron  der  Gazelle  -  Halbinsd.  — 
Seidel:  Togo  im  J.  1905.  —  Oessert: 
Die  Tafelgebirge  des  Han  ami-PIateaus. 

Dass.  Nr  14.  Fric:  Eine  Pilcomayo- 
Beiae  in  den  Chaeo  CentraL  —  Eine 
religiöse  Bewegung  im  AltaL  —  Höfler: 
Vogelgebück.  —  Lehmann -Nitsche: 
Paiü  oanthropologie . 

Utmiladhe  Bmndmkem  fSr  Otogmgkie 
utul  Statistik.  -.'H.  Jhrg.  7.  Heft  Fester: 
Tagel'uchiiiättor  aus  Island  (1  K.)  — 
Bolle:  Die  Kolonisation  Deutsch -Süd- 
weatafrikaa.  —  Olinda:  London  in  der 
Gegenwart.  —  Loasinpieoolo  und  Luaiin- 
grande. 

MeUoroloffist^ZeitBehriß.  1906.  ».Heft. 
Hann:  Meteorologie  des  Nordpolarbassins. 

—  Lüdeling:  Das  Inftelektrische  Poten- 
tialgefälle  in  Potsdam  1904.  —  Möller: 
Über  CifToswolken. 

Zeitschrift  für  SchtUffeogn^ie.  1906. 
6  Heft  Trarapier:  Ein  geographisches 
Spiel  aus  dem  Anfange  des  19.  Jhrhdts. 

—  Pottag:  Der  Geographieontezrieht  in 


Preußen.  —  Eine  Besteigung  dea  Fu^ji- 
yam». 

OeograplU»(^Änuiffer.  1906.  S.H«(t. 

Schlüter:  Sied^ungsgeographie.  —  Nie- 
mann: Der  .\uRtralkontineut.  —  Stum- 
mer: Geographische  Länge  und  Breite. 

—  Der  Indvk^onflglobQB. 

Deutsche  F.rdr.  1901!.  Nr.  1.  Zomm« 
rieh:  Ernst  Hasse.  —  Partsch:  Von  der 
deutschen  Grenzwacht  in  Schlesien.  — 
Bloeher:  Die  SpraehenverUtttnisae  im 
Bt-rnischen  Jura.  —  Zemmrich:  Der 
deutsche  Besitzstand  in  Böhmen.  — 
Kirehhoff:  Die  deutsche  Kolonie  Ak- 
Metschet  in  Khiwa. 

Zeitschrift  für  Kolonialpolt tik .  -recht 
und -Wirtschaft.  1906.  2.  Heft.  v.Engel- 
breehten:  Der  Krieg  in  DeoteehoSfld* 
westa&ika.  —  Gentz:  Madagaskar  von 
1896  —  1906.  -  Bongard:  Besiedelonga- 
versuche  in  Portugieeisch-Ostairika.  — 
Oeisertr  über  rationelle  BewAaeenng 
von  Deutsch-Södwestafrika. 

Deutscht'  G'  Oi/raphische  BVitU  i  .  XXIX. 
1.  1906.  Eckert:  Jahrbuch  für  DeuUch- 
lande  Seeintereteen.  —  Oeialer:  Daa 
Wetter  und  der  erdkundliche  Untenicht. 

—  Thieß:  Das  Chanat  BucbarÄ.  — 
Sibiriakoff:  Von  Archangelsk  zu  Schiff 
nur  Mfindnng  der  Petaehoim.  —  Spiefi: 
Einiges  aus  den  Sitten  imd  Gebrftuohen 
der  Evhe-Neger  in  Togo. 

Müt.  d.  Ver.  f.  Erdkde.  zu  Halle  a.S. 
1905.  Mflller:  Die  hydrographiaehe  Kit> 
Wicklung  der  Fuhneniederung  (i  K.).  — 
Größler:  Die  Einteilung  des  Landes 
zwischen  unterer  Saale  uud  Mulde  in 
Gaue  und  Aichidiakonate  (1  K.).  —  Ja- 
cob: Die  geographisch  bedingten  wirt- 
sehaftlichen  Grundlagen  der  Magdebtirger 
Gegend  (2  K.).  —  Ule:  Etwas  von  der 
Bahn  Oberröblingen  —  Queriurt.  —  Toep- 
fer;  Phänologischc  Beobachtungen  in 
Thüringen,  1904  (24.  Jahr).  —  Lit.-Ber 
z.  Landes-  u.  Yolkskde.  d.  Prov.  Sachsen 
usw.  —  Vereinsjahr  1904/05. 

Mitti  il Hilgen  d.  k.  k.  Geogr.  Ges.  in 
Wien.  XLIX.  Nr.  2.  1906.  März.  Schnei- 
jder:  Daa  Dnppauer  Mittelgebirge  in 
Böhmen.  —  Schoener:  Korsika  und  Sar- 
dinien in  vergleichender  Darstellung.  — 
Jaeger:  Ein  Blick  in  die  Bukowina. 

JähreAefkM  der  Geografhiaeh-EOmo^ 


Digitizoü  by  C3t.)0^lc 


804 


Z«iittohrifteBtohftn. 


graphischeti  GutUMhaft  in  Zürich.  1904 — 
1906.  Heierlit  Über  dM rOmiieiie  Gimit» 

wehr-System  am  Scliweizer  Rhein  (6  Fig., 
1  K.)  —  Rosenmund:  Cber  die  Anlage 
des  SimplontuunelB  und  dessen  Absteckung 

(22  Fig.i. 

Antutlf»  de  G^ograjihie.  l'J06.  Mars. 
No.  80  Lapparent:  Sur  de  nouvclles 
mappemondei  paleogeographiques.  — 
Gyijio:  Sur  Tetlinograplue  de  la  MaoA- 
doine.  —  Geotil:  Contribation  k  \Ag6o- 
logie  et  i\  la  geographie  phrrique  dn 
Haroc.  —  Uernard  et  Lacroiz;  L'ävo- 
liition  du  nomadinne  an  AIgMe. 

ThtChofnphicalJnurmd.  1906.  No.  4. 
Randall- >faoi vor:  Tlu»  Khodosia Ruins, 
their  probable  Urigio  aud  Signiticauce.  — 
SttligBftnn  and  Strong;  Anthropo- 
geographical  Investigations  in  Rritii^h 
New-Guinea.  —  Hell:  The  Great  Tara- 
wera  Volcanic  Hilt,  New  Zealand.  — 
Hillai«;  Central  Newfoimdland  and  ihe 
Sourre  of  the  Oandor  River.  —  Report 
of  the  Indian  Survey  Comnutt<?e  11K)4  06. 

The  Scottitih  Gengraphical  Magazine. 
IWMJ.  No.  4.  Watt:  Southern  Nigeria.— 
Little:  Hanoi  and  Kwang-Chow-VVan, 
France's  Last  Acquisition  in  China.  — 
Ackermann:  Some  Note«  on  the  AHra. 

—  Sarolca:  'Fht'  fieographical  Founda- 
tion« of  RusHian  I'olitics  —  The  Ancient 
Geographj  of  Ualicia. 

Ctma.  perman.  internat.  p.  Vesqpior.  de 
la  mer.  BuV.  trimestriel  des  res.  acquis 
pend.  les  croisirres  pt'riod.  et  da»s  les 
pModea  itUernat.  1906  -  190G.  No.  1. 
Jnil.— Sept.  11106.  Stationen,  Zostand  der 
Atmosphäre.  —  Temperatur  nnd  Salz- 
gehalt des  Oberflächen  Wassers  (K.  auf 
8  Taf.).  —  Temperatur,  Salzgehalt,  u»w. 
in  der  Tiefe  (K.  n.  Fig.  anf  6  Tat),  — 
Sauerstoff,  Stickstoff  tmd  KoUeaAnre. 

—  Plankton.  —  Tabellen. 

Die  BtUdigung  Deutschlands  an  der 
mtertiatimdleH  Meereefondnmff.  HI.  Jah- 
rrshrr.  19(10.  Herwifr:  ITT.  Roricht  bis 
sum  Schluß  des  Etatjahres  lUUl  (^6  Fig.). 


—  Krümmel:  Her.  über  die  hydxogzaph. 
Untemelrangen  (1  K.).  —  Brandt:  Ber. 
über  allgemeine  biologische  Mecresunter- 
suchungen  (1  K.).  —  Hfincke:  Die  Ar- 
beiten der  k.  biolog.  Anstalt  auf  Helgo- 
land 1.  W.  1904—81.  m.  1906  (4  F^., 
4  Taf.,  6  K.).  —  Henking:  Die  Tätig- 
keit des  deutschen  Seefischerei -Vereins 
auf  statistischem  Gebiete  bis  zum  31.  März 
1906  (8  Taf,  16  Tab..  Fig.  im  Text,  1  K.). 

The  National  Geogfü/kw  Mägoiine. 
190G.  No.  3.  Perdicaris:  Morocco,  the 
Land  of  the  Extreme  West.  —  Bell: 
Our  Heterogeneooe  Sjstem  of  Wlii^ti 
and  Meaeures. 

Jiohtiv  (ff  Ja  Socifdad  Gtogrdfica  de 
Lima.  Ano  XIV.  Tomo  XVI.  Memoria 
Ännwdff  Aimexoe.  1904.  Bailey:  Gentro 
Geografico  de  Arequipa.  —  Herrera: 
Tentro  Geografico  de  Iquitos.  —  Loli: 
Centro  Geografico  de  Ancash.  —  Cisne- 
ros:  Monogiafiae  departementales  dd 
Perii.  —  Polo:  Sinopsis  de  tomblores  del 
Perü.  —  Gas  tön:  Nomenclador  de  luga- 
res  habitados  en  la  provincia  litoral  de 
Tunbee  y  departamento  de  Piiua. 

Au  TerteUftAMOi  Zettaekriflw« 

(i  i  r  a  r  d  i  n :  L'empire  de  la  MediterrantSe. 
Etudi'  dv  Gi'ogr  politiqu»'.  Hevue  de 
Frihourg.  d'oct.  et  de  not.  1905. 

Der«.:  Les  glaciers  de  Saveie.  £tade 
phjsique :  limite  des  neiges  -  retraii 
BuU.  de  la  Soc.  IfeuehaUloiM  de  Geofr. 
T.  XVL  1905. 

Hörstel:  Korsika,  Laad  und  Leate. 
II.  Die  L*nite.  (Abb.  im  Text  u.  auf 
Taf.)  Hnnmel  und  Erde.  XVIU. 
6.  März  1906. 

Reibisch:  Faonistiseh-biologieche  Unter- 
suchungen über  Amphipoden  der  Nord- 
see. II.  Teil.  (2  Taf.,  1  K.  im  Text.) 
Aus  dem  Labor.  /.  intci-nat.  Meeres- 
foredumg  in  Kia.  BioL  JiL  Nr.  $. 
(Wi<<s.  MenesutUemiickimgen.  AU.KM. 
N.  F.  Bd.  9.)  1906. 


YorautwoxtUohM  Hemug«l>«r:  Prot.  Dr.  Alfred  Hettaer  in  Hoidolbcrg. 


Digiti/Oü  by  Cjt.)0^lc 


G«0|p«phiM)b«  Z«ilMhrili  KIl  ItM«  >■    !>     \  Zu  Jae^er:  Der  M«ni. 


y  Google 


liHK')    Bieter!!   (  r^er  itk« rOoitHche (im»-  UntenochQiig<-n   I  K.    —  Braii<i*  |U> 

^ehr-?^v*i#jui  lim  ^<r•hweizer  RViciu  t>  Fi 
1  K  -  K  p  lu  u  II 'i  f  K«T  'Ii.  ApJi 
dMSiim»!-  '       •II  1-  uii.l  ilcseii  AI  -1f 

N  '  J  y  jj^^J-'iit:    Sur  df*  Jouvcif» 


Maro« 


'ii  '  .1  <iii  r  t: Iii . 
1  Uli 


iÄ'^>f|-.n  and  SiK-'  • 
N^'w  «.   o  •    I  ^Ml:  The  real 


•V      t  .  lO ,   New  Z  »alaii 
Ml.',«     If  ö  ^  '-'n.  w?.,uiull:ii  «l  aii 

~  "L.!  1.  '■  l;;v.'r.  V—    1^  !■ 


V.,1 


_  \  (  ouiuiitll;«   1U04,  »» 


!§  a  8.  ^  p'io  Not. 

"  ^  C   I  'lg.  I  .cv.i/r.n  I    I  i'Mi 

tiouh  ^  ^  2  Ö  y '  ^     j'^  ii*;  Ancie 
S  II  J  ^tiff-rnttt.  V».  I'explor. 

Kl   Uli-,  5.  f 


^  i  ,,, 
ill  '.• 


05      ■    "    Fh-Jmif  G  Taf.). 
B   ^    i  KMiii>iisäl 


U  1  -To  M 

si.i^l^ioti.i'/uHtaDd  d' 

•      <'r  ii        i.ikI  Salz-) 


i  I  i 


i'it'.ij 

OD  ^  aa  o 


K<^hieii!$äur( 
f  h  Hill.  III.  J'if 

'iii.  u.'Mrh{ 


ober  ftllgemei'u«  '*>'.  •>■  >_'t-solip  Mv<ti  ••-< 
siii-huntrt'n  '1  K  '  —  Ht  jiirk»^:   !'  - 
'"•iten  lier  k  r.i«.i  »g.  Au'i'ult  am  r' 

:.:ui\  1  17.  nun-  ai  I  {.  iw ;  • 

I  a*  .  6  K.).   ••   H*  r.^  iii^'     I»:.'  1  . 
tt  do  it-*  Ifi.   >i»«-t'>>  iH'f.  t  V  I 

i  if  ••Mti«ti»<,h»"r      Lii't«'  l-in  /.  .u.  .•,  V.  • 
^  Taf.,  lf>  r:t»..  Fic  wn  l-  •  '1 

XiUtin-'l    f  tcftifrnjifu-      M  '  I'.. 
I  .Tdifar'»:  M'.-r  • 
ii'ir    »i  tüe   Kxtrcm»'  ^Vt'it 
Hetorogi'ti'  .ia«  .«t  V. 

tiifi  Mearare». 

Itoletin  d(f  Ii  S^ki''!"'  <>■  .;•  ' 
a.  -1*0  XIV.   Ton».  \  h  l 
mat  jf  AniHfJ-f'S.  V.kti. 
rrafico         ArC'inij.Ä     -     f   .  • 
•  teojfruhco  de  I«nJit'>'»  - 

^!  uograria.*    ii*'i>.ixtemri ' 

-  GastKu;  Naiii'-n'-l.'.*  •^•x» 
|)  ibit*dos  eil  Is  )>rovtii«  1- 
li  '  s  y  departameiito  de  '*  ra 

LM  TencUedenea  Zeltsehrli  «n, 

in:  L'«'nij>ire  di*  Id  M«««.  • 

(i'i»t.  et  df  nor.  :'t 
ifl:u'ien  de  .Sfi\. 

lifiiit.'    ■]>•-    nv.uv'  ' 

liio:,. 

Korsika,   Land  und 

L'  ute.    'Abb.  im 
Htmmrl    und    Knif       '  'ii 
TZ  VJ'M}. 

ch;  FauuiKtisch-biologit.'     >  utc- 

inj^en  tiljfr  Amp!iipi)d»*ii  . 
[]  Teil.    (2  Taf,,  1  K  M.i  T  -  « 
arm  l.tthitr.  /'.  inten%->t.  Mtf 
t'fui  it,  Kiel.    hitü.  Ah*. 
<.  AtefrtMnitt.ritW'huutf*  n.  A'' 

jid.  i).}  lim. 


1 1 o r  u>  II cldolbtry. 


Digitizoü  by  C3t.)c: 


Geographische  Zeitschrift.    XII.  1906.      Zu  Jae^cr:  Der  Mcm. 


Tafel  4. 


(Nach  Original- Aufnahmen  von  Piof.  Dr.  Carl  I  hlig.) 


ojfrai»hischp  Zoit^chrift.    \II  l'.»o«> 


Tu  t  ri  5. 


Kit,'.  •_'     I»iT.i     i  r«'iwalil  i\v<  KiKiil.  tua. 

Im  \  i>ri1i'r>{riiinl  .ii-  Sintioi 


.  j  ^    >  y  Google 


i 

n'>»i.Miij »Iii solle  /t>it-rlirif(.    XII  IVOÖ 


Tul.  I  5. 


Verlag  von  B.  G.  Teubner  in  Leipzig. 


Tellers  Wörterbücher. 

kliMiii-n  Ta.sihrinvörtprb{iLht'r,  ilie  in  vi<'l»Mi  Hiiinl«'rttau.si'n<leii  mhi 
Kxi-iujilurfii  übiM-  ilie  ^'an/f  Erdt?  verbreitft  Hinil,  Ijenuksiolitipon  trot»  llires 
khntien  Fornittt?.  außor  «Icn  Weinlunf^eu  «Ii»«  ta^Iiclien  Verkehrs,  auf  der  Keisc  etc. 
nicht  uur  den  p^sHTnt»'n  kimfujünnischoii  xnnl  tc«  hii(>l«if,'iHi'lion  Wortschatz, 
condern  oi;;neu  sich  aucli  xufolge  ilirer  Hor<jfillti^t'ii  ZiisannuPii.-itpIhuij^  vor/fij;- 
lich  zum  Gubrauclio  b«n  der  Lektüre  und  uu  Schulen.  Die  Samndunj^  unil'aßt 
7.iineeit  die  nachstellenden  Bündchen,  während  weitere  in  Vorhereitunjr  sind 
Jede»  Händchen  ist  in  rotem  liciiiwandkarton  einzeln  kuullich. 


Jedes  Hiindclien 

Enghsh- German. 

Franpais-Allemand. 

Italiano-Tedesco. 

English-  French. 

Italiano-Inglese. 

Itallano-Francese. 

English-Spanish. 

Fian^ais-Espagnol. 


u  Mark  1  20. 

Deutsch -Englisch. 
Deutsch -Französ. 
Deutsch -Italienisch. 
Franpais- Anglais. 
English-Italian. 
Franpais-Italian. 
Espahol -Ingles. 
Espahol  Frances. 


Jedes  HUndchen  ;i  Mark  l  Jiit. 


Russisch -Deutsch. 
Poisko-  Niemiecka. 
Espahol -Alemän. 
Franfais-Russe. 

Jedes  Hündchen  ä  .Mark  1 
In  drei  Sprachen. 
1.  Tiil    English.  German  and  French. 
II    Teil;  Frangais-Ailemand- Anglais, 
III  J'eil:  Deutsch,  Englisch  u.  Französ. 


Deutsch -Russisch. 
Deutsch -Polnisch. 
Deutsch -Spanisch. 
Russisch -Französ. 


Teubners  kleine  Sprachbücher 

beruhen  auf  tler  HOgeniinnten  vermittelnden  Methode,  indem  sie  den  neueren 
Forderungen  cutsprcihend  der  Krlernnng  der  Sprache  zum  nn'ind- 
licben  und  »ch  ri  ttl  ichen  freien  Gebraurlie  dienen,  ohne  doch  die  Er- 
werbung einer  sicheren  gramraatiachcn  <trnndlage  zu  vernjiehl;i.>'«iL'i"'Ti 
Hie  eignen  sich  deshalb  insbcisondcre  zur  Einführung  in  Schulen  und  Ku 
mit  beachrliukterem  Sprachunterricht,  weil  nie  t>ich  auf  dan  wirklii-li  N>ii- 
wendige  besc-liriinken,  alU'.si  nborl]ü(iijigc  Regelwerk  aber  \ erineifh-ii. 

Teubners  kleine  Sprachbücher  .sind  ferner  in«l»eHoiidere  uucli  für  den 
ra'-cher  fortschreitenden  Unterricht  alt<Mer  Schüler  und  Erwachsener 
weil  sie  nur  für  den  unniitti'lbaren   praktiachen        I  r  in  i, 
Spruchatofle  für  die  Erlernung  di-r  .Spruche  bountzen. 

ferner  ztjgleicL  als  zu vcria.Bj*ige  [»ruktischo  Uatg'  ur 
Iii  h  |.  .1 1 1  r««n  riebra\ich  <ler  Sprache,  in  dem  der  üenut/'i  \ou 
vtirnben  ni  heiuiitsch  ist.  Sie  eignen  sieii  .!•  '  Lrau/,  l.e-.  ii Ji  r-  'm 
I 'rl^rtinn^  praehen  für  Kaufleute,  Teehnil  l  isenii 


Er-<>-'i"'M'.Mi  -iii.l 

I    l'rni  Uli     IV.. f  Ih- 

>/.  2.40 

il  Ji.    \  oll  l'ruf.  Dr.  u.-k  a  1 

■|  n     2.  Aull.         '2  t<t 

icrsu  6U  l'i 
Iii   I  Aufl.  Von  A.. Neun 

'  M 

ü  Pf.) 

/.ungen.    U  "J 


IV   Spuni-icb.      V'.n    l'roi  II. 
I.'unge,    .((  14*1 

\    Ih'iif  V,  I,  r,-;  r  A  II  -l;;  .,.1,  \',..| 

I    1  ;  . 

!■         Händehen     liei    be"<ter  Aur. 
'  iitung  mit  Karten,  l'litnen,  Müm- 
t.iieln  unil  in  dauerhaftem,  get<ebmai"k- 
V'.liefii  Ki!d..inde 


Geographische  Lehrbehelfe 

aus  dem  Verlag  von  Ed.  Hölzel  in  Wien  IV/2,  Luisengasse  Nr.  5. 

Zur  Ansohulf'uiit;  für  Scliuleu  eiiiprohloii! 

Hf"! 'i  lv  Bchulwandkarte  von  Australien  und  Polyne'-'  '  .  n  -  n  >. 
^  uu<l  i/f/riiliut't  vi'ii  I»r.  Franz  Ht-iderich.   Mul.  T 

Projektion.  1:]0()UOÜOO.    6  iUatt  in  lofachem  Karbencixuck.   Grüß«  der 

Karte  niHauu  i/.t  160  cm  hoch,  Vr2  cm  breit.    J'reits  unanfV         ■  '  ' ^' 

auf  Leinwand  mt  in  Ma])|>e      M  ,  auf  Lr-inwun«!  gr.sjiannt  m  . 

Hölzela    Bclmiwundkarte    von   Asien.     Poiitischfi   Aasgabe   bearbeitet  von 
Hr.  Franz  Htitlcrirl7    Maßstab  1  isuotiooo     6  Dlnll  in  liifai;bfm  F 
(iTößo  der  Karte  /usaiumcngesotzt  l  in  cm  bocb,  175  cm  l-rcit.    Frei»  uik.    .  . 
15  M.,  auf  Leinwand  gcHpannt  in  Majjpo  20  M.,  auf  Leinwand  j^pNpanut  tnitStübeu  J  J 
Hölzela  Bohulwan  '        -  von  Asien.    PhysikaliscLo   *  IL  ' 

vollkommen   üeü   bia;,    :  i   von  Dr.  Franz   lleiderich.  > 
6  Blatt  in  1(»  fächern  Farbendrtick.    Große  der  Karte  '/usami  tzt  l4o 

hoch,  175  cm  breit.    Preis  unai  mt  lö  M  .  auf  Leinwand  i  in  M;. 

'20  M.,  auf  Leinwand  ^'espauut  i..       .Aien  22  M.  —  Kh  sind  dit  nesten,  i 

dem  nouesten,  wiHsennchttltlichcn  .Material  hearbeitetcu  Wandkarten  von  A 
und  Australien    Sie  nehmen  ge<,'*'nw;irtip  den  ersten  RanjL'  »af  diesem  Geliiet  ein 
Hölzels  Verkehrakarto  von  Ö'-t.  rv,.ii.h.TT!i:-;trn  für  den  allj^emeiuen  (iebrn'i -Ii 
wie  auch  /um  rnterriiht  an  i  ]inini<talten  bfnrb   von  Leop 

Kallina.  11.  Auflage   Maßstab  Irouuouu.  l»  Blatt.  Preis  unau'  it  13. iO  M.,  aut 

Leinwand  gespannt  in  Majtpe  23.50  M..  auf  Leinwand  gesparmi  ;       •  'h-u  27,.'i"  ^' 
Haardta   Überaichtakarte    von   Europa   für   den   Schul^,''         ji   und  . 
.SelbötfltuiJium.     Maß^tali  1: 3000  000.     10  iUatt.     Größe  der  Karte  zusammen 
gCBctzt  212  cm  breit.  1«  !  cm  hoch    l'naufgcgi>aunt  15  M.,  auf  Leinwand  geapauiu 
in  Mappe  22.50  .M.,  mit  Stuben  27  M 

Haardts  Überaichtakarte  der  ethnoß:raphiBclien  "Vc-rhüItniHse  von  ABifn 
'md  von  den   angfiizi-ndeu  Teilen   Furopaa.     ^  l.-.sooouüO.    ö  T 

;lOfachcm  Farbendruck.  (Jrüße  der  Karte  zusammen,,        i  175  cm  breit,  1 1" 
l*rei8  unaul'geHpannt  25  AI.,  auf  Leinwand  gespannt  in  Mappe  HO  M,,  mit 
Haardts  NordpolarkHrte.   M:lti^♦ab  l:500000ii  rtcr  in  vielfachem  Knr 

druck.    Grolie  der  /.usumnieuge.set/ten  Karte  172  t  m  lui  it,  148  cm  hoch.  Frei 
losen  Blättern  16  M.,  auf  Leinwand  in  Mapi)e  15»  iL,  auf  Leinwand  mit  Stliben  Mi 
Haardta  Südpolarkarte.    Maßstab  l:l00ooooo.    In  I  lUiittern  mit  je  12  — 
Ifi  '  ~^       ''     ■  '     ^  ße  der  7.u^  '         172  cm  breit,  ' 

hoc-.   ,  :   .     .    ru  «.50  M.,  .    ..   j  po  12.50  .M.,  h 

wand  mit  .Stilben  14.60  M.  —  Diese  Karten  wurden  sowohl  auf  dem  VI.  internu' 

mi^  . 

bezüglichen  Verhandlungen  benützt  und  haben  hierbei  die  betitcu  ihenst«  goleietet 

Hü      ■    Wandkarte  der  '  hen.   Politische  Ausgabe.   8  IUatt.  ' 

TTj.  ~.   Größe  der  Kari  ,,i  ngesetzt  2(M'i  cm  lireit,  132  cm  hoch. 

gespannt  <J  M.,  auf  Leinwand  gespannt  in  Mappe  14. oU  M.,  mit  StlUien  I 

Oroby<'         hische  Ausgabe,  s  iJlutt.  Maßstab  i         'ooo.  FnaufgcHpanut  7  M., 

auf  L<  .  gOHpaunt  in  Mappe  12.60  M.,  mit       .  i  .i  14.60  M. 

Haardts  Behnlwandkarte  von  Palaatina.   Für  den  Unterricht  in  der  bibÜHi 

ti»  iteu  und  neuen  Ti  's.  Nach  den  ii 

deui.LXi'  i,  i  .1..:  iiiiu-Verein»  uti'l  -eben  F  '    '  > 

Maßstab  1 : 200 000  Ansgitbe  Itir  :  cn  und  ; 

der  Karte  zueaminengenetzt  131  cm  breit,  15r>  cm  hoch.    L  i  M  , 

auf  Leinwand  goepanut  in  Mappe  12  M.,  mit      '      M  M.  A  ii'  il 

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Dr.  Fr.  Noö.  Geolr       '  ■   in..  ,.  .  '  ,m,  v.f 

Mit  einem  Heft  Fri 

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—  Die  erste  tuid  '  t-^karte 

Alpen.   Von  der  l  in  wi.-^ 

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Zu  beziehen  durch  alle  Bochhaniilnngen  sowie  durch  die  Verla: 


H KR AUSGEGEBEN 

VON 

Dr  ALFRED  HETTNER, 

i  t.  a  L-.^kR  UKH  liKdriltAl'UlE  an  nElI  rXIVKRSITAT  HKlUKI.BK.r.i. 


/WüLFTEK  .JAIIKÜANG.    Si:('IlSTES  HEFT. 


Ars«JEGK»EN  AM  2rt.  JUNI. 


f.KIPZTO. 

1  I '    ^  i .  i  i  L  L  ii  iN  E  II 


Iiiliiilt  dos  socIisUmi  riefteri. 


I>'  /icbuxigen  zwischen  Pflanzengeographie  «ml  SIc-IIuml-^  -o'^.  iii  \ 

Dr.  Robert  Grailmann  in  Tübingj-n 
Alte  und  neue  HanJelsstraBen  uud  Handelsmittelpunkte  in  Nordost-Afrika, 

Von  Oberleutnant  a.D.Detniar  Kürchbof  f  in  Cbarlotlenburg.(Sfhluß) 
l  ritei"sucbungen  zur  «reograpbie  der  Odyssi'i*.    Von  Dr.  Max  Kiessling 

in  Üerlin     ....  •  .     .  :m 

r,r.,  .(.rraphische  Neuigkeiten : 

Allgäiiieines.  Vurkoluuibischu  Keuiitiiis  der  inagDetiachcii  Uc-klinntibn  'Mi 
Afrika.    Chudeaui  F'irschuugen  io  der  Miitrslcn  Salmro.  —  Oraucrs  EntciKUug 

dci  Riiwonxori  tH4 

Auitralien  und  australischo  Inaoln.    Georgea  Tod  S4& 

SOdamerlka.    Argontiniscbo  Erfürnchung  dca  Pileomajo  

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ZugDiayor,  E.  Eine  Rciae  durch  Vordenvaien  Im  Juhro  1904.  Von  M.  Frifdcr 
Arctowski,  H.    Diu  aiit  Von  K.  Fricker 

Hoinae,  H.    Phy'   '  •  i.  i.  >■  ignor  

Oriibor,  Chr.  Wir  ic  mit  einittheiidcr  BerOfksichtigung  Deut^ 

1  K.  llaaaart  '  

■  ......ün«,  B.   lieimatsV  M  «t  .1t-  r  „.1  I  riiiUT..;«,..  ri'.-iiitr         ull-iH.  -i 

Von  K.  Peuckor  . 

iiiiiUiirlv  \><ii  livtiitt  utid  L'Oi^'' 

'  •  !  'ukI  Knr' 


rauime,  Kui 


JUL  g319C6  ^ 


Beziehungen  zwiseheu  Pflanzengeo^aphie  und  Siedlnngsgescliiclite. 

Von  Bobert  Qradmann. 

Id  einem  frttheren  Auftats')  bähe  ieh  za  xeigen  Tosncht,  daB  es  weder 
den  historischen  Nachrichten  noch  den  archäologischen  Zeugnissen  ratsprioht, 
wenn  man  sich  den  Boden  Miitcl-Eoropas  fftr  die  Zeiten  des  germauisohen 
Altertums  als  eine  zasammenhängende,  nur  von  kleinen,  sporadischen  KodungS' 
flächen  mehr  oder  weniger  gleichmäßig  durchbrochene  Waldlandschaft  vor- 
stellt'^; vielmehr  haben  nfbon  unbcwoluiten  oder  nur  iiußerst  düun  bewohnten 
großen  und  gesclilosst-nen  Wiildtjcbieteu ,  deren  Umtang  man  noch  heute  au- 
nühernd  bezeichnen  kann,  schon  in  selu'  alter  Zeit  reichlich  besiedelte  offene 
Laadfldialten  Ton  ebenso  bedentendem  Umfang  bestanden.  Weiter  habe  ich 
auf  die  Beobachtung  hingewiesen,  daB  sieh  diese  offenen  Landsdiaften  weit- 
hin decken  mit  den  Oebietoi,  die  nach  ttbereinstimmenden  paUtontologisdien, 
ifacatigBaphischen  nnd  pflansengeographisohen  Zeugnissen  ab  ehemalige  Steppoi- 
landschaften  anzusehen  sind. 

Beide  Wahrnehmungen  haben  inzwischen  mannigfache  Bestätigung  ge* 
fanden.  Der  alte  siedlungsgeogrnpbisi  be  Gegensatz  ist  in  don  Bourbcitungen 
der  historischen  Geographie  Mittel- Kuiopas,  wie  sie  auf  einmal  in  so  reicher 
Füll«'  erschitMicn  sind,  überall  anerkannt^)  und  in  siedlungsgeschichtlichen 
Monographien  durch  weitere  Beispiele  belegt  worden.*)    Auch  die  Beziehung 

1)  Das  mitteletiropäische  LandsehaftabiUl  nach  seiaer  geiohiolitlichen  £ntwick-> 
long.    6.  Z.  VII.  1901.  S.  361—877,  4S6— U7. 

S)  Einen  wBbrhafl  IdaniteheB  Antdraek  hat  dieee  Voiatelluug  dnroli  den  nm 
die  hiBiorigcbe  Geographie  Frankreichs  hochverdienten  Alfr.  Maury  gefunden  (Lee 
foreis  de  la  France  dans  l'antiquite  et  an  moyen  äpe,  Meinoires  preaentes  par  divers 
savants  k  rAcadämie  des  inacriptioas  et  beUes-lettreB  de  l  ln^ititut  imp.  de  France. 
9**  i^r.  t.  IV.  IMG.  8. 48);  8i  la  Qaule  iMt  an  pays  couvert  de  forfite,  ou  peut  dire  que 
la  Germanie  eu  dtait  completement  ht^riss^e.  Lea  Germains,  plus  barbares  que  les 
Gauloifl,  ignoraient  Tajirriculture  et  vivaient,  disperpes  dans  ces  immenses  forets,  du 
produit  de  lenrs  chasses  ou  de  leurs  rapiuefi,  joignant  a  ces  reesources  precaires  les 
frniti  sanvages  que  portaieot  les  acbrei,  lee  glands  dee  ehtoee  qni  eervaient  & 
nonrrir  a  la  foi:»  Ich  hommes  et  les  animanx. 

3)  Bodo  Knüll  Historische  Geographie  Deutschlands  im  Mittelalter.  1903. 
8.  63ff.  —  Yidal  de  la  Blache.  iableau  de  geographie  de  la  France  (Emest 
Lavisse.  Hietoire  de  France,  i  1).  1908.  8.  89  ff.  —  Konr.  Kreteohmer.  Histo- 
rische Geographie  von  Mittel-Europa.  (Handbuch  der  mittelalterlichen  und  neueren 
Geschichte.  Abt  IV  r.t04.  \'>-2  —  J.  Wimmer.  Geschichte  des  deutschen 
Bodens.  1U06.  iS.  3  If.  —  Johä.  iioops.  Waldbaume  und  Kulturpflanzen  im  germa- 
aieoben  Altettom.  1M6.  8.  M. 

4)  Z.  B.  Gg.  Volk.  Der  Odenwald  und  »eine  Nachbargebiete  ir>on,  ^  .\lfr. 
Grund.  Die  Veründerungen  der  Tujiugraphie  im  Wiener  Walde  und  Wiener  Becken 

0«>gr*i»hi«cl>e  Zeiuobrift.  Ii.  J^hrgaug.  Idoa.  6.  Heft.  81 


Digitizoü  by  C3t.)0^lc 


806 


Robert  Qradmann: 


zur  diluvialen  Öteppenlandschaft  ist,  soviel  mir  bekannt,  von  keiner  Seite 
bestritten,  da^'ogen  mehrfach  ausdrücklich  bestiitiirt  uml  zum  Teil  auch  noch 
weiter  ausgeführt  worden.*)  Es  dürfte  deshalb  kaum  nötig  sein,  auf  diese 
beiden  Punkte  noch  einmal  zurückzakommen. 

Etwta  anders  Terhftlt  es  sich  mit  der  Begrttndung  und  Deutung  der 
berfihrten  Tatsachen.  In  dieser  Benehnng  sind  Ansichten  geftufiert  und  Audi 
Beobachtnngen  TerOffentlidit  worden,  die  eine  erneute  Besprechung  des  Oegen- 
Standes  wünschenswert  machen. 

1.  Die  Verbreitungstatsachen. 

Urit^T  d»>n  Merkmalen  der  Landschaften  von  ehemals  steppenartigem 
Charakter  habe  ich  neben  dem  Vorkommen  von  üolischem  Löß  und  fossilen 
Steppt-'iitiereu  erst  an  dritter  Stelle  und  nur  ganz  kurz  auch  das  Vorkommen 
von  lebenden  Steppenpflanzen  erwähnt.  Diese  ptlauzengeographische  Be- 
ziehung ist  in  Wirklichkeit  fttr  mich  der  Ausgangspunkt  der  ganzen  ünter- 
snchung  gewesen,  und  ich  hin  in  meiner  Darstellung  nur  deshalh  nicht  niher 
darauf  eingegangen,  weil  ich  die  einschlägigen  YerhUtnisse  hereits  an  anderer, 
allerdings  etwas  ▼ersteokter  Stelle  dargelegt  hatfee.*)  Kun  hat  aher  inzwischen 
Andr.  M.  Hansen^)  ganz  ühereinstimmende  Beziehung«!  zwischen  pflanzen- 
geographischen  und  siedlungsgeschichtlichen  Erscheinungen  für  Norwegen 
nachgewiesen,  und  dadiirch  hat  zweifellos  gerade  dieser  Punkt  eine  wesent- 
lich erhöhte  Bedeutung  erlaugt  und  erfordert  eine  eingehende  Darlegung,  um- 
somehr,  als  Hansen  der  Sache  großes  Gewicht  beimißt  und  ihr  zugleich 
eine  etwas  abweichende  Deutung  gegeben  hat. 

Zunächst  ist  der  Begriff  Steppe upflanze  genauer  zu  bestimmen.  In- 
mitten der  Steppenfimnationen  des  Ostens  wachsen  zahlreidie  Pflansenarten, 
die  Tom  dwt  auch  in  andere  Formationen  und  namentlich  auf  Eultnrstand- 
orte  wie  Ackerfelder,  Baine,  Wege  usf.  fihertreten  und  daselhst  mehr  oder 
weniger  hftufig  sind;  sie  haben  in  ihrer  Gesamtverbreitung  meist  wenig  dia- 
rakteristische  Züge  aufzuweisen  und  sind  bis  weit  in  die  Waldgebieto  hinein 
Ycrhreitet.  Andere  Arten  sind  streng  auf  die  Steppenfonuationen  besfrfirftnkt; 
auch  von  diesen  spezifischen  Steppenpflanzen  oder  Leitpflanzen  der 
Steppe  ist  eine  nicht  geringe  Anzahl  noch  im  mittleren  Europa  verbreitet 
und  bewohnt  hier  Standorte,  die  mit  den  echten  Stepptn  des  Ostens  tatsäch- 
lich die  größte  Ähnlichkeit,  nur  meist  eine  öußerst  beschränkte  Ausdehnung 
besitzen:  trockene  Hügel,  sonnige  Felsen,  Steilhänge  namentlich  in  südlicher 

(Geogr.  Abb.,  hrsg.  v.  Albr.  Penck  VIII  lUOl).  —  Alfr.  Hackel.  Die  Besicdlunge- 
verhältnisee  des  oberösterreicliisclien  Mülilviertels  (ForKch.  z.  deutschen  Landes-  u. 
VoUukde.  XIV.  1903).  —  Paul  Müller.  Der  liöhmerwald  und  seine  Stellung  in  der 
Oesehichte.  Dira.  StraBhnrg.  1904. 

1)  Besonders  von  Vidal  de  la  Blache  a.  a.  0.  S.  34;  Kretschmer  S.  15t; 
Wiiumer  S.  4  ff.;  Hoops  S.  97.  Auch  Willi,  Ciüt/.,  Historiücho  Geographie  (Klars 
,,Erdkuude".  Bd.  XIX),  1904,  fuhrt  meine  Abhandlung  im  Vorwort  zustimmend  an, 
ohne  flbrigens  von  deren  Hauptergebnis  6eh»nbh  m  machen. 

2)  B.  Gradmann.  Pflanzenleben  der  Sohwftbisehen  Alh.  i.  Aufl.  1900.  Bd.  L 

8.  SÖ5  If. 

8)  Laudnam  i  Norge.  1904.  S.  ISS. 


BesiehaDgen  zwischen  Fflanzengeographie  u.  äiedluugtigeächichte.  307 

Freilag«.   Hier  treten  sie  menials  vereinzelt,  sondern  immer  zu  mehreren  in 

Gesellschaft  auf  und  bilden  den  hervorragendsten  Bestandteil  oiiier  Pflanzen- 
formation,  die  unter  sehr  verschiedenen  Namen,  als  pontische  Heide,  sftd- 
deutsche  Heide,  Steppenlieide,  trockne  Hnpel formation,  Trifttormation,  pon- 
tische Hügel  usf.  bekannt  ist.  Von  diesen  spezifischen  Stoppenpflanzen  oder 
Steppenpllanzen  im  eng<n-en  Sinne,  die  den  Kulturboden  im  allgemeinen  aufs 
strengste  meiJi'n  und  hüclisteus  ganz  vereinzelt  und  ausnahmsweise  auf  be- 
arbeitetem Lande  angetroffen  werden,  soll  allein  hier  die  Rede  sein.^) 

Hu«  mütelenropBische  Yerbreitimg  ist  hdcbst  mokwOrdig.*)  Von  Osten 
her  durch  das  ungarische  Tiefland  in  das  Wiener  Becken  eintretend  bilden 
rie  dasellMi  den  l&npthestandteil  dar  sogen.  p<mtischen  oder  pannemischen 


1)  Nach  den  Ton  0.  Drnde  (Der  hereyniadie  florenbesirk.  Tegetation  der 
Erde.  Bd.  VI.  1908.  S.  176  ff.)  mitgeteilten  leisten  seien  hier  einige  Beispiele  ge- 
nannt: Anäropogon  isrha^utn ,  Stipa  capillata,  St.  f)ennata,  Melica  ciliata .  Aslrn- 
galm  exscapuHf  A.  Danicus,  Oxytropia  pilosa,  i'eucedanutn  Algaticum,  Asperula 
gUnte^t  SeoMoes  woeeolnw,  iMMMgfnt,  Ä,  ohmBn«,  Jirafa  Mrto,  7.  Oermanieu, 
AchiUea  nohilis,  Centaurea  iiiacuhsa,  Scorzonera  purpurea,  Lactuca  peiennis,  OrO- 
b(it\chi  arenaria,  Odontites  lutea,  Eryniumtn  crepidifolhm ,  Sisymhrium  Austrincum, 
Alyssum  saxatik,  Ckmatis  recta,  Pulsatilla  pratensis,  Anemone  silve^tris,  Adonis 
vernaK». 

2)  Solange  wir   keine   jiflanzengeographiBchen  Kartenwerke  besitzen,  kann 
eine  Übersicht  über  die  Verbreituugsverhältnisse  dieser  Ärtenp-uppe  nur  auf  Grund 
einer  auagebreiteten  Literatur  gewonnen  werden.    Neben  den  großen  Florenwerkuu 
kommen  besondtts  die  Arealzusammenstellungen  von  O.  Drade  (Die  Verteilong 
und  Zu«ainnionfietzung  öetlicher  Pflanzengenossensrhaften  in  der  Umgebung  von 
Dresden,  FcBt^Jchr.  d.  Ges.  Isis  in  Dresden,  lööö,  und:  Die  Verteilung  östlicher 
Pflanzengenossenschaften  in  der  sftchsischen  Elbtalflora,  Isiü,  1895)  und  Aug.  Schulz 
(Grundzflge  der  Entwicklongsgesehichte  der  Fiuiaenwelt  Hittel-Enropas,  1894)  in 
Betracht.    Außerdem  eine   Hcihc  spezielb'r  pflanzengi'o^'Ti\]»hi'"'hor  Darstclhmgon, 
von  denen  die  wichtigsten  als  Quellen  hier  genannt  werden  müssen:  Günther  Beck 
T.  Mannagetta.  Flora  ▼(»  Hieder-Osterreieh,  1890—98,  bes.  AUg.  Teil  8.  S8£ 
(mit  Karten.skizze).  —  Ant  Keraer.  Pflanzenleben  der  Donanlftnder.  1863.  S  184. 
—  J.  Duftschmid.  Die  Flora  von  Ober-Österreich.  1870 — 85.  —  0.  öendtner, 
Yegetationsverhältnisse  Süd-Bayerns.  18M.  S.  44Sff.  —  Ad.  Eugler.  Versuch  einer 
EntwicUuigigeeehiebte  der  Pflansenwelt.  Bd.  I.  1879.  8.  184  ff.  —  Ant.  Kerner. 
Studien  über  die  Flora  der  Diluvialzeit  in  den  Östlichen  Alpen  (Sitz  -Bt  r  d.  kais. 
Ak.  d.  Wi88  Wien.  Math.-naturw.  Kl.  97  I   1h8S).  -  Hm.  Christ.  Pflau/enleben 
der  Schweiz.  187vi.  —  Hr.  Jaccard.  Catalogue  de  la  Flore  valaisaune  (Neue  Denk- 
•chr.  d.  allg.  lehweis.  Gee.  f.  d.  ge«.  Natmir.  XXXI7.  1896).  —  Karie  Jeroioh. 
GMchichte  und  Herkunft  der  schweizerischen  Alpenflora.  1903  —  Podpera.  Stu- 
dien über  die  thennophile  Vegetation  Böhmens  (Bot.  .lahrb.  f  System   X.XXIV  1904. 
BeibL  76).  —  Dom  in.  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Phanerogameuilora  von  Böh- 
men (B.«B.  d.  k.  böhm.  Gee.  d.  Wita.  XXII.  1908).  —  Dort.  Zweiter  Beitrag  snx 
yenntrt"  der  Fhanorogamenflora  Böhmens  ebda.).  —  Ders.  Das  böhmische  Mittel- 
gebirge 'Bot   ,Tahrb   f.  System.  XXXMI.  1905).  —  Hob.  Gradmann.  Pflunzonleben 
der  Scbwübischen  Alb.   2.  AuU.   I.   1900.  —  VVlh.  Jän nicke.   Die  Saudtiora  von 
liiunx,  ein  Relikt  ans  der  Meppeneeii  189S.  —  Olk.  Drnde.  Der  hercyniiche 
Florenbezirk  (Die  Vegetation  der  Erde,  hrsg.  v.  A.  Engler  u.  0.  Drnde.  Bd.  XTi. 
1902.   S.  159  tf.  (mit  Karte  1.    —    E.  Lopw     Übf>r  Perioden  und  Wege  ehemaliger 
Pflanzenwauderungen  im  norddeutschen  Tief  laude  ^Linnaea  XLli.   1878  —  79).  — 

A.  Orieebaoh.  üW  die  Yegetationelinien  des  nordweitlidieB  Deotschlands  (1847). 
Gee.  Abhandl.  1880.  —  Paul  Gribner.  Die  Heide  (Vegetatien  der  Erde.  V.).  1901. 

81  • 


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308 


Robert  Oradin»nii: 


Flora,  besiedelu  in  einer  Sandfa/ies  das  Marchfeld  und  gehen  längs  dar 
March  und  der  Thaya  bis  Hardegg,  im  Donauhügellande  bis  Krems  und 
Melk,  wo  sie  im  Lößgebiet  der  Waehau  besonders  hervorragende  Standort« 
besitzen.  Hier  finden  einipi'  dieser  Steppenptlanzcn  ihre  Westgreuze;  aber 
eine  itniiicr  noch  recht  Ijedt  iiii  nde  Artenzahl  tritt  auch  in  Ober-Osterreich, 
besonders  auf  der  Welser  Heide,  dann  in  Süd- Bayern  namentlich  auf  der 
Heide  an  der  Isarmfindung,  auf  d«r  OftreSiiiigw  Heida  und  dem  Le«dilBld  wat 
Aber  auch  aofieibalb  dieser  bevorzugten  Standorte  sind  die  Genossmsohafteii 
▼on  Ste^apflanzen  im  gaaaen  AlpeaTorhinde  mit  Ausnahme  des  Jnng- 
mortnengebiets  stark  ▼arbreitet,  ebenso  in  den  offenen  Alpentilem,  so  im 
Oberinntal  bei  Innsbruck,  im  St.  Galler  und  Churer  Rheintal  und  besonders 
im  Wallis,  wo  .sie  den  Grundstock  der  Wall i-cr  Felsenheide  oder  Felsensteppe 
ausmachen,  im  Norden  des  Alpenvorlands  ist  es  zunächst  Böhmen,  das 
namentlich  im  Zentrum  und  im  Norden  eine  reiche  Steppenflora  beherbergt; 
man  spricht  dort  geradezu  von  Stcppenfonuationen.  Im  Gebiet  der  friin- 
kischeu  und  der  schwäbischen  Alb  besteht  die  Vegetation  der  sonnigen 
Felsen  und  Südbünge  zum  großen  Teil  aas  Stoppenpüanzen,  ebenso  in  den 
offenen  Niederungen  des  Hain"  und  Neckargebiets,  in  der  oberrhemisehen 
Tiefeboie  und  im  AnsdiloA  dann  im  Nahe-  und  Hoaelgebiet,  ferner  im 
ganaen  Jnra,  in  mehreren  Landschaften  des  mittleren  nnd  sAdSsÜichen  IVank- 
rddb,  wo  ihre  Zahl  im  Bhonegebiet  gegen  Sfiden  hin  noch  zonimmt  Em 
zweiter  Zug  von  Steppenpflanaen-Kolonien  läßt  sich  im  Norden  der  Karpaten 
und  des  böhmischen  Massivs  von  Osten  nach  Westen  verfolgen.  Außer  dem 
schlesischen  Hügelland  sind  es  namentlich  die  Niederungen  der  Elbe  bis 
Magdeburg,  der  Saale  und  Werra,  dann  der  Ostrand  des  Harzes,  wo  das 
Steppenelenient  in  ausgezeiclmeten  Fundorten  vertreten  ist,  im  norddeutschen 
Tiefland  vor  allem  die  Terrassen  der  großen  diluvialen  Stromtüler.  Dagegen 
fehlen  die  charakteristischen  SteppenpÜanzen,  soweit  es  sich  bis  jetzt  über- 
sehen Iftßt,  in  den  meisten  deutschen  Mittelgebirgen,  so  im  Waldviertd  Ton 
Nieder-Osterreich,  im  oberSsterreichischen  MtQilTiertel,  im  BOhmerwald  nnd 
baTrischen  Wald,  im  Fichtelgebirge,  En-  nnd  Biesengebirge,  im  Elbsand- 
steingebirge, im  Franken wald,  ThQringer  Wald,  Harz,  im  größten  Teil  des 
hessischen  I^erglands  und  des  mittelrheinischen  Schiefergebirges,  im  Oden- 
wald und  in  der  Hardt,  im  Schwarzwald  und  Wasgenwald,  in  den  Wald- 
gebieten der  sehwilbisch- fränkischen  Keuperlandsi^haft  (im  Schurwald,  Welz- 
heimer und  Mainharilter  Wald,  auf  den  Ellwauger  Bergen,  der  Frankenhöhe 
usw.).  Aber  auch  «Jas  ganze  Heide-  und  Moorgebiet  von  Nordwest-Deutsch- 
land sowie  die  Küstenländer  der  Ostsee  werden  von  den  SteppeupÜanzeu 
gemieden;  die  meisten  sehHsfien  hier  ihr  Areal  mit  einer  Nordwest-  oder 
Nordgrenze  ab. 

Vergleidkt  man  diese  ZusammensteUnng  mit  dem  firflher^  dargestellten 
Ysrlmitnngsbilde  der  Torgeschichtlichen  Siedlungen,  so  ist  eine  weit- 
gehende Übereinstimmung  nicht  zu  verkennen.  Nur  die  Ellstengebiete  im 
Norden  machen  eine  Ausnahme;  sie  besitzen  keine  Stq;>penpflanzen,  wohl  aber 


1}  0.  z.  yn.  1901.  8.  S68  s. 


Digiti/Oü  by  Gt.)0^lc 


Besiebungen  swiichen  Pflamengeographie  u.  Siedlnngsgeschiehte.  809 

eine  reiche  und  alte  Besiedlung.  Für  das  Binnenland  erscheint  di''  Dp<  knng  der 
geographischen  Gegensätze  vollkommen.  Wie  weit  die  Ühereinstimnuing  frei- 
lich im  einzelnen  geht,  wie  weit  die  Grenzen  der  Steppenpflanzen-  und  der 
Siedlnngsbesiilce  wixUieh  raaammenfalleii,  UUSt  sich  TolMftndig  erst  beurteilen, 
wenn  einmal  genaue  arehlologisebe  und  aueb  pflanzengoograpbisehe  Karten 
für  simtlicbe  Gebiete  Torliegen.  Auf  gewissen  Streoken  ist  die  Übereinstim- 
mung fiberraschend  genau,  so  am  Bande  des  Schwarzwalds  gegen  die  ober^ 
rheinische  Tiefebene  und  gegen  das  (tetUebe  Vorland,  an  der  Grenze  der 
schwäbisch-fränkischen  Kenperwülder  gegenüber  dem  Neckarbecken  und  der 
fränkischen  Platt»-,  am  RanJo  des  hayrischon  Waldes.  Öfters  gehen  aber 
auch  di<'  Siedlungen  etwas  ülx  r  die  Steppenpilanzenbezirke  hinaus.  Für  ein 
klt'iiit's  (Jebiet,  das  einzige,  für  das  mir  genügende  Angaben  zur  Verfügung 
stehen,  habe  ich  Karten  zur  genaueren  Vergleichung  angefertigt:  für  daa 
KOnigreicb  Württemberg  nebst  Hobensdlem;  der  Höcbstbetrag,  um  die 
bdderlei  Grausen  Ton  einander  abweieben,  betrftgt  bier  7  km. 

Der  Zweifel,  ob  man  niebt  docb  vor  einem  Spiel  des  ZufiUls  stehe,  wird 
wohl  endgültig  beseitigt  durch  die  bereits  erwtimte  neue  Entdeekung  T<m 
Andr.  Hansen.  Von  anthropologischen  und  geologischen  Forschungen  aua- 
gehend und  ohne  von  den  soeben  dargestellten  Beziehnngen  auf  mittel- 
europäischem Boden  Kenntnis  zu  haben,  bat  er  die  Beobachtung  gemacht,  daß 
in  Norwegen  die  durch  Xamon  mit  der  Endung  -vin  und  -heim  cbarakteri- 
sierten  ältesten  Siedlungen  in  auffallender  Weise  der  Verbreitung  einer  ganz 
bestimmten  Pflanzengenossenschaft  folgen;  Hansen  nennt  sie  Origanum  -  For- 
mation; sie  steht  mit  unsem  Steppengenossenschaiten  in  innigster  Verwandt- 
sdiaft^)  Es  handelt  sich  nach  Hansens  Angaben  um  das  boreale  und  sub- 
boreale  Fl<»eBelement  Bljtts,  und  zwar  um  eine  Gruppe  von  wfameliebenden, 
xeroidiilen  Pflanien  vorwiegend  sfldlieher  Verbreitung,  die  auf  sonnigen,  lidit 
bewaldeten  oder  waldfreien  Südhängen  besonders  der  Silnrformation  Relikt- 
Standorte  besitzen  und  in  Sfld- Schweden  und  auf  öland  ihre  reichste  Ver- 
tretung finden.*)  Hansen  verfolgt  von  Ort  zu  Ort  die  beiderlei  Erschei- 
nungsgruppf'u,  die  pflanzengeograpbische  und  die  siedlungsgeograpliischp,  und 
bringt  die  Ergebnisse  auch  auf  einer  Karte  zur  Darstellung;  die  Übereinstim- 
mung ist  bis  auf  geringe,  einer  Erklärung  leicht  zugängliche  Ausnahmen 
vollständig. 

9.  Die  oihanlcteitetlMheii  Metnuhafton  der  Yerlnreltaiigscobiefee. 

Der  Cansalwmainmenbang,  der  htemadi  mit  Sicherheit  vorausgesetst 
werden  mufi,  kann  unmittelbar  oder  auch  nur  mittelbar  sein,  üm  die  lets> 
tere  Möglichkeit  beurteilen  sa  kSnnen,  ist  es  nOtig,  die  Merkmale,  durch  die 
sidi  die  Verbreitungsbezirke  der  Steppenpfianzcn  und  die  Utere  Besiedlung 
Ton  dNi  daxwisoheoliegenden  Lfickengebieten  unterscheiden,  möglichst  genau 
kennen  xn  lemra. 

1)  Laadnäm  i  Karge.  S.  57  IT. 

t)  Beispiplo:  Oriqnvum  vutgore,  T.t'bavntiff  wontava,  Franarin  viridis,  Filipe»- 
duda  hexapetala,  Calammtha  acinos,  Campanula  cermcariaf  AqutUgta  vulgaris,  Foly- 
gonatum  offkinak,  Lathyrus  niger,  L.  vemua,  Jb^miiia  otetuthMN»,  Avtnapnttmtü, 


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310 


Robert  GrAdmann: 


Wir  gehen  zu  diesem  Zw60k  roD.  der  pflanzengeographisohtn  Eracheimuig 
ans.  Die  eigentOmliclie  VeTbreitong  der  Steppenpflansen  in  Mittel^Europa 
hat  dem  Botanikern  in  sdiaffen  gemacht,  lange  ehe  man  sie  als  Steppen- 
pflanxen  flbwhaupt  erkannt  hatte.  Unter  den  Eigensohaftsn,  die  als  Faktoren 

der  Pflanzenverbreitong  in  Betracht  kommen  können,  ist  die  aufihUendste  die 
Bodenboschaffonhcit.  Sie  ist  denn  auch  zuerst  wahigenommen  worden:  die 
mitteleuropUisclu'n  Verbreitungsbezirke  der  Stoppenpflanzen  pebOren  groften- 
teils  den  Kalkfonnationen  au  (Jura,  Muschelkalk,  Tertiärkalk,  Löß  usw.), 
die  bei  der  Verwitterung  meist  einen  mit  viel  Gesteiustrümmern  vermengten 
feinkörnigen  Boden  liefern;  dagegen  sind  die  kalkannen  Verwitterungsböden 
der  SaudsiteiuTormatiouen,  vor  allem  des  Buntsandsteins,  meist  ganz  frei  von 
Steppenpflansen.')  Tatsache  ist  auch,  daß  eine  ganze  Ansahl  dieser  Pflaosen 
durch  hohen  Ealkgehalt  des  Bodens  wenigstens  indirekt  begfLostigt  wird. 
Um  eine  dnrchgreifeode  Beziehung  kann  es  sich  jedodi  keinenIhUs  handeln: 
weder  sind  alle  Standorte  Ton  typisch«!  Steppenpflansoi  wirUich  kalkreich, 
noch  sind  die  Steppenpflansen  selbst  alle  „kalkhold",  wie  der  etwas  sopfige 
Schalausdruck  lautet. 

Die  Gegner  der  sogen,  chemischen  Ijodentheorie,  vor  allen  Thurmann, 
siichten  die  unverkennbare  Vorliebe  gewisser  Plianzen  für  kalkreiche  Böden 
auf  physikalische  Kigenschaften  zurückzuführen,  die  mit  dem  Kalkreichtura 
Hand  in  Hand  zu  gehen  ptiegen,  in  erster  Linie  auf  die  Trockenheit  dieser 
Böden.  Was  speziell  die  Steppenpflanzen  betrifft,  beruht  diese  Erklärung 
auf  einer  unaidiMshtbaren  Beobachtung:  ihre  mitteleuroplisohen  Standorte 
seichnen  sich,  von  gans  geringen  Ausnahmen  abgesehen,  wirUich  durch 
Trockenheit  besonders  aus.  Sowmt  sich  diese  Standorte  auf  ebenem  Bodmi 
befinden,  handelt  es  sieh  entweder  um  Eies,  der  nur  mit  einer  dftnnen  Lehm- 
schicht bedeckt  ist,  so  auf  den  Sfidbayrischen  Heiden,  der  Welser  Heide,  im 
Wiener  Becken,  oder  um  einen  sehr  sterilen  Gipsboden  wie  z.  B.  im  Main- 
gebiet bt  i  Schweinfurt.  Die  Felsen  und  SüdhUnge,  die  andenvärts  von  den 
Steppenptlanzeii  bevorzugt  werden,  sind  ebenfalls  in  der  Regel  bodenarm  und 
in  Folge  der  starken  Insolation  und  meist  auch  exponierten  Lage  einer  be- 
sonders raschen  Austrocknung  unterworfen.  Bei  der  Mehrzahl  der  Steppen- 
püanzen  l&ßt  sich  aus  dem  Bau  und  der  gesamten  Ausrüstung  ohne  weiteres 
erkennen,  daß  sie  auf  einen  sparsamen  Wasserhaushalt  besonders  eingeriditet 
sind,  und  man  kann  sich  wohl  Torstellen,  daß  sie  dadur(di  an  troek«ien 
Standorten  leichter  als  andere  Arten  fortkmnmen,  wahrend  sie  sonst  dem 
Wettbewerb  der  letzteren  unterliegen.  Dagegen  Ift&t  sich  nicht  leugnen,  daß 
es  auch  in  den  Lückengebieten  extrem  trockene  Standorte  gibt;  das  Fem- 
bleiben der  Stoppenpflanzen  muß  also  doch  wohl  noch  andere  Ursachen  haben. 

Auch  klimatische  Beziehungen  kommen  stark  in  Betracht.  Unter  den 
Pflanzeiiarten,  deren  Areal  schon  im  norddeutschen  Tiefland  mit  einer  Nord- 
grenze endigt,  sind  die  Öteppeupflanzen  besonders  reichlich  vertreten.  Grise- 

1)  Vgl.  auch  Drude,  Der  hercynische  Florenbezirk.  S.  163:  „Die  Hügelforma- 
tionen  sind  um  so  reicher  an  Arten,  je  mehr  die  Geateinsunterlage  zur  Bildung  von 
dyegeogen-pelitiseben  BOden  neigt;  peammische  BSden  etieugen  Armut** 


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BttiittliQiigeii  swisehen  Fflanteiigeograpliia  v.  Siedliingigesehiohta.  Sil 

bach*)  hat  diese  Nordliuien  mit  der  Abnaluue  der  solaren  Wärme  iu  Ver- 
bindung gebriicbt;  damit  stimmt  überein,  daß  sich  die  betreffenden  Pflanzen 
in  zahlreichen  Kinzelgebieten  auf  die  tiefsten  und  wäruisten  Striche  be- 
sdirSnken.  Dagegen  IMb/t  all«rdmgs  unverstAndlich,  wie  dann  dieselben  an- 
geblich thennopMleii  Arten  S.B.  auf  den  WShm  der  echwftbiichen  Alb  nnd 
des  Schweiler  Jnras  ni  leben  TermOgen.  Eine  nodi  weit  gxOßere  Artombl 
echliefit  ibr  Areal  mit  einer  merkwflrdigen  Nordweeilinie,  die  mit  der  Strand- 
linie  der  Nordsee  auffallend  parallel  verläuft.  Auch  diese  Grenzen  bringt 
Grisebaoh^)  mit  thermischen  Linien  in  Verbindung^,  nämlich  mit  Isotheren, 
den  Linien  gleicher  Sommerwarme,  die  ja  in  ähnlicher  Richtung  verlaufen. 
Wenn  sich  auch  die  Gültigkeit  speziell  dieser  Deutung  in  den  meisten  Fällen 
ebenfalls  direkt  widerlegen  läßt,  so  liegt  in  dem  augenscheinlichen  Veraieiden 
der  Küstennähe,  wie  dies  in  Frankreich,  Belgien,  Holland,  in  Norwegen 
ebenso  wie  im  nordwestlichen  Deutschland  zu  verfolgen  ist,  ein  unbestrittener 
Hinweis  darauf^  daft  «n  l^matisdier  Einfluß  hier  im  Spiel  ist,  genauer,  daß 
dn  maritimes  Klima  den  Steppenpflansen  in  ihrem  Fortkommen  irgendwie 
hinderlich  sein  mnß.  Auch  dieser  Schluß  findet  in  der  eigentflmlichen  Ver- 
teilung  der  Steppenpflansen  innerhalb  des  Binnenlandes  eine  Bestätigung. 
Man  ist  mehrfach  darauf  anfinerksam  geworden,  daß  die  Punkte  mit  besonders 
geringen  Niederschlägen,  womit  schwache  Bewölkung,  rasche  Verdunstung 
und  meist  auch  starke  Temperaturextrettip  Hand  iu  llaud  zu  gehen  pflegen, 
kurz  die  Puukte  mit  relativ  kontinentalem  Klima  Brpn]i])unktp  für  die  Ver- 
breitung der  Steppenptliinzeu  sind,  so  in  Böhmen,  im  südlichen  Deatschiand, 
in  Thüringen  und  Sachsen,  in  Skandinavien. 

Diese  Beziehungen  waren  f&r  die  einzelnen  Pflanzenarten  und  PÜauzen- 
genossenschaften  ISngst  bekannt,  noch  ehe  jemand  an  deren  Eigenschaft  als 
Stqppoipflanxen  flberhaupt  dachte;  sie  werden  aber  durch  den  letsteren  Ge- 
siiditqpiinkt  erst  in  ihrem  Zusammenhang  Tcrsttndlich.  Es  sind  ntmlich  die- 
selben Besiehungen,  die  in  den  östlicheren  Lindem,  in  Sfld-Bußland  und  Sibi- 
rien,  ebenso  in  Nordamerika,  den  Gegensatz  von  Steppe  und  Wald  begründen. 
Die  Steppen  sind  ja  im  wesentlichen  auf  das  Innere  der  Kontinente  beschränkt. 
Der  Wald  bedarf  zu  seinem  Gedeihen  ein  gewisses  Maß  von  Feuchtigkeit, 
namentlich  Winterfeucbtigkeit.  Wo  die  Niederschläge  geringer  werden  oder  wo 
sie  wie  iu  den  östlichen  Steppengebieten  vorwiegeud  als  Sommen-egen  nieder- 
geben, die  nur  den  oberen  Büdenschichten  zu  gute  kommen  und  in  Folge  der 
hohen  SommerwSrme  rasch  verdunsten,  da  ninunt  die  Steppe  überhand.  In  den 
klimatischen  Übergangsgebieten  geben  die  BodenTerhiltiüsse  den  Ausschlag.') 
Dies  wird  jetst  von  den  russischen  Forschem  xum  Teil  so  stark  betont,  daß 
sie  das  Klima  fiberhaupt  nur  nodi  als  untergeordneten  Vtktox  gelten  lassen 
wollen.  GrobkSmige  Böden,  Sand-  und  EiesbSden,  begOnstigen  den  Wald, 
feinkörnige  Böden  wie  Löß  und  Schwaraerde  begflnstigen  die  Steppe.  Be- 

1)  Über  die  Vegetationslinien  des  nordwestlichen  Deutschlands  (Ges.  Abhandl. 
S.  145). 

2)  a.  a.  0.  S.  150 

8)  Vgl.  hierüber  außer  dor  schon  früher  angeführten  Literatur  besonders  die 
snsammenfassende  Darstellung  bei  E.  Bamann,  Bodenkunde.  1906.  S.  891  ff. 


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312 


Robert  Gradmann: 


Boadetf  wird  die  SteppenbUdniig  mk  dnreh  kalUialtiges  Substrat  belBrdert; 
die  weit  in  das  rusaiMlie  Waldgebiet  Torgeschobenen  Steppenioielii  befinden 
tidi  ragebn&fiig  auf  einer  kalkrMoliexi  Untedage.^)  Hieraus  geht  benrar: 
die  Eigenschaften,  wodurch  sich  die  mittelearopftischen  Yerbrei- 

tnngsbezirke  der  Steppenpflanzen  gegenüber  den  Lückengebieten 
auszeichnen  (relativ  kontinentales,  niederschlagsarmes  Klima,  feinkörnige 
Bödon,  Kalkböden),  sind  dieselben,  die  in  den  Steppenländern  de-? 
Ostens  als  waldfeindli«  !]»'  und  direkt  oder  indirekt  steppen begü n - 
stigende  Eigenscbal't en  bekannt  sind.  I  iugekehrt  lehrt  die  Erfahrung, 
daß  sich  die  Eigeuscbaflen ,  die  den  Lückengebieten  eigentümlich  sind 
(relativ  ozeanisches  Klima,  reiche  Niederschläge,  kalkarme  Böden,  besonders 
Sandböden),  flberall  da,  wo  der  Wald  mit  der  Steppe  im  Kampfs  liegt, 
dem  Wald  besonders  gfinstig  erweisen.  Es  ist  noch  keine  gangbare  Methode 
gefimden,  um  die  Eindlflsse  Ton  Klima  und  Boden  in  veigleichbaren  ZaUen- 
werten  auszudrücken  und  so  ein  Urteil  darüber  zu  gewinnen,  wie  weit  sich 
die  beiderseitigen  Einflüsse  gegenseitig  zu  vertreten,  zu  steigern  und  je  nach- 
dem  auch  aufzuheben  im  Stande  sind.  Es  liißt  sieb  daher  vorläufig  nur  80 
viel  sagen:  wenn  heute  das  Oesamtklima  Mittel-Europas  einen  kontinentaleren 
Charakter  annehmen  würde,  so  müßten  unter  sonst  gleichen  Umstünden  die 
Landscbatten  mit  kalk  reichen  Böden,  und  ebenso  unter  sonst  gleichen  Umständen 
die  Landschaften  mit  relativ  kontinentalem  Lokalklima  die  ersten  sein,  die 
ihren  Waldwuchs  wenigstens  teilweise  yerliowi  und  durch  eine  steppenartige 
Vegetation  ersetaen  würden.  Hit  großer  Wahrscheinlichkeit  Ußt  aoh  an- 
nehmen, daß  es  sich  dabei  in  erster  Linia  um  die  Gebiete  handeln  müfite, 
die  schon  heute  tjrpische  8tq»penpflans«n  und  steppenartige  Pflansenfonna- 
tionen,  wenn  auch  nur  kleinsten  ümfangs,  beherbergen.  Da  sich  in  der 
jüngsten  geologischen  Vergangenheit,  seit  den  spätesten  Abschnitten  der 
Quartärperiode,  die  Orographie  des  mitteleuropilischen  Binnenlandes  nicht 
mehr  wesentlich  geändert  bat  und  sich  daher  auch  der  relative  lokalklima- 
tiscbe  Charakter  der  einzelnen  Landsehal'teu  in  der  Hau[)ti,ache  gleich  geblieben 
sein  muß,  so  gilt  derselbe  Schluß  auch  für  die  Vergangenheit:  bat  während 
dieser  Zeit  einmal  ein  absolut  kontinentales  Klima  geherrscht,  so  müssen  ux 
erster  Linie  die  heutigen  Terfarntungsbeziikie  von  Stepponpflanaen  in  steppen- 
artige Landschaften  umgewandelt  gewesen  sein. 

1)  Kusnezow.  Übersicht  der  im  J.  Iä90  über  Bnfiland  esBChienenen  phjto- 
geographiechen  Arbeiten  (Bot.  Jahrb.  f.  System.  X7.  189S.  Lit.-B.  S.  76  ff.).  Wie 

man  neuerdings  immer  klarer  erkannt  bat ist  der  Salzgehalt  des  Yerwitterungs- 
bodens  und  damit  auch  der  Gebalt  an  kohlensaurem  Kalk  zum  großen  Teil  eine 
Funktion  des  Klimas.  Während  unter  regenreichem  Kiiuia  der  Boden  ausgelaugt 
wird  und  selbst  BOden,  die  unmittelbar  ans  EaUEgeitein  hervorgegangen  sind,  sn- 
letzt  kalkarm  werden,  bleibt  überall  da,  wo  die  Verduntttung  gegenüber  den  Nieder- 
BchlSgen  überwiegt,  dem  Boden  sein  CehaU  an  Salzen  jeder  Art  ungeschmälert  er- 
halten, ja  er  kann  sieb  in  Folge  kapillarer  Leitung  von  unten  her  an  der  Ober- 
flftche  immer  mehr  damit  aorrichem.  Da  die  SteppMiyegetation  an  salsreiehe  BOdea 
angepaßt  ist,  während  sich  die  Waldpflanzen  mehr  oder  weniger  empfindlich  da- 
gegen verhalten,  so  wirkt  ein  kontinentales  Klima  in  doppeltem  Sinne  waldfeind- 
lich: direkt  durch  Trockenheit,  indirekt  durch  Aufspeicherung  schädlicher  Salz- 
mengen  im  Boden. 


Digiti/Oü  by  Cjt.)0^lc 


Beiiehnngtn  swischen  Pfl»nseiig6ogr»phie  tl  Siedlungsgeichichta.  31$ 


DiestT  Schluß  tiudet  in  den  stratigraphischen  und  paliionlologiscben 
Zeugnissen  eine  direkte  Bestätigimg:  in  der  Verbreitung  des  Löß  und  der 
fottilai  8teppentiere.  Was  den  LöB  betrifft,  so  isfc  an  eine  iopographisoh 
genaue  Vergleiehung  selum  deshalb  nicbt  an  denken,  weil  der  typisehe  iolisohe 
LOA,  der  ja  allein  als  ein  Zeugnis  ehemaliger  Steppenbildnng  angesehen  wer- 
don  Icann,  von  ttmliftl**«  Bodenarten  gans  anderer  Entstehung  oft  sehr  schwer 
SU  unterscheiden  ist  und  in  den  wonigsten  Kartenwerken  unterschieden  wild. 
FeststeUen  Iftftt  sidl  aber,  daß  in  den  großen  Lückengebioten  der  Steppen- 
flora, auoh  in  noch  so  tief  eingeschnittenen  Tälern  z.  B.  des  Böhmerwalds, 
des  Schwarzwalds  und  Odenwalds  kein  Löß  vorkommt,  wUhrend  die  typischen 
großen  Lößgebiete  (Donauniedorungen,  oberrheinisch«'  Tiefebene,  St.  (laller 
und  Churer  Rheintal,  Wallis,  mittleres  Maingebiet,  Hochterrassen  der  nord- 
deutschen Diluvialströme,  Ostrand  des  Harzes)  alle  eine  reiche  Steppenflma 
beherbergen,  und  xwar  oha«  daß  diese  direkt  an  den  LSß  gebunden  wire; 
und  weiter,  daß  die  Grensen  Ton  Löß  und  Steppenflora  auf  manchen  Strecken 
(a.  B.  in  der  Wadtau,  in  der  oberrheiniBdien  Tiefebene)  sehr  genau  llberein« 
stimmen.  Im  allgemeinen  gebt  aber  die  Steppoiflora  Uber  die  Lößyorkomm- 
nisse,  die  sie  mehr  oder  weniger  konzentrisch  umschließt,  noch  beträchtlich 
hinaus,  was  ja  die  qualitative  Übereinstimmung  nicht  aufhebt  Für  die 
Fundorte  fossiler  Steppentiere  ist  eine  genaue  Übereinstimmung  mit  den 
pflanzengeographischen  Verbreituugsgebiet^'n  schon  \voj,'en  der  geringen  Zahl 
und  Ausdehnung  dieser  Fundorte  ausgeschlossen;  aber  auch  hier  gilt,  wenig- 
stens innerhalb  Deutschlands,  daß  die  fraglichen  Punkte  durchweg  in  Ver- 
breitungsbezirke der  Steppenflora  hineinfallen.*) 

Aus  allen  den  genannten  Tatsachen  folgt,  wie  wohl  su  beachten  ist» 
für  die  Zeit  der  Einwanderung  unserer  Steppenpflanzen  nmSohst  noch  gar 
nichts;  sie  werdm  TermutUch  großenteils  mit  der  diluvialen  Steppenfauna 
sdion  xusammengelebt  und  zur  Zeit  der  Lößbildung  einen  wesentlichen  Be- 
standteil der  damals  auf  weite  Strecken  herrschenden  Grassteppe  ausgemacht 
haben;  sie  könnten  aber  möglicherweise  auch  erst  später  eingewandert  sein. 
Auch  im  letzteren  Fall  würde  man  ganz  wohl  verstehen,  daß  die  Steppen- 
ptianzen  nur  ■^olclie  Landschaften  i)esifdtln ,  die  nach  Klima  und  Boden  den 
Waldwuchs  weniger  begünsligen  und  daher  natürliche  Lücken  im  Waldbestand 
aufweisen,  wahrend  ihnen  die  ausgeprägten  Waldgebiete  dauernd  verschlossen 
blttben  mtUsen;  denn  die  kftnstliohen  Waldliditnngen  bieten  keinm  I^ta, 
da  es  sich  ja  um  Pflanaenarten  handelt,  die  den  Kulturboden  meiden.  Gewisse 
ümstftnde  sprechen  allerdings  dafür,  daß  wir  eine  Beliktflora  vor  uns 
haben.  Die  mttohtigen  Lfieken  in  der  Verbreitung  einselnw  Arten,  dabei  die 

1)  Dies  wurde  von  A.  Engler  schon  l^TJ  hervorgehoben  (Versuch  einer  £nt- 
wiekhmgigeidiidite  der  Fflanaenwalt.  I.  8.  IM).  Die  Hauptfändorte  von  fosnleu 

Hteppentieren  (nach  Nehring  in  Z.  d.  D.  Gcol.  Ges.  XXXn.  1880.  S.  468  fr  .  <1io 
Umgebung  von  Wolfenbüttel  (Thiede),  Magdeburg  (W^esteregeln) ,  Quedlinburg, 
Qoslar,  Qera,  die  fränkische  und  Bch^bischc  Alb,  da«  nördliche  Alpenvorland 
(Baltringen  bei  Biberach),  die  Ifalnmederang  von  Wflnbnxg,  Thfiringen  (Saalfeld), 

das  Lahngebiet  (Strelen:,  werden  BÜmtlii^h  von  Stepponpflanzen-Genospen^^chaften 
bewohnt.  Isui  Zuzlawitz  (bei  Winteiberg  in  Böhmen)  scheint  eine  Ausnahme  zu 
machen. 


314 


Robert  Gradmann: 


große  Ortsbesttndigkeit,  dw  Ifongel  jeder  Erfahrung  von  Yenchleppungen 
oder  flberiiaupt  von  Wandemngeii  tiber  weite  Strecken  hinweg,  endUeh  ihr 
r^lmftfiiges  Yorkommen  in  ganxen  Genoeeenachaften,  das  and  die  Haupt- 
gründe fdr  die  jetzt  fast  allgemein  getdlte  Annahme,  daß  es  eidi  hier  um 

eine  Flora  handelt ,  die  einmal  unter  günstigerem  Klima  eine  znsammen- 
hUngendf  Verbreitung  besaß  und  erst  nachträglich  auf  ihre  heute  so  be- 
schränkten Standorte  zurückc^t^driingt  wurde.  Der  \atur  der  Sache  nach 
kann  dies  nur  ein  trockeneres  und  — ■  da  zwar  bei  weitem  nicht  alle,  aber 
doch  manche  von  diesen  SteppeDptianzen  entschieden  wärmebedürftig  sind  — 
auch  wärmereü  Klima  gewesen  sein. 

Aber  dat  itt  eine  Frage  Htt  aick  ünberOhrt  bleibt  davon  die  Tii> 
saohe,  daß  Klima  und  Boden  in  den  Verbreitangsbeiirken  dieser 
Flora  für  den  Wald  relativ  nngUnstig,  ffir  die  Steppenbildnng 
relativ  glinstig  liegen,  und  daß  diese  Besirke  mit  den  Wohngebie- 
ten  der  vorgeschicbtliohen  Bevölkerung  im  mittelenropäisohen 
Binnenland  und  auch  in  Skandinavien  anf  weite  Strecken  su- 
sammenfallen. 

Problematisch  ist  nur  der  C  ausa  1  zusammen  hau  zwischen  der  ptlanzen- 
geograjihischen  Erscheinung  auf  der  einen  und  der  sieiilung^^t^eographischen 
auf  der  anderen  Seite.    Hier  liegen  verschiedene  Lösungsversuche  vor. 

8.  Di0  grkl&mnyvwreoii0. 

Einen  indirekten  Zusammenhang  behauptet  die  Erklärung  von  Vi  dal 
de  la  Blache.')  Er  weist  vor  allem  auf  die  natürliche  Fruchtbarkeit 
der  alten  Steppengebiete  hin  und  erblickt  darin  den  Hauptgrund  ihrer  frühen 
Besiedlung.  Diese  Erklärung  empfiehlt  sich  um  so  luohr,  als  sie  sich  mit 
der  althergebrachten  An'^chauung  von  den  entscheidenden  Motiven  für  die 
Auswahl  der  ältesten  Siedlungsorte  im  Einklang  befindet.  Allein  die  An- 
schauung deckt  sich  nicht  mit  den  Tatsachen.  Daß  sich  die  allsten  Sied- 
lungsgebiete durch  besondere  Frodlitbarkeit  anssncbnen,  trifft  wohl  in  vielen 
F&llen  zu,  und  bei  oberffiUüilidier  Betrachtung  liegt  eine  Verallgemeinemng 
dieser  Beobaohtong  anßerordentiich  nahe.  Abor  es  gibt  andi  recht  bedeutende 
Ansnahmen.  Dal&r  habe  ich  schon  firflher  Belege  gegeben,  deren  mtsdieidende 
Bedeutung  u.  a.  auch  von  Hoope  und  von  Schröter  ausdrücklich  anerkannt 
wird.')  Hansen  hat  die  ganz  entsprechende  Beobachtung  in  Skandinavien 
gemacht.  Auch  dort  decken  sieli  teilweise  die  Verbreitunprstjeliiete  der  liltesten 
Siedlung  und  der  Ori ganu in  -  Formation  mit  dem  Vorkomnien  fi  nchtbarer, 
warmer  Schiefer;  über  beide,  Origanum-Formation  und  vin-Besiedlung  greifen 
über  den  Schiefer  hinaus,  und  zwar  beide  au  denselben  Stellen,  wie  sie  auch 
umgekehrt  da  und  dort  trotz  vorhandnen  Schieferbodens,  und  zwar  wieder 
beide  an  denselben  Stellen,  ausbleibeo.^    Mag  man  daher  die  Fruchtbarkeit 

1)  Tableau  de  la  g^ographie  de  la  France.  (Erneute  Lavisse,  Histoire  de 
Fhmoe  1. 1.)  1908.  8.  M. 

2)  G  Z.  VI].  1901.  S.  436.  Hoops  a.  a.  O.  S.  98  J.  Früh  u.  C.  Schröter. 
Die  Moore  der  Schweis  (Beiträge  zur  Geologie  der  Schweiz.  Oeotechnisohe  Serie  3). 
1904.  8.  868. 

8)  Hansen  a.  a.  0.  8.  79. 


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Besieliaageii  swiacheo  PfIanteng»ogrftp)iie  Q.SiedluDgsge*ohiohte.  315 


der  alten  Steppeaböden  ^)  als  begleitendes  Motiv  für  die  Besiedlung  noch  so 
hodt  «üudtftsen,  ^  «iU8Chlaggel>eiid«  kaim  de  koi&SDftUs  gewesen  sein. 

Für  die  Annahme  eines  unmittelbaren  Zusammenhangs  konnte  man 
sieh  allenüUls  aof  eine  gelegentlicfae  Änßerong  yon  Emst  H.  L.  Krause  he> 
rufen.  Er  hftlt  es  fOr  dmkbsr,  dafi  der  Steppenfirana  und  -flora  wenigstens 
teilweise  durch  die  rodende  Tätigkeit  des  neolithischen  Mensehen  der  Weg  in 
das  Herz  Europas  erleichtert  worden  sei.^)  Man  könnte  versucht  sein,  diesen 
Gedanken  »lahin  zu  erweitern,  die  Stejipf^nflora  sei  dem  Menschen  jener  Kultur- 
stufe überallliin  auf  dem  Fuße  gefolgt  und  Imbe  die  damals  eingenommenen 
Plätze  seither  behauptet.  Eine  derartige  Annahme  mirde  jedoch  schon  an  der 
von  uns  vorausgesetzten  Deüuition  der  StoppeuÜora  scheitera.  Daß  in  der  Tat 
gewisse  Steppenpflauzen  schon  zur  neolithischen  Zeit  mit  dem  Menschen  ge- 
wandert sind,  ist  ganx  sicher.  Wir  kennen  diese  Pflaasen  ans  der  Flora  der 
Pfahlbauten;  es  sind  dieselben  Arten,  die  heute  noch  den  Ansiedler  in  ttbersee- 
isefae  ^onien  begleiten  und  mit  ihm  in  die  gelichteten  Wftlder  eindringen, 
unsere  allbekannten  Ackerunkrftnter,  Weg-  und  Sehnttpflansen.*)  Die  l^pische 
Steppenflora  von  charakteristischer  Verbreitung,  die  für  unser  Problem  allein 
in  Frage  kommt,  besteht  dagegen  gerade  aus  solchen  Arten,  die  die  Nähe  des 
Menschen  meiden,  niemals  verschleppt  vorkommen,  auf  Kulturstandorten,  künst- 
lichen Lichtungen  u.  dcrgl.  sich  überhaupt  nicht  zu  halten  vermögen,  l'ber- 
dies  ließe  sich,  wenn  die  fragliche  Flora  dem  Neolithiker  iu  seine  Lichtungen 
gefolgt  wäre,  ja  niciit  ausdenken,  warum  sie  dann  dem  späteren  römischen 
'und  mittelalterlichen  Ansiedler  nicht  ebenfalls  in  die  ehemaligen  Waldgebiete 
nachgezogen  sein  sollte.  Gerade  der  springende  Punkt  der  gansen  Frage, 
nimlich  warum  sieh  Steppenflora  und  Utere  Besiedlung  yon  diesen  Wald- 
gebieten fernhalten,  bliebe  dabei  unaufgeklirt  Übrigens  würde  sidi  Krause 
selbst,  der  die  Außerong  in  gans  snderem  Zusammenhange  getan  hat,  gegen 
eine  solche  Eonsequenz  wohl  entschieden  vorwahren. 

Eine  direkte  Abhängigkeit  im  umgekehrten  Sinne  behauptet  Hansen*): 
die  Landwirtschaft  der  älteren  Bevölkerung  sei  an  die  Origannm- Formation 
gebunden  gewesen.  Dieser  Satz  wird  aber  dann  wesentlich  modifiziert  und  in 
folgender  Weise  erliiutert.  Der  nordische  Crwabl  mit  seiner  Menge  von  Wind- 
bruch und  Baumleichen  war,  wie  der  sibirische  noch  heutigen  Tags,  auf  weite 
Strecken  so  gut  wie  unzugänglich  und  vermochte  auch  mit  seiner  dflritigou 
Bodenvegetation  dem  Vieh  kein  genügendes  Futter  tu  bieten.  Die  tech- 
nische FShigkeit  im  Boden  war  bei  den  ästen  Ansiedlem  jedenfalls  nur  ge- 
ring; Brandkultnr  war  noch  in  recht  spftter  Zeit  tatsftohlich  unbekannt,  und 

1)  Über  die  natürliche  Fruchtbarkeit  des  Steppenbodens  vgl.  be«.  Uiigard, 
Über  den  ISnfluB  des  RKmas  auf  die  Büdong  und  Zusammenietsang  des  Bodens 

^orscb.  a.  d.  Qebiete  d  Agrikulturphysik,  hrsg.  v.  WoUny«  XVI,  188B,  8.8S— 17t) 
und  E.  Ramann,  Bodenkunde,  2.  Anfl.  1905,  S.  391  ff. 

2)  Emst  H.  L.  Krause.  Die  äieppenftage.  (Globns.  LXV.  1894.;  S.  8f. 
Hoops  a.  a.  O.  S.  109. 

8)  Vgl.  E.  Neuweiler.  Die  prähistorischen  Pflanzenreste  Mittel -Europas. 
(Vierteljahrsflchr.  der  Naturf.  Ges.  in  Zürich.  L.  1905;  auch  als  H.  6  der  Hotanischen 
Exkursionen  u.  pflanzengeogr.  Studien  in  der  Schweiz,  hrsg.  v.  C.  Schröter.  1905). 

4)  Hansen  a.  a.  0.  S.  80  ff. 


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B16 


Eobezt  Gradmftnn: 


in  Wirklichkeit  ist  mit  bloßem  Niederbrennen  im  Urwald  auch  nicht  viel 
getan;  cBe  ballyverbnuinten  StftniBie  und  di«  im  Boden  ftockendm  Wurzeln 
bleiben  als  Eiilttiiliindeniisie  nach  wie  vor.')  Kur  im  offenen  FormationMi, 
entsprechend  etwa  der  lichten  Hain*  und  Yoiliolafonnation  Drades,  konnte 
der  Mensch  Fuß  Husen.  Zur  Erhsltong  des  Viehstandea  dienten  woU  weniger 
die  Cliaraktorpflanzen  der  Origanum-Formation  selbst,  als  die  in  ihrer  Gesell- 
schaft hftnfig  TOrkommenden  Gr&ser.  Freilich  ist  es  iweifelbaft,  ob  man  sich 
Graminoonrasen  crrößeren  Umfangs,  natürliche  Wicsm  inmitten  des  nordischen 
Urwalds  voistelh'n  darf.  Dali  sie  indessen  während  einer  früheren 
würmeren  l'(?riod(',  als  die  WaML'ivn/f  betnichtlich  höher  lag  als  heute, 
eine  ansehnliche  Ausbreitung  in  Skandinavien  wie  in  Mittel-Europa  besessen 
haben,  darf  wohl  als  gesichert  gelten;  und  zwar  muß  sich  ihr  Vorkommen 
um  dieselben  Punkte  gescbazt  haben,  die  als  Standorte  der  jetit  auf  trockene 
Abhänge  beechrtnkten  Origanum-F<Hnnation  bekannt  sind. 

Diese  Ausf&hmngen  Hansens  entsprechen  durchaus  dem  von  mir  schon 
früher  eingenommenen  Standpunkt  Wichtig  sdieint  mir  namentlich,  daS  sich 
auch  Hansen  genötigt  sieht,  auf  eine  Periode  mit  anderem  Klima  wie  dem 
gegenwärtigen  zurückzugreifen.  Die  Gründe,  die  zu  einer  solchen  Annahme 
ftihren,  sind  nicht  immer  mit  der  wünschenswerten  Schärfe  und  Bestimmtheit 
beurteilt  worden;  um  so  nötiger  ist  es,  sie  in  alier  Klarheit  noch  einmal 
herauszustellen. 

Ein  innerer  Zusammenhang  zwischen  der  Verbreitung  der  Steppenpflanzen- 
fimnalionen  und  dar  Torgeschichtlichen  Siedlungen  muß  angesichts  der  engen 
geographischen  Beziehungen,  wie  wir  sie  nadigewieaen  haben,  zweifoUos  Torans- 
gesetxt  werden;  eine  dirdcte  AbhKngigkdt  im  strengen  Sinne  des  Worts  ist 
aber  nicht  au  erkennen,  die  ZurflckfBhmng  auf  die  Bodenfiuchlbariceit  hat  sieh 
ebensowenig  als  stichhaltig  erwiesen.  So  bleibt  wenigstens  vorlAnfig  nur  die 
Annahme  übrig,  die  ältesten  Ansiedler  haben  ebenso  wie  die  Stqppenpflanzcn 
offene,  waldfreie  oder  wenigstens  nicht  mit  geschlossenem  Urwald 
bestandene  Stellen  aufgesucht,  wo  ohne  allzu  mühsame  Rodung  ein 
Ptianzenbau  möglich  war  und  die  Herdentiere  in  der  natürlichen  Budenvege- 
tation von  Gräsern  und  Kriintern  ihr  Fntter  fiiideu  konnten.  Diese  Annahme 
findet  ihre  Stütze  in  der  vielfachen  Erlaliruug,  daß  gcrado  die  Steppengebiete 
flberall  die  frOhest  benedeiten  sind,  uriihrend  der  Urwald  tm^kihst  ein  Kultur- 
hindeniis  darstellt,  das  nur  mit  den  Hilftmitteln  emen  fortgesiduitteneren 


1)  In  gleichem  Sinne  spricht  sich  E.  Rhamm  (Die  Grofihufen  der  Nord* 
gennanen.  100")  8,  Gf.  pepen  Peisker  aus,  unter  Anführung  von  Belegen  Gegen- 
iribüg  wird  die  Braudkultur  bekanntlich  an  Tielen  Orten  und  von  Völkern  der 
vencldedensten  KnltnrstnfiBo  geübt  (xahheiche  Beispiele  finden  sidi  gesammelt  bei 
Rieh. Lasch,  I  dc  Landwirtschaft  der  Naturvölker,  Z.  f.  Sozialwiss.  TIL  1904.  S.Uff.); 
daraus  lüßt  sich  aber  noch  nicht  schließen,  daß  sie  auch  im  vorgpschichtlichen 
Europa  gebriluchlich  gewesen  sei.  I>it'  »prachlichen  und  geschichtlichen  Zeugnisae 
sprechen,  wie  Rhamm  ausführt,  dagegen.  Tatsichlich  dürfte  anch  in  d«i  ane- 
gesprochenen  Waldgebieten  Weet-Eniopas  mit  ihrem  üppigen  Baumwnchs  der  Ver^ 
such  des  Niederbrennens  ebenso  wirkungslos  gewesen  sein  wie  im  nordsibirischen 
Urwald  oder  in  den  tropischen  liegenwäldem.  Anders  ist  es  natürlich  in  den 
trockeneren  Übergangsgebieten,  in  Steppen-  und  Savanneawftldesn. 


Digiti/Oü  by  Cjt.)0^lc 


Besiehangen  swiielieo'Pfl»ni»ngeographie  ii.8iedliingagesehiclite.  317 

Technik  und  Volkswirtschaft  vollständig  bewältigt  werden  kann.')  In  diese 
Erklärung  fügt  sich  zwanglos  auch  die  scheinbare  Ausnahme,  die  man  in 
den  Küstengebieten  der  Nord-  und  Ostsee  trifft.  Steppenartige  Formationen 
hat  es  hier  allerdings  wohl  nie  gegeben,  aber  waldfreies  Land  zu  jeder  Zeit. 
Denn  auch  das  Meer  ist  waldfeindlich,  vor  aUem  durch  seine  Stürme;  Marsch- 
wieae  und  Erioaceen^l^e  sind  natOrlidie  Fonustioneii,  die  «noh  wftbrend  der 
Waldperioden  in  der  Nlhe  der  Küsten  jederzeit  bestanden  baben,  wenn  aneb 
wobl  in  geringerem  üm&ng  als  beute.  Ein  Siedlnngshindeniis  konnte  hier 
um  so  weniger  vorliegen,  als  das  Meer  selbst  noch  smne  besonderen  Hilb- 
quellen  zur  Verfügung  stellt  (Kjökk<  nnniddinger).*) 

Nun  fragt  es  sich:  wie  groß  darf  man  sich  im  mitteleuropäischen 
Binnenland  die  natürlichen  Waldlichtungen,  wie  sie  durch  das  Vor- 
kommen charakteristischer  Steppenpflanzen  bezeichnet  werden, 
vorstellen?  Die  Flächen,  die  heutzutage  von  den  ofiFenen,  stepponartigen 
Formationen  eingenommen  werden,  sind,  wie  gezeigt  wurde,  von  ganz  unbe- 
deutendem ümfoag.  üm  zu  einer  richtigen  Voratellung  zu  gelangen,  wird 
man  aUe  die  Knltuiffi&dLen,  die  wabrseheinlidh  im  Urzustand  eine  ai»«it«i«A 
Vegetation  getragen  bab«i  kOnnen,  moek  binznnebmen  mtknen.  Aber  aueh 
so  bleibt  das  Areal,  das  als  Utestes  8iedlung^ebiet  in  Betracht  kommen 
konnte,  yiel  zu  dürftig  und  überdies  durch  seine  Lage  nngfinstig.  Denn 
nur  in  einm  kleinen  Teile  Nüttel -Europas,  im  Donaugebiet  östlich  vom 
Lech  und  an  einzelnen  Punkten  des  Maingebiets,  kommen  solche  offenen  For- 
mationen auf  ebenem  Boden  vor;  sonst  werden  sie  überall  nur  auf  Felsen 
und  mehr  oder  weni^'er  steilen  Südhiingen  beol)achtet,  und  nur  im  Wider- 
spruch mit  allen  beobachteten  Tatsachen  könnte  mau  voraussetzen,  daB  irgend 
ein  erheblicher  Teil  der  heutigen  Ackerflächen  unter  einem  Klima  wie  dem 
gegenwftrtigen  TOn  Natur  waldlos  seL  So  scheinen  nur  zwei  Auswege  zu 
blmben.  Entweder  muß  man  annebmMi,  die  ersten  Ansiedler  haben  sich 
wirklidi  zunidist  mit  diesen  dürftigen  und  ungünstig  gelegenen  natttilichen 
Waldlichtungen  begnügt,  was  freilidi  durch  die  Topographie  der  voigeschieht- 
liehen  Wohnstätten  und  BegrftbnisplUtze  nicht  bestätigt  wird;  denn  diese  be- 
fin'b'ii  sich  regelmäßig  abseits  von  den  betretfonden  Standorten  auf  ebenem 
Pflugland.  Oder  man  gelangt  zu  der  Boliauptung,  daß  zur  ersten 
Siedlungszeit  die  natürlichen  Waldlichtungen  etwas  größer  waren, 
als  sie  es  unter  dem  heutigen  Klima  sind  und  sein  können;  daß 
sie  sich  namentlich  auch  auf  ebenes  Gelände  erstreckt  haben.  Das 
kann  offenbar  nur  unter  dem  9ti  es  unmittelbaren,  sei  es  mittelbaren  Einfluß 
eines  trockeneren  Klimas  der  Fall  gewesen  smu. 

1)  Dieses  Verhältnis  von  Wald  und  Steppe  gegenüber  der  Besiedlung  ist  von 
Ratzel,  Nehring,  Hilgard  u.  a.  wiedezholt  hervorgehoben  worden.  Hoops 
widmet  diesem  Gegenitaad  ein  eigenes  bpitel  (a.  a.  0.  8.  90—111)  mit  reichen 

Literaturbelegen 

2)  Ich  mußte  diese  schon  früher  i^G.  Z.  Vü.  1001.  S.  437)  gegebene  JilrkliLruDg 
wiederholen«  weil  mich  Hoops  B.  107  gans  wa  ünreeht  unter  denen  auftiUiIt,  die 
der  Heideformati<ni  die  ürsprflnglichkeit  absprechen.  Auch  Hansen  hat  diese  Be- 
merkung übersehen,  wenn  er  mir  8.  8S  eine  Verlegenheit  snsehzeibi,  deren  ich  mir 

gar  nicht  bewußt  bin. 


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318 


Robert  OradmAnn; 


4.  Die  Einfügung  in  die  bestehende  Chronologie. 

Da  der  Mensdi  einen  derartigen  KUmaweehsel  anf  natteleoropilsohein 
Boden  nicht  nur  einmal,  sondern  wiederholt  miterlebt  hat,  so  sdiMnt  die  eben 
ansgeq^rochene  Voraussetzung  keinen  Schwierigkeiten  zu  begegnen.  Trotzdem 
ergeben  sich  solche,  sobald  man  versucht,  die  Vorgänge  in  die  geologiaohe 

nnd  archiiologischp  Chronologie  einzureihen. 

Von  vornherein  kann  fiir  die  «Miili^rültigp  Einwanderung  der  Steppen- 
ptiuii^en  wiü  für  die  emltrültige  Besiedlunjf  nur  die  Zeit  nach  dem  Maximum 
der  letzten  Vergletscherung  in  Frage  kommen.  Solange  tür  diese  Zeit  nur 
eine  trod^ene  Klimaperiode  geologisch  naebgewiesen  war,  mußte  man  ver- 
soehen,  mit  ihr  auch  die  erste  Siedlnngqperiode  in  Znaammenhang  m  bringen. 
Es  ist  dies  die  Periode,  der  die  Steppentiere  yom  Bclnroiiflnbild  und  Kefiler- 
loch  hei  Schaffhausen  entstammen.  Sie  lUlt  noch  in  die  ersten  Abschnitte 
der  Bflckxugsstadien  der  letzten  Vergletscherung  (Aohonsdiwanlcung  nnd  Bfihl- 
stadium  nach  Penck^)).  Mit  den  Steppentieren  sosammen  lebte  am  Schweizers» 
bild  wie  auch  sonst  überall,  wo  Artefakte  zusammen  mit  den  Resten  typi- 
scher Steppentiere  gefunden  wordeu  sind,  der  Mensch  der  paläolithischeu 
Kulturstufe.  Die  ( 'ontinuitiit  der  vorgeschichtlichen  Besiedlung  Hißt  sich  jedoch 
niu'  bis  zur  neolithischcn  Kultur  zuriickverfolgen,  und  diese  i^t  regelmäßig 
mit  einer  ausgesprochenen  Waldfauna  verknüpft,  während  die  Steppenfauna 
bis  anf  einzelne,  wenig  charakteristBnhe  Olieder  ausgestorben  erscheinl  Tvota- 
dem  glaubte  idi  froher,  weil  sich  kein  andrer  Ausweg  zu  bieten  sdiien, 
wenigstens  ein  Nachklingen  des  Steppeuldimas  bis  in  die  Anlange  der  neo- 
lithisdien  Zeit  annehmen  sa  mttssen.^ 

Audi  Hoops')  will  noch  die  erste  SiedhugqMriode  mit  der  Steppen/.eit 
vom  Schweizersbild  in  Zusanmienhang  bringen;  nur  sucht  er  dem  Wechsel 
der  Fauna  dadurch  Rechnung  zu  tragen,  daß  er  kein  Fortdauern  des  trockenen 
Klimas,  auch  nicht  in  abgeschwächtem  Grad,  annehmen  will,  sondern  nur  seine 
Nachwirkung:  durch  den  Einfluß  wilder  Weidetiere,  durch  Steppenbrilnde  usf. 
sollen  bich  die  alten  Steppenliüchen  auch  ohne  Zutun  des  Menschen  und  trotz 
des  inzwischen  feuchter  gewordenen  Klimas  noch  bis  in  die  ueolithische  Zeit 
hinnn  waldfrei  eihalten  haben.  Ich  gestehe  dieser  Hypothsse  ToUkommene 
Glnchborechtigung  mit  der  frfOier  von  mir  vertretenen  Ansehanung  zu;  da- 
g^en  scheint  mir  die  Sehwiraigkeit,  die  dadurch  ans  dem  gerftumt  wer^ 
den  soll,  nach  wie  Tor  zu  bestehen.  Solange  nftmlich  die  alten  SteppeoflSchen 
in  waldlosem  Zustand  erhalten  blieben,  ist  nicht  recht  verständlidi.  was  die 
Steppentiere  zum  Aussterben  bringen  konnte;  denn  aller  Erfahrung  nach  ist 
gerade  die  Steppenfauna  gegen  klimatische  Einflüsse  keineswegs  empfindlich 
und  in  ihrer  Verbreitung  schwerlich  unmittelbar  vom  Steppenklima,  violmelu* 
in  erster  Linie  von  der  dadurch  bedingten  eigentümlichen  Vegetation  abhängig. 


1)  Penck  u.  Bruckner.  Die  Alpen  im  Eiszeitalter.  Lief.  4  (1902).  S.48Sff. — 
Jak.  Niiesch.  Das  Keftlerloch.  (Neue  Denkidur.  d.  AUg.  Scbweiser.  Oes.  f.  d.  ges. 

Naturwiss.  XXXIX.  2  1904.  S.  -16 ff.) 

2)  G.  Z.  VII.  1901.  ä.  376.         S)  a.  a  0.  S.  103  ff. 


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Besiebangen  iwisehen  Pflansengeogrftphie  n.  Siedlnngsgeichieht«.  819 

Durch  die  neueren  Fortschritte  der  Quartärgoologie  und  nam»mtlich  der 
Paläontologie  der  jüngsten  geologischen  Vergangenheit  ergibt  sich  der  Aus- 
blick auf  eine  Lösung,  bei  der  die  genannte  Schwierigkeit  in  Wegfall  kommt. 
Was  von  ptlanzengeographischer  Seite  schon  wiederholt^)  behauptet  worden 
ist,  dafür  liegen  jetzt  die  geologiaohen  Beweise  vor:  die  Klimaschwan- 
kuBg,  der  die  Steppenfauna  von  Sohaffliaasen  angehOrt,  ist  niekt 
die  einiige,  die  seit  dem  Ifazimiim  der  letsten  Vergletseliening 
eingetreten  ist  Sdum  wihrend  des  OBGÜlatoriflehen  Bflcksngs  dmr  großen 
Dilnvial|^et8clier,  und  twar  gegen  das  Ende  der  spitglaeialen  BflebEOg^periode, 
unmittelbar  vor  dem  Dannstadinm,  also  lange  nach  der  durch  die  Fauna  Tom 
Scbweizersbild  angedeuteten  Steppenpexiode,  muß  im  Alpengebiet  eine  Zeit  lang 
ein  Klima  mit  höherer  Sommerwürme  als  in  der  Gegenwart  geherrscht  haben.') 

Aber  auch  für  die  postglaciale  Zeit  im  engeren  Sinne,  seit  dem 
letzten  Rückzugsstadium  der  Diluvialgletscher,  sind  jetzt  an  zahlreichen  Punkten 
vom  südlichen  Fuß  der  Alpen  bis  nach  Skandinavien  die  Beweise  für  einen 
teils  w&rmeren  teils  trockeneren  Klimacharakter  vorhanden. 

Am  klarsten  liegen  die  Dinge  im  Norden.  Anf  der  skandinavisdieB 
&lbinsel|  wenigstens  in  deren  sfldlieken  und  mittleren  Teilen,  wie  aueh  in 
IHbientaik  und  Sckleswig-Holstem  ist  bekanntlioh  gans  allgemein  auf  die 
glaciale  Dryas- Flora,  meist  zunächst  dnroih  die  Birke  Twmittelt,  die  Eoefer, 
dann  die  Eiche  als  herrschender  Waldbaum  gefolgt;  letztere  ist  erst  sehr  spit 
im  Südwesten  durch  die  Buche,  im  Norden  durch  die  Fichte  verdrängt  worden. 
Diese  Entwicklung  lälit  auf  eine  stetige  Erwärmung  vom  Ausgang  der  Olacial- 
periode  bis  zur  EichenptMioiif  sclili<'ßen;  und  zwar  sind  die  Beweise  dafür 
vorhanden,  daß  das  Klima  in  Skandinavien  wUhreud  der  Eichenzeit  eine  Zoit  lang 
noch  beträchtlich  wärmer  war  alb  in  der  Gegenwart.  Gunuar  Audersson 
bat  ans  der  eibemaligen  Verbreitung  des  Haselitnmoht,  dessen  snbfossUe 
FrOdite  in  Aber  300  Torfknoorw  auAeikalb  der  bentigen  Yerbreitungsgrensen 
der  Pflanae  gefünden  worden  sind,  eine  ErbSbnng  der  Winnewerte  naeb> 
gewiesen,  die  er  fttr  das  Jabresmittel  anf  2*  C,  fOr  die  Sommermonate  anf 
mindestens  2,4 C.  berechnet.*)  Ebenso  wie  der  HaSflilstraneh  waren  anok 
die  Eicbe,  Ulme,  Linde,  Schwanerle,  fei-ner  Ljfeqpua  Europaens^  Carm 
pscudoct/penUt  Nßja$  marina,  Trapa  natati.'i  ehedem  weiter  nach  Norden  ver- 
breitet als  heute.  Femer  ist  es  •^rhon  seit  lange  bekannt,  daß  in  den  ver- 
schiedensten Teilen  Skandinavien^  Kiefenistümme  in  Torfmooren  weit  über 
der  heutigen  Baumgrenze  gefunden  werden.  Rekstad*)  berechnet  die  jetzige 
Senkung  der  Kiefemgrenze  auf  durchschnittlich  350 — 400  m  und  kommt 
damit  auf  eine  Temperatorabnabme  Ton  1,9—2,2^  C.  im  Jabresmittel,  was 
mit  den  von  Andersson  gefundenen  Werten  sehr  nabe  übereinstimmt  Aucb 

1)  Besonders  von  A.  Blytt  u.  Aug.  Schult. 

S)  Penek  u.  Brflckner.  Die  Alpen  im  Eineitalter.  Lief.  7  (1905).  S.  78«. 
Brflckner  in:  Natarwim.  Wochenschr.  Dez.  1905. 

3)  Gonnar  Andersson.  Die  Geschichte  der  Vegetation  ScbwedenB.  (Bot.  Jahrb. 
f.Syttem.  XXII.  1897.  8.604 ff.  Hier  auch  weitere  Literaturangaben.)  —  Dera.  Da« 
naebeiBMitUebe  Klima  von  Schweden.  (Aus:  Ber.  d.  Zflreh.  Bot.  Ges.  Ym.  1908.  S.  16). 

4)  J.  Reketad.  Über  die  frühere  höhere  Lage  der  Kiefemgrenae  und  Sehnee- 
linie  in  Norwegen.  (Centtalbl.  f.  Mineral,  usw.  1908.  S.  469  ff.) 


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830 


Robert  Oradmsnn: 


faunislischp  ZeugnLsse  sind  vorhanden:  warrneliel)onde  Arten  waren  in  früherer 
Zeit  weiter  nordwärts  verbreitet  als  heute,  so  Mylüiis  edulis  bis  Nord-Grön- 
l&nd,  Spitzbergen,  König  Karls-Land,  Arten  im  Nordseegebiet,  Acme 

poUta  in  Sohonen,  der  Hirach  in  Dalekarlien.  Brögger  hat  die  Fanna  der 
posiglacialen  marinen  Ablagerungen  des  ■Qdlichen  Korwegens  ebenfitlls  m 
klimatischen  Bereofaniingen  benutst  und  veranschlagt  die  Jahrestemperatur 
zur  Zeit  der  Tapesbinke  in  der  Gegend  des  KristianiaQords  ungefUir  2^  C. 
höher  als  die  gegenwtxtige.  ^)  Alle  diese  Zeugnisse,  die  eine  so  weitgebende 
Übereinstimmung  aufnreisen,  beziehen  sich  ungefähr  auf  denselben  Zeitraum, 
vom  Ausgang  der  Ancylus-  bis  zum  Hübepunkt  der  Litorina-Poriode.  In 
dieselbe  Zeit  fällt  aber  auch,  nach  der  Lage  der  illtesten  Funde  von  Kultur- 
gcrüten  zu  schließen,  die  Kin Wanderung  des  ruMdit bischen  Menschen 
im  südlichen  Skandinavien;  sie  ist  gleichzeitig  mii  dem  Beginn  der  Eichen- 
periode und  mit  dem  w&rmsten  Klima  der  Postglacialzeit') 

Qewiß  hat  nun  Hansen  Recht,  wenn  er  annimmt,  daß  mit  der 
WSrmesteigerung  Hand  in  Hand  eine  größere  Ausbreitung  der  steppen^ 
▼erwandten  Origannm-Flora  auf  Kosten  des  geschlossenen  Urwalds  habe 
gehen  mfissen,  und  daß  hierdurch  die  Ansiedlttng  einer  primitiven  Be- 
Tölkerang  wesentlich  erleichtert  worden  sei.*)  Und  ebenso  wird  man 
Andersson  zustimmen  müssen,  wenn  er  die  Einwanderung  des  im  wesent- 
lichen mit  der  <  >i ii/anum-Flora  identischen  borealen  und  subborealeu 
Floreueleme  n  f  s  m  (l^r  Hauptsache  ebt-nfalls  in  diese  Periode  verlegt.*) 

Dürften  wir  dieselbe  klimatische  Entwicklung  auch  für  das  mittlere 
Europa  voraussetzen,  so  wäre  die  ganze  Frage  als  gelöst  zu  betrachten. 
Von  Toraherein  ist  es  in  hohem  Grade  wahrscheinlich,  daß  sidi  etne  so  bedeu- 
tende Wärmesdiwankung  auch  Aber  die  Qreoaen  der  skandinavischen  Halbinsel 
*  hinaus  fBhlbar  gemacht  haben  wird;  keinenfalls  kann  es  sieh  um  eine  rein 
lokale,  etwa  nur  durch  den  Einbruch  der  warmm  Gewisser  des  Golfttroms 
in  das  Ostseebedcen  verursacht«  Erscheinoi^  handeln,  denn  die  Erwärmung 
hat  schon  lange  vor  der  Zeit  des  Litorinameores  eingesetzt  und  ihren  Ein- 
fluß bis  in  den  hohen  Norden  hinauf  geltend  gemacht.  Trotzdem  wäre  es 
unzulässig,  ohne  positive  Zeugnisse  das  für  Skandinavien  gewonnene  Ergebnis 
ohne  weiteres  auf  das  mittlere  Europa  zu  übertragen. 

Solche  Zeugnisse  sind  aber  jetzt  tatsächlich  vorhanden,  freilich  nur  in 
geringer  Zahl  und  keineswegs  alle  von  durchschlageuder  Beweiskraft 
0.  A.  Weber  und  B.     Fischer-Benson*)  haben  in  den  Hochmooren  des 

1)  Rekttad  8.  473.  —  Andersaon.  Das  naoheianttliehe  Klima  von  Schwe- 
den.  S.  in. 

2)  AudersBOQ.  Gesch.  d.  Veg.  Schwedens.  S.  51-J — 15.  —  Ders.  Das  nach- 
eisieitL  Klima  von  Schweden.  S.  16.  —  Hoops.  8. 77 ff.  (hier  auch  weitere  Idtecator). 

8)  Hansen  a.  a.  0.  S.  81. 

4)  AndorBson.    Gesch.  d  Veg.  Schweden».  S.  466. 

6)  C.  A.  Weber.  Über  die  Moore  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  swischen 
Unterweeer  und  Unterelb«  Uegeeden  (Jahreeber,  der  Männer  vom  MbigenebBRi, 

Heimatbund  an  Elb-  u.  Wesennundung.  III.  l'JOO)  —  R.  v.  Fischer-Benzon.  Die 
Moore  der  Truvinz  Schleswig- Holstein  (Abb.  aus  d.  Qeb.  der  Naturwiss.  hrsg.  v. 
Katorwias.  Ver.  in  Hamburg.  XI.  Ib91.  S.  76). 


B«Bie2iQiig6ik  Bwisehan  Pflansengeograplii«  n-SiedlnngsgesohioIite.  821 

norddeutschen  Tieflands  und  der  jütischen  Halbinsel  eine  eigontüniliche  Torf- 
Bchieht  nachgewiesen,  die  sich  zwischen  dem  Sphagnum-Torf  eingeschaltet  findet 
und  auf  eine  vorübergehende  trockene  Periode  hinweist;  diese  als  Grenz- 
torf bezeichnete  Schicht  ist  ebenfalls  gleichzeitig  mit  der  Eicheufiora  und  der 
neoHthiaciim  Kultur. 

Ferner  haben  sich  ebenso  wie  in  SkancUnaTien  Holareste  im  Torf 
weit  oberhalb  der  heutigen  Verbreitungsgrenze  der  betreffenden 
Banraarten  an  sahireichen  Punkten  gefunden.  Beisidele  sind  bei  Hoope 
msammengestellt,  ebenso  bei  Früh  und  Schröter*):  auf  der  HeinriohshOhe 
am  Brocken,  in  1044  m,  wo  heute  nur  Fichten  und  Birken  wadisen,  in  einem 
Torfstich  Eichen-  uml  Kiefemstöcke  nebst  Haselnüssen,  während  heute  die 
Eichengrenze  loOO  Fuß  tiefer  liegt;  im  ErzgeT)irge  und  Ricsongcbirge  fossile 
Rest«  von  Eichen,  Rotbuchen  und  Haselsträuchern  ebenfalls  iu  Höhen  weit 
über  der  jetzigen  Grenze  dieser  Holzarten.  Die  gleiche  Er>^rheinuiig  ist  auch 
aus  den  Alpenländem  bekannt,  wo  man  jedoch  ebenso  wie  für  das  Zurück- 
gehen der  Baumgroise  in  histMiacher  Zeit  mit  dem  menschlichen  EinfluB 
als  ErUftrung  glaubt  auskommen  xn  können.  Bine  Pflanze,  die  in  den  post- 
g^adalen  Mooren  der  Schweis  nicht  selten  auftritt,  wihrend  sie  sidi  jetzt  in 
wirmere  iJnder  znrftckgesogen  hat,  ist  die  WassemuB  (Trapa  mäam),*)  Damit 
sind  aber  auch  alle  schweizerischen  Torfvorkommnisse,  die  sich  allenfalls  als 
Spuren  einer  postglacialen  Klimaänderung  deuten  ließen,  bereits  erschöpft. 

Alach  die  Flora  der  Pfahlbauten  soll  nach  deren  neuestem  Mono- 
graphen,  Neuweiler^),  keinerlei  Anhaltspunkte  <]at'iu-  ergeben.  Auffallend  ist 
aber  doch,  daß  in  den  Pfahlbauteu  des  .Steinhäuser  Rieds,  das  jetzt  ganz  in 
einem  Nadelholzgebiet  liegt,  ausschließlich  Reste  der  wUnnebedürftigeren 
Laubhölzer  gefunden  worden  sind;^)  das  gleiche  gilt  von  einzelneu  Pfahl- 
banten  des  Bodenseegebiets.  Femw  wird  ron  Nenweiler  selbst  auAer  der 
bereits  erwihnten  Trapa  natam  eine  der  8üme  Oreüea  nahestehende,  jetzt  in 
der  Sdiweiz  nicht  mehr  lebende  ^Sifeiie-Art  erwihnt*),  deren  Verwandte  den 
MittelmeerlSndem  angehören,  und  endlich  als  wildwachsende  Pflanzen  die 
Walnuß  und  die  Pflaume,  die  beide  nördlich  der  A^en  nur  noch  gepflanzt 
oder  Torübergehend  verwildert  vorkommen. 

Ähnlich  liegt  die  Sache  bei  der  Fauna  der  älteren  Pfahlbauten  und 
der  neolithischen  Kulturperiode  überhaupt.  Im  Vergleich  mit  den  älteren 
Quartärfaunen  trügt  sie  freilieb  einen  ausgesitroehenen  Waidcharakter,  und 
dies  pflegt  stark  betont  zu  werden.    Und  doch  gehört  das  Wildpferd,  das  iu 

1)  Hoope  a.  a.  0.  S.  68ff.  —  Frflh  u.  Schröter  a.  a.  0.  S.  382.  Vgl.  auch 
Anton  Kerner,  Pflanzenleben  der  Donanländer,  1863,  S.  83.  —  Brviektier,  Klima- 
8cb wankungen  (Geogr.  Abh.  IV.  1890).  —  Dere.,  Die  Rchweizerische  Landschaft  einst 
und  jetzt,  1899.  —  Chodat,  Bemarqnei  do  g^ogr.  bot.  relative«  ans  plantee  r^l- 
t^es  dans  les  valle'es  de  Bagnes  etc.  (Bull.  Soc.  bot.  de  France.  XXXXVEI.  1904. 
p.  CCLXXIX.)  —  M.  Jeroich,  Geichiohte  und  Herkunft  der  ichweiserischea  Alpen- 
flora, 1903,  S.  60  ff. 

9)  Früh  n.  Schröter  a.  a.  0.  S.  882.        8}  E.  Neuweiler  a.  a.  0. 

4)  Frank  in  dem  Werk:  Das  Königreich  Wflrtkembeig.  Eine  Beschreibung 
fon  Land,  Volk  u.  Staat.    Ilrsg.  v.  d.  k.  statist.-topogr.  Bozeau.  1.  1S9S.  S.  118. 

6)  Heer  hatte  sie  als  Silene  Cretica  bestimmt. 
QcognphiMb«  StiMateUt  lt.  J^rgtng.  IMt,  t.  Btfk  M 


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322 


Robert  GradmBan: 


den  älteren  Pfalilhaiiton  norli  auftritt  und  auch  in  den  neolithisehen  Schichten 
vom  Schwei/trshild  und  von  mehreren  Fundstätten  am  Mittclrhein nach- 
gewiesen ist,  keineswegs  der  VValdfauna  an,  ebensowenig  der  gleichfalls  dort 
▼dkommende  Hamster  oder  der  Feldhase.  Wenn  man  nicht  annehmen  will, 
daß  diese  Steppentiere  (im  weiteren  8inn)  erst  mit  dem  neolithiaehen  Ifen- 
sdien  eingewandert  sind  und  sieh  aof  dem  Ton  ihm  gesehaffsnen  Bodland 
festgesetzt  hahen,  was  aus  naheliegenden  Gründen  nnwahrscheinliofa  ist,  so 
muß,  um  ihr  Dasein  verständlich  za  madien,  ein  weit  größeres  Areal  natflr- 
lieh  waldfireien  Lands  im  mittleren  Europa  voransgesetat  werden,  als  unter 
einem  Klima  wie  dem  henticfen  denkbar  ist. 

Schlieülicli  kommt  für  unsere  Fra;jt'  noch  der  pos<  l'I :iciale  Löß  in 
Betracht,  der  von  Früh  im  8t.  Cialler  Rlieintal,  bei  Amlfllingen  im  Kanton 
Zünoh  und  im  Wallis,  ferner  bei  Innsbruck  und  neuerdiriLfs  auch  bei  Turin 
nachgewiesen  ist')  und  als  äoliscbe  Bildung  anerkanntermaßen  ein  trockenes 
Klima  yoraassetst  Es  g^t  nicht  an,  wie  noch  Schröter^  es  wollte,  diese 
Löfibildung  mit  der  sp&tglacialen  Stqypenfkima  Tom  Schweisersbild  sdüidi  na 
yerknflpfen;  vielmehr  handelt  es  sich  um  eine  postglaciale  Bildung,  die  dem 
letzten  Bfickzugsstadinm  der  großen  Qletscher  wst  nachgefolgt  ist 

Mit  alledem  ist,  ich  wiederhole  es,  ein  zwingender  £eweis  daför,  daß 
die  postglaciale  trockenwarme  Periode  als  eine  über  das  ganze  mittlere  und 
nördliche  Europa  verbreitete  klimatische  Phase  zu  betrachten  ist,  noch  nicht 
erbracht.  Aber  Indicien  sind  doch  vorbanden.  Eine  strenge  (ileichzeitigkeit 
aller  an/jedeutetcii  Frsi-lieinmi^fn  liltJt  sicli  noch  weniger  erweisen  und  ist 
auch  kaum  au/.unc'hmen ;  darauf  kommt  es  in  diesem  Zusammenhang  aber 
auch  nicht  an.  Jede  nicht  ganz  nnorhebliche,  um  die  Zeit  der  neolitbischen 
Koltnr  auftretende  Xltmaftnderung,  die  im  Vergleich  mit  der  Gegenwart  yer- 
mehrte  Trockenheit  herheifOhren  mnßte,  genügt  der  ycm  uns  angestellten 
Behauptwm,  gleichvid  ob  sie  an  yerschiedenen  Orten  gleichseitig  oder  ungleich* 
zeitig,  ob  sie  an  ein  und  demselben  Orte  nur  einmal  oder  sehliefilidi  auch 
wiederholt  angetreten  ist,  ob  sie  \nn  ktbzerer  oder  ton  lingerer  Dauer  war. 

Nur  die  eine  Folge  muß  noci»  hervorgehoben  werden:  wenn  eine  im 
strengen  Siune  jiostglaciale,  mit  der  neolithischen  Periode  wenigstens  teil- 
weise zusammenfallende,  trocken  warme  Periode  angenommen  wird,  dann  ist 
sie  es  gewesen,  die  den  zalilreichen  ptlanzlicben  und  tierischen  Relicten  von 
xerothermcm  Charakter  endgültig  ihre  heutigen  Plätze  angewiesen  hat,  mögen 
auch  vorausgegangene  Ferioden  Shalidien  Ghanhtera  noch  so  viel  ni  deren 

1)  0.  Schotensack.  Untemichung  von  Tierresten  aus  dem  Gräberfelde  der 
jüngeren  St<?inzeit  bei  Worms  usw..  (Verh.  d.  natnrhist.-med.  Ver.  Heidelberg.  N.  F. 
VL  1498.)  —  Der 8.  beitrage  zur  Kenntnis  der  neolithiBchen  Fauna  Mittel-Europa«. 
(Ebda.  Xn.  1904.)  —  0.  Mehlis.  Zur  Fauna  in  der  neolithisohen  Ansiedlnng  Wall- 

bfthL  (Globus.  88.  1006.  S.  328.) 

2)  J.  Früh.    Der  postglaciale  Löß  im  St.  Galler  Rheintal.  (Vierteljahrflschr. 
d.  Natorf.  Ges.  Zürich.  XXXXIV.  1899.  S.  157.)  —  Ders.  Über  postglacialen,  intra- 
moribiiiehen  LM  (L5ßo8and)  im  sehweiaerisehen  Rhonetal.  (Ed.  geol.  Helv.  YL 
1899  —  1900.  S.  47.)  —  Penck  u.  Brückner  a.  a.  0.  S.  361.  440.  687.  768. 
Brückner  Die  Eiszeiten  in  den  Alpen.  (0.  Z.  1904.  S.  569.  678.  677.) 

3;  a.  a.  O.  S.  356  ff. 


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Besiehungen  iwiteheiiPflaiisengeograpliie  «.Siedlungsgesebiehte.  328 

eigentümlicher  Verbreitung  beigetragen  haben.  Mit  ihr  und  nicht  mehr  mit 
der  spStglacialen  Steppenzoit,  der  wir  die  jüngste  fossile  Steppenfauna  (im 
engeri^n  Sinn)  in  Mittpl-Europa  verdanken,  ist  dann  die  von  den  Pflaozen- 
und  Tiergeograpben  behauptete  xerotherme  Periode  gleichzusetzen.^) 

6.  Dar  Mltliidie  Vnlftiif  dor  SMigniaMb 

Er  wäre  demnach  in  den  Grundzügen  etwa  so  zu  denken.  Während 
der  spatgladalen  BAekziigsperiode,  die  dem  Maximum  der  letzten  Vergletsche- 
rung gefolgt  ist  und  denn  Fhasen  durch  die  Peneksolieii  Beseidmiiiigem 
Acbenschwaiikaiig,  BUhlstadinm,  Oschniti-  und  Daimstadinm  angedeutet  wer- 
den, und  swar  im  ersten  Abedinitt  dieser  Periode,  ist  ein  ansgeprigtes 
Steppeuklima  eingetreten.  Dies  wird  wenigstens  filr  das  Alpengebiet  dureh 
die  Fände  in  den  Höhlen  der  Umgebung'  von  Schaffhansen  ganz  sicher  er- 
wiesen; wahrscheinlich  gehören  aber  auch  die  Steppenfaunen  auf  deutschem 
Boden,  die  im  allgemeinen  jetzt  als  interglacial  aiitresehen  werden,  zum  Teil 
erst  dieser  Periode  un.  Das  Klima  dieser  Steppenpliase  darf  nicht  als  trocken- 
warm angenommen  werden,  wie  dies  im  Hinblick  auf  die  heutige  geogra- 
phische Verbreitung  der  Steppengebiete  nabeliegt  und  wie  es  angenommen 
werden  mflßte,  Mls  man  dunit  die  laUreichen  zerothermen  Beliete  in  Zu- 
sammenliang  bringen  wollte.  Das  gleichzeitige  Vwkommen  Ton  arktisehen 
Tieren  neben  der  8teppen&nna  vom  Schweiaerabild  xwingt  vielmehr  sa  dem 
8chln0,  daB  das  Elima  zwar  trookener,  aber  zugleich  kUter  war  als  in  der 
Gegenwart  nnd  demnach  etwa  dem  heutigen  Klima  in  den  nordöstlichsten 
Steppengegenden  des  europ&ischen  Kußlands  entsprochen  haben  muß.^)  Daß 
gleichzeitig  eine  weniger  empfindliche  Steppenflora,  darunter  namentlich 
manche  von  den  Arten,  die  wir  noch  heule  in  verhüllnismilßig  rauhem 
Klima,  z.  B.  im  Jiu-a  und  in  den  Kalkalpeu  bis  über  loOO  m  hinauf  gedeihen 
sehen,  eine  weite  Ausbreitung  gefunden  hat,  ist  wohl  mit  Sicherheit  anzimeh- 
men,  wenn  uns  auch  keine  Beste  davon  in  fossilem  Zustand  aufbehalten 
sind.  Eine  paltoHthiMihe  BevOlkorung  Tom  MagdaUnien-Tjpus  lebte  damab 
mit  dem  Mammut,  Wildpferd  und  Ben  zosammen  auf  der  N<ndseite  der  Alpen. 

Gegen  den  SchloB  der  spfttglactalen  Zeit,  unmittelbar  tot  dem  Daun- 
Stadium,  ist  dann,  mindestens  lokal,  eine  starke  Erwärmung  eingetreten,  deren 
Wirkung  zunächst  in  einer  Hinaufrückung  der  Vegetationsgrenzen  in  den 
Sfid-AIpen  erkennbar  ist.  Auf  welcher  Kulturstufe  sich  die  gleichzeitige  Be- 

1)  Auf  diese  Möglichkeit  hat  schon  Brückner  (Die  Alpen  im  Eiszeitalter, 
lief.  6,  1904,  8.  6B1)  hingewieeen;  ,,Aui  venchiedenen  Anzeichen  hat  man,  so 

besonders  fQr  das  "Wallis,  auf  die  Existenz  einer  trockenwarmea  Periode  In  der 
jfinpsten  geologischen  Vergangenheit  geschlossen.  So  deutete  J.  Frflh  das  von  ihm 
beobachtete  Auttreten  von  Lüß  im  Bhonetal.  Da  dieser  Löß  u.  a.  von  Früh  auch 
bd  Naten  gefbnden  wurde,  also  auf  dem  vom  Aletich^etscher  wfthieDd  des  Daun- 
Stadiums  bedeckten  Gebiet,  so  ist  er,  wenn  er  überhaupt  al»  einheitliche  Bildung 
betrachtet  -wenlen  darf,  und  ebenso  die  Trockenperiode,  in  der  er  entstand,  jünger 
als  das  Daunätadium.  ...  Ob  in  dieselbe  Zeit,  also  nach  dem  Daunstadium,  die 
von  meufVp*  Fflaoaen-  und  Tietgeogcaphen  aofenommene  poetgladale  zevolher- 
mische  Periode  zu  setzen  igt,  sei  dslungestsiUt." 
8)  Ebda.  Lief.  4,  1902,  8.  4nff. 

22* 


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824 


Robert  Or»dmaan: 


völkcrunjf  Mitt»'I-Euioitas  befand,  ob  sie  sich  erst  dem  Schluß  äi-r  paläoli- 
thiscbcn  Entwickhiiii:  uribt-rte  oder  ob  damals  schon  das  ueolitiiisclie  Element 
seinen  Einzug  hielt.  wisstMi  wir  vorläufig  nicht. 

Sicher  ist  aber,  daü  aut  die  vorübergehende  ErwäriiiuDg  6Ui  abemaliger 
Gletschenrontoß  (das  Datuistadium)  gefolgt  ist,  und  Mißerd«m  ist  ffir  die 
dem  letzten  Yontoß  naebfolgende,  die  eigentlich  postc^adale  Zeit  auf  große 
Stiednn  und  nn  caUreiehen  einseinen  Punkten  vom  Sftdabluuig  der  Alpen 
Ins  in  die  Arktis  hinein  der  Eintritt  teils  eines  troekenersa  teils  .eines 
wtnneren  Klimas  bestimmt  nachgewiesen.  Wie  weit  die  einzelnen  Bdege 
unter  sich  gleichzeitig  sind,  Iftßt  sich  noch  nicht  ausreichend  feststellen;  Yor- 
ISufig  muß  es  genügen,  zu  wissen,  daß  sie  zum  Teil  streng  nachweisbar,  zum 
Teil  mit  höchster  Wahrscheinlichkeit  mit  der  neolithischen  Kultur  zeitlich  ver- 
knüpft sind.  ^fan  braucht  dalur,  um  sich  die  Siedlungsverbiiltnisse  der 
neolithischen  Z''it  verstlindlich  zu  machen,  nicht  mehr  emo  Nachwirkung  des 
früheren  Steppcnklimas  anzunehmen,  kann  sich  vielmehr  Torstelleu,  daß  dessen 
Folgen  durch  ein  sunSchst,  mSglicherweise  sogar  wiederholt  eingetretenes 
regenreicheres  Klima  bis  auf  einxelne  Belicte  gbulieh  ausgelöscht  worden  iiiid, 
daß  auf  die  Steppenperiode  eine  ausg^prSgte  Wftlderperiode  gefolgt  ist  und 
den  Falftolithiker  aus  dem  mittleren  Europa  ToUstBndig  yerdriLngt  hat 
Damit  wire  das  Aussterben  der  typischen  Steppenfauna  und  zugleich  der  so- 
gen. Hiatus  zwischen  palttoUthischen  und  neolithischen  Kulturschichten  befirie- 
digend  erklärt.^) 


1)  Dieser  AoBatz  entspricht  genau  einer  Hypothese,  die  von  Ifuie  Jeroscb 
(a.  a.  0.  S.  66)  auBgesproehen  weiden  ist:  „Der  SteppenpaUoIitidker,  dessen  Spuren 

die  gelbe  Kultnnchicht  uns  überliefert  hat,  zog  sich  vor  der  in  Folge  des  feuchter 
wenletulcn  Klimas  überhand  nehmenden  Bewaldung  zunick.  Mit  seinen  priuiitiven 
Werkzeugen  konnte  er  deo  immer  dichter  werdenden  W^aldea  und  der  von  ihm  be- 
herbergten Tiere  nicht  mehr  Herr  werden,  wie  in  den  leicht  (Ibenehbaren  Steppen; 
für  Bein  Hauptuähr-  und  Haustier,  das  Rentier,  wurden  die  Lebonsbcdingringen  immer 
schwierigere,  schließlich  ganz  unmötrliche  Der  .Mensch  mußte  weichen,  nicht  nur  in 
der  Schweiz,  sondern  im  ganzen  palüohihitich  schon  bewohnten  Europa,  denn  überall 
dort  IBßt  eidi  der  Hiatus  wahrnehmen. . .  .  Erst  als  eich  die  WUder  —  vielleicht  «ine 

Folge  des  abermals  kontinentaler  werdenden  KHmns?  —  etwas  mehr  lichteten  und 
der  Mensch,  der  tiich  im  Osten  unter  Ihm  günstigeren  Bedingungen  weiter  entwickelt 
hatte,  nun  mit  besseren  Werkzeugen  des  Waldes  and  seiner  Bewohner  sich  erwehren 
and  sie  sich  dienstbar  machen  konnte,  kehrte  er  wieder  an  seine  früheren  Wohn* 
pliitze  zurück."  Auf  die  Annahme  einer  fenchtkalten  Periode,  die  der  Würm- 
eiszeit  und  der  unmittelbar  darauf  folgenden  äteppenperiode  vom  Schweizersbiid  erst 
nachgefolgt  sein  kann,  führt  neben  gewissen,  nicht  wohl  in  Kllne  su  ertetemden 
pflanzengeographisehen  Gründen  auch  folgende  Überlegung:  Zahhraiflhe  Be- 
obachtungen, die  von  Wilh.  Götz  (Hiatorische  rJoographie,  1904,  S.  4fF.,  73,  119, 
127,  196,  226  n.  284)  zusammengestellt  worden  sind,  sprechen  für  eine  nieder- 
schlagtreiche  Periode,  die  wfthrend  der  jüngsten  geologischen  Vergangenheit  ein- 
getreten sein  muß.  Auch  von  den  GlaciaipHanzen,  die  teils  fossil  gefunden  worden 
sind,  teils  noch  heute  als  Reliete  im  'iiefland  leben,  können  manche  Art^n, 
besonders  HochmoorpÜanzen,  schlechterdings  nur  w&hrend  einer  ausgesprochen 
feuchten  Periode  eingewandert  sein.  Solange  man  flbenengt  war,  daß  dJM  Tor- 
rücken der  Gletscher  während  der  letzten  Eiszeit  (Würmeiszeit)  ebenso  dnrdi  eine 
Zunahme  der  Xiederschlilge  wie  durch  die  WärmeaV>nahme  bedingt  gewesen  sei, 
war  es  das  Nächstliegende,  die  genannten  £r8cheiuuugen  auf  die  Würmeiszeit 


I 

^  .d  by  Googltj 


BetieliiiBgdB  Bwitch^n  PflanieBgeographie  n.  Siedlnngigeiehieht«.  825 

Der  erneute  Eintritt  eines  trockeneren  und  jetzt  zugleich  vviirmeren 
Klimas,  wenn  auch  keineswegs  eines  ausgeprägten  Steppenklimas,  in  post- 
glacialer  Zeit  genügt  vollständig,  um  sich  eine  erneute  Ausbreitung  der  licht- 
liebanden,  st^ppeaaiügen  Vegatatum  auf  den  nieder  größer  werdenden  Wald- 
Ifldran,  das  EindKingen  einer  wSrmeliebenden  Flora  und  zugleich  die  Yer* 
breitnng  Ton  Steppmtieren  (im  weiteren  Sinn)  wie  ^Idpferd,  Hamster  tmd 
Feldhase,  aber  auch  die  Einwandenmg  und  Festsetsong  dbr  neolitiiischen  Be- 
völkerung auf  den  natttrlichen  Waldlichtungen,  wie  in  SkandinaTien,  so  auch 
im  mittleren  Europa,  verständlich  zu  machen. 

Mit  dem  allmähliclitn  Eintritt  des  lieutigen  viel  ausgesprocheneren 
Waldklimas  mußten  sich  dann  die  Lücken  <rr<ißtetiteils  wieder  schließen,  doch 
nicht  so  vollkommen,  daß  nicht  an  besonders  goeigueton  Stellen  Reste  der 
Steppenflora  und  Steppenfauna,  wie  wir  sie  beute  noch  beobachten,  erhalten 
bleiben  konnten.  Soweit  die  Lücken  vom  Menschen  und  dessen  Kulturüächen 
besetst  worden  waren,  blieben  sie  annlhemd  YoUsiAndig  erhalten  und  wordra 
stellenweise  ohne  Zweifel  auch  noch  etwas  erweitwt;  «ne  großartige  Sr- 
weitemng  Ton  geographischer  'V^kong,  bis  tief  in  die  alten  Urwaldgebiete 
hinein,  hat  aber  erst  mit  dem  Eindringen  der  rQmischen  Herrschaft  begonnen 
und  erst  im  späteren  Mittelalter  ihren  Abschloß  erreicht. 

Das  Problem,  von  dem  wir  ausgegangen  sind,  die  Frage  nach  dem 
Causalzusammenhang,  der  den  so  auffallenden  Beziehungen  zwiseben  Pflanzen- 
geograpbie  und  Siedlungsgescbicbte  zu  Grunde  liegt,  erscheint  damit  als 
gelöst.  Aber  der  vorläufige  Charakter  dieser  Lösung  muß  ausdrücklich  her- 
vorgehoben werden.  Die  dargelegte  Auffassung  dürfte  beim  gegenwärtigen 
Stand  unserer  Kenntnisse  die  natürlichste  sein  und  ruht  jetzt  immerhin  auf 
so  breiter  Grundlage,  daß  siish  im  Kernpunkt  sohwerlieh  mehr  etwas  ftndem 
durfte.  Allein  daß  das  Bild  im  einseinen  nodi  manche  Umgestaltung  er- 
fiüiren,  daß  es  rieh  spftter  wohl  noch  etwas  verwickelter  darstellen  wird,  ist 
bei  dem  lebhaften  Fluß,  in  dem  sich  erfreulicherweise  die  Erforschung  der 
jüngsten  geologisdien  Vergangenheit  gegenwtrtig  befindet,  hat  mit  Sicher- 
heit an  erwarten. 


eelbst  zu  beziehen.  Heute  geht  das  nidit  mehr.  Wir  wissen  jetzt,  daß  die  Yer- 
gletacfaenmg  der  Wflnnelasrit  noch  während  der  interglacialen  LOßbüdung,  also 
unter  der  Hemchaft  eines  kontinentalen  Klimas,  begonnen  hat,  daß  die  Schnee- 
mengen im  Fimgebiet  der  Piltivialgletscher  nicht  größer  gewesen  sind  als  heute, 
daß  ein  Teil  der  Steppeuiauua  die  ganze  letzte  Eiszeit  auf  mitteleuropäischem 
Boden  überdanett  hat  ^enek,  Die  al^plaen  B&neitbildnngeB  und  der  prSh^torisehe 
Mensch,  Archiv  für  Anthropol.  XXIX.  190.3.  S  8.  —  Peru  k  u.  Brückner  a.  n.  0. 
S  71. 3  ff  ).  Die  feuchtkalte  Periode  kann  deshalb  mit  der  VVürmeiszeit  ui(  ht  iden- 
tisch, sie  muß  ihr  und  der  Steppenfauna  vom  Schweizersbild  erst  nacbgefolgt  sein 
und  deckt  sieh  wahrscheinlieh  mit  einem  der  spftteren  Bflekxugistadien. 


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826  i>.  Karchhoff: 

Alfe  ind  neu  HamlelssfnfleB  ud  Haidelnüttelpukte 

in  Nordest-AfHka. 

Vou  D.  KUrohholll 

(Schluß.) 

Auiier  auf  den  bisher  angegebenen  Straßen  nach  <k'm  Nil  l)ewegte  sich 
der  Ilandt'l  difsni-  Länder  aucli  direkt  nach  Nonlen  und  zwar  in  iT-ster  Linie 
nach  Tripolitanicn.  Dieses  Gebiet  bot  die  günstigsten  Ik'dingungeu  für  ein  Ein- 
dringen in  das  Herz  des  schwarzen  Erdteiles,  denn  die  Städte  Tripolis  und 
Bengan  liegen  250  engUsdie  Mtileii  d«m  Sadangelneti  aMihw  als  Algier, 
Qnn,  Fbillipeville,  Tonis.  Beide  Orte  beeitsen  von  Natur  gute  Elfen,  denen 
aber  In  keiner  Weise  kflnstlieh  nachgeholfen  worden  ist')  Bengasi  war  be- 
reits 1856  eine  Stadt  von  10000  Einwoiuwn  mit  lebhaftem  Handel  ins 
Innere,  der  diesen  Ort  für  die  östliche  Sahara  sehr  bald  wicbtigW  werden 
ließ  als  Tripolis.  Ein  besonderer  Artikel  dieses  Handels  waren  Sklaven, 
imd  noch  Ende  der  achtziger  Juhre,  nachdem  durch  die  Bestrohungen  der 
Senussi  der  Sklavenhandel  einen  neuen  Aufschwung  genommen  liatte,*)  sollen 
innerhalb  4  Jahren  21000  Sklaven  alb  iii  in  Bengasi  verkauft  worden  sein.') 
Ein  anderer  wichtiger  Handelsartikel  war  Elfenbein,  von  dem  im  Jahre  lö85 
5000  kg  auf  den  Markt  kamen.  Dieser  Handel  nahm  in  der  sweiten  Hftlfte 
der  siebsiger  und  in  Beginn  der ,  achtziger  Jahre  einen  nicht  unbedentenden 
Anftdiwung,  da  ihm,  wie  schon  gesagt,  au  dieser  Zeit  ein  groBer  Teil  des 
Kanwanenverkehrs  mit  Wadai  snfiei  Dnrcfa  die  verschiedenen  Kämpfe  in 
Zentral- Afrika  flaute  der  Handel  Bengasis  in  den  neunziger  Jahren  immer 
mehr  ab,  um  sich  erst  nach  Wiederherstellung  der  Ruhe  zu  heben. 

Die  Handelsbewegung  vollzog  sich  auf  der  Straße  über  Audschila — Kufra 
direkt  nach  Süden:  diese  war  und  ist  die  einziire  nennenswerte  Handelsstraße, 
denn  die  beiden  nach  Osten  führenden  Wege,  durch  die  Bengasi  direkt  mit 
Äu'^-pten  in  Verbindung  stand,  wurden  wenig  begangen.  Der  eine  nördliche 
fülu'iü  über  üreneh  nach  Aiexaudrieu,  der  andere  zur  Oase  Siwah  und  er- 
reichte von  hier  mit  einem  zummtt  Ton  ^ton  nach  Mekka  neheoden  Pilgern 
benutzten  Zweige  Qizeh,  mit  dem  anderen  Esncih— Assuan*)  und  dann  die 
große  Karawanenstraße  Darfiir — Sint  bei  Charge. 

Kehren  wir  au  der  ^buiptstiaße  von  Bengasi  zum  Sftden  rarfiok,  ao  war 
Audschila  mit  seinen  3000  Einwohnern  von  besonderer  Bedeutung,  weil  hier 
auch  eine  vielbegangcne  Straße  von  Tripolis  über  Sokna  und  die  wenigor 
frequentierte  von  Kairo  über  die  Siwali-Oasen  und  endlich  ein  Weg  von 
Mursuk,  der  Hauptstadt  von  Fessan,  mündeten.  Als  Fortsetzung  nach  Süden 
dient  eine  ül>er  Kut'ra  nach  Abeschr  führende  Straße.  Kufra  ist  die  zweit- 
größte Ousengruppe  der  Sahara;  sie  hat  sehr  gutes  Wasser,  ist  aber  ab- 
gtibeheu  von  ihrer  Wichtigkeil  als  Kastpuukt  ohne  alle  Bedeutung. 

Dar  Schwerpunkt  das  Handels  von  Tripolis  (mit  10000  Einwohnern) 
lag  znnSchst  im  Verkehr  mit  den  Lindem  westlich  des  Tsad  und  erst  im 

1)  Export.  läÖ6.  ä.  3d.  ä)  Österreich.  Monatsschx.  f.  d.  Orient  1881.  S.  140. 
8)  D.  B.  f.  Geogr.  u.  Stat.  1890.  8. 88.        4)  Fireka  Ägypten.  Band  L 


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Handelattraften  und  H»iidel«mittelpankte  in  Nordoat-Afrika.  827 


19.  Jahrhundert  begann  alhniiiilich  eine  Handelsbewopunj?  mit  Bagirrai, 
Wadai  u.  a.^)  Direkt  verkehrten  die  tripolitanischen  Kaufleute  mit  jenen 
Gegenden  Ubexfaanpt  erst  seit  dem  Anfang  der  siebsiger  Jahre,  bis  dahin  lag 
der  ganse  Handel  mit  Ohat,  Kano,  Eanem,  Borna,  Baginoi,  Wadai  in  den 
H&nden  der  Kanfleute  von  Ohadames,  weldie  in  jenen  Gegenden  Handels- 
agenten hatten.*) 

Ghadames  (mit  7000  Einw<Anem)  war  und  ist  als  >[arktpl;itz  nur  von 
geringer  Bedeutung,  um  80  gröfier  ist  aber  seine  Wichtigkeit  im  Transit- 
handel'), der  sich  allein  in  den  von  Süden  nach  Norden  kommenden  Waren 
auf  3ÖOO00  kg  belaufen  haben  soll.  Diese  Bedeutung  erscheint  sofoi-t 
selbstverstfindlich,  wenn  man  die  Lage  des  Ortes  an  der  dreifachen  Grenze 
von  Tripolilanien ,  Algerien  und  den  Tuarekländeni  berücksichtigt.*)  Gha- 
dames bildet  den  Ausgangspunkt  von  sieben  wichtigen  Karawanenstraßen,  von 
denen  fttr  die  Yorliegende  Arbeit  nnr  die  nadi  Ghat  und  Munnik  Interesse  haben. 
Biese  drei  Orte,  Ghadames,  Ghat  und  Mmnnk,  behaupteten  im  vorigen  Jahr- 
hnndert  den  ganien  a&ikamschen  Handel,  dw  Aber  die  mittlere  Sahara  ging. 
Bie  waren  die  Stützpunkte  der  gesamten  Handelsströmung,  die  ttdi  T<m 
zentralen  Sudan  nach  der  Küste  des  mittelländischen  Meeres  bewegte  imd 
als  Zielpunkte  Tunis,  Gabes,  Tripolis,  Bengasi  und  Kairo  hatte. 

Ghat,  eine  Stadt  von  etwa  1000  Einwohnern,  ist  für  den  Transithandel 
von  großer  Bedeutung,  weil  hier  der  eigentliche  Vereinigungspunkt  derjenigen 
Karawanen  ist,  die  durch  die  Wüste  nach  Timbuktu,  Boriiu,  Baginni  usw. 
ziehen.  Es  steht  ferner  nach  Westen  in  Verbindung  mit  Tunis,  Algerien, 
Marokko,  nadli  Osten  mit  Bengasi  und  Mursuk.'^) 

Letzteres  (mit  6000  Einwohnern)  ist  trete  seiner  nngflnstigen  Lage  in 
sehr  trockener  Umgebung  von  großer  kommerzieller  Bedeutung  als  Knoten- 
punkt sahlreioher  WllstenstraAen.  Von  Oktober  bis  Februar  findet  hier  der 
große  Markt  fiir  die  versdiiedenen  Karawanen  stett,  die  Yon  Kairo,  Bengasi, 
Itipolis,  Ghadames,  Bomu  usw.  ankommen. 

Aus  dem  Vorstehenden  ergibt  sich,  daß  im  vorigen  Jahrhundert  eine 
ganze  Anzahl  Karawanenstraßen  von  Tripolitanien  aus  nach  dem  Süden 
führten.  Ausgangspunkt  aller  war  zunächst  die  Stadt  Tripolis.  Von  Osten 
beginnend  ist  des  Weges  über  Sokna  nach  Audschila  schon  Erwähnung  ge- 
tan. Diese  Verbindung  erfreute  sich  einer  ziemlich  erheblichen  Frequenz, 
denn  sie  bildete  in  ihrem  ersten  Absdhnitt  bis  Sokna  einen  Teil  der  vid- 
begangenen  Post-  und  Earawanenstrafie  naeh  Mursuk.  Diese  wurde  Tor  dem 
direikten  Weg  bsf7<nnnigt,  weil  an  ihr  Wasser  in  genflgender  Menge,  sowie 
«ne  größere  Zahl  Stationen  vorhanden  war,  vriArend  Ton  der  direkten  Steaße 
Tripolis — ^Mursuk  der  vollständige  Mangel  an  Dörfern,  sowie  eine  wasserlose 
Strecke  von  sieben  Tagen  abschre(  kten.  Eine  vielbegangene  Verbindung, 
welche  wenig  mehr  als  die  Hälfte  derjenigen  über  Sokna  nach  Mursuk  be- 
trug, führte  von  Tripolis  nach  (ihadames,  wo  noch  Straßen  von  Tunis  und 
Algerien  einmündeten,  um  sit  h  nach  Timbuktu,  Kano,  Ghat,  Mursuk  zu  ver- 

1)  Handeläarchiv.  1R82  II  Teil  S.  469.         2)  Ebda.  1899.  II.  TeiL  S.  180. 
8)  Osterr.  Mouatoschr.  f.  d.  Or.  1881.  S.  146.         4)  Ebda. 
6)  Test».  Notiee  «tetistiqne  de  Trip<dis.  S.  6. 


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328 


D.  Kflrchhoff: 


zweigen.  Von  letzterem  Ort  vollzog  sich  der  Verkehr  nach  den  östlich  des 
Tttd  gelegenen  Lindink  dtdnnk,  dn0  da*  aaeii  Knfim  flUifeiidA  fltnfie  di» 
wichtige  Verinndnng  Bengad — Aheidir  «michte.  Von  Ghat  mb  bestand  eine 
Verbindung  mit  der  Oase  Agaden,  wo  eine  Gabelung  statt&ad;  die  eine  Port» 
setmng  fAbrte  naeh  Kuka,  die  andere  in  slldfletlieher  Biobtong  nandi  Xaaeni, 
Bagirmi  und  Wadai,  femer  führte  von  Belgaschifari  eine  Eirawanenstraße  in 
östlicher  Richtung  nach  Borku  und  in  die  Ton  der  Karawanenlinie  swisehmi 
Audschilah  und  Wadai  berührten  Gebiote. 

Der  sich  auf  difst-n  verschicdonen  Stralion  vollzieheude  Handel  blieb 
von  den  sich  seit  Mitto  der  achtziger  Jahre  im  Innern  Afrikas  abspielenden 
Kämpfen  nicht  unl)eeintiuüt.  Nach  der  Eroberung  von  Tinibuktu  zoj^en  sich 
die  räuberischen  Stämme  der  West-Sahara  nach  Osten.  Tuarekstämme  tauchten 
in  der  Umgegend  von  Gbat  auf,  pliUiderten  ganae  Karawanen  und  mariitwi 
alle  Sudanstrafien  dmeh  ÜbexfiUe  vnsidier.  Die  Eanfleate  ließen  steh  da- 
dnrcb  abhalten  ibre  Warm  im  Innere  ra  sefaicken.  Daia  kam,  daß  sieb 
der  BklaTenbandel  immer  sdiwieriger  gestaltete,  dafi  die  Stranßenfedem  in 
Europa  nicht  mehr  so  begehrt  waren  \vie  früher,  daß  sich  die  Konkurrenz 
der  aus  Süd-Afrika  stammenden  Straußenfedern  immer  fühlbarer  machte  n.  a.^) 
Diese  VerbUltnisse  hatten  zur  Folge,  daß  es  sich  nicht  mehr  lohnte  Kara- 
wanen nach  dem  Süden  zu  schicken.  Einen  schweren  Schla;:,'  endlich  erhielt 
der  tripolitanische  Handel,  als  in  der  ersten  Hälfte  der  neunziger  Jahre 
Rabeh  das  Keich  Bornu  dem  Handel  nach  Norden  schloß.  Konnte  zwar  zu- 
nächst in  dem  sich  kommerziell  immer  mehr  entwickelnden  Wadai  eine  £nt- 
sflldldigung  gefunden  werden,  so  ließen  doeh  die  in  der  Ifitte  des  Jahrsefants  ein- 
setunden  Tfaronstreitigkdten  in  diesem  Land  eine  Entwickelnng  des  Veikehrs 
znnlcfast  anflsicbtslos  «rsobeinen. 

Inswiscben  waren  die  arabisehen  Elfenbeinblndler  tmd  Sklavenhändler 
immer  weiter  nach  Süden  vorgedrungen,  sie  batten  sieh  in  Dar  Fertit,  Dar 
Runga  und  Dar  Banda  festgesetzt  und  von  hier  aus,  teilweise  die  Täler 
des  Kwango  und  des  Kerne  benutzend,  den  Ubangi  erreicht.*)  Wir  sehen 
somit,  daß  am  Ende  des  vorigen  .Jahrhunderts  der  Handel  des  größten  Teiles 
von  Nordost-Afrika  bis  fast  zum  Aijuator  hinal)  von  den  Küsten  des  mittel- 
ländischen Meeres  aus  beherrscht  wurde  und  daß  sich  der  Verkehr  ohne 
Bücksicht  auf  billigere  und  bequemere  V^rbindangen  auf  langen  und  häufig 
nur  unter  großen  Sobwierigkmten  benutsbaren  Straßen  vollzog,  la  Folge 
davon  waren  die  Unkosten  der  Kanflente  stets  anßerordenüioii  bocb,  und 
daher  wurden  nur  bobe  Gewinne  abweifende  Handelsgegeostftnde  in  den  Ver* 
kehr  gebracht.  Sklaven,  Elfenbein,  Straußenfedern  waren  deshalb  fast  die 
einzigsten  Artikel,  welche  die  Karawanen  mit  sioh  führten.  Je  mehr  die 
Erschließung  des  Innern  durch  die  Europäer  um  sich  greift,  desto  mehr  wird 
der  Handel  mit  dem  ersten  Artikel  uutt^rbundeu  werden,  aber  auch  der 
Preisrückgang  für  Elfenbein  und  Straußenfedern  ist  derartig,  daß  diese  Ar- 
tikel nach  billiger  zu  benutzenden  Verkehrstraßen  suchen  müssen.  Diese 
bind  aber  unbedingt  nötig,  je  mehr  es  möglich  wird  das  Land  zur  Erzeugung 

1)  Budelsenliiv.  IWI.  II.  TeiL        8)  La  G^.  YBL  IMS. 


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H«ndeUsiiftßen  und  Handelsmiitelpaakte  in  NoxdoBt-Afzika.  329 

von  handelsftliigen  Bodenprodokten  auszunützen,  denn  bei  ihnen,  wie  z.  B.  bei 
Gummi,  Getreide,  BaamwoUe  usw.  ist  eine  Bentabilität  nur  dann  möglich, 
irann  Ar  den  Masse&tnuisport  geeignete  Verkehnwege  und  Veifaihnmittel 
mr  Yerftgung  stellen,  um  auf  bUligate  Weise  die  Enengnisse  den  Abssti- ' 
gelueten  snflUneii  wol  kSnnen» 

In  einem  Gebiet,  das  wie  der  größte  Teil  Yon  Nordost-Afrika  nmlehft 
Handclsprodukto  in  größeren  Mengen  überhaupt  noch  nicht  liefert,  muß 
natürlich  auf  die  Benutzung  möglichst  billiger  Massentransportmittel  Rück- 
sicht genommen  werden,  in  erster  Linie  die  Wasserstraßen,  und  da  komiiifn 
für  die  frai^lichen  Gebiete  der  Nil  und  der  Kongo  oder  dessen  bedeutender 
Nebenfluß  ri>angi  in  Betracht. 

Werten  wir  zunächst  einen  Blick  auf  den  Nil  als  Vorkehrsstraße,  so  ist 
xiim  Personen-  und  Warentransport  schon  seit  den  iltesten  Zatm  bis 
Assoan  nnd  Wadi  Haifa  benntxt  worden.  Die  EinfUurt  Tom  Heer  ans  in 
den  Strom  gescihieht  Tormittelst  der  beiden  bei  Bosette  nnd  Damiette  mfln- 
denden  Hauptarme  des  Flnssee.  Der  letztere  ist  yorliufig  stets  schiffbar,  ver- 
sandet aber  immer  mehr,  und  es  wird  erheblicher  Aufwendungen  bedürfen, 
wenn  er  nicht  das  Sofaieksal  des  ersteren  tnlen  soll,  der  ebenso  wie  die 
übrigen  im  Altertump  noch  benutzbaren  Arme  des  Nil-Deltas  in  Folge  Ver- 
sandung für  jeden  Schiffsverkehr  vollständig  unbrauchbar  ist.  Etwa  20  km 
unterhalb  der  von  Rosette  225  km  eutternteu  Stadt  Kairo  vereinigen  sich 
die  beiden  Arme  in  dem  3  km  breiten  Nilstrom,  der  sich  bis  zu  den  Kata- 
rakten auf  5UÜ  m  verengt.  Seine  durchschnittliche  größte  Tiefe  beträgt  bei 
Hoehwasser  10—13,  bei  Niedrigwasaer  5 — 1  m;  die  Btromgeschwindigkeit 
beUlaft  ach  anf  11  an. 

Bei  Wadi  HaUk  hat  die  Möglichkeit  der  Schiffahrt  endgflltig  ein  Ende. 
Seitdem  im  Jahre  1902  das  bei  Assoan  ezxiohtete  Stauwerk,  durch  welches 
das  Niveau  des  Flußes  um  20  m  fibw  den  früheren  niedrigsten  Stand  ge- 
hoben wird,  dem  Verkehr  übergeben  wurde,  bietet  der  früher  nur  unter 
großen  Anstrengungen  bergwärts  passierbar  erste  Katarakt  keine  Schwierig- 
keiten mehr.  Ein  neben  dem  Damni  eingebauter  Schleusenkaual  gestattet 
ein  Heben  der  Fahrzeuge  in  bequemer  Weise.  Über  den  zweiten  Katarakt 
ist  zwar,  seitdem  Mahomet-AJi  einige  Sprengungen  hat  voruehmen  lassen, 
ein  Verkehl-  zur  Zeit  des  höchsten  Wasserstandes  möglich,  jedoch  ist  das 
Befahren  selbst  in  eigens  sn  diesem  Zweck  gebauten  Booten  mit  so  großen 
Schwierigkeiten  Terkufipft,  daS  ein  Ausnntsen  ftlr  den  großen  Vorkehr  voU- 
kmnmen  ausgeschlossen  ersdieint. 

Der  sechste  Katarakt  oberhalb  Schendy  kann  selbst  bei  niedrigem  Wasser- 
stand ohne  sonderliche  Beschwerden  überwunden  werden,  ganz  abgesehen 
davon,  daß  eine  Beseitigung  dieses  Hindernisses  verhältnismäßig  leicht  mög- 
lich ist,  so  daß  also  der  Beginn  des  schiflfbaren  Teiles  dos  Mittellaufes  bei 
Berber  angenommen  worden  kann,  doch  nimmt  der  Haupt  verkehr  erst  bei 
Khartum  seineu  Anfang.  Bei  diesem  Ort  hat  der  weiße  Nil  bei  niedrigstem 
Wasserstand  eine  Breite  von  180  m,  die  bis  zum  Sobat  auf  230  m  im 
Durchschnitt  steigt.  Auf  dieser  800  km  langen  Strecke  ist  der  Nü  das  ganze 
Jahr  der  SchiffUirt  geOffiiet,  doch  smd  iwei  Ahsehnitte  su  unterscheiden:  die 


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S30 


D.  Eilrohhoff: 


Strecke  Kliutiuii — ^Fasdioda  m&d  Fasehoda-^Sobatnittiidiixig.  Jm  entgenumten 
Teil  ist  die  BchidGahrt  in  den  Jahren,  in  denen  der  Wasserstand  des  1^ 
flberliaiipt  niedrig,  bei  Niedrigwasser,  d.  h.  sn  Anfang  des  Sommers  schwierig 
da  sich  dann  hier  viele  Klippen  im  FlnBbett  bemerkbar  machen,  im  aweiten 

Abschnitt  dagogen  können  flachgehende  Dampfer  sü  jeder  Jahreszeit  verkehren. 
Eine  Hauptschwierigkeii  zur  Durchführung  einer  regelmäßigen  Dampfschift- 
▼erbindung  bildot  das  Folilon  jptrlichen  Fouerungsmaterials. 

Der  Sftrelvt'rkf'hr  wird  dureh  die  Rf^'t-lmiitiigkeit  dur  Luftströmungen  sehr 
begünstigt,  liald  nachdem  der  Nil,  geschwellt  durch  die  tropischen  Regen, 
seinen  höchsten  Wasserstand  im  November  erreicht  hat,  beginnen  sich  die 
Nordwinde  auf  der  Breite  von  Khartum  einzustellen.  Hdchst  eigentOmlich 
ist  die  allen  Schiffern  des  Sudan  wohlbekannte  Tatsache,  daß  diese  Wind- 
Strömungen,  so  kriftig  sie  auch  sind,  nnr  langsam  weiter  nach  Sflden  vor- 
schreiten.  Deshalb  eilen  die  Handelsschiffo  nicht  sehr,  schon  mit  dem  Be- 
ginn des  Nordwindes  anzulaufen,  vielmehr  geschieht  dies  erst  im  Dezember. 
Ende  M&rz  und  Anfang  April  stellen  sich  die  Sfidwindo  ein  und  mit  ihoSD 
treiben  die  Barken  wieder  dem  Norden  zu.  Jenseiis  der  Sobatmüudung  war 
bis  vor  kur/.em  die  Schiffahrt  in  Folge  der  „Sedd''  genannten  Pflanzenbarren 
außerordentlich  schwierig,  wenn  nicht  unmÖLrIieli  bis  (lamba  Schambeh.  Un- 
mittelbar nach  der  Besetzung  von  Fascbudu  durch  englische  Truppen  ging 
die  Verwaltung  des  ägyptischen  Sudan  daran,  die  Verstopfungen  des  oberen 
NU  m  beseitigen,  und  nach  monatdanger  Arbeit  gelang  es  dmi  Mnjar 
Peake  einen  fi^baren  Kanal  durch  die  „Sedd'^-Batrieren  hennstellen,  so 
dafi  nunmehr  ein  bequemer  Verkehr  aof  der  1200  englische  Meilen  langen 
Strecke  Ehartnm — Be^'af  m(^lich  ist  üm  einer  Erneuerung  dieser  Ver- 
stopfangen  entgegenzutreten,  will  die  Verwaltung  ein  schon  au>L'«^riHM  itete? 
Projekt  ausfuhren.  Nach  diesem  soll  zwischen  Lade  und  Schambeh  der  Nil 
in  ein  festes  Bett  gebracht  und  jeder  Seitenarm  abgedämmt  werden.  Abwärts 
Schambeh  wird  der  bisherige  Bahr  el  Djebbel,  der  eigentliche  alte  Nil.  eben- 
falls abgedämmt  werden,  so  daß  sämtliche  Wasser  durch  den  Behr  el  Seraf 
fließen  müssen;  auch  dieser  soll  durch  Dämme  festgehalten  werden  und  eine 
Breite  von  500  m  erhalten,  wodurch  eine  kräftige  Strömung  erzeugt  wird. 

Bs  ist  einleiiehtend,  daß  die  angegebenen  Ibftiahmen  auf  die  Sddffbax» 
keit  des  gesamten  mittleren  und  unteren  Nil  von  grSAtem  EinfluB  sein 
mflssen,  denn  das  „Sedd*^  und  die  VemimpAugen  Teroisaohen  einen  unge> 
kaueren  Verlust  an  nntabarem  Wasser,  der  atf  nicht  weniger  als  18000 
Mill.  cbm  50%  aller  Gewässer  aus  den  Aquatorialseen  geschfttzt  wird 
Es  ist  also  zu  hoffen,  daß  nach  Ausführung  dieser  Regulierung  der  Nil 
auch  während  der  regenlosen  Zeit  eine  regelmäßigere  und  ausgiebigere  Wasser- 
zufuhr im  unteren  Lauf  erhalten  wird  als  gegenwärtig,  wo  er  hauptsächlich 
auf  die  Zullüsse  des  Sobat,  blauen  Nil  und  Atbara  angewiesen  ist,  was  zur 
Folge  hat,  daß  auf  der  Strecke  Assuan — Kairo  der  Schitfsverkehr  von  März 
bis  Juni  fast  vollständig  ruht.  Von  Gambah  Schambeh  bis  Lado,  auf  wel- 
che Strecke  dar  stets  sfdiüFbsre  Strom  eine  Breite  tou  etwa  600  m  und 
eine  Tiefe  von  4  m  hat,  fließt  der  Nil  in  einem  einiigen  Bett  dahin.  Bei 
Lade  endet  die  DampftchiiEahrt  bei  Niedrigwasser  —  medrigstes  mTeaa  Eaät 


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Handelsstraßen  und  Handelsmittelpnnkte  in  Nordost-Afxika.  381 

April  —  bei  Kiri  zur  Zeit  des  Hochwassers.  In  der  erstgenannten  Zeit- 
pertoda  Mnden  riok  hart  oberhalb  Gondohniro  Stromiduiellen,  die  bei  Hoob- 
wasMT  Icflinerlei  Hindarms  bieten. 

Zwiachen  Kiri  und  Dofile  ist  jede  Sdiiffahrt  nnmOglieli,  denn  der  FlnB 
ftllt  auf  dieser  110  km  langmi  Strecke  168  m,  wodordi  nicht  allein  eine 
starke  StrSmiing,  sondern  auch  mehrere  Schnellen  hervorgerufen  werden,  von 
denen  die  an  der  MilitSrstation  Mucriri  —  die  Yarborahschnellen  —  die  be- 
deutendsten sind.  SiMlicli  Dufile  ist  der  Fluß  bei  einer  Tiefe  von  2 — '.^  m 
während  der  Trurkeuzeit  und  einer  Tiefe  von  5  — 12  m  während  der  Periode 
der  Hochwasser  zu  jodfr  .Talu"eszeit  selbst  für  iJanipfer  und  größere  Fahr- 
zeage  bis  zum  Murcbisunlall  befahrbar.  Der  Fluß  ist  in  diesem  Teil  von 
vielen  Inseln  und  Steinblöcken  durchsetzt,  welche  zwar  die  Schiffahrt  zu 
keiner  Jahreneit  au&obalten  vermögen,  an  mehrwen  Stellen  aber  eine  grofie 
Aufinerksamkeit  und  Gewandtheit  des  Steuermannes  Tsrlangen.  Der  86  m 
hohe  Hurehisonfim  setst  jedem  Schi&rerkehr  ein  Ziel,  und  dann  folgen  zum 
Teil  bedeutende  Schnellen  —  darunter  am  bedeutendsten  die  Eanunasohnellen  — 
bis  zur  ehemaligen  Militiirstatinn  Foweira,  von  wo  eine  neue  Schiffbare  Strecke 
beginnt,  die  an  dem  4  m  hohen  Riponfall,  durch  den  die  Einfahrt  in  den 
Viktoriasee  unmöglich  gemacht  wird,  ihr  Endo  erreicht. 

\  ou  den  drei  Hauptquellflüssen  des  Nil  ist  der  Katjera  vom  Graten 
Schweinitz  im  Januar  1893  auf  eine  lange  Strecke  befahren  worden.  Der 
Of&zier  äußert  sich  über  den  Fluß  wie  folgt:  „Die  Eingeborenen  befahren 
den  B^igera  im  aUgemeuaen  nicht,  was  seinen  Grund  darin  hat,  daß  einmal 
in  Folge  der  vielen  &flmmungen,  selbst  stromab,  der  Wasserweg  Iraine  Zeit- 
ersparnis gewihxt  und  die  Fahrt  stromauf  gans  bedeutende  Zeit  in  Anspruch 
nimmt  Der  Kagera  führt  eine  mlchtige  Wassermasse,  er  ist  meist  mehrere 
100  m  breiti  seine  üfer  sind  aber  im  allgemeinen  bis  auf  3 — 4  m  mit  Pa- 
pyros  bewachsen.  Ein  80 — 100  m  breiter  Teil  im  Kagera  ist  offen  und  hat 
an  den  tiefsten  Stellen  im  Durchschnitt  eine  Tiefe  von  8  — 10  m." 

Von  den  Nebenflüssen  des  Nil  kommt  der  Atbara,  der  nur  in  den 
Monaten  Juli  bis  September  Wasser  führt,  nicht  in  Betracht. 

Der  Bahr  el  Asrak  ist  an  seiner  Mündung,  an  der  ihn  die  vom  FluB 
abgelagerte  Insel  Tuli  in  zwei  Arme  teilt,  1000  m  breit,  verschmälert  sich 
bis  Sennaar  bis  auf  502  m  Breite  und  hat  bei  tie&tem  Wasserstand  2,8  m 
Tiefe.  Er  ist  bei  Niediigwasser  schüFbar  bis  Karko^i«  wo  er  bei  tiefttem 
Wasserstand  800  m  breit,  2,5  m  tief  ist  und  eine  Gesdiwindigkeit  von  0,45  m 
in  der  Sekunde  aufweist,  b^  hohem  Wasserstand  aber  485  m  breit,  7,5  m  tief 
wird  und  eine  Geschwindigkeit  von  1,9  m  in  der  Sekunde  erreicht.  Der 
Strom  bleibt  dann  schiffbar  bis  Famaka,  350  englische  Meilen  vor  der  Mün- 
dung. Jenseits  des  letztgenannten  Ortes  hat  der  Fluß  ein  außerordentlich 
starkes  Gefälle,  denn  es  gilt  auf  der  kurzen  Strecke  Tsanasee  -  Famaka 
eine  H<ihendifferenz  von  1110m  zu  überwinden.  Vor  Eintritt  in  den  ge- 
nannten See  fließt  der  Bahr  el  Asrak  in  tief  eingeschnittenem  Bett  brausend 
und  tosend  als  reines  Gebirgswasser  dahin,  jede  Schiffahrt  ausschließend. 

Der  Sobat  hat  an  seiner  Mündung  bei  Hochwasser  eine  Breite  von 
815  m,  nne  Tiefe  von  8  m,  eine  Strömung  von  0,5  m  und  bei  ITiedxigwasser 


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332 


D,  K&rchhoff: 


eine  Breite  vou  150  m  und  eine  Tiefe  von  3  Klafter.  Der  Fluß  ist  voll 
Wasser  Tom  Juni  bis  Deseniber,  in  der  TrodDemdi  trockiMt  ar  big  auf  snn» 
tieftton  SteUen  ans,  und  im  DoMmber  1900,  als  der  englische  ll^or  Anstin 
den  Flofi  mit  einem  Kanonenboot  beüobr,  war  er  so  seiofat,  daß  die  fUnrt 
eingestellt  werden  mofite,  bevor  Nassr  erreieht  war.  Bis  dabin,  160  eng* 
lisebe  Meilen  von  der  Mfindung,  wird  im  allgemeinen  die  Schiffahrt  das  ganie 
Jahr  und  300  weitere  eng^ehe  Meilen  dm  größten  Teil  des  Jahres  mög- 
lich sein. 

Von  don  heidon  (Juelltlüüen  ist  dr-r  Baro  während  acht  Monaten,  zur 
Zeit  des  Hoch-  uud  uiittlercii  Wasserstandes,  für  Schiffe  mit  1,2(>  m  Tief- 
gang bequem  schiffbar  bis  Itang,  45  km  vom  Fuß  der  Faleisen  von  Boure, 
SU  jeder  Zeit  können  dann  Schuten  auf  dem  Fluß  verkehren,  der  Tibor  wurde 
1898  Ton  den  Offizieren  Manse  und  Capper  in  Booten  174  km  anfwbts 
be&hren,  Ms  ein  kleiner  See  erreicht  wurde.  Ton  den  beiden  Nebenflßssen 
Didessa  und  Dsehubba  ist  der  erstere  Überhaupt  nicht,  der  letstere  nur  auf 
eine  kurze  Strecke  im  Unterlauf  schiffbar. 

Der  Bahr  el  Cihazal  stellt  sich  als  ein  mächtiges  uferloses  Gewisser 
dar,  bedeckt  mit  ^'rößeren  und  kleineren  Schilfwaldungen,  die  80  nahe  an- 
einander liegen,  daß  zwischen  ihnen  nur  eine  schmale  Wasserstraße  bleibti 
während  sich  an  andern  Stellen  meilenweite  offene  Wasserläufe  betiudeu. 

Die  Kef^enzeit  arn  Bahr  el  Ohazal  beginnt  im  April,  nimmt  im  Mai  zu 
und  erreicht  ihr  Maximum  im  Juni,  Juli,  August;  dementsprechend  beginnen 
die  OeiHbner  im  Juni  zu  steigen,  erreichen  im  September,  zuweilen  im  Ofc- 
tobw  ihren  höchsten  Stand,  beginnen  Ende  Oktober  oder  Anfisng  Korember 
wieder  ni  fallen  und  sind  am  niedrigsten  im  ApriL  Bei  Niedrigwasser  hat 
der  Bahr  el  Ohasal  oberhalb  der  ArabmUndung  eine  Tiefe  von  8  Fuß.  Die 
Schwankungen  in  der  Höhe  des  Wasserstandes  betragen  etwa  4  Fuß.  Der 
günstigste  Zeitpunkt  für  die  Schiffahrt  ist  die  regenlose  Zeit,  dann  weht 
aus  Nordost  der  günstigste  Wind.  Bei  Mesdira  er  Beek  exnioht  die  Schiff* 
barkeit  ihr  Ende. 

Die  Zuflüsse  des  Bahr  el  Ohazal  haben  nur  in  der  Regenzeit  einen 
Wasserstand,  der  ihre  Befahrung  ermöglichen  würde,  sie  sind  aber  nacli  den 
Mitteilungen  des  Bischofs  Geyer  zumeist  verschilft,  nur  den  Djur  hat  die 
Begierung  reinigen  lassen.  Dieser  an  der  Kfindung  40  m  breite  Fluß  wechr 
seit  weiter  oberhalb  swischen  20  und  60  m,  hat  unzUilige  ununtesbrochene 
Krümmungen  und  weist  eine  starke  die  Schiffahrt  enehwerende  StrSmung  au£^} 
Der  an  der  Mfindung  60  m  brnfte  Wan  wurde  sum  erstMi  Ifole  Yon  Har- 
chand  im  Jahre  1899  befahren.  Auf  ihm,  dem  Yobo  sowie  dem  Djur-Sueh 
ist  es  möglich,  sich  den  Schiff  barkeit^grenaen  im  Gebiet  des  Ubangi  bis  auf 
76  km  zu  nahem.') 

Der  Ul)aiigi  mündet  unterhalb  der  Aquatorstation  in  den  Kongo  und 
hat  bei  genügender  Wassermenge  eine  Länge  von  2500  km,  doch  ist  nur  der 
kleinste  Teil  zusammenhängend  schiffbar,  denn  die  mehi*  oder  minder  langen 
Abschnitte  ruhig  fließenden  Wassers  werden  durch  Schnellen  oder  Fälle  getrennt 


1)  Globus.  1905.  8.  408. 


S)  La  G^.  L  1900.  8.  67. 


HandelaitraAeB  nnd  Handelsmittelpnnkte  in  Nordoit-Afrik».  383 


Das  niedrigste  Niveau  weist  der  Fluß  im  März  oder  April  auf,  dann 
beginnt  er  zu  steigen,  hat  im  Mai,  Juni  und  Juli  seinen  mittleren  Stand,  im 
August — NovernlM'r  Horbwasser,  dessen  höchste  Höhe  in  den  Oktober  füllt, 
wobei  ein  Unterschied  von  6 — 8  m  zwischen  höchstem  und  niedrigstem  Wasser- 
stand zu  Terzeidmea  ist  Ende  November  fällt  das  Wasser  wieder,  bis  Ende 
Febniur  das  niedrigsie  Nrreaa  emicht  wird.  Diese  Bewegung  des  Wassen 
tritt  naeh  der  Qadle  ni  entqnedieiid  froher  ein,  und  swar  beginnt  nadi 
Beliweinfortli  im  Oberlauf  das  Steigen  bereits  Ende  Mftrz  und  im  Anfimg 
Afttil,  die  Scbwellseit  reicht  bis  in  den  Deiembw.  Der  Strom  ist  bequem 
sohiffbar  bis  zu  den  SongoschneUen,  ausgenommen  zur  Zeit  des  niedrii:<;tea 
"Wasserstandes,  da  dann  die  Felsen  von  Zinga  45  km  unterhalb  die  Scbiff- 
fahrt  behindern.  Die  Schwierigkeit  wird  hier  einfach  durch  die  Heftigkeit 
des  Stromes  gebildet,  die  mit  dem  Anschwellen  des  Wassers  zunimmt.  Zu 
jeder  Zeit  ist  für  Dampfer  genügende  Wasserticfo  vorhanden,  so  daß  es  zur 
Oberwindung  dieses  Hindernisses  nur  starker  Maschinen  bedarl.  Jenseits 
folgt  auf  eine  Streeke  von  29  km  ToUitlndig  freräs  Fahrwasser  bis  au  den 
Bongaschnellen.  Bei  Hodi waiser  ist  hier  alles  mit  Wasser  bedeckt,  hei 
Ißedrigwasser  tauchen  Felsen'  auf  und  ist  illr  Dampfer  nicht  gentigend  Tiefe 
Torhanden,  auch  nimmt  der  Strom  an  Heftigkeit  sn.  Dann  sind  die  Bonga- 
schnellen unpassierbar,  sobald  aber  die  Wasser  etwas  steigen,  kann  man 
den  Dampfer  hinüberziehen,  spftter  hebt  sich  das  Niveau  und  die  Strömimg 
nimmt  ab,  derart,  daß  ein  Dampfer  mit  eigener  Kraft  hinüberfahren  kann. 
Die  Bongaschnellen  bilden  also  nur  bei  Niedrigwasser  und  in  der  ersten  und 
letzten  Zeit  des  mittleren  Niveaustandes  ein  Hindernis  für  die  Schiffahrt. 

Es  folgen  dann,  nur  durch  kurze  .schitlbarc  Strecken  voneinander  ge- 
trennt, fünf  weitere  Hindernisse:  die  Schnellen  bei  Bellj,  Uber  die  bei  mitt- 
lerem Wasserstand  im  Juni  nnd  Juli  Dampfer  anfwlrt^gehen  können,  und 
selbst  bei  Hochwasser  gelangte  der  mit  starken  Maschinen  ausgerllstete  Dampfer 
jyAlima**  Aber  das  ffindemis.  Die  Talfahrt  mit  Dampüwn  ist  gefUirlich  bei 
Niedrige  und  mittelhohem  Wasser  (Ende  Dezember  bis  lütte  Juni)  in  Folge 
der  Felsen,  die  zu  schnellen  Richtungsverandeningen  zwingen. 

Wenig  oberhalb  verbreitert  sich  der  Fluß  auf  mehr  als  2000  m,  aber 
er  ist  hier  mit  Felsen  und  Inseln  übersUet,  und  bei  Niedrigwassor  ist  die 
Fahrt  sehr  sdiwierig,  wenn  nicht  unmöglich.  5  km  weiter  stri  maut  hndet 
sicli  die  Schnelle  „En  avant",  deren  Pa-s^sagt^  1889  der  entlastv1<'  Dampfer 
Geles  leicht  bewerkstelligte.  Wenig  oberhalb  folgt  die  Elefauteuschnelle, 
in  der  das  Wasser  mit  der  außerordentlichen  Geschwindigkeit  von  18  km  in 
der  Stande  in  drei  grofien  mit  Schnellen  angefBllten  Kanftlen  dahinstribnt. 
Der  Kanal  am  linken  üfer  führt  eine  grofie  Menge  Wasser  zwischen  Felsen 
hindurch,  die  bei  Hochwasser  bedeckt  sind,  bd  Kiedrigwasaer  aber  eine  Pas- 
sage für  einen  Dampfer  frei  lassen.  Der  Strom  ist  jedoch  immer  sehr  heftig 
und  gutes  Steuern  daher  notwendig.  Die  „Alima"  konnte  Oktober  1890  dieses 
Hindernis  ohne  Hilfe  durchfahren.  An  der  nach  einer  kurzen  Strecke  folgenden 
Mokuougehschnolle  hat  der  Strom  eine  Breite  von  i?Ono  m,  ist  aber  von  Kli|)pen 
und  Inseln  angefüllt.  Zwischen  diesen  ist  eine  schmale  Durchfahrt  vorhanden, 
die  der  Dampfer  „En  avant'*  unter  Gele  aus  eigener  Kraft  benutzen  konnte. 


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384 


D.  Efirchhoff: 


Abgpsehon  von  diesen  anpefHhrten  wesentlichen  Hindernissen  ist  die 
Fahrt  aut'  der  37  km  langen  Strt'ckc  JJelly — Mokuoui^eh  noch  durch  eine  Un- 
zahl im  Flußhett  zerstreut  liegender  Inseln  und  Klij)i)en  wesentlich  erschwert. 

Jenseits  der  letztgenannten  Schnelle  ölTnet  der  übangi  auf  eine  Länge 
Ton  275  km  bis  Banzj  eine  800 — 900  m  breite  Wasserstraße,  die  bei  einer 
mittleren  Tiefe  Ton  4 — 5  m  finei  Ton  Hmdenueien  ist,  wenn  auch  noch  ab 
und  TO  Kippen  auftauchen.  Bei  Baoxy  entstehen  Schwierigkeiten  dnrdi  sehr 
starken  Strom,  dodi  kann  ein  Dampfer  mit  eigener  I&aft  Ende  Deiember  bis 
Ende  April  Uber  das  Hindernis  hinweggelangen. 

Nach  50  km  folgen  die  Schnellen  von  Setema,  aus  drei  den  gansen  Floß 
durrh({iierenden  Felsenlinien  bestehend.  Marchand  fand  dieses  ffindemis, 
ebenso  wie  das  von  Banzy  im  April,  wenn  auch  schwierig,  so  doch  passierbar. 

Jenseits  Seteraa  ist  der  Fluß  auf  eine  Länge  von  160  km  für  Damjifer 
schitThar  bis  zu  den  Schnellen  von  Ranafia  und  Bagazzo,  die  aber  von  einem 
Dampfer  auch  leicht  überwunden  werden  können,  sobald  das  Wasser  genügend 
hoch  gestiegen  ist;  doch  bietet  der  7U1  'won  Mokwangu,  in  dem  das  Wasser 
in  der  ganzen  Breite  des  Flvsses  in  einer  HOhe  Ton  4  m  swkreoht  hinab- 
fUlt,  jedem  Verkehr  em  absolutes  Hindernis.  Weiter  oberhalb  folgende 
Schnellen  machen  jede  Schiffahrt  bis  Djabbir  onmO^ch,  und  auch  dann  ist 
der  Find  bis  Qanmangu  von  Sohnellen  durchsetzt,  die  aber  meist  von  Firo- 
guen  überwunden  werden  können.  Der  Fluß,  den  Ltutnant  Milz  bis  ztur 
Einmündung  der  Bima  schiffbar  fand,  dürfte  sich  am  h  uuf  dieser  Strecke 
als  Verkehrsstraße  eignen,  besonders  wenn  einige  Ergiinzun<rsarbeiten  vorge- 
nommen werden;  da  sich  zwischen  den  einzelnen  Schnellen  .stets  schiffliare 
Abschnitte  behuden  iin<l  tlie  Hindernisse  selbst  nicht  immer  ab.solut  unfahrbar 
sind,  SO  konnte  die  Expedition  Vaukerhoven,  von  Djabbir  den  FluJß  auf- 
wärts gehend,  bis  Bomokandi  mit  Pirogaen  59  TOn  60  Schnellen  ttberfiihren. 
Der  nun  folgende  Absdmitt  Bomokandi — ^Dongu  zerfUlt  durch,  sich  in  un- 
regelmäßigen Abständen  folgende  Stromschnellen  in  drei  sdsifFbare  Teile, 
innerhalb  deren  sich  nodi  TertoMedene  Hindemisse  finden,  die  je  nach  der 
Jahreszeit  in  ihren  Schwierigkeiten  verschieden  sind,  niemals  aber  eine  voll- 
stiindige  Sperrung  ausüben.  Jenseits  Dongu  wird  der  Flufi  zum  Gebirgs- 
strom.  doch  ist  immer  noch  ein  Verkehr  mit  Piroguen  möglich  bis  Sunire, 
und  erst  oberhalb  dieses  Otes  wenlen  die  Stromschnellen  so  heftig  und  zahl- 
reich, daß  selbst  die  Eingeborenen  keine  Kanoes  mehr  auf  dem  Fluß  haben. 

In  den  übangi  münden  zahlreiche  mehr  oder  minder  schitfbare  Neben- 
flüsse, die  als  Zufuhrstraßen  vom  und  zum  Hauptstrom  dienen  können.  Das 
Eingehen  auf  länzelheiten  wflrde  su  weit  ftthren,  ioli  mOehte  nur  des  Kemo- 
Tomi  und  des  Bomu  Erwähnung  tun. 

Der  Kemo  ist  an  der  Mflndung  70  m  breit  und  wurde  im  Oktober  1891 
ohne  Schwierigkeit  10  Tage  aufwärts  befahren.  Weiter  oberhalb  hindern 
Schnellen  und  starke  Strömung  den  Verkehr  selbst  kleinster  Flußfahrieuge. 
Der  rechte  Nebenfluß  Tomi,  dessen  durchschnittliche  Breite  bei  Niedrigwasser 
30  m,  bei  Hochwasser,  wo  das  Niveau  um  5  m  steigt,  100  m  betragt,  ist 
für  Piroguen  bequem  das  ganze  Jahr  schiffbar  bis  5®  46'  n.  Br.,  bis  zu  dem 
150  km  nördlich  des  übangi  gelegeneu  Fort  Sibut,  da  seine  kleinen  dicht 


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HandeUtira06n  und  Handeltmittelpnnkt«  in  Nordoit-Afrik«.  335 

oberhalb  der  Mündung  gelegenen  Schnellen  in  jeder  Jahreszeit  (Amc  erheb- 
liche Schwierijjkoiten  überwunden  werden  können.  Die  Möglichkeit  der  Dampf- 
schiffahrt auf  dieser  Strei  ke  dauert  etwa  4  Monate. 

Der  Bonni,  der  wichti^'ste  Zufluß  des  Ubangi,  würde  bei  einer  Lauf- 
läoge  von  75ü  km  eine  schöne  Verkehrsstraße  nach  dem  Nil  sein,  wenn  er 
nicht  in  seinem  Unterlauf  von  SduaaUwi  durchsetzt  wftre. 

Naeh  einer  TageafUirt  sah  sieh  Qili»  Dampfer  durch  die  SdmiUeii 
von  Qotti  angehalten,  bei  Niedrigwaaacr  machen  diese  einen  Dampfenrerkehr 
nnml^Iidi,  haben  aber  bei  Hochwaaser  keine  Bedentnng,  so  kOnnen  in  dieser 
Jahreszeit  Dampfer  bequem  bis  zu  den  Schnellen  Hanssens,  25  km  von  der 
Mündung  entfernt,  gelangen.  Mit  anschließenden  weiteren  Schnellen  reicht 
dieses  jede  Dampfschiffahrt  unmöglich  machende  Hindernis  bis  unterhalb  Ban- 
gasso.  Oberhall)  dieses  Ortes  konnte  Marchand  den  Fluß  mit  seinem  kleinen 
Dampfer  „Faidherbe"  bis  zum  Botu  und  diesen  noch  aufwärts  bis  zur  Mün- 
dung der  Ada,  im  ganzeu  etwa  H(l()  km  be(iuem  befahren. 

Um  von  der  Mündung  des  Ubaugi  zur  Öee  zu  gelangen,  steht  bis  Leo- 
poldville  der  bequem  sdiiffbare  Kongo,  dann  zur  Umgehung  der  Stromschnellen 
die  Eisenbahn  bis  Matadi  und  endludi  wieder  der  Kongo  snr  Verfllgang. 
Auf  don  Mittellauf  dieses  Stromes  ist  aneh  em  Vorkehr  naeh  Osten  bis  sii 
den  Btanleyftllen  mOgln^,  von  wo  eine  Eisenbahn  som  Albertsee  gebaut  wird. 

Beurteilen  wir  nach  diesem  kurzen  Oberblick  den  Wert  der  beiden  in 
erster  Linie  in  Frage  kommenden  Flüsse,  so  sehen  wir,  daß  sie  unbedingt 
bequeme  "Wasserstraßen  nicht  dai-st eilen;  nicht  allein,  daß  in  Folge  der 
Trockenzeit  der  Verkehr  einige  Monate  im  Jahr  ganz  ein^'estellt  werden  muß 
oder  nur  unter  großen  Schwierigkeiten  aufrecht  erhalten  werden  kann,  sie 
bilden  auch  während  der  Zeit  de.s  möglichen  Verkehrs  keine  durchgL-hende 
Verbind uugsstraÜe,  sondern  iür  Schifle  unüberwiudliche  Hindernisse  trennen 
mehr  oder  minder  lauge  sehiffbaxe  Absehnitte.  Ist  smnit  die  Ansnntnmg  der 
voriiaadenen  Wasserstraßen  nicht  unmöglich,  wie  ja  andi  der  Nil  sdion  seit 
langer  Zeit  in  seinem  Unterlauf  und  unter  Igyptischer  Herrschafk  in  seinem 
Mittel'  und  Oberlauf  sn  Zwecken  des  Fraditrerkehrs  ausgenutit  wurde,  so 
sind  doch  an  beiden  Flflssen,  soll  die  Güterbeförderung  auf  ihnen  wiiUieh 
rentabel  sein,  Ergantmigm  nötig.  Bei  der  meist  ziemlich  großen  Ausdehnung 
der  Sperrstrecken  kommen  als  Ergänzung  vor  allen  Dingen  Eisenbuhnen  in 
Betracht.  Einn  solche  ist  bereits  lilngs  des  Nil  durchgeführt.  Mit  dem 
Bau  dieses  Schitiunstranges  wurde  im  Jahre  l)egonnen,  zunUchst  war 

Siut  die  Endstation,  im  Jahre  1897  konnte  die  Fortsetzung  bis  Assuun  dem 
Verkehr  übergeben  werdeu,  was  ein  wesentliches  Aufblühen  dieser  Stadt  zur 
Folge  hatte,  und  im  Jahre  190St  wurde  Khartom  enufilit,  naehdem  1898 
der  Bau  wieder  au^g|enommen  worden  war.  Die  Fortsetsung  dieser  Strecke 
ist  beabsiehtigt  Am  Ubangi,  der  TOiUnfig  fibeihanpt  nur  sehr  wenig  nun 
Lastoifcransport  benntst  wird,  ist  nodi  faine  Bahn  erbaut  worden,  jedoeh 
werden  bereits  Pläne  erwogen,  um  die  bei  Songo  beginnenden  ffindemisse 
durch  eine  Schwebebahn  zu  umgehen. 

Wir  können  somit  im  Nil,  auf  dem  sich  bis  Wadi  Haifa  und  bis  Gondo- 
koro  immer  mehr  eine  regelmäßige  Damp&chiffahrt  entwickelt,  und  im  Ubangi 


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336 


D.  Kflrehhoff: 


die  zukünftigen  Hauptv«^  kt*br3wt'ge  der  hier  in  Betracht  kommenden  Gegenden 
sehen.  Wie  sich  dieser  Verkehr  im  einzelnen  gestalten  wird,  d.  h.  wol(;he 
Gebiete  dem  Nil  und  welche  dem  Ubangi  zufallen  werden,  läßt  sich  selbst- 
TentlndUch  nidit  Torher  sagen,  es  kommt  in  dieser  Benelniiig  nicht  nllein 
doraof  AD,  den  ntchsten  oder  bequemsten  Weg  sa  den  Absatzgebieten  sn 
sneheni  der  Verkehr  wird  vor  nllen  Dingen  aadi  beeinflnBt  dnrdi  die  Zoll- 
bestimmungen  der  Teisohiedenen  Gebiete,  soweit  sdhdie  anter  fremder  Ober- 
hoheit passiert  werden  mflssen,  durch  die  Tarifpolitik  der  Eisenbahn-  und 
Schiffahrtgesellschaften  u.  a.  m.  Das  kann  zur  Folge  haben,  daB  der  weiters 
Weg  rentabler  als  der  kürzere  ist.  Unzweifelhaft  aber  werden  die  Straßen 
durch  die  Wüste  nach  dem  Norden  immer  mehr  veröden  müssen:  damit  sind 
wohl  die  Tage  von  (Ihadame.s,  Ghat,  Mursuk,  Tripolis,  Hengasi,  Audschila, 
Siut  gezählt,  die  ihre  Bedeutung  iu  erster  Linie  dem  innerafrikanischen  Handel 
danken.  Diesen  Niedergang  könnte  vielleicht  die  in  den  achtziger  Jahren  schon 
einmal  erwogene  Behn  Tripolis — Wadai — Tsadsee  aufhalten,  aber  ein  soldier 
Schienenstrang  erscheint  eioer  Yerbindnng  Tsadsee — Ehartom — "Sil  gegenflbsr 
Ton  Yomherein  nnrentabel,  weil  er  durch  unproduktiTe  Gebiete  führen,  wihrend 
sich  die  zweite  Linie  innerhalb  prodnktionsffthiger  Linder  hinsiehen  wflrde. 
Zu  dieser  Strecke  ist  insofern  schon  der  Anfang  gemacht  worden,  als  die 
Herstellung  einer  Kleinbahn  von  El  Duem  am  Nil  nach  £1  Obeid  erwogen 
wird  mit  der  kulturellen  Entwicklung  der  verschiedenen  Gebiete  erscheint 
die  \'erl;iiii,'erung  bis  zimi  T>ad  gegeben,  wobei  sie  der  Kielituiig  nach  schon 
längst  begangeneu  KarawaTien-traßen  folgen  würde.  Während  sich  aber  früher 
auf  diesen  der  Verkehr  mit  dt  n  Produkten  des  Innern  fast  nur  von  Westen 
nach  Osten  und  nur  in  sehr  geringem  Maße  vice  versa  vollzog,  wird  ent- 
sprechend den  Beetimmungsländeni  auch  dne  von  Osten  nach  Wetten  ge- 
richtete Bewegung  einsetzen:  es  wird  fBr  die  ans  Wadai,  Baginni  und  auch 
ans  Darfnr  kommenden  Waren  häufig  zweckm&fiiger  sein,  nidit  dem  Nil  oder 
dem  Roten  Meer  zuzustreben,  sondern  dem  atlantischen  Osean  vermittelst 
Schari — Bahr  Sara — Fafa — Tomi — Kemo — Ubangi— Kongo,  auf  einem  Weg, 
der  selbst  dann  erhebliche  Vorteile  bieten  würde,  wenn  der  Bau  einer  Bahn 
auf  der  120  km  langen  keinerlei  Gelliudeschwierigkeiten  bietenden  Land- 
strecke Fafa — Tunii  (St.  Si])ut)  auf  sich  warten  lassen  würde.  Eine  der- 
artige Abkehr  von  der  bisln  rigeu  Handelsrichtung  nach  Norden  und  Osten  er- 
scheint um  so  wahrscheinlicher,  als  alle  Gebiete  bis  Wadai  unter  französischer 
Herrsdiafb  stehen,  aodi  muß  berflcksiohtigt  werden,  daß  aus  den  genannten 
LBndem  stammende  Waren  sehr  leicht  Gama  «midien  kOonen,  T<m  wo  aus 
der  Benno  bequem  schiffbar  ist. 

Die  sttdlioher  gelegenen  Gebiete  finden  im  Sehari,  Ubangi  und  dssaen 
Nebenflüssen  bequeme  Ab-  und  Zufuhrwege,  soweit  deren  Waren  nicht  dem 
Bahr  el  Ghazal  besw.  dem  weifien  Nil  sugeiührt  werden  sollen.  Auch  bei 
einer  Handelsbewegung  in  dieser  Richtung  wird  sich  der  Ubangi  mit  Hilfe 
seiner  Nel)entlüsse  als  VerkehrsstraBe  insofern  ausnutzen  lassen,  als  der  End- 
punkt der  Schüfahrt  des  Mboum — Boku  bei  Einmündung  des  nur  76  km  vom 


l)  Handelearchiv.  1901.  II.  TelL  6.  ^öl. 


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H»iidelsttrft0eii  und  HftiideUmittelpniikt«  in  Nordott-Afrik«.  387 


Beginn  der  Schiffbarkeit  des  Ynbo  bei  Tambourn  —  Mere  entfenit  liept.*) 
Eine  5  m  breite,  für  Lastautomobile  benutzbare ,  mit  Brücken  versehene 
BtrsB«  iat  seiner  Zeit  durch  Marehand  swisclmi  diesen  beiden  Punkten  her^ 
gestellt  worden  und  kann  heute  nodi  benutzt  werden.  Da  s.  B.  auch  Indien 
lebhaft  am  afrikanischen  Handel  betmligt  ist,  so  wird  sidi  der  Vericehr  auf  dem 
weißen  Ißl  nicht  allein  nordwfats,  sondern  aiidi  sfldwirta  bewegen,  besonders 
wird  das  för  die  Gegenden  sfidw&rts  Dufile  zutreffen,  da  für  diese  zun&chst 
die  Überwindung  der  Schoellen  zwischen  letzterem  Ort  und  Qondokoro  nOtig 
wiire,  bis  dor  schiffbare  Teil  des  Stromes  eiTeicht  würde.  Nach  Süden  zu 
hört  iilhrdin^'S  schon  um  Albertsee  der  Stiiiü'sverkt-hr  wieder  auf,  aber  um 
die  Bfuutzung  der  Ucandabiihn  /u  trnK'glichou,  wird  bereits  die  Herstellung 
einer  Eisenbahnverbindung  />vischen  dem  Albeitsee  und  Eutebbe  am  Viktoria- 
see, dem  Sitz  der  englischen  Verwaltung  des  Uganda-Protektorats  erwogen, 
von  diesoB  Ort  nach  Port  Florence,  dem  Endpunkt  der  Ugandabahn,  besteht 
schon  regelmiKgs  DampHanrerbindmig.  Diese  YetkehrmOglichkeiten  dflrften 
wesentlidi  dazu  beitragen,  die  hier  liegenden  sfidlidisten  Oegendai  des  frUher 
vom  Mittelmeer  behemchten  Hande^pebietes  zu  veranlassen  ihre  Waren  dem 
indischen  Ozean  zuzuführen. 

Sehen  wir  nach  diesen  Austühningen,  daß  bei  der  Neuentwicklung  der 
Verkelirsverhaltnisse  ein  groOer  Teil  der  l)is  jVtzt  nach  Norden  geriebtoten 
Handels  liowegung  ande  re  Wege  einscbhigen  wird,  so  wenlen  die  neuen  Ver- 
kehrsstratit  n  doch  auch  andrei-seits  ihre  Wirkung  auf  andere  ihnen  noch 
nicht  dienstbare  Gebiete  ausdehnen.  In  erster  Linie  kommen  hier  die  Gegen- 
den Östlich  des  Kongo  am  Äquator  und  südlidi  in  Betraidit.  üm  die  Ver- 
kehrsstraBe  des  Nil  mit  diesen  Gegenden  zu  Terbuiden  und  um  gleiolueitig 
die  Verbindung  zwischen  den  beiden  wichtigen  Veikehfsadem,  dem  Nil  und 
dem  Kongo,  hennstellen,  bauen  die  Belgier  (der  Kmigostaat)  eine  Eisenbahn 
von  den  StanUvftÜlen  nach  Mahagi  am  Albertsee.  Diese  neue  Verbindung 
wird  unzweifelhaft  v«  n  Iii  (  bstci  Bedexitung  sein,  dt  nn  sie  ermöglicht  Waren 
aus  Inner- Afrika  auf  dem  Nil  nach  Norden  und  auf  der  Ugandabahn  nach 
0<ten  auszuführen,  von  einer  Verliingerung  dieser  belgischen  Bahn  narh  Kedjaf 
wird  schon  gesprocbtn.  L'eni  gleichen  Ort  strebt  eine  im  Bau  betindliche 
Straße  von  Ibembo  über  Buta  nach  dem  Nil  zu,  auf  der  ein  Laätenautomobil* 
verkehr  eingerichtet  werden  soll. 

Entspireehcnd  dieser  Verschiebung  der  Handelsbewegnng  werden  auch 
einaelno  der  bisherigen  Handelsmitteipnnkte  an  Bedeutung  verlieren  oder 
ganz  verschwinden,  und  andere  Orte  werden  anfblflhen  oder  neu  entstehen. 
Beginnen  wir  am  Nil,  so  wird  Kairo  seine  Stellung  behaupten,  Siut  wird 
^ich  allein  dem  Dattelhandel  der  in  seiner  Nähe  liegenden  Oasen  widmen 
können.  Die  bis  zu  Anfang  der  achtziger  Jnhre  begangene  Karawanen* 
Straße  nach  dem  Süden  ist  dunh  die  Sperrti  aÜnabmen  des  Mahdi  verödet, 
und  auch  nach  dem  Niederwerfen  des  Auf^tandes  hat  sich  kein  Verkehr 
wieder  entwickelt.  Assuan,  dessen  Karawaiitnstraße  nach  dem  Süden  eben- 
falls nicht  mehr  begangen  wird,  wird  einen  großen  Teil  seines  Handels  an 


1)  U  CMogr.  L  1MN>.  8.  67. 
OMgnvUMlM  ZtttodwUi  ta  JafefSM«-  >M<.  «.  Ball.  U 

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338 


D.  Kttrcbhoff: 


Wftidi  Haha  abgebeu  müssen;  vuu  diesem  Ort  filhrt  etoe  Bahn  nach  Kerma 
bei  Dongola.  Biese,  bei  den  militinflehea  OpemtioDeii  liergettellt,  befindet 
sieh  in  einem  »ußerordentlich,  stets  lanebmeoden,  »chlecbten  Znstand  und 
wird  wahncheinlioli  bald  aofgegeben,  denn  die  Ausgaben  flbenchreiten  wesent- 
lich die  EmnahmML  Die  Eisenbahn  hat  wihrend  des  ganien  Jahres  1904 
nur  1250  Eingeborene  befördert  und  die  Einnahmen  aus  d<^n  Waren  haben 
nur  7(K)0  PlVl.  St.  ergeben.  Viel  wichtiger  ist  die  von  Wudi  Ualfa  nach 
Khartum  führende  Linie.  Der  Handel  auf  dieser  Strecke  ist  im  Wachsen. 
Im  Jahre  1!U)4  hat  d»'r  Tonntnufhalt  der  von  Süden  nach  Norden  trans- 
portierten ^Vare^  3001)  Tonnen  überschritten.*  )  Diese  Bahn  berührt  Berber; 
früher  schon  von  hoher  Bedeutung,  wird  ihm  jedenfalls  ein  erhebliches  Auf- 
blühen beschieden  sein:  an  der  Stelle  gelegen,  wo  sich  der  weit  ins  Innere 
schiffbare  Nil  am  meisten  dem  Roten  Meere  nfthert,  ist  es  der  gegebene  Cm- 
schlagplats  swisehen  diesem  und  dem  Sudan.  Heute  ist  auch  die  bereits 
Ton  Mahomet-Ali  gehegte  Absicht  ▼erwirUicht,  Berber  mit  Sualdn  durdi 
eine  Eisenbahn  zu  verbinden.  Dieser  Schienenstrang  verläßt  die  Bahn  Wadi 
Haifa — Khartum  eine  Meile  nördlich  der  Atbarabrücke,  folgt  dem  Fluß  etwa 
20  Meilen  aufwllrts  imd  wendet  sich  dann  nach  Nordosten.*)  Diese  Verbin- 
dung wird  Suakin  wieder  zu  dem  machen,  was  es  früher  war,  zum  eigent- 
lichen Hafen  des  östlichen  Sudan.  Wie  selir  dieser  Ort  zu  die>er  Rolle  be- 
rufen ist,  geht  schon  daraus  hervor,  daß  der  Handel  auf  den  beiden  Straßen 
von  Berber  und  von  Kassala  nach  ihrer  Wiedereröffnung  nach  Besieguug  des 
Mahdi  am  schnellsten  wieder  auf  U&hte. 

Trots  des  Bahnbaues  Berber — Suakin  ist  auch  das  frohere  Projekt 
Khartum — ^Abu  Harras— Ohsdaref — ^Kassala — Suakin  nodi  nicht  angegeben, 
jedenfialls  dürfte  aber  der  Abschnitt  Khartum — Kassala  in  absehbarer  Zeit  snr 
Ausführung  gelangen.  Auch  dieser  letztere  Ort,  dessen  Handel  während  des 
Mahdistenaufstaudes  vollständig  darniederlag,  hat  sich  nach  Herstellung  der 
Ordnung  schnell  wieder  entwickelt.  Über  diesen  Punkt  voilzitht  sich  auch 
der  Verkehr  Khartums  mit  Massaua ;  man  kaim  rechnen,  daß  des  Handels 
auf  Öuakin,  ' auf  Massaua  entfallen.') 

Im  Jahre  1901  betrug  die  Einfuhrbeweguug  von  Kassala  13  59.)  ägjrpt. 
Pfund,  davon  kamen  2700  aus  Massaua;  die  Ausfuhr  betrug  2167  ägypt. 
PAmd  (438  ans  Massaua).^)  Biese  VexhUtnisse  werden  sich  aber  woU  su 
Gunstoi  Massawas  in  dem  Angenbliek  indem,  in  welohem  das  schon  erwogene 
IVojekt  einer  Schmalspurbahn  als  Yerllngerung  der  wegen  ihrer  Küne  jetst 
wenig  Wert  habenden  Bahn  Massaua — Saati  von  leisterem  Ort  ttber  ^ren 
nach  Kassala  rar  AusflUirung  gelangt 

Khartum  war  nach  seiner  Eroberung  durch  den  Mahdi  in  einen  Schutt- 
haufen verwandelt  wurden,  der  Handel  zog  sich  nach  Oradurman,  xmd  hier 
blühte  vor  allen  Dingen  der  Sklavenverkauf.  Nach  Ohr  walder  war  es 
nichts  Ungewöhnliches  dort  1000  Frauen  und  Mädchen  zu  sehen,  die  an 
einem  Tage  zum  Kauf  ausgestellt  wurden,  Käufer  kamen  aus  alleu  Teileu 


1)  Mouv.  g^ogr.  lUOö.  2)  Ebda.  1U06.  S.  11. 

8)  HandelsarehiT.  1901.  IT.  Teil.  S.  967.        4)  Bbda. 


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Hand«ltitrft0eB  und  HftsdeliinittelpQDkte  in  Nordott>Afrika.  889 

von  Diirfur,  Kordofun,  selbst  von  Marokko.  Es  ist  ein  Zeichon  der  günstigen 
Lnpe  der  Stadt,  dab  heute  Kbartum  schon  wieder  mehr  als  30000  Ein- 
wohner zählt,  allerdings  haben  sich  diese  nicht  allein  in  dem  eigentlichen  Khartum 
angesiedelt,  londeni  sin  großer  Teil,  60000  Einwohner,  ist  in  Omdunnaii 
▼erhliebeii,  und  außerdem  ist  am  rechten  üfer  des  blauen  Nils  Hef&ya,  der 
Enc^^kt  der  Eisenbahn,  im  Aufbltlhen  begriffen.  Diese  drei  Orte  werden 
nicht  allein  in  Zukunft  den  Handel  auf  dem  weifien  Nil  und  seinen  Zu- 
flüssen beherrschen,  sie  werden  vermittelst  des  blauen  Nil  und  des  8obat 
aurh  f'in^^n  großen  Teil  des  westabessinischen  Handt-ls  an  s\oh  ziehen. 

Welche  Orte  sich  weiter  zu  Haupthandelsplützf-n  enipoiTingon  werden, 
läüt  sich  naturgemäß  nicht  sagen,  da  es  an  Anhaltspunkten  fehlt,  wenn  auch 
hier  natürlich  durch  ihre  Lage  bevorzugte  wie  Mechra  er  Reck,  Lado,  Red- 
jaf,  Duiile  u.  a.  in  erster  Linie  in  Betracht  kommen.  Nur  auf  die  beiden 
MSmana  Handelsilidte  Kordo&ns,  £1  Obeid  und  Bai«,  sei  hier  hingewiesen; 
aneh  ne  wurdm  unter  dem  Mahdi  in  TrOmmerliauftn  Terwandelt,  und 
die  einrflckenden  Igyptiscihen  IVuppen  fanden  als  einzigen  Bewohner  der  ehe- 
maligen IBbmi^stadt  einen  Leoparden;  aber  schon  liUt  El  Obeid  wieder 
7000  Einwoher,  was  jedenfalls  fttr  eine  günstige  kommerzielle  Lage  spricht 

Die  angedeuteten  Wandlungen  werden  sich  natürlich  nicht  von  heut« 
auf  morgen  vollziehen,  besonders  da  der  arabische  Kaufmann  außerordentlich 
zähe  an  dem  von  Alters  Uberkonimenen  festhält.  Der  Aufstand  des  Mahdi, 
die  inneren  Kämpfe  in  Darfur,  die  Eroberungen  Rah>ehs  haben  in  gewissem 
Sinne  der  Neugestaltung  der  Dinge  vorgearbeitet.  Vor  20  Jahren  war  der 
Süden  ein  gesegnetes,  in  großen  Massen  produzierendes  und  konsumierendes 
Gebiet,  am  Ende  des  vorigen  JahrbunderU  nadi  den  Eroberungen  der 
Engl&nder- Ägypter  und  der  Fransosen  fond  man  früher  wichtige  Handels- 
mittelpunkte  serstfet,  die  alten  HandelsstraBen  waren  veriasaen,  der  Yeriielir 
hatte,  soweit  er  noch  bestand,  andere  Wege  nadb  Norden  und  Osten  unge- 
schlagen; kaum  aber  war  die  Ruhe  wieder  hergestellt,  so  wurden  zum  großen 
Teil  die  früheren  schwierigen  Verbindungen  wieder  benutzt^  trotzdem  eng- 
lisch-8g\'ptischerseits  alle  Versuche  gemacht  wurden,  den  Verkehr  zum  Nil 
zu  ziehen,  und  trotzdem  lud  sofort  darangegangen  wurde,  betjucme  Trans- 
portgelegcnheit^n  zuniichst  wenigstens  auf  dem  Fluß  zu  schaffen.  Zwar 
macht  sich  hier  ein  zunehmender  Verkehr  bemerkbar,  aber  auch  der  Kara- 
waaenbandul  in  Tripolis  und  Bengasl  blüht  wiedw  empor.  Die  Entwicklung 
des  Handelsrerkehrs  von  Ägypten  im  Torigen  Jahrhundert  hat  bewiesen,  daß 
«n  nachhaltiger  ümsebwong  erst  eintreten  wird,  wenn  in  jenen  Gegendoi 
der  europäische  Kau&nano  unter  genügendem  Schutt  festen  Fuß  gefaßt 
haben  wird. 


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840 


M*z  Kieitling: 


üntereaehugen  snr  Cfe^grapliie  der  Odyssee. 

Tut  mOohte  ea  scheinen,  als  seien  die  Tage  der  Alexandriner  wieder» 
gekehrt,  da  nek  in  Pergamon  die  Stoiker  scharten  um  Rratee  ron  Mallos 

und  im  allweisen  Vater  Homer,  dem  Idealbilde  ihror  et  Ii  isch- philosophischen 
Theorien,  für  die  Oejronwjirt  und  nt'M^liichte  keine  Beispiolf>  boten,  aurh  den 
ersten  grollen  ( Jeoprraplieu  priesen,  dem  alles  wohlbekannt  war,  was  in  vi<d 
späteren  Zeiten  die  Kpiguuea  durch  Spekulation  und  kühne  Entdeckungs- 
fthrteo  erst  mOhsam  wiederfinden  mufiteo,  —  und  da  in  Ägypten  gegen  sie 
dar  gelehrte  Bibliothekar  auftrat,  der  sich  raerst  ^ysmyitä^oi^  nannte,  um 
ToU  Unwillen  über  so  unhistorisches ,  unwissenschaftliofaea  Verfahren  die 
hoiiu'risohe  Geoirraphit-  als  TfocaoXoyi'a  iivi}iy.)/)  ganz  hinauszuweisen  aus 
dt  r  geo^'raphisi  lit  n  Wi.sseu.srhaft  S>i  tuht  in  all«'rjüng>ter  Zeit  unter  all- 
gen>eiufr  Autoiluabme  der  gebildeten  Kreise  von  neuem  erbitterter  Streit  um 
die  Geographie  der  Odyssee,  nnd  wie  im  Anfang  des  vergangenen  Jahrhun- 
derts den  liebeToUen  Interpreten  Homers  Voß  und  Vfilcker  das  barsche 
Wort  Hcrschers  entgegenklang,  so  spottet  auch  in  unseren  Tagen  der  Skep- 
tiker derer,  die  in  dor  Wirklichkeit  das  getreue  Bild  der  Ton  Dichtemumd 
geleierten  ürtlichkeit^n  wiedertindeu  wollen. 

Wilhelm  Dörpfeld  galt  seit  Jahren  als  der  Wortführer  dieser  „Homer- 
gläubigen**  und  ab  der  weitgehendste  Verfechter  der  Tradition.  Um  so  Uber* 
raschender  mußte  m  wirken,  daß  or,  der  den  traditionellen  Schauplatz  der 
K&mpfe  um  Troja  so  glllnzend  bestätigt  hatte,  plötzlich  für  die  Odyssee  den 
gegenteiligen  Standpunkt  wühlte  und  der  durch  einstimmige,  bis  in  den  An- 
fang des  1.  vorchristlichen  Jahrtausends  hinaufreichende  Tradition  geheiligten 
Odjsseas-Insel  Ithaka  den  Buhm  absprach,  die  Heimat  des  Tielgewaaderten 
Helden  zu  «ein.  Nicht  auf  Ithaka,  sondern  auf  Leukaa  habe  aein  KOnigs- 
palast  gestanden  und  in  Leukas  sei  <Ias  homerische  Ithaka  zu  erkennen. 
Diese  umstürzoiidf  Theorie  hat  zahlreiche  Anhänger  i^efunden  tmd  ist  in 
eigf'tit'ii  Vortrügen  und  Aufsätzen  Dürpfelds,  in  m<hrt;u'b»'u  Kecensiorien 
und  besonderen  ir>chrift«n  s»einer  Jünger  ausgeführt  und  verteidigt  worden. 
Nach  der  philologisohen  Seite  ist  die  Frage  jetit  auf  dem  toten  Punkt  an- 
gelangt,  es  kann  Ton  dorther  kein  neues  Moment  nnd  Argument  weder  binsn- 
gefügt  noch  entgegengestellt  werden. 

Mit  um  so  größerer  Freude  darf  man  da  das  frisch  und  klar  ge- 
schriebene Werkchen')  des  durch  seine  hübschen  lieiseschilderungen  „von 
Born  nadi  Sardes**  einem  weiteren  Kreise  wohlbekannten  Oymnasiallehren 
Dr.  Onatay  Lang  in  Heilbronn  begrfiflen,  der  den  unfrachtbaren  Streit  um 
die  Homerexegese  zurückstellt  und  die  Leukas-Ithaka-Theorie  zuerst  unter  dem 
bisher  am  oberflächlichsten  abgetanen  Gesichtspunkt  betrachtet  und  bewertet : 
unter  dem  Gesichtspunkt  „des  erdgeschicbtli*  hcn  Problems,  das  Leukas 
stellt".  Aus  diesem  Grunde  darf  das  aus  mehreren,  bereits  in  den  letzten 
Jahren  meist  in  den  „Südwestdeutschoi  Scbnlblftttem**  pttblixierten  Einxel- 
an&itMi  xusammengewachsMie  Bfichlein  am  ehesten  aus  der  gaaxen  Lenkaa- 
Itbaka-Literatnr  auf  ein  ernstes  Interesse  aueh  bei  den  Leaem  dieser 


1)  Straho  C.  17. 

9)  Gustav  Lang.  Untersachungen  zur  Geographie  der  Odjssee.  12S  ä. 
i  Abb.  n.  4  K.  Karlsruhe,  Outsoh  1905 


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Unteranchangen  zor  Geographie  der  Odyssee. 


341 


Schrift  und  den  Qeographeo  fiberhanpt  rechnen  und  berechtigt  trots  seines 

geringen  ümfknges  zn  einer  etwas  ausführiicheren  Besprechung.  Die  in  Frage 
stehenden  ÖrtHchkeiten  sind  dem  Referenten  sämtlich  Mis  »ehmuüigen  Be- 
suchen (zuletzt  im  Dizcinber  1904?  genau  bekannt. 

Lang  geht  davon  aus,  daii  die  ganze  Tbeone  Dorpfelds  nur  diskutabel 
ist,  «obftld  sbh  der  bestimmte  Beweb  erbringen  IftBt,  daß  Lenkas  zumindest 
in  der  Periode  der  Entstehung  der  Homerischen  Gedichte  Insel  war;  gerade 
für  diese  Zeit  aber,  so  erklärt  er,  zeige  der  neueste  geologische  Befund, 
daß  im  Gegenteil  Leuka.s  durch  einen  lutiten  Isthmus  in  Vpibindung  mit 
dem  akarnauischen  Festland  stand.  Kelerent  kann  diesen  'latbe-stand.  der 
allerdings  die  Leukab-ithaka-Frage  endgültig  entscheiden  würde,  leider  nicht 
im  La  Dg  sehen  Sinne  aaerkeimen.  Bekiuintitdi  wird  Leukaa  heute  durch  wnea 
Sund  Tom  akamanischen  Festland  getrennt,  der  nahe  dem  Nordende  sehr 
schmal,  in  der  Nähe  der  Ruinen  der  aHen  Hauptstadt  nur  200  m  breit  ist. 
Dieser  nördliche  Teil  stellt  sich  als  eine  kaum  n)it  Wasser  beileckte  Lagune 
dar.  Enge  Fahrrinnen  sind  seit  dem  Altertum  mehrmals  hindurchgelegt 
worden;  an  der  letzten  von  ca.  5  m  Tiefe  sah  Referent  Anfang  1902  die 
B^germasebinen  arbeiten,  Ende  1904  passierte  er  den  fertiggestellten  Kanal 
mehrmals  auf  kleinen  ginechischen  Dampfern.  Die  Baggerarbeiten  haben  sehr 
wichtige  geologis.  be  Resultate  ergeben,  die  Lang  nach  Negris  rekapituliert. 
Vnter  der  niedrigen  Was-erfliu  he  besteht  die  Lagune  aus  4 — 1,5  m  Schlamm, 
und  zwar  2,5 — 3  m  weichem  Schlamm,  den  eine  deutliche  Trenn ungstiäche 
von  der  darunterliegenden,  1,25—1,75  m  mftchtigen  harten  Sohlammsehidit 
ediflidet;  dann  fi»lge;i  dflnnblittrige  Kalke  und  endlich  der  feste  Kalkstein. 
Lang  hat  gewiß  Recht,  wenn  er  jene  Trennungsfl&che  als  die  Oberflftche 
«ines  antiken  Isthmus  erklärt,  die  später  dnr(  h  rinc  Srnkung  des  Landes  (nur 
von  einer  solchen  darf  die  Rede  sein!)  unter  Wasser  gesetzt  worden  ist.  Die 
Senkung  des  Landes  betrug  seit  dem  Altertum  mindestens  4  m,  wie  positiv 
erwiesen  wird  1)  durdi  swei  antike  Holen,  welche  die  Lagune  im  SOden 
gegen  den  breiteren  Svnd  abgrensen  und  heute  2,4—2,6  m  unter  dem  Wasser^ 
Spiegel  liegen,  aber  seinerzeit  gewiB  wenigstens  1  m  über  ihn  emporgeragt, 
liaben ,  2 )  durch  eine  in  ihren  Bögen  te  ilweise  erhaltene  antiko  Rrücke^ 
liellenistisch-römischer  Bauart,  die  Alt-Leukas  mit  di'in  Festland  verband  und 
deven  befahrener  und  begangener  Plattenbelag  sich  jetzt  in  der  Höhe  des 
Wasserspiegels  befindet,  einstmals  aber  mindestens  2  m  höher  als  dieser  ge- 
wesen sein  muß.  Das  Alter  der  Holen  Iftfit  sich  innerhalb  des  Zeitraums 
von  fiA(\—]()<)  V.  Chr.  nicht  genauer  bestimmen*),  dagegen  ist  die  Bracke 
je<lenfaJ]s  zwischen  l!t7*)  und  Strabos  Zeit't,  etwa  um  10<>  v.  Chr.  gebaut 
worden;  sie  dürfte  mit  dem  Kanalbau  der  Römer*)  gleichzeitig  sein.  Also 
bestand  jener  Isthmus  vor  dem  2.  Jahrhundert;  in  diesem  aber  beginnt  sich 
das  Land  allmfthlich  su  senken,  eine  ÜberspOlung  durch  das  Meer  setit 
schon  der  Brückenbau  voraus,  fQr  Livius'  Zeit  ist  die  Existenz  einer  gans 
seichten  I^gune  bestimmt  bezeugt  '').  Soitdem  hat  die  Senkung  des  Landes 
bis  heute  angehalten  und  ist  jene  fast  3  m  mächtige  Lage  weichen  Schlammes 
abgelagert  worden. 

Daß  die  Überschwemmung  des  Isthmus  kaum  vor  dem  2.  Jahrhundert 
T.  Ohr.  bsgonnen  bat,  beweisen,  wie  ich  hinxufllgen  möchte,  auch  die  antiken 

1)  Sie  können  ebenaogut  Uafendämme  der  alten  Stadt  Leuka«,  wie  xux  Siehe- 
ruog  des  von  den  Römern  am  100  t.  Chr.  gebauten  Kanals  vor  der  Brandnng  des 
tiefereu  Sonde«  angelegt  sein. 

2)  Lirius  83,  17.         Ä)  Strabo  C.  46S.         4^  Lirin»  33,  17  6)  Ebda. 


L  kju^  jd  by  Google 


342 


Grabinschriften,  die  flurcli  die  Baggerarbeiten  itn  Süden  der  alten  Stadt» 
zweifellos  trotz  Dfirpfelds  Einwendung  auf  dfin  Platze  der  leukadischen 
Nt'kropolis,  in  3  m  Tiefe  gefunden  und  durch  W  Kolbe publiziert  worden 
sind.  Von  ihnen  gehören  23  dem  ö. — 2.  Jahrhundert  au,  nur  eine  einzige 
dem  1.  Jahrbimdert:  offenbar  mußte  der  Friedhof  wthreiid  dietea  letiten 
Zeitraumes  gesdilowen  werden,  wml  sein  Terrain  durch  das  hweinbreohende 
Meer  immer  st&rker  versumpfte.  Die  Senkung  des  Landes  vom  2.  Jahrhundert 
ab  iloknmentiert  sieh  in  der  Nachbars<"haft  von  Leukas  auch  sonst,  am  auf- 
fälligsten im  Delta  des  Acheloos  (  A.spropotamos\  wo  die  vorliur  sehr  anscim- 
liche,  Schritt  iür  Schritt  vertolgbare  \'erlanduug  um  jene  Zeit  zum  Stillstand 
kommt  und  bis  auf  den  heutigen  Tag  in  diesem  Teriiairt  ist.  Ich  werde 
hierauf  in  einem  Ttm  mir  vorbereiteten  Aufisats  Aber  die  VerBndemngen  der 
griechisdien  Kosten  naher  eingehen. 

Fragen  wir  nun  nach  dem  Alter  des  leukadischen  Isthmus,  so  ist  Lang 
im  Unrecht,  wenn  er  es  mit  Sicherheit  bis  auf  die  Homerische  Zeit  zurfick- 
datiert;  wir  können  nur  sagen,  daß  die  Landverbindnng  mindestens  seit  dem 
7.  Jahrhundert  bestanden  hat«  wdl  damab,  um  640,  die  Korinther  snr 
größeren  Sicherheit  ihrer  Schiffahrt  und  Handelsuntemehmungen  im  Westnieere 
die  erste  Fahrrinne  durdi  den  Isthmus  legten  und  an  ihr  die  Stadt  Leukas 
gründeten.*)  I)'>r  L'eolo/ische  iJefund  selbst  lehrt  über  das  Alter  des  Isth- 
mus nichts;  er  iüUt  aber  erkennen,  daß  bereits  zu  irgend  einer  Zeit  vor  dem 
7.  Jahihuaderi  eine  der  heutigen  gani  Ihnliohe  Lagune  vorhanden  war,  in 
der  jene  iV«  m  nichtige  Sohitdit  harfesn  Sdilammes  smAdtst  als  weidies 
Sediment  abgelagert  wurde.  Eine  Hebung  des  Bodens  muß  dann  das  Meer 
aus  der  Lagune  verdrilngt  und  bewirkt  haben,  daß  sich  die  trocken  u-clerrtea 
Schlammsediuiente  verhärteten.  Es  ist  für  das  uns  hier  vorliegende  Problem 
der  Homerischen  Geographie  kaum  nötig  zu  untersuchen,  ob  diese  ältere 
Lagune  dundi  eine  Uber  Jahihunderte  und  Jahrtausende  ausgedehnte,  otm* 
tinmerlich  aufwärts  gerichtete  Bewegimg  des  Landes  aus  einem  viel  tie- 
feren Meeressund  entstanden  ist  und  ob  der  leukadische  Isthmus  den  höchsten 
Stand  und  das  Ende  dieser  Bewegung  darstellt,  die  dann  vom  2. — 1.  Jahr- 
hundert V.  Chr.  bis  heute  in  die  entgegengesetzte  des  sich  stetig  senkenden 
Landes  tibergegangen  ist.  Uns  interessiert  hier  vor  allem  die  Feststellung, 
daß  sieh  geologisch  nicht  im  Geringsten  bestimmen  lißt,  ob  die  Verlandung 
der  Insel  Leukas  längere  oder  kürzere  Zeit  vor  dem  7.  Jahrfaundcit  erfolgt 
ist.  Also  kann  auch  nicht  die  von  Lang  zu  Hilfe  gerufene  Erdgeschichte 
den  um  Ithaka  und  Leukas  tobenden  wissenschatt Hohen  Streit  zu  dunsten 
der  einen  oder  der  anderen  Partei  wirklich  eudgiltig  entscheiden,  und  wir 
sind  wieder  auf  die  viel  umstrittenen  Angaben  der  Homerischen  Gedichte 
aUein  angewiesen. 

Unter  diesen  gibt  uns  das  notorisch  spüte  24.  Buch  der  Odyssee  eine 
wertvolle  Bestätigung  der  Straboniachen  Angabo  über  den  leukadischen  Isthmus, 
wenn  dort')  Nerikos  eine  «xt^  ifitsiQoio  genannt  wird;  denn  Strabo  und  ihm 
folgend  Lang  haben  unbedingt  Becht,  in  Nerikos  den  älteren  Namen  von 
Leukas  zu  erkennen.  Der  Sehiffbkatalogf  der  jfingste  Teil  der  Ilias,  zeigt 
dagegen  wie  an  vielen  Orten  so  auch  hier  seine  Unzulänglichkeit  in  geo* 
graphischen  Dingen ,  da  er*)  anscheinend  (!)  dasselbe  Nerikos  (das  er  auf 
Grund  einer  Verwechslung  mit  dem  Uauptberg  Ithakas  Neriton  nennt)  unter 


1}  AtbenUcbe  Mitt.  XXVU.  1902.  3.  868  ff. 

S)  Stxabo  C.  451.        S)  Odyssee.  24.  V.  877  ff. 


4)  nias.  1.  V.  682. 


Digitizoü  by  C3t.)0^lc 


UnteriQcliaBgen  snr  Geographie  der  Odjiiee. 


343 


den  von  Odysseus  beherrschten  Inseln  nufzfthlt.  So  bleiben  als  Zeugnis 
aus  der  eigentlich  Homerischen  Zeit  nur  die  Verae  21 — '26  des  10.  Buclies, 
die  jene  berühmte,  älteste  Schilderung  der  ionischen  Inseln  enthalten.  Wenn 
in  ihr  Leukas-Nerikos  unter  den  Inseln  fehlt,  so  läßt  sich  daraus  sehr  wohl 
ein  Indioinm  schmieden  für  den  plninsularen  AnechluB  von  Leukms  an  das 
akarnanische  Festland  bereits  in  der  Periode  der  Entstehung  der  Odjsseus* 
liedcr.  Ithaka  heißt  in  jenen  Versen  „die  äußerste  gegen  Westen".  Zur 
Kiklärung  dieser  falschen  geographischen  OriHnliemng,  die  von  Wichtigkeit 
für  unsere  Auffassung  von  der  unmittelbaren  Lokalkenntnis  und  der  Heimat 
des  Diehters  ist,  verweist  Dörpfeld  nach  Partschs  Vorgange  regelmüßig 
anf  die  Kllstenseicbnnng  des  Ptdemaios  im  2.  Jahrimndert  n.  Chr.,  die  den- 
selben Irrtum  aufweist,  indem  sie  die  Küste  von  den  Akrokerannien  bis  zum 
korinthischen  Isthmus  in  ungebrochener  Linie  von  Westen  nach  Osten 
zeichnet.  Dieser  Fehler  der  kartographischen  Darstellung  geht  indessen  nicht 
durch  das  ganze  griechische  Altertum  hindurch,  er  kommt  im  Gegenteil  erst 
in  der  alezandrinLschen  Zeit  auf  und  erscheint  zuerst  auf  der  Karte  des  ^ 
Eratosthenes,  wahrend  gerade  die  ftltesten  griechischen  Karten,  vor  allem  die 
des  Hekataios  (517  v.  Thr.^  und  jedenfalls  r»u»h  schon  der  Pinax  des  Anaxi- 
mand<r  (um  die  Mitte  des  (1.  Jahrhunderts)  die  Küste  in  fast  gerader  Linie 
von  dem  Winkel  des  adriatiscben  Meeres  bis  zum  Eingange  des  koriutbischen 
Golfes  in  dar  Richtung  NNW  auf  880  seichnsn.  Qerade  in  d«r  dim  Hcmie- 
risehan  Zeitalter  am  nächsten  liegenden  Periode  hatten  also  die  Hellenen  eine 
durchaus  richtige  Vorstellung  über  den  allgemeinen  Verlauf  der  Küste;  es 
erscheint  mir  darum  unstatthaft,  diese  bessere  Erkenntnis  nnr  auf  Grund 
jener  Verse  der  Homerischen  Schiffahrt  abzusprechen. 

Auf  jeden  Fall  aber  besteht  geologisch  die  sehr  starke  Möglichkeit, 
da0  dar  leukadiscbe  Isthmns  bereito  in  der  Zeit  der  Entstehung  der  Odyssee 
Toriumden  war,  und  sie  allein  genflgt,  die  Dörpfeldsche  Theorie  auf  dem 
Nirean  einer  bloBen  Hypothese  zu  halten  ohne  Aussicht,  jemals  eine  halb- 
wegs sichere  wissenschaftliche  Erkenntnis  zu  werden. 

In  den  folgenden  Abschnitten  untersucht  Lang  noch  einmal  die  geo- 
graphischen Einzel  angaben  der  Odyssee  über  die  ionischen  Inseln.  So  be- 
bandelt der  sweite  die  f^rage  nach  der  Lage  Dulichions,  der  dritte  das  Insel- 
chen Asteris,  bei  dem  sich  die  Freier  in  den  Hinterhalt  legten,  um  dem 
heimkehrenden  Telemachos  aufzulauern;  der  vierte  gibt  eine  allf^'emeine  Scliil- 
rlerung  der  Homerischen  Landschaft  und  weist  di^  deutürh  auspeprUgt<'u 
Unterschiede  auf  zwischen  wirklicher  und  Märcheulandschatt;  der  fünfte  end- 
lich fahrt  mas  nodi  einmal  durdi  Ithaka  selbst,  das  in  allen  Punkten  sehr 
w<dil  den  geographisohen  Angaben  des  Epos  entqiricfat.  Alle  diese  Ausf&h- 
nmgen,  die  durch  mehrere  Kartenskizzen  und  photograpbische  Aufnahmen 
wirksam  unterstützt  werden,  sind  wolil  Lrelungen;  nur  das  zweite  Kapitel, 
das  auf  (inind  der  Meinung,  daß  Dulicluon  in  der  Müuduugselieue  des  Ache- 
loos  zu  erkennen  sei,  die  AUuvionen  dieses  bedeutendsten  unter  den  griechi- 
sdian  Flflssen  einer  ntiieren  Besprechung  unterwirft  nnd  dämm  dem  Geo- 
graphen besonderes  Interesse  darbietet,  muß  und  kann  noch  weiter  ausgebaut 
werden.  Ich  gedenke  meine  Untersuchungen  darüber  in  einem  besonderen 
Aufisats  Toncnlegen.  Dr.  Max  Kiessiing. 


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d44 


Geograpbisebe  Neuigkeiten. 


I 


fietSnpUseke  Neii^elton. 

ZnmmmengeiteUi  von  Dr.  Avgaei  Fitsaa. 


Allgemeines. 
•  Während  man  biiher  uif  Grand  der 

Arbeiten  des  jnngiit  ▼erstorbenen  P  Ti- 
moteo  Berteiii  zumeist  amuilim,  daß 
Christoph  Colambus  auf  äeiuer  ersten 
Fahrt  nneb  Amerika  die  magnetieehe 
Deklination,  sowie  deren  räumliche  Ver- 
schiedenheit entdeckt  habe,  kann  jetzt 
nach  den  Mitteilungen  Hellmanns 
(Heteorol.  Z.  1906.  S.  Ub)  kanm  noch  ein 
Zweifel  darüber  bestehen.  daßColunibuH 
die  magnetische  Deklination  nicht 
erst  1492  entdeckt  hat,  sondern  daft  lie 
(miDdeetMie)  bereits  ein  halbes  Jahr- 
hundert vor  ihm  bekannt  war  Be- 
reits 1897  hat  Hell  manu  nachzuweisen 
vermocht,  daB  die  magnetische  Deklin»- 
tion,  ganz  unabhängig  von  dem  Befunde 
deri  Columbus.  auf  dem  Festlande  selb- 
ständig entdeckt  worden  sein  muß,  da  die 
■ehon  TOT  Colrnnbu  bekannten  und  sahi- 
reich verwendeten  Taeehensonnenuhren  cor 
Einstellung  in  den  magnetischen  Meridian 
eine  Magnetnadel  besaßen;  ein  derartiges 
ana  der  Zeit  vor  Golnmboe  itanmiendes 
Iniimment  war  jedoch  nicht  bekannt,  und 
erst  vor  wenipen  .Tahren  gelang  es  Aug 
Wolken  hau  er,  drei  aolche  nachzuweisen, 
an  denen  es  mflglieh  war,  den  nntrOglieheii 
Beweis  für  die  vorcolumbische  Kenntnis  der 
magnetischen  Deklination  zu  führen.  Da» 
wichtigste  jener  drei  Instrumente  ist  die 
Soanemihr  vom  Jahre  14M  im  Hoeeiim 
Ferdinandenm  zu  Innsbruck,  di<^  sehr 
kunstvoll  gearbeitet  ist  und  wahrschein- 
lieh  für  den  Kaiser  Friedrich  III.  (1416 
— 1498X  "i^^^  iBit  Vorliebe  astrono- 
mischen ,  astrologischen  und  alchemi- 
stischen  Studien  hingab,  bestimmt  war. 
Anf  dem  Boden  der  in  der  Mitte  des 
Stundentellers  eingelassenen  Kompafidose 
V»efindet  sich  die  nm  Nordende  f^e<:tibeHf 
Abweichongslinie  des  Magneten  einge- 
prägt, die  etwa  11*  Östliche  Abweichung 
anzeigt.  Da  diese  Marke  von  derselben 
Tiefe  und  Stärke  ist  wie  die  Stunden- 
linieu  und  die  alte  Vergoldung  wie  die 
ganze  Oberflftehe  des  Inttramentei  noch 
völlig  intakt  trägt,  so  kann  kein  Zweifel 
darüber  bestehen,  daß  diese  Abweichungs- 
liuie  vom  Verfertiger  im  Jahre  1451  vor- 


gesehen wurde,  daß  also  zur  Zeit  der 
Anfertigimg  dee  biatramenti  die  Tatiaehe 

der  Abweichung  der  Magnetnadel  von  der 
Nordsüdrichtung  bekannt  war  Von  wem 
und  wo  die  Entdeckung  gemacht  wurde, 
bleibt  noch  eine  offsoe  Frage,  deren  Be- 
antwortung durch  weitere  Nachforschungen 
in  Museen  und  Sammlungen  und  durch 
sorgfältiges  Studium  bisher  wenig  be- 
achteter Manuskripte  mathematisch-astro- 
nomiKchen  Inhaltn  möglich  sein  w'rd; 
vielleicht  verspricht  auch  der  schon  mehr- 
fach von  Geographen  versuchte  Weg,  ans 
alten  Land-  und  Seekarten  die  mag- 
netiFtche  Deklination  abzuleiten,  noch 
einigen  Erfolg. 


französischen 
zentralen 


I  Afrika. 

'  •  Von  den  neueren 
I  Forschungen  in  der 
'  Sahara  bdhssen  sieh  die  dee  Geologen 

Chudeau  mit  den  geologischen  und 
archäologischen  Verhilltnissen  der  Gebiete 
südlich  vom  Tnaregplateau.  Chudeau 
dnrehaog  im  Bominer  1906  ment  als  Be- 
gleiter Gautiers  (XI.  1906.  S.  708 1  das 
Gebiet  südlich  der  Tuat-Oasen,  trennte 
sich  dann  aber  von  Gautier  und  zog  erst 
tetlidi  nnd  dann  südlich  durch  gütlich 
unbekannte  Gebiete  der  Wflste  nach  Zin- 
der.  Vom  Tassiii  tan  Adrar,  in  desi^en 
Mitte  der  bekannte  Brunnen  Timis^ao 
liegt,  ftthite  die  Rente  in  östlicher  Rich- 
tung nach  Tit  und  Tamanghasset  an  der 
Südgrenze  des  Hoggar-Mas^^ivs  und  von 
da  in  sfidlicber  Kichtung  nach  Air  und 
Zinder.  Tassiii  tan  Adrar  ist  ein  Plaleaa 
wahrscheinlich  devonischen  Alters,  da« 
auf  drei  Seiten  von  undurchlässigen  sibi- 
rischen Schichten  begrenzt  wird,  wodurch 
sich  der  Wasserreichtum  des  Brunnens 
Tiniissao  erklärt.  Siluripchc  und  archäi- 
sche Bildungen  nahmen  einen  großen 
Teil  des  durchzogenen  Gebietes  ein,  häuüg 
wurden  auch  reeente  vulkanische  ErgOsse 
angetroffen.  In  der  Umgebung  von  Tit 
war  das  Alluvium  so  mächtig,  daß  das 
PflaasenwadistaBi  selbst  dureh  eine  drei- 
jährige Dürre  nicht  allzu  sehr  litt.  Chu- 
deau fiel  besonders  das  Unbestimmte  und 
Unvollendete  in  dem  hydrographischen 


jd  by  GoogU 


Geogrftphifclie  Nenigketteo. 


345 


System  des  Landes  aui',  da^  eine  gewisse 
Ähnlichkeit  mit  den  gleichen  VetUUi- 
nissen  in  Finnland  oder  Kanada  leigt; 

hier  betrann  die  Erosion  zn  spSt,  um  -'in 
regelmiLßiges  hydn^aphiscbes  .System 
ftanzbeiten  sn  können,  nnd  in  der  Saliaia 
hMe  die  Erosionetätigkeit  schon  zu  früh 
auf  Die  archäologischen  T'ntersuchungen 
erstreckten  sich  aui  Steiuwerkzeuge,  Grä- 
ber, Inschriften  nnd  Zeichnungen.  Ans 
dem  Fehleu  der  Steinwerkzeuge  höheren 
Alt'Tfi  in  dem  Ho^'gur- Massiv  schließt 
Chudeau,  daß  die  ueolithische  Uevöl- 
kerang  nur  die  üfer  der  grofien  Wadis 
bewohnte;  erst  ihre  Nachkommen  wur- 
tlen  durch  die  Trockenheit  in  die  Berge 
gedrängt.  Gräber  fanden  sich  besonders 
in  der  Umgebung  noeh  jetst  bewohnter« 
Stätten  und  an  Zusammenflüssen  von 
Wadis,  die  friilier  bewohnt  waren  In- 
Bcliritten  wurden  weniger  zahlreich  ge- 
funden, wahneheinlieh  wegen  der  ge- 
ringen Widerstandsfähigkeit  des  GeHteins; 
eine  im  Tin  Zaruten  war  besonder«  inter- 
essant wegen  ihrer  Lage  im  Niveau  des 
Wadi,  sie  war  die  tie%elegenste,  die  ge- 
funden  wtiril»':  im  Hoggar-Massiv  wurden 
nur  Inschriften  auf  Lava  oder  Phonolith 
gefunden.  Die  Zeichnungen  sind  deutlich 
ia  Bwei  versehiedene  Epochen  zu  verteilen: 
die  älteren  zeigen  Abbildungen  von  ver- 
schiedenen Tieren,  Giraffen  und  Rinder, 
sie  gehören  dem  Ackerbanseitalter  an; 
die  jfingem  sind  sehr  schematieeher  Art 
und  stellen  nur  das  Kamel  dar. 

*  Der  Kuwenxori  steht  gegenwärtig 
im  Mittelpunkt  de«  Interesses  der  Berg- 
ale^ar;  wfthrend  der  Henog  der  Abruzzen 
mit  einer  wohlausgenlsteten  E.xpedition 
(•.  8.  828;  noch  unterwegs  ist,  zu  einem 
aenen  TeiMidie  der  Beiwingtmg  des 
Mstnlafrikanischen  Bergriesen,  wird  im 
Oeogr.  Joum.  (11KJ6.  S.  477)  von  einer 
neuen  Ersteigung  des  Beiges  berichtet, 
bei  der  die  Bergsteiger  bis  95  m  unter 
den  Gipfel  der  scheinbar  hüchbteu  Spitze 
des  ganzen  Gebirgsstockt  h  gelangt  sind 
Die  Besteigung  wurde  um  Ib.  Jan.  190ti 
von  dem  Otterreicher  Grauer  und  den 
Mitgliedern  der  Uganda- Missionsgeseil- 
■ehaft  Tegart  und  Maddox  an.^gefiilirt; 
die  Beigsteiger  gelaugten  bis  zu  einer 
Hebe  von  14956  Fu6  auf  die  Waseer- 
ocbeide  des  Xfubuku-Gleiiichers,  aus  dem 
ein  tinpefahr  40'  hober  Felsen  empor- 
ragte, den  sie  König  Eduard^  Felsen  taut- 


.  ten;  diese  Spitze  halten  die  Ersteiger  für 
I  die  höchste  im  Rnwenxori-Massiv ,  das 
I  somit  eine  Gesamthöhe  von  rund  15000' 
;      .')()00  m  hätte.    l>icbter  Nebel  und  ein 
!  starker  Schneesturm  verhinderten  die  £r- 
I  Steigung  des  letzten  Gipfele  und  swangen 
'  die  Besteiger  zur  Umkehr.    Von  der 
j  Wasserscheide  fiel  der  Berg  nach  dem 
Kongo  zu  steil  ab;  äber  180UU'  Höhe 
eehien  der  Berg  aus  vulkanischem  Ge- 
stein zu  bet>tehen,  dM  stark  zerklüftet 
war:  unter  13000'  waren  die  Abbiinge 
sanfter  geneigt.    Gletscherspnren  zeigten 
sich  tief  unter  der  heutigen  Sehneegrenze. 

Anstralien  und  auittraliMcho  InHein. 

*  Aus  Alice  Springs  in  Zentral-Austra- 
lien  konunt  die  Naehrieht  von  dem  j&hen 

Tode  von  Fr.  R.  (Jeorges,  dem  Führer 
der  im  September  1905  aus  .Adelaide  auf- 
gebrochenen geologischen  Forschungs- 
expedition Sur  Erforschung  der  Petermann* 
Kette.  Kurz  vorher  war  die  Expedition 
von  Eingeborenen  überfallen  worden,  wo- 
bei zwei  Teilnehmer,  Hall  und  Fabian, 
verwundet  wurden.  Der  Nachfolger  Ge- 
orge s'  in  der  Leitung  der  Expedition  ist 
W.  H.  Murray  vom  Bergbaudepartemenl 
in  Adelaide  geworden. 

Sndamerlka. 

*  Von  einer  argentinischen  Ex- 
pedition ist  eine  wissenschaftliche  Br- 
forschang    des    Pilcomayo- Flusses 

glücklich  ausgeführt  werden  Das  (Unter- 
nehmen wurde  von  argentinischen  Kapi- 
talisten SU  dam  Zwecke  ins  Werk  gesetst, 
die  Schiffbarkeit  des  Flusses  nnd  die  sich 
darauH  ergebende  Beileutung  fiir  Handel 
und  Verkehr  festzustellen  und  außerdem 
AttftddCbne  Uber  Aueftihr-  nnd  EiniVihr- 
inögliehkeiten  des  vom  Püoomajo  durch- 
tlossenon  'Jraii  Tharo  zu  gewinnen.  Führer 
der  Expedition  war  der  Norweger  üunnar 
Lange,  Chef  der  hydMgraphisehen  Ab- 
teilung im  argentinischen  Land  wirtschafte- 
niinisterium,  der  die  Expedition  sehr  sorg- 
fältig ausgerüstet  hatte.  Von  Asonciou 
aus,  wo  sieh  der  Pilcomayo  mit  dem 
Paraguay  vereinigt,  trat  die  E.Kp«dition 
im  August  lOOt')  die  l{eise  mit  einem 
flachgeheuden  Boote  von  ^  m  Länge,  drei 
Prfthnen  und  einem  Canoe  an.  Die  40 
Mitglieder  der  Expedition  waren  in  zwei 
AViteilungcn  geteilt .  von  denen  die  eine 
auf  dem  Strome  fuhr,  während  die  an- 


346 


Geographitehe  Neuigkeiten. 


dere  am  Ufer  niarsehierte.  In  di'^8«»r 
Weiae  gelaugte  man  glücklich  zum  Sumpf- 
■ee  Etterro  Petino,  der  frflhoren  Ex))«<li- 
tionen  wegen  ihrer  tiefgt'hcmlen  Hoote 
gewühiilicb  ein  Ziel  setzte.  Mit  den 
leichten  Fahrzeagen  gelang  es  aber  der 
Expedition  durch  daa  leicbte  Wasser 
hindtir<-h  zu  kommen,  indrni  d:»«  Any- 
rüstung  teilweise  über  Land  getrugen 
wurde,  und  »o  glflckte  die  Reise  bis  aas 
Endiiel,  der  Kulonie  Huena  Ventura. 
Dann  wurtle  dif  Hi'ickni^f  aiij.'itrptHn 
Das  Ivr^'ebnirt  der  Ueise  bcHtAnd  in  einer 
vollstftndigen  Karte  des  ganven  Strom- 
lanfes  nebst  Messungen  im  I  fiTi^eltiete, 
pDwir  in  Aufsclilüssfn  über  die  Wasser- 
inenge.  Bei  dem  gegenwärtigen  Zustande 
dea  Stromea  mit  seinen  sahlreichen  Strom- 
sehnellen  und  den  teils  flachen  teils  zn- 
pewachpenen  Partien,  ist  »'in  üt't'ahren 
mit  größeren  Fahrzeugen  auegeschlosüen, 
doch  kann  nach  Ansicht  des  Expeditions- 
leiters ein  Segellauf  geschaffen  werdon, 
was  allenlin^^'s  ungefiihr  5  Millionen  Pesos 
kosten  würde;  da  aber  das  Chacogebiet 
Ar  Tiefaauebttehr  geeignet  ist  und  ao6«y 
dem  viel  anbaufähigen  Land  und  große 
Mineralreichtumcr  enthält,  würde  sich 
dieäe  Ausgabe  bezahlt  machen.  Die  Kosten 
der  Expedition  betrugen  60000  PewM. 

Nord-Polar^eg^enden. 

*  Nachd«'m  es  Einar  Mikk eisen 
gelungen  iat,  Ar  seine  Nordpolezpedi- 

tion  (S.  n^i)  ein  SchiflT  zu  !)ekommpn, 
i8t  von  ihm  der  Kxpeditionaplan  in  seinen 
Einzelheiten  festgestellt  worden.  Das 
ihm  von  den  Vereinigten  Staaten  zur 
Verffigung  gcBtellt«'  Srhiff,  das  er„DucheB8 
of  Bedfonl"  getauft  hat,  ist  ein  hölzernes 
Segelschiff  von  67«/,  Fuß  Länge,  18'/^  Fuß 
Breite,  7*/,  Fuß  Tiefe  und  faßt  66  Tonnen; 
durch  einfifebautc  Schotten  ist  es  p<'?on 
Eispressungen  besonders  gescbütst.  Mitte 
Mai  gedachte  Mikkelsen  von  Viktoria  ab- 
laaegeln  und  sich,  nach  Erledigung  der 
schon  mitgeteilten  Vorarbeiten  an  der 
sibirischen  Küste,  um  den  20.  August 
herum  mit  eeinen  OelUutaD,  welebe  den 
Mackenzie  abwärts  gefidnea  atad,  an  der 
Mündung  diesPH  Flnsapp  zu  voreinigen. 
Dann  soll  die  Weiterfahrt  nach  Osten 
bis  Kap  Bathnrtt  fortgesetzt  und  von 
dort  in  die  Prince  of  Walen -Straße 
zwischen  Banks  Land  und  Pr.  .\lbert- 1 
Land  eingedrungen  werden,  wo  ein  Depot 


errichtet  werden  soll.  Die  Wintenjuartiere 
gedenkt  Mikkelsen  im  Minto-Inlet  am 
Sfldausgange  der  Pktiioa  of  Wales-Strafle 
zu  errichten  uml  dort  sofort  mit  den 
wixsenBcbaftlicbeu  Beobachtungen  zu  be- 
ginnen. Im  Frühjahr  1907  »ollen  zwei 
wohlansgerüstete  Mitglieder  der  Expedi- 
tion den  Versuch  machen,  die  Melville- 
lusel  zu  durchqueren  und  von  dort  nach 
der  Patrick-Tntel  zu  gelangen  und  noeb 
100km  wi  iter  auf  dem  Eise  vorzudringen, 
um  durch  dabei  ausgofilhrte  Lotun<^n 
eine  Vorstellung  von  der  Contiguration 
des  Meeresbodena  au  erhalten.  Unter« 
•  dessen  werden  die  übrigen  Expeditiom- 
t*'ilnehnier  auf  kurzen  Ausflfijjen  dif  I'm- 
gebung  des  Winterquartiers  erforschen; 
daa  Sehiff  loU  nach  Aufbruch  dea  Biiei 
an  der  Süd-  Und  We.stküste  von  Banka 
Land  entlang  nach  der  Bumet-Bai  fahren, 
hier  die  Vorräte  löschen  und  dann  im 
Herbst  1907  oder  Frflbjahr  1M8  na^ 
Haus  fahren  Im  Fnllijahr  1908  soll  eine 
Gestdlschaft  von  drei  Mann  mit  Hnnd<>n 
und  einem  Pony  in  westnordweetlicber 
Riebtong  Uber  daa  Eil  ▼ocdriiigeii  aoweit, 
bis  entweder  durch  Lotungen  erkoaDbar 
wird,  daß  der  Rand  des  Kontinental- 
sockels  überschritten  ist,  oder  bis  Land 
geftmden  oder  bia  der  Pmütt  160*  w.  L. 
u.  76"  .*iO'  n  Br.  erreicht  ist.  Im  ersteren 
Falle  soll  der  Verlauf  des  Randes  des 
Sockels  in  südlicher  Richtung  weiter  ver- 
folgt werden;  adlte  Land  gefunden  wer- 
den, dann  wJlre  dies  zu  erforschen  soweit 
das  möglich;  sollte  aber  weder  der  Rand 
des  Festlandsockel B  noch  Fetitland  gefun- 
den werden,  so  soll  man  mOglichst  den 
oben  be/.eiclmeten  Punkt  zu  erreichten 
und  von  da  entweder  zur  W'rangel- Insel 
oder  SU  einem  anderen  Feallaad  zu  ge> 
langen  Buchen.  Di*'  bei  der  Bumet-Bai 
7iiriickjT«'l)li(>l)enen  Kxpedition«mitglieder 
werden  auf  dem  Expeditionsschiff  zurück- 
kehren, ohne  rieb  weiter  um  die  ent- 
sandte Abteilung  zu  kümmern,  deren 
Rückzug  allerdin|i?9  Hchr  wenig  gesichert 
erscheint,  zumal  der  mitgenommene  Vor- 
rat nur  fttr  140  Tkge  bereebnet  ist. 
'^Geogr.  Joum.  1906.  S  507.) 

♦  Am  25  Juni  wird  die  große  däni- 
sche Grönland  -  Expedition  unter 
der  Leitung  Ton  Mjliui  Eriehaen  die 
Reise  von  Kopenhagen  aus  antreten.  Jn 
'  der  wichtiiren  Knige  des  Fxpe<iitionfl- 
scbitfes  hat  mau  im  letzten  Augenblick 


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Geographische  Neuigkeiten. 


347 


noch  einen  andern  EnteeUoB  gefaßt: 
da  die  „Bclgica"  zu  teuer  war,  kaufte 
Mylius  Erichsen  das  uorwegische  £is- 
mwrfkhiMug  „Magdalene**,  ein  vmur  altes, 
aber  erprobtes  Eisschiff,  zur  Überwinterung 
im  Polareis»'  wie  geschaffen.  Als  „Dan- 
mark"  wird  das  Schitf  in  den  Dienst  der 
Expedition  geitellt  ▼erden.  Über  den 
Plan  der  Expedition  ist  schon  früher 
(S.  170i  ausführlich  berichtet  worden. 
Fast  alle  Mitglieder  der  Expedition,  außer 
dem  Leiter  97  an  der  Zahl,  sind  adion 
in  Kopenhagen  versammelt  und  in  voller 
Arbeit.  Oberleutnant  Koch  vom  dänischen 
Generalstab  leitet  die  kartographischen 
Arbeiten;  der  einaige  denteeheTeOaeliiner 
an  der  Expedition,  Dr  Wetrener,  wird 
die  Drachen-  und  Ballonabteilung  leit^^n 
und  mit  deren  Hilfe  die  höheren  Luft- 
•ehiditon  dar  Polanegiooen  erfonehen; 
die  Vorbereitungen  dazu  trifft  er  in  Berlin. 
Der  Schiff'sführer  der  Expedition,  Oberleut- 
nant Trolle,  ist  nach  Grönland  gereist, 
um  praktische  Erfahrungen  in  der  Eis- 
meerschiffahrt zu  sammeln.  Oberleutnant 
Bistrup  und  der  in  Dänemark  lebende 
grönlftndische  Katediel  BrOnlnnd,  ein 
geborener  Grönl&ndar,  sind  ebenfiiUi  da- 
hin abgereist,  um  Felle  zu  besorgen  und 
die  100  grönländischen  Hunde  zu  holen, 
4Ue  dae  Direktoriom  des  „k.  grOnttndi- 
schen  Handels"  der  Expedition  iiberl&Bt; 
•die  Hunde  werden  nach  den  Kür  öer  ge- 
bracht, wo  man  sie  beim  Beginn  der 
Reise  abholen  wird.  Proriant  fSr  die 
Hunde,  Schlitten  und  Schneeschuhe  wor- 
den in  Norwegen  beschafft;  als  Ersatz 
für  liuderboote  werden  drei  Motorboote 
mitgenommen.  DerSohiflsreederTalininB 
st-ellte  sein  Kohlenlarirer  auf  Island  zur 
Verfügung  und  schenkte  sechs  isländische 
Pferde  zur  Verwendung  als  Zugtiere  beim 
Ttantport  dei  Stationanateriiäs  Ton  der 
Küste  hinein  ins  Innere.  In  Amerika  wird 
ein  besonderes  Automobil  für  die  Ver- 
wendung auf  dem  flachen  Fjordeis  ge- 
baut; aiieb  Material  fllr  drahtloee  tele- 
grai)hiHcl:e  Verbindung  zwischen  dem 
Schiff  und  den  einzelnen  Plätzen  am  Land 
wird  mitgenommen.  Eine  Telegraphen- 
lettong  T<m  SOO  km  Unge  befindet  sich 
auch  unter  der  Ausrüstung.  Dieser  Ex- 
pedition, der  größten,  die  je  von  Dänen 
ausgerüstet  wurde,  wendet  ganz  IMlnemark 
ongewöhnlicheo  Interesse  zu. 

*  In  konem  wird  eine  mit  aualflndi- 


-eher  Unteratfilrang  zu  Stande  gekommene 
Exj)edition  nach  Sjiitzbergen  ab- 
gehen, um  dort  unter  Leitung  des  nor- 
wegischen Rittmeiaters  Iiaohaen,  einei 
ehemaligen  Teilnehmers  an  der  Sver- 
dnipschen  I'<xperlition,  wissenschaftliche 
Forschungen  auszuführen.  Nach  dem  der 
geographischen  Oeiellsehaft  in  Ghristiania 
vorgelegten  Plane  handelt  es  sich  um  die 
Erforschung  des  nordwestlichen  Teiles 
von  Spitzbergen,  der  sowohl  au  der  Küste 
wie  im  Innern  gwlogiech  nnd  geographiseh 
erforscht  werden  soll.  In  Folge  der  be- 
absichtigten Wanderung  ins  Innere  wer- 
den sehr  umfassende  Vorbereitungen  ge- 
troffen. Die  ESxpedition  wird  mit  baehsen 
acht  wisi«enschaftHche  Teilnehmer  zählen, 
<lie  mit  Ausnahme  des  Arztes,  der  ein 
Franzose  ist,  alle  aus  Norwegen  stammen. 

*  Einen  abermaligen  Versuch,  den 
Nordpol  mittels  (los  Lu  ftb  ii  1 1  r.  n  s 
zu  erreichen,  will  der  Amerikaner 
Well  man  noch  in  diesem,  spätestens 
aber  im  Jahre  1907  ausführen.  Ein  Aue- 
schuß fler  National  Oengraphic  Society 
in  Washington  hat  die  vorgelegten  Pläne 
nach  sorgiältig->ter  Frilftmg  fttr  anssieihts- 
reich  befunden  und  der  Ausführung  doS 
Planes  seine  tatkräftige  Unterstützung  zu- 
gesagt; ein  Abgeordneter  dieses  Aus- 
■dnuses,  M^jor  Heney,  wird  sogar  an 
der  Fahrt  teilnelimMi.  Die  vorläufirr  auf 
250  000  Dollars  Teranschlagten  Konten  der 
Expedition  trägt  Viktor  Lawson,  der 
Haopteigentllmer  dee  „Chicago-Reoord- 
Herald'*;  die  Plane  für  das  neu  zu  er- 
bauende Luftschiff  haben  den  berühm- 
testen amerikanischen  und  französischen 
SaehTerstftndigen  flkr  Lnftechiffahrt  sur 
Begutachtung  vorgelegen,  mit  der  Aus- 
führung des  Baus  ist  der  französibche 
Luftschiffer  Godard  betraut  worden,  der 
den  Ballon  bis  Ende  Ifat  fSntigzustellen 
hat.  Im  Juni  wird  die  Gesamtausrüstung 
der  Exjiedition  nach  TromsÖe  geschafft, 
wo  der  Eisdampfer  „Frithjof*,  das  Ex- 
peditionsschiff der  Ziegler^sehen  Nordpol- 
expedition, zu  ihrer  Aufnahme  bereit  liegt, 
und  am  20.  Juni  soll  die  Abreise  der 
Ex|)edition  nach  Spitzbergen  erfolgen. 
Welhnan,  der  kein  Neoling  in  der  ark- 
tischen Forschung  ist  und  ls9>^  99  selbst 
eine  Nordpolexpedition  nach  Franz  Josef- 
Land  (Y.  1899.602)  zur  Anfimchung  Andr^es 
wenn  auch  mit  wenig  Glück  unternommen 
hat,  gedenkt  das  Hauptquartier  der  £z- 


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348 


Oeographiich«  N«vigkeit«n. 


pedition  auf  der  Niederen  Insel  in  Nord- 
Hpitzbergeo  zu  errichten  und  dann  sofort 
an  den  Baa  der  nötigen  Hftiuer  und  dea 
Schuppens  fftr  die  Anfbahme  des  gefüllten 
Ballons  zn  gehen :  zur  Erzpupnnjf  des 
nötigen  WaseerstolTi»  werden  lOö  Tons 
Sebw^eltiore  and  76  Tons  Eisenfeilsplne 
mitgenommen;  in  der  letzten  HiUftc  den 
Juli  sollen  dann  Flugversuche  mit  dem 
Ballon  untemommen  werden.  Stellt  sich 
hierbei  die  LenkbaAeit  dea  Balloiie  ala 
genügend  heraus,  ro  soll  noch  in  die^^em 
Jahre  der  Versuch  gemacht  werden,  den 
Nordpol  zu  erreichen.  Im  anderen  Falle 
soll  der  Versuch  bis  snm  Jahre  1907  auf- 
gf'8ch<il'cii  werden,  um  Iiis  dahin  die  Aus- 
sichten liir  ein  Gelingen  des  Pl:int>  nuch 
günstiger  gestalten  zu  können;  die  ^anze 
Expedition  wQrde  dann  im  Herbst  znrück- 
kehron,  um  dif  VcrliesHcninf^en  und  Ver- 
voUkommungen  am  Ballon  in  Europa  vor- 
mnehmen.  Dank  der  Lenkbtrikeit  des 
Luftschiffes  hofft  man  den  Pol  in  lOThgen 
oder  240  Stunden  frieiclH'n  zu  können : 
W'ellman  glaubt  dem  Ballon  eine  Schwebe- 
f&higkcit  Ton  SO  bis  26  Tagen  Torleiben 
an  können;  während  dieser  Zeit  werden 
nngef.thr  5600  Pfund  (Tiisoliti  in  den  Mo- 
toren verbrannt  und  dus  Laduugsgewicht 
um  diesen  Betrag  verringert  werden,  so 
daß  dadurch  der  durch  (iusverlust  herbei- 
geführte tSigliche  Verlust  an  Aultriebkraft 
von  2UU  l'fuud  mehr  als  ausgeglichen 
wird.  Attfier  der  Lenkbarkeit  des  Ballons 
wird  man  sich  noch  eine  andere,  seit 
Andrt'es  unglücklichem  Aufstiege  gemachte 
li^hndung  zu  ^utze  machen:  die  draht- 
lose Telegraphier  Durch  Erriebtongiweier 
Stationen,  in  Uammwfeet  und  beim  Haupt- 
quartier in  Spitzbergen  hofft  Wellman 
vum  liallun  aud  in  stetiger  Verbindung 
mit  der  flbrigen  Welt  bleiben  an  können, 
selbst  wenn  er  bis  zum  Pol  getrieben 
werden  sollte.  Die  bisher  gemachten  Fort- 
schritte der  Wissenschatt  hat  man  sich 
allttdings  bei  Anarflstiuig  der  Expedition 
in  vollstem  Maße  zu  Nutze  gemacht; 
trotzdem  erscheint  es  noch  fraglich,  ol> 
sie  schon  genügen,  um  ein  Gelingen 
dea  tollkühnen  Planes  gewfthrleisten  an 
können. 

Meere. 

*  Der  Fürst  von  Monaco  hat  dem 

französischen  Unterrichtsminister  in  einem 
Schreibon  mitgeteilt.  daB  er  beschlossen 
habe,   ein  Institut  für  Meeresfor- 


Bchung  in  Paris  zu  erriihten  und  ihm 
das  ozeanographische  Museum  in  Monaco 
mit  Laboratorien  nnd  Sammlnngen  aoin 
Geschenk  zu  machen,  sowie  ein  Kapital 
von  vier  Millionen  Franken  für  die  Unter- 
haltung des  Instituts  sicher  zu  stellen. 
Die  Leitung  des  Instituts  soll  eine»  inter- 
nationiilen  Ausschuß  anvertraut  werden, 
der  auH  den  hervorragendsten  Ozeano- 
grapheu  zusammengeseUt  sein  wird. 

*  Die  magnetische  Yermessnng 
des  Stillen  Ozeans,  die  im  vorigen 
Jahre  von  Seiten  der  Vereinigten  Staaten 
begonnen  wurde,  wird  in  diesem  Jahre 
fortgesetzt;  die  Yacht  „Galileo**  hat  mit 
den  Ingenieuren  an  Bord  den  Hafen  \on 
San  Diego  in  Kaliforniea  am  2.  März  ver- 
lassen, um  folgende  Rundfahrt  von  uuge^ 
fdhr  96000  km  Läuge  bis  Ende  dieses 
Jahres  zu  vollenden:  San  Diego,  Fan- 
ning  Island f  Samoa- Archipel,  Fidschi- 
Luän,  HanehaU-lnaehi,  OnMi,  Yokohama, 
Al&uten  und  zurück  nach  San  Diego  Da 
das  vorja.hrige  Beubachtungspersonal  wie- 
der beim  foast  aud  Geodetic  Sunej 
Verwendung  gefünden  hatte,  machte  aeh 
eine  Neubildung  des  wiaaeoaehaftlichen 
Stabes  notwendig;  ihm  gehören  jetzt  an: 
W.  J.  Peters,  der  einstige  zweite  Kom- 
mandant der  letiten  Ziegler-Polampedi- 
tion,  dem  der  Oberbefehl  Aber  das  Schif 
und  die  gesamte  Leitung  anvertraut  wunle; 
femer  J.  P.  Ault,  der  ebenfalls  au  jener 
Polarezpedition  teflgenommen  hat,  J.  C. 
Pearson  und  Dr.  Martya  ab  Alti 
Wie  der  Carnegie  Institution  in  Washing- 
ton, der  die  Ausführung  des  ganzen 
Unternehmens  übertragen  worden  ist,  mit> 
geteilt  wurde,  hat  die  „Galilee'*  am 
31.  März  Fanning  Island  glücklich  er- 
reicht, hat  also  in  2*J  Tagen  ungcfilhr 
6000  tön  bei  fortwfthrendem  genauem  Be- 
obachten anrftc^dogt 

ZellMlirlfleB* 

*  Im  Verlag  von  OebrüderBomtraeger, 

Berlin,  ist  soeben  da"*  erste  Heft  einer 
„Zeitschrift  für  Gletscherkunde, 
für  Eiszeitforschung  und  Geschichte  des 
Klimas  (Annales  de  Glaciologie  —  Annab 
of  (ÜRi  iology  —  Annali  de  Glaciologia)'*^ 
erschieueu,  als  Organ  der  „lutematioualen 
Gletscherkommission**  heran^egeben  an- 
tcr  Mitwirkung  deutscher  und  auf>Iftadi> 
scher  Gletscher-  und  Eiszeit-Forscher  von 
Eduard  Brückner.  Die  neue  Zeitschrift 


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Bfleherbeapreehungen. 


349 


will  bei  der  zauebmendeu  Zürstreuung  soll  Voliittändigkeit  der  Titel  aller  die 
4«r  Abhudlimgen  »in  der  Olatoeherkimde  |  Oletoehmrlmiide  im  wwteelen  ümftMig  be- 

und  Eiszeitforschong  Ober  alle  iiK^glichen  treffenden  neu  erscheinenden  Arbeiten 
Zeitschriften  und  Vereinsorgane  als  inter-  angestrebt  werden.  Nach  Bedarf  sollen 
nationales  mehrsprachiges  Zentralorgan  Karten  und  Abbildungen  beigegeben  wer- 
^nrcb  VeorOffeniUehiiiig  oxigiDaler  Abband- ,  den.  IMe  neue  ZeitoebriH  toll  intor- 
lungen  und  durch  kleinere  Mitteilungen  national  ^cin,  ihre  Beitrüge  können  in 
und  Referate  die  INirhchritte  der  Glet-  deutscher,  englischer,  französischer  und 
scberktinde  widerspiegi  in,  anter  ganz  be-  italienischer  Sprache  erscheinen;  die 
souderer  Berückaichtigung  der  Gletscher-  Sprache  der  Redaktion  ist  deotech.  Die 
forschung  in  den  (europäischen  Alpen.  Ein  Zeitschrift  soll  zum  Jahrespreis  von  „(C  IG 
breiter  liaum  soll  der  wi-^aenschattlichen  in  zwanglosen  Heilen  i  höchstens  6  im 
Diakaenon  inr  Yerfügung  stehen,  und  in;  Jahre)  von  je  80  Seiten  in  gr.  8**  erscheinen; 
«iner  bibliogiAphiechenZaMoimenstellang' je  A  Hefte  bilden  einen  Bnnd.   F.  Tfa. 


Bflieherbespreehungen. 


Schmidt,  Wilhelm.     Astronomische  j 
Erdkunde.    i^VI.  Teil  von  Klar's 
Jfodkonde».)  S81  S.  81  ¥ig.  8  Taf. ' 
Leipzig  u.  Wien,  Deuticke  1908.  ' 
Das  Buch  behandelt  in  8  Teilen:  | 

1}  Bewegungserscheinungen  über  un- . 
terem  und  anderen  Horiionten; 

2)  Gug  der  Bewegungen  im  Riumie, 
Gravitation,  Abänderung  der  Erdgestalt; 

8)  zum  ünterricht«  der  Mtronomischen 
Erdkunde  an  Mittelschulen. 

In  dem  Bache,  das  offenbar  aus  einem 
sehr  eindringlichen  Unterricht  hervor*  ^ 
gegangen  ist,  wird  der  Lehrer  der  matbe- 
matiachen  Geographie  für  jede  Stufe  Ver- 
wertbares finden.  Besonders  dankbar  wird 
der  Leser  Kenntnis  nehmen  von  einigen 
einlachen  Apparaten,  die  rieh  nnadiwer 
hentellen  länen  wie  der  Sonnenstand- 
zeiger, der  erlaubt  die  täglichen  Kreis- 
bahnen der  Sonne  für  jede  geographische 
Breite  sor  Anidiannng  zu  bringen.  Aneh 
■ei  der  lehrreichen  Behandlung  von  Son- 
nen- und  Mondfinsternissen  Erwähnung 
getan.  Die  Lektüre  des  Bncbes  ist  durch 
eine  nne  nicht  immer  geläufige  Ansdrncka- 
weiaa  ateUenweise  etiraa  enohwert 

0.  Clanft. 

Bealy  0«   Frflhere  und  sp&tere 

Hypothesen  über  die  regel- 
mftfiige  Anordnung  der  Erd- 
gebirge. (Mflnchner  geographische 
Studien.  Heft  17.)  IV  u.  62  S.  Mün- 
chen, Ackermann  1906.  1.20. 
Es  wird  uns  hier  eine  sehr  interessante 
•geognphieohe  Skine  geboten. 


die  durchaus  das  Gepräge  Güntber- 
scber  Schule  trugt.  Der  Verf.  gruppiert 
die  venchiedenen  Hypotheeen  über  die 
regelmäßige  Anordnung  der  Erdgebirge 
folgendermaßen:  I.  die  Gebirge  erstrecken 
sich  nach  bestimmten  Himmelstichluugen; 
IT.  die  Gebirge  gehen  von  einigmi  hSch- 
aten  Punkten  der  Erdoberfläche  strahlen- 
fürmig  ans;  III.  die  bedeutenderen  Ge- 
birgsrücken liegen  in  den  Kanten  eines 
mit  der  Erdoberflache  kontentrischen 
Kristalles ;  IV.  die  Gebirge  stehen  in 
einer  Wechselbeziehung  zu  den  Konturen 
der  Featl&nder.  Er  behandelt  in  vor- 
liegendem Heft  nur  die  erste  Gruppe  von 
Hypothesen  und  verfolgt  sie  mit  gr<^ßter 
Sorgfalt  von  den  ältesten  Zeiten  an  bis 
in  den  Beginn  des  19.  Jahihnnderts,  d.  h. 
bis  auf  Alexander  v.  Humboldt,  Leopold 
V.  Buch  und  Klie  de  Beaumont.  Dem 
Schlußsätze  des  V^erf.,  daß  sich  das  Ent- 
stehen der  ▼erschiedenen  H  vpotheien  in 
erster  Linie  aus  der  Unkenntnis  des  wah- 
ren Reliefs  der  Krdobertlä«  he  erkl&rt|Wird 
man  voll  zustimmen  können. 

R.  Langenbeck. 

Jaeobl)  A.   Tiergeographie.  (Samm- 
long  Göschen  No.  S18.)  15t  8.  i  K. 

Leipzig,  Göschen  1904.  —.HO. 
Der  Verfa.sser,  der  sich  bereit«  seit 
lilngerem,  vor  allem  durch  seine  Arbeit 
„Lage  und  Form  biogeographischer  Ge- 
biete» (Z.Ges.  Kr  !k,  Horlin  XXXV.  1900) 
als  Zoogeograph  vorteilhaft  bekannt  ge- 
macht hat,  bietet  in  vorliegendem  Büch- 
lein eine  knappe  Dazvtellang  der  Tier^ 


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351) 


Bücherbeaprcchangen. 


geographie,  die  sich  mit  Exfolg  bemOlit, 

dem  Leeer  einen  allgemeinen  Begriff  de» 
heutige»  Standes  der  WisBenschafl  zu 
geben,  äo  muten  denn  die  Einleitung 
(Begriir  der  Tietgeographie,  Bedentniig 
für  <He  zoüli  i^i^clie  Systematik,  Bedeutung 
für  die  Abstamuuingslehre,  Bedeutung  für 
Erdgeschichte  und  Versteinerungakunde) 
ebenso  wie  der  Abschnitt  „Allgemeine 
Tierper>rjrap]iie"  durchaus  zeitgemfiß  an. 
Daß  einer  augenblicklich  in  Mause- 
rung begriffenen  Wissenschaft  das  Theo- 
retische  tarn  Teil  in  stark  sehematischer 
nud  anthropoinorjihcr  rjeptaltun^'  nuflritt. 
soll  einem  kleineu,  begriffliche  Gegensätze 
naturgemftll  leUhrferberrorbelMndeii  Bnehe 
nicht  zum  Vorwurf  gemacht  weiden.  Nicht 
zu  billigen  ist  jedoch,  wenn  S.  17  der 
Ausdruck  Mutatiun  in  einer  weder  zu  der 
Wagen*eehea  noch  sn  der  De  Triee*sdieik 
Begriffs-Festsetzung  ttimmenden  Art  ge- 
braucht wird;  ebenso,  wenn  der  Vf.,  wio 
aach  bereits  in  seiner  früheren  Schnfl,  den 
Ausdruck  Neogaea  (im  Gegeneata  m  Ark- 
togtea  und  Notogaea)  für  das  neotropische 
plns  neoboreule  Gebiet  anwendet,  wilh- 
reud  alle  anderen  Schrülsteller  seit  dem 
Jahre  1898  den  Nftmen  Neogaeft  fttr  8üd> 
amerika  im  allgemeinen  anwenden,  also 
für  den  Complex,  der  vom  Ende  der  Kreide 
bis  fast  zum  Pleistocaen  von  dem  nord- 
amerikanieehen  Kontinent  getrennt  nnd  lo 
von  der  faunistischen  Entwickelung  der  gro- 
ßen Nord-Erde  völli«;  ausgeaelilossen  war. 

Störend  wirkeu  die  L'ugeuauigkeiten 
dee  ipeaiellen  Teile«,  Ton  denen  dnige 
besonders  auffallende  in  Folgendem  rich- 
tig gestellt  sein  mögen :  (S.  37)  Irland 
ist  nicht  amphibienloa;  (S.  99)  Flufipferde 
gibt  ee  heutentage  nicht  in  Ifadagaskar; 
(S.  112)  Scincoidfii  kommen  auf  Xeu-See- 
land  vor;  (S.  iw>j  Laubfrösche  kommen 
nicht  auf  Madagaskar  vor,  sind  auch  keine 
Firmistemia;  (S.  118)  die  Gattung  Umbra 
hat  mit  den  Umberfiachen  Sciaenidae) 
nichta  zu  ttm;  (S.  120)  die  Ophiocepha- 
liden  nnd  Maatneembiliden  sind  nicht 
dem  indisehen  Oebiet  eigentfimlich, 
sondern  kommen  grade  auch  in  Afrika 
vor;  (S.  121)  echte  Störe  gibt  es  eine  ganze 
Anaahl  in  Nordamerika.  Daß  der  Elefant 
(8.  84)  als  Unpaarzeher,  der  Ameisenbär 
(S.  66)  als  Ameisenlöwe,  die  makiironesi- 
Bcheu  Inseln  (S.  126)  als  „makronesische" 
auftraten,  ist  Mcher  auf  Konto  ron  Sdueib- 
fehlem  sn  setaen.  O.  Pfeffer. 


Tb.  Fontanes  Wanderungen  durch 
die  Mark  TUandenburg.  Ans- 
wahl,  hrsg.  von  H.  Berdrow.  (^Cotta- 
sche  Handbibliothek.  Nr.  ISl.j  228  S. 
Stuttgart  n.  Berlin,  Cotta  1906.  JL 1.—. 
Fontane  hat  Mark  und  lUrinr  in 
seinen  „Wandfnuifjen"  mit  reir.voll  natür- 
licher Einfachheit  zur  Anschauung  ge- 
bracht; doch  waren  die  8  Bände  an 
sümmnngf'vollen  Einzelheiten  reichen 
Werkes,  dem  auch  eine  Fülle  tatsflihlicher 
Belehrungen  zu  entnehmen  ist,  zu  teuer 
als  daß  ihnen  neben  der  iduiftstelkn- 
Bchen  Berühmtheit  auch  wahre  Volks- 
tümlichkeit zu  teil  werden  konnte.  In 
dem  berechtigten  Wunsche,  die  weitesten 
Kreise  möchten  mit  Landschaften  and 
Volksstfimmen  unsres  VaterlaTidcs  wirk- 
lich vertraut  werden,  muß  man  deshalb 
eine  billige  Ausgabe  tou  Fontanes  Wan- 
derungen willkomnien  heißen.  Daß  es 
Hieb  bei  dem  Abdruck  in  Cottas  Hand- 
bibliothek nur  um  eine  Auswahl  aus  der 
langen  Reihe  der  Darstellungen  Fontanes 
handelt,  ist  kein  allzu  bedauerlicher  Miß- 
ftund  Vielleicht  würde  ein  Kretmd  des 
Gesamtwerkes  einen  oder  den  audem 
ihm  gerade  Heb  gewordenen  Aufiats  ter- 
missen;  aber  bei  aller  Mannigfaltigkeit 
der  Schilderungen  ist  der  rnterschied 
zwischen  den  einzelnen  Stücken  nicht  groß 
genug,  daß  nicht  die  Auslese,  die  R 
Berdrow  so  getroffen  hat,  daß  möglichst 
jedes  Gebiet  dt  r  Mark  vertreten  ist,  einen 
vollkommen  hiureicheudeu  Einblick  so- 
wohl in  die  Eigenart  Brandenburgs  und 
der  Brandenburger  wie  in  die  von  Fon- 
tanes Schilderungsweiee  böte.  Dem  Geo- 
graphen bietet  sie  nicht  gerade  viel. 
Berdrow  bemerkt  im  einleitenden  Vor- 
wort mit  Recht,  daß  die  märkischen 
Romane  von  Willibald  Alexis  an  Natur- 
▼ertrantheit  die  Darstellungen  Fontaaee 
übertreffen.  Die  Landschaft  ist  ihm  nor 
Kähmen  für  die  Menschen,  d\v  gegen- 
wärtigen und  mehr  noch  die  vergangenen. 
Fontane  ist  mehr  ein  Freund  der  Oa> 
schichte  als  ein  Geograph.  Und  auch  wa« 
er  noch  als  ge^enwilrtig  schildert,  gehört 
ztt  recht  beträchtlichem  Umfange  bereits 
der  Vergangenheit  an.   Felix  Lampe. 

Kßhler,  G.  Die  „Rücken''  in  Mana- 
feld  und  in  Thüringen,  sowie 
ihre  Bedehongen  cor  SrafUhrung  dee 
KupfersehieMotsee.  89  S.  18  Tif. 


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BUcherbespreehnngen. 


361 


a.  7  Textebb.    Leipzig,  Engelmann 
1Ö05.    JL  6.—. 
Der  berühmte  Mauafelder  RerLjhau  ist 
bekauntiich  auf  deu  verbältuifituüßig  ge- 
ringen Kopfer-  und  BUbeirgelii^  des  kmmii 
V,  m  mächtigen  Knpferachiefera  gerichtet, 
der  als  ein  bitumenreioher,  mit  feinet^n 
£rzpariikeicben    imprägnierter  dunkler 
Mergdichiefer  llngt  einea  grofien  TeOee 
dee  Husrandes,  läagN  des  ThOringer- 
waldes  und  an  verschiedenen  Stellen  des 
öatlicheo  Kurhedsens  zu  Tage  tritt.  Man 
liatte  bis  in  die  neuere  Zeit  den  Kupfer» 
■chiefer   für   eine   „syngenetische"  Erz- 
lageffitütte  gehalten,  d.  h.  man  nahm  an, 
daß  das  Flötz  und  sein  Erzgehalt  gleich- 
leitig  sns  dem  Zeehifeeimneere  nieder- 
geschlagen worden  seien.    Der  Umstand, 
daß  der  Metallgehalt  des  KupferBchiefers 
teilweise  dort,  wo  dieser  von  Spalten 
dnrehietzt  wird,  hoher  ist  als  gewMinlieh, 
hatte  den  rtsterreichischen  Montangeologen 
Potepny  und  nach  ihm  auch  einige  deut' 
•che  Geologen  Tennlaßt,  jene  gleiehieitige 
BQdnngsweise  der  ErzfQhrung  zu  bestrei- 
ten tind  dafür  eine  spätere  Impriignation 
des  Knpferschiefers  mit  den  Metallver- 
bindnngm  —  aleo  eine  „Epigeneee"  der 
letzteren  anzunehmen.    Die  vodiegende 
Arbeit  will  zur  Äufklilrung  dieser  Frage 
beitragen;  sie  gründet  sich  auf  möglichst 
eingehende  Stadien  und  enUdIt  tetsfteh- 
lich  die  eingehendste  Behandlung,  welche 
der  rJc^^onstand   Lit»  jetzt  erfahren  hat. 
Unier  den  „Bücken'^  versteht  der  Kupfer- 
eehieferbergbM  nicht  nllein  alle  im  nll- 
gemeinsten  Sinne  als  Verwerfungen  be- 
zeichneten Stönmgen,  sondern  auch  Falten. 
Die  diesen  Lagerungsslörungen  gewidmete 
Simdbeidireibang  imd   die  bildlichen 
DantottUngen  der  sehr  mannigfachen  und 
teilweise    recht    verwickelten  Faltuiigs- 
erscheiuuugen  besitzen  ein  grüßeres  all- 
gemeinee  biteresee.  Längs  Verwerfongs- 
■palten  ist  sehr  häufig  der  Kupfer-  und 
der  Silborgehalt  des  Flötzes  nicht  nur  im 
ganzen  ein  besonders  hoher,  sondern  es 
iet  »ach  seit  langem  bekannt,  daA  doct 
gerade    solche  Schichten   des  untersten 
Zech  Steins,  die  im  normalen  Falle  nur 
wenig  erzführend  sind,  zu  den  hanptsäch- 
sten  Erztrftgem  werden.  Auf  Grund  mehr- 
monatlicher Stadien  in  den  Gruben  und 
durch     mikroskopische  Untersuchungen 
kommt        Verfasser  tn  dem  Ergebnis, 
da0  die  normale  Eraflihrang  des  Gesteins 


nnr  eine  arsprflngliche,  syngenetische  sein 
kann,  daA  aber  innerhalb  der  von  Spalten 

durchzogenen  und  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  aufgelockerten  Flötzpartien  eine 
Auslaogung  des  Kupfers  und  Silbers  mid 
eine  Wiederausscheidnng  di  ^  r  Metalle 
besonders  in  den  jeweils  benachbarten 
tiefer  gelegenen  Teilen  des  bituminösen 
Schiefen,  also  eine  Umlagerung  onter 
sekundärer  Veredelung  stett  hatte.  Solche 
sekundilren  Anreicherungen  als  Folge  einer 
Auflösung  von  Kupfer  oder  Silber  und 
ihrer  WiederaosflUlung  in  tieferen  Hori- 
sonten  sind  tat^ilchlich  von  sehr  vielen 
Lagerstätten  bekannt  und  bedingten  z.  B. 
den  enormen  Reichtum  amerikauischer 
SilberengAage  und  der  Knpferenginge 
von  Montana,  Chile  oder  Australien. 
^  Bergeat. 

Gerbiug,    Walter.     Die    Pässe  des 
Thüringer  Waldes  in  ihrer  He- 
deutung  für  den  innerdeutschen  Ver- 
kehr nnd  das  deotsehe  StraAennete. 
(Diss.  Halle.)    (S.  A.  aus:  „Mitt.  d. 
Ver.  f.  Erdkde.  Halle".   1904.  S.  1  — 
53.)  6S  S.    1  K.    Halle  a.  S.  1904. 
Fflr  den  nordwestliehen  nnd  sentralen 
Thüringer  Wald  hatte  der  Ref.  1884  in 
seiner  Habilitationsschrift,  tur  Erfurt  und 
Südwest- Thüringen  sodann  Luise  Ger- 
bin g,  die  Mutter  des  Verf.  obiger  Arbeit» 
im  vorigen  Jahrsehnt  eine  Grandlag'>  zur 
genaueren    Beurteilung   der  mittelalter- 
lichen Verkehrswege  zu  gewinnen  gebucht. 
Neben  den  bisher  stark  betonten  gesehicht- 
lichen  Momentm  kommen  nunmehr  auch 
die     anthropogeograpliischen  Gesichts- 
punkte zu  ihrem  liechte :  unter  surgnilliger 
Yerwertong  der  seit  fiba  90  Jahren  publi- 
zierten lokalen  Forschungen  hat  der  Verf. 
ein  die  einschlägigen  Gesichtspunkte  sorg- 
sam abwägendes,  klares  Gesamtbild  ent- 
worfisa,  des  sich  auf  angehende  Bdcannt- 
schaft  mit  den  topographischen  und  geo- 
graphischen Verhältnissen  des  behandel- 
ten Gebietes  stützt. 

Eine  Karle  (in  IttAOOOO),  betitelt: 

„Die  Verkehrs-  und  Handelswegc  von 
Thüringen",  veranschaulicht  die  haupt- 
sächlichen Ergebnisse  dieser  verdienst- 
lichen Studie,  indem  auf  ihr  neben  den 
modernen  Bahnlinien  und  KuuststraBon 
die  letzteren  sind  rot  gestrichelt^  durch 
drei  weitere  rote  Signaturen  drei  Ab- 
stufungen der  mittelaUerlichen  Verkehre» 


852 


Bflelierbeipreohiingen. 


wege:  die  Hauptlinien  des  Welt- 
rerkehrt;  seine  NebenstrftSen;  die 

lokalen  A't'rkehrswege  gekenn- 
seichnei  werden.  Zu  den  enteren 
g«1iOr«i  nmftebfk  im  Nordveiten  des 

Oebirgei  die  drei  in  Rinenach  Ton  Frank- 
furt her  ZM^amTneiilaulVndon  Straßen  : 
a)  durch  die  ,,Langou  Hessen"  von 
Krensbnrg  her;  b)  dorcb  die  „Kurten 
Hessen"  von  Hernft  ld  über  Berka  a.  d. 
Werra  und  Obrndlon;  c  die  „Kin/.ig- 
atraße",  die  von  Hüut'eld  über  Vacha 
und  Merknihl  Eiienaeh  eneieht.  Den 
mittleren  riiuringer  Wald  über- 
Bclireiteii  sodiinii  die  bt'iden  Straßen/ügo 
von  Würzburg  und  Niiruberg,  vereiuigeu 
rieb  bei  GArbitabanten  und  träten  in  das 
Erfoxter  Becken  ein,  während  im  Süd- 
osten gegen  die  Gr^-nzo  ilos  Thunder 
und  Franken -Waldes  zu  die  vun  Dum- 
berg nneb  Leipxig  Uber  Koborg,  Jodea- 
buch,  den  Sattclpiiß,  Grafentbai,  Saalfeld 
und  Jena  verlaufende  „Niedere  Straßt«" 
einen  hervorragenden  VerkeiiiHweg  dar- 
■teUt 

Als  „Nebenstraßen  dps  Weltver- 
kehrs" treten  zu  diesen  Haupti^traßen- 
sttgen  zwei  hinzu:  n)  die  Straße  von  Gotha 
«ber  Oeorgentiuü.TMiibnefa,  Sehawllnüdea, 

Wrmsbanson.  Hnhrdorf,  fJeipa,  dif  sich 
in  der  Uböu  mit  der  ubongenaunten 
„Kinzigstraße*^  vereinigt;  b)  die  Straße 
von  Erfurt  Aber  Schnur»,  Dietendorf, 
Miihlberg,  Crawinkel.  Oberhof,  Suhl,  die 
in  Schlcaeingen  in  die  „Waldstraße"  Er- 
furt— Frenenwald — Wflrtboxg  eininflndet. 

Alle  sonstigen  über  den  Thflringer 
Wald  ziehenden  Wo^'e  haVon  y-egen  diese 
beiden  Uauptkategorien  eine  mehr  lo- 
kale Bedentting.  Erst  weiter  in  Sfid- 
osten  treten  wieder  zwei  Nürnberg  und 
Lei])zig  verknClpfende  Hauptzilge  hinzu, 
die  aber  nicht  mehr  in  den  Rahmen  der 
▼erliegenden  Arbeit  fUlen,  anf  deren  viel- 
fach interessantes  Detail  wir  an  dieser 
Stelle  Tersichten  mflaaen.    fr.  Regel. 

Wumrly  Leo.  Daa  K5nigreieh  8neh* 

sen  in  Wort  und  Büd.  XV  u.  588  S. 
Stadtpläne,  1  K.  u.  240  Abb.  Leipzig, 
WoerU    Reisebüchenrerlag  1906. 
JL  4.—. 

Das  Buch  ist  eine  erweiterte  Zusammen- 
fassnng  der  bekannten  Woerlschen  Einzel- 
l'ührer,  eine  sächsi&che  Landebkunde  in 
Form  eines  touiiatiaoben  Nacbiclilage- 


Werkes.  Es  liegt  an  der  großen  Zahl 
verschiedener  Mitarbeiter,  AlB  es  nicbt  in 

allen  Teilen  gleiche  AaafBfaxlieUreit  nnd 
Zuverlüsaigkeit  be»itzt  —  hier  gnte  geo- 
graphiscbe  Einleitnngen ,  historische 
■SkitBen,  reichliche  Ausflüge  bis  berab  sa 
«len  ge-wohiilii-hen  Spaziergängen  des  Ein- 
heimischen auf  die  „BierdOrfer*%  dort 
Flaehügkeiten  oder  Weglassung  be- 
merkenswerter Punkte  Ganz  brauchbar 
<-ind  die  allgemeinen  einleitenden  Kapitel 
hie  Karte  und  die  Stadtpläne  sind  sauber 
ausgeführt,  die  sabfaeieben  Bilder  da- 
gegen oft  recht  minderwertig,  schlecht 
<:edruckt  in  Kol-^e  de?  dünnen  Papiers, 
aber  auch  ungeschickt  retuschiert. 

P.  Wngner. 

Wagner,  Emil.  Taschenatlas  der 
Schweis.  3.  Auß.,  durchgesehen 
ond  verfaewart  von  der  Ctoogr.  An> 
stali  H.  Kflmmerly  u.  Frey.  Bern, 
Geogtftpbiacher  Kartenverkg  o.  J. 
(1906.) 

Dieses    handliche   BflcUein  entiillt 

2  Bogen  T*ext  und  20  Karten.  Der  Text 
bietet  kurz  gefaßte  Angaben  über  Flächen- 
inhalt, Bevölkerung,  Sprache,  Religion, 
Beachäftigung  und  politische  Einridi- 
tunjjen  der  Sehweiz  und  der  einzelnen 
Kantone  und  zwar  in  französischer  Spntche 
mit  nachfolgender  (vielfach  unrichtiger^ 
deutscher  Ülerselmng.  Von  den  Karten 
stellen  zwei  die  ganze  Schweiz  und  die 
übrigen  einzelne  Kantone  dar.  Das  Ter- 
rain ist  dnreb  bnnne  Bergsehniftn  b«i 
Annahme  von  schiefer  Beleuchtung  dar- 
gestellt, kann  nlfio  auf  (»enauigkeit  keinen 
Anspruch  machen.  Da  die  politischen 
VeiliftltBisae,  nftmlich  die  vielAteh  kern- 
plisierton  Kantons-  und  Bezirkj>ein- 
teilungen,  durch  Flächeukolorit  angegeben 
werden,  so  bilden  diese  Kärtchen  eine 
bmnebbare  Eiginiang  tu  den  rein  physi- 
kalisoben  Karton  der  Sebweiz. 

E.  ZoUinger. 

KtaaerljTy  HcnB.  f  Oeaftmtkarte 

der  Schweiz.  1:400000.  TOxlOScm. 
Auf  Papier  Fr.  4.60;  auf  Leinwand 
gefalst  JFV.  6.—. 
NnmensTeraeiebnis  anr  Ocsamtkatta 

der  Srhweiz.    Geb.  jFV.  2.—. 
Spezialknrte    des  Exknrsionsge- 
bietes  von  Bern.    1:76000.  Auf 
Papier  Ft,  8.—;  »nf  Leinwand  JFV.  4.—. 


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Bücher  besprecbuDgeD. 


353 


Spezialkaite  des  Zarichsees. 
1 :  .»ioooo    Auf  Papier  Fr,       }  »uf 
Leinwand  Fr.  4. — . 
Ebda.  0.  J.  (1906.) 

Der  am  29.  April  1905  verstorbene 
Hennanu  Kümmerlv,  der  ScbApfer  der 
Schweiz.  Schulwandkart*^,  hat  uns  in  die- 
ten  KartonwakoD  fo  wntrone  AiMten 
hinterlassen,  daß  wir  seinen  friihen  Hin- 
schied aufs  tiefste  heklaj^en  müssen.  Die 
Gesamtkarte  der  Schweiz  ist  in  der  Art 
d«r  Mshireit.  SehoIwaiidlcaHe  gehaUen 
mit  der  Ansnahme,  daß  die  Höhenkurven 
fehlen  und  daß  die  Eisenbahnen  rot  statt 
schwarz  und  die  Grenzen  grün  statt  rot 
eingetaageii  nnd.  Die  Wiikang  der  Relief- 
tOne  ist  vollkommen  und  wird  durch  et- 
wa 17  000  Namen,  die  die  Karte  enthält, 
keineswegs  gestdrt.  So  vereinigt  diese 
DareteUing  dee  Seliweiaeilaadee  die  Yw- 
tei]e  der  Leuzingerschen  und  der  Ziegler- 
scben  ächweizerkart«  und  steht  zur  Zeit 
unerreicht  da;  sie  leistet  dem  Gelehrten, 
dem  Tooiiiten  und  don  B^nlbuum  gleieh 
gute  Dienste. 

Die  beiden  andern  Karten,  die  al« 
Exknnnonskarten  für  die  Bewubner  der 
SOdte  Bern  und  Zflrieh  gedacht  aind, 
zeigen,  was  Situation  und  Höhenkurven 
anbetrifft,  alle  wünschbare  Genauigkeit, 
da  sie  auf  der  eieheren  Grundlage  der 
topogxaphiichen  Karte  der  Schweiz  ent- 
worfen worden  sind  Das  Relief bild  der 
Benierkarte  ist  etwas  freundlicher  und 
wizkeaver,  da  ••  müa  und  inteiuivore 
Farbent(}ne  eattftlt  als  die  Karte  des 
ZfliiohMei.  £.  ZoUinger. 

Bably  JomIL  Illustrierter  Fflhrer  auf 

derTauernbabnund  ihren  Zugangs- 
linien,  bearb.  mitBenütsung  der  amt- 
lichen Daten  der  k.  k.  Eisenbahnbau- 
direktion, l-."*.  XIVu.  J80S.  46  Abb., 
6  K.  Wien  a.  Leipaig,  üarUeben  1906. 
4.50. 

Dieser  „Zukunfteföhrer*',  wie  er  sich 
eelbit  im  Yonport  aemst,  verbindet  in 

seltsamer  Misrhting  drei  sehr  vcrschieden- 
wertige  Bestandteile:  die  Besprechung 
der  kflnftigen  Bahnlinie,  touristische 
Angaben  Aber  die  Bahnoite  mit  ihrer 
Umgebung  nnd  ,, Schilderungen",  die  zu 
kleinen  Feuilletons  auswachsen  und  in 
gelegentlieher  Anknüpfung  de  Omnibus 
rebus  et  quibusdam  aliie  }]:indeln.  Diese 
BSikinM,  die  s.  B.  Befacachtongen  übet 

1MI.C 


INaturschönheiten,  Naturkatastrophen,  Re- 
ligiosität, Kropf,  KretinismuH  und  die  wirt- 
schaftlichen Wirkungen  der  £isenbahn  an 
dae  Malbutmr  nnd  Mölltel,  eine  Philippika 
gegen  die  Jagd  und  das  „Bauernlegen" 
(7  Seiten)  an  die  Pyhmbahn,  Lesefnlchte 
über  das  Reisen  (9  Seiten)  an  die  Kosen - 
tallinie,  die  eing<ekendsten  EcOrterangeii 
über  Alpinismus,  alpinen  Sport  osw. 
112  Seiteni  an  die  Wocbeinerlinie  an- 
knüpfen u.  dgl.  m.,  gemahnen  lebhaft  an 
dae  Wort  dee  atten  Philologen  Krüger, 
der  meinte,  wenn  er  so  nnd  so  viel  Bogen 
zum  Vergnügen  der  Leser  ba]»e  dmcken 
lassen,  dürfe  er  auch  ein  paar  Bogen  Vor- 
rede in  aeiaem  eigenen  Yeqinflgen  mÜ» 
drucken  1  aasen.  Auch  insofern,  als  die 
übrigen  Bogen  nicht  durchaus  dem  Leser 
Vergnügen  bereiten.  Die  touristischen 
Abschnitte  sind  saoUiflib  eaverllasig«  wenn 
anrh  oft  Kchwülatif?  Dip  Trassenbeschrei- 
buug  ist  dankenswert  exakt,  wenn  sie  sich 
auch  Öfters  noch  nicht  an  eine  definitive, 
sondern  nur  an  eine  approiimativeBthn- 
linie  halten  kann  Die  Karten  der  Bahn- 
linie stimmen  daher  auch  nicht  immer 
mit  ibrflbenin  (ap  a.  B.  die  der  Gasteiner- 
bahn nicht  in  beaag  auf  „rechte"  und 
„links"  des  Flufise.«,  die  der  Pyhmbahn 
nicht  in  besug  auf  die  Stationen).  Aach 
die  Namen  aind  mitunter  ▼eraehieden  ge- 
schrieben; so  im  Text:  Dessen.  Deßen, 
Dößen,  auf  der  Karte:  Dösen.  Unarten 
der  Namenschreibong,  wie  Katbausberg 
St  Baikanabeig),  das  Totengebirge  (at. 
das  Todte  Gebirge)  seheinen  schon  nn- 
aosrottbar;  sie  finden  sich  auch  hier.  Bei 
den  Exkoraen  aut  wissenschaftliches  Ge- 
biet liefern  die  Daten  der  BaobehOrde 
exakte  Grundlagen;  auch  in  geologiaoher 
Beziehung  begegnen  selten  Versehen,  wie 
s.  B.  S.  14,  wu  die  beiden  einander  ver- 
trolenden  Toiginge  dea  Sehiefwardena 
nnd  des  Rilckschreitens  der  WiaaerflUle  in 
einen  zu.s  am  mengezogen  erscheinen.  Alles 
in  allem  ist  der  Führer  besser,  als  der 
erate  Eindmek  erwarten  llftt.  Sieger. 

Zugmajer,  Erich.  Eine  Beise  duroh 
Torderaaien  im  Jahre  1904. 

411  8.  110  Abb.,  danmter  8  &ib. 
Taf.  von  Heinz  Pinggera  und 
4  Kartenskizzen.  Berlin,  D.  Beimer 
1906.  Jt  19.—. 
Diese  Reise  war,  wie  der  Verf.  angibt, 
weniger  eine  eigentUohe  Foraohnnga-,  ala 

Hsfi.  94 


S54 


Bflcherbeiprsoh  u  n  ge  n. 


viefanehr  eine  Studtenreise,  welche  ihn 
„durch  das  Kennenlernen  der  bereisten 
Länder,  ihrer  Bewohner  und  besonders 
ihrer  Tierwelt  (Zngrmayer  iet  tob  FMh 
BUS  Zoologe)  auf  künftige  f^roßorf  Reisen 
Torbereiten  sollte".  Diese  größere  Ueise 
hat  der  Verfksser  mittlerweile  angetreten. 
Er  hat  sich  im  Februar  dieses  Jahres  von 
Wien  nach  Zontral-Asii-n  b»'geben,  um 
eine  Darchquerung  Tibet«  von  Chinesisch- 
Tnrkestan  nach  IndiOB  Aiimfihzeii  (vgL 
P  M.  1906.  H.  m.  S.  71  n.  0.  Z.  1906. 
Heft  V   ^.  293). 

Die  rein  wissenschaftlichen  Fach- 
nraltate  aof  «oologiecbem  Gebiete  wer- 
den in  dem  oben  augezeigten  Buche  nur 
gelegentlich  gfütr^ift  Pif  sind  beson- 
derer Publikation  vorbehalten.  Hier  wird 
lediglich  eine  eingehende  Sebildemng  der 
HeiaeerlebnisHe  und  der  Beobachtungen 
über  Land  und  Leute  der  durchreisten 
Gegenden  gegeben^  welche,  soweit  sie 
Referent  am  eigener  Aniehaanng  naohm- 
prüfen  vermag,  gut  und  lebenswahr  ist. 
Prr  Text  liest  sich  untt'rhaltsam  und  be- 
lehrend und  zeugt  von  einem  humor- 
vollen Froheinn,  der  einem  Fmeehnnga- 
reisenden  stet»  gut  zu  stehen  pflegt  und 
zahllose  Unannehmlichkeiten  und  Placke- 
reien spielend  überwinden  läßt;  er  zeugt 
auch  von  einer  treffirieheren  Beobachtung, 
von  offenem  Blick  und  der  Fähigkeit 
raschen  Erfassens  firemdartiger  Bilder  und 
Situationen. 

Da  im  übrigen  hftnfiger  bereiste  Gegen- 
den wie  Tiflis.  Kriwnn,  Etschmiadsin, 
Goktscha-  und  Urmia-i>ee,  das  russische 
Turkeetan,  Samarkand,  Buchara,  Chiwa 
usw.  beeocht  wurden,  so  ist  für  den  Leser 
der  geogra])hi sch-wisBcnsehaftliche Ge- 
winn kein  großer.  Irrtümlich  ist  die  An- 
gabe, daft  viillcaniicher  Sand,  Tuflf,  Asche, 
nnd  auigeworfcne  lose  Oesteingteile  den 
regehnlißigen  Ke>;t'l  des  Kleinen  Ararat 
aufbauen.  Zugmuyer  hat  sich  täuschen 
laesen  dnreh  den  aa  ftinem  Gn»  ser- 
fallenen,  leicht  lenelibinn Andetit.  Beide 
Ararate  t»ind  monogene  Lavabaue  in 
btübelschem  äinne,  keine  Aschenkegel 
im  ffinne  der  Stratovnlkane  Seebaehs. 
Ein  Besteignngsversuch  dm  Gvofien  Ararat 
mißlang  bei  4700  m. 

