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Full text of "Monatshefte für Politik und Wehrmacht auch Organ der Gesellschaft für Heereskunde"

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StUb 


Comp. 




Offlcirer 
Yon 

StKaben | Prim. plaD. 


Gemeine 


Summe 


1 
1 
1 


8 
8 
6 
4 


Dragoner : 

Perbana und Sonsfeld .... 
Junge Marggraf von Anspach . 

Infanterie: 

Leib Garde \ 
Comp. Cadets / 

Lottum \ 
Comp. Cadets / * 
Courneau \ 
Comp. Cadets / 

Tri Tq r»f ot*J O 

Cavallerie und Dragoner . . . 

Summa . . . 


12 
12 
12 

6 


128 

• 128 
96 
64 


512 

512 

384 

256 


662 

652 
492 

326 


3Va 

2 

1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 

1 

1 


26 

25 
1 
5 
5 
5 
5 
5 
10 
10 
5 
5 
5 
5 
5 
5 
5 
5 
5 
1 
4 
1 

10 


42 

24 

12 
12 
12 
12 
12 
12 
12 
12 
12 
6 
6 
12 
6 
6 
12 

12 
5 
12 


416 

468 

90 
90 
90 
90 
90 
180 
180 
90 
90 
90 
90 
90 
90 
90 
90 

108 

90 

180 
18 


1664 

3520 

625 
625 
625 
625 
625 
1250 
1250 
625 
625 
625 
625 
625 
625 
625 
625 

665 

280 
1250 

X MC/ 


2122 

3742 

727 
727 
727 
727 
727 
1442 
1442 
727 
727 
721 
721 
727 
727 
721 
727 

785 

375 
1442 


17 

10V, 


1.00 

91 


209 
126 


2394 
1372 


16195 
5286 


18798 
6784 

798 


27V. 1 


224 


335 


3766 

^^^^^^^^^^^^^^ 


21481 1 


2G380 



Monatshefte für Politik und 
Wehrmacht [auch Organ der ... 




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Jalirtüclier 

für die 

deutsche Armee und Marine. 



Terantwortlicli geleitet 

B. Scilnaeicenburg 

ObetstUentenaiit a. O. 



Heehsandnevniigstor Band. 

JuU bifl September t8BS. 
i C C 

BERLIN W.8. 
Verlag von A. Batu« 

1895. 



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Inhalts- Verzeich nifs. 



Xo. mi. Heft 1. JaU. >eitp 

1. Die Eroberung von Bonn durch Kxirftiret Friedrich III, von Bran - 

donburtj; im Jahre 1680. Ein Boitrat,^ zur !)randenhur^ischeii 
Kripgsgcschirht.r- iiarli \irkun<lli(:lien bayerisrhon (Quollen bearbnitet 



von Joseph Dauer, Prornicrlioiitouant im k. b. 10. luf.-Rogt. 

Prinz Ludwig, k. z. Generalstab (Kriegs-Archiv). (Schlula) . . 1 

II. Rückblick auf die Entwickelung und Ausbildung der k. bayeri- 
schen Feld-Artillerie in unserem Jahrhundert, insbesondere deren 
Schie&ausbildung bis 1874. Von Speck, Generalmajor a. ü, . 35 

III. Ein russisches Urteil Ober das deutsche OfRzierkorps .... 59 

IV. Gustav Adoh ll als Kni-g.-r 80 

V. Sohhitenlebcn im 30 jilhrigen Kriege. Von J. Baumann, Haupt- 
mann. 1. Die Werbung 84 

VI. Ein Husarenstreich atis dem Feldzuge 1807 89 

VII. Das Renionte-PlVrd der russischen Armee 91 

Vin. Kleine heeresgesehichtlirhe Mitteilungen . . . 95 

IX. Umschau in der Militflr-Litteratur: 

I. Auslfljidische Zeitachriften 97 

n. Bfuher 104 

HL Seewcacja . . . . . . . . . . . . . . s US 

IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher 118 



No. 287. Heft 2. Angmt. 

X. Der Parteigänger Friedrich von Hellwig und seine Streifzöge, 
im kriegsgi'srhichtliclien Zusammenhango betrachtet. Ein Beitrag 
zur Geschichte des kleinen Krieges in den Jahren 1792 -1814. 
Von Hans Fabricius, Oberstheutenant a. D. (Fortsetzung) . 121 

XI. Rückblick auf die Entwickelung und Ausbildung der k. bayeri- 
sclien Feld-Artillerie in unserem Jahrhundert, insbesondere deren 



Schiefsausbildußg hin 1874. Von Speck, Generalmajor a. D. 

(Fortsetzung) 146 

XII. Festungsmanüver. Von H. Frobcnius, Obcratlicutenant a.D. 180 

XIII. Das internationale Rote Kreuz, nach seiner Organisation und 

seinen jüngsten Leistungen im Auslande 203 

XTV. Soidatenleben im 30jährigen Kriege. Von J. Baumann, Haupt- 
mann. 2. Im Lager 218 

XV. Betrachtungen flber die Schiefsregeln der Feld-Artillerie, welche 
durch die Einführung der Schrapnels mit Doppelzflnder als 
Hauptgeschofs veranlafst werden 223 

XVL Eine Marine-Rangliste aus dem Jahre 18.50 232 

XVII. Kleine heeresgescliichtliche Mitteilungen 234 



i^^^ 496296 



Si>it«i 

y VITT. Umschau in der Militär-Litteratttr: 

I. Ausländische Zeitschriften 236 

n. Rflr.her 2A2 

in Spowcscd , . , , , . , . . . . . . ■ ■ . ■ 2fi1 



IV. Verzeichnils der zur Besprechung oingegangencn Bücher 254 

yp. 288. Heft S. September. 

XIX. Der Part^^igänger Friedrich von Hellwig und seine Streifeflge, 
im kricf^s{foscliichtlichen Zusammenhange betrachtet Ein Beitrag 
zur Geschichte des kleinen Krieges in den Jahren 1792 — 1814. 



Von Hans Fabricius, Oberstlieiitonant a D. fForisctzunj?) . 255 
XX. Rückblick auf 'lio Entwickeluii'j und AusbiUiun^ der k. bayeri - 
schen Feld- Artillerie in unserem Jahrhundert, insbesondere deren 
SchiefsausbiUhing bis 1874. Von Speck, Generalmajor a. D. 

(Scliluls) 275 

XXI. Fe.stungsmanöver. Von H, FrobeniusT Oberstlieutcaant a. D. 

(Scl>lufs) 301 

XXII. Soldatenleben im 30jahrigen Kriege. Von J. Baumann, Haupt- 
mann. 3. Pas.sauor Kunst. 324 

XXUI. Die Organisation des Milit&r-Fatirradwcsens 327 

XXIV. Zur Gescbiclitc drs städtischen Kriegswesens der Mark Branden - 
burg im IG. Jahrhundert. Von K. Sclinackeiiburg, Oborst- 

lieutcnant a. D. . . . . . . . . . , . . . . . . . , . ^ 

XXV. Kleine liccrcsjiyescliichth'che Mitteilungen 340 

XXVI. Umschau auf iniHtärtccbniMcliem Gebiet. Von Joseph Schott, 

Major a. L) 343 

XXVII. Umschau in der Militür-Littcratur : 

L Auslftndisc lie Zeitschriften . , . , . , . , . : . 3G2 

IT. BfSrher 368 

ITT. Sep\ve.<cn . 381 

IV. VerzeichnÜB der zur Besprechung eingegangenen Bücher 382 



L 



Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich IQ. 
von Brandenburg im Jahre 1689. 

Ein Beitrag nir bmidenbiirgiBcben Kriegsgeschichte nach urkundlichen 

bayeriscben Quetlm bearbeitet 

von 

Josepli Halter^ 

PnaiMrlimrtMut in k. k 10. lat-R»gi. Priu Ladwif , k. s. OtmatMA (Kil«ea-A»dif). 

(SchlttlB.) 



Der Kurfüi^t hatte sich ursprünglich bereit wklärt, zum kaiser^ 
liehen AngriÖ" 2000 M^n abzustellen, dann aber nur 500 Mann ge- 
schickt und durch „ein scharfes Schreiben" erneut die Abstellung ton 
700 Mann aus Rheinberg gefordert. Beliufs Deckune: der Bclaf?erung 
waren Sachsen und Bayern endlich daliin übcrcin^'ckomnicn, dafs eine 
gemischte Abteilun|j^ von 5000 Mann unter dem Geüfn»! Habutin bei 
Heidelberg stehen bleiben «?o!lte, um nötigenfalls einem Kut&atzheer 
entgegenzutreten *)• Dagegen war der Fürst von Waldock wieder un- 
gehalten, weil der Brandenburger so lange mit der Abschickung der 
neuerdings versprocheneu Truppcnliilfc /.ügerte-). 

Der Herzog erkundete sogleich nach seiner Ankunft die Festung 
und beachlofe, den Angriil gegen das Homwerk za richten, hinter 
welchem noch die Eontreskarpe, and die beiden Halbmonde Maria 
und Brigitta nebet dem Stockenpfortenbollwerk m überwinden waren. 
Gleich am ersten Abend ging er mit 1000 Kaieerlioben, ebenaoriel 
Lünebmgem und den 500 Brandenbnrgem so nahe an das Homwerk 
heran, dais er fast bis an die Pallisaden kam^ Trotzdem arbeitete 
er fast drei Standen, ehe die Fransosen den neuen Angriff bemerkten, 

>) 342/8 317. — -) 342/8 249. 

") Im gedruckten Tagebuch helfet es: ^ie Brandenbai^^isehe waineii noch 

bis 300 Schritt von der Kontroskarpen, und eben in dergleicheu Distantz haben 
«Ii»' Kaysorlichcn die«5e Nacht vor dem Homwerk anrh Posto gefasset, worbey 
4 U>dt und 15 blessirt worden .... Den 27. des Nachts haboa zwar die 
Kayserl. Arbeiter sehr avancirt, weiln ea aber ganz hell gewesen, und die 
Leute ganta frei gestandeOf aeynd in die 60 bleaairt and 12-14 tot geblieben. 
. . . . Den 1. October dee Nachts, hat man auf Kayserl. Seiten weiter vorwer^ 
2 Seiten-Linien gegen dem Homwerk. und auch die halbe Par;ilel der Com- 
munications-Linie gezogen, und befunden sich nur bey 40 £>chnit von dem 
Qraben bey dem Homwerk." 

Jdtfblahwr fit 4te DMlMh» Anm oad UmOm. B4.M, L 1 



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2 



Die Erobenmg von Bona durch Kurfönt Friedlich III. 



worauf sie ein lebhaftes Feuer eröffneten. Im Gegensatz zu dem 
btamieuburgischeii AiifiritV zeigte der kaiserliche bereits deutlich den 
Einfluls Vauban's: luehrere vor einander liegende, die angegriflfenen 
Werke mnfasBenden Pazallelen*). Am 28. September brach man ans 
der ersten Parallele ans, am 2. Oktober waren die Spitzen des An- 
griffios nur mehr 40 Schritte Tom Homwerksgraben entfernt und 
wurden durch eine letxte Parallele verbunden. An GesohützsteUungen 
entstand eine Batterie von Tierzehn halben Earthaunen nahe dem 
Glacis, eine andere von acht Gesohütsen etwas weiter zurück am Weg 
zur Stockenpforte'). 

Am 28. eröiTneton die Kaiserlichen, bald darauf aus etwa 50 Ge- 
schützen') die Brandenburger, Holländer und Münsterer das Feuer 
gegen die angegriffenen Werke, das in den näelistcn Tagen lebhaft 
fortgesetzt wurde. Das Gesclüitz der Festung scliwie^ da^eff'n fast 
ganz, ebenso das Klcingewehr und mau fürchtete sehr, dafs der ( m - nor 
seineu Vorrat an Pulver in Minen anlege, deren eiue p-ofse Zalil vor- 
banden sein sollte*). Die Desatzung zählte noch etwa .'iOüO Ge^undo, 
von denen die Hälfte täglich auf Wache ziehen mufste. An Kranken 
und Ven^'undeten befanden ach angeblich über 1500 in der Festung, 
der übrigens durch ein Weib eine grofse Menge von Hdhnitteln zu- 
geführt worden waren. Indessen herrschte auch im Terbfindeten 
Lager die Ruhr sehr stark imd rafffce viele Leute dahin. Der branden- 
burgiache General Herzog von Holnstein starb. 

Die Verpflegung des immer grölser werdenden Belagenmgsheeres, 

') Die AngrifiEsarbeiten Lothringens und der Unterschied gegenüber denen 
des j^radenborgera kommen in dem beigegebenen Plan deutlich "zum Aus« 
dmck. Der bay*'ris< Ix- Olierstuckhauptmaiin Koch nennt „die Kayl Attaquo sehr 
regulär, die Churljrandenhur^isrli« ahrr otwas woitlaufiFliger". In ilcm, dem 
Werke Heimerl's angefügten Plan ,.gezoichiict und zii.sainmon^cf ra^^en von dem 
Verfaaser" sind die AngrifTsarbeiteu offenbar uucii unbcätiniiuten Angaben und 
Vermutuiigen «nges«i<^et. 

^) Diese beiden Batterien verzeichnet auch der beigeftgte Plan: die erstere 
wird auch von Bennert, die letztere vom Tlicalr. Eur. erwähnt. Die öst. mil. 
Zeitschr., welclio im übrigen die Angaben betretls der Geschütssteiluugen mit 
dem Theatr. Eur. glcichlmitewd giebt, Iftfet an Stelle der Batterie m acht halben 
Kiäihaunen, « ine Redoate für filnf halbe Earihaunea treten; naeh derselben 
begann auch das Fonor rrst am 1. Oktulicr. 

*) Das Theatr. Eur. und Henuert geben die Zahl der brandenburgischen 
QescbOtise zu 30| die der müusterischeu zu 20 au. Nach dem beigefügten Plan 
befanden sich in der Hanpfgoichatcstellung der Brandenburger 38 8tacke und 
9 Mörser. Das gedruckte Diarium berichtet: „Den 29. Mittag hat die Branden- 
burgische Batterie mit etliche und 20 Canonen zu schiessen angefangen Den 

1. October Morgens wurde von der Brandunburgischen, Münsterischeu , auch 
von der KayserL Batterie, deren die mim mit 30, die andere mit 20» and die 
dritte mit 8 halben Garkhaiinen beseteti zu schiessen angefimgen". — 342/8 321. 



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von Brandeiiburg im Jahre 1689. 



3 



namentlich der Reiterei, gestaltete sich von Tag zu Tag sclnvioi-iger. 
Die Beitreibunireu nabmeii eine immer rücksichtslusere Form an; 
auch Kiix;hen uud Klöbter wui Jeii nicht mehr verschout. „Man hat 
zwar bÜBhem mit denen rationen in natura vel pretio im Lägor vor 
Bonn zuzuhalten sich euBseist beflissen, es soheint aber eine pure 
Unmöglichkeit zu aeyn, darmit länger nachzuaezen: und ist hingegen 
zwisdien dem fouragiren unserer freund, und dem feindlichen plttndem 
kein Underscbied, anfser daia man die Häuser nicht abbrent, und 
das Landvolk nicht hinwegfahrt*)'*. „Hit dem fouragiren der Uiwerigen 
geht es so erbännUch in disem Erzstifft her, das Glöster, adeliche 
Häuser und ganze Dorflschaften keinen nagel an der Wand behalten. 
Von denen im läger stehenden Kayh und Churbrandenb. Trouppen 
werden nun taglich 1600 malter rocken und 1600 bund stroh umb 
der fouragiruiig y.u entgehen gefordort, so in 14 tagen zu gelt fin- 
geschlagen sich auf AI 720 Uciisth. belauffete, wonnit aula mangl 
credit in so kurzer Zeit nicht aufzukommen, viel weniger alle tag 
ziiTiuhalten. Wie es hey uns nach eroberung der Statt zugehen möge, 
weifs Gott«)«. 

Wiihrcud ao die Kräfte dun Landes durch das Heer der Ver- 
bündeten vollauf in Anspruch genommen wurden, verwüstete Bouffiers, 
dioLe dalk die Belagerungaarmee irgmd etwas dagegen thnn kcmnte, 
in unmittelbarster Nähe das trierische Gebiet auf die unerhörteste 
Weise. Zuletzt hatte er die schöne kurfürstliche Residenz Wittlich 
in Asche gelegt, die Hauern und Türme der Stadt Bernkastel ge- 
schleift, WelsdibilUch, Pfiilzl, Ehrang abgebrannt, dann kamen Hal- 
medy und Stablo an die Reihe, und endlich erging auch von dem 
firanzösischen König der Befehl, die Hauptstadt Trier einzuäschern'). 
Im trierischen Gebiet hatte der Feind, wie Max Emanuel an den 
Kaiser sehreiht, so sehr die Oberhand, „dafs man es gleichsanib alfii 
defs fehidts Land consideriren mues" und dort den Mordbrennern 
Einhalt zu thun, schien ilim ebensoviel ^^alfs wen man mitten in 
frankreich dai'a prenen verhindern weite, weillen der feiadt innerhalb 
24 Stundt das Land creüzweis einiisehern klian '). 

Vor Bonn hegannon die Franzo.'sen jetzt bisweilen ein lebhaftes 
Mu:>ketenfeuer aus dem bedeckten Weg gegen den kaiserlichen Angriff, 
wahrend die übrigen Teile der Eiuschliofsuugslime nur wenig beliiätigt 

1) 342/B 293. — 342/6 348. Das gedruckte Diarium «sagt: Die Landa- 
stilnde hatten sich eingelassoi, die Armee durchgeliends mit Fourage an Stroh 
und Habem Portionsweise zu versolieti, und sclbsten zuzufilhren. damit man 
nicht fouragiren Uörffte; weilen aber die Herren Lond-Comnaissarü mit der ver- 
^rcNihttaeii Foorage nicht aufkamen, hat man wieder an fouragieren augefangen.** 

') 342/8 267, 294, 348. — «) 342/8 810. 

1* 



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4 



Die Eroberung von Bonn durch Kurfiint Friedrich JH. 



wurden. Das Geschützfeuer blieb immer sehr sparsam. Wied(^rh()lt 
suchte der Befehlshaber der Festuug Uuterbandlun^cn unzukiiüpfeu, 
da dieselben aber aussichtslos blieben, so verbot der Kurfürst die 
Seudbotttn anzimehmen. Ein Trommler, der sich nicht abweisen Meb, 
wurde niedergeadbossen ; „dieaem folgcte ttn Trompeter, so sich aber, 
wegen kurte vor Augen gefaistea Exempels, bald wiederum zurück 
bo^b.** Ein Überläufer meldete am 3. Oktober, „von Fleisch seye 
nichts mehr vorhanden, ausser was der Ck>inmendant habe, das übrige 
eingesaltsene Pferd- und anders Fleisch seye rerzehrt oder terdorben, 
dahero täglich hundert Offider des Gommendanten Kuchel besuchen, 
an Brodt aber noch kein Abgang: ^ y. , des Weins aber wenig, und 
Yerspahre der Commendant solchen bis auf weitere Noth. AVe^en 
einer Gapitnlation seye noch nichts zu gedenken^ indeme des Königs 
Ordre vermöge, sich bis auf den 2. Novembr. zu halten, und ehr 
nicht zu cai)i tu Heren". 

Am 5. Oktober begannen die Kaiserlichen an fünf Stellen zu- 
gleich mit der Sappe vorzugehen, wobei sie 1 Hauptmann und 20 Mann 
verloren. Trotz des heftigen Regenwetters machte die Sappirung 
ziemlich gute Fortschritte, man \\andte dabei „eine sonderbare In- 
vention von Wull- Säcken"^ an, „welche durch den Holländischen 
General-Controleur dem Herm Uertzog von Lothringen repräsentiert 
worden, und mittelst deren man nun gar sicher ayanciren kunte''. 
Zur Bedeckung der Reiterwadit bei den Lau%r&b6n wurde eine 
Schulterwehr aufgeführt; die GircumTallations-Iinie der Kaiserlichen 
war nahezu vollendet In der Nacht vom 5. auf 6. stielsen die 
hoMndischen und mnnsterischen Angrlfiswege auf dem Olads su- 
sammen; gleichzeitig eröffnete eine neue Batterie von 10 Stücken das 
Feuer gegen das Homwerk»), Die Verluste der Kaiserlichen betrogen 
dabei nur 20 Tote; auf der münsterischen Seite wurde der Lieutenant 
Rochow erschossen. Am folgenden Tage war das Feuer des Be- 
lagerers besonders heftig. Die Kaiserlichen warfen mit Bomben und 
Karkasson in den Gral)cn und die WntVen[)lätze des Hürnwcrks: eine 
Bombe fiel in einen Vorrat von Hand^n-anateii in einem Aufsenwrrk 
nieder und rief grofse Ijcstürziinj:; unter der Besatzung hervor; mit 
den Anniiherun<2;swegeu kam man auf der Süd-Seitti bis an die obere 
Fahr^asse-). bei den Sappen wurden I/Ogetnents gebaut; von manchen 
Stellen des Lagers konnte man bereits bis auf den Markt sehen. Die 
Brandenburger bauten vor ilirer letzten Artilleriestellung eine neue 
Batterie von neun halben Karthaunen, um die PaUisaden auf der 
Kontreskarpe und den Aufsenwerken niederzulegen*). 

1) ad 342/9 135. — 342 8 348. 

*) Bericht i^arg's 342^ 0 34d. lu dem beigegebenen Plan zählt die Batterie 



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von Brandenburg im Jahre 1689. 



5 



Der Sturm war jetzt genügend Torbereitet. Am 9. Oktober 
sollte dersellie auf den drei Angrilbfeldeni gleichzeitig imtemommen 
iverden, bei den Brandenburgern, Mtbuterem und Hollfindem gegen 
den bedeckten Weg, bei den Kaiserlichen gegen das Torliegende 
Homwerk. Auf Seite der Brandenburger waren befohlen: smm Sturm 
1500 Gemeine nebet 20 Primaplanen, 3 Obiieten, 4 Obristfieutenante, 
4 Majore; ferner 8 lieutenantä, 3 Sergeanten, 3 Korporale, 60 Gre- 
nadiere; 3 Kapitäne, 3 Primaplanen, 180 Gemeine; die Grenadiep- 
kompagnie von der Garde der Grandmusketiere; 3 Kompagnien 
Kadetten von Comean, 1 von Lottum, nebst 20 Grenadieren von 
Varenne; femer von jeder Kompagnie Grandmusketiere 40 Mann, 
nebst allen reformirten Musketieren; alle reformirton Offiziere, alle 
Ingenieure und Kondukteure, alle Jäger; aufserdem 1200 Gemeine 
mit 12 Primaplanen, 2 Obristen, 2 Obristlieutenanta und 2 Majore 
zur Reserve, und dOO Mann nebst 12 Primaplanen, 1 Obristlieuten.ant, 
1 Major zur Arbeit — In der Nacht vom 8, auf 9. wurde noch die 
letzte Haiid an die Arbeit gelegt; alle zum Sturm nötigen Gerät- 
schaften, die Brücken über die Laufgräben, Chandelliers, iVxtc, Beile, 
Schippen, Hacken, Sandsäcke, eine groüse Menge von WuUsäcken 
„mit ihren Stielen*^, Morgensterne und Seneen, Pulyersäcke, Faschinen, 
Schanz- und Kopf-Körbe wurden hinter der grolsen Batterie bereit 
gestellt. 

Am Morgen dee 9. rückten zur gewüihnlichen Zdt 2600 Mann^) 
als Besatzung in die Lau^räben; dazu Terblieben in denselben tou 
der alten Besatzung 1000 Mann; die zur Reserve befohlenen Mann- 
schaften wurden bei Poppelsdorf aufgestellt. An die zum Sturm 
Kommandirten wurde Bier, Wein und Branntwein verabreicht; jeder 
Offizier erhielt 8, jeder Gemeine 4 Reichsthaler. Für die Hinter^ 
bUebenen der im Sturm Fallenden versprach der Kurfürst zu sorgen. 

Die Brandenburpjer stürmten in drei Kolonnen. Die rcrhf-c ging 
auf den ausspringenden Winkel des bedeckten Weges von der Bastion 
Cassius vor, die linke auf den der Bastion Maximilian, die mittlere 
auf die Kapitale des dazwischen liegenden Halbmondes Klara. Die 

8 Stücke, zu beiden Seiten sind noch je 3 Mörser angehlagt. Das gedruckte 
T.i^'elnicli nUirt in ilem Bericht über dii« Battprif'stollungcn (S. 2, Anm. 3) 
lort: Den d. ( »clobor . . . ward w ieileruni zu 2 neuen Hatk:rien der Anfang ge- 
niaclit, welche innerhalb 2 lagen veri'erligt sein inulsten. Den 4. Oct. . . . 
ward nun die Batterie auf 9 halbe Carthaunen und ein Kessel auf 4 HOner 
also verfertigt, dafs man auf den 6. dieses von beiden spielen kunte. Den 6u 
hat man Kayserl. Seits von der nencn Battprip auf das Homwerk zu schiesson 
den Anfang mit gar gutem öucceiä gemacht, und seynd auch die Kessel vOllig 
verfertiget worden. — ^) nämlich „die 1500 Gemeine, item die 60 Qrenadiere, 
item die 180, item die 900.** 



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6 



Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III. 



Spitze jeder Kolonne bfldete 1 lieatenant, 1 Unteroffiaer und 
20 deutsche Grenadiere; unteretütsst wurden dieselben durch je 

1 fiaupffonann und 60 Gemeine, welche bd der mittleren Kolonne 
Füsiliere, bei den Flügelkolonnen Grenadiere waren. In dritter Linie 
marscbirten bei den beiden äulaeren Kolonnen «geteilt eine Kompagnie 
fipanzösischer Grenadiere (von der Garde der Grandmusketiere), mit 
dem Major du Puis und 14 Ober- und Unter-Offizieren, bei der 
mittleren ^ Kompan;niGn französischer Kadetten un^l 20 Grenadiere 
von Varenne unter Obristliontenant Dörth. Die vierte Staffel bildeten 
bei den beiden änfseren Kolonnen je SO Mann Musketiere und 10 
OTjrehörige Uttiziere, rechts befeliligt vom Obriütlieutenaiit (iraf Dolinn, 
links vom Generaladjutanten und Obristlieutenant Natzmer. In der 
Mitte befanden sich der Obristlieutenant Corneau mit sämmtlichen 
reformirten Offizieren. Ihnen folgten gleichmässig auf die Kolonnen 
▼erteilt 600 Hudcetiere Ton der Garde, dabei 6 ObristUeutenante, 
6 Majors und 27 Primaplanen in 9 Kompagnien unter Befehl des 
Obristen Schöning. Dann kamen als Korpe der Reserve: 500 Ge- 
meine mit 6 Frimaplanen unter Christ Graf DSnhof und 400 Gemeine 
mit 5 Frimaplanim unter Obrist Ton Sdüabttndorf. Schluls 
bildeten 900 Arbeiter; davon waren 200 mit Schippen, 50 mit AtUhl 
und 50 mit Hacken ausgerüstet, 300 Mann trugoii SchanzkörbOf 
Woll- und Sand-Säcke und spanische Reiter, 300 wareu als Reserve 
bestimmt. Du- Arbeiter unterstanden nebst sämmtlichen Ingenieuren 
und Kondukteuren dem Genorakjuartiermeister du Puis. In Reserve 
standen, 'jlfi eh falls in 3 Teile t^eteilt, 1200 Gemeine nebst 2 Obristen, 

2 Obristlieutenants und 1 1 IViniaplanen. 

Alle Zimmerleutc von der Artillerie und der Rnumeister mit 
seinen Zinimerlouten waren auf die ;^i-()fse Batterie befohlen; ebenso 
die sämmtlichen Feldscheier. Zur Unterstüt/.uiig der letiJteren waren 
100 Mann von der Reserve bestimmt; die ß^leiche Anzahl hatte für 
Herbeischaffiing der nötigen Munition zu sorgen. Bei dem General- 
Feldzeugmeister und dem kommandirenden Generalmajor waren je 
10, bei dem Generalquartiermeister 2 Ordonnanzoffiziere. Alle Offiziere 
und Ingenieure muisten schuTsfreie Harnische tiri^en, jeder Musketier 
war mit 24 Schüssen versehen. 

Während des Sturmes hatten sämmtUche Batterien und die in 
den Linim stehenden Musketiere das Feuer gegen die Werke fort- 
zusetzen, soweit dies ohne Gefährdung der eigenen Leute geschehen 
konnte. Die Sturmmannscbaften sollten ledifrli(*b den Heeder von 
der Kontreskarpe vertreiben und dort festen Fuls fassen, die Ar- 
beiter sogleich die Verbauungen herstellen. In ähnlicher Weise 
wareu die Anordnungen für den Sturm beim kaiserlichen und dem 



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Tün Bnmdeplnug im Jahi» 1688. 



7 



boUftiidiBcb-münsterisclieii Angriff getroffen. Kommandenr der aämmt- 
liehen Stnrmtnippen war Generalfeldzeugineieter Spaen, die Branden* 
bniger beialdigte Qeneralmajor HddeiL 

Am '.y Oktober') Nachmittags 5 Uhr, da es noch heller Tag war, 
liefs der Kurfiiret vom I'o])pobdorfer Garten her, wo er selber Auf- 
stellung genommen, die Losung aus drei halben Karthaunen für den 
Berlin des Sturmes auf den drei Ann^nfTsfelclern geben. Die Brücken 
wurden über die L;iuljz:r:ibc'n ^cle^t und die Abteilungen liefen gegen 
den bedeckten Weg und das lioruwerk au. Am leichtesten gelang 
es der kaiserlichen Kolonne Vorteile zu erriupfen. Die feindlichen 
Minen tlugeu zu früh auf und richteten uur geringen Seiiaden an-). 
Die l'ruppen nahmen das Hornwerk und das dahinter liegeude Glacis 
des Bauptwalles, drangen las an die Eontreskarpe ?or und machten 
alles was sich darin befand nieder, mnJsten aber, da sie zur Be- 
haaptnng der letzterai keine Gei&te bei sich führten, wieder surUok' 
gehen und stdi mit der Verbannng des Homwerks begnügen. Bei 
den Münsterem und Holländern dauerte es geraume Zeit| bis der 
Grabenrand genommen war; die Mannschaften standen unter heftigen 
Feuer des Feindes ziemlich lange Zeit ungedeckt auf dem Glacis, 
dann aber vertrieben sie den Glegner und bemächtigten sich sogar 
des vorliegenden Halbmondes. 

Am verlustreichsten war der Kampf bei den Brandenburgcni. 
Sie nahmen die Kontreskarpe im ersten Anlauf, sprangen über die 
Pallisaden und eroberten den bedeckten Weg; statt aber hier sich 7.\i 
verbauen, erstieg die mittlere Kolonne unter Obrist Corneau deu 
vorgeUigenen Halbmond, die rechte Flügelkolonne, an ihrer Spitze 
Grai" Dohna, die der Bastion Cassius vorUegendü Gegenwehr. Dohna 
warf seine Rüstung, weil sie ihm zu schwer ward, in den Graben und 
nahm 4 feindliche Offiziere gefangen. Neben ihm focht der Prinz 
von Anhalt-Zerbst als Freiwilliger. Corneau sprang sogar vom 
Ravelin in den Hauptgraben, drang bis an die Mauer vor und ver- 
langte noch zweihundert Mann frische Truppen, um den Hauptwall 
selbst zu erstehen. Da abw dieser keine Bresche aufwies, und die 
Nacht hereinbrach, so beschränkte man sich auf die Behauptung der 

') Nach Oebnitz hütte der Sturm am 11. '^tattvrefllndpn. 

Die Ö6t. mU. Zeitschr. erzählt, dai's eine Fladdermine im bedeckten 
Weg sprang und adit Maim verbnante oder Terschflttete, 3 Bfinen im Hotii- 
wer]u|^«beil zu frQh aufflogen tmd keinen Scliadcn anrichteten. — Karg be- 
richtet unterm 9. Oktober, dafs man auf Seit* ■ «Icr Kaiserliclifii voihabo, um 
(hn Minrii ;uis dem Wepn zu gehen, den Aalauf nicht gegen die Spitze des 
Homwerks, sondern seitwärts zu nehmen. 



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8 



Die Eroberung von Bonn durch Kmftirt PHedrich m. 



Gegenwehr, des BaYelms und der Ideinen zwischen den tieiden an- 
gegriffenen Bastionen liegenden Weike^). 

Um 7 Uhr war der Stmm beendet. Die .Verluste der Branden- 
burger an Totm betragen nach dem Bericht vom 10. Oktober 
500 Mann, darunter viele Offiziere; die Zahl der Verwundeten konnte 
damals noch nicht festgestellt werden. Die Kaiserlichen verloren 
40 Mann tot und 100 verwundet; von den Verlusten der Holländer 
nnd Miinsterer sind nur die Namen einiger Offiziere bekannt*). 

Mit Einbruch der Nacht begannen die Batterien neuerdings das 
Feuer gegen dio Festung, 1000 Mann frische Truppen besetzten die 
eroberten Werke , gleichzeitig liofs dor Kurfürst Vorbereitungen 
treffen, „um den Mineur an den corps de la place zu attachieren*^, 
nnd Breeclibatterien anf der Eontreskarpe und den RaTelinen an er^ 
richten. S&mmtliche Truppen standen vm 4 Uhr Morgens bei dem 
Poppelsdorfer Garten wieder in Bereitschaft. 

Um 7 Uhr scUng der Gegner die Chamade und soihidEte Geisdn 
heraus. Der EurfOrst UeJh das Feuer einstellen, mit der Arbeit aber 

') Siehe den Bericht über (U>n Stunu 342 8 473 ff. Anlage 7. 

^) Das Theatr. £ur. zählt au Toteu und Verwundeten .(OfQziere» Grand- 
musketier» und Kadetten meist mit Namen genannt) auf: 2 Generale (Heyden 
und Belling) verwimdet; von don doutsihen Grandmusketieren tot: 3 Offiziere, 
4 Grandmusketiere, verw. 5 Off., 14 0 i hn.; von der Kompagnie des Grafen 
Dohna: tot 2, verw. 9 Grandm.; von der Kompagnie Bonnet: tot 3 (darunter 
der erste, „welcher Grandmusketaer gewesen"), von der firanzösischen Kom- 
pagnie Grönadiere: tot 2 4 Gren., verw. 4 Off., 16Gren.; von den Qrand- 
musketicren: verw. 3 Off., 18 Grandm.; von den reformirtcu französischen 
Offizieren: tot 1, verw. 10; von den Kadetten vonComeau: tot 6 Unteroffiziere, 
4 Gemeine, verw. 5 Off., 6 Kadetten; von den Kadetten von Lottum: tot lOfil, 
6 Kadetten, verw. TOS, 4 Untff^ 12 Gem.; von der Garde m Fnle: tot 2 Oft, 
3 Untff., 39 Gem., verw. 8 Oft, 11 Untff., 148 Gem.; vom Batailkm Kurprinz: 
tot 1 Oit, 2 l'ntff, 18 Gem., verw. 2 Off., 5 üntff., 24 Gem.; vom mark^^riif- 
lichon Bat.: tot G Gem., verw. 2 Off., 5 üntff., 24 Gem.: vom Bat. Anhalt: tot 
2 Uutff., 21 Gem., verw, 3 Off., 3 Untff., 30 Gem.; vom Bat. Dörffling; tot 

1 Oft, 1 Untft, 13 Gem^ verw. 1 Off., 1 Untff., 23 Qmn.; vom Bat. Spaen: tot 

2 Gem., verw. 4 Oft, 1 Untff., 22 Gem.; von dem anderen Bat. Anhalt; tot 
1 Untff., 13 Gem., verw. 1 Off., 1 üntfT., 35 Gem.; von Dönhof: tot 1 Untff., 

13 Gem., vevw. 1 Off., 2 üntfil, 48 Gem.; von Bartufs: tot 2 Off., 5 Untffi, 

14 Gem., verw. 6 Off., 6 Untft, 41 Gem.; von Sdiomberg: tot 1 Untffl, 18 Gem., 
verw. 3 Off., 58 Gem.; von Heyden: tot 1 Oft, 14 Gem., verw. 2 Untft, 
84 Gem.: von Briquemault: tot 1 T'ntff., 12 Gem , verw. 18 Gcni ; von Ziethen: 
fnf 14 Gem., verw. 2 Off., 2 UntH., 'Jf> Gom.: von Belling: tot 2 Oft".. 2 Untff., 
lö Gem., verw. 1 Off., 12 Gem.; von Varemio: tot 5 Gem., verw. 2 Off., ö üntff,, 
18 Gem.; von Dobnn: tot 2 Untft, 8 Gem., verw. 3 Off., 3 Untff., 32 Gem. 
Darnaelk betrug die Zahl der Toten rund 300, der Verwundeten 900. — Hennert 
giebt die Liste sammt Drockiehlem wieder. 



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von Braiideuburg im Jahre 1689. 



9 



fort&hien^} und ritt Belbst m dia Lao^rftben. Da aber der Gegner 
.gar zu impertmente Conditioiies'' aeellte, wfilirand der Euiffirat 
Ubergpbe auf Diflkretioii forderte, ao verwarf letzterer nach einer 
Unterredung mit seinen Verbilndetea das Anerbieten nnd Heia die 
Geäaebi wieder «oswechaeln, mit dem Beif&gen, er wolle die Be- 
Batznng war mit Stftben in der Hand anasiehen lamen. Sdion war 
man daran, die Feindseligkeiten wieder zu beginnen, als Asfeld gegen 
Abend den Platemi^or mit einer anderen Kapitulation „so viel 
raisonabler war*^ beransschickte Der Kurfürst behielt den Offizier 
über Nacht im Lager und liefs die äufsersten Bedingungen, auf die 
er sich einlassen wollte, aufsetzen. Am nächsten Morgen schickte er 
sie in die Festnno; mit der Drohung, dafs er, "wenn binnen einer 
Stunde die Annahme nicht erfolat wäre, den Angriff wieder beginnen 
würde. Asfeld, der schwer verwundet im Bette lag, nahm an. Am 
12. Oktober Mittags um 1 Uhr^) wurde der Vertrag unterzeichnet. 
Nach demselben erhielt die Besatzung freien Abzug ,.mit Gewehr und 
Bagage Kugel im Mündt, schlagenden Paucken, rührenden Trommeln, 
blasenden Trompeten, fliegendten fabnen und Standarten, an beeden 
aeitiien brennentm luntten, angefulten BanteUeren mit Lnntten mind 
Eo^ M usqneten nnd piquen anf den Sohnltem, die Befittor za pferdt 
mit dem Degen in der Handt, die Tragoner auch zu pferdt mit der 
flinten in die höcb«).*^ 

Um Mittemacbt besetzten einige btmdert Mann im Namen des 
Kurfürsten von Brandenburg das Stemtbor. ' Die Bfiiger erbielten 
dem Vertrag gemäfii Erlaubnils in die Stadt zurückzukehren und zu- 
sammen zu suchen, was sie von ihrer Habe noch fänden. Allein 
in Folge der Nachsicbt der verbündeten Befehlshaber hielten die 
Franzosen die Thoro zwei Tage gesperrt und liefsen die Mehrzahl der 
Bevölkerung erst unmittelbar vor ihrem Auszug ein. Inzwii^chcn 
hatten sie alles, was sie an Oeld und Kostbarkeiten in der Residenz, 
den Klöstern, Kirchen und in den Kellern der Biir^'erhäusor noch 
zusammenraffen konnten, an sieh gebraclit; der französische Platz- 
major soll allein über 50 000 lieicliftthaler auf unrechtmäfsige Weise 
erworben haben. Von der im Vertrag bedungenen Bezahlung dessen, 
was die Franzosen verzehrt hatten, war keine Rede. Karg hatte 
wobl schon vor Wochen gemeint "•), man solle sich wegen der geraubten 

') Die öst. mU. Zeitsclir. berichtet, der Gegner habe schon um Mitternacht 
die Ghamade schlagen lassen, derKurfttrat aber nicht darauf geachtet nnd erat 
tun 7 Dhr MorgeoB, nachdem die Trommler unauegeaetat den Gfaamadestreioh 

wirbelten, auf Vorstellung des Herzog's vou Lutlninizon dorn Feuer Einhalt 
gcthan. — 2) 342 8 476; Brief Brandenburgs an Bayern 342,8 302. — «) 342 9 
158 Mitteüuog Brandenburgs au Bayern. Nach anderen zwischen 3 und 
4 TJbr. — '*) Dt« gaase Kapitulation (342/B 410) iat in Anlage 8 enthalten. — 
■) 342/8 IM. 



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10 



Die Eroberang tob Bonn durch Kurf&nt Friedrich III. 



Sachen an die reichen Ofißaere Aafeld, Ttange und Gaetre halten, 
aber gleichzeitig auch die Befurehtung anegesprochen, dafe den 
Franzosen, wie bei Mainz, det Ausmg mit Wagen gestattet würde. 

So kam es auch. 

Am Id. Oktober zogen die Franzosen über 2000 >) Mann stark 
„mit einer unbeschreiblichen Menge von Bagage" aus der Fcstiuig 
aus und wurden unter entspreclieiuicr Begleitimn^ nach Diedenhofen 
geführt. In der Festung blieben nur der Intendant Heifs mit einifjen 
Genossen und etlichen Cbeiläufeni als Kricf^sf^efan^ene. der Graf von 
Tiange als Geisel für die Rückkehr der Boglcitmunnschaft und 
800 Kranke. Der Kommandant Asfeld liefs sich in einer Sauite 
heraustragen; er sUrb bald nachher zu Aachen an seiner Wunde. 

Die Übergabe der Festung wurde im Heere durch Gottesdienst 
und Freudenfeuer festlk^ begangen. Am Tage des Auszuges der 
Franzosen reiste GeneralfeldmarschaU Sereni aus dem bayerischen 
Hauptquartier zu Eppingen ab, um im Namen des Prinzen Josef 
Clemens toh Bayern, als jeteigen Eurfärsten von Köln, ?on der Stadt 
Bonn Besitz zu ergreifen*). Gleichzeitig rückten die Yerbilndeten in 
dieselbe ein: je ein Bataillon Brandenburger, Holländer und Münsterer, 
dazu einige Reiterei, im ganzen etwa 2500 Mann'). Sie hielten Nach- 
lese über das, was die Franzosen übrig gelassen ha^^n und hausten 
nicht riel nnders als die Feinde*). Was noch einigen Wert zu haben 
schien, wurde {:;eraubt; Thüren wurden zertrümmert, um die Schlösser 
und eisernen Beschläge wegzunehmen, Glasfenster, W(» sie noch vor- 
handen waren, um das Blei zu gewinnen. Selbst aus den für ihre 
Unterkunft bestimmten Gebäuden nahmen die Soldaten Gitter, l'euster 
und TLmcü, llul/^verk und eiserne Öfen weg, einige noch zum Teil 
stehende Gebäude rissen sie bis auf den Grund nieder und ver- 
schleppten die Sachen auf die holländischen Schiffe. Die noch vor- 
handenen LebensmittelTorräte wurden verscbleudert, alle Pferde und 
Fohrwerke beigetrieben. Die Befehlshaber gingen mit schlechtem Bei* 

') B.«i irlit Tvarg's 342/14 295. Nach J.mh Theatr. Eur. 1500, nach d«r (}Bi. 
mÜ. Zeitschr. 3000, dazu 1^00 Kranko. 342/9 158. 

') Nach anderen ein liegiment Müustorer unter dem Obrist Land.sberg, 
dam 20O Brandenburger und eben ao viel HoUSiider. Jeden&lla ataiid im 
Dezember von jedem der drei verbündeten Volker ein Bataillon in Bonn. 
(342:8 r)29. 342'14 319.) Ks ist iu\eh 1mm .Ion .lainalirren Vorhrilf nisstTi «las Walir- 
sclieiuliche, dafs, wie es z. Ii. hei Kaiserswerth der Kall war (ad H42 !) 'MY). die 
Besatzung von den drei Bestandteilen des Heeres zn gleichen Teilen gegeben 
wurde. Von dem mflnsterischen Regiment lagen aieher schon zu Aafluig No- 
vember Maniiscliaften üi Kaiserswerth und Rhoinberg. 

*) pRelation, Was in ein und anderen nach Obergab der Statt Bonn da- 
selbst vorgangen" (342/6 446 ff.) s. Anlt^e 9. 



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von Brandenburg im Jahre 1689. 



11 



flptel voran. Sie verteilten die dem £rzstift gehöngen Kanonen als 
Beute unter ach, Terfiihren gegen die kfilniBohen Beamten mit gröister 
WiUkttr und lielbeii sogar, um ihre um&ngreichen Forderungen^) 
durdizoHetKen, einen kurkölniechen Hof-Kammorrat vetliaften. 

Da man die Fevtnng in ihrem damaligen Zustande nicht belassen 
konnte» so wurde allen Ernstes in Erwägung gesogen und darüber 
aucli nn den Kaiser berichtet, ob man nicht die Werke überhaupt 
schleifen soUe*); denn zu einer Besatzung und Ausrüstung des Platses 
in wünschenswerter Stärke reichten die Mittel des Erzstiftes nicht 
hin und die Werke konnten doch nicht hindern, dals das umliegende 
Land vom t eind verheert werde ; die Stadt selbst aber liattt^ gerade 
durch ihr© Festungseigenschaft wiederholt das schHmmste erfahren 
miissen. Trotzdem entschied man sich für den Beibehalt der Festunf?, 
schon um die Kosten der Schleitun^r zu ersparen. Aber erst nach 
vielen Bemühungen gelang ea Karg, yOu Thaler von deu Ständen zu 
erlangen, um nur die Belagerungsarbeiten einebnen zu können. 

. Ähnlich wie m Bonn ging es im g&iaea Enstifb su. Die lotiirin- 
gischen Völker marschirten unmittelbar nach dem Fall der Festung 
ohne weitere Bettshwemüs des Landes ab; dagegen folgten jetst eine 
Beihe von Durchsügen brandenburgischer, holUndisdier, münsterisdier 
und pfalzneubnrgischer Truppen, welche die Kraft des Landes duieh 
ausgedehnte Beitreibungen, Vorspann, und anderes auf das äulserste 
erschöpften. Durch das Vest Beoklinghausen, das nur aus 2 Städten 
und 12 Kirchdörfern bestand marschirten innerhalb 14 Tagen nicht 
weniger als 10 Regimenter Brandenburger und. Münsterer, von denen 
sich jedes 3 — 4 Tap:e im Ländchen aufhielt. 

Für die zunächst zur Deckung des Landes bestimmten Truppen 
hatten die (Tenerale Sj)aen und iSchwarz uuterm 20. Oktober verlaugt, 
dafs mau ihnen zwischen Uhein und Erft, wo sie Stellung nehmen 
wollten, Quartiere einräume^). Während die kölnischen Stände erst 
mit den jiilichschen, bergischen und clevischen Abgeordneten beraten 
wollten, blieben aber die Brandenburger nicht bei ihren ursprüng- 
lichen Forderungen bestehen. Sie nahmen vielmehr nach und nach 
alle guten und dem feindüohen Angriff nicht unmittelbar ausgesetzten 
Quartiere fiir sich in BescUagft} und scheuten auch die Anwendung 

') Diese in 31 Punkten enthaltenen Forderungen (45/22 158) giobt An- 
lage 10. — 342/14 273, Im Jahre 1717 wurde die Festiirtfr thatp.lchlich 
geschleiily nachdem sie vorher abermaia, diesmal von den Englandcni und Uol- 
Iftndem, erobert worden war. 

») 45/22 73, — *) Die Forderungen der beiden Generale (sd 342/9 140) 
giebt Arila^re 11. Die Antwort der kOlmscben Stftnde wurde weggelan««. — 
^) 342/14 3U5. 



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12 IMe Erolwnuig von Bann dnieh KuriBnt SMedrich HL 

▼on Gewalt moht So sogen sie sksh auf dem linken Rhelnnfer immer 
mebr flufsabwfirts, gjng^ anf das rechte Rheinnfer fiber und ybt- 
langten auch Quartiere in Westfalen; im unteren Erzsfeift besetzten 
sie Zons und Lechenich und erhoben von dort aus im ganzMi Lande 
KiiegBstenem, wobei sie mit gröfster Willkür zu Werke gingen. Am 
rechten Rheinufer belegten sie Deutz und andere Orte mit Dragonern 
und Reitern ; obwohl dort %^om Feind nichts zu befürchten war, 
marschirten im November, unter dem \'orwaiul gegen Montroyal Vor- 
posten zu beziehen. 5 Kompagnien auf Linz, das schon mit kölnischen 
Truppen besetzt war; sie hieben die 'I'horo und PaJlisaden ein, setzten 
sich iu der Stadt fest und verlaugten tägliche Verpflegung für 700 
Pferde'). — Noch schhmmer machten es etwas später 5 Kompagnien 
des Leibregiments zu Pferd in Westfalen. Dieselben brachen eines 
Tagee ~ 12. Dezember — aus ihren Quartieren auf, um angebUcb 
nach der Giafsohaft Bietberg zu maraohiren, zogen die in der Soeater 
Vörde gelegenen Grendmusketiere und Grenadiere, wie einige In- 
fanterie aus der Idiypetadt an sieh und überfielen dann die Jcurkölniscfae 
Grenzstadt Gesecke, die aulser der Büigerachaft nur dO geworbene 
eizstiftisclie Soldaten zählte. Sturmleitem wurden angelegt, Hand- 
granaten geworfen» die Pallisaden niedergerissen und die Thore ein- 
gehauen; einige von den Soldaten und Bürgern wurden getötet, die 
übrigen entw&ffiiet, der Bürgermeister nebst vielen Einwohnern ge- 
fangen genommen. Den ersten Lärm benutzten die Eindringlinge, um 
alles was sie in den Häusern liekommen konnten zu rauben, dann 
legten '^■h'' s*if"h, !) Kompa^aiien stark, in das verarmte Waldstädtclien 
und verhitiL^ti 11 den Lebensunterhalt von der Bürgerschaft, der sich 
auf nahezu 4tKHi Tlialer monatlich belief-). Die zu Arnsberg ver- 
saumielten Stände schickten eilends Abgeordnete nach Gesecke, um in 
Güte mit den Soldaten zu verhandeln. 

Die Zahl der im Lande stehenden Truppen wufste mau lange 
Zeit gai-nicht; sie verdoppelte sich aber durch die fortwährenden Hin- 
und Heimjlrsebe. Es war zu Terwundem, wie tm Bericht achreibt, 
„dals noch eine seele auf dem platten laadt stehe.'' Die Bauern ver- 
Helben die Ortsdiaften um auszuwandern, und die Truppen drohten 
die verlassenen Häuser einzureifsen. „Da& land,** schreibt Karg, „steht 
von oben in Gefahr einefit fondUchen ÜberfolUs und von unden in 
solchen Trangsalen, die sie von denen eigenmächtig hineingetrungenep 
Kurbrandenburg. Trouppen erleyden müssen, dergleichen nicht zu 
glauben, noch genugsamb zu beschreiben')." Dazu kam aber noch 
ein anderer Umstand* Während die Münsterer und Holländer bald 



») 342/14 m - 342/14 808. — ') 45y22 154, 



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von Bnodenbiug im 16dB. 



13 



nach der Eroberung Bonns ihre Truppen bia auf einige Bataillone aus 
dem I^anclu ^eriifon hatten*), ?:ei0en die Brandenburger, die noch 
da/u iaiitcr „uncatliolischcs Vulck "•■')•' waren, nicht übel Lust, sich im 
Lande festzusetzen. Man hatte ihnen schon zu Anfang des Feldzuges 
nur ungern die Festungen KaiBenwerth und Rhnnberg geSffiiet, und 
wofete auch, dafs sie im EinverotändnÜB mit den GeneralBtaaten auf 
Schleifung der beiden Pl&tze hinarbeiteten, w&brend sie ihre Grenz- 
festong Wesel zu einem Hauptwaffenplatss machten'). 

Enrfilrst Uax Emanuel hatte sich daher „in enger Geheimbe'' 
schon wUirend des Sommers erboten, seinem Bruder ein R^iment 
Eavallerie gegen anderweitige Entschädigung gänzlich sa überlassen; 
aufserdem wollte er ihm nach Beendigung des Feldzuges unter irgend 
einem VorwaTid einige Regimenter schicken, welche im Erzstift Winter- 
quartier beziehen, aber im Friilijahr „con bei modo" wieder an den 
Oberrhein marschiren könnten, „davon man aber anfangs nicht der- 
gleichen thucn miesste, iinnd dises nur hniibtsächlich zu dem endte, 
damit die Brandenburger, !>o es nit naohgehfi! worden wollen, im 
Erzstiflft nit so gar starck einnisten: und selbes weith ybler und härter 
alfs die Churba^eru hernemmen Können*)." Der erste Vorschlag ver- 
wiiklichte sich nicht; dagegen nahm .Insepli Clemens den anderen an, 
2 Regimenter zu Fufs, 1 zu Pferd und 1 Dragunerregiment während 
des Winters in sein Land zu nehmen. Die kölnischen Stände freilich 
verhielten sich ToUkommim ablehnend und erklärten, sie mülsten ihre 
„unterthänigste all zu schwache Hand^ abthun und aOes dem Vater 
des Vaterlandes anheim geben <^); nur mit vieler Hübe gelang es Karg, 
weni^tens die Beschaffung derFonrage zu erlangen*). Kurfürst Max 
Emanuel war über dieses geringe Entgegenkommen höchst ungehalten 
und wollte die R^imenter noch im Dezember, als sie schon nahe dem 



') Der Bisdiof von Münster rief seine Tni)»iifn anfun^.s Xovembcr zurück 
(342/8 479); er wurüe von den kr.hii'^clien StiliKipu ausihücklich gebeten, sein 
!and.si)or(^ns( hes Hegiment zu Fufs einstweilen noch in Bonn, Kaiserswertb und 
Kreinberg stehen zu lassen (342/14 277); die HollKnderi von denen man weiter 
nichts mehr hOrt, adieinen aberiisnpt nur dos «ine Bataillon in Btmn xorOdc- 
gelassen zu haben. Dagegen waren andere kölnische Gebietsteile durch Truppen 
be-ot/.t, \ 011 d(»nen bisher nicht die Kode war. Wf^mgpten'; schreibt Karg unterm 
6. November: „Andernach haben auls Abgang der Subsistenz die württeni- 
bergische leuth jüngst verlassm. und Chwf. Gnaden zu Trier, solange 101 Hann 
dahhl verleg^ bils ich 2 Kompagnien zu Fuels und 25 Pferde dahin veiSCihaSb.** 

^) Dafa die ünduldsainkoif in Claul'f nssaclu'ii aut h eine grofee Rolle spielt, 
beweist der Bericht Kaig'.s, in wekliem or sicli lK>kla^t, dafs Schlaberndorff 
„aus lautern muthwillen'' am Cliristtag die kulviuisciiü Versammlung und Aua- 
teilnag der Kommunion in dw knrfilrsüichsii Besidem ansbaUen lieb. 

^ 342/14 407. r- 342/7 160. - 342/14 314. — «) 342/14 806. 



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u 



Die Eroberung von Bonn durch Kurtüirst Friedrich IIL 



kölnisohen Gebiet atanden^ wieder zuriicknifeni). Trotzdem beharrten 
die Stftnde darauf, zanfidiBt für Verpflegung der Truppen weiter mchte 
zu gewSluen. 

Die bayeriedieii Regimenter waren, wie Generalen Schwan 
und Spaen schon kuis nach Eroberung von Bonn mitgeteilt worden'X 
bestimmt, im Verein mit den korkdfaiisehen Toppen die Plätze Dorsten» 

Recklingbausen, Rheinberg, Linn, Kaiserswerth, Bi>iiti, Andemach, Linz, 
Abrwoler, dann Altenahr, Rheinbach, Zülpich, Meckenheim, Lechenich, 
Kerpen zu besetzen; die kurprinzlich jülichschen Truppen wurden in 
Montjoie, Münstereifel, Euskirchen, Düren untergebraclit; die Branden- 
burger sollten Köln, Aachen und Koblenz durch süirkore Abtciluiij^en 
besetzen, womit allerdings Köln für seinen Teil nicht einverstanden 
war. Zunächst aber standen die Brandenburger noch alleutlialbeu 
im Erzstift; Karg warnt auch ausdrüclxlicli davor, auf ihren günzhcheu 
Abzug zu dringen, da die w^enigeii bayerischen und kölnischen Re- 
gimenter zur Deckung des Landes bei weitem niclit hinreichten. Doch 
hatte man bis Mitte Dezember soviel erreicht, dais man nur mehr 
28 Kompagnien zu FvSk nebst 4Vf Stäben und 27 Kompagnien zu 
Pferd mit 47, Stäben zu yerpflegen hatte, und ein Teil der Reiterei 
in die benachbarten Retöhsherrscbalten verlegt werden sollte*). 

Über die von den kölmsehoi Ständen zu liefernde Verpflegung 
scheinen bis zum Dezember genaue» allgemein gütige Bestimmungen 
nicht bestanden zu haben. Nach einer ansdbeinend halb amtlichen 
Forderung*) „sollen und müssen die Truppen haben": der Mann die 
Brodportion, bestehend in 2 Pfund Brod tätlich oder 18 Groschen 
jnonatlich, dazu die „Services in natura > nlfs Pfeffer, Salz, essig, Licht, 
Holz und Bether", oder dafür in Geld der Reiter 14, der Musketier 
10 Groschen monatlich. Für die Pferdevcrpflepunn; waren verlan^^t 
1 Vs Viertel Haber, 8 ?fimd TIcu und 1 Bund Stroh von etwa 12 Tfiuid 
täglich, oder 3 Reichsthalär monathch. Dem Offizier gebührte freies 
Quartier und Stallung oder entsprechendes Quartier{.;eld, und die Ver- 
pflegung für die Pferde. Dabei war der Ue<:ii:it lusstah bei der Ka- 
vallerie zu 39, den Dragonern zu 32, der Inhiutcric zu 18 Pferden 
ftf^enommen, die PÄniaplana der Kompagnie zu beziehungsweise 16, 
15, 12 Pferden. Dem Gtoneralfeldzeugmeister Spaen gebührten 70 Pferde, 
dem General Grafen Ton Schömberg 50, dsai Generalmajor 30. Selbst- 
Terständlioh Ubersohiitten die Truppen häufig diese Haa(se, yerlangten 
nnd nahmen ToUe Verpflegung, beziehungsweifle eine Entschädigung 

») 342; U 315. — ^) ad M2ß 140. 

>) 342/13 m JSbmiM wird dte Zahl der im Erzstift stehcuden Branden- 
burger nach deren eigenen Mitteilusgen xu 1420 Mann su Pferd und 9070 xu 
Fub — Oha« Primaplaiieii — angegeben. 46/22 16S. 



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vou Brandenbuiig im Jahra lö89. 



15 



von 4 Reichsthaler n, und vieles andere. So mufsten im unteren Erz- 
stift für den Geueralstab anstatt 300, 592 Rationen, für die lie- 
gimemtratäbe zu Pferd 70, für die Primapkna einer Kompagnie 60 
Bationen geliefert werden^. In Linz verlangte man für jedes Pferd 
10 Pfond Haber und 2 Bund Stroh. Die Verpflegung BoUte femer 
auf den vollen Stand gewSlirt werden, während die Stände nur die 
ihatsäcfaliohe Stärke gelten lassen wollten. — Erst unterm 12. De- 
lember wurde xn Berlin gleiehzeitig mit anderen Bestimmungen auch 
die Yerpflegong der brandenburgisrlien Truppen endi^iltig geregelt. 
Denmacb gebührte auf jedes Pferd tiiglich 1 Mertel Haber, 6 Pfund 
Heu und das nötige an Häckerling, dazu ein Bund Stroh ; konnte die 
Verpflegung nicht geliefert werden, so waren dafür 3 Reichathaler 
iiioTintlicL 7X1 entrichten. Dem Mann gebührten täglich an Verpflegung 
nur 2 i'lund Tlrod, wofür auch nach Belieben des Wirtes monatlich 
18 Groschen gezahlt werden konnten. Dazu kam noch das Servis, 
an dessen statt dem Reiter 14, dem Dragoner 12, dorn Musketier 
10 Grosthen /u bezahlen waren. Die Kompagnie sollte auf den 
vollen Stand verpflegt werden, nämhch zu 125 Maua bei der Infanterie, 
50 Mann bei der Kavallerie, 64 bei den Dragonern; für die Stäbe 
und Primaplanen wurde die bisherige Zahl der Rationen beibehalten. 
Dem OfiBzier gebührte für die eigene Person nidits ab das Quartier 
ohne Servis. 

Diese Verpflegongsbestimmungen gelangten erst g^en Ende De- 
sember wax Kenntnifs des Baron Kaig. Die brandenburgischen Gene- 
rale und das Eommiasariat Terhungten dagegen, indem sie sich auf eine 
kurfttrstliche Ordonnanz bezogen, noch unmittelbar vorher fUr den 
.Mann neben dem Servis und der iJrodportion 2 Quart Bier und 
2 Pfund Fleisch täglich, und für das Pferd 1 ^'iel•tel Haber. Dabei 
sollte alles in natura geliefert werden, was bei der herrschenden 
1' Titternot eine Summe von monatlich 25 ÜOÜ Keicbsthaler ausgemacht 
haben würdet). 

Da die im August vom Land bewilligten 30000 Reichsthaler noch 
immer nicht bezahlt waren, so bef^unn auch das brandenburgische 
Kommissariat ungeduldig zu werden und „die Hände in die kurfürst' 
liehen Gefälle zu schlagen. Karg hatte sich TeigeUich hemfiht, die 
Summe im Lande anfeuhhugeu^); em köbier Wechselherr, De Groote, 
wollte sich allenfaUs auf 3000 Thaler einUtssen. Karg erbat sich 
daher einen Auftdiub von sechs Wochen, um inzwischen in HoUand 
eine Anleihe zu machen. Als aber um Mitte Dezember nodi immer 
nichts bezahlt war, wurde ton Seite Brandenburgs die zwangsweise 



342/14 284. — ^ 342/14 293. — «) 45/22 154. 



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16 



IHe Enbarang von Bonn durcii Enrfflnt Friediidi IIL 



Beitrnbiiiig angeordnet. Im lelaten AiigenUick vendete sie der Landes- 
konmuasfir Bemeaa ab, indem er Terepraeh, binnen 14 Tagen die 
Hftlfie der Summe zu erlegen, oder wenigetens die S&ninigen namhaft 

zu machen. Auf Erlegang des Geldes war indels, wie Karg sclireibt, 
wenig Aussicht vorhanden. Man hatte bereits ohne wesenthchen Er- 
folg 5 Simpla ansgeschiieben. Brachte man endlich die Anleihe in 
Holland zu wege, so ging sie so ziemlich fiir Besoldung der Besatzung 
in Rheinberg auf, die schon seit 4 Monaten nicht mehr bezahlt worden 
war, und das Schlimin.stf' lipfurchten licfs. Aufserdera betrugen aber 
die laufenden Fordorungeu Brandenburgs alles in allem jzerechnet, 
etwa 40 000 Thaler monatlich') und verlangte Bayern 30000 Thaler 
für seine Regimenter. Die letzteren kamen am schlimmsten weg. Die 
Brandenburger suchten nach dem Bericht Karg's „deren subsistenz 
ganz zu imi)ossibilitieron*)'^ ; von der holländischen Anleihe blieb 
höchstens noch so viel übrig, um einiges Korn für sie anzukaufen; 
^damit sie nieht gleich anfimgUch crepierten'^ sdiois Kaxg noch ins- 
geheim eine Summe ans den knrfärstlichen EammergefiUlen bei'). 

Trotz der Lasten, die dem Lande durch die Truppen der Bundes^ 
genossen erwuchsen, war man aber keinen Augenblick vor einem 
feindlichen Einfoll sicher. 0ie Franzosen wurden durch Spione und 
Überläufer auf das Beste mit Nachrichten bedient. Von Montroyal 
aus schrieben sie zu Anfang November mittels eines in deutscher 
und französisdier Sprache abgefafsten Briefes eine Kriegssteuer von 
30 000 Livres aus. Um Mitte Dezember kamen sie 3000 Mann stark 
ins Jülichsche, drangen mitten unter die Quartiere der pfabsneuburgi- 
schen Tni])pen zwischen Düren und Lechenich ein, verwüsteten etwa 
10 Dörfer, und zofjen sich dann wieder in die Eifel zurück; zugleich 
versprachen sie, nach 8 Tigcn wieder zu kommen, U!id m trleifher 
Weise das Kölnische heimzusuchen, wenn bis dahin die Jburiegssteuer 



>) 342/14 314. - >) 342/14 292; &h;ilicb 342/14 285. 
^ Übrigens möge hier im Gegenhslt zu don yon Kurbayeni und KorkObi 
gegen Brandenburg erhobenen Vorwürfen audi Bennert gehdrt werden, welcher 

darüber Klaffe fTlhrt, dafs die wohlmeinenden, auf strategischen Gründen be- 
ruhenden Ratschläge des KurfVirstcn Friedrich bezOglifh dor Winterquartiere in 
Folge der Umtriebe am kaiserliclien Hof nicht zur Ausführung gelangten, und 
dab der KurfÜnt, nedidem ihm der Krieg beinahe 8 AGUionen gekostet, auch 
noch einoi großen Teil seiner Truppen im eigenen Lande Winterquartiere be- 
ziehen lassen mnfpto. Dem Umstand, ilafs ni;\n «lem Plun Frie»lricli's kein Ge- 
hör schenkte, schreibt Bennert es auch zu, dafs die Franzosen gleicli zu Anfang 
des neuen Jahres einen Raubzug ins Jülichsche unternehmen konnten, und bei 
Begimi dee kommenden Feldsuges lange vor den Verbündeten ihre Venamm- 
lung beworkatettigt hatten. 



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von Braudeaburg im Jahre 1688. 



17 



mciit erlegt sei'). Gegen Ende des Jahres standen etwa 7 — 8000 Mann 
mit Artillerie bei Lützenburg zu einem neuen Einfall bereit; be- 
zeichnend (ur ihre Kriegfühnmg ist es, dals der Abteilung 10 Iford- 
brenner Toraosgingen; zwei von diesen gelang es einzafangen; sie 
hatten den Auftrag gehabt, Zülpioih, Euskirchen, Düren und viele um- 
liegende Ortschaft«! an vier Enden anzuzttnden*). 

Um die Jahreswende kamen endHch die bayerischen Truppen an- 
manchirt. Brandenburg zog T er trag a m&iMg») seine Truppen aas Bonn 
und dem oberen Erzstift zurück. Im unteren Erzstift an der Niers 
und Erft lieis es 5900 Mann stehen, die von Kurköln verpä^ wurden; 
außerdem lagen noch einige Kompagnien in Westfalen. Die bayeri- 
scbcn Truppen aber, die zunächst in das obere Erzstift einrückten, 
landen eine schlimme Unterkunft. 

Mit dem Fall von Bonn und der Lk'sitzergreifung des Landes 
durch den Kurfürsten Joseph Clemens war das Eniatift einstweilen 
dem altersschwachen Uoiclie wiedergegeben : in seinem Oberlauf aber 
bespülte der Rhein noch tast 2 Jahrhunderte lang deutsche Lande, 
die unter fremder Herrschaft standen. Sie wieder zu gewinnen, war 
erst einem späteren Geschlechte vorbehalten. Das neue deutsche Reich 
aber Tereinigte in sich als die beiden mächtigsten Völker jene, deren 
Fürsten dainals Sohidter an Schulter gegen den Erbfeind im Feld ge- 
standen waren. 



34^6 385. Anlage U 

Liste 

der Chtu>Brandenburg. Armee, so m Felde gehet, ohne den Qeneral-Stab. 



BMA 


Comp. 




Ton 

3Uali(-i) rriin, iilju. 

1 
























Cavaiierie: 












3 






66 


396 


452 




4 


Granü.s Mousquetaüres .... 


12 


88 


32«) 


514 


1 


8 




112 


400 


624 


1 


8 




12 


112 


400 


524 


1 


8 




12 


n2 


400 


524 


1 


d 




12 


ii2 


40O 


524 


i ' 


8 


Sachibfiin ....•...» 


12 


112 




524 


1 


8 




12 


112 


m) 


524 


1 


R 




12 


112 




524 










28 


100 


128 


* 1 « 




84 


960 


3022 


4002 



») 342, 14 908. — •) 942/14 917. 

') Der Inhalt des zu BorUn abgescMossoiKMi Vi rtrafjos ist in Kflrze in 
Anlage 12 wiedeigegebeu (342/8528); eine auätUhriiciie luhaitsaneabc desselbeu 
mit SemerkuDgon des Oesandteii Karg voraehen, befindet sich 342/14 325. 
JikfMebw INr 4i* DtrtKh« Ai«« ul llMla«. B4.N^1. 9 



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18 Die Eroberung von Bonn durch KuifUrst Friedrich III. 









OfBclnr 
von 

Stlabdn! Piim. (»tun. 






1 

1 

1 

1 ' 


8 

8 
6 
4 


Dragouei- : 

Perbaua uiiU SoubüüIiI .... 
Junge Marggraf von Anspadi 

Infanteri«: 

Leib Gardo \ 
Comp. CadetH / 

Lottuin 

Comp. Cadeta ^ 
Courueau 
C'omp. Cadetfl / 

Pietnontesor • 

Cavallerie und Dragoner . . . 
ArtiUerie ...■■«.. 

Summa . . . 


12 

12 

12 


m 

• 128 

'»<; 


512 

512 

:^ft4 


662 

052 

492 


— ^ 

8»/, 

2 

1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 
1 

1 

1 
1 

1 


26 

25 
1 

5 
5 
5 
5 
5 
10 
10 
5 
5 

■ 1 

5 
5 
5 
5 
5 
1 
4 
1 
10 
1 


42 

24 

12 
12 
12 
12 
12 
12 
12 
12 

1 o 

0 
6 
12 

6 
6 

' 12 
12 

5 
12 


416 

468 

00 
00 
90 
90 
90 
180 
180 
90 

W 

90 
90 
90 
90 
90 
90 

106 

90 

180 
IH 


1664 

3520 

025 
025 
025 
025 
025 
1250 
1250 
625 
025 
025 
025 
025 
625 
625 
625 

665 

1250 
125 


2122 

3742 

727 
727 
727 
727 
727 
1442 
1442 
727 
727 
721 
721 
727 
727 
721 
727 

786 

376 

1442 
143 


17 

10»/, 


133 
91 


2ÜÜ 
126 


2394 
1872 


1G195 
0286 


18798 
0784 

798 


27V. 


224 


335 j 


3706 121401 1 


26380 



46/82 168. AmlMEt >. 

Liste 

der „Staab-Officireu, ao zuruckh bleiben" 1689/90. 

Zu Neufs und rmf,rt.'gt."n(l verblieben: Gcnpralfcldzpnprmpistor Spaen, Herzog 
von Hukteiii, Gtsuerai Graf Schömberg, Generalmajor Zietheu, Generalmajor 
Dewiz, 1 Generalquartdermeister, 1 Gcneralquartieruieiäter-Lieutonant, 1 General- 
A<yataiit (dee 3. F. Z. ILX 1 Feldmedünu (Sehweling), 1 Stalufoorier, 1 Stabs- 
feldacherer (Klering), 1 Oeneralgewaltiger, 1 Wagemneiater, 1 Sehaifrichter, 
1 Profofs, 1 Sterkeiiknpcht. 

Kommissariatabediente: Rcgierungsrat von Mozleid, 1 Kommissär, 
3 Proriantm^fter) 2 ProviantbedieDta. Auberdem waren aa Wesel 1 Ober- 
Kommissär und 3 Proviantmeister« zu Aachen 1 Obar^KommissIr, 1 Riebter, 
1 Proviaataekretir, 1 Proviaatbedientar. 



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von Brandeuburg im Jakre lt>ö9. 



19 



46/22 168. Anlage «. 

Zusammensetzung der Regimentsstäbe. 

1 Oberst, 1 Oborstlieutcnant, 1 Oberstwachtmeister, 1 Regimeutsquaitier- 
meUter, 1 Af^ntant, 1 Prediger, 1 Aaditeur, 1 S^etlr, 1 Faoker oder Regiments- 
Tamboor, 1 Feldaebwer, 1 PrtÜFola» 1 Sdaarfrichter. 

Primaplanen einer Kompagnie. 

an Pfind Dragoner au Falb 

Hittmcister oder Kapitttn 1 1 1 

Lieutenant 1 1 1 

Cornet oder Fäbnncb 1 1 1 

WatAfneiater oder geftei te r Kwporal ... 1 1 1 

Sergeanten — — 8 

Fourier 1 1 1 

Korporale 3 3 3 

Trompeter 2 — — 

MnaterMlureUMr 1 1 1 

Feldscherer 1 1 1 

Capitain d'ArmeS — 1 1 

Fahnenschmied 1 1 — 

Sattler 1 — — 

Tamboore — 3 3 

Heifer — — l. 

842/7 381. Anlage 4. 

OKngefährlicher Überschlag wafs zu der Belagerung von 

Bonn erfordert wird. 

1. An Inianterie 36000 Maun, 2. zur Arbeit 6000 Bauern, 3. Schanzgereitli- 
•ohaft auf 16000 Mann. 4. An Btflcken: 24pfilndige 40 Stack, 20000 Kugeln; 
12pfdg. 30St., 10000 K.; Spfdg. 128t, 0000 E.; 6pidg. 1281, OOOOK. — 6. An 

grofsen und kleinen feQrraÖrsem, Haubizen, Bomben, Sprengkugeln, und andern 
benötbigten feürwerck eine frrosse quantitet. 6. an Pulver KXXX) Cti-., 7. Lunthen 
und mousquetten Kugeln eine grosse quautitet wie aucli einen grossen vorrath 
an band granaten. 8. an WoUsBcken lOOO StOck und an Sandslicken 20000 Stfick. 
9. Allerhand Holzwerck von Bäkken, dicken schalen, und brettem einen grossen 
Vorrath. 10. Viel Scliinied, Zimmer und Maur-Louth mit ihren Kiifditen. 
11. Erfahrene minours. 12, Eine grosse quantitet an tachinen, ^vüi-.ston, Kopff- 
kOrben, groÜB und kleinen Horten, und blendungen. 13. walis von ubigeu allen 
wfltddieh TOnnOUiig segre, daron soll die designation eingegeben werden. 

Ohngefährlicher unmafsgeblicher Vorschlag, wie Bonn zu 
bloquirenundwieTiellCannsoliaften darzue erfordert werden. 

Za Vuets 8000 Hann, Refltter nnd Dragoner 2000 Mann. Summa: lOOOO 

Mann. — Davon mOssen «üesseits Rheins bleiben .2000 au Fuefs, 300 Reilt«r, 
thuet2300, welche thoilfs ncgst am Rhein in einige redouten und in den Schiffen, 
und der Cberrest in Ferburg konnten postiert worden. — N.B. Die Ingenieurs 
sollen ein dessein wie und wo die redouten und Feldscbauzeu anzulegen seyn, 
aodi wie die StiflUr etwa an beveatigen wlren, eingeben. 

Jenseits Rheins 1700 za Pferd, an Fub 0000, tfaut 7700. Diso müssen 

2* 



20 



Die Eroberung von Bouu durch Kurfürst Friedrich III. 



entweder in onem gesehloneiien Itger atehen, oder hin und wieder «uf halt- 

baliren ührtcm postirt werden, welches dmn^h denie darzue destinierten general 
zu visitieren und dessen sentiment Ahor oin und anderes zu vernehmen wäre, 
— NJB. Wan aber der Feind von Montroyal ein detacJicmcut schicken wirdt 
und sich also verstarken. . . . eo wflrde die snrUoquade jeutiaitB Rheins desti» 
nirto Mftnnsohaft nicht sufBctent und in Sicherheit sein. 

342/13 109. Anlage 6. 

Traitte 

entre Sa HUgest^ Tlres Oiretaenne A S« Serenit6 Electorale de Brandebonig 
pour Iab eehangea et rangons dea Piiaenniera de goerre du 6 Aeust 1689. 

Not» Philippe de Langl6e de Magny, Golonel d*Infiaiterie et Francis 

d'Asfold Capitaine de Dragons au nom et de la pari de Sa Majest^ et Jean 
Frederic Scliultze, Consciller et Auditour General de Sa i>Mmt6 Elect., Bertram 
de Belau, Lieutenant Colonel d'Infautcrie et Jean Ku<ioiphe Huchat, Capitaine 
d^nfimterie de la part de Sa Serenit6 Elect. sommes ooovmos de Pecfaange 
et ranfon dee Prisonniera de gaenns (|ui seront &its de part et d'autre et en 
nvons passt^ le present traitt6 en vertu des pouTOtrs k nous donnte en In 
maniere; qui en suit: 

1. Que ce traitte durcra pendant tout le icmi> de la guerre qui se fera 
entre Sa MiyestA et Sa Serenitö Eleeb et sera gardi inviolableniMit de part 
et d*autrc. 

2. Ce traittd conprend tous los officiors et soldats de quelque nation qu'its 
Boient, qui scrvent dans los Armöes et (iuamigons de Sa Sär. Elect. et ni^oie- 
ment ccux, qui sont au Service de ses Äili6a saus pouvoir 6tre recherchös sons 
aucnn preteztä, queloonque que ee pnisse 6tre Sans ancune ezeeptton. 

3. T.e present traitto n'aura Ueo qvi*k cominencement du jour et datte de 
la ratiflcation et tous les prisonnicrs seront reiidiis 15«« jours aprAs lenr de- 
iention au plutard par echange des prisonniers de pareille Charge ou par rangon. 

4. La rallfication sera fimmie de part et ^antre dPanjonrdh^y en Siz 8e- 
maine: iaute de quoy le prösent traitM n'aura aucun «ffet 

5. La ran^on se payera en monncyo de France OU du Pais bais, dont leS 
trois livres font un den et la üvro tait 20 sols. 

6. Fa pour mieux savuir la rau^on qui doit 6trc payie pour les Prisonniera 
de part et d'autre on a jugö h propos de marqucr cy apres ces cfaarges et postes 
de cbacon party avec le prix de la dite ran^n. 

Officiers des Trouppes de Sa Majestc Tres Chretienne. 

Le Genoral d'Armde ou llarechal de France 50000, Lieutenant General 
SO 000, Grand Maitre d'Artiglerie 20000, ICarechal de Camp 0000, Colone! gene> 

ral de la Cavallerio 16 000, Colonel general des Dragons 6000, M?« de Camp ge- 
neral de la Cavallerie GOOO, de Camp general de Dragons 3000, Cornmissaire 
general de la Cavallerie 3000, Intendant de rAnnio 9000, Brigadier de la 
gttidarm^e de Cavallerie de Hn^ng on d'Inftaterie 6000, Oenenl de Vivrea 
900, Major General d*Infanterie 2000, Maroschal dee Logis general de TArmte 
1000. !^Iarc8chal des Logis general de la Cavallerie 600, Major general de Dra- 
j^fons fKX). Major de Brigade 500. Aydc de Camp 400, Thresorier general de 
TAruiee 3000, Comnüs de l'Extraordiuaire de» Guorres 500, Cornmissaire des 
Guerres 600, Prindpal Cornmissaire des vivres 900, Tous antres Oonuniasaires 
HQ Cönunii des Tivres 200. 



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von Bcandenbmg im Jahn 1689. 



21 



MaisoD du Roi. Gardes du Corps. 
Gapitain» dos 6iid«i da Carpa m M^eili 4000, Lieutenant des Oardes 
da Corps 1900, Eucigne d«s Gardes da Ooipa 1800, fisomt dos gardes do Corps 
600, Brigadier et sona Brigadier des g. d. C. 100, Guardes da Corps 46. 

Gondarmcs on Chcvanxlegers ile la f^arde du Roy. 
Capitaine Lieutenant dos gcndarmp? ou Chevaiixle{^ers de la Garde du Roy 
4000, Souslieutenant deä geuädüx'uiüä ou Clievuujdegerä 1800, Miireschal des Logis 
des gensdarmes ou Chevauzlegers 600, Enseigne et Gindon des gensdanues oa 
ChevauxloL'ors 9CK), Brigadier et sous Brigadier dos f^onsdarmes oa Ghevanx« 
legen 100» Gensdarmes et Ghevauxlegers de la garde 45. 

Mousquetaires du Roy. 
Lea Capitaiaes Lieut^ de deux Comp, des Mousquetaires äÜOO, Le sous 
lieat. de deux Mousqu**«» 1800, Enseigne des Mousqaetaires 1800, Gornetta des 
Mousquotaires 1800, Mareschal des Logis des Mousquetaires 600, Brigadier et 
Souabrigadier des Mooaq. 100, Lcs Mousquetairea 46. 

Gendarmerie. 

Capitaine Lieutenant de la Garde Ecossoise 301.JU. Sous Lieutenant do la 
Garde £cossoise 1800, Les Capitaines laeutenans de la Gendt'"'- 3000, Les Sous 
Lieutenans de la (Gendarmerie 1600, Enseigne et Goidon de la Gendarmerie 
600, Marechaux des logis de In Gend>t«> 200, Brigadier et Souabrigadier de la 
Qendri«. so, Genadames ou Ghevauxlegers de Comp, d'ordonnance 90. 

Grenadiers du Roy h Choval. 

Capitaine 500, Lieutenant 300, Sous Lieutenant 200, Enseigne 200, Mare- 
schal des Logis 100, Brigadiers 80, Les Grenadiers 20. 

Garde Fran^oiae. 

Colone! 6000, Lieutenant Colonel 1500, Major 600, Capitaine 600, Ayde 
Major 200, Lieutenant, Sonalieatenant et finseigne 200, Seiigeant 30, Capora^ 20^ 
öoidats 18. 

Le CoUmel General des Saissea 8000, Le Colonel des Gardes Bnisaes et 
antres offidera et soldats da Regt payeront aar le pied des gardes ihmcoises. 

Infanterie. 

Colonel 1500, Lieutenant Colonel 600, Major 200. Capitaine 200, Ayde Major 
90, Lieutenant 90, Enseigne et Souslieutenant 60, Sergeant 20, Fourier 25, Ca- 
poranz 16^ Tamboors fifrea et soldata 10. 

Compagnie de Gadets oa Gentilshommes. 
Capitaine 200, Lieutenant 90^ Soua Lieutenant 60, Secgeant 40^ Brigadier 30, 
Sonsbrigadier 20, Cadett oa gentilhomme 15. 

Cavalerie. 

M» de Camp 1800, Lieutenant Colonel 900, Major 300, Capitaine 300, Ayde 
ll^jor 100^ lieatenant 100, Comette 80, Blaresdial des Logis 40^ Les Gavaliers, 
Brigadiers, aellieis, Mareedumx, Trompettes et Timbaliws 16. 

Prapons. 

Les Colonels, Lieutenans colonels, Majors, Capitaines, aydcs Majors, 
Lieutenants, Comettes, et Marechaux des logis payeront sur le pied de Tln- 
fimterie et les Dragons aussi. 

ArtilUrie. 

Lieutenant General d'Artillerie 2000, Les Commissaires d' Artillerie })ayeront 
comme les Capitaines d'lnfanterie et les autres officiers d'Artillerie payeroat 
conuue les Lieutenans d'Inütnterie. Les Capitaines Charois d'Artillerie et des 



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22 Eroberung von Bonn daföh Korfürat Friedrich III. 



vivres payoront comme les Lieutenans dlnüuitene 90» Les Ingemeun en Chef 
aOO, Ii66 aotres Ingenienn 150» Im c»piteiaM des GvideBlN)^ LesTagnemestrei 
90, Lea vivandtora payenrnt k proportion de Imir equippage «avoir 6 livm par 
eheval. 

Eetat Major des Placcs. 
Gouvameor 1800, Ltantenatit du Roy 900, Major 500, Ayde M^jor 200, Ca- 
pitaine des portes 90. 

Officiers de Sa Screnito Electorale de Brandenbourg. 

General -FeMmarcschal 30000, General Feldt Marchal Lieutenant 20 000, 
Genoral d'ArtiUerie 15000, General de Oavalerie 12000, General Lieutenant 10000, 
Oaneral Migor 5000, General GommisBaire des Gnetree 5000, (General Quartier^ 
muetre 1000, General Adjutant 600, General Quartiermaitre Lieutenant 600, Fn» 

mier Comniissaire des (^uerres 500, Maitre General des Viv?-(>s 900. Grand Recevcur 
500, Cominissaire des Guerres 300, Adjutant des ailes 400, L'ominissaire des vivres 
200, Capitaine General de GliaroiB 90, Ingenieur 150, Quartieruiaistre du Stab 99, 
Goodttcteiir 90. 

Trab ans. 

rn!ouel2000, Lieutenant ColonellOOO, Major 600, Capitaine 600, Lieutenant 
300, Cornette 200, Wachtmestre 120, Quartiermaitre 100, CaporalSO, Trabant 20. 

Grand Mousquetaires. 

Lee i^cierB payerant In ran^ion aar le pied daa offlden deaTrabaae. Lea 
Uonaquetairaa payMoat 80* 

Grenadiere k ehevaL 

Les o£Giciera ei Grenadiers payeront generalement comme lee Trabaaa. 

Cavallerie. (Etat du Regiment,) 
Colonel 1800, Lieutenant Colonel 900, ilaior 300, Kegimentquartiemuütre et 
Adjutant 80^ Auditeor 46^ Thimhalier 15. 

Etat de Compagnie. 
Capitaine 300, Capitaine Lieutenant ou Lieutenant 100, Cornette 80, Wachte 
mestre 40, Quartiermestre 30, Caporale 15, Trompette 16, Eorivain de Rolae 15, 
Mareschal ferrant 15, Sellier 16, Cavallier 15. 

Dragons. 

Lea oAcieKt et Diagona payeront tous generalement sur le pied de Tln- 
liaterie. 

Infanterie. (Etat du Kegiment.) 
Colonel 1500, Lieutenant Colonel 6O0, Miyor 200, Regiment Quartiermeistre 

et Adjut. 60, Auditeur 45. 

Etat de Compagnies. 
Capitaine 200, Capitaine Lienteaant ou L^tenant90^ £naeigne 60, Bergeast 

20, Caporal point^ 15, Fourier, Ecrivain des Röles, Capitaine des Armes 15, Ca- 
poral, Tambour, Hautbois, Fifres, Soldats 10, Vivaodiers payeront & proportion 
de leur equippage par eheval 6 livreä. 

Artillerie. 

Colonel 1600, Lteutenant Colonel 600, Oberhauptmann 900, Stadchauptmann 

200, Ober Zeugmaister 200, Zeugwartcr 10, Stuckjunker 20, Petardier 20, Feuer- 
werker 20, Constabel 10, Mineur 15, Handlanger 1<^ Zwigsehreiber 15, Zeqgaebmidt 
10, Stellmacher 10. 



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von Bnncleiibarg im Jahn 1080. 



28 



Etat dos GuarnjsoD& 
GouTemeiir I80(^ Le eOTawudaat «fc Im antn» officiers payeront selon la plus 
haute chaiga qn*fla gut dans PArmte. 

Cadets. 

Les officiers payeront comme l'infantorie selon leur cliarge. Carlots 15 livrea. 

7. Les Princos de la maison Eiectorale et autres qui «eront taita prison- 
mws de pari et d'autre ne payeront qu'& proportion «le leurs cliargeti miütaiies, 
qvfÜB ont dana VArm^. Maia l«a Princea qoi serveat en Volontaires et qm 
n*ont point de Charge dans rAmte ne soront oblig6s de payer que 0000 Hvres. 

8. Les Ministres et autres personnpfl de la Cour, de justice et de Chan- 
cellerie payeront pour leur rangon k proportion de leur rang aux chargos mili- 
taires et partienUerement aelon le rang, qui a 4(6 ftit par le reglement de Sa 
8er. Eiectorale. 

9. Lee Offidera qni <ttt ploaUun chaiges payeront sur le pied de la plus 
liaiite. 

10. Les Volontaires, qui ont charges, payeront sur le pied de leuis charges, 
maia qtd en ont en payeront la moiti^ de la ran^on de la eharge qa'ila ont 
pOBSÖdöe. Tous les autres VolontaireetfcFezception des Princes, payeront 300 Livres. 

11. L'Auditeur General avec son lieutenant, Ic Provöt general avec les 
Prev6tfi des Regimens et leurs Gens, y compris les Bourreaux; Tous les Medi- 
dna et poticairee Ghinirgiens, Ifoitrea des postes, Postilloni Gourrien ne paye- 
ront pour ranQon qu*un mois de leur apointement» ee qni Mra regl6 aar le 
certificat de riiitciidant do rArm6e de France et sur ccJuy de l'Auditeur Gene* 
ral de TAnn^e de Brandenbourg eans q-.'ou nyr> l^esoiri d'autres epreuvcs. 

12. Les Olliciers Prisomüers qu'ou aura rciaches sur leur parole serout 
oblig^ h payer leur rangon an tema nommi, Amte de quoy il« ae lendront k la 
place d*ou ils aont sortis et reviendront an pouvoir de ceux, qui les anront fidta 
prisonniers ; eeiix qui y ^lnnq11»'Il^ pRsseront Hans l'arni6e ponr gens aana fi>y 
et sans honneur et seront pour tels hautement proclamds. 

18. Les Ministres, Aomoniers, les Maitres d'Hdtel, Valets de Chambre, 
Sommeliers et antres awans k POfflces, Coisiniers et tous les Valets portant 
llTröe, atiBfii biso qoe fenunea et enlans ayant moina de 14 ana aeront ranToy4s 
■ans rangen. 

14. Tous les officiers refonn^s servans dans lea Gamisons et Arm^es de 
part et d*antre payeront la mofti4 de la ran^on de la öluu^ en pied dans la 

quelle ils auront 6t4 refonnd. 

15. Les Trompettcs ot Tambours qui iront reclamer les prisonniers seront 
renvoyes dans troisjours homü si quelque raison deguerre obligei les retenir 
plus longtemps. 

16b Csus qui ne seront pas redamte au bont de trois mois auront la 
libert6 de prendire parti sans quo cela ptdsse pr6jadider k leur honneur et con- 
diiion, mais aussi on ne foroera point les prisonniers psr auoun mauvais traite- 
ment k prendre party. 

17. De trois mois en trois mois on fera le deoonte de tous les prisonniers 
du prix des rangons et frais, par Tlntendant de PArmde du Roy et TAnditenr 
general des Trouppes de Sa Ser'»'' Elect. les quels sc donneront reciproqucmont 
un recü des prisonniers, qu'on renvoyera de part et d'autre afin qu'ils y 
soient satiüfaits sur le pied de lan^us cy-dessus äpeciÜcides. 

18. Ce qqi n*est pas compria et regU dans oes artieles sera ooiicert4 puls 



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24 



Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III. 



Aprte par nn aooord et particnlierement obsenrö et tenn pour mMr6 daos 1e 

präsent Traittö. 

IIa' y a de contestatioD sur tons los articlos ry dcssus que sur Ic socond 
que les commissaires de sa Mfyestö n'ont poiut vouiu passer qu'ils n'ayent sü 
auparavant ee» intentioitt bot le dit Artide, qui est pourtuit la decniere reao- 
lation de Sft Serenit6 Meetorale qui ne vent point sonveiiir da Cartel, n oet 
artido n'a lieu: C'est pourquoy ce präget n^anra snenn effet qm sa Majeetd ne 
s'en soit expliqu6e'). 

Fait a Brulo CO SixieiQü Aoust^ Mii Six Gens quatre viiigt neuf. 

Philippe de Sanglee do Magny J. Fr6d6ric Schultze. 

Fraa^ d'Asfeld. B. Bebm. 

Jean Hnd. Ruchat. 

Anlage 6. 



Teilung desBelageriingsheeres für deu Marsch ins Trierische 

(gleichzeitig Suirko-Ausweis). 

Naeh Trier marschfren: 

Eavallerie \ , , 2480 I 

^ } fKüimnanairte) . . . r>nfv\ « »^w» 

Dragoner / ' 2000 \ Sa. 6080. 

Müiisteriöche Reiter GOÜ 

Infanterie: Braudenburgische Garde 2 BaL, Aulialt 1, Dönhoff 1, Barfuis 1, 
BriqQemanlt und Heyden 1 Bat , Sa. 3760. Hollander 2 Bat 600, Münsterer 
2 Bat 600, Sa. 10030. (Ohne Stab und Prima])Ianal. 

Vor Bonn bleiben: Kavallerie 1198, Dragoner 500, Mflnsterisehe 
Reiter 900, Sa. 2598. 

Infanterie: Brandenburglscbe Oarde 8 Bat» Kurprinz 1, Mftrkg. Philipp 1, 
Derfflinger 1, Alt Holste Spam 1, Dönhoff 1, Barfoft 1, Briquemanlt 1, Schorn« 
berg 2, Zieten 1, Delling 1, Varonne 1, Cornaud 1, Sa. 10525 2). — Holländer 
9 Bat., 2700, Münsterer 7 Bat, 2100. — In&nterie in Summa: 17923. (Ohne Stab 
und Primaplana). 

342^8 473. Anlage 7. 

Bericht über den Sturm. 
Aoia dem Churf. Brandenbui jr. Lager Torr Bonn. 

Nachdom Se. CSrarf. DrchL an Brandebnrg mit dero attaqne wie auch die 

Stattisf lioii Trouppcn undcr dorn general lieuth Deluvius und die münsterische 
under dem gi ner. Loutli. Schwarz mit den Ihrigen bifs aufTs glacis der contra- 
scerpe lioumiuu, delä Herzog von Lotliriiigeu Dchl. auch mit der Kays, attaque 
bis ihndengraben desHoniwerdEla avanetrt« bat man nach gehaltenen Krieglk Rath 

beschlossen, als gestern^ wahre der einen gener. Stnrmb zugleich anf die 



Karg meldet noch untorm 14. August, dafe das Inkrafltreton des Vor- 
trags sich verzögere, weil man auf Seite Brandenburgs die refugirtcn Franzosen, 
anf Seite Frankreichs „wuguu dei* Kaiserlichen avoc&toria^^ die iui französischen 
Heere dienenden Dentseheo nicht emheaehen wolle. 842/14 387. 

Nachdem die brandenburgischen Bataillone durchweg 626 Mann stark 
waren, soll diese Zahl wohl 10626 heUsea. 



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Ton Brandenburg im Jahre 1689. 



25 



Contrascerpe an der Braiidenb. undt der allyrteu undt auf das Hornwerckh an 
Eayaarliclier seithen zu thnen. 8r. Cburf. Tki. hatten voihero durch dero gen. 
VeltieOg MiBtr. Freyhemi von SpaeUi welcher dafs Commando führte, alle darzu 

bpnöttiptp anstalt machen, ein fjrose rjuantitet Schippen, hackhen, axtcn, Si lianz- 
körb, woü und Sand söckh hiuder der grossen Baterie bringen, denen Veitscheren 
von allen B«gtrn^ einen gewisen orih auf b^agter Batterie assignirt, allen 
Zimmerleithan aneh einen gewissen oiih anweiaen, die brflckhen umb aub denen 
werckhen zu gehen, dahin liofTom, auch bicr und weinn umb under die Lenthe, 
so eis begehrten, .111^ /Mthailen, auf die Batterie hrinpen undt alle Commandirte 
inn ihre gewÖBse Ordnung stellen lassen, Nachdent dau är. Churl. Drl. nachdem 
sie sowohl denen offidren alfh gemainen dapifer zugeredt, und selbige dero gnade 
versicliei t, Nachmittagfs umb 6 uhr, wie efa noch heller Tag wahre, die lohsvmg 
aufs 3 Stuckhen von dem poppeldorffisclicn partten, allwo Sr. Churf Drl. sich 
damahis befunden, auch so lang die atta(jue wehrete, verblieben, geben Üefsen, 
da dann der anfall in demselben augenblickh mit einer ungemeinen herz* 
hafltagkaikh geschähe. An brandeborg seithen gingen erstlich 3 leflt. mit 
8 Sergeanten, 3 Corporalen, und 60 granatieren Thütsche, davon einer mit 
20 mann zurrechten der andere mit eben so vill zur linckhen undt der 3te mit 
eben so vill mannschaöt aufi die mitte der oontrascei^e zu sezen, denen folgten 
2tena 8 Gapitainb mit ISO man granatieren welebe die vwhergendte 8 Lentii. 
soutenim, hierauf kamen 3 firanzöische Ckimp. granatir, (üommandirt vom Major 
du Puis necTist 14 bcy derselben sich befindenten ofTiciren, davou ilie eine lielflfte 
zur rechten, die andere helflte /ur linckhen hatult anlietTen, und die beede Capi« 
laiu» äo voriiero gangen, souteuii-et, In der mitte ginge der obrüstloüt. Dortt, 
welcher 3 Compagnie frans. Cadete und SN) granatir von dem Obristen Varenne 
Commandirte, diese soutenirten den Capitain so auf die mitte mit den granatieren 
anlieffe, hierauff folgte 4 tens zur Recliteu iler Obristleilth. Graff von Donna mit 
80 grand Musquetiria und 10 ofhcirem von selbigem Corpo, znr Unckhen der 
gen. adjatant und obriatleOtb. Nazamer, mit eben so vill grand Mosquetirlb und 
deren offidren, in der Mitte marchirte der ObristtoQlhenant Goumean mit allen 
franz. reformirten ofBciron 5. hieraulT kam der obriste Schenning von der quarte 
mit 600 Musquet. und 9 Prima plan, wovonn er 200 zur Hechten 200 zur Linckhen 
undt 200 auf die mitte Commandirte, disen folgtet« der Obrist gra£f von Dona 
mit 800 gemeindten undt 6 prima Plan, und diaem der Obrist Schlappemdorf 
mit 400 gemainen und 5 prima plan. 6. hiemächst wahren commandirt 900 Manil 
zur nr^nit, welche faschinen, Säckh, schanzkörb, undt andere materiaHen img^n, 
diseu Wardt von dem gen. quartier Mstr. du Puis, welcher selbige neclist allen 
ingenieren undt conducteum Commandirte, Ihr gewisser orth, wohinn sie gehen 
sollten« angewiliieo. Die ordre wahr an&ngs gegeben, dab man nur die CJontra* 
icerpe wegMhmen undt darauf posto fassen sollte, e& gingen aber die Leüthe mit 
solcher fourie undt Bravonre darauff lofs, das sie nicht allein den feindt in der 
ersten attaque auf der Contrascerpen jagten, sondern denselben auch in den 
graben hinnndo' verfolgten, Ober die Pallisaten spnmgen, den bededcte Weeg 
eroberten, auch zugleich dafs revelin, so zwischen denen beeden bollwerckhen 
St Maximilian undt de la chasse belepfcn, undt St. Annen Revelin') genant wirrl 
nerbst einer Contra (juartlo nder 2 ten Revelin de la C'liasse genannt, sainbt auch 
2 tenailleu undt allen anderen werckhen, so zwischen gedachten beeduu Boll- 
werckhen gelegen, erstiegen, alle Franzosen, so sie daxin gefunden, nideigemacht, 

^) Der zwischen Maadmilian lud de la Qiasse gelegene halbe Mond hieb 
flbrlgena CUura. 



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26 



Die Eroberang von Bonn duroh Koif&nb Friedrich III. 



dieselbe auch glorieusement behauptet, undt eich daselbsten verbaueten. Die 
bnTolre wmhr so grob, dab viele von denen Uaserigen auf den 2ten Grabmi 

bifs an die Maflren drangen, undt der ObristleOt. Comoau 200 frischer mann be- 
pehrtP, in liofTnunf; dieselbe aiicL zu crsteipen un<lt solchergestalt den orth in 
diesem Öturm zu erobern, weil! man aber vorhero keine breche darin schiclscu 
können, auch die nadit darflber einfiel!« hat man coniusion zu vermeiden, guth 
gefbnden, uoh vorerst mit dem eroWten m. uergntlgenf nndt sich woht sn v«i^ 
bawen. ahn hollftndischer und mflnsterischen soitlien hat man zwahr so geschwind 
nicht pnsto fassen können, dahfro atjcli daselbst dafs foOr desto grösser gewesen 
undt langer gewehrt, So haben aber doch auch au Ihrem orth die contrascerpe 
emportart nndt seindt nechst den onseren anf dab eine Bevelin geldiomen. haben 
auch, ungeachtet doh grofsen feüerfe, eine ungemeine bravoure erwiesen, undt 
ein guete Zeith unbedockt, aufs glaris der ContraScerpe gefnchten. Auff kays. 
seithe hat mann nicht weniger mit einer preifswürtigen dapfferkeitli auf dafs 
hornwerckh augesezet, undt hat ets denenselben sonderlich diuin geglickhet, dafs 
der feint sein daselbst babente mine gar so seitig springen bssen, wordureh 
dann wenig odor garr khein schaden geschehen, deigestalt, dafs man sich nit 
allein sofort des Ilornwerckhfs beinJlchtippt, sondern aurh noch weither bifs an 
die Contrascerpe gedrungen, undt ailcDi, wais mau darinnen gefunden uieder- 
gemacht, weil man aber aiidi nur vorhabetu gewesm, dab Homwendch m em- 
portiren undt also zu behanptong der Contrasoerpen keine materialien bei deh 
gehabt, bat man .^elbige zwar wieder verlassen aber sii li dannoch in dem Horn- 
werckh wohl postirt und verbauet, dafs gefechte hat von 5 bils 7 Uhr gewehrt, 
uudt iat HO ein erschreckliches feüer gewesen, wann himmel imdt erdten het ver- 
gehe BoUen, dab auch vill yon allten Soldaten bekennen, dergleichen nihe ge- 
sehen zu haben, mann hat überall ein grose courage wider den Inndt geihann, 
unndt ist fast alles nid^rgpfnacht worden, jcdorli hat rnan auch verschiedene 
gefangene, woruuder etHclic Capitainhcut. und andere othcirer, welche einhellig 
bekhennen^ dab sie dergleichen attaque niho gesehen, und man sich derselben 
in dem idafat gar nicht vermuhtet hette, wie vill der Baindt vwlohren istdaranb 
abzunehmen, das auf denen Ravelinen Ober 200 mann geblieben, und allcls wab 
auf der contrascerpe undt graben gewesen, niassarriort wordten, der gefangenen 
aussag nach ist von etlichen compag. kein man davon kommen, undt von cthchen 
BataUiottB gar wenig, wie viU Kai den Bolwerckhen nnd mauren geblieben kann 
numn noch nicht wissen, dafs aber deren sehr Till sein müssen, erscheint daraufs, 
weill von allen Batterien ndt groCsem Success continuirlich dratif gespielet 
wordten. üfs seindt aber auch an unserer Brand, seithen vill brafe ieüthe 
tott und blessirt, undt zwahr seindt tott, so vill mann büs dato erfahren köuen, 
der obriatleut. Soehanscky, der Miyor du Puls, von den franz. granatini Major 
Tettou, Haubtman Dewitz von den Tefltschon grand musquet., 8 bifs 9 haubt- 
leüth von denen andern Regiment^^r, nochst vielen lefSth. und fendrichljs undt 
Ober die 20 grand musquet. 35 granatiers sowohl TeUtsche alis franzoische, 40 
franz. Oadets, 6 fivnz. Refoimirte Majors, Bittmeister undt Oapitamb, 4 In- 
genieurs, tmdt ungefehr 600 gemeine.. Blessirt seindt der gener. Major Freyh. 
von Heyden, wolrlinr die attaquo commandirot, der gcneral major Helling, obrister 
Graff von Dona, Ubristlefit von Nazemai*, Obri.stleüt. St. Rönnet von den grandt 
MuDsquetiren, so alüs voluuteur mit gewesen, '6 Capitaius von der quarde zu 
fiieb, und 8 Ton denen andern Begimentera, auch viele lefltfa. und fendzichb, 
wie auch ein haubtmann von den grand musquetirs, noch 1 leflth. von deoselbeo, 
noch 0 refonnirte frans. ofScir, 20 TeOtsche undt frans, gnmd musquetirs, 20 



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TDD Bkindanlniig Im Jahr» 1660. ^ 

Cadpts, 15 franz. granatirfs undt viele gemeine von allen scithcn, Sowohl auf 
kayfs. alfs Brand, und der übrigen aUyrten iTs Oberaus dapiTer gefochten undt 
haben so wohl offlcir aUb gemalne Ihr Devoir wie redliche gethann, wehr yon 
Kays, seithen gebliebeOf ondt wie die attaque geführt worden, weifs man noch 
nicht. "Von hollondischcr undt mfhistcrLscher seithen seint iiwh viele geblieben, 
undt plessirt, dt ien (jualitet undt anzahl man aucli noch nit weifs, aufser dafs 
die 2 obristen Cru^emaick undt Schwerin, so bey denen trouppen, welche S. 
ChtirC Dorchlchi denen herren Statten Oberlasien, geataaden, geblieben. 

Der Herr gen Leüth. Deluvig undt der Hevr general Lefltib. tchwatt alle 
beede plessirt, wiewohl ohne gpfahr. 

S. CburC Dcblcht. haben nit allein vor der action einem ieden Gemainen, 
von denoi so die erste attaquü gothan, 4 Rchsib. undt einen offlflir doppelt so 
vill geben, sondern auch nach der action ander denen Pleseirten viU gelt aufs- 
theilen lassen, auch sonderliche Vorsorge vor derselben Verpflegung fzphalit. So 
balt S. Churf. Drlcht-, in dero Zimmer gekommen, schri*»ben sie dison ^rrofson 
Succoa Gott allein zu undt gaben ordre, dafe sofort 1000 frische manu in die 
werckhe nardiireii undt alle Battalions heflte firflhe norgenb bey dem poppela- 
torffischen garthen sich stellen sollten, umb die attaque mit desto grölserer 

vfguenr 7.n pousairen, undt don feindt keine Zpit zu rcspiren 7U geben. InrrleicLon 
dafs so fortt der miniour attachirt, undt neüe Baterieu auf der Contrascerpe oder 
ReveUnen, wo eb sicii am befsteu tichickiien würdte verfertigt werden sollten 
umb Prefite in die maner m schielten. Es hat aber der feindt helltte frohe umb 
7 Uhr die Cihamado sehlagen lassen, worauf Se. Churf. Dchlcht. zwahr mit dem 
Echiefsen innen zu hallten, aber mit der arbeith dapffer fort zu fahren anbe- ' 
fohlen, seindt auch so fort darauf selber in die approcben geritten, weill aber 
der feindt gar imperttoente oonditiones proponiren lassen, haben 8r. Ghmt Dchlcht» 
nach geschehener Communication mit dero Allyerten selbige gftnzlioh verworlSen» 
undt ihm hinwieder zu entbieden lassen, dafs er sich ^ Disi retion orgeben mflste 
undt dtdjs die Zeith auf solche arth zu capitnliren lengst vorbey; Mann ei warttot 
nunmehr ein verlangen, webten er sich darauf erdären werdte, uiidt ist 
man allen&hlb im werckh begriffen, den minirer an eorps de la place au 
attachiren, anch zugleich durch Canon eine breche in der mauer zu machen, 
umb nlchpr geetalt den orth de vive force undt durch einen neOon gener. etnrm 
zu emportiren. 

84^ 410. AaUg»8. 

Capitulation. 

Zx^-ischen Ihrer Churffirstl. Dchlt. von Brandenburg Nahmens Ihro Keyscrl. 
May., so wohl Ihro Selbsten alüs dero AUyrten, benenthcb denen Herren Gral. 
Staaten der yermnigtMi Niderlauden, wie auch des Herrn Biaehoffen von Mttnater 
eines, tmd dem Herren Oitil. Grafen d'Assfeld Veldt-HarschaUen der Annieo 
das Aller Christi. Königs andern thoils geschlossen worden. 

1. »stlich soll die Franznischen Guamison 2 tag nach UndorschrüFt der 
Capitulation mit gewehr und Bagage, Kugel im Mündt, schlagenden Paucken, 
rflhrenden Trommeln, blasenden Ttompeten, iliegendten fkhnen and Standarten, 
an beoden seithen brennenten Ivntten, angefQllten Bantelieren mit Luntten unnd 
Kugl, Musqueten und piquen auf den Schultern, die Rcütter zu pferdt mit dem 
Degen in der Handt, die Tragoner auch zu pferdt mit der flinten in die böch, 
anCs Bonn aufaiehen, was aber vor Standarten unnd fahnea von frombden 
Tnrappen sich befindet, soll nicht mit aui^genommm sondern Ihrer ChurAknti 
DchL TOD Bnndsnbwg bsain aulkrog singaLüffart wevden. 



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2S Die Eroberiuig von lionn durch Kurfürst Friedrich III. 



2. SoUen die offleiriimid Conudissarimi der ammwution und Aiüglerie, Post> 
meister, Ingenieurs, Werckmeister und all andere officirer und XJikdiirthanen deb 

Königs, 80 sich in dor Statt bofinden, sambt aller ihrer baf^'apo nntl Equipage 
mit der Guamison aulsziehon. Jedoch der luteudant de Heile und andere Inteu- 
duu8, Kriegü-Commibsarieu, SchauUiiieister, Comnüss. und EropfiUtger der Con- 
tribtttionenf sollen alfe Kriegsgefangene ramckh bleiben. 

3. Solle gemeite gnamison den KOrtzisten imd geradisten wog mit einer 
genügsamen Covoy von den Brandenburg. Trouppen so durch einen Obristen 
Böllen Ck>mmandirt nebst nöthigen Faisporten der AUyerten nach Düden- 
hofian baglaä werdoif vnd soll Biaik lieh yttjg^eieheD wegen der Stfttte, nutfck- 
fleeken und DOrffer, wo man abemachten wirdt, welche nit 3 ad 4 franzöiaehe 
Meilen voneindcr sein sollen, alwo fflr einen billiclien preifs durch Ordre Ilirer 
Churfürstl. Dchit. so wohl denen officirern, Soldaten, Reüttern, Tragoner und 
andern officirers der Guamison, die nüttige Lebensmittel, wie auch heü und 
haber tot die pferdi beygeschaSt werden wirdt, den 4*« tag aoU man adaruhen 
und die Gaifileu so zur Sicherheit der Gonvoy hergegeben werden mflssen, sollen 
allein auff deren Zuruckhkonfft erlassen, unnd alfedann wegen Ihrer abraiÜB mit 
genügsamer Versicherung versehen werden. 

4. Alles geschatz, wie auch Eriegsmunition unnd Proviant soll in der Statt 
lur diapodtioo Ihrer CShorC Dehlt und dero Alljnrten Terbleibeii. 

6. Solle die Guamison kein Goldt noch Silber, ausserhalb wafii der Guar- 
nison so wohl officirer alfs Soldaten zugehörth, mitnehmen, übriges solle obne 
einigen Betrug dai'ür den Intendant und die einnehmer stehen, sollen zurucich 
' Terbleiben, dergestalt, das im fall man aich in diesem articol einiger Untreflw 
bedienen wurde, die gantze Capitulation null und niditig sein. 

6. Zur abftlhnircr ^^er Kraneken und Plessierten so wohl der officirers alfs 
Soldaten sollen an der Kheinpfortte nuttige Schiff, Schiftleüth und ('onvoy bej'- 
geäcliafit werden, wordurch dieselbe neciitit hergebuug erforderter Medicin, 

Haubraih, Lebensmittel unnd andern nothwendigkettten sowohl ftr die plessirte 

a]& officirer, Proviant Commissariea, Feldtsoherer und andere leQth, so zu ihrem 
Transport bestclt werden, zumahlen sicher nach Moni Royal begleittet, der- 
gestalt jedoch, dafs alles wie auch die SchitÜracht solle bezahlt werden. 

7. Die ganze Guarnison sowohl oiEcirer alüs Soldaten sollen keineswegs 
wegen einiger acten von feindaehaflb welche bilk dato so wohl wegen der Coa- 
tribution oder sonstigen wie es Nahmen haben kOnntte, mOchten verübet sein, 
keineswegs beunruhiget werden. 

8. Alle in der Statt befindliche gefangene, sowohl militärisch alls Poüti 
von Ihrer Ckoxt Dchit und dero AUyrten abswideritch £e von den Ertatafiter 
CoUn und Thrier, alb auch den HertaogthOmmer Jfliidi und Berg lofagelaasen 
werdten 

9. Einen Tag vor dem Aufszug sollen vor die Equipage der officirer der 
guaroiäou OU wügeu mit 4 Plerdt<>n bespannt gegen einen biUichen preifs, so 
man alhier r^guliren wirdt, hergegeben werdten. 

10. Nach underaeiehneter Capitulation soll man Ihrer Churf. Dchlcht die 
St^mepfort einräumen, vorbehaldtlicli jedoch der alten pfordt an der alten Mauer, 
und .sollen Ihro ühur£. Dchlcht gemeite Stempfortte mit 3Ü0Mann und zu ver- 
hflttung einiger disordras nebst einem anaehnÜchen officirer besefann lassen. 

11* Alle &ancke und plmürte offidrers, wie auch Refltter, Tragoner, Sol- 
daten und andere, so noch zu wasser und Land nicht können fortgebracht 
werden, sollen in der statt verbleiben und auf ihren kosten mit der erforderten 



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von Bnndiiibiiqf Im Jahn 1Q80. 



medicamentcn und Nöttiger auffwartung bifs zu deren völliger Genesung ver- 
sehen werdfii, nacligehents aber mit nt^thipen pafcporten naclit-r tVunckroich 
versehen oder mit hergebung erforderter Schift sicher nach Moni Royal convoyrt 
werden. 

12. Keine frembde officirers, Reütter , ..Dragoner und Soldaten, worunder 
auch die Lottriiiger undt von den l'nyrten Ländern begriflfen werden, sollen 
nit mit der Garnison aufsziehen, sondern verpflidit sein, ünder denen Troppen 
Ihrer Churf. Dchlcht. oder dero AUyrten Diuuäte zu uehmou, oder aber mit 
Pafqraiien amb mit den ihri|i;eii KumckzakdireD venehen werden, jedoch ao- 
fern sich tmder den irembden C'nmpag. Soldatent ao l^ebohrne Underthanen dea 
KCnigs sein, befinden, die BoUen «elbige Conditienen der auCndehendten Qtiar- 
niaon zu genieüsea haben. 

IS. Allea waa tob den Kirchen« oonventen und andern QeisÜ. ortem in 
der Statt genoaamen worden, umd sich in natnra befindet, worflber doreh 
beederseits Commissarien genauwe Durchsuchung geschehe solle, selbiges mufs 
zuruckh beqrebcn werden ing^lcichen auch was sich von den Bürgern in natura 
befindet, und solle deuseiben erlaubt sein, in der Statt zu gehen, die nachsuchung 
m thun, auch aollen alle in der Statt gemachte Schulden bezallt werden. 

14. Soll auch alles, waTs sich in natura dem abgelebten Chmrftirsten von 
Cölln und dein Ertzstifft zufrörig, befindet, restihnert werden, wo aber nit mehr 
in der Statt ist, solle man verpflichtet sein, so viel man weils. Redt und ant- 
worth zu geben, wo solches hinkommen, das Archivum unnd alle Schrifften, 
Bo dem Ehrtaatiflt Cölla sugehOrig, mflaeen sumahlen surDckh bltiben. Man B<^e 
auch alle gütter unnd mobiUen dem Cardinal von Fürstenbeig und seinen be- 
dienten 7;iip:ehririg, wolclio noch iiMa vorhanden, hindcrlassen, und diejenipe, so 
solche in Händen gehabt, schuldig gehalten sein, darvon ein richtig Infentarium 
an IHflSem» 

15. Solle man verpflieht sein, allbbaldt die minen au entdecken, und ein 
Katam von denen Magazinen so wohl von Kriegs alis Lebens munition herzugeben. 

16. Soll auch alles dasjenige, was sich in natura dem Graffen von Schorn» 
berg zugehörig befindet, zuruckh gelassen werden. 

17. Ihrer Cburl Dcblcht. obligirt sich von aeithen Ihrer Kayaerl. May. und 
dero Allyrten daa alles waa in der Capitulation begrüTen iat, ihrerseitB genau 
gehalten werden soltc. 

Geschehen im Lager vor Bonn den 12. 8>'r. 1689. 

Friedrich Churfürst von Brandenburg. 
L. 8. 
D'Assfeld. 

342/6 446. Anlage 9. 

Relation 

Was in ein und anderem nach Übergab der Statt Bon 

daselbst Vorgängen. 

Naehdemahlen die Statt und Veatung Bonn die au ihrem vOUigeci Under- 

gajig ausgeschlagene bombardierung, dan eine langwierige Blocquade über- 
standen, und endlich durch der Rörn; Kiiysorl: May. und der hohen H. H. Allyrten 
Biegreiche waffou auls dem Frantzösischon Jocli errettet und bey der übergab 
Tennö^ Capitulation § 13 et 14 Specifice bedungen worden, dab allea, wab aub 
denen Kirchen, Conventen und Oeiatiichen örthern genommen, bey denen Bürgern 
credifcirt oder geraabti wie andi» waa abgelebter Sr. Chri Dri Hochaeeligaten 



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80 



Die Eroberung von Bonn durch EuifBzrt Friedrich m. 



Andenkens, oder dem Erzstifft zn^hOfjg, in natwH flieh befinden wurde re- 

spectiv6 bezalilt und restituiert werde, und zu dorn end so wnhl denen Churf. 
Bedienten, alfs der ßünni.scher Geistlichen und biu-(^orn, nach uuderzeich neter 
Capitulatiou in die citatt zu gehen, und die uugeiunderte uacbsuecliung zu thuii 
erlanbt sein Bolte: So haben doch per Conniventiam der hohen H. H. Allyrten 
darzu bestellten befelchsliaber, die frantzosen die tbör also gespcrt gehalten, 
dafs aufser deren hohen offitiern, welche von der arinec aufs- und eingeritten, 
nur einigen Churfrtl. Bedienten und bürgern: dem mohristen theill aber auf den 
dritten tag nach der Capitulatioa etliche stund vor dem abzug der eingaug in 
beeagtes orth gestattet» und der nun dritten Ifohl Ton dem Oinrfrtl. Hoffirath 
Herrn von Bemsaw, und der boiyeracbafit angehaltene lirantaOeiedier Platemiyori 

der allein Ober Rohath. mit nnredit erweilUidi an lieh gebracht, mit bind- 

ansetzung alles hoher orthen geschehenen remonstrirens, und bittens loh und 

gar liinweggelassen worden; wodurch die Frantzosen nuehr Keckheit, auch über- 
flüssige Zeit und pelepenheit gewonnen, den so wohl in der Churfrtl. residenz 
an Kostbahren mobilieu alls in Clöstem, Kirchen und bürgerlichen Kellern ge« 
thanen grossen taub an gold, gelt und sübei^escbirren ku verbringen, und sehit 
darauf die Frantaosen zur Zahlung dessen, waCs sie bey denen bürgern an wein« 
frücliten, und andern sachen auf Credit consumirt, von denen darzu be.stoUen 
Conitnissarien, und officiern, ebensowenig vermöget und biiis auliero durch die 
axreätierung dofi Intendanten Hcüä noch sehr schlecht consoUert worden: Alfs 
dab die beide eapitulations pnneten der ins euserste verderben geseeter Statt 
bonn £Ei8t gar nichts zu gutem kommen, wan nicht etwa noch mit besserem 
nachtnick geholfen wird. Indem nun die desolirte arme bur^erschaf?l, nach der 
Franzosen abzug verhofit gehabt aufs den Überstandenen so unbeschroibüchen 
jammer und elend etwas zu eluctim, hat sich dodi leyder b^obcu, dab die zur 
Guamison in die statt verlegte miUtz, ohne die geringste remedyrong, ungeachtet 
vilfältig darüber geführter Klagen, allerhand im brand Obergebliebenes eisen 
werckh und wat; denen Soldaten sonst under die band kommen, aiif ein unsäg- 
liche weiXs, mit zukung des Degens gewaltthilüg hin weggenommen, und nicht 
imr die eisene gfttter, sondem auch die glaüs fenster in QOstereUt und privat 
heflseren» wo noch einige vorhanden gewesen, ia so gar in der Churf. residenz 
Selbsten wegen des Bleyes, das geliöltz wegen der cisengehüngcr, die Tliüreu, 
und kostbahres steinwerckh- wegen der Schlösser und des eisen bescldilgs, re- 
spectivi zerschlagen, geraubt und in die HoUänd. Schiff verbracht und uit ein- 
mahl denen Corps die Oardes, baraoquen, und schilderheQseren zu ihrer selbst 
eigenen grOster incommoditet, verschont, und nachdem sie Isnster, thüren, und 
anderes Holtz werckh, eisene stuben Öfen etc. daraufe ertragen, und bey der ein- 
geMlenen irost sich darin fast nit erhalten können, dardurch sehr vil unnöhttige 
schwere reparations kosten verursacht, und sich nit gescheuet, einige in nedi 
simlich gutem stand gewesene geist^ und weltliche beuser bift auf den grund 
nider zu reissen: und die niaterialia zu mahlen zu verschlöppen: auch zur Zeit, 
da man sich aller Pferden undt fuhren, zur bedienung der abmarchirendcn 
woU allyrten alüs üanzüsischen Trouppen bemächtiget, die beyführuug vile« holtzea 
anb denen wAlderen gefordert, und die gleich vor dem Thor üi groJser Hange 
gelegene Fachinen , die neben einer geringen beyhlilff von gröberen holtz, für 
den gantzen winter betten erkleckhou khönnen, bey solcher noth niehrem Theilfs 
anzuwenden refusirt : der particuUers quartiers ungelegenheiten zu geschweigeu. 

Dw zum magazin gehörige speckli, gerauchtes hartes Heisch, vorrahttiges 
saltz, mit vil andeni sachen mehr, die auf allem fidl der noth zur aubsistens der 



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von Brandenburg im Jahre 1689. 



31 



gnanuBon hatten nutslicli gebnutdit w«rd€n UiSiinen, seind auch for^ ohne dab 

iem&nd wissen wo ein: und anders hinkommen, dessen unangesohen gleich- 
woll die H. H. Commendanfpn von hirsigor ruinirten Erzstifft eine nlvcrtnSssige 
Provision und vü andere unaul bringliche »acben mit harten betroliuugen fordern, 
vie dch dan der Cburbraadenlk Commissarius Mozfeld verlauten lassen, dafii 
sie, bey nit erfolgender beyschaffimg alles dessen, was die Allyrte Truu]j];> n ver» 
lanrrtrn, dio U uth auf Weeg und Steeg anhalten, und die execution aller ohrten 
vornehnifii wolten. 

hie beschchene vertheüung der auseiiulicheii c^uautitel Churlrtl. weinä im 
Hoffkeller und der ErststifitiBche C^umonen, so auf xequisltion des Ghur Cölln 
H. Plenipotentiarii, Excellenz, zu de» publici Diensten, ans Kayserswerth vor: 
un«! in Bonn gpbracht worden, und nun liir bonne pris** gpaclit<>t werden wollen, 
ist so woll bckandt, alTs die gewaltsame, mit Au£schiagung der kisten beschechene 
der cur Churfrtl. Erbechaffts ICassa gehörige Littigisdie ad 80 Marek silber sich 
ertragende sehilderey: wie nit weniger, dala die H. H. Commendanten steh noch 
unlängst understanden, den Clmrfrtl. Hof Cammer Rath Flftrckin mit dem statti- 
scben Syndico Doctore Dirath, zu dem ende mit loiblich™ arrest zu belegen, 
damit sie die Churfrtl. Regierung sambt denen Löbl. Landstäudeu zur ein» 
wilUgung in ihre, Ober 90 ptmeten, sich hetragende exeessive postolata solcher 
gestalt zwingen mögton. 

Auf wafs wcifs aber meliritreduchtc TT. TT. Ci .nniU'ii<Tant(>n 'Ionen rimrfrtl, 
Zoll Ix'dienten die registren und das v(>i hiindeue paare goldt, mit melir alfs 
feindtlicheii Worten undt betrohungcn, daraul" erfolgten arrest, und hint>ezuug 
ihrer auf die haubtwacht, abgenöhttiget, ist landtkflndig, tmd höchst Srgerlich, 
dafe dem Chur-GOlhischen ZollschreilMVS YerwaHem, in des H. Obristen von 
Landt.sbei f.!; behausung, von denen pommandirenden officini und ober Commissario 
Mozfeld committirt worden, ihn durch den gegenwertig gewesenen Tflrckcn auf 
tOrkisch briglen zu lassen, so fem er 8r. OurfrtL Ddhl. ra COUen Zell-Registere 
und dab von iet übergab her eingegangene geftlle ilune nit sogleidi aus- 
hlndigon wurde. 

Nun nberziben sie auch under den fiirwand, das ober Erztstiftt zu bedecken, 
die andere seithen des Rheins, fouragieren und zehren alles aufe, Trachten 2 Com- 
pag. Dragoner und 3. Comp. Refltter in die mit Chor Cdllnischer Mannschaft 
nach notturfl verwarte, zur imterbaltung der pferden aber ganz nntaogUche 
St.ift Lintz zu werften, da sie lunfjpgen bey ihrpm netüichen abzug von Bonn 
die vor-posten gegen Montroyal oifen gelassen uiid zur völligen verderbung des 
landts sich fem yon denen feindtlichen fronti^ren, nach NeODs und besser hinab- 
gesogen, wo sie anftnglieh. dodreh allerhand Ehrpressungen, so aig, allk der finnd 
selbst verfahren: Damach aber bey gesuchter remedymng, eine solche m&nge 
von CavaHerie und Infanterie daselbst zusam geführt, und zu deren unterhalt so 
enorme Furdemi^en gethan, dals es die Leuth nicht anstehen, sonder mehren- 
thmls besorglich verlauffen mflessen. 

Ins Hertzogthumb Westphalen, welclies doch das von der Röm: Kayserl: 
May: Ilu o Clnirf: Drl: zu Brandenburg assirrnirte Gold (juantum zti erlof^cn sioh 
erbotten, wollen sie ühor dessen pmpfanj^ nun noch 7 Compagnien zu Pferd ein- 
quarüm. In die gant^ verurmbte Sinti Dorfen iiaben sie sich auch nüt 100 pferden 
und 2 Comp, su Fuefi» eigenmSehtig hinmngetmngen, wo sie mit grOster unge- 
Btimme neue wacht: und schildorheuser und die abundanz von allen Sachen 
fordern, aucli denen armen I.eutben und bürgern in ibre Häuser einfaUen» ihnen 
ihre köUer und anderes auihauen und nach gefallen hausen. 



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33 



Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III. 



Von d«r ins Ertxstifit CttUn giehOrige Äbbtey Stemfeld begehren de anb 

Aachen vom 16. Noveuibris zur Unterhalt und subsistenz ihrer in dem Aachischen 
Land stehenden Cavallerie 6000 rationen an hahrrn, Hew, Strohe, dan dassolhifrer 
Prtelat, der im Churfürstenthumb Cölleu zu allem concurrireu mufs, auch nach 
aacfaen deputire der wegen der übrigen snbfliatenz mittein vor die Winterquartier 

in der gucte rogalim und abmachen mo<^'c>. 

Hie zur siclH-rlicit ilcr Strassen in uiuliTin Fr/st ÜTt schon längst hin und 
her verlegte Ciiur Göllnische Infanterie aber wollen sie mit gewalt von dannen 
jagen, under dem fürwand, dals sie solche in ilirem quartier niclit leyden könten. 

45/22 m. ÄJÜMse 10* 

Postulata der Churbrandenburg. Gommeiidanteii in Bonn. 

Nachfolgende puncteu hat man nötbig befunden, denen Chur: Cöln Herrn 
Plenipotentiario und nlni;^^»'!! Regierungs-Räthen vnrziisteUen, damit bei jfUigem 
Commando mau sich behürig verbauen und vor feindlichen Surpriseu und attaqueu 
gesichert sein möge. 

In», wird anfItagUcb h(kth8t nOthig eejm, ftuf 1870 von der infantwie und 
600 Mail von Dragoner und reütter proviant auf 2 monat anzuschaffen, so sich 
ungefähr ail 2000 maltcr rcinefü Korns bclaufl'en wird und doch zu ihrer dispo- 
üition bleiben kan ohne die ötab und prim. plan. 

2^ Eine qnantitet Salzi Erbsen, OrOze und andere trockene Vorkost, Speck, 
Keaa, Butter, welches allzdt in vot rath und bifs auf den nothfaU verwahrt bleibt. 

3'^- woilcn (lio Herren officieni Ihre quartier nicht iji naturfi froniesson, 
solchen von antanfr der l)esazung monatlich ein gewifses bchürifii'S (juartiergelt 
zahlen zu la8t$en, lugleichen vor die gemeine behOrigen Service, au betli, licht, 
hob, Sauer, PfisflSer, und deig^Ieichen entweder in natura oder am gdt» wie 
•olches gebräuchlich monatUch zu liffern. 

4''- Von anfanjT an frobtlhrt den Herrn offieiren Ihr peliörig hart und ranch 
hietter aUe monat} also jeder ätab und jede Compognie mit 20 Pferden bringt 
an Ghnrhnadenb. miten 140 Pferd, Holland: 140 Pferd, MOnaterisehe 140 Pferd. 

5«> Dann mueb auff die reOtter und Dragoner, ao in 600 beatellt, nicht 
nur ihr nöthiges hart und rauch fuetter anizo ordentlich gereicht werden, 
sondern es wird darbey erfordert, dafs vor solche auf ein paar monat zuläng- 
liche fourage hier in Vorrat geliffert werde, worvon sie im nothfall ihren uuder- 
halt haben mögen. 

Qo. Ist nOthIg, dab vor aolche alhier genügsame stallung vorfertigt wcfde. 
wird man vor die puamison und vor die in KeHern un<l baraquen 
ligende Soldaten auch zum backen genügsames brennholz auschalfen mQessen, 
sonsten sie die Churf. residonz burgerUche Häuser und sonstigen fruchtbaren 
und andeni guten bftumen bedienen und aoldie nicht verschonen dttrSten. 

Vom Land Wachtholz anfahren zu lassen und jemand au vwordnen, 
der solches täglich in die Corpse de garde lifTere. 

90. Jemand anzuschaffen, die vor die wachten alle abend Öhl und licht 
aulsgebe oder soviel gelt darvor an die müia zahle. 

lOo- Auf die in guanuson stehende 1370 Man reine gefühlte strobsäck, alb 
auf 2 Mann einen nobst behorigen Decken anzuscliuffen, damit die leuth VOr 
kälte gesichert und ilire moutii'ung nicht vcrderlion niflsscn. 

11"- Ktwafs Vieh und Wein vor die kranckeu uuaclialVeu zu lassen. 

12*> wird man eine Spedfication flbeigeben, wie viel man Palliaaden hola 
nftthig, ohngefthr an&ngs ad 2000 palliaren und 4000 StunnpfUil, welches 



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Ton finundenbuig im Jahn 1689. 



33 



ohne verlielirung einiger Zeit angefahreu werden muefe, worbey dann auf die 
60 banrn auf 8 tag mit ttardkan aztan und guten saagea TMn Land m vor- 
aehreibenf welche die palltsaden bauen and sesen, dann alhier nicht eimge axt 
oder saag in vorratli. 

13''- Mufs olino Vürlüirung einiger Zeit anstalt pcmacht werden^die approchen 
und Uarvur gemachte Merck zu schlichten und zu demoliren. 

14» Vor aUem mufs die Gontrescarp in voUem Stand und mit pallieaden 
aobgeLt^ssort werden, dann viel abgeschossen und abgehauen. 

15o- Die re\ r !;n hullip Mond nnri andere Werde, M> viel mOglich zu repa« 
riren, welches ein zimmlichrs (Mtonieni wird. 

16°- Rings um die Vestung i^an^uet zu machen, wo noch keine seind, und 
alles befsteoB aufissnibessem. 

17*' weillcn höchst nöthig, das die thor und brücken, eoips de guardc, 
baraquon, Schillprh!?uscr verfertigt und mit guten ScIiUVssern versehen aucli die 
Sorties eingeheugt werden, und e£s dannenhero ein zimmliches an arbeitslohn 
erfordern wird aUs wird gebetten, einen Conuniraarium ni verordnen, der disee 
altee in aagenschein nehme, die arbeit sofort bedinge und verfertigen lasse, 
weilen efs höchst nöthig ist 

18"- Mflssr'n die 1)ettungen auf denen battoripen imprleichen die schurssii hartou 
verfertigt und behörige munitions Küsten aui die batterieen gcschaät aucii das 
ladtzeflg in Verwahrung und dafe trockene gebracht werden. 

Ido. Vit-riiuisi-nd Sandsöck und etliche tausend KOpff-KOrbe au bestellen. 

20^- Dio l^ols und handmühlen gangbar zu mnclien, worzu einif^e Pferde 
erfordert werden, so vom laud nach mid nach können verschriben werden. 

21» Ordre an den magistrat zu ertbeileu, ihre schütte oder dasjenige, wafs 
▼om brand tümg, nicht auf dem plsx und Strassen ligen zu lassen, sondern aub- 
sufllbren, entweder i» <lt n Rhein oder einige vor der Statt ligende löchrr. 

22" Dor Tanal uu\\> rrereiiiigt durch die Stritt geßlhrt, und dadurch die 
Stattroühi brauchbar gemacht werden, auch daßs zum 

23»- selbige die schwanghäfftigo gipfiel und maum in seiten ftllen ehe 
solches durch den wind und an Menschen Schaden geschehe. 

24'>- Mflsson 12 Pferd aufs wenigst zur artillcrie, auch in die mühlon an- 
gcscliafft werden umb in gelegener Zeit auch die benöthige materialieu aozu- 
ftlhren. 

S6a» Ein paar Tausend Huefeisen mit zubehorigen Nigeln in Vorratb. 
26ak fSiuge afinit zu Cannonen ond Möisner müssen ebenmAssig verfertigt 
werden. 

27"»- 20 Karren zu besteilen, so dat's benöthigte Bauholz, faschinen, und 
Spänische reQtter auls den approchen, werckeru und graben abfahren, welches 
in 8 tag zu vollziehen. 

28o- allerhand handwcrcksleüth zu verschreiben, weilen sie meistenfs ge> 
flüchtet, alfs Ziinmerleüth, Maurer. Sclmiid. Bäcker, Hreflor und dergleichen. 

29o- Einen Gommissarium zu verordnen, der mit unXs in allen uoUtwendig- 
keiten oomferiren, die Zahlung thnn, ond des gantzok Lands bestes darunter be- 
i5rdeni helffen möge. 

30" gcwisc Woclien-Märck anzuordnen, und an die Chur Cöln: ärabter, 
aucli ganzes Land zu notificireu, ila-s sie ihre vivres anhero sicher bringen 
können, worgegeu nia von aller Flackerey incommodirt und bestens in schuz 
gehalten werden sollen, hingegen wird gebetten, ihnen eine taza von allem ein- 

JihrMebwr ftr DffrtMke AnM» rad Ihif Mb Ba,«6, V 3 



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34 



Die Eroberung von Bonn durch Kuif&nt Friedrich III. 



bringenden zu verordnen, daDs sowohl kauffer als verkauffer daninder nicht 
gravirt werden. 

31«. AoBtalt zu machen, das eine gute quanütet Schub Kann, schuppen 

und Hacken, so hier mangeln, anjycschafft werden. 

Man wird über daTs solches Commauclo halten das yber die hierstehende 
ICila 80 wohl in alb anbwerts keine Klag erfolgen soll. 

Wie nun obiges alles sehr nOthig and ohne Zeitverlihnmg darOber resol- 
virt wonlcii iiiiifs, also wolle der Churf. Hl. Plenipotentiarius wie auch übrige 
H. H. un^ schleuniche resoiution zu unserer Nachricht zu kommen beheben tragen. 



Die von Ihro Cburfirtl. zu Rraudenburg und llu*o Hochfürstl. Gnaden 
XII Monster etc. hierunderschriebene respto Oral VeldBeOgmeister und Gral Laeut: 
seynd gndst, befelchet, denen von Diro Churfrtl. Drl. zu Cn\n anhero DepUr 
tirtcn Hoim Deputirten folgendes vorzustellen, und deren £rkl&ning darüber zu 
vernehmen. 

1. Weflen durch Oottos BeyMamd Bonn anb feindlichen Banden gerisseo 
und die dabey atehoide armte wegen Mangel fourage und anderer Lebens- 
mitteln daselbst nicht länger subsistireu kan, sondern zwischen der ErflF und 
Rhein sich wird vorfs erst postiren und ad intprim cantoniron mflsspn. so wSro 
uötliig, das einem jeden der alliirten Trouppen die ambtcr und orter nebeni's 
der Fourage angewiesen und assignirt werden. 

8. Dafs die approchen und alle zur attaque von Bonn au^worffene werck, 
wie auch gemachte retrnm hementen durch eine grosse anzahl Baum so gleich 
gescldeilFt werden mögen. 

3. Das alle au diser Vestmig Bomi ruinirtc v\-ie auch sonst imperfccte 
Werck reparirt und perfectionirt, und alles was sowohl behueff der Logirungen 
und subsistenz der darin erforderten guamisons alfs auch zu defendirung und 
manutenirung ged. Vestiin^^ nofhin; ist und Stuckweils specificirt werden kan» 
sogleich beygeschafit und angeordnet werden möge. 

4. Denmechst verlangt man von deinen Barren Deputirten zu vemehmen 
ob der hohe Berr Prtndpal im Stand seye, und sich getraue , nicht allein die 
mit so grossen Kosten und mühe eroberte und dirssfits am unclcrii Khcin und 
in der nahe gelegene V'estuugen dergestalt zu besezen und /.u hcwidin n, wie 
auch seine eigenen Länder zu beschOzcn und zu bedecken, das so wohl diese 
alis jene von allem feindliehen an und Oberfidl auch sengen und brennen und 
verheeren gesichert seye, und also denen angrftnzenden LSndem die so theuer 
erworbene Sicherheit lie\ iH.lialtfni werden könne, worüber, und wie sie solches 
werckstellig zu machon inteudirn, deroselben beliebige erklärung begelirt wird, 
wann aber die Herrn Dcputirte vermoyueu, das hochged. dero Herr Principal 
aaiezto nicht im stand wSre obiges alles selber zu besorgen, und thnn zu kOnneov 
so wird deroselben vemiLnfftigen jugement anheimgegeben, ob nicht nothwendig 
seye, das ein subsistircndes Corp« d^s Arm^es difsseit Rheins stehen bleibe, 
worauf dann erfolglich zu determiniren und vestzustellen wäre, wie und wo 
dieaes Corps zu postiren, danut obiger Zweck erreicht werden kOnne, wie auch 
Wala die Trouppen zur Subsistenz 60 wohl auJk denen Ländern darin sie stehan 
mflssen, alis auch aufs andern angrSnzenden gereicht werden kOnne und wolle. 



Sig. Bonn den — 
L. S. M. Bercheoo. 




L. S. B. Sdüabeudorff. 



ad 342/9 140. 



Anlage 11. 



Vk»hi den ^ 8^"^ Liitii), 



Span. Schwarz» 



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¥011 Bnuidenbui;g im Jahn lö8d. 



36 



342/8 fi2a AMUge M. 

Ghur-Brandenb. Trftctat 

1. Ghur-Brandenb. erbieiei flieh seine Voldcer aub Bonn und dem Obern 

Erizstifll abzofiiliren, in der hüfTnung, StaaJon und MOaster werden mit Uircn 
Völcki-rii ein glciclini< ssl;,''<^<? thtion. OMin li.'ii' insuper condiciono dafs man flr 
den in Bonn jrestantlenen Bataillon ä mense 8 bris bifs zu dessen abzug völligen 
Underbali verschaffen solle; doch soll daruon abgerechnet werden, wab solche 
BatailL eeithero an gtii emp&ngen. 

2. Chur Brandenburg will noch daryber im Erzstifft am underm Rheine 
an der Niens tmd Erfft 5S42 Maiifi 7.n Pferd und Fuefs l<^pm, welche die Chur- 
CöUniäche Mannschalt bedeci<en solle et vice versa. 

3. Die Verpflegung soll der fins^Sttifit ihnen: Pferdportion 1 S. haber, 
6S hew, 1 pund Strohe, oder monatlich 3 Kchätlialer. — Muudportion29 
Rir,(It oder monatlii'li IS Grnscl.i-n. Für S<"^rvis einem Iieitcr 14 flidsclion, 
l'i a;,'^<iinjr 12, Musketier lu. - l>er iiauis Vatter soll die option haben ein oder 
d{us andere zu geben, so sich also auch auf die t^uarticr verstellet. — Mehrores 
will Chnrbrandenburg nit fordern, uneracht Sie bib zu auisgang dea 8 bris, 
▼aBst mit Ihrer ganzen ann4e das ErzstGiTtische bedecken müssen. 

4. Fxre^sus sollen mehrers sporificirt werden: <[!«> Generalitet habe SOnsten 
wegen deren ein: und abatellung strenge beuelch bekommen. 

5. Für die eigene Ghur^CöUniscbe Yölcker verbleibt die Eifl, dergestalt, 
wann die Chur-Brandenburgisehe Trouppen seither des 1. 8bris etwas darauf 
gesogen, selbiges auf li«iuid. an ihren portionen defaloirt werden solle. 

6. Und weilen Ober di^es in dem Hert/offtburnb Westphalen norh 2 Comp, 
zu Fuela und 10 Comp, m Pferd Braudenburgisclie Vdicker oiniogirt seind, will 
•ich Chur>Brandettburg auf die assignation die der Kayser thuen wird, eintweder 
lassen abrechnen, oder in ermanglung du l u. dafs paar gelt darfdr bezalen. 

7. Diser Recess soll beederseite inner 3 Wochen ad subscr. ratificirt werden. 



n. 

Mckblick auf die Entwickelnng und Ausbfldimg der 

k. bayerischen Feld -Artillerie in unserem Jahrhundert, 
insbesondere deren Schieisausbildung bis 1874. 

Von 

Specky Generalmajor a. D. 



Februar 1874 wurden zum ersten Male Hauptleute der k. baye- 
rischen ArtiUerie in den Lehrkurs der 1867 errichteten k. preulsischen 
ArtUlerie-Sdiieissdiule kommandirt. 

Nicht nur aus diesem Grunde, sondern auch mit Bücksicht auf 
die nicht selten gehörte FVage, nach weichen Regeln die bayerische 

8* 



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36 



BOokblick auf die Entwkkeliuig und AusbUdung 



Artillerie im Kriege 1870/71 geschossen habe, wird sich ein 
Hückblick a.uf die Schiefsausbildung, vvelclio diu bayerische Feld- 
artillerie im lahre 1874 erreicht hatte, rechtfertigen. Dieser Rück- 
blick mulfi nicht nur das mit glatten Feldgeschützen gebr&nidilidi ge- 
wesene SchielBTerfahien, sondern auch diejenigen Verhültnisse, welche 
auf die Entwickelung der bayerischen Feldartillerie seit 1815 ?on 
wesentlichan Einflüsse waren, mithin insbesondere die Bestimmungen, 
nach welchen die Ausbildung ihrer Angehörigen, Tor allem ihrer OfB* 
ziere erfolgte, kurz berühren. — Während der Ersatz der Offi- 
ziere, Unteroffiziere und Mannschaften seit 1568 in der 
Hauptsache wie in Preufsen bethätigt wird, ist die baye- 
rische Feldartillerie bezüglich Gliederung, Material und 
Ausbildung erst seit 1874 von der übrigen deutschen Feld- 
artillcric niclit mohr in wesentlicher Weise verschieden. 
Für den Rückblick cr*iebcTi sich Hauptabschnitte: 
i. Bis zu der Kinlührurit: fjczorjener (Jesc^hütze (1861), 
H. His /u dcrgaiizlichüii Aushchc:iduiii;(ler ul;ittenFeldgeschütze(18(}7), 
UJ. \'on d( r durchgängigen Bewaffnung mit gezogenen Feldgeschützen 

bis zum Kriege 1870/71, 
IV. Nach dem Kriege 1870/71, bis zu der Einführung des deutschen 
FflldartiUerie-Materiab C/73. 

In jedem dieser vier Hauptabschnitte wird zuerst der Entwicke- 
lung und der allgemeinen Ausbildung der ArtiUeriei dann erst der 
Ausbildung der Feldartillerie im Schiefsen besonders gedacht werden. 

Nachdem erst 18D4 eine von Herrn Hauptmann Lutz nach 
authentischen Quellen bearbeitete ^Geschichte der baye- 
rischen Artillerie ?on ihren ersten Anfängen his zur Gegen, 
wart" erschienen ist, wird in jedem der vier Hauptabschnitte 
die Entwickelung der bayerischen Artillerie nur in so weit 
berührt werden, als dieselbe von besonderem Einflasse auf 
die Ausbildung der bayerischen Feldartillerie gewesen ist 

I. Bis zn der Einflllirnng gezogener Oeftehfitze (1861). 

A. Ausbildung im Allgcineinon. 
Bei der 1777 erfolgten Vereinigung des Kurfürstentums Bayern 
mit der ivurpfalz traten zu den vier kurbu) crischen Artillerie -Kom- 
pagnien, deren älteste ununterbrochen seit 1705 bestand, drei 
InirpiSlzisdie Artillerie-Kompagnien, von welchen die älteste 1692 er- 
richtet worden war, die beiden anderen Kompagnien seit 1701 be- 
standen. 1791 wurde die kurpfalz-bayerische Artillerie in ein Regi- 
ment zu swei Bataillonen h vier Kompagnien, mit dem I. Bataillon in 
Bayern (Ingolstadt), mit dem H. Bataillon in der P&Iz (Hannheun), 



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der k. bayeriadMO Feld-ArtiUerie eto. 



37 



Jülich und Berg ^Düsseldorf) stehend, verelnisit. - Wüliroiul der 
Napcleonisehen Kriege war dieses Ilegiinciit »uif 22 Kompagnien ge- 
bracht und dann 26. Juni 1817 der Stand desselben zu vier Bataillonen, 
jedes zu sechs Kompagnien, darunter eine leichte (fahrende) und fünf 
liniflii- (FoIb-) Kompagnien, festgesetzt und sohin für nur einen Re- 
gimentsrerband ta itark geworden. 

1. Von der Bildung zweier Regimenter bis zur Gleichstellnng 
»Her 24 ArtiUerie-Komgagnien (1824 bis 183d). 

11. Oktober 1824 worden die vier BataiUone in der Weise in zwei 

Regimenter gegliedert, dafs die Bataillone mit den ungeraden Nummern, 
welche in München gamisonirten, das erste Regiment, die Bataülone 
mit den geraden Nummern, welche sich — seit 1817 das II. Bataillon 
von Nürnberg nach Augsburg verlegt worden war — in Augsburg be- 
fanden, das zweite Refrimcnt bildeten. Da das 1. Regiment als Stamm 
^ämmtlieher Zweige und Abteilungen der k. bayerischen Artillerie 
angesehen wurde, liatte das '2. Regiment, welches ls-27 von Augsburg 
nach Würzburg verlegt wurde, die (iescbichte seiner Stanini-Bataillone 
an das l. Regiment abzugclien, bewahrte jedoch Absihriften dieser 
Geschichte in seiner Ofliziers-Bibliothek, die aus jenen des ii. und IV. 
Bataillons entstanden ist, auf. 

V<Hn 2. Regiment befanden sieh ner Linien- Kompagnien in der 
Bmideefestaiig Landau in der Pfalz, wftbrend vom 1. Regiment seit 
1827 eine liniai-Kompagnie in Augsburg gamisonirte. Die Ablesung 
der nicht am Regimentsutse befindlichen Linien-Kon^agnien fand 
während des Monats Oktober in der Weise statt, daJs keine Kom- 
pagnie länger als swei Jahre vom Regimentssitze entfernt blieb. 
Aulserdem waren die früher fürstbischö flieh ßambeigische Festung 
Forchheim und die Vesten Würzburg bei Weifsenburg am Sand, so- 
wie Rosenberg bei Kronach vom 2. Regiment, die Vesten Ober- und 
Niederhaus bei Passau und Rothenberg bei Amberg vom 1. Regiment 
mit kleinen, von einem Lieutenant oder Feuerwerker (Sergeant) be- 
fehligten Artillerie-Kommandos zu besetzen, deren Ablösung jährlich 
während des Monats Oktolier stattfand. 

Jedes der beiden Reginienter verfügte, seit der 21. Dezember 1825 
erfolgten Aunösung des Artillerie- und iUmeo-Fuhrwesoub-Bataillons, 
über so viel Fuhrwesen, mit aus Unteroffizieren der Artillerie und der 
Kavallerie sich ergänzenden Offizieren, dals zwü halbe BPfilnder* 
(fahrende) Feldbatterien, für deren Bedienung die stets am Regiments- 
sitze ganusonirenden zwei Mchten Kompagnien bestimmt warenf und, 
behufs Ausbildung der Linien-Kompagnien, welche in der Bedienung 
aller Feld- und FestongsgesohUtze zu unterrichten waren, als FeU- 



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38 



Bückblick «if die Entwidcelong und AuabUdung 



ArtillericN eine acht Geschütze und eben so nelo MunitioTis wagen 
starke ü Plunder- Fufs- oder 12 Pfünder-Fufs-Batterio bespannt werden 
k()nnt(^. Das zur Bespannung dieser Batterie bestimmte Fuhrwesen 
stand unter dem Kommando einea Fuhrwesens-Ilittmeisters, welchem 
zwei Fuhrwesens-Lieutenants und die nötige Anzahl von Fuhrwesens» 
Unteroffizieren und Mannschaften nnterstellt waren. Dem Artillerie' 
Korps-Kommando, welchem die ArtiÜerie-Regimenter und die Zeug- 
haus -Haupt- Direktion mit allen Zeughaus- Verwaltungen (ArtOlerie' 
Depots) und technischen Instituten der Artillerie unterstellt waren, 
wurde der seitherige Kommandeur des Artillerie- und Armee -Fuhr- 
wesens-Bataillons als Referent für das Fuhrwesen beigegeben. 

Aulser den Stabs-Offizieren, für welche je zwei, und den Regiments- 
und Bataillons -Adjutanten, für welche je ein eigenes Reitpferd vor- 
geschrieben war, ohlarr nur den Hauptleuten und Lieutenants der 
leichten Konij)a(Tnien und den Fuhrwesens-Offizieren dieBerittenniacliung 
mit je einem rsTis eigenen Mitteln beschafften Reitpferde. Die Offiziere 
der Linien-Kompa^niien wurden an denjenigen Tatzen, an welchen ihre 
Kompaemiie als Feldbatterie exerzirte, mit Dienstreitpferdon des Fuhr- 
wesens beritten gemacht. Dieselben erhielten jedoch, ebenso wie die 
sftmmtliohen Unteroffiziere und Trompeter der leichten Kompagnien, 
während des Winters yon den Fuhrweeens-Offizieren Reitunterricht etc. 
ertheiit. Bis zum Jahre 1831 verfügten nur die leichten Kom- 
pagnien über Trompeter, welche beim bespannten Exerziren beritten 
waren, wfihrend bei den Linien-Kompagnien die Dienste der Trompeter 
durch Tambours verrichtet wurden, welche beim Exerziren ihrer Kom- 
pagnie als Feldbatterie mit dem Trommler zu FuIIb ausrttokten. 

Die leichten Kompagnien, welche, 1806 zum enten Male vor- 
kommend, die 1799 bis 1804 bestandene reitende Batterie ersetzen 
sollten, hatten sich in den Feldzügen vielfach besonderB rühmlich her- 
vorgethan und den Namen ihrer Hauptleiite — von Caspera, Regnier, 
Gotthard, Freiherr von Gravenreuth, Freiherr von Widemann, Anton 
Halder, Rudersheim etc., — nach welchen die Feldhattericn ausschliefs- 
lich im Kriege benannt worden waren, grolscs Ansehen in der Armee 
gewonnen. — Dem Beritteusein der bei den leichten Kompagnien ein- 
geteilten Offiziere mit eigenen Reitpferden und der jeder dieser Kom- 
pagnien ständig, unter dem Kommando eines Fuhrwesens-Lieutenants, 
zugeteilten reichlichen Friedona-Beepannung, mit welcher vier Gesclmtze 
und vier Wurst-Hunitionswagen ') bespannt werden konnten, war es 

') Bis 1862 waren auf dem Dm k< l <i,>s nach der Zugrichtung, also nach 
der Länge, gostcllteu Hinterkastens derjenigou Munitionswagen, welche fflr die 
leichten (fahrenden) Feldbatterien bestimmt waren, gepolsterte Ledersitze ange- 
bracht, damit die zur OeschOtzbedienung nötige Maanschafl. von welcher beim 



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der k. bayerischen Fekl-Artilkrie etc. 



39 



zu Jitnkeii, dafb, übwolil die Beaufsichtigung des Stalldieiistcs und der 
Pferdewart, der Reit- und Bespannungsdienst dem Fuhrwesens- Lieuto- 
nant, welcher in der bespannten Batterie die MunitionswageQ — zweite 
Linie der Batterie genannt — konunandiite, und den Fuhnroeena- 
UnteroÜBzierea — Wagenführern in ber bespannten Batterie — oblag, 
TOQ den 24 Kompagnien wenigetens 4 für die im Kriege an die Feld- 
artillerie herantretenden Angaben besser vorbereitet werden konnten. 
— Aua der Zahl dexjenjgen Offudere, welche in den laichten Kom- 
pagnien als Hauptleute und Lieutenants gedient hatten, wurden 1848, 
bei der Erriclitung der reitenden Artillerie, die Stabsoffiziere und 
Batterie-Kommandanten für das reitende (dritte) ArtiUerie-Regiment 
mit sehr entsprechendem Erfolge gewählt. 