Weniger  Kühmliched  läßt  sich  von  den 
Illnetrationen  sagen.  8io  aind,  eoweit 
•io  nicht  nach  guten,  draußen  käuflichen 
Photographien  hergestellt  sind,  sondern 


nach  Aufnahmen  des  Yeiftssers  reprodu- 
ziert wurden,  vielfach  verwackelt,  stark 
retouchiert  und  im  Sujet  nicht  üumer 
•onderlieh  intereesant  und  für  Land  und 
Leute  besonders  rlmrakteristisch.  Unter 
den  beigefügten  farbigen  Aquarellskiz- 
zen muß  ich  einige  energisch  zurück- 
weisen. Wie  kann  man  heute  noch  der- 
artige narstellungen  des  Kasbek  von  der 
grusinischen  Heerstraße  oder  des  großen 
Ararat  von  Sardar  Bnlagh  ans  veröffent- 
lichen, welche  in  Farben  uud  Konturen 

anfi'chtbar  sind?  Ein  Kurdenzelt  im 
Vordergrund,  dessen  Farbe  granweiß 
wiedergegeben  ist,  wo  doch  die  sohwarse 
Farbe  das  Hauptcharakteristikura  aller 
Kurdenzolte  ist!  Konturen  des  Kasbock 
Ton  einer  Steilheit  und  Unrichtigkeit  im 
Detail«  welohe  nm  so  eiatannlieber  er- 
scheinen, da  dieser  Berg  in  leicht  zu- 
gänglichen trefflichen  rhotograi)hien  z.  B. 
Titelbild  in  M.  ▼.  Dechys  Kaukasus 
Bd.  TI,  Berlin  1906)  von  der  graiiniadien 
Heerstraße  oft  genug  photographiert  wor- 
den ist.  Hier  aber  erhalten  wir  ein  Bild, 
bei  welchem  unter  audercm  auch  die  Ver- 
gleteehemng  ond  ewige  Sehneebedeeknng 
viel  zu  weit  zu  Tal  reicht! 

Nicht  viel  richtiger  ist  das  Bild  der 
Schir-Dar-Medressee  (nicht  Moschee^  in 
Samarkand.  Wo  sind  die  für  dieeee  Ge- 
bäude so  charakteristischen  nai-h  entgegen- 
gesetzten Seiten  geneigten  Minarets  an 
beiden  Enden  der  Fassade?  Wo  sind 
die  nicht  minder  charakteristischen 
zwischen  tlcn  Minarets  und  dem  Pischtak 
auf  mäßig  hohem  Tambour  sich  erheben- 
den beiden  melonenartig  geformten  Kup- 
peln? Wo  bleibt  überhaupt  die  Andentnqg 
des  hinter  der  Frontfassade  von  allen 
Seiten  mit  offenen  Loggieu  umgebenen 
Hofes?  Sieht  man  doeh  dureh  einige,  in 
Wirklichkeit  in  dieser  Form  gar  nicht 
vorhandene  Fenster  den  blauen  Himmel 
durchscheinen!  Auch  herrschen  nach 
meiner  Erinnemng  in  dem  herrlidien 
Kachelbclag  aller  Bagistan-Bauten  Sa- 
markands  die  blauen  und  goldenen  Far- 
ben fast  ausschließlich.  Auf  Grün  und 
Bot  vermaff  ich  mieh  nieht  in  bennnen. 
Und  alle  diese  Bilder  »ollen  uach  Origi- 
nal-Photographien  gesehaffen  sein?  Dann 
bewundere  ich  die  künstlerische  Freiheit, 
welche  neh  der  Maler  genommen  hat 
Wie  weit  diese  Sünden  auch  auf  Konto 
dei  VerfiMeers  des  Texte«,  Dr.  Zugmi^ere, 


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Bücherbesp 


recbungen. 


355 


kommen,  vermag  ich  nicht  zu  bcurtoilen, 
da  ich  keine  näheren  Angaben  über  die 
von  Herrn  Heinz  Pinggera  gemalten 
AqmmllaldBiaiii  uicl  die  ihnen  sn  Gnmde 

liegendoii  Original  -  Phntrirrraphien  im 
Buche  fand.      Max  l'riederichsen. 

AretewtU;  H.     Die  antarktischen 

ElBverhältniBse.  (Er<;än7.ungpheft 
Nr.  lü  zu  Petermanns  Mitteilungen.) 
IV  n.  ISl  S.  1  K.  n.  sahlreiehe  Abb. 
im  Text    Gollis,  J.  Perllies  190S. 

Unter  diesem  Titel  bat  der  verdienst» 
ToUe  Geophysiker  und  Geolog  der  Belgica- 
ühii  in  gewiMem  Sinn  seine  Darst«  llung 
dieses  Polarunternt^hmene  gegeben,  die 
nlao  aozusageu  neben  die  Werke  vou  de 
Gerlnehe,  Coek,  Leeointe  und  Baco- 
Tltza  tritt.  Der  Titel  ist  insofern  irre- 
fBhrend,  ah  der  Inhalt  teils  mehr,  teils 
weniger  gibt,  als  man  erwarten  möchte. 
El  bandelt  rieh  niebt  nm  eine  syste- 
matische Bearbeitung  der  vom  Verfasser 
beobachteten  Eisverhältnisse,  etwa  in  der 
Art  der  trefflichen,  aber  kurzen  und  mehr 
poputtnn  nMelamoipboflen  dee  Polareiies** 
von  Weyprecht,  sondeni  um  einen 
gekürzten  Tagebochauszug ,  in  dem  zwar 
die  Notizen  über  das  Eis  ganz  wesentlich 
die  Hauptrolle  spielen,  aber  dodi  penQo- 
liebe  Erlebnisse,  Stimmungen  usw.  nicht 
ganz  untenlrückt  sind.  Der  Verfasser 
bezeichnet  in  der  Einleitung  selbst  seine 
Hotiaen  all  Miohee  Material**  m  einer 
Monographie  der  antarktischen  Eisverhiilt- 
nisee,  die  nach  der  Häckkehr  des  „Gauss", 
der  „Discovery"  und  der  „Antarctic"  wohl 
geidmeben  werde. 

Leider  wird  der  Wort  der  an  sich 
trc'ff  1  i  cheu  Bemerk ungen  durch  den  völligen 
Mangel  eines  Kegisters  eebr  vermindert, 
ihr  Gebrauch  sehr  erschwert.  Es  ist  dies 
um  so  bedauerlicher,  als  die  Bpobachtungen 
während  der  Überwinterung  ja  ziemlich 
fem  von  Land  in  treibendem  Sie  gemaebt 
find,  also  vorauesichtlich  in  mancher  Be- 
ziehung abwpicbfn  dürften  von  denen  der 
ötatiouen  des  groüen  Südpolaqahrs.  Von 
beaondiKer  An^hrliebkeit  tind,  nm  nnr 
oinigea  ausofahren,  Bemerkungen  über 
anscheinenden  Piedmont-Typus  des  Land- 
eiaee  an  der  Küste  des  Alezanderlandes 
(8.  61),  Foimen  der  Sehneekristalle  (8.  46, 
51,  64,  67  n.  s.),  Raeifil  (8.  76),  Schnee- 
mewangen  (8'  77),  Schnedagerang  (8. 91), 


Struktur  des  Heereitei  (S.  99),  der  Eie- 
berge  (8.  116).  K.  Fricker. 

Helnxe«  H«    Physische  Geographie 
nebst  einem  Anhange   über  Karto- 
graphie für  Lehrerbildungsanstalten 
nnd  anden  höhere  Sehnlen.  8.  Aofl. 
139  S.   58  Skizzen  n.  Abb.  Leipdg, 
Dürr  1906.    .«  2.—. 
Die  Brauchbarkeit  dieses  Bnchea  ist 
bernli  früher  von  uns  lobend  anubimt 
worden.    Die  3.  Auflage  bringt  neben 
kleineren     Korrekturen     einige  neuere 
Theorien  und  vor  allem  eine  eingehendere 
Behandlung  der  Wirteehaftsgeographie. 
Die  Formatiendehre  bedarf  aber,  nament- 
lich in  ihren  ersten  .\bHchnitten,  noch 
sehr  einer  Modernisierung. 

P.  Wagner. 

ßrnber,  Christian.  Wirtschaftsgeo- 
graphie mit  eingehender  Be- 
rflckiiehtigmBg  Denteehlande. 

X  u.  23.5  S  12  Diagr.  u  5  K.  Leip- 
zig u.  Herlin,  Teubnor  IWi,.  2  4<t. 
Der  den  Fachgenossen  schon  seit  langem 
wohlbekannte  YeifiMeer  wendet  rieh  in 
vorliegendem,  fBr  geistig  reifere  Schüler 
bestimmtem  Lehrbuche  in  erster  Lini»'  an 
den  künftigen  Kaufmann.  Obwohl  wir 
jetst  eine  ilattti«^  Zahl  haadel«geogz»> 
phiscber  Lehr-  nnd  Handbücher  besitzen, 
int  (Irubers  Buch  doch  durchaus  will- 
kommen, weil  es  vielfach  neue  Wege  in 
der  Behaadlong  und  Anifaienng  dei  8toffee 
einschlagt.  Vor  allem  int  es  nicht  auf 
eine  bestimmte  Lehrmethode  zugeschnitten 
und  zeichnet  sich  durch  ein  antprechoi- 
dee  sprachliches  Gewand  aus.  Methodiidi 
sucht  es  die  Kenntni-i  der  natürlichen 
Grundlagen  des  Wirtschaftelebena  au  ver- 
mitteln, nicht  dvdi  eine  trockene,  dac 
Gedftehtnii  nnnflta  belastende  Anfzählung 
zusammenhanpslofer  Tatsarlicn ,  Zahlen 
und  Kamen,  sondern  in  ursächlicher  Ver- 
knüpfung des  leichen  Stoflte  nnd  mit 
Hervorhebung  des  wiridioh  Bedeutsamen 
und  Dauernden,  um  die  Schuler  dadurch 
in  die  großen  Gesetze  und  Zusammen- 
h&nge  der  WeltwirtKhaft  eimafthren  nnd 
sie  sn  selbständigem  Weiterdenken  anzu- 
regen. Im  Sinne  seines  L»»hn'r8  F  Uatzel 
geht  der  Verfasser  bei  seinen  Betrach- 
tangen etete  von  der  geographiiehen  Lage 
ans  und  Iftßt  aof  die  allgemeine  Scbilde- 
rang  stete  eine  solche  der  einzelnen 

24* 


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306 


BficherbeBprechungeD. 


natilrlichon  Wirtsohaflfsj^bietp  folgen, 
deren  er  z.  B.  für  Deutschland  12  unter- 
scheidet. Da  die  Kenntnis  des  eigenen 
VaterUadet  im  Vordergnnide  gaogn- 
phiBcher  Betrachtung  stehen  muß,  ho 
liegt  das  Schwergewicht  des  Werke»  in 
der  WirtflcbafUigeographie  Deutttchlaudti, 
die  ma  reichliehet  Drittel  dee  Buches 
einnimmt  und  hezflglich  deren  Oniber 
sich  auf  drei  Vorarbeiten  stützen  konnte 
(Vgl.  G.  Z.  1903,  S.  296;  1905  ,  3.  416). 
Aneh  untere  nnmitfeellMten  Neehbem  sind 
wegen  ihrer  Wichtigkeit  für  Deutschland 
verhiiltniamiißi^j  eingehend  behandelt.  Alle 
andereu  europiiiaciien  btaaten  dagegen 
and  noch  mehr  da«  nnBeretttoplitohe 
Ausland  (die  selbständigen  Reiche  sowohl 
wie  die  Kolonien)  haben  nur  eine  überaus 
kurze  Darstellung  erfahren,  weil  sie  für  i 
Dentsehlmd  im  allgemeinen  weniger  in 
Betracht  kommen  Ein  überbliek  Aber 
die  wirtschaftliche  Bedeutung  der  Ozeane 
beschließt  das  empfehlenswerte  Buch,  für 
desten  Auaibeiiiing  den  YerCuter  eine 
19jährige  Lehrerfahrnngan  der  Münchener 
Hamlels3<  hu!e  zu  atatben  kam.  Auf  einige 
unerhebliche  Ausstellungen  sull  hier  nicht 
^gegangen  werden.  Die  beigegebenen 
Karten  beziehen  eich  auf  Deutschland. 

K.  Hassert 

• 

CSliMens,  B.  Heimatskunde  des 
Stadt-  und  Landkreises  Lieg- 
nits.  In  begründend-vergleichender 
Weite  dargestellt  44  B.  Obgau, 
Flemming  1906.   JL  —.SO. 

Stadt*  und  Landkreis  Liegnitz. 
1:160000.  (Bl.  1  von  C.  Flemmiugs 
Schalkarten  der  Provinz  Schlesien.) 
JL  —.«0. 

In  elf  Abschnitten  werden  erst  die 
Natur,  dann  die  Kultur  doH  Kreises  recht 
übersichtlich  vorgeführt,  wobei  auch  die 
in  methodisdiem  Sinne  gettellte  Aufgabe 
im  ganzen  eine  ansprechende  Lösong 
erfilhrt.  Nur  die  geographische  Lage 
Tou  Liegnitz  kommt  hierbei  zu  kurz. 
Ln  hittoiitchen  Sdilnftkapitel  Mlen  wollt 
Straiflidbter  auf  sie,  sie  bedürfte  aber 
eines  eigenen  Abschnittes.  Dai<  lehrreiche 
büchlein  birgt  eine  Fülle  von  Angaben 
imd  verdient  aaeh  anfleihalb  der  Lehr- 
kreite  Ton  Liegnitc  ond  Umgebung  Yer- 
bfeitung. 

Die  Flemmingsche  Kreiskarte,  zu  der 
die  Gemenstehe  Heimattknnde  den  Text 


bildet,  bietet  das  bekannte,  hepondcr-  in 
Gerippzeichnung  und  Schrift  überaus 
klare  Bild.  Desiderate  wären  hier  nur: 
Angabe  der  wetentliohen  HShenuntsr- 
!<chiede  durch  Einfügung  von  Htthensahlen 
uucli  in  die  Talßächen  bis  jetzt  nur 
Gipfelzahleii;  und  durch  Eiudruckeu  eine« 
gaas  larten  stumpljgxflBea  FarbentMet  in 
diese,  ferner:  Tbergang  «om Nullmeridian 
von  Greenwich!  Pencker. 

IHcrAe.  Sohnlwandkarten.    Braun - 

schweig,  Westermann  1905.  Jede« 
Blatt  .iL  18.—,  anfges.  m.  Stftbea 
JL  22.60. 

Bl  liegen  mir  vor  die  Wandkarten 

von  Europa  im  Maßstabe  1:3  Millionen 
und  Deutschland  mit  den  Nachbar- 
iläudern  im  Maßstabe  1:900U00;  beide 
in  doppelter  Bearbeitung,  als  physika- 
lische  und  als  Staatenkarten.  Die 
Karten  zeichnen  sich  durch  große  Klar- 
heit der  Darstellung  und  vortreti  liehe 
Femwirknng  aus,  to  daA  tit  für  den 
Unterricht  nehr  zu  empfehlen  imd.  Auf 
den  physikalischen  Karten  kommen  sechs 
Farbentöne  für  die  HOhenstufen  zur  Ver- 
wendung, drei  grflne  Ar  dat  Tief  laad 
(Senken,  0—100  m,  100—200  m),  drti 
braune  für  das  Hochland  (200 — 500  m, 
600—1600  m,  über  160U  m).  Die  Neigungs- 
▼eriiUtnitte  tind  duiv^  Schummerapg 
sehr  geschickt  und  klar  dargestellt.  Bfli 
den  Staatenkart^n  ist  Fl&chenkolorit  ver- 
wandt, aber  trotz  der  lebhaften  und  weit- 
hin deutlich  uatflndraidbaran  Fteben 
treten  auch  die  oro-  und  l^drographi* 
sehen  Verhältnisse  vollkommen  klar  her- 
vor, was  für  den  Unterricht  besonders 
wertvoUitt  Fflr  die  StUtevenchiedener 
GrOBe  sind  auch  in  der  Feme  leicht 
unterscheidbare  Signaturen  gewählt.  Etwa« 
dürftig  ist  auf  den  Karten  von  Deutsch- 
land dat  Fhifineti  an^gjefUlea.  So  ver> 
misse  ich  namentlich  die  Wömits  ond 
Breusch,  die  als  Grenzen  zwischen  wich- 
tigen Gebirgsabschnitten  im  Unterricht 
wenigttent  der  mittleren  Klatsen  nicht 
gut  entbehrt  werden  können. 

E.  Langenbeck. 

'  Diemke*  Sehulwandkarte  TOn  Ber- 
lin und  Umgebung.  Maßstab 
1 :  40  QUO.  Braunschweig,  Westermann 
1U04. 

loh  habe  dieee  Kaste  tehoii  frflker,  in 


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Nene  Bücher  nnd  Karten. 


357 


meinem  Aufsätze  über  Schulwandkarten, 
»It  eine  der  besten  Wandkarten  für  die 
Heimateknote  beMidmefc,  tob  der  sn 
wlbnacheB  wlie,  daß  sie  bald  vielfach 
Nachahmung  fände.  Sie  enthält  drei 
Höhenechichten  0—40, 10—80,  über  80  m) 
«Dd  beMmdere  SignatnieD  flir  Laubwald, 
Nftdelwsld,  Wieee,  Snmpf,  Rieaelfeld. 


Die  (Jrtachaften  treton  durch  ihre  karmin- 
rote Färbung  sehr  deutlich  herror.  Die 
Eieenbahnen  tind  doreh  abwediidad 
schwarze  und  weiße  Linien,  Chausseen 
durch  zwei  diiinir  ncliwarze  Linien,  Land- 
straßen und  Verbindungswege  durch  ein- 
fache ichwane  lomen  beaekhnel. 

R.  Langenbeek. 


Neie  Bieber  »d  Karten. 


Meycra  Großes  Konversation«- Lexi- 
kon. Bd.  XIII.  ,  Lyrik  —  Mittcrwurzer. 
918  S.  Viele  Abb.  u.  Taf. '  Leipzig,  Bibl. 
Inel.  IM«.  JL  10.—. 

Andrees  Allgemeiner  Handatlas. 
5.  Aufl.,  hrsg.  von  A.  Scobel.  (Jubi- 
läumsausgabe.) läu  Haupt-  u.  161  Ne- 
beok.  Alphftbei  Namenrren.  von  etwa 
240  OOO  Namen.  X  28.—.  56  Lief,  sa 
.*L  — .60  od.  Doppellief,  zu  JL.  1. — . 
Lief.  1 — 30.  Bielefeld  u.  Leipzig,  Vel- 
hagOB  Jt  Klatiiig  1M5. 

■sChsasillsAe  flssgwyliU  ani  Kartsfrafkl«. 

Frischauf,  Joh.  Die  Abbildungslehre 
und  deren  Anwendung  auf  Kartographie 
und  Geodäsie.  (S.-A.  aus  der  „Z.  f. 
maih.  u.  natarwiM.  ünteir.»  86.Jahig.) 
88  8.  h  TeitAg.  Leipog«  Teobnor  1908. 
JL  1.—. 

Allf«inr<Be  pkjrsliche  Oeogrftplile. 

Sauer,  A.  Petrographische  Wandtafeln. 
(Hikroekopiseha  StmktoHnlder  wioh- 
tiger  Gesteinstypen  in  12  Taf)  Er- 
läuternder Text.  Sl  S.  18  Abb.  Statt» 

gart,  K.  H.  Lutz  1900. 

AUgeaeta«  (iMgraphie  den  Mrniirkea. 

Die  Weltwirtschaft.  Ein  Jahr-  und 
Leaebaeh.  Hnig.  von  S.  tob  H»Ue. 
L  Jahrg.  1906.  \.  Teil:  Internationale 
Übersichten.  VIII  u  306  S.  Leipsig, 
Teabner  1906.   JL  ti  — . 

Langhftno,  Paul.  Wandkarte  der  B«^- 
erzcugung  der  Erde  för  den  Welthandel 
und  größeren  Kigfen verbrauch  der  Pro- 
duktionsländer. Bearbeitet  im  Anschluß 
na  MinaB  „Hnndeiwehnl'Atlae^.  (Her- 
kator^Pn^ktton.  Maßstab  1:20  000000. 
OfSfie  806  cm  X  116  cm.)  Gotha,  Justus 
Perthes  1906.  In  8  BL  ^  16.—,  auf- 
gOB.  nla  Wnadk.  m.  Sttbon  JL  M.— . 


Supan,  A.  Die  territoriale  Entwicklang 

der  europäischen  Kolonien.  XI  u.  8448. 
Kolonialge»chichtl.  .\tla«  von  12  K.  u. 
40  Textk.  Gotha,  Justus  Perthes  1906. 
JL  18.—. 


Kaiserliche  Marine.  Deutsche  See- 
warte. Vierteljahrskarte  tur  die  Nord- 
see und  Ostsee.  Herbst  (Sept.,  Okt., 
Not.)  1908.  —  Winter  (Dos.,  Jan., 
Febr  1U05  06  —  Frühling  (Milr/,  Apr., 
Mai)  1906.  Hamburg,  Eckardt  4c  Meß- 
torff.    Je  .H,  —.75. 

Dies.  Monnlakarto  f.  den noffdattantiichen 
Ozean.  Jahrg.  VI.  \o.  1—6.  Jan.— Jnni 
1906.    Ebda.   Je  JL  —.76 

Führer  durch  die  deutschen  Nord- 
ioobftder.  Ereg.  vom  Vonland  des 
Verbandes  deutscher  Nordseebäder. 
.Jahrg.  1906.  192  S.  Viele  Abb.  u.  K. 
Berlin,  Scherl  1906.    JL  —.30 

Zemmrieh,  J.  Lnndeikando  des  KOnig- 
reichs  Sachsen.  („Samml.  Göschen^'. 
No.  268  )  134  S  12  Abb.,  1  Prof.  u.  K. 
im  Text  u.  1  K.  Leipzig,  Göschen  1905. 
UK  —.80. 

rjrund,  k.  Landeskunde  von  Österreich- 
Ungarn.  („Samml.  »»öscht-n".  No.  244.) 
138  S.  10  Teztabb.  u.  1  K.  Leipzig, 
GOeofaen  1908.  JL  —.80. 

Müller,  Alois.  Bilder-Atlaa  Sur  Geo- 
graphie von  Österreicli-Ungam.  48  .S. 
96  Abb.  Wien,  Pichlera  Wwe.  iL  Sohn 
1005.    Kr.  8.—. 

Turnan,  Viktor.  Beiträge  zur  Geologie 
der  Berner  Alpen  1,  Der  prähistorische 
Bergsturz  von  Kaudersteg  (6  Fig.,  1  K.). 
8.  Neoe  BeobaohtoBgen  am  Qaeteren- 
Lakkolith  (4  Fig.,  1  K.)  (Bemer  Diss.) 
i'S.-A.  aus  den  „Mitt.  d.  Natorf.  Ges. 
vou  Bern."  1906./  49  S.  Bern,  Wyga 
1808. 


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3Ö8 


Nene  Bflehtr  und  Karten. 


fbrlire«»  Kump«.  | 

Anuales  de  1  obBervatoize  national 
d*Ath«nea.  Pnbl.  per  Dtfm^trint 
EginitiB.  T  IV  .579  8.  Viele  Tab. 
Athen,    Baftanis-Papageorgin  1906. 

Afrika.  ' 
Fouieau,  h\  Ducumeut«  scieutifiques 
de  la  ICtsion  Baharienne  ^Geeion  Fon- 
reaa-Lamy  d' Alger  au  Congo  par  le 
TKchad  .  '  4".  II.  Fase:  Gt-ojirraphie 
physique  (Orographie  —  Dunes  et 
Pfa^nomteea  teÜene).  ~  Hjdzographie. 

—  Botaniqne.  IV  S.  u.  S.  16S— 669. 
Fig.  im  Text  u.  auf  Taf  (1  -12-2).  — 
III.  Fase:  Geologie.  —  Geutil:  Petro- 
graphie.  —  Hang:  Paltentologie.  — 
EsquiBfH'  ethnographique.  —  Faune.  — 
Prt*hist<iri(jue.  —  Aperv"  conimercial. 
»  ConclugiouB  ecunornique».  —  Gloasaire. 
~  Index.  8.  654— ISIO.  Fig.  im  Text 
(128-404  .    30  Taf,  Diagr.,  Prof,  K. 

—  Carte»  (16  Taf  in  1  Bd.).  Paria, 
Ma«8ou  et  Cie.  1906. 

Baedeker,  Karl.  Ägypten  nad  der  8u- 
dun  Handbuch  für  Beiaende.  6.  Aufl. 
18Ü  u.  4iy  S.  88  K.  u.  PI,  69  Grund- 
riase  u.  67  Ansichten  n.  Textvignetten. 
Leipcig,  Baedeker  IMe.  16.~. 

Brooks,  Alfred  H.  The  Geographj  and 

(teology  of  Alaska.     A   Bummary  of 
existing  knowledge.  (ClevelandAbbe,  < 
jr.:  CUmaie.  —  R.  TT.  Goode:  Deeerip>| 
tion  of  topographic   map  of  Alaska 
1  :  2600000.)  (U.  S.  Geol.  Surrej  Pro-  j 


fess.  Paper  No.  46,  Ser.  B,  Descript. 
Geol.  76— F,  Qeograpbj,  46.)  827  S. 
•  Testfig.  M  Till  AU»,  n.  K.  Waahing- 
ton,  Qow,  Prini  Off.  190«. 

Vallentin,  W.  Chubut.  Im  Sattel  durch 
KordiUere  und  Pampa  Mittel- Patago- 
niens  (Argentinien).  228  S.  47  Abb.  im 
Text  n.  anf  Taf.  Beriin,  H.  PMtel  1906. 
JL  6.—. 

Kflehler,  Carl,  ünler  der  lüttenuehti- 

■onne  durch  dir  Vulkan-  und  Gletscher- 
welt IslandH    174  S.  Viele  Abb  u.  1  K. 
Leipzig.  Abel  &  Müller  1906.  JC  S.20. 
Aretowski,  Henryk.    Projekt  einer 

Kvatematleekeii   Erforschung  des  Sfid- 

]i()larkontineut8  33  S.  Abb.  u.  1  K. 
Kattowitz  u.  Leipzig,  Siwinua,  o.  J. 
(1906.) 

OeefiapUasktr  Vatwitakt. 

Kaiser,  E.  Die  moderne  Geographie  und 
ihre  politischen  .  volkswirtschaftlichen 
und  heimatkundlichen  Aufgaben.  Ein 
Wegweiser  snm  Stndimn  nnd  Beirieb 
I     der  Geographie.    Langensalza,  Schul- 
I     buchhandlunp   (Jrfßlerl  iy06.       — .60. 
Conwentz.    l'ie   Heimatkunde  in  der 
Sehnle.  Onmdlagen  nnd  YorMblBge  aar 
Forderung  der  naturgeschichtlichen  und 
geographiBchen   Heimatkunde   in  der 
I    Schule.  2.  Aufl.  XVI  u.  192  S.  Berlin, 
I    Bonttrftger  1906. 

iGaebler.  Neuester  Handatlas.  6.  Aufl. 
1    196  K.  Leipaig,  Berger  1906.  JL  6.—. 


ZeltMhrifteBsehM. 


PetertMmne  Mitteilungen.  1906.  4.  Heft. 
Frannberger:  Stadien  flbn  die  ^Uir- 

lichen  Niederschlagsmengen  des  afrika- 
nischen Kontinentes.  —  Geogr.  Unterricht 
an  den  deutschen  Hochschulen  S.-S.  1906. 
—  Beinecke:  DerTnlkaa  auf  SavaiL  — 
Tobler:  Zur  Geologie  von  Sumatra.  — 
Loc/. y:  Flußregulienmg  und  Bodenmelio- 
ratiou  in  China.  —  Endröa:  Die  Seiches 
dee  Waginger-Taehinger-Seee. 

Globus  89.  Bd.  Nr.  15.  Fric:  Eine 
Reise  in  den  Chaco -Central.  —  Gold- 
atein:  Der  Monotheiemue  Kanaans.  — 
Seherer:  Streilsflge  in  Oran  1906.  — 


Förster:  Gibbons'  Forschungen  in  Bri- 
tiach-Oetafrika.  —  An»  der  Vondt  de» 

Nigergebietes. 

Dow.  Nr.  16.  Auhagen:  Zur  Frage 
der  Luftspiegelungen.  —  Nieuhna:  Ze> 
nanalebea  in  Ostindien.  <—  Scherer: 

Streifzüpe  in  Oran  1904.  —  Bolle:  Far- 
bige Arbeiter  und  Landwirte.  —  Hoch- 
zeitsgebrftnche  der  Setud. 

Dost.  Nr.  17.  Sehilling:  Tambema. 
—  Bauer:  Zur  Erschließung  Kameruns 
durch  Eisenbahnen.  —  Weiß:  Land  und 
Leute  von  Mpororo.  —  Seidel:  Deutäch- 
Samoa  im  J.  1906. 


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Zeitscbrifteascbaa. 


369 


Dass.  Nr.  18.  Vortisch:  Die  Neger 
der  GoldkQiite.  —  Rand  all  Mar  Jver: 
Über  die  Auinen  des  MMchonalandes.  — 
HalbfftS:  SMnknnd«  und  YfflkeEtecbt. — 
Bcrmiirin:  Nenee  ftber  die  BmchmUmier. 

Yon  den  Marianen. 

Deutfichr  Biindsehau  für  Geographie 
und  btatisUk.  2».  Jhrg.  8.  Uett.  Kürch- 
hoff:  BinnenwMMntrftBeii  in  WeiteIHka 
swiBchen  Senegal  und  Nii^t  r  —  Werner: 
Das  Sondgauer  HQgelland  im  Ober-Elsaß. 

—  Schlei i'f:  Eine  Besteigung  des  Phen- 
gari  anf  SaaBolilinki.  —  Fester:  Tage- 
Imchblittwr  wob  Island. 

Meteorologische  Zeitschrift .  190ti.  Nr.  4. 
Hellmann:  Tber  die  Keniitnis»  der  nia^nie- 
tischeu  Deklination  vor  ChriBtoph  Colum- 
Inu.  —  Qaervain:  Über  die  Bestinimiiiig 
aimoBphäris^cher  Strömungen  durch  Regi- 
strier- und  Pilotballons.  —  Großmann: 
Die  barometrische  Höhenlormel  und  ihre 
Anwendung. 

Zeitschrifl  für  Gewämrkunde.  7.  Bd. 
3  Heft  (IraveliuH:  Zur  Abhängigkeit 
des  tiegentalla  von  der  Meereshöhe.  — 

—  Braun:  Das  Frisdie  Haff.  —  Beits: 
Zwei  Beiträge  zur  graphischen  Bereoh- 
Bong  hydroinetriHcher  Aufgaben. 

Zeitschrift  für  Schulgeographie.  1900. 
7.  Heft.  Pottny:  Der  Geographieunter- 
riebt  in  d«i  pcenfiisebem  LabiwbUdnags- 
anetalten.  —  Schreck:  FrflUing  in  Nor- 
wegen. —  Geißler:  Worauf  beruht  die 
Sicherheit  der  Zeitrechnung? 

Zeiüehrift  für  KalmmipolMk,  -recM 
und  -virUchaß.  1906.  8.  Heft.  Bolle: 
Dentflche  Ansiedlungen  innerhalb  der  Tro- 
pen und  Subtropen  Brasiliens.  —  Her- 
mann: Misebehen  nnd  Omndeigentum  in 
Deutsch  -  Siidwestafrika  —  Madagaskar 
von  18'J6-  1905  —  Christensen:  Er- 
haltung der  deutschen  Sprache  in  den 
Yeninigten  Staaten.  —  Fortsebritte  in 
Französisch  -WestafHka. 

Zeitschrifl  der  Gesellschaft  für  Erd- 
kunde zu  Berlin.  1906.  Nr.  3 .  Schmiede- 
berg:  Zar  Gesebicbte  der  geographischen 
FlAchenmessang  bis  zur  Erfindung  des 
Plaoimeters  I  —  Voeltzkow:  Hericht 
über  seine  Eeise  nach  Ostafrika  und  den 
Insebs  dee  waettieben  Indisdhea  Oaaans. 

—  Hossens:  Zwei  Studienreisen  in  das 
Innere  von  Siam. 

Dass.  Nr.  4.  Schrai  edeberg:  Zur 
Geschichte  der  geographischen  Flächen- 


messung II.  —  Dinse:  Das  neue  Museum 

für  Mot'reskunde  zu  Berlin. 

Mitteilungen  des  Vereins  für  Erdkunde 
iu  Dretden.  1906.  Heft  1.  (3.  H,  d.  gan- 
zen Beihe.)  Abendroth:  Entwicklang 
und  gegenwärtiger  Stand  der  Gezeiten- 
forschung  (8  Fig.).  —  Beck:  Über  eine 
Fahrt  dnreb  SfidafHka  (Abb.  u.  K.). 

Ymer.  1906.  1.  Heft.  Früding:  üu 
,,kjökkeniuödding"  supdois  —  Alilonius: 
Friedrich  Ratzel  et  son  sjstome  anthropo- 
gdographique.  —  NordenskjOld:  Voyage 
aux  r^giona  fronti^res  dn  Perou  et  de  )a 
Bolivie.  —  de  Geer:  Le  Daliilfveu  et  ses 
affouillements  en  aval  des  chutes  d'Älf- 
karleby.  —  Tboroddien:  Quelques  mots 
encore  sur  la  communication  terrestre 
postglaciaire  par  TAtlantique  du  Nord. 

Svenska  Jurist  -  Föreningens  Arsskrift. 
1906.  (24  Taf.,  218  Abb.)  Rosenius: 
Om  Skftne.  —  Bkman:  BohimUfaiwIngar 
pl  storsjOfiske.  —  v  Friesen:  Rök- 
stenen.  —  Westerlund:  Katan  — 
Regneil:  Holmön  i  Västerbotteus  skär- 
g&rd.  —  T.  Mentserj  Oiftfb&s  slottwuin. 

—  Kempe:  Pil  Sngblt  geuom  VArmland. 

—  J.  P. :  Dahlbergsminnen  i  l  uringe.  — 
« * « :  Malmagens  by  och  Fjällnils.  — 
Stolpe:  LandskapstypttB  i  Dalsland.  — 
Akerhielm:  Fr  .In  medeltidens  kungaO. 

—  Ekström:  Till  ha«t  gouom  Jänitland, 
Häi;jedalen  och  Dalarna.  —  Ljungquist: 
En  gotlftadsk  myr.  —  Petersen  -  Ber- 
ger: Strr.ftfig  kring  Helags^ätlet  — 
Burch  ;i  rd  t :  Fri^n  MosjOn  tili  Vilhelmina. 

—  Erikson:  Runamo.  —  Hagberg: 
Frftn  BottonhafVet  tili  Atlantiska  oeeauen. 

—  Svenska  bilder.  —  Andersaon: 
Svenska  geografiskabilder.  —  Lillje- 
kvist:  Tnristhärbiinget  vid  Abisko. 

La  eUogrofhie.  1906.  No  S.  Beule: 
L'äge  des  dcrniers  volcans  de  la  Piaace. 

—  Tilho:  PiXploratiou  du  lac  Tchad.  — 
Girardiu:  Le  pcrcemeut  des  Alpes 
bemoises. 

Dass  No  4.  Chevalier:  L'ile  de 
San  Thomö.  —  Uoule:  L'äge  des  derniers 
volcans  de  la  France.  —  Martel:  La 
einquitaie  Edition  dn  Tnii6  de  GWolegie 
de  Lapparsnt. 

The  Geographica!  Journal.  1906.  No.6. 
Green:  The  Wrecks  of  the  Spanish  Ar- 
nuidto  on  tbe  Goast  of  breland.  —  Elliot: 
The  Gpoj^raphical  Functions  of  Certain 
Water-plants  in  Chile.  —  Hogarth:  Geo- 
'  grapbical  Conditions  aifecting  Population 


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360 


Zeitschriftenschau. 


in  the  East  MediterranMn  Luids.  — 
Another  Attempt  on  Ruwenzori.  —  Frpsh- 
field:  A  Not«  on  the  Kuwenzoh  Ciroup. 

—  Qfttty:  Th«  OImiaI  Aspaot  of  Ben 
Kevif. 

The  Seottitih  Geographien!  Magazine. 
1906.  No.  ö.  Uardy:  Botanical  öurrey 
of  Scotland  (K ).  —  Lewii:  The  Hiitory 
of  the  Scottish  Peat  Mosses  and  tlieir 
Relation  to  Glacial  Period.  —  Moss- 
man:  Some  Meteorological  Uetnilts  of  the 
Beolttih  Nattonal  Aotunetie  Ex|>editi4Mi. 

The  National  Geographie  Magazine. 
iy06.  No,  4.  Fairchild:  Our  Plant  Im- 
znigianta.  —  Wellman:  The  Polar  Air- 
•Up. 

The  Jourtutl  of  Geographij.  1906.  No.8. 
Goode:  Laboratory  Work  with  the  Sun. 

—  Farnham:  The  Osw^o  Geography 
GoniM  n.  —  Sntlierlftnd:  Geogiaphy 
and  Lifo. 

Aas  Teraehiedenen  Zeitsduiften. 

Aptieta:  Lebeatgesdnehte  von  Mysis 
mixte  LiUj.  in  der  Ostsee.  (1  K.  10  Fig. 
8  Tab.)  Aus  d.  Labor,  f.  internal. 
Meere$fbndi.  in  Kiei,  Biot.  Äbt.  No.  7. 
(Wim.  MmremuUerm^.  Abt.  KkL  N.  F. 
Bd.  9.)    iO,  Apr.  190G. 

Gallenkamp:  Die  Ergebnisse  neuerer 
Hegenibrschung.  J^immd  m.  Erde. 
XVUI.  7.  Apr.  1906. 

Qrnnd:  Vorläufiger  Bericht  Ober  physio- 
gieographicnhe  Untersuchungen  im  Delta- 
gebiet des  Kleinen  Mäander  bei  ^aso- 
Ivk  (Ephesns).  (1  K.)  8.'B.  d.  koii. 
Ak.  d.  Wig$.  in  Wien.  Math.-naturw. 
Kl  Bd.  CXV.  Abt.  1.  Fätr.  190$. 


Henrikaen:  On  tiie  iron  ore  deposit«  in 

Sydvaranger  fTinmarkcn-Norway)  and 
relative  Geological  problems.  Tranti. 
fr.  Norwegian  („MarjfeiMtM\  „Aflm' 
Posten"  and  „  Verdem  Qom^  Ott,  lOOQ 
Chrisiiania  1905. 
Kranz:  Erdbeben  und  Vulkanismos. 
,JStrafib.  FotUf*  1905.  Den.  Ml.  Nr. 
1366. 

Ders. :  Zur  Entetehung  des  Buntsandsteins. 
Ezwä^pingen  über  das  nördliche  Alpen- 
TOitand,  YvlkMiMiiMUi  imd  Oeotoktoiuk. 
Jahreshefle  d.  Fer.  f.  «afcfi  JITflOAL  m 
Württ.  mxj. 

Philipp:  Beobachtungen  über  die  Vesuv» 
eroption  MAn— Afnü  1906.  Bfkfl 
Mitt.  a.  d.  OberrMm.  geal  Vmr.  jr«iyt^ 
14.  IV.  (>r,. 

Rumpelt:  Bilder  aus  den  Abruzaeu. 
(1  Taf)  Himma  Erde.  XVITI. 
7.  Apr.  1906. 

Sauer:  Ausflug  in  den  württembergisclien 
Schwarzwald  in  Verbindung  mit  der 
60.  Tm.  d.  D.  OeoL  Oea.  ia  TBbingen. 
Aug.  1905.  Z.  d.  JD.  Oeel  Oeg.  Bd.  57. 
Jafirg.  1905. 

Ders.:  Über  die  Erstfelder  Gneiße  am 
Notdxuid  d«e  AaimMnTee.  Ber.  4b«r 
die  XXXVIII.  Fei»,  d.  Oberrhein.  geoL 
Vcr.  zu  Konstant.    26.  Apr.  19Cf5. 

Strodtmann:  Laichen  und  Wandern 
der  OitoedlMhe.  H.  Bd.  (l  K.,  6  Abb., 
Tab.)  (Aus  d.  biolog.  Anst.  auf  Helgo- 
land, yo.  4.1  Wis.'i.  Meeresunterftuch. 
N.F.  VlLIid.  Abt.  Helgoland.  H.H. 
1906. 

Stumme:  Sidi  Hammu  als  Qeogiaph. 
j^meke-Futteitrift".  1M6. 


T^nntwortUolMr  Ucimutrtwri  Prot  Dt.  Alfred  U«tta*v  In  UtAMikmg 


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Geograpliiselie  Abhandlungen 

herausgegeben  von 

Prof.  Dr.  Albrecht  Penck  in  Berlin. 

In  zwangloaen,  einzeln  käuflichen  B&nden  bez.  Heften.   Mit  vielen  Abbildungen,  Karten  und 

Planen  8.  geh. 


Soeben  erHchien: 

Band  VTI.  Heft  4.  Vujevic.  Die  Tln  iß.  Eine  potamoloymche  Studit:    Mit  13  Text- 
abbildungen und  "  Tif.ln  IVO  .   .  .   

—  Vn.  complet.   1906.  ... 

Band    L  Hefl  1.    BrQokner.  Die  VergleUdicrung  des  Salzachgebietes.  M.  11  Abi 

8  Taf.  u.  8  Karten.   1886   .  .  .  ^  

—  I.    —    2.    Neumann.    Orometrie  des  'Schtcarztcaldcf.   Mit  9  Abbildungen, 

1  Tafel  u.  1  Karte.  1886  

—  L    —    8.    Böhm.    Eintheilung  der  Ostalpeti    ATit  1  K;irto  19«: 

—  L  complet.  1887   

Band   IL  Heft  1.    Seiger.    Die  Pamir- Gebiete.    Mit  l  karte.  isöT  

—  IL    —    2.    Hann.   Die  Vertheilung  des  Lußdruckes  über  Mittel   u,u1  S!ü\l- 

Europa.    Mit  8  Tafeln  und  zahlreichen  Tabellen.  1887 

—  n.    —    8.    Snyka.  Die  Schwankungen  des  Grundwassers.  Mit  18  Abb.  Iö88 

—  IL  complet.  1888   

Band  HL  Heft  1.    Sievers.  DieCordiUere  von  Merida.  Mit  1  Karte  u.  15 Profilen  1888 

—  HL    —    2.    Günther.  Johannes  Kepler  und  der  (ellu fisch -kosmisclte  Magne- 

tismui>.    Mit  19  Abbildungen.  188«   

—  lU.    —   8.    Woe'kof.  Der  Einftuss  einer  Schneedecke  auf  Boden,  Klima  und 

Wetter.  1889   

—  m.  complet  1889   

Band  IV.  Heft  1.    Kretachmer.    Die  physische  Erdkunde  im  Mittelalter.  Mit 

9  Abbildungen.  1889   

—  IV.    —    2.    Brückner.    Klima -Schwanktoxi'»  on't  1700     Mit   l  Taf»' 

18  Figuren  u.  zahlr.  Tabellen.  1890 

—  rV.  complet.  1890   

Band  V  Tfeft  1     Arbeiten  des  geogr.  Institutes  der  k.  k.  VnivtrsUnt  Wi-'n  1891 

Sondorflnuko  fing  Band  V,  Heft  1: 

Helderich.  Die  mittleren  Krhrhu  me  der  Erdoberfläche.  Mit  1  Taf  1891. 

Kurowski.  Die  Höhe  d»  Mit  4  Figuren.  1891 

Swarowsky.  Die  Eismi  '  '  "  <'iau.  1891.  ... 

Band  V.   —    2.   Partsch.    rhiUpv  Mit  l  Karte.  \m\ 

—  V.    —    8.    Cvljl6.    Dax  h  cn.  1892 

—  V,   —    4.    Forster.    Die  ir  fliessendn   ü<.ua<,Aci  .Uuuituropas. 
M.  1  Taf,  u.  25  Tab.  1h94  


inien, 


V,  —    6.    Ruvarac.  Die  Abjluss-  i 
nebst  Penck.     VntfrftvchuugeH    uii'i    >  •  <  u  /..ii        umi    A''iin':ti  von 
grösseren  Lnndflächen.    Mit  l  Kart«?,  '2  TalVln  u.  zahlr.  Tabellen,  1896 

—  V.  complet.  1896     

Band  VI.   Atlas  der  österreichischen  A'ml,  ,:: 

I.  Lieferung:  Müilner.  kamniergutes    1H96  . 

U.       —       :  Richter.  Seen  von  harnten,  Krain  uno 

—  VI.  Heft  1     Mullner.    Die  Seen  '  '(immer gtUes  unJ  i  .c/-*. 

2/  -Mit  2  ratein,  7  !  .  u.  47  Tabellen.  1896  .... 

VI.  —    2.    Richter.   Seen-  Mit  »  Tafeln  u.  7  Figuren.  1897 
~   VI,   —    8.    Penck.    Fricd><  .-  ...luony.    Mit  t!a  Tafeln  u.  11  Figuren 

—  VI.  complet  (ohne  AUaa).  I8'J8  

BandVn.  Heft  1.    Müllner.    Die  Seen  am  Itesclien- Scheideck.    Mit  7  Abbildungen 

und  4  Tafeln.    1900  .   

—  vn.  Heft  S.    Müilner.    /)»>  der  österreichischen  J/p^-Msv/n  in  d< 

Wintern  bbild.  u.  2  ' 

—  VII.  Heft  3. 
Mit  14  A 

BandVnL  Heft  1.  Grun 

und  Wiener  i.- 

—  Vm.  Heft  9  Krebs. 

Mit  ' 

—  VII]      A  ,..  Hassir 

WifVftr  JitcJ 


•1  im  '\ 


tm  li'u;;icr  Walde 

1901  

Traisen  m» 


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x'i'ilpint' 
:  und 


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r>»''"  Sammlung  wird  fort(fp«pt7.t.    .T.  Ip  Pitc'iI  "iillnn"  nimnit 

■■tr.  r«-,a»Mt-.iR.i  •! 


4.— 

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3.— 
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20.- 
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12.- 
8.- 
23.- 
12.- 

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20.- 
6.- 


2.- 
4.- 


6.- 

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inj^cn  cnt^eg«n  ' 

B.  G.  Teubner. 


Geographische  Lehrbehelfe 

aus  dem  Verlag  von  Ed.  Höliel  in  Wien  IV/2,  Luisengasse  Nr. 


Zur  A lisch afl'u Ii;;  für  Scliuleu  emiifolilcii! 

H'''^'-!'=  f^  ^  ^>Uv'.^'lv•^r?p  von  Australien  und  Polynf"^  '  '"  m^-v 

ranz  II o i iliT i cb. 
l'r  .  1:10üUO<MM).    6  Blatt  in  UMadiem  V 

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H61»el8   Bchulwnndkarte    von  Asien.     Politische   Ausgabe  b<- 
l>r.  Frau  Maßütub  1:-     ~  "     6  blatt  in  loli  ' 

(JröOe  der  —         .    nengesetzt  14'»  .  .  ■     h,  175  cm  breit,   i  . 


läM.,  auf  Leinwand  ^CMpauut  in  Mappe  *iOM.,  auf  Leinwand  gespannt  mi' 
HSlselB  Bei  dJtarte  von  Aflien.    Physikalische  Aasgabe.  ii. 

voUkumtiiuu   I.'  i.   .1  arbeitet  \ou  Dr.  Franz  Heiderieb     A'-'f^.-*  V  i 
6  Blatt  in  10  taebem  Farbendnn  k.    «irößo  der  Karte  tu 
Ijoch,  176  cm  broit.    F'r-  15  M.,  auf  Le 

'JO  M.,  auf  Lein w. vi  "  '  >T  F- 

dem  neueutcu, 

und  Australien.    Sie  uebmeu  den  eroto. 

••■  V'-'-v- .-.v  ...  i- .,  ^.f  g  XQH  ■  .ttm  .-ri 

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Kallina.  iL  Autlu-;«.  .MaUtttab  l:4oo(i00.    Blatt.  Preis  i 
Leinwand  ■      ^!appe  •2y..'0M,,  anfLeinwau«!  • 

TTfin.r'!"^      ^  r.arte    von   Europa   lür  t  

^     .Malintub  1  ;  ntMKUM.ni.    16  Blatt.    Größo  der  Karte  n 
. um  breit,  1-  '<    I/uaufge^paunt  15  M.,  auf  Leinwand 

Übers  irte  der  ethnopfraphischen  VerhftltniBPe  von 


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ID  do) 


1  ^1906  ^ 

GEOGRAPHISÜIIE  ZEITSCHRIFT 


HKKA''?r;EC.EBEN 


Db  ALFRED  HETTNER, 


■-•ilt  I»Ki;  i.KttCKArillK  AV  IM-.ll 


'IFIHKI.BKlifJ. 


/VVOLFTEE  JAlIRriANr;.    SIEBTES  HEFT. 


Mll   /.WCl  lAFKLN 


AUSfSKfSEHEN   AM   Jl  JULI. 


LEIPZKr, 
N*I»  VERLAG  VUN  B.  TEUßNEK 


lüeniarlfS  TTöiT^n  und  (.»icrlliiolie.    \  i>ii  l'rivauiuü.  l>r.  l  i  iu.  .M.iiUiarT 
in  Wien.    i^Mit  H  Ijandst-haftsbildLMn  a»if  TaF.  0  ii.  7). 
Anpassungsbeilingiingeii    nin\    EutwickelungsinotivH    'Kr  KmUi 
Dr.  L.  Chalikiopoulos  in  Rapsani  (Thessalien 
Karaeninbahn  von  Dnala  nach  »len  Manengnl)al>ergen  und  die  deutsch t^^* 
Nigrer- BriMH'-T.sad.see-Kxpodition  (1902 — 1903)  unter  Fritz  Bauer. 
Von  RealschuMirektor  Dr.  A.  (Jeistbeck  in  München 

der  Mollusken  in  dem  palaearkliscutn 
Pfffr-  r  in  ITaniburL' 


I  i  'w 


^'eoi,'ra])hi.sehe  Verbreitung,' 
«iobiet.    Von  Prof.  Dr.  <i 
< ieoLTapbische  Neuigkeiten: 

Allgeinoinvs.  Zeiitralburoati  der  intcrnatiotmleu  se(Kino)o(rischon  StHntcuaKsoziation. 

—  Intcrnationnh'  Ver  •  zur  Er'  der  PolAr^rebioto  

Europa.  B<;vrtlkeriinh'8\ti .      .so  «l<»s  l''  i      u  Rt-iches.  —  Die  anlhtopolnrischon 
Verli&ItniMc>  Daminiark«.  —  Die  Kr&fliiung  de»  Siniiilikutunnols.      Di*  Wirkuns^on 

de»  letzU-n  Veaiivausbrtichs  

.\si<'n.     Ii  u  n  ti  II  (f  1 1  r<      KnrVVi'hr    i\<i^    7"iitr«I  ■  Nvf.ri  I  if.  '.  >;    Fvtin.l'ti' m 

iiich  West- China 

Afrika.    Dltf  B'-'v^lkoiuiig  uiu  ilurokk"  

A  ii!;trali.<iche  IiiReln.    Krrorschung  dor  Ustcrtusei  ... 
Nordamerika.    Macprogora  Expedition  entlang  d<  r  Küst«!  von  Labrador 
Nord-Polftr(?egonden.    Expedition  des  Krirsten  v   Munfti'o  »ach  "  >jii 


■tit 


Von  Tli.  Fischer. 


ü  .\.  lU't  t  n er 


(ieoirraphisclior  L°ntorri< 
I'eraflnUthori.    Ohst  f. 

Dücherbesprechungen : 

u  rs  gTf  "      '  :ki>n, 
.    iz,  W.     i  .  ,  l)ic. 

\V initiier,  J.    licschichtc  des  deutsctieu  Bodens.    Von  doDis.  . 
Bc(;tcbiiiir,  ü.    Die  Ja^rd  im  Leben  der  salischen  Kat^(r.    Von  K.  K  rc  t  »ctiiii  •  r 
V,  0  ov  r- S  eil  WC  pp  en  b  urg,  A.    Mriue  IJeiso  iiacli  den  EArOeni.    Von  H.  Kaliiu 
.Steinmetz.  K.    Ein  VorstoD  in  dio  nonlaibanisclien  Alpen     Von  K.  Oestreii:ii 

Wnllaco,  I».  M.    Rußland.    Von  A.  UiMtnur  

Fitznor,  R.    Ueitr&ge  zur  KJiinakiiii'i'-  -Ir«;  «Hniimisfin'!!  n.i>'hi8  mi  i  -liiii-r  Vtm  1 

barjrehiot".    Von  Tli.  Piachor 
Weber-viiii  Hosao,  A.    '  *  nu  'i\ .  k  u  i.  i.- ii  i  ii  .>  . 

i'Iiit^'egnting  auf  Kirch  ;       .  lUdoutiing  «nd  A'.- 

spraclic  der  w|<-liti»r8tcn  schultrcugrapliisiheu  Nameu".    Von  A.  Wollenianti 

Neue  Bücher  und  Karten  . 

■schau  .  . 


41)5 


4' 


4t'  ' 

411 

412 

n- 

414 


i: 


41 
41 

41 


II.' 


fl'eDtlichuni^'en  je' 

iu  11,  i  ru^raiuinL.   Karten  u.  a.j  uusiuilimhiu.i  um 
'Twübnt  werden    köniHMi,    wetiti    >ip   der  GeotT. 
ii^efiehickt  worden  s 


i)r.  Altr 
zu  dt  Vi 
Hl.  i-r 


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mit  2  Mk. 

II.,  .. 


von  Ii.  t 


Ufr  in  1.' 


^ ''''''' i^^^ 

^  AUG  101908 


Dänemarks  Hoden  nnd  Oberfläche.^) 

Von  Fritz  Machacek. 
(Mit  3  LftudflchafUbildoiii  auf  Taf.  6  a.  7.) 

In  bedeatnngtroUer  Weise  wird  der  31  eeresraum,  der  Hiftel*Eiiropa  Tom 
skandinaTischeii  Korden  trennt,  dnreh  die  null  Norden  Tor^ringende  jIMieolie 
Halbinsel  und  den  in  ihrem  Bdmtze  gelegenen  d&nischen  Arohipel  unter- 
brochen. Indem  somit  diese  LUndergruppe  einerseits  die  Trennung  zweier 
verkehrsreicher  Mcpie  bewerkstelligt,  anderseits  die  Brücke  dai-stellt,  durch 
die  der  Norden  und  das  Innore  Enrojias  iu  Berühruiij^'  £,'ebrarlit  werden,  fällt 
ihr  die  wichtige  Kollo  oiiies  Vcrhindungs-  und  Mittelgliedes  zwischen  zwei 
nach  allen  geographisclien  Beziehungen  durchaus  verschiedenen  Teilen  des 
Kontinents  zu.  Daher  wird  Dünemark  bald  dem  deutscheu  ^Iittel-Europa  zu- 
gerechnet, mit  dem  ee  die  mafigebendsten  Faktoren  der  Bodenbeachaffenheit 
gemein  hat  und  von  wo  ihm  wichtige  NährqueUen  seiner  Knltar  mgefloesen 
rind,  bald  als  ein  Teil  Skandinariens  betrachtet,  zu  dem  es  sidi  duroh  die 
gemeinsame  Abatammimg  nnd  Geschichte  und  die  natflxliohen  Sympathien  seiner 
Bewohner  hingesogen  fOhlt  Wenn  wir  trotzdem  und  mit  vollem  Recht  von 
einer  ausgeprägten  Eigenart  des  d&nischen  Landes  und  Volkes  Spredhen,  ao 
beruht  dies  auf  dem  Zusammenfließen  der  typischen  Züge  zweier  so  ver- 
schieden gearteter  und  in  sich  ges^rlilossener  geographisclier  Gebiete  zu  einem 
neuen  Bilde,  in  dessen  Üntertönung  wohl  noch  die  einzelnen  Komponenten 
deutlich  erkennbar  sind,  dessen  Inhalt  aber  einen  durchaus  originalen  Charak- 
ter trägt 

I. 

Die  engen  Beziehungen,  die  den  dänischen  Boden  mit  Nord-Deutschland 
verknüpfen,  verraten  sich  zunächst  in  dem  gemeinsamen  geologischen  Bau. 
Die  llteren  Bohiehten  des  Omndgerfistes  treten  in  beiden  IPSOen  nur  gans 

1)  Der  nachstehende  Aufsatz  ist  uuh  Beobachtungen  herroigegani^'cn,  die  ich 
auf  einer  mehrwöchentlicben  Reis-e  durch  Dänemark  im  Sommer  1905  unter  Führung 
dänischer  Landesgeologen  auHtellen  konnte.  Außerdem  habe  ich  es  hier  versucht, 
die  wichtigiten  Ergebnine  der  geologischen  Landesaafoahme,  wie  sie  in  „Danmarkt 
geologiske  Undersogelse",  namentlich  in  der  vorzüglichen  Monographie  von  N.  V. 
L'ssing,  „Uannmrkfi  Geologi  i  almenfatteligt  Ümrids"  (Kopenhagen  1904)  nieder- 
gelegt sind,  zu  einem  einheitlichen  Bilde  zuaammeuzufasBen.  Wenn  hierbei  Jüt- 
land  aosfDhxlicher  berttcknebttgt  erechnnen  sollte  alt  die  Inseln,  so  rllhzt  dies 
etneraeits  davon  her,  daß  mir  diese  weniger  genau  durch  Autopsie  bekennt  sind; 
anderfleits  al  er  ist  die  Halbinsel  nach  Kiistenfjliederunpr  nnd  Uberfliicbenbeschafron- 
heit  viel  mannigfacher  gestaltet  als  die  im  wesentlichen  einfürmigeti  und  gleich- 
gearteten Insebi.  Meinen  liebenswürdigen  FOhrezn,  vwr  allem  Herm  Siaatsgeologea 
OMenphMMldlidulft  If.JshfSMf'  1M*>  7.  Halt  SA 


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362 


Frits  M»o1i»i6k: 


selten,  zumeist  dort,  wo  die  zerstörende  Tätigkeit  des  Meeres  sie  blofigeiUgt 
hat,  zu  Tage;  sonst  wird  die  Oberfläche  ausnahmslos  durch  die  Ablagerungen 
der  Eiszeit  und  Postglazialzeit  gebildet.*)  Sie  allein  sind  es,  die  die  Formen 
des  Reliefs,  das  Ptlanzenkleid,  die  wechselnde  Fruchtbarkeit  und  ökouoiniselie 
Bewertuni:  dts  I5iMieiis  und  damit  (b>n  Ciiarakter  der  Siedelungen  und  teil- 
weise auch  ihrer  Bewohner  be.stimmen.  In  keinem  Lande  der  Erde  ist  Geo- 
logie so  sehr  Eiszeitforschung  und  nirgends  wohl  £&llen  ihr  80  viele  rein 
pnhtisehe  Aufgaben  za  als  in  IMnemark.  üm  nnn  dordi  das  dicht»  Kleid 
der  qoartftren  Bildungen  sor  Kenntnis  des  Gnmdgebiiges  an  gelangen,  be> 
darf  es  ebenso  wie  in  Nord-Deutschland  sablreidier  Bohrongen,  und  diese  er> 
gaben,  dafi  durchwegs  die  meist  sehr  feuersteinreiche  senone  Schreibkreide 
in  einer  maximalen  M&chtigkeit  von  fost  500  m  die  gemeinsame  Unterlage 
der  jflngem  Schichten  bildet;  nur  in  zwei  Füllen,  in  Frederiksberg  bei  Kopen- 
hagen und  in  Aalborg  im  nördlichen  Jütland,  wurden  noch  unter  der  Sclireib- 
kreide  Mergel  angetroffen,  die  wahrscheinlich  dem  Turon  angehören  und  so- 
mit die  ältestt'n  bisher  Ix-kaiiiitf n  Schichten  des  diinischon  Hodens  darstellen. 
Allerdings  tiiidft  sich  noch  errati«?'-!!»";  Material,  daü  >eitien  Fossilien  nach 
älter  ii>t  und  der  ältesten  Kieide  und  dem  obersten  Jura  angehören  mußj^j 
aber  seine  Herkunft  ist  unbekannt ,  denn  nirgends  in  Skandinavien  kommen 
die  entsprechenden  Schichten  anstehend  vor.  Nnn  weiA  man,  dafi  anf  Schonen 
an  den  Granit  zuerst  cambrisch-sünrische  Schichten,  dann  kohlenflihrende 
Schichten  der  oberen  Trias  und  liassische  Mexgelscfaisfer,  stets  durch  Stalfol- 
brüche  Ton  einander  getrennt,  anstofien,  die  mit  WNW>IUchtnng  in  den  Katte- 
gat  hinausstreichen.  Es  liegt  daher  die  Vermutung  nahe,  daß  die  heimat 
losen  erratischen  Geschiebe  am  Grand  des  Kattegat  anstehen  und  von  da 
dnrcli  das  bewegte  Eis  losgebrochen  worden  sind,  daß  sich  also  das  System 
d<'r  StalTellirüehe  von  Schonen  quer  über  den  Kattegat  in  das  niirdliehe 
Jütland  fortsetzt  und  daü  einst  Bohrungen  an  geeigneter  Stelle,  z.  B.  auf 
den  Inseln  Laeso  und  Anholt  oder  im  nördlichsten  Jütland  die  fraglichrn 
Schichten  erschließen  werden.  Damit  wäre  auch  der  stratigraphische  Zu- 
sammenhang von  Skandinavien  nach  Nord-Deutschland  quer  Aber  Dinemark 
hinweg  «rwiesen  und  eine  tiefe  Lfloke  der  Sduchtfolge  ausgefüllt. 

Die  Schreibkreide  tritt  in  Folge  späterer  StOrangen  in  sehr  ver- 
schiedener  Tiefe  unter  der  Oberfläche  auf,  ihr  am  nächsten  in  einem  grofiea 
Gebiet  um  Aalborg  und  den  Mariager  Fjord,  wo  Kreidehfigel  nur  TOn  einer 
dünnen  Morärendecke  überkleidet  nnd  TOm  Eise  zugerundet  auftreten;  als 
Ablagerung  eines  ziemlich  tiefen  Meeres  erstreckt  sich  die  Schreibkreide  in 
ganz  übereinstimmender  Au.sbildung  über  die  Küstenländer  der  Nordsee;  aber 
schon  bei  Ystadt  auf  Schonen  entspricht  ihr  ein  feinkörniger,  kalkreicher 

Dr.  Viktor  Madsen,  ferner  dem  „Dunsk  Turistforening*',  dem  ich  die  überlaMung 
der  Klischees  der  hier  reproduzierten  Photographien  verdanke,  sei  an  dieser  Stelle 
der  henlichste  Dank  ansgesprochen. 

1)  Die  geoLrrapbisch  und  ^M:»)ior;i<^rh  i^anz  an  Sdiweden  gehörende  Insel  Born* 
holm  wird  hier  nicht  berückHichti)^  werden. 

2)  Ethel  Skeat  and  7.  Madsen,  On  juxassie,  neocomian  and  Oanlt  Boul> 
ders  Foond  in  Denmark  (Danm.  geol.  Unders.  IL  8.  Kopenhagen  1898). 


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Dftnemftrks  Boden  und  Obernftolie. 


363 


Sand8t«in  als  Ablacreriing  einer  geringeren  Meerestiefe  und  bei  Kristianstad 
auf  Schonen  vertreten  sie  küstennahe  Bildungen.  Es  hat  also  das  senone 
Kreidemeer  nur  die  südliclisten  Teile  Schwedens  überÜutet,  die  überwiegende 
Masse  Skandinaviens  war  damals  Festland. 

Eine  weitere  Einschränkung  der  Umrisse  des  Meeres  leitet  den  jüngsten 
Abwlmitt  der  Kreideseit  ein,  dessen  Ablagerungen  als  Danien  in  Danemark 
ilire  typische  Yartretang  finden;  es  handelt  taxk  dabei  Torwiegend  nm  Bü> 
dnngeii  emee  wenig  tiefen  Meeres,  anfgebant  Ton  Biyosoen  und  Korallen, 
aber  in  recht  Tenchiedener  Ausbildung.    Der  sogen.  Limsten  Tcm  Btevns 
Klint  (an  der  Ostkflste  Seelands),  der  auch  auf  Fflnen,  am  Manager  Hjatä 
und  bei  Aggersborg  an  der  jütischen  Westküste  auftritt,  ist  ein  ziemlidi 
kompakter,  als  Baustein  geschätzter  Brjozoenkalk,  der  von  zusammenhängen- 
den,  unregelmäßig  gewellten  und  oft  fußdicken  Flintlagen  durchzogen  •  ist. 
Der  poröse,  tlintfreie  Faxe-Kalk,  so  benannt  nach  seinem  wichtigsten  Vor- 
kommen bei  Faxe  im  südlichen  Seeland,  tritt  hier  als  Kest  eines  einzigen, 
über  50  m  mächtigen,  vom  Meere  und  Eise  größtenteils  schon  zerstxirten 
Koralleastockes  auf.   Die  verbreitetste  Form  des  Danien  ist  die  Bleich  kreide 
(„Biege  Kridtf*),  Ton  analoger  Entetehnng  wie  die  weiBe  Sdureibkrnd«,  aber 
Ton  ihr  durch  die  gelblidi-gratte  Farbe  nnH  das  Vorkommen  kompakter  Tu- 
tien,  der  sogen.  Bieger,  nnterschieden.   SchlieBUdi  ist  der  Saltholmakalk 
ein  harter,  liditer,  gelegentlich  marmorartiger  Kalk,  dessen  zahlrnche  Klflfbe 
ihn  twar  als  Baustein  ungeeignet  machen,  aber  große  Bedeutung  für  die 
Bewegung  des  Grundwassers  haben.  Das  in  ihnen  zirkulierende  Wasser  findet 
idimlich  in  den  untern,  weniger  porösen  und  zerklüfteten  Lagen  eine  un- 
durchlässiu'e  Schicht  vor,  die  bei  Brunneubohrungen  reichliches  Wasser  liefert, 
namentlich  wenn  der  Kalk  die  Unterlage  einer  oberflilchlichen  Sanddecke  bildet. 
Der  Saltholmskalk  führt  seiuen  Namen  vou   der  kleinen  Insel  östlich  von 
Kopenhagen,  liegt  hier  nur  10  m  unter  der  Oberfläche,  bildet  die  Unterlage 
der  Eiszeitbildungen  in  Nord-Seeland  und  reicht  hinüber  nach  Schonen;  im 
westlifihen  Seeland  aber  sinkt  seine  ObeiflSohe  rasch,  so  daß  er  bei  Kors^ 
in  100  m,  bd  Tiss0  erst  in  200  m  Tiefo  errcieht  wird.    8o  sehen  wir  in 
den  Tcrschiedencn  Niveftus  der  obersten  Kreideschichten  den  Beweis  für  be> 
trSehiliche  Kmstenbewsgnngen,  die  ridi  rauneist  Iftngs  KW — 80  streidiender 
Brachlinien  vollzogen  haben;  dieselbe  Richtung  ist  anch  den  HaopterhebungS" 
afigen  des  sfldlichsten  Schwedens,  dem  Romele  Klint,  Söderasen  und  Kullen, 
aufgeprSgt  und  wir  finden  sie  schließlich  in  den  jüngsten  Bewegungen  des 
dänischen  Bodens  wieder,  die  ein  Gebiet  der  Hebun?  von  einem  solchen  der 
Senkung  trennen.     Eine  Yerwerfungslinie   mit  der  gleichen  Hauptrichtung 
bedingt  auch  den  großen  geologischen  Unterschied  der  beiden  Ufer  des  Dre- 
sund,  indem  Ijei  Heisingborg  die  spättriadiscben  Sandsteine  hoch  über  den 
Meeresspiegel  gehoben  sind,  während  bei  Helsiugpr  der  jungkretacische  Salt- 
holmskalk  erst  in  SO  m  unter  dem  Meeresniveau  angetroffen  wurde,  was 
einer  SpmnghSho  von  ca.  600  m  entspricht   Dia  Anlage  des  Sundes  scheint 
aber  mit  diesen  Yerweifimgslinien  nmr  im  nördlichsten  Teile  etwas  an  tun 
an  haben,  da  sie  ihn  sonst  unter  qpitsen  Winkeln  krensen  und  im  sftdUchen 
Teil  des  Sandes  m  beiden  Seiten  dieselben  Schichten,  lUlmlich  der  Saltholms- 

«6* 


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364 


kalk,  auftreten.  Der  Zt-itpuukt  dieser  tektonischen  Bewegungen  ist  nicht 
niiher  festzustellen,  doch  fallen  sie  vielleicht  mit  der  regen  vulkanischen 
Tütigkeit  zusammen,  die  im  ältern  Tertiär  den  Boden  Dänemarks  betroffen 
hat.  Wahrscheinlich  aber  haben  geringere  Bewegungen  derselben  Art  noch 
m  naditwtäbrer  Zeit  stattgefimdai,  und  wir  haboi  ihre  letsten  Ansliiiler  in 
den  nnbedeotenden  Erdbeben  xu  selun,  die  namentUdi  dort  beoMrkt  wecden, 
wo  die  an  tich  sehwaohen  StOBe  Ton  einer  nur  wenig  mlohtigen  qautibren 
Decke  nicht  TOUig  gedimpft  werden  kOnnen. 

So  wie  die  geographischen  Verhftltnisse  der  jüngem  Kreidezeit  Däne- 
mark und  Nord -Deutschland  gemeinsam  sind  und  wichtige  tektonische  Linien 
die  Zugehörigkeit  des  Unterbaues  des  dänischen  Landes  zur  skandinavischen 
Landmassp  erweisen,  hat  sich  auch  im  Tertiär  der  Wechsel  von  Land  und 
Meer  in  allen  Küstenlilndorn  der  Ostsee  im  wesentlichen  übereinstimmend 
vollzogen.  Das  marine  Tertiär  Dänemarks  unterscheidet  sieh  von  den  Ab- 
lagerungen der  Kreidezeit  vor  allem  durch  seinen  geringen  Kalkgehalt^  ferner 
durch  seinen  noch  duixhaoe  unverfestigten  Zustand,  ümsomehr  erlag  es 
daher  in  der  Eiaseit  der  Zerstörung  und  Aufarbeitung  duroh  das  Eis  und 
lieferte  das  Material  su  neuen  Bodenarten,  so  dafi  in  noch  höherem  Mafie 
als  bei  den  Kreideschiditen  heute  nur  mehr  Beste  seiner  einstigen  Verbreitung 
unter  der  qnartSren  Decke  Terborgen  liegen.  Aus  dem  Beginik  des  TertÜrs 
stammen  der  0 r H nsandstein  und  Grünsaudkalk  von  Lellinge  im  süd- 
lichen Seeland  und  die  sogen.  Mergel  Ton  Kerteminde  auf  Füoen,  die  durch 
Bobrungen  an  vielen  Stellen  nachirewiesen  sind.  Dann  aber,  im  größten  Teil 
des  Kooäns,  lierrscltten  in  dem  jetzigen  norddeut.sehen  Tiefland  ebenso  wie 
in  ganz  Skandinavien  Fe>l lanils/.ii>tänile,  bis  sieh  im  Oligocün  das  Meer  wie- 
der über  Nord-Deut.schlaud  und  Nonl-Frankr*  ich,  und  zwar  in  größerer  Aus- 
dehnung als  im  EocUn  ausbreitete.  Dieser  Zeit  gehört  die  Bildung  der  dem 
norddeutschen  Septarienton  äquivalenten  plastischen  Tone  an,  die  jeden- 
falls eine  susammenhAngende  Heeresablagerung  Hldeten,  wenn  andi  nicht 
alle  die  Terstreuten  Vorkommnisse  an  den  Küsten  von  Jütland  und  Fflnen 
genau  derselben  Zeit  angehören;  doch  hörte  diese  Bildung  schon  vor  der 
Mitte  des  Oligocftns  auf.  Etwas  jünger  ist  die  weiße  Diatomeen-  oder 
Infusorienerde  (sogen.  ,,Molcr"),  die  durch  sehr  geringes  flpesifisches  6e- 
wicht,  große  Porosität  und  das  Auftreten  zahlreicher  dünner  Lagen  schwarzer 
vulkanischer  .\sehe  ansgezeicbnet  ist  Es  mttss<»n  also  um  diese  Zeit  vul- 
kanische Inseln  oder  ein  Festland  mit  Vulkanen  in  der  Nähe  des  heutigen 
Dänemark,  wahrsrlieinlicli  im  heutigen  Ska^rerrak  existiert  haben,  die  vielleicht 
dem  großen  nordathuitischen  Vulkangebiet  aneehTirteii,  das  im  mittlem  Tertiär 
eine  so  intensive  Tätigkeit  auf  Schottland,  Island  und  den  Färper  entwickelte 
und  dessen  Aschen  iwischen  die  Ablagerungen  eines  küstennah«i  und  ruhigen 
Meeres  getragen  wurden.  Qegen  Ende  des  Oligocäns  wurde  das  Land  wieder 
teilweise  gehoben  und  swischen  den  neugebildeten  Inseln  lagerte  das  Meer 
Glimmersande  und  -tone  ab,  die  Terbreitetsten  aller  d&nischen  Tertilr- 
schichten.  Ihre  IMldung  erstreckt  sich  durdi  sehr  lange  Zeitriume  und  ge- 
hört zum  Teile  auch  schon  dem  Miocan  an,  als  von  Mittel- Europa  und  Skan- 
dinavien kommende  Flüsse  ihr  Material  in  den)  seichten,  das  heutige  Nord- 


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Dftnemarki  Boden  und  Oberflfteh«. 


365 


west-Dputschland  und  Dänemark  bedeckenden,  inselreicbeu  Meere  ablagerten, 
an  dessen  Küsten  es  gelegentlich  auch  zur  Bildung  von  Braunkohlen  kam. 
Aber  diese  dänische  Braunkohle,  die  einstens  dem  ganzen  Tertiär  den  Namen  der 
Braunkolilenformation  eintrug,  erlangte  wegen  ihrer  geringen  Mächtigkeit  und  des 
durch  die  überlagernden  Sandmassen  erschwerten  Abbaues  niemals  ökonomische 
BedaotuDg;  der  einzige  größere  Tersach,  der  1861  bei  Silkeburg  in  Jütland 
gemaeht  wurde,  mnflte  bald  wieder  aufgegeben  werden.  Die  Glimmersande 
und  -tone  sbd  die  jüngste  TertiSriuIdnng  Dänemarks;  denn  das  obere  HiocSn 
und  das  Püocin  sUdlen  eine  FesUandsieit  dar,  in  der  sich  eine  weite  Ebene 
als  Heimat  eines  reichen  Tier-  und  Fflansenlebens  ausbreitete,  bis  das 
Herannaben  der  eiszeitlichen  Vergletschcning  eine  gtasliche  Umwandlung  des 
Bodens  und  seiner  Bewohner  mit  sich  brachte. 

Gleich  Nord-Deutschland  und  Süd-Schweden  gehörte  Dänemark  zum  Ab- 
schmelzungs-  und  Akkumulationsgebiet  des  nordeuropäischen  Inlandeises,  und 
vor  allem  treten  hier  die  Ablagerungen  der  letzten  Phasen  des  Eiszeitalters 
boden-  und  formenbildend  auf.  Dabei  schafft  der  Gegensatz  glazialer  und 
fluvoglazialer  Ablagerungen  auf  engem  Kaum  eine  Heihc  wechselvoller  Luuü- 
sefaaftstjpen,  in  die  außerdem  die  durchaus  Tersditedene  Kikstenbeschaffenheit 
der  beiden  begrensenden  Meere  weitere  untersdieidrade  Merkmale  binebtragt. 

Die  aus  Nord-Deutsebland  wohlbekannten  Ablagerungen  der  Eiszeit, 
der  Morinen-  oder  Gesehiebemergel  im  östliehen,  fluTioglaxiale  Sande  und 
Kiese  im  westlichen  Teil  des  Landes  herrschend,  stammen  rorwiegend  nicht 
aus  der  Zeit  der  größten  Ausdehnung  der  Vergletscherung,  sondern  aus  jenem 
Abschnitt,  als  ein  Eisstrom  von  Skandinavien  durch  das  Bett  der  luutigen 
Ostsee  zuerst  nach  Süden,  dann,  wie  die  Schrammen  auf  anstehendem  Gestein 
und  die  vorherrschenden  Knatica  aus  den  nördlichen  Ostseeliindern  beweisen, 
nach  W  und  NW  sich  bewegte,  die  dänischen  Inseln  überdeckte  und  diese 
Kichtung  bis  Grenaa  an  der  jütischen  Ostküste  beibehielt.  Die  Abschinelzung 
mag  zuerst  bei  dem  aus  dem  südlichen  Norwegen  und  Schweden  stammenden 
Eise  begonnen  haben  und  das  Westmeer  danuls  bemts  eisfrei  gewesen  sein, 
da  steh  der  Bewegung  dieses  sogen,  „baltischen  Eisstrom  es**  nach  W 
kdn  ffindeniis  eniifegenstellte.  Es  ergeben  sieh  also  ffir  Dftnemazk  swei 
große  Hauptabschnitte  der  Vergletscherung:  eine  lltere,  die  MaximalTerglet- 
scherung,  in  der  sieh  das  Eis  Ton  Skandinavien  in  N— S-  und  später  in  NO — 
8W-Richtang  quer  Aber  Dtnemark  nach  dem  nordwestlichen  Deutschland 
bewegte,  und  die  jüngere  „baltische  Vergletscherung",  der  die  meisten 
Schrammen  und  die  Hauptmasse  der  Eiszeitablagerungen  angehören.  Ob  es 
sii'h  dabei  um  zwei  Eiszeiten  oder  nur  um  zwei  Pliasen  der  letzten  Kisz<'it 
handelt,  deren  Kückzugsstadium  der  baltis<;he  Eisstrom  darstellt,  bleif)t  eine 
offene  Erage,  die  übrigens  gerade  jetzt  die  dänisriien  Geologen  viel  beschäftigt. 

Auch  die  Frage,  ob  es  überhaupt  im  Norden  Interglazialzeiten  gegeben 
odmr  ob  nidit  das  ganse  Eisseitalter  hindoreh  nur  eine  einmalige  und  ein- 
heitliche Vergletscherung  mit  nur  unbedeutenden  Schwankungen  bestanden 
habe,  wie  es  Holst  für  Schweden  und  Geinitz  fBr  Nord-Dentsddand  ver- 
langen, wird  in  DSasmaik  eifrig  erörtert  Sicher  ist,  daß  die  Ablagerungen 
der  lltoen  Absehnitte  der  Eisxeit  hier  «meist  wieder  vom  Eise  selbst  ent- 


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866 


Frits  Mftehft6ek: 


fernt  wurden;  man  findet  ihre  Reste  u.  a.  an  Stellen,  wo  gewaltige  Blöcke 
von  i:o-chi(  liteten  Eisz»  itsundpn ,  wfchsellagernd  mit  steint'roien  Lehm-  und 
Mergelmassfii,  in  Moräne  eiugtbuttet  sind,  wie  z.  B.  in  dem  Hügel  von  Valby 
bei  Kopenhagen.  Es  gibt  aber  anderseits  in  Dünemark  kein  ganz  einwand- 
freies interglazialcs  Protil,  sondern  nur  Ablagerungen,  die  nach  ihren  organi- 
sehen  Bestaft  wo»  eisor  Zeit  mit  milderen  Klima  stammen  mttnen  und  daher 
gewöhnlich  Ton  diniscben  Geologen  einer  Interglazialieit  sviBohen  swei  groBen 
Vergletsdienmgen  sngeschrieben  werden.^)  Es  sind  das  entweder  Cjprinen' 
tone  oder  als  Ablagerungen  kleiner  Seebedcen  SflBwasserkalke,  Diatomeenerde 
oder  Torfbildongen  mit  Resten  einer  eigentümlichen,  durch  Picea  cxi'dsa, 
Ta.rus  barcata,  Carpimu  Bdtilus  etc.  charakterisierten  Flora,  die  seither  wie- 
der in  Dänemark  eingewandert  ist,  nachdem  sie  durch  das  £i«  daraus  Tsr- 
trieben  worden  war. 

Der  Küstenumriß  Dänemarks  war  sowohl  während  der  Eiszeit  als  an 
ihrem  Schlüsse  von  dem  heutigen  verschieden.  Das  beweist  das  Auftreten 
der  Yol  dien  tone  im  nördlichsten  Jütland  (Vendsyssel)  mit  YuUlia  aniica 
und  SaxicavOj  Ablagerungen  eines  arktischen  Meeres,  von  denen  die  älteren, 
von  Morinen  flbetiagert  und  Tom  läse  vielftch  gestOrt,  einem  nicht  nihsr 
bestimmbaren  älteren  Abschnitt  der  Eisseit  angehören,  wShraid  die  jflngersn 
nadi  Abschmelsnng  der  xnsammenhlngenden  Eismasse  fibor  Dan«naifc  ge- 
bildet wurden,  als  das  Heer  in  Vendsyssel  ungelKhr  50  m  hoher  stand  als 
heute  und  TOn  dem  Skandinavien  noch  bedeckenden  Itdandeis  kalte  Schmclz- 
wasser/.nflüsse  erhielt.  Über  dem  Jüngern  Yoldientou  liegen  in  Vendsyssel 
noch  als  die  jüngsten  Bildungen  des  Eiszeitalters  die  sogen.  Zirphaeasande, 
die  bereits  auf  ein  etwas  wUrmeres  Meer  hinweisen.  Gegen  S  senken  sich 
die  Abliujeruiiiren  die.s^s  spätglazialen  Eismeeres  immer  mehr  gegen  den 
heutigen  Meensspiejrel,  und  südlich  von  Thj  lag  das  Land  damals  sugar 
höher  als  heute,  so  daü  eine  laud teste  Verbindung  zwischen  Deutschland  und 
Schonen  über  die  dänischen  Inseln  bestand.  Doch  erstreckte  sich  das  Yoldiea- 
meer  auch  Aber  groBe  Strecken  Ton  Mittd-Schweden,  dessen  innere  Tdle 
damals  bis  250  m  tiefer  lagen  als  heute,  so  daB  eine  breite  HeeresstraBe 
vom  Skagexrak  Aber  die  heutigen  groBen  schwedischen  Seen  nach  der  Ostsee 
führte.  Die  dänische  Landschaft  bot  damals,  am  ScUufi  der  Eisseit,  das 
Bild  einer  Renntiersteppe  oder  Tundra  mit  arktischer  Flora  (DrjfOB  oäcpdaUh 
Salix  polaris  und      rrtii  uhifd.  BeUda  nana  etc). 

Mit  dem  Verschwenden  dieser  nordischen  Formen  beginnt  ttLr  Düncmark 
die  geoloj^ische  Gegenwart,  in  der  nun  die  Reihe  der  aus  den  andern 
Ostseeliiuderu  wolil  bekannten  Verilnderungen  der  Umrisse  des  Landes  und 
damit  der  Beziehu!ii:eu  zwischen  Mittel-  und  Nord-Europa  eintrat.  Zuei-st  be- 
fand sich  Dänemark  und  Skandinavien,  vielleicht  wegen  Entlastung  vom  Ein- 
druck, in  einem  Zustand  langsamer  Hebung,  so  daß  schließlich  die  Ostsea 
SU  einem  Binnensee  herabsank.  Dieser  Ancylus-See  hatte  seinen  AbfluS 
zuerst  durdk  die  mittelschwedische  Senke,  später,  als  diese  dnrdi  die  zu- 


1)  Vgl.  N.  Harts  in  „Daam.  geol.  Unders.''  IL  Baekke,  No.  9,  IMft  und 
Geogr.  Tidskrift,  XVI,  190S,  8.  844. 


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Dftnemarkt  Boden  und  OberfUehe. 


367 


nfhmende  Hebung  verschlossen  wurde  und  der  Spiegel  des  Sees  etwas  steigen 
mußte,  wabrscheiolich  duich  die  tiefe  Rinne  des  großen  Belt.  Große  Strecken 
im  südwestlichen  D&nemark  mögen  damals  etwa  15 — 20  m  höber  gelegen 
ttSM  als  Imitei  dU  diüMditii  Inwaln  wazen  mn  Teil  des  Feetlaads.  Den  Be- 
weis fOr  diese  grOfiere  Höhenlage  erbringen  namentlich  die  bei  Hafeoaalsgen 
vielfisch  (s.  B.  bei  Kopenhagen  und  Aaihus)  aDgefcroffenen  sabmarinen  Tor€> 
moore,  sowie  die  nnterseeisdien  Binnen  in  mehreren  Fjorden,  die  ab  ehe- 
malige, jetzt  untergetauchte  T&ler  anzusehen  sind.  In  dieser  Ancylos-Zeit 
hat  die  Flora  Dänemarks  eine  weitgohemle  Veränderung  erfahren.  Man 
findet  numlich  in  den  untersten  Lagen  der  heutigen  Torfmoore  Stämme  von 
Populus  irrmulff  und  einigen  Birken  und  Weiden:  sie  sind  die  unmittelbaren 
Nachfolger  der  arktiseben  oder  Drvas-Zeit.  Allmählich  werden  sie  von  der 
Kiefer  verdrängt,  die  nuti  iler  borrschende  Baum  wird  und  den  ersten  Hoch- 
wald bildet.  Bei  zunehmender  Milde  des  Klimas  dringt  nun  auch  die  Eiche 
ein  und  es  fällt  noch  der  größte  Teil  der  Eichenzeit  in  diese  Hebungs-  oder 
Ancjluspeziode. 

Es  folgt  nun  durdi  eine  abermalige  Senkung  die  teilweise  Übeitntang 
des  flachen  Landes  dnrch  das  sogen.  Steinxeit-  oder  Litorinameer,  die 
auch  die  Absebnllning  der  dSnischen  Inseln  rar  Folge  hatte,  wfthrend  es 

umgekehrt  an  der  Westküste  JüÜands  noch  Landgebiete  gab,  die  seither  die 
Brandung  zerstört  hat.  Überall  geben  im  nördlichen  Jfttland  Strandwälle  und 
Kliffe  die  Ufer  dieses  Meeres  an,  aus  deren  Lage  hervorgeht,  daß  die  Sen- 
kung nicht  ganz  DiUiPmark  e^leichmäßig  betraf,  sondern  nur  sein  nordwestlicher 
Teil  und  auch  dieser  ungleich  tief  untergetaucht  wurde.  Je  weiter  man  sich 
nämlich  von  einer  NW  —  SO  streichenden  Linie  vom  Nisumfjord  au  der  jüti- 
schen Westküste  nach  Njkjöbing  auf  Falster  gegen  NO  entfernt,  desto  hoher 
werden  die  alten  Klinte,  desto  mehr  steigen  die  Strandlinien  an;  sie  liegen 
bei  Njborg  10,  bei  Grenaa  28,  bei  Marienljst  32,  bei  FrederiksbATB  50 
Fq0  Aber  dem  heutigen  Meeresspiegel.  Es  stand  also  das  Steinseitmeer  im 
sfidwestlichen  Dlnemark  niedriger,  im  nordfistliehen  hf^ier  als  das  beatige 
Heer  und  wieder  sehen  wir  diese  merkwflrdige  Konstanz  der  Bidbtnng  der 
Axen,  längs  deren  sich  die  Yerbiegungen  und  tektonischen  Verschiebungen 
des  Landes  vollzogen.^)  Von  den  Ablagerungen  des  spStglazialen  Yoldien- 
meeres  unterscheiden  sich  die  des  Steinzeitmeeres  namentlich  durch  ihre 
Fauna;  diese  ist  vorwiegend  bereits  die  der  heutigen  Meere,  indem  Card i um 
vorherrscht,  wenn  aucli  einei-seits  die  heute  so  häufige  Mi/a  annatin  lujch 
fehlt,  während  an^ier^cits  die  nur  im  nördlichen  Kattegat  vorkommeudc  Auster 
damals  in  allen  Fjorden  massenhaft  lebte  und  der  Bevölkerung  der  Kokken- 
ro0ddinger  bekannt  war.  Es  war  eben  der  Kattegat  des  Steinzeitmeeres 
wegen  seiner  ausgiebigeren  Yerbindung  mit  dem  Skagerrak  salsrncher  als 
der  heutige;  daher  wurde  auch  die  Ostsee  salsreieher,  die  Sfißwasserfauna 
der  Ancylusseit  wurde  durch  Meeresbewohner  verdrlngt,  unter  denen  die 
heute  aus  der  Ostsee  nahesn  verschwundenen  Fkraiilien  LUorina  im  0,  Oslrta 

1)  Auf  diese  Erscheioirag  ist  meines  Wissens  bisher  nicht  anfinerksam  gemacht 
worden;  sie  kehrt  übrigens  auch  in  andern  Gebieten,  s.  B.  in  den  tertiftren  Ver^ 
biegungen  der  Appalachien  wieder. 


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868 


Frits  Machftiek: 


und  Tayns  im  W  die  häufigsten  waron.  Es  eutspricht  also  die  LätoriuAzeit 
Dentschlauds  und  Schwedens  der  Tapeszeit  Dänemarks. 

Auf  dem  Lande  vollzog  sich  unterdessen  eine  weitere  Aunäheruug  der 
Flora  an  die  VeriilltiiiBM  der  Gegenwart  Dodi  mnB  es  noefa  aeitlier  im 
leisten  Abschnitt  der  Eiclienseit  wieder  etwas  kllter  geworden  snn,  da  in 
den  oberstm  Lagen  der  Torfinoore  Pflanzenarten  yorkommea,  deren  hantige 
Pdlargrenxe  ein  gutes  Stfick  sOdlioher  liegt  So  &ad  man  in  den  ToifinooreB 
des  sQdlichen  D&ncmarks  Früchte  der  Wassernuß  (Trapa  natans),  die  heute 
hier  ausgestorben  ist  hk  diesem  wtmsten  Abschnitt  der  Eichenaeit,  der  mit 
der  Litorina-Sonkung  zusammenfallt,  mag  die  Somncertemperatur  um  einige 
Grade  höher  gewesen  sein  als  heute,  und  zu  gleichem  Schlüsse  kamen  be- 
kanntlich auch  schwedische  Forscher  aus  der  Verl'olgung  der  allen  Kiefer- 
gienze.  In  Dänemark  war  damals  die  Eiche  UDch  der  herrschende  Baum, 
die  Kieler  nur  auf  den  Norden  beschränkt,  die  Buche  noch  nicht  eingewaudert. 
Von  groüeu  Säugern  bewohnten  Elch,  Auerochs,  Wildschwein,  Wolf,  Wild- 
katze and  Bär  die  W&lder,  der  Biber  das  sumpfige  Land,  wihrend  das  Ben 
bereits  TerdriUigt  war.  Anch  der  Mensch  muB  schon  bald  nach  der  qpit- 
glazialen  Bentierzeit  das  Land  besetzt  haben.  Die  Utesten  K0kkenm0ddinger 
sdiainen  noch  der  Eieferzeit  ansogehdren,  am  hiofigsten  aber  sind  ne  ans 
der  Eichenzoit  und  liegen  zumeist  auf  den  obersten  Straadbildnngen  der 
Litorina/.eit. 

Der  Übergang  zur  Gegenwart  ist  von  einer  abermaligen  Schaukel- 
bewegung begleitet,  die  sich  im  nonh'istlichen  Teil  des  Landes  als  Hebung, 
im  südwestlicheu  als  Senkung  Uußerte.  Es  ist  dieselbe  Bewegung,  die  noch 
heute  in  .Skaiidinavieu  mehrere  dm  im  Jahrhundert  beträgt,  während  im 
südlichen  Jutlaud  dieser  Senkung  beträchtliche  Stücke  des  Landes  zum  Opfer 
gefallen  sind.  Ob  diese  Erscheinungen  in  D&nemark  noch  heute  andauern, 
ist  nicht  ndier  nachzuweisen;  doch  scheint  die  eigentOmliche  Beachrtnkung 
der  Haff  koste  auf  den  nordwestlichen  Teil  des  Landes  und  ihr  Fehlen  im 
NO,  wo  die  Buchten  und  Fjorde  ausgef&llt  wurden  und  sich  als  Tller  land* 
einwftrts  verfolgen  lassen,  darauf  hinzudeuten,  daB  diese  Bewegung  auch  heute 
noch  nicht  f^nzlich  zur  Ruhe  gekommen  ist.  Die  großen  tektoniscben  Ver- 
schiebungen, die  das  GrundgerUst  Dänemarks  gemeinsam  mit  dem  des  sfid- 
liehen  Skandinavien  betroflVn  haben,  scheinen  auf  diese  Weise  in  rezent'>n 
gleichgerichteten  NiveauveräiHlerungcn  fortzuleben,  die  aucb  den  Charakter 
der  deutschen  Küsteu  bceintiussen. 

II. 

D&nemark  ist  ein  Werk  der  Eiszeit;  wenn  auch  seit  ihrem  Schluß  die 
Kflstenumrisse  mandien  Yerindemngen  unterworfen  waren,  so  sind  doch 
Grünblau  und  Details  seines  Belielii  durdi  die  wechselvollea  Wirkungen  der 
Eiszeit  und  die  Verteilung  ihrer  AUagerungen  bestimmt  Dabei  tritt  eine 
große  Zwditmlung  des  Landes  mit  unTerkeonbarer  Bchbrfe  herror,  die  Gliede- 
rung in  das  Bereich  vorhen  Ik nder  fiuvioglazialer  Ablagerungen  im  W  und 
in  das  der  glazialen,  also  der  Moräneu  im  Osten.  Ihre  Trennung  besorgt 
der  sog.  jütische  Landrttcken,  die  ftußeiste  Endmoräne  des  baltischen  £is- 


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D&nemarks  Boden  und  Oberfl&ohe. 


369 


Stromes,  der  sich,  einem  läugereu  Stillstand  des  Eisrandes  entsprechend,  nach 
Süden  und  Südostpn  in  Deutschland  fortsetzt;  wenn  auch  dabei  an  einen 
Kamm  oder  einen  zeutraleu,  niedrigere  Umgebung  im  U  und  W  scheidenden 
Höhenzug  nicht  gedacht  werden  darf,  so  bildet  der  „Landrücken^  doch  das 
große  "Rfkckgnt  der  jfltischen  Balliinael,  die  er  Ton  N  nach  S  dnreludehtf 
wobei  er  die  ans  Sauden  aufgebauten,  durohans  ebenen  und  vorwiegend  ste- 
rilen FUUdien  im  W  tou  den  mehr  oder  wMiiger  hllgeligeu  Gebieten  des 
^toÜiohen  Teiles  der  Halbinsel  und  des  dlnischen  Archipels  scheidet  Im  ein- 
seinen löst  er  sich  aber  in  ein  scheinbar  regelloees  Gewirr  von  Hügeln  auf, 
deren  Entstehung  und  Gruppierung  noch  latirro  nicht  genügend  bekannt  ist; 
auch  tritt  in  Dänemark  nur  Reiten  die  typische  Wallform  dieser  Hügel  und 
ihre  Aneinanderreihung  zu  langen  Zügen  auf,  wie  sie  u.  a.  von  den  großen 
Endmoränen  der  Uckermark  bekannt  ist.  Immerhin  aber  bleibt  der  Unter- 
schied der  Formen  und  Hohen  für  dänische  Verhilltnisse  recht  betrllchtlich, 
wenn  man  h«i  einer  Durchqueruug  der  iialbinstäl  von  0  nach  W  von  den 
letzten  Hohen  des  Landrückens  ca.  100  m  tief  und  zumeist  recht  unver- 
mittelt SU  den  sich  an  seinem  Fufi  ausbreitenden  Sandffildien  herabsteigt. 

Die  westjfltische  Landschaft  ist  TOTwiegnid  das  Gebiet  der  großen 
Heideniehen  („Hedealettei''),  die  sich  vom  Außenrand  des  Hflgellandes  bei 
Hohen  von  80—100  m  mit  dem  unmerklichen  Oefftlle  von  1 — 27oo  ^ 
an  die  Westküste  herabsenken.  Gewöhnlich  werden  vier  große  Heiden  unter^ 
schieden,  die  von  Lemvig,  von  Karup,  sQdwestlidi  von  Viborg,  von  Brande 
und  Paarup  bei  Heming  und  die  Sondersomnie-Heide  hei  Varde,  die  zusammen 
mit  kleineren  Heiden  ca.  .'}5Ü()  km^  decken,  (letrennt  sind  sie  durch  die 
sog.  „Bakkeoer"  (=  Inselhügel j,  Erhelumgen,  die  die  Reste  einer  alten  Topo- 
graphie darstellen  und  aus  Sandcn  und  sandigen  Moränen  einer  älteren  Ver- 
eisung bestehen;  sie  wurden  zur  Zeit  der  Wassererosion  als  üügel  heraus- 
modelliert und  sind  seither  wieder  von  jüngeren  Sandmassen  unttcfafittot 
worden.  Horisontal  geschichtete  Sande,  hinfig  mit  diskwdantw  Parallel- 
stmktw,  setsen  die  Heidefllcfaen  susamsMu;  diese  sind  also  trotz  ihrer  sehmn- 
iMuren  Horisontalitftt  nichts  anderes  als  ftußerst  flache,  teilweise  susammen- 
fließende  Ablagemngsk^l,  und  in  der  Begel  lassen  sich  am  Bande  der  &ußer- 
sten  Etudmorftneu  die  Austrittspunkte  der  großen  Schmel/wassorstrÖme  an- 
geben, Ton  wo  sich  diese  in  regellosen  Betten  über  das  flache  Land  ergossen 
und  es  unter  ihren  Sanden  begruben,  also  eine  Bildungsweise,  wie  sie 
heute  noch  am  Rande  der  großen  Gletscher  Islands  und  Alaskas  in  den  sog. 
,,Sandr",  im  kleinsten  Maßstäbe  auch  bei  einigen  alpinen  (jletscbern  zu  beob- 
achten ist.  Daher  ist  auch  die  Mächtigkeit  der  Saude  nahe  den  Austritts- 
stellen am  größten,  bis  zu  40  m,  und  nimmt  gegen  W  ab,  während  gleicü- 
seiiig  die  Feinkömigkeit  des  Materials  zunimmt.  Die  natttrlidie  Sterilitftt 
des  kalkarmen  Sandbodens  wird  noch  durch  chemische  Vorgänge  erhöht,  die 
sich  in  seinen  obersten  Sohiohten  abapielen.  Indem  das  einsickemde  Regen- 
Wasser  die  oberen  Sandlagen  durohdringt»  nimmt  es  Humussluxe  auf,  belidt 
aidi  dadurch  mit  den  löslichen  Stoffen  der  obersten  Schichten  und  lagert 
sie  in  den  folgenden  Schichten  ab.  So  entsteht  oben  der  TOn  Humusstotfen 
freie  Bleisand,  darunter  der  auch  in  Nord-Deutschland  so  genannte  „Ahl^  ein 


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370 


Friii  Hfteha&ek: 


an  Moor-  und  Hunnispai t lUeln  .sehr  reicher  und  durch  diese  zusainmengekitteter 
Saudsteiu  von  schwarzer,  oder  bei  größerem  Reichtum  an  Eisenoxjden  braun- 
roter Farbe,  der  «ine  Lage  Ton  I  m  N&ehtigkeit  bilden  kann  und  den  Wvac- 
Mln  dat  tiefere  Bindrinftn  in  den  Boden  Tenrehrt  Daher  ist  die  H^de  in 
ihrem  ursprfingliehen  Zustand  neben  manchen  Beerengewidisen  nrneist  von 
dem  usprachslosen  HmdeiknHit  (Calkina  vulffori»)  bedeekt,  das  nnr  dort,  wo 
sie  seit  lingerer  Zeit  in  Enltnr  genommen  ist,  von  Anpflanzungen  von  Pmus 
motitaud  alcrolüst  wird.  Über  meilcnweite  menschenleere  Strecken  schweift 
der  Blick,  ohne  einen  Ruhepunkt  SU  finden;  nur  selten  unterbricht  ein  kleines 
Oebölz  oder  ein  Gehöft  die  eintönige  Flüche.  Schw(>r  und  trüb  vom  Wasser- 
dampf des  nahen  Meeres  hilngt  der  Himmel  über  der  weiten  Ebene,  tief  ver- 
sinkt der  Fuß  in  dem  wirr  waeh.'-endon  Heidekraut  oder  im  schwärzlicheu 
Sande;  k»in  Hadi  belebt  die  Landschaft,  nur  gelegentlich  sammelt  sich  das 
Regenwasser  in  kleineu  dunkeln  Tümpeln.  Im  Hochsommer  aber  erglüht  die 
nnfthersdibare  {"Nkhe  in  dem  wimderbaroi  Botnolett  der  Heideblflte  vod 
entsehftdigt  das  berg^ewohnte  Auge  fttr  die  sonst  mangelnden  Bnie. 

Das  Bild  der  Schwermut  und  Ode  bot  die  dSnische  Heide  noch  tot 
etwa  60  Jahren  in  ihrer  gansen  Erstreckung,  als  hiear  die  Natur  noeh  ftÄ 
scfaaliete.  Seither,  namentlich  seit  Begründung  der  Heidegesellschaft  (1866), 
hat  ihr  der  Mensch  auf  grofie  Strecken  ein  freundlicheres  Aussehen  gegeben 
durch  Anpflanzung  der  genfigsamen  Kiefer  oder  der  amerikanischen  Weifl- 
tanne  (auch  unter  Anwendung  von  StrUflingskolonien),  und  diese  ersten  Pio- 
niere des  WaMe.s  ljereit<'n  den  Huden  für  eine  bessere  Zukunft  vor,  wenn 
auch  natürlich  hier  niemals  ein  Kulturland  wird  erzielt  werden  können,  das 
den  besser  bedachten  mittleren  und  östlichen  Teilen  der  Halbinsel  ebenbürtig 
wird.  Öo  ist  die  Heide  im  allgemeinen  auch  heut«  noch  ein  kulturfeindliches 
und  Terkehraarmes  Land;  aber  indem  die  elendmi,  sich  im  beweglichen  Sand 
eingrabenden  AVege  teilweise  durch  JBisenhahnen  ersetst  werden,  entstehen 
hier  kleine,  künstlich  geschaffene  Zentren  der  Berölkerung,  wie  Heming,  die 
duxdi  den  Betxiehssinn  der  genfigsamen  Bewohner  in  unglaublich  kuner  Zeit 
anwachsen  und  deren  freundliche,  schiefergedeckte  Ziegelrohbauten  sich  sdiarf 
Yon  den  alten  vorfallenden  Hfitten  der  Heidebauem  abheb«D,  den  Zeugen 
einer  su  Ende  gehenden  Vergangenheit. 

Geht  man  aus  der  Region  der  Heidcflächon  weiter  gegen  W  dem  Meere 
zu,  so  treten  der  abnehmenden  Mächtigkeit  der  Sande  entsprechend  kleinere 
Fltisse  aus  dem  Sande  hervor,  wie  der  Storaa  bei  liülstebro  und  der  Skjernaa 
bei  Skjerne,  die  in  den  breiten  und  seichten  Schmelzwassertälern  dem  Meere 
zustreben.  Aber  der  sterile  Charakter  bleibt  der  Landschaft  erhalten;  jener 
Gürtel  fruchtbaren,  fetten  Manehenbodens,  der  die  Kfisten  Sehleswigs  begleitet 
und  den  grofien  Gegensata  swisehen  der  Kflstenniederung  und  der  sandigen 
Geest  schafft,  fehlt  der  jfltisohen  Westkflste  (mit  Ausnahme  einer  kunen 
Strecke  bei  Bibe)  fast  TttUig,  wohl  deshalh,  weil  sie  in  viel  höherem  MaBe 
als  die  weiter  sQdlicb  gelegenen  Kflstenstriche  der  ablagernden  Tfttigkeit  der 
Gezeitenbewegung  durch  einen  ununterbrochenen  Saum  von  Dünen  entrflekt 
ist.  Jütlands  Dünen  wall,  der  sich  lückenlos  von  der  Landzunge  von 
Skagen  bis  Esbjerg  verfolgen  läßt,  ist  nur  ein  Glied  jenes  großen  Dünen- 


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D&semarks  Boden  und  Oberfliohe. 


371 


tages,  der  ohne  jede  Abhängigkeit  von  der  herrschenden  Windrichtung  die 
gesamt«  Nordseeküste  bis  Dünkirchen  begleitet,  und  hat,  wenn  auch  die 
jütischen  Dünen  denen  Hollands  oder  auch  Ust-Preußens  an  Höhe  nachstehen, 
für  die  dänische  Westküste  die  größte  ökonomische  Bedeutung.  Durch  ihn 
ifit  diese  Küste  auf  eine  Erstreckung  von  350  km  durchaus  geschlossen  und 
haHniloe;  der  grofie  Verkehr  )l6t  de  imb«rli]fft,  nur  dOrfÜge  FiiolMKdarfer 
und  ansprachalose  Badeorte  bergen  sich  hinter  der  schfttsenden  Dflnenkette 
▼or  der  Gewalt  der  NordseeatQime.  Umsomehr  steigt  die  Bedeatnag  dee 
einzigen  Hafens,  Esbjergs,  der  eben  dort  Hegt,  wo  sich  die  bisher  geschlos- 
sene Kflste  in  die  Inseln  aufzulösen  beginnt,  die  nun  die  KUste  Schleswigs 
begleiten,  und  dem  die  ertrftgnisreiche  Aufgabe  zufällt,  einen  großen  Teil  des 
Verkehrs  zwischen  Dänemark  und  England,  vor  allem  den  bedeutenden  Export 
dänischer  land^virtschaftlicher  Produkt«  zu  bestreiten. 

Die  Geschlossenheit  der  jütischen  Westküste  ist  eine  geologisch  sehr 
jimge  Tatsache;  denn  nach  Schluß  der  Eiszeit  und  Ablauf  der  letzten  Senkungs- 
periode öflfnete  sich  das  Land  mit  reicher  Gliederung  nach  W  und  reichte 
weit  über  seine  jetsigen  Grenzen.  Seither  bat  die  starke  Brandung  des  West« 
meeres  anfierordentlidi  zerstörend  gewirkt  (am  Boybjerg  ist  in  der  Zeit  von 
1794  bis  1874  die  Kllste  um  160  m  landeinwtrts  gerftekt)  und  im  Verein 
mit  der  KflstaustrOmung  «n«i  der  f<»r^enommenen  Stoffe  wieder  m 
Strande  ansgeworbn  und  abgelagert,  wo  er  zur  Beute  des  Windes  gewccden 
ist  und  das  Material  zum  Aufbau  der  Dflnen  geliefert  hat.  Dieser  Prozeß 
der  Zerstörung  und  des  Wiederaufbauens  geht  nnter  beständiger  Wanderung 
des  Strandgeschiebes  gegen  N  noch  heute  vor  sich,  aber  mit  einer  für  das 
Land  negativen  Bilanz.  Denn  von  den  durch  die  Brandung  aufgenommenen 
Stoffen  wird  nur  der  Sand  und  Grus  dem  Lande  wiedergegeben,  der  frucht- 
bare Ton  wird  weiter  hinaus  geschwemmt  und  kommt  erst  am  Meeresboden 
in  größerer  Entfernung  von  der  Küste  zur  Ablagerung.  Allerdings  hat  auch 
hier  der  Mensch  bereits  eingegriffen  und  dorch  Erriehtong  von  Buhnen 
(^0fder^)  der  Zerstörung  imd  Wanderung  des  Gesehiebes  Einhalt  su  ton 
Tersucht 

Erodon  ond  Anftehflttung  haben  femer  gwneinsam  dahin  gewiikt,  den 
Kflstenverlauf  einfacher  zu  gestalten.   In  Vendsjssel,  dem  jfingsteii,  wst  seit 

der  letzten  postglazialen  Hp})ung  Land  gewordenen  Teil  der  Halbinsel,  ver- 
Iftuft  die  Kfistenlinie  in  schwach  gekrümmten,  nach  dnn  Meere  konkaven 
Bogen  bis  zu  der  Stelle,  wo  die  Küstenrichtung  plötzlich  umbiegt,  so  daß  der 
Küstenstroni  in  Beibehaltung  seiner  bisherigen  Richtung  das  Strandgoschiebe 
als  steilen  Wall  im  Meere  aufschüttete,  der  dann  allmählich  über  den  Meeres- 
spiegel emporwuchs  und  die  schlanke  Halbinsel  von  Skagen  bildete.  Immer 
mehr  wird  der  Hacken  von  Skagen,  der  sich  als  Untiefe  weit  ins  Meer  hinaus 
verfolgen  läßt,  nach  0  in  die  Länge  gezogen  und  verschirft  dadurch  die 
Trennung  von  Skagerrak  und  Kattegat^  wie  sieh  auch  jetzt  schon  Iftngs  einer 
anffiülenden  Grenzlinie  die  stark  bewegten  Wasser  des  Westens  wie  an  einer 
nnsicfatbaren  Ifaner  von  denen  des  Ostens  scheiden. 

Von  der  Hflnduog  des  Lim^ords  bis  Fan0  verlauft  die  Küste  ohne  irgend 
eine  nennenswerte  Abweichung  geradlinig  nach  8;  hier  sind  aus  den  Hacken 


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872 


Friis  Uachaiek: 


düüfuhpst't/.te  Nehningen  gewordeu  und  diese  schließen  hinter  sich  die  großen 
Halle  von  Hai^'kjohing,  Nisum  und  Ltinvi<:  ab,  die  der  walii*scheinlich  noch 
andauerudeii  Hebung  des  Meeresspiegels  ihre  Erhaltung  verdanken.  Denn  an 
ihrer  Ausfüllung  arbeiten  nicht  nur  die  kleinen  Flflaae  des  Hinterlandes, 
sondeni  andi  die  Sandwehen  xoa  der  DOnoikette  der  Anßankflote. 

Die  jfitischen  Dflnen  erreiehen  bei  einv  nrisohen  1  nnd  8  km  sehwu- 
kenden  Breite  des  ganzen  GHlrtela  Hohen  bis  Ober  80  m.  Von  der  See  ans 
gesehen  haben  sie,  namenUidi  dort,  wo  sie  einer  höheren,  steil  abftUenden 
Küstenpartie  aufgesetst  sind,  das  Aussehen  einer  zackigen  Bergkette,  da 
wechselnde  Windrichtung,  ungleich  dichte  Bewachsung  mit  Gras,  besonders 
aber  die  zahlreichen,  oft  die  ganze  Höhe  der  Düne  durchsetzenden  Windbrüche 
unregelmäßige  Formen  schafton.  Indem  die  noch  „weiße"  Düne  landeinwärts 
wandert,  schafft  sie  Kaum  für  neue  Dünenbildung  und  es  entsteht  eine  ganz»' 
Reihe  paralleler  Dünenzüge.  So  sind  in  der  Gegend  von  Skagen  unzählige 
Dünen  quer  duri  li  das  Land  von  Meer  zu  Meer  gewandert,  und  es  liegt  hier 
an  dem  schmälsten  Teil  der  Halbinsel  eine  echte  Dünenlandschaft  vor. 
Allenthalben  heben  sich  die  kleinen,  durchaus  bewachsenen  &uidhflgel  mit 
scharfnr  Silhoaette  aus  dem  flachen  Lande  hervor,  swisehen  sich  die  ans- 
gefegte,  ebene  Wanderbahn  lassend,  nnd  erst  mit  dm  Zeit  erkennt  das  Ange 
in  der  scheinbaren  Regellosigkeit  das  Qeseta  der  Anordnung  der  Wille  sn 
|Nurallelen,  der  herrschenden  westlidu  n  Windrichtung  folgenden  Zügen. 

Dem  Wa<  hstum  der  Dünen  in  die  Höhe  wird  besonders  ihre  Bekleidung 
mit  den  bekannten  Dünengräsem  {Psamna  arenaria,  „Klittag"  =  Dünendach, 
und  E/ifmtis  arenarius,  ..Marehalni'')  lorderlich,  die  so  viel  Schutz  gewähren, 
daß  der  Flugsand  zwischen  ihnen  tostgehalten  wird.  Wenn  aber  die  Bewach- 
sung so  dicht  wird,  daß  sie  gegen  Windlnüche  .Schützen  kann,  hört  das 
Wandern  der  Dünen  auf;  außerdem  gewähren  den  nach  dem  Innern  gewan- 
derten Dünen  die  AuBendünen  immer  mehr  Schutz,  so  daß  auf  ihnen  das 
Pflanienkleid  leichter  die  Oberhand  gewinnen  kann.  Bttt  etwa  100  Jahren 
hat  nun  der  Hensch  Überall  das  nattirliche  Graskleid  kttnstlieh  ventSikt  und 
es  auf  den  Äußersten,  weißen  Dflnen  selbst  gesdiafllBn.  Das  Qras  hat  aber 
andb  den  Boden  für  andere  sandliebende  Fflanien  Torberniet  und  iMnumtlich 
KiefMpflanzungen  treten  allmählich  an  seine  Stelle.  So  sind  die  jAtisch» 
Dünen  heute  ausnahmslos  zur  Ruhe  gekommen  und  haben  statt  der  urq>rfing* 
liehen  weichen  und  runden  Formen  der  „weißen"  Dünen  die  gezacktes, 
höckerigen  der  „grauen"  angenommen,  die  den  Sand  nicht  mehr  durch. scheinen 
lassen;  wie  ein  Denkmal  der  vergangenen  gefUhrlichen  Zeit  leuchtet  heute 
noch  bei  Kannestederne  unweit  Skagen  die  ,,Raal)trg-Mile"  aus  dem  eintönigen 
Graugrün  der  Dünenlandschaft  in  blendendem  Hellgelb  heraus,  mit  einer 
Breite  von  ca.  Vj,  einer  Länge  von  I  km  und  einer  Höhe  von  24  m  die 
letste  Wanderdflne  DEnttnarks,  der,  Tor  jeder  Anpflanzung  gesohütst,  untor 
staatlicher  Aufucht  das  Wandern  in  engen  Grensen  noch  gestattet  ist 

Als  ein  weiteres  Ergebnis  der  Fingsandwirkung  findet  man  in  Vends* 
yssel  swisehen  den  Dflnen  eigentflmliche  OerOllflftchen,  ,3tensletteii'*,  die  mit 
StrandgerOUen ,  die  )^e  die  charakteristischen  Merkmale  des  Sandachliflii 
tragen,  geradesu  gepflastert  «rsoheinen,  während  der  Sand  daswisdien  heraus- 


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D&nemftrks  Boden  und  OberUftche. 


373 


geweht  ist.  Ihre  Lage  einige  Meter  über  den  höchsten  recenten  Strandwftllen 
deutet  auf  die  noch  andauernde  Hebung  des  Landes,  ihr  in  der  Regel  vom 
heutigen  Küstenverlauf  abweichendes  Streichen  auf  seitherige  kleine  Ände- 
rungen des  Kilstenumrisses. 

Das  Profil  der  Westküste  ist  das  für  alle  Flachküsten  stark  bewegter 
Meere  typische.  Aus  der  geböschten  Meereshalde  steigt  kaum  merklich  der 
sandige  Strand  bis  100  m  breit  an  und  reicht  bis  an  den  von  der  Brandung 
des  liöehsfcen  Wasserstande«  aufgeworfenen  Strandwall;  aof  diesem  und  teil- 
weise  ans  ihm  hervorgegangen  sitiea  die  Dllnen  auf.  Kon  gibt  es  aber  anoh 
an  dieser  FlachkOste  ansgedehnte  Strecken,  wo  sich  Aber  dem  üforwall  ein 
ansehnlicher,  von  der  Brandnag  aogegiüfener  vnd  intensiTer  Zerstörung  aus- 
gesetster  SteilabfaU,  „Klint**,  aufbaut,  der  in  senkrechten  Wänden  niederbricht. 
Freilich  besteht  amh  er  aus  losem,  unverfestigtera  Material,  glazialen  und 
postgla/ialen  Sauden  und  Tonen,  doch  erhält  dadurch  die  Küste  gelegentlich 
durchaus  das  Atisseheu  einer  Steilküste.  Dies  gilt  namentlirh  von  dem  durch 
sein  Quartärprofil  berühmt  gewordenen,  12  km  lanpen  und  bis  OO  m  hohen 
Klint  von  Lonstrup  an  der  Westküste  von  Vendsy-ssel.  Hier  sind  die 
ftlteren  Yoldientono  und  fluviogla/aaleu  Sande  durch  die  stauchende  Wirkung 
des  Eises  oft  bis  zur  Vertikalen  aufgerichtet  oder  sogar  in  Falten  gelegt, 
dann  diskordant  ttbolagert  von  den  ungestörten  sputglazialen  marinen  &mden 
und  Ifeigeln  mit  der  arktisehen  Fknna  und  postglasaalen  Banden  der  Tundra- 
zeit; «wischen  diese  und  die  jüngsten  FlugsandbUdungen,  die  den  Klint  krönen, 
schalten  sich  Torf  büdnngen  zu  unterst  mit  Um»  wüve^rw,  darObor  solche  mit 
Quercus,  und  marine  Schichten  mit  Cardlum,  der  Litorinnsenkung  angehörend, 
ein.  Das  eigentümliche,  anch  sonst  an  der  Westküste  vielfach  anzutreffende 
Vorkommen  von  Torflagern  („Martorv")  zwischen  den  Sandeu,  also  Bildungen 
in  kleinen  seichten  Wasserbecken,  die  dann  vom  Sande  verschüttet,  zusammen- 
gepreßt und  in  gut  brauchbares  Baumaterial  verwautlelt  wurden,  ist  eiu  aber- 
maliger Beweis  ftir  die  einst  größere  Ausdebuuug  des  Landes  gegen  W.  — 

Als  eines  Beispiels  für  Veränderungen  der  Küste  in  später  historischer 
Zeit  sei  noch  der  eigenartigen  Veihftltnisse  am  Limfjord  gedacht  Die  Zeit, 
in  der  die  Westhftlfte  des  I^'ords  eine  offene  Bucht  gegen  das  Westmeer 
bildete  und  die  ihn  abschlieBende  Nehrung  von  Th7bor0n  noch  nicht  gebfldet 
war,  liegt  jenseits  aller  historischen  Nachrichten  Erst  i.  J.  1835  entstanden 
bei  einem  starken  Oststnrm  mehrere  Durehbrflche,  die  eine  Verbindung 
zwischen  Ost-  und  Westküste  schufen  und  von  denen  der  Agerkanal  bis  1875 
offen  blieb,  w&hrend  die  andern  rasch  versandeten.  Neue  Sturmfluten  schufen 
sich  neue  Durchbräche  und  einer  von  diesen,  der  1  863  entstandene  Thyboron- 
Kanal  südlich  des  erstgenannten,  erhielt  allmilhlich  eine  größere  Tiefe  und  ist 
auch  teilweise  künstlich  fahrbar  erbalteu  worden.  Auf  einer  Karte  von  1790 
bildet  der  Auüeurand  der  Nehrung  eine  nahezu  gerade  Linie  und  würde  ohne 
die  erfolgten  Durchbrüchc  nur  entsprechend  der  langsamen  Zerstörung  nach 
0  gewandert  sdn.  Tateftchlich  ist  aber  die  Nehrung  seither  um  2  km  land- 
einwirts  gekrflmmt  durdi  die  starke  StrSmung,  die  durch  den  Kanal  geht, 
und  die  Wirkung  wtre  noch  grOfier  gewesen,  wenn  nidit  seit  1875  durch 
Anlage  von  Buhnen  dem  Meere  Einhalt  getan  wenden  wSre.   Aber  anch  die 


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S74 


Friti  Mfteh»&ek: 


pj'fjon  don  Limtjord  gerichtete  Ostseite  der  Nehrung  ist  durch  den  von  West- 
winden herbeigetriehenen  Fhigsand  ein  Ptüek  nach  0  gewandert.  Wohl  an 
keiner  Stelle  der  Westküste  st«ht  der  Mensch  in  so  schwerem  Kump!  mit 
der  Natur  wie  hier.  — 

Wir  Terlassen  das  westliche,  anflennorbiiaobe  Jfltlaad,  in  dem  der 
Sand  das  unendlich  Tarüerte  LeitmotiT  der  Lawdsehaft  hildtt,  und  kehren 
ni  seiner  teÜichen  Begrensni^  aurfiek,  jenem  Zug  ftnfierster  Endmorinen  des 
haltischen  Eisstroms,  hinter  dem  sich  eine  Liandschaft  mit  ganz  ahweiehen- 
dem  Formenschatz  auftut  Wir  betreten  die  Moränenlandschaft  des 
haltischen  Eises,  dessen  Rand  zur  Zeit  der  Bildung  der  großen  S&nd- 
flSchen  des  Westens  einen  eigentümlich  gebuchteten  Verlauf  besaß.  Er 
begann  nahe  der  Westküste  bei  Bovbjerg,  ging  östlich  in  mehreren  kleinen 
Bogen  bis  in  die  (Jegend  von  Viborg  und  bog  dann  scharf  nach  S  um; 
diese  Richtung  behielt  er  ungefähr  bis  an  die  Landesgrenze  bei  Vamdnip, 
worauf  er  gegen  die  innersten  Winkel  der  schlewigschen  Führdeu  zurückwich. 
Alles  dänische  Land  Ostlidi  dieser  Linie  liegt  im  Bereidi  glaxialer  Akkann« 
lation,  in  dem  Mch  eine  an  Ausdehnung  surticktretende  Zone  der  Endmorinen- 
landsdiaft  von  einem  weiten  Qehiet  ToriieiTSchender  Qrundmorftne  trennen 
liftt.  Indem  aher  auch  in  diesem  des  Öftem  dentlidie  End-  und  ITfennorinen- 
sfige,  spateren  Rücksugsstadien  des  Eises  entsprechend,  auftretoi,  flieSen  die 
beiden  Landschaftsformen  hihifig  ohne  scharfe  Scheidung  ineinander  über. 
Die  Endmoränenlandschaft  oder  Morllnenhügellandschaft  bildet  überall 
ein  stark  kupiertes  und  aufgelöstes  Hügelland  mit  Erbebungen  ohne  sichtliche 
Anordnung,  die  zahllose  Vertiefungen  in  sich  einschließen,  oft  auch  von  tiefen, 
stf'ihvandigen  Schluchten  und  Gräben  durchfurcht.  Vorwiegend  knüpft  sich 
diese  Laiidsciiattstonn  au  den  undurchliissigen  Morilnenmergel ,  oft  aber  tritt 
dieser  zurück  und  an  seine  Stelle  treten  geschichtete  lehmreicbe  Saude  in  vora 
Eise  gestauchter  Lagerung.  JedenlkUs  bildet  aber  das  mitteljütische  Hflgel- 
land  die  landschaftlich  bevonugteste  Oegend  des  Landes,  an  deren  intimen 
Schönheiten  sich  das  Auge  doppelt  erfreut,  das  sieh  tagelang  mit  den  mageren 
"Beixen  der  Heide  begnfigen  mußte  oder  die  flberwiltigende  Erhabenheit  des 
bewegten  Westmeeres  auf  sich  wirken  liefi.  Eine  Zone  von  größerer  Breite 
umfaßt  die  Hügellandschaft  im  innersten  Teile  Jütlands;  hier  liegen  die 
größten  Höhen  des  Landes,  der  172  m  hohe  Ejers-Bavnehoj,  die  Umgebung 
des  aussichtsreichen  Himraelbjerg  (157  m),  durch  die  sich  Dänemarks  größter 
Fluß,  der  Gudenaa,  schlängelt,  unterbrochen  von  einer  Perlenschnur  reizender 
Si  en  (Thorso,  Julso,  Langso  u.  a.),  umrauscht  von  den  herrlichen  Buchen- 
Vcildtrn,  dem  größten  Stolz  des  Landes,  aus  denen  freundliche  Landhäuser 
blinken,  das  Ganze  ein  Bild  anspruchsloser,  friedlicher  Anmut.  Derselbe  Land- 
sohaftstypus  kehrt  auch  auf  fielen  der  dinischen  Liseln  wieder,  im  mittleren 
Seeland,  wo  der  G7ldenl0Te8  H0j  136  m  errneht,  und  im  waldreiehen  nSrd- 
lichm  Seeland  und  an  den  ofl^fitisdien  Ijorden:  hier  aber,  namentüdi  in 
dem  landschaftlich  so  berOhmten  Grejsdal  bei  Vejle  ruft  eine  das  Laad  in  einor 
Höhe  von  90  m  horizontal  durchsetsende  Ebenheit  eher  den  Eindruck  einer  ser- 
schnittenen  Terrassenlandschaft  hervor,  womit  auch  die  nur  von  einer  dünnen 
Schicht  vonMoränenmergel  Oberkleideten  fluYioj^asialen Sande  in  Einklang  stehen. 


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Dänemarks  Boden  und  Oberfläche. 


375 


Auf  grtfieimi  Flftchen,  so  namentlioh  auf  Falster,  Laaland,  auf  Seeland 
swieoheii  EopenhagMi  vxid  Ejdge  und  im  nfirdliehen  Ffinen  bemdit,  stets 
ümeriialb  des  groBen  Endmorfinengürtols  gelegen,  die  eintönigere  Grund- 
mor&nenlandschaft  odmr  Moränenflächenlandschaft  mit  ihren  cbarakteristi- 
BOhen  wellenförmigen,  unregelmäßig  und  sehr  schwach  geböschten  Formen  vor. 
Auch  hier  ist  der  Boden  oberflilchlich  von  dorn  fruchtbaren  Geschiebemergel 
gebildet;  demgemäß  tritt  hier  der  Wald  gegen  Feld-  und  Wiesenland  zurück, 
und  die  gesegnetesten  Gefilde  der  hoch  entwickelten  dänischen  Landwirtscliaft, 
mit  ihren  stattlichen,  dem  „Vierkant"  des  oberösterreichischen  Alpenvorlands 
ähnlichen  Gehöften,  die  aus  belebenden  Baumgruppen  henrorblickeu,  liegen  in 
dem  welligen  O^nde  der  Grondmoilnendecke.  Öfters  eriieben  sidi  aas  ibr 
alte  Band-  oder  üfermorftnen  als  langgestreekte  Wftlle  oder  korse  hinter  einander 
gestallte  Bflcken,  mdireren  Ossillationen '  diss  Eisrandes  entsprediend;  auch 
die  wabrsdieinlieli  doeh  als  Ablagerangen  sabglaasialer  StrSme  ansasehenden 
Ase  fehlen  dem  dSnisoben  Moranengebiet  nicht;  überall  ist  ihre  Richtung 
die  der  Schrammen  auf  anstehendem  Gestein,  und  ihre  oft  stundenlang  su 
verfolgende,  gleich  bleibende  Wallform  gab  der  Volksphantasie  Anlaß  zur 
Sage  von  dem  Riesen,  der  mit  einem  Sandsack  über  Ijand  ging;  aber  der 
Sack  hatte  ein  Loch,  der  Sand  lief  aus  \md  schuf  den  As.  Der  von  Kjoge 
ist  mit  wenigen  Unterbrechunfren  22  km  lang,  der  kürzere  von  Nacstved  auf 
Seeland  erhebt  sich  40  in  über  seine  Umgebung.  Viele  der  andern,  isoliert 
aufragenden  und  unregelmäßig  gestalteten  Hügel  der  GrundmorAnendecke  wer- 
den nioht  immer  eine  einfadae  ErklSrung  finden  kOnnen;  Tielleieht  bandelt 
es  sich  in  manohen  FSllen  um  besonders  m&chtige  Partien  einer  klteren  Grund- 
morftne,  die  vom  jüngeren  Eise  nahe  seinem  äufiersten  Bande  modelliert  und 
sugemndet  wurden,  eine  Deutung,  die  bekanntlich  auch  auf  die  Drumlins  an- 
gewendet wurde. 

Die  Moränenlandschaft  ist  femer  das  Gebiet  einer  reichen  Tal -Ent- 
wicklung; hier  entstanden  dio  irroßen  SLliinel/.wassertäler  mit  Tiefen  von 
50 — 80  m  und  Breiten  von  nuhrcrLii  km,  mit  breiten  Terrassenböden,  die 
aus  dem  schwaehwelligen  Hügelland  herausgesi  luutten  sind.  öo  ist  der 
Charakter  der  Lamlscliaft  im  Tal  des  unteren  (lUileniui  unweit  Langaa,  der 
hier  sich  als  unbedeutendes  Gerinne  in  unverliiiltuismäßig  breitem  Tal  schlängelt 
und  der  StrOmungsrichtung  des  Eises  entgegen  dem  BairitoisQord  zufließt 

Aufierordentlioh  mannigfaltig  aber,  und  in  gleichmr  Weise  wie  in  Nord- 
Dentscbland  entwudcelt,  sind  die  gesehlossenen  Hohlformen  der  Moiinen- 
landsebafti  Wohl  der  htufigste  Tyinis  sind  die  bei  der  unregelmißigen  Ab- 
lagerung  der  Grundmorine  entstandenen,  vielfach  gelappten,  breiten  und 
flachen  Wannen,  die  von  Seen,  sobald  sie  unter  den  Grundwasserspiegel  her- 
abreichen, oder  von  Mooren  erfüllt  sind;  andere  entstanden  dort,  wo  längere 
Zeit  tote  Kismassen  lagen,  die  von  Sand  umschüttet  wurden;  wahrscheinlich 
durch  die  Sehniel/wasser  der  V^ergletscherung  sind  die  kleinen  rundlichen  Solle 
ausgestriidelt,  die  auf  Fünen  und  Seeland  zahlreich  auttieten.  Auch  der  eigen- 
tümliche, aus  mehreren  Bogen  zusammengesetzte  Umriß  der  Ostküste  von  See- 
land südlich  von  Kopenhagen  mit  den  beiden  Buchten  von  Kjoge  und  Praests 
sdielnt  auf  Beoikenbfldung  dnrdi  die  Eisieit  surttiAnigehen;  hier  mag  sich 


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376 


Frits  MftehftSek: 


wlhrend  einer  längeren  Pause  im  Rückzug  des  Eises  dessen  Rand  in  mehrere 
Lappen  gegliedert  haben,  hinter  deren  Morftnengürtel  sich  kleine  Zungenbecken 
entwickelten,  die  uns  bei  der  heutigen  Verteilung  von  Land  und  Meer  als 
Buchten  entpegentn>t<'n.  Dem  Typus  der  Kinnenseen  ist  die  Seenreihe 
des  Gudenaa  zwisihtn  Skanderborg  und  Silkeborg  zuzurechnen,  der  land- 
schaftlich der  Preis  unt»'r  den  Seen  des  Landes  gebührt;  sie  sind  aber  weder 
durch  Moränen  abgedäuunt,  noch  in  Lücken  einer  unregelmäßig  abgelagerten 
Grundmoränendecke  gelegen,  soüdtni  m  StoUiii  UM  ventiikter  Erosion  in- 
mitten einer  TielfiMh  lextehnittenen  und  m^flsten  fluTioglaiialen  Terntfsen- 
lamdsöhaft  Die  ausgedehntesten  Wannen  aber  erflülen  die  groien  Moore  des 
nordöstlichen  JQÜands;  de  liegen  entweder  in  flachen  Einsenkmigen  des 
nndurchlftsngen  GeschiebemergelSf  wie  das  kleine  Vüdmose  bei  Aalborg,  oder 
wie  das  große  Vildmose  mit  über  50  km'  Flldie  bereits  außerhalb  der 
großen  jütischen  Endmoränen  über  dorchlftssiger,  von  stagnierendem  Grund- 
wasser durchtränkter  Sandunti  iliiL'p;  sie  repräsentieren  neben  den  großen 
Heiden  und  dem  marinen  Alluvium  die  einzigen  durchaus  ebenen  Partien  des 
Landes.  Ks  sind  das  echte  Üherwasser-  oder  Hochmoore,  die  oft  niebrert'. 
Meter,  in  ihren  mittleren  Teilen  am  höchsten  über  dem  Grundwasser  der  Um- 
gebung stehen. 

Ke  jfltisGiie  OstkUste  endUch  ist  duurakttridMrt  dnrdi  eine  beaoi^ere 
Talform,  die  in  gleicher  Weise  wnter  sfldlieh  in  SoUeswig  wiederkehrt, 
anmutigen  Fjorde  oder  FOhrden.    Gleich  ihren  norwegischen  SeitenstOcken 
tragen  sie  unTeAennbare  Merkmale  der  Eiswirknng  an  sieh,  indem  ae  in 

einzelne  durch  Schwellen  getrennte  Becken  serfallen,  die  am  Lande,  wo  sidi 
der  Fjord  als  Fjordtal  fortsetzt,  als  Seen  erscheinen.  So  liegt  in  der  Fort- 
setzung des  Mariagerfjords  der  Klejstrup-See  und  eine  ganze  Reihe  kleinerer 
Seen,  die  mit  den  Iteiden  Seen  von  Vibori:  endet;  auch  die  Talform  des  Fjords 
von  Randors  reicht  bis  an  Viborg  heran  und  der  ehemalige  Fjord  von  Aarhu3 
setzt  sich  in  die  Seenreihe  von  Silkeborg  fort.  Die  Fjorde  und  FjortitUler 
sind  wohl  als  die  ältesten  Abtluürinnen  des  Landes  aufzufassen,  jedenfalls 
älter  als  die  vor  dem  Eisraud  gebildeten  Täler;  denn  in  ihnen  vollzog  sich 
schon  unter  dem  Eise  der  Abflufi  der  Schmelzwasser,  und  ind«n  in  ihnen 
ausehnliche  GrundmorKnenmassen  unregelmäßig  abgelagert  wurden,  aadeneits 
Wasser  und  Eis  erodierend  wirkte,  entstand  die  Zeigliederung  der  Sinne  in 
zahlreiehe,  dundi  Schwellen  getrennte  Becken.  Bezeichnenderweise  lassen  sidi 
nun  diese  Tller  bis  an  den  äußersten  Endmorftnenzug  und  an  die  Austritts- 
punkte der  großen  Heidesandkegel  verfolgen  und  setzen  sich  dann  in  den 
Schmelz  Wasserfurchen  außerhalb  des  ballischen  Eisrandes  fort.  Da  nun  die 
innersten  Winkel  der  heutigen  FjordtiUer  bedo\itend,  bei  Viborg  etwa  70  ni 
tiefer  lieL^en  als  die  ihnen  benachbarten  Scheitel  der  Heidesandkegel,  so  müssen 
die  Schniel/.wasser  hier  aufwärts  geflossen  sein,  um  in  die  Sandflilchen  hin- 
austreten zu  ki.iinen;  das  war  nur  möglich,  solange  sie  noch  unter  dem  Eise 
floasen,  dessen  starker  Druck  sie  durch  die  Pforten  des  Gletscherrandes  nach 
anfwSrts  preßte^  Es  steUt  also  das  ganze  innethalb  des  baltischen  End- 
morinaumges  gelegene  Land  ein  großes  Zungenbecken  dar,  in  dem  die  Ab- 
flttfiriohtung  unter  dem  Eise  parallel  der  Eisbewegung  und  in  deren  Sinne 


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Dinemarks  Boden  und  Oberfläche. 


377 


erfolgte.  Erst  als  das  Eis  das  Land  Terliefl,  konnte  sieh  die  heute  zentri- 
petale Ahflufiriehtong  nach  dem  Eattegat  einstellen. 

Die  Ijorde  der  jütisohen  Osfkttste  (Lim-,  Mariager-,  Banden-,  Horsens-, 

Vejle-  und  Kolding-Pjord)  tragen  ebenso  wie  die  nonvegisohen  durchaus  die 
Merkmale  untergetauchter  TUer  und  dieselben  Erscheinungen  wiederholen 
sich  in  der  Küstcngliederung  vieler  der  dänischen  Inseln,  namentlich  an  der 
Nordküste  von  Seeland  und  der  Westküste  von  Fünen;  die  Laalaud  von 
Palster  trennende  Meerenge  könnte  als  Föhrdenstraße  bezeichnet  werden. 
Es  verdanken  diese  Buchten  ihre  Meereserl'üUung  einer  Senkung  des  Landes, 
die  wahrscheinlich  schon  während  der  Eis/eit  vor  sich  ging  und  in  spät-  und 
postglazialer  Zeit  in  abgeschwächtem  Mafie  wiederkehrte,  ohne  daB  die  da- 
swischen  liegenden  Perioden  der  Hebung  dieses  Resultat  einer  allgemeinen 
Transgresnon  gttnzlidi  bitten  aufheben  kOnnen.  Doch  treten  im  nflrdlichen 
Jfitland  überall  an  den  gehohmen  Strandlinien  der  Litorinaieit  Merkmale  der 
Hebung  auf  und  in  Yendsyssel,  z.  B.  bei  Lokken,  im  Bereieh  der  stärksten 
resemUm  Hebung,  lassen  sich  ausgefällte  Fjorde  in  den  marinen  Buditenab- 
lagerungen  der  Litorinazeit  verfolgen. 

Wie  überhaupt  der  Osten  Jütlands  und  die  Inseln  gegenüber  dem  west- 
lichen Teil  der  Halbinsel  bevorzugt  erscheinen,  so  tritt  auch  die  kalte,  farblose 
Schönheit  der  stumiumtosten  Westküste  gegen  die  milden  Heize  und  die  farbigen 
Töne  der  jütischen  Föhrdenküste  uTid  des  Archipels  zwischen  Fünen,  Laugeland 
und  Aerj}  zurück,  wo  die  tiet blauen,  ruhigen  Wellen  des  Kattegat  und  der 
Ostaee  die  buehenbestandenen  Hügelufer  umspOlen  und  sich  in  zahllosen  klei- 
nen Kflstenorten  ein  rflhriges,  malerisches  Afenleben  eatfkltet.  Aus  diesem  an- 
mutigen Bild  hebt  sich  nur  an  wenigen  Stellen  ein  ganx  fremder  Kttstentypus 
heraus,  vor  allem  die  Ereidesteilkllsten  Ton  M0en  und  Stevns  Klint 

Das  berflhmte  Kreidekliff  von  M0en  ist  in  allem  und  jedem  ein  Seiten- 
stBek  zu  dem  von  Stubbenkammer  auf  Bügen  und  gleidi  diesem  ein  Punkt 
von  hoher  malerischer  Wirkung.  Auf  eine  Erstreckung  von  5  km  fallen  die 
zerklüfteten,  oft  in  Pfeiler  und  Türme  aufgelösten,  blendend  weißen  Kreide- 
felsen über  120  ra  hoch  zum  Meere  ab,  oben  von  Wald  oder  Buschwerk 
bedeckt,  unten  von  einem  schmalen,  steinigen  Strand  begleitet,  den  die  Zer- 
stürungsprodukte  der  Brandung  aufbauen.  Gleich  den  Kreideschichten  von 
Rügen  sind  auch  die  von  Mpen  stark  gestört,  bisweilen  gefaltet  und  zwischen 
ito  sind  Lagen  von  Ton  und  Sand  dttgqyreEt;  die  Störungen  gehören  also 
erst  dem  Quartlr,  und  swar  dessen  Siteren  Abschnitten  an,  aber  es  ist  darfiber 
noch  keine  Ktnignng  endelt  worden,  ob  sie,  wie  es  Johnstrup  1873  aussprach, 
einxig  dem  Bisdmck  suauschreiben  seien  oder  ob  nicht  doch  daneben  tieftre 
Ursachen  tektonischer  Natur  mitsprechen.  In  diesem  Falle  win  es  allerdings 
schwer  verständlich,  warum  solche  Störungen  auf  einem  so  beschränkten 
Baum  gewirkt  haben  sollten.  Denn  schon  in  großer  Nähe  davon  auf  Palster 
und  ebenso  in  Stevns  Klint  südlich  von  Kjoge  liegen  die  Kreideschichten 
wieder  völlig  ungestört.  Stevns  Klint  macht  darum  \'iehnHhr  den  Eindruck 
einer  geschlossenen  Mauer,  die  fast  unzerteilt  mit  Höhen  bis  40  m  abfüllt. 
Dabei  erzeugt  aber  hier  der  reiche  Wechsel  der  Schichten  eine  besondere 
Modellierung.  Über  den  von  der  Brandung  unterwaschenen  Schreibkreide- 
0«ogrtpMtclM  MiMMft  IS.  Jatefw«.  INS.  T.  Baft  S6 


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378 


Fritz  Machacek:  Dänemarks  Boden  und  Oberfläche. 


feken  liegt  nmichet  der  sog.  Fisöhton,  darttber  ftsto  BSnln  ▼on  Centliieii~ 

kalk,  dann  bildet  der  Limsten  des  Danien  eine  überhlngtnde,  oft  in  gewaltigen 
BlMvt-n  niedersttlrzende  liclitgraue  Wand  von  etwa  S5  m  Höhe,  in  der  sich 
die  welligen  Flintlagen  scharf  hervorheben;  eine  dfinne  Decke  von  Moränen» 
lehm  überkleidot  das  Gnindgebirgo.  Dio  Zerstörung  der  Küste  geht  hier  bei 
dem  geringen  Wellengang  der  Ostsee  recht  langsam  vor  sich;  so  erklart  sich 
die  Sage  von  der  auf  einem  Kü>teuvorsprung  ins  Meer  hinausragenden  Kirche 
von  Hyjerup,  daß  diese  jede  Weihnacht  um  einen  Hühnerschritt  landeinwärts 
rücke,  um  der  drohenden  Zerstörung  zu  entgehen. 

Von  dm  Kliff  Itndeinwirts  erstreckt  sich  die  nnflbeitelibare  dNne 
FIftebe  wogender  Saatfelder,  nach  0  schweift  der  Blick  Uber  die  blaae  Flut 
des  Meeres;  selten  durchdringen  sich  Meer  und  Land  so  innig  wie  in  Dlne- 
mazk  und  an  beiden  hingt  der  Dine  mit  gleicher  Liebe.  Denn  wie  von 
altersher  da«  Meer  „des  Dänen  Weg  zu  Bnbm  und  Macht"  war,  so  sind 
heute  beide  die  Quellen  des  Beichtums  und  der  Gesittung  des  Landes. 


Anpassungsbediiigiuigen  and  Entwickeiimgämotive  der  kultar. 

Von  Ii.  Cbalikiopouloa. 
Binleitmig. 

Vergleich  der  kulturellen  Anpassung  des  Menschen  an  die 
Naturbedingungen  mit  der  körperlichen  Artenbildnng  der  TiereL 
Gleichwie  es  den  Pflansen  und  Tieren  gelang,  sich  durch  die  artenbildaLde 
Umformung  ihrer  Lebensweise  und  ihres  Körpers  den  mannii:fa1tigsten  Er* 
nähningsbedingungen  in  einer  jeden  der  so  verschiedenartigen  Landschaften 
der  Erde  anzupassen,  SO  vermochte  dies  <ler  Mensch  auf  fJrund  seiner  beson- 
deren körperlichen  Organisation  (Fnirlit-  und  Fleisrimahniiig,  Hand-  und  Wcrk- 
zeupirebrauch,  Kleidung,  Intellekt)  durch  entsprechende  Änderung  seiner  Wirt- 
sehiit" sforui  in  weit  kürzerer  Zeit  in  erreichen,  ohne  sich  veränderten  Leheus- 
bedingungen  gegenüber  hilflos  zu  macheu,  wie  die  Tiero  ihre  oft  ganz  ein- 
seitige, körperliche  Diflferenzienmg. 

Wie  sich  bei  jenen  durch  Ausbildung  gewisser,  den  Sinnen  ihrer  Art- 
genossen angenehmer  Eigenschaften  und  Ffthigkeiten  (Weichheit  des  Felles,  Duft, 
Schönheit  der  Formen,  Farben  und  Bew^^gen,  Tanz,  Gesang)  im  Dienste 
der  Foripflanxung  zugleich  ihr  eigenes  Wohlbefinden  steigerte,  so  konnte  der 
Mensch  weit  leichter,  schneller  und  besser  als  sie  durch  Verschrmerung  in 
erster  Linie  seines  Körpers,  dann  auch  seiner  Umgebung  und  durch  Entwicke- 
lung  der  entsprechende  sinnliche  Lustgefühle  und  Frohsinn  erregenden  Künste 
und  Spiele  (Schmuck,  Salben,  Koch-,  Tau/-,  Ttesangskunst,  Musik,  Mimik, 
Kraft-,  Gewandtheits-,  Scharfsinnspiele)  und  die  Geselligkeit  fordernden  Sitten 
(religiöse  Übungen,  Hochzeit^-,  (iebtirts-,  TraucrgastmUhler)  sowohl  das  an- 
dere Geschlecht  zu  gewinnen,  als  auch  seinen  eigenen  Lebensgenuü  zu  erhöben 
suchen. 

Gleichwie  endlich  bei  den  anderen  Lebewesen  die  von  ihnen  au^enutcten 


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L.  ChalikiopottloBt  Anpftstungsbedingnngeii  usw.  879 


Ernährung-  und  Bewegnngsbedingnngen  ihres  Wohngebietes  für  das  Paarungs- 
verhältnis uud  die  Zahl  der  zusammenlebenden  Artgenossen  ausschlaggebend 
sind  und  wie  hierdurch  und  durch  die  Landschaftsnatur  wieder  Art  und 
Grad  ihrer  Reize  bestimmt  werden  (Schmuck  und  Wulfen  der  polygamischen 
und  Herdentiere,  auffallende  Färbung  besonders  der  tropischen  Insekten  und 
Vögel),  80  httngt  auch  die  besondere  Ausgestaltung  der  menschlichen  Fami- 
lien- und  Qesellschaftsform  von  der  den  eigentOmlichen  Lebensbedingungen 
der  heunafUchen  Landsebsit  aogqpaBten  Wirtsehaftsfonn  ab,  und  ao  geht  ans 
dem  innigen  Znaammenwiilcen  aller  drei  Lebens&kfanren,  der  Natur-  (Land- 
sobaft»-),  Em&hrungs-  (Wirtschafte*)  nnd  Fortpflanrong8-(Q<iwiHwhafto-)Bedin- 
gungen  auf  Intellekt,  Gemüt,  Charakter,  Terapenunent  und  Stimmung  des 
Menschen  die  Form  seines  Lebensgennssee  nnd  -Terständnisses,  die  Kiiltor> 
form,  hervor. 

Während  bei  der  Entwiokelung  der  körperlichen  Anpassunpsformon  der 
Pflanzen  und  Tiere  in  der  Richtunt,'  auf  Zueckmüßigkoit  (Ernährung)  einer- 
seits und  Schönheit  ( Fortpflanzung )  anderseits  das  aktive  Moment  der  An- 
passung, der  allem  Leben  innewohnende  Wille  sogar  bei  den  höchst  ent- 
wickelten noch  wenig  klar  heryortreten  kann,  da  die  Entstehung  seiner 
kSiperlicben  HilfiM,  Sebuts-  und  Sehmnckmittel  gewinermafien  der  Absidit 
ihres  Gebranohs  Toransgdit,  Iritt  bei  der  hat  gtaa  aoßerkdrperlichen  An- 
passangs-  und  Knltorentwiekelung  des  Menseben  gwade  das  nach  Bedürfnis 
das  G«wtlnschte  schaffende  Willensmoment  so  viel  stSrker  hervor,  daB  es  bei 
flüchtiger  Betrachtung  die  eigentUoh  bestimmenden  Naturfaktoren,  von  denen 
ja  doch  stets  die  Anregung  zur  Anpassung  in  einer  bestimmten  Bicfatung 
und  zur  Ausbildung  gewisser  Kulturgüter  ausgehen  mußte,  sogar  zu  über- 
wiegen scheint.  Und  zwar  offenbart  sich  dieses  scheinbare  Übergewicht  des 
die  Summe  seiner  Fähigkeiten  darstellenden  menschlichen  Willens  über  die 
Natur  in  den  verschiedeneu  LaudschatVn  um  so  mehr,  je  vielseitiger  und 
verwickelter  sich  in  ihnen  die  Lebenshaltung  gestaltet  hat.  Dieses  anschei- 
nend verftnderte  Verh&ltnis  aber  ging  nicht  aus  einem  entsprechenden  An- 
wachsen der  Begabung  nnd  Energie  des  Einzelmenscben  berror,  Tiehnehr  aus 
der  ihm  eigentflndicfaen  Neignng  nnd  Fähigkeit,  weit  leiebter  nnd  ToUkom- 
mener  als  die  Natur  seine  Artgenossen  seinoi  Zwecken  dienstbar  sn  machen; 
und  zwar  spiegelt  die  besondere  Eulturform  und  -höhe  einer  Landschaft 
hauptsfteblich  Art  und  Grad  der  Unterjochung  ihrer  Bewohner  nnter  den 
Willen  weniger  oder  zahlreicherer  Machthaber  wider. 

Feindschaft  und  Knechtungsmöglichkeit  des  Menselien.  Denn 
während  die  Tiere  ihre  köryierlicheu  Schutiunittel  und  Waffen  zur  \  erteidigung 
ihrer  selbst  und  ihres  Nachwuchses  oder  zur  Erlangung.'  ilirer  Beute  gebrau- 
chen und  sie  nur  bei  den  Paarungskünipteu  gegen  Nelienliuhli'r  ihrer  eigenen 
Art  kehren,  erstand  dem  ^lenscheu,  der  durch  Handhabung  seiner  künstlichen 
Waffen  bald  auch  seinen  stärksten  tierischen  Gegnern  ttberlegen  war,  in  der 
allsu  rasch  wachsenden  Zahl  seiner  eigenen  Artgenossen  die  grOßte  Gefahr, 
da  er  Ton  jedem  F^mdling  eine  Sdmiilemng  seines  Nahmngsspielraums  sn 
befBrebten  nnd  ihn  somit  als  Fond  zn  bekämpfen  hatte.  Die  der  tierischen 
Katar  innewohnende  Ajt^ympathie  yerwandelte  sieh  daher  beim  Menschen 


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380 


L.  Chalikiopovlot: 


meist  in  ihr  Gegenteil,  eine  mißtrauische  Selbstsucht,  die  sich  mit  ihr<*n 
blutsvenivandten  Stamraesgenossen  nur  zum  eigenen  Schutze  und  Vorteil  ver- 
iMUid,  dagegen  jeden  Fremden  unsohiidlich  zu  machen  odor  auszunützen  strebte. 

Während  sich  nun  die  mf'iaten  Tit^rr,  al)g<'st'heu  vou  den  köii^erlich  ver- 
kümmerten Parasiten,  ihre  Nahrung  selbst  suchea  müssen  und  nur  in  man- 
chen Insektenstaaten  diese  Sorge  auf  eine  besondere  Klasse,  die  ArbeitsUeiMii 
oder  SUaTenftmeiwn,  abgewtlst  werden  konnte,  vennoelite  der  Menecli  anf 
Gmnd  aeiner  besonderen  körperlichen  Organiention  in  allen  den  LaadadiafUB, 
in  denen  der  Einselne  reieUicbere  Kahrang  m  erwerben  im  Stande  war  als 
er  selbst  branchte^  durch  kOrperHdie,  geistige  oder  soziale  Übeilagenhett  dsn 
Schwächeren  zu  zwingen,  auch  seinen  Anteil  an  der  Nalvang  mit  tu  be- 
schaffen, während  er  sich  selbst  der  Trägheit  oder  ihm  angenehmeren  Be- 
schäftigungen hingab. 

Einfluß  der  Beherrschung  des  Menschen  auf  den  Kulturfort- 
schritt. Doch  nicht  nur  auf  die  Nahrungsbeschati ung  erstreckte  sich  diese 
Dienstbarkeit  der  Schwächeren  für  den  Mächtigen,  sondern  sie  mußten  diesem 
auch  die  Mittel  zur  Erhöhung  seines  Lobensgenusses  liefern,  indem  sie  ihm 
seine  Gebrauchs-  und  Sdunuckgegenstände  und  aeine  Umgebung  aufs  beste 
itt  ▼wachOnenif  ja  auch  besondere,  ihm  angendinie  filgensehaften  (Schönheit) 
und  Leistongen  (KOnste)  direkt  danmbieten  hatten.  In  je  größerem  ümfiuige 
nnn  die  Bewobiwr  einer  Landschaft  mr  Nahmngsmittelprodoktion  übsr  ihren 
eigenen  Bedarf  hinaus  geswongen  werden  konnten,  desto  grOfier  konnte  in 
dieser  smoh  die  mit  diesem  Vorrat  verpflegte  Schar  derjenigen  sein,  die  durch 
jene  besonderen  Vorzüge  die  Genufisooht  der  Herrsohenden  nähren  konnten 
und  die  sich  durch  ihnen  angenehmere  Dienste  von  anstrengender  Körperarbeit 
befreiten.  Durch  unterweisende  Vererbunt,'  dieser  als  Hauptbeschäftigung  be- 
triebenen Fertigkeiten  konnten  sich  deren  Leistungen  immer  mehr  vervuU- 
kommnen,  aber  ganz  hervorragende  und  ruhmreiche  Werke  nur  da  schaflFen, 
wo  die  Macht  einzelner  oder  der  Gemeinschaft  entsprechend  zu  lohnen  im 
Stande  und  gewillt  war. 

Mittel  aar  Beherrschung  der  Menschen.  Während  sich  bei  den 
in  Herden  lebenden  Wiederkänem  die  Leittiere  dnroh  besondere  EBiper- 
und  GehOm-  oder  QeweihgrOSe,  auch  wohl  durch  Mut,  Wadisamkeit  und 
Klugheit  ansBttchn«!  und  aaoh  bei  den  staatenbildenden  Insekten  der  Herr- 
schertypus itnrh  ausgeprägter  körperlich  differen  iort  ist,  fehlten  beim  Menschen 
einerseits  solche  auszeichnenden  Körpennerkmale  einzelner  Individuen,  ander^ 
seits  stach  liberhaupt  seine  einfarbige,  unschöne  Gestalt  stark  ab  gegen  die 
gl;lnzend<^n  Felle  und  bunton  Fedprn  der  Tiere.  Daher  war  er  von  jeher, 
fast  noch  mehr  als  auf  Befriediguni:  seiner  leiblichen  Bedürfnisse,  auf  Ver- 
schönerung seines  Äußeren  durch  buntfarbige  Bemalung,  Tiltuwierung,  Schmuck 
oder  Kleidung  bedacht,  üud  zwar  galt  es  nicht  nm*  sich,  wie  so  viele  Vögel 
dnxdi  ihr  HoehieitaUeid,  dem  anderen  Gesehlecht  Tiriookender  an  machmn, 
sondwn  sich  audi  vor  allem  gleidi  den  Leittieren  vor  den  flbrigen  Btammee- 
genoasen  schon  änBerUch  anstnieiehnen  und  ihnen  dadurch  Ehrerbietung  uad 
Gehmam  abzunötigen.  Natfirlicb  gelang  diea  den  durch  körperliche  VonBge 
ohnehin  hervorragenden  Individuen  am  besten,  und  somit  gewährten  nrsprfing- 


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Anpassangsbedingangen  and  Entwickelangtmotive  der  Kaliar.  881 

lieh  Ansehulichkeit  mit  Stürke  gepaart  die  erste  Auwartächatt  auf  die  Iläupt- 
lingswflrde.  Da  iksli  abir  wirohl  jene  Eigenschaften  wie  der  in  der  Tracht 
imd  im  Begitza  tod  Baltanam  Sdunuek  zam  Audrack  k<niim«nde  Beichtmn 
wenigstens  teilwaise  auf  die  NacWromman  fibertragen  lieBen,  so  entwickelta 
adi  aUmlUieh  von  salbst  die  Sitte  der  Eiblichkait  der  If  afihi  Somit 
löste  sich  diese  immer  mehr  von  tatsieUiohar  körperlicher  oder  geistiger 
Überlegenheit  los  und  stützte  sich  nnr  noch  auf  den  durch  Blntsrarwandt- 
flchaft  überkommenen  äußeren  Bahmen  von  Prunk  und  Reichtum. 

Die  Fiihigkeit  zur  Erlansrunp  (\ct  Macht  die  Menseben  zu  beherrschen 
beruhte  somit  ursprünglich  entweder  auf  zufälligen  oder  erfrbtt  u  individuellen 
Vorzügen  (Stürke,  Klugheit,  Schönheit)  und  Keichtum  des  Einzf'lnen  inner- 
halb seiner  Staininesgenossen  oder  auf  gewissen,  aus  ihrer  Wirtschaftsform 
hervorgehenden  Charaktereigenschaften  ganzer  Stämme  (Herrschsacht,  Tapfer- 
kttt  nnd  Znsammanschlufi  der  nomadisehan  ffirten),  die  hierdurch  den  anders» 
gearteten  gegenflber  (Furahtsamkait  nnd  FOhrerioeigkeit  der  sefihaften  Aeker^ 
baner)  ein  Übergewicht  erlangten.  Die  Entwickelnng  einea  stammTsrwandtan 
Henranstandes  (Krieger-  nnd  Bittendel  dar  gem&ßigtMi  Zone)  ToUaog  sich 
meist  allmählich  dadurch,  daß  einaelne  dnrdi  Gewalt  oder  Beiohtum,  &8t 
immer  durch  Aneignung  des  ausgedehntesten  Grundbesitzes  die  größte  Macht 
nnd  Ansehen  innerhalb  eines  bestinunten  Gebietes  erlangten  und  durch  Ver- 
erbung in  ihren  Familien  erhielten  und  ausdehnten,  diejenige  eines  stammes- 
Iremden  dadurch,  daß  sich  eine  verhältnismäßig  sehr  kleine  Erobererhorde 
oder  der  Adel  eines  im  Kampfe  siegreichen  Volkes  einen  Teil  oder  den 
ganzen  (irundbcsitz,  die  Lebensbasis  der  Bezwungenen,  aneignete  und  diese 
dadurch  knechtete  (Hirtenadel  der  Rieselfeldbaulandschafteu  der  Subtropen). 

IKe  Erhaltung  dar  Ifacht  fibar  die  Unterdraoktan  gcflndata  stdi  weit 
weniger  auf  tatsldilioha  Gewalt  als  darauf,  da£  die  harrschande  Kaste  der 
Mienga  stets  Ehrfinrdit  einzuflößen  bestrebt  war  und  rarstand,  und  daß  das 
gekneebtete  Volk  in  seber  Besehrlnktheit  dam  ttbermäditigen  Einflnß  dar 
Gewohnheit  gegenüber  fast  nie  zu  einer  Selbsttndigkait  des  Denkens  und 
Wollens  gelangen  konnte,  die  es  zu  einem  Umstürze  der  bestehenden  sozialen 
Ordnung  und  Befreiung  von  der  drückenden  Arbeitslast  h&tte  treiben  können. 
Jene  ehrfurchtsvolle  Scheu  vor  den  Gebietern  beruhte  nicht  nnr  auf  dor  so 
großen ,  allgemein  menschlichen  Empfänglichkeit  fQr  schöne  und  kostbare 
Tracht  und  imponierendes  Auftreten,  sondern  vor  allem  auch  auf  religiösen 
Gefühlen,  da  die  stammverwandten  Herrscher  ihre  Abstammung  oder  zum 
mindesten  die  Lberuahme  ihrer  Macht  stets  von  besonderen  Volksheroen  oder 
-göttem  herleiteten,  wofür  sie  ihre  durdi  LebansfUbrung  und  Zuchtwahl  ga- 
steigertan  kAxperiichan  Vorzüge  geltend  machen  konnten,  und  da  eine  solche 
erhebcBde  BlutSTarwandtsdiaft  bei  der  stammesfremden  Herrscherkaste  nodi 
weit  anganfSUiger  berrortrat  Die  BehaRscfaung  dar  Manschen  zlhlte  daher 
stets  als  mächtigsten  Verbündeten  auf  die  Beligion,  mochte  nun  der  Häupt- 
ling zugleich  Zanberer  und  Medizinmann,  der  Führer  Wahrsager,  der  Fürst 
Oberpriester  oder  der  König  Oberhaupt  des  Volksknltus  sein. 

Religion  nnd  Moral  spiegeln  diesen  Zweck  wider.  Während  die 
religiösen  Gefühle  mit  ihren  auf  die  Beibsterhaltung  gerichteten  Motiven  wohl 


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382 


L.  Chalikiopoulot: 


bn  all«!  Mensdien  und  Baasen  dieMlb«n  sind  (das  Bedflrfiiis  einsr  antbropo- 
morphen  ErkUrang  allor  rfttsslhaften  NatorMrsdisinnngen,  dis  Fnrdit  tot 
den  Seelen  dw  Toten  nnd  die  Sorge  ftlr  deren  und  somit  das  eigene  kOal- 
üge  Wohl,  die  mit  der  Erkenntnis  der  onYerstandenen  Notwendigkeit  des 

Todes,  aber  ohne  die  des  Vergehens,  im  Menschen  erwachte,  die  v^^sehnsudit 
nach  einem  übermenschliclun  Helfer,  Beschützer  und  Erretter  in  gefährlichen, 
hilflosen  Lebenslagen,  der  di»'  ühemiftchtigen,  furchtbaren  Naturgewalten  ru 
bändigen  und  die  künftigen  Ereignisse,  danacb  auch  die  Handluncren  der 
Menschen  nach  spinem  Willen  /u  lenken  vermag,  endlich  auch  oft  der  Wunseh 
möglicherweise  in  die  Ereignisse  der  Zukunft  Einsicht  zu  erlangen,  um  darauf 
Einfluß  zu  gewinnen),  richtet  sich  dagegen  die  eigentCLmliche  Ausgestaltung 
der  jenen  Gefühlen  entspringenden  Vorstellungen  und  der  Mittel  zu  ihrer 
Befriedigung  und  xnr  Eneicbnng  ihrer  Zwecke  (Religion  nnd  Knltns)  gans 
nach  der  besonderen  Landschafts-,  Wirtschafts-,  Gesellschafls-  nnd  Kultorfonn 
und  der  diesen  Entwickelungshedingongen  entqvrechenden  QMstes-  nnd  Gemüts- 
verfassung des  Menschen. 

Die  Vorstellungs-,  Gemüts-  und  OharaktereigentOmlichkeiten  der  freien 
Stimme  zeigen  sich  darin,  daß  sie  ihre  ganze  Umgebung,  auch  die  leblose 
Natur,  meist  ebenso  frei  wollen  und  handeln  lassen,  wie  sich  selbst  d.  h.  sie 
beseelen  und  jeden  erfalireiieii  Schaden  auf  die  Einwirkung  eines  fremden, 
bösen  (ieistes  (Blickes)  zuruckfübrcu ,  der  nun  durch  entsprechende,  ihnen 
Selbst  unangenehme  Mittel  (peitschen,  anspeien)  zu  vertreiben  ist  ( Zaulterei, 
Fetische)  und  gegen  den  sie  sich  durch  irgendein  Zeichen  ^Amulette  i  zu 
schfltsen  haben  (SanuneWölker,  tropische  Bodenbaner,  aber  auch  als  Aber- 
glaube gans  allgemein  Terbreitet),  oder  auch  darin,  daß  sie  ihre  eigenen 
Eigenschaften,  Fihigkeiten  nnd  Schwichen  in  nnr  wenig  gesteigertem  MaBe 
auch  ihren  QOtteni,  den  personifisierten  Naturgewalten  snsdupeiben  und  sn 
deren  Herbeirufong  oder  Besttnftigung  genau  dieselben  Iffiittel:  Gewalt,  List, 
Drohungen,  Überredung  oder  Geschenke  anwenden  wie  gegen  ihresgleidien 
(herrenlose  Ackerbauer,  Griechen,  Germanen). 

Die  Gesinnung  und  Stimmung  der  geknechteten  Völker  dagegen  prSsrt 
sich  darin  aus.  daß  sie  alle  Eigenschaiten,  die  Macht  utid  die  Vorzüge,  be- 
sonders <  iereelitigkeit  und  (liite,  aber  auch  die  SchleclitiL'keit  oder  Härte, 
Grausamkeit  und  Indolenz  ihrer  Herren  auf  ihre  'lötter  übertragen  und  dem- 
nach einen  oder  mehrere  göttliche  Vertreter  des  Guten  und  Bösen  aL>  Leuker 
ihres  Geschickes  yerehren.  Oleich  jenen  wohnrai  diese  in  Fhbchtbauten,  roa 
Ftnnk  und  Beiofatum  umgeben,  dulden  eine  Anntherung  des  Pro&nen  nur 
in  größter  Donnt  und  Ehrfurcht  mit  den  nnterwflrfigsten  Qebftrd«i,  treten 
mit  ihm  durch  Vermittler  (Priester,  Heilige)  in  Beziehung  und  lassoi  sich 
nur  durch  Gebete  und  Opfer  erweichen,  oder  sie  kümmern  sich  übeihaupt 
nicht  um  die  Geschicke  der  Menschen  (Buddhismus,  vielleicht  in  Folge  der 
am  schärfsten  ausgeprägten  Kastengliedcrung  Indiens).  Sie  sind  allmächtig 
in  der  Natur  und  verfahren  nach  Gutdünken  mit  den  Geschicken  der  Men- 
schen; und  gleichwie  die  Herrscliermoral  zur  Aufrechtcrbaltung  ihrei  Macht 
jede  Unwahrheit  eines  Bedrängten  als  Lüge  brandmarkt ,  dagegen  ihrer 
Priesterkaste  religiöse  Heuchelei  und  Betrug  zui*  Lebeusregel  macht,  gleich- 


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AnpftiBungsbedisgiingen  vnd  EntwiekelnngtmoiiTe  der  Knlivr.  383 

wie  sie  den  Armen  verbietet,  ihnen  heimlich  etwas  von  ihrem  durch  Gewalt 
erlangten  o^ot  ererbten  Besitze  wegzunehmen  (  Diebstahl),  während  <len  Ilerren 
selbst  ja  auf  Gnind  ihrer  Macht  ein  heiliges  Recht  zur  ganz  oflVnen  Berau- 
bung des  sie  t^mährenden  Bodenhauers  zusteht,  und  gleichwie  sie  die  Tötung 
eines  Stärkeren  mit  List  durch  einen  mißhandelten ,  verzweifelten  Schwachen 
als  schwerstes  Verbrechen  bestraft,  dagegen  den  Mord  eines  solchen  durch 
^en  ttbormfitigen  SttikareB  oder  «ii»  Übenahl  im  Kampfe  alt  Hddentat 
preist  (Gotfceagcaieiht),  to  richtet  auch  der  gerechte  Gott  Aber  jene  yerdam- 
mend,  wenn  ne  sich  anflehnten  gegen  die  von  ihren  Herrm  angestellten 
Satnmgen,  gegen  die  von  diesen  begründeten  BesitsverhftltniBse  oder  ihre 
Knechtung f  fiber  diese  belohnend,  wenn  sie  den  hungernden  Armen  ein  Al- 
mosen von  ihrem  durch  die  Arbeit  und  Genügsamkeit  jener  aufgehioften 
Überflusse  hinwarfen,  damit  diese  nicht  Hungers  stflrben  und  ihnen  somit 
ihre  Dienste  verloren  gingen. 

Änderung  des  Lebensinhaltes  und  der  Lebensstimniun  dun  h 
die  Knechtung.  Während  sich  bei  der  phylogenetischen  Diflferenzieruug  der 
Pflanzen  und  Tiere  der  jedes  Lebewesen  treibende  Wille  eine  immer  klarere 
Vorstellung  der  Außenwelt  im  Diensie  der  Anpassung  seines  Körpers  au  immer 
Terwickeltere  Smlhmngs-  und  Lebensbedinguugen  schuf  imd  zugleich  mit 
der  aUmlhlichen  Ausbildung  der  Sinnesflmktionen  und  eines  im  Spiegel  der 
Außenwelt  erwachenden  SelbstbewuAtseins  auch  die  beide  Tfttigheiten  b^ei> 
tenden  Lustgefühle  und  der  sich  im  gesteigerten  Gebraudi  aller  individuellen 
FihiglreilNi  ansprilgende  Lebensdrang  und  -genufi  entsprechend  anwudisen, 
um  im  Menschen  dadurch  ihren  Höhqntnkt  zu  erreichen,  daß  dieser  im 
Gegensatz  zu  den  Tieren  die  langweiligen,  ermüdenden,  zweckmäßigm  Tätig- 
keiten zur  Xahrungserlangung  möglichst  abzukürzen,  dagegen  den  stets  be- 
lustigenden Sinnes-  und  SilKsthewußtsfinsgenuß  beim  Ki-proben,  Steigern  und 
Zeigen  all  seiner  Fähigkeiten  durch  Künste  und  Spiele  nach  Wunsch  zu  ver- 
niannigfaltigeu  und  erhöhen,  und  der  zum  Unterschied  vom  absichtsvollen 
Denken  anregenden  und  angenehmeren  Phantasietätigkeit  durch  waches  Träu- 
men und  Unterhaltung  stets  neuen  und  erheiternden  BboS  sn  liefern  im 
Stande  war,-  trat  in  der  die  Empfindung  und  das  Bewufitsein  begleitenden 
Gemfttsentwickelung  im  Dienste  der  vom  Willen  getriebenen  Lebensftinktionen 
von  der  pflansUchen  GleichgfUtigkeit  zur  tierischen  Zufriedenheit  und  Freude 
und  endlich  zur  menschlichen  Lebenslust  gerade  dadurch  ein  Umschwung  ein, 
daß  der  Mensch,  wo  es  die  Naturverh Bitnisse  erlaubten,  jene  Sorge  für  seine 
Bedürfnisbefriedigung  und  Belustigung  immer  mehr  seinen  Mitmenschen  auf- 
zubürden und  sich  ganz  ausschließlich  dem  Genüsse  hinzugeben  bestrebt  war. 

Solange  er  die  Mittel  dazu  sich  selbst  zu  verschatl'en  hatte,  beenüi^'t»'  er 
sich  mit  dem  Einfachsten  und  genoß  dies  um  so  besser  \md  länger,  je  mehr 
Anstrengung  seine  Erlangung  gekostet  hatte  oder  je  besser  ilim  seine  Her- 
stellung gelungen  war.  Wo  aber  andere  den  Arbeitsaufwand  für  ihn  lei- 
steten, war  er  immer  nur  darauf  bedacht,  sich  noch  bessere  und  reichlichere 
Nahmngs-  und  Sdmiuckmittel  und  schönere  OebraudbsgegenstSnde  und  Lei- 
stongeo  von  jenen  herstellen  und  darbieten  zu  lassen  im  Wetteifer  mit  seinen 
gleiehgesinnten  Genossen  des  Herrenstandes.  Somit  gliederte  sich  die  Mensch- 


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S84 


L.  Chalikioponloa: 


heit  in  den  meisten  dies  gestattenden  Landschaften  einerseits  in  eine  immer 
mehr  abnehmende  Zahl  von  freien  Herren,  deren  Denken  und  Trachten  nur 
auf  Abwechselung  und  Krfiiidung  immer  neuer  Mittel  zur  Anregung  und  Be- 
friedigung ihrer  £itelkeit  und  Genußsucht  gerichtet  ist,  anderseits  in  die  je 
aadi  WirtadliftlU'  und  Kollantiiid  in  gmängar  big  la  fttt  etdrHoheiid» 
Überzahl  TorhaadaneD  Sklaven,  Knechte  und  Arbeiter,  deren  Lebenaswedc 
und  'i^fick  nnr  darin  besteht,  m  arbeiten,  d.  h.  doreh  langweilige,  mUherolle, 
abstnn^fende,  ja  gelUiriidie  Anatrengong  eine  mfiglichat  gvoAe  Zahl  der- 
jenigen Dinge  sa  erteogen,  die  ihren  Gebietern  angenehm  sein  und  Vergangen 
machen  können,  wogegen  ihnen  aber  auch  das  Recht  der  Fortpflanzung,  ab- 
gesehen von  dem  der  Bedürfnisbefriedigung  mit  dem  Notwendigsten  und  Ein- 
fachsten, und  eine  gewisse  Minimalzeit  eingeräumt  wird,  in  der  sie  sich  kräf- 
tigen uml  crbDlen,  auch  innerball)  der  ihnen  gezogenen  engen  Grenzen  das 
tun  dürten,  was  ihnen  angenehm  ist. 

Nicht  nur  bei  diesen  menschlichen  Maschinen  sinken  die  in  ihrer  freien 
Jugend  vorhandenen  menschlichen  Eigenschaften,  der  von  Lu^t  und  Freude 
begleitete,  anregende  Bet&tigungstrieb,  Frohsinn  nnd  Glfkck  zu  Gleichgültig* 
keit  und  Emst,  ja  oft  Unxofiriedenhnt  und  inedergeschlagenheit  die  lingsfes 
Zeit  ihres  Lebois  herab,  dessen  Inhalt  besonders  nach  den  knnen  Zwisdien- 
ritunen  der  Erlei4diterung  nnd  des  Genusses  unertrlgUeh  wflrde,  ohne  die 
alles  Denken  nnd  Trachten  behenschende  Macht  der  Gewohnheit  und  die  TOn 
Jugend  auf  eingeprSgte  Überzeugung  der  Notwendigkeit  dieses  Loses,  sondern 
auch  bei  ihren  Besitzern  und  Leitern  erfahrt  das  erstrebte  Lebensglück  keine 
Steigerung,  wenn  ihnen  die  am  meisten  erfreuende  Selbstbetiitigung,  das  be- 
glückende Bewußtsein  der  eigenen  Fähigkeiten  fehlt  und  ihr  ausschließlich 
dem  Geuiisse  gewidmetes  Gemüt  in  Folge  der  sieh  steigernden  Empfänglich- 
keit des  (leistes  nach  immer  neuer  und  mannigfaltigerer  Anregung  begehrt 
und,  solange  es  dieser  entbehrt,  der  Langeweile  und  unbestimmbarer  Sehn- 
sucht nach  einer  Iiebensaii^abe  anheiwiflllt. 

Doch  nidit  nur  auf  sich  sdbst  erstreckt  sidi  der  unheilTolle  EinfluB  des 
in  seiner  eigentliohen  Kulturentwickdnng  sich  offenbarenden  mensdiliehea 
Gharaktons,  sondern  auch  die  ttbrigen  Lebewesen  unterwarf  er  snnem  Arfaeits- 
kultniideal,  indem  er  die  der  Natur  ganz  angepaßten,  lebensfirendigen,  wilden 
Pflansen,  Tiere  und  Menschen  in  allen  den  Gebieten  vertrieb  und  ausrottete, 
Avo  er  sie  durch  seine  zahmen,  geduldigen  pflanzlichen,  tierischen  und  mensch- 
lichen Maschinen  ersetzen  konnte,  und  indem  er  denen,  deren  Beseitigung  noch 
nicht  gelang,  wo  sie  ihn  nicht  stfiren  oder  sogar  erIVeuen,  wenigstens  durch 
stete  Verfolgung  oder  seinen  Anblick  Schrecken  einflößt  und  das  Leben  vergällt 

I.  Die  Kultur  der  I*and8chaften  mit  freier  Sammelwirtaohaft. 

(Tätigkeit.) 

Wftfarend  jeder  der  drei  Zweige  der  Sanunelwirtsehaft  einseln  über  die 
ganze  Erde  Terbreitet  ist,  ab«r  nur  als  Nebenbeschlflignng  oder  Beruf  weniger, 
da  seihet  för  diese  jeder  für  sich  allein  keine  genfigende  Nahrung  zu  liefern 
▼ermag,  und  sieh  deijemge,  der  sie  betreibt,  nnr  durch  den  hohen  Tausdi' 


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Anpfttgungsbedingtingeii  und  BntwiekelnngsmotiTe  der  Kultur.  385 


wert  ihrer  Produkte  in  Gebieten  mit  anderen  Wirtschaftstypen  erhalten  kann, 
waren  dagegen  vier  Landschaftstypen  ursprünglich  für  den  auf  der  Ver- 
einigung von  Jagd  mit  Fischfang  oder  Fmchtsamnieln  benihenden  Sammel- 
wirtschaftstypus  ausschließlich  geeignet.  Sit;  sind  trotz  großer  Vorscliieden- 
heitoii  durch  das  gemeinsame,  ausschlaggebende  Merkmal  gekiini/euhnet,  daß 
einerseits  ihr  besonderer  Keicbtum  an  Wild,  Fischen  oder  Früchten  Lei  bloßem 
Sammeln  genflgende  Nahrung  gew&brt,  anderseits  ihr  ungünstiges  Klima  deren 
willkflrli€lie  Vermehrung  auistMefit  imd  teilweise  immer  anaediließeii  wird. 
In  der  tropisdien  SaTanneolandediaft  ist  die  Jagdwirtsdiaft  schon  grSßten- 
teils  dnroh  die  Viehineht  abgelöst  und  in  der  Waldsoae  wird  es  vielleicht 
fremder  Gewinnsneht  gelingen,  sie  durch  Phuibigeabau  an  ersetsen;  dagegen 
ist  sie  die  einzige  überhaupt  mögliche  Wirtschaftsform  der  kalten  Zone  und 
wird  hier  erst  mit  dem  leisten  durch  europUsche  £neigie  seiner  Existena- 
mittel  beraubton  "Bewohner  verschwinden. 

A.  Wirtschaftstypus,  a)  Wandernde  Jagd  und  Fruchtsammeln 
in  den  tropischen  (Australien,  Süd-Afrika)  und  subtropischen  (südliches 
Nord-  und  Südamerika)  Steppen  und  Savannen  (Mittel- Afrika  und  Süd- 
amerika). Die  Wasserarmul  und  die  Form  ihrer  Nahrung  zwingen  die 
Bewohner  xu  einem  steten,  sammelnden  Wanderleben  in  möglichst  kleinen 
Familiengn^ypen.  Denn  die  an  Beginn  der  Troelmiseit  leifBiideii,  wasser^ 
reichen  Frflcfate  sind  hei  grofiem  Yolumeo  sehr  wenig  ntthrstoAneieh,  und  die 
gewaltigen  Steppentiere  sind  gleichfalls  kaom  transportAhig,  so  daß  beide 
Nahraogsmittel  nor  da  vmehrt  werden  kfinnen,  wo  sie  geesmmelt  oder  erlegt 
werden.  Je  kleiner  nun  die  zusammenlebende  Familiengruppe  ist,  desto 
länger  reicht  ein  solcher  Nahrun K'shaufen  oder  eine  Wasserlache  zu  ihrer 
Erhaltung  aus.  Obdach  und  Geräte  sind  auf  das  Allernotwendigste  beschrankt, 
da  der  ganze  Haushalt  dos  Steppi njägers  in  kurzen  Zwischenräumen  von  den 
ihm  tul<?enden  Familiengliedei'n  weitergetragen  werden  muß.  Die  unendliche 
Eintönigkeit  der  Tiift  llandschaft,  die  weder  dem  Wandern  Wege  und  Ziele 
setzt,  noch  das  weit  verteilte  Wild  und  Wasser  in  bestimmte  Wechsel  und 
Rinnen  lenkt  und  sammelt,  gibt  zu  irgendeinem  Besitzzusammenhang  mit  dem 
Boden  keinen  Anlaß,  gleidiwie  auch  die  Oesellschaftsfonn  anf  ihre  niedrigste 
Einheit,  die  Familie,  beschrftnkt  bleiben  mnfi.  Die  Kontraste  swischen  dem 
Hunger  und  Durst  des  veigeblichen  Suchau,  das  nichts  Efi-  und  Trinkbares 
vetachmaht,  und  deren  übermißigem  Stillen  sind  nicht  die  Beweise  inteUek- 
tneUer  Niedrigkeit  dieser  Steppenbewohner^),  als  welche  sie  meist  auffaßt 

1)  Als  niedrigster,  nicht  als  ungünstigst  gestellter  Zweig  der  Menschheit  gelten 
Australier  und  Buschmänner  wegen  ihrer  tierischen  Leben sgewohnhciten  und  nach- 
teiligen Kürpermerkmale,  nicht  weil  sie  sich  hier  so  den  Katurbediugungen  an- 
passen mu0tm,  Mmdem  weil  sie  et  nicht  ändert  gewollt  h&tten.  ünd  dodi  ist  es 
dem  Kulturmenschen  trotz  aller  meiner  von  außen  mi1;gebraehten  ffilfsmittel  und 
Intelligenz  dort,  wo  er  es  versuchte,  nicht  gelungen,  ihre  unwirtliche  Heimat  besser 
und  dichter  bewohnbar  zu  machen.  Seine  HauBtierc  hat  er,  statt  sie  zu  züchten, 
meiet  verwildom  iMien  und  dann  gejagt,  eine  ewar  leiehteie,  aber  kaum  höher 
stehende  oder  intensiTere  Sammelwirtschaft ,  und  die  libcrans  extensive,  im  großen 
betriebene  "Viehzucht  in  den  Gebieten,  wo  sieh  artesische  Brunnen  anlegen  ließen, 
kann  aicb  überhaupt  nur  durch  den  veriiältnismäßig  hohen  Tauschwert  ihrer  Pro- 
dukte halten. 


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386 


L.  Chalikioponloi: 


werden,  sondwB  die  Folgen  ihrer  die  ungünstigsten  Lebensbedingungen  bietn- 
den  Heimat. 

ß)  Zeitweise  wandern<le  Jagd  oder  Fischfang-  und  Frucht- 
sammeln  im  tropischen  Keu'f'nwalJ  ( Indianerstümme  Inner- Brasiliens, 
Zwergvölker  Zentral-AtVikas  und  der  süd-asiatisi*hen  Tnstdn).^) 

Gegen  die  ühermächtigt'  Vogetationsfülle  vermögen  die  Bewohner  mit 
ihren  schwachen  Werkzeugen  den  ununterbrochenen  Kampf  nicht  zu  führen, 
um  sich  die  Verfügung  Aber  den  Boden  zur  willkfliliehen  Kahrungsveimelimng 
zu  sichern.    Sie  kOnnen  sieh  daher  nur  von  den  im  Walde  serstrent  ge- 
dohenden  Natq>flanzen  und  Tieren  em&hren;  denn  auch  letztere  sind  ja, 
sowdt  sie  sieh  auf  dem  Boden  bewegen,  aus  Banmmangal  tum  Binidleben 
gezwungen.    Doch  nicht  nur  diese  weite  Verteilnng  und  schwierige  Anffind- 
barkeit  macht  eine  fortwährende  Nahrungssuche  nOtig,  sondern  such  die 
Ungunst  des  Klimas,  da  eine  Vorratshaltung,  selbst  wenn  große  Mengen  auf 
einmal  erlangt  werden  könnten,  bei  der  übergroßen  Feuchtigkeit  in  Folge  des 
schnellen   Vermofleins    oder   Insektenfraßes    unmöglich    ist.     Somit   ist  der 
ilensch  zwar  g»'ii«-tigt,  seinen  Wohnsitz  der  Nahrung  wegen  häutig  zu  verlegen, 
abtr  doch  nicht  ül)er  ein  bestimmt  begrenztes,  gerade  die  notwendige  Nah- 
rungsmenge enthaltendes  Gebiet  hinaus,  weil  er  einerseits  die  Fundstellen  von 
Frflchten  oder  den  Wechsel  von  Tieren  kennen  und  seine  gewohnten  P&de 
im  schwer  dnrchdringlxchen  und  nnübersiehtlichen  Urwald  haben  mufi,  ander- 
seits auch,  weil  seine  Nachbarn  ihm  mn  Eindringen  in  ihr  Sammelgefaiet 
verwehren  würden.    Das  Fehlen  alles  danerhaften  Werkmaterials,  da  die 
miirlitige  Humusdecke  Gesteine  und  Metalle  gleich  tief  unter  sich  begiftbt, 
die  übergroße  Feuc  htigkeit,  die  den  Gebrauch  des  Feuers  sehr  erschwert  und 
die  Zersetzung  aller  Werkstofle  so  beschleunigt,  die  Einförmigkeit  und  Be- 
scbrUnktheit  des  Urwaldbori/.ontes,  ja  auch  die  Gleichmäßigkeit  und  Hitze 
dn-s  Klimas  sind  materieller  und  geistiger  Kultur  gleich   unL,'ünstig.     Da  da'^ 
Eiudrin^'rn  fremder  Stilmme  mit  anderen  Lel)ensgewiihnlieiten   in  du'^f  Zone 
ebenso   uumüglieh   ist,   wie  das  Vordriugeu  der  UrwabLstiiinme  iu  die  an- 
grenzenden wegen  der  gftnzlich  verschiedenen  Naturbediugungeu,  so  ist  eine 
Beeinflnssnng  ihrer  Kultur  von  außen  fast  ausgeschlossen;  und  da  kaum 
irgendwelcher  Tausch  zwischen  den  WaldstKmmen  bei  der  Oleichmlßigkeit 
der  Bedingungen  und  den  Terkehrsschwierigkeiten  stattsnfinden  braticht  und 
kann,  so  bildet  jeder  ein  Ueines  Volk  fttr  sich,  oft  mit  ihm  eigentflmlicher 
Spraclie,  ja  einen  Kleinstaat  filr  sieb,  der  seine  Territorialgewalt  Aber  sein 
Jagdrevier  gegen  jeden  Eindringling  ebenso  hariMckig  zu  verteidign  sucht 
wie  jeder  andere. 

y)  Seßhafter  Fischfang  au  den  Küsten  der  kalten  Meere  (Nord- 
west-Amerikaner, Eskimos,  Xord-Asiaten).  Während  in  der  Tropenzone  der 
Mensch  das  ganze  Jahr  hindurch  seine  zerstreute  und  nicht  auf bewabrbare 
ISahrung  suchen  kann  uad  muß,  vermag  er  hier  nur  die  weuigen  Tages- 
mouate  des  Jahres  hindurch  genügende  Nahrungsmengen  auch  für  die  lanje 

1)  Bei  diesem  und  den  folgenden  zur  Veranseliaulichung  beigefügten  Beispielen 
handelt  ea  sich  natürlich  nicht  um  eine  Aufzählung  aller  zu  den  betretfenden  Typen 
gehftrigen  Landschaften  und  Sfftmme. 


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AnpassangsbediDgungen  und  Entwickeluugsmotive  der  Kultur.  387 

t 

Kaoht  aii£nilriliifen,  da  ja  den  ungewöhnlidieii  Flankbonreiditum  der  kalten 
Meei»  die  gewaltigsten  SeesSuger  und  Fischscharen  nnd  diese  wieder  onslhlige 
BeeTdgel  und  andere  Seeranbtiere  b^leiten,  nnd  da  in  diesem  dem  tropischen 
«itgegengesetzten  Klima  sogar  das  am  leicbtesten  zersetsbare  Fett,  dieser 

tierische  Kältoschutz,  der  zum  unentbehrlichsten  Körper-  nnd  Luftheismittel 
Avird,  zur  Vorratshiiufung  geeignet  ist.  Doch  trägt  hierzu  vor  allem  anch 
die  Leichtigkeit  boi,  mit  der  der  Fischer  selbst  riesige  Beutetiere  nach  Hause 
bringen  kmiii.  was  ihm  viel  größere  Seßhaftigkeit  ermöglicht  als  dem  Jäger. 
Der  Gleichmäßigkeit  von  Klima,  Umgebung  und  Lel)ens\veise  dort,  stehen  hier 
die  e,\treinsteu  Wt-chsel  von  dauerndem  Tag  mit  weit  längerer  Xaoht,  vou 
übermäßiger  Nahrungserwerbsmöglichkeit  und  Krutteauspauuuug  mit  ab- 
stnmpfendster  Beschränkung  der  Bewegung  und  T&tigkeit  gegenttber. 

Doch  bedarf  der  Fischer  und  Jäger  des  Eismeeres  nickt  nur  voll- 
kommenerer  Qerftte  nnd  Werkienge  als  der  der  Tropen,  sondern  auch  der 
besten,  wSrmendsten  Kleidung.  Während  er  für  diese  TOn  der  Natur  ans- 
geseieknet  mit  Bokstoffen  ausgestattet  ist,  fehlt  ihm  dagegen  zn  eisterem  das 
Holl  teils  zur  direkten  Verarbeitur.g,  teils  zu  ausgedehnterer  Verwendung 
des  schmelzenden  und  härtenden  Feuers.  Die  lange,  nahrungssorgenlose 
Winterszeit  erlaubt  ihm  nicht  nur  alle  jene  notwendigen  'Tt'l)rauchsgegen- 
stände  aus  seinem  spr">f]en  Knochen-  und  Fellmaterial  in  sorgfiiltig.ster  Form 
herzu.stellen,  sondern  läßt  ihm  auch  noch  sehr  viel  Muße,  sodaß  er  zum  Zeit- 
vertreib gi'oße  ^lühe  auf  deren  Ausschmückung  verwenden  kann.  Durch  diese 
reichliche  Mußezeit  ist  zwar  seine  geistige  Eutwickeluug  günstiger  gestellt, 
als  die  fest  immer  Ton  der  Nakrungssorge  in  Anspruch  genommene  des 
Tropenjägers,  dock  wird  sie  wieder  sekr  beeintrftditigt  durok  die  Einförmig* 
keit  seiner  Umgebung  und  Tätigkeit  gerade  in  dieser  Winters-  nnd  Nacktseit. 

d)  Jakresseitlick  wanderndes  Sammeln  in  den  seenreicken 
Heidelandschaften  der  Snfieren  gemäßigten  Zone  (Sibiriw,  Kanadier). 
Die  Moos-  und  Staudenheiden  einerseits,  die  zahlreichen  FlUsse  und  Seen 
anilerseits  in  den  Tiefländern  jenseits  der  nördlichen  Baumgrenze  bieten  ikrai 
Bewohnern  und  Anwohnern  die  mannigfaltigsten  Sammehvirtschaftsbedingungen, 
da  der  ungewöhnliche  Fischreichtum  dieser,  die  Beerenfülle  jener  in  den 
wenigen  Sommermonaten  ihrer  Erlangbarkeit  reichliche  Wintervorrate  an- 
zusammeln gestatten.  Diese  würden  .sie  zn  ähnlicher  Seßhaftigkeit  zwingen 
wie  die  Küstentischer  der  kalten  Meere,  wenn  sie  nicht  ein  Haustier  besäßen, 
Benntier  oder  Hund,  jenes  der  kärglichsten  Flechten-  und  Moosnahrung,  dieser 
der  nach  dem  Auf  hOren  des  Pflansoolebens  allein  noch  sugttngliehen  und  gerade 
hier  am  reicklicksten  Torkamdenen  tieriscken  Nskrung  angepaßt,  das  iknen 
die  SGtnakme  nach  ikren  winteriieken  Jagdquartieren  in  der  Waldaone  er- 
mffglidit.  Fnttermangel  mackt  «war  die  Verlegung  der  Wohnstfttte  Ton  Zeit 
zu  Zeit  nötig,  aber  trotzdem  ist  ja  gerade  durch  das  Haustier,  zum  ünter^ 
schied  von  den  wandernden  Tropensammlem,  der  Besitz  reichlicher  Habe  ge- 
währleistet, wonmter  hier  in  dem  kalten  Klima  besonders  das  Material  zur 
Errichtung  eines  warmen  Obdaches  notwendigerweise  gehört. 

Diese  Saramelwirtscbaftsform  ist  somit  weit  günstiger  gestellt  als  die 
übrigen;  Mannigfaltigkeit  der  Betätigung  das  ganze  Jahr  hindurch  teilt  sie 


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L.  Chalikiopoulos: 


mit  den  wandcrndeii  Tropeojlgeni,  rnehlieheran  Bedti  und  Yomlshaltiii^ 
mit  den  sefihAften  Eiimeerfischern,  und  sie  ist  sagleidh  frei  Ton  den  geistig  ab- 
stumpfenden Kontessten  der  ErnihrungsmSglidikeit  dort»  des  Bewegnagsspid- 
mimes  hier.  Durch  den  Besitz  eines  Haustieres,  das  zwar  einen  gezingen, 
aber  dauernden  Nahrungs-  und  WerkstoifzuschuB  gewährt,  üir  aber  vor  allem 
das  Wandern  in  der  kalten  Zone  allein  möglich  macht,  vereinigt  sie  den 
hauptsikhlichcn  materiellen  Vorzug  der  nomadischen  Viehwirtschaft  mit  dem 
dtr  Siiniinf^lwlrLsfhat't,  die  ja  l)ei  weit  jrr('ßercr  Mannigfaltigkeit  des  Nahrungs- 
erwerhrs  :iut  *>inp  vielseitigere  Ausbildung  der  Kombinationsgabe  und  somit 
des  Intellektes  hinwirkt. 

B.  Gesellschafts-  und  Kulturtypus  der  freien  Sammelwirt- 
schaft Jede  der  so  Terschiedenen  freien  Stmmelwirtadkaflsfonuen  ist  nüt 
gleicher  Notwendigkeit  ans  den  Lebensbedingungen  des  Landschaftstjrpos 
hervorgegangen,  in  dem  sie  entstand,  und  ihre  IndiTidnaUniltiir  ist  toU- 
kommener  dessen  Natur  angepaBt,  als  alle  Familien-  oder  YSlkeikiiliana 
den  ihrigen,  da  sie  sich  weder  weiter  entwickeln  kann  und  braucht,  noch, 
wenigstens  in  (\i'n  meisten  Gebieten,  in  die  anderen  Fonnen  übergehen  wird. 
Die  UnmiilJigkeit  und  das  stete  besitzarme  Wandern  des  St^ppenjagers  ist 
ebenso  zweckmäßig,  wie  die  größere  Seßhaftigkeit,  die  mannigfaltigen  Geräte 
und  das  Vorrathalten  des  Eisraeertischers.  Hier  wie  dort  verkörpert  jedes 
erwachsene  Individuum  in  seinem  männlichen  oder  weiblichen  Berufe  alle 
Kenntnisse  und  Fertigkeiten,  die  unter  den  gegebenen  Naturbedingungen 
zur  möglichst  vollkommenen  Nahrungserlangung  und  -Zubereitung  und  zum 
Schutse  des  Kfirpers  Oberhaupt  entwickelt  werden  konnten.  Unfähigkeit 
hiersa  bedentet  Ansstoßnng,  da  die  Arbeit  jedes  Einaelnen  kanm  mnen  Ober^ 
scbnB  Uber  snnen  Bedarf  za  liefim  Termag.  Nicht  Gnmsamkeit  ist  es,  die 
sor  T(ftnng  UbeRShliger  Snder  oder  Alter  führt,  sondern  die  bitterste  Not- 
wendigkeit. So  wirkt  die  Schwierigkeit  der  Lebensbedingungen  durch  Aus- 
scheidung jedes  UnfUhigen  auf  die  denkbar  stSrkste  Auslese  und  Vererbung 
körjierlicher  und  geistiger  Vorztlge  hin.  Sogar  all  die  primitiven  Eigen- 
schaften der  Sammelvölkcben:  Kleinheit  des  Wuchses  und  Stärke  des  Kau- 
apparates, aber  auch  List  und  manchmal  Tücke  (tiniusarakeit  ist  ja  nicht 
ihnen  allein  eiuentümlich )  sind  s(»  notwendig  für  sie,  daß  sie  dazu  auch  von 
der  Höhe  vollkommenerer  Menschen  hätten  herabsinken  müssen.  Denn  je 
kleiner  ein  Mensch  ist,  desto  behender,  desto  leichter  verbirgt  er  sich  und 
schleicht  sich  heran,  beides  onentbehrlidi  für  den  Jttger;  anderseits  ist  dieser 
aber  auch  weit  ausdaaenider  und  braucht  weniger  Nahrang,  and  wo  nvr 
selten  eine  langwierige  Znbereitang  der  Kost  möglich  ist,  kann  sie  natflrlich 
nur  dn  starker  Hund  bewftltigen.  Die  M annigfUtigkeit  nnd  SdiwierigkMt  des 
Nahmngserwcrbes  der  Sammelwirtscbaft  sind  auch  am  besten  geeignet,  die 
höchstmögliche  nngeschulte  f)bung  und  Selbständi:jkt-it  des  Erfahrens,  Denkens 
nnd  Handelns  zu  erzengwi,  gleichwie  hier  auch  der  Haushalt  die  größte 
Unabhängigkeit  zeigt. 

Gerade  die  Vielseitigkeit  und  Selbständigkeit  dieser  Individualktiltiu" 
aber  ist  es,  die  C  liarakter-  und  r^emütseitrentüinlichkeiten  des  Naturmenschen 
bedingen.    Fehleu  von  Neid  imd  iiauhucht,  Gutmütigkeit,  Offeulieridgkeit 


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AnpasBungäbedingungeu  and  EntwickclangimotiT«  det  Ealtnr.  389 

und  Oastfreund^iohsft  emenwitB,  Frohsinn  und  Zufriedenheit  anderseits  zeichnen 
ihn  vor  dem  Koltonnenschen  aus.  Wamm  aollte  er  auch  jene  Gef&hle  hegen, 
da  dof'h  in  seiner  Heimat  alle  Güter  frei  sind,  und  da  er  leicht  das  erwerben 
oder  sich  anft'rti,^en  kann,  was  er  in  seines  Nachbars  Haushalt  beffehrt-nswort 
finden  sollte y  r>a  Nahrung  fiir  jeden  Arbeitst'ühigj'n  reichlich  und  unahhaiigig 
von  Kapitalsgütern  und  seinem  Niu'hsten  vorhanden  ist,  könnte  Feindschaft 
nur  wegen  persönlicher  Kränkungen  eutstehen,  ist  aber  durch  die  geringe 
Zahl  der  Zusammenlebenden  und  die  tuA  gtete  Inaoepruchnahme  durch  die 
Nahrungssudie  noch  mehr  eingeschrtnkt 

PenSnliche  Dienstbaiteit  irt  unmöglieh  wegen  der  EigentQmlichheit  der 
NahnmgserwerhnilSc^idlikeit,  die  iwar  die  aufgewendete  Mflhe  sehr  reichlich 
lohnt)  aher  deiio  ansgiehiger  Zeit  und  Banm  braucht,  daher  nicht  durch  ge- 
steigerte Anstrengung  vermehrbar  iet,  noch  einen  Überschuß  über  den  Bedarf 
des  Sammlers  zu  liefern  vermag,  endlich  auch  individuelles  Handeln  voraus- 
setzt. Standesunterschiede  sind  ausgeschlossen  durch  das  Fehlen  von  Besitz 
am  Boden  und  an  nicht  beliebig  herstellbaren  Erwerbsgütem.  Dagegen  i.st 
bei  den  Fischerv<)lkern  Sklaverei  ni(iglirh  und  manchmal  flblieh,  da  einerseits 
die  Fisohgerüte  dem  Menschen  gegenübfr  nicht  als  Watlen  gefährlich,  antler- 
seits  bei  der  weit  mehr  mechanischen  Erwerbstätigkeit  Aufsicht  und  Zwang 
ausgeübt  werden  können;  zugleich  vermag  der  hierdurch  gewährleistete  Groß- 
betrieb hei  der  viel  anhaltenderen  Ergiebigkeit  der  Nahrungsquelle  verhiltnis- 
mlAig  weit  reichlichere  Ernten  und  einen  den  Bedarf  des  Sinselnen  Über' 
eteigenden  Tltij^itsertrag  dauernd  xn  liefern. 

Die  ungewöhnlidte  Zufriedenheit  der  Bewohner  all  dieser  wirtsdiaftlich 
höchst  ungünstig  erscheinenden  Gebiete  beruht  in  erstt^r  Linie  darauf,  daft 
der  Hauptinhalt  ihres  Lebens,  fast  alle  Handlungen  des  Nahrungserweibes, 
auch  die  größten  Mühen  auf  Jagd  und  Fischfang,  gleich  den  Bewegungs- 
spielen und  dem  Bergsport,  weit  mehr  als  Vergnügen  denn  als  Arbeit  empfunden 
werden,  da  sie  Aufmerksamkeit,  Kombinationsgabe  und  K<irperkraft  in  gleicher 
Weise  anspannen  und,  weit  entfernt  von  der  abslumptenden  Wirkung  jedir 
einseitig  mechanischen  oder  geistigen  Arbeit,  jede  Anstrengung  durch  die 
Befriedigung  eines  sogleich  zu  erwartenden  Erfolges  und  Genusses  angeregt 
-wird.  Do<di  tragen  snm  GlfU^  der  Individualknltur  auch  bei  einerseits  das 
Fehlen  von  nnmdgUdi  zu  befriedigenden  Wflnsdien,  anderseits  die  Selbetindig* 
keit  und  IVeihmt  sum  Kmdeln  und  sum  KSnnen,  die  eine  TOUig  unabhingige 
Xnt&ltong  der  Persönlichkeit  gestatten. 

Die  notwMidige,  ungewöhnlich  scharfe  Beobachtung  der  mannigfaltigsten 
Natordinge  und  -encheinungen  und  das  Kombinieren  ihres  Kausalzusammen- 
hangos regt  einerseits  zur  bildenden  Kunst,  zur  Wiedergabe  jenor  der  Vor- 
stellung eingeprägten  Bilder  an  (Zeichnungen  der  HuschniUuuer  und  Kiszeitjäger), 
anderseits  auch  zum  Nachdenken  über  diese,  da.s  sich  natürlich  nicht  in 
abstrakten  BeLrriliVu,  wozu  ja  die  Worte  fehlen,  sondern  nur  in  diese  bild- 
lichen Ausdrücke  kleiden  kann  und  in  den  Fabeln  und  Mythen  zum  Ausdruck 
kommt. 


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890 


L.  Cbalikioponloi: 


n.  Die  Kultur  der  Landachaften  mit  geordneter  Sammelwirteobeft. 

(Beech&ftigang.) 

1.  Die  Kultur  der  Baumzuchtzone  (Tropen,  besonders  Oseuiien). 

A.  Die  günstigsten  Lebensbedingungra  findet  die  mensehliohe  WirtBehaft 
in  deigenigen  Gebieten,  wo  das  Gedeihen  bestimmter  Fkuohtbiume  (Kokos-, 
Brotfrudit*,  Bananenbaum),  die  ihm  &st  das  ganze  Jahr  hindurch  ihrs 
nahrhaften  und  wohlschmeckenden  Früdite  spenden,  die  zu  seiner  Nahrongs- 
erlangnng  stets  notwendige  Anstrengung  auf  das  geringste  Maß  reduziert 
Es  genügt  die  Bäume  zu  sdionen  und  zu  pflegen,  innerhalb  längerer  Zeü- 
rHuniP  vnrsorglith  neue  Pflanzungen  anzulegen  und  die  Früchte  sparsam 
zu  verbrauchoii ,  um  hier  die  Hauptautfjaben  der  Wirtschaft  zu  erfüllen. 
Je  weniger  aber  die  menschliche  Arbeit  in  Ausj)ruth  genommen  wird,  desto 
wichtiger  sind  die  anderen  Produktionsfaktoren.  Wie  bei  der  Viehnutzuug 
das  tierische,  so  spielt  hier  das  püauzliche  Erzeuguugskapital  die  Hauptrolle. 
Wfthrend  aber  Grofi-  und  noch  mehr  KleiuTieh  sehr  bald  erwachsen  sind 
und  Erträge  liefern,  ist  dies  bei  den  BSumen  erst  nach  einem  Hensehenalter 
der  Fall;  dagegen  setzt  sich  gewissennafioi  der  Mehraufwand  an  Zeit  hier, 
dort  in  Boden  um;  dort  sind  sehr  ausgedehnte  Flftehen,  hier  sehr  kleiae 
erforderlich.  Endlich  ist  das  tiezische  Fkoduktionskapital  leidit  und  überallhin 
beweglich  und  gedeiht  unter  den  verschiedensten  Bedingungen,  das  pflanzliche 
dagegen  ganz  unverrückbar  und  nur  besonders  günstigen  angepaßt;  daher  ist 
dort  eine  stete  Aufsicht,  hier  ein  dauernder,  meist  mechanischer  S<^ats 
notwendig. 

B.  Da  Arbeitsaufwand,  noch  ausgiprilgter  als  bei  dtr  Viehzucht,  weder 
das  Produktionskapital  selbst  1)eliel)ig  zu  vermehren,  noch  seine  Ertrags- 
fähigkeii  erheblich  zu  steigern  vermag,  bei  Bodeuüberfiuß  wegen  der  späten 
Ertragsfäbigkeit  der  Bftume,  bei  Bodenmangel  wegen  ihrer  auf  bestimmtem 
Baum  bescbrinkten  Zahl,  ist  ein  Anwachsen  der  BeTÖlkemngsdichte  nur  in 
sehr  engen  Grenzen  mOglich,  eine  Ausbreitung  nur  in  ersterem  Falle  dmrdi 
Yorsorglichkeit  der  Eltern.  Daher  gilt  es  hio:,  weit  mehr  als  sonst,  bd 
beschränktem  Boden  entweder  die  Yolkszahl  künstlich  stationär  zu  halten 
oder  auszuwandern:  der  BeTÖlkemngsüberscbuß  wird  sich  auf  die  nächsten, 
schwächeren  Anwohner  werfen.  Um  sich  unter  dert  ii  Vernichtung  oder  Vertrei- 
bung ihre  Existenzmittel  anzueignen.  Stärke  und  kriegerische  Tüchtigkeit  ist 
hier  mehr  als  sonst  eine  Lebensbt  diijtruiig.  Zur  Verwendung  des  Besiegten 
als  Sklaven  liegt  keine  Notwendigkeit  und  Möglichkeit  vor,  da  die  von  ihm 
zu  It'isteudc  Arbeit  die  SchmiÜerung  der  beschrilukten  Vorräte  nicht  aufwiegen 
würde.  Ist  der  Kampf  nicht  durch  L  bervölkerung,  sondern  die  Machtgelüste 
des  Adels  Yeranlaßt,  so  tritt  UoBe  ünteijochnng,  Aneignung  des  Grundbesitaes 
und  Abgabenentrichtnng  der  Besiegte  ein.  Kopfjagden,  Mensehenopftr, 
Kindermorde  rind  eine  stelig  auf  Schwtchung  feindseliger  Nachbaistimme 
und  Unterdrückung  übennftBigen  BeYölkerungszuwachses  hinwirkende  wirt- 
sdiaftliche  Notwendigkeit.  Die  geringe  Inanspruchnahme  durch  die  Nahrungs- 
gewinnung l&Bt  aber  nicht  nur  den  Frauen,  sondern  auch  den  Männern  neben 


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Anpaaeungsbedingungen  und  EDtwickelungsmotive  der  Kultur.  391 

ihrem  Kriegduuidwerk  viel  Muße,  teils  tat  AnsUMiii^  tob  Eniutfertiglceitan, 
teils  zur  Gesolligkeit,  die  einen  rdclien  Btitaiz  mythologueher  Yontellongen 
und  lUrchen  zeitigt 

2.  Die  Kultur  der  Viehzuchtzone. 

A.  (c)  Die  seßhaft»'  (iroßviehzucht  in  den  tropischen  Savannen 
( Hirt^^nslämme  des  Sudan,  Ost-Afrikas).  In  der  Heimat  der  zahlreichen  Herden 
gewaltiger  Wiederkäuer  wareu  natürlich  die  Bedingungen  gerade  für  Rinder 
sehr  günstig,  und  je  mehr  sich  diese  ausbreiteten,  desto  mehr  maßten  jene 
weiehen.  Da  anch  in  der  Trockenaeit  genügend  Wasser  nnd  Fatter  yor- 
handen  ist,  ist  SeShiitigIceit  innerhalb  ansgeddmter  Stammesflnren  möglich, 
sodaß  die  tropischen  Getrnde(rQdite  von  den  Weibern  in  kleinen  Mengen 
angebaut  werden  kOnnen.  Außerdem  liefern  auch  wilde  l^rfldite  den  not- 
wendigen vegetabilischen  Zuschuß  zu  '1er  vorwiegenden  Milchkost,  da  außer 
der  Jagdbeute  fast  nur  das  Fleisch  der  gefallenen  Tiere  genoesen  wird. 
Dies  ist  weniger  in  der  Freude  der  rinder/üchtenden  Stämme  an  deren  Besitz 
begründet,  als!  vielmehr  darin,  daß  das  Großvieh  im  Verhältnis  zu  seiner 
Körpergröße  weit  langsamer  wächst  und  sich  vermehrt  als  das  Kleinvieh, 
weshalb  Seuchen  unter  ihm  viel  verderblicher  wirken.  C>l)i,deith  hierin  die 
Kleiuviehzucht  günstiger  gestellt  ist,  so  ist  doch  in  allen  Gebieten  mit 
reichlichem  Futter  die  Oroßviehzucht  unter  Ausschluß  jener  und  umgekehrt 
▼erbreitet,  da  sie  verlüUtnisnULßig  weit  mdir  Milch  liefert  nnd  somit  su 
gleidunißiger,  dauernder  EmShrung  besser  geeignet  ist  Überdies  wflrde 
Kleinvieh  in  hohem  Graswnehs  weit  mehr  zertreten,  Terhiltnisndißig  mehr 
Arbeit  zur  Beaufinchtigung  und  sum  Melken  erfordern  nnd  Seßhafligkdt  adt 
nichtlichem  Heimwirtstreiben  auf  größere  Bntfemungen  viel  schwieriger  und 
langwieriger  machen. 

ß)  Die  jahreszeitlich  wandernde  Kleinviehzucht  in  den 
Krauter-  und  Strauchsteppeu  der  Hütrel-  und  Gebirgslün<ler  der 
Subtropen  (Hirten stamme  der  Balkaulialhmsel.  Nord-Afrikas,  Vorder-Asiens). 
Da  hier  die  Ungunst  der  Jahreszeiten,  Niedersciilagsarmut  oder  Kälte  des 
Winters  und  gänzliche  Dürre  des  Sommers,  nur  spärlichen  Gras-  und  Kräuter- 
wucbs,  dafdr  aber  umsomehr  kleinblättrige,  stachliche  Halbsträucher  und 
immergrfine  Ibqnien  gedeihen  iBßt,  weiter  auch  wegen  des  steilen,  felsigen 
Bodens  ist  Eleinviehzudit  allein  mOglidb  und  swar  im  Winter  in  den 
Brachen  der  Tiefebenen  und  dem  nidit  aobaofthigen  Htigelland,  im  Sinnmer, 
bei  eintretender  ^bizlichar  Dflrre  dort,  in  den  hohen  Crebirgen  mit  aus- 
dauernden Quellen  und  sommerlicher  Vegetationszeit.  Je  mehr  Blätter-  über 
Qraswuchs  vorherrscht,  desto  mehr  überwiegen  in  den  gemischten  Herden 
Ziegen  die  Schafe.  Da  das  anbaufähige  Tiefland  persönlicher  Besitz  der 
Ackerbauer  oder  die  weniger  fruchtbaren  Teile  deren  Gemeinbesitz  sind, 
80  hat  der  Hirt  oft  für  die  Wiuterweide  Pacht  zu  zahlen.  Auch  bei  diesen 
Kleinviehhirten  ist  Fleisch  nur  eine  Festtagsspeise,  da  zur  (iewälining  auch 
nur  vorwiegender  Fleiscbuahrung  so  große  Herden  und  daher  &o  ausgedehnte 
und  gute  Weidefllchen  aforderlich  w&ren,  wie  diese  im  Gebirge  nicht  zu 
finden  nnd  und  wie  jene  der  Hirt  nicht  beauftichtigen  könnte.   Der  hohe 


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392  ^-  Cbalikiopoulos: 

# 

Tauschwert  seiner  Viehmdi^produkte  dem  reushliehen  Getreide  des  Aeker- 
Imuers  gegenüber  macht  et  mi^ch,  daB  er  sich  andi  bei  YeRingening 

Beiner  Herden,  die  ihm  direkt  nidit  mehr  genug  Nahrung  liefern  könnten, 
dorchfrisfcet.  Auch  dort,  wo  es  ihm  Zugvieh  und  Seßhaftigkeit  leicht 
machen  würden,  seinen  Gotreidebedarf  salbet  durch  Anbau  SU  decken,  ist 
der  stolze  Hirt  nur  selten  dazu  ^'t^iipiirt. 

y)  Die  nomadische  Klein-  und  Großviehzucht  in  den  ebenen 
Grasstf'pi»»'n  — Tiof-  und  HochlUndern  der  inneren  gemäßigten 
Zone  (zentral-asiatische  Hirtenstilmme).  Da  diese  Grassteppen  zwar  nur 
jahreszeitweise  in  verschiedenen  Breiten-  und  Höhenlagen  reichliches  Futter 
bieten,  aber  doch  bei  ihrer  Ebenheit  OmAvidi  nicht  benachteiligen,  so  ist 
hier  die  Verbindung  von  Orofi*  mit  Kleinviehzucht  ermöglicht,  wobei  ersterss 
natttrlieh  stets  vorausweidet,  anderseits  aber  anch  geboten,  da  bei  der 
gwingen  Futterergiebigkeit  die  sehr  hlufige  Verlegung  des  mSglichst  leicht 
beweglichen  Zelthaushaltes  und  die  weiten  Entfernungen  Transport-  und 
Reittiere  nötig  machen.  Wegen  der  großen  Entfernungen  von  den  Acker^ 
baugebieten  kann  ein  Austausch  mit  deren  Getreide  nur  selten  stattfinden; 
deshalb  ist  hier  die  Emöhrung  auch  weit  ausschlioßlichor  von  den  Viehzuchts- 
jjroduktcn  abhiintrig.  Auch  hier  bestellt  ein«'  allerdings  mehr  gewohnheits- 
mäßige Bescliriinkung  auf  bestimmte  sehr  ausgedehnte  Sommer-  und  Winter- 
weidegebiete als  Gemeingut  des  nomadischen  Stammes.  Anderseits  ist  hier 
aber  auch  der  Großbetrieb  dadurch  besonders  erleichtert,  daß  die  berittenen 
Hirten  weit  größere  Herden  beaufirichtigen  können  so  daß  an  Stdle  der 
selbstftndigen  Familienwirtschaften,  die  sieh  in  kunlebigen  Stedelimgen  m 
Geselligkeits-  und  8chuta^[emeinden  Terbinden,  eine  von  dem  Besitier  sahl> 
reicher  Herden  geleitete  Einzelgroßwirtschaft  treten  kann. 

B  Im  Gcfrensatz  zur  freien  Sammel Wirtschaft ,  bei  der  gerade  die 
menschliche  Tätigkeit,  und  zwar  die  biichst  individualisierte  und  kompliziertet 
bei  der  Ausnutzung  der  Nahrungsbedingnngen  allein  maßgebend  ist,  mit  ihrt-r 
starken  Betonung  des  Individuums,  ist  diese  hier  sehr  gering  und  leicht, 
wogegen  das  übermäßige  Vorwiegen  des  Pruduktionskapitals ,  des  Viehs, 
ühue  das  Hoilnn  und  Arbeit>krälte  nutzlos  sind,  den  großen  Einfluß  des 
Besitzes  bedingen.  Dieser  kann  wegen  seiner  in  ^ich  selbst  gelegenen  Ver- 
mehrbarkeit  nicht  erai'beitet,  sondern  nur  durch  Erbschaft,  Dienstleistung  oder 
Banb  erlangt  werden.  Hieraus  ergibt  sich  die  unumsohrinkte  Gewidt  dss 
Haushaltsoberbauptes,  das  durch  seine  willkBrIiche  Verfügung  Ober  ^ 
Existenzmittel  auch  den  ^^en  aller  Ton  diesen  Abhingigen  behenseht 
Da  aber  die  Besitzlosen  nur  zu  DiensÜeistnngen,  gewissermaßen  zur  Ver- 
stSrkung  oder  Vervielfältigung  des  Besitzers  bei  der  Beaufsichtigung  der 
ganz  von  selbst  erfolgenden  Nahrungsproduktion,  nicht  zu  eigentlicher, 
schwerer  Arbeit  zu  ihrer  Beförderung  herangezogen  zu  werden  brauchen, 
ist  das  Verhältnis  stets  patriarchalisch  wie  zwischen  Gebieter  und  Unter- 
gebenen, nicht  wie  zwischen  Herrn  und  Sklaven.  Da  ja  jeder  Wirt- 
schaftstrpus  mit  zunehmendem  Überwiegen  des  Produktionskapitals  in  den 
Großbetrieb  übergeht,  so  gilt  dies  natürlich  ganz  besonders  von  der  Vieh- 
zucht, wo  dieses  ja  auch  den  Kleinbetrieb  schon  ausschließlich  bedingt 


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Anpasanngsbedingungen  und  Entwickelangsmotive  der  Kultur.  393 

Eine  Yennehrung  dw  Herden  oder  Hirten  flW  das  ErnfthrongsTermOgen 
der  besessenen  Weiden  oder  Tiere  hinaus  muß  v.ur  Auswanderung  des  Über- 
schusses führen,  der  sich  natürlich  möglichst  in  die  von  Hirten  nicht  besetzten, 
weidereichen  Ackerbaugebiete  zu  ergießen  verstiohen  wird,  wenn  die  Herden 
grofi  genug  sind,  um  eine  genügende  Emührungsgrundlage  bieten  zu  können, 
unter  Verdrängung  der  ackerbauenden  Bevölkenmg,  wenn  den  überzUhligt^u 
Hirteneindiinglinpen  eine  solche  fehlt,  unter  deren  Unterjochimg  und  Be- 
nntzung  als  Produktiouskapital  un  Stelle  und  zum  Ersätze  des  Viehs. 

Körper  und  Charakter  des  Hirten  sind  ein  getreues  Spiegelbild  und 
Produkt  seiner  Lebensweise.  In  allen  Unbildoi  des  Wetters  an  seine  Herden 
gebunden,  abor  nur  manchmal  eu  großen  Anstrengungen  gezwungen,  scicbnet 
sieh  seine  abgehirtete,  elastische,  schöne  Gestalt  durch  GrOfie,  Knft  und 
Stihlung  aus.  Oerade  jene,  anf  die  Linge  der  Beine  begründet,  ist  bedingt 
durch  das  ihm  auferlegte  Wandern.  EintMon  und  gewohnt  seinen  Willen  der 
Herde  gegenüber  durchzusetzen  ist  er  wortkarg,  selbständig,  stolz,  aber  ancb 
hartnäckig,  selbst-  und  herrschsüchig.  Die  Verteidigung  seiner  Herden,  an 
denen  sein  Leben  hängt,  macht  ihn  wachsam  und  tapfer;  anderseits  aber 
neic:t  er  gerade  deshalb  zur  Raublust,  die  meist  auch  einn  wirtschaftliche 
Notwendigkeit  ist.  An  schwere  Arbeit  nie  gewöhnt,  wiid  er  sich  nur  in  äußer- 
ster Not  dazu  verstehen. 

Die  Abwechslungslosigkeit  seiner  Beschäftigung  und  die  Gleichförmigkeit 
d«r  8te]q|Mn  und  seiner  Knsamkeit  liefern  gleich  wenig  YonteUnngsmaterial 
und  regen  mm  Ternunftmftfiigen  Denkm  sdir  wenig  an;  desto  mehr  begflnstigen 
sie  dagegen  das  Trlumen,  das  fteie  Spisl  der  Phantasie,  die  ja  die  Yor- 
stellungen  so  aneinanderrsiht,  wie  sie  das  GefBhlsleben  begehrt,  ohne  sie 
durdi  die  Regelung  nach  der  Außenwelt  in  erfahrungsgemäß  kausalen  Zu- 
sammenhang  zu  bringen.  Daher  hier  das  Übergewicht  des  (}ef[lhls  und  der 
Stimmung  über  den  Verstand,  die  Heimat  der  T^elipionen,  Märchen  imd 
Poesie,  dagegen  nicht  des  Wissens  und  der  bildenilcn  Kunst,  die  gerade 
durch  die  Mannigfaltigkeit  der  Eindrücke  angeregt  werden  müssen. 

HT.  Die  Kultur  der  Iiandschaften  mit  Erzeugungawirtschaft.  (Arbeit.) 

1.  Die  Kultur  der  Beetbausone  (Knollen-  und  Kolbengetreide).^) 

A.  a)  Der  Bodungsbeetbau  in  der  tropischen  Waldsone  (West- 
und  Inner-Afirika,  süd-asiatisohe  Inseln).  Die  gleichmäßige  Hitze  und  große 
Feuchtigkeit  des  Tropenklimas,  die  das  ganze  Jahr  hindurch  den  Pflanzen- 
wuchs begünstigt^  der  nahnmgsstoffreiche  Humus  eines  neugerodeten  Wald- 
bodens, der  gegen  obM-flächüchste  Bestellung  mehrere  reiche  Ernten  nach 

1)  Beet,  Feld,  Acker,  Garten  mögen  im  folgenden  dadurch  untenchieden  wer- 
den, daß  ersterea  (Hcji^nige  kleinste  bebaute  Fliirliencinheit  bezeichnet,  auf  die  nur 
menschliche  Arbeitskraft  mit  der  Hacke  verwendet  wird  (Gemüsebeet),  Feld  die- 
jenige größere,  die  zwar  mit  tierischen  Arbeitskräften  gepflügt  wird,  aber  doch  noch 
viel  Hiwkarbeit  empfingt  (Biesel-  und  Kartoffelfeld),  Acker  diejenige  autgedehn- 
teite,  die  nur  gepflügt  wird  CXbrengetreidcacker),  Garten  ondlicb  eine  künstlich 
bewässerte,  int'ist  mit  mclirjährigen  FruchtpÜauzen  bestandene  Bodeufläche,  die 
•o^&ltig  bebackt  und  gedüngt  werden  maß. 

0«0fivUMiMZ«ilMhzifk  11  JafafUf.  1906.  l.BatL  27 


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394 


L.  Chalikiopovlot: 


emander  gew&hrt,  und  endlich  die  EigontOnilichkeit  der  dieMn  Bedingungen 
aagepafiten  Knollen-  und  KolljengetroidoitHanzon,  die  wegen  ihrer  Größe  ein 
in  die  Erdf  Stfcken  einzelner  oder  je  mehrerer  Samen  in  ali<rcniessener 
Enlferuuiig  vcm  t-iuiinder  und  dann  auch  eine  weit  individuellere  Ttifge  auf 
sorgfältig  mit  der  llackc  geloi  kertfin  und  gerfinigtom  Hoden  verlangen  und 
gestultf'U,  aber  auch  weil  inhaltMcichere  und  leichter  genußtertige  Früchte 
liefern,  sind  die  so  günstigeu  Naturbediugungen,  die  eineneits  das  Kapital, 
den  Pflug  und  die  grSßecen  tierischen  AibMtskiftfte,  entbehilieh  manchen, 
nndeneite  die  aufgewendete  menschliche  Arbeit  am  reichlichsten  lohnen.  Da 
sieh  jede  nach  ihrer  Erschöpfung  brach  gelassene  Fliehe  sogleich  mit  GehOls 
bedeckt,  kann  sie  nicht,  wie  in  der  gemftBigten  Zone,  nur  Viehweide  dienen, 
und  es  fehlt  die  Viehzucht  bei  dieser  der  Zweiftlder-  oder  Feldgraswirtsehaft 
dort  entsprechenden  Wirtschaftsfonu.  Daher  werden  die  dem  Bedarf  gerade 
genügenden  Lichtungen  gleich  Gartenbeeten  sorgfältig  bebaut,  vm  erst  nadl 
ihrer  g&nzlichen  Erschöpfung  von  neuen  aVigolöst  7.u  werden. 

ß)  Der  Beet  bau  in  der  Sa  vanuenzone.  Die  Größe  und  Ergiebigkeit 
der  tropiscliL-u  Getr-  ideptlanzen  erfordert  und  gestattet  auch  hier  den  Hackbau 
auf  kleinen  eingezäunten  Flüchen,  deren  Boden  nur  wenig  bearbeitet  und 
gedüngt  wird,  da  er  bei  der  geringen  Bevölkerungsdichte  sogleich  nach 
seiner  Erschflpfbng  durch  den  leicht  und  In  tfeoge  Terfttgbaren  neun 
ersetzt  werden  kann.  Daher  braucht  auch  das  auf  dem  natOrliehen  Gras* 
wuchs  der  Brache  gut  gedeihende  Grofirieh  nicht  rar  Arbeitsleistung  am 
Pfluge  oder  Dflngung  herangeiogen  zu  werden.  Somit  gehen  hier  Beetban 
und  Grofiviehzucht  unabhängig  als  selbständige  Teile  der  Hauswirtschaft 
neben  einander  her,  jener  als  Ressort  des  Weibes,  diese  als  solches  des  MMnan^ 
während  sich  beim  Ackerbau  mit  Viehpflege  der  gemäßigten  Zone  beide  gegen* 
seitig  bedingen. 

B.  Im  Gegensalz  zu  der  anregenden  Nalirungserwerbstätigkeit  der  Jäger 
und  der  leu  htei-en  beaut'sichligenden  Beschäftigung  der  Hirten  ist  der  Hackbau 
eine  langweilige  und  ermüdende  Arbeit,  iimsomehr,  je  erschlaffender  ohnehin 
das  tropische  Klima  wirkt.  Aber  gerade  wegen  ihrer  Einförmigkeit  und 
Leichtigkeit,  die  Au£ncht  und  Zwang  ermöglichen,  wird  rie  der  Star^  stets 
auf  den  Schwächeren,  der  Hann  auf  das  Weib  abwfthten  können.  Da  jedodi 
dessen  Kräfte  fiür  manche  Arbeiten,  wie  das  Boden  eines  neuen  Wald* 
stflokes,  mdit  ausreichen,  so  wird  natürlich  die  VerfBgung  über  männliche 
Arbeitskräfte  Wunsch  und  Becht  des  Stärkeren.  Da  er  schon  die  Jagd 
auch  der  leichtesten,  dauernd  ergiebigen  Feldarbeit  vorzieht,  ja  auch  hier 
der  Großbetrieb  viel  ertragsreicher  und  leichter  ist,  unternimmt  er  natürlich 
noch  weit  lieber  im  Verein  mit  den  pleichgesinnten  Stammesgenossen  Kriegs- 
zflge,  um  sich  durch  ein«  kurze,  get'ährücbe.  aber  augenehme  Anstrengung, 
durch  Bezwingung  un<l  Aneignung  schwächerer  fremder  Menschen  dauernd  von 
der  Last  des  Bodt-nbaues  zu  befreien.  Wie  sonst  die  Haustiere,  so  ist  hier 
der  Mensch  Arbeitsmaschine  und  Kapital,  da  ja  dem  PÜug  und  Dünger  dort, 
hier  Axt  und  Kuskarbeit  ent^redien.  Wie  der  Boden  dort,  wo  «r  keine 
IVuehtpflanzen  trägt,  wertlos  ist  ohne  die  tierische  Produktitmskraft,  so  ist 
er  es  hier,  wo  er  erst  durdi  diese  fttr  den  Anbau  verfllgbar  gemacht  worden 


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AnpasBaugsbediogungen  und  Entwickelungsmotive  der  Kultar.  395 

moA,  ohne  di«  menadiliche.  Der  Dienstbarkeit  des  Besttslosen  und  der 
paAriarebaliaehen  Hemehaft  des  Ältesten  dort,  steht  hier  die  SUaTeiei  des 
Behwicheren  und  die  absolute  Gewalt  des  Tyrannen  gegenllber.  Natariidi 
bedarf  es  üat  noch  grSfierer  Strenge  als  den  Tieren  gegenflheTf  nm  den 
Ifensdien  aur  Arbeitsleistong  über  seinen  eigenen  Bedarf  hinaus  an  Gunsten 
eines  anderen  zu  zwingen. 

All  die  ungünstigen  Charaktereigenschaften,  die  dem  Tropenbewohner  zuge- 
•ehiieben  werden,  sind  teils  nur  vom  egoistischen  Standponkt  deu  Weiüen  als  solche 
BnfzufaMen,  teilt  ein  selbitventindlieher  AnafluB  seiner  Lebwebedingimgen,  aber 
keineswegs  ein  Kennzeichen  seiner  niedoron  Rasse.  Äußerste  Sorglosigkeit  um  die 
Zukunft  und  Leichtsinn  sollen  ihn  oft  den  bittersten  Hungersnöten  aussetzen.  Mit 
demselben  Rechte  müßte  man  über  die  heutigen  Inder  oder  die  Europäer  früherer 
Jahrhunderte  dasaelbe  abepreehende  Urteil  f  Ulen,  da  ja  hier  das  dauernde  Gleich- 
gewicht von  Vorrnt  unrl  Hrfiarf  erst  durch  dii'  Ausdehnung  der  Kulturwirtschafls- 
hasis  über  die  ganze  Welt  erreicht  worden  ist.  Wieviel  weniger  ist  ein  solcher 
Vorwurf  da  begründet,  wo  aus  Bedürfnislosigkeit  und  Mangel  an  Yorkehrsmittelu 
ISsat  tauschloM  Nahnmgswiitaehaft  hemeht,  wo  ein  Aui^Micheni  von  Tonfttm 
durch  Klima  \m<\  Tit^i  kten  ilußer.qt  erschwert  ist  und  die  klimatisch  b^rOudete 
Gleichmäßigkeit  der  Eruteertrüge  einen  Au.Miall  weit  weniger  zu  erwarten  Veranlas- 
sung gibt,  wo  endlich  die  Hungersnöte  weit  otter  durch  feindliche  Zerstörung  der 
Saaten  eintreten,  der  aber  YonMe  gleich&llfl  anheimfallen  wflrden. 

Der  ..Xatiiraiensch"  ist  unverbesserlich  faul  und  beschränkt,  da  er  seine  Vor- 
liebe für  Kriegs-  und  Jagdzüge,  waches  Träumen,  Tanzen  und  (Jelairc  nicht  auf- 
geben will,  um  statt  dessen  möglichst  viel  zu  arbeiten,  unter  einem  ilimmel,  der 
jede  gleiehfitenrige  Anstrengung  hBdist  betehweiiich  macht,  und  swar  nicht  für 
sich,  denn  er  kann  ja  mit  einem  Mindestmaße  von  Arbeit  seinen  Unterhalt  und  die 
Muße  für  die  ihm  angenehmen  Bescliäftigungen  bestreiten,  «onderu  zu  (Junsten  seines 
stärkereu  Herrn,  des  Weißen,  der  ihn  aus  Selbstlosigkeit  zu  seinem  Glücke  zu  er- 
ziehen •nofat.  Wonach  trachtet  denn  aber  der  ganse  Arbeitesinn  des  „Kultnrmen- 
schea",  als  sich  in  den  Besitz  von  Geld  zu  setzen,  um  dadurch  über  die  Arbeits- 
kräfte schwächerer  .Mitmenschfii  zu  verliigeii,  ganz  wie  »ich  jeuer  auf  etwas  ein- 
fachere Weise  seine  mensclüicheu  Arbeitsmuschineu  verschatit,  um  sich  dann  ebeuso- 
weaig  einfihmiger,  abstnmftftoder  Arbeit  widmen  sn  brauchen.  Und  sind  nicht  die 
Berufe  oder  Beschäftigungen  der  Reichen:  Militär,  Sport,  Theater  und  Gesellschaften^ 
nur  selten  Kunst  und  Wissenschaft,  genau  die  Gegenstücke  zu  den  Vertrnügungen 
des  „Naturmenschen'^  nur  daß  hier  der  Lebensgenuß  des  Eiuzelneu  auf  den  Schweiß 
weit  sahlteichoter  ArbeitnUaven  aufjarebaut  ist,  als  der  meist  ohne  fremde  ffilfe 
erlangte,  so  genügsame  und  doch  weit  beglückendere  des  letzteren?!  Die  erste, 
höchste  und  edelste  .Sorge  der  Kulturmenschen  war  die  .\ufliel>ung  der  Sklaverei 
unter  den  Naturvölkern,  aber  nur  um  statt  einer  Uirekteu  Zwangsarbeit  einer 
sehwaehen  Minderheit  eine  indirekte,  nicht  minder  Ahlbare,  mOglichrt  der  Gesamt- 
heit der  Tropenbewohner  einzuführen,  die  durch  ihren  weit  beschwerlicheren  Schweiß 
da>'  Wohllehen  der  wenigen  LebcufgenifütT  dtr  (leid-  und  Arbeitswirtschaft  er- 
buhen sollen.  Und  hat  uicht  der  Kulturmensch  dem  .Nalurmenscheu  gegenüber  ge- 
nau dieselben  Mittel,  aber  weit  wirksamer  angewendet,  wie  die  Teraehteten  niederen 
Rassen,  wenn  er  sie  selbst  und  ihr  Wild  niederschoß  und  ausrottete,  sie  mit  Ge- 
walt oder  aus  Nahrungsmangel  zur  Sklavenarbeit  zwang  oder  günstigen  Falls  in  die 
allererbärmlichsteu  Einöden  vertrieb,  in  denen  er  selbst  verhungern  müßte  y 

Aber  nicht  nur  der  Kultunnensch  selbst,  sondern  all  seine  Eraeugnisse,  anoh 
wo  sie  ihm  vorauseilen,  wirken  ebenso  verhängnisvoll.  Die  gefälligere,  billigere 
Fabrikware  verdrängt  überall  die  weit  lialtbareren,  zweckmäßigeren  Erzeugnisse  des 
Hau-Üeißes,  auf  die  der  Nuturmensch  aus  Freude  am  Schatfeu  so  viel  Mühe  uud 
Sorgfalt  Terwendete,  Teranlaßt  ihn  su  plumper  Nachahmung  und  raubt  ihm,  da 
ihm  dies  nie  gelingt,  alle  Schaffensfreudigkeit.  Das  Verlangen  nach  buntem  Flitter 
oder  Branntwein  macht  ihn  oft  leichter  zur  Fronarbeit  willig  als  der  Hanger.  Er 

27* 


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396 


L.  Chftlikioponlot: 


erwirbt  jetzt  gflnatigen  Falls  rielleicht  sogar  reichlicheren  Besitz  gegen  dasselbe  MaB 
von  Attstrengnsg,  das  er  firflher  an  dessen  Erlangung  aufgewendet  h&tte.  Damab 

aber  schmückte  er  pich  sein»'  (Jeriite,  um  seinen  Scbtinhcitssimi ,  seine  Erfindungs- 
gabe un<i  Geschick lichki-it  zu  betätigen,  zu  erproi»eii  und  ku  zeigen,  er  wirkte  nicht, 
weil  er  es  brauchte,  sondern  weil  es  ihm  Vergnügen  machte;  jetzt  unterzieht  er 
sieli  den  Be^ehwerden  abstumpfender  Arbeit  ans  Hanger  oder  aus  Habsucht  mid 
Neid,  nni.  in  d*>n  Besitz  dos  Erwünschten  gelangt,  es  bald  unbefriedigt  w^pmlsgea 
und  immer  von  neuem  anzul'iin^'cn. 

Doch  nicht  weniger  verhängnisvoll  wie  die  Selbstsucht  des  Kulturmenschen 
wirken  seine  Komichtigkeit  nnd  Toreingenommenhett  dem  Tropenbewohner  gegenGber. 
Er  Hncht  diesen  zu  seiner  Scliaiiih3f'ti«;keit  7,u  erheben,  deren  Ausfluß  ja  die  Klei- 
dung sein  Holl,  die,  in  trockener  Hitze  sclion  sehr  lil»tip,  peradezu  schädlich  wirkt 
bei  übergroßer  Luftfeuchti;;keit,  endlich,  da  durchnäßt  getragen,  die  schwersten 
Krankheiten  mit  sich  bringt,  statt  ihm  von  der  Nachahmmig  seines  eigenoi  Taai, 
das  ja  nur  den  Schutz  des  der  trojiisehen  Sonne  niclit  a;iire]inßten  Körpers  bezweckt, 
abzurat'-n.  Merkwürdig,  daß  sich  der  hochstehende  Kulturmensch  seines  törichten 
ücginneuB  nicht  bewußt  wird,  wenn  er  gerade  die  rohesten  Wilden  durch  Unter- 
richt von  Lesen  und  Schreiben  veredeln  zn  können  glsobt,  doreh  Kflnsle,  die  nidit 
einmal  für  die  Landbevrilkeninpf  der  Knlturstaaten  von  Bedeutunj»  und  in  jenem 
Milieu  gewiß  zum  mindeHten  überflüssig  sind.  Was  soll  endlich  die  Keligion  der 
Entsagung,  das  Christentum,  dem  Tropenbewohner  gewähren?  Bedurfte  er  des 
Trostes  eines  Jenseits,  bevor  ihm  diesen  der  weiße  Mann  ans  OQte  nnd  Selbatlosigknt 
au  brinj.'^en  kam?  War  er  nicht  in  seiner  steten  Fröhlichkeit  tind  Wutischlosigkeit 
VoUkoninu  n  glücklich?  Vielleicht  wird  er  es  allerdings  dann  brauchen  können, 
wenn  der  Kulturmensch  seine  zivilisatorische  Aulgabe  ganz  erfüllt  haben  wird,  ein 
Leben  von  Bedttrfnislosigkeit  nnd  freier  WiUeBibeUiligniig,  Fkohiiiiii  und  QSOA  m 
erheben  zu  einem  solchen  von  Hflhe  nnd  Arbeit,  Unsofiriedenlidt  und  nie  befrie- 
digter Sehnsucht! 

2.  Die  Knltur   der   Gartenbauzone  (Bispengetnode;  Monsungebiete: 
Hinter-Indien,  8ad*Ghina,  Japan  und  waBterreiche  OebixgsabhSnge  der 

Sabtropen:  Iran,  Mittelmeer.) 

A.  Die  gleichm&ßig  reidiUeben  NiederseUlge  und  die  Bitse  der  Tropen, 
die  kOnsiliche  Bewftaserong  der  sonunertrookenen  SubtropMi  und  der  er* 
frischende  Wechsel  der  Jahresselten  höherer  Breiten  sind  die  In  diesen  Ge- 
bieten vereinigten  Hauptvorsflge  des  Anbaues  der  Tendiiedeneii  KliwiaTonen, 

die  ihnen  die  mannigfaltigsten  und  reichsten  Ernten  gewährleisten.  Die  Hanpt- 
truchtptlanze,  der  Reis,  ühuelt  durch  seine  Ergiebigkeit  und  die  erforderliche 
künstliche  Überflutung  den  tropischen  Getreideart«n ,  durch  das  Zurücktreten 
der  Hackarbeit  utid  die  schwierigere  Ernte  den  Alirengetreiden.  Auch  hier 
genügen,  wie  in  den  Tropen,  sehr  kleine  Flüchen  zur  Erhaltung  des  Bauern; 
willirend  aber  dort  nach  gänzlicher  Erschöpfung  der  alten  Felder  neue  ge- 
rodet werden  müssen  und  können,  da  tierische  Arbeitskrilltc  und  Dünger  zur 
ausgedehnteren  Umwendung  und  Kräftigung  des  Bodens  fehlen,  anbaufähiges 
Land  noch  sehr  reichlicih  Torhanden  ist  und  die  lei(^ten  Hutten  schnell  an 
anderem  Ort  errichtet  sind,  war  hier  schon  ursprünglich  durch  das  BedHrfiiis 
gröfierer,  dauerhafterer  Wobnstfttten  und  die  mtOieTollen  Bewlssernngsanlaguii 
jetzt  vor  allem  durch  die  Dichte  der  Bevölkerung  ein  Wechsel  der  Anban- 
flSche  und  des  Wohnsitzes  sehr  erschwert.  Es  ist  somit  hier  ein  weit  größerer 
Arbeitsaufwand  notwendig  als  dort,  da  ja  dieselben  sehr  kleinen  Flächen 
nicht  nur  möglichst  reichliche  Eroten,  sondern  diese  auch  möglichst  dauernd 


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Anpassangsbedingungen  und  Entwickelnngamotire  der  Enltur.  897 

SU  gewiihren  haben.  Da  auch  hier  die  Viehzucht  wegen  mangelnder  Weiden, 
der  Boden  ist  ju  viel  zu  kostliar  dazu,  fehlt  oder  sich  auf  das  notwendige 
Pflugtier,  besonders  den  pcnüg.samen,  starken  Büffel,  beschränkt,  so  hat  der 
irenis<'h  neben  der  sorgtlilti^'.ston  Pflege  der  Pflanzen  auch  den  Boden  mühsam 
zu  bearbeiten  und  zu  düngen. 

B.  Obgleich  hiernach  die  menschliche  Arbeitslo&ft  noch  weit  ausschlag- 
gebender im  Garten-  als  im  Bodungabeetbau  hervortritt,  so  ist  sie  hier  doch 
nie  als  Kapital  teilweise  oder  ganz  in  den  Besitz  des  Stärkeren  übergegangen, 
da  einmeits  die  vom  Bauern  za  leist^den,  mannigfaltigen  Arbeiten  viel  m 
große  QeschicUiohkeit,  Kenntnisse  nnd  Sorg&lt  erfordern,  als  daß  sie  von 
widerwilligen  Sdiaren  zugleich  unter  Zwang  und  Aufsicht  ausgeführt  werden 
kfinnten,  andererseits  hier  noch  weit  mehr  i\U  in  den  Ackerbaulftndem 
in  einer  sehr  dichten,  gleichgestellten  und  gleichgearteten  Bevölkerung  sich 
der  Sinn  für  Selbständigkeit  und  Gleichheit  entwickeln  konnte,  Wohl  mochte 
sieh  auch  hier  ein  fremder,  kriegerischer  Stamm  <lie  liensrhaft  über  die 
friedlichen,  führerlosen  Bodeubauern  erobern,  alier  diese  beschränkte  sich  auf 
die  staatliche  Leitung  ihrer  Gesamtheit,  und  seine  Einkünfte  bestehen  in 
leichten,  geregelten  Abgaben,  nicht  willkürlichen  Konfiskationen;  Aneignung 
des  Grandbesitzes  imd  dadurch  Kneditung  der  Bewohner  waren  ausgeschlossen. 
Das  Znrflcktreten  einer  herrschenden  Klasse,  die  nur  an  Genuß  und  die 
hOdistgesteigerten  Luxusbedflrfiiisse  denkt,  deren  B^edigung  aber  durch 
angestrengteste  Arbeit  zahlloser  Arbeitssklaven  erreicht,  verhindert  das  Auf- 
kommen von  Untwnehmungen  des  Großbetriebes,  deren  Leiter  ja  nur  die 
wechselnden  Launen  jener  zu  befriedigen  strebt,  um  sich  seihst  Geld,  d.  h. 
Macht  und  Genuß  zu  verschaffen  auf  Kosten  zahlreicher  unfreier  Tagelöhner. 

Jede  geschlossene  Hauswirtschaft,  inmitten  ihrer  Ernührungsbasis  gelegen, 
kann  durch  fleißige  Tätigkeit,  Bod'nbau  und  Hauswerk,  die  durch  ihre 
Mannigfaltigkeit  eher  anregend  als  iK'schwerlich  wirkt,  nicht  nur  durch  Er- 
zeugung von  Gcnußmitteln  und  Kunstgegenständen  unter  Ausschluß  parasi- 
tischer Vermittler  ihr  eigenes  Wohlsein  erhöhen,  sondern  sogar  durch  Spar- 
samkeit einer  sehr  lahlreidien  Naehkommenaohaft  gleich  günstige  Lebensp 
bedinguugen  verschaffen.*) 

3.  Die  Kultur  der  K iesel fei dbauzone  (Kolben-  und  Ahrengetreide) 
mit  Großviehptlege  ( FluBelienr'ii  des  subtropischen  Trockengürtels:  Ägypten, 
Mesopotamien;  tropische  Hochflächen  Amerikas:  Mexiko,  Peru). 

A.  Das  bei  der  Kürze  der  Übergangszeit  fast  nur  in  zwei  Hauptjahres- 
zeiten  gegliederte  Wüstonklima  reift  durch  seine  SomiiierL'lut  die  tiopisdieii, 
läßt  aber  auch  die  nordiseiien  ( Jetreidearten  in  seinem  kontinental  külilen 
Winter  noch  gedeihen   (Herbst-  und  Frülilingseniten).    Die  vom  Menscbeu 

l''  Der  .,\'ollkiiltur"-Mensch  findet  es  unliegn  il  lich.  <laß  (Heue  „Halbkultur"- Volker 
so  züh  au  ihren  überaua  gesunden,  sozialen  \  erhältnitsHeu  festhalteo,  die  den  grüßten 
Teü  der  BevOlkenmg  als  selbständige,  wohlhabende  Bauern  an  der  Scholle  kleben, 
in  einem  vollkommenen  Familienleben  zufrieden  und  Lrtücklieh  sein  läßt,  statt  be- 
gierig vom  Bodenbau  znm  Industrientaat  zur  Höhe  furt/u-^clireiten ,  mriL'liclist  ralü- 
nierteu,  schalen  Genuß  weniger  Nichutuer,  wonig  Anstrengung  und  Lungeweile 
einer  breiteren  Schicht  und  stete  Arbeit  und  Not  der  großen  Massen  sa  erstreben.. 


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398  L.  Chalikiopoulos: 

bebeiTSelite  Bew&ssemiig  gibt  den  Ernteerti^gen  hier  eine  weit  grOfiere 
Stetigkeit  als  in  den  vom  Regen  abhängigen  Gebieten,  besonders  dnrch  das 
Anwachsen  (i.s  NVasservorrats  in  dpn  n-gflniäßigen  Flofiscbwellen  gerade  im 
Sommer  während  des  Höchstbedarfs  und  bewirkt  ja  aiich  durch  ihre  Sedi- 
mente f'iitc  hoi  intensivem  Betrieb  allerdings  nicht  mehr  ausreichende,  stetige 
und  mühelose  BftVurhtung  des  an  und  für  sich  schon  so  günstigen  Auschwem- 
muiigslHMlfus.  (ierade  alier  weil  hier  das  weitere  Gedeihen  der  Saat  haupt- 
sächlich vom  Meuächeu  abhängt  und  ihm  die  meiste  Arbeit  macht,  wührend 
in  den  Tropen  die  Aanaat  selbst  fu/t  genOgt  um  $as»  Bmfe  m  nchem,  ver* 
wendet  der  Bauer  auch  weit  grOfiere  Sorgfalt  auf  die  Yorbereitang  des 
Bodens  nnd  die  Pflege  dw  Saat  selbst  Diese  gesteigerte  Arbeit  wirkt  aber  in 
Folge  der  Trockenheit  der  Sommershitse  und  der  großen  Tagestemperator* 
Schwankungen  weit  weniger  erschlaffend  und  ISstig  wie  in  der  feuohtheißen 
Tropenluft.  Die  dem  Flusse  zunftdist,  a}>er  hoch  gelegenen  Landstrecken,  die  ohne 
Hilfe  von  WasserhebemaschinMi  Bur  durch  die  Schwollwasser  bedeckt  werden 
können,  lilßt  man  überfluten,  um  nach  dem  Sinken  des  Flusses  und  Ablaufen 
des  Wassers  nur  eine,  allerdings  sehr  reichliche  imd  mit  den  geringsten  Kosten 
erzielte  Ernte  von  Ahreiigetreide  oder  Bohnen  aus  der  in  dem  Schlamm  ge- 
streuten und  niclit  weiter  gepflegten  Saat  zu  erhallen,  wobei  man  weder  zu 
pflügen  noch  zu  düngen  braucht.  Wo  jedoch  durch  Hebemaschinen  oder 
durch  Seitenkan&le  die  tiefer  gelegeneu  Läudereien  das  ganze  Jahr  hindurch 
bewissert  werdm  können,  wird  aoßer  jenen  IVinterfirQoliten  das  sommeriidie 
Eblbengetreide  in  Pflogfcurcheii  sehr  didit  geaSet  und  allmlhlidi  als  Yieli- 
fhtter  gelichtet.  Der  somit  doppelte  Ernten  liefernde  Boden  wird  teils  dnrdi 
animalischen  Dflnger,  teilt  durch  zeitweilige  Brache,  endlich  auch  durdi 
Fruchtwechsel  gekräftigt.  QroBvieh  wird  im  Großbetriebe  von  angebauten 
Futterpflanzen,  von  Kleinbauern  auf  dem  Felde  oder  im  Stalle  von  Pflanzen- 
abi&llen  genährt;  meist  nomadische  Klein  Viehherden  nutzen  jedes  unbrauch- 
bare oder  o]u>n  abgeerntete  Fleckchen  aus. 

B.  l);i  dor  Schwemtulandboden  teilweisü  gewissermaßen  von  der  Natur 
zum  Anbau  vorbereitet  wird  und  bei  seiner  Bestellung  die  denkbar  ge- 
ringsten Aufordeniugen  stellt,  die  dauernde  künstliche  Bewässerung  aber 
mehr  Aufmexksamkeit  wie  Anstrengung  benötigt,  endlich  auch  bei  der  Boden- 
bearbeitung die  tierische  Arbeitskraft  die  menschliche  ablOst  und  nur  von 
dieser  geleitet  zu  werden  braucht,  ist  hier  bei  weitem  der  Hauptwirtsdiafts- 
faktor  der  Besitz  des  Bodens.  Wer  Aber  diesen  Terfllgt,  sichert  sich  auch 
die  Dienste  der  auf  ihn  angewiesenen  menschlichen  Arbeitskrilfte,  da  hier 
weder  im  Lande  selbst  freie  Nahrungsquellen  durch  Arbeit  allein  nutzbar 
gemacht,  noch  au  Auswanderung  in  die  umgebenden  Wüsten  gedacht  werden 
kann.  Während  in  den  Tropen  der  Mensch  durch  physische  Gewalt  allein 
zu  der  af!strfng<ii(Vn  Arliptt  ge/wnngen  wenlen  kann,  genügt  sonach  hier 
ein  allerdings  ursprünglich  dureli  Willkür  des  Mäclitigereu  geschaffenes  Recht 
auf  den  Buden,  um  die  Tl<"»rigkeit  und  Abhängigkeit  seiner  Bewohner  zu 
entwickeln,  die  als  Fronarbeiter,  Tagelöhner  oder  güustigonfalis  Teilpächter 
zwar  weniger  schwere,  aber  viel  andauerndere  Arbeit  als  dort  verrichten  und 
sich  gleichfalls  mit  einem  Minimum  des  Ertrags,  das  gerade  zu  ihrw  Lebens- 


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Anpatsnngabedingungen  nnd  £ufcwickelangamotiT6  der  Kaltux.  399 

fristung  ansreidit,  begnügen  mflssen,  eine  swair  Sußerlich  weniger  harte, 
aber  nicht  weniger  wirknme  AiunatniBg  der  measoMichen  Äibtttekiifte  als 
PndiiktioiiskapitaL 

Da  neb  aus  der  kOnstiliclien  BewILssenuig  eine  sehr  intensive  Bestellong 
des  Bodens  ergeben  muß,  weil  ja  der  Mehraufwand  an  Aibeit  sn  sorgfUüger 
Bearbeitung  und  Dfingong  des  Bodens  im  Vergleich  mit  der  zur  Bewässe- 
rung notwendigeu  immer  nur  gering  ist,  und  die  ungewöhnliche  fVncbtbarkeit 
dieser  Gebiete  den  denkbar  höchsten  T'bfrst'huß  des  Ertrages  Aber  den 
Nahrungsbedarf  des  Arbeiters  zu  liefern  vermag,  so  bat  hier  die  Bevölke- 
rung stets  so  selir  anwachsen  können,  daß  nur  ein  Teil  der  Miinner  zur  Er- 
zeugung der  erforderlichen  Nahrungsmittel  i/eiiiigte,  während  die  ü!)rigpu, 
teils  wie  im  Altertum  zu  ungeheuren  Bauten  oder  Kriegen,  teils  wie  in  der 
Neuzeit  zum  Anbau  eines  viel  Arbeitskraft  benötigenden  Werkstoffs  oder 
Goiuflmittels  (Zuckerrobr  oder  Baumwolle)  Terwendet  werden  konnten,  da- 
mals sur  Befiriedigung  d«r  Eitelkeit  einseloer,  jetit  zur  Bereicherung  und 
Befriedignng  der  Hab«  und  GenuAsucht  einer  grOBeren  Anxahl  Machthaber 
und  zur  Erhaltung  einer  industriellen  Bevölkerung  ferner  GeUate  tttig. 

Die  Gleichmäßigkeit  der  Lebensbedingungen  und  das  Fehlen  trennender 
Naiurschranken  innerhalb  der  weiten  Alluvialebenen  wirken  auf  größte  Gleii  h- 
förmigkeit  und  Friedfertigkeit  der  dichten,  ein  pinbeitliehes  Volk  bildenden 
Bevölkerung  hin,  im  Gegensatz  zu  den  einzelnen  kleinen,  scharf  von  ein- 
ander unterschieilenen  Stämmen,  die  weit  zerstreut  schwer  zugängliches  Wald- 
oder Wflstengebiet  bewohnen  und  sich  fortwährend  gegenseitig  befehden. 
Auch  hat  der  Ackerbauer  weder  Zeit  noch  Gelegenheit  sich  wie  diese  im 
.Waffengebrauch  zu  üben,  und  während  letztere  stets  gemeinsam  unter  Leitung 
eines  Hiuptlings  ihre  mannigfachen  üntemehmungen,  Jagd-  oder  Kriegszüge, 
ansitthren  mflssen,  fehlen  hier  solche  BeweggrOnde  des  Zusammenschlusses. 
Zwar  sind  die  Bdchsten  eines  Dorfes,  das  um  so  größer  sein  kann,  je 
intentiver  dar  Bod«i  bestellt  wird,  am  angesehensten,  aber  kaum  je  lißt  es 
Neid  und  Gleichheitsgeftihl  zum  auscUiefilichen  Einfluß  eines  Machthabers 
Hibeac  die  Parteien  eines  Dorfes  oder  gwr  zahlreicher  henachbarter  Siedelungm 
kommen.  Daher  ist  es  stets  einer  kleinen,  durch  ihre  straffe  Zentralisation  ge- 
stärkten Norraadenhorde  gelungen,  eine  weit  zahlreichere,  fnichtsame  und 
führerlose  ackerbauende  Bevtdkerung  zu  unterwerfen,  besonders  wo  um- 
gebende Wüsten  diese  vor  feindlicliem  Angritf  zu  schützen  schienen.  Die 
aristokratischen  Eroberer  verteilton  den  Grundbesitz  unter  sich  oder  ließen 
sich  zum  mindesten  einen  Teil  des  Ertrages  abliefern,  und  da  ihr  eigenes 
Wohl  der  überwiltigeiiden  lfehih«t  der  Unterdrückten  gegenüber  nur  in 
ihrem  Zusammenhalt  und  dessen  Macht  wieder  in  der  Leitung  eines  Einzelnen 
berdhte,  so  waren  sie  die  stSrksten  Stützen  mnes  Alleinherrschers. 

Da  also,  wo  in  den  AUuvialebenen  die  großen  Ströme  den  Überschuß 
an  Lebensmitteln  eines  weiten  Umkreises  an  einer  Stelle  leicht  zu  kon- 
zentrieren erlaubten,  begründete  der  Herrscher  seinen  Wohnsitz,  der  natürlich 
aneh  allen  denen  zum  Schutz  imd  Vergnügen  willkommen  war,  die  gleich 
ihm  reichliche  Nat uralein künfte  von  ihren  Untertanen  bezogen.  Von  ihren 
großen  NahrungSTorräten  konnten  alle  die  erhalten  zu  werden  erwarten,  die 


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400 


L.  CbalikiopouloB: 


ihnen  durch  besondwe  Dienste  oder  geeohicfcte  Weskstoffrenzheitiuig  dai 
Leben  angenehmer  sn  madien  Terstanden,  lo  da6  Tolkreiche  Siedalungan  von 

Dienern,  Handwerkern  und  Kriegern  entstehen  konnten^  welche  die  leichtere 
}[ati<l-  der  ermüdenden  Feldarbeit  und  das  Tergnflglicbe  Stadt-  dem  eintönigen 
Landleben  vorzogen.  Über  je  mehr  ihm  treuergebene  Krieger  der  einzelne 
Adt  lief  und  der  Ilerrseher  verfllp^te,  desto  sicherer  war  er  natürlich  der  Er- 
haltung seiner  Macht  pe^on  innere  und  Jhiüere  Feinde,  desto  leichter  konnte 
er  es  versuchen,  seine  Herrschatt  ül»er  die  anjirenzenden  Gebiete  auszudehnen, 
teils  um  seine  Einkünfte  7,u  erweitern,  teils  auch,  um  durch  Woirführuug  des 
unterjochten  fremden  Volkes  in  die  Sklaverei  so  zahlreiche  Arbeitskräfte  zu 
erlangen,  wie  sie  dem  Bodenban  des  eigenen  Landes  nicht  hätten  entzogen 
werden  können,  und  an  so  schwerer  Arbeit  (Stein-  und  Kanalbauten),  daB 
sie  den  eigenm  Untertanen  nicht  bitte  angemutet  werden  kOnnen. 

Die  Kultur  dieser  Linder  blflhte  so  lange  als  neh  die  einheimischett 
Kadifhaber  halten  konnten.  Sobald  ein  fremdes  Volk  die  Herrschaft  «mag 
und  die  Naturaleinkttnfke  in  seinem  Lande  bezog,  verschwanden  Handwerker 
und  Priester,  Kunst  und  Wissenschaft  und  mit  ihnen  die  Bedeutung  der 
Städte,  di<-  ja  nur  im  Dienst*«  jener  und  auf  der  Basis  dieser  gedeihen 
konnten.  Aber  auch  die  Ernteertrilge  wurden  immer  geringer,  als  die  Herren 
ihre  (Jüter  nicht  melir  aus  der  Nähe  und  mit  Verstilndnis  leiteten,  als  die 
Kanäle  verfielen  und  dus  Laiiil  in  geringerer  Ausdehnung  und  weniger  intensiv 
angebaut  wurde.  Das  Landvolk  aber  arbeitete  gerade  nur  so  viel,  wie  es 
zu  seinem  eigenen  Unterhalte  und  seinen  schworen  Steuern  brauchte,  und 
lebte  genau  so  bedflrfiiislos  weiter  wie  froher;  denn  es  hatte  ja  kaum  teil 
gehabt  an  allen  den  Kenntnissen  und  Eraeugnissen,  die  der  Untitigkeit,  dem 
Überfluß  und  der  Genußsucht  der  wenigen  MSchtigen  und  Beiehen  dargebracht 
wurden. 

4.  Die  Kultur  der  Ackerbauzone  ( Ahrengetreide)  mit  Großviebpflege') 

(gemäßigte  Zone). 

A.  Während  die  Naturbedingungeu  und  Getreidefrüchte  der  Tropen  <He 
möglichst  iüteiisivt'  Bestdluni,'  einer  kleinen  Fläche  möglich  und  notwendig 
machen,  wirken  die  der  geinälii^tcn  Zone  gerade  auf  einen  möglichst  exten- 
siven Betrieb  hin.  Da  in  Folge  der  kalten  Jahreszeit  nur  eine  Ernte  ge- 
wonnen werden  kann,  so  wäre  schon  aus  diesem  Grunde  die  gleichzeitige 
Bestellung  einer  doppelt  so  großen  FMche  wie  in  den  Tropen  sur  Lebens- 
erhaltung des  Bauern  erforderlidi.  Aber  auch  die  Unstetigkeit  des  Klimas 
und  geringe  IVnohtbarkeit  des  Bodens,  die  ein  Ifißlingen  der  einielnen  Saat 
▼iel  wahrscheinlicher  madit,  wirkt  darauf  hin,  sich  duroih  ansgedehntore  An- 
bauflftchen  gegen  etwaigen  Mißwaohs  au  sichern.  Endlidi  trigt  auch  dis 
FiL''*ntümlichkeit  der  jenen  Bedingungen  angepaßten  Ahrengetreidearten  daxu 
bei,  da  die  diohtgesäten  und  ausammenstehenden  Halme  ja  keiner  kOnaUichea 

1)  Als  Yiehpflege  soll  mangels  einefl  beesMen  Autdrucks  dasjenige  Wirtichaft«- 
Bystem  beseiehnet  werden,  bei  welchem  die  Haustiere  meiHt  mit  angebauten  Futter- 
pHan/f^Ti  \or\vie^end  im  Stalle  gonilhrl  .  zum  T"'ntcrschi<  d  von  der  Viehsuoht,  bei 
dex  sie  immer  im  Freien  auf  wilden  W  eiden  gehalten  werden. 


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AnpasBungsbcdingungea  und  Eutwickelnngsmotive  der  Kultur.  401 

BewSsiening  noeh  Haeburbeit  bedürfen.  Allerdings  Terlangen  sie  statt  dessen 
«ine  soigf  lltige  Vorbereitung  des  Bodens  und  sdhwierigwe  Ernte-,  Enthfllsungs- 

und  Mahlarbeiten;  aber  gerade  za  diesen  mußte  und  konnte  der  Bauer 
tierische  und  später  auch  Naturkrilfte  verwenden.  Da  die  Winterkälte  grofie, 
feste  Wohn-  und  Vorratsräume  für  Mensch  xmd  Vieh  notwendig  macht,  war 
hier  dauernde  Seßhaftigkeit  unnmgiinglich,  weshalb  nur  die  von  der  Siede- 
lung  aus  leieht  erreichbare  Umgebung  angebaut,  der  weiten-  Umkreis  als 
Wald  und  Weide  von  den  l>()rfg"iios>pn  genieinsam  benutzt  wird.  Solange 
Überlluß  au  anbaufäliigoni  Boden  voibaiidLU  ist,  herrscht  zur  Kriii'tiguiig  das 
Brachesjrstem  jedes  zweite  oder  dritte  Jahr;  wenn  aber  die  Ausdehnung  des 
eineai  Banem  gerade  enüttirenden  Grundbesitzes  durch  Erbteilung  so  ein- 
gesohxtnkt  worden  ist,  daß  er  nur  hei  aiyiüuiicliem  Anbau  ausreicht,  muß 
dafar  ein  Mehraufwand  von  Arheit  auf  sw^^ttltigere  Bestellung  und  Dtlngnng 
nnd  Anbau  yon  Futtergew&ehsen  eintreten.  Das  Großvieh,  das  im  Sommer 
frei  weidend  und  im  Winter  durch  Heu  und  Stroh  leicht  im  BtaU  erhalten 
werden  kann,  ist  somit  hier  der  unentbehrli«  be  ITauptfaktor  des  Bodenbaues. 

B.  Der  räuberische  KhegST  oder  Eindringling  braucht  sich  nur  das  Zug- 
vieh oder  dessen  Weiden  anzueignen,  um  sich  auch  die  Dienste  des  Besitzers 
zu  sichern.  Da  sii  b  hier  der  Bauer  weit  mehr  beaufsichtigend  und  leitend, 
als  selbst  schwer  arbeitend  verhält,  so  nalini  hier  auch  das  Abhäliigigkeits- 
verhältnis  der  friedli(.ben  Landleute  von  ihren  kriegerischen  Herreu  nie 
die  Form  der  Sklaverei,  sondern  nur  die  einer  hörigen  Unfreiheit  au.  Der 
Grundbesitz  des  Herrn  beschränkte  sich  ursprünglich  meist  auf  das  Gemein- 
gut, und  die  HOrigoa  waraa  nur  au  Diuisten  und  Abgaben  yeipflichtet, 
konnten  dagegen  T<m  ihrem  Stammsitxe  nioht  entfomt  und  mußten  in  Not- 
Seiten  Ton  ihrem  Herrn  erhalten  worden.  Die  geringe  Ergiebigkeit  des 
Bodens  nnd  die  Verkehrssehwierigkeiten  gestatteten  dm  Herren  meist  nur 
unmittelbar  am  Orte  ihre  Einkünfte  zu  verzehren  und  nur  ein  besonders 
mächtiger  und  reicher  Fürst  konnte  entweder  nach  einander  auf  seinen  yoi^ 
schiedenen  Besitzungen  die  Vorräte  verbrauchen  oder  an  einem  besonders 
begünstigten  Ort  sich  mit  i'lnor  seinen  Naturaleinnahmen  angepaßten  Schar 
von  Kriegem,  Dienern  und  llandwprkern  dauernd  niederlassen  und  seinem 
Vergnügen  leben,  das  ja  in  allen  Zon^n  und  Verhältnissen  sehr  ähnlich  ist. 
Da  jedoch  die  Nahrungs-,  Kleidungs-  und  Sclnitzbedürfnisse  des  Menschen  in 
dem  rauhen  Klima  der  äußeren  gemäßigten  Zone  von  jeher  weit  allgemeiner 
nnd  xaldreicber  waren  als  die  wirmerer  Zonen,  so  war  hier  die  Entstehung 
«inet  erst  unfreien  und  unselbstftndigen,  dann  wandonden,  endlich  in  den 
befestigten  Marktorten  ansässigen  und  sudi  mehr  und  mehr  diflSarenzierenden 
Handwerkentandes  viel  notwendiger.  Außer  diesen  Marktstftdtcfaen  konnten 
größere  Siedehmgen  nicht  Landbau  treibender  Menschen  nur  da  entstehen, 
wo  entweder  eine  mühselige  Handarbeiterbevölkerung  Bodenschätze  als  Werk- 
stoffe fElr  weite  Gebiete  zu  fordern  hatte  oder  sich  an  günstigen  Verkehrs- 
straßen ein  sich  auf  die  Genußsuclit  der  weltlichen  und  geistlichen  Herren 
gründender  Handelsstaud  entwickeln  konnte.  (Schluß  folgt.) 


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402 


A.  Geistbeck: 


Die  Kameruliahii  Ton  Dmda  laeli  itm  Manengtbabeigei  ind  lie 
deitscbe  Niger-BeniC-TMsee-Expeditidii  (1902—1903)  uter  Frlti 

Baier.') 

l>unh  iliro  Lage  am  innorsten  Winkel  des  Golfes  von  Guinea  ist  die 
Kolonie  Kauierim  den  wohlbebautcu  und  dichtbesiedelten  Gebiett-n  des  Zentral- 
Sudan  nahe  gerflckt  und  umschließt  in  dem  äußerst  niederscblagsreichenf  bis 
200  km  breiten  ürwaldstrich  Itags  der  Küste  wie  in  dem  Ackerbauland  am 
Tsadseo  Ländereien  von  hoher  Ertrau'.snibij:keit ,  so  daß  Kamerun  mit  Recht 
als  die  fruchtbarste  deutselie  Knlonie  in  Afrika  bezeichnet  werdt^n 
kann.  Wenn  trotzdem  ihre  wirtsi  hattliche  Lage  weit  zurücksteht  gegenüber 
dem  nahegelegenen  Kongostaat  und  den  angrenzenden  englischen  und  franzö- 
sischen Besitzungen,  so  liegt  die  Hauptorsache  davon  wohl  in  ihrem  Mangel 
an  Verkehrswegen.  Die  zahlrmobea  WasserlliiliB  ans  den  Bandgebiigea  kom- 
men in  Folge  der  Stromadmeilen  und  Wässerfälle,  dann  wegen  ihres  stark 
wechselnden  Wasserstandes  als  Scbiffalirtswege  fast  nirlit  in  Betracht,  San- 
naga und  Wuri  küniicu  nur  zur  Re^cn/oit  50 — 60  km  mit  tiachgehenden 
Fahrzeugen  benutzt  werden.  Croßtluli,  Benuü  und  Sanga  aber  leiten  den 
Vwkebr  nach  den  Kttstenplatzen  der  benachbarten  Kolonien.  Der  dichte 
ürwaldgfirtel  erschwert  weiterhin  den  Zugang  von  d«r  Kftote  nun  Hinterlande. 
Nnnme^  hat  die  Kamerun  Eisenbahngesellschaft  onen  Schienenweg  projektiert, 
der  von  Hikorij  gegenüber  Duala  an  der  Kamerunmfindung  ausgeht,  in  einer 
Länge  von  KiOkm  den  Unvald^nirtel  durchschneidet  und  das  Grasland  erreicht. 
Die  Bahnlinie  zieht  in  dem  großen  Kameruner  Talbecken,  das  in  weitem 
Umkreise  durch  einen  losen  Gflrtel  hoher  Qebirge  umsäumt  wird,  gegea 
Westen,  fibersohreitet  zwei  Terrassenstufen  in  der  Höhe  Ton  100  m  und  150  m 
und  gewinnt  endlich  in  starker  Steigung  (l :  70)  durch  die  Einsattelung  zwisohstt 
dem  Manenguba-  und  Nlonakogebirge  (2100  m  bezw.  2400  m)  das  Savannen- 
plateau in  900  m  Höhe.  Die  Baukosten  sind  auf  17  Millionen  veranschlagt, 
wovon  für  11  Millionen  Reichsgaraotie  vorgesehen  ist. 

In  wirtschaftlicher  Hinsicht  erschließt  die  Kamerunbahn  unermeßliche 
Bestände  von  ölpalmen  tmd  EdelhOlaem  (Mahagoni,  Ebenhols  und  Bofhob), 
sie  ermöglicht  die  regelmäßige  Zufuhr  von  Schlachttii  i  en  aus  dem  TiehreidieD 
Innern  und  begünstigt  die  Anlage  von  Kakao-  und  BaunipHanzungen  auf 
dem  Basaltboden  des  Manenguba-  und  Nlonakogebirges.  Das  Plateau  gilt 
als  nmlarialrei  und  zur  Besiedelung  durch  Europäer  geeignet.  In  politischer 
Beziehung  bedeutet  die  Bahn  eine  Stärkung  der  deutschen  Herrschaft  in  dem 
erst  jflngst  onterworfenen  Gebiet  Adamana. 

Zur  Untersuchung  des  wirtschaftlichen  Wertes  Adamauas  und  Deutsch- 
Bornus,  des  deutschen  Tsadseolandes  und  klassischen  Gebietes  deutscher 
Afrikaforscliuug,  nistete  schon  1!U)2  das  deutsche  Niger-Beuue-Tsadsee-Komitee 
eine  eigene  Expedition  unter  der  Leitung  Fritz  Bauers  aus,  dem  der  diplom. 
Berg-Ingenieur  Walter  Edlinger  als  Mineraloge  und  Wilhelm  von  Wal- 
dow  als  kaufmännischer  Assistent  beigegeben  waren.    Am  30.  September 

1)  Dem  Baue  rechen  Berichte  (BezUn,  D.  Reimer  lUOl)  sind  zwei  Karten  nach 
den  Aufnahmen  Edlingert,  bearbeitet  von  M.  Moieel,  samt  erläntemdem  Texte 
beigegeben.  Diese  Kiirteu  bereichern  —  wie  ein  Vergleich  mit  Passarges  Karte 
lei^  —  die  Geographie  Adamauae  in  wertvollster  Weise,  und  Edlingers  geo- 
logische Ausffihxiuigen  bestiltigen  und  ergebnen  Pass arges  Anidkaanngeo  nach 
mehreren  Biditnngen. 


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Die  Kamerun ba hu  u.  die  deutsche  Niger-B enu 3 -Tsadsee- Expedition.  403 

bneh  die  Expedition,  naiheia  100  Hann  stark,  Ton  Gaitla  an  BennSi  den 

Hauptztfltzpunkt  der  dentschen  Schut/herrseliaft  in  Nord-Kamorun  und  einem 
wichti'i'f'n  Marktplatze,  zur  T?pi"s<^  (lurrli  das  Bi-mir-gebiet  auf.  Dieses  bildet 
ein  von  Kaiulhöhcn  umsehlossoucs  8t'nkunj,'sf«'ld,  dessen  zahlreiche  dewHssor 
sich  im  lieuue  sammeln,  der  bei  Garua  (^210  m)  den  Hochrand  durchbricht 
und  d«r  Kflstenniedemng  sneilt.  In  Norden  begrenzt  es  das  llandara'Oebirge 
(1200  n),  in  Bilden  das  Plateau  Ton  NgaOndere  (1120  m)  und  in  Westen 
das  Massiv  dos  Ssffri  mit  dem  Flegolgebirge  (1500  m);  weniger  geschlossen 
erscheint  der  Ostsaum  gegen  das  fraii/r)sis(  he  Tsadseeterritorium,  wohin  durch 
den  Mao  Kebi,  einen  Nebenfluß  des  Benut-,  un<I  dif  Seen-  und  Sumpfniederung 
von  Tuburi  eine  Art  Bifurkatioo  mit  dem  schiü  baron  Lögone,  dem  größten 
wsstlidieB  ZnfioB  des  Sehari,  besteht,  ma»  nstBilidie  Wassefstrafie  von 
Atlantischen  Osean  zun  Tsadsee.  Die  intensive  Verwitterung  der  Tropen 
erzeugt  in  Adamaua  nicht  selten  maleiisdie  Landschaftsfoxmen ,  isolierte  Ge- 
birgsstöcke  und  Felsentürme,  Steinburgen  und  Felsenmauem,  die  der  einfJjr- 
migen  Hflgellandschaft  streckenweise  ein  malerisches  Ansehen  verleihen.  Die 
zahlreichen  Gew&sser,  die  der  Beuue-Mulde  von  allen  Seiten  zuströmen,  über- 
fluten nr  Regenzeit  die  üfor  weithin  und  lassen  einen  feinen  Sehlamm  mffid^ 
der  die  Felder  düngt. 

Mit  dem  Verlassen  der  Benu8>Niedemng  oberhalb  Garüa  betrat  die 
Expedition  das  Hügelland  von  Adumre,  dessen  Boden  sich  t:rr)ßtenteils  aus 
Gneis  zusammensetzt.  Das  Ivand  wird  weniger  fruchtbar,  mit  niedrigem 
Domgebüsch  wechselt  mannshohes  Grasland;  doch  fehlt  es  nicht  an  gut  an- 
gebauten Striehen  nitDurrbaleldem,  Erdnuß-,  Indigo-  undBaunwollpflanzungen. 
Li  Adumre,  in  den  sfldwftrts  sich  anschließenden  ]|^<^ebenen  tou  Buban- 
djida  und  Ngaümdere,  wie  in  ganz  Adamaua  hat  der  Laterit  große 
Verbreitung  und  bildet  mitunter  kilometerweit  ein  i'örmliches  Pflast'^r.  auf 
dem  nur  uusjiruclislose  (iräser  fortkommen  und  seihst  die  Strilucher  und 
Bäume  der  Savanne  fehlen.  Daneben  mangelt  es  nicht  an  fruchtreichem  6e- 
ttnde.  „Auf  dem  Plateau  von  Ngaümdere**,  berichtet  Fritz  Bauer,  „ritten 
wir  stundenlang  durch  außerordenÜich  ausgedehnte  Kulturen,  auch  rechts  und 
links  erstreckten  sie  sich  in  unabsehbare  Feme.  Als  wir  dann  endlich  die 
Felder  hinter  uns  frelassen  hatten,  lag  die  eig«»ntliche  weite  Hochebene  vor 
uns.  Sie  ist  leicht  hügelig  gewellt  und  beim  Näherkommen  bemerkte  mau, 
daß  die  dazwischenliegenden  Tälchen  vom  Wasser  tief  eingerissen  sind  und 
die  zahlreiehen  braoosehlammigen  Fflitieii  den  Binderherden  als  notwendige 
Trlnkplfttae  dienen.  Zu  Hunderten  werden  diese  prachtvollen  Tiere,  meist 
Buckelochsen  von  hervorragender  Größe,  bunter  Färbung  und  mit  imposantem 
breitgeschweiftem  Hornerschmucke,  in  Herden  auf  der  ganzen  Ebene  von 
Weideplatz  zu  Woidej>latz  getrieben."  Den  Rückweg  nach  Garüa,  der  in  der 
Kühe  der  Benul'-Quelle  vorbeiführte,  nahm  die  Expedition  auf  teilweise  be- 
kaantm  Linien  und  erreichte  nach  2'/,  Monaten  ihren  Ausgangspunkt  wiedw. 
In  Anbetradit  der  Höhenlage  und  der  natOrlichen  Beichtümer  des  Bodens 
spricht  sich  Bauer  zu  Qnnsten  einer  dauernden  Besiedelung  Adamauas 
durch  Europäer  aus. 

Die  Reise  von  Garua  zum  Tsadsee  und  zurück  erfonK-rtr  «irei  Monate 
und  führte  zum  größeren  Teile  durch  das  vorwiegend  von  Fuibe  bewohnte 
Bergland  Ton  Nord-Adamaua.  Isdierte  Massive  flberragen  das  allmthüch 
bis  500  m  auftteigende  Plateau  und  schlieBen  sich  zuletzt  zum  Mandara- 
gebirge  zusammen.  Dies  besteht  aus  Granit  mit  Basaltkappen,  ist  in  seiner 
ganzen  Ausdehnung  gut  bevölkert  und  mit  Beis,  Baumwolle,  Erdnüssen  und 


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404 


A.  Oeistbeck:  Die  Eftmemnbftbn  usw. 


>frlonen  wohl  angob.iut.  Schon  ITiOkm  südlich  vom  Tsad  beginnt  das  voll- 
koimiifn  ausgeebuetf  Flachland,  walirscheinlich  fiüberer  Seeboden,  der  mit 
Buschlaiid,  zum  grüüten  Teil  aber  mit  Ackerfeldern  bedeckt  ist. 

„Die  ganze  Gegend**,  sagt  Frits  Baner,  „ist  ein  grofies  Feld,  auf  dem 
wir  übenill  Leute  beschäftigt  saben,  die  dürren  Kombalme  zasammenznfegeii, 
um  die  Äcker  für  die  Anssaat  vor/uboreiten.  Die  Leute  machfpn  einen  sehr 
v«'rständigon,  gesetzten  Eindruck  und  waren  durchwegs  kräftige,  tiefdunkle 
( JL'>talten."  Df  utsch-Bornu,  die  Tsadscinginn  Kaineruns,  bat  zur  Haupt- 
stadt Dikoa,  den  Sitz  eines  Sultans  und  einer  deutschen  Militärstation ;  es  ist 
zagleieb  der  Hauptbandelsplatz  Bomiu.  Die  Bflcicreise  ging  den  Schari  aaf> 
wftrta  nacb  Kiiaseri  an  der  Lögonemündimg,  teilweise  durch  sumpfige  Beviert 
xmn  Sultanat  Mani  i  und  zu  den  Landschaften  dos  Mandaragebirges,  die  unter 
dem  Sfhut/.e  der  deulMlien  Ilerrsihaft  im  Aufblühen  begriff'^n  sind. 

Die  dritte  Heist»  Hauers  führte  von  Gania  den  Karo,  den  niächti^steo 
linken  NebcnÜuü  des  Benue,  aufwärts  bis  Kontscha  (420m),  dessen  Ent- 
fernung Yon  Gania  in  Lnftlinie  200  km  beträgt  Dm  Land  mit  seineB 
tiefeingesenkten  Plateautälem  bietet  reizvolle  Ansichten,  der  Stamm  der  Batta, 
einer  der  schönsten  der  Kolonie,  treibt  Schaf-  und  Ziegenzucht;  Rinderzucht 
wird  durch  das  Vorkommen  einen  der  Tsetsefliege  verwandten  Insekts  behindert 
Die  Stadt  Kontscha  ist  ein  Handeismittelpunkt,  ihre  Umgebung  zeigt  leb- 
hutten  Anbau. 

Politisch  zerftUt  das  deutsche  Gebiet  von  Bomu  und  Adamana  in 
zehn  selbständige  Sultanate  unter  deutscher  Oberhoheit,  awisehen  denen  noch 

über  60  kleinere  unabhängige  Gebiete  verteilt  liegen.    ZaUraidie  Dörfer  und 

Gehöfte  der  Bantuneger  sind  meist  um  die  <!eliirgsstöcke  gnippiert  und  ni>ch 
nicht  unterworfen.  Diese  anspruchslosen  Neger  b  beu  in  ihren  DöriV-ru  ein 
abgeschlossenes  Dasein,  ihre  Kleidung  beschränkt  sich  utt  auf  Blätterbüschei, 
Sklaveujagden  haben  sie  scheu  und  miBtrauisdh  gemacht.  Tttlweise  sind  ne 
den  Fulbe  tributpflichtig.  Sie  in  ein  Temflnftiges  AbhängigkeitsTerhSltnis  la 
bringen  und  m  friedlichen  Ackerbürgern  zu  erziehen,  dürfte  eine  Hauptaiif> 
gäbe  der  dcutsi  licn  Verwaltung  sein.  Bei  den  Fulbe  in  Adamaua  und  den 
Kanuri  in  Rurmi  ist  ln'ute  die  deutsche  Obt-rlierrscbaft  zur  Durchführung 
gelaugt,  und  die  Sultane  scheinen  sich  mit  der  Neuordnung  der  Dinge  aus- 
gesöhnt zu  haben. 

Ffir  die  Entwicklung  der  handelspolitischen  Verhältnisse  Kord- 
Kameruns  kommen  vorläufig  nur  die  von  Ftilbo-  und  Bornuleuten  bewohntOl 
Gegenden  in  Hftraclit.  i>or  alte  Wüstenhandel  hat  mit  der  Aufhebung  der 
Sklaverei  >ein<-  wcrivollste  Rimesse  Vfrloren  und  ist  dalur  sehr  zurück- 
gegangen. Das  Land  im  groben  halte  davon  auch  uicht  den  geringsten 
Nutzen,  wurde  Tielmehr  fortgesetst  seines  größten,  natttarliehen  BMchtoms,  der 
menschlüdieo  Arbeitskraft,  beraubt  Ein  wichtiger  Faktor  im  Handd  N  >id 
Kameruns  ist  der  Haussa.  Er  ist  das  ^  rene  Handelsgenie,  ausdauerud, 
zUh,  genügsam  und  weitblickend;  er  Ltsit/.t  ein^  iiben-aschende  Fähigkeit, 
sich  dem  (Charakter  seiner  Kunden  anzuj)assen,  und  sib'Mit  nicht  mühevolle 
monatelange  Miirscbe,  um  einen  bescheidenen  Gewinn  zu  erzielen.  Der  wan- 
dernde Ha.ussa- Kleinhändler  ▼ertreibt  auch  die  eunq^äisdien  Lnportartürit 
doch  sollte  unbedingt  danadi  gestrebt  werden,  einen  besser  atnierten,  seBhsftsa 
Eaufhermstand  aus  dieser  Klasse  zu  entwickeln;  der  Europäer  beschribke 
sich  in  der  Hauptsaclie  auf  den  Großhandel.  Über  die  Tran sport verh$H- 
nisse  d<'s  Gebietes  iinßi  rt  sieb  Bauer  sehr  günstig.  Das  natürliidie  Eiugaags- 
tor  der  Kolonie  ist  die  Wasserstraße  des  Niger-Benue,  von  denen  letzterer  für 


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G.  Pfeffer:  Die  geographische  Verbreitung  der  MoUneken  ruw.  405 


flacbgehende  Flußdampfer  vier  Monate,  für  tiefgehende  zwei  einhalb  Monate  bis 
GaWA  befabx1>v  ist  In  der  Begenxeit  erleichteni  den  Yerkehr  die  sahireichen 
Wasseradern  Nord-Kamonns,  welche  mit  Canoes  weit  ins  Innere  hinein  be- 

filhren  werden  können,  die  größeren  Flüsse,  der  Mao  Kebi,  Mao  Scliufi,  Faro 
nml  Mao  Doo,  eipnon  sieb  während  df^r  Rotionzoit  nurh  für  flaehgehendo 
Dampter.  Dif  Straßen  in  Adamaua  führen  durch  eiu  .su  günstiges  GelUnde, 
daß  vorerst  nur  an  einzelnen  Strecken  Verbesserungen  notwendig  sind;  Zug- 
tiere: Pferde,  Esel,  Ochsen  sind  im  Lande  einheimisdk. 

Weder  in  Adaunaoa  noch  in  Bomu  haben  sich  bis  jetzt  Edelmetalle  oder 
abbauwürdige  Erze  gefunden.  Die  Schätze  Nord-Kamemns  heißen  Frucht- 
barkeit und  AbeitskraftI  Für  den  Plautagcnlian  sind  die  Bodcnvcrhültnisse 
günstig.  Auf  großen,  zum  Teil  bis  jetzt  unbenutzt cn  Strecken  besteht  der 
Boden  aus  schwarzer,  schwerer  Erde;  das  Klima  ist  tropisch-kontinental,  die 
Regenzeit  setzt  sieber,  abw  in  milder  Form  ein,  so  dafi  irilhrend  ihrer  ganans 
Dauer  gepflaait  werden  kann.  Meist  ist  das  (jeMnde  sanfb  gewellt  und  des» 
halb  die  Bewässerung  durch  AbzugskaoHle  leicht  zu  regulieren.  In  erster 
Linie  sind  als  Ilandelsobjokte  Nord-Kameruns  Oiimmi  arabicum  (bis  /u  'JOOO 
Tonnen  im  Jahre),  Shea-Nüsso  und  Straußenfedern  zu  nennen,  die  in  grr»ßeren 
Mengen  und  zu  günstigen  Preisen  angeboten  worden.  In  zweiter  Linie  kom- 
men in  Betracht:  Elfenbein,  Gummi  elastienm  und  Guttapercha.  Die  im  Lande 
gepflanste  Baumwolle  findet  daselbst  ihren  Verbrauch  und  ist  dementsprechend 
zu  hoch  bewertet,  um  jet/t  si  hon  als  Importartikel  in  Betracht  zu  kommen. 
Die  Hebung  de<  Baumwollbaues  in  den  dazu  geeigneten  Tiiindstn'.hen  ist 
aber  ilir  Europa  zur  Lebensfrage  geworden,  so  daß  es  die  vornehmste  Auf- 
gabe der  Landesverwaltung  sein  sollte,  gerade  diesem  Zweige  der  Landwirt- 
schaft besondwe  Nege  zu  widmen.  Die  HögHebkeit  einer  au^ddmt«i 
Binderzucht  in  Adamaua  als  einem  Torwaltendem  Savannenlande  ist  schon 
mehrfach  angedeutet  worden  In  Anbetracht  all  dieser  Tatsachen  zögert  Bauer 
nicht.  Adamaua  eine  Zukunft  zuzusprechen.  Es  ist  dies  eine  wertvolle  Be- 
stJUiL'ung  des  gleich  günstigen  Urteils  Passarges.  Nachrichten,  die  jüngst 
durch  die  Presse  gingen,  lassen  annehmen,  daß  wirtschaftliche  Unternehmungen 
in  NoidoKiBmtmn  bereits  im  Werke  sind.  A.  Qeistbeok. 


Die  geograpUMbe  Yerbreitmg  der  Mellisken  In  dem 

palaearktiscben  Gebiet^) 

Eine  zoogeographische  Arbeit  über  das  palaearktische  Gebiet  von  Kobelt 
ist  immer  ein  Ereignis.  Es  gibt  niemanden,  der  den  Stotl'  zoologisch -syste- 
matisch wie  geographisch  so  beherrschte,  wie  er,  und  der  im  Staude  wäre, 
ihn  in  der  Anschauung  des  historisch  Gewordenen  —  phylogenetisch  wie  geo- 
logisch  su  einem  begrifflichen  Bilde  Ton  so  hoher  Wissensehaftlichkeit  zu 
gestalten.  Außer  einer  Einleitung  Aber  „unsere  heutige  Kenntnis  der  Ver- 
breitung der  europüischen  Binnenconchylien"  bringt  die  Arbeit  in  der  ersten 
Abteilung  „die  geographische  Verbreitung  d^r  Mollusken  in  dem  palaearkti- 
schen  Gebiet"  und  in  der  zweiten  ein  „System  der  palacarktischcn  Biunen- 
oonehjlien**.   Für  den  Geographen  hat  nur  die  erste  Abteilung  Interesse;  sie 

1)  Kobelt,  W.  Die  geogiaphlBche  Verbreitung  der  Mollusken  in  dem  palae- 
aiküsohen  Gebiet  X  u.  170  8.  6  lithogr.  E.  Wieebaden,  Knidd  1904.  JC  18.60. 


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406  G-  Pfeffer: 

bringt  (A)  eine  soogeograpliische  Übersicht,  (B)  die  Verbreitung  d«r  eundnen 
Gattungen,  ünt«  rgattungon  und  Arten.  Den  Teil  B,  zu  dem  Karte  IT  bis  VI 
geboren,  sollte  kein  Geograpli,  besonders  wenn  er  Sinn  für  die  Ooschichte 
des  Mittelmt'ers  bat,  versäumen  zu  lesen;  er  wird  hier  eine  l  i)erlulle  wich- 
tigen Materials  vereint  ünden.  —  Der  Teil  A  bringt  einen  verkürzten  und  in 
manchen  Teilen  yerftnderten  Auszug  ans  den  kOeÜidien  „Studien  zur  Zoogeo- 
graphie"') denelben  Verfaeeera,  denen  Haupt-  und  Grondgedanken  etwa  fol- 
gende sind. 

In  der  alt  weit  liehen  nördlich-gemäßigten  Zone  unterscheiden  wir 
einen  europäischen  Teil  im  Gegensatz  zu  dem  asiatischen;  erstt-rer  wird 
umgrenzt  vom  Tal  des  Ob,  der  transkaspisch-persischen  Wüste  und  der  Öahara; 
er  hat  offenbar  seine  MoUasken-Fanna  seit  langer  Zeit  eelbstlndig  «itwickeU; 
die  meisten  seiner  Gattungen  sind  ihm  eigen  und  haben,  soweit  wir  wissen,  seit 
dem  frühen  Tertiär  hier  ihre  ausschließliche  Entwicklung  erfahren;  über  die  Grenie 
hinaus  peh*  n  «  ii/entlich  nur  die  Süßuassermollusken,  einige  Mulm-Schnecken 
und  eine  An/.uhl  kleinerer,  leicht  verschleppbarer  Formen.  Nach  dem  trans- 
sah arischen  Afrika  zu  ist  die  Scheidung  die  denkbar  schärfste  (abgesehen 
Tom  Nil,  der  seine  durohaos  aethiopische  Fauna  bis  snr  Mflndung  hin^ftthrt): 
„kein  Achatinide  findet  sich  nördlich  der  Sahara,  keine  echte  Heliz  sfidüf^i 
davon**.  Freilich  deuten  die  Vorkommnisse  palaearktischer  Formen  in  Arabien, 
Abessinien,  am  Tanganyika,  in  Ost- Afrika  und  in  Nordwest -Indien  auf  einen, 
jedoch  weit  zurückliegenden  Zusammenhang.*)  Das  indische  Fauu  en- 
ge biet  steht  durch  einige  Ubiquisten  mit  dem  palaearktischen  Gebiet,  durch 
seine  BuHmimts  mit  Zentral  -  Asien  in  Beziehnng.  —  Das  abflußlose 
Gebiet  Inner-Asiens  sehlofi  man  frOber  allgemein  an  das  enropSische 
Gebiet  an,  aber  mit  Unrecht,  wie  neuere  Untersuchungen  gezeigt  haben. 
Die  Helieiden  Inner-Asiens  sind  keine  echten  Helices,  sondern  Eulotiden.  die 
das  Gebiet  mit  Ost-Asien  verbinden,  und  die  Jin/iminus  gehören  durchaus  zu 
anderen  Untergattungen  als  die  europäischen.  Daß  die  zentral-  und  ost- 
Bsiatisclien  Typen  firflber  bis  ins  enropftiscbe  Gebiet  reichten,  wissen  wir; 
als  Relikte  haben  wir  bei  uns  heut  noch  die  bekannte  Eulota  fruaeum^  ferner 
am  Kaukasus  eine  Clausilie  des  ostasiatischen  Typus  (Fhaedusa)  und  in  Nord- 
Persien  einen  Cifclntus;  Phnrdnsa,  wie  Cydofus  sind  dem  Steppenklima  in 
Inner-Asien  iHngst  erlegen;  erst  in  Ost-Asieu  treten  sie  wieder  auf.  —  Im 
Norden,  wo  Wald  und  Tundra  an  die  Stelle  der  Wüste  treten,  verrückt 
sieh  die  Grenxe  der  enropSischen  und  asiatischen  Region,  freüidi  Torwiegend 
för  die  Wasserschnecken;  neue  Formen  treten  erst  im  Amur  auf.  Es  scheint» 
ob  nach  der  Zersti^rung  der  Fauna  durch  die  Eiszeit  die  NGu-Hevölkening 
vorwiegend  vom  europilischen  RußUmd  her  erf(dgt  sei.  —  Sehr  strittig  ist, 
ob  wir  eine  lioloburi'ale  Provinz  annehmen  müssen,  oder  ob  sie  in  eine 
palaeo-  und  neoborealc  zu  trennen,  oder  ob  gar  noch  eine  dritte  (Ost-Sibirien 
und  Nordwest- Amerika  umfassende)  au&nstellen  ist  Bidierlidi  hat  der 
nördlidie  Teil  Ton  Nordamerika  mit  Europa  einen  gewissen  Brucbteil  seiner 
Mollusken fauna  gemein;  die  Continuität  beider  Gebiete  geht  über  Sibirien. 
Dagegen  ist  das  neoboreale  Gebiet  (kurz  gesprochen  die  Vereinigten  Staaten) 


Ij  Wiesbaden  1H97  und  1898. 

S)  Referent  gestattet  sich  hier  darauf  hinzuweisen,  daß  von  d'Ailly  ans  Ka- 
merun, von  V  Martens  ans  Ikutsch-Ostafrika  oclite  //e/»>  letztere  an  unsere 
Fruticicoleii  anschließend)  beschrieben  sind,  es  ist  das  ein  vielsagendes  Parallel- 
verhältnis  dazu,  daß  die  durchaus  palaearktisihe  Gattung  der  echten  Eädednea 
(Lacerta)  eine  Axt  an  der  Goinea-Küate  und  awei  in  Ost-Aftika  aufweist. 


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Die  geographische  Verbreitung  der  Mollusken  usw. 


407 


in  seiner  heutigen  MoUnskenikium  wie  in  deoren  Gesehichie  weit  TOn  dem 
palaeoborealen  Gebiet  sn  trennen. 

Das  europäisch-boreale  Gebiet  zerfällt  in  drei  parallele  latitudinale 
Gebiete,  die  boreale^  alpine  und  eircummediterrune  (an  andern  Orten  auch 
„meridionale^'  genauutej  Kegiou.  Von  einer  besonderen  arktischen  Region 
ist  »bineelien,  da  die  einzige  arktische  LandscbneckeDart  (Zoogenetea  harpa) 
auch  in  den  Alpen  gefunden  ist;  die  cirkumpolare  Verbreitung  einer  Anzahl 
TOn  Arten  datiert  wahrscheinlich  bereits  aus  der  Periode  vor  der  Eiszeit. 

Dio  boreale  Rep-ion  umfaßt  das  ganze  Gebiet  nördlioh  der  Alpen, 
einschließlich  der  deutschen  Alpen  und  der  Schweizer  bis  /um  Viensaldstädter 
See;  in  Frankreich  liegt  die  Grenze  erheblich  nördlich  der  Oliven -Region. 
Die  Qironde- Senke  gehOrt  nicht  mehr  nur  bovealen  Region;  überhaupt  ist 
ein  lireiter  Küstenstreifen  am  biskaischen  Meerbusen  bis  zur  Bretagne  als 
ein  ^littelgUed  borealer  und  aquitanischer  Fauna  zu  betrachten;  dieser  Stareifen 
setzt  sich,  entsprechend  der  früheren  Landverbindung,  auch  auf  Irland  und 
England  fort  und  erreicht  in  seinem  Bußersten  Ausläufer  Schottland  Die 
boreale  Region  scheidet  sich  in  eine  keltische,  germanische  und  slawische. 

Die  alpine  Region  nm^^St  das  geiUtete  Gebirgsland  Tom  atlantischen 
Ozean  bis  zum  kaspischen  Heere.  Eine  gewisse,  bei  aller  Verschiedenheit 
der  einzelnen  Provinzen  ansgepr&gte  Ähnlichkeit  rechtfertigt  die  Aufstellung 
dieser  Region.  Ihre  Fauna  ist  älter  als  die  Erbebung  der  Faltengebirge, 
wie  aus  der  teilweisen  (ileichheit  der  Faunen  der  nöni liehen  und  südlichen 
Abhänge  hervorgeht.  Die  Region  zerfällt  naturgemäß  in  drei  Provinzen: 
1)  Die  p  jrenftische  ProTinz,  nördlich  bis  zur  Garonno-Senke,  sfldUcfa  bis  znr 
Sierra  Slorena;  Ost-  und  Westgrenzc  werden  durch  die  Abstürze  des  kasti- 
Hanischen  Hochlandes  gebildet;  zwischen  PjrenSan  und  Alpen  klaflft  eine 
Lücke,  in  der  die  alpine  Region  unterbrochen  ist,  sodaB  sich  an  der  Grenze 
der  Oliven  -  Kegiou  <iie  boreale  und  mediterrane  Kegiou  beiöihren.  2)  Die 
alpine  Provinz,  im  Süden  durch  die  Po-Senke  begrenzt;  sie  scheidet  sich 
in  eine  westliche  und  Sstlicfae  Abteilung;  selbstftncUg  stdit  aufierdem  dem 
oetalpinen  Gebiet  das  Karstgebiet  gegenüber;  femer  Dalmatien  als  die  selb- 
ständigste und  eigentümlichste  Provinz  der  alpinen  Region;  des  weiteren  das 
Gebiet  der  Karpaten  und  der  siebenbürgischen  Alpen.  Oh  eine  balkanisebe 
Provinz  anzunehmen  uud  ob  sie  noch  w«'iter  zu  gliedern  ist,  ist  wegen  der 
Dürftigkeit  unserer  Kenntnis  nicht  zu  sagen.  Die  Verbindung  zwischen  der 
Donaa- Mündung,  als  dem  lußersten  Punkte  des  balkanisdien  Gebietes,  und 
dem  Kaukasus  bildet  die  taurische  Provinz;  ne  enthftlt  endemische  und  boreale 
Formen.    3)  Die  kaukasische  Provinz. 

Die  mediterrane  Region  umfaßt  alle  Liluder,  deren  Flüsse  dem  Mittel- 
meer zufließen,  nut  Ausuahme  der  ponti.'?clieu  und  der  8üdabhänge  der  Alpeu. 
Dies  Gebiet  ist  von  jeher  zoogeographisch  als  eine  Einheit  betrachtet;  die 
Botaniker  bezeichnen  es  als  die  Oliyen-Region.  Ln  einzelnen  zeigt  sie  grofie 
Unterschiede  der  fannistischen  Ausprägung;  allen  Teilen  gemeinsam  ist  die 
Ausprägung  einer  eigmartigen  Küstenfaunula.')  Man  unterscheidet  am  besten 
drei  Hauptabteilungen,  eine  westliche,  zentrale  und  östliche.  Die  westliche 
ist  die  mauritauisch-andalusische;  die  Baleareu  nehmen  eine  Sonder- 
stellung eiu.  Die  zentrale,  italische  umfaßt  Italien  südlich  der  Po-Ebene, 
einschließlich  der  Küste  Liguriens  und  der  OliTen-Region  Sfld-Frankreichs.  Das 
ebene  Katalonien  osofaeint  als  ein  neutrales  Grenzgebiet  mit  Misdifkuna  zwi- 


t)  8.  auch  oben:  boreale  Begbn. 


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40d    ^-  Pfeffer:  Die  geographiücbe  Verbreitung  der  Mollusken  usw. 

•eben  der  italucbMi  uod  der  inauritanisch-andalosiBchen  Provins.    Die  tjr- 

rheniachen  Inseln  und  West -Sizilien  bilden  zwei  ziemlich  selbständige  ünter- 
provinzpn.  Die  östlicln',  orientalischf»  A})tfilung  .s<hei(l«'t  si'h  in  eine 
grüüerp  An/.iihl  von  l.ntcralitfilun^'en:  sio  umtabt  Griej^'henland ,  die  Küsten- 
länder des  Archipels,  die  West-  und  Südküste  Kleinasiens  (die  Nordküste 
schließt  rieh  an  die  kaukasische  Prorinx  an),  Vorder- Arien,  MesopotamieD, 
Unter-Egypten  und  die  Sahara-Kfiste  bis  rar  Oase  Ton  Tripolis;  hier  begegnet 
rie  sich  mit  der  maaritanisch-andalusischen  Abteilung.  Zwischen  die  orienta- 
lische und  die  Südgrenze  der  alpint  n  Uo'jion  schiebt  sich  die  albanische  Pro- 
vinz ein,  die  vielleicht  in  eine  albanisdie  s.  str.  und  eine  ma/edonischo  zn 
teilen  ist.  Höchst  eigenartig  ist,  wie  Kobelt  in  den  „Studien"  des  näheren 
begründet  hat,  daß  die  f&r  die  Mollusken -Yerineitong  maßgebende  Graus 
zwischen  Europa  und  Arien  nicht  durdi  den  Bosporus  und  die  Dardanellen 
dargestellt  wird,  s(mdern  <lureh  die  Tertiärsenke,  die  durch  das  Maritza-Tal 
7,uni  südwestlichen  Pontus  läuft.  -  Die  beigegebene  farbige  Karte  I  erläuttrt 
die  /.oogeogruphische  <Jliederung  des  europäisch-geiniißii,'tca  Gebietes.  —  Um 
die  eigenartigen  faunistischeu  Verhältnisse  der  Mittelmeur-Kegion  ins  recht« 
Licht  zn  setsen,  rieht  Kobelt  den  Tiefstand  des  Mittelmeeis  rar  Zeit  des  Hio- 
cins  heran,  den  rieh  etwa  hieraus  eigebenden  Landgewinn  Teransobaiilicht 
er  duroh  Eintragung  der  Tiefenlinie  yon  200  ra  in  die  Karte  I  O.  Pfeffer. 


Cfeognpfeiseke  Neilgkelten. 

ZusanunengetteUt  von  Dr.  August  Fitsau. 


.Allgemeines. 
*  Das  Zeutralburean  det  inter- 
nationalen   seism ologisehen 

Staatenassoziation,  wobben  1903  von 
der  in  .^traUburg  tagenden  zweiten  inter- 
nationalen Erdbebenkonferenz  begründet . 
wurde  (O.  Z.  im.  8. 633),  ist  jetst  fertig  { 
eingcricbtet  und  in  voller  Tiltigkeit. 
Nach  einem  Itundschrciben  seines  Di- 
rektors, Prof.  Dr.  Gerland,  bat  es  sei- 
nen Bits  in  StiaAburg  i.  E.;  die  Arbrits- 
ritume  befinden  sich  in  dem  Hause  der 
Kaiserl.  Deutscheu  Ilauptstation  für  Erd- 
bebenforschung.  Die  liutrumente  und 
Sammlungen  Hieben  auch  ftemden  Be- 
Bnchem,  namentlich  den  Angehörigen  der 
a8807.iiert4'n  Staaten,  für  eigene  Arbeit<'n 
zur  Verfügung,  soweit  dicä  olme  Störung 
der  regelm&ßigen  Beobachtong  der  In- 
strumente möglich  ist.  Die  Hauptauf- 
gabpn  <b's  Zfiitralbnreaus  sin«!  nach  den 
Piuncu  »umes  Direktorä  zunächst  instru- 
menteller  Art,  die  sn  immer  eingehenderem 
VerHtändnis  der  Instrumente  führen  sollen. 
Mit  einem  b^Vannten  Erdlielienforscber 
sind  Verhandlungen  angeknüpft  für  länger 


dauernde  Arbeiten  dieser  Art  im  Zentrri- 
bureau  und  mit  Instrumenten  der  Haopt» 
Station.  Auch  sefariflstellerisoheAifaritsn 

liegen  dem  Zentralbureau  ob.  So  wird 
jetzt  von  der  Ilauptstation  in  den  Bei- 
trägen zur  Geophysik  ein  Katalog  aller 
bekannt  gewordenen  ostariatischen  niikro> 
floismischen  Beben  verOfTentlicht,  den  Prof. 
Rudolph  ausgearbeitet  hat.  Ebenso 
wurde  der  von  Rudolph  ausgearbeitete 
Katalog  der  i  J.  1908  bekannt  gevotdanen 
Erdbeben  für  die  folgenden  Jahn  TOa 
Zentralbureau  fortgefiilirt  und  ein  Katalog 
aller  beobachteten  Mikroseismen  xn- 
sammengeatelli  Um  diese  Arbeiten  in 
möglichster  Vollständigkeit  leibten  zn 
können,  werden  alle  Delegierten  auf  das 
Dringendste  gebeten,  in  ihren  Ländern 
dafftr  Sorge  tragen  in  wollen,  daB  dem 
Bureau  möglichst  genaue  Nachrichten  über 
alle  seismischen  Beobachtungen  zugeben, 
welche  daselbst  gemacht  sind.  Sehr  för- 
derlich wflrde  für  das  Zentralburssn  saeh 
die  Zusendung  älterer,  schon  gedruckt 
und  fertig  vorliegender  Werke  sein, 
welche  sich  mit  der  seismologiscben  £r- 


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Geographische  Neuigkeiten. 


409 


forschnnfv  einzelner  Länder  oder  der  Qo- 
samterde  beschäftigen. 

*  Die  internatioBftleTereinignng 

znr  Erforschung  der  Polargebiete, 
die  auf  dem  WeltwirtHchaft-kongreß  von 
Möns  im  vorigen  Jahre  augeregt  wurde 
<G.  Z.  1906.  S.  641),  wird  noch  in  diesem 
Jahre  xn  Stande  kommen .  A  uf  jeaem  Kon- 
greß war  von  einer  Keilie  von  Ii  ervorragen- 
den Polarreisendeu  beächlosaeu  worden,  im 
Jahrel906 eineaUgemeineYersamnilnng  der 
wissenBcbaftlicben  Teilnehmer  und  Schiffs- 
offizicr-'  <l«'r  l>eilenteren  Polarexpeditionon 
zusammuuzuberufea,  welche  die  Grund- 
lagen SU  einer  internationalen  Vereinigung 
sur  Erforachung  tlur  IVlari^cbicte  fest- 
stellen öollte.  Nachdem  die  belgische 
Kegierung  bei  den  übrigen  Staaten  die 
vorbereitenden  Schritte  getan  hat,  wird 
die  erste  internationale  Polarkon- 
fcrenz  vom  7.  — 11  S(']»t*'inber  in  Prünsel 
im  „Palais  dea  Academieä'^  zusammen- 
treten. Ans  der  reichhaltigen  Tages- 
Ordnun<7  seien  die  fol;,'enden  Punkte  her- 
vorgehobi-n :  Entwurf  »'iiics  Planes  der 
Entdeckungsreisen  und  audereMaßnahmen, 
die  sieh  snr  YeieiBheitliehnng  der  Polar- 
forscbung  eignen«  Fastsetsung  wissen- 
schaftlicher Programme  und  Prinzijtien 
der  Organisation.  Man  will  besondere 
Abteilnngen  f3r  Astzonomie,  Geodäsie, 
Hydrographie,  Topographie,  Mt'teornlo<;ie, 
Erdmagnetismus,  atmnsj>liäris(he  Elek- 
trizität, Erforschung  der  oberen  Luft- 
schichten, fBr  Geologie  und  Erdbeben- 
kmule,  für  Ozeanographie,  für  Biologie, 
für  AuHfÜHtung,  Verproviantiening,  Trana- 
portmaterial ,  aeronautische  Ausrüstung 
der  festen  Beobachtongsposten  und  der 
Expeditionen  bildt'n.  Vor  allem  soll  die 
Konferenz  selVjstverständlich  zur  Gründung 
einer  internationalen  Vereinigung  zur  Er- 
forschung der  Polargebiete  fOhren,  die 
sich  neben  der  Sjstematieierung  der  Polar- 
for!?chung  mit  der  Untersuchung  und  Ver- 
ötfenilichung  der  Polar-Expeditionen  be- 
fiwsen  und  alle  üntemehninngen,  die  auf 
wissenschaftliche  Erforschung  der  Polar- 
gebiete hinzielen ,  durch  materielle  Bei- 
hilfe und  liatschläge  unterstützen  soll. 
Nähere  Ansknnft  erteilt  der  wissen- 
sehaftliche  Direktor  des  Belgischen  Ob- 
servatririums  in  üccle,  Lecointo,  der 
als  zweiter  Kommandant  au  der  bel- 
gischen Sfidpolarexpeditton  teilgenoai> 
ineo  hat. 


Europa. 

*  über  die  Bevölkerungsverhält« 
nisse  des  Dentsehen  Beiohes  nadi 

der  Zählung  vom  1.  Dez.  l'J05  teilen  die 
Viertel jahrshefte  zur  Statistik  des  Deut- 
schen Reiches  (iU06.  S.  33d}  folgendes 
mit:  Von  der  ortsanwesenden  BerSlkening 
von  GO  (•)()-)  1H3  Personen  waren  29  868  096 
männlichen  und  30  737  087  weililichen 
Geschlechts.  Seit  dem  1.  Dez.  1900, 
wo  die  BeiohsbevOlherung  dch  anf 
66  867178  belief,  ist  die  Einwohnersahl 
um  4  lV^i*  005  oder  7.02**',,  gewachs'^n. 
Seit  dem  liestand  des  Deutschen  Reiches 
ergaben  die  YolksaAhlungen  folgende  Er> 
gebniase: 

Zuwachs 
Einw.    von  6  zu  5  Jahren 
1871:   41068799     absolnt   in  % 

1875  :    42  727  3ßO    1  (56s  668  4,06 
IHSO:    4r.  234  0f,l     2  50G  701  6,87 
1886:    46!s:>6;u4    1  G21  G43  d,ö9 
1890  :    49  498  470   8  672  766  6,49 
189'j  :    62  270  <J01    2  851  431  5,77 
lt)00:    r.r.  ;(r)7  17s     1  087  277  7,82 
190Ö:    60  6Uölö:i    4  238  Ü05  7,62. 
Im  Jahrfünft  1900—1906  hat  also  die  bis- 
her   höchste  Bevölkerungszunahme 
im  Dentsclion  Reiche  Htatt|:ornnd<'n,  wäh- 
rend die  relative  Zunahme  etwas  gegen 
das  vorhergehende  Jahrfünft  cnrttekblieb. 
Während  sich  die  Bevölkeruufj  im  Jahr- 
fünft 1880  Sä  im  Jahresdiiichsehnitt  nur 
um  0,70"^^  vermehrte,  betrug  die  Zunahme 
in  der  lotsten  Zfthlperiode  1,45%  im 
Jahr,  also  mehr  als  das  Doppelte.  Im 
ganzen  hat  sich  die  Einwohnerzahl  des 
Reiches  seit  1871  um  19  646391  oder  um 
47,61''/o  vennehrt;  seit  1858,  wo  das  jetzige 
Reichsgebiet  36  113  644  Bewohner  zählte, 
ist  die  Volkszahl  um  24  401  531)  oder  um 
1,04%  im  Jahresdurchschnitt,  seit  1816, 
wo  die  Bewohnervahl  84  838  896  betrog, 
um  35  771  787  oder  um  1,017«  >™  Jahres» 
durchschnitt  gestiegen 

Was  die  Uevölkeruugsdichtigkeit 
betrifft,  so  hemmen  jetzt  bei  einer  Reiohs- 
fläche  von  540  742,6  qkm  112,1  Einwohner 
auf  1  qkm  des  Reiches.  Die  fortscli rei- 
tende Verdichtung  der  Reichsbevöikeruug 
ergibt  sich  ans  ffdgender  Anfttellnng. 
Auf  1  qkm  kamen  Einwohner: 

1871:  76,9  1890:  91,4 

1875:  79,0  1896:  96,7 

1880:  83,7  1900:  104,8 

1886:  86,7  1906:  118,1. 


6M«nphlMh*  Mtaehilft.  VLJäbgtu^.  1S06.  f.  Hall. 


98 


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410 


GeogrAphitelie  Neuigkeiten. 


An  I?f\ ölktTinipFsdiflitij^keit  wird  Dcutsch- 
luud,  Wfuu  mau  von  Läuderu  wie  Btilgien, 
Holland  u.  n.,  deren  Qr5Be  gegenflber  der 
Deutflchlands  zu  ungleich  ist,  absieht, 
namentlich  von  Großbritannien  und  Irland 
mit  einer  iievülkeruugädichte  von  132  und 
von  Japan  mit  einer  von  188  Ubertroffen. 
Dag^^  stehen  Frankreich  mit  72,6, 
Sj>ariien  mit  at\.\t  und  Schweden  mit  11,6 
weit  hinter  iJeuti^chlaud  zurück.  Im 
Denieohen  Reiche  erscheint  al^esehen 
von  dm  Raneaetaaten  am  dichtesten  be- 
vidkert  «Ins  Kiiriij^reich  SarliHcn,  wo  3oO 
Eiuw uhuer  auf  1  qkm  lebeu,  dauu  folgt 
Benfi  ft.  L.  mit  888,9,  Hessen  mit  157,6 
und  SachH'.-n-Altenburp  n)it  15ri,0  Einw. 
auf  1  qkin.  Am  dünnnt€n  bevölkert  ist 
Meckleuburg-Strclitz  (3ö,2),  Mecklenburg- 
Schwerin  (47,6),  Waldeek  (58,8)  und  Ol- 
denburg (98,8).  Di<'  Steigerung  der  Dich- 
tipkfit  ist  am  grüUten  gewesen  im  Könijj- 
reich  Sachsen,  wo  im  Jahre  l^ll  nur  17U, 
jetst  aber  800  Einw.  anf  1  qkm  wohnten. 
Die  Zahl  der  (Jrnßstinlt.  ,  d  h.  der  Städte 
mit  lOÜ  OOü  und  mehr  Einwohnern,  ist 
seit  lUÜU  von  Sii  auf  41  geätiegeu. 

*  Die  anthropologischen  Yer- 
hlltnisse  D&nemarlcs  sind  bisher  nur 
wenic;'  untersucht  worden,  trotzdem  die 

geographische  Lage  Düuemarks  als  eines 
bergangggehietes  swischen  Skandinavien 
einerseit«  und  Mittel-  und  West-Europa 
anderseits  auf  besonders  interessante 
MischungHverbältnisse  zwischen  der  lang- 
scbftdcligen  nordis«^«!  niid  der  kuri- 
Bchädeligen  sog.  alpinen  Rasse  schließen 
läßt.  Um  dit'se  Lücke  auszufüllen,  ist, 
wie  Steeusby  iu  Fet.  Miit.  190G.  iS.  114 
mitteilt,  mit  Unterstlltsung  des  Carlsberg- 
fonds eine  ant1'.r<>]ioli>gis('lu>  Ma.ssennnter- 
Huchunj»  der  dänischen  Bcviilkerung  ge- 
plant und  vorbereitet  worden,  uud  der 
Reichstag  hat  vorllnfig  die  Untemdmiung 
gestützt  und  gesichert.  Die  Arbeit  ist 
bereits  im  Hnnpp,  indem  mehrere  Mit- 
arbeiter des  damit  beauftiagten  Komitees 
anthropologische  Messungen  nnd  Beob- 
achtungen in  den  verschiedenen  Gegenden 
des  Landes  anstellen.  M;in  hat  damit 
angefangen,  in  kleineren  Distrikten  mög- 
lichst sBmtÜche  Erwachsene  sowohl  m&nn« 
lichen  wie  weiblichen  Geschlechtes  in 
dif  T'iitrr.suclinn<r  einzubezielifii  und  an 
gewissen  Stellen,  wo  viele  Landieute  zu- 
sammenkommen ,  soznsageu  anthropo- 
logische Stationen  sa  errichten;  anfierdem 


soll  alle  2ö  Jahre  oder  öfter  eine  Unter- 
suchung der  leiblichen  Verhältnisse  der 
Schulkinder  Torgenonunen  werden.  Selbst- 
yeiatftndlich  wird  es  mehrere  Jahre  daueni, 
bis  man  ein  hinreichend  großes  Material 
gesammelt  hat,  um  ein  entscheidendes 
Resultat  über  die  RaesenbeetaadteQe  d« 
ganzen  Nation  zu  gewinnen. 

*  Der  Simplontunnel  ist  am  .10.  Mai 
unter  großeu  Feierlichkeiten  durch  den 
König  TOB  Italien  und  den  sehweiserisdiea 
Bundespräsidenten  eröffnet  und  Tags 
darauf  dem  allgemeinen  Verkehr  über- 
geben worden.  Damit  ist  jedoch  das  Pro- 
jekt der  Herstellung  einer  möglichst  kur- 
zen Verbindung  zwischen  der  westlichen 
Lombardf'i  und  der  Schweiz  nur  t»'ilw.4se 
gelöst,  da  die  nötigen  Zufahrtslinien 
cum  nenerbanten  Tunnel  bis  jetzt  nur 
auf  der  italienischen  Seite  vorhanden 
sind,  während  die  Tunneleisenbahn  an 
.  ihrem  Mordende  ihre  einzige  Fortsetzung 
|in  der  Rhonetalbahn  findet,  die  vom 
j  Genfer  See  das  ithonetal  aufwärts  führt 
nnd  für  die  Mehrzahl  der  Keisenden  be- 
sonders aus  der  Schweiz  und  dem  uord- 
SetUchen  Frankreich  einen  großen  Umweg 
zum  Tunnel  bedeutet.  Zwischen  dsr 
Schweiz  und  dem  nördlichen  Tnnnelein- 
gaug  bilden  die  i3erner  Alpen  vorläufig 
noch  eine  gewaltige  TakehrseohTanke, 
zu  deren  Umgehung  man  die  Rhonetelp 
bahn  benutzen  muß,  wodurch  die  nur 
86  km  in  der  Luttliuie  von  einander  eut- 
femt  liegenden  StSdte  Bern  und  Brig  an 
der  Einmündung  der  Simplon-  in  die 
Rhonetalbah  u  atif  30i)  km  Hahnentlemnnfif 
vou  einander  getreunt  werden  Die  zähe 
Energie  der  Schweber,  der  doch  in  erster 
Linie  di<>  Ausführang  des  Simplontunnels 
zu  vti'liuikt'n  ist,  hat  sich  sofort  nach 
VoUeuduug  des  Tunnels  mit  der  Lösung 
des  Problems  der  nSnUichen  Znfiüutts- 
linit  ti  befaßt  und  die  dazu  unumgünglich 
notwcuihj^'e  Durchtunnelung  der  Hemer 
Alpen  in  Angritf  genouuuen.  Zunächst 
handelt  es  sich  noch  um  die  Lage  des 
auszuführenden  Tunnels;  auf  der  Nord" 
scitc  ii<  r  Rerner  Alpen  kommen  als  Zu- 
gänge zum  Tunnel  zwei  Täler,  das  Ober- 
simmentftl  nnd  das  Kandertal,  die  beide 
die  gleichen  Vorteile  bieten,  in  Betracht, 
während  auf  der  Südseite  die  beiden  Täler 
des  Wildstrubel  uud  des  Lötschenbaches 
verschiedene  Vorteile  bieten,  die  eine  ge* 
naue  PMfiing  des  sukflnftigen  IVflgektes 


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Geographische  Neuigkeiten. 


411 


nOUg  mMhen.  Von  den  drei  an^gearSei- 
toten  Projekten  hat  der  Schweizer  Inp;e- 
aienr  ZoUiuger  da«  Lötscbbergprojekt 
nur  AnsfUinmg  empfohlen,  und  ohne 

Zweifel  wird  dieses,  welches  den  LtStsch- 
berg  durchtunnclt  und  das  Kander-  mit 
dem  Ldt«chental  verbindet,  zur  Auulüh- 
rong  gelangen.  Die  auHmfOhrende  Bahn 
wird  dann  in  Fmtigen  beginnen  und  in 
Bripr  enden.  Der  zu  erbauende  Tunnel 
wird  eiue  Lilnge  von  13  696  m  und  eine 
Marimaleteigung  von  80;  1000  haben;  die 
Baukosten  sollen  8a  Millionen  Frcs.  und 
die  Hauzeit  ö'^  Jahre  betragen,  (ileich- 
seitig  empfiehlt  ZoUinger  die  £infülu:uug 
de«  elektoisehen  Betriebes,  weil  dieser 
die  starken  Steigungen  leichter  über- 
windet. .\u^<  demselben  Grunde  hat  man 
auch  sofort  nach  Inbetriebnahme  des 
Simplontannels  mit  EinfQhrang  des  elek- 
triachen  Betriebet  an  Stdle  der  Dampf- 
mascliincn  V»c'fronnen.  Wepron  der  nötigen 
Einarbeitung  des  Personal»  in  den  elek- 
trischen Befaieb  wird  «ich  seine  BinfSh» 
rang  nur  schrittweise  vollziehen,  aber  die 
Simplontunnt'lbahn  wird  der  erste  Schie- 


zwischen  drei  und  sieben  Metern,  die  Qe- 
fichwindigkeit  erreichte  bei  dem  zweiten 
k>trom  fünf  Meter  in  der  Minute.  Alle 
StrOme  legten  mehrere  Kilometer  sarflck; 
ihre  Oberflächen  zeigen  geröllartige  Bil- 
dungen, was  für  die  Wueht  der  Eruption 
spricht,  da  sonst  die  Lava  Strähnen  oder 
TaMn  an  der  OberilKohe  bildet  Die 
Gesamtmenge  der  während  des  Aosbrachs 
ausgeBchleuderten  Aschen  und  Lapilli 
wird  auf  Ho  Millionen  Kubikmeter  ge- 
sebttst;  die  Asehensehieht  erreichte  in 
Ottajano  und  San  Oin^eppe  eine  HOha 
von  1  m,  in  der  Nilhe  den  ObservatoriumB 
von  40  cm  und  in  Portici  von  15  cm. 
Durch  'Wind  wurde  die  Asche  bis  nach 
Cattaro  und  Ragusa  getrieben,  wo  in  der 
Nacht  vom  8.  ztirn  U.  April  ein  reichlicher 
Aschenfall  beobachtet  wurde;  Paris  war 
am  Morgen  des  11.  April  von  einem  dich- 
ten grauet»  Nebel  bedeckt,  der  so  dicht 
war,  daß  die  Schiffahrt  auf  der  Seine 
eingestellt  werden  mußte;  die  Untersuchung 
des  gesammelten  Stanbniedenehlags  er> 
gab  volle  Identität  mitVesuvasdienproben 
aus  (l>  ui  Jahre  1H22.  so  daß  man  es  hier 


nenweg  durch  die  Alpen  mit  völlig  elek-  wuLil  auch  mit  Vesuvasche  zu  tun  hat. 

I  Im  Haflanbezirlce  Ton  Triest  wurden  vom 


trischem  Betriebe  werden 

«  üm  ein  klares  und  suTeriftssiges 

Bild  von  den  Wirkungen  des  letz- 
ten Yesuvausbruches  zn  erhalten,  bat 
das  kgl.  Geologisehe  Amt  in  Rom 
eine  Vesuvexpedition  seiner  Mitglieder 
veranstaltet  und  auf  Grund  ihrer  Mittei- 
lungen folgendes  verötientlicht:  Der  Kra- 
ter, der  sich  seit  1895  langsam  aufgefüllt 
hatte,  und  die  kleinen  Aschenkegel,  die 
sich   an  den  Außenwänden  des  Kraters 


1.').  — r.i.  April  bei  andaoenidem  Regen 
leichte  AschonfJille  konstatiert ,  die  nach 
mikroskopischer  und  mikrochemischer 
Untersuchung  Tulkanischen  Ursprunges 
waren.  —  Als  Ursache  des  Todes  der  bei 
der  Kruption  ums  Leben  Gekomnion<'n 
ist  in  'J4%  der  Fälle  Verletzung  durch 
Einstnrs  von  Gebftuden  unter  der  Last 
der  A.sc!ien<)chicht  angegeben;  C%,  meist 
Kinder,   starben    in   Folge  Verwundung 


während  dieser  Zeit  gebildet  hatten,  sind  durch  weißglühende  Lavastücke  oder  in 
wührend  der  Eruption  eingestflret,  wo-  Folge  ESindringens  Ton  EOmerasche  in 
durch  sich  die  Höhe  des  Vulkans  um  ca.  j  die  Atmungsorgane.    Tod  durch  giftige 

100  ra  vermindert  und   seine  Form   der-   Gase,  wie  beliauj)t^t  worden   ist,  kam 


art  verändert  hat,  daß  anstatt  der  Kuppe 
als  Begrenzung  des  Yulkans  eine  hori- 
Bontftle  Lania  erscheint.  An  drei  Stellen 
dee  Berges  entquollen  ihm  während 
dea  Ausbruchs  Lavaströme:  in  IIUO  m 
Hohe  in  der  Nfthe  des  Albwgo  Fiorenza, 
sfldSatlich  vom  Krater,  in  600  m  und  in 
480  m  erheblich  weiter  ö.Htlich  davon. 
Der  erste  Lavastrom  Üoß  bis  zum  Fried- 
hof Ton  Boscotrecase ,  der  sweite  über 
Boaootrecase  hinaus  Iis  nuf  />00  m  vor 
Torro  Annunziata  und  der  dritte  liings  I  Zentral-Asien  ist  vor  kurzem  der  Amo- 
der  alten  Lava  von  nach  Terzigno.  |  rikaner  Ellsworth  Huntington  (1905. 

Die  Hohe  dies«  IiKtaatrOme  sdiwtnktal8.  640)  zurflckgekehrt  und  hat  auf  dar 

«8* 


nicht  vor.  Der  durch  die  Eruption  un- 
mittelbar angerichtete  Schaden  wird  auf 
40  Millionen  Lire  geschützt;  der  mittel- 
bare ist  trar  nicht  zu  berechnen,  da  die 
Ertragfähigkeit  des  Bodens  durch  die 
dicke,  rOtlich -graue  Asehensehieht,  welche 
jetzt  den  ganzen  Berg  bedeckt,  jahrelang 
schwere  Einbuße  erleiden  wird. 

Aalen. 

«    Von    seiner   Expedition  nach 


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411» 


Geographische  Neuigkeiten. 


H*'inireii>o  in  I.omlon  einivre  MitUMlungen 
Gber  deu  \'erlaut'  der  Keine  gemacht. 
Nachdem  er  sieh  in  Kerit^ft  von  seinem 
Rcistgefiihrtcn  getniint  hat,  trat  er 
im  n<Tl)Ht  190')  eine  IJi'isf  um  die  Ost- 
seit«  des  Lop  Nor-Üeckcua  an;  hierbei 
retRte  er  Tier  Tage  lang  über  eine  große 
Salzebene,  die  mit  harten  Halzaldage- 
riiit<r«'n  IiimIi  ckt  m  it  uihI  jtM].  ii(all> 
die  Küc-kstiuide  eineü  alten  Sal^ces  ent- 
hielt Die  ans  vier  M&nnem  mit  f&nf 
Kamelen  bestcliLTuli'  Karawane  konnte 
nur  mit  fjroßpr  Mülio  ili.  ~  ■  völlig  wüste 
Gegend  durchschreiten,  in  der  Nachts  eine 
außerordentliche  Kalte  bi«  «t  —  82<*C. 
herrschte.  Vom  Lop  Nor  führte  die  Reise 
Aber  den  Kuiuk  Tili,'!!  mich  Karasohar. 
wobei  eine  Reihe  von  Ruinen  längs  des 
alten  Flußbettes  des  Tarim  entdeckt  wur- 
den, and  dann  nach  der  Turfian- Depres- 
sion, vun  wo  au^  du-  II^■iIJl^■i■^t'  an^jetretcn 
wurde.  Kiue  andere  interessante  Reiüe 
durch  Zentral-Asien  fQhrte  der  Colonel 
Bruce  aus,  der  in  I3«-glt  itung  des  Ka- 
pitän Layard  und  einis  Kin:_'t'borenen 
am  W.  Auguät  1U05  Leh  verlieti,  Wesiit- 
Tibet  und  den  Kuen  Lun  nach  Keridja 
IQ  durchquerte  und  in  nordöstlicher  Bieh- 
tung  am  Rande  tler  Wilstc  entlang;  nach 
Tschertschen  und  Kum  Lop  Nor  gelangte. 
Von  hier  aus  ging  es  ostwärts  zum  Kara 
Nor  und  Sachu  und  dann  qner  durch 
China  nach  Pekin<r,  <las  am  6.  Mai  1906 
glficklich  erreicht  wurde. 

«  Zu  einer  neuen  Expedition  von 
China  nach  Tibet  ist  der  wOrttember^ 
gische  Arzt  l^r.  Tafel  von  Sining-fu  in 
der  chinesischen  l'rovinz  Kansu  aus  auf- 
gebrochen, Tafel,  der  vor  einigen  Jahren 
den  Leutnant  Filchner  auf  seiner  Ex- 
pe<lition  durcli  eii»en  großen  Teil  von  Nord- 
China  begleitet  und  dann  eine  selbstän- 
dige Forschungsreise  nach  Tibet  unter- 
nommen hatte,  beabsichtigt  diesmal  von 
Sinin^'  fu,  wo  er  den  letzten  Winter  mit 
den  Vorbereitungen  fvir  seine  Reise  zu- 
gebracht hat.  nach  Kwei-tö,  dann  eine 
Strecke  den  Hoangho  anfwada  nnd  fiber 
TosHun  nor  nacl)  dem  Pnlzsuni]*f  Saidam 
zu  gehen.  Weiterhin  sind  die  lioangho- 
Quelle,  das  Tanglagebirge  nördlich  von 
Lhassa  und  das  ^ie  des  Srahroapntra 

bei  seinem  I hirclibruch  durch  den  Hima- 
laya  ins  Auge  gefaßt.  Ober  Chianuio  am 
oberen  Mekong  soll  dann  die  Rückkehr 
nach  China  erfolgen.  Die  Karawane  Ta- 


feis besteht  aus  r_'  Pferden,  3  Maultieren, 
4ö  Yaokstiereu  mit  den  nötigen  Treibern, 
einigen  Schafen  nod  4  tibefeaniechen  Hun- 
den; die  bewaffnete  Begleitung  besteht 
aus  acht  Mann,  die  zur  Hälfte  Muhamme- 
daner  sind.  Tafel  reist  als  Kaufmann 
und  besitzt  einen  Pa6  des  Amban  tob 
Sining-fu  in  chinesii«chor,  mongolischer 
und  tiltetaniHolier  Sprache.  Es  ist  nicht 
unmöglich,  daß  der  Forscher  auf  seiner 
Reise  mit  Sren  Hedin,  der  in  die»em 
Sommer  eben&Us  in  die  genaoBten  Ge- 
biete an  gelangen  hofft,  sasammentriffL 

AfHka. 

*  über  die  Bevölkerung  tob  Ma- 
rokko macht  Kapitän  Larras,  der  seit 
Ib'JA  als  französischer  Bevollmächtigter 
in  Marokko  lebt  und  deshalb  eine  genaue 
Kenntnis  der  einschlagenden  Verhältnisse 
bf«it/.t.  der  Pariser  (»eofjrajihisrhen  He- 
sellschatl  einige  interessante  Mitteilungen 
(La  Geographie.  1906.  S.  837  ff.).  Bisher 
schwankten  die  BeTQlkerungszahlen  (Br 
M:ir<>1<ki)  /wi-^clien  3  und  30  Millionen, 
während  die  im  Lande  Gereisten  meist 
ungefähr  7  Millionen  (Rohlfs  6,5  MiU.) 
angaben;  da  sich  jedoch  die  Beohadi* 
tungcn  der  Reisrnden  nur  auf  die  durch- 
zogenen Landstriche  erstrecken  konnten 
und  die  Zahlenangaben  im  übrigen  aof 
oft  fehlerhaften  Kombinationen  beruhten, 
so  sind  auch  die  Angaben  der  im  Lande 
Gereiaten  nicht  alt*  den  tatsächlichen  Ver- 
hältnissen entsprechend  anzusehen.  Mit 
der  Terschiedenen  Fruchtbarkeit  des  Bo- 
dens, \oii  den  Cebieteu  mit  der  frucht- 
baren Schwarzerde  bis  zu  den  völlig  vege- 
tationslosen Wüstenstrichen,  schwankt  die 
Dichtigkeit  der  Bevölkerung  awitchen 
weiten  Grenzen,  und  überdies  erschwert 
das  Nomadenleben  eines  großen  Teiles 
der  marokkanischen  Bevölkerung  eine  an- 
nähernd antreffende  Schätanng  der  vor- 
handenen Hevfdkening.  Lanas  ist  ge- 
neigt, die  Bevölkcrungsvfrhältnisse  Ma- 
rokkos in  Bezug  auf  Dichtigkeit  uudYer^ 
teilnng  über  das  ganie  Irfuad  hin  Dir 
analog,'  mit  denen  in  .\lgier  zu  halten, 
die  er  während  eines  2öjährigen  Aufent- 
haltes in  jenem  Land  von  Grund  aus 
kennen  gelernt  hat;  da  nun  Marokko  nnd 
Algier  unt,'efähr  dieselbe  OrOße  haben 
und  Algier  im  Jahre  VJOl  ungefähr 
4  Millionen  Eingeborene  und  60U0OU  Euro- 
päer sählte,  so  hält  Lanae  eine  BevOlke- 


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Geographische  Nuuigkeiten. 


413 


rangszahl  Ton  4,6  Millionen  für  Marokko 
als  den  Verhilltnissen  ungefähr  entspre- 
chend.   Im  äpeziellon  verteilt  sich  die 
Bevölkerung  auf : 
marokkanische  Sahara 
(Wadi  Draa,  Tafilelt, 

Figig)   4  600  000  Seelen 

AtUagebiet  und  Bif  .1900000  „ 
Atlantische«  Marokko 
(AtlaaTorland)  .  .__^2  20ooon  ,. 

4  tjOi»  tMJu  Seelen 
Die  mit  beeonderer  Sorgfalt  erfolgte 
8ch&tzung  der  Stftdtebevölkorung  ergab: 
Fez  65  000  Einw. 

Marrakesch  67  000  „ 
Tanger  82  000  „ 

R.il.at  22  —  25  000  „ 

l'a-.iMnnca  12—16  000  „ 
Mazagau  20  —  22  000  „ 
SaB  e—  7  000  „ 

Mogador  20  000  „ 

Kl  Kebir      10—11  000 


Ouazzan 


n 


6  000 


Tturndani  7  —  8000  „ 
OiQda  8—  9  000 


n 


Avetraliticbe  Inseln. 
*  Die  ethnographisch   so  fiberans 
merkwürdige  Oaterinsel  ist  nach  langer 

Zeit  wieder  Gepenstand  einer  wissen- 
bchaftlichen  Erforschung  geworden. 
Der  Zoolog  Alexander  Agassiz  be- 
■nchte  die  Insel  gelegentlich  seiner  Be- 
reisnug  der  Südsee  in  den  Ja!  ren  r.i04  5 
und  verüüeutüchte  vorläufige  Alittei laugen 
über  die  Osterinsel  in  Bd.  XXXIH  der 
Memoirs  of  the  Museum  of  Comparative 
Zoology,  Cambridge  1906.  Agassis  machte 
nicht  nur  zoologische  und  florietiacbe 
Sammlungen  (ee  wurden  etwa  SO  Pflanxen- 
speziee  festgeatellt)  sondern  auch  außer 
barymetrisclien,  hydrograiihischen  Kenb- 
achtungeu  und  der  Registrierung  von 
Seetiefen  und  Windrichtungen,  deren  Re- 
sultate in  Tabellen  und  Karten  flbersicht- 
licb  niedergelegt,  sind ,  ethnographische 
Studien,  welche  die  über  die  Osterinael 
■chon  Torhandene  Literatur  in  ansehn» 
lieber  Weise  beteicbi  rii.  ilr  durchzog  die 
liieel  uimI  vermochte  lialici  von  allem 
Wichtigen  Photographien  aufzunehmen, 
die  ein  RuBent  anschauliche!  Bild  von 
dem  öden  Landscbaftscharakter  der  ent- 
legeii'Mi  hisf'l  geben.  Weiter  Hiub-n  -n  h 
Aufnahmen  von  den  berühmten  Öteiu- 
figuzen,  von  Steinhluiem,  HOhleo,  Wand- 


malereien und  Felsskulpturen,  welch  letz- 
tere  meist   die   merkwürdigen  piuguin- 
artigcn  Vögel  aufweisen.    Neued  Samm- 
Inngsmaterial  von  ethnographischen  Ob« 
jekten  scheint  leider  nicht  angelegt  wor- 
den zu  sein;   besonders  ist  es  lel'haft  zu 
beklag*  n,  daß  von  den  häutig  auf  der 
j  Rückseite  der  groBen  Steinfiguren  ein- 
gemeißelten Hieroglyphen,   die  lur  das 
'  noch  immer  ungeb'tste  Problem  der  Hiero- 
I  glypbenholztafelu  dieser  lunel  von  größter 
'  Wichtigkeit  wftren,  weder  Photographien 
noch  Zeichnungen  oder  Abklatscht'  haben 
gemaclit  worden  können.  Holh  iitlich  wer- 
den die  zoolugisch-tloristischeu  iiesultute 
der  Reise  spftter  noch  ausfiBbrlich  Ter^ 
Öffentlicht  (Globus  89.  Bd.  S.  824.) 

Kordamerika. 

*  Über  den  Verlauf  und  das  Er- 
gebnis der  Expedition,  welche  Wil- 
liam Macgregor,  der  jetzige  (Jouvcr- 
neur  von  Neufundland,  längs  der  Küste 
von  Labrador  unternommen  hat  (1906. 
S.  589),  berichtet  Scott.  tuM.gr.  Mag.  1906. 
S.  ;S27.  Die  Hauptaufgabe  der  Kxpedition 
bestand  bekanntlich  in  astronomincben 
Beobachtungen  cum  Zwecke  genauer  geo- 
graphieciit  r  Ortsbestimmungen.  Es  wur- 
den auch  trotz  großer  meteorologischer 
Schwierigkeiten  eine  botrilchtliche  Anzahl 
von  Ortsbestimmungen  ausgeführt;  da 
jedoch  die  kanadischen  Positionen,  an 
welclie  jene  Heobaclitungen  angeschlos.sen 
werden  sollen,  gegenwärtig  einer  Kevision 
unterworfen  werden,  so  konnten  die  Be- 
rechnungen der  neub«>obncbteten  Posi- 
tionen noch  nicht  zu  Knde  geführt  wer- 
den. Daneben  wurde  den  meteorologischen 
Verhftltnissen  große  Aufinerksamkeit  ge- 
schenkt und  eine  Reihe  von  Temperatur^ 
beobachtungen  von  dr-n  seclis  Stationen 
der  Milhriächen  brüder  verütleutiicht. 
Außerdem  enthftlt  der  Bericht  noch  eine 
Reihe  interessanter  Mitteilungen  über  die 
Kingeborenen  der  besuchten  Stationen 
und  über  die  tloristischen  und  geologischen 
Verhaitaisse  der  Glegend.  Die  Hoffnung 
auf  Auffindung  nutzbarer  Mineralien  in 
abbauwiirdiger  Menge  hat  wich  nicht  ver- 

I  wirklicht.  Die  einzige  Hilfsquelle  des 
ganzen  Küstenstriches  bildet  die  noch 
sehr  entwicklungsfähige  Fischerei;  VOTfc 
dem  Gesiamtwert  der  .Vusfuhr  aus  Labra- 

1  dor  im  Jahre  1906  im  betrage  von  ca. 

1 8000000  Dollars  kamen  2  988  4i8  Dollars 


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414 


Geographische  Neaigkeiten. 


•nf  getrockneten   Stockfisch.    Da  aber 
Brennstoff  nur  sehr  Bpiirlii  h  vorhanden  ist 
und  die  Wälder  besonders  im  Norden  | 
■ehr  dflrffcig  lind,  wo  beniht  die  Zukunft  | 
der  Fiwlierai  nach  Macgrc^'ors  Meinung 
in  der  sorfruampn  Erhaltung  der  l>p-<telion- 
den  Forsten.    Bisher  haben  Waidbründe 
schon  großen  Schaden  angerichtet,  we*>l 
halb  es  nötig  sein  wird,  durch  gesetzliche 
Maßnaliiiien  die  Srliniiuug  der  noch  vor- 
handenen Waldbe^tünde  zu  sichern  und. 
•ie  TOr  verheerenden  Bränden  so  Mhütcen. ! 

^ord*rolurgegenden.  i 
«  Eine  wiBsenschaflliche  Expedition 

nach  Spitzbergen  hat  Fürst  Albert  | 
von  Monaco  am  '2<>  Juni  an  Bord  seiner 
Yacht  „Alice"  angetreten.  Es  sollen  in 
den  spitsbeiigischen  Oewftesem  allgemeine 
ozeanugraphische  Untersuchungen  ange-  j 
stellt  wt-iien;  auch  Laiulreisen  zur  weiteren 
Erforschung  des  Inneren  von  t>pitzbergen 
und  Ballonaufstiege  sur  Untorsochung  der 
meteorologischen  Verhältnisse  der  höheren 
Luftscliichten  sind  in  Aussicht  genommen. 
Die  Leitung  der  Expedition  liegt  in  den 
Hftaden  von  W.  8.  Bruce,  dem  Fflhrer 
der  schottischen  Sfidpolar-Ei^iedition  auf 
der  „Scotia". 

€(eographiKcher  Unterrirht. 
*  Die  von  der  Korporation  der  Kauf- 
mannschaft von  Berlin  ins  Leben  gerufene 
Handelshochschule  Berlin  wird  im 

Oktober  d.  J.  eröffnet.  ,,Organi<«ation  und 
Lehrplan"  nennen  unter  den  Dozenten  im 


Hauptamt  rJeh.  RegierungaratDr.D  u  n  c  k  er 
als  Professor  für  kaufmännisches  Unter- 
richtswenen  und  für  Geographie,  Dr. 
Schlflter  und  Dr.  Marcuse  (Privat- 
dozcnten  an  der  Universität)  als  Dozenten 
im  Nebenamt.  Im  Abschnitt  5:  „Wirt- 
schat t^geographie  und  Wirtsehattsge- 
schichte**  werden  fölgende  geographi- 
sche Vorlesungen  angezeigt:  Duncker; 
Allgemeine  Wirtschaftsgeographie  3 — 
48t.);  Die  Vereinigten  Stauten  von  Nord- 
amerika (»st).  —  Sohlfiter:  Mittel- 
Europa  mit  besonderer  Berilcksichtigiing 
der  WirtfichaftÄ-  und  Haudel.'sgeographie 
(28t.).  —  Marcuse:  Einführung  in  die 
Himmelskunde,  bes.  in  ihrer  Bedeutung 
für  Geographie,  Schiffahrt  und  Handels- 
verkehr (8  St.,  AbendTorls«.  mit  Lichtbil- 
dern). F.  Th- 

PersSnllches. 

•  Am  16.  Mai  starb  zu  Leipzig  Prof. 
Dr.  Hermann  Obst,  der  Begründer  und 
Direktor  des  Leipziger  Mnsenms  ftbrVSlka^ 
künde,  im  Alter  Ton  09  Jahren.  Durch 
weinen  Eifer,  mit  dem  er  auf  vielen  Reisen 
die  reichen  Schätze  des  Leipzi^^er  Ma- 
senms  fBrVSlketknnda  sosammengetragen, 
und  die  Ausdauer,  die  er  bei  der  Ans- 
gestaltung  des  iSrupcunm  bewiesen,  auch 
durch  eine  Keihe  von  Veröffentlichungen 
auf  dem  Gebiete  der  Anthropologie,  Etlmo- 
logie  und  Urgeschichte  hat  sich  Obst  am 
rlie  Wissenschaft  ein  nicht  geiinges  Ver- 
dienst erworben. 


BDclierbespreeliiiigeii. 


Meyers  groites  Konversationslexi- 
kon   6.  Anfl    Hd  X  — XIH  Leipzig, 
BibL  Inst.  19Üö  u.  1906.  Je 10.— . 
Die  vorliegenden  vier  l^ude  reichen 
von  dem  Stichworte  Jonier  bis  Mitter- 
wurz.'r.    Von  größeren,  meist  mit  Karten 
verseheneu   geographischen   und  ethno- 


strOmungen,  MeniohennMeen,  Meteorologie 

und  meteorolog.  Instrumente  und  Stationen, 
Mexiko,  Mittelmeerländer  in  Bd.  MH. 
Der  geographische  Fachmann,  der  sieh 
ja  ftir  geographische  Belehrung  im  all- 
gemeinen lieber  an  geograp1ii«ehe  Werke 
halten  wird,  wird  doch  für  Einzelheiten 


graphischen  Artikeln  erwähne  ich  Irland, .  gerade  die  kleinen  Artikel  über  Gebirge, 
Island,  Italien,  Japan,  Java,  Indien,  Ka-  j  Flttsse,  Sifidte  u.  a.  mit  Vorteil  benutsea 
memn,  Kanada.  K:ipkolonie,  Kärnten,  können  und  winl  sich  noch  mehr  fiber 
Karolinen,  Kaqiateu,  Kiaotschou  in  Hd  X,  Mineralien,  Pflanzen,  Tiere,  Produkte  und 
Kleinasien,  Kolonien,  Kordilleren,  Krain, ,  viele  andere  Dinge,  mit  deren  geographi» 
Kroatien,  Kdstenbildungen  in  Bd.  XI,  |  scher  Verteilung  eriu  ton  hat,  gelegent- 
Landbanzone,  Landesaufnahmen,  Land-  lieh  gern  im  Konvervationsiloxikciii  Au'^ 
karten,  Liv'.and,  Lufttemperatur  in  Bd.  XU,  kunft  holen.  Es  ist  eine  erstaunliche 
Madagaskar,  Malaie,  Mecklenburg,  Meeres-  Fülle  von  Stoff,  und  zwar,  soviel  ich  sehe, 


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Büclierbespreohangeii. 


415 


▼on  saTeriftssigem  Stoff,  der  liier  geboten  1 

wird.  Fn  ilich  —  dies  Bedenken  kann 
ich  auch  ilic^ina!  nicht  nnterdnirken, 
meiner  bmptiuduug  nach  zu  viel  Stoff 
und  in  ra  sefawerer  Form.  Die  größeren 
Artikel  rind  nicht  mehr  ilunof  angelegti, 
liloü  7.T1  rnschiMn  Nachschlafjen  zn  dii'nen, 
Bonderu  wollen  gründliche  Belehrung 
bieten,  wollen  Handbfiidier  der  einaelnen 
Wi.-^senschaften  ersetzen.  Aber  wem? 
I>OlIi  nicht  dem  Fachmann,  der  nnilt're 
Hilfamittel  hat,  sondern  dem  Manne  an- 
derer Fftcfaer  nnd  dem  Laien.  Fdr  dieie 
aber  sind  sie  vielfach  unverdaulich;  die 
Hauptsachen,  auf  die  es  ihnen  ankoiiünt, 
sind  wenigstens  in  den  geographischen 
Artikeln  meiit  su  wenig  berausgesrbeitet, 
werden  zu  sehr  dnrch  Einzelheiten  er- 
drückt: dfr  für  i'lli^  populäre  Belehrung 
unbedingt  maßgebende  Satz:  „non  multa, 
ted  mitltani**  edieiiit  mir  m  wenig  beher- 
sigl  worden  sn  t^.  Es  mag  sein,  daß 
dieser  Vorwurf  nur  für  die  Artikel  aus 
dem  Gebiete  der  Geographie  berechtigt 
ist,  in  der  ja  die  ÜberidLnftmg  mit  Stoff 
eine  Erbsünde  ist,  von  der  uns  erst  die 
nenere  Entwicklung  der  Wissenschaft  er- 
löst. Aber  gerade  weil  die  Konversations- 
lexika eine  so  große  Bedentang  für  die 
Bildung  gewonnen  baben,  scheint  mir  eine 
Wamung  nOtig  ra  aein.   A.  Hettner. 

CWtSy  W.  Hiitorisehe  Geographie. 

Beispiele  nnd  Grundlinien.  (Die  Rrd- 

kunde,  hrsg.  von  M.  Klar.  XIX  Teil.) 

gr.  8°.    294  S.   Leipzig  und  Wien, 

DenÜcke  1904.  JL  10.50. 
Mit  Recht  gibt  der  Verf.  seinem  Werke 
den  Xebcntitel  Beispiele  und  Grund- 
linien", denn  es  ist  in  der  Tat  nicht  eigent- 
lich ein  völlig  durchgearbeitetes  Werk  in 
glatter  lesbarer  Darstellnmr,  sondern  viel- 
fl^h  mehr  Skizze  und  Grundlinie.  Mangel 
an  Kaum  —  viele  Abschnitte  werden  als 
gekürzt  bezeichnet  —  und  auch  an  Vor- 
arbeiten swang  SU  diesem  Verfahren. 
Trotzdem  möchten  wir  dem  Buche  «'iiicn 
hohen  Wert  zuschreiben  und  dem  Vert". 
warm  uns  Herz  legen  die  angeschnittenen 
Fragen  sn  vertiefte«  denn  niemand  wurd 

besser  vorbereitet  wie  er  selbst  den  An- 
regTingen,  a»it  die  man  immer  und  immer 
wieder  stößt,  folgen  können.  Ich  bekenne 
gem,  daA  ieb  ans  dem  Bnehe,  obwohl 
sein  Inhalt  fast  durchaus  meinem  speziellen 
Arbeitsfelde  angehört,  noch  manches  habe 


(lernen  können.    Andererseits  h&tte  ich 

I  wohl  ebensoviel  noch  beitragen  können. 

Daß  die  historische  Geographie,  wie 
sie  Götz  hier  auffaßt:  „sie  vergleicht  die 
Erdr&ume  hinsichtlich  der  seitUeh  mf- 
einander  folgenden  Änderungen  ihres 
Aussehens  und  ihrer  Bedeutung,  welche 
▼or  allem  durch  den  Zusammenhang  mit 
dem  Mensehen  bestimmt  wird**  ein  Teil 
der  l/ilnderkunde  ist,  unterliegt  für  mich 
keinem  Zweifel.  Auoh  J.Partsch  scheint 
dieser  Ansieht  zu  sein.  Ich  behandle 
solehe  Fragen  in  dem  entwiekelnngt- 
geschichtlichen  Abschnitte. 

Götz  behandelt  die  Mittelmeerliinder, 
Land  für  Land,  von  Mesopotamien  be- 
ginnend und  sehUeftt  daran  Gallien-Frank- 
reich, die  Al]>enlünder  lud  Deutschland 
an.  Besondere  Beachtung  verdient  seine 
Würdigung  der  Lage  des  betretfenden 
Landes  in  den  TerstAiedflnaii  Ferioden. 

Das  Buch  ist,  wie  es  vorliegt,  eine 
sehr  wertvolle  Ergänzung  der  meisten 
länderkundlichen  Darstellungen.  Noch 
weit  wertvoller  wttrde  es  für  die  Histori- 
ker sein,  wenn  diese  gewohnt  wären,  von 
etwas  gelegentlich  unentbehrlicber  Topo- 
graphie abgesehen,  den  Schauplätzen  der 
geschiehtliehen  Vorgänge  ein  tieferes 
Studium  zu  widmen. 

Auf  Einzclliciten  einzugehen  würde  V)pi 
einem  derartig  pfadüudenden  Werke  un- 
berechtigt sein.  Nnr  möchte  ich  auf  ein  im 
Erscheinen  begriffenes  Werk  von  G.  B.  M. 
Flamand  über  die  Sahara  binwcisen,  das 
für  diese  Fragen  von  allergrößter  Bedeu- 
tong  sein  wird.  Th.  Fischer. 

Wimmer,  J.    Geschichte  des  deut- 
schen Bodens  mit  seinem  Fflanzen- 
nnd  Tierleben  von  dar  keltiseh-römi- 
Bchen    Trzeit   bis   zur  Gegenwart. 
47öS.  Halle, Waisenhaus iy05. 
Wenn    sich   W.    Götz'  hiatorische 
Geographie  im  wesentlichen  auf  Beispiele 
nnd  Entwerfen  der  Grundlinien  beschrftn- 

koii  iniißte,  so  la^  di  r  Hanjdt^'nind  in 
dem  Mangel  einschlagender  grüiuilicher 
Einzeluntersuchungen.  Diesem  Mangel 
schien  das  vorliegende  Werk  eines  auf 
diesem  Gebiete  beroitK  bewährten  und  als 
solcher  anerkannten  Forschers  in  Bezug 
auf  unser  eigenes  Vaterland  abzuhelfen. 
Doch  ist  das  nur  bedingt  der  Fall.  Zum 
Teil  bietet  der  Verf  mehr  als  man  billig 
erwarten  konnte,  z.  T.  weniger.  Dem 


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416 


BücberbeBprechungen. 


dentschen  Boden  vmd  seinen  Wandlnngm 

im  Laufe  der  GeHchirhte  ist  nur  die 
kleinere  Hälfte  gewidmet  und  unter  deut- 
Bcbeiii  Boden  verateht  der  Verf.  auch  nur 
den  des  Deutschen  Reichs,  ohne  dtA 
irgend  eine  Krkliirung  für  dieses  bei 
einer  gescliiohtlichen  Betrachtung  äußerst 
autfällige  Verfahren  gegeben  wird.  Was 
bedeutet  denn  da  gegenfiber  einer  mehr 
ala  tuusendjührigen  gemeinsamen  Ge- 
schichte der  «jt'stern  toIIzost''"»"  Schnitt, 
der  allem  Anscheine  nach  auch  nur  ein 
operatirer  Eingriff  in  ein»  Tor&b«|{eheii- 
den  Kutwickelungskrankheit  war?  Wenn 
dt'r  Verf  in  nehr  dankenswerter  Wrise 
beäonderd  iiuf  die  wohl  bekuunleu  und 
dankbar  anerkanntenTerdiensteder  Kirche, 
der  Mönche  nnd  K]r>stcr  als  Förderer  dar 
Bodenkultur  und  des  Deutschtums  in  den 
Ostmarkeu  eingeht,  bO  wird  mau  doch 
das  ergftnzende,  so  rohmvolle  Kapitel  über 
die  SüdoHtmarken  schmerzlich  vermissen. 
Ganz  besonderB  von  Passau  aus !  In  diesem 
Abschnitt  ergänzen  sich  die  Darstellungon 
von  QOis  und  Wimm  er.  Als  eine  Lflcke 
empfinden  wir  es,  daB  der  Entwickeltmg 
der  deutschen  Küsten  so  wenig  Raum  ge- 
gönnt ist,  obwohl  diese  wesentlich  erst 
in  geschichtlicher  Zeit  die  Formen  er- 
halten haben,  welche  dem  deatechen  Volke 
die  Betätigung  sor  See  in  solchem  Maße 
ermöglichten! 

Die  der  Fflanten-  nnd  Tierwelt  ge- 
widmete größere  Hälfte  des  Werks  bringt 
neben  Allbekanntem  immerhin  noch  hie 
und  da  weniger  Bekanntes. 

Wenn  derVorf.  seinBnch  als  histoiiseh-' 
geographische  Darstellungen  bemchnet, 
HO  tritt  das  Geographische  doch  sehr  zu- 
rück, weit  mehr  als  bei  Götz.  Es  trägt 
auBgepr&gt  knltndiistorischen  Charakter 
nnd  eignet  sich  auch  mehr  zum  Nach- 
schla^'en  als  zum  zusammenhängenden 
Lesen.  Besondere  Beachtung  verdient  der 
dem  Zeitalter  der  großen  Rodungen  gewid- 
mete längere  Abschnitt.   Th.  Fisoher. 

Begiebiugy  U.    Die  Jagd  im  Leben 
der  salisehen Kaiser.  IIIS.  Bonn, 

Hansteins  Verlag  1906.  JC  2.—. 
Der  A'crf.  hat  hier  einen  sehr  inter- 
C88anten  und  dankbaren  Gegenstund  auf- 
gegriffen, der  anch  nach  der  geographi- 
schen Seite  hin  Beachtung  verdient.  Die 
.Tagd  spielte  im  Leben  der  deutschen 
Kaiser  des  Mittelalters  eine  große  itolle. 


Der  damals  noch  sehr  viel  grSAete  Wald- 
bestand ,  der  Reichtum  an  wild  lebendea 

jagdbaren  Tieren  und  die  Pfalzen,  die 
wechselnden  Residenzen  des  Herrschers, 
im  nächsten  Bereiehe  jener  Waldungen 
gelegen,  mußten  die  Leidenschaft  für  den 
Jagdsport  anrei/rn  und  bet^rdem.  Der 
Verf.  erörtert  zunächst  die  natürliche 
Verbreitnniit  des  Waldes  nnd  seine  Be- 
schaffenheit. Vom  zweit'  ii  Kapitel,  wel- 
ches die  .lagdartcn  und  -hilt-mittel  \<C' 
handelt,  kommen  für  uns  nur  die  kider 
etwas  kurs  geratenen  Andentungen  über 
die  Jagdtiere  in  Frage,  bn  dritten  Ka- 
pitt  1  werden  «He  von  den  Saliern  bevor- 
zugten i'falzeu  behandelt,  besonders  nach 
ihrer  Bedentong  fBr  den  benachbartsn 
Wald  nnd  die  Jagdgclegenheit ,  während 
ein  viert€r  Abschnitt  da.s  Itinerar  der 
Kaiser  enthält,  d.  h.  ein  nach  Jahren 
dnrchgeftthrtes  Yeraeiehnis  des  jeweiligen 
Aofenthaltes  in  den  Pfalzen  oder  anders- 
wo. —  Hinsichtlich  der  Verteilung  der 
Baumarten  in  der  früheren  Zeit  bemerkt 
der  Verf.  (S.  8):  „Ob  aber  jemals  der 
Laubwald  vorhetrschte ,  ist  die  Frage.*" 
Es  gebe  Namen  wie  Schwarzwald  und 
Fichtelgebirge,  aber  keine  Gebirgsnamea 
mit  Lanbholsbeseiehnungen.  Er  wendet 
sich  auch  gegen  den  Referenten,  der  „be- 
hauptet, ohne  jedoch  den  Beweis  dafür 
erbracht  zu  haben",  daß  die  Laubhölxer 
gans  entschieden  voi^herrscht  haben  nnd 
das  Verhältni.s  von  Laub-  zu  Xmi-  lwald 
da.t  Umgekehrte  von  heute  war.  Ich  gebe 
dies  jedoch  nicht  als  meine  eigene,  son- 
dern ausdr&cklieh  als  allgemeine  An- 
sicht wieder.  Bei  etwa.<  sorgfältigerer 
Durchsieht  meines  Buches  hätte  der  Verf. 
auf  S.  206  f.  auch  die  Beweisstücke  hier- 
Bu  geftmden.  t.  Berg  hatte  feetgestdl^ 
daß  von  6905  Orten,  die  nach  Bäamsn 
benannt  wurden,  6115  auf  Laubholz  hin- 
weisen, dagegen  nur  790  auf  Nadelholz. 
Und  «war  toitt  die  Buche  am  hänfigstso, 
in  1M,7  Fällen  auf,  die  Eiche  1467  mal, 
die  Linde  871-,  die  Birke  477  mal  nsw., 
dagegen  von  Nadelbäumen  die  Tanne 
nur  469-,  die  Fichte  80-,  die  Kiefo-  70  mal 
und,  auf  Nadelholz  deutend,  Namen  mit 
Kien  140  mal.  Bei  den  einzelnen  Laud- 
schaften  seigt  sich  ein  ähnliches  \  er- 
hftltnis;  im  Königreich  Sachsen  gibt  es 
93  Namen  mit  Laubholz-,  dagegen  aar 
'J2  mit  Nadelholzbezeiehnungen;  in 
Brandenburg  ia9  Orte  mit  Laubholznamen 


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Bacberbesprechangen. 


417 


und  nur  4  mit  Tamie.  Auch  intthiskori- 1 

»che  und  archäologische  Indizien  lif^'en  j 
hit'rfiir  vor,  S.  7  sapi  der  Verf  :  ,,Sn  her 
ist,  daß  in  i'rüheren  Zeiten  in  Deutach- 
lud  mehr  Lttobwald  war,  als  heate**  (I), 
tiihI  I  rruft  lieh  hier  eelhst  auf  die  Notiz 
T.  Bergs.  K.  Kretschmer. 

Geyr  -  Schwepponhursr,  A.  Meine 
Reise  nach  den  Färöern.  öG  S. 
Abb.  a.  1  K.  PaderborD,  Esser  1900. 
JL  8.60. 

Im  Jahr«'  1877  be^al»  wich  der  Vi  rf. 
nach  den  Färöern,  um  die  wenigen  dort 
wohnenden  katholischen  Einwohner  mit 
denOnadeunitkehi  der  katholiBchenKircho 
zu  versehen.  15  Ta<re  war  er  auf  den 
Ingeln,  und  die  Kindrücke  ciiesea  Aufent- 
halt« gibt  er  in  dem  kleineu  Ueftchen 
wieder,  Tennehrt  allerdiiigi  dnreh  eine 
Reihe  ergilnzender  Zugo  späterer  Mipsions- 
fahrten.  Gemäß  der  Kürze  des  Aufent- 
halt« ist's  denn  auch  nicht  allzuviel,  was 
man  erfährt  von  der  LaadechaA,  den 
LebensliciHngungen  und  der  Lebensart 
der  Einwohner.  Wer  sich  irgendwie  ein- 
gehender über  diese  merkwürdige  Insel- 
gruppe mit  ihrer  altertttmlichen,  dem  Is- 
ländischen am  nächsten  stoheiulen  i^j »räche 
unterrichten  will,  wird  zu  anderen  Hilfs- 
mitteln greifen  müssen.  Freilich  wird 
aokh  eingehendere  Belehmng  der  Ter- 
fasser  kaum  beabsichtigt  haben,  aber  es 
fragt  sich  doch,  ob  ea  lohnte,  die  ja  an 
und  für  gich  ganz  anziehenden  Schilde- 
mngen,  besonders  heraanogeben,  und  ob 
niclit  vielmehr  eine  Tau''  -^zeitung  od<'r  eine 
Zeitschrift  dafür  der  richtige  Platz  ge- 
wesen wäre.  Am  meisten  Wert  haben  * 
noch  ein  paar  Erzählungen  am  dem  Volks- 
glauben,  die  der  Verf.  gehOrt  uml  wiedrr- 
gegeben  hat.  B.  Kahle. 

Steinmetz^  Karl.  Ein  Vorstoß  in  die 
nordalbanischen  Alpen.  („Zur 
Konde  der  Balhanhalhinsel.**  Beieen 

und  Beobachtungen.  Ursg.  von  Carl 
Patsch.  Heft  3  )  59  S.  lo  Ahl.  1  Kou- 
ieuk.  mit  liühenschichteu  1 :  öOO  OÜO. 
Wien  u.  Leipzig,  HarÜeben  1906. 
JC  2.26. 

Ein  Forschungsziel  vornehmster  Art 
hat  sich  Karl  Steinmetz  vorgesetzt: 
die  Entschleierung  der  Orographie  der 

iiordalbanibclien  Alpen,  über  den  ersten 
Versuch,  die  Reise  von  1903,  wurde  auf 
8.  899  des  XI.  Jahrgangs  (1905)  der  G.  Z. 


I  beriohtet.  Aber  audi  der  zweite  Venaeh 

i  i.st  ein  Vorstoß  geblieben,  und  die  Haupt- 
;  kette,  die  vermutete  Hocligipfelkett^e ,  die 
das  Lim-Gebiet  von  den  Tälern  der  nörd- 
liohen  Drin-ZnflOsse  trennt^  ist  noch  nicht 
erreicht  worden.  Doch  hat  Steinmetz 
wahrscheinlich  gemaclit,  daß  sich  auch 
die  höchsten  Gipfel,  Maja  Kossnit  in  der 
Hauptkette  uid  Maja  JJ»  in  dem  Seiten« 
kan;m  zwischen  Schal*-  und  Mertuiit-Tal, 
nicht  über  das  allgemeine  Gipfelnivean 
der  dinarischen  und  makedonischen  Ge- 
birge (8500  m)  eriiebm,  so  daft  also  die 
früher  von  andern  ge&vfierte  Anschauung, 
es  ragten  einzelne  Hochgipfel  der  alba- 
nischen Alpen  bis  800U  m  auf,  au  Wahr- 
seheinlichkeit  verliert  Die  tiefte  Ein- 
sattelung der  Hauptkette,  die  Tschafa 
Pejis  (Paß  von  I]>ek  >  wird  zu  etwa  1600  m 
geschätzt.  Westlich  und  Östlich  zweigen 
die  beiden  mftchtigston  Seitenk&mme  ab, 
das  Schala'Tbl  ein»chlii>ßend.  Die  nächste 
bekannte  Einsattelung  ist  der  am  Schlji'b 
vorbeiführende  Paß  über  dem  Oberlauf 
dtt  Petita  Bistrica,  den  einst  Bou^  uid 
Viquesnel,  später  der  Kt  zeiisont  /.w  eiraal 
überschritt.  Die  größte  Höhe  betru;.r  1 7"()m. 

über  die  geologischen  Verhältnisse  er- 
fahren wir  nichts  Neues,  die  Hochkette 
mit  ihren  Hörnern  und  Kuppen  besteht 
ans  Kalk;  leider  erlauben  die  wenigen 
beigegebenen  Bilder  keinen  ächluß  auf  An- 
wesenheit oder  Fehlen  von  Glariabporen. 

Sehr  viel  wertvolle  Auskunft  erhalten 
wir  ilagegen  über  Stammesverfassiing,  Sit- 
ten und  Lebensweise  der  iVlalßoren,  wie  bei 
einem  der  Landessprache  kundigen  Beob- 
achter nicht  anders  zu  erwarten  ist  Leider 
wurde  der  volle  Krfoli,'  auch  fiieser  Reise 
durch  Feindseligkeit  und  Mißtrauen  der  Ai- 
banesen  vereitelt,  mid  es  ist  nur  tu  wün- 
schen, daß  uns  der  Verfasser  bald  über  eine 
driitefieise  berichten  kann.  K.Oestreioh. 

W allMe,  INimM  HMkenale.  RuBland. 

4.  deutsche  Aufl.  von  T'urlitz    '2  Rde. 
3y8  S.  u.  418  8.   Würzburg,  Stubers. 
Verlag  1906.    .iC  12.—. 
Wallaoe  „Russia",  zuerst  1877  er- 

schifiien  und  auf  Ghnandeiii«'^  .Jahre  langen 
Studienaufenthaltes  gesclirii  Ii-  n.  ist  fineg 
der  besten  Bücher  über  iiußiaud.  in  an- 
genehm lesbarer  Form,  h&u6g  an  be- 
stimmte Erlebnisse  und  Erfahrungen  an- 
knüpfend —  der  Verf  erzählt  in  der  den 
älteren  Auflagen  beigegebeue  autobio- 


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418 


fifleherbeiprechungen. 


grftphisehen  Skisae,  daA  er  das  Buch  luml 

in  p'h'lirter  doutschor  Art  niederge*t'hri^  - 
bell  halM\  di>'fl  Mannskri))t  alior  vom  \ fr- 
leger  wolilweisUck  abgeleiuit  wurden  sei  — 
fdhrt  es  den  Leier  üu  nunieche  Leben 
ein  und  macht  ihn  mit  den  wichtigsten 
VerhiUtniesi'n  d»\s  Stitat-iweHPns,  mit  der 
Kirche  und  ihren  Sekten,  der  Aufhebung 
der  Leibeigenschaft  und  ihren  Folgen, 
dem  Gemeiiidt-KrsitK.  den  wichtigsten 
fremden  Vrdkerstliartpn  usw  bpkannt. 
Wenn  es  auch  an  Geist  und  Tieiu  der 
Aofikisung  hinter  den  dreibftndigen  Buche 
Anatole  Leroy-Beaulieua  zurflckateht,  so 
gibt  es  doch  in  größen-r  Kürze  ein  noch 
allaeitigeres  und  uiutasäenderes  bild.  Wer 
das  Buch  gelesen  hat,  hat  eine  deaÜidie 
VorsteHung  von  den  firemdaitigen  und 
vepen  df»r  f'ben'inanderlapenins;  /woier 
verschiedener  Kulturen  so  schwer  aul'zui'as- 
senden  russischen  Yerhiltniflsen  gewonnen. 

Der  msflisch'japanisehe  Krieg  und  die 
innen-n  Wirren,  die  pffron  den  Schluß 
des  Krieges,  und  wohl  durch  ihn  her- 
TOrgerofra,  ausbrachen,  die  den  Erlaß 
einer  VerfaHSung  herbeigeführt  haben  und 
vielleirht  noch  wt  iti'rj^ehende  Umwälzun- 
gen herbeitühren  werden,  haben  den  Verf. 
Bu  einer  neuen  Auflage  seines  Baches 
bestimmt,  in  der  er  die  Daratellnng  bia 
auf  die  (Jt'^'<'!i\v:irt  fnrtjjeffihrt  hat.  Neben 
kleinereu  Änderungen  an  verschiedenen 
Stellen  des  Werkes  hat  er  eine  Ansah! 
neuer  Kapitel  hinzugefügt,  die  der  neueren 
politif-rln  ii,  hauptsächlich  innt-rpolitisclien 
Entwicklung  gewidmet  sind,  ich  kann 
nicht  sagen,  daß  mich  diese  Fortsetsung 
ganz  befriedigt  habt'.  Sie  ist  dem  Buche 
etwas  äußt-rlich  angt'fügt  und  stimmt  im 
ganzen  Tone  nicht  recht  dazu.  Während 
das  ftltere  Buch  fiberall  in  den  Kern  der 
Dinge  eindrang,  hält  sich  dies«;  Fort- 
Bf'tzung  mehr  an  die  äußere  Si-itf  der 
Entwicklung  und  au  die  Entwicklung 
der  reformerisehen  oder  xevoluttonlren 
Gedanken,  geht  aber  nur  weiii<;  auf  die 
wirt-;  ■hufrlioho  und  so/.ialt*  rinbildung 
des  ganzen  \  olkskör^era  ein,  auf  die 
doch  schließlich  fltr  den  Erfolg  jener  Be- 
strebungen das  meiste  ankommt.  Lnmer- 
hin  ist  sie  eine  qute  Anleitung  zum  Ver- 
ständnis der  großen  russischea  Tagesfrage. 

Das  Buch  von  Wallaoe  kann  auch 
heute  wann  empfohlen  werden.  Die  deut- 
sche (^l^erst'tzuüf,'  iüt  in  gutem  fließenden 
Deutach  geschrieben.        A.  Hettner. 


Fttn«r,  B*    Beitrftge  tur  KUna' 

kundedes  ÖsraanischenReiehet 
und  seiner  Na  ohbarge  biete. 
L  MeteuroL  Beobachtungen  in  Klein- 
arien  190S.  Pol  86  8.  Berlin  1M4. 
Es  ist  außerordentlich  dankbar  zu  be- 
grüßen, daß  sich  Prof.  Fitzner  das  Land 
der  großen  Vergangenheit  wie  der  großen 
Zuküift,  Kleinasien,  sum  eigenttichen 
Arbeitsfelde  gewählt  zu  haben  idieint 
'und  so  die  Arbeiten  E.  Naumanns  und 
A.  Philippsons,  um  von  den  Deutschen 
nur  die  jüngsten  fischminnischen  Er- 
forscher zu  nennen,  fortsetzt  oder  ergänzt. 
Beim  vorliegenden  klimatologischen  Be- 
obachtungsatotf  ist  nicht  nur  der  Eifer 
und  daa  Gesdbi«^,  mit  dem  er  susm* 
mengehraeht  ist,  anzuerkennen,  sondern 
vor  allem  auch,  daß  der  Verf.  in  der 
Lage  war  es  zu  veröffentlichen ,  and 
daß  wir  hoffen  dftrfen,  daß  dem  wei- 
tere ähnliche  Yerdfeatlichungep  folgen 

werden. 

Die  Eisenbahnen,  welche  Kleinasien 
jetst  wirtechafklidh  erschließen,  erweisen 
Mch  auch  insofern  als  Kulturträger,  als 

der  ganze  hier  veröffentlichte  Reobach- 
tongsstoff  au  ihren  Stationen  gesammelt 
worden  ist,  vor  aUem  an  denen  der  deat> 
sehen  anatolischen  Eisenbahn,  an  deren 
7  Beobachtunge»ätationen  der  Luftdruck  — 
leider  ohne  die  korrespondierenden  Tem- 
peraturaufteiohnungen — ,die  Temperatur, 
leider  auch  nur  Maximum  und  Minimum, 
der  Nieilersohlag,  auch  nicht  mit  der 
nötigen  Sorgfalt,  die  Bew^ölkiuig  und 
Windrichtung  beobachtai  wird.  Dasu  kom- 
men  die  Regenmessungen  der  Smyma — 
Kassaba- Linie  (42  Regenstationen'i.  der 
Smjma — Aidin-Eiseubahn  (26  Stationen) 
und  der  Mersina— Tarsus— Adana-Eltsn- 
babn  (3  Stationen).  Femer  Beobachtungen 
von  Temperatur,  Niederschlag  und  Be- 
wölkung von  Diarbekir.  Es  sind  darch- 
ans  Denttohe,  die  der  Wissensdiaft  diese 
Dienste  leisten,  und  es  ist  daher  zu  hoffen, 
daß  die  jetzt  noch  zu  beklagenden  Män- 
gel in  den  künftigen  Berichten  wegfallen 
werden.  Es  liegen  so  tät  das  Jahr  190S 
die  Beobachtungen  von  76  Stationen  vor^ 
während  Tli.  Fischer  Ende  der  siebziger 
Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  in  gans 
Kleinasiflii  nur  von  5  Sfeatboeii  lalerst 
▼erschiedenwertige  Beobachtungen  sa- 
sammen  bringen  konnte. 

Th.  Fischer. 


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Bficherbeaprechangen. 


419 


Web«r«Taa  Itowe,        Ein  Jabr  an 

Bord  I.  M.  S.  „Siboga"  Beschrei- 
bnnpr  der  holländischen  Tiefseeexpe- 
dition  im  Niederländisch -Indischen 
Azchipel  1899—1900  Naeh  derS.  Auf- 
lag ans  dem  HoUändiachan  flber- 
tra^ifen  von  Frau  E.  U  uf^e-  Baenzi  per. 
Xlil  u.  37U  b.  4U  Textabb.  Leipzig, 
Engelmanii  1906.  JL  T.— . 
Frau  Webei-van  Bosse  hat  ihren  Ge- 
mahl,   den    verdienst  vollcu    Leiter  der 
Siboga- Expedition,  aul'  der  Fahrt  begleitet, 
Qod  deien  Ytalaof  wie  ihre  eigenen  Be- 
obacbtongen  in  einem  wanderhabseben 
Buche  zusammengefaßt,  fiir  dessen  ^f^- 
geschickte  Übersetzung  ins  Deutsche  wir 
derÜbenetzerin  nur  dankbar  sein  können. 

Die  Lektüre  dieses  Buches  hat  einen 
eigenen  Reiz,  denn  eine  feine  Frauenhand 
hat  die  Feder  geführt  und  die  ^md- 
artigen  Eindrücke  des  fernen  Ostens  wieder- 
gegeben. So  erfahren  wir  aber  das  so 
verschlossene  Seelenleben  der  Eingeborenen 
aus  zahlreichen  eingestreuten  Bemer- 
kungen mehr,  als  aus  mancher  großen, 
in  wiseensehaftiichem  Gewände  einher- 
echreitenden  Arbeit.  In  Botiiuikerkreisen 
ist  Frau  Weber  als  Alpenforscherin  <^e- 
schätzt,  und  so  zeigt  sie  in  ihrer  Schil- 
dening  der  wiasenaehalUiebea  AilMiten 
an  Bord  volle.^'  Verständnis.  Auch  das 
eigenartige  Leben  auf  einem  solchen  Expe- 
ditionsschiff, die  Leiden  und  Freuden  der 
Fischer«!  in  giolen  MeereslialiBii,  die 
riitrrsuchunfr  der  KorallfnriflTe  wie  die 
Exkursionen  an  Land  werden  mitLebeudig- 
keit  und  Frische  geschildert. 

Da  die  Fabrt  der  Siboga  die  ent- 
legensten Gebiete  des  malayischen  Archi- 
pels berührte,  wird  auch  dem  Naturforscher 
ond  Geographen  viel  Neues  geboten  und 
Prof.  Webers  mehr  wissensehaßliehe  „In- 
troduction  et  Description  de  TExpedidon 
du  Sibof^"  wird  auf  das  glücklichste  er- 
gilnzt.  Wie  (Jhuua  Meisterwerk  „Aas  den 
Tiefen  des  Weltmeeres^*  so  wird  auch 
dieses  gut  illustrierte  Buch  dazu  beitragen, 
das  Verständnis  für  die  Tiefseeforschung 
und  ihre  Ziele  in  weite  Kreise  zu  tragen. 

W.  Kfikenthal. 

Entgegnung  auf  Kirchhoffs  Be- 
sprechnng';  meines  Büchleins 
„Bedentnng  und  Aassprache 

1)  Heft  8,  8.  180. 


der  wichtigsten  lohnlgeo- 

graphischen  Namen**. 

Mein  Hü«  )i!i  in  i^t  fi'ir  Schnler  höherer 
Lebranstuitcn  bestmimt  und  bringt  des- 
halb nur  das  AUerwicbttgste,  aus  weldiem 
der  Lehrer  dos  auswählen  soll,  was  ihm 
je  nach  der  Stufe  und  der  zur  Verfügung 
stehenden  Zeit  geeignet  erscheint.  Da 
ein  Bneb  fBr  SchUler  billig  sein  muß,  so 
habe  ich  alles  fortgelassen,  was  der  Schil- 
ler, wie  die  Aussprache  en<?li8cher  und 
französischer  Namen,  aus  anderen  ihm 
zur  VerfQgung  stehenden  Bflöhem  leidit 
lernen  kann.  Da  ich  eine  Aussprache 
himälaja  statt  himälaja  nie  g^ehört  habe, 
so  habe  ich  dort  nur  die  Betonung  an- 
gegeben, da  jedes  Zeichen  den  ohnehin 
schon  sehr  kostspieligen  Druck  noch  weitor 
verteuert  haben  würde.  Hütte  ich  so 
langcAuseinandersetzungen  aulgenommen, 
wie  sie  Kirch  hoff  bei  dem  Namen 
Bayern  wünscht,  so  win  aus  meinem 
Hefte  ein  umfangreiches,  mehrbändiges 
Werk  geworden,  was  kein  Schüler  kau- 
fen kSnnie.  Einige  sweiÜBlhafte  Dentongen 
mußte  ich  der  Vollstä.ndigkeit  wegen  un- 
bedingt aufnehmen;  hätte  ich  z.  B  'He 
Namen  Berlin  und  Wien,  deren  Bedeutung 
sehr  sweifelhaft  ist,  fortgelassen,  so  wflrde 
man  mir  sagen,  es  „fehlte"  etwas.  Es 
ist  wohl  sclbstverstUndlioli,  daß  der  Lehrer 
die  zweifelhaften  Deutungen  nicht  lernen 
lassen  wird;  doch  ist  es  immerhin  anoh 
lAr  den  Schüler  von  Interesse  zu  erfahren, 
in  welcher  Richtung  bei  diesen  Namen 
ein  Deutungsversuch  gemacht  ist. 

Daß  ich  hinsichtlich  der  Aassprache 
in  manchen  Punkten  von  den  in  Kirch- 
hofft» , .Erdkunde  für  Schulen"  gemachten 
Angaben  abgewichen  bin,  ist  mir  bekannt. 
Dieses  ist  aas  folgenden  Ghrfinden  ge- 
schehen-. )>ekanntlich  werden  viele  geo- 
graphische Namen  an  Ort  und  Stelle  auch 
von  den  Gebildeten  ganz  yerschieden  aus- 
gesprochen; der  Käme  des  Dorfes  Seinstedt 
bei  Braunschweig  wird  z.  B.  von  den  ver- 
schiedenen Einwohnern  des  Ortes  scin- 
stehe  (plattdeutsch),  säiustedt  (der  gebil- 
dete Braunsehweiger),  Seinstedt,  sein- 
schtedt,  fleinsdktedt  (der  eingewanderte 
Sach.se  usw.  ausgesprochen.  I<  li  lialie  mich 
bemüht,  überall  die  im  amtlichen  Ver- 
kehr bevorzugte  Aussprache  zu  bekommen; 
hinsichtlich  der  Namen  der  europäischen 
Lftnder  besonders  durch  Studien  an  Ort  und 
Stelle  selbst    In  anderen  Fällen  bin  ich 


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420 


Bücherbeaprechungen. 


von  Kirchhoffs  Ausspnehe  abgewichen, 
da  ich  Keine  Anj^aben  für  unrichtig?  halte; 
z.  B.  in  t'olf^cnden  Punkten:  Tojo  wird 
von  jedem  gebildeten  Portugiesen  tejn 
(initfraDzüeiscbem  j)  auB^'esprochen,  einen 
Fluß  töstho  kennt  im  Lande  niemand; 
o  lautet  im  Portugiesischen  am  Ende 
dw  Wortes  meist  u;  Douro  wird  doim 
oder  mehr  wie  dorn  ausgesprochen.  Das 
rti'^fisehe  rha  wird  nidit  wie  k,  sondern 
wie  ein  scharfe!),  gutturales  ch  ausge- 
sprochen. Das  unserm  0  entsprechende 
scharfe  ■  dei  Spanier,  Schweden  *)«  Bussen 
QIW.  ist  von  Kirehhoff  an  mehreren 
Stellen  unrichtig  durch  untier  weiciies  s 
viedtfrgegeben,  z.  Ii.  in  santauder,  up:>ala 
aewMtopol.  Die  englische  Form  „Singa- 
pore"  des  N'iiTH'  tis  Singhapur  wird  von 
den  Engländern  bald  ßingapör,  bald 
ßingapör  gesprochen,  niemals  aber,  wie 
KircbhofF  in  seiner  Besprechung  angibt, 
wie  siugüpor.    Berg  heißt  im  Arabischen 

nicht  gebel*),  sondern  J>«J^  [(^ebel  mit 


französischem  j].  Die  Aussprache  ben  niwiä, 
filr  deren  Richtigkeit  Kircidioff')  fnih-r 
selbst  eingetreten  ist,  soll  unrichtig  und 

I  dvich  ndwis  so  enetsen  wem.  Dü 
Wort  Liman,  welche««  wir  vom  Schwarzea 
Afeere  her  bekommen  hal'en.  kommt  l>e- 
stimmt  vom  griechischen  iU^iriv  und  nicht 

I  Ton  KfMTi}  her;  die  am  Sdiwarten  Meen 
wohttenden  Neugriechen  gebrauchen  filr 
das*,  was  wir,  die  Türken  und  die  Hiis«en 
Liman  nennen,  noch  heute  das  Wort 
Xifii]t\  während  sie  mit  llfivi]  in  der  Regel 
einen  vom  Heere  entfernten  Binnensee 
bezeichnen.  Warum  der  Name  Gauri- 
sankar  aus  der  Schuigeographie  ver* 
schwinden  soll,  nachdem  Wood  nach- 

,  gewiesen  hat,  daß  Mt.  Everest  und  Gaori- 
sankar  verschiedene  Berge  sind,  ist  nicht 
einzusehen.  Ebenso  könnte  mau  auch 
verlangen,  daß  außer  dem  Namen  Moni* 

'  blanc  alle  Namen  derhfiherai  AlpengipM 
aus  den  Schnlbflohtm  vernchwin  li n  tnäS- 
ten.  A.  WoUemaun. 


Neie  Bicher  nd  Karton. 


fleKhlcht«  4«r  €*osrspliIe. 
Gerland,  G.  Immanuel  Kant,  seine  geo- 

graphii^clicn  und  antliropolo^ischcn  Ar- 
beiten. 12  \  orlesunj.'en  VIII  u.  174  S, 
Berlin,  Beut  her  ic  Beichardt  1906. 
JL  4.—. 

AUsemelBes. 
Bibiiutheca  Geographica.   Hrsg.  v. 
d.  Ges.  f.  Erdkde.  sa  Berlin.  Beerb,  t. 

Otto  Bäsch  in.  Bd.  XI.  Jahrg.  l'JO'i. 
XVI  u.  Ö31  ä.  Berlin,  W.  H.  Kühl  1»06. 
t4C  8. — . 

Anleitung  zu  wiss.  Beobachtungen  auf 

Reisen.  Hrsg.  von  G.  v.  Neumayer, 
in.  AuH.  (Schluß-)  I.i.  f  i:{  15.       lö.— . 

Milier,  W.  lustrumonteukunde  für  For- I 
sehnngsreisende.  Unter  MitwirkongTOo  j 
C.  Seidel  VIII  u.  20u  S.  184  Abb.  i 
Hannover,  Jänecke  1H<I6     J(  4.40.  ' 

Brockhaus'  Klciues  Kouversatious-Lexi- 
kon.   6.  Aufl.  8  Bde.  in  66  Heften. 


1)  Im  Worte  Sverige  sprechen  auch 
die  Schweden  das  s  htlußg  etwas  weicher, 
sy  Der  sehwedisehe  Poststempel  aeigt 

die  Form  Upusala. 

3)  KirchholT.  Erdkunde  für  Schulen. 
1905.  iS.  lü. 


34.  U.  (Bd.  U.  H.  1.)  Leipzig,  Brock- 
hsDS  1906.  Je  JC  —.30. 
Meyers  Kleines  KonTcnations- Lexikon. 
7.  Aufl.  6800  S.  620  Taf.  (llu  K  o. 
PL)  u.  100  Textbeil.  Lief.  1.  Leipzig, 
BibLInat  190«.  ISO  Uef.  ni  je  JC— .60 
od.  6  Bde.  sa  je  JL  19.—. 

A1li:<<ni«-In(>  pliyiiUehe  Grosraphle. 

Löwl,  Ford.  Geologie.  (Die  Knikuiide, 
hrsg.  von  M.  Klar.  XI.  Teil.;  VIU  o. 
882  S.  Leipsig  a.  Wien,  Denticke  1906. 

.fC  11. CO 

Geikie,  Archibald.  Anleitung  zu  geo- 
logischen Aufuahmen.  Geleitwort  vOB 
y.  Hilbert  deutsoh  von  B.  Ter- 

zaghi.  XII  u.  152  8.  Textabh.  Leipsig 
u.  Wien,  Deuticke  1006.    ^fC  3.—. 

Fi  not,  J.  Das  liassenvoruxteil.  Autor. 
Übers,  n.  d.  FnmsOs.  von  K  U  flller- 
Röder  vm  u.  428  8.  BttUn,  Hfipedan 
&  Mexzjn  1906. 

DeatMUaad. 

Kaiserlicbe  Marine.  Deutsche  8ee- 

1)  Erdkunde  für  Schulen.  4.  Aullsge- 
1896.  S.  ib. 


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Neue  Bücher  uud  Karten. 


421 


warte.  Monatskarte  für  den  atlanti- 
schen Ozean.  Jahrg.  VI  Nr.  7  Juli 
1906.  Uambuig,  Eckardt  &  Meßtorff. 
JL  —.76. 

Hei  1  in  a  M  II .  Q.  Regenkarte  von  Deutach- 
laiul.  -Mit  erläut^Tiiden  Bemerkungen. 
Berlin,  D.  Reimer  1006.    JL  3.—. 

Grupp,  Georg.  Der  deatoehe  Yolkt- 
nnd  Stammest  harakfter  im  Lichte  «ler 
Vergangenheit.  Reise-  nnd  KulturbiMcr. 
VIII  a.  205  S.  Stuttgart,  Strecker  &: 
Schröder  1906.  JL  i.7o. 

Peßler,  W.  Dm  aUsächsig.  ho  Bauem- 
bauB  in  Miner  genfjTaplii>^cht>n  Verbrei- 
tung. Ein  Beitrag  zur  deutschen  Lan- 
dea>  und  Volkakunde.  XVm  n.  S6B  8. 
171  Textabb.,  1  Originalzoichnung  n. 
eig.  Aufn.  d.  Verf.  u.  4  K.  Hraun- 
■chweig,  Vieweg  &  Suhn  1906.  JL  10.—. 

BOdige,  Nik.   Hfiggel  und  Silberberg. 
Ein  histor.-geol.  Beitrag  zur  LandcH- 
ktmde   von  Osnabrürk.    .'.0  S. 
Osnabrück,  Uanabrücker  Volkazeituug 
1906. 

Karte  des  Harses  im  Maß-tabf  i  : 
ßn  000  Hrgfr  v.  Ilarzklub  Bearb.  im 
Kartogr.  Kupierstich -Inst.  U.  Tetters 
(O.  Ueteerotb),  Stuttgart.  Bl.m:  Thale. 
AuHgabe  1—4.  Je  «4t;  1.—.  Quedlinburg, 
Huch  1906. 

Die  Donau  tou  Paesau  bis  sum  Schwär^ 

len  Meere.  Hrsg.  v.  d.  I.  k.  k.  priv. 
Donau-  Darapfschiffahrts-Ges.  Saison 
1906.    167  S.    Viele  Textabb.  Gratis. 

ICaywald,  Fritz.  Die  PBase  der  West- 
karpatben  unter  liesonderer  Benu  ksich- 
tiprnng  der  Paßstraßen  der  Sandstein- 
zone. (Leipz.  Disa.)  (Veröff.  in  den^^itt. 
d.  BeekidenTereini**.)  Teicben,  Selbat- 
verlag  d.  Beskidenver.  1906. 

T?abl,  Josef  Illustrierter  Führer  ander 
uördüchuu  Adria  und  ihren  Zugangs- 
linien  veu  UOncben  und  von  Wien. 
(A.  Hartlebens  niuntr  Führer  Nr.  68.) 
Anhang  mit  kursgefaßtem  Führer  Ar 


die  dalmat.  Städte,  die  Inseln  des 
Quarnoro,  dfii  (Jardasee  nnd  Mailand. 
34  lU.  u.  4  K.  Wien  u  Leipzig,  Hart- 
leben 1907.   Kr.  6.60  —  JL  6.—. 

D^cbj,  M.  v.  Kaukasus  Reisen  und 
Forscbunj^en  im  kaiikafii-.chen  Hoch- 
gebirge in  3  Bünden.  Bd.  1.:  XWII  u. 
847  S.  81  Tkf.  u.  176  Textabb.  Bd.  n.t 
XIX  u.  .396  S.  23  Taf  u.  224  Textabb., 
.'>  peolog.  Prof  u.  1  K.  d.  kaukas.  Hoch- 
gebirges in  -i  Bl.  i.  M.  1  :  400  000. 
Berlin,  D.  Reimer  1906/6.  JL  40.—. 

Henning,  GeorR".  Die  Reiseberichte 
über  Sibirien  von  Herberetein  bis  Ides. 
(S.-A.  a.  d.  „Mitt.  d.  Ver.  f.  Erdkde.  zu 
Leipsig**  1906.)  160 S.  Leipiig,  Naumann 

1900. 

Montgelas,  Pauline  (JriSfin.  Bilder 
aus  Süd-Aäien.  140  S.  6  Abb.  u.  1  Kar- 
tenskiaee.  Münehra,  Ackermann  1906. 
JL  4.—. 

Lyons,  H.  0.  The  Physiography  of  the 
River  Nile  and  ita  baain.  A'UI  u.  411  S. 
Cairo.  Xational  Pi  intingDepartment  190«. 

Lyons,  H.  G.  The  rains  of  the  Nile  Ba- 
iin in  1906.  (Survey  Depart.,  Egypt.) 
40  S  9  Taf.  Cairo,  Al-Mokattam  print 
App.  1906. 

V*riaasriluu 
Franz,  Alex.    Die  Koloniiation  des 

MiHHi.H.sippitale»  bis  /nm  Au«?aiiLr<'  'b'r 
irani(ö»iclien  Uerrscbatt.  Eine  kolonial- 
Mstorische  Studie.  XXIII  u.  464  S.  1  K. 
Leipzig,  Wigand  1906.  JL  10.—. 

«roKraphUrhpr  I  nterrlcht. 

Letoschek,  Iv  Sunmliin^r  von  Skizzen 
und  Karten  zur  Wiederholung  beim 
Studium  der  metbematiscben,  physika- 
lischen und  politiHchen  Geographie. 
IH  Taf  13  S.  Text.  Wien,  Freytag 
Berndt  o.J.  (1906).    JL  2.60. 

Stutzer,  E.,  u.  A.  GOiiitser  Heimate- 

künde  2  Aufl.  18G  S.  1  Taf.  U.  11  Abb. 
BreiOau,  Hirt  1906.  JL  1.60. 


Zeitschrifteiificliaa. 

P(Yer/HanM;(  .ViVf/fj/u/iz/fM.  1906.  6.  Heft,  sehen  Anden.  —  Stoeiisby:  Dünische 
Eckert:  Neue  Fntwiirfe  für  Karten.  —  Anthropointne.  —  Bergt:  Geomorphologie 
Weberbauer:  Grundzüge  von  Klima- 1  des  Flöhagcbietcs  im  Erzgebirge.  — 
und  PflanaeuTerteilung  in  den  peruani- j  Hahn:  Foureane  Baharaduichquerung. — 


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422 


ZeitiehriftOBiehftii. 


Der«  ;  10  lahro  ihuisAtiitcher  Arbeit  in 
Madagaskar. 

Gh^.  89.  Bd.  Nr.  19.  VorÜBch: 
Die  Kegtr  der  Ooldkflste.  —  Prowe: 

Eine  neue  Karte  von  (Jnatoinala.  -- 
Arauzadi:  Zur  Etboographie  Uea  üchsen- 
joches  nnd  snr  BMkenlninde.  —  FOriter: 
Deutsch -Ostafrika  1904  O.')  -  Wintor- 
niti:  Zur  Vi»lkHkun(h^  dt-r  Iii.sel  Socotra. 

—  Danielascbe  Kxpeditiou  nach  Britigcb- 
Kengnineft. 

Dan.  Nr.  •20.  Koch -(Jrünberg: 
Kre'i7.  "n<l  (juer  »liirch  NonUv.  st  i'rasilien. 

—  Wo  starb  Fhedricb  UomemaimV  — 
Meyer:  Handarbeiten  der  lettiaehen  Be- 
viilkeruujf.  —  Zum  KulitheiiHireit.  — 
Krebs:  VulkaniBche  Anuhijjien  im  mitt- 
leren Amerika  aua  neuettter  Zeit.  — 
T.  Kleiflt:  Gantiers  Dnrchquerong  der 
Sahara. 

Dass.  Nr.  21.  Weiß;  Land  und  Leute 
von  Mgororo.  —  Ouaaert:  Aikalisalze  in 
Denttch'SadwestaMkft.  —  Spieß:  Aus 
den  Gerichteeitznngen  der  Evheer  West- 
Afrikas  —  Seidel:  Supans  Wt-rk  über 
die  territoriale  Entwicklung  der  europä- 
ischen Kolonien.  —  Vom  Tsadsee. 

Deuttehe  JRtNMfaeka«*  für  Geographie 
tmd  Statistik.  -Js.  .Ihr^'.  0  Hoft.  Krebs: 
Die  Hamburger  Beubacb  t  uugen  der  Sonnen- 
finsternis vom  30.  Aug.  1906  und  ihre 
liaiqitiiehlichsten  Ergebnisse.  —  t.  Mel- 
lenthin: Kalifornien,  das  Land  den  kom- 
menden Thlms  -  Mayer:  Die  südlich- 
sten überg.iuge  vom  Donau-  zum  Elbe- 
gebiete  —  Winter:  Anzische  Kflchen- 
Weisheit.  —  Kürchhoff:  Hinnen wa.sser- 
straßen  zwischen  Senegal  und  Niger. 

Meteorologische  Zcitschnft.  1906.  u.Hefb. 
V.  Ficker:  Der  Föhn  ▼om  4.-6.  Nov. 
100,')  in  den  Ostalpen.  —  firoßmnnn: 
lli^'  hori/t>ntalo  Komponente  der  ablen- 
kenden Kraft  der  Erdrotation.  —  Frie- 
senhof: Die  Loftdrackgehilde  der  untern 
nnd  obcm  Atmosphäre. 

Zt  Hochriß  ftii  Schuhjrttgrajihv'.  1906. 
8.  Heft,  ilayer;  Teuck  ala  Lehrer.  — 
Clemens:  Der  gegenwärtige  Stand  dar 
Heimatkunde  in  Dout'^chland.  —  Janker: 

,fDie  Krdbelienwarto  '. 

Geographischer  Änzctger.  1906.  4.  Heft. 
Schifiter:  Die  Siedelnng8ge<^saphie  als 
Arbeitsfeld  der  «irennanifltiscb-lustoriieh 
▼orgebildetcn  Kr.Ikuudelehrer.  —  Nie- 
mann:  i>er  AuHtral kontinent. 

Dan,  6.  Heft.  Sehlflter:  Die  Siede- 


lungfgeographic  als  Arbeitsfeld  usw.  — 
Baltzer:  Die  Erforschung  der  Erdober- 
flftche.  —  Chernbim;  Von  der  Sdiol- 
reform. 

Drutsche  Krde.  19o6.  Nr  '1.  Hiisse: 
Richard  Bückh.  —  Kirchhof!':  Das  grem- 
Mtri.itigc  Gebiet  von  Moiesnet.  —  Nagl: 
Eine  deutachbenaunte  Bergstadt  Böhmens. 

—  Oppel:  Das  Deut.schtum  in  Kauada 
Zeitschrift  für  Koloniaipolittk ,  -recht 

vnd-wirUdMß.  190«.  4.  Heft.  Die  San»- 
liueninsel  Yap. 

Mittf  iJungen  d.  k.  k.  Geogr.  Grs.  in 
Wien.  1906.  Nr.  S  n.  4.  v.  Uartuugeo: 
Einiges  Nenere  Aber  das  antike  nnd  dai 
heutige  Rom.  —  Lasch:  Ein  neuer  Bei- 
trug zur  Kunde  der  Eiageboieaen  Weit- 
Australiens. 

La  Geographie.  190S.  No.  6.  Lar- 
ras:  La  popolation  du  Maroc.  —  Bonle; 
L'fige  des  demiers  volcans  de  la  France. 

Annale»  de  Geographie.  1906.  No.  81. 
Mai.  Pasierat:  Lee  pluies  de  mousson 
CD  trie.  —  Martonne:  La  p<^n^plaine  et 
les  cötes  ljr<'tonnes.  —  Hardv:  La  veg^ 
tation  des  Higblands  d'Kcosae.  —  Cvijic: 
Remarques  snr  Tethnographie  de  la  Mae^ 
deine. 

Tbl  (HrniiniphiealJoumai.  1906.  No.6. 
B 1  u  n  d  e  1 1 :  Exploration  in  the  Abai  Baa- 
siu,  Abyasiuia.  —  Elliot:  Suggestiont 
for  an  Inqoizy  into  the  Resources  of  Uie 
Empire.  —  Murrav  and  Pullar:  Bathy- 
metrical  Survey  of  the  Freshwater  Lodtf 
of  Scotland.  —  Daly:  The  Nomeuclators 
of  the  North  Amerioan  Cordütera  hehreaa 
47"  and  53»  of  Latitude.  —  Broadfoot: 
Dr.  Sven  Hcdins  Journey  in  Central  Asia. 

—  Recent  Earthquakes.  —  Bnwensori.  — 
Sven  Hedin  in  Persia. 

The  Scottish  Gtitgraphical  Mngazinf. 
190«.  No.  6.  Newbigin:  The  Kinguwie 
District.  —  The  Nortb-Eaatem  Territorisi 
of  the  Congo  Free  State.  —  Frew:  The 

Southern  Iliglands  fr^an  Dinuj^'-oyn. 

The  2\attonal  Geogrnphic  MamziM- 
1906.  No.  b.  Bridgmau;  The  New  Bri- 
tish Empire  of  the  Sndan.  —  Gibbs: 
The  „Brcak-np"  of  the  Yukon.  —  Scenw 
of  Ve<iivius  aud  in  Naplea.  —  Ranstnae: 
The  i'robable  Cause  of  the  San  Franciaeo 
Earthqnake. 

Thv  Journal  nf  Gengraph  II.  l'.»nß.  Xo  4. 
Davis:  An  Inductive  Study  of  tbe  Con- 
tent of  üeography.  —  Jefferson:  Ahout 
Net«  for  Map  Diawing.  —  Trotter: 


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Zeiisehriftenschan. 


423 


Migration  of  Birdi  M  Sabjeet  for  Gco- 
graphj  Study. 

lkU9.  No.  5.  Summer  Courses  in 
Geognphy.  —  Farnhsm:  The  Otwego 

Geographj  Course. 

U.  S.  Geol.  6urvey.  Professional  i'a- 
pen,  No.  34.  AI  den:  The  Delavan  Lobe 
of  the  Lake  Michigan  Olacier  (IS  Ta£).  — 
No.  36.  Ulri(  })  n  Smith:  The  Lead, 
Zinc,  and  Fluorgpar  Deposits  of  Western 
Kentucky  (82  Taf.,  81  Fig.).  —  No.  87. 
Ajrei  a.  Athe:  The  Sonthern  Appala- 
ohian  Forests  (37  Taf.,  2  Fijr  ).  No.  38. 
Boutweil,  Keith,  Emmoua:  Economic, 
Areal,  General  Geology  of  iho  Biugham 
Mining  Dittriet,  Uthft  («9  Taf..  10  Fig.). 

—  No  41  Men  (1  cn  h  a  1 1 :  fJeolof^y  of 
the  Central  Copjier  River  Region,  Alaska 
(20  Taf.,  11  Fig.}.  —  No.  42.  Spurr: 
Geology  of  «he  Tonopah  Mining  Dittrici. 
Nevada  (24  Taf.,  78  Fig.). 

U.  S.  Geol.  Sunetf.  BnUftins.  1905. 
No.  847.  Moffit:  ibe  Fairbaven  Gold 
Plaeen,  Seward  Peninanla,  Alaska  (14 
Taf.,  2  Fig.j.  —  No.  251.  Prindle:  The 
Gold  flaterh  of  tlie  Fortyniile,  Hirch 
Creek.  aud  Fairbuukä  ikegionu,  Alaska 
(16  Taf.).  —  No.  S66.  Stone:  Mineral 
Besonrces  of  ihe  Eldere  Ridge  Quadrangle, 
Pennsylvania  fl2Taf,  4Fi{»).  —  No.  203. 
Purington:  Metbods  andClostfl  ofGravel 
and  Placer  IGning  in  Alaika  (4S  Taf., 
49  Fig.).  —  No.  270.  Hobbix  The  Con- 
fi^nration  of  tht^  Rock  Floor  of  Greater 
New  York  ^^ö  Tal".,  Ü  Fig.j.  —  No.  267. 
Bain  n.  Ulrich:  The  Gopper  Depoeite 
of  Miggouri  (1  Taf.,  2  Fig.».  —  No.  271. 
"VVeeky:  Bibliography  amt  Iudex  of  North 
American  Geology,  etc.  for  1904.  — 
No.  276.  O annett:  Becnlts  of  Primary 
Triangulation  and  Primaiy  Traverse 
1904— 5  (1  Taf\ 

ü.  S.  Gtol.  iiurvey.  II' ater-Üupply  ami 
Irriffaiion  Paper.  No.  198.  Key  es:  Geo- 
logy and  Underground  water  conditions  of 
the  Jornada  del  Mueru»,  New-M»xieo 
(9  Taf.,  11  Fig.).  —  No.  12...  Newell, 
Horton,  Grover,  Hoyt:  Rep.  of  Pro- 
graas  of  Strenm  McasurcnuMits  for  the 
("fil  -Year  19(i4.  Part  II:  Hudbon,  Passaic, 
Raritan ,  and  Delaware  River  Draiuages  l 
(2  Taf.,  1  Fig.).  —  No.  127.  Newell, | 
Hall,  Hoyt:  DaM.,  Part  IV:  lauter, 
Savannah,  Ogeecbee,  and  Altamaha  Hivers 
and  Eatitem  GuU'  of  Mejiico  Drainage« 
(2  Taf.,  1  Fig.).  —  No.  122.  Newell, 


Horton,  Johnson,  Hoyt:  Dass.,  Part 
VI:  Great  Lakes  and  St.  Lawrence  River 
Drainage  (2  Taf.,  1  Fig.).  —  No.  130. 
Newell,  Barb,  Hoyt:  Daae.,  Part  YIl: 
Hudson  Bay,  Minnesota,  Wapsipinicon, 
Jowa,  De»  .Moines,  aud  Missouri  River 
Drainages  ^2  Taf.,  1  Fig.).  —  No.  181. 
Newell,  Hinderlider,  Hoyt:  Dan., 
Part  VIIT:  Platt.'.  Kansas,  Meramec,  Ar- 
kansas, and  Red  Kivcr  Drainages  1*2  Taf., 
1  Fig.).  —  No.  133.  Newell,  Hinder- 
lider, Swendien,  Ghandler:  Daee., 
Part  X:  Colorado  River  and  the  Great 
Basin  Drainage  (2  Taf.,  1  Fig.^.  — 
No.  134.  Newell,  Clapp:  Dass.,  PartXI: 
The  Great  Basin  and  Pacific  Ooean  Drai- 
nage in  California  (2  Taf.,  1  Fig.).  — 
No.  135.  Newell,  Ross,  Whistler, 
Noble:  Dass.,  Part  XII:  Columbia  River 
and  Paget  Sonnd  Drainage  (2  Taf ,  1  Fig.). 

—  No.  isr..  Lee:  Underground  Waters 
of  Salt  River  Valley,  Arizona  <23  Taf, 
26  Fig.).  —  No.  137,  13«,  139.  Menden- 
hall: Development  of  Underground  Wa- 
terg in  the  Easteru,  f'entral  and  Western 
Cnastal  Plaiii  Kogiou  of  8outbern  Cali- 
fornia ;7  Taf.,  ü  Fig.;  6  Taf.,  6  Fig.; 
8  Taf.,  1  Fig.).  —  No.  140.  Slichter: 
Field  measurements  of  tbe  Rate  of  Move- 
ment of  Underground  Water^  \:>  Taf 
67  Fig.)  —  No.  141.  Ders.:  Obaervatigns 
of  the  Oronnd  Waten  of  Rio  Grande  Val- 
ley (5  Taf,  .32  Fit,' V  -  No.  142.  Men- 
denhall: Tbe  llviir  •lii>ry  of  San  Ber- 
nardiuo  Valley,  Calitoruiu  ^luTaf.,  16Fig.). 

—  No.  148.  Quinten:  Eiperimenti  o& 
Steele- Concrete  Pipes  on  a  Working  Scale 
C4  Tab.,  4  Fig.'i.  —  No.  Ml.  Jackson: 
Tbe  Normal  Distribution  of  Cblonne  in 
the  Natmal  Waten  of  New  York  and 
New  England  (6  Taf.).  —  No.  I4r>.  Fül- 
ler: Contributions  to  the  Hydrology  of 
Eastern  ü.  S.  1906  (ö  Taf.,  42  Fig.)'  — 
No.  146.  Newell:  Prooeedings  of  Second 
Conference  of  Engineers  of  t!,.  UtH  laraji- 
tion  Service.  —  No.  147.  Murphy  a.  .\.: 
Destructive  Floods  in  the  U.  S.  in  1904 
(18  Taf.,  19  Fig.)  -  No.  149.  Darton: 
Preliminary  List  of  Deep  Dörings  in  the 
F.  S.  Nu.  151.  Leighton:  Field  Assay 
of  Water  (4  Tal.,  3  Fig.).  —  No.  162. 
Goodell:  A  Review  of  the  Lawf  For- 
bidding  Pollution  of  Inland  Water  of  the 
ü.  S. 

Maryland  Geologüal  6urv€y.  Vol.  ö. 
1905,  (81  Taf.,  66  Fig.)  Bauer:  Seoond 


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424 


Zeitaehnftentohaii. 


lleport  un  Magnetic  Wurk  in  Maryland. 
—  Dera.:  Fiaäl  Report  on  ihe  Sorvey  of 
the  Bonndaty  Line  bctween  Allcirany  and 

Gan'tt  ("ounties  —  Johnson:  'lliird  Re- 
port on  tiie  Highways  of  Maryland.  — 
Clark  a.  A.:  Report  on  the  Coals  of 
MMyland,  I 

Soletim    do    Mus'U   Gnehli  (.Mus^'u 
Paraeme)  de  Hi^uria  natural  e  Ethno-  , 
graphia.  Vci.  JV.  No.  4.  J/arj«  JUoö. 

VerxeuAim  d^wusetudtafiUdten  J'uhli-  \ 
katinneti    (ti(<  ihm   Stti/ilsmtiseum  Go^ldi^ 
für  Xaturgtacfiichte  und  EÜinograpItie  in 
rurn  (Bramlien)  1894—1904. 

Aus  Torschledcnen  Zeltschrlfton. 

van  13aren:  De  seeulairc  daling  van 
den  ground-watenpiegel  up  de  Vcluwe. 
TiadOarifl  van  het  km.  NederUmdgdi 
A'irdtykAundtg  QtMOoHtchap,  Joatg. 

VJOO. 

Braun,  Gust.:  Über  ein  Stück  einer 
Stmndebene  in  Island  (1  K.,  Abb.). 

Schrlftr,}  (l.  Phytik,'&caMm,  Ges,  Jahrg. 
XLJI,  -b'.  1-7. 
Ders.:  Eiswirknng  an  Seeufem  (4  Abb.). 
Ebda.  S.  8—13. 

Fi 8 r her.  Hch  :  Einifje  TorsrlilUp^e  für 
eine  Kt'form  des  geographiacbi'n  Unter- 
richts. Monatsschrift  f.  höhere  Schulen. 
Fl  Jahrg,  1906. 


Qrund:  Die  Probleme  der  Geomorpho- 
logie am  Rande  von  Trockengebieten. 
8.-B.  d.  hm$.  Ak.  d.Wia.  in  Wien. 
Math.-naturw.  Kl  Bd,  CXV.  AU  L 
April  1906. 

Michael:  Beobachtungen  während  des 
Ve8u?-Aiubraohes  ün  April  1906  (7  Abb.). 
Mni-l^ratokeiU  d.  D.  GeoL  Ot».,  Jakr§. 

lUOÜ. 

Hohrbach:  Südwest-Afrika.  Die  Hüft. 
XIL  Jahrg.  Nr,  23,  21.  lO.  17.  Jmd 

l'inr, 

Humpelt:  Hilder  aus  den  Abnuzeo. 
I.  Roocaraso  (Abb.).  Himmel  und  Erde. 
XVin.  8.  Mai  1906. 

Schliitor:  Die  leitenden  Gesichtspunkt« 
der  Anthropugeographie,  insbesondere 
der  Lehre  Friüdri<^  Batcels.  Archie 
f.  SoeiahDisg.  u.  Soskil^  IV.  (A.  f. 
80Z.  G.  u.  St.  XXIL)  3.  Mai  1906. 
S.  5H1~630. 

Wagner,  Herrn.:  Ferdinand Freibeor ▼«! 
Ilichthofen.  Worte  der  Erinnenmg  ge- 
sprochen in  der  öfiF.  Sitzung  d.  k.  Oes. 
d.  Wiss.  zu  Göttingeu  am  ö.  Mai  I9ü6. 
Geschäfil.  Mitt.  d.  k.  Ges.  d.  Wias.  xi* 
Gmingen  für  1906. 

Wilckens:  Zur  Geologie  der  Siidpolar- 
länder.  Zeniralbl.  /.  Miiural,,  Ged.  u. 
PaläOHtol.  Jahrg.  1906.  Nr.  6.  (S.  173 

—laoj 


Varantwartllaihiar  Bsnvsgsbar:  PnH  Dr.  AlfrsA  H«tta«r  la  fTsMnUmii 


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jeographischo  Zeitschrift.    XII.  1906. 

Zu  Maohacek,  Dünemarks  Bodeu  und  Oberflilche. 


Tafel  6. 


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Geo^Taphische  Zeitschrift.    XI 1.  1906. 

Zu  Machacek,  Däuemarks  Boden  und  Obcrflilchc. 


Tafel  7. 


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SoH^L'n  erschien  in  den  Cioojjjrii  jdiisclien  A  bhinHllungeu 
( heniusi^Gireben  von  Professor  J)t.  Alhrei-ht  P»fnrk  in  Berlin) 


Die  Theiß. 

Eine  potamologische  Studie. 

Von  Dr.  Paul  Vujovic. 

fit  1:J  'IVxtahbiKinngen  und  3  Tuleln.  [IJI  n.  7»>  S.|  Lex.  S.  VMx  <W'\\.  Ji  \  - 

Der  Verfasser  hat 'in  dienern  Werk«-  veraucht,  uuf  Urund  »ni^ener  Stu<lii'ii  »nd  de« 
l)i^liLT  unliearlieitetf u  Mal«'rialos  in  «lor  uujj^ariscbL'n  F'achlitt'ratur,  das  L«?l>eu  und  Trcib»'u 
der  Theiß,  eines  eniinfuten  KliichlaJidflusses  /ii  »childern.  Nach  einer  kurzen  I)arlcgUDg 
der  rüumliehen  Vnrliilltnisse  held.  er  die  wiehtif»r»t-eu  Er-cheinnngen  an  dem  Flusse  liervor, 
etw;«8  langer  l>ei  th-m  Prolilenie  iler  Miianderl>ildiiny  verweilend,  wol»ei  er  diese  Koiiu  mit 
eiTM*  /ni  anderen  Grt'lßen  in  neziehunff  zu  bringen  »acht  und  ein  vorliiuligt's  8elienia  der 
y\  entwieklunf»  };ibt    Weitere  Kapitel  sind  «i«ier  ausführlicheren  Bt>8prechung  un<i 

J'  in  diT  AbIlußverhi'iUni.sse  und  deH  Nied'-r^    '      -  im  Theißgebiete  gewidmet,,  um 

iJi.  ..aßka])ittd  die  Frage  der  Heziehungen  /.wi-  i,  .  Xiederseidug  und  Abiluß  und  de»» 
Kreislaufes  dej«  \VasiserH  im  großen  ungurifehen  AlfiJlde  resp.  im  Theißgebiete  zu  crürtern 

Verlag  von  B.  G.  Teubner  in  Leipzig. 


Vorlag  von  B.  G.  Teubner  in  Leipzig. 


OSTASIENFAHRT. 

KRLEBNISSE  UND  BliOlJACllTüNGEN 
'Nb.s  XATURFORSCHERS  IX  CHINA,  JAPAN  UND  VKYLOX. 

Vns  Dk.  FRANZ  DOFL^EIN, 


Mit  /.ahlrciclu-n 

[xiir  1 


'  UK.  ZOOLO«;i»CMk.*> 

und  aui  a  laieln,  sowie  mit  .)  Raum. 
In  Lcinw.  gel- 


Geographische  Lehrbehelfe 

aus  (lern  Verlag  von  Ed.  Holzel  in  Wien  IV,  2,  Luise :        Nr.  5. 

Zur  An  sc  ha  tili  Iii;  für  Schulen  empfohlen! 

ir."^  •■  V  Schuld  ''  ''  I -fo  von  Australien  und  Polynesif      o,;it  .-  r 

I  unil  ^,  von  Itr.  l  ranz  H ei li er  i  c Ii.   M . >1 1  w  ■ 

f:  !i.    MaÜHtab  l:100UüUOi>.    6  Blatt  in  lotarhem  Farbemi 

Ku:i'     ;i>amnir'ii       '  '         fiii  hoch,  l'.i'i  ein  Vjreit.    I'ro'  .  . 

auf  Leiiiw.'iuü  in  .Mu]i])c  '21  M.,  auf  I.oiiiwaiul  ^^ 

Hulzela   Bchulwandkarte    von   Asien.     FoH tische  Aasgabe 
Kr.  Franz  Ilciderirh!  i : s iimoimk»     6  lllatt  in  lo! 

(Jrüße  der  Karte  /uaauiiiieiiL  HD  eui  lioeh,  IT;»  em  lireit.    .  . 

15  M.,  aufLoinwniitl  >ro'<))nuiit  in  .Via{ipo  *2(>M.,  auf  Leinwand  (^c-punn 
HfilzelB  SchulvyuT  o  von  ABicn.    Physikalisch«!  Aasgabe.  11 

viillkniunieu   neu   ln.:.i  'iii~t   \nn  I'r.  FTaiiz   Heidcrich      V  ''  '  ^  ' 
Ii  niatt   in  !«•  laehi-ui  Karl>entlnick.    •»n'ilic  der  Karte  zii-n' 
li«»<*h,  175  cm  breit.    Trei.x  unaul'f^e^iiannt  ir>  .M..  a\\(  Lcinv 
'20  AI  .  auf  I.L'inv,  -  '  i      •     •  i  nn  22  M.  —  Es  siif 

dem  neuesten.  rial  bearbeiteten  W  n 

und  Aui<tralieD    .*<ie  uuhnien  gegenwärtig  dt?n  ersten  Kang  auf  d: 
Hglgela  Verkehr«  karte  von  Öst  erreich -Ungarn  für  Heu  a!' 
wie  auch  zuiu  L'uterriclit  an  l<<iiJimcrzieUen  l.i  lnai'  f  'ti  -i  ! 
KalUna.  II.  Aui'lago.  Malistab  l  :H(tO()00.  y  Hlatt.  Vi 
\.<  nnt  in  Mappe  23.r>oM.,  aul  Leiuwair 

U  raiohtskarte    von   Europa   fiir   <  . 

T.     IfnnJÜTiTC    1  :  :J()o()Ouii.     1«;  lllatt      iirölie    der  ls 
g'  12  i  iu  breit,  lr^4  cui  hoeh    I  nnufgeDpannt  lö  M.,  auf  Lein\vsn<i 

in  22.ÖII  M  ,  mit  Stäben  27  M 

Haardts  tTbersichtskarte  der  ethnographischen  VerhfiUniBse  von  Asi«  ; 
und   Von   den   ani;r;iizeiuloii   teilen    üiirnpus.     MiiÜ^tab   l.>  !■  II. 

H«! '  '  -'k.  (irGUc  ■  •  •  ■  1  ■  ■ 

l'i.   :  25  aul 

Haardr.s  Nordpolnrknrto.   Ma(l».Jal.  1 : j'.OüOOIK».   4  l'. 

dr  r  der  .  i  Karte  172  ei' 

1-.  t  .-.  .M   M  .ppe  11)  .M  , 

H  olarkartc.  mhmmkum»     In  1  Hl 

TT;  l-'arlipndnirk    iirriße  der  suBsniun  tcn  Karte  172  cm 

-    "  AI.,  auf  1  .   M     .     '  • 

Karlen  wu; 

i'i  in  Ltin«l(in  als  auch  bei  d'  n 

n.  •  ■  ■  '■  '  ' 

b. 

Ilaardts  Wandkarte  der  PlaniKloben.   Politische  Ausgabt 
aul  1  lu  .Ma]>pi'  l:;  .>o  .\1.,  iitii  M.u.en  I' 

rr 

«ii  -1  umi  '  Mfii  l'ii 

M  •' liirMi  n  a  and  theuiojji.^, 

d-  •   ni  •  l'>i'  <in  b'icli 

a< 

t  '  M  .  !ir 

Dr.  Fr. 

V  


<•  1"  V 

irto  de- 

A,.  iche  Prospekte  stehen  aüf  Wunsch  gratis  und  franko  zu  Di 
Za  beziehen  dorch  alle  Buchhandlunpen  sowie  durch  die  Vorlagshar 


CEOGRAPHISCHE  ZEITSCHRIFT. 


II  KKAi  b(;i:»;KHKN 

Dr.  ALFRED  HETTNER, 

1*1(1  •fK^Sl»lt  liRH  riKOClUI'MIK  AN  l>IUt  l  NIVKII.^IT^T  MRIllKI.BKKU 


ZWör.FTKR  JAlllMIANd.    AiMI'PKS  HEFT. 


ArSGICOEBEX  AM    >:'>.  .M-OUST. 


LEIPZIG. 
11NI>  VEIfLAG  VON  K  C  TEÜBNKII. 


Illllillt  (Irs  ;ir'lit»'!i  lirftcs. 


Kri^'Iaii<l  in  Arabien.    \  uii  Oll^'^■st,lt•utnall        i'.  . . 

iiitero  Zonenlohrc  dvv  Griech«'u.  Von  Prof.  Dr.  J!  »ig(j  Bor  .  i 
.\npftssuupslj»Mlingimj;en    iin<l    Kiilwickehni^smotivc    dor    Knldi;  in 

l)r.  L.  Chalikioiiou  1  OS  in  Kap^uiii  ( TliH.ssnlifji 

rapliiscbe  Neuigkeiten: 

Ahion.    KiJü!ti>ciiL>  Schiff^»i'Ap«Jiti>>ii  itiicii  ilcin  J^riiss.i.        Ltöstini;  «les  Sa»).'! 

Hr«liina|tiitra  ■  rrohlciiK    

Afrika.     Iljinns  V  ischers  ."^nliftm- Ejjicditii  i  'Aol  Instuns.  VVoosnnniii 

und   UcMits   Itestfi^tink'    U<s   Kiiwcnzuri.    —    i  "Im   llnrüin^s  Erforschuiidr 

Jt-r  Sanib>  sir|upllfn  

Austrnlieii.    l)»  viiisons  i'>ror3cliung  Zoutrtl*  Autlrtlietis 

Nortlaniorika.  YtrlauT  uikJ  l'iuran;;  dos  großen  kalifornischen  KrdtietM'iiB  4titi 
N 0 ril •  Pol n I  (re^'O nd p n.    Wrlliiian  iis  Noril|iolarexpcdiii)iii  —  MikkoUciis  i.u  l 


Hnrfi*<iMR  .NOriiMilBr-AjK'ililioni'n   4'*'" 

<•  uo»;r8i»h  isc  lie  r  U 11 1  errlc  h  l.  Ordentliche  Prolesstir  in  Uullf  —  I'rofo^sur  in  K'nstock  4l>s« 

Vereine  und  Vera  am  in  I  ii  ti  itlmi.  7S.  Veraninnilan^  deiitscher  Natiirfoischor  und  Arzto  465 

I'n  raCi  II  Iff  Ii  es.     I'rakolmscli  f  


liücherbespreclmnpen : 

(f oographt'iikaleiider.    IV.  Jahrjf.    Von  X.  Ilettiie! 

.lahrbuih  der  Sektion  I'k.siI'M  des  f^sterreichlsclien  Touri>i  lii.lut.s.         \.il.  ilin  r     4" - 

Kincit,  J.     llas  kassciivuriiiteil.    Vun  A    Kirchhoff  4R9 

Wiistüului^in,  H.    Beitr&(rc  r.nr  Sjfdi'li)ii{:«kiinde  des  Osthnrz^s,    Von  F.  Ilahii 


l.oroiizl,  A     La  collfna  d!  Buttrio  md  Kri<ili.    Von  Th.  Fisclior 

AiiiiriiuN  d>'  l'obst'rvfiiiMrM  imliMnnl  i! '   Atht-n^'S  iiiili!i"'('s  pnr      ir.«'triMS  1 
Von  J.  I'iirtacli 

\  ri  n  Tornau,  N.     iviuinifi  '»:r-H'lii-ti'li(.'r  Ali.i-,   ^mi  .^il.'ii  n.'ii   aini   1  lirki  n  i  u 

Ii.  Stühler   .     .  471 

I. uti.  r     Indien  (oliii«  die  Kitgl&ndor).    Von  K.  Scliniidt  47: 

Ilacckel,  K.    Wjindeihilder.    V<iii  G.  Karstfii  

Hiircklinrdt,  C.    r'mpi-  ir''»li'iH.iii('  i\c  \:\  ('nrdill-n'  i'iifr"  Lrts  Lrin«  et  Cur 

Von  II.  Steffon  I 
>oii  Vacano,  M.  J.     i.,iii'.s  .  .lii.ii-n.  Ii.  c^ii  i.c-n. 

Kurze  Hrwidernutf  iiuf  Wolläiiianiis  ■»>{.    Von  A.  Kirehhoff  . 


Ko t haufr •  U III I au ft.  Schulnandknrto  des  Krzh< TZOKtuint  Österreich  unter  der  Kniia. 

Von  ü.  .\    Lukas  4 

Schul  Wandkarte  der  iioliti'irlipn  Herirkc  Melk  und  Si-h»»iti*is,  Vnn  Ii.  Iiaii?niib<>cV-  477 

Nfue  Bücher  und  Karten  . 

ZiMt-«<«'linftf^nschaii 

K  i.     I  t  i  -  Ii  1  11      .'.  •  1  Ii  1.  n      ^  (.  1  .  1  .  1  II  L  l  i  cli  U  II  ji;    II     i'  Ii  •  .       :  :  :       i  ■ 

DiHHertntionen,  Prot^'rainiue,  Karten  u.  a.)  auHnahmslo»  nur  U^ 
erschienen   erwUlint  wer<leii   können,   wenn   nie  der  Geographie. 

7  !•  i  t  -      Ijl  '  1'  i  '  I  '/ 1-  -  .  ■  Ii  i  (   l  f      \'.-  .  .  r  (1      n  '-■•Tl.l 

AuisiiU'.-    lui    liic  1  i'jiiili  '1  Ulli» 

llirrausgfbors  (Prof.  I>r.  .\  :  .  in   Ii-  er^,  y. 

strulSe  lU),  Hi.-itrü^e  zu  den  geographisiebeu  Ncuigkeik'n  an  Dr.  Augu 
lieipzig,  Löhrstniße  III,  erbeten.         '  len  mit  «JO  Mk  f 

bogen  von  16  Seilen,  Beitrüge  zu  >;   .    •  '  ituu  mit  2  Mk. 

Petit  honoriert;  das  Honorar  der  Karten  und  Abbildungen  blcil 
ei'  '   ■  '   '    'ten    Av,"  ■  '  ■        ,  i,  .    )  .  i  r,  . , ,  .  v    .  ., 

kl.....   _t  i,  _  .  von  Neiii^   ,  ..  'i 

und  portofrei,  eine  griißere  Anzahl  auf  Wuuuch  zu  den  Herstellu- 

Hücher  und  Karton,  <i  -      '  '      '  in  der  <■ 

gewünscht  wirti,  «ind  an  die  i     iiing  B.  G.  >  ^ 

straße  8.  einzuschicken.    LietVrungHwerke  können  im  aligenicinen  erst  nach  ihrt-ui 

Die  <  lie  Zei'  ml  jährlich  in  Ii 

3'/,  bis  4  I'  von  1'  t.onucmf  '    •  " 

10  JC    Alle  niii^'en  un»i  .  nt  lirip 

Dnif'lt  und  \  1       TOii  Ii.  ft.  TfMibnor  . 


l""'  SL^  12  1906  ^ 


England  in  Arabien. 
Von  Übentleatnant  JUeut. 

Bis  in  die  Mitte  des  19.  Jahrhniiderts  blieb  Arabien,  die  große  Halb- 
insel swiseben  Asien  nnd  Afrika,  von  europftisdier  Beeinflussung  nnberOhri 

Das  seine  Westküste  bespülende  Rote  Meer  war  der  Tummelplatz  unzähliger 
8eerftnber  und  Sklavenhändler,  den  persischen  Meerbusen  im  Osten  durchzog 
zwar  eine  viel  befahrene  Schittahrislinie  zur  Verbindung  Indiens,  mit  dem 
Anschlüsse  an  die  Karawancnstraßf  den  Tigris  aufwUrts,  durch  Kleinasien  ndor 
durch  Persicn  nach  der  ().stkiiste  des  Sclnvarzcn  Meeres,  boide  Straßen  mit 
dem  Ziele  Koiistantinopol.  Auch  der  persisdie  ^foerbuseji  war  für  die  Schiflf- 
fahrt  durch  arabische  Piraten  unsicher  gemacht.  Die  büdküste  Arabiens 
von  Sheikh  Said  an  der  Straße  von  Bab  el  Mandeb  mit  den  vorgelagerten 
Inseln,  die  Osfkflste  bis  sor  Halbinsel  Katar,  KQstenplfttae  in  Belndschistan 
sowie  der  grOfite  Teil  der  afrikanischen  Ostkflste  mit  den  Sansibar-Liseln 
unterstand  dem  mftchtigen  Iman  von  Maskai  Da  sich  seine  Herrschaft  nur 
auf  Eflstengebiete  und  Liseln  beschrinkte,  so  unteriüelt  er  eine  starke  Flotte 
und  beherrschte  den  ganzen  östlichen  Teil  des  indischen  Ozeans.  Dieses  aus 
den  Trümmern  der  Portugiesenherrschaft  entstandeiie  politisch-religiöse  Staats- 
wesen erhielt  sich  in  seiner  Macht  von  der  Mitte  des  18.  bis  zur  Mitte  des 
19.  Jahrhunderts.  Nach  dem  Tode  des  Sultans  Seid  Said  v<rtiel  es  schnell. 
Seine  Hesitzungen  an  der  Küste  von  Pcrsieu,  die  Insel  Oiinuz,  die  Bahrein- 
Gruppe  mit  ihrer  ergi<'bigen  Perlenfischerei,  Sansibar,  die  Küste  des  heutigen 
Deutsch-Ostafrika,  die  Südküste  Arabiens  Hadramaut  mit  den  Kuriau-Murian- 
Inseln  gingen  verloren.  Zur  Zeit  ist  der  Sultan  von  Maskat  —  auch  den  in 
rels^teer  Beziehung  wichtigen  Titel  eines  Iman  legte  er  ab  —  nur  noch 
ein  Schatten  von  dem,  was  er  vor  100  Jahren,  ja  nodi  vor  60  Jahren 
war.  Dem  Namen  nach  erstreckt  sich  sttne  Herrschaft  nur  noch  ttber  die 
Ostkflste  Arabiens  von  Mirbat  bis  sur  Halbinsel  Katar,  d.  h.  Aber  die  so- 
genannte Oman-EOste  und  einen  kleinen  Teil  des  persischen  Meerbusens.  In 
Wirklichkeit  reicht  sie  aber  nur  noch  bis  Bas  Husandam  an  der  Meerenge 
von  Ormus. 

Das  ganze  Innere  der  Halliinsel  ist  uns  Europäern  bis  auf  den  heutigen 
Tag  noch  so  gut  wie  unbekannt.  Sie  ist  die  Domäne  der  religiösen  Sekte 
der  Wahabiten.  Diese  muselmanischen  Dissidenten  entstanden  zu  Ende  des 
18.  Jahrhunderts  und  verbreiteten  schnell  und  gewaltsam  ihre  religiösen  An- 
sichten, die  den  Sultan  in  Koustautiuopel  nicht  als  Kalifen  anerkennen. 
Bald  breitete  sidi  ihr  Glaube  Qber  Arabien  und  über  seine  Qrenzen  aus. 
Die  Yon  religiösem  Eifer  furtgerissenen  Wahabiten  eroberten  1803  Mekka 

OwsnvUnb*  Mtodirifk  lt.  Jtbfgu«.  190S.  a  H«ft.  89 


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426 


V.  Kleist: 


und  Medina  und  1808  sogar  Damaskus.  Da  sich  der  Sultan  in  Kou- 
stantinopel  nur  Wiedererobemng  su  8chwa43li  fühlte,  forderte  er  Ägypten 
hienn  auf.  Dieses  besetste  aueh  die  heiligen  8t&dte  in  He^jas  und  nahm 
1818  Derrieich,  die  Hauptstadt  der  Wahabiten,  ein.  Auf  die  Dauer  jedoch 
vermochten  steh  die  ägyptischen  Truppen  in  Ne^'ed  nicht  sn  behaupten. 
Nichts  desto  weniger  war  die  Bewegung  eingedftmmt  und  kam  vorläufig  Aber 
das  innere  Hochland  nicht  mehr  hinaus,  um  so  weniger  als  sich  seine  Be- 
völkemng  nach  blutiiren  Knmpfeu  1867  in  zwei  verschiedene  <  J nippen  trennte, 
in  die  der  eigentli  •In  n  Wahabiten  im  Osten  mit  der  Hauptstadt  el  Kijat 
und  in  die  von  Chaniinar  im  Westen  mit  dem  politischen  Zentrum  v\  Hail. 
Als  das  Oberhaupt  der  Wahabitcn  im  eigentlichen  Nedjed  1901  die  ge^eu 
die  Türken  aul'slündigen  Araberstämme  südlich  des  Euphrat  unterstützte,  rief 
dies  neue  Kämpfe  hervor,  auf  die  bei  Besprechung  der  politischen  Lage 
des  kleinen,  hisher  unabhängigen  Gebietes  von  Kuweit  im  Hflndungsgebiete 
des  Schat  el  Arab  eingegangen  wird.  Der  religiöse  Gegensats  und  der 
{^fthende  Haß  der  Wahabiten  gegen  die  Türken  fand  neue  Nahrung  durch 
die  1873  erfolgte  Einverleibung  des  sfidlichen  Teiles  der  arabischen  West- 
küste von  Yemen,  dessen  Bewohner  sich  gegen  die  verrottete  Verwaltung 
und  gegen  die  Bedrückung  der  tfirkischen  Behörden  Anfangs  1904  unter 
der  Führung  des  Iman  Yahia  empörten.  Ob  die  Türken  Herr  des  Auf- 
standes in  Yemen  und  Azyr  werden,  ist  zweifelhaft.  Die  türkische  Herrschaft 
in  Arabien  erscheint  iliilierst  gefährdet.  Sie  würde  sieli  aber  bebaiij)ten, 
wenn  nicht  das  die  Türkei  gegen  Kuüland  schützende  England  in  Arabien 
seine  eigenen  (ieschiit'te  zum  Nachteile  des  Sultans  betriebe. 

Damit  kommen  wir  auf  das  Festsetzen  und  unaufhaltsame  Wachsen 
des  Einflusses  von  Engluid  tu  sprechen.  Die  Wasserlosigkeit  und  Dürftigkeit 
der  unter  brennender  Sonne  venohmachtenden  Halbinsel  war  nie  das  Ziel 
der  grofien  Erobemngszflge;  die  Perser,  Alexander  der  Große,  die  BOmer 
maehten  Halt  am  nördlichen  Saume  der  sjrisch-arabisdien  Wüste.  .  Auch 
als  Napoleon  seinen  Zug  nadi  Indien  von  Ägypten  ans  plante,  beabsidi- 
tigte  er,  Arabien  südlicb  la^^send,  den  Marsch  durch  Syrien  in  das  Gebiet 
der  Zwillingsströme  Euphrat  und  Tigris  SU  richten.  Bis  fast  in  die  Mitte 
des  19.  Jahrhunderts  blieb  Arabien  eines  der  unbekanntesten  Länder  der 
Erde,  und  seine  Bewohner  wiesen  srharf  alle  Versuche  zur  Ersrblieüung  des 
Landes  zurü<  k.  Nur  wenigen  Forschern  gelang  es,  über  die  Küsten  hinaus 
auf  verhilltiiisinLiUig  kurze  Strecken  ins  Innere  einzudringen.  Eine  .\usuahme 
hiervon  macht  Pelgiawe,  der  18G'2/l)3  vom  Mittelmeer  aus  den  Norden 
durchquerte  und  den  persischen  Golf  erreichte;  der  englische  Forscher  Cox 
ging  1902  V(m  Abu  Ttahi  am  persischen  Meerbusen  ans,  überstieg  das 
Djebel  el  Akhdar  —  die  grünem  Berge  —  im  Hinterlande  von  Oman  und 
«rreichte  die  Haupt^  und  Hafenstadt  Maskat.  Alle  übiigm  üntemehmnngen 
sdbeiterten  an  den  natürlichen  ffindemissen  des  Landes  und  an  der  Feind- 
sdiaft  und  Baubsucht  seiner  Bewohner.  Die  Franzosen  waren  die  ersten 
Europäer,  die  zu  Handelszwecken,  wie  es  heißt,  schon  in  der  ersten  Hälfte 
des  IH.  .labrhunderts  auf  der  unwirtlichen,  glühend  lieißen  Halbinsel  festen 
Fufi  faßten.    >lach  dieser  Nachricht  soll  Mahe  de  Bourdonnais  mit  dem 


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BngUnd  in  Arabien. 


427 


Slieikh  el  Diii-i'in  einen  Vertrag  geschlossen  liahfii,  <ler  ihn  zur  13e<it/.rrgrci 
tung  des  Punktes  öheikb  Said,  des  Schnittpunktes  der  West-  und  Südküste 
an  der  Sti'aße  Bab  cl  Mandeb,  berechtigte.  Der  für  Frankreich  so  unglück- 
lich Toriaufene  österreidiische  Erbfbigekrieg  trug  die  8cliiild  an  der  Aufgabe 
dieses  Postens.  Erst  als  1839  England  das  ostwärts  gelegene  Aden  eroberte, 
um  Seerftabereien  m  bestrafen,  und  es  ni  einem  befestigten  Flottenstfltsc* 
punkte  machte,  unternahm  Franfareich  mehrere  vergebliche  Aniftufe,  Sheikh 
Said  dauernd  zu  besetzen  und  zu  befestigen.  TatsKchlich  ist  dieses  Meine 
nur  l.öO  qkm  messende  Gebiet  noch  heute  in  französischem  Besitz,;  jetzt 
im  Westen  und  Norden  von  angeblich  türkischem,  im  Osten  von  englischem 
Gebiete  eingeschlossen,  ist  sein  wirtsclinftlicher  und  strategisi  hör  Wpj-t  gleich 
Null.  Sein  kleiner,  fast  kreisnmdcr  Hafen  setzt  sich  an^'csichts  der  ljub  el 
Mandeb-Straße  in  einem  Ihithen,  sandigen  Küstenstreifen  fort.  Das  Hinter- 
land erhebt  sieh  bald  zu  Ilöhon  von  *J7()  ni,  im  Djcbel  Manbali,  die  Meer- 
enge zwischen  Sheikh  Said  und  der  seit  1857  England  gehörigen  Insel  Perim 
und  zum  Teil  diese  selbst  auf  Kanonenschußweite  beheirschend.  Die  höchste 
Erhebung  der  Ideinen  aber  so  wichtigen  Insel  Perim  betiUgt  nur  70  m. 
Somit  bot  das  französische  Gebiet  seiner  örtlichen  Besdiaffenheit  nach  die 
Gelegenheit  zur  Schaffung  eines  zweiten  Gibraltars  um  so  mehr,  als  man 
wenige  Kilometer  von  der  Kflste  entfernt  genfigende  Mengen  von  Wasser 
und  sogar  Holz  findet.  Als  Soleillct  diese  Küsten  nSher  erkundet«,  sandte 
die  französische  Regierung  sogar  eine  Konimission  nach  Sheikh  Said,  um 
sich  über  dpn  Wert  der  Stellung  klar  zu  werden,  und  übernahm  auch  1866 
von  dem  Privateigentümer,  einer  Handelsgesellsrhaft  aus  Bordeaux,  das  Be- 
sitzreoht,  ohne  das  Gebiet  militärisi  li  zu  sirluMn  Als  Frankreich  (^bok  an 
der  ostafrikaniseben  Küste  mit  dem  Hafen  Djihuti  einverleibte,  glaubte  die 
französische  Regierung  ihren  Interessen  in  jenen  Meeren  entsprochen  und  da- 
bei die  Aussidit  gewonnen  zu  haben,  das  reiche  Abesmnien  zu  erscUieSoL 
Dieses  Abessinien  ward  jetzt  zu  einem  neuen  Streitobjekt.  Die  Erwartungen 
schienen  sich  durch  den  Bau  der  Bshnlinie  Djibuti-Harar  zu  verwirklichen. 
Diese  Linie  Terliert  aber  ihren  Wert  zum  groBen  Teil,  weil  ihre  Weiter- 
fQhrung  bis  Adia  Abeba,  der  Hauptstadt  des  Negus  Menelik,  ein  intematio- 
nalf^s  Unternehmen,  d.  b.  ein  puglisehes  wird.  Seit  dieser  Zeit  liegt  Sheikh 
Said  vergessen  und  öde  da  und  bildet  nur  einen  Riegel  gegen  die  westliche 
Ausdehnung  des  englischen  Gebietes  von  Aden  an  <ler  Küste  entlang.  Die 
Beseitigung  dieses  politischen  Hindernisses  käme  Knglanil  sehr  gelegen;  da 
sie  nicht  gelang,  ließen  es  die  Engländer  an  Anreizungen  der  Türkei  ni«'ht 
fehlen,  um  diese  zu  veranlassen,  ihr  angebliches  Besitzrecht  auf  Sheikh  Said 
geltend  zu  machen. 

Aden  ist  der  Ausgangspunkt  des  englischen  Einflusses  in  Arabien.  Ein 
französischer  Schriftsteller  vergleicht  das  unausgesetzte  Wadhsen  der  eng- 
lischen Macht  in  Arabien  mit  der  steten  Verbrmtnng  eines  auf  Aden  ge- 
ftllenen  Ölflecks,  der  sdiliefilich  das  ganze  Kartenblatt  durchzieht.  Einst 
stand  Aden  unter  der  Herrschaft  der  Portugiesen,  sie  legten  die  jetzt  von 
dm  Engl.'iiidern  vergrößerten  und  verbesserten  Zisternen  an,  die  —  als 
Zeugen  ihrer  Tätigkeit  —  einer  kleinen  Besatzung  in  dieser  Hölle  auf  Erden 

29* 


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428  V.  Kleist: 

den  Anfanthitit  enfe  mSglidi  madiMi.  Bbenso  yri»  die  ganse  arabiidie  8lld- 
kflgte  nntentand  das  Gebiet  Ton  Aden  dem  großen  bnen  von  Ifatkat  Die 
von  diesen  Ettston  ansgehenden  Seer&ubereien  gefthrdeten  in  hobam  Mafie 

deo  englischen  Handel  mit  Indien.  1839  bei  einer  Razzia  anf  die  erabisehen 
Seeräuber  erstürmten  englische  Landungstruppen  das  damals  armselige  Fischer- 
dorf und  setzten  sich  hier  fest,  mn  die  räuberische  Bevölkerung  im  Zaume 
zu  halten  und  die  nicht  ungünsti^'en  HafenvcrhUltnisse  zu  einem  Anlegeplatz 
der  Schiffe  auf  der  Fahrt  nach  Bombay  zu  verwerten.  Englands  Politik  ist 
wohl  durehdaiht  und  weitschauejid;  obgleich  Aden  etwas  seitlich  des  großen 
Schiffahrtsweges  vom  Kap  nach  Indien  gelegen  ist,  setzte  man  sich  trotz 
der  klimatischen  Ungunst  in  Aden  fest,  befestigte  die  Stellung  nach  der 
Land-  nnd  Seeseite  su  und  maohte  den  Ort  1850  an  einem  Ereihandelshafen. 
Zngleidi  ▼wslomte  England  keine  Gelegenheit  rar  VexgrSfierong  semes 
Hinterlandes  durch  Gewfthrung  eines  entsprechenden  Bakshish  an  die  hab- 
gierigen und  uneinigen  Sheikhs  So  wuchs  die  Bedeutung  Adens  sdion  da- 
mals, seinen  vollen  Wert  gewann  es  aber  bei  der  AusfAhning  der  PUlae 
Ferdinand  von  Lesseps'  zur  Durohstechung  der  Landenge  Ton  Suez.  Man 
kennt  die  ausgesprochene  Gegnerschaft  Englands  gegen  diesen  Plan,  weil  aber 
seine  Verwirklichung  nicht  mehr  abzuwenden  war,  so  säumte  es  nicht,  sich 
1857  zum  Herrn  des  Ausganges  des  Roten  Meeres  nach  dem  indischm 
Ozean  ilurch  die  Besetzung  der  Insel  Perim  in  der  Bah  el  Mandeb  -  Straße 
zu  niat.hen.  Das  bis  daliin  unKeaehtete  diirre  Eiland  (ä.'>()()  m  lang  und 
1800  m  breit  mit  einer  höchsten  Erhebung  von  70  in)  gewann  jetzt  eine 
benrorragende  strategische  Bedeutung,  um  so  mehr,  als  seine  Reede  gegen 
die  Ton  Aden  den  großen  Vorteil  bot,  daß  Schiffe  selbst  mit  großem  Tief- 
gange nahe  dem  Lande  ankern  konnten,  und  als  die  HauptschiJblirtalinie 
den  nur  3500  m  breiten  Kanal  swisehen  dem  arabischen  Festland  und  der 
Insel  durchsiebt  Jetst  ist  Perim  ein  stark  befestigter,  mit  schwersten  Ge- 
schtttzen  ausgestatteter  Platz  und  bildet  mit  Aden  eine  äußerst  starke,  den 
indischen  Ozean  beherrschende  Flottenbasis,  welche  einerseits  das  Rote  Meer 
abschließt,  andererseits  sich  dem  indischen  Ozean  selbst  zuwendet  Mit  der 
Bedeutung  von  Aden  wuchs  auch  das  Verlangen  nach  Vergrößening  des  eng- 
lischen Besitzes  oder  doch  des  Einflusses  in  diesen  Meeren.  Das  einst  so 
mächtige  religiös -politische  Staatswesen  des  Iman  von  Maskat  war  in  der 
Mitte  des  19.  Jahrhunderts  schon  in  vollem  Verfall.  Ein  großer  Teil  seiner 
Besitzungen  wurde  gegen  eine  wenig  entsprechende  Jahresrente  eine  leichte 
Beute  Englands.  So  TerKlunola  das  OstUcfae  Lidien  Aber  Amln«n  nach  dem 
westlidien  Ägypten  sn  einem  unter  englisdier  Obeihoheit  stehenden  Gänsen. 
Femer  gingen  die  Eurian  Huiian-Liseln,  Sokotra  und  Sansibar  in  engliscben 
Besita  Aber.  Damit  hielt  die  Ausbreitung  des  englischen  Einflusses  ostwSrts 
Aden  an  der  ganzen  Südküste  Arabiens  gleudien  Schritt  Immer  verstand 
England  die  sich  bietenden  Gelegenheiten  zur  Vergrößerung  seines  Einflusses 
zu  benutzen,  die  Unverträglichkeiten  der  kleinen  Sultane  unter  einander  und 
ihre  wilde  Habgier  bei  großer  Armut.  Im  Westen  schob  das  kleine  fran- 
zösische Siieikh  Said  den  englischen  Gelüsten  einen  nicht  zu  beseitigenden 
Riegel  vor.   Aber  das  gauze  weite  Gebiet  nördlich  und  östlich  Aden  entlang 


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England  in  Arabien. 


429 


der  Sfidkflste  stand  dem  Namen  nach  nnter  tttrldacher  Oberhoheit,  ein  Ver- 
hlltnis^  das  die  auf  ihre  Unabh&ngigkeit  eifersOehtigoi,  Ueinen  arabischen 
Stammesoberbftupter  gmndsfttslieh  mehi  anerkannten.    Das  war  ein  redit 

günstiger  Tummelplat/  «  iiglischcr  Vergrößeningssucht.  üjn  aber  auch  den 
Scbein  des  Rechtes  auf  ihre  Seite  zu  bringen,  unterhandelte  die  englische 
Regierung  mit  dem  Sultan  in  Konstantinopel  und  orlangte  1873  von  der 
Pfoifo  das  Zugeständnis  der  Oberhoheit  über  noun  arabische  Gebiete,  die 
sich  v(»ni  Mount  Zhv  südöstlich  von  Moka  im  Westen  nach  Osten  bis  zum 
RestgHbiete  des  Sultanats  von  Oman  erstreckten. 

187.')  erkaunte  der  Sultan  von  Kichin,  der  \ns  /um  Busen  der  Kurian- 
Murian-Inseln  herrschte,  die  englische  Oberhoheit  gegen  ein  Jahrgehalt  an. 
Ihm  tblgtcn  der  Sultan  von  Makalla,  die  Stimme  der  Tatsli,  Ohahidi,  Jamada, 
Sehnkaiir  und  andere  Arabwstimme  an  der  Kfiste  von  Hadramaut.  Immer  nnd 
mit  Erfolg  bediente  sieh  England  seiner  altbewfthrten  politisohen  Maxime,  sieh 
«insimiiMh«i  in  die  unaufhörlichen  Streitigkeiten  der  StSmme,  um  als  Friedens- 
stifter durch  Zahlung  unbedeutender  Jahresrenten  das  Zugestnndnis  der  An- 
nahme des  englischen  Schutzes  /.u  erlangen.  Bewährte  sich  dieses  Prinzip  aus- 
nahTisweise  einmal  nicht,  so  genügt«  ein  leichter  militärisch »n-  Druck,  mn  das 
Oewünschte  /u  erreichen.  War  einer  dieser  armen,  aber  sclhsthcwußten  Sultane 
gar  zu  widerwillig,  so  beehrte  man  ihn  mit  einer  Einlndun«:  /.um  Besuche  von 
Bombay,  packte  ihn  nnd  sein  armseliges  (ieful^'e  mit  groliem  (lepränge  auf  ein 
Schiff,  das  ihn  nach  diesem  Emporiuin  englischer  Macht  führte.  Geblendet 
von  der  Pracht  und  der  MachtfQlle,  von  der  Gastlichkeit  Englands,  kehrte  er  in 
seine  Irmlichen  hmroatUchen  VerlüUtnisse  surflok,  war  nun  gern  erbOtig,  sich 
unter  den  Schuta  des  miohtigen  Englands  su  stellen  und  nahm  beglfickt  das 
Jahrgehalt  an,  das  ihm  fUr  sein  Zugestlndnis  nodi  suteil  wurde.  Wenn  auch 
nicht  ganx  ohne  Kmpfe  in  der  NShe  von  Aden,  so  ist  jetit  England  tat- 
sächlich der  Schuizherr  über  die  ganze  arabische  Sfldküste  Hadramaut. 
Der  Wirklichkeit  entsprechend  trftgt  in  der  neuesten  Auflage  des  Btielerschen 
Atlas  Hadramaut  die  Farbeosignatur  englischen  Besitzes. 

Wenden  wir  nun  unsere  Beachtung  der  Entwickehmg  des  englischen  Ein- 
flusses auf  der  Ostküste  Arabiens  zul  Dieser  Teil  der  Halbinsel  ist  in  seiner 
Küstengestaltung  noch  am  meisten  gegliedert,  dennoch  begegnen  wir  auch 
hier  den  geradlinigen,  starreu  Formen  auf  weite  Strecken  hin.  Der  Teil  der 
Küste  von  Ras  el  Hadd  bis  Ras  Musandam  springt  weit  in  den  indischen  Ozean 
▼or,  nfthert  sich  am  meisten  dem  nOrdlichan  Teile  Vorderindiens  und  gemnnt 
hierdurch  seine  kmnmendelle  und  strateg^soha  Wichtigkni  Nadi  dem  Auf- 
finden des  Seeweges  nach  Indien  um  das  Kap  der  guten  Hoffiiung  begründete 
und  sidierte  der  große  Eroberer  Allraquerque  die  portngienche  Herrschaft  dnroh 
den  Seesieg  bm  der  Insel  Omiuz  über  die  Flotte  der  Araber.  Schon  vorher 
hatte  er  sich  einzelner  Teile  der  Oman-Kflstc  beniüchtigt,  auch  der  Hauptstadt 
Maskat,  aber  er  wühlte  die  Insel  Ormaz  zum  Zentrum  der  portugiesischen  Macht 
in  diesem  Teile  des  Ozeans,  trotz  der  günstigen  Lage  nnd  der  guten  Ilafen- 
verhiiltnisse  von  Maskat.  Von  Ormuz  aus  überwachte  er  die  Küsten  Arabiens, 
IndiiMis  und  l'ersiens.  Nach  kaum  hundert  Jahren  brach  Portugals  Herr- 
Bchatt  zusammen  und  Persien  nahm  mit  Hilfe  englischer  Schiffe  1620  die 


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430 


V.  Kleist: 


Insel  Onnuz  weg.  Dies  ist  das  ersto  Eingreifen  Englands  in  die  Besitz- 
verbältnisse  Ost- Arabiens.  1G58  wobertcn  dunu  die  Araber  auch  Maskat.  Nach 
fast  hundert  Jahren  und  recht  wirren  Zeiten  erstand  1730  aus  den  Trümmern 
der  porf uu'iesischen  Herrschaft  ein  mächtiges  arahixh^s.  politisch- rriipiöses 
Staatswi x-n,  das  dts  Inian  von  Maskat.  l)it  s<'r  niuselinanische  Staat  umfaßte 
damals  unter  spincni  Tmati  Ben  Said  die  ostafiikanis^-hf  Küste  mit  Sansibar, 
Sükotra,  die  Kurian-Munan  iust  lu,  die  Oman-Küste  mit  Maskat,  die  Inseln 
Ormuz  und  Kichin,  die  Bahrein-Gruppe,  einen  schmalen  Kflstenstrich  von 
Mekran,  Kflmian,  Laristan  und  Farsistan.  In  der  Mitte  des  18.  Jahrhonderta 
stand  da«  Reich  auf  dem  Gipfel  seiner  Madit.  Alle  Kflstengebiete  westwärts 
in  Arabien  bis  zum  Gebiete  von  Yemen  unterstanden  seiner  Herrschaft.  Diese 
ausschließliche  Seemacht  begnflgte  sich  nur  mit  dem  Besitze  der  Kflsten:  fast 
nie  drang  sie  in  das  wüste  Hinterland  ein,  hatte  aber  auch  nur  kurzen  Bestand. 
Schon  gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts  verlor  sein  Herrscher  in  den  Augen 
der  Araber  an  Ansehen,  als  er  den  religiösen  Titel  eines  Iman  ablegte  und 
den  eines  gewöhnlichen  Sultan  annahm:  schon  1H<>."  wurde  er  von  der  in 
der  Mitte  des  18.  Jahrhun»ierts  entstandenen  muselmanischeu  Sekte  der  Waha- 
hiten  in  seiner  Hauptstadt  Maskat  derart  hcdrilngt,  daß  er  sich  nur  mit 
Hilfe  d»'r  Engländer  zu  behaupten  vermochte.  Dies  ist  die  zweite  (le- 
legenheit,  die  England  benutzte,  uui  wenigstens  eine  muralischc  Suprematie 
in  Ost» Arabien  zu  erlangen  und  sich  zum  Herrn  des  persischen  Heerbusens 
zu  machen.  Aber  auch  Ben  Saids  Enkel,  Seid  Said,  war  noch  sehr  mKchtig: 
seine  Flotte  bestand  aus  einigen  dreißig  nach  europäischen  Modellen  er- 
bauten, mit  GeschQtsen  armierten  Fregatten.  Seit  1854  war  aber  der  Sultan 
von  Maskat  in  einen  unglücklich« n  Krieg  mit  Persien  verwickelt,  das  ihm 
seine  Besitzungen  am  persischen  üfer,  darunter  den  Hafen  Bender  Abbas 
an  der  Meerenge  von  Ormuz  wierljr  ahnahm,  auch  über  die  Insel  Oimua 
die  ( •b'^rhüheit  gewann.  .\ls  IHÖtl  di-r  Sultan  Seid  Said  starl),  wurde  sein 
Jveich  unter  seine  zwei  Sidme  geteilt,  der  eine,  der  Sultan  Said  Türki  Ben 
Said,  erhielt  Maskat  und  die  a.siatisehen  Besitzuijgen,  der  andere  eihit  lt  San- 
sibar nebst  den  afrikaiiiseh»>n.  Die  Teilung  l)edeutete  den  Untergang  des 
Staates.    Sie  bot  England  Gelegenheit  zur  Erweitemng  seiner  Machtstellung. 

Die  afrikanischen  Teile  des  Beiehes  sind  heute  im  Bentse  Englands  und 
Deutschlands.  Der  jetzige  Sultan  von  Sansibar,  ein  Sohn  des  ersten  Sultans, 
gilt  nur  als  ein  durch  eine  Rente  entschädigter  Beamter  Englands.  Kicht 
minder  schnell  vollzog  sich  der  Verfall  des  Sultanats  von  Maskat:  es  verior 
an  die  Tttrken  die  Babretn*Inseln,  wertvoll  durch  ihre  Perlenfischerci,  die 
Insel  Sokotra  und  die  Kurl an-Mttrian-Inseln  an  die  EngUlnder  i  st'»:;  wurde 
der  Best  der  Flotte  verkauft,  um  aus  ihrem  Erlöse  eine  Zeitlang  die  Kosten 
der  feuern  Hofhaltung  zu  deeken.  So  verblieb  im  scheinbaren  Besitze  des 
Sultans  von  Maskat  nur  der  Küstenstrich  von  M:rb:it  an  der  Südküste  und 
die  Omanküste  bis  zum  Kap  Mii>andani  mit  uube^ieuteiiden  Bef- stiLrniiieu, 
sowie  liuadar  an  der  Küste  von  Belutseliistan  Sein  Ansehen  verbhiÜte  inmier 
mehr,  es  machte  ihm  Mühe,  die  Aulurität  lu  dem  ihm  verbliebenen  Besitze 
von  kaum  200000  qkm  mit  etwa  einer  Million  Einwohnern  zu  erhalten,  auch 
diewr  Schatten  von  Macht  wäre  ihm  ohne  Englands  Beistand  nicht  ver- 


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England  in  Arabien. 


431 


blieben.  1866  folgte  ihm  sein  Sohn  Said  Türki  ben  Said  auf  den  Thron. 
Dieser  erhält  von  Indien  150000 — 200000  Francs  .lahipsrente  fiir  seine  an 
Enpland  ahrrftretenen  liesit/imü'f'n,  abor  ef'i'H'lo  (liese  Kciite  macht  ihn  seinen 
Untfitaiicn  veriulitlich.  Erkannte  auch  der  Vertrag'  zwischen  England  und 
Frankreich  vom  1<).  Mär/,  die  voUkoninieiie  UnahliänL'i'-rkfit  dos  Sultans 

von  Maskat  an,  so  wurde  dieser  Vertrag  doch  schon  hint'iilli<^',  denn  er  bezog 
sich  gleichzeitig  auf  den  Sultan  von  Sansibar,  und  dessen  Geschick  ist  schon 
«it8<diiieden.  Als  Frankreich  Madagaskar,  die  Comoren,  Djibati  in  Besitz  ge- 
nommen, sucbten  auch  die  Bewohner  des  Hafenplatxes  Sur,  sUdOstUdi  Maskat 
an  der  Qmanktlste  für  ihren  Handel  Schnta  unter  der  Flagge  Frankreichs, 
und  so  fand  seine  Begiemng  Gelegenheit,  rieh  in  das  Vertöltnis  «wischen 
England  und  dem  Sultan  von  Maskat  einzudribigen.  Als  aber  1899  drei 
englische  Kreuzer  vor  Maskat  erschienen,  war  der  Sultan  so  eingeschüchtert, 
duB  er  das  Zugestän  lnis  der  Anlage  einer  französischen  Kohlenstation  an  der 
Omanküste  bei  Bender- Djissar  sofort  zurückzog.  Unmittelbar  vorlier  hatte 
Frankreich  in  Muskat  ein  Konsulat  eiTiehtet,  das  seine  Interessen  namentlich 
in  Sur  vertreten  sollte.  Ks  hatte  aber  mit  dieser  Maßregel  kein  (Uihk. 
Die  Streitsache  über  die  Hererhligung  der  Kaufleute  aus  Sur.  die  französische 
Flagge  auf  ihren  kleinen  Schitfen  zu  fiibreii,  hatte  für  Frankreich  vor  einem 
Schiedsgericht  1905  einen  ebenso  ungünstigen  Ausgang  wie  der  oben  er- 
wfthnte  Versnob,  eine  Kohlenstafaon  an  der  Omankllste  anzulegen.  Auch  Bufi- 
land  schien  gewillt,  vor  dem  osiasiatischen  Kriege,  Englands  herrsehenden 
Einfloß  an  der  Kflste  von  Oman  und  im  persischen  Meerbusen  beldmpfen  zu 
wollen.  Es  setzte  gleichfalls  einen  Konsul  in  Maskat  em  und  betneb  eine 
reichlich  subventionierte  Dampferlinie  von  Odessa  über  Maskat  nach  dem 
persischen  Hafenplatze  Bender-Buscheir,  WO  ebenfiüls  ein  russischer  General- 
konsul residierte.  Die  russische  Regierung  schien  sichtlich  den  Zweck  im 
Auge  7,u  haben,  ihren  großen  politisch-wirtschaftlichen  Hrfol^en  in  Nord- 
Persien  von  Süden,  von  der  Kü.ste  her  zu  Hilfe  zu  kommen,  um  .sich  den 
Zugang  z.um  offenen  .,\varmeu"  Meere  zu  eröffnen.  Durch  den  für  Rußland 
so  unheilvollen  Au.sgang  des  ustasiatischen  Krieges  sah  es  sich  genötigt,  vor 
der  Hand  seine  Tätigkeit  in  jenen  Meeren  einzustellen,  sicherlich  aber  nicht 
fOr  immer,  wie  schon  der  Besuch  des  Schah  von  Perrien  1906  in  Petersburg 
dentlidh  zeigte. 

Augenblicklich  hat  sich  England  der  konkurrierenden  fremden  Versuche 
zur  Festsetzung  in  Oman  und  im  persischen  Busen  mtledigt.   Der  englische 

Konsul  in  Maskat  ist  ein  Militär  und  der  Berater  des  jetzigen  Sultans  Seyid 
Feysiü  ben  Turki,  tatsächlich  aber  der  Herrscher.  Im  Süden  bei  den  Kurian- 
Mnrian-Inselu  und  im  Norden  bei  den  Bahrein-Inseln,  die  den  Türken  ab- 
genommen wurden ,  stehen  stets  englische  Kreuzer  zur  Verfügung  bereit. 
Das  englische  Konsulat  und  die  hier  orrichtete  Post  erhielten  eine  englische 
Schutzwache;  alle  Stemi)el  tragen  britisches  (iepriige.  Auch  in  wirtschaftlicher 
Beziehung  nmß  der  Sultan  den»  Rate  des  Konsuls  folgen,  Steuersätze  für 
lieisballen  wurden  auf  seinen  Wunsch  herabgesetzt,  ebenso  das  englische 
Pachtgeld  fttr  Fischereigerechtsame  bd  <3uador,  dem  letzten  Besitz  des  Sul- 
tans an  der  BelutschistonkOste.   Aber  auch  flbor  diesem  Platse  weht  schon 


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432 


Kleist: 


f1i>  englisclip  Flatrcro,  denn  hier  ist  die  Tiandungsstolle  fiir  ein  enplisclios 
Kahfl  von  Hdinl'iiy  nadi  KoweTt  und  für  ein  geplantes  von  Maskat  dabin. 
Der  Fischeieibctrag  wurd»'  um  /.wr-i  Drittel  herabgesetzt.  Seit  Ende  der  neun- 
ziger Jahre  ist  England  der  wirkliclie,  gefürchtete  Sobutzherr  über  das  Sul- 
tanat von  Oman,  im  besonderen  über  Maskat.  Diese  Hafen-  und  Haupt>iadt 
ist  wirtechaftlicb  von  nieltt  geringer  Bedeatnng.  Für  Bombay  gilt  Maskat 
als  Zwisebenplats  des  Handels  nach  Arabien  einerseits  und  nach  Persien 
andererseits.  1900  betrog  der  Gesamthandel  685000  Pf.-Si  Das  Ergebnis 
der  drei  Abschnitte  der  Tfttigkeit  englischer  Politik  in  Oman  ist  so  gnt  wie 
erreicht:  das  Sultanat  ist  tatsichlich  ein  englischer  Schutxstaat|  und  der 
Wirklichkeit  entsprechend  kennzeichnen  englisdie  Atlanten  das  Gebiet  als 
englischen  Besitz. 

Nicht  minder  interessant  ist  das  Vorgehen  der  ])ritischen  Politik  im 
Inneren  des  persischen  Meerbusens.  Es  deckt  .«ich  vollkommen  mit  dem 
Verfahren,  sich  der  großen  Wfltbandelsstraliü  dun  h  den  Snczkanal  und  <la.s 
Rote  Meer  bei  ihrem  Austritt  in  den  indischen  Ozean  zu  versil  bern.  So  wie 
bei  der  Bnb  el  Mandeb-iStraüo  über  Aden  und  der  Insel  Perim  die  englische 
Flagge  weht,  so  ist  auch  die  Straße  von  Ormuz  durch  das  Protektorat 
Uber  Oman  und  den  Besits  der  in  der  Meerenge  gelegenen  Lisel  gleichen 
Namens,  aafierd>  m  noch  durch  die  Besitznahme  der  Inselgruppe  Bahrein  in 
Englands  Hand.  Um  aber  Tollkommen  Herr  der  JAta»  von  Indien  durch 
den  pevsisehen  Meerbusen  zu  worden,  bedurfte  es  noch  eines  festen  Punktes, 
der  den  Handelsweg  an  der  Stelle  beherrscht,  wo  der  Seeweg  in  den  Land- 
weg übergeht,  entlang  dem  wasserreichen  Tigiis.  England  wählte  hierzu 
den  Hafen  Koweit,  über  den  zwar  die  Türkei  die  Oberhoheit  beanspruchte, 
ohne  sie  jedoch  geltend  gemacht  zu  haben  und  dessen  Sheik  Mubarek  sich 
volle  Unabhängigkeit  klug  zu  wahren  v»Ts1aiideu  hatte.  Eür  England  wurde, 
wenn  auch  nubt  der  volle  Besitz,  so  doch  wenigstens  iVw  Schutzherrschaft 
über  Koweit  um  so  wünscbeuswerter,  als  eine  deutsche  Eiseubabugesellschatt 
diesen  Platz  als  Endpunkt  der  im  Bau  begriffenen  Bagdadbahu  seiner  ge- 
sund«! Lage  und  günstigen  Hafeuveihftltnisse  wegen  in  Aussicht  genommen 
hatte.  Die  Bagdad-Gesellschaft  nahm  eben  an,  Koweit  stehe  unter  tflrkischer 
Oberhoheit.  Nicht  nur,  weil  sich  hier  englische  und  deutsche  Handels-  und 
Verkehrsinteressen  entgegenstehen,  sondern  namentlich,  weil  Kowtft  der  Aus- 
gangspunkt englischen  Einflusses  auf  das  Ne^jed,  den  östlichen,  wirtschaft- 
lich wichtigsten  T  il  des  Innern  Arabiens  wurde,  verlohnt  es  sieh,  dem  Vor- 
gehen der  englischen  Politik  an  diesem  l)ish<'r  weltvergessenen  Punkte  zu  folgen. 

Der  kleine  Ort  Koweit  liegt  11'*  km  südlich  von  Basra,  schon  am  West- 
gestade des  persisclifn  Golfes.  Er  besitzt  einen  ausgezeichneten  Hafen,  er- 
freut sich  eines  sehr  «jesunden  Klimas  und  beherrscht  die  Mündung  des  Shat 
el  Arab.  Seine  günstige  Handtlslagc  wurde  die  1  rsaf'he,  daß  sich  seit  etwa 
lOU  Jahren  von  Hasra  iier  eine  starke  Einwanderung  einstellte,  so  daß  es 
jetzt  etwa  20000  Einwohner  z&hlt  Die  Hauptausfuhr  bilden  die  Erzeugnisse 
der  Viehzucht  aus  dem  inneren  Nedjed,  namentlich  auch  von  edlen  Pferden; 
auch  laufen  Sdiiffe  zur  Perlenfischerei  nach  den  Bahrein -Inseln  aus.  Sehen 
1820  stellte  England  in  Koweit  einen  Konsul  an,  der  sich  aber  gegen  die 


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England  in  Arabien. 


433 


Feindseligkeiten  der  Araber  und  Türken  nicht  behnnpton  konnte  und  zurück- 
gezogen wurde.  Als  1871  die  Türken  das  Gebiet  El-Hasa  von  d»  r  Östküste 
bis  zur  Halbinsel  Katar  eroberten,  leistete  ihnen  Koweit  Hoerc^fol^M«.  Sein 
Sbeikb  erhielt  seine  Bestätigung  mit  dem  Hange  eines  Kaiinakans  (  Rogierungs- 
prüsidenten)  und  als  Lohn  den  IJesitz  der  dem  Bhat  el  Anib  nahe  gelegenen 
Palmeuhaine.  'I'rot/.  dieser  sehr  nahen  Beziehungen  zum  Sultan  in  Konstan- 
tinopel erachtete  sich  Sbeikh  Mubarek  ferner  als  unabhängig.  Als  Lord 
Coraon  ViMkOnig  von  Indien  geworden  war,  nahm  er  den  Gedanken  wieder 
anf,  sich  Eowelts  zu  Tersichem,  weil  es  einer  der  Anlageplfttze  f&r  die 
britisch^indische  Schiffahrtskompagnie  geworden  war  und  das  Projekt  der 
Bagdad-Bahn  ins  Leben  trat.  Daher  schloß  er  1900  einen  Vertrag  mit  dem 
Sheikh  Mubarek,  in  dem  ihm  England  seinen  Schutz  gegen  jeden  fremden 
Anspruch  zusagte  und  dafQr  einen  vortrefflichen  Hafen  20  km  nordöstlich 
Koweit  sowie  große  Zugeständnisse  für  Koweit  selbst  erhielt.  Lord  Curzon 
setzte  wieder  einen  Konsul  ein ,  der  von  dem  Sheikh  die  Berechtigung  er- 
hieltf  am  Hafeneingange  Kngiands  Flagge  /u  hissen.  So  wurde  Sheikh  Mu- 
barek Englands  Verbündeter  und  Schützling. 

Das  Gefühl  der  Sicherheit  l)elel»te  nun  seinen  Ehrgeiz,  und  er  fand  Ge- 
legenheit, diesem  wirksamen  Ausdruck  zu  geben.  Ben  Raschid  hatte,  wahr- 
scheinlich türkischem  Antriebe  folgend,  vor  dieser  Zeit  die  wahabitischen  Sheikhs 
aus  Nedjed  vertrieben  und  an  ihrer  Stelle  sich  selbst  nun  Sultan  gemacht. 
Sheik  Mubarek  nahm  den  Tertriebenen  Erben,  den  Kedjed  Sheikh  Abdel  Aziz, 
in  Kow^t  auf  und  gewihrte  ihm  ein  kflmmerliches  Qattredit.  Nach  dem 
Vertrage  mit  der  englisolnn  Begierui^f  glaubte  Mubarek,  die  Zeit  sei  ge- 
kommen, um  seinen  Schfltzling  Abdel  Aziz  in  sein  verlorenes  Erbe,  in  das 
Ne^ed,  zurtV  1<  /  Hihren.  1901  erreichte  Abdel  Aziz  nach  einem  600  km 
langen  Marsche  durch  die  Wüste  die  alte  Hauptstadt  el  Riad,  welche  ihm 
die  Tore  öffnete.  Darauf  aber  wurde  er  bei  Breigat  von  Ben  Raschid  ge- 
schlagen, mußte  el  Riad  räumen  und  wurde  bis  an  die  Mauern  von  Koweit 
Verfolgt.  Zugleich  trat  die  Türkei  auf  den  Sihauplatz,  um  die  alten  An- 
sprüche auf  Koweit  geltend  zu  machen.  Türkische  Truppen  ei-schienen  von 
Busra  her  in  nächster  Nähe  von  Koweit  und  schickten  sich  zur  Belagerung 
des  Platzes  an.  Die  Lage  des  Shdkh  MubarA  war  recht  aoasichisloi.  Da 
erschienen  auf  Antrag  des  englischen  Konsuls  drei  englische  Kriegsschiffe  auf 
der  Beede  von  Koweit  Angemdits  dieser  Demonstration  standen  die  Türken 
TOD  weiteren  Angriffen  ab,  errichteten  zwar  in  geringer  Entfernung  Befesti- 
gungen, zogen  aber  schließlich  wieder  nach  Basra  ab.  Der  von  England 
gnrettete,  ermutigte  und  au(h  ferner  unterstützte  Sheikh  Mubarek  ging  wieder 
zum  Angriff  gegen  Nedjed  vor,  eroberte  zum  zweiten  Male  el  Riad,  nachdem 
er  Ben  Raschid  geschlagen  hatte:  und  heute  ist  der  geschworene  Tflrkenfeind 
Abdel  Az'u  wieder  als  Emir  von  den  wahabitischen  Stämmen  des  Nedjed 
anerkannt.  Diesen  günstigen  Erfolg  nutzte  Sheikh  Mubarek  weiter  aus:  er 
wandte  sich  gegen  die  türkische  Prnvinz  El-Hasa,  an  der  Westküste  des 
persischen  (lolfes  zwischen  der  Uman  Küste  und  dem  Euphi-atgobiet,  und  be- 
setzte sie  mit  Ausnahme  der  Hauptstadt  el  Katif.  So  ist  auch  diesei  Gebiet 
Ar  die  Türk«  verloren  und  im  Besitie  eines  Sdittzlings  von  England.  Hier^ 


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4U 


Kleist: 


hei  kommt  noch  der  KintluB  in  ndracbt,  den  di>  englische  Regierung  über 
den  durch  ihre  Tie^iünstigung  wieder  in  sein  Erbe  eingesetzten  Emir  Abdel 
Aziz  gewinnt  niid  sk  üIkt  <i;i^  Innere  <>st-Aral»iens,  da^  walialtitische  Kedjed, 
Die  Mitteilung  d»\s  bi>heiig»'n  Minislerprii-^idi'iitcn  Haltour  im  Parlamente: 
„Das  Oberhaupt  vim  Kuweit  ist  ein  Scliüt/litig  Englands  und  durch  Sonder- 
verträge mit  uns  gebunden",  bestätigt  ot'ti^iell  die  vurstehend  wiedergegebene 
AafSusang. 

Wenn  so  im  OsÜichen  und  inneren  Arabien  die  tttrkiechen  Besitisnsprfldie 
dem  engliacben  Einflüsse  weichen,  so  drobt  der  Pforte  eine  noch  viel  größere 
Qefabr  an  der  WestkCUte  Arabiens.  Die  sfidliehen  Gebiete,  die  Landschaften 
Azyr  und  das  vielgenannte  Yemen  stehen  erst  seit  1873  unter  türkischer 
Oberhoheit  und  Verwaltung,  seit  Absetzung  des  letzten  unabhängigen  Sultans 
von  Yemen.  Schon  seit  Heginn  des  10.  Jahrbunderts  fanden  hier  unaus* 
gesetzt  blutige  KUmpfe  statt,  zum  großen  Teib-  dunh  die  Wabaititen  hervor- 
gerufen. l)ie>e  in  der  Mitte  des  IH.  .fahrbuuderts  eutstandr'iie  religiöse  Sekte 
suchte  den  I>lani  /u  iiier  uispriiiiglirhen  Heinheit  zurück/u lub reu  und  er- 
kannte den  Sultan  in  Knust, iiitiiio[)el  als  Kalifen,  als  geistlulies  Oberhaupt 
nicht  an.  Ihre  Wiege  liegt  nu  Inneren  Arabiens,  im  Nedjed.  Der  religiöse 
Fanatismus  führte  bald  seine  Anhänger  über  dies  ilebiet  hinaus,  überall  ihre 
Lehre  verbreitend.  Als  1803  auch  die  heiligen  StBdte  Mekka  und  Medina  in 
ihre  Hand  fielen  und  ihr  abweichender  Glaube  die  Stellung  des  Sultans  emstlich 
gefährdete,  fibertrug  dieser  das  Zurflckdztngen  der  WabaHten  1815  dem 
Pascha  von  Ägypten.  Seinen  Truppen  gelang  es,  die  heiligen  Stfttten  wieder 
in  erobern,  die  Wahabiten  bis  in  das  Innere  zu  verfolgen,  auf  die  Dauer 
aber  vermochtwB  sie  sich  nicht  zu  behaupten.  Die  Pforte  setzte  in  Hedjaz 
über  die  heiligen  Städte  einen  Groß-Seherif  als  ihren  Beamten  ein,  der  sich 
einer  recht  nnabhilngigen  Stellung  und  eines  .Tabreseinkoniniens  von  o  Mil- 
lionen Francs  duicli  die  Piigerfalirer  erfreut.  Seit  dieser  Zeit  l»eanspruchte  die 
Pforte  die  Oberhoheit  auch  über  A/yr  und  Yemen,  ohne  ihre  i^cchte  aber 
auszuüben.  IStJö  und  1871  fidgten  in  diesen  be-iden  Landschatten  Autslände, 
die  zur  Beseitigung  des  Sultans  von  Yemen  und  zur  Einsetzung  eines  anderen 
führten.  Neue  Erhebungen  1893,  1895  und  1896  machten  wiederholt  das 
militärische  Eingreifen  der  Pforte  erforderlich,  stets  ohne  durchschlagenden 
Erfolg.  Die  Hauptstadt  Sana  und  ihre  Umgebung  zeigte  sich  ganz  besonders 
widerspenstig.  Schon  1901  war  Yemen  wieder  in  vollem  Aufhihr,  zur  selben 
Zeit  also,  als  sich  in  KoweTt  die  geschilderten  Vorgänge  abspielten.  In 
Y'emen  war  der  Inian  Y'ahia,  der  angesehenste  Mann  der  Provinz,  gegen 
die  türkische  Herrschaft  aufgestanden  und  sab  sich  bald  an  der  Spitze  von 
oOOno  Arabern.  Als  ihr  Führer  erhielt  er  den  Titel  Charof  eddin  („Ehre 
des  (llatiliens")  o<ler  auch  Seif  «d  islain.  Als  der  türkische  .Mus.setarif  von 
Hitdeda  die  Aufforderung  zur  l  hergäbe  von  Sana  ablehnte,  schloB  Yahia  im 
Februar  UM).")  Sana  ein.  Die  Plorte  schickte  den  .Marschall  Riza  i'a.scba  mit 
dem  7.  Armeekorps  nach  Yemen  zur  Unterdrückung  des  Aufstandes.  Dieser 
roarschiei-te  mit  8000  Mann  von  der  Kttste  ah,  zersplitterte  aber  auf  dem 
Marsche  einen  großen  Teil  seiner  Truppenmacht,  durchbrach  zwar  noch  die 
Einschliefittog  der  Araber,  verlor  aber  hierbei  schon  einen  Teil  seiner  Ge- 


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England  in  Arabien. 


43Ö 


schfltse,  seineil  Train  nnd  Proviant  Ohne  Aussicht  auf  baldigen  Ersatz  und 
bei  dem  Hangel  an  Lebensmitteln  kapitulierte  Sana  und  so  fielen  weitere 
SO  Geschütze,  20000  Gewehre  und  große  Mengen  von  Unnition  in  die  Hftnde 

der  Aufstilndisclu  n.  Nun  beehrten  die  Sieger  den  frülicren  Iman  Yahia  mit 
dem  Titel  eines  „Sultans  von  Arabien**,  und  dieser  verlit  imlii  bte  nicht  länger 
seinn  Absiclit,  -.'.Wo  arabischen  Stümmo  von  der  Türkenlierrscliaft  zu  befreien, 
sii'h  selbst  zum  Herrn  von  Araliien  zu  machen  und  als  Kalifen  anerkennen 
zu  hissen.  Die  l'furte  si'uunte  nicht  diese  Selmrte  auszuwetzt-n ,  ein  neues 
Armeekorps  unter  einem  ihrer  tüchti^^sten  Heerliihrtr,  Shiikir  Pascha,  ward 
zur  Unterdrückung  d»'s  Aufstandes  und  zur  Wahrung  ihrer  Oberhoheit  nach 
Yemen  geschickt  Shakir  Pascha,  der  letste  der  im  preußischen  Dienste  aus- 
gebildeten Offiziere,  erzielte  ansehnliche  Erfolge,  bevor  er  aber  seine  Aufgabe 
vollkommen  erfüllen  konnte,  wurde  er  nach  Mazedonien  abberufen  und  seit- 
dem fehlen  Nadhrii^ten  von  weiteren  Erfolgen  der  tflrkischen  Truppen.  Da- 
her dai*f  man  den  Aufstand  nodi  nicht  als  niedergeschlagen  eraditen.  Die 
Araber  selbst  sind  des  Sieges  ihrer  Sache  gewiß.  Mit  dem  Rufe:  „Arabien 
den  Arabern"  /oi:  man  in  dem  eroberten  Sana  ein  und  mit  dem  gleichen 
Rufe  begrüßten  die  Bewohner  des  Xedjcd  Abdel  Aziz,  den  Sieger  über  die 
Türken.  Es  geht  sogar  ein  Gerücht,  d:iß  dieser  neue  Sultnn  des  Nedjfd  ein 
Bündnis  mit  Yahia  von  Sana  im  strebe,  um  na-  Ii  seinem  Abschluß  mit  lUÜOOO 
wohl  bewalVneten  Kriegern  auf  Mekka  zu  marsi  hieren. 

Vertblgt  mau  den  <iaug  der  Ereignisse  von  der  Besitzergreifting  von 
Aden  diirch  England  bis  zum  heutigen  Tage,  so  erkennt  man,  daß  Arabien, 
das  noch  vor  15  Jahren  der  Tflrkei  oder  dem  Sultan  von  Oman  unter- 
worfen war,  jetzt  unter  der  Vormachtsstdlang  Englands  steht  Die  ganze 
Süd-  und  Ostkflste  von  dem  oben  mehrfiMh  erwähnten  französischen  Posten 
Sheikh  Said  bis  zur  Mündung  des  Shat  el  Arab,  das  Hinterland  von  Aden 
bis  Daha  nordwiuts  auf  dem  Wege  nach  Sana,  die  im  Süden  und  Osten  vor* 
gelagerten  Insehi,  alle  diese  Gebiete  unterstehen  englisch  r  Oberhoheit  oder 
Schutzherrschaft.  Sogar  das  bisher  ganz  unzugängliche  Innere  Arabiens  kann 
sich  dem  britischen  Eintiussi'  nicht  entziehen:  der  jetzige  Beherrscher  des 
Nedjed,  Abdel  Aziz,  ist  von  England  abhängig,  und  dali  der  Iman  Yahia  von 
Yemen  seine  Erfolge  zum  großen  Teile  England  verdankt,  liegt  auf  der  Hand. 
Unbemerkt  lieferte  dieses  die  erforderlichen  Wallen,  den  Kriegsbedarf  und 
vor  allem  Geld. 

Bei  so  weitgehender,  mehr  oder  weniger  heimlicher  Erweiterung  eng- 
lischen Besitzes  oder  englischer  Schntzherrschidft  liegt  die  Frage  nahe:  welches 
Ziel  verfolgt  England  in  Arabien?  Die  Erschließung  des  Landes  zu 
wirtschaftlichen  Zwecken,  die  Förderung  des  Handels,  die  Erleichterung  des 
Verkehrs,  die  Befestigung  seiner  Herrschaft  über  den  indischen  Ozean  oder 
einen  politischen  Zweck,  entsprechend  seiner  weltbehMTScbenden  Stellung? 
Die  Erschließung  des  meist  unfruchtbaren,  wasserarmen,  von  der  Sonne  aus- 
gedörrten Landes  errflnet  keine  vorteilhaften  Aussichten,  ebenso  wenig  lülit 
sich  erwarten,  daU  sich  die  dünne  meist  noma<lisierende,  meist  nur  von  Vieh- 
zucht und  KiiubiMeien  I«'bende  Beviilkerung  zu  einem  seüliatien  aekertiaii-  oder 
gewerbetreibeudcü  Volke  umbilden  lassen  werde.    Das  Land  ist  dasselbe  wie 


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436 


.T.  Kleist: 


▼or  Tansendeik  tod  Jahrra,  und  seine  Bewohner  leben  hier  noch  in  derselben 

Weise,  die  wir  aus  dem  Alte»  Testamente  kennen.  Da  I&6t  sich  eine  Wand- 
lung in  Sitten  und  Gewohnheiten  ftir  absehbare  Zeit  nicht  erwarten.  Die 
Aussichtlosigkeit  einer  Ausnutzung  des  Wflstenlandes  und  seiner  nomadisie- 
renden Hevrdkeninij  für  die  Kultur  scbließt  die  Annahme  vollKtündig  aus, 
England  habe  kulturelle  /wecke  im  Aiiir»'.  Viel  eher  ließe  sich  annehmen, 
daß  (!ewinnsu<'ht  iind  powisse  ("harakteranlagf n  den  Araber  zu  reger  Betei- 
ligung am  liamlel  treiben.  Die  Hafeniiliitze  Djedda,  Hodeda,  Aden,  Maskat, 
Koweit,  Menamah  auf  der  Bahrein-Insel  bergen  eine  zahlreiche,  rührige  Be- 
vdlkerung,  die  mch  stark  Termehrt.  Die  Welfhandelaatrafie  durch  das  Bote 
Meer  Itaft  auf  fast  2000  km  an  der  arabischen  Westküste  entlang.  Die 
sweite  Handelslinie  durch  den  persischen  Meerbusen  kann  sich  xa  einer 
zweiten  WelthandelsstraBe  erheben,  wenn  das  Projekt  der  Bagdad-Bahn  eine 
gfinstige  Losung  findet  Djedda,  der  Hafen  für  die  Pilger  nach  den  heiligen 
Statten  Mekka  und  Medina.  wird  jährlich  von  300  Dampfern  mit  277  000  tons 
besueht.  Hodeda,  der  Ausfuhrhafen  für  <len  Vx  rühmten  Mokka  Kaffee,  ist  zu- 
gleich Hafenplat/  und  H»'giemngssitz  des  Landes  Yemen  mit  der  Hauptstadt 
Sana  von  50()(M)  Einwohnern.  Die  vorzugsweise  militärischen  Zwecken  dienende 
Insel  Perini  wird  wegen  ihres  guten  Ankergrundes  von  vielen  Dampfern  zum 
Kohlenauffüllen  aufgesucht 

Dann  Aden,  die  Haupt.sladt  dos  jettt  etwa  20000  qkm  umfassenden 
anter  englischer  Hoheit  'stehenden  Hinterlandes:  es  wurde  ein  Welthafen,  den 
&st  alle  Dampfer  mit  Bestimmung  nach  Ost-Asien  und  Ost- Afrika  anlaufen, 
um  Kohlen-  und  Wassenrorrftte  >u  erglnzen.  Dampfer  der  „P.  tt  0.*^,  der 
deutschen  Ostafrika-Linie,  der  „Hapag^,  des  Bremer  Lloyd,  des  österrsichisehen 
Lloyd,  der  Messageries  maritimes,  der  Babatino^GeseUschalt,  sie  alle  lanfen 
Aden  an.  Vor  noch  nicht  70  Jahren  ein  elendes  arabisches  Fischerdorf, 
wurde  es  eine  befestigte  Kohl^nstation  und  seit  der  Krötl'nung  des  Suezkanals 
ein  Wolthafen  mit  jetzt  gegen  r)000()  Einwohnern,  darunter  1300  Europäern, 
einschließlich  der  Beamten  und  der  Oarnison  Tn  der  Verwaltung  untersteht 
Aden  der  Regierung  der  Präsidentschaft  Bombay.  Im  Jahre  1895  liefen 
1Ü06  Dampfer  mit  2KJ  '0()()  tons  ein  und  fast  ebenso  viele  liefen  aus.  Der 
Gesamthandel  betrug  112  Millionen  Francs,  er  verteilte  sich  auf  Einfuhr  mit 
76  Millionen  und  auf  Ausfuhr  mit  66  Millionen.  Die  Einfuhr  versorgt  die 
Einwohner  nut  all  den  Knltorbedtfrfiiisaai,  die  Arabien  nicht  bietet;  heote 
bilden  auch  Waffen  und  Kriegsbedarf  einen  ansehnlichen  Posten.  Die  stati- 
stischen Angaben  von  1895/96  li^n  nun  schon  10  Jahxe  surlld[.  Der 
stetig  wachsende  Handel  Europas  mit  China,  Japan,  Indoohina,  dem  Snnda- 
gebiete,  die  diinesischen  Wirren  und  der  ruansdi-japanische  Krieg  hoben  den 
Verkehr  Adens  und  seine  Welthandelsstellung  ganz  außergewöhnlich.  Zugleich 
machte  sich  gtUistag  geltend,  daß  die  ganze  Küste  Hadramaut  als  englischer 
Besitz  anzusehen  ist. 

Die  weit  ostwärts  vorspringende  Lage  von  Maskat  macht  diesen  Platz 
zum  natürliehen  ZwisL-lienstapeiort  für  den  indischen  Handel  von  Bombay, 
ja  von  Kurashee  an  der  Indus-Mündung,  mit  dnn  Hafenpliltzen  des  persischen 
Meerbusens.    Nach  Angaben  des  englischen  Konsuls  von  Bushelr  bclief  sich 


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i 


EngUnd  in  Arabien. 


487 


1900  der  Gesamthandel  im  persuchen  Meerbusen  auf  2873000  Pf.-St,  von 
denen  allein  auf  Maskat  685000  Pfimd  entfallen.  Von  jener  Summe  des  Gesamt- 
handels  stammten  aus  Bombay  Waren  für  1034000  Pf.,  aus  England  ffOr 
788000  Pf.,  ans  anderen  Lftndem  fBr  866  000  Pfond,  darunter  aus  Deotsehland 
fOat  38000  Pftmd.  Demaadi  betrug  der  Wert  des  im  persischen  Golfe  be- 
triebenen Handels  annUh<'rnd  die  Hälfte  der  Gesamtsuninie  dos  Handels- 
Terkehrs  von  Aden  im  Jahre  1895.  Arabiens  KQstenplfttze  bilden  wertvolle 
Stützpunkte  für  den  Handel  zwischen  Europa  und  dem  östlichen  Asien  und 
da  diese  Häfen  fast  ausnahmslos  -  außer  den  persischen  und  den  türkischen 
Faro  —  englischer  Besitz  oder  unter  englisrhem  Scluitze  sind,  so  beherrscht 
England  vollkommen  den  Handelsverkehr.  Dazu  kommt,  dall  ein  'IVil  der 
Hülfen  zugleich  die  Landuugsstellen  für  die  englischen  Kabellinien  abgibt, 
die  entweder  das  Kote  Meer  oder  den  persischen  Meerbusen,  sowie  Klein- 
Asien  durchzielien,  um  Europa,  Asien,  Afrika  su  verbinden.  Nur  ein  franaösi- 
schos  Kabel  läuft  von  Djibnü  Aber  Sheikh  Said  nach  Hodeda,  Djedda  bis 
Medina  mit  einer  Landabsweigung  nach  Sana.  Arabien  bildet  somit  das  Mittel» 
glied  zwisdien  den  drei  Weltteilen  fBr  Handel  und  Verkehr.  Das  Streben 
Englands  nach  dem  aussdiliefilidien  Hesit/.e  der  Kflsten  der  so  unwirtlichen 
Halbinsel  wird  so  schon  aus  diesen  Handelsinteressen  erklärlich. 

Der  Handel  und  Verkehr  verlangt  befestigte  Stfitspunkte,  man  findet 
sie  in  den  lUtVstigungen  der  Insel  Pcriin,  welche  die  östliche  schmale 
FahratraUc  /wischen  der  Insel  und  dem  Festande  Arabiens  durch  ihre  be- 
schütze vüllküuuncu  beherrscht  und  nach  Frt'orderu  die  Durchfahrt  durch  dajs 
„Tor  der  Tränen''  freigeben  oder  verschließen  kann.  Die  unmittelbare  Nähe 
des  nach  der  Leeseite  zu  stark  befestigten  und  armierten  Aden  gibt  der 
Insel  Bsrim  dMi  notwendigen  Bflckhali  Wenn  Aden  ein  aweites  Gibraltar 
genannt  wird,  so  beruht  die  Berechtigung  des  Vergleiches  nur  auf  der  ähn- 
lichen geographischen  Lage:  Gibraltar  spenrt  die  Enge  awisehen  dem  Atlantisdien 
Oaean  und  dem  Mittelmeere,  während  Aden,  fast  150  km  von  der  Bai  el 
Maadeb>Strafie  entfernt,  wohl  den  Zugang  von  Süden  und  Südosten  ver- 
bietet, ihn  aber  nicht  liindem  könnte,  wenn  nicht  die  Insel  Perim  den  un- 
mittelbaren Verschluß  herstellte.  So  beruht  die  StArke  der  Stellung  Pcrim- 
Aden  auf  wechselseitig  sich  ergilnzendeu  Vorzügen.  Eine  Rlockade  dieser 
starken  Stellung  durch  eine  feindliche  Flotte  ist  kaum  annehmbar,  denn  der 
Suezkanal  ist  in  Englantis  Händen,  und  dieses  würde  nicht  an.stehen,  den 
künstlichen  Wasserweg  für  die  Durchfahrt  feindlicher  Schiffe  zu  schlielien. 
Im  indischen  Ozean  unterhält  keine  Seemacht  so  starke  Flotten  im  Dienste, 
um  mit  Ansucht  auf  Erfolg  eine  Blockade  von  Aden-Perim  wagen  au  kOnnen, 
da  der  Weg  um  Sfld-Afrika  vom  Kaplande  her  behemdkt  wird.  Hier  ist 
noch  nicht  einmal  die  aktive  Beteiligung  der  englisdi-indisdien  Flotte  in  Be- 
tracht gezogen,  die  doch  erst  geschlagen  sein  müfite,  bevtnr  «ine  andere  See- 
macht daran  doiken  könnte,  den  Zugang  zum  Boten  Meere  durch  Eroberung 
von  Aden-Perim  zu  öflFnen.  Diese  Stellung  ist  durch  ihre  Lage,  ihre  Ün- 
sngänglichkeit  von  der  Landseite  her  so  stark,  dafi  England  auf  die  Anlage 
weiterer  befestigter  Stützpunkte  in  Arabien  verzichten  konnte.  Jeder  be- 
festigte Platz  übt  je  nach  seiner  Größe  einen  strategischen  £iatluß  auf  seine 


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438 


V.  Kleist: 


ümgebung  aus.  Der  EinAufi  Adens  »igt  sich  in  dem  steten  Wachsen  seines 
Hinterlandes,  in  den  erfolgreich«!  Kftmpfen  der  arabischen  Stimme  in 
Temen  und  Axyr  gegen  die  türkische  Herrschaft,  Erfolge,  die  ohne  eine 
den  Attfktlndigen  günstige  Haltung  Englands  von  Aden  aus  nidit  denkbar 
wftren,  die  zweifellos  an  Stelle  der  angebliehen  tflikisclien  Oberhoheit  zur  tat- 
sächlichen Schutzherrschaft  Englands  über  diese  Gegenden  führen  werden.  Der 
Aktionskreis  Adens  nacli  der  Sc»'  zu  umfaßt  viel  gewaltigere  Flächen:  im 
Hücken  der  Seefrxnt  ist  das  Kote  Mt-er  ein  britischer  See,  nach  Süden  und 
Südosten  die  Sfctestuiig  Herrin  des  arabischen  ileeres.  Seine  Periplierie  be- 
rührt im  Süden  den  Ilerrscbat'tsbereich  des  Kreises,  der  seinen  Mittelpunkt 
in  der  Kapstadt  oder  in  Port  Elisabeth  hat,  selbst  das  französische  Mada- 
gaskar wird  von  ihm  umschlossen.  Nach  Südosten  und  Osten  geht  die 
Einwirkungssone  Adens  in  die  von  Lidien  und  Ceylon  über,  in  Maskat  be- 
rühren sich  beide  Kreise.  Wenn  sich  England  für  den  persischen  Qolf  noch 
keinen  dauernden  zentralen  Btützpulikt  schuf,  so  war  er  entbehrlich  durch  die 
N&he  Ton  Bombay,  und  seine  Enthaltung  wurde  ersehwert  durch  das  ungün> 
stige  Klima.  Maskat  ist  einer  der  heifiesten  Punkte  der  Erde:  hier  steigt  die 
Hit/e  bis  über  43''  ('.  im  Schatten.  Unter  gleichen  Nachteilen  leiden  die 
Ingeln  Bahrein  und  Ormu7.  Die  Lage  der  letzteren  in  der  Meerenge  gleicht 
auffällig  der  der  Tnsel  Perira  in  der  Hab  el  ^landeb-Strnße.  Ebenso  wie  sich 
die  i)()rtugiesische  Seemacht  einst  in  difsen  (Jewässorn  in  Orrauz  ihren  Stütz- 
punkt schuf,  eljenso  wird  das  viel  seemUchtigere  England  nicht  zaudern,  durch 
Befestigung  und  stete  Besetzung  der  Insel  Onnuz  den  Zu-  und  Ausgang  des 
persischen  Meerbusens  in  seine  ilaud  zu  nehmen.  Die  Notwendigkeit  tritt 
erst  dann  ein,  wenn  BuBland  den  pachtweisen  Erweib  ehies  Hafens  ▼on 
Persien  erlangt  und  somit  einen  Zugang  mm  wannen  Ifeere^,  einen  Ersati 
für  Port  Arthur-Dahiy  gewinnt,  oder  wenn  die  Bagdad-Bahn  in  deutsch- 
franzSsischen  Händen  das  Mündungsgebiet  des  Shat  el  Arab  erreichen  sollte. 
Bis  dahin  unterl&ßt  die  britische  Regierung  die  Besetsnng  und  Befestigung 
der  Insel  Ormuz.  Die  politischen  Ziele  stehen  in  so  engem  Zusammenhange 
mit  den  militUrischea  Maßregeln,  daß  sie  sich  nicht  scheiden  lassen. 

Das  englisch-japanische  Bündnis  beweist  oflenkundig  das  Bestreben  der 
englischen  Politik,  sich  unter  allen  Weeliselfällen  die  Herrsrliat't  über  die 
Krone  ihres  Besitzes,  über  Indien,  unter  Beiseitestellen  aller  kleinlichen  Be- 
denken zu  sichern.  Ein  großer  Teil  der  Bevölkerung  Indiens  und  gerade 
der  militärisch  beste  bekennt  sich  zum  I>iaia,  er  ist  eine  Stütze  der  eng- 
lischen Machtstellung  in  Indien.  Jeder  Umstand,  der  den  Einfluß  auf  die 
muselmanischen  Bekenner  stftrkt,  ist  willkommen.  Es  gibt  kein  heilsamerss 
Mittel,  als  die  Religion,  um  den  Muhamedaner  mit  der  Fremdhemchaft  ans- 
snsOhnen*  Gelänge  es  Englands  Politik,  das  geistige  Oberhaupt  des  Islam, 
bisher  der  Bultan  in  Konstantinopel,  von  der  britiBdien  Regierung  so  abhlngig 
SU  machen,  daB  das  Oberhaupt  Englands  Interessen  unbedingt  Rechnung 
tragen  müßte,  so  erführe  Englands  Besitzstand  in  Ägypten  und  Indien  eine 
unüberwindliche  Stärke.  Nun  ist  es  eine  kaum  zu  l<"<spnde  Aufgabe,  den  un- 
bedingten Einfluß  über  die  Pforte  zu  gewinnen.  Da  bieten  die  arabisclien 
Dissidenten,  die  Wahabiteu,  die  Möglichkeit,  eine  entsprecheDÜe  Einwirkung 


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England  in  Arabien. 


489 


wenigstens  auf  einen  Teil  des  Islam  za  erlaugen.  Machten  schon  Haudels- 
interessen  die  Sdratsheirschaft  fiber  Kovelt  wfinschenswert,  so  war  dieser 
poUtiselie  Akt  geradezu  geboten,  wo  es  sich  um  die  politische  Herrächaft 
über  Arabien  handelt.  Der  dem  Sheihh  Mubarek  zu  Teil  gewordene  englische 
Schutz  gegen  die  tfirldschen  Truppen  kam  dem  wahabitischen  berechtigten 
Erben  Ton  Xcdjed  gegen  den  Türken  GOnstUng  Ben  Raschid  als  Usurpator 
zu  gute.  Nun  ist  Abd  ben  Aziz  als  Emir  wieder  in  Besitz  seines  Erbes 
Nedjed,  gänzlich  abhängii:  v  -n  Englands  (Junst  oder  Ungunst,  und  gewillt, 
den  ebfiifiilN  wiiliabitisclicn  Linter  des  Aufstandes  in  Ycmcn  und  Azyr,  Yahia, 
mit  sriiicii  Kiici/rrn  im  Kainpff«  gegen  dio  Türkenht'ri-'chatt  in  Aradicn  /u 
unterstützen,  um  liicscn  die  heilig(!n  Städte  Mekka  und  Medina  zu  cntieißeii. 
Schon  diese  Möglielikeiten  eröÜ'nen  England  weitgehende  Aussicht,  sein  Ziel 
zu  eneicheu,  als  Sehutzherr  der  wahabitischen  Muselmanen  den  erstrebten 
EinfluB  wenigstens  ftber  einen  Teil  des  Islam  zu  gewinnen.  Diese  Hoffnung 
wird  noch  bestftrkt  durch  eine  geistige  Bewegung,  die  sich  von  den  Eut- 
Scheidungen  des  Sultans  von  Konstantinopel  lossagt.  Neffen  des  von  der 
Pforte  in  den  heiligen  Stödten  Mekka  und  Hedina  eingesetzten  Grofischerifs 
glaubten  Ursache  zur  Klage  Ober  diesen  wegen  ungerechter  Behandlung  ihrer 
Verwandten  zu  haben.  Den  türkischen  Oesetsm  gomiB  w&re  diese  Klage 
bei  dem  Sultan  in  Konstantinopel  anzubringen  gewesen,  statt  dessen  klagten 
sie  beim  Khediwe  in  Kairo  und  bei  Lord  Cromer,  dem  englischen  Bevoll- 
mächtigten in  ALrypten.  Die  Kl;ig<  füliri  iideii  wurden  bei  diesen  beiden  höch- 
sten PersihilKlikeiten  sehr  gnädig  und  ermutijend  empfangen,  anstatt  sie  an 
die  gesetzliche  In>tan/.  in  geistigen  Angelegenheiten,  an  den  Sultan,  zu  ver- 
weisen. Diese  ilaudluugsweise  legalisiert  den  Schritt  der  Klüger,  nimmt  ein 
Becht  für  sieh  in  Anspruch,  das  bisher  allein  dem  tflrkischen  Sultan  als 
Kalifen  zustand,  und  gewinnt  sich  alle  diq'enigen  zu  AnhBngem,  welche  Ur- 
sache haben,  mit  der  tflrkisehett  politisdi-religiOsen  Verwaltung  unzufrieden 
zu  sein.  Zugleich  h5rt  man  von  der  Bildung  einer  national-arabiscfaen  Partei, 
der  sich  auch  mehrere  angesehoie  Persönlichkeiten  der  Universitilt  el  Azar 
anschlössen.  Die  Partei  betreibt  das  Erwachen  der  arabischen  Stämme  und 
die  Befreiung  von  der  türkischen  Oberhoheit. 

In  solchem  Zusammenhange  und  unt<^r  den  angeföhi-ten  Entwickelungs- 
stufen  ersebeint  die  Verwirkliibung  der  Pläne  der  engliseben  Politik  nicht 
mehr  aussichtslos,  werde  England  einen  unmittelbaren  oder  mittelbaren  Ein- 
tluü  über  ganz  Arabien  samt  Mekk;i  un  1  Medina  ausüben.  Außer  dem  wirt- 
schaftlichen, strategischen  und  ptditischeu  Gewinne  des  eigenen  arabischen 
Besitzes  w&re  so  England  in  der  Lage,  das  Kalifat  des  Islam  dem  Sultan 
in  Konstantinopel  zu  nehmen,  es  auf  einen  Kalifen  seiner  Wahl  zn  fiber- 
tragen, der  ein  englischer  Emir  al  Mnmenin,  ein  „englischei'*  Behemcher 
der  Gläubigen  wflrde. 


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440 


H.  Barger: 


Die  lltere  2«BeiIelire  der  Meeliei, 

Von  Hugo  Berger  f. 

Eines  der  wirhtigsten  Kapitel  der  prifnhisohf n  Geographie  ist  die  Zonen- 
lehre. Obgleii'li  sich  di»'  gTicchische  ( it  oL'i  iil>'iie  —  nicht  Topojjfraphie  oder 
Chorographie,  wie  man  heut/ntagt;  btilLst  hw^  igt  nd  allgomein  annimmt  —  zu 
einer  Wissenschaft  entwickelt  hatte,  auf  deren  Schultern  die  ganze  imposante 
Geographie  der  neueren  Zeit  steht,  ist  sie  doch  aus  inneren  und  äußeren 
Gründen  mitten  in  ihrer  Entwicklnng  stecken  geblieben.  Aus  inneren  Qrttnden, 
weil  man  die  eigenÜichen  Schwierigkeiten  manches  Problems»  an  dessen 
Lösung  man  gleidi  nach  Beseitigung  der  ersten  Aufgaben  gegangen  war, 
erst  wthrend  der  Arbeit  selbst  kennen  lernte;  aus  ftußecen  GrOnden,  weil 
das  Volk,  von  dem  man  zuletxt  die  sur  Gewohnheit  gewordene  Unterstützung 
empfangen  wollte,  im  Qmnde  genommen  der  strengen  Wissenschaft  abgeneigt 
war  und  sich  mehr  an  die  EnzyklopUdic  hielt.')  Wir  müssen  daher  in  die 
älteste  Zeit  der  Entwicklung  des  griechischen  (leistes  zurückgehen,  in  die 
Zeit,  in  der  sich  die  Wissenschaft  aus  der  mythisch(>n  Ep()cli»'  heraus  ge- 
bildet bat  durch  die  Hoden  gc wiimcnde  Erklärung,  die  im  Anschluß  an  die 
poetische  Beschreibung  eintrat.  Ihre  ersten  Vertreter  werden  noch  nicht 
unter  die  Philosophen  der  späteren  Zeit  gerechnet;  unter  den  Männern,  die 
man  in  die  Zahl  der  sogenannten  sieben  Weisen*)  im  7.  und  6.  Jshrhnndert 
anfiuihm,  sind  sie  sn  sudien. 

Eine  Hauptrolle  unter  ihnen  spielte  Thaies  tou  Milet*),  Ton  dem 
Aristoteles  so  wenig  sn  beriditen  weiB^),  wie  von  einem  Hann,  der  nidits 
Sohriftliches  hinterlassen  hatte,  während  Aristophanes^)  wenigstens  das  be- 
sondere Ansehen  hervorhebt,  in  dem  er  gegenüber  den  Sophisten  anr  Zeit 
des  peloponncsischen  Krieges  stand.  Es  wird  ihm  und  dem  Pythagoras  mit 
st'inen  Schülern  zugeschrieben®),  zuerst  die  Himmelskugel  in  Zonen  geteilt  zu 
haben  durch  fünf  Kreise,  von  denen  drei,  die  beiden  Wendekreise  und  den 
Afpuitur,  die  Sonne  am  Himmel  angab,  außerdem  den  arktischen  und  den 
au  tu  rk  tischen  Kreis.  Die  beiden  Wendekreise  (tyon-ixo/)  bestmimten  zugleich 
den  größten  Tagesunterschied,  der  Äquator  {iarmtiii.v»>^)  die  ewige  Tages- 
gldchheit.  Die  Thaies  diese  Lehren  losdirieben,  mußten  ihm  lugleioh  die 
weitere  brnmessen,  daß  diese  Schlösse  ans  der  Kugelgestalt  der  Welt  an  ziehen 
seien;  denn  ein  Griedie  kann  damals  noch  nicht  forsdiend  bis  sum  nOfdlichen 
Wendekreise  selbst  Torgedrungen  und  die  Erscheinungen  praktisch  erkundet 
haben.  Die  Angabe,  Thaies  habe  die  Kugelgestalt  und  das  Schweben  der 
Erde  gekannt^),  mag  nach  den  eben  angeführten  Lehren  einige  Wahrschein- 
lichkeit gewinnen.")  Er  wohnte  zudem  der  Heimat  der  asiatischen  Astrologie 
ebenso  nahe  als  sein  Mitbürger  Anazimander*),  und  von  diesem  Ittßt  sich 

1)  Quint,  inst,  erat  1, 10,  1  ff. 

2)  Diels,  die  Fragmente  der  Vorsokratiker  S.  8  f. 

8)  Vergl.  Diog.  La.  22  If.   Diels  a  a.  0.  S.  Sff.        4)  Aristot.  de  COeL  2, 13,  7. 

6)  Nnb.  181.  Av.  1009.        «)  Diels  a.  a.  0.  8.  S  u.  Doxogr.  &  MO. 

7)  Doxogr  376, 22  ff.  Ut,  SS.  8)  IJeiger,  Geich,  d.  wies.  Erdkde.  d.  Gr.  8.84. 
»)  Strabo  I,  C.  i. 


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Die  ältere  Zonealehre  der  Griechen. 


441 


erweiseii,  dafi  er  die  babjloniMlie  Lehre  Tom  Sehweben  der  Erde  gekannt 
liat^)  Ebenso  mag  Thaies  von  den  Babyloniem  die  Wiederkehr  der  Finster- 
nisse erfttbren  baben;  denn  Herodot  gibt  als  Grenaen  seiner  Voraassagong 
der  Sonnenfinsternis  sur  Zeit  des  Aljattes  und  Kjaxares  ein  Jsbr  an.*) 

Die  Festiegang  des  arktischen  und  des  antarktischen  Kreises  knüpft  an 
die  Kenntnis  des  ganzon  Himmels  an,  der  sich  ein  Beobachter  der  Sonnen- 
bahn nicht  entziehen  konnte.  Unter  der  Masse  der  Sterne  werden  zu  Anfang 
wolil  neben  den  besonderen  Kontigurationen  diejenigen  aufgefallen  sein,  deren 
geringer  Uewegiingsausschlag  dem  Stillstande  am  nächsten  kam.  Das  sind 
aber  die  Zirkumpolarsterne,  und  unter  sie  gehört  der  kleine  Bär,  nach  dem 
die  Phönizier  als  nach  dem  nördlichsten  Sternbilde  die  Seefahrt  richteten. 
Thaies  soll  aber  (nach  Kallimacbos)  die  Abstände  der  Sterne  dieses  Stern- 
bildes merst'  vermessen  haben.*)  Vom  arktisehea  KreiBe  spricht  sohon  die 
Utas/)  Seine  Festsetsnng  war  angeknüpft  an  die  Kenntnis  der  Neigung 
aller  Btembabnen  nun  H<niiont,  die  zur  Erkenntnis  der  Neigung  der  Erd- 
scheibe naeh  Sftden  filhrte.*)  Dadnrob  wurde  ein  Teil  der  ndrdlichen  Zirkum- 
polarsterne immer  sichtbar,  so  Tiele  ihrer  den  Halbmesser  des  Kreises  d.  i 
die  PolbOhe  in  ihrer  Entfernung  vom  Pole  nicht  ttberschritten.  Bie  tauchten 
dämm  niemals  in  den  Okcanos,  d.  h.  sie  gingen  niemals  unter  den  Horizont. 
Mit  dem  Namen  Okeanos,  der  ursprünglich  einem  alten  Himmelsgotte  an- 
gehört haben  mag**),  hatten  die  Ciriecben  der  mythischen  Zeit  ihren  Horizont, 
die  Kreislinie,  die  Himmel  und  Erde  trennte,  benannt,  und  es  gehörte  nur 
die  Kenntnis  der  Kugelgestalt  des  Himmels  und  der  Erde,  die  damals  ihre 
ersten  imsicheren  Schritte  im  Osten  und  in  Griechenland  machte,  dazu,  um 
einsQseben,  daß  dann  eine  Ansahl  gleicliwd.t  yom  Sttdpol  abstehrader  Sterne 
für  unsere  Breite  niemals  sum  Vorsebein  kommen  konnte.  Das  f&biie  lu 
dm  swei  Punkten,  in  denen  der  arktisdie  und  der  antarktische  Krns  den 
Horisont  berOhreu,  und  diese  beiden  Punkte  wurden  su  den  Endponkten  der 
Mittagslinie,  die  man  auf  diese  Weise  sum  ersten  Male  eigens  konstruieren 
konnte,  wlbrend  man  spater  swei  korrespondierende  Sonnenhöhen  ihrer  Kon- 
struktion zu  Grunde  legte.^) 

Die  Lehre  von  der  Kugelgestalt  der  Erde  und  des  Himmels  ist  zuerst 
von  den  Pythagoreern  kühn  verkündigt  worden.  Die  lonier  haben  sifh  durch 
die  unausbleibliche  Folge  der  Lehre  von  dt  n  Antipoden,  der  Hydrostatik  und 
des  Schwebens  der  Erde  von  der  Annahme  dieser  Erkenntnis  abschrecken 


1)  Bcrger  a.  a.  0.  S.  34ff.        S)  Herodot  I,  74.    Diels  a  a.  0.  S.  9C 

3)  Die!^  a   a.  ü.  S.  3.  4)  XVIIJ,  487  ff. 

6)  Dielä  Duxogr.  377;  vergl.  Diog.  La.  IX,  33. 

6)  A.  Fick:  Die  unprfin^iehe  Spraehform  und  die  Fanong  der  Heriodisehen 
Theogonie.   Bezzenbergcra  BeHrtge  zur  Kunde  der  indegennaniscAien  Sprachen. 

Bd.  XU.  H.  1  u.  2.  S.  25. 

7)  Vergl.  Eratostheuea,  Gesch.  d.  wiss.  Erdkde.  S.  431.  Nach  meiner  Ansicht 
besehieibt  Heiaklit  Fngm.  ISO  (ß.  W  bei  Dieb)  dielfitkagtlinie,  deien  Bezeichnimg 

im  Altertum  «chwerer  war  als  die  der  0«t-We«tlinie.  Es  kann  freilich  die  Fruf^e 
aufgeworfen  werden,  ob  Strabo  liier  der  rechte  Fuhrer  aei.  Sie  meint  wahracheiu- 
lich  Patin  in  »einer  Schritt :  Parmeuides  im  Kample  gegen  Ueiaklit  S.  498. 

OiofnwUMha  SaltaArffl.  la  JkbrgMig.  iMa  %.  Haft.  80 


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442 


H.  Berger: 


lassen.   Wie  sicli  Thaies  Ton  Ifilet  in  dieser  Frage  verimlten  habe,  wissen 

wir  leidor  nicht.*) 

Die  Fythagoreer  stittrten  sich  bei  ihrer  Entscheidung  aaf  die  allerdings 
QBwiderleglÜ^e  Veränderung  des  Horizontes  bei  Verlegung  des  Wohnortes 
nach  L&nge  oder  Breite.  Sie  sind  aber  auch,  wahrscheinlich  nächst  Thaies, 
die  ersten  gewesen,  welche  die  bekannt  gewordenen  fünf  Hiinmelszonen  auf 
die  Erdkugel  übertrugen.  Hier  aber  bekamen  diese  eine  ganz  andere  Be- 
deutung; hier  zeigte  sieh  sofort  die  Abhängigkeit  der  Erdkugel  von  den 
Gestirnen,  zunächst  von  der  Sonne:  dort  war  die  Bedeutung  der  Zonen  nur 
astronomisch  gewesen,  hier  wurde  sie  sofort  geophysisch;  l'osidouius  kommt 
auf  diesen  Unterschied  ausdrücklich  wa  sprechen.*)  Die  Namen  der  hinun- 
lischen  Zonen  blieben  son&chst  bestehen  und  worden  sogar  auf  die  iidisohen 
flhertragen.')  Wenn  wir  den  Angaben  der  Doxographen  glauben,  so  kOnnm 
indessen  die  Pythagoreer  nicht  weit  in  dieser  Zoneneinteilang  ▼ocgeechritton 
s«n;  entweder  ließen  sie  uns  un  Zweifel  Uber  die  Zugehörigkeit  d«r  Bmennong, 
da  sie  nur  die  eine  Grenzlinie  der  Wendekreise  angaben*),  oder  sie  ver> 
fnhren  wie  späterhin  Posidouius,  der  die  von  ihm  angenommenen  beiden 
tropischen  Zonen  durch  die  Wendekreise  in  je  zwei  Teile  zerschnitten  werden 
ließ.^)  Der  eigentliche  Begründer  der  älteren  griechischen  Zonenlehre  wurde 
vielmehr  nach  Posidonlus'  Angabe'')  der  Eleat  Parmeuides.  Die  Richtigkeit 
dieses  Zeugnisses  würde  auch  dann  nicht  zu  erschüttern  sein,  wenn  darin  auf 
einen  Manu  Bezug  genommen  würde,  der  nicht  so  auf  den  Umgang  mit  den 
I^thagoreom  angewiesen  war  wie  der  in  dem  unteritalischen  Lukanien  rings 
▼on  ihnen  umgebene  Parmenides,  und  dem  der  wesüiohe  Zugang  nun  hohen 
Norden  Englands  durch  das  Binnenland  von  Gallien*)  nicht  so  nahe  gelegen 
bitte  als  ihm.  Das  Wort  eines  unbekannten,  firagwQrdigsn  Scholiasten  ge- 
nOgt  ja  sonst  lüiufig,  um  Shnliche  Dinge  sn  halten.  Die  Angaben  Uber 
Parmenides  und  seine  Mitarbeit  an  der  Lehre  von  der  Kugelgestalt  der  Erde 
verditnken  wir  hauptsächlich  Theophrast,  und  auch  seine  Bemerkung,  daß 
Parmeuideä  der  erste  gewesen  sei,  der  die  bewohnten  Teile  der  Erde  in  die 
tropische,  d  Ii.  nach  spaterem  Ausdrucke  in  die  gemäßigte  Zone  verlegte^ 
läßt  sieb  mit  der  Angabe  des  Posidouius  vereinigen,  wie  wir  später  zeigen 
werden. 

Aus  diesen  einfachen  astronomischen  AutÜngen  hat  sich  die  griechische 
hLümatologie  entwickelt.  Zur  Kliiuatologie  gehört  Länderkunde,  uud  diese 
mußte  bei  den  Griechen  dw  ältesten  Zeit  noch  sehr  besdirinkt  sein:  außer 
ihrer  engeren  Heimat,  der  Peloponnesos,  Mittel-Griechenland,  Epeiros  und 
Thessalien  kannten  sie  nur  die  Inseln  des  ftgSischen  Meeres  und  die  so  merk« 
wflrdig  von  dem  Rumpfe  Kleinasiens  abgehobene  Westkflste  der  Halbinsel; 
dam  gesellte  uch  bald  die  Kenntnis  der  klein  asiatischen  Südküste  (Kypros) 
ebenso  wie  die  des  nördlichen  Gestades  (Kolchis).  An  der  Südküste,  von  der 
aus  man  Phönizien  und  Ägypten  entdeckte,  mag  sieb  zuerst  der  Gedanke  an 
den  Zusammenhang  der  Kästen  gebildet  haben.    Im  Norden  Griechenlands 

1)  Dielä,  Doxogr.  840ff.      2)  Strabo  II,  0.  97.      S)  Dieb,  Dozogr.  S78,  Slff. 

4i  Vergl.  t>oxogr.  377,  18.  Berger  h  a  0  S.  211. 

6;  Bei  Strabo  II,  C.  96.         Ij  Tim.  bei  Diodor  V,  S9. 


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Die  ältere  Zonenlehre  der  Griechen. 


443 


flutete  nach  ihrer  damaligen  Vorstellung  noch  das  große  Weltmeer,  auch  im 
Westen;  nur  lagen  dort  große  liiBelu,  Tjrfbenien,  Italien  und  Sisilien*),  die 
naeh  der  Entdeeknng  der  Ägypten  benadibarten  Kflsten  von  Libyen  die  Augen 
des  See&luerTolkes  auf  sieh  sogen  und  in  der  grofien  Entdecknngs&hrt, 
die  uns  die  Odyssee  sdhildert,  endlich  dureh  die  Fahrten  der  kleinasiatiscben 
PhoUer,  Samier  und  Bhodier,  nach  Westen  hin  als  snsammenhftngendes  Land 
erwiesen  wurden. 

Qegen  das  Ende  des  7.  Jahrhunderts  lernt  man  die  südliche  Hitze  kennen. 
Um  diese  Zeit  herum  wurde  Kyrene  in  Lil)jen  gegriiudot-);  weitere  Ver- 
suche schließen  sich  an,  den  griechischen  Machthr-ieicli  von  da  nach  Westen 
auszudehnen.  Man  wird  bekannt  mit  den  Küsten  der  Iteideu  Syrtcn,  mit 
dem  schnKilen,  aber  gepriesenen  Strich  am  Flusse  Kiuyps^),  wahrseheinlieh 
auch  mit  der  Wüste  in  den  Umgebungen  voi/*  Kyrene,  namentlich  an  dem 
Paukte,  wo  sie  bis  in  die  Nähe  des  Mittelmeeres  ausgedehnt  ist.^)  Trotzdem 
bUeb  die  Nordkflste  Ton  Libyen  das  Stiefkind  der  griechischen  Geographie; 
man  hatte  wihrend  des  gansen  Altertmns  keine  Ahnnng  Ton  dem  starken 
Hervortreten  des  Atlasgebietes  nach  Norden,  das  den  LSndem  um  Algier  den 
Namen  Tneinafrika  eingetragen  hat;  nmr  Strabo  kommt  einmal  gans  neben- 
her  an  den  Gedanken  heran.^)  ^lan  dehnte  die  Länge  des  Mittelmeeres  über 
die  Gebühr  aus^),  nachdem  man  bis  in  die  Zeit  des  Eratosthenes  seinen 
westlichen  Teil  zu  stark  zusammengedrückt  hatte.  Man  faßte  die  ganxe 
Küste  als  eine  mäßig  geschwungene  Bügenlinie  zwischen  30"  und  "U"»"  n/ird- 
licher  Breite  auf,  nur  von  den  beiden  Syrten  unterbrochen,  die  als  Dreiecke 
ihre  Spitzen  nach  SiUlen  richteten.  Man  wußte  sich,  .solange  die  alte  Zoneii- 
lehre  galt,  nicht  zu  helfen  gegenüber  der  Tatsache,  daß  die  Xachbarlünder 
Ägyptens  nach  Süden  hin  so  weit  bewohnbar  sein  sollten^  wtiirend  sich 
links  von  dem  großen  Flosse,  dessen  Natur  man  als  Wunder  anstaunte^  und 
den  man  in  der  Yerlegenhdt  ^bald  aus  dem  Osten,  bald  aus  dem  Westm 
herkommen  lieft,  die  Wflste  so  weit  nach  dem  Meere  hin  ausdehnte,  obglei^ 
Sfarabo  Gründe  für  die  schdnbaren  Widerspräche  des  Klimas  und  der  Breiten- 
lage TOrlnringt.*)  Besser  war  es  mit  der  Kenntnis  der  Natur  des  Nordens 
bestellt;  denn  obschon  sich  auch  hier,  soweit  sich  die  Alpen  dem  Verkehr 
entgegenstellten,  eine  weite  Kluft  zwischen  Osten  imd  Westen  anftat,  die 
ganz  (rermanien  und  Skandinavien  verschlang,  war  doch  der  Zugang  ge- 
sichert Von  der  Nurdküste  des  Poatus  Paixeinos  und  von  der  Südküst^i  (Jalliens 
her.  (»ing  man  voni  Schwarzen  Meere  aus  nach  Norden  in  das  europäische 
Rußland  Iiinein,  su  kam  mau  bald  in  die  (jcgeud  des  harten  Winters,  wo 
man  Feuchtigkeit  auf  dem  Luide  nicht  durch  Ausgießen  von  Waner  erzeugt, 
weil  dieses  sofort  geineren  würde,  sondern  dureh  Feuer,  das  auf  dem  Boden 
angezflndet  whrd.^  Zuletst  machte  die  Kftlte  und  der  massenhaft  fallende 
Schnee,  den  Herodot  wie  wir  noch  heute  mit  Federn  vergleicht^),  der  Be- 

l\  HeKlo.l  Theog.  1013  ff. 

2)  J.  r.  Thrige,  res  Cyreneusium,  Kopenhagen  1828,  S.  88  If. 

3)  Hexodot  IV,  176.         4)  Vergl.  Ritter  I,  S.  DSSff. 

b,  Strabo  II,  C.  106.  C   Berger  a.  a.  0.  8.  681.  7,  Kbda.  S.  ISOif. 

8)  Strabo  II,  C.  73.         J;  lierudut  IV,  28.         10)  IV,  81. 

80* 


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444 


H.  Berger: 


wohnbaorkeit  des  Landes  ein  Ende.  Ein  ziemlieli  anderes  ffild  Tom  hohen 
Norden  bekam  man  auf  dorn  westtiehen  Wege;  Diodor  beiiditet  ms  nach 
TimaioB  über  diesen  an  die  Kordkttste  Ton  Gallien  fahrenden  Landweg.') 
Man  benutste  die  Flflsse,  soweit  sie  schiffbar  waren,  mid  brachte  die  Wann 
durdk  Ibnltiere  ttber  die  Wasserseheiden.  Daraus  geht  hervor,  wie  recht 
Victor  Berard  mit  seiner  Bemerkung  hat.  der  Seeweg  sei  nicht  unter  alten 
ünistllnden  der  nftdiste  Weg  gewesen.*)  Hier  bot  sich  nna  ein  ganz  anderes 
Bild  der  erfrorenen  Zone  dar  als  in  Rußland:  in  Folge  des  ozeanischen  Klimas 
war  der  Winter  weniger  hart,  Niederschläge  und  Nebel  herrschten  vor  und 
riefen  die  Vorstellung  hervor,  die  wir  bei  Geminus')  Hnden.  Ewiges  Dunkel 
sollten  den  unglücklichen  Bewohnern  die  Verborgenheit  der  Sonne  während 
der  halbjährigen  Nacht  und  der  undurchdringliche  Nebel  des  baibjährigeu 
Tages  bewirken;  schon  der  Schilderung  der  lümmerier  in  der  Odyssee  scheint 
solche  Vorstellung  zu  Qmnde  zu  liegen.^)  Massilia,  die  alte  Kolonie  der 
kleinasiatischen  Phokier, '  mag  wohl  der  Anfangspunkt  der  geschilderten 
alten  lUndelsstraße  gewesen  sdn;  sie  wird  sich  inmitten  des  Landes  getnlt 
haben,  om  mit  einem  Anne  das  Seegebiet  der  Veneter  an  der  Mfindimg  der 
Loire,  die  Inseln  an  der  Westkfiste  von  Frankreich,  für  den  Zinnhandel 
wichtig,  and  die  in  alter  Zeit  berühmte  Handelsstadt  Korbilo^)  daselbst  zu  er^ 
reichen,  von  wo  aus  man  nach  Ukesame*),  einer  Insel  im  Nordwesten  der 
Halbinsel  Bretagne,  und  von  da  iiadi  Cornwall  in  England,  der  Heimat  des 
Zinnes,  überzusetzen  pflegte:  —  mit  d'Mn  anderen  /.u  den  Küsten  des  Kanals 
und  der  großen  Insel  Vectis  ^VVight)  zu  lühreu,  wo  gleichfalls  das  Zinn 
geholt  wurde. 

Posidonius  ^  hat  eine  Angabe  Aber  des  Parmenides  SSonenlehre  überliefert, 
die  der  Erde  mne  gewaltige  GrSfie  raschreibt,  und  das  besttttigen  Plato, 
Aristoteles  und  Plroklus*).  Wenn  man  nfanlich  die  Worte  so  liest,  wie  sie 
früher  allgemein  überliefert  wurden,  ehe  sie  Herausgeber  durdi  die  Auft> 
lassnng  des  wichtigsten  Zusatzes  „der  Zone  zwischen  den  Wendekreisen  (t^s 
lUtoclh  v&v  TQontiUbvY  fhst  bis  sur  ünTerstfindlichkeit  entstellten,  so  hat 
Parmenides  der  mittleren,  verbrannten  Zone  eine  Ausdehnung  in  der  Breite 
gegeben  doppelt  so  groß  als  die  Breitenausdehnung  des  Gürtels  zwischen  den 
Wendekreisen  und  dadiirth  die  ])oiden  gemäßigten  Zonen  so  eingeschränkt, 
daß  sie  schmaler  als  dieser  wurden.  Teh  habe  den  Versuch,  diese  Tatsache 
zu  erklilren,  schon  so  oft  Lffuiacht,  daß  ich  ernstlidi  um  Entschuldigung  bitten 
muß,  wenn  ich  ihn  nocbmals  vorbringe.  Man  ))rancbt  sich  nur  die  Souue 
über  einem  der  Wendekreise  stehend  zu  denken,  so  wird  der  eine  der  beiden 
Strahlen,  mit  denen  sie,  sobald  sie  sidi  Über  dem  Äquator  befindet,  die 
beiden  Wendekreise  trifft,  ebenso  weit  über  den  Wendekreis  hinansftUen,  als 
dieser  vom  Äquator  entfernt  ist  Sieht  man  nun  weiter  als  geophysisches 
Gesetz  an,  daß  der  Bestrahlongswinkel,  mit  dem  die  über  dem  Äquator 
stehende  Sonne  die  beiden  Wendekreise  erreicht,  sur  Verbrennung  genügt, 

1)  Diodor  V,  ««.         2)  Rev.  historitiue,  Tom.  XXXV,  Ö.  79. 
8)  Gemin.  iaag.  ed.  Haait.  S.  76,  Iff.         4)  Od.  XI,  14  ff. 
-     f>^  Strabo  IV,  C.  190.         C)  Ebda  I,  C.  U.         7)  Ebda.  U,  C.  94  f. 

8)  Plato  Tim.  S.  26  a.  Aristot.  de  coel.  II,  14,  16.  Prokl.  in  Fiat.  Tim.  S.  «la. 


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Die  ftUere  Zonenlehre  der  üriecben. 


445 


so  wird  damit  der  Baum  der  Terbnumten  Zone  tatslolilieb  doppelt  so  breit 
als  der  Oflrtel  zwischen  den  Wendekreisen. 

Ob  Aristoteles*)  mit  den  Worten:  „nun  werden  aber  die  Gegenden  nodi 
TOr  dem  Äquator  unbewohnbar  (vüv  öi  ngougov  oi  ronoi  aoUiftm  ftvovttu 
n^iv  5}  xnokdniiv  13  (ttiaßakketv  xriv  axiav  n^og  ^fOfifißQluuy^  die  ganze  Lehre 
des  Parnieni'les  uneingeschrönkt  übemomnipa  oder  durch  die  Angabe,  die 
verbrannte  Zone  sei  der  Hauptsache  nach  miv  zwisfhen  den  Wendekreisen 
zu  suchen,  daran  geiiudert  habe,  ist  nodi  nicht  untersucht.  Ich  habe  früher 
erwähnt,  daß  Plato  die  Größe  der  Erdkugel,  die  Parmenides"  Zonenlehre 
voraussetzt,  als  richtig  annimmt  In  der  Einleitung  zum  Timaios^)  nämlich 
IftBt  er  das  Mittelmeer  ent  TOn  der  Oilmmeiie,  diese  tob  dem  iufleren  Meer 
umgeben  sein,  das  naob  seiner  und  der  Pjthagoreer  Meinung  mebrere  Oiknmemen 
enthftlt;  um  das  Süßere  Meer  lege  sieh  aber  nodi  einmal  ein  anderes,  un- 
gebeoeres  FesÜand  (nach  Art  de^enigen,  das  die  Mariniseb'Ptolemftiscben 
Binnenmeere  umgibt),  und  dieses  erst  könne  mit  Recht  das  eigwtlidie  Fest- 
land genannt  werden.  Er  verbindet  also  auf  der  Grundlage  einer  gewaltig 
großen  Erdkugel  die  beiden  damals  bestehenden  Ansichten  über  die  Einteilung 
der  Erde:  die  Pythagoreische  von  den  beiden  sich  rechtwinklig  kreuzenden 
Gürtelozeanen,  die  vier  Erdinseln,  zwei  in  der  nördlichen  gemäßigten  Zone, 
zwei  in  der  südlichen  gelegen,  trennten,  ein  Bild,  das  sich  noch  heute  auf 
dem  sogenannten  Reichsapfel  tindet^),  und  die  andere  Ansiclit,  deren  Be- 
gründer man  bis  zur  Stande  nur  die  Anti-Pjthagorccr  nennen  kann,  die  von 
demselben  ioniseben  Lebnatae  Aber  die  alhnfthliohe  Verzehrung  einer  ursprüng- 
lieb die  ganse  Erde  bedeokenden  Wassermasse  ausging,  dabei  aber  eine  viel 
weiter  rorgesebrittene  Stufe  dieses  Proaesses  der  Abtrocknung  für  die  Oegen- 
wart  annabm.  FQbrte  jene  erste  Ansiebt  sur  Yorstellung  des  Zusammen- 
banges  des  Weltmeeres^),  der  beiden  Gfirteloieane,  so  knfipfto  die  Gegen- 
ansicht ganz  richtig  an  die  tatriUAHdi  bestebende  Ungewißbeit,  ob  unsere 
Oikumene  wirklich  rings  von  Meer  umgeben  sei,  und  kam  zu  dem  Resultat, 
daß  nicht  das  äußere  Meer,  sondern  vielmehr  die  Festlandsmassen  auf  der 
Erde  im  Zusammenhange  ständen.  Dieser  Zusammenhang  des  Festlandes  ließ 
nur  Binnenmeere  übri^\  in  Westen  das  atlantische  und  im  Südosten  das 
erythräische.  Schon  Herodot  hat  sich  dieser  letzteren  Meinuni,'  angeschlossen, 
die  vielleicht  in  der  Karawanenreise  des  Aristeas  von  Prokonnesos  ihren 
Ursprung  hatte;  und  Aristoteles  gibt  uns  klaren  Bericht  über  sie.') 

Wie  die  grieohisobe  Geographie  ftr  alle  Zeiten  den  Begriff  des  Äquators 
{h^fifff$vig)  gesobaffen  bat,  so  stammt  aus  ibr  aucb  die  noeb  im  Torigen 
Mrasehenalter  anzutrefEiMide  Lebre,  man  könne  die  „Linie**  nicht  beschreiten, 
ohne  vom  Sonnenstieh  heimgesucbt  sn  werden;  die  Yeibrennung  war  der 
eigentliche  Kcmpunkt  der  alteren  griecblscbeu  Zoneulebre,  die  freilich  nur 
etwa  bis  in  die  Zeit  des  Eratosthenes  wissensebafUich  gegolten  bat;  daß  sie 

1)  Meteoroi.  II,  6,  11  ed.  Ideler.      "i)  S.  26  stf.  vergl.  Phaed.  S.  109  zu  Ende. 
.H)  Berger  a.  a.  0.  8.  SIS  f. 

4)  Vergl.  EuBtathius  ad   Dionys,  peoeg.  1  (Gcogr.  Gr.  min.  II  S.  217,  21  ff  ). 

5)  Herodot  m,  116;  IV,  16.  Beiger  a.  a.  0.  8.  816ff.  818.  Axist.  de  coel.  O, 
14,  15. 


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446 


H.  Berger: 


nnier  den  Ungelehrton  und  Halli^'olphrteo  nor)i  viel  Ifinger,  ja  1)is  auf  unsere 
Tage  gedauert  hat,  dutür  >(ir^'t«'  di<>  nimiM-ho  Ilhotorik.  In  der  Sahara  zu- 
nächst und  im  europiiisclit  ri  HuUlaud  schit  iHMi  sich  die  (Jren/.en  der  Hit/i-  und 
der  Külte  und  der  langen  Nacht  zu  zeigen;  man  glaubte  daher  an  diese 
Orte  aueh  die  (irenzen  der  Bewohuljarkeit  setzen  zu  müssen,  besunders  da 
die  (jrüße  der  Erde,  die  stetig  abnahm  (bei  Aristoteles  betrug  sie  400000  Stadien, 
bei  Dikaiarchofi  SOOOOO,  bei  Eratosthenes  bloß  250000  an  Umfang  des 
grOfiten  Kreises),  anfangs  solcher  Anaetzung  xa  entsprechen  schiai.  Mit  der 
alten  Zonenlehre  ist  dann  sngleich  die  Erdmessung  untergegangen');  nur  im- 
gereehttViti-:te  Vttkleinerungen  der  Erdkugel*)  ließen  sich  not:h  hr.ren,  doch 
sehlieUt  sieb  ihre  Tendenz  an  die  vorhandene  Neigung  zur  stetigen  Ueduktion 
des  Erdumfanges  an,  wie  denn  mit  Marinus  von  Tyrus  und  Ptolemäus  die 
Part.«n  der  Anli  l'vHiiiL'^or- .  r,  die  naeh  <Ier  Herrsehaft  der  Freunde  des  Era- 
tosthenes  und  ilt  r  I'vtliu,i;<>reer  den  Zusamnieuhang  des  Festlandes  vertraten, 
wieder  ans  Ruder  gekonuuuu  zu  sein  scheint. 

Eine  Frage  au  liteeUf  ist  uns  nicht  gestattet;  ob  die  Griechmi  sdion  in 
alter  Zeit  die  Teilung  der  Zonen  nach  SchattenverhUtnissen  angenommen 
hatten.  Stoibo')  gibt  nach  Poudonius'  Buche:  „über  den  Ozean**  die  Stellung 
an,  die  dieser  letzte  große,  selbstftndige  Forscher  des  Altertums  in  der  be- 
rühmten Zonenlohre  vertreten  hat.  Als  Stationen  der  wissenschaftlichen  Ent* 
Wicklung  der  Lehre  betrachtete  er  Parmenides  und  Aristoteles:  Parmenides 
war  der  Begründer  der  Lehre  von  den  fünf  Zonen  der  Erde,  der  He$/ründer 
der  Lehre  von  der  Ulibewohnbarkeit  der  inittlei hu,  verhrannten  und  der 
beiden  äußeren,  erfrorenen  Zonen:  die  verbrannte  sollte  er  in  etwa  doppelter 
Breite  des  Raumes  üwischen  den  Wendekreisen  der  Erde  angenommen  haben. 
Hier  aber  sollte  Aristoteles  von  ihm  abgewichen  seb,  indem  er  sie  schmaler 
ansetste  und  auf  den  Gflrtel  zwischen  den  Wendekreisen  sdhst  einschrftnkte. 
Mit  diesen  Angaben  des  Posidonius  Aber  Aristoteles  stimmen  jedoch  die  er- 
haltenen Bficher  des  Philosophen  selbst  nicht  überein.  In  der  Meteorologie') 
hatte  er  die  bewohnharen  Orte  auf  der  Oberfläche  der  Erde  durch  eine  Kon- 
stniktion  von  vier  Kegeln  bestimmt,  deren  zwei  nach  Norden,  zwei  in  ent- 
gegengesetzter Richtung  nach  Süden  orientiert  waren;  sie  liatten  eine  Lreinein- 
same,  in  die  VVeltaehse  fallende  Mittellinii  :  ibre  gemeinsame  Sjutze  lag  ia 
dem  Mittelpunkt  der  äußeren  Himmels-  und  der  inneren  f^rdkugel;  ihre 
Basen  bildeten  die  beiden  Wendekreise,  der  arktische  und  der  autarktische 
Kreis  der  HimmelskugeL  Da  die  von  den  Kegelspitzen  auslaufenden  Iduien 
natflrlieh  die  Oberfl&che  der  Knßeren  wie  der  innerai,  ebenso  auch  jeder 
anderen  konzentrischen  Kugel,  die  man  iigend  annehmen  wolltet  An  ent- 
sprechenden Punkten  schneiden,  so  mußten  durch  die  Mantellinien  jedes 

1)  Beiger  a.  a.  0.  S.  409  ff. 

2)  Ber.  d.  k.  sächs.  (jIch.  d.  Wihh  Mai  IH'.t?:  die  Stolhinir  den  Posidonius  7.nr 
Erdnies8tmg8fra^'e.  leh  kann  nur  noch  verweisen  auf  Bei.  iSitz.  4.  Mai  1895:  die 
Zonenlebre  des  Parmenidea  S.  68  ff.  Der  Anmerkung  4  sn  S.  67  möchte  ich  noch 
hinBufOgen:  Röper  ist  der  Wahrheit  ganz  nahe  gekommen.  Die  Umkehr  der  mosi- 
kalischen  Be/.ei(  bnun«ren  rriw,  y.c'r«),  vnö  ist  an  dem  Irrtume  schnld.  Hypate  frTcr»;) 
ist  die  tiefste,  äuAeräte  Seite.    Vergl.  C.  Janas,  Musici  script  Graec.  S.  143,  145 f. 

8)  n,  C.  94f.        4)  II,  6.  lOff.  ed.  Ideler. 


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Die  ftltere  Zonenlehre  der  Griechen. 


447 


Paares  dieser  gleiuhgcrichteten  Kegel  auf  der  Oberfladie  der  inneren,  der  fird« 
kugol,  die  RUume  jeder  dfr  lioiden  ixi'tnäßigten  Zonen  hestimmt  werden. 

Stralio')  g-iht  die  Schattenverlmitnisse.  wdrho  dip  Erdzonen  liegrenzen 
und  rliaiaktt'risien'n,  narh  Posidonius,  nielit  nach  l'annciiides  oder  Aristoteles, 
lunerijalli  des  Gürtels  zwkcben  den  Wendekreisen  stand  die  Sonne  bald  im 
Zenit  eines  anzunehmenden  Punktes,  bald  nördlich  von  diesem,  bald  südlich. 
Stand  sie  im  Zenit  des  Punktes,  so  mufite  der  Ifittagsschaitten  wegfidlen; 
stand  sie  nördlich  von  ihm,  mufite  er  sich  nach  Sflden  richten;  stand  rie 
sfldlidif  nadi  Nordeii:  PotidoDias  nannte  darum  die  Bewohner  diaser  Zone 
die  ../\v(  i<.  hattigen  fau^/öxiot)".*)  Streng  genommen  macbt^n  dabei  die 
beiden  Wendekreise  selbst  eine  Ausnabme,  da  bei  ihnen  nur  der  Wegfall  der 
Mittagsschatten ,  nicht  der  ümscblag  in  Frage  kommen  konnte;  die  Unmög- 
lichkeit, solche  Trennung  genau  auszutülireu,  erklärt  das  im  Referat  aus 
Pannemdes  gi  l)raucdde  Wort  „lieiiialie  (ö^rfdo!')".  Anders  war  es  natüilich  in 
den  auliegeudeu  gemäßigten  Zonen;  da  die  Sonne  niemals  einen  der  W^ende- 
krsäse  fibersdumtsm  konnte,  mofite  dar  IBttagsscbatieii  in  der  nördlichen 
gemftfiigten  Zone  inuner  nach  Norden,  in  der  sfidliehen  immer  nach  Sflden 
fidlen:  dämm  „Einsidiattigo  (IvCfönxMM)".  Diese  SchattenTerfalltnisse  horrschen 
his  tum  66.  Grad  nördlicher  nnd  sfldlicher  Brmte,  wo  in  dam  24  ständigen 
Tage  zuerst  die  Mittemacbtsonne  der  Mittagsonne  gegenübertntt.  So  wird 
jetzt  der  Polarkreis  an  Stelle  des  arktischen  und  antarktischen  Kreises,  die 
veränderlich  waren,  als  feste  Grenze  eingeführt.  Mit  der  eich  bis  zu  ♦56° 
ausdehnenden  Poliuihe  erweiterte  sich  der  arktische  Kreis,  der  Knis  der 
immer  sichtbaren  Gestirne,  bis  er  bei  6*)"  mit  dem  Wendekreise  zusammen- 
fiel; schließlich  für  den  Pol  selbst  wurde  der  Äquator  zum  arktischen  Kreis. 
„Umschattige  (rnffiantoiy*  nannte  Posidonius  die  Bewohner  dar  hödisten 
Breiten  swisohen  Pol  und  Polarkreis,  weil  sie  die  Schatten  nach  allen  Seiten 
fidlen  sahen.  Wir  wissen  nun,  dafi  diese  Bestimmung  der  Breite  des 
festen  Polarkreises  schon  einem  Zeitgenossen  des  Aristoteles  bekannt  war, 
dem  Massilier  Pytheas.*)  Aber  Pytbeas  war  ehen  ein  genialer  Mann,  der 
seiner  Zeit  weit  vorauseilte;  man  sieht  das  ans  dem,  was  er  für  die  griechi- 
sche Krdmessung  leistete.  Noch  für  die  Erdinessung  von  Ly^imacheia,  die 
nicht  früher  als  309,  in  welchem  Jalnv  die  Stadt  gegriludet  wurde,  angestellt 
wurden  sein  kann,  also  wenigstens  13  Jahre  nach  dem  Tode  des  Aristoteles, 
nahm  man  tür  die  Qrenzpunkte  des  Stückes  des  Himmelsmeridians ,  das 
awisdien  die  Endpunkte  des  Segmentes  des  Erdmeridtans  Syene  bis  Lysimacheia 
fiel,  die  heiden  Zenitpnnkte  Krebs  (Sjene)  und  Drachenkopf  (Lysimacheia) 
an,  wihrend  Pytiieas  anstatt  der  sohwierigen  Zenitbestimmungen,  derai 
üngenauigkeit  sich  in  der  Benmtaung  ganzer  Stemhilder  statt  einzelner  Steine 
zeigt,  das  Verhältnis  des  Qnomons  zum  Schattin  einführte^),  eine  Verbesserung, 
in  der  ihm  unseres  W^issens  zuerst  Eratosthenes  folgt«.'')  Dieser  setzte  aber 
die  geographische  Arbeit  eines  jüngeren  Zeitgenossen  des  Pytheas,  Dikaian  hos, 
fort.    Es  ist  nun  durchaus  nicht  umnüglich,  daß  die  Scbatteuverbültnisse 

1))  II,  C.  U.         2)  Strabo  ü,  C.  95  f.         3)  Berger  a.  a.  0.  8.  336  f. 
4)  Ebda.  8.  888  f.         6)  Ebda.  8.  407. 


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448 


H.  Berger:  Die  ftltere  Zoaenlehre  der  Orieehen. 


schon  zur  Zeit  des  Parnionides,  des  Be^ntindprs  dor  Erdzonen,  als  deren 
waluf  Bf'j^fn'nzun^'  erkannt  worden  sind;  ebenso  wird  vielleicht  damals  schon 
die  Konstruktion  gefunden  worden  sein,  die  Aristoteles  die  nach  der  Über- 
teugung  seiner  Zeit  aUein  bewohnbaren  Teile  der  Erdoberfläche  finden  liett; 
denn  idi  halte  fest  an  der  Meinung,  daß  die  ersten  Vertreter  der  Lehre 
▼OH  der  Kugelgestalt  der  Erde  auch  mit  der  Bewältigung  der  Lehre  von  der 
Belenehtung  der  Erdkugel  und  der  Lehre  von  den  konientriechen  Kugeln 
fiberhaupt  den  Anfkng  gunaoht  haben«')  Allein  Ich  mag  docAi  nicht  ver^ 
adieni,  dafi  in  dem  Exemplar  der  Aristoteliadien  Metewulogie,  das  Posidonius 
benntste,  snch  die  ZurackfQhrung  der  Zonengrenzen  auf  die  SchattenTerfaUt- 
niase  gestanden  habe.  Die  Einstellung  des  festen  Polarkreises  ist  nnr  ans 
der  Zurückfuhrung  der  Zonengrenzen  auf  die  öchattenverhältnisso  der  Erd- 
kugel zu  erklären.  Die  Verwendung  des  wandelbaren  arktisciien  und  antarkti- 
schen Kreises  als  diese  Grenze,  wie  die  runde  kreistörniige  Zeichnung  der 
Eidkarte  ein  ÜberUeibeel  ans  der  Zeit  der  Erdscheibe,  in  der  die  Ver- 
ftnderlidikeit  der  beiden  Kreise  durah  die  gleichmäßig  verbleibende  Neigung 
der  Erdscheibe  sn  den  GestimkxeiseB  noch  ttberwogmi  wurde,  ließ  den  Tadel, 
den  Posidonius  ebenso  gegen  Polybins  wie  gcgsn  Aristoteles  aussprach,  eigent- 
lich gegen  den  letzteren  nicht  zu,  gegen  den  erstereo,  der  die  Änderung  aus 
dem  Werke  des  von  ihm  best  gehaßten  und  veracht^'ten  Pytheas  „über  den 
Ozean"')  kennen  konnte,  ließ  er  sieh  freilich  richten.  Wie  leicht  konnte  aus 
dieser  Tatsache,  mit  TTbergehung  einiger  Bedenken,  ein  Kriterium  gegen  die 
Echtheit  der  Aristoteliselien  Meteorologie  geschmiedet  werden.*) 

Der  Polarkreis  hat  auch  niemals  festen  Fuß  gefaßt  in  der  alten  Geo- 
graphie. Außer  Pytiieas,  Ihmtosthraes  und  seinen  Schttlem,  zu  denen  man 
auch  den  Posidonius  reohnem  muß,  Hipparchos,  Ibrinus  und  Ptolemtns  haben 
alle  anderen  zugleich  mit  dem  ariduchen  Kreise  der  Stadt  Bhodus  deren 
Sphlienstellung  (86*  nördlicher  Breite)  angenommen,  V«o  C/sm)  ^  ^®  halbe 
verbrannte  Zone  vom  Äquator  bis  zum  Wendekreise,  %q  ("Vaim)  ftlr  die  nörd« 
liehe  gemäßigte,  "4^  C^/aM)  ^^^^  nördliche  erfrorene  Zone.  An  dieser 
Wahl  war  erstens  schuld,  daß  Rhodus  an  einer  hervorragenden  Stelle  der 
alten  Oikumene  lag,  da  wo  sich  der  Haujithieiteiikreis  und  der  Hauptlängen- 
kreis der  Eratosthenischen  Karte  schnitten;  zweitens,  daß  die  Kömer  sehr 
bald  den  Weg  der  Orientalen  wiederfanden,  die  Astrologie  als  den  praktisch- 
sten und  widitigsten  Teil  der  mathematischen  Geographie  sn  betrachten  ohne 
Aneignung  der  rechten  Kenntnisse,  die  sie  Tor  Kißgriffen  geschfltst  bitten. 
So  ist  der  Polarkreis  vielleidit  nur  bei  lytheas  und  bei  Posidoiiins  sa  seinem 
Bechte  gekommen,  die  erfrorene  Zone  von  der  gem&fiigten  tu  ttmnen,  um 
dann  dieses  Bechtes  sofort  nach  dem  Tode  des  Posidonius,  der  sich  der  rOmi- 
soihfln  Barbarei  mit  allen  Krftften  widersetzt  hatte,  ganz  verlustig  zu  gehen. 

1)  lierger  a.  a.  0.  S.  Ibbf.  2)  Ebda.  8.  8öf.  16tif.  328 f.  3)  Ebda.  S.661f. 
4)  Vergl.  Ch.  A.  Brandii:  über  die  Sehickiale  der  AristeteliichMi  Bfldier  uiw. 

(Rhein.  Mus.  I,  1827,  S.  236  — '.'54  u.  S.  257  — 286(.  Adolf  Stahr:  ArieUitelica  II, 
Halle  1832.  Beitrilge  z.  Gesch.  d.  Aristot.  Schriften  S  5-16(5.  J.  Kopp:  Nach- 
träge z.  Untersuch,  über  d.  Schicksal  d.  Axiatot.  Schriften.  i^Rbein.  Mus.  Iii,  1829, 
8.  98—106). 


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L.  Chalikiopoulos:  AnpassangsbediDgUDgen  usw. 


449 


Die  älteste  griechische  Zonenlehre  des  Parmenides  hat  sich  merkwtlrdiger- 
weise  prlialten ,  obgleich  nur  wenige  Jahre  nach  dem  Tode  des  Aristoteles 
aus  Afrikii  die  Nachricht  kam,  daß  die  wohlhokannto  Stadt  Syene  in  Ober- 
Ä^'ypt«Mi,  hinter  der  noch  125  Meilen  weiter  nacli  Süilcii  die  berühmt«'  Stadt 
Meroe  in  gutbewohnter  Gegend  big,  schon  den  Weiulekrois  des  Krebses  im 
Zenit  habe,  also  eigentlich  an  der  Grenze  der  Unbewobnbarkeit  liegen  müsse; 
obgleich  bereits  Pytheas  die  äußerste  bewohnte  Insel  der  britannischen  Gruppe 
unter  die  Breite  legte,  fttr  die  der  nOrdliche  Wendekreu  mit  dem  arktisohen 
Teiler  snsammen  fiel;  obsehon  sich  sogar  die  frsieron  Stoiker  wie  Erates 
▼on  Mallos,  den  man  naeh  Btrabo  als  den  Lehrer  des  Panaitios  betrachtete^), 
Paoaitios  selbst,  Polyhios  und  Poridonius  für  die  Bewohnbarkeit  des  Aqua« 
tors,  d.  h.  fftr  die  neue  Zonenlehre  entschieden.')  Die  strengeren  Stoiker, 
TOn  denen  wir  besonders  Sti-aho  und  Kleomedes  kennen,  widersprachen  ihren 
freieren  Schulgenossen');  gegen  alle  CJriinde  der  Theorie,  auf  die  es  hier 
allein  ankam,  hatten  sie  sich  Gegengriinde  zurecht  gemachU^j 


Aipassngsbedingungen  ud  EntwiekeliniiWiftlTe  der  Kiltnr. 

Yen  Ii,  Chalikiopoidoe. 

IV.   Vergleich  der  Einzel-  oder  Landschaftskulturen. 

Jeder  Landschaftstypus  der  Erde  bestimmt  durch  die  ihm  eigentüm- 
lichen Klima-  und  Bodenb^dingungf^n  das  Gedeihen  gewisser  ihm  angt'iiaüter 
Pflanzen  und  'l  iere  uml  diese  wiederum  .s^'iuL'n  besonderen  Wirts«  luit't.stypus. 
Somit  ergeben  sich  tiefgreifende  Unterschiede  der  Wirtschai tslorm  einer- 
seits iwisehen  TWselkiedeiisD  Brsitensfmen  mit  ihrer  abnehmenden  Wirme, 
Niederschlagsmenge  und  Bodenfrnchtbarkint,  anderseits  andi  innnhalb  dieser 
swischen  den  rsgenrsiahen  nnd  wasserannen,  ebenen  nnd  gebirgigen,  flnS- 
und  erdreiohen  und  -armen  Landschaften. 

1.  Verbreitung  der  Landwtrtschaftstypen. 

a)  Verbreitung  nach  Breitenzonen.  a)  Die  Tropenzone  mit 
ihrer  gleichmäßigen,  das  Wachstum  fSidemden  Hitze,  ihrem  dauernden  Nieder- 
schlagsreiohtom  in  den  Regenwald-,  ihxer  nur  zeitweiligen  Trockenheit  in 
den  Sarannengebieten  und  ihrem  sehr  fruchtbaren  Boden,  bietet  die  gOn- 
stigsten  Wadistums-  und  Entwickelongsbedingungen  Ar  Pflansen-  nnd  Tier- 
welt. Daher  fand  hier  die  freie  Sammelwirtschaft  das  ganze  Jahr  hin- 
durch ihre  natürlichen  Vorräte  und  erhielt  sich  noch  in  den  dichten 
Wald  und  abgebgfnt'n  Steppengebieten.  Wenn  sich  dort  ein  be^^ondors  er- 
giebiger Fruchtliauni  auf  begrenztem  Wohngebiote  fand,  ging  sie  in  Haiim- 
zucht,  wenn  hier  die  Steppentierherden  schwanden  und  das  Rind  Ersatz 

1)  Stnbo  I,  C.  6;  XIV,  C.  6T6. 

t>)  Rerger,  Fragin.  des  Eratotthenes  S.  83. 

3)  Strabo  II,  C  9r>— 98.  Kleomede«  ed.  Ziegler  I,  6  S.  58,  60*. 

4}  Kleomede»  S.  tiü. 


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460 


L.  Chalikiopouloa: 


schaffte,  in  GroBvieli/.uclit  übur.  Der  Boetbau  or/iclt  alljährlich  uicbrere 
Ernten  der  tropisclK-ii  (H  lreiib'fnk  bt  f  in  i\ci\  liebton  und  Savannen  -  Wald- 
gobieton und  pebt  bei  f^röüt'iTr  Hftvrilkcrungsdicbtc  in  (iart(>nl>aii  über. 

ß)  l>i<^  Sil  btrftponznn»'  begünstigt  in  den  reicbbewüssert'-n  Monsuti- 
gegeudeu  noch  den  (j  arten  bau  der  tropischen,  ertragsreichen  iruchlUaume 
und  GetrttidepflaiutBii.  In  den  AUnvialebenen  der  Wllstenione  erlangt  der 
Bieselfeldban  grofie  Ertragsintenaitit:  er  baut  die  NuiatpflaiiMii  der  Tropen- 
nnd  gemifiigten  Zone  je  in  der  heiften  und  kfüüen  JahreBieit  an;  Arbeits- 
tiere werden  durch  Anbau  ▼on  Futtn-gewSchten  und  Fflttemng  erhalten. 
IMe  kirglieb  bewacbsenen,  nur  jubreszeitlich  grünenden  Straucb-  und  Krauter- 
steppen  des  Tief-  und  Hochlandes  können  nur  durch  wandernde  Klein» 
viehzucbt  die  extensivste  Emübrungsbasis  bieten. 

y)  l)ie  <,'eni;i  lii|,'te  Zone  «/ewUhrt  meist  nur  eine  sonimerlicbe  Ptlanzen- 
wailistunisperiude.  so  daß  mir  eine  einmalige  Ernte  der  Abrengetreidegräser 
durch  Ackerbau  statthnden  kann  und  die  Viehzucht  in  Viehpfloge  über- 
gehen muß,  welehe  meist  auf  ^tem  Anbau  d«r  Fnttergewldue  ni^  anf  «ntt 
seitweisen  oder  steten,  kflnstliehen  Füttemng  bemhi  In  sdmeeamea  Wiesm- 
oder  Heid^bieten  gedeiht  auch  die  eitensive  Klein-  und  GroBTiehsucht 

d)  Die  kalte  Zone  ist  anssdiUedUch  der  freien  Sammelwirtscbaft 
xngftnglich. 

b)  Verbreitung  nach  Landschaftstypen.    Es  kennseiobnet 

1.  die  ebenen  Wabllandsebaften: 

a)  in  der  Trnpen/.diie:  ISa\im7.ueht  und  Itodungsbeetbau, 

b)  in  der  Subtrupen/one:  (Jartenbau, 

o)  in  der  gcm&fiigten  Zone:  intensiver  Ackerbau  mit  Viehpflege ; 

2.  die  Gebirgswaldlandsohaften: 

a)  Banmsucbt  mit  Beetbau, 

b)  Haan*  nnd  Gartenbau, 

c)  nroßviebsueht; 

3.  die  Flachst  ej)] »eil : 

a)  fJroüviebzueht  und  lieetbau, 

b)  wiuterliehe  Kb'inviebznebt,  Ackerbau. 

c)  (iroüviehzuelit  und  extensiver  Ackerbau; 

4.  die  (Jebirgssteppen: 

a)  Großviehzucht  und  Beetbau, 

b)  Sommerliche  Kleinviehzucht, 

c)  Seßhafte  Kleinviebsucht; 

5.  die  Schwemmlandsgebiete: 

a)  Gartenbau, 

b)  Garten*  und  Rieselfeldbau, 

c)  Intensiver  Ackerbau  mit  Yiehpflege. 

2.  Vergleich  der  Wirtscbaftsfaktoren. 

a)  Vergleich  der  Naturbedingungen.  Die  freie  Sammelwirt- 
scbaft sucht  in  den  wenigen  dafür  geeigneten  Gebieten  die  von  der  Natur 
in  Ffllle,  aber  meist  fiber  weite  Fl&chenrftome  serstreut  gebotenen  Frflchte  in 


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AnpssBnngsbedingungen  und  EniwiokelungsmotiTe  der  Kultur.  451 

kleinen  Mengen  fOr  den  til^^ichen  Bedarf  zusammen  und  muß  dalier  die 
Eniftbnmgsl>edingnngen  eines  weiten,  aber  doch  begrenzten  Wohngebietes 
genau  kennen,  die  sie  sich  ausschließlich  und  dauernd  zu  erhallen  trachtet 
durcli  Si  hutz  vor  Feinden  und  dun^h  sparsamen  Verbrauch.  Wo  sich  aber 
Fruchtptianzen  in  größerer  Zahl  au  bevorzugten  Stellen  entwickeln  oder  wo 
sich  die  Ticrseharen  eines  sehr  ausgedehnten  Gebietes  auf  Wechseln,  an  Tr&ukeu 
oder  Kosten  regelmäBig  Tereinigon,  ist  das  Sammeln  leSebter  und  stetiger 
und  weit  WMiiger  vom  Wandern  abhftngig.  Die  geordnete  Sammelwirt* 
Schaft,  SU  der  jene  Form  flberleitet,  mußte  nch  ftberaU  da  eutwidnln,  wo 
die  vom  Menschen  besiedelten  Landschaften  sehr  klein  waren  (wie  auf  osea- 
nischen  Inseln)  oder  wo  ihm  das  von  der  ull/u  dichten  oder  geringen  Vege- 
tation abhänfnge  Tierleben  bei  seiner  SpUrlichkeit  keine  ausreichenden  Exi- 
stenzbedingungen gewährt  hütte.  Daher  mußte  er  dort  auf  der  beschrUnkton 
Flüche  die  ertragsreichsten  Fruchtbiiume  vereinigen,  hier  eine  Herde  zusauunen- 
haiten,  mit  ihr  wandern  und  sie  umfassender  ausnutzen. 

Im  Gegensatz  zur  Sauunelwirtschuft  mußte  die  Erzougungswirtschaft 
in  den  an  wilden  EVtkchten  oder  Tieren  armen  Qebieten,  wo  der  Boden 
wegen  seines  Vegetationsrmchtoms  od«r  Fflansen-  und  Wassermangels  in  nnr 
geringem  üm&nge  verffigbar  gemacht  werden  konnte,  daiu  ttbeigehen,  auf 
kleinen  FlSchon  die  nötige  Nahrungsmenge  zu  gewinnen:  da  die  Frucht- 
bäume  ein  Menschenalter  bis  KU  ihrer  Ertm<:sniliigkeit  und  günstiger  Xator- 
bedingungen  bedurft  hätten,  so  waren  die  kurzl<'l)igpn,  stärkereicben  8teppen- 
pflanzen  zur  absichtlichen  Vervielfältigung  weit  geeigneter.  Sie  irestatten 
auch  im  »iecjensatz  zu  jenen  eine  Steigerung  der  AusnutzungsinteiisiUlt  des 
Bodens  durch  häutigeren  und  sorgfältigeren  Anbau.  Auch  die  den  Tieren 
ihre  Nahrungssuche  ganz  überlassende  Viehzucht  mufite  hier  durch  Er- 
zeugung von  nahrhaften  Fntterkrftutem  und  direkte  Fütterung  in  Großvieh- 
pflege übergehen. 

b)  Wfthrend  bei  dem  freiem  Sammelwirtsohaftstypus  die  wirt- 

schaftUche  Tätigkeit  nur  in  der  tatsichludien,  allerdings  ganz  indivi- 
duellen and  viel  Kenntnisse  und  £rfahrungen  vorauoetzenden  Ausnutzung 
liegt,  die  nur  dann  stattfindet,  wenn  das  Bedürfnis  unmittelbar  vorliegt  und 
die  kurze  starke  Anstrengung  am  reichlichsten  lohnt,  erstreckt  sie  sich  bei 
der  geordneten  Sanimelwirtsebalt ,  der  Baum-  und  Tietv.ui  ht,  dort  mehr  auf 
einen  meist  mechanischen  Schutz,  hier  auf  ein«-  dauernde,  persönliche  Auf- 
sicht und  Leitung  des  Pflanzen-  und  TierkapitaLs,  die  eine  ganz  regelmäßige 
und  sehr  leichte  Ausnutzung  gewihren. 

Bei  der  Erzeugungswirtsohaft  dagegen,  wo  das  meist  einen  nur 
einmaligen  Srtrag  abwerfende  Fflanzenkapital  immer  vom  neuem  erst  ge- 
schaffen werden  muß,  sind  die  vorbereitenden,  lange  zuvor  auszuführenden, 
einförmigen  und  mühsamen  Arbeiten  die  Hauptsache,  die  seltene  Ernte  da- 
gegen um  so  leichter  und  auf  lauere  Zeit  genügend.  Bei  der  freien  Sammel- 
wirtschaft ist  somit  die  hoehdiiferenzierte  .Vneignungstätigkeit,  bei  der  ge- 
ordneten das  Niit/iiiiL'^kapital,  bei  der  Erzeugungswirtschutt  die  menschliche 
Arbeit  der  liauptwiiUchaftsfaktor. 

c)  Bas  Yerhftltnis  zur  Wirtschaftsbasis,  dem  Boden,  zeigt  sich 


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452 


L.  Chslikiopovloa: 


in  der  Art  des  Besitzanspruches.  Der  Vertreter  der  wilden  Sammel Wirt- 
schaft kennt  zwar  kein  Eigentum  an  den  freien  Naturgütem,  verteidigt 
aber  doch  den  Besitz  si-ines  Samnielbezirkcs  mit  all  seinen  Nahninpsqiiellen, 
deren  Nutzungsrecht  er  allein  für  sich  beanspruchen  niuÜ;  bei  der  Baum- 
zucbt  beschränkt  sich  das  £igentun)srecht  auf  das  unbewegliche  und  nur 
iniMriialb  langer  Zeitriliuiie  Tflniieliib«re  Nutzongskapital,  aaf  die  Fmchtbliiine, 
der  Boden  bleibt  fim;  andi  bei  der  Yiebsucbt  bezieht  es  deb  auf  das  nn- 
beweglicbe  TieriEapital  und  der  Hirt  beanepmobt  das  Weidereeht  auf  allen 
den  FUcben,  die  durob  natfixliche  Vegetation  seine  Herdm  so  emftbren 
Termögen. 

l>io  Erzeuj?ungs  wir  tschaft  dagegen  erwuchs  auf  dem  von  Natur 
fast  ganz  oder  zeitweise  ertraglosen  Boden,  der  erst  durch  Bewässerung 
oder  Bodung  für  den  Anbau  von  (ietreide  oder  Futterkräutern  nutzbar 
gemacht  werden  mußte,  so  daß  sich  hieraus  der  Anspruch  auf  die  aus- 
schlieAlicbe  Ausnutzung  der  gerodeten  Fläche  wenigstens  zeitweise  bis  zu 
deren  yOlliger  Erscböpfting  ergab.  Anf  Ausbildung  des  PriYateigentams  am 
Boden  wirkte  aber  auch  der  Umstand  bin,  daA  bei  der  Enaugungswirtsckaft 
sum  Untevschied  von  der  Sammelwirtsobaft  immer  Arbeit  auf  den  Boden  ver- 
wendet werden  muß  und  die  dazu  erforderlichen  Flächen  so  wenig  ausgedehnt 
sind,  daß  sie  leicht  bewacht  und  verteidigt  werden  können. 

d)  Gleiehwie  sich  bei  den  Hauptwirtschaftjjtypen,  der  freien  und  geord- 
neten Sammel-  und  der  Erzeugungswirtschafi,  eine  wachsende,  zeitliche  und 
rilumliche  Konzentrierung  der  Wirtschaftstätigkeit  auf  immer  be- 
schränktere rüauzen,  Tiere  und  Bodenilächen  zeigt,  so  ergibt  sich  auch 
bei  den  vier  FormeD  der  letzteren  ein  immer  innigeres  Verwachsen  mit 
immer  kleineren  Bodenflachen  und  eine  Zunahme  der  anf  diese  verwandten 
Arbeit. 

Bmm  Ackerbau  mit  Viebsucht  (der  gemftBigten  Zone),  der  ja  die 
wenig  ergiebigen  Ährengetreide  dicht  gedringt  anf  weiten  Flachen  nur  ein« 

mal  jährlich  zu  erzeugen  bat,  liegt  der  Schwerpunkt  in  der  sehr  häufigen 
und  gründlichen  T'niarlieitung  des  Bodens  durch  die  größeren  tierischen 
Arbeitskräfte;  die  Krlialtutig  des  uneutliehrliclien  tierischen  Betriebskapitals 
ist  dureh  den  reiililiclieu,  auch  für  tien  Winter  Vorrat  liefernden  Graswuchs 
der  Brache  oder  den  Anbau  von  Futtergewächsen  gesichert.  In  Folge  der 
durch  Arbeit  und  Düngung  dauernd  gewährleisteten  Fruchtbarkeit  herrscht 
immer  Privatbesitz. 

Beim  Beetbau  (der  Tropen),  der  die  ertragsreichen  groBen  KnoUen- 
und  Kolbengetreide  auf  kleinen,  häufig  gewechselten  Flachen  ausschließlidi 
durch  menschliche  Arbeit  al^ahrlich  wiederholt  erzeugt,  wird  die  Krafkigung 
des  Bodens,  teilweise  aus  Mangel  an  Vieh,  wie  bei  den  extensiven  Betriebs- 
weisen des  Ackerbaues  dt-r  Natur  überlassen;  doch  stellt  die  häufig  zu 
wiederholende  Bodung  neuer  Anbauflächen  und  die  Hackarbeit  griißere  An- 
forderungen an  die  menschliche  Arbeitskraft  als  dort;  das  Eigentum  am 
Boden  besteht  nur  kurz  bis  zu  seiner  Erschöptuug, 

Beim  Bieselfeldbau  (der  Subtropen),  der  die  Kolben-  und  Ähren- 
getreide  in  dem  klimatisch  fOr  sie  geeigneten  Sonuner-  und  l^teriialbjahre 


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Anpaasnngsbedingungen  und  Entwickelangamotive  der  Kultur.  453 

wai  gOnsdgstem  AnBchwmunimgBbodeii  abweehselnd  laut,  tritt  neben  die 
grflndliehe  ümarbeitang  dee  Bodens  durch  dm  Pflog  seine  dsnernde  Pflege 

durcb  Berieselung,  so  daß  hier  außer  dem  tierisehen  Betriebskapital,  das 
durch  den  Anbau  von  FuttergewSdisen  erhalten  werden  miifi,  viel  menseh- 
\irht>  Arbeit  erforderlich  ist;  die  ausgedehnten  Bewässerungsanlagen  setsen 
dauernde  Ausnutzung  des  Bodens  und  Privatbesitz  voraus. 

Beim  Gartenbau  (der  Tropen  und  Hubtiopen),  der  das  ertragreii-hste 
Biqf>engetreide ,  Sträucher  und  Bäume  auf  kleinsten,  oft  erst  künstlich  ge- 
sehaffenen  Bodenflächen  baut,  tritt  neben  die  gründlichste  Bodenbearbeitung 
durch  Hensehenkraft  noch  die  viel  Kenntnisse  und  Sorgftlt  eriiardenide  Pflege 
der  ertragsreichsten  ansdanemden  Pflansen,  weshalb  hier  der  Wirtschafter  flwt 
immer  aueh  EigentOmer  ist. 

e)  Hack-  und  Pflugbau.  Beet-  und  Gartenbau  stehen  somit  als 
Hackbau  dem  Feld-  und  Ackerbau  als  Pflugbau  gegenüber.  Jener  ist  einer- 
seits in  der  Ergiebigkeit  und  Cirflße  der  tropischen  Getreidepflanzen  begründet, 
die  einer  <:erini,'oii  liodeuflüche  und  individuellen  Pflege  bedürfen,  anderseits 
auch  in  dem  Mangel  an  .\rbeitstif*ren,  da  der  Boden  zur  Anlegung  von 
künstlichen  Weiden  ungeeignet  oder  zu  kostbar  ist.  Der  Pflug  und  die 
tieriBchen  Arbeitskräfte  sind  dagegen  zu  tiefgründiger  Bearbeitung  der  für 
die  kleinen,  ertragsarmen  Ihrengetreidegräser  notwendigen,  weiten  Boden- 
fllchen  unentbehilich  und  durch  die  hier  Torhandenen  natflriichen  oder 
kflnstliehen  Weiden  b^[ttnstigt  Der  Peldban  der  Uimatiseh  in  der  lütte 
stehenden  Subtropengebiete  prägt  dadurch  sein*'  Mittelstellung  aus,  daß  er 
sowohl  den  Hackbau  für  die  tropisdien,  wie  den  Pflugbau  für  die  Getreide- 
pflanzen der  gemSßigten  Zone  in  den  verschiedenen  Jahreszeiten  anwendet. 

Neben  den  klimatischen  bedingen  auch  die  edaphischen  \  erhältnisse 
die  Verbreitung  vnn  Hack-  und  Pflugbau.  Wilhrend  in  den  tiefgründigen 
Ebenen  oder  im  flachen  Hügelland  die  weiten,  gleichmäßig  fruchtbaren 
FUchoi  aal  den  QroßgmndbesitK  mid  den  MiMMiTen  Anbau  ml^Uebst  groiw 
Strecken  mit  geringstem  Arbeitsanfwand  hinwirken,  woftr  ja  einerseits  die 
keine  indiriduelle  FOrsoxge  erfbrdemden  Ihrengetreide,  anderseits  die 
nur  des  Lenkens  bedürftige  tierisdie  Arbeitsmaachine,  der  Pflng,  am  geeig- 
netsten sind,  ist  im  Gebirge  der  Boden  SO  steil,  und  die  flachen,  erdreichen, 
meist  erst  künstlich  geschaffenen  Terrassen  sind  so  klein,  daß  zu  ihrer  Be- 
arbeitung der  Pflu^'  nicht  verwendbar  wäre  oder  keinen  Spielraum  hätte. 
Daher  ist  hier  die  den  ( Jebirpsverhältnissen  am  besten  angepaßte  Wirtschafts- 
form der  Anbau  der  tropischen  Knollen  mit  der  Hacke  oder  noch  besser  der 
an  steilen  Hängen  am  günstigsten  gedeihenden  Fruchtbäume  und  Sträucher, 
bei  deren  ansdanemden  Formen  ja  die  Hauptpflege  die  Pflanse  selbst  betrifft 
nnd  noch  weit  weniger  Hackarbeit  auf  dm  Boden  verwendet  su  werden 
braucht  als  dort 

3.  Vergleich  der  Gesellschaftstypen. 

Den  zwei  Hauptwirtschaftstypen  der  Samuiel-  und  Erzeugungswirtschaft 
entsprechen  als  Gesellschaftstypen  der  Stamm  und  das  Volk. 

a)  Der  Stamm  besteht  aus  einer  Gruppe  blutsverwandter  Familien, 


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454 


L.  Chalikiopoulüs: 


di«  durch  ihnn  ZiuanunenBchlaß  in  einer  oder  mehreren  Siedelnngen  nnd 

(luicli  VerciniguiiL:  ihrer  Streitkrftfle  die  Verteidigung  ihrer  gemeinsameu  Jagd- 
oder Weidegründo,  Nutzbiiurae  oder  -tiere  gegen  fremde  Eindringlinge  be- 
zwecken. You  ihrer  Ergiebigkeit  und  der  Gröfie  der  Angzifiage&hr  h&ngt 
die  Kopfzahl  des  Stammes  ab. 

TJoi  der  freien  Sammelwirtschaft  herrscht  Standesgleichheit  nicht 
nur  unter  den  Häuptern  verschiedener  Familien,  sondern  auch  zwischen 
deren  Mitgliedern  selbst,  da  ja  jeder  Erwerbsfähige  ftir  seine  Nahnmg  selbst 
anfimkommen  hat,  der  Mann  ah  JSgor  oder  Kscher,  ISas  Wttb  ab  IVnclit* 
Sammler.  Monogamie  ist  die  Regel,  da  der  Vater  nieht  fIBr  aahlreiohe, 
erweibsnnfthige  Kinder  und  Frauen  die  schwer  erlanghare  Kahmng  ni  he- 
schaffen  YermOchte.  Nur  bei  besonderen  gemeinsamen  Untemelimungen,  Jagdr 
oder  Kriegsxllgen,  wird  dem  Stärksten  oder  Klfigsten  die  Führerschaft  an- 
vertraut. 

l?ei  der  f^'eordneten  Sammelwirtscliaft  vemiaij  sich  der  Stilrkere 
durch  <ic\vall  den  Besitz  /ahlrei(  lu-rer  Fruchtbliuii.e  und  Herden  7.u  sichern, 
als  zur  Erhaltung  nur  einer  Familie  nötig  wären,  daher  kann  er  sich 
mehrere  Frauen  halten  und  nUreiche  Sünder  fdbon  firOh  fSr  den  lochten 
Nahrungserwerb  und  su  seiner,  ünterstfitsung  und  Bedienung  heranziehen. 
Hier  ist  daher  die  Heimat  der  Polygamie,  der  gftnzlichen  Abhängigkeit  des 
Weihes,  das  zur  Nahrungsbesdiallitng  nicht  beizutragen  vennag,  da  ihm  ja 
das  Natzungskapital  und  die  Kraft  zu  seiner  Verteidigung  fehlen,  und  der 
absoluten  Gewalt  des  Vaters,  der  aucli  als  (Ireis  noch  die  Existenzmittel 
der  erwachsenen  Söhne  lie>lt/.t  uml  lindurch  ihren  Willen  beherr.seht  und 
lenkt.  (Jerade  dadurch,  daß  mehrere  Sühne  versdiiedener  Mütter  mit  Eifer- 
sucht ül)er  einander  wachen  und  die  erweitenmj.'stahige  Wirtschat'tsbasis  dem 
liaushult.soberbaupt  Fremde  in  seine  Dieustc  autzuuehmeu  erlaubt,  vermag 
er  das  patriarchale  Ansehen  gegen  jugendliches  Faustreobt  zu  behaupten. 

Dem  aus  einzelnen  Kleinfamilien  mit  lauter  wirtsehalUidi  und  gesell* 
schafUich  selbstftndigen  Individuen  bestehenden  Individualstammestjrpus 
bei  der  firmen  SammelwtrtBchaft  steht  somit  der  Kollektivstamm  bei  der 
geordneten  Sammelwirtschaft  gegenüber,  die  durch  die  Großfamilie  gekenn- 
zeichnet ist  mit  unbeschrilnkter  IJesitz-  und  Machtbefugnis  des  illtesteu  Ober- 
hauptes und  gän/lidier  Abhängigkeit  des  weiblichen  Qeschlechts  und  der  jün- 
geren (ionerationeii. 

b)  Das  Volk.  Rei  der  Erzeugungswirtsehaft  der  Tropen,  dem  Ilodungs- 
beetbau,  beschränkt  sicli  die  gesellschaftliche  Einheit  meist  auch  noch  auf 
eine  einzige  Famüiengruppe  und  Siedelungsgemtinschaft,  da  hier  ja  die  Wirt» 
schaftsform  die  Sklaverei  begünstigt  und  somit  jeder  Stamm  gerflstet  sem 
mu0,  den  Angriff  eines  nachbarlichen  abzuwehren.  W&hrend  hier  wie  bei 
der  Sammelwittsebaft  die  Mftaner  für  den  Kampf  Mut  und  Lust  haben,  auch 
ihre  Siedelung  bei  jeder  Oefahr  sogleich  verlassen  können,  da  sie  ja  leicht 
an  anderem  Standort  wieder  errichtet  werden  kann,  sind  die  außertropischen 
Bodenbauer  genötigt,  viel  fester  an  SclioUe  und  Herd  zu  halten,  da  das 
gerodet«'  Land  und  die  festen  Wohnhäuser  nur  mit  großen  Anstrengungen 
erneuert  werden  können  und  sie  bei  Verlust  ihrer  Ernte  Vorräte  im  laugen 


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AnpaMQngsbedingangen  und  Entwickelungsmotive  der  Kultur.  455 

Winttr  mikomiiMii  mfißtra.  Da  mm  alle  Bod«n1ian«r  eiiier  Landachaft  mit 
glnohmftftigeii  Anbanbedingangmi  ein  gleuhes  Intereese  liatien,  sich  gegen- 
seitig im  imgeftSrlen  Beats  ihrer  Habe  m  erbaltea,  so  konnten  ihre  weit 
niher  an  einander  gelegenen  Danersiedelungen  in  ein  Yerbflndetenveriilltnis 

rar  gemeinsamen  Bekämpfung  Ton  Gefahren  treten. 

Doch  kam  es  zur  Rildnng  solcher  aus  lauter  selbständigen  Genieinden 
bestehenden  Individual Völker  nur  selten,  hnuiitsiichlich  in  der  Garten- 
hauzone, wo  die  Intensität  und  St-hwierigkcit  der  Wirt-scliatt  und  die  Un- 
möglichkeit des  Großbetriebs,  oder  in  Gebirgen,  wo  die  schwere  Zugäng- 
UoÜeit  und  geringe  Ertragsfahigkeit  der  Landschaft  und  der  Unabhftngig- 
kritssinn  der  Bewohner  die  Bildung  einer  HertsdierUasse  Teriiinderte. 

Im  Flachland  dagegen,  wo  der  an  die  SehoUe  gebundene,  friedfertige 
Bauer  viel  rmehliehere  Nahrungsmengen  in  erseogen  im  Stande  war,  als  er 
brauchte,  und  wo  es  einer  geringen  Zahl  machtiger  verbündeter  Stammes- 
häuptlinge oder  fremder  Eindringlinge  unter  einheitlicher  Führung  leicht 
gelang,  die  wehrlosen  Bodenbauer  zu  zwingen,  entweder  ganz  filr  sie  zu 
arbeiten,  indem  sie  als  Grundherren  den  Unfreien  nur  das  Existen/niininiuai 
gewährten,  oder  günstigenfalls  ilmcn  mir  gewisse  Teile  der  Enitei-rtrüge  als 
Abgabe  zu  entrichten,  ging  die  Zusammenfassung  zahlreicher  Siedelungs- 
gemeinsdiaflen  ta  dnem  KollektiTToIk  Ton  jener  hetrsehenden  AdeldclaaBe 
ans.  Denn  ni^  nur  im  Kriege  seharten  sich  alle  Qemeindehiuptlinge  oder 
Gnmdhenren  einer  Landschaft  mit  ihren  Kneehten  um  den  midhtigsten  als 
ihren  Führer  gegen  den  gemeinsamen  Feind,  auch  im  Frieden  bildete  sein  Hof 
den  Zentralisationspunkt,  anfangs  nur  für  die  Natnraleinkünfte  und  Ver- 
gnügungen der  herrschenden  Klasse,  dann  allmählich  auch  für  die  «taat- 
Uchen  Verwaltungsorgane. 

c)  Der  Grad  des  organischen  Zusam juenhangs  der  zu  einem 
Volke  vereinigten  Gemeinden  hing  in  erster  Linie  von  den  Ertrags-  und 
Verkehrsverh&ltnissen  der  Landschaft  ab.  Aus  je  größerem  Umkreise  die 
Nahrungsrorrilte  am  Sitie  des  Fürsten  in  der  Hauptstadt  angehftuft  weiden 
konnten,  desto  weiter  reidite  auch  seine  tatsSchlidie  Macht.  Daher  be- 
schrlnkt  sie  sich  in  den  Tropen  bei  der  geringen  Aufbewahrbarkeit  der 
Feldfrfichte  und  dem  Mangel  an  Transportmitteln  beinahe  auf  die  Hanpt- 
siedelung  selbst,  uud  die  Abhängigkeit  der  übrigen  N'olksgemeinden  und 
ihrer  Häuptlinge  ist  fast  nur  nominell.  In  den  großen  Stromgebieten 
dagegen  war  <lie  Ut  rrsehergewalt  am  alisulutesten  und  ausgedehntesten  und 
reichte  bis  an  die  nalürliihen  («renzen  des  Landes,  da  liier  ausge/eichnete 
Wasserstraßen  die  überreichlichen  Nahruugsquellou  des  ganzen  Gebietes  an 
einem  Punkt  xu  konzentrieren  erlaubten.  In  der  gemäßigten  Zone  war 
wiederum  bei  der  geringen  Ergiebigkeit  des  Bodens  eine  solche  Zentralisation 
nur  in  sehr  geringem  Umfange  möglich,  und  der  mSchtigste  Grundherr  konnte 
ursprünglich  seine  mehr  nominelle  Oberherrschaft  ftber  die  anderen,  meist  in 
ihrer  Gemeinde  ansässigen  um  so  weiter  ausdehnen,  je  günstiger  sich  die 
Verkehrsverhältnisse  des  Landes  gestalteten. 

d)  Das  Hecht.  Beim  demokratischen  Tndi vidualstamni  und  volk, 
den  Geseilscbaftstypeu  der  freien  Sammelwirtächaft  und  des  Beetbaues,  die 


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456 


L.  Chalikiopoulos: 


kein  dauerades  Eigentum  am  Nuteungskapital,  den  Wildtioren  und  dem 
Bo<]en  kenneii,  und  deren  sonstiger  Besitz  so  gering  und  leicht  herstellbar 
ist,  (laß  er  nicht  zutn  Rauh  anreizt,  sind  somit  fast  nur  persönliche  Krftn* 
kun^'on  möglich,  (Vw  hei  dem  kriegerischen  Unabhängigkeitssinn  und  der 
autoritiitslosen  Standi'strhichheit  der  Vertreter  dieser  Wirtschaftstypeu  durch 
Blutrache  gesuhut  werden. 

Beim  monarchisch-aristokratischen  Kollektivstammet-  und  -volks- 
typus  der  geordneten  Sammel Wirtschaft  und  des  Bodenbaues  moBte 
sich  dagegen  eine  weit  ToUkommMiere  Becbtsordnang  entwickeln.  Denn 
einerseits  setite  hier  das  notwendige  Eigentumsrecht  am  Pkodnktioiiak^iital, 
den  Herden  oder  dem  Boden,  die  verschiedensten  Formen  der  rechtlichen 
Besit/.nh(>rt ragung  Toraus  und  gah  auch  zu  Sachenrechtsverletzungen  Anlaß, 
anderseits  wirkte  die  monarchisch-aristnkrntisclm  Gliederung  der  Gesellschaft, 
das  Ansehen  der  AltcsUm  und  Rfichsten  und  der  unbeschränkte  Gehorsam 
der  besitzlosen  Schwachen  darauf  hin,  die  F-ntseheidung  von  Kechtsstreitig- 
keiteu,  ja  auch  die  Ahndung  persönlicher  Kränkungen  dem  riuhterlichen 
Urteilsspruche  und  der  Gewalt  des  Hauptes  der  Qesellschaflseinheit  aiisn» 
Ycrtrauen  und  au  flberUunen. 

4.  Vergleich  der  Kulturtypen. 

a)  Die  Individualkultur  kennzeichnet  den  Individuaistamm  (der  firwem 
Sammelwirtechaft  und  des  Beetbaues),  da  hier  das  mannliche  oder  weibliche 
Individuum  alle  in  den  Lebensbedinguneen  der  bewohnten  Landschaft 
entwickelungslühigen  Kenntnisse  und  Fertigkeiten  iu  sich  vereinigt  und  beide 
ihren  verschiedem'n  Erwerhstütigkoiten,  Jagd  uder  Fruchtsammeln,  unabhängig 
von  einander  uuchgeheu  können,  ohne  sieb  gegenseitig  zu  unterstützen  oder 
ihna  Ertrag  aussutaiisehea.  GUltergemeinschaft  besteht  nicht  in  der  Familie^ 
itnd  der  Tote  nimmt  alle  Ton  ihm  selbst  hergestellten  Gebrancbsgegenstlnde 
mit  ins  Orab.  Vererbang  und  Httufüng  solcher  Gfitw  wiren  ja  auch  Aber* 
flflasig,  da  ja  nur  auf  dem  Besitze  von  nahmngserzeugendem  Kapital  Machte 
und  Standesunterschiede  begründet  werden  können,  dieses  aber  bei  diesen 
W'iit Schaftstypen  fehlt,  da  somit  jedes  Individuum  alle  notwendigen  Arten 
der  Lehensniittelgewinnung  und  Werkstoffverarbeitung  beherrschen  niuB  und 
damit  gewisseriiiaüen  immer  wieder  von  vorn  an/ufaiigeii  luit.  So  wird  es 
zwar  nur  die  rohesten  Eraeugnisse  zu  hetern  vermögen,  darin  aber  umsomehr 
seine  persönliche  Erlindungsgabe  üben  und  offenbaren. 

Die  gSnsliche  wirtschaftlidie  und  gesellscbaftlidie  Unabhängigkeit  des 
Individnums,  die  schrankenlose,  nicht  von  der  Sorge  um  die  Zukunft  geqn&lte 
und  durch  keine  Rflcksicht  auf  den  Besits  eingeengte,  sondern  nur  auf  die 
Befriedigung  vorhandener  Bedürfnisse  und  Neigungen  gerichtete  Freiheit  des 
Wollens  und  Handelns,  das  Vergnügen,  dae  die  Erworbstfitigkeit  selbst  gewährt, 
die  ja  nicht  nur  Willen  und  Aufmerksamkeit,  wie  die  routinemüßigen,  lustigen 
und  ermüdenden  Arbeiten  der  ührifjoii  Wirtschaftstypen,  snndHrn  vor  allem 
auch  die  I'ici^hai  htungs-  uud  Kombinations.jahe ,  die  körperliche  (iewandtheit 
und  Kraft  schärft  und  in  steten  Anspruch  uunmt  und  durch  die  sogleich 
erlangte  Beute  beglückt,  endlich  das  Fehlen  einer  Religion  fiberirdischer. 


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AnpftBiangsbedingnngen  und  BntwickelnngtmotiTe  der  Kultur.  457 

strafeinliT  (lütter  —  die  Abhängigkeit  seiner  natürlicliou,  daher  weit  bessor 
augepaßteu  und  widei-staudstiihigoren  Nahrungsquellen  von  widrigen  Natur- 
ermgnuseii  ist  weit  geringer  oder  kommt  ihm  wegen  ibrer  Unfiliersehbarkeit 
weniger  snm  Bewntttemn,  und  der  Menaoh  liftogt  hier  noeh  so  eng  mit  der 
Natnr  sosammen  und  verstdit  sie  noeh  so  gut,  dafi  er  nodi  nicht  jenes  reli* 
gionserseugende  Gefllhl  der  HUIlosigkeit  und  Fureht  tot  fibennftohtigen  6e- 
walten  kennt,  dagegoi  alle  umgebenden  Dinge  sidi  selbst  gleich  belebt  (Ani- 
mismus)  und  sich  so  wenig  über  die  sonst  so  verachteten  Tiere  erhebt,  da6 
er,  etwas  kindlicher  als  die  heutige  Wissenschaft,  seine  Sippe  schon  ursprüng- 
lich wolil  nicht  nur  der  Namengebung  halber,  von  gewissen  Tierarten  :ib- 
stanimon  läßt  und  diese  als  Ahnhen'en  verehrt  —  all  diese  den  anderen 
Wirtschaftütypen  mangelnden  Vorzüge  bilden  das  Beglückende  der  freien 
Sammelwirtschaft  nnd  des  Beetbanes,  weshalb  deren  Vertreter  lieber  unter- 
gehen, als  sieh  plOtilich  in  die  verhaßte  sefihafte  und  sorgenreiche  Wirt- 
schafts- und  Lebensweise  des  Bodenbanes  schicken. 

b)  Die  Familienkttltnr  kennzeichnet  den  Kollektivstammestypus 
der  geordneten  Sammelwirtschaft  und  den  Individualvolkstypns  des 
fiartenbaues,  bei  denen  das  ausgeprägteste  Eigentumsrecht  der  Familie  am 
Pi'oduktionskapital,  Baum-,  ^'iehstand  und  Boden,  und  die  Haushaltsgemein- 
sehaft  mehrerer  (.lenerationen  cmeraeits  durch  Fleiß  und  Sparsamkeit  auf  Meh- 
rung des  Hesitzes  für  die  zunehmende  Mitgliederzahl,  audei-seits  auf  Arbeits- 
teilung innerhalb  der  Mitglieder  ihren  Kräften  und  Fuhigkeiten  entsprechend 
hinwirken.  Gerade  diese  Famüienkultur  Termag  swar  natOrlich  nidit  die  toU- 
kommensten,  Tielseitigsten,  raschesten  und  billigsten  Methoden  der  Werfcstoff- 
verarbeitung  zn  entwickeln,  ist  aber  um  so  besser  geeignet  die  haltbarsten 
und  oft  gesdunackvollsten  Gebrauchs-  und  Kunstwerke  zu  schaffen,  da  ja  die 
von  Jugend  an  gepflc<:te,  vielseitige  Handfertigkeit  und  der  am  überkommenen 
Familienschatze  verfeinerte  Schönheitssinn  nicht  mögliclist  viel  einf(irmige 
Tauscbware  in  kürzester  Zt  it  zu  erzeugen  braucht,  somlcrn  gerade  darin  die 
Befriedigung  seiner  SehaflenstVeude  und  Strebsamkeit  sucht,  möglichst  origi- 
nelle, dauerhafte  und  schöne  Familienprunk-  und  Erbstücke  zu  verfertigen. 

Im  Gegensatz  zur  Indiyidualkultur  stellt  swar  hier  der  Einselne  im 
denkbar  größten  Abhingigkeitsreifalltnis  von  seinen  Uteren  Verwandteu;  er 
hat  seine  Selbstlndigkeit  gtnzlich  den  Interessen  der  Oroßiiunilie  oder  Sippe 
m  cphra  und  in  dieser  anfsugahen.  Aber  gerade  dieses  innige  Band,  das 
ihn  mit  einer  größeren  bluts-,  sitten-  und  gesinnungsverwandten  Gemeinschaft 
verknüpft,  die  Leid  und  Freude  mit  ihm  teilen,  die  Pflege  der  sympathischen 
Familiengefl'ihle  und  vor  allem  die  wirtschaftliche  Sicherstellung  entschädigen 
füi-  jenes  Fehlen  der  persönlichen  Freiheit,  die  der  Einzelne  hier  ja  nie  ge- 
nossen hat.  daher  auch  nicht  vermissen  kann. 

Die  Verehrung,  die  das  älteste  GroÜfamilienoberhaupt  genießt,  wKhrt 
wohl  ursprünglich  ganz  gewohnhntsmäßig  auch  nach  dem  Tode  noch  fort 
und  führt  so  allmlhlidi  zum  Ahnenkultus  (Manismus),  dem  dauernden 
Band  der  Ober  die  Gemeinsamkeit  der  wirtschaftlichen  Interessen  hinans- 
gewadisenen  Sippe.  Wo  nun  die  AhneuTerebrung  an  den  vorhan  L  lu  n 
Qrfibem  nicht  mehr  direkt  wirklich  vollzogen  werden  kann,  wie  bei  den  seß- 

0«ogim»lilMha  SattMhrllt  ILJalusuff.  1906.  t.Hatt.  81 


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458 


L.  Cbalikiopoulos: 


hmften  Oartenbaneni,  sondern  du  noroadiMhe  Wandern  Ton  ihrer  StilHe 
hinwegfthrt)  ist  die  Verehrung  der  Seele  des  Ahnherrn  nur  dadurch  mSglich, 
da0  man  ihn  f&r  allgegenwttrtig  hSlt,  nnd  ans  dieser  dnrch  die  Sinfitemigkeii 

der  Steppen  und  der  Lebensweise  geforderten  Vergeistigunp  und  Vergöttlichung 
geht  der  Monotheismus  hervor.  Die  Hauptniprlinial»'  (tott»'s  sind  «ran?, 
denen  des  irdischen  patriarohalen  Familien-  oder  Stamniesoberliaiiptes  »'titlt'hut: 
er  ist  der  höchst»',  best«^  und  letzte  Richf^-r,  lUili*  r  auch  allgegenwärtig  und 
allwi-ssend;  wie  jener,  verfügt  er  als  Vater  und  Erzeuger  über  Leben  und 
Besitz;  beherrscht  schließlich  als  Schöpfer  der  Welt  auch  alle  Natarereigoisse. 
Von  der  Yerfttgungsgewalt  fiber  diese  dnreh  einen  strafenden  mit  Bitten  nad 
Opfern  sn  yersöhnenden  Herrn  und  Vater  kann  ja  der  von  den  Naturgewalten 
wirtschaftlich  am  meisten  abhftngige  Hirt  in  seiner  Ohnmacht  allein  Befreinng 
?on  DOrre,  Kälte  oder  Viebseucben  erhoffen. 

c)  Die  Volkskultur,  die  den  Kollektivvolkstypus,  die  weit  gr()ßere 
gesellschaftliehe  Einheit  des  Uieselfeld-  und  Ackerbaues  charakterisiert .  iMln-i 
in  Folee  der  (Hiederung  ihrer  Vertret^T  in  eine  gnindbfsit/ende  Herrscher-  und 
bodenbaueiidf  rnfreienkla.sse  zu  einer  weitgehen<len  15t  l  ut's-  und  Kastenbildung. 
Der  Adel  hat  vermöge  seiner  reichen  Naturaleinküuite  die  Macht  zur  Er- 
haltung großer  Scharen  von  ihm  abhängiger  Besitzloser,  Sklaven  oder  Un- 
fteier,  deren  Ärbeitskrifte,  Tom  Kahrungserwerh  befireit,  ihm  gans  mr  Ver- 
tilgung stehen,  sei  es  für  seinen  persönlichen  Dienst,  sei  es  zur  Befriedigung 
seiner  sich  immer  mehr  steigernden  Lnxosbedflrfiiisse  nach  prunkrollen  und 
kostbaren,  d.  h.  viel  Arbeit  zu  ihrer  Erlangong  und  Herstellung  erfordernden 
Kleidern,  Watfen  und  Gerftten.  Es  entwickelt  sich  so  in  diesen  umfangreichen 
Hauswirtschaften  eine  im  Dienste  des  Herrn  bis  in<;  einzelnste  gehende  Arbeits- 
teilung, und  die  Leistungen  erlangen  besonders  durch  die  sich  von  selbst 
ergeln  nde  Erblichkeit  der  Handwerke  unter  den  Uufreieu  einen  liolien  Hrad 
der  Vollendung.  Die  Erleichterung  des  Verkeim»  durch  günstige  Wasserstialieu 
oder  Kflstenlage  und  die  hochgesteigerte  Genußsucht  der  reichen  Herrenklasse 
führen  aoeh  sn  einem  sehr  entwiokeltMi  Anslandshandel  mit  kostbaren  Werk- 
stoffsn  (mit  EdehnetaUen  und  -steinen,  Beide,  Purpur)  nnd  mit  Qennßmittehi 
und  zur  Bildung  einer  mehr  oder  weniger  nnfr«i«i  ^mdelskaste. 

Gleichwie  bei  der  Farailienkultur  jede  Haus-  oder  Sippengemeinscbaft 
ihre  Abnen  als  besondere  Scbutzgottheiten  verehrt,  so  vereint  bei  der  Volks* 
kultnr  das  paii/e  Volk  eine  gemeinsame  ihm  oipentihiiliche  Religion. 
Die  innige  Vcrkiiä[ituii(:  des  Uieselfeldbaues  der  Subtropeuzone  mit  dem  hier 
schon  vit'l  uu^Lrejirägleren  jahreszeitlichen  Sonnenstände,  die  gi-oße  Klarheit 
des  Himmels,  die  alle  l'hasen  des  Mundes  und  die  Gestirne  zu  beobachten 
förmlich  drängt,  die  mit  wunderbarer  Begelm&Bigkeit  alljahriieh  eintretenden, 
rfttselhaften  Flnfihochwasser  sind  für  alle  Bewohner  derselben  Landschaft, 
alle  Volksgenossen,  gleich  augenftUige  Naturerscheinungen,  die  wegen  ihrer 
anssohlac^benden  Bedeutung  fttr  die  wirtschaftliche  Wohlfahrt  des  Landes 
die  Verehrung  ihrer  lebenspendenden  Macht,  die  Pflege  ihres  Wohlwollens 
und  Beschwichtigung  ihres  Zornes  durch  Opfer  und  Gebete  ganz  ebenso  ver- 
langen, wie  die  irdischen  Herrscher.  Neben  dieser  Vertr<>ttH(  hung  der  Gestirne 
und  Atmosphärilien  tritt  dann  auch  diejenige  der  anderen  Landwirt^chafts- 


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Anpaaiangabediagnngen  und  Entvickelungsmotiv«  der  Kultur.  459 

faktoren,  der  tieruohen  Arbmtskiftfte,  dm  Binde«,  und  nisncber  aaderar  nflts- 
lidier  oder  scfaldlielier  Tiere  (Ägypten,  Mexiko). 

Auch  Ar  die  Beligionsabung  nntetsoheidet  sicli  die  Volks-  von  der 
FamiKenkattor  durch  ihren  Obergang  aus  der  Familiengemeinsohaft  mit  ihrem 

Hausaltar  nrul  von  ihrem  die  heiligen  Gebräuche  und  Opfer  ül)erwarhpn<l<»n 
Oberhaupt«  auf  einen  besonderen  Priesterstand  und  in  die  öffentlichen  Tempel. 
Sie  wird  zum  ausschließlichen  Vorrecht  einer  hochgeachteten  TViesterkaste, 
die  im  Bunde  und  Dienste  des  Herrschors  und  Adels  durch  immer  üppigere 
Ausgestaltung  des  filaubens  und  Kultus,  durch  ungeheuere  Hauten  und 
Prachtaufwand,  das  unwissende  Volk  zu  betören  versteht  und  seine  Knechtung 
und  Awnmteung  als  Vertreter  des  göttlidien  WiUens  sanktioniert  und  aufrecht 
SU  erhalten  sucht 

Die  besondere  Ausgestaltung  der  religidsen  Vorstellungen,  die  ja 

stets  aus  den  Gefühlen  des  fassungslosoi  Staunens,  der  Ohnmacht  und 
Furcht  und  der  egoistiaGhen  Erwartung  fibermenschlicher  Hilfeleistung  in 

der  Not  der  allmächtigen  und  erbarmung^lnson,  unverstandenen  Nutur  gegen- 
über hervorgingen,  hine  ganz  von  der  Art  ul),  in  der  die  Eigentümlichkeit 
der  Landscliaftsnatur  auf  das  Bewußtseiu  ihrer  Bewohner  einwirkte.  In  der 
unendlichen  Eintönigkeit  aller  Naturerscheinungen  der  Tropen,  in  ihrer  über- 
mäßigen Üppigkeit  und  Schnelligkeit  des  Wachstums,  Lebens  und  Vergehens, 
in  der  ünflbersehbarkeit  des  FUhshMuraumes  und  der  Menschensahl  weiter 
Ebenen  flberwog  das  GefBhl  der  eigenen  Nichtigkeit,  der  UnfoAbarkeit  und  Ohn- 
maeht  gegenüber  der  Unendlidikeit,  der  im  Qlanben  an  das  Nichteingreifsn 
der  unpersönlichen  Götter  in  die  bedeutungslosen  meiisi  blichen  Schicksale 
nnd  im  Gedanken  der  Seelenwanderung  zum  Ausdruck  kommt  (Indien). 
In  einem  Gebirgslaixl  des  äußeren  Subtropengürtels,  wo  jedes  Tal  mit  seiner 
kleinen  Bewohnerschaft  eine  in  allen  ihren  Einzelheiten  gekannte  Welt  für 
sich  bildete  und  der  Mensch  dem  Roden  «'rst  durch  schwere  Arbeit  seine 
dürftige  Nahrung  abringen  mußte,  st^^ht  er  seinen  vergötterten  Naturgewalten 
80  nahe,  daA  er  die  ganse  Begellosigkeit  und  den  steten  Wechsel  der  hier 
herrschenden  Witterungserscheinungen  auf  die  Gesinnung  seiner  swar  mit 
manchen  fibermensdhiichen  Krftiten  ausgestatteten,  aber  doch  noch  mit  gans 
persSnIiehen  Ch&rakterschwSchen  behafteten  Gflttergestalten  zurflckftthrt  und 
übertiigt,  sie  daher  weniger  fürchtet  als  zur  Hilfeleistung  herbeizurufen  oder, 
wenn  er  sie  erzflmt  hat,  durch  Gebete  nnd  Opfer  zu  besftnfligen  sucht 
(Griechenland). 

Mund]  die  auf  »Jrund  des  wirtsihaftliilun  Hcichtuins  von  dem  Herren- 
stande  zur  Erhöhung  seines  Ansehens  und  liuhmes,  von  der  Priesterkjiste 
zur  Besserung  ihres  Einkuramens  und  Einflusses  unternommene  Zusammen- 
fiusnog  nnd  Verwendung  unzihliger  Arbeitskittite,  die  urspriiuglicb  auf  er- 
zwungenen oder  freien  Leistungen  der  GIKubigen  beruhen,  spiter  auch  wohl 
von  den  Ertrttgen  der  freiwilligen  Opfergaben  oder  des  durch  Schenkung 
entstandenen  Grundeigentums  bestritten  werden  können,  im  Dienste  nicht 
wirt.schaftlicher  Au^ben,  zu  (iräber-  und  Tempelbauten  und  deren  Aus- 
schmückung, gelangen  all»»  Künste  (Architektur,  Skulptur  und  MaWrei.  aber 
auch  Schreib-,  Tau/.-  und  Dichtkunst  und  Musik)  zur  Eutwickeluug  und  je 


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460 


L.  Chalikiopouloa: 


nteh  dflB  Natiubeduigiiiig«D  und  der  Begabung  des  VoUm  in  einer  ibm 

eigentfimlichen  Blüte.*) 

Aneh  der  PriestersUnd  selbst  war  von  jeher  in  der  Lege  in  Folge  seiner 
Befreiung  vom  Nahningserwerb,  sich  aus  Langeweile  mit  Kunst  und  Wis-;en- 
siliaft  und  vor  allem  mit  der  Aufrcclilorhaltung  dos  vun  ihm  errithtott-n 
(ilaubeusgeiifiudf's  durch  gi-üudliclic  I  hfrlifferung  des  t'lifrkoinmeuen  ^Öchreib- 
kuust)  und  umtasseuden  Unterricht  (ächuieu)  zu  beachäftigen. 

V.  Varglfliäb  der  mannhHehtn  mit  den  ttwiMhmi  AnpnHnmg^ilfpML 

Die  gesetsmißige  Notwendigkeit  und  ünabnehtiiolikeit  der  Sntwidcelnng 
einer  eansigen  bestinunten  Knltorform  innerhalb  ihrer  ürqnvngslandschaft 
wird  auch  durch  auffsUende  Analogien  veranschaulicht,  die  swiachoi  der  kul* 

turell-nienschlichen  und  körperlich -tierischen  Anpassung  von  Begabung,  Gha* 
rakter  und  Lebensweise  an  die  Lebensbedingungen  desselben  Landschaftstypus 
bestehen  und  ihren  zwingenden  Einfluß  auf  beide  Aniiassungsarten  zeigen. 

Ghirliwie  (lif  Raubtiere  des  Waldos  (Katzen,  Marder,  Falken, 
Schlangeu,  Spinnen)  und  der  lialbwüsten  Steppen  (^Löwe,  Adler)  einzeln 
jagen  und  sieh  seitweise  za  kleinen  Familiengruppen  vereinigen,  und  gleich 
wie  sie  king  und  gewandt  ihre  Bente  bescUeiehen  mfissen,  so  sind  andi  die 
J&gerstftmme  der  tropischen  WSlder  und  Wllstentieppen  sehr  klein  und 
serstreut,  und  ihre  Ifitf^eder  rerstehen  es  meisterhaft«  mniehi  das  Vfild 
anfsnspfiren,  ihm  auikulauern  und  es  mit  List  an  erlegen.  Wie  sich  jene 
gerade  wegen  ihres  Herrschercharakters  nur  schwer  sihmcn  lassen,  so  haben 
sich  auch  diese  gleich  ihren  tierischen  Vorlnldern  mutigen,  freiheits-  und 
selhständigk«  itsliebendon,  auch  wohl  grausamen  und  tückischen  Menschen 
nirgends  dem  Kulturzwange  gebeugt. 

Den  gesellig  in  großen  Gruppen  beisammen  wohnenden,  friedlichen  und 
gutmütigen  J&gern  imd  Fischern  der  Bismeerkflsten  entspreohtti  die 
ungeheueren  Scharen  Ton  Seesäugern  und  -vögeln,  die  gleiohfiüls  gans 
yertri&glich  leben  können  und  sogar  den  Menschen  freundlich  emp&ngen, 
da  der  Nahmngsreichtum  des  weiten  Meeres  allen  eine  gleichseitige  Sättigung 
ohne  gegenseitige  Schmälerung  oder  Behinderung  gestattet 

Den  kleineren  schneliniBigen  Raubsäugern,  -vögeln  und  -insekten 
(Wulf,  Vielfraß,  CJeier,  Küfer,  Wespen),  die  in  den  Steppen  aller  Zonen  die 
vielki iptiu'en  Ptlanzeutresserhcrden  begleiten,  um  gemeinsam  in  gröberer  Zahl 
ein  /uriickgebliebeues  oder  erkranktes  Tier  zu  überfallen  und  unter  fortwäh- 
rendem Geziluk  zu  verzehren,  gleichen  die  in  großen  Geschlecbtsgemeinschaften 
lebmideii  Jäger  und  Hirten  dieser  Gebiete.  Blrstere  suchen  wie  ihre  tie- 
riechen  Bemfrgmossen  und  oft  mit  deren  Hilfe  ^nnd)  ein  abgesondertes 
Stück  XU  umringen  und  so  leichter  su  töten  oder,  wie  jene,  durch  lautes 
Geschrei  oder  Lfirm  zu  schrecken  und  in  ihre  Verhaue  oder  Fallgruben  so 
treiben.    Auch  die  Hirten  dieser  Gebiete  nähren  sich  mmst  nur  rom  Fletsch 

1)  Bei  der  SchaiAmg  geistlicher  Kunstwerke  wirkte  wohl  oft  des  eihebeode 

Bewußtsein  im  direkten  Dienste  der  Gottheit  zu  stehen  und  die  Hoffnung  auf  ihren 
Lohn  weit  mehr  uU  hohes  irdische^>  Enti^'elt  an«i]>omend  auf  den  KfinsUer,  sein 
ganzei  Können  dariu  zur  schönsten  Entfaltung  zu  bringen. 