Die Mehrzahl der Artillerie- Offiziere war in erster Linie auf Er- 
weiterung und VenroUkommnunj^ ihrer matbf'niaHsehen und technischen 
Kenntnisse und Fertif^keiten bedacht. Kunsttertigkeit im Arbeiten an, 
aus eigenen Mitteln beschaflften, ja selbst gefertigten Drehbänken ') oder 
Geacbickliehkeit in ])hYsikalischen Experimenten, insbesondere im La- 
boriren von i euerwurkskürpern etc. und ganz besonders im Zeiclmou^) 
wurde angestrebt und von einem nicht unbeträchtlichen Teile der Ar- 
tiUerieofifiriere jener Zeit wirklich erreicht — Auch durch die bei den 
Regimentern seit 1824 für die theoretifleh-wisaensohaftliclie Fortbildnng 
der lientenants und Janker eingeführten Offiriersschnlen, deren sowie 
des gesammten Ausbildungs^ und Dienstbetriebes ad 3. eingehender 
gedaobt werden wird, wurde die artilleristisöh-techntsche Ausbildung 

Material C/1800 nur zwei, beim Material C/1836 drei Mann auf der Geschütz- 
protze Platz landen, auf dem jedem Qeschfltze stets unmittelbar folgenden llu- 
nitiongwageii — wie auf ^em Voltigirbock sitzend fortgeschafit werden 

konnte. Weil diese Ledersitzo den langen und schmalen hinteren Kasten Jos 
Mnnitionswajrens wurstartig einflecktpn, wurden die Munitionswaixcn dr r If^i hten 
^fahrenden) Batterien Wurstmunitions wagen, die der LinieD-(Furs-;üaitt>rien, 
welche eiserne Deckel hatten, LimenmunitioiiBwagen genannt 

') Die Offiziers-Bibliothek des 2. Artillerie-Regiments war mit Recht stolz 
auf die mnsterhaft gefertigten Modelle nahezn aller Ln den rnroplti^rhr^n Ar- 
tillerien im vierten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts bestandenen Geschütz- und 
Fahrzeug-Konstruktionen, welche Untorlieutenant Korbinian Halder — gestorben 
1888 als Generehnajor a. D., — der Angehörige einer Pamilier die in dem baye- 
ritchen Heere, insbesondere in dessen Artillerie, seit d. r 1607 stat^habten 
Ernhenmg der bis dahin freien Reichsstadt Donauwörth, durch den Herzog, seit 
16'^ Kurfürst Maximilian I. von Bayern, unausgesetzt durch vortrefflich« Offi- 
nere vertreten war und ist, gefertigt hatte. 

^ In der Ofliziera-Zeichnungs-Schule des 1. Artillerie- Regiment» wurde 
f?1r den Kaiser Nikolaus T. vnn Hufsland, welrlicr 1838 d(>n Tnippenübnnfrcn der 
bayerischen Armee bei Augsburg beigewohnt imd hierbei insbesondere der Ar- 
tillerie seiae hohe Aufmerksamkeit geschenkt hatte, das gesammte bayerische 
Feldarüllerie-lfotenal hervorragend sdiOn geeeichoet. 



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40 



SdckUUcsk auf die Emtirickilimg und AiubildaDg 



entachiedeD vielmehr unterstützt und gefördert, eis die Erweiterung 
und VerroUkommnni^ des Wissens und Könnens im taktischen Gebiete 
der Belagerangs- und Fcstungs-, geschweige Feldartilleric. Die Be- 
setzung der technischen Etablissements der Artillerie mit für diese 
wichtigen Institute geeigneten Artilleiie-0£fizieren bot daher keinerlei 

Schwif ri'jkeit. 

Die bald nach Schlnfs der Napoleonischen Krie^speriode mittelst 
freiwilliger Beiträge der Offiziere gegründeten Offiziers- Bibliotheken 
gehen ein scluines Zeu^nifs fiir das wissenschaftliche Streben ihrer 
(i runder. Die Werke des grofsen und edlen Scharnhorst, Ve^^a's, 
Decker's, Dr. Moritz Meyer's etc. und vor allem rAide-Memoire a Tusage 
des officiera d'artillerie, wiirdon von vielen, jene Monhaupt's, Pz.'s, 
Clausewitz's, wenn auch von wenigen Offizieren, doch dafür von diesen 
um so eifriger gelesein und stndirt 

Die Beförderongs-VerhiUtniBse der Offiziere waren nach heutigen 
Begriffen sehr ungünstige, aber inunerhin bei der Artilleiie wesentlidi 
günstiger ab bei der Infiuiteiie. In der Artillerie wurde, wie in der 
Kavallerie, dnrohsehmttlich der Hauptmann nach 20 jtihiiger, der Stabs- 
offizier nach gut SOjfihriger Dienstzeit als Offizier erreicht, während 
bei der Infanterie, wegen der grofsen Zahl der nach Sohlufs der Kriegs- 
periode (1815) im Dienste verbliebenen Offiziere der 1813 aufgestellten 
freiwilligen Truppen*Abteilungen, nahessu 10 Jahre mehr Zeit erforder- 
lich war. 

Eine sehr wirksame P'örderung erhielt die technische I^ntwickelung 
der bayerischen Artillerie dtirrh die Reise, welche auf Befehl König 
T^iidwig I. drei Offiziere derselben — Major Karl Weishaupt Haupt- 
mann Vinzenz Achner*) und Oberlieutenant Friedrich Speck ^) in den 

t) Sohn des UiuTOTSit&ts-Professors und Stifters des HlunünatMi-Ordeiu in 

Ingolstadt, komraandirto im nissisdien Fddznge 1812, als Hauptmann, eine 
Battf>rir> mit Auszeit hnuu>r, war 1844 — 1848 üborst und Vorstand der Zeughaus- 
Haupt-Direktion, 1848 Gcncralmf^or und Kriegsmüiiätcr , iiieraut bis zu seinem 
Tode, Ende 1853, Brigadier der Artillerie. 

^) Soll vor Anfang unseres Jalirhundcrts, ohne Kenntnils des Lesens und 
Srhreibciis , fn: i\vi!li^ in die Artillerie eingetroton sf in , deren wissenschaftlich 
gebildetster Ütlizier er wurde, 1848 — 1855, als Uberst später Generalmajor, Vor- 
stand der Zeugbaus-Haupt-Direktion, hochbetagt und hochgeehrt Anfang der 
70er ilabre gestorben. 

^) 1813 aus dem Kadett«n-Korps als Unterlieutenant in die Artillerie über- 
getreten, nach den Feldzfipf n. 8 Jahre !nnf». bis ihm vom Kriegsministerium die 
technische Einrichtung der Gewehrfabrik in Amberg Qberti'agen wurde, im 
technischen Institute Georg von ReiehenbaeVs, des ^finders der Teilmaachinek 
welcher selbst \ns 1811 in der bayerischen Artillerie, jsnlelast ab Hauptmann ge- 
dient liatte, als hig'i-nionr tli:lti[f. Nacli dfr Rürkkphr von dor Reise ^\nrdo 
dem Oberlieuteuaut Speck die technische Einrichtung des GieDs- und Bohrhauses 



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der k. tMyeriachen Feld-Artillerie etc. 



41 



Jahren 1827 bis 1820 nach Frankreich, England und Preufsen, heliiifs 
Keniituilhimlime und Siiuuums der technischen und übrigen Einrich- 
tungen der Artillerien jener Staaten, und Schweden^ wegen des Gusses 
eiattnuft Eadoimd, anszuftthreii liafcten. 

Eine limen-Eompagnie des 1. Artillerie-Regimento gekörte, anter 
dem Kommando des Hauptmanofl Friedrich Sohnkletn^), m dem 
25. Oktober 1832 nach Oriecheiüand entsendeten bayeriachen HS1&- 
koipe. — Einige Hanptleate und mehrere Lieutenants der bayeriBcfaen 
ArtUlerie traten 183S in k. griechische Dienste über, aus ivelehen sie, 
bis zum Jahre 1843, wieder in k. bayerische Dienste in ihr früheres 
Rangverhältnifs zurücktraten. Hauptmann Ludwig Lüder-) war Kom- 
mandant lon Nauplia und GouTeraenr des Pelopones, ebenso bekleidete 
Hauptmann Philipp Freiherr von Brand') eine hohe Stelle im k. 
griechischen Heere. Lieutenant Maxiniilian Feder*) war Gouverneur 
der Maina. Lieutenant Joseph Hütz*) kommandirte als Überstlieuto- 
nant die k. griechische Axtiilerie. Auch Lieateoant Joseph SchmÖlzl<>), 

(GeschetaqpeCserei) in Augsburg Qbertrageiif und demlbe dann, nachdem er 

1836 — 1838 zur ri>ci-nalime der in Sohwedeu ftlr Bayern gegossenen t isoinon 
Kanonen koiniiiamÜrt gowesen war, dem Vorstande derZeughaus-Haupt-L'iroktion 
fOr das Maschinenwesen beigegeben. 1858 als Oberst verabschiedet, starb der- 
selbe hoch betagt und hoch geachtet 1860. 

'} Teiltf sich mit Achnor in den Ruf des wissensdiaftlio] - 1 1 Üdetston 
bayerischen .\rtilU^rie-Offi/ioi-s, 1850^1855 Obpr^t und KomniaiKloiir des 1. Ar- 
tiilerie-Rcgimeuts, dann, bis zu seinem Tode, Januar 1806, Gouverneur der 
Bundesiestung Landau. 

') 1819 aus dem Kadetten-Koipi als ünteriieutenaat in die Artillerie flber^ 
getreten, 1844— 1848 Kommandeur de» Geme-(Piooier-, I?afaillons:, seit 1848Genie- 
Regimcut. Herbst 1848 zum Kommandanten von Miuu iien, 1848 zum Goncral- 
major und Kriegsmiuister eroaimt, welche hohe Steile derselbe bis 18ö5, dann 
wieder tBB9^19ßl bekleidete. Gestorben 1862 als Feldzeugmeister s. D. und 
Inhaber des 8. AiüUerie-Regimenfs. 

1848 — 1850 Kommandeur des 3. (reitenden) Artillme-Regimmts. dann 
bis 1852 Gouverneur der Bundesfcstimp Landau, hierauf bis 1866 Gt neralfninrt r r- 
meister (Chef des Generalstabes) und 1806—1862 Artiilerie-Korps-Kommaudaut. 
1870 gestorben. 

*') 1944 als Major zur Infanterie versetzt, kommandirte derselbe, Anfang der 
60er .lalire, das 14. Infantt rit'-R''L''Inipnt. war daiin ])ay«Ti<clier Ge«iandtf»r am 
k. giiechischen Hofe, hierauf 1861 bis zxi seinem i oilo ^1869) Kommandeur der 
2. Infanterie-Division, welche er im Feldzuge 1866 kommandirte. 

■) 1863—1865, als OberstUeutenant, Mitglied der Artillerie-BerathungS' 
Komniis-ion, 1855 — 1859 Oberst und Komman<leur des 1. Artillerie-I? n • nts, 
1859—1863 Opnorahnajor und Gouv«'nieur der Festung Germershoim, iHiVA 1869 
Brigadier der Artillerie und als solcher Vorstand der Aitillerie-ßerathungs- 
Konunission, 1868-- 1874 Oenerallieutenant nnd Qonvemeur der Festung Ingol- 
stadt. Ende der 70er Jahre gestorben. 

^) Ende der 40er und Anfang der 50er Jahre Lehrer <!( r WafTrnlohrp am 
Kadetten-Korps, dann Major und MitgUed der ArtiUerie-Berathungs-Koaunijuüon, 



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42 



Bückblick auf die Entwickelung und Ausbildung 



welcher in der zweiten Hälfte der 40 er Jalire, mit dem, gleich üim, 
in k. bayerifldie Dienste sorackgekehrton Hauptmann Hliti, die Zeit- 
aehrift „ÄroliiT für die Offisdere der k. bayexiBchea Aimee^ leitete» 
und mit pp. Hüts 1847 ein Handbndi für die k. bayerische Artillerie 
heranqgab, welches mit Redit auch auJBerbalb Bayerns gosehätst wurde 
nnd 1856 eine zweite Auflage erlebte, hatte als M^jor in der k. 
griechischen Artillerie ^dient. 

1838 verbr Forcbheim seine Fesfenngs^Eigenschaft, daher auch 
sein^ Kommandanton — Generallieutenant — , seine Zeughaus- Ver^ 
waltung (Artillerie-Depot) und sein kleines Ar(ilknie-Resatzungs-Kom- 
mando. Schon ein Jahr vorher war die Veste Hothenbeig desarmirt 
worden. 

8. Von der Gleichstellung aller Artillerie''Kompagnien bis 
zur Errichtung der reitenden Artillerie (1839—1848). 

In Folge der Einführung des Feld- Artilkno-Materials C 183(3 
(System Zoller'), an Stelle des bei Beginn des Jahrhimdorts, durch 
den aus französischen in bayerische Dienste übergetretenen General« 
lieutenant von Msnson in Bayern zur Einführung gelangten, dem 
Gribeanral'sohea in Frankreich nachgebildetea Feld-Artillerie-Materisl 
C/1800 (System Manson) — von den französischen Artillerieoffizieren 
daher System Grippen genannt — , wurden 1839 die Linien-Kom- 
pagnien doi leichten Kompagnien gleichgestellt^ und deshalb die Be- 
rittenmachung der Hauptleute und Lieutenants aller 24 Artillerie- 
Kompagnien mit aus eigenen Hitteb beschafften Reitpferden verfÖgt 
Aus demselben Grunde erhielten nun die Unteroffiziere und Trompeter 
sämmtlicher Artillerie -Kompagnien während des Winters von den 
Fulirwesens- Offizieren Reituntemeht etc. erteilt. Die bisher be- 
standene Trennung zwischen dem Bcdienungs- und dem Bespannungs- 
dienste wuide strene aufrecht erhalten, und trat bezüglich des 
ersterwähnten Dienstes nur die Änderung ein. dafs nun alle 24 Kom- 
pagnien in der Bedienung aller Feld- und Festung^escbütze auszu- 
bilden waren. 

spftter Oberstlieutonant und Referent bei der Zeu{^llaus-Hallpt-Di^ektion, Ende 
der 60or Jahre Oberst und Artillorie-Dirrktrir (Artillerie-OfR/ifr vom Platz) der 
Festung Germcrsheim. Derselbe war bis zu seinem Tode, Anlang der ÖOer Jahre, 
ein eben so fleilsiger als gescbätster MilitSr-SchriftsteUer. 

*) Karl Freiherr von Zolkr, welcher sieh in den Feldsflgeo 1805—1815 
als höherer Artillpriefülin r ausn;c7r irlinot hatte, war 1829—1837 Vorstand der 
Zeuglmus-Haupt-lJirektiOD, 1838 — 1848 Artillrric-Korps-Kommandant und starb 
als Foldzeugmeister z. D. und Inhaber des 2. Artillerie -Kegimeutö 1849. Der- 
selbe soll mit OeneralUeutenant von Muuon, dessen Adjutant er gewesen war. 
aus fransOsisdiem in bayerische Dienste Übergetreten sein. 



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der k. bayenacheD Feld-ArtiUeiie efee. 



43 



Der I'feril'^stfiiKl des jedem Regiment zugeteilten Fulinvesejis 
blieb ungeändert und genügte für die Bespannung von zwei Exer/ir- 
Batterien zu acht Geschüt/.en und eben so vielen Mnnitionswa<?en an 
jedem Regimentssitze. Jede der jeweilig in Münclien })cz\v. Würzburg 
garuisonirenden Kompagnien komite, während des dritten Rekruten- 
Monats (Juni) und während der, drei Monate nach der Einstellung 
der Rekroten b^innenden, im Nachfolgenden eingehender erwfthnt 
«erdenden nraimon&tlichen Hauptauabildnngszeit (Jiüi und August) 
irScbentlicli mindestens ein-, höchstens zwei Mal im bespannten Exer- 
siren ab Fefdbatterie und im Schielaen als 6Ffiinder- (nur dnrchaiis 
&hrende) nnd 12 Pfunder- (F^la-) Batterie geübt werden. 

Das am Regimentssitse befindliche Fahrwesen wurde jedoch bei 
jedem Regiment nicht in zwei, sondern in so viele Abteilungen, als 
das Regiment bei der Mobilmachung Feldbatterien anfinstellen hatte, 
— also rier pro Regim^t — gegliedert. Jede dieser acht Abtei- 
lungen wurde von einem Fuhrwesens-Lieutenant kommandirt und einer 
der jeweilig am Regimentssitzc gamisonirenden Artillerie-Kompagnien 
in der Weise, wie frülier die Bespannungs - Abteilungen mit den 
leichten Kompagnien — aber ständig — verbunden waren, zus;eteilt. 
Nicht nur die jährlich unter den Artillerio-Konipaoriien stattfindenden 
Garnisonswechsel — das 1. Regiment hatte nur eine Kompagnie in Augs- 
burg, dagegen das 2. Regiment, aufser vier Kompagnien m Landau, 
nun auch eine Kompagnie in Germersheim detachirt, und war des- 
halb 1841 Ton 12 anf 14 Kompagnien Termdirt worden — , sondern 
auch der Umstand, daJb die Fuhrwesens -Abteilungen gnin d sätgla c h 
den von den älteren BaupÜeuten kommandirten K(mipagnien migeteilt 
wurden, gestalteten die an und fiir sich lockere Verbindung der Be- 
dienung und Bespannung der ArtiUme audi noch zu einer häufig 
wechselnden. — Adserdem terfögten die Festungen Landau und 
€termersheim über Fuhrwesens- Abteilungen, mittelst welcher den je- 
weilig in diesen Festungen f^arnisonirenden Artillerie-Kompagnien das 
bespannte Exerziren als halbe 6 Pfunder fahrende Feld- (Ausfall-) 
Batterie ermöglicht wurde. 

Der Rittmeister des P'ubrwesens wurde als ständiges Mitglied der 
Regiments-Okonomie- (Bekleidun^s-) Kommission verwendet, und waren 
ihm insbesondere die be/^ü^dicli der sehr grofsen Pferde-Rüstungs-Vor- 
räte gebotenen 'i'häti^Keiten zugewiesen. — 

Abgesehen von der sich bewährenden Berittenmachung 
aller Offiziere mit selbst beschafften Reitpferden, wurden 
1839 mehr die leichten den Linien-Kompagnien, als letztere 
den leichten Kompagnien gleichgestellt Nicht nur alle Offi- 
ziere, sondern auch aUe Unteroffiziere und Mannschaften der ge- 



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44 Bückblick auf die Entwickelung und Ausbildung 

sammten ArfaUerie BoUten, je nach Bedarf, sowoU im Feld- wie im 
Festungakriege verwendet werden ktoDen. Aue diesem Gnmde worden 
alle Artfllerie-Kompagnieii für die Bedienung eto. aller Feld- und 
Festungen bezw. BelagemngBgeechtttse ansgelnldet. Damit aber dieee 
grols Anforderung gestellt worden konnte, warde der Bespannnngp^ 
dienet, welcher bei der FeldartiUerie so innig und unmittelbar mit 
dem Gebrauche ihrer Geschütze verbunden ist, dem Fuhrwesen über- 
lassen. Unter einer solchen Organisation mufste die Heran- 
bildung für den Feldartilleriedienat fast noch mehr als jene 
für den Fcstunps- und Belagerungs-Artilleriedi ^^st leiden. 
— Dennoch hatte die Berittenmachung der Hauptleute und Lieute- 
nants aller Artillerir-Kompagnien die «riinstiire Folge, dals das Exer- 
ziren iu der bespannten Feldbattcrie, welclies bis 1839 nur von den 
vier leichten Kompagnien mit wirklichem Erfolge betrieben werden 
konnte, nun von allen 21 Kompagnien, zwar nicht in der nutzbringen- 
den Weise, wie bisher von den vier leichten Kompagnien, so doch 
mit viel besserem Erfolge als vorher von den 20 Linien-Kompagnien, 
gefibt werden konnte. — Die bis 1839 von Seite vieler Offiziere den 
Arbeiten an der Drehbank, dem Laboriren von Feuerwerkskörpem etc. 
geschenkte Vorliebe nahm entschieden ab, die für mathematische 
Studien und Zeichnen aber nicht Namentlich unter den jüngeren 
Offineren war der grdlsere Teil mit Erfolg bestrebt, sich im Eeitsn 
und in allen auf das Pferd bezüglichen Kenntnissen aoszubUden und 
dadurch die Befähigung für das Eserziren in der bespannten Feld- 
batterie zu erhöhen. 

Ehe nun zu der Betrachtung des Zeitraums geschritten wird, mit 
welchem, in Folge der kurz vor der Mitte des Jahrhunderts erfolgten 
Errichtung eines reitenden Artillerie- Regiments, ein so bedeutender 
Fortschritt in der Entwickelung der l^nyerischen I'eldartillene begann, 
ist die Einschaltung des nachstehenden Abschnittes vielleicht nicht 
ohne Interesse. 

B. Ergänzung und Ausbildung der bayerischen Artillerie in 
der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts. 

Der Ersatz der Offiziere der bayerischen Artillerie erfolgte 
zum grölseren Teile — nahezu zu zwei Drittteüen — aus Offiziers- 
und höheren Beamten-Söhnen, welche im Kadetten-Korpe vom 10. bis 
zum 18. Lebenqahre erzogen worden waren*), zum geringeren Teile 
aus, meist in sehr jugendlichem Alter — 16, sogar weniger Lebens- 
jahren — in den Artillerie-Regimentem auf Beförderung eingetretenen 

^) Erst seit 1860 vom 12. bis nun 18. Lebeugahre. 



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der k. bayeriachen Feld-ArtiUeirie «tc 



45 



StjiiUcii von ütfizieren, Beamten, Adeligen — sogenauuten Rcgimenta- 
Kadctton — , zu f^eriugeiu , über gewicht i^eni Teile aus in der k. 
rageriu erzogenen Söhnen der Adelsfamilieu des Königreiches'). 

Für die Edelknaben^ welche aus der k. Pagerie in die Armee als 
UntarHeatenant, seit 1849 als Junker übertraten, var das Beatehen 
der Sohlnlsprüfung dieser Anstalt — Absolutorium des humanistisohen 
Gjmnasiunis — Bedingung. — Der Lehrpsan des k. Kadetten-Korps 
wiGb darin Ton denjenigen einer Lateinschule nnd eines hnmanistischen 
Oynmasinnis ab, da&, an Stelle der grieGhischen und bis 1842 auch 
der lateinischen Sprache, französische Spraohe, Geschichte, Geographie, 
Naturwissenschaften und Zeichnungs-Unterriclit, nam«itlich aber die 
mathematischen Studien und ganz besonders alle körperlichen Übungen 
sehr berücksichtigt wurden. In den beiden hrW liston Lcbrklasson des 
k. Kadetten -Korps wurde aufserdem Unterricht in der Taktik, Be- 
festi^inp, Dienstlchre, Physik nnd höheren Mntlieraatik erteilt. 
Ebenso wie das Erlernen der eii 'lischen Spraclie, war die Teilnahme 
am Physik- und höheren Miithenüitik-l'nterricht dem freien Willen 
der Zöglinge überlassen, jedoch davon abhangig, dafs die von den- 
selben in den Unterrichtsgebieten der niederen Mathematik gewonnenen 
Kenntnisse besonders befrieditzten. — Für den Übertritt iils Junk(!r 
zur Artillerie war nicht nur dub Bebtelien der Schlufsprüfung aiu 
Kadetten-Korps, sondern auch der befriedigende Besuch des Physik- 
nnd hdheren Mathematik- Unterrichts Bedingung. — An dem im 
Kadetten - Korps erteilt werdenden Unterricht in der Physik hatten 
auch diejenigen Regiments^Kadetten der ArtiUerie Teil su nehmen, 
welche die für die Zöglinge der hikshsten — achten — Lehrkksse des 
Kadetten - Korpe vorgeschriebene Schlaitsprnfung bestanden hatten. 
Fttr diese PrOfiing mulsten sich die Regimentfr-Kadetten in ihren 
dienstfreien Stunden, unterstützt (hirch Lieutenants ihrer Regimenter, 
vorbereiten. Die Beförderung der Regiments-Kadetten zu Junkern — 
nach bereits vollendetem 25. Lebensjahre sofort zu Unteriientenants 
— erfolgte, da für die Deckung des Offizier-Bedarfes in manchen 
Jahren der Zngang ans dem Kadetten-K or[>F5 frenügtc, erst zwei, oft 
noch mehr Jahre ntuh jener derjenigen Korps-Kadetten, mit welchen 
sie die Schlufsprüfung des Kadotten-Korps bestanden hatten. 

Die aus der Pagerie und dem Kadetten -Korps Ende August als 
Unterlieutenant bezw. Junker in die Artillerie eiii^j;etrotenen jungen 
Männer verrichteten, je einen Monat lang, Dienste als Kanonier, Kor- 
poral (Untcrofüzier) und Oberfeuerwerker (Wachtmeister) ehe sie zur 

^) Der kommandirondt' Coiipral des T. bayerisclicn Aruioo-Korps w'iljrend 
des Ki-ieges 187071, (Joneral fier lnfiiut*Tit> Ludwig Freiherr von der Tanu- 
^thsomhauäeu, ti:ut 1033 auii der Pagerie ixi die Ai tilierie über. 



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46 



BCkilcblick anf die Entwkkolung und Ambildong 



Veniobtuiig der Dienste ihrer Ghatge zugelassen wurden. Die Junker 
waren dem Regiments- Aciyut^ten unmittelbar unterstellt, und wurden 
von diesem zur Verrichtung der verschiedeaen Kanzleidienste ver- 
wendet, in der Hegel jedoch, sobald sie in diesen Diensten, namentlich 
im Führen der Rnpporto und Listen, genügende Fcrtijirkcit gewonnen 
hatten, einer Kompagnie ;^ur \'erriehtung von Lieutenants -Diensten 
zugeteilt. Je nacli di-m <^rüfsereu oder geringeren Abgang von Ol'fi- 
zieren erfolgte die Bel'ürderung der Junker zu üuterliouteiiauts inner- 
halb ein bia drei Jahren. 

Die Ba-taillons-Adjutanten waren, in so weit sie nicht bei Stabs- 
oiti/ieren, welche vom llcgimcut detachirlu Kompagnien koiamandirten, 
als Acljutauten Verwendung &.nden, dem R^^ents-Kommandeur un- 
mittelbar unterstellt, weU die am Regimentssitze befindlichen Oberst- 
lieut^ants und Majore nidit als Kommandeure der Bataillone des 
Regiments beseiclmet und verwendet wurden. Das mannigfaltige Ge- 
biet des R^^ents-A^jutantenoDienstes bot reichliche Gelegonhett, den 
am Regimentssitxe befindlichen Balaillons-'Adjutanten einen Thätigkeits- 
kreis zuzuweisen, und hierdurch den Regiments-Aiiyutanten zu entlasten. 
Regiments- und l^afaillons-Adjutanten zählten bis zum Jahre 1848 auf 
den Stand der für die Kompagnien vorgeschriebenen lieufcenants, pro 
Kompagnie ein Ober- und 2 Uuterlieutenants. 

Bis zum Jahre 1851 bestand für die speziellen Studien 
dos Artillerie-Offiziers keine eiprene Lehranstalt in Bayern, 
Diesem Mangel wurde seit 1824 durch die bei den Artillorie-Refpuientern 
wählend der Monate November einsehliofslich März stattfin<lenden 
Offiziers-Schulen zu bege<;nen getrachtet. Sämmtlicho Junker und 
Lieutenants — Russelilieiklich der Adjutanten und derjenigen Ober- 
Iteutenants, ■welche inn^^ere Zeit Koinpiu^nio-Kounnündos zu führen 
hatten, sowie der als Lehrer der Unteroftizicrc verwendeten Lieutenants 
— erhielten, während der eben erwähnten fünf Winter-Monate, durch 
besonders hierfür geeignet erachtetei vom Artillerie*Korps-Kommando» 
auf Vorschlag der RegimentS'Konunandeure zu bestimmende Haupt- 
leute ihrer Regimenter, drei Mal wöchentlich — Vormittags 8 Uhr 
bis zu der. Mittags 11 Uhr, in Gegenwart aUer Offiziere und Unter- 
offizieie der Kompagnien stattfindenden Regiments- Parade -~ Unter- 
richt in der Mathematik, Chemie etc., an den anderen drei Wochen- 
tagen Nachmittags 2 bis 4 Uhr in der darstellenden Zeichmmgskunde. 
Den beiden Hauptleuten, weldie an jedem Ilegiraentssitse diese Unter- 
richte zu erteilen hatten, wurde hierfür eine Zulngc p:ewährt, die 
für den Lehrer in der Mathematik, Chemie etc. 400 Gulden^) — Vs des 

0 Bis zur £iiillBhruiig der deatschea Reichswttliruiig — 1. Januar 1878 — 
bestand in Bayern die sllddeutsche Wfthrung; der Gulden diiMer Wfthrong war 



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dar k. bayeruchcai Feld-ArtiUerie etc. 



47 



damaligen Jaliresgchaltes eines Hauptmanne T. Klasse — , fHr den 
Lehrer im Zeichnen 2ÜU Gulden betrug. Wie überaus wichtig diese 
Unterrichte erachtet worden, dürfte schon daraus erhellen, dafs die 
loit der ErteOmig dendben beanftragton Haaptleiite in denjenigen 
Jahren, in welchen die von ihnen kommandirten Kompagnien nicht 
am Regimenteritze gamieonirton, das Eompagnifr'Konunando absogeben 
hatten, nm ihrem Lehrerbeni& am Regimentssitze obliegen zu kdmien. 
An den Voimittagen der drei Wochentage, an welohen keine Of&den- 
Bchule stattfiind, wurden den Jnnkem und lieutenante durch den 
Major vom Tage» von 10 Uhr bis sur Regiments-Parade, die Dienst- 
nnd reichlich mannigfaltigen Ezerzir- etc. Vorsohriften erläutert. 

Die Unteroffiziere der am Kcgimentssit7c gamisonirenden Kom- 
pagnien erhielten, vom Feuerwerker (Sergeanten) abwärts, während 
der Monate November einschliefslieh März, an den drei Wm lientagen, 
an welchem die Offizicrs-ZcichmiTigs-Rcliulc nicht stattfand, nachmittags 
2 bis 4 Uhr, von dem mit Erteilung des ZeichnungsunterrichtLS an 
die Lieutenants und Junker beauftragten Hauptmann, Unterricht im 
Zeichnen erteilt. Sowohl an diesem Unterrichte, alü auch an dem für 
die Unteroffiziere, von zwei durch das Regiment hierfiir bestimmten 
Lieutenants zu erteilenden Arithmetik-, Artillerie-, Laborir- und 
Batteriebau-Unterricht, hatten auch die von den Kompagnien zur Bo- 
setsung von UnteroffizierseteJlen in Aussicht genommenen UnteroffiEiers- 
Aspiranten Teil zu nehmen. Die mit Ertdlung der letserwilhnten 
Untenidite an den Begimentssitzen beauftragten Lieutenants erhielten 
jährlich 120 Gulden Zulage. 

Für diejenigen Lieutenants, Junker, Unteroffiziere und Unter- 
offiziere-Asptranten, deren Kompagnien nidit am Regimentssitee gami- 
sonirten, waren ebenfalls während des Winters Offiziers- bezw. Unter- 
of&ziers-Schulen vorgesehen, jedoch wurde deren Lehrern — ein 
Hauptmann für die Offizier-Schule, ein Lieutenant für die Unteroffizier- 
Schiüe — keine Zulage gewährt, und hatten die Lieutenants und 
Junker zu Hause zu zeichnen — wlUirend des Winters mindestens 
einen l'lan zu fertigen. 

Die Bombardiere (Gefreiten), Ober- und Unterkanonierc erhielten 
von November einschliefslich März, an den Tagen, an welchen sie 
nicht im Dienste standen, in der sogenannten Kanonier-Schule ihrer 
K(>mpii|i;nie, Unterricht im l^esen, Schreiben, Rechnen, aui^t i di-m svurdo, 
jedoch rein auf theoretischem Wege, getrachtet, ihre artilleristiscben 
Kenntnisse zu fordern. 

in 60 Krrnzrr. der Krcuzor in 4 Pfentiigf. <ler Pfennig in 2 Heller geteilt. Ein 
Gulden siiildeutschcr WHhnin;r entsprach nicht ganz l'/^ Reichsmark, da 35 
Kreuzer gleich '/j preuliiiscliün Thaler waren. 



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48 



Rückblick auf die Eatwivkeluug uud Ausbildung 



AuTaer den vorerwähnten Unterrichtaift erhielten sftmmtliche Lieu« 
tenants, Jimfcer, UnterofiSxiero nnd Trompeter, sowie die Unter- 
Offiziers^ nnd Trompeter- Aspiranten der Kompagnien, wührend der 
Winterperiode (Oktoher eineohHelelich März), Reitnnterricht und Unter- 
weiBungen in der Wart, Satteln, Zftumen, Packen, Beschirren der Pferde. 
Der Reitnnterricht an die Lieutenants und Jnnker wurde von einem 
Stabsoffizier oder hesondors hierfür geeigneten Hauptmann erteilt. Die 
Ausbildung dw ünterofliziere und Trompeter, sowie der Aspiranten 
für diese Chargen, im Reiten oblag den Fuhrwesens-Lieutenants, welche 
aufserdem das Zureiten der Romonten und die Reit- sowie die übrige 
Ausbn(liin<:,' der Unteroffizicrd, Trompeter und Mannschalten ihrer Ab- 
teilungen zu leiten liatten. 

Die Beförderung aller Offiziere uud Junker erf()l;jte innerhalb der 
Waffe, die der l'ntoroffiziere innerhalb des Regiuients, nach dem 
Dienstalter der hierlür goei«^net erachteten. Verse t/uii|^'en von der 
Artillerie zum FuhrAvesen und nuch weuiger umgekehrt 
kamen nur ganz ausuahms weise vur. Die Unteroffiziere der 
Artillerie hatten aulserdem in einer mündlichen und schriftlichen 
PrSfong nachzuweisen, da6 sie sich die fiSae den nfichst höheren Unter- 
offizier^rad genau festgMetsten Kenntnisse erworben hatten. Unter 
den Unteroffizieren waren die Bonsteher, welche durch weiTse Borten 
auf dem linken Ärmel des Rockes — für jede sechs weitere Dienst- 
jahre ein Bortenstrich mehr, — nach 24 Dienstjahren durch den auf 
der Brust zu tragenden Veteranenschild, ausgezeichnet wurden, reich- 
lieh vertreten. Mindestens die Hälfte^ häufig zwei Drittteile aller 
Unt( rr ftiziere waren Einsteher, und herrschte fast durchaus die An- 
sicht, dafs nur Unteroffiziere von mindestens sechsjähriger Dienstseit 
den vielseitigen Auff!;aben, welche der Dienst wahrlich von ihnen ver- 
langte, gewachsen sein könnten. — Für die Ausbildung zu Fufs und 
mit dem Infanteriegewehr (glatte Perkussions-Muskcte), mit welchem 
alle Bombardiere und Kanoniere bewaffnet waren, war das Reglement 
für die Infanterie, für den Reitunterricht etc. dns Kavallerie-Reglement 
mafsgebend. Die Zu^atamenfasBung aller fui den Dienst der Artillerie 
nötigen Vorüchriftcn iu acht Bänden, welche seit Jahrzehnten bewerk- 
steUigt wurde, kam erst 1860 zu Stande. Vorher waren nur der 
dritte einschliefslich secbste Band (EKenaren mit Feld-, Festungs- 
geecbütsen, Handbabungsarbeiten und Laborimnterridit) herausgegeben 
worden. Deshalb kamen bis 1860 für ein und dieselbe Bewegung, je 
nachdem diese beim Fufsexerziren, auf der Beitsofaule oder mit be- 
spanntem Feldgeschütze auszufahren war, nicht selten drei yersdiiedene 
Kommandoworte in Anwendung. ffieiduTch wurde die an und fiir 
sieh höchst manniglaltige Ausbildung noch ?erwickelter, zu Fnis und 



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der k. bayeriacfaeii Feld<ArtiUeiie etc. 



49 



beim Reiten war der für die Infanterie und Kavallerie voigesfhriebüne 
bayerische Fufe mit 129, .'W paiiser Linien, für das Feld- und Festungs- 
Artillerie -Material und daher auch für den Batteriebau der dem 
preufsisclien und dänischen Fufse gleiche rheinische Fufs mit 13'-), 13 
pariser Linien mafsgebend. Die Bundesfestung Landau war durchaus 
mit französischem Material arnürt. — 

Ebenso wie den anderen Waffen wurde auch der Artillerie und 
dem Fuhrwesen jftbrlioli ein Sechstel ihres Sollstandes vom 
ersten Unteroffizier abwärts als Rekruten zugewiesen. Dieser 
Sollstand war fiir jede Artflleiie-Kompagnie auf 127, fiir jede Fuhi^ 
wesens-Abteüung auf 57 Mann und auTserdem auf 312 assentirt un- 
montirte Fuhrwesenasoldaten pro Regiment festgesetzt — Die Musterung 
der im vorangegangenen Kalendcijahre das 21. Lebensjahr volioidet 
habenden jungen Männer fand während des Monats März am Sitze 
der acht Regierungsbezirke (Kreishauptstädte) statt. Von den für das 
Fuhrwesen ausgehobenen Rekruten wurden im Frieden mehr als die 
Hälfte nicht zum Dienste cinjTcstellt. sondern nur als ^assentirt un- 
montirtc heurhiubte Fuhrwesenssoldaten" in den Listen aufgenommen. 
Die Rekruten der Artiileric und die zur wirklichen Dienstleistung aus- 
gehobeneu Rekruten des Fuhrwesens wurden, in so weit sie sich nicht 
freihändif^ in der Person eines, seiner gesetzlichen sechsjährigen Dienst- 
zeit zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten genügt habenden Untor- 
o£fizier8, Trompeters oder Gemeinen einen Ersatzmann stellten, 1. April 
zum Dienste eingestellt. Die Einsteher erhielten, je nadidem geringere 
oder grö&ere Knegsbeförchtung herrschte, verschiedene Geldentschädi- 
gungen, die, audi nach den Waffengattungen un^^eich, bei dar Ka- 
TaHerie am betr&chtlichsten, bei der Infanterie, weil hier die wirkliche 
Dienstzeit im Durchschnitt wenig über ein Jahr betrug, am mälsigsten 
waren. Einsteher b^ der Artillerie und bei dem Fuhrwesen — zu 
letzterem wurden auch und zwar mit Voriiebe ausgediente Kavalleristen 
zugelassen — empfingen, in fiir sie günstigen Jahren, 400 — 700 Gulden, 
nach heutigem Gelde 700 bis 1200 Mark, in nicht durch Kriegs- 
befürchtungen beunruhigten Jahren 500 bis 700 Mark Einstandsgeld. 
Von diesem (ielde durfte den Einstehern nur ein kleiner Teil — 
höchstens .'jü Gulden — baar ausbezahlt werden, das übrige Gold 
wurde gegen ä'/j Prozent Verzinsung anc^elefxt und den l iiistehern, 
abgesehen von besonders zu begründenden LedürfnifsfäUen , erst am 
Schlüsse der übernommenen Einstandsdienstzeit die freie Verfügung 
über dasselbe gegeben. Dennoch kam es nicht «gerade besonders selten 
vor, dafs vorher sehr brav gedient habende und auch haushälterische 
Leute, nachdem sie Einsteher geworden waren, ausarteten, Tcrschuldeten, 
und man brauchte nicht lange zu fragen: „Ou est la femme?'', denn 

JikiMdlOT Sir die OratKlw ArnM wA KvIm. Bd.«e»l. 4 



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50 Rückblick uul die Eutwickelung und Aiubilduiig 

die AUmentationsansprüche auf das Emstandskapital warteten selten 
ein volles Jahr. 

Die ZaU der Rekniten, welche dem Fuhrwesen jährlich zugewiesen, 
aber, wie schon erwähnt, nicht einmal zur Hälfte im FHeden Kum 
Dienste eingestellt wurde» war eine s^r grolse, w«l bei dem Fuhr> 
wesca der Artillerie-Regimenter auch das Armee-Fuhrwesen in den 

Listen zu fiiliren war. Wolclie Klüngel man während der langen 
Friedenszeit für den Dienst beim Aniiec-L uhrwesen noch zulässij^ er- 
achtete, dürfte schon daraus erhellen, dafs — nicht gerade sehr aus- 
nahii)s\vci:-:c — dun-li Kric^isniinistcrial-TlesK'ript, ein fdr dori Rcitdienst 
giinzlich unbrauchbar erkliirter Kürassier oder i'licvauiegers hierwegen 
zum Fuhrwesen dos 1. oder 2. Artillerie -Rci^iments versetzt wurde. 
Zum Glücke war damit nicht verfügt, dals dieser Mann den an- 
strengenden Artillerie -Bespannuugsdienst leisten sollte. sondei*n der- 
selbe wurde „Uisacutirt uiimontirtcr beurlaubter Fuhrwo^enssoldat^, der, 
wenn er überhaupt im Frieden zum Dienste einberufen worden wäre, 
richer vom Fuhrwesens-üeutenant wieder zur Beurlaubung, auf Nimmer- 
wiedersehen im Frieden, beim Hauptmann derjenigen Artillerie-Kom- 
pagnie, welcher die betreffende Fnhrwesens-Abteiinng zu dieser Zeit 
gerade zugeteilt war, beantragt worden wäre. — Ln Exiegsfiüle aber 
war/ unter diesen Umständen, auf die gro&e Zahl der in den Listen 
befindlichen assentirt unmontirt beurlaubten Furwesenssoldaten wenig 
zu rechnen. 

Die Artillerie-Konipagnien bildeten ihre Rekruten im Monat April 
im Exerziren zu Fuis und mit dem Infanteriegewehr, im Monat Mai 
in der l^edienung der Feldgeschütze auf der Stelle aus. Die Rekruten 
der Fulirwesens-Abteilungen wurden alsbald im Reiten unterrichtet. 
Im Monat Mai be^rann der Fahrunterricht, dessen Frtidlung den 
Lientpnants und rnteroffizieren des Fuhrwesens, unter Aufsieht des 
Majors vom l äge der Artillerie oblag. Die erst einen Monat dienen- 
den lu'kruten dt's Fuhrwesens wurden nur bei Mancrel an dienst- 
|)riiseiitL'n idtereii Fuhrwet»cnf>büldattu und dann st(?ts als Mittclrciter 
in diu Uebpauiiuiigbüüge eingeteilt. Der Fahrunterricht war ein 
streng behütetes Gehcimnifs der, ihrem anstrengenden 
Dienste mit unermüdlichem Fleifse nachkommenden Fuhr- 
wesens-Offiziere, beruhte jedoch entschieden mehr auf Em- 
pirie, als gründlichem Verständnisse des Pferdebaues, der 
Beit- und Fahrkunst Erster Grundsatz war: „Als Stangen- und 
Vorderreiter nur solche Fohrwesenssoldaten zu verwenden, welche 
schon eine Sommer - Ezerzir - Periode als Mittelreiter durchgemacht 
hatten. Unter diesen Umständen gehörten Deichselbrüche, ixotai der 
strengen Strafe — 5 Tage doppelt geschärfter Stra&tubenarrest, — 



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der k. b*ye(lidien Fdd-Artfllerie 9tc 



5t 



welche dieses unUebeame Vorkominmia lilr den Stangeueiter des be< 
treffenden Fabizeugea zax Folge hatte, nicht zu den besonderen Selten- 
heiten. 

Im Juni begann das bespannte Exerziren mit Feldbatterien und 
wurde in der Weise gefördert, dais gegen Ende dieses Monats — jedoch 

nur von den an den Rer,nmcnt5?!itzen garnisonirenden Kompagnien — 
das erste Schiefsen — llckrutenschiefsen genannt, weil für joden Re- 
kruten ein Schufs genehmigt war — in der (3 Pfünder-Fcldhntterie 
stattfinden küiinie. Diesem Reknitenschiefsen liatte das .St ln il en- 
öchiefsen mit dem lnfanterief!;e\veLr vorauiizugehen. Aiüserdom wurden 
die Rekruten im Munat Juni in der Bedienung der Festungsgeäcbütze 
ausgebildet. 

Im Monat Juli — drei Monate nach Einstellung der Rekruten 
begann die sogenannte Hauptöbungszeit, wel<^ zwei Monate nm^ 
fa&te. Während dieser Zdt (Juli und August) \\nirde der, seit 1. April 
durch das Einrücken der Rekruten um die Zahl dieser — durdi- 
achnittiich 20 Mann pro Kompagnie — erhöhte Winter-Präsentstand, 
welcher vom Oktober einschliefslich Mftrz, vom Oberfeuerwerker (Waeht- 
meister) abwärts nur rund 50 Mann betrug, durch Einberufung von 
Beurlaubten etwas mehr als verdoppelt. Au&er den Exerzir- und 
Schiefsübungen als Feldbatterien, ein höchstens zwei Mal — aber nur 
an den Regimentssitzen — auch im Divisions- (Abteilungs-) Verbände 
7.U zwei Batterien h. S Gesehützen und 8 Munitionswaf^en, hatten 
die Kompafinien walirend der IIauptül)ung8zeit auch Exerzir- und 
Sehiefsübuiigcn als Belageruntrs- und Festungsbatterien mit schweren 
Kanonen, Haubitzen und Muibcrn — die in den Festungen gamiso- 
nirenden Kompa«?nien Scliiefsübungcn nur aus Mörsern — , Nachtbau 
von Bclageruugbbatterien in, vor und hinter einer Parallele, Haud- 
habungsarbeiten mannigfaltigster Art etCw vorzunehmen. 

Nach SchluA der Hauptfibangszeit blieb der Winterpiftsentstand 
der Kompagnien noch einen Monat lang (September) — den so* 
genannten vierten Bekruten-MonAt — um die Zahl der Bekruten er- 
höht. In diesem Monat wurden die Bekruten in den Laborir^ Arbeiten 
unterrichtet, jene der an den Regimentssitzen befindliehen Kompagnien 
aber auch, mit den dicnstpräsentea älteren Mannschaften, zum Aus- 
graben der Munition — Kugelfangbau — verwendet. 

Gröfsere Tn^penübungen fanden nur ausnahmsweise, meist nur 
in Zwischenräumen von 3 bis 5 Jahren und dann in der Stärke einer 
Infanterie-Di\-ision statt. Dieser Infanterie-Division wurde eine zwei 
Batterien starke Artillerie -Division zugeteilt, welche in der Regel 
ans einer b Ptündcr fahrenden und 12 Pfünder Fufs - Batterie, jede 
ö Geschütze und eben ao viele Munitionswagen stark, gebildet wurde. 

4* 



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52 



fifldiblick auf die £)nt«id^iuig und AuabUdung 



Auch Garnisonsübunpen in kleineren VerTiilnden gemischter Waffen 
fanden nur selten statt, und litten sehr darunter, dafs bei denselben 
ausschliefslich nur Strafsen und We^c betreten werden durften. Nicht 
minder verloren sie aber auch dadurch an Nutzen, dafs ihnen von 
Seite der älteren, noch kriegserfahrenen Offiziere cranz ofifen aller 
Wert abgesprochen wurde. Unter diesen Umständen konnte es nicht 
Wunder nehmen, dafs die Ausbildung für den Krieg, je länger die 
Friedenszeii daiiMie, unmar weniger im Auge behaltea wurde. 

Während des Winter-Halbjahres waren bei der Artüleiie die 
ndlitärisehen Übnngm auf das Ezendren zu Falk und mit dem In- 
fanteriegewehr der auf Wache kommenden Mannschaften beschrSnkt 
Die Zeit der lieutoiants und der Unteroffiziere der Kompagnien war 
durch den Besuch der Offiziers- und Unterofßziers- Schulen, jene der 
-wenigen dienstpräsenten Mannschaften, soweit dieselbe nicht ron dem 
Arbeitsdienste im Zeughause (ArüUerie- Depot) der Garnison, den 
Wach- und inneren Dienst in Anspruch genommen war, durch den 
Besuch der Kanonierschnlen ausfi:erüllt. — Den Offizieren, Unter- 
offizieren und Mannschaften des Fuhrwesens oblag die Beaufsiehti^mng 
bezw. die Wart, das Reiten etc. der Pferde, weshalb bei den Fuhr- 
wesens-Abteilungen die Unteroffiziere und Mannschaften während des 
Winters nur im Lesen, Schreiben und Reehnen unterrichtet wurden. 

In Folge der niclit unbeträchtlichen Zahl der auch unter den 
Gemeinen — uauiontlieh bei den Fuhrweaens-Abtcilungen — befind- 
lichen Einsteher, die, wegen ihrer Verwendung als Offiziers • Diener 
(Wärter der Offizienpferde)i ihrer groiaen Gewandthmt im Wichsen 
der Helme, Patrontaschen - Deckel etc. und in sonstigen, im Frieden 
so leicht ttber GebOhr geschätzten Fropretätskünsten, aber auch sehr 
mit ihrem Willen, meistens die geaammte übernommene Einstands- 
dienstzeit präsent behalten wurden, waren auch diejenigen Fuhrwesens- 
Soldaten, welche ihre gesetzliche Dienstpflicht sdbst erfüllten, nicht 
beträchtlich länger dienstpräsent als diejenigen Bedienungsmannschaften, 
welche nicht als Einsteher dienten. Das Fuhrwesen hielt auf je zwei 
Pferde einen Mann präsent und hierzu noch auf je zehn Pferde einen 
weiteren Mann. Die zinn Dienst eingestellten Rekruten des Fuhr- 
wesens — durclisclinitthch pro Fuhrwesens- AI >toilung 8 Mann — hatten 
drei Monate (A|)ril einschliefslich .Tum/ Ausbildungszeit, jedoch mufsten 
während der letzten zwei Monate' so viele exerzirte Fuhrweseus- 
Büldutcn beurlaubt werden, als die Hälfte der Rekrutenzabi betrug. 
— Die Dienstzeit derjenigen Mannschaften, welche ihre 
Militärpflicht selbst erfflUten, betrug selten Uber 22 Monate, 
die zudem nur bei den Fnhrwesenssoldaten ohne Unterbrechung auf- 
einander folgten, während die Artilleristen durdtscImittHdi nur 18 



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der k. bayeriflcben Feld-Artillerie ete. 



Monate ohne Unterbrechung und dann nur in ihrem dritten oder 
vierten Dienstjahre je zwei Monate während der Ilauptübungsiioit 
dienten. — Da die gesammte Bekleidung, aufsschlielslich des Mantels, 
persönliches Eigentum des Ifannes war, mudea bei der Beurlaubung 
nicht diejenigen Mannschaften, die im Dienste am besten entsprochen 
hatten, in erster Linie berUcksiehtigt, sondern diejenigen, welche den 
Geldwert der bei der Diensteinstellung empfangenen Kleidongsstäcke 
— die sogenannte Montnisohnld, die durch jeden dienstpräaenten Tag 
des Mannes um etwas mehr ab drei Erenaer gemindert wurde — aus 
eigenen Mitteln bezahlen konnten. 

Die Zeit-Einteilung fiir die Vornahme aller Übungen und Unter- 
richte wurde wochen-, ja selbst tageweise vom Regiments- bezw. 
Artillerie-Kommando der betreffenden Festung bestimmt. An den 
Refdmpnt?sit7pn oblag dem Major 0, welcher in wöchentlichen oder 
zehtit MuiiiLii Wechsel die Jour, den Dienst vom Tage hatte, die Leitung 
und I Ih rwachung aller Übungen, Thätigkeiten imd Dienste der Kom- 
pagnien und Fuhrwesens - Abteilungen. Die Lieutenants der Kom- 
pagnien, welche im wöchentUcheu oder zehutiigigeu Wechsel die 
Übungen der Rekruten ihrer Kompagnie zu leiten hatten, empfingen 
die hierauf bezOglichoi Weisungen nicht von ihrem Kompagnie-Kom- 
mandanten, sondern Tom Major Tom Tage. Kur wahrend der zwei- 
monatlichen Hauptttbnngßzdt leitete der Hauptmann die Übungen seiner 
Kompagnie selbst^ jedoch unter Aufsicht des Miyore vom Tage und 
an der vom Begiment hierfür festgesetzten Tageszeit. 

4. Von der Errichtung der reitenden Artillerie bis zur Um- 
wandlung der bisherigen Artillerie-Kompagnien in Feld- 
uud Fufs- (Festungs-) Batterien (1848 bis 1855). 

Eine der letzten Regierungshandlungen König Ludwig I. verfügte 
IG. Märr 184s die Bildung eines 'A. (reitenden) Artillerie-Rogiments 
(Oanubon München). Dieses Regiment wurde aus Offizieren des 1. 
und 2. Artillerie-Regiments, dann aus Unteroffizieren und Mannschaften 
der Ariillerie und des Fuhrwesens dieser beiden Regimenter und der 
* Kavallerie- Regimenter, unter Einführung von Fahrkanonioren 
statt Fuhrwesenssoldaten, gebildet. Jedem Hauptmann und 
lientenaiit der reitenden Arfinerie oblag die Beschaffung zweier Reit- 
pferde aus eigenen Mitteln, jedem der beiden Majore und dem Oberst- 

') Befand sich von den beiden Majoron dos Rpfximeiits nur einer am Ke- 
gimeuissiize, so >\'urde der älteste der dortsclbät garuiäonireuden Hauptleute 
zur Vfliriehtung der Majorsdienste beigezogen — mi^oriairte — ^ und gab der- 
selbe deshalb das Kommando seiner Kompagnie und der dieacr zugeteilten 
Fohrweeena-Abteilimg an dem ältesten Lieutenant seiner Kompagiüe ab. 



54 Bflekbilok auf die Entwidkehuig und Amblldimg 



lieutenant wurden drei, dem Obersten vier Fouragerationen gewfthrt. 
— Der Sollstand jeder reitenden Batterie wurde im Frieden, ein- 
schliefslich der Offiziere — 1 Hauptmann, 2 Oberlieutenants und 
2 Unterlieutenants — , auf 215 Mann, im K riefle auf 219 Mann fest- 
gesetzt. Hiervon waren das ganze .lalir hindurch die zur Bedienung 
und Bespannung der acht Geschütze der Batterie — äochä ÜPfünder- 
Kanoncn und zwei TPfündcr lange leichte Haubitzen — nötigen 
122 Mann vom Hauptmann abwärts, dann, aufser den 10 Offiziers- 
j)fer(len, 83 Reit- und o4 Zugpierdc präsent. Die Bekleidung und 
Rüstung dieses neuen Artillerie-Regiments wurde in den Hauptsachea 
mit derjenigen der bddeai iltoren AjtiUene-Regimentci, jedoch aneh 
in einigm Punkten — darunter zwei Finger breite Streilbn Tan 
eoharlachrotem Tnohe auf den Tucbbeinkleidem von dunkelblauer 
Farbe — mit deijeo^en der KaTallerie-Begimaater in Übereinatimmung 
gebracht. Alle Offiziere und Mannschaften der reitenden Artillerie 
hatten am Helm einen roten hängenden Rofshaarbusch zu tragen. 

Nachdem, wie ad 2 schon erwähnt, in Folge der neu erbauten 
Festung Germersheim, das 2. Artillerie-Regiment bereits 1841 von 12 
auf 14 Kompagnien vermehrt worden war, wurden 1848, da nun auch 
die Festungen Ingolstadt und Ulm Artillerie-Besatzungen erforderten, 
die beiden älteren Artillerie-Regimenter auf die St-irke von 
je 15 Kompagnien gehracht. Die i'6., 14. und 15. Kompagnie 
dieser Regimenter bildeten das III. Bataillon ihres Regiments, und 
erhielten, emöchlior^lich der Oftiziere — 1 Hauptmann, 1 Oberlicutenant 
und 2 ünterlieutenants — , einen Sollstand von 204 Manu im Frieden 
(im Kriege 207 Mann), während die Stärke der Artillerie-Kompa^en 
der I. und II. Bataillone, wie seither, einachließUch ihrer 4 Offiziere^ 
im Frieden nur 131 Hann (im Kriege 133 Mann) bHeb. Von diesem 
Sollstande an Mannschaften waren bei den Kompagnien der I. und 
n. Bataillone während des Winters (Oktober einschlie&lich Mfiiz), wie 
seither, nur 50 Mann, bei den Kompagnien der III. Bataillone 80 Hann 
TOm Oberfeuerworker (Feldwebel) abwärts präsent. 

Von den 30 Artillerie-Kompagnien der Regimenter 1 und 
2 wurde in den Jahren 1848 bis 1850 ungefähr der dritte * 
Teil zur Bedienung der in diesen Jahren mobil gemachten 
Feldbatterien verwendet. 

Der sehr grofse Bedarf an Offiisieren wurde 1848, mit sehr ent- 
sprechendem F'rfolgp, durch Absolventen der polytechnischen Schule 
und Besucher der Universitiitcn, mit nicht so günstigem Erfolge aus 
der Zahl der Frühjahr 1848 freiwillig auf Beförderung bei den Re- 
gimenton eingetretenen, ein Gymnasium noch nicht absolrirt habenden 
jungen Mfinner, und mit im Ganzen geradezu ungünstigem Ergebnisse 



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der k, bajeritcheu Feld-Artillerie eto. 



55 



durcli alt- und brav gediente Feuenverker (Sergeanten), ja selbst Ober- 
ieuerwerker (Wachtmeister) gedeckt. Schon der Verlust dieser tüchtigen 
Unterofi6zier6} noch dazu gerade zu der Zeit, in welcher auch der 
Bedarf an Unterofifizieran em ungewöbnlieb groiaer war, wiikta liQehat 
nacbteilig. 

Die Vortrage in der Ofifiaers-Schnle dem, nnn so sehr ungleich 
gewofdenen Bfldnngagrade der lientenanta und Jnnker in entsprechender 
Weise anzupassen, wurde namentlich für di^enigen Leiirer schwierig, 
welche ihre Vorträge über Oebtthr auf die Kenntnisse in der höheren 
Mathematik begründeten, denn sie wurden von einigen ihrer Zuhörer 
scharf kontrollirt, von anderen nicht verstanden. Beim 3. Artillerie- 
Regiiiiont gelangte die Offizier^chulc überhaupt nicht zur Einfuhrung, 
und hatten die Lieutenants und Junker dioses Rcdiiipnt5;. Avalirend 
des Winters, eine Aufgabe aus dein niilitärwisseuschaftlichen (Jebiet 
zu bearbeiten untl eine Zciclmung zu fertij^jen. Auch der l'iiterofüziers- 
schuie, welche von einem Lieutenant erteilt wurde, und den Kanonier- 
schulen konnte in diesem Kegimente, bei wekliom die liekruten, wie 
bei der Kavallerie, Anfang Oktober jeden .laliies eingestellt wurden, 
während des Winters, nicht die in den älteren Artillerie-Regimen tem 
hierauf verwendete Zeit gewidmet werden. Nachteile ergaben sich 
hieraus nicht 

Bei dem, aus Artillerie-, Fuhrwesens' und KaTallerie-Unteroffizieren 
und Mannsdiaften unter dem Befehle von ArtiUerie-Offizieren gebildeten, 
nur vier Batterien starken reitenden Arttllerie-Begiment entwickelte 
sidi bald eine Reit- und Fahrgewandtheity welche der gesammten 
Artillerie sehr zu statten kam. Gründliche Kenntnils des Baues des 
Pferdes und des Reitens wurde angestrebt und führte dazu, dafs 
im 3. Regiment das für die Feld-Artillerie so wichtige Fahren mit 
Meisterschaft gelehrt und ausgführt wurde.. Insbesondere der Ad- 
jutant ^) dieses Re^menta en^'arb sich hierdurch ein entschiedenes 
Verdienst. I)er im reitenden Artillerie-Regiment mit jiroFsem Frfoljxo 
erprobte Fahrunterricht, welcher 1856 auch bei den älteren Artilleric- 
Regimentem eingeführt wurde, unterschied sich von dem preufsischen 

Nunmehrij^c General der Infanterie >. D. und General- Adjutant, Friedrich 
Pittfr von Murk. wclrlicr 1842 als Tnnkor ans ilrm Kadettpn-Korps in die Ar- 
tillerie übi^rgef roton unM 181.') zum rntei-li-'utenaii* Iw'fordert, nachdem rl>"T.=:elbe 
seit 1848 als Lieutenant, Hauptmann und Major im 3. (reitenden) Aitillerie- 
Regüoaeat gedient hatte, 1868 in den OeneraLitab versetzt wurde. Im Feldznge 
1870/71 Generalstabsoffizier der 2. Infiinterie - Divi.sion, 1874—1876 Chef des 
Generaletabes des I. Armee-Korps, dann nach r>innn(Ifr KnininaniliMii d- r 8.. 5. 
und Metzer Bes&tzuugü-Iiif&üterie-Brigade, wurde derselbe lb8U zum Komman- 
danten der Hupt- nnd Reddeiutatadt UOnchen berufen und wer 1883—1880 
Inspekteur der Artillerie und des Tnuaa. 



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56 BflckbUdr «uf die EotirickeliiDg und Aubüdiing 



Fahrunteiricht, welcher 1874 in Bayern zur Einführung gelangte, in 
folgendm Punkten. Nicht blols bei der scharfen Wendung, welche 
übrigens nur bei den Wendungen rechts- und hnksum auf der Stelle 
angewendi^ wurde, sondern sndi bei der Kehi t- Wer düng und bei den 
Wendungen rechts- und links»im während des Marsches, hatte — aufser 
den Stangenpferden mir das innere Mittelpferd im Zuge zu bleiben. 
Die Kehrt-Wendung wurde, sowuld auf der Stelle, wie walnond des 
Afnrsches, stets so ausgefiilirt, dafs das innere Vorderrad einen Halb- 
kreisbogen beschrieb, dessen Halbmesser 2V2 Schritt — 0 Fufs rheinisch 

— hetrup, mithin das innere Stangenpferd in einer viel weniger an- 
strengenden Travera-Stellung — und zwar stets im Schritte — zu 
gehen hatte, als bei der scharfen Wendung, durch welche das innere 
Vorderrad auf der Stelle gedreht wnrde. Bei den Wendungen recbts- 
und Unksum während des Harsches hatte das innere Vorderrad einen 
Viertelkreisbogen, dessen Halbmesser filnf Schritte betrag, zu be* 
sehrmben, daher das innere Stangeni^erd in einer dasselbe wenig an> 
strengenden Travers-Stellnng m gehen, die ihm im Beibehalten der 
Gangart ermöglichte, in welcher sich das Fahrzeug beim Kommandixen 
der Wendung be&nd. Vorder- und Mittelreiter hatten bei Ausfuhrung 
aller Wendungen die Gangart ihrer Pferde» im Verhältnisse zu jener 
des inneren Stangenpferdes ihres Fahrzeuges nur in so weit zu ver- 
stärken, dafs das letzteru'ähnte Pferd die Wendung in der ftir das- 
selbe vorgeschriebenen Gangart bewirken konnte, und hierbei, aufser 
den beiden Stangenpferden, nur das innere Mittelpferd im Zuge blieb, 
die Stränge (Taue) der anderen drei Pferde aber mäfsig locker wurden. 

Die in der bayerischen Artillerie während der ersten Hälfte 
unseres Jahrliunderts siegreich gebliebene Ansiebt, dafs der Artillerie- 
Offizier, welcher in den Stall gehen müssen kein Artillerist 
mehr sein könne, wurde yon dem, 1848 an Stelle des General- 
Ueutenants Freiherm Ton Zotter sum AitÜIerie-Korps-Eommandanten 
ernannten Prinz Luitpold, dritt geborenen Sohne des Königs Ludwig I. 

— Bayerns hochverehrten Begenten seit 1886 — nicht geteilt. Auch 
die jede Erwartung übertreffenden Leistungen des, 1850 bis 1856 Tom 
Oberst Karl von Brodesser^) kommandirten 3. (reitenden) Axtillerie- 

*) 1805, mit 10 Lebonsjahren, als Tambour in die Artillerie eingetreten, in 
Folge TOT dem Feinde bewiesener Tflchtigkeit zum UntwofSsier, 1819 zum 
Unterlieuienant befördert, kommandirtc derselbe 1832 bis 1839 oine leichte 
Kompagnie dos 2. Artillerip-nfg-iniont^;, wurdi^ 1B45 zum Major im 1., IPiS nn 
OberstUeutenant im 3. Artillerio-Hegiment befördert. Als solcher stellte er lö-lü, 
bereits in Folge Doppelrechnung von 6 Feldzugsjahren mit dem itir 50jährige 
IHBostuit verUehett Ludwigsorden gesdnrt, som ersten Haie reitende Artillerie 
im Exerziren und Manövrirou König Max II. und Allerhüchstdessen Gemahlin 
vor. Unmittelbar darauf erhielt das 3. (reitende) ArtiUerie - Regiment Ihre 



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der k. bayeiiachen Feld-Artilkrie eto. 57 



Regiments, desöcn Mannschaften walirend ihrer gesetzlichen sechs 
Dienstjahre durt'hschnittlich vier Jahre wirklich dienten, widerlegten 
die vorerwähnte Ansicht, Immer mehr wurde die Notwendi^^keit er- 
kannt, auch die anderen Feldbatterien schon im Frieden ständig zu 
besitzen. Anfang der 50 er Jalire konnte jedoch das Artillerie-Korps- 
Kommando in dieser Befidehtuig nur erreichen , dale das an den Re- 
gimentssitBen der beiden filteren ArtiUerie-Begunenter befindliche Fnhr- 
wesen, ohne Standesrermehnmg desselben, in so viele, also schwächere 
Abteilungen gegliedert mirde, als ArtiUerie-Eom|»agni6n am Begiments- 
aitze gamisonirten, um jeder dieser Kompagnien eine Fuhrwesens- 
Abteilung zuteilen zu können. Bei denjenigen Fuhrwesens-Abteilungod» 
welche keinen Fuhrwesens-Lieutenant besafsen, hatten die Lieutenants 
deijenigen Kompagnien, welchen diese Abteilungen jeweilig scugeteilt 
waren, im wöchentlichen oder zehntägigen Wechsel unter einander, 
den Dienst des Fuhrwosens-Licutenants zu verrichten, und bestand 
daher bei diesen Kompagnien sowohl ein Bedieniings- als ein Fuhr- 
wesens-Jour- (Tages-) Dienst ihrer Lieutenants. — Dagej^en fand bei 
den reitenden Batterien, seit deren Erriclitung, in der Leitung der 
verschiedenen Übungen und Unterrichte der Unteroffiziere und Mann- 
schiiflcu keiu wöchentlicher oder zehntägiger Wechsel unter den 
Lieutenants der Batterie statt, sondern es wurde jedem lieutenaat der 
Batterie die Leitung eines bestimmten Ausbildungsgebietes — Fufs- 
nnd Geschüts-Exerziren der Bekruten oder Fshmnterricht — oder 
wenigstens — wie im Beiten etc. — bezüglich derselben Hannschaflen 
überfan^en. 

24. August 1851 wurden dem Kadetten-Korps, welches durch 
Aufhebung der seitherigen beiden untersten Lehiklassen von acht auf 
sechs Klassen Y^mindert worden war, zwei höhere Lehrklassen 
— 7. und 8.*) — für die speziellen Studien des Artilleristen 
und Ingenieurs angefügt, und dadurch einem l&ngst gefühlten 
Bedürfnisse Rechnung getragen. 

10. Februar 1853 wurden alle seither, zumeist unter dem Vorsitae 

Hajestat die KOnigm librie, Schwoster des Prinien Adalbert ▼on Preuben, mm 
Inhaber. 1866 wurde Oberst \ oq Brodesser zum Generalmajor und Brigadier 

der Artillerie beffirdert, 1863 zum Artiücrie-Korps-Kommandantpn, 1872 zum 
Inspekteur der Artillerie und des Trains eruaunt. 1B73, nach 68 DienstjahreOf 
in den Ruhestand getreten, erfreute sich der Feldzeugmeister z. D. nnd Üiaber 
des 2. Feld-Artillerie-Regimeot« von Brodesser bis zu seinem Tode (1876) der 
hcichsten Vcrohning Aller, besonders der bayerischen ArtiUerie, deren Waffen- 
cbef derselbe 10 Jahre lan^ «rewesf ii war. 

1. Januar 1857 wurden diese beiden Lehrklaasen vom Kadetten-Korps 
getrennt und als „Artillerie- und Genie-Schule" errichtet, die 1. April 1872 die 
Benennung nArtillerie- und Ingenieur-Sohnle" erhielt. 



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58 



BOckbIkk auf die Entwkkeliiiig und AoabOdang etc. 



des Vorstandes der Zoughaus-Haupt-Direktion bestandenen, aus Stabs- 
offizieren der Zeiigliaiis-IIau|jt-Direktion und des 1. Artillerie-Regiraents 
gebildeten Speziai-Kouimissionen (lieglements-, Kriegsrakcteii- etc.), 
in welchen die von König Ludwig I. in den Jahren 18-27 bis 1829 
zur Kenntnüsnalimc der artilleristischen Einrichtungen grolserer Staaten 
entsendet geweseneu Offiziere Jahrzehnte hindurch mit rlihmenswortem 
Eifer und nicht ohne Erfolg thätig gewesen waren, in einer einzigen, 
unter dem Titel „ Artillerie-Beratuugs-Kommission'* vereinigt. 
Vorstand dieser Kommission, welche unmittelbar dem ArtüIerie^Korpe- 
Kommando unteratellt wurde und aus 1 ObersUieutenant, 1 Migor und 
4 Hanptleuten als Mitgliedern bestand, hatte stets der dem Artillerie- 
Koips-Kommando seit 184S bogegebme GeneralnuQor und Brigadier 
der Artillerie zu sein. Au%abe der Artülerie-Beratungp-Eommisdon 
war es, fiber alle ihr auf dem Dienstwege zugewiesenoi Gegenstände, 
namentiich über den Dienst, die Übungen, den theoretischen und 
praktischen Unterricht der Artillerie-Truppen und der hierauf bezüg- 
liohen Vorschriften, ferner über das gesammte Artillerie- Material, 
sowie auch über die Entdeckungen und Erfindungen, welche in Bezug 
zur Artillerie und zur Bewaffnung des Heeres standtMi etc. zu be- 
richten, Versuche vorzunehmeo, Gutachten abzugeben und Anträge zu 
steilen. — 

Abgesehen von den Zusammenziehungen grofserer Truppenkürjier, 
welche in den Jahren 1848 bis 18.50 zur Aufrechterhaltung der inneren 
Ordnung etc. geboten waren, und dem von Bayern 184^ zum Kriege 
gegen Dänemark gestellten Bundes -Kontingent, welchem vom 1. Ar- 
tiOefie* Regiment eine 6Pillnder-, vom 2. Artilleris- Regiment eine 
12Pfiinder^Feldbatterie und der diese beiden Batterien kommandirende 
Stabeof&ier zuget«lt waren, wurde in dem Zeitraum 1848 bis 1855« 
wlihrend welchen die bayerische Armee in zwei Armee-Korps gegliedert 
war, nur eine grSJkere Truppenübung abgehalten. An dieser Übung, 
welche Herbst 1852 bei München stattfand, nahmen die Li&nterie 
und Kavallerie des 1. Armee-Korps, die vier reitenden Batterien und 
▼om Fuhrwesen des 1. Artillerie-Regiments bespannte Feldbatterien 
dieses Regiments Teil. Das Fuhrwesen dos 2. Artillerie-Regiments 
wurde zur ßepannung der Brücken- und übrigen Trains des übenden 
Armee-Korps verwendet. (Fortsetzung folgt) 

Die AitiUffiie-Bentiiiigs-KoiDiiüniofi wurde 1. Oktob«* 1678 aufgelöst 

bezw. die Offiziere derselben in der vom gloioheu Tage an bei der lnspektion 
der Artiüoric und des Trains gchil'^lptcn „Sektion f&T Artillerie und artilleristisoh- 
technischo Angelegenheiten^' eiugeteUt. 



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Ein russisches Urteil über das deutsche Ofüzierkorps.') 



Beginnen wir die Schilderung des militärischen Lebens des 
deutschen Offiziers mit der Betrachtung seiner Stellun;^ als Befehls- 
haber, als Untergeboner und als Kamerad. Als Vorgesetzter ist der 
(liMjtsche ' Offizier strenge, gercclit und hemülit gleichmäfsig zu bleiben. 
Ks koimut aber auch vor, dafs or auföer sich gerät und dann kann 
man, namentlich den Mannschaften gegenüber, sehen, wie wenig Güte 
sein Herz birgt. Die vor einiger Zeit erschienenen Bruch iii-eu eines 
gewissen Abel: „Vier Wochen Vize Wachtmeister", „Vor dem Kriegs- 
gericht** etc., geben, selbst wenn manchee in diesen Schriften übei> 
trieben sein mag, den Beweis, wie haii einige Eommandeore sein 
können. — Anch wir sind jedoch geneigt, diese FftUe nur zu den 
Ausnahmen sn zählen und hegen die Meinnngi dals, wenn die Offiziere 
auch einen trockenen, &8t groben Charakter besitzen, sie doch nur 
strenge und, dank ihrer Willenskraft, zu Allen gleiehmäTsig gerecht 
sind. Sie arbeiten an sich selbst während ihrer ganzen Dienstzeit 
Ohne besondere Fähigkeiten zu besitzen, lernen sie das Notwendige 
gründhch, ihr Blick ist klar, ihr Urteil logisch und was die Haupt- 
sache fiir ihre Stellung als Vorgesetzter ist, sie besitzen einen festen, 
entschiedenen Charakter und verstehen ea, die Disziplin aufrecht zu er- 
halten. 

In welcher Weise geschieht letzteresV Die sprichwörtlich ge- 
wordene strenge Disziplin der deutschen Armee ist die Frucht von 
.hiijrhunderten und stammt sclu-n von der ersten Errichtung einer 
stehenden preursischcn Armee unter Georg Wilhelm. Sie ist seither 
Yon Geschlecht zu Geschlecht traditional geworden, hat jedoeh in ihrer 
praktischen Erseheinimg, gemlüs dem aUgemeinen Fortschritte der 
Eultor des Volkes, ihren Charakter verändert. Je weiter die Bildung 
Yorschritt, um so weniger Ansprikshe wurden an die äolsere Erschei- 
nimg der Bisriplin gestellt, um so mehr wurde sie gewissennalseii 
Terinnerlicht. 

Seit der Einfuhrung der aUgemeinen Wehrpflicht be^mn die Armee 
einen erzieherischen Einflufs auf die ganze Nation auszuüben, was 
auf Gegenseitigkeit beruhte und die folgenden Generationen immer 

') Fortoeianuig des AuftatsflS : Das deutscheOffisierkorp« im nunBehm lieht«. 
(Aprilheft 18M.) 



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60 



Ein ruMiBdMS Urtelt über das deatadie Oflisierkorpt. 



geeigneter zum Eriegsdieiiat nnd zum ricbtigm VerrtMadnifB der Dis- 
ziplin machte. Die Votgeeetsten g^ben dafOr ein Beispiel, indem rie 
ihrer diensdichen Pflichten gem&& die Allerhöchzten Befehle ausführen, 
sich nicht von ihren eigenen Ansichten nnd von ihrer persönlidien 
Bequemlichkeit oder Willkür leiten lassen. 

Zwischen unseren Daziplinarbestimmungen und denen der deutschen 
Armee, so iihiilicb sie auch untereinander sind, besteht doch ein 
wesentlicher Unterschied. So sind erstens, was die Disziplinar-Be- 
strafimgen der Offiziere, mit Aiisnalime von Verweisen, anbetrifft, nicht 
wie bei uns, bereits die Kompagniechefs zu ihrer Erteilung befugt, 
sondern erst die Regimentskonimaudeure bezw. die Kommandeure 
selbstständi^er Bataillone. Geringere Rechte besitzen die Komman- 
deure detachirt stehender Bataillone etc. Über die Mannschaften be- 
ginnt die Disziplinargewalt erst mit dem Eompagniechet Zweitaiis 
sind die Disziplinarstrafen bei der deutschen Armee erbeblicb müder 
als bei uns und bescbrftnken sieb, was die OfiGudere anbetrifft, nur 
auf Stubenarrest und Verweise Terscbiedenen Grades. 

Da die DiszipUnargewalt über die Offiziere im Regiment nur dem 
Kommandeur und die über die Mannschaften zunächst den Kompagnie- 
chefs (nicht aber auch den unteren Chargen) obliegt, so erhalte die 
atif die DiraipUn bezüglichen Anforderungen einen gleichmäfsigeren 
Charakter, was überdies durch die erheblich konzentrirtere Unterbringung 
der Truppenteile (als bei uns) wesentlich erleichtert wird. Die Aufrecht- 
erhaltung der Disziplin bei der deutschen Armee ist dabei nicht so 
sehr auf die Strenge der Strafen begründet, die im Ganzen selten 
verhängt werden, sondern auf die Erziehung des Charakters, wobei 
man den Offizieren gegenüber st^ts gleichmäfsig verfährt und mehr 
durch das Beispiel und reclitzeitige Warnungen zu wirken sucht. So 
wird bei den Offizieren das Pflichtgetühl, die Liebe zur Ordnung, zum 
Gehorsam, aber auch zur Selbstständigkeit entwickelt, und diese wert- 
yoUen militärischen Eigenschaften bleiben ihnen während ihres ganzen 
Lebens nicht nur im aktiven Dienst, sondern auch als Verabschiedete. 
Nur durch diese mehr i^dagogische AufiGusung über den Zweck der 
Strafen lälst es sich erklären, da& sieb dieselben för die Offiziere auf 
Stubenarrest und Verweise beschränken und dafo man darin f&ir Stabs* 
und OberofBziere keinen Unterschied macht. Sehr natürlich, denn 
helfen Verweise und Hausarrest nichts mehr, so sind auch alle 
härteren Strafen vergebens, wenigstens im erzieherischen Sinne, denn 
der betreffende Offizier beweist dadurch, dafs er kein Ehrgefühl mehr 
besitzt. Er wird vielleicht, wenn noch strenger bestraft, äufserlich 
vorsicluiger werden, man darf ihm aber nicht mehr trauen. Wendet 
man (wie es in Rulsland häufig geschieht) Disziplinarstrafen wie Sus<- 



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Ein manaches Urteil aber das deutsche Offizierkorpa. 



61 



pendining von der Befchlsfübrung oder Nichtbefürdorung zu der 
näclisten Charge an, so kann unserer Meinun<2; nach die Fol^'e nur 
die sein, dafs der so Gemafsregeltö alle Lust zum Dienste verliert 
und nur noch bleibt, weil er nichts Anderes anzufangen weüs. Ebenso 
kann man sagen, daJs besondere Strafen filr Steba- nnd Oberoffiziere 
ihren Zweck verfbhlen würden. Wer nicht schon vorher Ton der 
Btsaplin dnicbdningen ist, wird es auch als Stabsoffizier sieht werden, 
und in der deutschen Armee dürften kaum derartige Individuen bis 
SU dieser Charge gelangen. 

Der deutsche Offizier erhält nur Stubenarrest und nicht (wie bei 
uns) Arrest auch auf der Hauptwache. Es geschieht das augen- 
scheinlich, um sein Seibstgefuhi nicht zu verletzen, ihn nicht vor den 
Soldaten lächerlich zu machen, und die Ehre der Uniform zu wahren. 
Dif Strafe ist eine rein moralische, kommt vcrhältnifsmäfsij» selten 
vor untl man spricht darüber nicht. Auf die Unteroffiziere, die in 
Deutschland hinsichtlich ihrer Stellun«; und *:cistigen Entwickelung 
den Gemeinen -weit voraus sind, v^'ird in almliclier Weise, das heilst 
mehr erzieherisch als strafend, eingewirkt, wiihrend hei den Mann- 
schaften natürlich noch öfter strenge Mafsrcgeln zur Anwendung kommen. 
Durch diese vorächiedenartige Anwendung der Disziplinargewalt charak- 
terisirt sich die Stärke der deutsdieu Armee. Sie beruht haupt- 
sftdilich auf ihrem OflSzierkorps, sodann auf dea Unteroffizieren; die 
Oemeinein nehmen die letzte SteUe ein. 

Über die kriegsgeriditiichen Einrichtungen der deutschen Armee^ 
die in wesentlichen Punkten Ton der russischen abwdchen^ hier nur 
so Yiel, dab sie mit Ausnahme von Bayern, ausschlieMch in den 
Händen der militärischen Vorgesetzten ruhen und dafs daher die Gte- 
richte bei Aburteilung von Vergehungen sich hauptsächlich von 
militärischen Gedditspunkten leiten lassen. Das Verfahren bei ge- 
schlossenen Thüren, und die Art der Verkündigung der Urteile, ge- 
statten es der Bevölkerung und den Zeitungen nicht, ihren sensationellen 
NeignncpTi nachzugehen. Es ist das tür die Aufrechterhaltung der 
Disziplin und der Ehre der Uniform unzweifelhaft von Vorteil, wobei 
aber auch Mifshräuche nicht ganz ausgeschlossen sein dürften. Hin- 
sichtlich der Aufre( hterhaltung der Disziplin herracht in der deutschen 
Armee das Prinzip, dafs sich die Vorgesetzten der persönlichen und 
nicht nur der ihnen vom Gesotz zugebilligten Autorität bedienen 
sollen, wozu natOrlieh eine genaue Bekanntschaft mit den Untere 
gebenen, ohne da& es dabei zur Familiarität kommt, nötig ist. Die 
sogenannte Zwaogsdisziplin ist ?erp5nt und durch die, so zu sagen 
bewnfste, Disziplin ersetzt. Strafen allein thuen es nicht. 

Eine ebensolche Sorgfalt bei der Behandlnng dm Untergebenen 



62 



Ein nisfiifictaes Urteil über das deutsche Offizierkorps. 



zeigt ndi mdit nur bei der Erzielnixig» sondern ancli bei der Äm- 
bildnng. Kein K<»Bmandeiir erlanbt es sidh, aas dem Lernenden nur 
eine Maschine machen za wollen, sondern Teranlaist ihn aueh, be- 
st&ndig an denken. Es zeigt sich das namenilidi bei der Unterweisong 
der Belcniten, die von jedem Koi^fiagnie-Chef selbststiindig und oft 
nach einem vorher genau ausgearbeiteten System geleitet wird. Sehr 
zweckmäfsig erscheint es dabei, dafs jeder Mann von dem betreffenden 
Unteroffizier zunächst einzebi (also nicht» wie in RuiUand häufig, gleich 
ganze Glieder) unterwiesen wird. 

Die Vorgesetzten in der deutschen Armee sind der Meinung, dafs 
der Soldat niciit nur ausgebildet (wörtlich erzogen), sondern aurb ire- 
drillt (wörtlich gemustert) werden mufs. Es wird daher im i^nedeu 
vieles betrieben, was im Kriege keine Auwendung findet. Nehmen 
wir z. B. den Lehr- oder Paradeschritt (nicht zu verwechseln mit dem 
früher auch bei uns angewendeten langsamen Schritt), der in der 
ganzen Armee mit sehr viel Zeitaufwand geübt wird und nur beim 
Parademarsch, sowie bei der Begegnung von Vorgesetsten zur Aus- 
führung kommt, während man ihn auf den fifirsohen und im Kriege 
nie braucht. Dieser Schritt mit stark vornüber gebeugtem Oberkörper, 
zurückgeschobenem Hintern, gestreckten FnJbspitsen und duroh- 
gedriiokten Knieen, biingt die Fülse mit solcher Gewslt auf die £rde, 
da(s man, wenn eine Abteilung auf dem Asphalt marsdurt, das Ge- 
räiuseh auf weiter als hundert Schritt zu hören vermag. Es geschieht 
das augenscheinlich nur zu Drillzwecken, soll aber auch die Muskulatur 
und die Räumigkeit des Schrittes entwickeln, derartig, dafs eine solche 
fünf Minuten ausgehaltene Bewegung ebenso viel uützt, als ein ge- 
wöhnlicher Marsch von einer Viertelstunde. Man ersetzt dadurch ge- 
wissermafeen die bei der deutschen Armee nicht vorgenommenon 
Übungsmärsche (?). Der Paradeschritt ist auch ein Mittel gegen das 
Einreifsen von Schlafrigkcit und lUimmelei. Andererseits schont man 
aber aueh die Kräfte der Leute und gewährt ihnen, wo es irgend au- 
gebracht ist, Erleichterungen. So z. Ii. läfst man die Posten bei 
starker Sonnenglut in die Schildeihftuser oder sonst in den Schatten 
treten, halt die Leute nicht unnötig lange unter präsentirtem Gewehr 
u. 8. w. Daraus ersieht der Soldat, dab die Vorgesetsten auf sein 
Wohl bedacht sind und Anstrengungen von ihm nur dann verlangen, 
wenn es wirklich auf besondere Leistungen ankommt. Dadurch ge- 
langt man, um nur ein Bd^el anznfiihren, dahin, dafe, wie unlängst 
bei dnem fünftägigen Manöver, die Truppen erst um 12 Uhr Nachts 
zur Kuhe kommen und schön am nächsten Morgen um 4 Uhr wieder 
frisch sind. 

Die Vorgesetzten sind mit ihrem Lobe den Untei^ebenen g^n- 



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Kin nueucbes Urteil über Um denticbe OfBüerkorpa. 63 

über sparsam, um die Wirkung nicht abzuschwächen. Sic loben, um 
Eifersüchteleien und Übcrhebung zu vermeiden, eine Truppe nie im 
Vergleich mit einer anderen. Lautes Lob z. B. beim YorbeidefiUren 
(in RuMand die Regel), wird nie gespendet, die Truppe antwortet 
auch nicht dazanf. Ebensowenig herrscht die (bei uns bestehende) 
Sitte, den Mannschaften znr Anerkennung iur besondere Leistungen 
Schnaps reiohen zu lassen. Wohl aber gehen seihst die höchsten Vor^ 
gesetelen' einem besondere veidienten Feldwebel gelegentlieh die Hand. 

Wie bereits gesagt, gehen die Vorgesetsten in der Grfnliang aller 
militärischen Pflichten und Gebräuchen mit gutem Beispiel voran. Es 
bezieht sich das auf die militärisclien Ehrenbezeugungen» auf das 
Grüfsen, das weniger der Persönlichkeit, als der Achtung vor dem 
ganzen Stande und vor den Vorgesetzten im Besonderen prilt. Der 
Vorgesetzte verlan^'t aber nicht nur den Gnifs genau nach Vorschrift, 
sondern er erwidert ilni aucli stets, sütj;ar bei schlechtem Wetter, was 
natürhch dem Selbstgefühl des Untergebenen schmeichelt und ihn auf 
seine Stellung als Soldat stolz macht. 

Die Bestimmungen über die Ehrenbezeugungen sind aber in der 
deutschen Armee einfacher und weniger belästigend wie bei uns. Es 
wird viel weniger vor den V^orgesetzten Front gemacht u. s. w. Es 
rOhrt diese mildere Praxis wohl audi daher, da& das OfBzier-Eorps 
der deutschen Armee aus Leuten von gleicher Bildungsstafe besteht^ 
und daia die sämmtlich in den Elementarschulen unterrichteten Mann- 
schaften ebenfalls hinl&nglich entwickelt sind. Was verlangt wird» 
darf andererseitB nie verabsäumt werden, und es erklSrt sich aus 
dieser Festhaltung der Vorschriften auch der Umstand, dals Deutsch- 
lands sämmtliche Offiziere einander streaig militärisch grüfsen. (N.B. 
Das Grüisen der Offiziere unter dnander und der Vorgesetzten im 
Besonderen ist zwar auch bei der russischen Armee vorgeschrieben, 
wird aber viel verabsäumt. Es mag dazu kommen, dafs sie sich gegen- 
seitig bekannter sind, als bei uns, sowie dafs es keinen Unterschied 
zwischen (iarde- nnd Armeeoftizieren gicht. Das ist aber nur selir 
nebensächlich, die Hauptsache bleibt das gemeinsame Staiidesbowufst- 
sein, das sich auch in der ernsten Miene, mit welcher von den deutschen 
Offizieren der Gnifs stets ahfjestattet und erwidert wird, ausspricht). 

Wenn die gegebenen Befehle bei den Deutschen immer genau 
befolgt werden, so kommt das daher, dafs dieselben stets verständlich 
und klar, den gegebenen lüttein und PersönHchkdten entsprechend, 
erfolgen, und dals die Vorgesetzten auch die Verantwortung daför 
fibemehmen. Der Befehl wird einmal deutlich und kurz erteilt, eine 
Wiederholung, nur um Vergeislichkeit oder Lauheit vorKubeugen, ist 
nicht Sitte, ebenso wenig Abänderung des Befehls, falls sich nicht 



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64 Ein nuBflclMS Urteil Aber das deutiehe Offiaerkorpä. 

auch die Umstände inzwischen geändert haben. Lieber fisklsehe Diß- 
pofdtionen ak Schwankungen im EntecfalnCs, wodurch auch bei der 
Ausßihnmg die Sicherheit erzeugt wird. 

Die Vorgesetzten wachen darüber, dafs ihr Wille zur DurchftUming 
kommt, yermeiden es aber, sich in die Details zu mischen, um die 
Untergeboien so wenig wie möglich in ihrer Selbstständigkeit zu be- 
schränken. Daher wohnen in den Kasernen auch nur die jüngeren 
Offiziere, damit die Vorgesetzten nicht fortwährend bei der Ausbildung 
zugegen sind. Dieses Vertrauen ist bei dorn Bestände des deutschen 
Offizierkorps, den wir jetzt hinsichtlich seiner Ausbildung niiber be- 
trachten wollen, durchaus an seinem Platz. 

Wie bereits erwähnt, haben saranitliche deutschen Offiziere eine 
gute und dabei gloichmäfsige allgemein wissenschaftliche und militäriucha 
Vorbildung genossen. Viele von ihnen besuchen die Kriegsakademie, 
und da der Generabtab 195 Offiaere sählt und aus der Akademie 
jährlich Uber 100 Offiziere entlassen werden, so häuft sich natürlich 
anch in den Regimentern die Zahl der abftdemisch Gebildeten und 
swar schon unter den Bauptleuten und Lieutenants. Die Anzahl der- 
jenigen, welche sich zur Akademie voiberetten — die auf den Kriegs- 
schulen erlangten Kenntnisse werden als nicht genügend erachtet — 
ist ebenfalls grofs, und nur die in jeder Hinsirbt am besten qualifi- 
zirten Offiziere gelangen wirklich zur Aufnahme in die Akademie. 
Die dort übliche Vortragsmethode, bei der auch Fragen gestellt und 
praktische Übungen vorgenommen werden, erfüllt durchaus ihren 
Zweck. Die Leistungen in der 'rerrainaufnabmc fsind erheblich schwächer 
als bei uns, dafür werden aber die Akademiker in den beiden nächst- 
folgenden Jaiiren auf einige Monate zu anderen Truppenteilen kom- 
mandirt, um den Dienst bei denselben kennen zu lernen. Es ist dar- 
aus ersichtUch, dafs der Kursus auf der Kriegsakademie sich mehr 
als bei uns den Bedürfiiissen des praktischen Dienstes anpafst. 

Wir erwähnen auch, dals ähnlich wie bei uns, Offiziere jsu Lehr- 
truppenteflen und Tetschiedenen Schulen abkommandirt werden. Der 
Unterschied besteht aber darin, dafb auch ält^ Offiziere sogenannte 
abgekflizte Kurse (Sohielsschule, Reitschule und Artiüerieschulen) 
besuchen müssen, um sich mit den neuesten Methoden und den Er- 
rungensohafien der Technik bekannt zu machen. 

Die spätere Art der Auswahl und Heranbildung der Generalstabs- 
offiziere, desgl. der Dienst derselben, setzen wir als bekannt voraus. 
Sie ist der langjährigen Einwirkung Moltke's zu verdanken und wird 
in derselben, streng praktischen und niu* die geeignetsten Elemente 
in den General stah selbst inkorporirenden Weise fortgesetzt. 

Die üfliziero des Genoralstabes worden der Truppe nie ganz ent- 



* 



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Ein ruBBisches Urteil über dti deutache Offisterkoipa. 



65 



fremdet, soii(l<'m kehren zeitweise zu derselben zurück bezw. werden, 
naiuentlicli wenn sie zu Kommandcurstellungen heran sind, für immer 
zum Frontdienst fjenominen. Daraus erkhirt es sich, dafs ohwohl man 
in der deutschen Armee auf die Generalstabijoiiiziere mit einem ge- 
wissen Neide blickt, mau sie doch ihrer Verdienste wegen schätzt und 
dafs andererseits die Generalstäbler stets enj^'e Beziehungen zu den 
Armeeoftizieren unterhalten, die sie als echte Kameraden vom Fach 
und den gleichen Strang mit ihnen ziehend, betrachten. 

Wenden vir uns nun zu dem deutechen Offizier in seiner Eigen- 
schaft als Kamerad, so ist sunftöhst zu bemerken, daCs der Geist 
der Kameradsdbalt bei den deutschen sehr stark entwidcelt ist, wenn 
auch vielleicht mobt in derselben Richtung als bei anderen Armeen. 
Sie basirt auf dem esprit de corps, der die ganze Armee durchläuft 
und ist mit eine Folge der gleichrnftfaig guten Vorbildung und der 
hohen gesellachaftlichen Stellung, welche dem Offiaer im Allgemeinen 
eingeräumt ist. Sie beruht nicht auf Herzensgüte und wahrem 
Freundschaftsgefühl, sie hat keine Nachsicht mit Nichtsnutzen und 
Tagedieben, die darauf pochend weiter dienen bleiben und wohl gar 
im Regiment den Ton angeben würden, nein, sie frriindct sich auf das 
Bewufstsein der Otfiziere, dafs jeder von ihnen nur einen untrenn- 
baren Teil deö ganzen Offizierkorps ausmacht. Einer für Alle, Alle 
fiir Einen. Ein Offizier, der in einem Uciiimcnt nicht geachtet wird, 
mit dem die Kameraden nicht sprechen, kann daher nicht nur in 
seinem iiegiment nicht bleiben, sondern darf auch nicht darauf rechnen, 
WO anders unterzukommen. 

In welcher Weise werden die kameradscbafUichen Pflichten er- 
füllt? Der Umstand, dafe ^Vm aller Offiziersaspiranten als Gemdne 
sa den Regimenton kommen und bevor sie zum FShndricb avanciren, 
erst einer Wahl unterEegen, ermlSglicht es den Offizieren, dch mit dem 
Kachwuchs gründlich bekannt zu machen. Sie lassen die jungen Leute 
zu ihrem Tisoh zu und impfen den ftir jede Einwirkung noch so 
empfänglichen GemUtem die bei dem Offizierkorps gälten Anschauungen 
ein. Dadurch gewinnen die Offiziere auch den besten Anhalt für die 
künftige Auswahl, die mit grofser Strenge gehandhabt wird, und bei 
der namentlich die Stimmen der jüngeren Offiziere zur Geltung kommen, 
da diese den Avantageuren und Fähndrichen im anfscrdicnstliehen 
Leben näher stehen und ihre Führung hesser kontroUiren können, als 
die alteren Herren. Der Korpsgeist in den Regimentern wird auch 
dadurch gefordert, dafs sich die Aspiranten die Regimenter, bei denen 
sie eintreten wollen, selbst aussuchen. Sie wachen daher, wemi 
Offiziere geworden, ura so eifriger über xlie Fhre ihres Korps. Eine 
Ausnahme machen die aus dem Kadetteukurps zur Truppe kommenden 
JUuMobw flu «tt OmlMk« Aim« «ad XiriM. B«.«e, 1. 5 



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66 



ESn rnwuchea Urteil über das deutacke Offisierkoip«. 



jungen Leute insofern, als sie häufig gegon ihren Wunsch in unbeliebte 
und an einem Manfrcl au Ofti/ieren leidende Garnisr)neii verteilt werden. 

Die von den Offizieren ^eprenseitig ausffeübte Kontrolle im aufser- 
dienstlichen Leben bezieht tsieh auch auf die Gelage, deraru^, dafs 
Kameradcnj die nicht ^^el vertragen können, von zu starkem Trinken 
abgehalten werden, speziell an öffenfUchen Orten. Daraus folgt aber 
nicht» dals die deutacben Offiziere wenig trinken. Im Gegenteil, sie 
sind grofse Liebhaber des Zechens, vergessen sich dabei aber sehr 
selten und werden bei Zeiten in Sieherheit gebracht, so dafe Ans- 
Schreitangen nicht vorfallen können. 

Passirt in irgend einem Regiments mit mnem Offizier eine Un- 
annehmlichkeit, 80 wird dieselbe dem ganzen Korps zur Last gelegt. 
Die persönliche I'reiheit des Einzelnen steht daher erst in zweiter 
Linie. Persönlichkeiten, die einen ungünstigen Einilufs ausüben, werden 
entfernt, selbst dann, wenn sie im Dienst n(>( Ii so tüchtig sind. Uber 
die Vorkommnisse im Regiment wird nach aufsen hin nichts laut, so 
z. B. wenn ein Offizier Stubenarrest erhält. 

In Ge!?cnwart von Niehtretriuientsanf^chürigen äufsert man sich 
über Vorgesetzte und Kauieradeu nur mit grÖfster Zurückhaltung und 
sftirt ihnen nichts Übles nach. Zur Aufrechterhaltunp^ des kamerad- 
schaftlichen Geistes träfjt es bei, dafs alle Offiziere auf der Strafse 
einander grüfsen und dafs sie sich am dritten Ort einander vorstellen. 
Daher rühi't es, dafs die meisten Offiziere, namentlich die in derselben 
Garnison stehenden, emander persönlich kennen. 

Die alteren Offiziere verhalten sich zu den jüngeren aulser Dienst 
eben&lls kamaradschafUich, ohne dafe dadurch die Disziplm ii^gendwie 
leidet. Die Formen der gegenseitigen Anrede und sonstigen Etiquette 
sind genau bestimmt. Das »Du** ist nicht Üblich, auTser bei Freunden 
und Verwandten. 

Der Pflege der Kameradschaft dienen die bereits seit vielen Jahren 
bestehenden Kasinos, die auch von den älteren, und verheirateten 
Offizieren, sowie ehemaligen Ilegimentsangehörigen viel besucht werden, 
besonders hei den sogenannten Liebesmahlen. 

Die F.inriehtim': der mitunter für nielirere Offizierkorps ü;leichzeitifj 
be.stelieiulen Kasinos i>t meistens )je(juera, zuweilen sogar mit<i:irteu. 
Sie enthalten allerlei Keginientsandenken, wie Bilder, Waffen, Geschenke, 
Dokumente. In vielen Oi'lizierkorps ist es üblich, tlals die niMi ein- 
tretendeji < )ltixiiMo ihre eicrcnen Bestecke mit ihren Wappen und 
Namenszügen udtbrii^eu und sie dem Regiment beim Scheiden zum 
Andenken zurücklassen. Mit einem Wort, die Einrichtung der Kasinos 
ist eine solche, daJs sie die Offiziere beständig an die ganze Ver- 
gangenheit und die früheren Kameraden des Regiments erinnert. 



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Elii nttriachee Urteil filier du deutwdie Offiserkorp«. 



67 



Der korporative Ocist beschränkt sich aber nicht nur auf die 
Re<:imeiiter, sondern erstreckt sirli mich auf andere Verbände, wio 
z.B. auf die Ofd^^ierkorps der Lehranstalten, der teehni-rlirn iTistitut - 
u. s. w. Wenigstens eüsen die Offiziere in ein und dem^eibeu Gaatliot 
oder trinken dort Abends ihr Biei:, 

Die meisten Kasinos sind recht bescheiden ausgestattet, einige 
aber, namentlich in den neueren Kasernements, bei einigen Garde- 
EavaUerieregimentern sogar tippig. Man speist gemeinsam zu ver- 
Bcbiedenein ZeiteD, gewöhnlich zwischen 1—2 Uhrt in den gro&en 
GamiBonen meistens später. Mehr Oeriehte im drei giebt es selten. 
Sie sind einfach und für uns (Russoi) nicht besonders schmackhaft. 
Die Snppe ist meistens eine Art Puree aus Oemäse oder eine Mehl- 
pampe ohne Bouillongeschmack. Gutes Rindfleisch nach Art unseres 
tscherkessischcn giebt es nicht, und das Kalbfleisch ist nach seiner 
Farbe und seinem Geschmack von dem Rindfleisoh kaum zu unter* 
scheiden. Am Donnerstag \vird mit Vorliebe gesalzenes Schweine- 
fleisch mit Sauerkraut und Erbsen genossen. Dazu trinkt man un- 
fehlbar ein Glas Bier. Ancli Klöfsc sind sehr beliebt und vertreten 
mitunter beim Braten die Kartoffeln. Seeüsche kommen häufig auf 
die Tafel. 

Die Kochkunst steht nicht hocli, es ist Alles zu fett, und der 
natiirhche Geschmack dringt nicht durch. Dafiir sind die Materialien 
stets vollkommen frisch. Die l'reise für das Mittagessen sind ver- 
schieden, von 1 Mark an bis 2 Mark 50 Pfennig, je nach den Mitteln 
des Offizierkorps. Schnaps trinken die deutschen Offiziere wenig (?), 
da hei ihnen die Sitte des Voiimbisses (sakusska) vor den Mahlxeiten 
nieht herrscht. Auch starke Weine wie Sherry und Madeira werden 
nicht viel genossen. Der Wein ist preiswürdig und nicht teuer. Es 
giebt sehr billigen deutschen Schaumwdn, der aber nicht gut sohmeckt. 
Franzteischer Champagner wird aus Sparsamkeit und auch aus Patrio- 
tismus in den Kasinos wenig benutzt. Sehr beliebt, namentlich im 
Sommer, sind Bowlen, die mitunter auch Mineralwasser enthalten. 

Das Essen im Kasino gilt für die nicht verheirateten jüngeren 
Offiziere als obligatorisch. In Rufsland bekanntlich nicht der Fall. 
Ausnahmen sind gestattet, man sieht sie aber nicht gerne und be- 
urteilt den Offizier danach, eh er ^irh ymn Kasino liiilt oder nicht. 
Tn den grofsen Garnisonen haben die Ulliziere mehr lielegenheit, zu 
gröfseren Mittagsessen ausgebeten zu werden, in den kleineren selten, 
da die Sitte, Jemand zur einfachen Hausmannskost oder gar ungebeten, 
aufeunehmeu, in Deutschland nicht exibtirt. Mau macht stets zu viel 
Umstände. Den Vorsitz bei Tisch führt gewöhnlich ein älterer Kapitän, 
die Tischordnung wird sorgfältig inne gehalten. Prinzen, deren Cjsin 

* 

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Ein ruaaiach«» Urteil über dm deutsche Ofiizierkor^. 



deu Gftrderffj;inienteni viele gicbt, machen keine Ausnahme, sondern 
nehuien bei Tiscli ihre chargenmiilsigen Plätze ein, Daa Eswm im 
Kasino hat zum Teil eine emeherische Bedeutung, die dabei beob- 
achteten Fonnen düifen wir bier übergehen, doch sei bemerkt, dafe 
unpassende Gcsprädie und Kindereien bei Tisdi nicht gestattet and. 
Auf diese Weise geben die Offiziere niemals über gewisse Grenzen 
der Gemessenheit hinaus, obwohl anderorsettB in ihren gegenseitigen 
BeKiehungen &m gro6e Ungezwungenheit herrscht, so dafs z. B. ünter- 
geboie ihren Vorgesetzten gegenüber ihre abweichende Meinung un- 
umwunden Äufsera. Um den mehr kameradschaftlichen Charakter der 
gemeinsamen Mahlzeiten hervorzuheben, herrscht die Sitte, dafs viele 
der Offiziere mit angeknöpften Röcken speisen. Sind nur Offiziere 
von gleicher Charge vereini«^t, so ist der Unterhaltungston natürlich 
noch etwas ungezAvnnp^oner, und es fällt dfinn wohl auch mitTnit^r 
eine pikante An^^kdote, wovon die deutsclicn Oi'liziere grofse Lieb- 
haber sind, in bokhcn Fällen halten sich die älteren Hauptleute und 
Rittmeister u. s. w. absichtlich beiseite, um sich einerseits nichts zu 
vergeben, ;uiderers(_'its nicht au stören. 

Die Jeutöclien Üifiziere lieben den Weingenufs, die Sitte, Jemand 
frei zu halten, seien es Vorgesetzte oder gleichaltrige Kameraden, 
eodstirt aber nicht. Man würde eine soldie Bewirtung für taktlos 
halten, da sie Gegenseitigkeit verlangt und der Bewirtete dazu nicht 
immer in der Lage ist. Man trinkt daher meistens auf gemeinschaft- 
liehe Kostok. Die sogenannten liebesmähler haben einen etwas feier^ 
lieberen Anstrich, die Zahl der Gerichte ist gröiser, aber sie sind wie 
gewöhnlich in Deutschland, nicht besonders schmackhaft. VerwShnt 
sind die Herren in dieser Beziehung nicht, aber sie essen und trinken 
gern vieL Nach der Mahlzeit wird noch tüchtig Bier getrunken, wotm 
man der besseren Bekömmlichkeit wehren und auch zur Belebung des 
Durstes belegte Butterbrodo ifst. Überhaupt vertritt das Bier in 
Deutschland unsom Wein. Nach dem Essen werden allerlei Spä&e 
getrieben und gymnastische Übungen voi-geuommen. 

Viele ( Xti/ieikorps geuiefsen die Auszeichnung, Seine Majestät den 
Kaiser als Gast in ihren Kasinoräumen empfangen zu dürfen. Die 
Garde regimonter haben dazu die meiste Gelegenheit, am häutigsteu 
das 1, Gardereguiieut zu Fufs und das Leibgardehusarenregimönt. 
Möglicherweise sind die Mahlzeiten bei diesen Anlässen etwas besser 
als die gewöhnlichen, sicher sind sie aber nach onserem Geschmack 
erbeblich schlechter, als sie bei unseren Garderegimentem bei fest- 
licheren Veranlassungen aufgetragen werden. Auf diese Frugalit&t 
bat wohl auch der Erlaßi des Kaisers vom 29. März 1890 eingewirkt 
Man vermeidet es sogar, bei solchen Anlässen Champagner sn trinken. 



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jBin nuiiwhM Urteil ftber dw deutadie OflSderkorp«. 



69 



Kein Zweifel, dafs die häufigen Besuclie des Kaisers bei dea OfBzier- 
korps Bedeutung dersclbpn sowolil in ihren eij}jonen Augen als 
bei der ganzen Gesellschaft liebt. Wir erwähnten bereits, dafs nach 
dem Kriege von 1870 — 71 das gesellschaftliche Leben in Ik'utsrhland 
sich üppiger gestaltete, was sich auch auf die Existenz der Offiziere, 
speziell auf die Kasinos, au«^dehnt. Von wirkliihein Luxus ist es 
jedoch mit geringen Ausnahmun noeh weit entfernt. Kin/elne unserer 
Garderegimenter gehen darin viel weiter. Dafür leben die Offiziere 
des bescheideiistan Fddregiments in ihren BoMinos viel besser als die 
der meisten unseren Armeeregimenter. Die Bedeutung der KasinoSi 
mögen sie arm oder reich eingerichtet sein, Hegt hauptsftohlidi in dem 
Zweck, die Kameradschaft zu heben und den Besuch anderer Lokali- 
täten, wie Bierh&useru. s. w., die in Deutschland das Familienleben 
ersetsen, entbehrlidier zu machen. Die Billigkeit der Ezistena wird 
dadurch nicht gefördot« da die Kasinos audi yiele Golegenheiten zu 
obligatorischen Ausgaben geben. Es giebt sogar Kasinos für Reserve- 
und Landwehroffiziere mit ganz ähnlichen Tendenz^, zu deren Mit- 
gliedern auch im Auslande lebende Offiziere gehören. Letztere bilden 
dort mitunter ci<iene Vereine und unterhalten Verbindunc^ mit ilirer 
AiTuee. Mit Bezug auf die Einwohner des fremden Landes halten 
sich diesp Herren reservirt, nehmen ihre Gastfreundschaft und ihre 
(it'wohnheiten nicht an, sondern behalten die Lebensanschauungen 
und Gewohnheiten ihres Heimatslandes bei. Mit einem Worte, sie 
betrachten das fremde Land nur ala eine Quelle dos Erwerbs, d. h. sie 
sind nur Verstandesmenschen ohne Uerz. Als Kameraden geben die 
Offiziere der deutschen Armee nicht nur auf einander Obaoh^ sondern 
Terhangen auch fiber die Unwürdigen Strafen. Es geschieht das wie 
bei uns, durch die Offiziersgerichte. 

Die preuTnschen Of&dersgerichte weichen jedodi in ihran Chsr 
rakter wesentlich yon den unsrigen ab und haben auch diejmiigen 
Offiziere abzunrteflen, die sich zur Beinigung ihrer Ehre selbst dem 
Crericht stdlen. Sirer Kompetenz unterliegen auch die Offiziere der 
Besenre und diejenigen Verabschiedeten, welche das Recht haben, 
L^niform zu tragen. Der hauptsächüchste Unterschied mit unseren 
Einrichtungen besteht darin, dafs in Deutschland alle Offi?:iere des 
Refn'ments oder selbststfindifren Truppenteils das Ehrengericht über 
einen Kameraden bilden, während bei uns das Ehrengericht nur aus 
sieben Mitgliedern besteht, also eigentlich nichts weiter ist, als ein 
verstiirkter Ehrenrat, Es rührt das daher, weil in Deutschland, wie 
en\ä]int. die Zusammensetzung der Offizierkorps eine gleichmäfsigere 
und daher jedes Mitglied desselben kompetent genug ist, über Ehr- 
verletzuugeu abzuurteilen. Jeder, der seine Ehre oder die eines Ka- 



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70 



Eiii niMischea Urteil Aber da» deutflche Offinerkoip«, 



iiieraden irgendwie für befleckt ansieht, ist verpfliclitet, dem Ebrcnrat 
davon Anzeige zu machen und auf Erledigung zu dringen. Die Ver- 
lieiiiilichung mma ehrenrührigen Vorfalls und die Nichtalmdung des- 
selben gereicht dem betreffenden Regiment zur Schmach. So ist es 
bei der deutschen Armee im Prinzip, in der Praxis gehen aber natfir^ 
lieh viele Fälle unbemerkt doreh. Aber sdum alleui die Regel ge- 
nügt, am die Anffassangen der Offiziere Uber die Staodeaehie klar zu 
legen. Wir gelangen hieran anecblieleend zu den Bestimmungen über 
die DneDe, die von den Laadeflgeeetsen unbedingt verboten sind und 
▼om Kriegsgericht gmlindet werden. (N3. In Rulslaadi woselbst das 
Gesetz früher den Duellen noch strenger gegenüber trat, als bei uns, 
sind neuerdinip Bestimmungen eingetreten, die sich unseren deutschen 
Anschauungen mehr anpassen. Die Verhältnisse machten eine solche 
Milderung unentbehrlich.) Die Ehrengerichte der Offiziere stellen sich 
dazu ganz anders und ziehen die BetrefFendcn nur dann zur Verant- 
wortung, wenn einer derselben beim Anlafs des Zuistcs sich unwürdig 
des Offiziersstandes benommen hat. So stehen Gesetz und Tradition 
einander gewifsermarsen gegenüber. Um dieselben mehr in Einklang 
zu setzen, ist es Bestimmung, dafs der Offizier, der mit einem anderen 
oder mit einem Zinlisten einer Ehrensache we<;en in Streit gerät und 
zum Duell gewungen ibt, dem Ehrenrat vorher davon Anzeige zu 
machen hat Auch wenn das Duell stattgefunden hat, kann derjenige 
der Duellanten, der seinen Gegner grob und ohne Veranlassung be- 
leidigt, sich also in fiir einen Offizier unwürdiger Weise betragen hat, 
vor das Ehrengeridit zitirt und evtl. aus der Armee entfernt werden. 
Ebenso geschieht es mit einem solchen Offizier, der seine Ehre nicht 
zu verteidigen gewulkt hat. 

In der Praxis stellt es sich so, dafs die höchsten Vorgesetzten bis 
zu einem gewissen Grade den Austrag der Ehrenangelegenheiten durch 
Zweikampf, dem Gesetz entgegen, begünstigen. Nur wenn ein Unter- 
gebener einen Vorgesetzten aus Veranlassung von Konflikten im Dienst 
fordert und »ich mit ihm schlägt, kommt die ganze Strenge des Ge- 
setzes zur Anwendung, und es crfolL't für l)eiile Teile aulser den an- 
deren Strafen Dienstentlassung, letzteres zur Aulrechterhaltung der 
Disziplin. 

Der auf diese Weise aufrecht erhaltene Geist umfafst thatsächlicb 
die ganze Armee; „der Offizier der Gardcs du Corps oder des 1. Garde- 
Regimenis zu Fuls sieht in dem Offizier des einfachsten Infanterie- 
regiments seinen Kameraden, den er achtet und dessen Verhalten ihm 
nicht gleichgültig ist. Natürlich besteht immerhin ein gevisser üntei^ 
sdiied zwischen den Garde- und den Armeer^mentem, zwischen den 
verschiedenen Waffengattungen und sogar zwischen den einzelnen Be- 



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I 



Ein nuaiKhes Uxtefl Ober das dentaehe Offislirkoiiw. 



71 



gimentern derselben, er ist aber nicht entfernt so grofs vno hei uns 
und vor allen Din^'cn, mau äufsert sich darüber nicht, wenigsteüs 
nicht aufserhalb des engsten Kameraden kreises. 

Die Garde ist der Annee fast in jeder Hinsicht gleichgestellt. 
Rangunterschi cd ü der Armee geo^enüber flieht ea nicht. Jeder Armee- 
offizier kami zur Garde versetzt werden, es kommt so^ar vor, dafs 
OffiziorOj die nie vorher bei der Garde gedient haben, Ilcgimentcr in 
derselben erimlteiL Die Gardeoffiziere haben aber mehr Mittel, sind 
meistens von Adel und haben, da in den Hauptstädten stehend, in der 
Regel mehr geseUschafdichen Schliff nnd Eleganz, als ihre Kameraden 
Ton der Armee. 

Was die Tersohiedenen Waffengattungen anbetrifft, so haben die 
KavaUerieoffiziere eine besondere Meinung von sich, da sieh unter 
ihnen meist wohlhabende Leute befinden nnd sogar in einzelnen 

Armeeregimentern nur der Adel vertreten ist. Sie geniefsen daher in 
der Gesdlschaft ein gewisses gesteigertes Ansehen und gelten hei den 
Eltern von Töchtern als annehmbare Freier. 

Die Spczialwaffen, die Artillerie und die Injxenicure, stehen einiger- 
mafsen gesondert da, und zwar we;^en ihrer spieziellon Vorldldung 
und der historischen Kntwickelung der Organisation beider Waffen. 

Neuerdings ist, was die Ausbildung der Feld-ArtiUerie-OÜiziöre 
anbetrifft, eine Änderung in mehr piaktiücher Richtung eingetreten, 
die sie den anderen Wallen näher bringt, aber von vielen Seiten mit 
eiuem gewissen Skcptizismub, d. h. als nicht gründlich und wissen- 
schafUich genug betrachtet wird. Die Leistungen im Schieisen gelten 
ftls die Hauptsache, die Theorie tritt erst an die zwdte Stelle. Sie 
kann es um so mehr, als die Frivatindustrie im Waffenfache in Dentsoh- 
land aufserordentlich entwickelt ist, die Tedbniker ansfaildet und dem 
Lande überdies grolse Einnahmoi bringt. 

Technisch gebildete Artillerieoffiziere sind also in Deutschland 
wraiger nötig als bei uns. Jedenfalls kann man annehmen, daJa die 
stattgehabte Änderung bei der Ausbildung der jungen Artillerieoffiziere 
ihre Sonderstellung in der Armee beseitigen und sie den anderen 
Waffen näher bringen wird. Vorläufig dienen bei der Artillerie und 
den Ingenieuren sehr viel mehr bürgerliehe Offiziere, als hei den 
übrigen Waffen, und man hat iiii* diese Herren von den Spczialwaffen 
die Bezeichnung „ Konvention sschulze", spricht jedoch darüber nur im 
engeren Kreise. (N.B. Diese Auffassung des russischen Autors beruht 
bekanntlich auf einem Mifsverständnifs und ist um so weniger richtig, 
als jetzt auch die Feldartillerie - Regimenter viele adelige Oftiziore 
zählen und auch sonst bei der Annahme von Oiüziei'äaspiranten nur 
verlangt wird, da& der Betreffende aus anständiger Familie stammt, 



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72 



ESd nisüischeä Urteil über das deutsche OflSzierkorps. 



mitbin die Garantie bietet, dereinst ein ^GenÜemen*' zu werden. In 
Rußland sind die Ansprttclie an die Herkunft der Offiziere erheblich 
geringer, als bei nns, und selbst hei der Annahme zur Garde ent- 
scheiden hauptsächlich die Mittel) 

Der Verfasser betrachtet nunmehr näher die Ausbildung der 
fioneralstabsoffiziere, desgleichen die Kurse auf der Beitscliule, n 
Sclüelsschulen, die Übungsreisen u. s. w. und fährt daran ansclilicfscnd 
fort: Betrachten wir im Allgemeinen die Art der wissenschaftlichen 
Beschäftin^Tingen bei der deutschen Armee (Krietisspicl, Losung von 
taktischen Aufgaben, \'oitriiff6, schriftliche Winterarbeiten, Übungs- 
reisen u. s. w.), so gelangen v,nr zu folgendem Schhifs: a) die junsren 
Offiziere, welche alle ohne Ausnahme eine gute Vorbildung genossen 
haben, sind genügend entwickelt, um von den theoretischen Beschäfti- 
gungen innerhalb des Regimentsverbandes Vorteil ziehen und ihre 
Aufgaben als Uefehlsliaber selbstständig erfüllen zu können; b) die 
älteren Offiziere, welche dieselbe gute Vorbildung besitsen und die 
durch die neueren Fortschritte der Technik verursachten Lücken in 
ihren praktischen Kenntnissen durch Eommandimng zu den ver« 
Bchiedenen technisdien Schulen ausgefüllt haben» sind TÖllig im Stande, 
die theoretischen Beschäftigungen der Offiziere innerhalb der Begimenter 
zu leiten und auch bei den praktischen Übungen und MandTem im 
Gelände die Mitwirkung Ton Generalstahsoffizieren unentbehrlich zu 
machen. So kommen auch die jüngeren Offiziere in die Lage, bei 
einer Mobilmachung höhere Posten völlig selbstständig ausfüllen zu 
können. Hieraus geht auch die der deutschen Armee eigentümliche 
Neigung zur Initiative hervor, die aber nie in Willkür ausartet, son- 
dern sich in den den einzelnen Chargen gegebenen Grenzen bewegt und 
stets den gemeinschaftlichen Zweck im Auge hat. Die den deutschen 
Offizieren im Frieden gewährte Selbstständigkeit und daraus hervor- 
gebcniie Initiative sind eine Bürgschaft dafür, dafs die Befehls- 
haber auch im Kriege in demselben Geiste wirken werden. 

Es hat sich das schon im Kriege von 1870 — ^71 im Gegensatz zu 
den Franzosen gezeigt, worüber man das Buch des russischen Qeneral- 
lieutenants Woide: „Die Siege und Niederlagen im Kriege von 1870 
und ihre wirklichen Ursachen*^ nachlesen mag . . . Die einzelnen, von 
oben her Beföhle empfangenden Befehlshaber haben mitunter nicht 
nur die Erwartungen übertroffisn, sondern auch häufig die Fehler der 
höheren Vorgesetzten verbessert und ihnen zu einem nicht immer ver' 
dienten Siege verhelfen. General Woide bemerkt durchaus richtig, 
dafs die Gegner der Deutschen bei künftigen Kriegen mit dieser ele- 
mentaren Kraft rechnen und sie sich selbst aneignen müssen. Di^ 
elementare Kraft wird auch bei der an eine so peinliche Ordnung ge- 



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£tn rnniachM Urteil Uber d«i deutache Offiderkotpt. 



78 



wotnten deutschen Armee im falle von Niederlagen ihren Dienst 
thun. Ks finden sich vielleicht Leute, welche behaupten, dafs gerade 
eine an strenge Ordniui'; gewölnite Armee bei den ersten Mifserfolgen 
desto eher in Auflösung geraten müsse. Das ist aber nur dann richtig, 
wenn stets Befehle von oben her erwartet werden, wiüirend bei den 
Dentsdieii die nnteren Föhm sich racb allein zu helfen wissen. „Die 
Kraft der höheren Führer wird auf dieee Weise durch die Unter- 
beleUehaber Terrielfiiltigt'' 

Der deutsche Offizier als Vorgesetzter bemüht sich um seine 
Untergebenen, um ihre Einquartierung, ihre Verpflegung u. s. w. Er 
wünscht aber auch, dafe diese Bemühungen von den Untergebenen 
nicht unbemerkt blr ib r , sondern dafs sie sein Interesse f&t sie und 
seine stete Bereitwilligkeit sie nach oben hin in Schutz zu nehmen, 
zu würdigen wissen. 

Im Frontdienst bemühen sich die deutschen Üffi2iere ihren Unter- 
gebenen mit gutem Beispiel voranzugehen, keine Unzufriedenheit über 
allzugrofsc Anforderungen zu äufsern und die Resohwerden in gleich er 
Weise zu ertragen wie die Soldaten. Sie werden sich nicht erlauben 
während des Marsches die Tornister abj^ulegen, auszutreten um Wasser 
zu trinken, an den Fenstern stehen zu bleiben, um mit Bekannten zu 
sprechen und dergl. Andererseits werden bei Märschen u. s. w. den 
Truppen nur solche Forderungen auferlegt, die langjährige Erfahrungen 
fiir sidi haben, und den Vorgesetzten ist die Mäglidduit gewährt, die 
Ausführung derselben uberwachen zu können. Die Marschdistanzen 
sind der Bequemliofakeit angepalkt, und die Offiziere braudien, wenn 
nkht im Tritt marschirt wird, nicht immer an ein und derselben 
Stelle zu Terbleiben, so dala sie in der Lage sind, das Zusammen- 
bleiben der Kolonne kontroIUren zu können. 

Zum Schlufs unserer Betrachtungen über Jie deutschen Offiziere 
in ihrer Stellung als Vorgesetzter sei erwähnt, dais wenn sie auch 
auf Grund ihrer gerechten und eingehenden Sorge um das Wohl ihrer 
Untergebenen von diesen geschätzt und mit Vertrauen betrachtet 
werden, dennoch keine eigentliche Liebe bei ihnen {jcniefscn. Wenn 
sich dieses Clefühi wenigstens nach deutschen Begriffen mitunter zeigt, 
so ist es nicht jenes starke uufrichtige, opferbereite, welches in unserer 
Armee guten Vorgesetzten entgegengebracht wird. Das oben Gesagte 
chnrakterisirt den deutBclien Offizier auch als Untergebenen, so 
dafs in dieser Hinsicht nicht viel hinzuzufügen ist. Die militärische 
Subordination verlangt unbedingte Unterordnung, aber wie bereits oben 
erwähnt, verlangen die Vorgesetzten dabei Ton den jüngeren Chargen 
nicht, dafs sie Uiren eigenen Willen, ihre innere Überzeugung ganz 
au^ben und ihre Meinung nicht äulsem. 



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74 



Ein russücheii Urteil über da« deuteciie Oflmerkorps. 



Es darf nur nicht zum Bäsonnement kommen. Militärische Fragen 
werden im KrciBe der Offiziere viel und gerne berührt» so dab ein 
nfitslicfaer Austausch der Meinungen stattfindet, an anderen Dingen 
haben sie wenig Interesse, trola ihrer guten wissenschaftlichen Vor^ 
bildung, die nadi F.iTiy»Mi^i^g der militärischen Laufbahn meistens 
nicht weiter gefördert wird. Handelt es sich am Beurteilung militä- 
rischer Angelegenheiten, so werden sidi die Subaltemoffiziere, als noch 
nicht hinlänglich im Dienst erfthren, Vorgesetzten gegenüber selten 
darauf einlassen, ihre Meinung zu äufsem, die Stabsoffiziere aber 
nehmen sogar Generalen gegenüber im Privatgespräch keinen Anstand, 
ihre liäufig abweichenden, wohlüberlegten Meinimf]^en abzugeben. Ks 
kommt natürlich auch vor, dafs manche Offiziere den Vorgesetzten 
zum Munde reden, um sicli bei ihnen anzuschjneicheln. Das passirt 
aber nur selten und widerspricht auch dem angeborenen Charakter 
des ganzen Volks, der eher grob als liebenswürdig ist. 

Die ehrerblutig e llitltung der Jüngeren den Altereu gegenüber 
bleibt nicht nur im, sondern auch aulser Dienst auch dann bestehen, 
wenn eine besondere Freundsdiaft zwischen ihnen herrscht. Familia- 
ritäten kommen nicht Tor. Wenn z. B. nach einem Diner, wobei es 
ganz ungezwungen hergegangen ist, die Offiziere sich einander ver- 
abschieden, so stecken sie sofort wieder ihre etwas hochmütige, 
certtnonieuse Miene auf und Terbeugen sich so förmlich, ab ob sie 
sich das erste Mal im Leben gesehen hätten. Diese strenge Etiquetfee 
wird nur Ton einzelnen älteren, aus einer früheren Schule stammenden 
Generalen zuweilen beiseite gelassen. 

Von den in der Front befindlichen Offizieren wird nicht nur 
Dienstkenntnifs, sondern auch äufserc Repräsentabilität, sei es zu 
Pferde oder zu Fufs, verlangt. Es *;i]t daher als nichts besonderes, 
wenn einem jüngeren Offizier von einem Vorgesetzten anempfohlen 
wird, sich zu Hause im Paradeschritt oder in Säbelgriffen zu üben. 
Ebenso wird aueh von den Infanti rieoftizicren verlangt, dafs sie nur 
ansehnliche Pferde reiten. Zwischen den Offizieren der Armee und 
denen der Reserve besteht ein gewisses Band, das, wenn es auch 
nicht wirkliche Kameradschaft genannt werden kann, doch Anklänge 
daran zeigt. 

Die Offiziere der Reserve sind stolz auf ihre Stellung und ver- 
fehlen bei vorkommenden Gelegenheiten nie, ihren militärischen 'Ktel 
als Lieutenant der Reserve ihren sonstigen Würden hinzuzufögen. 

Anf diese Weise nm&Ist der Geist der Eameradsohaft alle 

Offiziere, und diesem Geiste verdankt die deutsche Armee zum groJiMn 
Teil ihre Erfolge im Kriege. Er ist es, welcher die verschiedenen 
Bestandteile aneinander kettet und die schnelle gegenseitige Unter- 
stützung derselben hervorruft. 



Eän niidach«e Urtdl über das deutsche Offisierkorpa. 



Nachdem wir nunmehr den deutschen Offizier alt» VorgeseUteu 
iiiid Untergebenen, sowie als Kamerad geschildert haben, geben wir 
auf seine Auffassungen in verschiedener Hinsicht über. 

Die deutschen Üftiziore sind von dem Bcwurstsein durchdmngen, 
da& die Ehre die schönste Zierde und dais ihre Aofrechterhaltung 
einzeln und in der Qeeammtheit die Pflidit aUer ist. Dabei Terslelien 
sie unter dem Begriff Ehre die tadellose ErftUlnng aller Obliegeii]ieite&, 
80 dafe jede ihrer Handinngen vor jedem Ebrengeiicht und anch Yor 
ihrem ebenen Gewissen bestdien kann. Die Fandamente der Ehre 
sind ja» im Allgemeinen gesprochen, flir alle Völker und für alle 
Menschen die gleichen. In der Pnuds aber stellt es sich heraus, dals 
eulser den allgemeinen Anforderungen der Ehre, jede Nation, ihrem 
Charakter gemftls, jede Oeselischaftsklasse und jeder Dienst/weig seine 
besonderen Anforderungen in dieser Hinsicht stellt. So Imben auch 
die Ehrbegriffe der deutschen Offiziere eine besondere Färbung, bei 
der die feineren Empfindungen des Herzens jedoch wenig mitsprechen. 
Man bemüht sich, in der deutschen Armee durch ehrenhaftes Benelinien 
das zu ersetzen, was anderen Nationen der Glaube und die tiefe 
Liebe zum Vaterlande giebt. Es wird den Offizieren eingeimpft, dafe 
für sie wahre Ehre nur im Verein mit der Treue zu ilirem Könige 
(bczw. dem Kaiser) voller Aufopferungsfähigkeit und Ehrlichkeit und 
der Bereitwilligkeit, ihre Interessen zur Erfiillui^ auch der scheinbar 
nnwiditigstw Pfliditen hintenan an setzen, m eiistiren yermag. Dieses 
Ehrbewn&tsein soll nicht nur ein innerliches sein, sondern sich auch 
äuiserlich durch wfirderolles Benehmen kundgeben. Dieses Gefühl 
bewirkt auch Eigenliebe und Ehrgeiz, die aber anch, wie ee häufig 
genug eintritt^ in SelbstgefilUigkeit und Ehrsucht ausarten, nur mit 
dem Unteradiiede^ dals in der deutschen Armee äulsere Auszeichnungen 
nur der zu erlangen Termag, welcher sie aucli verdient. Denn in 
Deutschland wacht man gegenseitig übereinander und dank dieser 
allgemeinen Kontrolle ist es schwer, einen Posten unverdientermafsen 
längere Zeit hindurch zu bekleiden. Selbstverständlich spielt auch in 
Deiitschlnnd die Protektion eine profse Rolle: die Protektion ohne 
Kenntnisse, ohne Arbeit macht es dort aber nie allein, man kommt 
damit niclit vorwärts. Diejenifien Offiziere, welche sich stets vor- 
drängen, werden mit Mifstraucn betrachtet und in ihren Bestrebungen 
gezügelt. Als eins der Mittel, welches namentlich dazu dient, bei den 
jungen Oflizieren die Lhrbegriü'e zu entwickeln und zu festigen, dient 
das Duell, woiüber bereits das Nähere gesagt ist. Seine erzieherische 
Bedeutung besteht darin, dafii durch die Eventualität, sich ein Duell 
susuziehen, die jungen Leute darauf hingewiesen werden, über ihr 
Benehmen stets zu wachen. Lediglich aus diesem Grunde sind in 



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76 Ein russisches Urteil über da» deutliche Ofüzicrkorpg. 



hölieren Vorgesetzten geneigt, die Zweikämpfe milder zu betrachten, 
als 68 BoiMt dem Geeeti nach gewhehen würde. Die Baitfhut spielt 
bei dieser Neigimg nur eine geringe RoUe. Im Oegenteü, da in 
UniTersitKtflstfidten häufig AnUtase zu Duellen zwisohen Oifizieren und 
Studenten vorkommen und es scbwer ist, Händd zu venneiden, so 
pflegen sich sogar ältere Offiziere nidit gerne dorthin Tersetzen zu lassen. 

Auf die Bestrebungen der deutschen Offiziere, ihre Ehre hoch 
zu halten, wirkt auch die stete Kontrolle durch die höchsten Be- 
hörden — speziell das MiUtärkabinet — ein, welches über jed«i 
einzelnen Offizier die genauesten Informationen einzieht und duiiber 
üsten führt. 

Sehr möglich übrigens, dafs die den deutschen Offizieren ein- 
geimpften Khrbef^itVe, welclie die Treue gegen den König der fvir das 
Vaterland voranstellen, im Verein mit der angeborenen Liebe zum 
Waffenhandwerk, dem Fehlen eines tiefen Gefühls für das Ileimats- 
land und einer schwach entwickelten Religiosität, mit dazu beitragen, 
dafs die Offiziere, denen es bei iluer eigenen Armee nicht glückt, 
gerne Kriegsdienst in anderen Staaten, so auch bei uns, nehmen, und 
dabei mitunter noch im Verbände der eigenen Armee hldben, ja so- 
gar in derselben weiter avanzixen. Es giebt deutsche Offiziere, welche 
den Eziegsdienst ebenso leicht wechseln, wie man von einem Quartier 
in das andere zieht Hier spidt offenbar ein Mangd an Vaterlands- 
liebe und eine in ihrer Art zwar hohe, aber in anderen Hinsichten 
zionUch eigentümliche, man möchte sagen handwerksmäisige, Auf- 
fassung über die Ehre des Offiziers mit. Auch die Regierung selbst 
teilt diese Ansdiauungen, obwohl sie andererseits strenge Best i niiiun gen 
dagegen erlassen hat, dals im Falle eines Krieges ehemalig Angehörige 
der deutschen Armee, die in einem fremden Heere dienen, sich mit 
den Waffen in der Hand ihren eigenen Landslcuten entgegen stellen. 
Hierin liegt eine gewisse Zweideutigkeit und es kann daher ein solcher 
deutsclier Kondottiere, so wenig er sich auch aus dem eigenen Lande 
machen mag, niemals aufrichtige Sympathie für die freuide Armee 
fühlen. Den deutschen Offizieren wiid ferner schon vor ihrer Be- 
förderung eingepriigt, dafs die Armee nicht nur zum Schutz des Vater- 
landes da ist, sondern einen Hauptmafsstab für seine Macht und die 
einzige Bürgschaft für seine Existenz bildet. Sie beurteilen daher 
auch alle anderen Staaten hauptsächlich nach ihrer militärischen 
LeistungsfiUiigkeit. Die Macht geht bei ihnen vor dem Becht. N»> 
tfirlich findet etwas Ähnliches auch bei uns statt, nur mit dem Unter- 
schiede, dals wir uns diesen Fragen gegenüber vorstchtiger verhalten. 
In Deutschland aber huldigt man ganz entschieden dem Grundsatz, 
dais es in der Politik neben dem Bedit des Stärkeren kein anderes 
Becht giebt (?> 



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£ia rn— ieehw Urtdl Aber das deutsche OfflsierkoriNL 



77 



Zur Entwickolun«^ und Erhaltung des moralischen Element« bei 
den Truppen wird grofses Gewicht auf die V('rewi|]r\mfi des Gcdiicht- 
nisäeü der Heerführer und der gefallenen Kumeradon g^degt, deren 
Denkmale in verschiedener Form nicht nur auf den Haupt[)lätzen der 
Städte, sondern auch im Innern des Kasernements ihren Platz finden. 
Man pflanzt auch Gedeukbäumc u. s, w. Die deutschen Offiziere sind 
in der Mehrheit eTangelischer Konfession, die Katholiken scheinen 
eifriger zur Rtrche zn haltea Im Allgemeinfln sind aber Deutsehsn 
wenig religiös, was schon aus der ohligatorischen Zivilehe her?orgeht. 
Die evangelischen Geistlichen haben selbst den Wunsch ausgesprochen, 
von der allgemeinen Dienstpflicht nicht befreit zn weiden. Die Offiziere 
gehen zur Kirche nur, wemi sie dazu kommandirt werden, und bei 
vielen IVuppentalen werden atich die Soldaten, anstatt sie Sonntags 
zum Gottesdienst zu führen, mit Reinij^ungsarbeiten und versduedenen 
Besichtigungen beschäftigt. (N.B. In Rulkland hat jeder solbstständige 
Truppenteil seine Kirche und seinen Popen, sodafs die Soldaten alle 
Sonn- und Feiertage zur Kirche kommen.) Vergleicht man die von 
den Militärgeistlichen abcrohaltencn Andacliteti mit den unscrigen, so 
zeigt es sich, dnfs die Einwirkung, welche die Pastoren und die 
Priester auf die Soldaten ausüben, sich hauptsäclili'^ li nnf die Predigten 
beschränkt. Dieselben werden mit lauter, häufig kreischender Stimme 
und rauher Betonung, mit starker Gestikulation und starker Mimik 
abgehalten; es ist fast, als ob man nicht Prediger, sondern antike 
Redner hört. Von christlicher Demut und Liebe ist dabei wenig zu 
spüren, die Rede wirkt vielmehr im Vergleich zu unseren Anrufungen 
zu energisch auf den Verstand des Menschen ein. Es werden 
bei den Feldgottesdiensten häufig frühere Schlachten in Erinnerung 
gebracht, so dals die Predigt hat einer Erzählung aus der Kriegs- 
geschichte Reicht Die Predigten der Pastoren sind übrigens weniger 
im christlichen Geiste gehalten als die der katholischen Priester. 

Man verlangt von den dentsdien Offizieren, dals sie im Dienst 
stets gut angezogen erscheinen und auch hittin den Soldaten zum 
Beispiel dienen. Die den Offizieren auferlegten Abzüge fiir die Be- 
kletdungskasse erleiehtem die Ausführung dieses Verlangens. In der 
Form der Kleidung hat man sich in den letzten Jahren zum Teil 
nach nissischem Muster gerichtet. Ks bezieht sich das namentlich 
auf das Traden bezw. Niehttragon (ier Epauletten, der liulien Stiefel 
■und der Kittel, des^:!. auch auf die Farbe der Paletots und Mäntel. 
Lber iif ein>^elmin Abweichungen in der Form im Vergleich zur 
russisclien Armee dürfen wir hier himveggelien. Eine besondere 
Charakteristik der deutschen Uniformen und Uniformröcke bilden die 
sehr hüben Kragen, femer die jetzt abgeschaffte (und iit das Gegen- 



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7S E^n nwiiclies Urteil aber das dAatadhe OfBiderkorpe. 



teil auBortendo) Enge der Bemkleider. Im Allgemdiieii änd die 
deutseben Uniformen Behr der Mode und dem Oescbmack der Offiziere 
unterworfen, und die Vorgeseteten treten diesen dandyhaften Neigongen 
nicht entgegen. Man weiTs kaum mehr, was vorschriftsmärsig ist. So 
sind die himbeerfarbigen Abzeichen der Qeneralstabsoffiziere mitunter 
80 hell, da& man eie eher als rosa bezeichnen rnüfste. Um die Gestalt 
kräftiger erscheinen zu lassen, wird sehr viel Watte verbraucht. 
Einige Offiziere tragen holio Stiefel mit sclu'ecklich engen Schäften 
und fast ohne Absätze. Die iStnbsoffizicre gctallon Bich in Achsel- 
stücken, die fast ebenso breit sind als die der Generale. An Mützen 
giebt es die vcrscliiodeust^n vorschriftswidrigen l ormeii mit besonderer 
Benennung. Die Sehirrae daran sind so klein, dafs sie die Augen 
nicht selüitzen und nur dazu dienen, das Abnehmen der Mützen zu 
erlcichtöru. Bei den Offizieren der deutschen Armee wird stai'k 
Bedacht auf Abhirtung des Körpers und Beförderung der Auadaaer 
genommen, wozu ein regelmäfisiges Leben, viel Aufenthalt in freier 
Luft und verschiedene physische Übungen, Reiten, Gjrmnastik, Fechten, 
Schielsen, Schwimmen, die Parforoqja^ und Spiele aUer Art, namentlich 
Kegel, beitragen. Es wird auch bei Kälte viel im Freien exenort^ 
wühlend dee Tages sind in den Kaeemen die Fenster geöffiiet, und 
aueh auf der Strafse gdien die Offiziere im Winter, weniptena 
äu&erlich, leicht augezogen. (N.B. Die russischen Offiziere sieht man 
auch im Sommer häufig in Paletots oder Mänteln, die im Winter mit 
Pelz gefüttert sind.) Diese Abhärtung der Offiziere bedingt auch ihre 
Dienstfähigkeit, stärkt ihr Xcrvcnsystem, ihre Willenskraft und dient 
auch den Mnnnsch;iftcn zum guten Beispiele. Iis bezieht sich das 
Gerühmte gleielimäfsig auf die Garde, anf die Armee, auf arm und 
reich. Man darf darin aber nichts Besonderes sehen, denn Dank ihrer 
vernünftigen Lebensweise und ihrer guten Ernährung, dem starken 
Weinverbrauch u. s. w., sind die deutschen Offiziere selten blutarm 
und daher nicht besonders empfindlich gegen die Einwirkungen der 
Kttlte. Außerdem ist ihre Ahhärtung nur den Uimatuohen Bedingungen 
und der Lebensweise in Deutschland angepalst Es fragt sich z. B. 
sehr, oh sie sich in rauheren KHmaten und bei schlechteren Wegen 
mit dem Tragen dickerer Paletots und sdhwererer Stiefel ebenso leicht 
abfinden würden, ab zu Hause auf dem Asphalt. Überdies tragen 
üut alle Unterhemden und die meisten sogar gestrickte Unterbein" 
kleider. Hierin liegt doch wohl eine Verweichlichung. Als dne solche 
ist auch der übeimäfsige Durst der deutschen Offiziere anzusehen, den 
sie mit Strömen von Bier zu löschen pflegen. Es spricht das zwar 
auch für einen guten Magen, andererseits dürfen wir diesem über- 
mäisigen Bedürfoüs nach Flüssigkeiten auch die bei der deutschen 



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Ein nuBMhfls Urteil Aber das deatache Offliierkoip«. 79 

Armee vorkommenden vielen Fälle von Hitzschlag zuschreiben, der 
dann eintritt, wann bei langen anstrengeaden Märschen im Sommer 
Bier nicht zu erlangen ist. 

Der Dienst der deutschen Offiziere, speziell der jinigeren, hat sich 
in neuerer Zeit sehr vermehrt, besonders im Wiiuer, wo das Tagewerk 
des Morgens um 8, bei den Rekruten um 7 Uhr, beginnt und Nach- 
mitti^ bis 5 und 6 Uhr, mitunter nooh länger daaert. Letzteres 
namentlich bei der EaTallerie, damit möglichst viele Abteilungen in 
der Bahn reiten können. Im Sommer wird noch früher aufgestanden, 
nnd es kommt bd der Infanterie die Ausbildung der eingesogenen 
Reserve- und Landwehrleute hinzu. Wie bereits erwShnt| sind die 
deutschen Offiziere mit sehr guten Pferden beritten; selbst bei den 
Fufstruppen kann man sie el^ant nennen. Sogar die Infanterie- 
oftiziere werden im Beiten gut ausgebildet^ und man sieht nie lächer- 
liche Erscheinungen zu Pferde. 

Obli^^atorische Rennen giebt es bei der deutschen Armee nicht, 
dapjefren werden freiwinii!;e Rennen anf oijienen oder Charpenpferden 
bei allen Kavalleriererrimuntern und uuch bei der Artillerie unter 
grofser BeteiligunLi; der Offiziere voi*genoramen. Schon allein der Um- 
stand, dafs obligatorisehe Hennen, wie sie bei der nissischen Armee für 
die gesammte Kavallerie und reitenden Artillerie seit Jahren im Gebraucli 
sind, nicht als nötig angesehen werden, spricht dafür, dafs die Vor- 
gesetzten ihren Offizieren hinlängliche Neigung zum Sport zutrauen. 
Zur Ausübung desselben sind vielfache Gelegenheiten vorhanden, so in 
Ber^ bei den königlichen Parforcejagden, in Hannover bei der Reii' 
schule, bei öfifentlichen Rennen u. s. w. Viele Offizierkorps thun sich 
mit den BesitKem der Umgegend zu Beitenrereinen zusammen. Die 
EAvallerie-Generale, so z. B. von Versen und von Bosenberg, gehen 
hierin mit dem besten Beispiel voran und reiten sogar Jagden auf 
ongesattelten Pferden. 

Distanzritte führen die Offiziere selten (?) und stets freiwillig, 
nur aus Liebe zur Sache und zur Ergründung der Leistungsfähigkeit 
des Materials, aus. Distanzritte von Mannschaften finden gamicht 
statt, da der Dienst im Winter und Sommer vollständig dazu «lenüfrt, 
<1ie Leistungsfähigkeit der Pferde zu entT\nrkeln. (N.R. Der Autor {;eht 
nunniehr auf einzelne Distanzritte, so z. B. den von Berlin nach Wien, 
näher ein und spricht sich mifsbilligend über die Uberanstrengung der 
Pferde aus.) Im Allgemeinen darf man sagen, dafs mit Ausnahme der 
Distanzritte der Reitsport bei den deutschen Offizieren stark entwickelt 
ist und -^^utc Früchte trägt. Übrigens ist die Neigung dazu in den 
süddeutschen Staaten geringer als in Norddeutschland vorhanden. Die 
Infanterieoffimere u. s. w. erhalten Reitunternoht sohon auf den Knßg^ 



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80 



GuBtav Adolf 11. als Krieger. 



schalen und anlBerdem bei den Begiaentem dunsh KavaU^ieofBziere. 
Qttte Reher findet man nameniUch bei der auch werfcrollere Pfovde 
besitzenden Garde^Infanterie. Auf dm Kriegsakademien wird Reit* 
Unterricht nicht erteilt, es ist das auch nicht nötig, da aUe Besucher 
schon vorher soldim erhalten haben. Die Generalstabsoffiziere ftben 
sich, wenn sie nicht frühere Kavalleristen oder Artilleristen sind, eelbst- 
ständig im Reiten und halten ihre Pferde stets auch präsent. Der 
NichtbeaitK von Pferden würde für sie ebenso viel bedeuten, als wenn 
sie keine Uniform bereit hätten. 35. 



IV. 

Gustav Adolf IL als Krieger. 

Als der Scfaneekonig, „der neue Ideine Feind'*, wie Kaiser Fer- 
dinand ihn nannte, am 17. Juni 1630 von Schweden absegelte, um in 
Deutschland an dem Kampfe gegen die katholische Reaktion teilsu- 
nehmen, hatte er ca. 13 000 Mann mit sich an Bord der Thinsport- 
schiffe — das war die ganze StSrke^ die er besafs, um die Beweric- 
stelligung seiner grofsen Pläne zu beginnen. Zwar wuchs sein Heer 
noch im Lsufe Krieges bedeutend, im Vergleich zu Tilly's Schaaren 
bUeb es aber fortfahrend ^der kleine Haufen'*. 

War er aber in der Gröfse unterlegen, so zeigte sich bald, dais 
es nur dieser Umstand war, in dem Tilly dem schwedischen Heere 
übcrlefien war. Der „kleine Haufen'^ war völlig disziplinirt und von 
dem Geiste seines Führei*s dui-ehdrungen — er teüte dessen religiöse 
Begeisterung und glühende Vaterlandsliebe, er hatte schon viele Sie«ic 
unter dem Kommando Gustav AdoU's gewonnen und kannte keine 
Niederlage. Er vertraute auf seinen König und Feldherrn und war 
davon überzeugt, dafs sich keiner seiner Gegner mit ihm messen köime. 
So besais das Heer schon bei seiner Landuug das Zeug zur Unüber- 
vindfidikeit, das es zu einer der bemerkenswertesten Erscheinungen 
des dreilsig jährigen Krieges machte. 

Das Heer Gustav Adolfs war zu seiner Aufgabe gründlich vor- 
bereitet worden. Es ist eines d^ Kennzdchen des Feldherm von 
Gottes Gnaden, dais er Heerwesen und Heerf&hmng auf dem Wege 
der Entwickelung vorwärts bringt, und Gustav Adolf hatte in seinem 
Heer auf allen Gebieten diejenigen Verbesserungen durobgeführt, zu 



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Gustav Adolf n. aLs Kri^er. 



81 



denen teils er selbst, teils Andere den Anstofs gegeben. Er bewaffnete 
seine Pikeniere mit leichten Lanzen, fülnte für seine Musketiere ein 
kichteres Gewelir ein nnd Snderte die beschwerliche Ladungsmethode, 
indem er Pulferhorn und EugolbenteL abschaffte und Fapierpatronen 
einföhrte — ein Fortschritt, der ungefilhr mit dem Übergang vom 
Vorderlader inm Hinterlader ni Teigleichen ist 

Anf Grondlage des taktischen Systems Morits von Oraniens ent^ 
wickelte Gustav Adolf die Taktik seiner Infanterie zur höchsten 
Vollkommenheit seiner Zeit. Bekannt ist die sog. schwedische 
Brigade, die aus3 Vierfuhnlein bestand (einF&hnlein=100 bis 150 Mann, 
so dais ein Vierfähnlein £ast einem Bataillon entspricht). Diese Bri- 
gade wurde in Schlachtordnung so angestellt: 




^gi^^^^^j^*^^^^ 1^ iii ^ S fi rii^53BI^B^u3BiHBI 

Die Musketiere in drei Glradsm lur Feuergebung anf beiden 
Seiten der Pikeniere, die mit geMten Lanzen in die feindliche Linie 
brechen sollten, wenn die Musketiere von räckwftrts einfielen. 

Die BoUe, die wttrend des dreilsigjiihrigen Krieges die Kavallerie 
spielte, war zu einem grofsen Teil das Ergebnis der Verbesserungen 
Gustav Adolfs. Wie aQe greisen Feldherm sah er die wahre Natur 
dieser Waffis ein: Angriff in vollem Galopp mit der blanken Waffe —> 
im G^ensatz zu der Üblichen Taktik, die darin bestand, still zu halten 
und vom Pferde aus zu feuern. 

Das gröfste Verdienst erwarb sich Gustav Adolf durch die Ent- 
wickehmg der Artillerie. Er brachte ein System zuwege und teilte 
seine Artillerie in scliwere nnd leiclkte. Von seinen Obersten Siefj;roth 
und Hamilton unterstützt, führte or die sog. llcgiiuentskanoneu ein, 
die zum grolseu Teil dazu beitrugen, ihm den Sieg zu verschaffen. 
Berühmt sind seine „Lederkanonen", 1627 vom Oberst Wurnibrandt 
erfunden. Sie konnten von z\stii ^[unn gezogen werden und in Folge 
der „fertigen Ladungen", die gleichfalls von Gustav Adolf eingeführt 
worden, konnte mit ihnen sehneil gefeuert werden. 

Auch auf dmn Gebiete des Verpflegungswesens finden wir Gustav 
Adolf als Beformator, indem er feste Bestimmungen für den Unterhalt 
der Trappen etc. einführte. In diesem Falle huldigte er völlig mo- 
dernen Grundsätzen. 

Hinsichtfich der Disziplin befolgte man in der schwedischen Armee 
ein ganz anderes System als in der kaiserlichoi, und trotzdem wurde 



Omtev Adolf n. ab Kriefec. 



die Kriegazucbt in der strengsten Weise aufrecht erhalten. Die Kriegs- 
artikel, die 1621 erschienen, stellen Gustav Adolf auf gleiche Höhe 
mit den ersten militärischen Geset^bem jener Zeit. Er hebt be- 
aondera das moralische Moment hervor und betont, dafs der Beruf des 
Kriegers ein Ehrenberuf sei, weshalb man ihn auch als einen solchen, 
der Ehre wert sei, behandeln y,nnLl ihn nicht durch erniedrigende 
Strafen kränken solle, wenn niclit durch schändende Handlungen 
solche verdient". (N.B. In Österreich war die Prügelstrafe 1866 noch 
nicht abgeschafft.) 

Solcherart war in Kür^e das Heer, das am 2G. Juni 1630 an der nörd- 
Kclisten Stelle Usedoms au Land stieg. Der König selbst, sowie die 
Brüder Nils und Joachim Brahe waren die ersten, die den Fufs auf's 
Land setzten. Wie immer, wenn Gustav Adolf im Begriff stand, ein 
Unternehmen zu beginnen, warf er sich auch hier auf die Knie und 
rief Gott um Beistand im Kampfe gegen die Feinde der Kirohe an. 

„Ich kenne blols eine Art der Eriegftihrung'* sagte Napoleon, 
„5 MeQen zu marsdiiren, su sdilagen und zu ruhen. Stete über- 
legene Massen an den entscheidenden Punkten zu haben, lun sich 
den Sieg zu sichern, dann bestand Napoleon's und später Moltke's 
Kunst. Die Strategie dieser beiden Koryphäen hatte daher streng 
genommen nur den einen Pol: die Schlacht, von deren Ausgang das 
Schicksal des FeldzugC8 ahhiingt. Dies haben alle grofsen Feldhen'en 
eingesehen, aber nicht alle waren in der Lage, die Strategie des 
Schlagons zu befolgen. Die Heere der alten Zeit waren schwer zu 
schafTeii, kostspielig im Unterhalt und schwer zu verpflegen. Eine 
Niederlage führte nicht nur eine moralische Erschlaffung herbei, häutig 
konnte sie auch mit völliger Auflösung des Heeres gleichbedeutend 
sein, da \'crlustc nur schwer zu. ersetzen waren. 

Die Folge war, dais die Kriegführung nicht nach dem ginchen 
Prinzip wie in der Neuzeit erfolgen konnte, man mulste, mit anderen 
Worten, die SoUadit venneiden, wenn sich ein anderes Mittel bot, 
das Ziel zu erreichen. Und diese Mittel suchte man im Hanöveriren, 
Besetzung wichtiger Prorinzen, Eroberung yon Magazinen n. s. w., so 
dafs die Strategie jener Zeit gewissermalken zwd Pole: Schlacht und 
Manöver, besais« 

Dies System war dasienige Gustav Adolfs und später Friedrich 
des Grofsen, unter welch letzterem es seine höchste Vollendung er- 
reichte. Das System hat den Hauptfehler, dafs es den selbstständig 

gestellten Generälen eine aufserordcntliche Verantwortung auferlegt. 
Die Versuchung liegt nahe, der Schlacht aus dem Wege mi gehen, 
wenn nicht ein direkter licfehl vorliegt, und je schwächer die Natur 
ist, je gröfser ist die Unlust, die Waffen entscheiden zu lassen, weil 



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Giutav Adolf II. als Kric^. 