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Anpahsungsbedinguugeu  utid  fciutwic kelungimotive  der  Kultar.  401 

ihrer  erknukten  oder  gefallenen  Huiatiero.  Sie  teilen  mit  jenen  geselligen 
und  schwachen  Raubtieren  die  notwendige,  leichte  und  schnelle  Bt> weglich* 
keii  (Reiten  und  Nomadismus)  einerseits  um  ihre  schneUfÜßigen  Nahrungs- 
tiere einzuholen,  zu  heaufsichtif;en  oder  bei  ihren  Wand^ninsjen  zu  begleiten, 
andorsoits  um  sifh  vor  einem  uborlopenon  (!ouner  zu  retteu,  ferner  die  Vor- 
lit'be  jener  für  Ueiiußraittel,  süße  l'HanzeusiLft«  oder  nahrhaft»'  Früchte  (Zucker- 
rohr, Trauben,  Mais),  die  sie  sich  gleich  jenen  in  den  Gürten  der  Bodenbauer 
heimlich  sn  holen  Tentehen  (stehlen  steht  in  Ehren  hei  den  Nomaden),  end> 
lieh  die  seltsame  Mischung  von  Feigheit  und  Mnt,  da  sie  als  einzelne  sehwft- 
chere  Gegner  sogleich  fibwfimen,  stftrkere  nur  dnrdi  Drohungen  (anbellen) 
zu  schrecken  sodien  oder  vor  ihnen  fliehen,  sich  dagegen  im  Verein  mit 
ihresgleichen  gegenseitig  oder  durch  das  Beispiel  ihres  Führers  zum  Angriff 
auch  auf  scheinbar  ül>erlegene  Gegner  anfeuern  lassen.  Wie  die  Existenz 
jener  Steppenruu})ti<  n'  auf  ilircr  .Tagdgomeinschaft,  so  beruht  jene  der  St^'ppen- 
jäger  und  -hirten  aut  liem  einheitlichen  Zusaiuim-nwirkeu  der  (Trolifamilien- 
glieder  oder  des  Statmaes  zur  vom  einzelnen  unausführbaren  Beaufsichtigung 
und  Verteidigung  der  Herden,  und  wie  einem  kleinen  Rudel  Wölfe  das  In- 
schachhalten  einer  an  StBrke  und  Zahl  weit  fiberlegenen  Rinderhwde,  so  ge- 
lingt einer  kleinen  Nomadenherde  durdi  dieselbe  Geistes-  und  Gharakterflbor- 
legeuheit  und  die  gleichen  Mittel  der  Organisation  und  des  gemeinsamen 
Handelns,  des  Drohens  und  FnrchteinflOBens  die  Unteijochang  und  Beherr- 
schung eines  ganzen  Bodenbauernvolkes.  Der  GehOTHUn,  die  Dankbarkeit 
und  die  Ehrerhietiiug,  die  der  starke  NomadenkrieErf^r  der  patriarchaUn  'Je- 
walt  des  altersschwachen  Vat»>rs  und  dem  über  ihn  richtenden  Urteil  der 
Stammesiiltesten  oth'v  ein  Mitglied  des  Adels  s^mikmh  ungenM-hten  Könige  zollt, 
spiegelt  nur  die  Uuterwürtigkeit  und  Sanftmut  des  Hundes  wider,  der  die 
Hand  seines  Herrn  und  Emfthrers  leckt,  auch  wenn  sie  ihn  schlägt.  (Gegen- 
sats  Katse  —  Waldjäger.) 

Nicht  weniger  aufibUende  Analogien  bieten  die  tierischen  und  mensch- 
lichen Bewohner  der  eigentlidien  Frnchtbaumlandschaften,  die  Frucht« 
esser  (Biber,  Bauinnager,  Affen,  Papageien,  Singvögel,  Raben,  Bienen, 
Ameisen,  Zikaden)  einerseits  und  die  Beet-  und  Gartenbaner  anderseits. 
BHidc  (Jruppen  leben  auf  Grund  ihmr  reichlich  und  schnell,  mehr  durch  Er- 
fahrung, als  durch  Atistreugung  erlaugbaren  Nahrung  in  großen  Geschlechts- 
gemeinschaften  nwl  genießen  sorglos  die  Sicherheit,  die  ihnen  ihre  Vor-  und 
Geborgenheit  im  hohen  Laube  oder  hinter  Schutzwüldern  und  -bauten  ihren 
ohnehbi  splrlidien  Feinden  gegenflber  verleiht.  Während  sich  hier  die  be- 
sondere MuBe  und  Intelligras  im  Genüsse  ihrer  Geselligkeit,  durch  Lebhaftig- 
keit, lautlidie  Verständigung,  Zank-  und  Bpidlnst,  der  Schönheitssinn  teil- 
weise durch  farbenprftchtige  Befiederung  und  melodischen  Gesang  äußert, 
offenbart  sich  jene  *li.i-  Menschen  außerdem  auch  durch  ihre  Vorliebe  für 
heiteren  Lebensgenuß  und  Künste  (Ozeanier,  ChiuosenV  Auch  die  sozialen 
TuL'»'nden,  wie  Familien-,  Nächstenliebe  und  Selbstaufopferung'.  Loitiin^'  durch 
die  Betahigtesten,  erifidifn  unter  diesen  klügsten  und  ges»'lli>,'Stf"n  (o'Srlinpfen 
ihre  schönste  Ausprägung  (Nestbau  bei  Vögeln  und  Insekten,  Bienen-  und 
Ameisen  brutpflege,  AffenfÜhrcr  und  -liebe,  chinesische  Beamtenprüfungen  und 


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462 


L.  Ghalikioponlof:  Anp»iiQngsbediDgnngen  rum. 


Familienleben);  ja  sogar  das  Sklavcnhalten  stammesfremder  Gattungsgenossen 
findet  sich  bei  manchen  Aiiipiseiiarten  wie  bei  Ancfli"ingen  des  Beetbaues. 

Endlich  weist  auch  <lic  ••ij.'cntümli«  In-  Anpassung'  fb'r  Willens-,  (Jeinüts- 
und  Deukfuuktiouf n  und  der  diese  oticnbarenden  Lebensweise  an  die  Gras- 
aud  KörnerDahrung  und  die  übrigen  LebensbcdiDgungen  der  Steppen  und 
offenen  Waldlandsohaften  unter  Tieren  (Bodennager,  Huftiere,  Hfllmer-, 
Tauben-  und  Laufr6gel,  Heuschrecken,  KSrperfonDenmannigfUtigkeit)  und 
Menschen  (Itieselfeld-  und  Ackerbauer,  Kulturformeamannigfaltigkeit)  große 
Ähnlichkeit  auf.  Jene  wie  diese  bedürfen  zur  Nahrungssuche  weder  der  An- 
grifiswaffen  noch  gegenseitigen  Beistandes,  daher  Bind  auch  ihre  persönlichen 
und  genossenschaftlichen  Verteidignngsmittel  unzureichend,  und  sie  suchen 
(leiiinach  meist  ihre  Rettung  in  der  Flucht.  Sie  schließcri  sich  zwar  m 
grotii  ii  Sclnitzgeiueins«  hatten  zusammen  unter  besonders  l)egal»ten  Führern, 
doch  unterliegen  sie  trotzdem  der  persönlichen  und  geuossensehattlichen  Über- 
legenheit kleiner,  rassenfremder  Räuberborden  und  müssen  diese  beköstigen. 

Die  Langwierigkeit  der  leiobteo,  aber  einförmigen  Aufnahme  und  Zu- 
richtung ihres  wenig  nahrhaftoi  Futters  bei  jenen  Tieren,  die  langweilige 
und  mflhsame  Nahrungsenteugnng  und  -TorherettuBg  (Getreidebauen,  -mahlen, 
-backen)  bei  diesen  Menschen,  erfordert  hei  beiden  ein  weit  größeres  Maß 
von  Fleiß  und  (letluld  als  sonst  und  macht  sie  auch  füi-  andere,  durch  ihre 
Notw(iMlit,'keit  und  KinRirmigkeit  abstumpfende  Tätigkeiten,  d.  h.  Arbeiten 
geeignet.  l>ie  Unumgänglichkeit,  Gewohnheit  und  Voraussicht  dieser  den 
größten  Teil  der  Tages-  und  Lebeus/eit  in  Anspruch  nehmenden,  genuüarmen 
Beschättigung  beeinflußten  Charakter,  Gemüt  und  Intellekt  dieser  Tiere  und 
Menschen  so  sehr,  daß  diese  sich  auch  zu  anderen,  noch  langweiligeren  und 
anstrengenderen  Arbeiten  bewegen  oder  swingen  lassen,  wofern  sie  nur  Yon 
ihren  Herrm  dafOr  die  sonst  wihrend  diesmr  Zeit  gesammelte  oder  subereitete 
Nahrungsmenge  auf  einmal  in  konientrierterer  Form  Mhalten  und  so,  daß 
sie  auch  kdn  Bedürfnis  und  Verständnis  ftlr  andere,  genußreichere  Lebens- 
weisen zeigen.  Somit  bleibt  beiden,  im  Gegensatz  zu  den  Fruchtessern  und 
Gartenbauem,  auch  wenig  Zeit  und  Lust  ihre  Geselligkeit  durch  Unterhaltung, 
Spiel  und  Lustbarkeiten  zu  genießen  oder  sich  und  ihre  Umgehung  durch 
Kunst  zu  verschönern  und  zu  erheitern,  so  daß  ihre  ohnehin  in  Fulge  ihrer 
abstumpleuden  Hauptbeschäftigung,  der  Ernährung,  geringen  geistigen  Fähig- 
keiten audi  dadurch  wenig  Anregung  unu  Obungsstoff  eihalten. 

Endlich  sind  auch  ihre  Familienheziehungen  sehr  locker,  da  sieh  die 
Jungen  sehr  bald  die  für  ihren  leichten  Nahrungserwerb  erforderlichen  Erfith- 
rungen  aneignen  und  durch  ihr  Selbständigwerden  ihre  Elteni  von  der  Last 
ihrer  Erhaltiuig  befreien  können.  Doch  nicht  nur  die  jüngeren  Generationen 
stehen  mit  den  älteren  nur  in  losem  Zusammenhang,  auch  das  eheliche  Ver- 
hältnis gtstaltet  sich  weit  weniL^er  innig,  als  hei  den  meist  monoganiischen 
Vertretern  der  anderen  Lebensweisen,  da  hei  letzteren  das  männliche  Ge- 
schlecht das  weibliche  durch  seine  Vorzüge  und  Überlegenheit  (Raubtiere, 
Fruchtesser  —  Jäger,  Beetbauer),  oder  durch  Geschenke  und  Kauf  (Hirten 
und  Gartenbauer)  zu  erwerben  hat,  sich  dort  dagegen  die  Älteren  und  Mldi- 
iigeren  im  Wettkampfe  den  Besits  sahlreicberer  Gattinnen  sichern  und  si(A 


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Geographiteh«  Neuigkeiten. 


468 


aiiBerdem  umgekehrt  «las  wcildidu'  ( Jt-schlcrlit .  wenigstens  beim  Menschen, 
im  VV^etteifer  den  Uatten  durch  sein©  licize  oder  sein  wirt-chattliches  Ver- 
mögen SU  gewinnen  tacht|  dn  er  sonst  die  hier  mit  ihrer  Erhaltung  verbun- 
denen Mähen  nicht  auf  rieh  tu  nehmen  gewillt  ist 

Gleichwie  endlich  Steppenherdentiere  in  Folge  ihrer  schwachen  Ver- 
teidigungsmitt«!  and  Furchtsamkeit,  Qedold,  Geistes-,  Gemüts-  und  Willens- 
bescbiftnktheit  mit  ihren  gleichfalls  in  Anpassung  un  ihre  besonderen  Lebens- 
bedingungen entwickelten,  sehr  reichlichen,  körperlichen  Nahrangsstoffen  (Milch, 
Fett,  Fleisch)  ihre  üherlegeneii  l^'inile.  die  Raubtiere  und  Hirten,  ernähren 
und  mit  ihren  großen  Kiirperkriitten  irlejchen  Ursprungs  Last-  und  /ugarbeiten 
im  Dienste  und  /um  Vergnügen  ihrer  überlegenen  Herren,  der  Menschen, 
verrichten  müssen,  so  haben  auch  die  Rieselfeld-  und  Ackerbauer  fast  immer 
mit  dem  doroh  sie  inrodnaerten  Nahrungsmitteln  eine  sie  beherrschende  RBnber- 
klasse  erhalten  and  ihre  nns&hligen  KArperkrifte  diesen  sor  Befriedigung 
ihrer  GenoBsneht  und  Launen  nur  Verf&gnng  stellen  mflssen  (PTramidenbaiiten, 
Fabrikarbeiter,  Kriege). 

Somit  kann  der  Mensch  zwar  die  subjektiv  köi-perliche  Anpassung  der 
Tiere,  abfjesehen  von  der  Kassendifferenzierung,  durch  diejenige  seiner  objektiv- 
materiellen  Hilfsmittel  ersetzen,  da<rei,'en  nnterhigen  sein  Inneres  und  seine 
Sitten  ^'an/.  elienso  der  Anpassiuigsnotwendigkeit  wie  die  <ler  Tiere,  natürlich 
in  dem  ihrer  wechselseitigen  körperlichen  Organisation  entsprechenden  Grade. 


Geographische  Neuigkeiten. 

ZoBammengeatelU  von  Dr.  August  Fiisau. 

Asien»  I  Ftotland)  selbst  in  einem  günstigen  Eis- 

*  Über  ihre  bei  der  rnssiHclien  jähr  bei  anbultenden  Nordostwindeo  von 

Schiffgexpedition  nach  dem  Jenis-  Eis  verstopft  und  deHhiiUi  schwer  passier- 
sei  (8.167)  gemachten  Beobachtungen  i  bar  ist,  so  ist  es  wüuBcbeuBwert,  daß  ein 
und  Erfahrungen  haben  die  deotidien  |  anderer  Zufiihrtsweg  7.umKariiehen Meere, 
Kapitäne  nach  ihrer  Rückkehr  an  die  die  Karisrln'  oder  Waigat-Straße,  genauer 
Deutsche  Seewarte  Hericht  erstattet,  der  unt^  reuclit  und  der  Schitrahrt  erötfnet 
in  den  „Annalen  der  Hydrographie"  1906  i  wird.  Die  bidher  sehr  gcfiirchteten  Kia- 
Heft  6  anaingsweise  mitgeteilt  wird.  |  Verhältnisse  im  Karischen  Meere  sind 
Wie  Bchon  früher  berichtet,  hatte  die  nicht  SO  ungünstig,  wie  es  nach  friiheren 
Expedition  einen  vollen  Erfolg,  da  alle  Berichten  scheinen  könne;  das  Karische 
Schiffe  ihren  Bestiuimuugsort  erreichten,  Meer  ist  im  August  fast  immer  entweder 
ihre  Ladung  loschen  konnten  und,  bis  ganz  eiafitei  oder  nur  in  geringem«  der 
auf  einen  Diinipfer,  der  bei  den  Rrjechow-  SchifTabrt  unnrcfäbilieliem  ^faße  vnn  Eis 
Inseln  in  der  JeuiBsei-Müudung  aof  der  bedeckt;  nur  wenn  im  Frühjahr  anhaltend 
Rliekxeiie  auf  Grund  geriet  und  Teriateen  I  nordMIidie  Winde  Torhemchen,  welche 
werden  mußte,  glücklich  in  die  dtnitnche  :  Eis  von  Norden  her  in  das  KuriMche  Meer 
Heimat  zurückkehrten  Nach  dem  Urteil  hineintreilien,  nehmen  die  Eiriverhältniiise 
der  Kapitäne  ist  die  Fahrt  nach  dem  üb  hier  bisweilen  einen  der  Scbitfabrt  ge- 
nnd  Jenissei ,  wenn  die  EüsTCriiftltniste  |  flhrlichen  Charakter  an.  Die  gr60te  Ge- 
nicht  allzu  ungünstig  liegen,  mit  Btarkeu,  fahr  für  die  Schiffahrt  nach  dem  Ob  nnd 
gut  ausgeniflteten  I'ainpfem  von  nicht  zu  lenigsei  droht  nicht  vom  Eise,  sondern 
großem  Tiefgänge  lu  jedem  Sommer  ohne  vuu  dem  ungenügend  vermesaeneu  Fahr- 
giofie  Gefahr  müglieh.  Da  die  Jugor- '  waiser,  das  ddi  beeonden  in  der  Jenisiei- 
stvafie  (swiichen  Waagat-lnesl  und  dem  ]  mflndung  in  jedem  Jahre  veAndert,  ^h- 


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464 


Geographische  Neuigkeiten. 


rend  der  breite  und  ziemlich  gerade  Ob- 
bnaen  der  SehifiRahrt  keine  großen  Hinder- 
nisse entgegenstellt  Dit  Mangel  an 
guten  Lot«on  und  das  Fehlen  jt'glicher 
SchitTahrtMeichen  erhöhen  die  Gefahren 
fttr  die  Schiffifthrt,  die  dadurch  vermieden 
werden  können,  daß  die  großen  EiKm('<>r- 
schitfe  ihre  Ladungen  am  Eingänge  der 
Flnfimflndungen  aiiUeinereLeicätenohifliB 
■bgeben,  die  sie  lußaufwärts  an  den  Ort 
ihrer  Bestimmung  wcitcrlieRinlem. 

«  Einen  alcrmuligen  Versuch  zur 
Lttenng  de«  8angpo«Brahmaputra- 
Problems,  d.  h.  zur  Erforschung  der  noch 
unbekannten  Flußstroi  kf ,  auf  der  der 
Brahmaputra  den  Himalaja  durchbricht, 
hat  die  sehottiwhe  Oeographisohe  Geiell* 
Schaft  in  Edinburg  bei  der  englischen 
I{<?gierung  in  Anregung  gebracht,  nach- 
dem der  letzte  im  Jahre  1901  (YII.  1901. 
S.  411)  nntemommene  Verradi  an  dem 
Widerstände  drr  Bewohner  geecheitnt 
iat.  in  der  von  Prof.  Jamei  Oeikle 
onteneichneten  Eingabe  wird  anf  die 
Wichtigkeit  der  LOeung  dieser  Aufgabe 
ausführlich  hingewiesen ;  auf  dt-r  noch 
unbekannten  Elußstrecke  muß  der  Fluß« 
um  die  HOhendifferensen  swiachen  Tibet 
und  den  indischen  Ebenen  zu  überwinden, 
gewaltirre  Wasserfnlle  bilden .  die  aWc 
andern  auf  der  Erde  an  Höhe  und  Was- 
aeneichtnm  ftbertrefiSm  mflasen.  Durch 
die  Auffindung  dieser  FUle  wfilde  viel 
zur  Kenntnis  der  geologischen  Verh&lt- 
oisse  des  zentralen  Himalaja  und  des 
Zusammenhanges  zwischen  Himalaja  und 
dem  tibetiiiiischen  Hochplateau  beigetra- 
gen werden  können.  Zudem  wissen  wir 
nodi  nichts  von  den  Sttmmen,  die  an  der 
unerforschten  Flußstrecko  leben,  und  auch 
nichts  von  der  Fauna  und  Flora  dieses 
Gebietes.  Es  wäre  auch  möglich,  daß 
entlang  dem  su  erkundenden  FluÄlanfe 
eine  gute  Straße  zwischen  Assam  und 
Tibet  angelegt  werden  könnte,  und  durch 
eine  solche  Straße  würde  der  britische 
Hendel  mit  Tibet  und  die  britische  Henr> 
echaft  in  Tibet  sehr  gefördert  werden. 
Es  wäre  wirklich  zu  wünschen,  daß  die 
englische  Regierung  der  fruchtbaren  An- 
regung Folge  leistete  und  die  LOeung 
des  Problems  enetgiieh  in  die  Hand 
n&hme. 

Afrika. 

4t  Am  11.  Juli  d.  J.  brach  von  Tripolis 
Hanns  Vischer,  der  Assistent-Resident 


der  BooiU'PtOvinz,  Northem  Nigeria,  mit 
einer  ▼cnrsflglieh  ausgertsteten  Eipedition 

auf  Visi  lier  kehrt  nach  Ablauf  seiner 
Urlaubszeit  auf  seinen  Posten  am  Tsad- 
see  zurück  und  wählt  dazu  den  Weg 
durch  die  Wüstenstriche  der  mitt- 
leren Sahara.  Er  wird  sich  wälirond 
der  Reise  hauptsächlich  mit  wüstengeo- 
logischen und  astronomischen  Beobach- 
tnngen  beschäftigen,  so  daß  wir  endlidi 
eine  astronomiReh  genau  festgelegte  Perlen- 
schnur der  wichtigen  Oasen  und  iirunnen 
der  in  Fhige  kommenden  Lendschallea 
erwarten  dürfen.  Hanns  Vischer  hat  dem 
Pieferenten  versprochen,  ihm  Berichte  aus 
Mursuk  zu  senden,  über  die  dann  in  dieser 
Zeitsehrift  berichtet  werden  soll. 

Ewald  Banse,  Tripolis,  Nord-Afrika. 

*  Über  eine  neue  Besteigung  des 
Buwenzori,  die  noch  vor  Ankunft  des 
Henogs  der  Abruzzen  anageHEUiit  irorden 
ist,  wird  im  Geogr.  .lourn  1906.  S.  (»Ifi 
nach  einem  Briefe  in  der  Mainummer  des 
Alpine  Journal  berichtet:  Am  16.  Febr. 
brachen  Wo  1  las  ton,  Woosnam  und 
Dent  von  Bujongolo  (12  660')  anf  und 
erreichten  in  6*^  Stunden  auf  etwas  an- 
derem Wege  als  Orauer  den  Ton  diesem 
„König  Eduards  Felsen"  benannten  Felsen 
I S.  34.')).  Am  folgenden  Tage  unternahmen 
Wollaston  und  Woosnam  einen  neuen 
Aufttieg  Ton  BiqiMigirfo  ans:  Ifon  bog 
nach  1  km  im  Mnbuku-Tale  nach  links 
ab,  überschritt  eine  niedrige  Wasser- 
scheide und  gelangte  in  das  Tal  des 
Kiyanja- Gletschers,  in  welehmn  man  bis 
zur  Kiyanja-S])it7.c  IG  125'  vorzudringen 
vermochte.  Dichter  Nebel,  der  während 
der  drei  letzten  Stunden  des  Anfiitiegs 
herrschte,  ließ  die  Bergsteiger  die  hOhere 
Spitze  des  Berges  verfehlen,  die  noch  150' 
höher  sein  mochte,  als  die  von  ihnen  er- 
stiegene. Auf  der  Uganda-Seite  des 
Rum  ensOii'Massivs  schien  diese  Spitie  die 
höchste  zu  sein,  wilhrend  auf  der  Kongo- 
äeite  noch  drei  höhere  beobachtet  wur- 
den, die  -wahrscheinlieh  airiaehen  10000' 
und  17  000'  hoch  waren.  Die  Ersteigung 
dieser  Gipfel  hiilt  Wollaston  bei  schßnem 
Wetter  für  ungefährlich,  bei  Nebel  und 
Regen  dagegen  fAr  unausfBhrbar. 

♦  Zu  den  unerforschten  Quollen  des 
Sambesi  ist  der  amerikanische  Oberst 
Colin  Harding  auf  einer  1400  km  langen 
Reise,  die  zum  großen  Teil  dnioh  uner- 
forschtes Qebiet  führte,  vorgedrungen. 


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Oeographiaeh 


e  Neuigkeiten. 


465 


Don  Krfol^  verdankt«  Harding  zumeist 
dem  Entgegenkommen  des  eingeborenen 
KOnigt  LewanikR  von  Baroleelaitd,  der 
■eine  Unterhauptlinge  anwie«,  das  T'nter- 
nehmen  in  jeglicher  Weise  zu  fördern. 
Die  Reise  wurde  von  Lewanikae  Haui>t- 
itedt  mittel!  Boote  den  Sambesi  hinauf 
angetreten  zu  einer  Zeit ,  al.s  der  Fluß 
dM  umliegende  Laad  weit  überschwemmt 
hatte.  Nach  einer  sechs  Tage  langen 
Fahrt  durch  das  Überschwommungagcbiet 
kam  man  in  trockenes  Land  mit  vorzüg- 
lichen Waldbeständen.  iiei  unaulhörlich 
Mlendem  Regen  war  trotedem  die  Hitae 
8c!ir  ^roß  und  l)eim  VormarHth  sehr  hin- 
derlich. Bei  den  Makesch-Fiillen  verließ 
Uarding  mit  seinem  Bruder  und  einigen 
Bingeborenen  das  Booi,  «m  die  Beiie  so 
Lande  fortzusetzen.  Das  f-and  war  mit 
tiefen  und  ül)elriecbcnden  Sümpfen,  die 
dem  Sambesi  zahllose  kleine  Flftsse  und 
jMehesusenden,  oder  mit  weiten  dHchungel- 
artipen  fJrasfliicheu  bedeckt,  weshalb  man 
nur  mit  großen  Schwierigkeiten  vorwärts 
kam.  All  «ieh  dann  die  von  Lewanika 
mitgegebenen  FiiluiT  weigerten,  weiter 
mitzu>;ehen,  und  auch  noch  einige  Träger 
zurückblieben,  mußte  ein  großer  Teil  des 
Oepicka  snrflekgelaMen  werden,  nnd  die 
P'xpedition  kam  bald  in  Schwierigkeiten; 
die  Lcbenf^niittel  wtirden  schnell  aufge- 
zehrt und  die  zum  Eiutau8cb  neuer  Vor- 
xite  an  Terwendenden  TMuehobjekte 
gingen  zur  Xclgc,  so  rlaß  die  Expedition 
zeitweise  üunger  litt  und  nur  lang.sam 
▼orwärts  kam.  Nach  Verlauf  einiger 
Wochen  erreichte  man  jedoch  noch  nach 
Überwindung  zalilloscr  Schwifri^^'kr'itcn 
das  Ziel,  die  (Quollen  des  Sambesi,  eine 
Beihe  ami  einer  Dschungel  entströmender 
nehe,  die  Bich  zu  einem  Flusse  ver- 
einigen Der  Oberlauf  de>  Samhc^i  wurde 
sorgtUltig  aufgenommen,  und  auf  der  Rück- 
reise erforschte  Harding  noeh  den  Lanf 
zahlreicher  NebenQüsse  zwischen  dem 
Qnellgebiet  und  den  Viktoria-FWen. 

Aastrallei* 

•  Die  Erforschung  Zentral-Au- 
stralicns  ist  durch  zwei  Expeditio- 
nen wesentlich  gefördert  worden,  die 
Tom  zentral-anatraliflchen  Erforschuugs- 
Syndikat  auHgerfletet  und  von  Allan  C. 
Davidson  geleitet  worden  sind,  und  deren 
Berichte  jeM  tob  der  sad-attsfaraliaehen 
Begienrng  als  Paclamentsberieht  verOffent- 


licht  werden.  Das  erforschte  Oehiet.  das 
dem  Syndikat  von  der  süd-uuätraliscben 
Bagioang  angewiesen  worden  ist,  liegt 
zwischen  19"  und  22"  s.  Br.  und  östlich 
vom  134."  ö.  L.  und  umfaßt  28  500  qkm 
im  nördlichen  Süd-Australien.  Die  erste 
Expedition  in  das  Gebiet  Ostlich  vom 
Überlandtelegraphen  dauerte  von  1898  — 
1900;  die  zweite  in  das  westliche  (lebiet 
ging  am  5.  Hai  1900  von  Kellys  Well 
20"  8.  Br.  ab  und  erreichte  nach  4'/»  Mo- 
naten Barrow  Creek.  In  dem  Gebiet  «öst- 
lich vom  Telegraphen  liegen  die  Murchi- 
son-  nnd  DavenporVEetten  mit  frucht- 
baren Tälern  and  einigen  beständigen 
(Quellen,  aber  von  nur  geringem  Metall- 
reichtum, der  allerdings  genügen  würde, 
nach  Ansban  der  Eisenbahn  von  Oodn»- 
datta  nach  Port  Darwin  eine  dauernde 
menschliche  Besiedelung  zu  unterhalten. 
Als  noch  trostloser  und  viel  wasseräimer 
erwies  sich  das  Gebiet  westlich  vom  Tele- 
graphen, in  das  die  Expedition  bis  rif*** 
ö.  L.  vordrang;  hier  wurden  gar  keine 
beständigen  Quellen  gefunden  nnd  der 
Metall  reichtum  war  ganz  gering.  Von 
zwei  dem  Berichte  beigi  gohenen  Karten 
zeigt  die  eine  die  geographische  und  geo- 
logische Beschaflfenheit  dea  dnrchreiiiten 
Gebietes,  die  andere  die  Mineralvorkom- 
men.  (Geogr.  Joum.  1906.  8.  688.) 

Kordmerilui* 

*  Zur  wissenschaftlichen  Fest- 
stellung des  Verlaufs  und  Umfange 
des  großen  kalifornischen  Erd- 
bebens, dem  San  Franzisko  sum  Opfer 
fiel,  ist  vom  (louvemeur  des  Staate-?  eine 
Kommission  unter  Prof.  Lawson  von 
der  Universit&t  in  Berkel^  eingesetat 
worden,  die  am  31.  Hai  einen  vorläufigen, 
gedruckten  Bericht  erBtattet  hat.  der  das 
Erdbeben  als  eins  der  interessantesten  und 
eigenartigsten,  Ton  dem  wirKnnde  haben, 
erscheinen  läBt.  Oer  Bericht  erwähnt  zu- 
crjit  eine  Linie  von  eigentümlichen  geo- 
morphologischen  Verhältnissen ,  die  bei 
Pnnta  Arenaa  (89*  n.  Br.)  beginnt  nnd 
Kich  590  km  lang  quer  über  das  bergige 
Küstenland  bis  nahe  zum  Mount  Pinos 
(84  *  46'  n.  Br.)  hinzieht.  Sie  folgt  im 
allgemeinen  einem  System  enger  und  lang- 
gezogener Täler  oder  hält  sich  in  weiten 
TalbilduDgen  an  den  Fuß  der  einschließen- 
den Berge;  an  vielen  Stellen  ist  die  Linie 
in  Folge  der7erwitterangen  bloB  dem  Auge 


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466 


Oeographisehe  Nettigkeiten. 


de«  Geologen  erkennbar;  wo  ftie  lahvi  mehr 
wAttenfthnliohe  Teile  der  Gegend  durch- 
sieht, wird  sie  deutlich  sieht Itar:  man 
findet  dann  gewöhnlich  |tlöt/.licbe  Ab- 
weichungen Ton  der  uormulcu  Neigung 
der  Talwftode,  and  es  treten  niedrige, 
MteihibM'hüssigp  Wände  auf.  an  deren  Kuß 
nicht  selten  »bflofilotm  Bagsin«  liegen. 
Diese  den  Anwohnnm  als  „Eidhebenrifl'* 
wuhlbekaante  Linie  iat  unverkennbar  eine 
Hruchlinie  aus  fn'iher  Quartärzt-it  I'av 
Krdbebeu  vom  l**  April  wurde  veranlaßt 
dnrch  eine  Bewegung  der  oberen  Brd> 
knute  auf  dieser  Linie  von  Punta  AreMM 
bis  mindef^teuH  zur  Hai  von  Monterey  auf 
eine  Krittreckung  von  2'Jti  km.  Die  Ver- 
■ehiehnng  war  im  wenentlichen  eine  hori- 
sontale,  das  Land  südweeUich  der  Spalte 
schob  sich  gegen  Nordwesten,  wahrend 
sich  da«  Land  uordöKtlicb  davon  wuhr- 
•eheinlieh  in  enigegengeuetzter  Richtung 

bewegte.  Alle  Zäune,  We^e,  Wn-serläufc, 
Köbrenleifcungen,  Dämme  uud  GreuKlinieu, 
die  der  Spalt  überschreitet,  sind  nm  6  bis 
16  Fuß,  duroliscliuittlieli  um  10  Fuß,  ver- 
8ch<d>.'n.  Neben  dieser  Hurizontalver- 
schiebuug  ist  uordweütlich  von  der  Bucht 
Ton  San  Fransisko  eine  VertikalTerschie- 
bnng  nachgewiesen,  dnrch  die  das  Land 
auf  der  SiidwestHcite  der  Spulte  bis  r.xi 
4  Fuß  über  das  Land  auf  der  Nordottt- 
■eite  gehoben  wurde;  auf  der  Halbinsel 
von  San  Kranziflko  ist  die^o  Vertikalbe- 
wegung kaum  zu  erkennen  Wahrsehein- 
Uch  t>ind  durch  die  »Schiebungen  alle 
Punkte  der  Kflstengebirgskette  dauernd 
um  einige  Fuß  Terrfickt  wenden,  jedoch 
wird  dies  erst  durch  weitere  gcodillii^che 
Arbmten  noch  festgestellt  werden.  Die 
lerstlirerulen  Wirkungen  des  Erdbebens 
crstr-  ckon  sich  auf  etwa  40  bis  '»0  km 
zu  beiden  Seiten  des  Spaltes,  und  zwar 
von  Eureka  an  der  Humboldt-Bai  (40*  60' 
n.  ür.)  bis  zur  Sfidspitze  von  Fresno- 
County,  ungenihr  (".."»(t  km.  Srlnvin  hero 
Äußerungen  deo  Krdltebeu»  muciiten  sich 
bemerkbar  von  Coos-Bai  in  Oregon  (48* 
'ifj'  n.  Br.)  bis  nach  Lrm  Angele»  im"  n. 
Hr )  und  na«  h  Osten  Mm  iti  das  ti^tliehe 
Nevada.  Von  seismischen  luätrumenteu 
wurde  dae  Erdbeben  auf  der  ganzen  Erde 
reL'i-^triert  Innerhalb  der  Region  der  Zer- 
störungen war  die  Stärke  »ehr  verHchieden. 
Die  gewaltigHten  Wirkungen  fanden  un- 
mittelbar auf  der  Bruchlinie  statt:  Brücken, 
Wasserrohre  und  Leitungen  wurden  hier 


aufeinander  gerissen,  Bäume  in  großer 
Zahl  zu  Boden  geworfen  oder  entawei 

gebrochen;  Mtellenwcise  öffnete  und  schloß 
sich  die  Krdoberflüche  und  verschlang 
mancherlei.  Line  zweite  Linie  heftigster 
Zerstörung  Iftnft  den  Grund  des  TU- 
H\>tems  entlang,  zu  dem  die  Bucht  von 
Sau  Frauzisko  gehört,  besonders  im  Santa 
Rosa>  und  im  Saat»  Clara-Tal.  SanU 
Rosa  (38*  U'\  82  km  OsUich  vom  Spalls 
wur(b'  von  allen  Orten  des  Staates  am 
stärksten  erschüttert,  San  Jose  (37"  18';, 
«0km  und  dieStanford-Univerriiftt(S7*  W), 
Vi  km  von  der  Erdspalte,  folgen  in  der 
lli  lti^^keit  der  Erschütterung  gleich  nach 
S.iutu  Kosa.  Alle  diese  Urte  liegen  auf 
aufgeiichflttetem  oder  doch  n«r  acthwaoh 
-/.usammengehaltenem  Boden,  und  es  iet 
bekannt ,  daß  Erdwellen  eine  viel  zer- 
sturendere  Wirkiuig  ausüben,  weuu  sie 
über  lose  Fonnationen  laufen,  als  beim 
Durchgang  durch  die  festeren,  aber  elasti- 
scheren Gesteine  des  Gebirges.  Dies  be- 
stätigt sich  auch  in  der  dritten  Region 
größter  Zerstörung  auf  der  südwestlichen 
S«'ite  des  ,, Erdbebenrisse»""  im  Salinab-Tal 
der  Bucht  von  Monterey,  wo  der  aus 
Flullablagerungen  beetehende  Talboden 
stärker  aufgerissen  und  verschoben  wurde, 
als  irgend  ein  anderer  Teil  des  Staate«. 
Am  lehrreichsten  aber  ist  in  dieser  Be- 
riehung  San  Fransisko  selber,  wo  vier 
vt>r8chiedene  Bodenarten  vodianden  sind: 
die  felsigen  Ilügelabhänge,  die  aufge> 
schütteten  Talgrüude,  die  Sanddüuen  und 
das  Kunstland  am  Saume  der  Stadt.  Die 
verheerendsten  Wirkungen  des  Erdbebens 
zeigten  sich  auf  diesem  kuustlaud;  nicht 
ganz  so  schlimm  verhielt  sich  der  Boden 
der  Sanddüuen ,  aber  auch  biar  wann 
Risse  und  Tieiormationen  hriufig;  immer 
noch  heftig  waren  die  Stöüe  und  Ver- 
schiebungen in  den  Talgründen,  wfthrend 
die  Gebäude  auf  den  Felsen  der  Abhänge 
die  ^'erin^Kten  Zenstörnngen  zeigten.  Aller- 
dmgs ist  hierbei  auch  die  Bauart  der  Ge- 
bftude  Btt  borfleksiehtigen:  massive,  tief« 
gegrflndetc  Gebäude  wurden  am  wenigsten 
beHohSldipt,  ebenso  gut  verankerte,  zemen- 
tierte Backsteiubauteu  aui  festem  Grunde; 
am  sehlechtesten  widerstanden  Holsbauten 
in  Folge  ihrer  iVlili  rliaftfii  Verankerungen 
uud  ihrer  fehlenden  Versteifungen.  Übri- 
gens ist  der  in  San  Franzisko  angerichtete 
enorme  Materialschaden  nur  zum  geringe 
stea  Teil  direkt  auf  das  Erdbeben  rarfick- 


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Geogrspliitch«  NenigkeUen. 


467 


safBhren;  nur  o  des  Scbadenä  eotstund 
in  Folge  des  Erdbebens,  96%  wurden 
dnzch  die  Fenersbrunst  bervor^'erufen,  die 
sofort  nach  dem  Bobon  in  Folge  Zer- 
reißen« der  Gatt-  and  Elektrizitätxleituugeu 
entotend,  und  derm  BeUmptung  durch 
Zerstörung  der  Wasserioitong  «ab  ftnAente 
erschwert  wurde. 

ir»ri-Pii]jirgegeiiieii« 

*  Die  Nordpolarexpedition Well- 
manns  is.  S.  317)  nimmt  vorlHufig  ihren 
nonuaU'u  V'erlauf.  Nachdem  der  „Pritiyor' 
BMh  einer  flberruehend  konen  und  f^t- 
teo  Fahrt  von  eoiner  erKten  lU-ico  nach 
Spitzbergen  nach  TromHoe  zurückgekehrt 
ist,  hat  Wellmann  mit  den  übrigen  Mit- 
gliedern der  Expedition,  die  sich  noch  in 
Norwegen  befanden.  Aiifatii^r  Juli  auf  «k-ni 
„Fritl^or'  die  iCeiäe  nach  Spitzbergen  an- 
getreten, nnd  einige  Tage  spftter  ist  anch 
das  neu  gecharterte  Schiff  „Kong  Iltlgc" 
mit  dem  liest  der  Aupriintun«»  dorthin 
abgegangen.  In  kurzem  wird  bei  der 
Station  snf  der  IMbien -Insel  ein  Per- 
sonal von  24  Mann  versammelt  sein,  so 
daß  es  möglich  sein  wird,  dif  Vorberoi- 
tungen  so  zu  fördern,  duü  noch  in  diesem 
Jnhre  ein  Anfirtieg  nntemonunen  werden 
kann.  Zur  Kinrichtunjj;  der  drahtlosen 
Telegraphie  wurde  in  der  Nähe  von 
Hammerfeät  auf  einem  200  Fuß  hohen 
Berge  eine  Funkenxtation  mit  einem  210 
Fuß  liohrii  Maflt  errichtet,  und  eine  ähn- 
liche Station  wird  bei  der  Welimanntfcheu 
Stetion  in  Spitsbergen  hergeetellt.  Well- 
mann wird  dadurch  in  der  Lage  sein, 
fortwährend  Xadirichten  über  den  (iang 
seiner  Vorbereitungen  zu  senden.  Von 
Peary ,  der  bei  seiner  Ausreise  im  J.  1905 
ebenfalls  die  Binrichtung  einer  Funken- 
station mitnahm,  mit  deren  Hilfe  er  von 
Nord-Cirönland  aus  in  Verbindung  mit 
Labrador  bleiben  wollte,  sind  bis  jefest 
noch  keine  Nachrichten  ein^'ctrofr  n ;  die 
letzten  Nachrichten  von  l^eary  brachte  im 
September  1905  das  nach  Amerika  zurück- 
kehrende Hilfinohiir. 

♦  Von  den  z  w  e  i  N  <  >  r  d  j  >  o  1  a  r  e  x  p  e  d  i  - 
tionen,  welche  im  Jahre  zur  Er- 
forsehung  der  Beanfort-See  geplant 
waren  (XI.  19o5  S.  7ll),  ist  die  eine 
unter  Einar  Mikkel.>ieti<  Leitutt^'  s. 
8.  am  20.  Mai  von  Viktoria  aut  der 
TanconveroLisel  am  nach  Norden  in  See 
gegangen;  Ton  der  andern,  die  nnler 


HarrisonH  Leitung  auf  dem  Landwege 
nach  der  nordamerikunischen  Eismeer- 
kÜ8te  gelangen  wollte,  erhalten  wir  jetst 
die  ersten  Nachrichten  in  einem  Briefe, 
den  Uarrison  an  Bord  des  Walfängers 
„Jeanette*'  bei  der  Hersohel-Insel  an  der 
Mackenzic-Mündung  am  1.  M&rz  d.  J.  ge- 
schrieben liat  I  Geo^T  .Irmrn.  1906.  S.  685). 
Danach  hat  üarriiiua  am  88.  Juli  19Uö 
Athabasea  Landing  in  einem  f&r  den 
Trausport  de»  Oep&cks  besonders  geeig- 
neten Hnotv  verla.'Jsen  und  hat  am  4.  <'kt 
den  Artic  iled  liiver,  einen  linksäcitigen 
NebenflnB  des  Hackensie,  erreicht^  wo  er 
durch  Eis  aufmM-halten  und  snr Überwinte- 
rung gezwungen  wurde.  W&hrend  der 
ungefähr  2600  km  langen  Floßreise  wur- 
den sahlieiebe  Beobacbtongen  und  Mes- 
sunpen  vorgenommen.  In)  Laufe  des  Win- 
ters machte  er  «ine  kleine  Rundreise  vom 
Red  Rirer  zum  Fort  Mc  Pherson  am  Peel 
n  i  ver,  diesen  flußabwärts  bis  zum  Macken/i(> 
und  (lieHen  wieder  aufwiirts  znin  Ifed 
Itivcr.  Der  Winter  trat  ungewöhnlich 
frfib  ein,  war  sebr  schneereich  nnd  seigte 
Temperatuen  bis  —  200C.  Um  nicht  ein 
ganzes  Jahr  zu  verlieren,  verließ  ILirrison 
bereits  im  Februar  da^  Winterquartier 
nnd  ging  naeh  der  HerseheKIneel,  wo  er 
die  „Gjöa"-Expeditif>n  wohlbehalt*Mi  an- 
traf; der  Führer  der  Expedition  Amundben 
befand  sich  gerade  nicht  auf  dem  Schiffe, 
er  war  unterwegs  nach  Eagle-City.  So- 
wnhl  von  der  ,.(ijöa"  Kxj»e*lition,  wie  von 
dun  Kapitänen  der  zahlreichen  Walfänger, 
welche  hier  Tom  firflben  Winter  flber- 
rascht  worden  waren ,  wurde  Harrison 
eutgefjjenküramend  auff^enommen  und  mit 
Kat  unterstützt.  Zunächst  gedachte  nun 
Hairison  direkt  nach  Norden  Tonrnstoßen; 
sollte  sich  das  aber,  wie  er  fürchtete, 
wegen  der  fortwährenden  Bewefrunj?,  in 
der  sich  das  Eis  in  der  Naciibaischaft 
der  Insel  nach  den  Aussagen  der  Wal- 
fänger-Ka]>i(äne  befindet,  oder  wegen  der 
Unmöglichkeit,  Eingeborene  zur  Teilnahme 
an  der  Fahrt  zu  bewegen,  als  unausführ- 
bar erweisen,  ho  wollte  er  im  April  nach 
der  naillie-Insel  und  von  da  nach  Banks 
Land  zu  gelangen  suchen,  um  dort  den 
nächsten  Winter  suzubringen. 

(»eographlscher  Unterricht. 

»  Prof.  Dr.  Alfred  l'hilippsou  in 
Bern  ist  als  Brflckners  Naebfolger  als 
ordentlicher  Professor  der  Geogiapbie  an 


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468 


Oeographiiebe  Neuigkeiten. 


die  rnivprsitiit  Ha  lle  berufen  worden  und 
wird  dem  Ruf  zum  W.-S.  Folge  leiHtren. 

*  Prot  Dr.  Rudolf  FiUner  in  Ro- 
stock ist  von   seiniM-  rrnfessar  zurück 
getreten  and  nach  Berlin  ttbecgesiedelt. 

Twetae  ui  Ttnamilaiif  ea. 

•  Auf  der  ilies  j"ihriY't'n,  78.  Vcrpainni- 
lung  Deutacber  Naturforscher  und 
Ärstte  vom  16.  bi«  23.  September  zu 
Stuttgart  werden  nach  dem  loeben  sur 
Versandung  gfelangton  Programm  fol*jrnde 
Vorträge  von  geographischem  In- 
tereiBe  gehalten  werden:  In  der  ell- 
gi'int'iiion  Versammlung  am  21.  Sept. 
Tenck:  Südafrika  und  SanibeBifülli'  mit 
Lichtbildern);  in  der  gemeinschaftliche u 
Sitgsnng  der  Abteilangen  Phyeikf  ange- 
wandte Mathematik  und  Genphysik  Graf 
V.  Zeppelin:  über  motorische  Luftschitf- 
fahrt;  in  der  gemeiuschaftlichen  Sitzung 
•Amtlicher  Abteilungen  der  naturwiasen- 
Bchafflirlieii  (ini]tjM>  Fraii.s:  Gcoln^^iRchcr 
Streifzug  durch  Schwaben  als  Orieutieruug 
für  die  Ansflnge ;  in  der  gemetnichaftlichen 
Sitzung  der  Abteilungen  für  Geologie  und 
Antliropolo^ie  Ritchler:  Die  altjialiio- 
lithische  Kulturstätte  in  der  Wildkirchli- 
EbenalphAhle  in  Appenzell;  Haathal; 
Eiszeitliche  Forschungen  in  Bolivia  und 
Peru;  Schliz:  t!l»er  dif  Ht'/.it'liuiip'n  der 
Torgeschichilichou  üesiedeluugstormeti  zur 
Bodenfonnation.  In  der  Abteilang  iiir 
Geophysik,  Meteorologie  und  P>dnmgne- 
tismus  Archenhold:  t'ber  Sonnenflecke 
und  Erdströme;  Börnstein:  Der  ueu- 
errichtete  öffentliche  Wetterdienit  für 
Norddeutschland;  Krebs:  Das  geophysi- 
kalische Gutachten  im  Gerichtssaal ;  geo- 
ph7«ikaliache  Wirkungen  der  Sonnentätig- 
keit; über  Vulkanismus  und  Erdbeben; 
Meyer:  Dir-  Or^Nuiisation  den  WetterA'or- 
hersagedieustes  in  Württemberg:  de  Quer- 1 


vain:  Die  Erforschung  der  Luftzirkulation 
in  größeren  Höhen  der  Atmosphäre.  In 
der  Abteilung  für  Geographie,  Hydrogra* 
phie  und  Kartographie  Gravelius:  Die 
Beziehun<;en  zwischen  Niederschlag  und 
Abüuß;  Gugenbam:  Der  Stuttgarter  Tal- 
keseel  von  alpinen  OletecketstiOmen  aa»> 
<,''i'li"»hlt ;  Haardt  von  Hartenthnrn: 
Die  neueren  geographischen  Arbeiten  auf 
der  Balkanhalbinsel ;  Halb  faß:  Dieneue- 
ren Fortschritte  der  Seichesfondrang; 
IIa  nun  er:  Die  Bestrebungen  der  neueren 
Laudestopographie.  In  der  Abteilung  für 
Mineralogie,  Geologie  and  Fattontologie 
K  n  d  r  i  ß:  Die  Höhlen  im  Versinkun^js^'ebiet 
der  oberen  Donau;  Wegoner  fiMiinäter): 
Über  die  Eruption  des  Vesuv  im  April 
1906.  In  der  AbtaloBg  HBr  Zoologie 
Vo  B  8  e  1  e  r :  Die  osiafrikanische  Tsetsefliege; 
zur  Charakteristik  des  usambarischcn 
liegenurwaldes;  aus  dem  ostafrikanischen 
Insektenleben.  In  der  Abteilung  fttr 
.Anthropoloffie,  Ethnologie  und  Prähistorie 
Bälz:  Zur  Kasse  der  Japaner  und  Korea- 
ner; Herrmann:  Die  Armenier  in  XJn- 
garn;  Vosseler:  Spuren  alt*;r  Neger- 
uiederlassungen  in  Amani  (l^sambara  ; 
Würth:  Basse  der  Japaner.  Am  Schluß 
der  yersammlang  am  98.  Sept.  wird  eine 
naturwissenschaftliche  Exkursion  aaek 
Hohenneuffen,  HeidengrabOB  und 
Urach  stattfinden. 

Fertiönliehes. 

*  Am  2.  Juni  starb  in  Hannover  im 
Alter  von  67  .lahreu  Prof.  Dr.  Ludwig 
Brakebusch,  langj&hxiger  Profeasor  der 
Mineraloj^io  und  Geologie  an  der  argenti- 
nischen UniversitfttCordoba,  der  auf  zahl- 
reichen  Reisen  Argentinien  and  die  argen- 
tiuisohen  Andt  n  erforscht  und  dadurch  sehr 
viel  zur  witiHcnschafllichen  Erschlieftuag 
Südamerika»  beigetragen  hat. 


BtteherbefiprechiiDgeii. 

Geographenkalender.  IV.  Jahrgang  |  now  wird  von  einer  kurzen  Biographie 
1906/1907.  XII  u.  664  S.  1  Bildnis, '  begleitet,  die  Übersicht  der  Weltbegeben- 
10  E.  u.  Ü  Taf.  Gotha,  J.  i'erthes  1  heiten  ist  in  die  Form  einer  Chronik  ge- 
1906.  «4C  4.—.  bracht ,  womit  sie  m.  B.  ihren  geogia- 

Im  ganzen  ist  der  Charakter  der  gleiche  '  phiHt  hen  Charakter  und  Wert  ziemlich 
wie  im  vorletzten  Jahrgang,  da  der  lu-  verliert,  im  Adreßbuch  der  wissenschafl- 
halt  ja  altenderead  ut.  Doch  auch  ein-  licboi  Anstalten  usw.  sind  anoh  die  hi- 
selne  Ändernngen:  das  Bild  von  Seme-  itoriiehen  and  Tolkakondlioben  Geeell* 


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Bücherbesprechungen. 


469 


idiafleD  aufgenommen  (daß  dies  einem 
TOD  mir  poiUißt'rtt'n  Wunsche  eutsjiD'chc, 
ist  übrigens  eiu  Mißverstäuduia).  Beson- 
d€n  willkommen  sfaid  die  kl^en,  aber 
denfiiehen  kartoignikhiedieii  Dentellun- 
gen  wichtigerer  ZeitereignisBe  und  die 
ludexkartAi  neuer  typographischer  Kaxten- 
weilie.  A.  Hettner. 

Jahrbuch  der  Sektion  Dresilen  des 
österreichischen  Touristeu- 
klubs.  I.  Jahrgang  1906.  Vniii.89S. 
Viele  Taf.  u.  Fig.  Dresden,  Engel- 

uiann  l'JOö. 

Von  geographischem  Interesse  ist  be- 
•onden  der  erste  Aufsatz  aus  der  Feder 
von  Oskar  Beck,  iler  eine  geologisch- 
geographische Einleitung  in  das  Verständ- 
nis dee  Gebirges  gibt.  Wenn  kik  auch 
nicht  mit  allem  übereiniitimme  —  eo  wird 
sich  die  von  Alphona  Stültel  ausgespro- 
chene Ansicht,  daß  die  Basalte  Alter  als 
der  Quadersandetein  seien,  kaum  halten 
lassen  -  ,  so  ist  doch  rühmcmd  anzuer- 
kennen, daß  hier  nicht,  wie  so  oft  in 
solchen  Schriften,  erdgeschichtliche  Phan- 
tasien, sondern  dfie  Brg^ebnisae  der  nfich- 
temen  Forschung  vorgctra<^en  werden. 
Kin  mit  vielen  guten  Abbildungen  ver- 
sehener Aufsatz  von  Hugo  Kunze  be- 
handelt die  Kletterberge  der  sftchsieehen 
Schwei/:  iiKUicter  wird  mit  Interesse  und 
Erstauueu  hüren,  in  welchem  Umfange  die 
eigenlBmlichen  Beigformen  dieses  kleinen 
Gebirges  den  alpinen  Klettersport  groß- 
gezo'^'en  ha'ieii  Dann  eine  kleine  Schil- 
derung aus  dem  böhmischen  Mittelgebirge, 
eine  Sldsse  am  den  Alpen,  ein  Aufsatz 
Aber  die  Technik  des  Wandems  und  ein 
interessanter,  an  Ratzel  anlehnender  Ar- 
tikel über  die  sinnliche  Freude  am  Borg- 
eport. A.  Hettner. 

Finot)  Jean»   Das  Uassonvorurteil. 
ym  n.  4S8  S.  Berlin,  HQpeden 
Henjn  1900. 

Dieses  aus  dem  FranzösiHchen  flber- 
setzte  Buch  zeigt,  wie  mau  auch  in  Frank- 
leicb  anfltngt,  ee  als  nnwiseeneehaftlich  an- 
zusehen, wenn  alle  großenVölkergegensätze 
eiiiseitio:  auf  uralt  im  Blut  liegende,  auf 
„liassengegensätze"  zurückgeführt  werden. 

Der  Yerfiusor  ergeht  sidi  nur  anfangs 
etwas  gar  /u  weitschweifig  über  die  Ver- 
suche der  Anthropologen,  die  Menschheit 
in  Bassen  zu  scheiden,  ohne  dabei  ctwae 


Neues  zu  bieten.  Er  sucht  die  Yet- 
scliirdenlieiten  tler  MenschenniHKOn  auf 
EinÜüsse  der  jedesmaligen  J^aturumgebung 
nrsftethlieb  m  besiehen  nnterVergleiehung 
analoger  Erscheinungen  aus  dem  Pfianzen- 
und  Tierreich.  Er  hält  sie  für  im  allge- 
meinen unbedeutend  und  wenig  beständig. 
Leteteies  steht  indessen  im  Widenpmdi 
mit  80  manchen  .Ausgrabungsfunden  und 
den  in  altägyptischen  Gräbern  sehr  hohen 
Alters  entdeckten  farbigen  Abbildungen 
afrikanischer  Yolkstypen,  die  den  heutigen 
vollkommen  gleichen. 

Lehrreicher  werden  die  Ausfühnmgen 
des  Verf.  in  den  folgenden  vier  Abtei- 
lungen ioinei  Wflckes,  die  sich  nun  den 
Völkern  zuwenden,  obwohl  er  aucli  hier 
weniger  untersucht  als  lebhaft  diskutiert. 
Rfiekhaltlos  stellt  er  sieh  anf  den  Stand« 
punkt,  daß  es  große  Volksmassen  einheit- 
licher Abkunft  oder  ,, Rasse"  nirgends  gibt. 
Im  heilsten  Licht  der  Geschichte  ist  die 
grofie  Nation  der  Vereinigten  Staaten 
entstanden  aus  einer  Pn/ahl  von  Bruch- 
stücken der  Völker  dreier  lidrdteiie.  Die 
Schweiz  bewährt,  ffihlt  nnd  nennt  sieh 
eine  Nation  seit  Jahrhunderten,  weil  de 
staatlich  wie  wirtschaftlich  eine  fest  ge- 
fügte Einheit  bildet,  trotzdem  vier  bis 
fünf  Sprdohen  dort  geredet  werden.  Die 
deuteeien  Sebweiior  sind  in  erster  Linie 
Schweizer,  so  gewiß  sie  gleich  den  Deutsch - 
Österreichern  und  den  Siebenbürger  Sach- 
sen snr  denlaehen  Kation  im  knltuellen 
Sinni'  /iililen.  Man  würde  seit  ISTI  über- 
haupt nicht  wissen,  was  „deutsche  Nation" 
heißt,  falls  man  nicht  sorgsam  unter- 
schiede zwischen  Nationen  im  staatlichen 
und  .solchen  im  kulturellen  Sinne. 

Auf  Deutschland  geht  der  Verf.  mehr 
hinsiobtlicb  der  Frage  nach  der  ältesten 
Volksmischung  ein  und  schielit,  wie  bei 
dergleichen  Problemen  überhuujit,  weit 
übers  Ziel  hinaus.  Er  meint,  eine  eigent- 
lidie  Stanunrasse  w&re  fBr  keinen  Staat 
erweisbar.  Ist  aber  z.  B.  die  en^iaehe 
Nfttiim  nicht  durch  dm  Hinfiberzug  der 
Angeln  und  Sachsen  nach  Britannien  ent- 
standen? Gingen  dieNordamerikanernicfat 
zunächst  aus  britiflchem  Stamm  hervor? 
Unbegreiflicher  Weise  behauptet  er,  die 
neueste  Forschung  li^e  eher  darauf 
schließen,  daß  DeutseUand  mehr  keltisch, 
Frankreich  mehr  germaniHch  von  Hans 
aus  sei.  Sehr  hübsch  schildert  er  dann, 
und  diesmal  auch  in  knappen  Zogen,  daa 


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470  Bflcherbeap 

rthnische  Werden  der  franzfigipchen  Na- 
tion, srharf  lictonond,  daß  nie  (bei  dor 
üeringfüj^igkeit  römischer  Zuwanderung) 
nicbt  physisch,  sondern  geistig  und  sprach- 
lich romsnisiert  worden  irt. 

Kleine  rurirhtitjfkeiten  zn  erörU-m, 
lehlt  tiü  hier  un  liauiu.  Erw-ahnt  sei  nur, 
da6  die  Basken  nach  Amwrii  ihm  recht 
'  vcrschiodenartipen  Schildflhaus  keinefl- 
wefTH  ,.eine  hervorragend  reine  Uaaae" 
(8.  41  Ij  genannt  werden  dürfen,  und  daß 
die  unter  Josus  in  Palftstina  ein/.ichcnden 
Inraelit<>n  dort  keine  Aralier  trafV  ti  S  3r)r,}. 

Eine  warmherzige  Schilderung  der 
NegemMce  tehlieftt  das  Onase  mit  man- 
chen sehla^'euden  Ite weisen,  wie  unrecht 
man  perude  dfn  afrikanischen  Schwarzen 
getan  hat,  wenn  man  tagte,  sie  seien  „nied- 
rige Menschen**,  durch  mystisches  Rasaen- 
fatum  uniHhig,  namentlich  diegeistige  Höhe 
der  Weifien  sn  erklimmen.  Kirehhoff. 

Wflitrahagen,  H.  Beitrftge  snr  Siede - 

lungskunde  den  Ostharzes.  59  S. 

(DisH.  Halle.)  Halle,  Waisenhaus  1U05 
Fleißige  Dissertation,  die  überall  selbst- 
ständige  Forschung  und  eigenes  Urteil 
xeigt.  Als  Grenze  dcf^  Ost-Hiirzes  gegen 
Westen  läßt  der  Verf.  im  Sflden  die 
WiMserseheide  zwischen  Oder  nnd  Wieda 
(Weser  —  Elbe),  dann  die  bedeutsame 
Westj^n-iize  des  Lraunscli  weij^ischen  Kreises 
lilankenburg  und  diu  Westgrenze  Stolberg- 
Wemigerodes  im  Eckertiii  gelten.  Der 
|t»eringe  Umfang  der  Arbeit  gestattete  viel- 
lacli  nur  Andentunj^en,  Die  älteHten  OrU; 
waren  bescheidene  Ackerbausiedeluugen, 
die  groBenRodni^n  begannen  im  8.  Jahrh. 
(Orti'  auf  rode.  -haj,'en,  felde, -schwende) 
Das  Wüstwerden  so  vieler  Uiiachaften  im 
Mittelalter  wird  auf  Kriege  und  Agrar- 
krisen zurückgefBbrt.  Der  Bergbau  scheint 
}na  in  das  10.  Jahrh.  zurnckzureirhen,  im 
13.  und  dauu  wieder  im  16.  Jahrh.  wird 
a  stärker.  Im  18.  Jahrh.  nimmt  der  Berg- 
hau ab.  Eine  Gründung  des  liV  Jahrb. 
—  die  einzifre  —  ist  iler  Badeort  Alexis- 
bad.  im  Laufe  der  Jahrhunderte  wurden 
immer  höher  liegende  Teile  des  Hartes 
zur  Hesiedelung  herangezogen.  Es  betrug 
dii'  durehsi-huittlifhe  Htihenlape  iler  in  ' 
den  einzelnen  Penoden  gegründeten  Orte 
bis  775  »  S87  m 
77:.  i^rA)  -  ;!0i 
1250—  n;i8  =  3Gb  „ 
seit  ltil8     4SI  „ 


irechungen. 

Jetzt  betr&gt  die  Durchschnitt^hohe  SSO  m. 
I>a^  }i<" f  lirte  Dorf  ist  Hohefjeiß  mit  642  m, 
Einzelsiedelungen  steigen  bekanntUcb  bis 
mm  Brockengipfel  Die  Daten  Aber  Ksen- 
bahneiOffiiungen  im  und  am  Harz  S.  47 
waren  nach  der  sehr  zuverlässigen  Zu- 
sammenstellung im  ly.  Bande*  der  ^^ta- 
tistik  der  im  Betriehe  beflndlicheD  Ksen- 
bahnen  Deutsolilands"  ^erlin  l'JOO)  mehr* 
fach  zu  berichtigen.  F.  Hahn. 

LorenKi ,  .V  rrigo.  La  c  o  1 1  i  n  a  d  i 
Buttrio  uel  FriulL  96  S.  Udine 
190S— 4. 

Ursprünglich  in  der  Zeit8chrift  ,4n 
Alto"  erschienen  und  zur  Orientierung; 
mit  einem  Ausschnitt  aus  dem  bezüg- 
lichen MeBüschblatte  versehen,  büdet  diese 
.\rbeit  einen  auf  gn'indlichen,  VOn  deut- 
schen Vorbildern  geleiteten  Studien  be- 
ruhenden Beitrag  zur  Heimatskunde  von 
Frianl.  Der  Hfigel  oder  besser  die  drei- 
eckige, in  ihrer  höchsten  Erhebung  163  m, 
etwa  7ö  m  relativ  erreichende  Hüjjel- 
gnippo  von  Battrio,  durch  holm  Cjj^msea 
noch  weiter  in  der  flachwfllligen  Ebene 
erkennbar,  ist  eine  Aufrar^ing  fast  wag- 
rechter oder  sauft  nach  NO,  also  gegen 
das  Gebirge  geneigter  Schichten  eocAner 
Sandsteine  und  Mergel.  An  eine  ein- 
gebende Darstellniif,'  der  Morphologie 
schließen  »ich  eine  kürzere ^>tiaazougeogra- 
phische  Skisie  nnd  tiergeographische  Be- 
merkungen an.  Den  Schluß  bildet  ein 
Absehuitt  über  den  Einfluß  des  Menschen 
auf  dies  gebiet  und  die  Lage  der  Siede- 
Inngen,  nicht  anf  den  Hoben  der  Hflgel- 
gruppe,  sondern  in  der  Ebene  ring.s  um 
diese.  Nur  einzelne  Bauernhäuser  liegen 
auf  den  Hohen.  Anch  anf  die  Bauart  der 
Hftuser  geht  der  Verf.  ein.  Th.  Fischer. 

Annales  de  Tobservatoire  national 

d'Ath^nes  pnbliees  par  Dc'metrin  ^ 
Eginitis.   lY.   4«.   679  S.  Athen, 
Uaftanis-Pa]iCgcorgion  1906. 
Es  ist  ein  vortreffliches  Zeichen  ftlr 
die  Festigung  der  Verhiiltniese  (Triechen- 
lands,  namentlich  tur  die  Ordnung  seines 
Staatshanshalts,  wenn  Knltnrleistnngen, 
die  Ausdauer  fordern,  renfelmäßigen  Korb- 
'  f^ang  nehmen.    Aber  aiieh  für  die  leiten- 
den l'ersönlichkeiten  ist  es  ein  unzwei- 
deutiger W«rtmeeser,  wenn  Arbeiten,  die 
■sie  unternommen,  in  straffer,  fester  Or- 
ganisation so  beharrlich  fortgeführt  wer- 
den, daß  sie  eine  sichere  Grundlage  wissen- 


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Bücher  beipreehungen. 


471 


•ehsfUiohen  fbttMhritts  bilden.  So  wird 

jeder  Frennd  griechischer  Nahir,  jeder 
der  ihre  Beobacbtang  ab  den  ersten 
Schlfinel  zum  tieferen  YerständniB  griechi- 
schen Lebens  und  griechigehen  Oeiites  in 
(»egenwart  und  Vorzeit  zu  wiTrdjgen  weiß, 
mit  heller  Freude  diesen  neuen  Band  des 
Jihrimchi  derSterawarfee  Atheni  begrüßen. 

Die  von  Eginitis  neu  ocganisierie 
meteonilo^'iHclu'  Arbeit  dieses  wichtigen 
Beobucbtuugspiatzes,  die  von  ibm  erst 
begtOndeto  l^gkeit  eines  Netaee  etn- 
beitlich  geleiteter  Stationen  in  den  ver- 
schiedenen  Teilon  des  Landes  finden  ihre 
Fortsetzung  für  die  Jahre  IdOl— 1903  in 
der  Mitte  diwee  mftchtigai  Bandet  (8. 199 

— IHI  Die  Zahl  der  Stationen  hat  sicli 
nicht  vergrößert,  aber  —  und  das  ist  das 
Wesentliche  —  für  eine  ganse  Reihe  von 
Stationen  (Korfu,  Argostoli,  Zante,  Arta, 
MesBolongion ,  Patras,  Kyparissia,  Kaia- 
mata, Sparta,  Kjthera,  Tripolis,  Nauplia, 
Dekelen,  Ghalkia,  Lamia,  Volo,  Laritsa, 
Trikkala,  Andres,  Kaxos,  Syra,  Santorin) 
liegt  jetzt  ein«!  so  ansfrpdehnte  R<>iho  von 
Beobachtungen  vor,  daß  nun  der  Zeitpunkt 
gekommen  ist,  einmal  eine  vetgletcbende 
Übersicht  der  wichtigsten  Elemente  der 
Kliniatolngie  Griechenlands  zu  vernuehen. 
Mit  dieser  Aufgabe  ist  einer  meiner 
Sehfller  seit  lingerer  Zelt  besofaftftigt; 
schon  die  vor  Eingang  dieses  Bandes  vor- 
liegenden Beobaciituugen  der  frülieren 
Jahre  ließen  bei  dem  Versuche  vergleichen- 
der Beobachtung  erkennen,  wie  uoTer- 
gl''i<'lili(  h  n  irlinr  wir  jetzt  -  Dank  der 
Üiganisatiuusarbeit  von  £giniti8  —  über 
Qrieebenlands  Klima  nnterriebtet  sind 
als  vor  swei  Jahrzehnten. 

Dem  nieteoroloijischen  Beolmchtiings- 
schatz  der  letzten  Jahre  gebt  voraus  eine 
Reihe  monographiseher  Stadien.  Die 
n-iiiiMt»!  Qabc  daruntt  r  i:-!  S  7  6G,  ll'J 
—  lüOi  die  Bearbeitung,'  der  <  r  ini.i^^neti- 
Hchen  Beobachtungen  der  Athener  Stern- 
warte (1899—1908).  Es  folgen  die  Be- 
oliat'htungen  von  Stenisrlitni]>pen  (67—721 
und  einige  physikalische  Studien  über  die 
rotleuchteuden  Dämmorungserscheiuungen 
im  November  1908,  die  ebenso  wie  mag- 
netische Störungen  am  H  \fai  jenes 
Jahres  mit  den  Vulkanausbrüchen  West- 
Indiens  in  Zosammenhaug  gebracht  wer- 
den; über  spektroskupischeUntcrsuchuugeu 
elektrii^cher  Kuukeu;  über  Kefraktiuns- 
Beobachtongen^Scb  webung,  sospeusion)  im 


Piraens.    Der  Übersteht  der  Erdbeben 

nri.rlunhuHls  lOdO  1903  iS.  ISf)  — 146) 
folgt  am  Schlüsse  des  Bandes  i  S.  499—677) 
die  ausführlichere  Mitteilung  der  seis* 
mischen  Beobachtongen.    J.  Parts  eh. 

rou  Tornau )  Mikolans.  Kulturgeo- 
graphiseher  Atlas  Ton  Sibi- 
rien und  Turkestan.  (Vaterlands- 

künde  Rußlands.  2.  Tl.)  10  Tab. 
12  Taf.  K.  St.  Petersburg,  Marks 
1906.    JL  8.60. 

Der  Verf,  ein  warmer  Frennd  sdnes 

Vaterlandes,  arbeitet  daran,  in  der  heran- 
wachsenden russischen  Jugend  die  Liebe 
«IT  Heimat  dordi  eine  genane  Kunde  vom 
Vaterlande  zu  wecken,  „den  Hussen  su 
zeigen,  wa^  sie  an  ihrem  Lande  haben". 
Er  tut  das  nicht  wie  Ratzel  in  seinem 
„Deatsebland**  dnreh  lebenswarme  Schil- 
derungen, sondern  in  nüchterTi  ^^t;lti^<ti«(•her 
und  kartographischer  Darstellung,  die  in 
4  j&hriger  Arbeit  auf  den  besten  deutschen, 
englischen  und  russischen  Quollen  aufge« 
baut  ist,  aber,  wie  er  in  der  Vorrede  be- 
tont, bei  den  „zugehörigen  Stellen  im 
Bddie  recht  wenig  Zuvorkommenheit  ge- 
funden hat".  I  tn  SM  tiielir  ist  seine  Lei- 
stung anzuerkemicii ,  die  ihm  perHÖnlich 
auch  hübe  pekuniäre  Opfer  auferlegt  hat. 
Vor  mir  liegt  der  8.  Ttil  seiner  „Tater- 
landskunde  Rußlands",  der  1900  vor  dem 
1.  erschienen  ist,  der  „Kulturgeographische 
Atlas  Sibiriens  und  Turkestans".  (Kin 
ebensolcher  über  das  europäische  BoB- 
land  und  den  Kaukasus  wir<l  jetzt  zum 
Druck  vorbereitet.)  Zehn  statistische  Ta- 
bdlen  bilden  die  Grundlage  fOr  die  fol- 
genden Karten,  zugleich  deren  Erlftnta- 
mng:  3  beziehen  sicli  auf  West-Siliirien 
und  die  Kirgisenateppe,  .H  auf  Ust-Sibirien 
und  Turkestan,  die  loteten  4  dieoMi  einer 
allgemeinen  Übersicht  Asiens.  Die  Bn- 
briken  ergeben  zu  allen  (Jouverneroents 
den  Flächeninhalt  in  C^uadralwcrst;  die 
Bevölkerung  naeh  Zahl,  Geeebleeht,  Ab- 
stammung, Religion,  hierüber  Volksdichto 
und  Einwanderung  und  Verschickung; 
Landwirtschaft;  Viehstand,  Bergbau;  son- 
stige Beschäftigung  ähnlicher  Art;  In- 
dustrie; Handel ;  >^i  liulen   Die  allgemeinen 

I Tabellen  über  Anien   orientieren  zuerst 
Aber  die  selbsandigcu  Staaten,  dann  über 
'  die  Kulonialbesitzuugen ,  besonders  Ein- 

!uud  Ausfuhr  in  Millionen  Kübeln 
Karte  1  zeigt  die  Juli-  und  Junuar- 


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472 


Bacherbeipreehungen. 


Iiobann  das  Gebiet««  und  die  mitUeten  1 

Jahresniedersclililgo;  Karte  2  die  Juli-  und 
Januar-Isothermen,  wobei  in  2  Tönen  Kot 
das  Gebiet  mit  Jahrenteuiperatur  überO'C. 
von  d«m  unter  dieser  Temperatur  unter- 
Hcliiedeii  ist,  zugleich  die  Dauer  der  Ver- 
eisung der  sibirischen  Ströme;  Karte  3 
raftdit  den  Verrach,  die  Yolksdiehte  dar- 
suatellen  in  Fl&chenkolorit  und  mit  Siede- 
lungazeichen ;  Karte  i  zeij^t  das  Völker- 
gemisch de»  üobieta  iu  Fläcbenkolorit, 
wobei  aber  die  niMisGhe  und  tadichikiache 
H<  volkerungTorkeetaiia  durch  Punktatruk- 
tur  hervorgehoben  ist,  bo  daß  man  ein 
bild  des  Kulturverlaul's  erhüit;  Karte  6, 
6,  7  lind  wirtechaflegeograpbieobe  Karten, 
sie  Rcheiden  Wald  (i^riin)  von  Ackerland 
(rosa),  wobei  deutlich  j,'ezeigt  wird,  welches 
Gebiet  der  Taiga  abgerungen  worden  ist. 
Dorch  gewisse  Zeichen  werden  in  Zin- 
Qoberrtif  (Ii»'  Hrzeugnisse  de-^  HergLaus 
sehr  detailliert  angegeben;  blaue  Zeichen 
deuten  auf  Yerkehn-  und  Handelsge- 
legenheiteiif  wie  Schüfsstationen,  Börsen, 
Milrkte  uhw.;  brntinf  V)e/.ficlineii  Krtriig- 
nisse  der  Jagd,  dcB  Fiucüiaugs,  der  Vieh- 
snohk  uew.  Die  Karten  8—11  zeigen  die 
politischen  Verhältniss.' ,  ItesondiTs  Ost- 
Asiens  mit  ru-ssischt  ii  Kunsiilat»-ii,  chine- 
siacheu  und  japuuiächen  Freihäfen,  Kiaen- 
bahnen  u.  a.  Karte  IS  ist  eine  detaillierte 
Darstellung  des  wichtigsten  Wirtsohafto- 
gebietes  von  Kusisch-Asien,  von  Turkestan. 
Sie  zeigt  -l,  Ii.  die  Gebiet«  künstlicher 
Bew&SBemng  neben  denen  mit  nattlilieher 

!?t'tV'uc!itiing  u  ;i.  !?ri  «^'enauem  Studium 
^mit  Uilfe  eines  deutschen  Atlasses  sind 
die  niinadien  Namen  und  Bezeichnungen 
bald  entrifferti  wird  auch  der  deutBche 
Geograph  manches  aus  di'-'sem  Spezial- 
atlas  lernen  kuitnen;  besonders  unsere 
Wirtaebaftsgeographen,  die  im  Einselnen 
den  Atlas  prüfen  mögen,  seien  hierdurch 
auf  das  Werk  aufmerksam  gemacht  Der 
Atlas  ist  von  der  Firma  F.  A.  Marks, 
St  PetMNibiitg,  Gogolstr.  n,  für  etwa 
S^O  JL  au  beziehen,  doch  hat  mir  der 
Verfasser  das  Anerbieten  goniacht,  einige 
Exemplare  für  deutsche  lubeiessentea,  be- 
■onden  fOr  lolohe,  die  dea  Bmaieehen 
miuditir»  sind  und  das  Werk  in  seiner  An- 
lage und  Ausführung  zu  beepreeheu  ge- 
neigt, aur  Verfügung  zu  steUeo. 
Bantien  i/Sa.         Hana  Stabler. 

Loti,  Fierre.   Indien  (ohne  die  Eng- 


länder),   fiinaig  antori«.  OberMte. 

von  M.  Toussaint.    \TII  u.  406  S. 

Berlin  u  Leipzig,  Hüpeden  &  Menjn 

1906.  JL  4.—. 
Loti  hat  in  Kreox-  und  Querwegen 
Iiiflit'n  vom  Süden  Ceylons  bis  zum  Ganges 
durchwandert  und  der  Schilderer  der 
Qröfie  und  Schönheit  de«  Meerea,'  der 
Pracht  der  Tropenwelt,  der  Schrecken  der 
Wüste,  df*r  schillemdm  Eligpnart  fremder 
Völker  hat  auch  bei  dieser  Darstellung 
Indien«  auf  «einer  Platte  die  reidiaten 
Farben  gemischt.  In  den  einzelnen  Skia- 
zen  und  Bildern  (Loti  liebt  diese  Form 
der  Darstellung  überhaupt)  tritt  wieder 
sein  grofiea  Tiüent  hervor.  Wer  ktente 
stimmungsvoller  schildern  das  rote  Heer, 
die  stille  Größe  des  Urwaldes,  die  La- 
gunenfahrt au  der  Malabarküste ,  eine 
VoUmondnacht  in  den  verlaaaeiien  Pklftsten 
von  Ämber.  die  verfallene  Pracht  der  ehe- 
maligen Stadt  der  Diamanten,  Golconda, 
wer  eindruckavoller  die  Ritterbnigen  ra- 
dschputisc'lier  Fürsten,  die  geachnifiiCkte 
goldglänzende,  ihren  IL  rnscher  erwartende 
Hauptstadt  Uaiderabad,  ein  Tempelfest 
in  Madura  oder  Sri-Bangam?  Mit  Vor- 
liebe sucht  er  nächUiche  Wirkungen, 
die  schlafende  Ituinenriesenstadt  Ceylons, 
unterirdische  Heiligtümer  mit  ihren  phau- 
taatiaehen  Sktdptuten  bei  Fackellieht,  den 
Hondscheinglanz  in  verlassenen  I'al3äteii 
indischer  Maharadschas,  die  Dämmerung 
in  den  Korridoren  und  Säulenhallen  ge- 
waltiger Tempel  usw.  auf.  Durch  dift 
rnbestiiuTiitliint  wirkt  vx  mehr  auf  unser 
iOmptindeu,  unsere  Phantasie  und  versetzt 
unsere  Seele  in  at&rkere  Mitaohwingungen, 
als  wenn  er  alles  mit  klarer  Deutlichkeit 
und  (Jründlichkeit  behandelte.  Sein  Ruch 
ist  ebea  ein  Kunstwerk,  keine  wissen- 
«chaftliche  Leiatung;  wir  werden  ihm 
darum  auch  die  zahlreichen  Mißverständ- 
nisse und  Irrtümer  nicht  zu  hoch  anrech- 
nen. Sehr  sympathisch  berührt  uns,  wie 
«ehon  in  froheren  Werken  de«  Verfhaeera, 
sein  warmes  Gefühl  fQr  alles  Menschliche, 
sein  Heimatsgeföhl  in  dem  stillen  Pondi- 
cherry,  seine  tiefe  Teilnahme  au  den 
gianoihaftea  Leiden  der  MeiiMhen  in  dea 
Hungerdistrikten.  Nur  in  Einem  llAt  er 
uns  kalt:  da,  wo  er  sich  auf  den  Boden 
brahmauischer  Philosophie  begibt.  Er  sagt 
uns,  daß  er  nach  Indien  gehe,  „nidit 
mehr  wie  früher  zu  leichtfertiger  Tnter- 
haltung,  sondern  um  den  Frieden  su 


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Bücher  beiprechungeu. 


473 


niehan  bei  den  Hotern  arischor  Weisheit, 
■ie  zu  benohwören ,  <iiiß  «ie  ihm  in  Er- 
nmgeluug  dex  anausaprtichlicheu  christ- 
lichen Hoffnniig,  die  er  vwler,  wenigitem 
ihren  bo  viel  eniBteren  OlMiben  Ml  die 
unbegrenzt«  Fortdauer  der  Seele  geben 
möchten**.  Aber  wir  glauben  ihm  nicht 
recht,  daft  er  naclt  einer  „kurzen  Ein- 
führung von  nur  wenif^fii  Ta<reii  *'  bei 
einem  Uiudaphilosophen,  mit  dem  er  sich 
nur  mit  Hilfe  eines  Dolmetseben  unter* 
ludten  kanB,  Hohen  abstrakter  Er- 
kenntnis erstiegen  habe**.  Wir  zweifeln, 
oh  die  ^«LoslOeung  von  irdischen  Täu- 
■ebuBgen  bei  ihm  begonnen**  hftt,  ob  „rings 
um  ihn  alles  sein  Aussehen  zu  verändern 
beginnt,  das  ganze  liCbcn  und  aucli  der 
Tod",  wenn  er  dabei  allmorgendiich  lu 
den  Badeplitun  Ohrt  nnd  dort  „dm  ent> 

bl5ßteti  Ann,  die  groBen  dunklen,  so  un- 
beschrei blieb  verführerischen  Augen,  die 
schone  stolze  Küste,  die  reinen  Linien  der 
KOrperformen ,  die  ganze  Harmonie  des 
jungen  Leibes  der  luderinric  "  ^  f"A  undert. 
Er  selbst  spricht  beiuen  Zweilei  an  dauern- 
dem Vendcht  »m,  er  hnt  du  Qeftlhl,  dafi 
er  sich  wieder  dem  Leben  zuwenden  wird 
Wir  wollen  es  für  ihn  wünschen  und  huirm 
für  uns,  daß  er  uns  uucb  viele, nicbtdurcb  diu 
peNimiflieebe  Speknlntion  brahrnMiaeher 
Phüoaopbenscbulen  angekränkelte  Kunst- 
werke schenken  wird.  Emil  Schmidt. 

Haeckel,  ErnKt.    Wanderbilder.  Ser. 
I  u.  II.    Die  Naturwunder  der  Tropen- 
welt (lusulinde  und  Cerlon)  nach 
eigenen  Aquarellen  nnd  OlgenUden. 
(Lief.  1—8.)  Ger»-Untermhau.s,  Köh- 
ler VJOi>.  Prachtausg.  UK  80.—,  Schni- 
tt. V'olkaausg.  JL  24.—. 
Ana  dnn  reichen  Hcbatae  seiner  Reise- 
erfahmBgm  bietet  der  N'erfasser  hier  eine 
Reihe    persönlicher  Eindrücke,    wie  sie 
sich  uuiuum  Küustlerauge  darboten  und 
in  raschen  Pineeletricheo  festgehalten  wer- 
den konnten.   Die  Auswahl  der  Bilder  ist 
eine  sehr  glückliehe.    Es  kommen  sowohl 
die  kräftigen  vollen  Farbeutoue,  wie  sie 
den  Abenden  nnd  den  Morgenatnnden  der 
Tropen  eigen  sind,  zur  Darstellung,  wie 
die  Tersehiedensten  Abstufungen  des  Grün 
in  der  Vegetation,  die  sich  ebenfalls  nur 
innerhalb  der  Wendekreise   neben  und 
durch  einander  finden.    Die  munuigfal- 
tigen  Qebirgsformen  aus  dem  Hoclüande 
von  Ceylon  nnd  dem  vnlkaniaehen  Inra- 1 


linde  treten  von  dem  charakteristischen, 
zart  violetten  Dutt  umhüllt  klar  hervor, 
und  scharf  zeichnet  sich  die  vom  i'assat- 
winde  foitgefariebenelUMiehwolke  der  hohen 
Vulkangipfel  gegen  den  klaren  Himmel 
ab.  So  kann  man  aas  der  Durchsicht  der 
„Wanderbilder"  sehr  wohl  einen  allge- 
meinen Gesamteindruck  tropischer  Farben- 
pracht, Überfülle  iler  Vegetation  und  der 
großartigen  Gebirgsnator  der  betredendeu 
^idn  entnehmen,  wie  eine  anderweite 
Darstellung  sie  au  bieten  nicht  im  Stande 
sein  würde. 

Dagegen  liegt  es  nicht  in  der  Absicht 
deiKfin^Ien,  dUe  Ebselbeiten,  der  Vege- 
tation c.  B.,  mit  naturwissenschaftlicher 
Genauigkeit  wiederzugeV»en ;  die  Bilder 
wurden  zur  eigenen  Erinnerung,  nicht  zu 
pftdagogieeher  Benntrang  gemalt.  So 
wird  das  Auge  eines  Botanikers  in  man- 
cher Hinsicht  unbefriedigt  bleiben,  ja 
sich  durch  einige  Darstellungen  sehr 
befremdet  fühlen.  Da  ist  es  denn  gut, 
daß  in  den  Text  eine  ganse  Reihe  von 
VS' iedergaben  meist  wohl  käuflich  erwor- 
bener Photographien  aufgenommen  sind, 
die  sich  auf  einige  im  Texte  erwähnte 
P]in7,elheit^n  von  Landschaft,  Vegetation 
oder  lievOlkerung  beziehen,  wie  sie  in 
den  Aquarellen  nicht  nr  Dmtellung  ge- 
langen konnten. 

Ausstattung  der  Lieferungen  und  Wie- 
dergabe der  farbigen  wie  photographischeu 
Abbildungen  aind  in  jeder  Hinsieht  gat 
geinngen.  O.  Karsten. 

Bnrekhurity  CnrI.  Coupe  geologi- 

que  de  la  Cordill^ro  ontrc  Las 
Lajas  et  Curacautin.  (Annales  del 
Museo  de  La  Piata.    8ecci6n  geo- 
16giea  y  mineral6gica  HI.)  S4  Taf. 
La  Plata,  löoo. 
Die  wichtigsten   Ergebnisse  der  von 
liurckhardt  im  März  und  April  181(7 
im  Dienste  des  La  Plata- Museums  und 
der  argentinischen  Grenzkommission  unter- 
nommenen Studienreise  sind  schon  durch 
frühere  Veröffentlichungen  des  Verfassers 
(besondeis  sein  „Rapport  pr^liminaire** 
ete  in  „Revista  del  Museo  de  La  Plata", 
IX,  1898;  ausfOhrL  Keferat  von  Torn- 
quist  in  P.  M.  1899  L.  B.  nr.  897)  be- 
kannt geu  rd<  n    liier  erhalten  wir  eine 
niich    viel    Hiui|)tkaj>iteln ;  Stratigraphie 
und  Paläontologie,    Tektonik,  Geologie 
der   Eruptivgesteine   nnd  Oberflichen- 


SsliMlirifl.  laJstegSBff.  18M.  e.B«ft. 


88 


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474 


BtLeherbesprechangen. 


gtologie  geordnete,  durch  Einzelbeschrei- 
bnngen  vertiefte  und  durch  zahlreiche 
schöne  und  charakteristiBche  Tafeln  und 
Profile  illutrieite  ZiuanimenfiHmuig  der 
wissenBchartlichon  Ergebnisse.  Freilich 
sind  auch  jetzt  noch  einzelne  Teile  als 
provisorisch  zu  betrachten,  beaondera  der 
dritte  Abeehmtfc  wegen  Mangeb  der 
iiiikro-iiotrofjraphisohen  Untorsuchnng  der 
CjicBteine.  Der  Schwerpunkt  des  Werkes 
Hegt  in  den  Antföhnuigen  fiber  Btrati- 
graphie  und  Tektonik ;  geoniorphologischeu 
Prolilemen  konnte,  wie  B.  bemerkt,  nur 
geringe  Atttmerksamkeit  gewidmet  werden. 

Ttote  der  Iranen  Zeitdftoer  seiner  Beiee 
ist  es  B.  gelungen,  durch  einen  bis  dahin 
anch  topographisch  noch  wenig  bekannten 
Teil  der  Anden,  der  eine  Art  Üborgang»- 
aone  swisehen  den  mittkran  und  pAtago- 
nischen  Kordilleren  bildet,  »  in  (^eologifches 
Profil  zu  legen  und  HV'iiie  Kutwioklunge- 
geschichte  in  großen  Zü<,'eu  klarzustellen. 

Besonders  bemerkenswert  ht  der  Nach- 
weis einer  oberjiiraBKiHcIten  Festlands- 
pehode  mit  Faltungen  und  subaerischen 
Kroptionen.  Durch  die  sich 'in  Beginn 
deä  Malm  erhebenden  Faltt-nzüge  wurden 
Teile  dea  mitteljurassisclu  n  Meere»  iso- 
liert, in  denen  uich  nahe  der  Westküste 
dee  letsteran  die  porphyritischen  Konglo- 
merate bildeten,  die  heute  grofie  Teile 
der  Luu(iuitnay-Kette  weMtlich  des  oberen 
Bio-Bio  und  der  Piuu  Hachudo-Kette  öst- 
lidi  davon  niHunmeneelMo.  Anal<^ 
VerhältniHse  hat  R.  auch  weiter  nördli«  h, 
Kwischen  83"  und  3ti**  s.  Br.,  beobachtet. 
Auch  dort  läßt  sich  aus  der  Beschaffen- 
heit und Verteilungder  Sedimente  achließen, 
daß  das  amilm'  oberjnrasHisrhe  Meer  nach 
Weeten  von  einem  Kontinent  begrenzt 
war,  dessen  Kflste  in  den  westlichen 
Teilen  der  heutigen  Kordilleren  {.gelegen 
hüben  muß,  während  sich  in  der  (Jt  genil 
der  heutigen  öierras  am  Ostrande  des  au- 
dinen  Syetema  die  feineren  Sedimente  dee 
S^nanien  in  tieferen,  offenen  Meerei- 
teilen  niederschlugen. 

Die  letzthin  Schichten,  welche  an  der 
jfingsten  aadinra  Paltmig  teilganommen 
liabon,  siiwl  nach  noch  nicht  ganz  «icherer 
Bestimmung)  dem  unteren  Eoctln  ange- 
hörig; von  da  an  hat  diese  Faltung  nach 
B.  walirsüheinlich  bis  znm  Beiginn  der 
Glazialepocbf  ;ing«'<l:iueH 

Aua  den  allgemeinen  tektoniscben  Be- 
tcaobtungen  iit  noch  der  Naehweii  von 


zwei  sich  nngelUur  rechtwinklig  durch- 
kreuzenden Faltensystemen  hervorzuheben, 
die  hier  ebenso  wie  in  dem  Gebiet  zwischen 
U  *  nnd  S6  *  an  der  Bildung  der  Kocdillere 
beteiligt  sind.  Nur  im  Nordet»  von  Las 
Lajas  und  in  der  Umgebung  der  Flüsse 
Lonqnimay  und  Bio-Bio  fallen  die  nord- 
südlich gerichteten  Faltenzüge  mit  der 
meridionalen  Richtung  ilor  Kordilleren 
zusammen.  Die  Achse  der  Sierra  Vaca 
Mnerta  (am  Ostrande)  ist  NO— 8W  ge- 
richtet, die  Falten  derPino  Ilachado-Keite 
sind  sogar  echte  transversale  Falten,  von 
ü  nach  W  gerichtet. 

Da«  Kapitel  über  die  Empüvgeoteind 
behandelt  n.  a.  ein  intcrcsüantes  Auftreten 
kretacei«cher  oder  tcrtiilrer  (  iranite.  femer 
die  Porphyre  und  Porphyrite,  die  z.  T. 
an  der  Faltnng  der  umgebenden  ober- 
jnrasHiKcben  Sedimente  teilgenommen 
haben,  endlich  dio  Andesite.  und  Feld- 
spatbaealt«,  deren  Eruptionen  fQr  jünger 
als  die  letzte  Faltung  der  Anden  und  die 
Bildung  ihr  interandinen  Plateaus,  aVier 
lur  lUter  als  wenigstens  die  letste  Hälfte 
der  Glarialepoche  erklftrt  wird.  Leider 
i.-^t  die  interessante  Vulkanregion  am 
Wcptrandc  der  von  B  durchquerten  Zone 
nicht  mehr  in  seine  Studien  mit  einbe- 
zogen wordeo. 

Hin  im  Bau  des  untersuchten  Gebirgs- 
abschniltes  bi'8ond«-rH  aiilfnllendes  Element 
bilden  die  von  B.  so  genannten  „inter- 
andinen  nateane^  von  Lae  L^jas  md 
Alumiiii'.  die  sich  "j^tlich  bezw.  westlich 
Uli  ilii- Pino  ilachado-Kett«  anlagern.  Eut- 
^'t'gi  u  seiner  früher  geäußerten  Hypothese, 
daß  hier  zwei  mächtige  granitische  Massive 
der  (iebirgsfaltung  Widerstand  geleistet 
hätten,  neigt  B.  jetzt,  im  Hinblick  auf 
die  am  Ost-  tmd  Westrande  dee  Plateaus 
von  Las  Lajas  nachgewiesenen  Bruch- 
liniea,  zu  der  Ansicht,  daß  es  sich  hier 
um  große  Senkuugsfelder  handelt,  die 
eiet  während  oder  gleich  nach  der  letrten 
Faltongsperiode  der  Kordilleren  ent- 
standen. Sievers  hat  Cm  F.  M.  L.  B. 
lUuä  nr.  487)  schon  darauf  hingewiesen, 
daB  man  diese  Plateaus  wohl  ala  Teile 
'  eines  östlichen  Längsthalcs  der  Kor- 
dilleren aufzufassen  habe.  In  der  Tat 
Iftfit  sich  in  der  Östlichen  Hälfte  des 
andinen  Sjstemii  eine  Zone  breiter  Länge- 
'  depressionen,  die  besonder»  in  gewissen 
I  Teilen  Fatagooiens  den  Charakter  eines 
'  fortlaufenden  lAngttalee  annimmt,  et- 


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Bfieherbeapreehungen. 


475 


keanen.  Für  das  Plateau  von  Lau  L^jas 
tebeini  uns  d«r  Nachweis  «einer  Ent- 

«tebunfi^  als  Brachfeld  erbracht;  für  d^» 
von  Aluiiiiiii-  steht  dor  Hcw<>is  noch  aus. 
Höchstwuhrdchuiulich  siud  übrigeus  auch 
die  LftngatelbildaDgen  im  nittieren  ond 
nflrdlichen  Chile  b.T.  auf  denrtigttBnieh- 
fcJ  «Iz«  >  ti  o  n  zu  n'i  (•  k  7a  fil  Ii  ro  ti . 

lu  dem  Abschuitt  über  reccnto  Obor- 
fllcheiiTerttaderangen  verweilt  der  YerC 
besonders  bei  der  Krörtenmg  über  die 
Bildung  der  gegenwärtigen  Wasserscheide 
am  Arco-Paß.  Diese  erfolgte  nach  ihm 
dorch  HortlnenaafBchattang  eiszeitlicher 
(iletscher,  die  den  einst  nm-h  SSO  ztini 
atlantiscbeu  Gebiet  abtiielieuden  Bio-liio 
swangen,  seinen  Latif  nach  NNW  com 
Stillen  O/i'aii  zu  nehmen.  Mit  Recht 
scheint  B.  selbnt  dioscr  An-^icht  imr  hypo- 
thetischen Wert  bci^uwesseu,  sulange 
sie  nicht  doich  ein  lorgflUtif^  Studium 
der  Flttftteirassen  am  oberen  Bio-Bio  und 
ihrer  rerschiedenen  Niveau»  begründet 
werden  kann.  H.  Steffen 


Vacano,  Max  Juüef.  Buntes  Aller- 
lei aus  Argentinien.  Streiflichter 
•nfeioZukmiflsIud.  8098.  86Textb. 
iLlK.  Berlin,  D.  Reimer  1905.  JC  10.—. 

Nebf-n  dem  „bunten  Alb'rk'i"  von 
Jagdgeschichten,  abenteuerlichen  Berg- 
&hrtein  und  Streifzilgen  durch  die  Fiam- 
pas,  den  Grun  Chsco,  das  Misionos-Terri- 
torium  und  andere  mehr  oder  weniger 
entlegene  Tetle  der  La  Plata-Lünder  ent- 
hftlt  das  Bneh  (besonders  Kap.  XIY)  eine 
Menge  nützlicher  Angaben  über  die  in 
di'n  It't/.tt'ii  Jahren  mit  fast  beispielloser 
Geschwindigkeit  fortschreitende  wirt- 
schaftliche EntwioUang  Argentiniens.  Es 
wird  dabei  eine  lebhafte  Propaganda  für 
die  bisher  noch  sehr  im  Kilckstand  be- 
findliche germanische  Auswanderung  nach 
Argentinien  getrieben.  Dafi  groBe  Oe- 
bietsteile  diener  Republik,  -jx'/i-ll  die 
mittleren  Provinzen  und  Strecken  von 
Patagonien,  wegen  der  Torteile,  welche 
Boden,  Klima,  Leichtigkeit  des  Verkehrs 
n  a  bieten,  als  Ziel  für  dfutHclie  Avis- 
wanderer zu  empfehlen  sind,  kann  nicht 
heaweifelt  werden;  es  ist  aber  die  Frage, 
ob  die  Verhältnisse  Argentiniens  heute 
irpen<l  welche  Garantie  j.'e<,M'n  die  Gefahr 
leisten,  daß  die  dorthin  versetzten  deut- 
sdten  Kolonisten  als  VOlkerdflDger  in  dem 
grofien  internationalen  Eänwandererstrom 


verbraucht  weiden,  und  daß  damit  auch 
der  national-wirtedtaftlicfae  Zweck  einer 
solchen   Auswandemng   verloren  geht. 

Man  wird  gut  ton,  gftrenflber  einer  so 
uneingeschränkten  Anpreisung  Argen- 
tiniens als  „Zuknnftsland  germanischer 
Einwanderung",  wie  sie  in  diesem  Ruche 
mehrfach  nnd  mit  iin  gerechtfertigter 
lierabsetzuug  der  deutschen  Kolonisation 
Sfid-BraeOiens  so  leeen  ist,  die  Warnungen 
KU  beachten,  die  in  dieser  Beziehun«^  l  ^i 
den  Verhandlnngcn  des  Zweiten  Deut- 
schen Kolonialkongresses  von  Terschie- 
denen  Seiten  gehört  wurden.  Die  bei» 
gegt'licne  ("In-rHichtskarte,  web  !ie  auch 
fast  ganz  Chile  mit  umfaßt,  enthält  viele 
Unriehtigkeiten;  hier  sei  nur  enrilhnt, 
daß  e«  eine  von  Valparaiso  bis  Anto- 
fagasta  fortlaufende  Lilngsbahn  nicht 
gibt,  daß  der  Buenos  Aires-  und  San 
Ifortin-See  cum  stillen  ond  nicht  snm 
atlantischen  Ozean  abwiesem,  nnd  daft 
da«  Flußnetz  Patagoniens  sowie  der  Ver- 
lauf der  Grenze  gegen  Chile  vielfach  vor- 
xeichnet  isi  StOrend  wirken  aneh  die  cahl- 
losen  Fehler  in  den  «geographischen  Namen, 
die  wohl  durch  mangelhafte  Korrektur 
der  Karte  verschuldet  sind.  H.  Steffen. 

Kurze  Erwiderung  auf  Wullemauns 
Entgegnung.*) 

1  Wer  zahlreiche  Kandidaten  aus  den 
verschiedensten  Teilen  Deutschlands  in 
Brdkunde  pro  fac.  doc.  zu  prüfen  gehabt 
hat,  weiß,  daS  die  falsche  Aussprache  himib> 
laja  sojjar  di<'  am  weitesfen  bei  uns  ver- 
breitete ist.  Darum  dünkt  es  nützlich, 
in  einen  LeitfiMlen  fSr  Erdkunde,  der  dem 
Schüler  die  richtige  Aussprache  andeuten 
will,  hinialaja  zu  setzen 

2.  Daß  die  i'urtugiescu  das  Wort  T^jo 
mit  sch  ausspreehen,  habe  ich  in  meinen 
Schulbüchern  stets  mit  sch  bei  der  Zn- 
ffigun»^  der  Aussprache  ausgeil rückt,  nie 
mit  französischem  j,  weil  ich  deutsche  Aus- 
sprache mit  Buchstaben  im  deutschen  Laut- 
wert  anzugeben  pflege.  Daß  damit  ein  wei- 
cheres sch  genieint  ist,  so  gut  wie  in  Gi- 
ronde  u.dgl.,  hat  der  Lehrer  hinzuzufügen. 

8.  Es  bleibt  dabei,  daß  es  eine  Stadt 
Sini^apur  auf  Erden  nicht  gibt;  Singapore 
spriciit  der  Engländer  regelmäßig  singä- 
por  (oder,  wenn  man  durchaus  die  SchArfe 
des  .Vnlaute-  betonen  will,  ssingüpor  aus. 

4.  Der  Ben  Nevis  lautet  im  Mund  der 


•)  Heft  m  8.  410. 


99* 


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476 


BücherbetpreohiiBgen. 


Euglüudcr  gewöhulich  b^n  niwis.  Er  istje- 
dodi  oin  Mhottiieher  Berg,  und  dieSchotten 
nennen  ibn  bän  nuwis.  Reitdim  ich  das 
weiß,  laase  ich  meine  Schüler  eo  sprechen. 

6.  Liman  klingt  zwar  mehr  an  grie- 
cbiieh  Urnen  (Hafen)  »n  als  an  liione  (See), 
kann  aber  offenbar  nur  im  letzteren  Sinn 
im  Russische  iiberge^jangen  «ein,  denn 
trarnm  neunten  deuu  sonst  diu  Kusseu 
ihre  rein  bjnneattndieehen  Flaeheeen  Cie- 
kaukanens,  die  niemals  für  Hafen/.wecke 
gedient  haben  können,  Manytsch- Limane  y 

6.  Den  Namen  Gaurisankar  noch  heute 
nnaere  Schaler  sich  einprägen  ku  lassen, 
ivftre  eine  didaktische  Todsünde.  Denn 
man  soll  ihr  Gedächtnis  nie  mit  einem 
unafitcen  Namen  belasten,  am  wenigsten 
aber  mit  einem  grundfalschen.  Und  heute 
Winsen  wir  doch,  daß  es  auf  einem  bloßen 
Mißverständnis  beruhte,  wenn  die  £ng- 
1  Ander  bei  ihrer  HOhenmessung  des  von 
ihnen  Mount  Evereat  genannten  hOohsten 
HimalajagipfolK  <las  Wort  „(Jaurisankar" 
der  Eingeboreneu  aul  dieseu  bezogen, 
iriUirend  es  den  Namen  eines  gans  an- 
deren, weit  niedrigeren  Bergei^  liezeichnet, 
dessen  gleichfalls  mit  ewigem  Schnee  über- 
zogene (üipfelmasse  mit  der  hinter  ihr 
aufragenden  des  eigentlichen  Himal^ja- 
koiu'fjH  im  Landschaftsbild  völlig  ver- 
schmolz. Kein  Schüler  der  ganzen  Welt 
darf  mithin  dieses  Pseadonym  femer  im 
Mond  fuhren.  Herr  Wollemann  folgert 
nun  daraus  den  trostvollen  Satz:  ,,Nun, 
dann  auch  bloß  den  Montblanc  in  der 
Schnle  gelten  lassen,  fort  mit  allen  Namen 
der  übrigen  Alpenberger*  Schaler  wie 
Schülerinnen  weiden  einstimmig  froh- 
locken. Ä.  Kirchhoff. 

Bothang •  Umlauft .    S  c  h u  1  w  a  th I  k  a  1 1  e 
des  Erzherzogtums  österreieli 
nnler  der  Enns.  (Für  Hittelschnlen 
bearb.  von  Fr.  T'ni lauft.)  14<»cmx 
180  cm.    Wien.   Freytag  u  Heindt 
11106.   Auf  Lwd.  gesp.  in  Mappe  od. 
m.  St&ben  Kr.  20.—. 
Ein  neues  Unterrichtsmittel,  das  einen 
wesentlichen  Kortsohritt  :iucli  gegenübtT 
den    Schoberbcheu  Wandkarten  öster- 
reichischer Kxonl&nder  bedeutet.  Vor 
allem  ist  hervor/.uhpben ,   daß   die  He- 
handluiif?  des    IIügellan<le8    hinter  der 
des  Hochgebirges  iu  keiner  Weise  zurück- 
bleibt, olme  daB  jedoch  der  entschiedene 
Eindruck  der  graBeren  ErhebungsveifaAlt- 


[  nissc  des  letzteren  verloren  ginge.  Sehr 
Igut  ist  aneb  innechalb  der  iÜpen  die 

I  Verschi«  lit  iiheit  der  Formen  zum  Aus- 
druck j^'ebrachi;  die  zackigen  und  ecki- 
gen Kai kalpen ketten  und  Plateaus  heben 
sieh  dentlieh  Ton  den  sanileren,  rund- 
lichen Vorhöhen  ab.  Nicht  minder  ein- 
drucksvoll werden  die  Talsy^teme  be- 
handelt, welche  am  besteu  im  Bereich 
des  Granüplateans  gelungen  sind;  die 
Zerteilung  der  welligen  Iloc  bflache  duzch 
Eroiionsfurchen  kann  nicht  leicht  schOner 
Teranschaulicht  werden.  Die  Darstellung 
des  FluSnetzes  llftt  keinen  Wunsch  offen. 

Es  mag  ferner  erwähnt  sein,  daß  das 
topographische  Material,  die  Namen  usw. 
niehi  im  mindesten  störend  wirken;  in 
billigen  ist  die  Kennzeichnung  der  Bahn- 
strecken durch  schwarze  Linien  statt 
durch  rote,  ebenso  die  (im  Vergleich  zu 
Schober)  weniger  aufdringliche  Schreibung 
der  ürt«nameu;  der  Schüler  muß  andere 
Gedächtnifibilfen  zu  Rate  ziehen,  soll  er 
eine  geographische  Lokalität  suchen.  Das 
Stadtgebiet  von  Wien  ist  —  wohl  mit 
Rücksicht  auf  die  Wiener  Schulen,  wo 
Ruthaugs  II  and  karte  von  Niederöster- 
reich bereits  ziemlich  allgemein  in  Ge- 
brauch steht  —  eigens  rot  umrandet. 
Endlich  sei  auch  des  VerHUchee  gedacht, 
den  landschalUicheu  Charakter  desKarten- 
bildes  durch  blftuHcbeBinlhssttng  sn  heben, 
in  EriniH'tuii^  an  den  blauen  Luftkreis, 
der  den  Horizont  in  der  Natnr  umsäumt. 
Diese  Täuschung  gelingt  wohl  nur  mäßig, 
da  uns  schon  die  vier  Ecken  der  Karte 
die  Illusion  st^iren. 

Die  Farben  des  (teläudes  sind  in  der 
natürlichen  Keihenfolge  des  Spektrums 
▼erwendet:  Rot  und  Oiange  fttr  die  oberen, 
Colb  für  die  mittleren.  Grünblau  und 
Blaufjrün  für  die  imteren  Partien.  Diese 
Farben  siud  in  ihren  Übergangen  sorg- 
flUtig  abgetönt;  Schummerung  und  Sehic^- 
tenlinien  tragen  daxu  bei,  das  KöiTierliche 
der  Formen  zu  erhöhen.  Es  sei  betont, 
daß  die  hervorragende  Plastik  belRothaug- 
I  mlaufts  Karte  nicht  durch  eine  FarbeBr 
«kala  vom  Lichten  ins  Dunkle,  sondern 
durch  eine  wissenschaftlich  konsequente 
Auswahl  Tollkommen  gleichwertiger,  je- 
doch vor-  und  zurückspringender  Fkrbea 
erzielt  wird.  Dazu  tritt  ein  auch  von  an- 
deren Karten  her  bekaimter  blau-violetter 
Farbenton,  der  als  eigentlicher  Schatten 
des  aus  Nordwest  ein&llenden  Idehtes  die 


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Neoe  Bfieli«r  und  Karten. 


477 


BöschungsplMtik  der  Öüdostabhüage  iu 
flberaus  natnrgetmier  Weise  ftrdert. 

Für  ein  Land  wie  Nieder-Österrcich, 
da8  als  Stamm-  und  Kernland  der  huliBbur- 
gitKsben  Monarchie  eine  zentrale  istellung 
eumimnii,  ist  w  von  Vorteil,  wenn  die 
kartograpbische  Darstellung  nicht  an  den 
Ijaiideggrenzcn  abbricht;  wir  sehen  deshalb 
mit  Befriedigung,  daß  auf  der  in  Kede 
ttehenden  Wandkarte  betrlehtliehe  Tefle 
der  Nachbarlilnder  noch  Raum  gefunden 
haben,  besonders  im  W  und  S.  Hie  V»eherr- 
•cheude  Position  Wiens  innerhalb  der  drei 
Qelnf|;aqriiteme  kommt  so  besser  zur  6el- 
timg.  Die  Randgebiet«'  brauchen  abcrniclit 
weniger  sorgfältig  behandelt  zu  werden;  es 
fehlen  hier  nenehe  Kleinigkeiten,  x.B.  die 
alt«  Dnnaubrflcke  in  Linz-Urfahr,  das  stei- 
rischc  Endstück  der  zukünftigen  Wecbscl- 
bahn  (bei  Friedberg)  u.  dgl.  Die  Breitenau- 
gabe reehte47*86'(«tatt47«80^}istveEdrackt. 

Alles  in  allem  ist  Rothaug- Uralaufts 
neue  Wandkarte  von  Nieder-Österreich  ein 
vortreffliches  Werk,  dem  auch  für  die 
Übrigen  Provinaen  der  Monarehie  baldigst 
ebenbürtige  Nachfolger  zu  wfinschen  wären. 

Georg  A.  Lukas. 


Schulwandkarte  der  politischen 
Besirke  Melk  und  Scheibbe. 
Hafatab  1:60000.    Wien,  Frejtag 

i<'  Berndt  lOOfi. 
Wir  haben  es  hier  mit  einer  der  besten 
Sehulwaadkarten  fiBr  kleiner»  Besirke,  die 
dem  Unterricht  in  der  Heimat«kunde  zu 
dienen  haben,  zu  tun.    Als  Vorbild  hat 
offenbar   die  Kümmerlysche  Karte  der 
Sehweis  gedient,  nnd  weim  dieses  Vor> 
bild  auch  nicht  völlig  erreicht  ist,  so  ist 
es  dem  Verf  doch  gelungen ,  durch  Ver- 
I  bindung  von  Isohypsen  (von  60  zu  60  m) 
I  mit  Tezschiedenen  Farbtönen  (blinlich- 
'  grün  für  die  Ebene,  gelb  und  braun  für 
'  das  Gebirge)  and  schiefer  Beleuchtung 
ein  anfieroidentUeh  plastiscbes  Bild  her- 
vorzubringen, das  doch  sn  keinen  falschen 
Vorstellungen  Veranlassung  j^oben  kann, 
wie  daä  so  häufig  bei  Karten  mit  schiefer 
Beleaehtnng  der  Fall  ist.    Wir  kOnnen 
den  Schulen  des  behandelten  Gebietes  an 
einer  solchen  Heiniatkarte  aufrichtig  Glück 
wünschen.   Gerade  der  Anfangsunterricht 
i  wird  dnieh  eine  soldi  trelTliche  Darstellnng 
I  auBerordeutlidi  gewinnen. 
[  B.  Langenbeck. 


Keie  BILeher 

lllfemriiirii.  I 
Geographisches  Jahrbuch.  XXVm. 
Bd.,  1906.  2.  kleinere  Hälfte.  Hrsg. 
fon  Hermann  Wagner.  Vorwort.  — 
Systemat.  Inhaltsverzeichnis  zum  letzten 
Bericbtezjklus  (IX  S.).  —  Schering: 
Bericht  über  die  Fortsohritte  unserer 
Kenntnisse  vom  Magnetismus  der  Erde 
(VI,  1899— 190n  (S  2'.»1— 37'2y  —  Mar- 
cuse:  Die  methodischen  Fortschritte 
der  geographischen,  geodfttischen,  nau- 
tischen und  aeronautischen  Ortsbestim- 
mung (373—432).  —  Wagner:  Die 
Lehrstähle  und  Dozenten  der  Geogra- 
phie  an  enropftisehen  and  anBereoiopft- 
ischen  Hochschulen  1906  (433—440).— 
Personennamen  -  Register  (441  —  4A6). 
Ootha,  J.  Perthes  1906.   JC  6.—. 

AUgMMto«  vkfslselw  aMfrsykl«. 

Gugenhan,  M.  Die  Vergletscherung  der 
Knie  von  Pol  zu  Toi  200  S  154  .\bb. 
Berlin,    Friedl&nder   6i    Sohn  19UÖ. 

Internationale    Ansstellnng  fflr 


and  Karten. 

Meereskunde  und  Seefischerei  in 
Marseille  1906.  Anitliclier  Führer  durch 
die  deutsche  Abteilung.  24  S. 
1  Taf.  Beriin,  Betehedmckerei  1006. 
^'egetationsbilder,  hrsg.  von  O.  Kar- 
sten und  H.  Schenck.  III.  R.  H.  1 
u.  8.  Johs.  Schmidt:  Vegetations- 
typen  von  der  Insel  Koh  Chang  im 
Meerbusen  von  Siam  Taf  37-  48. 
Jt%.—.  IV.  R.  U.  1.  Ule,  E.:  Ameisen- 
päansen  des  AmaaonMgebietes.  Tef.  1— 
6.  UK  4.—.  Jena,  Fischer  1906. 

Alli^rnielne  Groirraphir  dm  MpiiKrhpn. 

Biasutti,  Ren.  Situazioue  o  spazio 
delle  Prorinde  Antropologiche  nel 
mondo  Antico.  XII  n.  00  8.  Florens, 
Seeben  1906. 

DoTe,  K.  Die  angelsächsischen  Riesen- 
reiehe.  Eine  wixtschaftsgeographisohe 
Untersuchung  I.  Das  britische  Welt- 
reich. 96  S.  Jena,  Costenoble  1906. 
JC  2.60. 

Schmidt,  H.  0.  Geschichte  des  Welt- 
handeb.  («Aus  Natur  nnd  Geisteswelt*'. 


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478 


Nene  Bfieher  «nd  Karten. 


Bd.  U8.)  14U  S.  Leipzig,  Teubuer  1U06. 

JH  1.86. 

ItoataeliUBd  und  Xarhbartiaticr. 
Nauticufl.    Jahrbuch   für  Do\itst'hlarniH 

8eeiQtc>reM«u.  VIII.  Jahrg.  11)06.  X  a. 

628  8.   18  TBf.,  60  SkiaBon  n.  1  K. 

Berlin,  Mittler  &  Sohn  1906.  M.  5.60. 
Kaiserliche  Marine.  Deutsche  Soe- 

warte.    Monatskarte  für  deu  Dord- 

•tlentitohen  Oseeo.  Jahig.  YL  Nr.  8. 

Ausist  1906.    Hambnxg,  Eokerdt  k 

Meßtorff.  —.7-). 
Hellmann,  G.  Die  Niederschläge  in  den 

Norddentechen  Stromgebietaa.  8  Bde. 

L  Bd.  V  u.  .38C.  f  139  S.  48  Textfig., 

8  Ten  u.  1  K.  U.  Hd.  Tabellen  I.  VII 

n.  789  8.  m.  Bd.  Tab.  U.  VII  u.  872  S. 

Berlin,    D.   Reimer  (Toheen)  1906. 

Jt  fio  — . 

Heimatkunde  des  Saalkreisea,  ein- 
•chlieBIieh  des  StodtkreiMS  Halle  und 
des  Hansfeldcr  Seekreisee.  Hng.  nnier 
Mitwirk,  zahlr.  Faehmünner  von  W.T'le. 
Lief.  1  u.  2.  8.  1  —  160.  Textabb.  a. 
1  K.  Halle  a.  8. ,  Bnehhandlnng  des 
WaisenhanMf  1906.  Etwa  6  Lief,  m  je 
2  — . 

Uetrecht,   Erich     Die  Ablation  der 
Bbooe  in  ihrem  WaUiserEinsagtgebi^ 

im  Jahre  1904/05.  (Iknirr  Diss.)  66  8. 
4  Taf.  Abb.  u.  Diagr.    Bern  1906. 
Ckrig««  £aro|»a. 
Geographischer  Jahresbericht  aus 

Astorreich.  Red.  von  Alfrrd  <irund 
u.  Fritz  Macha6ek.  IV.  Jahrg.  (In 
VerivindQng  mit  dem  Bericht  Uber  das 

XXIX.  u.  XXX.  Verein^ahr  (1902/3  u. 
190.S  1)  (THtattet  vom  Vfroino  iler 
Cieugruphen  a.  d.  Univers,  in  Wien. 
Sieger:  Zar  Erinnerung  an  Wilhelm 
Hein.  XXVII  8.)  Penck:  Vorwort 
iS.  1 — Kl.  —  Lucerna:  (iletscherspuren 
in  deu  Steiner  Alpen  (9 — 74.  10  Abb., 

1  K.).  —  Krebs,  Nortwrt:  Verbogene 
VerebnungsfläcliPii   in  Istrien  (76 — 85. 

2  Abb.).  —  Brust:  Die  Exkursion  des 
googr.  Inst,  der  Wiener  Uuivers.  ins 
Österreich.  Alpenvodand  und  Oonantal 
CPfinsFten  1903)  1 86-^11«"  ^  Krebs: 
Die  landeskundliche  Literatur  der  üater- 
reichiflchen  Karstländer  in  den  Jahren 
1897  —  1904  (119—148).  —  HanHÜck: 
Die  landcsktnuiliche  Literatur  vfiu  Sclilc- 
sien,  Galizieu  und  der  Bukowina  in  deu 
Jahren  1897—1904  (149—168).  Wien, 
Deutioke  1906. 


G.  Frejtags  Generalkarte  von  Nieder- 
östeireich.  Hafistab  1:860000.  Mit 
alphabetischem  Ortsverzeichnisse  (33  8.)» 
Ausgabe  mit  politischer  Einteilung; 
Ausgabe  mit  Texrain.  Wien,  Freytag 
ftBemdt.  Je  JTr.l.— ;aQfLwd.  JTr.O.— . 

Vujewio.  Paul.  Die  Tbeift.  Eine  pota- 
m(>loi,n«che  Studie  76  S.  f,.neof^.  Abb." 
Bd.  VII.  U.  4.)  18  Textabb.  u.  S  Taf. 
Leipzig,  Tenbimr  1906.   JL  4.—. 

Ncufeld-Manchen,  C.A.  —  Pojman, 
J.  Ilhistriortcr  Führer  ilnn-b  Bosnien 
und  ilie  Herzegowina.  (Hartlebens  III. 
Fflhrer  Nr.  66.)  Vm  n.  180  8.  48  Abb. 
u.  1  K.  8.  Anfl.  Wien,  Hartleben  1907. 

von  Tornau,  Nikolaus.  Kulturgeogn^ 
phischer  Atlas  von  Sibirien  und  Tur- 
kestan.  (Vaterlandsknnde  Rußlands. 
2.  Tl.)  10  Tabellen,  12  Taf.  K.  (Eus- 
BiKch^  St.  Petonbnrg,  Marks  1906. 
JL  3.60. 

fltWsrt  Ifiii««». 

Heilborn,  A.  Die  deutschen  Kolonien 
(Laad  and  Leute).  Zehn  Vorlesungen. 
(„Ans  Natur  und  (Jeisteswclt"  Hd  9H  ) 
168  S.  Viele  TexUbb.  u.  K.  Leipzig, 
Teubner  1906.  JL  1.86. 


Doflein,  F.  Ostieienfahit.  Brlebnisce 

und  Beobachtungen  eines  Naturforschers 
in  China,  Japan  und  Ceylon.  XQI  u. 
511  S.  Zahlieiche  Abb.  im  Text  n.  auf 
18  Taf.,  4  K.  Leipsig,  Teubner  1906. 

i;; 

Nüti,  8.  Das  Fürstentum  äardhana.  iie- 
schicbte  eines  dentschen  Abenteurers 
und  einer  indisdien  Herrscherin.  V  u. 
145  S.  12  Abb.  XX.  1  K.  Fxeibnzg,  Her- 
der lyuü.    ./^  2  50. 

Nord-  and  MlttelMuterlka. 

George,  PauL  Mv^  heutige  Mexiko  und 
seine  Kulturfortschritte.  138  8.  34  Taf. 
Jena,  Fischer  1906.  JL  6.~. 

OssfrsffclMliMr  VatSffrMt. 

Weighardt,  E.  Leitfaden  Ar  den  geo- 

graphiHchen  Unterricht  in  der  untersten 
I  Klasse  höherer  Lehraustalten  (VI.  od. 
I  VII.  Kl.  d.  Höh.  Midehensehnlen)  nebil 
einigen  Bemorknngi'u  zur  Methodik  des 
Geographie- Unterrichts  aller  Klassen. 
(Beil.  z.  Progr.  d.  Höh.  Mädchenschule 
mit  Bealscholabt.  in  Maanheim.)  87  8. 
Mannheim,  1906. 


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ZeitiehriftenBchaa. 


479 


Zeitsehrifteiisehu. 


PetmrmammMitMhiiii^.  1906.  6.  Heft. 

van  der  Bürgt:  Von  Mwansa  nach 
Uschirombo,  1903.  —  Busch:  ChewHurien 
aud  'LuBcbetien.  —  Stange:  Die  IMor- 
ichang  cler  MagellaattnBe.  —  Nen- 
mann:  DeutschLmsLs  mittlere  Jahres-, 
Januar-,  April-,  Juli-  und  Oktober- Tem- 
peraturen. —  Qerland:  Das  seismolugi- 
Mhe  Zentnübazean  in  SiraSbwg  i.  E.  — 
Brill:  Steinstürze  bei  Wetzlar. 

Ghbm.  89.  Bd.  Nr.  22.  Norden- 
flkjöld:  Der  Doppeladler  als  Ornament 
auf  Ayniarageweben.  —  Fuchs:  Die 
Waeserfälle  der  Btn.  —  Haberl  in: 
üuidelsteine.  —  Weißenberg:  Authropo- 
metntehfl  Prinripien  und  MetiiodeiL  — 
Seidel:  Koloniale  Streitfragen  über  Samoa. 

Dass.  Nr.  23.  Hetlinger:  Das  wirk- 
liche Ende  der  Nephritfxage.  —  Dau  Volk 
der  Tanala.  —  Jaeger:  Der  Selilienee. 

—  Mehlis:  Aiehlok^seiie  Foxieknngen 
in  der  Pfalz. 

Dass,  Nr.  24.  Koch-Grünberg: 
&eat  und  qner  doreh  Nordweefebxasilien. 

—  Zur  Volkskunde  der  achwedischeu 
Bauern  im  Mittelalter.  —  Die  russische 
Expedition  nach  dem  Jeuittsei  1906.  — 
l'lanert:  Eine  vergleichende  Chrammatik 
der  Rantusiirachen.  —  Prowe:  Vdlas 
Reliefkarte  von  Guatemala. 

Dum».  90.  Bd.  Nr.  1.  Sapper:  Tene- 
rife.  —  Koch -Grünberg:  Kreuz  und 
quer  dur<  Ii  Nordwcstliraailien.  —  Kr  il- 
mer: Anthropologische  Notisen  über  die 
BevOUcerong  von  Siena  Leone.  —  Ger- 
land: Das  Zentralbureau  der  internatio- 
nalen seismolofrisrhcn  A^^HOziation.  — 
Singer:  Wellmans  Fularlahrt. 

Dan.  Nr.  9.  v.  Bfllow:  Die  Tulka- 
nische  Tätigkeit  auf  Savaii.  —  Maurnr: 
Israelitisches  Asylrecht.  ~  Beck:  Zum 
Tafelberg  und  Drakenstein.  —  Mariin: 
Zur  Frage  der  anthropometrilchen  Prin- 
zipien und  Mctlioden. 

.  JJeutsctie  Jiundschau  für  Geographie 
mul Slaiigtik.  SS.Jhrg.  lO.Heft.  Fiecher: 
Der  Isthmus  von  Panama.  —  Krebs: 
Stauli-,  Vilbel-  und  Inscktentransjiorte 
ilurch  Luftatrömungen  aus  der  weatiichen 
Sahara.  —  Dietrich:  BeiBeeindracke  ana 
Belgien  und  Nordfitankreich.  —  Jüttner: 
Fort-^^chrittc  di-r  f^'^opraphischen  Forachun- 
gea  und  Reisen  in  Europa,  lUUö. 


Meteorohgitehe  ZeiUdtrifl.  1906.  Nr.  6. 

Margulos:  Über  die  Änderung  des  Ter> 
tikalnn  Temperaturgef alles  durch  Ziisam- 
meudrückuug  oder  Ausbreitung  einer  Lufb- 
maaee.  —  Nimführ;  Über  die  reale  Bii- 
Stenz  der  isothermen  Zone  in  10  bis 
12  km  Ifolie  —  Kachler:  über  einige 
Zerstreuuugu-  und  IktdeulufUiiessungen  in 
Kiel  Herbei  1906.  —  Hann:  Klima  von 
St.  (jertrud  im  Suldental. 

Zeitschrift  für  Sdiulgeoffraphie.  1906. 
9.  Heft.  Hetosohek:  Tafelzeichnen  im 
Unterricht.  —  t.  Schwarzleitner;  Die 
geographi.xchen  Namen  in  der  deutsdipn 
Schule  ÜBterreichs.  —  Mayer:  Von  den 
niederOsteneieluBchen  Landeebahnen.  — 
Gorge:  Korea. 

Dojis.  10.  Hi'ft  V  Seil  w ar/.  1  ei tner: 
Die  geographischen  Namen  in  der  deut- 
■ehen  Sdiule  Oflterreicha.  —  Bieek:  Epi- 
theta geographica.  —  Bornholm.  — 
Braun:  Die  landeskundliche  Literatur 
über  Norwegen.  —  Fehlinger:  Der  Ein- 
fluß geogiaphiicher  Faktoten  anf  die  Be- 
siedelungH  verhält  Iii  ^jJi-  Indiens. 

Gtograpftiacher  Aiueiger.  19ü0.  ü.  HefL 
Arldt:  Die  Grenzen  der  Kontinente.  — 
Schlüter:  Die  Siedelnngsgeographie  ala 
Arbeitsfeld  dt  r  Krdktindelelirer 

ZeiUchhft  fiir  Kolonuilyolilik,  -recht 
und  -wirtBdMft.  1906.  6.  Heft.  v.  Hoff- 
mann: Das  deutsche  Kolonial-Oewerbe- 
recht.  —  Hübner:  Zur  Hebung  der  Kul- 
tur von  Marokko.  —  Schütze:  Die  Er- 
edilieftang  nneerer  afrikaniechen  Kolonien. 

Zeitadtrifl  der  Gesellschaft  für  Erd- 
kunde" :h  Berlin.  1U06.  Nr.fi.  Burchardt: 
Olt-Arubieu  von  Basra  bis  Maskat.  — 
Arldt;  FaralleEimna  der  Inielketten 
Ozeaniens.  —  Das  In:jtitut  und  Museum 
für  Meereskunde  an  der  UniTerHitüt  Ber- 
lin. —  Dr.  Tafele  weitere  Reisen  in 
Nord-China. 

Deutsch*'  Geographisch'  Jiliftir.  XXIX. 
U.  2  u.  3.  19Uti.  Gast:  Die  Entwicklung 
der  Yerkehrswege  de*  anttralieehen  Kon- 
tinents (1  K.).  Egerer:  Die  E^twiek- 
lung  der  städtischen  FezsonenTerkehxs- 
mittel. 

Mitte&ungen  der  k.  k.  Geographia^hen 

Gesellschaft  in  Wien.   19UG.   Nr.  5.  Ma- 
rek: Ktluard  Richters  Leben  und  Wirken. 
La  Geographie.    1906.    No.  6.  Lap- 


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480 


Zeitichriftensohaa. 


parent:  Lea  t'poques  glMialns  dam  le 

inaasiif  alpin  et  1a  rpgion  pyr»^n«?enne.  — 
Petterssou:  L'Atlautique,  mer  inex- 
plorto.  —  Jacob;  Rapport  pr^liminaira 
mr  Im  tfavanx  glaciaireH  en  Dauphini' 
1 905  —  y  i  1  a  1 1 0 :  De  OnargU  ao  Tidikelt 
et  TOra  Tombuuctua. 

TheOeojfraphieäiJmintaS.  190$.  Ko.l. 
Goldi:  AdrcsB  to  the  Society.  —  Maun- 
aell:  The  Rhodope  üalkanB.  —  Tarr 
and  Martin:  Kecent  Change  of  Level  in 
Alaska.  —  Babrentt  The  Snow  peak«  of 
Ruwenzori  —  Trevor:  The  Physical 
Features  of  the  Transvaal.  —  Field: 
Admiral^  Smn/ejn  dtiring  1906. 

The  Scottidt  Gengraphictil  Magazine. 
1906.  Ko.  7.  Elliot:  Throu^h  Uguuda 
and  down  the  Nile.  —  Murray  and 
Pnllar:  Bathjmetrical  Svrvey.  — -  Bi- 
chard »on:  Notes  on  a  Receut  Visit  in 
Malta.  --  Bruce:  The  Axea  of  Unknown 
Antarctic  Kegions. 

The  NatiomU  Oeo§rapkie  MoffaMin*. 
1906.  No.  6.  Harris:  Cotidal  Lines  for 
the  World.  —  Cobb:  Where  the  Wind 
does  the  Work.  —  Jaggar:  The  Erup- 
tion of  MiTesoriui.  -  Williamf:  Tbe 
Diamont  Minei  of  Sonth  Africa. 

Aus  Tertdiledenett  Zeltsohrirten. 

A iidersson .  n  n nn  !i  r:  Die  Kntwioklungs- 
gescbichte  der  skaudinaviachen  Flora 
(SO  Tntabb.).  lU».  eeient.  du  Ckmgres 
intemat.  de  Bot.  Wien  1!H)5. 

Biuger:  Die  Vt'L'«'<;ition  bei  Port  Stan- 
ley auf  den  >  ulklundsiuselu  (1  Fig.  u. 
9  Taf.).  Engten  Bot.  JeMOdm, 
39.  Bd.  2.  H.  19011. 

Bruce:  KeiK>rt  on  the  Work  of  the  Scot- 
titih  National  Antarctic  Expedition 
(8  T^.,  1  K.).  BfÜ.  AMiOC.,  Sect.  E, 
Cnwhridge,  Aug. 'J3,  /.'"'/. 

Gütz:  Für  das  Beharren  der  Wirtschafts- 
geographie auf  ibnm  Boden,  (kterrtidi. 
Z.  f.  d.  kauftnätm.  ünterriMeißeeen. 
II.  .Iiüir;f.  .s.  H. 

Greiui:  Schätzung  der  mittleren  Nieder- 
schlagshOhe  nnd  NiedencUagsrerbftlt- 


nisse  im  Großherzogtura  Hessen  im 
.Tahre  1U04.  Noti:bl  d.  Yrr.  f.  Erdkde. 
u.  d.  gr.  geol.  L.-A.  zu  Darmsladt. 
IV.  F.  JSr.  Se.  (Mitt,  o.  d.  gr.  Hydn- 
graph.  Bureau.) 
Ders.:  Studien  aus  dem  Parnaun  Tl. 
Der  JamUlferner  bis  1897  (1  Taf.). 
Oerlmtde  Beür.  t.  Oeophfe.  Bd.  VII J. 
H.  1. 

(Jünther:  Kiu  kulturhistorischer  Beitrag 

zur  Erdbebenlehre.  Mitt.  d.  Geogr.  Ges. 

in  Münchm.  Bd.  L  4.  JT.  1906. 
Häberle:  Wie  nehmen  unsere  Höhen  ab? 

Pfäieische  Heimatkunde.   No.  7.  JuU 

1906. 

von  Knebel:  Studien  in  den  Thormen- 
gebieten Islands.  Nutunriss.  Mundeduu». 

Jahrg.  XXJ,  1906.  Nr.  LI. 
Ders.:  Zw  Frage  der  dflnvialen  Ysir- 

gletscherongSB  auf  der  Insel  Island. 

'Entgegnung    an    H»'lgi  Pjetursson.) 

ZtntraUd.  /.  Mutrral.,  Geol.  u.  Füiä- 

outot.  Jahrg.  1906.  Nr.  8.  (8.992—297), 
Lampe:    Der   erdkundliehe  Unterricht. 

llandbuch  f.  Lehrer  höherer  Si^hulen. 
Lugeou  u.   Argaud:   Sur  de  grauds 

phönomtoes  de  ebairiage  en  Sieile. 

C.  B.  f.  rXLir  Paris.  l'V  ntr.  19()fJ. 
Dies.:  8ur  la  graude  nappe  de  recouvre- 

ment  de  la  Siefle.  Ebda.  90.  mr.  1906. 
Dies.:  La  racine  de  la  nappe  sieilienne 

et  l'arc  de  charriage  de  la  Calabie. 

Ebda.  14.  Mai  1900. 
Meinardns:  Periodisehe  Sebwaakungen 

der  Eistrifk  auf  Isluiul  »5  Taf).  Ann. 

d.  Ilifilrogr.  u.  Marit.  Mrtrmol.  l'Mit!. 
Meydenbauer:  Gibt  es  liüiiiruuuie  im 

Exdinnera?  Himma  wnd  Erde.  VI1I.9, 

Jum  1906. 
1)  ers. :  Kohle,  JüUi  und  Petroleum  (4  Fig.). 

Ebda. 

Pas  sarge:  Zum  Gedächtnis  Ferdinand 
von  Richthofens.  .Taltrcsber.  d.  'Sddee. 
Gen.  /.  vaUrl.  Kultur.  1905. 

Pndor:  Von  den  FtoOer.  iSrinmiel  und 
Erde.  VIII.  9.  Juni  1906. 

Hegel:  Die  Erforschung  des  Südpolar- 
gebiettis  (viele  Abb.,  1  K.).  Wester- 
manne HL  MonaUhefte.  Juli  1906. 


YMUtvorakihsr  Hsimaagubsr:  Vtot.  Dr.  Alfrs4  Hsltasr  ta  BMMMig 


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Vcrlnii  Mm  15.  H.  Tt'uhiior  in  Leipzii»*. 


Philippgon,  Dr.  Alfred,  Professor  aa  «Icr  Univorsitilt  Uonn,  tlas  M  ^tt.olmeer}fel>it• 
'    i  be  inid  kulturell»,'  Kif^eiiart.  Mity  Ki^^uren  im  Tftxt,  13  A        •  n  uiul  lu  uuiieii 
.  .  In.    [Vlll  u  -itli;  S.J  ^ir.  8.    Iit04.  >;oh.  n.       6.— ,  iu  gob.  u  7 

  rificchenlaud   und   seine  Stellung  im  Orient.     Mit  iMncr  Kartr 

< iri»»t  ht'iilan<l.    (Si»nilerul)ilnii'k  aus  dor  (ico^rmplilHi-hen  Zeittciirill,  bei 
A,  Ihttucr.    III.  .I;ibr<,'au^.  4    llcrt.     |44  S.  |    gr.  s.    ihU7.    yreh.  n. 

^.'olilr,  l'r  M.,  ^iroküm  in  Arnnffurt  a.  'Sl,  Die  (fntwid Uiiip  bce  iieui|duMi  läöivtjiliaft  • 
lcl'cni>  iiH  l'.t.  JolirlMintcrt.  fvünf  'iioriniflc.  |Vlii  13'JS.|  8.  1W4.  flclf.  n.  i 

in  i.'cinn'  iiol».  n.  .«t  l . -*r> 

iHat^Rrn,  Dr  k.,  ^)>rofeüi)r  an  bct  Uniucrfitiit  .iicitclberfl,  bic  ,"\a^ancr  unb  iljrc  virfMini! 

lid)c  1? ntiuidlunfl.  f  Vlll  u.  UQ  S.j  «•  rJO.».  flelj  a.  H  l.—,  in  ilcimu.  gel» 
Rolirbach.  Dr  P..  vom  KntikasuH  zum  M  i  1 1  »•!  mt'H  r.    Kin<>  lloch/eits-  und 

dun  b  Arm«'riifM.    Mit  4L>  'IVxtabliililun;,'i'n     |  VII!  u.  -J-Jl  S.|    ^r.  «     lini..       .  , 

.tf.  f»  — ,  in  Leinw.  f»eli.  n.       6. — 

Rage,  Dr  Sophna,  weil.  Professor  in  lires<lL'n,  toi>o^ru]»biKche  Studien  zu  den 
IKirtu^iosiHchi'ii  Kntdocknnpoii  au  den  Küsti«n  Afrikas.  I.  Mit  I  Kurttv 
[110  iS.)    Lex.-«.    1Ü03.    i^e.li.  n.  .M.  3  60. 

2d)fincr,  Pr.  3.,  i^rofifor  in  ''IJotvbam,  bct  ^l^nu  be-?  aydtall'JJ.  "i'at  Aol)Ircifl)cn  VlbbilbnntVMi 

[IV  u.  142  e.j    H.    1IM>1.    gel),  n.       1—  in  l'cinu».  .^cb.  n.  l.'lb. 
Zä^mibt,  l»i    a».  W.,  Cbcrlebrcr  in  l'iiuburfl  iv  \!  ,  Wo|d)i(t)to  beä  Sitcl iljanbc  1 . 

II.  140  2  I   t<     r.'<tt;    ,^cl)  n.  .KT.  1.—,  in  ifeinw.  flch  •» 
Schulze,  B.,  ' icnf^ralui 'jor  und  ('lief  der  T<jjio^raphis(:lu*n  .Aldeilunff  ilcr  Landesuufnuliuji'  in 
<  ii<iß|irli(<Tl"f'!d<',  ihiH  III  i  Ii  t  i'iri     In'  Autii-  '  ■      '        -li'p'r  nerü' '  ' 

il(!r  Arheitoii  dor  Kiiuij;!.  l'reuü.  Landoi^aui  -  n  Notizen  1. 

•;nirniuL>trie  und  Cibi>r  die  to]>o(rraphif(chen  Arlieit<'U  Deutschland  benachbarter 
V  '  Ii  den  auf  diT  K«"mi^l.  Krie|Tsakadeniio  j;ohalton»'u  Vurträgen  licarboitet.    .Wil  isj 
.    .ialil.ilduii;rL'u     |.\lll  u  ti.\    kt-  «•    iy<»3     In  Leiuw.  >,'ob  n.  .fC  8.  - 

Schopmann.  L.,  Profeasor  an  d«'r  t<^chniseh«rn  Hoch.<ti'bulo  /u  .Aachen,  die  .MiMlialfernrc^tirt» 
Kino  neue  KoiiHtruktiou  fi'ir  proßc.  a.strononiis(he  liiHtnnueiit4-    Mit  'JH  Figuren 
[  V  u.  14«  S.|    ;rr  8.    Isy.H.    geh.  n.  .//.  4  >n. 

Schurtz,  Dr.  H.,  in  Bremen,  das  afrikanische  Gewerbe.  PruiHHchrift  f,'ekrönt  und  b* 
gegeben  von  der  Fürstlich  Jablünowskiacbeu  GesellHcbaft.  [14GS.]  Lex.  8.  rjoo,  n. 

Stavenhagcn,  W.,  II;-  im  in  Herliu,  <lii»  geschichtliche  Kiitwicklung  «ii - 
priMiüiM  bcii  M)  artciiwescns.    {41  S.|    gr.  8.    l'.uio.    geh.  n.  1,— 

Tboroddaen,  Th.,  Professor  am  Uynnia»iuni  /n  Keykjavik  auf  Inland.  GeBchicht» 

i H ! ii n d i  sr bell   Geographie.     AutoriHierte   Chnraet/uug   aus   dem   1-  von 
.Augual  (tebbardt.    In  .'i  Itüoden.    Mit  einer  Karte  von  iHlaiil     '  n 
'.»38  S.]    gr.  8.    1H97.    geh.  0.  Jf.  8 

  —  II.  Itand:  Dir  iHlümiieche  (ieograpliic  vom  Beginne  des  17.  bia  zur 

.Mitte  den  18.  .lahrhundertN.    |.\IV  u  .'{84  S.j    gr.  8.    18a8.    geh.  n.  M  12.— 

SÖfbrr,  Dr.  V.,  *]>rniciiür  an  ber  UniiHrjitiit  Süd,  ^lUnb  inib  Seitcr.  »"tünf  löortTfiflC  ül'. 
($)runblQgcn  uub  »oiditigen  'JluiflQbfn  bcr  ^Jcteotolortic  9)tit  '-'i)  ivicuircn  im  3;f;rj  unb  :i  'j 
[V  u.  l.toS.I   8.    ii»b4.   ßcij.  u.      1.—  in  Veiiin).  geb.  u,  .«  i.2r». 

21-rifr,  T^rof  l>r.  C,  btc  bcutjrticn  liiilfvM'tammc  unb  i?nnbjcl)oftcn.  l>iit  \Hbbilbiiiii,> 
nnbaiii  Inffln.  •.;  ?l»fl  |VIu.  r_'H3.|  8.  i'.i«»3  gel),  n  .v.l.—,  in  Vcinm.  geb.  a.  ,/<:  i 
Wishcenns,  Dr.  Walter  F.,  Professor  au   der  önivernität  Straßburg,  a.<<troni»iu  1 

Chronologie.    Ein  Hilfsbucli  für  Historiker,  Arcb&ologeu  und  .Vstrnnomeu.    [.\i  u 

H>4  S.[    gr.  8.    IHiiü.    lu  Leiuw.  geb.  n.  JC  u.~ 

  iir  .Uotcubcr   [IV  u.  II«  S.j  «.  l»«.'"».  gel)  n.  J{  i  — ,  in  l'dnm.  gel' 

Zonderrau.  Dr.  H.,  in  (iruaingcn,  allgemeine  Kartcnknnde.   Kiu  Abriß  ihrer  <■> 

und  üurer  Methoden.    Mit  3*2  Figuren  im  Text  und  auf  ä  'lalelu.    |X  u.  il«» 

11)01.    geh  u.  „Ht  4        in  I/cinw.  geb.  n.  ,iC  5.20. 

Zöppritz,  Dr.  K.,  Professor  in  Königsberg  i.  Pr.,  Leitfaden  der  Kartoneut wurfslehr' 
I        ■  ■     '  '  deren  Lehrer.    lu  /.weiter,  neu  bear' 

.  von  I>r.  A.  Hludau.    In  'J  Teilen.    1  . 
KartenproJ ektionalefare.     Mit  100  Figuren   im  Text   und  /.ahlreichen  Tal- 
[Xu.  n-         gr.  8.    1H9Ü.    geh.  u  JC  4.80. 


Geographische  Lehrbehelfe 

aus  dem  Verlag  von  EcL  Holzel  in  Wien  IV/2,  Luisen^ 

Zur  Aiischiiflniit;  für  Sclinlcii  (Miipt'olilcii! 

nölzelö  Sclmlwandkarte  von  A'  -n  und  Poly  <n, 

r~  '   iti't  uii'l  hilft  von  l»r  I  ;  .>  r. .   i 1 1- i  ti «•  r  i cli.  ^\ 

i.»n     >'  1 :  lOUi'iMiou.    C,  IMatt  iu  HHaclicTn 

Kart«'  zu-:iiiiii  /t  Ißo  cm  hnt-h,  l'.rj  nn  Itreit.    l'r»■l.■^  \inii 

'  '    nwainl       j  .  ..hl  i»  Mai-jx'  "21  M.,  auf  Lciiiwaiid  •  ' 

i8    Behulwandknrte    von   Asien.  PolitlBCliP 
l»7~Kranz  Hculcricl"    Mnü>l:il.  1  rStiuoiMH»,    C  HIntt  ii 
dt'  '  Krir(<>  /'  ■  t  1  t"  rill  Imch.  17."»  cm       .i.    J  ; 

lö  l.ciiiwai,  >liiji)*f '-'(».M.,  iiul' Lfiiiwiiiul  ^;t•nl»anl 

Hölzeis  Schulwandkarte  von  Asien.     Physikalische  Ausgabe. 
\(illkt>uiiiivu  ni'ii  lirarl^t'itft   von  I>r.  Traiiz  lleidcrirb 
t'>  Hlatt  in  10  luchi  in  KarKendruck.    iJruße  «ItT  Karte  v.nan 
imch,  175  oni  brpit.    l'nMs  unauljit.'-jiatint  lö  M..  auf  Letnwnr 
■-'•>  M  .  auf  l.finwatid  <\l  mit  -i'i  M.  ' 

licm   uciiostr-n,   \vis.-(  i         ;iioliC'M  I  iM-ar: 

und  Australicu    Sie  nehmen  j,n'j,i'n\vurti>;  don  ersten  Uauf:  aut  (i 
nöly.elB  Verkell'        ■     von  Ö  •  '  t 

'N  if   Burh  /uiu   l  :  ; '  . .    ut  an  k  '  .  .  •  .  :   . .    i  .. 

Kallina.  H.  Aufiayc.  MaU^tal»  1  :Hh(H»oo.  y  IJlatt.  Pn-i»  mi 
Leinwand  i^» "paiiiit  in  Ma|'|i«'  Ü3.'>0M..  anf  Loinwaml 
Haardts    Obersiolitskarto    von   Europa   t'fir  dvi; 
S.'llist-tutliiun.     M:iljHt:il.    1  :  liimiMMMi.      1»;  IMatt.  (JröL'i 
j^esetzt  212  fin  WreiC,  IHl  nu  Inadi    rnaw%Phi»annt  If»  M.,  aul  liL-ms^au«!  tj- 
in  Mripiia  2_'.i'iii  M.,  mit  StUl»«'n  2"  M. 

Haardts  ÜheraiohtHkarte  der  ethnographischen  VerhftltniBBe  von  Awion 

und   von   den   aii^Tcnzt-ndcn   'IVilcii    KiirMjiut'.     Miilir-tali   I  ;  miixmioo 
»Ol':.  '  i.-uck.  lirötii-  der  Kl   •  •'»•*••    '   •  '  ' 

l'r  nf  -25  M..  auf  hfin 

Haardt«  Nordpolnrknrte.  Mulintal.  I : ;i<m»ou<»o.  i(«r  iu  \ 

druck.    (in'Uc  der  /.u  '"ti  Karto  172  ci.i  i  if.<  ' 

lofcCn  Itliittcrn  lö  M.,  m  Mapiie  lü  .M  ,  aul  I.. 

HaardtH  Hüdi>olarkarte.    iMaü^tali   l:loooü()uO.    In  -  — 

II»  facliciii  b'arlK-ndnu'k.   <!nilJp  der  /.iHaiiir. 
hoch    J'rciti  iu  h»vu  IMiiM.  m.  >  '.'i  ^f  ..'i' 
unnd  mit  Stiihcii  14  .MO! 

in  Luiiiiiiii  u.i.->  aui  b  i>>  i  ■ 

.1           .    riJchnn^  /.u  llcrlin  aU  kari  , 

hr  u  Vj'rhandlnnjron  hünfitxt  und  hnhcn  hierhci  die  b< 

HaurdtB  W;(  "  ^   Po'       '  ■ 

1 :2tuUMHKi(i.    Iii     ••  "  ' 

^'C9J>utint  '.1  AI.,  anf  l.cinwai, 

Orohyilropraphisoho  Ausgabe.     Ulaii.  .MaUr-iai-  i  l  nuwii^t  npauui  *  ^  , 

auf  Leinwand  gi'»<i>annt  in  Mappe  12.50  M.,  uiit  "  ^' 

Haardts  Sohulwandkarte  von  PaläHtino«    Kii r 

tiPHdiichte  dc.'i  iiltcn  uiul  iieiK'ii  'restaiiients. 
hon  l'ahi.-f iiia-\ ercinti  uml  ' 
A\  1  ;2(iiMMi(i  Ausg.ibi»  lür ' 
der  Karte  zusamnu'njjerii't/.t  1»!  cm  lu. 

.  <■  '    -   '   -    •.•,...'.1  In  .Mappo  12  .  .»i.  A 

i.'ie  dt-r  Kurl  r  1»1  c: 

l.'uautgc.-'pannt  ü. üO -M.,  auf  Lfiiiwanü  (  in  .Mappß  11  .M 

Dr.  Fr.  Nor»,  n  .  i    .  :.-..i  ..  tii  ,i      a'.,.  ^  v 

Mit  ciiiciii  Ii . 
waudwtroifen  in  t 
—  Hio  erste  n' 
Alpen.    Von  < 

ciustinimig  als  Meisterwerk  unerkannt. 

AußröhrlirhP  Prosprkto  stehen  anf  Wunsch  gratis  uiiü  Ji.iukü  zu  L 
Zn  beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  sowie  durch  die  Vr- 


iikkai;sge«;eiien 

VON 


Dr.  ALFRED  HETTNER. 

nu)i'E*i»oM  i»KK  ur.omc.vplitt':  an  i>i:r  rxjviiKsiTAT  HEiüEi.nKiii; 


ZWÖLFTKK  JAHRGANG.    NEUNTES  HEFT. 


MIT  i:isi:r  tafkl 


AUS<}KC;EnKX   AM  2.  OK TOBKK*. 


LEFP7Tn. 

VERLA«}  Nun  n  <i  TEÜRNEH 


Iii  lullt  (los  iiciinteu  Ik'fles. 


hi'-  kanariscbtn  InKeln.    Ein«  geographische  Studio  von  I'rof.  Dr.  Karl 

Sapper  iü  Tühinj:eii.   (Mit  G  Laudschaftsbildom  auf  Tafel  Nr.  8)  4^1 

!?itnllungcn  der  serl>ischen  LJindpr.    Von  Dr.  I'uul  Vujevie  in  Berlin  507 

Hie  Kalahari  (  nach  S.  Pas  sarge).  Von  Prof.  Dr.  A.  Schenck  in  Halle  a/S  519 
Xation    und    Nationalitlit.     Von    Privatdoxml    hr.  0.  Sehlüter  in 

Friedenau -Berlin   528 

<  leographische  Neuigkeiten : 

AllKeiiifines.    Ab'r  lor  Ut>bir)L.'o  durch  ilio  FlTissc.  —  K' •  ■  ti 

dor  Berliner  KnrI  1  ftung  um)  iJ>.r  K^l.  AkaUumiv  der  VVissci.  .  .     in  629 

Europa,    Landgowinnunfr  an  der  hoht«inischeQ  We>>tkDst«.  —  Yerkleinvning^  der 

britischen  Iiiseli)  in  Volgc  von  FcIsstQrzeii  '".i^ 
Aaion.    .Steinst  Kiipe>Ution  nach  Zvntr&l -Asitii  .  .  . 

Afrika.     Üji-s  Cipaditioii  nacb  der  marokkuuiscbcn  Kü.ste.  —  AuslHiiitiing  der 

Kroorkommen  iu  Abessinieo.  —  Yerbrcittiii(r  <ind  Lebensweise  dod  Okapi    .  .'-  M 

AuBtralieii  utid  nustralischu  Iiitolu.    Metttorologi^cho  äUtioti  auf  Yap. 

SOdanierika.    t'rdbibett  von  Valparaiso  

Nord-Polargogoiidon.    Wülluiaurtit  Ballonfahrt  zum  NoriJpol  

Geographischer  Unterricht.   Oeographischo  Verlosungen  im  W.-S.  1906/07.  I. 

—  Ordentliche  Prafessuren   in  Kroiburg  und  Heidelberg.   —  AuQorordentlicho 

Profossur  in  Rostock.  —  AuCerordcntliciic  Professur  io  ilftust«  r  ' 

Hücherbesprechungen: 

Grupp.  0.    Der  deutsche  Yolkü»  und  Staninmücharnkter.    Vud  A.  Kirchhoff    .  535 

Ottson.    Der  Kreis  Tündern.    Von  M.  Eckert   6:J6 

Lc-ipoldt,  (i.  und  M.  Kuhnert.  Palästina  bit>  zur  Z«jit  Christi.  Von  \  K  i r r   ti  < f  536 

Baedeker,  K.    Ag>'pt«D  und  dvr  Sudan.    Von  J.  Walther  537 

Sappor,  K.  Über  ('         '  m  und  Boden  des  sQdlichen  Mittelam- iiKli.         Ii.  Li-ai.  537 

(ioeldi,  K.  A.    Os  .        .;ui  no  Para.    Von  K.  0.  Nutnnann   5:^9 

KQohler,  C.    üuter  der  Miiteruacht&sonnu  durch  diu  Vulkan-  und  Oletschervrelt 

Islanilg.    Vüu  B.  Kahle   639 

I.eipoldt,  0.   und   M.  Kuhnert.     J'hvKik.  ■  p''!l'.   SchntwRuHknrte   von  Furopn. 

Von  R.  Laiigenbock  . 
Leipoldt,  I».    Vorkehrsknrli,  ^■■u  .Mai'.l- ■      Jv.  1. a u u  ü  i-i- c  k 

Neue  BQcher  und  Karten  

'/■•itv. '  rift-nschau  


540 

:j4o 
541 

MJ 


Künftighin    werden    Veröffentlichungen   jeder   Art  (Bücher, 
tationen,  Programme,  Karten  u.  a.1  auHnalimsIos  nur  dann  al- 
>    .    .    cuen   erwilhut  werden   köuueu,    wviiii    -ir   tler  fJ     tr  r  ;i  pIi  i «'  }\ h  n 
Zeitflchrifb  ei iigCBchiekt  worden  8in<i 


für  d;v  t  M  <     .4.1. i ^  1.        .i.i.  I.. .: I    .si  .iü.n  unter 
I'rof.  Dr.  Altr.'d  H«'ttner  in  Ht-idflberg,  Z 

zu  den  "n  an  Dr  Au^ur^L  1 

^,  1     .1.  ■  •  '.  .vK.    .11.!  n  mit  tJO  Mk.  für  »ien  . 

II  von  If»  :,'e  zu  den  Nt  u  mit  2  Mk.  für  dii,'  S]>. 

',  üa,ü  iiuiiurar  der  Karten  uiui  Aiibil' 
i'halten.  Auß'  - 1'*"'-  \-, 'n?.  -      •  TT.  vre.,  A'.  - 
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tit  wird,  sind  an  die 


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ihtilik  Ultil    icliau   UJlt  Ii.  {^.   1  (Ui.'iKl   111  Lt-ij 


•  1 


Die  kinariMben  Inseln. 

Eine  geographiaehe  Studie 
von  K.  Sapper* 
(Mit  e  LendMluiAibildem  auf  TM  Nr  8.) 

1.  Dto  Lage. 

Westlicli  Ton  dem  im111>enelibai'eii  Bandmeer  der  Sahara  dehnt  sidi  die 
See  in  ungeheure  Feme  aus.    Sohmnbar  unTennittelt  liegen  die  beiden 

Biesengebiete  feindlicher  Elemente  neben  einander,  und  doch  wirken  sie  nicht 
nur  am  eigentlichen  Küstensaum,  sondern  auch  auf  weitere  Strecken  hin 
nicht  unbetrUchtlioh  auf  einari«1er  ein,  wobri  die  Winde  die  Vermittlung  Über- 
nehmen: .südwestliche  J.uttstrünumgen  tragen  ilie  feuchte  mäßig  warme  See- 
luft landeinwärts  und  bringen  den  trockenen  Gefilden  ein  wenig  Regen,  die 
von  Norden  nach  Süden  fließende  Küstenströmung  kühlt  in  Verbindung  mit 
dem  aufsteigenden  kalten  Eüstenwasser  besonders  im  Sommer  die  anliegenden 
Festlandsgebiete  merklioli  ab,  wBlurend  andererseitB  östUolie  und  sfidliehe 
Winde  die  Wirme,  sowie  namhafte  Sand-  und  Staubmassen  der  Sahara  weit 
ins  Meer  hinaus  tragen  und  dint  die  Inssln  mit  unorganischer  Materie 
sowie  Keimen  organischer  Lebewesen,  selbst  lebenden  Tieren  (z.  B.  Heu- 
schreckenschwännen)  überschütten.*)  Sind  auch  die  einzelnen  Sand-  und  Staub- 
fälle  weder  häufig  noch  auch  sehr  bedeutend,  so  muß  man  doch  im  Lauf 
ungezählter  Jahre  eine  nennenswerte  Erhöhung  des  Meeresbodens  annehmen, 
und  wenn  man  beobachtet,  daß  sich  in  der  Nälie  der  afrikanischen  Küste 
der  Meeresboden  nur  langsam  abwärts  senkt  und  aus  geringer  Tiefe  zu  den 
kflstennlcbsten  kanaiisolien  Inseln  wieder  empor  steigt,  so  kann  num  den 
Oedanken  nidit  von  der  Hand  weisen,  daB  die  ins  Ifeor  getriebenen  Sand* 
messen  der  Sahara  an  dieser  geringen  Meersetiefe  die  Ifitsofanld  tragen.  Ver^ 
mutlich  wäre  die  Wirkung  der  Staubftlle  auf  die  Erhöhung  des  Oseangrnnds 
noch  bedeutender,  wenn  nicht  der  schon  erwShnte  Efistenstrom  die  nieder- 
gefallenen Stoffe  teilweise  wieder  entführte. 

Vermöge  dieses  unterseeischen  Rückens*)  stehen  die  östlichen  Ka- 
naren,  Lanzaroto  und  Fuerteventura.  noch  in  ein<  m  (:e\vissen  Zusammenhang 
mit  dem  afrikanischen  Festland  und  können  dalier  fast  noch  als  konti- 
nentale Inseln  betrachtet  werden.     Aus  tieferem  Meer  ragen  die  west- 

1)  J.Hann.  Klimatoloune.    2.  Aufl.   Stuttg.  1897.   III.  S.  60. 

*2)  Die  s  orliaiHiencn  Lotiuigen  (Admiralty  Chartf  Cape  Ghir  to  Garnct 

Uead,  with  additions  and  correcUouB  to  lbU7)  laaseu  freilich  die  Einzelheiten  dea 
BeUefs  des  Meeresbodens  nicht  genau  erkennen. 

OMfiaptalMlwXalli^iift.  lajahigui»  ISOa  aHaft.  88 


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482 


K.  Sapper: 


lieberen  Glieder  des  kanarieelien  Archipels  empor  und  stirker  als 
auf  den  Sstliehen  EUanden  macht  sich  auflh  hier  der  EinfioB  des  Ozeans 
geltend:  sie  sind  bereits  echt  ozeanische  Inseln,  deren  Grandaockel,  ein 
submarines  Platean,  im  Westen,  Sflden  und  Norden  ziemlich  steil  gegen  die 

Tiefen  des  Weltmeers  abbricht. 

Warm  ist  das  Meer,  da<  di»^  kanariseben  Inseln  bespült,  wie  sich  schon 
nach  der  geographischen  lin  ite  (27'  3  bis  29\f^^  n.  IJr.)  erwarten  läßt.  Der 
Golfstrom  bringt  ziemlich  gleichmäßig  warme,  freilich  auf  dem  Wotr  durch 
höhere  Breiten  bereits  wesentlich  abgektlhlte  Gewässer  aus  den  Tropen  und 
badet  darin  die  dnsamen  Gestade  der  westliohen  Kanaren,  bringt  anch  wohl 
Fflansensamen  und  Tierkeime  mit  sich  nnd  schlagt  damit  eine  biologische 
Brücke  von  Amerika  herttber  nach  den  weit  entfernten  Eilanden.  Die  Ost- 
lichen Kanaren  werden  vom  Gktlfstrom  nur  noch  an  der  Westküste  beqpfllt, 
wihrend  die  OstkUste  dem  afrikanischen  Kästenstrom  zugewendet  ist. 

2.  Klima. 

'Warme  Luft  lagert  über  dem  warmen  Ozean  nnd  hflllt  auch  die  tieferen 
Lagen  der  Inseln  ein,  die  hohen  liergretrionen  ragen  in  kältere  oft  stür- 
misch bewegte  Luftgebiete  auf  Diese  Hochregionen  sind  dem  unmittelbaren 
Einfluß  des  Meeres  entrückt;  ein  trockenes,  wölken-  und  niederschlagsarmes 
Klima  zeichnet  sie  aus;  die  starke  Insolation  bei  Tag,  die  ebenso  bedeutende 
Wärmeausstrahlung  bei  Nacht  lassen  recht  beträchtliche  tägliche  Wärme- 
sdiwaaknngen  entstehen,  und  die  absoluten  Extreme  mtteen  sich  weit  voa 
einander  entfSsmen,  worftber  freilich  bei  dem  Mangel  Itngerar  Beobaditnngs- 
leihen  nichts  Genaues  bekannt  ist  Auch  fiber  die  LuftstrOmmigm  der  hödbsten 
Begionen,  insbesondere  am  Pico  de  Teyde,  fehlen  hinreichende  Beobachtungen; 
westliche  V)is  südwestliche  Winde  herrschen  jedenfalls  in  der  Gipfelregion 
stark  vor:  der  (!ei,'enpassat*y 

Die  tieferen  Regionen  der  westlichen  Kanaren  stehen  völlig 
unter  der  Herrschaft  des  Seeklimas,  ^owie  im  besonderen  des  Golfstroms, 
der  als  Wärmeausgleicher  wirksam  ist;  daher*)  die  gleichmäßige  Milde  des 
Winters,  die  mäßige  ffitie  des  Sommers,  das  relatiT  hohe  Jahresmittel  der 
Temperator'),  die  geringe  jShrliche')  und  tägliche')  Wilrmeechwanknng,  die 
jahreszeiüiche  VersfAtung  der  Wftrmeeztreme')  und  der  mftfiige  Unterschied 

1)  Vgl.  L.  Rotch  um]  L  TeiHserenc  (!»■  Bort:  „Die  vertikale  Verteihmg  der 
meteorolugischen  Elemente  über  dem  atlautiacheu  Osiean'^  (Meteorol.  Z.  19U6,  2*27) 
und  „Experimentelle  Eonstatiemng  des  Oegenpassata**  (ebda.  1906,  B.  806  f)  gegen* 
über  Hergesells  AusfOhningen  in  der  gleichen  Z.  1905,  S.  484. 

■1)  Vgl.  J  Hann:  Klimatologie  2.  Aufl.  IIL  S.  6l£  0.  Barchard:  Das  Klima 
von  Urotava.    Berliu-Charlottenburg  1ÜU6. 

8)  Mittlere  Jahnetemperator  in  Orotava  19,0;  in  8.  Graz  de  TeneriHs  18,8;  in 
Laguna  16,7;  in  Las  Palmas  19,7°  (Hann  a.  a.  0.  8.  61). 

4   In  Orotava  1905:  7.1"  (Burchard  S.  8). 

6)  In  Orotava  1905:  5,6*  im  Mittel,  in  den  einzelnen  Monaten  zwischen  4,7' 
und  6,4*  sohwankend  (Burchard  a.  a.  0.  8.  8). 

tv  Kiiltester  Monat  Febmar,  winnster  Angost}  in  OrotZTa  1906;  14,6*  nnd  81,7* 

(Borcbard  a.  a.  0.  S.  8). 


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Die  kanariseben  Inseln. 


483 


zwiachen  d«n  absolutea  Temperatiur«xtremai.')  All  du  maoht  das  Klima 
im  Winter  Ar  den  Nordländer  angenehm,  im  Sommer  wenigsteuB  ertrlgüdi, 
mm  minderten  in  jenen  Gelneten,  wo  re^^rlmäßige  Winde  Kühlung  bxingeo. 
Gerade  während  des  Sommers  wehen  die  Passatwinde  regelmäßig,  zumeist 

aus  nordöstliohor  oder  auch  ostlichfr  Richtung;  sommerliche  Gewitter  fehlen 
und  dip  relativ  trockene  Luft  des  Sommers  läBt  die  Hitze  leichter  ertinLren. 
Im  Winter  tritt  der  Passat  mehr  zurück;  ^Vind^tlllen  wechseln  mit  veränder- 
licbeu  Winden;  aber  immer  geht  im  Winter  wie  im  Öommer  das  Spiel  der 
Land-  und  SeeiHnde  vor  aii^  uid  bei  d«i  bochragenden  Inseln,  insbeMwdere  auf 
Tenerifb,  bringt  der  ans  dem  bocbgelegenea  Zentnm  der  Lwel  niedersteigende 
Landwind  allnHobtlicb  Küblnng  in  die  tiefaren  Begionen  binab.  Die  Winde 
sind  im  allgemeinen  von  mftfiiger  oder  gelinget  St&ilro;  StQrme  sind  seltMi, 
ebenso  auch  die  Wüstenwinde  (fiewpo  äd  SuA.  flie  nicht  nur  Staub,  sondern 
auch  AVellen  außerordentlicher  Lufttrockenheit  und  hoher  Wärme  über  die 
Inselpebiete  trafen  —  glücklicher  Weise  fast  ntir  im  Winterhalbjahr  und 
immer  nur  auf  kurze  Zeit,  su  daß  durch  diese  Einflüsse  des  nahen  Kontinents 
die  Annehmlichkeit  des  kanarischen  Klimas  nicht  allzusehr  gestört  wird. 

Etwas  anders  freilich  gestaltet  sich  das  Klima  auf  den  östlichen  Ka- 
naren:  die  grOfiere  Klbe  des  Kimtinents  wirkt  bier  inteosiTer.  HObere 
Temperaturen  treten  auf,  das  Klima  ist  trockener,  die  Lnftbewegung,  ▼<h^ 
sogsweise  von  Norden  her*),  viel  enei^iseber.  Aber  eine  genauere  Gbarak- 
terisiemng  des  Klimas  ist  nicht  möglich,  da  keine  meteorologischen  Beob- 
achtnngsreihen  vorliegen. 

Das  Vorherrschen  der  Passat-  und  sonstiger  nördlicher  und  östlicher 
Winde  ist  für  die  ihnen  zugekehrten*  Inselteile  von  großer  Bedeutung:  zwar 
regen  sie  die  Oberfläche  des  Meeres  auf  und  schatfen  an  den  Küsten  eine  oft 
recht  beträchtliche  Brandung,  die  bedeutende  mechanische  Arbeit  zu  Kisten 
vermag')  imd  daher  von  beträchtlichem  Einfluß  auf  die  Amtgestsltnng  der, 
Kllsten  ist,  dem  Lmem  der  Inseln  aber  bringen  sie  ÜBodite  Luft,  Wolken 
und  Bogen,  wihrend  die  im  Windsdiatten  der  Erhebungen  liegenden  Liselteile 
▼iel&ch  unter  Dfirre  leiden  oder  sum  mindesten  geringere  Niederschlagsmengen 
erhalten. 

Das  höchste  Maß  des  Niederschlags,  erfrischenden  Nebels  und 
Wolkenschattens  zeigen  die  Höhenlagen  der  westlichen  Inseln,  in  denen 
die  aufsteigenden  Luftströmungen  ihjen  Kondensationspunkt  zu  erreichen 
pflegen.  Es  entsteht  so  ein  Wolk.ngürtel,  der  im  Winter  tiefer  herab- 
sinkt, im  Öommer  höher  emporsteigt,  sich  aber  im  allgemeinen  zwischen 
700  und  1600  m  am  hiufigsten  einstelÜ  In  dieser  Begion  rinnen  die  Wasser 
freiirebiff:  hier  werden  sie  Ton  den  fleifligen  Inselbewohnern  seit  Mensehen- 

1)  In  Ototava  IQOft  abiolntee  Maximmn  abeoliites  Minimum  10,6«  (Bur- 
chard  S.  lOi 

2)  Es  scheint,  als  ob  dieee  Nordwinde  der  östlichen  Jvanaren  eine  Folge- 
erteheinnng  der  intensiven  EKfaitrang  der  Sahara  und  des  daaelbsl  sich  einstellenden 
tiefen  Luftdrucks  iHben. 

8)  Vgl.  W  Biermann.  Zur  physischen  Geographie  der  i^anarischeln  Inseln. 

Globuä  LU.  S.  171if. 

88« 


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484 


K.  Sftpper: 


gedenken  in  Bewässerungskanälen  gesammelt  und  den  dürstenden  Kultui-en 
der  unteren  Regionen  zugeführt.  In  größerer  Höhe  sind  die  XiedtM-schläge 
wieder  wesentlich  seltener  und  die  in  die  Antipassatrejspon  hineinragenden 
Holu  n  des  Pico  de  Teyde  werden  nur  noch  selten  von  Regen  odor  Schnee 
benetzt.  Überall  ÜLllt  die  Hauptmenge  der  Niederschläge  im  Winterhalbjahr, 
d«r  B<NiuiMr  ist  —  wie  im  Mitteimeerybiet  —  niedenehlagsarm  oder  gans 
regenlos  und  andi  dar  —  wenigstens  auf  den  westliohen  Inseln  —  reiohliek 
und  hftiifig  Mlende  Tan')  vermiß  kainen  richtigeii  firsats  für  den  nuui- 
gelnden  Regen  zu  gewähren. 

Im  allgemeinen  ist  die  Regenmenge  überall  auf  den  Kanaren  gering- 
ffigig,  vermutlich  selbst  in  den  meistbegünstigten  Wolkenregionen  der  hohen 
westlichen  Inseln.*)  Die  östlichen  Inseln,  Lanzarotf  und  Fuerteventura  zpiir^^n 
in  der  Geringfügigkeit  und  Unregelmäßigkeit  ihrer  Niedoi-schläge  bereits  eine 
starke  Annäheiung  an  die  kontinentalen  Verhältnisse  des  benachbarten  Afrika. 
Diese  Bedingungen  sind  durch  die  orographischen  Verhältnisse  noch  Terschärft: 
die  beiden  Inaein  sind  die  niedrigsten  des  ganien  AxcfaipelB  vnd  dämm  ragen 
andi  nnr  ihre  hödisten  Beiggipfol  nocli  in  die  Nebel-  nnd  Wolkenr^iion 
hinauf.  Mandunal  vergeht  auf  den  Ostinseln  ein  ganses  Jahr  ohne  Nieder- 
schlftge  —  kein  W^nnder,  daß  sich  dann  Mißwachs  einstellt  und  selbst  das 
Trinkwasser  von  Gran  Canaria  her  importiert  werden  muß!  Am  günstigsten 
in  seinen  Niederschlägen  ist  wohl  Palma  gestellt,  das  deshalb  auch  die 
schönste  und  üppigste  Pflanzendecke  der  ganzen  kanarischen  Inselwelt  aufweist. 

8.  QoologiMAio  G«aoliiohto. 

Wir  dürfen  annehmen,  daß  <'in  ziemlich  gleichartiges  Klima  seit  sehr 
langen  Zeiträumen  schon  im  Gebiet  der  kanarischeu  Inseln  geherrscht  hat, 
wir  kQnnen  aber  freilich  nicht  versiohem,  daß  dies  schon  bei  Beginn  der 
geologisohen  Oesohichte  der  Lisehi  der  Fall  gewesen  irtre,  denn  das 
Alter  der  Uteaten  Formation  (der  sogniannten  DiabasfSnrmation)  ist  bisher 
nicht  üsstcnstellen  gewesen.  IKeae  Formation  steht  auf  Fttartenntara,  Gomera, 
Gran  Canaria  und  Palma  oberflächlich  an,  auf  Tenerife  ist  ihr  Vorhandensein 
im  Unterbau  der  Insel  durch  Auswürflinge  nachgewiesen.  Es  ist  eine  For- 
mation, die  durch  eruptive  Ereignisse  gebildet  worden  ist,  deren  Oberfläche 
lango  der  Erosionswirkung  fließenden  Wassers  und  der  Verwitterung  durch 
die  Atniosphänlien  ausgesetzt  gewesen  ist.  In  niii)(iin*>r  Zeit  aber^)  be- 
gannen auf  allen  Inseln  des  Archipels  zahllose  vulkanische  Ausbrüche  aus 
vielen  Ausbraehatentren;  Sidilackenanswflrfe  nnd  Lavamassen  deckten  den 
größten  Teil  der  Oberflldie  des  Siteren  Diabasgebirges  sn  nnd  bildeten  je 
nadi  der  Verteilung  der  Ansbmehqpnnkte  nnd  dem  IntensitttsTethUtnis  der 

1)  üurchard  a.  a.  0.  S.  26. 

2)  Kegenfall  in  S.  Cruz  de  Tenehle  307  mm,  in  Laguna  ööl,  in  Laa  Palmas 
360  (Hann  a.  a.  0.  S.  69),  Orotava  494  mm  (A.  Samler  Brown.  Madeira,  Canary 
Islands  and  Azoren,  London  190.H,  e.^). 

3)  W.  Reiß:  ,.I)ie  Diabas-  und  Lavenformation  der  Insel  Palma".  Wiesbaden 
lb61.  S.  61  f.  —  und  K.  v.  Fritsch  und  W.  Reiß:  „Geologische  Beschreibung  der 
Insel  Tenerife''.  Wiaterlihnr  1868.  8.  SSO. 


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Die  kAnariflchen  Inseln. 


486 


SinzelausbrOohe  im  Li»f  füHme  JtSaatUaamäa  neben  Anftohttttungskegeln  dom- 
01^  iUdteBAnrnge  BriielnuigeB  tob  teilweise  sebr  betrSehtlieher  Aoedelmuug.  ^) 
IKese  Dome  und  Bflcken  seigen  im  sMitralen  Teil  ein  Torwiegea  lockerer 
Soblackeneiib&afangen,  an  den  lUndem  ein  VorherrBcben  üaeter  lATtbSnke; 
sie  sind  spftterhin  großenteils  für  lange  Zeit  der  Denudation  überlassen  ge- 
wesen, und  wo  ihre  Oberfläche  noch  zu  Tage  tritt,  erkennt  man  das  hohe 
Alter  dieser  Formation  leicht  an  den  starken  Erosionsspuren.  Auf  vielen 
Inseln  siind  Udiglich  hasische  Eruptivgesteine  zu  Tage  getreten,  auf  Tenerife 
haheu  neben  basaltischen  auch  phonolithische  und  trachytische  Ausbrüche 
stattgefunden  und  die  dabei  zu  Tage  geförderten  Massen  haben  allmählich 
Eiliebangen  Ton  so  großem  ztomlichen  Ausmaß*)  gesohaffen,  daß  Tenniitiidi 
drei  vorschiedene  Inseln  (Anaga,  Teno  und  8.  Lorenso-Ad^e)  cu  einer  einzigen 
—  Tenerife  —  rasammengeschweißt  wurden.  Die  Begenwasser,  die  in  der 
Regenzeit  in  großen  Mengen,  besonders  in  den  hSheren  Bergregionen  nieder- 
gehen, haben  die  Oberfläche  der  älteren  Inselteile  in  hohem  Grade  om- 
geilndert:  bei  dem  starken  Getall,  das  in  Folpo  der  geringen  räumlichen  Aus- 
dehnung und  der  bedeutenden  Erhebung  der  meisten  Inseln  vorhanden  ist,  ist 
die  f'rosive  Kraft  des  tluüenden  Wassers  außerordentlich  groß^),  luid  daher 
sind  auch  die  Wirkungen  auf  die  (iestaltung  der  Oberfläche  sehr  bedeutend. 
W.  Reiß  beschreibt  diese  Wirkungen  sehr  uiscbaulich'):  „Nach  der  Bildung 
des  flachen  LaTadoms  flössen  die  ]Mche  über  den  steilen  Abhang  und  sMünten 
an  der  See  Aber  die  Klippe,  von  wo  aus  der  Fall  duxdi  die  zerstörende  Wirkung 
der  Wasser  immer  wdter  laodeinwiKta  gerflckt,  und  daduroh  eine  enge  Schlucht 
ausgegraben  wurde,  begünstigt  durch  die  Wechsellagerung  fester  Lavabänke 
und  weicher  Tuffschichten.  .  .  .  Bei  dem  Rückwärtssohreiten  des  Wasserfalls 
wird  die  Schlucht  tiefer  und  die  steilen  Wände  an  ihren  Seiten  werden  hi'lher 
in  demselben  Maße,  wie  wir  in  das  Innere  des  Gebirges  eindringen.  Soliald 
die  Schlucht  bis  zxi  jenem  Teile  des  Gebirge!>  einschneidet,  in  welchem  die 
Schlackenmassen  vurherrscheu,  werden  die  Verhältnisse  andere:  die  von  den 
Seitmn  herabflieflenden  Wassw  graben  neh  leidit  in  dm  wenig  widerstehenden 
Sdüaokenschichten  eigene  Tiler  aus,  es  entsteht  eine  Anzahl  durch  niedere 
BUcken  getrennter  Tller,  die  alle  gemeinsam  durch  eine  hObere  Wand  nm- 

1}  „Älteste  Basaltfoxmation"  (G.  Haltung).  Lanzarote  und  Fuerteventura. 
Zfirich  0.  J.  8.  68  f. 

2)  V  Fritsch  und  Reiß.    S.  816ff.  f„Fußgebirge"'). 

8)  Naturgemäß  nimmt  die  Größe  der  erosiven  Kraft  olierlialb  der  Musimal- 
region  den  Niederschlags  mit  der  Abnahme  der  Niederschlagsmengen  auch  ab,  so 
daß  dori  Erosionswirkungen  nnr  noch  in  geringem  Maß  und  in  den  höchsten  Pik- 
regionen gar  nicht  mehr  zu  beobachten  sind,  dchon  darum  nicht,  weil  die  spürlichen 
Niederschläge,  soweit  sie  nicht  in  fester  Form  —  als  Schnee  oder  Hagel  —  lallen, 
alsbald  in  dem  poiOaen  vulkanischen  Erdreich  vernnken  (vgL  Biermann  a.  a.  0. 
8.  181).  Die  Büßen  GevHbser  der  Kanaren  üben  starke  Erosionswirkun^en  aus- 
schließlich in  der  Zeit  au8pic>>ifjpii  Kopriifalls,  und  bt'i  der  immer  fortpchrcitetuieo 
Entwaldung  und  dem  sich  daraus  ergebenden  raschen  Ablauf  der  gefallenen  Kegen- 
masaen  muß  die  BroeionskraJI  im  Lauf  der  Zeit  sogar  noch  großer  werden,  als  sie 
es  früher  bot  Zeit  ansgiebigerer  Pflanzenbedeekung  gewesen  war. 

4)  Diabas-  und  Lavenformation  S.  ööff. 


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48Ö 


K.  Sapper: 


sehlossan  nnd.  ...  bt  ernnial  d«r  Beginn  elneB  dch  Tenweiipndan  Talei  in 
den  SohUckenmanen  gebildet^  so  weiden  die  SeiteniohfaiehtMi  inuner  rfldc- 

wftrts  nagen,  das  Tal  wird  sich  mehr  nnd  mehr  erweitern  und  dadurch  wird 
sich  auch  die  Oberfläche  vergrößern,  von  welcher  aas  das  Wasser  in  dasselbe 
geführt  wird.  Sind  mehrere  soblifr  Tiiler  neben  einander,  so  wird  das  sie 
trennende  Gebirgsband  nacb  und  nach  verschmälert  werden,  bis  nur  dünne, 
oft  unüberschreitl)are  Felsgrate  die  Zwischenwände  hildon,  und  auch  dies« 
können  durch  die  auf  beiden  Seiten  wiikende  Erosion  mehr  und  mehr  er- 
niedrigt werden,  so  dafi  loletst  die  iMSsdffonngtn  firwsitenuigen  sweisr  Mhe 
liegender  Tftler  sich  zu  ein»  einzigen  Caldera  Tereinigen.**  Dieser  FaU  trat 
nadi  BeiB  s.  &  ein  bd  der  berOhmten  Caldera  von  Palma  und  dem  riesigen 
Felssirinis  der  Cafiadas  auf  Tenerife. 

Aber  nicht  nur  die  Erosion  des  fließenden  Wassers  hat  die  Oberflftchen» 
gestaltung  der  kananschen  Inseln  beeinflußt,  auch  andere  Kräfte:  so  sind 
wahrscheinlicli  Soiikun^ren  |?ewi!?ser  Erdschollen  längs  einzelner  Verwerfungs- 
linit-n  crfoltjt  ,  und  die  Eutstehunj;  des  herrliehen  Talle  de  Orotava  auf 
Triieiite  ist  wdhl  auf  derartige  Ereignisse  /urückzutuhren;  auch  dürften 
solche  bei  der  Ausgestaltung  der  großen  Caldera  und  des  westlichen  Steil- 
abstorzes  des  Südgrats  des  Lavadoms  von  Palma  {Los  Jianeones)  mitgewirkt 
baben.  Es  bat  finmer  die  See  ibren  Anteil  an  der  Ansgestaltung  der  Band- 
formen  der  Liseln  und  twar  nicht  nnr  im  jetsigen  Niveau  des  Meovsqpiegels, 
sondeni  frfiher  auch  in  waientliflh  bOberen  Lagen  (bis  850  m  Uber  dem 
jetsigem  Niveau),  da  im  Lauf  der  geologischen  Zeitrtome  bedeutende  Hebungen 
eingesetzt  haben.') 

Die  Hebungen  haben  übrigens  wieder  die  Erosionskraft  der  Flüsse  ge- 
stärkt und  damit  auch  ihre  topographischen  Wirkungen,  während  anderer- 
seits zur  Zeit  des  niederen  Niveaustandes  der  Inseln  die  Maxinialzone  des 
Niederschlags  und  damit  die  obere  Grenze  starker  Erosionswirkuug  iu  lusel- 
gebieten  gelegen  haben  muß,  die  jetzt  über  ihr  liegen.  Nachdem  einmal  das 
gegenwärtige  ICeerssniveau  erreidit  war,  arbeitete  das  Heer  nagend  an  den 
jetzigen  Kiksten  nnd  hat  natnigraiftB  auf  den  den  vorhemehenden  Winden 
ausgesetzten  Seiten  energiscber  gewiriit  als  an  den  abgewendsten,  weshalb 
auch,  wie  Härtung')  für  Lanzarote  und  Fuerteventura  nad^wiesen  hat, 
an  der  Windseite  {Plana  de  barlovcnio)  die  Kflsten  nicht  nur  steiler  sind, 
sondern  auch  im  DurchM  hnif !  ein  l)reiterer  Saum  zwischen  Kiist''  und  Hundert- 
f'adeiilinie  vorhanden  ist,  als  auf  d'^r  iiegeti>eite  (  Pfnjia  ile  Shtomiio).  Der 
Arbeit  der  Meereswellen  ist  auch  die  Lu.strenuung  der  I.-'/tn-  im  Norden  von 
Lanzarote  wenigstens  zum  Teil  zuzuschreiben,  vielleicht  auch  die  Trennung 
Lanaarotes  von  Fuerteventura,  während  andererseits  schräganf laufende  Wellen 
vielfach  Bandmassen  den  Kfisten  entlang  treiben  und  auf  diese  Weise  a.  B. 


1)  Daß  diese  Hebungen  lediglich  auf  die  Volumvermehrong  durch  Gaug- 
aufniluug  gelcgentiich  neuer  Auibrilcbe  znrtteksnAhren  irtien,  wie  G.  Härtung 
annimmt  (Lanzarote  nod  Fuerteventura  S.  120),  ist  doch  sehr  unwahrscheinlich; 
vielmehr  dürften  daneben  allgemeiner  wiikende  Uraacben  mitgearbeitet  haboi. 

2)  a.  a.  0.  S.  60  f. 


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Die  kanaxisohen  Inaein. 


487 


di«  IMk  mit  Gnu  CuiariA  Terbmiden  haben  durften^)  und  die  kleinen 
Stnundseen  an  der  WesüriUte  von  Lanzarote  abgeschnflrt  haben. 

Aber  auch  der  Wind  bat  seinen  Anteil  an  der  Ausgestaltong  der  Ober* 
fläche  der  Inseln:  die  heftigen  Windstftfie  bringen  an  steileren  BerghSngen 
hUulig  lockere  Gesteins-  und  Sandmassen  ins  Rollen  und  voranlassen  damit 
deren  Absatz  an  tieferer  Stelle.  Die  troilich  selten  uuftreteuden  Wüsten- 
winde brinpen  zuweilen  rocht  ansehnliche  Sand-  und  Staubmassen  aus  Afrika 
herüber  uud  setzen  sie  über  den  Inseln  und  benachbarten  Meeresflächen  ab. 
Die  Toiltemeiienden  Winde  eifiusen  (auf  den  Satiidien  Inseln  namentlich) 
den  Sund  dar  MeereskOsten  nnd  traben  ihn  InndeinwSitB,  eventuell  Uber  die 
ganze  Luel  hinweg,  so  dafi  ansehnlidie  FUohan  mit  Sand  bedeekt  oder  auch 
▼on  wandernden  Barohanen  durchlaufen  werden.  So  wird  gaxix  Lansarote 
von  Sandmanen  fibersduitteUf  die  im  Norden ,  in  der  Bucht  von  Penedo, 
aus  dem  Meer  aufgestiegen  sind  und  im  Süden  wieder  ins  Meer  tauchen,  so 
prnße  Strecken  von  Fuerte Ventura,  so  die  kleine  Insel  Lobos,  ein  vulkanisches 
Gebilde,  das  nur  durch  einen  relativ  schmalen  und  seichten  Meoresarm  von 
Fuerteventura  getrennt  ist  und  in  Folge  alluiiihlicher  Ausfüllung  dieser 
Meeresstraße  durch  Flugsand  dereiüst  mit  der  großen  Nachbarinsel  in  Ver- 
bindung treten  dfirfte.*) 

Aber  viel  bedeutsamere  Verinderungen  der  OberflBcihengeBtaltung  haben 
in  jflngster  Voneit  vuUcanisclie  Ausbrüche  an  Stande  gebracht:  ihnen  verdankt 
vor  allem  die  jugendlich  anzerstdrte  Gestalt  Süd-Pahnas  ihre  Entstehung,  in- 
dem dort  durch  zahlreiche  Ausbrüche  aus  vielen  Zentren  die  ursprüngliche 
Laudobertläche  fast  vollständig  überdeckt  worden  ist;  sie  haben  ferner  durch 
Lavaausflttsse  und  Lockerausbrüchc  den  Riesenhohlraum  der  ('anadas  von 
Tenerife  großenteils  ausgefüllt  und  im  Pico  de  Teydc  einen  Vulkankt'i,'el  von 
3740  m  über  Meer  anwachsen  lassen;  sie  haben  außerdem  auf  allen  Inseln 
aahlreiche  kleinere  Einzelkegel  und  mehr  oder  minder  ausgedehnte  Lavafelder 
und  LavastrSme  erzeugt,  die  groBentdls  noch  ftst  gani  vegetationslos  da* 
stdien.  Bis  in  die  histtnische  Zeit  and  mehr  oder  weniger  bedeutende  vul- 
kanische Umbildungen  auf  Palma,  Tenerife  und  Lanzarote  erfolgt  —  die  be- 
deutt  inUten  auf  Lanzarote,  wo  in  den  Jahren  1730  —  36  eine  große  Zahl  von 
Vuikankegeln  und  Explosionskratem  gebildet  worden  sind  und  aus  zahlreichen 
Öffnungen  ungeheure  Lavama£sen  hervorgequollen  sind,  die  mehrere  Dörfer 
und  woite  Flächen  fruchtbaren  Ackerlandes  vernichteten,  während  Lapilli- 
ausbrüche  große  Streckten  mit  cinor  mehr  oder  minder  mächtigen  Lage  un- 
fruchtbarer Schlackenstückchou  bedeckt  haben.  So  ist  durch  diesen  einzigen 
Anslnmch  die  gesamte  Physiognomie  der  ifaoel  verindert  worden,  und  wenn 
sich  diese  Yertuderung  nicht  schon  ans  weiter  Feme  anzeigt,  so  rührt  das 
lediglich  davon  her,  daB  sich  die  Ausbrüche  nicht  auf  einen  zentralen  Punkt 
konzentrierten,  sondern  über  einen  breiten  Geländestreifen  verteilten,  wie 
überhaupt  auch  schon  fküher  auf  Lanzaipte  und  Fuerteventura  in  Folge  eines 

1)  K.  T.  Friiich  (Beisebilder  8.  88  n.  88)  hUt  freilich  dafBr,  daB  der  Dflnen- 

Band,  der  reichlich  vorhanden  ist,  den  ich  aber  für  nebensächlich  in  der  JbthmiU. 
bildung  halten  möchte,  jene  Land  Verbindung  allein  geschaffen  habe. 
8)  K.  v.  Fritacb.  Keisebilder.  S.  3S. 


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488  K.  Sapper: 

äbnliclien  Mangels  an  Konzentration  der  Vulkanausbrüche  die  Oberfläche  mit 
einer  Unzahl  relativ  Icleiner  Kegel  ttbers&t  worden  ist,  während  eine  domi- 
nierende Bergpestalt  feblt  —  im  Gegensatz  zu  den  westlicheren  Inseln,  die 
eine  straffere,  groQ/ngigere  Terraingestaitung  und  demenisprecbend  aacb 
wesentlich  größere  Höhen  aufweisen.^) 

4.  BodMK. 

Entspreehend  d«n  starken  Überwitgen  Tulkanischw  QMteme  lind  anch 
die  Bodenarten  des  Aroblpels  vorwiegend  ▼nlkaaisoiher  Natur,  entstanden 

durch  Verwitterung  lockerer  Ausbruchsmassen  oder  alter  LavastrOme  und 
-decken.  Ffir  den  Landbau  sind  im  allgemeinen  die  Aschen,  soweit  sie  lün- 
reichend  aufgeschlossen  sind,  am  gflnstigsten;  auch  tiefzersetzte  Laven  geben 
da,  wo  genügende  Befeuchtung  vorhanden  ist.  gute  B(»den  ab  und  ebenso 
sind  die  verwitterten  DiabashrKlen  an  sich  gut;  aber  weite  Strecken  des  Ar- 
chipels decken  auch  auaut'get>chlossenc  Lapillideckeu,  unverwitterte  frische 
LaTasfarifanef  wUstenliafta  Dflnensandflftehen,  Halden  groben  Grases  und  mäch- 
tiger Blockansammlnngen  oder  auch  steilgeneigte  Felshftnge  —  so  daß  ein 
sehr  betriehtlieher  Prosentsati  der  Obeilllohe  dem  Pflansenwnchs  wenig 
günstige  Existenzbedingungen  bietet  oder  sogar  nur  für  gans  eigenartig  ge- 
baatOf  bedüifiiisarnie  GewBchse  die  Mf^glichkeit  des  Fortkommens  eröffnet. 
Aber  auch  da,  wo  der  Boden  an  sich  den  Pflanzen  ein  gutes  Gedeihen  sichern 
würde,  ist  vielfach  das  Wachstum  dauernd  oder  zeitenweise  behindert  durch 
den  Mangel  genügenden  Regenfalls,  so  naniontlich  auf  den  östlichen  Inseln 
und  auf  der  Windschattenseite  der  westluiien.  Dazu  kommt,  daß  die  im 
allgemeinen  sehr  hohe  Porosität  des  vulkanischen  Untergrunds  in  Verbindung 
mit  der  starken  Insolation  anf  waldfreien,  aufierhalb  des  Wolkengfirtels  oder 
des  Sehattens  enger  Sehlnchten  liegenden  Fliehen  selbst  in  Gegenden  mit 
ansehnlichem  Begen&ll  noch  an  die  Widerstandskraft  der  Pflansen  gegen 
AnsfaKKdmnng  und  hohe  Hitsegrade  —  insbesondere  wfthrend  des  regenarmen 
oder  regenlosen  Sommers  —  recht  hohe  Anforderungen  stellt:  kein  Wunder, 
daß  die  Flora  der  kanarischen  Inseln  durch  viele  eigenartige  Züge  ans- 
gezeii'hnct  ist  und  in  Folge  des  hoben  Alters  der  Inseln,  des  eigentümlichen 
Bo<leiis  und  der  insularen  Abgeschlossenheit  einen  sehr  groi^n  Jieichtum  an 
endemischen  Bildungen  erlangt  hat') 

S.  Pilaiuoiiwelt 

Man  darf  wohl  annehmen,  daß  die  Oberfliehe  der  alten  Diabasformation 
anf  den  Eanaren  —  mit  Ausnahme  Fnerterenturas,  wo  sie  ja  noeb  jetzt 
weithin  zu  Tage  tritt  —  nur  ganz  allmlhlieh  mit  vulkanisdien  Gebüden 
llberdeckt  worden  ist,  so  daß  sich  die  alte  Pflanzenwelt  der  Ür-Kanarcn  auf 
dem  nenen  Boden  ansiedeln  und  heimisch  machen  konnte  und  so  die  Kon- 
tinuität dieser  Pflanzendecke  bis  zur  Gegenwart  hergestellt  worden  ist.  Di« 

1)  Laasarote  eneicht  680  m,  Fuerteventura  h50  Gomera  aber  1880  m,  Hierro 
1000,  Gran  Canaria  1900,  Palma  2420  und  'leiierife  3710  ni 

2)  D.  U.  Christ.  Vegetation  und  Flora  der  Kanahtichen  luseiii.  Englers 
Bot  Jahrb.  TL  isa6.  8.  461. 


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Die  kanarischeil  Ingeln. 


6«wlehM  di«er  diabaatehoi  Ur>KMiM«ii  mHasen  mcli  Ohristo  gtiit^ollMi 

Untersuchimgeii^)  aus  Afrika  stammen,  sie  sind  aber  dort  ülbst  zum  grOfiten 
Teil  durch  die  später  einwandernde  südasiatische  Waldflora  verdrnngt  worden, 
so  daß  sie  nur  in  einigen  I\an<l[rcbieten  erhalten  gebliehen  sind:  uuf  Socotra, 
im  Kapland,  auf  dem  abf  ssinisriu  n  Hochland,  im  Kamerungebirge,  in  Südwest- 
Marokko  und  auf  den  o/.canisi  hen  Inseln  westlich  von  Afrika.  Aber  am  h 
von  der  in  Afrika  einwandernden  indischen  Flora  ist  eine  kleine  Anzahl  von 
Alien  nodi  nach  den  Kanarsn  gelangt.^  VmI  stirker  war  dagegen  die  Ein« 
wandemng  meditecnnar  Elementa')  und  de  erfolgte  aehon  in  so  alter  Zeit, 
daß  sieh  aus  ihnen  endemisehe  Arten  heraus  entwidralt  haben  und  entspre- 
ehend  der  hoben  Gunst  des  Klimas  den  kontinentalen  Verwandten  gegenüber 
eine  gesteigerte  Entwicklung  zeigen*):  die  Kräuter  sind  auf  den  Kanaren 
größer,  mächtiger  entfaltet;  die  Stauden  des  Mittelmeergebiets  besitzen  hier 
einen  „wahren,  meist  gabelteiligen  oder  wirteligen  Holzstamm,  der  in  der 
Regel  geringelt  und  mit  Blattnarben  bezeichnet  ist;  Formen,  welche  bereits 
auf  dem  Kontinent  Strftucher  sind,  vergrößern  sich  hier  zu  Biiumeu.  Die 
volle  Eigentümlichkeit  der  kanarischeu  Fazies  stellt  sich  jedoch  erst  dann 
dar,  wenn  dieka  fleisehige  Zweige  an  ihren  Enden  edite  Uatfaroeetten  oder 
dodi  sehr  geniherte,  gebüscfaelte  Blätter  tragen  nnd  wenn  aneh  die  Inflores* 
xenzen  swar  Tereinzelt,  aber  um  so  reicher  Terlstelt  nnd  nm  so  rsiehblfltiger 
sind.*'  Besonders  eigenartig  sind  die  unter  dem  Namen  Beroäes  bekannten, 
an  das  Oenus  Sempcrvivum  anklingenden  Succulenten  der  Kanaren,  die  als 
Tabatfhas  bekannten  Euphorbienbüsehe  und  andere  atlantisch-insulare  Straucb- 
foriTieu,  den  Gattungen  Kchium^  Statice,  Souchus,  Callianasm,  Carlnui  und 
GiTuniiini  zugehörig'');  dazu  kommen  Endeni-men  der  Spai-tiumf'orm*^),  deren 
bekannteste  die  alpine  lieiama  blunca  ist,  die  am  Teyde  (^nach  Haus  Meyer) 
swischen  1840  und  3050  m  Höhe  in  der  wolkenfreien  Zone  auftritt.  Ganz 
spftrlich  sind  alpine  Florenbesiandteile  auf  dw  Kanaren  TOihanden,  so  Arabis 
äibtty  Vhla  piämtmia  u.  a.^) 

Manche  in  der  TertiKrseit  in  Sfld-Enropa  no<di  heimisdie  Binme  sind 
heut«  durch  die  Erkaltung  des  IfH™^  dort  ausgestorben,  aber  auf  den  bnaren 
eihalten  geblieben,  z.  B.  Pinus  canarienM.^)  Gerade  dieses  Vorkommen  zeigt 
aber  zugleich,  daß  die  Einwanderung  amerikanischer  Arten  (unter  dem 
Einfluß  des  Golfstroms)  schon  sehr  frühzeitig  erfolgt  sein  muß.'') 

In  jüngster  Zeit  sind  nun  durch  den  Menschen  teils  gewollt  (^zum  An« 


1)  a.  a.  0.  S.  616ir.  Als  altafrikaaisohe  Elemente  der  Eanarenflora  fahrt  Christ 
8.  61$  auf:  „Caetiforme  Euphorbien,  Euphorbien  der  Tiiuoalli-Gruppe,  AloC,  Dfaehen- 

V»aunie,  Lyjxrin.  f'nwpifinnthus ,  Klcinüt,  drei  Myrsineen,  SüUroxi/IoH ,  Pitt(>9porum , 
die  strauchigen  Compositen,  zwei  Authospermen,  Bencomieu,  Ureodaphue,  zwei 
Cheasathea'' 

t)  Christ  ftihrt  S.  &17  an:  Ftflua,  Bioebe,  Botia,  Semeio  palmeim»,  AOy 
rMHN  umbrosum.    Vgl  S.  612  f. 

8)  Christ  a.  a.  0.  S.  493  ff.         4)  Christ  a.  a.  0.  S.  4»9ff. 
5)  Christ  a.  a.  0.  8.  609—506.        6)  Christ  a.  a.  0.  8.  605 f. 

7)  Christ  a.  a.  0.  S.  506  f. 

8)  Saport a.  Tabl.  au  de  Ja  «  lasMif  de»  ^tage«  1880,  zitiert  bei  Christ  S.  618. 
Ü)  Weitere  amenkaiuüclie  Elemente  führt  Christ  S.  518 — 515  auf. 


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490 


K.  äapper: 


bau),  teils  ungewollt  (»Is  Unkrlota*)  eue  Menge  enropliecher,  uuh  amerika» 

nischer,  afrikanischer,  wie  kosmopolitischer  Gewächse  eingeführt  worden,  und 
nodk  immer  steigt  die  Zahl  dieser  Fremdlinge  Hie  herrschen  in  den  Kaltur- 
regionen  vielfach  im  Landschaftsbild  vor.  Aber  trotz  des  Schutzes  und  der 
Bevontugung  des  Menschen  haben  die  Eindringlinge  nur  lokal  die  einhei- 
mische Flora  zurückzudrängen  vtrniocht;  auf  nicht  kultiviertem  Gelände  be- 
weist die  den  örtlichen  Lebensbedingungen  sorgsam  angepaßte  einheimische 
Pflanzenwelt  eine  flberlegana  Lebenskraft,  so  daß  hier  ein  Sieg  der  Eindring- 
linge über  die  Einheimisehtn  ansgescUoseen  enoheint*) 

DaB  die  Vertreter  Tezsehiedener  Welten  auf  dem  engen  Banm  der 
kanariseben  Inseln  frOUiob  neben  einander  gedeihen,  niacht  das  floiistisebe 
Bild  besonders  abwechslungsreicli,  nnd  die  Yerschiedenheit  der  klimatischen 
Verhältnisse  bringt  neue  Gruppierungen  der  einzelnen  Bestandteile  zu  Stande. 
Insbesondere  priipen  sich  Regenreichtum  und  Regenannut  im  Charakter  der 
Vegetation  außerordentlich  deutlich  aus,  ebenso  das  verschiedene  Warrae- 
bedürfnis, das  eine  Scheidung  der  Standorte  der  einzelnen  FÜanzeuarten  inner- 
halb bestimmter  Hühengürtel  in  erster  Linie  bewirkt. 

In  der  Region  unter  der  Passatwolke,  also  T<nn  Strand  an  bis  etwa 
700  m  HMie  herrschen  nach  Christ*)  afrikanische  Strand-  nnd  Steppenj^anien 
▼or,  fexner  sahlretdie  endonische  Strauohgswlielise  nut  qnixlig  yeriMdtem 
Stamm  nnd  oft  fleischigen  Blattrosetten ,  daneben  Euphorbienbüsche  und 
immergrüne  Straucher  der  Myrten-  und  Lorbeerform,  in  den  schattigfeuchtett 
F^t  hhichten  aber  Sucoulenten,  die  an  SnnjicrvUnUH  anklingen,  Drachenb&ume, 
Farn-',  Lianen,  Winden,  MalvaceonbUumchen. 

Flolier  obtni  zwischen  etwa  7(><>  und  16U0  in  ruht  gewübnlicli  die  Passat- 
wolke und  gibt  dem  Boden  ausgiebige  Bewässerung:  hier  heiTScht  der  Lorbeer- 
wald mit  baumartigen  Eriken,  stammlosen  Famen  und  einigen  größeren 
Lianen,  aber  ohne  die  Epiphyten,  die  erst  dieser  Formation  einen  tropischen 
Charakter  verleihen  würden.  Auf  offenen  FlBdien  breiten  sich  Busehfonnationen 
der  Lorbeer-,  Erilran-  und  Faraform  aus. 

Cher  den  Lorheerwald  hinauf  reichen  noch  die  Wälder  der  prächtigen 
kanarischen  Kiefer  (bis  über  21)00  m  Höhe);  zwei  schöne  Cistus  und  mehrere 
(Jinsterarten  bilden  da.s  Unterholz  dieser  herrlichen  Wälder,  die  auch  innerhalb 
der  Wolkenregion  auf  den  trockeneren  Standorten  auftreten  und  stellenweise 
Vürj»osten  bis  zum  Meeresniveau  hiuabsenden.  An  der  oberen  Grenzregion 
der  Kiefern  kommen  auf  dürrem  Boden  auch  noch  ganz  vereinzelt  die  nun 
üsst  völlig  ausgerotteten  Gedern  (Junipenta  Oeärut)  tot. 

Ein  subalpiner  Gürtel  findet  sl4&  SGUiefilich  noch  auf  Tenerife  swischen 
der  oberen  Orense  des  Kiefernwalds  nnd  etwa  8050  m,  wo  neben  sabalpinen 
Standen  die  lotaten  Exemplare  der  Betama  l^anca^  der  fast  blattlosen  Ginster 
der  Caüadas,  vorkommen  —  eines  Gewächses,  das  während  des  größten  Teils 
des  Jahres  in  Folge  der  außerordentlichen  Trockenheit  völlig  ruht  und  nur 
während  der  kurzen  Frübjahrsniedersi-hliigf  seine  Vegetationszeit  vollbringt. 
Einzelne  Phanerogamen ,  wie  Viola  chüranlhifolia  und  Silme  nocttolena  reichen 


1)  Christ  a.  a.  0.  S.  626.         i)  a.  a.  0.  S.  489  t 


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Die  kanftxitcliAii  Inaeln. 


491 


am  KtoB  ebealklls  bis  8000  m  «mpor.^)  Bis  vom  Pikgipfel  salbst  aber  ge- 
langen nur  noch  spiriiebe  Moose  and  FLechten.*) 

0.  Tierwelt.  • 

Weniger  gat  bekannt,  auch  minder  reich  nnd  eigenartig  als  die  Pflansen- 

welt  ist  die  Tierwelt  der  kanarischen  Inseln.    K.  t.  Fritsoh')  hat  gefanden, 

daß  die  Meermollusken  einen  westiranzösischen ,  die  Süßwassermollusken  und 
Käfer  einen  südeiiropaischen  und  auch  die  Meeresfische  eher  einen  mittel- 
meerischen  als  exotischen  Charakter  zeigten.  Auch  die  Crustazeen  zeigen 
z.  T.  sehr  ausgesprochene  Beziehungen  zum  Mittehneer.^)  Immerhin  stellen 
sich  unter  den  Meeresmoliusken  auch  amerikanische  Formen  ein*),  und  es 
sind  auf  den  wesÜichen  Inseln  einige  amerikanische  Makrolepidopterenformeu 
nachgewiescD,  wihrend  ihrer  allerdings  die  Seflidun  Inseln  yOUig  entbehren 
und  mehr  den  Eaanentypos  des  afirikanischen  Festlandes  seigen.*)  Es  ist 
dies  am  so  weniger  sa  Terwnndem,  als  a.  fi.  Sfldwinde  suwtilen  sogar  grofie 
Massen  von  Heuschrecken  Tom  aMkanischen  Festland  nach  den  kanarischen 
Inseln  hinüberbringen. 

Schlaiitreu  fehlen  vollständig,  dagegen  sind  eigenartige  Kidechsen,  ein 
Laubfrosch  und  zuweilen  eine  ( an  der  afrikanischen  Küste  häufige^  Scliild- 
kiiitt-nart  vorhanden.')  R<'ich  ist  die  Vogehvelt"),  und  nicht  selten  konuiu-u 
atiikanische  Arten  herüber  und  bleiben  auf  den  östlichen  Inseln  sogar 
danernd.  Der  bekannteste  Vogel  des  Archipels,  der  Kanarienvogel,  lebt,  mit 
grüngelbem  Gefieder  ausgestattet,  noch  hftnfig  wild  auf  den  Terschiedenen 
Inseln.  Sehr  spBrlich  ist  die  ar^rBngliche  Sftagetierwelt  der  Insdn  entwickelt, 
and  erst  dorch  den  Menschen  ist  teils  gewollt,  teils  ungewollt,  eine  ansehn- 
liche Bereicherung  dieser  Tierklasscn  erfolgt');  manche  der  eingeführten  Tiere 
sind  freilich  im  Lauf  der  Zeit  wieder  aasgestorben,  SO  1811  die  Hirsche,  die 
zu  Jagdzwecken  von  den  Spaniern  eingeführt  gewesen  waren  und  sich  stark  ver- 
mehrt hatten.  Zum  Zweck  der  Mosquitovertilgnng  wurde  — -  ^cbon  im  Itl.  Jahrh. 
—  der  giüue  Wasserirosch ,  Jiana  esculcnta^*^)^  eingeführt,  und  gelegentlich 

1)  Christ  a.  a.  O.  8.  488. 

2)  C.  Bolle    Die  kanarischen  Inseln    Z.  f.  Allg.  Erdkde.  Berlin  1861    S  '22. 

8)  Oatatiantitche  Inselgruppen  in:  Senckenberg.  Inst.  1870  (nüert  Christ 
8.  498). 

4)  Karl  Kölbel.  Beitrfige  zur  Kenntnis  der  Gnutazeen  der  kanarischen  Inseln. 
(Ann,  k.  k.  naturhi-'t.  TTnfinii?  l'.d.  VII.  1B9'2.  S.  ins  )  Die  im  .Tanicio  de  A'^un  von 
0.  Simony  lÖUU  gesammelten  GriUos  blancos,  Munidopgw poiifmor}>tia^  gehören  da- 
gegen einer  Oattung  an,  die  bislier  nnr  ans  Tielbi  von  100 — 2000  Faden  bekannt 
war  iChallengerwerk:  J.  R.  Henderson,  Report  on  tfae  Anemone,  8. 148;  KOlbel 
8.  113). 

ö)  Christ  a.  a.  0.  S.  46S. 

9)  H.  Rebel.  Beitrag  cur  Ifikrolepidopterenfeima  de«  kanariiehen  Archipels 

(Ann.  k.  k.  naturhist.  Hofinus.  Bd.  VIT.  1892.  S.  243). 

7)  F.  Stein  dachner.  Über  die  Reptilien  und  Batrachier  der  westlichen  und 
östlichen  Gruppe  der  kanarischen  Inseln  ^Ann.  k.  k.  naturhist.  Hofmos.  Bd.  VI. 
1881.  S.  806). 

8)  C.  Bolle  a  a.  0  S.  I5ff.  9)  Ebda.  8.  Uft. 
10)  Ann.  k.  k.  Uofiuus.  VI.  S.  806. 


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492 


K.  Sapper: 


kommoi  mit  Sehiifon  auch  Eidcehfleii  ocUr  idbst  LandtdiUdhrOtMi  von  der 
afrünoischen  Eflite  herfiber.*) 

Höchst  merkwürdig*)  sind  an  der  KSferfauna  Madeiras  und  der  Kanaren 
naeh  T.  V.  WoUastons  Untersuchungen  die  Tatsachen,  daß  zwar  viele  Gat- 
tungen europaisch  sind,  aber  auch  viele  ganze  Familien  und  große  Gattunu'en, 
die  in  Süd  -  Europa  häufig  vorkommen,  gün/.Iich  fehlten  und  ander<'i-eits 
relativ  vicln  Guthingen,  die  in  Europa  gewöhnlich  oder  niunohmal  geflügelt 
sind,  hier  der  iliigel  cutbehreu  oder  besonders  kräftige  Flugorgane  besitzen^ 
was  Darwin  an  dar  Hypothese  ftthrto^  daft  die  Flflgel  rOekgebüdet  oder  be- 
sonders  stark  ansgebilckt  worden  sein  mUfiten,  um  ein  Verwehen  dieser 
Insekten  ins  Meer  hinaus  lu  Texhindem.  Es  wirkte  also  hier  die  Bngrftumig> 
keit  der  Insehi  auf  den  Oi^ganismns  der  Tiere  zurQck. 

Daß  einheimische  Landsäugetiere  gänzlich  fehlten,  wird  nenerdings  be- 
stritten, indem  (nach  R.  F.  Scharff'))  Kaninchen  und  Ziegen  nicht,  wie  man 
gewöhnlich  annimmt,  eingeführt  sein  «sollen.  Scharff  glaubt  —  im  Gegensatz 
zu  Wallace  —  annfhmrn  zu  dürfen,  daß  einst  «nne  Landverbindung  zwischen 
den  atlantischen  Inseln  und  Fi^ropa  bestanden  habe  und  ebenso,  daß  einst  eine 
Landbrücke  von  Afrika  nach  Südamerika  bestanden  haben  müsse,  denn  nur 
so  liefie  sieh  die  Verwandtsehafb  der  Fauna  der  atlantiseben  Inseln  mit 
enropSisdien  und  sttdamerikanischen  Formen  erUSren. 

Lassen  wir  das  oft  besproehene  sdiwierige  Problem  einer  afldamerikanisch- 
afrikanischen  Landverbindnng  bei  Seite ,  so  kOnnen  wir  die  Möglichkeit  einstiger 
Landverbindung  mit  Europa  für  die  Kanaren  wenigstens  auf  dem  Umweg 
über  Afrika  und  die  im  Tertiär  noch  vorhandene  f nl)raltar-Hrücke  sicherlich 
zugeben.  Wir  wissen  freilich  nicht,  wie  die  Teiraingestaltung  zur  Zeit  der 
Diabasformatiüu  gewesen  ist;  es  läßt  sich  aber  sehr  wohl  von?t<dlen.  daß 
damals  die  Ur-Kanaren  in  direktem  Zusammeuiiung  mit  Afrika  gestanden 
h&tten,  und  daß  so  die  alta&ikanischen  Pflanzen  und  Tiere  ohne  Schwieiigkeit 
einwandern  konnten.  Aber  anoh  in  der  spSteren  Zeit  der  Tulkanisehen 
Tätigkeit  kann  sehr  wdil  seitenweise  «ne  LandTerbindungf  sum  mindesten 
der  Ostliehen  Kanaren,  mit  Afrika  vorhanden  gewesen  sein,  denn  so  gut  seit 
dem  mittleren  Tertiär  Hebtingen  von  mehreren  hundert  Metern  Ausschlag 
stattgehabt  haben,  können  auch  einst  noch  größere  Hebungen  stattgefunden 
haben,  die  eben  nachtrftgüch  wieder  duroh  Senkung  ausgeglichen  wurden. 

7.  IbaelhaTiahalt. 

Man  darf  anneluneu,  daß  zum  mindesten  seit  der  jüngsten  Tertiärzeit 
die  Kanaren  vom  Festland  abgeschnitten  gewesen  sind  und  von  da  ab  nur 
noch  durch  Wind-  und  Meeresströmungen,  durch  VOgel  und  sonstige  gelegent- 
liche Transportmittel  neue  Lebenskeime  erhalten  haben.  Die  Isseln  waren 
jetzt  im  Grotten  und  Ganzen  auf  sidk  selbst  angewiesen  und  mußten  inner- 
halb dar  einmal  gegebenen  rilumlichen  und  Uimatiscfaen  Verhlltaisse  mit  dem 

1)  Ann.  k.  k.  Hofinns.  TL  S.  SM. 

S)  A.  R.  Wallace.  Die  geographiaehe  Yerbreitnng  der  Tiere.  Dieadsn  4876. 

I.  8.  250  ff. 

8)  Proc.  Ii.  Ixish  Ac.  U.  Bd.  Sect.  B.  S.  268—297. 


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Die  kanazischen  Inseln. 


4^3 


baushalten,  wat  de  ans  dir  Vonrit  an  anorganiaehem  nnd  oigamaelieiii  Besits* 
ataad  übericommen  hatten. 

Den  größten  Zuwachs  hat  seit  der  TOlligan  laolierong  der  anorganisehe 
Besitzstand  der  kanarischen  Inseln  erfahren  nnd  zwar  aus  dem  Erdinneren 
durch  neue  vulkanische  Ausbrtlche  und  vom  nahen  Kontinent  herüber  durch 
Sand-  und  Staubfällo.  Das  Mt-er  träpt  kein  neues  Material  herbei  und  ver- 
mehrt den  Bestand  höchstens  durch  Skelett-  und  Schalenreste  abgestorbener 
Tiere  oder  {wie  an  der  Ostküste  von  Laozarote)  durch  Korallenbauten.  Durch 
letztere  mehrt  daa  Heer  aiieh  die  LandflSdieb  Aber  dieeer  Ueine  Landgewinn 
Termag  auch  nicht  im  Geringsten  den  Landreilnst  wieder  gnt  in  machen,  den 
die  Kanaren  durch  die  WiAnng  der  Meeresfarandnng  erfahren  haben.  Dieeer 
Landverlust  ist  nicht  nur  an  sich  betrftchtlich,  sondern  er  macht  sich,  da  er 
an  den  Rändern  der  Inseln  eineetsty  auch  in  der  Weise  geltend,  daß  die 
Landfliiohen  vielfach  in  Steilhängen  ins  ^\e>n-  alifalbn*)  und  diese  nicht  nur 
der  ni-'iischlichen  Besiedelung  und  Bewirtschaftung,  sondern  manclimal  sogar 
der  pflanzlichen  und  tierischen  Besiedelung  ganz  oder  zeitonwpise  trotzen.  Dazu 
kommt,  daß  sich  durch  das  Vordringen  des  Meeres  das  Übel  der  Eugräuniig- 
keit  Ar  die  hohen  Inseln  in  der  Weise  verschärft,  daß  da»  Gef&ll  aller  Bach- 
riise  grSBer  wird,  weil  die  Höhe  der  Ineebi  nicht  im  gleichen  Mafia  abnimmt, 
wie  die  ObottUshe;  mit  dieser  YergrOficnmg  des  GefUIs  steigt  aber  auch  wieder 
die  Erosiems-  und  Traaspcrtkraft  der  ffitefienden  Gewisser  und  damit  auch 
der  Materialverlust  im  Inselinnem;  die  ursprünglich  ziemlich  ^ichm&ßigen 
Gehänge  werden  tief  zerfurcht  und  Schluchten  mit  gewaltigen  Steilwänden 
herausgearbeitet;  diese  sind  menschlicher  Besiedlung  und  Bewirtschaftung,  so- 
wie dem  Verkehr  höchst  hinderlich  und  stellen  auch  für  viele  Pflanzen  und 
Tiere  ungeeignete  Wohnorte  dar,  ermöglichen  andererseits  aber  auch  in  ihrem 
Schatten  solchen  Gewächsen  uud  Tieren  ein  fröhliches  Gedeihen,  die  in  der 
freien  Sonne  der  Umgebung  nicht  fortsnktmmien  TeimOchten. 

DaB  die  Talw&nde  der  Barraneo»  so  ungemein  steil,  yielfiMh  liut  senk> 
recht  anftteigen,  ist  ftbrigens  nicht  so  sehr  Folge  der  Titigkeit  des  fliefienden 
Wassers  an  sich,  sondem  der  Neigung  der  anstehenden  Tuife  und  Lairen  au 
senkrechter  Abspaltung. 

Die  Beschaffenheit  des  stark  vorherrschenden  vulkanischen  Gesteins 
ist  äußerst  bedeutungsvoll  für  den  Wasserhaushalt  wie  das  organische  Leben 
der  Inseln:  das  Wasser  sickert  leicht  in  dem  Untergrund  ein  und  darum  sind 
dauernd  Üießende  Gewässer  auf  den  Kanaren  noch  wesentlich  seltener,  als 
sie  bei  gleidiem  Klima  und  gleichen  Oberflächenverhältniasen,  aber  minder 
wasserdurchllssigem  Gestein  sein  wflrden;  das  sieht  man  besonders  deatiidi 
auf  der  regenreichsten  Insel,  Palma:  nur  da,  wo  durch  Erosion  das  alte 
IKabasgebirge  m  Tage  getoctoi  ist  (in  der  Caldera),  gibt  es  einen  Bach,  der 
das  ganae  Jahr  hindnreh  Wasser  ins  Meer  trlgt*)  und  wenn  auf  Fnerterentura 

1)  Am  auffälligsten  fast  von  allen  Kanaren  zeigt  Uieno  diese  Eigenschaft:  es 
sieht  von  weitem  aus,  wie  ein  flacher  Schild,  der  an  den  Bind«ni  plotslich  jäh 

snm  Meer  hin  abbricht. 

2)  Ausdauernde,  bis  ins  Meer  reichende  Bäche  rind  aofierdem  vorhanden  auf 

Teuerife,  Grau  Canaria  and  Gomera. 


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494 


K.  Sappen 


auf  Diabasboden  nicht  ebenfalls  perennierende  Gewässer  vorkommen,  so  iife 

nur  das  exzessiv  trockene  Klima  dieser  Insel  daran  Schuld. 

Die  große  Wassei-durchlässigkeit  des  Oesteins  hat  aber  für  die  Pflanzen- 
welt außerlialli  iles  Wolkengürtels  die  weit;'re  große  Bedeutung,  daß  sie  in 
gleicher  liaihtuiiL^  wie  das  au  sich  schon  trockene  Klima  wirkt  imd  demnach 
dazu  beitrugt,  daß  die  Gew&ohse  große  Bedürfnislosigkeit  in  der  Wassei> 
aufiiahme  beritien  mfitteii,  wenn  sie  abseits  Ton  schattigen  ScUnchten  oder 
perennierendem  Wasser  bestehen  nnd  gedeihmi  wollen.  So  wird  dwdi  Klima 
und  Bodenart  in  gleicher  Weise  eine  Auslese  bewiilAi  und  die  eingewan- 
derten oder  eingeführten  Organismen  bilden  sich  in  der  Weise  um,  daß  sie 
der  langm  Trockenheit  des  Sommers  und  der  spärlichen  Befeuchtung  der 
Wurzeln  gewachsen  sind.  Da  bei  der  Isoliertheit  der  Inseln  ein  Wiederkreuzen 
mit  den  Stammformen  aus^reschlosscn  ist,  80  entstehen  zahlreiche  endemische 
Arten  auf  dem  Hodfü  dieser  Inseln. 

In  ähnlicher  Weise  bewirken  die  Eigenart  des  Klimas  und  der  Umgebung, 
die  Engräumigkeit  und  IsoUerCheit  des  Wohnorts  bei  der  ^ßerwelt  Besonder- 
heiten, die  schließlich  sur  Ausbildung  neuer  Arten  idhren  mußten. 

Aber  auch  auf  den  Menschen  wirkt  die  Besonderheit  des  Klimas  und 
Bodens  und  der  enge  Baum  des  Wohnorts  bestimmend  znrück,  namentlich 
aber  mußte  das  der  FaU  gewesen  sein,  solange  die  Inseln  nicht  dem  Welt- 
verkehr angegliedert  waren,  solange  also  ihre  menschlichen  Bewohner  in 
gleicher  W^eise  isoliert  waren,  wie  Tier-  und  Pflanzenwelt  und  daher  ebenso, 
wie  diese,  mit  den  engbegreuzten  Möglichkeiten  der  Eilande  rechnen  mußten. 
Daraus  erklärt  sich  der  verbältnisniüßig  niedrige  Stand  und  manche  Eigenart 
der  materiellen  Kultur  der  alten  Kanarier  und  die  Erscheinung,  daß  eine  ge- 
wisse VerkSnunerung  der  Tom  FMtland  herftbergebrachten  Kultur  der  alten 
Inselbewohner  platzgegriffen  hat 

8.  Vonpaniaohe  Bevölkemiig. 

Die  Älteste  mensdüiehe  Bevölkerung  der  kanarischm  Inseln  ist  sweifd- 

los  auf  Fahrzeugen  vom  afrikanischen  Festland  aus  eingewandert,  bat  aber, 
da  die  Ungunst  der  Küsten  die  Schiffahrt  nicht  begünstigte  und  der  Wohn- 
raum den  Bedürfnissen  der  Bewohner  genügte,  also  ein  Verkehr  mit  aus- 
wärts nicht  unumgänglich  notwendig  war,  die  Kiuist  der  Schiffahrt  wieder 
verlernt.  Nach  R.  Verneaus  Forschungen*)  gehörte  die  Hauptmasse  der  vor- 
spanischen  Bevölkerung,  die  Guanchen,  ebenso  wie  gewisse  Berberstämme, 
der  alten  Oro-Magnon- Basse  an.  Dies  großwfiohsige,  langschädelige,  hdl- 
hftutige,  blond-  bis  braunhaarige  Volk  dürfte  hm  seiner  Ankunft  bereits  dne 
klemwttchsige,  rundkOpfige  und  kursgesichtige,  nieht-gnanehische  BeTSlkerung 
▼orgeftanden  haben,  einen  Yolkstypos,  der  gegenwärtig  noch  am  hftufigsten 
auf  den  westlichen  Inseln  vorkommt.  Nach  der  Festsetzung  der  Ouanchen 
dürfte  ein  zweiter  nicht-guanehischer  Sfumra  von  mittlerer  Körjiergröße, 
mesoeephaleni  Schildel  und  brünetter  Haut-  und  Haarfarbe  von  Afrika  nach 
den  Ostiuseln  gekommen  sein,  aber  dort  alimählich  die  mitgebrachte  höhere 

1)  Cinq  anuiJes  de  Mgour  aoz  Ues  Canariee.  Paris  1891.  S.  lOSff. 


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Die  kanarischeja  Inseln. 


495 


Knttar  in  Folge  der  Isolierung  und  in  Folge  der  ungllagligeu  Ausstattung 
des  neuen  Wohnorts  verloren  haben')  (Semiten?  Verne  au  —  oder  Hamiten? 
Hans  Meyer).  Die  Guanchen  haben  sich  allmählich  mit  den  beiden  anderen 
"VolksstUmmcn  vermischt  und  sie  sich  seihst  nwh  kulturell  nahe  i^ebrncht,  so 
daß  Jalirtausende  lang  bis  zum  Endr  des  Mittelalters  eine  r-omatiich  und 
kulturell  nicht  allzu  verschiedenartige  Bevölkerung  aut'  den  kauarischen  Inx  ln 
hinlebte  in  weltvergessener  Vereinaamung  —  wenn  man  von  den  vorüber- 
gehenden Btrühnmgen  mit  den  lüttelmeerrOlkem  im  Altertom  absieht 

Die  alten  Eanarier  waren  demnach  gana  und  gar  auf  das  angewiesen, 
was  der  Axehipel  bot  und  was  sie  selbst  mitgebracht  hatten  an  Hanstieren 
(Hunden,  Schweinen,  Schafen  und  wnhrscheinlicli  Ziegen)  und  Knltaipflansen 
(Weizen,  Gerste,  Erbsen  und  Bohnen),  Was  dit  Kannnnflora  an  eßbaren 
Früchten,  Samen,  Wurzeln  und  Pilzen  bot'),  wunle  dankbar  benutzt.  Fisch- 
fang und  Aufsammeln  von  Krabben,  Mollusken  vmd  Echinodermen lieferten 
wichtige  Beiträge  für  ihre  Küche;  noch  bedeutsamer  war  der  primitive  Acker- 
bau; in  erster  Linie  aber  sind  die  Guanchen  ein  Hirtenvolk  gewesen.  Ihre 
Wohmugen  waren  sameist  Höhlen,  settsner  (besonders  auf  Gran  Oanaria, 
ffierro  üid  den  Östlichen  Inseln)  halbtuiterirdisohe  Hflttsn  und  oberirdische 
Steinhlaser.*)  Zur  Herstellung  von  Oerttten,  Waffn  und  Werkseugen  standen 
den  biselbewohnem  nur  die  auf  dem  Archipel  Torkommenden  Materialien  zur 
Verfügung;  sie  verwandten  demnaidi  Holz,  H(Mm,  Ton,  Mu8<dielschalen ,  Basalt, 
Obsidian  und  verstanden  die  Steinwerkzeuge  sorgfältig  zu  glStten  und  schleifen. 
Die  Kleidung  der  eigentlichen  financhfn  bestand  aus  Fellen,  die  der  nicht- 
guanchischen  Kanarenrasseu  z.T.  aus  BiuscugeÜecht;  viele  gingen  auch  nackt. ^) 

Für  die  Wahl  der  Siedeiungen  waren  in  jenen  Zeiten  der  Abgeschlossen- 
heit von  außen  und  geringer  technischer  Hilfsmittel  das  Vorkommen  natür- 
licher Höhlen  und  die  Verbreitung  von  Tuffbftnken,  in  denen  sich  leicht 
Höhlenwohnungen  anegraben  liefien,  sowie  die  Blloiksicht  auf  nicht  allzu 
giofie  Entfemxug  Tcn  Trinkwasser  maBgebend;  wo  oberirdisolie  Gebftude  er- 
richtet wurden,  dfirfte  letztere  Bflcksicht  mehr  in  den  Vordergrund  getreten 
8«n.  Ss  gab  Dörfer  Ton  mehreren  hnndai  Hftusem;  aber  auch  Höhlen- 
wohnungen waren  —  und  sind  noch  immer  mehrfach  —  in  dorfartiger  Zu- 
sammendriingung  vorhanden.  Eine  besondere  Konzentration  der  Bevölkerung 
an  der  Küste  IVlilte,  da  ja  iiaudel  und  Schiffsverkehr  unbekuuut  waren  und 
Fischfang  nur  in  bescheidenem  Maß  ausgeübt  wurde.  Der  Verkehr  war  ganz 
und  gar  zum  Landverkehr  geworden;  Lasten  und  Nachrichten  wurden  durch 
Mensehen  you  einem  Ort  zum  andern  flberbracht,  soweit  nidit  letatere  durch 
die  noch  jetzt  auf  Qomera  geflbte  Pfeafqpnche  übermittelt  werden  konnten. 

Da  id>er  trotz  der  Terh&ltnismftßig  niedrigen,  ganz  auf  neolithisoher  Stufe 
stehenden  materiellen  Kultur  die  Staatswesen  der  Kanaron  gut  organisiert 
waren,  die  Gerechtigkeit  hochgehalten  wurde  imd  die  Menschen  in  großer 
Sittenreinheit  dahinlebten,  so  konnte  man  doch  den  Namen  billigen,  den  die 

1)  Hans  Meyer.  Die  Insel  Tenerifi».  Leipug  1896.  8.  4Sff. 

i)  C.  KoHp  hat  am  a  a  0.  S.  22  alles  au%eählt. 
8)  Verneau  a.  a.  ü.  S.  86.         4)  Ebda.  S.  47— fr8. 
6)  H.  Meyer  a.  a.  0.  8.  86,  Verneau  a.  a.  0.  8.  69—78. 


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I 


496 


IL  Bftpper: 


Alten  der  kanariacbeB  Inaelgnippe  gegeben  hntken:  „Tniinlae  Fortnnatae, 

Qlfickselige  Inaeln". 

Wie  so  anders  sollte  es  werden,  als  die  europäischon  Völker  gegen  Ende 
des  Mittelalters  die  Inseln  wieder  entdeckten  und  nicht  lange  hernach  ihre 
gierige  Hand  danach  ausstreckten! 

9.  Die  Bozopter  auf  den  SeaamL 

Am  Anfang  dee  16.  Jehiliiuiderts  begann  dn  nonnlnmach'frnnrthriielier 
Edelmann  (Jean  de  Betanoonii)  ak  Lebenahexr  dar  kaatiliiifihen  Kmo»  die 
Erobemsg  der  kanariscban  LucJn  vnd  am  Ende  deüelben  Jahilnmderts  to11> 

endeten  die  Spanier  die  üntarwerfbng  der  durch  die  Kriege  stark  deaomierten 
Gnanchcti  In  der  Folge  kamen  immer  mehr  spanische  Einwanderer  nach  dem 
Archipel  und  die  (^bcrrcste  der  Urhpvölkoning  gingen  allmählich  in  der  Ver- 
mischung mit  den  Europäern  auf.  Zu  diesem  Völkergemisch  kamen  als  neue 
Elemente  sclion  l  lOä  Mauren  von  dnr  benachbarten  afrikanischen  Küste  iiin- 
zu,  späterhin  noch  Neger,  die  als  Ökiuveu  t'iir  Zuckerpiautageimrbüit  eingeführt 
worden  waren  nnd  nun  einige  DOrfer  im  Innern  Graa  Canariaa  berOlkeni.*) 

Aber  abgeseben  too  dieemi  nenafirikanisdien  Zntaten  beatebt  die  gegen» 
wirtige  BerOlkecnng  der  kanansehen  Inaehi  ans  einer  siemlicb  «inbeitlicben 
Miacbraase  swiaehen  Spaniern  mit  norminnisehem  Bineohlag  nnd  Gnanchen, 
sowie  ans  reinen  Spaniern.  In  jüngster  Zeit  haben  sieb  anob  Angehörige 
anderer  europäischer  Nationalitäten  auf  den  Kanaren  niedergelassen,  ins- 
besondere Engländer,  Franzosen  und  Deutsche*)  —  wenige  an  Zahl,  aber 
durch  ihre  Kapitalien  und  energische  Initiative  im  wirtschaftlichen  Leben 
des  Archipels  sehr  bedeutsam. 

Mit  der  Besitzergreifung  des  Archipels  durch  die  Europäer  ist  seine 
lange  Isolierung  jählings  aufgehoben  worden,  nnd  mit  einem  Scdüage 
Anderten  sidi  die  wirtsobaftlicben  Bedingungen,  nisfcete  sich  eine  Knltor  ein, 
die  ihre  Wnnebu  anf  fremdem  Boden  hatte  nnd  von  answirts  Exaft  nnd  neos 
Nahmng  zog.  Freilich  ging  die  alte  Guanchenkultur  nicht  urplötzlich  unter; 
vielmehr  blieb  sie  zunächst  neben  der  spanischen  bestehen,  wurde  aber  all- 
mählich immer  mehr  in  den  Hintergrund  gedrängt  und  ist  jetzt  nur  noch  in 
wenigen  Reliquien  erhalten,  welche  die  Spanier,  oder  wenigstens  die  Misch- 
ra^'Sc  von  den  Guancben  übernommen  haben:  so  ist  das  alte  pflanzliche  Haui)t- 
uaiirungsmittel,  der  Goiio,  noch  jetzt  die  Hauptspeise  der  ländlichen  Kanarier, 
auf  Gomera  hat  sich  die  Pfeifsprache  erhalten,  in  einzelnen  Gegenden,  s.  B. 
anf  Gran  Oanaria,  ist  man  den  HÖUenwabnnngen  trea  geblieben;  selbst  die 
alten  Mahlstnne  sollen  stellenweise  noeh  inm  Herttellaa  Ton  Gofiomehl  ans 
geröstetem  Getreide  oder  Mais  verwendet  werden.*)   Namentlieb  aber  wurden 

1)  C.  Bolle  a.  a.  0.  8.  86. 

2)  Nach  dem  Zensna  vom  81.  Desember  1900:  1086  EnglAnder,  688  Franaoeea, 

610  Deutsche  unter  4227  Au8ländern. 

3)  Juan  Maluquer  y  Viladot.  Becaerdos  de  un  viaje  a  Canariaa.  Bar- 
e^na  1906.  S.  146.    Sonst  werden  snr  Gofio»  nnd  (Iberhanpi  rar  Hehlbereitung 

Windmühlen  verwendet.  Wind  ist  ja  auf  den  Kunaron  neben  tierieoher  Kraft  (Ka- 
mele auf  den  östlichen  Inseln)  die  einzige  verläSIicbe  Triebkraft  und  nur  ganz 
spärlich  (z.  B.  auf  Palma)  kann  auch  Wasserkraft  augewendet  werden. 


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Die  kanftrisehen  Inaein. 


497 


die  HanstiMre  und  Kiilttirpfl«iueD  der  Chuncbeii,  Tenmitlich  auch  die  Enltiir- 
nMÜioden  fibwnomineii.  Da  sie  aber  allein  den  Bedflx&iaeen  der  Enropter 
nicht  genfigten,  so  ffiluten  dieee  nach  nnd  nadi  eine  ganae  Bdhe  alt- 
weltlicher und  neu  weltlicher  Kulturgewächse  auf  deu  Inseln  ein:  Roggen, 
Linsen,  Lupinen,  Futterkrfiut^r  und  (iemüsearten ,  Zwiebeln,  Lein,  italienisches 
Schilfrohr,  Ölbaume,  Dattelpalmen,  Weinreben,  Kürbisse,  Orangen  und  Frucht- 
bäume der  kühleren  Zone,  Maulbeerbäume,  Zuckerrohr,  Kaflfeebänme,  Ba- 
nanen u.  dpi.  mehr,  ferner  aus  Amerika  KartofFeln^),  Name,  Bataten,  Tomaten, 
Mais,  Tabak;  Aguacate  und  andere  amerikanische  Fruchtbäume;  Opuntien  und 
Agaven.  Australien  hat  den  Eukal jptnsbaum  geliefert,  der  in  großen  Exem- 
plaren vielfMb  als  StraBeneinfiusung  gesehen  wird.  Ditrdi  diese  Fremdlinge 
und  deren  stellenweise  recht  ausgedehnten  Anbau  ist  das  LandscfaaftsMld  der 
Kanaren  ▼ieUheh  gans  wesenflieh  umgestaltet  worden,  und  swar  heben  su 
verschiedenen  Zeiten  ganz  verschiedene  Kulturen  der  Landschaft  ihr  Geprftge 
gegeben:  in  den  ersten  Jahrhunderten  nach  der  Besitzergreifung  blühte  yor 
allem  die  Zuckerrohrkultur;  sie  war  und  ist  naturgemäß  wegen  der  hohen 
Wärraoansprüche  der  Pflanze  auf  das  Tiefland  boschrilnkt.*)  Später  wurde 
der  Weinbau  herrschend.^)  Neben  dem  Weinbau  wurde  (seit  Mitte  des 
18.  Jahrh.^))  lauge  Zeit  hindurch  der  Anbau  der  Suda  liefernden  Barilla 
{MesembriiuUhtmum  crystcMmum)  gepflegt.  Zeitenweise  wurde  auch  das  Einsam- 
meln der  an  steilen  Felshingen  wild  wadisenden  Orchillaflechte  (^oewßa 
Unäaria)  ofrig  betriehen,  audi  Krapp  gebaut;  aber  die  Fortsohritte  der  ehe- 
mischen Farbenindustrie  haben  diese  Beschftftigungsnraige  lahm  gelegt  —  eben- 
so wie  di#  Kocheuillezucht,  deren  weiterimten  gedacht  werden  solL  Dagegen 
ist  in  den  letzten  Jahrzehnten  der  Bananenbau  stark  eraporgeblüht,  nach- 
dem in  England  ein  guter  und  sicherer  Markt  für  dieses  Produkt  gefunden 
war,  und  trotz  der  hohen  Verpackungsspesen'')  und  der  hohen  Landpreise  hat 
sich  der  Bauauenbau  bisher  als  rentabel  erwiesen.  Neuerdings  werden  auch 
vielfach  Zwiebelsamen,  Tomaten  und  Frühgemüse  für  den  englischen 
Export  gezogen  nnd  gewinnen  mehr  und  mehr  Bedeutung. 

Troti  der  Gunst  der  WSnneyerhIltnisse  ist  d»  Aeherbau  auf  den  Kanaren 
Tiel&ch  nur  unter  groBen  SdiwieriglEeiten  mög^idb  und  wegen  der  weiten 

1)  Seit  1622.   L.     Bach.  Ges.  Schriften.  DI.  S.  SS9. 

9)  Jetrt  ist  diese  Enltnr  geringfügig  geworden.  Sie  wird  nur  noeh  euf  Palma 
und  Gran  Canaria  in  größerem  Maßstabe  ausg^eübt:  das  Produkt  reicht  für  den 
Konsum  des  Archipels  bei  weitem  nicht  bin  und  aucli  die  Erhebung  einer  Abgabe 
auf  Einftihr  fremden  Zucker«  hat  den  Zuckeirohrbau  nicht  zu  heben  vermocht 

8)  Jetit  ist  er  stark  surflokgegangen,  teils  deshalb,  weil  seit  1868  eine  durch 
Oidium  Tuchri  verursachte  Tranbenkrankheit  aufgetreten  ist,  teile  aber  auch  des- 
halb, weil  das  ungeeignete  primitive  Kelter-  und  Nacbbehandlungsvertahren  den 
kanarischeu  Wein  auf  dem  Weltmarkt  nicht  mehr  koukurrenztUhig  erhalt.  Nur  da, 
WO  der  Most,  wie  auf  Lansarote,  sadigeniftBe  und  sorgflUtige  Behandlmig  erflUut, 
enielt  der  kanarische  W^in  auf  dem  ausländischen  Markt  noch  «jute  Preise. 

4)  Jetzt  ist  diese  auf  (im  östlichen  Kanaren  einst  betriebene  Kultur  (L.  v  Buch 
a.  b  0.  8.  263  f.)  aufgegebeu;  jedoch  werden  wild  wachsende  Pflanzen  auch  gegen- 
wtetig  noch  in  kleinem  Maßstab  gesammdt. 

6)  Jedes  Fruchtbnndel  wird  in  Papier  gewickelt  und  in  ein  Holsleistengestell 
eingeschlossen,  was  per  Bündel  l  bis  i>  j  Pesetas  kostet. 

0*oiirr«phii«h«  Zaitaeltfifk  IS.  Jahrgang.  1»06.     U«ft.  84 


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498 


K.  Sftpper: 


Aiudellintuig  von  Felsböden  oder  groben  Orusflächen  auch  nicht  mehr  stark 
ausbreitnnesfähig.  Die  Hauptfoinde  des  Ackerbaus  sind  die  Trockenheit  der 
Luft  und  der  geringe  Wasservorrat;  in  den  meisten  (Jegenden  können  nur 
Pflanzen  von  sehr  kurzer  Vegetationsperiode  oder  geringen  Feuehtigkeitst)edürt'- 
nissen  ohne  Bewüssei-ung  oder  sonstigen  besonderen  Schutz  mit  sicherer  Aus- 
sicht auf  Erfolg  angebaut  werden.  Künstliche  Bew&sserung  ist  aber  nur  auf 
6omer»t  Oixva  CaDaria,  Tenerife  und  Palma  mOgMeb  und  auch  da  nnr  in  be* 
■durftnkter  Aiudehnwig.')  Faat  gaas  Tenagt  kflnatliehe  Bewtoerang  auf  dan 
beiden  dttüdien  Inaein*);  aber  nachdem  die  Erfidirung  auf  dem  ganzen  Ar> 
chipel  geifligt  hatte,  daß  natürliche  Lapillidecken  den  Boden  so  sehr  gegen 
Austrocknung  und  allzu  starke  Krhitsung  schützen,  daß  die  Ernten,  z.  B.  des 
WeinstiK'ks,  auch  bei  lanewiilirender  Trockenheit,  ganz  gesichert  erseheinen, 
so  begann  man  auf  genannten  Inseln  künstliche  Lapillidecken  von  7  Itis  10  cra 
Milchtigkeit  über  die  Felder  auszubreiten,  womit  die  Gefahr  des  Miüwachses 
feuchtigkeitsliebenderer  Kulturgewächso  beschworen  ist. 

Ein  sweitar  Feind  der  Knltiirmi  ist  der  Wind,  der  auf  den  Östlichen 
Liseln  lufierst  listig  ftUt  und  erentuell  durdi  Sobutamaueni  unsclüUllidi 
gemacht  werden  muB.  Auf  einzelnen  Teilen  der  Ostinseln  wird  aneh  Flug^ 
saad  den  Kulturen  schädlich,  und  die  von  den  Bauern  eniahtetan  ein&ohen 
oder  doppelten  Binsenhecken  vermögen  nur  ungenügenden  Schutz  zu  gew&hren. 
Die  wandennien  Barchane  des  mittleren  Inselteils  von  Lunzarote  entziehen 
die  gerade  bedeckten  Flächen  natürlich  vollständig  der  Nutznießung,  schädigen 
sie  aber  nicht  nachhaltig. 

Unter  solchen  Umständen  vermag  der  Ackerbau,  der  die  HadptbeÄchäf- 
tigung  der  fleißigen  Inselbewohner  darstellt,  zumeist  nur  ungenügende  Renten 
abzuwerfen. 

Die  Yiehsucht,  zur  Gnanehenaeit  an  erster  Stelle  stehend,  ist  neuere 
dings  mehr  und  mehr  an  swnte  Stelle  gerückt,  sehen  deshalb,  weil  all- 
|[fti|lili>li  imnier  mehr  ehemalige  Weideflächen  für  den  Ackerbau  in  Angriff 

genommen  wn^r  len  und  der  zurückbleibende  Rest  nur  minderwertiges  Land 

isl.  Tmmcrbiu  hat  die  Tierzucht  durch  die  von  den  EuropUem  neu  ein- 
geführten Tiere  ein  durchaus  anderes  Gepriige  gewonnen.  Zwar  spielen  noch 
immer  die  alten  (iuanrhenlmu^tiere  eine  große  Rollej  daneben  aber  auch 
Bind,  Pferd,  Esel  und  Kamel. 

^  1)  Da  die  fließenden  Gewiissor  der  Iiüheren  Inselteile  bereits  ausgenutzt  sind. 
SO  hat  man  auf  Tenerife  neuerdings  begonnen ,  die  in  geringer  Hübe  überm  Meer 
«itsiniBgenden  Oewftsser  sa  lammeln  und  in  die  Hübe  an  pnmpen,  um  rie  für  Be- 

WÄBBerung  zu  verwenden.    fMalnqner  a  a.  0.  S.  49.)  • 
2)  Nur  Garteukulturen  werden  bewässert. 

8)  Sapper.  Ackerbau  auf  den  OBtlicben  kanarischen  Inseln.  „Tropenpflanzer*'. 
X.  1906.  8.  306—311. 

4i  Die  Kamele,  seit  1406  »'ingeführt,  sind  auf  die  trockenen  östlichen  Inseln 
und  die  trockene  iSüdaeite  von  Gran  Canaria  und  Tenerife  beschränkt;  auf  den 
weslUehen  Inseln  fehlen  de  oder  sind  nnr  gelegenüieh  benatrt,  da  sie  dem  ge- 
birgigen Gkilände  wenig  angepaßt  sind.  Ihre  Zucht  wird  am  intensivsten  auf  Fuerte- 
ventura  getrieben,  wo  der  effektive  Kamelbestand  auf  etwa  C.ono  (rpHchiit/t  wird  und 
▼OD  wo  aus  auch  l'JOö  eme  gröliere  Zahl  nach  Südwest-Afrika  verschickt  worden  ist. 
(Maluquer  a.  a.  0.  8. 166.) 


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Die  kftiiArisclieii  Inseln.  499 

« 

Die  Zucht  der  Seidenraupe,  mat  bedeutend,  wird  jetst  —  auf  La 
Bnlma  —  nur  noch  in  kleinem  Maßstab  betrieben.  Dagegen  ist  die  Zucht 
der  aus  Amerika  eingelBhrtea  Kochenillelluee,  naehdem  sie  im  3.  Viertel  des 
19.  Jahrhunderts  enorme  Ausdehnung  gewonnen  hatte  und  dann  jlhlings  ab- 
gefallen war,  neuerdings  wieder  in  einer  leichten  Zunahme  begriffen,  da  sich 
der  Preis  der  getrockneten  Läuse  neuerdings  auf  etwa  2^/^  Pes.  pro  Pfund 
wieder  gehoben  hat:  es  werden  nun  —  namentlich  auf  Lanznrote  —  viele 
Neuanlagen  von  Opnntienfeldorn  gemacht  werden.  Ob  in  Folge  dessen  der 
sehr  wenig  aufuuhmeiäbige  Markt  nicht  bald  wieder  übersättigt  sein  und 
ein  neuer  Preissturz  eintreten  wird,  muß  die  Zukunft  lehren. 

Die  Landwirtschaft  bescliBftigt  in  ihren  Hauptzweigen,  Adrarban,  OSrtp 
nerei  und  Tierzucht,  die  ttberwiegmide  Zahl  der  Eaaarier.  Danebmi  ist  aber 
auch  in  der  Fischerei  eine  nicht  gans  unbedeutende  Menge  Leute  be- 
schäftigt, und  für  die  Volksemährung  ist  der  Fischfang  namentlich  wichtig 
auf  den  östlichen  Inseln.  Die  Hauptfischereigrttnde  befinden  sich  an  der 
afrikanischen  Küste,  bei  den  Isletas  im  Norden  Ton  Lanurote,  bei  Gomera 
nnd  den  Salvage-Inseln. 

(iering  ist  die  Zahl  der  Leute,  die  sich  mit  Sarameln  und  Ver- 
arbeiten mineralischer  Rohmaterialien  befassen:  am  Pico  de  Teyde 
wird  tat  Zeit  in  etwa  8700  m  H0he  etwas  Birastein  (fir  Export)  gesammelt; 
MflU-  und  Filtrienteine  lieftni  die  Basalte  Terschiedener  Insehi;  auf  Fuerteren- 
tnra  wird  Kalkstein  in  größerer  Menge  gebroehm  und  gebrannt;  da  und 
dort  wird  Ton  su  Töpferwaren  Terarbeitet  Bedeutend  ist  die  Seesala- 
gewinnung  auf  Lanzarote,  Fuerte Ventura  und  Gran  Canaria. 

Namhaft  ist  die  Zahl  der  Personen,  die  in  Hausindustrie  beschäftigt 
sind:  unbedeutend  sind  zwar  Seidenspinnerei  und  Früchtekonservienmg  auf 
Palniiu  ■wichtig  ist  aber  die  uuuiiK-hr  ül>er  alle  Inseln  verl»reitete,  aus  Mexiko 
tiberkümmene  Herstellung  der  bekannten  leinenen  Tenerite-Tücher  (<a/u(/o): 
Agenten  verteilen  Leinentücher  an  die  verschiedenen  Mädchen  und  Frauen, 
die  sie  Uber  Bahmen  spannen  nnd  nach  gelieferten  Vorlagen  ausarbeiten.  Auf 
Tmeril!»  allein  sind  g^n  8000  Frauen  stindig  an  der  Arbeit  und  auf  den 
ttbrigen  Inseln  ist  ihre  Zahl  ebenfalls  sehr  hoch. 

Da  bei  dem  ihst  Tölligen  Fehlen  von  Großindustrie  und  bei  der  un- 
genügenden Erzeugung  von  Brotfrüchten  eine  bedeutende  Einfuhr  stattfinden 
muß,  dii  femer  manche  Beschäftigungszweige,  insbesondere  Bananenkultur, 
Coehenillezucht,  Weinbau,  KartoflVlhau  und  Gärtnerei  eine  bedeutende  Ans- 
fuhr  gestatten,  da  aulifrdi'in  zwischen  den  einzelnen  Inseln  und  Inst^ltcilen 
ein  reger  Produktenaustausch  statttindet,  so  ist  die  Zahl  der  Kanarier  und  Frem- 
den, die  sich  dem  Handel  und  Verkehrswesen  widmen,  recht  bedeutend. 
Der  auswärtige  Handel  ist  dadurch  wesentlich  erleichtert,  daß  durch 
Dekret  vom  11.  JuU  1852  (erwntert  10.  Juni  1870,  bestStigt  6.  Mta  1900) 
die  kanarischen  Liseln  als  Freihafengebiet  «rU^  dnd  und  nur  wenige  Waren, 
beaonders  Zticker,  Kaffee,  Kakao,  Tee,  Tabak  und  Stockfische,"  mit  einer  Ein- 
gangsabgabe belastet  sind  (deren  Einzug  von  der  Begierung  Terpaebtet  wird)^). 


1)  Maluquer,  a.  a.  0.  S.  158—159. 

a4' 


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500  K.  Sapper: 

DiM»  Eiteiditeniiig  maeht  Midi  nebtt  der  gttnttigem  Lage  und  der  gutes 
BeBdiaffeikheit  dar  beiden  Hanpthifen  (Sta  Gros  de  TeneriliB  nnd  Puerto  de 
liuz)  die  kanarischen  Inseln  in  immer  wachsendem  Mafie  zum  Sammelplati 
zahlreicher  Kriegs-  und  HandalisehilFe,  die  hier  ihren  Kohlen-,  Waster-  nnd 

Proviant  Vorrat  ergänzen.*) 

Schlieülioh  wäre  noch  zu  erwähnen,  daß  eine  kleine  Zahl  von  Aus- 
ländern und  Einheimischen  ihren  Lr'bensunterhalt  verdinnt  al>  Besitzer  und 
Bedienstete  von  Hotels  und  Kuranstalten,  die  den  stetig  wachsenden  Touristen- 
nnd  Bekonvaleszentenstrom  aufiiehmen  und  beherbergen. 

Bei  der  mit  dem  ttetig  atelgenden  Sehilfoverkahr  immer  mehr  anwaoh- 
senden  Zahl  von  Pertonen,  die  aidi  mit  Handel,  Lade'  nnd  LOednugsaiiteitan 
beaehlftigen,  hat  sidi  aUmIhlioh  ein  anBerordentlieh  großer  PkoientiatK  der 
Gesamtbevölkernng  in  den  beiden  Hauptbafen-  und  HandelsstSdten  ange- 
gammelt: 23%,  denn  von  358564  Einwohnern,  die  am  31.  Dez.  1900  ge- 
zählt worden  sind,  wohnten  in  S.  Cruz  de  Tonerife  38419*),  in  Palmas 
44  517^*.  Verglichen  mit  den  Einzelinsolu  ergilit  sich,  daß  S.  Cniz  *27,8®(, 
der  Bevölkerung  von  Tenerifp.  Las  Palmas  aber  34,9%  der  von  (iran  Ca- 
uaria  umtaßt!  Daneben  treten  alle  anderen  Hafenstädte  auch  an  relativer 
Bedeutung  w«t  inrfi<dc;  Immerhin  besitzt  Arrecife  mit  3082  Einwohnern 
noch  17,l7o  BeTdlkemng  von  Laniarote,  8.  Gnu  de  la  Palma  mit  7034 
Einwohner  noeh  16,7%  der  T<m  Palma.  In  -frAheren  Jahriinnderten  aber 
mfisaen  die  HafensUdte  an  relatiTer  BerSlhemni^iahl  Tiel  nnhadentandm  ge- 
wesen sein,  entsprechend  dem  geringen  Verkehr  jener  Zeiten.  Diese  Tat- 
sache findet  schon  darin  ihren  Ausdruck,  daß  fi-üher  auf  mehreren  Inseln  die 
Hauptstädte  im  Innern  lagen  und  erst  neuerdings  mit  der  wachsenden  Be- 
deutun<^  der  Hafenstädte  dorthin  verlegt  worden  sind:  Tenerife,  Lanzarote, 
Fuertevpiituni  Sieht  mau  von  der  Bevölkerung  der  Hafenstädto  ab,  so  be- 
merkt man,  daß  die  größere  Masse  der  Bevölkerung  anf  die  Hüheuregiouen 
etliche  hundert  Ueter  Aber  dem  If «er  konteatrini  ist,  teils  wegen  der  kttUeruk 
Temperatur,  teils  wegen  der  günstigeren  Gehttndebesdiaffenheit  (da  die  Hänge 
nahe  der  Kllste  Tielfoeh  an  steil  fBr  Siedelangen  nnd  landwirtsehaffüidie  Ans- 
nntrang  sind),  teils  wegen  der  leiditeren  nnd  minder  kostspidigen  B«> 

1)  Der  Freihandel  ist  aber  wohl  auch  Schuld  an  dem  gänzlichen  Darnieder- 
liegen  der  Statistik;  nach  dem  Urteil  aller  Kenner  sind  die  offisiellen  Ein-  nnd 
Ansfbhnahlen  durchaus  unzuverUlsaig-,  auch  die  ,, Diplomatie  und  consular  reports" 

gf'ben  nbor  den  Handel  der  Kanaren  keine  genügende  Auskunft.  Die  besten  Auf- 
zeichnungen sind  die  des  amerikanischen  Konsuls,  der  mir  Rundlicher  VVeise 
folgende  Zahlen  für  1904  mitkeüte:  Bananenansfnhr  19a0i8l  Trauben  in  Durch- 
schnittswert von  6'/,  Peaetas  d&»  Stück,  Tomaten  64988S  Eisten  ä  60  Pfd.,  jode 
12  Fcs.  wert,  Kartoffeln  222 5H'2  Kisten  zu  66  Pfd.  ä  7  Fes.,  Orangen  8259  Kisten, 
Zwiebelsamen  im  Wert  von  ä  14000  (per  Pfd.  8—4  sh.),  Wein  etwa  J,  20000 
(gegen  1  Hill.  1^  besonders  naeh  Sfldamerika),  Mandeln  etwa  jf  6000,  Coehenille 
über  100000  Dollars  (150O0  nach  den  Vereinigten  Staaten),  Calndo  (Teneriffa- 
Tücher)  nach  den  Vereiuigten  Staaten  allein  80000  Dollar,  nach  England  noch  mehr; 
namhafte  Mengen  auch  nach  Deutschland.  Mehl  und  Mais  werden  in  großen  Mengen 
eingefflhrt  (ane  Marokko  und  Argentinien). 

2)  Der  Zensus  gH^t  freilich,  wie  überall  in  Spanien,  nur  die  Einwohnerzahl  der 
Gemeinde,  nicht  die  der  Stadt  selbst  an,  die  demnach  etwas  kleiner  sein  muß. 


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Di«  kanftiischen  Inieln. 


Ml 


wisserungsmöglichkeit.  Erst  der  Aafadiwiiiig  der  Bananenkultur  hat  dieser 
Tandens  dar  Konzentration  der  Bevölkerung  in  einiger  Höhe  über  dem  Meflr 
wenigstens  auf  den  l»t>iilen  Hauptinseln  —  Gran  Canaria  und  Tenerife  — 
wieder  stellen  weis«'  wirksam  nntpepenpearbeitet,  da  eben  der  Bananenbau  auf 
den  Kanarcn  wegen  der  hohen  \Väriiieansi)rüche  des  OewRchses  nur  in  ge- 
ringer Meereshöhe  möglich  ist.  In  die  Wolkenregiou  hinauf  reichen  nur 
noch  wenige  Siodelungen  and  keine  danernde  menaehEelio  Wohnttitte  befindet 
lieh  in  der  Begion  Aber  den  Wolken. 

Die  Üracihten  Nordseiten  einzelner  Insdn  tind  wesentiiofa  dichter  be- 
völkert, eis  die  trockenen  Sfldeeiten  (ftvf  Tenerife,  Gran  Guinriaf  Lanzarote). 
Auf  Palma  aber  wohnt  die  Hanptanasse  der  Bevölkerung  auf  der  südlichen 
Hälfte  der  Ostabdachung  und  dem  Mittelteil  der  Westabdachung,  indes  die 
von  zahllosen  liarranros  durchbrochene  und  daher  dem  Verkehr  äußerst  feind- 
liche und  für  Ackerbau  wegen  der  TerrainbeschaÜ'eubeit  wenig  geeignete 
Nordabdachung  schwach  bevölkert  ist. 

Vergleicht  man  die  einzelnen  Inseln  mit  einander  in  Bezug  auf  £in- 
wohnenaU,  Flichemnhalt  nnd  Volkediehte,  so  findet  man,  d«B  einmal  die 
Inidn  mit  aoedaiieniden  Bicben  eine  sehr  Tiel  grOfiere  Yolksdichtigkeit 
besitBen,  als  die  qaellenarmen,  baohlosen  Inseln  ffierro,  Lansarote  und  Fner- 
tevmtara: 


Einwohner 

Flacheninhalt 
nach  K.  v.  Frit«ch ') 
qkm 

Yolkediehte 
pio  qkm 

Tenerife 

138008 

3025 

68,3 

Gran  Oanaria 

127471 

1641 

77,7 

Palma 

41  994 

671 

62.6 

Gomera 

15  358 

384 

40,0 

Hierro  (Ferro) 

6  508 

276 

23,6 

Lanzarote 

17  546 

787 

22,3 

Fuerte  Ventura 

11669 

1650 

7,1 

Sieht  man  ab  von  den  letztgenannten  droi  Insoln,  so  findet  man,  daß  mit 
Ausnahm-'  von  Tenerife  die  Volksdichtigkeitszahlen  der  Inseln  die  gleiche 
Keihenfolge  einhalten,  wie  die  Grüßenverhältnisse,  was  zweifellos  dann  seinen 
Omnd  findet,  daß  die  Mdgliciikeit  der  Bewässerung  imd  dsaiit  des  Acker» 
bans  nm  so  grOßer  wird,  um  so  größere  Fliehen  in  die  Wolkenrsgion  hinein* 
ragen  nnd  den  Passatwolken  das  wertroUe  Naß  entrieben.*)  Wir  haben  frn- 
lieh  oben  gesagt,  daß  Palma  Termutlich  die  stärksten  Niederschläge  unter 
allen  kanarischen  Inseln  erhalte;  wir  müßten  demnach  eigentlich  erwarten, 
daß  sich  dort  auch  die  dichteste  Bevölkerung  einstellte.  Aber  auf  die  ab- 
solute Regenmenge  kommt  es  ja  nicht  an,  soiulem  !i\if  die  Menge  aus- 
dauernden Wa^sf-rs,  das  auch  währen»!  der  Trockcn/eit  eine  Kortdauor  des 
PflauzenwachAtums  für  mehr  oder  minder  große  Flächen  ermöglichte;  nun 
ist  aber  auf  Palma  der  Abfloß  der  Caldera  der  einzige  Bach,  der  das  Meer 

1)  Reisebilder,  2-i.  Ergh.  zu  Petermanns  Mitteilungen.    Tlotha  1867. 
S)  Wae  an  Hegen  in  dem  Qebiet  unterhalb  de«  Wolkeogürtels  fUlt,  genügt 
aof  den  Kanaren  ni«^  ntdir,  wd  aasdanende  Udbe  sn  emlhreo. 


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502 


K.  Sftpper: 


das  ganze  Jahr  über  7u  erreichen  vermag:  ein  großer  Teil  der  Insel  (der  ganze 
Süden)  ist  aber  so  jungvulkanisch,  daß  dii'  Bacbrisse  schon  bald  nach  dem 
Regonfall  wieder  versiegen,  weil  fast  alles  Wasser  im  Erdreich  versinkt.  Die 
etwas  geringere  Volksdichte  Palmas  wäre  also  verständlich,  auch  wenn  man 
die  Tielftich  ongflnstige  TentÜDbesohaffenbeit  (in  der  von  Schlachten  durch- 
sdmittaneo  Nordldlfte  der  Liael)  axifier  Beinudit  ließe. 

Eine  Avasahme  wire  demnach  nor  nodi  Tenerife;  aber  anoh  diese 
•oheinbare  Aoinabme  erkltri  sieh  leieht:  große  FlSehMi  TenenÜM  ragen  ja 
über  die  Wolkenregion  hoeb  binane,  kOnnm  also  nicht  zu  der  Wassersammei» 
fliehe  gerechnet  werden,  und  wenn  man  diese  Aber  die  Wolkenregion  hinant- 
ragende  Flüche  in  Abzug  bringen  würde,  so  ergfibe  sich,  daß  Tenerife  weniger 
Flücheninhalt  besäße  als  Gran  (  auaria,  und  daß  sich  daher  seine  Volksdichte 
ganz  richtig  einreihen  würde,  wie  unsere  Voraussetzung  erforderte.  Und  daß 
man  in  der  Tat  genau  genommen  diese  über  den  Wolken  betiudlicbe  Fläche 
in  AbsQg  bringen  soUte,  wird  duroh  den  Umstand  bekundet,  daß  dieses  6e> 
biet  nidit  nor  jeder  dauernden  mensehlichen  Biedelung  entbehrt,  sondern  andi 
wirtsehalElieh  Hut  Töllig  nnbenntit  ist:  sn  nennen  wire  an  wirtsehaftlidier 
Nutzung  höchstens  das  Sammeln  Ton  etwas  Brennhols  (besonders  Betama- 
büschen)  und  etwas  Bimstein,  sowie  —  was  nicht  ganz  vernachlässigt  werden 
darf  und  auch  bei  unsern  Betrachtungen  über  Volksdichte  der  Alpen  und 
anderer  Gebirge  mit  hereingezogen  werden  sollte  —  das  Führen  von  Touristen. 

Nach  dem  eben  Gesagten  wird  uus  nun  auch  verständlicher  sein,  wes- 
halb Fuerteventura  gegenüber  Lanzarote  so  sehr  im  Nachteil  ist:  die  in  die 
Wolkenregion  hinaufragenden  Flächen  nehmen  auf  Lanzarote  im  Verhültuis 
snm  GesamtflSdieninhalt  der  Ins^  visl  mehr  Baum  ein,  als  auf  dem  viel 
größeren  FumteTentura,  das  eine  wesentlich  geringere  mittlere  Hohe  hat. 
Wasser  ist  eben  das  Element  des  Lebens  und  der  menschlidien  Wirtschsft^)! 

1)  Wenn  obige  Darlegungen  über  die  Gründe  der  verschiedenen  Volksdichte 
der  einsebien  Insehi  richtig  sind,  eo  mfliten  sie  naWIrlieh  aneh  auf  die  frfiheren 

Berölkcnm^B7.iffcm  zutreffen.  Nun  ergibt  sich  aus  den  Zshlen  des  Zensus  von  1860, 
daß  damals  naohBtebeude  VerhiUtnisge  herr.K-hten ; 


Bevölkerung 

Kinwolmer 

Bevöikerungs- 

1880 

pro  qkm 

nmahme  188(^1900  in  */« 

Tenerife 

98708 

48,8 

47,9 

Gran  ('aoaria 

68  970 

42,0 

86,0 

Talma 

81  138 

46,4 

85,0 

Gomera 

11880 

89.6 

86,8 

Hierro 

5  026 

18,2 

29,5 

Lanzarote 

lf>  837 

80,1 

10,8 

Fuerteventura 

lü 

6,7 

6,1 

Es  seigt  sieh  hier  in  der  Tat  wieder  das  Verbkltais,  daß  die  drei  größeren  welt- 
liehen Inseln  die  höchste  Volkadichte  batt<  n,  Gomera  eine  Hittelatellung  einnahm 
und  die  Inseln  ohne  ansdaucrndeH  fließendes  Wasser  die  geringste  Dichtigkeit  auf- 
wiesen. In  der  Bevülkenmgszunahme  von  lätiO  aut  IS^OO  treten  deutlich  zwei 
Omppen  heraus:  die  beiden  OsUiehen  Biseln  mit  geringer,  die  weaiiidieB  mit  be- 
deutender Zunahme.  Daß  Tenerife  und  Gran  Canaria  eine  viel  stllrkere  Zunahme 
erfuhren,  ulx  die  übrigen  westlichen  Inseln,  ist  zweifellos  in  der  Hauptsache  darauf 
zurückzutüiiren,  daß  der  gewaltig  anwachsende  Durchgangsverkehr  der  ILiupthäl'ea 
dieser  Inssln  sahlreiohe  Arbeitskräfte  direkt  (fSr  Ladegeedhäfte  usw.)  und  indirekt 


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Die  kanftriacheii  Inieln. 


603 


Im  AllgemeiDen  ist  der  größte  Teil  der  BeTOlkemng  in  geschlossenen 
StJldten  und  Dfirfcin  anposif  <lf>lt;  stollenweise,  wie  im  nördlichen  Palma  oder 
im  mittlerPD  Lüuzarote,  sind  auch  woitzerstrcute  Weiler  und  zahlroicho  Einzel- 
siedelunj/en  vorhanden.  Auch  auf  den  tthrigpn  Inseln  sind  Einzelgehiil'te  nicht 
selten.  Diese  Tatsache  erlilürt  sich  aul  Lauzarote  leicht  durch  den  Umstand, 
dftft  dort  das  Trinkwasser  ja  doeli  nur  dmoh  Anftamiiieln  des  R^enwassers 
in  Qstemen  sa  bekommen  ist,  nnd  daB  die  Bevirtscbaftuag  dea  Ovtes  ron 
einem  sentral  gelegenen  Hof  ans  iMokter  ist,  als  von  einem  entlegenen  Dorf 
ans.  Die  Tatsache,  daß  aofhllend  viele  Hinser  anf  frischen  LavasbrSmen 
stehen,  erkl&rt  sich  durch  das  spanische  Gesetz,  das  frische  Lavaströme  als 
herrenloses  Gut  erklärt*).  Übrigens  bemerkt  man  auch  auf  dpm  alten  Lava- 
feld La  Brena  (auf  Palma)  zahlreiche  Kinzelhöfe  und  kleine  Weiler:  vermutlich 
hat  hi^r  der  Wunsch,  das  Ackt-rland  nicht  durch  Gebäude  einzuschränken, 
zum  Aufsuchen  des  felsigen  Baugrundes  gettihrt.  Übrigens  ist  die  Oberfläche 
eines  Lavastroms,  wenn  sie  nicht  allzu  rauh  ist,  als  Baugrund  eines  Hauses 
•ehr  angenehm,  da  sie  treffUehe  Fnndamente  abgibt  und  aoBen^rdentiieb 
trocken  ist 

Der  Verkehr  im  Innern  der  Liseln  ist  natOrlicfa  je  nach  BerOlkemngs- 
dichte  nnd  GrOfie  der  einseinen  Inseln  sehr  Tersdiieden;  bedeutend  ist  er 
aber  nur  anf  den  beiden  größten  Inseln  Tenerife  und  Gran  Canaria,  weil 
nur  auf  ihnen  wirklich  bedeutende  Flächen  bewässert  werden  kr>nnen  und 
damit  große  Mengen  exportfähiger  Agrikulturprodiikte  erzeugt  werden.  Dazu 
kommt  in  Folge  der  aus  Größe-  und  Höhenverliilltnissen  cntspringendeu 
größeren  kliuiatischen  und  landwirtscbuttlicheu  Verschiedenheit  ein  stärkerer 
Produktenaustausch  zwischen  den  einzelnen  Inselteilen,  als  auf  den  kleineren 
und  einheitlicheren  Inseln,  und  schfieBIicb  sieben  die  großen  Halensttdte 
wegen  ihres  riesigen  ümsatzee  mit  magnetischer  Gewalt  Znitahr  ans  aUen 
Intelteilen  an  sich.  Der  Teikibr  nadi  den  beiden  groBen  Hafenstldten  ist 
daher  in  der  Tat  höchst  lebendig.  Allein  trotzdem  bestehen  erst  xwei  sehr 
kurze  Verkehrslinien  höherer  Ordnung:  eine  Dampfstraßonbahn  von  Puerto 
de  la  Luz  nach  Las  Palmas  und  eine  elektrische  Straßenbahn  von  Santa 
Cruz  de  Teuerite  nach  Tacaronte.  lui  übrigen  nuib  der  gesamte  Verkehr 
auf  den  Hauptlinien  durch  Wagen,  auf  den  Nebenlinien  durch  Saum  verkehr 
bewältigt  werden;  es  sind  Verkehrsverhältnisse  ganz  ähnlich  denen  des  spani- 
schen Amerika  nnd  der  abgelegenen  OeUete  Spaniens.  Als  Zugtiere')  kommen 
Pferde,  Maultiere  und  Ochsen,  als  Last-  nnd  Beittiere  Pferde,  Maultiere,  Esel 
und  Kamele  in  Betracht.  WKhrend  die  Sanmwege  oft  sehr  viel  sn  wfln- 
sdien  flfarig  lassen,  muB  anericanut  werden,  daB  die  FabrstraBen  vielfiMih  ganz 

(Proviantversorgung  a.  dgl.)  erforderte  nnd  daher  auch  von  den  Nachbarinaeln  viele 
Familien  nach  Tenerife  und  Canaria  hinüberzogen.  DaB  ab)>r  Canaria  eine  noch 
wesentlich  stärkere  Zunabnu'  erfuhr  als  Tenerifi",  dürfte  teils  auf  das  relativ  noch 
viel  krälügere  Aufblühen  de»  Durchgangsverkehrs  danelbst,  teils  darauf  zurückxn- 
ftthren  sem,  daft  die  ^ner  inteneiveten  wirfcMhaMiehen  Verwerlong  sugüuglichen 
FU&ehen  auf  Canaria  grftfter  sein  dflxiten,  als  anf  Tenerife. 
1)  V.  Fritsch  a  a.  0.  S.  :U. 

i)  Den  Pflug  ziehen  in  den  feuchteren  Gebieten  die  Rinder,  Pferde  oder  Maul- 
tieie,  in  den  trodEenen  Kamele. 


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d04 


K.  Sftpper: 


ausjrezeichuöt  angolejft  sind;  dagegen  werden  sie  nicht  gut  im  Stand  gehalteu. 
so  daß  Brücken,  die  das  Hoehwasser  weggerissen  hat  (z.  Ii.  aut  Palraa )  noch 
nach  Jahren  nicht  wiederherge»tellt  gind  und  aul  den  viulbegangeneu  Straüen 
T«n«rife8  und  Gran  Canarias  während  des  Sommtrs  der  Staub  jeder  Be- 
BehrttbuDg  spottet.   Unter  solehea  Umstinden  iit  et  bepreiflieh,  da0  mui  so 
viel  als  mOglieh  die  Ludwege  meidet  und  viele  Fmehten  mr  See  ancli 
swischen  Orten  derBelben  Luel  TerBendei   Es  ist  die«  nunmitlieli  seit  Ein- 
stellang  kleiner  Lokaldampfer  Sitte  geworden.    Die  Segdichiffahrt  ist  auf 
der  von  den  Passaten  abgekehrten  Küste  wegen  des  mangelnden  Windes 
etwas  ei-scliwert;  an  der  den  Passatwinden  zugekehrten  Seite  der  Inseln  fSillt 
dieses  ersfliwrrt-nde  Moment  weg;  aber  dafür  macht  die  Brandung  zeitenweise 
Segel-  wie  DamjjfsihillVn  den  Verkehr  schwer  oder  unmöglich.     Dio  Rück- 
sicht auf  diese  Brandung  brachte  es  dahin,  daÜ  trotz  der  daueu  Winde 
schon  beld  nndi  dw  Oonquista  die  sidierenin  Hafenplfttse  der  LeeseitML  vor- 
gezogen wurden  nnd  seit  Anfkonunen  der  DampfiwfaiffUnt  immer  nhlreiolier 
nnfgesncbt  worden,  woia  die  ▼ortreffliehan  modemMi  Unfenbaaten,  der  goto 
Ankeigmnd,  die  gfinstigen  Scbifiahrtsbedingnngen  (geringe  Finthöhe,  grofie 
Seltenheit  von  Springfluten)  in  8.  Grus  de  Tenerifo  und  Puerto  de  la  Lus 
gerade/u  einladen. 

Wahrend  im  Durchschnitt  der  Jahre  185H — 62  in  S.  (  ruz  de  Tenerifo 
jährlich  46  Kriegs-  und  87  Handelsdampler  neben  272  größeren  fremden  Segel- 
schiffen^), in  Palmas  3  Kriegss<;hiife ,  26  Handelsdampfer  und  141  größere 
Segelschiffe')  verkehrten,  liefen  1904  ein  in  S.  Ci-uz  de  Tenerife  1163  Segel- 
schiffe mit  151126  Tons  und  2036  Dunpfiar  mit  8891618  Tons,  in  Las 
Palmu  (Puerto  de  U  Lus)  1584  Segelsehille  mit  70151  Tons  und  2569 
IXampfer  mtt  4604655  Tons*)! 

W&hrend  die  spanische  Regierung  die  beiden  Haupthftfen  in  jeder  Hin- 
sicht trefflich  ausgestattet  hat,  sind  die  kleineren  Häfen  stark  vernachlässigt, 
am  meisten  die  Hilfen  von  Hierro  und  Gomera.')  Dagegen  ist  die  Beleuch- 
tung der  Küst«  gut  und  der  Verkehr  zwischen  den  einzelnen  Inseln  seit  Ein- 
stellung kleiner,  regelmäßig  verkehrender  Postdampfer  neuerdings  ganz  auf 
der  Kühe,  ebenso  der  Postdienst  im  Innern  der  Inseln.  Telegraphen-  und 
Telephonlinien  sorgen  für  rasche  Nachrichtenvermittlung  auf  den  Einzelinseln, 
Kabel  verbinden  einige  derselben  untereinander  und  mit  der  Aufienwelt. 
AnSerdem  hat  die  liilittrverwaltnng  flbenll  auf  den  Inseln  und  der  benaehr 
harten  afrikanisehen  Kolonie  Bio  de  Qro  Brieftauhenstatiomen.*)  So  ktento 
das  Nachrichtenwesen  als  durchaus  zufriedenstellend  angesehen  werden,  wenn 
sich  nicht  die  Regierung  in  Keparierung  von  entstandenen  Sehaden  der  Tele* 
graphen-,  Telephon-  und  Kabellinien  sehr  süuraig  erwiese. 

£s  ist  überhaupt  kein  Zweii'el,  daü  die  Kanaren  von  der  spanischen 


1)  K.  ¥.  Fritsch  a.  a.  0.  Ü.  8  u.  26. 

S)  Diplomatio  and  eonenlar  leportt:  nr.  S470  IVade  of  fhe  Caavy  Iilaads  for 
the  year  1904.   S  lo  u.  12. 

8i  Maluquer  a.  a.  0.  S.  63  u.  82. 

4)  Auf  den  östlichen  loisln  werden  Bkieftaaben  auch  vielÜMsh  von  Fdvnten 
nnteihalton. 


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Die  kanarischen  Inteln. 


505 


Regierung  sehr  venUMShlftssigt  werden,  und  dafi  manche  Einrichtungen  eines 
zivilisierten  8taai':wesens  auf  den  Kanaren  nicht  eing«ffllhrt  oder  wenigstens 
nicht  streng  durcligofiihrt  siud.  So  existiert  z.  B.  eine  wirkliche  Forstwirt- 
schaft auf  den  Kanaren  nicht;  das  herrschfinde  Raubsystem  mid  die  ünvor- 
sichtiv'ktiit  mit  Feuer  reduzieren  die  an  sich  schon  stark  dezimierten  Wälder 
immer  mehr  und  die  vorbandeneu  (lendarmen  {Giiaräia  civil)  sind  viel  zu 
wenig  laMmfth,  als  dafi  i£s  den  Hifistttnden  Einhalt  tun  könnten.  Und  doch 
Wirt  niebt  mir  eine  Erhaltung  der  ▼w-handeiien  Wilder,  soDdem  sogar  eine 
ausgedehnte  Anfifontung  faOehst  notwendig  im  Interesse  einer  gedeiUieben 
Ökonomischen  Entwicklung  des  Landes;  denn  wenn  aneh  nidit  ansonahmen 
ist,  dafi  die  Walder  den  Regenfall  irgendwie  an  vennehren  vermöchten,  SO 
ist  doch  zweifellos,  dafi  sie  den  Abfluß  des  Wassers  regeln  und  verlangsamen. 
Die  Kosten,  die  man  jetzt  durch  Unterlassung  der  Aufforstun?  erspart,  werden 
später  mit  Zinseszinsen  filr  Stauanlagen  und  fOr  Schutxbauten  gegen  WUd- 
wasser  ausgegeben  werden  müssen. 

Aber  auch  das  spanische  Volk  vemaehllasigt  die  Kanaren  ent" 
sehiedm:^)  der  Tonriitenttrom,  der  sieli.  jlhriich  in  diese  Gebiete  ergiefit, 
sihlt  ksnin  je  einmal  einen  Spanier.  Spanisches  Kapital  betitigt  deh  nnr 
in  geringem  Mafi  anf  den  Inseln  und  flberlKfit  saUreicbe  gewinnbringende 
Unternehmungen  den  Aiislftndflaii:  Kohlenniederlagen,  Hotels,  kommerzielle 
Betriebe,  Bananenpflanzungen;  es  wird  selbst  nicht  genügend  Propaganda  fOr 
spanische  Industrieprndukte  gemacht,  und  die  Haupteinfiihr  von  Manufaktnr- 
waren  geschieht  deshalb  aus  England,  Deutschland  und  Frankreich;  ins  Aus- 
land, namentlich  aber  nach  England,  gehen  die  meisten  Produkte  der  kanari- 
schen Inseln,  Spanien  bekommt  nur  wenig  davon.  Kein  Wunder,  daß  die 
Kansrier  Ökonomisoh  vielfach  mehr  von  England  als  von  Spanien  abhängen, 
dafi  ihnen  die  Blleksicbt  aaf  das  Ausland  wichtig  zn  ersdieiDen  beginnt  und 
ihre  Sympathien  für  das  Mntteriand  bei  aller  Treue  gegen  l^Muiien  erkalten, 
um  so  mehr  als  dort  vielfoeh  ftlsi^e  nnd  nicht  sonderlich  sebmeichelhafte 
Ansichten  Aber  die  Eanarier  ge&ufiert  werden. 

Genau  genommen  sind  freilich  die  kanarischen  Inseln  eine  Provinz,  ein 
integrierender  Bestandteil  Spaniens  Aber  diese  Einvorleibung  in  das  große 
Ganze  ist  doch  nur  in  politischer  und  Vorwaltungspraxis  durchgeführt;  sonst 
ist  sie  aber  Theorie  geblieben.  Die  großp  rüuniliche  Trennung  läßt  sie  in 
der  W'irküchkeit  des  W^irtscbai'tslebens  nicht  zu.  Das  ist  denn  auch  schließlich 
«kaant  nnd  in  der  Freihaadalsstellnng  der  Kuiaren  nun  Ansdrack  gebracht 
worden;  aber  Ar  die  Kanarier  wire  es  bssssr,  wenn  sie  auch  sonst  auf  sich 
sslbst  gsstellt  wlren,  etwa  eine  autonome  Kolonie  Spaniens  bildeten;  dann 
wire  eine  so  skandalöse  Vemachllssigung  gar  nicht  mOglich,  wie  sie  gegen- 
wlrtig  den  berfihmten  botanischen  Harten  von  Orotava  (Jnrdin  de  acdUmaUS' 
MOeion)*)  und  das  große  Lazaret  von  (iando')  betrofft  n  haben  I 

.\ber  wenn  auch  in  dieser  und  mancher  andern  Hinsicht  die  spanische 
Verwaltung  die  Schuld  tritft,  so  ist  doch  nicht  zu  verkennen,  daß  die  Ka- 


1)  Maluquer  a.  a.  O.  in  dem  Kapitel  „Canarias  y  los  £2trai\jero8"  S.  136—141. 
9)  Ebda.  8.  61  ff.        S)  Ebda.  8.  U8f. 


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50« 


E.  Sapper:  Di«  kanftriBohen  Inseln. 


narier  an  dem  Unbofriedigendeu  ihrer  ökonomischen  Situation  vielfach  selbst 
schuld  sind.  Ho  sehr  man  ihre  guten  Charaktereigenschaften  anerkennen 
muß,  so  hoch  mau  den  Fhnli  der  Landl>evülkerung  einschätzen  mag,  so  ist  es 
doch  zweifellos  nur  in  Folge  eines  gewissen  Maugels  au  Unternehmungsgeist, 
Ansdaner  and  Vortmamskt  mOf^ioii  geweMn,  dafi  gerade  die  Inkrativsteii 
Unternehmungen  den  Aualindeni  zogefallen  nnd,  wAhrend  sieh  die  Kanarier 
snineift  dar  auf  Lokalkonsnm  bereehnetea  nnd  wenig  Rente  abwevfendea  alt- 
gewolmteii  Landwirtaebaft  widmen,  üntenielmiungdnstigere  kanariaebe  Land- 
besitzer haben  sich  freilich  den  auf  Bqport  berechneten  Kulturen  zugewandt, 
aber  vielfach  mit  überhastetem  Eifer,  so  daß  bei  deren  raschem  Versagen, 
insbesondere  dor  Cochenillezucht,  das  Kapital  erschöpft  war  und  fär  weitere 
ünteroehmungL-n  die  Schwingen  tehlteu.  Dazu  kommt  das  Festhalten  an 
veralteten  Methoden,  z.  B.  im  Weinkeltern,  wodurch  der  Kanarier  gegenüber 
fortschrittlicher  gesinnten  Nachbarn  ins  Hintertreffen  gerat  Wenn  aber  diese 
UmsOnde  ledigUcb  die  banariflcihe  BevOlteung  betreffen,  so  werden  die  ana^ 
UndiMhen  Fflanser  von  der  GelUir  mitbetroffen,  daft  dnreh  die  KoolcnirenB 
coetaricaniaober  nnd  westindiseber  Bananen  nenerdings  der  engliaohe  Harkt 
für  das  kanarische  Ilauptausfuhrprodakt  schwieriger  wird.  So  ist  denn  die 
Landwirtschaft  auf  den  Kanaren  in  einer  ziemlich  unbeMedigenden  Lage, 
und  da  die  Inseln,  soweit  die  Bevölkerung  nicht  vom  Durchgangsverkehr  und 
den  Fremden  lebt,  ^nm  aut"  Landwirtschaft  angewiesen  sind,  diese  aber  der 
(irenzp  ihrer  Ausdehnungstuhigkeit  nahe  gekommen  zu  sein  scheint,  auch  im 
allgemeinen  geringe  Rente  abwirft,  so  muß  mau  in  die  Zukunlt  dieser  land- 
eebaftlioh  und  klimatisch  so  herrlichen  Grebiete  recht  trflbe  bücken. 

Bei  dar  namentUdi  auf  dem  fladim  Lande  in  Folge  der  niedrigen  Tag- 
ISbne  nnd  der  aemlich  unsicheren  Emteertrige  hemehenden  Notlage  ist  es 
wobl  ▼erstilndlich,  dafi  sdMm  seit  langem  ans  den  Kanaren,  die  im  VerUUt- 
nis  zu  ihrer  wirtschaftlich  ausnutzbaren  FlBdie  als  geradezu  übervölkert  an- 
gesehen werden  müssen,  eine  starke  Auswanderung  sich  eingestellt  hat, 
teils  Tin  Ii  .Vrgentinien,  teils  nach  Venezuela  oder  nach  Puerto  Rico  und  C'uba. 
Gegcnwiirtig  wird  wegen  der  günstigen  ökonomischen  Verhältnisse  in  Cuba 
die  Auswandeniug  dahin  bevorzugt,  wiihrend  die  nach  Puerto  Rico  in  Folge 
der  dort  herrschenden  Notlage  ganz  aufgehört  hat.  Meist  aber  kehren  die 
Eanarier,  wenn  sie  in  Amerika  eine  kleinere  oder  grSflera  Summe  erspart 
haben,  nach  ihrer  Heimat  snrflck,  um  dort  ihren  Lebensabend  m  ▼erbringen, 
denn  mag  auch  manches  Okonomisdie  MiBgesdiiek  Uber  den  Laseln  lagern, 
mag  auch  die  spanische  Begierung  Fortschritt  und  kulturelle  Erleuchtung  nach 
Möglichkeit  fenihalten  —  nirgends  doch,  so  denkt  der  Kanarier,  leuchtet  die 
Sonne  so  waim  nnd  schön,  ragen  die  Berge  so  stolz  empor,  blühen  und 
grünen  die  Blumen,  Büsche  und  Bäume  so  frexmdlich  wie  in  seiner  Heimat'. 
Mag  sie  noch  so  viel  ökonomisches  Unglück  heimsuchen,  für  ihn  sind  die 
Kanaren  doch  immer  die  „glückseligen  Insein^\  das  Land,  in  dem  sich  am 
besten  leben  und  sterben  läßtl 


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Panl  VojeviC:  Siedltiag«B  d«r  lerbiicheii  Lftnd^r. 


507 


Siedluiseii  d«r  MrbiMheE  Ltoder. 

Von  Fftnl  Yx^&wU, 

Sät  1903  sind  in  Belgrad  in  serlnsoher  Sprache  drei  Bind«  6m  großen 
Werkes  „Siedlungen  der  serbisolien  Lftnder**'),  gegrOndet  und  redigiert 
Ton  Prot  Dr.  JoT«n  CTijiö,  herausgegeben  von  der  serbisohen  Akademie 
der  Wissenschaften,  erschienen  —  eines  Wezkae,  in  dem  der  (Geograph,  wie 
der  Historiker  und  Soziolog  eine  Fülle  neuer,  interessanter  Tatsachen  finden 
werden.  Die  bisher  erschienenen  Bände  enthalten  18  Spezialuntersuchungen 
aus  verschiedenen  Teilen  der  serbischen  Liinder  (lO  Serbien,  8  Bosnien  und 
Horzegoviua,  3  Montenegro,  2  Alt-Serbien)  und  eine  einleitende  allgemeine 
ül)ersieht  der  „anthropogeographischen  Probleme  der  Balkau- 
halbinsel**  aus  der  Feder  von  Cv^jiö.*) 

Die  Arbeit  ist  von  langer  Hand  —  mne  methodtselie,  mhige,  langsame, 
gut  dnrehdaehte  Arbeit.  Die  erste  „Anleitung  sur  Dnrchforschnng  von  DOrfem 
in  Serbien  und  den  flbrigen  serlnschen  Lindem'*  erschien  schon  vor  10  Jahren. 
SpUter  wurde  sie  fttr  einzelne  Lli^er  etwas  modifiziert  herausgegeben.  Als 
Mitarbeiter  kommen  Cvijiösche  Schüler,  dann  die  flhrige  Intelligeuz^  insbeson- 
dere Lehrer,  in  Betracht.  So  wurde  bis  heute  ein  großes  Material  gesammelt, 
das  im  geugrapliisthen  Institute  der  Universitiit  Heli/rad  redigiert  und  ein- 
heitlich bearbeitet  wird.  —  Da  bisher  in  der  geoLrraphisclien  Fachliteratur  über 
dies>e  wichtige  Erscheinung  nur  wenig  geschrieben  wurde ^J,  wollen  wir  hier 
Probleme  und  Resultate,  vornehmlich  nach  Cvijiäs  Einleitung,  auseinandersetzen. 

Wie  bekannt,  tritt  bei  den  anthropogeographischen  Erseheinnngen  die 
Landschaft  in  den  Yrndergrund,  nebdh  ihr  sind  andi  das  ethnische  Moment 
und  der  kultuidle  EinfluB  von  Bdang.  Ln  erstm  Kapitel  der  „Anthropo- 
geographisehen  Ftoblnne"  werden  in  gedrängter  Form  die  Beziehungen  zwi- 
schen den  großen  morphologischen  Einheiten  der  Balkanhalbinsel  und  den 
anthropogeographisclien  Elementen  behandelt-,  es  wird  auf  die  Beziehungen 
zwischen  <len  ethnischen  Eigenschaften  und  den  aritluopoge()graphi>rhen  Ele- 
menten hingewiesen;  zuletzt  werden  die  Kulturschicliten  und  die  heutigen 
Kultiu-kreise  der  Balkanhalbinsel  und  ihr  Einfluß  auf  das  authropogeographische 
Bild  verfolgt.  Dabei  werden  von  Ovigid  vier  Kulturkreise  ontevscfaieden:  der 
byaantiniseh-aromunisohe;  der  patriarchale,  in  dessen  Bereiche  ser- 
bische  nationale  Zentren  sind;  der  italienische  und  der  mittelenropS- 
ische.   Aussnscheiden  wtre  noch  der  tftrkische  Ealtnrkreis,  der  sich 

l)  Naselja  Brpskih  zeniulja.  Kasprave  i  gra^jft-  Uredio  Dr.  J.  Cvijiö. 
Knjiga  I.  (.Siedlungen  der  serbiächtiu  Länder.  Kedigiert  von  Dr.  J.  Cvijiö.  Bd.  I.) 
Belgrad  1909.  CCXXXVI  +  497  8.  Attas.  —  Dass.  Bd.  II.  Ebda.  1908.  ni  -f- 
1297  S.  54  Skizzen  im  Text  u.  Atlas  Heft  II.  —  Dass.  Bd.  m.  Ebda.  1«06.  VII  -j- 
864  S.    db  Skizzen  im  Text  und  Atlas  Heft  XIL 

8}  Jovan  CTiji6.  Antropogeografsk!  problemi  Balkanskoga  po- 
Inostrva.   Naselja  srp.  zem.   Bld.  I.   S.  I— CCXXXVI. 

3)  Eine  kurze  Anzeige  von  W.  (Jötz:  Serbische  Siedelungskunde.  F.  M.  1905. 
S.  07—69.  Ausführlicher:  J.  KrdeljanoTiö.  Lea  Stüdes  de  geographie  humaiue 
en  pajB  seibe.  AnnaL  de  göogr.  1906.  8.  494-^89. 


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508 


Paul  Vujevie. 


nur  anf  die  niohummedanische  Bevölkorang  beschränkt.  Auagepr&gt  ist  auch 
der  Einfluß  wirtschaftlicher  Verhältnisse,  nnd  es  ^^flssen  zahlreiche  anthropo- 
gou^rraphische  und  ethnographische  Erscheinungen  auf  diese  ökonomische  oder 
materielle  Basis  zurückgefiihrt  werden".*) 

Über  die  ursprünglichen  Besitzformen  und  den  Ur^rong  der  Dörfer, 
sowie  Hbfr  die  Betitinabme  wissen  wir  mohts,  aber  wir  haben  im  Oebiete 
der  patriarchalen  Knltar  noch  heute  AnbaltQ^nnlcte,  die  nns  die  urspi-üng- 
liduD  Verb&ltnisse  eiWren  kOnnen.  —  ürsprOnglich  konnte  sieb  der  Bauer 
so  wUA  Grand  aneignen,  als  ihm  zur  Bebauung  nnd  Bearbeitung  nOtig  war. 
Auf  diesem  Komplexe  haute  er  das  Hans  inmitten  seines  Gutes.  So  ent- 
standen Einzelhöfe,  jener  Typus,  der  im  Westen  der  Halhinsel  vorhen-schend 
ist.  firiechische  Autoren  aus  der  Zeit  -lustinians  erwähnen,  daß  l)ei  den 
iSüd-81awen  der  zerstreiite  Dorftypus  vorkommt.  —  Das  ültrige,  vom  Stamme 
eingenommene  und  nicht  bebaute  Gebiet  konnte  wahrscheinlich  ein  Stammes- 
gut —  die  Almende  —  gewesen  sein.  Obwohl  uns  dafür  Dokumente  fehlen, 
ist  es  interessant  su  sehen,  dafi  wenigstens  Beste  davon  in  Mittelalter  er- 
kalten waren,  und  im  SW  (Drobigak  —  Nordost-Montaiegro,  Skop^aer  Kara- 
dagh,  Dibra-Gebiet),  wo  noch  Biftnune  existieren,  audi  beute  die  iboimifiko 
als  Stammesgut  vorkommt;  und  daß  in  Serbien,  nach  der  Bevolution,  an- 
fangs des  19.  Jahrh.  dieselbe  freie  (irundnahme  —  als  ursprüngliche  agra- 
rische Form  —  nu'iijlirh  war,  oliwohl  unter  dem  serbischen  mittelalterlichem 
Staate  und  der  TürktMihtM-rscliaft  andere  wirtschaftliche  Verhältnisse  waren. 

"Die  "kütnnnice  {romtntoiL'i  =  ein  allgemeines  Out)  oder  die  herzfgnvi- 
nischen  uiera  (arabisch  =  Weideplatz)  sind  spezieller  untersucht.  „Die  komu- 
nice  sind  gemeinsame  Grundstücke,  Wälder,  Weiden  nnd  Mflhlen  eines  Stam- 
mes, eines  Dorfes  oder  einer  FamiUe**,  „alle  haben  das  Bentttanngsrecht  auf 
tief*,*)  Das  ist  die  „Stammftskcwnnnica",  die  dnreh  spitere  Teilnngm  sn  den 
„gemeinsamen  Dor^tam**  nnd  der  sogen.  6raMMi«>>(FajDilien-)l9(WMinN^ 
fBbrte.  ünter  solchen  agrarischen  Verhftltnissen  entwickelte  sich  bei  den 
Stammesgenossen  mit  der  Zeit  ein  eigenes  usuelles  Recht,  in  dem  es  heißt: 
„Ein  jeder  Stammesgenosse  oder  ein  jeder  Bauer  hat  seinen  Teil  in  der 
honvmica,  doch  weiß  er  nicht  wo  dieser  Teil  ist,  darum  kann  er  sich  iha 
nicht  aneignen.""*)  Das  Recht  auf  die  hntnimcu  kann  kein  Bauer  verkaufen 
und  kein  Zuwandtrer  hat  Recht  auf  sie.  —  Etwas  verschieden  ist  die 
Organisation  der  mtra.  In  der  mira  hat  ein  jeder  Bauer,  der  eigenes  Feld 
in  der  Dorfinarknng  bat,  seinen  AnteiL  Jeder  weiß,  wo  sein  Grundstock 
im  Falle  der  mdra-Verteilung  idbre,  nnd  mit  der  Bewilligung  des  gansen 
Dorfes  kann  er  sich  ein,  seinem  Gute  nächstgelegenes,  Grundstttck  aneignen. 
So  gehen  sie  in  einigen  Teilen  Henegovinas  in  PriTatgütor  Ober/) 


1)  Cviji6  a.  a.  0  S.  XLIIT 

2)  8.  Xomi6.  Drobigak.  Autropogeogr.iapiÜvai^a.  ^ase^a  srp.  zem.  Bd.I.  S.396. 
S)  Tomiö  a.  a.  0.  S.  896. 

4)  Seit  der  Okkupation  misdit  sich  die  ögterreichiBche  Regierung  ein  und  sie 
verkauft  die  mera  an  einzelne  Bauern.  —  Siehe:  J.  Ded  ij  e  r,  UUe^eke  Rndine.  Antropo- 
geogr.  ispit.  Naielja  srp.  zem.  Bd.  II.  S.  696 ff.  —  und  auch:  0.  Gjnri6-Kozi6» 
Suma,  Povxf  i  Zupci  u  Heraegomi.  Ibid.  S.  1184. 


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Siedlungen  der  aerbischeu  Länder. 


509 


In  Weit-  nnd  StldwMt-Sezbien,  Ost-Bosnian  und  Obep>K«rebra  finden  wir 

auch  etwas  anderes,  was  auf  ursprfingliobe  Siedlungen  anzuwenden  wäre. 
Die  heutigen  Dörfer  nnd  Einxelsiedlungen  in  diesen  Gegendon  zei^^en,  dafi 
sie  im  Rodelande  entstanden  sind.  Durrh  die  Tatsache,  daü  in  frühpr^n 
Zeiten  der  Waldbt'Stand  viel  «größer  war,  wird  die  Annahme,  daß  ursprüng- 
liche Niederlassungen  ebenfalls  im  Kodelande  entstanden,  sehr  plausibel. 

Seit  dem  14.  Jahrhundert  haben  wir  sichere  Daten  über  das  Dort,  in 
einzelnen  Qegoiden  hatte  da«  Dorf  die  ursprüngliche  Bedeotang  der  „Nieder- 
lassung" mit  einer  sdiwankenden,  gans  geinigen  HftnsenaU.  In  den  SSentral- 
gebieten  des  patriardhalen  Lebens  (im  Lim-  und  Tara-Gebiet,  in  Teilen  der 
alten  Baika,  dm  KeretTa-Proyinsen  u.  a.)  dedrt  sich  selbst  beute  der  Begriff 
de>  ,J>orfes'*  80  «—"1»«^  mit  dem  der  ..Niederlassung",  SO  daß  es  z.  B.  in 
einzelnen  Distrikten  von  Montenegro  noch  Mitte  des  verfloesenen  Jahrhunderts 
keine  Dörfer  gab;  sie  hatten  weder  Namen  noch  Tlrenzen;  man  sagte  einfach: 
f^ch  bin  aus  dieser  und  dieser  Nafiija^'^  (=  Distrikt  i. 

Es  konnten  aber  die  ursprünglichen  Verhältnisse  auch  anders  gewesen 
sein.  Jeder  partizipiert  an  mehreren,  ungleich  werten  Grundstücken  imd  baut 
sieh  das  Hans  an  einem  ansgewShlten  Orte,  dafi  alle  Hluser  nahe  sind.  8o 
entsteht  der  kompakte  DorfiTpiis,  der  auf  der  Balkanhalbinsel  im  Sflden  nnd 
Osten,  im  Bereiehe  der  bytantinisftb- Momnnischen  Enltor,  vorkommt.  In 
Süd-Serbien,  Alt-Serbien  und  Maketlonicn  war  im  Mittelalter  der  heutige  Be- 
griff des  Dorfes  bekannt.  Damals  existierten  selo  (Dorf)  und  easdije  (Weiler, 
ein  ombryonales  Dorf),  aus  dem  durch  Anwachsen  der  Häuserzabi  oder  durch 
ZusaniMienziohen  mehrerer  zaselijr  zu  einer  administrativen  Einlu  it  das  srio 
entstand.    Das  Dorf  im  Sinne  einer  Nioderlassung  ist  heute  dort  unbekannt. 

Nach  dieser  Darstellung  wollen  wir  uns  den  Typen  der  Dörfer  zu- 
wenden. Diese  bftngen  sehr  von  den  lokalen  topographischen  Yeililltnissen 
der  Landsehalt  ab.  Schon  wenn  wir  die  Lage  der  Siedlungen  betraditen, 
werden  wir  im  gxofien  gannn  eines  grofien  üntwsehiedes  swisehen  dem 
Westen  nnd  Osten,  den  wir  früher  gestreift  haben,  gewahr.  Im  Westen  sind 
die  Siedlungen  auf  den  iSebiigsflanken  mit  zerstreoten  Hftusem,  dort  in  T&Iem 
mit  nahen  Häusern  gelegen,  soweit  nicht  in  beiden  Fällen  die  Plastik,  klima- 
tische oder  hydrographische  Verhältnisse  zu  abweichenden  Tvpen  zwingen.  Die 
Unterschiede  werden  wir  näher  bei  den  beiden  liaupttypt  n  (  I  und  III)  besprechen. 

Der  1.  Typus  (^Starovlaski)  hat  mehrere  Varietäten  und  stellt  einen 
unmittelbaren  Übergang  zu  den  ,,Niederlassungeu"  dar.  Sein  Verbreitungs- 
gebiet umgrenst  i|Dgef)Üir  die  Linie:  Saveniedemng,  das  Mbravatal,  die  obere 
Toplica,  Kosovo,  Metohya  und  Albanien  bis  Elbasan.  Liseln  kommen  im 
Balkan,  der  Srednagora  und  dnn  Bhodopegebirge  vor.  —  Das  Dorf  nimmt 
in  diesem  Gebiete  sehr  große  Areale  ein  (oft  einige  qkm)  nnd  ist  meistens 
auf  milderen,  nicht  sehr  hohen  Gebir^sflanken,  seltener  auf  abgenmdeten 
Kuppen  gelegen;  jedoch  steigt  die  absolute  Höhe  oft  weit  über  1000  m 
hinauf  (Drobnjak  11  —  l.'jOO  m,  SW-^^erbien  Ibarlauf  12O0  m).  Immer  ist 
es  im  Kodelande  gegründet,  auch  wenn  fs  —  nusnabmswrise  —  in  der  Ebene 
(NW- Serbien,  der  Saveniederung)  vorkommt.  —  Die  Häuser  sind  bis  zu 
1  km  von  einander  entfernt  und  in  ihrer  Anordnung  leigt  sich  keine  Begel- 


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510 


Paul  Vujevid: 


mftfiiglrait  Rings  um  das  Hans  liegt  das  Gut  der  Ftunilie  (oder  doch  sein 
grBfiter  Teil)  mit  einer  großen  Ansahl  Ton  Nebengebäuden.  Das  Dorf  wird 
in  taselak,  dieser  in  mahala  oder  ditmnt  eingeteilt.  Der  heutige  zaselak  ist 
ein  geographischer  HegrifF,  ein  so  günstig  p<'!r<j'ener  Tril  des  Dorff^s,  daß  er 
eine  selbständige  Einheit  bildet.  Di'wat  i-^t  eine  familiäre  Einheit:  der  Name 
bezeichnet  mehrere  Hiiiiser  einer  Familie,  die  in  <ler  Nachbarschaft  wohnen.*) 
Durch  die  Vermehrung  der  Einwohner  oder  durch  Einwanderungen  werden 
zwischen  den  alten  neue  Häuser  interpoliert,  die  Einteilung  auf  gasdiik  und 
diemati  geht  langsam  yeiloren,  das  Ihvt  wird  etwas  kompakter;  es  bildet 
sich  aber  nie  dw  kompakte  Dorftypos.  Li  diesen  Oelneten  wohnen  meist 
Viehsfiditer,  sie  brandien  Plati  nnd  wandern  lieber  ans,  als  da0  de  gediingt 
leben  müssen.  Dieser  Typus  ist,  wie  eingangs  erwfthnt,  durch  die  Plastik  des 
Beedens,  durch  Wftldeireichtnm  des  Nordens  der  Balkanhalbinsel,  zum  Teil 
dureh  die  Lebensweise  nnd  gesellschaftliche  Organisation  bedinju''t,  es  scheint 
aber,  daß  bei  der  Bevölkerung  auch  eine  ethnische  Prädisposition')  ftir  diesen 
Tyj)us  vorhanden  ist. 

Andere  Typen  sind  hur  seilen;  wo  sie  vorkommen,  ist  eine  andere  Be- 
TOlkerung,  Einfluß  anderer  Kulturen,  oder  eme  andere  Flastikf  s«  B>  der 
Karst,  EU  erwarten.  Wo  w  einsetit,  kommen  in  Bosnien  und  der  Hene- 
gowina  iRnnpaktere  Dörfer  vor.  —  Einen  Übergang  zum  fannpakten  (OL) 
Typus  zeigen  die  Dörfer  der  äumad\ja,  weiter  der  FlOsse  I^nboraida  und 
Luinica  (SO-Serbien) ;  die  Dörfer  der  Baika  nnd  des  IbargsMetes  fuhren 
zum  nächsten  Typus  über. 

T)pn  n  Typus  i  VlnsinsJii))  erklrut  die  Plastik.  Der  Typus  ist  auf  ein 
kristallinisches,  <^ranitisehes  oder  jungeniptives  Gebiet  beschränkt.  In  die 
kristallinischen  Schiefer  nagt  sich  der  Fluß  tief  ein,  die  Erosion  ist  stark 
und  das  Terrain  sehr  zergliedert  und  zerstückelt.  Das  Dort'  erstreckt  sich 
daher  Aber  mehrere  Berge  und  ist  an  den  OebirgsSanken  erwadisen,  die 
zur  Behanung  geeigneter  sind  als  die  engen  Tsler.  Das  Dorf  ist  in  dhmate 
oder  mahale  eingeteilt  Jeden  Berg  exploitiert  eine  f^umilie,  ein  diemaL 
Die  Häuser  in  einem  diemat  sind  sehr  zusammengedrKngt.  Interessant  ist, 
daß  im  Geljiete  der  Pcinja  bis  vor  80  Jahren  alle  Dörfer  kompakt  waren 
und  durch  späteres  Auswandern  fast  durchaus  zerstreut  geworden  sind.')  — 
Der  Typus  kommt  um  Vla.siua.  Znepolje,  Köstendil,  Osogov  und  Pcinja  vor. 

Der  III.  Typus  {ShopsLi)  dehnt  sich  über  den  ganzen  Süden  und 
Osten  der  Halbinsel,  über  Süd-Albanien,  Ost-  und  Süd-Serbien  aus.  Das  Dorf 
liegt  in  den  Ebenen  und  Tälern^),  die  Häuser  drängen  sich  eng  zusammen 

1  S.  J.  Erdeljanovi^-.   Doige  Dngafevo.  Antxopogeogr.  pnm&avaiga.  Na> 

se^a  8rp.  zem.   Bd.  h   S.  42. 

S)  Die  ethnische  Piftdigpoaition  sehen  wir  in  den  Dörfertypen  der  ümg^ebung 
von  Belgrad,  wo  die  Bevölkerung  aus  verschiedenen  serbischen  Ländern  zugewandert 
ist  und  neben  einander  wohnend  verschiedene  Dörfertypen  hat.  —  Siehe  K.  Nikoliö. 
Okolina  Beograda.  Antropogeogr.  ispit.  Nase^ja  srp.  zem.  Bd.  IL  S.  918  -19. 

8)  R.  Nikoli6.  Yraiqdm  Püiga  u  sliyn  juine  Morare.  Naselja  srp.  son. 
Bd.  ü.  S.  119-20. 

4  In  der  Skopaka  Cmagoca  liegen  die  DOxfer  an  der  Qzenze  zwischen  Feld 

und  Wald. 


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Siedlungen  der  serbischen  Länder. 


Öll 


und  der  Dorfumiifi  ist  mehr  oder  weniger  nmdlieli.  Di«  Hftiuer  nnd  so  ge- 
drlDgt,  dftfi  es  von  fenie  gesehen  den  Schein  hat,  als  ob  das  eine  Haus  über 

das  andere  gebaut  ist,  und  daß  die  Dächer  miteinander  verbunden  sind.') 
Das  Gut  liegt  auberhiilb  des  Dorfes,  zu  Hause  betindot  sich  nur  das  Not- 
wendigste. Dichtere  Häuserhaut'en ,  welche  einer  Familie  angehören,  nennt 
man  mtihahi.  Sie  tragen  den  Namen  der  Familie.  —  Das  Dorf  wächst  von 
auüen,  durch  Agglomeration,  auf. 

ZaUieiehe  Obergänge  fthren  zum  lentreuten  Typus  über;  in  den  Be> 
rfihnmgegebietoii  der  beiden,  wie  am  Kosovo  imd  der  Metohija  treten  rie 
neben  einander,  hinfiger  jedoch  ist  der  kompakte  Typus. 

Unter  dem  Elnfliuse  der  neuen  Knltor  ist  der  IV.  Typus  {MmBvmu^ 
jasrnifki)  entstanden;  er  kommt  nur  in  den  nördlichen  Grenzgebieten  vor. 
Die  Gassen  sind  lang  und  geradlinig,  die  Häuser  etwas  in  den  Hof  ein- 
gezogen und  die  Entfernung  zwischen  zwei  Nachbarhäusern  ist  oft  sehr  groß. 

—  Die  Gassen  schneiden  sich  unter  rechten  oder  auch  unter  spitzen  Winkeln. 

V.  Eine  künstliche  Einheit,  aus  dem  bekannten  Agrarsystem  hervor- 
gegangen und  unter  dem  Einflüsse  der  Osmanlis  entstanden,  stellt  der  cUluk- 
Typus  dar  (Mtät  ^  dnrch  Erbschaft  gewonnener  Grund),  typisch  in  den 
tüiUsehen  Proyinsen,  aber  anch  im  OUrapationsgebiete  vorkommend.  Das 
nDorf"  ist  onem  PSrallelogramm  Ihnlich,  dessen  Seiten  ans  Urinen,  meist 
einteiligen  dtpi^a- Wohnungen  {äpöija  —  üüük  seine  Bewohner)  bestehen^  die 
alle  unter  einem  Dache  sind.  In  einer  Ecke  sind  die  Wohnräume  des  Beg, 
selamhik  (Empfangszimmer)  und  harcniluk  (Frauenabteilungen);  in  der  Mitte 
des  ciUuk  steht  ein  öardnk  (Balkon)  und  neben  ihm  der  Tretboden.  —  Das 
Dorf  besteht  aus  mehreren  citlnks. 

Dieser  Typus  hat  ims  der  Betrachtung  von  Hausformen  näher  geführt; 
jetzt  wollen  wir  sie  besprechen, 

Das  Hans  —  hi6a  —  hat  auf  der  Balkanhalbinsel  drei  verschiedene 
Dentongen;  es  bedeutet:  1.  jenen  Baum,  wo  sidi  der  Herd  befindet  —  die 
nrsprflngliohe  kuAt\  3.  das  gaoae  Wohnhaus;  3.  alle  Gebinde  eines  Gehöftes. 

—  Das  ursprüngliche  Haus  der  Serben,  und  wie  t  s  scheint  aller  Sfld«Slawen, 
war  einteilig.  Der  Begriff  eines  solchen  Hausee  und  Formen,  den  ursprflng- 
lieben  nahe  verwandt,  haben  sich  in  einzelnen  gebirgigen  Gebieten,  z.  B.  um 
den  Flub  Ibar  und  die  Sarplaniua  noch  erhalten.  Das  ist  die  konustormige 
sibara.  siljtu^a,  luhnra  usw.  Sie  wird  aus  Stäben  und  Pfosten  gebaut  und 
mit  schlechtem  iieu  bedeckt.  Nach  oben  konvergieren  die  Balken,  treffen 
aber  nicht  susammen  —  dieser  Banm  bleibt  lllr  den  Baach  offen,  l&a» 
kleine  Tflr  fOhrt  hinein  in  den  kanm  2  m  breiten  Banm,  in  dessen  Mitte  daa 
Vener  brennt.  —  Frflher  waren  solche  Htitten  sehr  verbreitet*),  jetzt  kommen 
sie  nur  noch  als  Hirtenwohnnngen  vor,  und  man  nennt  sie  in  Montenegro 
und  im  Novopasarski  sandSak  dulrirog  oder  aavoriak;  „bei  den  armen  Be- 

1)  S.  S.  Tomi6.  Ökopska  Cmagora.  Naselja  srp.  zem.  Bd.  HI.  S.  414  u.  434. 

S)  Bis  vor  llbifkig  Jahren  waren  sie  im  Ibaxgebiete  die  auMcUieSliche  Hane- 
form.  Heute  sind  de  seltener,  doch  gibt  es  kaum  einen  zaselak,  in  dem  sich 
nicht  eine  ktlja  vorfände.  In  den  letzten  Jahren  Teracbwinden  sie  merklich.  — 
S.  R.  Ili6.   Ibar.   Naselja  erp.  zem.    üd.  III.    S.  579. 


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512 


Pftul  Vajeviö: 


wohnern  der  Hocbebene  (zwischen  Lim  und  Tara)  aber,  sind  die  savardak» 
dia  aosschlieBlichen  Woboimgen^^^)    Einige  Iiaben  prismatiscbe  Formen. 

Erst  spater  bekam  das  Haus  seine  hentipe  Form  (Wände,  Dach  usw.V 
Der  Norden  und  Süden  gaben  auch  dem  Hause  ihr  charakteristisches  Ge- 
präge. Im  Süden  der  Halbinsel  überwiegen  steinerne  Häuser,  das  Haus  ent- 
wickelt sich  in  der  vertikalen  Hichtung;  im  Norden,  wo  ein  reicher  Wald- 
bestand  ist,  wird  das  Hans  Ton  Höh  gefsitigt,  anfisideiii  sisbt  man  Tisl 
Flecfatwerk  oder  ungebraiiiite  Ziogel;  di«  Entwiddnng  des  Hamas  geht  in  der 
HorisontaleiL  —  8ehr  Tersohieden  ist  andi  das  Material  der  Huisbededniiig, 
die  Höhe  des  Daches  h&ngt  im  wesentlichen  davon  ab. 

Die  Differenzierung  kann  erst  mit  der  Entwicklung  der  Nebentttnme 
beginnen.  „Unter  dem  Einflüsse  verschiedener  Baumaterialien,  verschiedenen 
Klimas,  verscliitHlouer  ökonomischer  Entwicklunj:  und  sozialer  Verhältnisse, 
wegen  der  etlinnt.'-raphischen  Mischungen  und  vornehmlich  in  Folge  ver- 
schiedener Kulturen  entstehen  spezitiache  Häuser  einzelner  Gebiete"*)  —  es 
entwickeln  sich  Häasertjpen. 

L  Das  westserbisohe  Haus  (des  Stari  Vlah  uid  der  Önmadija)  ist  an 
den  serstreuten  Dorftjrpns  geknflpft.  Die  Zahl  seiner  Nebengebiode  ist  gro0 
und  Tariiert  «wischen  15 — 20.  —  Zwei  Typen  sind  hier  sn  nstersohsiden: 
1.  Das  einteilige  Haus  ist  ein  Balkenhaus  (brimara).  Je  nach  dem  Ma- 
teriale  der  Bedeckung  nannte  man  es  auch  kidada,  slamara,  Hndralija.  Im 
Dache  war  eine  kleine  Öffnung  für  den  Hauch,  die  hadia.  oder  auch  der 
hölzerne,  mit  einer  konischen  Kuppe  bedeckte  Ilauchfang,  kajnc.  angebracht. 
Ein  solches  Haus  war  vidfaih  transportabel  und  erst  später  bekam  es  ein 
solides,  gebautes  Fuudainenl.  Manchmal  zeigt  dies  Haus  schon  Anfänge  der 
Bntwioklang:  kleine,  separierte  BixunOi  die  als  ^peis^ammer  (oifoea,  Sia) 
dienen,  die  spftter  in  dM  Schlafidmmer  umgewandelt  werden  and  den  Namen 
soba  oder  odo^  (Stube)  erhalten.  —  So  ratwiekelt  sieh  ans  der  brmiara^ 
die  in  neuerer  Zeit  in  «ajoll  (s.  unten)  umgewandelt  wird,  2.  das  zwei- 
teilige Haus,  das  aus  yerschiedenem  Material  gebaut  wird:  das  „HauS** 
{ku6a)  besteht  aus  Balken,  die  Stube  («o&a)  aus  Flechtwerk.  (Der  Typus 
der  polubrvnara-polucatmara.)  Das  Innere  eines  solchen  ist  überall  gleich. 
Jener  Kaum,  wo  der  Herd  steht,  in  den  der  Eingang  füiui;  und  in  dem  man 
schläft,  heißt  kuca.  Der  Herd  ist  nahe  der  Wand  und  durch  ihn  wird  der 
Ofen  in  der  Stube  geheizt  Nur  über  dem  Herde  trifft  man  im  „Hause" 
«neu  kleinen  Boden  (ierm)^  und  es  seheint,  daß  aus  ihm  der  wiridiehe  Boden 
entstanden  ist  Weiter  erstreckt  er  sieh  Uber  die  ganze  Stabe.  In  die  htöa 
fahren  immer  swri  gegenüberstehende  Türen,  und  in  die  Stube  kann  man  nur 
aus  dem  ,^ause**  hinein.  Vor  dem  ,3>^use"  trifft  man  oft  eine  VoiliaUe» 
irem,  <ya/,  dolsai  genannt.') 

Spezielle  Nebengebttade  dieses  Typs  sind:  wi^at  oder  tgrada,  für  verhei» 

1)  P.  Mrkonji6.  Sred^je  Polim^e  i  Potaije  u  NovopaMurskom  sandiakn.  Na» 
i^a  Bri).  zem.    Bd.  I.    S.  291. 

2;  Cviji6  a.  a.  0.  S.  CIV 

3)  Wir  mäflflen  erwähnen,  daß  die  einzehieu  Hüumlichkeiten  im  Huuso,  ebeoao 
wie  Nebengebäude,  in  venchiedenen  Gegenden  Tenehiedene  Benennungen  haben. 


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Siedlungen  der  lerbischen  L&nder. 


513 


ratete  Mitgli«>c]>  r  der  Familie  und  für  Mädchen.  Sie  haben  in  diesen  Ge- 
bieten die  Holle  des  Zimmers;  in  den  vajati  'wnrd  geschlafen  und  gearbeitet, 
aber  in  ihnen  brennt  nie  Feuer.  Die  vajati  stehen  neben  einander  in  einer 
Reihe,  jeder  besteht  nur  aus  einer  Räumliehkeit,  vor  welcher  sich  oft  ein 
breiter  Gang  befindet.   Weiter  hat  eiu  jedes  Haus  seine  Milchkammer,  Ställe 

n.  Becht  Tenehieden  ist  d»  MoraTfthavs  (in  Oaft-  und  Sfld-Serbien 
und  in  der  ümgegend  Ton  Skop\je)i  deasen  Auadehnnngggebiet  sidi  mit  dem 
kompakten  Dorftypus  deekt  —  Um  du  Haus  benim  ial  «a  Ueiner  Hof  mit 
/wenigen,  unbedeutenden  Gebäuden.    Das  Haus  selbst  ist  plump,  bat  oft 

einen  quadratischen  Querschnitt '  i,  wird  aus  Flechtwerk  oder  ungebrannten 
Ziepeln  gebaut  und  mit  Dachziegeln  oder  schlechtem  Heu  bedeckt.  Der 
Kauchfaug  wird  gellocliten,  nach  oben  nimmt  er  an  Breite  zu  und  ist  nicht 
zugedeckt;  man  nennt  ihn  golnijhivi  („den  Bloßköpfigen'*).  Das  Haus  ist  ge- 
wöhnlich dreiteilig:  „Haos^^  Stube  and  Vorhalle. 

m.  Du  bosnische  Haus  dehnt  sieh  nach  SO  bis  Novi  Puar  aus. 
Zum  ttberwiegenden  Teil  ist  du  Baumaterial  aus  Holz,  erst  in  neuester 
Zeit  haben  sieh  Fiechtwo-k  und  Zi^dl  eingebürgert.  Du  Haus  ist  eben- 
.  erdig  und  der  Unterschied  zwischen  ihm  und  dem  westserbischen  Hause  be- 
steht darin,  dafi  das  bosnische  Haus  unter  dem  Dache  ein  oder  mehrere 
Gastzimmer  hat,  also  schon  AnfSnge  der  vertikalen  (Jliederung  zeigt.  Das 
Dach  ist  hoch  und  gewöhnlich  aus  Schindeln,  den  Bauchfang  vertreten  be- 
wegliche  Kauchhicher. 

Weiter  im  Süden  herrscht  das  steinerne  Haus  und  umfaßt  alle  Teile 
des  mediterranen  Klimas.  * 

IV.  Im  Gebiete  des  hersegOTinisch-montenegrinischen  Hauses*) 
dient  als  Baumaterial  der  Stan.  Die  Hofttfttte  ist  klein,  und  die  Zahl  der 
Nebengebftnde  gering.  Du  ebenerdige  Haus  nennt  man  hier  jpoMiM^^^uja. 
Das  liocbgiebelige  Dach  ist  aus  Roggenstroh,  der  Rauchfang  fehlt,  tlber  dem 
Herde  ist  ierjen.  Wichtig  ist,  daß  der  Herd  und  die  beiden  Betten,  alle 
nahe  einer  Wand,  von  hrra  rossa  20 — 30  cm  hoch,  gestampft  sind.  Nicht 
selten  ist  das  Haus  einteilig  JcnJibd,  stajaca  ku6a.  Später  wird  es  mit  Flecht- 
werk in  zwei  oder  auch  mehrere  Teile  geteilt. 

Das  stockhohe  Haus  wird  kula  (^Turm)  genannt  Das  „Haus"  ist  oben 
und  unten  die  tsba  —  eine  Getreidsfatnuner,  oft  mit 
kleineren  Abteilungen  IBr  du  Vieh.  —  bt  nur  d«r  /  ,  >. 
untere,  d«n  Tale  lugekebrte  Teil  des  Hauses  stodc- 
boeh,  der  obere  ebraerdig,  so  bekmnmen  wir  den 
Typus  der  hu6a  na  delici.  Unten  ist  die  ifda.  Ober 
ihr  befindet  sich  die  Stube,  in  die  man  nur  aus  der 
ebentM-digen  kn^a  hinein  kann.  Alle  stoekhohen 
Häuser  haben  Fenster,  Schornsteine  und  plattenbedeckte  Dftcher.  —  In  den 

1)  S.  St.  MijatOTiö.  Temni6  (das  Moravagebiet  cwischen  PmmU&i,  KmieTac, 
Trstenik).   Naaelja  srp.  zem.  Bd.  III.  S.  258  rt. 

2)  S.  Tomi6,  Drobiyak  a.a.ü.  S.411ti.;  Dedijer  a.a.O.  S.  723ff.;  0.  Ujurii- 
Ko%i6.  duma,  Povii  i  Zupoi  u  Hezsegorini  Nsnelja  srp.  zem.  Bd.  TL  S.  11281f. 

OmsimpUmIm MltdirUl.  la  JatefMtf  IMa  aHaft  86 


Stube 


izba 


ka£a 


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614 


viel  annseligeren  Haiisern  des  Limgehietes  entspricht  der  i:ba  die  magaza 
(sie  ist  aus  Stein,  das  ohere  Stoikwerk  aus  Holz  gebaut))  die  dem  ältesten 
HausinitL'li"'«!  als  Bchlaf/iinmer  dient.*) 

Ena  cliarukteriätiäches  Nebengebäude  in  diesen  Gebieten  ist  die  immer 
ttockhoeli  gtbant»  W/onkß,  Dm  ist  ein  Stall  für  das  Eleinvieb;  onten  ist 
das  Vidi  und  oben  das  Fatter.  —  Der  Tretboden  {^AmM)  ist  hier  grofi, 
schon  und  1 — 1,5  m  hodi  nnmuniert.  Saue  HauptroÜe  ist  sa  einer  Neben« 
roUe  herabgekommen;  er  ist  jetst  der  Taazr  mid  Sammelplati  der  Jugend 
geworden. 

Das  Haus  des  Stammes  Vasojevidi  in  Montenegro,  welches  aus  H0I2 
gebaut  ist'U  stellt  einen  Cliergang  zum  westserbischen  Hause  dar 

V.  Das  niake<lonische  Haus  ist  immer  grob.  Das  ebcuerdige  Haus 
ist  zweiteilig,  im  Gebirge  von  Tlechtwerk,  in  den  groben  Becken  aus  un- 
gebrannten Ziegeln  gebaut.  Interessant  ist  hier,  dab  der  Eingang  in  die 
pondUa  oder  o6or,  wo  das  Yieh  gehalten  wird,  flkhrt  Sie  ist  vom  „^use** 
dnrch  eine  1.5  m  hohe,  gefloditene  oder  bretterne  Sdieidewand  getrennt.  In 
der  Mitte  des  „Hauses"  steht  der  Herd;  beiderseitB  desselben  sind  Schlafistellen: 
«alhtnih  (ür  altere  Familienmitglieder  und  katiSte,  die  Schlafttelle  der  Jagend« 
—  Oft  betindet  sich  vor  der  pondila  eine  Vorhalle.  —  Das  stockhobe  steinerne 
Haus  zählt  vii'lc  Fenster  und  Sohürnsteine.  Das  untere  Stoctvverk  nennt 
man  di--  potulUa ,  mit  Abteilungen  fiir  «las  Vieh,  Getreide  und  Sj>eisen ; 
im  obeii  ti  Stockwerke  ist  dit-  trriibte  Hiiumliclikeit  jhAolnu.  eine  Art  Emp- 
fangszimni«  1,  und  ringsherum  sind  die  VVohnziuiiuer.  —  Die  Zahl  der  Neben- 
gebaude ist  gering. 

In  allen  besprochenen  Gebieten  hebt  sich  das  mohammedanische 
Hans  reicherer  Leute  hervor.  Sein  Inneres  ist  sdiwer  sn  stodieren,  aber  im 
ganzen  Aussehen  und  in  der  Einrichtung  des  Sauses  ^^en  ttch  orienta- 
lisohe  Einflüsse.  Einige  Beohachtungen  Aber  dieses  Huus  sind  in  der  Herze* 
govina  gesammelt.«)  Der  Hof  ist  ummauert  und  in  ihm  erhebt  sich  das 
Haus,  immer  stockhoch,  rntcn  ist  ilio  Speise-  und  Getreidekammer,  im 
oberen  Stockwerk  die  Wolm/imnu  r.  Eine  Ixilzerne  Sti>'ge  führt  auf  die  divau- 
hana,  einen  gesdilosseneu  Gang  längs  de>  ganzen  Stockwerkes  hinauf,  und 
Yon  dieser  führen  in  jedes  Zimmer  separate  Türen  ein.  In  jedem  Zaunier 
ist  dne  Badenische,  kammidiik,  angebrachl  In  swd  benadibMrte  Zimmer 
llihrt  Iroine  direkte  TOr.  Das  schönste  Zimmer,  mit  einem  geAb4>ten,  ge- 
schlossenen Balkon  ist  der  Mak,  gewOhnlidi  das  Gastsimmer.  Jedes  Terhd* 
ratete  Hausmitglied  hat  sein  Zimmer.  — >  Reichere  haben  auch  harem  (Frauen- 
abteilungen)  und  hmah,  lavotliak,  musa/irana  (Gast-  und  Heneniimnier),  an 
denen  sich  viele,  schöne,  schlanke  Rauchfänge  erheben. 

Auf  alle  Nebengebiludo .  deren  mehrere  recht  interessant  und  fiir  ein- 
zelne Gebiete  charakteristisch  sind,  sowie  auf  Ein/.eihciteii  der  Einrichtung 
können  wir  hier  nicht  eingehen.    Wir  beschränken  uns  nur  auf  grobe  Züge 

1)  Mrkonjic  a.  a.  0.  S.  2H5ff. 

2)  S.  B.  Lalevic  und  J.  Protiö.  Vasojeviäi  a  craogonkoj  gnnici.  Nase^a 
8rp.  zem.    Bd.  II.    S.  526  ff. 

8)  0.  Gjuri6-Ko8i6  a.  a.  O.  S.  IISS—ST. 


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Siedluugeu  der  serbischen  Länder. 


515 


und  selbst  die  mitgeteiltoi  ^ypen  müsseii  noch,  nach  Ansidit  Or^fids,  ntthw 

untersucht  und  etwas  präzisiert  werden. 

Kura  möchten  w^ir  die  verschiedenen  Gebiete  und  Arten  der  Viehzucht 
bes]  Hachen.  Die  Viehzüchter  sind  namentlich  in  den  Gebirgen  der  Halbinsel 
zerstreut.  —  Typische  \'if  hziu-hter  und  sich  ausschließlich  luit  der  Viehzucht 
beschäftigend  sind  die  uoniadisehen  Zinzaren,  die  sich  selbst  „Aromunen" 
nennen,  von  den  übrigen  Balkan-Ölaweu  Cruovunci,  Kucovlasi  usw.  genannt 
werden.  Ihre  Verbreitungsgebiete  sind  Pindus,  Epims,  Akamanien,  die  make* 
doniscihen  Gebirge;  gegen  Norden  werden  sie  seltener.  Ihre  Hutten  sind  gana 
den  »hare  fthnlich;  in  den  sfidliehen  Gebieten  sind  de  ans  Fleohtweik, 
man  nennt  sie  mandra.  Sie  sind  vieredag  and  stehen  in  Beihen,  gassen- 
ähnlich,  da.  Es  gibt  viele  Obeiginge  von  diesen  zu  den  echten  Dörfem. 
Im  Herbst  ziehen  die  Aromunen  in  die  Täler  und  großen  Becken  iH-rnnter, 
wo  sie  überwintern.  —  Auch  weiter  im  Nordwesten,  im  Zentrum  der  patri- 
archalen  Kultur,  ist  die  Huuj)thesehilftigung  der  Einwohner  die  Viehzucht, 
und  so  kommt  es,  daß  hier  die  Bewohner  Winter-  und  Soinititi Wohnungen 
haben.  Die  Albanesen  des  Nordens  haben  ihre  Dörfer  im  Bujanagebiet, 
am  Ktlstenlande  oder  anf  niedrigeren  Gebirgen.  Die  DArfer  sind  im  Sommer 
ganz  verddet,  ihre  Einwohner  befinden  sich  dann  im  Gebirge,  auf  den  weit- 
entfernten,  kleinen,  steinernen  mandra  oder  baäkt.  —  Manche  Stimme  der 
montenegrinischen  Berge  haben  ihre  IbaUme,  immer  auf  dem  Gebiete  des 
Stammes.  10—30  Sennhütten,  auf  Höhen  TOB  löOO— 2600  m,  5  —  6  Stun- 
den vom  Dorfe  entfernt  stellen  einen  Jcatun  zusammen.  Die  hölzerne  Hütto 
der  hniane  ist  zweiteilig:  vorne  ist  der  ,.Herd"  ("ffnjislr),  hinten  die  Milch- 
kaninier  {mlijrcnjdk}.  Ende  Mai  zieht  mau  ins  Gebirge,  mir  ältere  Mitglieder 
der  Familie  bleiben  zu  Haus.  Gegen  Ende  August  müssen  die  Senner  niedri- 
gere, gesohütstere  Gebirge  aufsuchen  (man  nennt  den  Vorgang  sdig,  syavale) 
und  kehrai  Mitte  Oktober  in  ihre  Winterwohnungen  xarftck.  —  Etwas  ab- 
weidiend  ist  die  Art  der  Bewohner  der  niedrigen  hersegovinischen  Sw 
mina-^)  und  Suäina-')  Gebiete.  Den  Winter  Terbringen  die  ViehsQehter 
um  das  Dorf  hemm,  um  Anfangs  Juni  in  das  Hochgebirge  von  SO-Bosnien 
und  der  Henegovina,  auf  ihre  (orine  und  jnnjila,  hinaufzosiehen.  Hiw, 
3—4  Tagereisen  vom  Dorfe  entfernt,  an  der  oberen  Waldgrenze,  auf  Höhen 
von  l.'>r)()  in,  nahe  den  Quellen.  })efinden  sich  ihre  staninr  -  kleine  steinerne, 
mit  Stroh  l)e<leckt»^,  meist  eiiir;iuniige  Hütten.  In  der  Seun-rei  sind  W(it>er 
{stopankajy  Madchen  und  Kinder,  aufgewachsene  Leute  selten.  -  Für  alle 
Yiehanchtgebiete  ist  die  Uwne,  bewegliche,  auf  den  Schlitten  gelegte,  manns- 
große  Htttte  fBr  den  Hirten,  Imöer,  kuiara,  diarakteristisch. 

Die  hakme  und  torine  sind  aneh  deshalb  sehr  wichtig,  weil  sich  aus 
ihnen  vielfoch  wirkliche  Dörfer  entwickln.  Sie  alle  tragen  den  Namen  des 
ursprünglichen  Dorfes  ans  dem  sie  hervorgegangen  sind,  haben  gemonsamen 
Püarrherm,  Friedhöfe  usw.,  wie  z.  B.  im  Drobigak-Gebiete.*) 

1)  Summa  ist  das  henegonmeehe  Küstenland. 

2i  Rudina,  das  Gebirge  zwiHchen  Trebinje,  Hilef  bis  (Jacko. 
3.  S.  Toniir.  Drobnjak,  a  a  <».  S.  451  —  61.  —  Ausführlii  her  über  die  \  ieh- 
zucbt  hat  Dedijer  a.  a.  O.  S.  762—767  und  Wid  a.  a.  U.  Ö.  öÖO— öyö  geschrieben. 

86' 


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516 


In  Serbien  stellt  die  Viehzucht  nach.  Wir  werden  nie  gaOM  Dörfer 
ins  Gebirge  ziehen  s<'hen,  es  sind  immer  verstreute  Kinzelsennereien  (stati). 
In  Ost-  und  Süd-Serbieu  hat  sich  eine  alte  Pniduklionsart,  das  früher  sehr 
bekannte  bacevanje  noch  erhalten.  —  Charakteristisch  als  Sennhütte  von  NO- 
Serbien  ist  die  pcjjata,  interessant  deshalb,  weil  ihr  in  dieser  Gegend  vielfach 
die  Boll«  dfls  Haimiw  loftllt  Ihre  Yerhrntung  fällt  mit  der  der  Rnmliiem 
in  Serbien  lOBUomen. 

Die  Stftdte  auf  der  Balkanhalbinael  sind  auf  größeze,  geographische 
Bedingungen  angewiesen  und  entstehen  nur  an  begünstigten  Stellen;  ob  sie 
sich  auch  erhalten  und  entwickeln  werden,  hSngt  vielÜMJh  Ton  der  histori- 
sehen  Entwicklung  und  den  kulturellen  Einflüssen,  dann  auch  von  den  wirt- 
schattliclien  Verhältnissen  des  Hinterlandes  u.  a.  ab.  (Jrößere  Städtereiben 
sind  an  wichtigeren  Flüssen  und  Verkehrslinien  (Morava — Vardar  und 
Morava — Nisava — Maricaj  gelegen,  in  Albanien  sind  sie  au  die  alte  Via 
Egnatia  gebunden.  Li  Makedonien  und  Alt-Serbien  sind  die  meisten  StAdte 
in  doi  Bedien  oder  an  den  Seenfomi  in  den  ^rstllndem  als  Okonomisdie 
Zentren  der  Poljen,  entstanden.  Nnr  die  sinnrisehen  StSdte  (KmioTO,  Klisnra, 
Neveska  usw.)  nehmen  eine  Sonderstellung  em,  indem  ns  ndi  auf  grofiea 
Höhen  befinden.  Sie  sind  unabhängig  von  der  Natnr,  ihre  BeTölkemng  Ta^ 
dient  das  Geld  in  fernen  Ländern. 

Wenn  man  die  Geschichte  heranzieht,  so  siebt  man,  daß  es  „von  den 
Kulturzentren  auBerhalh  der  Halbinsel  ahhäufrig  ist.  welche  von  den  Kommurji- 
kationsarterien  eine  größere,  oft  ausschließliche  Rolle  spielen  wird,  und  welche 
Seite  und  Küste  der  Balkanhalbinsel  ihre  „Stimseite^^  oder  kulturelle  Seite 
smn  inzd**.*)  FMher,  als  die  Inüturellen  und  Andeliseotreii  in  Ittlien  lagen, 
blühten  die  Stftdte  der  Adiia,  Ton  denen  die  HandelsstraBen  in  das  InnerB 
und  gegen  BTians  fthrten,  seitdem  aber  die  Zentren  nadi  Norden  gerObkt 
sind,  hat  die  meridionale  Linie  Belgrad — Salonique  und  Belgrad — Konstan» 
tinopel  die  führende  Rolle  flbevmommen. 

Das  ethnische  Moment  spiegelt  sich  in  der  Zili!  It-r  Siedlungen.  Bei 
den  Türken,  Zinzaren  und  (iriechen  ist  die  Zahl  größerer  Siedlungen  viel 
bedeutender,  als  beim  s»  rhisi  lien  Volke. 

In  den  Städten  nahe  um  Meer  und  unter  dem  italienischen  und  b^-zan- 
tinisch-azomnnisohen  Koltureinfluß  überwiegt  das  steinerne  Material;  die 
Häuser  sind  hoch,  die  Oassen  eng  und  steil.  Im  ^em  der  Halbinsel  wird 
andi  in  den  Stftdten,  besonders  in  denen  des  Kordwestena,  das  Hola  als  Ban- 
material  Tervendet  Die  Wohnh&nser  sind  im  Hof,  der  Hof  ist  nnunauert, 
die  Gassen  gebogen  und  eng.  Der  Sammelpunkt  des  Offentlidien  Lebens  ist 
die  öirsijd  (der  Marktplatz).  —  Cv^ic  hat  folgende  Typen  unterschieden: 
den  dalraa  1  i  n  i seh  -  venetianischen,  den  albanischen  und  den  grie- 
chisch-metlit  erranen  Typus  au  der  Adria.  Die  by/antinisch-türkische 
Gruppe  zählt  die  mei.sten  Städte  im  Innern  der  Halltinsel  zu  deu  ihren. 
Das  Charakteristische  sind  hier  die  carsija  und  der  große  Schmutz;  dagegen 
zeichnen  sich  die  hochgelegenen  sinsarischen  iariije  durch  musteiliafte 


1)  Cviji6  a.  a.  0.  8.  LVIIL 


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Siedlnngen  der  serbischen  Lftnder. 


517 


Reinlichkeit  aus.  Die  Stldte  des  Nordwestens  konnten  ikxe  8elfaetftndig- 
keit,  Tersehiedener  Kmltoreinflttose  halber,  nidit  bewahren;  verbrntet  sind 
die  Begriffe  der  piMiw,  sowie  der  6ari^ 

Ein  sehr  interessantes  Kapitel,  mit  neuen  Ideen  nnd  Methoden  der 

Untei-snchung,  bilden  die  modernen  Migrationen,  die  Abkunft  und  Mischungen 
der  Bevrdkeruncr.  Durch  znhlrciohe,  toilwpise  sehr  jungo  Migrationen  ist  die 
BevölkeiTing  auf  der  Balkanlialbiusel  sehr  bunt  zusammeuccwürfVlt.  Diese 
Tatsache  ist  für  zahlreiche  anthropogeographische  und  ethnographische  Pro- 
bleme und  für  ihre  Lösung  von  großer  Bedeutung.  In  vielen  Fällen  kann 
man  die  Erscheinungen  ohne  eine  genaue  Kenntnis  der  jüngeren  Migrationen 
nnd  der  Abkunft  der  Bevölkening  nicht  Terstehen.  Schon  daraus  qpridit  die 
Wichtigkeit  dieser  sorgfUtig  ausgeführten  üntersndhungen,  deren  Verfolgung 
bis  auf  swei  Jahihunderte  sor&daeioht 

Die  wichtigsten  Züge  wollen  wir  nicht  unerw&hnt  lassen.  Über  den 
Ursprung  der  Bewohner  geben  unmittelbare  und  mittelbare  Woge  der  Unter- 
suchung gute  Aufschlüsse:  die  bei  unserm  Volke  gut  erhaltene  Tradition, 
die  geocrrnjihische  Nomenkhitur  des  (Jebietes,  weiter  Zunamen  und  Spitzuanieu, 
Dialekte,  Trachten,  Gebräuche  u.  a.  können  manch  richtigen  Weg  weisen. 
Ethnograpbiijcbe  Eigenschaften  geben  bei  uns  sehr  schnell  verloren,  Assimila- 
tionsprozesse sind  rasch;  besser  und  Iftnger  «halten  sich  die  aathropogeogra- 
phisdien  Eigenschaften. 

Ethnograi^isch  haben  am  meisten  die  Zinsaren  verloren;  sie  ver- 
schwinden: in  den  meisten  Fällen  werden  sie  hellenisiert,  viel  weniger  slawi- 
siert,  nur  ausnahmsweise  gehen  sie  in  Türken  über.  SchwSohere  sfldalba- 
n  es  i  sc  ho  Stämme  hellenisieren  sich  ebenfalls.  Die  Slawen  werden,  wo 
sie  kompakt  vorkommen,  sehr  wenig  hellenisiert,  einzelne,  weit  nach  Süden 
vorgeschobene  t)aseu  aber  haben  sich  verloren.  Seit  neuester  Zeit  kehren 
viele  zum  Slawentum  zurück.  —  Faktisch  am  meisten  verloren  haben  die 
Türken  in  den  zahlreichen  Kriegen  nnd  wegen  der  Degenerierong.  Der 
Islam  hat  sich  tut  Uber  die  ganze  Halbinsel  verbreitet,  jedoch  wenige  von 
den  islamisierten  Christen  haben  ihr  nationales  QefOhl  verlorra.  —  Wichtige 
Prozesse  spielen  sich  an  der  Berflhnmgsgrenze  der  Serben  und  Albanesen 
ab.  Die  letzteren  haben  hier  gewonnen,  sie  dringen  oft  gewaltsam  in  ser* 
biscbe  ethnographisc  he  Oobiete  ein  und  drängen  die  Serben  nach  Osten  zu- 
rück. Diese  Front  ist  die  schwächste  Seite  des  serbischen,  unbewatfiieteu 
Volkes.  —  Übergiintre  von  den  Serben  zu  den  Bulgaren  sind  u'anz  all- 
mählich, die  Assimilation  ist  sehr  rasch,  und  dieser  l^inkt  ist  auch  politisch 
wi(-htig.  Sonst  haben  diese  beiden  Nationen  ilue  ethnographischen  Gebiete 
vergrößert  „Von  Interesse  ist  die  Tatsache,  daft  unterdrückte  YOlker  ethno- 
graphisch noch  geddhen  können.  Sie  haben  sich  eihalten  und  ausgehreitet 
wegen  der  patriarchalen  Zustande  und  der  starken  physischen  Eigenschaften.**^) 

Ifit  traurigen  ökonomischen  Zuständen  und  der  persönlichen  Unsicher- 
heit im  Zusammenhange  werden  wohl  die  meisten  großen  Migrationen  auf 
der  Halbinsel  stehen.    Seit  der  türkischen  Invasion  sind  die  Migrationszüge 

1)  Cvijic  a.  a.  Ü.  S.  CLXXVIÜ. 


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518 


Paul  Vajevid:  Siedlungen  der  serbischen  Länder. 


nach  dem  KordAn  der  Halbinsel  gerichtet,  und  auch  nadi  der  Befimaog  der 
peripheren  Teile  bewegen  lidi  die  Blawen  in  dieser  Biehtung,  nur  ^e  tür- 
kischen Züue  haben  seither  die  entgegengesetzt«  Richtung  eingenommen. 
Kleinere  Wanderungen  geschehen  aus  verschiedenen  Gründen.    Ein  ständiger 

Prozeß  ist  das  Herabsteigen  von  den  Gebirgen  in  die  Niedeningen.  Von 
Bedeutung  sind  auch  politische  Ursachen,  bei  der  Befreiung  nationaler 
Staaten  z.  B.  richttu  sich  nach  ihnen  die  Züge  der  Wanderungen*),  dann 
neue  Verbindungen,  klimatische  Schwankungen,  Lokalaufstäude,  Blutrachen  u.a. 

Im  grofien  ganzen  sieht  man  in  den  sttdlidien  Teilen  viel  mehr  Alt- 
Sassen,  als  in  den  nSrdliehen  Gebieten  der  Halbinsel,  wo  die  Zahl  jflngersr 
Ansiedler  ftberwi^,  s.  B.  in  Dragadero  (im  HoraTaknie  swischm  Ca6ak, 
Poiega,  Ivanjica)  haben  der  Bewohner  sieh  erst  im  18.  Jabriu  im  Gebiet 
angesierlelt.  Dies  Verhältnis  ist  aueh  für  die  n&here  Umgebung  maßgebend. 
Die  südlichen  Gebiete  sind  aktiv,  von  ihnen  gehen  die  Migrationszügo  aus; 
die  nördlichen  Lllnder  sind  passiv,  sie  sind  Ziele  der  Bewosrnngen.  —  Die 
aktivsten  unter  den  serbischen  Ländtrn  sind  die  Herzogoviiia  und  die 
montenegrinischen  Berge.  Ihre  Hauptzüge  richten  sich  nach  Alt-  und 
We8t>Serbien,  weniger  nach  Dalmatien  und  der  Bocca  di  Cattaro.  Alt- 
Serbien  ist  mehr  oder  weniger  ein  Übergangsgebiet,  es  hat  die  Bolle  eines 
neutralen  Landes.  Die  Altsassen  des  Sandiak  Novipasar  wanderten  nadi  West- 
Serbien,  die  ans  dem  Kosovo-,  Skopie-  nnd  Prisrengelnete  naeh  Ost*Serbien 
ans.  Ihre  frflheren  Wohnplätze  nehmen  Znwanderer  aus  Westen  ein:  aus 
^fontenegro,  aus  den  Sar-,  Drin-  und  anderen  Provinzen.  —  Weniger  aktiv 
als  Herzegovina,  eher  neutral  zu  nennen  war  IJosnien.  Von  hier  cingen 
Züge  nach  West*Mi,  Norden  und  Osten  ans;  aniiore  kamen  meist  von  Westen 
und  von  Rüden  her.  Seit  iitMu  ^ler  Zeit  wandern  viele  Mohanmiedaner  der 
okkupierten  Provinzen  nach  der  Türkei  und  Kleinasieu  aus.  —  In  Öerbieu  sind 
auch  Züge  vom  Norden  her  jfostrastellen;  im  Donan-  nnd  Bavegebiete  haben 
sich  Serben  ans  Ungarn  nnd  Slavonien,  in  Nordost-Serbien  wieder  Bomlnea 
ansSsrig  gemacht.  Serbien  ist  ein  ganz  passives  Land,  —  Fflr  die  Slawen 
ist  auch  Makedonien  aktiv  zu  nennen,  obwohl  die  Zahl  der  Altsassen  sehr 
groB  ist  Die  Slawen  Makedoniens  sieddn  sich  in  Balgarien  und  Serbien  an. 

Jovan  Cvijii'  hat  für  diese  Untersuchungen  den  Impuls  gegeben,  in 
den  Havipt/.ügeu  hat  er  die  \  ersehiedenartigkeit  der  Probleme  auseinander- 
gesetzt und  somit  einen  Wegweiser  füi-  spätere  Arbeiten  gegeben;  er  selbst 
hllt  aber  den  Gegeustand  nodi  nicht  für  erschöpft,  noch  nicht  alle  Fkobleme 
endgütig  für  gelöst.  Seine  Sehfiler  nnd  andere  haben  die  Arbeit  fortgesetzt 
nnd  bis  jetzt  eine  Menge  neuMi  Materials  angesammelt,  so  daB  in  kurzer  Zeit 
noch  weitere  Bände  der  anthropogeographischen  Studien  erscheinen  werden. 

Das  Werk  begleitet  ein  guter  Atlas,  in  dem  uns  die  Siedlungsverhllt- 
nisse,  die  Situation  einzelner  Dörfer  und  Häuscrt\7)en  nebst  ihren  Neben- 
gebäuden klargelegt  werden.  In  den  zahlreichen  photographischen  Eeproduk- 

1)  So  war  bis  1833  das  Ibargebiet  ein  aktives  Gebiet,  seitdem  es  aber  unter 
Serbien  geraten  ist  (ISftS),  ist  es  ein  passivee  Gebiet  geworden.  —  S.  Ili6  a.  a.  0. 
S.  573,  dann  598  tf. 


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A.  Schenck:  Die  Kalabari. 


519 


timian  warden  chanktoriataaehe  Einiulhiritun,  die  nun  Teil  im  Vendiwiiiden 
sind,  aufbewahrt 

Wir  können  uns  freuen,  die  Aibttt  schreitet  fort  and  jede  einxelne  Ab- 
handlung wird  uns  gewiß  neue,  intwessante  Beeultate  bringen. 


Die  Kalahari/) 

Unter  diesem  Tit«l  hat  Siegfried  Passarge  die  Ergebnisse  seiner 
Beobachtungen  veröffentlicht^  die  er  während  einer  in  den  Jahren  1896 — 189H 
im  Auftrage  der  British  West  Charteredlaud  Co.  unternommenen  Reise  ins 
Innere  Slkd-Afrikas  anzustellen  Gelegenheit  hatte.  Nicht  «ne  Beoaebeeehreibung 
im  gewöhnlichen  Sinne  des  Wortes  bietet  er  unfl  dar;  nicht  die  Erzählung 
persönlicher  Erlebnisse  und  die  Schilderung  mehr  oder  weniger  genihrlicher 
und  interessanter  Abenteuer  bezweckt  das  vorliegende  Buch,  es  ist  ein 
stxeng  wissenschaftliches  Werk  von  hoher  Bedeutung,  die  weit  hinausgeht 
Uber  das  Interesse^  du  wir  den  lokalen  Verhlltniasen  der  Sandfelder  Sfld- 
Afrikas  abgewinnen  können.  Eine  große  Fülle  feinsiumger  Beobachtungen 
ist  in  dem  Buche  niedergelegt,  und  der  Verfasser  weiß  sie  geschickt  und 
geistreich  zu  verwerten  zur  Stellung  und  Beantwortung  von  Fratrcn,  die 
auch  ftlr  die  allgemeine  Erdkunde  von  weittragender  Bedeutung  sind.  Es 
ist  erstaunlich,  welch  große  Zahl  neuer  Gesichtspunkte  sich  ihm  darbot  in 
einem  scheinbar  so  einförmigen  und  langweiligen  Gebiete,  das  unser 
Interesse  bisher  nur  in  geringem  Maße  zu  fesseln  vermocht  hat.  Aber 
Passarge  z^igt  uns,  daß  auch  dieses  Gebiet  Probleme  in  sich  birgt,  die  uns 
in  hobern  Maße  zu  interessieren  vermögen,  da  sie  uns  das  Verständnis  eröffnen 
tür  manche  Erscheinungen,  denen  wir  auch  in  anderen  Gegenden  wieder  be- 
gegnen. Er  lehrt  uns  aus  der  Besohaffimheit  d«r  Gesteine  Schlüsse  sieben 
auf  die  Art  ihrer  Entstehung  und  auf  die  klimatischen  Andemngenf  welche 
Süd-Afrika  im  Laufe  der  jüngeren  Perioden  in  der  Geschichte  unserer  Erde 
erlitten  hat.  Er  zei-jt  iin>  namentlich,  wie  Afrika  seit  der  Pluvialzeit  in 
fortsclueitender  Austruckuung  begriffen  ist,  wie  weite  Flächen  sumptigen 
Gebietes  im  Luneren  Süd-Afrikas  naeh  und  imeh  in  Sandfelder  umgewandelt 
wurden.  Wir  lernen  cum  ersten  Male  die  ausgedehnten  Verideselungen  Imnnen, 
die  in  ^^'üstengebieten  beim  Eintritt  reicherer  Niederschläge  einzutreten  pflegen, 
und  iiirlit  mindfi-  pilahren  wir,  welch  außerordfntlich  wichtige  Rolle  die 
kleinen  Bodentiere  sowohl,  wie  die  großen  Säugetiere  in  den  Veränderungen 
der  Bodenbeschaffenheit  und  Bodengestaltung  spielen.  Mag  manche  der  vom 
Vezfasser  entwickelten  Ansiehtm  noch  nicht  hinreichend  begründet  sein 
oder  zum  Widers [u-uch  reizen,  so  läßt  sich  doch  nicht  leugnen,  daß  sie  in 
hervorragendem  Maße  unser  Interesse  in  An^sprnch  nehmen  und  zu  weiten^n 
Forschungen  anregen.  Vielfach  \<i  ja  Passarge  auch  nicht  dämm  zu  tun, 
Probleme  zu  lösen,  sondern  Fragen  zu  stellen,  deren  Beantwortung  noch  der 
Zukunft  vorbehalten  bleiben  muß,  Fragen,  zu  deren  Entscheidung  auch  noch 


1  S.  Paesarge.  Die  Kalahari  ^'ersucb  einer  |)h\hisch - •jeographisohen 
Darstellunff  der  Sandfelder  des  güdwestafrikanischen  Beckens.  Hrsg.  mit  Uuter- 
stütnmg  d.  k.  ptenfi.  Ak.  d.  Wiss.  XVI  n.  89S  S.  Kartenband,  enthaltnid  11  Blätter 
phys  u.  geol.  K.  9  Blrttter  mit  ue<  1  Prof.  n.  Earteoikissen,  Blatt  landschaftlicher 
Puioramen.   Berlin,  Dietrich  lieimer  li>04. 


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520  A.  Sciienck: 

die  YerliKltinaM  in  anderen  Lindern  nun  Vergleich  herangeiogen  werden 

müssen. 

Was  die  Anordnung'  des  StoÖ'es  anbelanpt,  so  gibt  der  Verfasser  in  den 
ersten  vier  Kapiteln  zunlkhst  einen  Überblick  über  die  Erforschuugsgescliichte 
der  Kelnhari,  ttber  den  allgemeinen  Verlaiif  aoner  Beiae,  die  topographischen 
nnd  hjdrograpliieclienf  sowie  die  geologischen  VerfalltniBse  SOd-AfirikiM.  Auf 
die  leteteren  wollen  wir  hier  nicht  niher  Angehen,  da  die  Darstollime  Pass&rges 
in  mttnchen  Punkten  bereits  von  neueren  ongliscbon  Arbeiten  üt)erlinlt  ist.*) 
Im  5.  Kapitel  wird  das  Klima  besprochen.  Von  Interesse  sind  hier  nament- 
lich die  Mitteilungen  über  die  in  der  Kalahari  vorkommenden  winterlichen 
Regen.*)  In  den  folgenden  Kapiteln  6 — 80  werden  auf  Grund  der  Be- 
obachtungen Passargee  die  einzelnen  Landschaften  der  Kalnhari  geschildert; 
jedes  Kapitel  enthalt  /nnili  list  die  Beobachtungen  auf  den  einzelneu  Houten 
und  /um  Schluß  einen  zusammenfas.seiiden  Abschnitt.  Als  mehr  oder  weniger 
selbständige  Gebiete  innerhalb  il>  r  mittleren  Kalahaii  werden  in  dieser  Weise 
snnKchst  behandelt  die  Porphyrkujjpen  d«r  Kwebe-,  Monekau«  und  Mabile 
a  pndi  Berge,  welche  südlich  vom  Ngamisee  als  Denudationereete,  als  Insel- 
berge die  umgebenden  Ebenen  überragen,  der  ans  filteren  Gesteinen  (Chanse- 
und  Nganiischichten)  aufgebaute  plateauartige  Xgamirumpf,  welcher  mit  einem 
Bteilabluil  im  Norden  den  Öüdrand  des  Ngamibeckens  begrenzt,  die  Ufer  des 
Ngami>  und  BotleUeiosses,  das  Hainafeld  im  Südosten  des  Ngamisees,  das 
hochinteressante  Chansefeld,  eine  Insel  anstehenden ,  aber  aar  pem^f^am  denn- 
dierten  Gesteins  (Chansegrauwacken)  inmitten  der  Sandfelder,  bemerkenswert 
besonders  durch  seine  sahireichen  Kalkpfannen,  deren  heutige  Form  der  Ver- 

l  i  Wenn  rasFiarge  meint,  die  Arbeiten  von  Molengraaff  und  den  Kap-Geo- 
logen hätten  ergeben,  daß  meine  in  Pet.  Aütt.  1689  gegebene  UUedenmg  der  süd- 
afrikaDiseben  geologischen  Formationen  nicht  richtig  sei,  so  kSnate  dieser  Ana- 
ppruch  Itei  solchen,  die  liber  die  Vi  rhliltniase  nirht  nähpr  o  rientiert  sind,  den  An- 
schein erwecken,  als  ob  meine  Uanteliung  auf  unrichtigen  Beobachtungen  beruhe. 
Demgegenfiber  lehe  ich  mich  vetanlaftt,  danraf  hinsuweieeB,  dafi  die  von  mir  gegebene 
Abgrenzung  der  Formationen  auch  heute  noch  in  dem  I'mfange  besteht,  wie  sie 
von  mix  in  der  genannten  Zeitachrift  verütfenthcht  wurde.  Die  einzige  wesentliche 
Abweichung,  die  in  der  Anffasaung  Molenf^aaffs  nnd  der  meinigen  zu  Tase  tnt, 
bezog  sich  auf  die  Witwatersrandschichti'n ,  welche  von  ^folengraafif'  zur  rrimär- 
formatiou  gestellt,  von  nnr  aber  als  jfinger  angesehen  wurden.  Die  neueren  Arbeiten 
von  Hatch  und  Curstorphinc  haben  meine  Auffiutung  bestätigt.  Was  nun  aber 
das  von  mir  unter  dorn  Namen  der  Kapformation  zueammengefaUte  Schicht-ensyst^m 
anbelangt,  so  hubeu  die  späteren  Untersuchungen  ergeben,  daß  sie  iu  eine  ältere 
nnd  in  eine  jüngere  Gruppe  au  scheiden  ist,  von  denen  die  erstere  von  Molengraaff 
als  Transvaalformation  (Passarge  nennt  sie  Lydenburger  Schichten  i  bezeichnet  wurde, 
w&hrend  der  Name  Kapformation  (im  enteren  Sinne)  jetzt  nur  noch  auf  die  jüngere, 
in  der  südlichen  nnd  westlichen  Kapkolonie  vertretene  Omppe  angewendet  wird. 
Die  rnterschiede  in  der  Ausbildung  dieser  beiden  Gruppen  waren  mir  keineswegs 
eutffangcu,  aber  es  war  mir  auf  Grund  der  damals  vorliegenden  Beobachtungen 
noch  nicht  möglich,  sie  auf  Altersverschiedenheiten  zurückzuführen,  zumal  da  noch 
die  Möglichkeit  vorlag,  daß  sie  auf  Yerachiedenbeiten  der  örtUohen  Entwiclcelung 
(Facies)  beruhen  konnten.  Tatsftohlich  best^t  auch  heute  Aber  die  Abgrenzung 
der  TransvaalformatioD  und  der  Kapformation  zwischen  den  Hüdafrikanischen  Geulogea 
noch  keine  Übereinstimmung.  Uatch  und  Corstorphine  wollen  den  Waterbwg^ 
Sandstein  Transraals  als  XquiTalent  des  Tafblbergssndsteins  der  Kapfonnation 
ansehen. 

2)  Die  Entstehung  dieser  liegen  denkt  sich  Passarge  in  ähnlicher  Weise,  wie 
dies  Ton  mir  fttr  gewisse  Regen  Dentsch-SildweskaMkas  dargelegt  wurde,  d.  h.  durch 
zusannnentrcfFen  Kühler,  trockener  mit  warmen  und  feuchten  Luftströmungen  .Mler- 
dings  bezogen  sich  meine  Beobachtungen  nicht,  wie  Passarge  irrtümlicher  Weise 
mitteilt,  aiu  die  Winterregen  des  südwestafrikanischen  Kfistoagebietes,  sondern  auf 
die  Sommemgen  im  Inneren  von  Groft-Üamaland. 


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Die  Kalahari. 


521 


fMser  dmtli  zoogene  Erosioiif  d.  h.  durch  die  Wirkmigttii  der  groBen  SKnge- 

tiere  erklärt,  die  teils  selbst  dem  Boden  Bestandteile  entfahren,  teils  ihn 
auflockern  und  für  die  Fortführung  der  leichteren  Bestandteile  durch  den 
Wind  vorbereiten.  An  die  Beschreibunir  des  ( 'hansefeldes  schließt  sich  auch 
ein  Kapitel  über  den  EiulluB  der  Büdentiere  ^der  kleineren  Säugetiere,  Ameisen 
und  Tenmten)  auf  die  DarehmiMlniiig  und  Umgestaltung  des  Bodens  an. 
Sodann  teQt  Passarge  seine  Beobaditnngen  fiber  das  Sandfeld  sttdUoh  des 
Ngaminanpfes,  über  das  Stromgebiet  des  Epukiroflusses  und  über  die  Gegend 
zwi^ichen  Rietfontein  und  Gobabis  im  Osten  des  deutsch-südwestafrikanischen 
Schutzgebietes  mit.  Es  schließt  sich  daran  eine  Beschreibung  de*;  westlichen 
Okavangobeckens  und  der  in  dieses  mündenden  großen,  aber  jet/.t  gänzlich 
Tersandeten  Flnftbotten  (Chroote  Laagte,  Bainestal  usw.),  femer  der  Ostlich 
vom  Okavangobecken  gelegenen  Landschaften,  des  Kaukaufeldes  mit  der 
isolierten  Berggrnppe  der  ^Kai  ^kaiberge^)  und  des  *Kungfeldes  mit  seinem 
vielfach  verzweigten,  ein  erst  in  jüngerer  Zeit  trocken  gflt-gtes  8unipflaud 
andeutenden  Flußbetten.  Die  hierauf  folgende  Schilderung  des  heutigen 
Sumpf  landes  des  Okayangobeekens  ist  eins  der  aniiehendsten  und  wichtigsten 
Kapitel  des  ganzen  Baches.  Es  wird  hier  überzeugend  nachgewiesen,  daft 
dieses  Sumpfland  in  starkem  Rückgang  begriffen  ist  und  der  rmwandhing 
in  trockene  Sandfelder  allmühli<!h  vrrfällt.  Etwas  spilrlieher  sind  die  Mit- 
teilungen über  die  östlich  des  Ukavangobeckens  gelegeneu  Landschaften.  Hier 
besdirinken  tidi  dia  Beobachtungen  Paiaarges  auf  die  Boute  von  Siebitnanes 
Drift  nach  Ntschdcntsa,  auf  der  das  Gebiet  der  grofien  Salspfiumen  in  seinem 
südlichsten  Teile  berührt  wurde,  und  durch  das  Mahurafeld  nach  Palapye 
(ailf  der  Hinreise  hatte  der  Verfasser  diese  (legenden  in  krankem  Znstande 
passiert  und  war  dadurch  in  seiner  Forschungstätigkeit  beeinträchtigt  gewesen). 
Auf  Grimd  der  vorhandenen  Literatur,  namentlich  der  Berichte  eines  Living- 
stone,  Ghapman,  Holub,  Aurel  Schule,  Hohr  und  Hühner,  Anders- 
son,  ^5chinz,  v.  Fran<;oi8  u.a.)  erhalten  wir  endlich  noch  ein  Bild  dcrKalahari 
in  den  nicht  vom  Verfasser  bereisten  Gegenden.  Nunmehr  werden  in  den  Kapiteln 
31  -  3H  die  allgemeinen  Ergebnisse  zusammengefaßt.  Zunächst  schildert  Passarge 
die  orographischeu  und  hydrographischen  Verhältnisse  der  Kalahari,  das  Gruud- 
gestsin  dieses  Oebietes  und  die  Entwickelung  des  südafrikanischen  K<mtinental- 
sockels.  Dann  bespricht  er  die  für  die  Kalahari  so  wichtigen  Deckschichten, 
entwirVrlt  -eiTn  Hy])othese  einer  mesozoischen  Wflstenperiode,  auf  welcher 
dann  die  l'enode  der  Brackwasserkalke  und  der  Laterite,  dann  die  Plnvial- 
zeit  mit  ihrem  Abklingen  bis  zur  Gegenwart  folgt.  Das  letzte  Kapitel  ist 
der  Pflanzenwelt  unseres  Gebietes  gewidmet  In  einem  Anbang  werden  außer 
Bemerkungen  su  den  Karten,  Profilen  und  Banoramen  die  astronomischen 
Beobachtungen  mitgeteilt,  femer  die  Beschreibung  der  gesammelten  Gesteine 
(auf  (;nnid  der  Untersuchungen  Kalkowsky),  die  ehemischen  Analysen,  die 
Beschreibung  der  Mollusken  ^von  E  von  Marten^)  und  BaciUarien  (von 
Hugo  Reichel t),  wie  auch  der  gesammelteu  Plianzeu. 

Den  Begriff  dar  Kalahari  fiaBt  Pusarge  in  einem  etwas  weiteren  Sinne, 
als  es  gewöhnlich  geschieht,  indem  er  als  nördliche  Kalahaii  /u  ihr  auch 
noch  das  Gebiet  des  oberen  Sambesi,  die  Sandfelder  des  Baruts*  landes  rechnet. 
Am  wenigsten  bekannt  ist  noch  die  südliche  Kalahari,  die  auch  der  Verfasser 
nicht  bereist  hat.  Sie  umfaßt  die  Flußgebiete  des  4°  ^o.ssob  und  Molopo, 
welche  dem  Oranjesjstem  angehören,  abttr  diesem  Flu0  nur  selten  noch 

1)  Die  Zahlen  \  *  wendet  Pauarge  an  fBx  die  gewOhnlioh  durch  die  Zeichen 
I,      !  und  ||  in  der  Solmft  wiedesgegeoenen  hottentottisehen  Schnalslaute. 


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522 


A.  Schenok: 


Waner  niftüiren  durften.  Ln  allgoineiBeB  sebeiBt  die  sOdliobe  Kalahari  ein 
liemlicb  ebenes  Sandfeld  zu  sein,  das  arm  ist  an  trockenen  FloBbetten,  da- 
gegen zablreichf  Bra(  kpfanuen  in  sich  birgt,  von  Sand  umgebene  Kalkllächen, 
welcho  in  der  Hegonzeit  'i'eiche  enthalt+'n,  während  der  Trockenzeit  aber  ein- 
trocknen und  sich  mit  Salzrcit  bedecken.  Hüutig  linden  sich  in  ihnen  Bruimeu 
mit  meist  braddaehan  Qnellwaner.  In  der  mitüenn  und  nördlichen  Kalahari 
unterscheidet  Fteiarge  drei  Becken,  die  dnrdi  Behwellen  von  einander  getrennt 
sind.  Das  südlichste  Becken  ist  das  Makarrikanibock'-n,  dessen  inneren  Tml 
eine  etwa  900  m  hohe  Ebene  mit  Salzpfannen  ii;ir>tfllt.  Eine  sich  vom 
'Oasplateau  bei  Gobabis  bis  zu  den  Viktoriafällen  des  Sambesi  hinziehende 
Bodenschwelle,  der  die  Gesteinsinsel  des  Chansefeldes  und  das  Plateaa 
des  Ngaminimpfes  sfidUoh  vom  Ngamisee  angeliSrt  nnd  wdche  Tom  BotleÜe 
in  einem  Erosionstal  durchbrochen  wird,  trennt  dieses  Becken  von  dem  nord« 
westlich  davon  sich  ausbreitenden  Okavangnhocken,  dessen  tiefst  gelegenen 
Teile  eine  Met'reshi'ilie  v<iii  !» 10 — 9ÖO  m  l>esitzen  (Mündung  des  Kwando  in 
den  Sambesi  Ü40  m,  Ngaumee  9  iö  m).  Em  groüer  Teil  des  Beckens  wird 
durch  das  Sumpf  land  der  aus  der  Verzweigung  des  Okavango  herroiigehendMi 
Flüsse  (Tauche,  Tso,  Boro,  Matschahe,  Selinda-Ewando)  eingenommen.  Es 
folgt  nun  eiiip  neue  Bo'lenschwelle,  die  in  der  Gegend  von  Otavi  beginnt 
und  nach  ONO.  bis  zu  der  Kataraktenregion  von  Gonye  am  Sambesi  verlJluft. 
Diese  Schwelle  wird  vom  Omuramba  u  Omatako,  dem  Okavango  (in  der 
SstarakteosoBe  7<m  Andara),  Kwando  und  Sambesi  dmrehbroehen,  und  swar 
zeigen  diese  Flibse  an  den  Durchbrudisstellen  TalTerengnngen  und  Katarakte, 
während  sieh  oberhalb  und  unterhalb  das  Tal  <  rwfitptt  \"»rdlich  von  der 
Otavi-(  ionyosfliwrllf  dehnt  sich  dann  das  Becken  des  tropischen  SaiidteUles 
aus,  im  Osten  l)is  zum  Kafue-Loaugwa-Plateau,  im  Norden  bis  zur  Wasser- 
scheide zwischen  Sambesi  und  Kongo,  im  Westen  bis  zum  Schellagchirge  in 
Benguella  reichend.  Dieses  tropische  Sandfeld  ist  die  nOrdliche  Kalahari  im 
Sinne  Passarges;  es  umfaßt  das  durch  das  Zentraltal  des  Sambesi  getrennte 
<  etliche  und  westliche  Barutsesandfeld  nnd  die  Gebiete  des  oberen  Okavango 
und  KuiiHue. 

Am  Aufbau  der  Kulahari  sind  beteiligt  Gruudgesteine  und  Deckschichten. 
Erstere  bilden  einen  Teil  des  Soekels  Süd  »Afrikas,  letztere  sind  ober- 
flftohliche  und  sum  Teil  lose  Anflagemngen  auf  diesem.  Zu  dm  Grund' 
gesteinen  haben  wir  zu  rechnen  1.  Granit  und  Qneis,  2.  Chanseschichtcn, 

'A.  Qtiar/porphyre,  4.  Ngamischichten,  5.  Mangwatosehichten.  Granit  und 
Gue-is  wurden  nur  au  einer  Stelle,  bei  Okwa  südlich  vom  Epukiro  beobachtet, 
vielleieht  besitzen  ae  in  der  südlichen  Kalahari  unter  der  Sanddecke  eine 
noch  größere  Verbreitung.   Die  Ohanseschichten,  aus  rStliohen  bis  grauen 

Grauwacken  mit  untergeordneten  Einlagerungen  von  Kalksteinen,  Schieter- 
tonen,  Diabasen  (Tofin//  Diabas)  usw.  bestehend,  bauen  die  *Oas -Viktoria- 
Schwelle  vom  *Oasj)lateau  bis  zum  Neami  :iuf  nnd  finden  sich  auch  vereinzelt 
Westlich  vom  Okavangobeckeu  im  ivaukuuield,  am  Schadum  und  in  den 
TsehorUobergen  (hier  ids  01immer>Quarzschiefer).  Sie  sind  steil  au^eriditet, 
stark  zerklüftet  (meist  in  der  Richtung  des  Streichens,  aber  nicht  des  Ein- 
fallens  der  Schiclilen )  und  »iürfton  der  südafrikanischen  Priiiiilrformation 
zuzurechnen  sein.  Jünger  als  die  Chanseschichten  sind  die  (Juarzporpliyre 
der  Kwebe,  Monekau  und  Mabiile  a  pudi  Berge  und  dann  Ngamischichten, 
welche  der  Transvaalformation  (Lydenburger  Schicht«!  Passarges)^)  zu  ent- 


1)  Der  Name  Transraalformation  dfirfte  Torsusiehen  sein,  da  es  sich  aidit 


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Die  Kalahaxi. 


523 


8|Nr6ch«a  scheinen  und  ans  einer  unteren  sandigen,  einer  mittleren  kalkigen 
und  einer  oberen  sandigen  Abteilnng  bestehen.   Die  Kelksteine  der  mittleren 

Ngamischichten  sind  vielfach  in  Dnlomit  umgewandelt,  oft  auch  stark  ver- 
kieselt.  Sie  befinden  sich  im  allgemeinen  in  flacherer  Lagerung,  als  die  Chanse- 
scbichten,  sind  aber  stellenweise  (wie  bei  Gobabis)  auch  noch  aufgerichtet. 
Außer  bei  Qobabis  treten  sie,  in  viele  Schollen  zerstückelt,  südlich  vom 
Ngamisee  auf  und  bilden  im  Verein  mit  Ohansesehichten  den  Nordabfall  des 
Ngarairumpfes.  Femer  sind  sie  (in  ihrer  mittleren  Abteilung)  sehr  verbreitet 
im  Kaukaufeld,  besonders  in  den  '  Kai  *  kailicrg^en,  wo  die  Verkieselung  der 
Kalksteine  einen  hohen  <!r:id  erreicht  iiat  und  die  Veranlassune;  gewesen  ist, 
daii  diese  Berge  als  Deaudatiunareste  erhalten  blieben,  während  die  sie  um- 
gebenden Gesteine  abgetragen  wurden.  Endlich  wurdMi  Kalksteine  der  mitt- 
kren  Ngamischichten  noch  im  Norden,  im  Sdiadumtale  beobaditet  Mit  dem 
Namen  Mangwatosch ichten  bezeichnet  Passargo  ein  Schichtensystcm,  das 
er  i>n  nördlichen  Rettschuanaland  (bei  Palapye)  und  am  Ostrand  des  Kalahri- 
plateaus  antraf  und  dessen  Alt^rsverhältnisse  noch  nicht  genau  festzustellen 
waren.  Vielleicht  gehören  die  unteren  Sandsteine  imd  Schiefer  (Palapje- 
sandstein  und  Lotsanisdnefor)  lutdi  der  Transvaalformation,  die  oberan  Sand- 
steine (Ssakkesandstein)  bereits  der  Karrooforraation  an. 

Als  oberstes  <Ilied  folgt  noch  eine  Decke  von  Mandolstein  (Loaleniandel- 
stein),  die  insofern  eine  gewisse  Redeutiing  besitzt,  als  sie  in  dera  östlichen 
Teile  der  mittlereu  Kaluhari  auf  weite  Strecken  hin  verbreitet  ist  und  die 
Bodengestaltnng  beinflufit  Die  Ablagerungen  der  Eapformation  (im  engeren 
8inne\  welche  iu  der  Kapkotonie  das  kaplfindische  Faltengebirge  (Bokkeveld- 
und  Zwarteberge) ^)  zusammensetzen,  scheinen  in  der  Kalahari  zu  fehlen, 
ebenso  die  im  Süden  so  verbreiteten  Schichten  der  Karrooformation  (falls 
nicht  die  am  Ngamisee  auftretenden  Bengakaschichten  dieser  und  nicht  etwa 
den  jüngeren  BotleÜeschichten  angehOrenJ. 

Ungleich  -wichtiger  als  die  Grundgesteine  sind  fttr  die  ^lahari.  die  Deck- 
schichten, welche  von  wesentlichem  Einfluß  auf  die  Gestaltung  der  heutigen 
Oberfläche  gewesen  sind.  Unter  diesen  Deckschichten  unterscheidet  Passarge 
1)  iiotletleschichten,  2)  Kalahankalk,  3)  Kalahah^and,  4)  Decksand,  •') )  allu- 
viale Bildungen.    Zu  den  Botletleschichten  werden  gerechnet  Sandsteine 


empfehlen  wflrde,  ein  so  verbreitetes  Schicbtensystem  nach  einer  Stadt  zu  benennen. 
Wenn  Passarge  der  Priorität  w^en  auf  den  Namen  Lydenborger  Schichten  zurück- 
gegangen ist,  m5chte  ich  darauf  hinweisen,  daß  dieser  Name  sich  erst  in  der 
zweiten  Ausgabe  der  Du nu sehen  .jCieologischeu  Karte  von  Süd-Afrika"  (von  iSf^T) 
befindet,  daaselbe  Scbichtensjatem  aber  bereits  vorher  von  mir  iu  seiner  Ausbildung 
in  Sfidwest- Afrika  als  Namasehiehten  bezeichnet  wurde.  Da  iAmt  das  Sjstnn  m 
Transvaal  vollständiger  entwickelt  ist  als  in  !>iidwest- Afrika,  SO  TSinuent  der 
Molengraal'fsche  Name  Tranavaalformatiou  den  Vorzug. 

1)  Die  Entttehnng  des  kaplindischen  Faltengebirges  denkt  sich  Paasarge  in 
der  Weise,  daß  durch  die  Einnenkung  ilrs  Karrnobeckens  die  Auftaltung  erfolgte,  woljei 
die  Falten  senkrecht  zur  Längaacbse  der  Gebirge  nach  Werten  bczw.  Süden  überschobcu 
wurden.  Das  stimmt  nicht  flberein  mit  den  tatalchlichen  Verhältnissen,  denn  in 
dem  Zwarteberge  sind  die  Falten  nach  Norden  und  nicht  nach  Süden  überschoben. 
Auf  Grund  meiner  Beobaclitungen  in  der  westlichen  und  südlichen  Kapkolonie  bin 
ich  zu  der  Auffassung  gelangt,  daß  wir  in  dem  kapl&ndischen  Faltungag^biige  eine  zwei- 
malige Faltung  zu  untcr^eheiden  ballen,  eine  ältere  im  Sinne  l'aasarges,  die  aber 
nur  zu  einer  einfachen  Aufwölbung  der  Schiebten  der  Kapformation  führte,  und 
eine  jüngere,  die  nur  die  dem  Südrande  Afrikas  parallelen  Gebirge  ergriff,  von 
Seiden  liach  Norden  geriehtet  war  und  die  Überkipiiung  der  Schichten  gegen  Norden 
hervoirief.  Vielleicht  iet  dte»e  Faltung  auch  noch  iu  den  Bukkeveldbereeu  erkennbar 
und  erldSrt  «Ue  dort  manoluDal  angetroffene»  kuppeUÖxmige  Lagerung  der  Schiehten. 


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524 


A.  bcbenck: 


mit  Chalc«d<Nisem«nt,  das  sp&ter  dvurch  Lflsnogen  in  Iom  Sande  geUngt  ist 

und  sie  verkittet  hat,  ferner,  auf  diese  Chalcedonsandsteine  folgend,  kaUdge 

(Gesteine  in  Form  von  Sandsteinen  mit  überschüssigem  Kalkzement  (Plannen- 
saniisteine),  die  mam  luual  auch  Salze  enthalten,  oft  auch  verkieselt  >ind. 
Aus  den  eingekieselten  Cbalcedonsandsteinea,  in  einem  Fall  auch  aus  ver- 
kieseltem  Ealkaandatein,  sind  in  q»iterer  Zeit  nnter  dem  Einfluß  fenchteren 
KUmas  lAteiito  heirorgogangen.  Die  Botietleeohiditen  sind  nieht  Ton  be- 
deutender Mächtigkeit  (beobachtet  wurden  etwa  20 — SOu),  lie  sehniiegen 
sieh  den  vorhantlcnon  (Hn'rfiii(  ln  n formen  an,  sind  also  unabhSn^ie  von  ein<»r 
bestimmten  Höhenlag»?  ixnd  bilden  häutig  mit  dem  Grundgestein  eine  Breccie. 
Sie  verschwinden  plötzlich  und  treten  dann  wieder  in  isolierten  Schollen 
auf.  Demnach  bestehen  sie  nieht  ans  einer  snsanimenhingenden  Ablagerung, 
sondern  sind  wohl  (abgesehen  von  spiter  erfolgter  Zerstörung)  schon  or^ 
fsprftnglich  an  vielen  einzelnen  Stellen,  namentlich  in  Becken  abgelap  rt  worden. 
Jünger  als  die  Botletli-si  lüchteu  ist  der  Ka  laliurikalk.  der  uns  hanjitsadilich 
in  zwei  Formen,  ul.s  harter  Sinterkalk  und  aL>  mürber  Kalksandstein  ent- 
gegenüiü  Enterer  enthUt  Schalen  recenter  Arten  Ton  Land-  und  Sumpf* 
sehnecken  und  wird  aufgefaßt  teils  als  Kalkkmsten,  die  sieh  durch  aus  dem 
Boden  aufsteigende  und  an  der  Oberflache  verdunstete  Gewässer  in  Halbwüsten 
bildeten,  teils  als  Ablagerungen  in  tließenden  (iewässem.  Dagegen  wird  der 
mürbe  Kalksandstein,  welcher  häutig  durch  seine  Köhreustruktur  ausgezeichnet 
ist  und  aafler  veeenten  Land*  und  Sumpfschnecken  auch  Brackenwasserformen 
von  Difttomeen  enthtit,  als  Ausscheidung  in  stehenden  Gewissem  angesehen. 
An  der  Obertliiche  überzieht  den  mürben  Kalksandstein  gewöhnlich  eine 
durch  Austrocknung  entstandene  Rinde  härteren  Kalksteins.  Zu  den  bei- 
den gen.innteu  Gesteinen  knnimen  dann  noch  Salzmergel,  Salzpelit.  Pfannen- 
kalktulf  ^iu  den  Kalkpi'anneuJ  uud  Saklager,  die  in  Verbindung  mit  dem 
Kalaharikalk  stehen,  z.  T.  a]lerdin^'<  auch  jtlngeren  Ursprungs  sein  dürfen. 
Über  den  Kalaharikalk  folgt  nun  Kalabarisand.  Am  yerbreitetsten  ist  ein 
roter,  an  der  Oberflllche  durch  VegelHl)ilien  granrötlich  gefilrhter  Sand,  der 
in  der  südlichen  und  mittleren  Kalahari  ungeheure  Flilchen  welligen  tieliindes 
bedeckt  und  sich  in  wallartigeu  Anhäufungen  an  den  Ufern  größerer  Flüsse 
hinsieht.  An  seiner  Stelle  tritt  manchmal  auch  weißer  Sand  auf,  der  sieh 
auch  oft  in  der  Tiefe  des  roten  oder  in  htMtHa  innerhalb  des  letsteren  findet. 
Dazu  kommt  dann  der  graue,  humose  Sand  (Vleysand),  der  in  seiner  Ver- 
breitung an  Niedt'mngen,  Kessel  und  alte  Fhißliiufe  innerhalb  de^  roten 
Sandes  gebunden  ist.  Kalkreit^he  Sande  mit  einer  Diatomeenflora,  die  eine 
Mischung  von  Brackwasserformen  des  Kalaharikalkes  mit  den  SüBwasser- 
diatomeoi  der  heutigen  Flüsse  darstellt,  treten  am  Botletle  im  Liegenden  des 
Kalaharisandes  auf,  eliLuso  au  anderen  Stellen  Schotterlager.  Als  Decksand 
wird  ein  Kalabarisand  bezeichnet,  dem  Bestandteile  iles  Untergrundes  bei- 
gemengt sind.  Dieser  Deeksand  tindet  sich  in  den  ( i('st-'insf'<  ldern  und  stellt 
die  sich  über  letzteren  auskeilenden  Zungen  des  Kalahunbuniles  dar.  Zu  den 
jüngsten  alluvialen  Bildungen  gehören  a)  belle  bis  weiße,  in  der  Tiefe 
kalkhaltige  Flufisande,  b)  humusreicher,  sandig-toniger,  kidUialtiger  Fluß- 
schlamm, c)  ebenfalls  humusreicher,  toniger,  kalkiger,  aber  sandärmercr  Becken- 
schlamm, und  d)  Schilf- Aschenablagertmg,  ans  Asche  der  verbrannten  Schilf- 
arteu  und  ihren  Stümpfen  und  Wurzeln  bestehend.  Die  beiden  ersteren 
finden  an  Flußläufen  (zuunterst  die  Sande,  darüber  der  Schlamm),  die 
beiden  letsteren  in  abflußlosen  Beoken  (zuunterst  der  Beokenscfalamm,  an 
der  Oberfliche  die  Sehilf-Aschenablagerong).    Eine  Durehmisdiung  dieser 


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Di«  EftUhari. 


525 


Bodenarten,  durch  die  ein  Oemisch  von  Sand  und  Schlamm  und  schließlich 
ein  humoser  Sand  entsteht,  tindet  statt  untor  dem  Einfluß  der  Bodentiere 
und  der  großen  SSogetiere  unter  Mitwirkung  der  durch  den  Wind  hervor- 
gerufenen SaigeruQg  der  Beetandteile.  Auf  die  Wirkungen  der  Bodentiere 
zorOcksttfDhreii  ist  «udi  die  Entatdinng  einer  dUnnen  wmßen  Samdhaut, 
welche  an  der  OberflÄche  des  Bodens  weite  Strecken  bedeckt. 

Aus  der  verschiedenartigen  Ikschatfenheit  der  einzelnen  Ablagerungen 
in  den  Deckschichten  sucht  nun  Passarge  Anhalt.sjiunkte  zur  Beurteilung  der 
klimatschen  \  erüuderuugeu  zu  gewiuuüu,  die  in  Süd-Afnka  iu  früheren 
Zeiten  vor  tkk  gingen.  Znnlehst  weist  er  daranf  hin,  daB  za  Beginn  der 
Botletlezeit  ein  Wfistenklima  in  Süd-Afrika  geherrscht  habe  und  spricht  von  einer 
mesozoischen  Wüstenperiode.  Dieser  Ausdruck  erscheint  nicht  recht  glücklich 
gewühlt  und  dürfte  nur  zu  Iciflit  geeignet  sein,  bei  rnberufenen  zum  Schlagworti 
zu  werden  und  große  Verwirrung  anzurichten.  Denn  er  besagt  ja  eigentlich 
mdito  änderet,  ab  daB  in  der  seit  Ablagerung  der  NgaadMbiNbtan 
(oder  des  LoalemandeUfeeins)  los  zu  deijenigen  der  Botletlesehidhten  in  der 
Kalahari  eine  starke  Denudation,  eine  Abtragung  und  ISiBebnviBg  der  älteren 
Oehirge  stattgefunden  hat,  und  femer,  daß  zu  Beginn  und  während  der 
erst'Mi  Periode  der  Botletlezeit  ein  trockenes  Klima  herrschte.  Was  nun  die 
Abtragung  der  Gebirge  anbelangt,  so  kann  diese  in  der  langen  Zeit,  die 
dafür  nur  Yerfllgung  stand,  sdir  wohl  onter  Idtafigem  WediseT  feuchterer 
und  trockener  Perioden  vor  sich  gegangen  sein,  wobei  in  den  letzteren  durch 
den  Wind  das  Material  fortgeschaft  wurde,  das  sich  in  der  ersteren  durch 
Venvitl' rung  bildete.  Und  wenn  wir  weiterhin  zugeben,  daü  zu  Beginn 
der  Botletlezeit  ein  trockenes  Klima  herrschte,  so  ist  damit  noch  nicht  gesagt, 
daB  dies  in  die  mesoioisdie  Zeit  fiel.  Denn  das  Alter  der  BoÜeÜesdiiohten 
ist,  da  Versteinerungen  in  ihnen  fehlen,  nicht  niher  m  bestimnien,  es  kann 
jungmesosoiach  sein,  es  kann  aber  auch  (und  dies  ist  wohl  wahrschein- 
licher") tertiRr  und  quartär  sein.  Wenn  schließlich  Passarge  noch  Erschei- 
nungen aus  anderen  Gegenden  Afrika-«;  zur  Begründung  seiner  Hypothese 
einer  mesozoischen  Wfistenperiode  hsranzieht,  so  ist  sa  bemezken,  daB  es 
doch  auf  Grund  unserer  heutigen  Kenntnisse  etwas  gewagt  ersduint,  diese 
Erscheinungen  in  einen  Topf  zu  werfen.  Sprechen  sie  im  einselnen  für  zeit- 
weilig trockenes  Klima  in  einzelnen  Teilen  Afrikas,  80  ist  der  Beweis  doch 
noch  nicht  erbracht,  dab  dieses  trockene  Klima  überall  in  dieselbe  Periode  Üel. 

Was  wir  daher  nur  als  einigermaßen  begründet  annehmen  können,  ist 
dn  WflstenUima  snr  Zeit  der  titeren  Botletleschichten.  Dieses  Klima  ist 
angedeutet  durch  den  eckigen  Gesteinssohutt,  der  dnrdl  trockene  Verwitterung 
gebildet  wurde,  durch  die  Ablagerung  von  Sandraassen  und  dun  h  die  Ober- 
flächenformen des  Grundgesteins,  endlich  auch  durch  die  Kinkit  schmg  der 
Sande  (Chalcedonsandsteine),  die  eine  Ansammlung  von  Salzen  in  trockenem 
Klima  Torauasebri».  In  der  auf  dieses  Wflstenk^ma  folgenden  Zeit  untere 
seheidet  Passarge  nun  folgende  Perioden: 

1)  die  erste  Periode  der  Kieselsäurelösungm, 

2)  die  erste  Periode  der  KalklRsungen, 

3)  die  zweite  Periode  der  Kieselsäurelösungen, 

4)  die  zweite  Periode  der  Kalklösungen, 

5)  die  Ablagerung  des  Kalaharisandes, 

6^  die  Herausbildung  der  heutigen  Oberflachenverhältnisse. 
Auf  das  Wüstenklima  der  älteren  Botletlezeit  folgt  eine  Zeit  vermehrter 
Niederschläge,  die  zur  Lösung  der  \mter  trockenem  Klima  angesammelten 


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526 


A.  Schenek: 


Salze  und  zur  Einkieselung  <lpr  iUtcron  Botletlcsandp  diirch  die  Einwirkung 
dieser  gehiston  Salze  auf  Silikate,  zur  Lösuiit:  und  Wiederabscheidun;.'  der 
dadurch  gelösten  KieselsUure  führte  (Entstehung  der  Chalcedousandsteiue). 
Bei  snnehmtttideii  NiedenchlSgen  kam  ea  snr  Entwicklung  ausgedehnter 
«teilender  Gew&sser  nnd  in  ^esen  zur  Ablagerang  der  Pfiianeneandeteine 
(erste  Periode  der  Kalklösungen).  Das  Klima  wurde  wieder  trockener,  ging 
in  ein  Steppenklima  über,  die  stehenden  (iewSsser  wurden  zu  Brack;vas<ipi-<?een 
und  trockneten  schließlich  zum  griißten  Teile  aus.  Unter  einem  dann  folgenden 
Wftstenklima  wurden  wieder  Salze  gebildet,  und  es  wiederholten  sich  die  oben 
geechüdmrten  Ymgtnge,  so  daB  mit  nmehmenden  NiedereeUigen  wiederum 
eine  Periode  der  Kieselsäurelösungen  eintrat  (V'erkieselungen  des  Pfannen- 
sandsteins) und  dann  die  Ablagerung  kalkiger  Sedimente  f  Kalabarikalk  ). 
Wohl  in  dii'se  tmichtere  Pfriode  filUt  axvh  liie  Entstehung  der  Laterite,  welche 
hauptsächlich  aus  Chalcedonsandsteiu  hervorgegangen  und  räumlich  von  dem 
Kalaharikalk  getrennt  sind,  seitlich  ihm  aber  entqnrechem  dttarften.  Nach 
Ablagerung  dw  KalaharikalkeB  muß  das  Klima  wieder  trockene  geworden 
sein,  es  kam  zur  Bildung  mächtiger  Sandmassen,  die  nunmehr  in  einer 
folgenden  niederschlagsreichen  Zeit,  der  PI u vialzeit,  von  den  Gewässern 
erfaßt  und  als  Kalabarisand  ausgebreitet  wurden.  Passarge  weist  darauf 
hin,  daB  Ealahariaand  kein  rein  lolisdMB  GebUde  «ei.  Es  fehlen  Dünen- 
fennen  und  ^«  AnhSufung  in  Wftllen  entlang  den  FluBbetten  spricht  fllr 
Ablagerung  in  fließendem  Wasser.  Auch  sehen  wir  heute  noch  an  den 
Gewilssern  sich  derartige  Sande  bilden.  Allerdings  ist  aolische  Täti<:keit 
damit  nicht  ganz  ausgeschlossen.  Müssen  wir  schon  annehmen,  daß  der  Sand 
bereits  in  der  Pluvial/eit  vorhanden  war  und  erst  durch  die  Gewässer  in  der 
Kalahari  ausgebreitet  wurde,  «o  bewirkte  aneh  sjAter  nodi  der  Wind  hiw 
und  da  eine  ümlagerong  des  Sande«,  was  sich  hauptsächUeh  in  einem  An- 
steigen des  letzteren  an  den  Ostlichen  und  sfldöstlichen  Geh&ngen  der  Berge 
bemerkbar  macht. 

Manche  Erscheinungen  in  anderen  Gegenden  Afrikas  deuten  darauf  hin, 
daB  anch  in  diesen  eine  Fluviakeit  stattgeftuiden  hat.  Am  eingehendsten 
sind  die  Yeihiltnisse  in  Ägypten  durch  Blanckenhorn  nntenndit  worden, 

der  sn  dem  Ergebnis  gekommen  ist,  daß  die  Pluvialzeit  dort  durch  Inter- 
pluvial/.eiteu  unterbrochen  wurde,  daß  wir  also  mehrere  Plnvialzeiten  zu 
unterscheiden  haben,  die  vielleicht  den  Eiszeiten  Europas  ent^preclien.  Es  ist 
nicht  unwahrsdieonlich,  daß  anch  in  Sfld-Afrika  Pluvialzeiten  mit  einander 
abwediselten,  wenn  audi  sichere  Beweise  bisher  hierffir  noch  nicht  beigebracht 
werden  konnten. 

Seit  der  Pluvialzeit  ( n<ler  der  letzten,  wenn  wir  deren  mehrere  an- 
nehmen) ist  Afrika  in  eintin  langsamen,  aber  stetigen  Prozeß  der  Austrockuung 
begriffen.  Am  stärksten  ist  sie  in  der  Sahara  vorgeschritten,  begünstigt 
durch  die  breite  Kontinentalmasse  und  die  durch  die  geographische  Lage 
bedingte  lange  Ti  k  tizeit.  Viel  weniger  ausgetrocknet  ist  das  Kongobecken. 
Zwar  sind  auch  dort  die  früheren  Seen  versoluvunden.  aber  die  Nieder- 
schlagsmengen sind  heute  r«'cht  bedeutend  und  l'assarge  vermutet,  daß  sie 
noch  einen  Kest  der  VN  assermassen  der  Pluvialzeit  andeuten.  Geringer  als 
in  der  Sahara,  aibor  dodi  bedeutender  als  im  Eongobeoken  ist  die  Austiock- 
nung  im  Innern  Sfld-Afrikas  Torangeschritten.  ffier  nehmen  die  Nieder- 
schlage von  NXO  nach  SSW  ab  und  sind  seit  einer  langen  Periode  in  fort- 
srhreitcndem  Eückgang  begriffen.  Für  dieses  Gesetz  führt  Passaxge  folgende 
Beweise  au: 


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Die  Kalahari. 


627 


1)  Alle  Flußbetten  sind  versie{,'t,  die  nicht  im  üußei-ston  Noiden  auf 
der  Wasserscheide  zwischen  Kwansa  und  Kongo  entspringen. 

2)  Flußbetten  mit  jährlichem  periodischem  Wasser  finden  sich  sehr 
lahlreicli  im  nttrdlidieii  SandfUd.  Nach  Sftden  hin  ftthren  nur  die  grOfiten 
Flußbetten  und  auch  diese  nur  ganz  unregelmftfiig,  aofllialilBBWinief  oft  lokal 
und  meist  nur  für  sehr  kurze  Zeit  Wasser. 

3)  Die  Zahl  der  Flußbetten  ist  im  nördlichen  Gebiet  am  gröütou.  Nach 
Öüden  hin  verschwinden  sie,  nnr  die  größten  sind  noch  gut  erhalten,  während 
die  kleineren  um  ao  ludimentibrer  und  nndentlicher  werden,  je  mehr  man 
nach  Stlden  kommt. 

4)  In  den  nördlichen  Gebieten  weist  die  Lage  vieler  IlllBse  auf  eine 
ehemalige  reichliche  Anastomoaenbildung  und  späteren  Bttckgang  der  Wasser- 
massen bin. 

5)  Das  Bnmpfland  des  Okayaugobeokens  ist  in  schnellem  Rückgang 
begriffen  imd  geht  nadi  SW  in  das  Sandfeld  Aber,  wahrend  die  chars^- 

listischen  Oberflllchcnformen  undeutlich  werden. 

r>  I  Die  nördlichen  Gebiete  haben  in  großer  Zahl  SandpfannSB  mit 
dauerndem  Wasser,  die  südlichen  nur  liegen wasservleys. 

7)  In  den  nördlichen  Gebieten  fehlen  dafür  die  für  die  trockenen  Teile 
der  Kalahari  oharakterisiaschen  Braokpliumen  und  Kalkpfannen. 

SdhlieBlieh  sei  noch  bemerkt,  daß  sich  auch  in  der  Vegetation  Ersdiei« 
nungen  bemerkbar  machen,  die  auf  ein  trocken  gewordenes  Klima  hindeuten. 
Als  derartige  Erscheinungen  fuhrt  Passarge  au  die  Isolionmg  einzelner 
Bäume,  die  als  einsame  Riesen  in  völlig  fremder  Umgebung  stehen,  die  Iso- 
lierung von  Artsn  der  tropisehen  Flora,  namentlich  das  Vwkommen  soleher 
Arien,  die  den  Sandfeldem  der  mitUeren  Kalahari  jetst  feUen,  auf  Gesteina- 
feldeni  oder  Bergen  einerseits  und  an  Flüssen  andererseits  (Baobab,  Morula« 
bäum),  endlich  die  IsolierunL,'  anspruchsvoller  Arten  der  Kalaharireirion  (Aca- 
cia  albida,  Munduiea  subtrusa,  Acacia  giraffae,  Cambretum  pi  imif/cvium  u.  a.). 

Diteressant  ist  eine  Erklärung,  welche  Passarge  für  die  Widersprüche 
gibt,  die  in  der  Frage  klimatischer  Änderungen  in  Nord-Afrika  in  histo- 
rischer Zeit  zu  Tage  getreten  sind.  Bekanntlich  wird  von  einigen  Forschem 
behauptet,  daß  das  nrirdlicln-  Afrika  im  Altertum  mehr  Hegen  gehabt  habe, 
da  sich  Spuren  von  Siedelungen  in  solchen  Gegenden  finden,  die  heute  un- 
bewohnbar sind.  Andere  nehmen  an,  daß  eine  Änderung  des  Klimas  nicht 
stattgeAmden  habe,  und  suchen  diese  Ansidit  durch  Beweise  au  stütien. 
Nach  Passarge  haben  wir  uns  die  Sache  so  zu  erklären,  daß  das  Klima,  d.  h. 
die  Niederschlüge  und  damit  die  Vegetation  und  Wüstennatur  des  Landes 
damals  bereits  im  wesentlichen  die  gleichen  gewesen  sein  dürften,  wie  heute.  Der 
aus  der  Tluvialzeit  stammende  Reichtum  an  cirkulicrenden  Gewässern  d.  h. 
an  Quellen  und  Brunnen  aber  war  damals  noch  viel  großer  und  in  Folge 
dessen  waren  große  Teile  der  Wflste  lllr  Ifoiachen  bewohnbar,  die  es  heute 
nicht  mehr  sind.  Es  kommt  noch  hinzu,  daß  die  Waldbodeckung  damals 
auch  wohl  noch  größer  war  und  daß  die  Willder  den  Hoden  vor  der  Ans- 
trocknung  schützten,  die  nach  dem  Verschwinden  des  Baumwuchses  schneller 
voranschritt.  A.  Schenck. 


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628 


0.  Sohlflter:  Nation  nnd  NatioB«litlt. 


Nattoa  ud  NationaUtät. 

Die  Frage  nach  dem  Sinn  de«  Wortei  Naütm  hat  Kirchhoff  sehon 
seit  langer  Zeit  des  Öfteren  behandelt,  aber  noch  niemals  so  aoafOhrlich  wie 
dieses  Mal.  IHe  kleine  Schrift  M  ist  äußerst  reich  an  Helehrung  nnd  An- 
regung. Es  steckt  in  nuoe  beinahe  eine  iranze  politische  (ieopraphip  darin 
und  zwar  eine  solche,  die  geeignet  wäre,  Ratzel  zu  ergänzen.  Finden  wir 
bei  Batad  den  Gedanken  za  wenig  ausgeftlhrt,  daß  der  staatliche  Zusammen- 
sehlufi  auf  sehr  verschiedenen  sozialen  Motiven  beruhen  kann,  daß  sieh  die 
Staatseinheit  an  die  Gleichheit  der  Basse,  an  die  Gleichheit  des  Kultur-  und 
Sprachbesitzes  oder  der  Religion,  an  die  Gleichheit  oder  das  Ergfinzung^- 
bedürlms  aul  wirtschaftlichem  Gebiet  anlehnen  kann,  so  bewegen  wir  uns 
hier  dauernd  inneriialb  sddier  Fragen.  Kur  wstdem  sie  fteiUdi  nicht  in  rein 
tfaeoretisdier  Weise  erOrtert,  sondern  es  wird  alles  sngeqpitst  auf  die  eine 
Frage:  was  ist  eine  Nation?  Ich  muß  nun  freilich  gestehen,  daß  midi 
gerade  diese  Sammlung  der  Strahlen  auf  den  einen  Brennpunkt  zur  Kritik 
herausfordert.  Es  erhält  dadurch  alles,  was  uns  sonst  so  klar  und  schön  aus- 
geführt wird,  eine  Klangfarbe,  die  wenigen  ganz  zusagen  wird.  Wir  können 
in  allem  'Sachlichen  dem  Verf  beistimm«i.  Wir  werden  mit  ihm  die  „ge* 
meinsame  Abstammung''  für  ein  Wahngebilde  halten;  wir  werden  sngebon, 
daß  sich  auch  verschieden  sprachige  Elemente  vu  »  iner  Einheit  zusammen- 
schließen können;  wir  werden  vor  allem  mit  Freuden  begrüßen,  wenn  Kirih- 
hofiE^  im  Ansclüuß  au  ein  Wort  von  £.  ßenan,  immer  wieder  betont,  daß  es 
«nkommt  auf  den  Willen,  susammen  zu  gehören  mid  insammen  wa  haltra, 
wobei  ich  nur  auch  an  dieser  Stelle  wieder  daran  erinnern  möchte,  daß  ein 
großer  Deutscher')  schon  ein  paar  Jahnehnte  vor  B^nan  das  Wort  prigte: 
„das  Volk  ist  der  Inbegritl"  aller  derjenigen,  welche  eine  gemeinschaftliche 
Jiot  empÜnden".  Wir  werden  weiterhin  mit  Vergnügen  der  Darstellung  folgen, 
wenn  sie  uns  mit  Geist  und  Wissen  zeigt,  worin  das  Vereinigende,  Zu- 
sammensehmehEende  bei  den  Vereinigten  Staaten,  bei  Belgpen,  den  Niedsr- 
ianden oder  der  Schweiz  liegt  Und  doch,  wenn  wir  das  Alles  aofih  zugeben, 
so  wird  sich  doch  sicher  bei  vielen  unter  uns  etwas  dagegen  strauben, 
Schweizer,  Belgier,  Holländer  u.  a.  als  Nationen  zu  bezeichnen,  sie  mögen 
selbst  diesen  Titel  so  energisch  für  sieb  in  Anspruch  nehmen  wie  sie  wollen. 
Woran  liegt  das?  Zmn  Teil  wohl  daran,  da£  wir  mit  dem  Wort  J$lation^ 
weil  ea  gewöhnlich  mit  einer,  sagen  wir  agitatoriaoben  Nebenabsicht  aus- 
gesprochen wird,  die  Vorstellung  von  etwas  Großem  verbinden.  Vor  allem 
aber  dürfte  doch  auch  hier,  wie  so  oft,  das  Fremdwort  die  Schuld  tragen. 
Und  da  muß  es  Wunder  nehmen,  daß  der  Verfasser,  der  sonst  immer  so 
sorgfllltig  bemUbt  ist,  die  deatsdie  Sprache  von  entibehrliehen  Fkmndlingeii 
frei  an  halten,  es  nnterltßt  die  Fkage  aii&awerfen,  ob  denn  nidit  andi 
vielleicht  dieses  Fremdwort,  wo  nidit  gans,  so  doüoh  aam  Teil  entbdirt 
werden  könne. 

Es  kommen  hier  folgende  liegriflFe  in  Frage:  1.  das  Land-„Individuum" 
—  ein  geographischer  Begriff;  2.  die  Basse  —  ein  rein  anthropologischer 
Begriff,  der  aber  für  die  vorliegende  Frage  wenig  Bedentang  bedtait; 

1)  Alfred  Kirchoff.    Zur  Verstämiigiing   über   die   Begriffe   Nation  und 
Nationalität.   64  S.    Halle  ».  S.,  liuchhaudluug  des  WaisenhauscH  190ö.    M.  1.— . 
S)  Bichard  Wagner  in:  Das  Knnstwerik  der  Zakonft. 


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Geographiache  Neuigkeiten. 


529 


3.  (las  Volk  —  ein  ethnographischer  Begriflf,  gegründet  auf  Sprach-  und 
Kultnrgemeinschaft;  4.  die  Wirtschaftsgemeinschaft  und  ilu*;  Wirtschaftsgebiet 
—  nationalökonomisch  -  wii  tschattsgeographische  Begritfe ;  und  schließlich 
5.  der  Staat  —  «in  wesentlich  rechtlicher  Begriff.  Dieser  tritt  allen  anderen 
als  etwas  Venchiedenes  gegenflber.  Dort  haben  wir  es  mit  natürlichen 
Gemeinschaftm  zu  tun,  hier  mit  einer  bewußten  Schöpfung.  Infi  Staat  wird 
die  Beset/nncr  und  Hehen-schung  des  Bodens  l)ewuBt  orfaßt,  im  Staat 
werden  Wirtschafts-  und  Verkehrsgcbicte  bewußt  geeinigt  und  zusamnien- 
gehalteu,  im  Staat  schließt  sich  ethnogi-aphisch  Gleiches  hewußt  zusammen. 
Vnä  je  nachdem,  welches  Ton  diesen  Motiven  TOtwiegt,  trSgt  der  Staat  einen 
besonderen  Charakter.  Wo  bleibt  nun  da  die  Nation?  Entspricht  ihr  kein 
Staat,  licdeutet  sie  vielmehr  nur  „die  eigenartige  Kultureinheit  eines  größeren 
Volksganzen"  (S.  10)  —  wie  es  bei  den  Griei  licn  des  Altertums  und  den 
Deutschen  vor  1Ö70  der  Fall  war  —  so  besagt  das  Wort  nichts  weiter  als 
„Volk",  ünd  sonst  li^n  die  Dinge  eben  so,  dafi  sidi  der  Staat  auch  anf 
etwas  Aiidffires  als  die  Volkagemwniwhaft  stOtsen  kann.  So  in  der  Schweiz 
auf  die  Verkehrs-  und  Wirtschaftsverhältnisso,  wobei  dann  die  Volksgemein- 
schaften zerschnitt <  n  werden.  Ähnlich  bilden  bei  den  NieilcrlaDdcn  die  Landes- 
natur und  die  besuu<lcren  wirtschaftlichen  Interessen  das  einigende  und  ab- 
grenzende Band.  Zwar  kommt  hier  auch  eine  ethnographische  Besonderheit 
gegenflber  Deutm^nd  hinzu,  aber  die  Unterschiede  sind  doch  kaum  grttfier 
als  wir  sie  zwischen  den  StSmmen  innerhalb  des  deutschen  Reiches  beoh- 
achton.  Es  ist  jedenfalls  suhr  gewaltsam,  worin  man  die  Niederländer  als 
Volk  in  dieselbe  Rangstufe  mit  Deutschen,  Frauzosen,  Engländern  usw.  ein- 
ordnet. Auf  dem  angedeuteten  Wege  kann  mau  zu  sehr  klaren  Vorstel- 
lungen gelangen,  ohne  jemals  den  Begriff  Nation  nötig  zu  haben;  man 
wird  sein  Daswischentreten  im  Oegentdl  als  stOrend  empfinden.  Dagegen 
hat  es  einen  ganz  bestimmten  Sinn,  wenn  wir  TOtt  NationalitStspolitik 
sprechen.  Hier  bezeichnen  wir  ganz  klar  das  Bestreben,  ein  Volk  —  also 
eine  tatälichlich  vorhandene  „natürliche"  Gemeinschaft  —  auch  staatlich  zu 
einen  oder  umgekehrt  den  Staat  auf  die  Grundlage  der  Volksgemeinschaft 
zu  stellen.  Wo  dieses  Streben  TerwIxUidit  wire,  wo  sich  beide  Einheiten 
deckten,  dort  h&tte  auch  einmal  das  Wort  „Nation**  einen  klar  umrissenen 
Sinn.  Aber  das  trifft  in  Wirklichkeit  streng  genommen  nie,  und  selbst  an- 
genähert nur  sehr  selten  ein.  Nicht  die  „Nation^'  ist  etwas  Reales,  wohl  aber 
die  Natiunalitätspolitik  —  man  mag  sich  zu  ihr  bekennen  oder  nicht  — ,  uud 
von  hier  ans  empfängt  das  A^jektivnm  national  seine  Bedentong:  nicht  Ton 
etwas  Vorhandenem,  sondern  von  etwas  zu  Erstrebendem.    0.  SchlUter. 


Geographische  Neuigkeiten. 

Zusammengeetellt  von  Dr.  August  Fitsau. 

Allgemeines.  j  zerische  naturforsch  endo  Oes-cll  ■  ]Kift  auf 

•  Um  die  Abtragung  der  Gebirge  Anrej^ning  Brfickners  eine  KinuniiH«»i'iii 
durch  die  Flüsse  quantitativ  zu  bc- j  ernannt,  welche  auch  beschlon-scu  hatte, 
stimmen  und  auf  diese  Weise  einen  Maß-  zu  diesem  Zwecke  an  der  Rhone  bei 
Btab  für  die  Ge?ch  wi  n  il  i  ;,'koi  t  der  P^rtc  -  d^i  -  ?ccx  regelmäßig'  jeden  Tag 
Denudation  der  Gebirge  zu  erhalten,!  Wasser  schürfen,  den  Schlammgehalt  und 
halte  bereite  im  Jahre  1898  die  sehwei- 1  die  Menge  de»  gelösten  Materials  be- 


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530 


Geographische  Neuigkeiten. 


stimmen  und  so  den  Metrag  der  Alitrnpinfr 
festatellen  zu  loisen.  Die  Ausiubruug 
dietM  Beiohlnnes  Tenögerte  tieli  aber 
bis  zum  März  1904,  wo  Erich  Ueirecbt 
aus  Minden  die  Aufgabe  üliernahm,  jene 
i^chöpfve^8uche  anstellen  zu  lassen  und 
die  Wunerproben  «i  bearbefteu.  Üb«r 
den  Gang  der  Arbeiten  und  über  ihr  End- 
ergebnis berichtet  Uetrecht  eingehend  in 
dem  ö.  Hefte  des  7.  Bandes  der  Zeit- 
eebriilfilrGeiriUeerlrande.  Dm  Einsog«» 
oder  dat  EntwilsB<>rung8gcbict  der 
Rhone  bei  der  Schöpfstelle  Porte-du-iScex 
beträgt  6219,828  km*,  von  denen 
8«9,49km*=  16,yV„  mit  Wald,  1348,89km» 
s»S6,7*/o  mit  Felsen  und  Schutt,  9:{2,9Gknr 
— 17t«7,  mit  Gletscher,  a,9«l£m'  =  i'»076"  • 
mit  Waner  und  «109,79  km>  —  40,4% 
anderswie  bedeckt  waren.  Die  mittlere 
Niederschlapsh  öh odesKinzufrs^'ebietes 
der  Rhone  wurde  zu  10b  cm  und  souach 
das  Volamta  der  in  dieaem  Teil»  des 
Rbonegcbietes  jährlich  fallenden  Nieder^ 
schlüge  zu  ö,64  km'  ermittelt.  Aus  den 
lieobachtuugen  uud  Messungen  in  Torte- 
dn-8oez  ecgnbeo  eidi  folgende  Reraltnte: 
Gesamte  vorheigcführte  Wasser- 
menge 6062838400  m*;  pro  m*  des 
Einzugsgebietes  1,16  m';  da  das  Be- 
obachtoogsjahr  1904/06  sehr  heiß  war, 
schmolzen  die  Gletacher  stark  iil»  und  es 
floß  mehr  Wasser  ab,  als  die  jährliche 
NiedenchlagshObe  von  108  cm  befaAgt; 
Oesamtrückstand  4089012330kg,  pro 
m'  des  Einzugsgebietes  =  0,77  kg;  davon 
waren  gelöstes  Material  944683738 km, 
pro  m'  dee  Einzngsgebiet  "  0,18  kg  und 
snipendicrtes  Material  8  094  .'S2h  r)94 
ke,  pro  ra'  des  Einzugsgebietes  =  0,r»'.t  kjj. 
I  m  die  4  Milliarden  Kilogramm  üesteins- 
mftterial  in  Yolomen  so  verwaaddn,  wnxde 
ein  mittleres  spezifisches  Gewicht  des 
Oesteiusmaterials  des  Khonegebietes  von 
2,68  angenommen;  dann  besitzt  das  ge- 
samte feste  Material,  welche«  die 
Rhone  im  Laufe  des  Jahres  1904/05  ge- 
löst oder  suspendiert  bei  Porte-du-Soex 
Torbeigeflthrt  bat,  ein  Yolnmen  von 
1  607  100  m»  oder  0,0015  km».  Auf  das 
Einzugsgebiet  verteilt  ergibt  das  288  m' 
pro  km'  oder  eine  Schicht  von  0,288  mm 
Dicke.  Es  iat  also  da«  Bhonegebiet 
im  Beobachtungsjahr  1904/06  um 
0,288  mm  abgetragen  worden.  Um 
das  Gebiet  1  m  abzutragen,  bedarf  es 
8470  Jahre.  Forel  bereehneto  fOr  da« 


Jahr  1B86  nach  einzelnen  Beobachtungen 
des  ächlammgehaltes  und  der  Materiai- 
fBhning  der  Bh<me  einen  Oesamtab* 
trag  des  Eansogagebiets  von  0,44  mm 
oder  0,15  mra  mehr  als  Uetrecht  und 
Heim  bestimmte  die  Abtragung  im  Ge- 
biete der  Renfi  aus  dem  Anwachsen  des 
Keltas,  durch  den  Zufluß  von  Geschieben, 
Sand  und  suspendiertem  Material,  das 
direkt  im  Delta  zur  Ablagerung  kommt; 
er  fand,  daft  die  SeoB  jUiUeh  148 187  m* 
im  T'rner  See  in  ihrem  Delta  ablagert, 
was  einer  jährlichen  Abtragung  von 
ungefähr  0,24  mm  entsprichi 

*  Aus  den  verfBgbaren  Mitteln  der 
Berliner  Karl  Ritter-Stiftung  sind 
die  Kosten  für  die  Ausführung  folgender 
Stndienreiaen  bewilligt  worden;  1)  dem 
kgl.  Landesgeologen  Dr.  Kurt  Gagel  ra 
Berlin  für  eine  Reise  nach  Palma  und 
Madeira;  2)  dem  Assistenten  am  Geogra- 
plm«hen  batitnt  m  Orrifcwald  Dr.  6n- 
■tav  Braun  für  eine  Reise  in  den  nörd- 
lichen Apennin;  3:  dem  stud.  geogr.  Otto 
(Quelle  aus  Charlottcuburg  für  eine  Reise 
in  da«  Gebiet  von  Almeira  in  Sfid-Spanien. 

»  Von  der  Kgl.  Akademie  der 
Wissenschaften  zu  Berlin  sind  fol- 
gende Reiseunterstützungen  gewährt  wor- 
den: dem  bigenienr  Hermann  in WeiAen- 
see  zu  einer  geographischen  Forschungs- 
expedition in  das  argentinisch-bolivianische 
Grenzgebiet  8000  JC;  dem  Prof.  Dr.  Kfl- 
kenthal  in  Breslau  zu  einer  Reise  nach 
West-Indien  behufs  Studiums  der  dortigen 
Korallen  4600^;  dem  Dr.  Tannhiluser 
in  Berlin  snr  pettographisch-geologisdien 
Untersuchung  des  Oabbrogebtetea  von 
Nenrode  640  JC 

*  Im  letzten  Jahrfünft  hat  die  Land- 
igewinnung  an  der  holsteinischen 

Westküste  durch  die  natürliche  Ablage- 
rung der  Schlickmassen  sehr  erfreuliche 
Fortschritte  jjemacbt  Es  sind  n4(»0  ha 
dem  Meere  entrissen  worden;  900  Men* 
sehen  baben  sieb  anf  diesem  frflbereo 
I  Meeresboden  angesiedelt.  In  dem  ver- 
flossenen halben  Jahrhundert  vergrößerte 
sich  das  Festland  Holsteins  nach  dem 
Ergebnis  derYennessnngen  mn  16000  h% 
von  denen  bis  jetzt  aber  nur  9000  ha  be- 
wohnbar sind.  Die  Fläche  trägt  jetzt 
annähernd  600  Wohnstätten  mit  S600 
Mensehati.   Etws  800O  ba  AnBendsidi- 


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Geographische  Neuigkeiten. 


531 


inndoreien  lasaen  eich  vorläufig?  mir  als 
Viehweiden  benutzen,  d*  sie  bei  Hoch- 
Hilten  ftWeehwoBBit  woden.  Di«  Bin- 
deiohnng  durch  hohe  D&nune  wird  in 
wenigen  Jahren  erfol<rcn.  Man  hofft,  die 
ganze  Dithmancher  Bucht  anzulanden  und 
dftdnreh  weiten  Zelmtmiende  Hekter  det 
betten  MazBchlande*  m  gewinnen. 

•  Die  Verkleinerunpf  der  briti- 
Bcheu  Inseln  in  Folge  der  Fels- 
stilrte,  die  eich  während  der  leteten 
Jahre  besonders  h&ufig  an  verschiedenen 
Stellen  der  englischen  Küste  ereignet 
haben,  ist  bestimmend  geweden  für  die 
NiedenetRuig  einet  winemeliefUichen 
Ausschusses  zur  Ergprflndunt?  powisser 
Fragen  bezäglich  der  Abtragung  der 
Kütten  GxoftbiitMMiieiu  und  Mftndi.  Die 
Kommission  soll  Aber  folgende  Fragen 
Untersuchungen  anstellen  und  Bericht  er- 
statten: In  welcher  Weise  vollzieht  sich 
dae  Eindringen  des  Meeres  an  den  Ter- 
ichiedenen  Teilen  der  EQste  des  ver- 
einigten Köni<,'reichB?  Welcher  Schaden 
ist  dadurch  bereits  verursacht  worden  und 
inwieweit  iet  ein  loleher  flbr  die  Znkonft 
zu  erwarten?  Welche  Maßnaliraen  sind 
für  die  Verhütung  eines  derartigen  Scha- 
dens empfehlenswert?  Künueu  den  Ori- 
lidien  Behörden  irgendwelche  weitere 
Rechte  und  Pflichten  auferlegt  werden, 
um  ein  wirksames  und  planmäßiget  Vor- 
gehen zum  Schnts  der  Kflite  nnd  der 
Ufer  von  Flüssen  herbeizuführen,  in  deren 
Unterlauf  sich  Ebbe  und  Flut  noch  be- 
merkbar macht?  Ist  eine  Abänderung  der 
Geaetce  mit  lUlelnieht  enf  die  Bewirt> 
schaftung  und  Beaufsichtigung  des  Stran- 
des wünschenswert?  Sollen  weitere  Er- 
leichterungen für  die  Urbarmachung  von 
Fltttgellnde   geschafflBn  werden  f  Die 

Untersuchungen  werden  voraussichtlich 
anch  geographiich  wichtiges  Material  zu 
Tage  fördern. 


•  Eine  neue  Expedition  nach  Zen- 
tral-Asien  zur  Fortsetiong  seiner  in  den 
Jahren  1900/01  in  dereelben  O^fend  be- 
gonnenen archftologischen  und  geogra- 
phischen Forschungen  hat  Dr.  Stein  mit 
Unieniatning  der  indischen  Uegiemng 
im  FEtOuahr  1906  angetreten.  Die  anf 
jener  ersten  Baise  gemachten  Entdeckun- 
gen zeigten  uns  zam  ersten  Male ,  wie 
weit  der  indische  Einfluß  in  früherer  Zeit  | 
nach  Zentxal-Asien  vorgedrongen  war,nicht ' 


nur  im  I'uddhiamus,  sondern  auch  in  der 
Spruche,  lu  der  Kunst  und  in  der  Kultur; 
gleichzeitig  Tennoehte  Stein  damals  genau 
nachzuweisen,  daf3  ihr  Eitiduß  des  klas- 
nischen  Wöstens  schon  in  den  ersten  Jahr- 
hunderten der  christlichen  Zeitrechnung 
bis  in  diese  emtfinnten  Teile  Asiens  yor> 
gedrungen  war.  Mit  Hilfe  eines  einge« 
borenen  Feldmessers,  der  ihm  auch  bei 
der  jetzigen  Expedition  von  der  indischen 
Regiening  snr  Verfdgong  gestellt  ist,  er- 
gänzte Stein  l'JOO  Ol  die  Korwchnngen 
früherer  Reisender  in  der  Mustagh-ata- 
Kette  und  erforschte  eine  bis  dahin  un- 
bekannte hohe  Bergkette  im  westlichen 
Teile  des  Kuen  Ltm.  Diesmal  gedachte 
Stein  über  Chitxal,  Wachau  und  den 
Pamir  nadi  Chinesiseh-Tnrkestaa  wa  reisen 
und  seine  Forschungen  längs  des  Süd- 
randes der  Wüste  aufzunehmen,  im  sie 
später  ostwärts  bis  nach  China  auäzu- 
d ebnen.  Am  19.  Mai  berichtete  Stein  ans 
Sarhad  in  Wachan ,  daß  er  trotz  der 
großen  Schneemassen  des  h  tzten  Winters 
den  3400  m  hoben  Lowarai-Puß  am  4.  Mai 
glflcUich  Ubersehritten  hfttte;  anf  dem 
Marsche  durch  Chitral  machte  er  inter- 
essante Beobachtungen  an  alt -buddhisti- 
schen Felsskulpturen,  an  Besten  von  in- 
dischen Baudenkmälern  nnd  an  ironno- 
hammedanischen  Ansiedlungen,  so  an  dem 
alten,  in  chinesischen  Annalen  erwähnten 
Mastitj.  Chitral  ist  ein  dankbares  Feld 
für  den  Ethnographen;  da  hier  viele  Völker 
Zuflucht  suchten  und  fanden,  entstand  hier 
ein  buntes  Yölkergemisch,  das  su  inter- 
essanten Messungen  reicUiehes  lUterial 
bietet.  Bei  dem  großen  Entg^fenkommea 
der  afghanischen  Behörden  in  Wachan 
hoffte  Stein  auf  ein  günstiges  Ergebnis 
seiner  altehinesisehen  Stadien,  Ton  denen 
auch  nach  den  früheren  Tieistongen  Steina 
Bedeutendes  zu  erwarten  ist  (Oeögr.  Joozn. 
1906.    S.  76.) 

AMka. 

•  Zur  Fortsetzung  seiner  im  vorigen 
Jahre  begonnenen  Erforschung  und 
hydrographischen  Anfnahme  der 
atlantischen  Küste  von  Marokko 
(S.  168)  hat  Schiffsleutnant  Dye  am 
22.  Mai  an  Bord  der  Yacht  „Senta"  die 
Beise  nach  Marokko  angetreten.  An  der 
Expedition  nehmen  anfieidem  noch  Teil 
die  Schiffsf&hnriche  Larras  nnd  Traub 
und  der  Ingenieur  Pobeguiu,  welche 
in  Oemdnscbaft  mit  J)j4  die  hydragxa- 


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532 


Geographiiehe  Neuigkeiten. 


phisilien  Aiiftialimen  vornohmen  werden. 
Außer  mit  den  rein  geograpliisuben  Ar- 
beitoi  wird  eich  die  Expedition  mit  Fe*t- 
stollungen  wirtschafllicber  Art  und  mit 
der  AnlefTuntj  naturwissonschaniicher  und 
ethnographischer  äaaimlungt-u  betassen; 
mit  äeaen  Arbeiten  eiiid  Paul  Bonr- 
daric  und  Dr.  Leon  Dye  »pe/.iell  beauf- 
tragt, wobei  ihnen  Augast  Heriot,  der 
Chef  der  die  Mission  begleitenden  Eskorte, 
•eine  UnterstOtzang  leihen  wird.  Nach 
der  glficklichen  Ankunft  in  don  marok- 
kaniröhen  Qewftaaem  hat  die  Expedition 
ihre  Arbeiten  in  der  Gegend  too  Safi 
begonnen. 

Mittlerweile  nind  unch  am  22.  Juni 
lÜOO  bei  der  Pariser  Geographischen  Ge- 
■ellichaft  die  eraten  Mitteilungen 
Djiu  fiber  die  Krfrebnitie  seiner  vor- 
jährigen  Aufnahmen  an  der  Küste 
von  Marokko  eingegangen.  Die  Längen- 
nnd  BreitenbeBtimmuagen,  die  auf  sorg- 
fältigen astrononiischon  Beobachtungen 
und  mühsamen  und  beschwerlichen  Zeit- 
flbertraguugeu  beruhen,  werden  eine  um- 
fassende Korrektur  der  bisher  als  maß- 
gebend an<:rsehenen  Karte  von  Arlett 
aus  dem  Jahre  lü'iö  nötig  macheu;  die 
ganae  Kflate  wird  «ae  Bnitenverschiebnng 
▼on  Ost  nach  West  und  Längenkorrck- 
turen  von  4  bis  h  Kilonieter  erfaliron 
müssen.  Die  mitgeteilten  Positionen  wer- 
den kontroUieit  dnreh  die  6anaO«ische 
Triangulation  im  marokkanischen  Küste 
zwischen  Tanjrcr  und  Aj^adir,  die  im 
Jahre  i'J05  begunneu  wurde  und  1U07  be- 
endet sein  soll,  sofern  die  Arbeiten  der 
Pro'i:i' liter  nicht  durch  die  unruhigen 
Küstenliewühnor  gestört  werden.  (La 
Geogr.  XIV.  S  34.) 

*  Zur  Ausbeutung  der  ErsTorkom- 
men  im  westlichen  AlieHsinien  hat 
sich  im  Jahre  1905  das  deutsch-abessi- 
nkdie  Montan -Syndikat  gebildet,  auf 
welches  durch  Vertrag  die  Rechte  ülier- 
gegangen  sind,  die  Menelik  durch  Ver- 
leihungsurkunde vom  5.  Januar  1897/1905 
dem  deutschen  Ingenieur  Arnold  Holtz 
verliehen  hat.  Das  Konzessionsgebiet, 
welches  Munelik  Holtz  zur  jVusbeutung 
auf  Gold,  Mineralien  und  Edelsteine  über- 
lassen bat,  liegt  im  westUehen  Abessinien 
und  umfaßt  das  Land,  das  von  den  Flüs- 
sen Gandji  üaro,  Bibir  Gaba  und  einer 
Yei'bindungslinio  der  (Quellen  des  Gaba 
und  Qaa^ji  umschlossen  wird;  es  hat  eine 


Gnjße  von  rund  10  (»OO  qkm ,  ist  «ehr 
wasserreich  und  vielfach  mit  Urwald  be- 
standen, in  welchem  Wachs,  KautmAuk 
und  wilder  Kaffee  in  erheblichen  Mengen 
trefunden  worden.  Unfrefähr  3G00  qkm 
des  Gebietes  sind  durch  den  Syndikatis- 
geologen  tob  der  Bapp  im  letiten  Jahre 
bereist  und  kartographisch  aufj^'enommeu ; 
das  übrige  (lebiet  soll  bis  zum  April  1907 
durch  weitgehende  Schürfarbeiten  auf- 
geschlossen und  dann  mit  den  Gewinnonge» 
arbeiten  begonnen  werden.  Gold  ist  be- 
reits in  vielen  Flüssen  und  Bächen  des 
Konsessionsgebietee,  besonders  reich  im 
Überlauf  des  Flüßchens  Sisso  Gombo,  ge- 
funden worden;  an  einzelnen  Punkten  des 
Gebietes  wird  bereits  durch  die  Ein- 
geborenen in  tinCseher  Axt  Goldwlaeherei 
getrieben ;  aber  die  bisherigen  Schürfungen 
auf  primSre  Goldvorkommen ,  die  aller- 
dings mit  unzureichenden  Mitteln  aus- 
geführt worden  sand,  haben  sieht  sur  un« 
zweifelhaften  Feststellung  einet  Lager- 
stätte geführt. 

»  über  die  Verbreitung  und  die 
Lebensweise  des  Okapi  sind  von  der 
Alexander- Gosling- Expedition ,  die  auch 
ein  wohlerhaltones  Exemplar  vom  Lelle 
mitbringt,  auf  ihrem  Marsche  vom  Tscbad- 
«ee  nach  dem  obenm  Nil  interessante 
Heobachtungen  gemacht  und  der  Londoner 
Geographischen  Gesellschaft  mitgeteilt 
worden.  Danach  lebt  das  Okapi  im  all- 
gemeinen  einzeln  oder  paarweise  an  den 
morastigen  Ufern  kleiner  Fln-'^se,  wo  eine 
bestimmte  großblitttenge  PÜauze  wächst, 
Ton  der  ee  sich  gewöhnlich  nihri  Das 
Tier  wird  bis  8  ühr  Morgens  Nahrung 
Buchend  an^'otrotfen,  dann  zieht  es  sich 
in  den  tiefen  Wald  zurück;  da  es  ein 
sehr  Mnes  Gelitte  hat,  ist  ee  ediwierig, 

sich  ihm  zu  niihem  Seine  Verbreitung 
erstreckt  sich  wahracheinlieh  über  den 
ganzen  zentral-afrikanischen  Urwald  vom 
l'bangi  und  Uelle  im  Norden  bis  etwas 
üVier  den  Chupa  hinaus  nach  Puden: 
dort  weidet  es  auf  den  sumpfigen  Lich- 
tungen, wobei  es  durch  die  eigenartige 
Form  Heiner  Hufe  vor  dem  Einsinken 
gesehützt  wird.  Der  Name  Okapi  wird 
nur  von  den  kleineu  Stämmen  der  Wam- 
bobba  und  der  Wambutti,  duioh  welche 
man  die  ersten  Exemplare  des  Okapi 
erlanfrto,  gebraucht;  in  der  Kongosprache 
heißen  sie  „duniba".  (Geogr.  J.  1900. 
S.  181.) 


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Geographische  Neuigkeitea. 


Australien  und  australlselie  Iiseln. 

•  Auf  (l'  T  Iii!.p1  Yaj)  hat  die  Regio- 
ruDg  dei  Vereinigten  Staaten  von  Nord- 
amerika eine  meteorologische  8ta* 
tion  errichtet  und  mit  deren  Leitung 
den  Kapuzinerpat'T  C.ilixtus  lietraut.  Auf 
der  neuen  Station  wird  man  der  Prognose 
der  Wixbelatflrme  ganz  besondere  E^ach- 
tuDg  schenken,  da  man  beobachtet  hat, 
daß  die  verheerenden  Taifune,  die  bo  oft 
die  Oatküste  Asiens  bis  nach  Japan  hin- 
auf heimraeheD,  in  der  Qegend  von  Tap 
ihren  EntBtehnngsherd  haben.  (Oeogr. 
Anzeiger  1906.  3.  162.) 

Sttdanerika. 

•  Am  16,  August  A1»eiids  t-ind  die 
chilenischen  Provinzen  zwischen 
Valparaiso  nnd  Talea  TOn  einem 
Erdbeben  heimgesucht  worden,  das  an 
Heftigkeit  und  an  Umfang  der  Verhee- 
rungen dem  von  San  Fzanxisko  kaum 
nachetehen  dürfte.  BeMmder*  ist  es  die 
große  Hafenstadt  Valparaiso,  welche 
durch  das  Naturereignis  hart  betroffen 
wurde;  über  die  UüU'te  der  Stadt  ist  in 
Trihmner  gelegt  worden,  ein  vnmitfcelbnr 
nach  dem  ersten  Erdstoß  ausbrechendes 
Fener  setzte  die  Zerstörtmg  fort,  der  eine 
große  Anzahl  Menschen  zom  Opfer  fielen; 
da  alle  Telegraphen  und  Kabelleitungen 
gerisBen  und  die  Bahnen  zerst'trt  waren, 
war  die  Stadt  mehrere  Tage  von  der 
Welt  al^feeehnitten.  Nicht  so  bedeutend 
waren  die  Verwilntungen  in  dem  mehr 
landeinwärt«  liegenden  Santiago,  wo  nur 
gegen  40  Personen  ums  Leben  kamen. 
Jn  den  Fcorinaen  Aconcagoa  und  Valpa- 
raiso sind  eine  ganze  Seihe  kleinerer 
Küstenstädte  in  Trümmer  gelegt,  der  ge- 
samte Menachenverlust  in  Chile  wird  auf 
11 000  Psnonea  gesdifttst,  der  Material- 
schaden ist  Tor  der  Hand  nocli  nicht  zu 
übersehen.  Merkwürdigerweise  berichten 
die  allerdings  noch  sp&rlich  vorliegenden 
Kachrichten  nichts  von  einer  Flutwelle, 
welche  sonst  bei  den  früheren  Erdbeben 
in  Chile  die  grOfiten  Verheerungen  anzu- 
richten pflegte.  Wieweit  die  Meldung, 
daß  die  Insel  San  Juan  Femandcz,  die 
800  km  von  der  chilenischen  Küste  ent- 
fernt liegt,  durch  Erdbeben  vollständig 
sentOrt  und  von  der  Obeiflftohe  vftUig 
▼enehwunden  sein  soll,  den  Tatsachen 
entspricht,  läßt  f^ich  zur  Zeit  noch  nicht 
bestimmen.    Fünt  Tage  nach  dem  ersten 


Beben,  in  dessen  Verlaufe  an  manf^hfm 
Orten  400  ein/. -Ine  Stöße  wahrgenommen 
wurden,  erfolgte  eine  abermalige  heftige 
Ersebfltterung  des  Bodens,  der  die  Stadt 
Quillota  ca.  60  km  östlich  von  Valparaiso 
zum  Opfer  fiel.  Die  Stadt  soll  vollständig 
vom  Erdboden  verschwunden  sein  und 
von  den  10000  Bewohnem  der  Stadt  eolleii 
nur  wenige  Hundert  ihr  Leben  gevettet 
haben. 

Hord-Folurge^enden. 
*  Wellmanne  Ballonfahrt  snm 

Nordpol  wird  in  diesem  Jahre  nicht 
mehr  stattäuden,  sondern  ist  bis  zum 
FrShiommer  des  nächsten  Jahres  ver- 
schollen. Wie  Wellmann  selbst  aus  Spitz- 
bergen meldet,  habe  er  licsclilnssen .  die 
Fahrt  nach  dem  Pol  wegen  der  Fehler  in 
der  meehaniedien  Autrflstuug  »einee  Luft- 
schiffen in  diesem  Jahre  nicht  zu  ver- 
suchen. Nach  der  im  vorigen  Winter  in 
Hinsicht  auf  solche  Möglichkeiten  ge- 
machten Ankflndignng  werde  nun  die 
Expedition  im  nächsten  Jahre  unternom- 
men. Die  rjpüplljjchatt  ntelle  jetzt  ein 
großes  Balluuhuua  und  andere  Ausrüstungs- 
g^enftftnde  ftrtig  und  mache  Experi- 
mente für  die  Kampagne  1907.  Dieses 
Jahr  sei  nur  noch  der  Vorbereitung  ge- 
weiht, das  nächste  der  Handlung.  Sein 
Vertrauen  auf  Erfolg  im  nächsten  Jahre 
werde  durcli  die  Arbeit  dieses  Sommere 
erhöht  sowie  durch  seine  Wetterbeobach- 
tungen. Die  Motore  arbeiteten  gut,  und 
das  Luftschiff  sei  in  gutem  Zustande; 
doch  der  Wagen  das  Automobil)  und  die 
mechanische  Ausrüstung  sollen  wilhrend 
dee  Wintere  in  Paria  vollstlndig  neu  ge- 
baut werden.  Die  Expedition  wfirde  im 
ni'ichsten  Mai  nach  Spitzbergen  zurück- 
kehren und  dort  alles  fertig  vortiudeu. 
Er  eelbit  kehre  Mitte  September  nach 
Europa  zurück  und  lasse  eine  kleine  Ab- 
teilung auf  der  Däneninsel  zurück,  um 
das  Hauptquartier  zu  bewachen. 

Geographischer  Unterricht. 
Gtoographisohe  Vorlesuxigen 
BB  den  danteebtpnMkUren  UnlversttAten  end  tseh- 
nlsehon  Hoehsehnlen  im  Wiuterseniester  1906/07. 
Univers  i  t  i\  t  e  n. 
Deutgclies  lütch. 
Berlin:  o.Pirof.Penck:  Matiiematiache 
Geographie  (Allgemeine  Geographie  l.  Teil), 
4i^t    —   (Jeograjdiie  von  Afrika,  Snt  — 
Kolloquium,  2  st.  —  Kartographische  Übuu- 


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534  Geographisch 

f!n  für  Auf  änger,  2  st.  —  Kaiiogimphiscbe 
bungen  für  Fortgeschrittenere.  —  (Jeo- 
graphiäche  Übungen  für  Anfängfr,  28t. 

—  Gteographisehe  Ütumgen  fKr  Port- 

ffeschrittooere,  Sit.  —  Ozcanologische 
Übungen,  2 8t.  —  n  Prüf.  Sieglin:  Ueo- 
graphie  von  Griechenlaud  im  Altertum, 
Sil  —  Im  Sominftr:  Die  Provinten  dea 
rOmiscben  Reiches,  2  8t.  —  Pd.  Prof. 
Krot  . Schmer:  Historische  Geographie  der 
ßalkanhalbinsel ,  ist.  —  Pd.  Schlüter: 
Eorop««  %tt 

Bonn:  o.  Prof  Rein:  PhyBioj^raphie 
und  Wirtschaftsgeographie  des  Deatachen 
Reichs,  48t.  —  Übungen,  Sst. 

BrealAu:  o.  Prof.  Passarge:  All- 
gemeine Erdkunde  : Geomorphologie),  4  8t. 

—  ü bangen  im  Seminar,  28t.  —  Pd. 
Leonhard:  Btiftleiid,  lat. 

Erhingen:  a.  o.  Prof.  Pechuel- 
Locsche:  Physische  Erdkunde,  4Bt.  — 
Übungen  des  bemiuars,  8  st.  — 

Vratbnrs  L  Br.:  o.  Prof.  Nenrnftna: 
Mittel-Europa  mit  besonderer  Berücksich- 
tignng  de»  Deutschen  h'cirh«,  4  8t.  —  Die 
europäischen  Kolonien  in  fremden  Erd- 
teilen, tat  «—  Seminer,  tat. 

Gießen:  o.  Prot  Sievers:  All^'-uieinc 
Geographie  D:  Anthropogeographi««,  'ist. 

—  Geographie  von  Südamerika,  1 ' ^  st.  — 
Geschichte  der  Kartognphie,  Set  — 
HiBtori.><ch -kartographische  Übungen,  2 st. 

—  Entdeckongsgeiichichte  und  phjsiache 
Geographie  der  Polarlftnder,  leb.  —  Kollo- 
quium, lV',8t, 

Qöttingen:  o.  Prof.  Wagnor:  Geo- 
graphie von  Asien,  4 st.  —  Kartographi- 
aoher Knn  Ittr  Anfänger  I,  Sit.  —  Geogra- 
phische Einzelflbnngen ,  28t.  --  Pd.  Prof. 
Friederichaen:  Morphologie  der  Erd- 
oberfläche, Set.  —  Geogr.  Kolloquium,  28t. 

Ghpeiftwald:  o.Prof.Credner:  Gnind- 
zfige  der  Klimntologie.  2  8t.  —  Geograidiio 
von  Afrika,  28t.  —  l  bungen  und  Demon- 
strationen. —  Kartographische  Übungen 
mit  EinfBhrung  in  du  YentAndnia  der 
Laiiilkart'u   durch  Dr.  Braun\  28t. 

Halle:  o.  l*rof.  Philippson: 
Pd.  Prof.  üle:  Allgemeine  Erdkunde,  I 
(Mathematische  Erdkunde  und  Morpho- 
logie), 4Bt.  —  Kartenkunde  mit  ]»rakti- 
schen  Übungen^  Ist.  —  Kolloquium  über 
Lftaderkimde.  —  Pd.  Prof.  Sohenck: 
Lendeakunde  von  Ost-Afrika,  1  st.  —  All- 
gemeine Wirtschaftflgeographie,  8  st.  — 
Kolloquium,  2. st. 


e  Neuigkeiten. 

Heidelberg :  o.  Prof  U  e  1 1  n  e  r : 
Geographie  von  .\frika  und  .AustrahVn, 
mit  besonderer  Berücksichtigung  der  deat- 
eehen  Kolonien,  ist.  —  Geographie  dea 
Weltverkehrs,  Ist.  —  Seminar:  obere  -Ab- 
teilung: Vortrüge  und  Referate,  2!*t. ; 
untere  Abteilung:  Einiühnmg  in  die  Geo- 
graphie, lel 

Jena:  a.  o.  Prof.  Dove:  Verkehrs- 
und Handelsgpogi-aphie,  2  et.  —  ü'Vtungen 
zur  Verkehrs-  uud  Uandelsgeographie,  1  at. 

Kiel:  o.  Prof.  Krflmmel:  Geographie 
der  Mittelmeerlilnder,  4  8t.  —  Kolloquium, 
2 st.  —  Pd.  Eckert:  Ausgewählte  Ab- 
schnitte aas  der  physikalischen  Geogra- 
phie, 3  st.  —  Die  Alpen  (mit  Projektions- 
bildem),  Ist.  —  Übungen  aus  der  "Wirt- 
schaftsgeographie (Erzeugnisse  des  Tier- 
imd  Mineralreicha),  1  st.  —  Übungen  über 
kartographiache  Probleme  (naturgeschicht- 
liche, kulturgeographiflche  und  statistische 
Karte),  Ist  —  Pd.  Strömgren:  Mathe- 
mitiidie  Geographie,  lei 

KOnlgaberg:  o.  Prof  Hahn:  Länder- 
kunde von  Aaien  un<l  Australien.  8 st.  — 
Ausgewählte  Abschnitte  aus  der  allgemei- 
ne Erdkonde,  Irt.  <—  Oblaten,  l^il. 

Leipaig:  o.  Prof  Partsch :  Allgemitte 
physikalische  Erdkunde,  II.  Die  feste  Erd- 
rinde (Bestandteile,  Bau,  Formen),  3  st. — 
Geographie  von  Afrika  (Nator-  nnd  Wirt- 
schaftsleben), 8  st  —  Übungen  dos  Semi- 
nars: a.  für  Eortgeachrittenere,  2  8t.; 
b.  fBr  Anftnger  dnroh  Aiaislent  Dr.  Mer», 
Ist  —  a.  o. Ph)f.  Friedrich:  Grundsflge 
(iiT  .\ntl:ropOijeogra]ihie,  Ist.  —  Die  £ieo- 
graphische  Verbreitung  der  wichtigsten 
Prodnkte,  II.  Nntzpflanaen,  1  il 

Marburg:  o.  Prof  Fischer:  Geogra- 
jdiie  der  Mittelmcerländer,  48t.  —  Landes- 
kunde von  Palästina,  Ist.  —  Übungen 
Uber  Semkonde.  Sei  —  Pd.  Oeetreich: 
Mathematische  Geographie,  2  st. 

Mtinohen:  o.  Prof  v.  Drygalski: 
Physische  Geographie  I,  6 st.  —  KoUo- 
quinm,  Sei 

Münster:  a.  o.  Prof  Meinardus: 
(ieographie  von  Mittel  Europa,  8st  — 
.Ulgoneine  physieohe  Geographie  m, 
Klimatologie,  8 et  —  Ühnngen,  tat 

■Rostock : 

Btr&ßburg:  u.  Prof.  Gerland:  Geo- 
graphie Enropas,  4  it.  —  Entatebung  und 

Verbreitung  dea  TabubegrÜfs  (des  ße- 
gritls  der  religiösen  Weihe).  Ist.  —  Übun- 
gen im  Seminar  für  Fortgeschrittenere: 


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Bücher  besprechungen. 


535 


gpophyaikalische  Bosprcchunpen,  "ini.  — 
Pd.  Prof.  Rudolph:  Geograpliio  vüd 
Asien,  8  st  —  Seminar  fBr  Anf&nger,  28t 
—  Prof.  Michaelia;  Historische  Geogra- 
phie der  griechischen  Lämler  im  Alter- 
tum, äst  —  Lektor  Skemp:  The  British 
ColoBie«,  Ist. 

Tübingen :  a.  o.  Ftof.  S  a  p  p  e  r :  Länder- 
und  Viilkerkunde  von  Australien  und 
Ozeauiea,  28t  —  Vulkane  und  ihre  geo- 
graphiadie  Verbzeitniig,  lit.  —  Übungen 
im  Entweifen  und  Zeichnen  von  Knxten, 
Sit 

Wünburg:  a.  o.  Prof.  Regel:  Läu- 
detkunde  Ton  Nord-  ondNordwett-Eaitqjiai, 

48t.  —  [''buugpn  ( Biologische  GeogtAi^ie 
and  Authropogeographie),  2Bt 


o.  Prof.  StoU:  Physi-tche 


Bern: 
ZOxioh: 


(ifopniidiie  II  (Lithosphäre),  Ist.  —  Die 
pazitischen  Inselgruppen  (Polynesien, 
Mikronesien,  Melanesien),  Ist.  —  Öster- 
reich-Ungarn, Serbien,  Bulgarien  und  Ru- 
mänien, 28t.  —  Nord-  und  Weet-Aeien, 
28t  —  Seminar,  2  st 

*  Die  bieberigen  anBerordentlicben 
Professuren  der  Geographie  an  den  bei- 
den badiachcn  Universitäten  Frei- 
burg und  Heidelberg  sind  in  ordent- 
licbe  Profee  anrenamgewendeltworden. 

«  Der  Privatdozent  der  Geographie 
Dr.  Friederic hsen  in  Göttinpen  ist  als 
außerordentlicher  Professor  der 
Geographie  an  die  üniTerritftt  Roeloek 
beroliBa  worden. 

*  Der  Privatdozent  der  Geographie 
an  der  Unirersität  Berlin  Dr.  Meinardas 
ittram  anfierordentlicbenProfeeior 
an  der  Umveniat  Mfinster  eninnnt 
worden. 


Bticherbesprechungen. 

Ompp.  Georg.    Der  deutBchc  Volks-  lichkeit ,    obwohl    seinen  ausgesprochen 
und  btammescharukterim  Lichte  katholischen  ätandpunkt  nie  verleugnend, 
derVeigangenheii.  Beiee-andKnltar>!eHMeit  er  mit  Kennerbb'ek  und  Welt- 
bilder.    Vlll  u    i'06  S.     Stuttgart,  erfahrung  die  Außen-  wie  die  Innenseite 
Strecker  &  Schröder  1906.    ^iC  2.7ü.  des  Volksgetriebes,  den  Charakter  und 
Der  Verfasser  ist  ein  echter  Württem-  ,  die  Leistungen  der  einzelnen  Volksstämme, 
berger  Schwabe,  der  sich  durch  aeine  ihr  geselliges  Treiben,  ihre  sotialen  Zn- 
griindlichenkultur^esobiclitlicben  Arbeiten   stünde  und  malt  tins  hübsch  anschaulich, 
längst  einen  guten  Namen  in  Fachkreisen  .  wie  sich  das  alles  im  Aussehen  der  be- 
erworben hat  Aber  er  ist  aueb  viel  ge-  suchten  Ortschaften,  gelegentlich  auch  im 
reist,  sowohl  in  den  verschiedensten  Teilen  Kulturkolorit  der  Landschaft  widerspie- 
Mittel-Europas  als  weit  darüber  hiiiaus.  gelt.    Wohl  wie  es  pfinc  Heisecindrüike 
Was  er  dabei  emsig  und  scharfblickend  .mit  sich  brachten,  verweilt  er  eingehender 
beobachtet  hat  vom  Wesen  der  Völker  [bei  Beriin,  Thüriiagen,  den  Rh^ilandwi, 
innerhalb  Mittel-Europas  oder,  wie  er  es  Bayern  und  WfirUemberg.    Doch  auch 
in  alter  Weise  noch  nennt,  Deutschlands,  wa.n  er  im  allgemfiinen  urteilt  über  die 
davon  plaudert  er  hierin  recht  anregender  i  Nord-Deutschen,  die  Süd-Deutschen,  die 
Form,  stets  mit  fesselndem  Rfickbliok  auf  Österreicher,  ist  recht  beachtenswert.  Mag 
daü  historische  Gewordenncin  der  Volks-   er  von  kleinsten  Zügen  der  Hilu.slichkeit 
zustände,  die  er  oft  bis  ins  einzelne  Icbens-  oder  von  grundlegenden  Gemütsstimmuu- 
voll  vorführt,  ohne  erschöpfen  zu  wollen.  .  gen,  Schule  und  Kirche  reden,  niemals  er- 
Zunächst  betrachtet  er  gewisao  Seiten  |  geht  er  eich  in  nichtssagenden  Gemein- 
de« deutschen  Volkstums  überhaupt:  Ge-   plätzen,  sondern  pibt  in  packender  Sprache 
mfit,  Religiosität,  HiosUchkeit,  Roheit,  •  kurz  und  bündig  streng  beobachtete  Tat- 
Erwerbsinn,  dtontiehes  Heer  und  Be-|  fachen,  meist  mit  lebireiehen,  doeh  nie 
amtentum.    Dann  wendet  er  sich  zu  Ein-  langatmigen  Rückweisen  auf  deren  gO- 
zelscliildcrnncren    aus    Xnrd-I >eut«cliland    schichtliche  Entwicklung. 
Sfid-Deutscbland  ^nebst  der  Schweiz;  und       Nur  selten  begegnet  einmal  ein  kleines 
Ostemich.  In  rflhmenawertor  Unpartd- :  Versehen.  So  muB  es  (ß.  99),  wo  die  be- 


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536 


BilcherbesprechuDgen 


rühmtf'n  romanischen  Kirohenbauten  Thfi- 
riugeas  erwähnt  werden,  olfenbar  nicht 
Freiberg,  sondeni  Freyburg  a.  ü.  heiAen. 
Nach  8.  88  boU  nicb  der  Hoden  Jenas  zur 
„Pflege  mystischer  Gelühle  ungünsti-r"  er- 
weisen, es  fehle  in  dem  lieblichen  Talkeasel 
der  Sule  daaelbat  „dM  Dvakd  dfleterer 
Wftlder,  alles  ist  viel  zu  aufgeBchlossen, 
viel  zu  hell,  viel  zu  klar"  In<Ies8on  solche 
Mystik  kehrt  zum  Glück  nicht  wieder. 

Der  Abeehnitt  Ober  die  Schweix  bebt 
mit  den  etwas  aufregend  klingenden  Wor- 
ten an:  ,,Zu  Süd-I'eutschland  gehört  auch 
die  deutsche  Schweiz.  Die  Schweizer  sind 
Schweben  oder  Alemannen ,  mOgen  sie 
sicli  mit  TTilnden  und  Fri[J''ii  ge^jon  die 
Anerkennung  dieser  Tatsache  sträuben." 
Sind  denn  eher  die  heutigen  Briten  Angel- 
sachsen? Und  wo  stecken  denn  in  den 
romanischen  Schweizern  die  Schwaben? 
Der  Verf.  hat  eben  nur  vorübergehend 
den  Irrtnm  begangen,  die  Schweis  noch 
heute  zu  Süd-Deutschland  zu  rechnen^  weil 
die  Mehrzahl  der  Nordost-Schweizer  schwä- 
bischer Abkunft  ist.  Er  gehört  keines- 
wegs ra  den  flachen  Denkern,  die  der 
Schweiz  die  nationale  Einheit  absprechen, 
weil  sie  neben  deutschen  romanische  Volks- 
teile  birgt.  Sehr  richtig  führt  er  gleich 
danach  aus,  daß  die  Schweis  am  Weg 
zum  St.  Gotthard  geboren  ist,  daß  sie  ein 
selbatändiger  „Faßstaat"  wurde,  ein  dem 
Handel  sagetuier  Staat,  sogar  im  grellen 
Gegensatz  zum  vorwiegend  bäuerlichen 
Schwabenland.  Er  betont  ausdrücklich 
auch  die  kulturelle  Abkehr  der  deutschen 
Schweis  von  Deutschland,  der  fransOsi- 
sehen  von  Frankreich.  Von  dem  feinsin- 
nigen Klassiker  der  Schweiz  Konrad  Fer- 
dinand Meyer  sagt  er  paradigmatisch: 
JPraniOsisehe  Oruie  vermfthli  neh  bei 
ihm  mit  deutscher  Gedankentiefe.** 

In  aller  Kürze  sei  nur  noch  hinge- 
wiesen auf  die  S.  170  ff.  gegebene  wich- 
tige Erlftoterong  über  die  aus  dem  Mittel- 
alter herrührenden  „Landstünde"  Öster- 
reichs (Stifte  und  alte  Gmndherrscbaften 
des  Adels)  mit  selbst  heute  noch  bewahrter 
halbeourexftner  innerer  Terwaltung. 

Kirchhof! 

Otteea.  Der  Kreis  Tendern.  Bilder 

aus  der  Erdkunde  und  Geschichte  des 
Kreises.  VIII,  232  S.  m.  Abb.,  1.  K. 
u.  1  Taf.  Tendern,  Matthiesen  1906. 
JC.  8.60. 


Das  Buch  ist  ein  Beitrag  zur  engem 
Heimatkunde  der  Provinz  Schleswig-Hol- 
stein und  verfolgt  den  Zweck,  Heinurtliebe 
zu  wecken  un<l  zu  pflegen.  Zunächst 
werden  die  Bodenverhältnisse  und  die 
wirtschaltlichen  Verhältnisse  betrachtet, 
sodann  die  adligen  Oflter  und  Eaailei- 
gflter,  die  bftnerlichenVerhältuisse,  Kirchen 
und  Kloster,  StAdte  und  Flecken,  vorge- 
schichtliche Altertümer  und  Geschicht- 
liches Tvm  der  ITerwaltong  des  Heises. 
Statistische  Mitteiluii^'en  und  Urkunden 
beschließen  das  Buch.  Wenn  man  das 
Ganze  Oberblickt,  so  muß  man  wohl  den 
Fleiß  des  YerftMaera  in  seinen  Erkmi* 
di^iintren  und  Zusammentragungen  aner- 
kennen, aber  zu  einer  Beherrschung  des 
StolTes  ist  er  nicht  vorgedrungen;  der  Ter- 
f  asser  steht  noch  zu  sehr  im  Stoff  wie  über 
dem  Stot^".  Die  physisch -geographischen 
wie  die  kulturgeograpbischen  Verhältnisse 
sind  mangelhirft  dargestellt.  Die  Literatur 
hfttte  auch  noch  ausf^hrüeliar  herange- 
zogen werden  können:  so  wäre  z.  B.  bei 
den  Wäldern  das  Werk  von  A.  Wagner: 
,J>ie  Hebungen  und  Moore  8dileBwig>- 
Holsteins"  zu  beachten  gewesen.  Vom 
Klima  wird  nichts  berichtet.  DerPflanzen- 
und  Tierwelt  wird  nur  nebenbei  gedacht 
Es  sind  eben  mehr  geschichtliche  wie  gee- 
graphisehe  Bilder.        Max  Bekeri 

Palftstina  bis  sur  Zeit  Christi,  in 

Verbindung  mit  G.  Leipoldt  ge- 
zeichnet von  M.  Kuhnert.  Dresden 
u.  Wien,  Müiler-Frübelhaus  1905.  Un- 
aufgesogen  J(  10.—,  aufgesogen  auf 
Leinwand  mit  st":!  *  n  J(  15.—. 
Diese  neue  Schuiwandkarte  Alt-Palil- 
stinas  ist  bei  dem  ansehnlichen  Maßstab 
von  1 :  IMOOO  1  m  hoch ,  1,S6  m  breit. 
Sie  schließt  sich  inhaltlich  nahe  an  die 
in  Wagner- Debes'   Oeo^fraphischer  .An- 
stalt zu  Leipsig  erschienene  Wandkarte 
Pal&stinas  von  Flecher-Outhe.  Inaanberani 
Farbendruck  ausgeführt,  die  Hochland- 
formen in  bräunlicher  Schummerung,  die 
Niederungen  in  grünlichen  Nuancen,  die 
in  der  Senke  des  Bor  (Ghor)  in  gesättigtes 
Saftgrün  übergehen,  das  Meer  lichtMau, 
die  Flüsse  und  Seen  dunkelblau,  die 
Stadtpunkte  grellrot,  besitct  die  Karte  ge- 
nügende Femwirkung  und  macht  einen 
markigen,  plastischen  Eindruck.  Freilich 
wird  letzterer  hauptsächlich  durch  die  so- 
genannte Bchrlge  Beleuchtung  hervor^ 


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Ö37 


gerufen,  die  von  Westen  her  kommcud 
gedacht  iet.  Deshalli  wird  der  Lf>!irer 
seine  Schüler  beim  Gebraucli  der  Kurte 
TOT  Hiflrentftndiiinen  hinriebtUeli  dieser 
Lidii-  lind  Schattenseiten  des  Reliefs  zn 
warnen  hiibt  n,  nampntlich  davor,  daß  das 
tiefe  Schattenbrauu  des  Westgehänges  de« 
Ror  gegenQber  der  LiehtfBlle  d«  Hut 
gehaltenen  Ostgehilnges  durchaus  keinen 
Höhenunterschied  swiachen  beiden  be- 
deuten soll. 

Bei  DantoUimg  der  NttarreiliUtmaM 

PaläätinaR  vor  zwei  niid  mehr  Jahr- 
tausenden hätte  nicht  verabsäumt  werden 
sollen,  der  Gestalt  dee  enten  der  beiden 
Dnndtflußseen  des  Jocdans  Ar  so  ent- 
legene Zeit  Rechnung  zu  trag^en.  liier 
aber  ist  einfach  die  durch  Zuschüttuug 
Mitena  des  Jordans  ganz  verkümmerte  Ge- 
stalt des  Haleeees  von  heute  zur  An- 
schauung gebracht,  ohwulil  wir  durch 
Josephus  genau  wissen,  duU  der  von  den 
Grieehen  Samaehonitis  genannte  See  im 
ersten  Jahrhundert  unserer  Zeitrechnung 
reichlich  doppelt  so  lanj?  als  breit  war. 
Mindestens  sollten  die  weiten  tafelglatten, 
gana  voll  Pbpymsschilf  stehenden  Moräste, 
die  jetzt  Ard  el  Hule  heißen,  kräftig  aus- 
geprägt sein,  da  sie  zusammen  mit  dem 
heutigen  Seerest  nngef&hr  den  Umfang 
des  alten  Samaehonitis  vergegenwärtigen 
niGpcn;  sie  s-irul  aber  seltsamer  Weise 
ganz  weggelasiien.  Als  Name  des  Sees 
ist  anfler  dem  modernen  (Hnle-See,  eigent- 
lich Baehrat  el  Hule)  in  kleinerer  Schrift 
vnd  mit  Fragezeichen  aufgeführt  ,, Wasser 
Metom'*.  Es  kann  aber  nicht  oft  genug 
wiederholt  werden,  daB  dieser  Nnne  ganz 
apokryph  ist.  Er  findet  sich  im  11.  Ka- 
pitel des  Buches  Josua,  wo  von  einem 
Sieg  der  Israeliten  über  die  verbündeten 
KanaaniterkOnige  b«m  „Wasser  Marom" 
geredet  wird,  von  dessen  Lage  kein  Mensch 
etwas  Sicheres  weiß.  Der  Theologenschluß 
lautete  nun:  Weil  soüst  in  der  ganzen 
Bibel  der  erste  Durcbflufisee  des  Jordans 
gar  nicht  vorkäme,  so  muß  er  in  diesem 
„Wasser  Merom"  gemeint  sein.  Mit  sei- 
dier  Logik  wollen  wir  Wissenschaft  vnd 
Bchule  doch  lieber  verschonen! 

Kiri  Kart'iii  um  Hand  der  Hauptkarte 
gibt  noch  einen  Flau  des  alten  Jerusalem 
im  MaBstab  Ton  1 :  «000.  Kirehhoff. 

Baedeker,   K.     Ägypten    und  der 
Sudan.   Ü.  Aufl.   419  S.   iti  K.  u. 


Pläne,  69  Grundrisse  u.  57  Vignetten. 
Leipzig,  Baedeker  ItiOß     ,V  1.*».—. 

Die  rasch  auf  einander  folgenden  Auf- 
lagen sind  ein  sprechendes  Symptom  fBr 
den  immer  zahlreicher  werdenden  Beeuch 
der  Pharaonenlande  Daß  Baedekers 
Reiseführer  nach  der  touristischen  und 
knnstgesehichtlichen  Seite  onttbertrofTen 
sind,  bedarf  keiner  Betonung. 

Dagegen  ist  die  Naturgeschichte  Agj'p- 
tens etwas sUeiinütterlich  bebandelt.  Neben 
der  ansgeaeiehneten  Scbildenmg  der  Be- 
wohner und  ihrer  Sitten  vermissen  wir 
besonders  eine  geographische  und  klim»- 
tische  Charakteristik  der  Wüste,  welche 
die  Gesehieke  des  Landes  seit  Jahr- 
tausenden so  nachhaltig  beeinflußt  hat. 
Die  Trockentäler,  Kiesebenen,  windbe- 
aibeiteten  Felsen,  zersprungenen  Kiesel 
und  braunen  Rinden  verdienten  eine  korse 
HeH]irechung.  Statt  dessen  lesen  wir  die 
Hypothese,  daß  die  Oase  Farafrah  und 
die  Inselberge  „ausgewasehen**  seien,  nnd 
auch  der  hypothetische  „Umil**  mit  seinen 
„Deltathermen'*  diirfte  den  Widersj)ruch 
mancher  Geologen  erregen.  Eine  Analyse 
des  Nilsehlammeo  nnterscheidet: 

G3%  Wasser  und  Sand, 

18%  kohleus.  Kalk, 
97o  Quarz,  Kiesel,  Feldspat  usw. 

Es  w&re  intoessant  zu  erfahren,  wel« 
che  chemischen  oder  mineralogischen 
Unterschiede  der  geologische  Berater  der 
Redaktion  mit  den  Worten  „Saad^ 
„Quarz**  und  „Kieael**  hat  hororheben 
wollen. 

Auch  eine  biologische  Darstellung  der 
Wüstenflora  wire  dringend  an  wünschen. 

Während  ein  „Grab  mit  unbedeutenden 
Wandmalereien"  oder  „einige  trogartige 
Vertiefungen  ohne  Inschriften"  docix  nur 
den  Faeharehftologen  interessieren  kOnnen, 
erwecken  die  erwähnten  naturwissenschaft- 
lichen Tatsachen  bei  jedem  gebildeten 
Reisenden  lebhaftes  Interesse  und  es  wäre 
daher  dringend  sa  wünschen,  daß  eine 
künftige  -\uflage  besonders  nach  dieser 
Seite  revidiert  und  ergänzt  werden  möchte. 

J.  Walther. 

'  Sapper,  Karl.  L  her  (iebirgsbau  und 
Boden  des  sfldlichen  Mittel- 
»merika.  (P.  M.  Erg.-H.  151.)  82  8. 
2  K  n  2  Profiltat  Gotha,  J.  Perthea 

VJOä.    .(t  8.—. 
In  der  ersten  HUfle  dieser  MonO" 


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538 


Uücherbesprecbuogeu. 


gnphie  gibt  Viurf.  eine  Schilderung  der 
geologischen  Boolmohtungeu  auf  29  W'eg- 
atrecken  mit  einer  CJuaamtlänge  von  über 
6000  km,  giOfileiiteil«  Mlbit  gwwonnea,  1 
»um  kloiueren  Teil  nach  Berichten  von 
Mierisch,  Uayes,  Pittior,  Gabb, 
Hershey,  Bertrand  und  Zfircher  er- 
^nxi  Auf  Grund  dieser  Profile,  welche 
auf  Taf.  3  u.  4  darij'-sti  llt  >inci,  war  der 
Entwurf  geologischer  karteu  möglich,  wie 
sie  Taf.  1  u.  t  vom  lüdlieheii  M ittebunerika 
(Golf  von  Pontec«  bis Fanunft  1 ;  1,760000) 
und  Honduras  1  :  1,000  000.  l>rin>»en,  wo- 
bei allerdings  die  mangelhal'ton  und  nur 
iBag«  den  projektierten  Kauütracen  (Ni- 
earagua,  Panama)  cuverlilLaBigeren  topo- 
prraiihischcn  G  rundlagen  gawiMoScbwierig- 
liciten  Loten. 

An  dem  Aufbau  des  behandelten  Oe- 
bieieEt  beteilifron  sich  Sodimentgeateine 
der  azoischen  Formation  (Gneise,  nament- 
lich aber  Glimmerschiefer  und  Phjllite), 
der  Kreide,  de«  TertiAn  und  Quartftn. 
Palilozoische  Hiltlunpcn  siti«!  bis  j'-t/t 
mit  Sicherheit  nicht  nachgewiet^en,  obwohl 
ea  wahnoheinlieh  iat,  daB  ausgedehnte 
Compleze  von  Kalksteinen,  Tonschiefem. 
Quarziten  u.  a.,  welche  von  Mieriscli  im 
nordöstlichen  I^iicaragua  und  von  Sapper 
im  afidliehen  Hondnfaa  beobachtet  wmden, 
dieser  Epoche  nn^eliuren.  A\ä  (ebenfalls 
noch  Bweifelhaftcj  liepräHcutantfn  der 
Trias  sind  mit  Vorbehalt  die  von  Frits:- 
gaztner  als  „Tegueigalpäformation'*  be- 
seichneten  Mergel,  Tone,  Schiefer,  Sand- 
steine, ConRloraerato  und  Kalke  angeführt, 
welche  im  zentralen  und  8Üdü»tlicheu 
Honduras  auftreten,  sowie  fthnliche  Ab- 
lagerungen, ilic  MicriHch  im  nördlicht'M 
Nicaragua  gefunden  bat.  Auch  das  Vor- 
kommen von  Jurakalk  ist  voriftufig  noch 
problematisch.  Die  untere  Kreide  (Neocom) 
In'lileu  .-\(]niva]i-ntc  der  zuerst  aun  Guate- 
mala geschilderten  „Metapouschichten"; 
die  obere  Kreide  reprilMutieren  Petrefisk- 
ten-  —  namentlich  an  Hchiniden  reiche 
Kalksteine,  die  in  Honduras  und  in  Co- 
starica in  ansehnlicher  Mächtigkeit  ent- 
wickelt sind.  Vom  Alttertiftr  sind  oligocftne 
Tone  und  Sandsteine  in  Panama,  Costiirica 
und  im  südlichen  Nicaragua  weitverbreitet; 
marines  Miocün  ist  bis  jetzt  nur  aus  Pa- 
nama bekannt,  Plioehi  aus  Costarica  und 
Honduras  Diluvial-  unA  .Vünvialsodi- 
mente,  schwer  von  einander  trennbar, 
tretoi  in  grOftter  Mannigfaltigkeit  und  von 


^ehr  verschiedener  Genesis  im  ganzen 
Mittelamerika  auf,  vielfach  vermischt  mit 
vulkanischen  Produkten,  erstere  gelegent- 
llieh  auch  Hastodonteniesto  beigend.  — 
Von  Eruptivgesteinen  ist  vor  allem  Granit 
«.in  Honduras,  Nicaragua  und  Coxtarica) 
wichtig,  sodann  Quarzdiorit  und  normale 
Diorite ;  untergeordnet  treten  8yenit,G  abbro 
und  Serpentin  auf:  die  im  nordrstlichen 
Nicaragua  verbreiteten  Diabase  sind  als 
Trüger  von  Erzgängen  von  IntcflMa.  Un- 
gemein mannigfaltig  sind  die  jttngenn 
Kruptiven  Kffueiv^estcine: ;  von  den 
kieselsäurereicheu  ijuarzporphjren  und 
Rhyolithen  bis  m  den  basiiMshen  Andestten 
und  Basalten  sind  fast  alle  Tvpen  ver- 
treten Als  jflnpffte  Produkti'  der  z.  T. 
tiitigen  Vulkane  sind  Piroxen-  und  Am- 
phibolandesite  ra  erwUmen.  (Nlheres 
hierüber  enthält  die  I>iss(  rtation  von  A. 
von  Napolski:  Heitrag  zur  Kenntnis 
der  Gesteine  der  Bepublik  Honduras. 
Leipzig  1U04.) 

Im  Gelnrgsbau  zeigt  sich  ein  hüchst 
bemerkenswerter  Gegensati  zwischen  d«r 
nördlichen  und  dar  sfldlidien  HUfte  des 
Gebietes,  d.  h.  iwischeu  Honduras  and 
Nord  -  Nicaragua  einerseita,  Costarica  — 
Panama  andererseits;  in  der  Zwischen- 
sone  haben  jungeruptire  Hassen  da« Grund- 
gebirge so  sehr  verhüllt,  daß  nur  un- 
genügende Einblicke  in  dies  möglich 
sind.  In  Honduras  erscheinen  die  archa- 
ischen Oebirgssflge  als  Fortsetsong  der 
guatemaltekischen  im  allgemeinen  in  o.st- 
westlichem  Streichen,  mit  Abweichung  im 
W  nach  NW,  im  O  nach  NO.  Zu  beiden 
Seiten  der  tiefiNi  Oeltodeeinsankimg, 
welclio  Honduras  in  NS- Richtung  (von 
Puerto  Cortez  bis  zum  Golf  von  Funseca) 
durchzieht  und  ^löglicherwei8e  durch  eine 
(luer^iestellte  Synklinale,  vielleicht  auch 
durch  einen  (irabenbnich  bedingt  ist. 
läßt  sich  auch  nord  •  südliches  Streichen 
wahmelimen.  Als  ein  durchaus  selbstta- 
diger  Gebiigsbogen,  von  gleicher  Haapt- 
richtung  zwar,  aber  anderem  Krümmungs- 
radius, stellt  sich  das  Gebiet  von  Costa- 
rica und  Panama  dar,  in  dem  eine  aus 
granitifichen  Eruptivmassen  bestehende 
Zentralkette  großenteils  von  jüngeren 
Eruptivgesteinen  verhiiüt  und  beiderseits 
von  tertiftren,  im  8  andi  crataoeiaehen 
Sedimenten  l  egloitet  wird.  Zur  nähe- 
ren Charakteristik  dieses  Gebietes  ge- 
nügen indessen  die  bis  jetzt  spftrlichen 


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539 


Beobachtungen  noch  nicht.  Über  die  Be- 
tiehangen  der  Vulkane  Xicara^as  zur 
Tektonik  des  Laude»  spricht  sich  Verf. 
Bielifc  Bin,  da  hier  die  «tarice  Bedeckung 

dei  Grondgebirga  mit  jungvulkaiiiachen 
Massen  olVenbar  keine  mafigebenden  Be- 
obachtungen zuläßt. 

Das  Sehlliftkapitel  ist  den  Bodenarten 

gewidmet.  Eine  auf  Taf.  1  beigefügte 
„Skizze  der  Bodenarten  des  südl.  Mittel- 
amerika"  im  Maßstab  1 : 4  000  OUO  gibt 
<dn  migef  fthrea  Bild  von  der  Verteilung 
dSTTOn  Sapper  und  Hayc«  unterschiedenen 
Bodenarten,  von  welchen  den  weitaus 
größten  Äuteil  die  durch  tiefgründige  Ver- 
witterung entstandenen,  meist  rot  ge- 
färbten Eluvialhnden  der  feuchten  Urwald- 
gebiete auf  der  atlantischea  Seite,  sodaun 
die  wesentlich  eeichteren  derniederschlags- 
irmewP,  höheren  Gebirgsgegenden  auf- 
weisen. Auf  die  Westseite  beschränkt 
sind  die  vulkanischen  Aufachiittungaböden, 
anf  die  Fhi6tBler  die  fluvialen,  auf  die 
Meeresküsten  die  marinen  Aufschüttungs- 
und Maugroveböden ;  in  den  Torrainmuldon 
finden  sich  die  zeitweise  sumpfigen  Jicarales, 
welche  im  allgemeinen  sterile,  tonige 
Zusammenschwemmuugsprodukte  der  Kln- 
Tialbildungen  darstellen.       H.  Lenk. 

QMMly  EiBllio  Angosto.  0»  Mo^qui- 
tog  no  Parn.  (Memoriaü  do  Muaeu 
Goeldi.  Tara  [BrazüJ).  gr.  8**.  164  S. 
lU  Fig.  Q.  6  lithogr.  Taf.  Par&, 
Wiegandt  1905. 

Der  vorliegende  Band  der  .\rlieiten 
aus  dem  naturhistorischen  und  ethno- 
graphischen Hnsenm  in  Flar&  umfiifit 
systematisch  zoologische  üntersucluingen 
über  die  in  Parä  vorkommenden  Stecb- 
mflcken,  die  dem  Menschen  gefährlich 
werden  können,  nnd  gibt  ein  geoanei  Bild 
der  morphologischen  und  biologischen 
Eigrentümlichkeiten  jener  Mosfjuitos.  Die 
Arbeiten  gewinnen  dadurch  an  Interesse, 
daft  sie  in  erster  Linie  die  Siegomyia 
f asciata ,  den  Übertrager  de.s  gel- 
ben Fiebers,  welches  bekanntlich  am 
Amazonenstrom  und  an  einigen  anderen 
Pl&tzen  der  Ostkfiste  von  Südaro  erika  en- 
demisch auftritt,  behandeln  Besfinden-r 
Wert  ist  weiter  auf  die  der  Ütegomyia 
fateiata  Uinliehen  Stechmücken  und  deren 
Unterscheidungsmerkmale  gdegt,  so  daß 
an  der  Hand  ib-r  /.alilreichen  zum  Teil  in 
farbigem  Druck  ausgeführten  Abbildungen 


auch  für  den  Nichtzoologen  ein  wichtiges 
Hilfsmittel  zur  Krkennuu^'  der  Krankbeits- 
überträger  vorliegt.  Das  Buch  bildet  jeden- 
falls fflir  dieee  Spenalwissenscbaft  eine 

der  wichtigsten  Hilfsquellen  und  muß  bei 
allen  Tropenreisenden  die  günstigMte  Auf- 
nahme finden.  R.  U.  Neumaun. 

Küchler,  Carl.    Unter  der  Mitter- 
nachtssonne durch  die  Vulkan- 
und    Gletscherwelt  Islands. 
174  S.   Viele  Abb.  u.  1  K.  Leiprag« 
Abel  \'  Müller  190G.  4.—. 
Immer  mehr  gewinnt  Island  in  den 
letzten  Jahren  das  Interesse  der  deut- 
schen Reisenden.     Das  zeigen  die  in 
raKcber    Folge    erscheinenden  lleisebe- 
Bchreibungen.   Im  Jahre  1900  vezöffent* 
lichte  icii  mein  Bncb  „Ein  Sommer  anf 

Island"  über  meinen  Aufenthalt  TOm 
Jahre  ISUT,  es  fol<,He  von  E.  Zugmayer 
„Eine  Heise  durch  Island  im  Jahre  1902" 
(Wien  1908)  nnd  jetit  naeh  Yerianf  von 
'.i  Jahren  liegt  der  Reisebericht  Kü cli  1  e r s 
vor.  Man  könnte  meinen,  es  sei  dies  des 
guten  etwas  zu  viel.  Aber  die  drei  Be- 
richte ergftnsen  sich  in  Tieler  Hinaielit. 
Es  tiind  die  durchreisten  Gegenden  nicht 
Überall  die  gleichen  gewesen.  Natürlich, 
die  am  leichtesten  vom  Reykjavik  aus 
zu  erreichenden  Gegenden,  wieThingrellir, 
die  (ieysir-  und  Heklalandschaft  finden 
sich  bei  allen  dreien  beschrieben.  Aber 
wfthrend  Kliehler  das  Kordland  gar 
nicht  besncht  hat,  bat  er  den  höehet 
interessanten  und  durch  die  Durchquerung 
i  zahlreicher  reißender  Ströme  schwierigen, 
(ja  «tellenweiseo  geflUirtiehen  Ritt  dnzehs 
Siidland  zum  Fuß  des  ungeheuren  Vatna- 
jcikuU  gemaeht,  wohl  des  grüßten  Glet- 
schers der  Welt,  Zugmayer  und  seine 
Freunde  den  Weg  dnreh  die  gefSiehtete 
Wüste  des  Sprengisandr  zurückgelegt 
haben,  führte  mich  meine  Reise  durch 
Teile  des  Westlandes  zum  Nordland  hin, 
di«  jene  nicht  beraist  haben.  Als  einer 
der  besten  Kenner  und  als  eifriger  Ver- 
breiter der  neuisländischen  Literatur  war 
Kfichler  in  vorzüglichem  Ifafie  fttr  eein 
Vorhaben  ausgerüstet.  Man  wird  seine, 
mancbmal  vielleicht  zu  enthusiastischen 
Schilderungen  von  Land  und  Leuten  mit 
Interesse  lesen,  nnd  war  aneh  lein  Aof- 
enthalt  auf  der  Insel  etwas  kon,  nur 
6  Wochen,  so  hat  er  doeh  in  dieser  Zeit 
viel  gesehen  und  gut  beobachtet. 


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540 


Bücher  besprechungen. 


Erwähnt  sei,  daß  K.  auch  die  be- 
rühmten Hohlen  Siirtühellir  im  \\  <  -tlaiid 
besucht  hat  und  von  Uurt  auch  eine  Thoto- 
graphie  —  wohl  die  ente  —  wiedergibt, 
wft^rend  die  AnfnAhmen  ZngmAjers 
and  seiner  Gefährten  durch  einen  un- 
glücklichen Zufall  vernichtet  wurden- 
Zablzeiebe  gute,  meist  tob  K.  «nfgenooi- 
niene  Photofji-nphirn  rohen  ein  anschau- 
liche» Hild  der  merkwürdigen  isländischen 
Landschaft.  Auf  der  boigegebeneu  Karte 
h&tte  K.  zwt  Erleiehtmuig  für  dea  Leser 
«einen  Heiseweg  einzeichnen  sollen.  Daß 
K.  n^ben  der  Schilderung  der  Landschaft 
nod  der  BeiseftbeDtener  aneh  allerlei 
l^ickhlioke  in  die  Vergangenheit  des 
Landet*  wirft  und  Schildorvingen  des 
gegenwärtigen  kulturellen  Zustaudes  uud 
geintigen  Lebens  gibt,  die  UAii  mit  Nntaen 
lesen  wird,  erscheint  selbstrerstftndlich. 
Einige  Irrtilnier  peien  hier  zum  Schluß 
noch  berichtigt,  von  denen  der  erste  ziem- 
lich schwer  ist:  daB  K.  8.  44  Saemiind 
den  weisen ,  den  gelehrten  Priester  des 
11.  Jahrhunderts,  zum  ..Kddaschreiber" 
macht,  also  den  alten  in  der  isländischen 
Renaissance  aufgekommenen,  von  der 
Wissenschaft  iHngst  abgetanen  Irrtum 
immer  noch  glaubt,  ist  höchst  verwunder- 
lich. Femer  Ist  ^e  Behauptung  8.  149 
nicht  richtig,  daß  auf  Island  niemal»  Ge- 
treide reift.  Recht  hat  K.  darin,  daß 
heate  kein  Uetreide  mehr  gebaut  värd, 
das  hat  aber  seinen  Grand  in  dem  üm- 
Ntand,  daA  der  netreldflbaa  zu  wenig 
lohnend  ist,  und  daß  es  sich  heut,  bei 
den  Terbesserteu  Verkehrsverbältnisseu 
gewinnbringender  seigt,  solches  einsu- 
führen.  Aber  schon  die  ersten  Ansiedler 
haben  (  Jctreide  gebaut,  und  dies  ist  auch 
zuweilen,  wenn  auch  freilich  nicht  immer, 
reif  geworden.  Dae  bezeugt  e.  B.  die  ja 
auch  K  bekannte  und  von  ihm  S  fiTfT. 
erzählte  Geschichte  des  edleu  Gunnarr, 
den  ein  Blick  auf  sein  Land  davon  surück- 
hillt,  ins  Elend  zu  reisen,  und  der  dann 
den  Tod  erleidet  .,Der  gelbe  llapf",  von 
dem  der  Dichter  singt,  das  sind  die  gel- 
ben, also  reifini  Kornfelder,  die  er  sieht. 
Es  werden  auch  in  den  Sagas  eine  An- 
zahl Stellen  als  besonders  gün^itig  für  den 
Getreidebau  angeführt,  vgl.  Weiuhold, 
Altnord.  Leben  8.  85f. 

Auf  8.  128  nimmt  K.  die  alte  Volks- 
meinnng,  daß  sich  der  Gesetzcsfelsen  in 
der  Ebene  zwischen  den  beiden  Spalten 


j  der  Nikul4«argjä  und  der  Flosai^Ä  be»' 
;  fundeu  hal>c,  auf,  während  doch  nach  den 
Forschungen  Kälunds  kaum  ein  Zweifel 
darflber  sein  kann,  daS  er  auf  der  SpitN 
der  0itliehen  Wand  der  Alnannafgi  ge- 
logen war. 

Von  Rnsderteu  altisläudischer  Sagas 
in  spfeehen  (S.  t%i)  ist  doch  wohl  ftbei^ 
trieben.  Nimmt  man  das  ganze  alt- 
iHländische  ischrifttum,  zählt  auch  die 
kleineu  Erzählungen  und  die  romantische 
und  xeligiflee  ObersetaangsUteratur  mit, 
wird  man  auf  höchstens  *200  Sagas  kommen. 

Im  übrigen  kann  das  Buch  denen,  die 
sich  f8r  Island  interesaieren,  in  erster 
Linie  den  Islandveiiaiden,  bestens  emp- 
fohlen werden.  B.  Kahle. 

Phjsik.-pol  it.  Schul  Wandkarte  von 
Europa,  in  Verb,  mit  G.  Leipoldt 
gezeichnet  von  M.  Kuhnert  MaA- 
stab  1:8000000.  Dresden,  HlÜler. 
Frübelhaus  1906.  Unaufgez.  .«  16.—, 
aufgez.  auf  Luwd.  m.  Stftbeu  ^tC  22.—. 
Die  CielftndeTerhtlhiiiae  sind  anf  dieser 
Karte  durch  Schummerung  in  Verbindung 
mit  schiefer  I?eleuchtung  dargestellt  Je 
steiler  die  Hänge  eines  Gebirgszugeii  sind, 
um  so  hellttr  erscheint  die  belenchtete, 
um  so  dunkler  die  unbeleuchtete  Seite. 
Ebenen  sind  um  so  heller  gehalten,  je 
höher  sie  liegen.  Außerdem  ist  das  Tief- 
land doreh  i^en  grflnen  Ton  von  dem  in 
weiß,  grau  und  schwarz  gehaltenen  Hoch- 
land unterschieden.  Ich  kann  mich  mit 
dieser  Art  der  Darstellung  nicht  recht  be- 
freunden. Es  liegt  eine  gewisse  Inkonse- 
(juenz  in  ihr,  indem  durch  hellere  nrn!  dunk- 
lere Töne  in  verschiedenen  Fällen  \  er- 
schiedenea  beseichnet  wird.  Anch  gibt  sie 
vielfach  wenig  schöne  und  vor  allen  Dingen 
häufig  verzerrte  Bilder,  die  in  den  ."Schü- 
lern unrichtige  Anschauungen  hervorrufen 
mflseen.  Troti  mancher  anderer  VoxiSge, 
wohin  ich  z.  B.  die  Sorgfalt  rechne,  mit 
der  auch  die  Meerestiefen  durch  verschie- 
dene Farbabstufungen  zur  Darstellung  ge- 
bracht lind,  kann  loh  die  Karte  nicht 
eondezlich  empfehlen.  ILLangenbeck. 

htifHif    0*     Yerkehrskarte  von 

Mitteleuropa  .Maßstab  1:850000. 
Dresden,  Müllor-Fröbelhaus  1906.  Auf- 
ges.  anf  Lnwd.  m.  Sttben  JL  n.—. 

Die  Karte  ist  wohl  weniger  für  S(  hulen, 
als  für  Ceschiiftiik'ute  bestimmt  und  für 
diese  jedeutalls  sehr  brauchbar.  Sie  ent- 


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Neue  Bücher  und  Karten. 


541 


hftlt  außer  den  politischen  (rron/en  dif  straßen  (schwar^V  Rei  den  Eisenbahnen 
Eiaenbahuen,  die  Dampferliuien  auf  der  sind  durch  verschieden  dicke  Linien 
Nordsee,  dem  ifldweftticheD  Teil  der  Ost-  nnteneliiedeii  die  HaapÜinien  des  Welt- 
lee,  dem  nördlichen  wiriatischen  Meere  Verkehrs,  die  übrigen  Bahnen  mit  Sehnell- 
und  dem  Golf  von  Genua  (rot\  die  Kaii'Ue  Zugverkehr  und  die  ohne  Schnellzugver- 
(blau),  die  Telegrapheulinieu,  weiche  uiciit  ^  kehr.  Die  Größe  der  Städte  ist  durch 
lings  dar  Balmliaieii  TeifauiiBBii  (•ohwars- .  6  venchiedeiie  Signaturen  gekeoiueiohiiet. 
geetrtclielt),  endlich  die  wiohtigeten  Alpen- 1  R.  Langenb eck. 


Neue  Bücher  und  Kurten. 


K»rto|rrftphi«. 
Albrecht,  Th.  u.  B.  Wanach.  Resul- 
tate des  internationalen  Breitendienstcs. 
Bd.  II.  (Zentralbureau  der  intemat.  Erd- 
nessong.  N.F.  d.  Yeröff.  Nr.  18.)  gr.  4^ 
VI  n.  190  S.  S  Tnf.  Berlin,  Georg 
Beinier  1906. 


PritzBche,  Rieh.  Niederschlag,  AbSuß 
und  Verdunstung  auf  den  Landflächen 
der  Erde.  Dia».  Halle  a.  S.  (S.-A.  aus 
d.  „Z.  f.  Gewässerkde.**  Bd.  VII.  H.  6. 
1906.)    54  S.    XI  Tab, 

Die  Vegetation  der  Erde.  V'll:  Diels, 
L.  Die  Pflanzenwelt  von  West-Anstra- 
lien  südlich  des  Wendekreises.  Mit 
einer  Einleitun;^^  üher  die  Pflanzonwt'lt 
Gesamt-AotttraUens  in  Gruudzügeu.  ^Er- 
gebnisse einer  im  Anftnge  der  Hnm- 
boldt-Stiflun-  d  k.  preofl.  Ak.  d.  Wias. 
1900—1902  unternommenen  Reise.)  XII 
u.  413  S.  1  Yegetations-K.  u.  82  Text- 
fig.,  sowie  84  Taf.  nach  Oiiginal-Aof- 
nahmen  von  E.  Pritzel.  Leipzig, 
Kngelmann  1906.  JL  84.—.  (Einzeln 
^fC  3i>.— .). 

AllgeniclBe  Geographie  des  JleatcliCM. 

Chalxkiopoiilos,  L.  Landschafla-, Wirt- 
schafts-, Ge»ell8ehafte-,Kulturtypen.  Geo- 
graphische Skizzen.  X  o.  III  S.  Leip> 
zig,  Teubner  1906. 

Die  Weltwirtsehafi  Bin  Jahr-  ond 
Lesebuch  Hrsg.  von  E.  von  Halle. 
I.  Jahrg.  l'.MK)  2.  Tl  Deutschland.  VI 
XX.  253  S.  Leipzig,  Teubner  1906. 
JC  4.—. 

»MtMlUa«  asi  Vaefctarllaiw. 

Peliz,  W.  Tiefenkarte  der  Muritz.  Hrsg. 
d.  Ver.  d.  Freunde  d.  NEiturgesch.  in 
Mecklenburg.   MaßsUb  1:5U0U0.  lie- 
gleitiroite  von  W.  Pelts  n.  E.  Qei- 


nitz.  -"^.-A  aus:  „Archiv  d.  Fr.  d. 
Naturgesch.  in  Meckl.''  60.  1U06.)  6  ä. 
OMow,  Opits  k  Co. 
Erläuterungen  zur  geologischen 
Spezialkarte  des  Königreichs 
Württemberg.  Hrsg.  v.  k.  württ.  stat. 
L.-A.  Blatt  Frendenetftdt  (Nr.  106)  von 
M.  Schmidt  u.  K.  Rau.  (Das  Gmud- 
gebirge  von  A.  Sauer.)  100  S.  2  Text- 
abb.  u.  1  Profiltaf.  Stuttgart,  Kohl- 
hammer  1906. 

Leuziuger,  R.  Reise-Relief-Karte  von 
Tirol,  Vorarlliorg,  Salzburg,  Oberbayem 
und  den  ungreuzeudeu  Gebieten.  >i'eue 
Ansg.  von  Kflmmerly  Frey.  Maß- 
stab 1  :  500  000.  Bern  u.  Leipzig,  Geogr. 
Karten- Verlag  o  J.  (1906.)    ^fC  4. — . 

Karte  der  Dolomiten  und  des  Süd- 
»bhangs  der  Zentral-Alpen.  1 ;  890  OOO. 

2.  Aufl.  JC  —.90.  —  der  Hohen 
Tauern.  1:250  000.  2.  Aufl.  Mit  Pa- 
uoramen.  I.SO.  — von  Steiermark 
nnd  Krain.  1 ;  446000.  8.Anfl.  JK— .90. 
—  von  Ober-Österreifh  und  dcu  an- 
grenzenden Teilen  des  Bühmerwaldes, 
Bajerns  und  Salzburgs.  1 :  050  000. 
8.  AqU  UK  —.90.  Wien,  Hartleben 
(1906). 

Resultate  der  wissenschaftlichen 
Erforschung  des  Balatonsees. 
(Aneh  in  der  devtschen  Ausgabe  er- 
Mcbeint  jetzt  leider  die  madjarische 
Namensfonn  für  Plattensee!)  Hrsg. 
V.  d.  Balatonsee-Komm.  d.  nng.  Oeogr. 
Ges.  I.  Bd.  Physische  Geogr.  IV.  Tl. 

3.  Sect  Mor.  Staub  f  u.  J.  Ber- 
nätzky:  R^ultate  der  phytophäno- 
logiaohen  Beobachtnngen  in  d«r  Um- 
gebung des  Balatonsees.  46  S.  1  K.  — 
V.  Tl.  2.  u.  3.  Sect.  E.  V.  Cboluoky: 
Die  Farbenerscheinungen  des  Balaton 
sees.  67  S.  84  Fig.  2  Taf   B  Ha 


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542 


Neue  Bücher  and  Karten. 


kttnyi:  Pio  Reflex ionseracbeinon^en  an 
bewegten  Wasserflächen.  81  S.  8  Fig.  — 
II.  Bd.  Die  Biologie.  I.  Tl.  Dio  Fftun». 
Anhang.  86  -f  24  -f  16  S.  84  Abb.  Q. 
2  Taf  -  II.  Tl.  Dio  Flora.  1.  Soct 
Anhang.  11:2  S.  1  Textfig.  u.  17  Tat. 
(1902).  m.  Bd.  SosisI-  Q.  Asthropo- 
gcographie.  I.  Tl.  Archäologie  der 
HaIaton(<ee-rmf7ebung.  1.  Sect.  38  S. 
20  Texttig.  u.  1  Taf.  --  ü.  Tl.  Joh. 
Jank6  f  n.  Will  Semayer:  Ethno- 
graphie der  rmwohner.  499 S.  l.'rtText- 
abb.,  6  Taf.  u.  16  Tab.  —  V.  Tl.  Jul. 
V.  Sziklay:  Bibliographie.  6ö  S.  Wien, 
KommiiaicntsTed.  HOlül  1906. 

OMtM  Birepa. 

Struck,  A.     Makedonitelie  Fahrten. 

I.  Chalkidike.  („Zur  Kumii'  der  Hulknn- 
halbinsel.  Reisen  und  Beobachtungen." 
U.  4.)  Vm  u.  8»  S.  12  Abb.  u.  3  K. 
im  Text  n.  1  Bontenk.  Wien,  Hnct- 

loben  190G.  2.26. 
Stockholm  und  Umgebungen.  Hrsg. 
vom  schwedischen  Touhstenverein.  Aus 
dem  Schwedischen  von  C.  0.  Nordgrea. 
(HandbQcher  d.  schwcd.  Touristenver. 
XIV.)  kl.  8«.  90  S.  i  K.  u.  10  Pläne. 
Stockholm,  WahktrOm  k,  Widstrand 
(Kommiirionereri.)  o.  J.  (1909). 


OMfrrspklirhiT  l'nt^rrlcht. 

Pflts,  W.  f.  Leitfaden  der  Turgleichenden 
ErdbeMslixeglrang  (Erdkunde).  97.  q.  tS., 
völlig  umgearb.  Aufl.  tou  L.  Neumann. 
XII  u  260  S.  lU  Fig.  Freibtug,  Her- 
der 1906.    OL  2—. 

Schlemmer,  K.  Laitfiideii  der  Eidkmde 
für  höhere  Lehrau.stalten.  8.  Aufl.  I.  Tl. 
Lf'hrptotf  f.  Sexta  u.  Quinta.  63  S. 
3  Abb.  —.60.  II.  Tl.  Lehrstoff  f. 
Qnerta,  Terti»  a.  Untenekond».  n. 
290  S  si  Abb.  JC  9.80.  Berlin,  Weid- 
mann 1906. 

Pah  de,  A.  Erdkunde  höhere  Lehr- 
anstalten. S.  Aufl.  m.  TL:  Hittelatnfe, 
2.  Ptü.  k.  V  u.  172  S.  8  Vollbilder  u. 
6  Textabb.   Glogau,  Flemming  1^06. 

Waner,  A.  Bonile  Bcdkonde.  Linder* 
und  Gesellschatlukunfle  fürVuIkss^ohulen, 
Porti iildung89chulen ,  Handelsschulen 
usw.  Heft  I.  Sachsen.  2.  Aufl.  0  Skiz- 
zen,  88  B.,  1  Ortstab  o.  1  K.  Leipzig- 
Dresden- Wien,  Mflller^FrObelhans  1906. 
—.80. 

Schulwandkarte  des  Kanton  Bern. 
Beerb,  unter  Mitwirkung  einer  Komis- 

sion  von  Fachmännern  von  Hermann 
Klimm erly.  Maßatab  1  : 100000.  Bern, 
Geographischer  I^tenverlag  (H.  Küm- 
merly  fr  Frey)  1906. 


Zeitsekriftevselian. 


Petermann»  MitUUungen.  1906.  7.  Heft. 
S a  p  p  e  r:  Beiträge  snr  Kenntnis  von  Palma 
und  Lanzarote.  —  Boeek:  Chewsurien 
und  Tuschetien.  —  Langenbeck:  Die 
Archipele  der  Maldivon  und  Lakkadiven. 
—  Snpan:  Sobnee  ia  der  algerischen 
Sahara.  —  Krebs  und  Sapper:  Über 
einige  Beziebnngen  des  Meeres  imn  Vnl- 
kauiamus. 

Olobfu.'  90.  Bd.  Nr.  8.  Lobmaan: 

Durch  Sopbene  und  KataonieB.  —  Beek: 
Zun  Tafelberg  und  Drakenetein.  — 
Hnndhausen:  Die  Crau.  —  Anker- 
mann: Felsbrunnen  in  Tnm.  —  Der 
Mekong  als  Schiffahrtsweg. 

Da§8,  Nr.  4.  Lohmann:  Durch  So- 
pbene  und  Eataonien.  —  Seidel:  Ka- 
merun im  J.  1906.  —  Lehmann:  Die 
mexikanische  Grünsteinfigur  dos  Mus^e 
Quimet  in  Paris.  —  v.  Bülow:  Die  Be- 
mflhnngen  um  die  Festetellnng  der  Ur- 


heimat der  Poljneeier.  —  Schütte:  Die 
große  StraBe  tou  Indien  naeh  Tibet. 

DasB.  Nr.  6.  Prenß:  Der  Mitotetani 
der  Coraindianer.  —  Henning:  Streif- 
zQgo  in  Wiskonsin.  —  Buchner:  Das 
Hogensohiefien.  —  Krebe:  Taünngefthr 
in  der  deutschen  Sfldsec. 

DaKs.  Nr.  6  Büchner:  Da«  Bogen- 
schießen. —  Henning:  Streifzüge  in 
Wiskonsin.  —  Regel:  Zur  Entwiekelug 
der  ReichipoRtdampferlinien  nach  Ost* 
Asien  und  Australien.  —  Der  Suai-See. 

Deutsche  BuneMiau  für  Geogrofkk 
umi  Statistik.  88.Jhig.  11.  Heft.  Tramp- 
ler: Die  Donau  von  Passau  bis  Linz.  — 
Jüttner:  Forschungen  und  fieisen  im 
J.  1906  in  Aaien  tmd  AmbalieB  oad  Fc4r- 
nesien.  —  Dietrich:  Reiseeindrfleke  «llt 
Belgien  und  Nord-Frankreich. 

Meteorologische Zatschrift  1906.  «.Heft 
Wegenor:  Dae  mefceovologiedie  Rcgelmic 


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Zeitscbriftenschan. 


Ö43 


der  52Rtflndipen  Ballonfahrt  5. — 7.  April 
1906.  —  Steiner:  Graphische  Metbode 
nur  Bertinmraiig  der  Imolatioimieiige.  — 
Kaiener:  Normale  Mouatsmittel  der  Tem- 
perfttor  und  dt'§  Niederschlages  für  den 
Brocken.  —  Nordmann  und  Le  Cadet: 
Menongen  de«  Potentialgef  Ulee  und  der 
Ionisation  der  Atmosphäre  während  der 
totalen  Sonnenfinstemig  am  30.  Auf?,  l'.tüö. 
—  Schuster:  Sonnenfleckenperioden. 

Zeittekrift  für  Qmineihwude.  7.  Bd. 
6.  Heft,  üetrecht:  Die  Ablation  der 
Rhone  in  ihrem  WalUser  Einzngigebietc 
im  J.  1904/06. 

Dan.  6.  Heft.  Fritseehe:  Nieder- 
schlag,  Abfluß  und  Verdunstung  auf  den 
Landflächen  der  Erde.  —  Meyer:  Mit- 
teilungen ans  dem  Entwurf  eines  Wasaer- 
gesetaea  fQr  das  Königreich  Sachsen. 

Geographischer  Anzeiger.  190ß.  7.  Heft. 
Oflnther:  Wechselbeziehung  zwischen 
Landeehaft  und  Beiiedlein.  —  Hnnd- 
bausen;  Zentrale  für  geographiMhc 
Photographien  —  Geißler:  Der  geogra- 
phische Unterricht  und  die  Nervosität. 

ZeMrifl  ßr  Schulgtographk.  1906. 
11.  Heft.  Ratzels  Kleine  Schriften.  — 
Ricck:  Epitheta  geografica.  —  Hüttl: 
Das  Zeichnen  im  Geographie  -  Unterricht. 

Zeittd^  fSbr  XblMiMM^<<t* 

tmd-ICirfjJCÄ«/?.  1900.  6.  Heft  l=!(  hmidt: 
Wissmanns  Bedeutung  in  derEntdeckungs- 
geechichte  Afrikas.  —  Die  Karolineninsel 
Japb  Stengel:  Zur  Kolonialbank&age. 
-  Kl^Hsel:  Dentiche  Koloniaation  in 
Südamerika. 

DwIUishe  Erde.  1906.  Mr.  8.  Z«mm> 
rieh:  Richard  Andree.  —  Wntte:  Die 
sprachlichen  Verhültnisse  in  Kärnten.  — 
Clement:  Das  Deutschtum  im  Groß- 
henoglnm  Lnzembnrg.  —  Klein:  Dae 
Dentächtum  in  Hongkong.  —  BOckh: 
Die  F^rmittlung  des  Volkstums  der  Ein- 
wanderer in  die  Vereinigten  Staaten. 

Zeit»ehHßdtrOe9eO$dH»ftfiirRrdkuitde 
9U  Ittrlin.  loor..  Nr.  6.  Arldt:  Paral- 
leliamns  der  Inselketten  Ozeauiena.  — 
Kaisner:  Bulgarien.  —  Frobenins: 
Forschungsreise  in  das  Kassai-Gebiet.  — 
Gerland:  Zentralbureau  der  Internatio- 
nalen Seismologiichen  Assoziation. 

im 

Wien.  1906.  Nr.  6  u.  7.  Sensburg: 
Poggio  Bracciolini  und  Nicolo  de  Conti 
in  ihrer  Bedeutong  für  die  Geographie 


Mittrtlttngen  des  k.  k.  Militärgeogra- 
phischen Ittttitutes.  XXV.  Bd.  1906  (1906). 
OfBiieller  Teilt  Leiitnngen  dea  Inatitolea 

im  Jahre  1905  (ftTli£).  —  KichtofSzieller 
Teil:  Frank:  Bericbtigxinfj  zum  Aufsatze: 
fjLandesaufnahme  und  Kartographie".  — 
Die  BeobAohtongen  dea  Flntmeaicra  in 
Ragusa  im  Jahre  1905  (l  Taf).  —  Die 
Fortsetzung  des  I'riizi.-?ionsnivellempnt«, 
ausgeführt  in  den  Jahren  19Uä  und  1904. 

—  T.  Haardt:  Alphabrtiachea  Veraeiclmia 
der  trigonometrischen  Punkte  I.  Ordnung 
dea  österreichisch-ungarischen  Drt'iecks- 
netzes  und  dessen  südlicher  Fortsetzung 
anf  die  BaHranhaibinaeL  —  Inhaltsver- 
zeichnis  der  in  den  Bd  I— XXV  der 
„Mitt."  enthaltenen  wissenuchat  tl.  Aufsfttxe. 

Tmer.  1906.  2.  Heft.  Mflller:  Lea 
plus  anciennes  races  humaine».  —  Holst: 
Lee  mines  ]>rt'hi.Htori(iiioK  de  silex  et  leuni 
e^loiteurs  dans  le  district  de  Tullstorp. 

—  Boa^n;  La  mobOittf  da  pole  nord.  — 
Wik! and:  Lea  lapona  et  les  rennes 
d'Alaska.  —  Rasmnssen:  Conte  est- 
grönlandais  d'un  meurtre.  —  Söderblom: 
L*origina  dea  e^rdmoniea  myatärieaaea. 

Annales  de  Geographie.  1906.  Joillet.  . 
No.  H2.  rhevnHer:  Le  cacao.  —  de 
Martonue:  La  punüplaine  et  les  cOtes 
bietonnaa.  —  Brnnhea  «t  Girardint 
Le.<?  groupes  d'habitatinns  du  Val  d'Anni- 
viers  comme  type  d'etablissemeuts  hu- 
mains.  —  Vidal  de  la  Blache:  Le 
peopla  da  lind«,  d'aiwte  la  aAie  dea 

laeenBcmfnt^ 

La  Geograjphie.  1906.  No.  1.  Mar- 
tin: L*anoien  cafton  de  la  Blacbe  et  lea 

vall^es  mortea  du  Gapen^ais.  —  Privat- 
Deschanel:  Le  prolil^me  de  l'eau  ä 
Coolgardie.  —  Bouvet:  Observations 
aatronomiquea  as^eot^  &  la  COte  dltoira. 

—  Brunhes:  La  m^t^orologie  moderne. 
The  GraifrnphicalJournal.  190<5.  No.  2. 

Nordouskjüld:  Travels  on  the  Boun- 
dariea  of  BoUvia  and  Fem.  —  Oregory: 

:  The  Economic  Geography  and  l)eveloi>- 
ment  of  Australia.  —  Hills:  The  Geo- 
graphy of  International  Frontieia.  — 
Haddon:  A  Plea  for  the  Inveatigation 
of  Biological  and  Anthropological  Distri- 
bution! in  Melanesia.  —  Notes  to  Maun- 
aella Map  of  Eaatem  Tnrkey  in  Ada.  — 
The  Surrey  of  India.  —  Recent  Researeh 

'  on  Lake  Chad.  —  Earthquake  Origins. 

I  The  Scottisli  Geograjphical  Magazine. 
190«.  No.  8.  Oaikie:  Fiom  tlie  lee  Age 


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544 


ZAitBchriftonichaa. 


to  the  FMsent.  —  Murray  iuul  Pullar: 
Bathymetrical  Surrey  in  ScoUand.  — 
Preliminazy  Report  of  the  Sao  Fraoebeo 
Baitbquake  Commission.  —  Dixon:  Con- 

cemiiiu'  tlx'  Grcat  Califoniiun  Di8a8t«?r.  — 
Morl:  The  Southern  UighlauUs  from 
Gonrook. 

Cim$.  perrnan.  inUrHnt.  p.  VtxpUnr»  de 
la  mer.  liuV.  trimrstrirl  rrs.  nrffuis 
peml.  ks  croisierea  period.  et  dans  Us 
pModea  iiiiermidHure$.  Ann^elSOft — 1906. 
No.  2:  Okt. -Dez.  1905.    0  K  .  n  Taf.) 

Dom.     Publicatifms  dt  circonstano- 
No.  13*.  Juin  1900.  Die  Ostfleefischerei  in 
ihier  jeteig«a  Lage  (3.  Tl.).   IT.  Sand- 
man:    Übersicht  über  die  Seefischerei 
Finnlands  ^lü  Taf.). 

Th«  Katiofiai  Ckographic  Magazine. 
1906.  No.  7.  Shiraa:  Photograpbing 
Wild  Game  witb  Flasblight  an.l  ('amera. 

Dow.  No.  8.  Pepper:  South  America 
60  Tean  henee.  —  Bailey;  New  Pem- 
vian  Kottte  to  the  Piain  of  the  Amazon. 
Pepper:  From  Panama  to  Patagonia. — 
Cattell:  The  Fertile  Pampas  of  Argen- 
tina  —  Wright:  The  Fall«  of  Ignaxu.  — 
The  Gypsy  Moth.  —  Hoilprin:  The 
Shattered  ObeÜKk  of  Mount  Pel^e. 

The  Journal  of  Geograph y.  1906.  No.6. 
Eqnipment  for  Geography  Teaching.  — 
Kpyps:  Physiograiiby  of  New  Mexico. — 
Finch:  Destructive  Famiing.  —  Farn- 
ham;  The  Oswego  Geography  Coqtm. 

Bulletin  of  the  AmertMn  Geographical 
Society.  1906.  Bell:  A  Physiographic 
Section  throngh  the  Middle  Island  of  New 
Zealaad.  —  Merrill:  Map«  of  Meiieo.  — 
Smith:  Receut  Arcbaeological  Diaeo?eriee 
in  Noith-Westem  America.  —  The  Emp- 
tion  of  \  tisuTiu8.  —  ChangeB  on  the 
Eaxthe  Surfoee. 

U.  S.  Geological  Survey.  Walcott: 
XXVI.  Ann.  liep.  of  the  IHrector  to  tlie 
Secretary  of  the  Interior  1004—5  (-26  Taf., 
1  Fig.). 

U.  S.  Geol.  Surrey.  Day  n.  A.:  3/»- 
neral  liewurces  of  the  U.  S.  Cal.  Year  1904 
(2  Taf.). 

ü.  8.  0€ol.  8urw^.  BnUeHm.  No.966. 


Fennemann:  Hoology  of  the  Boulder 
disirict,  Colorado  (6  Taf.,  11  Fig.)  — 
No.  969.  Pratt:  Corandmn  in  üie  ü.  B. 
(18  Taf.,  26  Fig.).  —  No.  272.  Dali: 
Taconic  Phyaiography  (14  Taf  ,  3  Fig  ).  — 
No.  27S.  Alden:  The  Drumliiis  of  the 
SoQtbeaitem  WitooDdn  (Prel.  Paper) 
i9  Taf,  H  Fig.).  —  No.  974.  Gannett, 
H  :  Dictionaxy  of  Altiitidei  in  the  U.  S. 
(4.  ed.). 

U.  8.  Otof.  Sunttf.  Jhrofetghnal  Pia- 

pers.  No  l.H  I.inilgren:  Copper Dcposit-s 
of  the  Clifion-Morenci  District,  Arizona 
ßü  Taf.,  19  Fig.)  —  No.  44.  Veatol 
n.  A.:  Underground  Water  Resources  of 
Long  Island,  New  York  ;m  Taf.  71  JMg.). 
—  No.  48.  Rep.  of  the  Operations  of  Üie 
Coal-Teifcing  Plant  of  the  ü.  8.  Geol. 
Survey  at  the  Louisiana  Purchase  Expo- 
sition, St.  Louis,  Mo.,  1904,  3  Teile 
(16  Taf.  u.  136  Fig  I  —  No.  49.  Ash- 
ley  Q.  Glenn:  Geology  and  Wneral  Be- 
source«  of  part  of  the  Cumberland  Gap 
Goal  Field,  Eentaoky  (40  Taf.,  16  Fig.). 

km  Terschiedcnen  Zeiteekrifteu. 

Hahn,  Ed.:  Die  primitive  Landwirtschaft. 
Z.  f.  Soztalwiss.  IX.  Bd.  2.  3.  4.  5.  H. 
1906. 

Kendo:  Ht^triit."'  /u  einer  moq)hologi- 
schen  Uliederong  Zentral  -  Asiens. 
S6.  Jahreaber.  d.  h.  k.  Staats- Beahehuk 
im  III.  Bez.  (Luittistv.)  lu  Wien.  1906. 

Koken:  Das  Diluvium  im  Gebiete  der 
äultrange  (nordwestl.  Indien)  (4  Fig.).  — 
Kreide  nnd  Jnxa  in  der  Saltrauge 
(8  Fig).  Zentralhl.  f  Mineral.,  Geok 
M.  Palänntol.  l'.uy.i.  S.  4:13—444. 

Ders.:  Fasettengeachiebe.  Ebda.  S.  625 
—S28. 

Lenk:  Die  geologiachon  VcrbältniBse  der 
Umgebung  von  Erlangen  mit  Bezug  auf 
die  städtische  Wasserversorgung  (1  Taf.). 
Fettachr.  f.  J.  Bosenthal.  1906. 

Richter,  Ed.  t:  Prlilo/i  Zem^opisu 
Bosne  i  Hercegoviue  (20  Fig.).  Oku- 
nüa  Ztmaljskog  Muzya  u  Bottti  i 
Bemgavim.  XYIL  190Ö.  (8.m—4U0 


Tmatwwtlkhsr  BsnMUtsbsr:  Prot  Dr.  Alfrsd  Betlaer  ta  Hstdslbwf. 


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Geogi-aphische  Zeiisclirift.    Xil.  1900. 


EriODi;: 


Palma:  Wiek  vom  Piro  de  Verigoyo  auf  dio  CaldcrR  utid  den 
Gebir<;äkamiu  „LOf>  Kaiicoue«". 


BliröUer  in 


rerl 


ivvohncr 


jbsknptions- 


Lanzarote:  Blick  von  der  Montana  de  Fuepo  aus  auf  die  17:(" 
entstandene  westliche  Viilkanreihe. 


544 


to  tbe  Frese 
Bathymetrit 
Preliminary 
Earthqaake 
cerning  the 
Mort:  Th. 
Gourock. 

Cons.  pe 
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No.  2:  Okt 

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No.  13'.  Jui 
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190G,  No. 
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tion  of  V 
Earths  Snj 
U.  S.  i 
XXVI.  Ä'. 
Secrttary  i 
1  Fig.). 

U.  S.  < 
neral  Reso 
(2  Taf.), 
ü.  S.  ( 


lim  Vordergrund  der  Hof  Tenera. 


I;  Jannbro  und  Salinen. 

■ 

I 


j  Google 


Verlaj^'  von  B.  G.  Teubner  in  \.r\])ii^ 


ALLGEMEINE  KARTENKUNDE. 

EIN  ABRISS  IHRF.R  GESCHICHTE  UND  THRER  METHODEN. 

Von  Dk.  H.  ZONDERVAN. 

Mil  32  Figuren  im  Text  und  auf  5  Tafeln.    [X  u.  210  S.]    8.    1900.    geh.  ^k.  4.60. 

In  Leinwand  geb.  ^(C  5 . 20. 

I>.ti  Wi'rk  bit<tr>t  tum  enlca  M;»ir  pin«  voUstSntlig)«  kurrK<*fiiOle  ClberiiL-ht  Uber  das  ursanite  G«bi«t 

1,  unter        .  •  -   i;       •  1,,.^  uffi/ielica  Ki»rt«:nwctko,  «Ii« 

••,   dii*    I  .   die  Situatidn»-   und  Terrain - 

■  in ,  Uli    ; .  '  ■       '       .    '  It. 

»ich  r.>  'mg,  ihren 


l. 

leiLliii'.jui. ,  'liv 
So  Brc 
Wert   ■  l'cui-LiiiUj; 


ilcr  die  Karte  oft  \i>rwantJct,  t-iu  unontbchrlichtrs  Hilfsmittel  lein. 


Verlajjf  von  B.  G.  Teubner  in  Lfi^j/itf. 


DER  KARTENENTWURFSLEHRE 

■  l'ÜR  STUDIERENDE  DER  ERDKUNDE  UND  DEREN  LEHRER 
P  HEAR15.  VON  Professor  Dr.  KARL  2ÖPPRITZ. 

IN  ZWFITEK,  XELBEARBEITETER  UND  KRWEII  ERTER  ATI  I  .\<;F 
ilERAüSGEGEHEN  VON  Dr.  ALOIS  BLUDAU. 
l,  Teil;  Die  Projeklionslelire.    Mil  JOO  Figuren  im  Text  und  zahlreichen  'l;il>tllt.n. 
(X  u.  178  S.]    j-r.  8.    1899.    geh.  ^K.  4.80,  geb.  5.80. 
IL  Teil:  [nnfjefahr  6  Rogen |  ungefähr  .(6  2.80.    |In  Voibcreihing.] 


Inhalt  dot  I. 


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Stroi'kcr  ^  Schrödpr 


Uieaor    Nmiimi.T    Iwgt    »'in    l'n>!<pekt    der  VerluL 
Sliittiritrt  l>ei,  l'etn'tf»-'n'l  dur»  üot'bon  bei  'Ii«  • 

Hawaii,  Ostmiltponesien  und  Samoa. 

M(  ine  zweite  Südseerelsc  (1897    1899)  zum  Studium  dt  r  Atolle  und  ihrop  Bewohner 
von  Professor  Dr.  Augustin  Krämer,  M.ui  :i  l-c; 
Ml  üh:  Leser  der  „Gcograpl-  ^  ■     rift-  blv  ilit  der  nui  2.     M.  nuungcrc  ^uübM  nilioü*- 

1,  15.  Oktober  d.  J.  oüun 


Geographische  Lehrbehelfe 

aus  dem  Verlag  von  Ed. Holzel  in  WienIV/2,  Luis 


Zur  AiiNchafl'niiiL:  für  Schulen  einprolilt'ii! 

TT",i  r.  K-  R  .'».vu.  ,  mT  ,  rte  von  A'   ''''ien  und  Pol\  »-••ii,  -  rv. 

■  I  \<m  I'r.  i  i  1  oi  (i  e  ri  c  h.  N 

l'rojektion.    A  liKKiiJOÖOO.    6  lUatt  in  lOfai-hem  Ki»; 

Karte  /,t  16l>  cm  hoch,  lltü  cuj  breit.  Pi'^ 

■uf  Lf;.  "t  in  Mai>iie  'Ji  M.,  auf  I.einwaiul  jj 

Hölgela   tjchuhvar  von  Asien.     Politifioho  Auit^rabe 

■  ib  I  :Hti  H).     ü  IJlatt  i 

:.t  141»  clu  hoch,  176  du  l  . 
1  '<  M..  aut  Leiuwand  fsrcspannt  iu  .Mappe  2UM..  auf  Lriuwaiid  ^r.<|>anut  i 

laSohulw  von  AHien.     P'  '  Ü.  . 

....  ;uijieu  ueu   ,  1  . .     .    1    von  I>r.  Franz   i ,  •  .  •  ^  i  . ,  n  '1 
•»  Blatt  in  l(>l"achi*m  Farbcudrurk.    <ir»<Üe  der  Karte  zii-: 
liüch,  17r»  cm  breit.    Prci«  iinar  nt  15  M.,  auf  ! 

•:ü  M.,  auf  Lcinwuii']       i  riütit  n.i.         ■  t<  22  M.  —  1 
<!om  «miostf'u.  \  lichoii  bearbeiteten  V 

und  A;  <\    .Siu  utiiiiicji  i,'eg<;iiw  .irug  «ifii  crKten  ^ 

ir  vv.  -  ^'-Varte  von  Ö*-t' '-rf'i  '  -T'',  -;it-ri  ' 

.rieht  an  T 

Kuilina.  ii.  Aulia-e.  .MalistuI»  r  h<MM»oo.  'j  Hlutt.  i'rv. 
'  Mit  in  Mappe 'ia.fid  M..  auf  Leiuwand  ^1 

ichtBkarte    von   Europa  für  den 
Malirtali  1  ;  aooMiiot).     II» "  hlatt.    tirölio  der  Karto 
•J.I  J.  ciu  breit,  IM        '  >ch    l'naufgeajiaunt  15  M.,  auf  Loinwaiui  gL.^i.ui.i. 
j.po  2-J.f)f>  M.,  mit  27  M. 

Haardts  Übersichtskarte  der  blhnograijlüachen  Verhrtltnisso  von  Ar 

Mud   von  ib-ri   ä7  ^    ^"^^   Kurupas.     V  ~' 

liOfachom  F  i'-^' 'i  .i .     .    l         uarto /.u-^' "Mnn 

I*rciB  Unat  ,nL  26  M.,  auf  Leinwand  ^i'  po  Uo  M 

1  ii  i  i .. ;  •-41  iw ..  j  h-   i  .  U  I.  iu 

16  M..  .iid  in  Ma]>pe  11»  AI.,  ai 

£e.    Maßstab  1:10000000.  lu 

hO(  1.  . 

wand  mit  .Sliiben  14 . 60  .M .  —  1  >icso  karten  wurden  BOwohl  ant  dem 

boziifjlu'ht'u  V  erhaudluD^jen  benutzt  und  h 

Hf,      ••  ^  ..  .   1    ;  .... 

1 

I  M..  auf  Leinwand  ^eftpanm 

'     ■         ■  Hlatt. 

Haardts  Hcliulwaiulkarle  von  Piiläsiiua.   Für  dc' 


he  Ifir  ' 

dar  K.  om  ureit. 

■  nf  T  .  ^,  ..^   _  12  M..  n: 

iilen  etc.  <«rößo  der  Karte  •/ 
Ci.  t  5.60  M., 

Dr.  • .  Qfi^'^r-r^- 

"TleTT 

WB  »n  in  1  auJ  i. 

—  L     ci.-te  and  '  '>■■ 

Alpen    Von  der 

eil.  ab  Metttt«rwöik  auerkatmt. 


AuäiuLrliche  Proapekte  stehen  auf  Wunsch  t'  "  '-^  ' 

Zu  beziehen  durch  alle  Buchhjuidlangen  sowie  d  ' 


:*NüVlO190ß 


GEOCHAPHI? 


SCHRIFT 


H KR AUSGEBE BEN 


VON 


Db.  ALFRED  HETTNER, 

rnurxfliiou  okb  osooRAroiE  an  dkh  chiverbität  uiinEi.BKiKi 


ZWÖLFTER  JAHRGANG.    ZEHNTES  HEFT. 


AUSGEGEBEN  AM  2:i.  OKTOBEU. 


LEIPZIG, 

T>         ,  UNI)  VERLAG  VON  Ii.  C  TEÜBNEK 

1  onr 


Inhalt  des  zi-hiitiMi  Helte 


I»!i8  ilt'utsoho  Kulonialrtticli.    Kine  pv)li tisch -g^!(lgraplli^chfi  SttuJ.        .  n 
Sfmiuar- Oberlehrer   I)r.  IJruno  Felix   Ifnnseh  in  Pirna.  Ein- 
leitnnj?.    I.  Das  «leutsche  Rf'uth  als  Ausgaiig-spunkt  der  Kolonisation, 
n.  Die  deutsche  Kolouiahone.   III.  Die  einzelnen  Kolonien.   1 .  Tu^' 
2.  Kamerun   . 

<  i^•ln'^•|-"^;o^v,.   «1,.^;   Krilr"fi"f<;      Vuti   niifir^'hrfi-  ?tr   Tli-Miii-r    ViM*  i 

[JiH  Schiffahrt  auf  dfin  r^her-Hliein.    Von  Dr.  Kudulf  H(tl  z-Lindni*r 
in  Ba.^el 

raphische  Neuigkeiten: 

Europa     .•\tiN<"iiliiÜ  I»i  i  Ims  Wi^:  • 

AkIüii.    Kuriiii>»a  iiiiU-r  .         jIit  YtTv,  .  ... 

Afrika.    Ljroiit'  UntcrsuchunBoii  Qb«r  ili«  Nlllliit  iin«I  ihrc>  Scliwankiingtiu. 
Priii)'.  Liidwiim  vi>ii  S  •.  '     kkelir  vnii  Sfjner  Ruwonzitri-Expetlitiou 

Sodanitirika.    B<  völkeriiiif  nou  Arkr)>iitiniori  

N'orJ-Polargttgondeu.    Am  iindsons  RQckkahr  mit  dc-r  ..<ij>'  i" 

"■     ■        '       !i iinpsr«  is»i  dos  \  '  ' '  '  m  t'*.  ... 

or  L  iiiorriciii  igr'"«      W.-S.  1906.07  !I 

Vereiue  und  Vursniiimluiigi-n.    inrcriiBtioiiblor  Koi);:reB  fQr  die  Krror«eh«i 
'  •  •  •  ■  '  ...  ... 

Zci  Iittoiluii««'!!  III  Mfiiichcn 

HücherbesprechunL'en : 

•  ii.id«l,  M              der  GroUu  als  (ScoKraph.    V<iii  K.  Kretscbni<T 

KjollcH.  K.             "           '  '   II.    V'.u  H.  S-  -  ... 

Siifinn,  A.    1».                            nlmiiar  dor  •  ■•u  Kolonicfi 
K.    Di«!  All.             heu  UicscntMicbe.    \iiu  \.  K  1 1 'Hi  Ii  o  fi 
1'   .1.  .11.  F.    Üslfi                Voll  W.  C.  Kortl.  ' 
M nn  t I.1S .  r     (1           srlif  Skizrun.  — 

und  deroD  !  ri  M  Liniii'm.tn. 

.  - .  I  .   III  III  1  1  .   i     w '  .  . ,      , - .  (!<•  Nnnif:i  I ..  1 1- 1 1  I  n 

N'-m-  Uücher  und  Krnt<'n  .  . 

hriftenschan 

linftigliiu    werden  >  ffentlichungon  jeder 

•  'im-n.  Pro^ramiiiL,  karten  u.  n  ^  HUflnahmHlu 
»Twilhiit   wiT't»'!!    kOuneu,    wrim    r^ie  tler 
richril"  '•Bchii  rdeu  sind. 


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riillgaVVCl  IvC    KullUI'U    ilil    ii  li^y'iJlll-  .1; 


Druck  iiiiil  Vrrlair  von  Ii.       icuhmT  in  iiOipzm,  l'ot»> 


Das  deutsche  Kolonialreich. 

Eine  politisch-geographische  Studie 
TOD  Bruno  Felix  Hftnaoh. 

Sinlaitoog. 

Wenn  Ratzel  das  Wesen  des  Staates  vom  Standpunkte  der  politischen 
Geographie  aus  mit  den  Worten  bezeichnet  „der  Staat  ist  ein  boden- 
Btändiger  Organismus"')  —  SiO  läßt  er  uns  ahn^n,  daß  tausend  Wur/oln 
dfii  Hauin  des  Staates  an  den  Boden  fesseln,  von  dt m  er  seine  Naliruug  be- 
zieht lind  den  er  beschattet.  Staatenbildung  ist  Verlegung  des  poli- 
tischen Samenkorns  in  jungfräulichen  Boden.  Staaten  wach  st  uui  ist  Besitz- 
ergreifung aller  Teile  des  Bodens  durch  die  Träger  des  Staatsgedankens,  die 
Menschen.  Btaatliche  Macht  nnd  Höhe  ist  innigste  Verknüpfung  der 
Staatagemeinsehaft  mit  dem  Boden  und  Ausnfltinng  aller  seiner  IKlfiqnellen. 
Staatenverkümmernng  ist  Loslösnng  des  Staates  von  den  geographischen 
Gesetzen  seines  Bodens  und  Vernachlässigung  oder  Yerlnst  vitaler  Teile  snnes 
Staatsgebietes.    Sie  führt  unweigerlich  zum  Staatenuntergang. 

Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  betrachtet  ist  jedes  lebenskräftige  Staaten- 
gobilde  das  Produkt  eines  langen  Entwicklungsiranges,  in  dessen  Verlauf  sich 
der  Staatsorganismus  immer  fester  an  seinen  Tioden  auselnniegte.  Au8- 
ßcheidungspro/.esse  spielen  dabei  eine  ebenso  wichtigii  Uolle  wie  Angliederungs- 
Torgünge.  Sie  haben  alle  das  eine  Ziel,  eine  TöUige  oder  doch  mög- 
lichst weitgehende  Übereinstimmung  der  Staatsgemeinschaft  mit 
ihrem  Boden  hersustellen. 

Nicht  alle  eoropttischen  6ro0staaten,  nicht  BuBland,  nicht  östemieb, 
auch  nicht  dag  Deutsche  Reich  stehen  an  dieser  Stelle,  auf  die  rasch  und 
sicher  nur  Insel-  und  Halbinselstaaten  gelangen,  und  ganz  gewiß  tragen  alle 
Staaten,  in  denen  diese  Bodenständigkeit  des  Staatsorganismns  noch  nicht 
erzielt  ist.  ein  Moment  der  Unruhe  in  sieh. 

Der  Vorgang  ist  also  der,  daß  der  Mensch  an  der  Hand  der  Mutter 
Erde  ins  Neuland  schreitet,  d.  h.  daß  bei  der  ensten  Festsetzung  die  Gunst 
der  geographischen  Bedingungen  ihn  fükrte,  daß  er  ihm  nicht  zusagende 
Gebiete  umgebt  und  rieh  andi  bei  jedem  weiteren  Sehzitta  TOn  der  Kenntnia 
des  Tor  ihm  liegenden  Bodens  leiten  läßt,  —  und  so  werden  beide  eins: 
der  Boden  and  der  Mensch. 

Doch  heute  gibt  es  ein  Gebiet  der  Politik,  auf  dem  man  sich  über 
diese  Gmndsätzo  der  Staatenbfldnng  hinweggesetzt  hat:  das  Gebiet  der 

1)  Ratzel.  Pülitiäche  Geographie.  1.  ÄuH.  S.  3ff.  München  u.  Leipzig,  1897. 

QeognphiMhe  VCaittcbrift.  Itt.  JabrRMig.  1806.  10.  Hoft.  87 


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546 


Bruno  Felix  Hftmohi 


kolonialen  Expansion.  Da  gibt  es  nur  ein  Gesetz,  das  des  LandbungeiB. 
Da  zieht  man  Grenzpn  mit  dem  Lineal  uii  l  ^  lieidt-t  Gebiete»  dureb  BnMtPn- 
und  Längengrade,  als  ob  die  Natur  ihre  Luinlscliafteu  mit  Zirkel  und  Band- 
maß absteckte,  und,  was  das  Scblimmst»'  ist,  man  tut  das,  obue  kaum  mebr 
als  etwa  eine  dürftige  Ahouug  zu  habeu  von  dem  Gelände,  durch  das  diese 
Liinien  lauten. 

Da  nun  aber  diese  Abgrenzung  einmal  erfolgte  und  der  erobernde  und 
vordringende  Staat  ans  seiner  heimischen  Erde  bei  d«r  Besetsong  des  nenen 
Bodens  genfigende  politisdie  und  wirtschaftliche  Krftfte  heranzuführen  yer^ 
mochte,  so  sehen  wir  im  ganzen  ümfimge  des  neu  besetiten  Qebietes  eine 
Menge  von  Erscheinungen  eintreten,  die  alle  als  Folgeerscheinungen  des  Fuß- 
fassens  dieser  Krifte  au&ufasscn  sind  und  in  innerem,  z.  T.  ungewolltem  and 
unbewußtem  Zusammenbang  stoben.  Es  sind  Erscbeinungen  der  Cor- 
relation:  Verändenmgen  an  einer  Stelle  d(>s  liodcns  rufen  Veränderungen 
in  allen  seinen  Teilen  bervor.  Die  eugli-sihe  BeMt/ergreifung  der  Xiger- 
mnndun;j  und  die  Eröffnung  des  Niger-Beuue-Scbilfabrtsweges  bis  zu  den 
Tsadseegebieteu  wirkten  umgestaltend  von  Tripolis  bis  zum  Kongo,  von  Ka- 
merun bis  zum  NiL 

Viel  gewaltiger  mflssen  diese  Erscheinungen  der  Correlation  sein,  wenn 
ein  Volk  wie  dss  deutsche,  das  seit  dem  Beginne  seinor  Geschichte  auf  dem- 
selben Boden  sitzt,  ein  Kolonialreich  erwirbt  von  der  mehrfachen  OrSfie  des 
Mutterlandes.  Es  ist  unmöglidi,  daß  sich  ein  solcber  Zuwachs  nur  ]ipri- 
pherisoh  ▼oll/.ieben  sollte  Er  wirkte  umgestaltend  im  Innern  auf  Welt- 
anschauung, Wirtschaft  und  innerpolitiselie  C(mtiguration.  Nocb  ist  dieser 
Vorgang  nicbt  beendet,  noeli  ist  nicht  abzusehen,  nh  nidit  die  Nachwirkung 
einer  jatirtausendlangen  Koutinentalpolitik  einen  Hii.  ksrhhtg  lierbeitühreu  wird. 
Nur  die  unpolitische  Art  der  ersten  Anlässe:  Bevölkerungsüberscbuß 
und  Steigerung  der  Handelsinteressen,  —  ist  eine  Bfirgschafb  für  die  feste 
Yerankerung  dieser  Oonelationserschttnungen,  üi  deren  Weben  und  Wiiken 
wir  jetzt  stehen  und  an  deren  Ende  sich  das  Deutsche  Beieh  als  Ez- 
pansionsstaat  wiederfinden  wird. 

Ein  ungeheures  Landgebiet  ist  in  diesem  Entwicklungsprozesse  zur  Ver- 
fftgung  des  deutschen  Staates  gestellt  worden.  leh  sage  mit  Ahsichtf  es  ist 
zur  Verfügung  gestellt  worden,  denn  der  Vorgang  der  Eingliedenmg  und  der 
nationalen  Erwerbung  ist  erst  in  den  Anfangen.  Dieser  angereihte  Boden 
ist  eine  gewaltige  Vurmehrung  des  nationalen  Reichtums  nicht 
VjIoü  dadurch,  daß  er  die  Möglichkeiten  der  nationalen  Entwicklung  vermehrt, 
daß  er  neue  Kräfte  weckt  und  anzieht,  sondern  auch  durch  die  ihm  inne- 
wohnende politische  Macht  Wenn  Legationsrat  Helfferieh  auf  dem 
n.  deutschen  Kolonialkongreß  die  Kolonien  als  Instrumente  fttr  die  Erlangung 
gflnstiger  Andelsbedingungen  bezeichnete,  so  wird  damit  eine  eminent  poli- 
tische Wirkung  der  Eolonialgebiete  gekonnzeichnet  Und  dieser  Wert  wird 
sich  noch  steigern,  wenn,  wie  gesagt,  durch  Einzelarbeit  der  politisch  er> 
w^orbene  Boden  sichergestellt  ist  und  die  in  ihm  ruhenden  Kiftfte  heraus- 
gearbeitet sein  werden. 

Wenn  wir  uns  den  zuletzt  ausgesprochenen  Gedanken  genauer  überlegen. 


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Das  deutsche  Kolonialreich. 


547 


bemerken  wir,  daft  er  nur  one  glSnzende  Hoffnung  auf  unseren  Kolonialbesits 

ausdrückt,  die  nur  dadurch  einen  gewissen  Wert  gewinnt,  daß  ihre  Berech- 
tigung durch  eine  jahrtausendlange  Geschichte  bestätigt  wird.  Zu  einer  ein- 
wandfreien Würdigung  der  unserm  Kolonialbesitz  innewohnenden  politischen 
Kräfte  werden  wir  erst  gelangen,  wenn  in  streng  wissenschaftlicher 
Methode  die  f^ooirrapliischfn  Grundlagen  dieser  Kolonialpolitik 
aufgedeckt  und  alleuthalben  die  Zusammeuliänge  zwischen  Boden  und  Staat 
aufgehellt  werden;  wenn  nadigewiesen  wird,  inwieweit  die  ftir  eine  Ofga- 
nisehe  BntwicUaiig  der  jungen  kolonialstaatlichen  Gebilde  notwendige  Kon- 
gruenz swisohen  Boden  und  Staat  besteht.  Dnroh  die  politisdi-geographische 
Betracbtungsweiie  unserer  Kolonien,  in  der  die  Begriffe  der  Lage,  des 
Baumes  und  der  Grenzen  eine  wichtigo  Kolle  spielen,  werden  wir  in  Stand 
gesetat,  diese  für  den  Bestmi  1  und  die  Weiterentwicklung  der  deutschen 
Kolonialpolitik  bcdeutungsvoUeu  Fragen  7n  Itf-autwortin.  Alle  politisch- 
g«'Oi,'ra})liiscbi'u  (ifsetzy  gewinnen  aber  in  zwrit'arhor  Hiiisir-ht  Fühlung  luit 
dem  (leutschrn  Kolonialreiche:  jede  Kolonisation  hat  ihren  Ausgangspunkt, 
das  Mutterland  ist  der  Trtlger  der  polilischeu  Kräfte,  die  Anlieft ungspunkte 
an  fremden  Gestaden  suchen.  Die  politisch -geographischen  Verhältnisse  des 
Mutterlandes  sind  also  nidit  gleichgültig,  vielmehr  sind  sehon  darin  gewisse 
BUrgschaften  für  das  Gelingen  oder  Ififllingen  der  Kolonisation  gegeben. 
Die  Untersuchungen  haben  deshalb  suerst  an  das  Mutterland  anzuknüpfen. 
In  zweiter  Linie  haben  sie  sich  zu  richten  auf  die  Kolonien  selbst,  eine 
Betrachtung  des  Kolonialreichs  in  seiner  Gesamtheit  wird  der  Be- 
trachtung der  einzelnen  Kolonien  Toranzugehen  haben. 

I.  Das  deuteohe  Beioli  als  Ausgangspunkt  der  Kolonisation. 

Das  Deutsche  Keich,  diese  jflngste  Kolonialmacht  Europas,  gehört  zu 
den  politisch  alten  Völkern  der  Nordbalbkugel.  Es  trägt,  um  mit 
Batael  sn  reden,  die  Zeichen  der  Beifs  an  sieh.  1b  Teraiag  einen  krSftigen 
Auswanderentrom  Uber  die  Meere  zu  senden  und  hat  das  Menschenmaterial 
mOhelos  zur  Yerfttgung,  das  im  Beginne  kolonisatorischer  Betfttigung  ein- 
gesetrt  werden  mufi.  Der  grOBte  Zug  in  dieser  Lage  inmitten  alter  Mftchte 
der  Hochkultur  ist  zweifellos  die  Lage  an  der  Nordsee.  Deutschland  ist 
ein  Nordseeland  und  hat  den  uralten  Wahn,  ein  Mittelmeerland  zu  sein,  mit 
Strömen  Blutes  und  tausendjährigem  Unglück  bezahlt. 

Seine  Nordscelage  bringt  es  in  politisch-geographische  Nachbar- 
schaft zu  Holland  und  England,  zwei  alten,  mächtigen  Kolonialreichen. 
Das  gleiche  Meer  umspült  ihre  Küsten,  dieselbe  Weltverkehrsstraße  öffnet 
ihnen  den  Ozean.  Sollte  die  Kolonialpolitik,  die  diesen  zwei  Nordseereiehen 
organisch  und  natOrlich  war  und  ist,  für  Deutsdiland  ungeographisch  sein? 
Glddie  Bedingungen  gestatten  gleiche  Schlösse. 

Doch,  wie  gesagt,  nicht  inuner  war  Deutschland  ein  Glied  der  Kordsee- 
nachbarschaft. Es  gab  eine  lange  Zeit,  da  hat  allein  das  britische  Keich 
eine  SchweUenlage  innegehabt  gegenüber  ganz  Europa,  Es  lag  wie  eine 
Faktorei,  wie  eine  Handelszentrale  vor  den  Grenzen  des  Handelsgebietes,  das 
es  fast  allein  beherrschte.    Und  während  sich  Deutschland  mit  Mitteimeer^ 

87* 


548 


Brano  Felix  H&meh: 


Völkern  und  Türken  herumsclilug,  schuf  England  seine  Stellung  in  der 
„Geschicbtsseite^*  Europas.  Erst  nachdem  das  neue  Reich  diese  alten  Be- 
ziehungen gelöst  und  sninon  energischen  Willen  zur  Nordsee  bekundet  hatte, 
konnte  es  in  die  Vorderseite'  der  europäischen  Geschichte  eintreten  und  über- 
trifft nun  in  dieser  Stellung  alle  Lüniier,  die  östlich  und  südöstlich  von  ihm 
liegen,  und  wird  ihnen  stets  voraus  bleiben.  Das  Deutsche  Keich  hat  sich 
eine  Schwellenlage  errungen  fttr  ^  gewaltige  Hinterland  bte  nun  Bdiwaraen 
Meer,  die  es  früher  nicht  heeafi. 

Die  Bandlage  an  einem  großen  Nebenmeere  des  atlantischen 
Oseans  bracht»  es  mit  sich,  daß  die  Besiehungen  DentsoUands  am  innigsten 
und  xahlreichsten  wurden  zu  den  Gebieten,  die  die  Küsten  dieses  Ozeans  um- 
sHumen.  Daher  besteht  hier  der  größte  deutsche  Handelsverkehr,  daher  liegen 
last  1^/2  Mill.  qkm  unseres  K<donialbesitzes  an  diesen  Küsten,  daher  fahren 
hier  die  größten  Schiffe  der  deutsi  hen  Heedereieu,  diihn-  haheu  wir  hier  die 
größten  deutschen  Auslandsiediun^'cu  in  Nord-  und  Siidauierika. 

Das  Gegenstück  zu  dieser  Hinneigung  ist  die  Abkehr  des  Deutschen 
Reiches  von  den  Ländern  des  Mittelmeeres  und  des  Orients.  Öster- 
reich nnd  Italien  treiben  BalkanpolitilE,  Frankreich  sohnf  sein  großes  medi- 
teiranes  Kolonislreich,  Italiens  einsige  Kolonien  liegen  am  roten  Meere  oder 
doch  in  dessen  N&he.  Jede  deutsche  IfittelmeerpoUtik  abw  wfirde  die  geo- 
graphischen Bedingungen  gegen  sich  haben.  Die  Linenseiten  der  alten  Ostr 
kontinente  sind  für  Deutschlands  Politik  unbedingt  verschlossen.  Jede  An- 
siedlungsbestrebung  deutlicher  Dauern  in  diesen  Gebieten  bedeutet  ihre  Preis» 
gäbe,  und  auch  der  Weg  Koustantinopel — Bagdad  bedeutet  nicht  für  uns  ein 
Mittel  zur  Beherrschung  des  Orients,  sondern  lediglich  einen  Zugang  zum 
indischen  Ozean,  cler  den  Exklaven  des  deutschen  Handels  am  stillen  Ozean 
dient  und  zu  gute  kouuut. 

Starke  Auswanderang  als  Zeichen  geschichtlicher  Bmib,  Lage  an  einem 
Hauptwege  des  Weltverkehrs,  Bandlage  am  Meer,  Schwellenlage  fSr  ein  ge- 
waltiges Hinterland,  diese  Faktoven  geben  eine  unwandelbar  feste  Grundlage 
fttr  eine  eipansiTe  Politik,  ohne  sie  jedoch  unbedingt  xa  fordern.  Erst  die 
Bedürfnisse  des  Konsums  dieses  Landes  und  seines  gewaltigen  Hinterlandes 
fordern-  sie.  Der  hüUud'nuil  ((mmerc€f  d.h.  der  Handel  in  Produkten,  die 
denen  des  Deutschen  Reichs  gleichen,  weil  sie  denselben  geographischen  Breiten 
entstammen,  ist  ungehindert,  und  seinetwegen  braucht  kein  Deutscher  eine 
l'lanke  zu  besteigen.  Hier  tritt  Deutschland  in  einen  Wirtschaftsverband  mit 
seinen  östlichen  und  südöstlichen  Nachbarn.  Doch  Deutschland  besitzt  nicht 
die  Gunst  der  Lage  z.  B.  der  Vereinigten  Staaten,  die  auch  für  den  longt- 
iudhuU  commerce  nicht  aus  den  Grenzen  ihres  Reichs  hinanssntreten  bran> 
dien  und  die  Produkte  der  heißen  Zone  im  eigenen  Lande  endigen.  Ffir 
alle  Produkte  der  heißen  Zone  ist  Deutschland  angewiesen  auf  Meridional- 
handeL  Fflr  diesen  Handel  aber  ist  die  Lage  Englands  auf  ^er  dem 
Kontinente  vorgelagerten  Küsteninsel  politisch -geographisch  ein  Moment  der 
Schwäche.  Folgerichtig  ergibt  sich  daher  für  das  Reich  die  auch  in  anderen 
Gedankenverbindungen  ausgespror-hene  Notwendigkeit,  zur  Sicherung  seiner 
Beziehungen  zum  offenen  Ozean  seine  Machtmittel  zur  See  bis  zur  völligen 


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Das  deutBche  Kolonialreich. 


549 


Unttberwincllichkeit  —  sei  ee  durch  Floitenbau,  sei  es  dui'ch  Bflndnispolitik  — 
zu  steigern,  seineo  Meridionalhaiidel  aber  in  friedlicher  Arbeit  dnreh  Grfln- 
dimg  und  ErseUiefinng  eigener  Handels-  und  Flantagenkolonien  nnsbblngig 
SU  machen. 

n.  Die  dentMSihe  Kolonialsone. 

Der  grOBte  Zug,  der  nch  bm  der  Betrachtung  des  deutschen  Kolonial- 
reichs ergibt,  ist  der  der  Zerstreuung  fiber  einen  ungeheuren  Raum. 
Hit  Recht  betont  Ratsei,  daB  der  Raum  eine  politische  Kraft,  niebt 

bloß  ein  Träger  politischer  Krftfte  ist^),  deun  jedes  weitr&umige  politische 
Gebilde  hat  bei  seiner  Entwicklung  mit  der  Kraft  des  Raumes  zu  reebnen. 
Rußland  hat  es  erlebt,  daß  sein  Krieg  am  großen  Ozean  ein  Krieg  war 
gegen  /wt-i  gewaltij:?  Verbündete:  gegpn  ein  moralisch  und  wirtschaftlich 
widerstandsr;iliij.'<'s  Volk  und  gegen  ciiu  n  ungeheuren  Kaum.  Die  russischen 
Armeen  sind  an  diesem  Bunde  gescheitert.  Der  weite  Kaum  hat  sich  hier 
als  nahezu  allmächtig  erwiesen.  Der  einzige  Bewältiger  dieses  Raumes,  der 
Verkehr,  stand  in  keinem  ertrSglidien  Verhältnis  zu  seiner  Weite,  und  es 
sdieint,  als  ob  bei  der  gewaltigen  Entfernung  auch  der  im  Kriege  fruchtbare 
Gedanke  der  ünverletzlichkeit  des  nationalen  Bodens  verblaBt  wftre. 

Am  wirkungsvoltsten  muß  die  innewohnende  politische  Kraft  bei  dem 
Räume  in  Erscheinung  treten,  den  wir  erhalten,  wenn  wir  das  Deutsche  Reich 
und  seine  Kolonien  mit  einer  Grenzlinie  zusammenschließen.  Wir  erhalten 
dann  das  Gebiet  innerhalb  der  Ökumene,  über  das  sich  die  politischen  Macht- 
mittel des  Reichs,  die  früher  in  der  Hauptsache  an  einem  Punkte  Europas 
konzentriert  waren,  j>lützlieh  ausl»reiten  mußten,  ein  (Jelilet,  das  wir  mit  dem 
Namen  der  Koluuiulzouc  bezcichueu  wullun.  Es  war  eiu  Auseinanderzerren 
der  poHtisdien  Krftfte  des  Mutterlandes,  mit  dem  ihre  SdiwScfanng  not* 
wendig  Hand  in  Hand  ging,  ünsere  Kontinentalpolitiker  hatten  also  yon 
ihrem  Standpunkte  aus  ganz  recht,  als  sie  die  expansive  Politik  Bismarcks 
im  Jahre  1884  als  geffthrlich  fOr  das  Reich  Temrteilten.  Der  Beginn  «ner 
solchen  Politik  ohne  den  Rfickhalt  ausreichender  überseeischer  Machtmittel 
war  in  der  Tat  nur  dadurch  zu  ertragen,  daß  die  Autoritftt  eines  Bismarck 

das  Reich  stützte. 

Viel  günsti^'er  gestaltet  sich  freilich  die  Beurteilnn«:  weiter  Kilume, 
wenn  wir  uns  überlegen,  daß  der  Raum  aucli  ein  Trü>,'er  politi-^cher 
Kräfte  und  —  wo  auf  neuerworbenem  Boden  politische  Gebilde  noch  fehlen  — 
ein  Träger  ungeahnter  Entfaltungsmöglichkeiteu  ist.  Durin  liegt 
eben  der  Wert  so  gewaltiger  Gebiete,  wie  rie  das  Deutsche  Beieh  in  Afrika 
besitzt,  daß  in  ihnen  Entwi<d^nngen  schlummeni,  die  heute  kein  Uensch 
sdion  flbersehen,  die  man  hOiMens  ahnen  kann.  Politische  wie  kolonisato- 
rische und  wirtsdiafUiohe  Entwicklungen  kommen  hier  in  gleicher  Weise  in 
Betracht 

Die  gewaltige  Bedeutung  der  Kolonialpolitik  in  dieser  Hinsicht  haben 
alle  kolonisierenden  Völker  erkannt.  England  zieht  heute  seine  größten 
Reichtümer  aus  Gebieten,  die  es  s.  Z.  als  völlig  unbekannte  Lbuder  in  Besitz 

1)  Batsei  a.  a.  0.  S.  386. 


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ÖÖO 


Bruno  Felix  Hftnaoh: 


tialitn.  Die  Spekalatioo,  diA  darin  liegt,  wird  selten  fehlschlagen,  und  des- 
halb ist  es  ganz  richtig,  wenn  Helftericb  auf  dem  Kolonialkongreß  sagte: 
„das  Deutsehland  «lor  Zukunft  wird  Wcltpolitik  treiben  oder  als  wirtschaft- 
liche und  J^oliti^ch<'  Großmacht  aufhören  zu  existieren.''  Er  befindet  sich 
mit  diesfni  (indanken  in  (Icscllschatt  Katzeis,  der  ihn  in  die  Worte  prägt: 
„in  Europa  wird  künftig  am  größten  sein,  wer  am  größten  in  Außer- 
europa ist". 

Es  ist  nichts  weiter  sls  ein  Ausdrack  des  Bestrebens,  diese  den  wmten 
Rftomen  innewohnenden  KriUte  und  Werte  so  Termnigen,  wenn  man  heute 
allenthalben  an  der  Arbeit  ist,  große  Staaten  sn  Wirtaidiaftsgelneten  sosammeii» 
susohliefien:  Den  „Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika**  will  man  die  »^er- 
einigten  Staaten  von  Europa"  gegenüberstellen.  Der  Gedanke  des  britischen 
Imperialismus  ist  der  Ausdruck  gleicher  Bemühungen ,  die  auch  in  der 
Monroe-Doktrin  wioderkehren.  Der  Zusammenschluß  der  engliscli^^n  Kolonien 
der  australischen  Meere  zum  Common tcealth  ist  bereits  vollzogeu.  Warum 
sollte  es  dem  Deutschen  Reiche  nicht  nu'^glioh  sein,  die  ]>olitischen  und  wirt- 
schaftlichen Krülte,  die  den  weiten  liiiumeu  seiner  tropischen,  subtropischen 
nnd  gMnlBigten  Gebi^  hmewohnen,  sn  Tereinen  und  schon  im  heutigen 
embryonalen  Stadium  der  deutschen  ^lonialpolitik  alle  Entwicklungen  und 
EntwicklnngsmCglichkeiten  in  den  Dienst  der  spiierMi  Verwirklidiang  der 
imperialistisehen  Idee  zu  stellen? 

Es  ist  nur  natürlich  ^  daß  die  Erkenntnis  des  hohen  Wertes  weiter 
Räume  bei  allen  Großmlchten  das  Bestreben  auslöst,  Baum  zu  (,'ewinnen. 
Dabei  rücken  die  Staaten  einander  näher,  die  Berührungspunkte  müssen  sich 
venuehren.  Der  gewaltigste  Vorrrant;  dieser  Art  ist  das  Eintreten  Deutseh- 
lands in  die  Kpiho  der  Kolonialmächte,  wobei,  wie  Ratzel  sagt,  ein  (iefühl 
der  Beengung  durch  die  ganze  Welt  ging.  So  erleben  wir  heute  das  halb 
erhabene,  halb  lächerliche  Schauspiel,  daß  sich  acht  von  den  Kolonial- 
mlditen  Europas  um  den  afiikanisdien  Kontinent  drängen  wie  hungrige 
junge  Hunde  nm  die  volle  Suppensehflssel.  Der  Vergleich  trifft  so  genau, 
dafi  wir  alle  Unarten  der  kleinen  Hungerleider  wiedererkennen:  wfthrend 
einzelne  mit  der  Zunge  bescheiden  lecken,  tappen  andere  mit  Zähnen,  Pfoten 
und  Krallen  ins  feiste  Fleisch.  Heute  ist  fast  jeder  Großstaat  der  Nachbar 
fast  jedes  andern  Großstaates  an  irgend  einem  Punkte  der  Erde.  Das 
Deutsche  Reich  hatte  vor  dem  Jahre  1884  acht  Nachbarn*),  heute  hat  es 
vierzehn').  Am  zahlreiclisten  sind  diese  Berührungen  mit  England,  wo  sie 
fast  als  eine  Art  politischer  Allgegenwart  bezeichnet  werden  kcJnncn. 

Es  ist  aus  ulledcui  klar  zu  ersehen,  daß  bei  der  ßaumgewiuuuug  großen 
Vorteilen  audi  grofle  Naditeile  gegenflberstehen.  Ein  groBer  Vorteil  ist  schon 
genannt:  grofie  Bäume  beigen  fast  unbegrenste  Entfaltungsmögliddceiten  in 
nch  und  stellen  damit  reiche  Hilftquellen  zur  Verftgung.  Es  wfbn  aber 
▼wderblich,  wenn  die  Staaten  deshalb  su  einer  Obezseh&tsung  des  Wertee 

1)  Holland,  Belgien,  Luxemburg,  Frankreich,  Schweiz,  Österreich,  Rußland, 
IHtaiemaik. 

2)  Ea  kommen  hinzu:  England,  Portugal,  Spanien  (Kamerun),  l^mgostaat, 
China,  Vereinigte  Staaten. 


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Das  dentiche  KoloniAlroioh. 


551 


weiter  Rftume  und  cur  Iklaßlosigkeit  im  Bestreben  der  Raumgewionung  ver- 
leitet würden;  denn  große  Räume  vermehren  in  unliebsamer  Weise  die  Zahl 
der  Berühninpspunkte  mit  fromdLii  ^fSi^liteii  und  erliöhen  die  Möglichkeit 
von  Kontiiktou.  Die  lauge  Reihe  von  Kriogen.  dii^  in  'Ifri  letzten  Jahrzehnton 
um  Kolonialobjekto  geführt  worden  sind,  ist  ein  Ik'wt  is  datiir.  —  Dureh  die 
weiten  Räumen  innewohnende  politische  Kraft  notigen  sie  femer  zur  Fest- 
legung eines  bemerkenswerten  Teils  der  Machtmittel  des  Mutterlandes.  Aus 
allen  diesen  Gründen  ist  ein  Zuwachs  an  Baum  fflr  das  Mutterland 
durchaus  nicht  immer  ein  Zuwachs  an  politischer  Macht 

Zu  aUedem  kommt,  dafi  xnr  BeiriUtignng  der  Kraft  weiter  Blume  nur 
ein  Mittel  zur  VerfQgung  steht:  der  Verkehr.  Diese  Waife  ranfi  bei  der 
doppelten  Art  des  Kolonialgebietes  in  zweifacher  Weise  zur  Anwendung  kom> 
men:  einmal  auf  dem  Gebiete  der  ganzen  weiten  Kolonialzone  des  Staates 
und  dann  in  den  grotiril umigen  Kolonien  selbst.  Im  ersteren  Falle  soll  er 
die  entfernteren  Teile  der  Zone  nliher  rückt  n.  im  letzteren  Falle  den  weiten 
Raum  des  Landgebietes  gtwi^srrrnaUt'n  zusammenpressen,  verkleinem,  indem 
er  die  Zeitdistanzen  wiederum  verkürzt. 

Wendern  wir  diese  Gedanlmi  auf  die  deutsche  E(^onials<Hie  an,  so  «igt 
sich,  dafi  die  Einsetsnng  des  Eampfinittels  des  Verkehrs  in  der  Kolonial' 
sone  SU  einem  befriedigenden  Stande  gelangt  ist:  die  SohiffsTerbindungen 
sind  bei  fast  allen  Kolonien  Torzllglich.  Auch  in  der  KabelTerbindung  ist 
im  letzten  Lustrum  ein  großer  Fortschritt  wahrnehmbar.  Diese  erfreulichen 
Tatsachen  haben  eine  fast  vollkommene  Ailgegenwart  des  Staates  in 
Handels-  und  Verkehrspolitik  pezeitigt. 

Anders  ist  es  auf  rein  jKilitiscluni  (Joljiot«'.  Hier  ist  diese  Allgegenwaii; 
bei  weitt'tn  no<'h  nicht  erreicht.  Erst  (lami  wcnli-u  wir  sagen  können,  daß 
der  Stautswüie  und  die  Ötaat^smacht  des  Mutterlandes  auch  in  der  fernsten 
Kolonie  trotz  der  Weite  des  Baumes  gegenwärtig  ist,  wenn  schnellfahrende 
Kriegsschiffe  alle  Stationen  der  deutschem  Kolooialsone  in  hinreichender  An- 
zahl, be&hren  und  durch  Buhepnnkte  und  ^ihlenstationen  allMithalben  von 
anderen  Michten  unabhftngig  gemacht  sind.  Schnellfahrende  Kriegs* 
schiffe,  Handelsdampfer  und  Kabel  sind  die  unentbehrlichen  Waffen 
Sur  Baumbewältigung  in  der  staatlichen  Kolonialzone. 

Ein  weiter  Raum  als  Flilchengebilde  bedingt  lange  Strecken,  wenn  man 
sich  in  ihm  von  Ort  zu  Ort  bewegt.  Der  Raum  führt  uns  also  zur  Betrach- 
tung der  Entfernung,  und  es  geht  aus  dem  bisher  Gesagten  klar  hervor, 
daß  die  Festigkeit  des  Bandes,  das  die  Kolonien  an  das  Mutterland  knüpft, 
abhängig  ist  nicht  bloß  von  nationalen  und  kommerziellen  Faktoren,  sondern 
in  tieferem  Sinne  tco  der  Bntfemnng,  die  beide  Ton  mnander  trennt  Ja 
die  krftftigere  oder  schwichere  Entwiddung  der  genannten  Faktoren  unter- 
liegt dem  Gesetse,  dafi  der  politische  Zusammenhang  mit  der  Ent- 
fernung abnimmt  Togo,  wohin  man  in  18  Tagen  gelangen  kann,  ist 
dem  Mutterlande  auch  politisch  enger  angegliedert  als  Deutsch-Neuguinea, 
das  in  50  Tagen  zu  erreichen  ist.  Unsere  afrikanischen  Kolonien  spielen 
auch  in  Friedenszeiten  unausgesetzt  in  der  Tagespresse  eine  Rolle.  Von 
Neu-Guinea  her  weht  nur  ab  und  zu  einmal  ein  verirrtcr  Windstoß  eine  Nach- 


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552 


Brnno  Felix  H&nieh: 


riebt  in  unsere  Tag68blStt<>r.    In  diesen  Tatsachen  sehen  wir  das  Gesetz, 

daß  der  Zusammenhang  mit  der  Entfernung  abnimmt,  lebendig  wirken. 

Dieses  Geset/  gilt  aber  nicht  bloß  für  das  Eudglied  der  Reihe,  sondern 
auch  für  di«'  Eiitf('rnun<T  df-r  Glieder  dieser  Heilin  unter  sich.  Da  ist  nun 
freilich  die  Ciradskala  des  politischen  Zusariuueiihan.,'s  mit  dem  >rutt(rl:inde 
bei  uns  recht  sprunghaft.  Während  man  Togo  in  18  Tagen  erreichen  kann, 
braucht  man  von  da  bis  Duala  nur  weitere  2  Tage.  Nach  Swakopmuud 
«her  geben  die  Dampfer  gcgenw&rtig  in  direkter  Fahrt  tob  Hamburg  aus  in 
24 — 27  Tagen,  nach  Deutseh-Ostafirika  dnrdi  den  Suezkanal  von  den  italie- 
nischen Hftfen  ans  in  17 — 24  Tagen.  '  Tsingtau  ist  in  36  Tagen,  Herberts- 
hohe  in  45  Tagen  von  italienischen  Hilfen  ans  su  erreichen.  Samoa  ist  Aber 
San  Francisco  TOm  Mntterlande  aus  nur  '2ö  Tagereisen  weit  entfernt.  Es 
bestehen  also  ganz  gewaltige  Lttcken  zwischen  den  deutschen  Kolonialgebieten, 
und  von  einer  deutschen  Weltverkehrsstraße  kann  keine  Hede  sein. 
Nur  um  den  afrikanischen  Kontinent  zieht  sich  eine  einigermaßen  l)rauehljare 
deutsche  Set^tralie,  die  nur  den  Mangel  hat,  daß  ihr  deutsche  Huhepuukte 
auf  der  Anfangs-  und  Endstrecke,  also  in  den  Breiten  etwa  der  Mittelmeer- 
geirilsser,  fehlen. 

Das  deutsche  Beidi  kann  nie  hoffen,  es  hiexin  Sngland  gleich  zu  ton. 
Diese  Macht  hat  es  verstanden,  gans  im  Stillen  eine  fkst  Iflekenlose  Vei^ 
kehrsrsihe  fast  um  die  ganze  Erde  su  spannen:  England,  Gibraltar,  Malta, 

Suezkanal-Ägypten,  Perim-Aden,  Indien,  Australien,  Xeu-Seeland,  —  mit  dem 
ostasiatischen  Seiten  arme  über  Singapore  und  Hongkong  nach  Weihaiwci. 
Dazu  kommt  noch  der  englische  Weg  um  das  Kap  nach  Australien  mit 
seinen  Kuliepunkten  an  der  westafrikanischen  Küste  oder  auf  St.  Helena. 

Die  deutsche  Straße  Lome — Duala  -Öwakopniund — Daressalaui  aber 
ist  keine  Etajjpenstraße.  Dazu  fehlt  ihr  außer  den  bereits  herviugHlKtluiien 
Anfangs-  und  Endgliedern  auch  die  gleichmäßige  Gliederung  der  'ieiUireckeu, 
die  auf  dem  englisdmi  Indienwege  je  drei  Tagmsen  etwa  betragen.  Dieser 
politisch-geographische  Gedanke  der  Verkehrsrsihe  ist  rein  englisch.  Er  fehlt 
dem  franzOsiaehen  Kolonialbesitz  ebmiso  wie  dem  deutschen  und  ist  auch 
keine  unbedingte  Notwendigkeit  bei  Staaten,  die  mit  ihren  Maditmitteln  auf 
dem  heimischen  Festlande  so  fest  vwankert  sind  wie  das  deutsche  Reich 
und  Frankreich. 

Ihrer  Lage  nach  sind  fast  alle  unsere  Kolonien  Lünder  dv^  Meridional- 
handels  und  können  deslialh,  da  das  deutsche  Heich  auticrhaltj  der  Wende- 
kreise liegt,  vom  Muttcrlande  aus  nur  auf  dem  Seewege  erschlossen  werden. 
Da  ist  es  nun  kein  Zulall,  daß  sich  diese  Kolonien  von  selbst  ihrer  Lage 
anm  Mutterlande  nach  in  Wirtschafts-  und  Uandelsgebiete  sondern,  bei  dffinen 
Entstdiung  gewisse  physische  Gesetze  mafigebend  waren:  es  hftngt  mit  den 
Meeresströmungen  und  Winden  des  atlantischen  Ozeans  zusammen,  daB  sidi 
an  den  afirikanischen  West-  und  den  sfldamerikanisch«i  Ostkflsten  schon  in 
frflher  Zeit  Gebiete  deutscher  Handelsinteressen  bildeten.  Diese  Meeresströ- 
mungen eiTOöglichen  eine  geschlossene  Segelschiffahrt  rund  um  die  Küsten  des 
südlichen  atlantischen  Ozeans.  Bei  diesen  Fahrten  bot  sich  außerdem  auf 
dem  Hinweg  an  den  brasilianischen  Küsten  ebenso  wie  auf  dem  Eückweg 


Dad  deutsche  Kolonialreich. 


Ö53 


Aber  Weat-Afrilcft  ein  dntrilglichM  Handelagoaefaftft  dar.  —  Die  sfldliche  West- 
windtrift rand  um  den  Südpol  dagegen  fahrte  die  deutschen  Segler  anf  be- 
queme und  sichere  Weise  in  den  stillen  Ozean  und  Bchnf  auch  hier  deutsche 
Handelsgebiete,  die  ebenso  wie  die  westafrikanischen  zur  politischen  Aogliede- 
rung  gelangten.  Heute  sind  dieso  Verhältnisse  durch  den  Dampferverkehr 
zum  Teil  verwischt,  aber  ihre  Spun-n  IkiIku  sie  darin  zurUckgehissen ,  daß 
wir  unsere  Kolonien  des  Meridionalhandels  gliedern  müssen  in  ein  afrika- 
nisches und  ein  pazifisches  Wirtschaftsgebiet.  Beide  Wirtschafts- 
gebiete stehen  unabhängig  nebw  einander,  werden  Yom  Hntteriande  in  ge- 
sonderter Fahrt  yerwaltet,  bedeuten  aber  dabei  eine  Abstufung  politisoben 
Einflnstes  vom  Mntterlande  ans,  die  in  den  Untenchieden  der  Entfernung 
begründet  ist. 

Diese  eigentiiinlii  he  Einwirkung  ursprünj^lich  gegebener  phjsiteber  Ver- 
hältnisse auf  die  Entstehung  unseres  Kolonialbesitzes  läfit  uns  vermuten,  daA 
die  Luge  dieser  Koloniahvirtschaftsgebiete  zu  den  Hauptwegen  des 
Weltverkehrs  niclit  ungünstig  sein  wird.  In  der  Tat  ist  da  die  Lage  unserer 
afrikanischen  Besitzungen  hervoiTagend  günstig,  da  sie  doch  in  vier 
Stationen  den  Weg  umlagern,  den  sich  England  nach  Indien  offen  hält,  den 
es  durch  die  mächtige  Kapkolonie  gesichert  hat  und  um  dessen  weitere 
Festigung  an  der  Sfldspitie  Afinkas  es  neuerdings  einen  Krieg  fllhrte,  der 
ihm  eine  Kriegssteuer  von  vielen  Milliarden  und  gewaltige  Blutopfer  auf- 
erlegte. In  fthnlich  günstiger  Lage  befindet  rieh  Kiautschou  als  Zugang  su 
dem  gewaltigen  chinerischen  Kultnrgebiet  und  als  Ruhepunkt  an  der  großen 
Straße,  die  in  gewaltigem  Kreisbogen  die  alte  Welt  umspannt:  Europa — 
Indien  —  Ost-Asien  —  Siliirien — Europa,  einer  Straße,  die  zugleich  zwei  von 
den  drei  großcii  Miltehnoeren  der  Erde  durchschneidet|  in  denen  sich  von 
jeher  Hr>liepuiikte  des  Handels  entwickelten. 

Auch  unsere  weiter  entlegenen  Südsee-Inseln  haben  för  den  Welt- 
verkehr ihre  Bedeutung.  Es  ist  nicht  unmöglich,  daß  sie  einmal  gewaltig 
an  Wert  gewinnen  als  Buheponkte  am  australiscb-ostasiatisdien  Handels- 
verkehr: der  Weg  von  Japan  nadi  Sidnej  gebt  mitten  durch  die  Karolinen 
und  den  Bismarck- Archipel,  d«r  Weg  von  Shanghai  und  Hongkong  nach 
Sidney  berührt  Yap.  Die  vorher  ausgesprochene  Annahme  gewinnt  an 
Wahrscheinlichkeit  dndiitch,  daß  dieser  Handel  auf  der  Hinreise  im  nörd- 
lichen Winter  durch  den  >ronsun  und  den  NO-Passat  untei*stfltzt  wird,  wäh- 
rend der  ostasiatisclie  SO-Monsun  im  nördlichen  SoiTimer  die  Rückkehr  er- 
möglichen würde.  Für  eine  solche  Entwirklung  des  Handels  im  jahreszeit- 
lichen Wechsel  haben  wir  im  nordwestlichen  iiidisclien  Ozean  ein  Analogen. 
Freilich  ist  zu  bedenken,  dali  der  Taifuu  fortgesetzt  eine  schwere  Bedrohung 
ausgedehnter  Segelschiffahrt  in  jenen  Gegenden  bedeutet 

Die  Sfldsee-Biseln  haben  aber  auch  beute  schon  eine  flbmascbende  und 
kaum  geahnte  Bedeutung  erlangt  als  Telegraphen  stau  gen  des  Tele- 
graphenverkehrs im  stillen  Ozean.  Das  amerikanische  Honolulu  auf 
den  Hawaii -Inseln,  die  amerikanische  Insel  Ouam  in  den  Marianen,  die  eng- 
lischen Pi^ji-Inseln,  die  ebenfalls  britischen  Inseln  Norfolk  und  Fanning  sind 
Trftger  eines  großen  parifischen  Kabelnetzes,  in  dem  die  deutsche  Insel  Yap 


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554 


Bruno  Felix  Uänscb: 


in  den  Plüau  einer  der  wichtigsten  Knoienpnnkte  ist  Drei  Lii^en  gelieii  von 

dieser  Insel  aus,  nSmlicli  nach  Menado,  Shangbai,  Guam.  Eine  vierte  Ver- 
bindung der  Insel  —  mit  Neu-6uinea  —  ist  geplant.  Daß  dadurch  schon 
heute  das  «It^ntsrhe  Reich  nahezu  unabhilngipr  von  den  englischen  Kabeln  ge- 
worden ist,  darin  liecrt  eine  hochhedeutsame  politische  Wirkung  dieser  Be- 
silxungrn.  Si«'  ])eti('ut<'n  eine  Stärkung  der  politisch -geographischen  Stellung 
des  Keicbs  in  jenen  Gebieten,  da  die  Kntternung  vom  Mutterlande  durch 
diese  Kabel  gewaltig  verkürzt  nnd  der  Verkehr  mit  ihnen  bis  xu  einem  ge- 
wissen Grade  nnabbUngig  gemacht  wird. 

Anch  die  Landwege  des  WeltTerkehrs  werden  an  wichtigen  Stellen 
unsere  Kolonien  berflhr«a.  Das  ausgedehnte  Gebiet  europlasdier  Hoehkottor, 
das  am  Kap  in  der  EntwioUnng  begriffen  ist,  und  das  durch  seine  Qold- 
und  Dianiantenproduktion  ganz  besonders  vom  Weltverkehr  aufgesucht  wer- 
den wird,  bedarf  in  absehbarer  Zeit  einer  Bahnverbindung,  die  den  Weg  über 
Kapstadt  um  ein  bedeutendes  abkürzt.  Auf  diesem  Wege  wird  Deutsth- 
Südwestatrika  olme  Zweifel  eine  Holle  spielen.  Diese  Sachlage  wiederholt 
sich  in  außerordentlich  erhöhtem  Grade  in  dem  Verhältnis  von  Deutsch-Ost- 
afrika zur  Kap-Kairo-Bahn,  die  einer  der  größten  Landwege  des  Weltverkehrs 
weiden  wird.  Das  deutsche  Beich  wird  in  Dentsdh^Ostafiika  als  einziger 
nicht  neutraler  Staat  diese  Bahn  beherrsdien. 

Geben  diese  Yerhftltnisse  dem  deutschen  Beiohe  immeihin  eine  fest« 
Stellung  in  politisdh-geographisdiur  Hinsicht,  so  stehen  dem  auch  LagoTer^ 
bältnisse  gegenüber,  die  ohne  Zweifel  eine  SchwKchuug  der  deutschen 
kolonial- politischen  Position  bedeuten.  Alle  Umgehungsbewegungen  sind 
nicht  bloß  in  der  Kriegskunst,  sondern  auch  in  der  politiscben  Geographie  ge- 
führlii  h.  „Schon  wenn  ein  Nachbar  iu  der  Front  mit  einem  Nachbarn  im  Rücken 
des-^elbeu  Statutes  ein  politisclies  System  bildet,  entsteht  eine  für  diesen  be- 
denkliche Lage,  die  er  nicht  auf  die  Dauer  ertragen  wird."*)  Da  ist  es 
denn  bezeichnend,  dafl  wir  in  allen  vier  afrikanischen  Kolonien  England,  in 
zweien  davon  anch  nodi  Portugal  cum  Kadibar  haben.  Da  England  mit 
Portugal  eine  Art  stummen  politischen  Systems  bildet|  dessen  Bfindnisvertrag 
auf  englischer  Seite  von  gewalttfttiger  Eifersucht,  auf  der  andern  von  der 
Geldnot  ratifisiert  wurde,  so  zeigt  es  sich,  daß  von  dem  politisdien  System 
England- Portugal  eine  unserer  Kolonien  zweiseitig,  eine  andere  gar  allseitig 
umfaßt  wird.  -  Wie  weit  die  gegenwärtige  englisch-französische  Annäherung 
geht,  läßt  sich  jetzt  noch  nicht  ermessen.  Jedenfalls  bringt  jede  englisch- 
französische  Bündnispolitik  auch  unsere  \n  estatVikanischen  Kolonien  in  die 
Gefahr  der  Umschließung  durch  ein  unfreundliches  politisches  System.  Das 
Wort,  unsere  Kolonialinteresscu  kollidieren  mit  denen  Frankreichs  an  keinem 
Pnnkte  der  Erde,  verliert  in  dem  Augeobliolra  seine  Berechtigung,  in  dem 
sich  England  und  Frankreich  geeinigt  haben  auf  gegenseitige  Sttrkung  und 
ünterstOtsung  ihter  kolonialpolitischen  Interessen.  In  dieser  UmscUießmigs- 
gefthr  liegt  mehTf  ab  man  im  Bahmen  einer  wissenschaftliehen  Arbeit  sagen 
darf.   Sie  wird  fortgesetxt  die  Aufinwksamkeit  unserer  Pditiker  erfordern. 


1}  Baizel  a.  a.  0.  S.  892. 


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Das  deutsche  Kolonialreich. 


555 


Auf  der  SficQialbkagel  wiederholt  sieh  die  im  Vorechreiteii  earopiiBcher 
Eiütxir  TieUiM^  beobtohtete  Bredbeinuiig,  d«A  diMe  Kultur  von  dem  Polmi 

äquatorw&rts  vordriiigt.')  Australien,  Süd-Afrika,  Süd-  und  Nordamerika  sind 
dafür  mehr  oder  weniger  treffende  Beispiele.  Die  gleiche  Erscheinang  zeigt 
sich  im  Vordringen  japanischer  Kultur  nach  dem  ostasiatischen  Mittelnieere 
und  seinen  Nachbargebieteu  Hier  zeigt  sie  sich  mehr  in  der  Beherrschung 
des  Beovt'rkehi-s,  dort  benutzt  sie  den  Landweg.  Dieser  Prozeß  wird  auch 
einen  Teil  unserer  Kolouieu  nicht  unberührt  lassen.  In  der  Schußlinie  dieser 
Kulturbewegung  liegt  nämlich  einmal  Deutsch  -  Südwestafrika ,  zum  andern 
unser  Kolonialwirtsoihaftsgebiet  im  stUlen  Ozean.  Da  ist  es  denn  wieder 
bedenUidi,  daB  sidi  die  Ausgangspunkte  dieser  Kultnibewegungen  in  Sfld- 
A&ika  und  Australien  in  engltschm  HSnden  befindeOf  der  dritte  Ausgangspunkt 
aber,  Japan,  Tertragsmifiig  mit  England  Terknfipft  ist 

m.  Die  einzelnen  Kolonien. 

Bei  der  Betrachtung  der  einseinen  Kolonien  fftUt  es  zuerst  in  die  Augen, 
dafi  jedes  dieser  Gebiete  immer  nur  als  ein  Teil  einer  großen,  in  sich  nahezu 
gleiibartigen  Tiilnderzone  aufzufassen  ist,  daß  die  besonderen  politisoh-geo- 
grapliiüchen  Verhältnisse  der  Kolonie  Ausschnitte  sind  aus  den  allgemeinen 
politisch-geograpischen  Verhältnissen  weiter  Gebiete  oder  gar  ganzer  Kontinente. 
Die  Lage  iunerbalb  dieser  Gebiete  wird  also  in  den  meisten  Fällen  der 
einzelnen  Koltmie  ihr  grofies  Gepräge  geben.  Wenn  dedialb  Ratzel  sagt: 
„In  der  geograpbisohen  Forschung  mufi  die  Betrachtung  der  Lage  eine  Denk- 
gewohnheit  wmden",*)  so  bietet  er  nidit  bloß  eine  geistreiche  Bemerkung, 
er  zeigt  damit  den  Weg,  wie  wir  die  innersten  Grundlagen  unserer  Koltnriel- 
politik  an  den  verschiedensten  Punkten  der  Ökumene  erkennen  und  die 
Lebensprozesse  der  einzelnen  Kolonien  in  der  nr.:enw!irt  verstehen,  in  der 
Zukunft  beeinfltissen  können.  In  der  Tat  berulien  auf  dem  Begriffe  der 
Lage  im  let/ten  (inunie  alle  geogi'aplii sehen  Beziehungen  und  Verhältnisse. 
In  ihm  tHülen  wir  sugar  eine  Art  politiseli  -  geographischer  Zwangsläufigkeit 
begiiindet,  insofern  kein  Staatengebilde  bestehen  kann,  das  gegen  die  Be- 
dingungen, die  in  seiner  Lage  gegeben  sind,  ankämpft.  Wie  bei  der  Kolonial- 
zone und  dem  Mntterlande  wird  also  auch  bei  der  einzelnen  Kolonie  die  Be- 
traditung  der  Lage  eine  wichtige  Rolle  spielen. 

I.  Togo. 

Togo  hat  ausgesprochene  Bandlage  an  der  Sklaveuküste.  Tn 
dem  Worte  „Küste"  liegt  fast  seine  ganze  Bedeutung.  Zwar  erstreckt  sich 
das  Hinterland  in  schmalem  Streifen  weit  ins  Innere,  doch  erreicht  es  nicht 
einmal  die  Wasserscheide  zwischen  den  Küstenflüsseu  und  dem  Niger.  Nur 
an  einem  Punkte,  nämlich  an  der  Küste,  berüht  die  Kolonie  eine  große 
Weltverkehrsstraße. 

Diese  Randlage  an  der  Kfkste  bringt  Togo  in  die  bedeutsame  Nach- 
barschaft der  reinen  Tropenlinder,  ii»  sidi  um  den  Golf  von  Guinea 

1)  Batsei  a.  a  0.  S.  849.        S)  Ebda.  8.  886. 


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556 


Bruno  Felix  H&nscb: 


gruppieren.  Die  Kolonie  bat  mit  diosen  Lftndem  viele  der  Züge  gemein,  die 
sich  aus  dieser  Lage  ergeben.  Da  sie  bei  Kamerun  aodi  viel  schärfer  in 
Erscheinung  treten  und  weit  wii^rangsvoller  sind,  mOgen  sie  dort  eingehender» 

Würdij^'unir  finden. 

Mit  seinen  nönllichfii  (lebiett-n  wird  Togo  von  einor  groB^n  Völker- 
bewej^ung  gctroifen,  die  vorn  atldutischen  Ul'er  des  Sudan  bis  zum  Indischen 
Ozean  den  ganzen  Erdteil  durchzieht:  vom  Vordringen  des  Muhamme- 
danismas.  Der  vom  Norden  ber  kommende  Einflufi  ialamitiadier  Sitten  nod 
Oebrftncbet  soweit  er  sich  in  staatlichen  Einrichtangen  geltend  macht,  reicht, 
freilich  immer  mit  dem  Heidentum  Texmiscbt,  bis  bu  den  Dagbamha  und 
Nannmba'),  also  noch  weit  Uber  den  9.  Grad  nach  Sflden,  w&farend  die 
loseren  Beziehungen  der  muhammedaniscben  HaussabKndler  darüber  hinaus 
bis  zur  Kflste  schreiten.  Der  Stamm  der  Dagbamba')  ist  von  Cnrma  her, 
also  fast  vom  Nigpr,  bis  in  diese  Gegenden  vorgedrungen  Mit  die^ier  Ex- 
pansion des  Islam  Sfbeinen  nocli  andere  Völkerbe  weiTungen  zu.sanimenzubüneen.'*  1 
die  jedoch  für  die  politisch-eeog^raphischen  Verbiiltuisse  unserer  Kolonie  nur 
insofern  von  Bedeutung  sind,  als  sie  mit  ihnen  die  treibende  Ursache,  den  I.<lam, 
gemein  haben. 

Es  ist  kein  Zufall,  wie  wir  an  anderer  Stelle  sehen  werden,  daß  die 
wirtschaftlichen  und  politischen  Besiehongen  der  lAnder  des  Gnineagolfes  Tor 
der  eoropSischen  OUcupation  durchaus  von  diesen  Strömungen  des  Hinter* 

landes  abhängig  waren.  Die  Küste,  die  bei  den  Landern  der  alten  Kultur 
in  der  Entwicklung  eine  so  gewaltige  Rolle  spielt,  trat  hier  in  ihrer  Bedeu- 
tung ganz  zurück,  und  die  von  ihr  austrclienden  Impulse  gelangtt^n  bereits 
in  geringer  Entfernung  vom  Hnnde  zum  Stillstand.  Heute  crlilicken  wir  den 
Wert  d<-r  Küste  wie  ül>erall  so  auch  in  diesen  ( icLrcnilen  in  der  Aut'- 
scbluüuug  und  im  Schutz.  Im  Sinne  des  Schutzes  lätJt  die  Küste  keine 
direkte  Berührung  mit  andern  Staaten  zu.  Je  länger  also  die  Küstengreuzef 
je  kfirser  die  Landgrenze,  desto  geringer  ist  die  Zahl  der  Yerwidtelungsmög- 
lichkeiten  au  Lande.  Deutsdi-Ostafrika  ist  in  dieser  Hinsicht  hervorragend 
begünstigt:  fast  die  HUfte  seiner  Qrenxen  sind  Ettstengrensen.  Eine  so  kurze 
KOstenstrecke  wie  die  von  Togo  ist  aber  als  Schutz  vOUig  wirkungslos. 

Im  Sinne  der  Auf  Schließung  flbemimmt  die  Kflste  die  Funktionen 
des  Austausches  der  Bewegungen,  die  vom  Meere  und  aus  dem  Innern  dea 
Landes  kommen.  Die  Küste  ist  deshalb  das  (Jebiet,  wo  die  politische  Fest- 
setzung' zuerst  erfolgt  uud  wo  das  Land<,'ebiet  den  Weg  zum  Weltverkehr 
sucht.  Koloniales  Wachstuni  i-^t  meist  Wachstum  vom  Küstensaunie  aus  ins 
Innere.  Für  diese  Zwecke  kommt  aber  die  Länge  der  Küste  vorerst  wenig 
in  Frage:  der  Kongostaat  von  der  vierfachen  QrOBe  des  Deutschen  Reiches 
hat  eine  Kflstenlftnge  von  50  km,  also  genau  so  viel,  wie  unsere  über  25  mal 
kleinere  Kolonie  Togo.  Und  schon  fOr  diese  Kolonie  von  der  GrOfie  Bayern» 
und  Thilringens  ist  die  Verhlltnissahl  der  Kllstenentwidcelung  abnorm  za 
nennen.  Denn  in  Togo  kommt  immer  erst  auf  1740  qkm  FlAche  1  km  Kflste,. 

1)  Oraf  Zech.  Lssd  und  Leute  an  der  Nordwestgvense  von  Togo.  Ifiti.  a. 
d.  d.  Schutzgeb.  1904.  S  199  u.  122. 

2)  «Dagomba**  in  der  Uaussasprache.       8)  Graf  Zech  a.  a.  0.  S.  184. 


Das  deutaohe  Kolonialreich. 


während  bflim  Deutschen  Beiche  die  Küstenentwickelung  1  :  71  betrigt.  Und 
doch  genflgen  solche  Kfteteiutreohen  ihrem  Zwecke,  den  Zuguig  nun  Meere 

za  ermöglichen. 

Dieser  Zweck  wi1r<1f'  abi-r  noch  viel  vollkommener  en-eicht  sein,  wenn 
es  beim  Abschluü  tltr  ( iren/vcrtril<;e  in  Togo  gelungen  wäre,  die  Kü.ste 
und  die  in  sie  eiumiuuicntleu  schitfbaren  Flüsse  zu  einem  einheitlichen 
deutschen  Verkehrssjstem  zu  vereinigen.  Zwar  berühren  der  Mono  iui  Osten 
und  der  Volta  im  Westm  auf  weite  Strecken  das  deutaehe  Gebiet  Hier 
ab«r  sehen  wir  den  denkbar  ungünstigsten  Fall  eintreten,  daß  beide  Male 
das  den  geeamten  Flufirerkehr  behemohende  Mflndnngsgebiet  in  den 
Hinden  einer  fremden  Macht  ist  Die  VoltamQndung  ist  englisch;  die 
MonomQndung  firansSsisch.  Li  etwa  70  km  Breite  tritt  das  Togogebiet  an 
die  Lagune  heran*  Vom  vorgelagerten  Küätenstreifen  werden  aber  also 
20  km.  von  Osten  her  abge-chnitten,  die  sich  in  französischom  Besitz  be- 
finden, so  (biß  auf  (lieser  Strecke  Togo  an  die  Lagune  greii/.t,  ohne  das  Meer 
zu  erreit  hcn.  Das  ist  eine  politisch -gcographist  he  A])norniitiit ,  deren  Folge 
es  ist,  daß  die  Flußschiffahrt  auf  dem  Mono  nicht  in  einem  deutschen  Hafen 
am  Meere  endigt,  sondern  auf  dem  Umwege  der  Lagune  nach  „Anecho"  gehen 
mflßte.  Das  macht  den  hohen  Wert  einer  dentschen  FluBecbiirahrt  auf  dem 
Mono  nahesn  illnsoriach.  Der  Vernich  einer  Zollunion  swiecben  Togo  nnd 
dem  englischen  Gebiet  am  linken  Voltaufer  Termochte  keine  Besserung  der 
Handelslage  herbeizuführen  und  ist  deshalb  fallen  gelassen.  Wenn  auch  den 
Englftndem  das  Recht  der  Prioritftt  an  der  Voltamündung  zusteht,  wird  doch 
unsererseits  diese  politische  Grenze  als  eine  unerträgliche  Beeinträchtigung  des 
Togohandels  empfunden.    Sie  sehreit  geradezu  nach  Verbessening! 

Der  Schulz,  der  in  einer  großen  Küstenentwicklung  liegt  und  der  den 
Inselstaaten  einen  so  hohen  Grad  von  Sicherheit  verbürgt,  ist  auch  ein  Maß- 
stab für  die  Güte  der  Landgrenzen  eine»  politischen  Gebildes.  Der  Staat 
SQcbt  deshalb  seine  Ommm  su  befestigen  oder  —  noch  besser  —  sie  an 
natOxlidie  Schntsvorrichtungen  anxulehnen.  Als  soldie  Schutaromditungea 
wirken  alle  schwer  xugftnglMhen  und  deshalb  dflnn-  nnd  unbewohnten  Gebiete. 
Wir  sehen  in  diesem  Bemflhen  das  Prinsip  der  Grenswildnis  primitiver  Volker 
nachwirken.  Die  Zahl  der  geographischen  Gebilde,  die  solchen  Zwecken  dient, 
ist  groß:  Seen  und  Seenketten,  verkehrsarme  Flüsse  mit  steilwandigen  Tälern, 
Gebirge,  zuweilen  auch  Wasserscheiden,  dichte  Widder,  Sümpfe,  Wüsten. 
Das  deutsche  Kuloniaireich  hat  sich  ihrer  au  vielen  Stellen  als  Grenzschutz 
bedient. 

Und  doch  ist  keine  deutsche  Kolonie  so  arm  daran  wie  Togo.  Nur 
die  Flüsse  Volta,  Daka  und  Mono  kommen  etwa  in  Frage.  Flüsse  sind  ja 
als  pditisehe  Grense  sehr  beliebt  Die  FluBgrenze  ist  in  primitiTen  VeiUlt- 
nissen,  weil  gut  ausgeprftgt  nnd  leicht  feststellbar,  immer  eine  rasdie  und 
bequone  LSsung  von  Grenafragen.  Wenn  aber  die  Grense  Bchuts  bieten  soll, 
so  ist  eine  FluBgrenze  nur  dann  gut,  wenn  die  trennende  Eigenschaft  des 
Wassers  durch  steilwandige  Talschluchten  und  eine  starke  Strömung,  die 
die  Flußschiffahrt  unmöglich  macht,  verstärkt  wird.  Solche  ideale  Fluß- 
grenzen bilden  der  Orai\jeflu6  und  der  Kunene,  in  geringerem  Grade  der 


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558 


Bruno  Felix  Hftaioh: 


Okavango,  der  Rovuma  und  der  Russissi.  Die  schiffbaron  Oreniflttsse  in  Togo 
aber  ermöglichen  höchstens  eine  rein  äußerliche  und  sehr  bequeme  Scheidung 
der  Gebiete.    Nennenswert«'n  Rclmtz  gowäliren  sie  nicht. 

Als  völlig  unjjeschützt ,  ja  iiiclit  einnial  durch  irgend  ein  geographi- 
sclies  Gebilde  ft'stgeb'i,'t  hab<'n  die  Nord-  und  Ostgrerizen  von  Togo  zu 
gelten.  Bei  der  geringen  liedeutung  der  Kolonie  fUr  die  allgemeinen  Macht- 
yerhftltnisse  im  westlichen  Sudan  hat  das  nicht  viel  zu  bedeuten,  wohl  aber 
lind  diese  offenen  Grenzen  fllr  den  Handd  nnd  Verkehr  der  Kolonie  eine 
schwere  Gefahr. 

Ober  die  Grente  findet  unansgesettt  ein  Geben  nnd  Nehmen  stott  Wo 
also,  wie  in  Togo,  Yölkerbeziehungen  nach  Ost  nnd  West  beetehen,  ist  die 
nrsprOngliche  Bedeutung  der  Grenae,  trennendes  Organ  zu  sein,  mehr  oder 
weniger  verwischt,  nnd  die  (trenze  wird  zum  Organ  des  Austauschs. 

Das  macht  sich  in  Togo  dfshaU>  besonders  geltend,  weil  der  Handel  des. 
Innern  naturgemäß  die  bt'<|utiu(n  Verkehrsstraßen  der  sclutJ'baren  Flüsse 
im  Osten  und  Westen  der  Kolonie  aufsuclit.  Daher  kommt  es,  daß  ein 
Starker  Durchgangshandel  durch  Togo  von  Dahomey  (Borgu,  Niger,  Haussa 
nnd  Sugu)  nach  der  Kflste  besteht  Aber  %  bis  %  dieses  Handels  nelunen 
den  Weg  nach  der  englischen  Goldktlste.  Ja  sogar  ein  großer  Teil  des 
direkten  Handels  des  Togo-Hinterlandes  selbst  fließt  Ober  die  Häfen  der  firan- 
zösischen  und  bescmdera  der  englischen  Nachbarkolonien  nnd  geht  den  deut- 
schen Häfen  unmittelbar  verloren.  Der  Handel  über  Ho  und  Kpandu  ans 
der  Goldküsteukolonie  betrug  1900 Ol  320000  Mk.  Im  Jahre  1903  pas- 
sierten für  2V4  Mill.  Mk.  Waren  die  Landgrenzen  von  Togo. 

Bei  diesem  Handel  zeigt  es  sich  ferner,  daß  er  wenige,  ganz  be- 
stimmte Wege  innehält,  die  durch  die  neuen  politischen  (irenzen  ganz  will- 
kürlich zerschnitten  werden.  Solche  Schnittpunkte  der  Grenzen  mit  den  \  er- 
kehrsstraßen  sind  natürlich  von  hervorragender  Bedeatnng.  Es  ist  sidier, 
daß  in  vielen  Pillen  die  politische  Grenzlegnng  aUe  diese  Verkehrsrerhlltiiiase 
in  den  firagliohen  GeUeten  berOeksicfatigen  muß,  warn  sie  eine  Temfinftig« 
Yeikehrspolitik  nicht  unmöglidi  madien  oder  «nchweren  soll;  —  ebenso 
sicher  aber  ist  es,  daß  sich  die  GrenzvertrUge  in  Togo  wie  fast  überall  in 
Afrika  darüber  hinueL:>:<'>etzt  haben.  Die  Folgen  davon  sind  besonders  hei 
den  Landwegen  des  Verkehrs  verhängnisvoll:  die  Kolonialverwaltung  hat 
damit  die  schwere  Aufgabe  übernommen,  sich  die  daraus  erwachsenden  wirt- 
schaftlichen Gefahren  zu  vergegeuwärtigen,  auf  künstliche  Weise  die  Schä- 
digungen auszugleichen  und  eine  Verkehrspolitik  zu  treiben,  die  unter  mög- 
lichster Beachtung  der  Grundtendenzen  des  historisch  gewordenen  Verkehrs 
dennoeh  der  politischen  Neneinteilung  Rechnung  trägt.  Die  oben  angeftthrteo 
Zahlen  Aber  den  Handel  von  Togo  beweisen,  daß  Ton  einem  wutsdhaftlidien 
Anschlüsse  des  Togo-Hinterlandes  an  die  deutsche  Küste  keine  Bede  sein  kann. 
Dieser  Anschluß  kann  bei  den  mißlichen  Grenzverhältnissen  im  Küstengebiete 
nur  durch  eine  Bahn  erfolgen.  Solange  nicht  eine  Bahn  Sansanne  Maugu 
erreicht  hat,  wird  ein  Teil  des  Handels  nördlich  des  8.  Grades  nach  allen 
Himmelsgegenden  auseinanderflattern.  Die  Fernwirknncr  des  deutschen  Küsten- 
streifens  wird  jederzeit  mit  den  Gewinngrenzen  am  Nordeude  der  Bahn  eudigeu. 


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Dfts  deutsche  Kolonialreich. 


559 


2.  Kamorun. 

In  flnr  Randlage  am  Guinea-Golf  finden  wir  den  größten  Zug,  den 
Kamerun  teilweise  mit  To^o  und  überhaupt  mit  deu  Ländern  dieses  Meer- 
busens gtMueinsain  hat:  an  eine  initjos\in<h^  Küsten-rrwaldzone,  in  der  wegen 
der  Tsetse  jede  Viehzucht  unni«'»glieh  ist,  schließt  sich  nach  dem  Innern  zu 
eine  Baum-  und  (irasstcppe  an,  deren  Beginn  hier  mit  dem  Steilrande  des 
innerafrikanischen  Hochplateaus  zusammenfUllt.  Diese  Bandluge  müßte  der 
Kolonie  eigentlioh  die  Yoiieile  einbringen,  die  ans  einem  großen  Einterlande 
dem  BchweUengebiete  snsMmen*  In  Kamerun  aber  werden  wie  an  vielen 
Stellen  der  Gxdneakflste  diese  Vorteile  illnBorisdi  gemacht  durch  das  Handels- 
monopol der  Kfistenstämme,  das  darin  besteht,  da0  alle  die  Küste  von 
innen  und  außen  passierenden  W«mi  Ton  den  Eingeborenen  der  Urwaldznne 
nnter  hohen  Durchgangszoll  genommen  werden.  Dieses  Handelsmonopol 
macht  jeden  größeren  Durchgan jjshandel  zu  und  von  der  Küste  unmötrlich. 

Es  sind  vor  allem  zwei  Umstände,  die  das  Handelsmonopol  rund  um 
den  Guineagolf  gebrochen  haben:  einuial  die  Okkupation  der  Küste  durch 
europäische  Machte,  deren  Handelsinteressen  ein  solches  Hiuderxus  nicht 
dulden  konnten.  CKe  betraehteten  die  gewaltsame  Unterdrflcknng  der  Kflsten- 
sttmme  und  die  Befrehmg  der  Straßen  als  dringendste  Angabe.  In  Kamerun 
ist  diese  Au^be  Ton  der  dentschen  Begierung  so  gut  wie  gelflst  Wirk- 
samer noch  war  die  Yemichtnng  des  Monopols  durdi  die  Benfltsnng 
schiffbarer  Flüsse,  in  unserem  Schutzgebiete  vor  allem  des  Grofiflnsses 
und  des  Niger-BenmSw  Sie  hat  Hand  in  Hand  mit  der  gewaltsamen  Auf- 
hebung des  Küstenmonopols  der  Eingenorenen  genflgt,  um  fOr  Kamerun  die 
Vorteile  der  Schwellenlage  herzustellen. 

Es  ist  erstaunlich,  zu  beobachten,  daß  die  Gesetze  der  Kandlage  am 
Guincagolfe:  die  Erschwerung  des  Handels  durch  Urwald  und  Küsteumuuüpol  — 
so  gewaltig  trennend  wirkten,  daß  erst  im  Jahre  1902  die  Verbindung  im 
Duxchgangshandel  swischen  Tsadsee  und  Kttste  hergestellt  wurde.  In  diesem 
Jahre  erreichte  die  erste  Hanssa-B^arawane  von  Buiyo  aus  die  Küste  in  der 
Gegend  yon  BuBa.  Diese  Tatsadie  fBhrt  uns  xum  iweiten  groBen  Zuge  in 
der  politisch-geographischen  Gestaltung  von  Kamerun,  in  dem  diese  Kdome 
ebmifidls  mit  Togo  abereinstimmt:  Kamerun  liegt  mit  fast  alleiniger  Aus- 
nahme der  Urwaldzone  im  Bereiche  der  von  Norden  und  Osten  kommenden 
politischen  und  kommerziellen  ?]xpansiou  des  Muhammedanismus. 
Dadurch  wird  das  betrotfene  Gebiet  in  Kultur,  Politik  und  Verkehr  von  der 
Küste  losgelüht  und  den  nmhiunmedanischen  Staaten  des  Sudan  angeschlosseu. 
In  ununterbrochener  Kette  hat  sich  der  Islam  bis  fast  zum  Sauuaga  vor- 
geschoben und  bildet  tob  TripoUs  und  too  Nubien  ans  politische  Beihen, 
in  deren  Tre£fpankt  Deutsch-Adamaua  Hegt  Erst  in  der  jüngsten  Zeit  hat 
diese  Kultnr-Beihe  ihr  SchlufistOck  erhalten  durch  die  schon  erwihnte,  ge- 
waltsame Offirang  der  Kosten. 

■Es  ist  nicht  ohne  Bedeutung,  daß  dieses  Schlußstück  von  der  entgegen- 
gesetzten Seite  angefügt  worden  ist.  Denn  dadurch  gewinnt  die  Lage  von 
Deutsch- Adamaua  in  Verbindung  mit  der  Erschließung  des  Niger-Benuö- Weges 


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Brano  Felix  H&nieh: 


noch  mehr  an  EiiiHuß,  Es  wird  sich  hier  bei  der  Zähigkeit,  mit  der  sich 
Jahrhunderte  alte  Verhiiidiuieen  erhalten,  und  bei  der  Tatsache,  daü  nach 
der  Natur  des  Islam  die  Beziehun^^-n  zum  Xonitn  und  Osten  nie  aut'h<iren 
köaneu,  eine  ausgepriltrte  Eckla^'f  lierausbilden.  Die  drei  j^'^roßen  Be- 
wegungen, die  au  diesem  Eckpunkte  ^usammeutreifen,  sind  drei  große  Kultur- 
und  VerkehrsstraBen:  der  in  der  Hauptsache  Südwest — Nordost  verlaufende 
Niger-BeouS-Schiffiihrtsweg,  die  Nord — SOd  Terlaofeade  Tripolia*8trBße  und  end- 
lich der  Ostlieh  siefaende  Mekka* Weg.  Dafi  die  Yorteiie  dieser  Ecklage  durdi 
die  eigentSinUohe  Zwischenlage  des  deutschen  Gebietes  swischen  dem  Niger» 
Benn8-  und  dem  Logone-Schari-System  eine  frOher  ungeahnte  Verstirlntng 
erfahren,  sei  an  dieser  Stelle  nur  beiläufig  erw&hni 

Diese  Erörterungen  allgemeiner  Art  gehen  uns  die  breite  Grundlage  fftr 
die  Beantwortung  der  speziellen  Fragen  der  politischen  Geogi-aj^liie ,  die  Ka- 
merun in  seiner  heutigen  (iestalt  an  den  Kolouialpolitiker  und  Geographen  stellt. 

Kamerun  hat  an  seinen  Süd-  und  i Istgrenzen  weite  Strecken,  die  nach 
dem  l'riuzip  der  Grenz wilduis  zu  beurteilen  sind.  Wenn  wir  den  Wert 
dieser  Grenzen  untersuchen  wollen,  so  mflssen  wir  uns  yorerst  die  Anschau- 
ung SU  eigen  machen,  daB  es  astronomisch  fiestgelegte  Grenzlinien  zwisdien 
zwei  Stluiten  orqprttnglieh  nicht  gab,  und  daB  solche  Grenzlinien  nur  ejus 
Abstraktira  sind,  die  hervorging  aus  dar  Notwendigkeit,  in  hoehboTölkerten 
Kulturgehieten  die  Staaten  mathematisch  von  einander  zn  scheiden«  In  primi- 
tiven Yerhiltnissen  besteht  an  Stelle  der  Grenzlinie  ein  Grenzsvom,  ein  mehr 
oder  weniger  breites  Gebiet,  dessen  urspriiuglieher  Zweck  es  war,  die  Völker 
von  einander  zu  scheiden.  Diesen  Begriff  der  primitiven  Grenzwildnis  finden 
wir  am  klarsten  ausgeprägt,  wo  Küsten  und  Wulder  die  Grenze  bilden.  Wald- 
grenzen haben  wir  besonders  in  Kamerun.  Die  bedeutendste  ürwaldgrenze, 
die  als  „tote  Zone'^  von  mehreren  Tagemärschen  Breite  tatsftchlich  un- 
bewohnt ist  und  Ton  den  dortigen  Stimmen  als  Grenzwildnis  gemieden  wird, 
zidit  sich  von  der  Sfldostecke  Kameruns  bis  fest  dahin,  wo  die  NNW  ver- 
laufende Grenzlinie  in  eine  rein  nOrdliehe  flbetgeht.  Das  ist  politischrgeogra- 
phisch  eine  gute  Grenze.  Überhaupt  ist  der  ürwald  als  Grenzgebiet  herf<»> 
ragend  geeignet  nicht  bloß  dadurch,  daß  er  bei  seiner  schweren  Zug&nglieh- 
keit  einen  sicheren  Schutz  gewährt,  sondern  auch  dadurch,  daß  er  jede  auf 
Grenzversehiebung  abzielende  Bewegrmg  verlangsamt  oder  zum  Stillstand  bringt. 
Ausgedehnte  Urwaldgrcnzen  haben  wir  außerhalb  des  erwähnten  Gebietes 
noch  längs  der  ganzen  Südgrenze  von  Kamerun,  wo  die  Grenze  bewohnte 
Urwaldgebiete  abwechselnd  mit  „toten  Zonen"  schneidet,  femer  an  der  Nord- 
westgrenze von  Kamerun  von  der  Küste  au  bis  jenseits  des  Croßflusses,  wo 
der  Steilab&ll  des  innaafrikanisohen  Plateaus  ansetzt 

An  andern  Stdlen  unserer  Kolonie  zeigt  sich  aber  eine  Art  der  Grenz- 
ziehung, die  von  der  eben  geschilderten  wesentlich  abweicht  und  die  das 
Kennzeichen  der  Grenzpolitik  europäischer  Mächte  in  Kolonialgebieten  und 
übeihaupt  junger  Staaten  z.  B.  in  Nord-  und  Südamerika  ist.  Diese  Pdlitik 
fordert  vor  allem  eine  mathematisch  scharfe  Bestimmung  der  Grenze, 
die  nur  im  günstigsten  Fall  innerhalb  des  Grenzsaumes,  in  dem  die  gegen- 
seitige Durchdringung  der  Lebenserscheinungen  zweier  staatlichen  Gebilde 


ju,..jd  by 


Das  dentsche  Kolonialreich. 


561 


▼or  Bich  geht,  verltuft.    In  vielen  F&Uen  ist  sie  aber  gaas  willkOrlidi  ge- 

zogen.  Sie  ist  dann  nicht  die  Linie,  an  der  das  jahrtausendelange  Oegen- 
einandenvachsen  der  Staaten  za  einer  Art  stabilen  Gleichgewichts  gelangt  ist, 
sie  ist  sehr  oft  den  Landfrobicton  willkürlich  aufgezwungen  und  muß  not- 
wcndigenveise  den  geographischon  Bedingungen  des  betreffenden  Gebietes 
Zwang  antun,  kurz  gesagt:  sie  muß  ungiograpbiseh  sein. 

Es  ist  das  Ziel  fast  jeder  Grenzziehung  und  Grenzveränderung,  daß  dais 
umgrenzte  Gebiet  mit  dem  Naturgebiet  srasammenföllK  Wenn  z.  B.  der 
Bcbiflrbare  Sdiari  die  diehtberOlkerten  Linder  an  seinem  Unken  Ufer  vor  dm 
EinfUlen  der  Bag^iinni-SteppenTOlker  aehfltst,  so  adieidet  diese  natfiriicSie 
Grenze  zwei  selbstlndige  Naturgebieto  sehr  wiiAimgiroll  Ton  einander.  Wenn 
in  Nordwest-Kamerun  die  Grenze  allenthalben  über  die  Wasserscheide  in  das 
Flußgebiet  des  Benue  hinübergreift  nnd  sich  die  Flußsysteme  des  Logone 
und  des  Ssanga  im  Osten  mit  ihren  Quellgebieten  ebenfalls  weit  in  das 
dentschp  Gobiet  hinein  erstrecken,  so  haben  wir  hier  Gren/en,  die  ebpnfalls 
fest  in  der  Natur  des  Landes  begründet  sind,  sofern  sie  die  Wassers(^heiden 
nicht  nur  erreichen,  sondern  sogar  ül)er  sie  hinübergreifen.  Eine  willkür- 
liche Grenzziehung  dagegen  wird  das  Natur-  und  Lebeusgebiet,  wie  es  gegen- 
wtrtig  dnzeh  den  geographischen  Begriff  der  Landschaft  erfaßt  wird,  auf 
die  Daver  nicbt  ertragen,  wenn  dadurch  wichtige  LebenserschsinnDgen  unter- 
bunden werden.  Daraus  ergibt  sidi,  daß,  solange  die  Überrinstinunung  des 
politischen  Gebietes  mit  dem  Natuigebiete  nicht  hexgesteUt  ist,  die  Grenze 
als  vorläufig  betrachtet  werden  muß. 

Beim  Blick  auf  die  Entstehung  der  Grenzen  unserer  Kolonien  ist  es  ja 
gar  nicht  zn  verwundern,  daß  sit>  oft  den  geographischen  Bedingungen  wider- 
spreelioii.  Denn  in  sclir  vielen  Fällen  ist  die  Grenzziehung  der  geographischen 
Erforschung  vorangegangen.  Durch  Vertrag  entstandon,  bedürfen  sie  ebenso 
wieder  der  ^'erbesserung  dmch  Verti^ag  und  sind  mit  der  wachsenden  Kenntnis 
des  Erdteils  in  Einklang  zu  bringen.  Die  Geschichte  lehrt,  daß  kein  Besitz 
etwas  Endgültiges  bedeutet  Auf  dieser  Beobachtung  fuBend,  kann  der  Geo- 
graph an  der  Hand  der  Kenntnis  des  Bodens  und  des  auf  ihm  pulsierenden 
Lebens  die  zukOnfUge  Entwiokelung  der  Grenze  ▼orausflUilen. 

Es  gibt  aber  noch  ein  zweites  allgemeines  Gesetz,  dem  die  Grenze  in 
ihrer  Entwickelnng  unterworfen  ist.  Die  Grenze  ist  nicht  nur  trennendes 
Organ,  sondern  sie  ist  auch  der  Träger  d^r  von  dorn  Lebensmittelpunkte  des 
Staates  ausgchonden  politiscbon  KrUfte  an  dessen  Peripherie.  An  den  Grenzen 
erst  un<l  hier  vor  allen  Dingen  werden  diese  Kräfte  für  den  Nachbar  fühlbar. 
Es  muß  nun  dem  Staate  daran  liegen,  diese  Kräfte  in  gescblossener  Linie 
wirken  zu  lassen  ohne  Unterbrechuog  durch  Einschlüsse  und  Abgliederungen. 
Damit  hingt  das  Streben  der  Grenze  nach  Vereinfachung  zusammoi, 
das  eines  der  wiikuugsvollsten  Gesetze  der  Veittndemngen  der  Grenze  ist, 
dem  Begriffe  der  natfirlichm  Grenze  freilich  sehr  oft  widerspricht  Der 
jeweils  erreichte  Stand  der  Vereinfachung  kommt  in  den  Verhält niszahlen 
der  Grenzentwicklung  zum  Ausdruck.  Da  ist  (s  nun  froUich  ein  großer 
Vorteil  der  oben  als  ungeographisch  bezeichneten  Grenzziehungen,  daß  sie 
durchweg  sehr  günstige  Vcrhültnis/nhlon  der  Grenzentwickeluug  hervorbringen. 
Gtogrkpbifobe  Zaitaclirift.  Ii.  Jahrgang.  1»06.  10.  Heft.  38 


Digiti/Oü  by  Cjt.)0^lc 


562 


Brnno  F«lix  Hftnseh; 


Wenn  wir  Ratzels  4-Typenskala  der  gradlinigen,  der  leicht  gegliederten,  der 
stark  gegliederton  und  der  aufjjelösten  Grenze  annehmen,  so  entspncht  die 
Grenzentwickelung  unserer  afrikanischen  (i<>biete  durchweg  «len  Tvppii  1  und  2 
und  ist  auch  in  Kamenui  mit  seiner  nordöstlichen  Einschnürung  um  weit 
mehr  als  50  "/o  günstiger  als  beim  deutschen  Reiche.  Es  ist  überhaupt  ein 
Merkmal  aller  gradlinigen,  lediglich  auf  a.<;tronomiächen  Ortsbestimmangen 
bendiaiiidra  Grauten,  dafl  rie  das  G«8ets  der  YereinfuhuDg  der  Grenie  in 
einem  hohen  Grade  yerwirUiehen.  Wie  schon  erwUint,  widerspredien  sie 
aber  dem  viel  wichtigerai  Gesetie  des  Schutses.  Da  sie  in  einer  Art 
dedaktiven  Verfahrens  der  Landschaft  aufgezwungen  werden,  können  sie  auch 
nur  zufuUig  mit  den  Grenzen  des  Naturgebietes  zusammen&Uen.  Für  junge 
staatliche  Gebilde  vorläufig  genügend,  dürfen  sie  nur  als  augenblickliches 
Aushilfstnittf'l  betrachtet  werden;  und  wenn  sie  auch  durch  noch  so  viele 
guBeiserne  Grenzpfähle  festgelegt  wurden  —  die  geugrapliisrlien  Bedingungen 
werden  sich  ül)er  kurz  oder  lang  die  Freiheit  nehmen,  Korrekturen  sehr 
weitgehender  Art  an  ihnen  zu  vollziehen. 

Eines  der  wichtigsten  ErfdHPdenusse  in  der  Chrenssielnnig  ist  die  Beaoh- 
tnng  des  Bassenprinsips.  Der  ideale  Zustand,  daB  natürliche,  ethnogra- 
phische nnd  politische  Grenzen  zusammen&Uen,  daB  also  im  weitesten  Knne 
das  Naturgebiet  den  Rflckhalt  abgibt  fttr  die  pofitistdien  Grenzen,  wird  ja  nur 
selten  eintreten.  Eine  allzu  rficksichtsloso  Übergebung  der  ethnologischen 
Verhftltnisse  aber  wird  sich  in  kurzem  rächen,  während  eine  Beachtung  der 
Bassen-  und  Völkergrenzen  zu  einer  Quelle  der  Kraft  werden  kann 

Die  Frage  der  Übereinstimmung  der  politischen  Grenze  mit  den 
ethnologischen  Grenzen  wird  brennend  besonders  da,  wo  große  und 
relativ  gut  organisierte  Staatswesen  bereits  vor  der  europäischen  Besetzung 
existierten.  Das  ist  glücklicherweise  nur  in  wenigen  Gebieten  der  deutschen 
Kolonien  der  FaU.  Wo  dagegen,  wie  meist  in  Afrika,  die  Bevölkerung  in 
kleine,  yon  nnaader  unabhftngige,  einander  wohl  gar  feindliche  Stitanme  ler* 
ffllt,  ist  die  Grensziehung  weniger  schwierig.  So  ist  es  in  allen  ürwald- 
gebieten.  Die  ungeheuren  Waldlttnder  an  der  Küste  und  im  Ostlidien  Hinter- 
lande von  Kamerun  lassen  m  zu  keiner  Staatenbildung  kommen.  Kleine 
Stämme  nur,  die  ihren  Wohnsitz  auch  noch  ziemlich  oft  verlegen,  wohnen 
verstreut  in  diesen  Gebieten.  Auf  sie  bei  Festlegung  der  Grenzen  Rücksicht 
zu  nehmen,  dazu  zwingt  keinerlei  politisch-geographische  Krwägung. 

Um  ein  geringes  hölier  nur  stehen  die  Grashmdstiimme  von  Kamerun 
in  Hinsicht  auf  staatliche  Organisation.  Die  BalistUimue  z.  B.  an  der  Nord- 
westgrenze von  Kamerun  sind  zwar  jeder  für  sich  fest  geseUoesen  und 
selbstlndig,  aber  AnfSnge  Ton  Staatenbildung  finden  sich  nur  unter  dem 
Sinflusse  der  Haussasultanate  oder  zum  Zwecke  gegenseitiger  Gewihrleistung 
gesicherten  Handelsverkehrs.  Von  der  Kflste  bis  zum  7.^  n.  Br.  bedarf  alao 
die  Nordwestgrenze  von  Kamei-un  vom  ethnologischen  Standpunkte  ans  ebenso 
wenig  einer  Korrektur,  wie  die  ganze  Süd-  und  Südostgrenze  vom  Ssanga 
aus  bis  zum  4.^  n.  Br.    Ähnlich  wie  mit  den  Graalandstftmmen  in  Kamerun 


1)  Uatzel  a.  a.  0.  S.  489. 