83 



die scliwache Natur vor der mit dem Entschlüsse zum Kami)f ver- 
buiitlenen Verautwuitung zurückweicht, wäiircnU andererseits starke 
Charaktere ganz natürlich zum andern Pol des Systems: der Schlacht, 
neigen. In der Handhaboog des Systems dnndi Gustav A,do1f findet 
man gleicbEeitig einen Ktmktator (Zanderer) nnd einen Napoleon. 
Schon während des dänischen Krieges als gans jnnger Feldherr ver- 
stand Onstay Adolf zu warten und den passenden Augenblick ahsa- 
warten, um sich dann plötzlich mit aller Kraft auf seinen Gegner zu 
weifen» wenn alle CSianeen günstig waren. Gustav Adolf huldigte 
dem damals noch ungeborenen Wort Moltke's : Erst wägen, dann wagen. 

Wir sehen ihn Ende Juni 1630 auf Usedom landen und, ohne 
sich um dm in der Nähe, hei Wolgast, stehenden kaiserUchen Feld- 
herm, Torquato Conti, zu kümmern, eifrig bemüht, sich für seine 
künftigen Operationen günstige Ausgangspunkte zu schalb^n Kr proherto 
Stettin und debnt'' von dort allmählich seine Herrschaft über eine 
Menge anderer Stellen in Ponnnern und später in Mecklenburg aus, 
um sich einen genügend groi'scn Küstenstrich für \'erschiä'ungen zu 
sichern. 

Der gefahrlichste liegner liustav Adolfs war Tilly. Ein Feldliorr 
der Neuzeit würde es sich zur Aufgabe gestellt haben, seine Hauptr 
stärke gegen Tilly ZU konzentriren, um ihn zu sehlagen — wo er Öin 
auch finde. Das Heer Gustav Adolfs war aber zu klein, um eine 
solche Aufgabe zu lösen. Für ihn galt es bis auf Weiteres» Tilly 
daran zu hindern, von der Elblinie gegen die Oderlinie zu rücken und 
ihn in seinen Bewegungen zu störon. Als er daher zu wissen be- 
kommt, dafs Tilly im Begriff steht, gegen die Oder vorzurücken, fällt 
er augenblicklich in Mecklenburg ein — blois Gustav Horn mit 
ca. 7000 Mann bei Soldin zurücklassend, um sich des stark be- 
festigten Deroniin zu bemfiichtigen, und dadurch TiUy zur Entsetzung 
der kaiserlichen Garnisonen zu bewegen. 

Wührend des ganzen Jahres i6Hl bis zur Schlacht bei Breitenfeld 
manüverirt Gustav Adolf systematisch und vorsichtig und nimmt Tilly 
jode Aussicht zu einem entscheidenden Kampf. Erst am 17. September 
1(531 standen die beiden Heere bei Breitenfeld einander gegenüber, 
und nun wnr es Gustav Adolf, der die Schlacht wüntichte, bevor Tilly 
Beine von Süddeutschland erwarteten Verstärkungen erhielt. 

Die Schlacht von Breitenfeld, die die Schweden allein anszu- 
kimpfen hatten, da sie von den Sachsen im Stiche gelassen worden, 
war für Deutschland, was Naseby durdi Cromw6ll*s That für England 
wurde. Naseby war der Sieg der disziplinirenden Intelligenz über 
ungeordnete Tapferkeit, Breitenfeld war der Sieg der disziplinirenden 
Intelligenz über die steile Routine der spanischen Kriegskunst. Tilly 

9^ 



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84 



äoldateulebeu im 30jälirig<iu Kri^e. 



hatte durch die fiberlegene Anzahl seiner Veteranen solche Abenteuer 
ivie Hansfeld und CShristian Ton Brannschweig vernichtet, ebenso me 
die wiedererstandene katholische Disziplin die kämpfenden Theologen, 
die an Lather^s und Melandithon's Stelle getreten waren, niederwarf. 
Kon aber trat Gusta? Adolf mit seinem Heere hervor und zeigte der 
Welt, dafe Ordnung luid Gehorsam nur schwach sind, wenn sie nicht 
TOXI einer persönlichen Intelligw gestützt würden. 

Von diesem Gesichtspunkt aus mufs die Bedeutung Gustav Adolfs 
als Feldherm betrachtet werden. Bei Breitenfeld war Tilly's Rolle 
ausges])ielt - das System, dem er huldif^c, war tinmöp^lich, und er 
hatte nichts anderes zu thun, wie mit ihui unterzugehen. 

M. (Nach „Göteborgs Haudelstiduiug.") 



V. 

Soldatenleben im 30jährigen Kriege. 

▼ob 

J. Bftmnaiiii^ Hauptmann. 



1. Die Werbung. 

Der Feldherr der Liga, der bisher unbesiegte Tüly, war dem 
Schwedenkönig bei Breitcnfeld unterlegen. Gustav Adolf zog ungehindert 
nach Bayern. In der äufsersteii Bedrängnifs wandte sicli der Kaiser 
■vs-ioder an Wnlleustein, welchen er, den gerechten lorderungen der 
Fürsten folgend, einige Jahre vorher vom Oherkommando hatte ent- 
heben ninasen. Doch der Friedländer, anuiaisuudcn und hochfalnenden 
Sinnes wie kein Zweiter seiner Zeit, liefs sich erst dann herbei, ein 
Heer zu werben, als ihm der argbe drängte Kaiser die demütigsten 
Zugüstiindiiisse gemacht hatte. Mit Maehtbefugnisseu ausgestattet, die 
bisher unerhört gewesen, übernahm er ohne jode Einschränkung den 
Oberbefehl Uber die kaiserliche Armada. j^HiBki einmal neben Gott, 
geschweige denn neben don König von Ungarn, des Kaisers Sdm, 
h&tte er das Oberkommando übernommen.*' 

Nun begann im Januar 1632 die Werbung in des Kaisers Brb- 
landen, denn innerhalb dreier Monate wollte WaUenstein dem Kaiser 
ein Heer von 60 000 Mann aufstellen. Das war fär die damalige Zeit 
ungeheures Versprechen; alle Welt hatte aber auch die Oewilsheit, 



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Soldateukben im 30jabrigea Kriege. 



85 



dafs OS ein Friedländer und nur lier iiUeih, einlösen könnte. Sclinell 
sammelten sich um Wallenstein Offiziere, Oberste und Hauptlcuto, die 
Bchon frfiher unter ihm gedrant und tich seit dem Regensbiu-ger JEleidi»' 
tage zorfickgezogen hatten, um auf beaaere Tage zu warten, OfiBidere, 
denen unter des Kaieeis Fahnen kein Glüok gelttohelt, Unzufriedene und 
bei BeförderungÜbeigaagene, Abenteurer und Waghäbe^Offiziere, die ihre 
bisherigen Erspamlaae auf einen Wurf setzen wollten. An diese verteilte 
der Fiiedllnder seine Werhebriefe^ in denen die Vollmachten verzeichnet 
standen, Kegimenter und Fähnleins zu werben. WaUenstein munterte die 
Vennöglichcn unter diesen Offizieren auf, das Ihrige daran zu geben, denn 
es würde hundertfältig ersetzt werden. In der That verkauften Viele 
ihre Landgüter und die fahrende Habe, um das Kapital in SoldatMi 
anTiilegen, den Unbemittelten ahcr streckte der Herzog selber aus 
seinen Schätzen fn-ofse Summen vor. 

Ks entfaltete sicli nun das buntbewegte Treiben der Werbung in 
allen Landschaften des kaiserlichen Staates: in Ober- und llnter- 
österreich, in Scblesien, in Ungarn, in Mähren, in Steiermark, in 
Kärntlien und Krain. Das reichte aber noch lautre nicht. Terzky, 
des Herzogs reicher Schwager, ging nach Polen uua warli Kaaaken, 
Graf Merode holte in Flandern Wallonen, Oberst Isolani in Ungarn 
Kroaten. Man warb am Niederrhein, in Westikkn, Lothringm und 
Italien. Andere braditen Dalmatiner, Waladien und Yenetianisdbe 
leichte Reiter. Gegen alle Offiaere, die sich mit der Werbung he- 
foftten, war WaUenstein g^gen s«ne Gewohnheit freundlich und frei- 
gehig in Ehrenbezeigungen und Beförderungen. Dadurdi wurden sie 
unlöslich an ihn gekettet Sie hatten auch unter keinem anderen 
Oberföldhemi Aussicht, das eingesetzte Vermögen mit den erwarteten 
hohen Zinsen zurück zu erhalten. „Lieber auter WaUenstein die 
Pike tragen, als auf die bisherige Weise Oberst sein^ äulberte ein 
höherer Offizier. 

Die Heere der damaligen Zeit waren teuer. Die Kosten eines 
ReLrimonts zu Fufs von 30()() Mann bereclmeto ein Zeitgenos5!e (,f. v. Wall- 
bausen, Kriegskunst zu Fufs 1G15) auf mindestens '2 MilÜoncn Mark 
nach unserem Gelde. Für ein Heer von r)0(l()()Mann reichten selbst 
das Vermögen eines Friedländers ujul die u:rofsen Einsätze seiner 
Obersten nicht aus. Man erhob darum in allen Firhlanden und von 
allen Ständen aufserordentliche Steuern. Von den Gutsherrn und 
Pfarrern, Doktoren und Kaufleuten, Advokaten, Bürgern und Hand- 
werkern wurde eine enteprechende Schätzung eingefordert. Sdbst 
Baneniknedite, Ta^öhner und MSgde mulsten je 15 Kreuser beitragen. 
Auch der Adel und die Btschöfe steuerton hei Man wendete sidi 
femer an das befreundete Spanien, an Venedig und an den Papst» 
hier jedodi mit rnftfingen Erfolgen. 



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86 



Soldateolebeti im 30jährigen Kri^^ 



Bäsch Terbreitete adi die Nachricht von WaUenstem's Werbung 
und es wimmelte auf allen Heentralm von buntem Volke. Eimsdn« 
in Hanfini und in ganzen Zügen kamen die Werbeluetigm und zogen 
der Trommel zu. Da sah man henmtergekommene Mftuner^ denen 
das tä^ehe Brot fehlte, in vertragenen fiidenscheinigen Wanuem, 
Schna[)phähnei die sich bisher herrenlos und arbeitsaehen herom- 
getrieben hatten, lauflastige und beutegierige Kumpane, ferner Aus- 
reifser von anderen Heeren, die unter des Friedländers Fahnen ein un- 
gebundenes Leben erwarteten. Reiter zogen heran, Wafifenstücke und 
Rüstungen am Pferde, denn ein Jeder Imtte für Montur und Waffen 
seil 1 nufeukommen, Fufsleute mit der langen Pike und einzelnen 
Ilarnischteilcn, junfjc Bursche, denen der erste Flaum am Kinno 
sprolste, und alte, ve^^vegene, wetterharte Veteranen, deren Narben 
an lange Kriegsgewühnung erinnerten. Bauern kamen, die in Säcken 
auf dem Ilüekon die wenigen \'orräte trugen, Schüler, Studenten und 
durch den langen Kiiog verarmte Bürger, Leute aller Kationen und 
Zungen. Sie alle hofften auf die Fahnen und das Glüok des Fried- 
lündeie, dessen Freigebigkeit und Gliickstem in ganz DeutediUnd 
bekannt war. 

Bei der Anweibung war man nichts weniger ab wShlerisdi. Man 
nahm Jeden, der einen gesunden Leib und eine kr&ftige Faust sein 
nannte. Schwächliche, sagte Wallenstein, werden bald von selbzt 
darauf gehen. Man frug auch nicht nach GUuben, Stand und Vater- 
land, wie es auch dem Soldaten ganz gleichgültig war, ob er gegen den 
Papst oder den Schwedenkönig fechten sollte. Aber einen unbedingten 
Gehorsam verlangte der Herzog, das wulste Jeder, und wet dagegen 
fehlte, hatte rücksichtslose Strafe zu gewärtigen. Dagegen gab es 
aufserhalb des knechtenden Dienstes eine Ungebundenheit, wie in 
keinem anderen Heere; die üntertiihrer durften sich kühn über die 
liiK'hsten Diener des Kaisers hinwegsetzen. Die Abenteurer lackte der 
Reiz des \'agabundenlebens, den Gewaltsamen die verlockende Aus- 
sicht, Bürger und Bauern schinden zu können, den Habgierigen köderte 
die sichere Hoffnung auf Plünderung und die voraussichtliche Zuweisung 
fremden Eigentums, den Lüsternen aber der weibUche Trofs, denn eme 
ungezählte Menge von Huren folgte dem Heere. Alle die Angeworbenen 
fimden ein Unterkommen und das tttf^ohe Bt<A, woran es in der da- 
maligen Zeit Hunderttausenden gebrach. 

An den Orten, wo die Werber au&ogen, ent&ltete sich ein un* 
gewohntes Leben und Treibsn. Ein Vertrauenamann des flauptmannss, 
welcher ein F&hnlein werben wollte, sog mit handfesten, erprobten 
Leuten unter Trommelschlag durch die Ortsdiaft und Terlas den 
Werbebrief, welcher die Vollmacht enthielt, im Lande su werben, an- 



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SoJdateuleben im SOjähzigen Kriega- 



87 



zuuehmen und umuschlageu. Haufen von Neugierigen, Alt und Jung, 
umstanden den Kriejafsmann, der sich weitllich Mühe gab, klar zu machen, 
für wen das Fiüinleiia geworbcu würde und was er den Geworbenen 
zu geben bereit sei. Auf dem Marktplatz oder besser auf der Stadt- 
wieae wurden Buden aufgeschlagen und Tische au^esteUt, an denen 
fliöh die Werber niederliefeen. Rasclk füllten akh die Listen, denn 
Viele hatten edion seit Langem auf die Gelegenheit der Werbung ge- 
wartet Andere lockten die blanken Ooldgulden, „das Laaf- oder 
Werbegeld**, das gewöhnlich vom Sold abgerechneti später aber auch 
ohne BSfikentattipig geboten wurde. Wieder Andere kamen in Schaaren 
auf der Strafse hemngesogen, denn in entlogenen WinkeLi hatte sie 
die Kunde erreicht, dals Wallenstein dem Kaiser ein grofses Heer 
warben wollte. Jubelnd brachen sie durch die gaffende Menge und 
nahmen die glttnzenden Thaler. 

Bald begann auf dem Laufplatze ein buntbewegtes Treiben, denn 
eine Reihe von Schenkbuden war rasch entstanden, um den freigebigen 
Rekruten Bier und Wein zu zapfen und der vielköptigeu Menge in 
dampfenden Kesseln einen Imbifs zu bieten. Man wnfste, dafs die 
Neugeworbenen das Geld in der Tasche nicht zu sparen pHej^^teu. Da 
gab es die verschiedenartigsten Gruppen. Die Einen zechten bereits in 
ausgelassenster Laime; Andere scherzten mit den aufschreienden 
.Bürgerniitdc'nen, die neugierig herangekommen waren, das fremde 
Treiben zu beschauen j wieder Andere horchten mit hängenden Köpfen 
den wohlgemeinten Lehren weinender Ehern und OeschwiBter; dort 
handelte man um ein Wams und blankgeputzte Wa&nstUdLe, und in 
einer Ecke suchte man Unschlüssige mit einer Flut ron Beredsamkeit 
für die Werbung sn gewinnen. Manchem geriebenen Kunden war 
auch das Handgeld su gerii^f, und galt es, einen flotten, kräftigen Bengel 
zu gewinnen, so liels man sich langes Verhandeln nicht gereuen. 
Einem guten Fulsknechte bot man bis zu 25 Thaler. Da waren viele 
unter den Geworbenen, welche bessere Tage gesehen, und Terarmte 
Adehge, die aus fremder Gegend herangekommen waren, nahmen 
schweigend das Ilundgeld. JIdauch offenkundiger Taugenichts sagte 
mit schlauem Blinzeln seinen Namen; leicht erriet es der Schreiber, 
dafs sich der lockere Vogel wohl nur das Laufgeld holen wollte, um 
bei erster Gelegenheit in den Büschen m verschwinden; doch zunächst 
^■cxlt es, die Listen voll zu maclien. Man rechnete auch auf Ansreifser, 
die von den naheliegenden feindlichen Heeren lioranliefeu, auch Zugang 
aus den Lagern der Bundesgenossen war bicher zu erwarten. So 
brachte noch in vorgerückter Stunde ein Werbehruder uiumphirend 
einen Haufen erprobter Kriegsleuto in voller Wehr, die er dem „Alten", 
wie sie Tilly nannten, weggekapert hatte. Zu diesem eiuträglichm 



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Soldatenlebeii itt SOjttuigeii Krieg». 



PrivaligeBcliäftclieti hatte er sich schon vor Wochen auf die Berne ge- 
macht Die Neugekcmmeiien hatten wohl icihon früher unter dem 
FriedUuider gestanden. Leicht hatten sie sich zum Fahnenwechset 
überreden lassen, dciui i s diente sich lustiger unter dem frei^ehigeii 
Wallenstein, als beim stillen und kargen Tilly. 

Da die listen nicht toU zu werden schienen, griffen die schlauen 
Werber zu manch anderem, oft erprobten Mittel. Sie setzten sicli in 
den Schenken zu den Burschen und zahlton freigebig Bier und Wein, 
bis den Ahnungslosen die Zunge schwer wurde. Daun brachten sie 
die Gesundheit des Kaisers aus. Wer Bescheid that, den begrüfste 
man triumphirend als des Kaisers Rekruten, wer sich aber, die Folgen 
ahnend zurückhielt der war ein Rebelle, und nahm er nicht willi«r 
Handgeld, so führten ihn ein Paar handfeste Leute in Gewahrsam, 
wo er dann la Eisen kleinlaut gerne seine Einwilligung gab. Manchem 
einfältigen Bauernjungen, der sich das toUe Treibe mit ansah, setzten 
die Werber einen Soldatenhnt auf und madbten ihm klar, dals er nun- 
mehr Soldat sei und nicht mehr zurück könne. Ja» man ging noch 
weiter. Man drang in die Häuser, wo die Forchtsamen und Ängst- 
lichen zurttckgeblieben waren, legte Geld und einen Strick auf den 
Tisch und rief: „Entweder Soldat oder au^ehUngt!** Da fügten sich 
Viele der rohen Gewalt. Auch aus den Städten hrachten die Helfer 
herrenloses Gesindel, das sie angegriffen hatten und nun mit Gewalt 
unter die Fahnen steckten. 

\Var die Nacht hereingebrochen, erreichte die tolle Ausgelassenheit 
den Gipfelpunkt, denn keine Zucht und kein Gesetz band noch die 
"Rekruten. Viele jubelten, weil es bei der Werbung alter Brauch war, 
Andere, um zu verL^'c^sen. dafs sie für einige Thaler ihre Freiheit ver- 
kauft; selbst Jene, denen man Gewalt angethan, stimmten schhefslich 
mit ein, denn zu ändern war doch iiichts mehr, es galt die neuen 
Verhältnisse am vorteilhaftesten zu nehmen. Es war ja eine Zeit, 
wo Alles in Trüu.iiu'r ging. Da auch die Bürger und Bauern auf 
dem Laufplatze mit den Soldaten zechten, machten sich Schnapphähne 
die leer stehenden Häuser zu nutzen und holten sich daraus manchen 
Gewinn. Ein Werbeplatz wurde för jeden Ort ein Schrecken. Schon 
auf den Straisen, welche zum Werheplatze fährten, war Niemand 
sicher vor den groben und ausgelassenen Gesellen. Niemand von den 
Zuziehenden kehrte sich an das Gebot, kerne Gewalt zu gebrauchen 
und höchstens in 10 Mann starken Gmpp«A beisammen zu bleiben. 
Schon unterwegs ward in den anliegenden Dörfern manch Goldstück 
erprefst und mancher Geldkasten erbroclien. 

Die Kengeworbenen wurden, sobald die Fähnlein voll waren, dra 
Büigem und Bauern in's Quartier gelegt. Das war eine aige Last, 



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Ein Hiuareiutraich am dem Feldsage 1807. 



89 



denn die Übermütigeu schalteten dort als Herren, nahiucn, was ihnen 
gut dünkte, und verdarben in ilii er Laune nicht selten, was sie niclit 
verwenden konnten. Iis gab freilich Gesetze, welche die Einwohner 
schützen sollten, solche Ungebühr untersagten und Übertritte zu dmden 
▼eispraehen. Wer sollte aber klagen und wohin sollte man sich 
wenden? Es war eine teclitlose Zelt nnd ein Iftoschenleben galt 
wenig. War «in Fähnlein geworben, so zogen die geworbenen Haufen 
zun MosteridatEe, der weit entlegen sein konnte. Dort reirhandelte 
man von Nenon über den Sold, die Artikelbriefe worden verlesen nnd 
die Bekniten vereidigt Die Artikelbriefe enthielten die Vorschriften 
nnd die Verhaltungsmafsregeln für die Soldaten. In denselben wurde 
ihnen anbefohlen, einen ehrbaren Lebenswandel zu führen, dem Gottes- 
dienste beizuwohnen, sieh vor Völlerei zu bewahren und den gemeinen 
Mann nicht zu berauben und zu vergewaltigm. Freilich in der 
Wirklichkeit kehrte man sich wenig an die Befolgung dieser alten 
von den Landsknechten übcmnnimencn Heerosvorschrifton. Die Feld- 
herren mufsten wnbl ein Auge /.udrücken, und nur, wenn die Un- 
gesetzlichkeit tiberband nahm, wurden Kxompel statuirt. 

Auf dem Mustcrplatze stellte man die l-alinleins in lleginienter 
zusammen. Wer ein Regiment zum Heere brachte, erhielt von 
Wallenstein eine besondere „Verehrung^ und drei Monatasoldo iui Voraus. 

(FertsetEung folgt.) 



VI. 

Ein Husarenstreich aus dem Feldzuge 1807. 

Wenngleich die Erinnerung an den Feizug 1806/7 eine ungemein 
schmerzliche für die preulsische WaiTenehre ist, so fehlt es doch selbst 
in diesem unglückhchsten aller Feldzüge des preufsischen Heeres 

nicht an Zügen wahrhaft heltlcnmütigon Verhaltens, von welchen 
mau um so lieber Kenntniis nimmt, als sie den Beweis lioff-rn, da Ts 
der Geist, welcher Preufsens Krieger in fridericiani?scher Zeit beseelte, 
auch nach dem Tode des Grofsen Königs im Heere noch keineswegs 
erloschen war. Dies gilt besonders vun seinen Husaren. — 

Nach dem Gefecht von Hraunsberg am 26. Februar 1807 hatte 
General von I'lütz mit seinem Dctachcment, zu welchem das Regiment 
Schwarze Husaren gehörte, gedrängt von französischen weit fiber- 



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90 



Eiu Husarenstreich auM dem Fddzuge 1807. 



lefrencn Stroitkr«äftcn, den Rückmarsch von Hraiinsbei g auf Ilciligenbeil 
aiitreteu inüssoii. Sein Verlust war bedeutend, auch 6 Geschütze 
waren verloren gegfuigen. — Zu einer besonders schneidigen That 
fand nach dem Gefecht Unteroffiador Oiese Gel^nheit Erst kiiizlicli 
wegen seines bisherigen tapfem Verhaltens zn dieser Charge befördert^ 
und auch mit der silbenien Verdienst-Hedaille schon ausgezeichnet, 
war er am Moi|sen des 26. Februar mit 20 Husar^ von Braunsberg 
gegen Elbtng auf Kundschaft gesandt worden. Gegen Abend zurück 
kehrend, erfuhr er dnrdi Landleute die Vorgänge des Tages: den 
Abzug der Preufsen aus Braunsberg und die Besebnmg dieser Stadt 
durch die Franzosen. Um das Regiment wieder zu erreichen, gab 
es Tür Unteroffizier Giese nur den einen Weg ttber Braunsberg, denn 
der hohe Wasserstand und das Treibeis machten ein Überschreiten 
der Passarge an anderen Stellen, als auf Brücken, zur Zeit unmoglicli. 
So reitet er denn, kurz entschlossen und mit den örtlichen ^'crl1ältnisson 
zienüich vertraut, sowie von einem Schneef^estöber begilristii;t, gegen 
5 Uhr Abends mit seinen 20 Husaren nach Braunsberg liinein. 
Unbemerkt und nnbeliindert gelangt er bis /nr zweiten Brücke, ob- 
gleich überall französische Soldaten sich auf denStrafson herumtreiben. 
Erst hier werden die preufsischen rodtenkopfreitcr erkannt imd 
beschossen. Nun fliegen aber auch die Ilusarensäbel aus den Seheiden 
und die Sporen den Pferden in die Rippen, Wer iinaem Reitern in 
den Weg zu treten Tersucht, wird überritten oder niedergehauen; 
und durch Giesels Beispiel angefeuert, der, obwohl angeschossen, den 
Seinen den Weg bahnt, hält die kleine Schaar im Marsch-Marsch 
nach dem Ausgange der Stadt hin zusammen. Vier Husaren» die 
mit ihren Pferden im Feuer stürzen, müssen zurückgelassen werden; 
alle übrigen gewinnen glücklich die StraJse nach Heiligenbeil und 
freies Feld östlich der Passarge. Ihr Ziel ist damit jedodi noch nicht 
erreicht; denn zwischen ihnen und dem B^ment stehen noch die 
feindlichen Vorposten. Geraden Wegs geht es auch auf diese los 
und ihnen in den Rücken. Eine Feldwache wird zusammen gehauen; 
in dem Wäldchen am Einsiedel-Krug wird eine Abteilung französischer 
Kavallerie, die daliei ist, Tiwci preufsische Bataillonsgeseliützc nebst 
Pulverwagen wegzuführen, überrascht; sie wird verjagt ihr die Beute 
abgenommen; und thatsäclilich trifft ünttjroftizier Cnese am späten 
Abend mit den ihm gobliebencn K! Husaren und den zurückeroberten 
Geschützen glücklich beim Gros des Detachemenfc» Plötz in Ileiligenbeil 
ein. — Unteroüizier Giaac erhielt für die rautige That dab goldene 
Ehrenzeichen, — Und noch mehr. Uans Wilhelm Giese, der Sohn 
eines gemeinen Soldaten, hatte sich durch seinen Heldenmut das Becht 
ericimpit, Offizier zu werden. Sein^ Miyest&t dem Könige alz ein 



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Das Bemonte-Pferd der nuaigcheo Armee. 



91 



\'oi biM liiii^t bun<i:svoller Tapferkeit und ungewöhnlicher Tüchtif^keit 
genannt und vorgestellt, wurde er am 9. Mai 1808 zum Junker 
ernannt. — Zuletzt in der Stellung als Kommandeur der 6. Kavallerie- 
Brigade der Armee angehörend, ist (Hnenüm^or Giese der leiste 
aktiTO Offizier gewesen, «eichen die Rang- und Quartierliste unseres 
Heeres mit der goldenen Uilitär-VardienstmedaaUe — dem elittna%en 
Orden ponr le mörite des Mannschaftsstaades — ausgeEeicfanet, geffibrt 
bat. — Wir entnehmen die Ersfthlui^ dieser schönen hnsariscben 
Waffenthat dem 1892 ersehienenen trefflichen Werke: Schwarze 
Husaren. Geschichte der Leib-Hnsaren-R^gimenter^ von Major 
Mackensen. Schbg. 



TU. 

Das Bemonte-Fferd der nusiaehen Armee. 

Der Aufsatz des Generals Ssuchotin im ^Russ. Invaliden^: ^Das 
Schlachtrofs der russischen Kavallerie^ ^) hat von Seiten eines 
anderen russischen Reiterführors bereits eine ernste Zurückweisung 
erfahren'). Generalmajor Ssuchomliuow, der Direktor der Peters- 
burger Offizier -Kavallerie -Schule, tritt gegen seinen ulten Gegner in 
allen kavalleristischen Fragen, den „Prolessor^ Ssuchotin, in einer so 
scharfen Weise auf, dafs eine ^irückwdsang der diaurimsäschra Ans- 
iSUe des Generals Ssuchotin unsererseits hätte unterbleiben können. 
Die sachlidien Ausführungen des Generals Ssudiomlinow bieton so viel 
dee Interessanten, dafs wir uns nicht versagen können, deren Inhalt 
in Kurzem anzufähren. 

General Ssudiomlinow geht von der An sc bauung aus, dafs die 
russische Armee es nicht zu scheuen brauche, ihre Mängel offen zu be- 
kennen. „Der Geist des russischen Kriegers, der Ssewastopol mit dem 
Feuerschlofsgewehr verteidigt hat, ist genügend bekannt; ein von 
solchem Geiste beseelter Mensch aber, der seine schwachen Seiten 
erkennt, verbessert diese, wenn ihm die Zeit dazu gelassen wird; tritt 
aber die Stunde der Prüfung früher ein, so wird er nur um so gröfsero 
Festigkeit zeigen . . Auf die hämische Frage Ssuchotin's: „Wann 



>) Vergl Jnm-Heft der „JahrbQcher**: ,^tlri8chea auB Robland^ 
>) „Robb. Inyalid«« Nr. 86/181». 



92 



Das Remonte-Pferd der ruaaischen Armee. 



haben denn eigentlich die Deutschen diesen Bucephalus geschaffen?'', 
erwidert SenchomHnow: „Se haben diesen Bnoepfaaliu, d. h. ein ^tes 
Pferd, eben dann geechaffen, als unsere Pferdesncht m sinken begann. 
Die Geschichte des Steppenpferdee ist sehr einfach: es g^ht unter mit 
dem kulturellen Anwachsen der Bevölkerung; die Steppe wird dem 
Ackerbau, der Sdia&ucht dienstbar gemadit, das Steppenplerd mrd 
allmählich und überall durch das Kulturpferd verdrängt Wo ist denn 
unser b^Uhmtes Bascbkiren-i wo das Kirgisenpferd? Und was ist 
aus der Don-Pferdezucht geworden? Würde General Ssuchotin sich 
die Mühe geben, das überreich vorhandene Material unserer „Pferde- 
kundc" einmal durchzusehen, so würde er sich üherzeugen, dafs er 
für ein Pferd in die Schranken tritt, das fj;ariiicht mehr vorhanden 
ist . . . Wie das Don-Pferd bereits unter Kaiser Nikolaus I. beschaffen 
war, kann man daraus ersehen, dafs dieser Monarch bei seiner An- 
wesenheit im Don-Gebiet und nach Besichtigung der Don-Regimentor, 
unter Hinweis auf das schlechte Pferdematorial, die Aufserung that: 
„Daö sind keine Kasakenpferde. das sind Bauempferde." Seit jener 
Zeit aber hat sieb das Don-Steppuupferd noch toAt Terscblechtert . . . 
Unter 30000 Pferden, welche augenblickUch am Don Torbanden sind, 
vermögen unsere Remonteure nicht die erforderliehe Zahl jihrlicher R»- 
monten für die Armee-Karallerie herauszufinden. Wie aber ist erst der 
Pferdebestand der Don-Regimenter beschaffen . . .?'^ Während Ssuchotin 
«ch auf Peter den Grofsen beruft, der auf dem russischen ScAilacht- 
pferde die Dragoner-Reiterei gesdiaffen und mit dieser seine Gegner 
besiegt habe, beweist Ssuchomlinow, dafs gerade dieser Monarch es 
gewesen, welcher die Unzulänglichkeit des russischen Pferdes erkannt 
und durch Einrichtung von Gestüten die Hebung der Pferdezucht an- 
gestrebt habe. Aber auch diese Gestütspferdezucht ist, wie bereits 
au^efiilurt worden'), seit 40 .lahren in ununterbrochenem Nioderj^anj^o 
begriffen; im Jahre 1893 betrug die Zahl der Gestütspferde in den 
südlichen Gouvernements ungefähr nur noch ' der im Jahre 1854 
vorhandenen Pferde, so dafs die Armee-Kavallerie im Jahre 189.H nur 
10% ihre^> Bedarfs aus Gestüten lui liuiem lüil'slands decken konnte, 
wAhrend alle übrigen Gestütspferde zur Ilemontirung der Garde- 
Kavallerie genommen wurden. 90% der Remonten der Armee-KaTallerie 
waren Steppenpferde, davon 69,4% aus den Steppen des Don-Gebietea. 

Fragt man nadi den Gründen des scbneQen Sinkens der russuehen 
Pferdezucht, so liegen diese einerseits in der wirtschaftliche Eriais» 
in dar seit der Bauernbefreiung stetig zunehmenden Ausbreitung des 
Ackerlandes, vor Allem aber in dem bis auf den heutigen Tag be- 

Vergl. Jani-Üea der „Jahrbaoher": «^Ubischee aas RuiäUiid**. 



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Das Bemonte-Pierd der ruwiachen Armee. 



98 



stehenden Remontirungs-System und der erst in den letzten Jalirzahüten 
erteilten Erlaubnifs, die DoTi-Steppen-Pferde in unbeschränkter Zahl 
als Renionteu in die Kavalleriü einzustellen. Eine kurze Betrachtung 
des augeublioldichen Remontiriuigsverfabrens genügt, um einzusehen, 
d&Ss dieses Veifthren nun völligen Niedergange der Pfeidesuebt 
fäluen miUste* 

Der Ankauf der Bemonten für die KftTallerie-Regimenter 
geschieht dnzch Remonteur-Oi&dere, welche sich in der Verwaltung 
des Remonten-Inspektoun befinden. Für jeden Kadre des EanJlerie- 
Ersatzee, d. h. f^ je 8 Regimenter, ist ein Bemonteur-Ofifiaer Ttn^ 
banden. Jährlich zum 1. September wird dem Remonteur-Offizier die 
zum Ankauf der Remonten erforderliche Summe angewiesen, und zwar 
sind für jedes Remonte-Pferd folgende Preise festgesetzt: für die Garde- 
Kürassier-Regimentcr '>00 Rubel, leichte Garde-KavaUerie 203 bis 
207 Rubel, gesammte Annec-Kavalleric 125 Rubel. 

Aulserdem erhält der Remonteur-Offizier eine gewisse Geldsumme 
für den Transport der Pferde vom Ankaufsort bis zum Depot des 
Remonteur-Offiziers und von dort zum Abnahme-Ort des Pferdes, 
ferner für Mieten der Stallungen für das Depot, für Mieten der 
Pferdewärter u. s. w. — Die gresammte Remonte-Summe be- 
findet sich voUsLaiidig zur Verfügung des Remonteur- 
Offiziers, welcher dieselbe nach seinem Ermessen verwendet; 
d. b. er k&xxB, die Pferde zu der Zeit und an dem Orte, wann und 
wo er es am Torteübaftesten erachtet, er zahlt dem Verkäufer über 
oder unter dem festgesetsten Bemonte-Preise, nach freier Übereinkunft, 
wobei er nur verpflichtet ist, zur festgesetsten Frist die vorschrifts' 
mäisige Anzahl dienstbrauchbarer Pferde, im Alter zwischen 3V» nnd 
7 Jahren, an den Kadre des EaTallerie-Ersatzes abzaliefezn. Über 
die Verwendung des ihm gezahlten Remonte-Geldes hat der 
Remonteur-Offizier keinerlei Rechenschaft abzulegen. Unter 
diesen Umständen ist es selbstverständlich, daft der Remonteur-Offizier, 
der mit seinem eigenen Geldbeutel bei dem Ankauf von Bemonten 
interessirt ist, die biUigsten Märkte aufsucht, und dafs er, seitdem das 
Don - Steppenpferd für die Einstellung als Kavallerie - Rcmonte frei- 
gegeben worden ist, hier in den Don-Öteppen seinen gesanimten Bedarf 
zu decken suclit; dafs aber daa Steppenpferd bezüglich seiner Kriegs- 
brauchbarkeit dem „Kulturpferde" der westeuropäischen Armeen be- 
deutend unterlegen ist, darüber ist in Rufsland, mit Ausnahme des 
Generals Ssuchotin, Niemand im Zweifel. Bei den geringen Kosten, 
welche die Steppen-Plerdezuclit verursacht, konnten die Gestüte nicht 
konkurriren; sie gingen teilweise ganz ein, teils legten sie sich auf 
die Zudit von Trabern und von Arbeitspferdeil. So werdoi aus doi 



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94 Da» Bemonte-Ffad der nudscfaen Armee. 

Gestüten des inneren Rulslands j&hilidi nur etwa 1000 Pferde sk 
Remonten in die Kavallerie und swar üast anssddielslich in die Garde- 
Kavallerie eingestellt, da nur der Rem onteur- Offizier der Garde- 
Eavallerie in der Lage ist, einen einigermafsen angemessenen Preis 
zu zahlen. Die AriDee-Kaviillerie, wie bereits erwähnt, remontirte sich 
im Jahre ISyS zu 90 % durch Steppenpfcnlc (C,9A % Don-, 12,1 % 
Astrachan-, 2 "V T"^r;il-Steppenpfer(le, 5,0 " o unVjrstimmt'). 

Die Remontirung der Artillerie an Reit- und Aililiorio-Pferden 
geschieht nur in den Militärbezirken Wilua, Warschau und Kaukasus 
durch Remonteur- Offiziere. lu allen übrigen Militärbezirken findet 
der Ankauf der Pferde direkt durch die Tnippenteile statt; der iie- 
uionte-Preiü schwankt zwischen 1Ü5 — 2W (idr die Garde 280) RbL, 
in welcher Summe jedoch sämmtUche Nebenunkosten für Transport 
von Pferden und Mannschaften n. s. w. einbes!:riffen sind. 

Die Remontirang der Kasaken-Tru^pon ist dadnroh ver- 
einfacht^ dab jeder Kasak ssine Dienstzeit anf eigenem Pferde abzu- 
legen hat Üher den Wert des Kasaken-Pferdes ist bereits mehr als 
genügend gesprochen worden*). — Die anf Urlaub befindlichen Kasaken 
der Regimenter 2. Au%ebot8 müssen bekanntlich elienfalls stets im 
Besitze eines kriegsbrauchbaren Pferdes sein; die Kriegsbrauchbarkeit 
des letzteren wird aber dadurch nuch beträchtlich verringert, dafs 
die K asakcn-Rpfirinienter berechtiget sind, im Herbst, bei Ah- 
sendung des zum 2. Aufgebot zu entlassenden Kasaken-Konimandos, 
alle dienstuntauglichen Pferde der noch im Dienst verbleiben- 
den Kasakeii auszuran^iren und sie durch taugliehe Pferde 
der zum 2. Aufgebot zu entlassen ien Kasaken. welche hiei-für 
eine (ieldentschädigung erhalten, zu ersetzen. Von dieser Berechti- 
gung wird namentlich bei den Kuban-Regimentern ausgiebiger Gebrauch 
gemacht, so dafe sich die Kasaken 2. Aufgebots grölstenteils im Besitz 
dienstuntauglicher Pferde befinden. 

Das Streben aller einsichtigen russisdien KavaUerief&luer gsiht 
dahtt* dahin, Ifittel znr Beseitigung dieses greisen Übelstandes, znr 
Hebnng der russisdien Pferdezucht zu ersinnen. 

„Ja bei der „ Feuer- Attacke*^*) hat man natürlich nicht notwendig, 
sich um das Pferd zu bekümmern", sagt General Souchomlinow in 
seiner obenerwähnten Streitschrift, und auf die fernere ironische Frage 
des Generals Ssuchotin: ^vras wird die Zukunft uns bezüglich des 
deutschen Kavallerie-Ideab lehren?^ erwidert er zum Schluls: „es ist 

«) VerRl. „Wajenny Sbomik«, Mai 1896, „die Don-Pferdeeucht.« 

Vorgl. Juni-Heft der „Jahrbflcher", „MilitArisches aus Rufsland". 
^) Bekanntlich versieht General Ssuchotia die Idee, die Attacke derKavalleris 
durch Salveu vom Plerdc einzuleiten. 



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Kldne beeresgeschichüicb« MitteiluDgea. 



95 



besser sich jetzt mit der Verbesserung unseres Dienstpfordes zu be- 
sdiKfijgen und mdit erst daraiif zu warten, da& irir nach dem 
ZuaammenstoiB mit der dentschen Kavallerie dieselbe Frage, nur in 
einer anderen Tonart zn hören bekommen: „Wann haben denn 
eigentlich die Deutschen diesen Buoephalns geschaffen?'* .... 

T. 



vni. 

Heine heeresgeschiohtUohe Mitteilimgen. 

1. starke Yerluste in Folge der Bekleidung mit hellgrauen 
Mänteln erlitt (nach mündlicher Mitteilung eines Mitkämpfers) ein 
Bataillon Württemberger iu dem Treffen von Ulderup, aui U. April 
1849. Dänisdie Of&dere bekundeten später, dals sich der bellgraue 
Mantel sehr deutlich ?on dem dunklen Hintergründe des Waldrandes, 
den dieses Bataillon im Gefecht besetzt hatte, abgehoben hätte und 
demnach eine yorzügliche SSelmarke gewesen sei während die dunkle 
Farbe der Mäntel der Hannoveraner gamicht in die Augen sprang und 
von der Farbe der Baumstämme kaum zu unterscheiden gewesen wäre. 

Sch. 

2. Liebesmahl bei einem englischen Regimente im Jahre 1808. 
Über ein Gastmahl, zu welchem die Otfiziore eines englischen Regiments 
ihre Kameraden eines dor Bataillone der englisch -deutschen T,on:inn 
im Jahre 1S08 wührend des geraein^-Hnen Aufenthalts in einem der 
am Nordufer des Kanals errichteten Standlager eingeladen hatten, 
schreibt einer der deutschen Offiziere in einem nach der Heimat ge- 
richteten Briefe: In voriger Woche waren wir die Gäste des eng- 
lischen Regiments, neben welchem wir lagern. Die Offiziere hatten 
uns zum Mittagessen, das heifst zum Mittagessen um 6 Uhr Abends, 
aU tSkt Dienst abgethan war, geladen« Da ging es anders her, als 
bei uns. Was bei uns Thaler hei&t, ist bei ihnen Pfund oder Ouinee. 
Die letatere ist noch ^en Schilling mehr wert, als das erstere, sie 
zählt deren 21, jenes nur 20, von unseren Thalem geben also etwa 
neben darauf. Das Begiment ist noch nicht lange aus Indien zurück. 
TierfeUe, Teppidie und Sbawls bedeckten die Wände in ibzer mess- 
barrack, die bei uns ganz kahl sind, und !i< Tafel glänzte von Krystall 
und schwerem Silber, das hier zu Lande auch viel weiTser ist, als bei 
uns in Hannover, weil weniger Kupfer dazu verwendet wird. Die 



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96 



Kleine heere^eadiichdiche lütteiluiigen. 



Offiziere kannten vir kaum meder, ao Terftnciert sahen sie aus in 
ihrem measndress. Sie trugen dunkelblaue Jacken mit Goldecbnüren, 
und Westen von derselben Farbe, ebensolche Beinkleider, die unten 
ganz eng anlagen, dazu Schuhe von Laokleder und schneeweifte Wilsche 
mit hohen Vatermördern. Nur zwei, welche Dienst hatten, waren in 
Uniform. Das Essen war vorzüglich. Als wir damit fertig waren, das 
Tischtuch abgenommen und auf die darunter befindliche grüne Fries- 
decko der Nachtisch — Früchte und Nüsse in Krysta 11 schalen auf 
silbemen Füfsen — gesetzt war und wir die Gläser gefüllt hatten, 
erhob sich der Präsident, sagte ^The king" und verneigte sich nach 
allen Seiten; wir thaten das gleiche; jeder trank aus; die Musik spielte 
„God save tlie king" und mnzog, aus dem Nebenzimmer hervorkommend 
und den Grenadiermartrli anstimmend, dreimal die Tafel. Dann 
setzten wii- uns. Nach kuizcr Pause stand der Präsident zum zweiten 
Male auf, trank auf das Wohl des Prinz-Regenten, ebenfalls nur den 
Namen nennend, die Musik spielte „Rule Britannui" und mar- 
schirte wieder dreimal um den Tisch herum. Das nämliche Stück 
wiederholte sich zum dritten Male, als der Präsident die Armee und 
ihren Oberbefehlshaber hochleboi Heia; was dabei die Musik spielte^ 
wei& ich nidit Mit dem Nachtische war auf der Taföl ein Präsentir* 
brett, natOrlidi silbern, mit Rollen darunter und mit Flaschen und 
Gläsern darauf, erschienen, welches nun die Runde um den Tisdi 
machte und flellsig im Gange erhalten wurde. Mit den Worten „Pasa 
the bottle** schob man es dem Nachbar zu. Es wurde fleilsig ein- 
ander zugetrunken. Dabei war aber ein Gutes. Oberster Grundsatz, 
so weihte mich mein Tisohnachliar gleich zu Anfang in die Gewohn- 
heiten der Mess ein, ist auszutrinken. Dabei beifst es aber: Fill what 
you will, but drink what you fill! Man kann so viel oder so wenig 
einschänkcn. wie man Lust hat, aber mrxn darf nichts im Glase lassen. 
Sonstige Urastände werden dabei nicht gemacht. Man nenut den 
Namen desjenigen, mit dem man trinken will, fügt, wenn man nahe 
genug sitzt, um verstanden zu werden, „The honour af a glass of wine 
with you, Sirl" oder etwas Ähnliches hinzu, verneigt sich, wenn jener 
eingegobsen iuu, gegen ihn oder nickt ihm /u und trinkt ohne auf- 
zustehen aus. Entfernt Sitzende fordert man durch einen Diener auf. 
Die Aufforderung zu erwidern ist nidit Sitte, ebensowenig fordern die 
GSste einen der bewirtenden Offiziere auf. Die Getr&nke, die gereicht 
wurden, waren Glaret, Port und Sherfj. Es wurde ihnen tüchtig zu- 
gesprochen, auch noch, nachdem der Kaffee eine Unterbrechung hervor- 
gerufen hatte, aber nicht allzu sehr.* Zum nftchsten Gasttage kommen 
die Engländer zu uns. Da werden wir mit unserer Mess freüioh ab- 
fallen, aber das schadet nichts. Unsere GSste sind harmlos und finden 



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Umaclum ia der MOitir-littanitar. 



97 



das ganz natürlich. Übrigens erhalten wir von der Regierimg jetzt 
alljährlich 2(X) PfiuKl /ur Entschädigung für die hohe Wcinaccise, auch 
der Mess-waiter und der Koch werden uns (aus unseren Leuten) ge- 
stellt und die Kohlen geliefert. 14. 

3. Ein Sinnspruch, welcher in den Reihen des preufsischen 
Heeres vor fdufzig Jahren bekannt und m wechselnder Lesart in aller 
Munde war, lautete: 

Wer wUl uater die boidatea, 
Lasse sich bei Zeiten raten: 
Nennt er Oold und Silber sein. 

Trete er beim Fufevolk ein, 
Ziert ihn die Gelehrsamkeit, 
Zieh' er au des Keiters Kleid, 
Kkag des Namens «dtadet nie 

des Könige Artillerie, 
Foinf» Ijontf prospcrireii 
Sifhor boi don Pionieron! 
Wer sieli lälist bei Zeiten raten, 
Macht sein Ohlck bei den Soldaten: 
Hast Du, was den Andern fehlt, 
Bist von selbst Da anserwlhlt! 

Die Melodie ist alt, der Vers lä&t Bich aber noch heutigeii Tage« 
darnach singeiL 14. 



DL 

ümäctiau in der Militär-Litteratur. 

I. AnsULndisehe Zeitsehriften. 

Streffleur*s österreichische militärische Zeitsehrift. (Mai.) Die 
Einzelaitsbildung des Infanteristen nach dem k. preufs. und k, u. k. Kxerzir- 
Reglement (Ob. T.icntcTi tnt Frh. von SeefViexl). — Uber TIandfenorwaffen. 
— t/her Marsch ordnuii'j der k. u. k. Feldartillerie. — Taktiseho Betrach- 
tuDguu Uber den Festongsangriff und die permanente loruhkation der 
Gegenwart 

Organ der nliit8r*wlBsenseliafllielieA Yerefaie. (Österreich.) 
SO. Bd. 5. Heft Über Felddienst - Vorschrilten (Miyor Sehirmbeck). 

Der Realismus im Festungskrieg© (Major Miksch). — I'^qv Beschaffung 
von g^nndera Trinkwasser im Lager und während des Marechea mitRück- 
aicht auf die Filtrirungsmethodea (Oberstabsarzt Kratschmer). 

JalirbOclwr fii iia Deotacbe AnoM and Mttiwk Bd. 96, 1. 7 



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98 



Umachau in der Militar-Iitteratiur. 



Miticilujig^en über tiegenstäiide des Artillerie- uud Geuiewesens. 
(Ösierreieh.) 1895. 4. Heft Die Yenreiidiiiig der techniflchen Truppen 
bei den grKCseren Tmppen^Übtingen 1894 (Sehlofs). » Über die fransönsche 
Feetungs-Artillerie. — Der antomangche Kichtapparat Deport. 5. Heft. 
Über omp Pendelvorrichtiing zur Prühing balÜHtischer Cbrono^phen. — 
Zur <^>ua(lr:int( ii Frage. — Dir* rreuKlIatulischon Bcsprcclin?i<ron Werkes 
^l>iü bchtHudi;^'^»' iipfpRti«?unj; und der l'eätungskrieg" vdii Leitliiicr. 

Armeeblatt. (ÜBtcrreich.) Nr. 17: Die Jslxplosiou in der Pulver- 
fabrik zu Blumau. — Die Versorgung der Feetongon mit TrinkwaeMr. 
Hr. 18: Die Kri^ Verwaltung und der militlrisdbe Geist ^ Die Doreb- 
bobrung des Simplen. — Das Kombiniren kriegsstarker Abteilungen (Forts.). 
Nr. 19: Die Kavallerie bei Manövern und die Di f r ritte. — Das Kom- 
binircu krif«rr'-^tarkor Alitcilun^'cn (T^^irts.). Hr. 20: Das Koubiniren etc. 
(Forts.). Nr. 21: Die Flottenschau (in Pnla. 8. bis 11. Mai), 

MilitSr Zeitung. (Österreich.) Nr. 15: Zur Reorganisation des 
.tVxmeestandes. — Die Probemobilmacbung von zwei französischen Rescr\ e- 
KavaUerieregimentem im Oktober 1894. Vr. 10: Eine MHitttr^VerMcberungs- 
anstalt als Genossenaebaft. — Die russisoben Truppen in Ostanen. Vr. 17: 
ßcitUbungen iiir die Militär-Intendantur. — Der Stapellanf des „Monarch". 
Kr» 18: Der OnLinnanzoffizicr. — Der Krieg auf Tuba. 

Die Reichswehr. (Osterreich.) Nr. 761: Die neue Stabsofliziers- 
Prüfun*? und dif ( Jln-rlieutenntitskursi-. ID. — Der italienische Säbel. 
Nr. 762: Das Mai-Avanceinenl. Nr. 763; liiümterie uud Jäger; die neuen 
organisatorischen Bestimmungen für die JKgertmppe regen die Frage an, 
ob dieselbe „einsnrogimenUren** nnd der Einhnts-Infanterie annischlieAen 
oder ab „leichte Jnfiinterie** zur Üntenttttsmig von Kavallerie -Divisionen 
SU organisiren seien. — Torpedoboots-Havarien. Nr. 764: MilitKr^Unlall- 
vcrsicluTUti;? im All;r<'in'^iTif>ii inif! ( Jchülireti hei Pulverbetrieben. — Kine 
StralsL' im Passeier-Thal. Nr. 766. Militarisolier Ausflttjr auf Scliuoi-st-liuhcn. 
(Intel cfcsante russische Vertiutlu' mit letzteren i der tinuische Schuh haby 
sich als der beste erwiesen). Nr. 767; Zur Neuausgabe unseres lufauterie- 
Beglements. Nr. 768: Zur Nenausgabe ete. H. — Der Kaiser in Fola. — 
Die Kasematt- Kanone M/1894. Nr. 768: Zur Neuau^gabe etc. III. ^ 
Neue Torpedoboote. Nr. 770: Das Organ der niUitÄrwissenschaftlichen 
Vereine (Rückblick auf die jetzt abgelaufenen 25 Jahre des Bestehens dieser 
hervorragenden Zoitsflirift). Nr. 771: Di» Begünsti}:uTi«r der Einjührig- 
FreiwiUigcn; es winl betont, dafs uian höhere Ansprüche bei den Prüfungen 
stellen müsse. — Vom roten Kreuz. 

JraiMl das aelfiBOM mllltaires. (Mai 1895.) Kampf-Strategie, von 
General Lewa! (Forts.). — Der Krieg Japans gc^en China und seine 
voraussichtlichen Folgen (Scliluls). — VerKnderungen Im Kriegswesen. 
(Organischer, strategischer und taktischer Rückblick.) — Betrachtungen 
über dio Infanterie Taktik. — Allgemeine Grundsätze über Feldzugspläne 
(Sclduis), — Di-v Feldzujr 1^14 (Forts.). — Über (lehoimschnft (ScMufs>. 
Die Jielageruug vuu I'iuis (üeueral CJosserou de Vülcnoisy). — Die fran- 
zösische Armee 1690 (Schluis). 



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ünnduKi in der MiUtir*Littentar. 



Le Spectateiir niilitaire. (1. Mai 1895 ) Der Marschall St. Aruaud 
in der Krimin. — GeHuudheitUcbe Reform der Kasorneu (Schlufs). — Da» 
]|iBtKr>Biidget für 1895. 

B«T«e nilitatre uirenell«. Vr. 86; „Le Horvan" (milit. geogr. 

Sttidio. Forts.). — Die Expedition von Sardinien nnd der Feldztig in 
Korsika (Forts.). — Bemerkiinfzen über das MilitÄr-Schlachthaus in Verdnn 
(Forts.). — Indiun nnd die cnglii»cli-msfii?pho Frage (Forti.). — T\<'<rl«Mnent 
von 1881 für das i'uJsj^ef echt der Kavallerie, und der Kasaken (i:Vji-ts.). 

ReTue du verde militaire. Nr. 17: Plauderei über die Luf^lüff- 
fkhrt ^ Des sominnienlegbare Zweimd (^chloft). — Die engl. Rekmtining 
(SeUiiIii). Vr. 18: Pkuderei Aber LnfteeliiflRUirt (Schlnb). — Die tnatrnk- 
tionen des Kaisers von Japan an seine Armee. Hr. 19: Die italienische 
Armee und die Ausführung der Gesetzentwürfe von 1894. - Vergleichende 
Studie über die im Gehranch hefindlichcn Handfeuerwaffen, fir, 80: Die 
Artillerie in Verbindung mit ilen amlt ren Watl'en. 

Revue de Cavalerie. (April 1895.) Über Erziehung und iuiiruug 
ven Kavallerie (Üben, des Werkes des Qeneral v. Pelet • Narbonne). — 
Opeiationeii der 5. deatBehea Kavallerie*Divinon vem 12. bis 15. Angost 
1870. üRlIlirang und Leistung des Kliegspfordes (Schlufs). — Kavallerie 
gegen Kavallerie. Der Aufklärungsdienst (Schlufs). — Die „Grenadiere 
zu Pferde". I, Die Kompagnie der ( Jrenadiere zu Pferde d< r -Afai-^on du 
Koi" (1676 — 1775). — Anshildung eiuia» Kavalleristen in nl(•glu'il^i kurzer 
Zeit. — Die Gangarten des Pferdes nach der Erfahrungs- Methude (FortÄ.). 

BftTHe d'ArtUlerie. (Hai 1895.) Die Artillerie bei Beginn der 
Revolotionskriege. — Anmerkung über dss Schieftmi der Artillerie bsi 
Kacht. - - Libellenquadiant Modell 1894 der schweizerischen Feldartillerie. 
— Verteilung der Dehnungen bei Metallen, die grofsen Kraftproben unter- 
worfen sind (Forts.). — IMe Offensiv- und Defensivwaffen in der Schlacht 
am Yftln. 

L'Avenir iniliialre. Nr. 19&2: Japan und Europa; es wird betont, 
dalh Frankreich «deh Abenteuer im fernen Osten vsmagen mttsse, so lange 
die I^age des Ptrotektocatss in Taaansrive nieht erledigt seL Vr. 1898: 
Europa und Japan. Frankreichs Interesse, sagt A., sei nnr das seines Ver- 
bündeten, Hnfslands, dem man begreiflich machen mürae, wie drückend die 
Lasten eines Konfliktes mit einer Nation seien, die ihrer StArke sich be- 
wufst ist. Nr. 1994: Le „Unuvines'*. Beschreihnnjr und Kritik diesen zum 
Küstenschutz bestimmten Panzerschiff!». Nr. 1996: Die MilitarHchulen; es 
wird betont, dsfii die Besnttate des Unterrichtes nicht den tta diMelben auf- 
gewendeten Mitteln eniapritehen. Vr. 1996: Übungen mit scharfer Munition; 
die SehieMbungen auf weite Entfernungen im deutBchen Heore werden 
besprochen. Vr. 1997: RuJUand und Japan. Av. mdnt, sei geföhrlich, 
Japan auf eine neue Geduldsprobe g^nttber den russischen Ansprüchen 
SU stellen. 

Le Progres militaire. Nr. 1513: Infanterie - Meldereiter (Cavaliei-s 
dlnfisnterie); B^prechung dieser deutschen Nenfeimation, über die man 
eist nach den groCsen Manövern an Urteil gewinnen kdnne. Mr. 1514: 

7* 



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100 



Umacbaa in der Militär« Litteratur. 



Ntme Voreciiritteii lür den Angriff. Bezieht sich auf die von den Scbieds- 
richtem bei den deutschen ManSvern geiuJserten Annchten ftber die Witk- 
«amkeit des Infimteriefenen. Vr. 1(0.6: Bndget nnd EffoktiTstürken. Der 
Mangel an Bestätuli^keit der letzteren, im Vergleich zn den deutschen, 
wird betont. Die budgetäre Stärke beträgt 584 734 Offiziere und Mann- 
schaften mit 115 781 Pferden, Nr. 1517: Nochmalfi fler .Schild"; abfällige 
Boiirteiluiig der vor Kapitän Damrit erlunileiieu Intkutt^rieiächiUle. Nr. 1518: 
Das Angrifißveriahieu der Infanterie. Da» „Feuer in der Bewegung" (le 
tir en maichant) wird bef&rwoit^ 

La Franee militalre. Vr. 8818: Der Gener alstsb. Man hat dem 
Chef des Generabtabe eine zu hohe Bedeutung verliehen, es ist kein Platx 
für einen unvcrantwordichen Würdenträger, der bei uns nicht, wie in anderen 
Staaten, durch den Herrscher »edcckt is(. Auch in der Marine hat man 
dies empfunflon. F. Faiire als Ministor wollte die Bedeutung einschränken, 
doch ist es auclt hier beiiu bisherigen verhlieheu. Nr. 3315: Der Marine- 
minister. Jeremiade wegen der Teilnahme an den Kieler Festen. „Den 
Offideren, welche mit den Dentschen an einem Tbohe silien sollen, wird 
die Kelile angeechnUrt sein, der Mnnd wird ihnen den Dienst versagen'^ 
tt.a.ni. Nr. 3819: Eine Parade ver Kaiser Wilhehn II. Genoral Tricoche 
war am Namenstag des Köni;^ vnn Snchsm in Dn-sdiMi. Er ist des Lohe« 
voll über das, was or gesolu a Imt. Nr. 3322: ( hni i und Japan, Verfasser, 
Oberst Thomas, ist gegen die l uterötiitzuu;^' Kuislauds in Ostasien. China 
sei der Pcind Frankreichs, die Japaner dagegen (»eieu den Franzot»en »sym- 
pathisch nnd haben diese als VorÜlder genornnten. Den Franiosen sei bei 
ilirai mederlagen aneh keine fremde Macht an Htklfe gekommen. — Im- 
provisirte EavalhM-ic Divisionen. Zwei solche werden in diesem Jahre 
wieder gebildet. Die EinrichtTvn;^ wird ungünstig beurteilt. Die Übung 
ist vorüber, ehe nur die Brigjidc als soloho sich eingelebt. Nr. 3323: Der 
Generalstab der Armee. Kntgeguung auf den Angriff in Nr. 3313, von 
einem Mar^chal-de-Canip. 

La Belgiqae niijitaire. Vr, 1S58: Landesverteidigung and Befesti- 
gongskunst au Ende des 19. Jahrhunderts (General Briahnont). — Die Ans* 
rQstnng der Infanterie. — Feldgeschütze großen Kalibers. Hr. 1864: Die 
Ausrüstung der Infanterie (Forts.). Nr. 1256: Das Anwachsen der curo- 
päiHchon Flotten. Nr. 1256: Untt rritht der des Lesens und Schreibens 
Unkundigen in der Iranzöslsdieu Armee. 

Schweizerische Munatsschrift für Offiziere aller Waifeu. Nr. 4: 
Die Winterflbung des VII. Dragoner-Regiments im Februar 1895. -— Der 
Mnnitionsersati. — Die Revision der sehweiaeriBdieii HMneorganisation. 

Beyne milltaii« snlwe. Sir. 6: Aufgabe der Kavallerie, gemSb der 
Ordonnanz vom 31. 4. 1894. — Franssösiche Mobilmachungs -Pläne gegen- 
iiltor der Schweiz und Savoyen. — Der chinesisch -japanische Krieg und 
Frieden. — Keorganisntion do»; l'rnin 

^Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie. Nr. 4: 
Mitteilungen über unsere Artillerie. — \ umag über optischen Feidsiguaidieust 
^ors^'Sjrstem nnd Dreieck-System). — Mne Studie über unseren 12 cm 



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UiDtchau in der Militir-Iittentur. 



101 



Mörser. — Schulgänge, Circusgängo imd Mr. James Fillis (Öcbluljä). — 
Hainl Feuerwaffen (Forts.). 

Allgemeine Sehweiterisehe MtUtSneiting. Hr. 17: Die Probe- 
motnlmaehnng dm H nitSigoavenieniente von Paris. — Herbetmanöver daa 
lY. Armeekoqw 1894. Vr. 18: Die britisclH' 

Uerbstmanöver des IV. Arme^tkorps (Sthlufs). — Nr. 19: Die neue Vor- 
findcrnnp: im französisclien AvanccTnpüi-vcrtaliren. Nr, 20: Kini^ro Betracb- 
tnngeu über die Politik imil die uiiliiärischcn Unternobmaugen Osterreicb» 
in Deutscblaud 1049—1851. 

Army and K»Ty Qajsette. Ir.USS: Die Lage in GhitraL Chank« 
iMriatfk der nulitSrisehen Verhältniase der gegenwärtigen Expedition an 
der hidiscben 0r«aae. — Über Uganda. Oberst Colville aehildert aus 
eigener Anschauung die Zustünde der unter englischem Schutze stehenden 
eg"y]>ti.ic-hen Äquatorial -Provin/eTi. — Fclflmarschall Sir Donald Ste- 
wart. Kill Hüokblick auf dessen verdienstvolle Thiit ii'keit im indischen Auf- 
stHude IS57, den er als llauptuianu luitmachto. Nr. 1838; Cbitral. Ein- 
gebende Beschreibung der Operationen der Kolonne des Oberst Kelly 
wftbrend des Vormarsches. — Das goldgesierte Gewehr. Anknüpfend 
«n eine indische Fabel, nach der das goldgenerte Gewehr eines indischen 
Pürsten nur wegon Hangel an riclitiger Olting gänzlich unbrauchbar war, 
"wird die Krieg^ausrüstuug des en^liselicu Soldaten als un1)rauclil)ar nach- 
gewiesen. — Die Oster -Manöver der V oiun teer» iuBrigton und Windsor 
werden <cliarf ^'ctadelt, besonders wegen der übergrofsen Zuschauer-Menge. 
Kr. 1840: Dur Oberbefehl Über die Armee. Bebandelt die Frage des 
bevonlehenden Rttcktritts des Henogs Ton Cambridge vom Obeikomntando. 
— Kolonial- Trnppen, Die Notwendigkdt d«r And«mng der O^niaation 
der französischen Kolonial-Tmppen wird nachzuweisen gesucht. — La vie 
anglai^e. Wiedergabe eines in Belgien erschienenen Aufsatzes, der die 
Oftpr - Manti\ er der enf^Hfsclien Vohinteers mit scharfem Spott geifpelt. — 
('hitral. Bericht ülu r die kriecherischen Operationen. Nr. 1841: Die Or- 
ganisation der Kavallerie, sowie deren Ausbildung werdyu iu vielen 
Funkten angegriffen. Das Fehlen der 5.Eskadnnii, derUangd an ansreiehend 
groAen ÜbungsplStaen nnd der fehlerhafte Auahildnngsgang werden hervor^ 
gehoben. — Geschichte des Infanterie -Regiments Herzog von Cam- 
bridge. (Nr. 57 und 7T der Linien-Infanterie). Errichtet 1755- 56. Nr. 1842: 
Grofsbritannien und Japan. Politisclie Betrachfnnjr über den Friedens- 
ßchlnf« zwischen China und .]apau, wobei l»edauert wird, dal'h sieh Kng^land 
riebt den übrijren Orofsmächten angeschlostienbat. — Posiiions-Auftinder. 
Eine Beschreibung der bei Portsmoutb und Pljmoutb erbauten bomben- 
siebeni Beobaehtungsstellungen zum Anfiniflhen feindlicher Sehüfo bis auf 
eine Entfernung von 6 engl. Heilen. 

JonrnaloftheRoyalUnited Institution. Sr.M6: Die neuesten 
Erfindungen znm Überschreiten von Flüssen und zur Landnnfjr 
von Truppen. Bescbreilmng der zuerst aus L(>der, jetzt aus wasserdichter 
Leinwand hergestellten Buote. — Zusammenlegbare Boote und Ponton» 
XU Kriegszwecken. Besclavibung dieser Boote und der daraus erbauten 



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102 



Utuiichau in der Militär Litteratur. 



BrttdMil, «owio des TnuMports denselbeii auf Wagen und von Maultieren 
getragen. Vr. 807: Das Feoer der Feldartillerio nach den Schiefs- 
tibungen in Okeharapton. Die Erfahnmgen mit dem neuen Feld- 
artillprip-Material, dem kurzen 12 Plunder und den Max im- Norden feUrscheu 
Schnelifeucr-Geschützen werden zum ersten Male vorötientlicht. Neben der 
Besclireibuog des technischen Materials wird auch die taktbclie Verwendung 
der neueren Geflokfitie erörtert. — Praktitehe Winke ffilr die Bedienu ng 
nnd Verwendung der Kazim-Geaehtttse. Von Kapitin Lambert. 
Der Auftatz behandelt eine Ergänzung besw. Erweiterong der in den 
Dienstvorschriften entlialtenen Anveiaungen. 

Bussisoher Invalide. Verordnungen, Befehle, kleiTie mili- 
tärische Nachrichten. Mr, 80: lji)ungen clor Reservibten im Jahre 
1894. Ks waren die Jahrgänge 1884 und 1889 zu zwei- bezw. dreiwöchent- 
lichen Übungen emberafim; ein Teil der Olmngen fiel jedodi, in Folge 
der Cholera -Epidemie, ans; die Ergebniiee waren snfriedenatellenda 
Hr. 84: Prikas bez. der Reserve-Übimgen im Jahre 1895. Ifr. 86: Be* 
mifthtig^ng der Festungen Ossowez und Iwangorod dnreh den Graiea 
8chuwalow. Nr. 87: Prikas über die Ubxmgen der Praporsehtschiks (Vice- 
feldwebei) der lieöerve im ISommer Uö. Nr. Ö3: Auch die Hochsee- Tor- 
pedoboote erhalten, wie dieses bei den Küsten-Torpedobooten bereits der 
Fall war, alt Bewnchnmig anstatt der Kamen Nunmem, und awar 
werden die Kitoten-Torpedoboot» mit den Km. 1 — 100, die Hoehseetorpedo- 
boote der beltitdben Flotte mit Nr. 101—250, die der Schwarzenmeer-FIotte 
mit Nr. von 251 an bezeichnet; nur die Hochseetorpedoboote „Wsiyw** und 
,,^sokol'- Lcbalten ihre Namen, Nr. 99: Änderungen und Ergänzungen 
der Verordnung Uber Betbrdemug der Kapitäns der Armee • InfiEUitorie zu 
Oberstlieutenauts. 

Gröfsore AufsXtze: Nr. 85: Erwiderung auf „Das Schlachtrofs 
der rnssisehen Kavallerie", von General SmcluMnlinow (vergl. AnfiMti 
in vorliegendem Heft „das Bemonte • Pferd der manachen Kavallerie*'). 

Hr. 87 : Bärenjagd des Jagd-Kommando8 des 85. Inf.-Hgts. Wyborg. Hr. 91 : 
Versuclisweiser Ankaufvon Kenionten im Don Gebiet, im .Jahre 18G5. 
— In diesem Jahre wunleu als Versuch 120 Remouteu für die Kavallerio 
im i)on-Steppcu-Gcbiet angekauft; der DurchtHjLuitüjpreis der Pferde betrug 
betrug 58 Kübel; der Versuch fiel so günstig aus, daüs die bisherigen, 
die Einstellung der Don-Steppcnpforde in die Kavallerie einaehrKnkenden 
Beit&nnnmgen an%dioben wurden. Hr* 96: Abwehr von Kavallerie-Attacken 
dnreh Inftnterie. 

Wajennüj Ssbornik. 1895. Nr. 5: Schilderung der Teilnahme des 
2. transkaspisclieu Eisen^mbn-Bataillons am Bau der transkaspischen Eisen- 
bahn (Sehlufs). Interessante Details über die Leistungen der Eisenbahn- 
tmppe unter ganz auXsergewöhnlichen Verhältnissen. Aucli die Darstellung 
der Anfbahme des nenen VeAehmnittels Seitens der eingeborenen Bevöl- 
kerung Buchara'a ist von Interesse. ^uJbland bemltehtigte sieh unseres 
liandes nicht nur ftlr einige Zeit, wie frühere Eroberer, sondern für immer. 
Denn es kettete dasselbe an sich durch eiserne Wege.<^ — Die fieerea* 



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Unuchau in der Militär-Litteiattir. 103 

orgauu>atiou. III. — Über den Gebrauch des Bajonetts ün Cteleclit. 
Die Frrrot-Pfevdezncht am Dou in ihrer Beziehung zur Rcmontirung der 
KftTallerie^ — Herbei - Danerritt einer Abteilung der OffiraeT^KaTallerie' 
Sehnte im Jahre 1894. — Die Infanterie unter dem Feuer der eigenen 
ArtiUerie. — Die Unteroffizier-Fnige in den bedeutendsten Armeen Kurnpaa. 
IT. — Die Verwnlhing der Reserve- Infanterie-Brigaden. — Die Verteidigung 
des Scliij)kfi. (Der Dienst und das Loben derArtillorio ;inf <1<^ni Schipka.) 
— Daa östliche Turkestan. Ii. — Di© Einrichtung der Utliziere der Reserve 
in Frankreich. 17. 

BeresowskU*» Baawjedtseliik. Kr. S84: Frikas vom SO. Mäis, be- 
stimmt die Beieichnnng sweier nicht nnmtttelbar an einem bewolinten Ort 
liegenden Kascmementa der Begimenter Dragoner 10 und Infanterie 63 
mit ans der Kriegsgeschichte gewählten r)rt8uamen „Potenikin'scher bezv. 
fluworowski'scher St.ib". — Unter dt'n Russen auf dem J'amir. - Sainmhing 
der Matcrialii-n tnr Hcp'TnPnts-nf'Sf liichtrn. — ■ Kompagnie-Schulen. — Die 
Belohnung der den KurnuH der Akademien beendigenden Offiziere. — Die 
Kasaken vor Bajazet 1877. Nr. 235: Befehl des Obcrkommandirenden im 
torkestanisGhen Beairk (Nr. 357), belobt das im April 1898 formirte, aeitdem 
unter aebweren Amtrengnngen und £ntbeiimngen auf dem Pamir alt Be^ 
Satzung des dort erbauten feeten Postens verbliebene Detachement unter 
dem Kapitän Saizeff wegen seiner trefflichen Haltung. — Schneeschuhe im 
Gf'bninclie der Grenz%vaelic. Kompaf^nie-Schulen. — Zutn Andenken au 
( )lK!if,L Skalen. Kr. 236: Biographie und Bild des zum Kcinmaiidfur der 
HU der Wcstgrcnze stehenden 3. Kavallerie -Division, Irüucrcu Luiirurh an 
der Nicolal-Generatetabe- Akademie, GenemUietttenattts Senchotin, eines der 
anerkannteeteeten Generale der ruisiaefaen Armee, wohl auch eines der an 
Lebensjahren jüngsten (47 Jahre). — Der Plata Feters des Grofsen unter 
den grofsen Heerführern. — Friedrich der Grosse nach Kunersdorf. Nr. 237: 
Die ErlcrnuTifr fremder Sprachen durch nnsere Offiziere. — Die trans- 
kaspischen Emenbahn-Bataillonp. — Die Fremdwörter in der nissischen 
Armee, Nr. 288: Die Landung der Japaner zum Angriff auf den Hafen 
Wei-hai-Wei. — Die Kontrolle der Ausbildung der Rekruten im Winter. 

BiiMtsdies Artillerie- JournaL Hr. 2: Die 3. Leibgarde^Artillerie- 
Brigade ^esehiehtUehe Forschung). — Die Verteilung der Deformation in 
den MetaUen, welche der Wirkung einer Kraft unterliegen, — IJntersttdiung 
der Brenngcsetze der Explosivstoffe (Forts.). Die Falirikation des rii'i» ?i- 
losen Pulvers. Vortrag des Oskar CJnttmann in der Londoner Abteilimg 
der Gesellschaft flir chemische Industrie. — Von der Kartätsche bei der 
FeldartiUerie. — Damascirte Waffen. 

BlTista mllltere Itallans. (1. Mai.) Der chinesisch-japanische Krieg. 
(Hit einer Karte.) Dia grofsen deutschen Handver 1894 (Sehluft). Unter- 
brin^ruiif,', Sanitätsdienst - Ul)er Korpsgeist (Forts.). 

Esercito Italiano. Nr. 53: Nationale SchicfsgescUschaften (Unter- 
stellung dvr^elljen unter 'las Ministerium des Innern). — Mih'thr- und 
Pensionsgcöotze (Forts. Nr, Ö4 uml 56). Nr. 56: Die XIIT. Lc'glslaturperiodc 
(Resultate derselben tur Heer und Marine). Hr. Ö7, Militär- und Zivil- 



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104 



Dmiohau in der Ifitttlv-UtlBEitiir. 



penriomgeulM (SoblnA). Kr. 08: Wahlrede des Marinendiuileni Horin 

(Plrograiiun für die Entwickehmg der Seemacht). 

BiTista di artiglieria e genio. (April.) Die Küstenbatterien und 
•Ii*' iir-non A n-^rlfiTsinittel. — Fcuerleitnng der Feldartillcri<v — Tfikti^rlio 
iicmerkinipen über den AngrifT der Festungen und die lieutige steiiendd 
Betesügung. — Wer liat dan Pulver erfunden? 

Revista cientifico-militar. (Spanien.) Vr. 7: IfiBtliiBolie Aus- 
BteHnng in Wien 1894. — Parteigängerkrieg, Beine Qeschiehto (ScUnlii). 
Sr. 8: Militifrisehe AnntoUnDg in Wien 1894 (Scfalnlk). — Beni«rkimgen 
Aber die französische Reiterei im Vergleich mit der deatschen. 

Memorial de Ingenieros dol Ejereito. (Spanien.) Hr. lY: 
Die Ingenieur-Kumpagiiien im Krieg© im Norden Mindanaos. 

ReTista Militär. (Portugal) Nr. 8: Die Expedition nach Mozam- 
bique. 

KilgflTeloiiBkaps-AkwlenieBB-Haiidliiigar. (Schweden.) April: 
Das neue Ezenrir^Beglement für die Infimterie. 

Horsk-HilitMrt-Tidsskrift. (Norwegen.) 4.Heft: DiepreuiUaehe 

Armee-Taktik unter Friedricli d. Gr. 

De Mllitaire Spectator. (Holland.) "St. 5: Krie^geschichtliche 
Studie über die Verteidigung der batavischen Republik 1799. 

Militaire Gids. (Holland.) 3. Lie&nmg: Unsere JiaUre-Reserve 
nnd der Reaerve-Kadre. 

II. Bücher. 

Moderne Resenren tob toh 1k— JL, Berlin 1896. Militär • Veilag 

R. Felix. 

Unter diesem Titel liugt eine überaus interessante und geistreiche 
Studie über den Krieg und die Bedeutung vor, weiche zu alicu Zeiten in 
ihm wehrpolitische, strategische und taktisehe Reiervon gespielt haben. 
Augenscheinlich nur die VorUCnfimn weiterer Vertffibntlichnngen, ist das 
Interessanteste an der Schrift, da& sie die Frage aofnmrit» ob wir mit dem 
Prinzip der Kcserve, welches die ganze moderne Taktik übermäCsig dorch- 
pet7t nicht ins Ungewisse steuern und, ob die gegen würtige Art zu 
kämpfen lur die Zuknnft heizubehalton sei? — Der Gang, der in dem 
kleinen Heft in reicher Fülle niedergelegten Gedanken ist etwa folgender: 
Die Reserre ist eine zum Kampf geeignete, Oihigc, aber örtlich und zeitlich 
noch nicht verwmdete Kraft. Begriff der SchlachtreserTe war be> 
sdnunend fttr die sduefe SdUaehtwdnnng des Epaminondas, wilhrend wir 
das erste Beispiel von der Verwendung der Reserve im modernen Sinn in 
der Taktik der römischen Legion finden. Ihre mehr oder weniger aus- 
gedehnte Anwendnng selicn wir seitdem dnrcli alle Zeitalter. Wälircnd 
im Mittelalter das Fechten aus der Tiefe und iür das spätere Jahrhundert 
die breite Schlachtordnung und möglichster Einsatz aUor Kräfte maü>gebeud 
wurde, tritt die taktische Reserve wieder unter Friedrich dem GroJten in 
die Encheinnng' I^ese Wandinngen entspringen ans der EAenntnUb, dab 



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Umwlutu io der Militär-IiUenitur. 



105 



im Kriege Alles relativ ist und, claü« der Wertmeaeer für jede l-uinchtung 
in Ibm der jeweilige sn bekttapfimde Qegner tein tnvft. Hit der Yw 
gröftemog der aufinistellendeii Heenneaseii bildete nch bo die Taktik immer 
•mehr sUb die Kunst heraus, die Truppen im Qefedit bo weit als möglich 
im Hinbüfik auf den vorgesetzten Zweck zu schonen. -~ Al«^ wohrpolitische 
Keserve erkennen wir überall die Volkskraft, welche ahrr in fniluTen 
K}>ochen teiU aus Schwache, teils aus Kiuksi^-hten und in Folge des den 
btaatlicbeu Eiuriclttungen innewohnenden Trägheitsmomeut^ meist überaus 
geschont wurde. In diesem Sinne erklärt Verfasser alle Kosen eu, wehr- 
politiflche wie taktische a]s einen AuBflnÜB des dem Menadien anhaftenden 
Giundaataea vom Sparen mit den l^litteln, des BedttHniaaes Mnea Bttckhalts 
an Kiaft, als ein notwendiges Uhel! Hent ist die Reser>'e ein Prinzip mit 
allen Begleiterscheinungen ines solchen gcwordenl Wir haben das Volks- 
heer, die allgemeine Wehrpflicht, indeft sind Landsturin, Miliz und Terri- 
torialarmee nicht als Bürgschaft der UberlefTPnheit auf dem Schlachtfeld, 
Bondern nur als Kohmaterial liir das Ueer %u l>etrachten, selbst ihr Nach- 
acbnb fftr das Heer hat einen aveifelhafton, milltürischen Wert, auch auf 
aog. nationale Ürhebongen sind nicht zu hohe Erwartungen au richten. Wir 
sind abo gewaltsam geswnngen, diese Reserven zarflekanhalten! Anders 
in der Taktik, welche sie anr Doctrin erhoben hat und die Art ihres Ge- 
brauchs als vornehmstes Mittel zum Siege ansieht. Den dünnen I-inien 
des Vnrtn'fTens folgen Untersttitzungen, diesen gi-öfsorc Kf>rjK'r ;i1h Kesen en, 
endlich hcheidet man Schlachtresoncn aus! Die Keserve hat jetzt den 
Kampf zu entscheiden, daher kann ^ic nicht »tark geuu^ sein, doch ist 
eben düesw GvSbe und- WiebtigkMt wegtm ihr Oetnanch ^egen Mher 
wesentlich enehw«rt. Wir verwenden nnr einen Bniehteil der verfllgbaren 
Kraft ftir den taktischeD Akt, nm den JElest erst nach und nach heran 
zuziehen. War die Tendenz der Strategie, die Entscheidung mit allen 
Mitteln müglichst bald zu surlien. so he^-teht die taktische Handlung darin, 
die Kntijcheiduug zu verzögern und herauszurücken! Ist auch schon in 
einigen Fallen die ReiSörve nur durch ihr Erscheinen auf tlem 6chlacht- 
felde wirksam geworden, so muls ihr doch die Tendenz zum Kampf inne- 
wohnen; ihre Fiuifcti<m besteht seWieftlieh darin, dais ne aufhört, Reserve 
sn sdnl Bei der strategischen Reserve ist ein bloAes BereitaieUen 
zwecklos, sie niufs herangezogen werden können, oder man mufs auf sie ver- 
zichten. Dies hftngt da^ on ab, ob man in einem zukünftigen Kriept; der 
Zahl oder der liTit Higkeit bei der Tnippenaufstellung den Yorzxv^ ^'el»eu 
■will. — Die moderne Stratofrie kennt aufser bereitgestellten Rückhalts, 
trappen auch noch Reserven, welche sich aus der Art ergöbüu, wie sie 
gegenwärtig in der Bewegung der Heeresmsisen verföhrt. Die hedentenden 
heutigen Kritfte mttssen geteilt in Armeen nnd in Korps getrennt mar- 
aebiren. Erfolgt eine Reihe von TeilzosammenstttJben, so worden die nicht 
engagirten Teile zu Hülfe eileu und bilden so die strategischen Reserven 
fUr diese. Die Nachteile und Gefahren dieser Strategie Itoleuchtend, kommt 
Verfasser zu dem Ke.sultat, dals der ^Mechanismus, der sich in dieser 
Maxime verkörpert, einem nicht ganz verächtlichen Feinde gegenüber ein 



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106 



Umachau in der Miütär-Litteralur. 



fiufiienl heikler m nennen sei. JedenfaUs dOrfe diese Form nieht mm 
Fetisch werden, den man blind verehrt, such Halbe neh die Frage auf- 
werfen, ob sich nicht eine Verwendung der getrennt manchirenden Krilflo 
finden liffso, die dr-n Ersntz nn sich und durch sich vcrbfirprt? 

Aui' ili>~ iiiodcriu' Taktik (>iti<relietul wird ausgeführt, wie Ix'im Anprriff 
noch immer das Prinzip der Ökonomie die Kräfte verwaltet, wiewohl er- 
kannt wSre^ dafii erst ram Stnm geschritten werden könne, wenn der 
Gegner durah FenerOberlegeoheit erschüttert sei. Da das Prinzip des all- 
m&iilichea KrSfteeinsatzes meist auf beiden Seiten das henschende sd, so 
könne die Feuerüberlegenheit nur dadtu*ch gewonnen werden, dals der 
Angriff von Hause a\is so nnlio und so stark wie iti?5j^licb an den Gegner 
hcrangptrui^eii wird«, um die Ke»ervcn desselben garnicht in Tbätigkeit 
gelaii^^cu zu lHSj>en. — Desgleichen soll der Verteidiger sich nicht zu früh 
cngagircu, die zu verteidigende Front nnr schwach besetzen. Er soll den 
Gegner «im Angriff vwlocken, dooh seine Beaerven nKhw bereitstelleii, 
um im geeigneten Zeitpunkt, wenn der Angrufer nahe genug und fest 
engagirt ist, seine Reserven aber noch nicht voll eingesetzt hat, die Feuer» 
Überlegenheit zu powinnen. Geradezti lierausfordernd zu einer nrnen 
Kampfesweise müsse die Gewifsheit wirken, dafs in sämmtlichen Heeren 
der Gegenwart die Kampfesweisen nahezu gleich und wir nicht im Stande 
sind, eine auffallende Überzahl zu entwickeln. Es wird des ferneren er- 
wogen, daA die intensive Ausnutsung des Geländes, das gnmdafttsBche 
Vermeiden olFener Strecken, erst seit dem lotsten E^riege nun System er> 
hoben worden ist. Sollen wir uns gegenseitig in der Kunst des sich Deckens 
überbieten? Beschränken wir uns überhaupt darauf, die Kampfesmothode 
nachzuahmen, die die jeweilige führende Militttrmadit befolgt oder sollen 
wir nieht vielmehr unsere Taktik wich den Erwägungen teststellen, die. 
wir aus der de» Gegners ziehen? Soll iiiisore Taktik nicht vor allen Dingen 
eine nationale sein? Die vielen in der MiUtirlitteratur gegenwärtig ge- 
brachten YorschUlge fftr dne ideale beste Feebtweise beweisen, daA die 
gegenwärtige nicht mehr gentigtl IHeses Unbehagen spricht sich am 
latitcsten in den neuen Lehren von der Schonung des Truppenmaterials 
un(! der gepriesenen Selbstthätigkeit ans! Man sucht die Technik der 
Fiihniug zu verbessern, statt sie selbst zu vereinfachen! Verfasser glaubt 
mit Kecht und erörtert das sehr treffend und eingehend, daiit im Anpreisen 
der Selbstthätigkeit heut zn weit gegangen wird und erblickt in diesem 
Prinzip eine groJGM Gefahr. Die Entscheidung, sagt er. Hegt allein in der 
Führung und sie wird um so siclierer sein, je weniger sie in Hinsicht des 
JDrkennenB und Erwagens vom kiropfenden Mann verlangt. Nie hoffe sie 
auf Erraten üirer Entschlüsse und AKtsichten diireh T'^ntergebene! Der 
Auflösung des modernen Kamjifes nuiglichst zu steuern, Formen lür die 
Entscheidung zu finden, die heut in Verv^ielftiltigung der Heserven und ge- 
wissenhaften Aasringen gesucht wird, zu erwägen, ob man die FeuerQber- 
l^enheit nieht vielmehr durch Neutralisiren eines Teils der faindlichen 
StreitkrKfte au gewinnen trachten mufs — das sind Probleme, der gegen- 
witrtigen grofsen Taktik werti Thatsache ist^ da& das Frinaip der Be* 



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UfflBcluui in dar IDlitir-IiMertlar. 



107 



8«rve mit Allem, was es hervorgebracht hat, nachtlem es eine Zeit lang 
Yorzüglicbeä geleistet hat, jetzt die Empfindung in uns erweckt, al» steuerten 
wir 111*0 völlig Ungewisse und als wachfle uns das modeme System über 
den Kopf! TbatfMusbe ist es, dnb die Welt meh nacb einer neuen Ordonnans 
sdintf welche an sich und dnrcb sieb allein mm Siege fEibrt, ebne an die 
höhere Intelligenz nud den besseren "Vellen der Führer und Truppen von 
Fall zu Fall gewiesen zu sein. Daraus erhellt, dafs wir uns jedenfalls in 
einer £poche befinden, in der der Boden für Neueruugen günstig und vor- 
bereitet ist und zu denselben einladet. — Hiermit schliefst leider die t>chrift, 
last ohne eine Beantwortung der so vielen angeregten, hochwichtigen 
Fragen an geben I Hoffian wür, da& aoMe ein iretteres Kttenurisehes Er> 
Mt^niA bringen wird, welebes nna «ne kone Fnftnote am Seblolb in 
Aussicht stellt. Aber immerhin fordern die vielen recht glücklichen, wie 
viele recht anfechtbaren Gedanken, die in der vorliegenden Schrift, aller- 
dings oft recht unvermittelt durchoinnndpr fluten, unser Interesse g-ehieterisch 
heraus! Ihren Wert und ihre Uahbarkeit zu beurteilen, wird erst nach 
dem Erscheinen der weiteren Folge möglicli sein und wünschen wir dazu 
dem Verfluser eine glttcUiebe LSsnng seiner Probleme ! ▼. M > 

Der Krieg an den rückwiirtigen Verbindungen der deutschen 
Heere und der Etappendienst. Teil III. Im Kiicken«:^el)iet 

der II. und III. Armee während des I.oire-Feldzuf:es. Von 
G. Cardinal V. Widdern, Oberst. 1. liaud. Mit Plänen und Karten- 
skizzen. Berlin 1895. R. Eisenschmidt. Preis 6 H. 

Während die beiden ersten Teile dieses Werkes den „Begebenheiten 
hinter der Front der Haas' Armee'* und der„Bekftropfung desVolkakrieges 
im General-GoaTenittnent Beima** gewidmet waren, beschäftigt sich der 

vorliegende dritte in seinem ]. Bande vorzugsweise mit den weitaus 
schwierigeren Verhältnissen des Schutzes der ausgedehnten und fiufserst 
gefährdeten Land und Kiscnbahn Etappen der Armee des l'rinztm 
Friedrich Karl wäln-eiitl ihres ^'o^ll!lrsehes von Metz an die Loire. 
Nach einer km-^cu, klaren Ubwsicht über die Operationen derselben und 
des Werder*8cben Koipe bis nach der Schlacht von (Means bespricht Ver- 
Wer die ersten Anordnungen fOr das Etappenwesen während des Yor^ 
manches und daran anschliefscnd die Vorgänge des Volkskrieges an den 
Etappenstraisen und an der Eisenbahn -Etnppenlinie, wobei der bekannte 
Überfall von Chatillon ilurrfi Kicciotti Garibaldi einen l>reii n l'aum ein- 
iiimiiit und in seinen Ursachen, Verlauf niid Fol^i-n, naiueiitlu h aber in 
den daraus für den Schutz der Etappenort© und Etappenliniun gezogenen 
Nutzanwendungen einer ebenso eingebendai wie saehgemälsen Bebandlnng 
unteraogen wird. Die wetteren Abschnitte geben ein Bild tob dem Wechsel- 
wiiken und der gegenseitigen Ergänxung, aber auob von den dabei vor- 
gekommenen MiTsbräuchen zwischen den Etappen-Inspektionen und den 
General-Gouvernements der okkupirten Landesteile, sowie zwischen den 
erstereu und den unterstellten Ktiipj»en(>rten , wohei die interessantesten 
Streiflichter auf die Notwendigkeit einer äuXserst sorgfältigen Auswaiii der 



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108 



Uouchau in der Müiüir-LiLteratur. 



die hdchiten AnsprUdie an CbwrakteifeRtigkeit, Umaidit, SeHMtatiindiglnit 
und kikpeiliclie BftBtigkiait erfordernden Etappenkonmumdanten, und auf 

die Schwierigkeiten für die Eiappen-Inspektioneii, ihnen in jedem FaHe 
bestimmte Verhaltungsbefchle sa erteilen, geworfen werden. In den letzten 
Abscluiitt«-!! sind die aus den grofsen Gefatigenentransporteti, «Ifu Ver- 
pflegiiii'^b und Munitions-Nacbschüben und der llückw&rtflbeff>r(.leruag der 
Verwundeten und Kraukeu gesuhöpften Erfahrungen niedergelegt. Ein 
Anhang giebt Ebblidce in den Dienst der Etappenkommandanten ans ver- 
schiedenen Etappenorten, welche eine Fülle von Belehrnngen anf aUen in 
Betracht konunenden Gebieten darbietet. Loder mttraen wir es aus Banm- 
mangel uus versagen, nSher darauf einzngeben, so angezeigt wir es auch 
halten, eindringlichst auf il;is Studium eines Buches liiuzuweisen, welches 
Verhältnisse beh.andclt, ülier die es trotz ihrer anfserordentlichen Wichtig- 
keit für diü grofsen (Jpurationeu uuch keine i^itterutur gegeben hat. Durch 
Benutzung des Kriegsarchivs des grofsen Gcneralstahs tind Ergänzung des- 
selben durch einen aasgedehnten und mOlievoUen Briefwechsel nnt nodi 
lebenden Aogenseugen bat YerfeSBer ein sehr reiches Material snssnunen' 
gebracht und in ebenso fesselnder wie lehrreicher Form darzustellen aod 
zu verwerten verstanden. Ich mufs ausdrücklich vor dem Vorurteil warnen, 
als ob die sich im Rfickfü eines Heeres abspiclfudon Vorgjtngc langweilig 
und eines näheren Eiugciiens darauf unwert w/ireu. l>as Bucli wird nicht 
nur dem Generaistabsofldzier tür seine Thatigkeit wichtige Auiscldüsse 
geben, sondern ist Ar solche Offiaere in und an&er Dienst, wdche Ans- 
sidit haben, im Kriegs&lle im Etappendienst Verwendung zu finden, gerades» 
unentbehrlich; es ist im Stande, durch die FtÜle der Beispiele ans der 
Wirklichkeit den trockenen dienstlichen Vorsclirifton über das Etappenwesen 
erst Fleiscii und Bhit zn vi-rlciLen und sein Studium wird als VorLereitUDg 
anf diesen wichtigen und veriintwortlichon Dienst höclist segensreich wirken. 
— Indem wir einzelne kleine Verpehen und l iirichtigkeiten aufser Acht 
lassen, iiigen wir noch folgende Bemerkuugeu idu^u: S. 32. Wie und wann 
es dem Pr.-Li y. Heyne gelang, mit einem Unteroffisier lu entkommen — 
«dar&ber wird nichts berichtet" Privatarkundigungen sufolge hatte sich 
dersdbe an die Spitze den auf S. 31 beschriebenen Ausfitlls gestellt, bei 
welchem das Pferd des Lt. v. ßegueliu erschossen wurde und das des 
Fähnrichs Graf Pfeil sich ti>)erhchlng. ITierljei gelang es v. IT., der diese 
Vorgänge nicht bemerkt hatte, mit seinem Ti-üiupeter durch die Franzosen 
liiiidurchzusprengeu und das Freie »u gewinnen, wahrend die Mannschaft 
^ch nicht ans dem Qehtfft za entwickeln vermochte. 8. 83, Z.B u.: 
Le Creuaot ist keine Landschaft, sondern eine Fabrikstadt. — S. 128, 
Anm. 2. Die Bemerkung, dafli die Garibaldischen Brigaden Menotti und 
Bicciotti nur mehrere Hundert !Mnnn stark waren, trifft fUr erstere, die 
nach der unter dem 1. Dt-zembpr 1870 an das t'raiiz(isische Kriegsministerium 
eingereichten ( )rdre de hataille 5680 Mann stark war, nicht zu. — S. 171, 
Z, 12 v. u, Dais es im Kriege 1870/71 tür die deutüchen Heere niemals 
zum Hückzuge gekommou sei, ist nur mit der Einschränkung, dais es 
nicht zu einem anhaltenden Bttckzuge kam, richtig j ich erinnere nur an 



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UniBchau in der Kilitir-liitteratur. 



109 



V. d. Tann's Rückzug nach der Schlacht von Coulmiers und an jenen 
Werder's von Dijon hinter die Lisainc. Fs. 

BetrMhtnngea über den Feldzugr 1866 in Italien. Von Anton 
Froihorr von Scudier, k, u. k. Feldzeugraeister a. D. I. Teil. 
Mit 8 Beilagen und einer Planskizase. Wien 1894. Kreisel und 

Gröger. 202 Seiten. 

Es kann nur mit daiikliaror iniide heirnir'^r werden, wenn Männer, 
welche in höheren Trup|>enHihrer - Siellungeii zur Mitwirkung an hoch- 
widitigen kriegerischen Tbaten berofen waren, ihre hierüber angestellten 
Betraehtangen veröffentlichen. Schon hierdurch hedtat das von dem k. 
n. k. FeldseugmeiBter Freiherr von Sondier begonnene and jetzt in seinem 
I. Teile vorliegende Werk einen hohen Wort. Dieser wird durch die, trotz 
einprohend^ifcr ( iriiiitlliiliktit. stets erhaben und vornehm gehaltene Art und 
Fonn der Borraelitiin^roii nocli wesentlich erhölit. Auch dadurch, dafs 
gerade die Schlacht von Cuwtozii von dem, um die Kintuhrung und Förderung 
dei- applikatorischen Methode bei kj'icgsgcächichtlichcn Studien so hoch 
▼odienten Oaneral der Inftnterie s. D. von Verdy dn Vemois als Bei> 
spiel dalbr benntct worden ist, wie die Anwendung der Lehren der Kriegs- 
geschichte durch ei«:« 110 Ul)ung gefördert werden könne'), gewinnen dio 
Betrachtungen de» Feldzeugraeisters Freiherr von Scudier sehr au Interesse. 
Di»-<»-!hfn können daher allen l'r'nlereru und Frennden der Kriegsgeschichte, 
insla-sondere aher allen Denjenigen, welche aus der bestell lielehrerin über 
den Krieg zu lernen beflissen sind — hoffentlich recht Vielen — , 
wlmatens empfohlm werden. — Zu wttDschen bleibt nnr, daTs die Karte 
des Mindo- Terrains an 21000 oder 25000 den Betrachtungen beigeheftet 
worden wSre, da diese Karte nicht jedem Leser der Betrachtungen zur 
VerfliguQg stehen dtttfie. 32. 

Klemeute der Kriegführunpr* Beitrag zum Studium der Kriegsgeschichte 
von Emil Woinovicli, k. u. k. Oberst im Generaistabs - Korps. 
Wien 1894. Yerhig von L. W. Seidel & Sohn. 

Wir haben in Deutschland berdts die treffliche Studie von Blume über 
Strategie; trotzdem verdient auch das vorliogende kurse Werk des öster> 
reiehischen Kameraden nnsere Aufinerksamkeit Kacb dem bescheidenen Vor- 
worte soll swar nur der Anfanger in kriegsgeschichtliehen Studien über 

gewisse Flemente der Kriegtiihmng in elnfaclier Weise nricnflrt werden, 
doch bietet das gut und ohne Vnnirtcil ^'f-rliHebene Buch auch dem er- 
fahrenen Soldaten einen reichen (.^ueli der Anregung. Tn ktirzen. alter 
fliefiienden Sätzen ist es dem Verfasser gelungen, einen reiclieu Inhalt auf 
85 Seiten snsammeniudrfingen, aahlreiche geschichttiche Beispiele belegen 



^) KirjegBgescfaichtliche Studien nach der appUkatorischen Methode von 

«J. von Verdy du Vernois, Generalmajor tmd Chef des Genendstabes des I. Armee- 
Korps. I. Heft. Taktische Details ans der Si lilacht von Custoza am 24. Joni 
1866. BerUn 1876. Krast Siegfried Mitüer & Soha. 



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110 



UmiduHi In d«r Ifilitfir-tittontiir. 



die mit miseren maftgebenden Aniäciiteii ttberoimtimmetiden Duk^ngieii. 

Die Einleitang idiildert treflend an der Hand der FeldzUge 1 757 und 1758 
die KriegluliruDg zur Zoit Friedrich des (irdrsfii. Im Anschlüsse daran 
dürfte siVh empfehlen zu vergleichen, was Clause witz im 1. Kapitel des 
3. Buclics vom Kriege über den Feldzug 1760 ausfuhrt. Sehr lehrreich 
wäre es gewesen, vveuu auch die Napoleonischc und die gegenwärtige 
Kriegiiihrung (Moltke) gletdierweise in ihrer Eigenart uns snsammenfiMflend 
▼oigefbhrt worden wÄre. In den 21 Abiclmitften des Buches Knlsert sich 
sodann der Verfasser zunächst über die auf Anlage eines Krieges und die 
Führung einschlägigen Faktoren (Calcül, Ziel, Energie, Entschluis, Befehl, 
Aufrnar?cli u. s. w.), sodann bespricht er erläuternd die mit dem Auftreten 
der Heere zu Tage treteiuh n einzehieu Bcj^ritie und Erscheinungen (Front, 
Verbindungen, Märsche, Offensive, liefensive, Flufsübergängc, Küsten- 
verteidigung, Gebirgskrieg, Sofalacfat, Verfolgung, Festungen). Der leiste 
Abschnitt wird dem „morsliacfaen Element" gerecht Nur wenige SStae 
fofdem eine Kritik heraus, so möchte ein Frageteiehen am Platze seni, 
wenn es Seite 71 heifst: „Die Ansicht scheint demnach einigermafscn ge* 
rechtfertif-'t, dals in künftigen Krie.2:pn die Verfolgitng in der Regel ebenso 
ausbleiben wird, wie im Kriege 1870". Seite. 85 nlnni sagt (h-r Verfasser, 
daJ's in anderen Armeen mehr Gewicht auf die Entuickehing der moralischen 
Faktoren beim Manne gelegt wird, alb iu der preulbischeu. Wenn aller- 
din^ mit Eecht behauptet wird« dajb hier das Offiaierkorps als Träger 
der moralischen Fotensen betrachtet wird, so sah und sieht doch gerade 
dieses Offizierkorps seine Aufgabe darin, die moralischen Faktoren beim 
einzelnen ^fanii zw entwickeln und au pflegen. Beweis jeder Tag des 



Teisueh einer ErSrterung der Taktik der Haaaen-Amieeiu Von 
Oberst Heifsman, auiserordentlicher Professor der Nikolaus-Akademie 
des Genezalstabes. Petersbnxg 1894. (Bunisch.) 

Das Werk hat in erster Linie den Zweck, den Schttlem der Oeneml» 
stabs-Akademie als Leitfaden der Kriegskunst, gleichzeitig aber der ge- 

sammten „denkenden militärischen Welt'' als Quelle zum Studium der 
wiebti«?^cn Frag'c der Taktik der Massen-Armeen zu dienen. Verfasser er- 
örtert daher tblgende Fra^^cn: Organisation der Maasen-Armeen, Austuhruug 
von Kriegsmärscben durch Massen -Armeen, üuterkuiilt und Sicherang 
während der Ruhe, Anfkl&mng, fUr Manen-Arme«i geeignete Gtofiaehts- 
Ordnungen und Stelinngen, Znsammenstdfte und Geibchtsäilttigkeit der 
Massen-Armeen, Verwaltung der Truppen, Yenoii^nng mit allem Not- 
wendigen und Bchliefidioh Oesundbeitspflege. — Die zahlreichen Beispiele 
sind den neueren Feldziij^en, namentlich dem Krief?e 1870/71 entlehnt. 
Von dem Grundsätze ausgehend, dafs die Starke der heutigen Massen- 
Armeen nicht im Stande sei, die Grundprinzi|>ien der Kriegskunst zu ver- 
ändern, dais vielmehr nur die Technik der Kriegtüliruug eine andere ge« 
worden sei, sucht Verfasser diese in eingehendster Weise an erlKutem. Die 
ein wenig schematischw Darlegungen des Verfossers seugen yon ebier 



Feldsngee 1864, 1866 und 1S70. 



47. 



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(Jjxuchau in der MUit&r-Litteratur. 



111 



auiserordontlicben Bebemicliuiig de» uiut'as»cndcn Stoffes und sind um so 
tnebr der vollsten BMohtang wüi, ali es ia der gesaromten Militlir-Litteratiir 
nQr wenige Werke geben dürfte, weldie in so erschöpfender Weise die 
Taktik der Msssen^Anneen behandeln. 42. 

Tiiktiselio Eigentiiiuliciikeiteii der russischen Armee. Von Max 
Csicseric-s von BacBtiuy, k. u. k. Uauptnmiiu im GeneraliüHhs- 
koipb. (Si^peratabdmck aus der „Minerra'S) Wien 1895. 

Die kleine Sebrift kann nur auf dais Widmste empfohlen werden. Yer» 
fimer ist ein Tortrefflicher Kenner der nisusehen Hi]itftr>Iitten»tar nnd 

hat es in äu&ont geaehickter Weise verstanden, ein klares Bild von den 
in der russischen Armee berrackenden taktischen Ansehauungen an geben; 
seine Arbeit ut wert, -von jedem OiEsier gelesen lu werden. 42. 

LUtoratnr des japanlsok-ehiiiesiMkAii Krieges. 

1. Der japanladixeliiiMMlmhe Krieg. Erster nnd iweiter Teil. 
Eine knese Daratellang der Ufsachen und des Verlaufes des Feldsnges 
hiB Ende 1894. Bearbeitet Ton t. Kunowski und Fretzdorff, Pr.- 
Lieutenants. Leipasig 1895. Znckscliwerdt & Möscbke. Preis 3 M. Yor- 
liegendo Schritt ist eine Zusammenstellung der in den Tagesblätft iii cnt- 
lialteneu, folglich mehr oder minder unsicheren Naclurichten über diesen 
Krieg. Die Herren Verfasser sagen in der Vorrede selbst, „dafs die Schil- 
^rong dieser VerhältniBse xom Teil auf Mutmafeungen (!) beruht und 
nieht den Anspruch auf absolute Genauigkeit machen könne I" — Die Nach- 
richten Aber das Heerwesen diinas im 1. Kapitel sind liemlich dürftig, die 
beigeftkgten Karten lasssen v\p\ zu wflnschcii iil»rig. 

2. Dfr Krieg zwisehen China «nd Japan 1894/95. Auf Grund 
authentischer Quellen licHrbeitet von v, .Müller, Liontenant. Mit Skizzen 
und Karten. Berlin 1895. Liebersche Buchhandlung. Preis 2,40 M. Als 
die „authentischen^' Quellen, aus denen der Verfasser geschöpft hat, bc- 
sddmet er im Vorworte die Beridite des Hauptmann t. Hanneken und 
die vom Oberkommando der Btaiine vertttfimtlichten. 

Einen kriogswissenscliaftlichen Wert können beide Schriften nur 
in bedingtem Maafsc für sich in Anspruch nehmen, da die Ereignisse dieses 
unifingst beendigten Kricpres m. E. noch nicht spruchreif wnd. Zu 
allgeineinPr Orientirung über den Verlauf desselben mögen beide Werke 
immerhin sich brauchbar crwi^ison, da die Ereignisse von Beginn bis zum 
Ende des Kri^es dargestellt wordoi sind. 4. 

Friels de l'art de la guerre ou nouveau tablean analytique des prin- 
dpales combinais(ms de la strat<^gie, de la grande tae^ue et de la 

politiqne militaire, par le Baron de .jDiiiini. Xnuvellc Edition revue 
et anfrnieutöe d'apres les Appendices et documents du G^nöral Jo- 
mini par F. Lecomte. 2 vol. Avec un atlas. Paris 1894. Li- 
bnirie militahre de L. Baudoin. Preis 20 Pres. 



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112 



ÜimcliAa in d«r Uüitir-littenibtt. 



Das hier in 4. Auflage vorliegende Werk wird iiMgeimeiii den mili- 
tiirischen „Klassikern" Keiprczältlt. flürfte jedoeli (iiifin kann nursafron loidor) 
sehr wenij;en ( )t'lizi('r('n dor dcutsclion AmifO lK:'kannt sein. ci-schicn 
zum oraton Male 1830 in tüiiem Bande unter dem Titel: ,,Koaveau tableau 
anal}lique des principalcs combiuaisons de la Strategie etc.*' Der kriegs- 
erfiUirene gelehrte Vei^uaer des „'£rtat& des gnmdes op^txmB mil. oa 
bist dea gnerres de Fräd^ric II. comperiet k oelles de la r6voIttlio&** 
(welches Werk im Jahre 1805 erschien und J. die Anstellting im fran- 
zösischen GeneralBtabe eintrug), schrieb dann, nachdem er an den Kriegen 
des Kaisorroiches hervonnfjcnden Anteil genommen hatte, 1827 In vlm 
politiquo et inilitaire do Naj»ol^on. — Der Bioj^raph Joiiiiiii"», Uberst 
Lecomte, hat diese neueste Aufgabe durch sehr wertvolle, aut iiandschi'iftliche 
An&eichnuugen des Veifasseis sich sttttiende Kommentare und eine llttchtige 
An&Khlnog der bedeatendstea Bei^^enSisisehen militfiiischen Schrillen vep» 
veUstHndigt nnd somit ein Lehrhnch der Kriegskunst geschafFen, welchem 
ein dauernder Wert beigemessen werden mndi. Die 7 Kapitel behandeln: 
Die Politik dos Krie^'ps, die ndlitürisclio Politik rider dio Philosophie des 
Krieges, die Strato^ne, die grofse Taktik und die Schlachten, die ver- 
schiedenen gemischten Operationen, welche sowohl der Strategie, wie der 
laktik zugehören, die praktisciie Kunst, Armeen zu bewegen, die For- 
mation und den Gebnuteh der Trappen fllr das G^Kht. — Jomini's Ver^ 
dienst besteht darin, dab er die GmndsStBe der Kriegskunst, flkr welche 
er 5 HanplEweige annimmt, wesentlich vereinfacht hat. Das Werk hat, 
wie schon gesagt, klassischen Wert nnd dOrfte m. £. in keiner gröfseren 
MiUtür-BibUothek fehlen. 1. 

La oonquSte da Dahomey 1893—94. D'apr^ les doenments offideb 
par Ed. Anblet, capitaine dMnfimterie de marine. Avee une earte 
et5eroqais. Paris^Kancy. 1885. Beiger Levranlt et CSe. Pk«s5Fra. 

Vorliegender Band ist der sweite des im Juni J. an dieser 
Stelle bespn In nen Werkes „La guerre au Dahoraey". Derselbe behandelt 
die zweite Expedition des General Dodds bis zur Gefangennahme des 
KönifTS Behan^^in, die Ergebnisse des Feldziifjes und die Organisation der 
Zivil -Vei-\v!iltnn<; in Dalioiney. Das über den 1. Teil dieser tüchtigen 
kriegsgeschichtlichcn Arbeit Gesagte triil't auch auf den 2, zu. Ks ibt eine 
gründliche, aktenmalkigu and nttehteme Darstellung dieses interessanten 
Feldsagos, dessen Stadium wir vor Allem den OfiBsieren unserer aftikanisdieii 
Schutatrappen, doch nicht minder den Beamten unserer Kolonial- Abteilung 
dringende empfehlen mSchten. 4. 

Madagascar. I. L'ile et ses habitants. II. 1 ja (leriiiere guerre firftnco* 
hova (18S3 — 1885). Par G. Uumbert, capitaine brcvet^ d'infanterie 
de marine. Acoompagnö de cartes topographiques et suivi d^un 
Toeabttlaire franco-malgaehe d'aprte les indieaiions de 11 Snberbie. 
Paris -Nancy. Bexger-Levrault et (He. 1895. Pages 166. 

Dieses Werk wird Ton dem Ordonnansoffisier des fianafisisehen 



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Unuchau in der Militär-Litteratur, 



113 



Marioeminiaters, Kapftin G. Hombert, in dem Augenblicke, in welchem 
Frankreich den Krieg g^;eo MadegaicnY iHeder beginnt — aleo eidier 
eehr lej^emäTs — veröffentlicht. Der erste Teil dee Werkee enthllt sehr be- 
achtenswerte Nachrichten über die klimatischen, geographischen, kulturellen 

und i'osM!n!}if«it1iclH'n Verliiilttnsse der drittfTT'in^ten nntor doii l)ewr)lint<>n 
Instln unserer Erde, mit einem Flachenraunie, welcher jenen des deutschen 
Reiches, also auch Jenen Frankreichs, au Grö&e übertrifft. Nicht minder 
wertroD aind die Angaben, welche ttber die Abetammung, Geschichte etc. 
und insbesondere militttrisehen VerbKltnisse der Bewoimer Ifadagaeluure — 
etir* 4 Millionen — gebracht werden. Nor die Hotm, welche die Mitte 
der, von Nord nach Süd streichenden, der Ostküste nahezu drei Mal nalu r 
als '!( ! Westküste g^elegenen Hanptgebirgsketto — den Kern — der Insel 
bewoimen, sind Abkömmlinge der malaiischen (gelben) Hasse. Obwohl 
nur etwa ein Drittel der Bevölkerung der Insel bildend, beherrschen die 
Hovas mehr oder weniger ToUstindig alle Übrigen, der a&ikanidcheu 
(echweraen) Rasse engehSrigen, ihnen nn Intelligeni, ESnergie und namentüdii 
Nntionalstols nachstehenden Bewohner Madagasiaura» mit Ausnahme jener 
des südlichsten Teiles der Insel. Zu den weniger von den Hovas be- 
herrschten St;i!!imen «gehören iVw SM^nlfiAR«', welche vor den Hovas die 
Insel Im Iii i r^ichtoii. Dii' Sakalava-Stüumie werden, weil sie die llova» 
hassen, sowie den westlich und nördlich von diesen gelegenen, weniger 
gebii^igen, also zugänglicheren Teil der Insel bewohnen und, obwohl un- 
Btelen CStarakteia, dea kriegerisohen Wertes nicht entbehren, ▼omuuiehilieh 
den IWimeen im Kri^ gegen die Hoves nützliche Dienste Imsteo. — 
Im zweiten Teile wird Uber don Krieg, welchen Frankreich 1883 bis 1885 
mit den llnvas tlihrtc, narli den hierüber im fmn7ösi'i<*h('n "Nfnriiic^Iiiii.stLTium 
betindlichen Urkunden berichtet. Die beigegebeueu Karton würden das 
Verständnifs der stattgehabten Gefechte etc. noch mehr erleichtern, wenn 
die Orts- etc. Namen im Texte und anf den Karten nicht hin und 
wieder ▼enefaieden angegebent sowie die gröiaeren Karten nicht swiachen 
dem Texte, aondem am Sohhuae dee Weikes, und mm Httanaachlagan, 
eingeheftet waren. — - Das Werk des Kapitän G. Ilumbert, welchem ein 
kleines, nach den ^Vnfrnbcn des Ileim Suberbie — Konzessionär der Gold- 
minen in Madagascar — getertigtes französisch-madagassisches Würtorbiich 
l>et^egel»en ist, kann auch der Kenntnifsnahme von Seite deutüciu'r, 
namentlich Manne-, besonders aber im Kolonialdicnstc verwendeter OlBziere 
etc. bestens empfohlen werden. 32. 

191 Depeschen vom Sehauplftti des deutach-ftrMsösiMhen KriegM 

1870/71. 

Im \'r-rlage von Loiuh AM. H<'rlln 14, S^'bjwtiRn^fr '20, erschien 
eine Sauuiilung von Depeschen uher dio Krcijriii.Ht^e (icb il« uiM».h-hauzu>isi:hcn 
Krieges 1870/71 in der Fassung, wie dieselben dainalü vom kgl. Tulizei' 
FMbidiam in Berlin dem FublSknm mitgeteilt wurden. Die Hetan^be 
dflrfte allgemonea Intweaae erregen. Die Depeschen, in ihrer streng 
saddichen Fassung, sowie ihrer uuunterbroclieuen Folge ftlhren anschauliche 
jAkrbtBh« Ar 41* OwtMte AnsM uA MulM S<U»«,i. 8 



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114 



Umschau in der Militär- Litteratur. 



BÖder jener groCsen Zeit vor. Die Fomi der Depeachen ist im verUeinerteii 
Mafitttabe genau i^eselbe, in welcher ne uiaprfinglich vorttffeotlicht wurden, 

der billige Preis des sauber ausgestatteten Bändchont» (50 P%.) macht do»- 
selbe einem Jeden zugänglich. Bei der Gedenkfeier jener ernsten Ta^ro 
nach 25 Jahren werden diese I^okmiionte vorzugsweise pcoigiift sein, jene 
Ver«r»n(irenhoit unserem heutigen Gei^chlecht erhebend und mahnend näher 
zu bringen. ^ * 2. 

Sons ' l'^tendard per Art Ro6. Paris 1895. Calman L6vy, Miteur. 
Preis SfiOFnn. 

Wir hatten gchon Gelegenheit, über die geistvolle (von der Akademie 
preisgekrönt p) Militar-Xovelle „Ping*>t et nioi" zu horiditi-n. Heute Hetet 
uns der Verfasser unter obigein Titel zwei niclit miutler anzieliende litte- 
rnrische Gaben. Die erste: „Au Polygone" ist ein Bruchstück aus dem 
Leben eines Artillerieoffiziers; Schauplatz dieser Erzählung ist der Artillerie- 
sdiklkplata. IMe sweite Novelle: »«L^assaut de Loigny*' 0t. IMoembre 
1870) ist eine Episode aus der Sehlacht von Loigny. Veifasser bat sa 
diesem Zwecke sehr eingehende Studien gemacht; unter den namhaft ge- 
machten Quellwerken fanden wir auch: „Die Schlacht von Loigny-Poupry" 
von Major Kunz. Tni Mittelpnukfe der TIandlung stehen die an diesem 
Schlacht tage bet»ouderM stark bettjügteu pii'pstlichen Zuaven unter ihrem 
Obersten Cliarette. — Wir glauben diese Schritt tlem deutschen Leser, be- 
sonders den Teilnebmera jener SoMaditj als eine tief empfimdene, wenn- 
sebon in der Hanptsacbe wobl frei erfimdene Sebildemng jener Ereignisse 
empfbblen zu können. 8. 

Fortschritte und Veränderungen im Gebiet des Waffen weseiis in 
der neuesten Zeit. Von ^W. Witte, Oberst z. D. Berlin 1895. 
Liebersche Buchhandlung. 

Der Verlasöer iiatte im Jalmj 1687 eiue „Gemuiufaikliche Waflfen- 
lebie" im Verlag der k. Uofbttchbandlung von £. 8. Mittler & Sobn er- 
seheinen Lünen, die ab «n „Httl&bneb smn Selbstunterriebt" besdcbnet 
war. Sie legte fkst aussehlie&lichen Wert auf die Verhiltnisse des eigenen 
Landes und war nur ungenü^'^enil mit Abbildungen versdieUi ini übrigen 
aber ihrem Zwecke etitspreeliend. Die gewaltigen Uniwj'dzungen im Waffen- 
wesen in den letzten aclit .laiu-eii, wie sie grofsartiger nie vorgekommen 
sind, lassen jenes Werk jetzt als ganzlich veraltet erscheinen. Die vor- 
liegende Darstellung bat nur den Zweck, den etwa noch vorhandenen In- 
babem des Stammwerks ttber jene Kluft binwegsuhelfen, andererseite soU 
sie auch als selbstständiges Bild der denseitigen Verbliltnisse dienen, das 
eventuell durch jährliche Nachtrüge auf dem Laufende n erhalten werden 
winl. Jn dieseiM Sinne ist die neue Schrift ganz braiu iiliar, doch mangelt 
es auch liier wiedi r an einer genügenden Unterstützung de« Verständnisses 
durch Abbildungen, die lür eine Waffenlehre eigentlich das Wichtigste 
bilden. Auf die Nachträge ist kein Wert zu legen, sie langen meist nicht 
IUI die riditi|pe Adresse. Ver&sser bitte besser gethan, ein vollstKadig nenes 



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Umsctuui in der Militär-Xitileratur. 



US 



Werk auBZiiarbcitcn. Da» Ergfiozungswerk sei iado& als Orientiniiigsinittel 
fllr Offiiidre «in|»foliIeii, die wbon die Onmdlegen beaitaen, insbesondere 
■nr Vorlwreitang auf das Kriegaakademie-Siainen. S. 

Tasebenbnrh zum priiktlsfhen Gebrauch für Flufff ochnikpr und 
LuftsrhifTer, unti-r Mitw irkiui;r meliroit r Ottiasien- und 'IN'chuiker 
kerau»guU>n von H. Moedebcck, Hauptmann, Mit 17 Textabbil- 
dongen. Berlin 1895. W. H. KtlU. Preis 3,50 M. * , 
Die Technik der LaflMhifEBüm hat bereits zahlreiche Schriften g«- 
seidgt, weldie jedeeh Aber den Kreit der Faehleate hinaus nicht bekannt 
sein dUrilcn. Um so mehr war es ein Bedürfiauih gewerdenf in Anbetracht 
der militärisehen Bedeatong der LoftschifiTabrt, ein Handbuch zu »chafien, 
■welches nicht nur dorn Laien <'inen ÜlierMick über dn? g'esammtt' Gebiet 
derselben p^Vht, sondern auch (h-m {iniktisciu u iiml theoretischen Bedürfnif» 
der Fachleute als Vademekum zu dienen im Stande ist. Der reiche Inhalt 
g:iebt ranldist ein Notizbuch f^r Ballonfahrten, dann Tabellen der gebräuch- 
lichen Ma&e und G«trichte. Die folgenden 12 Kapitel endialten: Die 
Physik der Atmosphäre (Dr« Kremser). — Der Ballonbau (Hptan. Moedebeck). 
— Die Gastechnik (Prof. MUllenhof). — Dan Hallonfahrcn (Hptro. Moede- 
beck i. — Fhig-technisrhe Photnp;Tfi[(}ii»' ' I >r. Miethe). — Beobachtungen Itci 
BÄlloiit'iilirtcii und deren Bcjirbcitun^' (Kn-iiiser u. Moedebeck). — Der Tier- 
Hug (MüUeuhol). — Der Kunsttiug (Ingenieur Lilienthal). — Lul'ti>cluffe 
(Uptm. Uoernes n. Moedebeck). — Militär-LoftschifiTahrt (Moedebeck). — 
Aetonantisdi-technischeB Lexikon ttber 500 der gebfKuebliehatmi Worte in 
dentscher, englbcher und franaOmscher Sprache (Hptm. Moedebeck n. Bitt- 
meister Wanler), — Vereinsnachrichten und Beaugsqnellen-Adrersbuch. — 
Im Anliun^'c Tabellen flcr Zcituntcrscliicflo frej^en mittolomopaisclic Zelt, 
Müiiztafeln u. « w Das nVivr 2()() Seiten ftillende Hiicliolchen ist im Tascheri- 
fonnat iu stjlicicii] Leineneinband gebunden und wird jedem Luftschiffer 
und Flugtechniker ein unentbehrlicher Begleiter werden. 4. 

Dietionnaire militaire. Encyclopädie des science» militaires. Kedigöe 

par nn comit6 d'ofticicrH de tontes annes. 2. llvraison; AriiHH- — Batterie, 
l'aris Nancy Librairie militaire Berger- Levrault & Cie. Preis 

Vorliegende zweite Liefennig (iit bob jiiit uii;j^emeinem Fleifee und grolser 
Sacldecnntnils bejirbeiteten Militär- Handwörterbuches (welches jedoch weder 
iiriegsgeschiehtlicbe, noch militXr-biograpIuBohe Themata enthilt), bestätigt 
den Torteilhaften Eindmck, welchem wir beim Ersehenen der ersten Lie> 
fbmng an dioser Stdle Ausdruck gaben. Das Ganze wird, laut Ankündi- 
gung des Vrrle<rfrs, zwei starke Oktavbände, joder etwa 1280 SeiteTi füllend, 
bilden und in 20 Liet'erunp'n ecst^lieinen. Wir niaelien jetzt schon auf 
dieses in bciiier iVi t einzige und einem wirklichen Bediii l'nill» entsprechende 
Werk aulroerksam und meinen, dais unsere Militär-Bibliotheken sich die 
BcadmAing desselben nicht en%ehen lassen dttrften. 3» 

8* 



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116 



Umachau in der Militär -Ldtteratur. 



in. SeeweMD. 

Harfiie-Riuidsishaii» Haft 5: Die Entstehnng und hu»ioifi8chc Knt- 
wickeltmg des Seooffizierstandes vom Mittelalter biß zur Gegenwart. — Eine 
Oßtindienfnhrt im Jf^lire 1751, vom Winkl. Adm.-K. Koch. — Probefahrten 
S. M. S. ,.Gefiou'' (mit Abbildung). — Ergebnisse di r l'robefahrten S. M. 
Panzerschiffe IV. Klasse „HUt^ebrand'', „Heimdall' und „Hagen". — Über 
die Mittel zur Beseitiguxig von VilurBtioiieii von Dampfani (mit einer Tafel 
Abbfldungen). 

AnnAlemder HydnfrapMe und nsrltimemlleteorologie. Heft 17: 

Von Honolulu nach Yokohania. 1. Au» dem Reiaebericlit 8. M. 8. „Arcona", 
Kommanclant Kapt. z. S. nofineier. 2. Au« flcin Kt inebericht S. M. S. 
„Alexandnne", Kommamlant Korv.-Kapt. Schmidt. — Kreuzfahrten bei den 
Öamoa-Iuüüln. 1. Auä dem Reisebericht S. M. S. „Falke''^ Kommandant 
Korv.-Kapt. Graf Heinrich Moltke. 2. Ana dem Beiaeberielit S. H. a 
„BasBard'*, Komoumdaat Kotr.-Knp«. Sehedcr. — Niefatanffiodna; dar 
Colonia-Untiefe nnd die Saauni-Bai. Ana dem Beiaeberidit 8. H. S. „HoItke^ 
Kommandant ELapt s. S. Koch. — Die WaaattBtands- nnd StrömungS" 
verliMlt»ii'=«e des Flusses Esmaraldas (Ecuador) und die Lage eines Schiffes 
auf der iihede desselben zur Kef^enzeit. \on ivapt. J. Grube, Fülirer der 
Bark „Theodor'". — Strömungen an der Ostküste Afrikas, zwischen Gaar- 
daiui und Sansibar, wälirend des Südwestmonanna. — Beschreibung einig« 
«Ührend der awdtea HKlfte dea Jalnea 1893 ansgefUhrter Bdaen von Chile 
nacb Enropa. Von Hermann Haltermann, Aasistenten der Beewarte. — 
Wind nnd Wetter im Antarktiaohen Meere, südlidi von Kap Horn, 1893/94. 

— Uber die Berechnung nautisch-nstrononiiscber Aufir:i^''T> mit Hülfe n'er- 
«telliger Logarithmen. Von Dr. O. Fiilst, Lehrer an der Seefahrt sehule in 
Bremen. — Hyjlrograpbiscbe Bemerkungen über die Gardner-, Longneruc- 
nnd Gresaien-Inseln, den Bodin- und Angriffs-Hafen. — Das Kusteuklima 
von Ecuador. Nach Baron H. Eggers, 

MittellungOB ans dem Oeliiefe des Seewraens. Vr. T: Seekrieg»- 

recht und Seekriegsfuhrung. — Die fremden Kriegsmarinen im Jahre 1894. 
(Forts, und Schluf».) Italien, Deutschland, Rufsland, Niederlande, Däne- 
mark, Schweden. Norwegen, Griechtinland, Rumänieu, Bulgarien. Türkei etc 

— Das neue Klswick 8"er (203 mm) SclmellfeuergeschütÄ (mit Abltildungi'u;. 

— Die frana^sischen Küstenverteidigungs-Panzersclüffe „Bouvines" und 
„Jemmapea'* (mit Abbildungen). — Ein Falirzeug mit Gbamotor. 

Axmj and Navy Gasette. Hr. 1888; „Der Nord-Ost-See-Kanal<\ 
nennt denselben das hervorragendste maritime Ereignifa des Jahres 1895 
nnd bespricht seine Bedeutung für Deutschland und die übrijren Staaten. 

— Holland hat zwei neue Pauzerdeck.s-Kreuzer auf eigenfn Werften in 
Bau gegeben von 3 — 4000 t Deplacement. — Die Hede de« franz. Marine- 
minialers, Adm. Beanard, gelegentlich dee Budgets wird besprochen nnd 
die i nteroBsa ate ÄnJIwrung desselben hervoxgehoben, dafe Frankreicfa 41% 
seiner Sebiffe in Dieoat bat; England 47%, Italien 76«/q, DentaeMand 
8S*/oi Öt^amieli 88%, Rußland 97% nnd die Ver, Staaten von Amerika 



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Unuchau in dar Militir-Iilleiatiiu'. 



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lO^/o- Nr. 1839: „The uaval liotitcnants", eine Klnj:^«' ü])er dm Mfmtrd in 
dieser Cbarge. — Adm. Colouib hat in eiueiu Ai-tikel in der „North Ainer. 
Review** seine Aiunehten niGauiteii elnerToipedoboetsiliyttille ausgesprochen, 
die quan die Flotte der PansencluffiB enetsen könne. Es ist das nm fo 
MTimderbarer, als der engl. Torpedobootszerstörer, auf dessen Leistungs- 
fkhigkeit er seine Ansichten aufbaut, der minderwertigste Schifl^typ der 
englischen Marine ist. — Verteilung der en{;n«t h< Ti in Dienst befindlichen 
Schiffe. Hr. 1840: Wasserrohrkcssel. — Angaben über die neu zu bauenden 
engl. Kreuaer I. Kl. — Der neue l'rauis. Kreuzer „Cliatiselonp-Laubat*' hat 
nur 18.7 sm. erreicht, statt der kontraktmälngen 19,25. — In England sind 
„Talbot'S Eremer II. Kl., nnd „Phttaiz", „Slonp**, vom Stapel gelaufen. 
Hr. Utt: Die Leistnngsfidiigkeit der Kreuaer. — In Tokoluuna ist ein neuer 
Kreuzer ,^uma" vom Stapel gelaufen. — „Die Entwickelung des Kreuzers", 
eine interej^^nTitp Ubersicht seit dem Jahre 18fi0. - Die KriegsscliifTo im 
fernen Osten. Nr. 1842: ..(Jrofsbritannien und Japan", eine der wenigen 
ätinimen, die den Nicht'An.schluiH Kiigluudü an Kufslaiids, Deutschlands 
und Frankreichs Protest verurteilen. — Etwas über Distanzmessung in der 
Taln-achladit und die Operatienen gen Wei-hai-Wei. — Ungttnstigee fiker 
frans. Torpedoboote. 

The Journal of the Royal Unitod Service Institution. Kr. 206: 
Sir George Kooke, admiral of the flcet, von Prof I>aughton. — Die Er- 
öffnungsrede von Sir Kicli. Teinple Uber die ^^el9eitige Berufsausbildung, 
welche der britisclie Ullizier bedarf, zugleich ein guter Uberblick über die 
heutige Weltlage. — Über die jttugsten Eriuhruiigen , Flüsse zu über- 
sefareitaii und Trappen an landen. — Zosammenlegliare Boote und Pontons 
ftar militKruebe Zweeke (mit Abbtldongen). — Die hydranlisclien Laffi&ten 
franaMeber Sebifie. (ÜbeiMtaang). 

Amy and Navy Journal. Nr. 1051: Ausstellung von Hafcn- 
verteidig'uitr-^initteln. (11. April in Sandy Ilook.) — r^ür Scblacbtscliifre'', 
Bericht über <lie 8chiefsversuche gegen Panzerplatten im Marz und April 
dieses Jahres. Hr. 1652: Neue Armee-Uniform in den Yer. Staaten, mit 
Abbild. — Pläne für die neu zu bauenden amerikanibchen Kanonenboote 
nnd Toipedoboote. — Ameiikaniseher Ursprung der Doppel- nnd Drei- 
Schranbenschiffe. — Lduren der Yalu-Scblacht. Vr. 1608: Moderne Kriegs- 
schiffe^ eine ZusammensteUnng der auf der Versammlung der Marine* 
Ingenieure in London, von Brassey, White und Colomb gemachten 
Anfseningen, — Vergleich des chinesischen und ja}»ani><<"]i»'i'i Sf.ldatcn. — 
Comdr. Bainbrigde-Hoff Isnt ein Buch über Scetaktik ricrausgegeben. — 
Prtifung von Panzerplaiteu. — Wellenbewegung im Wasser. — i-^ngiands 
Torpedoboote. Mr. 1664: Rfibmliehes ftber Camegfo-Harvej'Fluiserplattea. — 
Die neue Annee-Uniforro in den Ver. Staaten, mit Abbildung. Über- 
legenheit des DreischraubenachiCfes: „Minneapolis** in Adm. M^ade*s 
Qesehwader. Hr. 1656: Experimente mit dnr Kolanufs in der amerikanisehen 
Armee. — Kricgsscenen in China. — Von den sechs bewilligten Kanonen- 
booten der Ver.-Ötaat.-Marine werd» n vh-r als EinschraubeuschitJe mit 
voller Takelage, zwei als Zweischraubeiibuhitle oime Takelage gebaut. 



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(Jnuehau in der Militär- Litteratur. 



Nr. 1656: AJuürui iiamsay Ubenmumt deu Bei'elil über dm uacli Kiel 
tMfl&nmt» ametikaninshe G«Be1iwader an Adm. Ueade*« Stene, der sieh 
mit dem Hannemhiiflter aberworfim hat. — * Bas Mar.-lfinitteriiim ver- 

öifontlicht den Fall Meadc. — Das Krag- Jörgeneen - Gewehr. — Probat 
eebiefsen gegen die für , Oregon'* bestimmten (^arnef^io-Panzerplatten. 

Revue maritime et coloiiiale. Mär/, 1895. Die „Volta*' in China 
und Toukin. (188^—1885.) Forts, u. Schhiü. Naval Wartare, eine 
kritische Besprechung des Werkes des Koutre-Aduurui Uolomb. — Angriö' 
der biasilian&Bdien KegieningHtorpcdoboote auf den Pamer ^Aquidaban** 
in der Naebt rem 15. auf den 16. April 1894, die erste atufttbrliche 
Damtellnng di^es Angriffs mit mehreren Skinsen. Die Nutzbarmachang 
der Photographie f&r die Hydrographie. — Beschreibung und Wirkungsweise 
der liyrlratilischen Apparat© an den franz. 31 cm Kanonen M/87 im 
goschlos^PTipn 'riiurni (Forts). ■ — Bericlit über die Methoden zur Erkennung 
von getalschtem Olivenöl (öchlofs). — Unter Chronik: Das Budget der 
schwedischen Marino für 1895. — Der umgebaute „Dandalo" aus riv, mar. — 
Untere Seefischerei: Der Nntien der Kessniigen der Diehtigkeit des Wassers. 

BiTiSto Mmrittin«. Vr.4: Englisehe Kohle in Italien. Über die 
Anwendung des Dynamometci-s Lei der Triebkraft der Schiffe. — Die 
Schifffahrt zum Vergnügen; I. der Ursprung des Yachting (mit Abbildungen 
alter Yaclits). — Seestrategie. — Die Kriegsmarine Ooaimo J, etc. (Forts.). 
— Die Madagascar-Frage (Schluis). 

lY. Venetohnib der zur Bespreelrang eingegangenen Meher. 

1. y« Ii5bell*s Jahresberlekte über die Terlnderangen und Fort- 
eehlltte im HliitSnresen. XXI. Jahrgang: 1894. Unter Mitwirknng 

mehrerer Offiziere herausgopreben %'nn v. Pelet - Narbonne, General- 
lieutenant z. D. Mit 5 Skizzen im Text. Berlin. E. S. Mittler & S. Preis 
10 AI., p'IhI. 11.50 M. 

2. Der Patrouilleutuhrer. Fort«etzuug der praktinehcn Anleitung 
aar Ausbildung der Kompagnie im Felddieost. Für deu jungen Offixier 
und Unteroffiaier. Von Hans Frbr. Aeitsenstein» Oberstlt. a. D. 
Dritte Aufkge. Berrlin 1895. E. S. Mittler «Sc S. Preis 1,50 M. 

3. Der General der Infanterie v. Uinderein. Ein BUd seines 
Lebens und Wirkens, bearbeitet von Bnrtoiomaens, Pr.- Lieutenant. 
Berlin 1895. E. S. Mittler «Sc S. Preis 6Ü 

4. Russisches Lese- und Übungsbuch unter besonderer Berttck- 
sichtigung des Kriegswesens. Herausgegeben und mit Aeoenten ver- 
sehen Ton Dr. B. Palm, Erste Lieferung. Berlin 1895. E. S. Mittler AS. 
Preis 1,20 M. 

& Taktische Entschlüsse und Befehle. Studie an den Operationen 

einer selbststündigen l)i\'ision, nach einer auf der köni^rliclu'n Krie^'s- 
Akademie gestellten Aufgabe, von A. Baddecke, Hauptmann. Berlin 1895. 
E. S. Mittler Ä S. Preis 3 M. 

6. Bihiiüthccu lüi>türicu-milit4iris. S^steutaiische Uben»iciit der 



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UmflchAU ia der Militär- litteratur. 



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ErBcheinungeD aller Spmdien «af dem Oebiete der Oesduobte der Kriege 
nnd Kriegswimensebalt seit Erfindung der BnehdruckerkQnBt bb snm SchlnlSi 
des Jahres 1880. Von Dr. Joh. Pobler. III. Band. Heft 5. Cfteael 1895. 
Ferd. Kessler'» Verlag. Preis 8 M. 

7. Tteitrnfi: zur Instruktion über Verhaftungen und WalTen- 
gebraueh. Von Km^^e, UanptmaDn. 5. Aai'lage. Leipzig 1895. Zuck- 
schwerdt & Mösclike. Preis 40 P%. 

8. Napoleon I. in BÜd und Wort, mit ea. 500 TextUlustrationen, 
YoHbildertafiBln, Kanikatoren und Antogrophen. Kaeh den berttbmteeten 
Halem^ BUdhauem und Stechern von Armand Dayot, tkbertragen von 
O. Marschall von Bieberstein. 1. Licfemng. Leipzig 1895. H, Schmidt 
und r. Oiintlier. Preis pr^ Tjcforung 60 Pfg. 

9. Taschenbuch für k. uiui k. Artillprie-Offlziero vou A. Kor'/en, 
k. und k. IXauptmann. Mit 16 lithographirteu Tatein. Zweite Aullage. 
Wien 1895. Im Selbstrerkge. In Kommission bei L. W. Seidel & S. 

10. CiMcliiehte der EzplosiTBtoffe von 8. J. Romoeki. I. Ge- 
schickte der Sprengstofiehemie« der Sprengtechnik nnd des Torpedowesena 
hin zum Beginn der neuesten Z^It. Mit einer Kintiihrang von Dr. Max 
Jähns, Oberstlieutcnant a. T). yih vii lrn Reproduktionen von nlten llaml- 
scliriftoii. Malereien, Stichen u. ». w. Berlin 1895. K. Oppenheim (G. Schmidt). 
Pnjib br.uli. 12 M., geh. 14.50 M. 

11. Taktische Eigentümlichkeiten der Russischen Armee. Von 
Max Caieseris von Bacsdny, k. n. k. Hauptmann im C^eralstabskorps. 
Separatabdruck aus „Minerva", iUtiBtr. milit-wissenaehaftliche Zeitschrift 
1896. Wien 1895. Kreisel und Gröger. 

12. Vniformenkunde. J-iose Blfitter znr Geschichte der Entwiikdunp^ 
der militfirischen Tracht. HerauH<re»reh<>n. jrezeichnet nnd mit kurzem Texte 
vprsehen von Richard KnöteL Band VI. lieft 4. Rathenow. M. Babenzien. 
l'reib 1,50 M. 

18. Heldenthaten des XII. (sachsisehen) ArmeekoTpe In Kriege 
1870/71. Zusammengestellt von R. Dahling^er. Leipaig. K.Wdildeder. 

Prds 50 Pfg. 

14. Uraiimiillcr*s Militärische Taschenbücher. Bd. 8: Ar- 
tilleristisches Taschenbuch von A. Dolleczek, k. u. k. Hauptmann. 
Mit 8 Figuren int Text. Hd. 4: Schule der Schwimmknnst. Für 
Lehrer und iiernende verlaist von J. Himmel. Mit lÜ'J Figiuen im Texte. 
— Wien nnd Leipzig 1895. W. Braumidier. Preis je 2,50 M. 

16. üe^OBS d'artillerie, conformes au programme de T&iole militaire 
de rartiUerie et du i:^nu' de Versailles. Par. E. Girardon. Avec 209 figures 
dans le texte. Paris-Nancy 1895. Berger-Levrault et Cie. Preis 7.50 fr. 

Ans dem Verlage der K. Hofbuchhandlnng £. S. Mittler & S. 
empfint^*^7i wir terner: 

Iii. üriegslebren iu kriegsgeschichtlicheu Beispielen der Neu- 
selt* Von W. v, Seherff, General d. Inf. a. D. Drittes Heft. Betrach- 
tungen fiber die Schlacht von Gravelotte— 8t. Privat. Hit 2 Plänen in 
Stehidmck und 1 Textskiaae. Preis 6»50 H. 



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Umschau in der Müitär-Iitterator. 



17. GeseMelite des Aakaltlseheii Infanterie-Regimeiita Nr. 91 

Auf YeninUumiiig des ktfnigl. Begiments bearbdtet von Kfister, Hattpt> 
mann, '/weiter Teil. Mit einem Titelbild, einem Unifonnbikle sowie der 
Ansicht der KascnitMi Dossan, BomburL' nnd Zerbst. Preis 7,50 M. 

18. Das Majfdebur^ischc! Füsilier- Regiment Nr. 36 seit seiner 
Entstehung bis zinn .Tnlire 1886. Im Auttrafro des Ht'^unentH bc;irl»citPt 
von Dalitz, Uauptiuaun. Nebst einem Naclitrag, diu Jalire 188Ö bis 
umfimead. Zweite Auflage. Preis 7,60 H. 

19. OeMkiokte des Infiuiterle-BiBglttejiCs Togel tob Falekm« 
stein (7. Westföliaches) Nr. 56. Auf Veranlaaewig des Regimente in kurzer 
Darstellung bearbeitet ffir die Uuteroffiaiere und Mannschaften. Zweite 
Auflage. Mit 4 Hil ^nissen und 6 Skizzen im Text Preis 1 M. 

20. Studier] til»er FeUldienst. Neu bearbeitet auf Grund (h^r Feld- 
dienst-Ordnung vom 20. Juli 1894. Von J. v. Verdy du Vernois. Erstes 
Heft: Selbetständige Kavallerie, Vorposten derselben nnd gemischte Vor- 
posten. Vierte Auflage der ,,Stndien Uber den Felddienat*'. Preis 2,50 M. 

81. Geaeral-Feldmanekall Frledriok jUopold Graf t. Oessler. 
Ein Lebensbild. Veiftlkt von Dr. pbil. H. Gruber. Mit einem Büdnilk 
PreiH in ]»f- 

22. A. T. Mahan. Der Einllul's der Seemacht auf die (iieschichte. 
In Übersetzung herausgegeben von der Kedaktion der Marine iiundscUau. 
Erste und zweite Lieferung. Vollständig in 12 Lieferungen. Treis des 
vollst. Werkes 12,50 M. 

88. Rwlseh ffir Offlxiere. Ftaktiaches Lebrbneb der nusiseben 
Sprache. Von W. Pohl, TTaoptmann. Zweite Lieferung. Preis 1 M. 

24. Dislokations-Karten der gesammten inMiseben Armee 

(2 Blatt) und tabellarische Übersichten der Einteilunfc der russischen Armee 
in Europa und in Asien. Entworfen von Bobor, llanjitmann. Preis 3 M. 

25. Omnia meeum porte. Manöver-Kalender für die Infanterie, zu- 



XII, Jahrgang. 1S96. Mets. G.Scriba. 



ÜraekllslilecwBerlebtigongt 

Junihefi 1895. S. 294, Z. 5 v. o.: statt allmöglich — allnftchtlich. 

la dem Aufsatze „Krzherzog Albreclit und ibe österreichische Wehrmacht" ist 
S. '299 Z. 13 V. u. statt „Kric^rsniinister Tiiiudon" — ^Kriegsme Ister 
Luadüu^ und auch an andern ätellen Loudon statt Laudou zu lesen. 




Kriegsspiel nnd taktische Arbeiten. 



Kroll' 



• Uu«;h<irucker«l, Herlin 8., KobastiMititruiui 76. 



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Der Parteigänger Friedrich von Edlwig 

und Beine Streifzfige, 
im krie^sgesohiohtlichen Zusammenliaiige betraohtet 

Ein Beitrag rar Geschichte des kleinen Krieges in den Jahren 1792 

bis 1814. 

Hans Eal»rkiii% ObentUentenant a. D. 
(F<HrtB«Cniiig*). 

Tlerter Absclmitt. 

Zusammenwirken mit dem 3. Armee-Korps vom 
16. August bis 8. Oktober. 

1. Bifl Grof^-Beeren, 28. August. 

Die allgemeine La^e der Verbündeten hatte sich während des 
Waffenstillstandes durcli Beitritt Österreichs zum Bunde wesentlich 
verändert. Der für das Zusammenwirken ihrer Heere aufgestellte 
Tradicnberger Operationsplan bestimmte für die uns besonders inter- 
essirende Nordarmee folgendes: 

„Die Amee des Exonprinzen von Schweden tt&t 15—20000 Mann 
gegen die Dünen nnd Franzosen , Lübeck und Hambiirg gegenüber» 
ateben und Tersammelt steh, etwa 70000 Mann stark, in der Gegend 
Ten Treuenbrietsoi, nm beim Ablauf des Waffenstülstands an die 
Elbe ▼onnigeben, diesen Fbük aswischen Toigan und Magdebnig ra 
fiberaehreiten und die Direktion auf Leipzig einzuschlagen.* 

In der That hatte der hier in Betiaebt konunende Teil der 
Kordarmee bei Ablauf des Waffenstillstands eine Stirke von über 
132 000 Mann ^ und stand mit der 29 500 Mann starken schwedischen 
Armee in dem Viereck Spandau- Oranienburg-Potsdam-Nanen, mit dem 
29 000 Mann (einschlielslich 2600 Kasaken) starken russischen Korpe 
Wintzingerode im Dreieck Potsdam-Brandenburg-Treuenbrietzen, Vom 
4. preufsischen Korps (Oenerallientenant Graf von Tauentzien) standen 

*) Siehe das Januar^ bis Jonihelt 1806. 

Die Starkezahlen nach Qu. mit Abrundung; hierbei ist WsUmoden's 
Korps unberücksichtigt gelassen. 



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122 



Der Parteigäuger Friedrich von Ueilwig etxj. 



an der Oder zwischen Frankfurt und Erossen 7600 Mann unter 
Generalmiyor v. Wobeaer, femer die Reeerve^Dmaon unter General* 
nuyor Dobachtttz, 12 000 Mann zirisehen Berlin und Freienwalde, 
14 000 Hann nnter Generallietttenant y. Hiraohfeld bei Gwtfain rar 
Beobachtung Magdeburgs; endlieh kantonirte daa 3. prenJsiache Armee- 
korps unter GeneEaSieatanant r. Biibw um Beriin nnd Potsdam und 
südlich davoin> 407« Bataillone, 42 Schwadronen, 80 preulsische und 
22 schwere nissische Geschütze, 3 Kasaken-Regimenter, 40 015 Mann 
stark*). Von letzterem war die Division lliümen auf der Strafte 
Trehhin-Jüterbogki die Dirision Bor stell nach Mittenwalde und auf 
den drei Strafsen von Zossen nach liaruth, von Mittenwalde auf 
Baruth und von Königs-Wusterhausen über Buchholz nach Lübben 
vorgeschoben; beide hatten Vorposten gegen die Abgreozungsliiiie 
au^estellt. 

Von den Vorposten der Division Thümen, welcher llellwig's Streif- 
korps vom IG. August au zugeteilt war, stand 1 Bataillon weit vor- 
wärts zur Besetzung von Luckenwalde und Kloster Zinna, zu dessen 
Auliiuhme Oberst Bychalow's Easaken am Abschnitt des Mühleufliefses 
von Scharfenbrück bis Berkenbrück und Hennigkendorf und 2 Kom- 
pagnien in Trebbin aufgestellt waren. Der Hauptteil der Division 
* be&ad aidi im Hüttenlager von Thyrow, nördlich Trebbin; links and 
rechts davon waren die Nnllieftbergänge von Nunsdorf bis Baum- 
gartenbrUck an der Havel mit 2Vt Bataillonen besetzt 

links im Anschluls an ThÜmen's Vorposten lief die äulserste 
Linie derer Borstell^s von Sperenberg Uber den Neuendorfer See, 
Kenhof, Jacfazenbriick, Kenendorf, Tornow, Halbe, Kiansnick, Wasser- 
bnig nnd Lelboch zur Spree. Dieser Hüls selbst wurde nach dem 
äufsersten linken Flügel hin durch zwei besondere VorpoBtenabteilungen 
bewacht. Der Hauptteil der Division lagerte zwischen Gr. -Machnow 
nnd fiagow und hatte die Städte Mittenwalde, Zossen, König^-Wnstsr- 
hausen und Storkow besetzt. 

Die nähere Aufstellung der Vorposten der zwischen Belitz und 
Treueubrietzen stehenden russischen Truppen rechts von Division 
Thümen ist nicht festzustellen; in jedem dieser beiden Orte stand ein 
Kasaken-Regiment des Oberst von Loewenstem, welchem vom Feinde 
bekannt war, dafs die Hauptki'äfte der aus anTCblich 3 Reiter-Regi- • 
mentem bestehenden polnischen Division Dombruwski in Jüterbogk, 
ein starker polnischer Ulanenposten vom 4. Re^ment (Obei-st Okolski) 
in Brück ständen. Loewenstem war dem Grafen Orurk unterstellt, 
dessen und Tschcmischew's leichte Truppen, 8 — 9000 Mann and 

^) PLn. 8.122. 



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Der Paiteigänger Friedridi von Hellwig etc. 



123 



1 7 Geschütze, uüt der Reiterei zwischen Mahmitz und Lehnin, mit 
der liiiantorie zwischen hier und Rödel standen. Eine KasakenÜnie 
zog sich von Bclzig über Gürtzke, Loburg uud Gommern zur Elbe^). 

Im Waffenstillstand hatten die Vorposten des 3. Armeekorps in 
Erfahrung gebracht, d&fs feindliche L&ger an der sSchsiseh-preuMechen 
Grenae bd Füistenberg am Unken Odemfer, bei Friedland* sfidHch 
Beeskow, lieberoee, Lübbeni Lübbenau mit Standquartieren um 
Guben, Kottbus und Luckau sich befitndcoi, dala Manchall Victor die 
gegen die Oder, Oudinot die gegen die Hark au^eetellten IVnppen 
befehligte. Französbche Bewq^nngen auf Guben vom 11. August er- 
weckten bei den preulaischen Generalen die Aneicibt vom Abmanoh 
der Franzosen nach der Ober-Lausitz und daher T<»1 der Notwendigkeit 
einer sofortigen Offensive der Nordarmee ttbffir die sächsische Grenze. 
Andererseits glaubte der Kronprinx vielmehr an ein Vorgehen Nar 
poleon's persönlich gegen ihn und wagte daher seineiseits keine all- 
gemeine Vorwärtsbewegung. — 

Napoleon hatte dem Marschall Oudinot am 13. August das 
4. Korps Bertrnnd zu Sprottau, das 7. Rc^'Ilier zu Görlitz und das 
3. Kavaliiiiie-ivorps Arriirhi zu Leipzig unterstellt und ihm den Auf- 
trag gegeben, er sollte mit diesen und seinem eigenen bei Dahme 
und Luckau steheuden 12. Korps, zusammen 70—75 OCH) Mann, „den 
Feind rasch zurückwerfen, BerUn einnehmen, die Einwobn i [ nt- 
waffnen, die Landwehr und die ganze Masse schlechter iSuldateü zer- 
streuen')." Der einzige Zweck des Kaisers sei, Oudinot's Operationen 
mit der Groden Armee zu decken und die öeterreiehiwhe und 
russiBche Armee in Schach zu halten. Daraos folge, wie wichtig es 
sei, dab er am 18. August in Feindes Land und den 21. oder 22. 
▼or Berlin stehe. 

Oudinot Tsnammelte daher das 12. Korps am 15. bei Baruth, 
wo das in zwd Heersäulen über Senfitenberg und Spremberg, Kalau, 
liuckau herbeieilende 7., ebenso wie das von Sprottau kommende 4. 
erst am 18. eintreffen konnten. Das Korps Arrighi war zum gröfsten 
Teil am 17. bei Dahme vereinigt. Durch diese Märsche hatte Oudinot 

• die beiden ersten Tage nach Ablauf des WafiEenstillstands, den 17. 
und 18., verloren. Seine Armee bestand aus einem bunten Gemisch 

• aller Völkerschaften : das 4. Korps, 240ütj Mann, 72 Geschütze stark^), 
umfafste 1 französische, 1 italienische, 1 württembergische Infanterie- 
Division und 1 württembergischc leichte Reiter -Brigade; das 7., 
20 480 Mann und 68 Geschütze, 1 französische, 2 sächsische In£anterie- 



') Qu. I. 8. 83. - ^; N. A. 1. S. 179, 180. — Diese Zahlen sind N. A. 1. 

S. 1^ entuouiuieu. 



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1S4 



Der Parteigänger Piiedikdi yon HeUwig ete. 



DmBioneii und 1 leichte aftchaacheBeiter-Brigafde; das 12., 18782 Hami 
und 58 Geeobütae, 2 fraozönadie und 1 bayeiiBclie Infimterie-Binnon 
und 1 ImyenBcbe lachte BeiteivBngiide; das 3. EaTalkrie-Korpa des 

Herzogs von Padua, 7500 Mann und 9 Geschütze, 1 schwere und 
2 leichte französische Divisionen, von denen geeagt wird*): ^aie waren 
vortrefflkJi beritten und hatten das Aussehen einer 
Strrätmasse. Da jedoch sämmtliche Regimenter derselben nur aua 
Konskribirten bestanden, welche noch nie einen Feind gesehen hatten, 
so brachte jede Ersi-lioiming des letzteren, besonders aber die der 
Kasaken, meist Verwirrung in ihre Reihen. Es kam daher auch 
während dieses Feldzuges so weit, duls endlich nie mehr die fran- 
zösische Reiterei Oudinot's zum Vorp ostendienst verwendet wurde. 
Vielmehr war es das Fufsvolk, welches bei allen Gelegenheiten die 
hinter sich aufgestellte Reiterei beschützen mufste," 

Endlich ist hierbei uoch die polnische Division Dombrowski zu er- 
wähnen, zum Korps des Generals Girard gehörend, welchem die Auf- 
gabe oblag, als Zwischenkoipa awiidien Oudinot und Davouat ^ 
Hanibuig) zu dienen und die Festungen Magdeburg und Wittenberg su 
decken. Ondinot war ermächtigt, dem General Dombrowski die Stettung 
anzubefehlen, weldie er zur Sicherung seiner Verbindungen zwiaehen 
seiner Armee und Witienbeig einzunehmen habe; seine Division bestand 
aus den Besten vieler polniachen Regimenter, die zu 4 Bataillonen, 
2 U]anen*Beginu»ntem und 1 Batterie, etwa 3800 Mann mit 1200 Pferden 
zusammengestellt waren'). Die beiden Reiter-Regimenter waren vorzi^s- 
weise iUchtig, auch wenigstens seit Beginn des Jahres im Besitz ihrer 
Pferde»). 

Mit einer allgemeinen grofaen Aufklärung der gesammten Vorposten- 
Reiterei, welche in der Mitternachtsstundc zum 17. die Abgrenzungs- 
linie überschreiten sollte, gedachte der Kronprinz von Schweden den 
"Wiederbeginn des Krieges einzuleiten. Wintzingerode sollte in der 
Richtung auf Zerbst und Jüterbogk, Bülow auf Banith aufklaren. 
Wie schon erwähnt, wurde das Ilellwig'sche Streükorps am 16. 
dem General Thümen überwiesen, um bei dieser Aufklärung verwendet 
zu werden. HeUwig bullte aus seinen Standquartieren bei Loewenbruch, ' 
Gr.-Beeren, Glasow und Gegend über Trebbin und Schöneweide auf 
Bamth vorgehen. Aber der BefeU kam zu spät in seine Hände^), er 
konnte erst Abends, von seiner In&nterie langsamer gefolgt, aufbrechen 
und bei der wdten Entfemung seiner Unterknnflsorte von der Grenze 
^ un Ifittemacht durdi Trebbin manchiren, von wo er bis Bamtii 



^) Völd. rv. S. 142 - ^ Qa. 1. S.16a - ^ Bbd.S.lfl8w - *) ThOmea's 
Tagebuch iit Kr. A. I. £. 76. Bl. 6& 



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Der Fuidgisger Friedrich na HeUwig etc. 125 



nodi 4 HflUeii xnrBokziilegen hatte. HeUwig kun dalier erat am hellen 
Tag^ AngesiehtB der feindlichen Vorposten am Hfihlenfüefs, Vt MtSLe 
Tor Barnih an; von einem Überfall konnte nidit mehr die Rede sein, 
um so weniger als er übraall einen überlegenen Gegner vor sich fand. 
Seine Streif(ni konnten nur melden, dafs westiüch der Stadt am Siid- 
rande des Bruchs in Lino ein feindlicher Reiterposten stände und das 
nahe £rr>len;ene Sdiöbcndorf von Infanterie besetzt wäre; ersterer wurde 
auf '2iKK) rfeiilo. letztere auf 2—3000 Mann angegeben 

Die von Thümen nach Jiiterbogk vorgeschickten Kasaken unter 
Oberst Bychalow, denen sich Lieutenant Viebig mit 20 Hellwig'schen 
Husaren hatte anschliefsen müssen, fanden die Stadt unbesetzt, Viebig 
machte 2 Gefangene. Mehr Erfolg hatten Borsteirs Aufklärungen. 
Fünf Minuten nach Mittemacht liefs er die ganze WalJBtellung von 
Baruth nebst den Dörfern Zesch, Mückendorf, Domswalde und Briesen 
so glücklich überfallen, dafs mehrere bayerische Reiterfeldwachen auf- 
gehoben, einige Schwadronen TöQig zersprengt und 1 hayerischer 
Ohent, 4 Offiziere, 146 üann nnd 70 Pferde su Gefitngenen gemacht 
Warden^). Er stellte die Versammlung von 25 — 30000 Mann unter 
Ondinot bei Bamth fest und erfuhr au&erdem, dab daselbst unter 
seinem BeföU ein Heer von 70000 Hann snsammengeEogen werden 
sollte. Auch dem Lieutenant Graf Wedel» TOn Wobeser's Yortruppea 
gelang es, bei LUbben 3 Qffiaere und 50 Mann gefimgen su nehmen. 

Auf dem äulsersten rediten Flügel hatte sich die Kasaken-Brigade 
Prendel von Golzow auf Loburg, des Grafen Omrk Vorhut über Beizig 
und Brück in Bewegung gesetzt; in dem unbesetiten Belzig blieb 
Winzingerode; einige Meilen auf Wittenbei|[ zu stiefs man auf 
polnische Tmppen. Nach Jüterbogk war Loewenstem in der Nacht 
abgerückt und hatte, als er es von den Polen kurz zuvor verlassen 
fand, von Wintzingerode den Befehl erhalten, den Kaiser Napoleon, 
der nach einer Nachricht unter schwfirhor Bedeckung nach Baruth 
unterwegs sein sollte, aufzuheben Loewenstem mufst^j die Verbindungen 
Oudinot's mit Wittenberg und Tori^'iiii durchschneiden und wandte sich 
zunächst von Jüterbogk über Roiirbeck auf Schweinitz. Unterwe^ 
überritt er bei Oehna ein feindliches, im Marsch befindliche Bataillon 
und machte 300 Gefangene'), die er nach Belitz schickte. Auf dem 
weiteren Marsche nach Herzberg hob er noch 130 unbewafifnete 
Infanteristen auf und erfuhr dort am folgenden Tage durch einen 
aufgefangenen Kourier, dafs Napoleon nach Schlesien abgereist sei. 

DasQeflammteTgebnüs dieser Erkundungen war nicht unwichtig, denn 
es gab dem Kronprinzen Gewühheit Uber die Anfttelhing der Feinde 

>> W«jll9.p.8Q.-^Qu.LS.a06nnd«8. 



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126 



Der Parteiginger Friedrich von Uellwig etc. 



und brachto ihm die NachricTit von ihror Zusammenziehuiig bei Banith 
in der Stärke von 70000 Mann unter Oudinot's Oberbefehl, was auf 
die Absicht nnjirififs weisen Vorgehens deutete. Die Nordarmee stand 
an clicseui 'i aj^e mit dem russischen Korps bei Spandau, den Öchwcden 
bei Cbarlottenburg, 2 preufsischen Dirisionen des 3. Armeekorps vor dem 
HaUwehen Thore Ber&is und der preiilaiscbeQ BeMTfe-KafaUeri« um 
Selchow. 

Nach der AuiUäruxig nabinThttmeii Änderungen in seiner VoipoBten.- 
aufeteUnng ?or; er zog das nadi LackenwaJde und Kloeler 2Snna vor- 
geschobene FüsUier-Batafllon Kempben aus dieser gefiüirdeten StaUimg 
durch die Kasakenlinie bei Scharf enbrttck als Rückhalt für diese naofa 

den südlich Trebbin gelegenen Dörfern Cliestow, Schul^rondor^ Lüders- 
dorf und Christinendoif zurück. Hcllwig's Streifkorps erhielt nach 
seiner Rückkehr vom Baruther Mühkoflieis Befehl, in Lüdersdorf und 
Gadsdorf Thümen's Linke gegen Cummersdorf und Speerenberg zu 
sichorn. Ihm dienten 2 Offiziere 60 Mann des Bataillons Kemphen in 
in Lüdersdorf als Rückhalt, von flfiKMi er den Wald sowohl in der 
vorgeschriebenen Richtung als auch nach 8chunewei(lo iind Scharfen- 
brück durchstreiten liefs. In letzterer Örtlichkeit war mit den Kasaken 
Lieutenant Viebig mit 20 Husaren zurückgeblieben. Die Kasaken 
hielten auch Berkenbrück und Honnigkendorf besetzt. Allen Vorposten 
hatte Tluuneii eingeschärft, den Feind unausgesetzt im Auge zu be- 
halten und von jeder Bewegung, Verstärkung und Verminderung 
Heidung zu erstatten. Im Besonderen sollte Hellwig den Feind in 
Line näher beobachten und melden, ob nicht Nachts etwas gegen üm 
m unternehmen sei, wobei dann die Kasaken und Batainim Kemphen 
mitwirken sollten^). Nach Bülow's Ansicht standen die Vorposten zu 
weit rückwärts; er ordnete an, dals am 18. BychaloVs Kasaken nach 
Loekenwalde und Frankenförde, Hellwig's Husaren bis Speerenbelg 
nnd Schöne weide vorgehen sollten. 

Am 18. Vormittags 11 Uhr rückte Graf Orurk mit 800 Kasaken 
der Brigade Ilowaiskj IV. durch Trebbin, um auf Wintzii^erode's 
Geheifa über Lüdersdorf und Schöneweide vorzugehen, während f^eich-* 
zeitig von .Tiiterbogk 2 Pulks gejq:en Lino vordrangen. Da er den 
General 'i'hiiraen um Mitwirkung bat, befahl dieser Hellwig, „soweit 
CS mit Vorsicht geschehen könne, an diesem Unternehmen Teil zu 
nehmen ^y.** Weil teilt mit'), dah die Reiterei der pnlnipohon Hivision 
Dombrowski, 3 Regimenter {?), die Kasaken und die leichte Ki itt iei 
der Verbündeten auf Vorposten angegriffen und nach einigen zieuilicli 
unwebentUcheu Zusaumieustöfsen bis hinter Jüterbogk, Beizig und 

Kr.A.m.G.58LB1.55. - *) Ebd.Bl.68.- •) Weai8.p.86. 



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Der FirtdgSoger FUedrleli toh Helhvi; eto. 



127 



Zerbst zurückgeworfen hätte. Auf der Helhvig'srhen Seite wurde von 
einem solchen Vorgehen riclits wahrgenommen, er rückte vielmehr 
mit seinen Vorf>ostcn bis Ciimmeredorf und Schöneweide vor, scheint 
sie aber, nach sciiem 'ragebueh, am Abend wieder nach Tiüdersdorf 
zurückgezogen zu haben. Bychalow's Kasakei^ wurden bis Luckenwalde 
und Frankenfördo vorgeschoben. 

Um die im Felddienst noch völlig unausgebildeten Mannschaften 
des Pomiuerschen National -Kavallerie -Regiments lutrin y.u. schulen, 
hatte Thümen die Einriditung getroffen, dafs täglich 100 Pferde 
desselbeE mit ^ständiger AbUteong dem Streifkorps Helhrig'e bd- 
gegel)en wurden, imi zusammen mit den Hnsaien zn Voxposten nnd 
Patroninen gegen den Feind gebraucM zu werden. — 

In der Absicht, sich auf seine Ebrapt-Operationfllime Wittenberg- 
Jüterbogk-Lackenwalde zu setzen, begann Oudinot am 19. seine 
YonrSrtsbewegang mit einem teilweisen Linksalnttancb, wodurch das 
12. Korps und 3. Reiterkorps als linker Flügel nach Luckenwalde, 
das 7. Korps als Mitte mit der 2. sächsichen Dtfision nach Schöneweide, 
der 1. nach Schönefeld, der Division Durutte nach Galtow kam; 
zwischen beiden Koips entstand dadurch bei Lino eine sehr hemmende 
Marschkreuzung; das 4. Korps bildete westlich Baruth den rechten 
Flügel. Bei Schönefcld kam es zu Plänkeleien mit den Kasaken, 
welche his Scharfenbriick zurückgincr^^n Auf die Meldungen vom 
Vordringen des Feindes über Dümdc auf Luckenwalde befahl Thümen 
dem Oberst Bvchalow, seine Kasaken zusammenzuziehen und den 
Feind weiter zu beohachton; ilollwig sollte sich mit einem Teil seines 
Küips rechts wenden und den Gegner von dieser Seite im Auge be- 
halten. Mit der Absicht, die feindlichen Vorposten zu übemimpeln, 
bis an die Oberförstorci bei Cummersdorf vorgegangen, wurde Hellwig 
Naclimittags 5 Uhr von feindlicher Infanterie und Reiterei bei Schöne- 
weide und Speerenberg angegriffeu nnd muiste nach einem kleinen 
Znsammenstofe ver der Übermacht des Tcnrdnngendeii G^gnen seine 
Vorposten znrfickziehen^), da seine rechte Seite bedroht wurde. Wenn 
er taush einige Bataillone und Schwadronen bemerkte, so war es ihm 
doch wegen des Waldes unmöglich, ein genaues Urteil über die Stiike 
des Feindes zu gewinnen. By chalow wurde ttber ScfaaifiBnbrfiek hinaus 
aus dem Walde bis Keuendorf verfolgt und blieb dort zunächst auf 
freiem Felde stehen. Er beobachtete die Besetzung von Schaifenbrfiek 
und Luckenwalde mit etwa 6000 Mann, bei denen nch 2 bayerische 
Keiter-Regimenter befanden. Abends bezog er gegenüber bei Ruhls- 
dorf und Woltersdorf Vorposten. Thümen schloiB aus allen diesen 
Bewegungen, dafs der Feind am 20. Trebbin angreifen würde. 

») PHt. T. 



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128 



Der Parteigänger Friedikdk ton HeDwig etc. 



I 
I 



Gmf Ornrk hatte dch, wahneheudich sohon Hoigßi», als er aioob 
unbeheUigt im Kloster Zioiia Btand, mit HeUvjg Torabredet, den Feind 
um Mitteniacht zu überfallen. HiSmen riet Hollwig zur Vorsicht, 
ordnete aber für den Fall, dals ersterer auf seinem Vorsatz beharrte, 
an, daik zu {Reicher Zeit auch Bychalow den Gegner bei Luckenwalde 
überrumpeln sollte ; jedodi durfte Hellwig nur seine eigenen Truppen, 
nicht Eemphen's Füsiliere zur Untemehmung verwenden. Inzwischen 
aber waren Orurk's Kasakcn vom 3. französischen KLivalleriekorps 
über Luckenwalde bis Berkenbrück und Hennigkendorf zurückgedrückt 
worden. Deshalb unterblieb die nächtliche Überrumpelung Hellwig's. 
Dieser aber marschirte am '20. um 8 Uhr Vormittags in völliger Un- 
kenntnifs der wirklichen Sachlage in Folge von Oudinot's Links- 
abmarsch, da der Wald die Bedeutung und Gröfse der beobachteten 
Bewegung versciileiorte, mit 80 Husaren und 56 Infanteristen seines 
Streifkorps und 2 Offizieren und 64 Ffisilieren des Os^reuikiBdMii 
Infantfirie-Bfigimfliits von Gadsdoif imd Liidendorf dorcb den Cnmmef»- 
doifer Font anf Sehaneweide ab, mit dem Vorhaben, dmi Feind bei 
Lino zu ttber&Uen. Die Vorhut bildeten SOFüailiere und 18 HeUwig'sche 
Jflgtir unter lientenant Baven IL, auiwidsm waren 20 FtisUiere als 
PatrmiiUen entsandt. Bei dem nnfibeniohtHchen Waldgelftnde stieb 
man, beideraeite ganz unerwartet, anf eine dicht vor Schöneweide 
stehende, 2 Offiziere 80 Mann starke, sftchßische Feldwaohe^),' welche 
bei hellem Ifittag mit dem Bajonett von der Vorhut unter lientenant 
T. Baren angegn£fen, au%eroUt und ins Dorf zurückgeworfen wurde, 
wo ffle sich zwischen Zäunen und Gebüschen festsetzte. Die Besatzung 
des Dorfs eilte schleunigst an die Gewehre und brach in vier Ab- 
te!hin<:en so sclincll gegen den nur mit wenigen Leuten zur Ver- 
folgung vorgedrungenen Offizier vo;*, da£s dieser nur mit Mühe 7 schwer 
Verwundete auf einen selbst zurückgelassi neu Rückhalt von 1 Unter- 
offizier 17 Mann zurückschafifen konnte. Dies alles hatte sich mit 
solcher SchneUigkeit abgespielt, dafs Hellwig mit der Hauptabteilung 
nicht rechtzeitig zu seiner Üutoratützung lieran sein konnte und sich 
damit begnügen mu&te, den SchÖneweide gegenüberliegenden Wald- 
Tand mit 20 FüBÜiflran unter Pnmierlientenaut t. Sehaehtmeyer, hinter 
denen 20 Mann als Bückhalt standen, zu beeetien und die Voihnt 
anfinmehmen. Erst als der Feind sich so weit entwickelt hatte, daft 
man seine Stttrke anf 600 Haan sehätaen konnte, nnd er sich an- 
aohiokte, die Seiten zn umgehen, erteilte Hellwig den Befehl, abm- 

') Nach Cerr. S. 208 eine Kompagnie des leichten Regiments von Sahr; 
nach ihm hatten die Sachsen in dem '/«BtOndigem Gefecht nur 1 Mann tot 
oad S Venrandate, nahnMn 1 Fflsüier gefikogen und IflhergegwigenerHellwtg^BelMr 
JSger teilte ihnen die gegnerische Starke mit 



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Der Purtdgluiger Fxiedrlcti toq HeUw% eto. 



129 



zieber,, was mit Gesammtvcrlust von 11 Verwundeten*), in bester 
Ordnung p^cscliah. Dio Sachsen verloren nach ihren Angaben nur 

1 Toten und 2 Verwundete. Da bei der Übermacht an eine Wieder- 
holung des Angriffs durch Hellwig nicht zu denken gewesen war, so 
hatte auch heute Thfimön duich eeiiie Vorporten kein getreues Büd 
über die «ahxe St&rke des gegeafliienteheadeii Febdes bekommen. 
Dagegen gelang es Bontell iriedemm, wichtige Anhaltspiuikte m ver- 
sehaffen. 

Auch Onirk war mit 2 Eaaaken-Regimenteni imd 2 Geschüteen 
efst am Vonnitlag des 20. Tor Luckenwalde enebienen, zu spttt, un 
durch Überraschung wirken au können; er plänkelte daher mit den 
Vorposten nur zur Erkundung und ging dann auf Berkenbriick mit 
der Absicht zurück^ am Abend den Angriff zu erneuern; hierzu sah 
er sich vielleicht durch das Eintr^Sen des Generals Ilowaiskj mit 
2000 Easaken veranlafst, welcher gegen Jüterbogk aufklären sollte. 

Die SteUuri'^' der Tsordarmee am 20. war im Allgemeinen folgende: 
Das Hauptquartier und dio Schweden in Charlottenburp:. die Russen 
zwischen Teltow und Lichtenrade, dio Hauptmasse ihrer lieitorei 
zwischen Saarmund, Belitz und Trebbin vorgeschoben, Division 
Dobschütz bei Berlin und Cöpenick, das 3. preufaiache Korps mit 

2 Divisionen bei Wafsdorf und Kl. -Ziethen, die Kesers'C-Reiterei zwischen 
Heinersdorf und ivi. -Beeren; Thümen und Borstoll bUeben stehen. 

Hellwig hatte sich nach semer Erkundung von Schöneweide 
'Wieder nach Lüdersdorf zurttckgezogen und behielt seine Voiposten 
forgeschoben gegenüber dem beim Gummersdorfer Theerofen stehenden 
Feinde, welcher im Übrigen in Schaifenbruck» SchOneveide, Lucken- 
walde und Gottow stehen blieb und sich mit Patrouilliren begnügte. 
Graf Orurk, aus seiner Stellung zwischen Hennigkendorf und Berken- 
hzfißk vorgehend, scheint sich mit Ilowaidg Tenm^ zu haben. Nach 
6 Uhr Abends warfen in der That (nach Völderndorff) 2000 Kasaken 
die vor Luckenwalde vorgeschobene französische Reiter-Brigade Lorge 
des 3. Kavalleriekorps in Verwirrung auf die Stadt zurUck. lieutimant 
V. Schimonsky vom Hellwig'schen Streifkorps, welcher diesem Vorgang 
beiwohnte, meldete spät Abends dem General Thümen aus Berken- 
' brück, „dafs Graf Orurk 80 Gefangene gemacht und 10 Mann verloren 
habe, dafs bei Luckenwalde der Herzog von Padua konunandiro. dafs 
aber nur eine Abteilung von 2 Bataillonen, 4 Schwadronen und 6 Ge- 
schützen daselbst zu stehen scheine." Die Biwaks des 12. Korpsund 
des 3. Kavallerie-Korps waren also noch nicht bemerkt worden*). — 

») N. A, i S. 232. Nach Thilmen's Meldung in Kr. A. lU. C. 53 I. BL 78 
2 Tote» 7 Verwundete. — *) N. A. L S. 831. 



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130 



Der Pftrteiging^ Friedrich von HeUwIg etc. 



Marschall Oudinot eröffnete am 21. Aug:ust seine Offensive ;zcpen 
Berlin im Sinne einer '^rofsen Äufkliirunf: d(>r ihm nnmittelbar gegen- 
überstehenden Krafic und des Geländes der Nuthe und Notte. 
Während er auf dem rechten Flügel dem 4. Korps die Richtung auf 
Zossen srab, niarseliirten auf dem linken 2 Divisionen des 1*2. nnd 2 
des Reiterkorps um 8 Uhr Morgens ab, um östlieh von Luckenwalde 
bei Gottow das Mühlenfliefs zu überschreiten und auf Scharfenbrück 
und Trebbin, die Easaken Bycbalow*8 nach Löwendorf zurUckwerfmd, 
TOTXttdringeii. Das 7. Korps sollte von SchÖneweide ans Gadsdoif 
und Lttdersdorf erkunden und mit seinem Haupttefl den Engweg 
von Nunsdorf gewinnen. 

Die 2. sidisische DiTision rückte um 5 Ubr frOli Ton SehSne- 
wdde auf der Berliner Straise über Vorwerk Ciunmersdorf nnd 
Lüdersdorf tot, gefolgt von der leichten Beiter-Bxigade; die 1. säch- 
sische Division und Division Dnratte brachen erst um 8 Ubr auf» 
nachdem das 12. Korps bei Gottow eingetroffen war. Hellwig's Vor- 
posten und die Füsiliere wichen aus dem Walde, räumten GadsdcurC 
und Lüdersdorf und zogen sich nach den nächsten rückwärtsgelegenen 
Dörfern Schulzendorf, Christinendorf und Nunsdorf zurück. Als nun die 
2. sächsische Division bei Gadsdorf aus dem Walde trat und auf dorn 
nördlich von Lüdersdorf und Gad.sdorf sich hinziehendon Höhenzuge 
feindliche Rcitertrupps bemerkte, formirte sie sich auf der Ebene in 
Re«]^ments-Kolonnen neben einander, schickte Plänkier vor. um jene 
zurückzuweisen, und wartete die beiden anderen Divibionen ab, 
welche in gleicher Weise neben ihr aufmarschirten. Darauf rückte 
das ganze Korps in Kolonnen auf die vom Geg^ner verlassenen Höhen 
vor, um hier zunächst stehen zu bleiben, bis das 4, Korps bei Saalow 
eingetroü'en war, welches alsdann sich kolonnenweise rechts vom 7. 
mit diesem auf eine Höhe setzte. Sobald die Nachricht eingegangen, 
daJs das 12. Korps vor Trebbin angelangt w&re, rückte das 4. anf 
Zossen, das 7. auf Nunsdorf Tor. 

Diesem letzteren stand sonichst nur die TmppenabteQnng Hellwig's, 
welcher 100 Pferde vom Pommerschen National*EaTallerie-Begiment 
beigegeben waren, nebst den 8 FüsOier-Kompegmen des BataillonH 
Kemphen gegenüber. Nachdem sich Hellwig über die bedeutende 
Überlegenheit des Gegners klar geworden war, ging er in das Ge- 
lände östheh Ton Cbristinendorf auf die beiden dort aufgestellten 
Füsilier- Kompar!:nicn zurück. Das Vordringen des Feindes vollzog 
sich nun so schnell, dafs die dritte Kompagnie aus Scholzendorf nicht 
mehr übei- Chnstinendorf ihren Bückzug nehmen konnte, sondern auf 
Trebbin wenden mufste. 

Hinter der durch die Überschwemmung nur unvolikommen auf- 



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Der Ftotelgitiger Friedrich Ton HeOwlg «tc 



131 



geweichten Sumpflinie zwischen Christinendorf und Nunsdorf standen 
schon seit dem 18. riet Infanterie-Kompagnien unter Major v. Wedell 
bei letzterem Dorfe und 2 hai Wendiscli-Wilmersdorf. Beim weiteren 
Vordringen des Feindos /njen sicli die beiden Kompaci;nien Kcraphen 
von den Höhen östlich Ciinstinendorf auf dem nach Nunsdorf führenden 
I'nmmwege durch die Aufnahmestellung hindurch und stellten sich 
westlich dieses Dorfes als Rückhalt auf. Im Anschluss an sie über- 
schritten Hellwig's Husaren denselben Weg unter dem Veuov einer 
12pt undigen siichsischen Batterie im Trabe, worauf aus der Aulnahme- 
stellung das Feuer eröffnet werden konnte. 

In dem nun folgenden Gefecht gelang es der Überlegenheit der 
Sa ch aan, such den Nunsdorfer Engweg zu überschreiten und den 
Migor Wedell zum Rückzog auf Wendiflch-Wümendorf zu nötigen, 
welcher über die freie Ebene hinweg unter dem Scfanfze der Husaren, 
sowie der die Aufiiahme bewirkenden 2 Kompagnien Eemphen und der 
2 Konqpagnien in Wilmersdorf in Ordnung ausgeführt wurde. Hellwig 
ging alsdann auch hinter letiBtares Dorf zurück und hielt Ton dort aus 
diiidk Patrouillen Verbindung mit der Division Borstell bei Mittenwalde. 
Nachdem sämmtUche Trappen das von 2 Kompagnien noch immer 
besetzt gehaltene Wilmersdorf durchzogen hatten, kam zwischen Ö 
und 6 Uhr Nachmittags das Gefecht zum Stehen, da die 'Fransosen 
das Dorf nicht angriffen, sondern sich mit starker Besetzung von 
Nunsdorf und Christinen dorf begnügten. Die PreuTsen setzten neue 
Vorposten bei Wilmersdorf aus und zogen die im Gefecht gewesenen 
Truppen, dabei auch Hellwig's Schwadronen und Infanterie, in das 
Lager Yon Thyrow zurück. Gegen Abend hatte sich das 12. Korps 
auch Trebbins bemächtigt, obne weiter vorzudringen, so dafs die 
Kasaken in Löwendorf, dahinter 1 Bataillon in Kl.-Beuthen, stehen 
bleiben konnten. Auf dem buken Flügel hatte das 4. Korj s l e 
Vorposten Borsteirs über Zossen zurtickgedriickt und Abends Biwaks 
bei Dcrgischow und Sehünow bezogen. Zur Deckung der Rechten 
der Nordarmee stand Wiutidugerode mit seiner Reiterei zwischen 
Saarmund, Belitz und Jüterbogk, mit seiner Infanterie bei Belitz. 
Das Hauptquartier mit den Schweden befimd sich in Potsdam, 2 Di- 
Tisionen des 3. preulkisohen Armee-Korps standen bei Saarmund» die 
Reserre-Beiterei in Kantonimngen zwischen Gr.-Beeren und MaUow, 
die Beserre-Eorps bei Berlin. — 

Der Kronprinz Ton Schweden , weldier auf Grund der Tom 
20. August eix^egangenen Meldungen für den 22. eine Zusammen- 
ziehung der Nord-Armee nach Saarmund und das Heranrü<dcen 
Tauentzien's nach Kl.-Beeren einordnet hatte ,^ beabsichtigte nach 
dem Verlauf des 21. Berlin pneiszngeben und mit der Nord-Armee Ton 



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132 



Der Parteigliiger Friadrich von Hellwlg «t& 



Saarmund über die Spree nach Charlottenburg zurückzugehen. Auf 
Bulow's bestimmte Weigerung:, ihm vor einer Schlacht zum Schatze 
der Hauptstadt zu folgen, eutaclilofs er sich jedoch zu der Anordnung, 
dafs der Ilaupttoil der Armee voiläuhg nur bis in die Linie Gütorgolz, 
Ruhlsdorf und Heinersdorf zurückgehen und die MafsregeUi des 
Fdndies abwarten BoUte, eine Bewegung, die zur Ausführung kam. 
Wihrend denelbeii stand Taohennaohew in Belits nnd Trenenbrietsen 
mit 1 IniSuiierie-Brigade nnd 3000 Eaaaken. Er eoUte atarke Parteien 
anf IVebbin, Luckenwalde, Jüterbogk und Luokan rar Bennnihigang 
des Rfickena des Gegners vortreibend)^ 

Was Thfimen im Verfolg der Ergebnisse des 21. befürcbtet batte, 
— dafe ninüidi die prenlsisdie Yortm^pensteHimg in der lütte 
zwischen den beiden Divisionen dnreh Umgehung dm weit zurück- 
gebogenen linken Flügels lliümen's über Wietstock durchbrochen 
werden würde — traf ein. Oudinot beauftragte mit Umfassung der 
Thyrower Stellung in ihrer linken Seite das 12. Korps, während sich 
das 7. des Engweges von Wietstock, das 4. des von Jühnsdorf be- 
mächtigen sollte. Als nach (> Uhr Abends der Feind die Wietstocker 
Dämme stümte und die Besatzung zum Rürkzuge auf TAirl\Wgsfelde 
nötigte, konnte sich auch Thümen nicht länger bei Thyrow halten, 
sondern zog über Dahmsdorf durch die Grenshagener Haide und über 
Gr.-Beeren nach Hemersdorf ab. Hellwig, der mit seinen Reitern 
den Nachtrab bildete, wurde stark gedrängt und namentlich durch 
Geschützfeucr sehr belästigt; er biwakirte bei Gr.-Beeren. 

Bei der Unkenntniis von der Aufstellung der Nu rd Armee und 
der Notwendigkeit, den breiten vorliegenden Waldgürtel erst auf- 
zuklären, konnte Oudinot am 23. August eine Schlacht nicht suchen. 
Seine sdion tot Ifittag anf Gr.-Beeren und Blankenfelde vorgehenden 
Yortnippen kamen mit denen der Ftodaen in Berührung und in 
langausgedebnte FÜinkeleien. Im Laufe des Nachmittags sog aidi 
Hellwig nach Hdnersdoif auf die Hauptstollnng zorScik. Da er in 
der bald darauf entbrennenden Sddadit von Gr.-Beeren nicht rar 
Thätigkeit kam, liegt es aulMialb der vorliegenden Au^aben, nfiher 
auf dieselbe einxugehen. Mit den Truppen der bisherigen Vorhut 
unter Major Sandrart blieb sein Streifkorps bei Heinersdorf zurück; 
nach Thämen*s Tagebuch war dieses und das Pommersche National- 
Kavalierie-Regiment während des Gefechtes seiner Division zugeteilt 
geweem und als drittes Treffen gefolgt, ohne cum Eingreifen ra 
kommen. 

Der Einbruch der Nacht machte dem Kampfe ein Ende und 

*) Batturlin, Tabloau de la campagne d'automae 1813 p. 50. 



i 

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Der Puteig&nger Friedrich von Hdl«^ etc. 



133 



unmittelbare Verfolgung vom Schlachtfelde aus unthunlich. Aber 
auch zu einer eigentlichen Verfolgung in den nächsten Tagen kam 
68 wepjen der Zaghaitiä^keit des Kroiiprinzen nicht. In der Nacht 
war das V. frauzöüische Korps noch bis Löwenbruch zurückgegangen, 
hatte dort einige Zeit geruht und dann den Rückzug durch Wietstock 
fortgesetzt, wo es bis zum Tage failisb. Um dsn BSdoBiaMcli des 
Feindes an&uklSmi, hatte aber Thfimen selbstständig mit Tagoe^ 
anbradi awisehen 3 and 4 Uhr awei Abteilungen durch die Gens- 
bagener Hside Tozgesddekt: auf der Wietstocker Strafte den Migor 
V. Thümen ndt den PommersGlien Hiuaren vnd 1 Bataillon und weiter 
redits auf Waldwegen HeDir^ mit seinem Korps und dem FOsilier- 
Bataillon 4. Osl^preulnsdien Regiments. ^Beide Wege boten das 
wfiste Bild einer Niederlage; sis waren mit stehengebliebenen oder 
umgestürzten Wagen, weggeworfenen oder aerstörten Waffen und 
Munition, sowie mit toten Pferden übersäet, und reichliche Beute 
wurde leidit au^eleeen'' l); in die Hände der Hellwig^schen Husarm 
fielen 50 unverwundete und mehr als 100 verwundete Gefangene, 
Kanonen und Munitionswagen'). Die Sachsen in Wietstock hielten 
den vorwärts betindlichcn Damm bepotzt, Sfi dafs lliünien nicht über 
Kerzendorf hinaus kam. Ilellwig's irusiiier- Bataillon machte bei 
Dahmsdorf Halt; er selbst wurde ebenfalls am Wietstocker Engwege 
aufgebalten, wo sich alhnählig grofse Massen der Versprengten der 
sächsischen Divisionen eingefunden und dem Korps wieder an- 
geschlossen hatten, ein sächsisches Bataillon deckte den Abmarsch; 
erst als es Nachmittags ebenfalls abzog, konnten Ilellwig's Reiter 
dem 7. Korps bis über Nunsdorf folgen, wo sie die Nacht zubrachten. 

Die rassischen Vortruppen waren aulserhalb der Waldzone besser 
▼orwflrts gekommen. Tsdiemisehew war von Belitz auf Zinna vor- 
gegangen und hatte Oberst Benkendorf Uber Luckenwalde auf Gottow 
gesobiekt; andere Easaken-Regimenter waren gegen die Rftckzugslinie 
des Gegners entsandt, zwei unter Pjrendel sfidlioh Jüterbog^ nach 
Schönewalde, eins auf Dahme. An mehreren Stellen konnten eie die 
Abaebenden anlUlen. 

2. Ton Urofs-Beeren bis Dennewits, 6. September* 

Der Hauptteü des 7. Korps war am 24. unverfolgt zurückgegangen 
und b^og mit einer Division bei Schönefeld, mit den beiden andern 
bei Dümde und Lino Biwaks; das 12. Korps und 3. Reiterkorps, von 
Tschemischew's und Prendel's Kasaken belästigt, nächtigte zwischen 
Gottow und Scharfenbrück, das 4., dem während der folgenden Tage 

'j N. A. U. S. 2. — 2) Priv. T. 



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134 ^f"^ r&rteigäuger Friedridi von Hellwig etc. 



die leichte Beiter-Brigade Wolff des 12. KoipB ssugetoilt gewesen txt 
sein scheint^ in den Wftldem hinter dausdorf und Speerenberg; bei 
letzterem Dorfe stand das westphSlisehe Garde^Gheranzlegers-Begiinent 
auf Vorposten. Da die Nord-Armee am 24. mit ihren Hauptikräfien 
stehen geblieben war, hatten die Franzosen einen unsehätzbaren 
Vorsprang gewonnen, um sich den Folgen der Niederlage zu entziehen. 

Am 25. setzte Ondinot anfänglich seinen Rückzug auf Dahme 
fort, durch das 4. Korps, wie Tags zuvor, gedeckt. Bülow marschirte 
zur Besetzung der Nuthe- und Notte-Übergänge ab, welche Vormittags 
8 Uhr von der Division Borstell bei Thyrow, bei Wietstock von einem 
Kavallerie-Roginient zur Verbindung mit dem bei Schulzendorf stehenden 
Korps Tanentzion erreicht wurden. 

Hclhvi^ war, nachdem er in der Nacht Mann und Rofs einige 
Stunden Ruhe ^ewiUirt hatte, frühzeitig aus seinem Biwak bei Nuns- 
dorf aufgebrochen und tiaf hinter Speerenberg ein, kurz nachdem die 
dort lagernden Truppen des Feindes ihr Lager verlassen und sich in 
dit! dahinter gelegenen \\ aldungcn zurückgezogen hatten. Eben trachtete 
der Nachtrab üher die freie Ebene hinweg den Wala zu erreichen. 
Hellwig ging sogleich vor und drängte die Flankier des westphälischen 
Garde-Cheyauzlegers-Regiments so heftig, dals dieses gegen ihn Front 
schwenkte und den Angriff erwartete. Die preulsisohen Husaren 
griffen an, hieben ein, wai^ es töII^ über den Haufen und drängten 
es mit greisem Verlust in die Eieferwaldungen zurück. Es würde 
wahrscheinlich ganz angerieben worden sein, wenn es nicht am Wald- 
rande von einer starken gesdilossoien Infonterie-Abteilung, die hinter 
einem fSr Reiterei ungangbaren Graben unangreifbar sich auf- 
gestellt hatte, aufgenommen worden wäre. Es lieb mehrere Tote, 
darunter einen Offizier, auf dem Platze und soll gegen 70 Verwundete, 
darunter 2 Offiziere, gehabt haben; auüserdem verlor es 2 Offiziere 
und 35 Mann nebst Pferden an Gefangene, während Hdlwig nur 
1 Toten und 3 Leichtverwundete hatte. 

(Traf Lippe') oi*zählt aus |diesem Gefecht folgenden eigentümlichen 
Vorfall: „Der Husar Ohlendorf ereilte einen westphälischen Reiter 
und wollte ihn vom Pfci-de stechen. Sein Stich ging dem Geg^ner 
durch den Krngen und in eine Kiefer, so dafs dcrselhc an den Baum 
förmlich angenagelt war. In diesem kritischen Moment bat der 
Wostphale um Pardon, welclier ihm auch gewählt wurde, wobei beide 
Reiter sich als leibliche Brüder erkannten. Wir registiren dieses 
Factum, thatsächliche Üai'legimg, wohin deutsche Schwache und ilie bei 
allen grolsen und starken (weil einigen) Nationen sprichwörtlich ge- 
wordene deutsche Uneinigkeit fuhren kann.*' 

Qt, L. S. 170. 



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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc. 



Dieser kühn errungene Erfolg der preuTsiscben Hunareu machte 
die Enmzosen voraichtig; um xiloht filmliciieii Unfällen ausgesetzt za 
irarden, behielten aie den Waldunm hinter Speeraibcrg mit Difanterie 
besetzt; auch seitnärts wimmelte der Wald derartig TOn feindlichen 
Schützen, daft es Helling nicht mö^^cfa wurde, seine Vorteüe weiter 
ftnazahenten» um so weniger, als die meilenweite seiiliche Ausdehnung 
des Waldgelindes ein Umgehen des Feindes anssehlols. Überhaupt 
hatte die rückgängige Bewegung des letzteren in so0nii einen angen- 
blicklichen Stillstand genommen, als Oudinot während des Marsches 
seinen Rückzugsplan geändert hatte; anstatt auf Dahme beschlols w 
über Jüterbogk auf Wittenberg zurückzugehen. Er schickte daher 
die württembergisclio Division des 4. Korps von der Strafse Baruth- 
Dahme in westlicher Richtung nach dem Abschnitt von Stülpe und 
Liriü und vercinig:te unter ihrem SchutJ^e die anderen Korps auf dem 
Kaume von Werbi<,' bis zu den nördlich gel^enen Waldungen mit 
Vorposten des 12. Korps bei Markendorf. — 

Borötell, der von ßaruth her Kanon ondonncr zu hören glaubte, 
ging Mittags von Thyrow nach Cumiuf i sdorf vor und setzte seine 
Vorposten bei Speerenborg aus; ilirem iiiwack schlofa sich hier Abends 
Hellwig an. Die Kasaken wurden an den Brucliabschnitt Sehöneweide- 
Neuhüf vürgeücLobcn. Weiter links standen die Vorposten der Brigade 
Wobeser bei Baruth, ein Kasakenpulk Tschemischew's in Dahme. Auf 
dem redit^ Flügel war Orurk in Luckenwalde eingeruckt und hatte 
2 Easaken-Regimenter nach SchÖneHald und Gottow Tovgetrieben, wo> 
bei ein Teil seiner Beiter von sftchaiBcher Infanterie auf Schöneweide 
zurückgewiesen wurde. Tschemischew selbst hatte sich mit 5 Kasakenr 
Regimentern nach Briit^ gewandt und liela das Regiment Adrqanow II. 
nach Jüterbogk Yortcaben. Hier blieb es nicht lange« 

Die IHyisitA Dombrowski hatte am 17. August Wittenberg ver- 
lassen und beobachtete bis zum 20* die Stra&en nach Zerfast, Beizig 
und Belitz. Einer Aufforderung des aus Magdeburg angnfbweise 
▼orgebrochenen Generals Girard, sich ihm anzuschlielsen, hatte er auf 
des Gouverneurs von W^ittenberg, Generals Lapoj'pe, Befehl nicht 
folgen dürfen und befugte sich seit dem 21. damit, von Zahna aus 
durch Aussendung von Abteilungen Oudinot's Seite und Rücken zu 
sichern. Am 25. schickte Dombrowski 4 Voltig'cur-Kompa^jnien und 
1 Ulanen-Schwadron nach Jüterbogk vor, welche den Oberst Adrejanow II. 
auf Zinna zurückwarfen. In der Nacht zwischen 8 und 4 Uhr fand 
ein von der Division Franciueniont (4. Korps) cutbandter Zug württcm- 
bergincher Reiter Jüterbof;k beiderseits unbesetzt. — 

Am 26. sollten nach des Kronprinzen Befehl Kasaken und Streif- 
korps die Gegend zwischen Dahme, Jüterbogk, Zerbst und Ziesar un- 



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136 



Der Farteigäug^ Friedrich von HeÜirig eto. 



sicher machen. Auf der Stralse nach Jüterbogk ging über Zinna 
Nachmitta^jj Graf Orark vor. Hellwig, der ini Laufe des gestrigen 
Tages erkannt hatte, da& die ausgedehnten Waldungen seinem Vor- 
gehen imüberwindliohe Hjndecnitte entgegenaalsteii-kioimtoii, beschlob 
dieselben sn verlassen und die freie Ebene, das Th&tii^eitaföld der 
Reiterei, anftnsachen. Auf BlOov's Befehl vom 25. war er der mit 
2 Bataillonen, 3 Schwadrqnen und* 4 OeschfiLtsen bei Speerenbelg 
stehemden^iVorhnt Borstell's überwieeen worden. Letiterer machte ihm 
hiervon am 26. Moigone brlellxohe llitteilnng, wobei er schrieb: „Bei 
der Überzeugung und Kenntnifs Ihrer so gani dreisten und zweek- 
mKAigen Thätigkeit weide ich Sie nie, ohne ganz zureichenden Grund, 
in Ihren üntemehmungen beschränken, sondran Sie vielmehr lebhaft 
untersttttsen ; jedoch wünsche ich stets von Ihren Plänen und 
Operationsgang unterrichtet zu sein" u. s. w. >). Sohou vw Eingang 
dieses Schreibens war Hellwig am 26. frühzeitig von Speerenberg auf- 
gebrochen und über Schönefeld auf Jüterbogk abmarscliirt. Die 
Stadt fand er von einer Abteilung: feiTitllicber Infanterie besetzt, hinter 
ihr bemerkte er 3 Schwadronen poliiiseliur Ulanen, mit denen er zu 
plänkeln begann. An einem nahe lie^t uden Gebüsch waren bei der 
Infanterie 3—4 Stück Geschütz aufgefahren. In der Erkenntnifs, dafe er 
sich unter diesen Umständen allein der Stadt nicht bemächtigen konnte, 
benachrichtigte er den bis Kloster Zinna vorgekommenen Grafen Onirk 
und bat uiu Artillerie. Dieser rückte mit liilanterie, iieiterei und 
einigen Geschützen heran, gefolgt vom General Benkendorf. Es wurden 
bei Jüterbogk nun zun&chst 2 Bataillone und 600 Ulanen an feind- 
lichen Trappen ftetgestellt, welche TermutHcb in Folge des Ergebnisses 
des gestrigen y<»«toJhes auf die Stadt im Laufe des Vormittags von 
Dombrowski sur Verst&rkung vorgeschoben worden waren, um durch 
Festhalten der überaus wichtigen grolken Strabe nach Wittenbeig 
den RückKug Oudinot'e ni erieiohtem. HeUwig's Schwadronen, ver- 
eint mit Omrk's Kasaken, griffen die nördlich der Stadt ▼orrQckendea 
feindlichen Schwadronen an ; es kam zu einem hitzigen Handgemmgei 
bei welchem der Unteroffizier Knabe im dichtesten Gedrftoge den 
fisindlichen Oberst mit mehreren Stichen tödtcte. Die Polen worden 
geworfen, mit einem starken Verlust an Toten, Verwundeten tind 
Gefangenen; von letzteren nahmen die Husaren 1 Oberlieutenant und 
10 Ulanen nebst Pferden *). Gleichzeitig hatte Oberst Krasowskij die 
Stadt selbst mit seineiTi Jäger-Regiment angegriffen, genommen und 
die feindliche Infanterie hinausgeworfen. Hierauf verfoigte der in- 

Du Origmabcfareibeii BonteU's ist in & — FdT. T.; in Hellwig's 
Meldungen vom 27* and 28. aishwanken die Zihlu iwischfln 6 und 8 übnea 
mit 6 Pferden. 



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Der Partdgioger Frtodiich von Hellwig et». 



137 



zwischen hcrangekommcno General Beukendorf mit 4 russischen 
Schwadronen, den beiden Hellwif^'schen und 2 Geschützen den Oegner 
über die Stadt hinaus; letzterer versuchte sich an dem Bachabschnitt 
von Nieder-Görsdorf bis Rohrbeck zu setzen wurde aber auch von 
dort vertrieben, über die Brücke bei Roiirbeck verfolprt und auch aus 
Bochow verjagt. In Folge eines Zurückprellens der Kasaken während 
dieser Verfolgung wurden die ihnen folgenden Schwadronen Ilellwig's 
einigerniaisen in Unordnung gebracht, so dafs der Feind Zeit gewann 
und die Erfolge hinter Hellwig's Erwartungen zurückblieben In 
dem Bulletin des Kronprinzen^ vom 38. ist der fiaindliolie Verlust, 
ncher stark flbertrieben, auf mehr ab 300 Tote und eine gioA» Zabl 
Oe&ngener angegoben worden; an letzteren wurden Im Gänsen 
2 Offiziere 17 Mann gemacht*'). Hellwig hatte nur 3 Verwundete, 
UwaUrte über Nacht bei Jfiterbogk und meldete, da& die gegnerischen 
Truppen tömmflich zu dem Korps gehörten, welches bisher in Witten- 
berg gestanden und wahrscheinlich zur Aufnahme der Oudinot'schen 
Armee vorgeschoben worden wäre. 

Die Dombrowski'schen Truppen vereinigten sich mit dem 7. Korps, 
welches auf die Nachricht von der Einnahme Jütorbogks durch die 
Verbündeten die grof^e Strafse mit 1 sächsischen Komjjagnie \ind 
etwas Reiterei besetzte, deren Vorjosten wahrend des Nachmittags 
von den Kasaken geneckt wurden. Im Allgemeinen blieb die fran- 
zösische Armee am stehen, nur das 4. Korps wurde bis Hohen- 
Schlenzer licrangezogen, mit Nachtrab bei Schmielkendorf. Es stand 
vollkommen versammelt mit einer i'rontbrcitc von ^ 4 und einer Tiefe 
von 1 '/j Meilen, während die Nord-Armee von Belitz über Trebbin nach 
Banith in einer Brdte Yon 5Vi und einer Tiefe von 5 Meikn aus- 
einandergezogen war. Hätten die Hauptkorpe der Nord-Armee ihren 
Mandl mehr besehleunigen dürfen, so konnte der am 26. abgehaltene 
Ruhetag Oudinot Terderblich werden. „General Wobeeer stand 
n ftmKr 'h mit seiner Brigade schon in Baruth; Dahme war im Beeits 
der Russen und General t. Borstell, dem mit der Avant-Garde des 
3. preofidsohen Armee-Korps bis Gottow vorzurücken befohlen war, 
leiste, als er erfahr, dafs nur eine Stunde davon entfernt bei StUlpe 
und Holbeok eme Abteilung von 7000 Franzosen stehen sollte, den 
Entschluis, Tom Buchstaben seines Befehls abweichend, den Feind 
ohne Säumen aufzusuchen. Schon vor der Ankunft des Generals 
Y, Borstell hatten indes die Franzosen Stülpe und Holbeck geräumt-'^." 

In Erkenntnifs seiner getahrdeten Lage marschirte Üiidinot am 
27. Morgens von Werbig mit allen drei Infanteriekorps in gleicher 

») Kr. A. III. a 63 L Bi. 123 und HI. E, 97 BL 61. - ^ Kr. A. 1. Q, 3. Bl. 16. 

— ») Has. S. 121. 

JftkjbBelMr Ar di« D«aticta« Am«« uod Hkrin«, Bd. W, 2. IQ 



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138 



Der Parteigänger Friedridi von Hellwig etc. 



Höbo, das 4. rechts, das 7. links in der Richtung auf Kuhrbeck, das 
12. in der Mitte in Kolonnen geradeaus auf Jüterbogk zum Angriff 
vor. Als man uui 11 Uhr aus dem am Gollenberg belegenen Wäldchen 
heraustrat, bemerkte man die Verbündeten (rassische Vorhut und 
Hellwig^s Korps), welche schon mn 8 Uhr yor den andringenden Heer- 
Bilden die VorposteasteUangen und die Stadf verlasBen hatten, in 
einer An&teUung auf den nördlich derselben gelegenen Weinbergen 
und den anfiegeaden Höhen. Als Ondinot dagegen vom 12. Eoipe 
die Dmsion Gnilleminot lechts und Pacthod linlu nun Angriff eni- 
wiekelte, nahmen diesen die Verböndeten nkht an, sondam iftumien 
nach den eisten Kanonenschüssen, sobald die beiden Divisionen aus 
Jüterbogk vorbrachen, die Weinbei|;e und zogen sich unter dem 
Schutze ihrer ArtUieiie nach Dorf und Kloster Zinna zurück, wo 
Orurk Stellung nahm, während Hellwig zwischen beiden Orten über 
Nacht in Grüna blieb. Von seiner Infanterie stand Kapitän v. Bartels 
mit 60 Jägern in Frankenförde , der Rest in Ziilichondorf*). Da die 
Franzosen die von <\cn Verbündeten verlassenen Hohen besetzten und 
das trübe und regncrisclie Wetter die Beobaelitung verhinderte, so 
blieb Ilclhvig im Unklaren, ob der Gegner wieder von Jüterbogk ab- 
gezogen wäre; er sprach seine Vermutung dahin aus, dafs jener den 
Angriff nur zur Deckung seines Rückzuges auf Wittenberg unternommen 
hätte. Allerdings war es Üudiiiot dureh seine Bewegung gelungen, 
seine Rfickzugslinie auf Wittenberg zu verlegen, er bUeb mit seiner 
Armee in der Nacht in und südlich Jüterbogk stehen. 

Die Nord-Armee hatte an diesem Tage eme Eechteachiebung, 
ebenfiUs nach der Wittenberger Stralse zu, vorgenommen. Während 
KraffI in Trebbin und Borstell in Gottow stehen blieben, marschirle 
BQlow mit den beiden anderen Divistonen nach Wittbrietaen und 
Eisholz (südlich Belitz). So stand die Nord-Armee am Abend 7 Meilen 
breit, in zwei Teile getrennt, auf den Strafsen von Berlin nach 
Treuenbrietzen und nach Baruth (Tauentzien), dazwischen auf der 
Strafse nach Jüterbogk ein kleiner Teil. AllerdingB gelang es den 
leichten Truppen, den Gegner von allen Seiten zu umfamiffli und in 
nächster Nähe zu beubacliten'). 

Da Oudinot au^ diesem Auftreten der verbündeten Reiterei auf 
einen bevorstehenden Aiieviff schlofs, ao zog er am 28. djis 4. Korps 
durch die Stadt und stellte es auf den nördlichen Höhen auf; dns 12. 
beliielt seine Stellung bei: aber das 7. liefa der Marschall gegen 
Mittag den Abniaiücli aul Wittenberg antreten, zunächst aber nur 
bis zu den halbwegs zwischen Jüterbogk und Zahna gelegenen 

*) Kr. A.ni. C.63I. Bl. 145. — *) N.A. U 23. 



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Der Partdg&oger Friedrich von Uellwig eto. 



Dörfern, Zuerst marsch irtc die Division Durutte mit dem Trois des 
ÄrmeekorpH auf der prolsen Strafse bis Seehausen. 

Als Hellwig in der Frühe die Höhen von Jüterbogk noch immer 
vom Feinde besetzt gefunden hatte, war er von Grüna aufj2:cbroclien, 
um seine linke Seite zu umgehen, ihm in den Rücken 7.u gelangen 
und aus der Nähe der Jüterbogk-Wittenborger Strafse zu beobachten, 
ob der Gegner Miene machte, abzuziehen oder wieder Stellung zu 
nehmen. In den Ddrfem Wöbnsdorf, Blönsdorf und Meinsdorf stieß 
er aof feindliehe, im Fouragiren begriffene Abteünngen, verjagte sie 
und warf sie auf Gölsdorf und Naundorf zaräok; hierbd stieb er 
auf die Harschkolonnen der 1; sttchsisohen Division, welche mit dem 
Haiiptgeschfltspark zwischen Nieder-Görsdorf nnd Bennewitz hindurch 
nach Mennsdorf marachirte, während ^eichzoitig die leichte Reiter^ 
Bngade und die 2. sächsiche Division, Nieder -Görsdorf, Ksltenbom 
und Dalicho links lassend, auf Kurz-Lipsdorf sich bewegte. Zw ischen 
beiden Divisionen fuhr während des Marsches der Artillerie-Park in 
breiter Front. Die A-nwesenheit von Hellwig's Husaren, welche die 
Marschkolonnen fortwälirend zur Seite und im Kücken begleiteten und 
belästigten, veranlafste die Infanterie brigadowcise in Kolonnen anf- 
zumarschiren und sich scitswärts der Wege über die Felder vor- 
zubewegen, um stets zum Aufmarsch bereit zu sein. Artillerie und 
Fuhrwesen zogen in den Zwischenräumen')- 

Bei Hellwig's erstem Erscheinen machte die Marschkolonne so- 
gleich in der N'ähe voti Gölsdorf gegen ihn Front, marschirte nach 
rechts auf und wan liin durch Artilleriefcuer zurück; liicrbei geriet 
er auf die 2. sächsische Division, welche gegen ihn als Schleier die 
lachte Beiter-Bxigade über Kurz-Lipsdorf Torsöbob und ihn angegriffen 
zu haben scheint, wobei sich 2 Ulaaen-Sehwadronen besonders herror- 
ihaten*). Er nahm darauf seinen Standpunkt zwisdien Kaltenborn 
und Malterhansen und beobachtete den Weitennarsch der Sachsen, 
sie unaufhörlich durch seine Plinkler begleitend und beunruhigend. 
Nach einer Meldung des Majors y. Sandrart vom 1. Husaren-Begjment 
war dem 7. Korps beim Abmaradi Ton Jflterbogjc nach 3 Uhr Nach- 
mittags auch Graf Orurk mit 3 Kasaken-Regimentem gefolgt. Von 
«sterem wurde dem Major Hellwig anempfohlen, von seinem Stand- 
punkt bei Malterhausen seine Aufmerksamkeit auf die nach Treuen- 
brietzen führende Strafse zu richten für den Fall, dafs der Feind die 
■Richtung dorthin einschlagen sollte. Auch Roretell beauftragte ihn, 
besonders auf die Lage der feindlichen Wachtfeuer Obacht zu geben; 
er meldete um 5 Abends an Bülow, dafs er beabsichtige, noch am 
Abend unter Major Hellwig 1 Bataillon und 2 Schwadronen nach dem 

») Cerr. S. 240. - =0 Kr. A. lU G. 19. BL 6. 

10* • 



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140 



Der Paiie^iXiieer Friedrich vw Hellwig etc. 



iror Ton Kasaken besetzten Treuenbrietzon zu entsenden. Dieser 
hatte sich inzwischen schon von seinem Standpunkt zwischen Kalten- 
born und Bdonannsdorf nach Wergzahne «gezogen und dort überzeugt, 
dafs ein Vormarsch des Feinde"^, naoh Marzahne, also auf Treuenbrietzen 
nicht stattfände; das 7. Korps liatte vielmehr mit der 1. sächsischen 
Division bei Mellnsdorf (Nachhut in Blönsdorf) mit der 2. in einem 
Gehölz südhch Kurz-Lipsdorf , mit der Reiterei zvrischen dem Gehölz 
und Mellnsdorf, mit der Division Duruttc bei Seehausen Lager be- 
zogen. Aueh in dicM r Aufstellung wurden die Sachsen unaufhörlich 
in der Front und auf den Flügeln von den preufsischen Reitern um- 
schwärmt, 80 dafs man die Feldwacheil der 2. Division nicht über den 
Rand des Gehölzes vorzuschieben wagte'). Hellwig übernachtete bei 
Malterhausen. 

Während dieser Zeit war Morgens and Kachmittags von den 
msnschoi Vortnippen die franzSetsobe SteUnng iror Jilterbogk be- 
obachtet worden. Nachmittags 6 Uhr gri£F sie Woronzow, dem 
Wintzingerode den Befehl über die Vorhut a^n Omrk's Stelle Aber- 
tragen hatte» an; es gelang jedoch nicht, den Widerstand der ttber^ 
legten wQrttembeigjachen In&nterie zu bredien; in Folge fortgesetzter 
BeiXstiguttgen während des Abends lieTs indes Ondinot gegen Mitter- 
nacht Jfiterbogk räumen nnd auch das 4. nnd 13. Korps mehr gegen 
Zahna zurückgehen. 

An diesem Tage hatte sich die Division Borstell von Gottow 
durch einen Kechtsabmarsch nach Zülichendorf vor das 3. Armeekorps 
gesetzt und ihre Vorhut nach Mohlsdorf geschoben ; den linken Flügel 
der Vorposten in Frankenförde bildeten 2 Schwadronen westpreu&ischer 
Ulanen und (>0 Hellwig"sche Fufsjäger. — 

Am 29. liüfs der Kronprinz seine Truppen iimei halb der Stellung 
vollständig wechseln: die Russen bezogen das Dreieck Elsholz-Witt- 
brieteen -Rieben, dahinter die Schweden bei Belitz; auf der Strafse 
von diesem Städtchen nach Wittenberg bis Treuenbrietzen und Gegend 
wurde das Korps Bülow vorgeschoben, dessen Division Borstcll nach 
Dorf Zinna, mit der Vorhut in Jftterbogk und auf den nordwestlich 
befindlichen Höben, rückte; letztere löste die russuche Vmcfaut unter 
Woronzow ab, welche am Morgen beim Abmarseh des 7. franzooschen 
Koips diesem zugleich mit dem 1. Leib-Hnsaren-Regunent unter Major 
Sandrart gefolgt war. Die 1. sächsische Division manchirte nach 
Eroppstfidt, die 8. und die leichte Reiter^Brigade, Ton etwa 800 Ka- 
saken begleitet, nach Marzahne, Division Durutte nach Jahmo, das 
12. Korps zum Teil nach Wergzahne, mit den Hanptiaräften nadi 
MftitorhAnMm und Eokauumsdorf , nachdem aus ersterem Orte vom 

V Cerr. S. 240. 



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Der PvUiipingBac Friedrich von HeUwig ete. 



141 



bayerischen Bataillon Fortis der Gegner (wabrHcheinlicU Ilelhvig'sche 
Husaren) vertrieben war'). Das 4. Korps ging nach Dalicho und 
nördli* !i davon. Alle diese Bewegungen vollzogen sich sehr langRnm 
und unter unausgesetzten Plänkeleien zwischen Vorhut, Nachhut und 
Seitenabteilungen. — 

Emen Yom Gbef Genenlsfal» 3. Armeekorps oilialteiieii be- 
sonderen Auftrag, Landesemwohner in das Linere Sachsens zur Ein- 
hebung Ton Nachrichten Aber die dortigen Verhältoiase ausamsenden, 
hatte Hellwig noch nicht ausf&hren können» weil die ganze BeTdlkemng 
ihre Dörfer Terlaes^ hatte und in die Wälder geflüchtet war. Dwi 
Ton Borstdl erhaltenen Befehl gemAb war er in der Frühe des 29. 
▼on Malierhaosen auf Treuenbrietzen aufgeibrochen, hatte aber in der 
Nähe dieser Stadt die Weisung bekoinnH n, die nach Idndo gnuckten 
iSaindlicheu Truppen zu beobachten. Hollwig kehrte daher um und 
nahm im Walde auf den Höhen von Leidendorf Aufstellung, von wo 
aus sich ein guter Teil des 12. Korps übersehen liefs. Dort traf 
Nachmittags von Nichel her General v. Oppen mit 2 Reiter-Kegimentem 
und 1 Batterie ein mit dem Auftrag, Aufklärung über die sich wider- 
sprechenden Meldungen Ilellwig's und Woronzow's zu schaffen, nach 
deren einer der Feind im Rückmarsch begriffen sei, während er nach 
der andern noch bei Jüterbogk stände. Oppen konnte aber auch nicht 
weiter vorwärts kommen, weil feindliche Infanterie den Lindoer Forst 
besetzt hatte. Major Sandrart w.u- mit den Leib-iiusäien nach 
Clausdorf gerückt, um zwischen Zinna und Treuenbrietzen, also zu- 
nächst mit Hellwig Verbindung zu halten. Nachmittags Uhr 
meldete letzterer, dals er die feindliche Nachhut, etwas Inftnterie und 
Beiterd, Tor sich zu haben ^ube, welcher anscheinend die Deckung 
des über Kurz-Iipsdoif und Kiebitz anf Zahna gehenden Rückzugs 
obliege; er selbst liels gegen die Seite des Gegners auf Sohönfeld 
streifen. Andere seiner PatroulQen meldeten ihm, daCs der Fdnd 
beträchtHcfae Reiterei bei Eckmannsdorf stehen habe und auch Ar- 
tiHerie bemerkt worden sei; anscheinend marschiro ein feindliches 
Korps auf Wittenberg. Nachts 1 1 Uhr meldete Hellwig an Oberst 
y. Boyen aus seinem Biwak im Walde hinter Alten- Seele, dafs der 
Feind Abends Feldheim besetzt habe und von diesem Orte bis lindo 
one fortlaufende Reihe von Wachtfeuern zu sehen sei. 

Die 2. siichsische Division "uid die Reiter-Brigade waren in ihrem 
Lager bei Marzahne Nachmittags nicht zur Ruhe gekonmien; bald 
nach Beziehen desselben zeigten sich seitwärs nach Bofsdoi-f zu be- 
deutende, mit reitender Artillerie versehene Reiter-Abteilungen (?on der 

') N. A. IL S. 32. 



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142 



Der Purteig&iiger Friedrich von Hellwig eto. 



russiscbon Vorhut unter Woroii/.ow) im Vorrücken begriffen, was die 
Siichsen, um nicht uingangeu zu werden, veranlafste, sich auf Kropp- 
btädt an die 1. Division heranzuziehen und ihren linken Flügel durch 
das im Holz hinter den Sehfitsttn ftu^ertdlte Hueaieii-Begimeat m 
dchem. Auch auf dem rechten FlDgel der Sachsen war feindliche 
Reiterei vorgegangen, hatte alch aher vor den eintreffenden Teilen 
des 12. Korps wieder abgezogen*). — 

Oudinot sog am 30. Nachmittags seine Armee an der Trenenbzietzea- 
Wittenberger Stralse zusammen, indem er das 7. Korps bei E[roppstldt 
stehen liefe, das 12. und Reiterkorps vor dasselbe nach Maizahne 
schob und neben dieses das 4. nach Feldheim und Schwabeck rücken 
liefs. Der Marsch des 12. Korps wurde unausgesetzt Ton der preuTsi- 
schen Reiterei belSstigt. Hellwig war gegen Mittag gegen Schwabeck 
vorgegangen und warf von da die Vorposten des 12. Korps auf 
Schmögelsdorf zurück. Als sich letzteres einige Stunden in Marsch 
gesetzt hatte, wurde es begleitet von dem Leib -Husaren -Regiment, 
den Hellwig'schen Husaren, *2 von Johnsdorf gekommenen Schwadronen 
des Pommerschen National-Kavallerie-Regiments unter Major v. Vor- 
mann und eine Zeit lang vom Rittmeister v. Blankenburj;, welcher 
von hier aus mit einer gemischten Abteihin«; von 200 Pferden über 
Jütcrbogk und Schweinitz auf Annaburg auf Partei auszog. Das 
12. Korps marschirte in dichten Kolonnen, ohne Reiterei heraus zu 
nehmen; es begnügte sich damit, die preußischen Reiter-Abteilungen 
mit ArtiUerie zu beschiefsen, wenn sie ihm zu nahe kamen und Ver- 
luste beibrachten. Durch Hitze und Wassermangel auf das Äuftersta 
an Mann und Rois erschöpft, mulsten die preulsischen Reiter 
Abends wieder den Wald au&nchen: Miyor Sandrart ging nach Lindo 
aurück, die Pommern wahrscheinlich nadi Leidend<nf , Hellwig in sein 
Biwak nach Alten-Seele. Ihre Vorposten erstreckten sich von der 
^Valdspitze gegentther Feldheim am Waldsaum entlang nach rechts 
bis zu denen der Russen unter Benkendorf, deren Hauptmasse in 
Jehserich, nordwestlich Treuenbrietzen stand; bei dieser Stadt lagerte 
Bülow's Korps, die Schweden bei Buchholz. — 

Für den 31. hatte der Kronprinz umfassende Erkundungen der 
verbündeten Reiterei angeordnet, wobei es zu Pänkeleien und Auf- 
märschen einzelner Teile beider Heere, aber zu keinem ernstlichen 
Gefecht kRm. Dnrch Vorgehen gegen die Seiten wurde die Anwesenheit 
des 4. Korps bei öchwabeck und Feldheim, des 7. und 12. bei Kropp- 
städt und Marzahne festgestellt. In der iliat war Oudinot stehen 
geblieben. Hellwig hatte sich seit dem Morgen gegen die redite 

>) Er.A.in. 0.19B1.2. 



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Der Fuieigiuiger Friedridi von Uellwig etc. 



143 



französische Seite gewandt, beunruhigte den Feind den ganzen Tag 
über und bezog über Kacbt an Biwabk bei Eekmaniiediffit Die Leib- 
busafen hatten tob Lindo ans beobachtet nnd manehirten Abends 
nach Kaltenborn. Bei Embrodi der Naoht traf Blankenbarg in 
Sdiweinitz ein, iralches vorher von Prendd vetlaeseii worden war; 
dieser hatte den Marsch nadi Listerfehrda, auf der Strafte nach 
Wittenberg, angetreten, wohin auch Blankenburg sich zu begoßen be- 
absichtigte. Über Nacht streiften Kasaken-Abteilungeii iiu Rücken 
des Oudinot'sohen Heeres bis Zahna, Woltei-sdorf, selbst bis Wüatemark- 
Kroppstädt. Diese unaufhörlichen Beunruhigungen veranlafsten den 
Marschall, mit Tagesanbruch des 1. September das freie Gelände mn 
Feld heim imd ^larzahne zu räumen und sich hinter den sumpfigen 
Drei Ulli g und den Zahnaer Bach ziirückzuziehen, wo er gegen Be- 
lästigungen und Beobachtungen dui'ch das waldige Gebiet geschützt 
war. Das 12. Korps bezog auf den Höhen von Kroppstädt die bis- 
herige Stellung dos 7. als Nachhut. Von der Nord -Armee rückte 
Bülow's Korps bis Schwabeck mit der V orhut in der Linie Marzahne- 
Feldheim vor; Oobschfitz kam nach Kurz-Iipsdorf, Borstell nach 
Marzahne, Orork und TBchonlsehew nach Lobbeeen tmd Niemeok, 
Prendel nach Lkterfahrda nnd BnUsdorf Die Witterung war auch 
an diesem Tage sehr heile und es benncbte Wassennaogel in den 
Biwaks, Hellwig hatte schon mit Tagesanbruch beim Aufbrach des 
Gegners sich wieder an seine rechte Seite angeUfaigt und ihn fort- 
dauernd beunruhigt, Abends bezog er in unmittelbarer NUie ein Biwak 
bei Mellnsdorf. — 

Am 2. blieb Oudinot in Erwaiiong eines Angriffs stehen und vor- 
l^te nur die Division Dunitte in eine Rückhaltstellung nach Grabo. 
Die Russen rückten nach Ptlückaf in eine Höhe mit den Preulsen 
und stellten ihre Vorhut in der Linie Lobbesen-Marzahne auf; die 
Schweden marschirten in die Linie Rietz-Ilaseloff. Es kam nur zu 
Vorpostengefechten. Hellwig beobachtete den Feind schon vom Morgen 
ab aus seiner Stellung in den Gehölzen östlich Zahna und blieb dort 
bis zur Nacht; er meldete, dafs in der Stadt sich 3 Bataillone 
Infanterie, seitwärts 1 Bataillon und etwa 150 Reiter befänden, welche 
in den Torliegbnden Gftrten Infimterieposten und seltwiirts Reiter- 
Tedetten angestellt Uitten. Die Stadt wire Ton den Franaoeen 
gründlich ausgeplfindert und verwüstet Den ganaen Tag hStte er 
Marsche von In&nterie und Reiterei, redite wvn Zshna auf Wittenberg 
beobachtet, yeimutlich die Division Durutte. In der Nacht mufste 
er wiederum wegen Wassermangels in sein Biwsk bei MeUnsdorf 
aurückgehen. 

»} Nip. Ui. S. 134. 



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U4 



Der Fartei^ger Friedrich von Hellwfg «Ae. 



Die Versammlimg der Nord-Amee vor Oadinot^s Heere Tenmlalste 
diesen, am 3. sdne Truppen in eine gedringtere Stollimg nahe an 
Wittenberg zusanunenzuziefaen; das 7. Korps bildete bei Teacfael nnd 
Dobien den linken Flügel, auf dessen äußerstem Ende die polniscihe 
Division sidi be&nd; in der Mitte stand bei 'Jliiesen das 12., rechts 
bei Euper das 4. Korps. Als die Nord-Armee den Abmarsch merkte, 
griff sie die stehengebliebenen Vorposten an, wodurch es an einer 
Reibe hartnäckiger Vorposten- und Schützengefechte kam. 

Bychalow's Kasakenpulk hatte in der Nacht das Städtchen Zahna 
angesteckt und die Franzosen dadurch zum Ritumen dcssolheTi ^r^^ 
zwungen; Hellwig hatte sich sofort an die l-ersen der Abzielieuden 
geheftet und bheb ihnen während des Marsches zur Seite, um nach- 
dem sie die neue Stellung bezogen hatten, von dem Thalwege südlich 
Zömigal aus seine Aufmerksamkeit darauf zu richten, ob das feind- 
liche Heer etwa über die Elbe zurückzugehen versuchte. Iiier nahm 
mit ihm das 1. Kurmärkische Kavallerie-Regiment Fühlung, welches 
über Bülzig zur Deckung der linken Seite des Detachements DobsebtttE 
▼orgegangen war; letataree war von Bfilow gegen die feindliehe Hechte 
▼on Korz-Iipsdorf an Zahna vorbei gegen Euper geschoben weiden. 

Hellwig bezog am Abend ein Biwak bei der Slülfloer Mühle, 
Vt Stande nördlich des Dorles Kfilso, 1 Meile dstlich der Festong; 
von da meldete er die Veiaammlnng des Ottdinot*sdien Heeres in dsr 
Ane zwischen Wittenbei^ und dem Strome; bis zum Abend hätten 
denselben noch k in: Tmppen überschritten; jenseits beiden sich 
nur Pulver- und Trolswagen mit eigener Bedeckung. In der Frühe 
des nächsten Morgens nm B Uhr hatte er noch keine Gewüsheit dar- 
über, ob die Franzosen über Nacht über die Elbe gegangen wären, 

seine Patrouillen viel Zeit gebrauchten, um in den Kreuz- und 
Querwegen der Niederung das Ufer zu erreichen und daher noch nicht 
zurück waren. HeUwig meldete ferner, dafs im französischen Heere 
dienstlich das Gerücht von einem Siege über die Österreicher bei 
Meifsen verbreitet worden wäre; Napoleon würde demnächst von der 
ilauptarmec persönlich zu der Oudinot's kommen, welche, um flir ihn 
schlagfertig zu sein, schon jetzt zusammengezogen worden wäre. 
Hellwig ttberlieis die Richtigkeit dieser Gerüchte der Beurteünng 
seitens seiner Vozgesetzton. 

Nach dem Zurückdrängen des Femdes unter die Wille von 
Wittenberg hatte der Kronprinz befohlen, dafs Tachenuschew nnd 
Hellwig mit ihren leiditen Korps die Elbe überschreiten sollten, tun 
die Verbindnng der Festung mit dem Lmem 8a4rbfwnft zu unterbrechen 
und dadurch das Heer Oudxnot's m swingen, aus den Vorräten des 
Platzes zu l eben*). Aber hier hatten sich die VerhAltnisse inzwisehen 

^) Balow's Kriegstagebuch in Kr. A HL £. BL ICe. 



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Der r&rteigänger Friedrich von Ueiiwig etc. 



145 



geaiititit. Napoleon hatte zwar bei Dresden gesiegt, 55eine Unter- 
feldherrn aber bei Kulm und an der Katzbach Schlappen erlitten; diu 
schlesiflohe Aimee kam ihm auf den Hab, die Kord- Armee bedrohte 
Ton der Elbe aus seiiie Verbindangan nach Sachsen und Fnudten. 
Die letsteie ftöb^ ihm wegen Ihres luuicheren Voxigehens aeit 
Gr.-6eeien die geringsten BesorgnSise ein; er glaubte sich ihrer am 
kiehtesten erwehren su können, wenn er der nicht besonders ge- 
Bcfaidigten Armee OndinoVs einen thathrflftigen Führer g&be tmd sie 
zu erneutem Vorgehen auf Berlin anspornte. Aus diesen Erwägungen 
unterstellte er sie, durch die 700 Pferde starke Kavallerie -Brigade 
Krukowiecki der Division Dombrowski verstärkt, dem Marschall Ney 
mit dem Auftrag, sein Vorgehen damit einzuleiten, dafs er sich auf 
die Strafse von Baruth nach Berlin setzte, um hierdurch die entblölste 
linke Seite der aus Schlesien zurückweichenden Armee Macdonald's 
zu decken. Ney traf am 3. September Nachmittags in Wittenberg 
ein und bcsichtip^te am 4. soino Armeekorps. In Folf^e dessen fiel 
an diesem Tage nichts von Btdeutung vor; ein Angriff des Generals 
V, Dobscliütz auf die württerabergische Division blieb ganz erfolglos. 
Hellwig beobachtete den Rücken des Gegners von Külso aus weiter. — 

Am Morgen des 5. marscliirte er mit seinem Streifkorps nach 
Elster an die Elbe, um Vorbereitungen zum Überschreiten derselben 
ins Auge zu toen und um den Strom und die rückwärtigen Yer- 
bmdungen der Festung und der üsindlichen Armee sn beohadtten. 

Es wsr ftr Ney keine Kleinigkeit, angesichts eines feindlidien 
Heeres ron 100000 Mann sein Vorgehen mit dnem IlankemnarBch zu 
begfamen. Mit dem 12. Korps und einer lUiter-Difision warf er 
Dobschfitz bei Zahna über den Haufen und übw Zahnsdorf und 
UoUnits axif Jttterbogk zurück und marschirte mit dem 12. Korps bis 
Sefda, mit dem 4. bis Zahnsdorf, mit dem 7. bis Leetza. Hellwig, 
der den Aufbruch des Feindes bemerkte und seinen Vorbeimarsch 
beobachtete» erkannte, dafs er durch diese Bewegung zur Zeit von der 
eigenen Armee abgeschnitten worden war. Um sich zunächst der 
Einwirkung des Feindes zu entziehen, überschritt er in der Nacht die 
Elster und ]i( fs seine Truppen einige Stunden hinter derselben bei 
Hansendorf ruhen. 

Am 6. früh brach er nach Schweinitz auf, wo er mit Blanken- 
burg's Parteigängerkorps zusammentraf, der bekanntlich von Bülow 
zur Beobachtung des Debouchees von Torj^au bei Annaburg vor- 
geschoben worden war'); dieser stellte sich nach lleUwig's Kriegs- 
tagebuch') unter dessen Befehl. Durch die vorliegenden Wälder yer- 

*) Nip. m. a 144. >) Kr. A.LE.07.BL 11. 



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X46 fiäckbUck auf die E&twkkeluDg und AusbUüuog 

borgen, beobachteten sie Yon hier, völlig im Rücken dos Gegners, 
seinen Voniiftndi auf JÜtorbogk und verfolgten den Verbuif der bei 
DeonewitB entbzeimenden Sdilacht. Für den Fall dee Sieges der 
Vocbiindeton standen sie hier bereit, den Rückzug der Fransosen, 
dessen Rfickzng nadi dem Beehtsabmarsoh vorauseiehttich anf Torgso 
gehen würde^ zu beunruhigen und zu stören. Aber auch der efcwaigeD 
Bttckzugsünie nach Wittenberg standen sie nicht zu fem. 

(FortMtniDg folgt) 



XI, 

Rückblick auf die Entwickelung und Ausbildung der 
k. bayerisohen Feld-Artillerie in unserem Jahrhundert, 

insbesondere deren Sctiiefsausbildung bis 1874. 

Von 

Speck, Generalmajor a. D, 
(Fortsetzung.) 



5. Von der Umwandlung der Artillerie-Kompagnien in 
Feld- und Fui'8-(FeBtungs-) Batterien bis zu der Einführung 
gesogener Geschütze (1865 bis 1861). 

Der bei den Mobilmachnngen der Armee in den Jahren 1848 — 1850 
zu Tage getretenen Notwendigkeit, für die von den beiden Alteren 
ArtiJlerie-Begimentem au&uztellenden Feldbatterien schon im Frieden 
beeser entsprechende Stämme zu besitzen und dadurch auch nicht 
mehr gezwungen zu sein, alle Mannschaften, Ton welchen diejenigen, 
die nicht Einsteher waren — etwa der gesammten Mannschaftszahl 
— durchschnittlich nur 22 Monate dienten, sowohl für den Dienst der 
Feld- als Festunps- Artillerie ausbilden zu müssen, wurde 13 März 
1855, 16 Jahre nach der Oleichstelhinp aller Artillerie -KompagnieTi, 
Rechnung getragen. — Bei jedem der beiden älteren Artillerie- 
Regimenter wurden von den zu dieser Zeit am Regiments- 
sitze befindliehen Kompagnien fünf zu FeUlbattcrien, und 
zwar drei zu ßPfünder- und zwei zu r2Pründer-ßattenen, um- 
gewandelt, während die übrigen zehn Kompagnien als Festungs- 
batterien — bis 1872 in Bayern Fulsbatbeiien genannt — für den 
Park-y Belagenmgs- und Feetungsdienst auszubilden waren. An 



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der k. bajreriaclMa Fdd-ArtiUerie eta. 



147 



Stelle des Bataillons-Vorbaiideg trat der in Divisionen zu 
zwei, drei oder vier Batterien. Jedoch wurden die Divisionen 
keine seibisUtaiuiigen Dienstei>3tellen, sondern es blieb der gesanimte 
dienstliche Verkehr, wie seither, beim Kegiment, welches unmittelbar 
mit den Batterien verhandelte, Tereinigt. 

Kaehdem die zur Beepamrang der Feldbatterien eifoidfirlidieii 
Maniwchaftan und Pferde nun einen untrennbaren Bestandteil dieser 
Batterien sn bilden hatten, wurde der gröiste Teil der im Be- 
«panwiinffldienste anegebildeten Fühnresenssoldaten, dann anch der 
Beii- mid Zugpferde der an den B«gimentHitaen der beiden filteren 
ArtÜlerie-Begimenter befindlichen FuhrwoBons -Abteilungen den Feld- 
batterien als Fahrbombadiere und Fabrkanoniere beew. Bespannung 
einverleibt. Zugleich ^^vunle aber ancb verfügt, dafs den 
Offisieren und Unteroffizieren der sn Feldbatterien um- 
gewandelten Artillerie -Kompagnien nicht nnr die Aus- 
bildung der Bedienungsmannschaften, sondern anch die der 
Fahrmannscliaften und Pferde ihrer Batterie obliej^o. Um 
den Feldbatterien die Erfüllung der letztgenamiten Aufgabe zu er- 
leichtem, -wurden Fuhrwesens -Unteroffiziere — durchschmttlidi zwei 
pro Feldbatterie — zur Artillerie versetzt. 

Aus den beim Fuhrwesen verbliebenen Unteroffizieren, Trompetern, 
Mannschaften und Pferden wurde, sowohl beim 1. wie 2. Artillerie- 
lleguüeiit, unter dem Kommando des Fulirwesens-iiitlmeibterö, eme 
Eskadron gebildetf in deren Stand sämmtliche Fuhrwesens-Lieut^iants 
des Begiment^ von weldhen keiner aar Artillerie vezselBt wmde, ttber^ 
toaten. Diesen beiden Eskadrons oblag nun nnr mebr die Aus- 
bildung der fttr das Armee-Fnbrwesen ausgehobenen Mann- 
scbaften, und wurden ihnen die Festungs-Fubrwesens-Ab- 
teilungen nnterstelli -~ 

Der Friedensstand an Pferden wurde für jede 6Pftinder (&breiide) 
Feldbatterie, damit dieselbe vier Geschütze und ebensoviele Wurst- 
Munitionswagen bespannen konnte, auf vier, von den Offizieren, wie 
seither, selbst beschafifte O^iers-, dann 12 Dienst-Reit- und 58 Zug- 
pferde, für jede 12 Ffiinder Feldbatterie ebenüalls auf 4 Offiziers- und 
12 Dienst-Roit-, aber nur 28 Zugpferde, mithin nur für die Bespannung 
von vier Geschützen festgesetzt. - Für die in Batterien umgewandelten 
seitherigen Artillerie -Kompagnien v. unle der Sollstand an Mann- 
schaften im Frieden — der so^r nannte Bereitschafts-, aber nicht 
Präsentstand derselben — wie folgt bestimmt: 6Pfünder Feld- 
battcrie, einschliefsüch der Offiziere — 1 Hauptmann, 1 Ober- 
heutcnaiiU und 2 Unterlieutonants — , 195 Mann (im Krietre 200 Mann, 
darunter ein 2. Oberlieutenaui, daini 28Dieiist-Keit- unci Ii» 2 Zugpferde), 



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148 



Bückblick auf die Elntwickelung und Auftbildujig 



12 Pfänder Feldbatterie, einachliefriich von vier Offisieren, 215Haiiii 
(im Kriege 229 Mann, darunter ein 2. Oberlientenant, dann 28 Dienst- 
Beit- und 132 ZugpfiardeO* Fafe-CFestungB-) Batterie, ein- 
schließlioli von vier Offizieren , 165 Mann (im Kriege 172 Maim) und 
4 Offizierepferde. 

Jede Batterie wurde nun nur mehr für den Dienst, welcher der 
Beatimmimg der Batterie entsprach, ausgebildet. Jedoch war das 
Exerziren mit dem Infanteriegewehr (glatte Perkusnons-Moskete), 
onschliefslich dem Sc heibenschiefsen mit demselben, nicht nur Ton 
sämmtlichen Mannschaften der Festungsbatterien, sondern auch von 
den Bedicmmgs-Mannscbaften der Feldbatterien, obwohl fiir diese im 
Kriege und also auch in der bespannten Batterie keine üandfeaer- 
waffe vorgesehen war, wie seither vorzunehmen. 

Die drei Zeitabschnitte des Jahres — Winter-, Rekruten- 
und Hauptübungszeit — erfuhren keine, der Mannschafts- 
Präsentstand während dieser Perioden nur bei den Feld- 
battericn eine Änderung. Diese bestand darin, dafk bei den 
Feldbatterien, auiser den Bedienungsmannschaften, deren Präsentstand, 
ebenso irie jener der Haimsohaften der Festungsbattenen, wÜhiend 
der drei Zeitabschnitte des Jabree irie eeitber weohselte, andi fithrende 
ArtHkiisten, nnd zwar bei jeder 6 Pfünder Batterie 86 — über Vs 
der KriegsetHrke an Fahrern (88) — , bei jeder 12 Pfilnder Batterie 30 — 
rund Vs der Kriegsstarke an Fabrem (88) — das ganze Jabr bin- 
durch dienten. Bei den erstgenannten Batterien waren die ftbrenden 
Artilleristen ungefähr 30 Monate, bei den 12 Pfänder Batterien durdi- 
sdmittlich 24 Monate dienstpiftsent, mithin etwa 8 bezw. 2 Monate 
läDger als die Bediennngsmannschaften, deren Dienstzeit, wie seither, 
22 Monate betrug. 

Jede Feldbatterie bildet ihre sämmtlichen Rekruten — durch- 
schnittlich 34 — im April und ^fni im Exerziren zu Fufs, ein- 
schliefslich Infanteriegewehr, und iui i'^xerziren mit den Feldgeschützen 
ihrer Batterie auf der Stelle, sowie in der Wart und Pflege der 
Pferde aus. Ende Mai wurden die zu fahrenden Artilleristen erwählten 
Rekruten — pro Feldbatterie rund 14 - bis zu Anfang Oktober be- 
urlaubt. Die Ausbildung der zur Bedienung der Geschütze bestimmten 
Bekruten der Feldbatterien im dritten und vierten Bekniten-Monat, sowie 
jene aller Rekruten der Feetungsbatterien schon vom zweiten Bekruten- 
Monat an, wurde dnrob die Trennung des Feld- und Festonge-Artinerie- 
dienstee wesentHcfa erleichtert. — Die TeQnng des übergrolk go w oecn en 

Behufs Bespannung der im unmittelbaren Batterieverbande stehenden 
21 aechsspännigeu Fahrzeuge, nämlich: 8 Geschütze, 9 Munitionswagen, 1 Re- 
Mrve-Lsiret6| 1 FeldBehmied« und 2 Battwwwagm. 



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dar k. bajeriaclieii Feid-ArtUlerie etc. 



U9 



Arbeitsgebietes machte sich auch wälirend der, wie seither, zwischen 
den dritten und vierten Rekruten -Monat fallenden z^?eimonatlichen 
Hauptübungszeit vortoiliiuit fühlbar. Nach Schlufg des fiir den Laborir- 
Unterricht bcstimmteu vierton Rekruten -Monats (September) begann 
Anfang Oktober die Ausbildung der nach dem zweiten Rekruten- 
Iffonat (Mai) benrltnUen fiüirenden Artilleristen der Feldbatterien im 
Beit^ etc., und erst im Mai des nttehsten Jahres, nuthin nach mehr ah 
halbjährigem Beitimtemcht, wurden dieselben im Fahren ausgebildet. 

Wfthrend bei der 1855 bethätigten Umwandinng der Kompagnien 
io Feld« und Festungs-Batterien keine Versetningen unter den Hanpt' 
leaten und lieutenants stattfinden durften, wurde 1856 bestinunt, 
daft bei den Regimentern Nr. 1 und 2 grundsKtsHeh die jeweilig 
dienstiUtesten 5 Hauptleute, 5 Oberlientenants und 10 Unterlicutenants 
bei den stets am Rcgiinentäsitse gainisonirenden fünf Feibatterien 
einzuteilen seien 9. — Die Übungen und Unterrichte der Bedienung»» 
und Fabrmannschaften der Feldbatterien alle sieben oder zehn Tage 
durch einen anderen Lieutenant ihrer Batterie leiten 7.u lassen, er- 
Anes sich Hoi der IHöi; erfolgten Einführung des im H (reitenden) 
Artillerie- Regiment herangebildeten und erprobten Fahruntt t rirbts 
unthunlich. Aber nicht nur bezüglich dieses Unterrichtszweiges, 
sondern auch hinsichtlich aller anderen Übungen und Unterrichte 
der Fahrmannschaften, und schliefslich auch jener der Bedienungs- 
liiäiiiischaften, '«•urde nun, cUc ununlürbrocliene Leitung eines und 
desselben Ausbildungsgebietos — wenigstens bezüglich der nämlichen 
Mannschaften — durch einen speziell hierffir bestinmiten lieutonant 
der Batterie, mithin das im 3. (reitenden) Artillerie-Regiment seit dessen 
Enichtong bestehende Ver&bren, die Regel. Dem Lieutenant vom 
Bediennng8-(BAtterie')Tagesdienst oblag nun die BeauMcbtignng der 
Saseme und Menage der 'Batterie, jenem Tom Stall-Tagesdienste die 
Anweeenheit in den StaUzeiten, Beauftichtinung der Wart und Pflege 
der Pferde der Batterie. 

Obwohl das Vorrücken der Unteroffiziere und Trompeter in 
höhere SteUen bie 1872 nicht in den Batterien, sondetn naeh ihrem 



') Diese Begtiinmttng wurde bei der 1. Januar 1873 erfolgten Vereinigung 
Her Festungsbatterien in zwei Fufs- Artillerie- Regimenter mir bezüglich der 
Sckondlieutenants dahin geändert, dab die ältesten äekondlieuteuants der 
Artillerie nicht mehr bai der Feldaxtülerie, sondern bei den Fubartillerie-Re- 
gimentem eingeteilt wurden. Deshalb oblag auch bis zu der erst 1. April 1881 
vr-rfflgten Trennung des Oftiziers-Korps der bayerischen Artillerie nach Feld- 
mu\ Ful's-Artillcrie in zwei getrennte Körper mit selbststAndigem Avanoeinont, 
den Lieutenant» der FuTsartillerio die Beschattung eines HeiipierJefi aut> eigenen 
Mitteln. 



150 



Bückblick auf die Eutwickelung und Ausbildung 



Dienstalter innerhalb des Regimonts zu erfolgen hatte, wurden Ver- 
setzungen der Unteroffiziere und Trompeter von Feld- zu Fe&tuugs- 
batterien, und noch mehr iinigekehrt, dadurch mfiglielist zu TennAideii 
geixachtet, dafis Befördenuigen erst erfolgten, wenn sowohl bei Peld- 
wie Festangsbatterien Stellen erledigt waien. 

Vom Herbste 1855 ab waren die Feetongen Landau, GennerdMoiL 
und Ingolstadt nur mehr mit je SFestongsbatterien zn beaetsen, die in der 
R^gel nidit mehr swei, sondern drei Jahre vom Sitze ihres RegimentB 
detaehirt blieben. 

Abgesehen von den GamiBons-Übungen, welche die in derselben 
Garnison befindhchen Trappen der Terschiedenen Waffen im gemein- 
samen Verbände vorzunehmen hatten, jedoch, des geringe Präsent- 
Standes der Infanterie und der nicht berittenen Bediennngsmannsohaften 
der Artillerie wegen, nur dann bethätigen konnten, wenn deren 
Hnuptübungszeiten zeitlich zusammen fielen, fanden von 1853 bis 1R56 
keine Truppenübungen mit vorbundenen Waflon statt. 1857 und 1858 
wurden Brigade-Übungen abgehalten. Bei diesen war jeder zur 
Übung berufenen Infanterie-Brigade ein Kavallerie-Regiment, damals 
6 Schwadronen stark, und eiue G Pfüiuler tainende Feldbatterie, in der 
Stärkt' von acht Geschütz.en, darunter sechs (5 Pfünder-Kanonen und 
zwei 7 l'iünder lange leichte Haubitzen, und acht Wurst-Mmniiaus- 
wagen, zugeteilt. Die Batterie, welche der 1858, gelegentlich der 
Bundes-Inspektton, bei Begensburg übenden 5. Infanterie-Brigade zür 
gewieeen war, wnrde ans je eoner 6 Pföttder-Friedenebatterie (Halb- 
batterie) des 1. nnd 2. Artillerie-Begiments, unter dem Befehle dee 
Hauptmanns der vom 1. Begiment abgestellten FViedensbatterie, go- 
bfldet. In demselben Jahre nnd za gleicher Zeit (S^itember) ftbte 
bei Begensbuig, aber gindich getrennt von der 5. Infimterie-Brigadoi 
eine aus drei Kavallerie-Begimentem gebildete KaTaUerie-Brigade, 
vr Icher eine acht Geschütze starke reitende Batterie zugeteilt war. 
Wie 55eltcn gröfeere Truppenübungen stattfanden, dürfte auch daraus 
erhellen, daüa der Schreiber dieser Zeilen, seit 1850 Offizier, 1858 das 
erste Mal an einer gröfseren Truppenübung Teil nahm. — Bei den 
durchschnittlich neun Tage w.^hrenden Brigadeübungen lagerten die 
nirbt berittenen Truppen unter Zolton. '«viilircnd die Kavallerie, sowie 
die Pferde aller Offiziere und der Artillerie, mit den zur Aufsicht und 
Wart derselben nötigen Chargen und "Mannschaften, in Ortschaften, 
welche dem Lagerplatze zunächst lagen, einquartiert wurden. Hierin 
lag wohl auch der Grund, dafs das Bcduiinifs nach einer wollenen 
Decke für jedes ZugprerJ nicht zu Tage trat und erst im Frühjahre 
1865 auch für jedes Zugpferd eine Wolldecke genehmigt wurde. — 
INe Übungen fimden stets in der nftchsten Umgebung des Lagerplatzes 



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der k. bajeriicheii Feld-ArtiUem etc. 



151 



statt, und waxen selbst an den letzten Tage«, an welchen sie in zwei 
Parteien gegen einander vorgenommen wurden, mehr Exerzitien als 
Maiiöver. Im Streben nach schönen Bildern wurde der Zweck der 
Übung — Vorbereitui^ der Truppen und insbesondere ihrer Führer 
für die im Kriege en dieselben hentniretenden Angaben — viel lu 
wenig beadttet. — 

ZweifeUoB vSDig nnabh&ngig von der bald daienf erfdgten Mobil- 
madmng der Aimee wnidedO. Mftrs 1859 die bayerische Artillerie, 
welche bis dahin, eineGfalielBlioh der vier rdtenden Batterien, nnr 
14 Feldbatterien, dagegen 20 Festungsbatterien stark war, nm vier 
Feldbatterien — zwei 6 Pfünder- und zwei 12 Pitlnder-Batterien — 
sowie um zwei Festungsbatterien vermehrt, und hierwegen 
ein 4. Artillerie^Regiment, mit dem Begimentssitze in Augsbni|p, 
in der Stärke von vier Feldbatterieen — zwei 6 Pfünder- und zwei 
12 Pfünder-Batterien — und acht Festungsbatterien, welche zu eleirLcn 
Teilen vom 1. und 2. Artillerie-Regiment abzugeben waren, gebildet. 
Dieses neue Hegiuient unterschied sich in der Bekleidunf; etc. nnr 
durch die Nummer „4"^ auf den Ilockknöpfen von den Stammi . gimentern. 
Jedes dieser zwei Regimenter, in welchen die neuen Hacterien er- 
richtet w-urden, war nun, wie vorher, fünf Feldbatterien — drei 
6 Pfänder- nnd zwei 12 Pfünder-Batterien — aber nnr mehr sieben 
Feetungsbatterien stark'). — Die FriedensstAmme fftr dae 
Armee •Fuhrwesen blieben, wie seither, dem l.nnd 2. Artillerie- 
Regiment, in der Stttrke je einer Fnhrwesene-Eskadron, die bei der 
Mobilmaehnng 1869 verdoppelt nnd dem Eonmiando eines ArtiUerie- 
M^fnB als Fahrwesens-Dirision unterstellt woide, zugeteilt. — 

Bei dem» Anfang Juli 1859, bethätigten strategischen Aufmarsdie 
der Armee war jeder der drei mobil gemachten Infanterie-Divisionen 
ein Kavallerie-Regiment zu vier Schwadronen und eine Artillerie-Division, 
welche von einem Major oder Oberstlieutenant kommandirt wurde und aus 
einer G Pfünder fahrenden und einer 12 Pfünder Batterie zusammen- 
gesetzt war, zugeteilt Zwei rritonde Batterien waren unter dem 
Koniiiiaiulo eines Majors ihres Regiments dem Reserve-Kavallerie-Korps 
unterstellt. Fünf G Pfünder falirenrl^», drei 12 Pfünder und eine 
reitende Batterie bildeten, in drei Division zu drei Batterien gegliedert, 
unter dem Kommandeur des 3. (reitenden) Artillerie-Regiments (Oberst 
Graf Bothmer) die Reaerve- Artillerie des ba^eiischen Heeres. Eine 

Von den Festuo^batterien befunden sich beim 1. tind 2. Rofrimont nur 
drei, l)cim 4. Rof^iment vier am Keginientssitze. intlom das 1. Re^inient drei 
Festuagsbattenen nach Ingolstadt und eine nach Neu-ülui, dm 2. und 4. Kegimeut 
je vier Festungsbatterien und zwar zu gleichen Teilen nach Landau und Germers« 
b«im abrostellen hatten* 



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152 



Eückblick auf die Eutwickoiimg und Ausbildung 



Iniaaterie-DiTirion wurde in der Khein|i&]z, aUe übrigen Teile des 
fleerea unter dem Oberbe&Ue dee FeldmanöbaillB Frins Kail (Bmder 
Kdnig Ludwig I.) zwischen Hier und Lech tersammelt Der Brigadier 
der Artillerie, Generalniigor von Brodesser, wurde dem Feldmanchall 
ab Kmimuuideiir der ÄrtiUerie zngeteflt. 

In Folge dee zwischen Österreich und Frankreich gesohlossenen 
Waffenstülstandes, welchem der Friedeu bald nadifolgte, wurde die 
bayerische Armee auf den FriedeiisfiiÄ zurückversetzt. Nur die 
KavaUerie, welche bei der Mobilmachung» aus 2 Kürassier- und 6 
Chevauxlegers-Regimentem zu 6 Schwadronen, in 3 Kürassier- und 
9 Chevauxlegers-Regimenter zu 4 Schwadronen fonuirt worden war, 
hatte mit 44 K 'k'adroiis, im Verein mit den vier reitenden Batterien, 
Übungen auf dem i^cchfcldc vorzunehmen, und dann erst die frühere 
Formation wieder anzunehmen. 

Während der Friedensstand an Dienstpferden für jede der vier 
reitenden Batterien wieder auf 83 Reit- und 54 Zugpferde festgesetzt 
wurde, hatte jede der 14 Feldbatterien einen Stand von 22 Ueit- und 
102 Zugpferden zu behalten. Dieser aulserordentlich hohe Friedens- 
pferdestand ermöghchte jeder Feldbatterie die Bespannung Ton aeht 
Geschützen und adit Munitionswagen und hatte zur Folge, dab die 
fikhrenden Artilleristen dieser Batterien vier Jahre, mithin gut doppelt 
so lange als die Bedienungsmannsdiaften dieser Batterien — dem 
Präeentstand, ebenso wie jener der Mannschaften der Festongsbatterieo, 
in den drei Zeitäbedmitten dee Jahres ein verschiedener war — 
dienten. Unter diesen Umstinden konnte die Ausbildung der Feld- 
batterien im Reiten, Fahren und Exerziren, weldien Thätigkeitai, 
und zwar namentlich dem Fahren, ohehin das ganz besondere Interesse 
der Artillerie-Offiziere in jener Zeit zi^i^wendet war, auf einen sehr 
entsprechenden Grad gebracht und das ganze Jahr hindurch bedeutend 
mehr gefordert werden, nls die siclier nicht minder wichtige Aus- 
bilduTijr in der Bedienung und Handhabung der Greschütze. (Die 
Lieutenants hatten vor Beginn des Fahrunterrichts an die Mannschaften 
die Fahrschule jjraktiach durchzunehmen, selbst zu fahren.) 

Die Bef(5rderung8- Verhältnisse der Offiziere hatten sich seit 1848 
wesentlich günstiger gestaltet. Der riau])tuiann wurde nun schon 
nach 13 jähriger, der Stabsoffizier nach 24 jähriger Dienstzeit als 
Offizier erreicht. Für den Feldartillerie- und nicht minder auch für 
den Festungsartillerie-Diensl erwies sich die vorgeschriebene RiTrtmhwig 
der jeweilig Slteeten Hauptleute, Ober- und Unterlieutenants des 1., 
2. und 4. Artillerie-Regiments bei den Feldbatterien dieser Regimenter 
„im Mobifanachungqahre 1859*^ deshalb weniger ungünstig, weil das 
Avancement em so umfassendes war, dafli nahezu sümmtUdie Unter> 



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der k. b»yeoriadiea Feld>ArtUl«rie etc. 



153 



lieutenants, wciclie vor der Mobilmachung hei den FelJbatterien ein- 
geteilt waren, bald iiacii ihrer Beförderung zum Oberlieuteiiant wieder 
zu den Feldbatterien, welchen bei der Mobilmachung ein zweiter Ober- 
I^tenant zugeteilt worden war, eingeteilt werden kunntcu. Ebenso 
Hatten die bei den Festongsbatterieti eingeteiUten Oberlieutenants diesen 
Batterien kuiz Torber ab Unterlieatenaiits angehört. — 

Die bisher wftbiend des Winters beim 1. nnd 2. ArtÜlerie-Bogiment 
TOigeschriebenen OfBaers-Sdiiden wurden, nachdem seit 1851 für die 
speziellen Studien des Artilleristen nnd Ingeni)»nr8 eine eigene Schule 
bestand — und auiserdem, 1. November 1858, behnfii Ausbildung der 
Begiments-Eadetten (Offisiers^Aipiranton) aller Waffen in miUtftr- 
wissenschaftlidier Beriehnng, eine Kriegsschule in München mit zwei 
Lebrknrsen, dem ersten von einjähriger, dem zweiten von halbjähriger 
Dauer, errichtet worden war — im Winter 1858/59 zum letzten Male 
von den Junkern und Lieutenants dieser Regimontor besucht. Nur 
diejenigen .hniker und Lieutenants, welche ISf)*), in Folge der nicht 
unbeträchtlieheii Vermehrung der W.itl'e, ohue vorherigen Besuch der 
Artillerie- und Genie-Schule befördert worden waren, erhielten im 
Winter Gö, durch hierzu besonders geeignete Offiziere ihrer 

Kegiuienter, niilitür- und artillerie-wissonschaftlielieu rntcrricht erteilt. 
Dagegen hatten vun 1859 ab die Lieutenants und Junker sauiiuüicher 
vier Artillerie-Regimenter, wälirend des Winters, eine dem railitär- 
wiasenscihaftUchen Gebiete entnommene Aufgabe zu bearbeiten und 
eine Zeicbnung sn fertigen. 

Abgesehen von den Störungen, welche der grofse Bedarf an 
Offizieren im Jahre 1859 und dann nochmals 18660 vonmMohte, 
hatten seit ErriGfatnng der Kriegssoihule die Be^ents-Eadetten der 
ArtiUerie-Regimenter nicht mehr nach der mit der 6. Lehrklasse des 
Kadetten-Korps abgelegten Schlulsprüfung, sondern nach Absolvirung 
der Kriegsschule — deren zweiter Lehrkurs 28. September 1860 auf- 
gehoben wurde — , mit den aus dem Kadetten-Korps zur Artillerie 
übertretenden Junkern, die Artillerie- und Genie-Schule zu besuchen. 

R. Ausbildung im Scliiefsen. 

Iiis 7,u der EinführnTit^ von gezogenen Geschützen ^vurden die 
SchiefsUbungen der bayeiischen Artillerie auf den Exerzirpliltzen der 
Artillerie -Garnisonen vorgenommen. Während die Exerzirplätze der 

^) In beiden Jahren wurde jedoch der ungewOhnlldi grobe Bedarf an 

Offizieren in viel geringerer Zahl, als im Jalire 1848, durch die Beförderung 
von a!f und hrnv pedif-nten Unteroffizieren geileckt. Währoiul dt'S Feliizuges 
1866 waren bei der Artillerie auch 23 ünterüeutenants auf Kriegsdauer angestellt 
worden, deren Entlassung am 29. August 1866 erfolgte. 

Jdirkadbtr m <!• DtatadM AfBMUd HuiD«. B«.M^a 1| 



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154 



Bückblick auf die Entwkkelung und AinUlduDg 



Festongen nur SchiejBQbuiigeTi mit Mdmm eimSgUehten, geetaifcetea 
die zunächst den Sitsea der Arlflierie-Regimeiiter — If üiu^en, Wfin- 
bug nnd Angdrarg — befindEdMH Exemiplitie anch die BeÜiätigTUig 
der ScbieJb&biiiigen init allen Kanonen- und Haubitz -Kalibern. — 

An dem von der Stadt ahgcwendeten Ende dieser Exerzirplätze befand 
sich ein mindestens 30 Fufs hoher, etwa 200 Fufe breiter und 50 Fuls 
starker Erdaufwurf (Kugelfang). Unmittelbar vor diesem Kugelfange 
wurden die Ziele aufgestellt. Man unterschied Ziele für FeLdartillehe 
und für Festimgs- bezw. Belagerungsartilierie. 

Das Feld- Artillerie -Ziel . welches bei allen Schiefsübungen mit 
Feldgeschützen — glatten ti und 12 Pfunder Kanonen und Haubitzen 
(bis zur Einfuhrung des Feldartillerio-Materials C/3G: 7 und 10 Pfänder 
kurzen, dann 7 Pfündcr langen leichten und schweren) — verwendet 
wurde, wai' stets eine Bretterwand von ÜG FuTs Breite und 9 Fufis 
Höhe. Nur bei dem Schie&en scharf laborirter Granatkartätseheo 
(Sbiapnels), welches von den Artillerie-Begimentem eist Ton 1849 
ab TOigenommen worde, bildeten vier Bietterwflnde von den eben 
angegebenen Dimensionen, die mit je 50 Sobritt Abstand 

Tom einander 

an^gesehlagen winden, das ffiel. 

Unter den Festiings- bexw. Belagerungs-Artillerie-Zielen unter* 
schied man: Demontir-, Rikochett- und Wurfziele. Das Demonttiziel 
bestand aus einer Holzscheibe von etwa 3 Fufs Durchmesser, auf 
wel<^er die Mündungsflächc eines Geschützrohres mit sobwaraer Farbe 
dargestellt war. Der etwa 5 Fufs lange Pfahl, an dessen oberen Ende 
das Demontirziel befestigt war, wurde vor der Mitte des Kugelfanges 
in den Boden gesteckt. Das Umfallen dieses Zieles wurde stets als 
das Merkmal, dafs dasselbe getroffen wordon sei, betrarlitet. obwohl 
es nicht gerade selten nur von zuriickgesciileuderter Erde des Kugel- 
fanges umgewoH'cn worden war. Das Rikocbettziel wurde auf einer, 
vor der Mitte der einen Hälfte des Kugelfanges, senkrecht gegen 
diesen angelegten Face von etwa 100 Schritt Länge, welche dem 
Wallgange eines Festungswerkes nachgebildet, mit Traversen versehen 
nnd gegen die fenemde Batterie sn mit einer Brustwehr abgesdilosflen 
war, dadurch dai^gestellt, dafe anrisdhen dieser Brustwehr und den 
Traversen Gesobüts-Profile, mit der Wirklichkeit entsprechenden Ab- 
stiinden Ton einander an^estelH wurden. Das WurMel bildeten awdi 
Boden-Quadrate von 5 nnd 25 Schritt Seite, in deren gemeinscbaft- 
lichem Mittelpunkte sich eine Stanjie erhob, auf welcher ein Fals 
hing. Auch ein- und ausgehende Waffenplätze des gedeckten Weges 
wurden aiif dem Boden der Schiefspl&tze tracirt und dienten als 
Wurfeiele. 

Kachdem bis zum Jahre 1855 jede am BegimentssitBe befindliche 



Digiti7-"rl h\' ^"'^ 



d«r k. bflyaiaelieii Feld-ArtällAiie elc. 



155 



Artilleric-Kouipagnic' wiilircnd der zweimonatlichen Hauptübungszeit 
(Juii und Au{zust^ nicht nai mit allen Feld-, sondern auch mit allen 
Festungs- und Belageruugs-(jeschützen Schiolsübunucn vorzunehmen 
Chatte, verhinderte diese auISäerordentUcho Mannigfaltigkeit ein ciu- 
diingendem Berttdcdditigeii der viebeitigen Aufgaben, welche im 
Ernstfiüle aowolil an die Feld- als an die Feetiinp- und Belagemngv- 
Artillerie herantreten. Hierdnrdi allein vird es erklSr- und entscirald- 
bar, dab nicht nur beim SchieJken aus Festangsbatterien, sondern 
audi ans Belagerangshatterie&, ja selbst mit Feldbatterien su acht 
GeschütKen — sedis Kanonen und zwei langen Hanbitxen — , deren 
Schielsen nun etwas eingehender betrachtet werden soll, die Ent- 
fernung, auf welche geschossen wurde, immer bekannt, ja 
sogar mit Zuhülfen ahme der Mefskette ein für alle Male er* 
mittelt und festgcstollt war. Im grellen Widerspruche hierzu 
stand das damals überaus häufige Üben der Chargen und Mann- 
schaften der Artillerie im Schätzen der Entfernungen. 

Auf Feuervorteilung wurde nicht geachtet, vielmehr die- 
selbe, weil nur fiir diejenigen Vollkugelsehüsse der Kanonen und 
Granatscliüsse der Haubitzen, welche den mittelsten Teil der Bretter- 
wand trafen (Stangenschüsse), ein kleiner Geldpreis bezahlt wurde, 
peinlichst zu vermeiden getrachtet. Nach jedem Schusse wurde der 
Trefl^unkt aufgenommen und durch genau festgesetzte Signale von 
dem an das Ziel sor 8<^eibenmannBchaft kommandirten Trompeter 
der feuernden Batterie mitgeteilt Nun bogann ein peinliches Korri- 
giren, aber nicht bloe Ton Seite des Batterie-, des Zug- und des 
Geschüts-Eommandanten, sondern auch des Richtmeisters, wie der 
Kanonier, welcher die Höhenrichtung erteilte) damids genannt wurde. 
Die Richtmeister sollten mitten in das Schwaree — in der Mitte der 
Bretterwand befand sich ein schwarzes Qoadrat von '2Vs Fufs Seite 
richten ; man drückte jedoch dos Auge zu, wenn die Riehtinoister in 
dem Streben nach dem Geldpreise — zwölf Kreuzer für das Quadrat, 
sechs Kreuzer für einen Stanp;cnschufs — , dureli etwas nach rechts, 
link?^, oben oder unten aushalten, zu helfen suchtt n. - Die im Stöfs- 
boden der Feldgeschützrohre eingelassenen Aufsätze waren bis in die 
50er Jahre mit Zoll und Linien rheinischen Mafses statt mit den 
der Entfernung ent8|)reclieudcn Zahlen und Strichen bezeichnet, so 
dafs nur Offiziere mit sehr gutem und treuem Gedächtnisse die 
Schufstafel beim Schiefsen nicht bedurften. Die Feld-Haubitzen hatten 
anlserdem audi den in Zoll und Linien rheinischen Maises geteilten 
Geschfitzquadranten von Hessing. 

Abgesehen von dem im Juni stattfindenden Rekrutenschielsen, 
bei welchem f&r jeden Rekruten ein Schub genehmigt war, nahm Ins 

II* 



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156 



Eflckbllck auf die Eiitwickelung und Auabildung 



1855 jede Artillerie-Kompagnie, welche sich am Regimentssitze b«fiand, 
jährlich während der Hiupttibiiiigszeit (JuU und August) Sduejs- 
ttbungen in der Feldl>at(erie zu aeht Geiachfitsen vor, darunter ein 
Mal mit Böchsen', zwet Mal mit Granat-Eartätsclien (Scfaiapnela). 
In den Jahren 1856 bis 1858 feuerten die Feldhattoien nur mit vier 
Geeohtttsen — drei Kanonen and eine lange Haubitze — und erst 
von 1859 an wieder wie die reitenden Batterien seit deren Errichtong 
(1848) mit acht Geschützen — sechs Kanonen und zwei langen 
Haubitaen. Aus den Haubitzen wurden nie scharflaborirte, 
sondern stets mit Steinkohlengries und Erbsen auf das Gewicht 
der scharf laborirten Granate gebrachte blind laborirte Granaten 
geschossen. Auch die Granatkartätschen wurden nur ausnahms- 
weise scharf laborirt — meistens nur mit der zum Ansstofsen ihres 
Zünders nötigen kleinen Pidverladuii^^ st isclu n — verteuert. 

Nur ein Mal war es dem Schreiber dieses, in der Zeit vor Ein- 
führung der gezogenen Geschütsse, während eines Zeitraumes von 
mehr als einem Jahrzehnt vergönnt, an einem von mehr als einer 
Feldbatterie gleichzeitig und zugleich einigermafsen kriegsiaäfsig aus- 
geführten Schiefsen Teil nehmen zu können. — Im Jahre 1853 
schössen, gelegentlich der Inspldning des 8. Artillerie-Begiments in 
Würzbnig dordi den Brigadier der Artillerie, Generalnujor Karl 
Ton Weishaupt) awei £shrende 6 Pftlnder Feldbatterien h acht Gesdiiitze, 
mithin 16 Oesöbfitae^ von welchen jedes seine Ptotae mit 15 Schritt» 
seinen Wnist-Mtmitionswagen mit 40 Schritt Abstand unmittelbar 
hinter sich stehen hatte, als Division (Abteilung). — GemäJs Befehl 
des InspizLranden hatte die Division, am Schlosse ihres etwa ein- 
stündigen Exerzir^Ui auf Kernschulsweite — 5008chritt — zu feuern. Die 
Ausführung dieses Prüfungsschiefsens wurde namentlich deshalb gelobt, 
weil nur der mittelste Tcol der 96 Fufs breiten Bretterwand getroifeo, 
so zu sagen herausgeschossen — wie die Kanoniere sich ausdrückte 
„das Zentrum gesprengt" — worden war. Die für die Division an- 
erkennenden Worte des Generals lanttton: „Die Entfernung, auf 
welcher Sic zu scliiefsen trachten müssen, habe ich Ihnen angegeben, 
wie dann geschossen werden mufs, haben Sie mir gezeigt". — (3ffenbar 
stand General von Weishaupt, der sich in Rufsland 1812 in hervor- 
ragender Weise als Batterie-Kommandeur ausgezeichnet hatte, und 
ein hoch- und vielseitig gebildeter 0fii2ier war, unter dem EiuHusäC 
der unter Kaiser Napoleon I., insbesondere von General Senannont 
bei JEViedland» 14. Juni 1807, so erfolgreich bethätigten Artillerie* 
Verwendung. — Sicher war auch einer In&nterie gegenüber, welche 
mit glatten, von Tome su ladenden xmd bei naftem Wetter nicht loa- 
gehenden Gewehren bewaffiiet war, das Heranfthren bis auf 500 Schritt» 



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dm k. bayeriix:heii F«ld-ArUUerie etc. 



157 



selbst Uli heiestün Gelände, nicht gewagter, als heutzutage das Auf- 
fahren im offenen Gelände unter 1500 Meter, gegenüber eiuer mit 
sebaeil faiunidfiii und gat treffenden Bück- und Mehrlader-Gewehren 
bewaffiieten ^ifimterie. — 

II. Ton der EinfUhmiig gezogener Geschütze bis rar 
AusgeheidiiDg aller glatten Feldgesehfitie (1861 bis 1867)« 

A. Ansbildang im Allgemeinen. 
Auf den italieidBchen Scfalachtfeldem waren 1859 gesogene 
Vordetiadiuigs-Gewehre einander gegenüber gestanden, dagegen nnr 
von den Franzosen — und zwar zum ersten Male — gesogene Gesohütze 

ins Treffen geführt worden. Ebenso wie nach dem Kriege 1866 der 
Epoche machende Erfolg der preu&ischen Waffen weit über Gebtthr 
dem 2um ersten Male im Kriege mit anderen Staaten i^brawditen 
Zündnadel- (Rückladungs-) Gewehr zugeschrieben wurde, war dieses 
auch 1859 bezüglich der von den Franzosen verwendeten gezogenen 
Geschütze der Fall. — In Bayern, wo Georg von Keicheubach Anfang 
des Jalirluinderts ein^ nun im National-Museum zu München auf- 
bewahrtes gezogenes (leschütz hergestellt hatte, erinnerten alte 
Offiziere, insbesondere der Keichonbach eng befreundet gewesene 
General der ini'antcrie z. D. Albert Graf von i'appenheim, aii das 
von dem genialen Techniker und bayerischen Artillerieoffizier konstruirte 
gezogene Geschütz. 

Der Kxiegsminister, GeneiaUieutenant Ludwig von Lüder, welcher 
selbst in der Artillerie gedient und Beichenbach persönlich gekannt und 
hoch geecfaAtzt hatte, beantragte die Entsendung bayezisclier Artillerie- 
offiziere nach Pren&en und Osfeeneidi, um die in diesen Staaten be- 
zQglioh der gesogenen Geschütze getroffenen Mafsnabmen kennen zu 
lernen. In Folge dessen wurden der Major Johann von Pülement^) 
der Artillerie-Beratnng»-&omniiBsion und der dem Befereaten der 



*) 1832 vom Rp^ments-Kadetten zum ÜDterlieutenant in der Artillerie 
befördert, 1853 bis 1867, als Hauptmann, Major und OberstUeutenant, Mitglied 
der ArtüleriA-Beratangs-EoininiHdon. Im Feld/.vigo 1866 dem Feld-ArtilI(Hrie- 
Direktor der bayerischen Armee, Generallieutenant von Brodesser, beigegeben. 
18()7 bis 1871 Oberst und Kommaiulcur des 2. Artillerie -Ro^iiments, in w-elchem 
er i^Ende der 20er . Jährt-'' als Kcgimonts-Kadet zugegangou war. kommandirte 
derselbe 187Ü die Keserve- ^^Korps-) Artillerie des 11. Anuee-Korps, welche, aus 
dm sechs &hrendeii und emer relteiideii Batterie ^eeee Regunente gebildet, 
noter spin<^m Befehle in der Schlacht bei Sedan thatig war. Bald darauf 
schwer erkrankt, wiirdo dorn eben so hoch pebildctt^n. wie edlen und ritterlichen 
Regiments-Kommandeur der erbetene Abschied, unter dem besonderen Ausdrucke 
des AUerhfichBten Bedanenie Uber den Terimt seiner bewihrten Dienste, be- 
willigt. 1889 als Qenefslmi^ a. D. gestorben. 



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158 



Bflckblick auf die Eotwickeluug und Aiwbikliiiig 



Artillorie im Krio^'sministorium beigegebene Artillorie-nauptmann 
Theodur Fries'), mit Einwilligung der k, preufsischen lio^ieruiij^ nach 
Berlin gesendet. Es gereichte diesen OfEziereu zur hoben Ehre, 
Bayern zum grö&tea Yoiieil, dieselbeii aohri die Yontifi^chkest 
der, AnfaDg Mai 1859, vor dem Auftreten der ersten gczo<;cnen 
Geechfttze anf den italiemschen Schla^shtfeldem, in grölaerer Zahl (300) 
in Pteulsen besdiafften gesogenen 6 PfBnder Hinterladungs-Feld- 
gescbüt2se richtig »kannten und die Annahme der prenikiBchen 
Konstruktion für die bayerische Artillerie unbedingt befürworteten. 

Nachdem Preulsen, Ende des Jahres 1860, 48 gezogene 6 Pfänder 
Fcldkanonenrohre von Gufsstahl mit Kolbenverschlola, doren 
Konstruktion in der preufsischen Artillerie, durch dieser angehört 
Offiziere in so vorzüglicher Weise ermittelt worden war, in bundcs- 
frenndlichster Weise an Rnyprn überlassen hatte, traten 8. Juni 1861 
sechs gezogene Pftindei i cldbatterieii au die Stelle der seitherigen 
sechs 12 Pfünder Feldbatterien, und schieden daher die glatten 
12 Pfünder Feldkanonen- und platten 7 Pfiinder laugen schweren 
Ilaubitzrohre aus. ^ Der Sollstand an Mannschaften im Frieden 
wurde für jede gezogene 6 Pfünder Feldbatterie, ciuschlicfalich der 
Offiziere — 1 Hauptmann, 2 Ober-Ideutenants und 2 Unterlieutenants — f 
auf 198 Mann (im fiMege 203 llftann, darunter ein dritter ünter- 
lientenant, dann 29 Dienst-Reit- und 132 Zagpferde, mt Bespannung 
von 8 Oescfaütsen, 9 Hnnitionswagen, 1 Reserve-Lafiete, 1 Feldschmiede 
und 2 Batteriewagen) festgesetst. 

6. August 1862 vurde jede der, seither mit sechs 6 Pfiinder Feld- 
kanonen- und swei 7 Pflinder langen leichten Feldhaubits-Bohren be- 
wafinetcn acht fahrenden und vier reitenden Batterien mit acht glatten 
kursen (leichten) 12 Pfünder Feldkanonenrohren ausgerüstet. WüIik nd 
der seit 1848 festgesetzte, ad I., A. 4., angegebene Sollstand einer 
reitenden Batterie an Mannschaften im Frieden und im Kriege un- 
gcändrrt blieb, wurde der Sollstand jeder fahrenden leichten 12 Pfänder 
Feldbatterie an Mannschatten im Frieden, einsehlicfslich der Offiziere 
— 1 Hauptmann, 1 Oberlieuienant, 2 Unterlieutenants — , auf 198 Mann 



^) 1842 als Junker aus dem Eadctt^n-Korps in (üe Artillerie übergetreten, 
1845 zum Unterlieutenant befördert, diente derselbe von. 1848 bis zur Beförderung 
zum Haaptmaan, Mitte der 60er Jahre, im 3, (reitenden) Ar(illerie>Regiment. 
Bald darauf in das Kriegsministerium kommandirt, war derselbe 1871 bis 1878, 
als Oberst und Generalmajor, bayerischer MilitSr-BevolIiuiU htii^ter in Berlin, 
1878 bis 1880 Kommandeur der 1. Feld-ArtiUcrie-Brigade, lÖbO bis 1882 
Kommandeur der Fnliii>ArtiUerie-Brigado, 1888 erfolgte seine Emenoung zum 
Chef des In^^'cinour-KorpB und Inspekteur der Festungen, seit 1893 General der 
In&aterie z. D. 



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der k. btjtriaelieii F«ld-Artfllerie etc. 



(im Kriei^c '203 Mann, darunter ein zweiter ObcrUeutenanti dauu 28Dieii8ti- 
ßcit- und 132 Zugpferde) festgesetzt. 

Sowt)hl für die sechs gozogonen (i Pfänder fahrenden Feldbatterien, 
als auch für die acht glatten leichttu 12 Pfündor fahrenden Feld- 
battcrien und für die vier glatten 12 Pfünder reitenden Batterien, 
wurdok die adthoeigea Linien- nnd Wiirst-Munitionswagen in der 
Weise aptirt, dab auf die Tragbäomeilurer Hinterwagen, an Stelle langer 
und ebbmaler Kftsten, PlrotzkSeten gestellt und enteprecheiid befestigt 
wurden, mithin die Munitionnnigen C/1862 ftuiberKck nicht mehr von 
einander Tersoliiedeii «aien. Heht nur beKüglich dieser Ijidening, 
sondern aneh ffir die Festsetsong nnd Leitung aUer übrigen Aptirongen 
und Neubescbaffiingen, welche in Folge der Einftibrung der gesogenen 
Feld- und Festungsc:o?chütze preuTsiseber Konstruktion, sowie wegen 
der Umbewaffnung aller seitherigen glatten 6 Pfunder Feldbatterien 
in glatte loicbte 12 Pfünder Fcldbatterien, an dem bestehenden Laffeton- 
iind übrigen Artillerie-Material nötig wurden, war eine Komnussion 
gebildet worden, welche aus dem Vorstände der Zeughaus-Haupt- 
Direktion, Oberst Nepomuck von Neumaycr') und zwei Mitgliedern 
der Artillerie-Beratungs-Kommission, Major Johann von PiUement und 
Hauptmann Karl Freiherr von Neubeck-), bestand. — 

Im Jahre 1862 wurde ein circa 7 km langer und '.\ km 
breiter, von Augsburg rund 2U km entfernter Teil des auf 
dem linken Lech-Ufer gelegenen Lechfeldes von der Militär- 
Verwaltung k&uflich erworben und zum Schiefsplatze für die 
bayerische Artillerie eingerichtet. 1863 hatten nur die 0£Gziere 
und Unteroffiziere sttmmtlicher Batterien, von 1863 an aber auch 
deren Mannschaften Schie&nhungen auf dem Lechfelde vorzunelunen. 
Um die Kosten dedcen zu können, welche duidi den Manch .der 

1823 aus dem Kadetten-Korps als Unteriieutenant in die Artillerie flber- 
getreteu, trat derselbe in den 30 er Jahren in k. griechische Dienste. Nach 
dem KQcMtto in bayerische Dienste wurde er, Mitte der 40er Jafare^ als 

Hauptmann, dem Ift fcronton der Artillcrio im Kriegsminisierium beigegeben 
und -^rar dann 1848—1856, als Major und Oberstlieutenant, Referent der Artiüerie 
im Kriegsminisierium. 1855 bis 1866 als Oberst, seit 1861 Generalmajor, Vor- 
stand der ZenghanS'Haupt-Direktion, 1866 Gt»uvenieiir der Bnndesfestung 
Landau, 1878 als Generalmajor a. D. gestorben. 

') 1840 aus dem Kadcttcu-Korps ah Junker in die Artillerie übergetreten, 
1841 zum l'ntcrlieutenant befördert, war derselbe von Mitte der öOer Jahre bis 
1866, alü ilau^tiiiami, 1867 bis 1872 als Major und Oberstlieutenant, Mitglied 
der ArtUIerie-Beratangs-Eomnussioo. Im Kriege 1870/71 kommandiifte derselbe 
die bayerische Festungs-Artillerie- Abteilung vor Strafsburg, Bei fort etc» 1873 
bis 1876 Oberst uml Kommandeur des 1. Fursartillorie-Regiments, hierauf bis 
1878 mit Führung der 2. FeldartiUerie-Brigade beauftragt, 1894 ois General' 
major a. D. gestorben. 



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160 



Bückblick auf die Entwiukelung und Aunbildung 



Batterien, namentlich jeuer des am weitesten vom Lager Lechfeld entr 
fernten 2. ArtiUerie-Regimeiiti m und ron den Sdiiefiriilnmgen ent- 
standen, wurde 1864 der nerte Rekniten-Monat, d* h. die seither 
stattgehabte Erhöhung des niederen (Winter-) Pr&sentstandee an Be- 
dienungsmannschaften während des Monats September um die Zahl 
der im April eingereihten Rekruten, au%ehoben. üngfinsfciger för 
die Ausbildung! im Schieisen war die 1863 erfolgte Verminderung des 
seit 1859 jeder fiüirenden Feldbatterie gewährten hohen Pferdestandes 
Ton 22 Dienst-Beii- und 102 Zugpferden auf 10 Reit- und 56 Zug- 
pferde, indem nun die fahrenden Feldbatterien nicht mehr mit acht 
Geschützen, sondern nur mit xicv Geschützen ihre Scliiefsübungen 
vornalimcn, damit bei diesen, ebenso wie beim Exen^iren, jedem Ge- 
schütze ein Munitionswagen unmittelbar folgen konnte. — 

Nachdem die Brauchbarkeit der Schraubenstollen-Eisen mit 
stühlcrnen Spitzen durch gröfscre und längere Versuchsmarsche 
von Kavallerie und reitender Artillerie ^v.ilaend »ler Winterzeit um- 
fassend erprobt worden war, crfulgte '2b. November lbG3 deren Ein- 
führung als Winterbeschlägo für sämmtliche Dienstpferde der 
bayerischen Armee')« — 

3. Desember 1863 wurde verfügt, dafs die Zahl der Ge- 
schütze bei jeder der Tier reitenden Batterien im Kriege 
nicht mehr acht, sondern nur mehr sechs zu betragen habe. 
Der SoUstand jeder reitenden Batterie an Mannschaften wurde jedoch 
hiwwegen nicht vermindert, sondern einschließlich der Offiziere — 
1 Hauptmann, 2 Oberlieutenants, 2 UnterUeutenants — im Frieden^ wie 
im Kriege, auf 219 Mann festgesetzt. Nur der Kriegspferdestand 
einer reitenden Batterie wurde, da dieselbe im Kri^e nur mehr 
16 Fahrzeuge, nändich 6 Geschütze, 6 Munitionswagen, IRescrvc-Laftete, 
1 Feldschmiede und '2, damals Batteriewagen genannte Vorratswagen 
mit je Secks Pferden zu bespannen hatte, auf 105 Dienst-Reit- und 
102 Zugpfenlc gemindert. Am 2. Dezember 1863 erfolgte auch die 
Verfügung, dafs die Ilauptleute der acht glatten leichten 12 Pfduder- 
und sechs gezogenen 6 Pfünder führenden Feldbatterien, deren Ge- 
ßchützzahl im Kriege „acht" blieb, ebenso wie die Ilauptleute und 
Lieutenants der vier reitenden Batterien, zwei Reitpferde aus eigenen 
Mitteln zu beschafifon hfttten. 

24. September 1865 wurde der Stand an Dienstpferden im Frieden 
für jede reitende Batterie auf 75 Reit- und 46 Zugpferde, für jede 



*) Während der Wintennonate des Krieges 1870/71 bewShrten sich diese 
WintprbeschlRge, deren grflndlirlic Er[<robung GonoraUieoteiUttlt Ludwig von 
Lader als Kriegsmiiuster vcranlalst hatte, vorzüglich. 



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der k. tMiyeriacheo Feld-ArtUlerie etc. 161 

fahrende Feldbattoric auf (10 Pferde, darunter 12 Reitpferde, vermindert. 
Gleichzeitig wurdt: der Sollstand an Mannschaften im I'ricdcn, oin- 
schlielUich der Batteric-Uftiziero, für jede reitende und iahrcnde Feld- 
hatterie auf 197, für jede Fufs- (Festongs-) Batterie auf 164 Mana 
festgesetzt. Jede 12 PfÜnder fahxeDde Feldbatterie und jede 
hatterie hatte im Frieden drei Lieutenants, darunter einen Ober< 
lieutenant, jede reitende 12 PIttnder und jede gezogene 6 Pflinder 
iabrende Feldbatterie aber vier lieutena&ts, darunter bei ersterer 
Kwei, bei letxterer ein Oberlieatenant, im Stande. Der Solbtand an 
Mannschaften und Pferden im Kriege wurde fär jede reitende Batterie 
auf 202 Mann, 10 Offiziers-, 105 Dienst-Beit- und 102 Zugpferde, für 
jede glatte 12 Pfünder und jede gtt<^ene 6 Pfunder fahrende Feld- 
batterie auf 203 Mann, darunter ein m-citer OberUeutenant, und 
132 Zugpferde festgesetzt, während die Zahl der Reitpferde im Kriege 
bei den 12 Pfünder fahrenden Feldbattcrien 32, dai-unter (1 Offiziers- 
l'fcrdc. l)pi den gezogenen Fcldbatteri'^n, wegen des bei diesen Batterien 
im Kriege vorhandenen fünften Lieutenants, 34, darunter 7 Offizicrs- 
rferde betragen sollte. Als Sollstand jeder Fnfsbatterie im Kriege 
wurden 172 Mann und 4 Offizierspferde, bei den ids Parkbatterien 
verwandten aufserdem je "24 Dienst-Reitpferde vorgeschrieben. — 

Im Feldzuge 18GG war jeder der vier Infanterie-Divisionen eine 
Feldartillerie-Division, welclie aus einer gezogenen G Pfünder- und 
einer glatten 12 Pfünder fahrenden Feldbatterie gebildet wurde, zu- 
geteilt Dem Reserve-Artillerie-Eorps waren swei reitende Batterien 
unter dem Kommando eines Majors ihres Begimens beigegeben. Die 
beiden andern reitenden Batterien bildeten, mit den nicht bei den 
In&nterie-Dirisionem eingeteUten fedirenden Feldbatterien, die von 
Generahniyor Graf Friedrich Bothmer kommandirte Beserre-Artillerie 
des bayerischen Heeres. — 

Unmittelbar nach dem Kriege 1866, in welchem die seit 
Beginn des Jahrzehnts noch vielfach bestrittene Notwendigkeit des 
Ersataes aUer glatten Feldgeschütae durch gezogene Geschütze, 
dann aber auch die Schwierigkeiten, welche acht Geschütze starke 
Batterien für den IIau})tmann hei der Auswahl der Feuerstellung, 
der einheitlicbcn Leitung des l*'* nors, überhaupt im überbUck etc. der 
gesammten Batterie herbei fiihren , klar zu Tage getreten waren, 
wurde der Ersatz aller glatten leichten 12 Pfänder Feld- 
kanonenrohre durcli gezogene Feldkanonenrohre — 4 Pfunder 
preufsischer Konstruktion von Gufsstahl mit Keilverschlufs, dann ini 
Giefä- und Bohrbause zu Augsburg während des Krieges 1866 ge- 
gossenen metallenen 6 Pfünder Feldkanonenrobren mit EeOTerschluA 
— Terfügt. — 



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152 Blk^lid^ auf die Eotwiukeiung und AuiA^ildung 

Bei der Rückversctzuug der Aimco auf den Fricdenfufs wurden 
diejenigen Dienstpferde, welche bei den vier reitenden Batterien und 
bei den, wfthiend der Mobilnachimg dareh Kenauftitellung je einer 
gezogenen 6 Pf&nder Batterie im 1., 2. und 4. AitiUeiie-Regiment, von 
14 auf 17 vennehrten fahrenden Feldbatterien fiber den 24. September 
1865 festgesetaten FrtedensBtand an Reit- und Zugpferden Torhaaden 
waren, nicht Terkanft, sondern Landwirten zur Benataang Uberiasaeu, 
welche sich anr Übernahme und Verpflegong dieaer Pferde bereit er- 
klärt hatten. Diese Verstellung der überzählig gewordenen Di nst- 
pferde gewährte den Vorteil, dafs der mit der bedeutenden Ver- 
mehrung der Zahl der fahrenden Feldbatterien in den Jahren 1S67 
und 1868 entstehende Mehrbedarf des Friedensstandes an Pferden 
durch Einbcnifung von verstellton Pferden bewirkt werden konnte. 
Abgesehen hiervon bewährte sich jodoch die Überlassung von Militär- 
pferden an Landwirte nicht, denn die beim Abfrancre dienstpriisenter 
Pferde zu deren Eraatz von der Verstellung einberufenen Pferde er- 
wiesen sich, namentlich vom Jahre 186K ab, meistens für den Feld- 
artillerie-Dienst nicht mehr brauchbar, überanstrengt und nicht selten 
geradezu vernachlässigt. Wenige der 1870 noch verstellt gewesenen 
Pferde werden am Kriege 1870/71 Teil genommeu haben. — 

Das seit 21. Deaemher 1825 dem 1. and 2. Ärtflkrie-Beg^infint 
angeteilte Fuhrwesen, welchem seit 1855 nur die Ausbildung 
der ffir das Amee-Fuhrwesen benötigten Mannschaften oblag, und 
deesen awei Schwadronen — eine pro Regiment — bei der Mobil- 
machnng 1866, obenso wie 1859, Terdoj^t und dem Befehle Ton awei 
ArtiUerle-Miyoren unterstellt worden waren, wurde am ScUnase des 
Jahres 1866 g^eichheitlich auf die vier ArtiUerie-Begimentar eingeteilt. — 

B. Ausbildung im Schiefsen. 

Nachdem 1861 die seitherigen sechs 12 Pfünder Feldbatterien 
mit den von Proufsen in bundesfreundlichster "Weise an Bayern über- 
lassenen 48 gezogenen 6 Pfunder Feldkanonenrohren von Gufsstahl 
mit Kolbenverschlufs bewafTnet worden waren, reichten die Exerzir- 
plätzo der Artillerie-Kcginieiiter für die Schiefsübungen der gezogenen 
Feldbatt^rien nur zur Not aus. Gröfste überhaupt zu ermuglichendc 
Entfernung auf dciu Würzburger Excrzirplatze war 1700 Schritt 
(1360 Meter). Die Ziele für die SLhiuisübungen mit gezogenen 
Feldgeschfitzen blieben dieselben, wie für die glatten Feld- 
geschütze — 96 Fufs breite und 9 Fufs hohe Bretterwände. 
Die Granaten und Granatkartätschen (Schrapnels) der ge* 
sogenen Feldgeschütze wurden nur ganz ausnahmsweise 
scharf laborirt, in der Regel blind laborirt verfeuert. Die 



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der k. biqreriacfaea Feld-ArtUlerie «lo. 163 

lüttmlung des Ergebnisses eines jeden Schusses in der l)ishor üblichen 
Weis© erforderte auf don gröfseren Entfernungen diu Einschaltung 
eines zweiten Trompeters. Um dieses, und überhaupt die Hekannt- 
gabe des Schufs- Ergebnisses durcli Trümpeton-Signale zu vermeiden, 
wurde optische Telegraphie zu Hülfe genommen und dadurch aucli 
wirkUdi dio ZeH swiflöhen je zwei . Schüssen weeentHch verkürzt. 
Unter diesen ümatibiden konnte das Schieten mit «eht Geschtttsen 
etaiken Bfttterien, weldies der hohe FHedens-Pferdestand in den 
Jahren 1861 und 1863 enntig^te, die kiiegmäikige Anshildung im 
Schieten nicht fördern. 

Da 1861 dn Teil der weiten Leehföld-Ehene zwisdien Angsburg 
nnd Landsberg känflich erworben worden war, hatten 1862 nicht 
nur die Offiziere und die Unteroffiziere der sechs gezogenen 6 Pfönder 
fahrenden Feldbatterien, sondern audi jme der übrigen wciit fahrenden 
und der vier reitenden Feldbatterien, welche nunmehr mit kurzen glatten 
12 Pfunder Feldkanonenrohren, statt glatten r. l'fünder Feldkanonon- 
rohren und 7 Pfünder langen leichten Haubitzen, bewaffnet waren, 
zwei Tage lang Schiofsübungen auf der damals über alle Mafse für 
das Schie&en voraüglieb {ropjfrnet errichteten Ijechfeld- Ebene vor- 
zuiicl men. Diese Sclntf-iil uii_( n itote M^jor Nepomuck Freiherr 
von. Müller*) des 4. Artillerie- Regiments. 

1863 bethatigtcu sämmtliche 18 Feldbatterien etwa die Hälfte der 
sie treffenden Schiefsübungen aui dem Lechfelde. Die 11 fahrenden 
Feldbatterien der Regimenter Nr. 1, 2 und 4 nahmen unter der 
Leiftong dea Hajors Heinrich Bronzetti*) dee 3. Artillerie -Regiments 
in vier wunittelbar anf einander folgenden AbteÜnngen je fUnf Tago 

>) 1833 als Junker aus dem EadetteD-Eorpt in die Artillerie Obergetreten 

und 1833 zum rntorlioutcnant befördert, war dprsolbo 1853 bis 1859 als Haupt- 
mann Mitglied der Artillcri(>-I}oni.tung.s-Koinnais8iou, hierauf l>is 18G3 Major im 
4. Artillerie-Kegiment, duun bis IHtiö OberstUeuteuant und Mitglied der Zeug- 
hans-Haiipt-Direktion. 1866 bis 1872 Oberst und Kommandeur des 4. Artillerie» 
Regiment«, befehligte derselbe nach der Erkrankung des Oberst von PiUement 
die Repprvc (Korps-^Artillerie des II. Armee-Korps, von Anfang Oktober 1870 
bis zur Rückkehr aus Frankreich, Juli 1871. 1872 bis 1878 Generalmajor und 
Kommandeur der 1. Feld-Artillerie-Brigade, hierauf bis 1883 GeneraUieatenant 
und Ckraveniear der Feetnag Ingolstadt 1803 als General der Infimterie z. D. 
gestorben. 

1833 als Junker aus dem Kadetten-Korps in die Artillerie übergetreten 
und noch im näodichen Jahre zum Unterlieutenant befördert, diente derselbe 
bis ZOT Beförderung zum Oberstlientenant im 3. (reitenden) ArtiUerie-Begiment 
ose») im 2. ArtOlerie-Begiment. 1870 bis 1874 Oberst and Kommandeur des 

3. Artillerie-Regiments, dessen sechs fahrende FeMbattorien mit einer reitenden 
Batterie dio von ihm im Kriege 1870/71 konunanilirte Keserve-(Korjj3-)ArtiUerie 
des 1. Armee-Korps bildeten. 1882 sda Generalmajor z. D. gestorben. 



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Rückblick auf die Eiitwickelung und Ausbildung 

lang, SehieMbungen mit vier Gesclifltzen starkon BaAtarien auf dem 
Leohfelde vor. Jede dieeer Abteiluiigcn war drei oder Tier Battenen 
stark und ana fahrenden Feld1>atterien der drei Regimenter auaammen- 
geaetaty um den FeldlMttterien des 2. Begjmenta, weldie nur mit ihTen 
Of&aieren, Unteroffizieren, Trompetem imd Bediemmgamaonachafteii 
mittelst Eisenbahn nach dem Lechfelde befördert wurden, die Vor- 
nahme ihrer Schiefsübungen unter Zuhülfenahme der Gcscliütze und 
Bespannungen der gleichzeitig mit ihnen auf dem Lechfelde hetind- 
Udien Feldbattcrien des 1. nnd 4 Regiments zu ermöglichen. — Nach 
Beendigung der Schieisübungen der fahrenden Feldbatterion fanden 
Ende August und Anfanfj; September lSß3 gröfsere Kavallerie-Übungen 
aut dem Lechfelde Htatt, an welchen drei reitende Batterien Teil 
nalinien. Nach Schiurs dieser vom Bevollmächtigen des früheren 
deutschen Bundes — Erzherzog Wilhelm von Österreich - besichtigten 
Übungen nahmen die vier reitenden Batterien ihre Scbiefsübunfren 
auf dem Lechfelde zum letzten Male mit acht Geschützen staiken 
Batterien vor. 

ÄbnUch wurden auch 1864 unter Leitung dea Majors Hugo 
Freiherr von der TaBn-Bafchaamfaa.naen ^) des 3. (reitenden) ArliUerii»* 
Begimenta, die Sehiefaübungen anf dem Lechfelde hethätigt. Jedoeh 
waren ftir jede der vier hfichatena fünf Batterien atazken AhteOnagen 
aiehen Tage Lechfeld-Anfenhalt genehmigt nnd nahmen som evaten 
Male reitende Batterien in der Stärke von 6 Geechlltzen ^diseitig 
mit den nur vier Geachütie starken fahrenden Feldbatterien Schiela- 
übnngen auf dem Leoblelde vor. Aufserdem rückten die fünf Feld- 
hatterien des 2. Regiments mit je vier Geschützen und vier Munitions- 
wagen in das Lechfeld. Während die Feldbatterien der drei andern 
Regimenter durchaus auf der Stralse marschirten , wurden die Feld- 
batterien des 2. Regiments etwa die Hälfte dea Hin» nnd Rückwegea 
mit der Eisenbahn beiordert. 

Wenn auch wesentliche tortschritte in der Bethätigung der 
Schiefsübungen der Feldbatterien auf dem Lechfelde niclit zu Tage 
traten, so gereichten doch die 1863 und 1864 ebenso wie 1862 unter 



*) Mitte der 30 er Jahre aus der Pagerie als Unterlieuteuant in die Ar- 
tillerie Übergetreten, Anfang det QOer Jahre cum Hanptmaiin beordert und 
bald darauf als Batteriechef in daa Sw (reitende) Artillerie-Regiment versetsti in 
welchpm derselbe bis zur Bcf?jrderung zum Oberst (1872) diente. Als solcher, 
bis 1874, Kommandeur des 4. Artüleric-Kcf^iinents, hierauf, als Generalmajor, 
bis 1880 der Fufe- Artillerie-Brigade, daau der 1. Feld-Ar Uilerio-Brigade, 1882 
Präsident des General- Anditofiats; 1883, zwei Jabre nach dem Tode seineB 
ältestcns Bruders, des komnuuidireiideii Genends des I. Armee-Korps im Kriege 
1870/71, gestorben.' 



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der k. bAyerischen f eld-ArtiUerie «to. 



165 



selir entsprechender Leitung bethätigteu Übungen in vielfachen Be- 
ziehungen der bayerischen Feldartillerie zu grolsem Nutzen. Die 
Märsche von der Garnison zum und vom Lechfelde in die Garnison 
zurück gaben Gelegenheit, die Feldbatterien im Marschdienste zu 
vben. Während die Offiziere, Unteroffiziere und sänuntliche Mann- 
sehaften' auf dem Leobfelde unter Zetten lagerten, standen alle Ffiarde 
Im Feldstalle (Biwak), wobei der Mangel einer wollenen Decke fttr 
die Zugpferde, ungeachtet der guten Jahresseit — Sommer — , em- 
pfindlidi fiiUbar woide^). — Der auf den räumlich beengten Ezerzir- 
plätzen der QaxniBonen während der langen Friedenaaeit fibüch ge- 
wordene Aufinarach in die Feuerstellung aus geachloasener oder auf- 
geechloeBener Zug- oder Halb-Batterie^EoIonne, mittelst der kunst- 
gerechtesten und schwierigsten Bewegungen machte dem Aufmarsche 
in entwickelter Batterie -Front Platz. — Die Ziele — Bretterwände 
von 96 Fufs Breite und 9 Fufe Höhe — sowie die Munition — blind 
laborirte — blieben dieselben. Jedoch wurde nicht mehr ängstlich 
darauf ^^eachtet, genau auf der Entfernung vom Ziele zu stehen, auf 
welcher «beschossen werden sollte und so, allerdings in sehr be- 
scheidenen Grenzen, der erste Schritt zum Ermitteln der Entfernung 
durch das Schiefsen, begonnen. Die Anwendung des optischen Tele- 
graphen behufs Mitteilung des Ergebnisses eines jeden Schusses an 
die feuernde Batterie, erreichte in diesen Jahren ihren Höhepunkt; 
jedoch gewann schon die Ansicht Geltung, dais man den Telegraphen 
ganz entbehren kdnne und mfissew — 

Erst 1865, in welchem Jahre der Oberst und Kommandeur des 
3. (reitenden) Artillerie-Regiments (Königin- Mutter) Friedrich Graf 
Bothmer*) die Schieisttbungen aller reitenden und fahrenden Feld- 

1) Erst 17. Februar 1866 worden helibraune Wolldecken f&r die Zagplbrde 
euigeftlhrt. Diese Decken waren in foldmäl^iger Rüstung auf den Pferden selbst 
und zwar bei den Sattel-ZtipT^ferden unter dem Sattel, bei den Hand-Zugpferden, 
welche erst 1881 einen Sattel erhielten, auf dem Rückriemen der Hand- 
Geschirre gerollt uatemibriiigen. 

a) Ende der 20er Jahre, nach Beeach der Univerntat, zum Junker in der 
Artillerie ernannt und bald darauf zum Untorlicutcnant befördert Tn den 
30er und Anfang der 40er Jahre in k. griecliischen Diensten. T^l? mm Haupt- 
mann befördert und Anfang der 50er Jahre Adjutant dea FeldmarscüallB Prinz 
KsrL 1866 bis 1886 als Major, OberstlieuteiiSDt und Oberst, Kommaadenr des 
3. (reitenden) Artillerie-Regiments. Anfang 1866 zum Generalmaj<v nnd Kom- 
mandanten von N^^u-rim befördert, kommandirto derselbe im Feldznge 1866 
•iie Reserve-Artillerie der bayerischen Armee. 1868 Kommandeur der in diesem 
Jalire errichteten 2. Artillerie-Brigade, 1869 bis 1873 Kommandeor der 4. In- 
fimterie'DiTision, welche derselbe im Kriege 1870/71 kommandirte. 1873 bis 
1883 Inspekteur der Artillerie und des Trains. Scharfer Verstand, grofse 
Menschenkenntnifs und edle, vornehme Gesinnunf? zeichneten den 1886 ge- 
atorbenea allverehrtea Genoral der lulanterie z. D. und Inhaber des 1. Fui's> 
Artillerie-Regiments Qrsf Bothmer ans. 



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Buckblick auf die Entwickelung und Ausbildung 



Batterien — ausscUielölich zweier glatten leichten 12 PfÜnder Feld- 
Batterien des 2. Artillerie -Regiments, welche in diesem Jahre nur 
auf dem WOnburger-EzerzirpIatze Bchoaen — auf dem Lechfelde 
leitete, tmt ein weseDtiicher Fortschritt in der Beth&tigung der Sdiiel»- 
fibnngen nach mehreren Bichtungen hin ein. Der geringe Brettw- 
Torrati weldien die in diesem Jahre tot der FeldrArtillerie aof dem 
Lech&lde schieiaenden 22 Festnngsbatterien hinterlassen hatten, 
dasa» die Ziele — BretterwSade — wesentlich schmäler, also nicht 
mehr 96 Fufs breit, aufzuschlagen. Auch hatte ach seit 1868 das 
Bedürihils immer mehr geltend gemacht, auf unbekannte Entfernungen 
schiersen zu lernen, und die Ziele daher nicht mehr grundsäfcatich in 
ein und derselben Linie — der sogenannten Scheibenlinie — auf- 
zustellen. Aus diesen Gründen wurde verrügt, nur 20 Fuüs breite 
und 6 Fuifl hohe Bretterwände zu voi-vs-endcn und diese bei den 
späteren Schiefaen der Batterien mötriidist überraschend n.nf7nschlaf;;en. 
D^halb wurden diese Bretterwände auf Rollräder gestellt, dadurch 
zur Not beweglich gemaelit und innerhalb eines nahezu 1000 Schritte 
tiefen Raums — Scheibenraum — aufgefahren. Ein möglichst über- 
raschendes Aufhtellen der Ziele war nötig, weil von Seite besonders 
strebsamer Batteriecheüs die genaue Erkundung der Lage des Zieles 
mit Angebot von berittenen Rekognoszirungs- Patrouillen versucht 
wnrde. Nachdem jedoch das mit Anstellung der Ziele beauftragte 
Kommando dnrch rasche Veränderung der Ziel-Aufttellnng die Ver- 
lässigkeit der Meldungen der Rekognossinings^Patrouillen einige Male 
gründlich Tomichtet hatte, wurden diese Erkundungsveranche auf- 
gegeben. Bei der Au&tellung der Ziele war jedoch zu beachten, da& 
jedes derselben, von einem der mit Sehsohlitaen versehenen Sicherheite- 
stände aus, durch den an das Ziel kommandirten, grundsätsUch einer 
anderen als der feuernden Batterie angehörenden Lieutenant be- 
obachtet werden konnte. Vor- und rückwärts jedes Zieles wurden 
in Abständen von 100 Schritten gröfsere Pflc>cke, in der Mitte zwischen 
diesen kleinere Pflöcke eingeschlagen, um dem Ziel -Beobachter die 
Schätzung der Abweichung jedes Schusses vom Ziele zu erleichtem. 
Eine Mitteilung des Ergebnisses jedes Schusses an die feuernde 
Batterie fand nur mehr bei den ersten Schiefsübungen jeder Batterie 
statt. — Hierdurch gestalteten sich die späteren Schiefsübungen der 
Batterien, obwohl nur blind laborirtc Granaten zur Verfügung standen^ 
wenigstens einigermafsen kriegsmälsig und uahmen dieselben, weil 
daa Schiel!^ nicht mehr nach jedem Schusse, behufr Au&ahme des- 
desselben, unterbroehen wurde, eine wesentlich kfinere Zeit in Aih 
Spruch, was in jeder Richtung anregend und i^rdemd wirkte. 