Daa  deutsche  Kolouiulreioh. 


Ö63 


—  es  sei  nur  Tentattet,  bd  der  ErOrternng  dieser  Frage  einige  Seitenblioke 

auf  die  ethnologischen  Verhältnisse  anderer  deutscher  Kolonien  zu  tun  — 
▼evbllt  es  sich  mit  den  Graslandstimmen  von  Togo,  deu  ftlnf  selbstKndigen 
Sttnunen  am  Mittelhiufe  des  Okavango  und  endlich  mit  den  ürstämmen  am 
Rovuma  in  Deutsch- Ostafrika,  die  sich  vor  der  Sulu-Invasion  aus  dor  Nühe 
der  Seen  nach  Osten  gerettet  haben.  Bei  allen  diesen  Stämmen  bringt  es 
ein  lockerer  Zusammenhalt,  der  auch  vor  der  europäischen  Invasion  nif  den 
Charakter  des  dauernden  hatte,  Yielmehr  duich  Kriege  und  Wanderungen 
einem  mannigfiachen  Weebsel  nnterwoffen  war,  mit  sieb,  daA  ein«  iHll]ctb> 
liehe  Grenssiehmig  ohne  naditeilige  Folgen  ertragen  wird.  Und  wo  wie  am 
Daka  in  Togo,  dem  Kebenflnsse  desVolta,  dennoch  etwas  grOßere  Stammes- 
▼erUnde  zendmitten  werden,  da  glvidit  die  natflrliohe  Grenze  des  Daka- 
flvsses  den  Mangel  hinreichend  ans. 

Schwieriger  liegen  die  Verhältnisse,  wo  eine  küDfitUche,  womdglidi  allen 
geogi'aphischen  Schutzes  bare  (u-enzo  Gebiete  durchschneidet,  in  denen  ein 
großer  Stainiii  nut  auögesjirocheneni  Zusammengehörigkeitsgefühl  und  zweifel- 
los kriegerischen  Eigonsrliaften  sitzt.  So  ist  es  hei  den  Masai  und  bei  den 
Ovambo.  Das  Seniiteuvolk  der  Masai  mit  seiner  Kultur,  die  weit  hinaus- 
geht über  die  Leistungen  der  benaehbarten  Negerstämme  und  über  das,  was 
man  von  einem,  nomadiiäerettdeD  HirtenTdke  Teimutet,  bat  in  seinem  halb 
hierarohisdien  Einheitsbewußtsein,  in  snnem  auf  rellgiSsen  Überlieferungen 
beruhenden  Nationalstolze  einen  festen  Halt,  der  durch  kriegerisdie  Eigen- 
schaften noch  erhöht  wird.*)  Dazu  kommt,  daß  ihr  Gebiet,  die  Masaisteppe, 
eine  physikalisch  einheitliche  nnd  gleichartige  Landschaft  darstellt  £s  heißt 
den  ethnologischen  und  geographischen  Grundlagen  Gewalt  antun,  wenn 
dieses  Volk  und  sein  Gebiet  durch  die  deutsch -englische  Grenze  gradlinig 
durchschnitten  wird 

Ähnlich  verhalt  es  sich  mit  der  Ovambogrenze.  Das  Gebiet  der 
Ovambo  in  Deutsch- Süd westafrika,  eines  kriegerischen,  durch  ein  festes 
Stammesgefüge  ausgezeichneten  Bantuvolkee,  ist  durch  eine  linealische  Grenze, 
die  alles  geographischen  Schutzes  entbehrt,  ohne  Bficfcsiditnahme  auf  die 
StammessugehOriglrait  in  zwei  Hallten  geteilt  80000  Ovambo  wohnen  auf 
pwtngiesischem,  50000  auf  deutsdmn  Boden.  Sie  haben  die  Macht  der 
europAischen  Waffen  bisher  kaum  geftthlt  und  sind  in  der  Tat  noch  unab- 
hängig. Nur  durch  eine  geroeinsame  Operation  der  beiden  Grenzmächte 
können  diese  Stfimme  imterworfen  worden,  und  auch  dann  wird  bei  jeder 
auf  einor  Seite  entstehenden  Verwickelung  die  andere  Seite  zum  Asyl  und 
Ansriistung.sdcjiuL  der  Empörer  werden  —  eine  nie  versiegeinic  (.,)uclle 
kriegerischer  Verwickelungen  und  deshalb  eine  ständige  Getahr  fiir  das 
hoffnungsvolle  Hinengebiet  von  Otavi  und  Tsumeb. 

Zu  emer  politisch  bedenklichen  HOhe  steigern  sich  aber  ethnologisch 
die  Grenzprobleme  in  Kamerun.  Es  wurde  schon  ausgefthrt,  daß  die 
eigentOmlichen  LageTcrhftltnisie  von  Kamerun  eine  Spaltung  der  Kolonie 
bedingen  in  das  vom  Meere  abhftngige  Küstengobiet  und  in  das  Gebiet  mit 


1)  Merker.  Die  Maeu.  Berlin  1904. 

88* 


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664 


Brnno  Felix  Hänsch: 


b«h«meh0Dd«>  Eckltge  im  Nordosten.  Die  Trenmugstaideiut  der  Bandlage 
9m  Gvineagolf  wird  ▼erstixU  durch  die  Kultnrbesiehttiigeii  des  nflrdlidieii 
Teils  der  Kolonie  zum  mittelmeerischen  und  arabisehen  Unhammedanismas. 

Ethnographisch  und  politisch  fällt  dies«  Kulturgrenze  zusammen  mit  der 
Grenze  zwisclifn  den  stark  mit  Sudannegerblut  vermischten,  islamitischen 
Völkern  der  Fulh»'  und  Haussa  f^inci-seits  und  den  von  ihnen  mehr  und 
mehr  nach  Süden  zurückgodriingten  htidnisehen  Bantunegern  andrerseits. 
Die  Haussabesiedlung  ist  älter  und  hat  sich  friedlich  unter  den  Formen  des 
Handels  vollzogen.  Sie  hat  diesen  Charakter  bis  heute  bewahrt.  Die  Fulbe- 
inrasioii  trSgt  die  Form  kriegerischer  Erob«niiig.  Dedialb  sind  Fulbe  liberall 
die  politischen  Machthaber,  Haussa  die  Triger  des  Großhandels,  und  swiadien 
ihnen  wohnen  die  Beste  der  unterworfenen  Heidenstfmme. 

Das  Ergebnis  dieser  Bewegungen  ist  die  scharfe  Völkergrenze,  die 
quer  durch  Kamerun  zieht:  nördlich  und  östlich  mächtige  islamitische  Beidie, 
die  zeitweise  vom  Kaiser  von  Sokoto,  spftter  von  Babeh  abhAngig  waren; 
südlich  die  StainmesL'ehiete  der  Bantuneper. 

Zu  jenen  von  Sokoto  ahliiingiL'en  Keiilieii  g<'hörte  auch  IJomu  am  west- 
lichen Tsadsee  mit  seinem  Yasalleiistaate  Adaniaua  am  Oberlaufe  und  sudlich 
des  Benut'.  Der  üurrseher  von  Adamaua  hatte  seinen  Sitz  in  Yola  und 
fahrte  den  Titel  eines  Emir  von  Tola  uad  Adamana.  Durch  die  deutsch- 
englisch-franaOsisdien  Grensvertrilge  sind  Bwmi  und  Adamaua  unglanUich  vor* 
stfimmelt  worden:  viw  Sultanate  vom  alten  Bomnreiche:  Dikoa,  Golfei, 
Logone,  Handara,  lisgen  auf  deutschem  Gebiete.  Ton  den  Sultanaten 
Adamaua.s  liegen  neun  ganz  oder  teilweise  auf  deutschem  Boden:  Mama, 
Garua,  Bubandjidda,  Ngaumdere,  Tibati,  Banjo,  Gaschaka,  Kontscha,  Tschamba. 
Somit  dehnt  sich  Adamaua,  die  Ober-  und  Mittelläufe  der  linken  Benue-Neben- 
flüsse  abschneidend,  bis  zum  Kat.sena- Allah  und  zu  den  Baliländem.  Hier 
liegt  das  Sultanat  Takuni  auf  enu^lisehen»  (ifhicte.  In  Mittel-Kamerun  ist  die 
Fulbe-Invasion  bei  den  Wute-  und  Tikkarstilmmen,  deren  Hauptstadt  Ngaml>e 
vom  Sultan  von  Tibati  10  Jahre  vergeblich  belagert  wurde,  etwa  am 
6.^  n.  Br.  zum  StiUstand  gekommen.  Westlieh  davon,  in  Bamnm,  erreicht 
sie  in  einem  schmalen  Zipfel  fast  den  5.  und  OsÜich  in  Ngaumdere  am 
Kadeil  sogar  den  4.^  n.  Br.  Sie  reicht  hier  fistlich  Ins  an  den  mittleren  und 
oberen  Ssanga  heran.  Man  kann  also  im  allgemeinen  mit  einer  Linie  Tom 
Kat6ena*Allah  zum  Kadel  die  Südwestgrenze  der  Fnlbe-Invasion  ansetzen. 

Nirgends  ist  mit  den  urspininglichen  politisch-ethnographischen  Verhält- 
nissen so  unerhörter  Spott  getrieben  worden  wie  hier:  die  Hauptstadt  des 
Reiches  Adamaua  mit  einem  verhältnismäßig  kleinen  Teile  des  Territoriums 
haben  die  Engländer  losgetrennt  und  haben  damit  das  Gebiet  ihres  alten 
uatiiilichen  Zentrums  beraubt.  Südlich  des  10.*'  aber  haben  die  Fran- 
zosen einen  Teil  von  Adamaua  besetzt,  so  daß  an  dieser  Stelle  eine  unnatOr- 
liche,  politisch  und  ethnographisch  widersinnige  Einschnfirung  unseres  Besities 
entsteht  und  eine  nneihSrte  Verschlechterung  onserer  Grsnien.  Sidier  wird 
sich  die  wiUkfirliche  Trennung  historisch  und  kulturlieh  cnsammengehOriger 
Gebiete  einmal  blutig  rikhen.  Und  wenn  auch  die  deutschen  Adaraaua» 
Sultanate  jetzt  erleichtert  sind  vom  Drucke  Babehs  und  befreit  sind  aus 


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Dfti  deutsche  Kolonialreich. 


565 


ihrer  Abblngigkeit  you  Tola  und  Enln,  so  wird  dennoch  dar  Zwang,  der 
einem  alten  Staatengefllge  hier  angetan  wurde,  unt  noch  su  schaffen  machen^ 
wenn  eist  einmal  die  alten  Wanden  der  Herrschaft  Babehs  yOllig  yeniarbt  sind 

und  wenn  die  europaische  Verwaltung  mit  erhöhten  Forderungen  an  die  dortigen 
Sultanate  wird  herantreten  müssen.  Das  Deutsche  Reich  muß  deshalb  schon 
heute  alles  tun,  um  diese  mißhandelten  Oebiete  zu  sichern  und  die  politische, 
ethnographische  und  geographische  Sebpidelinie,  die  das  Kamerungebiet  quer 
dnrchziehi,  durch  großzügige  Erschlicllungsmaßnahmpn  wirkungslos  7\\  machen. 
Sehr  energisch  weist  Ratzel  auf  die  Gefahren  hiu,  die  in  solcheu  trenneudeu 
Innieo  liegen:  „Eine  Unge  Politik  wird  damadi  streboi,  die  ethnischen 
nnd  socialen  Oegensitie  in  einem  Staate  nidit  allsu  geographisch  werdm  su 
an  lassen,  um  ihnen  nicht  dUe  Kraft  sniuffthren,  die  sie  ans  der  Verhindiug 
mit  dem  Boden  in  gefährlichem  MaBe  liehen  könnten.** 

Für  die  hier  ausgesprochene  Mahnung  und  Forderung  ist  es  yon  ent- 
scheidender Bedeutung,  daß  die  wichtigste  Lebenserscheinung  eines  staatlichen 
Gebildes,  der  Handel,  in  Kamerun  fast  völlig  von  der  Kraft  dieser  nordwest — 
südöstlichen  Scheidelinie  getroffen  wird.  Die  citreritüralichen  Verhältnisse  des 
Randgebietes  nnd  die  Invasion  des  Islam  hahen  es  vermocht,  das  ganze  XO- 
Hiuterland  von  Kamerun  mit  seiner  khi.ssisclien,  ilrei  Wege  beherrschenden 
Ecklage  von  dem  Guineagolf  loszureißen  und  dem  Mittelmeere  bez.  dem  Nil- 
gehiei  anangliedein.  Es  hilft  gar  nichts,  zu  sagen,  die  Öffnung  des  Kiger- 
Benn0  werde  den  TripoUs-Kmdel  vemiehten.  Das  wird  sie  sicher  nichtt 
Schon  der  religiösen  Besiehnngen  des  Islam  smn  Korden  nnd  Osten  wegen  I 
Gegenwärtig  kommen  jährlich  noch  viermal  gewaltige  Karawanen  von  Mpolis 
nach  Gama,  Dikoa,  Madagali,  Gulfei,  ja  sie  gehen  von  da  noch  weiter  nach 
Baghirmi  und  Wadai.  Es  ist  erstaunlich  zu  sehen,  mit  welcher  unglaub- 
lichen Zähigkeit  solche  alte  Handelsverbindungen  sich  erhalten.  Schon  Rabeh 
hatte  einmal  versucht,  diesen  alten,  wahrscheinlich  bis  in  die  Römer/eit 
zurückgehenden  Handelsweg  zu  verlegen,  die  räuberischen  Tuaregs  haheit 
jahrelang  den  Verkehr  auf  dieser  Straße  verhindert,  aber  immer  pendelt  der 
Karawanenhandel  ins  alte  Gßsia  nurttdc.  Und  so  zeigt  sich  uns  das  eigen- 
tflmliche,  nnerhörte  Bild,  daS  Warm  vom  Ifittelmeere  auf  einem  in  Luft- 
linie gemessen  1700  km  langen  Wege  in  Dentsch-Adamaua  gewinnbringend 
abgesetit  werden,  wihrend  dieses  Gebiet  von  der  400  km,  ja  in  seinem  söd- 
lidien  Teile  nur  200  km  entfernten  Kfiste  vollständig  losgelöst  erscheint. 
Wenn  wir  einmal  diese  Entfomnngen  auf  heimische  Gebiete  übertragen,  SO 
bedeutet  das  so  viel,  als  wenn  die  sächsische  Textilindustrie  ihre  Rohbaum- 
wolle statt  über  Hamburg,  das  wir  uns  von  einem  bei  weitem  nicht  bis 
Berlin  reichenden  Urwaldgürtel  abgeschlossen  denken  müßten,  auf  dem  Land- 
wege durch  Karawanen  von  Konstantinopel  heranschaffen  ließe.  Nur  der 
gewaltige  Wert  der  ursprünglich  auf  dieser  Straße  bewegten  Handelsgüter, 
SklaTon  und  Elfenbein,  yermag  die  Entstehung  dieses  Handelsweges  su  eridftren. 

Es  sdieint,  da0  die  politisch  klugen  Englinder  sehr  bald  die  wichtige 
Stellung  von  Dentsch-Adamana  im  Sndan-Handri  erkannt  haben.  Denn  schon 
ist  dieser  &ndel  zum  Gegenstand  von  EiferstUditdeien  geworden.  Es  be- 
durfte eines  energischen  Fratestes  des  Gonvemements  Ton  Kamerun,  nm  die 


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566 


Bruno  Felix  H&nsch: 


Xngllnder  an  einer  SpezruDg  der  deuteohen  Grenze  fOr  die  ans  Borna 
kommenden  Karawanen  zu  hindern.  Diese  englischen  Bemühungen  zeigm 
uns  klar  unsere  Ptlicht,  die  Augen  an  jenen  völlig  nngeschatzten  Grenx- 
streoken  daucrud  offen  zu  halten. 

Im  Haussahandel  liegt  die  schon  in  Togo  beobachtete  Tendenz,  nach 
Süden  iu  die  Gebiete  der  Bantu  vorzudringen.  Die  Händler  sind  als  eine 
Art  Vorläufer  der  politischen  Besetzung  durch  die  Fulbe  anzuBehen.  Im 
Wnteland,  nOrdlich  des  Sannaga,  treffen  sich  die  Hanssahlndler  und  die  Ton 
Sflden  kommenden  Oabonnlente.  Dodi  beide  leiten  den  Handel  dieser  Qeibiete, 
die  bereits  sfldlieh  des  6.*  liegen,  Aber  Tannde  stur  Küste.  Weiter  westlidi 
rmdit  der  KolanuAhandel  in  großen,  regelmäßigen  Karawanen  bis  zu  den 
Bafnt.  Von  Ibi  am  Benue  aus  dringt  der  Handel  der  Lngos-Leute  ebenfalls 
etwa  bis  zum  vor.  Die  Quellgebiete  des  Katsenu-AUah  bilden  demnach 
wie  die  ethnologische  so  auch  die  Südgrenze  der  Handelsbeziehungen. 

Im  Osten  reicht  die  Hamlelsgrcnze  etwas  weiter  nacli  Süden,  Hand  in 
Hand  mit  der  politischen  Behensclmng  dieser  Gebiete  durch  das  Sultanat 
Ngaumdere,  zu  dem  auch  Bertua  als  ^  asallenstaat  gehört.  Die  Haussahandler 
ans  Adamana  und  die  Händler  der  Südkamemn-Gesellschaft  treffen  sich  in 
ein^m  Streifan  vom  2.  bis  snm  5.'  n.  Br.  Wihrend  aber  die  Bfldkamerun- 
Gesellschaft  nach  dem  Seanga  nnd  zur  Kttste  exportiert,  sehaffen  die  Hanssa 
die  Waran  nach  Ngaumdere  oder  —  sum  kleinen  Teile  —  auf  firanaOsisches 
Gebiet,  so  daß  also  die  Landschaften  des  Eadel  audi  in  handelspolitischer 
Hinsicht  eine  Scheidelinie  zwischen  Xor<l-  nnd  Süd-Kamerun  bilden.  Die  geo- 
graphische, ethnologische  und  politische  Sonderstellung  von  Deutsch-Adamaua 
und  Deutsch-Sudan  wird  durch  diese  vom  Katsena-Allah  zum  KadeY  ziehende 
HandelsgTcnze  ganz  wtstntiich  verstärkt,  und  diese  Sachlage  wird  sich  auch 
dann  nicht  lindern,  wenn  ja  der  Tripolis-Handel  in  seiner  abschwächenden 
Tendenz  verharren  sollte. 

Bei  all  diesen  auf  Trennung  absieHendm  VMaatea  ist  bisher  nSmÜdi 
ein  Zug  in  der  geographischen  Gestaltung  von  Eamemn  unberflcksichtigt  ge- 
blieben, der  die  Frage  der  Einheitlichkeit  der  Kolonie  entscheidend  macht: 
der  Niger-Benoff-Schiffshrtswsg  and  sein  Verhältnis  sum  schiffbaren  Bchari- 
system.  Der  für  die  internationale  Schiffahrt  freie  Niger-Benutf  kann  bis  ins 
deutsche  Gebiet  hinein  befahren  werden.  Er  wird  also  ganz  gewiß  einen 
Teil  der  Funktionen  des  Tripolis-Handels  übernehmen  und  deshalb  auch  beim 
Nachlassen  dieses  Handels  die  googiaphische  Treunuugsliuie  nicht  zum  Ver- 
narben kommen  lassen.  Fr<  ilagerpliit/.e  am  Benue  und  Niger  sowie  an  der 
Nigermüudung  werden  dem  Handel  von  Adamaua  dienen,  nicht  aber  der 
einheitlichen  Entfaltung  der  wirtschaftlichen  Kräfte  der  Kolonie.  Das 
kann  nur  eine  so  rasch  als  mOglidh  nach  Garua  gebaute  Bahn.  Diese 
Bshn  ist  Lebensbedingung  fOr  die  Kolonie. 

Und  nun  der  Logone-Schari!  So  trefflich  die  deutsehe  Position  ist, 
▼ermOge  deren  das  deutsche  Boich  bei  einer  zukünftigen  Verbindung  des 
Benn6  mit  dem  Logone  gewissermaßen  die  Brückenköpfe  beherrscht,  so  sehr 
wird  sie  geschädigt  dadurch,  daß  Frankreich  in  dieses  System  entlang  dem 
10.**  n.  Br.  einen  Keil  hineingetrieben  hat,  indem  es  die  Tuburisümpfe  und 


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Das  deatsche  Kolonialreich. 


567 


den  oberen  Maokebln  beeetsta.  Die  Gamababn  wflrde  deabalb  ibre  natflr- 
lidiste  Fortsefamng  finden  in  einer  Bahn,  die  auf  dem  kttrseiten  Wege  nOrd« 
lieh  des  10.®  den  eohiffbaren  Logone  enreieht  Eine  solche  Bahn  würde  in 
Yerbindmig  mit  dem  Logone-Schari  den  Twdiee  tatrtdilieh  enehliefien.  Sie 
wflrde  den  ganzen  Tsadsoo-Handel  durch  deutsches  Gobiet  leiten.  Sie  würde 
ein  reicbbevölkertes  Land  am  IjOgone  und  Schani  dem  eoropKischen  Handel 
offnen.  Sie  würde  das  tVanzösis>che  Gebiet  abhänoifr  machen  vom  deutschen; 
denn  der  Weg  über  deu  Kontr<i  betrügt  ö  Monate.  Sie  würde  voll  und 
ganz  im  Dienste  politisch- geographischer  Gesetzmäßigkeit  stehen,  indem  sie 
die  politische,  ethnologische  und  handelspolitische  Biuuengrcnze  quer  durch 
Kamerun  j^nicht  allzu  geographisch  werden"  ließe.  Sie  würde  dem  deutschen 
Adamana  xn  den  Vorteilen  der  froher  gesdiilderten  Ecklage  andi  nodi  die 
&ftfle  vorleihen,  die  ein  Schwellengebiet  politisch  so  einflofireich  machen. 
Darum  eavcatU  consulrs.  Höge  Eirehhoff  Recht  behalten,  wenn  er  anf 
dem  deutschen  EoIonialkongreS  sagte:  „ä&s  muß  ein  Zusammenströmen  werden 
von  Waren  aus  dem  Syrte-Golf  und  Guinea,  aus  Amerika  und  Europa." 

Die  Notwendigkeit  einer  solchen  verkehrspolitischen  Maßnahme  wird 
noch  verstärkt  dadurch,  daß  auch  in  anderen  Teilen  von  Kanieriin  die 
Neigung  vorliegt,  daß  sich  die  wirt.schaftlichtMi  Kräfte  zer.splittcrn  und  nicht 
der  Kolonie  selbst,  sondern  den  Nachbarkolouien  zu  gute  kommen.  Es  ist 
fast  als  eine  Art  Duplizität  der  Ereignisse  zu  betrachten,  daß  sich  dasselbe 
Bild,  das  gegenwärtig  die  Terkehrspolitiadien  Verfaftltnisse  des  Benn6  bielen, 
am  Croßfluue  wiederholt.  Diese  inr  Regenzeit  gut  branchbare  Sdiü&hrts* 
ader  lenkt  den  Handel  der  Nordwest-Kamemn-Gesellschaft  fiber  das  englisdie 
Gebiei  Die  Waren  gehen  unter  Zoll  nadi  Old-Oalabar  und  werden  TOn 
dort  direkt  nach  Europa  verschifft. 

Weit  größer  aber  ist  das  Gebiet,  das  im  Südosten  durch  den  schiffbaren 
Ssanga  an  den  Kongo  angeschlossen  ist  Bis  Bertua  und  Babang  dringt 
der  Hnnd»-1  d'-r  Ngoko-Station  vor,  trotzdem  iler  Kongo-Weg  durchaus  keine 
güustig*'n  Vtrkehrs Verhältnisse  bietet.  Die  Post  braucht  von  Europa  zur 
Ngoko-Statiou  über  den  Kongo  50  Tage.  Die  Fracht  von  dieser  Station  aus 
nach  Matadi  beträgt  viermal  soviel  als  die  Trttgerkosten  zur  Kfiste;  und 
deonodi  betmg  der  Handel  Aber  den  Ssanga  1901  und  1903  je  nngefthr 
Vt  UilL  M.  Das  QouTemement  ist  eifrig  bemtiit,  diesen  Ebndel  über  die 
Kllste  zu  leiten.  Schiffbare  Flnfistreeken  besonders  des  Njong  nnd  Dja 
werden  solche  Bemühungen  imterstützen.  In  Yerbindnng  mit  Stich-  und 
Umgehungsbahnen,  die  simtUch  als  Kleinbahnen  zu  bauen  sind,  werden  diese 
Flußsobiflahrtsstrecken  unser  tropisches  West -Afrika  südlich  der  großen 
Binnengrenze  zu  einem  idealen  Wirtschaftsgebiete  zusammenschließen. 

(Schluß  folgt.) 


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568 


Th.  Arldt: 


C^rindgesetie  ies  EHnlietB. 

Von  Th.  Aildt. 

Sehr  früh  schon  hat  man  versucht  eine  Gesetzmäßigkeit  in  der  Ver* 
teUnng  der  Element«  des  Erdreliefs  anfzufinden:  es  waren  besonders  die  Kon- 
tinente,  Meere,  Inselzüge  und  Gebirge,  die  man  dabei  im  Auge  hatte.  Der 
ente  Tenudi,  eine  solche  B^el  aufiniftellen,  Ton  dem  wir  Keontius  haben, 
ist  der  des  Dikiareh  Ton  Menana,  der  um  320  t.  Chr.  im  Blof  'EUadog 
die  Behauptung  auiktellte,  daß  eine  oetwestlicb  verianfende  Hanptlinie  auf  der 
Erdoherfläche  deutlich  hervortrete.  Er  zog  sie  von  den  Säuleu  des  Herkules 
über  Sardinien,  Sizilien,  den  i'eloponnes,  Karien,  Ljkien,  Paraphylien.  Kilikieu, 
den  TauriH  nach  dem  Imausf,'r'birge  in  Inner- Asien,  so  daß  sie  <t\va  dem 
37.  I'jiruUelgrad  cnt.sprach,  wenn  auch  Sardinien  um  droi  (Jrad  nördlicher, 
(Jilirultar  um  einen  (irad  südliiher  liegt.  Auch  Eratostheues  .stimmt  in  seinem 
großen  Werke  rtotyga<f  ituc  dieser  Ansicht  bei  (etwa  200  v.  Chr.),  Nach  ihm 
verlinft  in  dw  Breite  von  Rhodot  (86*  n.  Br.)  qaer  dnrdi  Ainen  ein  mäch* 
tiger  Gebirgssng:  Taurua — Parapanisos — Imans,  eine  Ansicht,  der  auch  noch 
Ptolemftns  (etwa  160  n,  Chr.)  in  seiner  nny^a^pm^  ^^n^yi^ttg  hnldigt  Von 
ihm  ist  jedenfalls  der  arabische  Gelebrte  AI  Bimni  (f  1038  n.  Chr.)  bo- 
einflußt  worden,  nach  dessen  Ansicht  das  chinesische  und  tibetanische  Hoch- 
land, die  turkestauischen  Ketten,  der  gebirgige  Nordrand  von  Iran,  die  Alpen 
nnd  die  Pjrenllen  gewissermaßen  die  Wirbelsäule  der  Erde  bildeten. 

Als  sich  dann  die  iieopraphischen  Kenntnisse  weiter  aushreitettn,  erkannte 
man,  daß  man  mit  einer  Hauptrichtung  oder  mit  einem  Hauptgebirgs/.uge  nicht 
ausreichte,  und  Überzug  in  Folge  davon  die  Erde  mit  einem  Netze  von  Berg- 
meridianen und  Bergparallelkreisen.  Als  erster  tat  dies  der  Jesuit  Athanasius 
Kireher  in  seinem  Mundtu  nMemmeuf})  Nach  ihm  verlaufen  die  beiden 
Gebiigsitysteme  meridional  und  ftqoatorial.  Die  ersten  sind  die  Hauptzfige. 
Der  eine  Meridiankreis  fBhrt  vom  Nordpol  durch  Ifittel-Europa  und  Afirikn 
zum  Südpol  nnd  kehrt  dann  über  ^e  Anden  und  die  westamerikanisdiai 
Gebirge  nach  dem  Nordpol  zurück,  der  zweite  führt  durch  Asien  und  zwar 
durch  Vorderindien  hindurch.  Senkrecht  dazu  verlaufen  die  weniger  wichtigen 
drei  Gebirgsparallelen.  Wo  sich  beide  Systeme  kreuzen,  entstehen  Oebirgs- 
knoten  wie  die  Alpen  und  die  afrikanischen  Gebirge.  Auch  na(  h  Buffon-  i 
folgen  die  GebirLre  teils  den  Meridiatieti,  teils  den  Parallelkreisen.  So  soll 
sich  z.  B.  der  Alpenzug  in  äquatorialer  Hichlung.  von  Spanien  bis  China 
erstrecken.*)  Während  aber  Buffon  anfangs  annahm,  daß  in  der  östlichen 
Hemisphäre  die  kquatoriale,  in  der  westlidien  die  meridiimale  Baohtnng  Tor> 
herrsche,  nimmt  er  später  flir  alle  Hanptgebiige  die  Nord — Sfid-Kehtung  an 
und  betrachtet  die  Iquatorial  geriehteten  als  Nebengebirge,  kommt  also  sa  den- 
selben Grondanschanungen  wie  Kiiober.  26  Jahre  spiter  flOnrte  Qatterer*) 

1)  A.  Kircher.  Muudus  enblerraneus.  Arasterdam  1678.    I.   8.  69ff. 

2)  Buffon.  Historie  naturelle.  Paris  176U.   I.    S.  207—211. 
8)  Ebda.  8.  S19. 

4)  Oatterei;  AbiiA  der  Geogx»phie.  Güttingen  im.  8.  91-111. 


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Graadgesetze  des  Erdreliefs. 


569 


Buffoiu  Ideen  kooBeqnent  dnieb,  indem  er  ein  voUrtlndiges  Gebiigsnets  ent- 
warf, nach  dem  man  sich  sollte  orientieren  kOnnen.  Sein  Bergftquator  fiel 
aber  nicht  mit  dem  RotationsSquator  zusammen,  es  war  dies  schon  ein 
wesentlicher  Schritt  über  den  ursprünglicbpn  einfachen  Schematismus  hinatis. 
Dieser  Bergüqiiator  schnitt  die  Andon  bei  2U''  s.  Br..  führte  iil)pr  Kap  S.  Koque, 
Femando-Noronha,  Kap  Venlf  zu  den  „Mondgebirgen".  Dann  schnitt  er  den 
Nil  und  berülirte  Suez.  Weiterhin  rechnete  Gatterer  ihm  zu  den  Sinnig 
liibanoü,  Erdscbias,  Ararat,  die  NorUgebirge  von  Persien,  Altai,  das  Jablonoi- 
und  Staoowoigebirge.  Es  war  dieaer  Bergäquator  also  durohans  kein  größter 
Erna.  Den  ersten  Bergmeridian  bildeten  die  westamerikantBcben  Gebirge  von 
der  Vagalbaea  Strafie  Ober  Panama  bis  smn  Mt.  Elias,  dem  auf  der  anderen 
ErdblUte  der  Zng  der  Gebirge  von  Waigatiefa  ftber  den  ünl  and  Inner- Asien 
naeh  der  Halbinsel  Malakka  entsprach.  Ein  ähnliches  Sjston  wie  Gatterer 
stellte  auch  Lehmann  auf  Ebenso  schloß  sich  an  das  erste  Kant'i  an, 
der  besonders  betonte,  daB  sich  die  Gattererscben  Meridiane  und  Parallelen 
hftofig  unter  reclitcni  Winkel  durchkreuzten. 

In  neuerer  Zeit  hat  M.  Bertrand')  eine  ähnliche  Ansicht  vertreten,  nach 
der  auf  der  Erde  zwei  sich  rechtwinklig  schneidende  Scharen  von  Linien zü^'cn 
vorhanden  wären.  Der  Pol  der  einen  läge  auf  der  Patrik-Insel  im  arktischen 
Arddpel  Nmdamerikas.  Eine  Rmbe  anderer  Yersncbe  knflpfoi  nnr  an  den  Erd* 
Iqnator  an,  der  nach  ihnen  auf  der  Erdoberfliche  wandert  Die  Gebirge  geben 
danach  alte  Lagen  des  Äqnaton  an.  Solche  Versaebe  stammen  v<m  Boucbe- 
porn"),  Klee*)  und  in  neuerer  Zeit  von  Kreichganer.')  Der  erste  nimmt 
dabei  14  größte  Kreise  an,  also  14  alte  Hauptlagen  der  Erdachse.  Eine  be- 
sondere Bedeutung  beansprucht  die  Hervorhebung  einer  Hauptlinie  des  Erdreliefs, 
nämlich  des  niittelmeerischen  Gürtels,  die  Green*)  durch  innere  Gezeiten  de«; 
Erdballs  zu  erklären  versucht  hat.  Gleiches  tut  in  einer  neueren  Verritlcntlicbunj^' 
Emerson' I,  der  gleichzeitig  darauf  hinweist,  daß  der  mittelmeerisehe  (nlrtel 
parallel  einem  größten  Kreise  verläuft,  der  den  Äquator  unter  23,5''  schneidet, 
dessen  Pol  demnach  auf  dem  Polarkreise  und  zwar  in  der  NShe  der  Beriug- 
straBe  liegt  In  diesem  grOAten  Krsise  sieht  Emerson  den  alten  Erdlqaator, 
und  da  dessen  Neigung  aum  jetaigen  gerade  g^eadi  der  Schiefe  der  EUiptik 
ist,  so  liegt  der  Schluß  nahe,  daß  damals  die  Erdachse  senkredit  auf  ihrer 
Bahn  stand.   Dann  kulminierte  aber  die  Bonne  jahrans  jahrein  Uber  diesem 


1)  Kant.  Physikalische  Geographie.    1802.    II,  2.  Abt.   S.  8—18;  62—67. 

2}  M  Bertrand,  La  chaine  «Ich  AIi)eH  et  la  formation  <la  continent  europt'en. 
18S7.  —  Sor  la  distribution  güograpbi<^ue  des  rochea  eruptives  en  Europe.  1888  — 
Boll,  de  la  See.  Geol.  de  Fraoce.  wol.  SO.  18M.  S.  164. 

8)  Boncheporn.  I%tndea  sur  rhistoiie  de  la  terre.  184S. 

4)  Klee.  Der  Urzustand  der  Erde  1846. 

6)  Kreichgauer.  Die  Äquatorfrage  in  der  Ge<dogie.  1902. 

<)  W.  L.  Green.  Veetiges  of  the  noltea  globe,  a»  ezbibited  in  the  figore  of 

the  earth*S  volcam'c  actiou  and  i)hypiograpby.   L  London  187ö.    II.  Honolnlu  1887. 

7)  Emerson,  Ii.  K.  The  Tetrahedral  Earth  and  Zone  of  the  lutercontinental 
Seas.  Bull.  Geol.  Soc.  Am.  t.  11.  lUOO.  S.  61— »6.  Vergl.  hierzu  auch  Axldt.  Die 
Gestalt  der  Eide.  Beitr.  a.  Geophysik.  Bd.  VII.  8.  1906.  8.  S86— SM  mit  Karte 
der  Entwicklcmg  des  Erdxelieft. 


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670 


Th.  Arldt: 


größten  Kreis  und  die  Sonnenflut  muBto  hier  ihr  Maximiun  erreichen.  In  einer 
Zeit,  in  der  die  Erdkruste  noch  dünn  war,  mußte  diese  demnach  von  dm  6e« 
Zeiten  des  Mag^nias  auf-  und  niedorgebopon  werden  und  schlipßliili  brechen, 
wie  ein  oft  ),'<^bogener  Drabt.  In  Folge  dessen  kam  die  Erdkriistf  nicht  daza, 
sifb  hier  völlig  zu  verfestigen,  die  alte  Aijuatorzone  blieb  ein  Schwäehegebiet 
mit  heftigen  tektouischen  Störungen,  Faltungen,  Brüchen,  beckenförmigen  Ein- 
brüchen von  großer  Tiefe,  Vulkaneruptionen  und  Erdbeben,  auch  als  sich  die 
Erdachse  in  Folge  später  m  erOrterader  ürsaoben  Tenchoben  hatte,  denn 
jetat  kulminiert  die  Sonne  am  lingsten  in  der  Nlhe  der  Wendekreise.  Die 
Umrandung  des  Orofien  Oseans  liegt  sehr  nah«  einem  der  hiemaeh  ansu- 
nehmenden  alten  ^feridiane  und  zwar  gerade  dem,  der  durch  den  Schnitt* 
punkt  des  alten  und  des  neuen  Äquators  in  der  Nfihe  der  Galapago8*Insela 
verläuft,  einer  Linie,  die  auch  nach  Kiththofens  Studien  in  Ost- Asien  eine 
wichtige  RoHp  spielt.')  In  diesor  Ansicht  Kmersons  müssen  wir  jedenfalls 
das  bemerkenswerteste  Kesultat  des  Vergleichs  tektonischer  Elemente  mit 
Meridianen  und  Parallelkreisen  sehen,  zumal  sie  nicht  bloß  Tatsachen  fest- 
stellt, sondern  diese  auch  genetisch  zu  begründen  sucht. 

Wir  wradeo  uns  nun  einigen  weiteren  Anaichteii  m,  die  ebenftlls  ein- 
ander krenxende  Sjateme  annehmen,  dabei  aber  vorwiegend  die  Baditang 
betonen,  es  rind  gewissermaßen  lozodnmiiaehe  Ansiehtm  gegenOber  dem  soletst 
besprochenen  orthodromiadiea,  mit  denen  sie  gemeinsam  auf  der  Gnmdlage 
von  Kircher  und  Buffon  ruhen.  Als  erster  sei  Ebel^)  genannt,  der  noch  an 
die  alten  Ansichten  vom  ostwestlichen  Verlaufe  anknüpft.  Daneben  nimmt 
er  aber  als  zweite  Hauptrichtunt,'  dio  nordöstliche  nn.  Eine  'ähnliche  An- 
sicht vertritt  naeli  ihm  auch  lireishuk.^)  Dagegen  hat  Humboldt*)  die 
Ansicht  vom  rnjuatorialen  Verlauf  der  Llebirge  aufgegeben.  Er  vertrat  die 
Annahme,  daß  die  Gebirge  mit  der  Erdachse  Winkel  von  45° — 52*'  bildeten, 
also  nordöstliche  oder  nordwestliche  Richtung  hätten.  Auch  Buch^)  vertrat 
eine  Ähnliche  Ansicht  und  erweiterte  sie  noch  durch  die  Annahme,  daB 
parallele  Geburgszüge  gleichaltrig  seien,  eine  Annahme,  die  sich  lang«  Zeit 
behauptet  hat  und  wesentlieh  dazu  beitrug,  die  L^ire  von  dem  Relief  der 
Erde  auf  einen  Irrweg  zu  fahren.  So  nahm  Buch  in  Deutschland  vier  Systeme 
an,  das  Alpensystem,  das  Rheinsystem,  das  niederllndische  und  das  hercynische 
System,  von  denen  das  letztere  aus  heterogenen  Elementen  besteht,  indem 
der  Bölimerwald  älter  ist,  al>  die  andern  hierher  gezogenen  (Jehirge,  die  ^ieh 
vielmehr  an  die  beiden  vorhergehenden  Systeme  anschließen,  die  zusammen- 
zufassen wären. 

Dauerndere  Beachtung  verdient  Dana®),  der  sich  einfach  mit  der  Fest- 


1)  F.  T.  Bichthofen.  Gestalt  und  Gliederung  einer  Grundlinie  in  der  Morpho- 
logie Oitadem.  8.-B«r.  d.  k.  pienB.  Ak.  d.  W.  Berlin.  Phys.-niath.  KL  1900.  H.  40. 

2)  Ebel.    Über  den  Bau  dar  Erde  in  dem  Alpengebizge.    Ztrich  180S. 

IL    S.  IGG  351. 

3)  Breislaok.  Lehrbuch  der  Geologie.    1818.   II.  S.  190. 

4)  A.  V.  Humboldt.  Zentralasien.   1848—1844.  L  8.  80.  81  ff.  158.  181. 188. 

5)  L.  V.  Buch.  Gesammelte  Schriften.    III.    S.  III.  218 ff. 

6)  J.  Dana.  Origin  of  the  Grand  Outline  Featores  of  the  Earth.  American 


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Grondgeaetze  des  Erdreliefs. 


571 


Stellung  Ton  Tatsachen  begnügte.  Er  stellt  folgende  Sfttso  anf:  Auf  der 
Erdoberflftche  heirschen  ein  nordOsÜielies  und  ein  nordwestliehes  Bid^tnngs- 
system  ▼OTf  denen  die  ozeanisolien  Inseln,  die  Umrisse  und  die  Erhebungen 

der  Kontinente,  sowie  die  Ummnihingen  der  ozpanisohfn  Becken  folgen.  Die 
mittleren  Hauptrichtungen  sind  WNW  und  NNO.  Wenn  nun  auch  im  ein- 
zplnen  viele  Aljweichungen  von  diesen  Kichtungeu  vorkommnn.  hosonder.s  ent- 
lang von  Kurven,  f^o  kreuzen  sich  doch  auch  in  solchem  Falle  meist  beide 
Systeme  unter  rechtem  Winkel.  Dana  belegt  seine  Sätze  durch  zahlreiche  Bei- 
spiele, die  sich  durch  spezielle  Untersuchung  noch  beträchtlich  vermehren  lassen. 
Besonders  auffällig  ist  die  Gültigkeit  der  Danaschen  Gesetze  im  ozeanischen 
InselgeUsts^)  und  nSdisIdem  im  atlantischen  Oiean.  Ähnliche  Bichtongs- 
Systeme  wie  Dana  nimmt  auch  6.  H.  Darwin'^  an,  doch  gehSrt  nach  ihm 
das  nordostliche  der  nördlichen,  das  nordwestUdie  der  sfidlichen  Halbkngal 
an.  Er  sucht  dies  durch  die  Annahme  zu  erklären,  daß  die  auf  die  niederen 
Breiten  stärker  wirkende  Anziehungskralt  des  Mondes  eine  Torsion  der  Erd- 
kruste hervorbrachte,  indem  die  .Uiuatorialzone  etwas  langsamer  rotierte  als 
die  pohviirts  gelegenen  Gebiete.  In  Folge  dessen  müssen  ursprünglich  nordsüdlich 
verlautVinle  Hunzeln  der  Erdkruste  am  Acjuator  westwärts  abgelenkt  werden, 
also  ftwa  die  Hichtung  der  Passatwinde  zeigen.  Diese  Runzeln  nimmt  Darwin 
als  bei  der  Moudbilduug  entstanden  an,  worauf  hier  nicht  näher  eingegangen 
werdan  kann.  Auch  Prins")  macht  eine  Torsion  Tetantwortlidi  fiBr  den 
Verlauf  der  taktonisdiMi  HauptHnien  des  Erdreliefis.  Nadi  ihm  nimmt  die 
Botationsgeschwindigkeit  Ton  N.  nach  8.  zu  und  in  Folge  dessen  sind  die 
urqprQi^^iflli  meridioiialen  Linien  dundiweg  in  nordwestlidie  abgelenkt.  Smne 
vier  Hauptlinien  bilden  1.  die  Westküste  Amerikas  von  den  Parry- Inseln 
und  Alaska  bis  zu  Feuerland,  den  Süd- Sandwich-Inseln  und  Wilkes-Land:  2.  die 
Westküste  von  Grönland,  Island,  West-Europa,  Afrika:  3.  die  Westküste  von 
Spitzbergen,  Nowaja  Semlja,  der  rral.  Himalaya,  der  birmanisch-.sundane.sische 
Gebirgsbogen,  die  Westküste  von  Australien  und  Tasmanien;  1.  der  wercho- 
janische  Bogen,  die  Marianen,  die  Marshall-  und  Gilbert-Inseln.  Beide  An- 
sichten sind,  wie  ein  Blick  auf  die  Karte  ergibt,  zu  einseitig,  bei  beiden  gibt 
es  ebensoyiele  wichtige  Ausnahmen  wie  Übereinstimmungen,  in  Folge  dessen 
kOnnen  wir  diesen  ErUIrnngsrersuchen  nur  einen  historischen  Wert  xu- 
siihreiben.  Das  Gleiche  gilt  yon  den  Versuchen  (Neckers,  Danas),  die  tek- 
tonischen  Züge  mit  den  isodynamischen  Linien  des  Erdmagnetismus  zusammen- 
anbringen,  die  Lini»  n  gleicher  Spannung  bezeichnen  sollten,  nach  denen  die 
Zerreißung  der  Erdkruste  am  leichtesten  erfolgen  mußte. 

Sehr  fnih  schon  hat  man  begonnen,  auf  einem  ganz  anderen  Wege  einer 
Oesetzmüüigkeit  in  der  Gliederung  des  Erdreliefs  auf  die  Spur  zu  kommen, 

Joum.  of  Science.  2.  ser.  T(d.  4.  1847.  8.  881  ff.  —  Manual  of  Geology.  1860. 
4"»  Ed.  1896.    S.  36—48. 

1)  Th.  Arldi  PaxaUeliBBQs  der  Inselketten  Ozeaniens.  Z.  Oee.  Etdkde. 
Berlin.  1906.  S.  323—346;  886—404. 

2)  G.  H.  Darwin.  <.>n  the  precession  of  a  viscous  spheroid  and  on  the  remote 
faistory  of  the  earth.   Phil.  Traus.  E.  Soc.  t.  170.   IL  lb79. 

8)  Prina.  Soi  les  similitodes  que  pr^sentent  Iss  oaitee  tenreities  et  plan^tsires. 
<Tocsioii  appaient  des  planMee.)  Ann.  de  robeerrai  r.  de  BnueUes  1881. 


572 


Th.  Arldt: 


indem  man  auf  der  Erde  saBgenichnete  Punkte  annahm,  die  den  Verlauf 
der  tektoniscben  Züge  bestimmen  sollten.  Als  erster  sei  hier  der  Araber 
Scherns  -  ed  -  din  Dimaschqui  erwähnt.  Dieser  nahm  drei  Hühonsysteme 
an.  Das  erst«^  bildeten  die  (iebirgsmassen  von  Tibet  und  Südchina.  Von 
hier  verzweigte  es  sich  einerseits  nach  Dekhan.  andererseits  in  den  turkesta- 
niüchen  und  iranischen  Ketten.  Ein  zweites  Mäüüiv  sah  er  in  Nunlchiua, 
▼on  wo  es  sich  nach  dem  Dunket»  oder  Harzmeere  (dem  Polarmeere)  Ter- 
z^  eigte.  Das  dritte  endlich  war  das  Qomr  oder  Mondgebirge  in  Afirika.  An 
dieses  schlössen  sich  eineraeits  die  Mokattamketten  Arabiens,  anderersttts  die 
Eflstengebirge  Arabiens  am  roten  Meere,  der  libanon,  Tanms  und  Kankaina, 
In  Ihnlieher  Weise  nahm  Bnache*)  Zentralplateaus  an,  die  die  Qndlgebiete 
der  großen  Ströme  sind  und  von  denen  die  (Sebirgssysteme  ausgehen,  meist 
zwei  Plateaus  mit  einander  verbindend  und  quer  über  die  Ozeane  sich  fort- 
setzend. Das  größte  Plateau  ist  das  asiatische,  Hochasien  einfassend;  die 
nordiraniselu'ii  Ketten  tühren  von  hier  zu  dem  kleinen  Massiv  von  Armenien, 
Taurus,  Lil)anüiK  Sinai  und  die  iigyptiscben  Ketten  zu  dem  ...\frikanis(.-ben 
Plateau^',  das  Buache  im  Öeengebiet  annimmt.  Von  hier  führt  ein  ganz 
hypotheüseber  Gebirgszug  Aber  den  atlanüsdieft  Oiean  naoh  C.  St  Angului 
und  trifil  hier  swischen  Amaionafr»  und  Puana^biet  auf  den  sttdamerikanisdien 
Gebirgsknoten,  der  bis  an  die  Kordilleren  reidbit.  Diese  IBhrMi  nordwirts 
dnroh  Venesnela  nach  Westindien  nnd  von  hier  durch  die  AUegfaanies  m 
dem  nordamerikanisdien  Massiv  südlich  der  kanadischen  Seen.  Von  hier 
geht  ein  Gebirgszug  nach  Europa  lierüber,  wo  die  Alpen  und  die  Waldai- 
höhe  zwei  weitere  fJebirgskuüten  bilden.  Schon  aus  dieser  kurzen  Aufzählung 
ist  ersichtlich,  daß  alte  und  junge  Faltengebirge  durch  Buache  zusammen- 
gefaßt werden.  Von  den  Verbindungsgebirgen  der  Massive  als  den  Haupt- 
zügen gehen  Gebirge  zweiter  Ordnung  aus  uud  von  diesen  solche  dritter,  die 
Buache  als  Küstengebirge  bezeichnet.  Die  strahlenförmige  Anordnung  der 
Gebirge  hat  sich  im  Lauf  der  Zeit  als  nicht  vorhanden  hmusgestellt,  da- 
gegen ist  in  neuem  Zeit  wieder  ein  Versuch  einer  konsentrischen  Anordnung 
gemacht  worden.  Sacco*)  nimmt  als  Kern  der  Festttnder  „Galedonisdie 
Massive**  an,  die  vor  der  Devonzeit  ge&ltet  wurden.   Es  sind  dies  folgende: 

1.  sibirisches  Massiv  (zwischen  Jenissei  und  Lena); 

2.  caledoniscbes  Massiv  (Schottland  bis  Finnland); 

3.  nordamerikanisch -grönlftndisches  Massiv; 

4.  Guayana- Massiv, 

5.  brasilisilu'S  Massiv; 

6.  südliihes  Massiv  (am  Südpol); 

7.  australisches  Massiv; 

8.  indisches  Massiv; 

9.  arabisdies  Massiv; 
10.  afrikanisches  Massiv; 

 11.  Madagaskar- Massiv. 

1)  Mem.  de  PAc  R.  des  Sciences  (Math,  et  Fhys.)  ponr  Pann^  1761.  Fiutis. 
1766.  —  Buache.  Gtegraphie  physique.  1754. 

2)  Saoco.  Eisai  aar  rOrogänie  de  la  Tene.  Tonn  1896. 


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Grundgesetze  deo  Erdreliefd. 


Ö73 


Di«  MMSiTe  4  imd  6  eineneiti,  8  Ins  11  andererMits  sind  jedenfidlB  luaamnMn- 
infBiHffln  Das  leiste  groBafirikuugdie  sieht  Sacco  als  das  älteste  an,  zumal 
es  dem  größten  Oieftne  antipodtsch  gegenüber  liegt.  Rings  herum  haben  sich 
die  sechs  anderen  Massive  angegliedert.  An  diese  schließen  sich  dann  sie 
ebenfalls  ringförmig  umgobend  die  „hercynischen  üürtfl"'.  die  die  karbonisch- 
permischen  Faltcnzüge  enthalten.  An  die.se  schließen  sich  endlich  noch  weiter 
nach  außen  die  jüngeren  Faltengebirge  an,  unter  denen  Sacco  drei  Arten 
unterscheidet:  alpine,  deren  Faltung  im  Paläozoikum  beginnt,  apenninische 
mit  Faltung  seit  dem  MesoMÜndat  ond  oseaoiaeiie  mit  nur  klnoKdadun 
StOrnngeii.  Wenn  mm  Sacco  auch  in  der  Konstruktion  besonders  der  jlLngeren 
Gebirgslinien  etwas  sehr  kflhn  Torgeht  und  sehr  viele  mehr  als  hypothetisehe 
Linien  anf  seine  Karte  eintiftgt,  so  im  Bering^Meer,  so  seheint  dodi  in  der 
«malen  Angliederang  jüngerer  Qebixge  im  alten  ^lassive  ein  wahrer  Kern 
zu  stecken,  wenigstens  sehen  wir  an  vielen  Stellen  der  £rde^  so  in  Europa, 
in  Asien.  Australien,  Nordamerika  die  Faltungen  ihrem  relatlTen  Alter  nach 
vom  Festlandskern  nach  dem  Meere  fortschreiten. 

Während  Buache  in  seinen  Knotenpunkten  die  höchsten  Erhebungen 
der  Erdkruste  und  Sacco  in  seinen  Massiven  die  ältesten  Faltungsgebiete  der 
Erde  sieht,  wählte  Pissis')  seine  Hauptpunkte  so,  daß  durch  sie  hindurch- 
gclegte  gröfite  Kreise  den  Yerlanf  d«  tektonischoi  Linien  wiedergeben  sollten.  * 
Seine  Hauptpunkte  rind  1.  Gibraltar,  2.  die  Sfldqpitae  Ostindens,  3.  das  Kap 
der  gnten  HoAmng,  4.  die  DSaemarkstraße  swiseben  Grönland  nnd  bland. 
Von  den  15  grSßten  Kreisen,  die  den  Yerlanf  der  Kflstenlinien  bestimmen, 
gehen  z.  B.  6  durch  Gibraltar,  4  durch  den  zweiten  Hauptpunkt.  Kompli- 
zierter noch  ist  der  Versuch  von  Owen^),  durch  größte  Kreise  die  tektonische 
Gliederung  der  Erdkruste  zu  schematisieren.  Er  nahm  drei  Scharen  größter 
Kreise  an,  die  den  Acjuator  in  sechs  gleiclie  Teile  ?.u  60°  teilten.  Biese 
Schnittpunkte  der  Orthodr()men;5charen  mit  dem  Äquator  können  wir  als 
Owens  Hauptpunkte  betrachten,  die  den  i'issis  scheu  vier  Punkten  entsprechen. 
Die  pazifisch-afnkanischen  Kreise  (I)  schneiden  den  Äquator  bei  der  Goinea- 
insel  Sio  Tbom^  und  nOrdlieh  der  FhSniz>Inseln  in  Polynesien,  die  atlaiitiseh- 
anstraliscben  (II)  westlioh  der  Malediven  (67,6*  0)  imd  sfldlidi  der  Gipperton- 
Luel  in  dem  inselleerai  Meere  swiseben  Ftomng  mid  Galapagos-Inseln,  die 
indisch •  südamerikanischen  (in)  endlich  westlich  von  Halmahera  und  westlich 
von  der  Araazonenstrommündung.  Durch  je  zwei  dieser  Punkte  läßt  Owen 
vier  größte  Kreise  A-D  gehen,  die  den  Äquator  unter  78°;  66,5*^;  50°  und 
23,5°  schneiden  und  demnach  die  nämlichen  Breitengrade,  darunter  also  die 
Polarkreise  und  Wendekreise  berühren.  Owen  sieht  diese  Linien  hauptsiichlich 
als  Grenzlinien  der  Verbreitung  der  Formationsgruppeu  au,  doch  sollen  sie 
und  zahlreiche  andere  Kreise  auch  die  Hauptzüge  des  Erdrelicfs  erklären. 


1)  Pi  ■Bii>  Memoire  rar  les  zappoxit  qni  existent  entre  la  figoie  des  oontinenta 

et  Ics  directions  des  Cbalnes  des  Montagnes.  1B48. 

2^  R.  Owen.  Key  to  the  Geology  of  the  Ojobe.  An  essay  desijnrned  to  show, 
tbat  the  preaent  geographica],  hydrographical  aud  geolugical  structures  observed 
on  fhe  eatth'k  cnut  vere  the  resnlt  of  foroes  »cting  aceording  to  flzed  demonstnble 
lam  analogoni  to  thoie  goveming  the  derelopment  of  <»ganio  bodiee.  18ft7. 


Digitizoü  by  C3t.)0^lc 


674 


Th.  Arldt: 


Bemerkenswert  ist  in  Owens  Versuch  diu  Konsiatiening  einer  dreiseitigen 
Symmetrie  auf  dtr  Erdoberfläche,  auf  dio  wir  nnch  zurückzukommen  haben. 
Wir  wcndt'n  uns  nun  einer  wj-iieron  «iiupite  vun  Versuchen  zu,  die 
Erde  pewissermaüeu  als  großen  Kristall  aufzufassen.  Dflamotlierie*) 
brauchte  zuerst  diesen  Vergleich,  indem  er  die  Gehirge  als  Knötullkaiiten 
anChfite  und  ihn  Sdtiditenfugen  gewiasennaOtii  als  die  SpaltfiXcIben  des 
KristaUindividinims.  Eine  ihnliclie  Ansieht  vertrat  nach  ihm  anoh  Jameson*). 
Bpftter  TorgUdi  Oken  die  Erde  in  derselben  Weise  mit  einem  Bhombendode* 
kaeder,  Uauslab*)  mit  einem  Hezakisoktaeder,  also  mit  der' KristaUform  des 
Diamanten.  Alle  diese  Versuche  gipfeln  aber  in  dem  Beseau  pentagonal 
▼on  £lie  de  Beanmont/j  Dieser  sah  wie  Buch  parallele  Gebirge  als  gleich- 
altrig an  und  zwar  stützte  er  sieh  auf  den  orthodromischen  Parallel ismus, 
d.  h.  er  sah  als  parallel  an  zwei  größte  Kreise  oder  Stücke  von  solchen,  die 
von  einem  weitej-fu  rechtwinklig  geschnitten  werden,  oder  was  dasselbe  sagen 
will,  die  sich  gegenseitig  in  zwei  antipodiscb  gelegenen  Punkten  schneiden. 
Während  nun  Beaumont  am  Anfange  glaubte,  mit  wenigen  Hauptlinien  aus* 
snkommen,  wnrde  sein  Netz  mit  der  Zeit  immer  komplizierter.  So  nahm 
er  in  Europa  anfangs  nur  vier  Systeme  an,  das  der  I^yrsnSen  und  ApennineUf 
das  des  Erzgebirges  und  der  Cote  d'or,  das  der  West-Alpen  und  das  der 
'  Haiqstalpenkette.  1834  waren  daraus  schon  21  geworden.  Die  Zahl  der 
Systeme  stieg  schlieSlich  auf  85.  Als  Grundlage  dieser  Systeme  sah  Beaumont 
den  20  flächner  an,  den  an  Symmetrieelementen  reichsten  regulären  Körper. 
Je  fünf  von  dessen  Dreiecken  bilden  ein  Fünfeck  und  da  der  20  flächner 
zwölf  Ecken  hat,  so  korrespondiert  ihm  das  Pentagondodekaedor  wie  das 
Oktaeder  dem  Würfel.  Die  Ecken  des  12  flächners  fallen  in  die  Flächen- 
mitten des  20tiilchners  und  umgekehrt.  Durch  je  zwei  Kanten  der  beiden 
Körper  läßt  sich  ein  größter  Kreis  legen,  und  da  jeder  Körper  30  Kanten 
hat,  so  ergibt  dies  15  Hauptkreise,  wenn  wir  beide  KSrper  auf  eine  Kugel 
{HTojineren.  Diese  wird  dadurch  in  120  kongruente  rechtwinklige  Drne<^ 
mit  den  Winkeln  36®,  60**  nnd  90**  serlsgt,  Ton  denen  also  jedes  einen 
Flächeninhalt  von  iV^  Millionen  km'  hätte.  Das  Netz  wird  aber  noch  weit 
komplizierter  durch  Einfügung  von  je  fünf  Würfeln,  Oktaedern  und  Rhomben- 
dodekaedem,  die  zusammen  mit  den  Hauptkreisen  (»1  Fundamentalkreise 
ergeben.  Diese  schneiden  sich  in  HtJ'J  paarweise  antipodisch  gelegenen  ITaupt- 
punkten,  von  denen  27(»  rechtwinklige  Kreuzungspunkte  der  Fimdamentalkrei-se 
sind.  .*32  sind  die  Eckpunkte  der  beiden  Grundkörper  und  die  übrigen  60 
Schnittpunkte  der  Oktaederkreise  mit  Hauptkreisen.  Trotz  dieses  kompli- 
asrfcra  Sdiemas  rechte  Beaamont  immor  nodi  nicht  damit  aas  nnd  sah  sieh 
gezwnngen,  nodi  Tenchiedenartige  24flftchner  zu  Hilfe  zu  nehmso.  Sein 

1)  Delamotherie.  Thuono  de  la  terre.  17Uö. 

i)  Memoire  of  the  Wemerian  8oc.   Edinbonigfa.   1814.   8.  S91. 

8)  S.-Ber.  d.  k.  Ak.  d.  WifiB.    Wien  1831 

i)  Ann.  dea  Sc.  Nat.  XVIU.  1829.  S.  9.  311  -3i:i  XIX.  1830.  S.  '101  tf.,  2-jr,, 
226,  2H4— 240.  —  Beaumont.  Recbercbes  sux  quelque»-une  des  revulutions  de  la 
■nrÜMie  da  globe.  1884.  —  Note  rar  les  qrstteaee  dee  montagfaes  Iss  flas  anoieaa 
de  rEurope.  Bull.  Soc.  Geol.  France.  2.  Ser.  vol.  4.  —  Notice  siir  le  syvttme  des  mon- 
tagnes.  1852  —  Bepp>  snr  le  inragr^s  de  la  stxatigr.  Expos,  univ.  1867. 


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Orundgesetze  des  Erdreliefs. 


Netswerk  orientierte  Beaumont  nach  der  y,yulk&iii8o]iMi  Adise  des  Mittelmeeres**, 

eine  rhombendodekHedrische  Linie  durch  den  Fic  von  Teneriffa  und  don  Ätna, 
die  auch  durch  Santorin  gehen  sollte,  während  sie  in  Wirklichkeit  etwa 
zwischen  den  Südspitzen  am  Skyros  und  Lesbos  verläuft.  Ebenso  gpbt  dfr 
dazu  seukreclite  zweit«  Orientierungskrois  Atna-Vesuv  nicht  durch  den  Mauna 
Loa,  sondern  berührt  nur  die  Westküste  der  Insel  Molokai,  bei  der  er  die 
Hawai- Inseln  unter  großem  Winkel  durchschneidet.  Und  wie  hier,  so  ist 
es  flberalL  Trotzdan  die  saltlieiohen  Hauptkreise  und  Hau^jtpimkte  eine 
Übereinstimmung  sehr  leicht  machen,  betrftgt  doch  die  AnnBherung  im  all- 
gemeinen  nvr  8  bis  8*  mid  Tielftch  Tcrlaufen  die  &eise  ziemlich  weit 
entfernt  von  den  Objekten,  die  sie  leprlsentioren  sollen.  Überhaupt  ist  in 
Beaumonts  Ansicht,  mit  so  viel  Scharfsinn  sie  auch  TOn  ihm  entwickelt 
worden  ist,  ein  Kardinalfehler  enthalten,  insofern  er  dem  Erdrelief  einen 
Körper  zu  Grunde  legte,  dessen  antipodische  Elemente  gleichwertig  sind, 
während  doch  ein  einfacher  Blick  auf  den  (ilo])us  zeigt,  daß  dies  nicht  der 
Fall  ist,  daß  vielmehr  d'iv  antipodischen  Räume  fa.st  durchgängig  verschieden 
geartet  sind.  Erreichten  darum  die  reinen  kristallographischen  Spekulationen 
in  Beaumont  ihren  Höhepunkt,  so  fanden  sie  gleichzeitig  hier  in  Folge  der 
einseitigen  Übertreibung  ihr  Ende. 

Durch  das  Mißtrauen  aber,  das  dieser  so  glinzend  begonnene  und  so  phan- 
tastisch geendete  Versnch  gegen  alle  kristollographisehen  Hypotikeseo  weckte, 
kam  es,  daft  ein  scheuibar  an  diese  sich  anschließender  ErUftrungsrersuch  lange 
Zeit  totgeschwiegen  oder  mit  Hohn  und  Spott  übergössen  wurde,  daß  das  diesen 
begründende  Werk  für  den  Verleger  kaum  als  altes  Papier  abzusetzen  war, 
während  jetzt  kaum  ein  Exemplar  davon  mehr  aufzutreiben  ist.  Es  ist  dies 
die  Tetraederhypothese  von  W.  Lowtliian  (4reeQ,  auf  tlie  wir  nun  zum  Schlüsse 
noch  etwas  eingehender  zu  sprecbt  n  kommen  müssen.  Lange  Zeit  verkannt  und 
mißachtet,  wurde  sie  zuerst  durch  Daubree  und  Lapparent  wieder  auf- 
genommen und  seitdem  sind  eine  gan2e  Beihe  Ton  Aufsfttzen  erschienen,  die 
sidi  mit  Greens  Lehre  befisisan  und  die  eine  Wmterentwicklung  seiner  Ideen 
lu  gebra  Tersuchen.  Auf  diese  Tcndiiedenen  Weiterfährnngan  wetden  wir  bei 
einer  Besprediung  der  Tetraeder^Theorie  Bfloksicht  sn  nehmen  habai.*)  Da  toh 
allen  regelmäßigen  Körpern  bei  gleicher  Oberflftehe  die  Kugel  den  grOfiten, 
ein  Tetraeder  den  kleinsten  Rauminhalt  hat,  so  muß  eine  Kugel  mit  starrer 
Oberfläche  das  Bestreben  haben,  wenn  sie  sich  zusammenzieht,  der  Tetraeder- 
gestalt sieh  anzunähern.  Versuche  mit  eisernen  ]?r>hreu  haben  dit'S  })f'\vif'sen. 
Li  dieser  Lage  ist  nun  die  Erde,  doch  wirkt  bei  ihr  dem  Umformungs- 

1 1  Vergleiche  hierzu  hauptsftohlieh  Lapparent.  TxtAU  de  Ökologie  4.  Ed.  1000. 

—  Le^ons  de  Geographie  phvsique.  1896.  —  J.  W.  Gregory.  The  Plan  of  the  Earth 
and  ita  Cauaes.  Geogr.  Journ.  1S99.  S.  225—861.  —  The  Plan  of  the  Earth.  The 
Amer.  Oeologist.  t.  «7.  1901.  S.  100—119.  184—147.  —  B.  K.  Emerton  t.  S.  669 
Anm.  7.  —  Prins.  L'hypothiee  de  la  deforuiation  tetraedrique  <lt'  \a  terre  de 
W  L.  Green  et  de  gCB  snecessenrs.  Ann  astrou.  Bruxelb-s  1901.  —  Arldt,  a.  S.  56y 
Anm.  7;  außerdem:  M.  Lävy.  Sur  la  coordinatiou  et  la  repartition  des  fractures  et 
des  ^(fondremente  de  r^eoroe  terrestre  en  relation  avec  T^panchement  Toleaniqne. 
Bull.  Soc.  Geol.  France,  vol.  26.  189H.  S.  105—121.  M.  Bertrand,  Deformations 
t^tiaödxique  de  la  teoe  et  d^plaoemeat  da  p6le.  C.  R.  voL  130.  1900.  S.  449—464. 


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676 


Th.  Arldt: 


bestreben  die  Rotation  der  Erde  entgegen,  die  einen  Rotationskörper  xa 
schaffen  sucht.  Daß  die  Erde  ein  solcher  nicht  ist,  haben  die  geodätischen 
Pressungen  längst  bewiesen,  Greeus  Hypothese  gibt  uns  einen  Grund  daför, 
nach  ihr  muß  jede  Tetraedertläche  zu  aiulereii  Werten  führeu.  Die  Gestalt 
des  (iectides  würden  w^ir  demnach  als  ein  Tetraedroid  bezeichnen  können,  als 
ein  Tetraeder  mit  gewölbten  Kanten  und  Flftchen  ftbulich  denen  des  Diamant, 
das  nur  wenig  von  einem  Botationssphftnnd  nbweieht.  Bnmerlna  liegen  die 
Fliehenmitten  dem  Behwerpunkte  der  Erde  nlher,  in  Folge  dessen  aammelt 
auf  ihnen  sidi  das  Meer,  während  Ecken  nnd  Kanten  als  festes  Land  Uber 
dieses  empoixagen.  Bei  der  Bettimmimg  der  Lage  der  Eckpunkte  achUefien 
wir  uns  am  besten  Lappareut  an,  der  sie  in  den  nordischen  Gneismassiven 
sieht,  die  Sueß  als  kanadischen  und  skandinavischen  Schild  und  als  Amphi- 
theater von  Irkutsk  bezeichnet:  letzeres  ist  allerdings  größtenteils  von  paläo- 
zoischen Sedinienten  bedeckt.  Den  vierten  Eckpunkt  bildet  die  Antarktis. 
Da  diese  E(  k[)unkte  verschieden  weit  von  einander  abliegen,  so  müssen  auch 
die  Flüchen  verschieden  groß  sein  und  damit  die  aul  ihnen  befindlichen  Ozeane. 
In  Folge  dessen  erklirt  diese  Annahme,  daß  wir  um  den  Nordpol  Meer  haben, 
daß  dieses  ein  fest  gesehloesener  Landring  umgibt,  von  dem  drei  Erdtdl« 
paare  sttdwftrts  sich  erstrecken,  durdi  nach  Nordm  rieh  venweigende  Osmum 
geschiedm  und  selbst  im  Süden  spits  snlanfend  und  in  einem  snaammen- 
hängenden  Wasserringe  untertauchend.  Südlich  von  diesem  taucht  endüdi 
das  kontinentale  Gebiet  der  Antarktis  auf,  das  seine  Spitzen  den  sfldlicben 
Kontinenten  entgegenstreckt  (Graham -Land!).  Die  Annahme  erklärt  auch 
die  antipoflisrhf  Lage  von  Land  und  Meer,  indem  jeder  Tetraederfläche  eine 
Ecke  gegen ülicrliegt,  ebenso  auch  die  dreiseitige  Symmetrie  der  Erdoberlläche, 
die  in  der  Anordnung  der  Ozeane  und  Kontinente  uns  entgegentritt.  Weiter 
erklärt  sie  die  Tatsache,  daß,  wie  die  Schweremessungen  gezeigt  haben,  der 
'Sfidpol  weniger  abgeplattet  ist  als  der  Nordpol,  denn  der  wste  li^  ja  auf 
«ner  Ecke,  letiterer  inmitten  einer  Fliehe,  sie  erklärt  die  größere  Schwere 
inmitten  der  Oseane.  Andererseits  sind  gerade  im  Gebiete  der  Ton  Laiqparent 
angenommenen  Ecken  Schwereminima  beobachtet  werden,  was  auch  su  dieser 
Hypothese  stimmt  Doch  damit  ist  es  noch  nicht  genug.  Da  die  nördlichen 
Eckpunkte  bei  einer  Umformung  der  Kugel  zum  Tetraedroid  von  der  Uotationa- 
achso  sich  entfernen,  so  wird  in  Folge  ihres  Beharrungsvermögens  ihre  Längen* 
geschwindigkeit  konstant  zu  l)leiben  suchen,  ihre  Winkelgeschwindigkeit  also 
abnehmen,  sie  werden  also  nach  Westen  zurückbleiben,  die  südlicheren  (iebiete 
dagegen  ostwärts  vorauseilen.  Dies  erklärt  die  merkwürdige  Ostverschiebung 
der  Stlderdteile,  die  Dana  ein  ungelöstes  Problem  der  Geographie  nauntu, 
und  nicht  nur  ihr  y<Hrfaandensein  wird  erklärt,  sondern  auch  ihr  Qrad,  indem 
4er  am  weiteeten  sftdwBrts  gelegene  Erdteil  am  weitesten  ostwKrts  TOigesehoben 
ist.  Nun  hat  weiter  schon  Green  darauf  hingewiesen,  daß  Ecken  nnd  ^^H^nten 
Schvvächezonen  darstellen  müssen,  daß  in  ihnen  also  Oebirgsbildung  und 
Vulkanismus  besonders  lebhaft  tätig  sein  mfissen.  Tatsachlich  verlaufen  diese 
Zonen  im  Süden  meridional  (Anden,  ostafrikanischer  Graben),  im  Norden 
äiju;itonal.  Auch  hierbei  kon)mt  die  (_)stverschie](ung  zur  Geltung,  wie  Emersou 
iestgestellt  hat.     Die   versinkenden   ozeanischen  Schollen  müssen  ostwärts 


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Grundgegetze  des  firdreliefs. 


577 


drSngcu,  die  aufsteigenden  kontinaitalen  westwArts  nvflclcweichen.  Li  Folge 
dessen  stauen  sich  beide  an  den  WesUcQsten  der  Eontinente,  an  den  Ostkflsten 
weichen  rie  ans  einander.  An  den  ersten  werden  deshalb  Faltensfige  ans  Land 

angeschoben,  an  den  letzteren  treten  Spannungen  ein,  tiefe  Becken  stürzen 
in  die  Tiefe  und  das  Land  tiieBt  von  dem  aufirteigenden  Kontinentalkem  dem 
sinkenden  >r»'ere  zu.  So  erklärt  sich  die  verschiedene  morphologische  Gestalt 
der  beiden  Käivler  des  größten  Ozeans,  so  die  Verschiedenheit  der  Faltungs- 
richtung, die  in  Asien  vom  Lande  weg,  in  Amerika  nach  dem  Laude  hin 
gerichtet  ist,  in  beiden  Fällen  aber  von  Westen  nach  Osten.  Auch  der 
Unterschied  zwischen  Europa  und  Asien  erklftrfc  sich  durch  die  verschiedene 
Lage  zum  mittehneerisdien  Gürtel,  der  nahe  dem  eoropSischen  wie  dem  noid* 
amerikanisdien  Eckponkte  veilftnft,  aber  fem  Tom  asiatisdien,  so  daß  in  diesem 
Kontinente  die  Gebirgssttge  sieh  viel  freier  und  breiter  ent&lten  konnten. 
Auch  die  Wiederholung  der  Faltiingsvorg&nge,  sowie  die  großen  Transgressionen 
der  Erdgeschichte  kann  Oreens  Hypothese  eikUren:  durch  die  Gebirgsbildung 
wird  die  Erdkruste  zerklüftet,  in  Folge  dessen  verliert  sie  ihre  Starrheit  und 
nähert  sich  in  ihrer  Form  wieder  mehr  dem  Rotationskörper.  Die  Folge  ist 
ein  Sinken  der  Kontinente,  rin  Soiclitwerilou  und  Ausbreiten  des  Meeres, 
wif  wir  CS  am  grußartigsten  aus  tb-r  mittleren  Kreideperiode  kennen.  Ver- 
stärkt wird  diese  Wirkung  noch  durch  die  Denudation  der  Gebirge.  Schließlich 
tritt  aber  wieder  du  Zeitpunkt  der  Verfestigung  ein  und  die  ümfonnung 
besinnt  von  neuem,  wobei  die  neugelnldeten  Falten  an  die  alten  TeihSrteten 
MessiTe  sich  ansdilieBen,  soweit  diese  nidit  durch  Spaltenbildnng  und  Ein- 
InrOche  zerstSrt  sind,  was  beeoiiders  in  der  ndttebneerischen  Zone  emtritt, 
die  Avir  dorn  urzeitlichen  Flutbruche  zuschreiben  müssen. 

Reide  TheoriMi  vereinigt,  stellen  er^t  die  ganze  Lehre  Greens  dar,  die, 
alb  rdings  etwas  modifiziert,  ein  einheitliches  Bild  von  den  großen  Zügen  der 
Erdeutwicklung  zu  geben  gcfignet  sind,  das  ich  in  dem  oben  zitierten  Auf- 
satze kurz  zu  skizzieren  mich  bemühte  und  das  an  anderer  Stelle  noch  aus- 
tührlith  entwickelt  werden  soll.  Es  ist  kein  mathematisch  einfaches  Schema, 
das  die  Hypothese  dem  Erdrelief  zu  Grunde  legt,  keine  einfachen  orthodro- 
misehen  Linien  zieht  sie,  denn  alle  diese  mflseen  nach  dem  Gesetae  der  Ost- 
▼eisohiebnng  abgelenkt  werden;  viehnehr  wirken  stets  eine  ganse  Beihe  Ton 
Ursachen  zusammen.  Zuerst  bildete  sich  jedenfolls  der  Flutbruch  der  Mittel- 
meerzone  aus.  Als  die  Erdkruste  weiter  v«tfestigt  war,  begann  die  erste  tetrur' 
edrisohe  Umformung,  deren  Achse  natürlich  nicht  mit  der  Rotationsachse  zu- 
saTnmenfallen  mußte.  Die  Folge  davon  mußte  deren  Lageveranderung  sein,  bis 
das  Trägkeitsmonient  ein  Minimum  wurde,  d.  h.  bis  der  jetzige  Zustand  eintrat. 
So  erkliirt  sich  die  geneigte  Lage  des  Mittelmeergürtels,  so  auch  die  den- 
selben Winkel  betragende  Schiefe  der  Ekliptik.  Den  umformenden  Kräften 
wirkten  entgegen  die  Kräfte  in  Folge  der  Rotation,  sowie  die  Ostverschiebung 
und  diese  Tier  Ursachen  im  Yermn  mit  der  Inhomogenitit  der  Erdkruste, 
der  wiederholten  Angliedemng  neuer  Bergketten  und  dem  Zusammenbruch 
der  Massive  haben  das  jetzige  Belief  der  Erde  geschaffen,  das  die  tetra- 
ediiseb«B  Ztige  gans  besonders  ausgeprtgt  zeigt  und  zwar  am  deutlichsten 
in  mittleren  und  hOheren  Breiten,  wihrend  im  Twpengebiet  die  Botaüons- 

aMsnuainlwZtllNlulft  IS.  JaktSMi.  iSOa  10.HMb  S9 


578 


Th.  Arldt:  Grundgesetze  des  brdreliefs. 


wirkangen  rnftditiger  sind.  Nicbt  unerwSbnt  soll  nodi  bleiben,  daß  andi  die 
TatsMlieii  der  Pallogeograpbie  mit  Greens  Hypothese  sieh  in  Einklang  bringen 
lassen,  wenn  ne  ihr  nun  Teil  auch  auf  den  ersten  Blick  sn  widersprechen 
seheinen. 

Unter  den  Nachfol^'tni  Qreens  nimmt  Bertrand  einer  Sonderstellung 
ein,  indem  er  vorbucht  liat,  an  flio  Stelle  des  einfachen  Tetraeders  ein 
Doppeltetraeder  mit  ^n'iiiein-anier  Hasis  zu  setzen,  also  einen  Sechsfläohner 
mit  Dreiecken  al>  (irenztliitiien,  doch  kann  tnan  dies  kaum  als  eine  Ver- 
besserung ansehen,  es  fehlt  der  Lehn-  dann  die  einfache  physikalische  Be- 
gründung, die  Greens  Hypothese  vor  so  vielen  anderen  auszeichnet.  Daß 
diese  letztere  nicht  m.  den  Systemen  nach  Art  der  Beanmcmtsditti  gehört, 
durfte  nach  dem  eben  Erörterten  klar  sein;  sie  sucht  nicht  den  dnselnen  Tat- 
sachen Gewalt  anzntan  oder  sie  sich  annqpassen,  sie  will  nicht  jede  Einadheit 
des  Erdreliefs  aus  sich  allein  erklären,  sondern  sie  beseichnet  nur  eine  der 
vielen  Kräfte,  die  an  der  AusbUdang  der  Erde  mitgewirkt  haben,  allerdings 
eine  sehr  wichtige,  die  gewissermaßen  das  Grundmotiv  abgogoljcn  hat  zu  der 
Harmonie,  die  jetzt  die  tektonischen  Elemente  der  Erdoberfläche  bilden. 


Die  Schiffahrt  auf  dem  Ober-BJieiiL 

Von  Bnd.  HotB*Iiind«r. 

Das  Mittelalter  über  und  auch  in  der  neueren  Zeit  bis  rar  Kitte  des 
19.  Jahrhunderts  ist  auf  dem  Ober>Bhein  SEwischen  Basel  und  StraBbni^  8chiff- 

fahrt  getrieben  worden.  Erst  mit  der  Erstellung  der  ElsSsser  Eisenbahn  er- 
losch der  Wasserverkehr  auf  dieser  Strecke.  Da  der  Strom  in  Folge  seines 
wüdwasserartigen  Charakters  vor  der  großen  Rheinkorrektion  von  Basel  an 
abwfirts  keine  größere  Ortschaft  an  seinem  Ufer  duldete  mit  Ausnahme  des  auf 
einem  Ausläufer  des  Kaiserstuhlcs  gelegenen  Breisaeh,  vermochte  der  Ortsverkehr 
der  Ufergemeinden  allein  den  zwei  Dampfern,  die  in  den  vierziger  Jahren  des 
letzten  Jahrhunderts  zwischen  Basel  und  Straßburg  den  Ober-Rheiu  bcfuhren  and 
wegen  ihrM  Öfteren  Au&itzens  auf  Kies-  und  SandbSnken  vom  Ydkswitse 
,^ungfer  Sandreutei'*  getauft  worden  waren,  keine  genfigende  GtUwsufuhr  au 
Terachaffen;  den  Durehgangsverkehr  aber  sog  die  Eisenbahn  an  sich:  so  wurden 
die  Dampfer  verkauft,  der  Schiffsvexkehr  hörte  auf^  erdrückt  durch  den  Wett- 
bewerb der  Eisenbahn,  und  der  Strom  verödete  gänzlich;  denn  auch  die 
nößerei,  die  früher  die  schlanken  Nadelhölzer  des  Schwarzwaldes  durch  den 
Hliein-Rhonekanal  nach  dem  holzarmen  Frankreich  geliefert  hatte,  erlag  all- 
mählich den  schutzzüUnerisrhon  Maßregeln  der  französischen  Republik.  Zn- 
ghich  bildete  sich  auch  die  Legen<le  aus.  d'-r  Rhein  sei  auf  der  Strecke 
Basel— Straßburg  überhaupt  nicht  fahrbar,  und  gewisse  Kreise  im  nördlichen 
Teile  der  oberrheinischen  Tiefebene,  welche  «ne  Biteresse  daran  hatten,  daß 
die  Rheinsohifikhrt  nicht  über  ihre  Plätze  hinaus  Tordringe,  nihrten  diese 
Legende  geflissentiieh. 

Erst  mit  der  letzten  Jahrhundertwende  gelang  es,  die  Benutaung  dw 


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Rad.  Hotz-Linder:  Die  Schiffahrt  auf  dem  Ober-Khein.  579 


Wasserwege  swisclieii  der  Schweiz  und  den  dentselien  BheiBlilfen  wiedw  auf 
die  Tagesordmmg  sn  setien.  Znnichst  wurde  hierzu  die  kfinstUche  Wasser- 
straße des  Rhein-Bhone-Kanals,  eine  SchSpfiing  Napoleims  I.,  ins  Auge  gefiiAt; 

allein  die  dahin/.iolouden  Bemühangen  Basels,  die  Zweigiinie  Mfllhansen — 
Hüningen  des  Kanals  bis  auf  Schweizer  Boden  zu  verlängern,  scheiterten  an 
dem  Widerstande  «1er  Elsässer,  die  befürchteten,  durch  (Jewährung  dieses 
Wunsches  in  Basel  einen  geHihrlichen  Nebenbuhler  ihres  Handels  und  ihrer 
Industiie  zu  erhalten.  Trotz  dieser  Zurück weisuui^'  blieben  die  Bestrehunfren 
Basels  nicht  erfolglos;  sie  fanden  ein  Echo  am  Nieder-Rhein,  wo  man  schon 
lange  daran  gewöhnt  war,  den  Blick  über  die  Landesgrenzen  hinaus  zu 
richten,  ünd  so  ist  es  denn  ihexnisoh-westfUisoher  Unternehmungslust  im 
Verein  mit  schweizerischer  Zähigkeit  gelungen,  die  Sage  Ton  der  gänzlidien 
Verwilderung  des  obenrfaeinischen  Strombettes  zu  widerlegen,  die  reehfliche 
Grundlage  flBr  den  Verkehr  auf  dieser  Flnflstrecke  wieder  zu  gewinnen  und 
zugleich  durch  einen  echt  geograpbi-ilu  n  Weitblick  die  Wege  zu  weisen,  um 
Aber  die  jlmmerlicheu  Hemmuisse  der  Kleinstaaterei  hinweg  und  mit  Be- 
seitigung der  natürlichen  Hindernisse  die  beste  Wasserstraße  Europaf?  aufs 
zweckmiiliigste  auszugestalten  und  so  einen  Verkehrsweg'  zu  eröÖnen,  der 
die  Nordsee  und  din  Rheingebii  te  bis  ins  Herz  der  Alpen  hinein  fest  ver- 
knüpfen und  zugleich  auch  den  Süden  unseres  Erdteils  enger  mit  den  lihein- 
landen  verbinden  soll. 

In  den  Jahren  1903 — 1905  hat  die  Aktiengesellschaft  fttr  Transport- 
und  Schleppschiffahrt  vormals  Joh.  Kupsdieer  in  Buhrort,  finanziell  untere 
statst  durch  die  Stadt  Basel,  mit  zwei  Sdiraubendampfem  27  Versuchs&hrten 
auf  der  Strecke  Basel — Straßburg  bewerkstelligt  und  dabei  mittels  Schlepp- 
kähnen 2600  t  Güter,  hauptsächlich  Steinkohlen,  nach  Basel  und  von  da 
1200  t  Güter  (Asphalt,  Calcium<arbid,  Lumpen)  rheinabwUi-ts  geführt.  Er- 
mutif^'-t  durch  die  günstigen  Ergeluiisse  dieser  Versuche  bat  dieselbt>  Firma 
i.  J.  1905  einen  großen  800pt*'rdigt  ii  Raddampfer  erbauen  und  besonders 
zum  Dienst  auf  der  genannten  Hußstrecke  einrichten  lassen;  mit  ihm  wurden 
im  Juni  1906  die  Fahrten  %vieder  aufgenommen  und  mit  vollem  Erfolg  in 
6  Berg-  und  4  Talschleppzügen  fortgesetzt  Der  Dampfer  nebst  Schleppkahn 
ist  nicht  nur  wiederholt  glflckUdi  nadi  Basel  hinau%elangt,  wo  inzwischen 
am  linken  BheinufSar  die  nötigen  Euirichtnngen  zum  Landra,  Löschen  und 
Laden  erstellt  und  weitere  Bauten  (Dfwversidierungen,  Geleisanlagen  usw. 
im  Betrage  von  612000  fr.)  ausgeführt  werden,  sondern  ein  Rchraubendampfer 
ist  auch,  ohne  irgendwie  auf  Hindemisse  zu  stoßon.  über  Basel  hinaus  bia 
nahe  an  die  Stromschnellen  von  Rheinfelden  vorgedrungen. 

Durch  alle  diese  Versuchsfahrten  ist  jetzt  zur  Genüge  erwi«:^«'n,  daß  die 
Rli»'iiistrecke  Basel  —  Straßburti;  für  dio  Srhiffahrt  nicht  ungünstiger  l)f^scbaffen 
isL  als  die  Strecke  Mannheim  —  Straüburg  (Kehl),  die  in  den  letzten  Jahren 
einen  Gesamtverkehr  von  Aber  600000  t  aufzuweisen  hatte.  Am  günstigsten 
ist  in  Folge  größeren  Geflllles  ^e  Stromstrecke  Basel — Istein  (km  0 — 10) 
ausgebildet;  auf  ihr  finden  sidi  keine  Kiesbftnke  vor,  und  der  Talweg  liegt 
fest  in  der  Bichtung  der  Stromachse.  Die  Verhlltnisse  können  hi«r  als  für 
die  Sdiifihhrt  geradezu  ideal  bezeichnet  werden.  Die  folgende  Strecke  btein — 


580 


Bad.  HotZ'Liuder: 


fireisadh  (km  10 — 57)  weist  bereits  Kieeblnke  auf  mit  einer  mittleren  Ent> 
fermuig  von  1100  m,  doch  bleiben  sie  am  üfer  fest  li^ien,  fallen  aneh  meist 

steil  snr  eigontllchen  Stromrinne  ab,  und  os  zeigt  sich  keine  Neigung  zur 
Bildung  von  Nebenrinnen.  Erst  unterhalb  Hreisaehs  (km  57  —  Rheinan  km  93) 
treten  solche  in  Folge  verrinsjerton  Oftiillcs  auf,  ziiniiohst  allerdings  nur  ver- 
einzelt, dann  aber  zahlroicber,  so  daß  die  Falirrinne  bald  nach  links,  bald 
nach  rechts  verlegt  wird,  und  die  (  lu  igänc'i'  über  die  Sand-  und  Kiesbank- 
schwellen, deren  mittlere  Entfernung  sich  allmählich  auf  850  m  verringert  hat, 
weniger  günstige  Tiefenverhältuisse  aufweisen.  Am  kräftigsten  ausgebildet 
and  diese  Kiesblnke  und  Kebenrinnen  auf  der  Strecke  Bheinan — StraBburg 
(km  98 — 187),  wo  die  FahrtieÜsn  der  Fahrwegsflbergänge  (bei  einem  Pegel- 
stand Ton  2,60  m  in  Basel)  stellenweise  nur  noch  1,60  m  betragen,  d.  h. 
naheia  einen  Meter  geringer  sind  als  in  den  gefldlstlrksten  Stredcsn  swt- 
schen  Basel  und  Breisach.  In  unendlichen  Windungen  schlfingelt  sich  hier 
der  Strom  zw^ischen  den  Kiesbänken  hindurch,  und  die  Ufer  entbehren  des 
Reizes  landschaftlicher  Schönheit,  den  die  oberhalb  gelegenen  Teile  des 
Strombettes  stellenweise  darbieten,  wie  /..  B.  die  Kalkfelsen  des  Isteiner 
„Klotz",  der  jetzt  ja  die  jün^'sten  HelVstigungsanlagcn  des  ileutscheu  lu  iclu-s 
trägt,  die  hochragenden  Tünne  und  Häuser  von  Breisach  und  die  Bergniassen 
des  Eaiserstubls.  Ein  Sanm  von  Buschwald  umrahmt  hier  ähnlich  den 
Oaleriewaldungen  afrikanischer  FMsse  die  üfor  und  nur  in  weiter  Feme 
ragen  die  dunkelblauen  Oebirgawille  des  Sohwancwaldes  imd  der  Vogesen  Uber 
die  eintönige  Ebene  empor.  Ein  lebhafterer  Personen»  oder  Touristen-Verkehr 
dflrfle  sich  daher  auf  der  Strecke  Basel — Strafiburg  kaum  entwickeln. 

Fassen  wir  das  Gesagte  zusammen,  so  ergibt  sich  folgendes  Bild.  Die 
StromverhUltnisso  verschlechtem  sich  mit  zunehmender  Entfernung  von  Basel 
und  mit  abnehmendem  GefJllle;  je  näher  bei  Straüburg,  desto  ungünstiger  der 
Schiffahrtsweg.  Ähnlich  liegen  die  Verb  alt  nisst-  unterhalb  Straßburgs  auf  einer 
Strecke  von  50  km,  nur  in  umgekehrtem  Sinne:  je  näher  Straßburg,  desto 
schwieriger  die  Schiffahrt.  So  bildet  diese  Stadt,  die  gegenwärtig  der  End- 
punkt der  Qiofisdiiffiüirt  auf  dem  Ober-Kiein  ist,  das  Zentrum  der  fllr  die 
Rheinschiffahrt  ungflnstigsten  Strecke,  wlhrend  sich  Mannheim,  der  frfihere, 
und  Basel,  der  aukfinftige  Endpunkt,  eines  trefflichen  Fahrwassers  erfineuen. 
8o  gut  rieh  aber  swischen  Mannheim  und  StraBburg  tiots  dieser  YeriAlt- 
nisse  die  Oroßschiffahrt  hat  entwickeln  können,  ebensogut  wird  sie  ridft 
auch  auf  der  ähnlich  gestalteten  Strecke  Straßburg — Basel  auszubilden  ver-' 
mögen.  Die  Hindemisse,  die  ihr  der  Strom  selbst  in  den  Weg  legt,  können 
durch  Abrechen  und  durch  Bezeichnung  des  Fahrwi-gts  mittfds  Baaken  ge- 
hoben oder  doch  vermindert  werden:  das  Abrechen  vermögen, •  wie  das  Bei- 
spiel der  Donau  bei  Wien  zeigt,  4  bis  5  Kechendampfer  mit  einem  Kosten- 
aufwand von  etwa  250000  fr.  wohl  zu  besorgen.^) 

1)  An  dieser  Darstellung  lialten  wir  fest  trotz  der  gegenteiligen  Ausführungen 
der  „Straliburger  rost"  Nr.  771,  die  behaupten,  daß  sich  oberhalb  Straßburgs  nie 
ein  lebhafter  und  lobueuder  Verkehr  entwickeln  könne  und  demgemäß  6traß- 
bttig  der  Endpunkt  der  Schiffahrt  blriben  werde.  Wae  dort  Aber  die  Stromver- 
hlltnisae  Basel— Steafibnxg  mitgeteflt  wird,  steht  vollitftndig  in  Widenpmch  mit 


Die  Seliifffthxt  ftuf  dem  Ober-Rhein. 


581 


Anderer  Art  sind  die  Schwierigkeiten,  die  der  Mensch  der  Schiffahrt  in 
den  Weg  gelegt  hat.  Wir  verstehen  darunter  weniger  die  beiden  festen 
BhönbrQeken  bei  KeU,  die  tUerdingg  bei  böberem  Wuseratande  Mlb«t  von 
niedriggebattten  Dampfern  nur  mit  Mfibe  kSimeii  imtarfieJireii  werden,  als  viel- 
mebr  ^e  7  Sobiffiibfacken  der  ^uiMn  Strecke,  deren  DurdbfebrtBÖffinmgen 
(20  m)  rieb  für  Raddampfer  als  zu  schmal  erwiesen  haben.  Diese  Hindere 
nisse  müssen  aber  laut  der  revidierten  internationalen  Scbiffahrtsakte  vom 
17.  Oktober  1868  beseitigt  werden.  Mafigebend  sind  hier  namentlicb  die 
Artikel  1,  7,  28  und  30.    Sie  lauten: 

l)  Die  Schiffahrt  auf  dem  Kliein  und  seinen  AusHussen  von  Dasei  bis 
ins  offene  Meer  soll  sowohl  aufwärts  als  abwilrts  den  Fuhrzeugen  aller 
Nationen  zum  Transport  von  Waren  und  Personen  gestattet  sein. 

7)  Auf  dem  Rhein  und  seinen  Nebenflflsaen  darf  keine  Abgabe,  weldie 
rieh  lediglieh  auf  die  Tatsaobe  der  Besdiiffang  grflndet,  weder  von  den 
Sduffen  oder  deren  Ladungen  nocb  von  den  Flößen  erhoben  werden. 

38)  Die  vertragscbließenden  Teile  machen  mek  verbindlich,  innerhalb 
der  Grenzen  ihres  Gebietes  das  Fahrwasser  des  Rheins  und  die  vorhandenen 
Leinpfade  in  guten  Stand  zu  setzen  und  darin  zu  erhalten.  —  Auf  Strom- 
strecken, welche  noch  nicht  in  Stand  gesetzt  sind  und  deshalb  ein  v«  r;inder- 
licht's  Fahrwasser  halH-n,  wird  letzteres  von  der  Hegienin^',  in  dessen  Gebiet 
die  Stromsfrecke  geh-pen  ist.  kenntlich  durch  Raaken  l)e/.ei(  hnct  werden. 

30)  Die  Uferregieningen  werden  dafür  Sorge  tragen,  daß  die  Schiffahrt 
auf  dem  Rhein  durch  Mühlen,  Triebwerke,  Brücken  oder  andere  künstliche 
Anlagen  keinerlei  Hindemisse  finde,  und  daß  namentlich  der  Durchlaß  der 

den  tatsürhlichen  ZuHtHnden.  Als  Beweis  dienen  die  Kr<,'ebniHse  der  mm  im  vierten 
Jaiir  mit  vulleui  Erfolg  betriebenen  Vereucbsfahrteu  und  <lie  gründlichen  Luter- 
ioehnngen  der  Stromverfaftltniese  durch  den  Bailer  bigenieur  R.  Qelpke,  den  beetmi 
Kenner  des  Ober-!? hcincs.  EVtenso  beruhen  die  BemSugchmgen  der  Rendite  der 
Schiffahrt  Basel— St raßburj?  in  den  Ausführungen  der  „Straßburger  i'ost"  auf  Miß- 
Terständis  oder  Irrtum,  wie  aus  Gelpkes  Mitteilungen  in  den  „Basler  Nach- 
riditen"  Nr.  196  vom  Sl.  JuU  1906  hervorgeht.  Dieie  lauten  folgendennaBea: 
,,Der  Raddampfer  'Knipscheer  18',  aiLspernstet  mit  einer  Triple  Compound-Maschine 
von  normal  xöO  ind.  P.S.,  schleppte  in  der  Fahrt  \om  10. — 12.  Juli  190ü  bei  öS"/, 
Füllung,  entsprechend  einer  Knergiueutwickluug  von  zirka  800  P.S.  in  86  Fahrt- 
Btunden  bei  5  km  mittlerer  stündlicher  Geschwindigkeit  540  t  von  Straftbnxg  nach 
Basel.  Der  Kohlcnv^-rbrauch  Itetrug  dabei  pro  Tkm  0.35  d.  Von  rint  r  .\uHnützung 
der  vollen  Leistungsfähigkeit  des  Bootes,  welches  2  Kähne  im  Anhang  mit  büü— luOO  t 
leieht  befördern  konnte,  wurde  der  DorcfafehrtsverhUtniste  der  Brücken  wegen  vor- 
Iftnfig  noch  abgesehen.  Und  was  die  tonncnkilometriicfaen  Frachtsätze  anbelangt, 
so  wird  wt'<li'r  mit  '2,6  noch  mit  2,8  d  gefahren,  sondern  mit  1,9  d.  Dieser  Fracht- 
satz darf  sich  schon  heute  sehr  wohl  mit  der  Kanalfracht  vergleichen  lassen;  es 
steht  aber  su  erwarten,  daß  bei  dem  Wettbewerb  der  einzelnoi  Reedereien  unter 
sieh  noch  weitere  Reduktionen  eintreten  werden.  Auf  Grund  dieser  Daten,  aller- 
dings unter  VorauBsetzung  eine*i  rogebuüßigen  Fahrbetriebes,  wobei  der  Talvorkehr 
mit  16%  bis  20%  der  Bergaufuhr  partizipieren  wird  im  Gegensatz  zu  Straßburg, 
wdcbes  nur  mit  sirka  6%  den  Talvertaad  alimentiert,  ist  ein  rentabler  Betrieb  ge- 
sichert. Nnn  bilden  KoÜen,  obgleich  für  den  Wassertransport  ausschlaggebend, 
weder  für  Eisenbahnen  noch  für  Watiserstraßen  ein  besonders  einträglicbe»  Gut, 
und  es  wird  auch  der  Transport  höherwertiger  Güter,  wenn  auch  nicht  quantitativ 
SO  doeb  qualitativ  für  das  Gedeihen  des  Sdbleppgesdi&fles  ausschlaggehend  sein.** 


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582 


&ad.  Uoia-Linder: 


Schiffe  durch  die  Brücken  ohne  Verzug  bewirkt  werde.  Die  Erhebung  einer 
CMyahr  für  das  Offiien  oder  ScUießen  d«r  letztem  ist  mistetthftft.  — 

Dftmit  ist  die  reehtlicbe  Grandlege  fttr  die  freie  Orofisebülahrt  auf  dem 
Ober-Bhein  bis  Basel  gegeben.  Zur  Überwadrang  der  LuMhaltiiiig  dieser  Ab- 
macbnngen  ist  die  internationale  Rheinschii&ilirtskommission  mit  Site  in 
Mannheim  bestellt  worden;  ihr  steht  la  diesem  Zwecke  auch  eine  Art  Juris* 
diktionsrecht  zu,  das  es  ermöglicht,  gewisse  Streitigkeiten,  die  die  Rhein- 
schiffabrt  betreffen,  ohno  allzu  umständliche  Prozeßführung  rasch  zu  erl»  <licon. 

Es  verdient  aiitTkenueud  erwähnt  zu  werden,  daß  die  Schiffsbriickenver- 
waltungon,  <lif  sich  anfanglich  gegen  die  Si  hiffahrt  auf  dem  <  n)er-Rhein  ab- 
lehnend verhalten  und  zeitweise  sogar  die  Durchfahrt  verweigert  hatten,  iua 
Laufe  des  Winters  1905/06  die  Dorcbfahrtsöffnungen  wenigatent  axtf  däa 
Hafi  Ton  40 — 50  m  erweitert  nnd  die  hemmenden  Eisbreeher  beseitigt  haben. 
Die  Yerbessening  des  Strombettes  ist  bereits  in  Aussieht  genommen,  und 
anch  die  Beseidmong  des  Fahrwassers  dordi  Baaken  wird  in  Bilde  in  An» 
griff  genommen  werden  müssen. 

Noch  bleiben  aber  Schwierigkeiton  andnrer  Art  zu  überwinden,  die  auf 
Vorurteilen,  Mißtrauen  oder  Selbstsucht  beruhen.  Die  oborrhoinisi'he  Tief- 
ebene ist  geographisch  eine  wohlaltirerundete  Einholt,  ein  Individuum  von 
stark  ausgeprägtem  <  haraktt  r.  Auffallender  Weise  hat  sich  in  ihr  kein 
geschlossenes,  einheitliches  Staatswesen  zu  entwickeln  vermocht,  sondern  es 
nehmen  an  ihr  sechs  Staaten  teil,  und  zwar  eine  Großmacht  (Preußen)  und 
fünf  mittel-  oder  Kleinstaaten  (Bayern,  Hessen,  Baden,  Elsafi,  die  Sdiweiz). 
Die  OrOnde  dieser  aoffallenden  Erscheinung  liegen  nicht  im  Lande  selbst, 
sondern  beruhen  auf  geschichtlichen  Verhlltnissen,  einerseits  in  der  Schwäche 
und  Zerrissenheit  des  alten  deutschen  Beidies  und  sodann  in  der  Stärke  und 
Begehrlichkeit  Frankreichs,  dessen  Int<  resse  es  erforderte,  daß  sich  hier  kein 
selbständiges  kräftiges  Staatswesen  bildete.  Der  Rheinbund,  den  vor  nun- 
mehr hundert  Jahren  Napoleon  I.  ins  Loben  rief,  schuf  diese  Kleinstaaten, 
von  denfn  koiner  stark  genug  war,  Frankreich  zu  widerstohen,  zu  Kuechten 
dos  allgewaltigen  Korsen,  die  er  gegen  einander  und  gegen  das  übrige 
Deutschland  ausspielen  konnte.  Wohl  ist  inzwischen  der  Rheinbund  ver- 
schwunden, die  Staaten  aber,  die  ihn  gebildet  haben,  bestehen  zum  Teil  noch 
weiter.  Im  Jahre  1866  hat  Preußen  am  Ober*Rhein  zwar  Fuß  gefisBt,  aber 
aus  Bflckadit  auf  Frankreich  am  Bestand  der  flbrigen  Rheinuferstaaten  nichts 
zu  ändern  vermodit,  und  das  Jahr  1870/71  fttgte  den  Kleinstaaten  sogar 
noch  einen  weiteren  hinzu.  Der  Rhein  wirkt  in  seinem  Oberlauf  immer  noch 
als  TÖlker-  und  staatenscheidendes  Element;  die  ihm  von  Natur  ans  innewoh- 
nende völkerverbindende  Kraft  ist  einstweilen  nach  latent.  Von  seinen  üfer- 
stiiaten  sorgt  jeder  /uniuiist  für  die  eigenen  luteressen  und  bearirwöhnt  niiß- 
trauisoh  die  H('>trelaingen  der  anderen.  Alle  diese  einander  widerstrebenden 
Kräfte  zu  genieinsauior  Arbeit  zu  sanunelu  wird  nur  möglich  sein,  wenn  es  ge- 
lingt, ihnen  ein  gemeinsames  hohes  Ziel  zu  setzen,  dessen  Verfolgung  der  Ge- 
samtheit und  damit  auch  dem  Einxelnen  wertvoll  genug  erscheint,  um  darob  die 
Sonderinteressen  zuröcktreten  zu  lassen.  Ein  solches  Ziel  ist  in  der  Tat  vor» 
gezeichnet  in  den  Bestrebungen,  die  Schüfohrt  Aber  Basel  hinaus  rheinaof- 


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Die  Schiffahrt  »nf  dem  Ober-Bhein. 


588 


wärts  auszudehnen  bis  in  den  Bodensee  und  auf  den  Schweizer  Flüssen  und 
Seen  bis  an  den  Fuß  an  der  Alpen  und  so  das  gan/.e  (!ebiet  des  Kh^^ines 
zu  einem  wii-tschaftlichen  Organismus  zu  gestalten,  in  dem  Europas  schönsten 
Strom  und  seinen  Nebenflüssen  die  Bolle  der  Palsadem  zufällt,  die  überall- 
hin Leben  tragen  und  Leben  schaflbn. 

Zu  diesem  Behnifo  mtlsien  die  Stromschnellen  von  Bheinfelden  und  Ton 
Lanftnbuig,  der  kleine  Laufen  und  der  Sehaffhaneer  BheinfUl  mittels  Sehiff- 
fahrtskanSlen  und  Schleusen  umgangen  werden,  eine  Aufgabe,  deren  Lösung 
der  heutigen  Technik  keine  unüberwindlichen  Schwierigkeiten  bereitet  Die 
schweizerischen  Nebenflüsse  des  Rheines  bieten  weniger  Hindernisse  solcher 
Art  dar.  Auf  ihnen  treten  dagegen,  gleichwie  in  Hheinfelden,  große  Kraft- 
werkanlagen der  Schiffahrt  hemmend  entgegen.  Diese  müßten  zunächst  um- 
gebaut werden;  sodann  wäre  auf  gesetzgeberischem  Wege  dafür  zu  sorgen, 
daß  in  Zukunft  bei  Neuaulageu  auf  die  Bedürt'uisse  der  Schiffahrt  gebührende 
Bfidolelit  genommen  werde.  Bei  der  Bdiandlong  der  gegenwlrtig  ins  Leben 
gerufenen  sehweiaerischen  WasserxechtsinitiatiTe  wird  in  den  gesetzgebenden 
eidgenössischen  Bttten  auch  die  FMge  der  freien  Schiffahrt  auf  den  Schweizer 
Flüssen  geregelt  weiden  müssen.  Endlidi  ist  die  Schweix  auch  in  der  Loge, 
zur  Erleichteiung  und  Vermehrung  der  Schifehrt  im  Ober-  und  im  Mittel- 
Bhein  erheblich  beistttragen  durch  die  Verlängerung  der  jährlichen  Schiffahrts- 
dauer. Im  Schnee  und  Eis  ihres  Hochgebirges  besitzt  die  .Mpenrepublik  ein 
unerschöpfliches  Wasserreservoir  und  in  den  Seen  einen  voi-treftlicheu  Regu- 
lator ihrer  Wa.sserniusseu ,  der  nur  in  zweckiniißiger  Weise  in  Tätigkeit  ge- 
setzt werden  muß,  um  auf  die  Schiffahrt  ebenso  günstig  einzuwirken,  wie  es 
jetzt  bereits  mit  dem  Genfer  See  zur  Gewinnung  von  Kraft  durch  die  Stadt 
Genf  geschieht.  Durch  Errichtung  eines  Stauwerkes  am  Ausflnfi  des  Boden> 
sees  (oder  des  ünterseee  bei  Stein)  kann  es  erreicht  werden,  dafi  fOr  die 
Zeit  niedrigen  Wasseistandes  ein  sekundlicher  Wasswiuschuß  von  300  m' 
zur  Verfügung  atflnde,  was  hinreuAen  würde,  den  Bhein  statt  der  bisherigen 
Schiffahrtsperioden  von  200  Tagen  wfthrend  300  Tagen  im  Jahr  zu  befahren. 
In  gleicher  Weise  würde  eine  Stauung  der  Schweizer  Seen  auf  die  Schiff- 
barkeit der  Aare  bis  nach  Brienz,  der  Limmat  bis  in  den  Walensee,  der 
Beuß  bis  nach  Flüelin  und  unter  Umstünden  auch  der  Zihl  bis  nacii  Yverdon 
wirken.  Durch  alle  diese  Werke,  deren  Ausführung  nicht  einmal  das  Drittel 
von  dem  kosten  würde,  was  ein  einziger  Alpeudurchstich  erfordert,  würde  ein 
gewaltiges  Nets  ron.  Wassustraßen  gesehaff(Ni,  das  vom  Fufie  der  Alpen  bis 
zu  den  Nordseehlfen  Botterdam,  Amsterdam  und  Antwerpen  reicht. 

Dieses  Ziel  strebt  der  „Verein  für  die  Schiffiihrt  auf  dem  Ober-Bhein**  an, 
der  seinen  Sitz  in  Butü  hat,  der  aber  auch  eine  est-,  eine  zentral-  und  eine 
südschweizerische  Gruppe  umfaßt  und  ebenso  Beziehungen  mit  den  Interessenten 
der  außerschweizerischen  Bodensee- Uferstaaten  unterhillt.  Parallel  mit  diesen 
Bestrebungen  wird  auch  in  Italien  darauf  hingearbeitet,  den  Po  und  seineu 
Nebentluß  Tessin  der  « iroßschitfahrt  dienstbar  zu  machen,  so  daß  Schiffe  von 
Venedig  Hr  kt  bis  nach  Locai'no  (oder  Magadiuoj  am  Nordende  des  Langen- 
sees  hinauttuhren  werden. 

Falls  es  gelingt,  diese  Plttne  zu  verwirklichen,  so  werden  Schiffe  von 


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584 


Bad.  HoU>Linder:  Die  8eliiff»hr(  auf  dem  Ober^Bhein. 


dtT  Nonlsne  nnd  vom  Mittelmepr  au.s  in  ununtt^rhrorhoner  Fahrt  bis  an  den 
Fuß  <lor  Alpen,  also  bis  ins  Herz  von  Mittel-Europa  vorzudringen  im  Stande 
sein,  und  es  wird  nur  noch  die  verhUltnismäßig  kurze  Strecke  Flüelen — Lo- 
carno  der  Schitfahrt  verschlodseu  bleiben. 

Die  Töllige  Erachließung  der  nrti  WanarslnfiMiiMtie  Bhein  und  Po  er- 
weist  aieh  somit  als  eine  Folge  der  Erbammg  der  OotthardlMhii.  Diireh  sie 
weiden  nicht  nur  die  deutschen  Bh«ngelnete  nodi  inniger  yerknflpft  werden 
mit  der  Schweis,  sondern  auch  mit  Italien,  die  Nordsee  und  das  Hittelmeer 
werden  einander  näher  gebracht  werden,  und  die  Schweis,  das  ausgesprocli'  ue 
Gohir^sla-jd,  von  dessen  Gipfeln  aas  man  die  Vogesen,  den  Schwarzwald 
und  die  Apenninen  erblicken  kann,  wird  der  Umschlageplatz  Mittel  -  Europas 
werden.') 

Man  mag  dem  Gesagten  entgegenhalten,  es  sei  Zukunftsmusik.  In  der 
Tat  inuLi  noch  viel  Wasser  den  Rhein  hinabfließen,  bis  das  ganze  Programm 
erfüllt  sein  wird;  aber  niemand  wird  bestreiten  können,  daß  das  Leitmotiv 
dieser  Zukunftsmusik  echt  geographischer  Natur  ist,  und  daß  auch  ihre 
einselnMi  Akkorde  und  Sätze  rein  geographisch  gehaut  sind.  Der  Khein  und 
der  Po,  ihre  Nebenflfisse  nnd  Seen,  der  Beichtum  dtae  Alpen  ui  meder- 
schl&gen,  an  Schnee  und  Eis,  der  Gegensatz  zwischen  dem  Überschuß  der 
deutschen  Kheinlande  an  MineralschUtzen  und  Industrieer/.eu^'nissen  und  der 
nnersehöpfliohen  Produktionskraft  Italiens  an  Ertriignisseu  der  Landwirtschaft: 
das  all»'s  fordert  den  Mcnschfn  geradezu  heraus  zum  Ausbau  und  zur  Aus- 
nützuug  eines  von  d«'r  Natur  selbst  vorgezeichnj'ton  Yerkehi-sweges  ersten 
Hanges.  Die  Schweiz  hat  nüt  Hilfe  Italiens  das  Hiesenwerk  des  Simplon 
erstellt  und  schickt  sich  eben  an,  mit  der  Unterstützung  Frankreichs  zur 
weiteren  Aasdehnung  des  Netses  der  Interessensphin  des  Simplon  die  Mauer 
der  Bemer  Alpen  (den  LOtschherg)  xu  durchbohren  nnd  neue  Jurapforten  sa 
ersohlieflen  (durch  den  Weißenstein;  Aber  Frasne  Vallorhe  oder  Faocille). 
Angesichts  dieser  Bemflhungen  Frankreichs,  durdb  die  Schweis  Italien  die 
Hand  zu  innigerem  Verkehr  ZU  reichen,  ist  es  gewiß  auch  ftlr  Deutsfhland 
von  höchstem  Werte,  die  Bestrebungen  der  Schweiz  zur  Ausdehnung  der  ßhein- 
stliitfahrt  bis  an  den  Fuß  der  Alpen  mit  aller  Kraft  zu  unterstützen :  denn 
dadurch  wird  es  nicht  nur  die  Schweiz  noch  fester  an  sich  kcttt-n  als  bis- 
her, sondern  iiuch  der  <  intthardbahn,  d.  h.  sfinf-r  wichtigsten  Verkehi"biinie 
nach  Italien  das  Übergewicht  über  den  Simplon  wieder  sichern. 

1)  Vgl  F.  Becker:  WassentraBen  bq  nnd  in  der  Sehweiz.   Mitt  d.  oit- 

Bcbweiz.  geogr.  kommerz.  St   (lallcn   1903   —  Ferner  sei  hingewiesen  auf  clie 

Z.  d.  Ver.  f.  d.  SchiÖahrt  a.  d.  Uber- Khein:  Die  Itheinquellen.  1.  Jahrg.  1Ö06.  Basel, 
Sie  enthält  die  Ergebnisse  der  Yersachsfahrten  und  der  Untersuchungen  Gelpkes. 
Wir  tragen  noch  nach,  daß  inzwischen  auch  ein  Dampfer  vom  Nenenburgor  See 
au-^  (hl  i  ch  den  Bielersee  eine  Fiobefishrt  Aate  abwärts  nach  Solothum  mit  £ifolg 
ausgeführt  hat. 


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Geogrsphiiclie  Neuigkeiten. 


585 


Setgn^lilselie  NenigkeiteD. 

Znaunmengeefeelli  von  Br.  Angntt  Fitsan. 

Enropa.  I  anf  SSO  Heilen.  Die  ZaU  der  beförderten 

«  Der  Anschlaß  lalandB  tind  der  Faetagiere  stieg  von  einer  halben  Million 
FUröiT  an  das  Wplttplcgrapheiinet  /-  in  m'.iT  OS  auf  l'  j  Millionen  in  l'.»04  05, 
ist  nach  VoUeudung  des  vun  der  (iroöeu  ,  die  Frachten  während  derselben  Zeit  von 
Nordischen  Telegraphengesellschaft  twi-,2S887  anf  860481  Tonnen.  Eine  ent- 
schen  IMknemark  nod  Inland  gelegten  gprechcnde  Auidt^hnun^'  erfuhr  auch  der 
Kabels  am  28.  August  erfolgt.  F'er  Uf-  '\\]f*^rnphen-  und  Telephonverkehr.  Der 
trieb  liegt  in  den  Händen  der  genannten  Handel  mit  Japan  hob  sich  von  5,8  auf 
TelegraphengeseUeehaft,  die  dara  eine  I  iOfi  Millionen  Ten.  Ackerbau  und  Yieh- 
jährliche  Unterstützung  von  der  danischen  zueht  «eigen  besondere  Fortechritte  in 
RegienirifT  nnd  der  isländischen  Landes-  der  vermehrten  Produktion  von  Reis,  in 
kaue  erhält  ;X.  1804.  S.  709).  Das  Kabel  der  Hebung  der  Aufzucht  von  Kindvieh, 
iet  in  SejdisQord  an  der  Ostkfltte  Islands  ■  Schafen  nnd  Ziegen.  Die  Gewinnung  Ton 
gdandet,  von  wo  ans  eine  Landlinie  über  Schwefel,  Kohlen,  Gold  und  Goldstanb 
Akureyri  nach  der  Hauptstadt  Rcykjawik  wurde  sehr  geffirdert ,  die  Produktion 
führt.  Telegrapbenanataltcn  gibt  e»  nur  ^  speziell  von  üold  und  Ooldstaub  stieg 
drei:  bei  der  Kdetenstation  SeyiUiQoKd, ;  von  48809  anf  1064869Sünien.  (Dentiehe 
in  Akureyri  und  in  Reykjawik;  zwischen  '  Rundschan  f  Geogr.  n.  Stai  SS.  Jhzg. 
diesen  verteilt  liegen  17  Stationen  mit  S.  666.) 
Fenisprech betrieb  in  Abständen  von  un-  Afrika, 
gef&hr  80  km,  welohe  die  Telegramme  i  *  Ober  die  Nilflnt  nnd  ihre 
nach  den  Telegraphenstationen  telepho-  Schwankungen  hat  Kapt.  Lyons,  der 
nieren.  Für  die  in  gesunder  Entwicklung  Generaldirektor  dfr  ägyptischen  Landes- 
begriffenen  wirtschaftlichen  Verhältnisse  aufnähme,  Untersuchungen  veröffentlicht, 
Islands  wird  die  nene  Verbindung  von  |  über  wel<Äe  in  der  Meteor.  Zeituhr.  (1006. 
Vorteil  sein;  den  'jr''"'ßten  Vorteil  aber  S  .3r..*.  referiert  wird.  Vor  allem  wird 
wird  die  Meteorologie  und  die  europäische  die  Unregelmäßigkeit  des  Eintritts 
Wetterprognose  und  damit  die  SchiflUirt  j  des  niedrigsten  nnd  höchsten  Wasser- 
haben, da  es  nun  möglich  sein  wird,  das  i  Standes  des  Nils  in  den  einzelnen  Jahren, 
Heninnnhen  der  vom  Wrateii  her  ülier  wie  sie  ^ich  aus  den  in  Cliartura  und 
den  atlantischen  Ozean  ziehenden  Minima  \  Assuan  augestellten  Messungen  von  1469 — 
▼on  einem  weit  vingesehobenen  Poeten  1008  ergibt,  konstatiert.  Da*  mittlere 
her  an  melden.  |  Datum  des  Eintrittes   des  niedrigsten 

Asien.  Wasserstandes  ist  zu  ('hartum  der  13.  Mai, 

*  Durch  den  soeben  erschienenen  Be-  zu  Assuan  der  1.  Juni;  die  höchsten 
rieht  über  die  bisherige  10 jährige  japa- '  WassentSode  treffen  im  Mittel  lu  Char- 
nische  Zivilvorwaltung  der  Insel  tum  am  6.  Sept.,  zu  Austum  am  4.  Sep- 
Formosa  wird  der  Beweis  erbracht,  daß  tember  ein.  Von  dieser  Hegel  zeigen  sich 
die  Insel  dank  der  glänzenden  kolouisa-  Abweichungen  %'on  mehreren  Wochen 
torilchen  Flhigkeiten  der  Japaner  einen '  früher  oder  sp&ter  an  beiden  Orten;  da« 
grofienwirteehaftlichen  Auf-  -Maximum  tritt  in  beiden  Orten  gewOhn- 
schwung  genommen  hat.  Die  japanische  li<  h  in  der  ersten  Hälfte  des  September, 
Bevölkerung  der  Insel  ist  von  10  584  auf  ausnahmsweise  noch  im  früheren  Monat 
68  865  KOpfi»  gestiegen.  Die  Geeamtein-  ,  ein.  DaB  dae  Mammum  fast  ^eidiaeitig 
wohnerzahl  betrug  1904  etwas  iiber8Mil-  in  Assuan  und  in  Chartum,  ja  in  Aasuan 
Honen.  Die  Einnahmen  sind  von  2.6  auf  manchmal  eher  als  in  Chartnm  erreicht 
22,3  Mill.  Yen  gestiegen,  zu  gleicher  Zeit  wird,  hat  darin  seinen  Grund,  dafi  der 
ie%te  aieh  eine  fibemMwhende  Zunahme '  awiscben  beiden  Orten  mOndende  Atbaia 
der  Einlagen  in  Sparbaiikin  und  Post-  '  zuweilen  eine  vorzeitige  Wassermenge 
Sparkassen.  Die  Eisenbahnen  verlängerten  dem  unteren  Nil  zul'ührt.  Eine  zweite, 
sich  in  den  letzten  fünf  Jahren  von  60  ebenfalls  sehr  ftarke  Unregelm&ftig- 


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Ö86 


Geogrftphisehe  Wenigkeiten. 


keit  zeigen  die  jährlichen  Mexima 
nnd  Hinimn  der  Nilfinten«  bei  denen 

eine  FeststelluTig  einer  konatantt-n  Perio- 
dizität bisher  nicht  gelungen  iat;  die 
höch;>ten  Wueergtünde  liegen  oft  mehrere 
Jahre  weit  au»  einander,  Luid  folgen  sie 
sich  rasch.  Die  Ursache  diener  zeit- 
lichen und  quantitativen  Unregel- 
mftfiigkeiten  liegt  annddieSHdi  in  den 
NiederBchlugsverhältniasen  Abessiniens,  da 
der  Weiße  Nil  t  ineii  kaum  beuchteiia- 
werteu  Einflofl  auf  die  Nilflnten  ausübt, 
wfthrend  der  Blaue  Nil  mit  «einen  linkt- 
seitigen ,  die  abesginiHchen  Provinzen 
Schoa,  Wale^'ii  und  Katl'a  entwässernden 
Nebenfiüsüen  der  eigeuLiiuhu  Nährvater 
de«  ägyptischen  Nile  ist  Die  Schwan- 
kungen in  der  jährlichen  Fluthöhe  des 
Nils  hat  man  mit  der  :^5jährigen  Periode 
in  Brückners  Klimastchwankuugeu  oder 
mit  der  11  jährigen  Sonnenfleekenperiode 
oder  endlich  mit  dem  Südost-Monsun  und 
der  Hegen/eit  Iinüeüs  in  Zusammenhang 
zu  bringen  versucht.  Lyons  unterwirft 
dieie  drei  Hypotheaen  einer  sorgfU- 
tigen  Prüfung  und  liefert  den  Nachweis, 
daß  die  Brücknersche  Periodizität 
keineswegs  immer  zutreffend  in  den  Nil- 
flvtmeerangen  wiedemafindcii  itt,  daft  im 
Gegenteil  gerade  in  die  Trocken perioden 
Brückners  mehrmals  besonders  starke 
Hochfluten  fallen.  Ähnlich  verhält  es  sich 
mit  der  Periode  der  Sonnenflecken;  auch 
hier  ent-^pt idit  wolil  zuweilen  ein  Maxi- 
mum der  äonnentlecken  einem  Maximum 
der  Nilflnt,  aber  fast  ebenio  häufig  ein 
Minimum.  Mit  größerer  Wahieoheinlieh- 
keit  I'ißt  sii  Ii  ein  Zut*ainnienhanj,'  der 
Nilllutschwaukunjjcu  mit  deu  intensivsten 
Regen-  oder  Trockenjahren  Indiens  an> 
nehmen,  wenn  auch  hier  von  einer  kon- 
stanten Abhängigkeit  keine  Keüe  sein 
kauu;  denn  iu  U  von  '26  Jahren  war  zu 
gleicher  Zeit  das  Steigen  oder  Sinken  des 
Nils  verschieden  von  der  Regenfülle  oder 
Dürre  in  Indien.  Am  Schluß  seiner  Dar- 
legimgeu  kommt  Ljons  zu  dem  Ergebnis, 
daA,  soweit  unsere  g^emHMigen  Kennt- 
nisse reichen,  die  Nilflntschwankuogen 
wohl  in  erster  T.inie  von  dem  Mon^^nn 
des  ludischeu  Ozeans  abhängen,  daß  sie 
aber  sugleieh  tou  lokal  beochränkten 
meteorologischen  Zuständen,  und  zwar 
wesentlich  von  den  Nordost  -  Afrika  be- 
herrschenden Lul'tdruckverhältni&aeu  be- 
einfluBt  werden. 


*  Der  Prinz  Ludwig  von  Savoyen 
ist  Ton  seiner  Buwensori-Expedition 
wohlbehalten  nachMarseille  zurückgekehrt. 
Ob  die  Expedition  eineu  vollen  Erfolg 
gehabt  hat,  d.  h.  ob  der  Herzog  wirklich 
die  höchste  Spitze  des  Ruwenzori-MasnTS 
erstiegen  hat,  läßt  sich  bei  der  jetzt  herr- 
schenden Unsicherheit  in  der  Benennung 
der  Bergspitsen  im  Bnwensori  vnä  bei 
dem  Schweigen,  in  das  sich  alle  Expedi- 
tionsmitglieder seit  der  liückkehr  gehüllt 
haben,  nicht  mit  Sicherheit  sagen;  erst 
im  Deaember  gedenkt  der  Henogin  einem 
Vortrage  vor  der  italienischen  geographi- 
schen <  iesellcchaft  in  Rom  über  den  Ver- 
lauf und  den  Erfolg  seiner  Expedition  zu 
berichten.  Naeh  dem,  waa  bisher  bekannt 
geworden  ist,  erri«  htete  der  Herzog  in 
Buggiongolo  in  3875  m  Höhe  ein  Stand- 
quartier, wo  eine  Basis  vermessen  wurde 
nnd  von  wo  aua  der  Henog  die  eigent« 
liehe  Ersteigung  ausfühlte.  Am  15.  Juni 
V>estieg  er  den  ho«  hosten  Gipfel  des  Ru- 
wenzon,  der  zu  Elireu  der  Künigiu  Mar- 
ghetita  Jtfarghtfitaapitae^  genannt  wor- 
den ist.  Er  ist  ungefähr  555ii  m,  al-o 
nicht  ganz  so  hoch  wie  der  Kilimandscharo. 
Insgesamt  wurden  die  fünf  höchsten 
Spitaen  des  Odiiigsetockee  erstiegen  nnd 

außerdem  wurde  das  ganze  (u'birge  nach 
Lage,  Höh»  und  Struktur  untersucht  und 
vermessen.  Im  Gebirge  und  auf  dem 
Marsch  lur  See  wurden  mehrere  Serien 
magneti-i'her  Reobaclitungen  gemacht; 
dagegen  fehlen  wegen  des  vorherrschend 
gewesenen  dielten  Nebelt  sehr  die  Sonnen« 
beobuchtungen.  Nirgends  wurden  Spuren 
Min  \'nlkan!~!mis  entdeckt;  die  in  großer 
Ausdehnung  angetroffenen  Gletscher  haben 
keine  andere  Gestalt  und  Struktur  wie 
die  Alpengletsoher,  was  bei  der  I^ge 
unter  dem  .\tiuator  besondere  Beachtung 
verdient.  Die  geologische,  botanische  und 
zoologische  Ausbeute  ist  sehr  bedeutend, 
am  meinten  jedoch  wird  der  Geograph 
aus  den  Ergebnisse  der  £zpeditionNntaen 
zieheu  künnen. 

Südamerika« 

»  über  die  Bevölkcrungsverhillt- 
nisse  von  Argentinien  berichtet  eine 
Broschüre  ^I^Mcription  sommaira  de  la 
Republique  Algentine>\  die  das  Ackerbau- 
miniflterium  der  Republik  herausgegeben 
hat.  Danach  verteilt  sich  die  Bevölkerung 
folgendermaBen : 


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Geographische  Neuigkeitea. 


587 


Proviuen          Ober-  Bevölke- 

tind  fl&rhe  in  ning  im 

Territorien           iikm  J.  11K)2 

Bo6no«Aizei,Hanplstadt    186  8G6  490 

PrOTinz  805  121  1  20H  937 

Santa  Fe           „  131  900  576  885 

Enire  Rios        „          74  671  364  696 

Conrieotes         „         84402  888  4S6 

(  orflolja             „  161036  430  P59 

San  Luis  „  78  923  93  976 
Santjago  del 

Kstexo           „  103  016  184194 

Mendoza            „  146  378  152  720 

Hau  Juan          „         b7  846  97  b03 

La  Bii^a          „        89498  79  449 

CatMaiica       „  198138  looois 

Toeanum         ^        23  124  2r,i  sr,7 

Salta             „  161  099  13a  üiö 

Ji^uy               „         49169  64  987 

Mimones  Territorium  •29  229  86  286 

Formosa            „  107  258  5  844 

Cbaco                „  136  686  12  958 

Pampa             „  146  907  48391 

Nenquen          „  1 09  70.5  16  874 

Rio  Negro        „  196  695  14  947 

C'hubut              „  242  039  4  911 

Santa  Craz       „  989  760  1  681 

TiairadelFuego  „         21  4'.i9  1042 

Lee  Andes        „         64  uuu  1  10)> 

im  ganzen  2  960  620  6  022  248 
Die  BevOlkefongsdichtiglceit  beträgt  dem- 
nach 1,<!G;  zieht  mau  jedoch  in  Betracht, 
daß  in  drr  Hauptstadt  Buenos  Äirt'd  allein 
866  490  Emw.  wohnen  und  daß  für  das 
flbrige  Land  nnr  etwas  mehr  alt  4  lfU> 
lionen  Einwohner  übrig  bleiben,  no  or- 
aeheint  die  Bevölkerungsdichte  in  Wirk- 
lichkeit noch  geringer.  Diese  Dichtigkeit 
ist  je  nach  der  Li^  der  Provinxen  und 
Territorien  sehr  verschieden:  sie  betrügt 
in  den  östlichen  Provinzen  Buenos  Airet«, 
Santa  Fe,  Eutre  Kios  und  Corrientes 
6^49  £inw.  und  sinkt  in  den  Provinzen 
Cordoba,  San  Luis,  SantjjagO  del  Estero 
auf  2,12  herab;  darauf  folgen  die  nörd- 
lichen Pftkrinxen  Tucuman,  Salta  nnd 
Jiyny,  wo  1,8  Einw.  auf  1  qkm  wohnen, 
und  dann  die  Provinzen  im  Andenj^eUicte, 
Mendoza,  San  Juan«  La  Uioja  unil  Cata- 
marca,  wo  durchschnittUeh  weniger  als 
1  Bewohner  auf  l  qkm  kommt  In  den 
sogenannten  Xationalterritorien  ist  die 
Bevölkerungsdichtigkeit  am  geringsten 
und  trots  der  in  den  letzten  Jahren  be- 
kannt gewurd'Mu'n  Natur-Reichtümer  kann 
man  diese  fruchtbaren  Landschaften  kaum 


als  der  Besiedelung  ersehlossen  ansehen. 

.\lle  Benulhunpen  der  argentinischen  Re- 
gierung, die  Bevölkerungszahl  des  Landet 
zu  heben  nnd  die  Bevölkentng  dmdb. 
Unterstützung  der  Einwanderung  zu  Ter- 
mclir'  n,  sind  1  isher  trotz  dt-r  frnnstigen 
natürlichen  Bedingungen  für  europäische 
Einwanderer  nicht  von  dem  erwarfeetfln 
Erfolge  gewesen.  Von  1867  bis  1908  sind 
nach  Argentinien  nur  2  15H  423  Personen 
eingewandert,  die  sich  wie  folgt  auf  die 
einselaen  NationalitUen  verteilen: 


Italiener 

Spunipr 
1  ruuzoseu 

Englftnder 

Österreicher 
Deutsche 
Schweizer 
Belgier 


1  331  536 
414  978 
170  298 
86  486 
37  935 
30  691) 
25  776 
19  691 


Andere  Nati<men  99  988. 

Herd-PolargegMidea. 

•  An&ng  September  kam  aus  Nome 

am  Norton- Sund  in  der  Beringstraße  die 
Nachricht,  daß  liaoul  Amundseu  anf 
der  „Gjöa"  (S.  110)  glflcklich  dort  ein- 
getroffen sei :  ob  er  nun  von  dort  aus, 
wie  beabsichtigt,  die  Reise  längs  der 
Nordküste  von  Asien  nach  Westen  fort- 
gesetzt hat  oder  ob  er  sfldwirts  weiter 
gefahren  ist,  ist  bei  dem  Mangel  jeder 
weiteren  Nachricht  jetzt  nicht  ft'stzustellcu. 
Jedenfalls  hat  Amuudsen  eine  der  be- 
merkenswertesten Reiten  vollendet,  denn 
er  hat  als  Erster  die  nordwestliche  Durch- 
fahrt glatt,  nur  mit  einer  nntrciwilligen 
t  Überwinterung  durchfahreu  und  damit 
Irin  Problem  gel6tt,  das  srit  der  Mitte 
[  des  vorigen  Jahrhunderts  geruht  hat. 
Mc  ('Iure  hat  zwar  auf  st'incr  Reise 
1850 — 63  die  nordwestliche  Durchfahrt  in 
ihrer  ganzen  Ausdehnung  kennen  gelemt, 
aber  er  hat  sir  nicht  aussrhH''ßlich  mit 
dem  Schiffe  durchfahreu,  da  er  ein  Stück 
in  der  Mitte  mit  dem  Schlitten  zurück- 
gelegt hat.  Vom  20.  Sept.  1861  bis 
IG.  April  1853  wurde  das  SrhifF  Clun-s, 
der  „Invcbtigator",  auf  dem  er  von  Westen 
her  der  Nordküste  Amerikas  entlang  ge- 
kommen war,  an  der  Nordküst<>  von  Bauks- 
Land  im  Eise  fest«;ehalten;  im  Frühjahr 
1863  mußte  Mc  Clure  den  „Investigator'' 
aufgeben  und  im  Eise  surflcklassen;  er 
erreichte  zu  Schlitten  die  Melville-Insel, 
'  we  er  sich  mit  der  Mannschaft  des  Bel- 


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588 


Geograpbitiche  Neuigkeiten, 


cherschen  (Tesrhwa(lor><,  das  von  Oston 
her  durch  den  Lancfttter-Sond  and  die 
Barrow-Str&ße  gekommen  trnr,  Tereinigte 
und  mit  ihr  auf  dem  Wege  durch  die 
Biiffinbai  heimkelirto.  Gegenüber  dieser 
stückweisen  Fahrt  bedeutet  die  Eeiae 
Amundsene  eine  glatte  DnrelifMminfif  der 
Kordweetpeeiage,  die  noch  um  lo  höher 
zu  bewerten  int,  als  sie  mit  äußerst  f^e- 
ringen  Mittelu  nach  einem  dreijährigen 
Anfenflielte  in  der  Arktii  ohne  beeondere 
Yorbereitungen  nr  DoxchflUinmg  gekom- 
men ist. 

Meere. 

*  Die  Foriehnngsreiee  des  Ter> 

mesBu nj^t'^cbiffea  „Planet**  hatuch 
von  Kapstadt  aus  (S  2'.»f>)  einen  weiteren 
gflnfttigen  Verlauf  geuuminen,  wie  einem 
Berichte  de«  Prof.  Dr.  Krftmer  im  Olo- 
bni  (90.  Bd.  S.  101)  za  entnehmen  ist. 
Von  di-n  Er^eliruHseii  der  2'',monatipeii 
Reise  von  Kiel  nach  Kapstadt  sei  noch 
erwUint:  1)  Die  Ammenrang  einer  in  den 
Karten  filUchliolierweise  anffegebenen  Kr- 
hebuD^  vun  2121  m  südlich  von  den  Kap- 
verde-Inselu  in  11"  n.  Br.  und  22"  w.  L., 
■n  deren  Stntt  5180  m  geAmden  wurden; 
t)  die  Anlotung  des  afrikanischen  Kon- 
tinentes von  der  Tiefsee  aus  bis  Sierra 
Leone  und  Gewinnung  einer  Bodenproben- 
serie fOr  das  Berliner  Hnsenm  für  Meeres- 
kunde; 3  ilie  Festlepung  und  AustU'hming 
des  von  den  Ozeanographen  angesagten, 
TOB  der  „Valdinn*'  entdedfcten  imd  von 
den  Kabellegern  sp&ter  bestätigten  Wal- 
fi  sehr  Ork  (•  ti  s  westlich  von  Südwest- 
Afrika.  Die  unter  schwierigen  Umständen 
«Mgef&hxton  Draehenanfatiege  beatiltigten 
allenthalben  das  Vorhandensein  eines 
Antipassates,  auch  spater  im  Südostpassat 
des  Indischen  Ozeans.  Während  eines 
dreiwöchigen  Yorstoße«,  den  der  ,,Planet** 
von  Kapstadt  aus  nach  der  Antarktis  bis 
50"  s.  Hr.  ausfülirtf,  um  die  Lücken  zwi- 
schen den  Kursen  der  „Valdivia"  und  des 
„GftoA"  anssofilllen,  nnteRinhm  KrBmer 
eine  Landreise,  die  ihn  nach  Kimberley, 
Johannesburgs,  Pretoria,  Pietersburg  und 
iJurbuu  zum  Zweck  anthropologischer 
üntersndrangen  führte.  In  Iharban  war 
nntt'rdessf'n  der  „Planet"  eingetroffen,  der 
im  Süden  schwere?  Wetter  zn  bestehen 
gehabt  und  au  einer  Stelle  anter  41"  20' 
0.  L.  und  86  ^  40'  B.  Br.,  wo  bidier  eine 
113  m-Stolle  verzeichnet  stand,  eine  Ticf- 
see  von  47U0  bis  6400  gefunden  hatte. 


Dann  lotete  dfr  „Planet"  den  östlichen 
Abfall  Madagaskar!«  ab  und  kon.-^tatierte 
den  erwarteten  Steilabfall  ohne  Graben- 
bildung. Das  Anlaufen  von  Tamatftve 
gab  Krümer  d\o  willkommene  Gelegenheit, 
die  dortigen  Korallenrifie  zu  besuchen, 
die  Yoeltskow  vor  kurzem  erst  näher 
iintrmucht  hat.  Die  hier  begonnenen 
Korallenstudien  wurden  dann  nach  dem 
Besuche  von  Maaritius  an  der  lu^el  Kodri- 
gnes  fortgesetzt  nnd  dabei  eine  Torwie- 
gende  Übereinstimmung  mit  der  neuen 
Theorie  Voelt/kow  n  aUer  die  Entstehung 
der  Koralleninseln  konstatiert.  Nach 
einem  Beaoebe  des  großen  MaledivenatoUa 
Suvadiva  wurde  die  Fahrt  nnch  Colombo 
angetreten,  auf  der  das  von  der  „Valdi- 
via'' in  2"  10'  8.  Br.  und  68"  ö.  L.  ver- 
mutete nnterseeiaehe  KoznIIenrifF  nieht 
hat  bestätigt  werden  kOnnen;  die  ge- 
ringste Tiefe  an  jener  Stelle  war  •_'•_'< 'O 
bis  2300  m.  Nach  kurzem  Auteutiiuii  in 
Colombo  (Anfang  Juli)  sollte  die  Reise 
weitergehen  über  Padang.  Batavia ,  Ma- 
kassar  und  Amhoina  nach  Matu]>i .  wo 
die  Ausreise  im  September  zum  Abschluß 
kommen  soll.  Dana  -wird  der  ^Vltmeif^ 
die  Vermessungen  im  Bismarck-Archipel 
beginnen  und  bis  Ende  Januar  fortsetzen; 
später  geht  er  dann  noch  in  das  Gebiet 
zwischen  Philippinen  und  Iforianen,  um 
dort  die  wenig  bekannten  großen  Tiefen 
auszuloten  und  zu  erforschen. 

OeognpbiMlier  Cnterrlelit. 
OeograpbUHAe  Toilonang«n 

an  den  tleutschsprncliiiren  Universitäti  n  uu  l  tecli- 
nischen Hochschulen  irnWint*  rsemester  LL 

DeuUschiatui. 
Boetoek:  a.  o.Prof.  Friederiehsen» 

Länderkunde  von  Europa,  4  st  —  Länder- 
kunde von  Australien  und  Oaeanien,  Sst. 

—  Übungen,  2  8t. 

ÖsUrreich-  Ungarn. 
Wien:  o.  Prof.  Brückner:  Geogra- 
phie von  Europa,  5  st.  —  Seminar,  2  st.  — 
o.  Prof.  Oberhummer:  Geschichte  der 
Erdkunde  und  der  geographischen  Ent- 
deckungen I  Teü,  8  st.  —  Seminar,  SsL 

—  IM.  Mflllner:  Grundliuien  der  Ge- 
schichte des  erdkundlichen  Unterrichte-». 
Ist,  —  Pd.  Grund:  Das  Karstpbiiuumen, 
Ist.  —  Übungen  f3r  Fortgeschrittenere. 
Pd.  Macharek:  Gletscherkunde,  2 st. 

Caemowlta:  o.  Prof.  Löwl:  Klima» 


i  by  G' 


Geographische  Neuigkeiten. 


589 


tolo^ie,  3 st.  — >   Kttrtenknndtt,  Ssi  — 

Übungen,  1  st 

Qras:  o.  i'rot.  Sieger:  Physische 
Geographie  der  Feeftttader  und  Meere, 

4  8t.  —  Ausgewählte  Abschnitte  der 
Anthropogeographif,  Ist.  —  Übungen,  2  8t. 

Innsbruck:  o.  Prof.  v.  Wieser: 
Allgemeine  Eidkmide«  4rt.  —  Übun- 
gen, Ist. 

Prag:  o.  Prof.  Lenz:  Allgemeine  Erd- 
kunde, 4  st.  —  Geographie  der  Btlkftn- 
hnlbineel,  Ist  —  Geograph.  Beqtredhan- 
gen,  2*1 

Technische  Hocbtchnlen. 

Danzig :  ^of .  v.  B  o  c  k  e  I  m  a  n  n  : 
WirtHchatts<jfngTaphie  der  außereuropä- 
ischen Erdteile  mit  besonderer  Beriick- 
■iehtigung  ihrer  Benehung  zum  deotsohen 
Beieh,  8  st.  —  Entwicklung  deü  Verkehrs- 
wesens bi»  in  die  neueste  Zeit,  geogra- 
phisch betrachtet,  Ibt. 

Dnnnatftdt:  Prof.  Greim:  Morpho- 
logie der  Erdoberfläche.  —  Lnndetkönde 
dos  ( iroßher/f'^tums  Hessen. 

Dresden:  Prof.  Graveliu«:  Wasser- 
wixtsohaftlL  —  Ktimnlologie  von  Europa. 

—  Wirtachaftsgeographie  des  Deutschen 
Reiches  —  Deutsch-Ostafrika.  ~  Einfüh- 
rung iu  die  praktischen  geographischen 
Arbeiten, 

Mflnchen:  Prof  Günther:  Physi- 
sche Geographie  der  Mittelmeerländer.  — 
Handels-  und  Wirtschaftsgeographie  II.  — 
Seminar.  —  Prof.  Ottts:  INe  denteehen 

K<i!<>n!>.'n. 

Wien:  Prof.  v.  Böhm:  Morphologie 
der  Brdoberflftehe.  —  Physische  Geographie 
von  österreit  h-rngam. 

Zürich:  Prof.  Früh:  Haupter-^chei- 
cungeu  der  Atmosphäre  (physikaiiäche 
Geographie).  —  Geographie  der  Schweis. 

—  Lftndei^ttnde  von  Nordamerika. 

Handelshochschulen. 

AMben:  Prof.  Lehmann;  Wirt- 
schaftsgeographie I. 

Berlin:  Prof  Dunk  er:  Allgemeine 
Wirtschaftdgeographie ,  3— 4  st.  —  Die 
Tereinigten  Staaten  von  Nordamerika,  Sst. 

—  Pd.  Schlüter:  Mittel-Europa  mit  be- 
sonderer Berücksichtigung  derWirtschafts- 
nud  Uaudelsgeographie,  28t.  —  Pd.  Mar- 
kuse:  Einftthrung  in  die  ffimmelskunde, 

besonders  in  ihrer  nedeutung  für  Hco- 
graphie,  iSchiÜahrt  und  Handelsverkehr,  Ist. 


Prankfürt:  P»f,  Deckert:  Wirt- 
schaftsgeographie, 8  st.  —  Die  westindische 
Inselwelt,  2 st.  —  Seminar,  2 st.  —  Prof. 
Kraus;  Kultur-  bes.  WirtschaftsgeogKa> 

phie  Süd-  und  0.st-.\8ien8,  Ist.  —  Prof 
Franz:  Geschichte  des  Weltverkehrs  auf 
geographischer  Grandlage,  Ist. 

Köln:  Prof.  Rein:  Wairenknnde  der 
minerali.Mchen  Stoffe,  Sst.  —  Kolloquium 
und  Übungen,  Ist.  —  Prof.  Haasert: 
Geographie  des  See-  und  Landverkehra, 
Sst.  —  Landeskunde  und  Wirtschaftsgeo« 
gfraphie  des  Austral- Kontinentes,  Ist.  — 
Hilfsmittel  des  geographischen  Unter- 
richtes, Ist.  —  Die  deutaohen  Schuts- 
gebiete in  Afrika,  Ist.  —  Übungen,  2 st. 

Wien  Export- Akademie):  Prof.  Hei- 
derich: Haudelägeographie,  2  st. 

Vereine  und  Yersammlnngen. 
»  Der  Internationale  Kongreß 
für  die  Erforschung  der  Polar- 
gebiete (S.  40»)  hat  in  der  Zeit  vom 
7.— 11.  Sept.  inBtfissel  getagt.  Den  Vor- 
sitz des  Kongresses  führte  der  bekannte 
belgische  iStaatämmister  lieernaert;  unter 
den  Teünehmem  bemerkte  man  die  be- 
kanntesten Polarforscher  aller  Nati<men. 
Nach  ziemlich  erregten  Verhandlungen 
über  die  Zusammensetzung  der  internatio- 
nalen Polarkommission  wurden  schlieBIich 
folgende  Satzungen  für  die  inter- 
nationale Polarkommission  einstim- 
mig angenommen:  1}  Eine  internationale 
Polarkommission  ist  ins  Leben  gerufen 
worden.  2)  Diese  Kommission  hat  zum 
Zweck,  engere  wissenschaftliche  Beziehun- 
gen zwisdbeB  den  FdarUwsehen  herzu- 
stellen und  die  wissenschaftlichen  Beob- 
achtungen und  Methoden  nach  Möglich- 
keit in  Einklang  zu  bringen.  Die  Kom- 
mission versiehtet  darauf,  eine  bestimmte 
Expedition  zu  befürworten  (patronner). 
8)  Die  Konimission  besteht  aus  den  Ver- 
tretern aller  Länder,  deren  Augehörige 
eine  oder  mehrere  Polarespeditionen  ge- 
leitet oder  die  an  einer  solchen  Expedi- 
tion wissenschaftlich  teilgenommen  haben, 
und  zwur  aus  zwei  wirklichen  und  zwei 
ergftnaenden  Mitgliedern  fBr  jedes  Land. 
4 1  Die  Kommission  kann  jedoch  mit  ab- 
soluter Stimmenmehrheit  die  Vertreter 
von  LauUem  zulassen,  die  den  Bedingxm- 
gen  des  vorstehendMi  Artikels  nicht  mt- 
sprcchen  T)\o  wirklichen  und  ergän- 
aenden  Mitglieder  werden  von  den  fiegie- 


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590 


Geographische  Neuigkeiten. 


nagen  oder  den  gelelirtcn  Kürporsehaflon 
der  Vietoilifften  Länder  lipzeichnot.  Sie 
werden  vorzugsweise  unter  den  Personen 
•Q^cewihli,  die  eine  Polareipeclition  ge- 
leitet oder  daran  wissenschaftlich  teil- 
jfenommen  ha))en.  TunlicHst  wird  jedes  • 
Land  durch  einen  Nord-  und  einen  Süd- 
polarf<meher  Tertreten  Min.  Die  wirk- 
liobeB  nnd  die  erj^iinzcnden  Nfit<rlifd('r 
werden  für  die  Dauer  von  sechs  Jahren 
bezeichnet.  Alle  drei  Jahre  werden  sie 
in  jedem  Lande  rar  H&lfte  erneuert  und 
sind  wieder  wählbar  fV;  I»ie  KnnimisRidn 
ernennt  korreHpondierende  Mitglieder,  die 
unter  den  anständigen  Männern  gewählt 
werden,  die  in  den  Polargebieten  eine 
Ciimpa^nc  unternommen  haben,  oder  unter 
den  Verfassern  von  wissenschatllichen 
Arbeiten,  die  dem  Stadium  dieeer  Gebiete 
nützlich  lind.  7)  In  Yerwaltun^nsachen 
hüben  nur  die  wirklichen  Mitgli<'der  das 
Stimmrecht,  die  kurreupoudierenden  Mit- 
glieder BeratungHstimme.  In  winenschaft- 
lichen  Fragen  haben  erstere  und  letztere 
diosi'lhcn  Hechte  und  ihre  Stimmen  sind 
gleichwertig.  8;  Die  Kommiasion  erwiihlt 
unter  ihren  Mitgliedern  fibr  die  Daner 
von  drei  Jahren  einen  Vorsitzenden,  einen 
stellvertretenden  Vorsitzenden  und  einen 
Scbriitführer.  Diese  sind  erst  ein  Jahr 
nach  dem  Ablauf  ihzw  Amtneit  wieder 
wfthlbar.  Die  KomniissioD  tritt  auf  Ein- 
berufun*;  ihn-s  Vor'-it/.enden  in  der  Haupt- 
stadt des  Landes  zusammen,  dettseu  An- 
gehöriger er  iai  Doch  hat  ein  Drittel 
der  Komraissionsmifi^lieihr  ihis  Rieht, 
den  Vorsitzenden  zur  Einberufung  der 
Kommission  unter  Angabe  der  Tagesord- 
nnng  zu  veranlassen.  Die  Anwesenheit 
der  ^fehrheit  der  Mit^''Iie(h'r  der  Kom- 
mission ist  ilir  jede  Beratung  erforderlich. 
Die  BeBchlfisse  werden  mit  abaolnter 
Mehrheit  gefaBt.  Sind  die  Stimmen  gleich 
▼erteilt,  so  entscheiiht  ilic  Stimme  des 
Voititzenden.  Die  ergiinzeudeu  Mitglieder 
tagen  ao  EMedia  der  Teiliiiiderten  wirk- 
lichen Mitglieder.  Sie  üben  die  Rechte 
der  letztf'ren  während  der  ganzen  Dauer 
der  Verhinderung  aus,  i))  Der  Kommis- 
sion sind  Finanxoperationen  streng  unter- 
sagt. Zuiats:  Der  Kongreß  druckt  den 
Wunsch  ans ,  daß  dieser  Entwurf  der 
Satzungen  der  Internationalen  Vereinigung 
der  Akademien  nnd  so  bald  als  mOglich 
der  Genehmigung  der  beteiligten  Staaten 
unterbreitet  werde. 


Zeitschriften. 

*  Seit  ihrer  Heirründunp  im  .Tahre  1869 
hat  die  Geogr.  Gesellschaft  in  München 
„Jahresberichte**  hemusg^eben,  die 
einerseits  Ober  die  wichtigsten  Ereignisse 
im  Vereinsleben  Mitteilung  machten,  an- 
dererseits aber  auch  wissenschaftliche  Ab- 
handlnngok  enthielten.  Bei  dem  raAeh- 
tigen  Aufschwünge,  den  die  Erdkun  le  in 
den  letzten  Jahrzehnten  nahm,  steigerte 
sich  das  Angebot  an  wissenschaftlichen 
Beiträgen  derartig,  daB  der  hierfSr  in 
den  ,,.Iahresberichtpn"  verfügbare  Kaum 
nicht  mehr  ausreichte,  bei  dieser  Sach- 
luge entschloß  sich  die  Oeogr.  Gesellschaft 
in  MOnehoi  im  Jahre  1904  ein  neues  Vtt» 
einsorgan  zu  schaffen,  worin  Tor  lillem 
größere  wissenschaftliche  Abband  limgen 
Fiats  finden  sollten,  wUuttid  Bibliotbelo-, 
Ka^Bon-  und  Jahresbericht  nur  anhangs- 
weise beigegeben  wurden.  Der  1.  Band 
der  „Mitteilungen  der  Geogr.  Ge- 
sellsohaft  in  Mfinehen**  liegt  nun  ab- 
geschlossen in  4  Heften  (1004— lii06)  TOT 
(in  Kommissionsverlag  bei  Th.  Kietlel  in 
Müncheuj.  Der  Band  enthält  folgende 
Beitrftge;  0.  t.  Nenmayer:  Meine  Be- 
strebungen auf  dem  Gebiete  der  Geogra- 
phie. Max  («asser:  Studien  zu  Philipp 
Apians  Landesaufnahme  ^4  Karten  belL  u. 
1  Tab.).  Joseph  Beindl:  Die  Wein- 
inselnNord-  und  Mittel-Deutschlands  (1  K  ;. 
August  Wolkenhauer:  Beiträge  zur 
Geschichte  der  Kartographie  und  Nautik 
des  16.  bis  17.  Jahihunderts  (6  Taf). 
.T()sej)h  Reindl:  Die  ehemaligen  Wein- 
kulturen in  Süd-Bayern  (Nachträge)  (6  Tal'.). 
A.  Schück:  Das  Horometer,  ein  älteres 
Instrument  der  mathematischen  Geogra- 
phie. Anton  Rösch:  Der  Kontakt  zwi- 
schen dem  Fljsch  imd  der  Molusse  im 
AUgän  (2  Taf.).  R.  Lampert:  Der  heu- 
tige Stand  der  toogeographischen  For- 
schung. Siegmund  Günther;  Eduard 
Kichter  (1  Bild).  L.  \.  Ammonu:  Zar 
Geologie  von  Togo  und  Tom  Nigerlande 
(1  Taf.)  Joseph  Reindl:  Dörfer» Weiler 
und  Einzelhofe  in  Süd -Bayern.  Eine 
anthropogeograph.  Studie  zur  Kenntnis  der 
Siedelungsverfaftltnisse  in  Sfld  -  Bayern. 
Siegmund  Günther:  Ein  kulturhisto- 
rischer Beitrae  zur  P]rdbebeulehre  Maxi- 
milian W  0  b  e  r  :  Die  petrographische 
Ausbeute  der  Expeditionen  0.  Nenmann- 
▼.Erlanger  nach  Ost- Afrika  und  Abessynien 
1900— 1»01  (1  Kartentaf.).  Willi  üle: 


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Bücher  besprechungftn. 


591 


Stadien  am  Ammersee  in  Ober-Bayern  |  der  „Landeskandlichen  Fonchnngen**  (in 

(1  Kaiientaf  \  Die  letztgenannte  Abhand-  KomniissioiiBverlag  bei  Th.  Riedel  in  Mün- 
lungenchienauchimSonderdruckaUl.Heft  eben.    Preis  JtL  2.—).      Ch.  Kittler. 


Bfteherbespreeliuigeii. 


Cleldel,  Helnr.  Alfred  der  OroSe  als 

Geograph.    (Münchener  geojjrajihi- 
8che  Studien,  hrsg.  von  S.  Crüntber. 
16.  Stflok.)  Maneben  1904.  JL  9.80. 
Die  ««Hflnehener  Stadien'*  haben  schon 

mehrfach  recht  beachtenswerte  Beitrage 
zux  Qeschichte  der  Geographie  gebracht. 
Die  vorliegende  Monographie  reiht  sich 
ihnen  würdig  an.  Sie  behandelt  die  geo- 
graphischen Anschanuntjen  Ktinif^  Alfreds, 
■peneil  die  uugelsächsische  Bearbeitung 
der  Komnographie  dee  FHeiters  Oronns 
(6.  Jabrh  mit  den  vom  Kitoige  herrüh- 
renden Einschaltungen,  der  sog.  Germania, 
und  den  beiden  ReiHcbericbten  des  2jur- 
mannen  Ohtbere,  der  als  erster  das  earo- 
pftiaebe  Nordkap  umfuhr,  und  Wolfstans, 
der  auf  (Jrund  eigener  Anächauringen  das 
■fldliche  Ustseegebiet  beschrieb.  Der  V'ert. 
gibt  sn  dem  Gänsen  einen  aasftthrlichen 
Kommentar,  in  dem  er  die  bisherige  Lite- 
ratur über  diesen  Gegenstand  gebührend 
bpnicksichligt  hat.     K.  Kreta thmer. 

KJellön,  Rud.    Stormaktema.  Kon- 
turer  kriug    samtideus  storpolitik. 
n.  England,  Fitrenta  «tatema,  Ryat- 
land,  Japan.    VIII  a.  264  8.  Stodt- 
holm,  Geber  1905.    Kr.  4.—. 
In  der  G.  Z.  1906,  S.  647  If.  habe  ich 
daa  eigeBaxtige  Werk  im  allgemeinen 
eharakterisiert    Der  -l.  IJand  erörtert  zu- 
nächst  das   britische   Reich,  desson 
Zukunft  der  Verf.  namentlich  in  wirt- 
tehafUicber  Besiehnng  recht  peesimiefeisch 
beniteilt.    Der  imperialistisehe  Gedanke 
scheint  ihm  auf  die  Dauer  undurchführ- 
bar, weil  die  Intere^isen  der  einzelnen 
Kolonien  sn  sehr  aaseinanderlaofen.  Der 
Rückgang  der  englischen  Vormachtstellung 
könnte  nach  seiner  Ansicht  nur  durcli 
einen  großen  gegen.seitigen  Kampf  der 
Konkanepten  Englands  Tflnl^ert  werden, 
■0  wie  England  am  Beginn  dos  18.  und 
am  Beginn  des  1'."  .Tahrhunderts  seinen 
grofien   Aufschwung    den  gegenneitigen 
Kämpfen  der  KontinentalnAehte  verdankt 
habe.   Und  deshalb  sieht  KjeU^n  die 


größten  Gefahren  für  den  Frieden  von 
Englands  Seite  her  drohen.  Bemerkens- 
wert ist  u.  a.  der  Hinweis  darauf,  da& 
die  yerkehTsentwickloBg  der  neuesten 
Zeit  Raum  und  Entfernung  nicht  aufhebt, 
sondern  verstärkt  zur  Geltung  bringt  '  S.  58'i, 
Da  sie  nur  die  absoluten  Distanzen  min- 
dert, die  relativen  aber  bestehen  Iftfit, 
sind  diese  um  so  wirksamer.  In  gewissem 
Maße  werde  dadurch  der  alte  Vorzug  des 
Meeres  vor  dem  Land  als  Kulturmedium 
anfgehoben  nnd  die  weitere  Entwicklang 
des  Verkehre  lasse  erwarten,  daß  das 
Meer  seine  politisclie  Rolle  des  Trennen- 
den wiedergewinnen  werde.  Dann  aber 
werden  llbeneeisebe  Desitanngen  sn  Ano- 
malien werden.  Selir  hübsch  werden  tlie 
Vorteile  erörtert,  welche  den  Vereinig- 
ten Staaten  aus  ihren  Lage-  und 
Raumverh&ltnissen  erwachsen,  aber  aach 
die  Schwierigkeiten  ihrer  Bevölkerungs- 
fragen. Interessant  sind  die  Ausfübinngea 
über  die  Yankee-Nation,  die  Verf.  kaom 
noch  als  „eine  angelsächsische''  gelten 
lilßt.  Die  nuffteigende  F^ntwiclcluiii.,'  der 
Union  läßt  die  „amerikanische  Gefahr*^ 
nach  Ejell^  Ansicht  als  eine  Wirtschaft» 
liehe,  aber  nicht  als  eine  politische  er- 
scheinen. Eine  Exj'ansionspolitik  wurde 
die  Union  insbesondere  des  Vorteils  ihrer 
„centralen  Lage^  berauben  nnd  sie  groAen 
Gefahren  anssetsen.  Das  Bedürfnis  der 
Industrie  nach  neuen  Märkten  ist  auch 
für  die  Union  der  Grund  ihrer  Welt-  und 
OxoBmachtspolitik,  deren  Aossiohten  and 
natürliche  Grenzen  Verf.  im  Einzelnen  er- 
örtert. Dem  amerikanischen  Ideal  der 
„Arbeit"  stellt  er  das  orientalische  der 
„Rohe'*  gegenüber.  Zwischen  beiden 
nimmt  Rußland  eine  Mittelstellung  ein. 
Ist  die  Union  noch  eine  ökonomische 
Großmacht,  ohne  Militärmacht  zu  sein, 
SO  ist  bei  RoBland  das  Umgekehrte  der 
Fall.  Rußlands  Stellung  als  Kontinental- 
macht. al.*i  zur  Autarkie  i_r«'eignete8  Gebiet, 
ald  Sitz  einer  eigenartigen,  byzantinisch 
beeinfloßten  Weltanschauung,  seine  natio- 
nalen and  wirtschaftlichen  Verhältnisse 


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692 


Bücher  beaprechuugen. 


werden  auf  Grund  inufasaender  Literafcar- 
benutznng,  vielfach  übereinstimmeod  mit 
Hettner  besprochen.  Eine  Konstitution 
wued  als  gefahrvoUer  BehriH  erUirfc,  der 
Kern  dee  rosBischen  Problems  in  der 
Agrarfrage  erkannt  und  das  wirtschaft- 
liche „System  Witte"  auf  das  Schärfst^ 
getadelt.  An  der  eingebenden  ErBrtemng 
der  Ezpannonsbestrebungen  Rottaadf  ist 
die  sorpfaltijjo  Auseinauderlegtin^  der 
einzelne  u  Expansiouiiricbtungen  und  ihrer 
gegenseitigen  Beriehongen  herronobeben 
(z.  B,  „es  war,  als  ob  Port  Axthur  nach 
!Narvik  ruft'"  S.  18»',  .  Da  im  Leben  der 
Staaten  nach  Kjellens  Autticht  ein  ^^h^th- 
miicher  Wechsel  swieohen  Expuiini  und 
Konaentration ,  äußerem  und  innerem 
Wachstum"  herrscht,  ist  nun  von  Rußland 
für  geraume  Zeit  kein  Angritf  auf  andere 
lAader  sn  «nnurten.  Im  Dnnkttl  der  Zn- 
kunft  sieht  der  Verf.  nur  zwei  sichere 
Krkenntnisse:  „dafl  Rußlands  iieformie- 
ruiig  echmerzUoher  werden  wird,  als  irgend 
eine  savor*'  und  „d«ß  seine  Großmacht 
nicht  mit  seinem  jot/.igen  jiolitischen 
System  untergeben  wird".  Da«  ,^roblem 
des  großen  (d.i.  fernen)  Oriente"  wird 
ausgehend  von  China  besprochen,  das  mit 
Rußland  und  der  Union  den  „Typus  der 
breiten  Basis '  für  seine  Macht  gemein 
hat,  aber  den  „Willen  aar  Weltmaebt^ 
niebi  Seina  Bariehungen  in  Rußland, 
dessen  naturgemäße,  geographisch  lo- 
gründete  orientalische  Politik,  die  Zwangs- 
lage, in  die  ee  dnieh  Japana  Eingreifen 
vanatat  wurde,  Japans  Interesse  an  Korea, 
die  unfreiwillige  Erschließung'  Chinas  wo- 
bei Deutschland  nicht  ganz  mit  liecht 
ab  Torangabend  in  dar  «Politik  darPfSa* 
dangen"  angesehen  wird)  und  die  Stal- 
lung  der  einzelnen  Miichte  werden  dar- 
gelegt und  dann  Japan  besprochen. 
Dia  Dariagang  aainar  BntwieUnng  iet 
durchaus  sachgemäß  und  nüchtern.  Die 
Bedeutung  de»  Eintrittes  von  Japan  unter 
die  Großmächte  siebt  Kjelldn  darin,  daß 
nonmahr  neben  dem  waiUidian  Ideal, 
dem  individualistischen  Prinzip,  das  orien- 
taliacbe  Ideal,  dan  der  Solidarität,  zu 
äußerlicher  Gleichberechtigung  gelangt. 
So  eebematieierend  das  klingt,  spricht  es 
eine  eminente  Wahrheit  aus:  wir  sind 
zur  Anerkennung  gezwungen,  daß  außer 
unserem  Enltarkieise  noch  ein  anderer 
lal^nabzftftig  und  widerstuidaffthig  ist 
(ob  nna  aaeh  aitüicb  flb«:lagan,  wie  Yac£. 


SU  meinen  scheint,  ist  kaum  zu  entschei- 
den). Deshalb  sieht  auch  Kjellen  die 
„gelbe  Gefahr"  nicht  aui'  wirtschaftlichem 
Gebiete  and  niebt  in  einer  direkten  Er« 
weitemngapolitik  Ja])ans  —  Großmächte 
von  circummarinem  Typus  sind  kurzlebig  — - 
sondern  in  seiner  Verbindung  mit  China 
und  in  dem  Schadan,  den  eeine  Erfolge 
dem  Prestige  der  weißen  Rasse  zugefSgt 
haben.  Europas  verfehlte,  imeinige  Po- 
litik gegen  China  hat  es  verschuldet, 
wenn  nnn  eine  nMonroS-Doetrin  fSr  Oat- 
Asien"  aufzutreten  beginnt.  Führt  Ii---  r 
Gedankengang  zu  dem  Rufe  nach  den  .,V.-r- 
einigteu  ätaateu  von  Europa",  so  gelaugt 
Yarf.  aneh  dnrdi  die  Definition  de« 
Begriffs  ..Großmacht"  zu  diesem  Ziel. 
Eine  gewisse  (iröße,  Volksmenge,  Kultur- 
höhe sind  zu  diesem  erforderlich;  aber  da« 
Wesen  liegt  in  dam  Willen  zur  Macht, 
„eine  frroßmacht  ist  prinzipiell  ein  ein- 
heitlicher und  btarker,  mit  reichen  Macht* 
mittein  ausgerüsteter  Wüle^.  Daber  die 
Lage  aller  Großmächte  in  der  nördlich 
gemäßigten  Zone,  die  durch  ihr  Klima 
und  durch  die  Ausdehnung  ihrer  Land- 
gebiete,  also  durch  die  Gelegenheit  rar 
gegenseitigen  Reibung  der  Völker,  auf 
den  Willen  bildend  wirke.  Daher  dan 
Zugrundegeben  von  Großmächten  durch 
„geistigen  Tod*',  d.  i.  darcb  Erlahmen 
des  Ausdehnungstriebs,  wie  es  sich  be- 
sonders grell  in  abnehmender  Volksver- 
mebrung  zeigt.  Nach  den  Machtmitteln 
werden  Gkononüielia  and  militlrieebe, 
marine  und  kontinentale  Cboßmächte 
unterschieden;  aber  die  Typen  gehen  in 
einander  über  und  wechseln.  Altere 
Typen,  wie  die  Groflmftchte  am  Haadala- 
emporien  (Karthago,  Venedig),  Flußmün- 
dungen (^Portugal,  Holland),  Binnenmeere 
(Rom,  bcbweden)  sind  bereits  verschwun- 
den. Je  mehr  die  Aataride  von  Widitig- 
kcit  wird,  desto  mehr  verdrängt  der  kon- 
tinentale Typus  den  mannen.  Dadurch 
und  durch  das  Wachsen  der  größten 
Staaten  wird  et,  nach  Kjell^ra  Annebti 
dahin  kommen,  daß  »ich  nur  wenige 
Grußmächte  als  solche  behaupten,  diese 
sich  aber  zu  „Weltmächten**  anageatal- 
ten  werden;  es  sind  die  amerikanische, 
die  ost- asiatische  (China-Japan),  die  eura- 
sisohe  (Rußland)  und  die  Vereinigten 
Staaten  von  Weit-Europa  untw  Deoteok- 
lands  Leitung  als  europäiadie.  hl  der 
Verteilung  der  Nebenittndar  aa  di 


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Bücherb  esprec  hangen. 


593 


Iftfit  Vcfftsi'»  r  ili  II  soliden  Boden,  den  er 
bislang  noch  IVstzuhalten  bcstroht  war; 
Anatralien  als  japauisch-cbiueäiHcher  Be- 
«its  erumeit  an  ZukanfUgeniftlde  Ton 
weit  weniger  wisgenschaftlichem  Wert, 
wie  sie  die  lot/t»^n  .lahn^  (Ipb  öft^rn  brach- 
ten. Dm  Werk,  au»  Hutzele  Ideeukreis 
hetvorgSftAng^t  trt  beaonden  glfleklieh 
in  der  Anulvse  und  klaren  Darstcllnng 
der  Machtmittel  für  die  einzelnen  Groü- 
m&chte.  Seine  allgemeiuen  Thesen  kön- 
nen liiar  nur  «ngedeatet,  nicht  kritisch 
betproohi«  weiden.  Sieger. 

Supan,  AleiMiier.  Die  territoriale 

Entwicklung  der  eurcpüiHchen 
Kolonien.  Lex-H'.  XI  u.  344  S.  Mit 
einem  kolunialgeschichtlichen  Atlas 
von  IS  K.  o.  40  Teztk&rtchen.  Gotha, 
Ju«tu8  Perthes  1906.  JC  12.—. 
Das  Werk  ist  eine  wf sontliclit'  He- 
reicherung  der  geographischen  Literatur, 
dn  es  eine  der  empfindlichsten  LQcken 
unter  den  geographinchen  Handbüchern 
audfüllt;  aber  auch  dem  Hishtriker  wird 
es  namentlich  vom  methodischen  üedichts- 
pnnkt  Mis  willkommen  sein.  Denn  man 
hatte  bisher  Qeschichtswerke  über  die 
Entdeckungen,  (leschichtswerke  über  ein- 
zelne Kolonien  und  über  einzelne  Koloni- 
sationen, aber  keine  „allgemeine  Ge- 
schichte der  Kolonisation  in  chronologi- 
scher Reihenfolge  und  im  weltgeschicht- 
lichen Kähmen'',  wie  sie  Heeren  vorge- 
sehweht was.  Femer  war  in  den  kolonial- 
geschichtlichen  Werken  die  territoriale 
Entwicklung  zurückgedrängt  neben  der 
Veri'assungs- ,  Verwaltungs-  und  Kriega- 
gesehichte.  Dadaroh  werden  s.  B.  die 
anegeteichnoten  Arbeiten  Zimmermanns 
vidllMsh  ungenießbar.  Indem  Öupan  diese 
beiden,  mit  einander  innerlich  susammen- 
bftngenden  Mängel  konstatiert,  formuliert 
er  zugleich  die  zu  bisende  Auf^'abe  in 
aller  Scb&rfe.  Die  allgemeine  Kolonial- 
geechiebte  verlangt  naeh  seiner  Heinnng 
nicht  eine  regionale,  sondern  eine  chro- 
nologische Anordnung.  Ihre  Darstellung 
muß  sich  kartographischer  üilfsmittel ' 
bedienen;  diese  sind  bei  chxonologiseher 
Aniurdnungselbstverst kindlich  Weltkarten 
für  verschiedene  EpuclK  n  Die  Epoehen 
aber  müssen  solche  der  Kolünialgeechichte, 
nicht  der  eoiopftisohen  Staatengeschichte 
sein.  Es  ist  überrunchend ,  welche  Fülle 
von  Belehrung  sich  auj'  der  Durchführung 


dieser  Gesichtsponkte  ergibt,  und  wie  vor- 
zuglicli  sich  speziell  die  chronologiuche 
Anordnung  bewährt,  der  zunächst  man- 
chee  Bedenken  entgegensnstehen  scheint. 
Sie  stellte  den  Geographen  vor  eine  be- 
deutend»« historische  Aufgabe,  die  Aut- 
st«lluDg  richtiger  Terioden  und  zugleich 
sweekmftBiger  Bpoeben  fitr  die  karto- 
graphischen „Querschnitte".  Und  in  der 
exakten  Lösung  dieser  Aufgabe,  die  viel 
schwerer  ist,  als  sie  auf  den  erbten  Blick 
soheintk  erblickt  Snpan  selbst  die  Hanpi- 
leistnng  seines  Werkes  Er  sagt:  , .Durch- 
ans fem  lag  mir  die  Absicht,  durch  um- 
fassende Quellenstudien  neue  Tatsachen 
ans  Licht  zn  ziehen;  es  kam  mir  nur 
darauf  an.  Bekanntes  neu  zu  gruppieren 
und  damit  zu  neuen  Uesichtspunkten  zu 
gelangen.**  Obwohl  der  etefee  Sala  an- 
gesichts  der  umfassenden  und  kritischen 
(Quellenstudien  zu  bcpeheiden  erseheint, 
liegt  doch  in  der  Anordnung  des  Werkes 
der  wesentlichste  Portschritt,  den  es  dar^ 
stellt.  Da  hier  ein  Eingeben  in  Einzel- 
heiten nicht  möglich  ist.  sei  nur  von  ihr 
kurz  die  Kede.  Dabei  leitet  mich  auch 
die  Absieht,  dem  Leser  —  und  insbeson- 
dere auch  dem  Lehrer  *b  :  i  ;-'ograj)hie 
xmd  (jCBchichte  —  den  reichen  Inhalt  des 
Atlas  anzudeuten,  der  ein  wertvolles 
Hilfsmittel  IBr  den  Unterricht  dantelli 
Supan  behandelt  snnächst  die  Anfange 
der  überseeischen  Kolonisation  vor  14U2 
(Karte  für  i486:  Entdeckung  des  Kaps). 
Die  spaniseh-portngiesche  Periode 
1102  — i:)OK  veranschaulii  ht  er  durch 
Weltkarten  für  lö2'.»  'Vertrag  von  Sara- 
gossa, Teilung  der  Erdej  un<l  1598  (Tod 
Philipps  IL,  Ende  der  spanisch-portogie- 
sischen  Alleinherrschafti  Die  hollän- 
dische Periode  erstreckt  er  bis  1670, 
um  welche  Zeit  eine  Reihe  von  Friedens- 
schlüssen fallen,  durch  die  Holland  swar 
sein  ostindisches  lieich  sichert,  aber  seine 
Machtstellung  im  atlantischen  Gebiete 
verliert.  Der  Höhepunkt  der  holländi- 
schen Macht  fUllt  auf  lrt42  (Karte  4i. 
Die  französisch-britische  Periode 
vou  1670 — 1788  zeigt  mehrere  Wende- 
punkte: 1697  (Friede  von  Rijswijk)  einen 
Höhepunkt  der  ftansfleischen  Kolonial- 
macht, dann  nach  kurzem  Niedertrancre 
einen  zweiten  etwa  1764  (Abberufung 
Dupleix\  Erwerbung  des  obeien  Ohio- 
gebiet«), dann  mit  dem  Pariiier  Frieden 
1763  einen  Höhepunkt  der  englischen  Ko- 
u«ft.  40 


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694 


lonialmacht,  dem  der  Begiun  der  ameri- 
kauiachen  Abirenuuiig  bald  folgt.  Mit 
d«n  Tenaill«r  Frieden  beginnt  die  bri- 
tifch-amerikanische Periode  bis  1876. 
Epochen ,  die  der  Atlas  feetbült ,  sind 
in  dieser  1783  und  1826,  Beginn  und 
EadB  der  Lotlffemig  Ameritaw.  Daa  Ende 
dieaer  Periode  veranschaulicht  tlio  Karle 
fflr  1876  „am  Voraliende  der  Entdeckung 
dea  Kongo".  Mit  dieser  beginnt  Sapau  die 
evropftiack-amerikaniaehe  Periode 
der  Gegenwart,  welche  die  Teilung  Afrikas, 
die  Toilun^'  <1it  Sud  St-f,  dio  rusHisrhc  Aus- 
breituug  gtgcu  Ust-Asicu  uud  andere  Vor- 
gSage  umaehlieBt.  Die  Znettade  der 
Gegenwart  veranschaulicht  die  Karte  von 
1900.  Die  Karten  stellen  die  eigentlichen 
Kolonioationsgebiete  durch  Fl&chenfarben 
dnr,  wo  die«  aber  nieht  m(^eh  iat,  die 
über  sie  hinausgreifenden  Machtgebiete; 
die  liechtssphären  d.h.  vertragsmäßig  fest- 
gelegte Interessensphären  werden  durch 
Grenzlinien  bezeichnet.  Grundlage  der 
PeriodiHif-ruiig  ist  hier  der  Wetteifer  der 
Kolonialmächte;  für  die  übersieb tukarte 
des  Alters  der  Kolonien  wurde  eine 
andere  Einteilung  nach  der  räumlichen 
Erweiterung  der  kolonisierten  Gebiete  mit 
den  Epochen  14S)2,  1600,  1750,  1860  ge- 
iriUillb  AIb  Ergebniaae  der  Koloniafttion 
beaeiehnet  Supan  in  einem  hervorhebens- 
werten  Schlußabschnittc  die  Eurupüisie- 
rong  der  neu  entdeckten  Erdteile  Amerika 
und  Australien  und  die  Eröffnung  einer 
neuen  Periode  von  Völkerwanderungen, 
die  Weiße,  Neger  und  neuerlich  die 
asiatischen  Volker  betretien;  ferner  be- 
apricht  er  eingehend  die  Baubwirlaehafb, 
die  Ausrottung  und  das  Aussterben  nume- 
rieeh  schwacher  Eingeborenen vt'Uker,  so- 
wie die  kulturellen  gegenseitigen  Ein- 
flfieae  awiaehen  KoloniateoTOlkem  und 
Eingeborenen  und  meint,  mit  gewissen 
Einschrilnkungen  dürfe  man  auch  die 
Ausbreitung  der  abeudlündischen  Kultur 
Über  die  ganae  Erde  als  Eigebnia  der 
Kolonialgeschichte  bezeichnen.  In  der 
Verbreitung  der  Weißen  unterscheidet 
Supan  Einwanderer-,  Eingeborenen-  und 
IGaehkolomen,  deren  AuididimiBg  er  auf 
der  Karte  bezeichnet,  und  deren  Bevölke- 
rung^ Verhältnisse  er  aiffermilftig  au  be- 
stimmen sucht. 

Die  DanteUoDg  ist,  wie  sa  erwarten 
war,  klar  und  aneohaalich,  gehaltvoll  und 
sohün.  iSieger. 


Dove,  Karl.  Die  angelsächaiü«  hen 
liieueureiche,  eine  wirtschafta» 
geographische  üntemehung.  1.  Das 
britische  Weltreich.  'J5  8.  Jena, 
Costenoble  1906.  -i.äO 
Keine  erschöpfende  Wirthschaftsgeo- 
graphie  tritt  mit  diesem  beadiaidenea 
Heft  lieben,  dem  nur  noch  ein  zweites 
über  die  Vereinigten  Staaten  bald  nach- 
folgen soll.  £s  ist  vielmehr  eine  Studie, 
die  an  swei  der  allerwiohtigfllen  Beiqpiele 
die  derzeitigen  Einwirkungen  zu  deuten 
unternimmt,  die  bestehen  zwischen  einem 
kolonisierenden  Volk  und  dem  zu  koloni- 
■ienndeD  Land.  Kein  NachaoUagebiieh 
mittiia  liegt  vor,  gespickt  mit  endlosen 
Zahlentafeln  und  begleitet  von  der  ge- 
lehrten Trabanteuschar  der  Fußnoten. 
Aber  in  kurs  gehaltenen  EinaelaaafQb- 
rungen  wird  der  Leser  in  die  maßgebenden 
Hauptsachen  eingeführt,  dabei  sein  selb- 
ständiges Denken  angeregt  durch  klare 
Yorfllhrttng  des  Tatbestandes,  und  iwar, 
wo  es  sich  bei  Wechselbeziehungen  not- 
wendigerweise um  Zahlengrößen  handelt, 
an  der  Hand  ganz  kleiner  Tabellen  mit 
fertig  berechneten  llelativwerten. 

Die  Landesnatur  steht  nie  zurück,  wie 
sie  die  Yolkswirtschaltler  uud  ätaiistiker 
so  gern  ale  theatn^idie  Staffage  benutsen, 
sondern  sie  steht  Tocan.  Gefragt  wird 
immer:  wa«  vermochte  seiner  tellurischen 
Mitgift  nach  das  Land  zu  leisteu,  und 
inwieweit  ist  die  Verwertung  dieeer  Lei- 
stungsHlhigkeit  durch  den  tou  aufiea 
hcreingreifenden  Menschen  je  nach  seinem 
N  ützlichkeitsiu  teresse  mi  t  Erf ol  gverweudet 
worden. 

Von  den  britiiohen  Inseln  seihet  wird 

folglich  ausgegangen.  Ohne  langwierige 
Geschichtserzähiung  lernen  wir  den  großen 
Umschwung  erkennen,  der  ana  ^nem, 
Fischern,  Kflatenfiüirem  gewaltige  Indu- 
strielle und  Seefahrer  gemacht  hat,  die 
mit  scharfem  Späh  erblick,  den  aie  seit 
drei  Jahriinaderten  auf  ihren  FahrbBn  nau 
ganze  Erdennmd  übten,  allmähUeh  ev- 
fuhren,  wo  ihr  Nutzen  zu  holen  sei,  und 
tatkräftig  hiernach  handelten.  Zum  Schirm 
ihrer  Weltmaeht  bedflrfen  aie  der  über^ 
legenen  Kriegsflotte.  Sonst  könnten  sie 
zur  Selbsterhaltung  nicht  genug  Brot, 
Fleisch,  Tee  beziehen,  für  ihre  riesenhafte 
ErwerbatUigkeit  nicht  die  nötigen  Roh- 
stoffe, voran  Baumwolle  und  Hotz,  sie 
hätten  für  das  Mark  ihrer  Machteteliung, 


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Bflcherbesprechungen. 


595 


den  g«waltigen  Reichton,  dem  nncntbehr- 
lieben  freien  Seeweg  nicht  in  der  Hand. 

Nun  folgen  in  stetem  Hinblick  aui 
■olchen  Bedarf  gut  dniehdaohte  Dftntel- 

lungen  von  IndieD«  denen  Bedentoog  für 

Englands  Handel  snmal  vielseitig  und 
sachgerecht  beleuchtet  wird,  femer  von 
den  übrigen  tropieelien  Beeitrangen, 
namentlich  den  afrikanischen,  zuletzt  von 
den  außertropischen  Australien  wird  mit 
Recht  wegen  seiner  Trockenheit  als 
mindenreitig  gekemneielmet,  »bgeeehen 
Ton  seiner  Schafzucht,  Kanada  nicht  hoch 
gestellt  als  Auswandoningsgebiet  wegen 
seiner  Unwirtlichkeit  gen  W  nnd  NW, 
der  InIcratiTen  Zukunft  seiner  Holtnnsftibr 
dagegen  ein  glilnzenden  Zcuj^nis  ausgestrllt, 
zumal  wenn  die  Vereinigt^'n  Staaten  mit 
ihren  schon  arg  eingeschränkten  Waldun- 
gen abgewirticlinftet  haben  werden. 

Auf  manche  mitberührte  Einzelheit 
hier  einzugehen,  die  jeden  Leser  reizen 
wird,  ftBhlt  der  Bnom.  Erahnt  eei  nur 
kurz  die  hübsche  Ausführung,  wie  die 
Englilnder.  die  als  Teefreunde  über  Nacht 
Vorder-Indien  vom  Himalaja  bis  Ceylon 
warn  Teebaninnd  gemMlit,  ale  Haupt- 
snokeresser  die  Insel  Mauritiui  fast  in  ein 
einziges  Feld  des  kostbaren  Zuckerschilfs 
verwandelt  haben  (es  erzeugt  jährlich  57% 
dei  geeMBtefrikmieehen  Bolnsttcken,  ja 
in  den  jüngsten  Jahresemten  schätzt  man 
den  Mauritinszucker  auf  beinahe  «der  über 
800  000  Tonneu).  Und  aus  Sansibar,  das 
wir  nne  geognpliiieh  gm»  nnventtad- 
licber  Generosität  den  Englilndern  in  die 
Finsrer  gleiten  ließen,  machten  diese  den 
eiDtruglicbbten  Nelkengarten  der  Welt,  der 
in  gnten  Emtcgahren  den  guraen  nnf  6 
Millionen  Kilogramm  gPBchät/.ten  Bedarf 
des  Weltmarkts  an  diesem  Uewürz  allein 
au  decken  vermöchte. 

Neben  etwas  häufigen  Dmekfenehen 
stößt  man  hie  und  da  auf  nicht  ganz  zu 
bilügeudo  Nameuschreibungen.  Ks  heißt 
doeb  ttogit  nicht  melnr  Ukerewe-,  sondern 
Viktoria-See,  nicht  Bagomoio,  sondern 
Bagamojo,  nicht  DardHchilling,  sondern 
Dardschiling ,  auch  nicht  melir  „auf  gut 
denteeh**  Singapur  atntt  Singapore ;  und 
was  lii'douten  dort  neben  Malaien,  Insel- 
malaien naw.  die  wEur«ner**f  Kirchhof  f. 

Dtfleil,  Frans,  Ostniienfnhri  Er- 
lebnisse und  Beobachtungen  einea 
Natarfoieeheri  in  Chinn,  JnpMi  und 


Ceylon.    Xm  u.  511  S.    Leipzig  n. 

Herlin,  Tenbner  l'J06.  ,V  13.—. 
Seit  dem  Anfang  des  zwanzigsten  Jahr- 
hnnderte  rind  über  den  fernen  Oeten  nhl- 
lose Bfieher  geschrip'n  n  worden,  die 
unser©  Kenntnis  der  o-^tasiati-chen  Länder 
und  besonders  des  japauisclieu  Reiches 
swnr  vngemein  gefordert,  aber  Aber  die 
Erforschung  der  Natur,  über  das  Pflanzen- 
und  Tierleben,  nur  wenig  berichtet  haben. 

Dr.  Franz  Dof lein,  Privatdozent  der 
Zoologie  an  der  Hflndiner  ünivenitftt, 
hat  in  seiner  „Ostnsienliüiit"  diese  Lücke 
ausgefüllt.  Die  Bearbeitung  eines  Teiles 
der  Ausbeute  der  deutschen  Tiefsee-Ex- 
peditton reifte  bei  ihm  den  Plan,  aelb- 
ständig  und  allein  die  Meeresfauna  an 
der  Nordostküste  Japans,  da  wo  der 
Ozean  am  tiefsten  ist,  su  untersuchen. 
Für  den  einzelnen  Naturforscher  ist  eine 
solche  Kx]iediti(in  sehr  schwierig  und 
kostspielig.  In  der  Kegel  werden  der- 
gleichen Elzpeditionen  von  BtMte  wegen 
unternommen  und  mit  allen  erdenklichen 
kostbaren  Apparaten  ausgeriistet.  Durch 
Unterstützung  des  Prinzregenten  Luitpold 
Ton  Bayern  nnd  dnreh  Beitrftge  der 
k.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften 
wie  anderer  (iönner  wurden  die  erforder- 
lichen Mittel  aufgebracht,  die  den  Verf. 
in  den  Stand  aetsten,  seinen  Plan  Miam- 
f&bren. 

Die  Reise  verlief  nicht  ohne  Aben- 
teuer und  Unglücksfälle.  Schon  im 
rolen  Meere  wnrde  im  N.-O.  Lloyd- 
Dampfer  „Prinz  Heinrich",  auf  dem  sich 
Poflein  eingeschifft  hatte,  von  dem 
russischen  Kreuzer  „Smolensk"  ange- 
halten, auf  lüriegakonterbande  unter- 
sucht und  aller  seiner  Po-itsilcke  beraubt. 
Kurz  nach  der  Abfahrt  von  Colombo  lief 
der  „Prinz  Heinrich"  auf  ein  bis  jetzt  un- 
bekauntea  Korallenriff;  die  Passagiere 
setzte  man  zwar  bei  Point  de  Halle  an^ 
Land,  doch  die  wertvollen  Instrumente 
dei  Verf.  blieben  im  Schiffsraum,  ana 
dem  sie  erst  später  erhoben  und  ihm 
nachgeschickt  wurden.  Auf  dem  franzö- 
sischen Postdampier  „Polynesien''  ging 
die  Beise  weiter;  doch  anch  diee  SehüF 
hatte  in  der  Nähe  von  Singapore  ein 
Mißge.schick,  das  den  Verf  von  Saigon 
ab  mit  einem  kleinereu  überfüllten  Dampf- 
•ehiff  die  Reiie  fortnuefaeD  swnng. 

Von  dem  Leben  und  Treiben  in  der 
flraaaösisohen  Kolonie  in  Cochinohinn  und 

40» 


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596 


Bfleherbetprechnngen. 


besonders  in  der  IIun])t?t;i(H  Saijjon  gibt 
Dofleiu  eine  Beticlireibuu^,  die  wir  allen 
Frannden  d«r  deatsehai  Kolonifatifm  lo 
lesen  empfehlen.  Im  (iegensatz  sn  den 
blühenden  en^'lisihen  NiederliiHRitn^'en 
in  der  M&lakkastraße  entUiuBchle  die 
Stadt  Saigon  den  Beanoher.  Der  Verf. 
nennt  das  Leben  in  der  französifichen 
Kolonie  ein  „Lotterleben"  und  ist  der 
Ü  beneugung,  duti  »ich  ein  aolcbes  Leben 
nicht  da  anabilden  kann,  „wo  fldfiige, 
gebildete  Kaufleuto  den  Ton  angeben"; 
es  entwickelt  Bich  nur  an  Roleber  Stelle, 
wu  „balbuiüßige  Suldateu  und  lieamtc  in 
der  ifehnaU  rind**. 

Von  Hongkong  aus  wurden  Streifzüge 
nach  Kanton  und  Makao  unternommen; 
Shangbai,  die  grüßte  Haudelshtadt  Cbinas, 
mit  ihrer  acbOnen,  breiten  Strandprome- 
nade and  ihrer  endlosen  Reihe  i>ftlast- 
äbnlicbcr  Gescbäitabäuaer  ündet  eine  ge- 
bührende Bescbreibung;  zuletzt  wurde 
Japan,  das  End>^iel  der  Fahrt,  erreicht. 

Der  Verf  konnte  sich  bald  der  I'nter- 
stützung  der  japaniscben  liegienuig  er- 
freuen, was  nm  flo  mehr  Anerkennung 
verdient,  als  damals  der  Krieg  mit  Ruß- 
land tobte;  eine  Tiefseeuntersuclinng 
konnte  ja  ein  Vorwand  sein,  um  die 
KOatenTerteidigung  ansniaiAheni  Wirbe- 
SWdfeln«  ob  sieb  in  Kriegszeiten  eine 
einzige  westliche  Nati(>n  bereit  erklärt 
hätte,  einem  fremden  Isaturl'orscher  zur 
üntenuchnng  ilner  GewftBser  die  Erlaub- 
nis zu  erteilen. 

Anfangs  wilhlte  Dollein  die  nördliche 
Küste  Sendais  zu  seinem  Arbeittil'eid ;  er 
wnide  jedoch  von  Stflnnen  deruiaßon  ve^ 
folgt,  daB  er  eich  an  seiner  Gesundheit 
goschildigt  der  südlich  von  Yokohama  ge- 
legenen Ualbiusel  iiiura  zuwenden  mußte. 
Auch  hier  verlieB  ihn  dao  ünglQck  nicht: 
sein  für  schweres  Geld  gemietetes  Schiff 
mit  seinen  vielen  Apparaten  zur  Meeres- 
forscbung  sab  er  in  die  Tiefe  versinken. 
Ungeachtet  aller  dieser  Unglücksfälle  ver- 
lor er  kpinen  Aiigetiblick  den  Mut.  Seine 
Tatkraft  war  der  Lage  gewacbseu;  ein 
nenee  SehifT  wurde  gemietet,  und  es  ge- 
lang dem  unermüdlichen  Naturforscher, 
in  erKlauriüeh  kurzer  Zeit  au  der  Küste 
Öcndais  wie  in  der  Nähe  Miuras  eine  un- 
gemein reiche  Ausbeute  aus  den  Tiefen 
des  Meeres  hervorzuholen.  Sämtliche  Funde 
haben  jetzt  in  der  zoolo^jisi  ben  Staats- 
aammlung  in  München  einen  i'iatzgefunden. 


Dofleins  Tiefseefiscberei  im  Norden 
Japans  macht  uns  mit  vielen  Formen  be- 
kmnt,  die  bisher  nur  im  indiaehen  Oiean 
gefunden  wurden;  auch  fllr  den  Geologen 
.sind  Keine  I  ntersuchiingen  und  Entdeck- 
ungen äußerst  lehrreich:  Fische,  tSeeliiien, 
Braehiopoden,  Oaateropoden  n.  a.  hat  sein 
Netz  emporgehoben,  die  uns  an  bekannte 
Arten  des  mesozoischen  Zeitalters  erinnern: 
mit  iiecbt  koi)neu  sie  als  „lebende  Fossi- 
lien** beieiehnet  werden. 

Auf  der  Rfickreibe  hielt  sieb  der  Verf. 
kurze  Zeit  im  nördlichen  Ceylon  auf,  wo 
er  Gelegenheit  hatte,  die  pilzzücbtenden 
Termiten  beim  Bau  ihr«:  komplisieiten 
Wohnungen  zu  beobachten.  Diese  Plage 
Ost- Asiens  hat  der  englische  Kolonist  irr- 
tümlich mit  dem  Namen  a^iU  OHt  be- 
legt. Unter  den  wirklichen  Ameiaen  fuid 
Dofleiu  in  Ceylon  die  Weberameise,  das 
einzige  Tier,  das  ein  Werkzeug  benutzt. 

Wir  zaudern  nicht,  diese  „Osta^ien- 
fabrt"  ein  würdiges  Seitenstück  zu  Alfred 
Hus.sell  Wallaces  ,,Malay  .\rchipelago" 
zu  nennen ;  das  Üuch  sei  nicht  nur  jedem 
Naturfoncher,  auch  jedem  Fkeund  dea 
fernen  Ostens  aufs  dringendste  zum  Leteik 
anempfohlen  Die  dem  Werke  beigefügten 
Bilder  sind,  für  die  Mehrzahl,  vom  Verf. 
selbst  photograpbisch  aufgenommen  und 
niil  großem  Kunstsinn  vriedergegeben.  Be- 
sundei^  reizend  i«t  der  „Blick  auf  die 
Sagamibucht".  Auch  die  „Morgenstuum- 
ung  bei  Kandy**  und  „Fiyi-san  von  der 
Gegend  von  Kashiwabam  nna  gesehen** 
sind  hervorragend. 

Bei  einer  folgenden  Auflage  sollte  die 
Hohe  dea  Daibutanbildea  au  Kamakum 
berichtigt  werden.  Die  Angabe  von 
125  Metern  ist  offenbar  ein  Druckfehler. 
Heidelberg.  W.  C.  Kor th als. 

Montgelns,  Pauline  Gräfin.  Out- Asi- 
atische Skizzen.  München, Acker- 
mann 1906.   JC  9.60. 

Dieselbe.    Bilder  ans  Sfld- Asien. 

Ebda  1006.  3.20. 
Diese  beiden  Eeiscbücber  ergänzen 
einander;  das  erste  fQhrt  uns  nach  China 
und  Japan,  das  zweite  beschreibt  Siam, 
Cambodja,  Java.  Birma  und  Britisch- 
indien. Auf  diesen  Fahrten  und  während 
eines  längeren  Aufenthalts  in  Peking  be- 
gleitete die  hochgebildete  Schriftstellerin 
ihren  Gatten,  der  eine  amtliche  Stelle  in 
Üst-Asien  iune  hatte.  Ihre  Eindrücke  von 


Bücberbettp 

Ltnd  und  Leuten  sind  in  dieMm  T»g»- 

bfichern  in  fesselnder  Form  wieder- 
gegeben. Der  wisseniichafUicbe  Wert 
beider  Werke  wird  nodi  bedeutend  ei^ 
hiiht  durch  die  kurzgefaßte  und  lesens- 
werte beschrfibniif,'  des  Landes ,  die 
jedem  AbscLtiitt  vurausgebt.  Die  Ver- 
fMierin  hatte  daa  aelteDe  Glflek,  so  einer 
Audienz  bei  der  Kai^Hrin-Uegcutiti  det 
chinesiaciicn  Reiches  eingeladen  zu  wer- 
den, und  liefert  uns  von  dieser  Feierlich- 
keit ein  anschauliches,  maleriBcbes  Bild. 
Die  Verfanserin  fand  die  nfwegnngen  der 
siebzigjährigen  Gebieterin  Chinas  unge- 
mein jugen^icb  nnd  lebendig,  doch  ohne 
kaiserliebe  Würde;  die  Kaiserin^Regentin 
ist  zienilioli  klein,  hat  stark  ausgeprägte, 
energische  Züge  und  einen  scharfen  lilick. 
Ob  mm  diese  höbe  Fran  in  Wixkliehkeit 
eine  moderne  MessaHua  sei,  darf  be- 
zweifelt werilen;  die  Berichte  der  ameri- 
kanischeu  i'ortriltmalerin  Mrs.  Kathehue 
Karl,  die  1  Engere  Zeit  im  kaieetlieben 
Palais  verweilte  und  täglich  stnadenlang 
von  d^r  hohen  UeV)ieterin  empfangen  und 
rückiiicbt»voU  behandelt  wurde,  stehen  in 
grellem  Widerepmch  mit  dea  Pekinger 
SehreckcDsberichten  am  dem  Jahre  1902, 
welche  damala  gana  Europa  in  Aufregung 
versetzten. 

Die  den  ^Bildo»  aus  Sfld-Asien**  bei- 
gegebene Karte  ist  leider  nur  eine  Skizze, 
die  auf  geographischen  Wert  keinen  An- 
spruch macbeti  kann;  bei  einer  folgen- 
den Auflage  sollte  rie  entweder  gans  weg- 
gelassen oder  vervoll stilndigt  werden.  Die 
Ansichten  in  Lichtdruck  dagegen  sind  wohl- 
geluugeu.  Wir  können  beide  Beisebücher 
anft  iribrmite  empfehlen.  W.  C.  Corthals. 

DrSber,  Wolfgang.  Die  Polargebiete 
und  deren  Erforschung.  Oemein- 

verstandlich  dargestellt.  228  S.  J  K. 

Stuttgart,  Lehmann  \'.U)C,.        1  ~  . 
Bereite  vor  einiger  Zeit  haben  wir 
eine  ähnliche  Sehrift  in  dieeen  Blltiem 
besprochen,  die  Arbeit  von  Fritz  Regel 
über  die  Nordpolarforschung  (G.  S.  1905 
S.  717). 

Die  jetat  irerOffentUohte  Dröbers  ist 

noch  etwas  umfangreicher  als  jene  und  be- 
handelt neben  der  Erforsrhunf^tigeschichte, 
die  Kegel  vorzugsweise  zum  iCahmen  dient, 
die  Oeogra]riue  der  Polarregionen  in  allen 
ihranZweigen:  Bodenbe8chaff'enheit,Klima, 
Pflanaeo-  und  Tierwelt,  Bevölkerung  und 


rechungen.  597 

Besiedelung.  Auch  dieseSchrift  wird  sicher 

jetzt  einen  atisgedehnten  Leserkrei«  finden, 
wo  zahlreiche  l'olarexpeditioueu  in  Aus- 
führung begriffen  sind  und  wo  eben,  im 
September,  in  ]5rüsgel  die  „Internatictnale 
Konferenz"  getagt  hat,  die  vielt;eitige  und 
erschöpfende  Diskussionen  alier  mit  der 
Polarfonehung  snsammenhftngenden  Fra- 
gen im  Gefolge  haben  wird. 

Moritz  Lindeman. 

8dll«BIMer,  K.    Geographische  Na- 
men.   Erklärung  iler  nii-htigsten  im 
Schulgebrauche  vorkommenden  geo- 
graphischen Namen.  99  8.  Leipzig, 
Renger  TJOG.  1.60. 
Mit   er.'^ichtlicht'ui    l'leiß,    unter  FJe- 
nutzung  ziemlich  umfangreicher  Literatur 
(obwohl  sie  ungenannt  bleibt)  hat  der 
Verf.  in  alpbubetischer  Reihe  eine  fast 
übt  ri,'rn[j('  Zahl  t,'e'ii,'raj)hi»cher  Namen  zu- 
sammengestellt und  ihren  Siun  kurz  ge- 
deutel  Nur  hie  und  da,  wo  man  sieh 
Aber  die  Deutung  noch  nicht  klar  ist, 
sind  die  am  wahrscheinlichsten  dünkenden 
Ergebnisse  der  Deutimgsversuche  in  der 
Mehnahl  neben  einander  gestellt. 

Die  Biobtigkeit  der  Namenerkläruug 
weist,  wie  nicht  bei  vielen  solcher  Schrif- 
ten, auf  Sachkunde  und  treffendes  Urteil. 
Vom  Gegenteil,  dem  man  gar  edten  be- 
gegnet, seien  hier  nur  wenige  Beispiele 
kurz  erwähnt.  —  W^as  soll  das  Neben- 
einander auf  ä.  28  besagen  „Fidschi  In- 
selat  Viti  Uva  ->  groBes  Yiti**?  Weift 
der  Verf.  die  zwei  Namen  nicht  zu  über- 
setzen, so  mag  er  dos  ehrlich  sagen,  vor 
allem  aber  nicht  verschweigen,  daß  Fidschi 
wie  Viti  ganz  dasselbe  bezeichnen  (Gruppe 
wie  Kinzelinseln);  da  die  Inseln  seit  1H74 
englisch  sind,  und  ihr  Name  von  den 
Engländern  nunmehr  ansschließlich  Fyi 
geschrieben  wird,  so  ist  die  Schreibung 
nach  deutscher  AuHsprache  Fidschi  i  un- 
befugt. Was  würde  man  denn  dazu  sagen, 
wenn  ein  Deutseher  aus  himmelndem 
Patriotitmns  statt  Wigbt  Weit  schriebe? 
Oder  wenn  die  Engländer  xmsere  He/eich- 
nung  „Bismarck- Archipel*^  nicht  auerken- 
nen wollten,  weil  sie,  die  Entdecker, 
ihn  Neu -Britannien  getauft?  —  Kuro 
Siwo  ist  englische  Verderbnis,  jeder  Ja- 
paner spricht  Kuro  Öchio.  —  Singapur 
entatammt  wiederum  ungec^^phisehem 
dentecben  Sondennnt,  der  gar  keinen  Sinn 
hat;  einsig  Siiig^Miie  iat  richtig.  Kyff- 


598 


Neue  Bücher  und  Karten. 


bimer,  mit  dem  (nAnerdin^^'^  rat  ein- 
gepaschten)  albernen  griechischen  y  in 
einem  onaerer  klangrolhten  nationalen 
BergnMnen«  hat  hier  die  konlbee  ErkV^ 
nin^  erfahren:  ^Hftoier  auf  der  Kup|)e". 
Weder  mit  HRnsorn  noch  mit  Kn])pc  hat 
der  Name,  ursprünglich  bloß  Bergname, 
tilgend  elwM  sn  tan,  er  bedeutet  naoh 
dem  uralten  deutseben  „kufeae"  Zelt,  wie 
die  auch  ffeolopisch  so  nntiehende  Fels- 
insel, TOn  iSüdoxten  betrachtet,  in  der 
Tat  aawiebt;  lud  an»  dem  im  Volkemand 
schon  im  Mittelalter  pchwindcixli  n  ,,ku- 
fese"  wurde  durch  volkstümliche  Anähn- 
lichong  „Kufcs",  „Kufhu«",  endlich  Kiff- 
Utaeer  (mit  irriger  Bedehong  anf  die 
Ihn u'tntTnrapr  dor  Höhe),  weil  der  Thü- 
ringer „es"  als  Kürzung  für  „hüs"  be- 
nutzt (a.  B.  früher  brüea  für  Brauhaus, 
noch  beote  backe«  oder  backe  für  Back- 
haus). —  Der  schlirlttc  Stadtnanie  Krfurt 
wird  nach  einer  modernen  Etymologen- 
grille höchst  mystisch  als  „Ort  am  Arpas- 
berg"  d.  h.  am  „Wasserflußberg"  ?!)  er- 
klart, erst  flpäter,  als  die  Stadt  nach  der 
Furt  bin  au^ewachsen,  wäre  ihr  Name 
in  Arpes-  und  Erpeafbit  nmgestaltet  wor* 
den.  Es  genügte  doch  einfiu^h  zu  »agen: 
der  älteste  mit  voller  Sicherheit  über- 
lieferte Name  der  Metropole  Thüringens 
lautete  „Erpesfurt**,  die  Stadt  wnebs  mit- 
hin an  der  Kreuzung  wichtiger  'S'erkehrB- 
straBen  als  Durchfuhretätte  an  der  Ocra 
auf.    Erpes  ist  offenbar  Genetiv;  zweifel- 


haft bleibt  nnr,  ob  Erp  der  Eigenname 
der  Sippe  war,  der  irgend  welche  An- 
rechte an  der  Benutzung  der  Furt  in 
grauem  Altertum  zustanden,  oder  aber 
da«  früh  uns  erloschene  Wort  für  Vieh 
ist,  das  wir  noch  lange  im  Angelsäch- 
sischen als  „eorp"  fortleben  sehen  (vgl. 
bekannte  Entepreehmigen  wieSdiweinftirt, 
Oxford).  Merkwürdige  Sprachbeziehungen 
zwischen  Englisch  und  Thüringisch,  wohl 
sicher  durch  die  Angelsachsen  einst  be- 
gründet, gewahren  wir  noch  hente;  eo 
lebt  der  Stamm  des  onglisehflll  head 
Hn\ipt  bei  un«  nur  in  Thüringen  fort: 
die  Huhlaerin  nennt  ihr  kleidsames,  etwas 
turbanartigee  Kopftoeh  „Heidlappen**,  wöt 
und  breit  hört  man  auf  den  thüringischen 
üemüsemärktcn  die  Kohlkopfe  als  „Heid- 
chen" ausbieten,  nur  die  vornehme  Dame 
fragt  in  veretftndnisloser  Anfthnlidniiig; 
„Was  kostet  denn  das  HUnfehen?" 

Leider  fehlt  unserem  durchaus  nicht 
unTerdienaUiohen  Bach  ginalieh  die  An- 
gabe der  Avasprache  der  geographi- 
schen Nnmen ,  die  bei  uns  noch  so  im 
Argen  liegt.  Ja,  was  das  Schlimmste  ist: 
man  hftlt  daa  ftlr  eine  L^tpalie.  Selbafc 
ein  Richthofen,  ein  Batsei  spraehen 
sogar  heimiflohe  Ortsnamen  mitunter  un- 
richtig aus.  Eettung  aus  dieser  sehr  all- 
gemeinen Namen-Miitoe  erblieke  idi  nur 
dann,  wenn  es  in  Zukunft  heißt:  Keinem 
Kandidat^:*!!  erdkundliche  fac.  doc.  ohne 
korrekte  Nameuanssprache.  Kirch  hoff. 


Nene  Sieker  snd  Karten. 


tiMCklehtc  4n  tieof  rsf  hls. 
Schiaparelli,  Celestino.  Ihn  Gubayr 
(Ibn  Oiobeir).   Viaggio  in  Itpagna,  Si- 

cilia,  Siria  e  Palestina,  Mesnpotamia, 
Arabia,  Egitto  compiuto  nel  Secolo  XII. 
Prima  tradniione,  fetta  enll*  originale 
Arabo.  XXVn  u.  412  8.  Bom,  Loeecher 
k  Co.  1906.    L.  10.-. 

Allgtmslast. 

Meyers  OroBes  KonTersationi-Lenkon. 
6.  AuO.  14.  Bd.  Mittewald— Ohmgeld. 
'.f,'K  S.  Lr-ipzig.  Üihl,  In»t.  1906.  .(KIO.— . 

Brockhaus'  Kleines  Konversations-Lexi- 
kon   Bd.  II:  H.  84—46.  Je  X  —.80. 

DentarlilsHd  »ni  Nachbftrlin<l»r. 

Kirchhoff,  Alfred  o.  Willi  Ule.  Be- 


richt über  die  neuere  Literatur  zur 
deutschen  Landeskunde.  Bd.  III  (1908 
-I-  1808),  I.  A.  d.  ZentralkomuL  f.  wiai. 
Landeskde.  v.  Deutschland  hrsg.  V  u. 
250  S.  Breslau,  Hirt  1906.  JC  7.60. 
Statistisches  Jahrbuch  fflr  das 
Deutsche  Reich.  Hrsg.  Tom  kaie. 
Statistischen  Amt.  27.  Jahrg.  1906, 
XXIV  u.  347  u.  61*  S.  6  Taf.  K.  Ber- 
lin, Puttkammer  k  Mflhlbieeht  1906. 

JC  2—. 

Ule,  Willi.  Studien  am  Ammerpee  in 
Oberbayem.  Landeskundliche  Forschun- 
gen, hrsg.  V.  d.  (Jeogr.  Oea.  in  Mfln- 
eben.  Heft  1.  (S.-A.  aus  den  Mitt.  d. 
Geogr.  Oes.  in  Mflachan.  Bd.  L  4.  iL 


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599 


1906.)  64  S  Textfig.  u.  l  K,  München, 
Hiedel  iU06.   JC  6.—. 

Scbaenffelen,  Eugenie.  Meine  indische 
Reise.  VIII  u.  474  8.  1  Bildnis  n.  1  E. 
Berlin,  D.  Reimer  1906.  JC  6.—. 

€««fraphlscli«r  Uatcrrlekt.  1 

F i 8 c h  er-G ei  H t b e c k. Erdkunde  für  Inihere 
Schulen.  V  iele  Laudtichaftabilder,  Karieu- 
skisien,  Profile  n.  Diagnunme.  1.  Teil.  I 

Geograph.  Grundbegriffe  übersieht  der 
Länderkunde.  Mittel- Europa,  insbeson- 
dere dan  deutsche  Ueicb.  82  S.  —.70. 

—  S.  Teil.  Europ»  ohne  dM  dentsche  | 
Reich.  IV  u.  80  S.  .ff.  7;'.    .  —  S.Teil. 
Die   aaßereuruiniischen   Erdteile.  Die 
deutschen  Kolonien.  II  u.  92  S.  JC  —.65.  ' 

—  4.  Teil.  L&nderkonde  dee  deniachen 
Heich-'s   ir  u.  93  S.  .70.  -  -  ä.Tcil 
Lünderkaude    von    Europa,  VV'ieder- 
holungtkurs.  Die  wichtigsten  Htndeli- ' 
und  Verkehrswege  der  Jetstnit.  El»- 


mentare  mathemat.  Geographie.  IV  u. 
89  8.  JC  —.70.  —  6.  Teü.  Läuder- 
knnde  der  anfterearptiselien  Erdteile, 

Wiederholungskurs.  Vergleichende  Über- 
sieht der  wichtigsten  V'orkehrs-  und 
Handels wege  bis  zur  Gegenwart.  All- 
gemeine (physische)  Erdkande.  II  u. 
ior<  S.  JC  —.80.  Berlin  a.  MOnchen, 
Oldcnbourg  o.  J.  (I906,\ 
Wiltz, Herrn.  GeographlücheUnterrichts- 
briefe.  L  Lehrbrief;  AIlgemetBe  Erd- 
kunde in  gedrängter  Darstellung.  24  8. 

—  II.  Lehrbrief:  Länderkunde:  Europa 
im  allgomeiaen.  Dentücbes  Reich.  25  S. 

—  m.  Lehrbrief:  Lftnderknndo  (Forte.): 
Die  librigen  Staaten  Europas.  22  S.  — 
IV.  Lehrbrief:  Länderkunde  (Schluß): 
Asien,  Afrika,  Amerika,  AnstralieD.  Die 
Polarländer.  Anhang.  26  S.  —  Wieder- 
holungsbriefe  I— IV  10  S  ,  15  S.,  20  S  , 
19  S.  Straßburg,  Woistein  &  Teilhaber 
o.  J.  (1906)  Je  1  Lebxfar.  m.  Wieder- 
bohmgtbr.  JL  IM. 


ZeitflohriftoBBeluML 


Petermanng Mitteilmigen.  1906.  B.Heft.' 
Adamoviö:  Zur  pflanzengeograpbischcn  I 
Karte  von  Serbien.  —  Sapper:  Ik-itrilg'' 
xur  Kenntnis  von  Palma  und  Lanzarote.  | 

—  Frhr.  AnfseB:  Photogrnphische 
Methode  zur  Wärmemessung  in  einem  See. 

—  Hauthal:  Expedition  der  Prinoeton- 
Universit&t  nach  Patagonien.  —  Ham- 
mer: Die  ieostaÜidie  Lagerung  der  äuße- 
ren Erdschichten.  —  Negritt  ^tgegnang 
AD  Prof.  Philippson. 

Globus.  90.  Bd.  Nr.  7.  Krämer: 
Die  Forsehungsreise  S.  M.  8.  „Plnaet^.  — 
Koch  - G  rünberg:  Krens  und  quer  durch 
Nordwest-Brasilien.  —  Ten  Kate:  Aus 
dem  japanischen  Volksglauben. 

Dam.  Nr.  8.  Kocb-Orünberg: 
Kreuz  und  quer  durch  Nordwest-Brasilien. 

—  Hinrichsen:  Die  Landverteilnng  auf 
den  Halligen.  —  Ten  Kate:  Aus  dem 
j^MUiieidien  YolksgbHiben.  —  Forsehoiigen 
flbw  die  Hjksofl. 

Dass.  Nr.  9.  Gessert:  Wasserwirt- 
schaftliches in  Passarges  Werk:  „Die 
Kalahari".  —  Maurer:  Das  Tabu  im 
alten  Testament.  —  Tetzner:  Zur  X'olke- 
knnde  der  Bulgaren  in  Ungarn.  —  Peh- 


linger:  Die  Bevölkerung  der  Philippinen* 
inseliä. 

Ddxs.  Nr.  10.  Müller-Brauel:  Die 
Besiedelung  der  Gegend  zwischen  Elbe 
und  Weser  in  vorgesebicbfticber  Zeit.  — 
Zürn:  Heimst&tten  in  Deutsch-Süd west- 
afrika  —  Prowe:  Das  Wissen  der  Quiche- 
Indianer  in  mythischer  Form.  —  Die 
chinesisebe  Teeindostrie. 

D(iss.  Nr.  11.  Prenß:  Weiteres  aber 
die  religiösen  Gebräuche  der  Coraindianer. 

—  Kirscbstein:  Höhlenkunde  und  Karst- 
ph&Bomene.  —  Das  englisch^fraiuOeiMb* 
italienische  Abkommen  über  AbesiiBieai. 

—  Bolle:  Aus  dem  Aereterritorium 
Deutsche  Bundachau  für  Geographie 

undSlatutik.  M.Jhrg.  19. Heft.  Jüttner: 
Fortschritte  der  geographischen  Forschun- 
gen und  Reisen  im  J.  r.M»5  in  Afrika, 
Amerika,  den  Polargebieten  und  Ozeanien. 

—  Dietrieht  Bebeeiiidrfleke  mm  Bdgien 
und  Nord-Frankreich.  —  Saigon,  die 
Hauptstadt  von  Cochinchina. 

MeUorohifiKhe  ZeiUdirifl.  1906.  Nr.  8. 
HeUmftnn:  Bin  neuer  registrierender 
Sehneemesser.  —  (Jockel:  Über  den 
iouengehalt  der  Atmosphäre.  —  Exuez: 


Digitizoü  by  C3t.)0^lc 


600 


SeitsebrifiemebsQ. 


W  i  e  H  n  e rs  Beobachttingen  über  die  photo- 
chemische luteusität  während  der  Sonnen- 
finsteniit  MD  80.  VlIT.  1005.  —  Sack: 
Beobaditniigeii  flbor  die  neutralen  Putikt«^> 
von  Babinet  nnd  Arago  in  den  Jahren 
1903  und  1904.  —  Fenyi:  Über  Wind- 
dxehougen  in  Kalocsa.  —  Hegyfoky: 
Dio  S.  liwatikun«,'  der  jftbrlioh«n  Regen- 
menge in  l'ugarn. 

iMtoekn/t  für  Sdiulyiographie.  1906. 
IS.  Heft.  Sieger:  Geograpbie  im  Obor- 
gymiiasium.  —  Oppermann:  Die  Zalil 
der  Erdkimdettnnden  in  den  höheren 
SdnilMi  BuropM.  ->  Bieek;  Epitbete 
geographica.  —  Heime:  Zur  Deutung 
geograi>l)ischer  Namen. 

Gtuift  apltisclter  Anzeiger.  190ü.  b.  Ueft. 
Schmidt:  Olaiial  in  den  Sudeten.  — 
(Joißlcr:  Der  geographische  ünterriiht 
und  liio  Norvo><itrit  —  (ireim:  Der  Puls- 
schlag der  atuiospliärischen  Zirkulation. 
—  Fischer:  Die  Stellung  der  Erdkunde 
in  den  Lehrplanen  der  höheren  Scholen 
des  «It^ntHcbon  Heirhes 

ZeiUdiri/l  für  Kolon  ialpoläik,  -recht 
und  'Wirtadutß.  1006.  7.  Heft.  Oessert: 
Dat  Waaserrecht  de«  amerikanischen 
Westens  mit  Bezug  auf  Deutech-Südwest- 
Afrika.  —  Zwingen  berger:  Der  kleine 
Unternehmer  nnd  der  Kakaoban  in  nnie- 
rcn  tropischen  Kolonien.  —  Wo!  ff:  DaM 
Recht  am  Grund  und  Boden  im  Schutz- 
gebiete von  Deutäch-Xeu-Ciuinea.  —  Die 
wirtschaftlichen  Verhältnisse  unserer 
H(  hnt/<,'ebiete.  —  Florack:  Die  Errich- 
tung des  Heichskolonialamto. 

Dam.  8.  Heft.  Singelmann:  Trans- 
vaal, lUiodcsia,  Mozambique  —  Wilda: 
Wirtschaftliche  und  politisoht'  l'.in-i rücke 
aus  Mittel-Amerika.  —  Argeutinitu,  ein 
Land  der  Zukunft.  —  Kfirchhoff:  Die 
Schitfahrl  nach  Afrika  unter  besonderer 
BerückHi«  liti^ninp  tler  deutöchen  Klagge.  — 
Hermann:  Die  Ugandabahu  und  ihr 
Einflnftauf  Deuteoh-Ostafrika.  ~  Sassen: 
Die  8taat«i-cchtliche  Natur  der  deutschen 
iSchiitzgobipte.  —  Dir  iTidcrfrage  in  der 
Dar-es-Salamer  Gouverueuicntsratssitzung. 


MitUilnnijen  der  fr.  k.  Geographutfhrn 
üestlUchaft  in  Wien.    1»06.    Nr.  8  u.  y. 
Mylins;  Reise  naeh  Kaffia  nnd  Da'ovo. 

—  neritsoh:  Glaziale  Studien  im  Vel- 
lachtale.  —  Danes:  Geomorphologisohe 
Studien  in  den  Tertiärbecken  Süd-Bohmens. 

TheGeographiealJ&tMrma,  1006.  No.S. 
Mc  Malion:  Keccnt  Stirvey  and  Explora- 
tion in  tJeistan.  —  Gregory:  The  Eco- 
nomic (leography  and  Development  of 
Australia.  —  Enock:  Southern  Peru.  — 
Hecent  Changes  in  tbe  Course  nf  the  Lo- 
wer  Euphrates.  —  Low:  Geographica! 
Wooik  of  ilie  Oeologieal  Sorvej  ti  Oenada 
1000/1906.  -  The  Beralte  of  Che  Fon- 
reau-Lamy-Mission. 

The  Scottüslt  Geograpliical  Magazine. 
1906.  No.  9.  Yate:  A  Bide  from  Qnetta 
to  Loralai.  -  Bfnrray  and  Pullar: 
Bathymetrical  Survey  in  Scotland.  — 
Brown:  Antarctic  Botany.  —  Darroch: 
The  Teaehing  of  Geography.  -~  Dingel- 
8 1  e  (1 1  1  lie  Setukeaed  or  Esths  of  Pikow, 
a  little-known  russian  I'eople. 

U.  S.  Uiol.  6urt?tg.  Water-Hupply  and 
»rigatüm  JPiiper.  No.  148.  Qovld:  Geo- 
logy  and  Water  Beeources  of  Oklahoma 
(22  Taf.,  Fig.>.  —  No.  IAO.  Horton: 
Weir  Experiments,  Coelticients,  and  For- 
aralae  (88  Taf..  16  Fig.).  —  No.  168. 
Sliihter:  The  Undcrflor  in  Arkansas 
Valley  in  Western  Kaneaa     Tat..  24  Fig.). 

—  No.  154.  Gould:  The  Geology  and 
Water  JResources  of  the  Easten  Portion 
of  the  Panhiindle  of  T.-xas  ilö  Taf., 
4 Fig.).  —  No.  Iö7.  liicharddon:  Under- 
ground Water  in  the  Valleys  of  Utah 
Lake  and  Jordan  Biver,  Utah  (9  Taf., 
ö  Fig.).  —  No  1»;.-,  -ir,i>,  ni  Rep.  of 
Stream  Measurements  for  the  Cal.-Tcar 
1906:  Part  I— V;  P,  VII  (je  l  Taf.  2  Fig.). 

AuH  verschiedenen  Zeitschriften. 

Stein  mann:  Die  Entstehung  der  Kupfer> 
erslagerstfttte  von  Corocon»  nnd  ver- 
wandter Vorkommnisse  in  BoliTia(lT^ 

2  Fig  1  Fcstfclir.  z.  70.  GebutiKiag*  von 
Harry  Mosenbmch.  li)06. 


TsraatworUicher  HorniiogoUer:  Prot.  L)r.  Alfrad  Hsttner  ui  HeidaUi«rg. 


Digiti/Oü  by  Cjt.)0^lc 


\'iTla£r         B.  G.  Teubner  m  l^fip/. ii^-. 


OSTASIENFAHRT 

ERLKKXISSR  L'XI)  !',{•  DBACI ITUNGKX 
MNES  NATURI-ORSC  III-KS  JX  CHIXA.  JAPAN  UND  ('\:\ 

\'ns  Dr.  FRANZ  DOFLEIN, 


■.II  \s  II!!'  ''Sivi  if  !r»:  vi'Hiins 


.Mii  /.i lilt lii Ai'lnluiKii^tii  i;u   J>'\l  uii"!  .lui  ^   l.iU'l'i,  »•wii-  :ui'>  ;  K. 
!  X  1 1 1 


1  /II  a   I  .Iii  Ii  I 
I  .    M  l,in 

iiKiv  im 
I  ;  •.•ti  .-r 


^  I  'lilllli  Iii  11 


!•  rl.L.lci 


'"'tu  lUt' 


uinl  Termiu-n  ii 

■  111.1  '.,1,1 


Geographische  Lehrbehelfe 

aus  (lern  Verlag  von  Ed.  Hölzel  in  Wien  IV/2,  Lui 


Zur  AiiHclialt'uii:;  für  Schulen  eiiiptoiilcii! 

Hai«elB  Schul  -  von  Australien  und  Polyi. 

■  •        ■  '      '  »e!^.        '  ^ 

att  in  1 

K  16U  cm  lux  h.  I'.t2  cm  ! 

•  in  Mappe  'Jt-l  M.,  auf  Le^ 

JJ   ivarto    von   Asien.     P(  , 

X'r.  Prauz  Hcidcrich     y  1 : h oir  i]  ülutt 


HölaelH  Buhulwandkarto  von  A«ien.    Physikalische  An 

lon  ntu  1  r>r.  Franz  Hei'': 

in  lU  lach'  '      <Jr<)lic  der  K 

176  cm  l>rpit    I  '  Kunt  If)  M.,  au 


und  iin.   Sie  nehmen  t  '  den  t- 

I! 

Ix  n'Äv. 

1  ijc  ua.i.O  M..  uul  Lejuwaii 

^  l'J  cm  brrit.        cm  boch    I  naiitj^edpiinnt  lö  M.,  auf  Lemwand 

'1         •     •  •       :;7  M. 

Ii  othnoprnphjp'^hf'n  ■V«"rbnUTii'"-'<  von 

'iti(]  von  iTöiü   ,                           rii  Kuioias. 


IJ  _ 

<lnicli. 

I,,... 

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•  der  zusai 


Li  in  London  alti  n 

,  .1  

I . 

II  .  WRUclkarto  der  Planiglobeu.  i 

Orohydropraiihisohe  Aasgabe.  »  I 

0-  finut  in  Mappe  K 

Ii  : i^karte  vo»^  V:-' 

r  :id  ueu'  Nach 

y  l:200Cio  •'  ItirMii 

d  i;  zuBammc  '  181  om  i 

u  A'and  gespb 

bu.c  .  .httlen  etc.     .  - 
Diutufgespamat  5.60  M.,  auf  Loinwano 
Dr.  Fr.  No5,  Oeo 
Mit  einem  Heft  ' 

w&ndstreifen  in  )e  lo  ' 

—  Die  erst«  oc 

Alp«n.  Von  der  i..   

einttimmig  ab  Meiste riK'erk  anexkanot. 

Anareiirllobe  Prospekt«  stehen  auf  Wonsob  . 

Zn  beiielien  durch  alle  Bnchhindlmigea  sowi«  dur 


4 

* 


GEOGRAPHISCHE  ZEITSCHRIFT. 


lIKKAnsOK^JEHEN 

VON 

Dr.  ALFRED  HETTNER, 

M    rKoFKSSDIt  liKli  OKoOKAI'HIK  AN  [>KU  l'MVKHKITAT  IIKlülll.BKRi: 


ZVVÖLFTKK  JAHKüA.Mi.    b^LFTES  HFKT. 


LEiP/in. 

hl.l  •       IM»  VERLAß.   VUiN   1'.   »i   TF.  UliNLK 

1{)0(). 


Inka  unti  >aujlH\sitül]«\    Vortrag',  ^'ebaltiMi  auf  (1»t 
deutsclior  Nalurlorsi'lier  und  Arzt«-  iu  Stuft^'art  am  '21.  Sii»Uiiib<.i  i'.iix 

Von  Prof.  Dr.  All»recht  Penck  in  Berlin  

hi<»  AlitluBerscheinuugen  in  Mittfl-Europu.  Vun  (ich.  Ohorbuurat  H.  Kell . 
lii'itt'r  der  k.  prcuiU.  Landoicanstalt  für  Ciewilsserkundt»  in  Berlin 
1.  BuiciehuDßeu  zwischen  Nicdorschla^;,  AbfUiU  und  VerdunstuDg  lui 
laliresmittel.  2.  Verglt'irh  mit  den  hlslierigt  n  Al»fluUfornH'hi,  Ur- 
sprung di'S  Niedei-srhlaiLTs.   Mpen^s/ufulir  und  Lantivi-rdunstung.  (Mif 
1*  Kurv»'iitafeln  auf  Doppel -Tafel  Nr.  .    .    .  .... 

ha.s  deutsche  Kolonialreich.     Eine  p(diliseh-geographi^^c.he  Studie.  Von 
Seminar-Oberlehrer  Dr.  Bruno  Felix  Hänsch  in  Pirna.    III.  Die 
einzelnen  Kolonien.   W.  Deutseh-Ostafrika.  4.  Deutsch-Südwestjifrika. 
■    Das  Kolonial -Wirtschartsj^ehiet  tli'H  stillen  <  »/(*ans.  SehluUwori 
1 1 co^'raphische  Neuigkeiten : 

.MlgeiiieiiicK.     llon\uw(,'alK)  «li-s   \.  KicliLlmrouBchi  ii   lil<TAri(ri  li  'ii  Nii<.iM.i>.SLS. 

—  Anloituii(r  zum  Boubnclitun  vtm  llrdbelieti  641 

|t I' u tKcblH (1 J    und    Nachbarlatolitr.     Sveuunlorsucliuob'i^D    der  protiDini-hiMi 

gcolugiitchcti  LandeKanst&lt.  —  ü»t<<rr<'ichiichct  AIp<!til)ahQcnii<'t,' 
Asion.    Uöclihter  bisher  crniclibr  Piiitlt  der  feaU'n  ErdobtirnAcii' 
.^Irikn.   DonUch-ent'Iiscbcr  fJren/.verrUjf  KnnuTuii-Nifreria  —  VerbiiiJuiiK  zMiscbi-D 
Franx'^siju  b  -  Coug"  uuil  dem  rrniizOtiiicbiin  I  1 1 1'  n  i m         W'n  ,  i .  .,    n  l 

J&(r(^rM  Kxpeditionen  in  Deutsch •OsUfrik» 
Nord-l'<ilnt^'Ui;eiid<iii.    Mikkelsens  N  mii 

(luotirriiitliiscb«r  Ijiilerricht.  Gt!OKiapli>>>'.   n  ander Univarsitftt  FN  '-t  ' 

Vereine  und  Vt^rsniiiinlungcn.    X.  Intctnatioualrr  CvoluireukonpieC 

Bücherbesprechungen : 


AllTuchl.  Tli. 

11.  lid.  Vou 
Hiilla,  B.  von. 
Iloilborn.  A 
lielliiiatin,  <i. 


und  Ii.  Waiiitcb.    Ko^ullnt«  di'S  iiitorufttinunleii  Brfh<'udi«ii.^fS. 

J.  Ü.  MesNuriscIiiiiitl  

iHc  Wi'ltwirtschaft.    Tl.  1  u.  2.    Vuu  K.  Sieger 
T»ii'  i  n.    Vmii  Hr.  F\  llAiisch 

RcK»!i  ,  .    .tmhlund.    Von  W.  L'lo 

Zeninirich,  Joh.    Landeskunde  des  KAal^rcIcbs  S«cli«eii.    Vou  l'.  ^Vagnor 
iSojcr,  0.,  Cl.  Förster  u.  Clir.  M4rz.    piü  Oborlausitr.    Von  domii. 
Maywald,  K.    lHo  räsi«  der  West- Kurpath»a,     Von  K  Sipir.  i 
Zitolmuiiii,  Katb.    Indien.    Von  R.  Schmidt 


'    IllC.SC   i>iipjil'l     Jute!    k.'lllU    '  Tit    ileiii    ll.U-ljstcll    liril    l.ci;.,^.  ^tIicII  VStHlCU 

I  l'or  I  Sit  » II  II  i:  :\lir  lirr  »  d  rl  r  I  /  1 1  ii  ^i!ti    ilf  t'iii,itil;i 

K  ü  n  f  ti Ii  i  II    w  ertl  c  u     >  ■       ;   •     i  .  1 1       i.    ■■  n    j  •  '   i      >  »  '      ^  ■ 
IMuHertutionen,  l'rogramuie,  Karten  u.  a.)  aunnahmslos  nur  dan 
erschienen   erwähnt  werden   können,   wenn   äie  der  Oeographi- 
'/ !• ! f  wc'  r : ri  eingeschickt  worden  piml 


tj  für  die  Geographischi-  /.Liibchrift  werden  unter 
Heran  r  (Prof.  Ür.  Alfred  Hettner  in  Hfl  d  i«  1  berg.  'Ah 

.straße  lU),  Beitrüge  zu  den  geographischen  Neii  u  an  Dr.  A 

Leipsig,  Funk  ■  '      'str.  IW.  erbeten.    Aufsätze  v.  ri,i.;ii  mit  00  Mk  i  ii  ». 
bogen  von  1»;         .i,  Beiträge  xu  den  Neuigkeiten  mit  2  Mk,  fflr  -i 
l'etit  honoriert;  das  Honorar  der  Karten  und  Abbildungen  bb 

eini         '      '  'i alten    Außerdem  wer»!  i       "  !^ 'i  -i  ^^  ' ''  , 

kl  .  1,  vou  Neuigkeiten  un<i 

und  portofrei,  eine  größere  Aniabl  auf  Wonach  zu  ilen  i 
Bücher  und  Karten,  deren  !!  ■     -^'^ m- -  in  der 
gewünscht  wird,  sintl  an  die  Verla,  .ig  B,  G.  T- 

utraße  3,  en.    Liefenmgswerke  können  im  allgeuieiueu  •Tut  u.^ 


•  1 


IIP 


ih'iK-k  uiiti  Vcrlim  von  H.  cubu* 


Si4-AfMkft  o4  SmWsiflUe. 

Vortrag,  gebalteu  auf  der  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und  Arzte 

in  Stuttgart  am  31.  Soptembor  1906. 
Ton  Albreoht  Penok. 

Die  machtige  britische  Schwestergesellschaft  unserer  „Gesellschaft  deutscher 
Naturforscher  und  Arzte",  „the  British  Association  for  the  Advancement  of  Science", 
hat  ihre  Ictzt^jüluige  Versammlung  in  Siid-Afrika  abgehalten.  Sie  folgte  einer 
Einladung  der  dortigen  älteren  und  neu  gewonnenen  britisolien  Kolonien,  und 
▼orwirUichte  damit  einen  Teil  ihres  Frogrammes,  die  Wiasenichaft  ebmao  in  * 
den  Eoloiuen  ¥rae  im  Matterlande  m  pflegen.  Zuj^eioli  wurde  rie  andi  ihrer 
weiteren  Ani^be  gerecht,  Beiiehxingen  zwisdten  Initiadiai  und  auswärtigen 
Forschern  herzustellen.  Mdir  als  dreihnndert  Briten  hatten  die  Fahrt  auf  die 
SOd-fiemisphäre  unternommen,  um  Land  und  Leute  von  Süd-Afrika  kennen  zu 
lernen.  Fünfzehn  (täste  aus  dem  festländischen  Europa  und  aus  den  Ver- 
einigten Staaten  von  Nordamerika  waren  der  herzlichen  Einladung  gefolgt, 
an  den  wissenschaftlichen  Sitzungen  in  Kapstadt  und  Johannesburg  und  den 
damit  verbundenen,  über  Tausende  von  Kilometern  sich  erstreckenden  Exkur- 
sionen teilzunehmen.  Diese  begannen  in  der  Kapstadt.  Zu  Land  oder  zur 
See  ging  es  nadh  Natal,  wo  mehrere  Tage  geweilt  wurde,  daan  flher  Bloem- 
fontein  und  Kimbnley  su  den  großen  VilrtoiiafiUen  des  BamhssL  Der  grOJIte 
Teil  der  Gesellschaft  reiste  vom  hier  naeh  Beirft  und  flher  die  Ostkflste  heim, 
viele  kehrten  über  die  Kapstadt  direkt  nach  England  zurück;  einige,  so  audi 
ich,  blieben  noch  einige  Wochen  im  Lande.  Wohin  wir  kamen,  bot  sich  uns 
die  herzlichste  Aufnahme:  verschlossene  Tore  sprangen  auf;  Unzugängliches 
wurde  offen.  Extrazüge  und  Extrawagen  standon  zur  Verfügung,  überall  bot 
ßich  bereitwillige  Führung.  Mit  der  iJastfreund-schaft  offizieller  Kreise  wett- 
eiferte die  von  Privaten,  mit  der  der  Engländer  die  der  in  Süd-Afrika  lebenden 
Deutschen.  Nicht  der  leiseste  Mißton  störte  die  großartige,  sorgiuitigst  vor- 
bereitete und  gltnsend  dorohgeftthrte  Veranstaltung.  So  konatm  wir  in 
Wochen  sehen,  was  man  sonst  nur  in  Monaten  kennen  lernen  kann;  und  in 
großen  Zügen  offenharte  sich  uns  die  Natur  des  merinrfixdigen  Landes.  Diese 
aber  bietet  dem  Geographen  mehr  als  ein  Problem. 

Im  Vordergrunde  steht  fElr  ihn  unstreitig  die  Oberflächengestalt.  Sie  ist 
von  seltener  Großzügigkeit:  Süd-Afrika  ist  eines  der  großen  Hochländer  der 
Erde.  In  der  Mitte  eine  Hochfläche  von  lOOü — 1500  ni  Höhe,  fällt  es  see- 
wärts verhUltnisiniibig  rasch  ab.  l'berall  steigt  der  Weg  ins  Innere  steil, 
häufig  .stufen ffjrniig  an  imd  führt  schließlich  lu  einem  jiih  abfallenden  Plateau- 
rande; ist  dieser  erstiegen,  so  steht  man  aul  verhültniämäiiig  ebenem  oder 
OMgniphtodM  MiMkrift.  U.Jalirguig.  1S06.  ll.H«lt  41 


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602 


Albreeht  Peiiek: 


flachwclligem  Boden.  Das  ist  das  Thema,  das  darch  alle  möglichen  Varia- 
tionen deutlich  hindurchklingt,  und  an  solchen  ist  kein  Mangel.  Wer  von 
der  Kapstadt  landeinwärts  geht,  pa&siert  andere  Landschaften,  als  der  von 
Eut  London  kommende.  Anders  der  Weg  von  Durban  ins  Innere  als  der 
von  Lowenco  Maiquet. 

Von  der  Kapstadt  ans  gebt  es  dnrdfa  ein  wildes  Gebirge  anf  die  groB«a 
Hocbfläcben  des  Kaplandes.  Die  Eisenbahn  wendet  sich  durch  Lingst&ler 
und  in  kunen  Quertftlem  aufwärts,  die  Nacktheit  und  Kahlheit  des  Landes 
offenbart  uns  in  seltener  Deutlichkeit,  daß  wir  ein  echtes  Kettengebirge 
passieren,  dessen  paläozoische  Schichten  in  der  abenteuerlichsten  Weise  zu- 
sammengepreßt und  zusamniengestaut  sind.  Jede  Qucrtalstrecke  führt  uns  in 
eine  höhere  Staffel.  Aus  dem  breiten  Lüngstale  des  Breede-Flusses  gelangen 
wir  durch  die  Engen  am  Hex-Flusse  hinauf  in  eine  HochÜäche,  die  sich  in  die 
große  KaiToo  fortsetzt;  jetat  halten  wir  das  gefidtete  Land  hinter  uns,  aber 
noeh  iuid  wir  hm  weitem  nicht  «nf  der  HAhe:  tot  uns  liegt  noch,  steUen- 
weise  Aber  1000  m  hoch  »bbUend,  der  AbfiaU  der  NieawsTeldberg»;  dn 
Sdiiehtnuid,  Ihnüeh  dem  der  nrahea  Alb,  aber  doppelt  so  hodi  ond  viel 
weniger  zerfiressen.  Einfacher  ist  der  Weg  von  Easi-London  ans.  Wir  haben 
nidit  das  gefaltete  Gebirge  znsammengestauter  paläozoischer  Schichten  des 
I^apsjstems  zu  pasrieren,  sondern  treten  an  der  Küste  schon  an  die  t^ach 
gelagerten  raesozoiscben  Schichten  der  Karroo,  und  diese  becrleiten  uns  hinein 
ins  Innere,  höher  und  höher  ansteigend,  und  auf  ihnen  geht  es  stufenförmig 
in  die  Höhe,  bis  wir  endlich  einen  letzten,  steilsten  Abfall,  den  der  Storm- 
berge,  erreichen.  Haben  wir  diesen  Scbichtrand  erklommen,  so  sind  wir  auf 
der  ilaehea  Hohe  des  FlsteSiiu. 

Mannigfaltigere  Sasnniett  begleiten  uns  in  Natal  landeinwlrts^  Das  Land 
ist  grüner,  an  der  Kttste  sogar  Wald,  vnd  bis  tief  ins  Lmere  erstrecken  dch 
Hatten.  Aber  der  8chichtbaa  leuchtet  deutlidi  durch  sie  hindurch.  Indem 
wir  zwischen  den  wasserreichen  Tälern  aufwärts  fahren,  bemerken  wir,  daB 
wir  einen  breiten  Schicbtsattel  überschreiten,  in  dem  sicli  di^  palftozoischen 
Schichten  mit  ihrem  Oranitsookel,  den  wir  von  der  Kapstadt  her  kennen,  im 
Bereiche  der  Karrooschichteu  aufwölben.  Aber  dies  l)eeinflulit  die  Obcrflüchen- 
gestalt  nicht  stark:  ununterbrochen  steigt  das  Land  zwischen  den  Tälern 
binnenwürts  an,  ununterbrochen  kommen  wir  höher.  Stufenförmige  Anstiege 
erst  dann,  wenn  wir  aus  dem  Bereiche  des  Bdiichtsattols  wieder  in  die  Kacroo- 
schichten  »uiU^ekdurt  nnd  und  einen  der  sahlrnchMi  Lagerginge  von  so- 
genanntem Bolerit  passieren,  die  in  nnglanblicher  Menge  in  unsere  Schidhten 
eingespritst  sind.  Jeder  von  ihnen  bildet  eine  Stufe,  tlber  welche  der  Floß 
in  oft  malerischem  Falle  herabstürzt  Der  im  Burenkriege  80  berühmt  ge- 
wordene Spionskoop  bei  Colenso  gehört  zu  diesen  Stufen;  an  seinem  Fuße 
hat  der  Tugelafluß  einen  seiner  zahlreichen  Fälle.  Endlich  stehen  wir  vor  der 
letzten,  steilsten  Stufe,  dem  Quathlanibagebirge  der  Knffem,  dem  südlichen 
Drakensberg  der  Buren.  Dräuend,  wie  der  Rosengarten  über  dem  Bozener 
Porphyrgebiete,  erheben  sich  seine  dunklen  Wände,  während  der  sommerlichen 
Regenzeit  auf  Gesimsen  und  Leisten  mit  vergänglichem  Schnee  bedeckt;  meilen- 
weit fahrt  kein  W^  auf  sie  hinauf,  hat  man  sie  aber  erstiegen,  so  ist  man 


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Sftd-Afrikft  und  Sambetifill«. 


608 


wieder  auf  welliger  Hochfläche.  Der  Eisenbahn  von  Natal  nach  Transvaal 
bot  der  Drakensberg  proße  Schwierigkoitpii.  Sie  erklimmt  ihn  mit  Zickzacks 
angesichts  des  Majubahügels,  der  den  Buren  einst  eine  wertvolle  Verteidigungs- 
stelle geboten.  Weiter  nordwärts,  im  Zululand  und  Swasiland,  entfernt  sich 
das  südafrikanische  Hochland  von  der  Küste,  und  mau  muß  hier  landeinwärts 
iniiiiM  sumpfiges  Tisfluid  durehmessen,  dum  gdit  es  fllwr  welligem  Lande, 
dem  Ißederluide  oder  Lugevelde,  anlWlrts,  nmichBt  saafki  dum  steiler  imd 
stoQer,  imd  sehlieMieh  sfeeheo  wir  wieder  tot  einer  Hauer,  dem  nOrdUehen 
Dnke&sbexg.  In  fraohterem  KUmn  gelegen,  isl  sie  starker  lertelt,  als  der 
weiter  sfldlich  befindliche  Plateaurand;  sie  springt  in  Bastionen  hervor,  anf 
der  einen  erhebt  sich  der  Mauchberg,  dazwischen  sind  Täler  eingesciknitten, 
deren  Flüsse  jeder  einen  steilen  Wasserfall  hat  —  die  Eisenbahn  von  Lou- 
ren(;o  Marquez  muß  nt-ben  einem  solchen  eine  Zahnrad  bahn  strecke  einschalten  — , 
schließlich  sind  wir  wieder  auf  dem  sanft  welligen  Hochfelde.  So  ähnlich  der 
Weg  in  seinen  großen  Zügen  dem  von  Natal  gewesen,  so  verschieden  die 
geologische  Zusammensetzung  des  dnrchmessenen  Landes:  nur  beim  Betreten 
des  NiederÜBldes  haben  wir  auf  knrse  Stre^  die  flach  gelagerten  bxroo* 
sehiehton  pasnert;  dann  sind  wir  mit  einem  Male  anf  das  Sockdgestein  Sfld- 
Afriksa,  anf  uralte  Soliiefer  und  Granit  gekommen,  weleh  letrtarer  bis  tief 
hinab  Terwitiert  ist,  so  daß  die  Regenwasser  an  den  Wandungen  der  zahl- 
reichen Bnnsen  leicht  PfeUer  und  Säulen  ähnlich  den  Erdpyramiden  Süd-Tirols 
daraus  zu  schneiden  vermögen.  Der  Plateaurand  aber  liegt  nicht,  wie  weiter 
südlich,  in  den  Karrooschichten ,  sondern  wird  von  weit  iüteren  Gesteinen 
gebildet;  älteren  noch,  als  in  den  Kapfalteu  auftreten,  nämlich  den  Quar- 
ziten  des  Transvaalsyst^ms,  das  die  goldführenden  Schichten  von  Johannes- 
burg enthält  £s  bildet,  unterbrochen  von  einem  riesigen  Kuchen  jüngeren 
Granits,  das  Bnsohfeld  des  nOzdlidien  liwiSTaal,  weiter  sQdlieh  breiten  sich 
wieder  Eanroosehiehten  darfiber,  das  HodiÜdd  von  Süd^Transraal  sosammen- 
sefaend. 

Die  groBe  Binheitiidikeit  moiphologisdier  ZOge,  welche  Sftd-Afrika  aus- 
zeichnet, ist  nicht  mit  einer  entsprechenden  Einheitlichkeit  des  geologischen 
Bans  verknüpft;  und  selbst  ein  so  charakteristisches  Gebilde,  wie  der 
Plateaurand,  ist  ebensowenig  einheitlich,  wie  das  wellige  Hochland,  das  er 
einschließt,  oder  der  Abfall  zur  See,  der  ihn  umsäumt.  Gebiete  verschiedener 
Struktur  und  verschiedenen  Alt<?rs  wachsen  zu  morphologischen  Einheiten  zu- 
sammen; und  es  ist  nur  eine  iiegel,  welche  ihr  Auftreten  beherrscht,  nämlich, 
dafi  die  widerstandsfähigsten  Gesteine  die  steilsten  Böschungen  und  größten 
Erhebimgen  bOden.  Wo  der  Steihnmd  des  HochfUdes  anoh  anfbitb,  er  wird 
▼on  schwer  serstOiharen  Gesteinen  gebildet:  im  Neiden  von  den  Qnarsiten  des 
Trantvaal^TStems,  in  Katsl  von  den  Laven,  die  sich  in  die  jflngston  Kanoo- 
schichten  quetschten  oder  Aber  eie  ergossen,  im  Ostlichen  Kaplande  von  jenen 
Schichten  selbst,  dem  Stormbergsandstein,  im  westlichen  Kaplande  von  den 
Doleriten,  die  s^ich  in  die  zweitjüngste  Abteilung  des  Karroosystems,  in  die 
Beaufortschichten  einpreßten.  Der  Steilrand  ist  auf  seine  ganze  Erstreekung 
eine  Schichtstufe,  aber  nicht  wie  die  rauhe  Alb  an  ein  einziges  Gestein  ge- 
knüpft, sondern  er  springt  von  einer  festen  Bank  zur  nächsten,  wie  etwa  ein 


604 


Albrecht  Penck: 


Staifanikd  in  Sfid-Dentschland  TOm  wmßen  Jura  snm  Imranflii,  und  voft  dkMm 

mm  Keupenuidstein  überspringen  würde. 

Wie  unser  Plateanrand,  ist  auch  die  von  ihm  umschlossene  Hochfläch© 
eine  Einheit  höherer  Ordnung.  Sie  ist  eine  Landschaft  von  großer  Einförmigkeit. 
Nirgends  ganz  cbon,  entbehrt  sie  doch  des  Reizes  tief  eingeschnittener  Täler. 
Die  Flüsse  fließen  zwisclien  on<ilos  langen  Bfischungpn  dahin,  die  sich  so  sanft 
zu  ihnen  herabseuken,  dafi  der  schwere  Ochsenwagen  des  Buien  und  die  Eisen- 
bahn leicht  ihre  Steilufer  erreichen  kOnnen,  zwischen  denen  sie  nur  bei 
sommerliehem  Hodiwaaeer  IxndToll  llieBen.  Unmerldieh  kommt  man  tob  tisM' 
Bflscbong  auf  die  enfgegengeeetste.  Spielend  bewiUagt  der  Sohieiienttrai^  die 
Wasaeradieide  zwiedien  Orange  und  Vaal,  iwisohen  diesem  und  den  Znflflssen 
des  indischen  Oseans  im  nördlichen  Transvaal.  Aus  diesen  weit  gedehnten 
sanften  Böschungen  ragen  unvermittelt  und  jlh  nicht  selten  Einzelberge  anf. 
Sie  knüpfen  sich  jeweils  an  hürtere  Gesteine,  im  Bereiche  der  Karrooschichten 
in  der  Regel  an  eingeschaltete  Eruptivgesteine,  die  soeeuannten  Dolerite.  Handelt 
es  sich  um  steil  stehende  (iilnge,  so  linden  sich  zugeschärt'te  Berge,  die  Spitz- 
berge der  Huren;  flache  Lagergänge  erscheinen  als  Tafelberge,  kranzförmig 
tinogflrtet  mit  einem  Steilabfallu  des  Intrusivgosteins.  Das  sind  die  Kranx- 
berge  der  Buren.  Jm  Korden  irind  die  Quanite  des  TraoSTaalqrsteme  die 
Berglrildner.  Ihr  AusbiB  bildet  s.  B.  die  Magaliesberge  um  Fkretoria:  länd- 
liche Kuppen,  Koopjes  genannt,  von  einander  getrennt  durch  quertallbnliehe 
Einschnitte,  die  Poorts,  die  keineswegs  immer  von  Flfkssen  benutzt  werden. 
Merkwürdig  ist,  daß  in  Transvaal  der  Granit  selten  zusammenhangende  Er* 
hebungen,  sondern  meist  tiefere  Landstriche  bildet.  Weiter  nördlich  tritt  er 
in  Rhodesia  in  absonderlichen  dorn-  und  knppelfürmi;_ren  Hügeln  auf.  die  einen 
ausgesprochen  schaligen  Bau  besitzen.  Das  sind  die  Matopos,  in  deren  Mitte 
f'ecil  Rliodes  seine  (irabstiitte  wühlte.  Immer  aber  sind  die  Berge  des  .sfid- 
atrikaaischeu  Hochlandes  zusammenhangslos,  sie  stehen  meist  isoliert,  Insel- 
berge sind  hftufig;  ein  Gebirge,  im  Sinne  eines  dentscben  Mittelgebixges  odsr 
einer  Älpenkette,  feUt    Es  gibt  höchstens  Berggruppen. 

Ebenso  wie  anf  der  Hochfliehe  herrschen  auf  dem  AbAüle  des  Landes 
gegen  die  See  hin  einheiÜiehe  Zflge.  Die  Tttler  sind  meist  tief  eingeschnitten; 
dort,  wo  ihnen  der  CSehirgsbau  nicht  bestimmte  Richtungen  aufitwängt  und 
sie,  wie  im  westlichen  Kaplande,  nötigt,  als  Längs-  oder  Quertäler  zu  erscheinen, 
sind  sie  viel  gewunden.  MSandertäler  ziehen  sich  im  östlichen  Kaplande,  in 
Natal  und  weiter  nördlich  zum  indischen  Ozeane  herab.  Ihre  Mündung  ist 
in  den  erstgenannten  Gebieten  gewöhnlich  untergetaucht,  aber  ein  Strand- 
wall hat  die  entstandene  Bucht  verschlossen  und  sie  in  einen  Liman  ver- 
wandelt. 

Das  Land  swisdien  den  Tttlwn  Iftfit  in  Natal  nahe  der  Küste  noch  die 
Überreste  einer  grofien  ntsammenhingenden  Abdachung  eilnnnen,  welche  durch 
die  einschneidenden  Flüsse  zertalt  wurde.   Wir  sahen  diese  Abdaohnng  in 

ausgezeichneter  Weise  zwischen  Durban  und  Pietennaritzburg,  wo  sie  den  im 
Bereiche  der  Karrooschichten  aufrat,'enden  Sattel  paläozoischer  Schichten  sehrig 
äbschneidet.  Weiter  landeinwärts  aber  geht  diese  breite  Riedelfläche  verloren, 
und  die  von  Fluß  zu  Fluß  laufenden,  aus  den  Karrooschichten  herausgearbeiteten 


Digiti/Oü  by  Cjt.)0^lc 


Sfid-Afriks  und  SambeBimie. 


605 


Doleritstufen  zeugen  von  einer  sehr  stattlichen  Abtragung  des  Landes  zwischen 
den  Flüssen;  endlith  tritt  uns  als  gemeinsames  Hintergehänge  aller  TTaupt- 
tüler  Natals  der  stidliclie  Drakonsberg  entgeuen.  Und  so  ist  es  allenthalben 
ain  Saiuno  des  Hochlandes  von  Britisch-Süd-Afrika:  nachdem  wir  einen  Strei- 
ten liandes  durciiwaudeii  haben,  wu  das  Land  zwischen  den  Tälern  stark  ab- 
getragen iat,  80  dafi  die  h&rleren  Schichten  aus  den  weicheren  kräftig  herau»- 
modeUiert  nnd,  enohemt  uns  dar  Steiinnd  des  Hoofalindes  als  das  gemein- 
same Hiatorgehinge  der  dem  Meere  nistrOmenden  Geriime. 

Dies  gilt  attoh  vom  westHchen  Kapland.  Anch  die  hier  snm  Heere  ge- 
langenden Flüsse  kommen  vom  Steilrande  des  Boggeveld  und  Nieuweveld, 
nnd  brechen  im  Süden,  was  bei  ihrer  Wasserarmnt  besonders  auffallig  isti 
quer  durch  die  vorgelagerten  Ketten  des  Kapgobirges,  während  sie  diese 
im  Westen  umgeben.  Das  Kapgebirge  selbst  ist  aber  kein  junjjos  Falten- 
gebirge, in  dem  die  aufgewölbten  Schichten  noch  unverletzt  dastehen.  Es 
hat  vielmehr  eine  sehr  starke  Abtragung  erfahren,  durch  die  von  den  Sät- 
teln mächtige  Schichtkomplexe  weggenommen  worden  sind,  und  auch  seine 
HiSienentwioUnng  wird  von  der  allgemeanwi  für  SOd-Afiika  gültigen  Regel 
belieRseht)  daß  die  hftrtesten  Scbiditen  die  höchsten  Erhebungen  bilden.  Weil 
sich  jMie  an  der  Basis  des  gefalteten  Systems  finden,  ist  das  am  hSdisten, 
was  am  stfarksten  gehoben  ist  Wenn  sich  aber  auch  der  Tafelbergsandstein 
in  den  Groote-Zwarte- Bergen  auf  2160  m  erhebt  und  man  sich  noch  viele 
Hundert  Meter  Gesteins  darüber  gelegt  denken  muB,  um  die  Höhe  der  ur- 
sprünglichen, unverletzten  Falte  zu  ergänzen,  so  überragen  doch  die  Oipfel 
des  Kappebirges  tatsächlich  nur  einmal  den  nächstgelegeiten  Steilrand  der  Hoch- 
fläche und  bleiben  hinter  des.-en  größten  Höhen  im  Kaplande  —  Konipaliberg 
2330  m  —  nicht  unwesentlich  zurück.  Das  Kapgebirge  ist  kein  Randgebirge 
der  sfldafdkanisdien  Hoohiidie;  es  ist  aber  anoh  keine  KllstMikordiUera  Sfld- 
Aftrikas,  denn  eine  seiner  Ketten  nach  der  andem  tancfat  im  indischen  Oseane 
nnter,  nnd  die  daxwisohen  gelegenen  breiten  Lingstller  enden  in  großen  halb- 
kreisförmigen Bnehten;  es  ist  vielmehr  «n  Teil  der  Abfidlregion  Sfld-Afirikas, 
die  sich  mit  ihm  keineswegs  deckt. 

Diese  AbfaUregion  glicht  einem  Hang,  in  den  sioh  Wildbach  neben 
WUdbach  eingefressen  hat  Die  Sanitnelbecken  sind  verwachsen;  dazwischen 
ist  die  letzte  Spur  des  Han^^s  versrliwiHuicn ,  er  bricht  darüber  in  einem 
großen  Steilrande  ab;  Reste  von  ihm  tinden  sieb  auch  luiterhalb  der  Sammel- 
becken, da  und  dort  zwischen  den  Abzugskanälen  der  einzelnen  Wildbäche; 
ne  treten  ans  in  den  breiten  Riedeln  zwischen  den  Tälern  Natals  entgegen, 
nnd  hier  zeigt  sich,  daß  diese  Böschung  nicht  mit  einer  Sdbidbitfiache  identisdi 
ist,  scmdem  nnahhingig  vom  Schiditban  nadi  der  Art  einer  Bnmpfiflicfae  ver- 
lauft, Bnmpfflidiai  aber  entstehen  nrsprttnglidi  als  Ebenen  oder  Fastebenen, 
d.  h.  als  ungeflüir  horiiontale  Fl&ohen.  Danach  haben  wir  uns  die  Ab£sU- 
region  Sfld-Afrikas  hervorgegangen  zu  denken  durch  AnfwOlbong  eines  fiut 
bis  zum  Meeresspiegel  abgetragen  gewesenen  Landes. 

Es  liegt  nahe,  die  sanft  wellige  Hochtiäche  im  Innern  als  die  Fortsetzung, 
als  höchst  gehobene  Partie  des  alt^n  Rumpfes  anzusehen.  Trügt  sie  doch  in 
vielen  Stücken  die  Züge  eines  solchen:  die  vorherrschende  Ebenheit,  der 


606 


Albr«elit  Penck: 


Mangel  an  tief  eingeeohmttiiien  Tllem,  das  Aufireteii  T<m  ünselbecgea,  ge- 

Imllpft  an  hirteres  Gestein,  wie  sie  bezeichnend  IBr  alta  Rompffiftchen  sind 
und  wie  sie  von  W.  M.  Dayia  Monadnocks  genannt  wurden.  So  sebr  vrir 
geneigt  sind,  diese  Frage  von  vornherein  zu  bejahen,  so  dürfen  wir  doch  nicht 
▼ergessen,  daß  sich  unsere  Hochfläche  nicht  in  einem  Puppenzastande  befindet, 
sondern  wie  jede  andere  LandoberflSche  (Jem  Einfluß  von  Wind  und  Wetter 
ausgesetzt  ist,  die  an  ihr  nagen.  In  lioch  gelegenes  Land  kQnnen  die  Flüsse 
tief  einschneiden,  warum  tun  sie  es  nicht  in  Süd- Afrika?  Die  Länge  ihres 
Weges  xoitt  Mmm  aridirt  dia  Oeringftlgigkait  ibnr  Wii^MBgaii  aiolit  Wir 
wissen,  daB  selv  weitab  vom  OasMie  mamdie  StrOme  sebr  tief  eingeaduitten 
sind.   Sohreitet  docih  die  Erosion  an  unseren  Flflssen  anfwSrts. 

Wir  mflssen,  tun  die  Antwort  sa  gewinnen,  an  nnsem  flach  eingeaehnittenen 
Hocblandsflüssen  abw&rte  gehen.  Sie  fahren  größtenteils  zum  Orange-Flusse; 
diesem  folgend  erreichen  wir  das  weite,  gröBtenteils  bebuschte  Sandfeld  im 
Innern  Süd-Afrikas,  die  Kalahari.  Mancho  Flüsse,  wie  der  Malopo  von  Mafe- 
king,  verlieren  sich  in  ihm;  der  Orange -Fluü  hingegen  findet  seineu  Weg 
zum  Meere,  das  er  nach  Überwindung  zahlreicher  Stromschnellen  erreicht 
Außer  ihm  quert  nur  ein  Fluß  das  Kalaharigebiet:  der  Sambesi.  Eine  weite 
Strecke  fließt  er  zwischen  sandigen  Ufern  dahin,  da  und  dort  über  ein  felsiges 
Büf  in  ssinem  Bette  stttnend,  seine  Nebenflflsse  inen  unsieher  im  Sandgebiets 
unher  und  senden  absterbmde  AnallnfBr  in  dieses  hinein,  schliefilidi  hat 
er  am  Ostzipfel  von  Dentseh-Sfldweet« Afrika  alle  seine  Zuflüsse  gesammeli 
Majest&tisch  fließt  er  in  stattlicher  Breite  an  der  nen  begründeten  Hauptstadt 
Nord-Rhodesias  vorbei;  da  mit  einem  Male  beginnt  er  über  Felsen  ra  hfipfen 
und  stürzt  sich  dann  jäh  in  seiner  gansen  Breite,  1500  m,  in  einen  spalt- 
fthnlichen  Abgrund  über  100  m  tief  hinab.  Hoch  steigt  über  dem  Falle  eine 
Gischtwolke  empor;  Mosivatunja,  tönenden  Rauch,  nannten  ihn  darum  die  an- 
wohnenden Barotse.  Aus  dem  Gischte  füllt  unaldassig  Rcjjen  auf  die  dem 
Falle  gegenüber  liegende  Seite  des  Abgrundes  und  zaubert  hier  iu mitten  der 
BOrrs  ^  Stüde  tropiaehen  Urwaldes  henror.  Ein  sdunalMr  Ausgang  fOhrt  die 
Wasser  aus  dieser  ^Ohasm**  heraus,  in  hOehst  eigentflmliehen,  tief  eingesenkten, 
schmalen  Zieksaoka,  die  an  ein  System  aufgerissener  Spalten  erinnern,  sMmt 
er  weiter.  Doeh  vergewissem  uns  die  HOhen,  daft  es  aleli  nioht  um  solche 
handeln  kann:  sie  sind  bedeckt  mit  Geröll  des  Sambesi,  weiches  beweist,  dafi 
er  einst  oben  geflossen  und  erst  allm&hlich  die  Zickzacks  ausgewaschen  hat; 
zahlreiche  Steinartefakte  im  Goröllo  ofiFenbaron,  daß  dies  Auswaschen  bis  min- 
destens 10  km  unterhalb  der  Fälle  unter  den  Augen  des  Menschen  f't^scbah. 

Die  Mosivatunja-  oder  Victoria-Fftlle  des  Sambesi  sind  von  anderm  Typus, 
als  die  zahlreichen  Wasserfjille  des  östlichen  Kaplandes,  von  Natal  und  Ost- 
Transvaal,  wo  der  Fluß  sich  über  eine  feste  Gesteinsbank  stürzt  und  ober- 
halb wie  unteihalb  in  ruhigem  Laufe,  manchmal  in  bfdiem  Tale  dahin- 
scUingelt  Der  Sambesi  durehsohneidet  die  Melaphyr-Decke  nicht,  deren  Ober> 
flftehe  er  oberhalb  der  F&lle  enreioht,  und  unterhalb  von  ihnen  reiht  sudi  in 
seiner  engen  Schlucht  Katarakt  an  Katarakt,  so  dafi  er  hier  noch  eine  Tid 
größere  Höbe  darchf&llt,  als  im  unvergleichlich  malerischen  Sturze  von  Mosi- 
vatunja. Die  Wasserf&Ue  am  Ostabfalle  des  sOdafirikanischen  Hochlandea  sind 


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Sad-Afrika  uad  SambesifftUe. 


607 


gebandoi  an  gewiaae  SMlw,  wo  sich  dar  Arbeit  des  Flusses  sehr  Widerstands- 
ftbige  Gestsiiisbiake  snigiifBiisIdleB;  hat  «r  sie  senigt,  so  wird  der  IUI 

▼ersohwinden.  Die  MosiTatuiga-Fftlle  sind  eine  Phase  in  der  Entwicklang  jenes 
Stromes,  der  in  die  Lage  versetzt  worden  ist,  sein  Bett  zu  vertiefen,  und  die 
Vertiefung  nun  talaufwilrts  trei})t.  Der  Fall  wandert  daher  talaufwärts,  seit- 
dem seine  Ufer  bewohnt  sind,  um  mindestens  10  km,  und  wird  es  solange 
weiter  ton,  biä  er  ins  Quellgebiet  gerückt  ist.  £r  hat  aber  noch  sehr  weit 
dahin. 

Warum  befindet  er  sich  gerade  an  der  Grenze  des  Kalahari-Sandes  ? 
Stellen  wir  uns  einmal  vor,  was  geschehen  wflrde,  wenn  der  ohnedies 
sehon  nemHeh  spiili^  BegoiftU  in  der  ümgebnng  der  Eslahari  nachlassen 
würde;  dann  wttrde  mit  dem  Sambesi  das  gesdiehen,  was  sich  mit  dem  Mslopo 

ereignet:  er  würde  im  Sandfelde  versiegen  und  snnSchst  nur  gelegentliob, 

schließlich  gar  nicht  mehr  das  Meer  erreichen.  Die  Sandmassen,  die  er 
frachtet,  würde  er  zu  den  übrigen  der  Kalahari  gesellen;  die  Mosivatunja- 
Ffille  würden  aufhören.  Daß  ein  solcher  Zustand  einmal  bestanden  hat,  lehrt 
uns  die  Schichtfolge  an  jenen  Fällen.  Die  Melaphyr -Decke,  über  die  sich  der 
Sambesi  stürzt,  wird  überlagert  von  roten  Kalahari-Sanden;  diese  aber  zeigen 
die  charakteristische  Silifizienmg,  die  nach  Passarge  für  Wüstenbildungen 
dianktaistiseii  ist  Whr  telistt  am  Falle  selbst  die  fossilen  Zeugen  eines 
früheren  ariden  Klimas,  welches  den  Sambesi  anssehlicBi  Dieser  ist  ein 
junger  Floß,  herrorgemfen  durch  einen  Klimawechsel,  der  dem  Innern  Sfld> 
Afrikas  größere  Feuchtigkeit  sufBhrte,  und  dieser  Ktimawedhsel  kann  nieht 
gerade  lang  her  sein,  da  der  Sambesi  seither  seinen  Fall  nicht  weit  in  das 
Innere  des  Kalahari-Sandes  zurückgetrieben  hat. 

Wenn  aber  früher  im  Innern  Süd-Afrikas  ein  arides  Klima  herrschte, 
da.s  ilen  Sambesi  zum  Versiegen  brachte,  dann  muli  auch  Gleiches  mit  dem 
Orange- Fluß  geschehen  sein,  imd  .«»eine  verschiedenen  Zuflü.s8e  vom  südafrika- 
nischen Hüchlaude  konnten  nicht  iu  die  Tiefe  arbeiten,  da  sie  hoch  über  dem 
Meeresspiegel  im  Kalahari- Sandfelde  endeten.  Letzteres  ist  daher  eine  hoch- 
gelegene Erosionsbasis  für  die  Hochlandsflüsse,  die  in  Funktion  bitt,  so- 
bald  das  Klima  trockner  wird,  als  es  heute  ist  Bei  einer  hodigdegenen 
ErononsbasiB  aber  mufiten  sich  die  moiphologischen  Züge  einer  gehobenen 
Rumpfifliche  erhalten;  ja  mehr  noch,  wenn  die  Entwilddung  Ton  Bumpf- 
flAchen  von  den  Grenzen  der  Erosionsbasis  ausgeht,  so  mußten  in  der  Um- 
gebung des  Kalahari-Sandfeldes,  ebenso  wie  an  der  allgemeinen  Erosionsbasis 
des  Meeres,  derartige  Züge  zur  Entwicklunfr  kommen. 

Ich  muß  mir  versagen,  diese  Frage  weiter  zu  verfolgen  und  zu  unter- 
suchen, ob  wir  im  Innern  Süd-.\frikas  vielleicht  eine  Rumpftiäche  vor  uns 
haben,  die  iu  der  Peripherie  eines  Binnengebietes  in  großer  Meereshöhe  ent- 
stand, und  unterlasse  anoh  die  ErOrtemng  der  wdteren  Frage,  ob  die  Bumpf- 
fllche,  aus  der  der  Abfall  Sfld-Afrikas  besteht,  der  abgebogme  Saum  eines 
derartigen  innezkontinentalen  Rumpfes  ist,  obwohl  es  prinsipidl  Ton  groBer 
Bedeutung  ist,  an  entscheiden,  ob  der  hantig»  Umriß  von  Süd- Afrika  dadurdi 
entstanden  ist,  dafi  eine  größere,  bereits  vorhandene  Hochfläche  durch  rand- 
lidies  Abbiegen  verkleinert  wurde  oder  ob  sich  eine  tie^elcgene  BumpfiBlche 


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608 


Albrecht  Penck: 


m  <ia«r  Hochfllclie  emporirdnite.  Es  mag  g«iillg«ii,  autsoqKredieiif  daB  imt« 
allan  ümaUddeD  SOd-Afrika  daa  variM^ana  BamplHlolia  itt,  denn  Ibitrtalrai^ 

unabhliigig  von  der  geologischen  Struktur  ilcs  T^andea  ist  und  deren  Ver- 
biegnag fioh  im  dia  Leitlinien  des  geologischen  Baues  nicht  kümmert  Diese 
Verbiegiing  aber  wird  maßp-bond  für  don  rmriß  Süd-Afrikas.  Wir  haben  es 
also  nicht  bloß  mit  Küsten  /u  tun.  die  sich  an  Faltungszonen  und  Ver- 
werfungen knüpfen,  sondern  auch  mit  solchen,  die  ihren  Verlauf  jenem  Vor- 
gang danken,  den  wir  heute  Verhiegung,  den  ältere  Forseber  kontinentale 
Hebung  und  SeDkang  nennen. 

Lenkt  dia  ObarfllehengestaU  Sfld-Afrikas  daa  BBak  auf  dia  in  neomr 
Zeit  viel  arOrtaitan  Fragen  oaeli  dar  Entstehung  von  ttmnpfflftdien  und  Yw^ 
biagnngan,  ao  bietet  sone  innere  Znsammenaetnmg  noch  mandi  aadarae  Problem 
auf  dem  Ghrenigebiete  zwischen  Qaomorphologie  und  Geologie.   Beteiligen  üA 
docb  am  Aufbau  Süd-Afrikas  fast  ausschliefilich  kontinentale  Ablagerangen. 
Lediglich  nahe  der  Küste  finden  sich  im  Kapgebirge  marine  devonische,  und 
längs  des  Süd-  und  Ost-(iestadt'S  marine  cretaceiache  Schichten.    Das  ganze 
mächtige  Karroosystem   ist   kontinentalen  Ursprungs.     Die  geologische  Ver- 
gangenheit zeigt  uns  daher  fa.st  durchweg  ein  größeres  Süd-Afrika.  Eigen 
femer  eine  Beziehung  zwischen  Schichtfaltung  und  vulkanischer  Tätigkeit: 
Im  Kapgebirge,  detoen  Zusammaitttainmg  dia  banaehbarlMi  KanooeAlditen 
mit  begreift,  fdilen  die  Lqaktionen  von  Dolariten,  die  in  den  benachbarten, 
nngafalteten  Kairooichiehtan  so  anBerordentlicb  micbtig  sind,  daB  ihnen  mm 
gntaa  Teile  die  Höhenlage  nuniefareiben  ist,  die  jene  aireiahen.  Interaesant 
auch  dia  letzten  Nacbsflgler  vulkanischer  Tätigkeit:  iie  IBhrten  lediglich  nr 
Öffnung  von  Kruptionsschloten,  die  mit  ausgeworliBOem  und  eingebrochaaam 
Material  erfüllt  sind.    Man  hat  in  Süd- Afrika  wie  in  Schwaben  nicht  wenige 
Vulkanenibryoneu,   aber  sie   haben   dort   größere  wirtschaftliche  Bedeutung; 
denn   sie   txlhren    die   Kapdiamanten.     Keine   Tatsache    aber   erscheint  be- 
merkenswerter, als  das  Auftreten  jener  glac  ialen  Ablagerungen  an  der  Basis 
der  Eaxrooschichten,  die  als  Dwyka-Konglomerat  seit  längerem  bekannt  sind. 
Der  Name  ist  irrelaitend,  ea  handelt  aoh  nicht  um  ein  Konglomerat,  ähn- 
Höh  dem  deutschen  Botliegandan  oder  der  schweixeriaohen  Nagelfluh ,  son- 
dern um  ein  Qestein,  das  auft  Haar  einem  Terfeetigtan  OeecMebelehm,  in 
Bchottland  TiU  genannt,  |^cht    Ea  mOga  daher  „Tillii^*  heißen.    Dort,  wo 
es  frisch  und  unverwittert  aufiaritt,  ähnelt  es  einem  Diabaa-Tuff^  dem  fremde 
Gesteinsbrocken  in  mehr  oder  minder  großer  Zahl  eingesprengt  sind;  kein 
Wunder  daher,  wenn  es  anfilnglich  als  Eruptivgestein  aufgefaßt  worden  ist. 
Dort  aber,  wo  es  etwas  angewittert  ist,  lösen  sich  die  einzelnen  Gesteins- 
brocken heraus,   und  man  erkennt,   daß  es  sich  um  gekritzte  Geschiebe 
handelt,  die  von  den  Scheuersteinen  unserer  Gletscher  absolut  nicht  zu  unter- 
scheiden sind.    Sie  liegeu  auf  den  vom  TÜHt  eingenommenen  Obei^ächen 
ebenso  an  Tausenden  und  Abertanaenden  umher,  wie  auf  den  Jungmoitneii 
Obeitehwabeaa.  Im  Sudan,  im  Eqtgebirge,  iat  der  Dwyka-TSUit  der  dort  henr» 
aohanden  Sofaiehtfolga  ragdmältig  eingaidhaltat,  er  liegt  im  untorsten  Olieda 
des  Earroosystems,  das  sich  unmittelbar  an  das  Kapsjstem  anschließt,  und 
er  madit  hier  die  Faltungen  beider  rogelmäßig  mit:  man  kennt  Mulden  und 


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8fld-A£zika  nnd  Sambetif&Ue. 


609 


S&ttol  des  Tillii  Im  Noitlen  und  Osten  aber  bildet  der  TiUit  die  Basis  de» 
KaROo^Titoou,  du  och  diskordaat  Aber  dort  auftretende  ttltere  Systeme 
breitet,  bald  ftber  das  TraosTaalsystem,  bald  Aber  das  Vaalsyitem,  bald 
endlieh  Uber  das  llteste  Grundgebirge,  hier  und  da  anch  Uber  Sandstein- 
decken lagert,  die  als  Äquivalente  vorn  unteiaten  Gliede  des  Eapsystema, 
dem  Tafelsandstein,  angesehen  werden.  Wo  nun  aber  der  Kontakt  awisehen 
Tillit  und  seiner  Unterlage  gut  entblößt  ist,  da  sieht  man  letztere  geschrammt, 
ganz  ebenso  wie  die  Sohle  eines  Gletschers.  Das  zei^t  sich  nicht  nur  an 
einer  Stelle,  das  zeigt  sich  vielerorts  auf  weitem  Gebiete:  ich  sah  die  ge- 
schUfFenen  Flüchen  ebenso  an  der  Küste  von  Natal,  wie  700  km  landeinwärts 
am  Yaaläusse,  und  ich  sah  nicht  bloß  Vorkommnisse,  die  bereits  in  der 
Idtsratur  bestluieben  sind,  sond«ni  fand  audi  in  der  Nadibarschaft  weitere, 
bisher  niebt  bekannte.  Danach  kann  kein  ZweifU  darüber  sein,  der  Tillit  ist 
die  Orundmortne  einer  uralten  Veigletschemng.  Woher  diese  kam,  darüber  lassen 
die  Gletschenohliffe  kmnen  Zweiisl:  sie  laufm  allmthalhen  in  nordsüdüeher 
Hichtnng,  hier  mehr  westlich,  dort  mehr  östlich.  Die  Ausdehnung  des  Tillits 
offenbart  uns  ferner,  welcher  Art  die  Vergletschening  war:  er  schmiegt  sich 
den  Wellungen  seiner  Unterlaije  an.  füllt  Mulden  aus  und  zieht  sich  über 
Höhon;  das  Eis,  das  ihn  ablagerte,  kümmerte  sich  nicht  um  den  Wechsel  von 
Berg  und  Tal,  es  war  ein  Inlandeis.  In  dieser  Art  kennen  wir  seine  Spuren 
auf  zwei  Seiten  eines  Dreiecks,  dessen  Spitze  unfern  Pretoria,  dessen  anderes 
Eck  nördlich  Durbaus,  dessen  drittes  am  Orange-Flusse  bei  Prieska  gelegen  ist, 
also  an  swei  Seiten  eines  Dreiecks,  vergleichbar  auf  deutschem  Boden  d«n 
Dreiedr  Kassel'EOmgsberg'Erakau.  Audi  Ober  das  Alter  des  alten  Inland- 
flises  kann  nidit  der  mindeste  Zwmfel  herrschen.  Über  dem  Tillit  von 
Transvaal  lagert  die  dortige  Kohlenfonnataoo  mit  ihrer  Qlossopteris-Flora; 
im  Sandstein  unmittelbar  über  dem  Tillit  von  Verein icring  am  Vaalflusse  findet 
man  die  Reste  von  Sigillarien.  Man  hat  es  hart  an  der  Grenze  der  Tropen- 
zone zwischen  26"  und  31"  s.  Br.  mit  den  Spuren  eines  permocarbonen 
Inlandeises  zu  tun,  das  sich  polwärts  bewegte,  und  schließlich  seine  Moränen 
in  eine  konkordante  Folge  paläozoischer  und  mesozoischer  Schichten  breitete, 
in  denen  wir  sie  noch  500  km  gegen  SW  verfolgen  können. 

Um  ^ßesen  Befund  in  seiner  ToUen  Tragweite  an  Terstehen,  mfinm  wir 
uns  daran  erinnern,  daß  bei  der  gegenwtrtigen  Verteilung  Ton  Wasser  und 
Land  und  unter  dem  heutigen  Klima  Inlandeismaasen  nur  in  den  Polar- 
gebieten  odw  deren  nidister  Nachbarschaft  Torkommen,  und  daß  die  groBe 
Yerschiebung  der  Klimagfirtol  während  des  Eiszeitalters  das  Inlandeis  Nord- 
Europas  nur  bis  zum  50.  Gra<l  n.  Br.,  das  Nordamerikas  nur  wenig  über  den 
40.  Grad  anwachsen  machte.  Um  unter  den  gpg»^nwartigen  geographischen 
Verhaltnissen  ein  Inlandeis  in  Süd-Afrika  ins'  Dasem  zu  i-ufen,  müßte  die 
Scbneeprenze  um  2UOO  —  m  honibgesenkt  werden,  d.h.  nur  wenitrc  Teile 

der  Erde  würden  der  allgemein  werdenden  Vereisung  entgehen.  Mau  muß, 
um  die  pennoearbone  Vergletscherung  Süd-Afrikas  ▼erstehen  zu  lernen,  an 
großartige  geographische  Yerftuderungen  auf  der  Erdoberfliche  denken.  Diese 
kSnnen  sweierlei  Art  gewesen  smn:  entweder  ragten  damsls  in  der  Nfthe 
des  Wendekreises  des  Steinbocks  in  Süd-Afrika  Gebvge  so  hoch  auf,  daß 


I 

I 


610  Albrecht  Penck:  Süd-Afrika  und  Sambesifälle. 

t&ek  Ton  ihnen  ein  Tnlandwi  Aber  dat  angremende  Lud  brnten  koonta, 
oder  war  die  Lage  dea  Qelnetea  rar  Erdaehte  eine  andeie  ala  iMote. 
Kwneswegs  kann  lir  Annahme  einer  bloßen  Veränderung  in  der  Terteilang 
TOn  Waaier  und  Laad  ein  Inlandeis  am  Saume  der  Tropen  erkllriieh  machen, 

denn  wir  haben  gerade  in  der  Nähe  der  Wendekreise  heute  so  verschiedene 
Gruppierungen  von  Wasser  und  Land,  daß  wir  uns  kaum  eine  weitere,  für 
die  F'ntwicklung  von  \  ci ijlct^i  herungen  günstigere  vorstellten  können.  Be- 
rücksichtigen wir,  daß  zur  Entwicklung  einer  Verglet^cheruug  mehr  schneeiger 
Niederschlag  erforderiieh  iat,  als  geschmolzen  werden  kann,  lo  will  uns  nicht 
sonderlich  wahneheinlioh  Torkonunen,  daB  die  sehr  große  HOhe  einea  Gebirges 
anr  EntwicUung  eines  Inlaajleisei»  genüge.  Je  hOher  das  Gebirge,  desto  dfinaer 
die  Luft,  desto  geringer  ihre  Tragkraft  für  atnosphlrische  Feaehtigkeit,  desto 
grOfier  die  unmittelbare  Wirkung  der  Sonnenstrahlen.  Geringer  Niederschlag, 
groBe  Ablation  sind  die  Kenn/.eiohea  sehr  großer  Hohen.  In  der  Tat  sehen 
wir  auch,  daß  deren  Vergletschernng  keineswegs  eine  sehr  bedeutende  ist 
Gering  ist  dit>  Vereisung  <1ps  Hochlandes  von  Tibet,  und  selbst  unter  den 
klimatischeu  Verhiiltnisscn  dps  quartären  Kiszeitaltprs  ist  dort,  soweit  unsere 
Kt'niitiiis  reicht,  kein  lulaiidt  is  crz-fugl  worden.  Wir  sind  um  so  eher  geneigt, 
an  die  Möglichkeit  eiuer  Verschiebung  der  Lage  Süd-Afrikas  gegenüber  der 
Erdachse  sn  denken,  als  die  Sporen  einer  permoeatboiiMi  KsMtt  in  8td> 
Afrika  nicht  allein  stshen:  wir  kennen  solche  anch  ans  YordeivLidien  und 
vor  allem  aus  Sttdost-Anstralien.  Sollten  fiberall  hier  gerade  an  der  Granse 
der  Tropen  Gebirge  T<m  solch  gewaltiger  Höhe  gewesen  sein,  daß  sie  Ldaad- 
eismassen  sn  erzeugen  vermochten;  Gebirge  von  einrr  Höhe,  die  die  einflS 
Hiinalaya  weit  hinter  sich  ließen?  und  sollten  sich  während  der  Permocarbon' 
Pcriüde  gerade  in  niedereu  Breiten  Inlandeismassen  bilden,  während  wir  aus 
höheren  Breiten  bisher  nirgends  die  Spuren  eines  entsprechenden  Tillits  kennen? 

Dazu  kommt  noch  eins:  wir  kennen  aus  Süd -Afrika  nicht  bloli  die 
Spuren  einer  älteren  Eiszeit.  Der  ausgezeichnete  Geologe  des  Kaplandes, 
Arthur  W.  Rogers,  hat  auch  an  der  Basis  des  Kapsystems,  im  mutmaßlich 
silttrischen  Tafelberg-Sandstein,  einen  Tillit  entdeckt,  der  gekritste  Geschiebe 
▼on  echt  gladalem  Charakter  führt.  Femer  hat  er  kflrslich  in  einem  noch 
tieferen  HorisontOf  nimlich  in  den  Pretoriaschichten  des  TraasTSal-Sjstems, 
^eichfslls  Tillit  gefunden,  aus  dem  er  mir  Geschiebe  vorgel^  hat,  die  ich 
gleichfalls  für  glacial  geschrammt  halten  muß.  Sollen  wir  eher  annehmen, 
daß  sich  in  Süd-Afrika  wiederholt  riesenhohe  Gebirge  erhoben,  die  Gletscher 
speisten,  oder  sollen  wir  annehmen,  daß  es  durch  l&ngere  Zeit  hindurch  sich 
in  größerer  Polnähe  uetaiidy 

Wfiiu  wir  von  der  Vt-rschiebung.  vnn  d»'r  Lage  eines  Landes  gegenüber 
der  Erdachse  sprechen,  so  duiten  wir  uicht  bioü  au  die  oft  erörterten  Ver- 
schiebungen der  Lage  der  Rotationsachse  im  Erdkflrper,  sondern  anch  an  die 
Möglichkeit  von  Yenchiebnngen  der  Erdkruste  gegenflber  d«n  Erdkern  denken. 
Beides  kann  xur  gleichen  Wiiknng,  nimlich  su  einer  Breitmi-  und  LBagen* 
Änderung  einselner  Orte  fBhien.  Aber  diese  Indenmgen  müssen  bei  Be- 
wegtingcn  der  Erdachse  für  Antipodenpnnkte  entgegengesetzter  Art  sein,  wss 
bei  einer  Verschiebung  der  Kruste  gegenflber  dem  Erdkern  nicht  unbedingt 


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H.  Keller:  Die  Abflußerscheinungen  in  Mittel-Earopft.  611 


nStig  ist  Die  Antipodeapunkte  der  drei  Gelnete  pennocMbinier  YergletMdie- 
mng  fallen  ins  Meer,  in  den  nfttdlidien  und  sftdlidiin  stillen  Oseen  und  in 

den  nördlichen  atlantischen,  sie  gewähren  kein  Matena!  zur  Entscheidnng 
unserer  Frage.  Aher  im  Droieck  zwischen  jenen  drei  Antipodenpunkten  liegt 
Land,  nämlich  der  Südzipfel  des  uordameri^anischen  Kontinents,  und  hier  ist 
nicht  die  leiseste  Spur  einer  pormocarbonen  Eiszeit  bekannt  jtreworden.  Dieser 
Mangel  legt  uns  nahe,  die  Bewegung  der  Erdkruste  in  horizontalem  Sinne 
als  eine  ernsthaft  in  Erwägung  zu  ziehende  Arbeitshypothese  ins  Auge 
zu  fassen. 

80  flhrt  die  Betrsoiitnng  Sfld-Aftikis  und  seines  Bchiehtinhaltes  anf  die 
groBe  Fondamentslfrafe  der  Erdkunde:  inwieweit  ist  die  Lage  «nes  StlUdEes 
anf  der  Erdkruste  als  stabil  ansusehen?  Llngst  schon  iit  erkannt,  daß  sie 

in  der  Vertikalen  nicht  veränderlich  ist,  es  gibt  Helrangs-  nnd  Senkungs- 
erscheinungen  die  Hfille  und  Fülle,  und  die  meisten  tragen  den  Charakter 

Ton  Verbiegungen,  sogenannten  kontinentalen  Hebungen  und  Senkungen.  Die 
Schichtfaltungen,  die  insbesondere  in  unseru  Hochgebirgen  auftraten,  haben 
femer  seit  geraumer  Zeit  schon  zur  Annahme  eines  Horizontalschubes  in  der 
Kruste  geführt,  der  notwendigerwt>ise  zu  Veräudorungen  der  geographischen 
Koordinaten  der  Orte  führen  muß.  Au  solche  iu  ziemlich  weitem  Umfange 
;ni  denken,  legen  die  Bigebniase  der  Fomdiungen  anf  sfidalUkanisfllieRi  Boden 
redit  nahe. 

Diese  Foisohungseigebnisse  auf  dem  Felde,  auf  dem  sie  eilislten  worden 
sind,  kennen  gdwnt  su  haben,  ist  fttr  mich  kein  geringerer  Gewinn  als  die 

große  Erweiterung  des  geographischen  Horizontes,  die  mir  die,  wenn  auch 
flüchtige  Reise  bis  zu  «Ion  \'ictoriafällen  des  Sambesi  gewährt  hat.  Dankbar 
gedenke  ich  der  Einladung  »1er  ,,British  Association",  die  mich  dorthin  führte, 
freudig  erinnere  ich  mich  des  Zusammenseins  mit  britischen,  südafrikanischen 
und  andern  Forschern,  und  belästigt  hat  sich  in  mir  das  (iclühl,  daß,  je  höher 
die  Aufgabe  ist,  die  wir  Menschen  uns  stellen,  desto  geringer  die  Unterschiede 
zwischen  uns  werden.  Der  Drang  zur  Erkenntnis  ist  ein  einigendes  Band 
der  Menschheit,  nnd  die  Körperschaften,  die  ihn  bei  den  einzelnen  Nationen 
pflegen,  arbeiten  an  der  VerroHkommnung  unseres  ganzen  Geschlechtes. 


Die  AbfliBeneheinnDgen  ii  Mitt«l-Empa. 

Von  H.  Keller. 
(IGt  9  Korrentafebi  auf  Doppeltafel  Kr.  9.) 

„Die  Flußkunde  als  ein  Zweig  der  physikalischen  Geographie'*  hat 
A.  Penek  den  einldtraden  Aufeatz  des  1.  Bandes  der  „Zeitschrift  für  Ge- 
wisserkunde**  betitelt  Er  spricht  darin  den  Wunsch  aus,  es  mOchten  „die 
praktischen  Gesidiispunkte,  welebe  fllr  die  Begrflndnng  fluBkundlicher  Amter 
maßgebend  gewesen  sii^,  nicht  den  alleinigen  Leitstern  ihrer  Tätigkeit  ab- 
geben". Dies  dürfte  rechtfertigen,  daß  wir  den  Lesern  der  „G.  Z."  in  ab- 
gekfkrzter  Form  eine  Untersuchung  fiber  die  Abfluflerscheinungen  in  Mittel- 


Digitizoü  by  C3t.)0^lc 


612 


U.  Keller: 


Europa  mitteilen,  die  glnehseitig  in  onierem  ^ahrinieh  fllr  die  Gewlmor 
kude  Novd-DeatuUands**  ▼evOffenÜielit  wiid.^) 

Für  die  BedOrfnisse  dee  Wasserbaas  handelt  es  sieb  hanptrihiUidi  m 

die  EnnittLiing  der  Beziehungen  zwischen  Abfluß  und  Niederschlag  zur  Lö- 
sung der  Aufgabe,  für  ein  Flußgebiet  mit  bekannter  Niederschlagshöhe  die 
ihm  wahrscheinlich  /ukommoiiilH  AbHulihr)he  oder  »las  Abflußverliültnis  zu 
finden.  Unsere  Unt<'rsii(  imng  dieser  Fragt;  hat  dazu  gotiihrt,  den  vom  Wasser- 
dampfe  fremden  l'rsjtruuges  berrülirenden  Teil  des  Niederschlags  (die  Meeres- 
zufubr)  zu  unterscheiden  von  dem  Teile,  der  durch  abermulige  Kondensatiuu 
des  im  Flu^biete  selbst  durch  VerdunstuDg  entstaadeoen  Dampfes  erzeugt 
worden  ist  (von  der  LaadTerdnnstnng).  Um  Anhaltspunkte  Ar  die  LSsong 
jener  Ao^be  xu  gewinnoi,  war  es  nötig,  den  Zusammenhang  der  Abfloß-  • 
enoheinnngen  mit  der  Gesamtheit  der  kÜmal»sdien  ErseheiniuigeB  fo"l*i4tt- 
klarzulegen. 

1.  BeBieliungen  swieolieii  Niederschlag,  Abfluß  und  Verdunstung  im 

JahresmitteL 

Wie  sich  die  Klimalebre  vor  allem  mit  den  mittleren  Zuständen  der 
von  ihr  bebandelten  Ersclieiuungen  in  den  verschiedenen  Teilen  der  Erdober- 
fläche beschäftigt,  haben  auch  wir  die  Betrachtung  der  Beziehungen  zwischen 
Niederschlag,  Abfluß  und  Verdunstung  im  Jahresmittel  als  den  besten 
Weg  erachtet,  die  Eigenart  des  Auftretens  dieser  Erscheinungen  in  den  ver- 
schiedenen Flußgebieten  Mittel-Europas  kennen  m  leinen. 

Bezeichnet  man  die  mittlere  jlhrliche  Kiederschlagshöhe  änes  Fluß- 
gebietes mit  X,  die  entsprechende  AbflußhShe  mit  p  und  die  entsprechende 
Verdanstunghöhe  mit  ^,  so  gilt  die  Gleichung  x^if  -\-  t.  Für  E^zeljahre 
trifft  diese  Gleichung  nicht  genau  zu,  da  in  nassen  Jahren,  die  auf  trockene 
folgen,  ein  Teil  des  versickerten  Niederschlagswassers  zur  Auftiillung  der 
unterirdischen  Wasservorrüte  zurüekgehallen  wird  und  erst  später  zum  Abfluß 
gelangt,  wenn  iji  einem  abermals  trockenen  Jahre  die  fließenden  (iewli.sscr 
von  diesen  Vorräten  zehren.  Im  Mittel  einer  genügend  langen  Jahresreihe 
gleichen  sich  aber  die  durch  Aufspeicherung  und  Speisung  ei,ntretenden  Ver- 
sohiebungen  aus,  wenigstens  im  Jabranaittel,  freilich  nicht  im  Mittel  der 
Halbjahre,  worauf  wir  spftter  noch  zurfickkonunen.  Wird  ferner  das  Abfluß- 
verfaftltms  y : « »  und  das  Verdunstnngsverhiütnis  gtx  —  v^  benannt,  so 
ist  t  —  100%>     ^  \ieiäe  VerU&ltnistahlein  eigflasen  Mnander  sn 

1  oder  zu  100%.  Die  oben  erwihnte  Abhandlung  im  „Jahrb.  f.  GewÄsserkde.** 
enthält  bildliche  Darstellungen  dieser  Beziehungen,  von  denen  wir  hier  in  ver- 
einfachter Form  die  Beziehungen  der  AbHuß-  uud  Verdunstungshöhen  zu  den 
Niederschlagsbühen  niitteileJi  (Tat.  9  Abb.  1  ).  Bei  dieser  Darstelhing  sind  die 
Niederschlagsb<then  .r  als  Abszissen,  die  Abflußhöhen  //  und  Verdunstuiigs- 
höhen  z  als  Urdinalen  in  ein  rechtwinkliges  Koordinatennetz  eingetragen. 
Die  Endpunkte  der  durch  Siunniieruug  dieser  bttden  GrOßen  entstehenden 
Ordinatou  (x  =  y  -\-  z)  liegen  auf  einer  um  46*  ansteigenden  Linie. 


1)  Besondere  Mitteilungea,  Bd.  1  Nr.  4,  Berlin  1906. 


Die  Abflafiertcheinnng«!!  in  Mittel-Burop«. 


613 


Unsere  Untersuchung  erstreckt  sich  auf  den  größten  Teil  des  aus  Deatseh' 
Iftad,  West -Rußland,  Österreich  und  der  Schweiz  bis  zum  Hauptkamme  der 
Alpen  bestehenden  Mittel-Europa.  Sie  umfaßt  eine  834  300qkm  große  Land- 
fl&che,  die  ontwässert  wird  von  den  Strömen  Memel,  Pregel,  Weichsel,  Odor, 
Elbe,  Wesor  und  Ems  bis  nahe  zu  ihren  Münduuiren  f  nördliches  Mittel-Europa), 
vom  Rhein  bis  Köln  und  von  der  Donau  bis  Wien  (Alpenstromgruppe). 
Diese  Begrenzung  war  geboten  durch  Rackaichtnahme  auf  die  Lage  der  Meß- 
stollen, für  weldie  die  AbfinflhOhen  durch  nhlniche  Abflnfimernngen  nndy 
lamgjihxige  Wasaerttaadsbeolmditniigen  bekannt  und  ihre  Beiidiiiagen  sa  den 
NiedencUagshOheii  der  bis  dorthin  entwftsserten  Gebjetsflachwt  in  den  von 
uns  henntsgegebenen  Strombeschreibungen  oder  durch  ergänzende  ünter- 
SUChungen  ermittelt  sind.M  Unberücksichtigt  mußten  bei  der  Gesamtbotrach- 
tung  bleiben:  das  Donaugebiet  unterhalb  Wien,  das  niederrheinische  Gebiet 
unterhalb  Köln,  die  unterhalb  d^r  Melist eilen  liegenden  Teile  der  Strom- 
gebiete dfs  nördlichen  Mittel  -  Europa  und  die  Küstonflußgebiete.  Bei  der 
Einzelbetrachtuiig  sind  jedoch  auch  hierher  gehörige  (irfbietsteile  herangezogen 
worden,  über  deren  Abfluß-  und  Nicderscblagshöhen  Ermittelungen  vorlagen. 
Dabei  zeigt  sich,  was  ja  aiidi  sn  erwarten  tet,  daB  die  Bttnehnngen  swisehen 
diesen  Werten  bei  ihnen  von  gleicher  Art  sind  wie  bei  den  benachbarten 
Gebieten  der  834  300  qkm  grofien  Landflicfae. 

Jn  der  bildlichen  Datstellung  (Abb.  1)  entepridit  jedem  der  genannten 
9  Stromgebiet«  ein  Punkt  y),  der  die  Beziehung  zwischen  Abfluß-  und 
Kiederschlagshfthe  ausdrtickt,  sowie  ein  Punkt  (r,  z)  als  Ausdruck  der  Be- 
Ziehung  zwischen  Verdunstungs-  und  Niederschlagshöhe.  Aus  den  Summen 
der  Abfluß-  und  Niederschlagsmassfm  der  7  Stromgebiete  des  nördlichen 
Mittf^l-Europa  lilßt  sich  die  mittler»'  Abtluli-  und  Niederschlagshöhe  für  ihre 
ganze  Flüche  berechnen,  ebenso  aus  den  »Summen  des  Rhein-  und  Dunau- 
gebiets für  die  Alpenstromgruppe  und  aus  den  Summen  aller  9  Stromgebiete 
für  das  gesamte  Ifittel-Siiropa,  anf  das  sich  unsere  üntersoehuog  erstreckt. 
Diesen  Hanpligmppen  entspseohen  nuthin  gleichfalls  Punkte  der  Pnnktsdiwftnne 
(«,  jr)  und  (x^  i).  Da  aber  in  ihnen  die  Wirimngen  der  einseinen  Strom- 
gebiete konsentriert  sind,  so  bestimmen  sie  die  Lage  der  Mittellinien  beider 
PunktschwSirme,  nimlidi  sweier  geraden  Limen,  deren  Bichtang  dnrdi  die 
Punkte  der  Hauptgruppen  vorgeschrieben  ist. 

Die  durch  diese  Punkte  (x,  if)  der  3  Hauptgruppen  vorgeschriebene 
Mittellinie  des  l'unktsohwarmes  (  r.  v)  jener  9  Stromgebiete  benennen  wir 
Hauptlinie  des  Abflusses;  sie  steigt  sehr  steil  um  43"  17'  an,  tg(.  = 
0,942.  Die  ihr  zugeordnete  Mittellinie  des  Punktscbw^armes  (jr,  z)  benennen 
wir  Hanptlinie  der  Verdunstung;  sie  steigt  sehr  sohwaeb  um  3'  19'  an, 
tgc  —  1  —  tgo  ==  0,058.   Ein  beliebiger  Punkt  (ar,  y)  eines  Stromgebiete 

1)  R.  Fritzsche  (Niederschlag,  Abfluß  und  Verdunstung  auf  den  Landflächen 
der  Erde.  Z.  1".  Gewässerkde.  \U{.  7.  S.  321i  hat  die  in  unseren  StrombCBchrei- 
buDgen  enthaltenen  Angaben  über  die  jährlichen  AbÜußmaaaen  der  Stromgebiete 
inibDiieh  anf  die  gansen  Oebietsflftehen  besogen  und  nicht  mit  den  ihnen  ent- 
sprechenden Niederachlagsmassen  vorglichen.  Die  von  ihm  berechneten  AbflnO« 
TerhältniHzahlen  sind  daher  nicht  richtig,  meisten»  viel  au  klein. 


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614 


H.  Keller: 


weicht  mehr  oder  weniger  von  der  Hauptlinie  des  Abflusses  ab;  die  in  der 
Ordinate  geuiessene  Abweichung  bezeichnen  wir  mit  r,  das  durch  den  Flächen- 
inhalt de>  (Jebiets  dargestellte  Gewicht  mit  f.  Da  die  Punkte  der  3  Haupt- 
gruppen auf  der  Hauptlinie  liegen,  sind  die  ihren  Gebietsflächen  F^^  F,, 
zugehörigen  Abweichangen  C|,  e,,  s&mtlich  gleich  NulL  Für  den  Punkt 
(x,  y)  des  gesunten  Mittol-Eiiroi»a  ist  F^  e^^  0,  also  Miefa  für  lUe  9  Strom- 
gebiete —  0,  weil  —  ist  In  dendben  Waite  gUt  Ar  die  7 
Stromgebiete  des  DOrdllcben  Mittel-Biiropa  die  Qleifthimg  jP,  •  ^  »  £{f  '  e)  *  0 
nnd  für  die  beiden  Stromgebiete  der  Alpenitromgrappe  die  Glaiehmiig  F^*€^ 
—  2?(r-e)  — 0. 

Tabelle  1. 


Nr. 

Gebiet  oder  Gruppe 

Fischen- 
Inhalt 

(qkm) 

^'m  T  AbfluS 

«(nun)' y  (mm) 

Vt-riluii- 
«tuiig 

z  (mm) 

Aliwci- 
chviug 

c  (mm) 

AbfluB- 
verh&ltuu 

Verdaa- 
■tnng«- 
verhsltal* 

(%) 

1 

8 

8 

4 

5 
6 

7 

8 

9 

Hemel  (bis  Tilsit) 
Presel  (bis  sor  Strom* 

teilung)  

Weichsel    (bis  zur 

Strointeilung  i .    .  . 
Oder     (biB  Hohen- 

Elbe  (bii  Artlenburg) 
Weaer  (unterhalb  Al- 
lermflndaug)  .    .  . 
Em8  unterhalb  Hmc 

iniindun^)  .... 
Rhfciu  \\t'\s  Külu)  . 
Donau  .bis  Wien) 

91  800 

18  600 

198  000 

1U9  600 
184  900 

37  ÜUO 

8  200 
144  300 
101  600 

679 

680 

680 

588 
601 

713 

729 
911 
1086 

196 

164 

168 

160 
168 

247 

276 
472 
646 

888 

486 

468 

488 
448 

• 

466 

454 

489 
4Ü1 

—  66 

—  18 
+  81 

—  1 
-1-  8 

-f  19 

+  6 

—  19 

-f  26 

88,9 

86«6 

86,6 

86,6 
86,8 

34,7 

37,8 
öl,8 
68,6 

66,1 

T8^ 

74,6 

74,6 
78,7 

65,3 

62,2 
48,2 
47,4 

I 

n 
m 

IV 
V 

Ostgnitipe  

ü  bergan  (irsgmppe .  . 
WestgTiippe     .    .  . 

297  yOO  605 
244  400  1  696 
46  100  1  716 

169 
166 
263 

486 
440 
464 

—  4 

+  1 
+  17 

28,0    1  72,0 
26,0    1  74,0 
35,8     1  64,8 

Nördliches  Mittel- 
Alpenstrotngmppe 

688  400 

245  900 

610 
962 

170 
602 

440  1     0     !  27,9 
460  1     0     1  68,8 

72,1 
47,8 

VI 

Gesamtes  Mittel- 
Europa   

884  800 

714 

868 

446 

1 

0    1  87,6 

62,6 

Während  nach  Tabelle  1  die  Abweichungen  der  Punkte  (j",  tj)  und  die 
ebenso  großen,  aber  in  entgegengesetzter  liichtuug  vorhandenen  Abweichungen 
der  Punkte  (x,  z\  von  den  beiden  Hauptlinien  teilweise  hetrilchtlicho  Größe 
haben,  verschwindeu  die  Abweichungen  vollständig,  sobald  man  die  Wirkungen 
der  Stromgebiete  Kr.  1 — 7  im  Pnnkti  des  nördlichen  Mittel-Enropft  (Nr.  IV) 
konsentriert,  ebenso  bei  Konaentrienmg  fttr  Nr.  8  und  0  im  Punkte  der 
Alpenstromgmppe  (ETr.  T).  Lmeihnlb  jeder  dieeer  beiden  Haaptgmppen 
eben  sich  nlso  die  swisohen  ihren  Stromgebieteii  bestehenden  GegensitM  aus. 
Dies  tritt  besonders  deutlich  hervor,  wenn  fllr  das  nOrdliche  Mittel-Europa 
die  7  Stromgebiete  in  3  klimatische  Gruppen  geordnet  werden,  wenn  man 
also  Memel-,  Pregel-  und  Weichselgebiot  zusammenfaßt  als  Ostgruppe  (Nr.  I), 
Oder-  und  Elbegebiet  als  t^bergangsgruppc  (Nr.  II),  Weser-  und  Einsgebiet 
als  Westgruppe  (Nr.  III).  Dann  zeigt  sich,  daß  scharfe  Gegensiltze,  die  inner- 
halb dieser  Gruppen  vorhanden  sind,  ebenfalls  ausgeglichen  werden,  nament- 


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Die  Abflnflerteheiiiuiigeii  in  lIUteUEnrop».  615 


lieh  der  scharfe  Gegensatz  bei  der  Oatgruppe  zwischen  dem  Memel-  und 
Weifhselgebiet;  die  Abweichungen  von  —  56  mm  ftir  das  flachländische 
Memelgebiet  und  von  -|-  21  mm  für  das  in  seiner  Südhälfte  aus  Gebirgs- 
und  Hügelland  bestehende  Weichsclgebiet  vermiDdem  sich  bei  der  Zusammen- 
fassung auf  —  4  mm  für  die  Ostgruppe. 