Bald entwickelte sich nun, sowohl bei den stets mit sechs Ge* 



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der k. bajreiMclien Feld-Artülede eto; 



167 



schützen schiefsenden reitenden Batterien, als auch bei den nur mit 
vier Geschützen schiefsenden fahrenden Feldbattcrien, folgendes Schiefe- 
verfahren: p Beginn des Schiefsens mit einer solchen Erhöhung f Ent- 
fernung), dafs ein Kurzschufs zweifellos war. Jeder folgende Schufs 
wurde so lange für 100 Sehritte mehr Entfernung, als der sicher 
beobaditeto Toriiergegangene Schills, xiach dem Fufepunkte der Mitle 
des Zieles gerichtet^ bis entweder ein Treffer in der Bretterwand oder 
dn Weitscshnis beobachtet worden war.<* Absiclitliclie Ersielung 
eines Weitschnsses, mithin Eingabelnng des Zieles, wurde 
1865 noch nicht erstrebt Sobald daher beim Vorgehen in der 
Entfernung um je 100 Schritte ein Treffer beobachtet — das ersehnte 
Holz gehört — worden war, wurde das Einschiefsen mit Freude als 
beendet angesehen. Weitere Änderungen in der Erhöhung (Entfernung) 
wurdeii in diesem Falle nur dann verfugt, wenn im ferneren Verlaufe des 
Schieisens die Zahl der beobachteten Treffer — gehörten Holzschüsse 
— nicht befriedigte. Je nachdem dnnn vorherrscliend Kurz- oder Weit- 
schüsse beobachtet worden waren, wiir li ilie seitherige Aiifsatzhöhe um 
das Mafa, weU-lies .50 Schritten iMitternung entspracli, vernielirt oder 
vermindert uml, wenn auch diese Korrektur nicht befriedigte, noclimals 
um 25 Schritt, schliefslich um Vic. '^oll korrigirt. — Wurde beim 
Einschiefsen, Vorgehen in der Entfernung um je 100 Schritte, 
früher ein Weitschufs als ein Treffer beobachtet, so er- 
folgte sofort ein Zurückgehen in der Entfernung um 
50 Sehritte. Ergab dann der für diese Entfernung gerichtete Schnls 
einen Treffer, so wurde mit dieser Entfernung fortgeechosseii und 
erentaell im weiteren Verlaufe des Scfaieisens nur um 35 Schritte, 
schliefslich Vi< Zoll konigirt; während, wenn dieser Schufs als Weit- 
dder KunschuiB beobsditet wurde, ndt einer um 25 Sdiritte kleineren 
oder gröiseren Entfernung das Schiefien fortgesetzt und log^ch 
auf den erlösenden Treffer — Holzton — geharrt wurde. — Wenn 
während dem Ermitteln der Entfernung der Aufschlag' 
punkt des blind laborirten Geschosses der Beobachtung 
des Batteriechefs entging, so wurde mit derselben Er- 
höhung fortgefenert, bis ein Srlmfs sicher beobachtet 
worden war. Es kamen aber aucli Sciiüsse vor, deren Aufschlag- 
punkt dem Batteriechef so weit seitwärts vom Ziele erschien, dafe 
nicht mit Sicherlieit beobachtet werden konnte, ob der betreffende 
Schufs ein Kurz- uder ein Weitschufs sei. Dies führte dazu, dafs 
auch jeder Zugführer die Schüase seiner beiden Geschütze 
ZU beobachten und die bezüglich der Seitenrichtung ge- 
botenen Änderungen zu vor fügen hatte. Bald wurde dann 
auch der RücksohlnlB erkannt, welcher aas einem Schusse, der vom 



168 



Bückblick auf die Bniwickelung und AuabiUiuig 



Zugführer mit richtiger Seitenrichtung beobachtet worden war, in 
dem Falle gezogen werden könne, wenn dieser Scliufs dem Batterie- 
chef, welcher neben einem Hügel der Batterie in der Begel zu Pferde 
beobachtete, aeitwärts des Ziele« zu Hegen achien. 

flttI6-, riditiger TVeftr-Beobacbter wurden so reichHch Terwandt» 
dals deren Zahl auf höchstens zwei beschränkt und insbesondere auch 
das unkriegsmälbige zu weite Vorschieben derselben gegen das ZSel 
▼erboten werden mniste. — Auf die wichtige Feueryerteilnng 
konnte der schmalen Ziele wegen nicht geachtet werden. 
Gegen bewegliehe Ziele wurde vor dem Feldzuge 1866 nie 
fi;e schössen. Dagegen waren seit 1864 sowohl hei den gezogenen 
6 Pfiiuder- als bei den glatten leichten 12 Pfänder Feldbatfcerien 
einige Kartuschen — in Bayern bis 1874 blinde Patronen genannt 
— aus vier Teil -Kartuschen, davon zwei mit sehr kleinen, zwei mit 
etwas stärkeren Pulverladuntren , für das vorgeschriebene Gosammt- 
gewicht der Kartusche zusaiiirneiigesctzt. Der Zweck dieser kom- 
binirtcii Kartuschen war, mittelst kh'ineren Ladungen als der Gebrauchs- 
ladung, gedeckte Ziele im hohen Bogenschüsse treffen zu können. 
Durch Eingraben des Laffetenschwanzes — in Bayern bis IH 74 Protz- 
stock genannt — und Stellen der Lafifetenräder auf Bohlen wurde es 
ermöglicht, dem Bohre die Erhöhung erteilen an können, welche dem 
benötigten Fallwinkel entsprach. Die Ausführung dieser Sduefs- 
übungen gegen hinter einer Brustwehr etc. au|;estdlte Bretterwilnde 
Ton 20 Fub Breite und 6 Fuis Höhe war umstilndHch und erforderte 
idel Zeit. Die Ergebnisse im hohen Bogenschüsse befriedigten nur 
bei den gezogenen Feldgeschützen, bei den kurzen g^tten Feld- 
12 Pfändern aber nicht. 

In Folge des Ersatzes der 96 Fufs breiten und 9 Fufs hoh«B, 
in ihrer Höhen- und Breiten-Mitte mit 1 Fufs breiten schwarzen 
Strichen gekreuzten und am Kreuzungspunkte dieser Striche aufserdem 
durch ein achwar/es Quadrat von 2V';^ Fufs Seite bezeichneten Bretter- 
wände, durch nur '20 Fufs breite und 6 Fnfs hohe Bretterwände, ohne 
jede Bezeichnung, war das seither übhche Richten nach der Mitte des 
schwarzen Quadrates der Bretterwand unmuglich geworden. Es wurde 
nun nach dem unteren Rande der Scheiben-Mitte gericlitet und strenge 
darauf geachtet, dafs alle Richtkanoniere genau in dieser Weise richteten, 
mithin jedes Auslialten vermieden. 

Nur für das Entfernungsschätzen, aber nicht für die Ausbildung 
der Richtkanoniere und fiir die Vomalune ?on RichtUbungen bestanden 
besondere Vorschriften. 



uiyitiz-Cü üy 



d<r k. bftywÜRhiii Edd-ArtUkiie eto. 



169 



Iii. Vou der durchgängigen Bewaffnung mit gezogenen Feld- 
gesehüUeu bis zum Kriege 1S70/71 (1867 hin 1870). 

A. Ausbildung im Allgemeinen. 

Nachdem bereitB 18. Dezember 1866 die ArtiUerie- und Genie- 
Schule, die Eiiege-Sdbule und das Eadetten-Eorpa unter die Leitnng 
der neu errichteten, dem KxiegiBminiBterium unmittelbar unteratellten 
Inspektion der Militär-Bildungs- Anstalten gestellt worden 
waren, wurde 19. Juni 1867 die Errichtung einer Eriegs- Akademie 
in München genehmigt. Diese, für Offiziere aller Waffsn, hehu& 
deren höheren wissenschaftlichen Ausbildung, Vorbereitung fUr den 
Dienst im Genemistabe und der höheren A4|utantur, sowie zur 
Heranbildung für das Lelirfacli in militär-wissenschaftlichen Gegen- 
ständen, bestimmte Akademie trat Oktober \X\)7 ins Leben. Dieselbe 
umfaist drei Kurse, jeden mit nicht über 12 SehülfM-n von mindestens 
vierjJihriger Dienstzeit als Offizier. Die Dauer eines jeden der drei 
Kurse wurde auf 9 Monate festgesetist und ferner bestimmt, dafs 
z^s'iscben dem l. und 2. und 2. und 3. Kurs praktische Übungen vor- 
zaneimien Süien. 

2& September 1867 wurde hei der Kriegsschule, aulser dem 
militttr-wissenschaflüichen Kurs, dessen Dsu«r 38. September 1860 auf 
em Jahr vermindert worden war, auch ein Vorbereitungs-Eurs mit 
einjfthng^r Dauer errichtet — Gem&fo den 21. März 1868 erlassenen 
neuen BestimmuDgen für den Offiziers-Eraatz konnten Wehrpflichtige 
oder fteiwiBige, welche das Absolutorium eines humanistischen oder 
Real-Gymnasiums erworben hatten, schon nach haltgtthriger ent- 
sprechender Dienstleistung bei einer Heeresabteilung zu Oflzim^ 
Aspiranten U. Klasse (Kadet, mit Sergeanten-Uniform und Rang vor 
dieser Charge) vom Regiments-Kommandeur ernannt werden und dann 
oJs solche in den militär-wissenschaftlichen Kurs der Kriogsscliule ein- 
treten. Für diejenigen Wehrpflichtigen oder Freiwilligen, welche das 
Abö<>lutx)rium eines bumaiüstischen oder Realgymnasiums nicht er- 
worben hatten, war dagegen einjährige Dienstzeit bei einer Heeres- 
abteilung und bestandene Aufnahmeprüfung in den Vorbereituni^skurs 
der Krie^^sschule nötig, nach Vollendung des Vorberbituiigskursoh er- 
folgte erst deren Beförderung zum Offiziers-Aspiranten IL Klasse und 
Eintritt in den müitSr-wissenschaftliohen Eure der Eriegsschule. — 
Bezflglich der, aus dem Kadetten-Eorps^ und der. Pagerie in die 
Armee übertretenden jungen Männer wurde bestimmt, dals diejenigen, 

') 2. April 18<3S w urdf^ das Kadett^-n-K n i)S ii> Hinsicht des Uinfanges 
seines Unterrichtes und seiner Absolutorial-Prüfung mit dem Realgymnasium 
gleich gestellt. 

Jahrtfleltr ftr 41» DmMW A«h ÜMto«. Bd. 96,1. U 



170 



BflckbUflik anf die Entwidceliiiig und Aiuliildaiig 



welche die SGfalu&prfifimg dieser Anstalten bestanden hfttten, zq 
OfiEunenhAspiiantenll. Klasse, beeonders befähigte zu Offiziers- Aspirantm 
L Klasse (Janker, mit dem Bange vor dem Feldwebel und nach dem 
ÜBterlieutenant) — ^aTiz ausnahmsweise zum Unterlicutenant — , zu 
ernennen seien, nach halbjähriger Dienstzeit beim RegimcTit, in den 
militär-wisscnscliaftlichen Kurs der Kriogssduilo zu treten hätten. — 
Nach Absolvirung des militär-wissenschaftlicben Kurses der Krü/f^'j- 
schule, wahrend dessen Besuches dio lietörderung der Offiziers- Aspiranten 
II. Klasse zu solchen I. Klasse durch daa Kriogsministerium erfolgte, 
hatten die Offiziers-Aspiranton der Artillerie, nach halbjährifi;er Dienst- 
leistung beim Regiment, noch die Artillerie- und Genie-Schule zu be- 
suchen. — 

30. Jannar 1868 wurde eme neue WebrTM&ssung, welche die 
8te]l?«rtretang in der Erf&llung der MüitSrpflicht aufhob, erlassen. 
Da nnn die Dienstseit in der aktiven Armee nur mehr drei 
Jahre betrng, wurden die im 4, 5. und 6. Dienstjahre ihrer 
seitherigen sechsjährigen Dienstzeit befindlichen Unter- 
offiziere und Mannschaften, Ton welch' Letzteren ohnehin 
fast Alle beurlaubt waren, zur Reserve, in welcher die 
Dienstzeit bis 1872 nur auf drei Jahre festgesetzt war, nbei^ 
geführt und in den Listen ihrer Kompagnie etc. — anstatt be- 
urlaubt — bis 1872 als Reservisten fortfie führt. Die Rin- 
steher hatten bis zur Beendigung der von ihnen übemmr.meTien Ein- 
stau ds-Dienstzeit dem Stande der aktiven Armee aii/^ugehören nnd 
wurden dann, bis sie das 32. Lebensjahr vollendet hatten, von den 
Landwchr-BezirkR-Konimaudos in den Tiiston der Landwehr, welcher 
die fünf uitesten Altersklassen angehörten, geführt. Nachdem nun die 
Militär-Dientspflicht bereits mit dem 1. Januar des Kalender- Jahres 
begann, in welchem der Wehrpflichtige das 21. Leben^ahr vollendete, 
wurden 1868 zwei Jahigänge von Wehrpflichtigen (Altersklassen 1846 
und 1847) in die aktive Armee eingestellt. 1. April 1868 erfolgte die 
Diensteinstellung der zum letzten Male, an den Sitzen der acht Kreis- 
regierungen, erst nach dem vollendeten 21. Lebensjahre ansgehobenen 
Wehrpflichtigen(Alter8klasse 1846) als Jahrgang 1868 L I.Dezember 1868 
wurden die in diesem Jahre das 21. Lebensjahr vollendenden jungen 
Männer (Altersklasse l'^IT), welche nach den Bestimmungen der neuen 
Wehrverfassung, im Laufe des Monats Oktober, an den Sitzen der 
Bezirksämter und selhststandigen Magistrate gemustert etc. worden 
waren, als Jahrgang 1868 II. eingestellt. 

Durch die neue Wehrverfassung wurde das Königreich in 32 Land- 
wehr-Bezirke — zwei für jedes der damals bestehenden 16 Infanterie- 
Regimenter — geteilt. Jeder Landwehrbezirk war aus vier bis sechs 



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d«r k. bBgwiMiMii Fdd-Arülkrie ete. 



171 



Bezirksämtern bezw. Rtädtcn mit unmittelbar unter der Kreisreprierung 
stehender Magistrats- Verwaltung gebildet. Die Mustorunfj; ?jnd Aus- 
hebung der Wehrpflichtigen, welche an den Sitzen der Bezirksamter 
bezw. selbstständigeu Magistrate und zwar mit endgültiger Entscheidung 
vorgenommen wurde, war durch eine Kommission zu bothiitigen, welche 
Uli jeden Landwehrbezirk aus dem Lanuv* kjhr-Bezirks-K(^mmandcur 
(Stabsoffi2ier), als Vorstand, dann zwli llauptleuten und zwei Militär- 
ärzten gebildet wurde. Zu dieser für den ganzen Laiidwchrbezirk 
beettmiDteii Iditär-Kommisnim traten, in jedem Bezirksamt beev. 
selbBtstSndigen Magistrat^ der Voratand dieses Amtes oder ein Ver- 
treter desselben, als CHvilTorsitzender der Ersats^Eommission des 
Bezilksamts bezw. Magistrats, der Artst des betreffenden Bezirksamts 
oder Magistrats und fünf blligerlicbe Beisitser, welche aus angesehenen 
Bewohnern des Bezirksamts besw. Stadtbezirks gewählt waren, hinzu. 
Wider Erwarten erwies sich, die verhältnilsniärsig grofse Zahl bürger- 
licher ~ nicht selten adeliger Beisitzer, nahezu die Hillfte der 
Gesammtzahl der Mitglieder der Ersatz-Kommission (12), in keiner 
Weise nachteilig. Mit grofser Gewissenhaftigkeit prüften diese Herren 
die wegen häuslicher \''erhältnisse vorgelegten Befreiungsgesuehe, wo- 
bei ihnen die Kenntnifs der wirklichen Verhältnisse der Gesuchsteller 
sehr zu statten kam. Die beiden iiaupt!oat<^, bczw. ein Hauptmann 
und ein Rittmeister, waren denjenigen der drei Hauptwaffengattungen 
entnommen, in welchen der Landwehr-Bezirks-Kommandeur nicht ge- 
dient hatte. 

Vom Jahre 18G9 an fand die Musterung uiid Aushebung im 
Monat April, die Einstellung der Ausgehobonon zum Dienste Anfang 
Oktober statt. — Der Zugang der zum einjährigen FreiwiUigendienste 
zugelassenen WehrpBichtigen, über deren militärischo DienstrerhiUtnisse 
6. Februar 1868 die nftheren Bestimmungen erlassen worden waren, 
konnte, von 1868 ab, 1. April und 1. Oktober stattfinden. — Die 
Aufhebung der Stelhertretung in der Erlullung der gesetzlichen Müit&r* 
Dienstpflicht wurde rom weitaus grölsten Teile dss Volkes, als deut- 
lidies Zeichen gleidier Pflicht iiir Alle, sympatisch begrälst. — 
13. Februar 1868 wurde Allerhöchst verfügt, dafs Gefreite 
und Gemeine fortan Ton allen Vorgesetzten mit »Sie'' an- 
zureden seiend- 

Um der aktiven Armee die unbedingt nötige Zahl von Unter- 
offizieren, welche über ihre gesetzliche Dienstzeit — nun nur mehr 
drei Jahre — dienten, zu erhalten, wurde 6. Apiil 1869 daa Civil- 



') Bis dahin war Ei ' als Aiirede voigeschrieben, häufiger wurde jedoch 
das uiiuder tsclirofie j, Ou" gebraucht. 



172 



BCckbUck auf die Entwickelung imd Atubildung 



Versorgungsgesetz, welches den 12 Jahre, davon mindestens 
9 Jahre als Unteroffizier, gedient habenden Unteroffizieren die He- 
rechtigung zur Austeilung in subalternen Civildiuuüten gewährte, er- 
lassen. Aufserdem w^urde 29. April 1869 eine Wehrgeld-Ver- 
ordnung genehmigt, gemAfi» welcher die ▼om Mflitftrdienate giteizlicli 
Befreiten, die zeitweise Befireiten und Znrackgeetdlten, sowie die 
wegen ünteu^chkeit Befreiten, wennn deren Erworbsfitti^eit nicht 
aufgehoben wftFOi die WaffenunwUrdigen und die nicht zur wirklichen 
Einberufung gelangenden Wehrpflichtigen ein, nach ihrem Einkommen 
bemessoies Wehrgeld gu »hlen hatten Der Ertrag dieses Wehr- 
geldes wurde zur Gewährung von Geldzulsgen — Kapitulations- Ver- 
gütungen — an diejenigen Unteroffiziere verwendet, welche über die 
gesetalichcm drei Juhre in der aktiven Armee dienten und nicht mehr 
eine, vor der Einführung der neuen Wehi-verfassung gegen Einstands- 
geld übernommene Einstands-Dienstzeit crfnllten. Dieses "Wehrgeld- 
Gesetz truf,^ wesentlich dazu bei, der aktiven Armee einen Stannu von 
tüchtigen Unteroffizieren zu erhalten. Von den Kichttniiitärs wurde 
das \Vehrgeld als eine gerechte und zugleich mäfRige Steuer bezeichnet. 
Tluit sächlich war auch das Wehrgeld den Kr\\erb8- und Vermögens- 
Verhältnissen der vom MilitUrdienste Befreiten derart angepafst, daCs 
dasselbe viel geringer war, als die Geldsumme, welche die Betreffeuden, 
wenn sie wirklidi gedient hätten, während ihrer Militärdienstzeit Ton 
zu Hause als Unterstützung erhalten haben w&r&n. IHe Wehrgeld- 
Betrttge waren von den Gemeinde-Behörden zu erhebeUf den Bant- 
ämtem abzuliefern und mit der Ablieferung für das letzte Quartal 
die Abredinung zu Terbinden, woftir den Qemdnde-Behdrden 3 Prozente 
der erhobenen Wehrgeld-Beträge als Vergütung gewährt wurden. 

Aus der Zahl der auf die ganze Armee bezijj^^hen, mit eben so 
gro&er Umsicht, als anerkennungswürdigen Thatkraft, zur Hebung 
der im Kriege 18G6 im bayerischen Heere wahrgenommenen Mängel 
erlassenen Gesetze, dürfte auch noch die, 8. April 1868 erschienene 
neue Dlsziplinar-Strafordnung für die bewaffnete Macht und das 
29. April 1HG9 erlassene neue Militür-Rtrafgesetzbuch und Militär- 
Strafgerichtsonliinmr - letztere mit der Wirksamkeit vom 1. Januar 
1870 au — Erwähnung verdienen^). 

') Das jlihriich zu zahlende Wehrgeld bewegte sieb zwischen drei und 

hundert Guldt'u. B<n ciiHMn .fHlirfs-Einkoninion bis /ii 200 (ruldnn warou ilri'i 
Gulden etc., bei einem Juhrcs-J-linkinniiien liber ItjÜO nnl'l<-ii 100 Lnilden Welir- 
geld zu bezahlen. — i>as \Velirgeld-(iesetz trat 1. Januar ib<2 aufeer Wirksamkeit 
(inFolge der Einfllhnmg des Oesetses des Norddeutschen Bimdea vom 9. November 
1867 Ober die Verpflichtung zum Kriegs'lionste). 

Während dio 1868 erlassene Diszi|)linar-Straforihninp 12. Oktober 1872 
durch die für alle deutscheu MiUtär-Koutingente gültigen Khegsartikel imd 



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der k. bayeriaebeo Fdd^ArtOkrie etc. 



173 



Pie Bewaffnitnp^ der gcsammten Feld-Artillerie — 
4 reitende und 17 fahrendu Feldbattcrion — mit gezogenen Feld- 
geschützen war bis zum Frühjahr 18(57 durchgcfüh rt. 31.,TaTuiar 
1867 wurde verfügt, dafs sowohl die BedieiiungsmunTiscliaften der 
fahrenden Fcldbatterien als auch die sämmtlicheu Manuöcliaftcu der 
Festungsbatterion nicht nielir mit dem Infantcriegewehre atiszubilden 
seien. Der Verl usi der alten, glatten, von vorne zu Lideiideii Perkussions- 
Muskete wurde von den fahrenden Feldbatterien, deren Bedienuugs- 
mamiBeliAfteii nur im Flieden und in der GaniiBon mit dem In&nterie- 
gewehre bemffiiet gewesen waren, mit gröfster Freude begruist. Von 
der geaammten Matmachaft der Artillerie waren nun nvr mehr die 
Rettkanoniere der reitenden Batterien mit einer Handfenerwaffe^ und 
zwar der auch im Bentee der UnteroflSaere und Trompeter befindUcben 
glatten Pistole, bewaffiiet 

16. Mai 1867 wurde auch bei den fahrenden Feldbatterien 
die Zahl der Geschütze im Kriege von acht auf sechs herab- 
gesetzt und zugleich verfügt, dafs das 1. und 2. Artilleric-Regimont 
je eine 4 PfÜnder und acht 6 Pfünder Feldbatterien, das 4. Artillerie- 
Regiment zwei 4 Pfünder und sechs 6 Pfiinder Fcldbatterien besitzen 
sollten. Bei dem 1. und 2. Regiment wurden die bestehenden sechs 
Feldbatterien zu acht Gescbüt/.en in acht Feldbatterien -/n sechs 
Geschützen übcrgeftihrt und eine Festungsbatterie in eine Feidbatteric 
umgewandelt, so dafs nun jedes dieser beiden Regimenter aus neun 
Fcldbatterien und sechs Festungsbatterien bestand. Das nur fünf 
Feldbatterien zu acht Geschützen zählende 4, Artillerie-Regiment setzte 
sich gleit iiialls durch Umwandlung einer Fcistungsbattcrie in eine 
Feldbatterie auf den Stand von acht Feldbatterien zu sechs Geschützen 
und melwn Festungsbatterien. — Der Friedensstand an Dienstpferden 
wurde fär jede der 26 fahrenden Feldbatterien auf 13 Reit- und 
42 Zugpferde festgesetat. Dieser Pferdestand enndglidite die Be- 
spannung von vier Geschfitzen mit je sechs Pferden und von vier 
Munitionswagen mit nur je Wer Pferden. Der Mumüonswagen wurde, 
weil auf dem OeschtttBe^ an dessen Lafifote AohssitKe fehlten, nur drei 
Mann fortgebracht werden konnten, noch immer als ein unentbehrücher 
Trabant für jedee Geschütz der fahrenden Feldbatterien erachtet. 

Nachdem nun die Zahl der Batterien im 1., 2. und 4. Artillerie- 
Begiment auf 15 gestiegen war, wurde die Aufhebung der seitherigen 

DLsziplinar-StratbrdQung und das 1869 eiiigefCÜu'te Militilr-Strafgeset^budi voni 
1. Oirtober 1872 und durch das Müitftr-Sttufgasetzbneh für das Deuteche R«ich 
vom 26 Jani 187S ersatsi wurde, blieb in der, 6. November 1872 für das König- 
reich Bayern crlassptipn neuen MilitSr-Sf rafgcriclitsordnung die seit 1. Januar 
1870 in Bauern bestehende Mündlichkeit und Ofientlichkeit des Verfahrens in Kraft. 



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174 B(k^btick auf die Eiitwidcelniig und Aiubildung 



SonderstoUung des nur vier Batterieu ätarken 3. (reitenden) Artillerie- 
Begiments, an Stelle der zuerst beabsichtigt gewesenen Errichtung 
eines 5. Artillerie-Regiments, immer mehr in emsthafte Erwägung ge- 
nommen. — Alle für die Aufrcchterhaltung der Sonderstellung der 
reitenden Artillerie in einem eigenen Regiment sprechenden und nicht 
ganz ungewichtigeji dieubtlichen und iuifserdienstliclicn Gründe — 
der Artillerie-Korps-Kommandant, Generallieutenant von Brodesser, 
blickte mit Freude uiui berechtigtem Stolze auf das von ihm sechs 
Jahre laug konunandirt gewesene, gaiu im Sinne des geist- und 
temperamentTolleQ k. preuTbischen Generals von Monhaupt gebildete 
Regiment, in welcbem die Frioien des kömgüchen Hauses mit Vor- 
liebe dienten — , Terstommten jedoch gegenüber der gebieteriedien 
Notwendigkeiti die Zurommenwetrong der Artillerie-Regimenter mit 
der bevorstehenden, Anfang des Jahres 1869 in Kraft tretenden 
Gliederung der bayerisdien Armee in zwei Armee-Korps in Obeiw 
einstiinTnnng su biii^en. 

10. Mai 1868 erfolgte dann auch diejenige Gliederung der 
bayerischen Artillerie, in welcher deren Feldartillerie im Kriege 1 870,^71 
kämpfte. — Das 3. (seither reitende) Artülerie-Regiment hatte zwei 
seiner vier reitenden Batterien an das 2. Artillerie-Regiment abzugeben, 
und erhielt dagegen von diesem Regiment vier fahrende Feldbatterien 
und eine Festiingsbatterio, vom 1. Artillerie-Regiment zwei fahrende 
Feldbatterien und eine Fostuntrsbatterie, vom 4. Artillerie-Regiment 
drei Festungsbatterien abgegeben. Nachdem dann gleichaseitig beim 
1. und 2. Regiment je eine fahrende Feldbatterie, beim 4. Regiment 
eine Festungshatterie neu errielitct war, bestand „jedes der vier 
Artillerie-Regimenter aus ncht Feld- und fünf Festungs- 
batterien." — Das 1. und 3. Regiment bildeten die 1. Artülerie- 
Brigade (München), das 2. und 4. Regiment die, mit dorn Sitze in 
Wttrzburg neu errichtete 2. ArtiOerie-Brigade. 

Von den Festun^batterien wurde die bei jedem Regiment mit 
den Feldbatterien am BegimeiitesitzeO gamisonirende Batterie fSr 
den Dienst als Parkbatterie bei den Munitions- Kolonnen bestimmt. 
Die fihiigen 16 Festungsbatteiifin » pro Regiment ?ier — bildeten 
die Artillerie -Besatzungen der vier Festungen des Königreiches und 
zwar jene des 1. Regiments in Ingolstadt, jene des 2. Regiments In 
Landau, jene des 3. Regiments in Neu-Ulm, jene des 4. Regiments in 
Germersheim. — Die Festungs- Eigenschaft der Vesten Marienberg 
oberhalb WUrzburg, Bosenberg bei Kronach, Wiilzburg bei Weiisen- 



Nur vom 4. Artülerie-Regiment waren zwei Feldbatterien nach Nürn- 
berg detachirt. 



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der k. bagrartaclMD Fdd-AftiUetl« eto. 



175 



buig am Sand und Ofaoriuuu obeilialb Pasaaii war 7. Mai 1867 auf- 
geliobon noideii. 

Die acht fahrenden Feldbatterien des 1. und 4. Artilleiie-RegimentB, 

welche in zwei Divisionen (Abteilungen) zu zwei 6 Pfünder und zwei 
4 Pfunder Batterien gegliedert waren, wurden als Divisions-ArtiQerien 
für die je zwei Infanterie-Divisionen des I. und II. Annee-Korps be- 
stimmt. Die sechs 6 Pfunder fahrenden Feldbatterien und eine der 
zwei reitenden 4 Pfunder Batterien des 3. bezw. 2. Artillerie-Regiments 
hatten — in drei Divisionen gegliedert — die Keservc -(Korps-) 
Artillerie des I. bezw. II. Armee-Korps zu bilden, während die zweite 
reitende Batterie dieser Re^raenter zu der bei jedem Armee-Korps, 
aufser den Dirisions-Kavalleiie-Ucgimontern vorgesehenen, dem Korps- 
Kommando uiiuuttolbar unterstellten Kavallerie -Rrigade zu treten 
hatte. — Die zehn U Pfünder falu-euden FüldbuLiciucu dea II. Arraee- 
Koipe waren mit metallenen Rohren, die zehn 6 Pfänder fEihrenden 
Feldbatterien des 1. Armee-Korps nnd alle reitenden nnd fobrenden 
4 Pfünder Feldbatterien beider Amee- Korps — im Gaoaen zwölf 
4 Pfänder Batterien — mit Rohren Ton Guisstalil bewaffiiet. Hier- 
durch erhielt die bayerische Feldartillerie bereits vor dem Kriege 
1870/71 di^enige Gliederung in Regimenter, weldie für alle fibrigen 
deutschen Feldartillerien eist nach dem Kriege 1870/71 angenommen 
wurdet). 

In Folge der Gleichstellung aller rier Artillerie -R^iment er er- 
hielten aämmtliche Ofßziere der Artillerie, dann die Unterofßzierei 
Trompeter und Fabrmannschaften aller 28 fahrenden Feldbatterien 
die Bekleidung etc. der vier reitenden Batterien, mithin des bisherigen 
3. (reitenden) Artillerie-Refziments. Die ]?edienungs>mannschaiteu der 
fahrenden Feldbatterien Ix.'liielten ihre bislieiige Bekleidung etc., hatten 
jedoch statt der roten Huppe den nun für sämmtliche ArtiUerie- 

1) Dem nunmehrigen Generalmajor z. D. Emst von ÜUllcr, welcher 1863 

Ms 1868 als Hauptmann, crstf^r Arljutant 1>oiin Artillerie-Korps-Kommanflo war, 
gebührt da.s W-rdiciist . diesf Glinlerunjic tievorwortft und seinem verehrten 
Komwaadeur tu düiexi Diucbtüliruug lieu zur Seile gestanden zu haben. — 
Baller trat 1847 aus dem Kadetten-Korps als Junk«r sur Artillerie abeti 
1848 zum Unterlieutenant befördert, war derselbe 1852 bis 1856 dem Referenten 
der Artillerie im Kripfr.«mini<'t<»rinm beif^ep'pbfn, hioranf bis 1861 boi der Militär- 
Kommüjssion des vormaligen Deutschen Bundes kommandirt. Juni 1808 zum 
Major im 3. Artillerie-Regiment befördert, war derselbe 1809 bis 1874 Referent 
der Artillerie im Kriegsministerium, dann bis 1877 Abteilung» -Kommandcur 
im 1. Feld - Artillerie - Rcirirnent, hierauf Olicrst und Kommandeur dfs 2. Feld- 
ArtÜlerie- Regiment«. 187H wurde Oberst v. Bnller als Scktionsdief für die 
artilleristisch-teclinischen Angelegenheiten zur lnspektion der Artillerie und 
de« Traina veraetet nnd kommandirte dann 1683 bis 1886 die Fola-ArtiUerie- 
foigade. 



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176 



BflckblidE auf dl« fiatwickdimg und AoaUkliiiig 



Offisdere« sowie die Unteroffiziere, Trompeter und Inittenen Gemeinen 
der gesammten Feldardllerie eingefülirten roten hängenden Rofshaar- 
biisch am Helme zu tragen. — Für die Unteroffiziere, Trompeter und 
Mamttdttften der 20 Festungsbatterien blieben die bisherigen Be- 
stimmungen über Bekleidung etc. in Kraft. — 

Der Stand der aktiven Armee, welcher für jede reitende 
Batterie, einscHicfslich der Offiziere — 1 Hauptmann, 2 01>€r- 
lieutcnants und 2 Unterlieutenauts — und 1 Offi5tier8-Aspir;inten, auf 
137 Mann, darunter 63 Bedienungs- und 47 Fahrmannschafton, 10 Offi- 
ziers-, 00 Dienst-Reit- und 42 Zugpferde, für jede fahrende Feld- 
battcrie, einachnefshch ö Offizieren und 1 Offiziers- Aspiranten, auf 
9C Mann, darunter 36 Bedienung»- und 86 Falinnannnsluiften, 6 Offi- 
zien-, 12 Dienst-Beit- und 42 Zugpferde, für jede Fuf8-(Pläk- oder 
FeetQng9>)Bstteriey einschliefsUch 1 Hauptmann, 1 Öberlientenant 
und 2 ünterUeutenants^ anf 92 Mann, darunter 27 Bombardiere, Ober^ 
nnd ünterkanoniere, und 4 Offinerapferde festgesetzt wnide, war „be- 
süglicb der Ganeinen*' nur bei den Festungsbatterien und andi bei 
diesen nur während der HauptUbongszeit ^) der Präsentatand. — Bei 
den iahrenden Feldbatterien wurden nun die Fahrer nicht mehr nach 
zweimonatlicher, sondern schon nach 14tägiger Dienstzeit angewählt, 
von da ab als solche eingekleidet und im Reiten unterrichtet. Bei 
den reitenden Batterien erfolgte diese Auswahl nach Ablauf eines 
Monats. Die zu i«'ahrern ausgewählten llekruten waren oline Unter- 
brechung drei Monate über den gewöhnlichen Präsentstand an Fahrern 
— auf je zwei Zugpferde ein Mann, dann auf je sechs Zugpferde ein 
weiterer Mann als Reserve zu halten. Die zu Bedienungs- 
mannschaften bestimmten liekiutcn der reitenden und fahrenden 
Batterien waren dagegen, ebenso wie alle Relcruten der Fulsbatterien 
nur zwei Monate über den — wie bei den Fabxmannsdiaftsn — nur 
etwa Vt SoUstandes betragenden gewöhnlichen Prfisentstand der 
Bedienungsmannschaften za halten, und dann dienstbar zu setzen. 
Der dritte Bekraten*Übungsmonat der Bedienungsmannachaften wurde 
unmittelbar vor die HaaptSbungen verlegt. — Die Torgeschriebene 
dreijährige Dienstzeit in der aktiven Armee ermälsigte sich 
für nahezu alle Gemeinen auf eine zweijährige wirkliche 
Dienstzeit. Die Einsteher, welche bei der Einführung der Wehr- 

^) Seit 1863 wurde die Hauptübuiigszeit, welche zwei Monate um^afste, 
nach MaDsgabo der Zeit, in welcher lUe Batterien ihre Schiofsübungen auf dem 
Lechfelde vorzunehmen hatten, fe^gesetzt. Wahrend der SchieTsnboogen auf 
dem Lechfelde \vurdc von 1868 an der Unteroffiziers- und Manns chaftsstand 
aller Batterien durch Einberufung von Beservistein su vierwöchentlicher Übung 
erhöht. 



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der k. bayerischen Feld-Artillerie etc. 



177 



Verfassung vuin iiO. Januar 1868 noch vorhanden waren — Anfiinj^s. 
oliüe Mitrechnung der Unteroffiziere und 'I rouipoter, etwa Vc des 
Gemeincnstandes der aktiren Armee — wurden, so weit nicht ihre 
Verwendung als Wärter ron Offizierq[»ferdeii| Ordonnanzen etc. den 
Naditeil anfhob, welcher doroh üue PrfisenthaltDng f&r die wiildiche 
militftriaobe DieneÜelBtang der ihre Militilrpflicbt erfüllenden Mann- 
schaften entstand, spfttestens an dem Tage beurlaubt, an welcheni die 
Mannadiafien deqenigen Jahrgiuiges, welcbem ihre Einsteller an- 
gehörten, zur Reserve übertraten 0* — 

4. Januar 1869 wurde, mit der Wirksamkeit vom 1. Februar 
1869 an, die Friedenseinteilong der huyeriachen Armee in zwei 
(}eneral-Kommaadoa — München und Würzhurg ~ und vier Armee- 
(Infanterie-)DiYision8- Kommandos verfugt. — Unter dem Artillerie- 
Korps- Kommando verblichen sHnimtliche Truppen und technische 
Anstalten der Artillerie. Die Feldtruppen der Artillerie traten 
jedoch in Bezug auf ihre taktische Ausbildung in Vor- 
bindung mit den anderen Waffen, unter den Befehl der 
General-Kommandos und zwar jene der 1. Artillerie-Brigade unter 
das Gcncral-Koniuiando München (1. Armee-Korps), jene der 2. Artillerie- 
Brigade unter das General-Kommando Würzburg (II. Armee-Korps). — • 
8. Januar 1869 wurde Seine Ednigliche Hoheit der Feldzeug- 
meister Prinz Luitpold zum General-Inspektor der Armee 
ernannt — 

Vom Jahre 1868 an batten die Hauptleute und Lien- 
tenants der Feld-Artillerie wftbrend des Winters auch eine 
taktische Aufgabe zu bearbeiten. Diese Au%abe, welche von 
den Difiaions- (AbteUungs-) Kommandeuren erteilt wurde, bestand 
für die Hauptleute darin, die Führung einer ArtUlerie-Üivision (Ab- 

Im Kriege 1870/71 haben die während desselben dienenden Einsieher 
ihre Pflicht treu und waeker erfliUt. — Bei der Mobilmachung 1870 

wurden die Batterien durch die Einberufung ihrer Reservisten 
und den Ankauf von Pfnrdfn, auf folgende Kriegsstärke pfbracht: 
Reitende Batterie: Einschliefslich von 5 Offizieren, 169 Mann, 10 Offiziers-, 
95 Dienst-Reit- und 108 Zugpferde ; 6 Pfünder fahrende Feldbatterie: Ein- 
schliefiilieh von 5 Oifizieren, 163 Mann, 6 Offiziers-, 23 Dienst-Reit- nnd 114 Zug- 
pferde; 4 Pfänder fahrende Feldbattcrie: Einschliefslich von 5 Offizieren, 
153 Mann, 6 Offiziers-, 22 Dienst-Reit- nnd 108 Zugpferde. Jede reitende und 
4 Pfänder fahrende Feldbattehe hatte 6 Geschtltze, 6 Munitionswagen, 1 Kcserve- 
Laffete, 1 Peldschmiede, 2 Batteriewagen und 1 Proviantwagen, in Stimm« 17, 
jede d Pf&nder fahrende Fcldbatterie aufserdem noch einen 7. Munitionswagen, 
also 18 seclispanni}ze l-^aln/euge. lUc Kricf^sst;irk<' oinrT Parkl>attoi-io war, 
einschliefslich vnii 4 ( Mfizir- '^n, 105 Mann, 4 Ufli/iiT^- um! 1J4 I 'ienst-iü'itptV'riio, 
die einer Festungsbatterie, eiuschlie&Iich von 4 Odizieren, rund 200 AIuuu 
und 4 OfiBzierspleide. 



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178 Backbliek auf 4i« Eotwickelaiig und Aiubilduog 



tdluncd deiyenigeii Malbtialimeii aazufkassen, weldie dfir die Aolgabe 
ertdlende Stabsoffizier 0ir die übrigen Waffen einer in der Umgebung 

der Garnison übend angenommenon Infanterie-Division getroffen hatte. 
Für die lieatenants wurde die Aa%abe in derselben Weiaei jedoch 
im Rahmen eines kleineren Truppenverbandes, welchem nur eine 
Feldbatterie zugeteilt war rrteilt. Besonders dadurch, dass die 
Aufgabe im wirklichen Gelände zu lösen war, wurde sie 
nutzhar. Im übrigen äuisertcu sich die die Aufgabe erteilenden 
Artillerie-Stabsoffiziere mit liecht dabin: ^Wir werden mehr geprüft, 
als wir prüfen." — 

September 1867 nahmen die 1. u. 2. Armee-Divit^i n. uut ent- 
sprediend zugeteilter Feldartillerie, im Lager Lechfeld, dann von 
diesem aus gegen Neu-Ulm, September 1069 das II. Armee-Korps in 
einem Lager bei Schweiufurt, hierauf von da gegen Bamberg, gröisere 
Truppenübungen vor. £n letetgenannten Jalire war es dem Schreiber 
dieses erat zum 2. Male w&brend einer 19jährigen Dienstseit als 
Offizier vergönnt, an grÖiberenTmppenÜbnngen Teü nehmen zn können. 
Die ersten acht Tage lagerten sttmmdiche Truppen, also auch die Ea- 
vaUexie und die Ärtiilerie- Bespannungen, die Marmdchafton unter 
Zelten, die Pferde im Feldstall. Die ersten zwei Tage übten die 
einzelnen Waffen für sich, dann hatten die Infanterie-Brigaden der- 
selben Infanterie-Division, mit entsprechend zugeteilter Kavallerie und 
Feldartillerie, und schliefslich die Infanterie-Divisionen gegen einander 
zu üben. Hierauf verliefs das Armee-Korps das Lager und nahm in 
dem an Abwechslungen reichen Gelände, welches von Schweinfurt bis 
Bamberg durch den St<;igerwald f^^ebildet wird, Übungen gegen einen 
raarkirten Gegner vor. Diese Übungen gereichten, obwohl sie in 
ihrer Bethätigung gegen die nun in Bayern seit 1874, ebenso wie in 
allen anderen deutschen Kontingenten, jährUch statttlndenden gröfseren 
Truppenübungen selir zurückstanden, den an denselben Teil nehmenden 
Truppen und insbesondere deren Führern in vielfachen Beziehungen 
zu reicher Belehrung. 

Nicht weniger nntzreiGb ftir die bayerische Feldartillerie war es, 
dalb die seit 1848 voriierrschend der Reitausbildung, dem Fahren und 
dem Exerziren in der bespannten Batterie gewidmete Thätigkeit ihrer 
0£6ziere nun, in nicht minder hohem Grade, auch der Bedienung und 
dem Gebrauche der Geschütze, sowie allen im EmstMe an die Ar- 
tillerie herantretende Au%aben zugewendet wurde. Die vorher 
nahezu ausschliefslicb nur auf den Exorzirplätzen vorgenommenen 
Übungen der Batterie vmrdcn nun nacli Möglichkeit auch im Gelände 
bethätigt. Der hohe Wert, welchen die Kolonne zu Einem — deren 
Gebrauch au£ den Exerzirplätzen für ein Armutszeugnifs am Ezenirr 



^ed by dooQle 



d«r k. tayeriflchen Feld-Artillerie etc. 



179 



talente der betreffimden Kommaiideun erachtet worden war — dap 
duidi besitzt, daft sie nidit nur die Bentttsnng der TOffaandenen Wege, 
Boadem anoh die gedeckte Bewegung im Gelände eimögliciit und die 
Überwindung Ton GftläiidflBchwiqri|^eiten erletohtert, war im Feldzug^ 
1866 erkannt worden und wurde 

nun, dem gewandten und zügigen 
Marsche in dieser Kolonne nicht mehr mindere Beachtung wie dem 
in der Zugkolonne geschenkt. — Von Seite aller Artillerie-Offiziere 
wurde der Taktik der In£Einterie und Kavallerie erhöhtes Interesse 
gewidmet und durch häufigere Übungen im Verbände mit den in der* 
selben Garnison befindhchen Truppen der anderen Wafl'en das Wissen 
und Können der Feldartillerie-Offiriore, bezüglich der Im Kampfe von 
ihrer Waffe zu erfüllenden Aufgaben, wesentlich gefordert. In Fällen, 
iu welchen die Bebaiumgs?erhältnisse des Geländes beschränkend 
wirkten, wurden die Übungen durch entsprechende Belelirungen nutz- 
bar zu machen gesucht. — Die von der Artillerie-Beratungs-Kom- 
mission unniiuelbar nach dem Krietie warm bcvorwortete Entlastung 
des Exerzirens in bcspamiteu Batterien von den, bis zum Beginn dor 
SchieCsühungen auf dem Lechfelde (18G3) beliebtesten AuMärscheu 
ans den goofMomatsn. und au^eechkMeonen Zug- und Halbbatterie- 
Kolonnen in die Feuerstellung, sowie Ton den Übergängen aus der 
entwickelton Front in diese Kolonnen etc., wurde 1867 genehmigt. 
Im Jahre 1868 erhielt dann die Feldartillerie ein Reglement 
für das Ezerziren mit bespannten Gesohfitzen, welches 
gegen das frtthere sehr vereinfacht war und vor Allem das - 
im Kriege Nötige im Auge hatte. 

Die Beforderungsverhältnisse der Artillerieoffiziere waren im Ver- 
laufe des siebenten Jahrzehnts nur für die Erreichung der Ilauptmanns- 
stelle etwas ungünstiger als zu Beginn dieses Jahrzehnts geworden. 
Der Hauptmann wurde nach 15 jähriger, der Stabsofläzier nach dureh- 
schnittlich 22jähri|;'er Dienstzeit als Offizier erreicht. Die älteren 
Jlnuiitleiifp der Artüiene, welche bestimmungsgcmäfs die Feldbatterie 
kommaudirten, befanden sich zwischen dem 37. und 45. Lebensjahre, 
die Majors und Oberstlieutenants zwischen dein 40. und 50., die Rc- 
gimentskomraandcure in der ersten Hälfte bis wenig über die Mitte 
der 50er Lebensjahre, die beiden Brigade-Kommandeure im 57. und 
62. Lebensjahre. 

Der bajeriscfaen Artillerie, welche sich im Kriege 1866 die Zu- 
friedenheit und Achtung der höheren TruppenfQhrer des Heeres go* 
Wonnen hattci wurde die Auszeicbnxmg zu Tal, da& ihrem Terehrten 
Eorpa-Kommandanten, Genemllknitenant tou Brodesser, unmittelbar 
nach Schluib des Krieges, das, bis dahin in Bayern nur dem Kiiegs- 
minister und den Kommandeuren der Armee- (In&nterie-) Dirisionen 



180 



FoBtungtunanÖTer. 



gebiUuende Flrädikat „Exzellenz*^ afiergnädigBt voriiehen wnide. — 
12. Oktober 1867 geruhten Seine Majestät König Ludwig II. 
die gesammte Artillerie durch die Übcniahrae der Inhaber- 
Stelle des 4. Artillerie-Regiments aafs Höchste zu ehren. 

(Sdütife folgt) 



XIL 

Festungsmanöver. 

Von 

H« FrobeniaSy Oberstlieatenant a. D. 



Das Eingreifen der „vierten Waffe**, um ndt Scherff zu reden, 
der schweren Festongswaffe beew. der Festunga-ArliUerie und der 
Festung^-Pionierey unterscheidet die Festongs- von der Feldsehlacht. 
„Die eigengeartete Kamplhandlung dieser Waffe gipfelt in dorn 
Raum vergrölsemden nnd Zeit verlangsamenden Einflüsse, welchen 
sie auf die Endentscheidung ansübt**, — „sie macht besondere Kampf- 
• anordnungen notwendig**, nnd wenn diese auch „nicht in einen be- 
wufstcn Gegensatz gegen diejenigen zu setzen sind, welche unter jje- 
wöh Tili (hon ^'erhäitmssen zu treffen sind^, so werden sie doch die 
Kaiupi IjüiiiUuug der andpr^n Waffen wesentlich beeinflussen, denn 
. im Dülensiv-, wie im Utiensivkampf wird es aucli liier darauf an- 
kommen, jetzt die vier, wie sonst die drei Waffen, zweckentsprechend 
in ihrer Wirkung miteinander wechseln, (nicht sich mischen) zu 
lassen." Dies wird über nur möglich sein, „weun auch hier die 
Kampianflihrung in einheiüicher Hand verbleibt, welche das wechselnde 
Fonktioniren der Waffen in der ihnen gewohnheitsmälsigen Art nnd 
Wdse regelt, und sieh nicht dazu eines fremdartigen und kfinstliehen 
Apparates bedient, welcher die Einheitsthat der Festnngsschlacht in 
eine artilleristisohe und ingenienrUdie zerlegt.** 

In diesen Sitzen aus t. Scfaerff's »Lehre von der Truppen- 
Verwendung** Hegt eine recht ernste Hahnnng, den FestuagdoiBg nidit 
als eine Aufgabe zu betrachten, welche die Feldarmee und die Truppen- 
fdhrer ohne Schwierigkeit ans dem Stegreif zu bewältigen im Stande 
wären. Das ^Regeln des wechselnden Kunktionirens der Waffen in 
der ihnen gewohnheitsmüsigen Art und Weise^ will eben gelernt 



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I^MtODgllllillttTlBr. 



181 



sein, mag es sich nun um die Kombination der Infanterie mit der 
Kavallerie, oder um das Zusammcirvirkon der drei Feldwaffeu Landein 
oder endlich um daä organische Zusammenwachsen mit der ..scliwercn 
Waffe." Jal letzteres ist gewifa \\m ein ganzes Teil schwenr zu 
lernen, da die eigenartige Kampfhandlung derselben sich so wesentlich 
unterscheidet von der der drei anderen WaflFon. Ist es doch bekannt, 
wie schwer es dem Kavallcrierülirer wird, mit der langsanioren Raum- 
durchmessuug der ihm unterstellten Inianterio rechnen zu lernen; um 
wieriel einschneidender beeinfluist die Entsohliefsungen und Maisnahmen 
des FQhmB die Kampfliaiidlaiig dar „8chw«reii Waffis**, welche das 
Vorbereituigpatiidiiiin auf Tage, Ja Wodien sich ausdelmen l&fkt und 
demnadk nicht im Nebeneinanderher, sondern im zusammengreifendea 
Wechsel-Wirken mit den anderen Waffen rar Geltung za bringen ist 

Soll der Führer seiner Angabe im Feetungskriege gewachsen 
sein, 80 mnis er demnach die ^vierte Waffe'' bezfiglich ihrer Kampf- 
weise und ihrer Leistangsfähigkeit genau in demselben Grade kennen 
und in seine Rechnungen zu ziehen wissen, wie die anderen Wa£fen — 
und er muis es lernen, sie in Wechselwirkung mit diesen zweck- und 
zielbewufst zu verwenden. "Wie aber für die kombinirte Verwendung 
und Führung der drei anderen Waffon das Feldmanöver die not- 
wendigen Mittel zur Ausbildung der l uhrer bietet, so werden für das 
praktische Erlernen der Verwendung der durch die vierte ergänzten 
Waffen nui- die Festungsmanovor eine hinreichende Gelegenheit ge- 
währen. Der Durchführung umfangreicher und zahlreicher Festungs- 
manöver stehen nun freilich viel mehr Ilindcrmsse im Wege, als der 
Ausiuhrung der Feldmanövcr und es genügt, hinzuweisen auf die 
kostspielige Heranziehung der schweren Artillerie, auf die seitraubende 
und nidit weniger kostspielige Ausföhrung umfangrncher Befestigongs- 
arbeiten und auf die wochenlange Eonzentrirung gröiserer Heeres- 
•korper in und vor der Feetang, welche das Kampfolgekt bildet Trots- 
dem ist auf die Festungsmanörer nicht Verzicht zu leisten, Sobald 
man die Festungsscfalaeht als eine der unungUnglidien Angaben 
eines zukimftigea Krieges ins Auge fassen mufs und in Folge dessen 
das Stadium derselben, die Ausbüdung der Führer fUr dieselbe nicht 
ohne emstliche Gefährdung der Kriegsentscheidung vernachlässigen 
darf. Es erscheint nicht weise, mit einer ähnlichen Unkenntnifs und 
hierauf basirten Mifsgriffen und Ungeschicklichkeiten an die feind- 
lichen Festungen heranzutreten, wie es im deutsch-französischen Kriege 
zumeist geschehen ist. Und dafs die Festung eine bedeutsame Stelle 
in der Kriegführung zu spielen berufen sein wird, das lehrt jeder 
Blick auf die wahrscheinlichen Kriegstheatcr. 

In allen gröfseren Armeen sehen wir denn auch Übungen ver- 



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182 



FeBtUDgsuiauover. 



anstaltet^ weUAie dem Zweck der Ansbüdong für den Festungskrieg 
dienen; Oueir Art und Auedehnimg nach sind aie aber wesentiicli 
TerBcihieden und es fragt eich, welche der getroffidiien Mafimahmen 
ale die sweckndükig^ sa erachten ist 

Da haben wir nuiftdist die rein tedmischeii Bebgemngisübimgeii 
der tedmischeii Truppen und ihnen gegenübergestellt diejenigen der 
FiUsartallerie, tmfraglich sehr nützlich für die AosbAdimg der ^^vierten 
Waffe**, aber ohne alle Bedeutung für die Truppenfiihrer, — und 
wenn man die Spezialwa£fen so ohne alle Beteiligung der FeldwalTen 
den Angriff durchführen sieht, so ersclicint es sogar bedenklich, mit 
oner ^ofsen Selbststfindi^keit hier ,,den (dem Führer) fremdartigen 
und künsthchen Apparat" sich cntwickchi zu se)ifn. welcher geeignet 
erscheint, ,,die Einheitsthat der FestungsschJ acht in eine artilleristische 
und eine ingonieuiiichc zu zerlegen." Man hat wolil auch die ar- 
tilleristische frbung (hidurch für die anderen Waffen nutzbar zu 
machen gesucht, dafs man grölsere Truppcnkorper (etwa Jio ver- 
stärkte Garnison der Festung) für einen oder mehrere Tage zMrischen 
den Batteriestellangen hat manÖTriren lassen, etwa aiidi einen Sturm 
Tomichen, auf ein „niedergekämpftes** Fort und dgl. Meist rind 
das ganz minat^liche Bilder, von den Truppen und ihren FQhrem 
ohne irgend welches Verständnils von dem Zusammenhang der Ma- 
növer mit den Batleriegmppen ausgeführt» welche sie im VorOber" 
eUen neugierig betrachten. Einen Zweck haben sie sonst nicht. 

Ganz anders hat man nun im vorigen Jahr in Frankreich die 
Sache angefangen, möglichst vollständig, möglichst grofsartig, die Be- 
lagerung der Landeshauptstadt vom Anfang bis zum Ende, vom Er- 
scheinen der Zemirungstruppen bis zum Sturm auf die Festungs- 
werke, der naturgemäfs mit einem gründlichen Echek, mit dem Auf- 
heben der Belagerung endigen mufste; denn die liiesenfestung mufste 
ihre Uneinnehmbarkeit selbstredend auch im Manöverbilde doku- 
mentiren und — die arme Verteidigungstmppe. welche programm- 
gemäfs mit Riescnschnelligkeit ein Objekt nacli dem anderen auf- 
zugeben gezwungen war, damit man in der begrenjrten Zeit zum 
Schlulstableau kam, mufste doch endlich auch llevauche haben filr 
ihren rohmdOrstenden Mut Dieses Festungsmanöver von Paris ist 
wohl hinreiclwiid bekannt, dals ich mit einigen kursen Daten nur 
daran su erinnern braudie und im Übrigen auf die Darstellungen in 
der Presse Terweisen kann.') Es ist eine dankenswerte That, ein 

^) T'nter anderem: ^^Mitteilungen Über Gegenstande dos Artiii.- u. Geb- 
Wesens" 1884, Heft 11 12; „Rivista di artigl. e. gen." 1894, Oktober: „BevttS 
du cercle milit" 35—38; „Berichte der France müitaire" 3122 ff. etc. 



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Festiuiginuuidver. 



188 



Beispiel würdig des eingehendsten Studiunis und der handgreiflichste 
Beweis fiir die drin^^ende Notwendigkeit, durch zwcckralifsifr an- 
geordnete derartige Übungen die Truppenfiihrer mit den Kigenium- 
lichkeiten des Festungskrioges und mit den SchTnerigkeiten vertraut 
SU machen, welche sich dem Zusammenwirkeii mit der schweren 
Waffe «DlgegensteUen. Dieses erste durchgeführte Beispiel hat eben 
gezeigt, dalk die Truppenführer nicht das geringste VerständniCB für 
dieses wechselweise Zusammenwirken hatten; die schönen Tableanz, 
wdche cur Darstellung kamen, dürfen uns hierin nicht beirren. 

Bas FestungsmanÖTer bei Paris 1894. 
1. Die Örtlichkeit und das Programm. 

Die An*;ritl'sfront, Vaujours^Chelles, ist offenbar deshalb gewählt 
worden, weil die beiderseits derselben sich hinziehenden Wasserlinien, 
Ourcq-Kanal und Marne, einen Absclinitt von ca. 9 Kilometern Breite 
ben^renzen, welcher die Übung in einen bcstüninten Raum zu bannen 
erleichterte. Femer bilden beide Gewässer, vereinigt durch den 
Beuvroiine-Bach, auf ^^leiche Entfernung vor den Forts einen Ab- 
scliiiiit, welcher zur Etablirung einer vorgeschobenen Stellung sehr 
gut geeignet war. Das schmale von NW. nach SO. streichende Pla- 
teau von Villevaude gewährte eine sehr gute Position mit seinen 
steilen, die Niederung um ca. 60 m überhöhenden Nordosträndem. 
Mit dem Plateau Ton Vaujours^Hontfermeil hängt das von Villevaude 
nur durch einen schmalen Rttckra zusammen, der sidi etwa 2,5 Ki- 
lometer vom Kanal hinzieht, zwischen beiden die Strafse nach Glaye- 
lieauz. Ihn sperrt das Fort VatQOurs mit seinen 2 Nebenwerken, 
nach Osten vortretend vor den Plateaurand und 4,5 Kilometer (lütte 
zu Mitte) entfernt vom Fort (Celles, welches auf einer dem Plateau- 
rand südöstlich vorgelagerten Kuppe (2Kilometer von der Marne) ange- 
legt ist. Die beiden Plateaus bilden gemeinsam mit dem sie verbindenden 
Rücken die Ränder eines ca. 60 m tief eingesenkten, nach Süden ge- 
öfTneten Kessels, in welchen die Höhen von Vaujours, Montfermeil 
und Chelles aber unmittelbar abfallen, während dein Plateau von 
Villevaude noch ein bei le Pix ansetzender niedriger Rücken vor- 
gelagert ist, der in südlicher liiclitung der Linie Vaujours-Chelles auf 
ca. 3 Kilometer parallel lauft. Die gerade Verbindungslinie der 
beiden Forts erstreckt sich also durchweg im eingesenkten Gelände; 
günstige Artillerieaufstellungen sind lediglich westlich zu finden und 
zwar bei Chelles auf der Höhe von Montfermeil, also günstig seitlidi 
r&teftrts, bei Vaigours aber nur auf dem Rflcken und seinen Ab- 
hängen nahe bei und hinter dem Fort selbst, also in sehr ungünstig 
gedrängter Lage. Die Höhe von Coubnm, welche inmitten des Inter- 



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2g4 FesUingamaaöver. 

vallä zur Sprache kommen würde, liegt an 2 Kilometer Linter der 
Verbinduiigiiliiiie der Forts, hier, mitleB tm Intenmü hatte nuui aber 
eine Verstärkung hergestellt in sehr bezeichnende Welse. Der Wald 
▼on Goadreanz, der mit IVt Kilometer Ausdelmnng sich hier ana- 
breitet, ward für nngaogbares Gelinde eildArt; dnrob diese Ma&regal 
ward jeder Angriff anf das bitnyaU verhindert, selbst die Batterien 
bei Montfenneil waren unangreifbar und Vaujours von Süden nicht 
zu om&ssen. Ton vornherein war mithin nicht nur der Verteidiger 
in eine wesentlich günstigere Lage versetzt, sondern Verhältnisse ge- 
scliafVon; welche der modernen Tendenz, den Ai]^riff hauptsttchHch auf 
die Intervalle zu richten, direkt widersprechen, indem sie den An- 
f^eifer nötigten, die Forts und nur diese anzugreifen. Dais hierbei 
gerade die 8<hwä('he der I'Vont Vaujours-Chellcs bemäntelt wurde, 
ist das wenigste. Denn wenn die Chuiig einen reellen Zweck haben 
sollte, müfste dem Angreifer zum uundesten die Möglichkeit geboten 
werden, die Vorteile eines Durchbruchs durch das Intervall aus- 
zuprobii'en. In "Wirklichkeit haben wir es also garnicht mit einer 
verteidigten Front von 5 Kilometer Länge (einschlielslich der Werke) 
sa thim, sondeni mit 2 getreontm Stellungen: Vai\jourB mit dem 
Annex Courtry und Hontfermeil-Chelles, 

Da wir nun aber nicht eine isolirte Stellung, sondern eine 
Festung vor uns haben, in deren Fortlinie dem betreffenden Abschnitt 
eine gewisse niohi zu übersehende Aufgabe sufiült, so müssoi wir 
einen Blick auf die Nachbarschaft desselben wttfen. Ya^lours bildet 
den linken Rcliulterpunkt dc> < stlichen verschanzten Lagers von Paria; 
das nächste Fort, Stains, welches die rechte Flanke des nördhchen 
Lagers bezeichnet , liepjt 16 Kilometer WNW. Die Verbindungslinie 
Stains- Vaujours bildet mit drr von Chelles und seinem Nachbarfort 
Villiers einen Winkel von b2". Derselbe wird durch die Front 
Vaujours-Chelles abgestumpft und es bilden sich Poljgonwinkel von 
von 108 bei ersterem, von 154 bei letzterem; d. h. das nördlich 
anschliefsende Intervall liiuft fast senkrecht zur Front: Der Angriff 
kann und mufs hier umfassend gegen den Wmkolpunkt Vaujours 
vorgehen. Da für den Artillerieangriff der Ourcq-Kanal doch kein 
Hfndermfe bildet, der Angreifer aber von diesen Vorteil, den SeiOsnt- 
punkt u mf aasend anzugreifen, kernen Geibrauch machte, muJste man 
wohl anndunen, dais eninreder eine bestimmte Direktion oder ein 
Obereinkommen mit dem Verteidiger ihm in den Abschnitt südlich 
des Kanals bannte. Die „Mitteilungen'' bezeichnen swar die Linie 
Aulnay les Bondj-Mitry als die vorgeschriebene n^fondliche Begrenzung 
des Abschnittes. Jedoch macht der Angreifer niemals von diesem 
Qeländestriidi nördlich des Kanals Gebrauch; Angreifer wie Verteidiger 



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FettnngniuHittTior» 



scheinen vielmehr den Kanal als eine günstige Flügelanlehnung be- 
nutzt zu haben, manövergemäfs nicht daran doülcpnd, dafs im Ernstfall 
drüben auch Menschen, d. h. kämpfende Truppcnmassen sein würden. 

Dafs nicht etwa liier ein nördlich gelegenes Naclibarfort supponii-t 
wurde, welches Vaujuurs seines Charakters als Saillant von 108 <* 
entkleidet hatte , geht aus der Armining hervor, welche die Ver- 
teidigungsstellung in direkter Richtung auf Staius, zwischen \'aujours 
lud Sövran, an 5 Eflomster lang, anlegte. Aber auf dem schmalen 
Raum, velober durch den Ouroq-Kanal auf 2 Kilometer begrenzt 
wnrde^ l^ubte der Angreifer mit Recht nicht operiren zu können und 
beechrSnkte sich deshalb auf den strikten Fhintalangriff. 

So Tiel zur Wahl der Front und zu den oharakteristiflchen, fiir 
den Verlauf und die Resultate des Manövers ins Gewicht falkoiden 
Einschränkungen der Entscldufs- und Bewegungsfreilieit. "Welche Idee 
lag nun dem in diesem Gcländeabeohnitt sich abspielenden Manöver 
zu Grund? „Feindliche Armeen marschiren auf Paris. £ins ihrer 
Korps folgt der Linie Laon-Soissons-Meaux. Der Gouverneur geht 
mit den mobilen (d. h. disponiblen) Truppen des verschanzten Lagers 
den» Angreifer entgegen; eine Division nimmt Stellung an der 
Therouane. Sic vcrtcidiprt Schritt für Schritt die Stellungen zwischen 
diesem Wasaerlauf und der t ortlinie und wird zurück{»edrängt auf die 
Front Vaujours- Chcllcs , gegen welche der Feind nach Beendigung 
der EinschlielBung einen gewaltsamen Angriff unternimmt, um diesem 
einen regulären Angri£f auf Vanjours folgen zu lassen. Aber un Augen- 
blick des Unterliegens des Forts wurd das Yerteidiguiigskorps verstärkt, 
greift den Belagner an und zwingt ihn, die Belagerung aufirageben.'* 
Dies Programm ist hochinterssant, zunJichst schon deshalb, «eil es uns 
in grolsen Zügen einen B^rüT giebt yon der Voistdlung, welche man 
sich in französischen mal^benden Kreisen von dem Angriff und der 
Verteidigung der Landeshauptstadt macht. Auf die Durchführung der 
oeg^reidien, den AngreiÜBr zerschmetternden Ausfälle mit kolossalen 
Tmppenmassen, wie man sie 1870/71 als Rettung träumte und plante 
und immer wieder scheitern sah, ist ja die ganze Ajiordnung der 
Festung Paris zugesclniitten; alle möglichen Mängel hat man in Kauf 
genommen, um diesen Gedanken voll und ganz zum Ausdruck zu 
bringen: auf jedem Teil der Umschliefsung möglichst alle Vorteile 
des Geländes auf seiner Seite zu haben für jene imposanten Massen- 
ausfälle. Und dieser Gedanke der offensiven Verteidigung mit Armeen 
beherrscht dermalsen die VorsteUnng ^om Festungskri^, dafo nuLn 
im Begriff ist, denselben in seinem ganzen Verlauf in eine Reihe Ton 
FeUmanÖvem, die sich in der Umgebung der Festung abspielen auf* 
zulöeen, ganz ohne Rfioksicht auf den Zweck bezw. die Zweeklosigkeit 

JahiMMhar l«r Ik DtQlask« AniM lua MMtpe. 31.96,2. 18 



186 



I^eBtungmundver. 



derselben, auf ihren Zusammenlinng mit dem grofsen Ziel der ganzen 
FestuiigsBcblacht und auf die Einwirkung der Befestigungen besrw. 
ihrer schweren Artillerie. Sagt doch Geneiai Ihibaudin bei Be- 
trachtung der Armirungsarbeiten (s. „France milit." 3120): „les 
ouvrages improvises, voilk le demior mot dd la gu6iiT8 modenic, si 
tonte fois des oumges aimt n^oessaires. J*%joate ce „u*^ paroe quo, 
poar TOI» dire tonte ma pens^, je ne ciois pas qii*il aoit bon de 
trop se terrer, A mon ans, en prindpe, il ne laut pas attendre qne 
TMinemi vienne vous attaqner: ü fant aller an-defant de Ini et Ini 
Uvrer batallle anentöt qn'on le rencontre.'' Dies kann nnr heiCBeo, 
da es sich hier um die FeBtnngsvertcidlgung handelt, welche zur bitteren 
Notwendigkeit wird, nachdem die Enteoheidnng im Feldkriege bereits 
gefiüleDi nachdem die Feldarmeen zertrümmert sind, dals die Be- 
satzung nicht den Angriff abwarten, sondern herausgehen und rcr- 
suchen soll, den Angreifer im Vorgelände aufzuhalten. Ausdnielc findet 
ja dieser Gedanke in der Disposition des Manövers, denn der Gouver- 
neur führt seine mobilen Truppen bis auf eine Entfernung von 
35 Kilometer vor die Thore von Paris, 21 Kilometer von den äufsersten 
Forts entfernt. Von Vorteilen, welche die Festung als solche für die 
kampieiide i'ruppe zu bieten im Stände wäre, kann also keine Rede 
sein; es handelt sich um eine reine Feldschlacht. Und welchen Zweck 
hat diese? Wir werden darauf zarückkommen. 

Das Programm ist einersetts weit Uber das zweckmftlsig Aub- 
ifthrbare ausgedehnt, anderseits aber zu eng begrenzt. Ans dem 
ganzen kolossalen Umfiuig der Festung ist ein sdunaler GeUlndestrich 
ausgeschmtten, aber auf diesem soll die ganze Belagerung — niciht 
nur ein abgekürzter Angriff — vom ersten bis zum letzten Moment 
in dem Zatraume von genau 2 Wochen zur Anschauung gebracht 
werden. Der Raum ven^fsemde und Zeit verlangsamende Einlluls 
der so wichtigen „schweren Waflfe" ist eben nicht gebührend berück- 
sichtigt. So wenig, wie man eine beliebige Front aus der Festungs- 
umfassung herausreifsen kann und bei der Verteidigung ihre Lage zu 
den Nachbarfronten ganz aufser Augen lassen, so wonig kann man 
ein Stiick der Zerniningsstellung herausgreifen, ohne gleichzeitig die 
beiderseits sich anschliefsenden Ijinien mit sammt ihren Besatzungen 
in ihrer Lage und Stärke bestimmt festzulegen. Ein Teil der Be- 
lagerungsarmee darf 80 wenig als isolirt, als auf seine eigene Kraft 
angewiesen, als in dar Flanke angreifbar angesehen werden, als eine 
I^nt der Festungswerke. Wenn aber nun, sowie bei Paris, alle 
Periodea der Beli^gerung durchgeführt werden sollen, bei welchen un- 
bedingt die Naebbarabschnitte immer mit in Aktion treten, so kann 
man dieselben nicht einftch totschweigen; so wird es nötig, um ein 



187 



einigeruiafsen riclitigos Bild zu gewinnen , diese Nachbarabschnitte 
wenis^'^tens auf dem Papier, ebenfalls zu besetzen, zu verstärken, mit 
verwickelt werden lassen bei den Kämpfen im Vorgeläudo, ihre Reserven 
ebenso eintreten zu lassen, wie der Festungsfront eine Hilfe durch 
diu Ciuneralreserve zu Teil wird. Um dies diirchzufiihren, würde ein 
ganzes Festungskriegsspiel zum wonigbten auf ein Drittel des üiiifanges 
Ton Paris ins Werk gesetzt und durchgearbeitet werden müssen, um 
in jedem Moment den EntaddieJkangen der Abechnittskommandenze 
einen anf den ganzen Verlauf der Belagerung basirten Hintergrund 
zu geben. Hier und da vürde man nicht umbin können, sogar die 
Truppen, Stellungen und Mafsnahmen der Nachbarabscbnitte m 
loaildren, um niobt die Übungen in der unnatttrliehsten Weise aus- 
srten au lassen. Es widerspricht ganz direkt dem Wesen des Festung«- 
hrieges, einen Abschnitt beiderseits wie mit zwei unübersteiglichen 
chinesischen Mauern einzuschlieisen, zwischen denen die beiden Heer^ 
körper sich Vorteile abzugewinnen suchen, ohne sich darum zu 
kümmern, was draufsen vorgeht — desto unnatürlicher, wenn im 
letzten Moment die eine Partei die chinesische Mauer plötzlich nie de r- 
reifti<^n darf, um eine mächtige Verstärkung auf den wehrlosen 
Flügel des liegnors loszulassen, während diesem eine Unterstützung 
von keiner Seite kommen darf. Dieser Schlufs des Manövers zeigt 
eklatant die Unnatur dieses künstlich errichteten Hindernisses, dieser 
IsoUrung eines Teils des Belagenmgskorps. In viel bedenklicherer 
Weise tritt aber die Vernachlässigung des Zeit Tcrlangsamenden Ein- 
flunes der schweren Waffe hervor. Es ist genau verfahren worden, 
«ie beim Feldmanörer, wo man behufs Ausnutzung der Zeit, behufii 
Kostener8panii& ein Gefecht unmittelbar dem anderen folgen läTst, 
die einzelnen Qefeohtsmomente abkünst imd den Zeit Terlangsamenden 
Einfluis der Artillerie ebenfalls nur „marldrt^ Aber diese Qefediie 
geben jedes ein in sich abgeschlossenes Bild, für welches es gleich- 
gültig ist, ob der Abstand vom nächsten etwas grölser oder kleiner 
ist; die Zeitdauer des einleitenden Artilleriefeuers Jcann man abkürzen, 
weil ein Urteil von der erreichten Wirkung auch bei längerer Dauer 
nicht gewonnen werden könnte; die einzelnen Gefechtsmonu nte finden 
ihr natürliches Mafs in den Marschgeschwindigkeiten, als der wichtigsten 
Arbeitsleistung, Ganz anders lie^4 di»' Stäche, bei der Festunjrssclilacht, 
sobald wir uns nicht auf den Staudpunkt des General Tliibaudin 
stellen und über den Besitz der Festung in einer Feldschlacht ent- 
sclieiden. Kommen einmal die Festungsgeschütze und mithin auch 
die Belagerungsgeschütze zur Sprache, dann Inift uus keine Phrase 
darüber hinw^: dann tritt die schwere Waffe mit ihren schweren 
GelilndeTerftndemngea in Kraft, dann brauchen wir Feldbahnen, nach 

19* 



188 



FestUDj^aoover. 



vielen Kilometcru gemessen und Batterien nach Dutzenden gezählt, 
dann starke widerstandsfähige Deckungen für die Truppen, und der 
Spaten wird sie begleiten müssen Schritt fiir Schritt, wie sie sich 
den feindUclieii PoaitioDeii nfthert Dann sind Arbeiten in wigeahntea 
Massen zu bewSltigen und diese kosten Zeit, viel Zeit Eai doch 
auch die Arxnirung der einen Front von Paris Vaiigoufs-Chelles nicht 
weniger als S Wodien in Anspmeli genommen, obgleich nur ein Teil 
der notwendigen Arbeiten wirklich ausgeliilirt wurde; dem Angreifer 
standen aber nur 6 Tage zur Verfügung, um alle Vorbereitungen bis 
2ur Eröffnung des Artilleriekampfes fertig zu steUm — und während 
dem arbeitete die Besatzung an ihren Verstärkungen auch noch weiter. 

Zeit k(fötet aber auch die Wirkung der Artillerie; sie spielt hier 
eine noch wesentlich wichtigere Rolle als in der Feldschlacht und 
— was das Wichtigste ist — die Wirkung kann in diesem Falle be- 
urteilt und sie nnifs beurteilt werden, wenn das kostspielige und 
zeitraubende Unternehmen, eine grofse Zahl Festungä- und Belagerungs- 
geschütze in Position zu bringen, nicht zu einer einfachen Battcrie- 
bauübung herabsinken, wenn das Knallen mit KaiLuachen nicht zum 
Theatereflckt werden soll; man mufa aber auf die — markii-tcu — 
feindlichen Batterien stdi einzuschielsen und sie zu bekämpfen suchen, 
d. h. scharf sdiielsen. Es wird Ja woU selbst Ton den grölsten 
Heilsspomen nicht angezweifelt, dab es eine unverantworiUche und 
zweddose Tollkühnheit wilre, gegen eine intakte feindliche SteUong, 
wie die annirte Fortstellung, die In&nterie in Kolonnen zum Angriff 
zu fuhren; hier mulSi eben der Erfolg der schweren Waffe ebenso 
abgewartet werden, wie auf dem Schlachtfelde der der FoldartiDorie, 
i.TiiI da das Festungsmanöver die einzige Gelegenheit bietet, wo die 
Waffe die Probe auf das Exempcl machen, wo sie die Erfolge des 
Schiefsplatzes auf die Wirklichkeit zu übertragen im Stande ist, wo 
der Führer ein einigcrmafsen richtiges Urteil über die T.eistnngs- 
fähiß:kcit im Ernstfall bekommen kann, so ^vird die Infanterie ihre 
Aktionen eben nacl^ den Erfolgen der Artillerie richten müssen, d, h. 
ihr Zeit lassen müssen, wiikeu zu können. 

Der dritte Moment ist das Herangehen der Infanterie an die 
Festungswerke, der irüliere Ingenieur-, jetzt Infanterieangrift" mit dem 
Spaten. Bei Paria war das ja freilich anders und die dort geübte 
alte Ifetiiode, die (Jeuiesoldaten sidi mit Tranchiearbeiten ab<|uälen 
zu lassen, wAhrend die Infanterie durch Ruhe sich zur Schluiaaktion 
Torbereitete, mag ja riel bequemer sein, jeden&lls entspricht sie wenig 
dem Bilde, welches wir uns Ton der selbstthätig und energisch dem 
Gegner zu Leibe riickesden Infanterie machen. Natürlich müssen 
diese Ingenienrarbeiten in fiibelhaft kurzem Zeitraum ausgeftthrt 



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if'eötungtuiiauöver. 



189 



werden, und so wurden sie uul ein Minimum bcschianki ; von den so 
wichtigen Vergachen, in wie weit diese Arbeiten durch das Feuer 
des Verteidigers gestört, auf welche Fortschritte des In&nterie&iigrifib 
im Emst&Ue getechnet werden könne, war kerne Rede; es konnte 
keine Unterhrechvng der Arbeit stattfinden behu6 der nötigen Scbiefo- 
versache, denn aueh hier war die Zeit viel zu knapp. 

Die Übung gliedert sich in 3 Perioden: 1. von Mitte August bis 
5. Sept. AnsfiihruDg der Anmrongsarbeiten; 2. 6. — 8. September Tak- 
tische Operationen bis zur Einschliefsung. 3. 9. — 19, September Tau- 
schHeisang und Angriff auf die Front Vaujours-Chelles, „bei welcher 
mit gröfster Anstronr^ng die Angrifibarbeiten und technischen Mittel 
erprobt werden sollen." 

Das Angriffs - Korps unter Onneral Giovanninolli 2 Divisionen 
— bestand aus 16 Bataillonen, 8 Piskadrons, 12 Feldbattorion, I> Fnfs- 
batterien und n Genie-Konij). Dem Verteidiger, General Coste, 
standen zur Verfügung U Bataillone, 4 Fskadrons, 3 Fcidbatterien, 
7 Fufsbatterien und 3 Genie-Comp. Ihm ward eine ^iwiei'ache Auf- 
gfxhv 7M Teil, namentlich in der 2. Periode bildeten seine Truppen 
(luii Aufnahme einer Genie Komp. und der 7 Fufsbatterien) eine 
„gemischte Division", welche die Rollo der disponiblen — also Ro- 
serretmppen dea GhmTemeurs spielte und ids solche ins Voiv 
gelände rückte, um dem nahenden Feinde entgegenzatreten oder — 
wie ,,la FVance militaue'* ganz richtig sagt — um ihm den kOrsesten 
Weg zur AngrifEifront zu zeigen. Bis hierhin zurückgedrängt, 
wechselten dann die Thippen des General Coste plötzlich die Stelle, 
die mobile Division wird zur Besatzung des Abschnittes Vaigours- 
Chelles, l&lkt sich also, du»di 3 Niedexkgen zertrümmert, gewisser- 
mafscn von selbst aufnehmen und ersteht aufs neue, um in 3 Teilen 
h 3 Bataillone die drei Se ktoren des Abschnittes zu besetzen. Das 
läist sich vielleicht noch entschuldigen, denn das letzte Gefoelit findet 
in einer solchen Entfernung von den Forts statt, dafs deren Be- 
satzung kaum eingreifen könnte, also nicht durchaus während des 
Gefechtes vorlianden sein mufs. Freilich wird das Bild des Festungs- 
krieges dadureli niclit klarer, dafs man die Besatzung des Abschnittes 
direkt ins Vorgelilnde einen Tagemarscli lünausscliiebt. Sehr be- 
denklich erscheint es aber, dafs am letzten Manövertage die Abschnitts- 
besatzung sich plötzHch wieder in die „gemischte niobilo Division" 
verwandelt, als solche das Fort Vaiyours mit seinen ausgedehnten 
Annexen, Batterien und Infiuiterieyerschanzungen, von wdidien Tags 
zuvor mit äufserster Dransetzung der ganzen Abschnittbesatzung 
der stttrmende Feind abgewiesen war, völlig Terlftfst — in der Kehle 
l&fst er 1 Bat. Marine und das Genieibataillon — und wieder ins 



190 



feätuugamanÖTer. 



Vorgelände hinauswanderti um ^ niöht etwa den Gegner aus seineii 
Angrifibarbeiten hinausasuwerfen, sondern um seinen Uber eine Hefle 
entfernten linken Flügel gemeinsam mit der dort die Marne ftber- 
eehreitenden Uhteretlitantng anzugreifen und — su Tomiditen. Bisher 
hat man noch immer angenommen, daCs ein Absdmittdcommandeur 
mit seinen Truppen in den Abschnitt hineingehört, zumal in einem 
solch kritischen Moment, wo er soeben mit ftuberster Anstrengung 
den bedrohten Punkt gerettet hat. Einen n^en Sturm mufs er 
jeden Augenblick gewärtigen und selbst, wenn er unterrichtet ist, 
dafs eijie Ililfc ibm kommt, welche dcTi Hegnor am andern Flügel 
packt, so kann er mit diesem Genossen nur in der Weise zusammen 
operiren, dafs er ans seiner Stellung vorbricht und die nuiiiijehr ge- 
teilten Kräfte des Gegners zurückdrängt. Die Malsnahme, wie sie 
bei Paris beliebt wurde, berulit darauf", daib man die Division auf 
dem bequemsten Wege zum Paradegeländc des nächsten Tages bc- 
Rirderu wollte und hiermit die unter allen Umständen ihr versprochene 
Revanche leicht verbinden konnte. General GiovamiiMlH wufete ja, 
dals er an diesem Tage programmgem&ls still zu halten hatte , und 
so steckte er die Hände in die Taschen » machte die Augen sa und 
lieis alles über sich ergehen. So war diese groise That, wie so 
manches bei dem Ibmöver, nur eine Komödie, entspricht aber im 
Übrigen ganz der Tend«us, die sich durchweg kundgiebt, sich von 
den lästigen Festungswerken und Batteriegruppen md^ichst fni su 
machen und im freien Gelände sich zu suchen, zu bekämpfen, Lor- 
beeren zu pflücken, ganz gleichgültig, ob sich eine Bezi^ung bu dem 
Endzweck der Festungsschlacht noch erkennen läfst. 

Jedoch I kehren wir noch einmal zurück zum Anfang des Ma- 
növers, um die einzelnen Gefechtsbilder, welche neben dem techTiischcn 
schwerfällig sich abwickelnden Gang der T^elafrerung leichtfülki«^' dalier- 
laufen, eines dem andern die Hand reichend wie im lustigen Feld- 
manövcr, an uns vorbeiziehen zu lassen. 

3. Die Einleitungsgefechte. 

6. September. Gefecht bei Monthyon. — Auf 35 Kilometer von 
Paris wird die Ebene, welche sich im Nordost der Stadt aafengs 
sdunal, dann immer breitor aasdehnt, durdi eine niedere Htlgehneihe 
quer durchschnitten; diese nimmt zwischen Oise und Ouroq^Mame 
eine Länge Ton 45 Kilometern ein und adser der Stralse Soissons- 
Meauz flherschreiten sie die Villers-Cotterets-Dammartin, Gompiegne- 
Senlis und Creil-Ecouen. Auf Meaux seihst aber, das hinter dem 
estlichen Endpunkte des Höhenzuges (Monthyon) liegt, fuhrt am 
andern Mameufer eine Strafse von Ghat. Thierry, eine yon Mont* 



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Festungsmailöver. 



191 



uunil und eine ron Sazanne; womit angedeutet werden soll, dafs es 
aoh luer um ein Bewegungsgelände ÜElr große Azmeeii, um eine- 
günstige sehr ftuagedehnte Position für eine solche, dab es sich aho 
um eine groise Schlacht mit gro/ismi Armeemaasen — oder um ein 
blolses Fühlunggewiimen handehi kann. Zum ersteren steht die ein- 
zebie, sehr schwacflie Division in gar keinem Verhältnifs — mächtige 
Armeekörper Tnüsaen aber in diesem Gelände neben dem dir^tvon 
Soissons auf Meaux maischirenden Korps erwartet werden — mit 
einer Hand voll Bataillone greift man Paris nicht an — ; für letzteres 
war sie überflüssig;, denn eine Kavallerieabteilung leistete denselben 
Dienst, und die Division war übermäfsig cxponirt. Sie stebt \m 
Saillant, gewärtigt bei ümfassunj; ibres linken I' Iügcls in den Marne- 
bogen westlich Meaux gedrängt und, durcli feindliclie Kräfte jenseit 
der Marne am Ubergang verhindert, demnach vernichtet zu werden. 
Thatsächlich wäre ihr auch ein ähnliches Schicksal begegnet, wenn 
nicht die Schiedsrichter zu rücksichtsvoll gewesen wären. Der Di- 
visionskommandeur, General Camy, hatte die Brücken der 5 — 6 Ki- 
lometer TOT der Stellung fliefBenden Therouane abgebrochen, liefs 
aber das Hindemils nur durch schwache Vortruppen beobachten, 
nidit verteidigen; der Zweck konnte also nur sein, dem Gegneor einen 
kurzen Aufenthalt su bereiten, ihn ssur Entwickelung seiner ErUfte 
8EU Teranlassen, seine Maisnahmen aus gesicherter Stellung zu beob- 
achten. Wollte Camj einen Entscheidungskampf, so hätte er mit 
seiner Dirision den im Übergang begriffenen Gegner anfallen mflssen« 
Denelbe überschritt die Therouane und entwickelte seine Truppen 
zum Angriff. Nun hatte der Verteidiger seinen Zweck erreicht und 
konnte sich zurückziehen; aber — die Stellung von Monthyon war 
so schön, da fand sich ein so guter Stützpunkt in einem Gehöft 
(Nonnes) und eine so schöne llankirende Ärtilleriewirkung gegen die 
Angriffskolonnen. Hier niuistc man sich schlagen, das verlangte die 
Fihre und für einen Rückzug ohne Kam]if hätte die öffentliche Kritik 
kein VerständniTs gehabt. So blieb der General stehen und ver- 
teidigte sich hartnäckig gegen die seinen linken Flügel umfassende, 
seinen Rückzug emstlich bedrohende Übermacht. Da sein rechter 
Flügel 2,5 Kilometer weiter von Paris entfernt war, als der linke, 
dieaor letzte aber völlig umgangen war, spricht wmig daflir, daJs dis 
Division sich h&tte der Vernichtung entsiehen können. Was diese 
Aufopferung eines immerhin zur Sprache kommenden Teiles der Be- 
satzung filr die Verteidigung der Festung fttr einen Zweck gehabt 
btttte^ ist schwer ersichtlich. 

7. September. Übergang über Ouroq und ßeuvronne. Knapp 
drei Kilometer von der Plateaustellung von ViUeraud^ zieht sich 



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192 



diese Wasserlinie zur Marne hin and konnte denmach aus derselben 
übersehen und mit Geschützfeucr beherrscht werden. Die Besitz- 
ergreifung des Platcaiis ist für den Angreifer eine Vorbedingung für 
sein weiteres \'orgehtMi gegen die Front Vaujours-Chelles und seine 
hartntickige Verteidigung ist deshalb — sobald man überhaupt die 
Berechtigung und Zweclimäfsigkeit der Kämpfe um das Vorgelände 
zugesteht — wohl zu rechtfertigen. Steile Abhänge in Front und 
Flanken, eine starke UbcrLttliung des Vorgeländes, der rechte Flügel 
angelehnt an die Marne, der linke gesichert durch die schweren Ge- 
schütze von Vaujours — so bietet die Stellung der Verteidigung 
viele YoTtflile; die Länge von 5 Eflometer eneheint immerhin noch 
Hiebt ttbemlUdg, das HindeinifB der Onrcq und BeaTronne als Ab- 
Bobnitt in dem übermchtlicben breiten Vorgelinde, der unter dem 
Geechtttzfeuer anszufährende Übergangj die Entwidcelong der An- 
grifbkolonnen ane den Defileen, die Überwindung der 3 Kilometer 
betragenden Entfernung angesidits des Verteidigers bieten weitere, 
nicht zu unterschätzende Vorteile. Ks crsdieint mithin die starke 
Verschanzung dieser Stellung, die üeranzieliung von 4 mobilen 7 cm 
und 2 12 cm Batteiiim durdiaofi gerechtfertigt, und die Genie- und 
Artillerie-Offiziere, welche diese starke Stellung vorbereitet hatten, 
werden sicher darauf gerechnet haben, dafs der Verteidiger hier fiir 
die erüttene Niederlage durch eine energische Abweisung des Angriffs 
sich rächen würde. Aber die Führer hatten kein Auge für die ihnen 
gebuti-nen Vorteile, sie dachten nur an die buchstäbliche Durch- 
führung des Programms: „Verteidigung Schritt für Schritt des Vor- 
geländes". Der niichste Siln-itt war " nun der zur Üurcq und liier 
machte man gewissenhaft Halt, um das Hindernifs selbst zu ver- 
teidigen, sowenig sich hier günstige Verhältnisse boten. Der An- 
greifer aber hatte durohauB kerne Veranlaasung, den Frontalangriff 
allein tn wagen, da ja die Lage der Stellung — Yor der nSrdHbhen 
Ecke des veracbanzten Lagers — ibm volle Bewegungsfreiheit in 
ibier linken FUnke gewährte. Hier gewann er, beinahe ohne Wider- 
stand SU finden, bei Gressy das rechte Ufer der Benmnne und en- 
filirte mit der Artillerie Ton der Mühlhdbe aus den feindlichen linken 
Flügel; um den rechten bei Fresnes ebenfalls in der Flanke zu fassen, 
&ad sich eine gute Stellung am anderen Ufer dee Ouroq-Kanals, 
kurz, überall kam der Verteidiger zwischen zwei Feuer und mulste 
sich schleunig zurückziehen. Er hatte eine Niederl^e mehr und der 
Angreifer den grofscn Vorteil zu verzeichnen, dafs er das andere 
Ufer gewonnen hatte, dafs er die Defileen überwunden und un- 
belästigt seinen Angrifi' auf das Plateau von ViUevaude ansetzen 



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F^tungsmanÖver. 



198 



konnte. Und diesen Yortefl wniste General Gio?annine1Ii toü und 
ganz aoezanützen. 

8. September. Erstfimimg der Stellung bei VOIeraadd. Ee ist 
anffiiJlendy dals die Yentfirkongen der Stellung sich meist auf dem 
tinlcen Flügel konsentrirten. Hier, -wo die Untentütxnng dnich die 
Geechfitze der Festungswerke allein und ausgiebig zur Verwertung 
kommen konnte, hatte man auf kleinem Raum auch die oben ge- 
nannten 24 Festungsgeschütze zusammengedrängt, Schützengräben in 
Hasse und eine Reduitschanze erbaut; auf dem rechten Flügel^ 
welcher sich mit der Tclegraphenhöhe und Cametin an die Marne 
lehnt, war gamichts geschehen. Da man auf ersterem die drei FcM- 
batterien, in letztercüi ein -Tiic'f^rbataillun stationirte , ist crrir kein 
Grund dafür zu timkn, , rnnin sich diese nicht durch Einrichtung 
von Deckungen sdbstlLätig iiclfen — wenn man nicht annimmt, dafs 
es eben am Befehl gefehlt hat und die Gcwolinheit, ans eigener 
Initiative zum Spaten m greifen, noch nicht sich ausbilden konnte, 
weil der Geniesoldat noch zu allen solchen Arbeiten herangezogen 
wird. War es doch bei St. Privat nicht ander». 

Der Angreifer war gefafst auf eine schwere Arbeit und, um das 
erste Stttck derselben, das Übersehreitett des freien Vorgeländes, über- 
haupt ausführen zu können, benutzte er die Dunkelheit der Nacht. 
Hätte er noch jenseits der Ouroq^Linie gestanden, die Yortruppen 
des Gegners am anderen Ufer sich gegenüber, so wSre das nicht aus- 
fiüirbar gewesen; nun hatte er die Defileen im Rücken, die feind- 
lichen Yoiposten standen auf dem Plateauiande und so gelang es 
ihm, unbehelligt bis zu dem Fuis der Abhänge heranzurücken. Beide 
Flflgel griff er umlassend an; während aber dieses beim linken Dank 
der Unterstützung durch Vaujours müalang, Rückte es ToUständig 
bei dem rechten Flügel. Die ümgehungskolonne fand Cametin ge- 
räumt und Batterien mufsten abfahren. Der Verteidiger mufste die 
Strllim? verlassen und seine Festungsgeschützc waren wohl verloren. 
^V;Lrlml> l)er Führer hatte sich darauf verlassen, dafs der Gegner 
liin, wio bisher, wieder vom hnken Flügel nnifzchcn wiirde, wo er Be- 
weguiigsraum hatte; er hatte wohl verstanden, die Vorieile der Festungs- 
werke, hier, wo sie zum ersten Male hervortraten, in Rechnung zu 
ziehen; er hatte alle Mittel konzentrirt auf dem liierdurch wesentlich 
stärkeren Flügel und den schwächeren, weil er in der Feldschlacht 
der stärkere gewesen wäre, vernachlässigt; es ist der Fehler, der sich 
in dieeer Anpassung des Feldmanövers an das Festungsgelände 
dokumentirt, basirt auf die unzureichende Würdigung des Einünsses * 
der Befestigung und ihrer Artületie auf die Gefechtsleitung im 
Festungsgelände. 



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FestUDgsauuöver. 



Das Urtdl über die EialeitiuigAgefedite fiOlt „la France'' mit 
folgenden bezeidmenden Worten: ^oe n*est pasretarderl^inTestiflBementk 
c*e8fc le h&ter; oe n'est pos arreter raasaillant, e'est Taller chercher 
ponr le condnire, au plus oourt, Ten les points dont on ?eut l'dloigner.^ 
Major Rooclu sagt (in di r ^lUviata di artiglioria e gcnio" Octob. 94) 
▼on den vorgeschobenen Stellungen: „Die voi^eachobene Verteidignngir 
linie ist der Ausdruck der heutigen Ansicht von der aktiven Ver- 
teid%img, dafs es sich nämlich nicht mehr durch Ausfälle erreichen 
lasse, die feindlichen Annälicninp;sarbeiten zu überwachen, sondcTn 
mit richtigen Stelhingsgefecbtcn in offenem Felde auf vorbereitetem 
Gelände und mit Unterstützunfj der weittrat-^f^nden Artillerie der ^ß- 
nannten Werke. Man kann Waldparzelleu, Ortschaften, Wasserläufe 
innerhalb der Zone von 2 — 3000 ui vun der Hauptwiderstandslinie be- 
nutzen." Aucli Denfert ging ja mit seinen Truppen bis auf 27^ Kilo- 
meter vor die Fortliuie hinaus und erreichte damit — unter den für 
die Verteidigung äufserst günstigen Verhältoiseen — ganz bedeutendes. 
Wenn man aber angenommen zu baben scbeint» dem grSfsofen Radius 
der Festung entsprechend, ancb um so viel weiter hinausgehen za 
mUssen, so bat man einen Iirtom begangen, weloher lediglich den an- 
geldürten Begriffen vom Wesen des Festnngpkrieges entspringt. 

3. Die Zernirung. 

Wir werden nun zunächst ins Auge zu fimen haben, wie der 
Abschnittskommandeur von dem Augenblick an, wo der Gegner die 
Zernirung aoi^ierührt hat und seine Vorbereitungen triffti den Ver- 
teidiger in seiner Hauptwiderstands- d. h. in der Fortlinie anzugreifen, 
seine Truppen ven^'endet, wie er den Widerstand organisirt. Die Be- 
satzungsstärke betrügt 9 Bataillone, 10 Batterien und 5Geniekonipa^en, 
also zwischen 18 und 14 Tausend Mann (eine gleich starke Besatzung 
für den ganzen Umfang der Festung würde ca. 180000 der ersten 
Linie ergeben); die Frontlänge zwischen Marne und Ourcqkanal 
9 Kilometer, da aber gleicbzeitig — mit Rücksicht auf dtn vSaillant- 
punkt Vaujours — nicht nur gegen Osten, soudern auch gegen Korden 
Fkont gemadit werden muis, ergiebt sich für die beiden Linien Seyran- 
VaiQOors und von hier bis zur Harne eine Länge von 6,5 -)- 5,5 ^ 12 Kilo- 
meter. Das ist etwas viel Aber General CJoste weiA sich za helfen. 
Fort Chelles wird ja progranmigemiL& nicht angegriffen, Hont&rmeQ 
ist durch das neutrale Hindemils des bois les Goudreauz gedeckti 
am rechten Flügel kann man auf die 5 Kilometer von der Harne Mb 
zum Nordrande des Waldes wohl mit 3 Bataillonen auskommen. Eine 
Schützengrabenlinie vom Flusse bis zum Südrande des Waldes, wenn 
auch die Besatzung nur markirt wird, zeigt den guten Willeui die 



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FeiituDgamiulüver. 



195 



Höhe von Montfermeil vird mit dner als Z¥riachenw6rk dienenden 
Feldachange und vorliegendein Schütsengraben zu einem eoHden Stlttx- 
pnnkt gemacht und erhält sogar eine BatteriestoUung ?on 8 15,5 cm 
Kanonen (wovon die Hftlfte wirklich aufgebaut). Hier hat man dann 
4500 m Schützengräben, einen In&nterieetützpunkt für 1 Komp. und 
ein permanentee Fort liir 600 Mann Besatzung. Dies war der sftdliche 
Selctor, bcsct/ct mit 3 Bataillonen, 2 FulBbatterien und 1 Geniekompagnie. 
Da nun ein Bataillon zur Besetzung der Stellung, das zweite als 
Replis in Montfermeili das dritte als Reserere in Clichy-sous-Bois 
verwendet wurde, springt die vollständige Unzugänglichkeit dieser Be- 
satzung in diö Au^en, 4'/" Kilometer Schiitzen^irilben mit einem 
Bataillon besetzt. Da man die Artillerie aucli durchaus nicht ganz 
in dem Sektor verwenden konnte, wies man ihr auch noch die bei 
Coubroii erbauten Batterien (wovon eine armirt war) zur Bedienung 
zu; also liii* die Busatiiung des Forts kann nur eine oder der Bruch- 
teil einer Fufsbatterie zur Sprache kommen. 

Von der Ostfront blieben nun nur 1,5 Kilometer übrig, und die 
Nordfiront ward ebenfalls iu günstiger Weise verküj-zt, indem die 
Pulverfabrik zwischen le Vcrt Galant und Sevran für unbetretbares 
Gelände erklärt wurde. Letzterer Ort» jenseits des Kanals, ward mit 
einem Schfitzengiaben versehen, zur Sicherung der Brücke, aber 
offenbar gamicht besetzt: der Gegner durfte ja das andere Kanal' 
ufer nicht betreten; da er sidi südlich der Strabe Aulnay les Bondy- 
Mitry halten mulste, hätte er auf 3,5 Kilometer von den schweren 
Festungsbatterien einen Flankemuarsch von 8 Kilometer ausfuhren 
müssen. Die Front reduzirte sich auf le Vert Galant>Fort Va^jours, 
das sind 2Vjj Kilometer. Zur Verteidigung dieses Raumes von 1,5 
und 2,5 Kilometer Frontlängen stand nun der ganzn Rest: 6 Bataillone, 
4 Geniekompagnien, 5 Fufs-, 3 Feldbatterien zur Verfügung: eine sehr 
starke Besatzung, aus der nach Ausschcidunj:f einer Fortbesatznng 
und einer Abschnittsreserve immerhin nocli mindestens .3 Bataillone 
zur Verwendung blieben General Coste teilte aber diesen Raum 
abermals in 2 Sektoren, indem er die Trennungslinie, von der nörd- 
hchen Annexbatterie des Forts begimiend, hinter der Nordfront ent- 
lang zog, also eigentlich; Ost- und Nordfront scheidend. Da aber 
der Angriff doch nur von Osten kam, an eine Umfassung ziuiächst 
gamicht zu denken war, so bildete die Besatzung des nördlichen 
Sektors im Grunde genommen nur eine starke Eesene fUr den zweiten, 
nadi Osten blidEonden Sektor; seine Batterien schössen naturgemftfs 
nach Osten, da ja sonst nirgend ein Feind war und sein durfte; 
Schüteengräben liefen den ganzen Flateanrand entlang und ein 
In&nteriestStzpunkt krSnte die Hdhe östlich Yaiyours; es würde aber 



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196 Festungsmanöver. 

gar kernen Zweck gebabt liaben, alle die Bcbönen Befestigungen za 
beBetzen, wenn aach nominell die 3 Bataillone des Sektors sieh in 
Besatzung der ersten linje^ Piket in Yaiuonxs und Reserre in Imj 



Für den mittelsten Sektor blieben nach Abzug von 3 ßatl. und 
8 Fufsbatterien als Besatzung 3 Bataillone (Piket in Coubron und 
Reserve in Livry), 2 Fu&batt und 4 Geniekompagnien. Von letzteren 
scheinen aber 2 anderweitig verwandt worden zu sein. Pro Fufsbatt. 
ward durchweg je eine Batterie armirt (also zusammen 2 + 2 + 3 — 7) 
das sind '2s Geschützo. (Weitcrc 11 Batterien mit 44 Geschützen 
waren markirt). Da nun 78 schwere Geschütze in Thätigkeit treten, 
müssen 50 derselben in den beiden Forts und deu Annexbatterieu von 
Vaujours gestanden haben und der gröfete Teil der Fufsartillerie indefs 
hierfür Verwendung gefunden haben. Die 30 Flankiningsgeschütze 
sind wahrscheinlicli garnicht oder nur am Tage des Sturmes hesetzt 
gewesen; hingegen traten die 16 7 cm, welche von einer Parksektion 
bespannt waren, viel&ch in Aktion und werden deranaefa eine be- 
stimmte Abteilung von Bedienungsmannschaften erfordert haben — 
eine Fulsbatterie wird hierzu ausreichen. Nimmt man femer an, dab 
die annirten Batterien jedes Sektors von je einer Fufiibatterie bedient 
wurden, so bleibt für Fort Chelles eine, für Fort Yai^ours nebst 
Annexen 2 Folsbatterien als Besatzung (mit 16 bezw. 34 Geschfitsen). 
Aber aufser dieser hatten die Forts gar keine Besatzung, wie aus 
einer diesbezügliohen Notiz der „la France" henrorgeht: ^la gamison 
d'ouvrages comme ceux de Chelles et de Vaujours se reduit au per^ 
sonnel des batteries dont ellos sont les entrepots.^ Dafs hier kein 
Irrtum des Referenten vorliegt, ergiebt sich übrigens aiis der Ver- 
wendung der Infanterie bei den folgenden Ausfallkämpfen , denn da 
bleibt garnichts übrig, was die Besatzung bilden könnte. Ks sei 
übrigens gleich hinzugefügt, dafs hei iji» aen AusfalLkümpfen nicht 
etwa eine Supposition von Truppon der General -Reserve, welche 
durch Bataillone der Abjclinittsbesatzung — mittelst abermaligen 
Rollenwechsels — in Scene gesetzt wurden, anzunehmen ist, denn 
der gut informirto Referent genannter Zeitung sagt : la rcserve gcneral 
n'apparaitra quo lorsqne le directeur des manoeuvres voudra en finir 
avec Paudaeieoz corps d'atteque qui est venu insulter k Pnne des 
parties les plus puissantee de Penceinte de Paris.** Also bis zu jenem 
geplanton SchluDMableau bleibt die Abschnittebesatzung auf ihre 
eigenen Kräfte angewieeen und wenn sie sich darin geftült, beinahe 
komplett aus ihrer starken Stellung herauszugehen, um ihren Opfermut 
an dem des Gegners zu erproben, so thut sie es auf die Gefahr hin, 
durch ihre Niederlage die Verteidigung der ihr anrertranten Stellung 



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197 



nicht nur in Frage zu stellen, sondern dem Feinde den Weg dahin 
weiter zu zeigen, wie sie es in ihrer Rolle aU immobile Division mit 
so viel Geschick ausgeführt hat. 

Vor Besprechung der Ausfallgefechte müssen vir einen Blick auf 
die Stellung werfen, welche der Anp-eifer als Zernirungsposition ein- 
gerichtet hatte. Fassen wir das ^'an/,c Stück der Zemirungslinic ins 
Auge, welches den Saillantpuukt von Vaujours umfiuäsen mufs, so 
können wir uns dasselbe wohl nicht anders, denn als einen nach der 
Festung konkaTen Bogen vonteHen, welcher im Norden Uber Grand 
TremUAy oder Villepinte die günstige Höhe Orme de Morlu gewinnt 
und nadi Sfiden auf Noiriel znlänft; d. h. unter Festhaltnng der Höhe 
des Bois le oomte gegenüber Fort Vangonre mflfrte die Unie nördlich 
möglidist nach Westen Gelände su gewinnen suchen, nach Süden 
üher le Fin und den Westrand des Waldes von Brou den gleich- 
namigen Ort in Besitz nehmen. Die früher erwähnte Geländewelle, 
wdche von le Pin nach Süden sich erstreckt, hätte diese Führung 
der Linie begünstigt, dieser ein völlig freies Schufsfeld in ihrer ganzen 
Länge bis zur Marne hin gesichert und ein weiteres Vorschieben der 
Batterien gestattet. Eine Überhöhung dieser Stellung bietet fast nur 
die isolirte Kuppe des Fort Chelles, auf beinahe 3 Kilometer Ent- 
fernung. Dieser vorzügliche Zielpunkt würde aber, wenn die Ansicht 
über die Verhältnisse der Angriffsartillerie zu der Artillerie der per- 
manenten Forts auch nur entfernt sich bewahrheitet, binnen kurzem 
lahm gelegt sein. 

Das Entgegengesetzte hiervon finden wir nun ausgeführt: die 
Stellung folgt vom Bois le comte nach Süden genau dem IlÖhenrande 
des Plateaus, ist im ersteren Punkte 2300 m von Fort Vaujours, in 
Montjaj aber bweits 6000 m von Montfenneil wie von Chelles ent- 
femt Yon hier läuft sie nominell nach Pomponne, entfernt sich 
also noch weiter, Thatsächlich scheint aber Verteidigiingsstellung 
nur his Monigay, vielleiclit bis Bordeaux ausgebaut worden zu sein; dann 
-verliert sieh der linke Flügel in den Waldungen, welche sich von 
Brou nach Osten bis auf das Plateau hinauMehen, so dafs nur hei 
Bordeaux die Höhe noch einige Feuerwirkung hat, darüber hinaus 
ist der IHügel so schlecht wie nur möglich situirt — vielleicht nicht 
ganz ohne Absicht, damit der geplante Kevancheangriff der General- 
xeserve auf diesem Flügel es desto leichter hätte, die Unmöglichkeit 
einer haltbaren Zemimngslinie der Hauptstadt gegenüber zu beweisen. 
Nach iSorden läuft diese Linie anstatt ühor Villepinte oder mindestens 
Grand i'remblay ganz olme Begründung nach Mitry, und so ergiebt 
sich anstatt dtr konkaven eine konvexe Kui ve, oder dem Saillant der 
Festung gegenüber auch ein Saillant in der Zemirungslinie, dessen 



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198 



FeBtuDgniiADÖver. 



Spitze gonau der des Festungssaillants gegenüber liegt. Wenn als 
erster Grundsatz fiir das Verhalten des Angreifers einer Festung auf- 
gestellt werden mufs, dafs er den Verteidiger über den geplanten 
Angriffspunkt möglichst bis zur Eröffnung seiner Batterien im Zweifel 
erhalten muXis, so kann man in dieser, direkt auf den Angriffspunkt 
hinweisenden Anordnung der ZernirungssteUung wohl nur die hQfliche 
Antwort auf die vom Verteidiger gütigst übernommene Ffibrung — 
direkt zum wichtigsten Angrifbpnnkt — erblidcen. Verleitet hat ja 
za dieser Anordnung wohl erklärlich die Geländeformation, der schon 
markirte Höheorand, welchem man ebenso selbstverständlich mit der 
Verteidigiingslinie folgte, wie — man es eben ini Feldmanörer m 
tbun gewohnt war, wenn man eine schöne Position entdeckt hatte; 
and dafs man auf dem gefährdetsten Punkte, wo die Brücke dem 
Gegner den Angriff erleichterte, sich am stärksten verschanzte, liier 
die meisten Kräfte konzcntrirte, war ja ebenso crklrirlich. Ein Eisen- 
babndumm gab eine günstige Deeknng bis zum Kanal, '^in Gehöft; 
dahinter, Moribnde ferme, einen Reduitpnnkt; hint<?r den Schützen- 
gräben, welche dem Plateaurand naoli Süden entlang liefen, wurden 
Schanzen erbaut, weiterhin die Ortschaften Villevaudc und Muinjay 
als Stützpunkte benutzt. Nominell ward auch die ganze Stellung in 
2 Absclimtte geteilt, Miiry-Villevaude durch die V., von liier bis 
Pomponne durch die VI. Division besetzt; doch diese über 12 Kilo- 
meter lange Linie kommt mir zum Teil in Betradit: von Bordeaux 
bis zum Kanal, d. h. 7 Kilometer; und General GtovannineUi trog so 
wenig wie sein Gegner Bedenken, diese Stellung auf grolse Strecken 
gSn«lieh ?on Truppen za entbtölsen, wenn es sich darum bandelte, 
zu einem bestimmten Zweck, an bestimmtem Orte eine Übermacht za 
konzentriren. So sehen wir den Angreifer wie den Verteidiger überall 
mit Truppenmassen auftreten, welche weit über das Mals der hierzu 
disponiblen Kräfte hinausgehen, sobald man die Bedingung festhält, 
dafs der momentane Zweck nur als ein im Hinblick auf den ganzen 
Festungskrieg berechtiger anzusehen ist und zu seiner Erreichung die 
Truppen nur in soweit herangezogen werden dürfen, als es die 
Sicherung der anvertrauten Geländestrecke gegen unvorherzusehende 
Aktionen des Feindes nicht in Frage stellt. Die beiden rreneralc ver- 
fuhren, rein Feldmanöver-gemäfs; und sie konnten es ungestraft, weil 
sie genau orientirt waren über die Kräfte des Gegners, mit denen 
sie rechnen mufsten, weil sie dureh ihre Luftballons von deren Mafs- 
nahmen stets rechtzeitig unterrichtet wurden und weil sie ja die 
Nachbarabechnitte, deren ereni Besatzungen und Kämpfe, deren Re- 
senren etc. nidits angingen. So wwren die Befestigungen, welche 
beiderseits ausgeführt wurden — um den Bedingungen des Reglements 



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für den Festunt^skrieg zu genügen — eine reine Arbeit der Artillerie 
und Genietruppen — ohne allen Eintlufs auf die Aktionen bis auf 
das eine, dafs man sie benutzte, wenn man es für angezeigt hielt. 
Man verliefs sie aber uud überliefs sie sich selbst, wenn der Moment 
zu einer Truppenkonzentration an einem anderen Punkte verlockte. 

Charakteristisch sind schon die Vorgänge am 10. September. 
Progiammgeiiiä/s sollte der Angreifer dinen gewaltsamen Angriff auf 
das Fort nntemehmeii; war ihm doch zo diesem Zweck ein ^leichter 
Belage^ungs-Qe8chat2park^ bestehend ans 16 kaizen 15,5 cm Kanonen 
und 8 Stück 22 cm Mörsern, durch die Parksektion bespannt, zu- 
geteilt worden, so dftfii er nieht die Fertigstellung der von Meaux 
ans zu banendm Eisenbahnlinie abzuwarten braadit6» sondern bereits 
am 9. September diese Belagerungsgeschütze zur Durchfühning des 
„abgekürzten Angriffs'^ in Stellung bringen konnte. Seit den ersten 
Morgenstunden des 10. erwartete nun der Verteidiger den Angriff 
und hatte seine Vorbereitungen danach getrofifeu, d. h. wahrscheinlich 
fast seine ganze Truppenmacht in und Lei Vaujoiirs versammelt. Als 
aber die Mrldimion des Fesselbaiions durchaus keine Anzeichen eines 
solchen üniernehmens enthielten, beachlofs er, die einmal vereinigten 
Trappen zu einem Ausfall zu verwenden. Die Geschütze des An- 
greifers hatten noch nichts von sich hören lassen, vielleicht gelang es, 
den Batteriebau zu stören, diese Geschütze zu vernichten. Mit 5 Ba- 
taillonen, 1 Geniekomp., 2 Feldbatt., 1 Detachement der Fufsart. 
brach er um 8 Uhr direkt gegen das bois lo comte vor. Ohne 
irgend welche YorbereitiiBg durch das Geeehütz&ner der Festungs- 
artillerie — auch am Torhergehenden Tage sdieint der Verteidiger 
och naeh allen Nachrichten ruh^; verhalten zu haben — griff man 
die befestigte linie an, durchbrach sie und würde bis zu den Bat- 
terien Tcngedrungen sein, wenn nicht die Schiedsrichter Halt geboten 
Mtten, „um weitere Unwahrscheinlichkeiten zu yermeiden'' (wie die 
yfMitteilungen'* berichten). Obwohl der Angreifer genügend Truppen 
zur Hand hatte, um den Ausfall abzuwehren, begünstigte die Rasch- 
heit der Durchführung den Erfolg; wurden doch selbst die Telephon- 
leitungen des Beobachtungspostens durchschnitten. Um 10 Uhr s(jllto 
nun, wie die „France" meldet, der Annriff auf das Fort stattfinden, er 
schrumpfte aber zu einer Eutvvickelung von beiderseits ziemlich 
gleichen Kräften, zu schwächlichen \'orstörsen, zu einer Kanonade 
und Salven auf grulse Distanzen zusammen. Nach einer halben 
Stunde war Alles vorüber und der unscheinbare Vorgan r,^ scheint den 
meisten Berichterstattern ganz entgangen zu sein. Auikerordentlich 
bezeichnend sind aber diese ersten Versuche auf dem Gebiet des 
eigeniHoheD Festungskampfes. Verwirrung, Unklarheit überall. Ein 



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200 



FeBtiingamanSver. 



ni*'rkwür(H£rr>r Refehl, am hellen Tage eine gänzlich intakte, mit 
Festungsgesehützcn, mit Hindernissen und einer — wie man annehmen 
miifa — kam|jfhistigen Besatzung ausgest^ittete Stelhmg angreifen, 
ein doch iniiuerluu mit seinen sturmfreien, unangetasteten Gräben 
und Grabenflankirungen rocht respektables grolses Fort mit einem 
Handstreich ndmiAii xa lollfla. OÖneral GiovanninelH ^riid eben in 
Verlegenheit gewesen sein, me er das anÜEingen soll, und seine Db- 
poBitionen wurden dadurch beeinfluist, da& er mit diesen neuen, un- 
gewohnten Verhfiltnissen sich nicht gleich alxrofinden wuihte; suf 
diesen» ohne irgend welches vorbereitflnde Gesohfitsfeuer — das war 
ja ganz unreglementtnAing! — ansgeluhrten Ausfidl war er nun gar* 
nicht vorbereitet und lieft sich deshalb überrumpeln. 

Der Auafall des nächsten Tages, mit 3 Bataillonen gsgen den 
rechten Flügel des Angreifers, die ferme Morfonde, unternommen — 
man fragt sich vergebens, welchen Zweck er hatte, da man doch 
wohl nicht glauben konnte, mit 3 Bataillonen durchbrechen und die 
Batterie auf der Hübe von der Flanke aus angreifen zu können — 
fand einen bereiten Gegner und wurde, obgleich durch Geschützfeuer 
vorbereitet, gebührend abgewiesen. An den Verlusten der beiden 
Tage hatte aber General Coste nieht genug, er be&chlofs am 12. mit 
stärkeren Kräften nochmals auszufallen und zwar — gegen den 
äufsersteu linken Flügel des Abschnittes. Aulser den 3 Reserve- 
bataillonen der drei Sektoren nahm er das Replisbataillon des zweiten 
und die gesammte Besatzung des sildliehen Sektors mit, hierzu 
seine d Feldbatterien, 1 Geniekomp, und ein Detacbement dar Fu&- 
artillerie. Um 8 Uhr morgens brach er Ton Chelles an^ um durch 
den Wald von Brou gegen Bordeaux und Montjay vorzugehen. Er 
hatte n&mlieh durch den Luftballon festgestellt, dals General Gio- 
vannineUi, in Erwartung eines abermaligen Angrifb auf Horfondd, 
seinen rechten Flügel durch eine Brigade verst&^t hatte. Glficklicher- 
weise stand aber diesem auch ein Ballon zur Verfugung, und be- 
nachrichtigte ihn rechtzeitig von der seinem linken Flügel drohenden 
Gefahr. Nun war ja gar kein Zweifel, dafs im Emstfalle die 4 Ba- 
taillone der Brigade, welche jenen Abschnitt besetzt halten sollte, 
in der vorzüglichen, durch Befestigungen verstärkten Stellung, sofern 
sie hinreichende Artillerie besafs, völlig hinreichend war, den Angi-iff 
abzuweisen. Im Notfalle konnte ja die Nachbarbrigade Hilfe schicken. 
Aber nein! — Alle diese Kämpfe zeichnen sich ja aus durch den 
Mangel an richtiger Abschätzung der Verteidiguugsmittel und der 
Besatzungstruppen. — Der General hielt es für erforderlich, den 
6 Bataillonen .das Doppelte entgegenzustellen; er stellte eine ganze 
Brigade nach Bordeaux, die zweite nach Montjay und die dritte^ 



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201 



welche schlcuDij^st tlortlüu in Bewegunj; gespt/t wurde, liefs er 
aus Villcvaude voHficclicn, um den Oojriicr, il. !' in uctronuton Ko- 
lonnen un<l veieiiizeit in frrofsen Zcitriiuiutn :iu- di m Walde do- 
bouchirte, K^ui/.liili zu veniichten. Ja! gewilsl eh ist iil- ht daran zu 
'/veifelii, diifs trotz der 1«! 7 <;in Kauunen, die bei Montt« rmeil iiuf- 
•^Liahren wuruii und trotz der (ieschiitzo von Cliclli s tlit su (i lia- 
taiUonc völlig vernichtet worden wären. Die Mitwirkuii^^ der Feru- 
artiUerie mufs beim Kampf — nun gar auf Entfernungen von 5 bis 
6 Kilomotfir — selbstredend anfhöcen. £s ^iebt kaum einen besseren 
Beweis von der Fehlerhaftigkeit der Trup])carerwondnng bei dem 
FeetungsmanöTer von Paris, als dieser Ausfall, bei welchem der Ab- 
sdinittskommandenr seine ganze Feldartillerie und % seiner InfEinterie 
ohne irgend einen Zweck aufopferte, nur um gflnstigsten Falles an 
irgend einem Punkte die Zemirungslinie zu durchbrechen und von 
den Besatzungen der Nachbarabscimitte und der Resene in Flanke 
und Front anfrcfallen und zurückgewiesen zu werden. Und der An- 
greifer? Da giebt es ja freilicb weder eine Abschnittsreserve noch 
eine bestimmt durchgeführte Zuteilung des Geländes, da niu& llaU 
über Kopf die ganze Divisif>n, ja dreiviertel des Korps in Bewegung 
gesetzt werden, um (> Bataillone abzuweisen. Knnm ini Fcldkriege 
sind durartige W ihiilinif^se erklärlich, um wirvicl weniger im Festungs- 
kriege, w(i gilt, die Kräfte zu .schonen und nicht unnütz zu übcr- 
anstrengun, bevor diu Momente der stärksten Beanspruchung heran- 
kommen. 

(Jewifs sind Ja Üfrensivunternehmungen gerade in dieser Periode 
des Festungskrieges durchaus ara Platze und sie werden auch mit 
grüiseien Truppenmassen durchzuführen sein, denn der Verteidiger 
hat das höchste Interesse daran, festzustellen, an welchem Punkte 
der Festung der Gegner seine Kräfte anzusetzen, wo er seine Batterien 
zu hauen, wo er den Angriff bis zur Wegnahme der Werke durch- 
zufuhren beschlossen hat. Er hat das hödiste Interesse daran, dies 
so Iruh wie möglich in Erfahrung zu bringen, um rechtzeitig seine 
Gegenmafsregeln ergreifen, um seine Kampfiurtallerie in Position bringen 
zu können, um nicht überrascht durch die FeueröfTnung der Angriffs- 
batierien, gezwungen zu einem Kampf mit unzureichenden Kräften, 
von vornherein der Schwächere, Unterliegende zu sein. Diesem Zweck 
sollen ja die vorgeschobenen Stellungen dienen, welche dem Angreifer 
dns für die Durchführung seiner Absichten unentbehrliclie Gelände 
vorenthalten, welche ihn zwinLicn, nicht nur seine Feldartillorie und 
Tnlanterie. sondern audi soino Gescliiitze des leichten ]3ela{^erungs- 
geschiitzparUes in Thätigkeit zu briiii^uu. Hierzu hätte auch die 
Stellung auf dem Platea\» von VillevauJc dienen können, wenngleich 

J«hrbflclier tax dio Dentscbe Arme« und Aittrine. Bd. M>, ü. 14 



202 



FMtungsmAnüver. 



sie etwas weit vorgeschoben war und nur auf emem Flügel durcb 
die Fort-ArtOlerie iinterstützt werden konnte. Eine zfthe Yerteidigong 
dieser Stellung — und m dem Zweck hatte man sie doch wohl anch 
mit Festungsgeschützen ausgerüstet, hätte dem groisen Zweck ent- 
sprochen, festzustellen, ob der Feind diesen Teil der Festung zum 
Angriffsobjekt gewühlt habe. Die Zeit des Widerstandes war em 
Gewinn zu Gunsten der Arrairung der Front, welche erst jetzt, 
nach Erkennung der feindlichen Absichten, stattfinden konnte — 
wenngleich sie bei der Übung bereits angeführt worden war. Dieses 
Voiheraruiiren ist ja wohl schwer zu umgehen, immerhin giebt es 
dem mit den Vorgängen der wirklichen B('la<rcrung unliekunnten 
Führer falsche Voratellungon und vorloitet zu lalsclicn Mafsnahmen 
und einer vor/.eitiu'f'Ti Ausnutzung des Feuers der Inten'alibatterien. 
'rhatsäehlich traten die Fernkampfbatterien dos Verteidigers schon 
vom 11. September au in l liiui^luit, wo sie in Wirklichkeit mich garnicht 
armirt sein konnten; nur die Sicherheitsarmirung der Forts kormte in 
dieser Zeit ins Feuer geführt worden. 

Zur Ausnützung der Stellung von Villcvaude hätte natürlich nicht die 
Abschnittsbesatzung, sondern ein Teil der dem Gouverneur zur Ver- 
fügung stehenden Generalreserve verwandt werden dürfen; und ebenso 
hätten alle demselben Zweck, — sich über die Absichten und Hais^ 
nahmen des Angreifers zu orientiren — , unternommenen Auslalle mit 
starken Truppenmassen nicht von der Absohnittsbesatzung, sondern 
von der General-Reserve ausgeführt werden müssen. Dem Abschnitts- 
kommandeur kann nur gestattet sein, klmnere Truppenkörper, nämlich 
seine Abschnittsreserve, verstärkt durch einen Teil der Besatzung des 
betreffenden Sektors, zu kleineren, untergeordneten Zwecken dienenden 
Austen — der Beunruhigung und Alarmiining der feindlichen Vor- 
posten, der Erkundung und Störung seiner Annähorungsarbeiten etc. — 
zu verwenden. Der Moment für das Kinsetzen seiner ganzen Kraft 
war abor noch garnidit ^'eknninicn. Kr beginnt erst nach der Kr- 
öftnung der Batterien, wenn der Angreifer mit dem Infauterieangi-iff 
das Vorgelände schrittweise zu erobern unternimmt. Dann ist es 
Aufgabe der Abschnittsbesatzung, alle Kräfte einzusetzen, um dies zu 
verhiudcru, zu verzögern, um Schritt für Schritt mit (»eschütz und 
Gewehr, mit Hindernissen und Ausfällen das \'orgcIändc zu ver- 
teidigen. Es machen aber die Ofl'ensivuntemehmungen des Genei-al 
Geste den Eindruck, als habe er die Bewegimgsfreiheit noch ausnutzte 
wollen, welche ihm während des Batteriebaues verblieb, um mit 
seinen Truppen Feldmanöver auszufiihren. Nachher, als der Inianterie^ 
bezw. Sappenangriff begann, waren ihm die Hände gebunden, er wutste 



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Du intenutfanale Rote Krens ete. 203 

offenbar nicht reebt, wie er sich dem Ungewohnten gegenüber ver- 
halten solle. 

^Schluüi lolgt.) 



xin. 

Das intemationale Bote Erenz, nach seiner OrganisatioD 
und seinen jüngsten Leistungen im Auslande. 

Hand in Hand mit den gro&en Fortschritten, VenroUkommnongen 
und Wandlungen, welche Kriegführung und Eompfesweiae, Wafien 
und Geschosse im Lauf der neuen Zeit erfifthren, haben sich auch die 
Kinrichtungen entwickelt, welche darauf suchtet sind, mitten im 
Unheil der Kriege die Sc gnungen der Menschenliebe und des Friedens 
zu verbreiten. Das Fundament, auf dem diese Einrichtungen be- 
ruhen, ist eine konventionelle Übereinkunft, durch welche der ver- 
wundete und kranke Feind mit Demjenigen, der ihm Hülfe bringt, 
unter völkerrechtlichen Schutz irostellt wird: »Die Oonfer Konvention 
vom 22, Atif^u't 18(54." Denn wenn auch ihre wenigen Artikel 
eigentlich nur koilifizirten, w^as im WcsontHohen bereites Kriegsgobrauch 
bei den grofsiMi Kultun'ölkem war, so hat docli das Veroinswesen 
des Roten Krrn/.es, aus welchem sie hervorging, eine wcitioiclM tulo 
zivilisatorische Bewegung ins Leben gerufen, die sich niclit blos auf 
das Kriegsrecht beschränkt, sondern überall im Interesse edler Mensch- 
lichkeit auftritt. Die Genfer Konvention selbst ist bis auf den 
heutigen Tag nii^t weiter entwickelt worden, obwohl ihr Zweck steh 
emer ao allgemeinen Anerkennung erfreut, dals gegenwärtig 34 Staaten 
auf beiden Hemisphären Ihr angehören und von gröfseren Staaten 
überhaupt nur Brasilien, Meociko und China ihr noch nicht beigetreten 
sind, ha Reich der Mitte ist Übrigens, auf Änlab der Regierung, 
BluntsdiU's Völkerrecht, welches die Genfer Konvention enthält, in 
das Chinesische übersetzt worden, und an der diplomatischen Akademie 
Tung-Wen in Peking werden die Gnindsätze dei^selben gelehrt. Nichts^ 
destoweniger hat China bisher praktisch sich nicht an den Bestrebungen 
des Genfer Humanitätswerkes beteiligt, sondern ist ihm fern geblieben : 
während Japan im frci^cnwärtipipn Krie;2;c in rühmlicher Weise den 
ganzen Ileif htuni der ilim zu Gebote stehenden Hülfsmittel den Werken 
der Pflege und Barmherzigkeit dienstbar gemacht hat. Mit welchem 

14» 



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204 



Dtm iuternation&le Kote Kreuz etc. 



Vorstiindnifs und welcher Hingebung der fiedanke der Genfer Kon- 
vriitidii *\<yri aufgenommen nnd verwirklicht worden ist, das geht aus 
üincm lugcsbofchl hervor, den der Kriegsminister bei Ausbruch des 
jetzigen Krieges erlassen hat> in dem gesagt wird: „Für personlichen 
Hafs dürfe kdn Raum sein in den Herzen von Soldaten, die unter 
dem Banner der Kultur streiten. Deshalb seien alle Verwundeten und 
Kranken ebenso sorgfältig zu pflegen und die Toten mit derselben 
Achtung zu bestatten, als handelte es sich um die eigenen Landes* 
kinder. Europa und Nordamerika müsse hier als Beispiel dienen. 
Aber nicht nur durch die Gebote der Mcnschlirlikeit, sondern auch 
durch selbst übemonmiene \'erpflichtung(Mi seien die Soldaten ge- 
bunden. Das Bote Kreuz sei seit dem Jahre l.sSG, da Japan gleich 
allen gesitteten Nationen der Konvention von Zürich beigetreten, auch 
Japan«! Zeichen geworden. Schon aus diesem X'ertrag erwachso die 
heiliL'c l'flicht, krmikü und venvundete Feinde treu und sorgsam /u 
l)L'haiulelii, luiheküHiiiicri um die barbarische Behandlung, die L'iiina 
den boldateu /u Teil werden Heise. " 

Japan ist im Jahre 1SS<; berf^its der Genfer Konvtntiüii 
beigetreten, hat aber zur lüitwickdung seiner Einrichtungen auf 
diesem Gebiete längere Zeit gebraucht, da manche Rücksicht genommen 
werden mufste. Grofses Verdienst um diese Entwickelung erwarb 
sich seiner Zeit die Prinzessin Komatsu, welche während ihres 
längeren Aufenthaltes in Berlin die Organisation des deutschen Boten 
Kreuzes imd der vaterländisdien Frauenvereine zum Gegenstand dnes 
sorgfaltigen Studiums machte. Bei dem Umstände, dafe der ärztliche 
Beruf in Japan sich von jeher einer besonderen Beliebtheit erfreute 
— wie dies auch die grofee Anzahl von Studirenden der Medizin an 
europäischen Universitäten beweist — kann es nicht Wunder nehmen, 
dafs der ärztliche Dienst in Japan, sowohl bei der Armee, wie bei 
di-r Gesellschaft vorn Hoton Krei*z über ausreichende Kräfte verfügt. 
Dazu kommt noch die aufserordentliche manuelle Fertigkeit, die allen 
Japanern eigen ist, in kürzester Zeit sich zu tüchtigen Kranken- 
wärtem herauzuhihlen. Überdies haben, einer Anret^img der Kai'^f^rin 
folgend, viele Damen, auch der h'ichsreu Go«o11«chaft, sich in einer 
bf'Rnnderon Scluile, die dem Piotcn Kreuz gehört, theorotisch und 
pi.iktisch 7M Krankcnplit"^i riiincu heranbilden lassen um] leisten nun- 
mehr Dienste in den SpiUtlcrn. Wie segensreich untl vuiteilliaft die 
Thätigkeit der Gesellschaft vom Koten Kreuz im gegenwärtigen Kriege 
sich äui)s»rt, geht schon aus einem \ ergleich mit den Sterblichkeits- 
ziffem früherer Kriege hervor. Während nach den Berichten des 
Generalarztes Dr. Ishigaro zur Zeit des Aufstandes in Kagosima 1877 
auf 1000 Verwundete noch 170,5 Todesfälle trafen, ist diese Ziffer 



^ed by dOOgle 



Das intenutbiuJe Bote Eraas elc. 



205 



gesunken. Es \\'ird aber auch, sowohl auf dem 
Kriegsschauplätze, wie in lion Spitälern der Ileinuit, besonders iin 
Hospitale llirOHhima. AUcs aut'gebotcn, um das Loos der Verwundeten 
und Kranken zu lindern. Ks sind liier unter der Leitung des General- 
arztes Professor Sato Suöuuie üG Arzte und Pliarmaceuten und 
r»ö7 Krankonplle^or der Armee, sowie 20 Arzte und Pharmaceuten 
nebst lö3 Pflegern der Gcsellschait vom Kotun Kreuz thätig. Unter 
den Pflegerinnen befinden sich Damen der höchsten Stände. 

Das Bote Kreuz urafafst heute 34 Ländervereinc ait tausend- 
fältigen Ortsverzweigungen und erstredet sich über beide Hemisphären, 
von der südwestlichen Küste Amerikas bis nach Japan. Es sind dies 
alles anerkannte und vom Genfer internationalen Eomite in die Ge^ 
meinschaft aufgenommene Landesvereine des Rothen Kreuzes. Sie 
bestehen nur in Staaten, welche der Genfer Konvention beigetreten 
sind. Erwägt man, dafs die Konvention zugleich in den Kolonial- 
staaten und den Kolonien der europäischen IfSohte: England, Frank- 
reich, Ruisland, Spanien, Portugal, Holland u. s. w. in Gültigkeit ist, 
so kann mnn wohl sagen, dafs sie jetzt den gröfsten Teil der ge- 
sammten Kulturwelt mit ihrer humanitären Idee umfafst. Kiu Haupt- 
grund für die schnelle Verbreitung der Vereine lag in den häutigwi 
Krie^ren, welche in den letzten Jahrzehnten auf allen Erdteilen ge- 
führt Nvurden. Ks gilt dies besonders von der Kntstclumf!^ der V^er- 
eine in ätm siidamerikaniseheii i{e})uldiken und in den kleinen Balkan- 
staateii. Aber iiielit l)l(i.s d« r dedanke an die internationalen Hülfs- 
leistungeu in Kriegi>not, sondern auch der an den ^^'enieinsamen Bei- 
stand in anderen aiifserordentlichen Notständen hat die (uiuidung 
der Vereine vum Uutcu Kreuz aufserordentlieU gefordert, und ihnen 
eine grofeo Anzahl alter Wohlthätigkeitsvereino zugeführt. Und 
gerade hier kommt eines der wicht^ten Elan^ote för die Ent- 
vnckelung der Vereine in Betracht, der Eintritt der Frauen in die 
Aufgaben des Roten Kreuzes, welches ihnen eine erwünschte Ge- 
legenheit zur Teilnahme am öffentlichen Leben bietet, IHe Frauen- 
vereine sind bald zu einem lebendigen Prinzip im Roten Kreuz zur 
Friedenszeit geworden. Wenn schon in der konstituirenden Genfer 
Konferenz von 1863 für die Bildung der Vereine die Yorschrift ge- 
geben wurde, dafs jedes Komite des Roten Kreuzes sich mit der Re- 
gierung seines Landes in Beziehung setzen sollte, um sicher zu sein, 
dafs seine Dienste im Kiiegsfalle angenommen worden wüarden, so 
ist die Berliner internationale Konferenz 1869, welche vorzugsweise 
über die Organisation des Vereinswesens verhnndelte, in diesem 
Punkte viel wciteM* tjcfrangen. Sie liat den Vereinen die Anlehnung 
an die Behörden des L*andes und munentlich die Verständigung mit 



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206 



Dm iutenuitionale Bote Kreuz etc. 



den Militärbehörden zur Vorbercitimg ihrer Hitlfethtttigkeit sclion im 
Frieden als notwendig empfohlen. Für die innere OiganiBation nnd 
Befestigang der Vereine hat sie einen auf den ersten Bück zwar un- 
scheinbaren Beschlnis gefafst, der aber für die Entwickelnng des Ver- 
einswesens Tom Boten Ej^uz von grofser Bedeatang gewesen ist, 
wenn er auch nicht überall und in gleicher Weise zur Qcltong ge* 
langte. Es war der Grundsatz, dafs, neben der Vorbereitung des 
Personals und der technischen Ilülfsmittel für die Krankcnpflcfre im 
Kriege, zur Aufgabe der Vereine des Roten Kreuzes auch die Httifs- 
Icistun^ in Notständen jrehtircn solle, welche, wie der Krieg, rasche 
inid geordnete Hülfe vcrlangon. Die Erfahrung hat gelehrt, dafs, wo 
dieser (Inmdsafz ni« lir belblgt wurde, ganze Laiule^^voroine mit ihren 
Verzweigungen nii iTicden eingegangen sind und im Ivriegsfalle erst 
wieder neu errichtet werden mufsten. So in der Türkei, in Portugal, 
in der Schweiz, in Dänemark u. a. Die innere Organisation der 
Ilülfsthatigkeit ist eine mannigfaltige ujul iu dan einzelnen Staaten 
Ton einander abweichende. Der Gruiidzug, der dieselben kenuzeiclmet. 
ist indei^ die feste Anlehnung an die staatlichen Orgaue, namentlich 
an die Militärbehörden, mit denen schon im Frieden gewisse Ver- 
abredungen über die Einfügung der Hülfe in den Rahmen der 
Heeresverwaltung bestehen. 

Eine der Torsoiglichsten, bestausgestattoten Oiganisatbnen ist die- 
jenige Frankreichs. IHeee Organisation hat den Vorteil, dafe sie 
einen gewifsen Wetteifer im* Lande wachruft und an die an Hu- 
manitätswerken interessirten Kreise desselben zu gemeinsamer Arbeit 
im Frieden anregt. Sie giebt aulserdem der Bethätigung patriotischer 
Gesinnung, für welche die Annee ehi so allgemein anerkannte« Ob- 
jekt bietet, einen Boden, und wirkt den so starken inneren Spaltungen 
gegenüber versöhnend und vermittelnd. J2;s seien daher nachstehend 
die (lrnnd7üge der fraiK^a^'sclicn Organisation kurz angegeben 
und das Bild, das sie gewalirt, in allgemeinen Umrissen entworfen. 
Die drei Vereine, welche als die l'niger der freiwilligen Kranken- 
pflege in Frankreieh gelten können, sind: I. Der \'erein zur THege 
verwundeter Krieger. II. Die Genossenschaft der Frauen Frankreichs, 
in. Die Gesellschaft der Damen Frankreielis. Sie können als Haupt- 
▼ereine bezeichnet worden. Der üuicu von der Militärverwaltung 
überwiesene Wirkungskreis umfalkt namentlich folgende Aufgaben: 
1. Die Einrichtung TOn Hülfklazareten in den Festungen und in den 
vom Kriegsmimster oder den kommandirenden Generalen auf \ orschlag 
der Korps-Generalärzte bezeichneten Orten zur Anfiiahme von Kranken 
und Verwundeten des Heeres, die wegen Mangel an Baum in den 
Mibtärlaaareten keine Aufiiahme finden kennen. H. Die Gewährung 



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Das internationale Bote Eni» eto. 



907 



von Hülfe und l'iitcrstützuug bei den rückwärts gelegenen Feldlazaa-eton, 
sowie die Cherführung der von Privaten gesammelten Vorräte in dje 
speziell vt>m Kriegs«) in ister bezeichneten Depots und Niederlagen. Der 
Verein zur Pflege im Kriege ver^^Tindeter Krieger versieht aufserdem 
den Dienst auf den Erfriscliuugbstationen der Eisenbiilmen. Im Dienst 
der freiwilligen Krankenpflege darf nur der verwendet wcrdcii, der 
keine Militärdienstverpflichtuiigen hftt. Nichtsdestoweniger können 
Leat«! die der Re8er?e der TOTritorialaimee angehören oder m be- 
aonderenHlilisleistimgen bestimmt sind, atunalmisweise anfEmpfehlungen 
der kommandirenden Generale oder des Eriegsmimsters in einer ge- 
wissen Ansah! sdion im Frieden für den Dienst zur Pflege im Felde 
verwundeter Krieger bestimmt werden. Dagegen sind Ton dem Eintritt in 
diesen Verein ansgesdilossen alle OiBzierei Reserveoffiziere, Apotheker, 
Yerwaltungsbeamte, die weder der Reserve noch der Teiritoiialannee 
angehören. Jeder der drei genannten Hauptvereine entsendet aus 
seinem Vorstande einen Delegirten zum Kri^^smiiuster, der seiner- 
seits einen Militärarzt bezeichnet, welcher ihn jedem Hauptverein 
gegenüber vortritt. Diese beiden Personen bilden gemischte Kom- 
missionen, welche die Aufgabe haben, die Verhältnisse eines jeden 
II; i]>t Vereins, namentlich seine lieroitschaft für den Krieg, näher 
kennen zu lernen. Die Kommission giebt ihr Urteil über alle 
Drganisationsfragen ab und spricht sich über die besonderen Aufgaben 
aus, welche jedem Hauptvereine im Falle eines Krieges zufallen; sie 
erhält Kenntiiils von allen olti^iellcn Instruktionen und Hoglementa, 
welche dasselbe Thema behandeln. Sie tritt auf Einladung des Kriegs- 
luinisters oder des Vereinsrondtzenden zusammen, auJtodem halten 
die beiden Vorsitzenden eines Hauptvereins Besprechung ab, sobald 
sie es fiir zweckmä&ig erachten. Ein Exemplar des ProtoköUes der 
Sitzungen wird för den Eriegsminister ausgefertigt^ ein zweites toiv 
bleibt dem Vertreter der Hauptrereine. Innerhalb jedes Armeekorps^ 
Bezirks ist jeder Hauptrerein durch einen Ton seinem Vorstand ge- 
wählten Korpsdelegirten vertreteUf den der Eriegsminister bestätigt 
und b^ dem betreffenden kommandirenden General und dem Korps- 
Generalazzt beglaubigt. Im 10., IL, 15., 18., d. h. in den an die See- 
küsten angrenzenden Armeekorps-Bezirken werden die Korps-Delegirten 
gleichfalls bei den Vize-Admiralen und Seepräfekten und den Marine- 
Oberärzten beglaubigt. Alle Anträge der Korpsdelegirten, die sich 
auf das Wirken des hav.w. Hauptvereins in dem betrctTenden Korps- 
bezirk in Kriegszeiten beziehen, werden doppelt ausgefertigt. Ein 
Exemplar geht an den \'orstan(i des be/.w, Hauptvereins und das 
andere an den betreffenden Koi-j)s- Generalarzt, der es mit seinen Be- 
merkungen begleitet und es auf dem Instanzenwege dem Kiiegsminister 



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208 



Das intematioiiale Bote Kieu« etc. 



übersendet. Alljährlich zweimal, am 1. Januar und am 1. Juli, üb^r- 
giebt der Korpsdelegirtc der ireiwilligen Krankenpflege dem Korps- 
Generalarzt ein die Lcistungsrahigkeit des Bezirks in Bezug auf 
Pürhüiial und Mateiial erläuterndes Tableau. Dasselbe, welches das 
obere Personal dem Namen nach^ das untere nur der Zahl nach an- 
führt, dient dem Eorps-Generalaizt als Unterlage für seinen halb- 
jährlichen Bericht. An der Hand des Torstehend erwähnten Tableaus 
stellt der Eorps-Oeneralaizt seinen Bericht auf, der eine genaue An- 
gabe dw personellen und materiellen HUl&mittel der Ireiwilligen 
Krankenpflege des Bezirks für den Krieg enthiUt Dieser Bericht 
geht dem Kri^minister aus allen Korpsbezirken am 1. Februar und 
L August jeden Jahres zu. In Paris besteht eine vom Generalstabsai-zt 
der Armee präsidirte Kommission, die alle halbe Jahre eine 
obl^atorischo Sitzung abhält, aufserdera aber in besonderen Fällen 
jeder Zeit von dem Vorsitzenden im Auftrage des Kriegsministers ein- 
berufen werden kunu. Zu dieser KomTitission gehören: di- Vorsitzenden 
der Zwcigvereinc der drei II;uii)tveri ine. resp. die lV!k\i,ir[un derselben, 
die Militärärzte, welche vom Kriegsmiiiister dtMi Dele^'irtcn der drei 
Hauptvereine als Kuumiissare zugeteilt sind, zweitens der Oberarzt, 
der mit der Überwachung der Verpfleiiungsmaeraziue des Mihtär- 
sanitiitswosens betraut ist, drittens ein Übcrar/t der Marine, aufscr- 
dem nouli ein Beamter des Militärsanitätswesens, iler die l' unktionen 
eines Generalsekretärs versiehi Die Kommission hat nur eine 
konsultatiTe Stimme. Zu ihren Aufjgaben gehört Beurteilung und 
Entscheidung aller derjenigen Fragen, die ihr vom Kriegsminister und 
von den Hauptvereinen unterbreitet werden. Sie stinmit nach der 
Zahl der Mit^eder ab, hei Stimmengleichheit entscheide die Stimme 
dos Vorsitsenden. Alle Hül&anstalten (Vereinslazarete» Erfirischnngs- 
Stationen) im Rücken dos Heeres stehen unter einem Lazaretdirektor} 
bezw. unter dem Befehl eines höheren Offiziers, der mit der Disziplinar- 
und Pohzeigewalt betraut ist. Die Korpsdelegirten bleiben na<i dem 
Abrücken des mobilen Armeekorps an der Seite der stell vei-tretend«! 
kommandirenden Geneiule ihres Bezirks. Das geaammte Pei8ona,l 
der tiei\villi;^<>n Krankenpflege, das im Bercieli der Etappen verwendet 
wird, ist den MiUtärgesetzen und Vorschriften unterw orfen. 

Die Hauptvereine beschaffen für jedes von ihnen zu errichtende 
l.a/^;iret das erforderliche Lokal und Material. Sobald iudels die Er- 
riehiung einer lur nötig eracOiteten Ilülfsanstalt aus Mangel an Mitteln 
nicht zustande kommt, kann dio Militärverwaltung ansnahrasweise 
einen Teil oder auch das gosammte Material den Vereinen leüuveisc 
überlassen. Im leteteren Falle haften dieselben für das entliehene 
Inventar, von dem ein Vetzeichnils angestellt und eine Abseh&tzung 



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Das intenutionaie £ote Kma ete. 



^09 



vorgejumiiuen wird. In den von den Vereinen etablirten HiUfs- 
laj^firetpn müssen dieselben grundsätilioh lür alle Ikdürfuisse ilcr 
Kmnkeupllege, fiir die Beköstigung, die ärztliche Behandlung, Be- 
heizung und ^V;iscll0 sorgen. Nur in ))L'lagertcn Festungen, wo es 
an Mitteln ieklt, kann die Militärverwaltung mit ihrüu Vorräten aus- 
helfen. Die Verteilung der Kranken und Verwundeten, die in den 
Lazareten der freiwilligen Krankenpflege Unterkommen und Heilung 
finden eollen, gebt von der Hilit&r-SänitätsTerwaltung aus. Der Verein 
zur Pflege verwnnddtor Krieger TOrfUgt, laut der neuesten Ermittelung 
über den Um&ng seiner Bestände, über 33 mobile Fddlazarete und 
740 stehende Hospitäler, welche 60 000 Kranke aufnehmen können, 
uod 68 Bahnhöfe-Krankenanstalten. Die GeseUschaft ist in 395 Gruppen, 
welche zusammen 50000 Mitg^eder zählen, über ganz Frankreich 
verbreitet. Ihr Vermögen betrog Ende Dezeml er 5800000 Frs. 
und ein Inventar, dessen Wert auf eine Million Franks geschätzt 
w'urde. Im Laufe jenes Jahres * hatte die Gesellschaft an Jahres- 
beiträgen 325 000 Franks eingenommen, als Geschenke und Vermächt- 
nisse waren ihr 70 000 Franks zugefallen. Das Dekret, welches ilie 
gegenwärtige vorstehend kurz angedcuteti^ Organisation des Roten 
Kreu/.cs in Frankreich regelt, datirt vom 1!'. Oktober \H9'2. Der da- 
mahge Kriegsminister, Herr de Freycinet, di-ang darauf, dals die 
vielfach ineinander greifenden Wirkungskreise der einzelnen I Hilfs- 
organe eine schärfere und bestimmtere Abgrenzung erhielten, dadurch 
wurde das Zusannuenwirkon der einzelnen Faktoren der freiwilligen 
Krankenpflege besser geregelt und ein festerer Zusanmienhang zwischen 
denselben hergestellt. Diese Wandlung war auiserdem geboten durch 
die Fortsdiritte und Vervollkommnungen, welche das Militär-Sanitäts- 
wesen und der Gesundheitsdienst der Armee in neuerer Zeit erfahren 
hatten. An SteUe des 1893 verstorbenen Marschall Mac Mahon ist 
jetst der Heizog von Anmale Präsident des Roten Kreuzes in Frankreidi. 

Den Angaben des Treuenprouisischen Werkes seien nachstehende 
kurze Daten über die Vereinsorganisation der anderen Länder ent- 
nommen. 

In Österreich-Ungarn tnlt der Präsident des Roten Kreuzes 
in Wien sowohl als d^enige in Pesth als kaiseriicher Kommissar 

für das Hilfsvereinswesen dem Generalinspekteur der freiwilligen 

Sanitätspflcge im Kriej^e sofort zur Seite und leitet die Leistungen 
der Vereine. Auf diese Weise gelangt die im Frieden vorbereitete 
Organisation mit einem Sehlap^e in geordnete Kriegsthatigkeit. Im 
Präsidium der Bundesleitung des üstcrreicliiiichen Roten Kreuzes sind 
die Frauenvereine mit den Männervereinen verbunden. Die ersteren 
leisten nicht nur 30 Prozent ihrer Geldeinnahmen an die Bundes- 



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210 



Das iDternationale Bote Kreuz etc. 



Idtang, sondern liefern auch einen grolaeii Teil des Samtiltanaterials 
für die Hauptdepots und stellen die meisten Krankenpfleger und 
Krankenpflegerinnen. Dem Reichs -Kriegsnumsterinm unterstehen 
ebenfalls unmittelbar der Maltheser-Orden und der Deutsche Orden, 
welche das Material fiir die SanitätssOge der Armee in Bereitschaft 
halten. Beide sind mit dem Roten Kreuz in Verbindnnpc ^^etret^, 
insbesondere zur gemeinschaftlichen Bildung von ßlessirten-Transpor^ 
kulonnen, die das Rote Kreuz in seinen Mobilisationsplan aufj^enommen 
hat. In den Mobilidrungsplan fällt neben den mobilen Veroinsdopots 
auf dem Kriegsschau [datze für Arznei, VeibandzouG; , Wäsche und 
Labemittel, neben den Spitälern und Rckdnvaluszcntouhiiusorn im 
Hinterlande, den l^abestationen auf den lliiuptvcrkohrspunkten, den 
Nachweisebnreanx u. s. w. , auch die ünterlialtung eines Material- 
Hauptdepota im Frieden. Die Vereiusorganisation umfolst in allen 
Kronlandcn altbegründcto Vereine, Korporationen und Stifter mit 
reichen Dotirungen, welche, während die Turn-, Fcueiwcln- und 
Veteranenvereine das Personal für die iviaukenträgerkolonnen dar- 
bieten, ihrerseits dasjenige für die Krankenpflege bereit halten. Die 
Pflegescbwestem, welche die geistlichen Orden zu diesem Zweck zu 
steUen bereit sind, zählen nach Hunderten. Die Geldmittel, welche 
der Bundesleltung neben dem reichen nnd vollständig bereit ge- 
haltenen Sanitätematerial zu Gebote stehen, sind ebenfalls mit Unter- 
stützong der Regierung durch Lotterieanlehen bedeutend erhöht 
worden. Das Banrermögen der Bundesleitung belänft steh etwa auf 
a Millionen, der Wert des Materials auf 700000 Gulden. Der 
Bundesleitung steht ein Nachw^sungsbureau zur Verfligung, weldies 
im Einverständnifs mit dem Kriegsministerium und dem ungarischen 
Roten Kreuz eingerichtet worden ist und im Kriegsfall dem General- 
inspcktcur derireiviUigenKrankenpfiege unmittelbar untergeordnet irird. 

In Italien waren der Johanniter-Orden und die Frauenvereine 
bei der Organisation des Roten Kreuzes beteiligt, welches zuerst in 
den grofsen Städten der Pro^^nzen seinen Schwci-punkt hatte. Unter 
dem Protektorat des Königs und der K'iTiigin entAvickelte sich das- 
selbe spiiter zu einer kräftifi^en Zentralisation in Korn, an welches 
sich die l'rovinzial- und Lokalkomites zunächst in Nord- und Mittel- 
italicn anschlössen. Später aucli diejenigen in Neapel, wo ein be- 
sonderes Institut fiir die Marin(^ gegründet wurde. Das Zentral- 
koinitc in Rom steht unmittelbar unter dem Kricg.<rainister und die 
Gliederung der Vereine ist jetzt wie in Fiankieich den Armee- 
Regionen angcpaJst. Die Frauenvereine haben sich in ihren Yenwei- 
gungen mit den Männervereinen beeonders in der vorbereitenden Thä- 
tigkeit für den Krieg verbunden. Das italienjsobe Bote Kxenz darf 



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Das internationale Bote Kreuz etc. 



211 



n.ich seinem Statui bei keinem anderen aufserordentlichen Notstände 
unmittelbar BeisLaud leisten. Zur praktischen Ausbildung des Sa- 
mtätsporsonals werden von dem Zentralkomitc die Armeemanöver be- 
nutEt imd steDt der Johanniter-Orden im Verein mit demselben dazu 
die ßaracken-Laaarete und Erankentriger. Nach den sieh hieraus 
eichenden Er&hniiigen wird der Mobilisirongsplan fiir die freiwillige 
Krankenpflege entworfen. Im Kri^ ist dem italienischen Roten 
Kreuz die BenutEung der Post, der Staatseisenbahn und des Te- 
legr<q>hen sugeaidiert Der PrSsldent des italienischen Boten Kreuzes 
wird vom König auf den VorscUag des Kriege- und des Marine- 
mimsters ernannt. £r erhält bei der Mobilmachung der Armee be- 
sondere Vollmachten. Das Zentralkomitc ist nach den Statuten ver- 
pflichtet, in Kriegen zwischen fremden Nationen seinen moralischen 
nnd materiellen Beistand iu den Grenzen seiner Mittel zu leisten, 
wenn er von den Zentralkomites der Kriegführenden, welche auf der 
Grujidlage der (»enfer Konferenzbesolilüsse von 18G3 errichtet sein 
müssen, verlann;t wird. Vorausgesetzt wird dabei, dafs die kiieg- 
führeuden Kegienincjon der Genfer Konvention angehören und ihre 
Zustimmung zu der Intervention orteilen. 