Die  Art  und  Größe  der  Abweichungen  e  von  den  Haaptlinien  des 
AbiuBBes  und  der  Verduiistung  kennxeichneii  denmaeli  das  vom  DorohsehiiitlB- 
verhalten  sSmflieber  Stromgelneto  «bwodiende  Bonderverhalten  der  «in- 
telnen  Stromgebiete.  Die  HanptUme  des  AbAnsies  drftckt  das  Abflnfi- 
gesetz  für  Mittel-Suropa  beim  Durchschnittsverhalten  aus.  Die 
Hauptlinie  der  VerdnastOBg  bildet  den  Ausdruck  für  das  im  Durchschnitt 
gültige  Verdunstungsgesetz,  das  die  Folge  des  Abflußgesetzes  ist  (tgot'  = 
1 — tga).  Die  Abweichungen  der  Punkte  (r,  von  dieser  Linie  haben 
dieselbe  Größe,  aber  entgegengesetzes  Vorzeichen  wie  die  Abweichungen  der 
Punkte  fa*,  if)  von  der  Hauptlinie  des  Abflusses.  Die  Gleichungen  beider 
Linien,  nach  denen  die  Abweichungen  c  zu  berechnen  sind,  lauten  in  ab- 
geinindeten  Zahlen 

y  =  0,942«  —405,     t  —  0,068«  -|-40ö  (in  mm)  ....  I 

WBren  Ar  sftmtliche  Teile  jener  Stromgebiete,  d.  h.  ftr  alle  einxelnen 
Gebiete  ihrer  Nebenflflsee,  die  Werte         z  durch  besondere  Ermittelnngen 

bekannt,  SO  würde  man  in  derselben  Weise  aus  den  Eiuzelwerten  der  Gebiets- 
teile die  Lage  der  beiden  Hauj>tlinien  ableiteli  können  Wenn  kein  Gebiet 
unberücksichtigt  bliebe,  so  Tiiüüten  die  Mittellinien  der  Punktschwärme  (j,  y) 
und  (x,  e)  dieser  Einzelgebi<  te  genau  den  nach  Tabelle  1  abgeleiteten  Haupt- 
linien entsprechen.  Vorlauhg  liegen  jedoch  nur  für  verhältnismäßig  wenige, 
ungleichmäßig  verteilte  und  verschieden  große  Einseigebiete  Ermittelungen 
Tor.  In  Tabelle  2  (auf  der  folg.  S.)  sind  die  im  ,^a]irb.  f.  Oewftsserkde.** 
a.  a.  0.  mitgeteilten,  dort  nach  der  NiedersdilagshQhe  geordneten  Zablenwerte 
fOr  60  Flufigslnete  nach  der  AbfloBhfihe  geordnet,  die  im  Jabresmittd  als 
gleichbedentend  mit  der  Meereszufnhr  angesehen  werden  darf.  Unter  Hinweis 
auf  die  zweite  Fußnote  mr  Tabelle  2  sei  bemerkt,  daß  die  bei  den  Gebieten 
Nr.  23,  50,  58  und  59  vorgenommenen  Berichtigungen  der  ermittelten  Zahlen» 
werte  in  der  genannten  Veröffentlichung  näher  begründet  sind. 

In  Abb.  1  sind  die  den  9  Stromgebieten  der  Tabelle  1  und  <lt'n  CtO 
Einzelgebieten  der  Tabelle  2  ««ntsprechenden  Punkte  (j*,  y)  schwarz,  die  zu- 
gehörigen Punkte  (x,  rot  eingetragen,  außerdem  die  3  Punkte  der  Haupt- 
gruppen, weldie  die  Lag»  der  HaaptUaien  bestimmen.  Yon  letsteren  ab- 
gesehen, bestellen  die  beiden  Schwbme  des  Abflusses  und  der  Yerdonstong 
ans  69  Punkten,  fttr  die  selbstrenttadlich  jene  Bedingung  £(f'€)  —  0  nieht 
gelten  kann.  Yon  den  Punkten  der  9  Stromgebiete  müssen  annShemd  glndt 
▼iele  nach  oben  (4)  und  nach  unten  (ä)  von  der  Hauptlinie  des  Abflusses 
abweichen.  Daß  von  den  übrigen  60  Punkten  35  über  und  25  unter  dieser 
Linie  liegen,  ist  vorwiegend  Zufall,  da  die  zur  Verfügung  stehenden  Ermitte- 
lungen über  die  Abflußverhültni-se  der  Einzelgebiete  nicht  planmäßig,  sondern 
für  ganz  verschiedenartige  Zwecke  vorgenommen  worden  sind.    Für  die  ver- 


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616 


H.  KelUr: 

Tabelle  2. 


Nr. 

Flnfigebiet 

y 

mm 

ff 

mm 

X 

w 
*J 
-iß— 

Flachlandsgeb 

iete. 

1 

Obere  Netie 

94  1 

886!  460 

m 

Oflsft  .... 

w. 

891  < 

488 

•1 

it 

HuveP    .    .  . 

108 

460 

55H 

Ä 
% 

Warthe  .   .  . 

180 .  882 

612 

9'»  1 

K 

O 

Mmot.  Seen 

187 

406 

548 

ZO,  J 

V 

Ferse  .... 

189 

496 

664 

'»1  R 

7 

Drewenz  .   .  . 

161 

876 

697 

9 

AUe    .   .   .  . 

180 

870 

660 

119  W 

a 

V 

Brahe  .... 

181 

:^79 

5ß0 

10 

Untere  Netze  . 

182 

3Ö3 

686 

34,(1 

11 

Ilmenaa     .  . 

193 

400 

698 

82.6 

12 

Schwanwaner . 

198 

351 

549 

36,1 

18 

Ihna  .... 

221 

876 

696 

87,1 

1* 

Drage.   .   .  . 

394' 

404 

698 

8%7 

1'» 

Kfidflow  .    .  . 

282 

355 

587 

39.G 

16 

Persaate  .    .  . 

264 

421 

686 

38,6 

17 

H.-Ka  .... 

289 

416 

698  ;  40,4 

IS 

Stolpe.   .   .  . 

284 

498 : 719 

89,9 

Gemischte  Gebiete 

19 

MittL  Oder  .  . 

176 

490 

666 

26,8 

fO 

Aller  .... 

998, 

448 

669 

33,7 

21 

Mittl.  Weser  . 

263 

4«1 

744 

.Sö,3 

28 

Mulde  (Daben). 

806. 

447 

768 

40,6 

411 

Bmteher^  .  . 

84», 

480 

788 

44.8 

Lippe  ^mm). 

888  i  a9 1 890  ;  47,8 

Gebirgagebiete. 

25 

Untere  Saale  . 

168 

445 

613 

27.5 

2»> 

Muldau   .    .  . 

177 

501 

681 

26.0 

27 

Tanber  .  .  . 

183 

517 

700 

26.1 

28 

Main  .... 

1H7 

470 

»157 

28.5 

29 

Böhmische  Elbe 

VJ2 

500 

Gy2 

27,8 

Nr. 


Flnflgebiet 


mm  j  mm 


30 
31 
82 

33 
34 

35 
M 
37 
38 

4tl 
41 
42 
43 
44 
45 
40 
47 
48 
49 
50 
51 
62 


68 
64 

66 

50 
57 
58 
59 
00 


E>?er  .  . 
Fulda  .  . 
Obere  Elbe 
Oker»).  . 
Enz»)  .  . 
Obere  We«er 
Obere  Oder")  . 
Jagat  .... 
Werra.  .  ,  . 
Weißeritz  .  . 
Kocher  .  .  . 
Doiiftii(obb.ül]ii) 
Saar  .... 
Mosel  .... 
Obere  Eder.  . 
Obere  Saale  . 
Lacbsbach  .  . 
Chemnitzbach  . 
Beczwa  (Wsetin) 
Herzberger  Teich 
Sengbach*)  .  . 
Obere  Wupper. 
Ezchbach    .  . 


214 
981 
988 

248 
947 
967 

268 
280 
289 
306 
309 
310 
381 
884 

35.; 

864 
433 
471 

482 
577 
091 


482 
529 
624 

647 
568 
492 

541 
448 
441 
535 
524 
483 
434 
430 

4^:. 

449 
481 
497 
489 
481 
382 


840,  898 
864*897 


696 
760 
762 

790 
I  815 
749 

809 
728 
730 
841 

«3;i 

793 
I  765 
;  764 
h3h 
813 
914 
968 
I  971 
11008 
1073 
.1988 
ll961 


50,8 
80,4 
81,8 

30,8 
30,8 
34,8 
33.9 
38,4 
39,6 
36,4 
37,2 
39,1 
43,2 
43.7 
42,1 
44.7 
47,5 
4>^,6 
49,7 
57.2 
64,4 
67,9 
68,8 


Alpenflnfigebiete. 

luv    ....    580!  406  1  986|68,8 

Donau  (Keicht-  I 

^'reuze;  .    .    .  |  585  415  1000  58,5 

L.  c  h   .    .    .    .     780  389  1169.  66,7 

Hier    .    .    .    .  I  885  364  12891  71.5 

Enns   .    .    .    .  !  900  550  1450,  62,1 

Inn  (  Kufstein^*)  ;  924  485  1359,68,0 

Inn  (Innsbruck)»)!  990  376  1365  72.5 

Traun.    .    .    .  [1123  606  1729  64,9 


gleichende  Betrachtung  erscheint  günstig,  daß  im  ganzen  die  Zahlen  der  über 
und  iinttT  der  liauptlinie  liegenden  Punkte  (30  und  39)  nicht  allzu  ver- 
schicilen  .sind.  Die  Untersuchung  erstrecke,  sich  daher  auf  30  Gebiet«  mit 
einem  gegen  den  Durchschnitt  mehr  oder  weniger  großen  Abflußvermögen 
und  auf  39  Gebiete,  deren  Abflußvermögen  kleiner  als  nach  dem  Durch- 
Mbnittsreriialteii  ist 

Die  GrOBe  der  Abwmchimgen  e  geht  niolit  ins  üngemeaeene,  sondere 
wird  nach  beiden  Bichtangen  dnrdi  Grenslinien  des  Ahflnises  und  der  Ver- 
dunstung eingeschlossen,  innerhalb  deren  die  Ponlcte  (jß,  y)  und  jr)  der 
beiden  Punktschwärme  an  den  Hauptlinlen  entlang  gereiht  sind.  Die  obere 
Grenzlinie  des  Abflusses  und  die  untere  Grenzlinie  der  Ver- 
dunstang  entsprechen  den  äußersten  Werten  y  und  »  der  Gebiete  mit  su 


1)  Die  Werte  y  und  x  «ind  gegen  das  laagjähzige  Idiitel  wahrscheinlich 
ni  Mein. 

•1)  Die  Zahlenangaben  entsprechen  den  im  ,«Jahrb.  t  Gewiseerkde.'*  als  wahr> 

aoheinlich  bezeichneten  Werten. 

3)  Die  Werte  y  sind  wahrscheinlich  zu  klein,  z  zu  gro6. 


Digiti/Oü  by  Cjt.)0^lc 


Die  AbflvAerscheiniingea  in  Hittel-Enropft. 


617 


groBem  A !»t"lu üvertnögon.  Die  untpre  rtrcnzlinio  dos  Abflusses  und 
die  obere  lireiizliii  ie  der  \  erdunstiuiLj  eiitsproclifu  den  üiiUorsteti  Wert«ii 
y  und  *  der  Gebiete  mit  zu  klfinoiu  A bfluß vermö j,'en.  Denkt  man  sich 
die  geradlinigen  Streciceu  der  Huupt-  und  Grenzlinien  auch  rückwärts  bis  zu 
ihren  8diiiit%»ii]ikteo  Terl&ngert,  die  weit  außerhalb  der  Abbildung  liegen,  so 
hilden  die  Linien  swm  einander  perspektivisch  xngeordnete  Strahlenbilaohel 
mit  den  Gleichungen 

u  =  i/o  4-       —  ^0)1    z  =         {i  —  A)  {X  —  x^    .    .    .  II 

Die  Ktmstanten  dieser  Gleichungen  sind  die  Koordinaten  der  Scheitel- 
punkte heider  perspektivischen  Strahlenbüschel:  —  948,  ^o"" —  1298, 
r,)=3.')0  (in  mm).  Bi  ide  Scheitelpunkte  liegen  also  in  gleichem  Abstände 
von  der  Ordinatenachse,  um  1298  -|-  350  =  1648  mm  von  einander  entfernt. 
Die  Grobe  des  i'aranieters  k  kennzeichnet  den  Grad  dos  Abtlußvermögens  aller 
Gebiete,  deren  Punkte  in  beiden  Büscheln  auf  den  einander  zugeordneten 
Strahlen  liegen.  Fflr  das  DurdhsehnittflTwitalten  ist  1*0,942,  gehen  also 
die  Gleichungen  II  in  die  Form  I  üheir.  Für  die  ftufteisten  Werte  der  Gebiete 
mit  sn  grofiem  AbfluBvermdgen  wird  l «  1,0,  mithin  ff  —  350  und 
g  SS  350  (in  mm).  Fflr  die  äußersten  Werte  der  <3ebiete  mit  in  kleinem 
Abflußvermögen  wird  X  =  0,884,  mithin  y  =  0,884 -r  —  460,  z  =  0,ll6aj 
-f-  460  (in  mm).  Die  .Vbweichungen  e  sind  =  0  für  alle  Punkte  mit  dem 
Parameter  k  =  11,942,  am  größten  dagoeen  (bei  bostimmter  Niederschlags- 
höhe .r)  für  k  =  1,0  oder  k  =  0,884.  Je  gering'»-!-  der  T'nterscbie<l  zwischen 
dem  Paramotor  des  einen  beliebigen  Punkt  (x,  // )  durchschnt  idt-nden  Strahles 
und  dem  Parameter  k  <=»  0,042  ist,  um  so  kleiner  ist  die  Abweichung  e  und 
um  80  mehr  ähnelt  das  Sondenrerhalten  des  Gebiets  dem  Durchschnitts* 
veriutlten.  Ist  der  Unterschied  positiv  (1>  0,942),  so  hat  das  Gebiet  ein 
TO  großes,  ist  er  negatiT  (1  <  0,942),  so  hat  es  mn  xu  kleines  AbflußTermdgeo. 
Den  senkrechten  Abstand  der  Scheitelponkte  heider  Btrahlenbflschel  halbiert 
eine  Symmetrieliuie  mit  der  Eigenschaft,  daß  ff  ■=  z  ist,  mithin 
beide  »  ''0^  q.  Alb-  einander  zugeordneten  Punkte  (x,y)  und  ') 
liegen  derart  symmetrisch  zu  die>er  Linie,  daß  die  in  den  Ordinaten  gemessenen 
Abstände  jener  Punkte  vcn  ilir  gleiche  Grüße  haben. 

Bei  auÜerordentlicli  gioliem  x  würde  nach  den  Glt-iiliungen  I  d;us  Ab- 
flußverhältnis nicht  gndier  als  0,942  (94,2%)  und  das  Verd unst ungs- 
verhftltnis  nicht  kleiner  als  0,058  ^ü,8%)  werden  können.  Man  muß 
jedoch  annehmen,  daß  i'^  dem  Endwerte  1,0  »  lOO  %  und  dem  £ndwerte  0 
anstrebt  Bei  der  HaupÜinie  des  Abflusses  geht  mithin  der  Tangentialwert  0,942 
allmählich  in  1,0  Aber,  d.  h.  die  Linie  nimmt  suletzt  eine  steilere  Neigung 
bis  zu  4.')^  an.  Dagegen  TerHert  die  Hauptlinie  der  Verdunstung  beim  Über- 
gange ihres  Tan  j»  titialwertes  0,068  in  0  ihre  schwache  Neigung  allmählich 
vollstilndig  und  wird  zuletzt  wagereeht.  Ebenso  muß  man  nach  den  Aus- 
lührungen im  „Jahrb.  i\  Gow!l.s.serkde."  erwarten,  daß  in  Mittel-Europa  mit  Rück- 
sicht auf  das  innerhalb  des  Jahres  ungltichmiißige  Aul'treten  der  Niederschlilge 
im  Jahresmittel  stet.s  ein  gewisser,  wenn  auch  bei  abnehmender  mittlerer 
Xiederschiagshühe  schließlich  sehr  kleiner  Bruchteil  abfließt,  mithin  erst  für 
0«oemvUMlM  MtmOixiA.  II.  JahrgM«.  19M.  11.  H«lk.  4S 


Digitizoü  by  C3t.)0^lc 


618 


H.  Etiler: 


x  =  0  das  AbflußverhUltnis  »^=0  und  f,  =  1,0  wird.  Die  Anfaogsstrecke 
der  Hauptlinic  des  Abflusses  in  Abbildung  1  bildit  also  bei  x  =  0,  y  =  0 
eine  Tangente  (0  ^  ig  0^)  /.ur  Abs/issenachse  und  geht  bei  x  =  560  mm 
tangential  in  die  durch  Gleichung  I  bezeichnete  gerade  (x,y)- Linie  über. 
Dagegen  bildet  die  Anfangstreeke  der  Hanpiliiiie  der  Verdniistung  bei  «  0^ 
f  »  0  emen  Winkel  tob  45*  (1,0  —  tg  46*)  mit  der  AbeiissenMliee  und 
geht  bei  «  »  560  mm  tangential  in  die  dnrcli  Gleiohimg  I  beieiehneie  gerade 
(a;,/)- Linie  über.  Für  die  Grenzlinien  der  Seite  des  groCien  Abflnftrennögenfl 
findet  der  Übergang  in  die  geraden  Linien  früher  statt  (bei  x  ==  500  mm), 
dagegen  für  die  Grenilinien  der  8eite  des  kleinen  Abfludvermögens  spftter 
(bei  X  =  ()2')  mm). 

Die  bildlic-bt'  Darstellung  des  Abfluß-  und  Verdt^nstungsverhällni^s<'>  zeigt 
an  diesen  1' bergangstelleu  eine  Wendung  der  Krümmungen.  Den  geradlinigen 
Strecken  der  Haupt-  und  Grenzlinien  entsprechen  in  dieser  Darstellung  der 
Werte  und  t*,  Byperbeln,  die  f&r  anfangs  rascher,  spftter  langsamer  an- 
tteigeUf  Ar  anfkngs  rascber,  spftter  langsamer  ab&llen.  Die  einander  m- 
geordneten  Hyperbeln  der  Werte      imd     sehneiden  sieh  auf  der  Mittellinie 

v,-^  50%  hei  X  ^  700,  916  und  1198  mm,  wo  in  Abbildong  1  die 
Symmetrielinie  durch  die  Schnittpunkte  der  einander  sngeordneten  Haupt- 
und  Grenzlinien  des  Abflusses  und  der  Verdunstung  geht. 

Aus  den  vorstehenden  Darlegungen  ergibt  si<'b.  daß  man  das  für  alle 
Einzelgebiete  Mittel-Europas  gültige  AbfluÜgesetz,  d.  h.  die  Beziehung 
zwischen  der  Zuiialime  des  Niederschlags  und  der  Mehrung  des  Abflusses, 
nicht  durch  einen  einfachen  Linieuzug  bildlich  wiedergeben  kann.  Viel- 
mehr bedarf  man  bierftü:  einer  Linienschar,  deren  steiles  Ansteigen  darauf 
hinweist,  daß  die  AbflnfthOhe  stets  in  eriieblidiem  Ma0e  von  der  Niedersdilagt- 
hOhe  abhftngt  und  mit  wachsender  Niederschlagshohe  betrSchtlich  sunimmt 
Soweit  die  Emittlangen  über  die  AbfluB-  und  NiedersohlagshOhen  der  in 
Tabelle  1  genannten  Strumgebiete  als  richtig  gelten  kOnnen,  was  sicherlich 
annähernd  zutrifft,  ist  die  Lage  der  Hauptlinie  des  Abflusses  genau  bestimmt, 
Von  etwa  x  =  560  nmi  ab  verlauft  sie  geradlinig  und  weicht  nach  oben  hin 
vermutlich  erst  boi  sehr  großen,  in  Mittel-Europa  nicht  vorkommenden  Nieder- 
schlagsliühen  aus  der  durch  di<>  Punkte  der  IIau{)tgruppen  festgelegti'ii  Rich- 
tung ab.  Nach  dem  Anfangspunkte  d<-s  Knordiiiatenuetzes  geht  sie  mit  einer 
Krümmung  über,  deren  Form  nicht  bestimmt  werden  kann  und  gleichgültig 
ist,  weil  Flu^biete  mit  weniger  ab  etwa  400  mm  mittlerer  Niederschlags- 
hOhe  in  Mittel-Europa  schwerlich  Toriianden  sind. 

NftherangsweiBe  darf  man  daher  die  dem  Durchschnittsverhalten 
der  fliefienden  Gewässer  Hittel-Buropas  entsprechende  Hauptlinie 
des  Abflusses  als  gerade  Linie  ansehen,  deren  Steigung  durch  die  Ab- 
hängigkeit der  Abflußhöhe  von  der  Niederschlagshöhe  der  Fluß- 
gebiete bedingt  wird.  Sie  bildet  den  mittleren  Strahl  eines  Strahlenbüschels, 
dessen  (Jrejr/strablen  den  Punklijchwarm  (x.  i/)  einhüllen.  Vom  Parameter 
d«fr  Haupt  linie  des  Abflusses  unterschi-idet  sich  der  Parameter  eines  beliebigen 
anderen  Strahles  um  so  mehr,  je  mehr  sich  des  Sonderverhalten  der  Gebiete, 
deren  Punkte  {xjy)  auf  diesem  Strahle  liegen,  vom  DurchschnittsreihalteB 


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Die  AbflaBtrteb«iiiang6B  in  Mittel-Europa. 


619 


tmterscheidet.  UaSgebend  fär  die  Größe  des  Fmineters,  also  auch  f&r  die 
Abweichungen  von  der  Hauptlinie  des  Abflusses,  sind  diejenigen  Verändere 
liehen,  die  unabhllngip  von  der  mittleren  Niederscblagshöhe  auf  das  Maß  der 
AbfluBhöhe  einwirken,  nämlich  die  klimatische  Eigenart  und  besondere 
Beschaffenheit  der  Flußgebiete. 

9.  Vevi^eldti  mit  den  bttherlgen  AbAuBfbnnflln. 

Bei  den  Siteren  Untersuchungen  (Belgrands)  über  die  Abflußverhältnisse 
wurde  vorzugsweise  die  Einwirkung  der  Sondereigenschaften  der  Flußgebiete 
beachtet,  bei  den  neueren  dagegen  hauptsächlich  die  Abhängigkeit  des  Ab- 
iiuwes  TOii  der  NJedfluclilagshöhe.  ,Jn  Mittel-Snrupa sagt  Penck  ia  ämn. 
m.  ISingang  erwihnten  Anftatie,  nfi^ht  dieae  Abhingigkeit  Tom  Niedendilage 
so  wmtt  daB  in  ▼erachiedeaen  Floflgebietein  der  Abflnfi  in  gldciier  Beaehiing 
mm  Begen&Ile  steht.  Etwas  Uber  sieben  Zehntel  des  ttbsr  «in  gewisses  Mafi 
(4S0  mm)  hinaus  fallenden  Niederschlags  fließt  ab.  Sinkt  letzterer  unter 
jenes  Maß,  so  tritt  Abflußlosigkeit  ein.  Es  ist  bemerkenswert,  daß  sich 
Gleiches  aus  der  von  Newell  mitgeteilten  graphischen  Darstellung  für  den 
Niederschlag  und  Abfluß  nordanierikanischer  Flüsse^)  entnehmen  läßt.  Hier 
ist  das  Miudestnmü  des  .Niederschlages  für  den  Abfluß  H20  mm;  vom  Über- 
schusse fließen  acht  Zehntel  ab.'V)  Es  ergeben  sich  also  beiderseits  des  atlan- 
tischen Ozeans  recht  ähnliche  numerische  Beziehungen  zwischen  Niederschlag 
und  Abflnfi,  die  Ittr  Tersduedene  geographisdie  Breiten,  fBr  oseanisohe  und 
kontinentale  Gebiete,  für  durohlSssige  und  vndurcUässige,  tBac  beraste  und 
bewaldete  Linder  gelten."  Eine  solche  Allgemeingflltigkeit  hatte  Penek  nr- 
sprflnglioh  ftr  die  Abflnfifoimel  y  »  —  420)  0,73  (in  mm)  nicht  in  An- 
qimch  genommen,  sondern  nur  gemeint,  daß  sie  „die  Berechnung  der  niitt* 
leren  Abflußverhältnisse  größerer  Gerinne  im  südöstlichen  Mittel-Europa  mit 
einem  verhältnismäßig  groticn  (Jrade  \<m  Genauipkfit"  pestatte.^)  Ihre  Ab- 
leitung beniht  auf  einigen  Ermittlungen  über  die  l>r)hmis<  hen  Flußgebiete, 
das  Marchgebiet  und  die  Gebiete  der  Alpenflüsse  Traun  und  Enns. 

Die  sich  auf  letztere  Flüsse  beziehenden  Untersuchungen  wurden  auch 
▼on  W.  üle*)  sur  AnftteUnng  einer  Abflnfifonnel  benutrt^  aoBerdem  seine 
eigenen  Ennittlungen  über  das  Saalegebiet,  sowie  andere  Ober  die  Gebiet« 
der  bOhmiseben  Elbe  and  des  ICsias.  Dafi  bei  einer  gewissen  Begenhöhe 
Abflußlosigkeit  herrsdiin  mtlfite,  bestritt  er  und  kam  zur  Anschauung:  „der 
Abfluß  nimmt  nicht  einfach  proportional  zu  dem  Niederschlage  sn,  sondern 
in  einem  Verhältnisse,  das  mit  der  Steigerung  des  Niederschlages  wächst.'' 
Die  Gleichung  einer  kubischen  Parabel  soll  für  den  gebirgigen  Teil  Mittel- 


1)  U.  Ann.  Bep.  ü.  S.  Geol  Surrejr.  S.  161. 

9)  Die  Gleiehmig  ftlr  die  smerikanieehen  FMese  wfltde  hiernach  lauten: 

y  =  {x  —  320)  0,8  oder  y  B  0,8x  —  256  (in  mm).  Sie  stimmt  fast  genau  flbecein 
mit  unserer  Oleichnng  der  Hauptlinie  des  Abflusses  fOx  das  nördliche  Mittel*Baiopa, 
y  —  0,79  X  —  312  (in  mm). 

8)  Yerbandesehriften  d.  dentseh-öslerr.-ungar.  Binnensehühbrls-Tevbaadee, 
BerHn  1897. 

4}  Niaderschlag  und  Abfluß  in  Mittel-Europa,  Stut«^  im. 

i2* 


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620  H.  Keller:  .  \ 

ISnropas  den  „Abfluß  als  eine  eindeutige  Funktion  dM  Niederschlages'*  dar- 
•tellen.  Eine  zweite  Formel  ähnlicher  Art,  die  größere  A hflußhdbai  liefert^ 
soll  für  das  Flachland  gelten;  jedoch  sind  unter  den  Flußgebieten,  von  denen 
sie  abgeleiieN  ist  (>r«>ineL  Mulde,  Umeuau,  Aller,  Weser,  Ems),  um*  iwei 
eigentliche  Flatlil;iniist:»"l'i<'tc. 

Gegen  beide  Formeln  erliub  P.  Schreiber wesentliche  Bedenken  und 
betoute,  daß  sich  die  Beziehungen  zwischen  Niederschlag,  Abfluß  und  Ver- 
dunstung (von  ihm  Kfleicstand  genannt)  nicht  in  allen  Fhifigebieten  dnreh 
eine  Oleichnng  ausdrtlcken  liefien,  die  mit  einem  ein&chen  Linienzng  im  Ko- 
ordinatennets bildlich  danastellen  wire.  Um  die  SonderbeschaffeiJieit  Ter- 
adiiedenartiger  Qebiete  berlloktichtigen  su  können,  empfthl  er  ein  GleichnngS' 

S3'stem,  dessen  bildliche  Darstellung  ««ine  Linienscbar  liefert:  f/  =  x  •  \0  ' 

oder  logy  »  log«  —  ^.    Die  Konstante  a  muß  ihren  Wert  für  Gebiets- 

gruppen  von  verschiedenartiger  Beschaffenheit  ändern  und  hat  „wahrschein- 
lich ftir  die  Quellgebiet«  und  im  Flachland  Werte,  die  zwischen  200  und 
350  mm  schwanken.  In  den  Mittelläufen  dürften  dieselben  zwischen  3öO  und 
500  mm  liegen."  Eint-  Linie,  bei  der  in  jener  Kxpnnentialgleicbung  a  = 
200  mm  gesetzt  ist,  würde  <l»Miinacii  imserer  oberen  (irenzlinie.  bei  a  = 
600  mm  der  unteren  (irenzliuie,  bei  a  =  3öO  mm  annähernd  der  Uauptlmie 
des  Abflusses  entsprechen  mflasen. 

Li  Abbildung  1  sind  die  ans  den  AbfluBformehi  von  Fenck,  üle  (fibr 
das  gebirgige  Mittel-Europa)  und  Schreiber  (a  —  350  mm)  hervorgehenden 
Linien  eingetragen.  Pencks  Linie  bleibt  bis  s  994  nun  auf  der  Seifes 
des  kleinen  Abfluß  Vermögens  und  tritt  dann  ganz  aus  dem  Punktschwanne 
heraus.  Ules  Linie  läuft  schrSg  durch  den  unteren  Teil  des  Punktschwannes, 
verläßt  ihn  bei  x  =  820  mm  und  bleibt  bis  x  =  1660  mm  außerhalb;  zuletzt 
steigt  sie  so  steil  an.  dnli  für  sehr  niederscbla£:sreiebe  Gebiete  ( .r  >  2450  mm) 
die  Abflußbülie  y  großer  als  die  Niederschlagshülu'  .r  wäre,  \va.s  niclit  mög- 
lich ist.  Schreibers  Linie  hält  sieb  zwar  vollständig  im  Punktschwanne, 
von  X  1000  mm  al)  jedoch  so  nahe  au  seiner  unteren  Grenzlinie,  daß 
auch  sie  für  niederschlagsreiche  Gebiete  viel  tu  kleine  Werte  der  AbioA- 
hOhen  liefert  Unter  ffin weis  auf  die  nShere  Mitteilung  im  „  J ahrb.  f.  Gewissezkde." 
sei  hior  kurz  hervorgehoben,  daß  die  an  geringe  Stogung  der  Penckachen 
Linie  wohl  großenteihi  veranlaßt  ist  durch  die  üi^enauigkeit  der  ttterea 
Abflußmessungen  in  der  Traun  und  Enns,  die  von  J.  MüUner')  bei  sein« 
Untersuchung  über  die  Abflußvexh&ltTiisse  dieser  Flußgebiete  benutst  wurden, 
da  ihm  die  Ergebni.sse  der  inzwischen  bewirkten  genauen  Messungen  noch 
niebt  zu  (Jebot  standen.  Die  Abtluüformel  // =  ( —  120)0,7;!  ergibt  daher 
für  das  Gebiet  des  Hauptstromes  des  südöstlicbeu  Mittel- Europa,  fttr  welche 
Laiidliäche  sie  gelten  soll,  eine  viel  zu  kleine  Abflußhöhe.  Auch  die  beiden 
anderen  Abflußformeln  ergehen  für  das  Donaugebiet  bis  Wien  zu  kleine  Ab» 
flußhdhen,  wie  folgende  Zusammenstellung  zeigt: 

1)  Meteorol  Z.  1904. 

2)  Die  Seen  des  Salzkammexguts  und  die  Traun,  Wien  1896. 


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Die  Abflafterscheinungen  iu  Mittel-Europft.  621 


Donftiigvbiet  bis  Wim,  KiedenohlagshOhe 

(1898/1902)  X 

mm  1035  mm. 

Abfla£h(rtM  naeh 

nach 

nach 

nach 

den  Ifeerangen 

l'encks  Formel 

UlcB  Formel 

Schreibern  Formel 

y  (mm)  =  545 

4oU 

395 

477 

Fehler  ( in  mm )  =  0 

95 

150 

68 

Fehler  (iu  7o)  =  0 

17,4 

27,5 

12,5 

Gegen  die  F.rmittlung 

der  Abflußhöh.' 

a  II  f  '  i  rund  der 

sorgfiiltigen  Ab- 

flußmessunL'^'n  cl<'s  (istorreichischm  h ydrograpiiischrn  Zentralbureaus  würde 
nur  ein/.uwcudeu  sein,  daß  die  kur/.e  lunhe  violleicht  vom  lanj^jährigen  Durch- 
schnitt erheblich  verschieden  sein  könnte;  ein  Vergleich  der  WasserMtandsbeobach- 
tungeu  mit  dem  langjährigen  Mittel  läßt  jedoch  keine  große  Verschiedenheit 
erwartm.  Weniger  sicher  ist  die  Ermittlung  der  Niederschlagshdhe,  da  in 
dem  zum  Hochgebirge  gehörigen  Teile  des  Zufloßgebiets  die  genaue  Messung 
der  Mengen  des  kondensierten  Wasserdampfes  besonderen  Sdiwierigkeiten 
begegnet  (ver|^  ^ahrb.  t  OeiN^sserkde.'*).  Die  hierbei  unTermeidlichen  Fehler 
steckt  n  aber  am  Ii  iti  «bn  für  jene  Abflußformeln  benutzten  Ermittlungen  über 
die  Niederschlagshöhen  des  Traun-  und  P^nusgebiets.  Auch  sind  die  zur  Ab- 
leitung der  bisherigen  Abflußformeln  benutzten  Beobachtungsreibrn  teilweise 
nicht  länger  als  diejfiiige  tÜr  das  Pouaugcbici  bis  Wien;  in  Betracht  kommen 
unter  einander  verschiedene  Reihen  von  ')  bis  10,  lä  und  20  Jahren. 

Mögen  auch  vielleicht  die  in  obiger  Zusammenstellung  nach  den  Mes- 
sungen für  das  Donaugebiet  Ins  Wien  mitgeteilten  Werte  von  x  und  y  mit 
dem  langjährigen  Mittel,  das  unbekannt  ist,  nicht  genau  flbereinsttmmen,  so 
kSnnen  die  hierbei  möglichen  Fehler  doch  nicht  annähernd  so  groß  smn  wie 
diejenigen  d«r  Berechnung  nach  jenen  Abflußformeln.  Diese  Berechnungs* 
fehler  sind  bedeutend  größer  als  die  Abweichung  von  unserer  Ilauptlinie  des 
Abflusses,  die  nur  26  mm  (4,8  °  betrilgt.  Dasselbe  ergibt  sich,  wenn  man 
das  Rheingebiet  bis  Köln  zum  Vergleich  verwendet,  dessen  Abweichung  vom 
Durchschnittsverhalteu  nur  11*  mm  (rund  4*^^)  groß  ist,  wogegen  die  Be- 
rechnungsfehlor  von  96  bis  158  mm  (über  20  bis  nahezu  34 ''/q)  schwanken: 

Rheingebiet  bis  Köln,  Niederscblagsbdhe  (1876/96)  «»911  nun. 


AbHußhöhe  nach  nach  nach  nach 

den  Messungen  Pencks  Formel  Ules  Formel  Sckreiliern  Formel 

y  \^imu)  =  472  350  314  376 

Feiiler(inmm)— >  0  114  158  96 

Fehler  (in  %)  =  0  24,2  88,6  20,4 


Wir  sind  weit  davcm  entfernt,  den  zur  Ableitung  des  Abflußgesetzes  für 
das  Durchschnittsverhaiten  benutzten  Ermittlungen,  deren  Ergebnisse  in  Ta- 
belle 1  zusammengestellt  sind,  volle  Genauigkeit  beizumessen.  Wenn  nach 
längeren  Jahren  sahlrsiche  Tieljührige  Reihen  Ton  Niederschlagsbeobaohtungen 
die  HersteUung  einer  snverlSssigen  Begoikarte  fBr  ganz  Mittel-Europa  gestatten, 
wenn  femor  an  Hand  der  gleichseitigen  Wasserstandsbeobaehtnngen  und  stnrg» 
fältigen  Abflnßmessungen  die  Äbflnßhöhen  sicher  bestinunt  werden  kOnaen, 
die  den  nach  dieser  Regenkarte  ermittelten  NiederscblagshShen  entsprechen, 
80  mOgen  sich  betrftchtliche  Unterschiede  ergeben  gegen  die  in  der  Tabelle  1 


622 


H.  Kftller: 


mitgeteilteil  Zahlen.  Sicherlich  werden  aber  diese  Unterschiede  nicht  solche 
Gvdßa  annehmen,  dafi  die  Abweichungen  völlig  verschwinden  und  alle  Punkte 
in  einen  einzigen  Linionzug  fallen.  Da  die  Abflußhöhen  zuverlässiger  als  die 
Niederschlagsböhen  ermittelt  sind,  mfißte  dann  beispielsweise  der  mittlere 
Jahresniederschlag  im  Memelgebiet  statt  579  etwa  640,  im  Weichselgebiet 
statt  620  etwa  600  mm  betragen,  im  Memelgebiet  also  erheblich  größer  aU 
im  Weichselgebiet  sein,  was  zweifellos  nicht  der  Wirklichkeit  entspridit 

Ebensoweuig  ist  wahrsoheinlioh,  dafi  nach  langjährigen  Beobachtungea 
der  Jahretniederschlag  des  Donangebiets  bis  Wien  von  1086  auf  etwa  1170, 
dee  Bbeingebiets  bis  Köln  von  911  aof  etwa  1140  mm  steigen  wftrde.  Dien 
mflßie  aber  geschehen,  wenn  für  das  Donaugebiet  die  Pencksche,  fllr  das 
Bheingebiet  die  IJlesche  Abflußformel  richtig  wftre.  Für  da^  einen  sehr 
großen  Teil  des  gebirgigen  Mittel-P'uropa  umfassende  Rheingebiet  bis  Köln  gilt 
die  letztgenannte  Abflußformei  bestimmt  nicht,  wie  auch  die  erstgenannte 
Formel  nicht  für  das  Donaugebiet  bis  Wien  gilt.  Man  kann  Schreiber 
nur  darin  beipflichten,  daß  es  vergebliche  Mühe  ist,  die  verwickelten  Be- 
ziehungen zwischen  Niederschlag  und  Abfluß  in  einfachen  Formeln  ausdrücken 
Btt  wollen,  mudi  denen  einem  beliebigen  Werte  der  NiedendbilagshOhe  ein 
einsiger  Wert  der  AbflnflhOhe  entspricht  Aber  das  Ton  ihm  TOfgeeehlagene 
GleidMingssystem  liefert  ebenfisUs  onxiditige  Ergebnisse,  weil  es  keine  Linie 
m  sieben  gestattet,  die  als  MitleUinie  des  Ponktsdiwarmes  der  mittd-europft- 
isehen  Stromgebiete  gelten  könnte. 

Der  wohl  zuerst  von  A.  Wojeikof^)  ausgesprochene  Sats,  daß  die 
Ströme  das  Mittel  aus  den  klimatischen  Einwirkungen  ihrer 
Stromgebiete  wiedergeben,  steht  durchaus  im  Kinklan^'-  mit  unserer  .Auf- 
fassung, wonacli  liiis  Abflußgesetz  für  eiue  Iju .stimmte  Klimaprovinz 
(für  Mittel-Europa^  beim  Durcbschnittsverhalteu  vorgeschrieben  wird  von 
den  Jahresmittelwerten  x  und  y  der  Hauptgruppen,  in  denen  aUe 
Stromgebiete  Tertreten  sind.  Die  fisineren,  durch  Lage  nnd  Beschaffenheit 
der  Einzelteile  der  ElimaproTins  Terursacbten  Uimatisehen  und  sonstigen  Ver* 
sdiiedenheiten  kommen  dann  im  Sraderreihalten  der  Einaelgebieta,  mithin 
in  den  Abweichungen  vom  DurchschnittSTerhalten,  zum  Ausdruck.  Ein  Biesen- 
strom  wie  der  Mississippi  oder  der  Amazonas  bildet  ohne  weiteres  das  Mittd 
der  klimatischen  Einwirkungen  seines  Gebiets.  Bei  den  bescheidenen  Größen« 
Verhältnissen  der  mittel-europllischen  Ströme  muß  man  aber  das  Mittel  durch 
die  Summe  der  ihren  (lebieteu  entsprechenden  Niederschlags-  und  .\bfluß- 
ma.ssen  gewinnen.  Diese  Betrachtung  aller  Stromgebiete  im  ganzen 
liefert  die  Grundlage  fflr  das  beim  Durcbschnittsverhalteu  gül- 
tige Abflußgesetz,  das  fOr  die  dnsslnen  T«Ie  der  Stromgelnete  eboiso 
satreffim  muA,  wie  es  tOac  ihre  Gesamtheit  gilt  Schreitet  man  nun  Tom 
Allgemeinen  aof  das  Besondere,  Tom  Qanaen  auf  das  Einzelne  rflekwlris,  so 
bleibt  man  von  groben  Versehen  bewahrt  Diese  sind  jedoch  unTermsidlich, 
wenn  der  umgekehrte  Weg  eingeschlagen  wird,  wenn  man  aus  der  wiUkltr- 
lichen  Gnippiening  weniger  Einzelgebiete,  für  die  zufiUlig  Ermittlungen  Ober 


1)  Die  KUmate  der  Erde,  Jena  1887. 


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Die  Abflaßettcheinungen  in  Mittel-Europa. 


623 


die  Besiehnngm  swiadMii  Niederschlag  und  AbflfiB  TezfOgbar  wicen,  SeUflsie 
mkt  auf  das  AllgemeiBe,  ohne  sich  zu  ▼«igewineni,  ob  fBr  das  Game  gilti 

was  für  einige  Teile  zu  gelten  scheint. 

Welche  Bedeutung  den  Abweichungen  e  cregenüber  den  beim  Durch- 
schnittsverhalten  gültigen  Werten  t/  und  z  zukommt,  geht  aus  Abbildung  1 
hervor.  Um  es  kurz  in  Zahlen  zu  fassen,  stellen  wir  für  dio  drei  Haupt- 
gruppen die  zusammengehörigen  Werte  x,  i/,  z  in  Vergleich  mit  den  größten 
Abweichungen  CmAXi  die  bei  den  entsprechenden  Niederschlagsh^en  %  ein- 
treten kannten.  Die  Pnnkte  der  drei  Hanptgruppen  liegen  auf  den  Hanptf- 
Hnien,  so  daß  tma.  angibt,  wie  groß  ihr  in  der  Ordinate  gemessener  Abstend 
▼on  der  oberen  und  nnteran  Qrenslinie  ist  (Zahlen  in  nun). 

Unter- 
schied 

14 

6 


ünter- 

y 

Unter- 

Unter- 

■ehied 

schied 

t 

schied 

Alpenstronigmppp  962 

348 
104 

502 

284 
98 

460 

14 

6 

± 

110 

Gesamtes  Mittel-Europa  7 1  4 

268 

446 

± 

96 

Nördliches  Mittel-izlurupa  610 

170 

440 

± 

90 

862 

332 

20 

20 


Man  sieht,  daÜ  die  durch  das  Auseinanderstrahlen  der  Grenzlinien  ver- 
ursachten Unterschiede  von  <  ebenso  groß  sind  wie  die  üntefsdiiede  von  » 
beim  DurdisohnitteTerhaiton,  diese  aber  anßerordentlidi  viel  kleiner  als  die 
Unterschiede  Ton  y,  die  &st  gleidie  GrSße  wie  die  Unterschiede  TOn  %  be- 
ritsen.  Wenn  die  Znnahme  der  KiederschlagshPhe  962  —  610  —  852  mm 
betrSgfc,  vergrößert  sich  beim  Dnrdischnittsverhalten  die  Abflußhöhe  um  332, 
dagegen  die  Verdunstungshöhe  mir  om  20  mm.  Die  vom  Sonderverhalten 
der  Gebiete  bedingten  Abweichungen  können  jedoch  bei  dieser  Zunahme  von  x 
fUr  die  Wert«  //  und  ;:  Ausschlüge  von  90  mm  nach  unten  und  110  mm 
nach  oben  oder  umgekehrt,  jedenfalls  im  Betrage  von  200  mm  verursachen. 
Die  Zunahme  der  Niederschlagshühe  wirkt  dann  immer  noch  mindestens  im 
Verhältnis  332  :  200,  also  rund  l%mal  kräftiger  als  die  sonstigen  Be- 
dingungen auf  das  Maß  der  AbflnßhiAie  ein.  Dagegen  ttben  diese,  das 
Sondenrsrbalten  eines  Gebiets  regelnden  Bedingungen  anf  das  Maß  der  Ver- 
dnnstungshffhe  eine  weit  grfißeie  Sinwiflning  ans  als  die  Znnahme  der  Nieder- 
schlagshöhe, lußersten  Falls  im  Verhültnis  200  :  20  »  10  :  1. 

Wie  sieh  hieraus  ergibt,  hängt  beim  Durchschnitts  verhalten  die  Mehrung 
des  Abflusses  vom  Wachsen  des  Niederschlags  in  so  hohem  Maße  ab,  daß 
die  größtt'ti  Abweichungen  ein»^  Zunahme  des  Abflusses  mit  wachsender  Nieder- 
schlaLfshuhe  nicht  unterdrücken  kr)ni»en.  Dagegen  erfolgt  beim  Durchschnitts- 
verhalten die  Mehrun<j  der  Verdunstung  mit  Zunahm»"  des  Niederschlags 
in  so  geringem  Maße,  dali  die  Größe  der  Verdunstungshohe  vorwiegend  durch 
die  Abweichungen  geregelt  wird.  Das  vom  Durchsehnitteveshalten  abweichende 
SonderTerhalten  eines  Flußgebiets  wird  demnach  hauptsftchlioh  be- 
stimmt Ton  der  Einwirkung,  die  seine  klimatische  Eigenart  und 
seine  besondere  Beschaffenheit  auf  das  Maß  der  Verdunstung 
ansflben. 

Bei  Gebieten  mit  sehr  großem  Abflußvennögen  ist  im  Grenzfalle  die 
Yerdunstungshöhe  konstant,  t »  350  nun.    Dann  richtet  sich  die  Mehrung 


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624 


H.  Keller: 


des  AbfloMes  anasdiliefiUeli  'nach  dar  Ziisahm«  des  Niedersoliltgs.  Hiemof 
ist  bereits  biagewiesen  worden  tob  0.  Intse'}.   Er  bielt  diese  Wafameb- 

mung,  die  bei  seinen  Ermittlung'n  über  die  Bedebangen  zwischen  AbfloA 
and  Niederschlag  kleiner  Gebis^^sutbiete  gemacht  wurde,  für  eine  Eigentfim' 
lichkpit  der  < i ebirgsgegenden  und  dos  fiügellandes.  (lorade  im  G«*birt:*ilande 
gilt  aber  dii«  Gleirlning  :  =  .'?.')()  mm  dun'baus  iiirlit.  wtnn  man  (ifbiet.«- 
fliicben  von  gröüprer  Ausdrhnuiig  untcr^nclit ,  die  nif  i^ttnis  vi'rlu--f  n-icb  sind. 
Wohl  aber  gilt  sie  für  besonders  verlustarme  Gebie  te   auch  im  Flaclilaude. 

MaBgebend  für  die  Gültigkeit  ist,  ob  das  in  der  Gebietsfläche  nieder- 
geschlagene Wasser  mOglidist  gut  gegen  starke  Verdonstung  gesoblltxt 
wird,  mag  der  Sdiuts  stattfinden  dnrcb  beschlennigten  Abflnfi  aus  einem 
klonen  Gebiet  mit  bedentendem  OefUIe,  oder  mag  die  Versackerang  in  den 
durchlSsngen  Boden  mit  großer  Anfioabmef&higkeit  guten  Schatz  bieten.  Ein 
Vertreter  der  ilteren  Anscbanung  über  den  Zusammenhang  der  Ab- 
flußerscheiniingen  hat  dies  kürzlich  in  folgende  Worte  gefaßt:  ,.ponr 
un  memo  climat,  les  grards  coefficients  d'ecoub'ment  annuel  ai»jiartionDent 
aux  bas>ins  u  fort  niisspllement  ou  a  rapid»'  permeabilitf',  l<  s  faibb's  aus 
bassins  ä  fort  ruissellemcnt  ou  ii  ptTineabilitt'  lentc")."  Dies«^in  Satze  kaun 
man  aber  nur  dann  zustimmen,  wenn  die  mit  einander  verglichenen  verlust- 
reicben  nnd  Terlostarmeii  Gebiete  anidttiemd  gleich  groAe  Niederscblags- 
bOben  besitzen.  Dann  wird  die  GrOße  ihres  AbflußTexbiltnisses  ledigUcb 
davon  bedingt,  in  welchem  Sinne  nnd  Maße  ihr  Sondenrecbalten  vom  Dvreb' 
sebnittsreibalten  abweicht  Ein  Terlnstarmes  Gebiet  mit  gatem  Schnts  gegen 
Verdun'itun):  zeigt  dann  ein  großes  Abflaßverbältnis,  pin  verlustarmes  Gebiet 
mit  schlechtem  Schutz  gt^gen  Verdunstung  ein  kleines  Abflußverbilltuis- 

Wenn  jfdoch  die  N  irderschlagshöhen  erheblich  versi-liifdoue  (irüße 
haben,  so  können  Gcläctc  mit  sehr  gutem  Schutze  p^et^n  Verdunstung  ein  ebenso 
großes  Abflußverhältuis  b('^it/.•■'n  wie  sehr  verlustrrii  hc  (Jebiote,  dif  entsjirechond 
niederschlagsrticher  sind.  Auch  zur  Veranschauliclmng  dieser  Beziehungen 
kann  Abbildung  1  dienen.  Wie  dort  die  Sjmmetrielinie  y  =  \/^x  den  Punkt- 
schwärm  (x,  y)  derart  schneidet,  daß  alle  Punkte  mit  mehr  als  50%  Abflaß- 
verhSltnis  Aber  ihr  nnd  mit  kleinerem  AbflußTCiiiftltnis  unter  ihr  liegen,  so  bildet 
jede  andere  durch  den  Anfiingsponkt  des  Koordinatennetzes  gehmde  Linie 
eine  Pnnktreihe  Ittr  alle  Gebiete  mit  gleich  großem  AbAoßTeib&ltDis 
=  y :  X  «=  1  :  w,  wenn  die  Gleichung  der  Tiinie  y  —  ^'.x  lautet.  Beispiels- 
weise entsprechen  der  Lini"  •/  =  VjX  (nach  der  alten  Handwerksregel)  folgende 
Ni  «lerschlagshöhen  an  ihren  Schnittpunkten  mit  den  Grenzlinien  und  d^r 
Hauptlini*^  dos  Abflusses:  für  Gebiete  mit  bestem  Schutze  gegen  Verdunstung 
sv-  =  51?.'),  beim  Durcbschnittsverhalten  x  =  fin4,  für  Gebiete  mit  sehr  starker 
Verdunstung  jr  =  836  mm.  Nach  Tabelle  2  hat  das  durchlässige  Flachlauds- 
gebiet  der  unteren  Netze  die  NiederschlagshJ^  g^SBS,  das  ans  durch- 
lässigem Flachland  und  meist  nndurohlissigem  Gebirgsland  gemischte  AUer> 
gebiet «  —  669,  das  vorwiegend  undurchlKssige  Gebix|^gebiet  der  oboren  Oder 

1)  Talspenanlegen  in  Eheinland  usw.,  Beriin  1904. 

9)  B.  Imbeauz  Enei^progiamme  d*Hydiologie.  Z.  f.  GewSsserkde.  IL  8.9T4. 


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Die  Abflußerscheinungen  in  Mittel-Europa. 


625 


g  —  809  mm.  Diese  drei  Gebiete,  deren  Punkte  nahe  an  jenen  Bchnitt- 
pnnkten  liegen,  besitzen  annähernd  gleich  grofie  Zablen  des  AbfluBverhSltnisBes 
zwischen  33  und  34  7o»  obgleich  ihre  Verdnnstangsbedingnngen  gans  T«r- 

schieden  sind. 

Die  ältere  Anschanunp  über  den  Zusaninienlmni?  der  Ahflußerscheinunfjen 
hat  die  Abbiini;igkeit  der  Oröße  des  Abflußvfrli;iltnis.se'<  von  der  Niedersclilne«;. 
höbe  iinbeacbtt't  gola.ssen.  Die  neuere  Aus<hanutig  neigt  dazu,  die  Soiuier- 
besohaüi  nbeit  der  Flußgebiete  durch  einseitige  Jietonung  jener  Abhängigkeit 
nicht  genügend  za  würdigen.  Die  ftltere  und  neuere  Anschauung 
stehen  aber  nicht  mit  einander  in  Widersprach,  wenn  man  die 
neuere  gelten  Isflt  fftr  die  Dnrchschnittsregel,  die  lUere  ffir  die 
Abweichungen  Ton  der  RegeL  Dnrchachnittlich  wichst  die  Abflufihdhe 
rasch,  die  VerdnnstongshOhe  langsam  mit  der  wachsenden  NiederseUagihöhe. 
Ein  verlustreiches  Hebiet  hat  jedoch  eine  das  Durchschnittsroaß  übersteigende 
Verdunstungshöhe,  also  eine  kleinere  Abflußhöhe  und  ein  kleineres  Abtluß- 
verhilltnis,  als  dem  Durchschnitt  entspricht.  Kin  verlustarnies  Gebiet  bat 
dageijen  eine  zu  geringe  Verdunstungsh('»he,  also  »ine  zu  groiie  Al)tiußli<ilie 
und  ein  zu  großes  Abflußverbültnis.  Nicht  nur  die  nrittlere  Nieder- 
schlagsiiöhe,  sondern  auch  die  £igenart  eines  Flußgebiets  ent- 
scheiden über  die  GrdBe  seines  Abflii6?erhlltiiisses. 

Am  84dilusse  dieses  Teiles  unserer  Betraditung  sei  noch  hervorgehoben, 
daß  das  durch  die  Oleichungen  I  ausgedruckte  Abfluflgesets  etwas  anders 
lautet,  wenn  man  einen  anderen  Durchschnitt  bilde!  üntersndit  man  s.  B. 
die  Stromgebiete  des  nördlichen  Mittel-Europa  für  sich  allein,  so  erhftlt  die 
Hauptlinie  des  Abflusses  eine  schwächere  Neigung  (;/=  0,79  r  —  312  in  mm), 
Wöhrend  die  der  Verdunstung  steiler  ansteigt.  Durch  Hinznnahme  der  an 
Niederschlag  und  ni''lir  iiorh  an  Abfhiß  reicheren  Alpenstronigruppe  wird 
die  Stciguuf.,'^  tler  Hauptlinie  .MiHu.sses  verstärkt.  Wollte  man  das  Strom- 
gebiet der  Donau  bis  unterhalb  der  TheißmCinduug  einbegreitcn,  so  nähme 
diese  Hauptlinie  wieder  eine  etwas  schwächere  Neigung  an.  Die  Lage  der 
beiden  Hauptlinien  im  Koordinatennetse  drflckt  stets  das  Mittel 
ans  den  klimatischen  Einwirkungen  aller  Einseigebiete  der  ge- 
samten Landfliche  ans,  fftr  welche  die  Ableitung  der  Gleichungen 
stattgefunden  hat 

Diese  Oleichungen,  die  nur  im  Jahresmittel  gelten,  können  für  die 
Öehiltzung  dar  mittleren  Abtiußhöhe  zur  Hilfe  genommen  werden,  wenn  man 
die  mittlere  Niedors('hlagshr>he  kennt  und  \v*'iß,  wie  eroß  etwa  die  Einwirkung 
des  Sonderverhaltens  anztmehmen  ist.  Sie  grltm  aber  nicht  iiir  die  Schätzung 
der  Abtiußhöhe  eines  einzelnen  Jahn  s  aus  der  glei<  hzeitigen  Niedersrhlags- 
hdhe.  Auf  die  Ermittlung  der  Beziehungen  zwischen  Niederschlag, 
Abfluß  und  Verdunstung  von  Jahr  zu  Jahr  erstreckt  sich  unsere 
Cntersnchung  nicht  Die  rinmlichen  und  seitlichen  Änderungen 
dieser  Beziehungen  sind  gans  ▼erschiedene  Dinge,  die  man  nicht  mit 
einander  vermengen  dar^  um  die  Klaiheit  des  Einblickes  in  den  Zusammen- 
hang der  Erscheinungen  nicht  zu  trftben. 


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626 


U.  Keller: 


a.  Ursprung  des  Niedersolüags.  Meereuofülir  und  Landverdanstan^ 

In  dem  zum  Beginn  unserer  Abhandlttlig  erwähnten  Aufsatze  sagt  Penck: 
„Das  Verhältnis  des  Gesamtregenfalles  zum  Abflüsse  eines  Gebietes  gibt  schon 
au,  wie  Ott  die  dem  Gebiete  von  auBen  zugefübrte  und  nunmehr  abfließende 
Re^'eriMit-nj^e  in  demselben  zu  Boden  gefallen  ist.  Es  läßt  sich  leicht  ein- 
sehen, daß  difSfS  VerhUltnis  einen  um  so  höheren  numerischen  Wert  besitzt, 
je  weiter  die  Gebiete,  für  die  es  gilt,  vom  Meere  entfernt  sind.  —  Die  klima- 
tologische  Bedeatang  miMret  Ywlilltiiiflait  li«gt  sof  dar  Hand.  Wann  et 
gleichwohl  hisher  keine  BeechtiiDg  gefanden  hat,  so  iit  dies  wdil  io  der 
pnktiechen  Bedeutung  seines  reiqwoken  Wertes  begrilndet.  Dieser,  das  Ver- 
hütma  Toa  Ahftnfi  sum  Niederschlage  eines  Qehietes,  hat  als  AbAnfilaktor 
vielfach  die  Aufmerksamkeit  erregt*'  Dio  bisherige  Betrachtang  war  dieson 
Abflußverhältnis  gewidmet,  v^^ifzx.  Wir  gehen  jetzt  zur  UntersnefallBg 
des  rikkbezflurlicben  Wertes  über,  zu  dem  Wechsel  der  Erscheinnngsform 
des  WasstTs,  w  =  x  :  y.  Die  Zahl  ir  gibt  die  Hilutigkeit  dieses  Wechsels 
im  Jahresniitlf  1  an.  8ie  bcsasrt,  wie  oft  im  Jalir  das  Wasser  aus  der  flüs- 
sigen oder  festen  Form  in  di«'  Dauiptfonn  übtrgeht  oder  umgekehrt. 

Der  dieser  Anschauung  zu  Grande  liegende  Oedanke  ist  von  E.  Brück- 
ner, der  ihn  schon  froher  aasgesprochen  hat,  im  Jahrg.  1905  der  „0.  Z." 
(S.  487)  in  folgende  Worte  gefixt  worden:  „Der  Begenftll  auf  dem  Laad 
ist  gleich  der  Dampfinenge,  die  yom  Meer  anf  das  Land  fihertritt,  Ter» 
mehrt  um  den  Betrag  der  Verdonstong  yom  Land  und  vermindert  um  die 
vom  Land  anf  das  Meer  übertretende  Dampfmenge.  Die  Flüsse  endlidi 
bringen  Wasser,  das  als  Dampf  vom  Meer  aaf  das  Land  übergetreten  war, 
wieder  zum  Meer  zuriJck.  —  Die  jäbilicbo  Wnsserfühinnir  der  Flüsse  zum 
Ozean  stellt  ^'enau  dii'  Differenz  zwisi^hi^n  der  Was>ei(ianiptnnni.'t>  dar.  die 
vom  Meer  auf  das  hand,  und  derjenigen,  die  vom  Land  auf  das  MetT  über- 
tritt." Lediglich  diese  Difi'erenz  kommt  in  Betracht,  wenn  wir  untersuchen 
wollen,  wie  groß  der  von  fremdem  Wasserdampfe  herrflhrende  Anteil 
der  mittleren  KiedersohlagshOhe  eines  FlaAgebiets  ist,  und  zwar  im 
Gegensatxe  au  dem  durch  die  Verdunstung  anf  dem  Lande  in  der 
Oebirgsflftche  selbst  eraeugten  Anteil  des  Niederschlags. 

Bei  den  mitten  im  Binnenlande  liegenden  Flußgebieten  vollzieht  sich 
ein  ähnlicher  Austausch  der  landverdunsteten  Dampfmassen,  wie  er  sich 
zwischen  Meer  und  Festland  voUziolit.  .ledoch  gleichen  hier  die  Flü.sse  den 
beim  Tauschgeschäft  fntstfhenilpti  Fchlhetrag  oder  Überschuß  nicht  aus.  Viel- 
mehr erleidet  ein  tinliu>t.  dein  mehr  laiKlverdunstctor  Dampf  entzotjon  wird, 
als  es  vom  Nachbargebiele  zurückerhält,  eiuou  wirklichen  Verlust  zu  Gunsten 
anderer  Gebiete,  die  eine  gröBere  Menge  solchen  Dampfes  empfangen,  als  sie 
in  Darapfform  surfleUiefem.  Benachteiligt  werden  beim  angleichen  Aus- 
tansch  des  landverdunsteten  Wasserdampfes  die  Gebiete  mit  schledi- 
ten  Kondensationsbedingungen,  aus  denen  die  Tozherrachenden  Winde  einen 
Teil  des  in  ihnen  verdunsteten  Wasserdampfes  wegtragen,  bevor  er  zu  er- 
neutem Niederschlag  gelangt  war.  Begünstigt  werden  die  Gebiete  mit  guten 
Kondensationsbedingungen,  in  denen  der  dort  entführte  Dampf  niedeigeschlagen 


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Die  Abflußerscheiuuugeu  in  Mittel-Earopft. 


627 


wird.  Die  benaehteUigten  OeMete  emp&ngen  sn  wenig,  die  begOnstigten  m, 
Tiel  Niederschlag.  In  beiden  vergrCßert  sich  »her  das  VerhKltnis  swisehen 
dem  von  fremdem  Dampfe  hen-ilhrenden  und  dem  vom  selbsterzeugten  Dampfe 
henorgernfenen  Anteil.  Denn  bei  den  benachteiligten  Gebieten  witd  der  An- 
teil des  vom  soll)ster/.eugtcn  Wasserdampfe  verursachten  Niederschlags  ver- 
mindert, bei  den  begünstigten  Gebieten  der  Anteil  des  durch  Zufuhr  von 
auBen  entstandenen  Niederschlags  vermehrt. 

Wir  bezeichnen  den  Anteil  des  Niederschlags,  der  durch  Kondensation 
des  von  außen  in  das  Gebiet  getragenen  Wasserdampfes  entstanden  ist,  als 
Meeressnfahr  (m),  da  es  sich  um  unmittelbar  wem  Meere  dortbin  gebrachten 
oceaniichen  Dampf  handelt  oder  nm  aolchen,  der  voxhwt  in  anderen  Gebieten 
«ine  Etappe  gemadit  hat  Den  Gegensats  hieran  Inldet  der  landTerdnnstete 
Wasserdampf,  der  im  Gebiete  selbst  erzeugt  ond  wieder  kondensiert  worden 
ist.  Der  von  dieser  Landverdunstnng  (2)  hervorgerufene  Anteil  des  Nieder* 
Schlags  wird  im  allgemeinen  bei  örtlich  aufsteigenden  Luftbewegnngen  zur 
Konilen-^ation  polangen,  wogegen  die  Meereszufuhr  bei  weitergreifenden  Luft- 
fitröniuugen  kondensiert  wird.  Der  Niedersrhlag  des  Gebiets  ist  die 
Summe  der  Meereszufuhr  tmd  Landverdunstung,  j  =  w  -f~  ^- 
im  Jahresmittel  Einnahme  und  Ausgabe  einander  ausgleichen,  muB  die 
Heeressiifubr  gleich  der  AbflnfihOhe,  also  die  Landverdunstnng 
gleich  der  VerdunstungshObe  sein,  «> »  y,  / «  «.  In  diesen  Werten 
ist  die  Tom  nngleicheD  Anstansdi  der  Dampfinengen  Temrsaohle  Wirkung 
bereits  enthalten. 

Die  Gleichung  m=  y  würde  nicht  gelten  für  ein  Flußgebiet^  dem  ein 
Teil  des  kondensierten  Wassers  entzogen  wird,  '  Ime  zum  meßbaren  Abfloß 
an  der  Meßstelle  zu  gelangen  (//  <  m  ).  oder  dem  fremdes  Wasser  aus  Xachbar- 
gebieten  zugeleitet  wird  (//  >  m).  Daß  eine  Rückkehr  größerer  Wasser- 
niassen  zum  Me^re  auf  unterirdischem  Wege  statttindet,  wäre  bei  den  in 
Tabelle  1  und  2  benannten  Gebieten  am  ehesten  für  die  pommerschen  Küsten- 
flußgebiete zu  erwarten,  die  mit  breiter  Front  ans  Meer  grenzen;  aber  gerade 
sie  (Tab.  2,  Nr.  16  bis  18)  haben  die  größten  Abflußhöhen  unter  allen  bisher 
untersuchten  Fladilandsgebieten.  Ein  Verlust  durch  unterirdischen  Übertritt 
yersiokerten  Wassers  in  andere  Gebiete  oder  ein  Gewmn  auf  gleichem  Wege 
Iftßt  sich  bei  unseren  69  Gebieten  nicht  vermuten,  obwohl  einige  karstähnliche 
Erscheinungen  vorhanden  sind,  z.  B.  im  oberen  Lippecrebiet  (Nr.  21).  Das 
im  Emschergebiet  (Nr.2.'0  dnrcli  die  Drainwirkung  der  Kohlenbergwerke  aus 
den  oberen  Bodenschicliten  in  die  Tiefe  gezn^'eiu-  Grundwasser  wird  dem 
Flusse  mittels  der  Grubenpumpwerke  wieder  zugetiihrt.  Außt'rdfiu  empfängt 
aber  die  Emscher  noch  beträchtliche  Abwassemicngtn  aus  den  Ortschaften 
des  dichtbevölkerten  Industriegebiets,  die  durch  Wasserversorgungsaulagen  aus 
dem  Buhrtal  herfibergeleitet  sind.  Da  die  kflnsiUch  sugefthrten  Wassermengen 
bis  cur  Meßstelle  bei  Prosper  etwa  64  mm  Abflußhohe  entsprechen,  so  ist 
dieser  Betrag  von  der  auf  40S  mm  ermittelten  AbflnßhOhe  abgezogen  worden, 
um  den  riditigen  Wert  der  Meereszuftihr  zu  finden.  Bei  Nr.  50,  58  und  59 
^d  Änderungen  an  der  zu  klein  ermittelten  Niederschlagshohe  TOigenommen 
ans  den  im  ,^ahrb.  f.  Gewässerkde."  bezeichneten  Gründen. 


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628 


H.  Keller: 


Auch  für  die  halbjfthrliohen  Mittelwerte  darf  man  Meerettufubr 
und  AbflofthObe,  Landvt  rdunstung  und  Verdunstungshöhe  nicht  einander 
gleich  setzen,  worauf  wir  noch  zurückkommen.  Ebenso  treffen  die  Gleichungen 
m  =  ij,  ?  =  r  nicht  für  Einzeljahre  zu.  da  je  nach  flem  Stande  des 
untrririlischon  Wasservorrats  vm  Teil  der  ileereszufuhr  im  liodtn  zuriick- 
gehalteu  wird  {  in  >  //)  od*  r  ein  Teil  des  Abflusses  von  der  Verminderung 
dieses  Vorrats  stammt  (y  >  m). 

Will  man  die  Beziehungen  zwischen  Niederschlag  und  AbfiuB,  die  in 
einem  bestimmten  Gebiet  innerhalb  einer  gewissen  Jahresreihe  besteben,  und 
das  Gesetz  der  seitlichen  Änderungen  dieser  Beuebungen  bildlich  dar- 
stellen, so  «vlAlt  man  fllr  jedes  Flußgebiet  eine  mehr  oder  weniger  steil  an- 
steigende  Abflufilinie,  die  durch  den  zum  Jahresmittel  gebOrigen  Punkt  (x,  y) 
geht.  Nur  für  diesen  Punkt  allein  gilt  die  Gleichuncr  »/  =  m.  Für  alle 
anderen,  den  Einzdjaliren  entsprechenden  Punkte  ist  die  Ahflußhöhe  größer 
oder  kleiner  als  die  Mecreszufiihr;  am-h  weichen  die  Punkte  der  Einzeljahre 
melir  oder  weniger  weit  nach  oben  oder  unten  von  ihrer  Mittellinie  ab,  die 
das  Durchschnittsverhalten  jener  Beziehungen  in  der  untersuchten  Jahresreihe 
darstellt.  Die  Abweichungen  der  Punkte  kennzeichnen  das  Sonderver- 
balten der  Einseljabre  in  Besag  auf  Aufspeicherung  oder  Speisung,  Höbe 
und  Verteilung  der  Temperatur,  Qröfie  der  Verdunstung,  Menge  und  Dicbte 
des  dureb  die  Meeressnfuhr  erzeugten  Niederschlags.  Wenn  im  Jahresmittel 
bei  einem  Flnfigebiet  m  >  Mst,  so  pflegt  die  für  die  seitlieben  Beaiehungs- 
finderungen  in  diesem  Gebiete  gültige  Abflußlinio  steiler  zu  sein  als  die 
Hauptlinie  des  Abflusses,  welche  die  örtlichen  Beziehungsändomngtn  im 
Jahresniittnl  für  Mittel-Europa  angibt.  Meistens  ist  jedoch  m  •<  /  und  <iie  Ab- 
tlnülitiic  der  zeitlichen  Beziehnngsänderungen  schwiuher  geneigt.  Man  muö 
demnach  das  Son<ierverhalten  der  Einzel  <.'el)iete  im  Dnrchschnitts- 
jahr  scharf  unterscheiden  vom  Sonderverhalten  der  Einzeljahre  in 
einem  bestimmten  Gebiet.  Bei  d«i  meisten  bisherigen  Untersuchungen 
ist  dieser  ünterschied  nicht  genug  beaditet  worden,  besonders  nicht  von  Ule, 
dessen  Abflufiformel  für  die  beiden  grundverschiedenen  Besiehnngen  gelten  soll. 

Zur  Veransohanlicbung  der  Herkunft  des  Niederschlags  aus 
Meereszufuhr  und  Landverdunstung  sind  in  Abbildung  2  (Taf.  9)  nadi 
den  Tabellen  1  und  2  (  da  im  Jahresmittel  y  =  m  und  e  =  l  gesetzt  werden 
darf)  die  Pnnktsclnvänne  der  Landverdunstung  (m,  /)  rot  und  dt^s  Nieder- 
schlags 1/«.  ./^  schwarz  eingetragen,  beide  bozotren  anf  die  Meeresznfuhr.  Die 
"Werte  der  Meereszut'uhr  m  bilden  die  Abszisse»],  die  Werte  der  L.tndverdun- 
stung  /  und  der  Niederschlagshöhe  x  die  Onlinateu.  Die  Haupt  Ii  nie  und 
die  obere  Grenzlinie  der  Landverdunstung  haben  ähnlich  schwache 
Neigung  wie  die  entqprechenden  Linien  der  Verdunstung  in  Abbildung  1, 
welche  auf  die  NiedersdilagsbObe  bezogen  sind;  die  untere  Qrenslinie 
läuft  gkiohfalls  parallel  tnr  Abssissenachse.  Trigt  man  nun  die  Werte  der 
Meeressufohr  m  als  Ordinaten  auf,  so  l^den  deren  Endpunkte  eine  um  45* 
aasteigeDde  Linie  der  Meereszufuhr  mit  der  Gleichung  m  =  i  —  I. 
Wenn  die  zusammengehörigen  Ordinaten  ytt  und  7  an  einander  gefOgt  werden, 
so  erbilt  man  also  die  ihnen  entsprechende  Ordinate  x.  Abgesehen  von  den 


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Die  AbfluBericbeinungen  in  Mittel-Bttrop». 


029 


gekrümmten  Anfangsstreeken,  ergeben  sich  auf  diese  Weise  geradlinige 
Haupt-  und  (ireu/linion  <les  Niederschlajcrs.  Die  Gleichungen  der 
Hauptlinion  dos  Niedorschlags  imd  der  Landverdunstung  lauten  nach  Um- 
formung  d6r  Gleichungen  I: 

«  —  1,062m  +  430,    l  —  0,0e2m  -f  430  (in  mm)     .    .  III 

Für  die  oberen  GrauUnien  sind  die  Tangentialwerte  1,181  und  0,131,  Bowie 
die  Konstento  620  steitt  430  mm  einnisetxen.   Für  die  onteren  Grenzlinien 
gelton  die  Tangentialwerte  1  und  0,  sowie  die  Konstante  350  statt  430  mm. 
Bei  op— "916  mm  schneiden  sidi  in  Abbildung  1  die  Hauptlinien  des 

Abflusses  und  der  Verdunstung.  Mitbin  liegt  auch  in  Abbilduni:  2  der 
^Schnittpunkt  für  die  Linie  der  Meereszufubr  und  die  Hauptlinie  der  Land- 
verdunstung bei  tu  =  158  mm  =  /,  so  dali  r  =  2  15^^  =^916  mm  ist. 
Nach  dem  I)ur<lisrhnittsvrilialtt'n  überwiegt  für  gröbere  Nieder- 
schlugslirtheii  als  I'lt')  luiii  liei  Anteil  der  Meereszufuhr  um  so  mehr, 
je  größer  der  Niederschlag  ist.  Vag<?g**n  überwiegt  für  kleinere  Nieder - 
schlagshöben  als  916  mm  der  Anteil  der  Landverdunstung  um  so 
mehr,  je  kleiner  der  Niederschlag  ist. 

Das  Mafl  der  Meeressufuhr  hängt  ab  von  den  Bedingungen  der  Kon- 
densation des  bei  weitergreifenden  LnftstrSmungen  von  außen  in  das  Gebiet 
gebrachten  ozeanischen  Wasserdampfes.  Es  wftchst  mit  der  zimehmenden 
Seehühe  an  den  Luvseiten  der  Bodenerhebungen  rasch  und  ist  bei  den  aus 
erster  Hand  von  den  Regenwinden  betroffenen  Erhebungen  größer  als  bei 
denen,  die  weiter  zurück  liegen,  falls  sie  nit  ht  l)etrüchtlicii  hr»her  sind  oder 
als  VVettertange  wirken.  Die  Lai^e  zum  Met  r  und  zu  den  vorherrschenden 
Itegenwimlen,  mehr  noch  die  senkrechte  (iliedernng  und  H<»!ienhige  eines  Ge- 
biets bedingen  mithin  das  Maß  der  Meereszufuhr.  Dagegen  hängt  die  bei 
Ortlich  aufotoigender  Luftbewegung  erfolgende  Kondensation  des  durch  Land- 
verdunstung im  Gebiet  selbst  entstandenmi  Dampfes  von  den  Kondensations- 
bedingongen  des  ozeanischen  Wasserdampfes  wenig  ab.  Beim  Durchschnitts- 
verhalten  richtet  sich  deshalb  die  mittlere  Niederschlagshöhe  ver- 
schiedener Flußgebiete  ganz  vorwiegend  nach  den  Kondensationsbedin- 
gungen der  Meereszufuhr.  In  Gebieten  mit  schlechten  Kondensations- 
bedingungen sind  Meereszufnhr  und  Niederschlagshöhe  gering;  in  solchen  mit 
guten  Koüden.sationsbediiiL'UiiL'en  sind  beide  groß.  Da  aber  nach  Altliildung  2 
bei  geringem  Niedersclihii:  d»  r  Auteil  der  Meereszufulir  klein«  r  a\<  bei  brhem 
Niederschlag  ist,  so  wird  das  als  Wechsel  der  Erscheiuuugslorm  hezeiihuete 
Yerliiltms  w^xtm  mit  dem  Wachsen  der  Meereszufuhr  und  der 
Niederschlagshöhe  stetig  kleiner,  mithin  das  rOchbesfigliche  AbfluB- 
verhlltnis  m : «     y :  stetig  größer.   Das  Erfahmngsgesetz,  daß 

mit  der  Zunahme  des  NiederseUags  eine  Mehrung  des  Abflusses  und  eine 
Vergrößerung  des  AbflußverhSltnisses  stattfindet,  glauben  wir  durch  vor- 
stehende Betrachtung  als  ein  IBr  die  Flußgebiete  Mittel-£uropas  im  Jahres- 
mittel gültiges  Naturgesetz  bewiesen  zu  haben. 

Das  durch  die  Lage  und  Steigung  der  Haui>tlinipn  bildlich  dargestellte 
Abflußgestitz  schreibt  bloß  für  das  Durchschniitsverhaiten  vor,  daß  zu  einem 


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630       H.  Keller:  Die  Abfliifter«eheiniingeii  in  HitteUEiiropa. 


bestimmten  Werte  m  auch  bestimmte  Werte  von  l  und  x  gehören.  Wir 
haben  geschm,  unil  die  Abbildungen  zeigen  es,  daß  die  Vordunstungsbedin- 
gungen    bedtnittiidü    Abweichungen    der    die  Verdunstunt^'sbiihc    od'^r  Land- 
verdunstuug  anzeigenden  Punkte  von  den  entsprecheaib'ti,  schwach  geneigten 
Uauptlinien  verursachen.    Ein  näheres  Eingehen  hierauf  muß  den  folgenden 
Abschnitten  TOibehalten  bleiben.  OffinilMr  hingt  das  dnroh  jene  AbweicbangeaL 
gekennieichnete  Sondenreriudten  der  Einzelgebiete  in  Beeng  «if  dns  Mn0  der 
Verdanatong  TOn  ihrer  kUmatischen  und  8<nut^|ett  Sonderbeeehaffenheii  ab, 
wobei  die  Obnrfl&chengestalt  und  DuroUSssigkeit  des  Bodras  eine  wichtig« 
Bolle  spielen.    Die   hierdurch  Temrsacbten  Abweichungen  der  Land» 
▼erdanstung  im  Jahresmittel  vom  Durchschnittsverhalt«n  übertragen  sich 
aber  im  gleichen  Sinne  und  in  gleicher  Größe  auf  die  mittlere  Nieder- 
schlagshöhe der  Einzeltrebiete.     Die  verdunstungsarmen  Gebiete  besitzen 
daher  gegen  den  Dnrehscbiiitt  zu  kleine,  die  verdunstungsreichen  (iebiete  zu 
große  Wert«?  des  Wechsels  u—x:  m.    Umgekehrt  ist  das  Abflußverhältnis 
in  vardnnstangaarmem  Gebieten  größer,  in  Terdunstungsreichen  Gebieten  kleiner, 
als  es  beim  Dorchsehnittsveihalten  sein  wflrdeu   Im  einseinen  hingt  mithin 
die  Hinfigkeit  des  Wechsels  der  Erscheinmigsfonn,  ebenso  wie  die  GrOfie  des 
AbflnBveriilltnisses,  nidit  nnr  von  den  Kondensationsbedingqngen  dar  Meeres 
zufahr,  sondern  auch  wesentlich  von  den  Yerdunstungsbedingungen  ah» 
die  sieh  naeh  der  klimatischen  Besonderheit  nnd  nach  der  Sonder« 
beschaffenheit  der  Einseigebiete  regeln.  (SchloA  folgt) 


Di8  deitsebe  Keltnialnidi. 

Eine  politiseh-geographisohe  Studie 
▼OB  Bnmo  Velix^Hlnaoh. 

m.  Die  einzelnen  Kolonien. 

3.  Deutsch-Ostafrika. 

Die  allgemeine  Lage  von  Deutsch -Ostafrika  wird,  abgesehen  von  den 
bereits  früher  behandelten  Gesichtspunkten,  am  meisten  beeinflußt  durch  das 
Verhültuis  ?,um  indischen  Ozean.    Kin  großer  Teil  der  gegenwärtigen  poli- 
tischen und  wirtschaftlichen  Verhältnisse  dieser  Kolonie  findet  seine  Begrün- 
dung in  ihrer  leichten  Erreichbarkeit  zur  See  von  den  nordöstlich  gelegenen 
Küstengebieten  Arabiens  und  Lidiens  aus.   Dies»  Gebiete  dnd  mit  der  Ost- 
koste  Afrikas  dnrdi  ein  System  regelmißiger,  mit  den  Jahiesieiten  wechselnder 
Meeresströmungen  f  die  von  den  Monsnnwinden  des  indisehen  Oseans  hsrvor- 
gernüm  werden,  Terbnnden.   Die  SohÜIe  benutian  TOn  lütte  November  bis 
Mitte  Mfirz  den  ununterbrodien  nnd  gleichm&fiig  wehenden  Nordost-Monsun 
und  die  dadurch  hervorgerufene  Monsuntrift,  um  von  Indien  und  Süd- Arabien 
aus  die  ostafrikanisoben  Häfen  abzufahren.    Sie  kehren  nach  Hause  zurück 
mit  Hilfe  des  Südwest-.Monsuns,  der  von  Ende  April  bis  Anfang  Oktober  von 
Ostafrika  nach  Indien  eine  ununterbrochene  Segelschift'ahrt  ermöglicht.  Aus 


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Brnno  Felix  H&naeb;  Dm  dovtiehe  KoloBi»lreicb.  ($81 


diesem  regehnüßigen  Wiud-  und  Triftsystem  ist  es  zu  erklären,  daß  das 
arabische  und  indische  Element  iu  Ostafrika  testen  Fuß  fassen,  und  daß  sich 
an  dieser  Küste  eine  Keihe  von  Ariiberstaaten  entwickeln  konnte.  Wir 
sehen  darin  die  StrablungsreÜexe ,  die  vom  gegenüberliegenden  Kontinente 
ausgehen. 

Die  ostafirikuuseheii  Araberstaftten,  die  neb  unter  diesen  natfirlichen 
Bedingungen  entwiokelteo,  Bind  aber  anfierdem  nooh  bedeotangsvoll  als  Ans- 
drnokaerachmniiogeii  einer  andern  groBen  Bewegung,  die,  wie  wir  schon  saben, 
auch  dem  Kamerangebiete  ibr  Gepnge  gab:  Avsdniekseneheinnngtii  des  Vor- 
dringens des  Islam.  Der  wichtigste  und  am  besten  bekannte  dieser  Staaten 
ist  das  Sultanat  Sansibar.  Von  der  Kttsteninsel  Sansibar  aus,  die  bei 
den  geschilderten  Fahrten  natürlich  zuerst  erreicht  wnrde  und  auf  der  die 
Besiedelung  einen  natürlichen  Schutz  tjenoß,  begann  die  Beherrschung  des 
dahinter  liegenden  afrikanischen  Fesllandrandes.  Sansibar  entwickelte  dabei 
in  sich  alle  die  Kräfte,  die  einer  Schwellenlage  innewohnen.  Wir  sehen 
sich  hier  die  gewaltige  Position  im  Kleinen  wiederholen,  die  England  als 
randbebarschende  Eflsteninsel  dem  europSiscben  FesUande  gegenüber  er- 
rungen batte. 

Die  politisdie  Beherrsdrang  von  der  Scfawellenlage  ans  leigte  sich  in 
der  Beselsimg  der  Bandgebiete  von  Ostalnka  durch  den  Bnltaa  von  Sansibar. 

Es  waren  in  der  Tat  nur  Handgebiete  von  wohl  kaum  über  10  km  Breite 
mit  einer  Reibe  von  Hafenstädten,  die  zur  politischen  Angliederung  kamen. 
Paß  aber  die  politische  und  wirtschaftliche  Kräftestrahlunp,  die  von  Sansibar 
ausging,  eine  Knstenstrecke  von  über  1000  km  Länge  in  völlige  AMiängig- 
keit  von  der  Insel  brachte,  das  zeigt  uns  die  Machtfülle,  die  in  einer  vor- 
gelagerten Kü^teniusel  ruht.  Aul'  diese  Insel  gestützt  und  breit  hingelagert 
am  Meere  ist  der  Staat  Sansibar  ein  klassisches  Beispid  einer  SdiweUenlage, 
die  die  Straften  des  Sklav«!-  und  Elfenbeinhandels  ins  Innere  des  Kontinents 
behenrsdite.  Wie  fest  aber  diese  Macht  eingewunelt  war,  seigt  sich  in  dem  an 
sieh  nnbedentenden  Zuge,  daB  der  Kflstenetreifen  «rat  sechs  Jahre  spUtar  als 
das  TTinterland  in  deutschen  Besitz  kam,  so  daß  das  deutsche  Reich  —  im  rein 
politischen  Sinne —  eine  Zeit  lang  ein  Schutzgebiet  aber  keinen  Zugang  dazu  hatte. 

Heute  liegen  die  Verhältnisse  so,  datJ  auch  hier  wie  in  England  die 
Kräfte  der  Sch wellenlaire  auf  das  Festhiud  ül)er/.ugehen  beginnen.  Zwar 
geht  noch  immer  die  Hallte  des  Gesamthandels  von  Deutsch-Ostafrika  in 
Einfuhr  und  Ausfuhr  über  Sansibar,  aber  der  direkte  Handel  mit  der  Küste 
unter  Umgehung  Sansibars  ist  im  Zunehmen.  Vom  Standpunkte  der  poli- 
tischen Geographie  ans  aber  muB  die  Lage  Sansibars  vor  der  Kflste  nnseres 
Schntsgebietes  bedingmigslos  als  bedrohlidi  Temrteilt  werden,  umsomehr,  als 
diese  Insel  eine  BerOhrung  mehr  mit  England  bedeutet 

F^  ebenso  sehr  wie  durch  seine  Randlage  am  indisdhen  Oxeane  wird 
unser  Schutzgebiet  beeinflußt  durch  seine  Lage  am  großen  zentralafrika- 
nischen Graben,  der  mit  seinem  Nachbar,  dem  ostafrikanischen  tiraben, 
jenem  gewaltigen  System  von  Grabeneinbrüchen  angehört,  das  sich  von  da 
aus  nördlich  zum  Uudi'lf-See  und  nach  Abessinien  fortsetzt  und  dem  im  wei- 
teren Verlaufe  das  Bote  Meer  mit  den  Meerbusen  von  Sues  und  Akaba, 


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652 


BrvBO  Felix  Hftntch: 


ferner  das  Toti'  Meer  un<l  (la.^  Jordaiilal  bis  zum  Hermo!»  und  Libanon  an- 
gehören. I)aü  iun»'rhalb  iuis«'rer  ostÄtrikanischen  Grenzen  in»  zentralafrika- 
niflchen  Graben  eine  Reihe  von  gewaltigen  öeeu  eingebettet  ist,  ruft  für  die 
An  diese  Seen  aDgrensenden  Gebiete  eine  Art  Randlage  hervor,  die  nach 
dem  Innern  des  Kontinents  gerichtet  ist  80  eriiftlt  Dentseh-Ost- 
afrika  ein  Doppelgeaicht.  Zwischen  Kflite  und  Qraben  aber  entsteht 
eine  Binnengrenze.  Venohiedene  noch  su  besprechende  Umstände  eriiOhen 
die  Trennnngstondenz,  die  in  dieser  doppelten  Randlage  liegt,  nnd  lassen  die 
Binnengrenze  im  vollsten  Sinne  geographisch  werden. 

Die  geschildei-ten  Verhältnisse  bringen  es  mit  <\i'h,  daß  si<  h  die  Grenzen 
von  I  >eutsch  -  ( )stafrika  auf  lanir»'  Strcikfn  au  Küstfii  anlehnen:  Fast  die 
Hiilt'te  aller  (Jrenzen  ^\^r  K<il<»iiif  ^m«!  K  iisteugrenzeii.  I)as  siud  irn  Sinne 
des  Schutzes  und  der  Erschlieliung  gute  Grenzen.  Lberbaupt  ist  die  Tat- 
sache, daß  diese  Kolonie  irier  der  großen  inuerafrikanischen  Seen  berährty 
d«r  <»freulichste  Punkt  in  der  gesamten  deatsdi'afrikamsdhen  Grenspolitik, 
nnd  die  zahlreichen  schweren  Hingel  der  fibiigen  Grenzabstecknngen  sind 
wohl  s.  T.  aus  der  Notwendigkeit  zn  erklttren,  ftlr  das  sShe  Festhalten  an 
der  Erreichong  der  Seen  Kompensationen  bieten  zu  mQssen. 

Die  Lage  von  Deutsoh-Ostafrika  wird  endlich  noch  charakterisiert  durch 
die  licriilining  mit  zwei  englischen  Kolonien:  Britiscb-Ostafrika  im  Nor- 
den und  liritisch-Zentmlafrika  nnd  Khodesia  im  Süden.  Ifatzel  bezeichnet  das 
mit  den  Worten  „doppelte  Nachbarschaft".  Eine  doppelte  Nachbarschaft 
birgt  immer,  wie  schon  gezeigt  wurde,  die  (lefahr  politischer  Umklammerung 
in  sich.  Diese  Gefahr  wird  hier  noch  verstärkt  dadurch,  daß  diese  beiden 
englischen  Kolonien  die  vorläufigen  £ndglied«r  zweier  politischer  Reiben 
sind,  die  von  Ägypten  und  vom  Kap  her  einander  mtgegenstreboi  und 
beide  getragen  worden  vom  Gedanken  des  britischen  Lnperialismns:  Afrika 
englis^  vom  Kap  b»  Kairo.  Die  Etappen  anf  diesen  politaichen  Reihen 
sind  im  Süden:  Kapland,  Betscbuanaland-Rhodesia,  im  Norden:  Ägypten, 
jSiubieu,  Sudan  mit  Kordofan,  l'bartum  und  Darfiir,  Bahr  el  Gbazal  und 
Uganda  Protektorat.  Schon  winkt  der  Kngliinder  am  Viktoria -See  seinem 
Landsnumne  am  südlichen  ianganvika-Scc  zu  und  niiichte  ihm  die  Hand  rei- 
eben.  Sebon  bat  er  von  Süden  ber  seinen  Telepaplu'n  bis  Udjidji  vor- 
geschoben und  suclit  Anschluß  au  den  Telei:raphen  von  Fascboda;  schon  hat 
er  mit  dem  Kongostaate  unterbandelt  wegen  „Pachtung^'  eines  schmalen 
Streifen  Landes  entlang  den  Seen  zum  Ban  seiner  afrikanischen  Überiaad- 
bahn.  Schon  w&ren  No^  und  Sfid  vielleicht  an  einander  gekettet,  wemi  nidit 
Englands  böser  Nachbar,  Deutschland,  die  mit  aller  Wocht  der  historisohen 
und  geographischen  Entwicklung  auf  Vereinigung  drangenden  Enden  gewalt» 
sam  aus  einander  gehalten  hätte.  Und  hierin,  in  der  Zwischenlage  zwischen 
diesen  Reihen,  liegt  oflfenbar  der  bedeutsamste  Zug  in  der  allgemeinen  Lage 
unserer  Kolonie.  Diese  Zwiscbenlage  verhindert  ein-  für  allemal,  daß  — 
nach  Herstellung  einer  politischen  Reibe  vom  Mittelmeer  bis  zum  Kap  — 
zur  Beherrschung  Indiens  und  Australiens  auch  noch  die  Behen-scbung  der 
ganzen  Süd-  und  Osthälfte  Afrikas  trete.  Das  Ziel  der  deutschen  Osta&ika» 
Politik  muß  sein,  die  Vorteile  dieser  Lage,  die  dem  deutschen  Reiche  «ine 


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Da»  deutsche  Kolonialreich. 


68S 


ungealmte  Fülle  politisdiar  Hsebt  Tenofaaflfc,  fortdanenkd  MusimlltMii  und 
seine  Pontion  hier  durch  Bahnlwa  ins  Innere  tn  stärken. 

Diese  Notwendigkeit  ist  um  so  dringender,  als  die  deutsch  englische 
Grenze  im  Norden  und  Nordoston  nahezu  ungeschützt  ist.  Wie  die  Masai- 
steppe  duri'h  die  dfMitsch-enj^'lLsche  Circnze  verunstaltet  wurde,  haben  wir 
schon  früher  gesellen.  Nur  an  einer  St^^lle  der  Nordgren/e  haben  wir  einen 
natürlichen  Grenzschutz,  im  Vulkangebiet  des  Kivu-Sees.  Sonst 
haben  die  Gebirge  bei  Festlegung  der  Grenzen  von  Deutsch-Ostafirika,  wie  über- 
haupt der  deutschen  afiikudsdien  Kolonien  kdme  Bolle  gespielt.  Solohe  Go- 
birgsgrenzen  sind  nur  gut,  wenn  sie  auf  dem  Kamme  veilaufen  oder  Uber  ihn 
hinansgreifen.  Deshalb  ist  die  Bünhesiehung  des  gansen  Kilimandjaro- 
gebietes  ein  glücklicher  Griff,  der  noch  einen  besonders  idealen  Zug  erhSlt 
dadurch,  daß  hier  ein  Ort  klassischer  deutacher  Forschungsarbeit  zur  poli' 
tischen  Angliederung  gekommen  ist.  Und  doch  fordert  diese  halbkreisförmige 
Ausbuchtung  der  deutschen  Grenze  zu  einem  interessanten  völkorpsychologi- 
schen  Yergleicbe  heraus:  \vir  hier  der  Deutsche  aus  englischem,  so  hat  auch 
der  Engländer  aus  deutschem  Gebiete  —  in  Kamerun  —  einen  Halbkreis 
herausgeschält.  Aber  —  si  duo  faciunt  idem,  non  est  idem  —  der  Engländer 
gewann  dabei  die  politische  und  wirtschaftiiehe  Metropole  eines  mlditigen 
Btaateniqrstems,  Yola,  der  Deutsohe  den  einzigen  Gipfel  des  schwarzen  IM* 
•teils,  wo  er  Oletscherfishrten  unttraehmen  Ironnte! 

Es  hat  sich  herausgestellt,  daß  das  politisch-geographische  Büd  von 
Deutsch-Ostafrika  seine  bedeutend.sten  Ztige  erhält  durch  die  vorgelagerte 
Küsteninsel ,  durch  die  doppelte  Bandlage  nach  dem  Ozean  and  dem  Seen- 
pohieto  und  endlich  durch  die  starke  Zwischenlage  zwischen  zwei  politischen 
Keihen,  die  zugleich  eine  doppelte  Nachbarschaft  l)edeutet. 

Der  Verkehr  nun,  der  den  fast  losgelösten  Westen  der  Kolonie  mit  dem 
Osten  notdürftig  genug  verbindet,  vollzog  sicii  m  trüberer  Zeit  fast  ausschlitli- 
lich  auf  dem  Tabora-Wege.  Von  Bagamoyo  aus  drang  der  Sklaven-  und 
Elfonbeiahandel  auf  diesem  Wege  nach  U4ji<Uii  Hanyema  und  Uigoro  vor. 
Dieser  Verkehr  konnte  sich  dedudb  zu  einer  so  grofien  HOhe  auftchwingen, 
weil  das  Seengebiel  noch  keinerlei  verkehrqpolitische  Bedeutung  hatte.  Die 
raumbewttltigende  Wirkung  ausgedehnter  Seestraßen  vermochte  man  nicht 
auszunützen,  da  man  mit  den  einzelnen  Seen,  zwischen  denen  keine  Binde- 
glieder bestanden,  in  Hinsicht  auf  den  Verkehr  nichts  anzufangen  wußte. 

Das  wurde  andei-s,  sobald  man  anfing,  in  den  Seen  Glieder  eines 
Systems  zu  erkennen,  das  einmal  grumllegend  werden  mußte  für  die  Ent- 
wicklung einer  meridional  verlaufenden  Handelsstraße.  Zuerst  fand  man  die 
Möglichkeit,  vom  Zambesi  aus  über  den  ächire  zum  Nyassa-Sce  zu  gelangen. 
Sofort  legt«!  die  EnglSnder  Band  anf  diese  Gebiete  und  sind  eben  bei  der 
Arbeit,  durch  eine  die  Sehireschnellen  umgehende  Bshn  die  sfidliohe  Aus* 
mfindung  des  Seenhandels  in  ihre  Gewalt  zu  bringen.  Dann  knOpfke  man 
den  Fadem  von  Viktoria^See  zur  KUste  durdi  die  ebenfalls  englisebe  üganda- 
Bahn.  Endlich  nahm  man  den  westlichen  Abfluß  des  Tanganyika-Sees,  den 
Lukuga,  in  ein  System  gewaltiger  Verkehrsplane  auf,  das  den  See  an  den 
Kongo  anschließen  soll     Von  drei  Seiten  her  strecken  sich  also  die  Fang- 

OvognpbiKtae  2eiUchrift.  13.  Jahrsr»ng.  1906  11.  H«A  48 


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634 


Bmiio  Felix  Hftnteh: 


arme  des  Verkehrs  nach  unserem  Seengebicte  aus,  und  wenn  erst  «amal  die 
fehlenden  Bindeglieder  zu  Lande  zwischen  den  drei  großen  Seen  geschaffen 
sind,  so  wird  eine  Verkehrsstraße  von  solcher  bphorrschenden  Kraft  den  Erd- 
teil meridional  durchziohen ,  daß  unweigerlich  die  wirtschaftlichen  Kdifte  der 
Bimunhiilft*'  von  Deutsi  h-Ostafrika  in  dieser  Richtung  abströmen  werden, 
wenn  die  deutüch-ostafrikanische  Verkehrspolitik  nicht  Torbeugt.  Die  Kolonie 
wird  in  sw«i  Wirttehaftisoiiea  serfalUn.  Scium  hrato  ist  dia  detttadi« 
Gebiet  von  Moaclii  bis  mm  Kivu-See  Anabeutiingsgebiet  der  Uganda-Bahn. 
Die  YetkebnomwUningen,  die  diese  Balm  ber?orgenifini  bat|  mOgen  uns  fliani 
Voxgesdunaok  geben  von  der  verkdmpolitischen  Berohition,  die  die  Ent- 
stehung einer  novd-sfldlidien  Verkehnlinie  für  das  Ibuiere  von  Afinka  herrotr' 
rnfen  muß. 

Besonders  verwickelt  werden  diese  Verhältnisse  dadurch,  daß  die  ein- 
lige  bedeutende  Verbindurigsstraßp  der  Kiistp  mit  dem  Inneni,  der  Tabora- 
Weg,  fortduiurnd  all  den  kriegeristhcn  Zufälligkeiten  ausgesetzt  ist,  die  mit 
den  Völkerbewegungen  der  Semiten,  Hamiten  und  Buutu  Hand  in  Hand 
gehen.  Es  besteht  n&mlich  auch  in  Deutsch-Ostafhka  eine  ethnologische 
Boheidelinie,  die  sich  ost-westlich  dorch  die  Kokmie  hindnxohsieht  nnd 
bedingt  wird  dnroh  den  Zusammenstoß  der  von  Norden  kommenden  semi- 
tischen und  hamitisohen  Invasion  der  Masai,  Wandorobbo,  Watatum,  Wa- 
fiomi,  Wahuma  mit  den  von  Süden  vorgedrungenen  Bantuvölkem  dff 
Wagogo,  Wambugwe,  Warangi,  Wanyatum,  Warundi,  Waha  und  Wanjaa- 
wesi,  sowie  mit  dem  Zuluvolke  der  Wangoni.  Unter  diesem  Vordringen  von 
zwei  Seiten  her  gegen  den  die  Küste  mit  dem  Innern  vrr])indpndpn  Tabora- 
Weg  leidet  die  Sicherheit  der  Handelsverbindung  ebenso  sehr,  wie  ihre 
Stetigkeit  unter  der  UnzuverlUssigkeit  in  der  Beschaffung  von  Trägem.  Die 
Bedrohung  des  Soenweges  wird  die  Gefahren  der  doppelten  Randlage  dieser 
Kolonie  nodi  Terstftrken.  Auch  hier  ist  es  Pflidit  einer  weitsehanenden 
Kolonialregiening,  den  Verkehr  unabhängig  zu  machen  von  den  Znftlligkeitsn, 
die  sich  aus  diesen  YOlkenrerBchiebungem  ergeben.  Denn  kein  staatlidies 
Gebilde  kann  auf  die  Daner  in  seinem  Gebiete  Binnengrenaen  ohne  Sehaden 
fBr  das  Ganze  ertragen. 

Es  gibt  auch  hier  nur  ein  Mittel,  dieser  Gefahren  zum  Segen  der  Ko- 
lonie Herr  zu  werden:  das  ist  der  Bau  einer  Bahn  von  der  Kfiste  zu 
den  Seen.  Sie  wird  ]>ei  der  Möglichkeit,  den  Tanganyika-  und  Nvassa-See 
auf  leichte  Weise  durch  einen  Verkehrsweg  zu  verbinden,  wenigstens  zwei 
der  großen  Seen  au  die  deutsche  Küste  anschließen.  Der  Seenhandel  wird 
unabhängig  gemacht  Ton  kriegerischen  Zusammenstößen  mit  den  Eingebomen, 
ein  AussinanderfaUen  der  Kolonie  in  zwei  Wirtschafbnooen  wird  verhindert 
Der  Weg  durch  Deutsch-Ostafirika  hat  dann  fBr  die  Waren  des  Seengebietes 
Tor  dem  Schire-  und  dem  Kongoweg  die  Kflrse  und  den  Yorteil  nur  ein- 
maliger Umladung  —  an  der  Küste  —  voraus.  Er  muß  schon  deshalb 
konkurrenzfähig  sein.  Lebensbedingung  für  diese  Bahn  ist  freilich^  daB  eine 
Verbindungsbahn  zwischen  Viktoria-  und  Tanganyika-See  niemals,  oder  doch 
nicht  eher  gebaut  wird,  als  bis  der  erste  Zug  Wiedhafen  und  Bismarckburg 
erreicht  hat    Die  Wirkungen  der  Uganda-Bahn  lassen  sich  nicht  mehr  be- 


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Dfts  deutsche  Kolonialxeicb. 


635 


•eitigen.  8m  sind  geographifldi  geworden.  Verhindem  «ber  llfit  ricSi,  d«0 
ürandi  und  der  TanganyikirSee  ebenfiüls  Ton  MombMsa  anqgeeogen  wexden. 

4.  Deutsch-Südwestafrika. 

Die  Lage  dieser  Kolonie  außerhalb  der  Wendekreise,  wo  allein 
die  machtigsten  Staatenbildun^cn  möglich  sind,  wird  hauptsachlich  charakte- 
risiert durch  eine  für  Afrika  starke  mittlere  \Viirmeschwaukung ,  die  für 
europäische  Besiedelung  günstig  ist.  In  dieser  Wiimieschwankung  kommen 
Lageverhültuisse  zum  Ausdruck.  Die  Lage  der  Kolonie  am  Gebiete  kalter 
Auftriebw&sser  nnd  im  Windscliatteii  der  Pfttsatwinde  ist  hier 
ebenso  bedeatangsroU  wie  die  Höhenlage. 

Dem  ruchen  Anstieg  des  Gelindes  von  der  Kflste  ins  Innere  ist  es  zn- 
snschreiben,  dftft  die  Jftkresisothermen  in  diesem  Qebiete  fsst  meridional 
verlaufen  nnd  daß  /.  B.  die  25°-Jahresisotberme  von  der  KongomOndung  Aber 
Windhuk  zur  mittleren  Kapkolonie  streicht.  Aus  demselben  Grunde  rücken 
die  Jahresisotherraen  eng  zusammen.  Während  sich  nämlich  zwischen  dem 
mittleren  Oranjefluß  und  dem  Tsadsee  eine  Zone  ausbreitet,  innerhalb  deren 
durch  45  Breiteugrade  hindurch  die  mittlere  Jahrestemperatur  nur  zwischen 
dem  25.  und  30.  Wärmegrade  schwankt,  durchschreitet  man  rechtwinklig 
dazu  von  Swakopmund  nach  Windhuk  das  Gebiet  der  meridional  verlaufenden 
Isothsnnen,  in  dem  auf  einer  Strecke  von  etwas  mehr  als  800  km  die  Za> 
nähme  der  mittleren  Jahrestemperator  von  der  Ellste  ins  Lmere  10"  betragt. 
Die  grOJHen  Erscheinungen  der  physischen  und  wirtiohaftUchen  Vezhiltnisse 
von  Deutsch-Südwestafrika  erkliren  sidi  ans  dieser  Lage:  die  Besiedelungs- 
flhigkeit  durch  Europier,  die  Armut  an  Wsisser,  der  Beiditum  an  sterilen 
nnd  succulent«n  Pflanzen  mit  kurzer  Vegetationsperiode  nnd  der  Wüsten- 
streifen, der  (las  Hinterland  von  der  Küste  trennt. 

Detitscli  Suiiw.  stafrika  hat  seine  Küste  eigentlich  nur  an  einer  Stelle 
dem  Liebesut  rbeii  eurupuischor  Kolonisation  geöffnet,  in  der  Walfisch-Bai, 
Der  ganze  dürstende  Landstreifen  vom  Kuneue  bis  zum  Oranjefluß  ist  das 
lfitft«r  einer  „abschreckenden  Kttste**,  die  stati  sur  gesdikfaÜiolMtt  Bnt- 
fUtnng  rar  „geschicfatlichen  Yerspfttung^  des  dahinterliegenden  Landes  fUirt 
ünd  diese  an  sieh  schon  sohlechte  Küste  ist  ferner  noch  dorch  polilisohe 
Gebüde  besonderer  Art  verunstaltet:  Torgelagerte  Kflsteninseln  beeintittchtigen 
immer  den  Wert  der  KQste,  wenn  sie  in  fremdem  Besitze  sind.  Eine  wie 
schwere  Last  Sansibar  für  Deutsch  -  Ostafnka  bedeutet,  ist  schon  früher  er> 
Urtert.  Aber  auch  Fernando  Po  in  Kamerun  imd  die  Pinguin -Inseln  vor 
der  Küste  von  Deutsch-Sttdwestafrika  schädigen  die  politisch -geographische 
Gestaltung  der  beiden  Kolonien,  und  sei  es  auch  nur  durch  die  in  ihnen 
gchliunmernden  Möglichkeiten.  Die  englischen  Inseln  vor  deutschen  Küsten 
sind  deutscherseits  Brandmale  einer  politisch -geographisch  dndksohwaclMn  Zait» 

Eine  andere  Verunstaltung  der  sttdwestafrikanischen  Kflste  ist  ferner  die 
englische  Enklaye,  dis  Ton  deutschem  Gebiet  umschlossen  wird,  die  Wal- 
fiscih-Bai.  Disse  Enklave  ist  heute  eigentlich  weiter  nichts  als  eine  aus  Sand, 
Dflnen  und  Klippen  bestehende  Bodieit:  die  Bosheit  liegt  darin,  daß  dieses 
Gebiet  uns  den  besten  Hafen  wegnimmt»  ohne  daß  daraus  für  die  Bngiitnder 

48* 


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636 


Bruao  Felix  Hänsch: 


«in  aaderer  Yoiteil  entspringe,  als  daS  sie  die  EntwicUnng  unserer  Kolmiie 
Terzflgert  Denn  es  ftthrfc  keine  neimentwerte  Handelsrerlnndiing  ins  Innere; 
em  DOnen-  und  Wüstengflrtel  soUiefit  den  Hafen  vom  Lmem  ab.  Die  Wal- 
fisch-Bai ist  nicht  bloB  politisch,  sondern  andi  physisch  eine  Enklave.  Sie 
hat  aber  eine  gewisse  Bedeutung  ftir  uns  als  weiteres  Glied  in  der  Reihe: 
Besetzung  der  Volta- Mündung  durch  England,  Abschneidnng  des  C'roßfluft- 
Schirt'nlirt-wegt^s.  Abschneidung  des  Niger  —  Benuö -Weges.  An  zahlreii^lien 
Orten  liat  England  nnsfie  Kuloiiien.  nn  «Irei  Punkten  unsere  Küsten  venbtrben. 
In  dieser  Küstenpolitik  Kngland^.  vorgtlagertp  Küstoninseln  zu  besetzen,  üeizt 
aber  ein  grußer  Zug,  auf  den  Katzel  hinweist:  England  als  Inselstaat  er- 
wirbt Inseln,  wo  sich  andere  MSchte  kontinental  ansbrdten. 

Die  ungünstigen  EflstenverhSltnisse  bringen  es  mit  sich,  daft  Deutsch- 
SüdwestafUka  keine  Bandlage  besitzt,  obwohl  es  den  Band  des  Kontinents 
einnimmtw  Die  Bandlage  erhftlt  ihren  höhnen  Wert  immer  eist  dxaok  ^e  in 
ihr  begründete  Durchgangslage  zu  einem  wirtschaftlich  starken  Hinteriaade. 
Dieses  Hinterland  fehlt.  Gewaltige  Wüsten  und  Dornbuschsteppen  umlagern 
die  Ostgrenze  der  Kolonie.  So  entsteht  das,  was  Ratzel  „die  Lage  ab- 
seits" nennt.  Auch  der  Zutritt  zum  Zambesi,  den  der  ..('aprivi- Zipfel*'  fr- 
niöglicht,  lindert  an  dieser  Tatsaehe  nichts.  Eine  Durcbgangshige  wird  sich 
erst  dann  herausbilden,  woun  die  englischen  Wirtschaftsinteresson  im  Innern 
des  Kaplandes  mit  seinen  Gold-  nnd  Diamantendistrikten  so  gewaltig  ge- 
wadisen  sein  werden,  daß  die  Oewinngrenzen  dieses  Wirtschaftsgebietes  die 
Westküste  erreidien.  Dann  wird  eine  Bahn  dordis  deutsche  Gebiet  nur  «ne 
F^age  der  Zeit  sein. 

Bs  ist  zweifellos  sicher,  daB  diese  Bahn  einmal  gebaut  werden  wird, 
wenn  sie  auch  der  Reichstag,  eine  kurze  Kflstenstrecke  au-Sgenoramen,  eben 
abgelehnt  hat.  Diese  Hahn  bedeutet  eine  wesentliche  Yerkümung  der  europä- 
ischen Verbindungen  der  Kolonie,  ein  Nälierriicken  des  britischen  Kapb.ndes 
an  das  Mutterland  und  eine  Eingangs])fortp  in  die  Kf)lonic  vom  Kückfii  h'T. 
In  dieser  Verbindung  erst  gewinnt  der  „Caprivi-Zipfel'"  seine  eigenartige 
Bedeutung.  Er  ist  der  zur  Realität  gewordene  Protest  dagegen,  dali  diese 
Bahn  anders  als  durdi  deutsches  Gebiet  gebaut  werde.  Jede  von  Iioanda 
oder  Mossamedes  aus  zu  bauende  Bahn  nach  Kimberley,  die  deutsches  Gebiet 
vermeiden  soll,  xwingt  der  „OapriTl-Zipfel"  zu  einer  weiten  ümgelinng,  wo- 
dnrdi  ihre  Bedeutung,  den  Weg  xum  Kap  zu  Terkllnen,  T&Uig  anfgehobot 
wird.  Den  w^eit  über  3000  Kilometern  von  Loanda  nach  Kimberley  stehen 
nur  1000  km  über  Lüderitzbucht,  bez.  1700  km  über  Wiudhuk  gegenflbor. 
Es  ist  somit  unbestreitbar,  daß  Dcutseldand  den  kürzesten  und  bequemsten 
Zufahrt.sweg  von  England  a\is  zur  mittleren  Kapkülonie  l^eherrschen  wird, 
und  daß  Ijei  dieser  Beherrschung  die  Barriere  des  „Caprivi-Zipt'els^*  die  Haupt- 
rolle spielt. 

Der  „C'aprivi-Zipfel"  ist  aber  noch  in  anderer  Hinsicht  politisch-geogra- 
phisch interessant.  Er  ist  die  einzige,  einer  Abgliederuug  fast  gleichkom- 
mende ünregelmftAi^eit  unserer  afrikanischen  Kolonialgrensen,  die  jedoch 
bei  der  GrOBe  des  Schutzgebietes  die  im  übrigen  sehr  gflnstige  Ver- 
hBltniszahl  der  Grenzentwickelung  nicht  wesentlich  zu  bednflnssen  TOinag. 


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Das  deuitebe  Kolonialreioli. 


687 


Er  ist  eine  Art  ErstarruugsirSLhciüHTip  im  Gange  der  geschichtlichen  Ent- 
wicklung der  (!ren/c.  Zur  Zeit  der  deuts(  lu  n  llesitzergreitungen  in  Afrika 
wuchsen  die  liestrehuiigen  der  deutscheu  Kulüuiaipoiitiker  von  Jahr  zu  Jahr. 
Immer  weiter  schobeu  sich  ihre  Pläne  ins  Innere  vor,  die  auf  eine  Ver- 
einigung des  Ostens  mit  dem  Westen  abxielten.  Da  Temichteten  Vertrftge 
mit  einem  Sehlage  die  BemflUiUDgenf  als  dwen  letstnr  Markstein  der  Zugang 
anm  Zambea  im  „Cainrivi-Zipfel'*  das  Kartenbild  Tenanstaltet  Er  ist  nidits 
als  eise  erstante  Wadistomsspitze  der  Grenae  nnd  ein  Denkmal  der  rast- 
losen Bemühungen  der  Kolonialpioniere  jener  ersten  Jahre. 

Es  ist  ja  richtig,  der  „Caprivi-Zipfel"  ermöglicht  uns  auch  den  Zugang 
zum  Zambesi.  Als  solcher  ist  er  wohl  auch  ursprünglich  gedacht.  Nach 
den  eingehenden  I)arle^ni:iL'en  Passarges  ist  es  aber  zweifellos,  daß  dieser 
Vorteil  nur  auf  der  Larnikiirtt'  und  in  der  Theorie  licsteht.  Zu  praktischer 
Bedeutung  wird  dieser  Laudstreifen  wohl  nie  gelangen.  Denn  der  Weg  von 
Tsumeb  zum  Zambesi  ist  1000  km  lang.  Das  Okavangobecken  mit  dem 
Ewandogebiet  gehört  wirtschaftlich  zum  Zambesi.  Dieser  Wasserweg  und 
die  englisdie  Bahn  nach  Bnluwayo  schlieBen  die  Ph>duktion  des  Okavango- 
beckens  an  die  Mftrkte  des  MatabelfliaBdes  an.  Mit  der  polittsohen  Wirknag, 
die  Engländer  am  Vordringen  ins  Hinterland  von  Portugiesisch-Angola  ver- 
hindert zu  haben,  und  mit  der  verkehrspolitischen  Wirkung,  eine  Kontinental- 
bahn von  der  Westküste  nach  den  Gold-  und  Diamantendistrikten  der  Kap- 
kolonie von  deutscheiu  Gebiete  abhttngig  zu  machen,  ist  die  Bedeutung  des 
^Caprivi-Zipfels'"  erschöpft. 

Es  wurde  schon  hervorgehoben,  daß  Deutsch- Südwestafiika  in  der 
Schußlinie  des  Vordringens  europäischer  Kultur  liegt,  das  sich  an 
den  Spitsen  der  drei  8fld*Erdteile  wiederholt.  Dieses  Vordringen  hat  hier  die 
lokale  Form  der  Bnrentrekks  angenommen.  Es  sind  politische  Femwir- 
knngen  des  sftdafiikanischen  Kulturq^ms.  Vom  Stiden  her  sind  die  Buren 
staffelförmig  nach  Deutsch^Ostafrika,  nach  den  Ngamiltndem  nnd  nach  Portn- 
giesiscb-Angola  vorgedrungen.  Das  i^t  der  bedeutsamste  Zug,  der  unser  Ge« 
biet  an  das  Kap  fesselt.  Es  sind  gewaltige  Käurae,  die  die  Buren  auf  ihren 
Trekks  durchziehen  mußten,  und  voller  Entbehrungen  und  Mühen  waren  ohne 
Zweifel  diese  W'arideriiiiiren,  die  ihnen  ein  hartes  Schicksal  inii'/.wang.  Dafür 
saßen  und  sitz»'n  sie  iiuer  nun  auf  ihren  neu*^n  Weideplätzen  wie  iu  Boll- 
werken: ihr  einziger  aber  wirkungsvoller  Schutz  ist  der  weite  Raum,  der 
sie  allseitig  umgibt  Bei  Betrachtung  der  deutschen  Kolonialzone  wurde  der 
gewaltigen,  politisehen  Kraft  gedacht,  die  weiten  Räumen  innewohnt,  und  die 
so  allmSditig  ist,  daß  Armeen  an  ihr  senchellen.  Ln  kleinen  wiederholt 
sieh  diese  Erscheinung  im  gegenwärtigen  Kolonialkriege  in  Dentsch-Bfldwest- 
afi-ika.  Die  Bevölkerungszahl  des  Aufstandsgebietes  entspricht  —  auf  deutsche 
Verhältnisse  übertragen  —  mit  vielleicht  loOOOO  Köpfen  der  Bevölkerung  von 
Beuß  j.  L.  Der  Raum  der  beiden  Gebiete  aber  verhält  sich  wie  KJiM»  -.  1. 
An  der  völligen  Niederwerfung  des  Aufstaudes  arbeiten  seit  nunmehr  2  Jaliren 
15  000  ausgesuchte,  mit  allen  Mitteln  der  Knegtuhrung  reichlich  versehene 
Soldaten.  Was  würde  man  sagen,  wenn  eine  Macht  gegen  Reuß  j.  L.  ein 
Armcekorpä  mobilisieren  wollte?    Nicbts  kann  deutlicher  die  dem  Baume 


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e88 


Brnno  Felix  Hinseht 


innewohnoude  politische  Kraft  veranschaulichen  als  dieser  Vergleich.  Es  er* 
hellt,  daß  iu  allen  krioponschon  Opprationon  in  unseren  gewaltigen  Koloni&l- 
gebieten  der  Kaum  als  Mitkämjjfer  einzustellen  ist.  Es  muß  möglich  sein, 
die  Machteinheiten,  die  er  darstellt,  in  bestimmte  Formeln  zu  fassen. 

Es  gibt  nur  ein  Mittel,  die  Macht  des  Raumes  erfolgreich  und  dauernd 
zu  brecheOf  das  ist  die  Schaffung  von  Verkehrsmitteln.  Auch  hier  lassen 
liflli  die  VeribiltniaM  der  Eol(niialioiie  auf  die  dnwlne  groiiliuiiige  Kolonie 
flbertragen.  Und  wie  dort  Kabel,  Kudebdampfer  und  Kriegssehiffe  eingesetit 
werden  mOsseii,  so  hier  bewmden  die  Balmeo,  die  auf  dem  festen  Lande  fiut 
allein  eis  ranmbewSltigendes  Verhehrsniitfeel  in  Betraeht  kommen.  Die  Aof- 
stinde  der  letsten  beiden  Jahre  haben  schlagend  den  Beweis  erbraeht,  daft 
nnr  die  Gebiete  einer  Kolonie  als  politisch  wirklich  gesicherter  Besita  gelten 
dtirfen,  die  durch  Bahnen  leicht  erreichbar  sind,  und  das  ist  in  unsem  Ge- 
bieten von  der  mehrfachen  Größe  des  Mutterlandes  ein  in  der  Tat  verschwin- 
dender Teil.  Diese  kleinen  Gebiete  bilden  gewissermaßen  Anhcftungspunkte 
der  kolonisatorischen  Krüfte.  A.n  sie  schließt  sich  nach  dem  Innera  und 
seitab  der  Bahn  eine  Reihe  konzentrisch  angeordneter  Räume  bis  zu  den  am 
weitesten  entfernten  Landschaften.  Ihre  Treunungslinien  hat  Ratzel  tretfend 
mit  dem  Worte  „politische  Isodynamen"  bezeichnet.  Sie  begrenzen  Zonen 
abnehmender  Kraft  der  von  den  Anheftungsp  unkten  der  Kolonisation  aus- 
gehenden wirtschaftlidhen,  politisohmi  und  kulturellen  Unternehmungen  und 
der  diesen  Untranehmnngen  entgegenstehenden  WidentSnde. 

Demnach  bedeutet  jedes  Kilometer  Bahn  in  weitrSumigen  IG>lonial' 
gebieten  einen  Zuwachs  an  politisdier  Madit.  Daher  war  auch  die  Klauad 
im  Vertrage  mit  der  englischen  South -West -Africa- Co.,  daß  die  deutsche 
Begierong  von  der  Küste  aus  keine  Bahn  nach  Windhuk  bauen  dürfe,  eine 
politische  Klausel.  Kein  Staat  und  keine  Kolonie  durfte  sie  sich  je  ge&Uen 
lassen,  ohne  an  der  politischen  Elire  Schaden  zu  leiden. 

Es  ist  zweifellos  der  gewaltigste  Schallen  unserer  Kolouialpolitik,  der  in 
Deutsch-Süd westatnka  gerade  zu  den  bittersten  Folgen  geführt  hat,  daß  man 
die  unendliche  widerstrebende  Macht  des  Raumes  nicht  erkannt  und  sich  des 
einzigen  Mittels  zu  ihrer  Bewältigung,  des  Verkehrs,  20  Jahre  hindurch  fast 
nicht  bedient  hat.  Wann  endlich  wird  man  aus  den  gegebenen  politisch- 
geogra'phischen  Bedingungen  die  eisernen  Konseqnoum  lielMn? 

Eine  so  wichtige  Bolle  die  Verkehrsfiragen  in  der  inneren  ErschlieBang 
▼on  Südwest- Afrika  spielen,  so  wenig  gibt  es  heute  Yerkehrsfragen  in  der 
Chmu^olitik  der  Kolonie.  Die  absehreefcende  Kfiste  und  die  Lage  abeeito 
▼erurteilen  die  Kolimie  in  dieser  Hinsicht  zu  einer  abwartenden  Haltung. 
Nur  wenirre,  schwor  passierbare  Wege  verbinden  sie  mit  den  Nachbargebieten. 

Im  Norden  hat  man  eine  Zeitlang  den  Plan  verfolgt,  das  Minengebiet 
von  Otavi  und  Tsumeb  mit  einem  portugiesischen  Hafen  durch  eine  Bahn 
zu  verbinden.  Glücklicherweise  ist  dieser  l'hin  t,'oscheitert.  Denn  durch  diese 
Verkehrsstraßo  würde  künstlich  er/euet  \senlen.  was  wir  am  Benue  und 
Croßfluß  bedauern:  die  Angliederung  deutscher  Kolonialwirtschattsgebiete  an 
fremde  Kolonien. 

Der  Haupt  weg  nach  dem  Osten  und  flberhaupt  der  einzige  TOa 


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Das  deutsche  Kolouialreieh. 


639 


BedeatoDg  in  diiMr  Riehtang  itt  der  Ngamipfad.  Er  T«rbmdet  Windhak 
und  Gobabifl  mit  dem  wirtschaftlicli  verhBltnism&fiig  wertvoUen  Ghaneefold 

und  dem  Okavangobecken.  Dieser  violbonutzte  Weg  wird  von  der  Grenie 
eigentümlich  behandelt.  Nur  aU  ein  Beispiel,  wie  sonderbare  YerfaAltnisse 
durch  willkürliche  Grenzziehungen  entstehen  können,  sei  hier  kurz  darauf 
einsjej^angen :  Hintor  dem  deutschen  Oas  betritt  der  Weg  enfrlisches  Gebiet, 
fülirt  dann  nach  ( Mifantskloof,  um  nach  Überwindung'  einpr  Durststrecke  das 
wiederum  deut,sche  Kiettontein  zu  erreichen,  das  in  der  iiuBerston  Ecke  jenes 
rechten  Winkels  liegt,  der  hier  ins  englische  Gebiet  vorspringt.  Erst  dann 
betritt  der  Pfad  endgtUtig  englischen  Boden.  Bei  der  Zwangsläufigkeit  der 
Wege  in  jenen  Gebieten,  in  denen  man  sidi  von  Wanerlodi  sn  Waeserloeli 
bindurdidfirsten  mnB,  ist  eine  Twlegimg  des  Weges  ausgeseUosseiL  Biet- 
fontflin  wild  als  wichtiger  Wasserplatx  nadi  einer  90 — 100  km  langen  Durst- 
strecke seine  beherrschende  Stellung  dauernd  behalten. 

AnBw  dem  Ngamip&d  fUam  nur  noch  wenige  Wege  in  die  HaohlMr- 
gebiete  hinüber.  Die  steOwandige  Talschlucht  des  Oranje  sdüieBt  die  Kolonie 
gegen  Süden,  der  Okavango  und  der  Kunene  gegen  Norden  ab.  An  der 
Ostgi-enze  aber  erreicht,  wie  <}ie  dentsch-englische  Grenzkommission  erwiesen 
hat,  der  Pornwald  stclbnnveiso  eine  solche  Unwegsamkeit,  daß  er  als  Grenz- 
wald gelten  kann.  Du  treiiuonde  Wirkung,  die  ein  l'rwald  durch  die  Üppig- 
keit der  Vcgotation  hervorruft,  beruht  hier  auf  der  verkehrshindernden  Art 
des  Dornbuschos.  Sogar  Wüsten  kennt  Dt'\it.S'"h-Südwe.stafrika  als  (irenzschutz. 
Vom  28.*^  s.  Br.  au  bis  zum  Nossob  zieht  sich  eiu  völlig  unzugängliches 
Wflstengebiet  hin,  das  die  Arbeiten  der  deutsch -englischen  Grenzkonmiission 
unendlich  erschwerte  und  snm  T«l  unmöglich  macÄite.  Der  nördliche  Teil 
der  Os^p'enxe  dieser  Kolonie  ist  insofam  nicht  ungOnstig,  als  er  über  das 
Wfistengebiet  der  Omaheke  hinausgreift  und  im  Eaukaufeld  und  Enngfeld 
groBe  fOr  Viehsoeht  geeignete  Steppengebiete  der  Kolonie  angliedert  Und 
dodi  bleibt  diese  Grenze  so  lange  politisch-geographisch  widersinnig,  als  sie 
das  Okavangobecken  und  das  Ghansefeld  abschneidet.  In  ihrem  heutigen 
Verlaufe  fehlen  ihr  geographische  Stützpunkte,  Iftdt  sie  den  „Capri  vi -Zipfel** 
fast  wirkune^Ins  werden  und  raubt  der  Kolonie  em  geographisch  ihr  zu- 
gehöriges Hinterland. 

5.  Das  Kolonial-Wirtschaftsgebiet  des  stillen  Oseans. 

Die  Würdigung  der  Lage  unseres  pazifischen  Besitzes  ist  in  ihren  Uaupt- 
sfigen  bereits  erfolgt.  Sie  führte  uns  zurück  auf  die  Einflüsse  der  südlichen 
Westwindtrift.  BedentnngSToll  werden  diese  Besitsungen  dadaroh,  daß  sie 
die  wirtschaftlichen  Verbindungen  xwischen  Australien  und  Japan  umlagern 
und  als  Triger  des  paanfischen  TelegraphenTcrkehrs  dienen. 

In  ihrar  aUgnneinen  Anordnung  zeigen  sie  das  Bild  einw  zerstreuten 
Lage.  HoIISndische,  deutsche,  englische,  franzSsische  und  amerikanische  Be- 
sitzungen schieben  sich  regellos  durcheinander.  Nur  die  britischen  sind  durch 
eine  feste  Kette  von  Stflt^unkten  an  das  Mutterland  angegliedert.  Die  aller 
anderen  Mächte  tragen  mehr  oder  weniger  den  Charakter  der  rpirellosen  Ver- 
streuung.    Eine  einheitliche  and  nachdrückliebe  Machtentfaltung  wird  durch 


640 


Brnno  Felix  Hinteh:  Das  denttehe  Kolonialreich. 


diese  Lage  erschwert.  Es  ist  deshalb  zu  verstehen ,  daB  in  Frankreich  s.  Z. 
•IUb  Emates  der  Plan  auftauchte,  den  paaifisohen  Kolonialbeeits  ao&agebea 
lagunsten  einer  Konzentration  auf  Afrika. 

Die  nesitzvprhältnisse  iin  stillen  Ozean  sind  wechselnd,  und  das  Auf- 
treten joder  neuou  Kolonialmacht  in  diesen  Gebieten  bedeutet  ffir  die  dort 
heimischen  Miichte,  bes.  Japan  und  den  Common nealih ,  eine  \'ennehrung  der 
Nachbarn.  Jeder  nene,  niaohtvolle  Nachbar  liringt  ab^r  t^ineu  Zuwaclis  von 
Verwnckelungsmöglichkeiten.  Deshalb  ist  es  voll  erklürlicb,  daß  s.  Z.  die 
australische  Kolonie  gegen  die  Festsetzung  Deutschlands  auf  Neu-Guinea  pro- 
testierto.  Das  Ausieheiden  des  kolonialpoUtaBcii  in  eine  Nebenrolle  gedrängten 
Spanien  ans  der  Beihe  der  paiifisohen  Ittohte  bedeatete  deshalb  fDr  den 
Commotneetäih  sine  Venehlechtamng  der  Nachbarschaft,  weil  die  Vereinigten 
Staaten,  die  an  seine  Stelle  getreten  sind,  geographisch  viel  fsster  in  diesem 
Teile  der  Erde  wnneln  als  das  weit  entfernte  Spanien.  In  ihrem  Nachbar- 
reichtum  u.  a.  liegt  fttr  die  pazifischen  Mftohte  der  Zwang,  rieh  müittrische 
Machtmittel  zur  See  zu  schatfen. 

Sicher  ist,  daß  sich  die  deutschen  pazifischen  Kolonien  nie  zu  einer  be- 
herrschenden SteHuus.:  aufschwingen  werden.  Sie  sind  den  Ströniuntren  des 
ostasiatischrn,  amerikanischen  und  australischen  Wirtschaftslebens  preisgegeben^ 
von  dem  sie  handelspolitisch  abhängig  bleiben.  Schon  haben  handels- 
politische Ditlereuzen  zwischen  Deutschland  und  dem  Cominonueaith  in  Bezug 
auf  die  Marshall-Inseln  zu  einem  Siege  Australiens  geflUirt.  Die  Auierikuuer 
lenken  ihre  Verbindungen  Aber  Gnam  nnd  Tutoila  und  machen  dadurch  die 
benachbartem  deutschen  Inseln  teilweise  sn  Anhängseln  ihrer  Stationen.  Nor 
die  erhofften  nord- südlichen  Handelsbeuehnngen  swischen  Australien  nnd 
Japan  werden,  wie  schon  erwfthnt,  die  Nachteile  der  Lage  «inigermafien  Ter- 
bessern  kOnnen. 

Scihliißwort. 

Der  Blick  auf  die  gewonnenen  Ergebnisse  nötigt  zu  zwei  Schlußworten, 
ZU  einem  rein  politischen  und  zu  einem,  das  die  praktisch -wirtschaftliche 
Seite  unserer  Kolonialpolitik  belritlt 

Uei  allen  praktisch  -  wirtschatllicheu  Maßnahmen  muß  sich  die  Kolonial- 
regierung die  schweren  (i (fahren,  die  in  den  politisch-geographischen  Verhält- 
nissen unserer  Kolonien  liegrüiukt  liegen,  vor  Augen  halten.  Diese  Gefahren 
bedrücken  und  hemmen  die  Entwicklung  des  Stuatskörpei-s  unserer  kolonial- 
politischen  Qebilda.  Sie  arbeiten  im  stillen;  sie  sind  die  gefHurlichsten,  weil 
am  wenigsten  bemerkten  Feinde.  Ihrem  stammen  Wirlmi  moB  die  Eobnial- 
verwaltnng  mit  planvollen  IfaBnahmen  au  begegnen  sndien.  Alle  kolonial- 
politischen üntemchmungen  sind  in  prüfen  mit  Blicksicht  anf  die  Frage: 
stttrken  sie  die  pditisah-gsographische  Position  der  okkupierenden  Uacht? 
Nur  so  werden  die  Mängel  der  Lage,  die  Fehler  der  Grenzziehung  und  die 
Gefahren,  die  in  den  weiten  Räumen  liegen,  nnscbidlich  gemacht  werden. 

Andererseits  darf  die  Kolonialregierung  nie  vergessen,  daß  ihr  bei  der 
Verteilung  des  schwarzen  Erdteils  an  vielen  Stellen  eine  große  Summe  poli- 
tischer Macht  zugefallen  ist.  Sie  würde  töricht  handeln,  wenn  sie  diese 
Macht  nicht  rücksichtslos  ausnützte  und  Zug  um  Zug  das  Gewicht  ihrer 


Geographiiche  Neuigkeiten. 


Ö41 


poUtkdi-geographiselicii  SteUimg  in  die  Wagaebale  würfe,  wo  es  sich  dämm 
handelt,  auf  äw  betretenen  Bahn  der  Weltpolitik  weiter  zu  schreiten. 

Aber  noch  ein  andwer  Zug  tritt  markant  in  Erscheinung:  so  sicher  es 
ist,  daß  England  vor  der  deutschen  Expansion  im  Jahre  1881  in  allen  Erd- 
teilen dominierte  und,  was  noch  niolir  Sagen  will,  iast  schrankenlose  Ent- 
wicklungsmögliclikeiten  vor  sieh  sah,  ebenso  sicher  ist  e«?,  daß  ihm  Deutsch- 
land diese  Eiif  \\ntklunf:sin(i^'li(hk»>iten  in  Afrika  allenthalben  verlegt  hat. 
Und  nun  «iic  Kehrseite  dieser  Behauptung:  so  sieher  es  ist,  daß  in  den  Au- 
fSn<;eii  der  deut sehen  kolonialen  Expansion  die  Erringung  eines  deut.schen 
Afrika  uieht  bloß  beabsiehiigl,  sondern  sogar  möglich  war,  ebenso  sicher  ist 
es,  daß  das  durch  unser  Eingreifen  aufgeschreckte  England  nicht  bloß  seine 
Besitzergreifungen  im  Gegensatse  zu  frflher  ungeahnt  heseUeunigte,  sondern 
uns  auch  aus  bereits  gewonnenen  Portionen  wieder  verdrängte.  Dieser 
Procefi  gegenseitigen  Drftngens  und  Schiebens  hat  zwar  durch  Vertrftge  einen 
Torlftufigra  AbsdiluB  erlangt,  hat  aber  doch  eine  ungeahnte  Reihe  Ton  Frik- 
tionspunkten zurückgelassen,  die  das  Fleisch  der  beidnn  Staaten  wund  reiben. 
Mit  jedem  neuen  Jahre,  mit  joder  neuen  Handelsstatistik,  mit  jeder  ])olitischen 
Verinderang,  mit  jedem  Kriege,  mit  jeder  wirtschaftlichen  Unternehmung 
werden  auf  beiden  Seiten  —  woblgemerkt  auf  beiden  Seiten  —  sehr  reale 
Schmerzempfindungen  erzeugt,  die  sich  /,u  einem  politischen  Oefiihle  der  Ab- 
neigung verdiehten,  —  geradeso  wie  eine  Summe  von  Mißhandlungen  das 
Kind  zu  chronist  limi  Hasse  gegen  seinen  Peiniger  drängt.  M<igen  noch  so 
viele  Ursachen  dafür  spre<  hen,  daß  sich  beide  Nationen  achten  und  lieben,  — 
die  kolonialpolitischen  Friktiouspunkte  sind,  wie  die  handelspolitischen,  weil 
realer,  deshalb  wirkungsvoller,  und  dringen  mit  der  Folgeriditigkeit  politisdi- 
geographischer  Evolution  zum  Austrag« 


Qeographiselie  Meni^keiteii. 

ZnaammeugCHtellt  von  Dr.  August  Fit7.au. 


Allgemeines. 
*  Die  Herausgabe  des  Kicbt- 
hofeniehen  literarischen  Nach- 
lasses wird  einem  Rundschreiben  Prof. 
V.  HrTf^alBkis  zufolge  folgendermaßen 
durchgeführt  werden.  Von  den  vorhan- 
denen KoUeg^Mannskrtpten  haben  sich 
zwei  als  für  die  Veröffentlichun«;  geeignet 
erwiesen,  n^lmlich  „die  vergleichende  {""her- 
sicht  der  Kontinent«'',  die  Prot.  Dr. 
Philippson,  und  ^die  Siedelungs-  und 
Verkehrsgeographie^,  die  Pcivatdozent 
Dr.  0.  Schlüter  hernuspehen  wird.  — 
Die  Herausgabe  des  dritten  Bandes  sowie 
des  »weiten  Teiles  des  Atlas  des  „China- 
weikes'*  darf  als  gesichert  bezeichnet  wer- 
den, nachdem  durch  den  Kaiser,  durch 


die  k  preußische  Akademie  der  Wissen- 
schaften und  durch  den  Verlag  von  Dietrich 
Reimer  die  erforderlichen  Mittel  zugesagt 
oder  bereitgestellt  sind.  Einem  Wunsehe 
des  Verstorbenen  entp))rerhen(l  liat  sieh 
Dr.  E.  Tießcn  bereit  erklärt,  die  Heraus- 
gabe des  Textes  des  dritten  Bandes  zu 
übernehmen,  während  Dr.  M.  riroll  die 
Fertiirstellunp  und  Herauspabe  di  r  Karten 
übemehmeu  will.  Die  Vollendung  des 
„Chinawerires"  darf  innerhalb  der  näch- 
sten vier  Jahre  erwartet  werden. 

•  Eine  kurze  Anleitunrr  zum  He- 
obacbten  von  Erdbeben  verötfent- 
licht  die  kais.  Hanptstation  ftlr  Erd- 
bebenforschung zu  StraBbnrg  in  Nr.  113 
der  „Straftbni^  Karrespondens**,  indem 


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642 


Oeographiiehe  Neuiffkettea. 


sie  dabei  von  dem  (iedankcii  ausgeht, 
daß  durch  richtig  aogesteiit«  iieobach- 
tangen  fllhlbftnr  Erdbeben  jedoRnAiiii  der 

WisaenBchaft  gute  Dieofte  leiaten  kOnne. 

Nach  einer  kurzen  Erklilrung  dor  ge- 
bräuchlichsten seismologischen  Fachaus- 
drücke und  nach  Aufzfthlung  der  wich- 
tigsten Begleitewchwnimgen  eines  Erd- 
bebens werden  etwas  »*itif,'ehi'iider  die 
8or;»>nannton  ,,Erdbebcngerjiu8che"  be- 
handelt. Am  häufigsten  gehen  diese  Ge- 
rioiehe  der  Hanptcmebattornng  mimittel- 
bar  voraus ,  treten  aber  auch  ^^cb- 
zeitiir  mit  ihr  ein  und  dauern  nach 
detu  linde  ded  Bebens  noch  etwas  an. 
Die  Art  des  ErdbebeogeAtucbea  wird 
sehr  verschieden  angegeben  als  Brausen, 
Pfeifen,  Heulen,  Rollen,  Donnern,  Krachen. 
Brüllen  uüw.  Im  groüeu  und  ganzen  kann 
man  swei  Hauptgruppen  ontenebeiden; 
buiggesogeno .  iihnlich  flem  Rollen  dos 
Donners,  oder  aber  kurz  abgebrochene, 
wie  beim  Aufliegen  einer  Mine.  Die 
Geiftuaebe  kommen  in  gleicher  Weite  bei 
Erd-  wie  bei  Seebeben  vor.  Auf  was  der 
zufiUlige  üeol  achter  eines  Enlbebens 
hauptsüchlich  zu  achten  hat,  um  der 
Wisaenschaft  durch  seine  Wahrnehmungen 
zu  nützen,  ersieht  er  aus  der  Pragekarte, 
die  die  kais.  Krdhebenstation  in  Straß- 
burg zuaammeugesteilt  hat;  sie  enthält 
folgende  Engen:  Tag  nnd  Datum.  Ort. 
Um  wieviel  Uhr?  hm  s.  Ortszeif^  (Zonen- 
zeit Vfirmittag?  NachinittagV  Wo  war 
der  Beobachter?  Im  Freien?  Zu  Hause? 
In  welchem  StockwerkeY  Zahl,  Dauer  der 
Stöße?  Richtung  der  Stoße?  Welche 
NN'irkung  hatte  da«  Erdbeben?  Erilbeben- 
geriluBche?  Verhalten  von  Quellen,  Brun- 
nen usw.?  fikmatige  Bemerkungen?  Adresse 
des  BeobAchters? 

DeutHChland  und  NachbarlSnder. 

w  Die  deutsche  Landesforschung 
•rfUut  gegenwftrfeig  durch  die  Seen- 
untersuchungen der  k.  preuß.  Geo- 
logischen Landesanstalt  eine  erfreu- 
liche Förderung:  die  Laudesanstalt  hat 
jetst  begonnen«  ihre  Tätigkeit  auf  die 
Waasezfl&chen ,  insbesondere  die  Seen, 
ihrer  wirtschaftlichen  Bedeutung  ent- 
sprechend, auszudehnen.  Zu  diesem  Zweck 
ist  bei  der  Anstalt  ein  „Seen-ArchiT** 
eingerichtet  und  mit  seiner  Leitung  der 
Landesgeologe  Prof.  Dr.  Jentzsch  be- 
auftragt worden.  Das  „Seen-Archiv"  soll  i 


die  gedruckten  und  handschriftlichen 
Nachrichten  und  Forschungen  über  pien- 
Sisöhe  n.    Seen  aunmeln  nnd  plamnifiig 

herausgeben.  Die  Lficken  sollen  dxirch 
Beamte  der  Anstalt  und  durch  freiwillige 
Mitarbeiter  nach  und  nach  ausgefüllt 
werden.  Inabeeondere  sollen  die  Seen  der 
geologischen  Kartenblfttter  ron  jetst  ab 
nach  Möglichkeit  Tiefeiii inien  erhalten. 
Daneben  gehen  Fors^ichungen  über  den 
Untergrund  der  Seen  und  ihre  Umgestal- 
tung, physikftliache  und  chemiaehe  Unter- 
suehuntren  des  Wassers  wie  des  Boden- 
sclilannneö.  Ein  von  Jent/.beh  in  den 
„Abbaudlnngeu  der  k.  preuß.  Geol.  L.-A" 
(N.  F.  48.  Heft)  eotsehienener  „Entwurf 
einer  Anleitung  zur  Seen-Untersuchnng 
bei  den  Kartenaufnahmen  der  Oeologi- 
süheu  Laudt^äanatalt"  verbreitet  sich  über 
die  Gestaltung  des  Untergmndea,  Yer* 
breitung  der  untergetanchten ,  wie  der 
als  Schaar  in  die  Lufb  emporragenden 
Ptlanzenbeatünde,  Beschatfeuheit  dea  L'nter- 
grundea  und  Dnrehiiehtigkeit  nnd  Faibe 
des  Wassers;  femer  sollen  am  Rande  und 
in  der  Umgebung  des  Sees  die  Ufer- 
gesteine  kartiert  und  die  auf  Eutstehimg, 
Abeehleifnng  und  bisherige  teilweise  Aus- 
füllung des  Seebeckens  hinweisenden  Tat> 
suchen  festgestellt  werden.  IH*'  linino- 
logische  Tiltigkeit  der  (.ieologischeu 
Landesanstalt  zeigte  sich  bereits  in  der 
„Beschreibung  von  sieben  geologischen 
Karten  mit  Tiefenlinien  «»der  Tiefenstiifen 
der  üewässer*\  wovon  die  Karten  in  der 
deutschen  BiunenBsehttei- Abteilung  der 
internationalen  Ausstellung  zu  Mailand 
ausgestellt  waren,  wilhrend  die  Beschrei- 
bung als  Souderabdruck  aus  dem  „allge- 
meinen Führer  durch  die  AnssteUung^*  er« 
schienen  ist. 

«  In  dem  Netze  der  österreichischen 
Alpenbahnen,  die  bestimmt  sind,  dem 
Westen  Österreichs  eine  zweite  kürzere 
Bahnrerbindung  nach  THest  nnd  don 
adriatbchen  Meere  zu  eröfliien,  ist  Ende 
September  die  wichtigste  Strecke  V  i  1 1  a  c  h  - 
Roseubach- Aßling  mit  dem  Kara- 
wankentunnel eröffnet  worden.  Yen 
Vilhich  an  der  Drau  auH;.re]ieud,  flber- 
schreitet  die  Bahn  den  «Tailthiü  und  lHuft 
im  Draatal  am  i'uße  der  Karawanken  bis 
sur  Station  Boeenbach,  wo  sie  sieb  mit 
der  von  Klagenfurt  kommenden  Teil- 
strecke vereinig^.  Hinter  Rosenbach  durch- 
I  schneidet  die  Balm  die  Karawanken  in 


tieographische  Neuigkeiten. 


64S 


dem  7976  m  langen,  zweigleisigen Tnnnel; 
der  Tunnel  steigt  anfanjjs  bi«  637  m.  senkt 
sich  dann  aber  wieder.  Hinter  dem  Tunnel 
folgt  die  Bahn  einem  Gebirgebache,  der 
nach  Aßling  6ießt ,  und  in  Aßling  ver- 
einigt aicli  (Vv  Hahn  sowohl  mit  der  alten 
Sfldbahnsirecke  Tanria-Laibach,  wie  mit 
der  neaen  StMiltbaliailnd»  AÖling-Göra- 
Triest,  dem  efldlicbsten  Zwviii  di-s  neuen 
Alpenbahnsystfma,  die  nucli  in  diesem 
Jahre  dem  Verkehr  übergeben  worden  ist. 
Der  Handel  wird  «ich  der  neuen  Linien 
bftld  bedienen,  namentlich  wenn  auch  das 
Bildliche  Knde  der  Tauernbahn  volNuiipt 
und  damit  die  Kette  dieser  Alpeubahuen 
geschlossen  sein  wird. 

Asien. 

»  Den  höchsten  bisher  erreich- 
ten i'uukt  der  festen  Erdoberfläche  mit 
70M  m  Hohe  ht*  Ende  JnU  d.  J.  Frau 
Ballock  Workman  in  der  Nun-Nun- 
Ketto  (le>4  Himalaja  erstiegen.  Nach  sorg- 
Altigeu  Vorbereitungen  in  niedrigeren 
Höhenlagen  drang  dae  Ehepaar  Dr.  Ballock 
Workman,  »Ins  ncli  sihoii  srit  inelir.Tcn 
Jahren  dem  Ik'rL'steiLT'  r-itort  im  Himalaja 
widmet,  mit  einer  wuhlauhgerüsteteu  Kara- 
wane aar  eigentlichen  Operationibaaie  fibr 
den  höheren  Aufstieg  in  ein  Lager  im 
Schappat  -  Nalo  Höhenzage  in  14  4U0' 
Höbe  vor.  Von  hier  aus  erfolgte  am 
46.  Jnli  der  Anf  bmoh  de*  Paare*  in  Be- 
gleitung von  sieben  italienischen  Fflbrem 
nnd  lf>  Einjreborenen ;  naehdem  mnn  am 
folgenden  Tage  in  Hübe  ein  Lager 

bcMgen  hatte,  kehrten  die  Indier  bis 
anf  «wei  anr  Operationabaw*  inrOck.  Beim 
Weitermarsch  wurde  man  von  Nebel  und 
Schneegestöber  überrascht  und  in  21 200' 
Hohe  wnrde  da*  hOchate  bisher  aufge- 
schlagene Lager  errichtet  und  „Camp 
Amerika"  getauft.  Hierher  Hchafften  die 
italienischen  Führer  40  Pfund  Mundvor- 
zftte  nnd  kehrten  dann  snrflck,  um  das 
weitere  Geiiiick  heranzuholen.  Die  Wit- 
terung wurde  hier  sehr  unirünstig,  das 
Paar  mußte  bei  —  20  <*  C  im  dicken  Nebel 
die  Nacht  TCrbringen.  Am  S9.  Jnli  traf 
ein  Fflhxer  mit  zwei  TrBgtni  wieder  beim 
Lager  ein,  und  dan  Ehepaar  schickte  sich 
cum  weitereu  \'ordringen  an.  Vier  Stunden 
lang  mußten  Stufen  in  einen  Eisabhang 
gehauen  werden,  bei  '22  800 '  wurde  wieder 
Halt  gemacht.  I>r  Workman  und  ein 
Tr&ger  blieben  hier  zurück,  während  Frau 


,  Wockman  mit  einem  Führer  nnd  einem 
;  TrSfjer  den  Aufstieg  fortsetzte  tuid  bei 
I231u0'  BS  70&6  m  den  Gipfel  des  Berges 
erreichte.    Jn  den  Hohen  Ober  19000' 
litten   die  Reisenden  empfindlich  unter 
I  anhaltender     Schlaf  losigkeit;  trotzdem 
brachten  sie  insgesamt  sechs  Nächte  in 
diesen  Höhenlagen  auf  dem  Sdmea  au. 

Ifrlka. 

«  Der  deutsch-englische  Vertrag 
Ober  die  Orencfestsetsung  zwischen 

Nordwest-Kamerun  und  dem  briti- 
schen (lehiete  Nigeria  von  Ynla  an  bis 
zum  Tschadsee  ist  amtlich  verötf entlicht 
worden.  Bei  diesem  endgültigen  Grenx- 
abkommen,  dem  im  wesentlichen  die 
Arbeiten  der  gemischfeu  deutsrh-eiirTli- 
sehen  Grenzkommission  unter  Haupttuann 
Glauning  und  Oberst  Jackson  zu 
Grunde  li^ren,  handelte  es  sich  darum, 

fOr  die  vorlriufigen  rjradlinifjen  Grenzen 
des  Jahres  1893  eine  auf  politisch  und  wirt- 
schaftlich brauchbare  Grundlage  gestellte 
Grence  tu  finden.  Die  jetsige,  vielfiach 
«.gewundene  Orence  ist  im  -wesentlichen 
im  Verhältnis  zu  der  alten  irradlinigcn 
Grenze  so  gelegt,  daß  sich  Laudzu wachs 
und  Landvolust  fttr  beide  Parteien  gegen- 
seitig  ausgleichen.  Für  die  Feststellung 
der  Grenze  wird  die  ]>olitiscbe  Zusammen- 
gehörigkeit der  Eingeborenen  und  die 
wirtschaftliche  Verwertung  der  Haupt- 
wasserliuife  nnd  ihrer  Nebenflüsse  als 
maßgebend  angeselion.  Daß  der  wirt- 
schaftliche Mittelpunkt  des  Grenzgebietes 
Yola  bei  der  Regulierung  nun  endgflltig 
an  I  !t;^'Iand  nillt,  iut  für  nns  gewiß 
schmerzlich.  Hißt  sich  aber  in  Hinblick 
auf  die  früheren  Abmachungen  nicht 
ändern.  Wir  mflssen  uns  damit  trOsten, 
daß  uns  Dikoa  verblieben  ist,  das  fSr  die 
Sfi<lgel>!ete  <lt's  Ts<'ha<l'<ees  vot)  großer 
politischer  und  wirtschaftlicher  Bedeutung 
ist  und  diese  Bedeutung  unter  einer 
sorfxsumen  Verwaltung  noch  weiter  ver- 
mehren kann.  Ohne  Dikoa  wäre  das 
nordwestlichste  Kamerun  für  uns  ziem- 
lich wertlos  gewesen.  Als  Gegengewicht 
gegen  Yola  könnte  sich  möglicherweise 
die  nicht  all/uferu  von  Yola  und  der 
Grenze  gelegene  alte  Balihauptstadt  Garua 
politiseh  wid  wütsehafUich  entwickeln. 
Im  allgemeinen  scheinen  die  beiderseitigen 
Interessen  durch  dan  Abkommen  gleich- 
mäßig gewahrt  zu  sein 


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644 


Geographische  Neuigkeiten. 


•  Pi<>  franzrisigchon  rittirnohmungcn 
zur  Uerstelluag  einer  Ver)<iiidun^ 
swiichen  FransOiiiicb-CongM  uud 
dem  franzOsisciit  II  bad-Territo- 
rium,  die  ^<'it  den  l'nti'iut'limun'jen  des 
Kapt.  Loetler  i.  J.  liiül  geruht  habeu, 
lind  seit  dem  Sommer  lOOß  wieder  ins 
Werk  gesetzt  worden.  Im  '  ili  i'.»05  hat 
Leutuant  Lancrenon  p\n>-n  Versurh  pc- 
macbt,  zwiBchen  Cariiot  am  oberen  iSaogba 
and  Lai  am  Loguue  eine  Verbindung  her- 
zustellen, was  Loefler  1901  schon  vergeb- 
lich versucht  hatte  Lancrenon  ginfj  mit 
«einer  Expedition  zunächst  nach  Kunde 
in  Adamaua  und  wandte  sich  dann  nord- 
OeÜich  mm  Logone.  Auf  diesem  Marsche 
wurden  ganz  unerforsehte,  orographisoh 
und  hydrographisch  sehr  iuleressante  Ge- 
biete durchschritten;  in  engen  steilwan- 
digen TUem  ergossen  sich  die  Fldrae 
vom  Adamaua-Plateau  herab  zum  Loj^'one 
und  Schari;  einer  von  ihnen,  der  Kgu, 
stürzt  dabei  über  einen  300  bis  400  Fuß 
hohen  Katuakt.  Die  angetroflPenen  Yolka- 
Stämme,  von  denen  einige  noch  nichta 
von  Weißen  gehört  hatten,  waren  zunüchst 
friedlich,  wurden  aber  im  Scharibecken 
entschieden  feindselig.  Lai  worde  am 
4.  Sept.  nach  einem  Marsch  von  700  km 
durch  unbekanntes  <!ebiet  plücklieh  er- 
reicht. Den  Rückweg  nach  Carnot  nahm 
die  Expedition  nnter  Lancrenon«  Leitung 
auf  einem  anderen,  Kunde  nicht  berfihren- 
den  Wege,  und  als  Lancrenon  hierauf 
auf  seinen  Posten  im  Tschad-Territorium 
■nrflckkehrte,  wfthlte  er  eine  dritte  Rente 
iwiflchen  Carnot  und  Bnmbabal. 

Mit  der  Leitung  einer  noch  mehr  Er- 
folg veri^prechendcn  Expedition  bat  die 
Pariser  (ieo^raphische  Geselltehaft  den 

erprobten  Afrikatorscher  Lenfant  in 
dieseni  .liilire  betraut  in  der  Absieht,  die 
Verkebrsverhältuitttte  zwutcheu  »^angha- 
nnd  Logonebedcoi  weiter  m  klären,  die 
wirtschaftlichen  Verhältnisse  dieser  (hegen- 
den 7U  erforschen  und  den  franzfjsisrhen 
Einfluß  unter  den  Bewohnern  weiter  aus- 
zubreiten. Kicht  weniger  als  neun  Eoro- 
päw  nehmen  an  der  Expedition  teil,  die 
im  August  1906  Frankreich  verlassen  hat. 
Auf  dem  Wege  nach  Carnot  soll  beson- 
ders das  Waldgebiet  an  der  Vereinigung 
des  Mambore  Kadel  «am  Sangha  er- 
forseht  werden;  jenseit  Carnot  will  man 
der  Schitfbarkeit  der  Flüsse  größere  Auf- 
merksamkeit widmen. 


Etwas  verschiedenen  Chanikterfä  ist 
eine  andere  Expedition,  welche  die  Pariser 
<  H  ographische  Gesellschaft  mit  ünter- 
stützung  (h'ä  Pasteor-lnstitates  ebenfalls 
in  dies^em  Jahre  ausgerüstet  hat;  sie  ist 
der  Erforschung  des  Wesens  und  der  Aus- 
breitung der  Schlafkrankheit  im  oberen 
rbangi-Gebiet  (gewidmet  und  der  Leitung 
des  Stabsarztes  Martin  unterstellt  worden 
Die  Expedition  «oUte  im  Oktober  noch 
Frankreich  Terlassen  und  ungefähr  andeti- 
halb  Jahre  abwesend  sein. 

»  Von  den  beiden  landeskund- 
lichen b'orechungs  -  Expeditionen 
nach  Den tsoh-OstafrikannterWeules 
und  Jägers  Leitung  sind  in  Berlin  Be- 
riclite  eingetrotTen ,  wonach  beide  Cnter- 
nehmungen  einen  befriedigenden  Verlauf 
nehmen.  Wuule  bat  zuerät  die  Wamuera 
im  Hinterlande  von  Lindi  besacht  nnd  ist 
dann  westwürts  in  die  Landschaft  Mas- 
sassi gezogen,  wo  er  bei  den  Wal;j<io  mit 
Uilfe  des  Kiuematograpben  und  PhoDO- 
graphen  ethnologisdie  Stadien  machte 
und  an  700  ethnographische  Objekte 
sammelte.  Von  hier  aus  zog  Weule  nach 
weiter  südlich  nach  Tächiugulugulu  uud 
erreidite  im  September  den  Bovoma,  den 
südlichen  Grenzfluß  von  Dentsch-Ostafrika. 
Von  hier  gedaehte  er  sich  östlich  naeh 
dem  Makonde  -  Plateau  im  Uinterlande 
von  Mikindani  zu  wenden ,  um  hier 
seine  Studien  fortzusetzen  und  dann  nach 
der  TCfiste  zurückzukehren.  Jäger  ist 
von  Tanga  liber  Korogwe  zuerst  nach  der 
Landschaft  Ungura  marschiert,  hat  dann, 
sich  nordwärts  wendend,  die  noch  größten» 
teils  unbekannte  Ma»«ai-Steppe  zwischen 
dem  Pangani  und  Irangi  durchwandert 
nnd  ist  nach  Überschreitung  des  oberen 
Pangani  zum  Kilimandscharo  gezogen,  wo 
er  die  Wartezeit  bis  zur  Beruhigung  der 
westlicheren  Landschaften  benutzte,  um 
das  Gebirge  eingehend  so  ontersachen. 
Das  Hauptergebnis  dieser  Untersnchnng 
ist  dii'  He-tei'Tun^'  der  we^*tliellen ,  ve> 
gletächerten  Kibo-äeite  und  ihre  karto- 
graphische Aufnahme.  Von  hier  ans  be- 
absichtigte Jäger  westwärts  in  das  Ge- 
biet der  abflnUlosen  Seen  zu  wandern  und 
von  dort  gegen  Ende  November  am  Vik- 
toria-See einzutreffen,  von  wo  in  südöst« 
Hoher  Raehtnng  die  DorohfiMrachnng  des 
abflußlosen  Seengebiets  und  der  verschie- 
denen Cirabenzonen  fortgesetzt  werden 
soll.  Der  Abschluß  dieser  Expedition  ist 


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Qeograpbiscbe  Neuigkeiten. 


646 


vor  April  oder  Hai  nichsten  Jahres  kanm 
SU  enratten. 

•  Von  der  Nordpolar-Expedition 
Mikkelaens  i»t  ein  bid  zum  IH.  August 
roicbender  Bericht  vuu  der  Nordküste 
Alaskas  eingetroffen.  Danach  scheint  das 
Unternehmen  auf  ungowöhnliclie  Si  hwie- 
ri^keiten  gestoßen  zu  st-in,  dio  oine  glatte 
Durchtuiiruug  des  Espeditiuusplanes  ver- 
eiteln dflifteo.  Auf  dem  Wege  rar  Beringo 
etraße  wurden  bei  der  St.  Lorenz-Insel 
die  Hiilfto  der  erforderlichen  Hunde  an 
Bord  genommen,  die  sibirische  Küste 
konnte  man  jedoch  wegen  schwerer  Stflrme 
niefat  erreichen.  Mao  setzte  de-^^bulb  den 
Kurs  auf  Port  (  larenre  an  der  alu^ki^i-hen 
Küste  der  Beriugutraße,  aber  erst  nach 
dreitägigem,  gefahrvollem  Umhertreiben 
vermochte  die  „Duchess  of  Bedford"  den 
Hafen  anzulaufen.  Eine  schwere  Erkran- 
kung Detlefsens,  der  schließlich  vuu 
dort  ans  die  Heimreise  antrat,  und  die 
Desertion  zweier  Ifannschaftcn  verzögert^jn 
wieder  die  Abreise,  und  al*  endlich  um 
22.  Juli  die  Weiterreise  angetreten  wurde, 
war  das  Wetter  abnorm  schlecht  mid  das 
Eis  wegen  der  bestBadig  wehenden  Nord- 
winde so  dicht,  daß  man  nur  sehr  lau..,'- 
sam  vorwärts  kam  und  er^t  am  18.  August 
Point  Barrow,  von  wo  d«r  Bericht  abge- 
sandt wurde,  erreichte.  Bis  zu  diesem 
Z'  itpunktf  hatte  sich  noch  keiner  der  im 
vorigen  Jahre  au  der  amerikamscheuNord- 
kdste  eingefrorenen  Walfischf&ager  ge- 
geieigt  ond  Mikkol»ene  Schiff  war  erst 
das  zweite,  und  das  erste  Segelschiff,  da$ 
in  diesem  ."Pommer  wegen  des  überaus 
schlechten  Wetters  bis  Point  Barrow  vor- 
gedrungen war.  Bei  Abgang  des  Berichtes 
am  IH.  .\iigU8t  Hchlen  der  Wind  nach 
Süden  herumgehen  zu  wollen;  in  diesem 
Falle  bofite  Mikkelsen  in  diesem  Jahre 
noch  ein  gutes  Stflek  oetwSrts  kommen 
zu  können,  um  dann  in  da?*  Winterquar- 
tier zu  gehen.  Nächsten  Sommer  soll 
dann  der  ursprüngliche  Expeditiousplan 
(8.  846)  vor  AnsRihrang  kommen,  wosn 
allerdings  noch  zwei  Jahre  nötig  sein 
wenl"n,  SU  daß  die  Expedition  anstatt  der 
geplanten  zwei  Jahre  drei  in  Anspruch 
nehmen  wird. 

Oeograpbiseber  VBtmnieht. 

*  Wie  ans  IVof  Friederichsen  mit^ 
teilt,  liest  er  an  der  üniversittt  Rostock 


neben  der  4st.  Vorlesung  Ober  „Geogra» 

phie  von  Europa"  „Allg.  Geographie 
1.  Tl.  (Die  Erd«'  und  ihre  (Jmwelt.  Die 
feste  Erdobertiäche)"  äst.  und  hält  im 
„Geographischen  Seminar^  Übungen  6ber 
„die  geographinche  Karte,  ihren  Entwurf 
und  Inhalt*'  ab.  F.  Th. 

Tereiae  «ai  TerMMmlaageH. 

•  Der  X. Internationale  Geologen- 
kongreß,  der  vom  6.  bis  lö.  September 
in  Mexico  getagt  hat,  hat  einem  Berichte 
in  der  „K.  Ztg.*'  infolge  einen  sehr  anregen- 
den Verlauf  genommen,  üher  SOOKongrefi* 
■  mitglieder  aus  allen  Weltteilen  waren  in 
'der  Stadt  Mexico  versammelt,  besonders 
I  zahlreich  eraehienen  waren  Nordamerika- 
ner, Deutsehe  und  Engländer.  Die  mexi- 
kanische geologische  i^andenanstalt  hatte 
einen  wohl  vorbereiteten,  auü  31  Uefieu 
bestehenden  Führer  fRr  die  Ansfltge  des 
Kongresses  herausgegeben,  die  für  die 
Kongreßteilnehmer  die  Hauptsache  der 
ganzen  Veranstaltung  bildeten.  Der  Kon- 
greß wurde  mit  militärischem  Gepränge 
durch  den  greisen  Präsidenten  der  Ue- 
pulflik  Ceneral  Porfirio  Diaz  -selbst  in 
der  .\ula  der  polytechnischen  Hochschule, 
einer  durch  Alezander  von  Humboldts 
Aufenthalt  und  Arbeit  geweihten  Stätte, 
eröffnet.  Die  wissenschaftliche  Arbeit  des 
Kongresses  vollzog  sich  in  dem  (Jebi'uule 
<ler  geologischen  Landesanstalt,  das  am 
ersten  Sitsnngstage  eingeweiht  wurde. 
Aus  der  Fiille  von  Vortrügen,  die  hier 
gehalten  wurden,  seien  erwähnt:  Prof. 
Frech  (Breblau^ :  „Über  die  Klima- 
ändemngen  der  geoI<^8chen  Vei^angen- 
heit";  Andersson:  „On  the  principal 
results  of  the  Swedish  Antarctic  Expedi- 
tion"; David:  „La  mori)hologie  du  Con- 
tinent  d'Anstralie  et  son  Solution**  und 
Hovey:  „La  Sierra  Madre  Occidental  de 
Chihuahua.*'  Die  Gegcnntilnde  der  Stu- 
dien auf  den  Exkursionen,  um  deren 
Führung  sich  aoBer  dem  Direktor  der 
geologischen  Landesan.-talt ,  .Vi|uilera, 
und  seinem  Stellvet treter  nrilonez  in 
erster  Linie  drei  deutsche  Geologen,  Böse, 
Bnrkhardt  und  Waits,  die  als  Beamte 
an  der  geologischen  Landesanstalt  tfttig 
sind,  verdient  gemacht  haben,  waren  vor- 
nehmlich der  Vulkanismus,  die  Tektonik 
der  Randgebiete  nnd  die  nnersdiOpf  liehen 
Minen  des  Landes;  daneben  besweckten 
die  Ausflüge  eine  allgemeine  EinfUhrong 


646 


Geographisclie  Neuigkeiten. 


ia  die  Natur  des  Landes  and  in  die  an  dem  Pedngal  Ton  San  Angel,  einem  ge« 

interessanten  l'tnkmSllern  so  reichi'  Gc-  wältigen,  rezenten  Lavafflde  tinweit  der 
ichiehie  des  Volkes  von  Mexico.  Wüh-  Hauptstadt,  und  nach  der  SilbernÜDe  ron 
rend  des  Kongressee  wurden  Exknnionen  |  Pachuca,  einer  der  bedeutendsten  und  reich- 
untemommen  nach  Cuemavaca,  der  Haupt-  j  iten  Mexico«.  Nadi  dem  KongreS  ftihrea 

Stadt  den  Staates  Morelos,  nach  den  Pyra-  etwa  125  Geologen  nach  dem  Xordf-n  de* 
miden  der  alten  Tolteken  iu  Teotihuacan  Landes,  wo  sie  noch  drei  Wochen  lang 
im  Norden  des  Talea  Ton  Mexico,  nach  i  geologischen  Studien  obliegen  wollten. 


Bficherbesprechvnicen. 

Albrecht,  Th.,  und  B.  Wanaeh.  Hesul-  in  dem  vorliegenden  nicht  Verschiedene 
täte  des  interuationalen  Brei-  Fachmäuuer  ^darunter  begreitUcherweise 
tendienstes.  II.  Bd.  (Zentvalbmean  anfier  dem  Deranageber  keiner,  der  der 
der  intertiat  Erdme.s8ung.  Nr.  1.3)  Geographie  nahe  steht")  behandeln  die 
190  S.  2  Tab.  Berlin,  G.  Reimer  „große"  Politik,  \Veltwirt8chaft8])olitik, 
1'jOG.  WeIt«ozialpolitik,  Weltproduktion, 

Bekanniltch  hat  die  „Vereinigung  der '  den  Weltmarkt  dei  Geldee  (Edelmetell- 
intemati  -iialon  Erdmessung**  zur  Erfor-  Produktion ,  Geld-  und  Rankwesen,  Bör- 
schung  der  I'cIm  hwankuneen.  im  Jahre  senlage,  Geldmarkt),Welthandel .  Welt- 
189Ö  begimiend,  au  «sechs  btotiouen,  die  verkehr,  Versicherungswesen,  Finanzen, 
auf  dem  gleidien  Parallelkreiee  liegen,  Technik,  Kunstgewerbe,  Armenwetoi  nnd 
einen  Beobachtungsdiennt  eingerichtet.  Wirtschaftsrecht.  Von  der  Weltproduk- 
Im  vorliegenden  Hand  wenlen  die  in  den  tion  i-^t  jene  der  Landwirtschaft  mit  Ein- 
drei  Jahren  11102  bis  lyuö  erhaltenen  ^  schluß  der  textilen  Ilohstotfe  und  der  land- 
Beobachtungsresultate  ausführlich  mit-  ■  wirtschaftlichen  fiadofltrien  nnd  jene  der 
geteilt  und  die  allfälligen  Fehlereinflasse  „industriellen  Rohstoffe"  bcBonders  der 
ein;jelii  iifl  (ÜKkutiert.  Die  Amplitude  der  Metalle  und  der  Kohle'  Vierücksichtigt. 
jiihrlicheo  Schwankung  der  Polhöhe  ist  Der  Abschnitt  „Weltverkehr**  umfafit 
in  diesem  Zeitraum  wieder  größer  ge- 1  Eitenbahnen,  Seeschi&hrt  nnd  Reederei, 
worden  nnd  emiehla  nahe  0,i",  wae  Poet,  Telegraphie,  Teleplionie.  Der  Wirt- 
einer Bewegung  des  Poles  von  etwa  12  '  »chaftsgeograph  findet  in  diesen  und  auch 
Metern  entspricht.     Messerschmitt.    lin  anderen  Abschnitten  nicht  nur  nm- 

fiuiende  etatistiaehe  Daten,  aondeni  lie 
Die  Woltwirtschafl  Ein  Jahr-  nnd  |  gewähren  ihm  auch  Einblick  in  den  all- 
LcHfluK  h.  Hrsg.  von  Ernst  von  gemeinen  Entwicklungsgang  und  in  man- 
H alle.  lex.»".  l.Jahrg  1906.  I.Teil:  che  wirtschaftliche  Vorgänge,  die  auf 
Internationale  Übersichten.  Vm  '  Produktion,  Handel  nnd  Verkehr  wirk- 
n.  866  S.  2.  Teil:  Deutschland  sam  werden.  Wenn  sieh  «.  B.  das  neue 
VI  u.  '253  S.  Leipzig  u.  Berlin,  Teub-  Verfahren  der  Stahlgewinnnng  durch 
ner  1900.    ^€  6.  —  ;  4. — .  i  die  Stromwänue  eines  Induktiousstromes 

Diese  Übersicht  ist  der  erste  Band  (S.  304}  wirtschaftlich  bewährt,  so  werden 
eines  groB  angelegten  wirtsehaftlichen  I  Lftnder,  deren  Kohlenarmut  sie  bisher  an 
Jahrbuchs;  die  beiden  übrigen  Bände  des  der  Verwertung  ihrer  Er/.o  zu  Eisen  und 
I.Jahrgangs  sollen  da«  Wirtschaftsjahr  Stahl  hindert,  nunmehr  ihren  Kühlenbezug 
1906  in  den  einzelnen  Ländern  ein-  fast  ganz  auf  die  Boheisenproduktion  auf- 
gehend danteUen«  Das  Werk  vegtfidgt  |  wenden  kOnnen  und  dadureh  sowohl  ihre 
das  Ziel,  in  möglichst  raschem  Anschluß  Ei.scn  .  wie  ihre  Stahlerzeugung  steigern, 
an  das  nerichtsjahr  dessen  Ergebnisse  Wirtschaftliche  Jahresberichte  müssen  zu 
mitzuteilen,  »oU.  aber  durchaus  nicht  auf  einem  großen  Teil  in  der  Schilderung 
▼eigleichende  Sflekblieke  veniehten.  Sie ,  verginglioher  Ersoheinnngen  aufgehen; 
werden  insbesondere  für  die  kommenden  dem  vorliegenden  darf  man  nachrühnicn, 
Jahrgänge  versprochen,  fehlen  aber  auch ,  daß  er  das  Bestreben  zeigt,  ihnen  den 


Bacher  besprechungen. 


647 


grofien  Hintergrund  der  wirtsohaftsge- 

schichtlichen  fiesamtontwicklung'  zu  ge- 
währen. Direkte  j^'t-ographische  Bezieh- 
ungen kommen  naturgemäß  bei  Berichten 
di«Mr  Axif  weldi«  Angoiblicksbilder  geben 
müssen,  wenig  zur  Geltung;  aber  auch 
für  den  Geographen  haben  sie  Wert  als 
Informationsquellen  über  das  Wirtechafts- 
leben. 

Im  zwei  ton  Teile  tritt  der  Charak- 
ter dos  .liibrliuches  ntärkor  hervor,  aU  in 
dem  ailgemuiueu  Uautie.  Zwar  fehlt  es 
auch  hier  nicht  u  snrflekgreifendeo  Obsr- 
sichten  and  Yexgleichungen ,  aber  die 
Lage  im  Jahre  1905  steht  im  Vorderffrund 
der  Berichte r»tuttung.  Diese  umfaßt  die 
Wixteehelbpolitik,  die  Lage  der  Land- 
wirtschaft (die  im  folgenden  Jahre  aus- 
führlicher behandelt  werden  soll),  die  In- 
dustrien {in  13  Unterabteilungen,  deren 
enke  dw  Bergbau  iat%  Banwesm,  Binnen* 
Schiffahrt,  Bank-.Verkehrs-undOründungs- 
verbältnisse,  Arbeit'«markt ,  gewerbliche 
Organisationen  ,  Außenbandelsstatistik. 
Man  rmniftt  einen  Abschnitt  über  die 
Eisenbahnen;  dieser  und  andere  sind  nach 
der  Vorbemerkung  „für  diesmal  unerörtert 
geblieben",  werden  also  in  Uinkuntt  nach- 
getragen werden.  Die  Rrferate  rllhren 
von  sachkundigen  Spenalisten  her  und 
sind  sehr  übersichtlich  anj»^eordnet.  (Jeo- 
graphiscbe  Beziehungen  sind  naturgemäß 
nur  aelten  angedeutet  Wohl  aber  findet 
der  Lehrer  der  "Wirtschaftsgeographie  in 
dem  Werke  manche  für  ihn  brauchbare 
statistische  und  wirtschaftliche  Angaben.  1 

Sieger.  | 

Ueilbom,  A.  Die  deutschen  Kolo- 
nien (Land  und  Leute;.  Zehn  Vor- 
lesongen.  (Ans  Natur  iL  Geiates- 
welt.  98.  Bd.)  Leipiig,  Teiibnw  1906. 

Das  Bändchen  ist  aus  den^  Vorträgen 
hervorgegangen,  die  der  Verfasser  im 
Auftrage  der  Deutschen  Kolonialgesell- 
Bchaft  im  .Jahre  1904  im  Koloniahmisoum 
zn  Berlin  gehalten  hat.  Aut  wisseuhchatt- 
licher  Grundlage  hat  der  V^erfasser  in  ge- 
meinverstindlicher  Form  ein  Bfiohlein 
geschaffen,  dag  durch  seine  zahlreichen 
guten  Abbildungen  nur  gewinnt.  Der 
Nebentitel  „Land  und  Leute"  weift  schon 
daranf  hin,  daH  die  geogtapfaiaehe  und 
ethnographische  Darstelluii^j:  üborwiegt. 
Diese  Darstellungen  sind  lebensvoll  und 


treffen  in  der  Auswahl  durchaus  das 

Wefientliche.  Bet=üiulors  die  ethnographi- 
schen Schilderungen  sind  reich  an  be- 
deutenden Einzelheiten  und  gestatten 
einen  bei  aller  Gediftngtiieit  klaren  Kn> 
blick  in  die  Kultur,  sowie  in  das  wirt- 
'  schaflliche,  soziale  und  geistige  Leben 
der  wichtigsten  YOlkerschalten  unserer 
Kolonien.  Vielleieht  wlre  aber  die  Arbeit 
noch  verdienstlicher,  wenn  sich  der  Ver- 
fasser nicht  von  vornherein  so  ausschließ- 
lich auf  diese  Seiten  unserer  Kolonien 
feitgdegt  hfttte.  Gerade  die  Kreise  un- 
seres Volks,  für  die  das  Bändchen  be- 
stimmt ist,  bedürfen  so  Hohr  <lor  Heleh- 
ruug  darüber,  daß  in  uiisern  Kolonien  ja 
Itnger  je  mdir  auch  etwa«  so  holen  isl 

Br.  F.  Hftnsch. 

Hellmann,  G.  Regenkarte  von 
DeutHc bland.  Mit  erläuterrulon  Be- 
merkungen, gr.  4".  Berlin,  D.  Hei mer 
1906.  Li  ümschlag  gebrochen  JL  8. — . 
Die  Regenkarte  ist  das  Ergebnis  der 
genauen  kritischen  Vprarbeitimg  der  Nie- 
derflchlagsbeubachtuugeu  im  deutschen 
Reich,  sie  attltit  sich  auf  gegen  8000  Be- 
obachtungsstationen  und  auf  die  lOjUi- 
rige  Beobachtungsperiode  189.S— 1902.  Sie 
ist  im  Maßstab  1:1SOOOOU  gezeichnet. 
In  den  beigefügten  Erläuterungen  sind 
Angaben  über  die  Grundlagen  der  Karte, 
über  die  Art  ihrer  ITer-itellung,  über  die 
räumliche  Verteilung  der  miti  leren  Jahrea- 
menge  des  Niederschlages,  über  den  Wert 
der  lOjfthrigen  Beobachtnngsperiode  im 
Vergleich  zu  längeren  Reihen  und  über 
die  K.\treme  der  Niederschlagsmengen 
enthalten.  Da  derselbe  Gegenstand  ein- 
gehend in  dem  ebenfiJIs  Ton  Bellmann 
herausgegebenen  Werke  „Die  Nieder- 
schläge in  den  norddeutschen  Strom- 
gebieten*'  behandelt  wird,  das  wir  an 
anderer  Stelle  dieser  Zeitschrift  ansfohr- 
lieh  besprechen  wollen,  so  orübrigt  ob, 
hier  näher  aut"  die  Erläuterungen  einzu- 
gehen. Daß  Uelimaun  die  Kegenkarte 
dnrch  gesonderte  Anagabe  jedermann  sn- 
gänglieh  gemacht  hat,  dafür  werden  Ihm 
alle  Dank  wissen,  die  ein  Interesse  an 
der  Kenntnis  der  Verteilung  des  Nieder- 
schlages in  Deutschland  haben,  also  aneh 
die  Geographen.  Ule. 

SBeMMriehy  Joe*    Landeskunde  des 

Königreichs  Sachsen.  (Samm- 
lung Göschen  Nr.  258.)  iU  S.  12  Abb. 


L^iyiii^uü  Uy  Google 


648 


Bfleherbesprechuageo. 


n.  1  K.     Leipzig,  GHtaehen  19(W. 

.(^  —.80. 

Das  Büchli  iii  l<  hiit  sich  in  spiiHT  An- 
lage an  die  übrigen  Landeskunden  der 
bekannten   Sunmlniig.     Der  YerfiuiMr 
gliedert  Sachsen   in   seebs  Hanptland- 
Bchaften  und  ffljirt  an  <1<'reii  tMn^rehendo 
Behandlung  eine  ZuäammeutaäguDg  über 
Volk  und  Staat.  Ein  LiteratnrTerteiohnii 
Miet  an  weiteren  Kinzelxtudien  an.  Auf 
kleinem  IJaume  finden  wir  eine  Fülle  von 
Material,  so  dalJ  das  Buch  manchem  als 
Nachschlagequelle  willkommen  sein  d&rfte. 
Einige  nchliebe  Unrichtigkeiten  bedürfen 
der  Verbe.sserung.   So  ist  7,.  H  «la«  Cnttii- 
8che  Profil   der  Lausitz    S.  13)  tiilscli: 
Hochwald  und  Lausche  sind  keine  guell- 
kuppen,  sondern  Deekenreste.   Seite  17 
sind  die  (Jrundmoninenhnf?!'!   als  HhihI- 
höcker  l>fzei(  hii.'t.  IHe  Bahnlinie  Uresden- 
Görlitz  deckt  eich  nur  zum  Teil  mit  der 
alten  HocbetiaBe  nach  Schienen  (S.  19). 
Das  Elb»andBteiiigebir<^'e  hat  am  Süd- 
landc  keine  Flexuron.    Für  das  Jahr  1766 
als  Eiittitebungsjahr  des  Namens  „Säch- 
sische Schweis*'  kann  Ref.  keine  Bele^ 
stelle  finden;  nach  Rüge  („Fest.schrift  (U-n 
Gebirgsvereins'"  wurde  der  Ausdruck  zu- 
erst 1783  für  den  l'lauenschen  Grund  an- 
gewandt P.  Wagner. 

Beyer,  0.»  €1.  Förster  u.  Chr.  März. 
Die  Oberlansits.  (Landachaftsbil- 

der  aus  dem  Königreicht'  Sach8t'n. 
Filter  Mitwirkung  bewiilirter  Fach- 
leute hrsg.  von  E.  Schöne.)  VlII  u. 
196  S.  24  Abb.,  4  Textk.,  8  Prof.  n.  2  K. 
Meifien,  Schlimpert  1906.  M  4.—. 

Der  4.  Band  der  SClitnuMi  Sammlung 
geographischer  Monographien  ist  durch 
Arbeitsteilung  zu  Stunde  gekommen.  För- 
ster hat  eine  historisch-politisehe  Ein- 
leitung gegeben  und  das  Gebiet  ali;^^'- 
groir/.t.  Mi\rz  behandelt  die  allgeiueiuen 
phyoischeu  Verhältnisse  und  die  Nutur 
der  Einsellandsobaffcen.  Hieran  fBgt 
Beyer  eine  rein  geologische  Übersicht, 
und  Förster  schließt  mit  einer  Ab- 
bandlang über  die  Bewohner  und  die 
wirbtchaftlicben  Veihftltoisse.  Alle  Teile 
zeugen  von  gewi^Henhaften  Quellenstudien 
und  von  «  ingehendcr  persönlicher  Lantles- 
kenntuis  der  Verfasser.  Schon  der  äuüere 
Umfug  des  Bnohes  beweist,  dafi  die 
Ziele  hier  etwas  weiter  gesteckt  sind,  als 
in  den  früheren  B&nden;  aber  anch  die 


Art  der  Behandlung  setzt  beim 
größere  wissen-'^chartliche  Kenntnis««  tot- 
aus.  Damit  hat  sich  die  Tendenz  des 
ganzen  Unternehmens  allerdings  noeh  e4> 
was  Weiler  vom  nrsprüDglichen  Plane  ent- 
fernt; denn  eine  schulmaßige  Benntzunp 
des  Buches  dürfte  in  einigen  K.apit«ln 
selbst  auf  der  Oberstufe  Schwierigfceitea 
machen.  In  einem  Punkte  besondsn 
W&re  etwas  mehr  Einschränkring  wün- 
schenswert, niimlich  in  der  Beschreibung 
der  Gesteine,  die  selbst  seltene  accesso- 
risehe  GemeDgtdl«,  wie  Äschinit  usw. 
berücksichtigt.  Wir  dürfen  nicht  ver- 
ge>^Hen,  daß  in  einem  „Landschattybild" 
die  geologischen  Verhültuisse  nur  so  weit 
dargestellt  werden  sollen,  als  sia  aar 
Erkllining  der  Felsformen,  des  allgemeinen 
Keliefs,  der  Bodenkultur,  Technik  usw. 
herangezogen  werden  müssen. 

Die  Form  der  Lansitser  OiamtbcKge 
als  Abbilder  der  primären  Erslanroiigs- 
formen  zu  erklären,  ist  mich  dem  Beftinde 
der  Absonderung  zwar  verlockend;  doch 
es  hat  sieh  in  allen  sldinsehen  Granit- 
gebieten  herausgestellt,  daß  die  weitrer» 
breitete  Hanknng  parallel  der  q-egen- 
wUrtigen  Felsoberllüche  eine  jüngere  reine 
Verwittemngserscheiming  ist  (VeigL 
Hermann,  Steinbruchgeologie.)  Den  Aua- 
druek  Caüon  auf  alle  möglichen  Kngtäler 
(z.  B.  Skala)  auszudehnen,  halte  ich  für 
ebensowenig  empfbhlentwert,  wie  die  Be- 
zeiclinui;!:  der  breiten  nordwest-laiintMK 
Täler  als  Wannen 

Die  äußere  Ausstattung  des  Buches 
ist  mniteihaft.  F.  Wagner. 

May wald, Fritz.  Die  Pässe  der  West- 
Karpathen  unter  besonderer  Berück- 
sichtigong  der  Pafistrafien  der  Sand- 

ateinzone.  Leipziger  Inaug.-Diss.  (S.- 
A.  aus  „Mitteil.  d.  Beskidenvereins**.) 
Lex.-b '.    54  S.   Teschen  19U6. 
Eine  tüchtige  Arbeit  ans  der  Sdnile 
von  J.  Partsch.  Der  wichtigere  Teil  ist 
der  „'2  Hauptteil",  welcher  die  Pii?^o  der 
Sandsteinzone  im  Einzelnen  behandelt. 
Sie  werden  anf  Grund   von  Autopsie 
gllleUich  gruppiert,  beschrieben  und  cha- 
rakterisiert.   Ihre  A^hiingigkeit  von  der 
geologischen  Beschutleuheit  und  dem  Ge- 
birgabau  wird  recht  anschaulich  gemacht, 
ohne  daß  wir  eine  umftMsende  strati- 
graphisch-tektonische  Kompilation  iu  den 
Kauf  nehmen  müssen.   Die  klimatischen 


Bücberbesprechungen. 


649 


Yerhältnisge  kommen  wohl  etwas  so  kniz 
weg.  Gründl icli  und  eindringend  ist  die 
Getchiohte  der  PaAbenutzung  (die  ge- 
•diiohtlieh«   Bedeatang   der  einselaen 

Straßen)  behandelt.  Der  allgemeine  Teil 
gibt  Übersicht  und  Gliederung  der  West- 
Karpathen,  eine  kurze  DarHU^Uung  des  Ke- 
lieüi  und  eike  Vergldchung  der  FBÄse  weift 
inabeeondere  auf  die  „Schwierigkeiten"  hin, 
die  aie  darlneten  (nach  Art  «Icr  Arbeit 
von  Fox  über  die  Sadeteu-Fu8«e;.  Hier 
wixe  eine  tiefere  und  breitere  Behand» 
lang  möglich  geweaen;  so  ist  z.  B.  nur 
die  mittlere,  nicht  die  jrrößte  Wegsti'ile 
berücksichtigt.  Die  Arbeit  gewuhrt  ein 
•nscbaidicbe«  Bild  der  Wediselwirknog 
natürlicher  und  geschichtlicher  Verhält- 
nisse, die  b-ich  in  Auswahl  und  Ausnutzung 
der  Verkehrswege  äoAert  Sieger. 

Zltelmann,  Katharina.  Indien.  Ein 
Buch  für  Reisende  und  Nichtreisetide. 
165  S.  4  Tai.  u.  1  K.  Leipzig,  Woerls 
iMaebfieher-Verlag  (1905).  JL  8.—. 
Verfasserin  möchte  mit  diesem  Üiind- 
«hen  der  Wotrlschen  Städte-  und  Tal- 
führer für  die,  die  sich  für  Indien  int«r- 
eisiereQ,  eine  Lücke  ausfüllen  and  ihnen 
eine  möglichst  gute  VorstollaDg  von  dem 
aUi'ii  ^\'lmlie^lande  geben,  den  reisenden 
Landsieuten  aber  durch  praktische  Winke 
nützen  und  ihnen  das  Verständnis  für  die 
ftemde  Koltor,  der  «ie  gegenfibertreten, 
erleichtern.  Sio  piVit  zu  diesem  Zwpck 
ziinilrlit  auf  1 1  Kleii;-Oktav-Seiten  einige 
praktische  KatHchlüge,  behandelt  dann  im 
idlgemainen  Teil  auf  21  Seiten  die  ganae 
BlMenentwicklung  der  Kulturen  und  Reli- 
gionen Indiens  und  ihren  heutigen  Zustand, 
auf  weitereu  U  i>eiten  die  ganze  Geschichte 
Indiens  von  den  Uzseiten  bis  auf  den 
heutigen  Tag;  einige  weitere  kurze  Kapitel 
ü>»er  Frauenlelien,  Pest  »nid  Hygiene,  Ka- 
näle und  Landwirtschaft,  über  Deutsche 
in  Indien  waxdiB  diesem  allgemeinen  Teil 
angefttgt.  Der  dritte  Absohnitt  .bringt 
eine  Plauderei  über  das.  was  Verfasserin 
auf  der  großen  Heerstraße  indischer  Tou- 
risten geoohaot  hat  (Bombay,  Ahmedabad, 
JeTpor,  Delhi«  Simla,  Amritsar  nnd  La- 
bore, Apra,  Rennres,  Buddhagnyü .  Tal- 
cutta  und  Dardechiling),  und  schhelit  mit 
einem  gans  Irarsen  Kapitel  über  die  Prftsi- 
dentschaft  Madras,  sowie  über  Ceylon, 
„über  das  sich  wirklich  nichts  Neues 
sagen  läßt".   Wir  fürchten,  daß  dag  Buch 


sein  Ziel  nicht  gani  erreicht.  Mancher 

Nichtreisen^le,  der  bisher  nichts  über  In- 
dien gehört  hat,  mag  vielleicht  die  harm- 
loee  Beiseoehildenuig  ganz  gern  lesen, 
aber  ob  er  dadnieh  „eine  möglichst  ge- 
treue Vorstellung  von  dem  alten  Wunder- 
lande'' gewinnt,  erscheint  uns  fraglich, 
für  den  Reisenden  aber,  der  meihr  sehen 
will,  als  der  oberflächlichste  (»lobe-Trotter, 
genügt  das  Buch  weder  nach  Fnifang.  noch 
an  Tiefe  und  Schärfe.  £mii  Schmidt. 

Behme,  Fr.  n.  M.  Krieger.  Führer 
durch  Tsingtau  und  Umgebung. 
8.  AufL  222  S.  120  Abb.,  12  K.  u. 
1  Plan.  Wolfenbflttel,  Heekner  1906. 

M.  2.50. 

Diese  künstleriHch  ausgestattete  Auf- 
laufe ist  bereits  die  dritte  des  auch  in 
engliwher  Sprache  enehienenen  ^Führers 
durch  Tsingtau  und  Umgebnng*^  —  Dia 
erste  Aufluire  mit  139  Seiten  Text  und 
69  Abbildungen  datiert  vom  Jahre  1904, 
schon  im  Jahre  1905  folgte  die  xweite 
mit  168  Seiten  Text  und  88  Abbildungen. 
I>er  Verleger  benachrichtigt  un.s,  daß  eine 
chinesisch-japanische  tTbersttiimg  in  Vor- 
bereitung sei;  wohl  ein  schlagender  Be- 
weis, daftdieTsingtaQ-Tonristen  den  Wert 
dieses  zuverlässigen  Führers  zu  würdigen 
versteb'  u.  Während  der  ersten  Jahre  ihres 
Erscheinens  hatten  die  Baedekerschen 
Haodbfieher  keinen  solehen  Brfolgl 

Die  Verfasser  geben  eine  Übersicht 
der  von  Deutschland  nach  Tsingtau  füh- 
renden Wege  und  leiti^n  un.s  danach  in 
die  Stadt  Tsingtau  und  ihre  Umgebung 
ein.  Über  50  Fußtonren  finden  eine  so 
genaue  Beschreibung,  wie  wir  sie  bis  jetzt 
nur  in  den  Baedekerschen  und  Meyerschen 
Reisebflohem  ansutveffisn  gewohnt  waren. 
Es  verdient  Erw&hnnng,  daß  der  Tsing- 
tauer  Bergverein,  nach  dem  Vorbilde  der 
deutschen  Bergvereine,  durch  farbige 
BforUerong  der  Feldwege  nnd  durch  An- 
bringung von  Wegetafeln  dem  Fußgänger 
da«  Schutzgebiet  erschlossen  iiat.  Dem 
Botaniker  bietet  die  Umgebung  Tsiugtaus 
ein  reiches  und  bis  jetat  noch  wenig 
durchforschtes  Feld. 

Die  Karten,  meistens  im  Maßstab  von 
1:60  000,  sind  vorzüglich  und  die  treff- 
lich anagefthrten  Lichtbilder  erhohen  die 
Anziehungskraft  des  Werkes  entschieden. 
Die  Notizen  über  Geschichte,  Botanik, 
Geologie  und  Meteorologie  sind  kurz  ge- 


Oaogrsphiccb«  ZeiUcbrift.  1:2.  Jahrgang.  1»06.  ll.Uaft. 


44 


i^iyui^ud  by  Google 


650 


Bficberbesprechungen. 


faßt,  ohne  dadurrh  an  wi!5sen-<  haftlichem 
Wert  zu  verlieren.  Wir  wünschen  diesem 
„Führer**  einen  fortdauernden,  gl&nzenden 
Eifbig.  W.  C.  Kortbalt. 

SeMely  A«  Deattoh-Kamemii.  Wie 

es  iit  and  wm  ea  rerspricht.  XVI 

u.  3r.7  S  2.'?  T«'xt-  n.  9  Einschalth. 
u.  1  Karltiuakizze.  Berlin,  Meidinger 
1906.    JL  4.—. 

Der  Verf  versucht  in  vorliegendem 
Bande  eine  Lundf-skundf  von  Kunit'run 
zu  bringen  und  hat  diesen  Zweck  inso- 
fern erreicht,  als  er  dem  Laien  im  großen 
und  ganzen  ein  richtiges  Bild  der  Ver- 
haitnififie  bietet.  Allording»  besteht  die 
Arbeit  lediglich  in  einem  Exzerpieren  und 
Zusammenstellen.  Schere  und  Kleister 
•iad  In  ]ii<^t  ongeaebickter  Weise  geh«id> 
lutbt  worden.  Eine  gründliche  Durch- 
arbeitung nach  eif^enen  (iesichtspunkten 
fehlt.  Der  wisseuschattliche  Geograph 
findet  also  keine  reohte  Befriedigung. 
Immerhin  ist  es  dasjenige  Buch  über  Ka- 
merun, das  man  dem  ^'n'ißcren  Publikum 
noch  am  meisten  emplehleu  kann. 

Inhalflich  ist  es  durch  eine  gar  au 
kurze  Behandlung  des  phj'sisch-geo^ra- 
phischcn  und  eine  l>reitc  l>arst(  lhin<j  df»8 
kultur-  und  wirtächatlsgeugruphischen 
Teils  gekennaeichnei  Die  etimogntphische 
BeechreiV'uiii.:  bMMidtts  wirkt  ermfldend 
dnroli  dan  ohne  inneren  Znpammenhanjr 
aufgezählte  Tatsachenmaterial.  Am  besten 
ist  das  lingaistisdie  Kapitel,  ein  Gebiet, 
auf  dem  der  Verf.  bekanntlich  selbstftndig 
gearbeitet  hat.  S.  Passarge. 

Irie,  J.    r)ie  Herero.    Ein  Reitrag  zur 
Landes-,  Volks-  und  Missionskunde. 
Vni  u.  352  S.  66 Abb.  n.  1 K.  Gütersloh, 
Bertelsmann  1006.   JL  5.—. 
Yierunddrf ißi^  .Talire  hat  der  Vprf  als 
Missionar  unter  den  Herero  gewirkt  und 
daraus  kann  mau  wohl  schließen,  daß  er 
eiaMseits  ein  ausgeseiohneter  Kenner  des 
Volke.s  sein  wird,  andererseits  aber  auch 
Gefahr  läuft,  den  MissionBstandpunkt  gar 
zu  sehr  zu  betonen.    Das  ist  denn  auch 
derFUl.  Er  betrachtet  die  Kolonie  ledig- 
lich unter  dem  engen  Ge8ichtswinkel  des 
Missionars.   Als  ganz  Deutschland  in  Kut- 
rüstung  geriet   über    die  Massenmorde 
Wehrloser  durob  die  Herero  hat  sich  Herr 
Irle  recht  unliebsam  bemeEkbar  gemacht 
durch  «eine  Anschnldif^ningen  fjejren  die 
eigenen  Landsieute,  uud  solche  einseitige 


Parteinahme  ffir  unsere  Fi'itid.'  hat  ihm 
damals  recht  herbe,  derbe  Kritiken  ein- 
gebracht. Man  muß  gesteheu,  daß  sich 
der  Verf.  in  diesem  Buch  bemflht  ge- 
rechter y.u  urteilen.  Den  richtigen  Stand- 
punkt findet  er  aber  doch  nicht,  ebenso- 
wenig wie  der  Gouverneur  Leutwein 
ihn  geftinden  hat,  daft  nftmlich  ein  koloni- 
sierendes Kulturvolk  nie  und  nimmer  mit 
einem  nomadisierenden  Hirtenvolk  in 
Frieden  auskommen  kann,  da  die  Gegen- 
sfttie  SU  groft  und  unflberfarBekbar  sind. 
Daß  das  Nomadenvolk,  wenn  es  schwä- 
cher ist,  dabei  den  Kürzeren  ziehen  muß, 
ist  ebenfalls  ein  ehernes  Natatgeseta. 
Bei  den  Heraro  war  der  Konflikt  erst 
recht  unvermeidlich  wegen  der  kultur- 
feindlichen Verquickunp  von  Religion  und 
Viehzucht  —  ich  sage  kultarfeiudlich, 
weil  sie  jede  rationelle  Viehmidit  und 
Verwendung  ihrer  Produkte  luunöglich 
machte.  Deshalb  verdient  Leutwein  auch 
in  keiner  Weise  das  Lob,  das  irle  ihm 
Hpendet.  Ein  umsichtiger  OouTemear 
hätte  die  Sachlage  erkannt  und  recht- 
zeitig Vorkehrungen  zur  Unterwerfung 
der  Uerero  getroffen.  Statt  dessen  hat 
Leutwein  mit  allen  drei  Parteien  —  Ein- 
geborenen, Missionaren  und  Ansiedlern  — 
frlcich/eiti^'  )»eliobttugelt  und  so  die  Ko- 
lonie au  deu  Uand  des  Abgrunds  gebracht 
Was  den  Inhalt  des  Buches  betrifFt, 
so  bringen  die  ersten  48  Seiten  einen 
Überblick  üIht  das  Land,  seine  Vor- 
geschichte, phyäischeBeschaffenheit,KIiaia, 
Pflanzen-  und  Tierwelt.  Wie  nicht  anders 
SU  erwarten,  zeigt  sich  der  Veif.  auf 
naturwihsencchaftlichem  und  geographi- 
schem Gebiet  als  Laie  und  hat  keine 
Veranlassung,  so  nichtachtend  auf  die 
bisherigen  Itantellungen  des  Landes  herab- 
BUsehen.  Der  Abschnitt  „das  Volk  der 
Herero"  S.  4y — 144)  bildet  den  weitaus 
wichtigsten  Teil,  der  in  ethnologischer 
Hinsicht  wirkUdi  eine  Fundgrube  iitw 
Hier  lernen  wir  die  Organisation  des 
Volkes  zum  ersten  Mal  klar  erkennen, 
den  Religiouscharakter,  Sitten  und  6e- 
britnche.  Auch  bei  der  Gbarakten^ds- 
nmg  des  Volkes  bemllbt  sieb  Irle  ob- 
jektiv zu  urteilen.  Man  wun fachte  nur, 
daß  er  nicht  so  hilutig  „des  Eaummangels 
wegen'*  fiber  interessante  und  wichtige 
ethnographische  Tatsachen  hinweggehen 
mochte.  Heutzutage,  wo  die  Herero  als 
Volk  vernichtet  sind  und  ihr  Volkstum 


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BflcherbesprechuDRen. 


651 


in  fttter  Weite  nicht  mehr  erstehen  kann, 
wäre  68  dnpjielt  wichtip,  alle  Tatsarlien 
über  die  ehemali^n  Verhältnisse,  alle 
Erinnerongen  ftus  ihrer  Gesehichte  der 
Kachwelt  zu  erhalten.  Vielleicht  ent- 
schließt sich  der  Vrrf  zu  einer  noch  er- 
weiterten Darstellung  ilieaes  Kapitels. 

Der  dritte  Teil  bringt  eine  nnaflUur^ 
liehe  Schilderung  der  Geschichte  der  Mis- 
sion unter  den  Herero,  der  maßlosen  Ent- 
behmngen  und  Mühen  der  ersten  Pioniere 
und  die  Bchließlichen,  allerdings  kämmer- 
liehen  Fortsdiritte,  die  ent  eintraten,  als 
man  zum  ora  das  labora  durch  Einführung 
von  Handwerkern  hinzufügte.  Angesichts 
dieser  Tatsache  berührt  der  Ausfall  (S.  836) 
g^fen  diigenigen,  die  wie  s.  B.  PeehnCl- 
Lö.-icho  darauf  hinwiesen,  daß  erst  eine 
gewisse  Kultur  geschatreu  worden  mü9.so, 
damit  die  HertTo  zur  Aul'uuhme  des 
Christmtoms  Wag  werden,  recht  selt- 
sam. Die  Missionare  können  meiner  Mei- 
nnntr  nach  sehr  zufrieden  sein,  daß  Frei- 
heit und  Volkstum  und  damit  die  Grund- 
lagen de«  so  ehristenfeindlichen  Ahnen- 
kultus <^«'1  »rochen  sind.  Jetst  hat  das 
Christentum  viel  mehr  Chancen  Fort- 
Bchrittc  zu  machen  als  früher  und  das 
wird  die  Mission,  wenn  die  Erinnerungen 
an  die  hlntigen  Zeiten  erst  ve^ssen  find, 
spater  einmal  nolen«  volens  anerkennen 
müssen.  Denn  das  ihr  so  verhaßte  ForL- 
sehreiten  der  Kultur  —  überall  machen 
die  Missionen  gegen  die  K;iltur  der  Ko- 
lonisation Front  und  liai>en  dadurch  schon 
■o  manchen  Eingeboreueukrieg  mit  ver- 
eohnldet,  indem  sie  die  Eingeborenen  auf- 
reisten —  iat  nun  einmal  doch  die  Grund- 
lage für  das  Christentum,  gleichzeitig 
aber  auch  das  einzige  Bollwerk  gegen 
das  Fortschreiten  des  Islam  in  Afrika. 

8.  Passarge. 

Winter,  M.    Anschauaugen  eines 
alten  „Afrikaners**  in  deutsch- 

ost afrikanischen  Bewirtschaf- 
tungsfragen. .H3  S.  Berlin,  D.  Rei- 
mer 1905.   .k.  1.— 
Auf  Grund  mehrjähriger  Erfahruugen 
im  deutsch -ostafrikanischen  Plantagen- 
betrif'b  legt  der  Verfasser  seine  ATisicSiten 
über  die   Zukunlt   der   Plantagen  Ost- 
A&ikas  und  Ober  die  Besiedclimg  des 
Landes  dar.  Er  ist  der  Meinung,  daß, 
wenn  auch   Fehler  bei  der  .Anlage  der 
bisherigen  Kulturen  gemacht  worden  seien,  I 


das  Mißlingen  mancher,  wie  d*'r  Kaffee- 
kultur in  Usambara,  der  Tabakkultur  auf 
Lewa  tmd  im  Rufijigebiet,  der  Baumwoll- 
knltnr  auf  Kikogwe,  mcihr  den  ungfla- 
stigen  Bodenverhältnissen  und  dem  Klima, 
'  namentlich  den  unHicheren  Niederschlägen 
zuzuschreiben  sei.  Für  das  üebirgb-land 
TOD  Usambara  wird  die  Anpflanzung  der 
Äeacia  decutrens  cur  Gewinnung  der  gerb- 
stofl'haltigeu  Rinde  empfohlen.  Im  Küsten- 
gebiet bat  die  Sisal- Agave  ausgezeichnete 
Ergebnisse  aufzuweisen. 

Verfasser  weist  dann  daianf  hin,  daft 
sich  manche  Pflanzen,  wie  die  Baumwolle, 
das  Zuckerrohr,  die  Koko.nj »ahne,  vielleicht 
auch  die  Olpalme,  ferner  Sesam,  Erd- 
nuB,  Reis,  Mais  nsw.  nicht  oder  nur  teil- 
weise  unter  besonders  günstigen  Bedin- 
gungen zur  (iroßkultur  eignen,  dagegen 
sehr  wohl  von  den  Eingeborenen  in  vielen 
kleineren  Kulturoi  gewonnen  werden 
konnten.  Er  empfiehlt  daher  eine  kräf- 
tige Förderung  der  Eingeborenenkulturen. 
Dadurch  werde  auch  die  Kaufkraft  der 
eingeborenen  Bevölkening  filr  europBieehe 
Waren  erhöht,  mithin  der  Handel  gehoben. 
Eine  Besiedelung  Ost-Afrikas  durch  deut- 
sche Landwirte  hält  der  Verfasser  jetzt 
noch  für  verfrüht,  da  diese  nicht  einen 
Markt  für  den  Absatz  ihrer  Produkte  fin- 
den würden  und  in  der  Gewinnung  export- 
fähiger Erzeugnisse  des  Ackerbaues  kaum 
mit  den  Eingeborenen  konkurrieren  konn- 
ten. Auch  au  Viehzucht  sei  vorläufig  nooh 
nicht  zu  denken.  Dagegen  würde  es  sich 
für  die  Regierung  empfehlen,  der  Forst- 
knltnr  behufs  Gewinnung  von  Nntshülaem 
ihre  heeondexe  Anfinerksamkeit  zuzuwen- 
den. A.  Schenck. 

SehlMUier,  K.  Leitfaden  der  Erd- 
konde  für  höhere  Lehranstal- 
ten. 3.  Aufl  I.  Teil:  Lehrstoff  für 
Sexta   und   (Quinta.    63  S.    ä  Abb. 

_.80.  —  n.  TeU:  LehrstoflP  flir 
die  mittleren  Klassen.  896  S.  84  Abb. 
JC  2.80.    Berlin.  Weidmann  Utof,. 
Das  Buch  hat  an  dieser  Stelle  bereits 
zweimal  ^IV,  löy«,  S.472;  VII,  1901,  S.GO) 
eine  Besprechung  erfahren,  xmd  da  keine 
wesentlichen    .Änderungen  vorgenommen 
sind,  genügt  ein  Hinweis  auf  die  frühe- 
ren   Ausführungen    Eckart  Fuldas. 
Doch  möchte  ich  bei  dieser  Gelegenheit 
einen  niethodi.scheii  Vorwu-f  erheben,  der 
I  nicht  den  Verfasser  allein  trifft,  sondern 


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652 


BItcberbesprechuQgen. 


vor  allem  die  preußiscbe  Lohrordnung 
Nach  alt^r  OewohnluMt  behamiolt  der 
Lehrätut)  für  die  Unteratufe  zuuitcbst  die 
Srd«  all  HimmelikOrper,  Meere  und  Feet- 
laad,  Zonen,  Rasncn  usw.;  dann  folgt  ein 
kurzer  Üljorblick  über  die  Erdteile.  Zum 
Scblufi  erst  kommt  .Mitteleuropa.  leb 
halle  diese  Anordnung  fOr  dturehMi  m- 
p^yeholOffiacb  und  dem  kindlichen  Geiste 
iinangeniecBen.  I»er  kleine  Sextaner  hat 
wäbrend  Heiner  N'olksscbulzeit  erst  einige 
Entdeckungsreisen  in  der  n&chaten  hei- 
nUKÜichen  Umgebung  gemacht.  Kr  müchte 
nun  weiter  wandern  in  andere  liegenden, 
in  fernere  Länder;  er  verlangt  nach  Bil- 
dern von  Lead  und  Leuten,  Und  was 
geben  wir  ihm  statt  dessen?  Wir  heizen 
ilin  um  die  ^an/.e  Erde,  damit  er  erst  daa 
'Gerippe'  hat;  wir  überfüttern  ihn  mit 
nenen  Namen,  nicht  nnr  von  Lokalittten, 
sondern  auch  von  allen  mOglichen  geo- 
graphischen Ersch»'inun<^en,  zu  deren  Er- 
klärung gar  keine  Zeit  bleibt.  Was  inter- 
essiert den  Schüler  der  Begriff  Schnee- 
grenze, ehe  wir  ihn  im  Geilte  eine  rich- 
tige Alpenreise  machen  lassen?  Wozu  ihm 
das  Wort  Vulkan  geben,  bevor  er  einen 
Yesuvausbruch  mit  Hilfe  guter  Hilder  und 
spannender  ErsUiImig  wizklich  mit  erlebt 
hat?  Und  so  geht's  weiter,  die  endlose 
Fülle  von  Namen,  von  Skelett  ohne  Fleisch: 
Passate,  Wüsten,  (Jasen,  Mongolen  und 
Hottentottenf  Monarchen  und  Despoten  usf. 

Selbst  von  der  Kugelgestalt  der  Erde, 
den  Hilt'nHnipn  auf  dem  GlobuH  braucht 
der  Sextauer  m.  E.  noch  nichts  zu  wissen. 
Dam  ist  Zeit,  wenn  er  seine  erete  grSAere 
Seereise  macht,  also  etwft nach Beondigong 
der  Betrachtung  Enroi)aB;  dieKrei>e  dienen 
uns  bis  dabin  nur  als  Linien,  die  uns  die 
Himmelsgegenden  weisen.  Auch  dae  Ka- 
pitel über  die  Hewegunj,'en  der  Erde  kann 
erst  aut'Grund  \  ieler  Eiiuelbeobachtungen 
fruchtbringend  behandelt  werdeu.  Ich 
würde  es  mit  FVenden  begrüßen,  wenn  in 
dieser  Beziehung  eine  völlige  Umfiestaltung 
des  elementaren  Geo^ra])hielehqdane8  er- 
folgte, wenn  wir  die  Schüler  vom  Nahen 
zum  l^meii  f&hrten,  wenn  wir  die  all- 
gemeinen Begriffe  aus  plastischen  Einzel- 
bildern, aus  intensiver  AiiHrhaunntr  ge- 
wönnen, anstatt  von  vornherein  den  ganzen 
Schwall  nnverstandener  oder  wenigstens 
unUarer  geographischer  Namen  über  sie 
auszuschütten.  Nur  so  werden  wir  auf 
der  Oberstufe  die  nötigen  Grundlagen 


vorfinden,  auf  der  die  kausale  Verknüp- 
fung der  Einzeltatsachen  voll  zur  Geltung 
kommen  kann  und  die  Geographie  als 
konaentrierendo  Wiietnschaft  ihre  eigent* 
lidke  Bedentong  erlangt.    P.  Wagner. 

Pflts*  Leitfaden  der  ▼ergleichenden 

Erdbeschreibung  27.  und  28., 
völlig  uuigearb.  Autl.  von  Ludwig 
Neumann.  XII  u.  260  S.  Frei- 
burg i.  B.,  Herder  1906.  1.60. 
I'er  Leitfaden  ist  für  die  „Ttiter-  und 
Mittelstufe  der  verschiedenartigsten  Lehr- 
anstalten" bestimmt  und  deshalb  in  seiner 
Anordnung  nicht  auf  eine  einselne  Lehr- 
ordnung zuge$:cbnitten.  Nenaa^g[enoiunien 
ist  eine  allgemeine  übersieht,  wie  ihn  die 
nach  preußischen  Vorschriften  ausgeführ- 
ten Lehrbflcher  meist  besitaen.  Dieee 
ist  einfach  und  klar  abgefaßt  —  meine 
persönliclien  Bedenken  gegen  derartige 
Einleitungen  Iiabe  ich  an  anderer  Stelle 
ausgeführt.  Die  flbrigen  Ahechnitte  sind 
gründlich  durchgearbeitet.  Wenn  dabei 
„Dutzende  v»)n  Namen"  weggefallen  sind, 
so  möchten  wir  nur  wünschen,  daß  bei 
der  nftchften  Auflage  noch  einige  Hundert 
das  gleiche  Schicksal  erfahren.  Nur  ein 
Beispiel  für  die  noch  immer  vorhandene 
NameufüUe  auf  einer  einzigen  Seite: 
(iiovipaß,  Col  di  Tenda,  Argentera,  Stnra, 
Oisans,  Mt  Pelvoux,  Grand  Paradis  — 
welcher  praktische  Sehulinami  wird  wohl 
einem  Quintauer  solche  >iamen  geben? 
Kann  man  den  Schülern  nicht  ein  klaraes 
Bild  der  Alpennatur  bieten,  wenn  man 
die  widitigsten  Tliänomene  an  einigen 
Charakterlandschaften  plastisch  heraus- 
arbeitet, anstatt  das  Gedlchtnis  mit  mehr 
als  100  geographischen  Namen  zu  belasten? 
Wer  den  juis-tiven  StoH'  d.••^  \ orli<'genden 
Leitfadens  —  selbst  abgeaebeu  vom  Klein- 
druck —  bis  ssnm  Ende  der  Ifittelstofe 
seinen  Schülern  eintrichtern  will,  der  muß 
entweder  lien  Hauptteil  der  kostbaren  Zeit 
zum  Einpauken  verwenden  oder  an  den 
Hausfleiß  unbillige  Anforderungen  stellen. 
Und  die  Geographie  bietet  doch  so  viel 
wertvolleren  Stoff  zur  Heranbildung  der 
jugendlicheu  Geisteskräfte!  P.  Wagner. 

E.  V  Seyil  1  i  tzsche  Geograph  ie.  Au«;- 
gabe  D  in  6  Scbülerhefben  und  einem 
Lefarethefte,  hrsg.  von  B.  Oehlraann 
u.  F.  M.  Schröter.  Anf  Grund  der 
Lehrplilne  von  1901  umgearb  von 
A.  Bohrmaun.     Heft  1:  Länder- 


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Nene  Bticher  und  Karten. 


653 


kun<ip  Mitteleuropa«,  insbesondere  |  sonderen  Hefte  zu  geben.  lu  Fußri'itpn 
des  Deutseben  K«icbe6.  8.  Aufl.  80  S.  sind  die  wichtigsten  Wandbilder  namhaft 
42  Abb.  u.  1  Farbentaf.  Breslau,  gemaolit.  Ein  weitere«  Eingehen  auf  In- 
Hirt 1904.  ^H,  —  )iu.  I  halt  und  Anordnung  ist  bei  den  allgemein 
Die  AuRgal>o  H  \>-X  bestimmt,  den  bekannten  SejdUtsschen  Lehrbüchern 
Lehrstoff  für  jede  Klasse  in  einem  be- .  überflüssig.  P.  Wagner. 


Neae  Bücher  und  Karten. 


kWfitmtXnt». 
Die  allgemeinen  Grundlagen  der 
Kultur  der  Gegenwart  ▼ob  W.Lezis, 

Fr.  Paulsen,  G.  Sthöppa,  A.  MatthiM, 
IT.  (Jinidij;,  r;.  Kerschon.sttMner,  W.  v. 
Djrck,  L.  Fallat,  K.  Kraepeliu,  J.  Les- 
sing, 0.  N.  Witt,  O.  6«h)er.  P.  Sehlen- 
tber ,  K.  Bücher ,  R.  Pietachmann, 
F.  Milkau.  H.  Diels  Die  Kultur  der 
Gegenwart,  ihre  Entwicklung  und  ihre 
Ziele.  Hn^.  ron  Paul  Hinaeberg.) 
Lex.  8.  XV  u.  671  S.  Leipzig  n.  Ber- 
lin, Teiibner  19<»r.      t{  IH 

Brock  haus'  Kleines  Konversatioua-Lexi- 
kon.  6.  Aufl.  n.  Bd.  L— Z.  1068  S. 
1000  Textabb  .  G.ö  Bildertaf.,  210  K.  u. 
N'rix'nk  ,  -27  'l'extboil.  Leipugf  Brock- 
haus  1S»U6.   Jt  12.—. 

Otto  Hfibners  Geographisch-statistische 
Tabellen  aller  Länder  der  Erde.  66.  Auh 
^-abe  filr  das  Jahr  1906.  MI  u.  102  S. 
Frauklurt  a.  M.,  Keller  o.  J.  il'JO«;.) 
Buch- Ausgabe  in  Taschenformat  JL  l.oU. 

Andrees  AUgemeiner  Handatlaa.  6.  Aufl. 
von  A.  Sc  Obel.    Lief,  81—66.  Biele- 
feld u.  Leipzig,  Velhagen  Klasing 
1906.  -28.—. 
flsseklclit«  aad  Wssra  i»r  a««tniphl«. 

Detlefsen,  D.  Ursprung,  Einrichtung 
und  Bedeutung  der  Erdkarte  Agrippas. 
(Quellen  und  For»«c:buugen  zur  alten 
Geechichte  und  Geographie.  Heft  18.) 
VI  u.  118  8.  Berlin,  Weidmum  1906. 

J(  4  .—. 

Penck,  A.  Beobachtung  als  Grundlage 
der  Geographie.  Abschiedsworte  an 
meuM  Wiener  Schüler  und  Antritts- 
vorlesung an  der  T'tii\ er-irät  Berlin. 
68  S.  Berlin,  BorntrÜK'er  lyuG.  .*C  1.60. 
DemttchlABd  ■■<!  Xachbarliailer. 

BftUset.  Das  Bemeroberlaad  und  Naeh- 
b«igebiete.  Ein  geologischer  Führer. 
Spezieller  Teil.  Exkursionen.  („Samm- 
lung geol.  Führer"  XI.)   XVI  u.  348  S. 


74  Fig.    Landachaftsbilder  w.  Prof.  im 
Text  u.  auf  Taf.)  u.  1  K.  Berlin,  Gebr. 
Bornträger  1906.   JC  12.Ö0. 
Gngenhan,  H.    Der  Stuttgarter  Tai» 

kessel  —  von  alpinem  Eis  ausgehöhlt! 
gr   s*'.        S.   6  Abb.  u.  2  Pläne.  Ber- 

I     lin,  Kommiss.  Fricdlaeuder  ic  Sohn  o.  J. 

I    (1906.)   JL  9.40. 
Kaiserliche  Marine.   Deutsche  See- 
wart e.     Monatskarte    für   den  nord- 

j  atlantischen  Ozean.  Jahrg.  VI.  Nr.  9. 
Bept  1906.  Xr.  10.  Okt  1906.  Nr.  11. 
Nov.  iDon.  Hamburg,  Eckatdt  k  Me0- 

torff.    Je  —.75 
Uegi,  G.   Illustrierte  Flora  von  Mittel- 
Europa.    Mit  besonderer  Berilckaidi> 

tigung  von  Deutschland,  Österreich  und 
der  Schweiz.  Zum  (jebrainh  in  den 
Schulen  und  zum  Selbstunterricht. 
8  Bde.  880  Tat  Viele  Abb.  München, 
Lehmann  (in  Osterreich:  Wien,  Pichlers 
Wwe.  iV  Sohn)  1*.)06.  70  monaÜ.  Lief, 
zu  JC  1.—  =  Kr.  1.20.    1.  Lief. 

Schulz,  Aug.  Entwicklungsgeschichte 
der  gegenwärtigen  pbanerogamen  Flora 
und  Pflanzeiiderke  der  oberrheiiiisi  lifn 
Tiefebene  und  ihrer  Umgebung.  (Forsch. 
%.  d.  Landet-  il  Volkakde.  XTI.  Bd. 
H.  8.)  119  8.  9  K.  Stuttgart,  Engel- 
hom  1908.    JL  6.40. 

Historischer  Atlas  der  österreichi- 
schen Alpenländer.  Hrsg.  t.  d.  k. 
Ak.  d.  Wiss.  in  Wien.  Quer-4».  L  Abi: 
Die  Landgerichtskarte.  Bearb.  unter 
Leitung  von  weil.  FM.  R  i  c  h te  r.  1.  Lief. : 
Salzburg  i^von  Ed.  Richter),  Ober- 
Osterreieh  (von  Jul.  Struadt),  Steier- 
mark (von  Ant.  Meli  u.  Hans  Pirch- 
egger).  —  Erläuterungen.  Hoch -4°. 
IV  u.  50  S.  Kartenblätter  la,  Ib,  4, 
6, 9, 10, 11—19,  26,  27a,  97b  n.  1  tUhmc 
sicht8bl.Wien,Holzbau8enlü06.  Kr.\2.  -. 

Perko,  Frz.  Schulkarte  von  Böhmen 
nach    dem  Stande    vom  Jahre  1906. 


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654 


Nene  Bfleber  und  Karten. 


(Aue-rffiilirt  mit  rnterstiitzutip  d  Ges. 
s.  Füril.  deutscher  Wis8.,  Kunst  u.  Lit. 
in  Bflhmen.)  Maftstab  1:600000.  Mit 
Text.  .4C  1.60. 
JustuB  Perthes'  Taschen- Atlas  vom 
deutscheu  K^icb.  liearb.  vun  Herrn. 
Habenieht  kl.  8«  24  K  96  S.  Na- 
menverzeichnis. >20  S.  geogr.-itatist.  No- 
tisen von  Hugo  Wichmann.  Gotha, 
Justus  Perthes  1UU7.  JL  2.40. 
Atlea. 

Vamb^ry,  H.  Westlicher  Kultureinfluß 
im  Oston  YI  u  430  S.  Berlin,  Diet- 
rich ICeimer  1906.    J(.  b.— . 

Anlei  Pascha.  Die  Hedsebasbabn.  Anf 
Grund  einer  Hesichtiguiiggreise  und  amt- 
licher Qm>llt  n  bearbeitet.  Mit  einer 
Einfülming  von  Colmar  v.  d.  Goltz. 
(Erg  -H.  Nr.  164  sn  M.")  VI  u.  808. 
1  K.,  1  Bl  Längenprofile  u.  Iti  Textabb. 
Gotha,  Justus  Perthes  1906.  6.—. 

Sherring,  Charles  A.  Western  Tibet 
and  tbe  British  Bc»derland.  The  saered 
oountcj  of  Hindne  and  Buddbists  with 
an  account  of  tho  govemment,  relipiou 
aut  eustoms  of  its  peoples.  (With  a 
ohapter  by  T.  6.  Longstaff:  Descrt- 
bing  an  attempt  to  climb  Gurla  Man- 
dhata.i  XV  u.  3H)  S.  Viele  Abb.,  Taf. 
U,  K.  London,  Arnold  iyo6.  «A.  21.—. 

Lorenz,  Th.  Beiträge  zur  Geologie  und 
Paläontologie  von  Ost-Asien  unter  be- 
sonderer Bcriicksiclitigung  der  Provinz 
Schantung  in  China.  IL  S.  67  —  122. 
Paläontologischer  Teil.  ^S.-A.  a.  d.  „Z. 
d.  D.  GeoL  Oee.«  Bd.  68.  Jbig.  1906.) 
8  Taf.  u.  55  Textflg.  1906. 

laktralirn  un<l  aaittralUrhr  ItiKpln. 

Krämer,  Augustin.  Hawaii,  Utit-Mikro- 
nesien  und  Samoa.  Heine  sweite  SQd- 
seereise  (1897—1899)  zum  Studium  der 
Atolle  und  ihrer  Bewohner.  XV  u.  585 S. 
20  Tai.,  »G  Abb.  u.  50  Fig.  Stuttgart, 
Strecker  ft  Schröder  1906.   JL  10.~. 


N*rd-roUrliBder. 

Rasmusseu,  Knud.  Neue  Menschen. 
Ein  Jahr  bei  den  Naehbam  des  Nord- 
pols. Einzig  auturis.  Übersetzung  von 
Elsbeth  Kehn.  VIII  u.  192  S.  5 
Zeichn.  von  (Jraf  Harald  Moltke  u. 
1  Portr.  Ben,  Franeke  1907.  X  160. 

OeographixchiT  l  nterrlclit. 

Kirchhoff,  A.  und  (iünther,  S  Di- 
daktik und  Methodik  des  Geographie- 
Unterrichts.    (Erdkunde  und  maihe- 

mfttiKche  (Geographie)  CBaumeisters 
„Handbuch  der  Er/.iehungs-  und  Unter- 
ricbtslehre  för  höhere  Schulen".  IV.  Bd. 
2.  Abt.)  2.  Aufl.  VI  u.  68  -f  47  S.  8  K. 
u.  1  Prof  auf  9  Taf.  Mflneben,  Beck 
1906.        .s.— . 

Pahde-Lindemann.  Leitfaden  der Erd» 
künde  fflr  höhere  Lehranetalten.  l.Beft: 
Unterstufe.  69  S.  11  Textabb.  Qlogau, 
Flemming  190f,.        _  r,0. 

Schwochow,  H.  Heimat  und  Schule. 
Anregungen,  Winke  und  VoncblKge  nr 
praktieehen  Ausgestaltung  des  hfiimet- 
kundlichcn  Prinzips.  („Pädagogische 
Blätter  aus  der  deutschen  Ostmark". 
Heft  1.)  63  S.  Lisaa  i.  P.,  Ebbecke 
1906.  —.80. 

Neurnjinn,  L.  Landeskunde  des  Groß- 
herzugtums  Baden.  6.  Aull.  40  S. 
1  Bilderanhang.  Breslau,  Hirt  1906. 
JL  —.60. 

Sommer,  Feodor.  Schlesien.  3.  Aufl. 
184  S.  69  Abb.  u.  K.  im  Text,  1  E. 
Breslau,  Hirt  1906.  9.~. 

Vfmarainlungrn. 

Internationaler  Amerikanisten- 
Kon  greS.  Viexeehnte  Tagung.  Stutt- 
gart 1904.  1.  und  II  üiiirtc.  LXXXVII 
u.  703  S.  Er<:rinzungsbd.  87  S.  Viele 
Abb.  u.  K.  auf  Taf.  Stuttgart  usw., 
Kohlhamma  1906. 


Zeitschriftenschau. 

Petermanna  MUteilungm.  1 906.  9.  Heft,  i  in  Italien.  —  Heß-  Physiologische  Wir- 
Dau:  Geographische  Verbreitung  der  Be-  kungeu  des  Höhenklimas, 
mfsgruppe  ,.('henn8cbe  Industrie"  dee  GMma.  90.  Bd.  Nr.  19.  Graebner: 
deutschen  Reiches  im  J.  1896.  —  Busch:  Wanderung  und  Entwicklung  sozialer 
Chewsurien  und  TuKclietien  —  Braun:  Systeme  in  Australien.  —  Die  Amundsen- 
Die  geologische  Geschichte  des  Mauersee- ,  sehe  Folarexpedition.  —  Sei  er:  Paral- 
gebiets.  —  Almagifc:  Neuere  Beigitflrae  [  lelen  in  den  Kaya-HaaidseliiiAen.  — > 


uiyiii^cü  Uy  Google 


Zeile  ehr  iftenscbaa. 


655 


HftlbfftA:  Dm  Plankton  in  nordudMn 

Jkus.  Nr.  13.  Hassert:  Ein  Uerbai- 
awflug  nach  Eritrea.  —  Handelsbesiehun- 
gen  twiseben  Japan  und  Mexiko  im  Be- 
ginne des  17.  Jahrhuiulertu  —  Krebs: 
Der  Cantabria-Tailun  vom  22.-28.  Sept. 
190&.  —  Graebner:  Wanderung  und  Ent- 
'wiekluDg  sotialer  Systeme  in  Anitralien. 

Deutsch-  Rundseha»  für  Genrjraphle 
utui  Statistik.  J'.».  .Thrp.  I.Heft.  Kirch- 
hof!': Die  britiscbeu  Inseln  und  die  Bri- 
ten. —  Ifeinbard:  Konia  nnd  die  Bag- 
dadbahn. —  Mewius:  Die  gegenwärtigen 
Nordpolarexpoditionen.  —  Zürn:  Die 
Ruinen  von  Mitla  in  Mexiko. 

MeUorcIlMMeZeUmshriß.  1906. 9.  Heft. 
Hopfner:  über  die  Größe  der  solaren 
Wärmemengen,  welche  in  gegebenen  Zei- 
ten beliebigen  Breiten  der  Erde  zugestrahlt 
weiden.  —  Ders.:  Die  tftglicbe  solare 
Wärmestrahlung  auf  einer  in  beliebiger 
Breite  fest  gegebenen  Flächeneinheit.  — 
Osthot f:  Der  Mammato-Cumulus. 

Die  Beteiligung  DmlaehiaHd»  on  der 
mtemationalm  Meen^orschung.  III.  Jah- 
reflber.  190Ü.  Herwig:  III.  Bericht  bis 
zum  Schluß  des  Etatajahreb  IVOi  (6  Fig.) 

—  Krümmel:  Beridit  Aber  die  hydro- 
graphischen  Untersuchungen  (1  K.V  — 
Brandt:  Bericht  über  iillpemeine  bio- 
logische Meeiesuntersuchuugen  ^1  X.)  — 
Heineke:  Die  Arbeiten  d.  k.  biologischen 
Anstalt  auf  Helgoland  in  der  Zeit  vom 
1.  April  1904  bis  31.  März  1905  M  Fifj., 
6  Tal.,  6  K.).  -  Henking:  Die  Tätig- 
keit des  dentsdken  Seefischern-Teieuis 
auf  statistischem  Gebiete  bis  samSLlförz 
190.-)  :?  Taf.  ir,  T;i}i.,  'IVxtfig.  u.  1  K".\ 

Geoijruphischer  Atueiger.  1906.  9.  Heft. 
Schjerning:  OberflBcbengestaltung  im 
Odenwald,  —  Schulz:  Nene  Sternkarten. 

—  Fischer:  Stellung  der  Erdkunde  in 
den  Lelupläneu  der  höh.  Schulen. 

Zeii96krifi  für  KoUmiaipolitik ,  -recht 
iHui  -uirtschaß.  1900.  9.  Heft.  Bayer: 
Die  Nation  der  Bastards  —  Ncstler: 
Argentinien,  da»  Land  der  Zukunft.  — 
v.Alvensleben:  SüdamerikauischeStaats- 
wesen  nnd  deatsebe  Atnwandenmg.  — 
Most:  Die  wirtschaftliche  Entwicklung 
Dentecb-Ostafrikas  188r»  1906.  —  Bolle: 
Die  Einwandenmgs-  und  Kolonibationu- 
politik  Brasiliens.  —  Pangoay. 

Mitt.  fl  Ver.  f  Erdkde.  zu  Halle  a.  S. 
SO.  Jahrg.  1906.   1.  Archiv  f.  Landes-  n. 


Volkskde.  d.  Prov.  Sachsen  nebst  angren- 
zenden Landenteilen.  L  a  n  e  r :  Die  Grenze 
der  Bistümer  Verden  und  Haiberstadt  von 
der  £lbe  bis  rar  Ohre.  —  Wtlstenhagen: 
Beitri^  zur  Siedlnngskunde  des  Ost* 
Harzi':-'  Luise  fJerbing:  Ergänzungen 
zu  dem  Aufsatz  „Die  frühere  Verteilung 
von  Laub-  and  Nadelwald  im  Thüringer 
Wald'*.  —  Kirehhoff:  Das  Slawentum 
in  Buttstädt.  —  Töpfer:  Phänologische 
Beobachtungen  in  Thüringen,  1905  (26. 
Jahrj,  —  Liter.-Ber.  —  II.  Ber.  über  das 
Yereinsjahr  1905/06. 

Mitteilungen  der  Geogr.  Ges.  für  Thü- 
ringen. 1906.  Piltz:  Die  Geländefom  des 
Jenaer  Schlachtfeldes  ^2  K.}. 

La  Oioffraphi«.  1906.  Ko.  S.  Buf- 
fault:  Le  plateau  d'Aubrac.  —  Hulot: 
Hai)j)ort  d'enserablo  eur  la  Situation  finan- 
ciere  de  la  Societe  de  Geographie. 

Annaks  de  G^grajAie.  1906.  No.  86. 
Septembre.  XV.  Bibliographie  Gtegraphi- 
que  Annuelle  19<ir). 

The  GeographicalJourncd.  1906.  No.4. 
Oardiner;  The  Indian  Oeean.  —  Ho 
Mahon:  Recent  Survey  and  Exploration 
in  Seistan.  —  Iluntin^^ton:  The  Rivers 
ut  Chinese  Turkestan  and  the  Desiccation 
of  Asia.  —  Vischer:  Jonmeys  in  Nor- 
thern  Nigeria.  —  Goldie:  Twenty  Pive 
Years'  Geographica!  Progress.  —  The 
Uecent  Califomian  Eaithquake.  —  The 
Yalparaiso  Earthquake. 

The  Scoitith  Geograph icnl  Magotine. 
1?»06.  No.  10.  Tlie  International  Congress 
for  the  Study  oi  the  Polar  Kegions,  Brüs- 
sels, 1906.  —  The  York  Meeting  of  the 
BritiHli  Association.  —  Browne:  The 
Lade  Enclavc  and  its  Commercial  Possi- 
bilities.  —  The  Progress  of  New  South 
Wales.  —  A  Little-known  Mountain  Pass 
in  the  Pyzenees. 

The  Nntionnl  Gengraphic  Magazine. 
1906.  No.  9.  Chapmau:  The  Deserts  of 
Nevada  and  the  Death  Valley.  —  Hioki: 
Ji4»an,  Amerioa  tmä  the  Orient  —  Lan- 
rier:  The  Forests  of  Canada  —  War- 
ren:  Aninuil  Wealth  of  the  United  State». 
—  Mitbukuri:  Cultivation  of  Marine 
and  Fresh-water  Animals  in  Japan. 

.4.U8  Terschiedenen  Zeitschriften. 
Andersson,  J.  Gunnar:  On  the  Geo- 
logy  of  Graham  Land  (6  Tief.).  Butt, 
of  the  CM,  BuUt  of  üp$ah,  VoLVII. 
1906. 


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656 


Zeitschriftenscbau. 


Der-.:  On  the  palaeontolopical  Work  of 
the  Swedisb  Antarctic  Expedition. 

Ders.:  Soliflaction,  a  oomponent  of  sab- 
aSrial  demidatioii  (6  Fig.).  TheJtmmei 

of  a,'ol    Vol.  XIV,  No,  2.  FAr,-^ 
March  miß. 
Bolwin:    Monddistanzen   und  Läugeu- 
tnr  See.   MimmA  wnd 

EriU'.   XV in  11.   Sept.  1900. 

Eichler,  ( j  radmaiui ,  Meieren:  Erpeh- 
uiü&c  der  pflanzengeugruphiscbeu  Durch- 
foraohmig  Ton  Wflrttembeig,  Baden  und 
Hohenzollern.  I.  (2  K.)  II.  (8  K.)  Beü. 
z.  Jahrcshi  f  tf  d.  VW.  f.  Vaterland.  Na- 
turkäe.  in  Württ.  Gl.  u.  6Ü.  Jalirg.  1905 
«.  1906  «f.  Mm.  d.bad.M.Ver. 

K.  Geol.  L.-A.  n.  Bergak.  Berlin:  Be- 
schreibung von  7  geoloprisrhen  Karten 
mit  Tiefeuliuien  oder  Tietenätufen  der 
GewftMer,  anegestdlt  in  der  Dentoehen 
Binnenfischerei-Abteilung  der  Internat. 
Au<^Htcllung  Mailand  1906.  S.-A.  a.  d. 
l'üiner, 

Jentsaeh:  Enfter  Enhnizf  einer  Anlei- 
tung zur  Seen-Üntersuchung  bei  den 
Kartenaufnahmen  der  «Jeol.  L.-A.  Bei- 
träge  zur  Ücenkuude.  Teil  I.  (Äbh.  d.  k. 
preuß.  Geol.  L.-Ä,  «.  BergaL  N,  F. 
Heß  4.^.  1906.) 

Ders.:  Zur  Kritik  westpreußiflcher  Inter- 
glazialvorkommen  Briefe  d.  Mm.-Ber. 
Nr.  12.  Jahrg.  1905.  d.  2>.  Geol.  Ges. 

Keidel  u.  Richarz:  Ein  Profil  durch 
den  nördlichen  Teil  des  zentralen  Tian- 
äcban  (6  Tat'.).  (Aus  den  wiss.  Ergeb- 
niasen  der  Merzbacberschen  l^n- 
Schan -Expedition.)  Abh.  d.  i.  hoffer. 
Ak.  d.  Witt.  n.  Kl.  JOaiLBd.  LÄb. 
1906. 


Kittler:  Die  Stellung  der  Geographie 
an  der  bayerischen  OberrealBchule. 
Beü.  t.  (Münch.)  AUg.  Ztg.  1906.  Nr. 213. 
14.  Seft. 

Koppe:  Die  Entwicklung  der  nplände- 
darstelhing  durch  Horixontalkurven. 
Himmd  und  Erde.  XVUI.lU.  Juli  1906. 
11.  Aug.  1906. 

Küppera:  PhTsikalische  und  mineralo- 
gisch-geologische Untersuchung  von 
Bodenproben  aug  Uat-  und  Nordsee 
(S  Textk.).  WU».  Meeretwümmtk.  AH. 
Kid.  X.  F.  Bd.  10.  1  Okt.  1906.  (A. 
d.  lAthor.  f  internat.  Meemfonek.  in 
Kiel.  Biol.  Abt.  Nr.  9.) 

Heydenbaner:  Vnlkaniannia  and  A«^ 
Sturztheorie.  HimmdwtdErde.  XVIII. 
10.  Juli  190C,. 

Proot:  Vacautie-excarsie  ?oor  geografen 
door  Zerengebergte  en  Eifel.  TijMuift 
voor  GeHchiedenis,  Land-  en  Votkm- 
künde,  te  Gronmqen.  1906. 

Bedlich:  Biatoriucb-geugrapbiscbe  Pro- 
bleme. Min.  d.  Imtt.  f.  dMarr.  Gt- 
scJfichtsfarsch.  XXVII.  Bd.  4.  H.  1906. 

San  dl  er:  Ein  bayerificher  Jesuitengeo- 
grapb  (4  Taf.).  Miti.  d.  Geogr.  Ges.  In 
Mündten.  Bd.  II.  l.H.  1906. 

Schwahn:  Der  VesuTausbrueb  1906 
.''viele  Abb.  auf  Taf.).  Himmd  imd  Erde. 
XV III.  10.  Juli  1906.  11.  Aug.  1906. 

Uhlig:  Regenbeobnehtongeo  utDeutedi- 
Oatafrika.  I.  II.  lü.  MiU.  a.  d.  deut- 
sehtn  SchuttgebitUn.  Bd.  XIX.  1906. 
Heft  1,  2,  3. 

Wahn  schaffe:  Zar  Kritik  der  Inter- 
glasialbildangen  in  der  Umgegend  TOn 
Berlin.  Mon.-Brr.  d.  D.  Chol.  Oes., 
Jahrg.  1906.  Nr.ö. 


VMAut wörtlicher  U«rftaig«b«t:  Prof.  Dr.  A H r e d  Uottner  ia  Hoideibcrg. 


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■  '•ubmii,   i-'r.   u.   M    Kri.  j.  i.      Ffihi.-r    .Im  -f  in    tm!    rip.'"l.Mt! . 

W.  C.  Korthnl 

Sciilel,  A.    Hautscti  ■  KaiitLfiiii.     Viui  S.  l'ttssur.:'  '  '" 

Irlr,  J.    liiiä  llcrero.    V<iu  de  ms  

Wintor.  >I     AiiKchaiiunct-n  uinus  oltoii  „  AfrikniiLTs"  in  dt-uUch -i>stat"rikftiiischi.-i) 

BoHirliclinftunifBfrnpoii.    Von  A.  Schoiick  

Schlcrutlicr,     K        [  .il  rivl.'i-.     >!.t     l't.ll.iMr'l.'     fm     li''ilii'r.'     T.''lirnr»vl;ilr.  II 

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Pfitz-Naiinianu.  L<Mtl.tii<:ii  liut  \i  i^IcicliL-micn  l.rdl>uscUreihiiii/.  \<iji  ilc-uis  i:>'<'2 
K.  r.  Sevdlitzscli  t)  Gto^-rnpliip.    Aus^'nh.-  !>     V  it:   1 .  -i  ....     '  "  J 

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4 


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DAS  MILITÄRISCHE  AUFNEHMEN 

INTKR  BF.SONDKRER  HERIH  "KSICHTIGI  N(  1  J)KR  ARBEIT  IN  DER 
KÖNIGLICH  PREUSSISCHEN  LANDESAUENAHME  NEiiST  EINIGEN 
NOTIZEN  ÜBER  ITKVrOGRAMMETR  IE  UND  ÜBER  DIE  TOPOGUA- 
rHISC  HEN  ARBEITEN  DEUTSCHLAND  BENACHBARTER  STAATEN. 
NA«  H  DF.N  ALM-  DER  KÖNKiLHUEN  KKlKf;SAKAf>I  .NJrE 

<;Kif \r  1 1- \i:n  \  i)KrKÄr,KN  itF.AKr.i  i  n  i  vm\ 
BRUNO  SCHULZE, 

Mil  I2y  Abbildungen  im  Texl.    |XII1  ii.  305  S.]   gr.  ü.    1903.    In  I-einwand  geb.  J(  8.— 
,,\VVnn  aber  ein  .h  von  einrm  .\ui<>r  verüißt  wiril.  i!fr  wii;  kein  .indorrr  d.i; 


bei •>    - '     i>  !•   i'i.  ii.  •  , "ii 
Much. 

in  nit.  I  

mit  I 

licgtMli'.  .M  .   

in  der  V>- 

Jas  Rartcnwrsen  InU»re»»c  besiUcn,  viel 
„L>ir«  in  1 


Ml  d.lfi  mit  Sirhcrbeit  an.-  n 
ird.  Da>  H\xch  wird 

t  'i.t.  M  und  bei  altcit,  • 


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kreiM»  binaua  b<MondcTs  b<*i  l>iniltnc»*<?rn  und  iic(Ml><t<'ti  Krt-utidr  htulfn," 

I  l.itcrai  in  Jif«  /.cntr.ilM.iM 


Verlag  von  B.  G.  Teubner  in  Leipzii:. 


DAS  ERDSPHÄROID 
UND  SEINE  ABBILDUNG. 


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.  kann." 


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.s.N  un..  Ki.l..   :  iXIIN.  «OCHSCKULK  USl»  AM  K"LI.SISC»II  N  «.^««t*.!  II"» 

l.lungcn.    IVirr  II.  f  10  S.]    pr.  ^-     lOOi      In  Leinwand  geb.  .K  l  AO. 
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Zn  betiehen  durch  alle  Bvchhandltin^en  sowie  durrh  dio  Verlainhundln^ 


GEOGKAPIIISCIIE  ZEITSCHRIFT. 


II  K  RAUSriEClEBEN 

VON 


Dr.  ALFRED  HETTNER, 

KSSOK  DER  OKOWKArHIB  AN  PKK  UNIVKUSITÄT  HKtnRI.RKK«; 


ZWÖLFTER  JAHR({AN(i.    ZAVÖl.FTKS  HEFT. 


Ml  I    1  l>i»I'l'ri..TAl"M. 


AUHGEUKBICN   AM   >  .lAXUAK. 


LEIPZIU. 


Inhalt  «k's  zwölften  Heftes. 


UbtiiiiiHi    i)r.  Ii.  liniiiu* 


uhiil' 

Amiaherg  i.  Kr/gel»  

1)10  AbHußerschi'inungen  in  Mittel-Europa.  Von  (Joli.  Oberliaurat  H.  Keller, 

Leiter  der  k.  preuü.  Landesanstiilt  für  (iewUsserkunde  in  Berlin. 

I.  Abweichungen    der    Einzelgebiete    vom  Durehsohnittsverhalt^n. 

.'».  .lahre.s/.eitliche  Versehiedenhoit   der  Abflußerseheinungen.     ■  Mit 

■J  Kurventafeln  auf  Doppel -Tafel  Nr.  9t  .  . 
T»'-   'Zukunft  d»^r  diMilsclu-n  '  ^  ■  i 'rripbentavT''.    Von  Truf.  I>v.  Will,  l  i' 

III  Halle  «.  S    . 

T>i«'  Platte  /.wisehen  Sumatra  uu'l  llortuo.     Von  Dr.  .1.  llnndhau^ 

in  Zili-ieh   ... 

1 1  eogra ph iscbe  Neuigkei ten : 

Asluii  OberllAcliö  dos  R»iati9cln.ii  IkHUiiiuils.  —  tiiotlieii  LxpiJitiou  iihcIi  >1i.ui 
Autit*uru8  und  itAch  MesopoUimien  

Afrik».  Viacberi  Reise  durch  die  mittlere  Sabani.  —  Kochs  Expoditiua  zur 
Erforscliuntr  der  Sclilnntmiikheit.  —  Don  Livio  C&etatii«  Heise  im  Osttiüru 
Afrikas.  —  Eiseulahnban  iu  Doiitsch -SodwcstAfrika  

Nordamerika.    Vonn(>hrau(|r  d«r  Indisoer  in  den  Roservationen 

Nord-Folargebiet«.   FQrst  Alborts  vi.ii  Monncu  K  n  tiacii  Spiutiifgcn. 

—  Pearys   Nordpolaroxpeditiou.  —  Aniundsi  iis  j  r  «uf      r  .  i;  '  i" 

—  llarrisons  Nordpoiarexpedition 

M«prü.    Arbeiten  des  „Plant-t''  

rKrsr<ii liebes.    Emil  Scbmidt  f.  —  liicbtbofiiii-T.iL' 
Bücherbesprechungen: 

Pouok,  A.    Ueobacbtun;^  ald  OrundlngL»  der  Ot'Ofc'rapliio.    Von  Th.  Fisch«  i 

KccItiK,  H.  f.    Los  Volcans  de  la  IVrre.    Von  U.  l.hlig  

<lftt7. .  W.   Das  Schwindt-n  des  Wassers  iu  df«  h^herca  Bodt-nlap'n.   Vnn  W.  ; 

Schmidt,  (}.  M.    «imhirhte  dos  Welthaudels.    Von  A.  Kirch  hoff  . 

Hocker,  F.    Karte  von  Budensee  iiud  Rbfin.    Von  A.  Penck. 

Ortiiid,  A.    Landtskuiide  von  Ost^rrciL-h - L'ii;;atii.    Yun  G.  A.  Lukas. 

Kcstiltato  der  wisscuachaftlichen  Erforsch iin^'  d«.-s  Platten  -  Suos.    Von  W.  ri>- 

Pirioij,  E.    L'Iiide  contemporaine  vi  lo  mouvi'mont  national.   Von  E.  Schniidi  ( 

Robert,  E.    Lu  Siam.    Von  W.  C.  KortUnU  t   

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on  20,  voji  Noti 
i,  eine 
r  un<l  1..  ; 
inl .  siinl  an  ■ 

i-n  iiu 


Die  Aufgabe  der  Hchulgeographie. 

Von  B.  Bmhju. 


Allem  Ansdieiii  nach  atehfiii  wir  am  Vonbend  einscbiieidender  Vertnde- 
Tangen  in  tmaerin  heatigen  llittelsohnlweseD,  die  darauf  bumelen,  daB  den 
8cbflleni  der  obersten  Klassen  unserer  Gymnasien  und  Bealgymnasien  eine 
grOfiere  Freiheit  in  ihrer  Arbeit  den  persönlichen  Anlagen  entsprechend  ge- 
geben werden  soll.  Dies  kann  in  der  Weise  geschehen,  daß  dem  Schüler,  der 
in  Prima  besonders  gute  Leistnngen  auf  niathenmtisch-naturwisseuschaftlichem 
Gebiet  vorzuweisen  vermag,  gewisse  Unvollkommenheit^'U  in  den  philologischen 
Fächern  nachgesehen  werden  umi  umt^fk«  hrt.  Matthias  hat  im  Januarheft 
der  mit  von  ihm  herausgegebenen  „Monatsschrift  für  höhere  Schulen"  (1906) 
einige  Andeutungen  gemacht  über  die  Art  und  Weise,  wie  eine  solche  Kom- 
pensation in  Tersdiiedenen  FSllen  scboii  dorchgefOhrt  worden  tat  oder  dnrch- 
geflUurt  werden  kann.  Es  ist  nicht  anageschlossan,  daß  schließlich  fthnlich 
wie  in  Frankreich  auf  dnen  gemeinsamen  ünterban  bis  Oberseknnda  (oder 
üntersekonda)  eine  Gabelung  des  weiteren  üntenichtes  in  ▼erschiedene  Ab- 
teiluogen,  etwa  mw  vonsugsweise  pliildL(>gi8che  und  eine  Tonogsweise  mathe- 
matisch-naturwissenschaftliche folgt  Die  gegenwärtig  durchgeführte  allseitige 
Ausbildung  bis  zum  Abitnrientenezamen  herauf  hat  za  so  vielerlei  Schwierig- 
keiten, Zersplitterung  und  Überlastung  geführt,  daß  eine  wesentliche  üm- 
gestaltimg  der  LehrpUlne  im  Laufe  des  niichsten  Jahr/.ehnts  mit  Bestimmtheit 
zu  erwarten  ist.  Dann  wird  es  aber  für  die  ( Ji'ographie  von  großer  Wich- 
tigkeit sein,  daß  sie  klar  und  mit  bestiiuintcn  u  iihlht-grüiideteu  Forderungen 
ihren  Platz  auf  der  Schule  wahrt  oder  erwirbt.  Dafür  erscheint  es  besotiders 
wichtig,  daß  die  methodische  Stellung  der  Geographie  im  Vergleich  zu  den 
andern  Schnlf Schern  deutlich  klargelegt  werde.  Verfasser  hat  den  Wunsch, 
in  nachfolgender  Arbeit  einen  Beitrag  dasn  su  liefern  speiiell  unter  Hervor- 
hebung der  Ansicht,  daß  dem  geographischen  ünterrioht  eine  gans  besondere 
propftdentische  Au%abe  suflUt,  die  ihn  wesentlich  von  allen  andern 
FIdiem  unterscheidet. 

Die  Geographie  als  Wissenschaft,  mehr  noch  als  Unterrichtsfach  hat  ur- 
sprünglich eine  eigenartige  Zwischen  Stellung  zwischen  Geschichte  und  den 
Naturwissenschaften  eingenommen.  In  der  Schule  ist  sie  lange  im  Gefolge 
der  Ooschichte  erschienen  und  z.  B.  der  Geschichtslehrer  beauftragt  worden, 
in  den  obersten  Klassen  ,.erdkundliche''  WiedorholuniTcn  anzustellen.  Dem- 
gegenüber tritt  sie  beute  im  Gefolge  der  Naturwisseiiscliaften  auf.  Dies  ist 
aber  eine  neue  Gefahr,  die  nicht  unbedenklich  ersi  heint.  Ist  doch  für  die 
Geographie  ein  zu  weit  gehendes  Überwiegen  der  exakt-naturwissenschaftlichen 
0«ogn«lll«tfteMilNfa«Ut  ».Jahrgan«.  190S.  U-Haft  46 


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658 


B.  Bralm«: 


Arbeitsweise  auch  nicht  richtig.  Vielmehr  ist  demgegenüber  sehr  wichtig, 
daran  festzuhalten,  dali  die  Schul geoprap hie  nicht  eine  naturwissenschaftliche 
Disziplin  ist,  ebensowenig  wie  eine  geschichtlichei  sondern  dafi  sie  ihre  ganz 
selbstUndigen  Wclt»'  geht. 

Um  dies  zu  erläutern,  sei  zunächst  eine  kleine  Nebenfrage  erörtert,  die 
wohl  unwesentlich  erscheinen  mag,  es  aber  durchaus  nicht  ist:  gibt  das 
deutsche  Wort  ,fExdkiiiide**  alles  daa  wieder,  was  in  dem  Wort  „Geographie*^ 
liegt?  —  Zunfichst  hst  jede  YerdeutBohong  geganflber  dem  altgewohnten 
Fremdwort  den  Naditeil,  daß  man  einerseits  in  dem  Tiel&ch  aosammen- 
geeetzten  deutsdien  Wort  die  einseinen  Bestandteile  selbstlndig  h^nsfUilt» 
daB  andererseits  viele  Fremdworte  ihre  besondere  Gesehidite  haben  und 
im  Laufe  «1er  Zeit  dadurch  einen  ganz  eigenartigen  Sinn  gewonnen  haben. 
So  ist  „Erd-Kunde"  die  Kunde,  d.  h.  die  Beschreibung  und  die  zur  Erkenntnis 
ftthrende  Darstellung  der  Erde  und  ihrer  einzelnen  Teile.  Das  genügt  aber 
der  „Geographie"  nicht  mehr.  Diese  ist  nicht  nur  eine  beschreibende  und 
darstellende  Wissenschaft.  soiKb-rn  auch  eine  methodologische.  Sie  hat  nicht 
bloß  die  HeschreibuTig  ihrer  Objekte  zu  geben  und  aller  für  ein  solches  Ob- 
jekt uialigebenden  Ursachen,  sie  muß  auch  darauf  hinweisen,  wie  diese  Ur- 
sachen mit  einander  zu  verknüpfen  sind,  und  bis  zu  welchem  Grade  neben 
hdmnnien  anoih  imbehaante  lÜnflüsse  mit  in  Bedmung  zn  siehen  suid.  Vor 
allem  ist  es  ein  wesentlidies  Element  der  Geographie,  ans  den  rar  Verfügung 
stehenden  Darstellungen  jeweilig  das  heranssnlesen,  was  bestimmend  fOr  einen 
Ort  oder  ein  Land  nsw.  ist  neben  dem  unwesentUohen  akaidentellen  Beiwerk. 

Eine  wirklich  allseitig  erschfipfende  Darstellung  vennag  die  Geognqpide 
nicht  zn  geben:  auf  einen  Wasserlauf  z.  B.  üben  so  unzählig  viele  auch  der 
exaktesten  Darstellung  unzugängliche  Nebendinge  ihren  Einfluß  aus,  daß  inuner 
und  immer  wieder  neue  Fragen  ihrer  Erklärung  harren.  Wer  sich  bemüht, 
Über  einen  See,  seinen  Urspnmg.  seine  Wirkung  auf  Landschaft,  Menschen- 
leben, Wasserverteilung,  BodeubeschatJenheit  u.  a.  genaue  Auskunlt  zu  erhal- 
ten, wird  nur  zu  oft  auf  das  leidige:  „wir  wissen  nicht"  stoßen.  Saelu-  der 
„Erdkunde"  ist  die  Schilderung  der  bekannten,  tatsächlichen  Verhältnisse, 
Aufgabe  der  „Geographie^*  ist  es,  die  Methode  zu  lehren,  alle  diese  Tatsachen 
mit  einander  zu  Terimfipfm  imd  das  Unbekannte  sn  berOekiiditignL  Die 
„Erdlrande^*  bringt  das  absolute,  wiiUiehe  Material  rassmmen,  die  „Geographie^ 
lehrt  dasu  noch,  von  welchen  Tersehiedenen  Standpunkten  ans  man  das 
Material  zn  betnohten  hat,  nm  es  in  rechter  Weise  in  seiner  Gesamtheit  be- 
urteilen za  können.  Bekannt  ist^  wie  Alphons  Stfibel  bemfiht  gewesen  ist» 
bei  seinen  Arbeiten  den  Ort  herauszußnden ,  von  dem  aus  der  Vulkan  etwa 
seinen  besonderen  Charakter,  die  Einzelheiten  seines  Aufbaus  und  seiner 
Stellung  in  der  Landschaft  am  deutlichsten  erkennen  läßt.  Der  Wert  seiner 
Arbeit  liegt  unter  anderem  mit  darin,  daß  er  lehrte,  wie  das  hSufige  genaue 
Studiiuii.  wie  ('S  beispielsweise  der  Mab-r  übt,  von  verschiedenen  Seiten  und 
zu  versrhicit  ueu  Zeiten  nötig  ist.  um  die  Landschaft  in  ihrer  voUkomnien.'n 
Eigenart  aulzufassen.  Er  hat  mit  dazu  beigetragen,  dem  Begritf  „geographische 
Auffassung» weise"  seine  besondere  Bedeutung  zu  geben,  die  wir  in  das  Wort 
„Erdkunde"  nicht  hineinlegen. 


Die  Anfgabe  der  Sehnlgeographie. 


659 


In  demselben  Sinne  sind  PfUuiMllkunde,  Insektenkundo  u<^w.,  Gesteins- 
kunde, Sternkunde  die  Bezeichnungen  für  den  systematisch  besi  hreiht  iiden 
Teil  der  Botanik,  Zoologie,  MineralomMe,  Astron<imin.  Diese  vfil»in<len  abor 
mit  dem  besehreilicnden  Tatsachenbericht  die  inethodologiscln'  Kenntnis  der 
äußeren  Darstell ungslbnn,  die  mit  denkbarst  einfachen  Hilfsmitteln  aiok'Hchst 
viel  zur  Anschauung  bringt,  und  der  inneren  Auffassuugsweise,  die  mit  mög- 
lichst umgreifendem  Blicke  das  Einzelindividuum  als  Glied  des  Grsnzen  be- 
greift InibetMidere  ia  der  Geographi«  ist  diete  Methodologie  von  grOfitor 
Wichtigkeit.  Hier  ist  das  TatSMhenniaterial  so  ungeheuer  groß,  dafi  es  ab- 
Bolnt  nnmflglioh  ist,  all  das  Wissen  als  dauernden  Berits  sn  «rwerben,  das 
für  die  einxelnen  Phasen  des  praktisehen  Lebens  von  Bedeutung  ist  Das  ist 
rine  Folge  der  ungdramem  Ausdehnung  des  modernen  Verkehrs.  0afDr  hat 
aber  die  Geographie  eine  Ansahl  Hilfsmittel  erworben,  die  sich  allm&hlich  zu 
außerordentlich  hoher  Vollkommenheit  entwickelt  haben,  so  daß  durch  ihre 
richtige  Ausnutzung  der  große  Mangel  an  tatsächlichem  Wissen  leicht  be- 
hoben werden  kann.  Die  Hilfsmittel  sind  Karten,  13iUI»>r.  statistische  Tabellen, 
zusammenfassende  systeniatisclie  Darstelluuiren  dlie  heutigen  Li'lirhücherj, 
Monographien  und  —  insofern  jnan  versteht  richtig  auszuwählen  —  die  j^roße 
Mentre  von  guten  Momentbilderu  nud  Skizzen,  wie  sie  heute  die  bes&ore  Jour- 
nalistik bietet.  Das  ernste  geographische  Studium  verleiht  dem  Geographen 
von  Fadi  die  Ffthigkeit,  idles  technisch  gebotene  Material  in  saehgemißsr 
Webe  zu  verwerten,  d.  h.  ein  gegebenes  kleineres  oder  grSBeres  Gebilde 
(Beiy,  Stadt,  Landachaft»  Ltaidergmppe)  vom  geographischen  Standpunkt  aus 
au&nfassen.  Sache  des  Schulunterrichtes  muB  das  Bestreben  sein,  diese  Flhig- 
keit  möglichst  weit  unter  das  Volk  zu  verbreiten. 

80  ist  es  also  nicht  genügend,  wenn  der  geographische  Schulunterricht 
lediglich  einen  Tat^achonbericht  gibt,  eine  systematische  Schilderun«::  der  ein- 
zelnen Teile  der  Erdoberfläche  entsprechend  dem  Inhalt  unserer  Lehrbücher. 
Der  UnterriclU  soll  wes(>ntlieh  auch  ein  propieh-iitischer  sein  und  neben  dem 
Kanon  uutwendiecn  NV'issens  di»-  nclitiur»'  .Vusnüt/.unrr  der  technischen  Hilfs- 
mittel und  d'-y  methodischen  Hill^mittel,  im  {ganzen  aber  eine  spezifisrh  lT'O- 
j^apliisih>  Auffassungs weise  der  gegebf-nen  ()l»jekte  lehren.  ]);iü  diese  l'orde- 
rung  für  den  geographischen  Uutericht  nichts  anderes  bedeutet,  als  was  die 
übrigen  ünterriehtrflUjier  schon  Iftngst  fDr  sieh  ab  maßgebend  angesehen 
habm,  oder  wonach  sie  gerade  in  der  Gegenwart  konsequent  hinstreben, 
mag  uns  eine  kurze  vergleichende  Abschweifiing  auf  diese  anderen  Gebiete 
zeigen. 

Zunftdist  finden  wir  Botanik  und  Zoologie  in  der  G^;enwart  ausgesprochen 
auf  dem  Wege  zu  einem  Ausbau  des  T^nt^rrichts  nach  der  biologischen  Seite 
llin,  d.  h.  während  früher  in  diesen  FUchern  vor  allem  systematische  Be- 
schreibung geboteu  wurde,  wird  jetzt  das  Hauptgewicht  auf  die  Darstellung 
der  Leben svorgünge  im  pflanzlichen  oder  tierischen  Organismus  geh  j^t  Sclnneil 
und  Kräpeliu  besonders  haben  in  letzter  Zeit  mit  dazu  beigetra^ren ,  ein 
tfleologibches  Prinzip  -  vi»lfaeh  wohl  in  zu  weitgeliendei-  Weise  —  hervor- 
zuheben, die  einxelnen  Ptlanzenteile  z.  B.  immer  nur  mit  der  Frage  zu  be- 
trachten: welchen  Nutzen  hat  die  ganze  PUanz«  davon?   Dadurch  wird  schon 

46* 


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660 


B.  Brvhiif; 


TOD  frühester  Ju^oud  an  unter  den  Schülern  mit  Bewußtsein  einmal  die  Liebe 
zur  Natur,  die  Freude  am  Betrachten  des  regelmäßigen  Wachstoms  erweckt, 
andererseits  die  Fähigkeit  in  sie  gelegt,  biologisch  die  Wechselwirkung  zwischen 
den  einzelnen  Teilen  «irr  Ptlanze  und  zwischen  Pflanze  und  Tier  zu  beobachten. 
Es  ist  bekannt,  daÜ  die  .,Unterriehtskomrai8sion  der  Gesellschaft  deatscher  Nator^ 
forscher'*  diese  Bestrebungen  besonders  unterstützt  hat. 

Während  wir  hier  ein  Unterrichtsfach  in  der  Entwicklung  auf  das  ^el 
der  Propädeutik  hin  begriffen  finden,  sehen  wir  in  Physik  und  Mathematik 
Bcbon  dorehaus  die  Entwicklung  vollendet  Das  Ziel  des  pbjsikaliselira 
ünterriehts  ist  es,  die  Schiller  exakt  beobaditen  za  lehren,  das  Zid  des 
mathematiscken  Unterrichts  ist  es,  die  Behfiler  exakt  denken  zn  lehren.  Im 
Physiknntemcht  geht  das  Streben  der  Methodiker  darauf  hin,  die  Apparate 
möglichst  zu  vereinfachen,  um  auf  die  Schüler  möglichst  wenig  dnrch  zu 
große  Mannigfaltigkeit  ventvurrend  einzuwirken,  dabei  aber  die  wesentlichen 
Folgerungen  doch  recht  scharf  hervortreten  zu  lassen,  so  daß  jeder  Schfiler 
genau  das  Wechselspiel  von  Ureache  und  Wirkung  verfolgen  kann.  Ich  er- 
innere nur  an  das  Loosersche  Thermo^kop  mit  seiner  vielseitigen  Verwend- 
barkeit, ltder  an  die  Modelle  etwa  der  Dampfmaschine.  Wollte  man  allen 
Aiiiurderungen  des  praktischen  Lebens  entsprechen,  indem  man  die  jungen 
Menschen  mit  den  vielen  wichtigsten  Einzelformen  von  Maschinen  vertraut 
machte,  so  würde  man  nur  Mißeifolge  erleben.  Allein  die  Vorftthrung  typischer 
Charakterformen,  grundlegender  allgemeiner  Oesetse  kann  die  Schfiler  so  weit 
auf  das  praktische  Leben  yorbereiten,  daß  sie  sidi  hinreichend  loraohtKafindw 
vermögen.  —  Gegenwärtig  findet  die  Forderung  Tide  Anlübiger,  praktische 
physikalische  Übungen  in  den  üntenicht  einxnfligen.  Diese  haben  aber  oidit 
den  Zweck,  den  Wissensstoff  zu  vermehren,  sondern  die  Flhigltoit,  exakt 
zu  beobachten,  also  einen  propädeutischen  Zweck. 

Noch  sch&rfer  zeigt  dies  die  Mathematik.  Der  Schulunterricht  an  den 
höheren  Schulen  soll  —  auch  wenn  etwa  die  jetzt  auftauchende  Forderung 
einer  Gabelung  in  Prima  durchdringt  —  jedenfalls  bis  zur  vollendeten  Se- 
kunda eine  iiK'iglichst  gleichmäßige  liiUiung  für  alle  Gebildeten  erzielen, 
ob  sie  nun  einem  technischen,  einem  kautinänuischen  oder  einem  gelehrten 
Berufe  zustreben.  Soll  nun  etwa  der  Unterricht  in  Arithmetik  und  in  Geo- 
metrie dem  künftigen  Kaufmann  oder  dem  künftigen  Theologen  nur  einea 
WissensBchats  geben,  so  daß  er  jedeneit  eine  Bndhstabengleudiung  gut  anf- 
sulflsen  vermag,  oder  eine  Breieckskoiistniktljon  mift  Hilfe  der  Ähnlichkeits- 
sfttze  gut  ausfahren  kann?  Sicher  ist  dies  niidit  das  wesenflidie  Zid,  sondere 
die  exakt  logische  Denk  •Schulung.  Jeder  Schfiler  soll  an  der  Mathematik 
lernen,  wie  aus  dm  Anfuigsgranden,  aus  Definitionen,  Axiomen  und  Yorans- 
Setzungen  streng  logisch  die  neuen  Behauptungen  bewiesen  werden  können, 
wie  die  lediglich  aus  Gedanken-Abstraktionen  aufgebauten  mathematischen 
Ausdrucksmittel  geeignet  sind,  streng  logisch  konsequente  Schlußfolgerungen 
zu  entwickeln.     Also  hier  ein  bewußt  propädeutisches  Ziel. 

Daß  auch  im  chemischen  T  iiterrieht  das  richtige  chemische  \'erständnis 
neben  dem  bloßen  Wissen  selir  lioch  eingeschätzt  wird,  lehrt  die  Einrichtung 
der  weit  verbreiteten  methodischen  Arendtschen  Lehrbücher. 


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Die  Aufgabe  der  Bchnlgeogrftphie. 


661 


Und  wie  steht  es  im  Geschichtsunterricht,  im  Sprachunterricht?  Be- 
deutet nicht  im  ersteren  die  honte  erstrebte  Veriiiinderung  des  gedöchtnis- 
mäßig  einzuprä<:eii(lt  n  Zahleuiiiateriales  eine  Fonlt  rung  des  Strebens  nach 
„historischem  Verständnis"?  Und  wird  der  Philologe  damit  einverstanden  sein, 
wenn  mau  als  Ziel  des  lateinischen  oder  neusprachlichen  Unterrichts  nur  ein 
Können,  d.  h.  nur  die  F&bigkeit  fordert,  die  betreffende  Sprache  lesen, 
Bchreiben  nnd  sinredien  ni  ktaneii?  Ist  nicht  Tiehnehr  ein  wetentUdier  Teil 
aeines  Streben«  ein  YenttndBis  ftlr  die  Spraobgesetse,  der  „Sinn  fBx  die 
Spraehe*^?  Das  ist  aber  aneh  ein  propidentisohes  Ziel.  Und  ebenso  wird  der 
dentsehe  Untenieht  der  Mittel-  und  OberUassen  nicht  so  sehr  die  Kenntnis 
von  möglichst  vielen  Dichtungen,  sondern  das  Versttnduis  des  Wesens  der 
Dichtung  fiberhaupt  als  eins  der  wichtigsten  Ziele  erstreben. 

Man  soll  nun  natürlich  nicht  so  weit  gehen,  daß  man  in  der  Schul- 
geographie das  propädeutische  Element  zu  sehr  hervorkehrt.  Ein  bestimmtes 
Tatsachenwissen  ist  unbedingt  notwendig  und  muß  speziell  in  den  Unter- 
klassen (Sexta  bis  Quarta.)  besonders  in  den  Vordergrund  treten.  Hier  hat 
sich  die  Propädeutik  in  der  Hauptsache  auf  die  erste  Einübung  des  Karteu- 
lesens zu  beschränken,  so  etwa,  wie  es  Fischer  in  seiner  „Methodik  des  üuter- 
richts  in  der  Erdkunde^'  für  die  Volksschule  gewünscht  hat.  Erst  in  den 
andeien  Klassen  wird  nach  und  nach  das  propftdentisdie  Element  mehr  her? or> 
treten,  bis  sddiefilieh  ein  etwaiger  geographischer  Unterricht  in  Oberprima 
(in  Heimatknnde,  s.  8.  660  E)  wesentlieh  nur  Methodenlehre  ist 

Bs  handelt  sich  demnach  in  der  Geographie  um  die  drei  Aufgaben: 

1.  Einfuilgung  des  notwendigen  Wissens; 

2.  Erwerhung  der  Flhigkeit  ZU  weitestgehender  richtiger  Ausnntsiing  der 

technischen  Hilfsmittel; 

3.  Erwerbung  der  Fähigkeit,  die  einzelnen  Objekte  nach  spezifisch  geo- 
graphischer AiitYassuugsweise  zu  betrachten,  d.  h.  so,  daß  jedes  der  Betrach- 
tung unterworfene  OI)jekt  nicht  isoliert,  sondern  stets  im  Vergleich  und  in 
der  mannigfaltigen  Wechselbeziehung  zu  möglichst  vielen  gleichartigen  und 
ungleichartigen  Objekten  angesehen  wird. 

Den  ersten  Punkt  wollen  wir  hier  rasch  erledigen.  Eine  gewisse  Summe 
Ton  Objekten  gibt  es,  die  jedw  Gebildete  wissen  mnfi^  eine  Summe,  die  frei- 
lich von  Zeit  zu  Zeit  sich  Indert,  aber  dodi  in  ihrem  Hauptumriß  dnrch 
lange  Perioden  gleich  bleibt  Wir  beseicfanen  sie  als  den  „Kanon**  notwendigen 
Wissens.  Im  einielnen  mag  man  viel&ch  sweifelhaft  sein  Über  s«ne  Ab- 
grensnng,  im  grofien  nnd  ganzen  wird  es  genflgen,  den  Hauptkarten  der  guten 
Sehulatlanten  für  die  Unterstufe  au  folgen.  Je  dem  persönlichen  Interesse 
entsprechend  wird  der  eine  diesen,  der  andere  jenen  Namen  ausschalten, 
niemand  wird  Namen  wie  Bombay,  Ätna,  Cypern,  Magdalenenstrom  oder  gar 
noch  bedeutungsvollere  eliminieren.  "Weniger  wichtig  ist  es,  ol»  jeder  Schüler 
über  Manaos,  den  ('assiquiare,  Citlaltepetl  genau  Hüscheid  weiß.  Doch  sei 
nebenbei  hier  darauf  hingewiesen,  wie  außerordLiitlieh  verschieden  die  Fähig- 
keit ist,  geographische  Objekte  zu  merken.  Man  wird  fast  in  jeder  Kla.sse 
einige  finden,  die  beinahe  jedeu  eiumal  gehörten  Namen  behalten,  und  andere, 
die  trota  nachweislich  größten  Eifers  fest  immer  versagen.  Dieser  Mangel  an 


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B.  Brahnt: 


geographisolMiii  Ortsgedftchtnis  braucht  nicht  etwa  mit  allgemeiner  Dummheit 
verbunden  zu  gPin.  Zwischen  don  Extremen  gibt  es  natürlich  viele  Abstufungen, 
notwendig  wird  man  abor  vom  Durchschnitt  der  Schüler  nicht  zu  viel  Ver- 
la iijn  «itiri'en.  den  Besseren  jfdoch  die  Möglichkeit  geben  müssen,  ihre  bessere 
Fähigkeit  ent>prfch''nd  aus/uiiiilzen. 

Der  technischen  Hilfsmittel,  die  unter  Xr.  2  erwähnt  waren,  gibt  es  drei 
Gattungen:  Karte,  Bild  und  Text. 

Wer  Gelegenheit  bat,  den  AÜm  von  Diereke-OftbUr  xn  benntsen, 
wifd  die  Bärfithrong  gemMbt  bnben,  daß  ▼ewchiedeae  Kuten  tob  Z«t  n  Z«t 
guut  weaentlidien  Verftnderungen  nnterworfen  worden  «nd,  und  swar  ludit 
nnr  eoloben,  die  si^  ans  dem  Weduel  der  Bedtsverbiltune  ergeben  (Bnmn- 
staaten,  Bepnblik  Panama  usw.),  sondern  auch  solchen,  die  die  DanteUnngf- 
weile  gewisser  Gegenden  betreffen.  Bald  ist  es  die  Abgrenzung  der  einzelnen 
Blätter,  die  darauf  hinweist,  daß  der  Kartograph  besonderen  Wei-t  auf  äU 
Darstellung  eines  Gebietes  legt,  das  fiüher  nicht  so  sehr  berücksichtigt  war, 
bald  ist  es  die  veränderte  Zeichnung  eines  Flußlau fes,  eines  Gebirgszncres  oder 
einer  Küstenlinie,  bald  die  Kintügung  kleiner,  unscheinbarer  Angaben  xur 
Vergleiciiung  (Orte  gleicher  Breite  am  Rande  der  Karten  ),  die  dem  aufmerk- 
samen Beobachter  auffallen.  Diese  \  eränderungen  sind  nun  sehr  geeignet, 
die  Schüler  auf  Wert  und  Bedeutung  einzelner  Sjmbole  hinzuweisen.  Es  ist 
immer  leicht,  in  dieeem  Zweck  ftr  daige  Stande«,  eventoett  dnieh  Entldbnng 
TCO  Atlanten  ans  einer  anderen  Klane,  TCfBcbiedene  Anfingen  in  hinxeicbea- 
der  ZaU  nnter  die  Sidifller  an  verteilen.  So  habe  ich  indieBondere  die  Karle 
▼on  Vorder-Asien  mehrfocb  in  ünterseknnda  au  diesem  Zweck  verwandt  Des 
sorgfUtige  Stndinm  an  emem  Beispiel  Itöt  die  Sdiftler  aocb  in  anderen  FUlen 
auf  die  vielen  Kleinigkeiten  achten,  die  den  Wert  unserer  war  Zeit  ao  vor- 
aOglichen  Kartenwerke  ausmachen. 

Das  Studium  des  Kartenlesens  wird  wohl  im  allgemeinen  dadurch  ein- 
geleitet, daß  man  in  Sexta  —  schon  um  das  verschiedenartige  Schülermateri»! 
dadurch  zusammenzu.schweiüen  —  Pläne  des  Schulzimmors  und  Schulgnind- 
stücks,  dann  aber  der  niicljsten  Heimat  anfertigen  läßt.  An  dieser  Stelle  ist 
es  entschieden  sehr  empfehlenswert,  die  Schüler  schon  mit  den  Generalstabs- 
karten im  Maßstabe  1:25<X)0  vertraut  zu  machen,  eine  Maßnahme,  die  Fischer 
(„Methodik**  8.  60)  auch  (Ar  die  Volksschnle  wflnscbt  Ocside  diese  Ksrtea 
sind  in  gebirgigem  Gelftnde  sehr  flbersicbtiieh  und  werden  von  den  SebAlem 
im  allgemeinen  gut  verstanden.  Ein  werferolles  SKlIsmittel  ist  es,  wenn  der 
Lehrer  sich  der  Arbeit  unterzieht,  mit  den  auf  diesen  Karten  Üblichen  Em- 
bolen eine  Heimatskarte  in  grofiem  Mafistabe  (1:6000)  aaxnfertigeB,  die 
natürlich  in  vielen  Dingen  je  nach  den  lokalen  Verhältnissen  vereinfadit 
werden  kann.  Der  Gang  de.s  Unterrichts  muß  dann  folgender  sein:  1.  Ober* 
Sichtskarte,  sehr  einfache  Skizze  der  Heimat,  vom  Lehrer  an  der  Tafel,  von 
den  Schülern  im  Heft  zu  zeichnen;  2.  wenn  diese  Zeichnung  ganz  oder  fast 
vollendet  ist,  Vorlühning  und  Besprechung  der  großen,  selbstgefertigten  Karte, 
Erläuterung  der  Symbole,  Aufsuchen  bestimmter  Straßen  und  Hiiuser  usw.; 
3.  Vorführung  der  Generalstab.skarten  selbst.  Man  wird  sicher  außer  der 
einen  eigenen  Karte  immer  noch  zwei  oder  mehrere  für  jede  Klasse  erhalten 


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Die  Aufgabe  der  Sehulgeographie. 


668 


können,  um  jedesmal  den  g^rößten  Teil  der  Schüler  gleichzeitig  mit  iliiien  zu 
beschäftigen.  Ließ  ich  dann  diese  Karte  mehrere  Tage  in  der  Khisse  hätigen, 
so  konnte  ich  stets  beobaditei,  wie  tiele  Jungen  in  den  Pausen  eifrig  be- 
mfilit  wtren,  ilmen  behumte  Orte  aufimaachen,  aach  bald  naob  dem  Sian 
eiMs  beeonderen  Symbols:  MllUe,  Brfioke,  Damm,  Hdde  usw.  firagteiL 

Der  Vorteil  dieser  fiüliBeitigHi  Gewöbnang  ist  ein  diqni»dter.  Siamal 
sind  die  Generalstabakartsn  die  beste  Qnmdlage  ftr  die  spftters  wmtsr- 
gehaade  Schematisiemng  der  lAnderdarstellung.  Die  Ht^Dlinien  z.  B. 
sind  zunächst  sudier  leichter  yerständlich  aU  die  HOhenstriche  und  bilden 
für  die  Auffassung  und  Darstellung  der  Oebirgsumrisse  mit  den  Talbuchten 
die  notwendige  Grundlage.  Dann  aber  ist  es  eine  Forderung  <ler  Praxis,  die 
m.  E.  durchaus  Berücksichtii^ung  heanspnicht  und  verdient,  daß  auf  allen 
Stufen  die  Schüler  iü»3gli(  hst  />ur  Benutzung  genauer  Karton  auf  ihren  Heisen 
angehalten  werden.  Jeder,  der  selber  für  seine  Wanderungen  große  Karten 
verwendet,  weiß,  wie  deren  Studium  und  steter  Vergleich  mit  dem  Gelände 
ganz  besonderen  Genuß  verschafiPt,  weiß  aber  auch,  wie  wenige  Menschen  tat- 
fleUioh  in  der  Lage  sind,  sieh  in  frsflKlsa&  Gdttnde  aut  der  Karte  mreekt- 
lafindeiL  Und  will  man  später  an  der  Hand  aaheliegeiider  Beispiele  etwa 
anthropogeograpbiscbe  Dinge  erifartem,  wie  Lage  nad  Focm  der  Sudelungea, 
Lage  nnd  Bedentnag  Ton  StraBen  u.  ft.,  so  mnA  man  notwendig  anf  die 
UoßtischblUtter  1 : 25000  sorflckgreifen.  Was  hat  es  aber  fQr  eiaen  Zweok, 
erst  bis  in  die  Tertia  zu  warten,  ehe  man  die  Scbfilei*  mit  diesem  schönen 
Material  vertraut  macht,  wenn  sdion  von  Sexta  an  die  Möglichkeit  hieran 
geboten  ist?  In  anderen  Klassen  geben  dann  die  Schulansflnge  z.  B.  die  Ge- 
legenheit, von  neuem  an  das  in  der  Sexta  Gelernte  zu  erinnern  und  dann 
vor  allen  Dingen  auch  andere  Heimatskarten  (Generalstabskarte  1 :  lOUCXK), 
Touristen  karten  usw.)  zum  Vergleich  heranzuziehen. 

Während  es  in  Sexta  schon  aus  praktischen  Gründen,  lar  Konzentrie- 
rang  des  Interesses,  zur  tatsächlichen  Einprägung  des  Kartenbildes,  zur  £r- 
laelnng  der  technischen  Fertigkeit.,  angemessen  erscheint,  aiemlioh  viel  leiohnen 
an  lassen,  ist  es  andererseits  geboten,  weiter  herauf  die  Zahl  der  Zeiohnnngen 
«insosdirinken.  Weldiw  Wert  haben  die  Karlniseiehnangea  übeihaapt? 
Srstaas  einen  rein  praktisdimi:  der  ScfatOer  soll  sich  durch  das  Zeichnen  das 
Bild  des  dargestellten  Landes  möglichst  fest  einprftgen;  sweitens  einen  pro- 
pädeutischen: der  Schüler  soll  aus  eigener  Erfahrung  lernen,  was  für  Ge- 
danken in  die  Karten  hineingezeiclinet  werden  kjtenso.  Zum  ersten  sei  be- 
merkt, daß  dies  Ziel  auch  durch  häutiges,  aufmerksames  Betrachton  der  Karten 
von  verschiedenen  Gesichtspunkten  ans  erreicht  wurden  kann.  Wer  zuviel 
zeii-huen  liißt,  verliert  damit  außerordentlich  viel  Zeit  und  wird  hei  der  ver- 
schiedeneu techni.-iclien  Begabung  der  Schüler  den  geschickteren  zwar  viel 
Freude  machen,  die  uugeschickt<»ren  aber  leicht  zur  Entmutigung  tülneu  und 
zu  nutzloser  Zeitvergeudung  veranlassen.  Aber  freilich  den  Lauf  der  Rhone 
s.  B.,  oder  die  Kfistenlinie  Italiens  wird  sidi  der  Schfller  erst  beim  eigenen 
Zeichnen  in  allen  Einselheiten  genan  klar  machen.  —  Widitiger  ist  der 
swttte,  propldentisohe  Zweck.  Wer  nicht  selbst  mit  Nachdenken  Karten  ent- 
worfen hat,  eine  Kllstanlinie  swisehen  das  Oradnets  eingeieidmet  hat,  die 


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664 


fi.  Brnhnt: 


Flüsse  mit  ihren  Windungen,  die  Ciebir^e  mit  ihren  Tälom,  die  Städte  nahe 
oder  ferne  vom  Fluß,  der  wird  auch  nie  lernen,  die  kleinen  unscheinbaren 
Symbole  sorgfältig  zu  studieren.  Dazu  ist  aber  eigene  Gedankenarbeit  not- 
wendig. Man  soll  deahalb  die  Karten  nie  ao  aeiehnen  laaaen,  wie  aie  im 
Atlas  direkt  gegeben  sind,  aondem  je  naeh  Gelegenheit  in  andwen  Abgren- 
rangen,  in  anderem  Mafietab.  Vier  dttrftfln  sdurn  fUr  Quinta  und  Quarta  ge- 
nflgen,  aber  swei  noch  für  Untersekunda  erwflnsoht  sein.  IGt  Brfolg  wirl 
man  sie  insbesondere  in  größerem  Maßstab  auf  Zeichenbogen  zeichnen  lassen, 
eventuell  selbst  —  wenn  einzelne  Schüler  dazu  Neigung  und  die  Fähigkeit 
haben  —  in  qm-Fonnat  auf  BoUenpapier  (als  Wandkarten).  Aber  —  das 
ist  wichtig  —  diese  Zeichnungen  sollen  nicht  bloß  einfache  Skizzen  sein, 
sondern  entsprechend  dem  Ges(  liiek  des  Schülers  sorgfältig  ausgeführte  Karten. 
Nur  so  lernt  or  wirklich  auf  Einzelheiten  aufpassen.  Die  Verwendung  von 
Yorgediuckten  Umrißkarten  und  alles  mechanische  Nachzeichnen  ist  durchaus 
wertlos. 

Auf  eine  besonders  interessant«  Karteuf olge  für  Obertertia  (Europa)  er- 
laube udi  mir  hinzuweisen:  Europa  unter  der  Annahme,  daß  aidi  das  Meer 
um  300  m  HOhe  surlicikgezogen  lültte,  und  unter  der  Annahme,  daß  es  um 
300  m  gestiegen  wäre.  Im  ersten  Falle  tritt  der  Untarsefaied  iwischen  dem 
weiten  Kontinsntalsockel  im  NW  gegenüber  dem  mittelmeerischeo  Abbruefatal 
deuilidi  hervor.  Die  Ost-  und  Kordseeflßsse  wtren  hypothetiadi  imtor  Be- 
rfidonohtigung  der  Doggerbank  zu  verlftngem.  Im  zweiten  Falle  löst  sieh 
Europa  vollständig  in  einzelne  Inseln  auf,  in  die  die  Tiefebenen  als  tiefe 
Buchten  hereinragen.  Die  weniger  Geschickten  kann  man  inzwischen  etwa 
das  normale  Europa  oder  die  Mittelmoerländer  zeichnen  lassen.  Ein  be- 
quemes, hinreichend  «^^enaues  (Jradnetz  für  Europa  (bis  zum  S.').  <5rad^  erhält 
man  durch  eintaclie  konzentrische  Kreislinien  in  gleichem  Abstand  mit  dem 
Nordpol  als  Zenti-um. 

Es  ist  wichtig,  daß  der  Schüler  auf  allen  Stufen  vertiaut  gemacht  werde 
mit  sämtlichen  Karten  seines  Atlas.  Dazu  ist  notwendig,  daß  jederzeit  mög- 
lichst Wele  Karten  herangeaogen  werden,  möglichst  viele,  d.  h.  natSrlidi  unter 
Venneidung  Terwirrender  Unruhe  und  dem  Begri&Termögen  des  Jahrgangs 
entsprechend.  Bs  ist  ein  nütiliches  Übungsmittri  sowohl  sur  Kenntnis  des 
Atlas,  als  auch  ram  Drill  des  Kanon,  wenn  man  hie  und  da  mm  Quarta  an 
einige  am  Schluß  der  Stunde  etwa  übrigbleibende  Minuten  in  der  Weise  ver- 
wendet, daß  man  irgend  einen  Namen  nennt:  Gardasee,  Lima,  Kilima  Ndschan^ 
und  die  Schiller  die  Karte  aufschlagen  läßt,  wo  das  betreffende  Objekt  am 
genauesten  angegeben  ist.  Mitunter  wird  man  es  lediglich  aufsuchen  lassen, 
mitunter  auch  eine  kurze  Charakterisierung  da/u  geben  lassen.  Solcher  Orill^ 
in  beschränktem  Matie  angewandt,  sollte  nicht  vorachtet  werden.  In  den 
oberen  Klassen  wird  man  auch  die  Nebenkarten  mit  heranziehen:  Wie  heitJt 
die  südlichste  Insel  der  FUr  ÖerV  Welche  Mitteltemperatur  herrscht  an  der 
Quelle  des  Paraguay?  Welche  Vegetation  finden  wir  in  der  Gegend  de» 
Großen  Salzsees?  ScÄion  hier  mag  auf  den  Qmndsats  hingewiesen  werden,  dm 
wir  spEter  nochmals  erwihnen  werden,  daß  im  allgemeinen  nidit  die  ein- 
zelnen LKnder  und  Teile  von  LSndem  hinter  dnaader  besprochen  werden 


Di«  Aufgabe  der  Sohttlgeogrftphie. 


66& 


sollen,  sondern  möglichst  immer  eine  größere  Anzahl  von  ihnen  neben  ein- 
ander. Es  soll  also  L.  B.  in  Obei-tertia  (Etiropa")  nicht  erst  Spanien  und 
8  Monate  .sjtiiter  Norwegen  besprochen  wt  rden,  sundern  möglichst  bald  die 
drei  südlichen  Halbinseln  etwa  im  Gegensatz  zu  den  nördlichen  Küstenländenif 
di»  atlantischen  Lftnder  im  Gegensats  so  den  rein  kontinentalen  usw. 

Bei  der  Benutzung  der  Karten  nnifi  anch  darauf  hingeiHeaen  werden, 
daft  sieh  mitonter  auf  Terschiedenen  Karten  Ungleichmiffigkeiten  finden,  teils 
als  teehnisehe  H&ngel  (s.  B.  die  Adelsberger  Gegend  im  „Dieroke-Gibler"  auf 
den  Karten  der  Alpenlinder  und  von  Sfld-Dentscbland),  teils  sum  Zweck  dar 
Charakterisierung  besonders  wichtiger  Einselheiten  (z.  B.  die  Breite  der 
Menai'Straße  auf  den  Karten  von  p]uropa  und  von  England).  Der  Schüler 
soll  vertraut  werden  mit  seinem  Atlas,  mit  uIIhiu  Reichtum,  aber  auch  mit 
all  seinen  Schwachen,  und  er  soll  ihn  benutzen  lernen  nicht  nur  im  Unter- 
richt, sondern  auch  im  praktischen  Leben. 

Diese  Rücksicht  auf  das  praktische  Leben  sollte  auch  maßgebend  sein 
für  die  Beurteilung  der  Bilderiragc  Bis  zu  welchem  Grade  soll  man  An- 
schauuugsbilder  verwenden?  Nicht  zu  viel  und  nicht  zu  wenig.  Nicht  zu 
▼iel,  wenn  es  sich  lediglich  darum  handelt,  die  typischen  Formen  wichtiger, 
allgemeui  bekannter  Gegendai  (Helgoland,  Bemer  Hochland,  ürwaldssraerie, 
Gaftoas)  vomifBbren,  nidit  sn  wenig,  wenn  es  sich  darum  bandelt,  die  Schfller 
anfiraUlreo  Uber  das,  was  sie  aus  guten  Bildwn  entnehmen  kOnnen,  oder 
inwiewdt  sie  schleehte,  charakterlose  mit  kritisdien  Augen  betrachten  sollen. 
DaB  die  Schiller  eine  Reihe  typischer  Charakterformen  im  Bilde  anschaulich 
kennen  lernen  müssen,  darüber  ist  kein  Zweifel.  Dagegen  ist  über  das 
zweite,  propädeutische  Ziel,  so  viel  ich  weiß,  noch  nichts  geschrie])en  worden. 
Und  doch  handelt  es  sich  um  eine  in  der  Gegenwart  anßf^ronhiitlich  wirli 
tige  Aufgabe.  Denn  welche  Unsumme  von  guten  und  schlecliten  Bildern 
geht  nicht  heut*"  vor  den  Augen  jeden  Seliülers  vorüber,  wo  die  meisten 
Zeitschriften,  die  meistm  Bücher  mit  Illu.strutionen  nach  zum  Ttil  total 
miBglückteu  oder  falsch  autgenommeneu  Photographien  „geschmückt"  sind! 

Jedes  Bild  bietet  einen  verschwindend  kleinen  Ausschnitt  aus  der  un- 
endlich grofien  manmgfiütigen  Natur,  und,  wenn  es  gut  ist^  bietet  es  diesen 
Ausschnitt  unter  einer  gans  besonderen  Stimmung.  Es  ist  em  Verdienst  der 
regen  Kunstbewegnng  unserer  Zeit,  dafi  sie  uns  gelehrt  hat,  auf  die  Farben 
in  der  Natur,  die  Formen,  die  Stimmungen  sn  achten,  und  wer  nunmehr 
daraufhin  ein  Städtebild,  das  BUd  eines  Sees,  eines  Beiges  mit  der  Wirk- 
lichkeit vergleicht,  der  wird  zalillose  Abweichungen  wahrnehmen.  Kein  Bild 
kann  die  Wirklichkeit  wiedergdlwn.  Aber  doch  brauchen  wir  die  Bilder, 
denn  wir  können  nicht  die  ganze  Welt  bereisen  und  sollen  uns  trotzdem 
eine  Anschauung  bilden  vim  fernen  Gegenden.  Dafür  ist  es  notwendig,  ein- 
mal aus  dem  Bilde  zu  eliniinifrtii.  was  vorübergehend,  unwesentlich  ist,  dann 
aber  uns  in  das  Bild  iuncinzudenkcn,  als  ob  wir  neben  dem  Maler  stünden, 
klein  gegenüber  der  großen  Natur,  aber  mit  dem  weiten  Blick  in  die  Ferne 
oder  unter  dem  großen  Eindruck  der  hohen  Felswand,  als  ob  wir  mit  ihm 
die  Durdisielitigkwt  der  Luft  empftoden  oder  das  DrQdnnde  der  sehwena 
roB*  und  stauberfUlten  Atmoqriübre.    Wir  mtlssen  lernen,  alle  die  an  uns 


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666 


B.  Bxahnt: 


flüchtig  vuruberziehenden  Bilder,  auch  wenn  sie  in  ihren  Einzelheiten  vor 
mamm  Qe^litoiis  Mbon  iMlb  wiedar  «liioliinmAan  lind,  ss  koabiiuanii, 
«m  das  Gftme  m  erfiu8«ii,  das  Übereinsfeiiniiieiide  im  Gegeniats  an  den 
Fremdartigen,  —  aber  wir  dflilni  dabei  nidit  flilchtig,  obeiflidüieh  werden 
und  uns  nicht  Ton  Torge&fiier  Meiaang  betören  lauen. 

Das  kann  natfirlich  der  SehQler  nicht,  kann  das  Aberiianpt  yoUlrasnmen 
jemand?  —  Aber  wir  kOnnen  viel  dazu  lemeo,  nnd  schon  der  Schüler  maft 
anfangen,  dazu  zu  lernen,  wenn  er  nicht  immer  und  immer  wieder  fslsolie^ 
irreführende  Eindrücke  in  sich  aufnehmen  soll.    Jeder  von  uns,  der  xom 
erstt^n  Male  die  Alpen  oder  das  Meer  gesehen  hat,  war  überrascht  von  dem 
Eindruck,  »Itr  so  gar  nicht  den  bekannten  nildem  und  Schilderungen,  um 
auch  diese  gleuh  lu«r  mit  zu  behandeln,  entsprach,  und  auch  in  Zukunft 
wird  es  jedem  trotz  liester  Vorbereitung  ebenso  gehen:  den  Bildern  fehlt  die 
Luft,   fehlt  der  Himmel,  fehlen   die  Töne  und  die  unmerkbareu  Nuancen 
Wer  aber  nachträglich  die  Wirkliehkeit  mit  dem  Bilde  veigleicht,  wer  seine 
Oedankenfailder  in  BflcAsiebt  aaf  die  Erftbningen,  die  ihm  die  Fkazis  ge- 
bnudit  hat,  revidiert,  der  wird  jelct  der  Wirklichkeit  nm  ein  groBea  StAsk 
niher  kommen.  Noch  immer  kennen  wir  nicht  das  wahre  Wesen  dw  WOste, 
aber  wir  ahnen  jetst,  was  der  Schriftsteller  unter  dem  blendenden  Licht, 
4em  Zittern  und  Flimmern  der  Luft  im  Mittagsbrand,  unter  der  nuiberhaften 
Pracht  des  nächtlichen  Sternhimmels  meint,  was  der  Maler  unter  der  fernhin 
▼erdfimmemden  Wüste  gesehen  hat,  wie  ihm  das  Öde  Wüstental  mit  seiner 
ziehenden  Karawane  erschien.    Wer  es  durch  stetes  Aufmerken  auf  die  Bilder 
der  wahren  Natur  gelernt  iiat,  /u  sehen,  der  hat  auch  gelernt  zu  abstrahieren 
und  wieder  zu  kombinieren,  »-i-  versteht  /wischen  den  Zeilen  zu  lesen,  zwi- 
schen den  Linien  und  Farben  zu  sehen.    Dafür  soll  der  Schüler  vorbereitet 
werden.    Wie  viel  wird  er  einst  gelernt  habend    Das  kann  kein  Examen 
klarlegen,  kann  niemand  exakt  bestimmen,  denn  das  sind  unbestimmte  Ein- 
drucke, Empfindungen,  die  nienmnd  in  Worte  fiusen  kann.   Aber  trotedem 
mflssen  wir  su  unserm  Teil  anf  das  Ziel  hinarbeiten. 

Dazn  dient,  daB  die  Jungen  hinausgewiesen  werden  ins  Freie,  daft  ihnen 
der  Blick  üBr  die  Formen  und  die  Stimmungen  der  eigenen  Heimat  geweckt 
werde.  Der  Knabe  hat  noch  keinen  Sinn  Ar  landschaftliche  Schönheit,  dieser 
Sinn  kommt  mit  den  Jahren,  aber  wir  müssen  das  Vertrauen  haben,  daß 
wir  ihn  fordern  können,  und  wer  die  Knaben  recht  beobachtet,  der  wird 
manches  leichte,  frühzeitige  Auftlackern  dieses  Sinnes  bemerken.  Dazu  dient, 
daß  die  Si  hüler  bei  Zeiten  (von  Tertia  an  ■  lernen,  die  Wirklichkeit  zu  ver- 
gleichen mit  dem  Bilde,  daß  sie  dann  darauf  hingewiesen  werden,  iii  die 
Bilder  mit  bewußtem  Sinn  sich  hineinzuversetzen.  Ihrem  (iedUchtnis  haben 
sich  schon  manche  Formen  eingeprügt  (diuä  Matlerhoni,  die  Wartburg,  der 
Rhein  bei  Bingen),  nuu  sehen  sie  sie  Ton  neuem  nicht  mehr  als  amüsante 
Curiosa,  sondern  als  Abbilder  wirklicher  naher  Landschaften.  Und  von  Jahr 
an  Jahr  dringen  sie  tieÜBr  in  das  Wesen  der  Bilder  ein. 

Der  Sdifller  soll  lernen,  das  sohematiscbe  Bild  (aus  der  YogeladMui)^ 
das  gewissetmaßen  ein  Zwitterding  ist  swisdien  Bild  und  Karte,  m  untsr^ 
•dieiden  von  dem  stimmungdhaften  Bild,  das  neben  der  Landschaft  die  Ge- 


Die  Aufgabe  der  Schalgeographie. 


667 


danken  des  Haleis  enthttlt:  die  beiden  großen  Sammlungen  der  Lehmaan- 
teben  und  der  HOlxelsohen  Bilder  enthalten  wnndervolles  Yei^g^chsmatertaL 
Er  soll  aber  andi  «inen  Begriff  von  der  Mamugfiütigkeit  der  Natur  eriuüien. 
Nicht  ein  Bild  dee  ürwaldes  genOgt,  Knideni  alle  mögliehen,  die  enitiereii, 
sind  nur  spärliche  Einielbei^piele.  Anfangs  sind  die  VatfBhnuigen  von  Bil- 
dern eine  freudig  begrüßte  untrrhaltende  Abwechslung,  sp&ter  bringen  sie 
Material  zu  ornstem  StndioniL  Wie  viele  soll  man  bringen?  Eine  allgemeine 
Regel  wird  es  nie  geben.  Mancher  kann  viele  ohne  Schaden  TeorfGkhnai 
mancher  wirkt  mit  wenigen  verwirrend. 

Es  !>ei  mir  orlaul)t,  hier  auf  einen  Modus  hinzuweisen,  den  Schülern  die 
Bilder  in  geeigneter  Weise  vorzuführen,  mit  dem  ich  dies  Jahr  günstige  Er- 
fahrungen gemacht  habe.  Ich  habe  möglichst  viele  der  großen  Anschauungs 
bilder  aus  der  vorhandenen  Schuläommlung  m  einem  freistehenden  Zimmer 
«ufgehttngt  und  dasu  eine  große  Aniahl  von  Photographien  und  anderen 
Blittern  (s.  B.  aneh  eine  Serie  der  VegetationsbUder  von  Ejarsten-flelMMlc), 
Annchtdourten  usw.  ausgelegt  Manches  daron  war  Eigentom  einaelner  BohOler. 
Im  aUgeoAMnen  wurde  nur  das  ausgelegt,  was  wixUieh  charakteriatiach  die 
Landschaft  wiedeigab;  gerade  mder  den  Ansiobtapostkarten  findet  sich  sehr 
Tides  ganz  wertloses  Zeug,  aber  auch  viele  recht  gute  Sa«  lu  u.  Daneben 
wurden  jedoch  auch  einige  schlechte  Bilder  (Erzgebirge  der  T  rhmnnniinhan 
Sammlnng,  Sächsische  Schweiz  der  Sammlung  von  K.  Schulze,  Königsee  von 
Oeistbock  u.  Engleder)  mitgenommen.  Bis  zur  Quinta  abwärts  wurden  alle 
Schüler  je  in  einer  Stunde  hingeführt  und  auf  alles  Bemerkenswert»«  je  ilirem 
VerstJindnis  entsprechend  hingewiesen,  die  älteren  auf  die  Technik  der  Dar- 
stellungöweise,  auf  das  Typische  neben  dem  vorübergeiiend  Stimmungshaften, 
die  jüngsten  lediglich  auf  die  charakteiistischen  Formen.  In  den  Pausen 
hatten  die  SobOlffi*  dann  Gelegenheit,  sich  die  Sachen  TOn  neuen  in  Bnhe 
«nsusehen,  eine  Gelegenheit,  die  rege  benvtit  worden  ist  So  sind  die  SdiQlar 
erst  einmal  mit  der  ganien  Fttlle  des  Materials  Tertraut  gemacht  worden, 
das  ihnen  nun  nacb  Bedarf  Ton  neuem  im  ünterridit  Tim  qtesiellen  GesiofatB- 
pnnkten  aus  Torg^hrt  wird.  Ähnliche  Ausstellungen  mit  teilweise  neuen, 
teilweise  altem  Material  unter  neuen  Leitgedanken  im  nächsten  Jahr  werden 
die  Schüler  allmählich  immer  tiefer  in  das  Ventftndnis  der  Bilder  einfElhren. 

Karte  und  Bild  sind  technisch  hoch  vervollkommnet,  am  wenigsten  voll- 
kommen ist  die  text liehe  Darstellung.  Es  fehlt  wohl  nicht  an  Schilderungen 
aller  möglichen  (iegenden,  aber  man  frage  sich  ernsthaft,  welche  Wirkung 
eine  solche  Schildtrung  auf  die  .lutigen  hat.  Sie  ist  her/lieh  gering,  weil 
das  Schildern  die  Schüler  meist  langweilt.  Man  vergegenwärtige  sicli,  wie 
wir  Erwachsenen  selber  eine  Beschreibung  einer  Landschaft  aufnehmen.  Ein 
Vortrag,  der  rein  sachlich  gehalten  ist,  ohne  das  persönliche  Element  mannig- 
fadier  Erlebnisse,  der  nur  Anschauung  oder  typische  Foimen  gibt,  ermftdst 
und  s«ne  dauernde  Wirkung  ist  im  allgemeinen  gering;  wie  viel  mehr  ist 
das  bei  den  geistag  unruhigen,  schwer  ihre  Gedanken  konientrierenden  Knaben 
der  FalL  Andererseits  ist  ein  Vortrag  wirklich  fesselnd  meist  nur  dxutk 
ein  persönliches  Element  individuellen  Interesses  für  den  VortragendMi  oder 
individueller  Stimmnngsmalerei.    Die  blofie  anschauliche  Schilderung  einer 


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668 


B.  Bxuhns: 


Landsehalt  nimmt  aelir  viel  Zeit  in  Anspradi  und  bringt  selten  großes 
Nvtien.  Stofien  wir  in  «nem  Bnclie  auf  eine  lokhe,  ao  wird  sie  wolü  iik 
den  meisten  fUlen  Abendblagen  nnd  nur  flfldlitig  dnrehgeselien.  Will  man 
neh  andererseits  wirkUeh  in  die  gesebilderte  Scenerie  völlig  liineinlebra,  so 
ist  das  keine  leichte  Aufgabe.  8ehr  wenige  Ausnahmen  gibt  es;  in  Briefen, 
in  Tagebüchern,  in  Romanen  findet  sich  hie  und  da  eine  meisterhafte  Sehil- 
derung  (Graf  Scbaok,  Loti,  Stratz,  Geiger).  Aber  '/umeist  ist  es  das  ganze 
Werk  oder  ein  größerer  Abschnitt,  das  mit  allem  Drum  und  Dran  den  rich- 
tigen Eiii<lmrk  liiiiterlaüt  (  I?osogger,  Jensen  u.  andoro);  für  den  üntericht 
ist  das  natürlich  unhrauchl)ar.  Man  wird  natürlich  die  Schilderung  nicht 
ganz  entbehren  können,  aber  das  sind  mehr  skizzenhafte  Angaben.  kun:e 
Stichworto,  die  man  neben  der  Henorhebung  der  wesentlichen  Grundursachen 
für  den  Landscbaftscharakter  heranzieht. 

Und  dann  wolle  man  bedenken «  daß  die  Bpradie  ein  noch  viel  unge- 
fügeres Attsdmeksmittel  fOr  Landschaftsformen  ist,  als  die  Zeiduung,  und 
daß  audi  die  beste  wiiUich  plastische  Schilderung  nur  einen  minimalen  Aus- 
sdinitt  aus  der  ungeheuw  großen  Natur  gibt.  80  schildem  die  TerscbiedeneB 
Autoren  den  Urwald  z.  B.  gans  Tmchieden:  Stanley,  Stuhlmann,  Graf  Götzen, 
Wissmann  u.  a.  Wohl  mag  man  einen  richtigen  Eindruck  gewinnen,  wenn 
man  den  Heisenden  durch  mehrere  Tage  hindurch  lebhaft  interessiert  von 
Ort  zn  Ort  begleitet,  wenn  man  den  Wechsel  der  Landschaft  miterlebt;  nur 
schwer  erhalt  man  ein  klares  Hild  absolut,  nackt  herausgerissen  aus  dem 
Kähmen  des  Milieus.  Ich  verwerfe  keiiieswetrs  die  Schilderung  überhaupt, 
aber  ich  meine,  sie  mutJ  in  sehr  beschränktem  Maße  und  mit  großer  Vor- 
sicht angewandt  werden.  Am  nchti^fsten  wird  es  sein,  wenn  hier  und  da 
in  den  gewissermaßen  exakten  Text  des  Unterrichts  den  Schülern  halb  un- 
bewußt, jedenfalls  durdmus  unaufdringlidi  ein  geeignetes  Stichwort,  eiee 
ganz  korae  Bemexknng  eingeschaltet  wird,  und  wwn  das  WeseDiliche  der 
Landsdiaftsfonnen  gewissermaßen  naturwissenschaftlich  Terglndiend  behandelt 
wird.  Jedenfalls  gebOrt  das  Kapitel  der  Laadschaftssdiilderong  m  den 
allersdiwierigsten  des  geographischen  Untenichts  und  ist  noch  lange  nidit 
gelOflt 

Hier  in<">chte  ich  hiuwMSen  auf  eine  Arbeit  von  Frech^):  Das  AntUts 
der  Hochgebirge.  Frech  versucht  aus  der  Bildungsgeschichte  des  Gebirges 
heraus,  aus  der  verscbiedenartigen  Wirkung  der  Gletscher  oder  des  Windes 
die  charakteristischen  Formen  u^ewissermaßen  heraus  /u  modellieren.  Diesen 
Aufsatz  zu  lesen  un<i  si(  h  wirklii  h  klar  zu  machen,  ist  durchaus  nicht  leicht 
(namentlich  da  die  Abltildunsjreu  lechnisch  sehr  weui«;  scharf  wieder<,'ei:eben 
sind),  aber  er  gibt  tatsächlich  ein  gutes,  deutliches  llild.  Der  Schuluuier- 
richt  ist  freilich  ganz  außer  Stande,  so  viel  Zeit  für  diese  Art  der  Behand- 
lung zu  verwenden,  aber  sicher  gibt  Frech  den  richtigen  Weg  an,  wie  msa 
die  Formen  herauskonstraieren  sollte,  und  sein  Auftats  msg  daher  gewisser- 
maßen Torbildlich  sein  —  Diese  Art  der  Behandlung  entspridit  llfarigens  im 
wesentlichen  der  Forderung  Chr.  Grubers  nadi  „genetischei^  Betraehtongt- 


1)  „Ans  der  Natuz*«.  S.  Jhxg.  Heft  1—7. 