Das Rote Kreuz Englands zeichnet sich durcli eine voll- 
ständige Autonomie aus, obwohl es sicli fast überall in j^raktischcr 
Weise dem offiziellen englischen Snnitätswescu anziL^chliulsen oder es 
zu ersetzen verstand. Ks wird kaum einen namhaften Kriegsschau- 
platz in den letzten Jahrzehnten geben, auf welchem es nicht er- 
schienen und durch den Bdditom und den Umfang seiner Mittel, wie 
durch die Energie der einschreitenden Persönlichkeiten skdi herror- 
gethan hatte. Wir sahen es auf der PyrenSisohen HallHnsel, auf 
allen Punkten der Balkan-Halbinsd, in Kleinasien, auf dem Schwarzen 
wie auf dem Mittebneere in Thäügkelt, in Zentnil-Asien, am Kabul 
wie am Indus» in Egypten, im westlichen wie im südöstlichen Afrika. 
- Im Zulukrieg hat das en^ische Rote Kreuz schon viele von 
deutschen Missionären zum Christentum bekehrte Neger als Kranken- 
pfleger mit Erfolg verwandt. Trotz seiner grolsartigen Thätigkeit 
hat dasselbe keine zentralisirte Organisation. Im russisch-türkischen 
Kriege war es von drei grofsen Vereinigungen vertreten: der Na- 
tional Society of the Red Cross, dem .Tohanniter-Orden und dem 
Stafford-Hüuse-Comitc, Die beiden erstgenannten KorpnrrUionen 
verfahren ganz im Sinne der Beschlüsse der internationnlen Kunlerenz . 
von 1869, Es steht ihnen auch eine i^nolse Anzahl von Vereinen zur 
Seite, welche über ganz England verbreitet sind; allein eine eigentliche 
Zentr.tiis üujii des Vereinswesen» fühlt. In den letzten Jahren ist von 
dem engliächen Johanniter-Orden die Gründung von Ptiegevereinen 



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212 



Da» iuteruatiouale lioto Kreiiz etc. 



aus(xej»aiiyen, die sich unter dem Mamcu der Samariterveroino auch 
iiucli Deutschland verpflanzt haben. Ihre Einführung und V^erbreitung 
in praktischer Gestalt ist das besondere Verdienst des Professors 
Dr. EsiDArdi. In EngUmd haben hervorragende Frauengestalten, wie 
iß Dentscfahind, im Ejnege nnd im Frieden Aolserordentlicbes ge- 
leistet, auch ist die Frauenwelt dort überall in wohlgeordneter Thä- 
tigkeit fiir die Armenpflege. Eine Organisation yon Frauenyereinen 
dos Boten Kreuzes ist aber ebensowenig vorhanden, wie eine 2Sen- 
tralisation der Mämierrereine, von denen zwei mächtige Körper- 
schailen: die National Society und der Johanniter-Orden, auch im 
Frieden c\t\q bedeutende Wirksamkeit entwickeln. Sie errichteten 
Institute für Krunkenpflegennneni welche in der Armenpflege als Be- 
zirks-Krankenwitrterinnen verweTidct werden, femer Hülisstationen 
für die Kohlengruben, um in Krankheits- und Unglücksfällen rasche 
Hülfe zu brin<?en. Nehm tlcn Verhand-Lehrschulen wurden zugleich 
Asyle zui" Erholung und zur Altersversorgung gefrrimdel und so vor 
Allem für die Zukunft derjenigen gesorgt, welche sich dem schwerou 
Berufe der Krankenpfl(,i:c widmen. 

Ilufsland zeigte während des Feldzuges 1877/78 ehie der grofs- 
artigstcn Organisationen des Roten Kreuzes. Die Thätiijkeit dos- 
selhun aul dem europäischen wie auf dem asiatischen Kricgssrhau- 
platze stand dem Sanitätsweseu der Armee würdig zur Seite und 
übertraf es sogar in manchen Leistungen. In bewunderungswürdiger 
Weise begleitete das freiwiUige Bote Kreuz oft die Truppen in den 
schwierigsten Gel&ndererhfilinissen und manches improTisirte Hülfe» 
mittel muiste dabei in ungewöhnlidien Notständen aushelfen. Die 
Berichte Ober die fliegenden Lasarete brachten dar&ber interessante 
Einzelheiten, ünter der Leitung seines Präsidenteni des Oenend- 
Adjutanten des Kaisers, von Baumgarten, trat es, obwohl ein Mobil- 
machungs- und Operations])lan mit den Militärbehörden Tereinbart 
war, doch mit grolser Selbstständigkeit auf. Es war dies unter dw 
aufserordentUchen Verhältnissen, welche sich während des Feldzuges 
entwickelten, auch nicht anders möglich. Das russische Roto Kreoz 
verfügte über seine reichen Mittel vorzugsweise zur Gründung und 
Unterhaltung von stehenden und Hicgenden Lazareten; desgleichen 
zu Sanitatszü;;en, sowohl auf den forneu Kriegsschauplätzen, als auch 
innerhalb der Grenzen Rulsiands. Es verwandte für diese Aiifgabe 
allein get^en 17 Milhonen Kübel bar und bezog seine ilulfs*iucllen. 
zu ilonen aber auch die Subventiom n der liegierung gehörten, auä 
den 10 Anondissetnents, in welche bei Ausbiuch des Krieges das 
ganze Land zu diesem Behufe geteilt war. Zwei von diesen, die 
Ostseeproviuzeu und Polen, liatteu fliegende Lazarote zu orgamsiren, 



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Das internationale Eote Kreuz etc. 



die andern stabile Lazarete an verschiedenen Punkten von etwa 
20 (KX) Betten. Sanitätszüge zur Evakuatiou titcllte das russische 
Rote Kreuz für den europäischen Kriegsschauplatz (innerhalh liuls- 
lands) auf breitspurigen Geleisen 10, zu je 20 Eisenbahnwagen, auf 
der Balkan-Halbinsel 3, zu je 24 Wagen; au&erdem waren noch 
Sanitätsillge im Kaulnsns thätig. ^ wurden aJle fUr die ganze 
Daner des Krieges nnterhalten, die SanitätaKUge in der Walachei 
blieben sogar- noch eine Zeit lang nach demsdben in Funktion. In 
den Hoq»itSlem des Roten Kreuzes im Innern RuTdands fanden 
etwa 117 000 Verwundete und Kranke Aufnahme, und kamen auf 
dieselben etwa 3 Millionen Verpflegungstage* Die Leitung des rus- 
sischen Roten Kreuzes war eine einheitliche, aber die einzelnen De- 
legationen lehnten sich unmittelbar mit iln-en Sanitätsanstalten an 
die Befehlshaber der Armee an. Auch in dem jüngsten Feldzuge 
gegen die Teke-Turkmenwi leistete das Rote Kreuz fleni General 
Skobeleff aufserordentliche, von ihm rühmlichst anerkannte Dienste. 
Die freiwillige Sanitätskolonne bestand dort aus ungefähr 120 Per- 
sonen, und erlitt in d-n 'rranch<''cn vor Gheok-Tepe einen Verlnst 
von 12 ihrer (rlieder (darunter mehrere FfieuescTiwcstern). Sie nahm 
nach dem Sturme iKK) Teke-Frauen und -iüuder in ihren Schutz 
und Päege. 

Die Organisation des Roten Kreuzes in Spanien wurde von der 
Krone im Juli ins Leben icerufen und das Grofs-Priorat des 

Johanniter Ordens in Madrid übernulmi die Vorstandschaft. In den 
Provinzen unterzogen sich die Bischöfe und die Chefs der höchsten 
Verwaltungsbehörden der Gründung und Leitung der Vereine und ist 
dieser halbstaatliche Charakter ihnen eine Zeit lang erhalten ge- 
blieben. Ln Juni 1870 erhielt die Organisation ihre Venrolktändigung, 
und zugleich ihre stärkste Triebkraft durch die Gründung dee Central- 
komites der spanischen Frauen vom Roten Krenz in Madrid, in 
welches die ▼omehmsten Damen des Hofes eintraten. Das ^umische 
Rothe Kreuz hatte in seinem Statut von vornherein die Verpflichtung 
aufgenommen, in Bürgerkriegen auf beiden Seiten Hülfe zu leisten, 
und von den konstituirenden Ck>rtes von 1870 eine gesetzliche Zu- 
Sicherung erhalten, dafis seine Mitglieder von jeder Verfolgung aus- 
geschlossen sein sollten, wenn sie Vereinspflicbten auf Seiten der 
Insurgenten erfüllten. Es waren besonders die von dem Madrider 
Damencomitp ins Leben mernfenrn Vereine, welche eine unemirulliche 
Thätigkeit walirend der P)iir^erkriege in den 70er Jahren entwickelten. 
Im Flieden ruht die 1 luitii^koit des spanischen Roten Kreuzes mit 
Ausnahme der Ci ritraisteiicn in Madrid, welche sich zu regelmäßigen 
Sitzungen vereinigen. 



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2U 



Bas internationale Bote Kreuz eic. 



Das Rote Kreuz der Niederlande hat eine gute Centralisation. 
Es ist yon dem Könige gegründet, leimt sich eng m die Regierungs- 
organe an und exfreute ach inebeaondero von Seiten der Marine stets 
einer kräftigen Unterstiltznng bei seiner Th&tii^eit Diese hat, irie 
diejenige des engÜschen Boten Kreuzes» einen weiten Horizont. 

In Belgien ist das Bote Kreuz, von der Begierong unterstützt, 
auf das engste mit den mannig&ohsten Yereinigiingen und Listitnten 
für Bettnngs» und Heilwesen Terbunden und auf diesem Gebiete on- 
aufhdriioh för internationale Zwecke thätig. 

Für die Schweiz besteht ein eidgenössisches, nationales Rotes 
Kreuz mit bosondereui Centralkomite und etwa 50 Ortsvereinen. Es 
ist unabhängig von dem internationalen Komite in Gen^ wekbes nicht 
als schweizerisches Organ fungirt, sondern nur den gemeinsamen Ver- 
einigungspunkt des Roten Kreir/cs aller Nationen bildet. Von dessen 
Stiftern setzen noch mehrere ihre «remeinnützii^e Wirksamkeit jre- 
treulich im intcm-ftioiialen Komite- fort, claruiitcr Gustave Mornip?-, 
der Präsident desselben, der zugleich Geschichtsschreiber des Koten 
Kreuzes geworden ist. 

In den skandinuvisclien Staaten hat sich eine anerkennens- 
werte Urgauisation des Iloten Kreuzes gebildet, welche von den 
Regierungsorganen — in Schweden iiisbesunderc von der Murine - 
gefördert wird und in lebhaften Verkehr mit dem Koten Kreuz der anderen 
Nationen steht. Der Moldlirarungsplan des sohwedischen Boten Kreuzes 
ist eng an den Militii^nitätsdienst angesohloasen. Es hat zwei, ihm 
Ton der Bogierung zur Veritigung gestellte Kanonenboote zu Hospitsl- 
und Transportschiffen eingerichtet, welche bei den Manövern in 
Thätigkeit treten. Besondere Sorgialt verwendet das Stockholmer 
Komite auf die Ausbildung von Krankenpflegerinnen. 

In der Tttrkei Imtte, schon vor der internationalen Konferenz 
in Berlin von 1H69, ein Centralkomite des Boten Kreuzes, und zwar 
zu Konstantinopel selbst, bestanden, dessen Statuten sich an die 
(Genfer Konvention und deren Zusatzartikel, sowie an die Beschlüsse 
der ersten Pariser internationalen Konferenz von 1867 anschlössen. 
I>iesem KoTuite, dem auch Damen angehörten, gelang es Anfangs so- 
gar, in den Provinzen einigte Zweigvereine zu pründcn, doch blieb ihm, 
obwohl es das ottoraanischo Komite hiefs, die türkisclie lievolkerung 
fern. Wenige Jahre vor dem Ausbruch des letzten nissi'-rh-tiirkischen 
Krieges war es gänzlich eingegangen, so dafs eine neue Organisation 
geschaffen werden raufste, was mit östcn-reichischer und englischer 
Hülfe geschah. Im Widerspruch mit der Genfer Konvention hatte die 
Türkei als Neutralitütsabzeichen für ihr militärisches Sanitiitswesen 
den roten Halbmond an Stelle des Koten Kreuzes gesetzt. Sie war 



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Dm intenuitioniüe Kote Kreiu etc. 



215 



dazu aus religiösen Rücksichten gozwuiigüii. Unter diesem Syrobol 
erfolgte nun auch hier die Organisation der freiwilligen Krankenpflege. 
Daraus erwuchs für die interiiatioiuilr Iliilfsleistung eino grofse 
Schwierigkeit und die Veniiittolung das Genior intormitioiialcn Komitcs 
war eine Zeit lang für die Türkei gelähmt, bis liulsland die Neutralität 
des Roten Hallnnoiides im mShea. Felde för das Sanitätswesen an- 
erkannte. Inzwischen hatten sich Vereine des Roten Halbmonds 
fiist in allen gr&lseren Städten der Türkei gebildet, an deren Spitae meist 
Beamte standen. In den Hauptstädten der Provinzen wurden stehende 
Lazarete errichtet, am Balkan 5 fliegende, adserdem 2 Baracken- 
lazarete in der Nähe des Kriegsschauplatzes. Das Gentralkomit^ des 
Roten Kreuzes in Konstantinopel stellte allein 61 Arzte an, zn welchen 
fast atte Länder £uropas ihr Kontingent lieferten. So kann man 
denn von der Organisation und den Leistungen der Vereine des Koten 
Halbmonds während des Feldzugs nur mit Anerkennimg sprechen, 
um so mehr, als das offizielle türkische Sanitätswesen nicht allzu- 
sehwer in d.is flewicht fiel. Xnch dem Kriege aber hat sich dies 
Vereinsweise Ti leider nicht in entsjjrechend gunstiger Weise entwickelt. 

Die Koten Kreuzvereine in den Balkanstanten , welche 
siimintlich der Genfer Konvention angehören, haben sich in den 
Kriegen liewälirt und sind vom internationalen Roten Kreu^ Deutsch- 
lands, (Isterreichs und Ilurshinds siul'semrdentlich unterstützt worden. 
Die Regierungen haben die iicBlrebungen dieser \ ereiac gefördert, 
und es ist zu. w ünschcn, dafs sie im Frieden durch eine entsprechende 
humanitäre Thätigkeit auf die Rtüturentwickelung der BerÖlkerungcn 
der Balkanhalbinsel wohlth&tig einwirken. Griechenland ist im 
Jahre 1865 der Genfer Konvention beigetreten, es hat sich aber da- 
selbst erst im Jahre 1877 ein Yerein des Roten Kreuzes gebildet. 
Derselbe beteiligte sich zwar in den Jahren 1878 und 1882 auch an 
internationalen Unterstatzungen, bewährte seine Tb&tigkeit aber ganz 
besonders bei HttUbleistung in aulserordentlichen Kotständen, welche 
durcli Kiiidemien und Erdbeben u. s. w. hervorgerufen w-urden. Auch 
des Fluchtlingswesens, welches in Griechenland und dessen Nachbar^ 
Staaten eine Quelle arger Notstände geworden ist, nahm er sich in 
aia^edehntem Mafse an. 

Von den südamerikanischen Frei-^taatcn ist Chile zwar 1882 
der Genfer Konvention bei «getreten , es hat sich daselbst aber bisher 
kein Verein des Roten Kreuzes !i«>bildet, während in Peru noeli vor 
dessen im Jahre 18S0 erfol«rteni Beitritt zur Genfer Konvention auf 
Veianlassung der Rei^ierung ein Verein des Roten Kreuzes ins Leben 
getreten ist und durch anerkeuneiu*werte Leistunge?i im Kriege sich 
schon 1879 bewährt hat. Seine llauptaufgabe war die Krrichtung 



216 



Das internationale Kote Kreuz eVi. 



von Ambulancen, welche aulserordentliclie Dienste laisteten und von 
den grörsten StSdt^ des Landes ausgingen. Bemerkenswert ist, da(a 
solche auf Schiffen eingerichtet wurden, die dem Roten Kreuz zu- 
gleich als Evakuationsschiffe dienten. Es waren dies das bekannte 
hamburgische Schiff „Luxer" und die peruanischen Schiffe «Ltmena*^ 
und „Loa**. Trotz der Grausamkeiten, welche während der Krieg- 
führung der beiden Republiken TOikamen, wurde die NeutraHtät dieser 
Schiffe nadi einigem Schwanken doch vom Feinde anerkannt. Das 
Kote Kreuz von Peru ist bei der Eroberung Limas seines Materials 
beraubt und aufgelöst v orden, es hat aber die Herstellung seiner 
Organisation sehr bald wieder aufgenommen. 

Von allen Organisationen des Roten Kreuzes verdient diejenige 
der Vereinig ten Staaten von Nordamerika, die auf der breitesten 
(Grundlage einer eigen tümliehen i-ntwickelung entgegengeht, die auf- 
merksamste Beachtung. Der Sezessionskrieg L^'^l) das r^rofsartij^.^te 
Beispiel davon, was lin Vercinswesen lür die Organi^atiün der Krauken- 
und Verwundetenpriege c.'uwt grofsen Armee leisten kann, sogar, wenn 
diese selbst eine Iin})nivisation ist. 7000 Vereine haben mehrere 
.luhre hing den gröfsten leil dt-s Militär- Sunitatsdienstes der Union 
zu unterlialtou oder zu versorgen gehabt! Dennoch ist der Ilaupt- 
zweck des amerikanisdien Roten Kreuzes nidit die PÜege des Ter- 
wnndeten und kranken Kriegers geworden. Die Grundlage desselben 
beschränkt sich überiwupt nicht auf die Bestimmungen der Genfer 
KonT«ition, welche nur diesem und dessen Pflegern Sdiutz und Hülfe 
gewähren. Der Artikel II des Statuts der National Association, des 
Roten Kreuzes für die ganze Union, bestimmt riehnebr: „Die Hülfo- 
leistung in allen Fällen dffentlidier Not, welche durch Kri^, Pestilenz, 
Feuer, Hunger, Überschwemmung u. s. w. henrorgemlen sind, und 
zwar mit Geld, Material, Krankenpflegern oder anderem persönlichen 
Beistand." Vorausgesetzt ist dabei, dafs der Notstand von dem 
Centralkomite in Washington als ein nationaler anerkannt wird. 

In den Kricf^cn der siebziger und achtziger Jahre hat das 
Rote Kreuz mehrfach Gelegenheit gehabt, seine Diensie i)raktisch y.n 
betlulti^en. Die Erfaliruntren im deutsch-französischen Kriege fülirten 
naturgeniäCs zu ^aolsen iietormcu und Wandlimgen. Es waren riele 
neue P>lindungen und Verbesserungen für Pflege und Transport 
der Verwundeten etc. in das Leben genifen worden. Dies galt 
besonders auch von dem i-ussischen lloten Kreuz, während in der 
Türkei das Vereinswesen für die freiwillige Krankenpflege in den 
Friodensjahren eingegangen war und eist wihroid des Krieges wieder 
neu belebt werden mulste. England stand bei der internationalen 
Hülftleistung, was den Reichtum der Mittel und die Energie der 



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Dm internationale Bote Kraui eto. 



217 



flinschreitenden Persönlichkeiten anbelangt, wiederum in erster Reihe. 
Sein Rotes Kreuz war zuei-st auf dem Platze. Schon während des 
serbischen Insurrektionskrieges von l^STG hatte die „National Snciety- 
för die Türken in Nisch, für die Serben in Beljrrad ein Lu/uret ge- 
gründet. Auch der englische Johanniterorden war dort thiitii; jjeweaen. 
Im JuU 1877 traten aber die Hauptvereiiie Kiigluadü an den wich- 
tigsten Pnnkton des Kriegsschauplatzes auf. Das „Stafford House- 
Comitee" in London nnterMelt 82 Personen, Wehe tvfthrond des 
FeldzQges an 34 Terachiedenen Orten (darunter Scbipka, Plewna, 
Erzenun, Trapezimt, Kars) nicht weniger als 71 200 Kranke und 
Verwundete yerpflegt haben. Die „National Sodety** rüstete ein 
Dampfiieliiff mit 4 Ambulanoen auB, welche in Vama, Adiianopd, 
Batum und Eiaerum etablirt wurden. Das DampCschiff diente ab- 
wediselnd als Evaknations- und Hospitalschiff. Derselbe Verm 
unterstützte die Viskountefs Strangford, welche allein 6 Kranken- 
häuser errichtete und mit grofsem Erfolge wt>i])liche Krankenpflege 
bei türki'=''li( Ti Verwundeten in Anwendung brachte. Der englische 
Johanniter-Orden stellte einen vollständigen Sanitätszug. Als Agenten, 
Arzte und Wärter \\nirden von dem englischen Roten Kreuze in der 
Begel nur Personen angenommen, welche Landes- und Sprachkenntnisse 
auf dem Kriegsschauplatze berühren konnten. Die Unterstützungen, 
welche der freiwilligen Krankenpflege aui' dem russisch -türkisohen 
Kriegsschauplätze ans Osterreich nnd aus Ungarn zuilusbcn, waren 
selir bedeutend. Von ganz besonderer Wichtiirkeit namentlich war 
die Hülfe, die von liier aus bei der Organisation des SaidUitswesens 
geleistet wurde. Das italienische Rote Kreuz entwickelte im Sommer 
1877 eine rege inte^ationale Thätigkelt. Seme Sendungen lUr die 
russische und türkische freiwinige Krankenpflege gingen zunSchst 
direkt nach Bukarest und Konstantinopel, Üs die von Genf aus in 
Triest eingerichtete internationale Agentur im YoUen Gange war. 
Die Letztere wurde von der Stadt Triest durch Gewährung von Lager- 
räumen und Ton dem österreichischen Lloyd, sowie von deutschen 
und itatiemschen Eisenbahn- und SchififahrtsgeseHechaften durch Ge- 
währung freier Frachten oder ermäfsigter Preise sehr wesentlich unter- 
stutzt. In Belgien \vic in den Niederlanden wäre n die Centralkomites 
mit ihrer Hülfe schnell bereit. Er^teres nahm dafür die ^'onnittelung 
des internationalen Komites in Genf in Anspruch. Letzteres versah 
gleich zu Anfang des Krieges den reformirten niederländischen Verein 
in St. Petersburg mit Geldmitteln, um in der Nähe dos Kriegs- 
schauplatzes ein Lazaret zu errichten. Dem türkischen ( 'entralkinnit/} 
wurden von Haag aus ebenfalls reichliche Unterstützungen :\n (itdd, 
Verbandmittcln und Instrumenten zugewendet, deren Tran.s|>(irt die 

JahrbDclMr Mi di« Dtmtitch« Arme« nnd Marine, bd. VA, 2. 15 



218 



Soldatenleben im 30jihrigen Kriege. 



küniglicli ni. derländischp RcliitTfalii ts<TPf?ellschaft unentgeltlich über- 
nalim. Schwodcn, Nonvcy;eii und Diinom.n-k li:i])en durch die Triester 
Agentur wicdorliolt SSeiuliincren iiacli Konstaiitinopol gelangen hissen. 

AuTaur in den eben gedachten beiden grorscn Kriegen ist das 
Rote Kreuz während des letzten Jahrzehnts auf zahlreichen Kri^s- 
schauplätzen als intemfttioiuile Hülfnnadit eraehieaieiL In Sfianien, 
Bosmen, Serbien, Bulgarien, in Sfid-Amerika, in Sfid- und Ost^Afirik», 
in Egypten, in Mittel-Asien, in Tongking, in Atscliin anf Smaatra n. b. w. 
Das Genfer internationale Körnitz bat seine Pflkbt, diese HlQfe an- 
zuregen und zu vermitteln jedesmal ledlicb zu erfHUen gestrebt und hat 
dabei nicht selten mit ▼ölkerrecfatlichen Schwierigkeiten zu kimpfen 
gehabt. Auf seinem friedlichen Feldznge über beide Hemiaphifaren 
bat das Vereinswesen des Roten Kreuzes, was die Genfer Konvention 
selbst oft nicht vermochte, die Schranken, welche die Völker trennten, 
nach und nacli iiliersch ritten, der günstige Erfolg ist dabei wesentlidi 
dem engen Verbände zu danken, in welchem Regierungen und Verane 
am Werke waren. In diesem Verbände Hihrt d'.\< "Rftte Kreuz im 
weifHcn Felde fort, die sittliclien Faktoren der Pietät und der Näehstcn- 
hebe unter den liekennern der verseLiedenou Religionen als eine inter- 
nntionnlo Macht prnktisc h y.ur (icltung zu bringen. So vollzieht sich 
eine Kulturbcwc^ung, die ihren Rinflufs Richtlmr auf die Kriegführung 
und das Kriegsrecht ausübt und welcher daher in der Zukunft auch 
auf dieseu) Gebiete eine weitere völkerrechtliche Anerkennung nicht 
fehlen wird. G7. 



XIV. 

Soldatenleben im SOjahiigan &iege. 

VOB 

J. Baumann, Hauptmann. 



2. Im Lager. 

Tilly ]i;ilte mit dem Heere der Kaiserlichen dns feste Magdeburg 
umschlossen. Fr liatte -22000 ^fann Fnfsvo'k. 3100 Reiter und 86 Ge- 
schnt:^e. Am 20. Mai H'iRl \vurde der wohl vorbereitete Sturm unter- 
nommen. L>ie Stadt gelangte in die Hände der Belagerer und wurde 
(huin nach allgemeinem Kriegsbrauchc geplündert. ünseHgerweise war 
an lueltreren Stelion Feuer ausgebrochen, das rasch überhand nahm, 



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BoldatenlebeD Im aOJihrigoi Kriege. 



219 



so (lafs der Ort, welcher den Kaiseilichea hätte ein Bollwerk bleiben 
aoUen, in Asclic sank. 

Wei- an den folj?endcii 'J'afron am linken Elbiifer ein Lager der 
Kaiserlichen besuchte, fand dort die Soldateska schwelgend imdliickc 
des Sieges. Das Lager unigal> /um 8cliut/t' gegen Überfalle Krdwall 
und Graben. Dahinter standen die leichten Geschütze und dabei 
Konstabier mit glimmenden Lunten. Freilich an dt n Tagen, welche 
der Einnahme folgten, mag isowohl diese Schutzraafsregel wie auch 
die anderen aufser Acht gelassen worden sein. An den Lagcrausgäiigen 
waren die Lagerwachen postirt und aulkerhalb des Lagers Posten von 
Hnsketteren ond Reitertruppe Terteill Der breite leere Raum zwischen 
Um&Bsung und den Lagerreiben bOdete den Läi-mplatz. Dann kamen 
die Vierecke der Regimenter, Ftthnlein an Fähnlein, diese durch enge, 
die Regimenter durch breitere Gassen von einander gesondert 
Regimenter, die erfohrungsgemäfe nicht gut mit einander hamonirten, 
wie namentlich die deutschen und wälschen, lagen weit von einander 
getrennt Überall flatterten Fahnen, denn diese sowohl wie die 
St^indarten und die langen Picken wurden allenthalben senkrecht In 
den Boden gesteckt. Dazwischen sah man die Leinwandzelte der 
Offiziere, und zwar hatte der Fähnrich seinen Platz vor dem Fälndein, 
der Lieutenant in der Mitte, die Hauptleute und Obersten daliinter. 
Auch die Mannschafton pflegten sich, namentlich hei längerem Aufent- 
halte, gut bäuslicli ein/zurichten. Selten begnügte man sich mit 
Windschirmen, man errichtete vielmehr Hütten und l^riracken aus 
Reisig, Brettern, Balken und Stroli. Diese iiestamiteilc wurden 
freilich oft den benachbai ten Ortschaften mit Gewalt entnommen und 
manches Dach daselbst abgedeckt, dafs nur die leeren Lehmmauern 
stehen blieben. In diesen Tiagerhiitten wolinten die Soldaten zu 
Zweien und zu Vieren mit Weibern, Dirnen, Buben und Hunden. In 
der Mitte des Lagers erhoben sich die geräumigen Zelte für den 
Fddherm und Stab, von einem freien Räume umgeben, in dor Nähe 
xog die Lagerwache auf und stellte Musketiere als Posten aus. Dort 
stand auch in der Regel als abschreckendes Baspiel der Lagergalgen. 
In der Nähe war auch das Artillerteseug aufgefahren, das man nicht 
bei der Belagerung in den Erdsdianzen und Lau%räben bedurft hatte, 
und der y<nTat an Munilion mit den mm Zeug gehörig Lastwagen. 
DieMr ArtiUorieparii^ war Torslchti^rweise mit einem Graben um- 
zogen. Bei der Hauptwache lag der stete besuchte Spielplatz, der 
auf diese Weise unter «rutcr Aufsicht stand, denn Streit und Thätlich- 
keiten machten häufig das Einschreiten der Wache notwendig. Hinter 
den Zelten der Oberofifizieie, durch eine breite Oasse getrennt, er- 

16* 



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220 



Soldafeeateben im SOjihijgen KAegb, 



hoben sicli (Vw riolon, meist dicht umdrängten Buden und Hütten der 
Marketender und (iarköche. 

Hat man so einen Überblick über das La^er gewonnen, kann 
man die Auliuerksamkeit auf das bunte länncnde Treiben richten, 
das sich nber.ill bemerklicli macht, i aujicncic aller W atlen drängen 
sich laut durcheinander. Das Bild ist um so vielfarbiger, als es keine 
gleiche Uniform giebt Die Kleidung war Jedem überlassen, man 
hatte aneh selber daßtr aofznkommeii. Im AUgemeinen trug man 
en^nliegende Kamisols mit weiten Ärmieln, wate Hosen, die unter 
dem Knie gebunden wurden, Strümpfe und Schabe. Auf dem Kopfe 
sab ein weicher breitkrempiger Hut oder eine Stormhaube. Die 
Offiziere^ welche sich unter der Menge zeigteni erkannte man an der 
besseren Kleidung. Sie trug^ Wämser ans hellem oder dunldem 
naturfiurbenen Leder, breite Spitzenkragen und Manschetten, wallende 
Federn auf den Hüten und hohe Stiefel, wie die Reiter. Oft hatten 
sie um den Hals goldene Ketten, Auszeichnungen für besondere Ver- 
dienste. Auch die Bewafliiung der Mannschaften, welche auf den 
Lärmplatz zogen, um die Wachen zu beziehen oder davon einriickt^'n, 
zeiplc fjfrofse Mannigfaltigkeit, Da fielen vor Allem die Piken in die 
.'\up;en, welche 15Fuf8 in die Länge mafeen. Es war die Hauptwache 
der schweren Doppelsrddner, welche über dem W ims noch manches Eisen- 
stück als Schutz truj^en, wie das Bruststück, den Blechschurz und 
die Arinschieneu. Dazu gehörte ein langer De<2:en. Die Musketiere 
Heliloppten auf der Schulter die schwere Muskete mit dem Lunteu- 
scldoik und zogen eine Gabel nacli, aul welche man beim Abfeuern 
das Gewehr l^te. Über die Schulter ging noch ein breites Bandolier 
mit eiaer Reihe von HidscyUndem filr die Patronen, an der Seile 
aber hingen die Pülverflascfae, der Kugelbcutel, der Luntenbergernnd 
ein Ölfläschchen. 

Das Komet Reiter, welches eben in die Lagergasse einbiegt, and 
Pappenheimer Kürrassiere, die bei der F.ipnfthm«^ der Stadt unter 
ihrem waghalsigen nSchrammheinz*' den Löwenanteil Teidienteo. Es 
sind schwer gerüstete Reiter, Yon Eisenteilen geschützt beinahe bis 
zu den grofsen Stulpsticfeln, an denen ungeheuere Sporen klirren« 
Zu ihrer Linken hängt in langes gerades Schwert, während in den 
H elftem zwei schwere Pistolen stecken. Beinahe noch schwerer ge- 
rüstet sind die Speerreiter oder Lanziers, beträchtlich leichter aber 
die Arkebusiere oder Karabiniers, die zur eisernen Sturmhanbe nur 
noch Halsrin«: und Brust-Harnisch trugen. Sie führten nebst Degen 
und Pistolen aueli noch ein kurzes FaiiHtrohr Die Dragcmer waren 
eigentlich nur berittene Musketiere, darum hatten sie auch die Büchse 
des Fulsvulkes, am Sattelknopfe aber eine Axt. Das waren wohl die 



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SoidMeiUcbeii im SOjährigen Kriege. 



221 



noriiialeu deutschen Rcitcrtypeii. Dazwischen sah man freilich noch 
manchen Reitersiuami, der, vuu fremden Ländein istamiueud, iiuderen 
Regimentern angehören mufste. Dieses irreguläre Volk von flinken 
Reitern lielk äcih zu VorpostendieiiBt und Stiinfereien gut verwenden, 
so nameutEoh die Kroaten oder ungarischen Husaren; auch Kasaken 
waren nicht selten in den deutschen Lagern. 

Bunter und lauter wurde es, wenn man den freien Raum er- 
reichte, an dem die Hauptwache hig. Dort war der Spidplatss. Da 
gmgB hoch her. Geld hatten Alle, und Jeder gab sich wacker Mflhe, 
es wieder los zu werden, wfthrend es einige Glücksvögel zu iinhoLm> 
lidien Haufen mehrten. Es standen wohl Tische und Bänke umher, 
aber die meisten Gruppen lagen auf dem Boden, auf dem sie Mäntel 
ausgebreitet hatten. Überall klapperton bei lautem Lachen, Schelten 
und Fluchen die Würfel oder „Schelmbeine", wie man sie nannte. 
Niederländer und Oberländer hicfsen sie nach ihrer Art. Die ehion 
mufste man schleifend rollen, die anderen hoch „aus der bayerischen 
Höhe" werfen. Da w^areii viele falsche chel tiarunter, mit denen 
der Eigentünior, der ihr Geheimnifs kannte, bttits gewann. Auch 
Karten ^abs; man spielte: „Trumphcn, letzter Stich, Pildren, Quenzeii 
und Labeten." Aufser den grofson Tlialern brarhtc Mancher ein 
wertvolles rrunkstüek auf den Spielplatz, das er baUi a:i ein(m Anderen 
verlor. Mancher öffnete sein Wams und holte aus verborgenen 
Tsschen Haufim Ton Goldgulden. Bei Änderen sah man unter den 
Röthen ganze Barren TOn Edelmetall zu kostbaren Klumpen zer« 
schlagen. Wieder Andere hatten ihr Beutegeld gar in Formen oder 
Platten gegpseeo, die sie ebenfalls Tersteckt am Leibe trugen. Auf 
diesem yerrufenen Spielplätze gab es viel Gesdirei; man sah im Zorn 
gerötete Gesichter, oft blitzende Messer und manch ernsten Handel, 
da das Einschreiten der Wache nötig machte. Wer sich soweit rer- 
gaCb, dafs er zu groben ThätUchkeiten überging, ward festgenommen 
und dem Profossen übei^eben, der ihn in Eisen steckte, bis ihn der 
Generalgewaltige richtete. Um den Spidteufel auszurotten, hatte man 
mitunter die Spielplätze ganz verboten. Dann kamen die Söldner 
anderswo zusammen, in heimlichen Winkeln und an abgt^legcnen 
Orten. Da war der Roliheit, dem Mord und Totschlag erst recht die 
Thüre treöffnet. (rerne erlaubte man wieder, was nicht auszurotten 
war, legte aber die Wache neben die Spieler, damit die notwendig 
werdende Abwehr immer zur Hand wäre. 

Wie die Raben das Aa^ umfliegen, schlichen schlaue Handels- 
leute und listige Juden um die reich gewordenen Mietlinge. Ketten 
und Ringe, kostbares Efszeug und Silbergeschirr wanderten in die 
grandlosen Taschen der Uners&ttlichai und m^ um einen Puxasel^ 



222 



äoldatcnlebcn Im 30jakrigcn Kriege. 



bäum. Da wurde in wenigen Stunden oft ein Vennögen verspielt, 
das einer Familie zeitiebens eine gesicberte Esdsteus geboten b&tto. 
Nach der Kinnahme von Magdeburg hatte ein Soldat auf einem Flecke 
30000 Dukaten verspielt Tilly bdrto davon und lieb den Tropfen 
aufhängen. Wenn eine Stadt im Sturme genommen wurde, war die 
Plünderung das Recht des Soldaten. Kein Feldherr, nicht einmal 
der strenge Tilly konnte eine dreistündige Plünderung vcrweliron. 
Die Sitten waren überhaupt erschrecUend roh; an eine Zukunft glaubte 
man nicht, sowenig als an eine ewige Seligkeit; darum war auf Erden 
Alles erlaubt. Drüben war man dem Teufel verfallen, dem sich viele 
ausdrücklich verschrieben. Es grassirtc ein itnVieimliclicr Unglaube 
\nid Aberglaube. Da gab es die greulichsten GotU-sIiistcrunguu zu hören, 
Fluchreden und Sjn iiclie der roheston Art, mit denen man sich breit 
machte, denn wer dies nicht konnte, galt nichts. 

Die verschiedenen T,ngerzeiten zeigte ein Trommelschläger an, 
der mit einer gewaltigen Trounnel durch die Lagergasson schritt, bei 
den Reitern ein Trompeter. Desdiidere utuI wichtige Dcfcble aber 
vennittclte der Herold, an seiner aullalkiiden Kleidung weithin er- 
kennbar. Ein Trompeter begleitete ihn. Er verlas die Verordnungen 
im Namm des Kriegsherrn. Auch die anderen Kundmachungen und 
selbst Befehle, die etwa auf zu erwartende Schlachten und Gefedtte 
Bezug hatten, wurden auf diese Weise bekannt gegeben. 

Das lebhafteste Treiben herrschte wohl in den Gassen 
hinter den Zeltreihen, wo die Buden der llarketender und 
Garköche standen« Weithin sichtbar waren die Preise der Waaren, 
Speisen und Getränke an den Bretterhütten und Fässern aageschiieben, 
wie sie der Profofs festgesetzt hatte. An diesen Tagen frug wohl 
Niemand nach den Preisen, Jeder hatte im Überflufs. Neben den 
Of&deren suFsen fein herausgeputzte Dirnen^ welche der Marketender 
hielt, um lustige Kumpane anzulocken. Aucli um den gemeinen 
Mann zu bedienen, waren Weiber in Fülle vorhanden. Manch neues 
Gesicht war rlaninter, das aus der genommenen Stadt stammte, zwar 
noch etwas ah^^'ehärnit, aber dun-li die lange Entbehrung kirre und 
sich nicht ganz urigeni dem wilden Zwange fügend. Überall gab es ein 
Lachen und Schäekern, ein Kosen und Kreischen. Mancher Kriegs- 
maini stijlziit(^ vorüber, gar sonderbar herausgeputzt; er hatte sein 
zerschlis.senes Wams weggeworfen und trug den neuen Bcuteruck mit 
Pelz verbrämt. Die leichten Weiber und Dirnen prunkten in Gold- 
brokaten, Sanmit und Seide; sio hatten goldene Borten aufgenäht 
und die feinsten Spitzen; man sah an ihnen die kostbarsten llcrmeUne, 
Zobel und Marder, währnid auf den Hüten grofse Federn wallten. 
Es war unschwer su erraten, dals die gleifsenden Stoffe am den 



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Betrachtungen über die ScbieDMregehi der Feld-Artillerie etc. 



233 



Kifchen Btammten and die Spitzen von den Priesterrocken. Da sah 
man bei den Zedtem manch eigentümlichen Keloh, der vom Altäre 
we^enommen, nunmehr bei den rohen Gesellen mit Wein geiüUt in 
die Bnnde ging« Was die nachsichtigen Marketender seit Wochen 
nnd Monden in das Kerbholz geschnitten, das wurde jetzt mit Zinsen 
heimbezablt, und vom den erbeuteten Goldketten nahm man Glied 
am Glied, um die Zeche zu begleichen. 

Solch üppige Tage, nicht allzu häufig in dem harten Leben der 
Kriegsleute, steigerten bei der Mehrzahl die Kolihcit und die Aus- 
schweifungen. Immerhin fiel auch für die hail mitgenommene Be- 
völkerung dos Umkroisos mancher Brocken ab, denn mit dem schnell 
Erworbenen j>tlegte man wonig zu geizen. Mancher von den Sehlenitneni 
hatte ein ^ries^rrämiges Gesicht neben sicli, einen Stjidtbürger, den 
er mitgenomuien, um dessen Lösegeld zu verdieuen. Das war aber 
biaian»; noch nicht eingetroffen. 

In diesem lärmenden Lufrerleben zeigte sich die ganze Kohhoit 
der dermaligen Kriegszeit. Gab es ja nicht wenige, die, unter tiem 
Kriogsvolke au%cwachscn, ein ganzes Leben zwischen den Zeltreihcn 
und an den Marketendertlsdien verbvaditenj wenn nidit magnre 
Zeiten, Schlachten und lange Märsche Ausnahme rerlangten. 

(FortMtsung folgt) 



XV. 

Betrachtungen über die Schicr^regeln der Feld- Artillerie, 
welche durch die Einfühi'ung der Schrapnels mit 
Doppelzfinder als Hanptgeechofs Toranlaiist werden« 



I. Rilckbllck tlie Lntst^^hiing der Sehipfsregeln. 

Vordem Kriejie ISId'TI bestanden „liegein für das Schiefsen", 
welche sieh auf die PxHlienung der Geschütze, den Gebrauch der 
Schufsarten und der Schulstafeln, die Konektui'en beim Schiefsen, 
di(i Schnelligkeit des Feuers nnd die Feuerordnung hezoefen. Diese 
Regeln füi- das Schiefsen nahinen in dem 18()8 in Berlin (Stricker) 
in 2. Auflage erschienenen „Hand- und Taschenbuch für OfHziere 
der Preolsischen FeldpArtillerie 23 Seiten Ci72 emscUietsUdi 294) ein. 

,}Sohiefsregeln^ — in dem heutigen Sinne dieses Wortes — 
sind erst nach dem Kriege 1870/71 erschienen. Zur Zeit ihrer Ent- 



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224 BetrachtoDgeu ilbcr die Schleikegelii der Fdd-AitUlerie ebc 

L««hiing war die Granate mit Aufschlagzünder (Az), wenn nicht das 
einizige, so doch das HauptgeBcheJs der deutschen Feld-ÄrtOleEie. 

Als dann, zugleich mit dem deutschen Feld-ArtjUerie-Hateriat 
G/73 auch Schrapnds mit Brennzflnder (Bz) zur Einfühnrng gelangten, 
waren die geringe Zahl der Schrapnds und deren kleine, iiir die 
Beobachtung wenig gtinstige Sprengwolke die Ursache, daüs fast immer 
erst zum Schiefsen mit Scbrapnels geschritten wurde, nachdem die 
Eutfemung des zu bekämpfenden Ziels mit Granaten ermittelt 
worden war, 

Die Sclnnerif^koiten, welche sich durch die Nichtübereinstimmung 
der üiviiiizuit der Züntlcr der Scbrapnels mit der Flugzeit djoser 
noschosse ergaben, wurden im Laufe der 70er Jahre durch die Kor- 
rektur der Brennlängo — also unmittelbar — zu beseitigen getrachtet. 
Mit der unmittelbaren Brennlängcn-Korrektur war jedocli der Xaciitei! 
verbunden, dafs Krhüliung und Züudcrcintcilung VL'rschk'denen Eni- 
fernungszahleu entsprachen, d h. für die Brennlänge eine andere Ent- 
femungszahl als fär die Erhöhung kommandirt werden mu&te. 

Zur Beseitigung dieses Doppel -Kommandos, welches leidit zu 
Irrtümern VeranhiSBung gab, die Bedienung der Geschütze und deren 
Beaufsichtigung erschwerte, wird seit den 80er Jahren^ wenn dcii 
eine Nichtübereinstimmung zwisch^ Brennzeit und ilugzeit der 
Schrapnels ergieht, zuerst „durch einseitige Änderung der Erhöhung 
(Flugbahn)^ die Gröfse der Unstimmigkeit zwischen Brennzeit und 
Flugzeit ermittelt und dann „durch gleichzeitige Korrektur an Er- 
höhung und Brennlänge, um deren ermittelte Unstimmigkeit, nach der 
entgegengesetzten Seite" beseitigt. Auf diese Weise wird „an- 
nähernd" wieder dieselbe Flugbahn, welche vorher als zutreffend 
ermittelt worden ist, erhalten, aber eine Brennlängc, die um das- 
jenige Mufs berichtigt ist, um welches die Zünder unriehtig (zu laug 
oder zu kurz) })rentien. Durch die ebenfalls Anfang der 8()cr Jahre 
eingeführten, zum Auflegen auf die Üohrfläche bestimmten 
A ufsatzplatteu wird die rasche Ermittelung der Gröfse der 
Unstimmigkeit zwischen Brenuzeit und I lugzeit, wenn die 
Zünder zu lange brennen, stets, wenn abci* die Zünder zu kurz 
brennen, nur dann begünstigt, wenn bereits vor Beginn des 
Schiefsens mit Schrapnels Aufsatzplatten auf die Rohr- 
flftche aufgelegt worden sind. Ist dieses nicht geschehen, so 
kann eine Verkürzung dar Brennzeit der ZUnder nur durch eine un- 
mittelbare Verminderung der Erhöhung ennittelt werden. Hierbei 
wird, wenn mit dem Aufsatze gerichtet wird — was doch stets an- 
strebenswert sein sollte — , die Anwendung Tcrschiedener Entfemungs- 
zahlen ffir die Erhöhung und lür die Brennlängc, also das Doppel- 



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Betraohtuugen über die SckielaNgelii der f'eld-Artillerie etc. 

kommando nötig, welches durch die Einfiihrung der Auüsatzplatttf^. 
— Platten-Korrektur — vermiedou werden wollte. 

Bevor jedoch der Frage, ob Plütteu* oder unmittelbare Breun- 
Ifingen-Kofrektor sich mehr empfiehlt, niher getreten wird, müssen 
die Betrachtungen, za welchen die BfaftHwung der Schrapnels mit 
DoppeJzfiader (Dz) ab Hauptgeacholh der Feld-Artillerie den Aolals 
giebt, erwähnt werden. 

II. Ist das Einschiefs(»n mittelst Schrapnels mit Az, wenn 
Schielten mit Bz geboten ist, auch jetzt noch unerl&rslieht 

In so lange Granaten mit Az und Schrapnels mit Bz die Ge- 
achoBse der Foldaitillcrie waren, hatte das Ermitteln der Entfornung 
des zu bekämpfenden Zieles — das Einsclüelaen — durch Granaten, 
also mit Az, audi in denjenigen Fällen, in welchen Schrapnelfcner 
mit Bz f^eboten war, wegen der leichteren BL'übaclitimgsfähigkeit der 
gröfseren und stärkeren Sprengwolke der Granate, entschieden volle 
Berechtigung. 

Seitdem jedoch die Granate ganz ausgeschieden ist und das 
Schrapnel mit Doppelzünder (Dz'^ dns liaupt^eächois der deutschen 
FeldartiUerie wurde, hat zweifellif.-. die Frj^^e, ob das Firmitteln 
der Entfornung i Flugbahn) durch Schrapnels mit Az — das 
bei jedem iVz-Feucr und auch heim Schielsen von Sprcuggrauaten 
mit Bz entschiedene Vorteile gewährt — auch in denjenigen 
Fällen, in welchen das Schiefsen von Schrapnels mit Bz 
baldmöglichst angestrebt werden mufs, natOrlich') nnd ein- 
&ch*X also im Kriege vorteilhaft ist, eine wesentlich erhöhte 
Bedeutung gewonnen. 

Die Verwendung von Schrapnels mit Bz wird viel öfter 
geboten sein, als die von Schrapnels mit Az. In den weitaus 
meisten Fällen ist daher die Ermittelung der zur Entfernung 
des zu bekämpfenden Zieles passenden Brennl&nge ent- 
schieden sehr viel wichtiger, als die Ermittelung der Ent- 
fernung (Erhöhung). Es handelt sich also woniger um die Er- 
mittelung derjenigen Flugbahn des Geschosses, deren Endpunkt in 
oder sehr nahe vor dem Ziele liegt, als um die Ermittelung derjenigen 
Brennzeit des Zünders, welche eine triinstige Sprengpunktlage der 
Schrapnels ergiebt. — Eine mittlere Sprengweite bis 120 Meter (m) 
vor dem Ziele giebt bei entsprechender äprenghöhe gute Wirkung. 

'} Napoleon I., in nUitlriaeben Sachen neher «ane Autorit&t, wird der 
Ausspruch zageBchriebci] : „Alles, was nicht natürlich ist, ist unvollkomtnen.*' 

^ Clausewitz betont wiederholt in seiner Lehre vom Kriege: „Im Kriege 
ist Alles einfach, aber das Ein&che ist nicht leicht." 



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etiMshtungeri aber ditt Sohiefirngdn der IPeld'AiliUarie ele. 



^af Entfemnogen luter 1500 m kt aber sellMt bei %ireiigw6iten bU 
zu 200 m noch ansreicheiide Wiiknng xu erwarten (Ziffer 41 des 
Entwurfes der Sdiielsvorechnft 1893). Dagegen werden beim Sohielbeii 
Yon Schrspnek mit Az nur die, nicht aelfcen erst dnrofa mehrere 
Korrcktut-cn, nahe vor das Ziel gebrachten Schüsse wirkungHToU sein. 
Aulserdem ist die Wirkimg dee Sobrapnek mit As Ton dem Auf- 
schlagsgelände abhängig. 

Hierauf fiestüt/t dürfte die Folgerimg, dafs in denjenigen 
Fällen, in welchen feindliche Infanterie nr!er Kavallerie') 
in, mit Gefahr bedrohender Nähe, mithin auf Entfernungen unter 
li)0() m plötzlif-h (überraschend) auftritt, und daher rasch 
niedergekamptt werden nuifs, das alsbaldige Schiefsen mit Bz 
geboten sei, berechtigt sein. Wenn aber auf den Entfeniun^en 
unter 1500 m, aho auf denjenigen Entfernungen, wo eine rasche 
Wirkung der leid- Artillerie ganz besonders geboten ist, das alsbaldige 
Schielsen von Schrapncls mit Bz naturgemäfser, einfacher und Wirkung 
voller ist, als das Sdiieften mit Bs erst nach der Ennittelnng der 
Entfernung des zu bekämpfenden 2Seles durch Schielken von Sehrapnels 
mit Az, so wird auch die Frage, ob Einsehiefien mit Bis nicht in 
allen Fullen, in welchen Sohrapnelfener mit Bz vorteilhafter als Fener 
nut Az is^ anzuwenden sei, nicht jeder Berechtigung mitbehren. 

Ehe jedoch der Lösung dieser wichtigen Frage im Sinne der eben 
ausgesprochenen Ansicht näher getreten werden kann, sind nadi- 
stehende Erwähnungen geboten: 

1. Für jedes Einschiefsen mit Bz erscheint „geschUtz- 
weises Laden'', anstatt dem früher hierfür vorgeschrieben gewMenen 
„zugweisen Laden", geboten. Allordings wird hierdurch die Feuer- 
geschwindigkeit während dem Einschiefsen beeinträchtigt. Wenn aber 
die noch nicht geladenen Geschütze mit der vom Batteriechef für 
den zuletzt abgegebenen Schufs konimandirten Entfernung nac}i dem 
Ziele gerichtet sind, so wird die Zeit bis zur Abgabe dm nächsten 
Schusses nur um die zum Stellen des Zünders, Laden des Geschosses 
ujul der Kartusche nötige kurze Zeit, also nicht sehr wesentlicli ver- 
zögert werden, wenn der Batteriechef, sobald derselbe den abgegebenen 
Schufs beobachtet — bezw. die hierauf bezügliche Mitteilung eines 
Hiilfebeobachter« erhattan — hat, die ihm, auf Ghnmd der Beobadtoig, 
för den nttcfasten Schuis gebotene Entfernung sofort kommandirL 

2. Die beiden Hauptgriinde, welche bis zur Einflihrung der 

Schätzt man ^'e^^'ii (Üf Hattfrie anreitende Kavallerir im AugenbUck 
ihres Erscbetueuci uicht über 1000 m entfernt, so wird sogleich das Kominaado 
znm Kartitschfeuer gegeben (Ziffer 138 des Entwurfes der Schieliivofsehrift fdr 
die FeldartiUerie 1888). 



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Betrachtungen über die tschiei'ttregeln der Feld-ArüUerie etc. 22* 



Schmpiiels mit Doppolzünder als Hauptgescliols und dem gänztichen 
Amachaiden der Gränaten für das Enuittabi der Entfenumg durch 
Granaten mit Az avoli in denjenigen Fällen, in welolien Schiapnete 
mit Bs zur Verwendung kommen zollten, apracfaen, muen: „Die 
grdAeie und stärkere Sprengwolke der Granate und der ebenfidb ge- 
mbtige Grund, dab diejenigeu Sprengwolken der Schrapnels mit Bat, 
weldie höber ale der obere Band dee zu beklbnpfenden ZieLee liegen, 
bezüglich ihrer Lage zum 2<iele — ob r>'^'or^ oder „hinter'' dem Ziele 
liegend — sehr schwer, oft gamicht zu beobachten sind.'' — Von 
diesen beiden Hauptgründen besteht der erstgenannte nicht mehr. 

3. Schrapnelschüsse mit 6z, welche Aufschläge ergeben, 
sind, seit der Einführung der Schrapnels mit Doppelzünder 
nls Hauptgeschofs der Feld- Artillerie, nicht schwerer als 
Schrapnels mit Az zu beobachten. Ebenso worden Schrapnel- 
schüsse mit Rz, deren Sprentr wölke nicht höher als d r ol>ere Hand 
des zu bekämpfenden Zieles liegt, bezügUch ihrer Lage zum Ziele — 
ob „vor- oder „hinter" diesem hegend — durchschnittlich nicht 
schwieriger als Az-Schüsse der Schrapnels, unter Umständen sogar 
leichter wie diese beobachtet werden können. 

4. Aus diesem Grunde werden die nachfolgenden Er- 
wägungen auf diejenige Lage der Sprengwolke beschränkt, 
welche für die Beobachtung von Schrapnels mit Bs ent- 
schieden ungfinstig ist, also auf den Fall, in welchem die 
Spre ng wölke hdher als der obere Rand des zu bekämpfenden 
Zieles liegt 

A. Ist hierbei das Ziel unter lÖOO m entfernt, so wird 
sich, in einem nicht ganz i^eichfönuigen und öden Gelände, nicht zu 
schwer ein Merkmal — gut sichtbarer Gegenstand im Gelände, welcher 
sich mit dem Ziele in Beziehung bringen lälst — für die Schätzung 
der Abweichung des Sprengpunktes vom ffieie finden und verwerten 
lassen. In einem ganz gleichförmig ebenen, der erwähnten Merkmale 
entbehrenden Gelände aber wird, ein Boj^innen des Schiefsens, mit 
dei- absichtlich etwas zu kurz geschätzten Entfernung des Zieles, in 
drriicnigcn Fällen, in welchen eine Wirkinitr im Ziele nicht beobachtet 
wird, zu einem sofortigen Vorgehen nm 2(K»m, dagegen, sobald auch 
nur einigermafRen Wirkung im Ziele beobaclitct wird, liöchstens bis zu 
dem eben angegebenen Mafse berechtigeu; worauf dann ungesäumt vom 
„gGöchützwciseu Laden"^ zum „durchgehenden Laden und einem 
Wirkung versprechenden ^geschiitz weisen Feuer"* übergegangen werden 
kann. Der Umstand, dafs das Erkennen einer Wirkung im Ziele im 
Kriege häufiger möglich sein wird, als bei den Schiefsübungen im 
Frieden, kann sicher nicht gegen das hier beförwortete Ver&hzen 
sprachen. 



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.28 Betracliluügeii übet die Öchieikr^eln der Fdd-Artillerie etc. 

VomuaddifHcli wd das Scihieiben auf Entfemimg unter 1500 m 
für eine Batterie seltener unnuttelbar nach dem Abproteen derselbeD, 
wie ak Zielwecbsel') nOtig werden. Eine im Bfe-Feuer nacb emem 
weiter entfernten Ziele befindliche Batterie wird sofort den Zielwechsel 
betliitigen. Hierbei werden die bereits fBr eine grOfsere Entfernung 
geladenen Sdirapnels mit Bz durch ihre Aofischlägc die Ermittelung 
der Entfernung des neuen Zieles, mithin anoh ein wirkungsroUes Bs- 
Feuer gegen dasselbe begünstigen« 

B. Bei der Bekämpfung von Zielen, welche über 1500 m 
entfernt sind, werden die Scliwierigkeiten , welche für die Be- 
obachtung durch über dem oberen Knniln dos Zieles erscheinende 
Sj)rcngwolkon entstehen, zweifellos nicht so leiclit und rasch, wie bei 
der Bekämpfung von untor 1 öCK) m entfernten Zielen, in der ad A. 
angedeuteten Weise behoben werden können. Dennoch sind wir der 
Ansicht, dals auch bei der Bekämpfung Ton über 1500 ni entfernten 
Zielen — da^ Kinschiefsen mit Az, wenn das Schiüi'tien von 
Schrapnels mitBz geboten ist, nur dann angewendet werden 
sollte, wenn ein Einschiefsen mit Bs nicht au ermöglichen 
ist Kann „z. B.", während dem, unter gesdiütiweisen Laden statt- 
findenden Einscbie&en mit Ba, die Sprengwolke becOglich ihrer Lage 
zu dem zu bekibnpfenden Ziele — oder zu einem sich im Gelände 
darbietenden und mit dem zu bekftmpfenden Ziele unschwer in Be- 
ziehung zu bringenden Merkmale') — mcht beobachtet werden, so 
würde der nächste Schufs, mit derselben Erhöhung, aber mit Az, 
statt Bz, abzugeben sein. Mit Az wtlrde dann das Einschielsen, unter 
Beibehalt des geschützweisen Ladens, nur solange fortzusetzen sein, 
bis das zu bekämpfende Ziel in eine 100 m-Gabel — eventuell auch 
weitere Gabel — eingeschlossen ist. Hierauf würde sofort wieder 
zum Bz- Feuer übergegangen, und das Schiefsen nicht mehr mit „go- 
schütz weisen", sondern ,,lagen^vcisen Laden*' und schlielslich „durch* 
gebenden r/a leu ' fortgesetzt werden können. 

Jedoch können nur Schiefsversuche darüber entscheiden, 

OemAb Ziffer 142(SchIabah68fK)uBd 148(5. Ab8atB)desBxersir-II«g]^neiila 

ftlr die Feld-Artillerie (1892) mflsscn bei jedem Zielwechsel, der auf Entfernungen 
untor 1500 m — ohne oder mit Wf-chsel der Gcscliorfiart o<\vr iJer Zündcrart 
— nötig wird, etwa unterliegende AufsatzpUtten oime Weiter os fortgenommea 
werden. 

*) Ebenso vie sieh die Artillm an das Biehten ihrer Geedifltse naoh gut 

Sichtharen Gegenständen im GelAnde, die sich mit dem Ziele in Beziehung 
bringen lassen, gewöhnen mufste, wird sie sich auch mit dem Beobachten der 
Sprei^wolken ihrer Bz-Schüsse, unter ZuhOlfenahme gut sichtbarer Gegen- 
stände im Gelände, die sieh mit dem Ziele In Besiebung bringen lasMUt ?er- 
traat machen mtlsaeo. 



^ed by dooQle 



Betrachtungen über die Schieliuregelu der Feld-ArtiUerie elc 



229 



ob das Einschicfsen mittelst Schrapnels mit Bz, welches 
bei der Bekämpfung Ton unter 1500 m entfernten Zielen 
anter allen ümsiftaden') geboten erscheint, sich aach bei 
der Bekämpfung von über 1500 m entfernten Zielen bo sehr 
empfiehlt, dafe nnr dann das Schiefsen mit As zu Hülfe ge- 
nommen wird, wenn ein Bz-Schufs bezttglioh seiner Lage 
zum Ziele — ob „Tor** oder „hinter** demselben Hegend, nicht be- 
obachtet werden konnte. 

Iii. ist die Platten-Korrektur wirklicb der iinniitteibareu 
Brennläugen-Korrektur vorzuziehen ? 

In denjenigen Fällen^ in welclicn während dem Einaohie&en mit 
Schrapnels, in Folge eines zu hocli gelegenen Sprengpunktes, vom 
B?- zum Az-Feuer übergegangen und die Entfernung (Gabel) mit X?. 
< r[inttclt werden muffte, wird der Übergang zum lagenweison Laden 
mit Hz mit der der Entfernung entsprechenden Brennlänge geschehen. 
Krgiebt sich aueh hierbei eine zu hohe Lage der Sprengpunkte, so 
wird das Messen der Unstimmigkeit zwischen der Brennzeit des 
Zünders und der Flugzeit des Schrapnels, welche die Folge einer \'er- 
kürzung der ßrennzcit des Züudei-ü ibt, nur dann durch die Platten- 
Korrektur begünstigt, wenn bereits vor dem Beginne des Schielscns 
Anfratzplatten anf die Bohrflfiche gelegt worden sind (aof £nt- 
femnngen unter 1500 m also nie). 

In demjenigen FäIIe&, in welchen die Ennittehing der EntfiBtnnng 
(Gabel} im Schrapnelfeuer mit Bs durch niedere Sprengpimkte und 
Anfichlllge begünstigt wurde, kann die hierdnrch edcannte Unstimmii^eit 
zwischen der fi^rannzsit des Zünders und derFlugseit des Sdurapnels, 
welche eine Folge der Verlängerung der Brennzeit des Zünders ist, 
sdion in der ersten Lage durch die Platten-Korrektur ~- Auflegen 
Ton Aufisatzplatten auf die Rohrfläche — rasch ermittelt und dann 
in der folgenden Lage die demgemäfse gleichzeitige Korrektur an Er- 
höhung und Brennlänge nach der entgegengesetzten Seite ( Abbrechen) 
bf^tliätigt werden. Wenn also eine Verlitriijonnin- der Brennzeit der 
Zünder eingeti*eten ist, versagt die Platten-Korrektur nicht. Aber 
auch in diesem Falle würde die unmittelbai-e Brennläugen-Korrektur 
den Vorteil gewähren, dafe sofort nach dem Ermitteln der Entfernung 
(Gabel), auf Grund der während dieser Ermittelung vorgekomuieuen 

^) Wenn jedoch gegen die Batterie «ttr^tende ^yallerie im Angenbtiek 
ihres Erscheine 118 nit ht über 1000 m entfernt gesehatzt wird, so ist sogleich ds« 

Kommando zum KartilU^cIifeupr zu geben. Die vorzeitige Abj^abe dieses Feuers 
ist jedoob (biroh da.s Koiniurmfio „Langsames Feuer" zu verhüten untl erst, 
weuu die Kavallerie iu den \\ ukuugäbeteicb m) getreten ibt, „Gescliütz- 

weises Fener" zu kommsndtrsii. 



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230 



Betrachtungen über die Schielkregelu der Feld-ArtiUerie etc. 



niederea Sptengpiinkte und Aufrchläge, zur Vennindemiig der BreniH 
länge — Breunzeit — um 50 m, unter Belbehahong der Hugbfthn, 
geschritten, mithin die entspreebende höhere Lege der Sprengpnnkte 
▼oraitBaohtiiGh in kfiraerer Zeit ermittelt werden könnte. 

Der wmge Grund, weldier eataehiedea mehr für die Platten- 
als für die unmittclbaro Brennlttogen-Eorrektur spricht» ist also der, 
dafs bei der Platten-Korrektur, wenn eine Verlängerung der Brenn- 
zeit der Zünder eingetreten ist, in den Fällen, in welchen mit dem 
Aufsatze gerichtet wird, für die Brennlänge keine andere Entfernungs^ 
zahl als für die Erbnhuiig konmiauJirt werden mufs. Ist aber 
hierwegen die Plnttpn -]\ orrektur wirklicli unentbehrlich? 
Die deutsche Fufsartilleric wendet sie nicht an, und beseitigt die 
Schwierigkeiten, welche sich durch die Nichtühpreinstimmimp^ der 
BrennT^eit der Zünder mit der Huj^zeit der Grst huase erlauben, ent- 
weder durcli die unmittelbare Brcnulängen-Korroktur oder durch die 
Änderung der Erhöhung*). Dasselbe that, -wie bereits ad 1. erwähnt, 
die deutsche Feldartillerie bis zum Jahre 1880. 

Während der von 1874 bis 1878 auf dem Lechfeldo bethätigten 
Schiefsübungen der bayerischen Feldartillerie ergaben sich, beim 
Übergange vom Oranat> zum Schrapnelfeuer niedere Sprengpnnkte 
und namentlich Auftohttge viel häufiger als Sprengpunkte in richtiger 
Höhe, zu hohe Sprengpunkte kamen &8t gamicht Tor. Der Grund 
hierfür lag darin, dab die Brennzünder der Schrapnele C/73 dutttk 
die Aufbewahrung etwas Feuchtigkeit angesogen und eich deshalb 
deren Brenmeit verlängert hatte. Dieses w«r „Ende der 70er Jahre*' 
namentlich bei den Schrapnels der leichten Feldgeschütae C/73, mit 
welchen damals die reitenden Batterien bewafinet waren, erkannt 
worden. 

Im Jahre 1879 waren deshalb die Schrapnel-Brennzünder, welche 

Die hierauf beEOglicheii BasUmmiingea der Geschfltz-Schieiävorschrift 
für die Fubartitterie (1898) laaten: „Zu laagem Brennen der Z Ander ist 

beim Neliinon der Brennlänge R<'f Inning zu tragen". (Ziffer 70.) — 
„I)io Sprpnp)i?>hf« ist durch Ändcrunt? df r Erhöhung auf 10 — 15 m, bei Flaoh- 
i'euer auf nahe Kntferaungen auf 5 m im Mittel zu r^eln". (Ziffer 71.) — 
„Treten beim Beginn des Schiebens mit Bb mehrere Aofsdilige ein, eo ist 
dieBen dwtck Vennehmng der BrhAhung um das 60 m Llnge eateprediende 
Mafs, solange entgegenzuwirken, bis mehrere Scliflssc hintnrrinander keine 
Aufschläge mehr ergeben". (Ziffer 72.) — War zur Heseitigiuif^ von Auf- 
schlägen etc. ein Heben der Flugbahn um das Maüs von öü m Länge und 
mehr erforderlieh, so findet das vechsehtde Schieben auf der enchossenen, 
einer 50 ni und einer 100 m kürzeren Entfemung statt, während — wenn ein 
TTf'})f'n der Flujgl)ahii iiiclit nöfirr ^var — ■ nuf der ersrliopsonon, einer 50 m 
weiteren und einer 50 m kilrzeren Entfemung lagenweise, unregelmäßig 
wechselnd, zu schieCseu i^t'^ (Ziffer 73.) — 



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BemMsbtangeii Aber die SehieAcflgelii der Feld;ArtUleiie etc. 



231 



bei den Sdiiefsübungen der bayerischen Feldartillerie auf dem Lech- 
felde zur Verwendung kamen, mit Marken') versehen, welche der 
durch Proben (Abbieiinon) von Brennzündern eniiittchen Verlängerung 
der Breunzeit dieser Zünder — auf etwa 18ÜÜ m Eutfoniung — genau 
Rechnung trugen. Diese Marke bestand in einem Striche, welcher 
bei den für die Sdhrapneb der eehirafen FeldgesebUtze verwendeten 
Brenn2Qndeni, mit blaner Farbe, SO m — bei jenen &ce die leiohten 
Fddgeechütse, mit roter Farbe, ISOm — Ton der NnUmarke ent- 
iemti 80 angebraeht war, dafo durch die EinsteUmg der Entfemmige- 
zahl dee Zändera auf die blaue beaw. rote Maike — ebait auf die 
Nnlbmarke — die durch Ph>ben ermittelte ünatimiiugkeit swischen 
der Brennzeit der Zünder und der Flugzeit der Schrapnels auf 
allen mittteren und gröfseren Entfernungen annähernd berichtigt 
wurde. — Die Ergebnisae beim Schiapnebehiefsen waren 1879 gegen 
jene in den vorangegangenen Jahren aoberordentlich günstig. 

Deshalb \\-iirde auch das im .Tahre 1880 zur Einführung g'olangte 
Auflegen von Aufsatzplatten auf (lic Kohrflächc — die sogfiinnnte 
Platten-Korrektur — von den damaligen bRyprisf-hen Feklni tiüutic- 
Offizieren nicht freudig begrüfst. Dieses schiols jedoc ii die Erkeantnifs 
nicht aus, dafs mit einem Bekanntscin der Unstimmigkeit zwischen 
Klugzeit (Erhöhung) und Rrennzeit (Breunlänge) — wie 187!) bei den 
Schieisübungen der bayerischen Feldartillerie — im isLriege nicht ge- 
rechnet werden könne. 

Sobald eich aber ermöglichen l&fst, jede als nötig er> 
kannte BrennUngen-Korrektnr — etwa durch die Anwendung 
eines sogenannten selbstthätigen SteHedilfieBelg sofort in ein- 
facher Weise am Brennsünder markiren zu können, so 
'Würde hierdurch das Marken- Verfahren — d h. die un- 
mittelbare Brennlftngen-Korrektur — sicher sehr an Wert 
gewinnen. Aber auch in diesem Falle können nur Schiefsversucbe 
darüber entscheiden, ob der unmittelbaren Brennlängen-Korrektnr der 
Voizug vor der Platten-Korrektur gebührt oder nioht 

Wenn aber das Ergebnifs der Schiefsversuche zu Gunsten der 
unmittelbaren Brennlängen-Korrektur ausfallen würde, köniate dann 

Diese Marken waren m dem „von Anfang Februar bis Mitte MBrz 1879** 
bei derk.preiibi8c3)en Artillcrie-Si liier^achule stattfrchabten ersten Stabsofflxiers> 

T.elirkiirso. an wflclicin Teil zu iichnirn dem Scliroibcr dieser Zeilen vergönnt 
Avar, von dem in den 7üer .Jahren als Lichrer für die OHizierf' der Felilartillerie 
verweadeten k. preul'sisciiea Major Laube — ein um die Entwickelung der 
Schiefsregehl der deuteehen Peldartülerie hochverdienter Offizier — zur Ver> 
neiduDg der Kominandirung von zwei Entfemungszaldeti, empfohlen worden. 
Herr Major Laube sagte uns oft: „Das Schrapnel mnfs einfach und grob 
bebaudelt werdeu." 



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232 



Eine Marine-RangUste aas dexa Jahre 1850. 



voraussichtlich auch eine niclit ganz unwesentliche Vereinfachung und 
nicht ganz unbedeutende Kürzung der Schiefsregeln eintreten Diene 
nehmen in dem 1893 erscilienen Entwurf der Sduebrorschnft iur 
die FeldAiifllerie 29 Seit«! ein. — Dab der Zugführer der Feldartfllerie 
nicht mehr, wie yor 2% Ja^atBlmtdaf wfihiend dem Schieim eine 
Sditübtttfel zur HaJid haben mnle, wird mit Bedit ab ein grolser 
Fortschritt angeeehen. — Ee ist möglicher Weise nur das alternde 
GedftehtnÜB des Schreibers dieser Zeilen, das ihn befiirohten l&fet, 
29 Seiten füllende Schiefsregehi kdnnten beim Sohieisen ebenso sur 
Hand sein müssen, wie früher die Schulstafel es sein mulste. 

München, 20. April 1895. 32. 



XVL 

Eine Marine-£aQgiist6 aus dem Jahre 1850. 

Aus bescheideEen, sehr bescheidenen Anfingen hat sich in den 
letssten 50 Jahren unsere Kriegs- Marine an ihrer jetetigen Stäike 
empor gearbeitet. * Dies erhellt aus einem Verj^ttdi äier jetaigen, 
einen stattlichen Band lullenden ^Ran^iste der Kaiserlich Dentadien 
Marine** mit detjenigen des obigen Jahres. 

In der „Hang- und Quaitierlistc der Königlidl Preoisischen 
Armee für das Jahr 1850" ist der „Marine" ein cimdges, nur 1 Druck- 
seite beanspruchendes Plätzchen hinter dem Ingenieur- Korps ein- 
geräumt. Wir geben diese Marine-Bangliste, wenn man sie so nennen 
darf, hier im Wortlaute wieder. 

Auf den Vorteil, dab, wenn niedere Sprengpunkte und Anbchllge das 
Ermittoln der Entfernung (Oabel) mit Bz begdnstigtcn, sofort nach deren Er- 
mittclnnf^ mit einer nm 50 m vprkflrztrn Breimlänge das lagenweise Laden bc- 

»ronnen wenlcii könnte, wunle sclioii hiiif^ewiesen. — Würden sich beim Er- 
uiittüln der Gabel mit B/. nur Aut&cliläge ergeben haben, so könnte eü sich 
vielleicht auch empfehlen, erst dann vom geschatswelsen zum lagenweiBen 
I^aden der Schrapnels überzugehen, nachdem ti durch einen eventuell zwei 
Scliflsse, mit einer um je 50 m mehr vcrkflrzton Brcimlünge, diejeni;ro Brenn- 
Ulnjjron-Korrektur erkannt worden ist, welche die entsprechende Höhe der 
Sprt iig^jaakte der Schrapnels erhoffen läTst. — In denjenigen Fällen, in welchen 
wfthrend der Ennittelung der Entfmiung (Qabel), wegen eineB hoeh ge* 
legenen Sprengpunktes, vom Bz- zum Az-Feuer ubergegangen wurde, vsird 
wohl immer, nach iler Rnnif tcluiig der Gabel, mit der Entfernung (Erhöhung) 
entsprechenden Brennlänge zum iageuweifien Laden mit Bz geschritten werden 
können. 



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£iiio Harine-KangUsto ans d«m Jahre 1860. 



233 



Marine. 

Ober - Befehlshaber über sämmtlichc ausgerüstete Kriegs - Fahrzeuge: 
Gen.-Lt. Triiiz Wilhelm Adalbert von Treulsen, K. H. 

Adj.: Lt. 1. Kl. Scbirm&cher, m. d. Range eines Hauptmanns in 
der Armee. 

Befehlshaber Uber gedachte Fahnteuge: Kommodore Schröder, R. 

Adl.-0. 3. E). m. Sdiir. 
Adj. : Lt* 2. Kl. Pirch, m. d. Range eines Pr.-Lts. in der Armee. 

Offiziere: 

Lieutenante 1. Kl. m. d. Bange eines Hptms. in der Annee: 
Jachnjanni 

Seh irmaober, A^j. b. OberbefeUshaber, 
Barandon. 

Ldentenants 2. Kl. m. d. Bange eines Plr.-Lts. in der Armee: 

Hermann, 

V. Pirch, A^. b. Befehlshaber, 
Woikhmann, 

Kuhn, 
Held. 

Garn. Audit Friccius, die Verwaltung d. Auditeur-Stelle über- 
tragen. 

Marine-Arzt 1. Kl. Dr. Steinberg. K. Adl.-Ü. 4. Kl. 

„ ^ 2. „ Dr. Simon. 
Zahlmeister l. Kl Will. 

p 2. „ Weikhmann. 

Marine-Korps. 
Comm.: Maj. Gaede. ii. Adl.-O. 4. Kl. — Eis. Kreuz 2. Kl. — 

25 j. Dienstkreuz. 
Ft.-^L. Zoeller, Führer der 1. Komp. 
» Bode. B. Adl.-0. 4. EL Führer der 2. Komp. 
„ John. 
„ Galster, A4i< 

Znr Dienstldstung: 
S.-L. Gr. T. d. Goltz, t. 10. In£-Bflgt. 
„ Behbein, 9. Landw.-Regt. 

Unter-Zahhneiater: S.-I1. Wentzel. | f w. 2. | 



Vorsteher der Marine^Depots: s. Zeng-Offiziere. 

(Nß.: Das hier aufgeführte „Marine-Korps" erhielt erst im Juni 
1852 die Benennung „See-Bataillon".) 

Wihrend das ,}See-Offizierkorp8^ (ohne das „Marine-Korps") 
im Jahre 1850 nnr 10 Offiziere zShlte, beziffert sich dasselbe laut 

JäbbatbOT ftf dl* DtmtMb« Anw« maA Muta». Bi. 9. 10 



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234 Kledue heereogesdüchtUche Mitteilungen. 

„Nachtrag zar Rangliste der Kaiaerlicli Deatschen Marine fär das 
Jalir (AbgeBchloasen 25. Mai 1895) auf: 1 Admiral, 5 Yue- 

Adminde, 9 Eontre-Admirale, 41 Kapitäns zur See, 74 Korretten- 
Eaidtäns, 155 Kapitanlientenants, 244 Lieutenants zur See, 122 Unter* 
Heutenants cur See, 9 Offiziere z. D. in aktiven DienststeUung^n. 
Summa: 660 Offiziere. Dassu 193 Seekadetten und 75 Kadetten. 

Sohbg. 



xm 

Kleine heeresgeschichtliche Mitteüimgea 



1. Hohes Eiukomnion höherer Offiziere im 17. Jahrhundert. 
Der General-Fcldmarschall J(*haiiu Georg v. Auluüt-Üöts!»au (geb. 

t 1093), Vater des „Altcu Dessauer", stand im Jahre lüG4 mit 
16 000 'llialem auf dem „Kriegs-Etat^ und hatte 1668 noch iiberdem 
monatlich 200 Thaler, 2 Eimer Rheinweini 5 Eimer Landwein, 3 Zentner 
Fische, Wfldpret und „notdiirfkag Holz**. Dieses Gehalt wurde zeitweb 
herabgesetzt. Am 8. Februar 1670 mu&te er sich, hei einer all- 
gemeinen Reduktion des Heeres, mit 11000 Thalem zufrieden erklären, 
doch wurde das (behalt bald wieder erhöhet; 1688 hatte er 18400 Tbaler 
Gehalt, ohne versehiedene Kebeneinkfinfte. Sohbg. 

2. Ordnung im Eassenwesen im Heere Frledrielis des 
Grofsen. Der Stabsfoldprediger Küster erzählt in seinem Buche 
„Bruchstück meines Kampagne -Lebens" (S. 154 flf.): „Ich hatte, da 
ich im Frieden immer auf der Bcrcisimg der Regimenter und Garni- 
sonen sein mufste, einst mein monatliches Traktamcnt von 14 Tlialer 
1<I Gr. n Pfg. nirlit lieben können, tiiul es hatte mir ein Kassirer 
Schwierigkeiten gcniaelit, solches nnch zu zalilüu. Es war auch weiter 
(leshalb von mir keine Bemühung angewandt und völlig vergessen. Aber 
zwei .lalire nach dem Kriege 1765 fand dci- akkurate und redliche 
Herr Kriegsjcahlmeister bei Rension der Rechnungen über die 240 
au-igegcbenen Aliilionen, dafs mir ein monatliches Traktament nicht 
ausgezahlt worden war. Er forderte von mir (^uitiung und über- 
sandte mir das Geld. Das war ein Beweis von der preuisischen 
Ordnung im Finaazfiiche''. Schfag. 

3. Da8 Leben der OfBsiere der Potsdamer Ganrisoii In 
IHderleianiseber Zeit mufs ein sehr spartanisches und freudloses 
gewesen sein. Dies erhellt aus einm interessanten ^^Briefwechsel 



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Kleine heeresgeschichüicbe Milteiluuj^n. 



235 



dfeier Offiziere der Potsdamer GomiBOn, Blick auf Gesinnung und 
Streben in den Jahren 1774 — 78.** Besondors der damalige Kom- 
mandeur des Begiments Garde, Oberst t. Scheelen, scheint dn arger 
Qnfilgeist fiir seine Untergebenen gewesen zu sein. Drei junge Olfi- 
ziere, welche zu ihrem Vergnügen ohne ErlaubniTs nach Spandau 
gefahren waren, wurden dafür zur Strafe auf die Festung geschickt 
Unser Gewährsmann schreibt über diesen Vorfall: „Über die drei 
Herren ist das Verdammungsurteil gesprochen, »ie sind sogleich vom 
"Wagen in Arrest genommen worden und sind alle drei an den König 
gemeldet, dalk sie in Spandau gewesen. So recht, Meister Scheelen, 
du hast einmal \\4edor eine recht gute Ernte gehabt, Alles ist wie 
vor den Kopf frosclilai^eii. Die Herren rücken und j-egen sieh nicht 
und thim niclits als Komj»ai;nie -Nachrichten und Staninirollen aus- 
wendii; knien, denn vor einigen Taircn hat der Meistor ScIi. die 
Knaben wieder überhört und von jeder Kompagnie wieder einige go- 
Ira^^t, wieviel Leute sie noch von Molwitz, Kolin u. s. w. hätten. 
Vorigen Sonnabend hat er aueli durch das ganze Bataillon die 
Quartiere und das Weifszeug selbst mit visitirt. Zweimal ha,i er sie 
seit ihrer Abwesenheit haranguii-t und den jüngeren Oftizicrcn den 
Beq[»ekt gegen die älteren eingeschärft. Auch hat er sich fleifsig bei 
den Wascihfirauen der Offiziere erkundigt, ob auch die Wfiscfae ordenUich 
beflsahlt würde. Man beklagt die guten Leute, die unter diesem Manne 
stehen, durchgängig, an Satyre fehlt es auch nicht, die man auf ihn 
macht Unter Anderem sagte man heute, da6 es noch so weit 
kommen werde, dafs die Kapitäne mit ihren Suholtemen von 2 
bis 4 Nachmittag wurden spazieren gehen müssen wie die Burschen.** 
— An anderer Stelle schreibt derselbe junge Offizier, welcher in der 
Litteratur sehr bewandert war, aber an dem Dienste nicht viel Ge- 
schmack gefunden zu haben scheint: |,Ich bin im Dienste, ich bin auf 
der Wache, also bestraft genug. Allein ich werde mich mit Ab- 
wesenden und Todten uT^terhalten, CaUleron, Ossiaii, Ramlcr, licbens- 
und ehn^'ürdigo Nanien. Wie viel habe ich ihren l?esit/,crn zu danken! 
Mit ihnen soll mir der Himmel nielit mehr trübe, die Waehtstube 
nicht mehr finster sein." — Dann ferner: ^Prinz v. Holstein giebt 
auch alle Sonntage ein Konzert, wobei die Dauicn aus der Stadt er- 
scheinen. Jeder Tag aufaer Sonnabend ist mit einem Konzert besetzt. 
Die Stadt wird ganz musikalisch. O, dals sie auch harmonisch wüide!" 

Schbg. 



16» 



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XYIU- 



Umaciiau m der Militär -Litturatur. 



I. AuBländisehe Zeitsehriflen. 
Strellleur^s SstemichiBdie mlUtlrlsebe Zeitsdirift (Jani.) 

General der KHvalU'rio Ludwig Prinz 2u Wiudisch- Graets. (Mit Portrit^ 
— Parudoxun in der Vcr^ endun^ der FeldartiUerie (Hptm. DoUecaek). ^ 
Unrcliftilirung eines Keisemareclies. 

Orf^an der militär - wissonscliaftlicliüu Vereine. (Osten-oicli.) 
50. Bd. 6. Heft. Die Kii^ikiu und ihre »pczieUc Kainpfwcise „Lawa~ 
(Obersllt. Keltaeha). — Teclinisclie Keaerungen auf dem Gebiete der 
Sdüfisartillerie. Unter besonderer Bcrfickaiehtigung der elektriscben In« 
stallationen für schwere Geschütze (Marine-Ingenieor Stbetfa). — Über 
flüchtige Zeltlager im Schnee (Maj. Fnl i rlr'rl^ 

Armeebliitt. (ristcrrclch.) Nr. 22: „Grfitzer" Kadetten-Kom- 
]ui;^te. — Da» Kouiljiuirea kriegsstarker Abtcilunjr^'H. Nr. 23: Infanterie- 
^H wcUr-Modell 1895 (dasselbe besitzt nur unwesentliche Verschiedenheiten 
gegenüber dem M/i890, Lauf und Schatl siud leichter; das jetzige Geweltr 
wiegt 4,49} daa neue nur 3,80 kg. ohne Bajonett). Vr. 84: Die Pr&fung zum 
StalMofBai^. — Feldmaischall- Lieutenant Franz Foldenbauer. Hr. 86: 
Pas IleereBerforderaiA bd uns und anderwürte. Uumt Marme^Badget 
pro 1896. 

Militär Zeitunic. (Osterreich.) Nr. 19: Dns zweite Dienstjalu- <l< r 
Einjäliii;.' - l'n iw — Das T.ichf in» Dirnste des Heeres. Nr. 20: 
Strategische Grunds^itze in ilirer Anwendung ani den Feldzug in Italieu 1866 
(Bospr. dee WaldetättenVhea Werkes). — Bas tOricucbe Heer und die 
tlirkiBche Flotte. Hr. 81: Eine Wanderung Iftngs des Nord-Ostsee^Kanals. — 
Das Kriegsbudget 1896: 186604T01 fl. (davon im Ordinarium: 122215042 fl.); 
Marine: 13481260 fl. 

Die Bcichswehr. (Östeneicli.) Nr 772: Cn-lmbr- und Charg-en- 
Verliiiltniftse. — Neue TorjM'dn JJoote. Nr. 773 Die Kaviillt'rie-Ersjitz- 
kadres. — Die neueste Kel'oriaduselei am iJuNjiDniis. Nr, 774: Muriuc- 
Laud- und Wasserbau. — Militärbeamte erster und zweiter Güte. Hr. 776 : 
Osterreich'Ungara und die Landskroner Uantfver im neuesten ,J^belI'*. 
Hr. 776: Heerteiehen. Hr. 777: Die HeeresvoranschIXgo Dir 1896. Hr. 778: 
Dio lIe< i* sv(naiisihlÄge (Fort.s ). — Schul-Eskadn- und Marine-Reserven. 
Nr. 779: Die Ueercsvoranschlägc (Forts.). — Die „Res orieutales" und 
die eine ihrer Töchter: die mazedonische Fratjc. Nr. 780: Die Heeres- 
voranschlftge ttlr 1890 (Scli)uJs). Zur Organisation der Feldartillorie. 
Nr. 781: Das Budget der k. und k. Kriegsmarine pro 1896. Dasselbe 
Stellt sich auf 13481260 Ü., ÖOOOOO i. mehr als im Vogahre. Der Auftati 



Umachau In der Hilitfr-Littentur. 



237 



weist n. A. »laraitf Iii», dafs die österr.-ung Mnrim« niclif i-in Si liift* besitze, 
welches im Stainlo wäre (per Stiindo) '20 (See-) Meilen /u lauten. 

Journal des sciences inilitaires. (Juui.) Cretechtü • Strategie 
(Forts.): 6efeebt»-Diq^»ttiotieii, Bildung der Gefechlsitme, Reierveiif Ein» 
leitiing sam Gefecht — Uber den enteelteidenden Angriff. — Der 
Infanterie-Felddienst. — Die Einroilmni,' des ,,Volke8 in Waffen." — Der 
Feldzag 1814 (Forte.). — Noeh ein Wott Uber die soziale Stellnng des 
OfSsiers. 

Le Spectiiteur militaire. (15. Mai.) Küniere uml län^roro 
nrlaubnn^. — Die Marne-Schlachten (3U. Xov.— 8. Dez. 187U). — Die Er- 
gebnis des Krieges (1812—1870); SUrke-Bereelinungcn, Zuäamuiensetzung 
der Armee von 1812. (1. Juni). Kttixere und längere Beorlaubang 
(Forte.). — Die Eigebnisse des Krieget (1812^1870) (Forte.). 

ReTVe du cercle Tnllitairo. Nr. Sl: Die „Heidereiter" «In 'Ii ntBchen 

Armee. — Die Artillerie in Verliimluncr niit don anderen WafV n TForfs.). 

— Die pnenmatischen (ioschütze in den Vereini;,'^ten Staalon. Nr. 22: Di«- 
Kolonialtnippen Hollands. Bemerkuii^'eu iilie.r ilie indo niederlainlische 
Annce. — Die Artillerie in Verbindung etc. (Forts*.). Hr. 23: Da» Militiir- 
budget ftlr 1896. — Natoralverpflegnng des Italieoisclien Matrosen. — • 
Die Kolonialtmppen Hollands (Forts.). Vr. 94: Die Vorbereitungen t&r 
den Feldzug in Madagaskar. — Die Kolonialtmppen iloUands (Forte). — 
Die Artillerie in Verbindung etc. (Forts.). 

RfiVUe de Cnvalcrie, (Mai.) Anmerkungen über die f'mnzö.siscbe 
Armee von 1792 bi;* 1808. — Ausbildung und Fübnni;r der Kuvallerie; 
Testament eines Kavalleristen (Ubersetzung des Pclet sclien Werkes). — 
£in Beriebt des General Nansou^, Kommandeur der I. scbweren Kavallerie- 
Division (Januar 1808). — Ausbildung eines Kavalleristen in möglichst 
knner ZeSt (Sefaluft). — Die Remonte und ihr Ankauf. — Die Alfatre 
von Tezd, nacli den Memoiren 1« Generals Baron Labure. 

Revim d'Arlillerie. (.Juni.) Vorlesung über das ArfUlerie- 
Material. \<>n (Jenerallt. Kii^elhardr. --- Anmerkungen iiher die nri::anisation 
des ruhsibcheu Feld-Artillerie-.VIaterials zu lieginu des Jalircs 1SU5. — I>h.s 
französische „Artillerie-Korps"; eine guschicbtliclie Studie. — Das Feld- 
ArtiUerte-Uaterial Armstrong. — Die Artillerie bei Boginn der Bevolntions- 
kriege (FortB.> 

L'ATenir BlHtali«. Vr. 8000: Die Militfirsd.nli n: Verschiedene 
ReformvorschlÄge, auch im ökonomiscben Interesse. Nr. 2001: Das Militär- 
budget. Daspelhe beziffert sieb nm 1.1400000 Frcs. höher als 1S9.*>. in 
Folge Frböhung der Effectivi-tarken. die sich auf 282'23 Ofliziere nntl 
544179 Mann im nächsten Jahre birlauteu Si)llcn (21673 Mann mehr). 
St, 2002: Kolonial -Politik. Vr. 2008: Organisation der Genie-Truppe. 

— Unsere Kriegsmarine; besieht sich auf die Broschfire des Admirals 
Reveilltee: ,Xa conqu^te de VOci^an." Nr. 2004: Die neuesten Fortschritte 
der französischen Armee. (Bezieht sich auf einen Artikel des KapitKn 
Gilbert in der ,,Xnuvelle Revue"). - Resene liebeTisiuittel (Keform- 
vorschUge für Verteilung und Gestaltung des sog. eisernen Bestandes. 



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238 



UmaehMi in der Mflitir* LiUecatur. 



BcnclitensM'erl), Kr. 2005: Die Taktik iu der Seeschlatlit aia Tain. 
Nr. 2006: Exerzlr-Keglement der Artillerie (Kritik desselben). — Marine* 
Sehif&tMUiteiti 1896; fttr solche rnttasen 83 Mfllionen Fros. Terftigbar gentaclit 
w^en. Kr. S007: Die MobilnMchuiig der algtriscbeii Trappen. Die 
Intervention Europas zwischen China nnd Japan. 

Le Progfres militaire. Nr. 1620: Kadres-Manöver. — Die zwei- 
jähritre l^Iciistzoit und di'' EH'"kti\>^t;!rkon, die damit verknüpfte Un<rleu h- 
njafsi^kcit der Dii-nsteeit (Intauteric 2, Kavallerie nti<l Artillerie 3 .Jahre) 
wird iiia der iStciu <Io6 Anstotfses bezeichnet. Nr. 1Ö21: Jilr6parni»se; Holche 
seien bc8ouden> bei den meist Überflüssigen GaroisonTerKnderungea uud 
VerBetanngen lu macliett. Xr. IMS: Die Form der Kritik (bei den 
Manövern); HimweiB anf den deutsehen Brauch. Hr. 1688: Gaimaonweebael; 
werden abermals als mineist unnötig u ! clia'JIiih für den Dienstbetrieb 
bezei<l'rH< — Das Budget für ISyc. Nr. 1524: Das Budget (Forts.). 
Nr. 1526: Dan Biidpet (Forts.). Nr. 1026: Das Goniekonis und der 
l'riukf ndienst. — Das Biuljret (Fnrta.). Nr. 1627: Die Heservetruppen; 
ihre Zusamuieni>etzuug \vird uU die wich(ig»te organisatorische Frage be- 
leiehnet — Das Budget (Forts.). 

La Fruiee militoir«. Hr. 8388: Die Verbronnnng «nf den Schlacht- 
feldern. Gutachten des Ocneralsekretfirs der Gesellschaft fttr Leichen- 
verbrennung. Hr. 8888: Die Dispcnsirten. Es wird getadelt, dafs bei der Be- 
stinnnnn^' der Dinpense zu sehr die Iiitr^erlicluMi lunl zu weni^' die militärischen 
interesäcn mitsprechen, zum Nachteil uud zur .Sdiwächung der Wehrkraft. 
Nr. 3332: Die Depots der Intauteric. 1. Der Abgeordnete Basille stellt 
die Mängel der gegenwärtigen Eiurlchtung dar, die im Kriege aufzustellenden 
6 Kompagnien (pro Linien- u. Reeenre-Begiment) haben flurt nur Penonal 
der Reserve, keinen aktiven 06ßsier des Begiments, bSchetena einige der 
St liulen. Die Kompagnie eilialt nur 2 Sergeanten, 1 Korporal der Linie. 
Nr. 3333: Die Dispensirten. Nr. 3339: Die Depots der Infanterie. II. £s 
werden 3 Kompagnien per Reji^t., 1 per Jäger-Batl. schon nti Frieden ge- 
fordert. Nr, 3341: Kolonialtruppen. Man mufs Anordnungen tretien, dafs 
sie eiuerseit« zum Kolouialdienst geeignet sind, andererseits im Bedarfsfall 
ein Armee-Korps aufstellen. Hr. 3342: Der Infanteriescluld. Hr. SSM: 
Die Depots der Infanterie. III. Oeldfiage. Hr. 8848/7: Das Budget des 
Kriegee. Fttr 1896 sind 28223 Offisiere, 544179 Hann vozgoseb^ (mehr 
gegen 1895 363 Offiz., 21 673 Mann), Gcndanncrie wie früher 740 Offiziere, 
25121 Mann. Pferde 142601 (mehr 1126). Nr. 3362: Da« polit. Journal 
flLe Tenips" urteilt auf Grund der österr. u. amerik. Vcrisuclie abfallig 
über die Hebler'schen llolilgeüchoühöl (Hat sich laii;_'e Zeit genommen.) 

Revue de Tarmee beige (März April 1895). Die Infanterie als 
Unterst&tanng dnes Kavallerie-Trupps, der mit IMenst auf weite Entftniung 
beauftragt Ist — Kriegavorbereitung. ^ Von der Lmtung der Kisenbabnea 
(Forts.), vom niss. Oberst Wendrich. — Die afrikanische Angabe und 
König I..eopo1d II. — MitrailUxif^e Sarton. — Das Kriegsmaterial des 
Etablissenietitf» des Creusot auf der Antwerpener Ausstellung. — T'Her die 
76 nun s>chueüi'euerkauoue, System NordenteU-QockiMiU. — Die Laudes- 



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Unuchau in der Militär •LtMenkur. 



339 



Verteidigung and Befestigaogskunst gegen Ende des 19. Jahrhunderte 
(General Brialmont). 

LftBelgiquemlHtaii«* Vr.I867: KoloniAl-Systome und kolonisiietide 
V^er. — Die GknuMn-lCuiSTer. Vr. 1808: Die Memoiren des Beron 

Lahure (Bespr.). — Das Angriffsverfalnen der Infanterie. Nr. 12^9: 
Kemontirnn^ im Mobilmachungsfallc. Kr. 1260: Der Marsch der Artillerie 
BOm und auf dem Schlachtfelde. — Verjün}i;;ung dor Kiidrf^H. 

Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Widten. Nr. 5: 
Gedanken über die heutige und zukünftige Auäbiidung uui»erer Truppen. — 
IKe Reviflion der ecliweiMiiadien Heei^soi^iamflation. (Vorlage an den 
Bnndeerat vom Hän 1895.) 

Sekwetcarisohe Zeltsdiillt für Artillerie und Qenie. Hr. 6: 
Mittcilungeii über unsere Artillerie. — Notizen betreflTend die Genietruppen 
des Auszuprs und der Ijondwebr. — Erfahmngen mit Tor&treue. — Hand- 
feuerwafteii (.SfMiirs\ 

Revue militaire suissc. Nr. 0: Die Aufgabe der Kavallerie, nach 
dem Gesetz von» 31. August 1894 (Forts.). — Gewehr Daadeteau (Mit 
Plan). Beiheft: Berieht des eodgenöBdächen MilitSr-DeparteinentB Über 
seine Thätigkdt 1894. 

Allgemeine Sehweizerische Militärzeitung. Nr. 21: Der italiemsche 
Feldzug in Afnka. — Nr. 22: Die Expedition n.uli Madagankar. — 
Leliren aus dem ilou(bc-li IVnir/.ösisclien Kriejre. Nr. 23: Lehren i\m dem 
ih'iUscli-tVanzMsischeii Kriege (.^^cliluf^!;). Nr. 24: Die Revision der Mililiir- 
artikel der Bundesverfassung. — Die Hevue der Garnison von Paris vom 
17. Mai d. J. 

Aimj aitd NaTy Ctezette. Hr. IMS: Die Italienische Armee. 
Die Tielfiwhen Änderungen in der Armee, welche durch die nngUnstige 
Finanzlage bedingt werden, werden erörtert. — Unser Pferdebedarf 

für die Armee. Im Falle einer Mobilmachung stehen der englischen 
Armee nur 140fl0 Pferde als Reserve im Lande z\ir VerftiEning. Diese 
sind für den Heeresdienst znni ;::rolsen Teil unbrauchbar. Eh wird em- 
pfohlen, die l^andwirte zur Züchtung kriegsbrauchbarer Pfenle unter Auf- 
, rieht und Untentfttsnng der licgierung auftofordem. — Nachrichten von 
Ghitral. Bericht des Oenetal Low*« über die Einnahme des Malakand- 
Pasfles am 8. April. — Armee-Remonten. Vorschlüge zur Mobilisirung 
der Kavallerie nach dem Beispiel Deutschlands und Frankreichs. Nr. 1844: 
Drachen zn Kriegszwecken. Der Lieutenant Baden Powell hat einen 
verbesserten Drachen erAuiden, dor sieli zm- Verwendung im Kriege eignet, 
zu 8igualz wecken, um eine Kamera xu tragen, die eine Stellung pliotugraphisch 
auftiimmt, um einen Torpedo über den Feind zu bringen n. s. w. Er 
empfiehlt diese Drachen zur Zuteünng zu den Ballon-AbteUnngen — Anf- 
klirungsrilte der Kayallerie. Einzelne taktische Ornnd^Ktze zur Aus- 
bildung von Patrouillenf&hrem werden kritisch besprochen. Nr. 1845: Das 
Kings Royal Rifle Korps. Geschichte des 60. Regiments der Linien- 
Infanterie, errichtet im Jahre 1755. — Der Japaner als Krieger. 
Ein eogliBcher Augenzeuge des Krieges schreibt die Erfolge der Japaner 



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240 UiUiiüliau iu der Üiiilär-Lilleratur. 

mehr den Fehlern der ChineMn als der eigenen Taehtigkeit xu, die 
Btntegiscben Untmuehmongen seien m langsam ausgeführt, die Angriffii> 
taktik sei mangelhaft, dieScliiefsaiislnldongscblccbt. — Die Feldartillerie. 
Vorschlag zur Vereinigung der Batterien au Abteilungen besonders für die 
in Indien Btationirten Batterien. 

Russischer luvuiido. Von»iduuiigen und Befehle. "Et. 106; 
Allerhöchster Ukas bcis. des Baues von 4 strategischen Chausseen 
in den Gonveniements Ssuwalkl, Wilna und Kovno. — Bildung einer 
transbaikalischen selbststftndlgen Artillerie-Abteilung. — Zntalnng 
von 2 Mörser-Batterien aur ostsibirlsolieu Artillerie Bi i^;i<lt'. 
Bildung einer Werten Festanga-ArtiUerie-Kompagnie in Wladiwostok. 
— Bildung der Verwaltung eiuer westsih irischen Kasaken-Brigade 
in Omsk. Nr. 107: Aiifhobnng der 11. und IG. Lokal Brigade und Ver- 
teilung ihrer Rayons aul" tlie 10., 13. und 17. Lokal-Brigade. — Die bisher 
mit Nrn. bezeichneten Lokal-Brigaden werden zukünftig nach ihren 
Stabsquartieren benannt, mit Ansnahme der B. Lokal-Brigade (Kelsingfors), 
welche ^Finnlfindische Lokal-Brigade*' benannt wird. — Verordnung Ober 
die Thätigkeit der Feld-Kassenverwaltungen. Vr. 109: .Stapellaul 
des Hochseepanzers „Ssewastopol", sowie Kiellegung des KUstenpanzers 
„Generaladmiral Apraxin", des Kanonenboots „Clu-abry", des Kreuzers 
I. Klaspe ..Rofsija'" und des Srhnlf^rbiffes „Wjemy". Nr. IU: Für die 
Feblung Li bau ist ein Kommandant uebst Stab ernannt, ferner ein 
FestnngS'FeuerlÖMb-Kommande ^urmirt worden. — Aussog aus den Be- 
rifshten Uber die Übungen der Fraporscbtschiks (Vicefeldwebel) der 
Reserve Im Jabre 1894. Die in den Jahren 86 und 87 an dieser dtaiige 
boHlrdcrten Fraporst-htschiks leisteten ihre aweito Übung, die 1893 bo- 

• • • • 

forderten die erste L'V>nng ab; die n)nrigen wahrten 6 W die 
Ergebnisse waren im Aligemeinen diucliaus zutHcdenstellond« Nr. 113: 
Vertretung des erkrankten Kriegsminister« dnreli ihn ( lief dts Haupt- 
stabes, Oencral Obrutfichcw. Nr. 115: Sämmtlicho berittene Kasaken- 
Truppenteile, welche mit dem Dreilliuen-Qewehr bewaffbet sind, eriudteo 
eine Brnstpatronentasehe (Fatronen-BandoUer), wfihrend die Kavallerie 
mit Gürtel-Patronentasohen ausgerüstet wird. — Bildung' des 1. Ussuri- 
Eisenbahn-Bataillons fiir die Bedürfnisse der Süd-Ussuri-Eisenbaha. 

Gröfserc Aufsätze. Nr. 104: Die Sommer- Übungen dor 
Truppen im Jahre (Näheres in Nächster Nr.). Nr. 108 — 108: Die 

heutige Batterie im Kuuipfe mit der Artillerie. 

W^jennüj Ssbornfk. 1895. Nr. 6: Das Sibirische Kasaken-Regiment 
Nr. 1. Jermak TImofqew Im Knldscba-Feldzuge 1880. — Die Oiganisatioii 
der Heere (Schluft). — Das moralische Element vor Sewastopol. X — 
Zur Fnige über die Lawa der Kasaken. — Das Vorrecht der Artillerie 
und die Vorbereitungs-Stellung. — Versuch eines beschleunigten Marsches 
eines Zutjes der 6. Gebirgs- Batterie im transkaspischen Gebiet. — Zur 
Soriro fiir ilic (iesiuidheit des Soldaten. — Die Kontr(dle der Reservisten 
uad ihre Einberufung bei dem Liutritt der Mobilmachung. — Einige Worte 
Uber die Obliegenheiten des TruppenolBiierB aufterhalb des eigentlichen 



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UmaohMi in d«r MiUtir-Iittontor. 



241 



Froutdieuhtos. — Die Verteid^UQ^ de» Scbipluk VII. — Das östUche Tor- 
kestan. (SdihilV.) 

Beresowskij'ä Kaswjedtschik. Kr. 239: Biographiu und Bild des 
Qenenls Skugarewski, des iMkannten MilitttrscliriltelellcvB. — Die Privmtp 
Pferdesiidit und die Eigfiiuimg der Kavallerie nut Pferden. I. — Die 
Kontrolle der Winter- AnsUldung der Rekmten. Vr. MO: Die Privat- 
Pferdezucht und die Ergänzung der Kavallerie mit Pferden. II. — Wie 
ist die Fnverlotzlichkcit der Schildwacho zu vorstohon? - - Di«- SchiflRahrt 
auf dem Amu Darja. Nr. 241: Die Expedition nach Madagaskar. — Das 
2, englische Dragoner-Regiiaent. — Das Ideal einer Kiiogs- Akademie, 
Besprechung der bereits endgültig widerlegten Abhandlung iui Mil.-Woch.- 
Bl., einer AbhaDdlting, welche in wdteeten Kreieen des deatadiea Offiaier- 
korpe «nste Vemrteüitng er&hren hat. Vr. 942: Die Expedition nach 
Madagaakar. — Die Jagd-Kommandos des 8. transkaepischen Schützen- 
Bataillons. — Auf dem Grenzposten Sarü - Jastl. — Xotwpndigc Ver- 
ändeinngpti in der UtiiforrairuiiL' des Soldaten. Nr. 243: Die Expedition 
nach Madagaskar. — Die ,.1'ahreiidt'" Artilieriu bei tins (d. Ii. bei den 
Russen). VeHasber tritt für Veränderung der Bezeichnung „Fufs-" in 
„Faltende** Artillerie ein. ^ Ein Friedenamiunch in Transkaakarien. — 
Von Petenbiug nach Sliwno. 

Vr. 10 des WJestowoi Ton Beresowsliy bringt interemante NotiMn 
über die Bibliothek des russischen Kauptstabes. Dieselbe wird 
ah> die reichste niililiinsche BüchersHimnluii;r bozeielincf , nicht nur wegen 
der ca. 100 000 B/viide, welche sie. enthalt, Hundern auch we-^'-en der Qnalit/it 
des in ihr entlialtenou Materials. Dieselbe besteht seit Isü, in welchem 
Jahre dieselbe auf Anregung des damaligen Chefs des (ieneral^uarticr- 
nwistenitabeB, Fftrsten Wolkowsky, aof Befehl des Kaisen Alexander L, 
weldier selbst» wie auch FOnt W., groHse Mittel spendete, ins Leben gemlen 
wurde. Auch von den Olfiaieren des Greneralquardermdsterstabcs wurden 
sehr bedeutende Beitrüge au Büchern, zosammen etwa 1000 Bände, ge- 
liefert. 1814 in Paris nml 1^15 u\ Wien wurden sehr be<leutende Ankäufe 
für die Zwecke der Bibliothek gemacht. 1816 erhielt die Bibliothek ein 
jährliches Budget von 500 Dukaten. Seit Jener Zeit wurde die Bibliothek 
liel&di vermehrt dnrdi Ankauf gröfiwrer Privatbüdbersammlungen , so 
z. B. 1822 dnich die des FQnrten Labanow-Boetowsky. Nach dem Feld- 
mge 1831 wurde die mÜ Pnlawy konfisiirte Bibliothek des Forsten Ciar- 
torisky gröfsten teils der Bibliothek des Hauptstabes überwiesen, in den 
vierziger Jahren die 20 000 Bande enthaltende RibHoiliek des Grafen 
Sncbteh'n angekauft. Später m nrde bc-tiTimit. dafs das Ober-Zensur-Komitp 
all© ihm vorgelegten üüchor von uiilit u ischeui Interesse iler Generalstabs 
hibliothck zu tiberweisen habej zum Ankauf vou ausländibciutn Werken 
sind aI(jlthrBch 9500 Rubel im Budget ausgeworfen. — Die Benutnmg der 
Bibliothek steht in erster Linie den Offineren des Generalstabes au. Doch 
kann dieselbe auch mit besonderer Grenehm^nng des Chefs des Hanptstabes 
anderen Personen mm Zwecke trissenschaftlieher Forsehnngen augKngUch 
gMnacht werden. 



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242 UmachMi in der ItlUtii^Utteratur. 

Rivista (Ii urtiglieria e geuio. (Mai.) üntersricLuug über tlie f:o- 
eigncte Geschwindigkeit dea Gewelirfeuere. — der Dienst der Gemetruppen 
im GoMrge. — Angaben über die ThMtigkdt der Sehilb-ArtOIerie gegen 
die Kfistenbatterien. — Wettsohiellwn der Ardllerie. 

BBOroito Itldian<K Vr. 68: Dio Pferdezucht in RiiTaland. Nr. 68: 
AnnSherung von Sr hiffen an KüstCTihofestigungen im Kriege (königliches 
Dekret). Nr. 64: Dio Pferdezucht in Rufsland (Forts.). Nr. 65: Die 
Artilloriet'este (30. Mai (iedeaktag von Qoito und Pesühicra). Nr. 66: Din 
Altersgrenzen für die Betbrderungen 1B9B. Nr. 67: Die Denkmai^cuüiuliuug 
bei Magonta. Dae MUitär-Sanittttskoi-pt». 

RoTisto ideMtUleo-flülltar. (Spanien.) Vr. 9: IMe Geeondheit dee 
Soldatwi. XX. und letxter Brief. Horalieche Hygiene. — Tokük und 
Stitttegie. — Bemerkungen ül>er die Taktik des modernen Gefechts. Hr. 10: 
Bemerkungen Uber die Taktik des modernen Gefechts (Forts.). — Die 
schwere ArtiHene im Felde (Forts.). — Instniktioneu des Kaisers von 
Japan an sein ileer. Nr. 11: Die (iesniullieit de.s Soldaten. XX. Brief. 
(Forts.). — Beweisstücke zur Geschichte des cliinesiscb-japanischen Krieges. 
— Benmkungeii Uber die ftansfideehe KmUerie veigUehen mit der 
dentaehen. Wer hat das Polver erftmden? 

BeTista Militär. (Portugal) Nr. 9: Die militärischen Organisationen 
im alten Griechenland und alten Koni. Nr. 10: Studien über Verbrechen 
nnil Ver<^ehoii. — Über Reherve-( )niz;ere (Venvirt^ das System, Sergeanten 
von bestimmter Dienstzeit zu Kesei ve Ottiicieren zu belordern. 

KrigSTetonsliaps-Akademiens-Haudling^ar. (Schweden.) April. 
Kochen im Felde. — Die Bewehrungsklasseu bei einer allgemeinen Mobil- 
machnng. 

NoTBk'HllitMrt-ndsskrlft. (Norwegen.) 5.Hflft: Dieprenfirisehe 
Armee-Taktik unter Friedlich d. Gr. (Forts.). — Der chinesiseh-japanisehe 

Krieg. 

Dp Milita^ro Speotator. Nr. 6: Kriegs^eschichtHche Studien über 
die Verteidigung der batavisdien Kepublik 1799 (Forts.). 

IL Bikcher. 

k, T« Mahuy der liallitfe der SeeiiMlit auf die Geseklehte^ eine von 

der Redaktion der Uarine-Bundschaii heraiii^;egebeae Übersetzung 
des Werkes: „Influence of Sea Power upon History.** 
Berlin. E. S. Mittler u. S. 1. u. 2. Lieferung. Vollständig in awölf 
monatlich cr«tchpinenden Lieferungen zum Preise von je 1 M. 
Das Werk \erdankt seine Entstehung einem Vortrag über Seekriegs- 
geachiehte, «idehen der amerikaniaehe Kapitibi Hakan in dw Marine- 
akademie der Vereinigten Staaten hielt. Alle derartigen VorCrIgei sowie 
auch die gonie vorhandwe Iiitterator über dieaea Thema bestanden biaiier 
mehr oder weniger in der dironologischcn Aufzählung der Begebenheiten 
zur See ohne allen Zusammenhang mit dem Gang der Geschicljtn, Die 
Gc^chicbUscbreiber andererseits waren nicht mit den YerhttltniMeu der See 



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Unuchaa in der MUitir-XittaMlnr. 



243 



vertraut, sodaf» der EiaHui» der Macht zur See auf die Geschichte nirprends 
die ricbtigü Würdigung fand, MaJian wjir der Erste, der diesen Maugel 
erkannte, und ihn in seinen Vorträgen abzustellen sich bestrebte. Seine 
neue und eigenartige Beluindliiiig der Hmterie fimd innttebst im engen 
Kreise der amerikanieelien Seeoffisiere Anerkennung nnd TemnUbte d«n 
Antor i. J. 1889 »eine Arbeiten unter dem eben genannten Titel in Buch- 
fonn der Öffentlichkeit zu iilHTg^eben. Seitdem ist das Buch ein Standard- 
"Wt'rk g^eworden, das, in diu Sprachen aller «rrofsen Nationen iibei*setzt, 
nicht nur dazu bei§etra<^on hat, den EinHuls ihrer MachtsteUung zur See 
auf die Geschicke der einzelnen Volker in der Vi-rpingeuUeit zu würdigen, 
fiondern auch ein miichtigcr Anstoii} gewesen it>t, diu Bedeutung uiaritimcr 
Stärke ftr die heatlge WeltvteUuxig «iner Nation an erkennen. Die in den 
lelslen Jahren mit echt amerikanifldier Energie und Schnelligkeit geeehaSene 
Marine der Vereinigten Staaten verdankt ihre I^itstehang, nicht zum ge- 
ringsten Teil diesem Buche. 

Auch für Deutschland haben ;dle mit der See zusammenhHnp^ndon 
Fragen erhöhte Bedeutung bekommen, seitdem es in die B^jibe der Welt 
mächte eingetreten ist. Trotzdem diese neue Weltstellung von Jahr zu 
«Jahr mehr die Ijebensbedingungen des Landes nach allen Richtungen hin 
beeinflnlirt, 00 sind doch daa Wesen derselben, ihre Grandlagen und Aus- 
aichten in weiten Kreisen der gebildeten BevÖlkerang noch eine unbekannte 
Sache. In deutlicher Weise tritt diese Unkenntnifs alljährlich bei den 
Keichstagsverhandlungen über die Marine zu 'J'age, welche sich das Keicli 
in langrsamer Eutwickelung als den Exponenten seiner Woltmachtstellung 
geschafVen hat. Es wfire zu wünschen, dat's Mahan'b AVerk vor allen 
Dingen in den Kreisen der berufsmii&igcn Politiker Eingang iande, um 
hier etwas mehr Slarheit ttber die Bedentung der Macht rar See an 
flchaffen. Nicht minder aber ist das Buch allen denen m empfehlen^ 
welche durch Beruf oder Ne^ang vmmlaljit sind, ihren Bfiek Aber die 
Grenzen Ae» Zunächstliegenden hinausschweifen an lassen. Bevor wir aof 
den Inhalt des Buches eingehen, möchten wir imserem Bedauern darllbor 
Ausdruck ^eben, daük das Wort .,Sca Power" mit . ?>eemacht" übersetzt ist, 
einem Ausdruck, mit welchem der deutliche Spracligebra\ich eine jjanz 
andere Bedeutung verbindet. Unsere Seemacht ist die Flotte; England ist 
eine Seemacht; aber wenn whr die Macht einer Nation auf dem Wasser 
im Oegensata sur Ibcht anf dem Lande beadchnen wollen, so wttrde uns 
z. 6. der Ausdruck: „Macht rar See" sinngemftlser erscheinen. Zum 
Mindesten hätte der Mahan'Bclien Zweiteilung des Wortes „Sea Power" durch 
eine ploiche Zweiteilung- im Deutschen ,, See-Macht" Rechnunfr R-etragen 
werden müssen. Noch wenipfpi- können wir uns mit dem vatj dem Korv.- 
Kapt. Borkeuhagen in ^eiuem Artikel: „Zum Studium der Seekriegs- 
geschichte" im vierten Helt der Marine-Rundschau vorgebchlagenen Aus- 
druck : „Seegewalt** befieanden. Auch hierunter würde der Leser einen 
andern Sinn vermuten. Wenn wir diese unsere Bedenken aar Sprache 
gebracht haben« so geschah es in der Hoffnung, dalb die Bedaktion der 
Maiiae-Bimdschatt noch einen allgemdn vemtSndlichen Ausdruck findet, 



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244 



Unuehau in der Mmtftr-Iitteratur. 



der die Gefahr beseitigt, die EinlÜhrung des wcitvollen Buches in weitere 
Kreüe durch einen nicht leicht verständlichen Titel zu erschweren. 

Den Inlialt Werices und sogleieh den Stoff ftr die Beobaditaiigeii 
und ScUOflse des Vei-Üusera bÜdet die Epoche von 1660—1783, also die Zeil 
Ludwigs XIV. 11.XV., Wilbehns TOn Omnien und Friedrichs des Orofsen. Be- 
sonderer Betrachtung unterliegen der englisch-holländische Krieg, der Ver- 
zNvciniiiit"^k?<Tnj)f der Niederlande gegen Frankreich und England, der 
Krie^; Frankreichs gegen das vereinigte Europa, der der Liga von Augs- 
hiir;_', der spanische, polnische, (»sterreichische Erbfolge- sowie der sieben- 
jährige Krieg, und schliefi^lich der amerikanische Unabhängigkeitskainpf. 

Die nm vorliegenden beiden ersten Liefemngen bringen die Ein- 
leitung and das ento Kepilel; die Bespreebung der Elemente der Macht 
snr See. 

In der Einleitang iiehandelt Mahan an der Hand einiger Beispiele 
aus der nlten und neueren Geschichte ^lie HcdrMitnn;^ ävr Secltncp^s- 
geschichte, ihre (Jnindlajren und den bleibenden Wert ihrer Lehren. Schon 
hier sind wir überrascht durch die neue Beleuchtung, in welcher die an- 
gerührten Abschnitte der Weltgeschichte vor nns erscheinen. 

Als die Etemente der Uacbt nur See beseichnet Hahan im eisten 
Kapitel: die geographisehe Lage, die physikalische Beschaflenhett, die Ans* 
dehnnng des Machtbereichs fst)!! woM heiHten; Qebictsausdelmung oder 
-Verteilung „cxtcnt of territory"), die Bevölkerungszahl, (h u Volkscharakter. 
Charakter und Politik der Repierunjj^ eines Landes. Auch dieses Kapitel 
ist auf den Lohren der Goscliiclito aufgebaut Naturgomäfs finden nur 
diejenigen Mächte Berücksichtigung, welche bis jetzt als Seemacht eine 
Rolle gespielt haben oder noch spielen, also in erster Linie England, so- 
dann Frankreich, Spanien, Holland, Italien, und ebenso natnrgemXA 
exemplificart der Yerfosser anf sein «genes Vaterland, die Vereinigten 
Staaten von Amerika. Das nimmt dem Gesagten jedoch keineswegs Wert 
und Interesse flir uns, die vnr erst auf dem Wege sind, eine See- und 
Koloniahnacht zu werden. ^f«"if'en die Bedingungen hierfür in ^^elor Hin- 
sicht schwierig si'iu ; einen \'<)i teii haben wir: die Erfahruugou anderer. 
Es benötigt nur, dai's die Zald clcrcr etwas gröfser wird, die sich diese 
Erfahmngen sn Nntae an machen geneigt sind. 19. 

Pierre Lehautcourt. C&mpagne do la Loire en 1970/71. Joibm» 
Vend6me, Le Mans. Paris. 1895. Berger-Lc\TÄalt. 
Unter den französisclien SchriftKfellcrn. die sicli d(ui Krieg von 1870/71 
zum Vorwurfe frenonnnen liahen, ragt neben Alfred Dnqnet auch Pierre 
Lehautcourt hervor, von dem wir schon ein reclit gutes Buch über die 
französische Nordarmee und ein ebenso gutes Buch über den ersten Teil 
des Loirefeidanges (Gonlmieis^Orl^s) besitaen. Da die Fransosen die 
Wahrhmt eigentlich nnr dann vertragen, wenn me für FrankrNch angenehm 
ist, so mnfs man es stets als ein Verdienst betrachten, wenn gelegentlich 
auch einmal ein Franzose es wagt, seinen Landslenten bittere Wahrheiten 
an enthüllen. Das thnt Pierre Lehautcourt und swar ohne jedes Vorurteil 



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Umschau iu der Kilitär-UttenOur. ^ 245 

und «ttdb ofane jode QehättigkeiL Gerade deshalb eeltiteen wir den be- 
wldurten kriegsgeseliidifliclien fidirilbiteUer besonden boeh. — Die Freu« 

zosen sind nicht in der glflickBchen Lage, iu der wir Deutsche uns befiudcu. 
Sie haben kein Generalstebewerk Aber den deutsch-französischi-n Krieg und 
die Einsicht in das KriegrsArchiv wird, wenigstens für gröfseie Poriodtn 
ji-ues Krieges, Xiemandein gcBtattct. Aucli der wahrheitsliebendste Frauiose 
\s>t Ualier uiü die Benutzung nicht otÜzielloa Materials angewiesen und 
tappt aus diesen Gründen auch heute noch in vieler Beiiehtmg im Dunkeln. 
Tinmerhin ist inmnschen eine sUttliefae AniaU von „histonqnee" framSsiiMdaer 
Begimenter ezschimen» dnrdhiweg anf amilieheni Materiale bwnhend, aber 
freilich von sehr verschiedenem Wertet das ja bei uns auch der Fall 
ist. Einzelne dieser historiques kann man getrost als vorzüglich bezeichnen, 
aus ihnen läfst sich eiii«^ Füllr von historisch wcrtwolk-n Angaben ent- 
nHimen. Alle diese Quellen iiat i.oliantcourt benutzen können, nebenbei 
noch eine reiche Auswalii von Memoiren, Souvenirs u. s. w., wobei treilich 
der lustodsoihe Wert nur aUau oft ak ficagwfir^ beieiehnet werden muis. 
AnJkerdem bat der Heir Verfaseor aber die deutachen Quellen mit Eifer 
und mit Erfolg benutst Es wfirde au viel getagt sdn, wenn man be- 
baupten wollte, Leiumteourrs neues Bueh sei ein Gcschichtswcrk. Es ist 
eben, wenn man aktenmülbigos Material von zuständiger Seite her nicht 
beuufzen durt', nicht möglich, ein Uescliichtswcrk zu schreiben. Indessen 
hat uns Leliauteourt oint!U tüclitigen Schritt vorw/irt.s ^•■i'l)rftcbt in der Er- 
ketmtnük der waiireu Begebunheiteu. Mit gi-ofser Sorglait uuil auerkeuncns» 
werter Übenicbilicbkett wird alles Überhaupt TerfHgbare Quellenmateonal 
in ein abgerundetes Bild susanunengetragen, wobei die unverkennbare 
Liebe zur Wahrheit flbexall sehr Torteilhaft durchleuchtet Sehr gute Karten 
begleiten das Werk. — 

Das erste Kapitel behandelt die Kriegslage nm 5. und ß. Dezember, 
die folgenden 5 Kapitel bind den Kiinipl'en vom 7. Dezember, der .Htiigigeii 
Sclilacht von Beaugency und dem tlarant' folgenden liückzuge der Armee 
Chanzy's gewidmet. Viel Neues wird gebracht, besonders in Bezug auf 
die Operationen der IVansosen. Nur wer eüi sehr genauer Kenner alier 
ftaxuöniehen historiques ist (und in Deutsehland durften wohl nur er- 
staunlich wenige Manner sieh dessen mit KecLt rühmen können), wird das 
Meiste auch schon anderwftrts gefunden haben. Die folgenden 6 Kapitel 
behandeln die Gefechte von Moräe und Fr^'teval am 14. Dezember, von 
Vendoum am 15. Dezember, den Rückzug der Frauzoben am 16. Dezember 
and den folgenden Tagen und die Festsetzung der Armee Chanzy's bei 
Le Mens. Das 13. Kapitel beschreibt die Stellungen der Franzosen bei 
Le Maus, die 3 folgenden Ki^itet die Gefechte von lionnde (über dieses 
Gefeeht bringt das Budk leidsr noeh immer nicht auch nur wnigennalsen 
genügende Klarheit), vor. M iiti in und von Vendome (zweites Gefecht am 
31. Dezember). Die Kapitel Nr. 17, 18, 19 beliandeln die Gefechte von 
Courtalaiu und Briaro am 31. Dezember, die weiteren PlSne Chanzy's und 
Gambett.n's und das Lager von Conlie. Daran schliefst sich in historiacher 
üeihenfuige, nicht weniger als ^ Kapitel umfassend, eine Beschreibung der 



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246 ^ ünsdua in der MiBtlr-Littenitiir. 

groften SUbnpÜB, welche Tom 6. Iiifl 12. Jwaat doreh den Votttaiseh dw 

Prinzen Friwlrich Karl gegen Le Mans herbeigeführt wtirdcn. Der vierte 
Teil de» Werkes, 6 Kapitel entlialtend, umfoist den liiicUzn^r der fran- 
zösischen Armee nach der Schlacht von Lo Mans; die Gott cht c von fsill^- 
le-Goillaume , von St. .Jean d'Ervf und von Alt'n(,'on, Hämuitlich vom 
15. Januar 1871; die Festneuung der Franzosen au der Mayemie; dann 
daa sweite Qefadtl von ^fien am 14. Januar; das Qefeelit von Vienne am 
38. Jaimar und den WaffenatillstaiuL Die Oidie de bataille der Armee 
Glai^'if weldie Leluuitcoiurt bringt, kenn als aktenmiUa^ QneUe nicht 
dienen. Hier Iifitte Lehautconrt grSlbere Soig&lt Terwemdeu mflasen. 
JcdfMifjiIls sind wir in der La^e, einn g-an-^f T?<'ihe von Versehen auf 
(Jruud der historiques und souiJtigen französisichen Quellen ihm nachweisen 
zu können. Es würde zu wpit fiihren, wenn Avir die Begründung dies««* 
Büliauptutig hier queüenumikig nachweisen wollten, wir sind Jedoch auf 
Verlangen jedeneit falenii bereit, obsehon vir trots eaftigster Fenchnng 
fmeh heute noch nicht im Stande alnd, dne aktenmitftig riehtig^/ganB 
nnanftchthare Ordre de bataille der aweiteu Loireannee enfrtellen zu 
können. Solange eine amtliche franaOdsche Geschichtsschreibung fehlt, 
wird in 'lera bunten Wechsel, dem so ziemlich alle Formationen der Fran- 
zosen unterworfen waren, Niemand stete das Richtige treüen können. 
Oifenbare und ernste Fehler hätte indessen Lchautcourt vermeiden künueu, 
denn dem Franzosen standen doch sicherlich weit mehr gute franxäsifldbe 
Quellen aur Verfügung als dem Deutschen. 5. 

Das Wald- und Ortsgcfeirlit. Ein kriegsgeschichtlich - takti<Hrhe Studie. 
Mit in den Text gedruckten Abbildungen und 3 Karten -Skixzeu. — 
Berlin 1895. Verlag \ i^n R. Eisenschmidt. Preis 6 M. 

In der Einleitung" preht der nngenaujite V'erlat>ser eine tretieude all 
gemeine Kennzeichnung der Wälder uud Ortlichkeiten aui den iüir um in 
Betcadit kemmonden KriegsaehanpUltiten becH|^idi ihrer tnfcthfihen Be- 
deutung für Angriff und Varteidigung. Das Bestreben des Verftssers, 
durch nmfiusende Studien in grftndUehem Auf ben der Ldiren aus der 
Vergangenheit die Wahrfieit zu finden und fttr die Zukunft zu verwerten, 
findet in der Heiziehnng nnd Besprechung zahlreicher, gut gewählter Bei- 
spiele aus den Kriegsjahren 1813, 1814, 1831, 1866, 1870/71 Bethäti{,ning ; 
ais Quellen sind vielfach die Regimentsg<»sc]iichten zu möglichst eingehender 
Darstellung wichtiger uud lehrreicher Einzelheiten benutzt Nachdem im 
L und II. Abschnitt der geschiehtHche Teil smne Erledigung goftmden, 
wird im III. die Waffsuwirknug und SchanMUsrIistnng besprochen, wUhrend 
der IV. und V. Abschnitt die Folgerangen, Nutzanwendungen und Vor* 
schljige dir Angriff und Verteidigung enthSlt. Im VI. Abschnitt ist die 
Verteidiirunn' voti Quartieren und Etappenorten, im VIT. und letzten der 
Stralseukampt l)ehandelt. — Bezüglich der Wälder kommt Verfasser u. A, 
zu dem Schlufs, daf« durch die Verteidigung von Waldstücken Kriü'te ge- 
spart und solche an anderen entscheidenden Funkten zur Herbeiführung 
der Übttlegenbeit verwertet werden könneni dafr &mer im WaldgeUddit 



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Umschau in der Militär-LitptenUur. 



die Küluuue uitJ die blanke Waffe erhöhte Bedeutung haben; daJk ein 
Dnrciiaielieii der WJtlder am bMten enthag ▼on ftniben dnreh Fikblung 
naeh dieMn gmchidit u. 0. w. Hinsicbtlich der Örtliclikeitea folgert der 
Verfasser aus den krieg^geBchichtlichen Unterlegen nnd der heutigen 
Artilleriewirkung, dafs nur die kleineren Ortschaftetti nicht aber die 
grüfsen'ii, lientzufuf^c mehr gefiilmlet sind als früher, weil bei der Be- 
»chiefsun^ letzterer diu Geschosse scJioii im Rjind kn'pin'u. Wenn wir 
auch iu vielen, ja iu den meisten 1/uukten den Auhluhruugen des Ver- 
fassers rttckhaltslos zustimmen können, so neigen wir andererseits doch der 
Aainelit in, dalk die heutige ZerttSrungskraft der AxtUlerte im nScbaten 
Feldnige anf OrtUdbkeiten eine gevadean vemiehtende und nnwidentehliche 
Wirkung iui^sühen wird, aumal wenn, wie geplant, Positionsgeschtttse 
schwereren Kalibers und Mörser in der Feldsclilacht zur Verwendung lunumen 
wi'rdon Der Vorschlag auf Einfilhrung eines Maschinengewehrs vertlient 
Beachtung. — Eine Studie wie die vorliegende venuag selbstredend nicht 
alle Zweifel zu heben, nicht alle Fragen zu beantworten, welche bei der 
Bebandlimg ihren Gegenstandes auftauchen; aber sie hat das greise Ver> 
dienst, die Ueimmgen heraimalbrdem, die Ansehammgen in vieler Hinsicht 
an kitren nnd dadoreh ailgemdn Nntaen au bdngen. Die Oflteiere aller 
'Wafoi und Grade werden in dem reichhaltigen Buche sicherlich vielfache 
Anregung finden, weshalb wir nicht verfehlen wollen, dasselbe an diflMr 
ätelle waim au empfehlen. P. 

HevtsehUnds Siege 1870/7L Rttckbliek auf die grofiw Zeit der Auf- 
richtung des deutschen Kaisenrdchs. Von H. von der Lochau, 
M%jor a. D. Hieran 3 fiu'bige Ori^naUuurten mit den HaeressQgen. 
Barlin 1896. R. KQhn. Fteia 1,60 M. 

Diese 68 Seiten fllUenda Schrift will eine kune, leicht verst&ndliche 
Darstellung des Krieges in seinen GrundzUgen sein und ist dies in der 
That, sofern man nur die Daten, d. h. die Angabe der säramtlichen 
Öchlacliteii, Gefechte und Beljigerungen . sowie der dabei in Betracht 
kommenden Truppenstärken und Verluste darunter versteht. Die opera- 
tiven Vorgänge sind kurs angedeutet, die taktischen konnten keine Er- 
-wfilmung finden« Das VerstHndnifii des Textes wird gefördert durch 3 gut 
geafsehnete Karten in Buntdruck, deren erste dem Kriege gegen Frankreich, 
die Bweite dem Kriege gegen die Republik, die dritte der allmählichen 
"R/nimuTig Frankreichs bis y.nm 1 6. September 1873 gilt. Die kleini', rocht 
liltoniichtUch angeonlnete Srlnit't sei, aui-]) des guten Zweckes wej^t'u 
(der Reingewinn ist fUr die iuvaliden von 1870/71 bestimmt) empt'ohleu. 

3. 

Napoleon I. Ib Bfld und W«rt, mit 600 Textiliusbwtionen, Volllnlder- 
tafeb, Kairikaturen und Autegraphen von Armand Oayot, ttber- 

tragen von 0. Marsehall von Bioberstein. I.Lieferung. Preis 
60 Pf. Leipzig 1895. H. Schmidt & C. Günther. 
Dieses Werk erscheint, wie der Prospekt besagt, demnächst in 
30 Lieferungeu, deren erste uns vorliegt. Nicht weniger als 108 Maler, 



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248 



Unueliftu b der MUÜir-IJtteMiior. 



16 Büdluraier und 19 GraTOUFe haben m ^Beiem Unternehmeii beigeBtenert, 

darunter Namen allerenten Hange», als: Davidi Oanova, Ingres, Isabay, 
Mcissonnier, Philippoteaux , Thorwaldsen, Horace Vernet etc. Die welt- 
liorOlimtcn GemaMr' »Ics Louvre, da« Museum von Vorsoille^, von Se^TCS. 
auä dem l'autlicun, leriier die interessantesten (jcgeuiständc «ier Saininlunirfii 
des Prinzen Victor Kapoleon, Prinzen Koland Bonaparte, ilemog vuu 
Anmal«! Benog von BaiMno, Marqnk de Oiiardiii, der Sarali Bemliardt 
etc. ^nd getreu reprodiisirt. Eine grofte Auxalil Autogrsphen des Kaiien, 
Briefe an seine MareobSUe, an Joeepbhie, an die Qrä&i von Waleweka, 
femer Kanikatnrcn Kapoleons aus England, Deutscliland, Italien machen 
das Werk zu cinfui Praclitwork ersten Ranges. In -wie weit demselbeu 
ein wi«scuöeliaft!irlier Wort bt-igcmeshen werden kann, liifst diese 
Lieiuruiig nocli nicia erkennen. Wir werden auf diescb Werk nach Em- 
pfang folgender Lieferungen zui-ückzukonuuen haben und richten vorläufig 
die AnfinerkMunkeit unserer Leeer anf dasselbe. 2. 

Oer tieneral der Infanterie t. Uiudersin. Kin Bild seines Lebens 
und Wirken!^, bearbeitet von Bartolomacus» Piemierlieutenant, 

Berlin 1895. E. 8. Mittler & S. Preis 60 Pf. 

Diese kleine Scliriilt giebt ein gelungenes Ijebonshild dieses verdienst- 
vollen Generals, welchem in seiner Thätigkeit alb üeuerul-Inspekteur diee^ 
Waffe die prcuisische Artillerie und damit die Armee wahrhaft Qrofses za 
danken bat. Der Feldaug 1870/71 liefert bierfOr die vollgültigsten Beweise, 
wie dies auch Kaiser Wilbelin I. dnreh eine A. K. 0. vom 16. Jnli 1871, 
am Tage des Einsuges der Truppen in Berlin, in ftlr den General rühm- 
liclister Weise anerkannte. Zu bedauern ist es, dafs der trefflichen Schrift 
nicht ein Bildnifs des Generals beigo^ebpn wurde. Auf Seite 33 fin lot 
sich ein störender Dnirkfehler: liier heilst es — /^eile 12 v. u. — Die 
ersteu gOKOgoueu Geschütze seien UDO (!) cm imt Kolbonverschluüi gewesen j 
es soU wohl beiften: 800 • an. 2. 

LeB^manoettYres de furtercssc, par M.H. Mazereau et M. E. N06I. Avec 
17 graA-ures, 3 portraits ( 1 2 cartes. Faris-Nanejr. 1895. Beiger^ 

Levrault et Cie. Preis 3 ir. 

Die Herron Verfasser, beide Hnnptleute in der 'rf«rntonnl-Anuee, 
schildern ihre, weniger für ein railitärischeii,Hls einJ.aien-Pulilikuni berechneten, 
Beobachtungen bei Gelegenheit der vorjährigen Pariser Festungsmanöver 
in einer unterbsltenden nnd bis an gewissem Grade aneb belebrenden 
Weke. Der Verlauf der Anleitenden Opearatbnen, dann der Manöver 
^\lrd so genan wiedergegeben, wie M einem Berichterstatter tiberliaupt 
uui^'lifh ist: es ^v ird im Vorwort gesagt, Mazereau sei offiziell als Militär- 
Scliriflsiellor dem Stabe dos Generals Coste, welcher das Verteidigungskorps 
kommandirte, zngcteiit ;j^e\vescn. Obwohl das interessante Buch wesentlich 
im Stj'lc dos Fvuillütons gehalten ist, kann doch selbst der militärische 
Leser ans dems^ben sieb ein vollkommenes Bild dieses „Krieges im Frieden** 
bersteilen. Aneb Einselbelten, welcbe den Tecbniker intecessiien (Feld- 



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ümachau m der MilitSr^Litteratitr. 



249 



eiseiilmliii, Ft'sselbaIIr)ii>,, flt-ktrisciu' Sclu-inwertcr etc.) Bind l>f rikksichtigt 
und durch die iM'i^e^'ebeiu ii plioto^raphischen AugenblickB-Bilder zweck- 
miUäig erläutert. Das Buch beweist wieder einmal, welch' regen Auteil 
num in Frankreidi an der Entwiekelung der Tatarlindüchen Wehrkraft 
nimmt Die in ehrae hochtönenden Worten gehaltene Einleitnng (von 
J. Gfauetie) nennt diese Manöver „ein patriotiicfaeB nnd ecbffnee Si^n- 
spieL" 1. 

Tiftktische Entschlüsse und Befehle*. Studie an den Operationen einer 
selbststündigen Di\i»ion, uach einer auf der Kümglicheu Kriegt»- 
Akademie gestellten Angabe von A. Buddeekoi Hauptmann. Hit 
einer Karte (1:100000) und einer Überaicfatakiiae. Berlin 1895. 
£. S. Mittler & S. Fnis 3 H. 

Ein wertvoller Beitrag sur applikatorieehen Ldmnethode. Die 

Operationen einer Division wührend einer siebentägigen Periode werden 
<Mii<:c'lu'ii<l, unter Zugrundelegung der Felddieiihtordmiiig erläutert, die Ito- 
troiitjndeii Vorposteii-Marfich-Angriffsbefehh', «■iiif^'c^'aujronen Meldunj^cn etc. 
im Wortlaut mitgeteilt, im AuschluHBe hieran die Beurteilung der ji.'w(.iligtm 
Lage. Diese Studio gewährt ein klares Bild der zur Zeit an der kgl. 
KriegB^Aludenue üblichen Unterrichte-Methode in der IVüctik; es ist in^ 
dankenswert; dab durch dieselbe auch weitere Kreise in den Stand ge- 
setzt weiden, von diesen lehmichen Aufgaben Nutien au lidien. Exempla 
docent. 2. 

Heldenthaten de» XTI. (sSch^ischon) Armeekorps im Kriege 1870/71. 
ZusammeugehtelU vuu Ji, Dahlinger. Leipidg. 11. Weilöledor. 
Freie 50 Ff. 

Die kleine Sehrift veraeichnet auf 21 Seiten die Heldenthaten einaelner 
Oflfimere und Mannsehaften des 12. Armeekorps im Andenken an die 
ruhmvollen Siege des Jahres 1S70/71. Die Sprache ist schlicht und volks- 
tümlich. Zum Gebrauch beim Dienstuuterricht der Mannschaften dürften 
diese Blätter sehr geeignet sein. Das wohl getroffene Portnit des ruhm- 
reiclu'u FüluTrs, Sr. Mnj. des KniMi_'-« von Sachsen, ist dem Texte vor- 
gebcttet, ein (i^eschichtskaleader dm Krieges aum Sclüttsee beigefügt. 4. 

Die G«n«nle der kSiiiglleli pienldBelieii Amee tob 1S44I'1890. 

Zuaammengestellt von B. v. K leist, Obent a. D. Zweite Fdge und 
Nachträge für die Jahre 1 893 und 1894. Ldpaig 1805. Zucksehwerdt 

u. Möschke. Preis ;i,50 M. 

Das vorliegende Heft ist eine Ergänzung das an dieser Stelle be- 
sprochenen Werkes. Im Vorwort i^n'^i der Herr Verfasser, das er dem 
(auch meinerseits) ausgesprochenen Wunsche, die Sehlachten, Gefechte 
u. H. w., welchisu die betreffenden Generale beigewohnt haben, aufzunehmen, 
nicht entsprechen könne, denn dazu „würde ein Meuschenalter kaum aus- 
reichen.'* Es kt diee sehr au bedauern, da begreiflicher Weise die Teil- 
nähme an den Feldattgen doch biogtaphisch wichtiger ist ab die Auf- 

JalirbllellMr fir 4i« l>ratw1i«> hrmn miul UftTia«. 04 M, 2. 17 



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250 



Umaclimi in der Uilitär iitteratar. 



zäliluii;; jede«' imch so iiTibedLutciulen Kommandos zu irgend einer Anstalt 
oder eiiiuiu audereu Tru^ipentoil im Friedcu. 4 

Die Torteile der Unteroffizier-Laufbahn. Ein zeitgemäfser Beitrag 
zur Borafewahl von L. M. Riesling. BerJin 1695. Liebel*ache Bueh- 

handlung. Preis 30 Pf. 22 Seiten. 

Die» Büclielclien belehrt in orscliöpfen ler Weise, wie junge Leute 
am zweckmäfHigsten handeln, um die üuternttizierlaul'halm einzusehlairen, 
wie die Einkoinmenverliältnie«e der llnterollizi^Te lH"-<-liafi'en sind, wt-lclie 
Ausitiielittnt di«> Uuterotitizicre in Bezug aui" die i^rlangung guter l^ebens- 
stellungen liabe»« — Ifih gestelie, da& mir edtm «ine so dnieli nnd dureh 
prakttsdie und seitgemfifte Schrift in die Hjinde gekommen ist Sie wird 
hoffentlich den Erfolg haben, mehr als bisher tüchtige Elemente diesem 
Stande sitsnfiihren, da der ))ekannte Uanprel un Holclien liaujitsiicblich in 
der Unlcenntnifs der in Betracht kommenden VerhältnisHC beji;rüii<Iet ist. 
Wir wünschen dieser ScbriÜ, im Interesse unseres Heeres, die weifaeste 
Verbreitung. 4* 

BraumlUIer's militJ&risAhe TaseheBbttelier* Bd. 8 und 4. Wien und 
Leipsig 1895. W. BiaumttUer. 

Bd. 3: Artilleristisches Taschenbuch, von A. DoUecsek, k. 

u. k. Ilauptumnu. Mit 8 Fipiren im Text Obwohl zunächst für tlie 
OtTiziere des österreicbiseh-uugarischen Heeres Lestimmt, ist dasselbe doeli 
auch fllr Offiziere des deutschen Reichsheeres selir branehhar , sofern es 
sich um eine schnelle Orientirunjr über die Artillerien des uns waffen- 
brüderlich verbundenen Ileeros handelt, und zwar sowohl hinsichtlich des 
Maienais, der Geachoftwirkung, Schielsregcln , als auch der Oiganisadon 
und Taktik. 

Bd. 4: Schule der Sehvrimmkunat, Fttr Lehrer und Lernende 

verfafst von J.Himmel. Mit 109 Figuren im Text. Verfasser ist Ober- 
scln\ iiuudehrer an der k. u. k. Militär -Schwimmanstalt in Wien, also ein 
Muim \(in Fach. Seine ..Sclnile der Schwinnukunde" enthält in klan-r. 
verständlicher Weise Alles, was über die.son Zweig der militärischen kürjwir- 
lichen Ausbildung zu s^eu ist Wir empfehlen das Werk besonders deu 
xur Anseht auf den Militlr-Schwimmanstalten kommandirten Offisi^vn 
als einen anrerlSssigen Ratgeber. 4. 

Taaehenbiicli für k. u. k. Artillerie- Offiziere von Anton Korzeii, 
k. u. k. Hauptmann des Artillerie-Stabes, im Stande des technischen 
Militär-Komit6. Mit 16 lithographirtou Talehi. 2. Auflage. Wien 
1895. Im Selbstverlag. 

Verfasser will dem Offizier der Feld- uud Festnngs- Artillerie ein 
Nachsehlegebucli und eine GedichtniJidillfe in allen Lagen des Dienstes, 
sowie einen Behelf zur Lösung taktischer und applikatoriseher Aufgaben 
li(;feru. Zur Btarbeitung sind alle bisher erschienenen Dienstbttcber und 
Vorschriften nicht reservirteii Inhaltes, sowie eine Anxahl von ejuBchlSgigen 



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Umschau in der Militär -litteratur. 



251 



VertttolHcliungen der Fachlitteratar benutst. Die einselium Abschnitte 
behandebi Oiganiwtioii, lUteml, Beadhinniig, Anarnstung und Packung) 
Dienst im Kriege, SebieibweBenf Scbieto^eba» Sdbie&abnngen, Batteriebau« 

Feuergefocbt *lor Foldartilleni^, Takdsdie Notixen, Gefecht, Festuugskrieg, 
Aj)|)lIkiitonscIic' l'lmTipron, Pftirdcwesen ; sind 16 Tafeln Ijei^'cj^cbpn. 
Kill Anhang' beliajulclt t'n'mdländische Artillerien. — Für den ArtiUerie- 
Ot'tizier des k. n. k. lleeri-s ist das Taschenbuch zweifellos vou hohem 
Wert. Wer auikerlialb »teht, erwarte kuiae uiugehendcu Notizen Uber 
Haterial, dasselbe ist mit vieler Zurttekhaltnng wiedergegeben. Bc^ der 
Oiganisation der Artillerie in Fnuikreich dnd die durebgreiliBnden Ande^ 
mngen von 18M gaai übersehen. Die Notia über das neue 7,5 em Feld- 
gescbflta in Dentsehland müehten wir nedi answeilUn. S. 

BibUotheca historii-o - militaris. Systematische Übersicht der Er- 
scheinungen aller iSprachcn auf dem (iebicte der Kriege und Krieg»- 
wissenaeiiaft sdt E^nduug der BucbdmcWkunsk bis aum SeUusse 
des Jabrea 1880. von Dr. Job. Pohler. IH. Bd. Heft 5. Preis 
8 U. Cassel 1895. F. Kesaler's Verbig. 
Vorliegendes Heft ist die Hchlufbiieferung dieses in seiner Art einzigen, 
mit l)ewnndernHwürdigtMii Fleifse zusammen gestellten twimmelworkcs. T.üb- 
lial'test müssen wir bedauern, dafs der Herr Verfasser es nur Ms zum 
Jahre ISHO tortgetührt hat, wahrend dm li j;erade die letzten 15 .Jalire eine 
Uberreiche und lur Zwecke des Ötudiumt» der neueren Kriege besonders 
wichtige Ausbeute auf militifr-littwamhem Gebiete geliefert haben würden. 
Zu bedauern ist femer, daft die erwähnten Schriften weder in alpha- 
betiseher noch chronologischer Ordnung, auch nicht nach Nationalitfiten 
getrennt in den verschiedenen Rubriken aufgetilhrt sind. Das Aufsuchen 
eines bestimmten Werkes \\\n\ durcli diesen Umstand sehr erschwert, 
(ileiehwohl bleibt dieses Werk eine für biblio^n-ajihische Zweeke hoch be- 
deutsame Erscheinung, welche in keiner gröiscren Bibliutiiek fehlen darf. 

1, 

m. Seewesen. 

Ajuialen der Hydrographie und maritimen Meteoiologie. XeltT: 
Von Valparaiso nach Puerto MontL Aua dem Beisebericbt S. H. S. 
jjbrie", KomniandantKorv.-Kapt. Freiherr von Lyndier. — Temperaturen 

des Wassers während der Fahrt von Tsliifu nach Tshimnlpo und zmnick 
über Tshifu nach Tientsin (Taku-Rhede). Aus dem Reisebericht 8. M. S- 
,.Wolf', Koitnuandant Korv. -Kapt. Krotschmann. — Versuche über das 
Glätten der ijec durch Seifenwasser, ausf^etuhrt an Hord von S. M. Schiffen. 
— Eine Fahrt auf dem Yang-tse- Kiang und die Beschreibung dreier 
Taifune. Ans dem Reisebericht des Kapt Fr. Segelken, Führer des 
Dampfers t,Africa*^ ~ Aroe-Bai, Sumatra. Von Kapt. P. Dahme, Ffihrer 
d«a deutschen Dampfen „'Tai-Cheong". — Bericht der Dentsdien Seewarte 
ttber das Fr;;ebnifs der magnetischen Beobaclitungen in dorn deutschen 
Küstengebiete im Jahre 1894. — Ballonfifthrten in die Region der Cirrus- 
wolken. — Studien tiber Nebelsignale. Dritte Mitteilung. Von Prof. Dr. 

IT* 



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252 



Umiicbau in der Militär- Litieratur. 



H. Mofan in Chriatuuiift. — Trt&Bpannt'Biagnmiiie der Lnftbew^nng 
in GyUoQen und Antioyklonen. — Znr Meteorologie der Pnrdy^hMlii. 

~ Die Witterung an der dentftchen KUsto im Monst April 1895. 

]|ftri>e*Blllld8ellM. Heft 6: Die Einnahme von Woi-hai-wei (mit 
einem Plan und einer Skizze), eine weitere wertvolle Ergänznn^i: der I?f»- 
riclite vom ostÄsintiwbfn Kri«'<j;sschnnplRtz. ~ Die Kntstehung und hiijtoriM:he 
Entwickelung dea Setjolhzierstandijö vom Mittelalter bis zur Gegenwart. 
(Fort«, u. Scblulß.} — Die Marine- Akademie der Vereinigten Staaten. — 
IMe UftTftrie des fteni. DampferB „La Oasoogne**. — Sdüefinrenniebe geg&a 
geliirtote 800 mm NldcelataUpletten von Krapp (mit 13 Taftb). 
' Mitteiluigeii aus dem tiebiete des Seewesens. Kr. VI: S. M. 
Küstenvcrteidigungsscliiff „Monarch" (mit Abbildung). — Über den Einflufs 
der FaliH auf das Richten ZUT See, eine Studie von G. Krall von Kralb. 
ber^, k. k. Mar.-Art.-lngenieur. — Di r elektrische Signaltelegraph, .System 
Pelial Soliasehl. (Forts.) — Die kgl. uiederliindisehe Marine-Reserve;, Über- 
seti&uitg aus dem HoU^indischen. - - Die neuen italienischen Scldachtiw^hÜFe 
und gepaaaerten Kreoaer, mit Seitenaasiditeii und DeckplMnon* ^ Sehuls- 
mittel Är Geflehtttxbemannnngeii. — Die ftana. Krauser „Algei^* und 
(mit Abbildung). — Die Benntrang d^ elektrischen Lichtes an Bord von 
8«hiflen, die von Lloyd's Register aufgestellten neuen Bestimmungm. 

Army and ??avy Joarnal. Nr. 1657; I>io neuen Hmeriknnischen 
SchlachtHchift'e. Nr. 1668: Pliine der drei amer. Torpdbtc. 1. Kl. Nr, 1659: 
Die japanische Marine, Resumt^ eiucs in der Japan Society In Lumion ge- 
gelialtcnen Vortrags. — Die amer. Schiffe in Kiel haben jedes 500, der 
Admiral 1000 DolUm Rcpräsontationflgelder erhalten. — Wurde Marschall 
Ney erBehonMu? Betraehtongen an dem Budi: J. Westen, HüstoriMihe 
ZwdfBl an der fiisehicisung des Mai-scliall N* y. 

Amy and Nary Gaxette. Nr. 1843: Bilge-Kiele und Scblaclit- 
schiffe. — Mr. llnlisoii, Soliiffltaniiifrcnicur dt>r Ver. Sta.itfn Manur sfrllt 
interessante Vfirf;ieich<' ithor die Stärke der engl. Marine gegenüber den 
Marinen liui'slands und Frankreichs an. Nach Tonnenzahl der seit 1881 
vom Stapel gelanenen Schlachtschiffe vori'ögt erstere über 261 690 t, letztere 
beiden Natixmen Aber 2169^8 t. Im Jahre 1896/97 weiden sieh diese 
Zahlen in 274040 au 867110 t» also sehr an Ungnnsten fiBgimida ver- 
schoben haben. — NXhere Angaben über die in Bau befindlichen japanischen 
Schlachtschiffe. — Der Äi^;entini»che Kreuzer „Buenos Aires * ist in Newcastle 
vom Sta{)cl jrelauten, ist \\\r 24 sm. Fahrt konstruirt. Nr. 1844: Be- 
sprechung von Lonl Brassey's Naval Annoal. — Bedenken über den in 
voriger Nummer angeführten argcnt. Krzr. ..Buenos Aires'*. — Noch einmal 
Mr. UoWn, der das Jahr 1896 fllr das g^ebeue hält, wo Kalkiand nnd 
Frankreich Aber Eag^d her&llen werden» als vorbereitenden Sehritt Ar 
den Angriff auf den Dreibund. Hr. 1M6: Schiflfa'Artilkrie. — Der alte 
,»8n]tan'\ wolchor vor fünf Jahren im Comino-Kaaal unterging, hat als 
neues Schiff die Werft von Portsmouth verlassen. — Längerer beachtens- 
werter Artikel Uber den Fortschritt der englischen Schiffinrtillerie. — Stapel* 
laut' des engl. Kreuzer» „Terrible*'. 



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Lmächau iu der Militär-Litteratiir. 



253 



Journal of the Royal t nited Service Institution. Mai 1895. Die 
mit der goldenen MedeiUe gekrifnte Fntaebrift des Major F. B. Ehneüo, 
B. A.: n'^eldie Ijehren Uueen flieh ans den Unternehmungen einea 

Expeditionskorps an einer foindliclion Küste in ürühoren Kriegt ableiten, 
mit }>eBonderer Berücksichtigung ähnlicher Unternehmungen unserer Armee 
in der Zukunft?", eine j^r!» it, die ebenso knr^ wie erschöpfend in einer 
Keihe beachtenswerter Erlalu-ungssätzc fiir Laiuluiif^cii in heutiger Zeit 
gipfelt. — Feldartillerie-Feuer und Okeluuiiittou Erlakrungen. — £inige 
praktische Katschläge für Behandlung uud Gebrauch der liaxim-Geächütsc. 

— Befestigungen edt ISnftfamng der Bxjean^eHdioaee. (FMte.) 

Berne mAritime et eoloniale» April 189$. Naval war&re, eine 

Beeptechung des Werkes des englischen Kontre-Admiial Cdomb. (Forte.) 

— 13<fschreihung und Wirkungsweise der hydraulischen Apparate der 34 cm 
Kanonen Bf/87 an Bord der franz. Panzerschiffe ,,.T«Mnmnp<'^", .,Valjny" etc. 
(Forts, u. Scldufs.) — Das Mefsvcnmigon der liiagranuue, ökouoini«che 
Fragen über Indikatordiagramme. (Foi rs ) — Die amerikanische Hochsee- 
fiscliorei auf der Ausstellung in Cliicago (1893) bringt iuterewiante Ab- 
hildnngen und Beschreibung der in amerikaiiieehett Gewäeeem gebiänch- 
Ikhen Fieeberei&faneuge. 

Uivista marittima. Nr. V: Die mechanische Anwendung der 
Elektrizität auf Krie-^hiic liiflfen. — Das Torpedofahrzoug, kuntc Bctrachfimft 
vom Lieut. z. See C. Corsi. — Der Sochandcl und die ilalltinische 
Regierung. — Maritime Krinneruugen an Napolmn I (1HI4). — Die Krieg.s- 
marinc Cosimo I. etc. (Forts.). Unter den Notizen: Bild des untergegaogeneu 
spanischen Krcuzci-s „Heina Kcgente". 

Hecskoi Sliondk (RueiiBcher Hanne- Sammler). Bt, i, April 85: 
FeeteteUang eines aetronomieehen Ptmktes ohne BenntBt^Dg der Logerithmen- 
Tafel. — Zu den Fragen des Kreuzer- Krieges (Kriegsflotte und Seehandel). 

— Panzer ViM sn che in den Jahren 1893 — 94. — Uber den Bau von 
Dynamo-Mascliincn und Elektro -Motoren. — Nncliforsclmngen nach der 
„Rujisalka" im Sommer 1894. — Metallurgische Benierknnjrcn. IJher 
die Gründe der jährlichen Schwankungen dos Wasserspiegols im Sciiwarzen 
und Aeowschen Meere. Nr. 5, Hai 95: Offiaieller Teil: Torpedoboote 
Nr. 110 und 116 werden aue den Listra der Torpedoboote geetriehen und 
ab Kutter fUx den Petenburger Hafendienet eingeeteUt. — Das Torpedo- 
boot „Kotka" wird ans der 10. in die 28, Flotten«Equipago versetzt. — 
Die Hochsectorpcdoboote (minonoszy), welche bisher mit Nntncn Tiezeichnet 
waren, erhalten, ^^^e es bereits bei den Kti8tentorpe<lobooten (niinonnski), 
der Fall war, an Stelle der Namen Nuniniern und zwar die Küstontorpodo 
boote die Nrn. 1 — 100, die Hochseetorpedoboote der haitischen Flotte 
die Nrn. 101—260, die der Schwaneameer-TIotte die Nni. Yen 250 an; 
nor die Hoehseelorpedoboote „Wsryw'* und ,|SeokoV* behalten ihre Namen. 

— Die Litte der Torpedoboote enthält 98 Kflsten-Torpedoboote, 
42 Hochsectorpedoboote der baltisehen Flotte (Nr. 101 — 142, 
davon 16 noch im Bau), 23 Hochseetorpedoboote der Schwarzen- 
meer'Flotte (Nr. 251—273, davon 6 im Bau); auiserdem 5 Hochsee- 



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254 



Umüchau in der Militär- Liüeratur. 



tovpedoboote, welche vodlUifig ihn Namen behalten. — Nachrichten über 
F^hnseuge in ftenden Oewiaeeni. Nichtofflaieller Teil: MitteU 

den Schifibord bei ZiisammeoBtörsen vor Beaohädigungen zu bewahren; 
von Kontre-Admiral Makorow. — Wirktmgen der Torpedos im japaniscli- 
cliMif sischen Kriege. — I)r(i schrauben - Kriegsschiffe. — Das Telephot 
(neues Verfahren elektrischeu Öigoalisireiu). — Hydrographische Arbeiten 
im Eismeer im Jubrc 

IT, Tenelehnilh der nur BeBiHreelmiis elngeguigiHieii Bftdier. 

I. 191 Depeschen yom Schauplatz des deutsch -franzdsisehen 
Krieges 1870/71. Nach den Veröffentlichunpteu des kgL Poliaei-PrfiBidiams 
au Berlin. Berlin 1895. L. Abel. Preis 50 Plg. 

8. Chinas Wehrmacht. Von B. W. Pntjata, kais. rara. Obeiat 
des Generalstabes. Aus dem Russischen Übers, von 8t. Ritter von ürsyn- 
Truszynski. Mit 9 Figuren im Text und 4 Beilagen. Wien tmd Leipsig 
1895. W. Bianmilller. Preis 2,40 H. 

3. Entwurf zu ei nein neues Exerzir-Reglement für die k. «• 
k. Fufstrwppen von * * *. Tmppau. E. Zenker. Preis 1,50 M. 

4. Rang-und Quurtier-Listc der köiiigliich preufsischen Armee 
und des äll. (königlich wiirttembergischen) Armeekorps für 
1895* Mit den Anciennit;its T isten der Generalität und der StAbsoffiaeRL 
Nach dem Staude vom 1. Mai 1895. Berlin. E. S. Mittler & S. 

5. Nachtrag zur Rangliste der kaiserlieh dentsidieiL HsriiA 
für das Jahr 1895. (Abgeschlossen 25. Mai 1895.) Bedigirt nn Hanne- 
Kabinet. Berlin, E. S. Mittler & 8. Preis 60 Pf. 

6. Die fremden Geschwader in Kiel xur Feier der Krüßuting des 
Nord-Ostsee -Kanals. Kuiie Übersicht und Beschreibung der einzelnen 
8chiffc nelist allgemeinen Erläutermigen von Frans Eisenhardt. Berlin 
1895. K. Felix. Preis 60 Pf. 

7. Ernste und heitere Erinnernngen eines Ordonnanzofftsien 
im Jalom 1870—71 von Carl Tan era, Hauptmann a. I). Illustrirt von 
E. Zimmer. 1. JJeferunpr. Jubel - Ausgabe zur 25. Gedäclitnifsfeier dt^ 
Feldsugcs 1870/71. VoUst&ndig in 22 Lieferungen, die in Zwisclietu-äuntun 
von 10— >14 IWren cur An^be gelangen. Preifl jeder Lieflnning 50 Pfg. 
München. C. H. Beck'scl.er V( rlag. 

8. Eidgenössische Grenz besetzung und Interuirung der fran- 
aösischen Ostarmee im Kriegsjshre 1870/71. Grüningen. J. Wira. 
Heft 1. Preis 40 Cts. 

9. Vor 25 Jahren. Wahre Gescliicliten aus dem ruhmreichen Jahre 
1870 von .pd. Jost Frankfurt a. O. 1895. H. Andres. Preis 75 Pf. 

10. Ägypten und die ftgyptfselie Frage. Von Krön. Leipzig 
1895. Renger'sche Buchhandlun;;. Preis 4 M. 

II. Das Haus Sayoyen. aus dem Italienischen des Obersten C. Fabris 
▼on Major K. Mar sei Ii. Turin. Königl. Hof buchdruckerei V. Bona. 
In Kommission bei R. Clausen. Preis 2 Mk. 

12. Das russische Eisenbahnnetz zur deutsch-östorreicliisL-hen Grenze 
in seiner Bedeutung itir einen Krieg. Von Nienst&dt, Oberstlieutenant 
a. D. Mit einer Karte. Leipzig 1895. Zueksehwerdt u. HSsehke. Preis 1 M. 

13. Dpr japanisch-chinesische Krieg. Zweiter Teil. Die Krieicrs- 
begebenbeiten im Jahre 1895 »md die Friedensverhandlungen. Bearbeitet 
von V. Kunowski und Fretzdorf, Premier -Lieutenants. Leipzig 1895. 
Zueksehwerdt u. Möschkc. Frais 1,40 Mk. 

14. Aide-Memoirc de manoeuvres et dp eampagne par le lieutenant 
g^n^ral H. C. Fix. Hnixelles 1895. Librairie niilitaire C. Muquardt. 

KioU's Bashdniciwrti, BmUh SvbMtuutmM 76. 



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Der FarteigSnger Friedrich yoa Hellwig 

und feine StreilMIgey 
te taiegsgesohiehtlieheii Zniuimenliange betnushtet. 

Ein Boitra^ zur Geacbicbto des kleinen Kriogos in den Jahren 1792 

bis 1814. 

Von 

Hmn li'abricins, Oberstlieuteuant a. D. 
(Fortsetstoaig*). 



8. Bftekzngg-Oefecbt bei Holidorf, am 7. September. 

Key hatte nach der Niederlage von Deiiuowitz, um furtdaueriui 
Macdonald's Linke zu sichern, den Bückzug auf Dahme befohlen; 
Oadinot und Beynier hatten jedoch ihre Korps, soweit sie ihrer habhaft 
werden konnten, um sie möj^chst schnell der Eininrlning des Gegners 
zu entziehen, auf Toigau in Marsdi gesetzt Die beiden sächsisehen 
Divisionen mit IVümmern der TölHg sersprengten Division Durntte 
des 7. Korps gingen in swei HeersKnlsn, die eine unter General Lecoq 
über Wendisch'Ahlsdor^ Brandis, Amsnesta und ZlUlsdorf^ die andere 
unter Graf Reynier über Kürbitz, Wendisch -Linda durch den Wald 
über Holzdorf und Löben auf Aonaburg, beide sehliefslich nach 
Toigan mrück. Während die bayerische Division die Richtung auf 
Dahme eingeschlagen hatte, waren die beiden französischen des 
4. Korps nnd ein Tlieil des Rciterkorps von Oehna über Sdiwdnitz 
nnd Aniinbiir'j auf Torgau iuai*schirt. 

Der Kronprinz hatte am 0. spiit in der Nacht die Verfolgung 
durch alle Kasaken, alle Reiterei und alle leichte Infanterie von 
4 Uhr Morgens ab befohlen; zu diesem Zwecke schickte Borstoll eine 
Kolonne unter Major v. Thümen von Welsigkendorf auf Dahme, eben- 
dahin eine /weite unter Oberst v. Hübe von Wendiseh-Ahlsdorf und 
eine dritte unter OberstUeutenant Graf Lottum gegen Schöuewalde 
vor, wohin sich auch Qrurk mit 6 Kasaken-Regimentem wendete. 
Von Jessen ans ging der rassische General v. d. Fahlen mit 3 Reiter- 
Begimentem und 1 Batterie auf Annaburg vor, Prendel's Kasaken 
über Bosenfeld auf Torgau. 

*) Siplio «las .Januar- bis Juni-, dann Autfusthefb 1^5. 
JiüirbOcber Kr die D«iitsclie Anne« und Marine. ÜA. 9. 



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Der Parieig^ger Friedrich von üeUwig etc. 



In Folge der oben angegebenen Bewegungen der Ney'schon 
Armee kam es in der Nacht vom ü. zum 7. unweit Holzdorf im Walde 
7,u /usaiiimcnstolkcn mit ilellwig's und Blankenbui-g's ßeitorn, welclie 
über dreÜsig Jahre später nach dem Tode des enteren zu un- 
erquicklichen Erörterungen im Militttr-Wochenblatte Ton 1846 Yer> 
anlaasimg gegeben haben. Daaselbe hatte im Beibhitt einen nach 
HelMg'B Kiiegstagebuche abge&ssteii Nekrolog gebracht, welcher 
Angaben fiber den betreffenden Vorfidl enthielt, gegen die der da- 
malige General t. Blankeabnrg in einer späteren Nurnm» jener Zeit- 
sduift Stellimg nehmen zu müssen glaubte; die beiderseitigen Dar- 
stellungen weichen nicht unwesentlich von «nander ab. Wir werden 
nachstehend Tersachent den Zusammenhang zwischen ihnen klar zn 
stellen. 

Wir erinnern uns, dafs beide Streif korpsführer im Biwak bei 
Schweinitz den Ausgang der Schlacht von Dcnncwitz abwarteten. 
Als Ilelhvig bei Einbrueli der Nacht die Meldung empfing, dais feind- 
liche Marschsäulen in Unordnung und, wie es schien, nach einer 
Niederlage auf Holzdorf im Marsch begrifi'en wären, rückte er mit 
seinen beiden Schwadronen und 60 Fufsjägem nach diesem Dorfe 
heran und legte sich im Walde in der Nähe einer Brücke über den 
Cremitz-Bach, welche der Gegner überschreiten mufste, in den Ilinter- 
iiüit. Von hier aus sandte er die Lieutenants v. Triebenfeid und 
Giiretzky mit ihren Zügen zur Aufklärung vor. 
Als äankenburg die BGtteilung vom plötzlichen Aufbruch Hell- 
wig's erhielt, lieb er sofort aubitzen und folgte diesem in der ihm 
angegebenen Richtung. Als er ihn Tor dem Dorfe Holzdorf haltend 
&nd, bat er, ihm und seinem Kommando Platz zu machen, da er 
beabsichtige, wdter Torzurttckm, um sich zu überzeugen, was jenseits 
des Dorfes voi^nge. Nach erhaltener Erlaubnis trabte er sdtwftrts 
an HeUwig's Aufstellung vorbei und durch das Dorf hindurch. Ob 
und welche Rücksprache die beiden Führer bei dieser Gelegenheit 
mit einander gehabt haben, ist nicht bekannt. Da Blankenburg 
jenseits Holzdorfc nichts vom Feinde fand, marschirte er über eine 
kleine Ebene mit der Absicht, sich im nahen Walde in ein Versteck 
zu legen, als er plötzlich seitwärts, ebenfalls dem Holze zustrebend, 
feindliche Kelterei, Kürassiere und Dragoner, bemerkte. Kr eilte ihnen 
nach, griff sie an, verfolgte sie in Unordnung durch den langen Wald 
und machte Beutepferde und Gefangene. Als er seine Reiter jenseit 
desselben sammelte, trafen bei ihm die Lieutenants v. Triebeiübid 
und v. Guretzky mit ihren beiden Ilollwig'schen Zügen ein, meldeten 
ihm, dab sie auf d&Oi Kampf lärm losgeritten, an dem Gefecht teil- 
genommen hätten und sich unter sein Kommando stellten. Nach 



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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc. 257 



Blaiikeiibiug^s Dantollnng waran diese beiden Züge die einzigeii 
Beetaadteile des HeUwig'sckeii Korps, welche den nfichilieheii Zug In 
Gemrineohaft mit ihm dnrdigelühit bitten. 

im Begrifft wieder auf Holsdeif abnimancbiren, stiefe Blanken- 
burg anf eme andere starke» auf einen Nebenweg geratene Bi&nterie- 
Kolonne, welche er ebenfaUs angriff und zornckwarf. Die Bedtennngs- 
mannschaft der dabei befindlichen sftchsischen ßpfiindigen Batterie 
Dietrich von 8 Geschützen cntvcaffiiete er leicht und bemächtigte sich 
der letzteren nebst \'ielcn Gefangnen, darunter 1 italienischer und 
2 sächsische Artillerie-Offiziere. Durch diese erhielt er nähere Nach- 
richten über den Ausgang der Schlacht und die Mitteilung, dafs Ney 
mit einem Armeekorps auf demselben Wege folge. Jetzt erkannte 
der Rittmeister, dass er mitten z^^'isclu^n flie feindlichen Heersäulen 
geraten sei. In der Absicht, durch die iirandiser Ilaide, wo sich 
dieser \ urfall abgespielt haben dürfte und liinter welcher die Strafsen 
von Jüterbosrk und Schönewalde zusanimentreffen, nach llolzdorf 
zurückgehen, liefs Blankenburg den Lieutenant v. Triebenfeld mit 
2 Geschützen als Nachtrab zurück, um dem Feind die Stiiii zu bieten 
und ihn zu beschielsen, falls er Miene machte, zu folgen. Nach 
Vx Stunde hörte enterer Kanonenschüsse; bald tiaf Lieutenant 
T. Triebenfeld bei ihm ein nnd teilte mit, dals er, nachdem er die 
▼ergehenden feindlichen Kolonnen mit Kartätsehen beschossen, die 
beiden Kanonen seitwärts in einen Graben hätte werfen müssen. 

Als Blankoibnrg, der äoh im Walde Terirrt hatte, den nach 
Hoisdorf fahrenden Hdzweg wiedergeAinden hatte, meldete ihm sein 
Yortiab, dab sowohl die nach dem Dorfe fährende Landstraisc, als 
dieses selbst von feindlichen Tmppen besetzt sei und solche auf der 
nördlich gelegenen Ebene lagerten. Von allen Seiten vom Gegner 
nmgeben, blieb dem Rittmeister nichts Anderes übrig, als die er- 
rungenen Vorteile au&ugeben und sich und die Seinigen wo möglich 
durch List aus der üblen Lnpre zn retten zu suchen. Kr liefs daher 
die Gosrliütze ausspannen und im Waldo umwerfen und scliicktc die 
Gefangenen, meist Sachsen, nach rückwärts, um sich den Ihrigen aii- 
zuschliefsen ; die Offiziere, aufser den Stabsoffizieren, gab er auf 
Ehrenwort frei. Nachdem er für den Fall, dafs seine Abteilung zer- 
sprengt werden sollte, das alte Biwak bei Schweinitz als Sammel- 
punkt bestimmt hatte, rückte er, dicht aufgeschlossen, gerade gegen 
die Lands Li üfsc, auf der sich die feindlichen Truppen vorwärts be- 
wegten, vor und liels in ihrer unmittelbaren Nähe halten, bis dne 
lAdce in der Harsdikohmne ihm die Möglichkeit gewährte, sich ein- 
zuschieben nnd, bei der Dunkelheit der Nacht nnd der Ähnlichkeit 
der prenCnschen Unifbnnen mit den sächsischen, nnentdeckt bis dicht 



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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc. 



vor IloLidorf mitzimiarscliircii. Dort entstand eine Stockung. Zwischen 
zwei zu beiden Seiten der Straisd laufenden Zäunen hielt Blanken- 
buig; lecbts lagerte Bächsiache In&nteiie bei ihren ziuammcngesetsten 
Gewehren, links die eftcheischen Husaren abgesessen. Einige von 
ihnen standen am Zaun, um den Vorbeimarsch anzusehen. PldisUch 
ertönte der Ruf: „Preußen! Es and Prenfsenl Aufgesessen!'' Nun 
entstand unter Blankenburg^s Leuten ein furchtbares Drängen nach 
vom, der Zaun rechts wurde umgeritten und Alles strömte über die 
nichts ahnende Infiuiterie hinweg und rettete sich, so gut es ging, 
nach dem angegebenen Sammelpunkte. Alles p^g so glücklich von 
Statten, ilafs nur ein DrnL'^onor in feindliche Hände geriet und selbst 
die drei gefangenen Stabsoftiziere mitgeführt werden konnten, welche 
später Ilellwig ins Hauptquartier zu schicken übernahm^). Ccrrini 
berichtet über diesen Vorfall kurz-): „Schwaclic feindliche Reiter- 
abtcilungon des Hellwjf»'sclien Fn ikoi-ps, welclies sich am Taj^e der 
Schlacht in der Gegend von Schweinitz befand, zeigten siVli des 
Nachts in den sächsischen Kolonnen, doch ohne den geringsten 
Scliaden zu thun ; sie ersoliienen ihrer Sache selbst nicht gcwifs zu 
sein und einige derselben wurden gefangen." Die beiden vom Lieutenant 
V. Triebenfeld umgeworfenen Kanonen und \ Munitionswagen holte dieser 
bei Tagesanbruch aus dem ^V aide heraus ; die G übrigen von Blanken- 
burg erbeuteten Geschütze wurden später durch Kasaken aufgefunden 
und fortgeschleppt, trotzdem gegen sie die Vorrechte der Prenlaen 
geltend gemacht wurden. 

Einige Zeit darauf stand ftber diesen VorM eine Nachridit in 
der Spener'sohenZeitung, wonach unter Nichterwfihnung desBittmeisters 
V. Blankenburg der ganze Erfolg des Überfalls bei Holzdorf und die 
Wegnahme der Batterie dem Mqor Hellwig zugeschrieben wurde. 
Diese Mitteilung stammte wahrscheinlich aus der Feder eines Sohnes 
des Buchhändlers Spener, welcher bei Hellwig als Freiwilliger diente 
und für die Zeitung berichtete. Gegen diese Darstellung scheint 
Blankenburg dienstlich Verwahrung eingelegt zu haben, denn er er- 
hielt eine aus Rüdersdorf vom 30. September abgofafstc Zuschrift 
des Generals v. Bülow, worin es hiefs, dafs dieser die Mitteilung der 
Spener' sehen Zeitung, wonach Ilellwig bei Holzdorf 8 Kanonen ge- 
nommen, widerrufen lassen werde, da dies vielmehr durch Blanken- 
burg geschehen sei. 

Dem Verfasser des Heiiwig'scheu Nekrologs scheint dieser Umstand 

^) NachBoyen's Darstellung bei Nippold III S. 158 wurde Blankenburg von 

den Sachsen zwar als Preufse erkamif; sl«.- lif-rs.'n ilm iinK-s nadi einif^em Hin- 
und Herreden Ober den jetzt zu erwartcudou politiscUea Wechsel ruhig fort- 
ziehen. — S. 272. 



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Der Parteigänger Friedrich von HeUwig eto. 



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unbekannt poblieben zu sein: er hielt sich in seiner Dai-stellung an 
die Angaben in Helhvig's Kne<i;sta{^chiicb, worin es. nachdem zuvor 
schon erwähnt worden war, dass sich Blaukcubui;^ mit 60 Pferden 
unter sein Kommando gestellt hätte, wörtlich hoifst: „Bei Ilolzdorf 
warf ich mich in der Dunkelheit der Nacht auf die nicht mehr ge- 
ordneten Kolonnen desFeindefl und sprengte de gSoadich aus einander. 
Es gerieten 8 Kanonen, woron ich jedodi 6 im Stich lassen mu/bte» 
20 Munitionswagen, an 1000 Gefangene und fiher 100 Pferde in meine 
Gewalt. Unter den Gefangenen war ein hayeiisoher Oberst mit 
mehreren Offizieren.*' In der DarsteDong seines FriTattagehuehes 
nimmt HeUwig die Ausführung des Überfalls nicht ganz so aus- 
schliefelich, wie im Voretehendcn, für sich in Anspruch; er sagt: 
^Auf diesem Wege inufste der Feind eine Brücke bei dem Dorfe 
Holzdorf passiren; hier fiel ich, nachdem es dunkel geworden war, 
dem Feind in die retirirenden Kolonnen und richtete eine gewaltige 
Zerstörung unter ilinen an. (Ich war gerade noch um HO Pferde 
durt-li den "Rittmeister v. Blankenburg, der sich freiwillig unter meine 
Befehle stellle. verstärkt worden); der Feind verlor 8 Kanonen, einige 
20 Caissons ujid Munitions wagen, 1200 Gcl'arigeue und 100 Pferde, eiu 
bayerischer Oberst von der Kavallerie und mehrere Offiziere von 
Bayern und Sachsen waren die Früchte dieses Überfalls . . u. s. w. 

Im Bericht des Generala v. Bliluw au den König vom 22. September 
heilst es — nachdem vorausgeschickt worden war, dafs sich Blankenbui g 
im Bücken des Feindes mit Bellwig vereinigt hatte — über diesen 
Vor&ll folgendennalsen: „Vereint mit ein paar Detachements des 
Hellwig^schen Korps überfiel der p. t. Blankenburg die Ton dem 
Oenendlieutenant t. Wobeser bei Dahme znrückgeworfenen Kolonnen (?) 
bei Holzdorf und nahm ihm (?) 10 OfiBziere, 800 Hann, 100 Pferde, 
8 Kanonen und mehrere Mnnitionswagen ab, von wekhen letsteren 
er jedoch nur 2 Kanonen und 4t Wagen fortbringen konnte, die übrigen 
aber in einem Graben umwarf, von wo Kasaken-Detadiements soldie 
nachher abgeholt haben sollen." 

Das Bulletin des Kronprinzen von Schweden vom 8. September 
überläfst lediglieh Hellwig den Buhm der Ausführung: „Le major 
de Hellwig avcc 8(MJ hommes de cavalerie s'cst porte sur Swoinitz et 
Herzberg, a attaqno une eolnnne cnnemie, daos la nuit, et piis 
600 prisonniers et S pieecs de canon." 

Bei der Beurteilung' des Falles darf man nicht übersehen, dafs 
auiser Blaukenburg's auiserordentlich seharf gehaltener, ausfiihrlicher 
— aber erst 33 Jahre nach dem Ereignifs abgefafster — Darlegung 
im Beiheft des Militär- Wochenblattes von 1846 eiu Gefechtsbericht 
über döü Vorgang nicht vorliegt, sondeni dafs» die vorstehenden An- 



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Der Puteigänger Friedrieh von Hellwig etc. 



gaben Bttmmtlich aus kiin gehaltenen, nur die weeentliolien Thafr* 
eaoheii anfttLzeaden Tagebäolieni berrühren, sowie, dals de^enige, 
gegen den sidi die angeblichen BeEicbtignngen richteten, nicht mehr 
unter den Lebenden weilte, eich alao nicht mehr darttber anupredien 
konnte. Da Hellwig sich in seinen sonstigen Torhandenen Gefecht»' 
berichten seiner Untergebenen warm ansnnehmen pflegte und nicht 
unterlief», eingehend über etwaige von ihnen ausgeführte lliaten zu 
berichten, so ist nicht zu argwöhnen, dafs er in diesem Falle alles 
Verdienst für sich allein zti beanspruchen die Absicht gehegt hätte. 
In beiden '1 agebüchern hat er erwähnt, dafs Blankenburg sich unter 
seinen Befehl gestellt hatte, was nnch ihrer Vereinigung ohnehin 
selbstverständlich ^^•al•, da er^terer ihm im Range nachstand. Wenn 
Hellwig also sagt, dafs er in des Feindes Kolonnen gefallen sei, dals 
8 Kanonen in seine Gewalt geraten seien u. s.w., so kann er damit 
nur die unter seinem Befehl stehende Truppe als ausführendes Organ 
gemeint liabcn, ohne dafs er dabei einzelne der Theilnehmer er- 
wähnt, da er sich überhaupt auf Einzelheiten nicht einläfst und nicht 
einmal die Namen der seinen eigenen Schwadronen angdiörenden 
beiden Offiaiere anfährt Dafi» Lieatenant t. Triebenfeld an der Er- 
oberong der Kanonen mit seinem Zuge persünlidi beteiligt gewesen 
ist» scheint daraus klar hervorzugehen, dab ihn Blankqiburg mit 
2 Geschützen ab Kachbut zurficUiels; hfttte letzterer aneh diese mit 
seiner eigenen Streifpartei allein genommen gehabt, eo wflide er einem 
seiner Offiziere mit den Geechätzen die Ffihrang des Kachtrabes 
anvertraut und de nicht einem einer anderen Truppe angehöienden 
Offizier überliefert haben; hier heifst es ganz besonders: beati 
possidentes! Aus einer Eingabe Hellwig's vom 23. September ^ er- 
hxHii übrigens, dais er nicht beabsichtigt hat, sich allein das Verdienst 
zuzuschreiben ; denn er empfiehlt darin den Tiieutenant v. Zawadzky 
..wegen äufserst geschickter Patrouillenführung und wegen der mit 
seiner Beteiligung bei Holzdorf erbeuteten Kanonen'^ zum Eisemen 
Kreuz II. Kasse. 

Ob nicht aber, von dem oben Gesaf^ten abgesehen, die Aneraben 
Hellwig's, wonach er sich selbst ais Anfülirenden des Überlalis in 
erster Linie hinstellt, ihre volle Berechtigung haben, mufs bei dem 
Mangel an einer eingehenden Darstellung über das, was sich auf der 
anderen Seite, auiserhalb des Waldes, in welchem sich Blankenburg 
befond, heim Beginn des feindhchen Anmarsches abgespielt hat, dahin- 
gestellt bleiben. Bei Hellwig's Wagemut und der sdmetdigen Aus- 
itihrung so mancher früheren nfiohtlichen Überfälle ist wohl an- 

1) Er.A.III.C. 52 n. 



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Der FMTteigänger Friedrich von Hellwlg etc. 



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zanehmen, da& er bei Holzdorf nicht unthätiger Zufloliaa^ gewesen 
ist, sondern dafe er auch selbst mit dem Beet seiner Söhvadron in 
die feindlichen Kolonnen eingebUen ist, woianf auch die in allen 
An^kben erwähnte grolke Zahl der gemachten Gefangenen deutet 
Jedenfalls verlieh ihm der Kronprinz für diesen ZosammenstoiB den 
schwedischeii Schwertorden, „wogten ich von unserer Seite*^, fögt 
er in seinem Privatfeagebuche hinzu, ^nicht einmal mit einem Dank 
bedacht wurde.'' 

Mit obiger Auffassung stimmt ein in Hellwig's Nachlals be- 
tindlirhes, offenbar zum Abdruck in einer Zeitung bestimmtes, von 
ihm pei-sönlich unterzeichnetes Srliriftstück üborein: „Mit dem gröfsten 
Befremden fand ich in den Zeitungen vom 11. September eine Zurecht- 
weisung einer Besch reibunpr über meine Affaire bei Hokdorf, die sich 
in einem früheren Blatte befand. Ich bin stets gewohnt gewesen, 
nicht von meinen und meiner Soldaten Handlimgen zu sprechen, am 
allerwenigsten aber habe ich je die Bcschreibuog von irgend einem 
meiner glücklichen Gefechte in die Zeitungen setzen und so sie 
gleichsam dem PubUkom au£irängeu lassen. loh weüs also nicht, 
«er ton jenem Ctefecht das Poblikom nntenichtet hat, — aber noch 
wunderbarer ist es mir, wie man gegen jene Beschreibung eine Er- 
innemng hat machen, mir die Ansfährung dieser A&ire abeprediea 
und einem andern hat zu Teil werden lassen: denn ich hatte das 
Kommando, ich entmuf den Plan und führte ihn ans» ich Terteilte die 
RoUni und auch der Bittmejster v. Blankenburg erhielt die seine, da er 
sich mit 60 Pferden unter mein Kommando begab; endlich liefei-tc ich 
dem Generallieutenant t. Bälow Exc. die treusten Rapporte über die 
verdienten An? -Zeichnungen, SO viel ich in der Dunkelheit bemerken 
konnte. So viel war ieli mir und meinen Truppen Tor dem Publikum 
schuldig, (gez.) Hellwig.^ — 

Nach den anstrencreTiden und aulregenden Vorfällen der Nacht 
liefsen Ilelhviu' und Blankenburg am Morgen des 7. ihre Truppen im 
Biwak jenseiiij Schweinitz ausruhen. \ on hier meldete ersterer den 
Durchmarhicli von 10 000 Franzosen während der Nacht durch dieses 
Stadtchen nacli Annaburg, welche inzwischen in Ilerzberg angekommen 
seien, \ ormittags durcli 4 iiegimenter russischer Reiterei mit 20 Ka- 
nonen und durch Kasaken, welche über Holzdotf mamddrt wllien, 
vorfolgt. Bei Herzberg wurden sie durch Graf Lottum mit seiner 
VerfolgungsabteQung, von Schdnewalde kommend im Verein mit einem 
Teil von Orurk*s Kasaken ereilt; die Ton Dahme heranmaisohireade 
Nachhut der Division Morand wurde überraschend Ton der Batterie 
beschossen, beim Übergang über die Brücke angefiallen und ihr über 
600 Ge&ngane abgenommen. Oberst Prendel, d«r wShrend der Nacht 



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Der Parteigänger Friedrich rm Hellwig etc. 



unweit Schweinitz gestanden und sich, nachdem er ihren Ausgang 
er&hien, auf Herzberg gewandt hatte, war im Dunkel 1 r Nacht 
/'.wischen dieselben feindlichen Kolonnen wie Bunkenburgs und 
Hellwig's Reiter geraten ; auch ihm gelang es, wenn auch mit Verlust^ 
sich loszumachen und 300 Gefangene und 1 Kanone zu erbeuten. 
Graf Pahlen's Reiter - Regimenter erreichten über Jessen Abends 
Annaburg und machten reiche Beute, olmo die feindlichen Marsch- 
säulen selbst einholen zu können. Einzelne Kasakcn, die schon Nach- 
mittags 2 Uhr bei Rosenfeld am Ausgange des Waldes angesichts 
Torgaus erschienen, dürften zu Prendel gehört haben. Auch Hellwig 
und Blankenburg brachen im Laufe des 7,, nachdem Mann und Rofs 
ausgeruht, zur weiteren Verfolgung gegen Torgau aui und seizteu sie, 
noch eine grofso Anzahl Gefangener unterwegs auflesend, bis unter 
die Kanonen der Festung fort. Gegen Abend beKOgen sie ihr früheres 
Biwak bei Schweinifta wieder, wo Hellwig seinem Korps am 8. einen 
Ruhetag gewährte. 

Von der franzOsiscfaen Armee war das 12. nnd 7. Eorpe im LanÜB 
des 7. September anter den Manem von Tofgan angekommen; das 
4., welches am Abend erst Herzberg eneieht hatte, gelangte aaoh 
eioem ssweitsn Naehtmarsche erst am Morgen des 8. in das Weidibild 
der Festung, von Pahlen's, Orurk's und Qowaiskj's HI. Reitere „ereflt 
und im wahren Sinne des Wortes nach dem Brückenkopf gewoifen, 
denn ein panischer Schrecken hatte die französischen Soldaten er- 
giifTenO."* 

4. Beobachtung der Elbe Tom 9. September bis 3. Oktober. 

Das 7. Korps marschirte am 8. September über die Elbe durch 
Torgau und bezog ein Lager bei Zinna, öüptitz und Grofswig; hier 
wurden die silchsischen Truppen neu geordnet: sie ergaben einen 
Bestand von etwa 0000 Mann, 2230 Pferden und 2i\ (icsi liiitzen. Am 
ü. gmgen auch die übrigen Korps hinter den Strum /iuiück. Nach- 
dem das redite Ufer vom Feinde geräumt war, begab sich Hellwig 
nach Clöden an der Elbe (V2 Meile sfidlieh Pretssch) mit dem Auftrag, 
den Strom Yon der Mündung der Elster bis Torgau za beobaohtsa 
und jenseit desselben bis nach Leipzig durch Spione Nachrichten ein- 
zuziehen. Der Kronprinz wagte die Elbe nicht zu überschreiteo, um 
Ney's Heer zu vemiditen, da er einen Vorstofs DaToust's — trotzdem 
diesem Wallmoden Tor Hamborg in fiist gleidier Stilike gegenSber 
stand — gegen seine erste Flanke und seinen Rücken befürchtete. 
Unter dem Vorgeben, sich der schlesischen Armee nAhem zn wollen, 



Cerr. S. 275. 



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Der Farteigioger Friodikh von Hellwig etc. 



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liefs er am 9. Bülow und Tauentzien auf Dalime und Luckau mar- 
schiren, während der "Rest der Nord -Armee zwischeu Jessen, Zalrna 
und Sejda weitläufige Ortslager bezog. Kasaken- Regimenter waren 
in die Nieder- Lausitz vorgeschoben, um sichere Nachrichten über 
Blflcher und die flim gegenübecsIdMiide Armee einzuziehra. 

Ans einer aogeblidien Bewegung "Wonnisow'B nach Coswig Bohlolk 
Ney auf einen Vonnanch der Nord'Armee gegen Leipzig. Unfilhig 
zu einer Schlaeht, gab er selbel die Elblinie auf, ohne Äe Bestätigung 
dieser ftdsohen Nachricht abzuwarten; er wollte rereadien, zwischen 
Elbe und Mulde zu bleiben^ bis er Unterstützung von Napoleon er- 
hielt. Deshalb marachirten am 9. zur Beobachtung der Mulde und 
des linken Elbufers unterhalb Wittenbergs die Sachsen mit 1 Reiter- 
Division bis in die Gegend zwischen Pressel und Düben, das 12. Korps 
und 1 Reiter-Division unter Arrighi auf Eilenburg, Ney selbst mit 
dem 4. nach Würzen*). Am 10. biwakirte das 7. Korps auf beiden 
Mulde-Ufern bei Düben und wandte sich am 11., nachdem von Na- 
poleon die Wei.sung für Ney, sich bei Torgau zu sammeln, einijogangcn 
war, wieder in nordöstlicher und nördlicher Richtuni!; gegen die Klhe 
auf Schmiedeborg und Kemi Lig; das 4. Korps ging bin Torgau, das 
12. auf Dommitzsch, von einigen Prendel'schen Kasaken erschreckt 
und fast aufgelöst. 

Hellwig, der seit seiner Ankunft in Clöden Nachts auf Kühnen 
zahlreiche Patrouillen, namentlich von seiner Infauterie, Uber die Elbe 
setzen lielSf um durch Abfangen von feindlichen Mannschaften oder auf 
andere Weise Nachrichten einzuziehen, hatte am 11. einen Ton diesem 
Tage zd Düben ausgefertigten Befehl des sächsischen Generals Bjssel 
an den Magistrat Ton Schmiedebeig aufge&ngen, worin die Ein- 
quartierung und Verpflegung des am Nachmittag dort zu erwartenden, 
12000 Mann und 2000 Pferde starken sächsischen I^orps angeordnet 
wurde. In der darüber erstatteten Meldung traut Hellwig diesen 
Zaldcn nicht; nach seinen Nachrichten betrugen die Überreste nur 
3000 Mann, welche höchst unzufrieden seien und ganz öfifentUcli 
▼on „Übergehen^ sprächen; es bestätige sich, dafs sich die feindliche 
Armee bei Eilenburg sammele, jedoch sehr in Unordnung und Be- 
stürzung sich befinde. Durch Späher erfuhr er, dafs ein österreichisch- 
russisches Korps in Zeitz eingerückt sei und bei Leipzig die Franzosen 
Schanzen anlegten, und zwar eine auf der Wittenberger Straise mit 2, 
eine auf der iiiudenau-Naumburger mit 8 Kanonen. 

Über die Verhältnisse in Wittenberg hatte Hellwig durch einen 
am 10. nach der Festung geschickten, zuverlässigen Kundbcliatti*r ins 

1) Berichte rios sldisicheii Oenerala La Goq an den Kütäg Ton Sachsen 
in £r.A.m. G.19. 



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Der Farteigänger Friedrich vou HeUwig etc. 



Einzelne gehendü Nachrichten erhalten: in dem am Unken Ufer dem 
Elbanger am nächsten gelegenen Dorfe befiiaden och 300 UlaneB» die 
Brücke würde durch SOO HollSnder bewadht, die Schanzen wftren un- 
heeetact, am rechten Ufer stände ein kleines Piket, im Lager aber 
2000 meist dienstimffihige Leute. Das Stadtthor wftre durch eine 
starke^ von einem Hauptmann befehligte Wache besetzt; die Festirngs- 
gräben wären reichlich mit Wasser gefüllt, jedodi betiüge die Stärke 
der Besatzung an Kampfitthigen nur 1000 Mann. Den Weg zwischen 
Wittenberg und Leipzig machten Hellwig's Streifparteien so unsicher, 
da& sidi kleine feindliche Abteilungen nicht binwagten. Bei der ob> 
waltenden Entmutit^oing machten die ganzen Verhältnisse auf ihn den 
Eindruck, als ob Wittenberg durch einen Handstreich mit ein paar 
tausend Mann zu nehmen sei; auf diese Möjiflichkeit machte Hellwi^ 
den Clief des Bülow'schcn Oeneralstabs, General v Royen, besonders 
aufmerksam. In Betreff Toi-'jHns konnte er meiden, clafs diese Festung 
lediglich auf ihre Besatzung angewiesen sei. naclulem er beobaciitet, 
wie die feindlichen Truppen von den Süptitzer Hoben fort sicli nach 
Leipzig gezogen hätten. Er selbst hätte die Elbe noch nielit üLur- 
schritten, weil ihm die eingezogenen Erkundigungen Vorsicht geböten. 

Und in der That schlug das 7. Korps am 12. wieder eine süd- 
CstUche Richtung ein, eine Bewegung, ftir welche sioih ebensowen^ 
wie für die der Übrigen Korps in den nächsten Tagen ein Beweg- 
grund auffinden lälst Denn Napoleons Vorschlag, auf dem rechten 
Ufer Tor^riirts Torgau Aufteilung sJb Torberoitung iUr eine von ihm 
gegen die Nord-Armee beabsichtigte Offensive zu nehmen, hielt Ney 
beim Zustande seiner Truppen für unausfiihrbar. Das 7. Korps 
marsdkirte am 12. mit der Division Dnrutte nach Trossin, mit den 
Saehsen nach Dommitzsch, welche letztere ilu e Vorposten von dort 
längs der Elbe bis nach Sachau ausstellten ; in Pretzsch stand Ai-righi's 
Reiterei. Diese Aufstellung in den Ortschaften an der Elbe machte 
es Hellwig unmöglich, Mannschaften überzusetzen: ein Späher teilte 
ihm jedoch mit, dafs die feindliche Armee sich nicht bei Leipzig, 
sondern bei Halle versammele. In diesen Tagen hatte IleUwig die 
Überweisung von Artillerie an sein Streif korpK bcfiTitragt; dieser An- 
trag wurde aber lu'iheren Orts bis zu emcm Zeitpunkt vertagt, wo 
sein Korps euie gewisse Stiirko erreicht haben würde; Hellwig schrieb 
hierauf dem Generalstabschef, dafs dies lediglich von der Gewährung 
der erfoi-derlirhen Uniformen für Husaren und Fufsjager abhinge. 

Unter allen möglichen Vorwänden suchte der Kronprinz von 
Schweden, wie nach der Schlacht von Gr.-Beeren, nun auch nach 
Dennewitz sein Zaudersystem fortsnsetsen: er mülste wenigstens im 
Besitz Yon Wittenberg sein, um ein Überschreiten der Klbe wagen zu 



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Der Eurtägüoger Friedrich von Hellwig etc. 



265 



k l innen. Deshalb befahl er Bülow, die Festung zu erobern, wobei er 
wohl von dem Gedanken ausgehen mochte, dafs die ilerauschaft'iing 
des Belagerunfrsgeschntzes eine geraume Zeit beanspruchen würde. 
Am 12. erhielt das 3, Korps Befehl, von Dahme mit 3 Brigaden und 
der Reserre-Beiterei nach Wittenberg aiifzubrechen und Borstell nach 
SehwemiiB und Jaseen m «mtseiiden, um mit dem mr Belagerung 
iroQ Torgan bestimmten General Tauentz^ Verbmdnng zu halten. 
Die Sdiweden wurden nach Boalau, die Ruasen nach Zerbst verlegt. 
So war die Nord-Ämee auf 10—12 Meilen auseinandergesogen. Es 
war klar: der Eronprins wollte Bich nunmehr mit einem Beobachtungs- 
krieg begütigen; selbst den ParteagSngem, welche die Lust beseigten, 
die Elbe au Überschreiten, empfahl er die grölste Vorsicht an. 

Von Hellwig wurden am 13. Märsche sächsiBcher Truppen auf 
Torgau und £Uenburg, andererseits die Wiederbesetzung von Pretzsdi 
durch einige tausend Mann Infanterie und Beiterei mit 2 Geschützen 
beobachtet; in seiner Meldung darüber gestand er ein, dafs er nicht 
im Stande sei, aus den feindlichen Bewegungen einen festen und 
sicheren Schiufs zu zieiien ; bald nchtete der Gegner seinen Marsch 
nach Leipsdg, bald nach 'Jorgau und Wittenberg. Neuerdiims hatte 
Hellwig in Erfahrung gebracht, dafs letztere Festung auf 4~.')»)U0 Mann, 
meist polnischer Truppen verstärkt und sehr gut ver[>roviantirt sei. 

Eine Stunde später konnte Hellwig ein- 5 — 7000 Mann starkes, 
tägHeh an Zahl wachsendes Lager bei Dommitzsch mit Vorposten 
von Heiden bis Greudnitz melden, eine Breite, welche ihn ebenfalls 
zu einar aehr grolsen Auadehnung nötigte. Durch Spione erlnhr er, 
dab Torgan mit 6000 Mann meist deutscher Truppen, unter denen 
Yiel Fahnenflucht Torküme, besetzt sei und dafs die österreioher 
hinter Leipzig stünden >); dies sei der Grund^ weshalb Ney's zurück- 
gehende Korps wieder hfttten umkehren müssen und wodurch sich 
die Ein- und HermHsdhe erklflrten. Letztere kamen am 16. auf 
mehrere Tage zu einem gewissen Abachln/k Ney's Armee mit dem 
Hauptquartier zu Toigau stand mit dem 4. Korps bei Bennewitz und 
Beckwit;!, die württembergische Reiter-Brigade bis Staritz, gegenüber 
von Mühlberg, entsandt; mit dem 12. auf den Süptitzer Höhen bei 
Torgau, dem 7. um Dommitzsch und der Beiter-DiTision Foumier bis 
Fretzsch. — 

Am 14. traf Bülow vor Wittenberg mit Hirscbfekrs Truppen zu- 
sammen. Da die Bclagerungs-Geschützc aber erst ara 24. von Berlin 
und Spandau her eiutreÜ'eu konnten, so mufste wieder ein Zeitraum 
der UnÜiätigkeit folgen. Auch Hellwig konnte wahiond dieser Zeit 

') Wenn die Spionennnphrirht überhaupt eine Unterlage hatte, so k:inn 
sie sich nur auf General Thielemann's oder MensdorÜ^s Streifkorps beziehen. 



266 



Der Partdgäoger Friedrich von Hellwig etc. 



iiicLts thun, als weiter beobachten, durch Späher in Leipzig und 
Dresden Nachrichtcu einziehen und Troklamationen, die er abfassen 
liois, den sächsischen Truppen wie den Landbewobnem in die HSnde 
Bpielen. Diese Zeit konnte Napoleon benutzen, um Ney's entmutigten 
Koipe wieder nenee Leben einzuhauchen: das 12. Korps worde auf- 
gelöst, die bayerische DiTtsion zur Besatzung von Dresden verwendet, 
die übrigen Truppen traten zur Division Guilleminot, welche dem 
7. Korpe zugeteilt wurde; Oudinot selbst erhielt ein Korps der jungen 
Garde. Aus den sachsischen Truppen wurde am 19. nur ^e (die 
24.) Division unter General v. Zcschau gebildet. — 

Schon am 13. hatte der Kronprinz dem General Bülow befohlen, 
aUes mögliche Zubehör zu einem Brückenschlag über die Elbe in der 
Gegend von Elster zusammenbringen zn lassen. „Wenn es ihm ohne 
Gefahr angängig scheint", liiefs es weiter, „Abteilungen auf das linke 
Klbufcr übcr<^ehcn zu lassen, so besetzt or Wartenlnirg, Globifi. 
Kemberg und Pretzach.^ Ebenso sollten die Schweden bei Koslau 
einen Brückenkopf anlegen und die Hussen bei Aken eine Brücke 
scldagen. Unter dem Schutze der Dinsion Hessen- Hombu ig «ring 
unter Sch%\ierigkeiten der Bau der Brücke bei Elster langsam vor 
sich. Am -21. Abends wurde sie fcrtipr; die \'ollcndung des Brücken- 
kopfs stand noch in weitem i^eldc. liellwig, der, nächst einigen zur 
Beobachtung bereits hinüber geworfenen Jägern, zuerst über den 
Strom gehen solltei um mit seinen Husaren so weit ab möglich auf 
dem linken Ufer vorznstreifen^X brach am 20. September nach Elster 
auf, ging am 23. über die Elbe und rückte bis Wartenburg vor, wo 
er ein Biwak bezog und sogleich die Verbindung mit der in Dessau 
und Wöritz stehenden, 8500 Hann starken sdbwedisehen Vorhut unter 
General Schulzenhetm über Pratau auisuchte. „Er sollte dem Feinde 
bei etwaigem Vorrücken gegen Wittenberg Besorgnilb einflölsen^.*' 
Hinter ihm stand zur besonderen Deckung des unmittelbar TOr der 
Brücke befindlichen Tambours das Füsilier-Bataillon 3. ostpreufsiscben 
Infanterie-Regiments und 2 Jäger-Kompagnien in den vorliegenden 
Gehölzen. In Elster selbst auf dem rechten Ufer stand 1 Bataillon; 
zu beiden Reiten des Dorfs waren Batterien auffrcworfcn , in welche 
eine 12 pftindigt; und Vi; f> j«fÜTidige Batterie einj^refahren waren, um 
das Vorgelände der Briieke uüter Kreuzfeuer zu nehmen. 

Die Vorbereitungen zum Brückenschlage waren schon am 20. Sep- 
tember durch eine vom 7. Korps nach österitz vorgeschickte gemischte 
Abteilung entdeckt, welche die Besetzung der Gehölze zwischen dem 
Brückenkopf und Wartenbuig dujch preuisiscbo Jäger und die voraus- 

*) Nip.111. 8.m - ^ Qu. U. 8.66. 



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Der Ftoteigfioger Frlediidi von Hellwig etc. 



267 



achtiiche Vollendimg der Brficke für den n&ehsteii Tag meldete. Die 
ünmere Nadirioht, dals die Schweden beieitB mit 18 000 Mami bei 
DTeedm stfindeti, Yeranlafiite Ney^ aeinen schon seit mehreren Tagen 
heetohenden Enteddnla «aaamfkihren, nftmlich die Armee von Torgau 
her mehr gegen Wittenberg und Dessau za scliieben. Am 21. ging 
das 7. Kor{)s nacli Schmiedebeig, das 4. mit Division Morand nnd 
den Reiter- Brigaden Beaomont und Briche an seine Stelle nach Dom- 
mitesch, die beiden anderen Infanterie-Brigaden nach Düben. Eine 
Streife Hellwig's von 30 Pferden, welche Abends gleich nach Vollendung 
der Brücke übor-io^Ptzt wurde, braclito diesen Marsch durch Gefangen- 
nahme zweier üfüziere und einiger >TanTiscliatten in Erfahrung,'' und 
zu Bülow's Kenntnifs^). Am 22. Septendjcr rückte die sächsische 
Division nach Rotta in die nächste Kähe von Kemberg, wo sich Ney's 
Hauptquartier und die Division Guilleminot befand, während die 
leichte Reiterei bei Reuden und die Divisinn Durutte bei Schkona 
mit Vorposten pregen (triifenliaynclicn stand; das 4. Koi-ps kam nach 
Düben, Protzsch und Trebitz. In der Nacht zum 23. iiihrtc Major 
V. Bünau das kurz zuvor übernommene leichte sächsische Bataillon 
nKdnig'', nnter dem Vorgeben einer Erkundung gegen Wörlitz, zu den 
Schweden über. Hieiüberi sowie über die Vereinigung von Key nnd 
Reynier mit zusammen angeblich 25 000 Mann und 20 GesehUtsen 
bei Scfamiedeberg und Kemberg konnte Hettwig um die Mitfeemaehte- 
etunde zum 23. Meldung erstatten; Schembewegnngen des Feindes 
gegen Wartenbutg erklärte er mit der Absicht, das Eintreffen eines 
Geldtraosports mn 7 Uhr Abends in Wittenberg zu Terschleiem. Die 
Anwesenheit der feindlichen Armee in so grofser Nähe würde ihm 
die dauernde Anfrechierhaltung der Verbindung mit den Schweden 
sehr erschweren, da die Franzosen wiederliolt bataillonsstarke Pa^ 
trouillen hätten vorgehen lassen. Für Bülow, der in den nächsten 
Tagen die Laufgräben vor Wittenberg eröffnen sollte, war die Meldung 
über die grofse Nähe Ncy's von höchster Wichtigkeit. 

Dieser hatte am '2'2. Bertrand befohlen, die bei Elster über den 
Strom gegangenen Abteihmgcn zurück zu werfen, die Lage der Brücke 
genau festzustellen und mit allen Mitteln ihre Zerstörung zu bewirken. 
Hiermit wurde die bei F^etzsch und Trebitz stehende Division Morand 
beauftragt, von welcher Major Govean mit 3 Bataillonen und den 
westphälischen Chcvauxlep;er<? bei Tagesanbruch des 23. über Bleddin 
auf Wartenburg /ui Aufklaiung voraufgeschickt wurde. Die grufso 
Überlegenheit an feindlicher Infanterie bewog HoUwig nach kurzem 
Wideretande zur Räumung des Dorfes und zum Bflckzng auf die 

« 

1) OilIL s.7e. 



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268 



Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc. 



JSger in den Waldteflen riickw&rts. Diase befletsten mit den Ffisi- 
liefen den Band der Gehölze, während finnuöeiBdieraeite ihnen gegen- 
über in den vor dem Dorfe befindlichen lichtem Bamn- nnd Stranoh> 
reihen dne starke Schützenlinie, die mit jenen bis apSt in den Nach- 
mittag hinein ein lebhaftes FeuergeÜBcht filhrte, entwickelt wurde. 
Als sich hierbei die Füsiliere £Mt Terschossen, mnftten sie doxch das 
am Brückenkopf arbeitende 2. Bataillon ostpreufsischen Landwehr- 
Eegiments verstärkt werden. Morand, welcher auf die Nachricht, 
dais die Brücke noch nnvollMidet sei, anfangs beschlossen hatte, die 
ganze Division heranzuziehen, stand von diesem Vorhaben ab, als 
ihm durch Gefangene die Vollendung der Brücke am Vormittage und 
der Beginn dos Ül)ergangs Bülow'scher Truppen mitgeteilt wurde; er 
besclilols nun vielmehr die Ankunft der übrigen Teile des Korps ab- 
zuv. :irten, liefs V das Gefecht abbrechen und rrov«'<in zunächst in 
eine einige tausend Schritt hinter Wartenburg gelegene Autsteliung, 
später gänzlich aus dem Gesichtskreis der preufsischon Vorposten 
zurückgehen. Die beiderseitigen Verluste gleiclicn sich ziemlich aus: 
der prcufsisclie bcti ug 2 Tote, 30 Verwundete; der Lieutenant v. Sielers 
des Hellwig'schen Korps erhielt einen Schuls durch die Lende. 
Während der Dauer des Gefechtes hatte die Division Hessen>Homburg 
bei Elster zun Eingreifen bereit gestanden^). Nach der Andoht des 
Generalstabs-Offizieis derselben, Majors «Takky, war das Gefecht Ton 
Seiten der Preufeen zu hartnäckig geführt worden; wenn der Feind 
nicht abgexogen wftre, würde das Ende ein Rückzag der ersteren ge- 
wesen sein. Znr Vonendang des Baas des Brückenkopfes branoihe 
man das Dorf Wartenburg nicht notwendig, obgleich es angenehm 
wfire, seihiges zu besetzen, um von dort auf die Ebene gegen Kemborgi 
Pretzsch und Wittenberg Patrouillen poussiren zu Ixi'mnen. Der 
Feind ist indessen im Stande, wenn er uns das Dorf Wartenbuig 
streitig machen will, solches durchzusetzen, da wir nicht mit Force 
solches untorstützcTi diirfen, um nicht in eine Fnlle zu p^eraten. Der 
Waldrand, den der ieind in Besitz nehmen kann, ohne dais wir es 
ihm wehren können, wenn er es durchsetzen will, ist noch an 
1000 Schritt vom Tete de pont, dessen Bau daher . . . dennoch fort- 
gesetzt worden kann')." 

Nach dem Gefecht erhielt das Füsilier-Bataillon 4. ostpreufsischen 
Beserve-ßegiments unter Major v. Polczinsky von Hellwig, dem es 
unterstellt war, den Befehl, Wartenburg mit Vorposten zu besetzeu, 
wozu ihm noch 50 Jfiger zur Beobaditung der waldigen linken Seite 
zugeteilt wurden; er soUte sich aber auf kmne hartnäckige Ver- 

') GetecliUdarstellung nach Qu. IL S. 79. — ^) Brief Jasky's an Boyen vom 
23. September 1813 bei Nip. HI. S. 602. 



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Dar Pmrteig&Dg«r Fziadrich too BeUwig ete. 



269 



teidigung einlassen. Das dort sehr durchschnittene und unübersichtliche 
Gelände machte es unmöj^lich, sich anf das l>urt allein zu beschränken; 
CS nnifston noch einzelne vorliegende Punkte besetzt werden, wodurch die 
Vorpostenaufstcllung sehr ausgedehnt wnrde. Am Abend '/.ß Uhr 
maröchirte noch Major v. d. Schulcnburg vom 2. Bataillon desselben 
H^iments mit 2 Kompagnien zur \^erstärkiing der Vorposten bei Elster 
über die Elbe; er erfaieli seine An&tellung etwa 2000 Schritte östlidi 
Wutenbnrg mit der Weisung, sieb ndt der im Dorfe selbst stehenden 
und den drei anderen weiter rückwärts befindüdien FQfflüer-Eompajgiiien 
in Verbindung zu setien wid bei ttberlegenon Angriff^ sich dicht an 
der Elbe haltend, anf den Brückenkopf zür&ekzngehen; im diesem 
stand das 2. BataiUon 3. ostpreulsiseh«! Infimterie^Re^giments. — 

Inzwischen hatte Ney vom Kaiser die Anweisung erhalten, das 
4. und 7. Kor}»s bei Wittenberg zusammenzuziehen, um in Verein 
mit der an der Mulde bei Bitterfeld stehenden Division Dombrowski 
die Nord-Armee vom Vordringen auf Leipzig abzuhalten. In Folge 
dessen marschirte Dombrowski nach Thalheim, die Divisionen Fontaneiii 
und Franqueniont des 4. Korps von Düben nach Burn; Kemnitz, 
Durutte nach Gräfenhaynchen Am *24. Vormittairs ^mrdc das 
4. Korps auf dem rechten Flügel zusammengezogen, indem Fontaneiii 
in die Gc^^end um Pretzsch und Fran<iucmont um Schmiedeberg ein- 
rückte. Das 7. Korps wurde in il.is Dreieck Oranionbaum, Schleesen 
und Kemberti verlegt. Nach dem KintretTen der anderen Divisionen 
rückte Morand erst am Nachmittage zum Augritl' auf Wartenburg 
vor. — 

General r. Borstell hatte am 24. früh 7 Uhr von Bälow den 
Befehl erhalten, mit seiner Division den General Prinz Ton Hessen- 
Hombnig in der Stellung von Elster abzul6een; w&hrend seme Trappen 
dort gegen Mittag eintrafen, war er selbst yorausgeritten, hatte in 
Begleitung HeUwig*s dessen Vorpostenstellang in Augenschein ge- 
nommen und f&r zweekm&lng befunden. Er ordnete darauf die Ab- 
lösung derselben durch 6 Kompagnien und 100 JSger seiner Division 
für den Nachmittag an. Miyor v. Cardeil, der mit dem FiKsilier- 
BataiHon des 1 .praomerschen Infanterie-Regiments um 3 Uhr bei 
Wartenburg eintraf, hielt die Aufstellung für ganz ungeeignet, da sie 
wenigstens 5000 Schritt lang ohne jeden Rückhalt sich nm das Dorf 
herumzöge. Im Bef^riff, eine antrernessenerc Stellung aufzusuehcn, 
nachdem er Torlüufi<^ die einzelnen Al)teilun<;en seines Bataillons nacli 
den von den ostproulbischen l''üsiliereu besetzten Punkten abgesandt 
hatte nnd die Ablösung beroits überall erfolgt war, wurde plötzliclt 
um 4 l'hr dä^ Anrücken des i'^oindes in beträchtHcher Stärke von 
Torgau her längs des südöstlich Wartenburgs an der Elbe sich er- 



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270 



Der Parteigtiager Friedrich von Hellwig etc. 



streckenden Waldes gemeldet. Wenn auch letzterer eine genaue Be- 
urteilung der Stärke beeinträchtigte, so konnte man sie doch auf 
wenigstens 4 Bataillone schätzen, die in ihrer linken Seite auf dem 
freien GeUbide von etwa 4 Schwadrmieii gedeckt worden, ünfter 
diesen Umständen be&hl Uajor t. Polczinsky seinen dimmtlichen Ab- 
teflongen, stehen su bleiben und den Ängiiff abzuwarten: 2 Kompagnien 
fanden in dem südöstlich dem Dorfe Torliegenden Gellfinde Yerwendiing, 
während die beiden anderen an der Verteidigang des Ortes selbst siek 
in zweiter Unie beteiligten; dem Major t. d. Schnlenbuig be&hl er, 
mit den beiden Kompagnien des 2. Bataillons hart an der Elbe 
steh^ KU bldben, nm einen etwa hier vordringenden Feind anf* 
zohalten. 

Das südlich von Wartenburg liegende Wiesengelände ist vielfach 
durch Dämme, Wasserrisse und Wasserlachen durchschnitten, die, 
ziemlich ziisamTnenhüngend, von einem alten Elbbctt, der Streng, 
herrühren, an welchem das Dorf hart westlich liegt und zwar gegen- 
über dem mit einer Brücke versehenen Abzweignngspunkt eines nach 
der Elbe sich hinzielienden zweiten alten Bettes, des Moyenliainiclit- 
grabena; südlich von diesem zwischen Streng nnd Elbe zieht sich von 
Bleddin her ein in den Bauernanger von Wartenburg Übergeheuder 
Wald hin, von dem aus die linke Seite des Verteidigers bedroht er- 
scliien, wenn auch die Teile des alten Elbarms ein Vordringen an 
dieser Stelle sehr sohwierig maßhUn nnd ein direkter Übergang über 
den Graben nur auf dem schmalen Deioh hart an der Elbe mö^ch 
war. Am Westansgang des Dorfe liegt eine Windmühlenh^he. Die 
Umfeasong des Ortes selbst bestand in Gartenzännen, die sidi zick- 
zackartig an einander anseblossen nnd em Krenzfeuer gestatteten. 
Rückwärts nach Elster zu bot der alte Elbann (Moyenhainiehtgraben) 
nnd später eine weitere Reihe von mit Gräben verbundenen Tümpeln 
innerhalb eines schmalen Waldstreifens Abschnitte für Anfhahme- 
stellungen. 

Sobald die Annäherung des Feindes bekannt geworden war, 
hatte Kapitän v. Kuylenstjema IL den Dorfzaun mit der poramerschen 
Jäger-Kompagnie, 25 ostpreiifsischen Jägern und dem Schützenzug 
seiner eigenen, der 9. Komp. 1. ])omm. Füs.-Butaillons, besetzt und 
2 Züge derselben als Rückhalt niifer-stollf ; bei der Windmühle stand 
die Kompjignie v. Kalkreuth. Uegen di. l entwickelte der Feind, — 
das 137. französische Regiment M.) und das kroatische Re*z;iment, 
zusammen 5 Bataillone unter General Ihilot — welcher von Büscnig 
her an der Streng vorging, im freien Felde gegen G Uhr anf 300 Schritt 
vor dem Dorfe eine starke Schützeiüimc, der ein Bataillon in Kolonne 
folgte, und richtete den Angriff zunächst auf die Windmühle, wurde 



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Der Parteigänger Friedrich von HeUwig etc. 271 



aber durch lobhaftes Fener zurückgewiesen. Oleiclizeitig mit diesem 
Vorgehen war von den Franzosen eine rechte Seitendeckung über die 
Streng in den Eichwald vorgeschoben worden, welche auf den hier 
befindUdieo SdlQtiMdizug der zur Deckung der linken Seite auf- 
gcstdlten 12. pommerschen Kompagnie stieis, um mit diesem eine 
Anzahl Schüau zn wechaeln und sich dann bis zor Dnnkelhfiit anf 
gegenseitige Beobaohtnng zu besclirinken. 

Ein zweiter Angriff wurde ^gen die eüdöstHdi vorwärts des 
Dorfes Torgeeohobenen Truppen aufgeführt, welche in den Dorf- 
eingang zurückgedrückt wurden; die Franzosen drangen ihnen nach 
hinein, die Jäger mulsten einen der Toraptingenden Zäune räumen 
und sich hinter einen 50 Schritt rückwärts gelegenen zurückziehen. 
Da hierdurch die WindmühlensteUung gefährdet war, raffte CSardell 
alle verfügbaren Kräfte zusammen und warf den Gegner in seine 
erste Stellung zurück. Dieser aber, welcher sich vortrefflich schlug, 
rüstete sicli nach einiger Zeit zu einem dritten, gegen den Wind- 
mühlenberg und die Mitte gerichteten Angriffe, warf die Kompagnie 
Kallireuth zurück, besetzte die vorliegenden Zäune, wurde aber von 
dem mit seinen beiden zurückgehaltenen Zügen zum Ausfall vor- 
breehcndeu Kpt. v. Kuylenstjema angefallen, aus der Umfassung ver- 
jagt und über 500 Schritt weit mit starkem Verlust verfolgt. 

Trotz dieser theilwcisen Erfolge hatte llellwig doch schon nach 
einigen Stunden die Überzeugung gewonnen, dafe die Stellung auf 
die Dauer wogen des die linke Seite bedrohenden Waldea nicht zu 
halten sei, und darüber Borstell Meldung gemacht; dieser hatte 
darauf um 6 Uhr bei Bölow angefragt, ob im Falle eines emsüichen 
Angtifls die Brücke abzubrechen sei, und dabei auf die Sohwieiigkeit 
liingewieeen, die Truppen angesichts des Feindes über den Strom 
zurückzuziehen. 

In der That gingen die Franzosen nach dem letzten zurück- 
geschlagenen Angriff mit 2 Bataillonen längs der Streng im Walde 
Tor; da die Dämmerung hereinbrach^ begann GardeU tür seine Flanke 
zu soigen und teilte dies Ilellwig mit; immer mehr zog sich das 
Feuergefecht auf dem preufsischcn linken Flügel zurück. Von dieser 
Seite vernahm man das Schlagen des Sturm marsches. Hellwig erkannte, 
dafs die Gefahr vorlag, von der einzigen über die alte Elbe führenden 
Brücke abgesclmittcn zu werden, und befahl Cardeil, das Dorf zu 
räumen; hierbei wurch^ es sehr schwer, die noch lebhaft im Gefecht 
befindliche 9. Kompagnie zurückzuziehen. Unter Besetzthaltung des 
nach Elster zu gelegenen Ausgangs von Wartenburg durch einen 
Schützenzug rückte Cardell um 8 Uhr ab und nuliui auf Hellwig's 
Befehl hinter der Streng und dem Moyenhainichtgraben an einer 

JtbrbMwr nr «• DmUelM Arm« Bild VtriM. Bd.M,«. X9 



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272 



Der i'ürteiganger Friedrich von Hellwig etc. 



100 Schritt mrfickgelegoiien Hecke eine neue Stellung, in der sich 
Haj. ▼. Folcsmaki Bchon mit 2 Kompagnien belknd, während die beiden 
anderen bis nahe an den Brückenkopf Knrückgegangen waren. Was 
Hellirig in erster Unie rar Rftnmnng des Dorfes veranUUst hatte, 
war das Vordringen einer feindlichen Kolonne südlich nm Wartenboig 
herum durch den Wald und den Obstanger, welche auf Schützen des 
Halbbataillons Schulenburg stiel«. Dieser hatte von seiner Stellung 
an der Elbe Unterstützung über den MoyenhainichtgruLen durch den 
Eichwald vorgeschickt. Die UnübersicbUichkeit des (U'ländes gebot 
beiden Teilen Vorsicht, so dafs es hier zu keinem emstlichen Gefecht 
kam, um so weniger als Schiilenburg seinem Auftrag gemäfs, um 
einer Umfassung zu entgehen, langsam an der Klbo entlang gegen 
den Brückcnko})f auswich. Bei ihrem Vordringen wurde zeitweise 
von den Franzosen der Sturmmarsch gescldagen. 

Es trat nun eine liuhepause ein. Plötzlich aber brach in voller 
Dunkelheit der Feind aus Wartenburg vor, warf den am Ausgang 
btehendcn Schützeuzug über dcu liauK-n und stUrzto sich fast gleich- 
zeitig mit ihm auf die Brücke vorwärts; zwei Angriffe wurden durch 
heftiges Feaer rarfidfgewiesen. Dann zog sidi das BatsiUon Gardell, 
welches sich beinahe verscHossen hatte, bis an den Brückenkopf zu- 
rück, wo ihm 2 Kompagnien des pommersehen Regiments mit Borstell's 
B^hl entgegenkamen, wieder vorzugehen, da der Feind nicht folgte. 
Mit ihnen verebt stieTs Gardell wieder bis an den zwischen Warten- 
bürg vnd Elster gelegenen Waldstreifen „Hinterste Hainichte^ vor, nm 
dem G^pier den Ober(^g über die Brücke zu verwehren. Wt 
1 Kompagnie besetzte er den Waldstreifen und behielt die übrige 7 
im Rückhalt. Vom Waldrande aus dauerte das Feuergofecht noch 
bis 10 Uhr fort, ohne dafs die hinter einem 500 Schritt entfernten 
Wasserrifs stehenden Fran/oscn einen neuen Angriff" versuchten. 
Durch ihr sehr tapferes Draufgehcn, welches sie bei den späteren An- 
f^riffcn in dichten Kolonnen gegen gut gedeckte Schützen ausführten, 
hatten sie sehr emphndliche W^rlustc erlitten, welche sich auf 12 Ofiti- 
ziere, 122 Mann beliefen, während die Preufsen nur 1 Offizier und 50 
bis 60 Mann an Toten und Verwundeten verloren, von denen gegen 
20 auf llollwig's Kur])s kamen. „Auf einem Räume, dessen Breite 
von der Brücke über die Streng bis zur Elbe 200 Scliritto beträgt 
nnd auf buschbedecktem, unübersichtlichom Boden, in welchem der 
Yortefl aof Seiten des Ängrifls liegt, haben die wenigen preulkischen 
Kompagnien anerkennenswerten Zusammenhang und sich vor einem 
naheliegenden Verlust an Ge&ngenen glücklich bewahrt<).^ 

Qa.D. S 83. 



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Der FiMtetgiiiger Friedrldi wa Bellwig etc. 



m 



Hellwig, der seine bei der Beschaffenheit des Geländes nicht zur 
Verwendung kommenden Husaren bereits vor Räumung des Dorfes 
gegen den Brückenknopf zurückcfennmmen hatte, blieb über Nacht in 
der zuletzt bezogenen Stellung stehen; die Franzosen hielten Warten- 
bnzg besetzt, die Vorposten waren durch das alit Elbbett und die 
Bracke getrennt; die gröfsere Hälfte des Geländes zwischen Warten- 
burg und dem BrQckenkopf war in He]lirig*8 Händen geblieben. 
BorsteU hatte flür die Nacht die Vorposten noch um den Rest des 
pommeracfaen Regiments verstärkt, Ton dem 6 Eompagmen den 
BrOokenkopf besetzten. Die zur Dirtsion Hessen-Homburg gehörenden 
Trappen erhielten während der Nacht die Erlanhnils, ersterer nach« 



Da der Brückenkopf noch nicht rerteidigungsfilhig war, so liels 

Bülow auf Befehl des Kronprinzen ') am 25, die Truppen auf das 
rechte Elbufer zurückziehen und die Schiffbrücke in der folgenden 
Nacht abbrechen, da Borstell angesichts des nahe gegenflber stehenden 
Feindes diese Mafsregeln nicht bei Tageslicht auszuführen wagte. 
Am andern Morgen rückte die Division nach Thiessen l)ei Wittenberg; 
Elster blieb durch eine starke Tru}>i)enabteilunji besetzt und Hellwig 
erhielt den Befehl, über .Jessen hinaus wieder seine frühere Stellung 
bei Clödtm zu beziehen und 'l'organ m beobachten ä). Die Division 
Morand des 4. Korps, wek-her die am '24. im ( lefecht gewesenen Truppen 
angehörten, rückte fianz bis hinter Wartenbur^; und stellte sich hinter 
Dämmen und Gräben gedeckt zwischem diesem Dorf und Bleddiu zur 
Beobachtung des Brückenkopfs auf. Da die Hartnäckigkeit des 
gestrigen Gefechtes auf die Anwesenheit sehr beträchtlicher Streit- 
kräfte bei Elster 8ch]ie(8en liels nnd Ney anschemend hier einen 
Stromfibergang seitens der Verbündeten erwartete, wurde auch die 
Division Gnilleminot von Kemberg bis Globig herangezogen*). Bei 
ersterer Stadt blieb die Division Dnrutte, die sächsische wurde nach 
den Dörfern in der Rtchtong auf Pretssch verl^. Der Abbrach der 
Brücke bei Elster jedoch veranlaJate Ney, seine Korps mehr dem jetzt 
bedrohteren Punkte Koslau zu nähern. Er schob die Sachsen am 
26. nach Goltewitz bei Oranienbaum, Reynier mit den französischen 
Truppen seines Korps nadi dieser Stadt selbst^ das 4. mit dem Haupt- 
quartier nnd einer Division nach Trebitz, am 27. mit den beiden 
anderen nach Kemberg und Srhleesen. Nur ein Regiment blieb vor- 
erst bei Wartenburg zur Kinebnunj^ des Brückenkopfes. Auf diese 
Weise beobachtete Ney die Brücken bei Aken und Uoslau. Von dem 
inzwischen seitens Blücher ans Schlesien nach der iübe angetretenen 
ßechtsabmarsch hatte er kerne Ahnung. 




Nip. Ui. S. 173. - Ebd, III. S. 608 



') Cerr. S. 289. 



19» 



274 



Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc. 



Hellu ig hatte naeh seiner Ankunft in GlSden sofort gegen Torgan 
gestreift; um auch auf dem linken Ufer durch seine Parteien den 
Gegner meder hennruhigen su können, hat er BOlow um Wiederheran- 
schaffang der von Glöden zum BrQckenhau nach Elster fihergefiihrten 
Fähren, weldie nach Ahfahren der Brücke in die Elster nach Lister- 
fehvda geschafft worden waren. Aher durch die Unvoraichtigkeit 
eines Pionier-Unteroffiziers hatten sich die Fähren losgelöst, waren 
ans linke Elbufer getrieben und dort vom Feinde mit Beschlag be- 
legt worden. 

Inzwischen hatte Bülow vor Wittenberg in der Nacht zuna 24. die 
erste, in der folgenden die zweite Parallele eröfinet, und bombardirte 
am 27. und 2^. die Festung ziemlich crfoln^los. Nachdem Xoy am 
letztgenannten Tage Dessau wi*Mler hatte bcsetzon lassen, /jy^ er am 
29. den gröfeten Teil seiner *Vrmce in und um diese Stadt zusammen 
und liefs den Übergan«?spiinkt Eistor von Remberg ans nur durch 
{]ie württember<,'ische Reiter-Brigade beobachten'). Als aber in der 
Aacht zum 30. auf Weisung des Kronprinzen von der in Elster ein- 
gerückten pjemischton Truppcnabteikuifj des Üb.-Lt. Schon die Vor- 
bereitungen zu einem neuen Brückenschlag getroffen und die Reiter- 
posten zurückgeworfen wurden, liels Ney die Division Franquemont 
des 4. Eorpe Katdmiittags schleunigst wieder nach Globig und Warten- 
burg zuröokmarschiren ; die nach dem Brflckenkopf Übergesetzten 
20 preufsischen Jftger wurden Nachts durch eine wurttembergische 
Kompagnie wieder TOrtriehen. Am 1. Oktober Vormittags aber be- 
mächtigten sich des BrQckenkopfe 3 über den Fluis geschi£fte preulsische 
Kompagnien von Neuem, welche in Erlshrung brachten, da& Warten- 
burg von 1 BataiUim, 1 Schwadron und 3 Geechtitzen besetzt wäre^ 
die Hauptmasse des Feindes aber gegen Kemherg stände. Um einen 
Elbübergang zu hindern, rückte inzwischen der Rest der bei Globig 
stehen gebliel)enen württembergiachen Division nach Wartenburg vor, 
wo am 2. Oktober auch der übrige Teil des 4. Korps anlangte und, 
die Flügel an Bleddin und Glabig lehnend, hinter Dämmen und 
Gräben eine feste Stellung bezog. Vergeblieh versuchten Bertrand's 
nach Wartenburg vorgeschobene Truppen ^den Feind, welcher vor 
den Brückenschanzeu uiue ätarke Postenkette aufgestellt hatte, zurück- 
zutreiben und den Brückenkopf zu nelimen*).'* 

Während dieser Zeit hatte sich HeUwig von Clöden aus bemüht, 
durch seine Spione Nachricliten ülicr den Stand der Dinge im König- 
reich Sachsen einzuziehen und zu Bulow'a Kenntuifs zu bringen. Wie 
meist bei derartigen Nachriditen mischte sich Wahres mit Falschem, 

St. S.3?e. — ^ Cerr. S.2B7,m 



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Der Fkrteiging^ Friedrich von Hellwig dto. 



275 



letzteres naincntlich in Betreff der Daten: Napoleon solle am 2G. in 
Dresden, wo grofso Verwirrung lierrschto, nach oiner Niedorlaj^e bei 
üruLseiiliuyn eingetroffen sein, gefolgt von einem Teil seines Heeres 
und seinen Garden; Neustadt- Dresden solle schon von Verbündeten 
besetzt sein; Mvzat 86127. Abends mMeilseii eingetroffen. Ein nach 
Leipzig entsandter SpSher Iiatte die MnJde stark von Frarusosen ho- 
SBtet gefunden; in Schkeuditz aber ständen schon Russen. Napoleon 
solle sich gegenüber dem von 3 Bataillonen Wobeser's besetzten Mühl- 
borg bei Beigem mit seiner Armee adhalten. Nach dreimaligem 
Tergeblicliem Ai^ff auf die böhmische Armee solle er nun bei 
Grimma zurückgeschlagen sein; General Sacken TOn der sdilesischen 
Armee stehe in Grolsenhayn, Tauentzien bei Liebenwerda. 

Am 2. Oktober wurde Hellwig wieder nach Elster berufen , inn 
die Deckong der in der folgenden Nacht dort zu schlagenden Seliiff- 
brücken zu übernehmen. In aller Frühe des 3. begann das York'sche 
Korps den Übergang; dem in Folge dessen sich entspinnenden Treffen 
von Wartenburg wohnte Hellwig für seine Person bei. Du durch 
Ijliicher's Vorgehen der Kronprinz von Schweden sieh endHch ans 
seiner Unthätigkeit aufgerüttelt sah, erteilte er am 1. Bülow den 
Befehl, die Belagerung von AVittenberg aufzuheben, vor der Festung 
nur General Thümen zu lassen und mit seinem Korps bei Roslau 
die 1'Jbe xu überschreiton. An demselben Tage mulste sich auch 
Hellwig ebendorthin begeben. 

(Fortsetceng folgt) 



XX. 

Rnckblick atif die Entwickelung und Aiislrildmig der 

k. bayerischen Feld -Artillerie in unserem Jahrhundert, 
msbesondere deren Schielsausbildung bis 1874 

Tod 

Si^eeky Generalmajor a. D. 

(Schluß.) 

B. Ausbildung im Schiefsen. 

Vom .lahro IHfw ab \\urdon für die Schiefsübunjjen , die nun 
zuüi weitaus {n^öfseren Teile auf dem Lechfelde und nur zu einem 
iuuiier geringer werdenden Teile auf den Fixerziiplätzeu der Artillerie- 



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276 



BOckblick auf die Entwickelung und Ausbilduag 



Kegiinenter stattfanden, auch scharf kborirte OranAten etwa ein 
Drittteü der Geaauuntssalil dar Übimgamimilion — bewilligt. Der 
Übergroßen Sparsamkeii, welche die Gewftbnuig scharf laborirter 
Graoatoii zu den Schielefibungen verbindert hatte, war es «usnachreiben, 
daffl 1866 — unmittelbar vor dem KriegsaiiBbnicbe — uftinmtlifihe 
scharf laborirten ewntrischen Granaten der gbtten leichten 
12 Pfänder Feldkanonen entleert werden nnd die 8 fahrenden nnd 
4 reitenden Batterien, welche mit diesen Geschfitaen bewa£fnet waren, 
nun auch im Kriege mit blind laborirten G^ranaten scliiefsen mu&ten. 
Bei Gewährung scharf laborirtcr Geschosse zu den Schitifs Übungen 
würde das Voil<oramen von Rohrkrepirem unter den 12 Pfünder 
exzentrischen Granaten früher erkannt worden sein und hätte die 
TTrsache dieses liöchst bedenklichen Vorkommnisses — wenn nicht 
zu stark gewählte Exzentrizität die Schuld trug — beseitigt werden 
können, 

Dh scharf laborirten Granaten wurden von den seit 18G7 durch- 
aus mit gezogenen Geschützen bewaffneten Feldbatterien nahezu 
ausschliefslich zu den in der zweiten Hälfte ilirer Lechfeld-l'bungszeit 
stattfindenden kriegsmäfsigen Schiefsen m der Batterie venvendet. 
In den Jahren 1867 bis 1870, in welchen die Feldbattoricn in ihren 
KcgimentSTerbänden die Schiefsübungen auf dem Lechfelde — 1869 
und 1870 unter oberer Leitung ihrer Brigade*Eonmiandenre — in der 
durehschnittiiichen Bauer von 12 Tagen vornahmen, während welcher 
Zeit alle Offiziere und Mannschaften in den im EVtOjahr 1866 erbauten 
Hütten lagerten» die Pferde im Feldstalle biwaikirten, entwickelte sich 
sowohl bei den 4 reitenden Batterien, weldie stets mit sechs Ge- 
schützen feuerten, als bd den 28 Feldbatterien, welche nur mit vier 
Geschützen ihre Scbielsfibungen Tomahmen, folgendes Einschielb-Ver- 
fijiron. 

Die Entfernung des möglichst überraschend auftretenden Zieles 
— Bretterwand von 20 Fufs Brdte und 6 Fuis Ilölie, auf Rolh-äder 
gestellt und dadurch fahrbar gemacht — wurde vom Batterie- 
Kommandeur geschätzt, oder durch drei Mann ~ Untcroffiziero oder 
Trompeter — , wolcho mit dem Battoriechef in die von der Batterie 
einzunohn\cnde Feuerstellung vorausgeritten waren, mittelst des seit 
1868 im Besitze einer jeden Batterie befindlichen Franz '-(Bauem- 
feind'-)8chcn Distanzmessers, zu welchem zwei Winkeipiismon und 
drei Piquets gehörten, ermittelt. — Drei Gründe trugen dazu bei, 
dafs die Batterien ihre kriegsmäfsigen Schiefsen mit ge- 
staffelten Aufsätzen begannen und hierauf^ namentlich 1867 
und 1868, entsehieden zu yiel Wert legten. Den Batteriechefs 
und Zugrührem, welche vor 1866 genötigt gewesen waren, die Auf- 



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der k. bajeriflchciD FekL-ArtUlerie eto. 



277 



Schläge blind laborirtor Granaten zu beobachten, wurde die Be- 
obachtung durch die Rauchwolke der krepirenden Granate 8phr er- 
leichtert. In l'ülge des leicht untl weithin siclit])aren Zieles kamen 
unsichere (fragliche) Beobachtungen scheu vor. Die Aufsätze der 
Geschütze waren nodi nicht mit den Ilundcrtiialdeu der Entfernungen, 
sondern mit Zollen und Vii Zollen rheinischen Maises bezeichnet. 
Die dem Geschütze gegebene Hohenrichtung konnte daher noch nicht 
obne jede Zuhülfenahme der Schnistafel und deshalb anch vkki so 
rasch irie mit den erst nach dem Kriege 1870/71 eingeführten Auf- 
sätzen ge&ndert werden. — Die Entfernung, welche der Batterie- 
chef absichtlich geringer kommandirte, als sie geschätzt 
oder ermittelt worden war, galt nur für das Gesohütz, 
neben welchem der in der Bogel zu Pferde bleibende 
Batteriechef seine Aufstellung^ während dem Schiefsen nahm, 
nachdem derselbe das Kommando: . Schritt'' — immer eine 
ganze Hundertzahl — »jVom rechten (linken) Flügel" gegeben 
hatte. — Joder Batteriechef war bestrebt, spine Aufstellung neben 
dem Hügel der I^atterie zu wählen, auf welchem der Pulverrauch die 
Beobachtung niihr behinderte. Jedes ful-jendi^ Geschütz richtete 
für eine um HO Schritt irrüfscre Eutlernung. — Da während 
dem Erseliielacii der Entfernung doch hin und wieder nicht mit 
Siclierheit zu beobachtende Schüsse vorkamen, wurde auch das 
Iiic'hten mit zugweise, statt geschützweise, gestaffelten Auf- 
sätzen angewendet, und dann, nach dem Komuiando ^vom 
itcliieu (linken) Flügel'^, noch „zugweibc" komuutaJirt. Nur uuf 
den gröfsten Entfernungen — über 2400 Schritt — , aufweichen 
übrigens nur selten geschossen wurde, begann das Schiefsen mit 
um 200 Schritt, statt nur um 100 Schritt, gestaffelten Aufsätzen^ 
und wurde dann, nach dem Kommando: „Tom rechten (linken) 
Flügel'', noch „200 Schritt — zugweise'' kommandirt 

Wurde der eiste Schüfe Tor dem Ziele (zu kurz) beobachtet» so 
befahl der Batteriechef das dem abgefeuerten Geschütze zunächst 
stehende Geschütz, konnte er aber das Mafe der Abweichung schätzen, 
das Gesehfitz zum Feuern, dessen Richtung der Leobaeliteten Ab- 
weichung am meisten Rechnung zu tragen schiNi. Wenn hierbei der 
Schufs des vom Standpunkte des Batterie-Kommandanten entferntesten 
Geschützes noch vor dem Ziele beobachtet worden war, wurde vom 
Batteriechef flir die neue Staffelung der Aufsätze eine Entfernung 
kommandirt, die um 100 Schritte grölser war als diejenige, welche 
bei der vorangegangenen Staffelung der Aufsätze erreicht worden 
war. — In denjenigen Fällen, in welchen der erste Srhnfs hinter dem 
Ziele (zu weit) beobachtet worden war, kommandirte der Batteriechef 



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278 



Rückbück auf die Eutwkkelung und Ausbildung 



diejenige Uundertzahl, welche emen KuizschnlB herbeiföhren mulstc, 
und wurden danu die AnfUttase toh dem an der Reihe zum Feuern 
befindUchen Geschtttze aus neu gestafielt. 

Ein Eingabebi des Zieles zwischen einen Kuia- und Weitaohnis 
wurde in den Jabien 1867 und 1868 noch nelfitdi unterlassen, wenn 
während dem Ermitteln der Entfernung des Zieles ein Treffer he- 
ohacbtet worden war. In diesem Falle wurde dann „ freudig mit 
deijenigen Aufiutzstellung (Entfernunn;\ welche den Treffer in der 
20 Fu(s breiten und 6 Fuls hohen Bretterwand erzielt hatte, fort- 
gefeuert und, wenn im weiteren Vorlaufe des Schielsens die Zahl der 
beobachteten Treffer nicht befriedigte, vom Batteriechef diejenige 
Korrektur der Entfernung^ um 25 oder 50, ja selbst 100 Schritte be- 
fohlen, welche ihm Tür die Erreichung vun Treffern geboten erschien. 

Die unangenehme Wahrnehninnir, dafs einem rascli ei-ziclt-en 
Treffer wenige oder gar keine weiteren Treffer nachfolgten, führte 
jedoch dazu, auch in denjenigen Fällen, in welchen ein Treffer früher 
als ein Weitschufs beobachtet wurde, einen Schufs hinter dein Ziele 
(zu weit) abzuwarten, mithin das Ziel „grundsätzlich" zwischen 
einen Weit- und einen Kurzschufs einzuschliefsen (ein- 
zugabeln), und dann einen Schufs mit der Aufsatzstellung 
(Entfernung) abzugeben, welche der Hitte der erschossenen 
Gabel entsprach, um diese bis auf 50 Schritte zu Terengen. 
Mit der kleineren der beiden Gabelentfernungen wurde 
dann das Schiefsen fortgesetzt Eine JLnderung dieser Ent- 
fernung wurde irom Batteriechef nur dann befohlen, wenn unter den 
nun folgenden Schlissen entweder mehr als die HaUte vor dem Zisle 
(zu kurz), oder unter vier oder gar schon drei Schüssen mehr als 
einer hinter dem Ziele (zu wert) von ihm beobachtet worden waren* 
Im erstgauumten Falle wurde die Entfemong um 25 Schritte ver- 
mehrt, im anderen Falle um 25 Schritte vermindert. — Den Zug- 
führern ohlnp: die Beobachtung und Berichtigung der 
Seitenrichtung der Geschütze ihres Zuges, Korrekturen in 
der Höhenrich tuug waren ihnen nicht gestattet. — 

Auch wurde strenge darauf gesehen, dafs die Richtkanoniere 
genau nach dem Fufspunkte der Mitte der Bretterwand richteten und 
sich jeder, in früheren Jahren stillschweigend geduldeten eigen- 
mächtigen Korrektur enthielten. Aber auch ihrer Ausbildung wurde 
in dem Zeiträume zwischen den Kriegen 18G6 und 1870/71 bedeutend 
mehr Soi^g&lt als früher zugewendet. Insbesondere erwies sich die, 
dem „Hand- und Taschenbuche fttr Offiziere der predMsdien Feld- 
artlUeiie^ zweite Auflage, Berlin 1868'^, entnommene badische Richt- 
methode zur sicheren Kontrolle^ ob die Leute genau zu richten im 



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der k. tMyeriMhen Fdd-AiliUerie ete. 



279 



Stande sind, sehr vorteil Ii aft Das mittelst dieser Methode auf einem 
Bogen wcifsen Papiers ermittelte Ergebnifs dreier, von jedem Maniio 
unmittelbar nach einander bethätigten Kiclitungen, trat in einem 
Dreiecke klar zu Tage. Je kleiner dieses fehleranzeigende Dreieck 
war, desto besser hatte der Mann gerichtet. 

Ebenso wie von 1H4S ab die Offiziere des reitenden Artillerie- 
Regiments, und von 1855 ab auch jene der Foldbatterien der anderen 
Artillerie-Regimenter, mit grofsem Erfolge bestrebt gewesen waren, 
die Ar die Feldartillerie so überaas wichtige Reit- und Fahr-Ausbüdimg 
ftof den entopiedieiidsteii Grad SU eiliölioii) wacüii nun £e Offinere 
aller Batterien beetiebt, aidi und ihre Untergebenen in der fBr die 
ArtiUerie allerwiehtigsten Tbätigkeit ^dem Schieben^ und in allen 
auf den Gebraaob und die Behandlung der Geschütze bezOgUdien 
Thittigkeiten sn TervoUkoninmen. Dieses Streben wurde ihnen tou 
Seite ihrer Yorgesetasten — Stabeoi&ziere und Gtonerftle — wesentlich 
dadurch erleichtert» dais diese ihren Bestrebungen nicht nur in keiner 
Weise hindernd entgegentraten, sondern ihnen in der Erwägung und 
Prüfung lüler auf das Sohie&en und die übrige Ausbildung bezüglichen 
Mafsnahmen mit gediegenem Rate /ur Seite standen und die Durch- 
führung der als richtig erkannten Neuerungen stets bestens untere 
stutzten. 

Im Jahre 1870 fanden Konkurrenzschiefsen der Feldbatterien 
innerhalb ilires Regiments Verbandes auf dem Lechfelde statt Die 
Zahl der Trellcr in der 20 I'ufs breiten und 6 Fufs liohen Bretter- 
wand, sowie die Zeitdauer, welche bis zur Abgabe des ersten Scliusses, 
für die Ermittelung der Entfernung und das gesammte kriegsmäfsige 
Schiefsen der Batterie nötig war, entschieden, welche von den ncht 
Batterien des Regiments die ausgesetzten drei Geldpreise gewüimen. 
Bei den 4Pfünder Batterien wurden acht, bei den 6 Pfunder Batterien 
zehn SpreDg&tttck-Tr^er gleich einem vollen Treffer gerechnet Auf 
getroffene MannsbreitMi wurde nidit geachtet. Ordnung, Sicherheit 
und Buhe, welche in der feuernden Batterie zu Tage traten, landen 
jedoch ganz besondere Beachtung. 

Die richtige Feuerrert eilung konnte, der schmalen fflele 
wegen, nicht TerÜlgt und daher auch nicht geübt werden. Bezüglich 
des Ver&hrens bei der Bekämpfung breiter Zide herrschte jedoch 
allgemein die Ansicht: „Richten aller Geschütze der Batterie nach 



*) Das Konkurrcnzf^chiefsen der zwei reitenden und sechs fahrentlen Batterien 
des 2. Artillerie-Regiments fand 15. Juli 1870 unter dem elektrisirenden Ein- 
drucke der dem Hegiineut durch seinen Inliaber, den Artülerie-Korps-Eommaa* 
daateo QeneraUieutenant von Brodesser, miigeteoltai Nachriebt „von der bevor- 
stehenden KriegBerkl&nmg Fhmkreidu» aa Preaben und hiennit sack Deutsch» 
land'* statt 



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280 



BflckbUck auf die EatwkkeluDg und AusbUduQg 



oineiii und demsolbou, dem Batteriechef möglichst gut sichtbaren und 
daher von diesem zu bestiminenden Punkte des Zieles ist nur wiihrend 
dem Ermitteln der Eutfernung vorteilhaft, dann muls Verteilun«; des 
P'ouers dar Batterie in der stattfinden, dafs die Geschütze 

des mittleren Zuges nach der Mitte, jene dar Flügelziige nach der 
Mitto der flmen gegenüber befindlichen Hälfte oder Drittek des sa 
bekämpfianden Zieles riobten.*^ Bei Bek&mpfung feindlicber Artillerie 
vurde der Vereinigung de« Feuers der beiden GeecbütKe eines jeden 
Zuges gegen ein feindlicbes Gescbüts der Vorzug vor der Beikimpfiuig 
eines finndlichen Geschützes durch nnr ein diesseitiges Qeschftts ge- 
geben. 

Schiefsen gegen gedeckte Ziele wurden nach 186G nicht 
mehr vorgenommen. Gegen bewegliche Ziele — laufender 
Hirsch genannt — wurde, soweit dem Schreiber dieses bekannt ist» 
erst Sommer 1870 und zwar nur von Feldbatterien des 
4. Artillerie-Regiments geschossen. Bezüglich der Bekämpfung 
sich bewegender Ziele herrschte die Ansicht, dafs das Ermitteln der 
Entfernung eines Punktes im (ielände, welcher in der Bewegungs- 
richtnng des Zieles liege — und bei schneller Bewegung des Zieles 
ziemlich weit vor demselben hegen müsse - , und Salve oder Schnell- 
feuer, mit Feuervorteilung gegen das Ziel, wenn dieses dem I*unkte, 
nach welcheiu die Entfernung ermittelt worden war, ganz nahe ge- 
kommen sei, leichter und vorteilhafter hethätigt werden könne, als 
das unmittelbare Knintteiii der Enifcruung des sich bewegenden Zieles. 

Schiefsen in einem gröfseren Verbände als in der Batterie 
wurde bis 1870 nie geübt. Der wichtigen Frage, wie das Feuer 
größerer Artilleiie^erbfinde gelltet werden m&sse, konnte daher auf 
dem Versuchswcgü nicht näher getreten werden. Ln mündlichen 
Austausche der Ansichten hierüber gewann diejenige« dals jeder 
Batterie Yom Di?isions^Abteilnngs-)Kommandeur beim Beginn des 
Schielsens ein eigener Teil des von der Division (Abteilung^ za be- 
kämpfenden Feindes zugewiesen werden müsse, damit die Batteriechef 
die Schüsse ihrer Batterie beobachten könnten, die Oberhand. Ins- 
besondere wurde bei der Bekämpfung einer feindlichen Batterie durch 
zwei diesseitige Batterien die Zuweisung je einer Hälfte der feind- 
lichen Batterie an jede diesseitige Batterie für vorteilhafter erachtet, 
als die Verteilung des Feuers jeder diesseitigen Batterie auf die ganae 
feindliche Batterie. 

Obwohl alle ieldbaiterien, neben der Granate als Hauptgeschofs, 
mit Brandgranatcu und Büchsenkartii tschon, die 6 Pfündor Batterien 
auch mit Granatkartätschen (Schrapütls) uusgerüstf^t waren und daher 
auch mit diesen Geschossen Schiefsübungeu vornahmen, so traten doch 



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der k. bayeruchen Feld-Artillerie etc. 



281 



diese Übungen gegen die Sdiie&ttbiuigeii mit Granaten sehr zurück. 
Die geringe Zahl der m den Übungen genehmigten, mit denselben 
PerkosnonflsOndem wie die Gnumten versehenen Schrapnels und 
Biandgranaten wurde in der Regel erst verfeuert, nachdem mit 
Granaten die Entfernung ennittelt worden war. Das Schielsen mit 
Büchsenkartätschen wurde jährlich nur von einer Batterie jeder 
Division (Abteilung) und naturgem&b auf so geringe Entfernung vor^ 
genommen, dafs durch diese Übung nur die übrigens nie hoch genug 
anzuschlagende Gewandtlieit, Kuhe und Kaltblütigkeit der Chargen 
und Mannschaften der betreffisnden Batterien erprobt und gefordert 
werden konnte. 

Ff« Nach dem Kriege 1870/71 bis zu der Annahme des 
dentsehen Feldartfllerie-Materials C/73 (1871—1874). 

A. Ausbildung im Allgemeinen. 

Die im Kriege 1870/71 eben so gliiclclich wie rulimwoll erlangte 
Vereinigung der deutschen Staaten zum langst erselinten kraftvollen 
Deutschen lleiclie fand ihre naturgeniiifse Ausdehnung auf die im 
Kriege unbedingt gebotene Ühereinjitimmung im Heerwesen der das 
iJeutsclie Reich bildenden Staaten. Der hierwegen in der baycrisclien 
Artillerie, bald nach Schlufs des Krieges eingetretenen wichtigsten 
Änderungen wird nachstehend m der lieihenfolge, in welcher diese 
Änderungen zur Ausführung gelangten, kurz gedacht werden. 

SO. September 1871 wurde das in der bayerischen Armee seit 

1829 bestehende Bekleidungs Montuiraten- — System, gemäls 

welchem die gesammte Bekleidung der Uannsdiaften vom Feldwebeln 
(Wachtmeister) abwärts, ausscblieislidi des Manteb, persönliches 
Eigentum des Hannes war^T durch das in Preulsen bestehende, dem 
Bedttrbisse des Krieges viel entapcecheindere Bekleidungsi^ystem, nach 
welchem die gesammte Bekleidung ausschlieAlich der Eleinmontinmgs- 
stacke der Unteroffiziere und Kapitulanten, iirarisohes Eigentum ist, 
ersetst 

1. Januar 1872 wurde das bayerische Wchrgeldgesetz vom 
29. April 1869 aufser Wirksamkeit gesetzt. Gleichzeitig trat das 
Gesetz des norddeutschen Bundes vom 9. November 1867 über die 



^) Sicher wird keiner derjenigen Batteriechefts, welche vor Ausbruch dos 
Krieges 1870;71 die wieder zum Dienste bei ihrer BaMoie ebgerflckten Re- 
servisten neu» KleidmigBBtacke — iasbesoiidertt Rock, Hose imd Stiefelii <— bei 

der ökonomie-(Bckleidung8-)Kommission des Regiments empfangen Hofs — da- 
mit dieselben nicht mit den auf der Batterie-Kammer seit ihrer,Beurlaub\ing 
verwahrten , vor 3 bis 5 Jahren emptangenen, vielfach denselben nicht mehr 
passenden Eleidungsstacken in denXrieg rticken nubtoi — dieses bereut haben. 



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282 Bflckblick auf die Eniwickeluiig und AasbUdmig 



Verpflichtung zum Kriegsdieuütc , voibülialtlioh der nach dem Ver- 
trage d. d. Versailles den 23. November 1H70 dem Könige von Ba^eru 
zustehenden Rechte, als Reichsf^esotz in Kraft. Geniafs diesem Ge- 
setze hatte nun die Vcrjttliclitung zum Diell^^«' im stellenden lieerc 
mit dem 1. Januar und zwar in der Kogel desjenigen Kalenderjahres 
zu beginnen, in welchem der Wehrpflichtige das 20. Lebensjahr er- 
reiehtO mid neben Jahre zu dauern, davon die ersten drei Jahre 
akttr. Deshalb war auch bereits 9. Deaember 1871 beettnunt worden« 
dals alle Wehrpflichtigen, welche 1. Januar 1872 ihre sdther vor- 
geecbriebene nur sechqttbrige Dienstoeit in der aktiTen Armee und 
Beeerre noch nicht zuruclKgel^ hfttten, zur Übernahme emes yierten 
Diens^sbres in der Reserve, slso zu einer Gesanuntdienstzett von 
nicht mehr 11, sondern 12 Jahren Terpflichtet seien. — Die zum ein- 
jährigen Freiwilligendienste zugelassenen Wehrpflichtigen, welche sich 
1. Januar 1872 noch in Ableistung der einjährigen aktiven Dienstzeit 
befanden, hatten, ebenso wie jene als einjährig Freiwillige in der 
bayerischen Armee zugelassenen und 1. Januar 1872 bereits in die 
Roserve überwiesenen Wehrpflichtigen, ein viertes Reserve -Dien st - 
jähr, demnach eine (jesammtdienstzeit von 10 — statt 9 — Jahren 
zu übernehmen. — Alle vom 1. Januar 1872 ab zum einjährigen 
Freiwilligendicnste zugelassenen Wehrpfliclititren hatten, nach Ab- 
leistung ihrer — wie bisher — einjährigen aktiven Dienstzeit, sechs 
Jahre in der Reserve und dann — wie seither ~ fünf Jahre in der 
Landwehr zu verbleiben. 

Das Ersatzgeschäf^ für 1872 war noch nach dem bayerischen 
Gesetze vom 30. Januar 1868 zu vollziehen. Zu demselben wurden 
jedoch die Uüitäipflicbtigen einer und einer halben Altersldaase, 
nümlich die zwiaoben dem 1. Januar 1851 und dem 30. Juni 1852 
Geborenen herangezogen und als Jahrgang 1872 behandelt Ebenso 
waren zu den Ersatzrerbandlungen pro 1873, welche nach Malsgabe 
des Gesetzes des norddeutschen Bundes vom 9. November 1867 yor- 
genommen wurden, die Uilitftrpfliehtigen einer und einer halben 

') Das bayrische Wehrgesetz vom .iO. Januar hatte den Beginn der 
Dienstzeit im stehenden Heere auf das Kalenderjahr teütgesetzt, in welchem 
der Wfthrpfliditige das 21. Lebei»jahr erreichte irad nur auf sechs Jahre> davoti 
1 raten drei Jahre aktiv. Vor dem Erfasse dieses Gesetzes begann die 
Verptlichtung zum MiUtUrdieuste hi Bayern erst in (lein Kalenderjahre, in 
welchem der Wohrpfliclitige das 22. Lel)ensja]ir erreichte und «lauerte sechs 
Jahre. Nach dem Gesetze vom 30. Januar 1868 u ar die Dienstzeit der eiig&hrig 
Freiwilligen «of 1 Jahr aktive Anne«» 3 Jahre Reserve und 5 Jahre Laadw^ 
festgesetzt gewesen. — Erst 13. Mai 1873 wurde verftigt, dafs sftmmtliche Arzte 
und StudiroMden der Medi/in die ersteüftUfce ihres eii\}fthngenFrMwiiJigen-Dienstes 
mit der Wafic abzuleisten haben. 



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der k. bayerüdien F«kl-ArtiUerie etc. 



283 



Altersklasse, nämlich die zwischen dem 1. Juli lf^5'2 und dem 
31. Dezember 1853 Geborenen, heranzuziciien und ala Jahrgang 1873 
zu behandeln. 

Gemäls der, unterm 13. Februar 1872, mit der Wirksamkeit vom 
1. April 1872 an, genehmigten Beuen Formation und Einteilung der 
bayerischen Annee erhielt das seithenge „AitiUerie-Korps-Konmiaiido^ 
die Benennung „Inspektion der Artillerie und des Traina^^ Das seit 
21. Dezember 1825 den Artillerie^Begimentern sngeteilte 
Fuhrwesen hatte ans dem Verbände dieser Regimenter 
anszusobeiden und wurden aus demselben zwei Train- 
Bataillone gebildet — Die beiden ArtiUerie-Biigaden und die 
beiden Train -Bataillone worden in taktischer und disziplinarer 
Hinsicht den beiden Goneral>Eonunando8 (Armee-Korps) nnteigeordnet, 
blieben aber, der Eigentümlichkeit ihrer Waffe und ihres Materials 
wf^czeri, gleichzeitig der Inspektion der Artillerie und des Trains unter- 
stellt. — Die .Artillerie-Dinsion" wurde nun „Artillerie- Abteilung'^ 
(„Fuls-, reitende, Festunf^s-xVbteihinn;") genannt. Die ^reitenden Feld- 
battcrien- hiefsen nun „reitende Batterien^, die „fahrenden Feld- 
batterien" — von welchen seit 1. Oktober l^^Tl in Folge der 
Einführung des Metermafscs die 4 Pfünder Feldbatterien „leichte 
(8 cm) Batterien", die 6 Pfänder Feldbatterien ^schwere (9 cm) 
Batterien" genannt wurden — „rufsbattericn", die seitherigen „Fufs- 
(Festungs- oder Park-) Batterien" „Festungs- oder Park-Kompagnien", 
die „Artillerie- und Genieschule" „Artillerie- und lugeniuur-Schule." — 
Die Benennung „Kommandant** wurde Tom Bataillon (Abteilung) an 
nach aufwärts durch i,Kommandeur", bd den Kompagnien, Schwadronen 
und Batterien durch „Chef «rsetzt. — Die Chargen der „OfBziers- 
Asj^anten I. und II. Klasse** (Junker und Kadet) wurden aufgehoben, 
dagegen die von „Portepeefähnridien'* mit dem Range unmittelbar 
nach dem Feldwebel (Wachtmeister) eingeführt — In den seitiierigen 
Ghargenbezeichnungen traten folgende Änderungen em: statt „Ober- 
lientenant" „Premierlieutenant", statt „Unterlieutenant" „Sekond- 
lieutenant", statt „Oberfeuerwerker" „Feldwebel" — bei den reitenden 
Batterien „Wachtmeister" — , statt „Feuerwerker" „Sergeant", statt 
„Korporal" „Unteroffizier", statt „Bombardier" „Gefreiter", statt 
„Fahrkanonier" „fahrender Artillerist", statt ,,Ober- und ünter- 
kanonier" „Kanonier*^. — Als neue Chargen M-nrden die von „Über- 
gefreiten" und „Ökonomie-Handwerkern" eiu-i t ilirt. — Die Stabs- 
trompeter erhielten das Rangverhältnifs des Feldwebels, die Trompeter, 
je nach ihrer Anciennctät, das dos Sergeanten oder Unteroffiziers. 
Jedeni liiitterie-Sehniied und jedem Batterie-Sattler blieb, so lange er 
nicht aus dem Mihtiirstande ausschied, die seit 20. April 1863 diesen 



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Bfickblick auf Entwickeliiiig and Auabildung 



Personen gewährte Glcicliiclitung juit dem Korporal (Unteroffizier). 
Der bisher bei jeder Batterie bezw. Kompagnie vorhandene Listen- 
führer (Feuerwerker) wurde abgeschaflft und deasen Wirkungskreig, 
iniovett er skii auf Oeldyerpflegung bezog, dem Feldwebel (Wachte 
metster) flbe r trog ep , Dageg^ wurde bei jeder Batterie besw.Kompagnie 
ein „Eammenutterofifizier'' — reitende Batterie: „Qoartiermeiflter*^ 
und bei jeder Batterie aiüaerdem ein unter dem Kammenmteroffirier 
beew. Qnartiennebter etefaender ^Fattermeieter**, welohem die Founge- 
ai^gabe oblag, vorgesehen. 

Bezügtich der Militärärzte des stehenden [leeres und der Land- 
wdir wurde bestimmt, dafs dieselben nicht mehr obere Miliiärbeamtei 
sondern Personen des Soldatenstandes in bestimmtem Offiziersrange 
seien, welche das ^Sanitäts-Korps" bildeten. Zu den oberen Militär* 
beamten wurden nun nur mehr die Auditors, welche den Namen 
„Auditeure** anzunehmen hatten, die Intendantur-Beamten, die Zahl- 
meister*), die Militär-Apotlieker und die Militilr-Veterinärärzto ge- 
rechnet, und denselben ledij^lich der Oftiziersranf; im Allgemeinun, 
aber nicht mehr — wie bisher — die Gleichachtung mit einer l)e- 
stimmten Offizierscharge zugesproehen. Alle übrigen, seither in 
Bayern zu den oberen Militürbeumten zählenden Beamten wurden 
„obere Civilbeamte der MiUtar-Vorwaltung.** 

Aber nicht nur die Benennung, sondern auch der Wirkungskreis 
aller Dienststellen und Chargen im bayerisdien Heere wurde in Über- 
einstimmung mit den in Preu/sen und in den anderen deutschen 
Ifilitlr- Kontingenten hierftr bestehenden Bestimmungen gebracht 
Hierdurch wurde der seitherige dienstliche Wirkungskreis derRegiments-, 
Dirisions^ (Abteflungt») Kommandeure und Batteriechefs in einer nach 
oben wie nach^ unten wohlthätigst empfundenen Weise geändert Die 
wesentlichste Änderung erfuhren die dienstlicfaen Obliegenheiten der 
Oberstlieutenants und der Majore. Die Verwendung der an dai 
Regimentssitzen befindlichen MajorCi im wöchentlichen oder zehn« 
tägigen Wechsel unt^-r einander, zum du jour- (Tages-) Dienste, be- 
hufe unmittelbarer Leitung und Überwachung des gesammten Dienstes 
ur)ä nWfv I'hungen der am Regini entssitze befindliolien Batterien 
liditc auf. Dagegen oblag nun den OberstÜeutenants und ^fajoren 
die ihnen seither im Frieth'n ent/ni'eno ständige Befehlsfuhrung über 
die ihnen zugewiesene Abteilung des Kegiracnts, unter thunlichster 
Wahning der Selbstständigkeit und Selbstthätigkcit der Batterie- bezw. 
Kompagnie-Chefs der Abteilung. Nun endlich konnte der Hauptmann 

*) Die Intendanturbeamten und die Zahlmeister traten aii die Stelle der 
seitherigen Kriegskoinaiissllre undQuartiermeister, w eli lie let/.teron inRegimeiltS-| 
i^atoillons- und Uaterquartionnoistor gegliedert gewesen waren. 



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der k. baTeriadMo Feld-Artillerie etc. 



285 



die Hera]il)aldimg seiner Batterie besw. EomiMgiiie frei und ungebemmt 
von steter Beanfiicihtigoiig eines Organs des Regimen ts-Kommandeurs 
bethätigen, was die gönstigsten Ergebnisse zur Folge hatte'). — 
Während bisher der gesammte scliriftüche Verkehr aller am Regiments- 
siUe befindlichen Batterien im Namen des Regiments za bethätigen 
war, mithin die Batterien auch in dieser Richtung unmittelbar unter 
dem Regiment standen, war dieses — von nun ab — nur mehr be- 
züglich der Park-Kompagnie der Fall, inrlpm jetzt nic-ht nur die vom 
Regimentssitzo dotnchirten Fej^tunf^s-Kompagnien , sondern auch die 
Puls- Uüd reitenden Batterien in dieser Richtung ihrem Abteilnnas- 
Eommandeur unterstellt wurdeu. — An Stelle des ältesten Obcrst- 
lieutenants war nun bis zur Einführung etatsmäfaiger Stabsoffiziere 

— 1. Januar 1873 beim 1. und 4. Artillerie-Regiment und genau zwei 
Jahre später auch bei allen übrigen ArtiUeric-Rcgimeuteru — einer 
der am Regimentssitze befindlichen Abteilungs-Kommandeure Vorstand 
der nun Bekleidungs- Kommission genannten Ökonomie-Kommisnon 
des Regiments. — Die seither nahm täglich geschehene Versammliing 
der Offiziere sn der Vormittags 11 Uhr stattfindenden An&tellnng der 
auf Wache kommoden Unteroffiziere, TVompeter und Mannschaften 

— die sogenannte Regünents-Farade — irarde auf die gegen frtiher 
sehr wenigen Tage beschränkt, an welchen ein BedUrfiiift hierfür 
vorliegt 

14. Febmar 1872 wurde, mit der Wirksamkeit vom 1. April 1872 
ab, der Stand der aktiven Armee — die Friedeittstärke — ein- 
schliefslich von drei Ökonomie^fiandwerkem pro Batterie und 

Kompagnie wie folgt festgesetzt: 

Fufsbattcric, cinseliliefslich der Offiziere — 1 Hauptmann, 
1 Premier-, 2 SekondUeutenants — , 100 Mann , darunter 1 Portcpee- 
fähnrich, 4 Offiziers-, 1'2 Dienstpferde und 42 Zugpferde. Die Haupt- 
leute der nun Fufsbatterien genannten fahrenden Feldbattenen ver- 
loren also das ihnen seit 3. Dezember lb(>3 gewährte zweite Offiziers- 
pferd. 

Reitende Batterie, einschliefslich vier Offiziere, 119 Mann, 
9 Offiziers-, 60 Dien^t-Keitpferde und 42 Zugpferde. Den ilauptleuten 
der reitenden Batterien wurden die Fourage- etc. Bezüge für drei — statt 

0 Übrigens raflasfln zur Ehrung der Hftntisr, wdche die M^^ors-Ghsrge 
vor 1. Aprit 1872 inne hatten, dio Worte angeführt werden, mit welchen die 
Ändprung ihres dienstlichen Wirkungskreises von den ihnen untergebenen 
Offizieren freudigst begiülst wurde: (äottlob, endUch; aber sie haben ihren 
schwierigen, (Or Sie noch weniger ah f&r uns erfrenlicheil seiAierigm Dienst^ 
tiahesa ohne Atumahme, mit too Einsicht und vornehmer Gesinnung geleitetem 
Pflichtgemhl sHUlt. 



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286 Kuck blick auf die Entwickdiiiig und Ausbildung 

aeitiier nur awei — eigene Beitpferdo gewährt. Die lieatenanta der 
Teitoiden Batterien erhielten an Stdle des zweiten» seither selbst an 
beschaffenden Reitpferdes ein Ghargeiqpford. 

Festnngs-Artillerie-Kompagnie, einscUiefididi 4 Offiziere, 
99 Mann, darunter 1 Portepeeföhnrich, nnd 4 Offizienpferde. 

Park-Kompagnie, einachliefslicfa 4 Offiziere, 129 Mann nnd 
4 Offizierspferde. 

Die seit 1839 sidi so sehr bewährt habende Beritteninachnng 
aller Artillerie-Offiziere mit selbst zu beschaffenden Beipferden wurde 
also aufrecht erhalten. 

Den vorgenannten Stand an Dienstpferden hatten die reitenden 
und Fufs- (fahrenden) Batterien schon nach ihrer Rückversetzung 
auf den Friedensfufs Juli 1S71 - - angenommen. Der Sollstand 
der Friedensstärke an Mannschaften wurde nun auch der 
Präseuzstaud das gan^^e Jahr hindurch und hörten daher endlich 
die grofecn Verschiedenheiten im Präsenzstande der Mannsohaflen 
wälirend der fiewülmlichcn, Rekruten- uiiu Hriuj lübungszeit auf, was 
sicli iu jeder Beziehung hockst vurteilhaft erwies. — 

Nachdem bereits 9. März 1871 die Festungseigenschafl des Platzes 
Jjandau in der Pfolz an%ehoben worden war, wurde vom 1. Aprfl 
1872 an die FestungsabteUnng des 2. ArtÖIeiie-Begunents nach 
Germersbeun verlegt» dieselbe hatte jedoch eine ihrer vier Kompagnien 
bis zur TOllstiüidigen Entwaffnung Landans dortselbst zu bslaasen. 
Die Festungsahteilung des 4. ArtOlerie-Regiments hatte Keu-Uhn zu 
besetzen, wShrend die Festungsabteilungen des 1. und 3. ArtOlerie- 
Regiments die Artillerie-Besatzung Ingolstadts bildeten. — 

4. März 1S72 wurden mit der rückgreifenden Wirksamkeit vom 
1. Januar 1872 an die Geld- und Natural -Gebühren des stehenden 
Ilecros und der Landwehr in Bayern mit jenen der übrigen deutschen 
Militar-Kontinf^cnte in Übereinstimmung gebracht. Die Otliziere — 
insbesondere vom Hauptmann I. Gehaltiklasse an nach aufwärts — 
verbesserten sich liicniurch wesentlich in ihren Bezügen, denn selbst 
die Bczüt^f der Hauptloute II. Gehaltsklassc gestalteten sich günstiixer 
als die der 1. Gohaltsklasse dieser Charge, welche seit 18ib allen 
Ilauptleuten der Artillerie zukam, gewesen waren. — Hauptleute 
III. Gehaltsklassc bestanden in Bayern nur vom 1. April bis 31. De- 
zember 1872. Die Prüfung der Premierlieutenants der Artillerie zur 
Erlangung des Hauptmannsgrades gelangte in Bayern Überhaupt nicht 
zur Einführung. Denjenigen Unteroffizieren nnd Mannschaften, deren 
seitherige Bezüge durch die neuen Festsetzungen gemindert worden 
wären — die Oberkanoniere hatten 12 Kreuzer, etwas über 34 Pfennige 
tS{^che Löhnung gehabt — blieb für die Dauer ihrer Dienst» 



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der k. liftyvriKlMi FeU-ArtUkri« ete. . 287 



Terpflichtong der bisherige LiUmungsbezug. — Jede reitend» und 
Fufs- (fahrende) Batterie wurde kasseführende Abteilung. 
Diose Kinrichtung, welche bis zum Übergang des Kassenwesens an 
die Artillerie-Abteilungen — 1 .Innuar 1R75 — in Kraft blieb, war 
diejenige, welche v<^n den olineljm durrli die mannigfaltigsten Neu- 
einfiihrungen in vollen Anspruch genommenen Batteriechefs weniger 
freudig begrüfbt und empfunden wurde. — Durch die nun bei den 
Regimentern zur Einführung gelangenden Offiziers-Speiseanstalteu 
wurde nicht nur die KauioradschaU und das gesellige lieben der Offi- 
ziere, sondern auch die Befriedigung der materiellen, Bedüiinisse der 
jüngeren Ofßziore wesentlich begünstigt und gefordert. Auch die 
Einfthrniig der Offisiere -Kleid er kaMO kam einem längst em- 
pliittdenen Wmudie entgegen. — 

August 1872 wurden die 21. März 1868 erlassenen Be- 
stimmungen für den Offixiers-Ersats durch eine neue Ver- 
ordnung Uber die Ergänzung der Offisiere des stehenden 
Heeres ersetzt. Nachdem nun nur mehr Wehrpflichtige oder Frei- 
willige, welche das Absolutorium eines humanistisdien oder Beul- 
6}innasiums erworben hatten, als OfBziers-Aspiranten angenommen 
wurden, und diese — ebenso wie die aus dem Kadetten-Korps und 
der Pagerie als PortcpeeßthnriGhe in die Armee übergetretenen jungen 
Männer — nach halbjähriger entsprechender Dienstleistung bei einer 
Heeresabteilung, in den militärwissenschaftlichen Lohrkurs der Kriegs- 
schule, dessen Dauer auf 10 Monate festgesetzt wurde, eintreten 
konnten, wurde der seit 25. September 1867 bestehende Vorbereitungs- 
Kurs der Kriegsschule 1. März 1873 aufgehoben. — Nach ent- 
sprechender Absolvirung des Lehrkurses der Kriegsschule liatteu die 
Portepeefähnriche der Artillerie, wie seither, nach halbjilhriger Dienst- 
leistung beim Regiment, während welcher Zeit ihre Beförderung i\i 
auXseietiitj»iiutfsigen Sekoudlicutenants stattfand, noch die Artillerie- 
und Ingenieur-Schule zu besuchen, nach deren Absolvirung erst ihre 
besondere Ernennung zu Artillerie-Offizieren erfolgte 0- 

') 17. September 1883 wurde die im August 1872 bezQglich der Ergänzung 
der Ofß/.ipre dos Friodensstnndes erlassene Verordnung durch die fTlr die k. 
preuDsische Armee in KraXt bestellende ersetzt. Die Dauer des alljährlich 
im Monat H&rz begiaaendan Lebrkurses der Kriegsachole blieb 
jedoeb sehtt Konate. Die Prüfung zum Offizier erfolgt am Schlüsse das 
Kriegascbol-Lehrkorsea (Januar) vor der Oborstudien- und Examinations-Kom- 
jnission. — 1886 wurde bestimmt, dafs dio Sekondlieuteuants der Feld- und 
Fub- Artillerie nach bestandener Offiziers - Prüfung nicht mehr Vat sondern 
IVs Jahre lang Dlensie beim Regiment m Terriehten und dann einen IVsjBbrigent 
drei Semester umfassenden Lehrkurs der Aitillerie- und Ingenieur-Scliulo zu 
besuchen haben. Hierin ist seit 1. Oktober 1892 „ausnahmsweise^ die.Än- 
Jahtbn«k«r ftf di« DaaU«lM AiSM MuiiM. 6«U ^ 20 



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288 



Bflckbück auf die Entwickelung and AnsbUdiuig 



7. August 1872 wurde, an Stelle der seit 1823 gültigen Vor- 
schrift für Erweisung militärisclicr Ehrenbezeigungen, mit 
der Wirksamkeit \om 1. Oktober 1872 ab die in der piüiir^iicLuii 
Armee und in den übrigen Militär- Kontingenten des Deutächeu Reiches 
hierfür bestehende Vorschrift eingeführt. 

Die 8. Oktober 1872 genehmigte neue Formation der baye^ 
risolieii Artillerie, welche die Teilung in Feld- und Fufs- 
Artillerie-Regimenter nnd die Verfiigung brachte, dafs die beiden 
Feld- Artillerie-Brigaden in takttsoher nnd rein diensüidier Hmaclit 
unter den General-EommandoB (Azmee-Eorps), in technischer nnd 
personeller Hinsicht nnter der Inspektion der ArtiUerie nnd des 
Trains stehen, während die Fds- Artillerie -Begimenter in aUen Be- 
ziehungen des Dienstes der eben genannten Inspektion unterstellt 
seien, trat 1. Januar 1873 in Wirksamkeit. — Die vier Park* 
kompagnien — eine an jedem Sitze der bis dahin bestandenen viieet 
Artillerie - Regimenter — wurden aufgelöst Aus den Festungs- 
Abteilungen des 1. und 3. Artillerie-Regiments, welche die Artillerie- 
Besatzung der Festung Ingolstadt bildeten, wurde das I. und II. Bataillon 
des in Ingolstadt neu errichteten 1. Fnfs- Artillerie-Regiments, aus 
jenen des 2. und 4. Äi'tillcric Regiments daa I. und II. Bataillon des 
in Germerölieim neu errichteten J.Fufs- Artillerie-Regiments, von welchem 
das II. Bataülon in Neu-Ulm in Garnison verbüob, gebildet^). Jedes 

derang getroffsn worden , dab die Sekondfieutenants der Feld-ArtUlerie nur 
die beiden ersten, auf 9 '/^ Monate Gcsammtdauer festgesetzten Semester des 
Lehrkurses der Artillerie- und In^n^nieur-Schule zu besuchen und nach Schlr.fs 
des II. Semesters einen praktischen Kurs im Schiefson der Feldartiiicrie 
auf dem Lechfelde durchzumachen haben. - Duich Allerhöcliste Entschhefeung 
yom 6. Februar 1806 wurde bestünmt, dafs die besondere Ehrnennong sum Ar^ 
tili* rie- bezw. Ingonieur-Ofßzier und dementsprechend auch die BefTirdonuig 
der Porteppefähnriphp rnm aufseretatsmafsigen Sokonfniciitenant bei der Feld- 
und FuDs-Artillerio bczw. im Ingenieur-Korps in Fort£aU kommt 

1) fimFufs-Artillerie^ßrigade-XommandomiidemSitasemMflncku 
wurde erat 8. Dezember 1874 ^ mit der Wirkaamkeit vom 1. Januar 1876 an 
— errichtet. Der Kommandeur «lirsor Brigade, welche am den beiden Fufs- 
artilleri<»-Ho(;iinpntern {robild^t und der Inspektion der Artillerie nnd des Trains 
unterstellt wurde, war zugleich Vorstand der Artillorie-Beratirngs-Kommission 
bis 2U deren Auflflaong (1. Oktober 1878). — Seit der zugleiefa mit der SteUnng 
der Feldartillerie-Brigaden unter die Ooiu ral-Kommandos veHtlgten Aofhebong 
der Inspektion der Artillerie und des Trains - 1. April IS'^O — , unterstehen, 
aufser den beiden Fufsartillerie - Reginientom, auch die Artillerie-I'opots — 
Augsburg mit Fiüal- Artillerie-Depot Leohl'eld, Germersbeim, Ingolstadt mit 
Filial-Artmerie-Depot Neu-Uhn, Mflnehen nnd Wünboig mit FUiaUArtälerie- 
Depot Nflmberg — und die feclinischen Institute der Artillerie — Oeschatx- 
giefserei und GeschoCsfabrik in Ini^olstadt, Artillerie- Werkstätten in Mflnehen, 
MaupUaboratorium ia Ingolstadt und Puiveriabrik bei Ingolstadt — , welche seit 



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der k. bijciiMlieii FeU-Aitilteila elc 



289 



FnfnartiMftrie -Bataillon zählte, wie vorher jede Fefttungis-Abtailiiiigi 
^ier Kompagmeni). — Die seither schon bestandenen, jetzt 
nur mehr über Feld-Artillerie verfügenden vier Artillerie- 
Regimenter nahmen, unter Beibehaltung ihrer Nummer, die 
Benennung „Feldartillerie-Regimenter" , die beiden Ar- 
tillerie-Brigaden, da sie ebenfalls nur mehr über Feldartillerie 
verfügten, die Benennung „Foldartillerie-Brigade" nn. Nach 
der, ebenfalls 1. Januar 1873 erfolgten Vermehrung der beiden 
reitenden Abteilungen von zwei auf drei Batterien, und der inzwischen 
verfugten Trennung der preufsischen Fcidartillerie-Reginienter in Korps- 
und Divisions-Artillerie-Regimenter, war die vollkommene Überein- 
stimmung in der Formation und Orfjanisatiün der baye- 
rischen Artillerie mit jener aller anderen deutschen 
Artillerien erreicht Nui* darin bestand noch eine wesenUiche 
Venchiedenheit» dais bis zum 1. April 1881, von welchem Zeitpunkte 
ab erst das Offizittr-Korps der hayeriscben Artillerie nach Feld- und 
Fnis-Artillerie in iwei getrennte Körper mit selbstotändigem Avance- 
ment*) geschieden wurde, die dienstälteren Hauptlente und Premier- 

der I.Januar 1874 erfolgten Aiiflri.suiifj dor Zeughaus-Haujitdiroktion der In- 
spektion der Artillerie und des Truins uomittelbar unterstellt waren, ebenso 
wi« die 1. Oktober 1876 in Mflnchen errichtete Oberfeuerwerkerachule und die 
Oewehrfabrik in Arnberg, der an die Stolle der Fufs-Artillerie-Brigade ge- 
tretenen „Inspektion der Fufsartilleric". Dieser Insj«ektu»n, zu welcher 
die 1, Oktober 187S bczw. 18. Januar ISS'2 l»ei der Inspektion der Artillerie und 
des Trains «jrr richteten Sektionen für Artillerie- und artilleristijscL-tecimihche 
bezw. Depot^Angelegenheiten flberiraten, sind, seit dwl. Oktober 1802 er- 
folgten Auflösung der. 1. April 1889 gebildeten Tnün-Inspektion und Unter- 
stellung der Train-Rataillone unter die General-Kommandos (Told-Artillerie- 
Brigaden), auch die Train-Depots in pcraoueller und technischer Beziehung 
unterstellt 

1) 1. Oktober 187S \rarde das I. Bataaion des 2. Fiils-Artillerie-Reghnenti 

von Germorsheim nach Metz, das II. Bataillon des genannten Regiments von 
Xeu-Ulm an den Regimentssitz (Gerinersheim) und dan I. Bafaillon des 1. Fufis- 
Artüierie-Regiments von Ingolstadt nach Neu-Ulm verlegt. — Nach den Schieüs- 
Qbungcn im Jahre 1886 kam der Begimentsstab des 2. Fuisartülerie-Begiments 
aosBchliefstich des etatsniAbif{6n Stabsofliziers — von Germersheün nach 
Metz, wo nun, aufser dem I.Bataillon auch das I.Oktober 1893 errichtete 
III. Bataillon des 2. Fnfsartillerio-Refjiments ganiisonirt. — Die Etat^st.'lrke einer 
FuisartiUerie-Kompagnie ist seit 1. Oktober 1803, eiuschlieislich von i Offizieren 
ond 1 Portepeefthnrich, auf 144 Hann festgesotat. 

*) 4. September 18^ wurde, an Stelle des Avancements der Offiziere durch 
die ganze Waffengattunp. das bi.s zum Jahre 1823 in KrafT gestandene Re- 
jrinients-Avanccinent lier Otli/iore wieder einj_fefnhrt iin<l liestiinirit, dal's iedes 
Kegiment, Jüger-Bataiilou, der üoneralstab, das lugeuieur-Korps, der Tram und 
das Zoog^ und Fsoerwerkspersonal sinon in sieh abgeschlossenen Avanoemsnts- 
kOrper bilden, fllr wichen die Vorrflckung innerhalb desselben cum Portepee- 

2fr 



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290 



imffVHk^V auf die E^twickeiuiig und AiabOdimg 



lidutenants stets bei der Feld- Artillerie, die ältesten Sekondlieuk-nants 
bei der Fufs-ArtllU ric eingeteilt \nirden. Abgesehen von den liier- 
wegeu nötigen unausgesetzten Versetzungen von Feld- zu Furs-Artillerie- 
Ile'^nmontem und umgekehrt, fehlten den FeUi-Artillene-Heguiientem 
in den Jahren 1873 bis 1H75, während welcher Zeit die im Traufe 
des Kiieges 18T(VT1 /u Offizieren beforderten jüngeren Sekond- 
lieutenants die Kriegsschule und dann auch noch die Artillerie- und 
Ingeniour -Schule zu besuchen hatten, naliezu suinmtliche Sekoud- 
lieutenants. Es kam sogar vor, dais einige Batterien, deren Premler- 
lieutenants smn Besiiolie der KriegB-Akademie oder der Gquitations- 
Anstalt kommandirt war, Über gar keinen dienrttliuenden Lieutenant 
veriligten. 

In der, seit 1. April 1872 f&r die Batterien und Kompagnien feBi^ 
gesetzten Friedensstärke an Mannschaften und Pferden traten, 
Tom 1. Januar 1873 an, folgende Änderungen ein: 

Feldbatterie, welche Benennung nun wieder statt FuJabatterie 

eingeführt wurde, einschlielslich der vier Offiziere, statt 100 nun 
100 Mann, darunter 1 Portepeefähnricb, statt 4 nun wieder 5 Offiziers^ 
pfcrde, indem för den Hauptmann wieder zwei OfiSzierBpferde ge- 
nehmigt wurden. 

Reitende Batterie, einschliefslich der vier Offiziere, statt 119 
nur mehr 07 Mann, statt (JO nur '>■* Dienst-Reitpferde. — Die reitenden 
Batterien, welche seit ihrer Errichtung (l^'iS) bezüglich ihres Mann- 
schafts- und Pferdestandes, gegenüber den anderen Feldbatterien, so 
sehr l)egünstigt gewesen waren, bedauerten schmerzlich die Ver- 
minderung ihrer Friedensstärke an Mannschaften und Dienst -Reit- 
pferden. — Die 1. Januar 1873 erfolgte Errichtung einer neuen 
(dritten) Batterie bei jeder der zwei reitenden Abteilungen, durch 
Abgabe je eines komidetten Zuges der bis dahin bei jeder reitenden 
Abteilnng nur Torhandenen zwei reitenden Batterien, hatte zur Folge, 
da(s bei jeder der sechs reitenden Batterien nahezu ein Drittteil des 
Pferdestandes neu angekaufte Pferde waren. Die 17. September 1873 
verfügte Herabsetzung des Zugpferd^Standes der reitenden Batterien 
von 42 auf 28 Pferde, mithin von sechs auf Tier OeschUtzbespannungen, 
ermöglichte, diejenigen der neun Monate vorher angekauften Pferde 
auszuscheiden, welche in Folge des gebotenen zu raschen Gebrauchs 



filhnrirh un<I zu den Offizierschargen bis zum Rtabsoffi/ior pinschlifMi'^h dio 
Kegel sem solL Seit dieser Zeit wird auch die Beförderung zum Portepee- 
fiümrich und die Eiiireihung der anberetatsm&lsigen Sekondlieotenanta der 
Artillerie und des lugenieiir-KoTps ni den Offineren ihrer Wsffe, nach be- 
stan lrner BerubprOfuiig, TOD Seiner imeetät dem Kdnige AllerhOohatwlbst 
verfügt. — 



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der k. bayeriaclieu Feld-Artillerie etc. 



291 



derselben im Dienste Schäden erlitten hatten. Für ner Go schütze 
genügte auch der Stand von 52 Dienst-Reitpferden und war es nun 
wieder möglich, die Pferde erat IV, Jahre nach ihrem Zugänge (in 
der Begel Oktoher) zum Exendreii in der Batterie m Terweiideiii). 

Fursartillerie-Kompagnie, einaehlielslich der vier Offiziere, 
statt 99 nun 125 Mann, damnter ein PortepeefiJinxich. 

Die seit 1839 sich eo sehr bew&hrt habende fieritten- 
machnng aller Artillerie-Offiziere mit von diesen selbst zu 
beschaffenden Reitpferden wurde aufrecht erhalten. — 

Für die Ausbildung der bayerischen Trappen im Felddienste und 
fär die gröfseren Truppenübungen wurde „3. Dezember 1872" die 
in Preufsen gültige Felddienst^Ordnung eingeführt, und 
daher auch bezüglich dieses p^anz besonders wichtigen Ausbildungs- 
z^f iLos die Übereinstimmung mit allen anderen deutscheu Militär- 
Kontingenten gewonnen. 

Durch die, 21). Miirz 187-^, mit der Wirksamkeit vom 
1. August 1873 angeordnete neue Uniformirung nnd Ad- 
justirung des bayerischen HeeroR wurde die unbedingt 
nötige Gleiciilieit in den Abzeichen, für die verschiedenen 
Grade der Offiziere, Unteroffiziere, Spicllcute und Mann- 
schaften der bayoriscben Armee, mit den in Preufsen und 
in den fibrigen deutschen Militär «Eontingenten vor- 
geschriebenen, hergestellt Gleichzeitig hiermit traten nach- 
stehende Anderui^n in der seitherigen Bekleidung etc. derbayeiisdien 
Artillerie ein. Die Offiziere erhielten, als Dienstseieben, die Schärpe. 
Das seitherige Dienstzachen der bayerischen Artillerie-Offiziere, die 
— nun Offiziers-Patrontasche genannte — Kartusche, vurde jedoch 
nicht abgelegt. Die Aufechlftge und Kragen der, wie seither, aus 
dunkelblauem Tuche^ mit nur einer Enopireihe zu fertigenden Waffen- 

^) Der i'leidestand der Feldbatterien wurde erst 1. Oktober 1875, kurz 
nachdem sttramtliche Batterien mit dem deutechen Feldartillerie-Material G/73 

ausgerüstet worden waren uml dalier nicht mehr für jedes Geschtltz einen 
Munitions wagen zum Fortscliaffen der Oes* liiltzbedienung bedurften, von 42 auf 
28 Zugpferde herabgesetzt. Zugleich wurde bestimmt, da£s die falircnden 
Artilleristen sammtlicher Batterien nieht mehr ans dea drei Jalirgängen der 
aktiTen Armee, atmdem m gleichen Teilen aus dem 2. und 3. Jahrganf^e zu 
wählen ßeien, mitliin alle Leute des jüngsten Jalu-ganges als Bedit nungskanonit ro 
auszubilden seien. — Am 17. Aiif:^ist 1880 wurde befohlen, dafs jede reitende 
Batterie, aufser 52 Dienst-Reit- und 28 Zugpferden, 4 Krümperpferde, jede Feld- 
batterie, auliier 12 Dien8t>Reitp und 28 Zo^erden, 3. ErOmperpferde zu halten 
habe. — 21. April 1889 wurde verfügt, dafs bei den Feldbatterien •— nun 
fahrende Batterien genannt — <lie Mannschaften, von ihrer Einstellnntf an, 
wieder getrennt für die Yerwendung als Kanonier bezw. fahrender ArüUeriät 
auszubilden seien. 



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292 



BttekUiek «nf dfe EDtwhskdujig und Aosbildtiiig 



riScke waren nun bei den Artillerie-Offisneren nicht molir, wie bei den 
Artillerie-Mannschaften vom Feldwebel (Waelitm. ister) abwärts, von 
sehwarzem Tuche, sondern von schwarzein Sainmet. Anfsrr don. in 
ihrer Form gegen früher wesentlich geänderten, mit der Hegiments- 
Nummer auf Feldern von hochrotem Tuche und den Gradaus:?eichnungen 
gezierten Epauletten, erhielten die Offiziere auch Felda^hselstücke 
mit Untcrfutter von hochrotem Tuche. Alle Unteroffiziere, Trompeter 
und Mannschaften der Artillerie verloren die bisher von ihnen ge- 
tragenen Epauletten und erhielten dafür auf den Waffenröcken 
Schulterklappen von hochrotem Tuche, mit der Begimenli-Naminer 
auf denaalbai, FeldarHllerie in arabiadieri Fiükartilleiriei) in römischer 

17. Dezonilier 1874 w urde verftlgt, dafs die Offiziere der Fufsartillerie 
die OfTRziers-Patrontasi he abzulegen, ferner die Felder in den Epauletten und 
das Unterfutter an den FeldachselätUcken von woiiisem statt hochrotem Tuche, 
mit goldener R^^ente-Nummer in arabischer Ziffer «nf denselben» tu tragen 
hftttcn. Gleidizeitig erhielten die Muimächafton der Fü&artillorie vom Feld- 
webel abwSrts auf den Waffenn'K-ken Schulterklappen von weifsom statt boch- 
rotem Tuche und mit der Regimpiits-Nnmincr in arahisclier Ziffer von hoch- 
roter Schnur. Die zwei Finger breiten roten Streifen auf den dunkelblauen 
Tachbetnkleideni trugen die Offinero der Fu&artOlerie bis IS. Oktober 1888. — 
Aufserdem traten »elt 1873 in der Bekleidung und Ausrastnng der 
bayerischen Artillerie folgende Änderungen ein. Bei der Feld- 
artillerie wurden 1881 Rftmmtliche Chargen und berittenen Mann- 
schaft on, welche 1877 gezogene Pistolen M/69 (System Werder) statt glatten 
Pistolen erhalten liatten, eineehliefslieh der fahrenden Artilleristen, 
welche erst 1877 mit einer Handfeuerwaffe (glatten Pistole) ausgerüstet worden 
waren, mit dem Revolver bewaffnet. IniMür2l886 wurde allen Offizieren, 
Ärzten and Beamten das Tragen von Cbcrrücken, welche 1848 mit 
Etofthning des Waffenrockes in der bayerischen Armee abgeeehaift wofden warea, 
wieder gestattet S.September 1886 wurde der Raupenhelm in der 
ganzen Armee durch die Pi ckelliauhe. hei der Feldartillerie mit rotem 
Busch, ersetzt. 2. Juli 1892 erhielt die i^esainmte Feldartiliene die seit 1873 
nur von der reitenden Artillerie getragenen schwedischen (runden) Aufschl≥ 
zugleich wurde ftr die Bedienungemannschaften der Ehrenden Batterien ein 
leichteres Seitengewehr mit Leibriem enschlo&, ftr alle berittenen Mannschaften 
der Feldartillerie das für die Kavallerie vorfreschriebcne Bandolier und die 
Säbelkuppel der schweren Heiter eingeführt. Seit 6. .Juni 1803 sind auch 
die Bedienungsmannschaften der fahrenden Batterien mit dem 
Revolver bewaffnet. Die Fafsartillerie, welche 17. April mit dem 
aptirten Gewehr M/G9 und dem zugehörigen Yatagan unter Ahh ^run-^f des 
Artillerie-FasehinAnmcs-sers bewaffnet wurde, erhielt 16. Januar 1888 <lie Aus- 
rüstungsstücke M/87 der Infanterie, nämÜch den Tornister, die Patronentaschen 
(die vorderen wie die Unteroffiziere der In&aterie), den Leibriemen mit Schleis, 
das Kochgeschirr und den Brotbeutel mit an diesem getragener Feldflasche, 
das Lederaeug blieb jedoch weiHs. 23. Juli 1889 wurde bei der Fufsartillerie 
das Signalhorn der Infunterie als Signalinstrument anstatt der Signaltrompete 
eingeführt, und 10. April 1891 dio Bewaffnung der Fulsartillerie mit dem 



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der k. bayerischen Feld- Artillerie eto. 



293 



Zaßot von gelber Schnur. Die WaffenrockknÖpfe, anf welchen sich 
seither, in wenig hervortretender Weise^ die Begiments-Niimmer über 
zwei gekreuzten BUmonenrohren hefimden hatte, wurden durch glatte^ 
Ton gelbem, bei den Offizieren vergoldetem Metall gefertigte Knöpfe 
ersetzt. Die Trompeter erhielten die f&r die SpieUeate aller ttbiigen 
deutschen Hilitftr-Kontingente Torgeschriehenen Sehwalbenneeter und 
fielen dagegen die von denselben seither auf den Bücken-N&hten der 
Waffcnröcko getragenen Flügel weg. Endlich wurden fUr sümmtiiche 
Artillerie-Offiziere, dann auch fiir die Unteroffiziere, Trompeter und 
alle berittenen Mannschaften der Feldartillerie, an Stelle der l)i8 über 
die Kniee aus Leder gefertigten Reithosen, die sich im Kriege 1870/71, 
namentlich in den Biwaks nicht bewährt hatten, Rcitbeinkleider von 
dunkelblauem Tuche und Reitstiefel mit Anschnaüsporeii eingeführt. 

23. Mai 1S74 trat das Geichs -Militär -Gesetz vom 2. Mai 1874 
in Bayern in Kraft. 

8. August 1874 wurden die in Preufsen und in den übrigen 
deutschen Militär- Kontingenten für die Artillerie be- 
stehenden Exerzir-Vorschriften auch in Bayern eingeführt. 
Die Vofsdnift flir die Ausbfldung zu Fufs (ohne Geschüts) erinnerte 
an die bis 1849 in Bayern fflr die Infanterie, und mÜhin auch fiir 
die Ausbildung der Artillerie m Fuib bestandene Vorschrift. Die 
neue Vorschrift fUr die Ausbildung am unbespannten GeschQtz konnte 
nur mit Freude begrlilst werden, weil sie der seither hieiiiir in Bayern 
bestehenden Vorschrift &8t durchaus entschieden Toiznziehen war. 
Weniger war dieses bezüglich der nun für die Fahrausbildung gültigen 
Vorschrift der Fall. GlückUcherweise wurde diese Vorsduift schon 
im näclisten Jahre (1875) auch in Bayern durch eine andere, in- 
zwischen IST 4 und 1875 in Preufson geprüfte Fahrinstruktion, bei der 
die „scharfe Wendung" weggefallen war, ersetzt. Gemäfs dieser sind 
nun alle Wendungen - bei genügendem Raum — derart zu fahren, 
dafs das innere Protzrad einen Bofren von acht Schritt Halbmesser 
beschreibt, wobei sämratliche sechs Pferde im Zugo zu bleiben haben. 
— Am meisten wurde der \'crlu8t der 18G8 in Bayern für das 
Fxer/iren in der bespannten Batterie etc. erlassenen Vorsclirift be- 
dauert, denn die neu eingeführte Vorschrift für das Kxerzirou in der 
bespannten Batterie und Abteilung hatte entschieden viel mehr Ver- 
wandtschaft mit der Tor 1868 in Bayern hierfür bestandenen Vor- 
schrift^ als mit der von 186S bis 1874 in Bayern gültigen — 

Karabiner 88 vprfd^t. — Fflr rUs Zeug- und Feuerwerkspersonal 
wurde 1882 eine eigeae Unitormirung eingeführt 

5. Janiiar 1878 wurde das dnrch AUerhfichite Kabineteordre todi 
28. August 1877 fta 'FmiSmi genehmigte „ExenEir-Reglemeot Ihr die Feld- 



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294 



BfickbUck auf die Entwkkdung und Aiuibfldmig 



Im Sommer 1874 war bereHs bei jedem der vier FeUartOlerie- 
Regimenter eine Feld- (&hrende) Batterie mit vier schweren Feld- 
geediütaen, bei jedem der beiden Eorps-Artillerie-Regimenter außer- 
dem eine reitende Batterie mit vier lachten Feldgeschützen dec 
deutschen Feld- Artillerie-Materials C/73 ausgerüstet. Nicht nur diese 
4 fahrenden und 2 reitenden "Rntterien, deren Chefs diejenigen Haupt- 
leute waren, wclch'^ den Lehrkurb der k. preufsischcn Artillerie-Scliicfs- 
schule besucht hatten, sondern aucli die noch mit dem seitherigen 
Feldartillerie-Material bewaffneten 21 fahrenden und 4 reitenden Batte- 
rien, nahmen schon 1874 ihre Scliicfsübuugcn auf dem Lechfelde 
nach den in Preufsen hierfür mafsgebenden Bcstimmungön, 
also unter Zugrundelegung der preufsischen Schiefsregcln 
gegen die in Preufsen vorgeschriebenen Ziele vor. — Nach 
den Schie&ftbongen hatten die Batterien an den gröiberen Truppen- 
übungen Teil zu nehmen. Herbei machte eich das grdfaere Gewidit 
der neaen leichten nnd schweren Feldgeschütse nur beim Harsche 
anlseihalh der Stra&e — namendich fiber Stoppelfelder ^ in je- 
dodi nicht bedenklicher Weise ungünstig Itthlbar. Im Übrigen wurde 
nur die Ifingere Deichsel des neuen Materials, welche die des seit- 
herige Materials um etwa einen Fuls — gut 30 cm — übertraf, 
und namentlich der Umstand, dais bei dem neuen Material die Deichsel 
nicht so vollkommen wie bei dem seitherigen Material balancirt war — 
also stärker nach abwärts drückte — als Nachteile erkannt, die jedoch 
gegenüber den groiaen Vorteilen, die das neue Material brachte, 
weit zurücktraten: 

aftüleri«** in Bayern eingefldurt NamentÜch der IV. Teil dieses Beglemesls 
,,dss Osiecht der Feldartillerie'*, insbMondflre «bor dSB untonn K.MiR 1880 

Allerhöchsten Orts f[lr Prcufson nehmiffto und 25, April 1889 auch in Bayern 
eingeführte „Exer/.ir-Regleincnt Ifir die FeUlHrtinorie'*, welches in allen Be- 
ziehungen Vereinfachungen gegen das vom 23. August 1877 bezw. 5. Januar 
1878 anfwies, aber noch auf die Anwendnng von Schwanpulvw, sowie die Ver- 
wendung der Granate als Hauptgeschofs berechnet war, und wohl zumeist des- 
halb schon drei Jahre spflter das Erscheinen des „Excrzir-Rpglementf! für die 
Feldartillerie von 1892^' nötig machte, wurden ebenso frcudif^ wie dankl»ar h*'- 
grüDst. — Nur die so wichtige Ausbildung im Fahren cischeiat in dem nun 
gOltigen Exerdr-Reglement fUr die FeldartUIerie etwas za sjArlioh bedaehi 
Der Wunsch, es mörVite — ebenso wie für die Kavallerie, neben dem Exerzii^ 
Reglement, eine Reitinstniktion bestellt — för die Peldartillerie , neben d»»m 
Excrzir-Keglement eine Fahrinstruktion oder, vielleicht noch bosser, eine Keit- 
nnd Fahr-Inatruktion, welche die Reife- imd FaJir-Ambildtmg der Feld«rtül«fie 
regelt, ttcliaa«n wardöi, U«gt nahe imd dflifte deshalb meti jeder Bereohtiguiig 
entbehren. ■ 



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der k. bayerbdieit FeU-ArtOlerie eCe. 



295 



Bis mm Sommer 1875 wftren gimmtliohe 84 BattenAn*) — 28 
ffthrandd «ad 6 leHende — mit den Geachttteen etc. des deutschen 
FddartiUerie-Materials G/73 bdwaffiiet und besOgUch der seitherigen 

1. April 1881 : 38 Batterien — 32 falirende und G reitende — , in Folge 
der Vermehrung der Zahl der fahrenden Batterien bei jedem der beiden Korps- 

Artillerie-Regimenter (Nr. 2 und 3) von seclis auf acht. 

1. April 1887: 40 Batterion - 34 fahrcMde und 6 roitonile — , in Folge der 
Vormohning rlcr Zahl der fahrenden Batterion bei jfdem der Regimenter Nr. 1 
und 4 von acht auf neun, be^w. von ^woi Abteilungen zu je vier falireuden 
Batterien tn drei Ahtejluogeo nt je drei fahrenden Batterieia. 

1. Oktober 1890: 48 Batterien — 42 fahrende und 0 reitende — , in Folge 
Errichtung eines neuen (5.) Feldartillerie-Ke|jfiment.'i , iu der Stärke von zwei 
Abteilungen zu je drei fahrenden Batterien, am bitze der neu errichteten 5. Di- 
vision in Landau in der Pfalz, und der Vermehrung der fahrenden Batten«! 
bei den Regimentern Xr. 8 und 8 von acht auf nenn, besw. tob swei Ab- 
teilungen zu je vier fahrenden Batterien in drei Abteilungen zu je drei fahrenden 
Batterien. Gleichzeitig wurden aus den seither in zwei Abteilungen 
zu je drei Batterien gegliederten 6 reitenden Batterien, drei 
reitende Abteilungen zu je zwei Batterien gebildet, ao dab nun, 
aufaer den Regimentern Nr. 2 und 3 auch das 1. FeldartiUerie-Beginent Aber 
eine reitende Ahteiltuifr zu zwei Batterien verfTlpte. 

1. (»Ictoher 1S93; 54 Batterien — 48tahrende und 6 reitende — , in Folge Neu- 
einrichtung einer IV. Abteilung zu drei fahrenden Batterien bei den Kcgimentern 
Nr. 8 und 3. 

Seit dieser Zeit — 1. Oktober 1808 — ist die bayerische Feld- 
artillerie wie folgt formirt: 

1. Feldartilleric-Brigade (Mfinchen). 

1. P'eldartillerie - Regiment (Prinz - Rcfrcnt T.nitpoldl: 3 Ab- 
teilungen zu 3 fahrenden Batterien und eine Abteilung zu 2 reitenden Batterien. 
(Garnison München, II. Abteilung Freising.) 

3. Feldartilierie-Begiment (Königin Mutter): 4 Abteilungen zu 
3 bhreoden Batterien. (Oarnisim Mfinchen.) 

2. Feidartillerie-Brigade (Wflnbuig). 

2. Feldartillerie-Regiment (Horn): 3 Abteilungen zu 3 falirenden 
Batterien und eine Abteilung zu 2 reitenden Batterien. (Garnison WOrzburg, 
IlL Abteilung Nürnberg.) 

4. Feldartillerie-Refiriment (Kdnig): 4 Abteilungen m 3 fahrenden 
Batterien. (Garnison Augsburg, HI. und IV. Abteilung Fi'irtli.) 

6, Feldartillerie- Regiment: 2 Abteilungen zu 3 fahrenden Batterien 
und eine Abteilung zu 2 reitenden liatterien. (Garnison Landau iu der Pfabs.) 

Die Batterien der reitenden Abteilung des 5. Feldartillerie-Regiments haben 
den hohen Etat, die Batterien von 6 fohrenden Abteilungen die II. Ab- 
teilungen der Regimenter Nr. 1 bis 4 und beide Abteilungen des Regiments 
Nr. 5 — besitzen den mittleren £tat, die Batterien aller Übrigen Abteilungen 
den niederen Etat. 

Die Etatss^Imi dw Ikitterien, einschließlich eines Lazare1|^ha]lM« aber 
ttusschliefslick der Okonondehandwerker, sind seit 1. Oktober 1^3: 

Fahrende Batterien mit niederem Etat, einscbliebUch von vier 



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296 



Bückblick auf die Eotwickelung uod Ausbildung 



Besehirning der Zug})fer(le diejenigen Änderungen bethatigt, welche 
die Bespannung des neuen Materials erforderte*). 

Damit war nun die bayerische Feldartülerie, bezüglich ihm 
CtoeohUts- und übrigen ArtiUerie-MateriaLi, dann der Exemr^ und 
aller Bonstigen Vorschriften, sowie hinsichtlic]i der Betfaätigung aller 
Übungen, insbesondere andi euischlielslich der fUr die Fortbildung 

Offizieren >iml 1 PortepeefUhnrich, 103 Mann, (luruntor 22 fahrende Artilleristen, 
dann 5 Ofiiziors-, 12 Dicast>ileit- und 28 Zugpferde (nur 4 OeschUtzbespaunungen). 