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Die  Aufgab»  der  Schnlgeographie. 


669 


weise.*)  —  Aus  eigfueu  Reisen  und  aus  der  eigenen  Lekiürr  wird  jeder 
Lehrer  über  gewisse  Gegenden  besonders  orientiert  sein,  um  sie  den  SchQlem 
in  seiner  Weise  als  typische  Beisfaele  nahe  m  briagen.  Vor  allem  ist  aber 
andi  bier  nicht  su  vergessen,  daB  der  Schnlimterricht  propldeutisch  sein 
mnß.  Die  wirUidie  Kenntnis  fremder  Gegenden  bringt  erst  das  praktische 
Leben,  das  den  Menschen  selber  hinausfilhrt  nnd  ihn  yiel  dnrch  Seihen  nnd 
durch  Lesen  kennen  lehrt.  Von  der  Sefanle  soll  der  Schiller  die  Fihigkeit 
mitnehmen,  riditig,  mit  Verstand  das  Gesehene  nnd  das  Gelesene  in  sich  sn 
▼erarbeiten. 

Unter  die  Formen  der  textlichen  Darstellung  gehört  das  Lehrbuch,  Es 
ist  seinem  Wesen  nach  eine  systematische  Zusammenfassung  df  >^  Mnteriales. 
Im  Wesen  der  Systematik  aber  liegt  es,  daß  sie  jedes  Individuum  für  sich 
und  eins  nach  dem  andern  nach  dem  fjleichen  Schema  möglichst  vollstänctig 
bespricht.  Und  das  ist  auch  das  gemeinsame  ("liarakteristiknin  aller  Tichr- 
bücher,  das  Unterscheidende  liegt  hauptsächlich  in  dem  Schema,  das  die  eiu- 
selnen  Ant<n«n  anwenden,  in  der  Anordnung,  sowie  in  der  Abgrenzung  der 
einseinen  LkdiTidnen.  Das  Lehrbuch  hat  eine  Shnliehe  Bedeutung,  wie  etwa 
im  Sprachunterricht  die  Grammatik,  und  es  gehOrt  sicher  mit  sur  Au^be 
des  geographtBchen  Unterrichts,  den  SchfÜer  mit  ihm  vertraut  su  machen. 
Dabei  mag  die  Frage  unentschieden  bleiben,  welches  Lehrbuch  am  meisten 
zu  empfehlen  sei,  jedes  hat  seine  Vorteile  und  seine  Nachteile.  Aber  ebenso 
wie  der  Atlas  auch  viele  Einzelheiten  mehr  enthält,  als  man  lernen  läßt, 
und  wie  die  heutigen  Schulatlanten  reichhaltig  genug  sind,  um  dem  Schüler 
noch  weit  in  das  Leben  ein  wertvolles  Nachschlage-  und  Studienwerk  zu  sein, 
so  sollten  auch  die  Lehrbücher,  wenigstens  für  die  Renntziiiig  in  den  oberen 
Klassen,  möglichst  reichhaltige  Koinpen<lieii  sein,  ohne  daü  sie  dabei  aller- 
dings an  l^bersit  htlichkeit  und  au  Billigkeit  verlieren  dürfen.  Aber  keines- 
falls sollten  sie  in  dem  Gedanken  verfaüt  werden,  da  Ii  sie  den  mündlichen 
ünteniidit  ersetzen  könnten.  Denn  dieser  muß  als  propädentischer  viel  mehr 
bieten,  als  sich  je  im  engen  Baume  eines  Schulbuches  wiedergeben  ließe. 

Ich  habe  oben  8.  661  als  3.  Aufgabe  des  geographischen  Unterrichtes 
die  ErwOTbung  der  Fshigkeit  genannt,  die  einselnen  Ol^ekte  nach  apesifisch 
geographischer  Aufihssungsweise  sn  betrachten.  Sie  kann  natflrlich  nur  Be- 
deutung gewinnen  für  die  mittleren  und  oberen  Klassen.  Es  gehOrt  aber 
hierzu  ein  stetes  Vergleichen  und  in  Beziehung  Setzen  der  vei-schiedenen 
gleicharfigen  und  ungleichartigen  Objekte,  und  ein  hiiufiges  Hervorkehren  der 
Mannigfaltigkeit  von  Ursachen,  die  für  Bestand  und  Entwicklung  von  beson» 
derer  Bedeutung  sind. 

Um  in  dieser  Hinsicht  möglichst  viel  bei  der  beschränkten  Stundenzahl 
zu  erreichen,  ist  es  wünschenswert,  daß 

1 )  die  einzelnen  Objekte  im  allgememen  nulii  hinter  einander,  sondern 
möglichst  viel  neben  einander  behandelt  werden, 

2)  bald  diese,  bald  jene  besonders  wirkungsvolle  Ursache  in  den  Vorder- 
grand  gestellt  werde, 

1}  Geographie  als  Bfldungs&ch.  8.  «Off. 


uiyiii^cü  Uy  Google 


670 


B.  Brabni: 


3)  der  Lehrer  beständig  bemttht  iet,  den  exakten  wiaeemchaftlicheii  For- 
adnuigeii  durch  eigenes  Stadium  au  folgen  und  tob  Zeit  in  Zeit  die  Sdifller 
dem  UaBe  ihres  VersUndnisses  ent^reehead  eingdrand  mit  der  trissensdmft- 
Hohen  iki)»eitsweise  vertraut  sn  maehen. 

Zur  Erlftuterung  dieser  drei  Punkte  gebe  Ush  sunlehst  ein  Programm, 

wie  es  sich  fdr  Untersekunda  (attftereniopIli'^r]i>>  Erdteile)  durchfahren  UBi 
Man  beginnt  mit  einer  zusammenfassenden  Übersicht  über  das  gesamte 
eurasische  (lebirgssystem  und  das  Kartenhild  der  Kontinentalgrenzen  und  der 
Flüsse.  Diese  Stunden  di<Mien  wesentlich  zur  Einprägung  der  wichtigsten 
Namen  und  Daten,  wozu  natürliLh  Lage,  sowie  (irtiüen-  und  H«)henverhiiltnisäe 
gehören.  Dabei  soll  vor  allem  der  grobe  Unterschietl  charakterisiert  werden, 
der  zwischen  den  südlichen  Schollen  mit  afrikanischem  Charakter,  den  großen 
eorasischen  Faltengebirgen  mit  ihren  Hochländern  und  dem  nördlichen  Flach- 
lande  besteht  Gans  kun  erledigt  man  hiernaoh  eine  wiederholende  Ober- 
sifliht  flber  die  Staaten  und  allerwichtigsten  Stidte.  Hieran  schließt  sich  nun 
die  Einselbehandlung  von  Vorder-Asien,  Indien,  Ost-Asien  und  Hoeh-Aneu, 
sowie  Sibirien  etwa  in  der  folgenden  Weise. 

A.  Die  DartteUuBg  YorderoAsieni  auf  den  Karten  in  der  Uteren  und  in  der 

neueren  Auflage  des  Schnlatlaa  von  Diercke-Gäbler.  Als  Vorbemerkung  lei  enrlhat» 

daß  dieser  Vergleich  ursprünglich  durchgeführt  war  mit  der  34.  Auflaf^c  von  1H98 
und  der  3U.  von  1903.  Neuerdings  sind  wieder  einige  weitere  VeränderuDgen  vor- 
genommen worden,  und  aodereneits  Tenchwinden  jetet  allm&hlieh  die  Atlanten  ans 
den  Jahren  vor  190(),  in  denen  sich  noch  das  ältere  Blatt  von  Vorder-Asien  vor- 
findet. Es  dürfte  daher  geraten  sein,  jetzt  für  oinen  Bolchen  kartographischen  Ver- 
gleicb  etwa  Ust-Asieu  zu  verwenden,  das  erst  nach  1908  (I9uö?)  in  einer  neuen  Be- 
«rbeitmig  erschienen  ist  —  Ans  BaomenpsniiB  gebe  ich  lediglich  einige  Stichwoite, 
die  sich  leicht  ergänzen  lu«äen.  Unbedingt  mnft  der  Lehrer  bei  dieser  Art  der 
bandlung  sich  .->'llift  das  Material  zusammensuchen. 

1)  Im  .Mittelpunkt  der  Besprechung  Vorder- Asiens  sieheu  zunächst  die  großen 
Faltengebirge,  die  wir  in  swei  nnter  rieh  ihnliche  Gebiete  teilen  fcOonen:  Inm  und 
KIi  in-Asien.  Je  im  Innern  hubeti  wir  ein  plateauartiges  Hochlandf  nmrabmt  im 
Norden  und  Süden  von  R;uid^'i'1iir;^'en  mit  tiefem  Abfall  nach  außen.  Zwischen 
beiden  scharen  die  Ketten  zusammen:  Armenien.  Die  neueren  Auflagen  lassen 
auch  noch  das  dritte  iUmliche  Gebiet  dentlich  hervortieten:  Tibet  mit  seinen  Rand- 
kett«n,  von  Iran  geschieden  durch  den  Knoten  «wischen  Amu-darja  und  Indus. 
St<ellun<x  des  Kaukasus  mit  großem  Baichan  und  dem  Grobirge  dflC  Klim-Halbinsal, 
sowie  doa  Libanon  und  des  Akdar-Gebirges  in  Oman. 

8)  Auf  den  Karten  finden  wir  nur  die  Hanptrichtungen  der  Gebirge  augegeben, 
man  darf  nicht  vergessen,  daß  alle  diese  Ketten  im  einseinen  msoaigfhltig  gegUedert 
sind.  Man  .studiere  z  R  den  Kaukasus  und  vergleiche  ihn  etwa  mit  Bildeni  (Z  il 
D.  0.  Alpenver.j.  —  Hierzu  betrachte  man  etwa  auch  das  bosnisch  serbische  iierg- 
land  auf  den  Karten  von  Osterreich-Ungaru ,  das  in  den  neueren  Auflagen  wesent- 
lich einfacher  geseichnet  ist 

3)  Abgrenzung  der  Karte:  Die  alte  Auflage  enthält  die  Karawanenstraße  von 
Akabah  — Suez  bis  Uengasi  und  iio<'li  das  sü(]r>-itliche  Italien,  ferner  die  südrussischen 
Flüsse.  Die  neue  Auflage  zei>;t  statt  desbcn  Indien  bis  mit  Ceylon  und  bis  zu  den 
Snnderbnnd»  (Yei^leich  der  Enphiat-Tigris-Senke  mit  den  lAadeni  des  Indns  mid 
des  Ganges),  sowie  das  gsnze  Tarim- Becken  (Sven  Hedin  1).  Im  N  ist  des  wirt- 
schaftlich wichtige  Gebiet  Süd-KuBlands  verloren  gegansjen.  Aber  die  vermehrte 
Zahl  der  Städte  auf  der  iialbinnel  Krim  gibt  einen  Hinweis  auf  die  Bedeutung  der 
Nordküste  des  schwanen  Heeres. 

4)  Die  neuen  Yexgleiehsnamen  am  Bande. 


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Die  Aufgabe  der  Schulgeograpbie. 


671 


5)  Schon  auf  der  ältereu  Karte  ist  durch  Somali-Küete,  Sokoti»,  Bombaj, 
Goa  iiBw  die  Hauptechiffahrt^fstraße  diarakterisiert.  Ebenso  achte  man  auf  die 
Ötrafien  über  Kabul,  über  Kaacbgar,  durch  die  Dsuugarei,  über  Kars,  Diarbekr  U8w. 

6)  Die  FlfliM;  Wadie  in  Axabitn,  Flflsee,  die  im  Sande  yeilaiifen,  s.  B.  in 
Chorassan  (die  neue  Auflage  bringt  hier  einen  Sumpf  in  der  Salz-Wüste,  der  in  der 
Älteren  fehlt!'.  Einen  aolchen  sehr  charakteristischen  Fluß  zeigte  auch  die  ältere 
Karte  in  Mesopotamien,  der  leider  in  der  neuen  weggelassen  ist.  Viele  Flüsse 
naterbzochen  geMidmefc:  nnbekaaBt  oder  wechielndar  Lauf.  Der  Hamnnmmpfl 

7)  Lage  der  Biedeliuige&  in  waeaeneioliem  Gebiet:  Herw,  Baohar»,  Onaiee, 
Hedina  u.  ». 

8)  Häufig  sind  aber  die  Flüsse  selbst  nicht  gezeichnet,  sondern  nur  die  Täler: 
El  Djof  (man  beaehie  die  üüeche  Zeiohnnng  der  KaiawanenstiaAe  in  der  ilteren 

Auflage),  E'Riad,  Jesd  im  Innern  Persiens,  Maimene  (aadi  hier  ift  die  nenwe 
Zeichnung  des  Tales  zum  Oxus  hin  richtiger),  Balch  usw. 

9)  Entsprechend  können  wir  manchmal  ans  Flüaeen  und  Straßen  auf  Siede- 
Inagen  idiliefien,  eo  bei  der  Biegung  der  transkaepiecfaen  Belm  swiidien  tferw  und 
Aikabad:  hier  liegt  in  der  Tat  Karry-bend  alte  und  neue  Auflage  verschieden!) 

10)  Mitunter  die  Städte  absiMts  vom  Fluß  und  die  Straßen  nicht  in  den  Fluß- 
t&lem,  sondern  seitlich  oder  kreuzend:  dann  ist  das  Floßtal  entweder  eine  tiefe 
BeUneht  oder  Terrampft,  z.  B.  Ereimm  in  Armenien,  Tokat,  Kaiiarie  in  Ktein-Auen, 
die  Straße  von  Mosul  nach  Bagdad  meidet  die  Tigrisniederung,  Städte  und  Straflen 
am  Amu-darja  und  am  Syr  darja.  S.  Chiwa  auf  der  Nebenkarte  Hierher  gehört 
die  Lage  von  Urmia  und  Tabris  abseits  des  Seeufers.  (Die  neue  Auflage  zeigt  die 
Sümpfe.) 

11)  Wichtig  ist  die  Angabe  der  Yerkehxslinien  von  Eflstenst&dten  ine  Binnen- 
land, z.  B.  Abuscher,  Bender  \V»V)a-i,  Kl  Kuweit.  KeHcli»;,  Tarabison  usw. 

Diese  und  ähnliche  Angaben  mögen  genügen  zur  Übung  im  Kartenleaen,  die 
eigentliche  Besprechung  der  einzelneu  Gebiete  ist  im  Anschluß  daran  sehr  schnell 
ta  eriedigen,  da  die  meisten  wichtigen  Namen  and  Daten  schon  genannt  sind. 

Bei  der  Benutzung  anderer  Karten  achte  man  auf  die  neu  eingeführte  Höhen- 
stnfc  von  loo  in.  ferner  auf  die  bedeutenderen  Änderungen  der  folgenden  Karten 
(die  Zahlen  äiud  die  der  neueren  Auflage):  Vegetatiun  und  Meeresströmungen  14/15, 
Kolonialbeeiti  nnd  Weltverkehr  19/80,  atlantischer  Ozean  82,  Hinter-Asien  86/87, 
Afrika  43  (Teile  von  Europa  und  Sudamerika,  Gebirge!),  Australien  und  Polynesien 
64  55,  Europa  7'.»  und  82  88,  Spanien  80  87  Gironde,  Genual\  Apenninen-Halb- 
insel  94/96  AV'ieu,  München,  Gebirge!),  KußlauU  110/111  (Boden verhiilLuisde,  auch 
eine  gans  geringe  Verschiebung  der  Umraadnng),  AlpenUlnder  114/116  (Mafistab), 
Schweiz  11X  119,  Niederlande  und  Belgien  121,  usterreich  rngarn  122  123,  deutsches 
Reich  130  131  und  1:^4  135,  Temperaturkarte  i:52,  Nord- Deutschland  Iis  149  und 
163/104  (^Abgrenzung,  Gebirgszeichnung,  sowie  namentlich  auf  der  politiachen  Karte 
die  Zeii^nng  der  I^vinzen.  durch  die  leider  das  Bild  dar  Karte  nicht  besser  ge> 
worden  ist,  sondern  wesentlich  unruhiger  und  weniger  fibersielltBch).  Auch  in  den 
Blättern  2/;i  zur  Tcrrainlehre  tinden  sich  wefientliche  .Ämleningen  durch  die  Ver- 
wendung von  Farben.  —  Die  teilweise  Gruudierung  der  Gebirgsstriche  durch  ein 
sdnraehee  Grangriln  dient  snr  Yertieftmg  des  Gebirgsbildes. 

B.  Indien  als  ein  Beispiel  der  Rassen-  und  Religionsgeschiehte. 

1)  Kurze  l'bersicht  über  die  heutigen  Verhältni^^se. 

Kolarische  Stämme,  Drawida,  arische  Indier,  mongolische  Völker,  Parsi,  Euro- 
pier, Araber.  —  Kastenwesen:  Die  höchste  Kaste  bilden  die  Brahmanen,  d.  h.  die 
srisehen  Indier  von  hellem  Typuy;  ursprünglich  war  es  eine  Pricstorkaate.  liadscb- 
piiten.  da«  sind  Aikciijuuer  in  NW- Indien  und  dort  dif  lieri sehend*'  Bevidkerung. 
Tiefer  stehen  die  Ahir,  Hirtenslitmme,  und  um  tiefsten  die  Paria.  —  lieligiou:  207 
Millionen  Brahmanen,  ft7  MiU.  Mohammedaner.  3'/,  MUl.  Buddhisten,  3*/«  MiU.  Chri- 
sten u.  a.  —  Einwohnerzahl  1901:  2H3  MiU.,  di  iunitr  nur  etwa  luOOOO  Europäer. 
Volksdichte  in  dt-n  urimittelliaren  Besitzungen  der  Engländer  IIO,  speziell  in  Ben- 
galen 191,  in  Hiududtau  179,  an  der  Ostkflste  bei  .Madras  162.  Dagegen  wesentlich 


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672 


B.  Bruhni: 


geringen»  Volksdichte  in  den  iinabhiingiyen  Staaten:  Radschpntana  29,  Zentral- 
i'rovinzen  -J6.  (Deutschland  hatte  190ü  öti  Mill.,  d.  h.  104  auf  1  qkm.  Sachsen 
4  Mill.  bezw.  280  auf  1  qkm.)  Wichtigste  Städte.  6uVo  Ackerbau.  16'/, 7,  Industrie. 

S)  FOr  Indien  iat  ein  richtigeB  Yenttndnii  des  Volkilebeni  nor  unter  Beittck- 
■ichtirrnnfj  der  (beschichte  möglich. 

Früheste  Berichte  in  den  Geeängen  iler  Kig  V'eda,  jedenfalls  vor  dem  Iri.  big 
14.  Jahrhundert  v.  Chr.  Eine  Anzahl  halb  Ijrische  ganz  kurze  Lieder  meist  zu 
Ehren  der  Ootthelt  mit  Mhln^elMii  Notiaen  (Iber  eimelne  Ereigniaee.  Seit  den 
ältesten  Zeiten  als  heiliges  Ruch  betrachtett  gilt  08  noeh  heole  bei  den  ftrengglftn- 

bigen  Hralininncn  al;*  in-piriort. 

Nach  diot>eu  Dunkmälern  sind  die  Arier  jedenfalls  im  Laufe  des  2.  Jahrtau- 
aenda  ans  dem  Pamir-Hochland  nach  bidien  gekommen.  Et  fanden  mehx«re  Züge 
statt,  nicht  ein  einmaliger  Kinhnioh.  Die  Arier  trafen  teils  auf  eine  schon  ziem» 
lieh  hoch  entwickelte  an.><ä8Hige  dunkle  Hevölkerung:  es  werden  Verträge  geschlossen, 
ieste  Orte  erwilhnt;  teils  auch  fanden  sie  wilde  Völker  vor.  Mitunter  werden 
ariache  Dynastien  von  niohtarisehen  geatfirst.  Die  Toten  werden  geaehmflcht  mit 
Bronze,  Kupfer  und  Goldstücken,  die  noch  in  neuester  Zeit  in  den  alten  GrabstUtea 
gefunden  wurden.  Die  .\rier  drangen  langsam  zunächst  nur  in  Nord-Indien  vor, 
daä  Gebiet  des  Dekkan  blieb  wesentlich  eine  Welt  für  sich. 

Die  Einwanderer  brachten  mit  eineNatnrreligion:  bidra — Regen,  Agni— FeacTf 
daneben  unt«  r^^cordnete  OOtter;  Devas  (die  leuchtenden,  scheinenden).  Allmrihlich 
entwickelt  sic  h  tlaraus  eine  neue  Glaubennform  mit  d»'r  Triade  Brahma  i  Schöpfanjr), 
Wisehnu  (Erhaltungji,  Siwa  (Zerstörung).  —  Es  entwickelten  sich  4  Karten:  Brah- 
maaen  —  Priester,  Kschattriyas  —  Ibieger,  Yaisiyas  —  Acketbaner,  Sndraa  — 
Sklaven.,  Arbeiter,  die  Unterworfenen.  —  Das  geistige  Leben  zeigte  im  Laufe  der 
Zeit  manche  Fortschritte:  neben  dem  vulgilren  Prakrit  fand  die  ulte  Schriftsprache 
des  Sanskrit  einen  weiteren  Ausbau  bis  zum  4.  Jahrhundert  t.  Chr.,  in  dem  auch 
Astronomie,  Mathematik,  Medizin«  Mnsik  und  Geeetseslehte  in  sehr  hoher  Bifite 
standen  Die  Dichtung  war  seit  sehr  alten  Zeiten  gepHc^'t  worden:  die  Rig  Veda, 
Maliahharata,  Ramay.ina  gehören  zu  den  iierühmtestcn  Werken.  Ratzel  führt  in 
seiner  Völkerkunde  an,  daß  über  JüOoo  alte  intlische  Manuskripte  erhalten  seien, 
üm  600  T.  Chr.  entstand  der  Boddhisrnns,  ausgebaut  wurde  er  im  8.  Jahrfanadeit 
dnreh  Asoka,  den  Kflnig  von  Behar.   Später  2ur  allgemein  verbieiteteii  BfJigien 

geworden,  wurde  er  dann  wieder  in  Indien  fast  völlig  verdrängt. 

Die  eräten  tiefgreifenden  Einäüsse  ron  außen  brachten  die  Griechen,  Tavana 
oder  Yonas  genannt.  Alexander  d.  Or.  kam  bis  snm  Indus.  Der  Diadoehe  Selenkos 
hatte  einen  Vertreter  in  Patna  um  2'J5,  nach  einigen  Autoren  von  306  bis  29B,  dat 
Ge.tcliiflitschreiber  Megasthenes.  Hit-r  in  l'atna  besteht  das  mächtige  selbständige 
Reich  des  Chandra  Gupta,  das  seine  höchste  Glanzzeit  unter  Asoka  um  -2du  fand 
(ans  dieser  Zeit  walirscheinlich  viele  Bauwerke).  Den  Griechwi  folgten  bis  nach 
600  n.  Chr.  sahhwiehe  Berflhrungen  mit  den  sentral-asiatiBehen  Nomaden,  dsn 
Skythen. 

Seit  dem  Knde  des  1.  nachchristlichen  Jahrhunderts  kann  man  die  Bildung 
des  Hinduismus  bemerken,  d.  h.  es  entwickelte  sich  aus  allen  Mischelementen  eine 
aeoe  Basse  anf  hoher  Kulturstufe,  aber  im  einzehsen  Äußerst  vielf  Utig.  Diese  "Viel» 
fUtigkeit  fand  ihren  Ausdruck  in  dtr  Vi.'llieit  der  einzelnen  Kasten  und  in  der 
politischen  Zersplitterung.  In  zahlreichen  inneren  Kslmpfen,  namentlich  von  700  bis 
1000  wurde  schließlich  der  Ausgleich  erreicht.  Nicht  eine  der  alten  Rassen  ge- 
wann die  au^sprochene  Herrschaft,  auch  nieht  etwa  S  oder  8  scdiarf  geschiedene 
Parteien  blieben  neben  einander.  Aber  doch  finden  wir  weeontlieh  gleidie  Lebene- 
foimen  in  der  Gangesebene  und  im  Dekkan. 

Noch  verwickelter  wurden  die  Verhältnisse  durch  das  Eindringen  des  Christen" 
tnms,  des  Mohammedanismus  und  der  modwnen  eurotAischen  Kultur.  Aber  diessa 
gegenüber  zeigt  sich  die  selbständige  Widerstandskraft  des  Hinduismus.  In  Europa, 
Ann-rika,  Süd- Afrika  wurde  das  Christentum  die  alleinherrschcnde  Religion,  hier 
in  Indien  ist  es  eine  neben  vielen,  hier  hat  es  selbst  Anregungtu  aus  dem  Bad- 


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Die  Aufgabe  der  Schulgeographie. 


673 


^luamus  empfangen.  Und  während  der  Islam,  wo  er  sonst  hinkam,  in  Nord-Afrik» 

(in  Sputiif-n) ,  in  den  türkischen  Landen  keine  andere  Religion  neben  sich  duldete 
oder  antergiDg,  wurde  ur  in  Indien  ein  Element  neben  vielen.  Und  ebenso  ist  die 
moderne  europäische  Koltor  fiberall  sonst,  wo  lie  hinkam,  Alleinhenaoherin  ge- 
worden ,  in  Amerika,  Afrika,  Australien.  Hier  in  Indien  hemebeii  die  Ij^gltedw 
lediglich  dadurch,  daß  sie  sich  den  indischen  Verhältnissen  anpassen,  durch  Dul- 
dung der  eingeborenen  Elemente  und  durch  die  Zersplitterung  der  gewalügen  in- 
dischen IfMse. 

Dm  erste  Eindringen  ehmtlicher  Lehien  evfolgte  im  1.  Jalurliiiiiderl  Um  190 

fanden  es  die  Römer  schon  vor.  Daraufhin  «oll  der  stoisch r-  Philosoph  Pantänus 
von  Alexandrien  nach  Indien  gegangen  sein  und  die  Erfahrung  gemacht  haben, 
4aß  schon  vor  ihm  jemand  das  Matthäus-Evangelium  hingebracht  habe.  Allmählich 
irerbteiteie  lioh  dee  Cbrietenkim  Aber  gaas  bdiea  (iom  Ü^f^med  sagt  Gibbon). 
Aber  e«  wurde  seihst  wieder  von  dem  Brahmaismus  und  Buddhismus  beeinflnAt 
und  in  das  Kastenwesen  aufgenommen  als  eine  hochst^honde  Kriegerkaste  mit 
Bischof,  ArchidiakuuuH  und  Priestern.  Im  16.  Jahrhundert  kamen  mit  den  Portu- 
giesen die  Jesuiten. 

Wesentlich  tiefer  greifend  war  der  Einfluß  des  Uun,  allerdings  auch  erst  seit 
dem  Jahr  1000.  Er  wurde  von  Afghanifitan  aus  verbreitet  und  die  Mohammedaner 
beherrschten  Nord-Indien  durch  mehrere  Jahrhunderte  hindurch.  Bezeichnend  aber 
ist  SS,  dnS  bald  nach  ISOO  die  sogenannte  SklaTen^Dynastie  nur  Herrschaft  kam, 
■d.  h.  Könige,  die  aus  dem  Sklaveustande  hervorgegangen  waren.  Der  Zerfall  der 
mohammedanischen  Reiche,  die  sich  allmählich  auch  im  Dekkan  gebildet  hatten, 
erfolgte  zu  verschiedeneu  Zeiten  wesentlich  unter  dem  Einäuß  der  von  Norden  her 
«indringenden  Mongolen  und  der  Enropfter.  Die  Mongolen  hatten  unter  Akbar  um 
1560  bis  1570  ein  machtvolle^  Reich  in  Nord-Indien  begründet,  da«  Reieh  des  Groft- 
moguls,  das  sich  zu  Zeiten  durch  eine  beispiellose  Prachtentfaltung  auszeichnete. 
8o  soll  Aurangzeb  um  1700  über  eine  Einnahme  von  80  Mill.  £  verfügt  haben. 
Aber  die  EnstensmOglicfakeit  dieser  Reiche  war  auf  weitestgehender  Duldung  be> 
gründet  und  trotzdem  zerfiel  auch  diese  Hensehaft  imter  Palastrevolutionen  und 
äußeren  persischen  und  afghanischen  Invasionen,  fast  ebenso  kurzlebig,  wie  alle 
Anderen  mongolischen  Herrschaften.  Um  17üO  erlag  das  Heich  des  Großmogul  dem 
Anfbl&hen  der  ans  Indien  selbst  etwaehsenen  Mazathas,  die  ihrendits  wieder  aller- 
dings  erst  nach  schweren  Kämpfen  im  19.  Jahrhundert  (bis  1857)  von  den  Eng- 
län'lera  vernichtet  wurden.  Die  Mongoleninvaaionen  haben  wohl  zur  MiHchung  der 
Bassen  mit  beigetragen,  aber  keinen  wesentlichen  Einfluß  auf  die  Ueiigion  gehabt. 
Zum  groSen        waren  die  mongolisehen  Beidie  mohammedanisch. 

Die  Kolonisation  der  Europier  hatte  in  kleinem  Maßstäbe  begonnen  mit  der 
Festnetznng  der  Portugiesen  nm  1500.  1510  hatte  Alhuquerque  Ooa  besetzt.  Die 
Jahre  von  1590  bis  1610  bedeuten  die  Uauptblütezeit  des  portogiesiachen  Handels 
und  ihrer  Maehl  Spiier  aber  mußten  sie  tot  den  Hollindem  und  diese  wieder 
vor  den  Bnglindem  zurücktreten,  die  nach  1796  die  unbeschränkten  Herren  in 
Indien  waren.  (nDfi  ging  Ceylon  als  letzter  indischer  Besitz  deu  Holländern  ver- 
loren.) Das  Wesen  der  englischen  Kolonisation  beruht  darauf,  daß  eine  Gesell- 
aehaft  den  Handel  als  Monopol  in  die  Hand  nimmt  und  je  nach  den  Umstftnden 
mit  mancherlei  Beschränkungen,  Abgaben  und  UnterBtützongen  vom  Parlament  von 
Zeit  zu  Zeit  seine  Freibriefe  erhält,  Iuh  schließlich  die  Verhältnisse  dazu  drängen, 
daß  in  irgend  einer  Form  die  Gesellschaft  abgelöst  und  die  Kolonie  verstaatlicht 
wird.  Dies  geschah  für  Indien  1868,  wo  es  in  den  Beeita  der  Krone  überging, 
aaohdem  in  vielen  Kriegen  und  Aufttftnden  eaglisehe  Truppen  gekämpft  hatten: 
18ft7 — 18ßn  der  Pepoy-.Vufstand.  (Unterschie«!  gegen  .\tistralienl  Seitdem  wird 
bdien  von  »  inein  <  reneralgouvemeur  regiert  und  England  hat  Agenten  bei  den  ein- 
geborenen i^'ürsten.  1877  wurde  es  zum  Kaiserreich  proklamiert.  Ober  die  eng- 
üsehe  Hemehaft  gibt  M.  v.  Brandt  ein  wartvollie  ÜiteU  ab  in  der  kleinen  Schrift: 
England  in  deutHcher  Beleuchtung.  1.  Heft:  Die  englisohe  Kolonialpolitik  und 
Kolonialverwaltung.    S.  29—31. 

0»ogi1>litoch«  Zaltaehrift.  H.J»higMig.  liOt.  11.  Hall.  46 


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674 


B.  Brabni: 


8;  Hieran  schließt  noh  non  «ine  kurze  erstmalige  Behandlang  de.<  ßrahmais- 
BltlB  und  des  HuddhiamQS,  für  die  es  unbedingt  nOtig  ist,  daß  sich  der  Lehrer 
jedesmal  von  neuem  ein  klares  Bild  su  schatfen  sucht.  Es  darf  hier  nicht  mit 
kunen  Schlagworten  geaibeiiet  werden,  eondern  gerade  hier  konunt  et  wesentlich 
darauf  an,  daft  die  Schüler  Achtung  gewinnen  vor  fremden  Glanbensfonnea  und 
Sitten,  die  zwar  vielfach  verknöchert  nnd  in  mechanischem  Schematismus  unter- 
gegangen sind,  aber  doch  auch  den  Uöuhstgebüdeten  in  ihrer  reinsten  Form  un- 
gemein tiefsinnige  und  dnxchani  edle  Gedanken  and  Anregungen  geben.  Ist  der 
Baddhiamos  auch  nicht  onsexe  Olaubensform,  so  sollen  wir  uns  doeh  auch  bewnfli 
sein,  daß  er  eine  tiefernste  und  wohl  beachtenswerte  Religion  ist,  die  nicht  mit 
wenigen  aus  halber  Kenntnis  geschöpften  Worten  abgetan  werden  kann.  Eins 
zweite  wiederholte  und  hier  eingehendere  Besprechung  der  indischen  lieligiuuen 
gehört  in  das  Pensum  der  Untoprima.  Man  wolle  mir  nicht  entgegenhalten,  daft 
diese  Dinpe  Sache  des  Keligioiisunterrichtes  seien:  dort  sind  sie  vom  Standpunkt 
des  Christentums  aus  zu  besprechen,  wobei  hervorgehoben  wird,  worin  die  Bedeu- 
tung der  Ltihre  Christi  gegenüber  der  Gautama  Buddhas  besteht,  wir  im  Geographie- 
nntemcht  behandeln  sie  tnr  Charakterisiemng  der  f^remden  Lebensformen ,  die  aas 
ihrem  Milieu,  aus  (b'm  Lande  und  aus  der  Mischung  der  Völkerelemente  heraus- 
gewachsen sincl.  i»ali>  i  ist  es  aber  ein  unbestreitbares  Recht  «U's  akademisch  ge- 
bildeten, selbständig  denkenden  Leliri.-rs,  ohne  Rücksicht  auf  beeugeude  äußere 
Vorsdiriften  fiber  die  Formen  individadlen  Geisteslebens  auch  ans  innerer  persO»- 
licher  Überzeugung  heraus  zu  sprechen.  Der  pflichtbewußt«  Lehrer  muß  sich  unter 
allen  Fmständen  darüber  Klarheit  schaffen,  wie  viel  Zeit  ihm  für  dieses  eine  kleine 
Kapitel  seiner  großen  Aufgabe  zut  Verfügung  steht  und  was  er  dem  Fa^sungs- 
▼etmOgen  der  Bohiller  entsprechend  sagen  darf,  ohne  daB  er  in  den  jungen  KOpfta 
Verwirrung  anrichtet.  Danach  muß  sich  auch  im  einzelnen  die  Behandlung  in 
Untersekunda  richten,  für  die  ich  hier  nur  einige  Leitgedanken  gebe 

a)  Der  Brahmaismus  ist  entätauden  aus  einer  Verehrung  von  Natuzgottbeiten, 
wie  sie  in  den  Liedern  der  Rig  Veda  niedergelegt  ist. 

b)  Wahrend  er  im  Volke  verknöcherte  und  zu  Aberglauben,  zu  Polytheismus 
und  zu  meclianischem,  äußerlichem  Wesen  führte  /der  Priesterzögling  mußte  in  acht 
Jahren  944  UUO  Silben  stumpfsinnig  auswendig  lernen,  für  Gebet  und  jede  Opfer- 
handlnng  bestehen  strenge  ins  einselnste  gehende  Vorschiiften),  war  da«  eigntiiehs 
Wesen  des  Hrahmaismus  für  die  emstest  Denkenden  die  Allbeaeelung  der  WeU» 
d.  b.  der  Pantheismus. 

c;  In  hohen  Ehren  standen  und  stehen  unter  den  Brahmanen  die  Asketen, 
d.  h.  M&nner,  die  sich  von  aUeo  wdilioheo  Bedfirfiiisaen  ftei  machen.  Aber  dieser 
Grundgedanke  wurde  sehr  TeAuBerlidit:  Bettelmönche«  Fanatiamua  in  der  AbtOtnng 
des  Lebens,  die  Fakire. 

d)  Aus  dieser  Grundlage  entsprang  der  Buddhismus:  Vergeistiguug  des  Prin- 
aipa  der  Unterdr&ckung  aller  persönlichen  äußeren  Bedflrfhisse  und  dabei  hohe  &it> 
Wicklung  des  Pflichtbewußtseins. 

e)  Xuüeres  Leben  Gautamas:  .Mitleid  mit  menschli<hem  Unglück,  Empündung 
des  Übels  in  der  ganzen  Welt,  d.  i.  PessimismuB,  im  Einsiedlerleben  Erkennung  des 
Wertes  der  persönlichen  Armut,  d.  i  Bedflrfhislosigkeit,  und  der  innediefaeD  gsi- 
sttgen  Erleuchtung,  Forderung  an  seine  Jünger,  die  Lehre  an  verbreitni. 

f  1  Der  Glaube  an  die  Seelenwanderung. 

g)  liöchbtcä  Ziel:  absolute  W'unschlosigkeit,  das  jSirwana. 

h)  Verschiedene  Difi'ercnzicrung  des  Buddhismus  in  den  verschiedenen  Lindem. 

i)  ÄnJSere  Formen  der  indischen  Religionen:  weitestgehende  Duldung  frem  der 
Formen  'jetzt:  früher  vi*  ]f  rMaubenskriege«,  Tempel,  Klöster,  Heiligtfimer,  Wall- 
fahrten und  ProzcHsionen.    I'er  Ganges.  Benares. 

C.  Hiuter-ludien  soll  hier  nur  kurz  berührt  werden;  ich  habe  mich  ent> 
sprechend  den  firfiheren  Ausftthxnngen  hei  der  geringen  Stundenaahl  (nur  1  Stande 
pro  W^ochc  in  Sachsen)  f&r  berechtigt  gehalt<?n,  dies  Gebiet  im  wesentlichen  sa 
übergehen,  d.  h.  mich  auf  die  rasche  Durchnahme  des  Kartenbildes  zu  besohrtaken, 


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Die  Aufgabe  der  Sehulgeographie. 


676 


ohne  da1»ei  den  Wart  dieser  Lftnder  sa  tmteracliitien.  Man  weiM  nur  auf  die 
Ctaöße  s.  B.  TOD  Sumatra,  Birma,  Siam  <  ungefähr  gleich  Deutichland:  434  000« 

664  DUO,  600  000  bezw.  640  000  q km),  mit  ihren  Hovölkerungszahleii  unter  Buriick- 
«cbtigUDg  der  ausgedehnten  koltorfeindlicheu  Hochgebirgslautischaften  hin,  sowie 
%.  B.  aaf  Bangkok  mit  seinen  800  OOO  Eiuw.,  sodann  auf  die  Einfuhr-  und  Ansfiihro 
zahlen  im  Vergleich  mit  anderen  Ländern:  malajischer  Archipel  (Ein-  und  Aus- 
fahr  zusammen  etwa  1000  Mill .  Mexiko  etwa  648  Mill^  Holland  8766  Ifill.  JL 
D.  Ost-  und  Hoch-Asien. 

Obgleich  Ost-Asien  ebeusu  wie  Tibet  gegenwärtig  im  Vordeigmnd  uiieeres 
Literosoea  stehen,  sind  sie  uns  innerlich  doeh  immer  noch  sehr  iremd.  Am  ebeaten 

ii^t  uns  noch  Japan  verstiindlich,  das  wenigstens  in  Gniße  und  Leistung  unseren 
europilischen  Verhältnissen  vergleichbar  ist.  Aber  der  meist  begangene  Fehler  ist 
der,  daß  zu  sehr  europüiäche  Anschauungen  auch  für  dortige  Verhältnisse  augewandt 
werden.   Die  ungeheure  ost-a«iatische  Masse:  China,  Korea,  Japan  kann  mit  einer 

kurzen  Behandlung  nicht  gründlich  erledigt  werden.  Das  einzige,  was  wir  errei- 
chen können,  ist  eine  vernünftige  Heurteiluny  «lor  fremden  Welt,  die  Erkenntnis 
ihrer  Unmeübarkeit  nach  uuseru  Muüeu.  Dazu  mug  folgender  Uedankengang 
dienen: 

a)  Krwünseht  ist  ein  kuncer  geschichtlicher  Exkurs  je  nach  der  verfügbaren 
Zeit  mehr  oder  weniger  auslührlich.  Einzelheiten  lindet  mau  z.  B.  in  Helmolts 
Weltgeschichte.  Wichtig  ist  vor  allem  der  große  völkergeschichtiiche  Grundgedanke, 
dafl  China  die  Stfttte  dee  ausgeprftgtet»ten  monarchischen  Prinaapa  und  die  Heimat 
unbedingt  bodenständiger,  soßhafter  Landkultur  ist.  Die  Jahrtausende  vergehen, 
mannigfache  Stürme  durehtolien  das  Land  und  zahlreiche  Strf^me  zentral-asiatitielier, 
nomadischer  Völker  treüeu  die  Häuder  des  „lleiches  der  Mitte",  die  Djuastien 
wechseln,  die  Yolksetimme  sind  unter  sieh  manniglisch  verschieden:  aber  in  China 
bleibt  stet-  chinesische  Rasse,  d.  h.  eine  seßhafte  Bevölkerung,  in  sich  ab- 
geschlossen, beherrscht  von  einer  autokratischen  Zentralgewalt.  mit  einem  ungeheuren 
boreuukra tischen  Apparat,  der  trotz  alles  Wechsels  und  trotz  alier  Mängel  gut 
fonktioniert,  d.  h.  steis  die  Einheit  des  Reiches  erhUt.  Die  Grenzen  mögen  schwan- 
ken, \'erlu8t  und  Gewinn  durch  die  Jahrhunderte  halten  sich  die  Wage,  unzerstör- 
bar besteht  das  Reich  d.  r  Mitte.  Ob  Mougoleurirst,  ob  Mandschu,  der  Kaiser  von 
China  wird  immer  Chinese  sein,  der  monarchische  Herrscher  über  Hunderte  von 
IßlUonen.  Wie  die  aeterno  Roma  die  westliche  Welt  durch  die  Jahrlausende  be- 
einflußt hat  uuil  noch  beeinflußt,  so  ist  ewig  die  Einheit  deti  chinesinchen  Reiches. 
Das  liegt  begründet  im  L  nid  mid  im  N'olk:  China  ist  durch  die  hohen  (tetdrge 
gegen  den  raschen  Wechsel  geschützt,  sein  Boden  ernährt  die  Millionen  in  seß- 
hafter Kultur,  das  chinesische  Volk  ist  zu  zahlreich,  um  fremden  Horden  ohne 
veit«res  zum  Opfer  an  fitUen.  Die  Fremden,  die  wohl  iu0erlieh  die  Herrschaft  an 
sich  reißen  können,  werden  von  der  chinesischen  Reese  aufgesogen,  sie  werden 
selbst  Chinesen. 

China  hat  seinen  Machtbereich  sehr  weit  ausgedehnt.  Die  Engländer,  die 
nach  Lhas8a  vordrangen,  mußten  in  Peking  um  geringe  Handelsvorrechte  feilf>ehun. 
Und  England  ist  nicht  gewohnt,  zu  handeln,  wo  es  fordern  könnte.  Früher  reichte 
Chinas  Macht  noch  weiter,  zur  Zeit  des  Kaisers  Wu-ti  (140—87  v.  Chr.)  berührte 
sich  römischer  und  chinesischer  Einfluß.  Aber  Chinas  Expansion  hatte  dasselbe 
Ziel  wie  die  Rußlands,  die  Umfassung  und  damit  Beherxschung  des  unbeständigen, 
kriegerischen  Nomadentnms  durch  daa  in  sich  bodenst&ndige,  fnedUche,  seßhafte 
Element. 

Und  in  Japan,  das  scheinbar  alle  Prophezeiungen  zu  Schanden  macht,  daa 
immer  neue  Überraschungen  für  ans  hat,  wolle  man  bedenken,  daß  die  jetzt  Regie- 
renden zum  Teil  noch  dieselben  Männer  sind,  die  in  den  rsOer  .Tahren  die  große 
Kfv<dation  tätig  mitmachten,  die  das  ganze  durch  ein  .lahrtausend  bestehende 
Volkstum  umwälzten.  Hier  lebt  jetzt  die  erste  Generation  der  neuen  Ära.  Wird 
sie  Bestand  haben  durch  die  degenerierende  Periode  spftterer  Generationen?  Das 
Gzmidweeen  der  „ersten  Generation**  ist  die  Begeisterung  flir  das  Neue,  aber  auch 

46» 


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676 


B*  Brahnt: 


die  ünausgegliehenbeit  im  Yolkiohwalttar.  Die  Onippe  der  HotsolieiideB  ist  den 

Unterlegenen  weit  roraus.  Wie  weit  gclnigt  dift  Yenchmelsong?  Es  scheint,  ab 
ob  die  japanisriir  Hogif^rnnjr  noch  gezwtincr^n  spi,  Hip  nnzufriedenon  Elemente 
durch  äußere  Aktionen,  durch  den  Ruhm  einer  nach  außen  geführten  Expannont- 
politik  abinlenkeD.  (Einen  Vezgleidi  der  Lage  Japem  und  l^glmde  bebe  idi  in 
einem  Aufsatz  „AÜan^e  und  Paeiftc**  ekiineit,  der  nlehatons  in  den  ^^Orennboten* 
wiebeinen  wird.) 

b)  Vor  kurzem  war  eine  chinesische  Studienkoounission  in  Europa,  um  die 
entop&iicbe  Knltor  kennen  m  leinen.  Fragen  wir  uns,  welebe  Orte,  wvldie  Ein- 
liebtongen  wohl  am  einlencbtendsten  die  Lebensformen  dee  deutsehen  Volkes  m 

■eigen  vprmr>chten,  und  vorfrl*'i'Hpn  wir  damit  das,  was  wir  von  China  wissen: 

Die  (irundlage  deutschen  Volksleben!  ist  Ackerbau,  Industrie  iind  Handel. 
Die  Qiinas  ist  der  Ackerbau,  aber  auf  meist  sebr  kleinen  Gfitem.  Industrie  und 
Handel  sind  nur  von  lokaler  Bedeutung.  —  Die  Scbwierigkeit  der  deutseben  Yolk»> 
wirtHohiift  liegt  in  dem  Ausplpich  der  drei  Elempntp  und  in  der  Fixieninjj  des 
Ki'chtsverbältnisses  zwischen  Arbeitgebern  und  Arbeitnehmern,  der  Chinas  in  der 
Ernühruug  einer  teilweise  unglaublich  dichten  Bevölkerung  ohne  Großindustrie  und 
in  dem  Kampf  gegen  die  SohSden  der  Beamtenkoiruption.  Sdiantnng  hat  aof 
160  000  qkm  38  MilL  Einwohner.  —  Deutschlands  VolkBwirtschaft  ist  be^rrflndet 
auf  dem  WarenauBtaaseh  mit  fremden  Völkern,  China  ist  in  sich  abgeschlossen. 
Sein  Export  und  Import  stehen  noch  lange  nicht  im  rechten  Verhältnis  zu  seiner 
GrOSe.  Binnenhandel  nnd  Terkebrawege!  Wichtigste  Yertengshlini! 

Für  Deutschlands  Volksbildung  ist  das  Prinzip  der  freien  Entwicklung  maß» 
gebf^nd,  für  China  war  bis  jetzt  die  ilußerste  Verknöcherung  charakteristiBch .  und 
sie  wird  es  trotz  aller  Reformen  wohl  noch  lange  bleiben.  —  Deutschland  ist 
Ifililftrstaat,  China  bedMf  seiner  Lage  naeh  nidii  ^esee  Sefantaes  dnrdi  ein  großes 
stehendes  Heer.  —  Deutschland  ist  konstitutionell  (aber  erst  seit  wenig  mehr  als 
einem  halben  .Jahrhundert'.  China  hat  absolute  Monarchie,  aber  seinem  Charakter 
wohl  entsprechend.  (Versprechung  der  Konstitution  nach  Rückkehr  der  Studien» 
kommission.)  Man  beaehte  den  Pusns  des  Reformedikts:  „Seit  dem  Beginn  Unssrsr 
Dynastie  regiettsn  weise  Kaiser  und  erließen  Gesetze,  die  fflr  ihre  Zeit  ge- 
eignet waren.  .letzt  aber,  da  China  im  Verkehr  mit  allen  Nationen  steht,  sind 
Unsere  Gesetze  und  Unser  politisches  System  veraltet,  und  Unser  Land 
ist  fortwUurend  in  ünnihe.  Em  ist  dämm  fBr  üni  nMig,  mehr  Kenntnisse  so  saa> 
nii-ln  und  ein  neues  Gesetzbuch  zu  verfassen,  nten  Wir  das  nicht,  so  wilrden 
Wir  des  Uns  v(m  den  Vorfahren  und  dem  Volke  anvertranten  Landes  nicht  würdig 
sein."  Folgt  das  Versprechen  einer  zukünftigen  VerfatiBung.  (ZeitungsberiohL 
Mflneh.  Allg.  Ztg.  4.  Sept.  06.)  ^ 

E)  Sibirien  bietot  O.  lrgenheit  für  eine  je  nach  der  verfügbaren  Zeit  kflners 
oder  längere  Besjncfhunjif  der  kliinati.ichen  und  jp^eologischen  Verhliltniese  Es  sei 
hierbei  bemerkt,  daü  es  wünschenswert  ist,  von  Untertertia  an  anfangs  ganz  ele- 
mentar, spftter  tiefergreifend,  die  wiebtigsten  geologischen  Begriffe  einmflihien. 

Wesentlich  kürzer  als  Asien,  das  bei  seiner  Größe  noch  in  Kinselglieder  zer- 
legt werden  mußte,  lichandcln  wir  Nordamerika,  indem  wir  auch  zuerst  eine 
Übersicht  über  das  iiodenreliet  und  über  die  geschichtliche  Entwicklung  der  beiden 
Staatswesen  fl^nada  nnd  die  Vereinigten  Staaten  geben.  Eingehender  sind  dsan 
die  wirtschaftlichen  Besiehnngen  der  Vereinigten  Staaten  im  Vergleich  mit  Europa 
und  Asien  unter  Benutzung  statistischer  Tabellen  (die  hektographiert  den  Schührn 
in  die  Hand  zu  geben  sind)  zu  behandeln  ^s.  dazu  z.  B.  Eckerts  Haudelsgeogra- 
phie).  Kanada  ebenso  wie  die  mittelamerikanisehen  Staaten  kSnnen  ihrer  geringen 
weltwirtschaftlichen  Bedeutung  wegen  möglichst  rasch  abgetan  werden.  Dagegen 
bietet  Mittelanierika  noch  unter  dem  P'indruck  der  großen  Vulkanausbrüche  und 
im  Anschluß  an  die  Arbeiten  von  Sapper  (und  Stflbel)  die  Möglichkeit  einer 
genaueren  Besprechung  des  Vulkanismus. 

Die  drei  sttdlichen  Erdteile  geben  ein  sehr  interessantes  Objekt  ab  fSr  eine 
gemeinsam  Toigleiebende  Behandlnng,  wie  ieh  sie  in  iwei  AnftUMn  der  n^ster 


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Die  Aafgabe  der  Sclialgeogirftpliie. 


671 


und  Kultur*  (DI.  Jhrg.  Heft  MC,  IV.  Jhrg.)  entepNdieiid  dem  durobgefllhrtoa 

ünterricht  veröffentlicht  habe.   Es  genügt  hier  eine  gttu  korae  Skisiienmg  des 
Inhalts,  im  übrigen  der  Hinweis  auf  die.se  Aufsiitze. 
I.  Die  Grundbediiiguugeu  ihrer  heutigen  Kaltar. 

1)  Lage  und  Geitolt.  Gemeinnm  i»t  allen  drei  Brdteilen,  daB  die  einer 
Kultor  nach  enxopftiielier  Art  gflnstigsten  Gebiete  dort  liegen,  wo  sich  ihre  Süd» 

spitzen  am  weitesten  von  den  andern  Ländergebiet<'n  entfernen,  daß  dagegen  die 
der  Kultur  feindlichen  Gebiete  den  Nord-Erdteilen  am  nüchsteu  sind. 

9)  Vertikale  Gliederung  und  Kflttenverlanf.  Btaromgebiete.  Sddamerika  be> 
steht  aus  dem  westlichen  noch  wenig  abgetragenen  Faltengebirge,  der  östlicben 
stark  abgetragenen  Gebirgsscholle  und  den  großen  SchwemmlandBchaften  des  Äma- 
touas  imd  La  Plata- Systems.  Afrika  ist  ein  gewaltiges  Tafelland  (8  Teile).  Austra» 
lien  itt  im  Weiten  Sknli«:h  der  afrikaaiichen  Tafel,  im  Osten  Umlieli  dem  ameri- 
kanischen Faltungsgebiet.  Verschiedener  Eflstenverlauf.  Südamerika  ist  durch 
seine  Ströme  nach  dem  atlantischen  Ozean  geöffnet.  Afrika  nach  allen  Seiten  faber 
Stromschnellen!),  Australien  überhaupt  gar  nicht.  Verschiedenheit  der  Stromgebiete. 

8)  Bodenaolifttie  und  KUma.  Veg^ti«mtg«bieto:  der  ürwald  ist  ein  gxdAerea 
Verkehnhindenis  alt  die  Wflitel  Viehioekt  Aekerban.  Plantagenkoltor.  Wald- 
kiütor. 

4)  Menschliche  Bedingungen.  Kntdeckungs-  und  Koloniaationsgegchichte, 
Baaaenentwicklung :  in  Südamerika  sind  durch  Mischung  neue  Rassen  entstanden,* 
in  Afrika  geht  die  Mischnng^beTÖlkerung  unter,  erhalten  sieh  aber  die  aatochthonen 
Neirerrassen  (unter  sich  gemischt!,  in  Australien  und  Ozeanien  verschwindet  ul!- 
mählich  die  autochthoue  Kasse  und  wird  ersetzt  durch  die  reine  europäische  (natür- 
lich viele  Verschiedenheiten  im  einzeiuen!). 

IL  Die  heutigen  politischen  und  wirtschaftlichen  Verhältnisse. 

5)  Geschichte  der  Staaten  und  Kolonialreiche:  in  Siidamerika  heute  11  st  lh- 
st^ndige  Republiken,  S  Kolonien  (außer  den  Falkland-luseln),  in  Afrika  3  solbstäu- 
dige  Reiche,  sonst  lauter  Kolonien,  in  Austxalieu  der  ganz  eigenartige  Staatenbund, 
in  Oaeanien  nur  Kolonien. 

6)  Die  wirtechaftHchen  VerhilltnisBC,  Schiffahrtsverkehr,  namentlich  deutsclie 
Gesellschaften.  Telegraph  und  Eisenbahnen.  Stildte:  man  bt-aclit»'  vor  allem  den 
Unterschied  zwischen  der  Ostküste  und  der  Westküste  von  Südamerika. 

Idh  wflrde  weseaüieh  über  den  Rahmen  eines  AufiMties  hinaosgehen  mdssen, 
wollte  ich  hier  noch  weitere  Details,  etwa  aneh  das  ünterrichtaschema  für  die 
anderen  Klassen  anführen.  Für  Obertertia  habe  ich  dies  getan  in  einem  Aufsatz 
in  den  „Lehrpruben  und  Lehrgängen  aus  der  Praxis  der  Gymnasien  und  Real- 
sehnlea**  Aug.  1906  Heft  4. 

Was  die  drei  «dS  8.  C69ff.  angefttbrten  Fordenuigen  anbetrifft,  so  sei 
aodi  auf  dieses  bingewiesMi:  man  moB  besonders  im  Schnlnntenieht  be- 
denken, daB  in  der  Zeit,  in  der  der  Lehrer  mit  den  Schfliern  zusammen- 
arbeitet, diese  sehr  rasoh  sa  immer  besserem  Verständnis  fortschreiten.  Die 
Obertertianer  sind  schon  wesentlich  empfänglicher  für  tiefergehende  Be- 
trachtunfren  als  die  Untertertianer:  und  wieder  in  höherem  ^faße  die  Sekun- 
daner. Nun  Itietet  sicher  Deutschland,  namentlich  bei  der  litute  recht  weit 
vorgeschrittenen  Ein/.elforschung,  dem  richtigen  Verständnis  des  Wechselj^pieles 
von  Ursache  und  Wirkung  miudestous  obeusüviel  Schwierigkeiten,  wie  etwa, 
Australien,  das  dazu  bei  der  Größe  seiner  Fläche  eine  viel  mehr  an  der 
Oberfläche  bleibende  Behandlung  fordert  als  Deutschland.  Wollte  man  daher 
in  glaieher  Weise  die  deatsohen  Linder  bespreehen  wie  die  aostraliBchen,  so 
wflrda  man  entweder  dem  Venttndnis  der  Tertianer  xu  viel  oder  dem  der 
Untenekundanw  su  wenig  somuten. 

Auf  den  Torhergdienden  Seiten  sind  —  wie  es  der  Gegenstand  gerade 


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678 


B.  firnhns: 


mit  rioh  bnudito  —  die  histori sehen  Qrandlagen  der  geographischen  Anf«* 
faasongBweite  hesonden  eingehend  berfickaiditigt  woirden,  Tollkommen  gleidi- 
hereehtigt  neben  ihnen  stehen  aber  aneh  die  natnrwissenschaftlichen 
Elemente,  wie  etwa  die  Geologie.  Sie  gehOren  alle  mr  Geogn^ihie^  und  es 
wire  fiJsch,  wollte  man  die  Geogrraphie  Yon  ihnen  „befreien".  Es  ist  natfii^ 
lieh  Sache  des  Naturwissensohaftlenf  etwa  die  wichtigsten  Leitfossilien  der 
geologischen  Perioden  zu  zeigen,  aber  der  Geograph  muß  auf  diese  Perioden 
selber  doch  Rücksicht  nehmen.  Es  genügt  auch  nicht,  wenn  das  Gebiet  nur 
einmal  (in  Untersekunda  iin  den  sSchsischen  Realj^ryinnasien)  bohanilelt  wird 
und  dann  nicht  wii-ib  r,  denn  unfehlbar  wird  der  Schüler  die  ihm  fremd- 
artigen liegrilTe  sehr  nisch  liei  Xifhtbenut/ung  vergessen.  Schon  von  Unter- 
tertia an  sollte  der  ( leographieuuterricht  die  Entstehungsgeschichte  der  Länder 
mit  betrachten.  Es  ist  freilich  ein  anderes,  wie  man  z.  B.  die  Eiszeitwirkung 
mit  14jihrigen  Knaben  im  norddeotschen  Tiefland  dnrahaimmt,  als  wie  man 
es  tut  ein  Jahr  spttter  bei  einem  Vergleich  des  skandinaTischen  Hochgebirges 
mit  den  Alpen,  ünd  man  dtarakterisiert  den  Unterschied  swisehen  alten 
forsten  und  jungen  Faltengelnigen  in  Untertertia  anders«  als  in  Unteneknnda 
hei  der  physischen  Übersidit  Uber  Asien. 

Von  Stufe  zu  Stufe  soll  innere  Verarbeitung  der  geographischen  Be- 
ziehungen fortschreiten,  ein  richtiges  Verständnis  der  Fremde,  sowohl  der 
Völker  als  auch  der  Landschaft  erstrebt  werden.  Das  wird  aber  nicht  er- 
reicht durch  das  bloße  Tatsachenwissen.  Pa^,  was  das  Urteil  des  Laien  von 
dem  des  wissenschaftlieh  gesehulten  Mannes  unterscheidet,  ist  die  Ober- 
flächlichkeit des  ersteren  rre^fenüber  der  exakten  (iründlichkeit  des  anderen. 
Und  es  bedarf  kaum  des  Hinweises  auf  unsere  moderne  Zeituugsliteratur 
(Kolonien,  Ost-.\sien),  um  darzutuu,  wie  weit  verbreitet  diese  Oberflächlich- 
keit ist  Das  Tatsacbenwissen  ist  hier  wohl  TOrhaadeOf  aber  es  fehlt  des 
allseitige  grftndliohe  Dorchdenken,  ^e  geographische  Benrteflungsweise. 
Freilich  begeht  auch  oft  genug  der  grOndlichste  Geograph  Fehler,  aber  diese 
sind  dann  doch  wesentiich  verschieden  Ton  jener  Engherzigkeit,  die  alles  nur 
nach  den  heimischen  Verh&ltnissen  xn  beurteilen  vermag,  die  unvoraiditig 
Behauptungen  an  die  Stelle  von  Vermutungen  setzt. 

Vorsichtig  zu  urteilen  vermag  ahor  nur  der,  der  es  gelernt  hat.  allen 
Ursachen  nachzugeben,  der  selber  das  Suchen  und  Grübeln,  das  Zweifeln  und 
Fragen  kennt.  Nehmen  wir  nochmals  ein  Beispiel :  die  Behandlung  der 
Seen  in  Obersekunda.  Supan  bietet  sicher  in  seiner  „Physisehen  Geographie*' 
hinreichendeu  Wissensstofl',  aber  es  gibt  doch  ein  i^auz  anderes  Vei-stehen, 
wenn  man  sich  selber  bemüht,  den  wissensohalt liehen  Arbeiten  über  die 
Seen  nachzugehen,  selber  so  weit  als  möglich  die  Untersuehuugeu  über  die 
Alpenseen  verfolgt,  dem  nachgeht,  was  die  Einzelforscher  über  Tiefenverhält- 
nisse,  Temperatur,  Zusammensetzung  des  Wassers,  vermutliche  Entstehungs- 
geschichte u.  a.  herausgefunden  haben,  wenn  man  selbst  Lflcken  und  Unklsr' 
heiten  noch  entdeckt  Dies  Studium  geht  fireilich  sehr  viel  weiter  ate  es 
direkt  für  die  Unterrichtsstunde  vor  den  Schfilem  nötig  ist,  aber  nur  ans  der 
Frische  dieser  Eigenarbeit  heraus  kann  der  Lehrer  die  Schüler  auf  das 
Nebeneinander  und  Miteinander  der  wissenschafttidien  Forschung  hinweisen. 


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Die  Aufgab«  der  Scholgeographie. 


679 


kann  ihnen  zeigen,  welche  mannigfaltigen  Schwierigkeiten  sich  der  Einael- 
«rfclftrung  übenU  entgegenstellen,  welche  Bedeutung  die  meist  hypotbetiBclien 
EridSningen  haben.  Mui  soll  nicht  sagen,  daß  die  Hypothese  in  der  Schule 
durehaos  >u  vermeiden  sei,  daB  nur  die  Tatsachen  gegeben  werden  sollen: 
Faeta^  nm  fieta*).  Das  ist  in  der  Geographie  nicht  möglich.  Die  ganze 
gmetisehe  Darstellungsweise,  die  Gruber  besonders  verteidigt,  fBhrt  auf 
Hypothesen,  die  wir  aber  doch  nicht  entbehren  können,  wenn  wir  uns  ein 
anschauliches  Bild  verschaflfen  wollen.  Aber  man  soll  unter  allen  Umständen 
die  Hypothoson  auch  als  fida  bezeichnpn,  und  der  Schüler  soll  vor  allem 
lernen,  »laß  nach  dem  Stan<le  unseres  heutigen  Wissens  ohn*^  Hypothesen 
je<les  itiu«'re  Verstilndnis  undenkbar  ist,  daß  dies  innere  Verständnis  dann 
aber  auch  nicht  dem  Tatsachenwissen  gleich  zu  achten  ist. 

Für  all  dieses  muß  freilich  der  Lehrer  beständig  weiter  arbeiten  und 
«war  —  was  die  bcMiidsn  Schwierigkeit  ausmadit  —  anf  sehr  vielen  Ge- 
bieten. Heute  muß  der  akademisch  gebildete-  Geograph  meist  in  vielen 
Klassen  den  swei-  oder  einstflndigen  Unterricht  erteilen,  sur  gleichen  Zeit 
«nthropo-geographisch  und  geologisch  und  wirtsehaftsgeographisch  usw.  arbeiten, 
er  darf  sich  nicht  auf  ein  Spsmalgelnet  versteifen,  sondern  soll  überall  be- 
schlagen sein.  Das  ist  aber  bei  gleicher  Grilodlichkeit  nicht  möglich.  Wer 
sich  in  dem  einen  Jahr  privatim  speziell  mit  geologischen  Fragen  befaßt, 
wird  im  nächsten  Jahr  die  völkerkundlichen  etwa  bevorzugen  müssen,  und 
im  dritten  violleicht  die  Klimatologie.  Und  Ihm  dem  raschen  Fortschritt 
unserer  Wi-;sinis(  haft  wird  das  einmal  Ausgearbeitete  nur  für  kurze  Zeit  wirk- 
lichen Wert  behalten.  Das  betriftt  natürlich  nicht  so  sehr  die  Haupttatsachen, 
sondern  lediglith  die  tiefer  hineinführende  methodische  Unterweisung  wesent- 
lich in  den  höheren  Klassen.  — 

Sexta  bis  Quarta,  Untertertia  bis  Untersekunda  umfiusen  jetzt  in 
doppeltem  Kursus  die  Lftnder  der  Erde.  Wer  es  versteht,  die  Schfiler  sn 
beohaditen  und  sie  im  Unterricht  bestftndig  zu  besehsftigaii,  wird  von  Sti^ 
zu  Stufe  höhere  Ansprflche  an  ihr  YersUbidnis  stellen  können,  besonders 
dann,  wenn  er  durch  mehrere  Jahre  hindurch  einen  Jahigang  fortzuftihren  in 
der  Lage  ist  Für  Oberseknnda  und  Unterprima  sind  jetzt  (in  Sachsen)  je 
1  Stunde  wöchentlich  angesetzt  für  allgemeine  Geographie.  Hier  wären  zu 
behandeln  die  Grundlagen  der  physischen  Geographie,  der  Kartographie,  der 
Anthropologie  und  der  Anthropogeographie.  Freilich  ist  mit  einer  Stunde  hier 
herzlich  wenig  zu  erreichen,  zumal  da  man  mit  Rücksicht  aul  ilie  regel- 
mäßigen längeren  Pausen  von  Woche  zu  Woche  bestrebt  .sein  muß,  möglichst 
immer  in  sich  abgescblossetie  Kapitel  durchzunehin«*n.  Wer  selber  einen  ein- 
stündigen Unterricht  zu  geben  hat,  wird  sehr  bald  die  Erfahrung  machen, 
welche  Schwierigkeiten  es  hat,  wenn  sidi  ein  Kapitel  bröckchenweise  durch 
mehrere  Woehen  hindundischleppt 

Fftr  Obeiprima  ist  zur  Z^t  mn  Geographieunterricht  nicht  angesetzt, 
dringend  erwflnscht  aber  wlre  er  etwa  in  der  Fonn  eines  zweiten  Kursus  in 
der  Heimatkunde.    Viele,  die  das  Wesen  der  modernen  geographischen  An- 


1)  Qrnber.  Geographie  als  Büdnngsfiwh.  S.  96. 


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680 


B.  Brukni: 


tcbanmigsireiM  nicht  kennen,  werden  nicht  einsehen,  was  eigentlich  di» 
Oeognphie  in  Oherprima  io  tmgeheoer  Wichtigea  ni  lehren  hnbe,  sie  werden 
in  dieeem  F^e,  du  ne  nur  als  eme  nerdkiindliehe**  Wiederiiolnng  rnnfibeien^ 
d.  h.  als  einen  erneuten  Drill  wen  Namen  oder  w(^l  gar  Zahlen,  nur  ein» 
nene  ablenkende  und  lersplittenide  Disnplin  sehen.  Oder  sie  Tenmiten  eine 
neue  Richtung  ontwe^ier  des  natnrwisspnschaftlichen  Q^er  &m  gesehiehtiiBh«i 
Unterrichts.    Das  aber  soll  Geographie  nicht  sein. 

Tn  Oberprima  sollen  nicht  so  s^hr  viele  neue  Daten  vorgetragen  werden^ 
sondern  viflmehr  alle  bis  zu  dieser  Stufe  bekannten  Daten  in  geographischer 
Weise  mit  einander  verknüpft  werden.  Natürlich  sehlieBt  dies  eine  Wieder- 
holung des  früher  Gelernten  in  sich  und  fordert  stellenweise  die  Auführunir 
einiger  früher  nicht  erwähnten  Einzelheiten,  die  erst  jetzt  verstandli«-h  werden 
können,  aber  das  alles  ist  nicht  die  Haupteache,  das  Wesen  des  Oberprimauer- 
ünteitiehts  mnA  die  Methodeolehre,  foopldeatik  sein.  Und  daraaf  begründet 
sieh  das  Bedit  der  Geographie  und  ihre  Notwendigkeit  Ar  die  ohertte  Stnfe. 
Die  Geographie  hat  alle  sahlreiehen  Einseleleiaente  snsamneBni&sseii  und 
ihrem  Wert  nach  ahioschitwn,  die  ittr  iigend  ein  bestimmtes  geographisdiea 
Objekt  maßgebend  sind.  Ihr  Thema  ist:  die  Erde  and  das  Leben.  Sie  tsi 
die  sasammenfnssende,  verbindende,  übersohanende  Wissenschaft  xar  i^oj;^ 
Tom  menschlich-irdischen  Standpunkte  aus,  wie  es  die  reine  Philosophie  vom 
geistig-transzendentalen  Standpunkt  aus  isf  Und  mit  demselben  Rechte,  wie 
man  für  Oberprima  philosophische  Propädeutik  fordert,  nmß  man  auch 
geographisclip  Propädeutik  fordern,  ja  mit  noch  viel  höherem  Rechte,  denn 
die  Geographie  schließt  sich  an  die  positiv  gegebenen  Tatsachen  des  prak- 
tischen Lebens  an,  die  Philosophie  ist  mi'hr  oder  weniger  metaphysisch. 

Diesem  Gedanken  kann  die  Geographie  natürlich  auf  verschiedene  Weise 
gerecht  werden.  Wenn  ich  mir  erlaobe,  als  einen  jedenfiUls  gangbaren  Weg 
die  Heimatkunde  Torinsehlagen,  so  geschieht  es  ans  einem  doppelten  Gnade» 
Einerseits  entspricht  es  jedenfidls  dordians  einem  praktisdiett  BedMiiir 
wenn  der  junge  Menseh,  beror  er  in  das  Leben  selbstindig  hinaustiitt»  noA 
einmal  von  Grand  ans  mit  allen  wichtigen  Einselheiten  der  heimischen  Laad- 
schaft (natttrlidi  nicht  nur  der  engsten  Ortsomgebang)  und  des  heimischen 
Lebens  bekannt  gemacht  werde.  Andererseits  bietet  die  dem  Schüler  und 
dem  Lehrer  bekannte  Heimat  am  ehesten  alle  Elemente  dar,  an  die  sich  der 
Hinweis  auf  die  Dinge  der  großen  Welt  im  Vergleich  oder  Gegensats  bequem 
anschließen  Iftßt. 

Auf  einer  frilhereii  Stufe  wurden  die  verschiedenen  geoloi?ischen  Epochen 
l)esprochen,  die  wichtigsten  Gestpine  vorgezeigt,  es  wurde  auf  den  Gegensatz 
zwischen  den  tertiilren  Bildungen  des  Alpensjstems  und  der  alten  mitlei- 
den tschen  Humpfgebirge  hingewiesen.  Der  Lehrer  hat  damals  vielleicht  im 
geeigneten  Moment  die  Schiller  hinaoeg^Ahrt  nnd  ihnen  im  nahe  gelegenen 
Steinbruch  einige  Beispiele  gezeigt,  oder  er  hat  sie  auf  die  Basaltbeige  des 
zentralen  Ersgebiiges  (von  Annaberg  aus)  hingewiesen,  als  auf  «in  Beispi«! 
einstiger  vulkanischer  Tätigkeit.  Jetst  geht  er  mit  den  Primaneni  wieder 
liimt«f^  seigt  ihnen  die  flbereinanderlagemden  Schichten,  zeigt  ihnen,  wo  £ese 
Schichten  ttire  Fortsetsung  finden,  wie  der  Geolog  alle  die  ffiaaelvorkomai* 


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Die  Aafgabe  der  Sehnlgeogrftpliie. 


681 


nisse  mit  einander  verbindet  und  wie  der  rjpopraph  diese  Studien  benutzt, 
um  mit  ihrer  Hilfe  eine  Übersicht  über  das  ganze  Land  zu  gewinnen.  Er 
studiert  mit  den  8eh<Uem  die  geologiadie  Ktrte  mit  ihren  Erläuterungen 
ond  weist  sie  dnnnf  liin,  was  in  diesem  schwer  verstlndlichen  Weihe  das- 
Wesentliche  ist  fttr  die  Benrteflong  der  geognphischen  Znsuunenhlnge, 
nnd  WM  als  das  spesiell  geoI<^gisehe  Beiwerk  lediglieh  Bedeutung  hat 
Ar  den  wissenschaftlichen  Spesialisten.  Er  charakterisiert  so,  wie  durch 
die  intensiTe  Einzelarbeit  Vieler  mit  der  Zeit  ein  großes  Gesamtbild  ge- 
wonnen wird,  und  fügt  etwa  als  Beispiel  an,  wie  Eduard  Sueß  aua 
den  mannigfachen  Eiuzelvorkommnissen  die  Greschichte  des  mittelländischen 
Meeres  rekonstruiert  hat;  er  zeigt  femer.  wie  sieli  die  entre  Heimat  in 
das  Relief  der  größeren  geographischen  Einheit  einfügt,  und  diese  — 
das  ist  nunmehr  bloß  kurze  Wiederholung  —  in  das  Gefüge  des  ganzen 
Erdteils. 

Auf  einer  frilhereu  6tufe  waren  fremde  Landschaftsbüder  und  fremde 
Yegetationsfisrtien  besfoioohen  worden  und  vergleichsweise  die  bekannten 
Bilder  der  Heimat  erwihnt  worden.  Jetst  geht  der  Lehrer  hinaus  und  Iftfii 
die  Schfiler  selbst  das,  was  die  Landschaft  wesentlich  charakterisiert,  heraus- 
suchen. Er  8e%t  ihnen  die  Stimmung  der  Tages-  und  Jahresseit,  Binfluft 
von  Luft  und  Witterung  auf  das  Landsohaftsbild,  er  Itßt  sie  das  gleiche 
Objekt  von  verschiedenen  Seiten  sehen  und  sagt  ihnen,  wie  sie  einem  IVemden 
ein  echtes  Bild  der  heimatlichen  Landschaft  zu  geben  vermögen,  wie  sie 
aber  auch  Bild  und  Schilderung  (und  Kartei)  einer  fremden  Landschaft  auf- 
&ssen  sollen. 

Seit  der  Sexta  sind  städtische  und  provinzielle  Einrichtungen  nicht  be- 
sprochen worden,  jetzt  werden  sie  von  neuem  behandelt,  dem  W-rstiindnis  dt-r 
reiferen  Schüler  entsprechend.  Sie  werden  verglichen  mit  den  analogen 
Institutionen  anderer  Länder,  in  England,  Rußland,  den  Vereinigten  Staaten 
yon  Amerika,  und  die  Bedeutung  der  geschichtlichen  Entwicklung  f&r  die 
Ausbildung  dieser  Ftnrmen  wird  charakterisiert,  aber  nicht  etwa  als  eino 
Wledeiholnng  aus  der  Gesdiichte,  sondern  als  ein  Stftek  aus  der  Henschhmts- 
entwicklung  unter  verschiedenen  Boden-  und  BassenveihSltnissen. 

Seit  Untertertia  sind  die  wirtschaftlichen  Lebensbedingungen  der  Heimat 
nur  ganz  flüchtig  nebenbei  mitunter  berfihrt  worden,  jetzt  werden  sie  noch- 
mals behandelt.  Jetzt  versteht  der  f.Vnnaherger)  Schüler,  welche  Bedeutung 
die  Posamentf^n-Industrie  im  oberen  Erzgebirge  hat,  wie  sie  das  ganie  Leben 
beeinflußt,  und  er  hat  ein  Verständnis  für  die  sozialen  Institutionen  der 
Arbeiterfürsorge,  für  Vorteile  imd  Gefahren  der  Hausindustrie,  für  die 
Schwierigkeit  des  Erwerljslchens  in  klimatisch  wenig  begünstigten  Orten,  für 
die  Bedeutung  von  Schutzzöllen  und  von  neuen  Verkehrsmitteln  zur  Anf- 
schUeßung  der  Landschaft.  Der  Lehrer  wird  die  alten,  geschichtlich  ge- 
wordenen Erwerbs  Verhältnisse  in  Parallele  stellen  mit  den  Bcmühimgen  zur 
wirtschaftlichen  AuftohHeßung  der  Kolonien,  mit  den  BemQbungen  sur  An- 
knflpfnng  neuer  Verkehrsbeziehungen  mit  dem  Ausland. 

Es  mßgen  diese  Beiqnele  genOgen.  Wir  sind  nooh  weit  entÜBmt  von 
der  EinfBhrung  dieser  Einrichtung  und  es  kann  nicht  meine  Auijj^abe  sem^ 


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682  B.  BroliDs:  Di«  Anfgftbe  der  Scholgeographie. 


schon  jetzt  ein  toH  ausgearbeitetes  Programm  aufirastellen;^)  es  sollte  nur 
gezeigt  werden,  wie  Geographie  in  Obexinimft  yerwertet  werden  knnn  als 
wiehtiges  Element  nur  Eniehmig  des  jungen  Mannes  Ar  das  Ventindnie 
fremder  Arbeit  nnd  fBr  das  reale,  praktisohe  Leben,  vnd  wie  sie  die  ge- 
eignete Disäplin  ist,  ein  oA  nnd  bitter  empfondenes  Manko  in  der  Ans- 
bildung  zu  beseitigen.  Dem  Lehrer  natflrUch  wird  dadurch  eine  gana  anBer- 
onlentlich  große  nene  Arbeit  erwachsen,  ehe  or  sich  vollkommen  eingearbeitet 
hat,  aber  Scheu  Tor  einer  Arbeit  darf  uns  nicht  abhalten,  nach  den  höhemi 
Zielen  bu  streben. 


Die  Abflnßemkeinoiigen  in  MiUel-Enropa. 

Von  H.  Keller. 
(BGt  S  Knrrentaföln  auf  DoppeUafel  Nr.  9.) 

4.  Abwelohungen  der  Wnael  gebiete  vom  Durehaolmittaveriialten. 

Zur  Gewinnung  einer  Übersicht  über  das  Sonderverhalteu  der  ver- 
aebiedenen  Strom-  nnd  FluBgebiete  stehen  die  in  den  Tabellen  1  und  9 
(8. 614  n.  616)  enthaltenen  Angaben  und  ihre  bildlichen  Darstellungen  (Abb.l 
nnd  2)  snr  Verf&gung.  Wegen  der  henrorragenden  Bedeutung  der  Qellndeform 
Ar  die  Abflnßerscheinungen  sind  die  FluBgebiete  in  Tabelle  2  nacb  diesem 
Gesichtspunkt  in  Flachlands-,  gemischte,  Gebirge-  und  Alpenflußgebiete  geordnet 
Als  Alpenflußgebiete  besdchnen  wir  solche  Gebiete,  die  ganz  oder  teil- 
weise aus  den  Alpen  gespeist  werden.  Zu  den  Gebirirsgehieten  rechnen 
wir  alle,  bei  denen  das  Mittelgebirge  und  niedrigere  Berglaud  erheblich,  aber 
weilcr  das  Hocligebirge,  noch  das  Flachland  beteiligt  ist,  auch  wenn  sie 
groiJt'iitcils  ans  sanft welligoin  Hütjf^lland  oder  Hochfiächen  bostt-hm.  Als 
gt' III i soll t  e  (Jehit'te  sind  di<'j(MiiL,'t'ii  lie/.''i"  linct.  die  teihveisf  .solchem  Ge- 
bii^fslande,  teilweise  dem  Flachla!i<i  anfrehören.  Durch  Einreihung  der  in 
Tabelle  1  aulgeführten  Stromgebiete  vermehrt  sich  die  Zahl  der  in  Tabelle  2 
benannten  Flachlandsgebiete  um  2  (Memel,  Pregel)  auf  20.    Die  ZaU 

1)  Der  Unterricht  würde  sich  etwa  so  gliedern  lassen: 

I.  Der  Hoden  der  Hcinmt,  das  I.andschaftflbild  und  die  kartographische  Dar- 
stellung, Klima,  l'Uanzen-  und  Tierwelt. 

n.  Der  Mensch  und  der  Boden,  d.  h.  Anaiedelungsformen,  Straßen  und  Ter- 
kehrsmittel,  die  Ausnutzung  natürlicher  Schätze. 

III.  Der  MeüHch  und  der  Mctisch.  d.  h  Einrichtungen  zum  Schutz  des  Erwerbt, 
VerwaltungäweHen,  auch  Zölle,  Steuern,  Militärwesen,  olleutUcbes  Bildungswefien  uaw., 
ßbarhanpt  das  ganse  OflTentliehe  Leben  der  Gemeinde  und  des  Staates. 

Teil  I  und  II  sind  wesentlich  im  Freien  hei  Exkursionen  zu  behandeln,  die 
zwei  (?)  Stunden  sollen  deshalb  möi,'Iichst  auf  einen  sonst  freien  Nachmittag,'  pr?* 
legt  werden,  Teil  III  in  der  Schulstube.  Bei  allen  Kapiteln  soll  natürlich  otets, 
soweit  es  da«  besondere  Thema  irgend  snIftBt,  die  geographische  AuffiMsuagsweise 
berrorgehobcn  werden,  d.  h.  die  Yerquickung  aller  Einzelursaehen  bald  mehr  aatur* 
wissensidiaftlichcr.  Itald  mehr  gcschit-htichfr  Art  zum  (icsamthild. 

Die  Einteilung  soll  so  getrutfen  werden,  daß  Ende  Januar  das  Ganze  beendet 
ist,  denn  man  kann  und  soll  Ton  dem  Abiturienten  inmitten  der  KrameninMe  keia 
Interesse  mehr  vedangMi  fHr  Dinge,  die  nieht  unbedingt  nötig  sind  fftt  das  Bwunsa» 


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H.  Keller:  Die  Abflafteracheinangen  in  Mittel-Europa.  683 


<ier  gemischten  Gebiete  wird  um  5  (Weichsel,  Oder,  Elbe,  Weser,  Ems)  auf  11, 
di»  Ztld  der  Alpenflußgcbiete  um  S  ^Uoin,  Donaa)  auf  10  -retgrOfiert;  «ii- 
viiTerKndert  bleibt  die  Zahl  der  Gebiigigabiete  (28). 

Ordnet  man  di«  Gebiete  nach  der  Größe  dar  Meereasufuhr  in  drei 
Gruppen  mit  m  <  200,  m  »  200  bis  400,  m  >  400  mm,  so  entfiOlen  auf 
die  untere  Gruppe  mit  kleiner  Heeressuluhr  23  Gebiete,  auf  die  mittlere  29, 
auf  die  obere  17; 

CmmM  Flachlands-    Gemischte    Gebirgs-  Älpen- 

gebiet        Gebiete      gebiete  floßgebiete 

Mecreszufuhr  t»  <  200  mm  14  4  5  — 

„        ftt  — 200 bis  400  mm         6  7  16  — 

„         1»  >  400  mm  —  —  7  10 

Wie  man  aus  difspr  /wsainnHnstellung  sieht,  vertoilen  sich  du'  CnAnete  nach 
den  Kondensati<>nsl)t'iHuv,ningen  ( Lap*»  zu  dem  Meer»;  und  dfn  vorhoiTscheuden 
Begenwinden,  scukrechte  Ciliederuug  und  Höhenlage).  Bei  der  unteren  Gruppe 
herrsoht  das  Flachland  vor;  in  den  dort  vertretenen  Oehirgsgebieien  liegen 
.gxofie  Fliehen  im  Begensehatten  dw  kfisteiiwSrts  vorgelagerten  Bergkrtten. 

der  mittleren  Gruppe  henrseht  das  Gebiigsland  Tor;  die  bier  Terketenen 
Flachlandsgebiete  gehfiren  zum  meeresnahen  baltischen  Htfhenrfteken.  Die 
-oberste  Gruppe  besteht  aus  den  Alpenfiufigebieten  und  7  kleinen  Gebieten 
4es  als  Wetterfeung  wirkenden  Berglandes,  die  Hoch  gebiete  benannt  werden 
sollen,  weil  i^ie  durch  ihro  rolatir  hohe  Erhebung  Aber  das  niedrigere  Vor- 
land die  Kondensation  beg{in.sti<^'en. 

Wenn  man  die  Vcrteiluiiir  der  (lebiotf  mit  groüem  und  kleinem  AhHuü- 
▼ermBgen  über  die  tln  i  n;u:li  (iröüe  der  Meereszufuhr  gitreunt»  ii  Gruppen 
betrachtet,  so  ergibt  sieh,  daß  h»'ide  Art^n  ht-i  jeder  (iruppe  nahezu  in  yanz 
Uhnlichem  Verhältnis  veitroten  sind,  w  u-  «  s  /wix  lien  ihren  Gesamtzahlen  besteht 
(39:30).  Das  Verhiiltnis  betrügt  iiei  der  unteren  Gruppe  14:9  (statt  13:10), 
bei  der  mittleren  Gruppe  14:15  (statt  16:13),  bei  dur  oberen  Gruppe  11:6 
(statt  10:7).  Diese  GleiöhmäBigkeit  der  Verteilung  läfit  darauf  siiUiefien, 
daß  die  dits  Mafi  der  Meeressufuhr  bestimmenden  Kondensationsbe- 
dingungen auf  die  Größe  des  AbflußTermOgens,  d.  h.  auf  den  Sinn 
und  das  Maß  der  Abweichungen  vom  I>uroh8ehnittsTerhalten,  nur  geringe 
Einwirkung  ausflben.  Vielleidit  geh(Nmi  sur  unteren  und  oberen  Gruppe 
desliaU»  rtuas  mehr  Gebiete  mit  großem  AbOußvermögen,  weil  in  der  unteren 
die  beim  ungleichen  Austausch  des  land verdunsteten  Wasserdampfes  benadl- 
teiligten,  in  der  oberen  «lie  dabei  begünstigten  Gebiete  liegen.  Krstere  er- 
halten dun  h  Entziehung  eines  Teiles  des  in  ihnen  verdunsteten  Dampfes  zu 
wenig  von  Landverdunstnug  er/.euL'tt-in  Niederschlag'  (l  zu  klein).  Letztere 
sind  entsprechend  reichlicher  mit  Niederschlni:  t'remilen  Ursprunges  bedacht 
(m  zu  groüj.  In  beiden  Fällen  ist  der  Ümsat/.  '/  =  / :  m  kleiner  als  ohne  die 
Wirkung  jenes  Austausches,  einerlei  ob  der  Zähler  des  Ikuches  / :  m  ver- 
feinert oder  der  Nenner  TtrgrOß«t  wird*  Je  kleiner  der  ümsats  u,  um  so 
kleiner  ist  aber  aneh  der  Weehsel  w  ^  1  «  »  xip,  um  so  großer  mit- 
bin das  AbfloßTerhlltnis  v^^pix.  In  dieser  Hin^dit  wird  demnaeh  «ne 
gewisse  Einwirkung  der  Kondensationsbedingungen  doch  TOihanden  sun. 


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684 


H.  Keller: 


WmtM»  iHcbtiger  für  den  Sinn  und  das  VaM  der  Abweiehnnge» 
fom  DarehnitttTerlialteii  emd  almr  die  Yerdnnstnagsbedingungeu, 
nach  denen  sich  haaptsSchlioli  die  GrOße  des  dnreli  LandTerdunetuttg  im 
Gebiet  selbst  Temnachten  Niederschlags  ikbtet.  Beaeidmet  man  als  vnr> 
dnastangsreich  die  Gebiete  mit  mindestens  460  mm  VerdmistongskOlM,  als 
TerduDstangsarm  die  Gebiete  mit  geringerer  VerdonstiingshShe,  so  liegen  alle 
27  Punkte  der  verdunstangsreichen  Gebiete  in  Abb.  1  und  2  über  den  Haupt- 
linien der  Verdunstung,  dagegen  die  42  Punkte  der  verdunstungsarmen  Ge- 
biete mit  3  Ausnahmen  unter  diesen  Hauptlinien.  Mithin  haben  sämtliche 
verdunstungsrt'i'hf'n  (.lebicte  kleines  Abflußvermögen,  außenleni  noch  3  (Ge- 
biete mit  nicht  ganz,  aber  doch  nahezu  450  mm  ^'crdunstuug^h>Ule.  Von 
diesen  Ausnahmen  ahgfsehen  haben  die  übrigen  39  verdimstungharmen  (ie- 
biete  großes  AbtiuUvermügcn.  Uuter  den  Flachlaiidsgebieten  ist  nur  ein 
einziges  verduDstungsreich ;  von  den  gemischten  Gebieten  sind  es  6,  von  den 
aasgedebntersii  Gebii^gebieten  17,  von  den  Hochgebieten  3  vaä  roa  den 
Alpenflofigebieten  ebenfalls  8.  Dagegen  gehOren  au  den  Terdanstongsarmen: 
19  Gebiete  des  Flachlandes,  5  gemischte,  4  anigedeluitere  Gebiete  des  Ge- 
biigsUmdes,  4  Hodigdbiete  und  7  Alpenfloßgebiete. 

Ganz  ausgesprochen  sind  also  die  Flachlandsgebiete  ▼erdnnatnngio 
arm  und  die  ausgedehnteren  Gebirgsgebiete  verdunstungsreich. 
Die  einzige  Ausnahme  unter  den  Flachlandsgebieten  ist  das  Hnvelgebiet  (Nr.  Z\ 
für  welches  sich  die  Ermittlungen  auf  die  kurze  Reihe  19()0/()4  mit  dem 
ungewühnlichcu  Trockenjahr  1904  beziehen.  Im  langjährigen  Mittel  würden 
die  Werte  //  und  .r  wahrscheinli<'h  gr(>ßer  ausfallen,  wohl  etwas  kleiner. 
Von  den  vt'rdunstungsarnu'n  ausgedehnteren  (Jehirgsgehieten  haben  3  (lebiete 
(Nr.  42,  43,  4ö)  verhältnismäßig  reichliche  Meeres/.ufuhr  im  Winterhalbjahr, 
nämlich  des  Mosel-  und  8aargebict  an  der  Westgreuze  Mittel-Europas  und  das 
günstig  Sil  den  regenbringenden  ]>iftsttOmungen  der  kalten  Jabredillfte  ge- 
legene obere  8aalegebiet;  beim  Werragebiet  (Nr.  38)  madit  sieb  die  vielfiich 
dnrchlSssige  Bodenbeschaffenbeit  dnrcb  ziemlieh  mhigen,  an  die  FladilaBds- 
gebiete  erinnernden  AbflußToigang  bemerklioih. 

Von  den  verdnnstnngsarmen  gemischten  Gebieten  liegen  4  (Nr.  20,  22, 
23.  24)  günstig  su  den  Ttegenwinden  des  Winterhalbjahrs,  n&mlich  das  Aller-, 
Mulde-,  Enischer-  und  Lippegebiet  Die  beiden  letztgenannten  Gebiete  zeichnen 
sich  außerdem  durch  guten  Schutz  des  versickerten  Wassers  gegen  Verdunstung 
aus-,  (las  Eraschergebief  ist,  wie  oben  erwähnt,  durch  den  Kohlenbergbau 
drainiert,  das  ohcre  Lippegebiet  großenteils  mit  unterirdischen  WasserUlufen 
durchzogen.  Beim  Allergebiet  herrscht  das  Flachland  vor,  mehr  noch  beim 
Odergebiet  unterhalb  der  Warthemündung.  In  beiden  weicht  das  Maß  der 
Verduii.stuugshöhe  sehr  wenig  vom  Durchschnitt ^maße  ab,  da  sich  die  Wir- 
kungen des  Flach-  und  Gebirgslandes  ausgleichen.  Dias  gilt  andi  fBr 
die  ▼eranstangsreichsfen  gemisditen  Gebiete,  abgesehen  tob  denjenigen  der 
mittleren  Oder  (Nr.  19)  und  mittteren  Weser  (Nr.  21),  die  ihren  Zufloß  vor- 
zugsweise ans  dem  GeUrgsland  emp&ngeo.  Bei  dem  grSBtentsila  sam  Flach- 
lande  gehörigen  Weichselgebiet  trilgt  die  kontinentale  Lage  aar  Stsigeraag 
der  TerdnnstongshOhe  bei;  besondars  das  ao  seinem  Sfldnnde  ansgebreitate 


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Die  Abflnfiezscheinangen  in  Mittel-Europa.  ^5 

€M>irg8-  und  HOgellfuid  ttoht  schon  ganz  unter  der  Hemdi&ft  dei  Fest- 
landklimm. 

Ans  dm  TontebAndin  Bemerkungen  geht  herror,  daß  die  das  Maß  der  Yw- 
dmistnngshfilie  im  eiiiBaliiMi  regelnden  VerdnnstiingsbedingiiDgen  erheb- 
Ikh  dnroh  die  hlimatisohe  Eigenart  der  Binielgebiete  beeinflufit  werden. 
Auf  ihre  jahreeieitlkfae  VerBchiedenheit  kommiii  wir  noch  curttck.  Nor  so- 
yiel  sei  jetzt  schon  erwähnt,  dafi  die  Gebiete  mit  reichlichor  Meereszufuhr 
im  Winterhalbjahr,  also  in  der  yerdanetungsarmen  Jahreshälfte,  unter  sonst 
Ähnlichen  Verhältnissen  geringere  Verdnnstungshöhen  aufweisen  als  jene,  bei 
denen  die  winterliche  Meereszufuhr  mehr  zurih  ktritt.  Die  Lage  eines  Ge- 
biets zu  den  Zugstraßen  der  hauptsächlich  während  der  kalten  Jahreshälfte 
im  Norden  Mittel-Europas  vorüberziehenden  großen  atmosphärischen  Wirbel 
spricht  daher  auch  beim  Maße  der  Verdunstungshöhe  mit,  besonders  wenn 
die  in  ihrem  Gefolge  fallenden  Niederschläge  als  Schnee  ausgeschieden  werden 
md  ttBe  lange  anhaltende  &)hneedecke  bilden,  wie  s.  B.  im  Hemelgebiet, 
das  gerade  im  Winteriialbjahr  eine  sehr  geringe  LandTtrdnnstnng  anfWeist. 
Die  bereits  enrthnte  Wirkung  des  ungleichen  Austausdies  der  landver- 
donsteten  Dampfinassen  Terringert  bei  manehen  Fladilandagebieten  das  MaB 
4er  mehrfikdien  Kondttuation  ihrer  If  eeresnifiihr.  Bei  den  ausgedehnteren 
Oehieten  des  Gehirgslandes  gesdiieht  dies  nicht,  weil  der  von  den  sohwaoh- 
weUigen  Flächen  entführte  Damf^  innerhalb  der  Gebietsfliebe  an  Stellen  mit 
besseren  Kondensationsbedingungen  wieder  niedergeschlagen  wird.  Hierzu 
kommt,  daß  die  erneute  Kondensation  des  im  Gebiet  verdunsteten  Dampfes 
bei  den  Gebirgsgebietf>n  begünstigt  wird  durch  aufsteigende  Luftbewegungen, 
die  über  den  Bergländern  weit  leichter  als  über  den  Niederungen  entstehen. 

Außer  den  klimatischen  Besonderheiten  wirkt  hauptsächlich  die  Boden- 
beschaf fenheit,  die  Durchlässigkeit  und  Gestalt  der  Oberfläche 
darauf  ein,  ob  die  Verdunstung  ein  großes  oder  geringes  Maß  erreicht.  Im 
Flaehlande  wird  durch  das  geringe  QeftUe  die  Yeraickerung  des  nisdeigs- 
sehlagemen  Begens  und  des  gesehmolsenen  Sdmeewassers  beflSrderi  Je  durdi- 
ItSBiger  der  Bodoi  und  je  stilrkar  die  Bdiicht  ist,  die  das  Terslckerte  Wasser 
aufnimmt  und  den  Omndwassenrorrftten  suAhrt,  je  tiefer  unter  der  Ober^ 
fläche  diese  liegen,  um  so  besser  wird  das  in  den  Untergrund  ▼etaunksoe 
Wasser  gegen  rasche  Verdunstung  geschützt.  Ein  Teil  hierron  gebt  durch 
Bodenverdunstimg  und  Pflauaenverbrauch  wieder  in  Dampffoi-m  zurück;  der 
andere  Teil  dient  zur  Speisung  der  Bäche  und  Flüsse,  oft  mit  langer  Ver- 
zögerung des  AbHusses.  Ein  ruhiger  A  bflu  ßvonjung  mit  geringen 
Schwankungen  der  Wasserstände  und  sekundlichen  Al)tluÜnie!ii,'eii  bildet  das 
Merkzeichen  für  Flach landflüsse,  die  aus  Gebieten  mit  uuilaugreichen 
unterirdischen  Sammelbeeken  kommen. 

Im  Gegensatze  hierzu  wird  das  Merkzeichen  für  Gebirgbflüsse,  denen 
tdohe  unterirdischMi  Wasservorrftte  fehlen,  durch  stftrmisehan  AbfluB- 
▼Organ g  mit  großen  Schwankungen  der  Wasserstände,  mit  pUftilicfaen  An- 
•chwelln^fen  und  lange  dauernden  WasseridemmMi,  mit  bedeutenden  Unter* 
•eideden  der  sekundlichen  AbfluAmengen  gebildet  Eine  dflnne,  sur  Auf- 
speidiemng  größerer  Wassermassen  ungeeignete  Verwitterungskrame  auf  un- 


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686 


H.  Keller: 


darcblüssigem  Grundgestein  verhindert  die  ausgiebige  Versickerung  und  zwingt 
du  niedergeschlagene  Wasser  zum  offenen  AbfluU  oder  zur  baldigeu  Rückkehr 
in  DampfTorm,  wenn  die  Größe  und  nuuinigfiiche  Bodengestalt  der  GebietdUeh« 
und  die  Gliederong  dee  GewKsserneties  der  ausgedehnten  Gebirgsgebiet# 
▼erllindem,  daB  die  AbflnßmeßsteUe  in  kdr&ester  FHrt  von  den  abfliefiendea 
Wassermasaen  flberechiitten  wird.  —  Zwischen  diesen  InBersten  Gegensitna 
stufen  sich  die  Abflußzustftnde  der  Gebirge-  und  Flachland^Mete  in  mannig- 
facher Weise  ab.  Die  bessere  Anfaahmeffehigkeit  des  vorwiegend  durchlässigen 
Bodens  und  die  Aufspeicherung  größerer  Wassermassen  in  unterirdischen 
Sammelb»'(.ken  zur  Speisnnt:  in  trockenen  Zeiten  verschafft  den  Flachlands- 
gebieten ein  kleineres  Mali  lUr  Landverdunstung  als  den  meisten  Gebieten 
des  Gebirgslandes  und  sichert  ihnen  ein  größeres  Abtluß vermögen,  weil  in 
Folge  des  triitren  Finsatzes  ihre  Nie<lerschlag>höhe  gering  ist. 

Der  btiirmische  Abflußvorgaug  in  den  an  Meereszufuhr  und  Niederschlag 
reichen  Hoohgebieten  hat  zur  Folge,  daß  sie  bei  langer  Dürre  im  Sommer 
oft  unter  Wassermangel  leiden  trots  ihrer  großen  Abflnßhöhe,  falls  nieht 
durch  kOnstliohe  Sammelbecken  ein  Ausgleich  herbeigefOhrt  wird.    Aufier  den 
in  Tabelle  2  mitgeteilten  Zahlen  liegen  uns  noch  Angaben  Aber  andere  Hodi> 
gebiete  vor,  die  wegen  gar  zu  Iraner  Beobaehtungsseit  für  die  AUeitnng  toh 
Jahresmittelwerten  nicht  verwendbar  sind.    Sie  best&tigen,  daß  in  diesen 
kleinen  Gebieten  des  Berglandes  die  Verdunstungshöhe  meist  geringer  ist,  als 
nach   dem   Durchscbnittsvcrlialten   ihrer   großen   Niederschlagshöhe  ankäme. 
Wegen  des  starken  (Jefälb-s  der  01)ertiäi  lie  und  der  Wasserlüufe  in  den  wenig 
ausgedehnten    Gebic  tsl'lächen  rinnt    vom   meist    undurchliissigeu  Boden 
das  bei  starken   HeLreugü.sSfn  gefaUene   Wasser  sehr  schnell  zusammen  und 
fließt  im  Haupt bacli  über  die  Al)flußmeBstelle  hinweg,  bevor  es  Zeit  zur  Ver- 
dunstung gelunden  hat.    Nur  bei  schwächeren  Niederschlägen,  namentlich  im 
Somxuerhalbjabr ,  tritt  auch  in  den  Hochgebieten  eine  kräftige  Verdunstung 
ein.   Ihre  Mittelwerte         x  Ihnein  denjenigen  der  Alpenflußgebiete.  Btt- 
spielsweise  hat  nach  übersehlägiger  Ermittlung  das  Eheingebiet  bis  Basel  ftst 
genau  dieselben  Mittelwerte,  die  in  Tabelle  S  für  das  kleine  Hochgebiet  der 
oberen  Wupper  angegeben  sind,  nimlidi  y  «  840,  m  »  400,  x  ^  1940  nm. 

Die  naheliegende  Vermutung,  die  Ähnlichkeit  der  Besdehungen  zwisehea 
Niederschlag,  Abfluß  und  Verdunstung  beruhe  bei  den  Alpenflußgebitten 
gleichfalls  auf  der  Beschleunigung  des  Abflusses,  kann  fEbr  die  in  Tabelle  2 
aufgelührten  Gebiete  nicht  zutreffen.  Ihre  Gebietsflächen  sind  zu  ausgedehnt, 
als  daß  aus  diesem  Gnmde  das  Maß  der  Verdunstung  sehr  gering  werden 
könnte;  das  gt'tallreirhe  'I  raungebiet  hat  sogar  die  größte  Verdunstungshühe, 
die  in  Talielle  'J  verzt  ichru't  ist.  Aucli  verschwindet  die  im  Jahresmittel 
vorhandene  Ähnlichkeit  mit  den  llochgel)it'ten,  suliald  man  auf  die  jahreszeit- 
liche Verschiedenheit  der  Abtlußerscheiuungeu  eingebt.  Noch  weit  mehr 
als  bei  manchen  Flacblaudsgebieten  wirkt  im  Hodigebirge  die  lange  Dauer 
der  Schneedecke,  in  den  hödisten  Legen  die  ewige  Schnoebedeckung  auf  Ver- 
minderung der  Verdunstongshöhe  ein.  AndersMts  liefert  die  bedeutende 
Große  der  Meeressuführ,  die  namentlich  in  der  warmen  Jahresh&lfte  dnrek 
HerbeifDhrung  des  dem  Vorland  entzogenen  Wasserdampfes  gesteigert  wird. 


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Die  AbflufierBcheinuugeu  in  Mittel-Europa. 


687 


reichliclien  Stoff  mr  YerdunttiiDg.  Selbst  bei  windstiUem  Wetter  treten  oft 
dnreb  Örtliche  ansteigende  LuftetrOniiuigeii  eilfediliehe  Niedereddftge  mn^  die 
am  Nifchmittag  den  tagsftber  yerdiinsteten  Tanfall  als  Regen  zur&ckftUireD. 
Das  Mafi  der  Landverdunatniig  scheint  hierbei  jedoch,  soweit  sich  ein  Urteil 
nach  (ion  größtenteils  nur  aus  kurzen  Beobachtongsreihen  abgeleiteten  oder 
überschlUgig  ermittelten  Zalilen  der  Tabelle  2  gewinnen  läüt,  sogar  in  den 
niederschlagsreichston  (leliieten  nicht  viel  größer  als  im  Mittelgebirge  zu  soin 
und  teilweise  auf  sehr  geringe  Hetrilge  herabzusinken.  Außer  den  klimatischen 
Besonderheiten  »lürfte  hei  den  Alpentiußgebieten  ebenfalls  der  Dureblüssig- 
keit.sgrad  darauf  einwirken,  ob  die  Verdunstuugshöhe  ein  mehr  oder  weniger 
große»  Maß  erreicht.  Das  Verschwinden  iu  den  Schwundlöchem  des  ver- 
kanteten GebirgeB  mag  das  abfließende  Begenwasser  bis  m  seiner  Wieder* 
erscheinimg  in  Form  mlohtiger  Qndlen  tot  zu  starker  Verdimstnng  schtttaen. 
Aber  auch  im  nndurohlftssigen  Hodigebirge  bieten  die  GerSllehalden  der  Fels- 
hingo  und  Sobotterbetten  dar  TKler  wirksamen  Schute.  Yielleioht  noch  wirk- 
samer ist  er  in  den  Decken-  und  Terrassensdiotteni  des  AlpmiToiiandes,  die  das 
ihnen  zugeführte  Wasser  aufnehmen  and  an  die  Flüsse  dort  zurückliefern,, 
wo  deiMi  Gerinne  bis  in  den  nndurchlftssigen  Untergrund  eingeschnitten  sind. 

Zum  Schlüsse  dieses  Abschnitts  teilen  wir  in  Tabelle  o  eine  kurze  Zu- 
sammenstellung in  runden  Zahlen  der  Grenzwerte  im  Jahresniittfd  mit,  die 
nach  den  Ergebnissen  der  tiisherigeu  Unt^rsiichuiii^en  hei  den  eiii/ehien  der 
mittel-europäischeu  Flußgebiete  erwartet  werden  küuuou.   Die  aus  Flach-  und 

 Tabelle  S. 

Abflußhöhe      Verdunstunj,'f)-    Niederschlags-  Ahfiußver- 
Art  der  Uebiete  ,       (j/  =  m)      !      höbe  {Zj  hübe  (.r)      i     hältuis  (vg) 

>'        mm        I        mm  mm        v  % 


Flacblandsgebiete  100  bia  300  ,  3ö0  bis  460 
Gebirgsgebiete       170  „       960    480   „  660 


460  bi«  700  20  bis  40 
6S0  „        840'   86   „  46 


Hoohgebiete  43o  „       8:,o    ^:,0   „      600    900  „      Il'öO    ts  68 

Hoohgebirgsgeb.     UOO  „  >  1100  ,  350   „  >  600  ,1360  „  >  1700,    62  »  >  73 

Gebirgsland  gemischten  Gebiete  mußten  unberücksichtigt  bleiben.  Bei  den 

Alpenflußgebieten  ist  nur  der  Hochgebirgsteil  iu  Betracht  gezogen.  Bei  den 

Gebieten  des  Gebirgslandes  sind  die  aasgedehnten  Gebirgsgebiete  von  dea 
kleinen  Hochgebieten  onterschieden. 

5.  JaliToaieitliohe  y«fao]iiedoiiheit  der  AbflnBeraohefaiingen. 

Vom  mittleren  AbHußverhältnis  weichen  uiiht  nur  die  Abfluß\ erhiiltmsse 
der  Einzeljahre  ab;  sondern  auch  innerhalb  des  Jahres  wechseln  die  Be- 
ziehimgen  zwischen  Abflufi  und  Niederschlag  sehr  erheblich.  Die  jahresseitliche 
Yerteilnng  des  Niederschlags  kann  in  hohem  Ma£e  auf  die  GrSBe  des  mittlereii 
AbAußTeihftltmsses  einwirken  und  bedarf  deshalb  einer  Untersuchung.  Dies 
«rsdieint  um  so  mehr  nOtig,  als  bei  den  bisherigen  Forsdiungen  die  Ein> 
Wirkung  der  Temperatur  auf  die  Abflußersclieinungen  in  Mittel- 
Europa  nicht  immer  genügend  beachtet  worden  ist.  Penck  hat  für  die 
böhmischen  Flußgebiete  gefunden,  die  Verdunstung  sei  um  so  stärker,  je  mehr 


688 


H.  Keller: 


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und  je  Öfter  es  in  ihnen  regnet»  uaA 

sagt*):  „Die  Schwenkungen  im  Be- 
trage der  Verdunstung  sind  in  weit 
geringerem  Umfange  von  den  Schwan- 
kungen der  .Tahrestemperatur  ab- 
hängig als  von  jenen  des  Nieder- 
schlags." Für  die  böhmischen  Fluß- 
gebiete trifft  dies  bei  Betrachtung 
der  zeitlichen  Änderungen  der  Be- 
siebungen  zwischen  Verdnnstung, 
Temperatur  und  Niedenehlag  ge- 
wiß SU.  Man  darf  aber  diese  Begd 
nieht  ▼erallgemeinem  und  namenl- 
lioh  nidit  auf  die  firtUehen  Inde- 
mngen  jener  Beziehungen  in  ym- 
schiedenen  Flußgebieten  anwenden. 
Wie  Abb.  1  zeigt,  nimmt  in  Mittel- 
Europa  die  Verdunstungshöhe  nUT 
wenig  mit  d'-r  wachsenden  Nieder- 
schlagsh  M'  7U.  In  anderen  Klima- 
provinzen wird  die  Hauptlinie  der 
Verdunstung  steiler  ansteigen,  die 
Hauptlinie  des  Abflusses  dagegen 
minder  steil.  Dies  gesoUsht  aber 
gerade  dort,  wo  die  Temperatur  in 
besonders  hohem  Giade  auf  das  Haft 
der  Terdunstung  einwirkt  Keines* 
Iftlls  darf  man  die  Einwirkung  der 
Temperatur  für  so  unwesentlich  hal- 
ten, daß  ein  und  dasselbe  Abfluß- 
gesetz für  verschiedene  geographische 
Breiten,  für  ozeanische  und  konti- 
nentale Gebiete  den  Abfluß  als  ein- 
deutige Funktion  des  Niederschlags 
ausdrücken  könne. 

Vom  Gedaukeu  ausgehend,  die 
Einwirkung  der  Temperatur  mflsss 
am  klarsten  zu  erkennen  sein,  wenn 
man  die  halbjihrigen  Mittel' 
werte  der  kalten  und  warmen 
Jahreshftlfte  für  die  Stromgebiete 
Mittel-Europas  unter  einander  ver- 
gleicht, haben  wir  neben^sheade 
Tabelle  4  aufgestellt,  deren  eiste 

1^  Untenmehungen  Aber  Abiol^ 

8.  11. 


Die  Abflnßericheinangen  in  Mittel^Earopa. 


689 


<6  Spalton  die  Werte  des  Niederschlags,  der  Meerasiafnlir  und  Landverdon- 
«tang  im  Winterhalbjahr  {x\  m\  und  im  Sommerhalbjahr  (x",  m",  /")  an- 
j(eben.  Die  folgenden  6  Spalten  enthalten  die  Verhältniszahlen  fär  die  Be* 
35iehun<jon  j^ner  Werte  zum  mittleren  Jahresniederschlag.  Di^  letzten  3  Spalten 
^eben  'lio  Hüiifitrl^pit  d<»s  Wechsels  der  Erscheinungsf.)rm  in  boidon  Halbjahren 
und  im  gau/m  .Jahre  an.  Als  Unterlage  der  Zahlen  haben  die  durch  besondere 
Ermittlungen  erL'iinzteu  Angaben  über  die  jahreszeitliche  Verteilung  in  unsern 
Strombesehreibungeu  gedient.  Jedoch  war  es  notwendig,  statt  der  dort  mit- 
geteilten Werte  der  winterlichen  und  sommerlichen  Abtluühühe  (y' und  y")  die 
nioht  genaa  hiemiit  iUHveiBstiiiiraeiiden  Werte  der  winterlichen  und  sommerlichen 
ICearmzufiihr  einzosetien  (m'  wid  wl\  Das  oben  für  Einse\jab>6  Aber  die 
Tersobiebang  des  Abflusses  toh  Jahr  sn  Jahr  Gesagte  gilt  aneh  f&r  die 
mittleren  Werte  der  Jahreshälften.  Beseichnet  man  mit  «  die  in  IfiUi- 
anetem  ansgedrflckte  Verschiebung  vom  einen  zum  andern  Halbjahr,  so  ist 
:an  setzen:  m'«y'+»,  «"«y" — l'  =  z  — i;,  «"+  ^-  Die  Ver- 
schiebnngen  sind  am  größten  bei  Alpentlußgel)ieten  mit  ausgedehnter  Ver- 
gletschemng  (beim  Inngebiet  bis  Innsbruck  2r>°„  der  mittleren  Abfloßhöhe) 
und  bei  durchlässigen  Flachlandsgebieten  mit  später  Schneeschmelze  (beim 
Memelgebiet  13%),  dagegen  verschwindend  gering  bei  ondorchlttssigen  Ge- 
bieten im  gefällreicheu  Gebirgslande. 

Um  diu  beim  Durcbsehnittsverhalteii  vorhandenen  B»'ziehungen 
zwischen  m\  l'  und  m",  t'  zu  finden,  haben  wir  in  Abb.  2  die  m  den  untersten 
■3  Reihen  der  Tabelle  4  aufgeführten  Zahlen  als  Punkte  {in,t)  und  (wT^^ 
•eingetragen.  Sie  entsprechen  dmn.  nOrdliohen  Mittel*Europa,  dem  gesamten 
Mittel-Europa  und  der  Alpenstromgruppe,  also  den  Hauptgruppen,  die  das 
]>iirdmitt8Teriialtea  bedingen.  Dies  gilt  ebenso  fttr  die  Jahreehllften  wie 
fBr  das  Jahresmittel  Daher  lassen  sich  jene  Ponkte  mit  swei  geraden 
Linien  Yerbinden,  von  denen  die  Linie  der  winterlichen  Landver- 
•dnnstnng  (m',  V)  mit  wachsendem  rn  mäßig  ansteigt,  während  die  Linie 
40r  sommerlichen  Landvcrdunstang  (m",  /")  eine  entgegeogesetste 
Neigung  hat  und  schwach  fällt.  Werden  nun  die  als  Abszissen  im  Koordi- 
natennetze aufgetragenen  Werte  der  halbjährlichen  M«>ereszufuhr  auf  der  um 
40"  ansteigenden  Linie  der  Meereszutuhr  als  Ordinaten  (/«'  und  in")  ab- 
gegritlVu  und  zu  den  Ordinaten  der  Laudverdunstung  (/*  oder  /")  hinzu- 
gefügt, so  liegen  die  Endpunkte  der  Ordinatensummen  wiederum  auf  zwei 
geraden  Linien,  die  den  halbjährlichen  Niederschlagshöben  entsprechen,  weil 
d  r  r,  x'^^wT  -\-t*  ist    Die  Linie  des  winterlichen  Nieder- 

schlags (m',  x')  steigt  bedentend  steiler  an  als  die  Linie  des  sommer- 
liehen Niederschlags  (m",  3if\  was  sich  nach  den  Neigungen  der  Land- 
Tudonstongslinien  von  selbst  verateht.  Die  Gleichungen  der  halbjihrlidien 
Idnien  des  Niederschlags  und  der  Landyerdunsfcung  lauten: 


Die  halbjährlichen  Linien  der  Landverdunstuncr  sehneiden   einander  in 
•einem  Punkte   mit   der  Abszisse   m       m"      690  mm   und   der  Ordinate 


«' =  74  +  1,29  «•',  r  —  74  + 0,29  m' 
ft"^  336  +  0,91  m",  r»  336  —  0,09  m" 


(in  mm) 


IV 


OAotfrftiilÜMb«  Zaiuchrift.  l:I.J»iug»ng.  ISKM.  13  lieft 


47 


690 


H.  Keller: 


r  r'=  274  mm,  dio  Linien  des  Niederschlags  bei  derselben  Abszisse  und 
bei  der  OrdinaU-  /  =  x"  =  690  -|-  274  =  964  mm.  Da  so  große  halb- 
jährliche Werte  in  Mittel-PiUropa  selten  vorkommen,  würde  die  bildliche  Dar- 
stellung' hf'sagen ,  daß  die  sommerliche  Land  Verdunstung  fast  immer 
größer  sei  als  die  winterliche,  und  zwar  um  so  mehr,  je  kleiner  die 
hailjjährlu  he  Meeres/ u fuhr  ist.  Indes.sen  bewirken  die  je  nach  dem  Sonder- 
verhaltcu  der  Einzelgebiet«  verschieden  gruüeu  Abweichungen  e'  I  von  der 
winterlichen  Landverdunstung)  und  t'  (von  der  Linie  der  sommerlichen  Laud- 
▼wdonstimg),  daß  inwealeii  die  Werte  t  und  V  eriieblich  geringere  Ünter- 
achiede  als  naeh  dem  DimsliBeliiiittBTerbalteii  anfireiBeii.  Die  Werte  %  und 
mnd  dann  nm  dieselben  Betrige  d  nnd  « '  gröBer  oder  kleiner  als  aadi 
den  Oleiehungfln  IV.  Anfier  diesen  Abweichungen,  die  von  den  be* 
sonderen  Terdunsinngsbedingungen  des  Einieigebieta  abUbusen,  wizkk 
auch  die  bei  den  verschiedenen  Gebieten  verschiedene  jahreszeitliche  Ver- 
teilung der  Meereszufnhr  darauf  ein,  daß  in  manchen  F&llen  das 
Gleichgewicht  zwischen  der  winterlichen  und  sommerlichen 
Niederschlagshöhe  schon  bei  Werten  x  ^  x"  eintritt,  die  nnter  964  mm 
liegen. 

A.  Supan')  hat  die  Sc». höhe  in)  <i(  t»irge,  hfi  der  dieses,  Gleichgewicht 
ciTeicht  wird,  als  „Umkehriinu'siiiveau'"  bezeichnet,  weil  bei  höherer  Eihebung 
mit  größerem  Niederschlag  der  winterliche  Anteil  überwiegt,  x'y>x  ".  Im  Ver- 
gleich zur  gesamten  Landfl&che  Mittel-Europas  sind  die  auf  das  westliche  Gebirgs- 
land  beschrftnkten  Insehif  die  das  „UmkehnrnginiTeaii"  übersteigen,  recht  klein. 
Im  weitaus  grOßten  Teile  Mittel>Enropas  ist  der  sommwUcheMiedersehlHg  bedeu> 
tend  größer  als  der  winterliche  (Ittr  die  Gesamtfllehe  —  278,  ^  »  486  mm), 
dagegen  die  sommerliche  Meerennfahr  kleiner  als  die  winterliche  (für  die  Gesamtr 
fläehe  m  =  158,  m"  =  110  mm),  so  daß  das  Überwiegen  der  Sommerregen 
durch  die  jalireszeitliche  Verschiedenheit  der  Landverdunstung  bedingt  wird, 
die  im  Sommerhalbjahr  sehr  viel  größer  als  im  Winterhalbjahr  isfe  (für  die 
GesamttlUche  t  =  120,  T' ==  326  mm ).  Au<'h  die  Abweichungen  e  umi 
ämlem  nur  in  (h  ii  Einzelheiten  das  Verhältnis  zwischen  /'  und  l'\  verhindern 
aber  nicht,  daß  bei  allen  Stromgebieten  der  Tabelle  4  die  sommerliche 
Tiandverdiiustung  L"  um  das  2-  bis  4';2fache  die  winterliche  Landverdunstung 
l'  Übertriflt. 

Der  oben  genannte  Satz,  daß  die  Größe  der  Verdunstung  vor- 
wiegend von  der  NiedersohlagshOhe  abhängig  sei,  kann  für  die  M' 
liehen  Änderungen  der  Beziehungen  zwischen  Niedersdilag  nnd  Vflr> 
dunstung  nicht  geltMi.  Sonst  mflßte  in  Tabelle  4  mit  dem  vom  Memsl* 
gebiet  bis  zum  Donaugebiet  deutlich  ausgesprochenen,  fast  stetigen  Anwacbssa 
der  sommerlichen  NiederschlagsbOlM  x**  eine  Khnlidie  Zunahme  der  somaer^ 
liehen  Landverdunstung  V  parallel  gehen.  Dies  ist  aber  keineswe;^'s  der  Fall. 
Vielmehr  beruhen  die  nicht  besonders  großen  Unterschiede  der  Werte  C 
hauptsächlich  auf  den  durch  das  Sonderhalteu  der  Gebiete  verursachten  Ab- 
weichungen  vom  Durchschnittsverhalten.     Dieses  selbst  zeigt   aber  nach 

1)  Die  Verteilung  dea  Niedexschlagb  auf  der  testen  ErdoberÜäche.  Gotha 


Die  Abflufierscheinungen  in  Mittel-Europa. 


691 


Abb.  2  nieht  etwa  eine  Zunahme  der  sommerllcben  LandTerdunstong  mit  der 
•tark  nmehmflndfln  sommerlichen  NiedersdilagsbOhe,  aondera  sogar  eine  geringe 
Abnahme.   Jm  Winterhalbjahr  findet  eine  Vo^irSßerang  der  Landverdttnetong 

mit  der  dann  noch  stärker  zunehmenden  Niederscblagshöhc  statt,  woraus  mi 
sehlieAeo  ist,  daß  auch  im  Sommerhalbjahr  eine  solche  Besiehung  vorhanden 
sein  mag.  Sie  wird  in  der  warmen  Jahreshälfte  aber  ausgeglichen,  ja  über- 
wogen dnrch  eine  noch  kräfti^trc  Wirkung,  die  im  entgegengesetzten  Sinne 
arbeitet.  Die  große  Verschiedt  nhoit  der  Landverdunstnng  in  dor  kalten  und 
warmen  Jahreshälftt'  liiüt  keinen  Zweifel,  daß  letzten  Ortes  die  Ver- 
schiedenheit dur  Temperatur  jene  kräftigere  Einwirkung  auf  die 
Größe  der  Verdunstung'  ausübt. 

üm  das  Maß  der  Temperaturwirkung  ann&hemd  festzustellen,  haben  wir 
nach  E.  Sommers  üntertuchnng *)  geprüft,  in  welchem  Verhältnis  die 
mittleren  Temperaturen  des  Winter*  und  Sommerhalbjahrs  bei  den 
Hanptgrnppen  der  mittel-europftisohen  Stromgebiete  sur  mittleren  Jahres- 
temperatur der  Qesamtflftche  stehen.  Da  a.  a.  0.  außer  der  Jahrestem- 
peratur für  das  Jahrzehnt  1891/1900  nur  die  Monatsmittel  f&r  Januar,  April, 
Juli  und  Oktober  mitgeteilt  sind,  wurden  die  Durchschnittszahlen  von  Januar 
und  April  als  maßgebend  für  die  winterliche,  Yon  Juli  und  Oktober  als  maft- 
gehend  für  die  sommerliche  Jahreshiilfte  angenommen.  Die  so  gefundenen 
halbjährlichen  Mittelwerte  bedurften  nur  geringfügiger  Bericbtiu'uiigen,  um  sie 
in  Uboreiustimnnirig  mit  der  mittleren  Jahrestemperatur  zu  bringen.  Einige 
wiclitige  Teile  (b'r  von  uii>.  betraelittten  LaiKltlürlu»  siiiil  bei  jener  Unter- 
suchung uiciit  oder  doch  nur  mit  ver-ünzellen  SJuliouen  berücksichtigt  worden, 
namentlich  West-Kußland,  Galizien  und  das  Alpenland.  In  dieser  Beziehung 
war  eine  Ei^buung  nach  unserer  Strombeschreibnng  des  Weidisel-  und 
Memelstroms,  nach  dem  Werke  Aber  den  Bheinstrom  und  nach  den  von 
Hann*)  angegebenen  Quellen  erforderlieh.  Ffir  die  Ennittlung  der  jahres- 
seitlicben  Verschiedenheit  der  Temperatur  erschien  die  Verwendung  anderer 
Beobaehtungsreihen  zulSssig,  aumsl  es  sich  nur  um  Nihemngswerte  handln 
kann.  Eine  Bestimmung  der  wirklichen  Mitteltemperaturen  wird  durch  die 
ungleichmäßige  Dicht*'  dos  Btatiotisnetzes  erschwert.  EinigennaBen  ließ  sich 
diesem  Mangel  dadurch  abhelfen,  daß  bei  geringer  Stationsditbte  deu  Boob- 
achtuneen  ein  entsprechend  grfißeres  Gewicht  bei  Berechnung  der  Verhältnis- 
Zahlen  beigelegt  worden  ist.  Anuiihernd  dürfte  die  mittlere  Jabrestempt  ratur 
Mittel- Europas  7,1**  C.  betragen,  erbeblich  weniger  als  die  Durcliscbnittszabl 
der  a.  a.  0.  angei^ebeuen  Jahresmittel  (7,7**  C).  Der  Unterschied  beruht 
hauptsächlich  auf  der  Einreihung  des  Hochgebirgch  in  die  Untersuchung. 
Durch  die  eingehendere  BerOoksichtigung  der  nordöstlichen  Stromge biete  ist 
an  der  mit  alleiniger  Benutzung  von  Sommers  Zahlen  gefundenen  Mittel- 
temperator  des  nördlichen  Mittel-Europa  wenig  geändert  werden,  wohl  aber 
an  der  jahreszeitlichen  Veischiedenheit,  da  die  halbjährlichen  Verhältnisiahlen 
eine  Venninderung  für  das  Winterhalbjahr  und  eine  Vergröfierung  fSr  das 


1)  Die  wirkliche  Tempeiaturvexteilnng  in  Mittel-£uiops.  Stntigart  1906. 
S)  Klimatologie.  Bd.  UI,  8.  U9. 

47« 


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692 


H.  Keller: 


Sommerhalbjahr  erfahren  iiaben,  wie  dies  bei  der  Annlbemiig  nuiiMiilieh  dei 
Weichsel  gebi«ts  an  das  FesUandsklima  zu  erwarten  war. 

Verhültuiszahlen  der  halbjührlichen  und  jährlichen  Temperatar, 
hozogon  auf  die  niittlcrt»  Jahresrcmperatur  Mittel-Europas. 

Hupt^pK«  ^^/t'-Ö*^      So,^,«halM-  Jirf„(,ui%) 

NOnllicbfs  Mittel-Enropa  94,7  182,1  103,5 

Gesamtee  Miltol-Eoropa  96,0  174,9  100,0 

Alpen8trom^ru)>pe  *6,6  167,1  91,7 

Für  die  jaliros  zeit  liehe  Verschiedenheit  der  Temperatur  gelten 
daher  folgende  Heu',  in:  r><  r  Einfluß  des  hrdi.  ren  Sunnenstandes  in  der  süd- 
lichen Breite  Mittel-Europas  wird  im  Wiiuerhallijahr  durch  Zunahme  der 
Bodenerhebung  von  Norden  nach  Süden  ualie/u  ausgeglichen.  Dagegen 
macht  sich  im  Sommerhalbjahr  die  Erscheinung,  daß  im  Gebirgslande  die 
Temperatur  geringer  als  in  den  Niederungen  ist,  dnrdi  erhebliche  Abnahme 
der  Verhaltniszahlen  von  Korden  nach  SQden  geltend.  Richtiger  ^re  m 
sagen:  von  Nordosten  nach  Sttdwesten,  da  der  Sehwerponkt  der  FUche  des 
nördlichen  Mittel-Enropa  in  dem  ausgedehnten  nordöstlichen  Flftdilande,  der 
Schwerpunkt  der  Flache  des  Rhein-  und  Donangebiets  im  südwestlichen  6e- 
birgslando  liegt.  Eine  bildliche  Darstellung  nach  Art  der  .\bb.  2  würde, 
bezogen  auf  die  halbjährige  Meereszufuhr,  für  das  Winterhalbjahr  eine  (m',  <*)- 
Linir-  f-rgeben,  die  nur  ganz  sehwaeh  mit  der  waeb<;enden  winterlichen  Meeres- 
zutuhr  ansteigt,  dape<:en  für  <las  Sonnnerhalbjabr  eine  (m", <"}-Linie,  die  mit 
der  wachsenden  sommerlichen  Meereszufuhr  stark  fällt. 

Über  die  jahreszeitliche  Verschiedenheit  der  Meereszufuhr  ist 
Folgendes  zu  bemerken:  Die  sommerliche  Meeres/.ufuhr  ist  im  nördlichen 
Mitt6l*Europa  gering  i^ö2  mm)  und  eiTeicht  in  der  Alpenstromgruppe  einen  sehr 
hohen  Betrag  (247  mm).  Die  winterliche  Meereszufuhr  ist  im  allgemeinen 
grOfler,  aber  verhiltnisrnftBig  im  nOrdliohen  Hittel-Enropa  (118  m)  weit  mehr 
als  in  der  Alpenstromgmppe  (255  mm).  Im  Sommeihalbjahr  hftngen  die  auf 
YergrOBerung  der  Meeressufuhr  hinwirkenden  Kondensationsbedingnngwi  in 
höherem  Mafie  ahi  im  Winterhalbjahr  von  der  Höhenlage  und  senkrechten 
("Iliedertng  ab.  Dagegen  genügt  im  Winterhalbjahr  schon  eine  geringere 
Seehöhe  zur  Ausscheidung  reichlichen  Niederschlags,  80  daB  das  niedriger 
liegende  nördliche  Mittel-Europa  über  doppelt  so  viel  ozeanischen  Wasserdarapf 
wie  in  der  wannen  lahresliiUfte  empfUngt.  Bis  nahe  zum  Dreifachen  des 
sommerlichen  H'  tr.it,'s  wächst  das  Maß  der  winterlichen  .Meereszutuhr  in  den 
(if'iiieten.  die  am  ^jiiti-tigsten  /.n  den  Ztigstraßen  der  im  Winterhall)jahr  be- 
sotiders  häutig  auttrcf »«nden  großen  atmosphäri-scheu  Wirbel  liegen  und  am 
krüttigsten  mit  ozeanischen  Wasserdampf  überschüttet  werden. 

Die  Meereszufuhr  wSdtsi  demnaoli  im  Winterhalbjahr  T<mi  nordflstlidiMi 
Flachlande  zum  Gebirgslande  im  Südwesten  staric,  wihrend  die  Temperatur 
keine  nennenswerte  Zunahme  im  gleichen  Sinne  zeigt,  wohl  aber  die  Land' 
Verdunstung.  Das  Maß  der  Yerdunstnng  in  der  kalten  Jahreshftlfte 
riditet  sich  also  durchschnittlich  nach  dem  Mafie  der  Meeressufuhr,  d.  h. 
nach  demjenigen  Anteil  des  Niederschlags,  der  durch  Kondensation  des  tou 


Die  Abfloßerfcheinungen  in  Mittel-Europa. 


693 


außen  in  ein  Gebiet  getragenen  Wasserdainpfes  verursacht  wird.  Im  Sommer- 
halbjahr wächst  zwar  die  Meereszufuhr  vom  Durdö»tlichen  Flachlande  zum 
GebbgBlaiidt  im  Sdchretten  nodi  atibrker;  dagegen  weist  die  Temperatur  eine 
bedeutende  Abnabme  in  derselben  Biditnng  anf ,  und  die  Landverduastnng 
nimmt  gleichihUB  mit  der  wachsenden  sommerlichen  Heeressufnhr  ein  wenig 
ab.  Das  IfaB  der  Verdunstung  in  der  warmen  Jahreshilfte  beeitst 
demnach  deshalb  so  geringe  Unterschiede  beim  DurdischnittsTohalten, 
weü  swei  annihemd  gleich  kräftige  Wirkungen  einander  entgegenarbeitou: 
die  auf  Steigerung  der  Verdunstung  in  den  regenreicheren  Gebietsflächeu 
hinzielende  Wirkuns?  der  Meereszufuhr  einerseits,  die  auf  Abnahme  der 
Verdunstung'  in  den  kälteren  Gebietsflächen  hinzielende  Wirkung  der  Tem- 
peratur auderst'its.  ' 

Im  Jaliresmittel  nimmt  dcricnigf  Anteil  des  Nit-dt-rschlags,  <ler  durch 
Kondensation  des  in  eiucm  (Jebiot  verdunsteten  und  nicht  vom  Wind  »nt- 
führteu  Wusserdampfes  erzeugt  wird,  also  das  Maß  dt-r  Land  Verdunstung, 
beim  Durchschnittsreihalten  vom  nOrdlichen  Mittel-Europa  (440  m)  zur  Alpen- 
stromgruppc  (460  mm)  nur  um  den  geringen  Betrag  von  20  mm  tu,  hin- 
gegen die  Heeresanfhhr  ▼on  170  auf  602^  also  um  832  mm.  Bei  der  haupt- 
slcUich  von  den  Kondensationsbedingungen  abhingigen  Meeressufuhr 
▼erstirken  sich  die  während  beider  Halbjahre  in  demsdben  Sinne  tfttigen 
Wirkungen.  Bei  der  Landverdunstung  schwächen  die  während  beider 
Halbjahre  in  verschiedenem  Sinne  tätigen  Verdunstungsbedingungen  ein- 
ander derart  ab,  daß  sie  beim  Durchschnittsverhalten  im  Jahresmittel 
fast  gleichmäßig  auftritt. 

Die  in  beiden  J  ah  res  h  ü  1  t't  e  n  voihanden*'n  Abwci  ch  u  n  i^cn  der 
Laad verdunstuu«,'  vom  Durchuntsverhalten  werden  durch  die  \ Crschieden- 
heit  der  Verdunstur)frsl>«'<lingun<rcn  bei  den  Einzolgebieteu  illinlich  gere^'elt, 
■wie  dies  im  Jahrfsmittil  geschieht.  Bei  manchen  Gebieten  entfallen  die 
Abweichungen  hauptsächlich  auf  das  Winterhalbjahr,  s.  B.  beim  Memelgebiet, 
das  in  dieser  Jahreshälfte  ein  noch  mehr  als  im  Sommer  unter  dem  Durch- 
schnitt bleibendes  Maß  der  Landverdunstung  besitst,  offenbar  in  Folge  der 
langen  Dauer  und  weiten  Ausdehnung  seiner  Schneedecke.  Bei  anderen 
Oebieten  treffen  die  Abweichungen  Torsugsweise  auf  das  Sommerhalbjahr, 
X.  B.  im  Weichselgebiet,  dessen  sommerliche  Landverdunstung  den  Durch- 
schnitt oheblich  übertrifft,  vermutlich  wegen  der  di  m  Frstlandsklima  am 
meisten  angenäherten  Lage  des  Gebiets.  Auch  die  Ix  i  den  einzelnen  Ge- 
bieten bestehenden  Unterschiede  in  der  jahreszeitlichen  Verteilung  der  Meeres- 
zufuhr und  der  Temperatur,  von  denen  das  Mali  <lt'r  Landv»  rduiKtun«;  ah- 
hänirt,  verursacheil  ^'röbcre  oder  kleinere  Abwcichui!>:cn  «ler  Punkte  ) 
und  im",/"),  die  in  Abb.  2  nicht  eingetragen  sind,  von  den  halbjährliuhea 
Linien  der  Laudverdunstung. 

Diese  Abweichungen  übertragen  sich  dann  in  gleichem  Sinne  und  in 
gleicher  Starke  auf  die  den  halbjährlichen  Niederschlagshohen  der 
Einzelgebiete  entsprechende  Punkte  (tn\x')  und  (in'\x")y  die  gleich&Us  in 
Abb.  2  wegbleiben  mußten.  Wenn  die  Meeresscufuhr  größtenteils  im  Winter- 
halbjahr stattfindet,  in  welcher  Jahresseit  wegen  der  niedrigen  Temperatur 


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694 


H.  KelUr: 


die  Virdunstung  minder  kräftig  arbeitet,  während  der  kleinere  Rest  im 
^  .ininf'ihalhjahr  durch  die  holi»-  Temperatur  zu  mehrfachem  Umsätze  gelangt, 
so  ergibt  sich  eine  beniei k<  n.s\verte  Beziehung  zur  jahreszeitlichen  Ver- 
schiedenheit des  Niederschlags.  Von  dieser  Beziehung  kann  man  Ge- 
brauch machen,  falls  die  Aufgabe  gestellt  ist,  das  AbflufiTerhültnis  eines 
Flußgebiets  mit  bekannter  Niederscblagshöh«  einzosehltMB,  dessen  Abwiiehung 
▼om  DnrobsduiittsTeriialten  sidi  sonst  sdiwer  benrteUen  Isfil 

MTie  Tabelle  4  (8.  688)  leigt,  flberwiegt  im  nOrdlidhen  Mittel-Europa  die 
winterliche  Meeressufahr  die  sommerliche  bedeatend,  nicht  abor  bei  der  Alpen- 
stromgmppe.  Bei  den  Stromgebieten  des  nOrdliohen  Mittel*Earopa  rfihren 
17  bis  257o  Jahresniederschlags  von  der  winterlichen  Meereszufuhr  mid 
nur  8  bis  11%  von  der  sommerlichen  Meereszufahr  her.  Anderseits  stammSB 
TOn  der  winterlichen  Landverdunstung  nur  12  bis  20°'^,  dagegen  von  der 
sommerli(  hen  Laml Verdunstung  4(5  bis  'TT^q  ab.  Die  Einwirkung  der  Meeros- 
zufulir  auf  d'-n  .Jalirt  .siiiedersrhlag  erfolgt  daher  vorzugsweise  im  Winter- 
halbjahr, die  Kinwirkung  der  Landverdun^tuug  namentlich  im  Sommer- 
halbjahr. Winteiliche  Meereszuluhr  und  sommei  li«  bc  Landverdunstung  zu- 
sammen ergeben  etwa  '/^  des  ganzen  Jahresniederschlags.  Die  in  Tabelle  4 
mitgeteilten  Zahlen  des  halbjährlichen  Wechsels  zeigen,  daB  im  nörd- 
lichen Hitfcel-Enropa  die  Meereszufuhr  Aber  die  HStfte  des  Winteroiederschlags 
ausmacht,  wogegen  ün  Sommerhalbjahr  nur  bis  Yg  des  K&edersddsgs  auf 
Meereszufuhr,  der  bei  weitem  größere  Teil  auf  LandTerdnnstong  entfUlt 

Demnach  deutet  eine  große  Prosentsahl  des  Winterniedersohlags 
darauf  hin,  daß  ein  Gebiet  reichliche  Meereszufuhr  empf&ngt,  also  ein 
gflnstiges  Abflußverhältnis  besitzt.  Hingegen  läßt  ein  starkes  Übergewicht 
der  Sommerregen  auf  ein  große.s  Maß  dt-r  Landverdunstung,  mithin  auf  ein 
ungünstiges  AbliußverhÜltnis  schließen.  Da  die  Größe  des  Abflußverhaltnisses 
mit  der  wachsenden  Niederschlagshöhe  zunimmt,  genügt  bei  kleinen  Nieder- 
schlagshöht'n  schon  eine  ziemlich  kleine  Prozentzahl  des  Winterniederschlags, 
um  t  iue  Aljwt'ichimg  nach  der  Scitf  des  großen  Abflußveruiügens  auzuzeigen. 
Bei  Gebi<  ten  mit  großer  Niederschlagshohe  muß  dagegen  die  Prozeutzahl 
des  Wintemiedcrschlags  derjenigen  der  Sommerregen  nahezu  gleichkoDunen 
oder  sie  flbertreffen,  wenn  das  Abflußrerhlltais  großer  eis  nach  dem  ]>oreb- 
schnittsverbalten  sein  soll. 

Kehrt  man  die  Schlußfolgerung  um,  so  bietet  die  Heranaehnng  der 
durch  Abflußmessungen  festgestellten  Großen  der  Meeressufnhr  die 
Möglichkeit  zur  Erklllrung  mancher  Erscheinungen  bei  der  Jahreszeit- 
liehen  Verschiedenheit  des  Niederschlags,  die  durch  Beobachtungen 
der  Niederschlftge  allein  nicht  so  deutlich  dargelegt  werden,  wie  dies  bei 
Mitbenutzung  eines  festen  Maßes  für  den  TTrspning  des  Niederschlags  mög- 
lich ist.  Im  ,,Julirl).  f.  rJew!is>erk'le."  haben  wir  dif>  Mitteilungen  CJ.  Hell- 
luanns')  über  die  jährliche  Periuiic  d»  r  Niederschlagsmenge  von  diesem  Stand- 
punkte aus  lietrachtet.  Hier  dürfen  wir  uns  wohl  darauf  beschränken,  die 
Erscheinungen  der  jahreszeitlichen  Verschiedenheit  der  Niederschlagsmenge 
im  Gebirgslande  kurz  zu  behanblu. 

1)  Hell  mann.  DieNiederächliLge  in  den norddeatachen Stromgebieten.  Berlin  1906. 


Die  AbfluBerioheinviiirea  in  Mittel-Europa. 


695 


Eine  im  I.Bande  jenes  Wtrkes*)  enthaltene  Tabelle  lehrt  überzeugend, 
daß  fast  überall  in  unseren  <  Jebirgslandschaften  eine  relative  Abnahme  der 
Sommer-  und  eine  relative  Zunahme  der  Winterregen  mit  der  Hoho  stattfindet. 
Im  allijemeinen  herrschen  die  Winterregen  auf  der  Luvseite  sehr  viel  mehr 
vor  als  im  gleichen  Niveau  der  Leeseita.  Eine  hochgelegene  Talstation  hat 
viel  melir  ausgesprochene  SommenregeD  all  eine  Station,  die  in  gldoher 
Hohe  am  Gebizgsabhang  liegt.  Jene  Zunahme  des  Winterniedenehlagi  mit 
der  Hdhe  bewirkt^  daB  er  oberhalb  des  erwihnten  „ümkehronganiveaaii**  Tor* 
hencsehi  Jedoeh  wird  das  Gleiehgewicht  nvischen  Winter-  ond  Sommenegen 
flberachiitten  oder  eireickt  nur  in  den  weatlidh  ton  etwa  (ö.  L.)  ge- 

legenen Gebirgen.  Die  Inseln  mit  vorwiegenden  Wintemiederschlägen  reidien 
hier  um  so  tiefer  herab,  je  westlicher  die  Gebirge  liegen.  Das  „Dmkehmngs- 
aiveau"  senkt  sich  dabei  in  der  Richtung  von  Osten  nach  Westen  um  reich- 
lich .')()( I  bis  600  m.  In  den  zum  Kheingebiet  gehörigen  Alpen  lassen  die 
Beoliiu'litunjrt  n  eine  Umkehr  der  jährlichen  Periode  des  Niederschlags  mit  der 
Höht'  niiht  erkennen,  was  a  a.  0.  dem  winterlichen  alpinen  Lultdnick- 
maximum  zugeschrieben  wird,  das  die  Bildung  ausgiebiger  Niederschläge  ver- 
hindert. 

Zur  Erkl&ning  der  Umkehr  der  jahresaeitliehen  Niederschlags* 
Verteilung  in  den  westlichen  Gebirgslandschaften  weist  Hellmann 
darauf  hin,  daß  dort  h&nfig  gerade  in  der  kalten  JahreshUfte  starke  Nieder- 
sehlftge  weit  yerbreitet  sind  und  in  Bereitung  barometrischer  Depressionen 
auftreten.  „B«  der  Steigerung  dieser  Art  vcm  Began  mit  der  Bodenerhebung 
mflssen  die  höheren  Lagen  besonders  reudiliehe  Niederschläge  erhalten, 
wfthrend  dies  bei  den  sommerlichen  Gewitterregen  nicht  der  Fall  ist."  Die 
erste  Art  von  Regen  entspricht  dem,  was  wir  als  Meereszufuhr  bezeichnet 
haben,  und  die  sommerlichen  Gewitt»  rrtL'en  entsprechen  dem  durch  Land- 
verdnnstnn<'  örtlich  entstandenen  und  wiedt  r  kondensierten  Anteil  «Ics  .lalires- 
niedersclihik's.  Die  Erklürun^'^  stimmt  also  überein  mit  imseren  1  hirleLjungen 
über  die  jahres/.'itliriie  VerschifMieuheit  der  Meereszut'uhr  und  Land  Verdunstung. 
Sie  betrachtet  jedoch  lediglich  den  Gegensatz  zwischen  der  winterlichen 
Heereszufuhr  m  and  der  sommerlichen  LandTcrdunstnog  V\  kann  aber  nicht 
Bftcksidit  nehmen  auf  die  sommerliche  Meeressufhhr  m"  und  die  winteriiche 
Landverdunstong  /',  deren  Vorhandensein  den  gleidiartigen  Verlauf  der  be- 
rileksichtigten  ürsaohen  und  der  als  ihre  Folge  angesehenen  Erscheinungen 
beeintrichtigt 

Nadi  den  obigen  Bemerkungen  über  die  jahreszeitliche  Verschiedenheit 
der  Meereszufuhr  und  Landverdunstung  bedürfen  bei  denjenigen  Fluügebieten, 
die  ihre  Meereszufuhr  hauptsü  (  hl  ich  im  Winterhalbjahr  erhalten, 
die  genannten  Ergebnisse  der  meteorologischen  Beobachtungen  keiner  be- 
sonderen Erklärung.  Voraussetzung  ist  aber,  daß  die  sonmierliche  Meeres- 
zufuhr und  die  winterliche  Landverduustuiig  beide  ziemlich  klein  sind.  Als 
Beispiele  mit  „Umkehiungsniveau"  nennen  wir  die  zu  Talsperr-Samnielbecken 
benutzten  üochgebiete  im  bergisch-märkischen  Schiefergebirge,  die  trotz  ge- 


1)  Ebda.  S  99/108. 


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696 


ringfT  Brehöhe  Iiis  zu  1250  mm  mittlere  Jahresniederschläge  emptangeo- 
B»  i  ibueu  kommen  von  der  jährlichen  Meereszufuhr  etwa  75 ®q  auf  da» 
Winterhalbjahr,  und  die  winterliche  Meereszufuhr  ist  fast  doppelt  so  grofr 
wie  die  toininerlidie  LiadTerdmutung.  Dieses  oaeh  den  Ergebnissen  der 
AbfluBmessttiigen  srbarf  aiisge8|Hroebenef  Übergewidit  wird  in  den  ErgebmasMi 
der  meteovologiseliflii  Beobaehtimgen  weit  sehwftdier  aagedentet  durch  Vor- 
hemdiaft  des  Winterniederschlags  (51  bis  56%)  die  Sommerregen  (44 
Ins  49%).  Da  anob  die  sommerlifllie  Meeretsiifiibr  nidit  nnbetEichtlidi,  die 
winterliche  Landverdunstung  mindestens  nicht  ganz  zu  vernachlässigen  ist,  so- 
kann  man  aus  den  meteorologischen  fieobaditungen  den  Ursprung  des  Nieder- 
schlags in  heiden  Jahreshälften  nur  vermuten  und  die  Erscheinung  nur  hypo- 
thetisch erklären,  wogegen  flie  Abtiußmessungen  nach  Maß  und  Zahl  angeben^ 
wieviel  Wasserdampf  von  auß<  n  in  das  Hocbgebiet  gebracht  und  wieder  ia 
flüssiger  Fonn  zu  rückgeliefert  worden  ist. 

Eine  Erklärung  des  starken  Überwiegens  der  Sommerregen  ia 
den  östlichen  Gebirgslandscha  Tien  und  im  Hochgebirge  aus  dea 
meteorologischen  Beobachtungen  versagt  aber  vollständig,  weil  die  sommer- 
liche Meeresxufuhr  dort  gegenOher  der  winterlichen  su  größerer  Be- 
dentttng  gelangt,  so  daB  ein  exheblicher  Antefl  des  Sommenegens  nicht  toe 
der  im  Gebiete  selbst  entstandenen  LandTerdtmstiuig  henOhrt.  Dann  handelt 
es  sich  im  Sommerhalbjahr  nicht  mehr  bloll  um  Gewitterregen,  die  mit  der 
SeehOhe  nicht  zunehmen,  sondern  um  Niederschlage  oleantBchfin  Wasier- 
dampfea,  dessen  Kondensation  bei  aufsteigenden  LuftstrSmiingen  die  höhereit 
Lagen  nnd  die  Luvseite  der  Gebirge  reichlich  mit  Sommerregen  überschüttet. 

Am  häutigsten  und  in  besonders  starkem  Maße  geschieht  dies  bei  den- 
jenigen östlichen  <  i  ol» irge u .  die  nahe  an  den  ZugstraBen  jener  atmo- 
sphärischen Wirbel  liegen,  bei  denen  sieb  ein  Luftaustausch  zwischen  Mittel- 
Europa  und  dem  MittelmetTgebiet  mit  östlicher  ("mgehung  der  Alpen  voll- 
zieht. Selbst  wenn  die  winterliche  Meereszufuhr  noch  den  gnißereu  Teil  der 
Jahreszufuhr  bildet,  i.  6.  beim  Hochgebiet  der  Wsetiuer  Beczwa  in  dw 
westlidien  Beskiden  58  ^'g,  überwiegt  in  den  mehr  kontinental  gelegenen  Ge- 
birgslandschaften die  sommerliche  Landverdiinstimg  beträchtlich  Aber  die 
winterliche  Meeresmfiihr  und  dringt  die  Prosentzahl  des  'WintemiederscUags 
zorfick,  z.  B.  beim  Beozwagebiet  anf  39%.  Für  das  Quellgebiet  des 
Queis  am  Nordhange  d«r  Sudetwi  scheint  nach  einer  freilich  sehr  konea 
BeobadituDgsreihe  die  winterliche  Meereszufuhr  nur  etwa  40"'^  der  Jahres- 
jdlftihr  7.n  betragen,  also  erhel)lich  kleiner  als  die  somroerlicbe  zu  sein:  die 
Fh)zentzahl  des  Winterniederschlags  ergibt  sich  dabei  auf  nicht  ganz  30 '^'q. 

Ebenso  wie  bei  den  Hochgebieten  der  östlichen  fJebirge  überwiegen  :nicli 
bei  den  vor/iigsweise  aus  dem  H«)ebir«'birgc  gespeisten  Alpenflußgebietca 
die  Prozent /ahlen  der  Souiuicrrcf/en  bei  weitem  über  diejenigen  der  winter- 
lichen Niederschlüge.  Wünir  mau  die  durch  Abflußuiessungen  festgesteUl<"a 
^Lbflußhöhen  beider  Jahreshillttcn  duie  weiteres  als  Maßstab  der  jahresieit- 
lieben  Verteilung  der  Meereszufuhr  annehmen,  so  ei^be  tidi  ein  uodb  viel 
stärkeres  Übergewicht  der  sommerlichen  über  die  winterliche  Meerewifiihr» 
Dann  wKre  die  Verdonstongshöhe  im  Winterhalbjahr  erheUidi  grOfiar  als  im 


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Die  Abfla£«rtc]ieiiiiiiigen  in  MitteUEnropa. 


697 


Sommerhalbjahr,  in  dmi  sie  in  manchen  Fällen  so^,'ar  negativ  ausfiele,  was 
beides  unmöglich  ist.  Beachtet  man  jerloch,  daß  ein  großer  Hrurliteil  der 
winterlichen  Meeres/ufuhr  in  den  Schnee-  und  Eismassen  des  Hochgebirges 
zunächst  gebunden  wird  und  erst  bei  der  verspiiteteu  Schnee-  und  Gletscher- 
Schmelze  im  Sommerhalbjahr  zum  Abfluß  gelangt,  so  findet  man  bei  den 
auf  die  jahreneitliehe  Verteilung  hin  nntersui^ten  AlpenfluBgebieten  gut 
anter  «nander  übareinsttmmende  Prozentttblen  für  die  wintwliohe  Heeres- 
snfnhr,  die  etwas  gröflw  sind  als  die  Broaenisahlen  flir  den  wintwlidien 
NiedeaieUag,  beide  bezogen  auf  das  zugehörige  Jahresmittel  Danach  schwanken 
die  Frozentzahlen  der  Meereszufuhr  von  44  bis  herab  zu  38%  und  dea 
Niederschlags  von  38  bis  :5')7o  Winterhalbjahr.  Die  winterliche  Meeres- 
aufuhr  ist  hierbei  an  Größe  wenig  verschieden  von  der  sommerlichen  Land- 
verdunstung: beide  zusammen  machen  aber  nicht  viel  über  di''  Hälfte  dea 
Jahresniederschlags  aus,  da  auf  die  sommerliche  Meereszufuhr  aUein  etwa  % 
der  ganzen  Niedersehlagshöbe  entfallen. 

Oben  haben  wir  die  als  Kliinasclieide  /wisehen  Xittel-Kuropa  und  dem 
Mittelraeergebiet  wirkende  Alpenmaucr,  die  sich  dem  Luftaustausch  iwischeu 
Norden  und  Süden  hemmend  entgegenstellt,  als  mächtigen  Wetterfang  fiir 
große  Massen  des  unmittelbar  vom  Meere  k<nnmenden  oder  auf  der  Land- 
fliehe  Mittel'Europas  schon  einmal  niedergeschlagenen  und  wieder  verdunsteten 
Wasserdampfes  bezeichnet.  Die  von  anflen  in  die  Alpenfluflgebiete  gefShrten 
und  dort  kondensierten  Dampfinassen  sind  deshalb  eriieUich  grSßer  als  die- 
jenigen, die  in  den  Gebieten  selbst  durch  Verdunstung  erzeugt  und  wieder 
niedergeschlagen  werden.  Allerdings  scheint  in  den  österreichischen  Ost-Alpen 
der  Auteil  des  durch  Landverduustung  entstandenen  Dampfes  dem  Anteil  der 
Meereszufuhr  etwas  näher  zu  kommen  als  in  dem  weiter  westlieh  gelegenen 
Hochgebirge.  Aber  auch  dort  (iberwiegt  die  Meereszufuhr  ihirt  haus  und  ist 
im  Sommerhalbjahr  am  tfrößten,  ebenso  wie  die  sommerliche  ^iiederschlags* 
höhe  die  winterliche  becieutend  übertrifi't. 

Wie  man  sieht,  empfangen  die  Berglüuder,  die  näher  am  Meere  und  uu 
Zugstraßen  der  vorzugsweise  im  Winter  auftretenden  atmospliürischcn  Wirbel 
liegen,  in  der  kalten  JahreshUfte  mehr  ozeanischen  Wasserdampf  als  in  der 
wannen.  Dagegen  erhalten  die  ktlstenfemen  Beiglinder  in  der  wannen 
JahreshUfte  «ne  größere  Menge  Zufuhr  fremden  Dampfes,  falls  sie  sich  hodi 
genug  ftber  das  fladiere  Vorland  erheben,  um  als  Wetterfänge  für  die 
hochsiehenden  Sommerwolken  wirken  zu  kOnnm.  Dann  kommen  ihre 
günstigen  Kondensationsbedingungeu  im  Sommerhalbjahr  um  so  kräftiger  zur 
Geltung,  je  größer  die  Fläche  do  Vorlandes  ist,  dem  ein  Teil  des  landver- 
dunsteten  Dampfes  von  den  Winden  geraubt  wird:  örtlich  am  kräftigsten 
bei  den  Alpen,  <lem  gemeinsamen  Wetterfauge  Mittel-Europas,  zeitlich  am 
kräftigsten  in  den  heißesten  Monaten  zur  Zeit  der  stärksten  Verdunstimg  im 
Üachereu  N'orlande. 

Schließlich  müssen  wir  noch  einmal  auf  ilen  für  die  bi>hmiselien  Fluß- 
gebiete bewiesenen  I^enck scheu  Satz  zurückkommeu,  daß  die  Schwaukungeu 
dar  Verdunstung  in  geringerem  Maße  ^mt  den  Schwankungen  der  Jahres« 
tempentmr  als  von  jenen  des  Niederschlags  abhängen.  Sr  ist  hei  Betrachtung 


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698 


H.  K«Iler: 


der  zeitlichen  Beziehungen  zwischen  Niederschlag,  Verdunstung 
und  Temperatur  für  das  böhmische  Elbe-  und  Moldaugebiet  abgeleitet 
word»'n.  i'»L'i  fiLTfiien  Uiitr-isuihungen,  deren  Ergebnisse  hier  nicht  mitgeteilt 
w»  rden  können,  haben  wir  ihn  bestätigt  gefunden,  wenigstens  für  Flußgebiete 
mit  ähnlich  starkem  t^jerwiegen  der  Sommerregen. 

Trägt  man  für  solche  Gebiete  die  halbjährlichen  Werte  der  Abtlußhöbe 
als  Abszissen  in  ein  Koordinatennetz  und  bezieht  auf  sie  die  ^rte  der  Ver- 
lust- und  NiedenohlagshShe  ab  Oidinaten,  so  erli&H  man  zwei  Pnnktsdiwlmis, 
deren  Ponkte  den  Verlnst  und  den  Niedersdilag  der  Mnzelnen  Hidligahre  einer 
bestimmten  Jabresreibe  in  einem  bestimmten  Flufigebiet  darstellen.  Die  Oe* 
setsmlfiigkttt  der  seitlicben  Ändorungen  wird  dureb  die  mit  der  waohsendea 
AbflnßbQhe  mebr  oder  weniger  steil  ansteigenden  Mittellinien  dieser  Pnnkt- 
schwarme  ausgedrückt.  Hierbei  zeigt  sich,  daß  die  Linie  des  sommarlicben 
Verlustes  lucht  zu  finden  ist,  weil  die  einzelnen  Punkte  nicht  weit  von  ihr 
abweichen,  und  daß  sie  sehr  steil  ansteigt.  Dagegen  läßt  sich  die  viel 
schwächer  ansteigende  Linie  des  winterliclu'n  Verlustes  wegen  der  großen 
Abweichtingt-n  der  einzelnen  Punkte  si  hwer  ermitteln.  Man  wird  hierbei  in 
ErwHgung  ziehen  müssen,  daß  erfahniiigsgemüli  die  Mittelteuii"eraturen  der 
Wintenuonate  ver>chiedener  Jahre  um  weit  größere  Betrüge  schwanken  als 
die  Mitteltemperaturon  der  Sonuuermouate. 

Da  fSr  ein  Gebiet  mit  geringer  Durdillssigkeit  die  Verluste  annShernd 
der  Verdunstung  und  die  AbflnßhOhen  aonftbemd  der  Meereasoftdur  ent^ 
spreeben,  so  besagt  jene  bildlicbe  Darstellung  Folgendes:  der  durch  Ver- 
dunstung Im  Oebiet  selbst  erzeugte  Anteil  des  Niederschlags  ist  in 
den  einzelnen  Sommerhalbjahren  um  so  grOBer,  je  größer  die  sommer- 
liche Meereszufuhr  ist,  d.  h  je  mehr  Wasserdampf  in  demselben  Halb- 
jahr von  außen  in  das  Gebiet  gebracht  und  dort  kondensiert  wird.  In  den 
einzelnen  Winterhalbjahren  hängt  jedoch  der  durch  Verdunstung  im 
Oebiet  entstandene  Anteil  <les  Niederschlags  nicht  allein  von  der  winter- 
lichen Meereszufuhr,  sondern  auch  wesentlich  davon  ab,  wie  sich  die 
Temiterat  urverhUltnisse  des  Winters  gestalten.  Die  Menge  der  in 
Schneeform  fallenden  Niederschlüge,  Au.sbreitung  und  Dauer  der  Schneedecke, 
Bodeu&oät  und  Eisbildung  spielen  dabei  eine  große  Rolle. 

Die  zeitlichen  Beziehungen  swisdien  Niedonohlag,  Verdunstung  und 
Temperatur  zeigen  mithin  einoi  völlig  anderen  Gang  als  die  örtlichen 
Beziehungen  beim  Durobscbnittsrerhalten.  Bei  der  bildlich«!  Darstellung 
der  zeitlichen  Beziehungen  in  einem  bestimmten  Flufigebiet  steigt  die  Idnie 
der  sommerlichen  Verdunstung  mit  der  wadisendm  Heraeszofiihr  steil  ao, 
wogegen  sie  bei  Darstellung  der  Örtlichen  Beziehungen  im  Durcbsclmittshalb- 
jahr  schwach  abfallt.  Auf  <ia<  Verhalten  der  einzelnen  Sommerhalbjahre 
wirkt  ihre  Temporaturvcrschicdenheit  viel  weniger  ein  als  die  Größe  ihrer 
Meereszufubr,  während  die  TemiM  raturverschie.lenheit  der  Einzelgebiete  gerade 
im  Soranieriialhjalir  die  h.inwirkung  der  Meereszufuhr  auf  das  Maß  der  Ver- 
dunstung üben  rillt.  In  der  kalten  .lahresiiälfte  wird  umgekehrt  bei  den  zeit- 
lichen lieziehungen  <ler  EintluÜ,  den  die  Meereszufuhr  auf  die  Verdunstung 
Äußert,  von  der  Temperaturverschiedenheit  der  einzelnen  Winterhalbjahre  er- 


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Die  Abfliift«»eheiiiiingen  in  Miitel-Enropa. 


699 


iMbJich  abgeschwiiiht,  bei  den  örtlichen  Beziehungen  aber  durch  die  Tempe- 
raturverschicdcnhcit  der  Einzel^'pbicte  wenig  berührt. 

Je  größer  die  Pro/.cntzahl  der  Somnu'rreLjfu  ist,  uin  so  mehr  üborwiegen 
im  Fhißgebift  die  IJedingun^a'ii,  die  das  Maß  der  Verdunsturi«^  vor/.ugs weise 
vom  Niedersihlap  abhängig  muclien.  Je  größer  di»-  Prn/.mt/.ahl  der  Winter- 
niederschläge ist,  um  so  weniger  gilt  auch  bei  iietraclitung  der  zeitlichen 
Beziehungen  zwischen  Niederschlag,  Verdunstung  und  Temperatur  der  Satz, 
4aB  die  Sohwanlnuigeii  der  YeKdunstimg  in  geringerem  Maße  Ton  den 
Sekwankongen  der  Jahrestemperatur  ab  von  denen  des  Niederschlags  abhingen. 
0nd  bei  Betrachtung  der  OrÜidien  Beiiehungen  im  Jahresmittel  macht  sich 
die  Temperatnrverschiedenheit  zwischen  Flachland ,  Gebiigsland  und  Hodi- 
gelmge,  wie  oben  dargelegt  ist,  im  hohem  Grade  geltend.  Offenbar  sind  die 
klimatischen  Unterschiede  der  wirklichen  Temperatur  im  Jahres- 
mittel in  den  vorseb iedenen  Teilen  Mittel -Europas  größer  als  die 
Unterscbiede  der  Jahrestemperatur  in  den  Einzeljahren  bei  einem 
bestimmiMiden  Flußgebiet. 

Auch  luerbei  zeigt  sich,  daß  örtliche  und  zoitliebe  Beziehungen  nicht 
durch  einander  gebracht  werden  dürfen,  wie  dies  bei  neueren  Unter^uciiungen 
mehrfach  geschehen  ist.  Die  Gesetzmiißigkeit  der  Abthißerscheinungen  nimmt 
einen  anderen  Verlauf,  wenn  ihre .  Veräuderlichkoit  von  Jahr  zu  Jahr  in 
einem  Einzelgebiet  betrachtet  wird,  als  bei  der  vM'gldehendMi  Betrachtang 
der  jihrlichen  und  halbjtthrUehen  Mittelwerte,  die  für  das  gesamte  Mittel- 
Europa  und  seine  Terschiedenen  Flußgebiete  gefunden  worden  sind.  Wie  sich 
Kiedersehlag,  Abfluß,  Verdunstung  und  Temperatur  in  den  Einsei- 
jahren und  in  der  Flucht  der  Jahre  durchschnittlich  zn  einander  ver- 
halten in  einem  Flußgebiet  mit  bestimmter  Beschaffenheit,  lißt  sich  f&r  jedes 
Gebiet  durch  ein  Abflußgesetz  ausdrücken.  Abweichungen  von  diesem  Ge- 
setze werden  dorch  die  Eigenart  der  Einzeljahre  bedingt.  Die  Ermittlung 
des  ursächliihen  Zusammenhanges  der  zeitlichen  Änderungen  bei  den  atmo- 
spbänschen  VorgUngen,  von  denen  di<  se  Eigennrt  abhängt,  ist  im  Grunde 
mehr  eine  meteorologische  Aulgabe  aU  eine  solche  der  Klimalehre. 

Das  Ziel  unserer  l  utersuchung  war  die  Ermittlung  eines  für  das  ge 
Samte  Mittel-Europa  gültigen  Abflußgesetzes,  das  angibt,  wie  sich  Nioder- 
sehlag,  Abfluß,  Verdunstung  und  Temperatur  von  Gebiet  zu  Ge- 
biet und  bei  der  ganzen  Landflftche  durchschnittlich  zu  einander  ver- 
halten. Abweichnngen  tou  diesem  Gesetze  werden  durch  die  Eigenart  der 
Einzelgebiete  bedingt  Die  Ermittlung  des  nrsftchlichen  Znsammenhange»  bei 
den  drtlichen  Änderungen  der  Abflußerscheinongen,  die  diese  Eigenart  kenn- 
zeichnen, bildet  eine  Aufgabe  der  Klimalehre.  Ihre  vollstftndige  Lösung  ist 
erst  m  iglich,  wenn  untere  Kenntnis  der  Abflußerscheiaungen  selbst  weiter 
vertieft  sein  wird. 


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700 


Willi  Ule: 


Die  Zukuuft  der  deutschen  Geographentage. 

\ou  WüU  Ule. 

"Vor  etwa  Jahresfrist  hat  Halbt'aB  in  dioser  Zeitschrift  auf  die  Notwendig- 
keit einer  Kefomi  der  <leut>(ben  < Jeoprapheiitajrf   hinL'evviesen  und  zugleich 
ent'^preeliende  Vorschläge  dazu  gegeben.     Auf  diese  selbst  will  ich  hier  nicht 
näher  eingehen,  da  sie  bereit«  E.  Wagner  einer  Kritik  unterzogen  bat.  Ich 
stimme  Wagner  darin  Tollkommen  bei,  daB  di«  Vonchllge  Ton  BUbbA 
pnktiseh  schwer  durchfOhrbar  sind  und  ▼ermuflich  den  gewünschten  Auf« 
Schwung  der  Geographentag« ■   nicht   bringen  würden.    Was  mir  aber  einer 
not:hm;tIiL"'it  KriirttM-nntr  wrt  erscbeint,  ist  die  Frage  nach  dfn  Ursachen  des 
Rückganges  der  <  ieogriipliciitagc.     Ihr«-  richtige   Hrant  wdrtung  wird   un^  zu- 
gleich die  rechten  Mittel  zur  Wiederbelebung  der  Geographenlage  an  die  Haud 
geben.   Wie  E.  Wagner  vermag  anch  ich  keineswegs  die  Ansiebt  yon  Halbfkft 
SU  teilen,  daB  die  Zeit  der  großen  Geographentage  gewesen  sein  soll,  wril 
die  Zeit  der  großen  Entdeckungsreisen  vorüber  wäre.    Es  unterliegt  ja  aller- 
dings keinem  Zweifel,  dali  Vortrüge  erfolgreicher  Reisender  ein  besonderes 
Lockmittel  >iii(l:  alier  an  sobh<  n  dürfte  es  auch  zur  Zeit  nicht  fehlen,  da 
doch   noch  uumer  große   Autgaben  auf  dem   Gebiete   der  geographischen 
Fortdinng  zu  lösen  sind.    Sie  haben  auch  tatsächlieh  in  der  lotsten  Zeit 
nicht  gefehlt,  gerade  in  diese  fielen  ja  die  großen  Sfidpolarreisen,  die  Beisen 
Sven  Hedins  und  viele  andere  von  wissenschaftlicher  Bedeutung.    Aber  man 
hat  leid«r  solche  Männer  nicht  zu  den  Geographentagen  Ii  erangezogen.  Daß 
das  ni(ht  Lr'fcbehen  ist.  dürfte  zum  Teil  in  einem  äußeren  Umstand  seinen 
Grund  haben.     Zur  Zeit,  wo  die  großen  Reisenden  der  letzten  Jahre  zurück- 
gekehrt waren,  gab  es  gerade  keine  Geographentage.    Diese  werden  sett 
Karlsruhe  (1887)  nur  noch  alle  zwei  Jahre  abgehaltni.  Man  hoffte  woU  da- 
durch den  Besuch  von  zwei  Tagungen  gleichsam  auf  einen  konzentrieren  m 
kOnnen.    Es  war  da«  aber  ein  Trugschluß;  in  Wirklichkeit  dürfte  die  lange 
Pause  eber  eine  Verminderunir  den  Besuchts  bringen.     Durch  das  seltenere 
Zusaiiitiit  tit rtten  eibibmt  das  Interesse,  verlieren   viele  auch  die  persönUche 
Fühlung  mit  ihieu  1  uchgenosseu.    Man  darf  auch  nicht  vergessen,  daß,  wenn 
jemand  znföUig  an  der  Teilnahme  yeihindert  ist,  er  gleidi  vier  Jahre  okat 
Berflhmog  mit  dem  Oeographentag  bleibt    Eine  Tdllige  persönliche  Snt- 
firemdung  ist  da  wohl  denkbar,  und  mit  dieser  wird  auch  das  sachliche  In- 
teresse schwinden.     Hüekkebr  zu  (b-m  fnih'T  üblichen  jährlichen  Zyklus  halt* 
ich  darum  tür  eines  der  Hilfsmittel  zur  Wiedeibeb-bung  der  GeogTripbenta),^. 
Bei  häutigerem  Zusammentreten  bietet  sich  auch  eher  Gelegenheit  aktuelle 
Ereignisse  zum  Gegenstand  der  Srörtemng  zu  machen,  Beisende  unmittelber 
nach  ihrer  Rflckkehr  vor  dem  Forum  ihnr  Fachleute  zum  Worte  kommen 
zu  lassen.    Wie  nachteilig  in  dieser  Hinsicht  der  zweijfthrige  Zyklus  ^ein 
kann,  hat  der  Geographentag  in  Danzig  gezeigt     Mau  Hililte  die  Notwendig- 
keit, auf  die  Tagesordnung  die  deutsche  Südpolarexpedition  zu  setzen,  allein 
diese  war  schon  fast  zwei  Jahre  zuvor  zurückgekehrt  und  über  sie  in  den 
Tagesblättern  und  wissenschaftlichen  Zeitschriften,  in  Tereiaeu  und  Kongresaa 
in  ansfllhrlichster  Weise  berichtet  worden.    Der  Bericht  auf  dem  Geograpbes- 
tage  konnte  daher  kaum  noch  ein  besonderes  Interesse  beanq[>nichen,  es  fMdtt 
ihm  der  frische  Hauch  des  Neuen. 

Die  jetzt  übliche   Art  der  Programmteststellung   ist  meines  Erachteni 
ebenfalls  ein  Grund  für  den  Rückgang  im  Besuche  der  Geographentage.  £s 


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Die  Zukunft  dec  daatachen  Geogzaphentage. 


701 


ist  seit  Jahren  Brauch  geworden,  bereite  vor  der  Einladung  ein  bestimmtes 
Programm  fllr  die  Veriiandlangen  festsosetsen,  sogenannte  Beratungsgegen- 
•tände  fElr  die  Tagung  Torzoscbreiben.  Das  mag  vom  methodischen  Stand- 
punkt viel  für  s\(^  haben,  ist  aber  ein  Zwang,  der  der  gesunden  Entuicklung 
der  Geographoutage  nicht  dienlich  sein  konnte.  Mehr  Freiheit  in  dieser  Hin- 
sicht halte  ich  darum  für  ein  weiteres  wirksames  Hilfsmittel  zu  ihrer  Auf- 
frischung. Man  sollte  zunächst  ohne  jede  Anweisung  zur  Aumelduug  von  Vor- 
trügen auffordern  und  erat  nach  erfolgter  Anmeldung  die  Vortrftge  bestimmten 
Gruppen  zuordnen.  Es  wird  dann  jedem  Gelegenheit  geboten,  falls  er  mae 
allgemein  interessante  Untersuchung  gerade  zum  Abschluß  gebracht  hat,  dar- 
über den  P'achkreisen  zu  berichten.  Mir  will  es  scheinen,  als  ob  das  Auf- 
stellen bestimmter  Beratungsgegeustiinde  oft  verleitet  bat  zur  Aiinieldung  von 
Vorträgen  nur  des  Gegenstandes,  nicht  der  Bedeutung  des  luhaltes  wegen. 
Zu  beachten  ist  hierbei  auch,  daß  bei  diesem  Verfahren  besondere  Neigungen 
in  den  leitenden  Kreisen  bestimmte  Beratungsgegenstftnde  in  den  Vordergrund 
bringen  können,  während  andere  nicht  minder  bedeutsame  ans  Mangel  an 
Vertretung  in  jenen  Kreisen  nicht  zur  Geltung  kommen,  wie  z.  H  die 
Anthr(»pngeogr:ii)lüe  auf  der  Danziger  Tagung.  Allerdings  pflegen  ja  auch 
andere  Vorträge  als  die,  welche  sich  auf  die  vorgeschlagenen  üeratungs- 
gegenst&nde  beziehen,  angenommen  zu  werden.  Doch  leider  nicht  immer,  wie 
die  Vorbereitung  zum  Geographentag  in  Danzig  gezeigt  hat,  bei  der  sogar 
Anmeldungen  so  hervorragender  Männer  wie  Supan  und  Schott  um  des 
einmal  aufgestellten  Programmes  willen  zurückgewiesen  wurden.  Man  kehre 
also  auch  hierin  zu  dem  fnilieien  Brauch  zurück  und  gewähre  möglichste 
Freiheit  denen,  die  sich  berufen  fulileu,  zu  den  Verhaudiungeu  auf  den  Geo- 
graphentagen  etwas  beizusteuern.  Eine  größere  Mannigfaltigkeit  des  Pro- 
gramms hat  sicher  etwas  Anziehendes  und  für  die  Tagung  selbst  etwas  Be- 
lebendes. Wenn  stundenlang  immer  nur  ein  Gegenstand  zur  Erörterung  kommt, 
so  muß  srbließlich  auch  der  eifrigste  Teilnehmer  ermüden.  Man  b*  achte  doch 
auch,  daü  der  Zweck  der  Geographentage  nicht  die  strenge  Nchulmüliige  Be- 
handlung eines  Gegenstandes  ist.  In  dieser  Hinsicht  tragen  Kongresse  doch 
nur  in  sehr  geringem  Grade  zur  i'ürderuug  der  Wissenschaft  bei. 

Endlich  erblicke  ich  auch  noch  in  dem  seit  Jena  üblichen  Termin  für 
die  Tagung  einen  Grund  des  Rückganges  der  Teilnahme.  Pfingsten  halte  ich 
Ar  die  ungünstigste  Zeit  zu  solchen  Versammlungen.  Die  Lehrer  unserer 
höheren  Schulen  müssen  sich  vielfach,  wenn  sie  teilnehmen  wollen,  durcli 
Kollegen  vertreten  lassen,  da  die  Ferien  schon  vorüber  sind,  und  die  Lehrer  der 
Hochschulen  werden  durch  den  Besuch  des  Geograph eutages  mitten  aus  der 
Semesterarbeit  herausgerissen.  Manche  von  ihnen  nnd  auch  durch  b«rafliehe 
Pflichten  an  der  Teilnahme  behindert  Das  ist  z.  B.  bei  mir  selbst  der  FaU. 
Im  Laufe  des  Sommersemesters  unternehme  ich  mit  den  Studenten  eine  Reihe 
TOn  Exkursionen,  unter  denen  sich  eine  auch  auf  mehrere  Tage  ausdehnt. 
Will  ich  nun  nicht  die  Vorträt,'e  sell)st  unterbrechen,  so  bleiben  zur  Aus- 
führung solcher  längerer  Keisen  nur  die  Ptingstferien  übrig  und  von  diesen 
wieder  nur  die  letzten  Tage  der  Woche,  weil  sich  die  Pfingstfeiertage  selbst 
aus  naheliegenden  Gründen  nicht  dazu  eignen.  Die  Exkursion  auf  den  Be- 
ginn der  großen  Ferien  zu  verschieben,  geht  auch  nicht  gut  an,  da  dann 
häufig  eine  gewisse  Semesterr^digkeit  und  zugleich  auch  die  Sehnsucht  nach 
der  Heimat  gepaart  mit  Ebbe  im  Geldbeutel  vieb>  von  der  Teilnahme  abhült. 
Ich  war  früher  ein  eifriger  Besucher  der  Geographentage;  seit  diese  auf  die 
Pfingsiferien  verlegt  sind,  ist  mir  der  Besuch  fast  unmöglich  gemacht,  denn 


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702      Willi  Ule:  Die  Zaknnft  der  detiiioheD  0«ographent»ge. 


ich  könnte  ihn  nur  ausfahren  unter  Vemadilissigung  meiner  höheren  Pfliditen 

als  Dozent. 

Aber  auch  abgesehen  von  mehr  persönlicben  Hindernissen  ist  die  Ptinirst- 
zeit  überhaupt  nicht  geeignet  fQr  Kongresse,  es  ist  eine  Zeit,  die  weit  mehr 
sum  Gennne  der  Katnr  einladet  als  mr  Teilnahme  an  snweilen  recht  an- 
strengenden Sitzungen  im  geschlossenen  Baume. 

(loradc  diese  Tatsache  ist  es  zwar  gewesen,  die  eine  Verlegung  von 
Ostern  uach  Pfin;_'sten  veranlaßt  bat.  l>as  oft  noch  kalte  Osterwetter  paBte 
nicht  zum  Prugramm  der  Tagung,  auf  das  mit  Recht  auch  Exkursionen 
gesetzt  zu  werden  pllegen.  (iewiB  besitzen  diese  eine  große  Anziehungskraft 
und  auch  einen  h(^en  Lehrwert,  allein  der  Schweipunkt  der  Geographentage 
liegt  nicht  in  ihnen,  er  liegt  auch  nicht  in  dem  Halten  und  Anhlbmi  von 
Vortrigun,  Tielmehr  unzweifelhaft  in  dem  Zusammentreffen  zahlreicher  Fadi- 
genossen .  unt'-r  denen  dadurcli  ein  fruchtbrinpender  Gedankenaustausch  er- 
möglicht wird  nie  Vortrüge  und  E.vkursidnen  sind  gleichwohl  notwendig, 
sie  geben  der  Tagung  eine  feste  Grundlage  und  bringen  vielfach  erst  die  An- 
regung zur  Offendidien  und  privaten  Dtdcnsfdon.  Bei  der  Vorfaerritung  der 
Qeographentage  sollte  dieser  Gesichtspunkt  in  erster  Linie  ins  Auge  gefoBt 
werden;  es  muß  daftir  gesorgt  wenleii,  daß  sich  möglichst  Gelegenheit  m 
persönlichem  Verkehr  unter  allen  Teilnehmern  bietet  und  daß  diese  durch 
die  Vortragr,g('grn>tIiiide  in  möglichst  lebhafter  Weise  augen-gt  werden.  Auf 
Exkursionen  wäre  das  nicht  im  vollen  Umfange  möglich,  sie  sehließen  die 
Teilnahme  ftlterer  Herren  unter  Umständen  ganz  aus  und  vermögen  auch 
nicht  immer  vielseitige  Anregung  zu  geben.  Die  Bedeutung  der  Ezkursionoi 
will  ich  darum  keineswegs  in  Abrede  stellen,  ich  weiß  aus  eigener  Erfahrung 
ihren  Wert  vollauf  zu  schützen  und  wtlrde  sie  nur  ungern  ganz  missen,  aber 
immerhin  doi^h  liel»er  darauf  verzieliten ,  als  ihretwegen  den  Geograpbeniag 
auf  eine  ungünstige  Zeit  verlegt  sehen.  Also  auch  hier  Rückkehr  zu  dem 
früheren  Brauche I  Man  verlege  die  Geograpbentage  wieder  auf  die  Oster- 
ferien,  wo  gleichzeitig  die  Lehrer  unserer  höheren  Schulen  wie  unserer  Hodi- 
schulsn  freier  und  auch  hereitwilliger  zur  Teilnahme  an  ihnen  sind. 

Ifit  meinen  Ausführimgen  komme  ich  vielleicht  zu  sp.1t:  denn  die  Vor- 
bereitung zur  niirlist jahrigen  Nürnberger  Tagung  dürfte  bereits   im  Gantfe 
sein.    Allein  ich  hielt  es  tiir  meine  Pflicht,  als  akadenusciier  Lehrer  meine 
Ansicht  zu  äußern,  da  in  der  Diskussion  über  die  Zukunft  der  Geograpben- 
tage wiederholt  —  so  von  E.  Wagner  in  dieser  Zeitschrift  und  von  H.  HsscIe 
im  „Geographischen  Anzeiger**  —  gerade  die  akademischen  Lehrer  um  HiUt 
angerufen  sind.    Es  ist  sicher  nicht  Mangel  an  Iiitere->e  gewesen,  die  diese 
TOn  detii  lel/.ten  Geogra])lit'nt ag  in  gnißerer  .\n/iihl  als  sonst  fem  gehalten 
hat,  sondern  der  (irund  dafür  lag  doch  wohl  zum  Teil  in  der  für  sie  gani 
besonders  ungünstigen  Zeit  der  Tagung,    bides  auch  ein  stürkerer  Besuch 
von  Seiten  der  akademischen  Lehrer  allein  wird  den  Geographentagen  haus 
die  erwBnschte  Auffirischung  bringen,  es  mflssen  auch  sonst  Yorkehmiign 
fOx  ein  regeres  Leben  und  eine  größer»-  Tt  ilnalmie  getroffen  werden.  DsB 
ist  meines  Erachtens  zu  erreichen  durch  schnellere  Folge  der  Tagungen, 
durch   größere   Mannigfaltigkeit  des   Programms  sowie  durch  Wahl  einer 
günstigeren  Jahreszeit  für  die  Zusammenkunft. 


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J.  Hundliftoaeii:  Die  Platte  switohen  Bnmiitra  nnd  Borneo.  703 


IHe  Platte  swischeB  SsBiatra  oBd  Bmeo. 

Von  J.  Htmdliatiseii. 

Auf  d«r  weiten  Fuhrt  von  Genua  bis  und  um  Süd-Asion  sind  es  auj- 
wenige  Stellen,  wo  die  Oberfläche  des  Meeres  durch  starken  Farbenwechsel 
die  Aufmerkninkdt  anf  neh  sieht  Zuerst  ist  es  die  bekannte  ftlteste  nau> 
tische  Beobachtung  bei  der  AnnSherang  an  die  Mündung  des  Niles,  ▼on 

dessen  weit  ins  Meer  hin  reichender  Trflbnng  Herodot  erdhlt,  daß  die 

Schilfer  wüßten,  noch  oine  Tagosfahrt  von  Ägypten  entförnt  zu  sein,  sobald 
sie  das  Blau  d»'s  Meeres  in  grau  umschlagfn  silhon.  Daiui  folgen  im  Roten 
Meere  die  wundervollen  hellblauen  Streifen  des  Strand wassers,  welche  das 
Auge  entzücken,  aber  den  Seemann,  uls  gefährliche  Korallenriffe  bergend,  zur 
Vorsozge  mahnen.  Indessen,  das  sind  bd.des  geringe  Erscheinungen  im  Ver- 
gleidi  zu  der  ausgedehnten  Veränderung,  die  der  Ozean  an  zwei  anderen 
Stellen  zeigt,  am  Eingang  in  den  malajischen  Arehipel  und  im  Gelben  Meer. 
Ich  will  hier  nur  von  ersterer  sprechen. 

In  der  Malakka-Sti  aüe  fällt  die  Farbe  des  niederen  Wassers  zunilciist 
nicht  stiirk  auf,  weil  die  Fahrt  zu  kurz  ist  {v..  T.  auch  bei  Nacht  verläuft), 
als  daß  eine  vorübergehende  Untiefe  in  einer  Meeresstrafie  besonderen  Ein- 
druck machen  könnte,  flhrt  man  aber  von  8ingapore  südwärts  nach  Hol- 
Iftndisch-Indien ,  so  steigert  sich  die  Erscheinung  in  einer  Weise,  die  unsere 
ganze  Autinerksainkeit  lesselt.  Die  Farbe  des  Wassers  wird  trüblich  hell  bis 
Schlamuag  l'ahl,  ni;ui  sieht  die  Fahrrinne  stellenweise  mit  liesen  aV)gesteci<t 
wie  bei  uns  in  den  Wattenmeeren  und  die  bei  bewegter  See  gradczu  bo- 
ingstigend  wirkende  Nihe  des  Meeresbodens  dauert  nicht  hloB  Stunden, 
sondern  hUt  ein  paar  Tage  an. 

In  der  Hauptsache  ja  bekannt,  maeht  diese  enorm  ausgedehnte  Untiefe 
im  malaiischen  Areliipel  bei  der  wirklichen  Durchfahrting  einen  Eindruck, 
wi'-  man  ihn  nai'h  der  bloßen  Kenntnis  aus  der  Literatur  doch  nicht  erwartet. 
Studiert  raun  die  Untiefe  auf  den  Seekarten  der  englischen  AdniiralitUt, 
SO  ist  man  znnftchst  erstaunt  über  die  ungeheure  Anzahl  der  Tiefenmessungen, 
die  sich  in  gleicher  Weise  nur  bei  Httfeneingftngen  und  Hauptstrafien  wie 
beim  Ärmelkanal,  kaum  aber  ein  /weites  Mal  in  derselben  bitensit&t  über 
einem  so  großen  Oebiete  wie  hier  wie<lerfinden.  Mit  vielen  tausenden  von 
Faden/.ahlen  sind  die  Karten  übersät,  und  es  erweckt  fast  den  Anschein,  als 
sei  hier  das  Meer  besser  ausgemessen  als  das  Land,  mit  Ausnalnne  natürlich 
Ton  Java.  Das  Bild  dieser  Zahlen  entspricht  in  der  GleicbinUßigkeit  der 
Erscheinung  durchaus  dem  erlebten  Eindruck.  Muß  man  in  diesem  Gebiet 
der  zahlreicbsteu  vulkanischen  Eruptionen  auch  zunSchst  an  eben  solche 
unter  dem  Meeresspiegel  «lenken,  so  ist  doch  das  Relief  dieser  Untiefe  ein 
ungleich  pheneres  als  da-  der  Inseln  mit  iliren  Vulkanen.  Ob  die  suli- 
marinen  Kef^el  durch  den  Wellenschlag  7Air  Klieue  ausgeglichen  wurden,  oh 
ein  altes  Stuck  des  asiatischen  Kontinents  durch  Abrasion  oder  durch  Ab- 
sinken unter  die  MeeresoberflSche  gekommen  ist,  wer  will  diese  unsicheoren 
Fragen  entscheiden? 

Aber  eine  andere  Frage  scheint  mir  mit  weit  größerer  Wahrscheinlich- 
keit beantwortet  werden  zu  können.  Wenn  nämlich  die  große  malayische 
Untiefe  während  der  Eiszeit  nicht  noch  tiefer  oder  wenigstens  nicht  sehr  viel 


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7U4     J-  Hundhausen:  Die  Platte  zwischen  Sumatra  und  liorneo. 


tiefer  war,  als  heute,  so  kOnnen  wir  mit  Gewißheit  sagen,  dafi,  auch  ih- 
j^esehen  von  allen  vnsichern  Annahmen  über  ihre  son'^tige  Hebung  und  Sm« 
kling,  diese  ganze  ansrrndehnte  Senke  /.iir  Eiszeit  Land  gewesen  sein  muß. 
Das  heißt  al^o,  daß  damals  die  Halbinsel  Malay  soNNie  dif*  auf  dem  frag- 
lichen (Jebiet  liegenden  großen  und  kleineu  Inseln,  namentlich  also  Sumatra, 
Java  und  Bomeo  eine  Ificfanlos  unter  sidi  nnd  mit  dem  asiatisehen  Kontinent 
insammenhingende  Landmasse  gebildet  haben.  Das  folgt  zweifellos  ans  den 
Tiefenzahlen. 

Denn  es  ist  ja  klar,  daß  sich  (g^anz  abt,'esehen  von  sonstigen  lokalen 
Ä.ußeninL'fn )  d»  r  llaupteinfluß  der  Ei^zeit  auf  jene  tropisLlitMi  Länder  darin 
ausdrücken  muüte,  daß  in  Folge  des  als  Eis  auf  dem  Lande  niedergeschla- 
genen Wassers  ein  Herantordr&eken  des  ICeeresspiegels  stattfinden  mafite. 
Hermann  Wagner  hat  diese  Niveansenknng  auf  66  m  berechnet,  eine 
Schltsnng,  die  eine  spfttere  Erweiterung  unsrer  Kenntnis  von  dem  eiszeit- 
lichen Phänomen  wohl  nur  erhöhen  könnte.  Lorren  wir  diese  Zahl  als  intra- 
placialen  Nullpunkt  fest,  so  wird  die  malayische  Untiefe  in  jpn»'r  Zeit  zu 
«inem  Land,  das  von  der  äquivalenten  Zahl  von  36  Faden  auf  den  Cliarts 
umgrenzt  wird- 

80  bestimmt,  erstreckt  sich  die  große  Platte  geschlossen  swischen  dem 
Festland  und  den  genannten  Inseln.  Hure  westliche  Nordgrenze  liegt  ziem- 
lich genau  auf  dem  f&nften  Grade  n.  Br.,  w&brend  sie  un  Osten  der  Malaj- 
Halbinsel  auf  Tinmeo  zu  etwa  zwei  Grad  südlichpr  liegt.  Im  Westen  und 
Süden  bildt  n  Sumatra  und  Java  (mit  Madura  und  Bali)  den  Abschluß. 
Die  Ostgreuze  wird  gegeben  durch  einen  entschiedenen  Abbruch  zwischen 
Boxneo  und  Oelebes,  der  sich  im  Westen  von  Gelebes  an  den  Kalu  Kalukuang- 
Inselchen  Torhei  durch  die  Lombok'Straße  zieht  (mit  Sterken  tiefergehendea 
Variationen  seitlich)  und  sowohl  Gelebes  wie  die  kleinen  Sunda-Tnseln  auf 
das  bestimmteste  trennt  von  jener  großen  zusamintMibängenden  Tafel  westlich 
von  diesen.  Die  Karte  verzeichnet  zwischen  Honieo  und  Gelebes  die  sonst 
in  jenem  Gebiet  nirgends  eingetragene  Uundertfadenlinie,  welche  gegenüber 
der  Liban  j-Bay  auf  Oelebes  am  weitesten  nach  Osten  TOrstfiBt  Die  86-Faden- 
linie  würde  nicht  sehr  weit  Ton  ihr  abweichen;  sie  niher  auszuziehen  hak 
keinen  Zweck,  da  es  sich  hier  nur  um  die  niemals  bestendene  Verbindung 
mit  Oelebes  handelt,  was  durch  das  Vorhandensein  einer  100 -Fadenlinie 
umsomelir  bezeichnet  ist. 

Die  dunlist  liiüttliche  Tiefe  der  so  umgrenzten  Platte  mag  um  zwölf 
Faden  betragen,  so  daß  die  glaciale  Landerhebang  etwa  24  Faden  also 
etwa  44  m  betragen  h&tte.  Im  Kordwesten  sog  sich  ein  sidi  gegen  die  Aroa* 
Inseln  zuspitzender  seichter  Graben  von  wenigen  Faden  Tiefe  hinein  usw. 

Es  liegt  nicht  in  meiner  Absiebt,  hier  auf  solche  Einzelheiten  weiter 
einzui^eben,  ich  wollte  nur  darauf  hinweisen,  daß  die  bemerkfnswtrte  in- 
din  kte  Einwirkung  der  Eiszeit,  die  in  der  allgemeinen  Herunterdrückung 
des  Meeresniveaus  lag,  an  dieser  auffallenden  Platte  zwischen  Sumatra  und 
Bwneo  in  besonders  ausgeddmtem  MaBe  hat  sum  Ausdruck  kommen  müssen. 
Fflr  die  Verbreitung  organischen  Lebens  war  diese  glaciale  Laadpiatte  natfir^ 
lidi  von  wesentlicher  Bedeutung. 


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Geographische  Neuigkeiten. 


705 


Geographische  Neaigkeiten. 

ZuüUuneogeeteUt  von  Dr.  Angast  Fitaau. 


«  Die  Oberfläche  des  aKiatischen 
Rußlands  ist  von  Tillo  und  nach  des- 
sen Tode  vou  Öchokalaky  auf  Grund 
4er  yon  Boleohew  geieicluieteii  grofien 
Kart«  von  Russisch-Asien  im  Maßstab  von 
1:4200  000  neu  bestimmt  worden;  die 
Ergebnisse,  soweit  sie  sich  auf  die  Flä- 
cheninhalte der  QoaTernements 
und  Provinzen  von  Rtuailch-ABien  be- 
xieben,  sind  nach  Hammer  in  Peter- 
manns  Mitteilungen  1906,  Ö.  235  folgende: 
Aeiatisches  BnBland:  itSSOlSOqkm. 
A.  Sibirien  18  891  920  qkm 

1.  Amurprovinz  .    .       447  l'<0  qkm 

2.  Gouv.  Jenisseisk  .     2  604  420  „ 
S.  Prov.  Transbaikalien  618  280 


4.  OoQT.  Irkntsk . 

6.  Küsten provinz . 

6.  (iouv.  Tobolsk 

7.  Gouv.  Tomsk  . 

8.  Prov.  Irfcotsk  . 


»♦ 
«* 


746  650 

1  842  430  „ 

1327  310  „ 

862  530  „ 

8  947  650  „ 

12  891  920  qkm 

.  3  4H8  210qkin 
.  566  590  qkm 


4. 
ö. 
6. 
7. 

8. 
9. 


n 
n 


n 

M 


B.  Z ontral- Artien 

1.  Prov.  Akmolinsk. 

2.  Transkaspische  Prov.  667  080 
8.  ProT.  Samarkaod  87  080 

Semipalatingk  5" 6  780 
Scmirjetschensk  395  *.(30 

Syr-barja  .    .  515  850 

TargM.    ..  464  960 

rralB'<  .    .    .  .'502  110 

Ferghaua  .   .  122  430  „ 

8  488  210  qkm 
€.  Teile  vom  europft- 
ieehen  Ruftland(TeUe 

von  Orenburf^ ,  Perm, 
UiimHk),  die  /.um  asia- 
tischen Rußland  gerech- 
net werden  ..... 

D.  Khiwa   

E.  B  u  c  h  a  r  a  

AsiatiBcliea  Iiußland  16  380  130  qkm 
*  Eine  Expedition  nach  dem 
Antiianrns  nnd  naehMeeopotamien 
bat  Dr.  Hu^o  Grothe  aas  München 
mit  kaiserlicher  I  ntüiHtützung  zu  Anfang 
des  Herbstes  1906  vou  Konstautinopel  aus 
angetreten.  Ghnothe  benatste  die  anato- 
lieehe  Bahn  bis  sa  ihrem  Endpunkte  in 


288  070  qkm 

50  470  „ 
'JIT)  4f,(t  „ 


j  Eregli  und  ging  von  dort  auf  Wegen,  die 
seit  MoHke  und  seinem  Kameraden 
Oberst  Fischer  von  keinem  Europäer 
betreten  waren,  nach  dem  Antitaunis. 
Im  Tale  des  Bozanti,  dem  auch  die  sa- 
künftige  Bagdadbahu  folgen  wird,  und 
in  den  benachbarten  üerglandschaften 
wurden  Untersuchungen  über  Mineral- 
zeiehtom  nnd  AnbanflUiigkeit  angestellt, 
dann  wandte  man  sich  am  Südabhang 
des  Antitaurus  nordoHtwiirfs,  marschieite 
fünf  Tage  durch  herrliche  Hucbgebirgs- 
wftlder  and  erreichte  schlieftlich  Kaisarieh, 
nachdem  man  mit  Eifer  Inschriften  und 
Skulpturen  für  eine  vorderasiatische  Aus- 
stellung gesammelt  hatte,  welche  die 
Orientaliiche  Gesellschaft  in  München 
veranstalten  will.  Von  Kaisarieh  ans  ge- 
dachte Grothe  Uber  Maraeeh  nach  Moesnl 
SU  gehen. 

AftrÜM. 

«  Von  Hanns  Vischers  Reise 
durch  die  mittlere  Sahara  S.  i«)4';- 
liegen  briefliche  Nachrichten  des  Reisen- 
den ans  Mursuk  Tor,  welche  in  Petermanns 
Mitteilungen  1906,  S.  24o  reröffeni  licht 
werden.  Danach  gelangte  Vischer  in  drei 
leichten  Tugi.-miir»cheu  vou  Tripolis  aus 
nach  dem  1) jebel  Gharian,  wo  er  rOmieehe 
Ruinen  uini  ganze  unterirdi.'-che  Dörfer 
zwischen  Hainen  von  Oliven  und  Feigen- 
bäumen antraf.  In  Folge  von  Streitig- 
keiten, die  unter  den  Trägem  entstanden 
waren,  teilte  V^ischer  die  Karawane:  er 
selbst  zog  mit  den  Negern  und  in  Beglei- 
tung eines  türkisch^'n  Ofti/.ierä,  der  mit 
40  Soldaten  zu  ihm  gebtoßen  war,  der 
Boute  Barths  folgend  nach  Munik, 
während  die  Arabi-rleute  unter  einem 
arabischen  Führer  auf  eiueuj  andern  Wege 
nach  Murzuk  zogen,  wo  »ich  beide  Teile 
wieder  Tereinigten.  In  Mursuk,  wo  groBer 
Empfang  durch  den  Gouverneur  stattfand, 
bereitet  sich  Vischer  auf  ilie  WeiterroihC 
vor,  er  hutft  zu  Neujahr  am  Tsad-See 
einzutreffen.  Auch  ein  Besuch  von  Tibesti 
ist  in  Aussicht  genommen  worden.  Lei- 
der scheint  die  Ex|>t'<liti(in  nach  ihrem 
Aufbruch  von  Mur/.uk  uicut  weiter  so 
ruhig  verlanfen  an  sein,  wie  bis  dahin. 
Telegraphische  Naohriehten  vom  19.  Okt. 


«flOsn«Uaah*SMlMhiill.  IS-Jakcgug.  ISO«.  tl.BUI. 


48 


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706 


Geogrsphisehe  Neaigkeiien. 


aoa  Tripoli»  meldeu,  duü  ViBchers  Kara- 
wane ftnf  dem  WeHemuuraeh  naefa  Sfldea 

boi  Tedjerri  südlich  von  der  Oase  Gatrun 
2<ȟ  km  von  Miirzuk  von  Tuareg  ange- 
ghtfeu,  daß  aber  der  Angritf  ohne  be- 
sondere Verlaite  ebgeschlagen  wurde. 

»  Die  deatschü  Expe<litiüi.  /  ir 
Erforachung  d«T  Sohlafkran  k  !i>  it 
unter  Prof.  Kochs  Leitung  (S.  1GU>  hat 
jetet  ihr  Haoptquarfcier  auf  den  Seeee- 
Ineeln  im  Viktoria -See  anfgeschlagen, 
wohin  sie  in  den  ersten  Tagen  des  Sep- 
tember von  Kntebbe  aus  übergesiedelt  ist. 
Da  die  Serae^Inaeln,  die  tob  Schlafkrank- 
heit und  Rückfallfieber  im  hohen  Grade 
verBeurht  sind,  nur  sehr  mangelhafte 
Unterkuut't  uud  Verpflegung  bieten,  hatte 
Stabearst  Banse  auf  der  ▼on  Kooh  da- 
zu bestimmten  Insel  Ugalla  vorher  bereite 
in  Form  eines  fest^'n  Zeltlufjers  (Quartier 
gemacht.  Mit  Prof.  Koch  arbeiten  zur 
Zeit  auf  den  Sesse-Inseln  die  Professoren 
Kleine  und  Beek  und  die  Stiibsärzte 
Banse  und  Kndicki-  Srhon  in  den 
ersten  Tagen  der  begonnenen  Arbeit  sind 
den  Foracbem  an  SOO  an  den  ersten  Sta- 
dien der  Schlafkrankheit  (Trtfjjanono- 
tnyusis)  Leidende  /.n^Tströnit  Dii*  'ilos- 
sinen,  die  gefilrchtetcn .  die  Krankheit 
Übertragenden  Stechfliegen,  sind  in  Masse 
toihanden,  nnd  auch  die  im  Viktoria-See 
häufigen  Krokodile  bieten  wichtiges  wis- 
senschaftliches Untersuchungsmaterial.  Das 
Ende  der  Expedition,  mit  deren  liesul- 
taten  Koeh  bisher  solrieden  ist,  ist  noch 
nicht  abzunehen ;  die  Arbeiten  auf  den 
Sesge-Inscin  hotft  man  vor  Sommer  IWil 
beendigen  zu  können. 

*  Eine  Forschnngsreise  im  Ott- 
horn von  Afrika  hat  Don  Li vio  Cae- 
tani,  ein  Snhn  des  Herzogs  von  Sermo- 
ueta,  der  bitiber  Öekretär  der  italienischen 
Qeeandtschaft  am  Hofs  H eneliks  war,  vor 
Antritt  seines  neuen  Postens  in  Petersburg 
angetreten.  Der  Reisende  gedachte  von 
Addis  Abeba  aus  durch  das  Gallaland 
den  Budolf>See  sn  erreichen,  diesen  sn 
nmwandern  und  in  den  Quellen  des  Omo 
vorzudringen;  voraussichtlich  wird  sich 
die  Reise  bis  iu  den  Sommer  1907  hinein 
erstrecken. 

♦  Im  Laufe  de«  Monat  Oktober  «ind 
in  D  e  u  t  s  c  h  -  S  fi  d  w  e  h  t  a  t'r  i  k  a  zwei 
Eisenbahnen  iertiggestellt  worden, 
wodnrch  die  wirtaehalUiche  Entw^^ung 
dieser  Kolonie  hoffentlich  ein  heseblen- 


nigteres  Tempo  annehmen  wird.  Im  nörd- 
Hehea  Teile  iek  die  Otawibahn«  welche 

die  kupferreichen  Otawiminen  mit  der 
Küst4>  verbindet,  um  die  Kupfererze  zur 
Ausfuhr  bringen  zu  können,  fertiggestellt, 
so  da6  für  die  ersten  Monate 1907  der  Beginn 
der  Ausfuhr  erwartet  werden  kann.  Von 
größerer  Bedeutung  als  diese  ausschließ- 
lich einem  Privatunternehmen  dienende 
Bahn  ist  die  im  Sflden  der  Kolonie  fertige 
gestellte  Eisenbahn  von  Lüderitr. bucht 
nach  Kubub.  die  nicht  nur  für  die 
Verptlegung  unserer  im  Süden  stehenden 
Truppen  sondern  auch  fBr  die  AnfiMdilieflang 
der  ganzen  südlichen  Hälfte  der  Kolonie 
von  größter  Bedeutung  werden  wird.  Der 
Hauptwert  der  Bahn  liegt  vorläufig  dann, 
daß  es  jetzt  möglioh  ist,  den  sich  von 
di  r  Kü>te  80  bis  100  km  laadeinwiltt« 
erntreckenilcn  wasser-  und  vegetations- 
losen Wüstengärtel  gefahrlos  durchqueren 
nnd  das  grasreiehe  Innere  dee  Luides  in 
wenigen  Stunden  erreichen  zu  können. 
Der  Biui  der  Bahn,  die  als  Anfani:!it:li'd 
einer  sich  später  au  das  Kupbahunetn 
anschlieSenden  Inlandbahn  die  Kapspur- 
weit«-  von  1  m  hat,  gestaltete  sich  beson- 
ders in  dem  Dfinengurtel  zwiscliei!  l'J 
und  26  km  wegen  der  gefürcht«ten  Wan- 
derdünen sehr  schwierig,  konnte  aber  in 
der  knnsen  Zeit  von  sieben  Monaten  so 
Endf  geführt  werden.  Die  Bahn  hält 
sich  nördlich  des  Tsi-haukaibis-  uud  des 
Tsinubgebirges  und  endet  vorluuhg  bei 
der  Wasserstelle  Ans«  ohne  die  kleine 
Militilrstation  K»ibub  zu  benUiren;  sie  ist 
rund  IHS  km  lantr.  über\s'inilet  Steiguim-'ü 
von  1 :  40  uud  hat  außer  den  beiden  Kud- 
bahnhOfen  drei  Zwisehenstatiooeii,  die  je> 
doch  nur  fHi  Betriebszwecke  in  Betracht 
kommen.  Zur  BeschulTung  de«  für  den 
Betrieb  nötigen  Wassers  sollen  längs  der 
Bahn  Wasserbohmngen  ansgefBhrt  we^ 
den,  von  denen  man  sich  auf  Grund  geo- 
logischer l'ntersuihuugen  einen  guten 
Erfolg  verspricht.  Ihre  volle  Bedeutung 
wird  natfidich  die  Bahn  erst  erlaagoa, 
wenn  sie  ihre  Fortst  tzung  bis  nach  Keet- 
m.mshoop  gefunden  haben  wird,  wozu 
hoffentlich  der  im  .lanuur  1907  neu  zu 
wftUendeBeicbstag  die  nötigen  Mittel  ge- 
währen wird. 

Nordamerika. 
*  Die  Zahl  der  in  den  Uet>ervatr 
gebieleii  derVeceiiiiglen  Staaten  lebenden 
Indianer  w&chst  entgegen  dergewOhn» 


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Geographische  Neuigkeiten. 


707 


licll6n  Annahme  langsam  aber  stetig',  wie 
Mia  einer  Statistik  hervorgeht,  die  kürz- 
licli  von  dem  Major  Larrabee,  dem  Be- 
ToUm&cbtigten  fdr  die  indianitdien  An- 
gdegeidieiten  in  den  Vereini^rten  Staaten, 
■USanimen^estollt  wurde  Im  Jahre  1830 
sUüie  mau  262  404  Indianer,  im  J.  1860 
«54  800,  im  J.  1880  256197,  im  J.  1900 
272  023,  und  heute  z&hlt  man  284000  In- 
dianer. Die  Legende  von  dem  Aussterljeii 
der  Indianer  führt  Larrabee  auf  die 
durch  die  Schilderungen  der  ereten  Bei- 
oenden  herrorgemfene  Meinung  zurück, 
daß  das  Lund  ursprünglich  dicht  mit 
Indianern  bevölkert  war,  was  aber  nicht 
der  Fall  war. 

Nord-Polargesrenden. 

*  über  den  Verlauf  und  die  Krgeb- 
nisse  der  Expedition  den  Filrsten 
Albert  TOB  Monfteo  aftch  8pitsber> 

gen  (S.  414)  berichtet  La  G.-ogr.  1900, 
S.  172.  Die  Expedition,  an  der  außer 
dem  Fürsten  selbst  Dr.  Richard,  Di- 
rektor dea  ozeauiiehen  Mnaeome  Ton  Mo- 
naco, Dr.  Portier,  Dr.  Bruce,  der  ein- 
stige Leiter  der  B<  hot tischen  Südpolar- 
expeditiou,  Kupitiiu  luachaeu  und  Pro- 
feMor  Hergeaell  «u  StraBburg  aU 
wieaemchaftliche  Mit<;lieder  teilnahmen, 
verließ  am  Juli  an  Bord  dtr  „Prinzeti 
Alice*'  Tromsü  und  ging  am  12.  deti»elbeu 
MoBftta  in  der  King-Bai  nn  der  Westkfiete 
von  Spitzbergen  vor  Anker,  wo  <lie  mit 
den  Landefiforsi  liuii^'e!!  beauftraii^teii  Ab- 
teilungen au  Land  gingen.  Am  14.  Juli 
ging  Bruce  mit  8  Mann  nach  Prins  Karl- 
Vorland,  einer  ijrdßen  bisher  noch  un- 
l  el:iinnten  ln!<el  au  der  Westküste  Sjiitz- 
bcrgeus,  und  nahm  trotz  häutiger  Giebel 
die  nördliche  H&lfte  der  Lusel  wfthrend 
eines  mehrwöchigen  Aufenthaltes  auf. 
Eine  andere  Abteilung'-  unter  Tnai  hucn  ver- 
maß vom  13.  bis  19.  Juü  die  Kruuz-liai, 
fahr  dann  anf  dem  Tender  „Qvedfjord" 
am  90.  Juli  nach  Smeerenberg  und  machte 
sich  von  hier  aus  fofort  an  die  Erfor- 
schung des  nordwestlichsten  Spitzbergen; 
man  teilte  sich  in  zwei  Abteilungen,  er- 
forschte in  96  Tagen  die  ganze  Gletecher- 
wolt  in  diesem  Teile  der  Insel  und  .er- 
einigte («ich  wieder  in  der  Kreuz- Bai, 
worauf  Isachseu  noch  von  deu  Gletschern, 
die  in  die  Smeerenberg-,  Magdalenen-  and 
Kreuz-Bai  münden,  Aufualimen  großen 
.Maßstabes  machte.  W&hxend  dieeex  Zeit 


kreuzt«'  der  Fürst  mit  Richard  und  Por- 
tier an  der  Küste  von  Nnrdwost-Spitzber- 
geu  und  befaßte  sich  du  bei  mit  ozeano- 
gr.iphischen  nnd  soologischea  Unter- 
suchungen; Richard  allein  veimochte  84 
Zü^-^e  mit  feinen  Netzen  air-/nFMliren  und 
zahlreiche  wieBenscbaftliche  i'hotographien 
aolbmehmen.  WShrend  dergaoaen  Kreazer- 
fabrt  studierte  Prof.  Hergesell  durch 
Ballonaufstiepri'  die  meteorologischen  Ver- 
hältnisse in  großen  Höhen ;  man  kann 
deihalb  von  deu  vielseitigen  Untersuchun- 
gen, die  von  der  Expedition  aoegeftthrt 
wurden,  eine  wertvolle  Frir^Ti/nng  der 
Bchwedischen  und  russischen  Forschungen 
in  dieser  Gegend  erwarten. 

«  Von  Pearye  Nordpolarezpedi« 
tion  sind  nun  endlich  günstige  Nach- 
richten ein^'etroffen,  aus  denen  hervorgeht, 
daß  sich  die  Expetiition,  nachdem  sie  die 
hOehite  bis  jetst  enreiehte  Breite  von  87  * 
6'  erreieht  hat,  wohlbehalten  auf  der 
Heinirt-ini'  befindet.  Dm  Verlauf  der  Ex- 
pedition schildert  kurz  das  Telegramm, 
welches  Peaiy  von  Hopedale  in  Labradcw 
am  2.  November  dem  Pearv -Arktic-Clnb 
in  Neuyork  f^esandt  !i;it:  .Ahe  *Booae- 
velt^»^  überwinterte  uu  der  Nurdkübte  von 
Gvant-Land«  etwa«  nOrdlieh  vom  Haupt- 
quartier des  »Alert*  im  WiutiT  l><rt4  «5. 
Wir  gingen  im  Februar  auf  Srhlitteu  via 
Kap  Uekla  und  Kap  Koiumbiu  uucii 
Norden,  wnrden  aber  durch  offenes  Was- 
ser zwischen  84"'  und  83*  aufgehalten. 
Jenseits  de.t  H(\  Breitenfrrades'  zerbrach 
ein  sechstiigiger  Sturm  das  Kis,  schuitt 
die  Yerbindong  mit  den  Unterstfltsimgs- 
kolonnen  ab  und  trieb  mich  nach  Osten. 
Wir  erreichten  den  87. •  6'  auf  dein  Eis 
stetig  nach  Oateu  treibend.  Auf  der 
Rflekkdir  aften  wir  adit  unserer  Hönde; 
wir  trieben  nach  Osten,  wurden  durch 
otfeneii  Wasser  auftjelMlN'n  und  erreicliten 
endlich  die  Nordküste  Grönlands  in  be- 
drängter Lage.  Wir  erlegten  einige  Mo- 
BchuBOchsen  nnd  kehrten  die  grOnUndische 
Küste  »iitlang  nach  den»  SchitV  zurück. 
Die  beiden  ruterstützuugsabteilungeu  wur- 
den auch  nach  der  Nordküste  ChrOn- 
laad  getrieben ;  eine  von  ihnen  wurde  im 
verhungernden  Zustiind«'  gerettet.  Nach 
einer  Woche  p>holung  auf  der  Koose- 
velt<  fuhren  wir  auf  Schlitten  nach  Westen, 
vollendeten  die  Toor  längs  der  Nordkfiste 
ton  Graut-Land  und  erreichten  weiteres 
Land  nahe  beim  100  l.ängeugrad.  Die 

48» 


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708 


Geographische  Neuigkeiten. 


HAunreite  war  ein  unaufhörlicher  Kampf  d&e  arktische  Eifl,  du  er  vom  Schiff  auf 
mit  Eis  und  Aviflri<.'em  Wind."  i'enry  öfters  betrat,  zu  machen.  Da  ihm  aber 
bat  also  seinen  ursprünglichen  I'lan,  an  die  Waljäger  nicht,  wit>  er  erwartet  hatte« 
der  Nordkfiete  tod  QrOnluid  oder  tob  '  mit  YoRiten  für  eioe  Überwintertmg  m- 
Grant-Land  zu  überwintern  und  im  Februar  sehen  konnten,  miifite  Harrison  am  Ende 
aufschütten  polwärts  vorzudringen,  durch-  dee  Sommers  wieder  mit  nach  der  Herschel- 
föhren können;  au  der  Erreichung  des  .  Insel  zurückkehren,  wo  er  auch  den  zwei- 
Kordpols  hindert«!  Um  nnvorhergesebene  ten  Winter  Terbringen  will.  Im  Frdhling 
Scbwierigkeit-en,  trota  deren  er  ab«;  noch  Tjut  will  er  dann  znnäohHt  eine  Reise 
einen  ;,'r(»licii  Krfolp,  am  weitesten  nach  nach  (>s,t(;ii  antreten  und  auf  dfm  Eise 
Norden  vorgedrungen  zu  sein,  erzielen  der  Küste  entlang  zurückkehren.  Im 
konnte.  Dnrch  die  Schllttenreine  naeh  ^  Sommer  lollen  WalfSiumr  von  San  Pran» 
Westen  entlang  der  Xordküfite  von  Orant- ;  zisco  aus  Vorräte  zur  Ubenrinterung  auf 
Land  tind  die  Auffindung  bisher  unbe-  Banks-Land  mitbringen  und  Harrison 
kannt-r  Teile  des  nordamerikanischeu  selbst  nebst  zwei  engagierten  Eskimo- 
Archipels  bat  Peary  auch  auf  dieser  Heise  Familien  dorthin  bringen  Dae  Ergebnil 
aar  Erweiterung  nnserer  Kenntnis  der  der  bisherigen  Untersuchungen  bilden 
Arktis  beigetragen  :  Karten  von  der  Baillie-  und  der  Herschel- 

*  Amundsen  ist  mit  seiner  Expe-  Insel  mit  einer  Reihe  von  Lotungen  zwi- 
dition  auf  der  „Gjöa''  am  19.  Oktober  sehen  beiden  Inseln,  die  wegen  der  Hafen- 
in San  Fnu»i«co  angekommen  nnd  hat  annnt  jener  KAste  von  besonderem  Werte 
von  dort  di  •  Heimreise  durch  die  Ver-  sind.  Auf  Grund  zahlreicher  neoliach- 
einigti-n  Staaten  n.ich  '  hristiania  ange-  tungea  über  die  Eisdrift  kommt  Harrison 
treten.  1  her  das  Ergebnis  seiner  Reise  zu  folgendem  Ergebnis:  Es  besteht  eine 
tnfleiie  sich  Amondsen  sehr  befriedigt  in  Drift,  welche  von  Point  Banow  nordost- 
der  festen  Überzcugong,  daß  er  den  wärt«  führt  und  welche  mit  den  Gewäs- 
magtleti^<chen  Nordpol,  da«  Ziel  seiner  Bern  des  Mackenzie  etwas  nördlich  vi»n 
Reise,  tatsächlich  erreicht  hat.  Die  Ord-  der  Herschcl- Insel  zuäummeutnüt.  Da 
nnng  des  Materials  nnd  die  Berechnung  diese  Wassermenge  nach  Norden  oder 
der  dn*ij&hngen  Beobachtungsreihen  wer-  Osten  keinen  Ausweg  findet,  wird  sie 
den  ungefähr  drei  Jahre  in  Anspruch  nach  Nordwesten  g'^drängt  und  nimmt 
nehmen;  erst  dann  wird  man  im  Stande  schließlich  die  Richtung  der  „Jeanette"- 
aein,  die  Ergebnisse  der  Expedition  in  nnd  .,Fram*'-Orift  an.  Für  die  ErUiraag 
Bezug  auf  die  Verhältnisse  des  magneti-  der  Strömungsverhältnisse  im  Polarbecken 
Mchcn  Nordpols  klar  zn  erkennen.  Die  int  diese  Mitteilang  von  großer  Beden- 
sonstigen  Beobachtungen  und  Erlebnisse  tung. 

während  der  Expedition  werden  nach  der  Mmtb« 
Bflckkehr  nach  Christiania  veröffentlicht  I  *  Das  Yermesfongasohiff  „Planet" 
werden:  <lie  ganze  während  der  Fahrt  ist  programmäßig  an  seinem  Bestim- 
angelegte  Sammlung  arktischer  Objekte  mungsort  Matupi  eingetrotfeu  (S.  ödä)  und 
wird  der  norwegischen  Regierung  zur  steht  nnn  am  Beginn  seiner  eigentiichen 
iVerflBgung  gestellt  werden.  |  AutVale,  der  Vermessung  des  deut- 

*  t^ber  die  Tätitjkeit  der  Harrinon-  H<'ht'n  S  ü  da  ee- (>  e  bi  et  es ,  di»-  ungcflUir 
NordpolarexpediLion  ^.S. 467;  während  15  Jahre  in  Anspruch  nehmen  wird.  Das 
des  Sommers  1906  berichtet  der  Leiter  Schiff  wird  nuäcihsl  die  Hermite-Tnseln^ 
der  Expedition  in  einem  Briefe  vom  ein  Atoll  im  Norden  von  Neu-Ouinea, 
i6.  August  von  der  Herscliel- Insel  aus  aufsuchen  und  hier  mit  den  hydrographi- 
(Geogr.  Jüurn.  linxi.  S  512).  Den  Früh-  sehen  Arbeiten  beginnen.  Daran  schließt 
ling  und  die  ersten  Sommermonate  ver- '  sich  die  Yermesdung  des  Nordostens,  der 
bnudite  Barrison  anf  der  HereeheUbsel;  Kdsten  ron  Neu  Mecklenbntg«  des  vor- 
erst im  Juli  bot  sicli  ihm  die  (lelegenheit  gelagerten  Neu  -  Hannover«  und  der  St. 
zur  Überfahrt  nach  Banks-Latid  au  Bord  Matthias-Insel,  dann  der  Gewässer  nörd- 
eines  Walfängers.  Während  der  sechs-  lieh  von  Nea-Pommern  bis  zum  Kaiser 
wöchigen  Kreuserfahrt,  die  ihn  bis  cnm  Wilhelm- Laad,  dw  Admiralitftts-Inseb 
Kap  Kellet  auf  Banks-Land  brachte,  ver-  und  des  Gebietes  im  Südosten.  Das  alte 
mochte  Harrison  wertvolle  Stadien  über  Vermessungsschiff  „Möwe*^  bat  in  einer 


Bfleberbeapreehnngeii. 


709 


lOjäbngen  Tätigkeit  1000  km  Küstenl&oge 
vttmMMn;  4ai  noeh  unvermentne  Gebiet 
hat  eine  KüsteuHtrecke  von  7()00  kni;  es 
WjVren  somit  nach  dem  alt  i  n  \'t'rriilireu 
noch  70  Jahre  für  die  VermeHSung  uuserea 
Sfidflee>Schutzgebieto8  erforderlich.  Dank 
der  zweckmllSigen  Einrichtung  des  mo- 
dernen Vermessun^'-isrhifffs  „Plftnet**  und 
der  Anwendung  der  von  Dr.  Pulferich 
erfundenen  Stexeophotugrammetrie  wird 
es  »ber  gelingen,  dM  Gebiet  in  15  Jabxen 
SU  yemenen. 

Persöiiliclios. 
*  Am  22.  Oktober  Htarb  zu  Jena  im 
Alter  ?on  69  Jahren  der  ehemalige  Pro* 

fessor  der  .Anthropologie  ond Uvgeidlichte 
an  dir  L'niveraitilt  Leipzig  Dr.  Kmil 
Sc b m/dt.  Der  (ielehitti  war  aut  dem 
Gebiete  der  amerikanitehen  Urgeaehiehte, 
der  physischen  Anthropologie  und  Kranio- 
logie  eine  AutoriUU  und  veröffentlichte 
seit  1872  eine  Reibe  von  benorragenden 
Werken  und  Abbandinngen  Mt  diesen 
Gebieten.  Durch  eine  1889  naoh  Indien 
und  Ceylon  unternommene  Reise,  über 
welche  er  zwei  Werke:  „Heise  in  äüd- 


I  Indien'^  und  „Cejrlon"  verötientlicbte,  hat 
'  sieh  der  yerKtorbene  auch  den  Geogra- 
j  pben  vorteilhaft  bekannt  gemacht.  Un* 
svre  Zeitflcbrift  verliert  in  ihm  Mnen  Ter- 
I  dienten  Mitarbeiter. 

i*  Bei  der  diesjährigen  Wiederkehr  des 
Todestages  Ferdinands  v.Biehtbofen 
ist  in  Berlin  ein  Eichthofen-Taj?  be- 
gründet worden  ais  Vereiniguiifr  ehe- 
maliger Schüler  de»  großen  Uelohrien. 
Der  Zweck  dieser  Vereinigung  ist  die 
PHege  dea  Andenkens  an  die  Persönlich- 
keit und  die  Lthcnsarlteit  Hirl^thofens, 
sowie  die  Förderung  aller  Untemebmuugsn, 
die  sich  an  seinen  Namen  knflpfen.  Der 
I  Ricbthofcn-Tng  wird  vorwi^ttid  wi,Ren- 
scliultli' lif  Ziele  verfolgen  und  die  Er- 
haltung und  Weiterentwicklung  der  von 
Bichtboten  vertretenen  Forsehnngsprinsi- 
pien  in  der  Geographie  zu  fördern  streben. 
Der  nächste  Richtholen-Tn^  wird  wieder 
lam  Todestage  des  Forsciiorä  im  uücbsleu 
Jabre  in  Berlin  einbemfen  werden.  (Zn- 
I  Schriften  sind  zu  richten  an  Dr.  E.  1'  i  e  s  »  e  n, 
Berlin  -  Friedenau,  Friedrich  Wilhelm- 
I  Platz  C.) 


Bftclierbesprei;  Illingen. 

Pencfc  y  Albr.  n  V  o  h  a  (•  h  1 11  n  a  1  ?  ren  len  ermöglichten.  Mit  (lenugtuung 
Grundlage  der  Geographie,  vernehmen  wir  daher  (S.  62;,  „daß  die 
68  8.  Berlin,  Gebr.  Bomtnlgcr  1906. !  prenfiische  Regierung  die  MOglidikeit  mr 
Unter  diesem  Titel  hat  Pen  ck  seine  !  weiteren  Ausgestaltung  des  geographischen 
Abschiedsrede  an  seine  Wiener  Schüler  HochsLliult-tudiuins  in  Berlin  durch  Ge- 
und  seine  Berliner  Antrittsvorlesung  ver-  Währung  von  Mitteln  zur  Voroabme  von 
OffentUcht.  Beide  Reden  verdienen  aber  geographischen  Exkursionen  der  Studie- 
ebenso  sehr  die  Beachtung  der  Fach-jrenden  gewährt  haV*.  Es  ist  nur  m 
mSnner,  wie  der  Stmiierenden  der  Geo- '  hoffen,  <I;i Ii dieProvinz-rniv"rHitaten,<icren 
graphie,  indem  diu  eine  einen  Ülierblick  peograjilupche  Apparate  in  Preußen  obne- 
über  Pencks  Wirksamkeit  in  Wien,  die ,  bin  ächlecbter  ausgestattet  sind,  als  au 
nodeore  dne  Art  Progranun  fOt  die  in  dennichtpreaßiscbeuUniversitfttennnd  von 
Berlin  biingt.  In  beiden  wird  das  größte  |  denen  einzelne  mit  l  e-cheidenerrn  ^fitteln 
Gewicht  auf  .-Vnleitnn^  zum  Selbstseben  ;  dasselbe  zu  lei.sten  vi'nn'i'.^i'n .  niclit  zu 
nnd  auf  das  Studium  im  Gelände  gelegt,  l  sehr  als  Ascbenlrüüel  behandelt  und 
Obvrohl  es  kaum  einen  akademischen  j  lediglich  anf  den  Beistand  umsichtiger, 
Lehrer  geben  dürfte,  der,  in  der  Theorie  aber  in  ihren  .Mitteln  beschrankter  Kura- 
wenigstens,  nicht  mit  Penck  voll  flberein-  toren  angewiesen  Vdeiben.  Üiebewunderns- 
stimmt,  so  ist  doch  von  Wert,  im  Zu-  werte  Ürgauit^ation  des  geographiscbeu 
aammenhaoge  an  fiberblicken,  welche  6r-  Studiums  ao  der  Pariser  Univerait&t,  aneh 
folge  P.  damit  erzielt  hat ,  allerdings  in  dieser  Hinsicht,  verdient  alle  Beaoh- 
Dank  einer  umsichtigen  l  nterrichtsver-  tung,  wenn  man  auch  in  Zukunft  von  der 
waltung  und  sonatigen  Einrichtungen,  Geographie  als  der  deutschen  Wisseu- 
VQlche  Ansinge  nnd  Beisen  mit  Studie-  schaft  sprechen  soll.      Tb.  Fischer. 


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710 


Büoherbetpraohnngen. 


BeelnSf  Elis^e  f.    Lee  Yolcang  de  la 
Terre.   (Hrsg.  von  der  „Soc.  Beige 
d*Aitroiiomie,  de  Meteorologie  et  de 
Physique  du  Globe".  I.  faec.  I.  part.: 
Asie  Anterieure.  S.  5— 167.  Brfls- 
■el  (nicht  genannt)  1906. 
Ein  paar  Jahie  vor  seinem  Tode  hat 
Klisee  Keclns  damit  bej^onnen,  eine 
Sammlung'   von    kurzen  Heschreibunj^en 
aller  Vulkane  der  Erde  zu  verfassen.  Er 
hat  sie  eiii  ,,NMhflehlagehnch**  gensiuit 
und    foljfcndon    Arbeitsplan  aufpostellt 
Alle  \ ulkatiischeu  Herde,  die  irgendwann 
in  der  Zeit  seit  dem  Begiun  des  Tertiärs 
tfttig  waren,  nnd  anfranohman.  Kleinere 
Ergüsse  and  paraeitixche  Vulkane  sollen 
überp^anpen  werden.    Die  Anordnung  ist 
topographisch.  Sie  beginnt  mit  den  Vul- 
küien  Vorder- Aeiene;  ee  eolloi  folgen  das 
Mitteimear- Gebiet,   die   übrigen  Stellen 
Europas  nnd  die  Inner- Asiens,  die  ^'n.ß.  ri 
Ketten  von  Kumtachatka  bis  Insuiiude, 
die  mit  den  grofien  Bmehlinien  des  8«t- 
lichen  Aftika  verknüpften  Vulkane,  die 
des  atlantischen  Beckens,  die  Riesenketten 
Nord-  und  Südamerikas  und  schließlich 
die  Fenerberge  der  Polar-Gcgenden. 

In  sehr  dankenswerter  Weise  hat  die 
„Societ«'  Beige  d'Astronomie,  de  Meteo- 
rologie et  de  l'hysique  du  Giobe'*  die 
Heraasgabe  dieees  bedentsamen  Werket« 
übernommen.  Nach  Elis^e  Reclus'  Tod 
(vgl.  G.  Z.  XI.  1905.  isi)  libortnig  die 
Gesellschaft  die  Fortführung  des  Werkes 
•einem  NetTen  Paal  Beclus,  seinem 
Nachfolger  in  der  Direktion  dea  mit  der 
Brüsseler  „TuiversitL'  nouvellc"  verbun- 
denen (Je()i,'raphischen  Instituts,  in  dessen 
Hand  auch  die  Herauagabe  des  uach- 
gelaaeenen  Werkes:  ^L^homme  et  la  terre** 
liegt.  Bei  der  Fortsetzung  der  „Vulkane^ 
bat  Paul  Reclus  «inen  Mitarbeiter  in 
Pierre  Öchoenaer».  l'rof.  Ch.  Velaiu 
von  der  Pariser  Sorbonne  and  Ptof.  W. 
Prniz  von  der  Brüsseler  üniver.-^il.'  libre 
st-'hcn  andauernd  dem  Werke  mit  Rat 
und  Tat  ziu  Seite.  So  erscheint  der  un- 
gestörte Fortgang  des  groB  angelegten 
Cnteruehmens  gesichert. 

•Jüngst  pn<chienen  die  letzten  Bogen 
des  ersten  grüüeren  Abschuittes:  die  Vul- 
kane Vorder- Asiens  in  fünf  Kapiteln: 
Iran«  Armenien,  Syrien,  Klein-Asien,  Kau- 
kasus (einschlicßlicii  der  Krim).  In  Be- 
schreibungen noch  Art  der  „Nouvelle  Geo- 
graphie ünivenelle'*  werden  saent  die 


größeren  Gebiete,  in  denen  sich  vulka- 
nische T&tigkeit  entfaltet  hat,  topogra- 
phisch daigeetellt  anter  Berflokiiohtigaag 

ihres  geologischen  Aufbaues.  Es  folgen 
die  Schilderungen  der  einzelnen  vulkani> 
sehen  Massive  und  Vulkane,  die  eine 
FSUe  interessant«  iopographisdier  nnd 
historischer  Einzelheiten  bringen  und  ins- 
besondere die  Bexiehiingcn  des  Menschen 
zu  diesen  i'unkten  der  Erdoberfläche  ein- 
gehend berflcksiehtigen.  Es  sind  beeehrie- 
ben  oder  wenigstens  genannt  am  vnlkani- 
scbeu  Stollen  aus  Tran  27.  davon  drei 
tütige  Vulkane,  aus  Anuenieu  «U,  davon 
ein  tfttiger,  ans  Syrien  4%  (kein  tttiger 
Vulkan),  aus  Klein-Asion  31,  davon  eim  r, 
au<*  dem  Kaukasus  nebst  Vorland  und 
der  Krim  38,  wovon  17  tätig. 

Aneh  der  Anf  baa  der  einidnen  Vol- 
kane  wird  aus  den  vorhandenen  Quellen 
■Mit wickelt,  die  freilich  für  viele  Teile 
\  order-Asiens  in  dieser  Hinsicht  noch 
ftberans  spariieh  flieSen.  DenUieh  seigt 
sich,  wie  vi<  l  in  diesen  Gegenden  noch 
der  Arbeit  des  beobachtenden  Geologen 
und  Geographen  harrt. 

Da,  wo  in  der  Fortsetzung  des  WeAes 
über  die  Mittelmeer- Länder  hin,  weit 
be.-iser  bokannt^  Gebirte  behandelt  wer- 
den, sind  abgerundetere,  klare  Darstel- 
lungen des  geologischen  Baus  der  einael- 
nen  Yulkangruppen  zu  wünschen.  Sie 
sollten  reichlich  von  Skizzen  begleitet 
sein,  die  ganz  einfach  gehalten  8>^in  könn- 
ten. Ein  Anfang  in  dieser  Richtung  ist 
gemacht  in  einigen  dem  bisher  Erschie- 
nenen beigogebonen  Illustrationen  unri  in 
zwei  hübschen  Tafeln.  Sie  entstammen 
dem  mit  dem  geographischen  Institut 
verbundenen  kartographisehen,  das  von 
E.  Patesson  geleitet  wird. 

Viele  Hinweise  auf  die  Literatur  sind 
dem  Text  eingefügt,  und  überdies  belindet 
sich  am  Ende  jedes  Kapitels  eine  wert- 
volle eingehende  Bibliographie  des  be- 
handelten Gebietes. 

Möge  das  Werk  die  Hoä'nuugen,  die 
man  mit  Recht  an  seinen  eisten  Teil 
knüpfen  darf,  auch  weiterhin  erfüllen 
und  grundlegend  werden.  Als  .\bschluß 
des  gesamten  Werkes  ist  eine  Darstellung 
des  Vnlkaniflmns  aas  der  Hand  eines  Geo- 
logen  in  Au.<sicbt  geuommeu.  sicherlieh 
ein  sehr  glücklicher  Qedanke.  C.  Uhlig. 

CMtiy  WUkelm.  Das  Sehwinden  des 


Bächerbesprechungen. 


711 


Watten  in  den  höheren  Boden- 

lapen.  29      München,  l'.ior. 
Der   Vertiisser  weist   zunächst  nach, 
•daß  durcii  W  aldbescitiguug  und  Auadeh- 
nnng  dee  Ackerlende«  sowie  durch  kflnst- 
liche  Verkleinenintr  der  gtehendpn  Wasser- 
flächen (Trockonh'rren  von  Seen,  Mooren 
und  Öümpfeu)  eine  Minderung  der  Ver- 
dnnetaDgamenge  Teronacht  werde,  was 
in    geringem    Grade    auch  klimatische 
Änderungen  zur  Fol^'c  habe  wie  stärkere 
Temperaturgegensätze  und  geringe  Ab- 
nahme   der  Niedenehlagtmenge.  Dae 
natürliche  Zurückgehen  des  Waldes  er- 
H\\>t   sich  für  ihn  namentlich  aus  dem 
vielfach  beobachteten  Sinken  der  oberen 
Waldgrenze,  als  deren  Ursache  er  wieder 
die  fortschreitende  Verwitterung  und  das 
rafrhpre  niid  tiefere  Einsinken  desNieder- 
HcklagHwadbers ,   die   obige  klimatische 
Änderungen  bewirken,  annimmt.  Das  vn- 
mehrtc  Einsinken  des  Wassers  sucht  Götz 
durch  die  stete  Znnahnie  der  Mächtigkeit 
des  Verwitterungsbodens  und  durch  das 
dadnreh  bedingte  Sinken  des  Sicker-  nnd 
Grundwassers  su  beweiHen.    Diesem  Ver- 
lust steht  nur  eine  sehr  {^eriii<,'f  Waeser- 
xafnhrong  gegenüber.    In  Betracht  kom- 
men die  HeeresatmosphEre,  deren  Wasser- 
abgabe sich  aber  in  historischer  Zeit 
kaum  verändert  halien  kann,  dann  das 
Meerwaüücr,  für  deatten  tiefergehende  Im- 
bibation  jeder  Nachweis  fehlt,  und  schlieft- 
lidi  das  Wasser  des  Bvdinnem,  dessen 
Zufuhr  aber  auf  die  vTilkanischen  und 
tektonisch  gestörten  (Jebicte  der  Erde  he- 
schr.inkt  bleibe.    Da»  Ergebnis  der  Bu- 
rechnong  von  Vetlnst  nnd  ZoAibr  sei 
demnach  ein  Schwinden  des  Wassers  in 
•den  höheren  Bodenlagen. 

Diener  Beweistuhruug  des  Verfassertt 
vermögen  wir  nieht  ohne  weiteres  beisa- 
stimmen.  Es  liegt  hier  ein  auBerordeut- 
lich  schwieriges  Problem  vor,  dessen  Lö- 
sung nicht  eher  gefunden  werden  kann, 
als  bis  Aber  die  Vorgänge,  welehe  das 
Schwinden  des  Wasser  beweisen  sollen, 
völlige  Klarheit  geschaffen  ist.  Die  Ur- 
sache des  Sinkens  der  oberen  Waldgrenze 
im  Gebirge  ddrfle  wohl  aneb  in  der  Denn- 
dation  zu  suchen  sein,  durch  die  der 
Verwitterungsboden  von  den  I  nheren  Ber- 
gen beständig  talabwärts  getragen  wird, 
ein  Vorgang,  der  an  der  oberen  Vegeta- 
tionsgrenze  sich  am  deutlichsten  zeigen 
snnft,  weil  onterhalb  dieser  die  Denuda- 


tion durch  den  Pflanzenwuchs  behindert 

wird  l)aß  die  Zunahme  des  Verwittenings- 
bodens  unbedingt  auch  eine  Verminderung 
der  Wasserverdunstung  bewirken  müisüe, 
kann  immerhin  bestritten  werden.  Zu- 
nahme des  Verwitterunpsbodens  hat  meist 
auch  Zunahme  der  Vegetation  zur  Folge 
und  diese  vermehrt  wieder  die  Verduu- 
stongsmenge.  Vereinseitee  Tiefersinkai 
des  Grundwassers  und  seiner  Quellen  ist 
kein  l^eweis  lur  eine  allgemeine  Abnahme 
des  Boden  waätters.  Aber  wenn  auch  gegen 
die  AnsflUurnngen  des  Verfassers  Ein- 
wände uns  berechtigt  erseht  inen,  so  ver- 
kennen wir  doch  nicht,  daß  dem  Ver- 
fasser es  als  ein  besonderes  Verdienst 
angereehnet  werden  mnfi,  auf  die  Mög- 
lichkeit einer  allgemeinen  Abnahme  des 
Wassers  in  den  oberen  Bodenschichten 
hingewieneu  und  die  weitere  Erforschung 
dieses  Vorganges  angeregt  zu  haben,  üle. 

Schmidt,  <teorg  Max.  Geschichte  des 
Welthandels.  (Aus  Natur  und 
Geisteswelt.  118.  Bd.)  140  8.  Leip- 
zig, Teubner  lUOÖ.  1.26. 
Das  Iiu1)S(1h>  Bündchen,  das  sich  an 
weitere  Kreise  wendet,  ist  aus  Vorträgen 
entstanden,  die  der  Verfasser,  Oberlehrer 
in  Marburg,  in  den  dortigen  Ferienlcursen 
des  vori^'en  Jahres  gelullten  hat.  Als 
tüchtiger  Geograph  und  llislonkt  r  zeijrt 
er  sich  gründlich  vertraut  mit  der  jetzt 
so  umfilssenden  Literatur  seines  Gegen- 
standes (obwohl  er  sie  nicht  in  Zititten- 
reihen  vorführt  uii'l  liat  in  recht  anspre- 
cheuder  Weise  aud  der  gewaltigen  Fülle 
des  Stoffes  in  sweckmftBiger  Gliederung 
ein  Ganzes  gestaltet,  das  auf  jeden  Leaer 
bei  der  ruhigen  Klarheit  des  Stil«  fesj^elnd 
wirkt  und  auch  auf  den  Fachmann  durch 
fein  durchdachte  Übersichtlichkeit^  ver> 
bunden  mit  gesunder  Kritik,  den  ESindruok 
nicht  verfehlen  wird. 

In  sieben  Absclmitteu  erhalten  wir 
nicht  in  trocknem  lehrhaften  Ton,  sonden 
lebhaft,  mitunter  durdi  treffende  knappe 
Einzelschilderungen  veran->chaulicht,  den 
Welthandel  der  ganzen  Flucht  der  Jahr- 
tausende TOrgefUhrt,  seitdem  die  Prflh- 
blüte  menschlicher  Gesittung  am  ägyp- 
tischen Nil  und  im  Zweistroniland  des 
Euphrat  und  Tigris  einen  weit  ausgrei- 
fenden HandelsTerkehr  herrorrief.  Wir 
lernen  die  gewaltige  Bedeutung  des  Mittel- 
meers nebst  seinem  pontisehen  Anh&agsel 


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712 


Bfleherbetprechangen. 


wflrdiKi«   lOwoU  in  d«r  ph4liusiteh«n 

Frfihzeit,  alg  dann  in  der  hellenisrh-römi- 
Bchf'n  Olanr.epoche,    der  bvzautiniachfn 
Ära,  ja  während  der  Krvuzzüge,  die  von 
klagen,  wieit  in  die  Znlraiift  •ofaaoenden 
italienit«  ht  n  ScchandelBatftdten  to  genau 
für  ihre  kaufmilnnifulHMi  Int^resspn  htik- 
genutzt  wurden,  da6  Cbriüti  Grab  für  sie 
gans  in  den  Hintergrnnd'  trat,  hingegen 
•ich  wunderbar  dif  gleichen  koIoniMtori- 
flchen  und  merkantilen  P>8cheinunjjpn  er 
nenten   im  östlichen  Mittelmecrbecken, 
im  Sehwatsen  Mt^er,  ja  Ober  dat  Ammatäub 
Ifeer  hinaud  wie  in  der  HeUenenaeit,  — 
der   j^eachiehtlicht'    Zn«aminenhan<r  war 
i'in  ganx  anderer  geworden,  aber  die  von 
Frfiheren  w  oft  in  ibrer  ttberrasrenden 
Hedentnuf?  unterschUtzte  Großmacht  lenkte 
die  geBchirhtlichrn  Kreij^nisse:  die  Ver- 
teilung von  Land  und  Meer.    Auch  dem 
Islam,  dem  man  bei  uns  bis  in  unsere 
l^ge  in  ücheeler  christlicher  Mifignnst 
keine  weltpeschicbtlicbe  riröße  ziit'rkfnnen 
mochte,  ist  eine  wohltiu  n«!  oV)jektivp  Diir- 
Ktellung  zu  Teil  geworden  bezüglich  seiuer 
hohen  Bedeotong  als  Trilger  desTerk^rs 
swischt*n  Abend-  und  Morgenland.  Dann 
aber  folgen  bcsondfrs   gehaltvolle  Dar- 
legungen über  den  Umschwung  des  Han- 
dys nach  Mittel-  nnd  West-Buopa,  seine 
VoUendung  zum  wirklichen  Welthandel, 
die  ja  nie  biltte  gex-behen  könn«-D,  wenn  ] 
nicht  Mut  und  Scharfsinn  der  Entdecker, 
wieder  ein  Gnindtheorem  der  Erdknnde, 
das  schon  die  Himmelsforsclier  im  uralten  ' 
Babel  kannten,  »•ndlich  zur  kiibni'ti  Tat 
spornen  ließ,  den  MenKcheu  /.um  Herrn 
Queeres  Planeten  m  machen:  die  Lehre 
v<»n  dessen  Kugelgestalt.   Die  yerwirkelten 
Züge,  wie  «ich  zner«t  inst  bloß  PortuL.':»! 
und  «Spanien  an  diesem  Ringen  um  dte 
Hegemonie  avf  Erden  beteiligten,  alsbald 
aber  Frankreich  und  England,  eine  Zeit 
lang  beide  nii«(  bt  inenil  iili(Tflii'„'(>liifi  Hol- 
land, mit  wunderbar  weehseludem  (tlück 
auf  den  großen  Schanplats  der  Entschei- 
dung traten,  sehen  wir  hier  vorzüglich 
pi'schildert     Am  mtiHtfn  ji'doch  befrie- 
digt die  ein>^ehende  Krörtt-rung,  wie  sich 
Deutschland,  für  den  Mitkampf  um  die 
Pahna  auf  dem  Feld  des  Welthandels 
geographisch  weniger  betrabt  iils  mancher 
der  benachbarten  Nebenbuhler,  im  Mittel- 
alter wie  in  der  Neuzeit  eine  namhafte 
Handelsmaoht  trotsdem  errungen  hat»  ob- 
eehoB  nach  Mafigabe  seiner  poliÜMlien 


Zustände  mit  ungleichem  Erfolg,  Ins 

bei  seiner  starken  Reichi^rnstungto 
die  gewaltigste  liaruicl-igrüBe  des  ganzen 
europäischen  Festlandes  geworden  ist 

Unter  der  Unmasse  bewSltigten  Stoffea 
ist  dem  verdienstvollen  Verfasser  nur  ein 
einrigf'r.  und  zwar  ein  lustiger  zoologi- 
scher Fehler  untergelaufen.  Ais  er  näm- 
lich anf  S.  SH  von  dem  koetbaren  Aiona 
der  Ambra  redet,  die  vom  Potiwal  konmatr 
rechnet  er  diesen  zu  den  „Seefischen".  — 
ein  Walungetüm  von  20 — SO  m  Länge! 
Dodischlagen  wir  das  Heber  an  den  Sdhrmb- 
oder  Dmckversehen  wie  die  sehreekhaft 
vermehrten  „Märchen  au'*  lonoi  Nacht* 
auf  der  folgenden  ^eite.  Kirchhoff. 

Becker,  F.  Karte  von  Bodensee  und 
Rhein  mit  den  angrenzenden  Ge- 
bieten von  Baden,  WOrltembeig, 
Osterreidk  nnd  der  Schweis,  fbng. 
r.  Ver.  f.  d.  Gesch.  d.  Bodi  uscea  n. 
seiner  Hmgebung  u.  d  Bodensee- 
Verkehrsver.  GrOße  74  x  39  cm. 
Mafistab  1 : 196000.  Bern,  Geograph. 
Karten  verl.(Eammerl7,FreyJkFrandEe> 

O.  J.  (190.0).  JC  2.  —  . 
Eine  recht  anschanlirbe  Karte  des 
Bodensee- GebieU  /.wischen  Bregens  und 
Schaff haosen,  awischen  RaTensboig  nnd 
St.  Gallen.  Orte,  Wege,  Staatsgrenzen  nnd 
Nnmt'ii  schwarz,  Gewässer  blau,  Kisen- 
bahnen  rot,  Isohypsen  mit  öU  m  Aeqoi- 
distans  brenn.  Die  RelielWirkung  wird 
«hirch  Farbentöne  erzielt:  das  flache  tief- 
gelegene Land  graugrün,  gegen  Nord- 
westen gerichtete  Gehänge  gelblich,  nach 
Sfldosten  gekehrte  mit  kAfligen  grauen 
Schatten.  In  Folge  dieser  Farbenwahl 
ht  bcn  sicti  der  .Tora  im  Nordwesten,  die 
Tertiärbühen  in  der  Mitte  und  die  Mo- 
lasseketten  im  Sfidoeten  charakteristiBch 
hervor,  aber  die  Unruhe  der  kleinen  For- 
TiK  ii  de-  Moränengebiete?* ,  /.  B.  der 
Drumlinlandschaft  bei  Lindau  kommt 
nicht  voll  cor  Geltung.  Sehr  stSrend  ist 
der  Mangel  eines  Gradnetzes  auf  der 
Karte,  denn  diese  ist  nicht  in  der  üblichen 
Weise  orientiert,  sondern  so,  daß  die 
Längsachse  des  Sees  horizontal  verUluft. 
Es  ist  also  Nordosten  oben,  was  wenigstens 
durch  ein<'n  Meridianpfeil  hütte  erBichtJieh 
gemacht  werden  sollen.  Penck. 

Grand«  Allkred*  Landeeknnde  von 
Osterreieh  -  Ungarn.  (Sammlung' 


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Bficherbesp 


rechungen. 


713 


GöBcben.  Nr.  244.)  IÄ2S.  lü  Textill. 

u.  1  K.  Leipzig,  Göschen  1906.  —  ftO. 
An  zusammenfassenden  Obersicbten 
hat  die  meist  auf  Riuzelgebicte  beschränkte 
landeskundlicbo  Forschung  in  Österreich- 
Ungarn  seit  A.  Supans  Werk  (1889) 
eigentlich  nichts  aufzuweisen.  Um  so 
danki'nswertcr  ist  der  vorliegende  (irund- 
riß,  der  zwar  in  gedrängter  Kürze,  aber 
vom  neuesten  Standpunkte  aus  die  Ge- 
samtmonarchie  einschließlich  Bosniens  be- 
handelt. Nach  einander  werden  Aufbau 
und  Klima  des  böhmischen  Massivs,  der 
Ost-Alpen,  der  Karpathen,  des  dinarischen 
Gebirges,  der  Ebenen  besprochen;  es  folgt 
ein  sehr  hübscher  Abschnitt  über  die 
Staatsbildung  des  Donaureichs,  worin  die 
Entstehung  des  heutigen  Greuzzuges  er- 
klärt wird  und  die  derzeitigen  politischen 
Verhältnisse  durch  gute  Anordnung  der 
Tatsachen  und  klare  Sprache  verstiindlich 
gemacht  sind.  Dasselbe  gilt  auch  von 
dem  nächsten  Kapitel,  welches  dun  natio- 
nalen und  konfes<3iunellen  Zustilnden  in 
Vergangenheit  und  Oe<»enwart  gewidmet 
ist.  Der  Kest  —  ungefähr  ein  Drittel 
des  Büchleins  —  wird  in  mllkommener 
Ausführlichkeit  von  dem  eigentlich  anthro- 
pogeographi sehen  Teile  eingenommen;  es  i 
erfahren  Dichte  und  Wohnweise  der  Be- 
völkerung in  den  einzelnen  von  Natur 
aus  gesonderten  («ebieten  (böhm.  Massiv, 
Alpenvorland,  westl.,  nördl.  und  östl.  Kar- 
pathenvorland ,  Ost  -  Alpen  ,  oberungar. 
Becken,  niederungar.  Tiefebene,  Küsten- 
länder) eine  durchaus  zutretfende  Dar- 
stellung; besonders  eingehend  wird  auch 
Wiens  und  Budapests  Bedeutung  nach- 
gewiesen. Nicht  ganz  einleuchtend  ist 
vielleicht  die  Notwendigkeit,  bei  ungari- 
schen Städten  und  Ortschaften  die  magva- 
rische  Bezeichnung  in  Klammern  den  deut- 
schen Namen  zur  Seite  zu  stellen,  da  ja 
auch  die  übrigen  nichtdeutschen  Benen- 
nungen dies-  und  jenseits  der  Leitha  un- 
berücksichtigt blieben.  Der  ansprechende 
Text  des  sehr  brauchbaren  kleinen  Wer- 
kes ist  durch  IQ  typii«che  Land^chufts- 
und  Siedelungsbilder  und  durch  eine  gute 
Karte  bereichert.      Georg  A.  Lukas 

Resultate   der  wissenschaftlichen 
Erforschung  des  Platten  - (Bala- 
ton-) Sees.    Wien,  Holzel  190G. 
L  Bd.  IV.  T.  a.Sekt.:  Staub,  Moritz. 
Resultate   der  phytophänologischen 


Beobachtungen  in  der  Umgebung  des 
Balaton -Sees.  Aus  dem  Nachlasse  des 
Verf.  in  Druck  gegeben  von  J.  Ber- 
n4tzky.  MS.  1  K.    Ar.  (».— . 
Die  Bearbeitung  der  pflanzenphäuo- 
logischen  Beobachtungen  am  Platten-See 
war  dem  Prof.  Dr.  M.  Staub  übertragen, 
der  aber  1903  noch  vor  Vollendung  seiner 
Arbeit   plötzlich    verschied.  Bemätzky 
hat  dann  da«  hinterlassene  Manuskript 
geordnet  und  für  den  Druck  fertiggestellt. 
Die  Beobachtungen  selbst  sind  auf  An- 
regung Staubs  nach  der  in  Mittel-Europa 
allgemein  üblichen  von  Hoffmann  und 
Ihne   begründeten  Methode  ausgeführt. 
Einige  Schwierigkeit  bot  sich   bei  der 
Untersuchung  dadurch,  daß  die  Beobach- 
ter zuweilen  nicht  sicher  genug  die  Pflanzen 
zu  bestimmen  vermochton,  so  daß  ver- 
schiedene Abarten  unter  der  gleichen  Be- 
zeichnung   verwertet    werden  mußten. 
Staub  untersuchte  mit  besonderer  Sorg- 
falt bei  der  Verarbeitung  des  Materials 
die  Krage  nach  einem  etwaigen  Einfluß 
des  Platten-Sees  auf  die  phänologischen 
Verhältnisse.    Ein   solcher   konnte  aber 
nicht  nachgewiesen  werden,  wie  ja  auch 
schon  Säringer  bei  der  Bearbeitung  des 
Klima.s  festgestellt  hatte,  daß  der  Platten- 
See    in    meteorologischer   Hinsicht  nur 
einen  ganz   geringtügigen   Einfluß  auf 
seine  Umgebung  ausübt.    Die  Ergebnisse 
der   phänologischen    Beobachtungen  in 
weiterer  Umgebung  des  Sees  sind  auch 
kartographisch  dargestellt  in  einer  phäno- 
logischen   Karte    des  transdanubischen 
Teiles  Ungarns,  die  dem  Buch  beigefügt 
ist.    Als  Ausgangspunkt  ist  die  Station 
Fünfkirchen  iPecs)  gewählt.  Uns  will  bei 
Betrachtung  der  Karte  scheinen,  als  ob 
doch  das  nördliche  Ufer,  das  am  meisten 
unter  dem  Einfluß  der  Wärme-  und  Licht- 
reflexion steht,  phänologisch  begünstigt 
ist.  Während  auf  der  Südseite  dieBlüten- 
crötFnung  um  1 — 5  Tage  spilter  als  in 
P^cs  eintritt,  erfolgt  sie  auf  der  Nordseite 
um  1 — 5  Tage  früher. 
I  Bd.  V.  T.  5L  u.  a.  Sekt.:  Cholnoky, 
E.  v.    Die  Farbenerscheinungen  des 
Balaton-Sees  —  und:   Bela  Har- 
kanyi.    Die  Reflexionserscheinungen 
an  bewegten  Wasserflächen,     fil  u. 
21  S.    2  Farbentaf.   u.  34  Textfig. 
Kr.  ü.— . 

Cholnoky  hat  zunächst  die  Durchsich- 
tigkeit des  Seewassers  untersucht.  Wie 


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714 


Bücherbe  sprechungen. 


bei  der  geringen  Tiefe  des  Platten-Seea 
von  vornherein  erwartet  werden  konnte, 
ist  da»  Wasser  sehr  trüb.   Das  Verschwin- 


In  Folge  »einer  geringen  Tiefe  hat  der 
Platten-See,  wie  Entz  festgestellt  hat,  ein 
weniger    tjpisch    ausgebildetes  Limno- 


den  der  weißen  Scheibe  erfolgt  im  all- 1  plankton.  Auch  fehlt  hier  die  Schichten- 
gemeinen  vor  der  Tiefe  von  1,75  m,  nur .  weise  Anordnung  der  Organismen,  wie 
ein  einziges  Mal  ist  die  Sicht barkeits- .  wir  sie  in  tiefen  Seen  Huden.  Außerdem 
grenze  erst  bei  3^  m  erreicht  worden,  i  ist  daa^lankton  in  allen  Teilen  des  Sees 


Hei  diesen  Zahlen  muß  allerdings  berück- 
sichtigt werden,  daß  die  benutzte  weiße 
Scheibe  nur  einen  Durchmesser  von  16.6  cm 


ziemlich  gleichartig.  Einige  Protisten 
des  Platten-Sees  gehören  zu  jenen  Arten, 
die  iu  den  Salzteichen  von  Torda  und 


gehabt  hat,  »Iho  svhr  klein  war.  Die ,  Süd -Rußlands  vorkommen.  Das  erklärt 
Sichtharkeitsgrenze  hängt  aber  von  der  j  Entz  dadurch,  daß  wir  im  Platten-See 
Größe  der  Scheibe  ab.  Die  Bestimmung  |  ein  verdünntes  Mineralwasser  haben;  er 
der  Kigeufarbe  de»  Wassers  geschah  nach  i  steht  den  seichten  Natron -Tümpeln  des 


der  Forel sehen  Methode.  Eh  deckte  sich 
das  Wasser,  dessen  Farbe  sehr  veränder- 
lich ist,  in  der  Kegel  mit  VIII  iler  Forel- 
schen  Skala,  schwankte  aber  zwischen 
VI  und  XI.  Eine  spektroskopisi-he  Unter 


Alföld  näher  als  den  tiefen  Seen  Mittel- 
Europas.  Des  weiteren  zählt  der  Verfa«- 
f^er  einige  neu  gefundene  Urgani:imen  auf 
und  gibt  ausführlich  Bericht  über  das 
Ergebnis  seiner  Untersuchungen  über  das 


suchung   ibt   nicht   ausgeführt.     Weiter  i  V^ariieren  von  Ceratium  hiruttdittella. 
sind  von  Cholnoky  die  Reflex ionserschei-        Die  zweite  Arbeit  enthält  ein  neues 
nungen  an  der  Oberfläche  des  Sees  unter-  Verzeii  hnis  der  im  Platten-See  und  seiner 
sucht,  sowie  auch  die  Lichterächeinungen  Umgebung  vorkommenden  lebendenWeich- 


des  bewev'ten  Wasser.-«,  wobei  er  auch  das 
Zustandekommen  der  „goldenen  Brücke^', 
wie  daa  Volk  die  zusammenhängenden 
Lichtstreifen  der  Bilder  von  Sonne  und 


tiere  Mollusken),  das  aber  auch  die  Arten 
umfaßt,  welche  bereit«  früher  in  den  Re- 
sultaten der  wissenschaftlichen  Erforschung 
des  Platten-Sees  (I  Bd.,  L  T.)  mitgeteilt 


Mond  nennt ,  erklärt.    Von  be.sonderem  <  sind.  Gefunden  sind  nach  Weiß  21  Arten 


Interesse  ist  noch  der  .\b3chnitt,  in  dem 
die  Spiegelung  des  Himmels  auf  der  be- 


und  Varietäten,  davon  2h  Arten  und  1 
Varietäten  Süßwasserschnecken,  ü  Arten 


wegten  Wasserfläche  behandelt  wird,  weil  |  Süßwassermuschelu  und  31i  Arten  und  3 
durch  sie  die  allgemeine  Farbe  des  von  i  Varietäten  Lundschnecken. 


fem  betrachteten  Sees  bestimmt  wird. 
Hier  gedenkt  der  Verfasser  auch  der  so- 
genannten Ölflecke,  welche  er  als  Stellen 
des  Sees  bezeichnet,  über  denen  tlie  Wind- 
ge-^chwindigkeit  zu  gering  ist,  um  liie 


IT.  Rd  IT  T.  1  Sftkt  Anh.:  Plantocsek, 
Josef.  Die  Bacillarien  des  Balaton- 
Seos.  112  S.  aZ2  Abb.  auf  Ifi  litho- 
graph.  Taf.  u.  1  Textfig.  Kr.  ifi  — - 
Der  Verfasser  hat  eingehend  die  Ba- 


Oberflächenspannung  des  Wassers  zu  bre-  cillarien  oder  Kieselalgcn  des  Platten-Sees 


eben.  Im  letzten  .'VbKchnitt  werden  schließ 
lieh  noch  einige  andere  Lichterscheiuun- 
gen  besprochen,  so  die  Bildung  der  Luft- 
spiegelungen und  die  Wirkung  der  Nebel. 
Sehr  schön  .sind  die  im  Text  gegebenen 
Schilderungen  durch  einige  farbige  Bilder 
veranschaulicht. 

In  der  zweiten  Arbeit  bringt  Bela 
Harkanyi  eine  theoretische  Untersuchung 


untersucht,  von  denen  er  über  300  Arten 
und  Varietä,tHn  gefanden  hat.  Nach  ein- 
leitenden Mitteilungen  über  das  Bacil- 
larienlebcn  im  See,  über  das  Einsammeln 
und  Aufarbeiten  des  Materials,  über  die 
Herstellung  der  mikroskopischen  Präpa- 
rate und  über  die  Literatur  gibt  er  eine 
ausführliche  Beschreibung  der  einzelnen 
Arten,  die  er  durch  sorgfältige  Zeichnung 


über  die  Reflex ionserseheinungeu  an  be- 1  auch  bildlich  auf  den  angehängten  Tafeln 
wegten  Wasserflächen,  die  Choluokys  Ar-  |  wiedergegeben  hat. 


beit  in  wertvoller  Weise  ergänzt. 

II.  Bd.  I  T.  Anh.:  Entz,  (it-za.  Bei- 
träge zur  Kenntnis  des  Planktons  — 
und:  A.  Weiß  u.  Theodor  Kormos. 
L  u.  IL  Nachtrag  zur  Aufzählung  der 
Weichtiere.  86^  21  u.  lü  S.  m  Abb. 
u.  a  Tab.    Kr.  5.—. 


m.  Bd.  L  T.  L  Sekt.:  Rhe,  Gyula. 
Archäologische  Sparen  aus  der  Ur- 
zeit und  dem  Altertum  bei  V^eszprem. 

S.    1  Farbeutaf.  u.  Texttig. 
AV.  - 

Die  Stadt  Veszprem  ist  offenbar  die 
bedeutendste  Kultarstätte  des  Berggebietes 


L  lyi.i^.  ü  üy  Google 


Biicherbesprechungen. 


715 


»m  Platten-See  gewesen,  weshalb  dort  aoch 
Funde  aus  der  ftltesten  Zeit  der  He«ied- 
lung'  gemacht  worden  sind,  die  z.  T.  der 
Steinzeit,  zahlreicher  der  Bronzezeit  ent- 
stammen. Sie  werden  vom  Yerfast^er  auf- 
g^'zilhlt  und  beschrieben.  Sodann  sind 
auch  Spuren  römischen  Lebens  aufg«^deckt 
und  zwar  an  vier  Punkten:  am  Pogäny- 
telek,  Baläcza,  Romküt  und  hinter  Öskü. 
Besonderes  luteres-se  kommt  dem  Funde 
bei  Pogänytelek  zu.  Dort  bestand  zur 
Kömerzeit  eine  bewohnte  Kolonie,  ver- 
mutlich eine  Gemeinde  mit  den  aus  Stein 
gebauten  Häusern  einiger  wohlhabender 
Bürger.  lu  der  Umgebung  von  Veszprem 
sind  auch  Rettte  römischer  Straßen  ge- 
funden worden.  Der  Verfasser  hat  das 
Netz  dieser  in  der  Umgebung  der  Stadt 
auf  einer  beigefügten  Karte  eingezeichnet. 
Diese  alte  römische  Kultur  ist  vermutlich 
durch  die  Rüde  des  :L  Jahrh.  eingebro- 
chenen Ooten  und  deren  Nachfolger  ver- 
nichtot worden. 

m.  Bd.  II.T  :  Janko,  Johann.  Ethno- 
graphie der  Umwohner  des  Balaton- 
Gestades.  Nach  dem  Tode  des  Verf. 
deutsch  bearb.  von  Willibald  Se- 
mayer.  fiOÜ  S.  C  Taf ,  Ifi  Tab.  u. 
Läfi  Textabb.  Kr.  W  — 
Dieser  l^uartband  des  großen  Platten- 
See -Werkes  enthält  die  genamte  Sied- 
lungs-  und  Volkskunde  dei>  Seeugebietes. 
Nor  die  anthropologischen  Untersuchungen 
sind  nicht  darin  aufgenommen;  sie  wer- 
den in  einem  besonderen  Abschnitt  ver- 
ötf'entlicht  werden.  Ks  ist  ein  gewaltiges 
Material,  das  der  leider  inzwischen  ver- 
btorbene  Verfasser  Jankö  zusaninn-ngetra-  j 
gen  hat.  Seine  Arbeit  muß  um  so  höher 
geschätzt  werden,  als  nur  ^ehr  dürftige 
Vorarbeiten  vorhand'.-n  waren.  Es  ist  bei 
der  Fülle  des  StofTes  leider  unmöglich, 
auf  den  Inhalt  des  Buches  im  einzelnen 
einzugeb.en.  Wir  mfiasen  uns  damit  ge- 
nügen, diesen  nur  im  allgemeinen  anza- 
geben.  In  dem  ersten  Kapitel  werden 
zunächst  die  Ortschaften  am  See- Ufer 
aufgezählt  und  alles  Wissenswerte  (,Topo- 
graphiscbes,  Statistisches  und  Geschicht- 
liches) über  diese  mitgeteilt.  Dann  folgt 
eine  Untersuchiuig  über  die  Ortsnamen. 
Das  a.  Kapitel  behandelt  „Zahl  und  Ele- 
mente der  Bevölkerung'V  In  diesem  wird 
auch  die  historische  Entwicklung  berück- 
sichtigt, indem  die  Bevölkerungsvcrhält- 
uisse  im  liL  Jahrhundert  dargestellt  wer- 


den. Wohnung,  Nahrung  und  Kleidung 
bilden  den  Gegenstand  des  nächsten  Ka- 
pitels, das  besonders  reich  durch  gute 
Abbildungen  ausgestattet  ist.  Die  Haupt- 
beschäftigung der  Bewohner  des  See- 
Gestades  ist  die  Landwirtschaft,  die  da- 
her auch  eingehende  Behandlung  findet. 
Daneben  wird  auch  lebhafte  Fischerei  ge- 
trieben. Gerade  durch  diese  sind  die 
Umwohner  trotz  ethnographischer  Ver- 
schiedenheit zu  einem  einheitlichen  Völk- 
chen, einem  Finchervölkchen  geworden. 
Mit  be$;onderer  Liebe  und  Sorgfalt  hat 
Jank6  diese  Seite  des  Volkslebens  am 
Platten-See  studiert,  indem  er  an  Ort  and 
Stelle,  zum  Teil  auch  durch  persönliche 
Teilnahme  über  den  gegenwärtigen  Be- 
trieb der  Fischerei  sowie  auch  über  deren 
Geschichte  sich  genau  unterrichtete.  In 
den  beiden  letzten  Kapiteln  werden  die 
Sitten  und  Gebräuche  bei  Hochzeit,  Taufe 
und  Begräbnis  geschildert  und  einiges 
aus  dem  im  Volke  vorhandenen  Aber- 
glauben mitgeteilt.  Man  sieht  aus  dieser 
kurzen  Inhaltsangabe,  daß  in  der  Tat, 
wie  der  Übersetzer  und  Herausgeber  Se- 
mayer  im  Vorwort  bemerkt,  so  ziemlich 
alle  Gebiete  der  heimatkundlichen  — 
besser  der  vulkskundlichen  —  Forschung 
in  dem  Buche  behandelt  werden, 
m.  Bd.  V.  T.:   Sziklay,  Julius  v. 

Bibliographie  de»  Balaton-Sees,  fiü  S. 

Kr. 

Diese  Bibliographie  beginnt  mit  einem 
g»'Bchichtlichen  überblick  über  die  Kennt- 
nis vom  See  als  Einleitung,  dann  fol- 
gen Zusammenstellungen  möglichst  aller 
Werke,  auch  der  belletristischen  sowie 
der  Tagesllätter  und  Zeitschriften,  die 
Nachrichten  über  den  See  enthalten,  und 
schließlich  auch  der  Landkarten. 
Topogr.  u.  geol.  Atlas.  I.  T. :  Löczy, 
Ludw.  V.   Spezialkarte  des  Balaton- 
Sees  und  seiner  Umgebimg.    4.  Bl. 
1  :  laOOO.    Ausgeführt  im  k.  n.  k. 
militärgeogr.  Inst,  in  Wien.  Kr.  IL — . 
Die  Grundlage  dieser  topographischen 
Karte  lieferte  die  Spezialkarte  der  öster- 
reichisch-ungarischen Monarchie,  die  aber 
zahlreiche  Nachträge  und  Berichtigungen 
erfahren  hat.    Neu  eingetragen  ist  vor 
allem  eine  genaue  Tiefenkarte  des  Sees 
auf  Grund   der   18U2— 96  ausgeführten 
Lotungen  der  Hydrographischen  Sektion 
des    k.   Ungar.    Ackerbau  -  Ministeriums. 
Wald  und  Weingärten  sind  durch  beson- 


716 


Bfloherbespreehangen. 


dere  Farbentöne  kenuüich  gemacht.  Dm 
G^taide  iat  durch  Sehnffm  dacgMtdlt. 

Da  die  Karte  technisch  in  jeder  Hinsicht 
vortrefflich  auKtrcstaltvt  ist.  so  niht  h\p 
auch  ein  sehr  klares  Bild  der  äeuumgebuug 
und  bildet  eine  durchai»  Inruichbare  und 
würdige  Beigabe  laiii  giofien  Platten-See- 
Werk.  Ule. 

Pirio«,  ErMSt»    L'Inde  contempo- 

rainc  et  le  mouvemt-nt  national. 

278  S.     Paris,  F6lix  Alcan  1905. 

Fr.  13.60. 
Pirioni  Boob  iit  die  Fracht  einer  8ta- 
dienreise,  die  der  Verfaeier  im  Winter 
1900  1001  unternahm,  nm  auf  dem  „Xa- 
tiuualkon^'reß"  die  Frage  der  nationalen 
BeweKun^  in  Indien  nt  studieren.  Er 
landete  Mitte  Dczemher  in  Bombuy  und 
hatte  durch  Kintuhrunf»  b^i  «Ion  dor- 
tigen Aatohtäten  der  Bewegung  erst  tage- 
lang Zeit,  sich  fBr  den  Kongreß  vor- 
zubereiten, der  in  der  Woche  swischen 
Weihnachten  und  Neujahr  in  Lahoro  statt- 
fand. Verf.  gibt  einen  Bericht  über  die 
Tenammlvng,  in  der  als  nftchste  wich- 
tige Forderungen  aufgestellt  wurden:  die 
Eiusetzun;^'  i  inf!r  Enqui'tc  über  die  perio- 
disch wiederkehrenden  Hungersnöte,  Tren- 
nung der  richterlichen  and  exekutiven 
Gewalten,  Zulassung  der  Einzelnen  zu  den 
höheren  Zivil-  und  Militilrstellungen,  Hin- 
richtung von  höheren  Spczial-  (besoudern 
technischen)  Schulen,  allgemeine  Einrich- 
tung von  MAdchensehnlen ,  Wiederver- 
heiratung von  Witwen  usw.  AIh  letztes 
Ziel  schwebt  dem  Kon^reti  und  der  gan- 
zen Bewegung  vor;  „Indien  den  ludern." 
Yer^Mser  bringt  diesen  Beetrebnngen  die 
volbte  Sympathie  entgegen,  er  begeistert 
8iih  tiafür.  daß  die  jrroßen  GrundsRtze 
der  Iraui^Otiiscbeu  licvulutiou :  Freiheit, 
Gleichheit,  Brflderlichkeit  schleunigst  in 
Indien  Geltung  gewinnen  werden,  und 
ist  davon  (ibcr/.engt,  daß  der  ParlaniPn-  ' 
tarismus  („Lea  Indiens  sout  le  peupie  le 
plus  parlamenteire  du  monde^')  in  nicht 
femer  Zeit  das  Ziel  einer  völligen  Frei- 
heit der  Inder  ei reichen  wird. 

Verfasser  hat  die  indische  Bewegung 
und  den  Kongrefi  mehr  mit  warmem  Her- 
aen,  als  mit  der  Sachlichkeit  des  wissen- 
schaftlichcn  Beobachters  studiert,  (ianz 
anders,  als  der  Franzose,  der,  frisch  aus 
Baropa  gekommen,  alle  seine  Infonna- 
tionen  ans  der  einen  Quelle  schöpft  und 


sich  danach  in  wenigen  Wochen  sein  l'er- 
tigee  UiteU  <ber  infieret  schwiaige  ond 

verwickelie  Lel"'n8fragen  eine^i  Landes  von 
300  Millionen  Bewohnern  bildet,  d-nken 
darüber  die  Knglauder,  die  seit  andert- 
halb Jahrfanndecten  Land  und  Volk  re- 
gieren, und  deren  praktischer  Blick  sehr 
empfindlich  für  die  Bedrohung  ihrer  Vor- 
herrschat'l  ist.  Sie  lassen  den  isLongreß 
sehOne  Beden  halten:  „a  great  deri  of 
talk,  thet's  all!"  Ihnen  sind  die  Verband- 
lunuen  ..niaiseries",  sie  schauen  mit  ,,m»'pns 
hauLain,  repoae  et  sür"  auf  die  ganze  Be- 
wegung herab.  Der  Fransose  glaubi,  daft 
ein  mächtiges  Wogen  das  ganze  indische 
Volk  durchdringt,  der  Kiifiläml«  r  sieht 
darin  nichts  als  leichte  Kräuselungen  an 
der  Oberflache  eines  ruhigen  Meeres.  Die 
Bewegung  wird  nicht  ^etra^'en  von  der 
großen  Men^e  des  Volkes,  die  sie  gar 
nicht  kennt  oder  versteht,  sondern  von 
einer  Handvoll  auf  den  englischen  Schalen 
des  Landes  mit  europäischen  Ideen  ge- 
nährter Journalifit«ti ,  Advokaten,  Lehrer 
und  vor  allem  Studenten;  gewiß  behnden 
sidi  anter  ihnen  Idealisten,  die  von  der> 
einstiger  Größe  Indiens  träumen,  aber 
weitaus  die  große  Mehrzahl  .Tung-Indieus 
denkt  bei  ihren  Forderungen  mehr  au 
sich,  als  an  ein  gemeinsames  großes  Vater- 
land. Eine  solche  Vorstellung  ist  der 
geisti^jen  Kntwickliing  Indiens  völlig  fremd. 
Es  hat  nie  eine  indische  Nation  gegeben 
und  es  gibt  auch  jetzt  keine,  sondern  nur 
eine  durch  engHeche  Hand  msammenge- 
faßte  Masse  von  sehr  heterogenen  Ein- 
heiten, verschieden  nach  Blut,  Religion, 
Sprache  usw.  Das  soziale  Element  ist  die 
Kaste,  das  politische  die  Dorijgemeinecheft 
and  viele  tausende  solcher  Elemente  stehen 
einander  fremd,  ja  feindselig  gegenviber. 
Woher  sollte  ihnen  die  Vorstellung  eined 
nationalen  indischen  Beiches  kommenf 
Von  allem  Anfang  indischer  Geschichte 
an  hat  Disnociation  das  indische  Wesen 
beherrscht,  und  der  heutige  indische  Geist 
iit  das  Produkt  einer  solchen  mdurtaueend- 
jährigen  Eutwirklung.  er  wird  sich  nicht 
im  Handiiiuilrehen  liurch  eine  kleine  An- 
zahl junger  Apostaten  die  in  Europa 
organisch  entwickelte  Vorstellung  einer 
nationalen  Einheit  nnd  Größe  aufpfropfen 
lassen.  l>cr  Verfasser  berrthrt  auch  die 
Schwierigkeiten  der  Frage,  er  weist  auf 
•ie  hin  in  den  Kapiteln  ftber  die  Dorf- 
gemeinschaften (Jbide  raralr'),  ftber  die 


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Bücherbesprechungeu. 


717 


Bedeutung  der  StUdte.  die  Opposition  dos 
Mohammoiianisnins  u?w  ,  abi-r  er  schlagt 
sie  mit  seinen  iudiecheu  Freunden  gering 
•a  nnd  findet  in  ihnen  kein  Hindernis 
ff3tr  eine  allen  Alte  von  Grund  aus  um- 
8tfir7,en<h'  Rrvolution.  Der  Engläiulpr  ab-  r 
blickt  sorglos  auf  diese  Bewegung  herub, 
er  kennt  die  Land  und  dorohscliaat  «loh 
die  Bedeutung  des  „congrds  national". 

Emil  Schmidt  f- 

Itoberk,  Enmt.  Le  Siam.  Etüde  de 
Geographie  politiqae.  (Travaux  du  S^- 

minaire  de  Geographie  de  rüniversit«* 
de  Liege.  Fase.  Y.)  7(i  S.  Abb.  auf 
a.lK.  Lattich,  Connauz  1906.  JV.S.— . 
IHoH'-  Abhandlung  fiber  Siame  wirt- 
schaftliche Bedoutiini,'  wurde  nrspi ünglich 
'dem  geographischen  Seminar  der  Lütttcher 
üniverait&t  vorgelegt  und  im  „Bulletin'^ 
der  königlich  belgischen  Gesetlscbaft  fBr 
Erdkutjde  zu  Antwerpen  veröffentlicht. 
Jetzt  erscheint  ein  iSonderaldnick  ili.-ser 
Arbeit.  Aus  eigener  Anschauung  ist  dem 
Vetfiuner  da«  Land  dee  weifien  Ele&nten 
Tinb.  kaiint  geblieben;  dennoch  hat  «ich  der 
junge  Gelehrte  eine  gn'indliche  Kenntnis 
•einer  Zustände  auä  zahllosen  englischen 
und  fraoaöiiaeben  Quellen  erworben  und 
das  umfangreiche  Material  gründlich 
durchgearbeitet  Nach  einom  l  berblick 
der  Laudi-tigeschichte  bis  auf  die  Jetzzeit 
geht  der  Yerfa«ser  su  einw  Beeohrubung 
der  Flflsse  und  der  BodenbeeeliaffiMiheit 

Aber  und  entwirft  in  knappet  Form  ein 
kl^es  Bild  der  jetzigen  wüctsobaftlichen 
Terfa&ltnisse  in  Siam.  POr  eine  allmähliche 
Entwicklung  des  Landes  iht  die  jetzige 
Zeit  bebunders  günstig;  die  Unabiiiingig- 
keit  Siams  ist  von  seinen  milchtigeu  Nach- 
barstaaten, England  und  Frankreich,  an- 
erkannt und  der  langwierige  Orenzstreit 
beim  Vertrag  vom  Tahr-'  l9oi  endgilltig 
geregelt  worden,  iiaudel  und  Schiffahrt 
entwickeln  sieb  fortwährend,  und  selbst 
im  jetzigen  Aufschwung  Japans  odet  im 
Erwachen  Ciiinas  bc-tiht  k<in"  Gefahr 
für  Siam.  Die  englischen  und  französi- 
schen Kolonialbestrebungen  finden  in  die- 
•er  Abhandlung  eine  überaus  sacbgemäfie, 
unparteiische  Beurteilung;  sobald  es  je- 


doch den  deutschen  Int(  r  's.;cn  gilt,  verläßt 
der  Verfasser  diesen  Standpunkt  und  gt'ht 
zu  einer  scharfen,  einseitigen  und  dcübulb 
unbiUigeu  Kritik  <tber.  —  Die  8elhstherr> 
Schaft  Siams  wird  ja  keineswegs  durch 
deutsche  Schiffahrts^gesellschuften  gcfUhr- 
det ;  das  dentache  Reich  nimmt  ja  heut- 
zutage die  erste  Stelle  im  Verkehr  im 
Hafen  Ton  Bangkok  ein,  es  folgt  Nor- 
wegen und  dann  erat  kommt  England, 
aber  neuerdings  ist  ein  gefährlicher  Mit- 
bewerber, die  japanische  DampfschifiTahrts- 
gesellschaft  Nippon  Ynsen  Kaislia.  in  den 
Gewässern  erschienen,  um  dt-m  Norddeut- 
schen Lloyd  den  ersten  i'iatz  streitig  zu 
machen. 

Verdient  ist  das  dem  im  Jahre  19M 
verstorbenen  Juristen  Hoiin-Jaci|uemiii.s  er- 
teilte Lob;  während  neun  Jaiiren  arbei- 
tete dieeer  hervorragende  Gelehrte  an  einer 
Einführung  neuer  (resetze  in  Siam,  die 
dem  Lande  zum  Heil  und  Segen  geworden 
sind,  Noch  heutzutage  erkennt  die  Re- 
gierung das  Verdienst  Rolin-Jacquemins 
dadurch  an,  dafi  sie  su  Ratgebern  ihrer 
einheimischen  Rifliter  nur  Belgier  ernennt. 

Die  Abhandlung  ist  mit  einer  .An/.alil 
wuhlgeluugener  Ansichten  geschmückt 
und  enthftlt  eine  vom  Verfasser  entworfene 
Karte  mit  Angabe  der  beim  Vertrag  Tom 
Jahre  lUOl  festgestt  llten  (irenz'  ii  zwischen 
Siam  und  den  französischen  und  eng- 
lischen Schutsgebieten.  W.  C.  Kurth  als  f. 

Waucr,  At  Soziale  Erdkunde.  Lundes- 
und  Gesellschaftskunde  für  V'olks- 
schulen,Fortbildungsschuleu,  Handda- 

schnlen  usw.  l  Sachsen.  2.  Aufl.  80  S. 
6  Skizzen,  33  Bilder,  1  K.  Dresden, 
Müller- FrÖbelhaus  1UU6.    .4t  —.60. 

  • 

Das  Heftehen  ist  in  der  8.  Auflage 
nicht  unwesentlich  erweitert,  der  Stoff 
teilweise  umgestellt  I>ie  Ein/elsifde- 
lungen  erfahren  eine  grüüere  Berück- 
sichtigung. Ein  neu  aufgenommene  — 
leider  ziemlich  verunt:liickte.s  —  Kapitel 
behandelt  den  Grund  und  Ui-den  Da«? 
Beste  ist  wiederum  die  leichtfaßliche 
Verarbeitung  des  statistischen  Materials 
zur  Wiitschaflskunde  geblieben. 

P.  Wagner. 


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718 


Nene  Bücher  und  Ksxten. 


Neu  Bieber  ond  Kartei. 


AllffMMll 

Meyer»  Kloines  Konvorsations -L»ilton. 
7^  Aufl.  Bd.  I.  A  bi«  Canihriss.  VI  u. 
loa»  S.  Viele  Abb.  u.  Tat.  Uipzig, 
BibL  Lift.  190«.  12.—. 

AllftmtM  fiyituh«  C(M«npkl*. 

Baron,  I.  van.  Do  Vormen  der  Aanl- 
korst.  Inloiininjjc  tot  de  ntiidie  der 
Physiogratie.  VIII  u.  888  S.  10  K., 
46  Abb.,  4S  Fig.  n.  96  Tab.  Gtoningen, 
WoUtT.s  1907.    JC  11.—. 

BecluB,  F'Ji.M.M'  f.  Les  Volcana  de  1a 
Terre.  (Ur»g.  von  der  „Soc.  Beige 
d* Astronomie,  de  M^tdorologiu  et  de 
Pbytiqae  da  Olobe".)  L  fiuc.  I.  part.: 
A  8  i  o  A  II  t  o  r  i  0  u  r  e.  S.  6 — 167.  Brflnel 
(nicht  genannt)  1906. 

Oeinits,  F.  E.  Die  Eiszeit.  („Die  Wia- 
muohaUf*.  Sammlung  natnrwiaa.  n 
inath.  Monoijraiihicn.  Heft  16.;  XIV  u. 
19H  S.  20  Textabb.,  H  Tat ,  1  Tab. 
Brauubchweig,  Vieweg  k  Sohn  1906. 
X  7.—. 

Karsten,  C  u.  H.  Schenck  Vegeta- 
tionsbilder. IV.  R.  H.  2:  W.  Busse.- 
Da«  »ildliche  Togo.  Taf.  7—12.  —  H.  6 
n.  4:  G.  Skotttberg:  VegetatioDsbil- 
der  aus  Fcuerland,  von  den  Falkland- 
ingeln und  von  Süd-Cioorgien.  Tat'.  1.3  — 
24.  —  H.  ö:  W.  Busse:  VVestatrika- 
nischeKutipflaiiMn.  Taf.  26— SO.  Jena, 
Fiicher  1906.  Ja  JC  2.60;  einaaln  JC  4.- . 

lllfcneiae  6«Of r«|»lile  de«  HeBflchea. 

Schliiter,  0.  Die  Ziele  der  Geographie 
des  Menschen.  64  S.  Miincheu  u.  Ber- 
lin, Oldenboorg  1^0«.   JL  1.20. 

Schftfer, Dietrich.  Kolonial-Qeaohichte. 
(Samml.  Göschen.  Nr.  lt')ß>  2.  Aufl. 
kL  8*.   151  S.   Leipzig,  (iöschen  1906. 

—.80. 

DnrtMilaai  mmi  HadifeMrIlaisr. 
Kaiser,  Max.   Land-  und  Seewinde  an 

der  deutschen  O.stseoküste  (Tnaug.- 
Diss.  Halle.)  2i  ä.  8  Taf.  Halle  a.  S. 
1906. 

Stoekigt,  W.    Über  den  Einfloß  der 

Lage  auf  die  Teinj)»  raturentwickbing 
tier  Sommermonate  und  die  Lufttcucb- 
tigkeit  uu  huiüuu  Tagen  im  Schwarz- 
waldgebiet mit  besonderer  BerCkskaieh- 
ügnng  der  Ar  die  Hygiene  wichtigsten 


Tempenlor-  nnd  Feochtigkeits-TediiU- 
nisse.    (Jen.  Diss.)  4*.   72  8.   1  Taf. 

Jena  190ß. 
Förderreutberi  Max.    Die  AUgkaer 

Alpen.  Land  nnd  Leute.   8—10  L!^. 

sn  je  JC  1.20.    Lief.  1—6.    S  1—320. 

Violo  Abb.  u.  Taf.    Kempten,  Kösel. 
Panorama  von  der  Schmittenhöhe  bis 

ZeU  am  See  (1968  m).    Wien  usw., 

üartleben  1906.   La  LeinwBnd-Enrtoa 

gefUst  Kr.  —.80  »  JL  —.76. 

übriges  Enropft* 

Schweden.  Ein  kurzer  Führer  durch 
Sehwedens   Gesehichte,  WiitseliafW- 

gebiete,  soziale  Verhi\ltnisse,  rnten-ichts- 

wesen,  Sport,  Kunst,  Natur  us.v.  Hr^rr 
Ver.  z.  Förderung  d.  Fremdeuverkehrs 

OTuristtfaikföibQndet)  Stockholm.  A. 

d.  Schwed.  vou  C  0.  Nordgren.  kl.  8*. 

16:5  s  Vi.'lo  Abb.  im  Text  u.  auf  Taf. 

Stockholm,  1U06. 
Blanchard,  B.  La  Flandxe.  ^tnde  göo- 

graphiquo  de  la  plaine  Flamande  en 

Franc*',  Helgique  et  Hollande,    gr.  8*. 

VUl  u.  Ü4Ü  S.  76  Texttig.,  48  Taf.,  2  K. 

Paris,  Colin  1906.   Fr.  12.—. 
Sldaarrika. 
Meyer,  Hans.    In  den  Hoch-Anden  von 

Ecuador:  Chimborazo,  Cotopaxi  usw. 

Iteisen  und  Stadien.  662  S.  3  färb.  £. 

a.  188  Abb.  aaf  87  Taf.   JL  16.— 
Huber,    J.     Arboretum  Amazonicum. 

Iconographie  des  plantes  spontau'-es  et 

cultivees  les  plus  importAutes  de  la 

r^gion  Amaaonienne.  (Hnsea  Goeldi) 

8.  D^de:  Taf.  21    30    4.  Ddc:  Taf. 

81—40.   Mit  port.-lianz.  Text  Pari, 

1906. 

flSSfraf  hilf  her  Unterricht. 

Oppormann,  Edm.  Einführung  in  die 
Kartenwerke  der  k.  preufi.  liandesaof' 
nähme.  VH  n.  86  &  6  K..BeiL  Han- 
nover, Carl  Meyer  (Gostar  Prior)  1906. 

.1/  1  — . 

Herbertson,  A.  J.  The  Uxford  (ieo- 
grapbies.  ToL  L  The  preliminary  Geo- 
graphy.  VIH  n.  149  B.  72  Fig.  Oz- 
foni,  ('hirendoü  Press  1906. 

Fevre,  J.  u.  H.  Häuser.  Le^ons  de  Geo- 
graphie. 1*>«  gim^.  G^graphie  gene- 
rale, Am^riqae,  Os^ie,  Asie,  Afriqne. 
X  a.  744  S.  Paris,  Alcan  1906. 


Googl 


Zeitiehrifteatichaa. 


Zeitschriftenschan. 


I'fteruianns  MiUeihiiifiett.  1906.  lo.  Hett. 
Payer:  lieiHen  im  Jauapiry- Gebiet.  — 
Boaeh:  Cbewsnrieii  und  Tosehetien.  — 
Supan  und  Caustatt:  Die  Karte  des 
AcregeWiet».  —  Der  geographische  IJnter- 
richt  im  W.-S.  1906/07.  Hammer: 
Nene  Bestimmnng  der  Oberflftche  des 
adiatiscben  Kufiland.  —  Sapper:  Zur 
Geolojrie  von  Chiapas  und  Tabasco. 

Globtu.  dO.  Ud.  Nr.  14.  Hasaert: 
Ein  Herbttaasflng  nach  Eritrea.  — 
Gr  aebner:  Wanderung  sozialer  Systeme 
ii!  Australien.  —  Andrce:  Zum  Haua- 
tieraiter  des  Pferdes.  —  Wils  er:  Studien 
Bur  Yorgeeehicbte  de«  Henieben. 

D(tS8.  Nr.  15.  Hall,  fuß:  Ist  der 
Büdensee  ein  internationaler  Se<'?  —  Vor- 
tisch: Die  Neger  der  GoldküBte.  — 
Graebner:  Wanderung  socialer  Systeme 
in  Australien.  —  Der  Kongreft  ffir  die 
internationale  Polarfor.'^ehung. 

Dass.  Nr.  16.  Hellwig:  Da«  Ein- 
pflOeken  von  Kranklieiten.  —  Vortisoh: 
Die  Neger  der  Qoldkfiste.  —  Giuffrida- 
Ruf^pcri:  r>us  sog.  Aussterben  der  Ne- 
audertlial-Spy-itasse.  —  Roth:  Die  Pflan- 
senwelt  Australiens.  —  Die  ECrankheiten 
der  Indianer. 

Dnss.  Nr,  17  K  o  r  ]■  -  T,  r  n  u  b er g  : 
Kreuz  und  tjuer  durcli  Nürdwest-Brasilien. 

—  V.  Kleist:  Flye- Saint -Maries  Zug 
durch  die  nordwestUehe  Sahara.  —  Leb- 
mann;  Zu  dem  Aufsatz:  ..Da^  Wissi-n 
der  Quicbt'-hidiaiier  in  uiythiseh^T  Form". 

Voss.  Nr.  la.  Marquardseu:  Der 
neue  Vertrag  über  die  dentidi-englisehe 
Grenze  in  Kamerun.  —  Senfft:  Die  Be- 
wohner der  West-Karolinen,  —  M<)i?cl: 
Aufgaben  and  Resultutt-  der  Süd-Kumerun- 
Orenaezpedition  1900/(>i.  —  Zur  Besiede- 
Inng  des  Herero-Landes.  —  Friederici: 
Die  Ethnographie  in  den  ,,DocumentOS 
Inädiio«  del  Archivo  de  ludias*'. 

Dentt^e  Bundtdtau  für  Geoffraphie 
uht/ Stiilistil.  29..J!irL,'.  '2.  Heft.  Alhrccht: 
Div  Marschalliiisolii.  —  KritMlrich:  Altes 
und  Neues  vom  Kungostual  —  Kirch- 
hoff:  Die  Britischen  Tnseln  and  die  Bri> 
ten.  —  Meyer:  Kiu  .\usflng  in  die  Eifel. 

—  V.  Kleist:  I'cr  Mcknnp  und  Laos. 
Mtleoroioymdu  Zetlsd^ri/t.  lüo«».  Nr.  lU. 

Woeikof:  Perioden  in  der  Temperatur 
von  Stockholm. —  Woeikof:  Uegeninten« 


eität  und  IJegendauer  in  Batavia.  — 
Christ:  Klima  von  Urla,  Ober-Mesopo- 
tamien. —  Schubert:  Wald  und  Nieder* 
schlag  in  Westpreußen  und  Posen. 

X'ifschrift  für  Schuhfeographie.  1906. 
1.  lieft  Lukas:  Der  Wert  Bosniens  für 
Osterreich.  —  Rieek:  Epitheta  geogra» 
phica.  —  Arstal:  Methodik  des  geogra- 
phischen Untenichts  in  Norwegen. 

Dans.  2.  Heft.  Prof.  Dr.  Chr.  Gruber  t- 

Schwarsleitner;  Zar  lAnderknnde 
auf  der  Oberstufe.  —  Volkmer:  Geo- 
gTaphietiiitt  rri.'ht  im  Seminar. 

Gtoyraphkücher  Anzeiger.  I90ü  10.  Heft. 
Geistbeok:  Christian  Grober  f.  —  Beh- 
rens: Zur  Einführun^c  i"  die  Haiiptkarten- 
werke  der  kgl.  preuß.  Laude;<;iufnahni<'  — 
Schulze:  Zur  Erklärung  der  Flußuamen. 

—  Fischer:  Erükande  in  den  höheren 
Schulen. 

Dcutsdu  Er<l>.  190<5.  Nr  4,  v,  Hor- 
ries:  Haus  Witte.  —  Langhaus:  Die 
Deatacb«!  in  RnSland.  —  Bloeher;  Der 
gegenwftrtige  Stand  des  Deutschtums  in 
den  Kantonen  Waadt  und  Genf.  —  Hahn: 
Mitteilungen  der  Zentralkummissiuu  f.  w. 
L.  v.  D.  —  Groos:  Deatsche  Belange  in 
Makedonien.  —  Böckh:  Die  Ermittelung 
des  Volkstums  der  Einwandert-r  in  den 
Ver.  Staaten.  —  Samassa:  Die  Zahl  der 
Buren  und  Deutschen  in  der  Kap- 
kolonie. 

Zeitschrift  der  (',<  sdlsL-hnfi  für  Erd- 
kumic  zu  Berlin.  19üü.  Nr.  7.  Kassuer: 
Bulgarien.  -—  Brfihl:  Die  zweite  Studien- 
fahrt des  Instituts  für  Heeraskonde.  — 
l'öcli:  Bemerlrungen  über  die  Eingebo- 
rt'iH'ii  von  Ost-  und  Süd-Neu-Guinea.  - 
1  robeuius:  IV.  LSericht  über  seine  Reise 
in  das  Kaosaigebiel 

La  Geographie.  1906.  No  H.  de  Ger- 
lache: La  banqni«e  et  la  cöte  nord-est 
du  Grönland  au  uord  du  77*'  n.  en  1906. 

—  Girardin:  La  d^bAde  de  Charmaiz. 

—  Clonsot:  Lea  bijoux  indigenes  aa 
^^ar<^<".  pu  Alj?(?rie  et  en  Timi>ii\  — 
Hardy:  Giojjraphie  et  Geot^chni^ue. 

The  GeographwalJoumäL  1906.  No.5. 
Sykes:  A  Fitth  .loumey  in  Perda.  — 
Gardin»>r:  The  Indian  Ocean.  -  Hob- 
ley:  Geography  aud  People  of  the  Ba- 
ringo Distriet  —  Freshfield:  Bawen- 
sori  and  the  Frontier  of  Uganda.  — 


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720 


Zeiitelirifteatcli»«. 


Rei<l  and  Matliews:  Coast  EroHion.  — 
Geograph^  ut  the  Uritish  Associatiuu  1906. 

The  ScoirMk  Geographietä  MoffOtine. 
1906.  No  11.  Foulkes:  The  New  Anglo- 
French  Frontier  l-otween  the  Nif^er  and 
Lake  Cbad.  —  Harlej:  Zituüabwe,  a 
tMtetement  of  ite  problmn,  and  a  eoln- 
tion.  —  On  iHland  Ploras.  —  Reccnt  Stu- 
•dies  of  the  Xorfh  American  ludians. 

The  Natwnal  Ueucfraphic  Magazitu. 
1906.  No.  10.  Cnbft,  the  Pearl  of  «he  An- 
Ülles. 

The  JnurtmJ  i)f  (tn\grnphy.  lUOG.  Xo  7 
Catej:  The  Ureut  Fault  of  California 
and  the  San  Pranciseo  Earthr|uake.  — 
Ward:  The  Charact«>ri>«tic8  of  the  Zone«. 
—  Moori-:  Wliat  a  Chihl  ought  to  know 
at  the  End  of  bis  School  Qeojprapbj 
Coorie. 

Boletiu  de  la  Sociedod  Grogräfica  de 
Lima.  Tomo  XN'II  Ano  XV.  Trim.  IV. 
1Ȇ6.  Itinerario  de  los  viajeH  de  Kai- 
mondi  en  el  Peru:  De  Trujillo  4  C%ja- 
marca.  —  Ceno  de  Paaco,  Unännro  j  wn 
innntanas  husta  el  puerto  del  Mairo  (1867). 
> —  Kt'quetto  al  ferro  de  Pasco  (1H*»7\  — 
Zeqarra:  El  ferrocarril  de  Paita  al  Ma- 
rafton.  —  Sala:  Dicdonario,  giamatica 
7  cateciimo  Castellano,  Inga,  Amaeiza  y 
Camp». 

Ans  TerRcbfedenen  ZeitHchriften. 

▼  an  Baren:  De  vierde  Nederlandsche 
Excnnie  voor  Oeografen  (17.— 28.  Jali 
1000).   3X^Mr.  m  het  kirn.  Neder- 

landiich  Aardrijkskundig  ft  rnaoUdtapf 
2'  Ser.  dl.  XX III,  l!)ü(j,  Afl.  5. 

Behrmauu:  Die  Eutbtehung  nautischer 
KMrtonwflika  Niederdeutachlaods  und 
ihr  Kinflnß  auf  die  Kartographie  (1  Taf.). 
Ann.  d.  Hydrogr.  m.  Marü.  Meteorcl. 
Nov.  11/00. 

Boehm,  Georg:  Neues  ans  dem  Indo- 
Australischen  .\rchipel  (1  K  l  X  Jahrb. 
f.  M'iiirinl.  ftc.  BeiL-Hd.  XXII  V.m. 
(iicol.  Mitt.  a.  d.  Inäo-Austr.  Archip>  1. 1.) 

Brnhns:  Zur  Methodik  des  geographi- 
schen Unterrichte  in  den  Mittelklassen 
des  Realgymna-inniH.  L/hrprol-tn  und 
Lehryunge  aus  dir  iVoj«  der  Gymna- 
nen  UHd  Beattthukn.  1906.  H.4. 


Endrös:  I)ie  Seeschwankungen  (Seiches) 
deti  Chiemsees  (2  1  af ).  S.-Ber.  d.  maüi.- 
phyi.  Kl  ä.  it.  doyer.  JM,  d.  Wim. 
Bd.  XXXVI.  1906.  H.II. 

Fairshield:  The  Oeology  of  Irondeqaüit 
Baj  (1  K.)  iVoc.  of  Ute  Hochesier  Ac 
of  Seiente.  Vol.  3  Juni  1906.  236^MS9. 

Ders.:  Cjclouic  Stonus  and  Rochetter 
Weather  (2  Fig ).    El'dn.  :U/1—316. 

Früh:  Über  Naturbrückeo  und  verwandte 
Formen  mit  ipesieller  Berfiektiehtignng 
der  Schweiz.  (Ein  Reitrag  zur  Laades- 
kunde.  i  f.  Fig  ,  4  Taf  t  Jahrb.  1110»  d. 
Üt.  GalL  Nalui  wüs.  Ges.  (1906.J 

Ders.:  Zar  Morphologie  des  untern  Thnr> 
gau.  (Lieitrige  sor  Eenntaia  de^  Hhein- 
gletacher».)  (-2  Taf.  1  K.\  Ilr/t  XVU 
d.  M  U.  d.  Thurg.  Natur/.  Ges. 

Hftberle:  Zur  pfiJsischen  Kartenknndo 
(2  Fig.).  PßU.  ffeimeOkde.  IL  11. 
Nm:  19on. 

Hörstel:  Carrara  (Abb.)  Himmel  und 
Erde.  X7X.  1.  Okt.  1906. 

Kan:  Nicuwere  Opvattingen  Tan  Aar- 
drijkskuiide  Tijdskr.  van  het  hm.  Kfder- 
latuisch  Aai  di  ijkskutulig  GenooUchap, 
2'  Ser.  dl.  XXIII,  1900,  Afl.  6. 

Klunzinger:  ErgebniaM  der  neueren 
Bodenseelorschungen  Archiv  f.  Hydro- 
biol.  H.  PJank'onkde.  Bd.  II.  1906. 

L  i  n  d  e  m  u  o ,  .M  o  r. :  Wissenschaftliche  Er- 
gebniiae  der  Expedition  Nanaene  in 
das  Pülarmeer  1893— 189G.  I  II.  W>.scr- 
Zvihintj.  Ar.  iil&iJ.  21Ö49.  26427.  Okt. 
1906. 

Beid  n.  Muret:  Lee  variationa  p^odi- 

ques  des  glaciern    XI.  Rapp.  1906.  Z. 

f.  (;i't.<chrikdt:  1  l9(iC. 
Schmidt,  Axel:  Die  Leba  und  ihr  Ost- 

Weet-Tal,  geogtaphiech  und  geologiaeh 

KesihiMort  (11  Fig.,  2  E.).  Sehri/ien 

d.   N,iturf.   Ges.   in  Dangig.    N,  F. 

XII.  Bd.  LH.  1906. 
Schmidt,  Carl:  Alpine  Pkmbleme.  Bek- 

torats-Rede.   Basler  NadtrkMen.  1906, 

11.  u.  i.">.  Xuv. 
Sueli,  Frauz  E.:  Vorlage  de^  Karteo- 

blattee  Brfinn.  Verh.  d.  i.  k.  geol.  IL-Ä. 

1906.  Nr.  5. 
Ders.:   Mylntiite  und  II  irnfclsgneiße  in 

der    BrüDuer    Intrusivmasse.  £bda. 

Nr.  10. 


TanatwoitUdMr  Hstanagabsn  Fn»t  Dt.  Alfred  Haitner  U  BMAllint. 


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Geognpliltebe  Zeitaebrift.   XII.   1906.   Zn  Keller,  Die  AbaaBenchoinnngen  in  Miti 


9. 


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Abb.  1.  lie^iebungcii  der  Niederschlags- Abtluü  uod  V'crduDstungshöhe  iu  1 


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in  tu<lt'llos  erhaltener  Erdglobus  von  ho  vm  Durchmeüsi-r  im  W 
Hiilfte  doü  EinkautVprt'ises  zu  vcrkuuffn. 

König.    Potsdam,  Alpxandrinenstr.  IT  I 


Verlag  von  B.  G.  Teubner  in  Leipzig. 


Elementare  kosmische  Betrachtungen  Uber  das 

Sonnensystem 

[nd  Widerlegung  der  von  Kant  und  Laplace  aufgestellten  Hypothesen 
über  dessen  Entwickelungsgeschichte. 

Einige  Vorträge  von  Professor  Dr.  Gustav  Holzmüller. 
Mit  8  Figuren  im  Text.   [VI  u.  98  S.]    1906.    Geheftet   "  1.80. 


Der  Vtirfa-aMfr  hat  eine  Ri>ih<?  von  VortrEurm,  tu  J«mf»n 

irc  Ulli!     •  1    ■•■  ,  1     ,   ■•,        .   :     ,  '  ,  ■  ,. 

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^•hr<'rcn  Ue»irk»vi?r*mei»  l)i.'ut4chiT 
vk.  Du- 


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Iii-    ^  i'i       ii'It    iv.>l.i'ii,   tiuUl    (I    ii.iuit' iiUm  Ii   .I.I.Ii   ilt  ]Mila>:'j|;.l  •!  lici  l  jU  i  r 

iKeii  /II  lindrn. 


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Verlag  von  B.  G.  TEUBNER  in  LEIPZIG. 


Die  philosophischen  Grundlagen  der  ilVissenschaften. 

Vorlesungen  jjjeb.ilten  an  der  Univnrsitüt  Rt^rlin 
Professor  Or.  B.  Weinstein. 

MV  II   .-.j:?  S.]    8.    l'K-n     Tu  !,fiM\vn!i<1  :i     '  ' 

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Geographische  Lehrbehelfe 

aus  v:em  Verlag  von  Ed  Hölzel  in  Wien  IV  2,  Lui 

Zur  Aiisclialluiii:  für  Schulen  ouiplolilm! 

TT-'..,  V        i,,,iv,  .,  ,'■  .     .     \  ..    .,,1(1   Pol-         •  •    ■  - 

1   Iii      lUM   ll,      i.lj     (.  , 

iappc  -J  I  M  ,  auf  1 

ulwiindkHrte    von   Asien.     FolitisGbe  Ai 

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'       .  ■  ,  ...1».  IT-  - 

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lu  -«I  M.,  iuit  Stilbeii  "Jl  M. 


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AN  OVERDUE  FEE  IF  THI8  BOOK  18 
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