Fahrende Batterie mit mittlerem Etat, einschlie&lidi von Tier 
Offizieren und 1 Portejifrf-nmrich, 123 Mann, daniiiter 30 fahrende Artflleristen, 
dann 5 Orfizicrs-, I4 niciist-Reif- und 42 Zugpferde (6 GeschOtzbespannusgen). 

Reitende Batterie mit niederem Etat, einschliefslich von vier 
Offizieren, 95 Mann, darunter 14 faiu ende Artilleristen, dann 9 Offiziers-, 48 Dieast* 
Reit- und 28 Zugpferde (nur 4 OeBchfltEbeepanniingen). 

Reitende Batterie mit hohem Etat, einschÜefslich von vier Offi- 
zieren, 124 Mann, darunter 28 fahrende Artilleristen, dann 9 Offiziers-, 64 Dienst- 
Rcit- und 56 Zugpferde (Bespannung für 6 Geschütze und 2 Munitionswagen). 

^) Von einem Bflckblicke auf die mancherlei Änderungen, welehe seit der 
Annahme des deotachen Feldartillerie-Materiala C/73 m der Paeknng und Be- 
Bchirrung der Zugpferde der bayerischen Feldartillerie eingetreten sind, kann 
um so mehr Umgang genommen werden, weil 28. Januar 1891 eine voll- 
ständig neue Beschirrung der bayerischen Foldartillorie nach dem 
in Prenfeen 1890 eingefflhrten Master genehmigt worden ist — > Die 
Erwfthnung derjenigen Änderungen, Dbcr deren Notwendigkeit die Meinungen 
geteilt waren, ist vielleicht nicht oline Interesse. Die An.sicht Derjenigeai 
welche — gestützt auf die Erfaiuningen in den Feidzügen 1866 und 1870 71 — 
die Feldflasche und insbesondere den an dieser befestigten blechernen Trink- 
becher für jeden Berittenen ebenso nOtig erachteten, wie itlr jeden Nicht- 
berittenen, unterlag dein auf möglichste Erleichterung der Ausrüstung des 
Reiters bedaclitcn Wunsche. 2. Aucrust 1882 wurde verfiifTt., dafs alle berittenen 
Mannschaften die Feldflasche, sowie den an dieser Ijefestigten Trinkbecher ab- 
ziUegeu und den Brolbeutel nicitt mehr über die Schulter gehängt, sondern im 
Futterssdce verpackt mitsoillhren haben. Ein noch stärkeres Widerstreben 
machte sich gegen die Einfahrung von Sfttteb ftlr die Uandfrfbrde der Be- 
spannunj^en polt^nd. Wenn ?ich nun aneh in den Kriegen 1866 und 1870/71 
aus dem Fehlen eines Sattels aul' den Handpferden der Bespannungen der Vor- 
teil ergeben hat^ da& vom Sattel angegriffene Zugpferde, durch Verwendong 
als Haadpforde, vor den ersten Folgen eines Sattoldruckes bewahrt werden 
konnten, so war doch hiermit für das Sattel-Zogpfiird eine gegenüber dem 
Handpferde entschieden zn profso Belastung verbunden, indem das Sattel-Zug- 
pferd nicht nur den falirenden Artilleristen, sondern auch dessen Gepäck zu 
tragen hatte. — 6. Januar 1806 wurde genehmigt, dab bei der bayerischen 
Feldartillerie die Anspannung der Vorderpferde unmittelbar an der Vorder^ 
bracke angenommen wird, und bei den Vorder- und Mitf(>lpferden das Hinter- 
zeug, bei den Stangenpferden der Rückriemon in Wegfall kommen. Vorder- 
Uad Mittelpferde werden aläo in Zukunft in der bayerisciieu Feldartiilori«:' 
wieder ebenso ^gespannt wie dieses bis an der, vor 90 Jahren — 17. Februar 
1865 — vorfügten Trannnng der Zugstriage der Vorderpferde in awei Ttile 
geschehen ist, 



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der k. baj^eiischea Feld-ArtUlerie ei«. 



297 



der Feldartillcrie-Offiziere in Preufsen und in den anderen deutschen 
Militiu- Kontingenten vorgeschriebenen taktischen Übungen auf der 
Karte (Kriegsspiel) und im (reUuidc (Rekognoszirungsritte) etc., von 
den anderen deutschen Feldartillerien nicht mehr vorscliieden. — 
Seit dieser Zeit ist auch die Entwickelung der bayerischen 
Artillerie — Feld- wie Fufs- Artillerie — mit jener »Her 
anderen dentscben Artillerien in vollster Übereinstimmung 
fortgeschritten. — 

Die Erwähnung der, smr Zeit — 1895 — in der bayerischen 
FeldartiUerie, gegenüber den übrigen deutschen Feldartillerien be> 
stehenden wenigen Versebiedenheiten dem Schlüsse dieser Arbeit Tor- 
behaltend, bleibt hier nur noch anzuführen, dafs in den Jahren 1874 
imd 1B75 der Hauptmann nach 13 bis Hjfthriger, der Stabsoffizier 
nach 22 bis 23jähriger, der Regiments -Kommandeur nach 28 bis 
29jähriger Dienstzeit als Offizier erreicht wurde. — 

B. Ausbildung im Schiefson. 

Vom .lahre 11^72 ab vonrclen alle St-hicfsübungcn der bayerischen 
Artiliern nur mehr auf dem Lechfelde vorgenommen, wohin nun anch 
die l^atienen des 2. Regiments, gleich jenen der dem Schieföplatze 
näher gelegenen Regimenter, ausschlit'fslioh auf der Strafse marschirton, 
nicht mehr — wie bis 1870 — die Hälfte der Entfernung nut der 
Eisenbahn zurücklegten. 

Die Dauer der Schiefsübunji,uJi dar iictttcrien eines jeden Regiments 
betrug nun mindestens 15 Tage, während welcher Zeit alle Offiziere 
nnd Mannschaften in den för die französischen Kriegsgefangenen auf 
dem Lechfelde erbanten Baraidcen untergebracht wurden, die Pferde 
aber, da Stallbaracken erst 1873 genehmigt wurden, im Freien 
biwakiren mulsten. Obwohl die Schielsflbungen in die günstigste 
Jahreszeit — Juni bis August — fielen, erwies sich das nun bis 
ober zwei Wochen gesteigerte Biwakiren der Pferde für diese sehr 
nachteilig. — 

Wesentliche Änderungen in der Ausbildung der Richtkanoniere 
und in der Bethätigung der Schiefsübungen traten 1872 und 1873, in* 
welchen Jahren die reitenden Batterien mit sechs Geschützen, alle 
fahrenden Batterien nur mit vier Geschützen schössen, nicht ein. 
Jedoch wurde nun, aufscr nach 20 Fufs ((»\A, Meter) breiten und 
6 Fufs (1,8 Meter) hohen Rretterwündcii, auch nach Batterien, welche 
durch Zielgeschütze dargestellt waren, geschossen. Die im Kriege 1870/71 
gewonnene Erfahrung, dafs das vor diesem Kriege üblich gewordene 
Beginnen des Schiefsens mit geschützweise f^cstatTelten Aufsätzen, ja 
selbst das mit zugweise gestaö'elteu Aufsätzen, namentlich wenn gegen 



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298 



BAckbUck auf die EntwickeluDg und Ausbildung 



schmale Ziele beobachtet werden müsse, die zum Eiiischiofsen nötige 
Zeit uiclit abkürze, trat nun auch bei den Schiefsübimgen mehr zu 
Tage. Aufserdem \Yurdc, in lolge der nach dem Kriege 1870/71 zur 
Einfiihnmg gelangten Aufsätze, welche nicht nur mit den der Ent- 
fernniig in Metern entsprechenden Zahlen nnd Strichen bezeichnet 
waren, sondern auch die Seit^Tenchiebung, die joder Entfennmg 
entsprach) leicht entnehmen Uelsen, die Beachtung der Schafstafel 
wahrend dem Sohielaen ganz entbehrlich* Die wohlthfttige Folge 
davon war, dab die Änderung der dem GeschtttEe erteilten Bächtong 
nun sehr rasch betbätigt weiden konnte. Hierdurch trat aber auch 
der Vorteil, welcher bei sicheren Beobachtungen durch das Einaduefsen 
mit gestaffelten Aufsätzen erreicht werden konnte, so sehr sorück, 
dafs das Tüchten mit gestaffelten AoMtzen immer seltener wurde 
und 1873 ganz verschwand. 

Die Schiefsübungen gegen Ziolbatterien gewährten den nicht tu 
initerschät'/'fnidcn Nutzen, dafs nun endlich aucli die so wichtige 
b'cuerverteilung geübt werden konnte Sobald die Meter-Gabel 
nach dem vom Batteriechef bezeichneten — in der Regel, dem am 
besten sichtbaren — Zielgeschütze eraaittelt worden war, wurde das 
Feuer in der Weise verteilt, dafs die beiden Geschütze eines jeden 
Zuges ihr Feuer gegen eines der seither nicht bekämpften Zielgeschütze 
der ihnen gegenüber befindlichen Hälfte — bei den mit sechs Ge- 
schützen schielsenden reitendok Batterien „Drittteik*' — der Sei- 
batterie, und zwar zuerst gegen das am besten siditbaie dleeer Ziel- 
geschtttze yereinigten. >y Hierbei ergab sich dann auch die riel- 
umstriltene Frage: »Ob es vorteilhaft sei, den Zugführern, auliwr den 
Seiten-Korrdctoren, auch Hdhenkoirektnren ihrer Gesehütse, jedoch 
in heschrünkter Grenze — 25 Meter — zu gestatten?" 

Das Schie&en geg^n sich bewegende Ziele wurde nun von allen 
Batterien geübt. Das Ziel, eine auf Rollrftder gestellte Bretterwand 
von B'/g Meter Breite und 1,8 Meter Höhe, war mit einem sehr langen 
Seile verbanden, an dessen freies Ende sechs, acht und selbst mehr 
Zugpferde so gespannt wurden, dafs sich die Pferde und ihre Reiter 
aufserhalb der Schufsrichtung befanden. Häufig kam die lan'/snrne 
Bewegung dieses Zieles zum unorwün^chten Stehen, weil das »Seil ab- 
geschossen — wahrscheinliclier ^abgerissen"^ — war. Das Ermitteln 
der Entfernung eines Punktes im Gelände, welchen das Ziel voraus- 
sichtlichtlich überschreiten werde, erwies sich nicht nur deshalb, weil 
ein solcher Punkt meistens nicht erkennbar oder nicht genügend 
sicher zu bezeichnen war, sondern auch, wegen der schon erwähnten 
langsamen und aufserdem auf eine kurze Strecke — etwa 300 Meter — 
begrenzten Bewegung des Sdes, oitechieden weaigsr empfthlenswert) 



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der k. bi^eriadMu Edd-AitOlerie eto. 



299 



als die Ermittelung einer Gabel wie jzcgcn festetehende Ziele, jedoch 
mit weiterer Grenze — mindestens lUU Meter — . Mit der kürzeren 
Gabeientfemung wurde dann so lange geschossen, bis zwei Weitschüsse 
unmittelbar hintereinander beobachtet worden waren, und nun um 
100 Meter in der Entfernung zurückgegangen. Dals Schieisen gegen 
zuriickgehendo Ziele >vurde nicht geübt. ~ 

Zu den seit 1870 eingcfiihrteu Konkurreuz-Sciiieisen der Batterien 
eines jeden Regiments unter sich, traten nun auch Konkurreuz Eut- 
femnngsmeBBen. Das 1874 erfolgte AdseigebrauchsetKen des 25. April 
1868 in der bayerisciien FeldartlUerie eing^iOiiten EntfiMmungsmefih 
TerCskhrens wurde nicht betrauert, denn durch dasselbe war die flir 
das Einschiefeen nfitige Zeit nur sehr selten abgeküist, auch das Ein- 
schiefeen selbst nickt erleichteit worden. Wahrheitsgemäls mnfe 
jedoch auch beigefiigt werden, dafe an den im Gänsen nicht be- 
fiiedigaiden Ergebnissen des In Rede stehenden Entfemungsmefe' 
Terfahrens das zu Starke Bestreben nach Kurzschüssen beim Beginn 
dos Schiefsens einige Schuld trägt. Die 10 Prozent Fehler >), weldie 
selbst bei der Bethätigong der Kntfemungsmesstmg durch heryor^ 
ragend hierflir geeignete, sowie fleifsigst und umsichtigst geschulte 
drei Mauu vorkamen, würden dem Kredit des Entfernuiigsmefsverfahrcns 
wahrsclieinlich weniger geschadet Imben, wenn nicht — aus Scheu 
vor Weitschüssen — immer mit einer geringeren, als der ermessenen 
Entferniuig das Einschiefseii begonnen worden wäre, sondern gruud- 
sjlt'/.lich mit der ermessenen Entfernung. Denn in allen denjenigen 
Fällen, in w«4( hen die ermessene Entfernung geringer als die wirk- 
liche Entfernung des Zieles war, wurde durch den Beginn des Schiefsens 
mit einer kleineren als der ermessenen Entfernung das Einschielsen 
TCrzögert. 

^) Wenn «aer der beiden die Messung bethatigenden Männer (Unter- 

ofBzipro oder Trompeter), von welohon jedpr die Aufgabe hatte, mittelst des in 
seinen Händen befindli« hca Winkelprisma, den Platz für daö Einstecken seines l'ikcts 
SU suchen, nicht ganz genau die nftmlicbe Kante des Gegonstsades (Zieles) an- 
yiarte, dessen Entfoninng ennittelt werden sollte, od«r seia PiluA niidit ebenso 
richtig — senkrecht — in den Boden steckte, wie der zwischen ihnen befindliche 
dritte Mann sein Piket vor Beginn der Messnnpf einstecken mufste, so er^ab 
die Messung gröbere Fehler als lU Prozent. Ebenso wurde diese Fehlerquote 
flbenduritten, wenn beim Abschreiten des Abstandes, welchen die beiden Eck- 
Pikete von einander hatten, die zwei Mann, welche dieselben eingerichtet und 
eingesteckt hatten, nicht auf vüllifi gerader Linie un<l mit vollkommen richtigem 
Schrittmals {^e^en einander niai"schirten. Dieses war aber, wenn die Gelände- 
Strecke zwischen den beiden Kck-Piketen uneben oder wollig war, nicht leicht 
mit der Oenauigkeit su errächen, dab die Summe der Schritte!, welebe die 
beiden ^regeneinander marschirenden Männer bis zu ihrem Zusammentreffen 
zurikkgelofft hatten, nach ihrer Multiplizirung mit der Zahl „90^, von der wirk* 

liehen iilntiemung des Zieles nicht über 10 Prozent abwich. 



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300 Rflckblkk anf die Entwickelmig und AuBbQdtuig etc. 

Der Wunsch, nicht nur nach kriegsmäfsigcn ArtiUerie-, sondern 
auch nach kriep^sinärsigcn Infanterie- etc. Zielen Schiefsübungen vor- 
nehmen zu können, wurde immer lebhafter und dringender, auch an 
hierauf bezüglichen Vorschlägen mangelte es nicht. — 

Der Kommandirung bayerischer Feldartillerie-Offiziere — Haupt- 
leute — in den Februar bis Juli 1874 stattgcliabten Lehrkurs der 
k. prcufsischen Artillerie-Schiofsschulc und der Annahme der in dieser 
Sehlde ermittelten Schicfsrcgeln, sowie aller in Preufücn für die Vor- 
nahme der Schiefsübuiigun der Feldartülerie beetebenden Bestimmungen 
filr di« l»ay€irifieli0 FekbrtUIene, ist sm daokcu, da& seit 1874 die 
Schielsabungea dor bayeriachea Fddartfllerie von jenen der anderai 
deutschen FeldartiUerien in keiner Weise mehr verschieden sind, da- 
her anoh gnmds&tstich mit seehs Geschützen starken Batterien be- 
thatigt werden. Seitdem kann die bayerisehe FeldartiQerie, welche 
bis 1874 nach besten Kräften und nicht ohne Erfolg anch im Schielsen 
nach dem Besten strebte, an dem reichen Schatze der Erfahrungen, 
Verberaerungen etc., welche in allen deutschen Feldartillerien, be- 
Bonden aber an der k. preufsiächen FeldartiUerie-SchieiWchnle ge- 
macht werden, vollen Anteil nehmen. 

Damit ist aber auch die Aufgabe beendet, welche sich der Ver- 
fasser dieses Rückblickes auf die Entwickelung der k. bayerischen 
Feldartülerie gestellt hat. — 

Es erübrigt nur noch, die wenigen Verschiedenheiten zu er- 
wähnen, welche zur Zeit — 1895 — zwischen der k. bayerischen und 
k. preuisischen Feldartillerie bestehen: 

1. Berittenmachung aller Offiziere der Feldartillerie, also auch 
jener der fahrenden Batterien mit eigenen Reitpferden, statt mit 
Dienst-Reitpferden. 

2. Helm mit Spitze, nicht mit Knopf. 

3. Aufrechterhaltung des Besuches der ArtiUerie- und Ingenieur- 
Schule, nicht nur von Seite dw Folbartilterie-, sondern auch der 
Feldartillerie-Offiziere. — Die bayerische Feldartillerie, in welcher die 
Erinnerung an die Zeit vor der Erriditnng einer Anstalt Hir die 
speziellen Studien des ArtiUeristen (1851) und an die Mittel, dureh 
welche der Mangel einer solchen Aitttalt ersetzt werden soUte, noch 
fortlebt, ist dem hochverehrten Prinzen — Bayem's Regent seit 1886 — , 
während dessen Kommandoföhrung über die bayeiisefae Artillerie 
(1848 bis 1856) die Artillerie- und Ingenieur -Schule in Bayern ins 
Leben trat, für die Furtgewiihrung dieser sicheroEi Grundlage fttr 
ferneres Stadium ihrer Offiziere zu tie&tem Danke rerpffichtet 



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XXI 



Festungsmaüöver. 

Von 

U. Frobenius, Oberstlieutenaiit a. D. 
(SchluCs.) 



4. Die Artiii eriestellungeiL 

Emen BHck verlohiit es wohl, anch auf die Verwendimg bessw. 
Anfatellimg der Belagernngageeohfitze beim Angreifer 2a n ofen. Ee 
standen ihm 32 lange, 16 kurze 15,5 cm, 32 12 cm Kanonen und 16 
22 cm MSraer, snsanunen 96 eoliwen OeediütKe neben 72 Feldgeecbützen 
zur Verfögung; an Personal 9 Fuisbatteiien, Ton denen eine für den 
Depot- und Eisenbahndienst, 2 für den Idcbten BelagemngsgescbtltB- 
park (24 Geschütze), 6 für den Rest von 72 schweren Geschützen 
verwendet wurden. Es hatte mithin jede Fufsbattorie 3 Batterien zu 
4 Geschützen zu bedienen. Genau so, wie der Angreifer bei Eta- 
blinmg der Zemirungsstellung nicht unter Zugrundelegung des not- 
wendigen Zusammenhanges seines Abschnittes mit der Gesammt- 
Zemirungslinie die Trace gezogen und seinen Absichten die Vorteile 
des (ieländes nutzbar zu machen gesucht hatte, sondern durch die 
Geländcgestaltuug sich die I^age und Einrichtung seiner Stellung 
genau vorsclireiben liefs — ebenso suchte er für die Aufstellung seiner 
Batterien nicht etwa im Gelände diejeiiigeji Punkte, von denen er 
seine Zwecke am besten erreichen konnte, sondern diejenigen, welche 
die Batterien in hodister Lage nnd am besten maskiit zu erbauen 
gestatteten; wie dort das Bestreben ailein auf eine mSf^ichst un- 
einnehmbare Stellung, ist es hier auf das Verbergen, das dem feind- 
liehen Feuer Entziehen in erster linie abgesehen. Die Entfernung 
von den Zielen, die Lage zu denselben spielten kaum eine Bolle, wenn 
nur die Batterien dem Angriffsobjekt — und dies war lediglich Fort 
Vaigours ohne alle Berücksichtigung des Kachbarforts und des 
Zwischengelttndes — möglichst gegenüber lagen. So drängte man 
denn die gesammten 15,5 Kanonen, die 32 langen auf dem Plateau 
von Villevaude, die 16 kurzen am nördlichen Abhang desselben, auf 
eine Frontlänge von 1700 m zusammen, d. h. pro Batterie eine Länge 
von 140 m; Entfernung vom Fort 3200—3000 m. Daia diese Stellung 
von ChoUes und Montfermeil aus, deren Geschütze man ganz un- 



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302 



FcitaDgHiiMilWsr. 



berücksichtigt liefs, cutilirt wurde, ixlaulne man \vr>\i\ mit Rücksicht 
auf die grofse Entfcinnnt; fö bis 5,5 iiiluiiiclci) ubersehen zu dürfen, 
obgleich man keinen Auotajid luiiiui, auf glüiflie Entfernung (5500 ui) 
vou N'aujours die sämmtlichou 12 cm Kanonen auikubaucD. Diese 
wichtigen Geschütze sollen zuerst 2 Kilometer vorwärts , etwa bei 
Hoifondd ferme, gestanden haben. Dort waren sie aber m exponiit 
und man zog sie in eim Stellnng zurück, wo sie gegen AusfiOle und 
— Gescbützfeuer aebr gut gedeckt waren, wenngleich sie jegliche 
Aussicht, gegen die feindlichen Geschätza eine Wirkung auszuüben, hier- 
bei einbülSstan. Die 22 cm Mörser endlich fanden, anschlieftend an die 
kurzen 15,5cmBatteiien, ihreAufitellttng auf 4000m vom Fort. Während 
diese Geschütze eine gute, die 15,5 cm eine allenfalls noch braudibare, 
die 12 an eine ganz übermäßige Entfernung hatten, ist es einleuchtend, 
dala man gegen die Panzcrturmgeschützo des Forts Vaujours über- 
haupt kein Geschütz zur Wirkung bringen konnte, und auch später, 
als der Ingenieurangriff das Vorgeländc in Besitz genommen hatte, 
dachte man nicht daran, die hierzu erforderUcheu Geschütze auf die 
Nähe der Wirkungsfahigkeit vorzuschieben. 

Die Batterien waren durcluv<'!j mit Rücksicht auf Sicherung gegen 
Sicht aus der feindhehen Stellung gut augelegt, aus dem Voi^elände 
waren sie nirgend zu entdecken; aber — aus dem Ballon konnte man 
hie deutlich sehen, denn sie waren wohl durcii die vorliegenden Höhen 
bezw. Höhenränder gedeckt, aber ihre Fona durch nichts unkenntlich 
gemacht; die Schüttungen waren alle scharfkantig abgeböscht und 
nichts dafür gethan, sie dem umliegenden Gelände durcSi Maddrung 
anzupassen. Dieser Fehler, welchen la France stark betont, kam 
nicht zur Geltung, wefl, wie bereits erwähnt, überhaupt ein Sduurf- 
zchielsen nicht zur Anwendung kam, weil — die beiderseitigen Ar- 
tilleiien sich überhaupt gar keine Mühe gaben, ihre hauptBäcUiohsten 
Ziele, die feindlidien Batterien, im Gelände zu finden. Mittelst der 
Luftballons wäre es wohl ausführbar gewesen, sich über die Stellung 
derselben volls t ändig zu infonuiren. Die bei den deutschen Artillerie- 
Belagerungstibangen angestellten Versuche haben zur Evidenz erwiesen, 
dafs der Ballon hier eine unschätzbare Hilfe leisten kann. Die nach 
seinen Angaben gerichteten Geschüf/e hatten vollen Erfolg beim 
Scharfkchielken gegen die aus der Batterie nicht zu sehenden Artillerie- 
stellungen. Bei Paris wurde aber weder scharf geschossen, noch der 
Luftballon zu Gunsten der Artillerie benutzt, denn die Offiziere der 
Fufsbattcrien waren noch am 20. September, also bei Schlufs des 
Manövers, nachdem sie eine AVoclic sicli herumgeschossen hatten, in 
vollständiger Unkenntnifs über die Lage der feindlichen Batterien. 
Man hatte eben die verschiedensten Batteriemodelle gebaut, mau hatte 



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Festuugamanover. 



303 



sie armirt und im Batteriedienst eine Woche geübt — was man Alles 
auf dem Scfaie&plats ebenso gat konnte» aber von einem ernstlichen 
Kampf mit dem Gegner irsr, kdne Rede, konnte keine Bede sein, 
da man nickt wnlete, wo er war, und nickt sein Kiditwissen daduroh 
2U doknmenüren braudkte, dafr man xkn nickt traf. Die Luftballons 
hatten wahrseheinliok mit Beobaektung der feindlichen Trappen- 
bewogungen so viel zu thun, dafs sie sich um die Batterien nidit 
kümmern konnten. Und es will doch scheinen, daXs sie gerade in 
den Dienst der Artillerie vor allen Dingen ktttten gestellt werden 
müssen. Wir sehen aber liier, wie die Truppen ihre Manöver aus- 
fdhren, alle gebotenen Tlilfsraittcl ausnutzen, ganz gleichgültig um 
die nebenbei in Aktion tretende vierte Wafle. Von einer Wechsel- 
wirkung ist keine Rede; ja es werden jener nocli die Mittel vor- 
enthalten, deren sie vor allen Dingen bedurfte, um iiirer Aufgabe ge- 
recht zu werden. Und das Alles beruht nur auf dem ueistigen Nicht- 
bewältigen der geteilten ungewolmten Aufgaben, aui den Schwierig- 
keiten, welche sich der Anpassung der taktischen Prinzipien auf den 
Festungskrieg entgegenstellen, auf dem Unvermögen, sich so schnell 
mit der Kampfeigenart der vierten WaflS» vertraut an machen. Dar 
ganse Aitilleriekampf ist nur ein Tkeatereffeki 

Mit der Zeit, welche der Bau und die Armimng der Batterien 
erfordern wurde, hat man sidi ofifonkar stark venedmet Nachdem 
am 9. September die 24 Geochütae des leichten Parkes bmeits in 
Stellung gebracht waren, c^ubte man wohl am 11. oder 12. mit allen 
Geechtttm das Feuer eröffiien zu können. Als man dies Ziel aber 
erst am 14. erreichte, war man geneigt, die Schuld an der Ver- 
sSgemng auf den durch Mifsgunst verlangsamten Bau der Eisenbahn 
zu wälzen. Diese war durch die Genietruppen, dorn vordringenden 
Korps folgend, bereits während der Einleitungsgefechte in Angriff ge- 
nommen worden. In Meaux brnumend. ward die scbmalspuHce Bahn 
über Annet bis Villevaude (nut 25,5 km Länge) binnen 5' o iagen 
gebaut und fiir den Lokomotivbetrieb fertig gestellt. Da sie nach 
dem Gefecht am 0. begonnen werden konnte, war also die Benutzung 
vur dem 12. September kaum möglich. Das Gewicht der 72 Geschütze 
beträgt ca. 310 t und das gleiche die Munition von 100 Sohuls per 
Qeschfita; da man nidbt sdiarf sdhofs, reduzirte sich das Gewicht der 
Munition auf ca. 44 1 Das zu fordernde Geaammtgewicht von 854 t 
konnte mit 12 Transporten bewiltigt werden. Da ein Train von 80 1 
Nuk^ewidit 6 Stunden einschlielslidi Auf- und Abladen gebrauchte^ 
binnen 24 Stunden demnach gut das Dreüisushe m fördern vermochte, 
konnte die ganze Last bequem mit 4 Trains bis zum IS.September herbei- 
geeohafit werden. Da man die Batterien und die zu diesen führenden 

JaktMeW Sir <!• DmUcIm AnM« ni4 ««rillt. B«.9e^a 2t 



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304 



FestiingsmanÖTer. 



Zwüiggeldse in der ZinBcheiizeit gebaut hatte, konnten die enteren 
sofort annirt nnd am 14. mit dem Moigeogranen das Feuer erdiffinet 
weiden. Ako genav, me ee eintral Wenn man auf eine frohere 
Fenereioffiiung gerechnet hatte, so war mithin nur die Zeit ftr die 
Erhannng der Eisenhahn um 3 bis 3 Tage küxser tajdrt worden, d« h. 
mit anderen Worten, man hatte die Leistongsfilhi^eit dnr technischen 
Truppe unbedingt überschätzt. Da man aber gezwungen war, die 
durch falsche Schätzung eingebiUste Zeit wieder einzubringen, mufste 
der Artilleriekampf auf ein Minimum an Zeit reduzirt und mufsten 
die Arboitcii (lc5^ Ingenieur- Angiiffo in geradezu üabelhafter Weise 
über's Knie gebrochen werden. 

Welclier beinahe komischen Art aber die Reibungen und Schwierig- 
keiten sein können, welche sich dem rechtzeitigen Inthätigkeittreten 
der schweren Artillerie in den Weg stclleu, in Folge der Vielgestaltigkeit 
nnd Unübersichtlichkeit des ganzen behufs der Belagerung in Aktion 
gebetzten Organismus, zeigt ein von „la France" erwähnter Vorgang. 
Den ehrgeizigen Streit der beiden Schwesterwafifen, welcher von beiden 
der Bau der schmalspurigen Bahn snfallen sollte, hatte man nach 
Salomonischem Vorbild dahin entschieden, dals die Oenietruppe die 
mit Lokomotiven zu befidirendea langen Strecken, die Artülerie aber 
die anschlieAenden Zweige zu den Battoriegruppen — woselbst sie 
auch den Betrieb mit Qeepannen tibemahm — auszofikhien bitte. 
Da es aber schwierig ist, zu entscheiden, an weldiem Punkte die 
Zweig^inie anfihigt, und ob speziell die verbindenden Weichen zur 
!Iaui)tlinie oder zur Abzweigung zu rechnen sind, so hatto keine der 
beiden Waffen der andern in ihre Rechte greifen wollen und — so 
waren die verbindenden Weichen einfach wej^geblieben. Als nun der 
erste Train ankam, konnten die Geschütze nicht weiter befordert 
werden, da die Fahrzeuge unmöglich den Sprung von einem Creleise 
auf das andere, nicht verbundene, ausführen konnten. 

Diese kleine Geschichte ist sehr lehrreich. Ebenso uäe die Ober- 
leitung bei dem Eutw urf des Manövers sicher mit der Mögliclikeit 
oder Unmöglichkeit, in 2—3 Tagen die gan^e Eisenbahn hei-zustcLlen, 
gamicht gerechnet, ftberhaopt nur bestinuut hatte: „8. Sept. wird 
VilleTande genommen; 9. Sept werden die Geschütze des leichten 
Parks au^gesteUt; 10. Sept. versuchter gewaltsamer Angriff; 11. Sept 
Batteriebau; 12. Sept Feaereröfinung*'; ebenso hatten sich die höheren, 
verantwortlicfaen Offiziere, die Truppenf&hrer, um die Eisenbahn gar- 
nicht gekümmert, sonst war es doch eine UnmÖ^chkeit, daCs ein so 
wichtiges Glied derselben einfach unausgeführt blieb. Aber die 
Eisenbahn ist ja eine technische Arbeit und davon braucht der 
Xruppenföhrer nichts zu ventehea, darum braucht er sich nicht zu 



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0Bglaii{pnan6ver. 



305 



kümmern. Ganz richtig I wie das Bing gemacht wird, braucht ihn 
allerdings nicht zu beunruhigen; aber dafs es ausgeführt wird und 
so ausgeführt wird, dafs es auch funktioniren kann, das ist doch 
wohl für ihn recht sehr wiciiLig und wenn er eine neue Waile, -v^ie 
die schwere Artillerie , in die Aktion einsetzen will, &o wird er sich 
«benmwdil dämm kUiimieni mSsam^ da& dies i^tzeitig geschehen 
kann, dafe die Bedingungen filr ihze KampfUiätigkeit erfBUt werden, 
wie er ach hierftr bei den anderen Waffen intereaeiren mnis. Es 
ist hier ganz entBohieden jene GleichgtiZtigkeit gegen die biteream 
der ziralen Waffe hervoigetrefcen, welche auf Unkenntoile und Un- 
fiüugkeitf sich mit derselben eimmlelien, basirt und welche sich in dem 
ganzen weiteren Verlauf des Festungsmandvers sogt 

Die Behandlung des ganzen Artilleriekampfes zeigt deutlich, dafs 
man diesen als etwas betrachtete, was lediglich den ArtiUeristen und 
vielleicht den Ingenieur intereseirte und anginge. Wenn nur die 
Kanonen dastanden und brummten; so waren die Herren Generale 
ganz zufrieden. Und anderseits die Artilleristen nahmen die Sache 
auch nicht. Ernst, da sie es fühlen mochten, dai^ bie nur als eine 
Geräusch machende Staflaje in das Manöverbild hincingcbaut waren. 
Da sie ja weder die Beschiefsung zu fürchten, noch selber sich zu 
bemühen hatten, etwas zu treffen, so war es ihnen gleichgültig, in 
welcher Lap^o sie sich zum Gegner befanden, ob sie Entfernungen 
vor sich hatten, die ihnen das Treffen übcrliaupt verboten, ob sie 
vom Feind enhlirt wurden oder in der Schufkrichtung der auf die 
Nachbarbattorien an weit gehenden Geschosse lägen; und so kam es, 
daJs der Angriff mit 96 gegen 122 schwere Gesehtttae auftrat und 
daifl er seine 32 12 cm auf eine Entfernung aufstellte, wo sie über- 
haupt gamicht mitrechnen kennten; blieben ihm also 64 gegen 122 Qe- 
schütae, Ton denen die vcr Montfermeü und Ghelles — wenn auch 
Aber 5 Kilometer entfernt, ihrer enfilirenden Wirkung wegen mit zur 
Geltung kommen, zumal der Abgriff nicht ein einziges Rohr da* 
gegen verwendet, um nur gegen Vaujonrn die Übermacht zu haben. 

Aber audi beim Verteidiger ist Manches bedenklich. So stehen 
auf einem Raum von 600 m Breite und 1200 m Tiefe (in und hinter 
der linken Annexbatterie) ungcHihr 30 Geschütze zusammengedrängt; 
und beinahe die gleiche Geschüt^zabl gruppirt sich gar um die rechte 
Annexbatterie nnf einem Raum von 350 ni Breite und 500 m Tiefe; 
Feldbuhn, Mni^rn, me, Beobachtungsstande und ein Projektorstand 
nutzen überdies diese i^Uiche derart aus, dafs es dem feindlichen 
Geschofs kaum an einem Objekt fehlen kann. ^Yenn „la Franco" ein- 
mal General 'l liibaudin zitirt, welcher Fort Vaujours für „uu veritablb 
nid a bombes^ erklärt, auä dem man gut thue herauszugeben, und 



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306 



Featumgamanöver. 



an anderer Stelle die drastische Definition eines höheren OfBziers der 
Verteidigung mitteilt: „un pomt satona dnqnfll tombent coups, 
de mdme cradioir est' vn instnimeat antour daqnel on crache^, 
80 liegt der Gedanke sehr nalie, dalB man alle frartrollen Objekte im 
Innern und im nächsten Umkreis des Spucknapfes gmppirt habe, da- 
mit nur kein Projektil Torbei gehe; darin stehen ca. 34, im nächsten 
Umkreis bis auf 1 Kilometer joa dem peimanenten Werk nichi weniger 
als 60 sehwere Gesohfitse. 

Für beide Artillerie-Aufteilungen wird man die Qeländ^estaltung 
verantwortlich machen, welche eine derartige Gruppirung vorgeschrieben 
habe. Aber darin liegt eben der Fehler. Die Artillerie hat sich 
ebenso ihre Aufstellung durch das Gelände vorschreiben lassen, nie 
die Infanterie ihre Zernirungshnie. Immer auf die höchsten Erhebun^n 
hinauf sind die Batterien gegangen, wie die Infanterie sich an die 
riäteauränder angeklammert hat. Es ist eine einseitige Betonung der 
überhöhenden Position, welche gerade tür die Ai-tülerie, die durcliweg 
hei Paris indirekt zu feuern hatte, kaum mehr verständlich ist. Die 
Sclnvierigkeiten, welche sich der Geschützaufstelhing gerade in dem 
Intervall Vaujoui-s-Chelles entgegenstellen, sind ja nicht zu leugnen; 
Fort Vaiijours liegt, wie ein Eisbrecher vor dem l'luteauiand weit 
vorgeschoben, und dieser ist in Folge dessen kaum nutzbar zu machen 
in Verbindung mit dem Fort; aber den Fehler, der bei der Anlage 
desselben gemauM wurde, steigert die Artillerie dnrdi ihre Anfslelbing, 
welche sich allseitig dicht herandrftngt an den eiponirtm Punkt. 

Während die VerteidigungsartiUerie, unbekümmert darum, dafe 
sie im EmstMe doch erst komplettirt worden wftre, nachdem die 
Absichten des Angreifers genau erkundet worden waren, bereits am 
11. ihr Feuer aus den Inter?a]lbatterien begann, ohne natOiHch den 
Angriff irgendwie zu stören, eröffnete dieser am 14. September 
Morgens um 9 Uhr sein Feuer mit 96 Geschützen. Obgleich ihm 122 
gegmfiberstanden, hierunter 2 Panzerkuppelgeschütee, wurde doch 
— denn die Zeit drängte — angenommen, dafs binnen einer Stunde 
oder wenig mehr die Festungsgeschütze liinlänglich geschädigt seien, 
um ein weiteres Okkupireu des Vorgeländes durch die InHanterie unter- 
nehmen zu können. 

5. Der Infanterie- besw. Ingenieur- An griff. 

Auf dem schmalen liiickeu, welcher den vorspringenden Winkel 
der Zerniruugsstellung mit dem des Verteidigers (Vaujours) verbindet, 
liegt, 350 ra vom orstercn, 2 Kilometer vom Fort entfernt, ein kleines 
Gehölz, bois Mullot. Sechs Tage hatte sich in seiner 35Ü m laugen Lisiere, 
Töllig isolirt, in den Flanken nur durch die mit etwa lO^* geböschten 



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FestungnnuiftTer. 



Abhänge gesichert, die Infuutörie hinter einer Schützengrabondeckung 
und einem Drahthinderiiifs zu halten gewufst - weil sie nicht an- 
gegriffen worden war. Nördlich 900 m entfernt, war Villeparisis 
(700 m vom Augreifer) noch vom Verteidiger besetzt; hier mochte 
das Aitüleriefeuer schon etwas gewirkt haben. 

D«r Angriff, wddieiii GiovanninelU — lieieits nach emsftttncUgem 
GesehiitBfeiMr — anaetste, und swar mit emer Brigade und B Fdd- 
batterien geg^ YiDeparisis, mit einer Brigade und 3 Batterien gegen 
bois Bavetot und Courtry, mit einer Brigade gegen boia Mnllet, ent- 
blölste den gansen ZemirnngBabschnitt von Tmppen, denn die vierte 
Brigade stand bei Yillevaudi mit 6 Batterien in Beaerre. Die Ver- 
wendnng des ganzen Armeekorps zu dem einen Zweck, ein kleines 
dicht vor der Front gelegenes isohrtes Gehölz vom Feind zu säubern^ 
erscheint um so aa£tallender, als dieser Angriff den Gegner eigentlich 
überraschen mufste, denn des heftigen Windes wegen konnte kein 
Ballon steigen und vor dem Verrat durch diesen war der An<:,^roifer 
sicher. Aber merkwürdiger Weise wufste General Coste so genau 
Besclieid, dals er es riskirte, seinen rechten Flügel gänzlich von 
Truppen zu entblöfsen, um mit allen Kräften wie zu einem ent- 
scheidenden Kampfe auftreten zu können. Er besetzte mit '2 Ba- 
taillonen des südlichen Sektors C'ourtry und bois iiavciot, uüt 3 Ba- 
taillonen Villepariäiä und Vert Galant, mit 2 Bataillonen bois Mullot, 
hielt 2 Bataillone hinter Fort Vai]\jours in Reserve und verwendete die 
Genietraiipen als Besatzung der Hanptrerteidigungsstellung, um die 
ganze Infanterie frei in der Hand za haben — eine Verwendung der 
Genietruppe, der wir in noch anffaUenderer Weise nochmals begegnen 
werden. Aufserdem braoihte er seine sKmmtlicfaen mabüen Gescbütze 
(18 Feldgesch. und 16 7 om) in Stellung. Bei den Entfernungen, 
weldie die Truppen zurflckzulegen hatten, mufs man annehmen, da/s 
die Befehle böräits Tor der Eröffnung des Geschützfeuers erteilt 
wurden; und so sehen wir wieder das unnatürliche Bild, welches uns 
bei diesem Festungsmanöver überall begegnet, dafs in keiner Weise 
den Bedingungen des Festungskrtoges Rechnung getragen wird, sondern 
die Truppenkörper in voller !>t;irke bald hier bald dort gegen einander 
geführt werden, um eine Schlacht zu liefern. 

JVogrammpemäfs muffte natürlich das bois MuUot geräumt werden, 
denn der Angreifer mufste ja Gelände gewinnen. Auf weniger als 
200 m hatte er nun, am Westende des Gehölzes stehend, ein anderes, 
den schmalen Waldzipfel bois des Glands vor sich (1100 m von der 
Glaciskrel<f}. Dafe er, einmal im Vorgehen begriffen, nun jede Ge- 
legenheit benutzen wQrde und mfilste, seine Truppen hier weiter t<m> 
madiieben, mufete nun dem Verteidiger klar sein» Uber die Absiebt 



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808 



des Angreifors, Fort Vaujours zum Angrififsobjekt zu machen, komite 
nun kein Zweifel mehr sein imd nun war der Moment gAummeta, 
wo der Kampf der Alieduuttabesatxung um den Bedis dee näheren 
Vorgeländee mü allen Mitteln und mit allen Erttften ins Werk geeetst 
weiden mnlste. War ee bis dabin Sache der Generalreserre gewesea, 
Anfkllinmg Uber die Abstellten des Gegners m BchaffiBn, hatte bis 
dahin die Absohnittabesatmng TerbiltnilsmäUg geschont wevden 
können, so kam nun die Zeit der anfopferadsten lliätig^t. Aber 
gerade umgekehrt! 

General GioTanmnelli beschlofii, noch am selben Abend ein 
weiteres Vordringen zu versuchen — im Verlauf der Nacht muiste 
es der Verteidiger unbedingt gewärtigen — nnd zwnv dcmonstrirto er 
mit einem Regiment Abends 8 Uhr gegen Villeparisis, während ein 
zweitem das bois des Glands angriff. Wenn man nun ins Ange fa&t, 
dafs r)U(> m hinter dem (200 m langen) Ostrande dieses Gehölzes man 
auf die Hauptverteidigungstellung des Feindes stiefs, welche allein auf 
dem sich plötzlich verbreiternden Höhenrücken eine Länfxe von 1000 m 
einnahm, dafs man hier nicht nur das lulaukriefeuer, sondern auch 
das Schneilfouer der Feld- und der 7 cm Kanonen zu gewärtigen 
hatte, welche ja am Vormittag gerade hier angestellt worden waren; 
wenn man ferner erwägt, dafs der mit einer ganzen Brigade am Vor- 
mittag gegen VüleparisiB nntemommene Angri£F doch nicht genügt 
hatte, um den Ort dauernd su behaupten, — so ist es schwer zu er- 
klären, wie es GiovauninelH wagen konnte, mit einer Brigade eine 
so viel sdiwierigere Angabe dnrduufttliren, sls jene andere, an der 
er geglaubt hatte, sein ganzes Armeekorps in Bewegoog setzen sn 
müssen. Es mag seinen Grund darin haben, dafs er unmö^ch die 
drei anderen Brigaden, die soeben in ihre Bezirke zurückgekehrt sein 
mochten, gleich wieder heranziehen konnte und dafs er überzeugt 
nv'm konnte, auch der Gegner habe seine vereinigten Kräfte wieder 
in die Stellungen zurückgehen lassen, wohin sie ron Gottes und Rechts- 
wegen gehörten. So rächte sich für den Gtntral Coste seine Mafs- 
regel; denn dein mit nur 2 Regimentern unternommenen Angriff — 
(lidvanninelli hatte eben die ganze Besatzung des Bezirks verwendet, 
wits nicht über den Rahmen des Zwockmäfsigen liinausgeht — konnte 
er nichts entgegenstellen^ als die durch den Kampf am \ oiuutiug be- 
reits ermattete Besatzung erster Linien ausgeruhte Truppen hatte er 
ja ttberhanpt nicht, demi es war ja ADiea wegen des Wäldchens MuUot 
gründUoh abgehetst worden. 

Wfthrend der Angriff auf Villeparisis, bd hellem IfbndsdMin und 
elektriseher Vorfeldbelsuchtang früh genug entdeckt, immeriun auf 
Widentsad stielh, gelang es, den wichtigsten Punkt, bois des Gianda, 



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FeaUuigHmAaöTer. 



beinahe ohne Schwertstreich wegzunehmen. Und nun geschah etwas 
sehr HflrkwQrdigas: IHe ganze etwa 700 m vor der Glaciskretc sich 
Idnaehende Vertddiguiigsstelluiig fiel ohne Weiteree dem Angreifer 
als Benfe sn, ViUepariais nnd bois Bavetot wurden geräumt. Die 
Berichte geben hierzu gar keine ErUntening; es ist ala etwas setbst- 
Terstfindliohes hiugeoommen, dals ja das Gelände geräumt werden 
müsse, welches der Angreifer fiir seine erste Parallele brauchte, just 
der Geländestrich, in dem sich die Verteidignngsstelhing ausdehnte. 
Der Moment ist gekoinDion, wo der Truppenfuhrer die Hände in den 
Sohools legt und seinen Truppen Erholung gönnt. Was nun kommt, 
ist ja technische Arbeit des Pioniers, das hat Vauban so gelehrt und 
das wird wohl so auch jetzt noch richtig sein. Die Geniesoldaten 
konnten in aller Sicherheit ihre Arbeit beenden und als der neue 
Tag anbrach, beleuchtete er die fertige erste Parallele, zu welclier der 
helle Mondschein, um den Vorrang streitend mit den permanent 
thätigen Projektoren, bei Nacht das Lieht gespendet hatte. Dieser 
Abend und diese Nacht sind beinahe ein Hohn auf den Übungszweck, 
auf das Festungsraanöver, zu nennen. Denn von all dem, was sach- 
gemäfs geschehen mufste, geschah absolut gar nichts. Da war keine 
Verteidigung der sorgfaltig vorbereiteten hauptsächlichen Stellung — 
und doch war man durch den Angriff auf YiUeparisis und hois des 
Glands rorbereitet, und doch lielb der M<mdBchein den Gegner gut 
erkennen; da gab es keine Beserre, die emgesetast wurde, um den 
hochwichtigen Abschnitt su unterstfitsen, ku retten; man gab sie auf 
ohne einen Schulsl Und dann, als man genau wissen mufste, dals 
nun der Angreifer mit einer lang sich hinstreckenden Infanterieposition 
Beaitz ergreifen wQzde vom nahen Vorgelände, als die Projektoren 
Seme Arbeiter entdecken liefsen, ttber deren Arbeitsplatz man übrigens 
gar keinen Zweifel haben konnte, da sah man ruhig zu, da gab es 
keinen Führer, der henorgebrochen wäre, um die Arbeit zu hindern 
und zu zerstören, um das Verlorene zurück zu erobern. Nein! Der 
Ingenieorangriff hatte begonnen, die Feldtmppc — und als solche 
betrachtete sich ja die Besatzung — hatte nichts mehr zu thun, als 
das Ende desselben abzuwarten, sie sparte ilire Kiäfle für den Ict/cten 
entscheidenden Moment. Bis dahin konnte man die Angelegenheiten 
mit Seeleuruhe der vierten, der schweren Waffe überlassen. 

Die Situation bei Anbnich des Tages war also am 15. September 
folgende: Parallel zur rechten Face des Fort Vaiyours, ca. 600 m 
von der Glaciskrete entfernt, zog sich quer Uber den Höhenrücken 
die erste Parallele, ca. 700 m lang, aber nur zum Teil fertig aus* 
gehoben. Am rechten Endpunkt (der Blickfellskuppe Fiton de la 
oouronne) ward eine Infenteriescbanxe erbaut, am linken Endpunkt 



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310 



ein Walleaplatz liergestcllt. Diese Basialiuie für den woteren Angriff 
hatte eine Länge von ca. 950 m; der linke Ftögd wurde von M<mt> 
£ennefl enfiUrt (3500 m) und eelbet von den stLdlieh an Vai:goiifB an- 
geecUoseenen Batterien in bedenklicher Weiae aduttg ge&(st Eine 
ümfaflfmug des Forte durch Yorbiegong des leehten Flügebi m sie 
das Terrain sehr wähl gestattet hitte nnd wie ne im Inteteese des 
Angreifers lag, um auch die linke Face und die linke AoneKbatterie 
(von welcher man über einen Kilometer abblieb) unter kiftftig^ 
Infanteriefeuer nehmen zu können, ward nicht nusgefiihrt. Der rück- 
wärtig^ Verbindung diente der auf dem Kücken entlang führende 
Weg nach bois le Cointe — welcher von der linken Annexhatterie 
der Länge nach bestrichen wurde — , ein Pfad am südlichen Ab- 
hang — der vom l' ort der Lantre nacli bestrichen wurde — und der 
— t'benialls indirekt zu bestreichende Weg nach Villeparisis. Letzterer 
st'lieint allein als Kommunikation benutzt worden zu sein; er wurde 
mit Korbtraversen versehen. Nördlich der ersten Parallele war 
Villeparisis in lläudeu des Angreifers; üb auch lias vorli^endc bois 
du Parc besetzt war, ist nicht aus den Berichten ersiclitUch. Südlich 
war bois Bavetot genommen, aber Goortry noch in Händen der Ver- 
teidigung; da das kleine OehÖk sich in einer Entfenrong ron 1800 m 
von dem linken FlQgel der Parallele befindet, war derselbe also gegen 
einen Angriff aus Gonrtry heraos TÖllig wehrlos. Auf diese schmale 
Basis, welche dem betreffenden Teil der ZeniinuigBlinie — ohne gate 
und gedeckte Veriundnng mit derselben — anf 1500 m voigelagert war, 
glaubte man den weiteren Angriff stützen zu kOnnen. ünd in der That 
hielt man ee weder notwendig, den rechten Flügel umfassend vor- 
anschieben gegen le Vert Galant, noch mit dem linken Flügel Courtiy 
JTU besetzen und die Batterien zwischen diesem Ort und dem Fort zu 
vei-trcibcn, noch endhcli durch weiter vorgeschobene Batterien — 
man denke an die unglücklichen 12 cm nnd an die zur Bekämpfung 
der Turmgetichütze notwendigen 15,5 cm — die Artilleriewirkung 
zu steigern und den AnfrriiT zu unterstützen. Man hielt das, was 
man gcthan, für VülL>tändig erschöpfend; niaii hütete sich wohl iu die 
Thätigkeit der GenicwafiFe, in den \ erlauf des Ingenieurangriffe 
irgendwie stürend einzugreifen; denn — das würde neue Kämpfe, 
neue Venfigerongen herbeigeführt haben, und die Zeit war knapp 
bemessen. Auch der Verteidiger trug diesen Vohftltniasen Beohnung. 
Denn; nachdem er seine Stellung rot dem Fort gerSamt hatte, stellte 
er schleunigst einen Anschlulh nördlich nach dem bois d'Egoi^ her, 
südlich verbaute er den nach Gonrtry ab&Ilenden Abhang nnd hielt 
dann sich von allen Aktionen fern, wdcihe den fleüaigen FSonier 
hätten stören können« 



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311 



Dieser hatte freilich eine gewaltige Arbeit zu leisten. Zum 
18. September war der Sturm auf das Fort angesagt, der Präsident 
Casimir Pürier hatte seine Gegenwart zugesagt, die Einladungen zum 
Festessen waren sehen ergangen und bis daliin mufste noch die 
5?weite und dritte Parallele mit ihren Verbindungslinien durchaus 
fertig gestellt werden. Als man am 1 ;'>. früh aus der ersten Parallele 
mit dem ersten Schlage nacli vonviirts ausbrach, hatte man noch genau 
72 Stunden vor sich, um ein Gelände von ca. öbO m luit gedeckten 
Aimäherungswegen zu überschreiten. Wenn man sich selbst auf 
dm Notdfirfkigste, eine einzige Ziokacklittie beschrfinkte, so mafe 
diese doch mindestens IVt Kilometer, und wenn man die beiden 
Parallelen snsammen nur so lang machte, als die erste war, nämlich 
700 m, so hatte man doch mindestens 8200 m Laii%cBben herznsteUen. 
Rechnet man fiir die Parallelen je 6 Stunden, so blieben 60 für 1500 m 
Approchen, d. h. 25 pro Stunde oder mit anderen Worten in je 
2 Minuten mufste etwa 1 lfd. Meter der Laufgräben fertig werden. 
Das ist natürlich nicht denkbar in der langsam fortschreitenden 
Weise Vaubans, sondern nur dnrch gleichzeitige Anstellung der 
Arbeiter auf den langen Linien und ungedecktes Arbeiten. Wir haben 
das ja vor Strafsburg 1^70 auch im Schutz des nächtlichen Dunkels 
gemacht. Aber das ist doch nur ausführbar, solange weder durcli 
kräftiges Feuer aus den Werken, (Immn mau stets näher rückt, noch 
durch Ausfälle — selbst mit kleinsten Tnippenkörpem — die Arbeit 
nicht in empfindlicher Weise gestört wird. Da nun nach allen Be- 
richten die Nächte vom 15. bis 18. September so mondln 11 waren, 
dafs die Projektoren kaum zur Wirkung kommen konnten, so mufsten 
die Arbeiten aus den Featungswerkeu gesehen werden. Es ist albo 
so unnatürlich als nur denkbar, dafs der Ausfuhrung derselben — 
flir welche doch Tor allem die N&ebte zur Spradie kommen — nidit 
das geringste Hindemils entgegenstdlte. Hierför ist sicherHch nidit 
das mangelnde Verständnifs, mobt der Mangel an Energie ver- 
antwortlich 2a machen, sondern lediglich die Rücksichtnahme auf die 
knapp zugemessene Zeit Der Verteidiger mulste unter seinen Augen 
alles geschehen lassen, ohne sich zu rfihren, und bierfür ist das 
Programm allein verantwortlich zu machen, welches ihm die Httnde 
ÜBsaelte. 

Selbst wenn die Eisenbahnlinie um zwei Tage früher fertig 
gestellt worden wäre und die Eröffnung des Feuers bereits am 
12. September stattgefunden hätte, wenn man dann dem Geschütz- 
kampf auch nur einen Tag Zeit gelassen hätte, um die woit?*ren 
Aktionen vorzubereiten, wenn also die erste Infant: in aufsteliung 
bessw. Parallele in der Nacht vom 13. zum 14. September erbaut 



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312 



worden wäre, würde sich eine völlig unzureichende Zeitdauer ergel>€n 
für die i\ämpfe, welche um diiü luüiert; Vorgelände notwendigerweise 
geführt werden müssen, nämlicli .> Nächte und 4 Tage. Es ist 
also von ▼omherein, d. h. bei Aufstellung des Programm», diese ganze 
widitige Periode des Festimgskrieges als eine nebensäc h liche, möglichst 
schnell zu erledigende behandelt worden und warum dies? Weil man 
sie offenbar ab eine rein technische Aktion betrachtete, bei welcher 
die Infimterie tmd die Führer nichts lernen konnten. Es ist der alte 
Standpunkt: „Von Eröffiinng der ersten Parallele an ist es bis zom 
Eindringen in die Werke nur eine Beredmnng des Ingenienis, wie- 
viel Tage und Arbeiter er braucht, um zum Glacis zu gdangen, und 
des Artilleristen, wieviel Tage und Muiition er braucht, um Bresche 
zn schiefsen." Und deshalb glaubte man einen Sappenangriff in Szene 
setzen zu dürfen, welcher jeder Errungenschaft der Neuzeit Hohn 
spriclit; er soll ja nichts bedeuten, als eine Signatur, als ein Markiren 
der Arbeiten, welche zwischen erster Parallele und Sturm notwendiger- 
weise ausgeführt werden müssen. Hierin seheint mir der grÖfete 
Fehler des Programms zu liegen. Denn erstens wird es in Zukunft 
nicht der Pionier sein, welcher dem Infanteristen die gedeckten 
Annäherungswege nach Vauban's Rezept herstellt, sondern die 
Infanterie vnrd sich selbst mit Gewehr und Spaten von Stellung zu 
Stellung lierankämpfen und heranarbeiten an den Festungsgrabem; 
zweitens wiid die Infanterie danach streben, nicht mit einer, je 
wester vor» desto schmaleren, schwächeren und unhalttNumn Lüde 
dem Feinde sich zn nShem, sondern, je nSher dem Feinde, desto ge« 
adblossener, desto stärker, desto au^edebnter und um&ssendw; imd 
endlich wird der Yerteid^er diese Annfthemng nic^t mit Gkiöhmut 
als etwas Unabünderlkhes hinnehmen und ruhig mit ansehen, sondern 
mit allen zu Gebote stehenden Mitteln dem entgegen zu treten suchen. 
Die ganze gewaltige Arbeitsleistang, welche die Genietmppe bei 
diesem Ingenieurangriff entfaltete, ist absolut wertlos. Wenn irgendwo, 
so bot sich hier die Gelegenhdt, Gewdir und Geschtttz jei^chen 
Kalibern in Thätigkeit zu bringen, um die Wirkungen g^^ die 
arbeitende und kämpfende Besatzung der Annäherungsarbeiten und 
gegen deren Deckungen zn erproben — die meist schräg zu fassenden 
und zum Teil zu enfiiirenden SclilR^^e wiirtlr-n sich dann allerdings 
als unbrauchbar herausgestellt h;iben, der gänzliche Mantzel von 
horizontalen Eindeckungen würde dann alleriliTifrs eklatant hervar- 
getreten sein. Wenn irgend ein Moment des I^Lui »vors, sn war dieser 
geeignet, zu erproben, was man mit fortwähre iidcu Beunruliigungen, 
Störungen und Zerstörungen gelegentlich kleiner Ausfälle leisten 
könne, um das Fortschreiten des Angreifei^a aulzuiiaitcii — die 



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EeitangantiittTCr^ 



318 



kur/CTi Linien würden dann nllordinis stftij von den Flanken an- 
gegnli'oij, sich als völlig unhaltbar herausgestellt haben. 

Thatsächhch machte der Verteidiger am 15. September Nach- 
mittags einige schwache Vorstöfse, lediglich zu dem Zweck, um zu 
konstatiren, dafs die erste Parallele wirklich ausgehoben war. Dann 
verhielt er sich völlig ruhig. Am If!. wurde bereits die zweite 
Parallfile fertig und am 17. begann der Angreifer die Annäliorung 
ZOT dritten ParaHele auszuführen. Da ermannte sich der Verteidiger 
— 6 ühr Morgens zu oinoni Ausfidl mit 2 Bataillonen gegen bois 
Bavelot, und ab das Gefecht dort im Gang war, httudk er mit 8 Ba- 
taillonen gegen die zweite Parallele Tor (7 Uhr). Hatte General 
Gioranninellt nim ans dem Gefecht nm das Gehäz den liebtigen 
Scfaldk gezogen oder war er Ton Tomherein gut infoimirt über die Plftne 
seines Gegners, — bei den durch die Trappen znr&cksolegenden Ent- 
fernungen mufs man wohl das zweite annehmen — , korzl in den 
Trancheen standen anstatt des bis dahin zur Besetzung verwendeten 
einen Bataillons in diesem Augenblick deren 3 und diese wiesen den 
Ausfall zurück. 

Während der ganzen Zeit hatte das Feuer der beiderseitigen 
Batterien nicht geschwiegen; jedoch w^aren die Batterien des Ver- 
teidigers nicht unterlegen, denn am 18., dem Tage des Sturmes, waren 
sie in voller Thätigkeit. Über die Artillerie des Forts fehlen alle 
Nachrichten, jedoch mufs wohl angeiionmien werden, dalk die Bank- 
geschütae desselben zum Schweigen gebracht worden waren; auf die 
Turmgeschütze ward ja, wie bereits erwähnt, überhaupt keine be- 
sondere Rücksicht genommen. 

Die 3. Parallüle war in der Nacht LrU'^ geworden, das Feuer 
der Angrifisbatterien steigerte sich gegen 10 Uhr Morgens am 18. Sep- 
tember, dem Vorteidiger den bevorstehenden Stmrm anzeigend. Wie 
sich der General Giorannxnelli dessen Xhtrchftthning vorgestellt hatte, 
ist schwer zn sagen. Von einer Annahme, dab die Grabenmanem 
in Bresche geschossen oder dafr die Grabenflanldrung lahm gelegt 
sei, kann ebensowenig die Rede sein, wenn man sich der AnfrteUnng 
der Angri&batterien entsinnt, wie anderseits von irgend welchen 
Mitteb, die behufs Übergangs über den Graben vorbereitet worden 
wären. Vielleicht hatte man dieselben wohlweislich zu Hanse gelassen, 
da sie bei dem plangemäfs mifslingenden StormvetsiiiCh gamicbt zur 
Anwendung zu kommen brauchten und nur unnötiger Weise den neu- 
gierifren Blicken der Zuschauer preisgegeben worden wären. Also 
über den Graben hinüberzukommen hatte man von vornherein weder 
die Aussicht noch die Absicht: es handelte sich also nm ein schönes 
Schluistableau unter den Augen des Präsidenten, um eine glänzende 



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Elitfaltung der ganzen Truppenstärke, welche beiderseits irgend liorau- 
gezogcn werden konnte, um den Nachweis den üneinnehiubarkeit 
eines der ötciikni i ui b selbst, nach dem der Angreifer bis zur Kontres- 
karpe Leraugckommcn. Und in diesem Sinne versammelte GioTaimi' 
nclH sein ganzes Armeekorps. Die fünfte Dimon griff den Alnchnttt 
VaiQoan-Veit Gahmt an, um endlich im leteten Moment die Um- 
üuenng EunsufÜliTeii, welche T<n«abereiten man bisher keinen Schritt 
gethan hatte. Die elfte Brigade nebst 3 Geniekompagnien sollte den 
gewaltsamen Angriff auf das Fort dnndifiihren nnd stellte hierzu 

1 Bataillon in die Schanze am Piton de la Conronne, 2 Bataillone in 
die zweite Parallele und detachirte 1 Bataillon gegen Gourtry, um 
dieses zu nehmen und die rechte Annexbatterie im Rücken anzugreifen. 
Die 12. Brigade wurde als Reserve zurückbehalten und kam nicht 
zur Aktion. Der Verteidiger hatte seinen ganzen rechten Flügel völlig 
von Truppen entblöfst , um mit 4 Bataillonen die Nordfront Vert 
Galant- Vaujours zu besetzen, hatte 3 Bataillone im nördlichen Teil, 

2 Bataillone im südliehen der Ostfront aufgestellt und dem Genie- 
bataillon die Besetzung der Infanteriedeckungen von Vaujours bis 
Courtry übernviesen, also den dem Angriff voraussichtlich cxponirtesten 
Teil — eine Verwendung der technischen Truppe, welche auf deren 
gute Ausbildung im Schiefsen schliefsen läfst. 

In uem Moment, wo der Pränsident den Wall von Vaujours be- 
trat, begann die Bescbiefsung aus allen Batterien und eine Laibe 
Stunde später verkündete das Gewehrfeuer den Beginn des Schauspiels. 
Aus der dritten Parallele breehoi jetzt die ScMtzensohwirme, gefolgt 
jon den Sektionen der Genietruppen hervor, und wie ne sich den 
Hindemiasen des Glads, Drahtgefleohte, Verhaue und Woll^grubea 
nShem, steigen auch die Sturmkolonnen aus der Deckung. In diesem 
Augenblick» wo die Schiitzenlinie an der Krete sich ansbreiteC, 
die Pioniere die Gassen fär die Kolonnen durch die Hindernisse her- 
stelleiii wo diese selbst entschlossen heraneOen, um bis zur Kontres- 
karpe — weiter konnten sie ja nicht — Tovzndringen, kommt der 
schönste Effekt, ein Krach, und 8 Fugassen schleudern gl^xdizeitig 
Steine, Rasenstücke, Erdklumpen in die Luft. Das ist das Signal fai 
die Angriffskolonnen, zu stutzen — Schaden konnten sie zwar nicht 
gelitten haben — und für die Reserve des Verteidigers, hervorzubrechen 
und die erschütterten Sturmkolonnen zurückzuwerfen. Dazu dröhnender 
Kanonendoimer von drinnen und draufsen, schallender Apjdaus der 
Zuschauermassen, ein Trompetensignal und das Schauspiel lät beendet 
Man eilt zum Dejeuner und zur Ordensverteilung. 

Hiermit hat auch der Artillerie- und Ingenieur- Anpfiff — so recht 
nach Scherff's Worten die Aktion des fremdartigen und künstlichen 



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FQgtttuggnunöTer. 



315 



Apparates, welcher die £inheitstiiat der Festungsachlacht in eine ar- 
tilleristiscliG und ingenieurlicho zerlegt — seinen Abschlufs erreicht. 
In wie weit sich die beiden Waffen in demselben der ihnen gestellten 
Aufgabe gewachsen zeigten, können wir dem Urteil des Berich1> 
erstaitera der „la Fraooe** entnehmen: „Pent-dtre, d oe n'avait ete 
beauoonp demander anx denx annes mates, eftt-on pu eziger que 
Tartillerie et le genie ae nuBsent d'accoid au prealableponr suppnmer 
lee plus pn^iilea» les plna dridemment demodees des pratiqaee de la 
Bape et de la mine qne hoob venons de toir ai consdeocieiuenient 
appliqu^ee. Maifl| Bana dcmte» a-t>fl mienx Tain mettie en ^vidence 
dans leur archalisnie naXf, dans leur trace bien peigno et rigourenae- 
ment gcometriqae, noB vienz types d'ouyrages, nos vieillee fonuee de 
defense et d'attaqne. Artillerie "et g^nie ont d& plus viveiment sentir 
Tctrique des traditionelles vieilles perruques quHls accommodent tant 
bien que mal — plutöt mal que bien • — avec ces modemites brtÜantes: 
le tok'graphe, le telephone, les voies ferr 'o<^, \v?. hnWom captife, voire 
nit-me cones de nos bouches ä feu qui ne tirent pas tout leur merite 
de 1 iiigcmotiite de leur transformaüon, de rinrraiBemblaace de leur 
adaptation.'' 

Das ist hart, aber gerecht! Ja! man mufs die Anklagen noch 
steit^ern, wenn man annimmt und doch wohl aiicli aimeliraon muia, 
dai» diese beiden WaÜeü auch bei der Autbteliung des Programms, 
bei dem Entwurf der Direktiven für die Führer, bei der Anordnung 
ihrer Stellungen nnd ihrer Mafimahmen ein gewichtiges Wort mit ge- 
redet haben. Als die bisherigen Träger der Wissenschaft Tom Festnngs- 
kriege sind sie die berufenen Iiehimeister fttr die anderen Waffen; nur 
wenn sie selbst sich frei zu madien Ton den alten Z&pfen den Mut haben, 
venu sie auf der Basis der neuen Waffentechnik und der modernen 
Taktik die Lehren des Festongskrieges, die Regeln für die Truppen- 
Verwendung in der FestongsscUacht zu entwickeln im Stande sind, 
werden sie ihrer Aufgabe genügen können, den Fddtruppen als Weg- 
weisOT zu dienen auf dem ihnen noch fremden und ungewohnten 
Festnngsgelände. Dem Führer, dem Generalstab, sollen sie bei seiner 
schweren Aufgabe zur Hand sein, indem sie sich einschiuicgen im 
richtigen Augenblick und am richtigen Orte, indem sie ihn aufmerksam 
machen auf die Momente der Arbeiisteilung zwischen Feld- und 
Speziai-Waffe. Die vollständige AhHonderuiig des Ingenieur- und 
Artillerie- Angriffs von der Thätigkeit der anderen Waffen, wie sie 
das Manöver von Paris zeigt, ist zum grofsen Teil der schweren 
Waffe selbst zur Last zu legen ; nnd liicriii lit gt beinahe eine gröfsere 
Schuld als in den veralteten und zum Teil unbegreiflichen Mals- 



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316 



FestuQgsouuiöver. 



regeln, welche bei der DnrcihftiliTimg dieaee Angriffe sar Amrandung 
kamen. 

Der SohluJB des Mandveis am 20. September veilaiigt nur wenig 
Worte. Nachdem am 19. Ruhe gehemcht hatte — an dieaem Tage 
wurde im sfidUohen Nadibftrabschmtt eine EntucheidqngpacMacht ge- 
eehlagen und General GioTaanmelU stand mit seinem Korps hinter 
der chinesischen Mauer an der Marne, nm mit nnteigeschlagenen 
Annen abzuwarten, bis jenseits die AnsfaHarmee einen rollen Erfolg 
erkämpft haben und Zeit gewinnen werde, ihn selbst anzngreifen — 
— brach mit dem 20. der Tag der ersehnten Beranehe für den Ver- 
teidiger herein. 

Der Angreifer stellte die 6. Division auf seinem linken Flügel 
dem Ton rlnrt nahenden Verhängnifs entgegen, mit der 5. hielt 
er die Trancheen und Stellungen des rechten Hügel besetzt, der 
Verteidiger liefs seine Truppen die Verwandlung in die „gemischte 
Division Camy" abermals vollziehen und sandte diese gegen den 
feindlichen Flügel in der Richtung Brou-Bordeaux, ' — merkwürdig! 
Der Angreifer war hier immer noch iiiciit weiter vorgerückt, sein 
linker Flügel nicht über die Wälder hinaus eingeschoben, welche ihm 
rings das Vorgelände verschleierteQ! Gegen die 5. Division wagte ein 
BataiDon Inftsterie» unterstützt dnreh das vielTerwandte Oemebataillen 
den Angriff, ging ans Vaujours vor und trieb die Dtrinon ans den 
Lanijsrftben hinaus. Dieses soUte natürlich enndgücht werden dnrch 
die Tollstfindige Niederlage, welche die G.ÜMvision programmgendüs 
m erleiden hatte. Der Bimmel war aber diesem Teil des Programms 
wenig gSnstig; denn es liefTSohte am 20. September ein so du^er 
Nebelf dab der Angreifer von seinem Gegner absolut nichts sehen 
konnte. Trotzdem eröffnet er ein mächtiges Geschützfeuer, und der 
Feind antwortet in gleicher Wose. Die Infanterie will nicht zurück- 
bleiben und die Wälder hallen wieder vom Gewehrgeknatter. Un- 
sichtbar sind und bleiben sich die Gegner bis zum letzten Augenblick; 
so wenig wie am 12. kann die augi-eifende Dinsion dem vprsclil eierten 
Gegner gegenüber Gelände gewinnen; da tönen um 8V2 Uhr aus dem 
Süden von liflgny Kanonenschüsse, das Averiisaement für Giovanni- 
nelii, dalä jetzt auch von dort der Gegner naht. Nur hierauf hat er 
gewartet, um schleunigst Mies im Stich zu lassen und - zum Revue- 
felde zu uilen. Mit der U. vereinigt sich die 5. Division, von zwei 
Bataillonen aus ihren verschanzten Stellungen gedrängt. Ein Ab- 
sehlnfe, so nnnatarÜch, wie er nur sein konnte, das letste der nn- 
mag^chen Gefeehtsbilder, aus welchen si«^ das gam» FoitoDgBmaaDiSfar 
snsammengesetst hatte. 

Dies ist das Festongsmanöver von Paris, unsweifelhaft eine 



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FesUmgonaaiyTsr. 



817 



dankenswerte That, ein Beispiel würdig des eingehendsten Studiums 
und der handgreiflichste Beweis für die dringende Notwendigkeit, 
durch zweckmäfsig angeordnete derartige Ül^ungon die Truppenfiihrcr 
mit den Eigenfeänlicbkettsn des Festangvkxiflges und mit den Schwierig- 
keiten Tertraut ni machen, welche eich dem ZnMunmenwirken mit der 
Bdxwwn Waffe enl^iegenstoUen. Alle Strapazen nad g^ttnaende Bünzel- 
leistongen der TVuppenkdrper kdnnen nicht darUber hinw^ tänachen, 
dafo von einem wechselwejsen Znaammenwirken der Tier WafiiBn gar 
keine Bede war, dab der artilleriBtiaohe imd ingenienzliche Angriff 
als eine unvermeidliche, aber allzulangwierige, von den FQhrem mit 
Mifsbehagen verfidgte, altertümliche Aktion aufgefaf;>t wurde, von der 
■ich die Infanterie möglicbst fem hielt, um ihre Kräfte im leicht- 
gCBchürzten Feldmanöver zu erproben. Selbst die Vorteile der Feld- 
befestigung wurden hierbei so wenig gewürdigt, dafs man ihnen bei 
Abwägung der lebenden Kräfte keine Rechnung trug und selbst in 
den vorzügUchsten Stellungen glaubte, allein mit einer ins Auge 
fallenden Übermacbt an Streitern den Zweck erfüllen zu können, 
den Angriff des Gegners zu vereiteln. Aus dieser mangelnden Wert- 
schätzung der Deckung resultirt das völlig den Bedingungen des 
Festungskrieges widersprechende Hin- und Ilerschieben der Be- 
satzungen, das Ilerumjagcn und Hetzen auf dem Manüvorfelde; man 
verliert ganz aus dem Auge, daXs die Befestigungen weiter keinen 
Zweck haben, als den, auf Seiten des Verteidigers wie des Angreüers 
den Truppen ein gewissee Hais von Rohe tmd Sidierheit sn g^nntiren, 
ohne welches de nicht im Stande wiren, den von Tag zu Tag sich 
steigernden Anforderungen an ihre phynschen und moralischen Kräfte 
gerecht za werden. Wenn die EünrichtuBgen der ZemirangssteDimg, 
wie die der Vor- und ZwiscbenftUtb^Bstigong nicht einer terhftltnilk- 
m&Jing schwachen Besatzung eimö^chen, den Ansturm eines bedeutend 
fiborlegraen Angreifers auf geraume Zeit abzuwehren, wenn vom 
ersten Moment immer eine Überzahl an Streitern vorhanden sein 
muia, 80 sind sie zweck- und nutzlos, so taugt aber die ganze Stellung 
und ihre Befestigung nichts. Dafs eine tüchtige Zeminingsposition 
aber diesen Zweck erfüllen kann und mufs, haben die Kämpfe von 
Paris 1870/71 zur Genüge bc^viesen. Ob sie auch den modernen 
Streitmitteln gegenüber ihn noch zu erfüllen vermag, hätte man aber 
durch praktische Versuche — Scharfschiefsen — erst feststellen 
müssen, bevor man durch die Truppenverwendung seine völlige Wertlos- 
acbtung an den Tag legte. 

Vorschläge. 

Die Fehler, welche bei diesem Manöver so klar zu Tage traten, 
iaUen aUen an der Feststellung und an der Durchführung des £nt< 



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318 



Featuugfeuu&nover. 



« 



Wurfes Beteiligtall sor Last; sie badren aber in der Hauptsache In 
der überrnäMgen Ausdehmuig, welche dem Programm gegeben wurde, 
in dem Verhaben, binnen 14 Tagen die ganze Belagerung eines TeQs 
der Biesen&stung Paris dnrchsofuhren. Die Wahl der Festang, 
weldie als Gegenstand dee Manövers dienen soll, ist nichts weniger 
als gleichgültig; denn die iiir die Übnog herangesogenen Mittel mfiisen 
durchaus in einem einigermaJsen annehmbaren Verhältnisse zu den 
lokaleu Bedingungen stehen, wenn man nicht lauter unmögliche und 
unnatürliche Kampfmomente aneinander reihen will. Vor allen Diogea 
ist nicht der Abschnittskommandeur als der Leitende der Verteidigung, 
und zwar ganz isolirt, mit voller Verantwortung für den Verlanf des 
ManÖTCrs hinzustellen. Die Seele der VertcidiLnmp: ist der Kommandant; 
seine Organe imd die Mittel, um auf den zur Frage kommenden Ab- 
schnitt der F^tung entscheidend eingreifen zu können, müssen ihm 
zur Verfugung gestellt werden, d. h. eine Generalreserve bezw. ein 
derartig bemessener Teil der Generalreserve, dafs er in einem richtigen 
Verhältnifs zur Bedeutung und. Ausdeiinung des Ahschnittes steht. Je 
eiofachor nun die Verhältnisse liegen, je mehr die letztere dem Emst- 
fidle entspricht, je weniger die Nebenabsdmitte £Ur den Verlauf der 
Belagerung zur Sprache kommen — ohne üinfiuls werden sie ja 
niemals sein — , desto mehr wird sich der zur AusfShnmg kommende 
Teil oder Aueschnitt der Belagerung dem Emst&Ue n&hem lassen» 
und dies ist in demselben Mafse anzustreben» wie beiin FeldmanSffer; 
desto weniger werden Maririrnngen und Suppositionen (Sit den Ver- 
lauf der Ereignisse in den Nebenahsehnitten notwendig werden. 

Bei der Riesenfestung Paris sind alle Verhältnisse derartig über 
den Rahmen des Gewöhrdichen hinausgehend, dafs man mit beschrankten 
Kräften einen normalen Angriff gamicht durchfuhren kann. Überall 
tritt nämlich die Tendenz der Befestigungen hindernd in den Weg, 
welche auf die Verwendung, also auf die Anwesenheit kolossaler 
lieservoti'uppenmassen hinzielt. Der für den Angiiff zur Sprnehe 
kommende Abschnitt kann sicli m i t auf eine Front von 2 Forts be- 
schränken, sondern mufs stets eines der drei verschanzten Lager in 
ihrer Gesammtheit ins Auge fassen. Mag ak Angriffspunkt denn im 
Speziellen eine der Ecken gewählt werden, so bleibt immer die Auf- 
gabe, da» verschanzte Lager als Einheit mit der Zernirungsstellung 
zu umgeben, denn der Angreifer mufs den Verteidiger zunächst 
möglidist lange im Zweifel erhalten, gegen welchen Teil er setaeii 
Stols richten wird, er mnfs die Massirung der Verteidungsmittel an 
jenem Punkte zu yerzogem wissen, er muls die Tru|ipenansanunlnng^ 
und Verschiebungen in dem ganzen Bereich des verschanzten Lagers 
beobachten und den behufs Feststellung des Angri&punktes unter- 



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FeBiODgUMnOver. 



319 



iiommenen Ausfällon des Gegners entgegenzutreten im Sinnde söin. 
Nur unter diesen Bedingungen ist ein einigonnafsen iiaturi^ mnfser 
Verlauf der Belagerung in dieser ersten Periode zur Anschauung zu 
bringen. Die zwischen den verschauzten La^Qvn. befindlichen ))reiteii 
Lücken — die grofsen Oft'cnsivfcldcr — erschweren aber die Dispoaition 
ganz wesentlich. Hier ebenso gut wie im Abschnitt kann und wird 
die Generalreserve der Festung auftreten ; hier darf der Augriff keine 
zu nmfasaende Flanke biaton, hier mub er starke Reserven eventuell 
in Aktion setzen können. Man rieht, die für Angriff und Verteidigung 
zur Verfugung zu stellenden Mittel steigern sioh ins Ungeheure. An 
der abnormen Festung )SM sidi das Beispiel einer normalen Be- 
lagernng am allervranigsten durchiiibren. 

Jede andere franzSeisehe Festung würde trotz ihrer fiut 
durdigängig sdir grolben Ausdehnung — hierzu gedgneter sdn. Btt 
Paris repräsentiren die 16 Bataillone des Angriff und vor allem die 
9 Bataillone der Verteidigung einen gar zu kleinen Bruchteil; bei 
einer Festung, irie z. B. Verdun, würden sie schon in einem bei weitem 
günstigeren Verhältnifs stehen. Hier würde die Besatzung schon ftir 
die Nordost- oder Südost-Ecke (untere Mcuse-Hardaumont-Tavannes 
oder Mouhiinvillf^ rii itillon- obere Mcuse) genügen und ein Armee- 
korps für die Zernirung dieser Teile ausreichen. Freilich dürften weder 
für die Verteidigung die Aufstellung einer Reserve in Hand des 
Kommandanten, noch für den Ängrif? die — eventuell markirten — 
Reserven der Nachbarabschnitte aufser Augen gelassen werden. Bei 
kleineren Festungen stellen sich die Vcrhaimisbe noch günstiger d. h. 
natürlicher. 

Das Programm darf aber femer nicht den ganzen Verlauf der 
Belagerung einer grofsen Festung umfassen — und um die Übungen 
im Feetungskrieg, um groAe Fort-Festongen wird es dch zunächst 
immer bandeln müssen, um die Normen festzustellen und das Zusammen- 
arbeiten der Waffen in normalen Formen zur Geltung zu bringen. 
Wenn man auch nur einigermalsen mit dem zeitrerlangsamenden 
Fitnflufme der schweren Waffe rechnen wül, reichen die Mittel und 
reicht die Zeit, welche fBr eine einmalige Übung zur Verfügung ge- 
stellt werden können, bei weitem nicht aus^ Man wird die ganze 
Festungsschlacht in einzelne Perioden zerlegen müssen, welche — mit 
der ersten beginnend - successive zur Darstellung gebracht werden 
können. Die Einzelabschnitte ergeben sich von selbst : 1 . Die Durch- 
führung der EinsohHeisung. 2. Der Artilleriekampf. 3. Der Inianterie^ 
angriff. 

1. Die Durchführung der Einschliefsung läfst für die Verteidigung 
die vorherige Armirung gegen den gewaltsamen Angriff, die ao- 

JfthjtbttckN fttr dio U«nUck« Armee und Marine. Bd. 3, 



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320 



FMtungviuuiQver. 



genannte Sicherlieitsarmirung als vollendet oder naliezu beendet vor- 
aussetzen. Ärmüte Zwischenbatterien — Kampfbattcrien — existiren 
natürlich noch niclit; wohl aber wird der KommaHilaiu, wenn sich 
die Lokalität dazu eignet — und sie wäre vielleicht dementsprechend 
auszuwählen ~- eine vorgeschobene Stellung befestigt und mit FeRtungB- 
geschütz verstärkt haben, dne Stellung, deren Verteidigung dnich die 
Ferokampfgeschfitze der permanenten Werke nntersfefitst, deren BeeUs 
anderseite vom Angreifer fiir unbedingt erstritten iverden mnie, imi 
die Zemirang durchführen, die Baris für den wetteren Angriff ein- 
richten zu können. Auf Seiten des Angreifers würden neben den 
Feldtmppen mithin die Qeschfltze des leichten Belageningstnüns in 
Thfttigkeit treten, auf Seiten des Verteidigers die Generalreserre, in 
einer mit allen modernen Mitteln eingerichteten und verstärkten 
Stellung. Mit der Besitznahme und Vertoidiicungseinrichtong der 
Zemirungsposition würde die tibung ihren Abschlufs erreichen, wobei 
natürlich die letztere zumeist durch die Infanterie selbst herzustellen 
ist. Für die techniselip Truppe werden sich Arbeiten in Masse finden. 

Neben der rbiiiiL: und Bekanntmachung der schwereren Formen 
der Feldbefestigung, \mi sie hier zur Verwendung kommen, würde 
eine ErprobuTig derselben durch Geschützfeuer niif beiden Seilen durcli- 
gefuhrt werden kunnen und bessere Anhaltspunkte gewiimen lassen 
fiir die "Wirkung der Artillerie ^egen die durch die Infanterie selbst- 
ständip hergestellten Deckungen. 

2. Die Periode des Artüleriekampfes würde nicht mit den bereits 
vollständig fertigen Batterien des Angreifers und des Verteidigers sn 
redinen haben, sondern auch die ganze Zeit nmfasson, in welcher der 
erstere ricli anschickt, die nachgezogenen GeschUtse in SteUang zn 
hringen, während der Verteidiger durch OffenriTuntemehmen, Loft- 
baUon etc. rieh in Kenntnifs zu setzen sucht Uber den geplanten 
Angriffiipunkt. Hieraus ergiebt rieh, dafs die Ausdehnung derZenurnngs- 
linie und .deren Anordnung ihm nicht von vornherein bestimmte 
Anhaltspunkte geben darf und dafs dem Angreifer die Mdgliehkeit 
geboten sein mufs, durch seine Mafsnahmen den Gegner zu täuschen. 
Von einem Fixiren des Angriffspunktes im Programm, von einer 
gegenseitigen Verständigung der beiden Gegner über ihre Maisnahmen 
— wie CS bei Paris offenbar der Fall war — kann natürlich ebenso 
wenig die Rede sein, wie beim Feldmanöver. Selbst ein .\bweichen 
vom Normalen mufs bei den Führern — bei der Verteidiirunti ist es 
der Kommandant — gestattet sein, wenn sie glauben, dadurch ihre 
Zwecke besser und schneller zu erreichen; denn es ist festzuhalten, 
dalb dei- Angreifer keine andere Aufgabe hat, als die Festung zu 
nehmen^ der \'erteidiger, sie hartnäckig zu verteidigen, daJs von eiaem 



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ftebangfaiaiiftTttr. 



321 



Daxcharbeiten eines SdiemarAngrifb, tob einem FeetUeben an 
Be^ement und Schablone um so weniger die Bede sein kann, als 
sich aUe Normen bisher nicht auf thatsftchliche Erfahningen und er- 
probte Dispositionen, sondern nur auf Meinungen und Ansiditen 

stützen können. Die Felddienst-Ordnung und die Exorzir-Reglements 
können also als einzigste Anhaltspunkte festgehalten, das Übrige aber 
dem vorbereitenden Studium, Übungen im Ftstungskriegsspiele und 
vor Allem der Findigkeit der Führer und ihrem eifrigem Streben 
tiberlassen werden, die Schwierigkeiten zu erkennen und auf der 
Basis des einen ihnen gesteckten Zieles auch überwinden. An 
Fehlern und Reibungen wird's da nicht mangein; aber gerade aus 
diesen wird sich der Fortschritt entwickeln und dann soU man sich 
stets gegenwärtig lialteii, dafe diese Fohler uud Reibungen um so 
weniger uns erspart sein werden im Emstfalle — und dort mit gau2 
aiidcren Folgen — , wenn wir nicht bereits in den Friedensübungen 
sie kennen und überwinden gelernt haben. 

Der Geschützkampf wird — wenigstens von einer Seite — nicht 
nur mit Kartuschen und Kanonenschlägen, sondern mit Projektilen 
gegen die — marldrten — feindlichen Batterien durchgeführt werden 
müssen, und hierbei der Luftballon seine hauptsächlichste Thätigkeit 
entfalten. Von einer Beschielsung der permanenten Werke mufe im 
Interesse ihrer Erhaltung abgesehen werden; es Hegt hierin kaum 
ein Kaditeil, so weit es sich um den GescfaütEkampf handelt, denn 
darin möchte woU allgemein die gleiche Ansidit sich Geltung ver- 
schafft haben, dafs die WaUgeschfitze der Forts im Gescbütskampf 
keine Rolle mehr spielen : etwa in Panzern aufgestellte Geschütze sind 
auf die Entfernung der Haupt -Geschützaufstellong zur Zeit ziemlich 
unrerwundbar und auf nähere Entfernung bedarf es keiner Erprobung, 
da diese auf den Schiefsplätzen hinreichend durchgeführt wurden. 
Ganz anders liegt die Sache bei den Batterien, deren Lage man — 
wenn sie geschickt gewählt ist — aus der Stellung lienuis nicht fest- 
legen, weiche man nicht sehen, nur indirekt beschiefsen und unter 
Beihilfe des Ballons wird treffen können. Hier sind diebülbea Schiefs- 
übungen ins Werk zu setzen, welche bei den artilleristischen Festungs- 
dienstübungen bisher thatsächlich zur Ausführung kommen. Der 
Unterschied liegt aber in der Beteiligung der Infanterie, welche nicht 
nur die Artillcriepositionen gegen feindliche Unternehmungen zu 
sichern, sondern beim Angreifer jeden Moment wahrnehmen mufe, 
um boeits in dieser Periode möghchste Fortschritte im Vorgelände 
zu machen. Augriff und Verteidigung werden mithin die Infimterie 
der Absdinittsbesatzungen in dem zwischen ihnen Hegenden Gelände 
einsetzen müssen, um jenen mit voller Aufopferung durchzuführenden 

SB* 



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322 



Fefltnngpouuiftver. 



zähen Kampf um jeden Sehiitt breit des Geländes zu beginnen, 
welcher auf Seiten des Angriffs zunächst dm Ziel im Auge hat, ftir 
ein etwa i^utwendigos weiteres Vorschieben einzelner Batterien — 
mobile lielagcriuig^ibalterien und solche gegen Panzer — hinreichendes 
Gelände zu gewinnen, iiier beginnt so recht das Zusanuneiispiel der 
vierten Watlc mit den Waffen der Feldarmee — hier, wo bei Paris 
sich dieselben gänzlich Ton einander trennten. 

Mit dem Vertreiben des Verteidigers ans dem letzten Gebdft» 
der letzten Waldparzelle des Vorgeländes, welcbe ihm noch als Stlltz- 
IHinkte dienen konnten, endet diese Periode, um mit 

3. dem eigentlicben Infonterieangriff bei der lUicfasten Übung sich 
fortzusetzen. Der Verteidiger ist in seine HauptTorteidignngwteUung 
die permanenten Werke und die befestigten InterraUlinien — zorücjc- 
gedrängt. In breiter Front, — nicht in einem dünnen Keil — gebt die 
Infanterie mit Spaten und Gewehr weiter vor, in der grölseren Ent- 
fernung noch in einzelne befestigte Gruppen — SchützengrSben — 
ihre Positionen gliedernd, je weiter heran, immer dichter an einander 
schliofsend, immer mehr den feindlichen Vorstöfsen den Durchgang 
versperrend. Im kühnen Sprung vorwärts sucht sif des Nachts eine 
neue gedeckte Tiinie herzustellen, schafft sich zur Seite Emplacements 
für die Feldartillerie und eröffnet bei Tagesbeginn aufs neue ihr ge- 
zieltes Feuer gegen die nilhergerückten Positionen des Verteidigers; 
wohingegen dieser mit allen Mitteln, welche seine Feuerwaffen ihm 
bieten, den Geger in seinen sclinialen Gräben zu vernichten und ihn 
daraus zu vertreiben sucht, indem er gegen den durch Schrapnel- und 
Mürserfeuer Erschütterten mit energischen Yorstölfien hervorbricht 
aus seiner Stellung. Und wie am Tage, darf er aueh des Nachts nicht 
rasten, tun jedes weitere Vorgehen des Angreifers zu entdecken, um 
mit dem Biyonett ihn bei der Arbeit zu überraschen und znrQck- 
zuwerfen. 

Dieser Kampf um das nichste Vorgelände — ein Kamp( 
den eben nur die Lifimterie selbsttfaätig mit Spaten und Gewehr 

durdhfechtcn kann, wozu der Pionier ihr wohl hilfreich zur Seite 
stehen, a! er Ir h nicht ihre langen Deckungslinien hersteUen kann, 
dieser Kampf will gelernt sein von der Infanterie und deshalb muis 
die Übung hier am stärksten abweichen von dem Manöver bei Paris. 
Hand in Hand müssen mit der Arbeit der Infanteristen aber die Er- 
probungen dessen gehen, was er geschafTen hat. Alle Feuerwaffen 
müssen !?! Thätigkeit gesetzt werden, um der. Wf^rt der Deckungen, 
die Austührbarkeit, die Möglichkeit, in denselben auszuhalten, zu er- 
proben. 

Selbstredend darf auch in dieser Periode den Führern nicht die 



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323 



Haiid gefesselt werden in der Weise, dals sie an einen bestimmten 
Modus ihres Vorgehens gebunden sind. Man mai: sie die waghaltig.steu 
Unternehmungen ausführen lassen, je tapferer und mit je weniger 
weiser Abschätzung der Verhältnisse, desto mehr wird aus den Müs- 
erfolgen gelernt, desto mehr wird, wenn der G^er sieh überraschen 
lids, an Vorsidit und Wachsamkeit gewonnen. 

Der Dnidibmch der VerteidigangssteUttng wird den Schltüe der 
Übong bilden; jedoch ist es notwendig, dals nicht der Durchbruchs- 
punkt, etwa eines der pennanenten Werke, Torher bestimmt ist, 
und ebensowenig darf Tag and Stunde des Sturms dem Verteidiger 
mitgeteilt werden. Über die Schäden, welche seine Werke eriitten, 
über die Geschütze, welche demontirt, über die Deckungen, welche 
ihm durdischlagen sind, ist er ja entweder durch die Thatsache 
oder durch Entscheidung der Schiedsrichter orientirt Seine Gegen- 
mafsregeln mag er treflen, so gut er kann. 

Ich bin der festen Uberzeugung, dafs sicli f^n l'estungsmanöver 
in diesem Umfange und in dioser Tpiliiug in einzelne Perioden, wie 
ich sie beispielsweise in Vürschiag bringe, als durchführbar und 
aufserordentlich lehrreich erweisen würde. Alle Einzelübungen, wie 
sie bislier ausgeftihrt wurden, nützen nur der einzelnen Waffe, sie 
dienen nur der Güte des Instiimientes, aber ein Fülirer, welcher die 
Waffen mit einander in richtiger Wechselwirkung zu verwenden, 
welcher die Instrumente m handhaben versteht, wird hierbei nicht 
gewonnen. Und doch kommt bei der Verteidigung, wie beim Angriff 
der Festung Alles auf die volle Beherrsdiuug der Mittel an. Als 
etwas Fremdem, ihm bisher wenig Beaehtenswerten, vieUach Un- 
aympatischem steht der Tmppenfttbrw nicht nur der Festung und 
ihren lokalen Bedingungen, sondern auch den bei der Festungsschlacht 
nicht zu entbehrenden Waffen, dem Festungsartilleristen und dem 
Festungspionier gegenüber. Wie et sich zu der Forderung stellt, 
ihre eigengearteto Kanjpfweise kennen, würdtgen, anwenden zu lernen, 
(las zeigt in eklatanter Weise das FestungsmanÖver von Paris. Wie 
Wasser und Öl schieden sich die Kampfhandlungen der vierten Waffe 
\(m denen der Feldtruppe und doch ist nur in dem verständnifsvollon 
Ineinandergreifen derselben die Garantie für eine volle Ausnutzung 
der Kräfte zum Kampfwerk geboten. 

Möchten wir lernen aus dem mifslungenen , aber grofsartigen 
Versuch unserer westlichen Nachbarn und in der Organisation unserer 
Festungsmaiiöver dokumentiren, dafs wir den gestellten Aufgaben des 
Fcstungskrieges nicht nur mit vollem Vcrständnifs ihrer Wichtigkeit, 
sondern auch mit der vollen Kraft, sie zu bewältigen, engegentreten. 



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xxn. 



Soldatenleben im SOj&hrigen Kriege. 

Von 

J. Baumann, IlauptmauD. 



3, PasBaner Knnst. 

Uoglaubo und Aberglaube wacherten auf eine efschreckende Weiee 
in den Heeren des 30jäbrigen Krieges. Dem von Erzherzog Leopold 
1610 in PaBsaa angeworbenen KriegsTolke soll der dortige Scharfrichter 

Kaspar Neidbart vorgeblich festmachende, mit unbekannten fremden 
Worten beschriebene Zettel (Passauer Zettel) ausgeteilt und verkauft 
haben, welche man anhängen, oder besser verschlingen sollte. Seitdem, 
wurde das Geheimnifs des „Festmaclieiis" Passauer Kunst genannt. 
Dies ist die gewöhnliche Art, diese Bezeichnung zu erklären. 

Versetzen wir uns in ein kaiserliches Kriegslager, etvra in das 
Wallenst' in's, als derselbe bei Nürnberg dem Schwedenkönige wochen- 
lang thateiüoa gegenüber lag. Die meisten Mannschaften waren neu 
geworben. Man fühlte, dafs der Gegner auf eine Entscheidung drängte. 
Vergebens hatte derselbe schon eine Öchlaclit angeboten und das auf 
der Burghühe gelegene Lager des Friedlünders beschossen. Kiii Sturm 
stand bevor, und bei den wohldurchdachten Schlachtenplänen des 
schlauen Königs und seinen festgeschulten Haufen mnlUe man wolil 
mit Besorgnils der Zukunft entgegensehen. Gar mamäiem jungen 
Burschen, der bisher wacker renommirt, aber noch kein Pulver ge- 
rochen hatte, fiel jetzt das Herz in die Hosen. Manch Seufzer wurde 
laut» wenn die Netigeworbenen Abends beim Marketender salsen und 
sidi Mut zutranken» Die Altm prahlten mit rohen Sptften und er> 
zfthlten wundersame Geschichten und Begebenheiten, zogen auch unter 
dem groben Hemde gar seltsame Amulette liervor, durch welche sie 
des öftem schon vor Hieb, Stich und Musketenkugcln bewahrt worden 
seien. Die Jungen horchten mit offenen Mäulem und hätten gerne 
den letzten Gulden für das Wunderzeug gegeben, es war aber nicht 
feil. Die es trugen, fürchteten selber die Schwedenkugeln und wollten 
noch läni^or leben. Aber brliil;li! h wollten sie gerne sein, ihre jungen 
Zeclilvuiiipane von den ihnen bekannten Pilmisbrüdem feien zu lassen. 
FreÜK h, ein gut Stück Geld müiäteu sie mitbringen und das Vorhaben 
vor dem giiesgraniigen Hauptmann geheim haiton. Der trug zwar 
selber ein Kothemd und iiatte sich festgemacht, nicht anders wie der 



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Soldateuiebea im SOjfibrigen Kriege. 325 



1 iiedliindcr selLtr, ciiertc aber der Onhiung gcmäfs und nacli den 
Artikelbriefen oft gar strenge gcj^ea die reöbulauteii. Die Juiigcii 
waren ee gerne bereit. 

Als 68 völlig Nacht geworden war, gingen letstere hinter die 
Ifarketender-Bnden, wo die vielen Wagen des Troases neben einander 
gefahren standen. Dort war ihnen ein abguk-geneB unbelaoschtes 
Plfttedien beseiehnet worden. Hier warteten de, bie aich ihre Rat- 
firennde eln&nden. Diese brachten zwei Männer mit, welche ein paar 
alte Tollbepaokte Taschen anf den Boden warfen. Der eine Ton den 
Unbekannten war Hnlecbnued eines Pappenheuner Fähnleins nnd 
ehedem mit den Kroaten von Lager au Lager gezogen. Wirr hingen 
ihm die grauen Haare unter dem grofsen Schlapphute in das rufs- 
geechwärzte Antlitz. Den Anderen kannten die Rekruten bereits, da 
er ihnen im Lager gezeigt worden war. Es war ein Steckenknecht, 
der Gehilfe des Profosen, der die Verbrecher und Übeltliäter dem 
Steckenmeister zuführte, damit er sie ins Eisen le^e. Der schhig 
nun Funken aus dem Feuerstein, blies den Zunder an und steckte 
ein Licht in die kleine Hornlauipe «He er bei öich trug. Schweigsam 
packte der Schmied seine geheimnii^ s ollen Sachen aus der Ledertasche. 
Da zeigte er vor Allem einige Schaupfennigo, einen Mannsfclder 
St. Georgs-Thaler mit der Jahreszahl 101 1. Dieser .Jahrgang und 
die von 1013 galten als die besten und bewahrten unfehlbar vor jeder 
Kugel, vor Hieb und Stich, waren aber seltene Stücke, dais sie nur 
höhere Kriegslente zahlen konnten. Texaka, des Friedli&nders Schwager, 
hatte ihm erst vor kniaem nm dn schönes StQck Geld einen solchen 
Thaler abgekauft Dann brachte er Terschiedene, getrocknete Kräuter 
znm Vorschein, die za einem guten Wundsegen von n6ten waren, 
bekannte Hexenkränter, wie Wegwart, St. Johanniskraut, HundsrUben, 
Siegwnrs, VcgdOoraut, dann auch das kräftigste Kräutlein Ton allen, 
die geheünnüsvolle BoUwurz. Sie mufsten mit neugesddiffaiem Messer 
ausgegraben und durften nie mit blofsen Händen, km wenigsten mit 
der Linken, angegriffen werden. Die jungen Söldner nahmen einige 
von diesen Kräutern mit stummer Scheu in Empfang, um selbe, der 
Weisung folgend, am Halse zu tragen. Auf dem Grunde der Tasche 
bei den Hexenkräutern lag noch ein seltsames sorgfältig eingehülltes 
Stiir-k. das beinahe wie ein kleines altes Männchen aussah, eine 
Alr.uniwiir/el; sie war jedoch nicht feil. Vor kurzem noch von einem 
Zigeunerweibe erworben, sollte sie noch verschiedenen unlauteren 
Zauberzwecken dienen. 

Ein anderes Fach des Felleisens entliielt verschiedenes „heiliges 
Zeug", das ein alter Einsiedler wohl etwas unfreiwillig abgetreten 
hatte. Das waren Yerschiedene fromme Sprüche aus den heiligen 



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326 



äoldabeu leben im 30jährigen Kriege. 



Sclirificu atif feines Papier gosclirieben und in Federkiele gewckelt 
oder in hohlen Nüssen verwahrt Man hatte das Papier beimUGh 
unter eine Ältardecke gelegt und gewartet, Ins drei Messen daraof 
geleeen waren. Darunter befimden sioli auch gröbere St&ske, ganze 
Padcete und Büohleini hftufig das ETangelimn St. Jolumms enthaltend. 
Diese stammten mdstens Yon spaniaoben Söldnern, welche Ahidichee 
gerne mit sich trugen; bei den Deutschen war darnach nur geringe 
Nachfrage. 

Der Steckenknecht hatte inzwiscbon ebenfalls seine Kuxioeititen 
und Seltenheitea zurecht gelegt. Er zeigte ein Stück von einem 
Strick, an dem ein Übelthäter gehängt worden, getrocknete Wolfe- 
augen, Fledermausköpfe und haarige Gemskugeln. Man trug diese 
Sachen gewöhnlich in kleinen Säckchen, {refertigt aus der Haut eines 
schwarzen K;iters. Sie machten den Besitzer ..fest" und ^gefeit". 
Auch von der viel begeh rtot\ Waffensalbe hatte er pröfseron Vorrat. 
Sie feite ebenfalls den ganzen Körper, aber nur gegen Metaliwaffen 
und Kugeln; gegen den Knüppel der Bauern schütz sie nicht. Viel 
kostbarer war die Wundsalbe, weil zur Zubereitung Dinge notwendig 
waren, die nur schwer und selten zu erlangen waren. In kleinen 
Schächtelchen befand sich ein Pulver ans Hundsgebein bereitet, das 
man dem BttchsenpulTer beimengte, damit es keinen EnaU gäbe. 
Man brauchte solchee Putver fOx besondere Anlüsse, um einen Menschen 
heimlich wegzuschieJben oder aus dem Hinterhalte. Auch ein Nothemd 
konnte er zeigen. Das war in der Chiistnacht Ton einer unberOhrten 
Jungfrau im Namen des Satans gesponnen, gewoben und genaht und 
schützte mehr wie jede Panaernng; der Preis aber fUr daa seltene 
Stück war tSsL ungebtthrlich hoher. 

Nun hatte der Hufschmied ein groTsee Packet yon der Um- 
sehnfirung frei gemacht und den Inhalt auf dem Boden ausgebreitet. 
Das waren die stets verlangten Passauerzcttel in allen gebräuchlichen 
Formen und Arten. Es waren Stücke Papier, auf denen rerschiedMie 
Worte standen, oft in fremden und seltsamen Sprachen, oft waren 
es nur Buchstaben, dann auch irrofsere Sprüche, ferner Zirkel, Kreise 
und DrudenfUfse. Die Preise Iii rfi r differirten, je nachdem sie auf 
grobes oder feines Papier, auf Hostien oder auf Jungfornpergamont, 
mit gewöhnlichem Blute oder dem einer Fledermaus geschrieben waren. 
Ein weiterer Unterschied bestand noch darin, dafs die eine Gattung 
nur für einen lag, andere Zettel für längere Zeit, wieder andere für 
das ganze Leben schützten. 

Man trug de, in ein Säckchen genäht^ ebenfalls um den Hals 
gehängt, aber häuhgcr noch unter den liiücen Arm gebunden. Da 
Ton diesen Passaueraettelchen manche von versohiedenen Neugierigen 



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Die Organisation dm HillMr^lalimidfreieiui. 



$27 



trote des Verbotes geöfinet irurden, sind aoob wir in der Lmfi^ ihren 
Inhalt zu Terraten. Da stand s. B. „Hoxi, Pod, Foxi*'; auf einem 
anderen: nHax, pax, max, Dens aimax**. Andere Sprüche lauteten: 
„Teufel hilf mirl Leib und Seele geV ich dir^, oder: „Lümmel wehr 
dich!'^ oder: „Qrobiaa schlag zul** So spottete der Betrüger des 
Bethörten. 

Von diesen Paf^sanerzettebi erwarben sieb die jungen Söldner 
einige als besonders wirksam empfohlene Exemplare um einen ent- 
sprochenden Preis. Als Daroingabo crhioltoTi sio mn-h einige andern 
Zetteiclien, welch© sie in besoiidei-s verzweüeltcn Situationen ver- 
schlucken sollten. Sie versprachen aucli , ilire Mnsketen zu bringen, 
damit an ilmen der kundige Schmied die üblichen Zauberzeichen einätzto. 
Schlielslich händigte ihnen der Alte noch ein Stückchen steinhartes 
schwarzes Brod ein, welches in der Ostemacht gesäuert und gebacken 
worden war. Damit sollten sie ihre Watien ki euzweise überetroichen, 
dann wären es Notbüchsen und Notschwerter. 

Als dar Handel abgeschlossen war, zahlten die Jungen die nicht 
unbetrilchtliehe AbscUagssumme; Dir den Best sollten sie an den 
nflchsten drei Soldtagen aufkommen, dann schUdien sie gerftuschlos 
anrfick zu den Lagerreihen und krochen leise in ihre Hütten. Nun 
konnten sie getrost den Schweden gegenüber treten: Sie waren fest 



xxm. 

Die QrgaDisation des Mjlit&r-Fahiradwesens. 

Gelegentlich der vorjälirigen grofscu Kaisennanöver in Ost- und 
West-Preufsen sind zum ersten Mal in der preufsisdien Armee Ver- 
suche im grofsen Stile angestellt worden, den Radfahrer im Kriegs- 
dienste auszunutzen. Schon im Oktober 1S04 sahen sich einige 
Blätter in der Lage, nicht ohne eine gewisse Schadenrreude der er- 
staunenden Welt mitteilen zu können, dafs dieser Versuch, lange 
genug hinausgeschoben und fast ohne Vertrauen, ohne Glauben an 
£xfolg begonnen, nunmehr denn auch ak gesch^twi, fehlgeschlagen 
zu betrachten sei. Dem gegenüber hat eine Badfiüireraeitiing bereits 
festgestellt, dals die preufsiscben Manöver 1894 swar ein überraschendes 
Resultat in Bezug auf militSrische Brauchbarkeit der Bad&hrer er- 
geben haben, aber sum Heile unserer edlen Zunft ein gans anders 



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328 



Die Organisation des Militär-i^^iirradwesens. 



geartetes, als der trübe^ niederschlagende, weitgehende Hoffnungen 
verniditende Bericht jener vielleicht etwas TdreüigeD Zeitungen nodi 
hoffen Iie&. Man hat In 4er Hiat nichts bei dem grolsen Kriegs- 
Bpiele festgestellt, was man nicht schon wobte: nümlich, da(s Bad- 
&hrer gfinilich aufgeweichte, zerfahrene Wege nioht befahren können, 
ohne selbst von rüstigen Fniagängem überholt za werden. Ans dieser 
nur aUznbekaimten Thatsaehe will man nun km» und gat die SefalulB> 
folgening ziehen, ^Badtthrer sind militttiisch doch nur in den selteDstea 
Fällen verwendbar.'' Dieser Anaicht müssen wir zaatuumen, sobald 
man als foststehend betrachten will, daJs: 1. Chausseen, gute W^e, 
schlechte Wege mit etwa fufsbreiten, hartem Rande, einer Grasnarbe 
an den Seiten, nicht nur in PreuTsen, Rufaiand und Ungarn, sondern 
auch in Elsafs-Lothringen, der Rheinprovinz und Frankreich zu den 
„seltensten Dingen" gehören; 2. der Radfahrerdionst weit b^er und 
nutzbringender von wohlbeleibten, nach halbstündiger Fahrt in an- 
gestrenf^tem Tempo stark schwitzenden (sit venia verbo), im ]*'t7U'n 
Moment vor der Mobilmachung eingezogenen Reservisten veriseheii 
und ausgeübt wii J, als von Militärradtahrem im idealen Sinne, d. h. 
aktiven Unteroffizieren und Kapitulanten der Armee, welche auf 
jahrelange angespannte Übung nicht nur im liciUfulucu aliuin, sondern 
auch im Kailcnlesen , im militärischen Erkunduugsdienste, und, la^i 
not least, im richtigen Überbringen militärischer Meldungen zurück- 
blidcen können; also für den Radihhrdienst körpeiHch und geistig 
trainirt sind. 

In nSherer Begründung dieser meiner beiden Bedingungen, ohne 
welche ich das Todesurteil des militfirischen Radfikhrens nicht unter* 
schreiben kann, mOdite ich anfuhren: allerdings ist so ein absolut 
weicher Untergrund für den BadfSahrer ein absolutes Hindemüs; daher 

darf man einerseits auch die kostbare Zeit nicht damit verlieren, Bad- 
fahrer auf Wegen, welche nach fachmännischem UrteU für Rider 

nicht passirbar oder nur schwer passirbar sind, vorzuschicken — 
Reiter oder Fufssoldat mufs in solchen Fällen wieder an die Stelle 
des Radfahrers treten. Das Studium der Karten, besonders der 

topogi*aphischen, die Erfahnmgen der Landeseinwohner über die Be- 
schadenheit ihrer Wege zu den verscliiedenen .lahreszeiten eraiöglichen 
OS, die Fälle gänzlicher Unbraurlibarkeit der Radfahrer vorauszusehen 
und für Ersetzung der ausfallenden Überbringer von Meldunfren recht- 
zeitig zu sorgen. Died zugegeben bin ich andrerseits fcbt davon über- 
zeugt, das es geradezu bitteres Unrecht wäre, wollte man die R;id- 
fahrer für miHtarisch ülierliaupt nicht verwendbar erklären, lediglich 
weil sie auf weichen Wegen nicht iahrt-n kümien. 

Wie steht es denn um die Wegeverhältmsse auf unseren mnt- 



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Die Organlntion des HUitSi^Fahrradwesens. 



329 



malsUeheii KriegasdiAiipläftEen? OBt-Frankreicli ist übersäet mit 

Chausseen und befestigten Wegen; Ehafe-Lothringen und die Bbsm- 

provinz können sieh desgleichen nicht über Mangel an Wegen oder 
schlechte Beschafifenhoit der vorhandenen beklagen. Also mcnsch- 
Udier Voraosaicht nach mufs hier militärisches Radfabrwesen blühen, 
wachsen und gedeihen I Und im Osten? Preufsen, Polen, Litthauen 
allerdings stehen ja in dem Ruf, nur wenige und, mit Ausnahme 
einiger grofser Chausseen, zu gewissen Zeiten fast nur unpassirbare 
Strafsen zu besitzen. Die Ostseeprovinzen haben ein zwar weit- 
maschiges, aber vorzüglich beschaffenes Wegenetz, welche Thatsache 
Verfasser aus eigfener Ant»schauung bestätigen kann. Man wird also 
im Falle eines Krieges im Osten allerdings bei andauernd ungünstiger 
Witterung, d. h. wenn alle Wege durch aulialLendc ^dsso aufgeweicht 
sind, demnach auch zerüihrtin werden, die Mithilfe der Müitärradfahrer 
Yerh&ltnifsmäfsig nur sdten m Anspradi nelanoa können — das 
war ohne die Beweisliilinmg der Hanörer des 1. und 17. Korps Tor> 
ansKOseheni anzimefamen. Indessen, sollte nidit doch die grolbe KXlte, 
welche neben den sddedhten Wegen doch eine Haupteigensdhaft jener 
östlifllien und nordöstlidien Länder, wenigstens im Winter, sein soll, 
hier sieh als Bandesgenossen des Bad&hrers erweisen? Über g^ 
frorene, glatte Wege fährt man schneller als auf guter Chaussee ün 
Sommer; bei der Mehr/ald holperiger Wege wird sich ein fufsbreiter 
Streifen glatten, ebenen Bodens finden; das ermöglicht schon dem ge- 
wandten alt erfahrenen Badfahrer, mit unvermindeter Schnelligkeit 
zu fahren! Tiefer, weicher Schnee ist ohne Zweifel ein Hindernifs: 
friert es so stark, dafs die Schneedecke Fufsgänger trägt, was dort 
im Osten nicht selten ist, so saust das Fahrrad leicht darüber hin. 
Steigungen der Strafsen vermindern, falls sie nicht gar zu lange 
t^trecken belasten, die Schuülügkeit dcsliadlers nicht: durch schnelleres 
Fahren bergab wird die verlorene Zeit wieder eingebracht. Schliefslich 
wäre es doch nicht unmöglich, dafs man das Wegenetz unserer öst- 
lichen Grcüzprovinzen auch daraufliin einer Pmfung unterwürfe, oh 
es den Anforderungen eines Radfahrers genügen könne, und so 
besserte, da6 jeder Landweg (immer nur ein Fofe hreÜ harten ebenen 
Gmndes an jeder Seite wird rerlangt), ja jeder Fabweg Ton Bad- 
iahiem in nnyerfciirster Eile beiahren werden könnte. Wie die Sachen 
jetzt stehen, kann ich mich allerdings der Befilrchtong nicht TOr- 
sdilieAen, da& dies goldene Zeitalter der Wegeregnlirang zu Gunsten 
der Hilitärradfahrer noch in weiter Feme ist. Belgien hat uns in 
diesem Punkte überflügelt. Das Königreich wird in knnwr Zeit auf 
jedem gröfseren Wege eine meterhreite, aus Beton, wenn ich nicht 
irre, hergestellte Bahn für Radfahrer besitsen. Allerdings wird hier- 
für Ton diesen eine kleine Steuer erhoben. 



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330 



Die Or^^lBatioD des Militar-Fahrradwesoifi. 



Wir sahen, tlafs auch in östlichen Ländern der Radfahi*er 
Schnelligkeit und Ausdauer wha enUvickehi, also überhaupt gute 
Dienste wird leisten können. Denn das Kad hat doch Eigenschaften, 
welche für den Üherbringer einer iiiilifcilriSGhfill M«ldilDg uieht bodi 
genug angeschlagen werden kdnnen! Auf den Kilometer ledmet 
man ftir korse Strecken 2Vsf ^ längere 3V8 Minuten; Ruhe, YtiUm, 
StaUung — für daa Pferd unentbebrlioh — das Stalilroia kann aie 
gSnzlich nussen! Lautloe Reitet es in sausendem Tempo daliin; ~ 
wer will einen Badfaihrer mit der Kugel erreichen? Ja, wer will ihn 
auf grofsere Entfernungen im Gdlnde entdecken? Seine schnelle 
Yorwärtshewegung konnte ihn Tiell eicht verraten; ist der Radfahrer 
jedoch ahgesessen, so kann er sein Rad in jedem Graben, jedem 
Kornfeld, jedem Gebüsch, hinter jeder Hecke verbergen; auf freiem 
Felde braucht er sein Bad nur auf die Seite zu legen, vielleicht noch 
seine Zeltbahn darüber zu werfen, und niemand wird im Stande sein, 
mit Bestimmtheit zu behaupten, dafs dort auf dem Felde ein Zweirad 
liege! Die meisten Kavallerie- und Infanterie-Patrouillen würden 
wohl auf 2(KJ m ein verstecktes Rad nicht entdecken. Demnach 
resümire ich: die preuisischen Manöver 1894 entmutigen iins nicht, 
wir bleiben vielmehr bei der Behauptung stehen: der Radfahrer ist 
militärisch sehr wolil, ja vortrefflich brauchbar. Woher mag es denn 
ab* :r kommen, dafs die Versuche, deren Zahl Legion ist, und welche 
III jedem Manöver wieder angestellt werden, noch niemals ein 
wirklich befriedigendes, also ein solches Resultat gezeitigt haben, 
welehea dem BadMrer auch bd uns die Ihm nach unserer Meinung 
ankommende Stelle in der Armee sicherte? Das hat, wie ich auf 
Grund eingehender FlrOfung zum Teil miterlehter Yersudie ^aube 
sagen zu können, seine Ursache nidit darin, dals schlechte Wege 
und die Gebundenheit der Rad&hrer an die Wege, sein Rad zu einer 
oft Tursagenden, manchmal schwerfiUligen „Draisine'' maditen, sondern 
vielmehr darin, dals: 1. die benutzten Masddnen zum Teil hinter 
den bescheidensten Anforderungen zurückblieben; audk meistens Privat- 
eigentum der Fahrer waren; diese schonten begreiflicherweise ihr Kad 
häufig nur zu sehr; % die fiadfahrer oft mit veralteten Generalstabs- 
karten, vor altem aber wohl nur in Ausnahmefällen mit topographischen 
Spczialkarten versehen waren; 3. den Radf\\hrem unbegründeter 
Mangel an Vertrauen zu ihrer Leistungsfähigkeit entgegengebraclit 
wurde, daher häufig viel zu selten ihre Dienste in Anspruch ge- 
nommen wurden; 4. andererseits die Radlahrer aber manchmal Auf- 
träge der Art, zu einer Zeit an einem Orte erhielten, dafs ein 
trainirter Rennenfahrer, wie Zimmermann diesen Anforderungen nicht 
hätte genügen können, dafs mau also den Wirkungskreis der Kad- 



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Die OrgaiÜBation des Miiitär-Ffthnadwea»!«. 



331 



faiirer niclit auf das beschränkt hatte, was ein Radfahrer nach dem 
Urteil von Fachleuten zu leisten im Stande ist; b. die ganze 
Organisation des Militftrradfahrerwesens ab durchaoB ihrem Zwecke 
nicht ent8pre«heii4 wio» Erfüllung vUhuäst mmifigpdi maehead be- 
zeichnet weiden mala. 

Dies letKtere ist meiner Anacbt nach der Hanptgnind des 
Scheiterns aller Versnohe. Die pretüsisohe F^dienst-Ordnong von 
1894 giebt fär 4 FUlle die Erlaubnifs, dals an Stelle von Mdde- 
reitera unter Umständen Bad&hrer gebraucht werden können. Wir 
begrüTsen diesen Anlang des Fortschritts mit Freude, erUidcen in den 
Anordnungen der F.-O. auch eine Besttttigang unserer Ansicht, ilufs 
auf Grund gar keiner oder einer losen, wenig umfassenden Ch^anisation 
mehr kaum hätte verlangt werden können! Nur müssen wir be- 
dauern, dafe statt „müssen Radfahrer verwandt werden", stets 
,)können Radfahrer verwandt werden" geaehrieben steht. 

Wie waren denn aber die bislieriiren Versuche organisirt? Neuer- 
dings beginnt man ja in Preufsen damit, a icli Unteroffiziere im Rad- 
fahren wenigstens auszubilden (allerdings dann meistens nur zu ver- 
wenden, um im Quartier Post und Parole zu holen). Ja, es ist pro 
Bataillon die Erwerbung von 2 Rädern k ;3()0 Mk. in Aussicht ge- 
nommen; bis vor ganz kurzer Zeit, und bei manchem Armeekorps 
noch im letzten Manöver, aber waren als Militärradfahrer Reservisten 
thätig, welche in ihrem Zinlbenif dem Radfithrersporte huldigten. 
Da habe ich nun oft genug Gelegenheit gehabt, diese nme wackeren 
Zunftg^ossen bewundern und beneiden zu dfirfen. Mit wenigen Aus- 
nahmen wohlbeleibte Herren, wandelten sie u^rend des Miarsches 
hinter der Kolonne» ohne Gepad^ mit stets ofibnem Kragen, nach Be- 
darf offenen Knöpfen, auf ihre Hasdüne gestütet, «nher. loh 
habe im ganzen Manöver 1893 und 94 keinen Radfahrer während 
des Marsches dienstlieh fahren sehen. Ich selbst sollte einmal die 
Bagage auf meinem Rade herbeiholen, ich durfte aber mein Rad als 
dienstthuender Frontoflizier nicht hinter der Kompagnie herfüliren, 
somit befand sich mein Rad bei eben der Bagage, welche ich holen 
sollte! Begann nun das Schiefscn, so zogen sich die rndfahrenden 
Reservisten zur Reserve zurück und suchten sich hier ein geeignetes 
Plätzchen zur Ruhe. Hörte -man das Manöver „abblasen'* , so kam 
das scheinbar entÜohene Leben in die Radier zurück: „einzeln, in 
Paaren, zu zweien und dreien" sausten sie an uns vorüber dem 
Quartiere zu. Gebe der Ilnuniel, dal's sie wenigstens den Auftrag 
hatten, die etwa 3 Stunden später erfolgende Ankuult ihrer Truppen- 



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332 



Die Chrgaaiaatioii des HiUtär-Fahrradw^ens. 



teile 7.U melden. In obiger Weise war anhero das Müitarradiahrwesea 
orgaiiisirt'). 

Ich kann luich der Überzeugung nicht verschlielseu , und jeder 
Fachuiaim wird mir darin zustimmen, dafs auf diese Weise nicht 
einmal ein Überblick, ein Urteil über die Leistungsfähigkeit von am- 
gebüdeten und trainirten Rad&hreni, ^eehweige denn ixgmd ein 
nennenswerter Erfolg erzielt werden kann. Es ist nicht zu yerlangen, 
es ist undenkbar, dafs ein Beserrist, mag er noch so eifrig in und 
neben seinem Berufe dem Sport des Rad&hrens huldigen, plötzlich 
auch den Anforderungen genügt, welche man an Militänad&hrer 
stellen mnfs. Es ist mir schon zweifelhaft, ob sJle „Zivfl-Bad&hrer'^ 
in einer ^^Form*^ sind, dais sie ohne Weiteres \-ieIleicht wochenlang 
tIgUch 100 -150 km im schnellsten Tempo &hren können? SoU 
aber ein Militärradfiahrer etwas nützen, so mufs man obige Leistni^; 
als das Mindeste, was m verlangen ist, hinstellen. Das ist aber nur 
durch andauerndes tägliches Trainiren zu erreichen. Aus diesem 
Grunde schon, der doch an und für sicli genügt, kann man jährlich 
auf einige Zeit zur Übung einberufene Zivilradlahrcr nicht uls Militär- 
radfahrer benutzen. Aber selbst, wenn diese conditio, sine qua non 
von einzebien Zivilmdfahreni anstandslos orfüllt würde, wenn man 
das Versagen der Kürjierkralt nicht zu befürcliten brauchte, so sind 
Schnelligkeit und Ausdauer doch wahrlich niclit die einzigen Eigen- 
schaften, welche wir von dem Überbringer einer militärischen Meldung, 
vou einem ratrouilleufulirer erwarten. Nein! Der Militärradfahrer 
mufs auch militärisch gebildet sdn. Denn wird er nicht manch- 
mal genötigt sein, einen Gefechtsmoment zu beurteilen, seinen Ent- 
schluls hiernach fassen, seine Meldung hiemach einrichten müssen? 
Wird doch jede Infanteriepatronüle schon häuüg ?or die schwierige 
Frage gestellt: „Ist das, was ich sehe, so wichtig, dais ich es zarftck- 
melden muls? Oder soll ich Zeit und Kraft sparen? Waa ist bei 
dem, Ton dem, was ich sehe^ das Wesentliche?" Wieviel mehr eine 
PatrouiUe von Radfahrern, welche, auf weiteste Entfernungen ent- 
sandt, wirklich nur Wichtiges, Dringendes melden darf. Dies Unter- 
Bcheidungsrermogen , Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen, 
ist nur den wenigsten Menschen als Gabe von der Natur in die 
Wiege gelegt: gründliche Kenntnifs der Felddienst-Ordnung, der Regle- 
ments, tägliche Übung, welche Erfahrung zeugt und befestigt, sind 
aber wohl im Stande, dem Manne genügende Auf&ssungs&higkeit, 

^) Easab^Lothruigmi allerdings sott auf seinen Straben und Wegen sehr 

häufig den Anblick daliersauscndcr Meldefahrer haben gonielfleik kOnnen. Man 
Kit Iii infolgedeesen das Fahrrad dort weit freundlicher an, ah im hohen Nord«» 
Deutschlands. 



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Die OrgMiisftUoD dea Militär-f ahmdiroflena. 



333 



Veret&ndnifs für seine Aufgaben zu p;eben. Die Kunst endlich, eine 
kurze, klare, erschöpfende militäriuche Moldung zu schreiben, will 
auch erst gelenit und geübt sein. Ebenfalls mufs jeder Militär- 
racitalirer ein übersielitlichcs Kroki zeichnen können. Wird jeder Re- 
servist, der radfahren kann, aucli zeichnen können? Wird er im 
Stande sein, topographische wie Gcucralstabskarteu zu losen V Das 
ist notwendig; denn hftnfig wird ein Umweg rascher an's Ziel führen, 
als die gerade Linie: müssen docb Steigungen und Bodenbeacha£fenheit 
der Stralseii peinHch genau bei der WaU des Weges beachtet weiden. 
Ein MiUtSrradfalirer wird .unter Umstftnden sogar Aber Gunst oder 
Ungunst des Gelilndes t&t den rorliegenden Qefechtszweck zu ent- 
scheiden haben; ohne Untenieht und Übung wird diesem Verlangen 
wohl kaum enisproohen werden können. Es darf nieht unerwShnt 
bleiben, daSk ein aktiver Soldat auch die richtigo Verwendung seiner 
Waffe, des Gewehrs 91, besser verstehen wird als ein Reservist, der 
vielleicht in seinem büi-r^erlichen Berufe niemals ein Gewehr in die 
Hand bekommt. Schliefslich verlangen der militärische Melde- und 
Patrouillendienst doch eine Gewandtheit des Geistes und Körpers^ 
eine ^Findigkeit", Verschlagenheit, Entschlufsfähigkeit des Mannes, 
welche nach meinem Glauben nur der 20. Mann durch jahrelange 
Übung sieh in derjenigen Vollkommenlieit wird aneignen können, 
welche ohne allen Zweifel nötig ist, um als MiUtärradfahrer Nutzen 
zu schaffen. 

In der Ansicht aller dieser unabweisbaren Anforderungen, welche 
man an einen Militärradfahrer stellen mufs, scheint es mir fast un- 
möglich, sich dem Zwange der notwendigen Schufsfolgening zu ent- 
ziehen, daXü aus den Reihen der aktiven Soldaten die Militai i adiabrer 
heraussmsuchen sind, sowie, dais Radfahrer für Reserve- und Landwehr- 
truppenteüe dem Aktivstande sn entnehmen sind. 

Nach einjähngem Dienste in der Front ihrer Waffe>) würde die 
Aiubildnng von kdrperlich besonders gewandten Leuten zu MilitiLr* 
radf&hrem beginnen. 

Sie h&tte sidi neben dem tiigliohen Training im Fabren zu ei^ 
strecken: auf den Unterricht im Kartenlesen, in der Lehre vom 
Gelände, im Schieisdienste, in der Kenntnifs des Notwendigen aus 
den Dienstvorschriften für die 3 Waffen , sowie der in Deutschland 
neu herauszi^ebenden: „Dienstvorschrift für Milit&rradfifthrer**, in dem 
Abfassen von Meldungen und im Krokiren. 

Die beste und vielseitigste Ausbildung des Mannes jedoch würde 
umsonst erarbeitet sein, wollte man als Maschine ein Rad w&hlen, 

'} Der Eavalloie oder In&aierie. Die Ärtilterie wird wohl kehieD Aa- 
sprach anf RsdUiFer madten. 



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334 



Die Oigtübatbii des MUit&^F•hmdwe■elUL 



welches nicht ohne Rücksicht «luf den hohen Preis mit allen Erfindungen 
und Entdeckungen gerade der letzten Jahre versehen und erhaut 
worden wäre. Die Erfahrungen unserer Zivil- Rad fahroT-Vereiniö 
werden den besten Anhalt bei der Wahl des Radea geben. 

Es wäre im Interesse des Ki-folge» dringend zu wünschen, wenn 
in dieser Frage die zuständigen Behörden keine hier in der That un- 
angebrachte Sparsamkeit walton liefsen. Jeder nennenswerte Abzug 
am Preise des Rades würde heute noch eine Vermindening seiner 
Leisiuügsfahigkcit bedeuten. Allerdings ist es ja zu wünschen und 
auch wohl anzunehmen, dals im Falle endgültiger Einführung des 
Fahrrades bei der Armee mäi eine deutwshe Fabrik die Kundschaft 
der Heeresrerwaltung durch annehmbare Prelsetellimg riehem würde. 
Die Forderung gleidbrn Leistttngai aller in der Armee angestdltea 
Radfahrer macht es notwendig, dala auch alle bennteten if^^ftkiwAn 
bezü^ieh ihrer Haltbarkeit und Schnelligkeit gleichwertig rind. Be- 
sonders möchte ich hier noch aufmerksam machen auf den im „Vdooe- 
Sport'' Tom 3. Januar 1895 besproclienen Yolom^tre des Marquis de 
Place; denn diese genial einfache Erfindung ermöglicht es dem 
Fahrer, zu jeder Zeit mit mathcmattscher Genauigkeit die Länge der 
zurückgelegten Strecke, somit die eigene Geschwindigkeit, also auch 
die Zeit, innerhalb welcher das Ziel erreicht werden wird, festzustellen. 

Nicht minder wichtig als die Maschine ist die Bekleidung des 
Fahrenden. Die deutsche Infanterie- und nun gar Kavallerie-Uniform, 
einschliefslich Drillich-Jacken und -Kittel iai aber der denkbar un- 
zweckmälsigste Anzug für den Radfahrer. Tuchrock und iiose lassen 
die Verdunstung des Körpers nur in voUkommen ungenügendem Mafse 
zu, der Rock ist sehr eng, bei dem vorläufig ja auch nur probeweise 
gctrageueii Klappkragen ist die Halsbinde, die saugend umschUelseude, 
stehen gebUeben, die Stiefel, wie die Schnürschuhe sind schwer, ja 
,)klotzig'^, die FeldmÜMse hindert die Verdunstung aus dem £opfe, 
besitzt keinen tot den sengenden Sonnenstrahlen wirklich sohataenden 
Schirm. Den Hehn wird wohl niemand ^em Badler anf bSrden 
woHen. Der Kittel, die Litewka ist nun zwar weit, aber doch (&t 
Radler zu schwer; die Verdunstung wird durch das fliebartige Zeug 
wohl nur mühsam Ton Statten gehen können. Die Drillichjacke 
dürfte im Winter zu wenig gegen Kälte schützen. In dieser Frage 
der Radfahrerunifonn mufs die Unantastbariceit der Uniformen durch- 
brochen werden. Es ist nicht einzusehen, was es denn dem Heere 
schaden würde, wenn man seine Radfahrer in graues Trikot kleidete. 
Gerade aufgerichtet kann man weder schnell noch lange fahren: 
Diese strnflfe Haltung wird jeder niilitäriscU gut erzogene Radfahrer 
wieder annehmen, sobald er abgesessen ist. 



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Die Organiaatiou des Militär- Fahrrad weaens. 



335 



Das warmhaltende, die Verdunstung begünstigende, anschmiegende, 
jedfir Bewegung, selbst der heftig arbeitenden Brust, nachgebende 
Trikot ist als der allein richtige Anzug von sämmtlichen Zivih-ad- 
iahrerrereinen bereits anerkannt worden. Ans wdfihen GrOnden 
wollte man dcb diese prakttache Er&hmng nicht pzoni Nu^n*^ 
machen? Filr die kalte Jahresaseit Wörde eich ein etwas schwererer 
Trikotstoff empfehlen — nach meinen dgenen Ei&hruiigen schiltst 
derselbe in durchaus genügendem Maise gegen die I^filte; denn das 
Radfahren erzeugt von allen körperhchen Thätigkeiten bei weitem die 
gröfste Hitze des Blutes. Für die Ruhe (Biwak) wäre ein sogenannter 
Poncho, der bis auf die Kniee herabfiele, zu empfehlen. Derselbe 
könnte aus nicht zu schwerem wasserdichtem |,Loden'' gefertigt sein. 

Als Ausrüstungsstücke des Militilrradfahrers möchte ich in Vor- 
schlag bringen: das Gewehr 91, einen guten RcTolver, topographische 
und Generalstabskarte, ein gutes Fernglas, für jeden 3. Mann einen 
dünnen, festen Strick, der etwa 10 Meter lang sein könnte, Handbeil 
und Handsäge, Radreserveteile und — Meldekarten. 

Haben wir unseren Militärradfahrer nach obigen Grundsätzen 
ausgebildet, angezogen, ausgerüstet, dann, aber auch nur dann können 
■wir von iluii verlangen, dafs er nicht nur aui guter ebener Chaussee 
rasch lahren kann, sondern dafs er auf weitere und weiteste Ent- 
fernungen bin Sdmelligkeit vnd Ansdaner mit Findigkeit, Verschlagenheit 
nnd Entsehlulsföhigkeit Terbindet, somit als Patronillenfahrer gute 
Dienste leistet. Je l&nger der zurückzulegende Weg ist, desto häufiger * 
wird man finden, dafe der Radfahrer Umwege gemacht hat, hierdurch 
schlechte Wege yermied und dadurch, dals er den weiteren besseren, 
den guten Weg mit einer andauernden Geediwindigkeit Ton 3 Minuten 
pro km zurücklegte, doch noch schneller an's 2Kel gekommen ist, als 
ein geradedurch auf dem weichen Wege sprcn^rfmder Reiter. 

Sollte eine Goländebildung sich darin gefallen, in fortwährender 
Abwechselung uns bald lange Steigungen, bald ebene Strecken, bald 
weichen, bald harten Boden zu zeigen, so könnte man vielleicht im 
Marschdienste, gewifs aber bei Rclaisbildungen, Patrouillen aus Reitern 
und Ratlfnhrern mischen und so jeder „Waffe" das ihr eigene Feld 
der 1 hätigkeit zuteilen. In welchen Füllen könnte demnach der Rad- 
fahrer als Patrouille oder Meldefahrer Verwendung finden?*) 

1. Um einer aufklärenden Kavallerie-Division den rückwärtigen 
Meldedienst abzunehmen. Die Radfahrer könnten u. a. eine im Tempo 
der niarscbirenden Truppen vorrückende RelaisUuio zwischen der 
Kavallerie-Division und der Armee bilden. Diese Relaislinie wfirde 

\) Sielio Graf Rantzan: ^Zur Orgsnisatioii des MilitSxradMrweiens'*, 
Berlin, bei Liebel 1894. 

JakrfeMiMT Ar di« D«nU«h« Anw« uid IbriiM. B4. M| 8^ 23 



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Die Organisation de« Hilitär-FahrradweBena. 



auf den für lladfalaer gut passirbaren Strafseu zu stellen sein. Die 
Kavallerie hätte die Fühlung mit cmem der ersten ßelaiaposten auf- 
recht zu erhalten. 

2. Ab Mdde&hrer in der auf Straften maFsdamdsn Kolonne. 

3. Als Spitze tot der InfiuiteriespitEe. Einem Trapp von 
12 Rädern wflren einige Reiter beizugeben. Sehwierigiceiten dee Qe- 
landes bitten die Radfabrer abgeeeesen zn überwinden. (Dann bfitten 
die Reiter das Uelden zn übemebmen.) Den Verlust an Zeit ffir die 
Radfahrer würde grössere Scbnelligkdt auf &lirbaren Wegen wieder 
einbringen. Das Zorttciknielden würde grondstttilicfa den Radfiüirem 
zufallen. 

4. Als Patrotdlle auf weitere und weiteste Entfernungen. 

5. Als Seitentmpp. Eine Eisenbahnzerstörung, die Unterbrechung 
einer Telegraphenleitun«^, die Sprengung einer Brücke, tlie Beobachtung 
des Feindes in der Flanke würde ein Trupp von 12 Eadfahrem oiclit 
selten austuhren können. 

6. Als Meldefahrer derjciiij^en Gcneralstabsoffiziere, welche auf 
Yerschiedcneu Punkten des» Schlachtfeldeö zur Beobachtung stutiouirt 
sind. Ein Relais yon Radfahrern würde hier wohl auch gute Dienste 
leisten. 

7. Als Meldefahrer im Vorpostcndienst der Kavallerie imd In- 
fanterie. 

8. Im Eti^pendlsttste ab Melde- nnd Patronineiifahrer. 

9. Ab Überbringer der Befehle nnd Postsachen in die Quartiere. 

10. Ab Melde- nnd Patronillwifabrer im Festnngskriege, welcher, 
den Sturm ausgenommen, lür den Angreifer wie iür den Vertddiger 
doch nur ein Vorpostendienst im greisen Maibstabe ist Die Festungen 
könnten sich unschwer mit einem Netz fUr Rfider &hibarer Wege 
umgeben, Uhes die wichtigsten Punkte dos OelSndes umgarnen würde. 

Ich halte es nicht fttr zweckdienlich, mehr als 12 Rad&hrer (s. 
o. 1., 2., 3., 5.) zum Trupp zusammenzustellen 0> Allerdings soll im 
Kaiser-Manöver 1894 gerade ein gröfserer Trupp von Radfahrern 
durch t^erraschung einen guten Erfolg erzieU haben — für solche 
Ausnaliniefalle kann ja ohne Mülie aus den Kinzelfahrern ein solcher 
Trupp fomiirt werden. Man braucht sich indessen nur die Länge 
einer Marschkolonne vun 200 Radfahrern: etwa 500 m, zu vcrueiren- 
wiirtigcn, um die Unbehülfiichkcit, die Unfähigkeit eines solchen Trupps, 
auizurriariichircn, sich nach vorne zu entwickeln, klar vor Augen zu 
haben. 

>) Oberstlicutcnant Massaglia („das Fahrrad im Kriege^' 1892) ist der ent^ 
gegengesct/fni Ansicht. Kr ^rlilagt vor, 200 Radfahrer als „fliegende Kom- 
paguie"* X. B. eiaer aufkliireadea lUvaUerie-Division beizugeben. 



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Die OrgaciMtioii dm MOitftr-Fkhrnidwageiu. 



337 



Obigen Aufgaben jedorh ^viirde ein folgondeniuUsoii orguiisirtes^) 
Militärradfahrweson gev, arlist n sein: 

T)ie aktiven IVu] ! enteile der Infanterie und Kavallerie bilden 
80\iel Radfahrer aus, dafs aus diesen Aktivbeständen bei den Kriegs- 
foruuitionen jedes Infanterie-Regiment*) 4 Ordonnanzradfaliror: je 1 
für die ersten 3 Bataillonsstäbe, 1 für den Regimontsstab: 12 Rad- 
fahrer (unter dem Kommando eines als Radfahrer ausgebildeten Offi- 
ziers) zur Verfügung des Regiments -Kommandeurs, jedes Kavallerie- 
Begtment 8 Badldirar (unter dem Kommando einee ab Bad&Iirer aua- 
gebfldeton Offisaera) nr Verfügung des Rcgiments-Kinninaiidetifa erhttH. 

Avlaerdem «ftren noch in den größeren Featongen besondere 
Bad£Bi}iTerabtoilimgen zu fbnniren, deren Starke sich nadi der GiOise 
der Festung richten wärde. 

Am Ende meiner Ansftthmngen mochte idi noch betonen, dafii 
Bayern als «mziger Staat bereits pro Bataillon 2 Militär-Radfahrer 
besitzt. Alle anderen Staaten, u. a. England, Rulisland, Frankreich| 
Italien, Portugal, Österreich besitzen keine so feste und umfiusende 
Organisation. Auch in der preuTsischen Armee beschränkt man sich 
im Wesentlichen noch aof Versuche. Wann werden wir weiter kommen? 

74. 



XXIV. 

Zur Oeschichte des städtischen Kriegswesens der 
Ma«rk Brandenburg im 16. Jahrhundert 

Von 

£• Schnackenbarg, Oberstlieuteuant a. D. 

Stehende Heere, ohne welche die Kulturstaaten der Gegenwart 
ihr Dasein ernstlich bedroht erachten würden, gab es bekanntlich im 
Reformations-Zeitalter noch nicht. Die im Kriegsfe-Ue aufzubringenden 
Streitkräfte ergiinzten sich auf dreierlei Art: Geworbene Truppen, 
also Söldner, welche gegen gute Bezahlung Jedem dienten, der 

1) Siehe : Graf lUntiau: „Zur Oiganisstioii des MiUtlnradfthrwesens** Berlin, 

bei Liebel 1894. 

') Entsprechend bei den Jäger-Bataillonen. 

*} Siehe: Puttkamer, Dm Itad&hr«&, E. S. Mittler 6. 1804; Stedel- 
mann, Das Fahrrad, £. S. Mittler & S. 1802; Massaglia, Die Fahrrader im Kriege, 
Leipzig bei L. Weber 1892 ; OrafRaataau, Zw OrganiBation des Militftrrad&far- 
WMensy Berlin, bei Liebel 1804. 

23* 



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338 



Zur Oeochichte de« atädtiachea KrieigpwQseiui 



ihrp Dienste begehrte; ferner das fürstliche Lehnsgefolge, d. h- 
die Ritterschaft, und die Landesaufgebotc. 

In der Muik iirundeiiburg stand die böcliste Aufsicht über d«4S 
Kriegswesen den von dem Kurfürsten ernannten Landeshauptleute 
zu. Der Kriegsdienst war derart geregelt, daft der Adel die Retteret, 
die StSdte dae Fufkrolk stellten. Aber schon im Anfange des 16. Jahr- 
hunderts erhoben sich unablässige Streitigkeiten über die Zahl der sa 
stellenden Lehnspferde und Manns ch aften. Es bildeto sich schieJaUch 
als Regd heraus, daJs die Zahl der adeligen Reiterei sich za der dea 
stftdtischen Fulsvolkes wie 1 ; 4 verhalten, dals in den Stftdten der 10., 
in dringlichen Fällen der 5. oder auch 4. Mann gestellt werden solle. 
Von Zeit zu Zeit mulsten die Landeshauptleute Musterungen ab- 
halten über Ritterschaft, und Fufsvolk, bei welcher Gelegenheit sieb. 
die Streitigkeiten über die Zahl der zu gestellenden Pferde und Mann- 
schaften rcgclmäfsig zu wiederholen pflegten. Rei den sehr nach- 
lässig betriebenen Musterungen wurden keinerlei Übiuigen angestellt 
und auch in den Ötiltitcn solche nur in sclir besclieidoncn CJrenzen. 
Kein Wunder, dafs die Landesaufgebotc, deren kriegerischer Wert 
sich ohneliin kaum mit dem einer ßiirgerwehr oder Nationalgardc 
der neueren Zeit vorgleichen läfst, mehr und mehr verfielen und zu 
Ausgang des IG. Juhiliunderts nur ein Seliatteu der Irühereu \'ulk&- 
bewafTuuug noch vorhanden war. Aber auch das staatliche Bewufstsein 
war dem Adel wie dem Bürger verloren gegangen; in der Luft 
schwebte der Staat als ein Sohattengebilde, ittr dessen Verteidigung 
Niemand sich in firoher Kriegsfireude begeistern wollte. Er mochte 
sich selbst verteidigen, wenn er dazu im Stande warl 

Ober die Organisation des städtischen Kriegswesens in der 
liaik Brandenburg im Einzdnen wissen wir sehr wenig und daa 
Wenige ist sehr lückenhaft. Einen kleinen Beitrag zur Geschichte 
dessellM^n fand ich in den „Manuscripta borussica'^ der Königlichen 
Berliner Bibliothek (fol. 317). Er bezieht sich auf das Kriegswesen 
der Stadt Ruppin und bietet doch einen kleinen Anhalt, wie es 
um dasselbe und namentlich um die (jl(on<imischc Seite desselben be- 
stellt war. leb gebe die a. a. 0. beüudliche handschriftUche Auf- 
zeichnung im Wortlaute wieder. 

„Ruppin war eine Kolonie der Grafen (von Ruppin), hob sich 
aber zu einer bedeutenden Gröl'se. Der Ort war fest, mit hohen 
Mauern, Wällen und Graben versehen. Einige 70 Wachthänser auf 
der Mauer wuidL-ji bei Zeiten der Gefahr mit MaiiiisLiiaii besetzt, 
welche mit Schilden, Panzern, Armbrüsten, Lanzen, llellebardeu etc. 
ausgerüstet waren, die aber in der Folge den Büchsen weiche 
muTsten. — Die Stadtnüliz stand unter Hauptleuten und Ffthndridis, 



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der Hark Brandeabuig im 16. J«hrliundect 



339 



welche alljährlich eine neue Uniform (ITofgewand) von dem Magistrat 
erhielten, aber von den Orafen gewälilt wurden. 

Ein eigener „ Harm sc h putz er", dem im Jahre 1530 versichert 
wurde, der Rat der Stadt wolle ihn „vor einen Piper newen dem 
Tnimmelschlägtr auuehuieu und gebruken, unimer Geld^, besorgte 
die iieiiiigung der Waffen und Gewehre, und ein Musterer, der ge- 
wölmlich von Adel imd in kuTfUntliGhen Diensten war, und alle 
3 Jahie lon den FriegDite'schen und Buppn^scfaeii Stielten ein seidenes 
Ehrenkleid erhielt, übte die Miliz zu gewissen Jahreszeiten in den Waffen. 

Im Jahre 1583 mnlste die Stadt Rupfnn auf Befehl des Eurf&rsten 
(Johann Georg) zu einem Feldzug 150 Mann stellen. Vier und vier 
BüTger (P&elblirger genannt) mulsten einen Mann aufbringen. Jeder, 
der sich dazu annehmen liefe, erhielt einen halben Thaler Wartegeld. 

Zu ihrer Besoldung ward folgender Anschlag gemacht: 

1. 00 doppelte Söldner^), jeder monatlich 6 Gulden — 3G0 Gulden. 

2. 60 Hakenschiitzen „ „ 5 ^ ^ 300 Gulden. 
Diese zogen aus mit Panzer und Helm gerüstet. 

3. 30 Mann mit langen Spiefscn, Federapiefse ge- 
nannt, ohne Harniscli, jedem monatlich ö Gulden — 150 Gulden. 

4. Für die sie bogleitenden Gesandten des Bats 

sammt deren Dienern monatlich . . . . . . — 100 Gulden. 

Monatliche Summe: 010 Gulden. 

Die Unkosten wurden dazu auf folgende Art aufgebracbt : Von 
165 vornehmen Bürgern gab Jeder monatlich zur Erhaltuiig des 
Militärs 2 Gulden, minder Vornehme IVa Gidden, gemeine Brauer 
i'/a Gulden und gemeine Bürger 1 Gulden. Und die übrigen Ab- 
gaben (bemerkt der Chronist) mochten doch auch wohl so ganü ge- 
ring nicht sein." 

Aul dieses stadtische Kriegsvolk wird man die Braeichnung an- 
wenden dürfen: teuer und schlecht. — Dem Knrfärsten wurde 
es zu sdnem GlQok erspart, dafe die wahrhaft klSgliöhe Wehr- 
ver&ssung seines Staates auf eine kriegerische Ftobe gestellt wurde. 
Sto wttide dieselbe übel bestanden haben. Aueh unter seinen Nach- 
folgern, bis zum BegiemngBantritt des GroJsen Kurfvirsten änderte 
sidi an derselben wenig; es gelang nicht, die alte Art der Landes- 
bewaffinmg in ihrer einstigen Tüchtigkeit wieder herzustellen, noch 
sie in anderer Art von Neuem aufleben zu lassen. Wohl mag 
Friedrich der Grofse in seinen „Mömoires de Brandebourg" 
(Oeuvres I. 48) Recht haben, wenn er urteilt, dafs, falls es gelungen 
wäre, dn stehendes Heer von 20000 Mann während des 30jährigen 

>) Ein Anrecht auf doppeltes (abnhaupt höheren) Sold begrOndete be- 
sonders die bessere Bews&iiuig mit Hdlebarden, Schlschtschwerten und Hanisch. 



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340 



Ekine heere^geachichtlicbe Mittdlungen. 



Krieges m erhalten, dem Kurstaate ein Teil der Schicksale, deren 
Beute er wurde, erspart worden wäre. 



XSLY. 

Kleine heeresgeBchichtliche Mitteilungen. 

1. Aus einem Schreiben des Oenerals von MüjBTliug (aus 
Blücliers Hauptquartier) an den Herzog Karl August Yon Weimar, 
d. d. Bery au bac, den 20. Mttiz 1814. 

. . . „Der Cteneral Baxdsy machte tot einiger Zeit das treffHche 
Bonmot: „jfVm fehlen zwei Sadien: Ein Strick, um die Bchlesische 
Azmee festBuhalten, und eine Peitsche, nm die gioim Armee an- 
sntreibeD!^*^ Da es bey den beyden Armeen fehlt — mochte man 
hinzusets^ so mddite bei der Nord-Armee Ein Kopf zu viel sein; 
ohne C. JA) ständen unsere Angelegenheiten höchst brillant ..." — 
n Übrigens mulli ich zu unserer Schande bekennen, dab Alles was 
Napoleon hier zwischen der Aisne und Seine gegen uns') und die 
groiae Armee') hat, nicht mehr als gegen 90/m Mann beträgt. Unsere 
Armee ist aber nach der heutigen Tagesliste hier auf der Stelle 
112/m Kombattanten, darunter 27/m Kavallerio und gegen r>00 Ka- 
nonen. Die groiae Armee ist über 70/m (da sie gegen Augereau de- 
tachirt hat), also haben wir das Doppelte. Unser schöner Sieg bei 
Laon ist schlecht benutzt worden, weil wir die tute Idee hatten, den 
10. auf dem rechten Flügel mit Übermacht angegriffen zu werden. 
Indefs die Offensive Napoleons vom 23. Febniar bis 10. März gegen 
uns ist doch ein guter Aderlafs gewesen. Ew. Dureiiiauclil La^e ist 
höchst unangenehm durch den unseeligen Kronprinzen, der, wie wir 
jetzt ezfahren, piquirt ist, dals man ihm die Armee genommen bat, 
und dalttr nichts thnn wiU, bis man ihm die Thietaten erfttUte — 
(naeh denen ihm Biilow nnd Wintzingerode gehören). Indeüs wenn 
die EngUinder Ton ihm eine Veistärkong vor Antweipen Teilaogen, 
so wild er sich wohl finden; denn er biaucht dieee Leute . . 

- R. - 

2. Rettnng eines englisdieiiPllllien Tor der Gefangenschaft. 
Über die Rettung eines Prinzen und z?rar des Herzogs Friedrich von 



') CarlJühaun, Kronprinz von Sch\^ eden (Bemadotte). — Die BiQcher'scha 
Armee. ~ *) Unter Fürst Öcliwttrzeaberg. 



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Kleine heerettgeachiditüche MiUeiluugea. 



York, eines Solinos König Georgs HI. von England, vor der Gefaiigon- 
schaft berichtet die Lcbensgeßchichte eines der Retter, des damaligen 
Sekond - Lieutenants im landgräflich Hessen - CassuI scLen Garde- 
Groniidier-Kegiinente Ludwig von Uslar, das Nachstehende: Am zweiten 
Tage der für die VerbOndeten so uaglückHclkeii ScbUusht bei Tourccniig, 
dem 18. Mai 1794, nahm Uslar rOhnüicheii Anteil an der Errettung 
des Herzogs Friedrich von Yoric, welcher in den fluchttUmlichen Rück- 
zug der von ihm heföhligten Eolonne Tenridrelt, nicht mehr durch 
Rouboiz nach Loimoy entkommen konnte, sich daher mit seinen Be- 
gleitern, welche zum groDsen Teile den ?omehxiisten englischen Fa- 
milien angehörten, auf Wattrdos wandte und, als er auch hier von 
den Schüssen der Franzosen empfangen wurde, von der Strafte abbog, 
um querfeldein, am steilen Ufer der Espierre entlang, durch feind- 
liche Reiterabteilungen verfolgt, die Brücke von Leers zu erreichen. 
Seinem Stabe vorauseilend, traf er auf diesem Ritte mit wenigen Be- 
gleit<>rn die von der Kompagnie des Hauptmanns von Trott ge})ildete 
Nachhut des obengenannten hessi.schen Regiments, bei welcher als 
Offiziere der Premier-Lieutenant von Buttlar, der Sekond-Lieutenant von 
Uslar und der Fäbnricli von Lossberg standen. Sie hatte unweit der 
gesuchten Brücke Aufstellung genommen. -Die Grenadiere riefen dem 
Herzog zu, dafs die Brücke ganz in der Nähe sei, aber olnie die 
"Weisung zu beachten, jagte dieser an Jcr Kompagnie vorbei, sie zum 
Ausharren ermahnend und für den Fall seiner Rettung reiche Be- 
lohnung versprechend, durchwatete za Fu&, sein Pferd am Zügel 
nachfahrend, den tiefen Schlamm und das seichte Wasser des Flfibchens, 
sais jenseits wieder auf und gelangte bei Leers glücklich in den Schutz 
der dort befindlichen Österreicher. WIhrend dieser Zeit war die etwa 
100 Gewehre starke Kompagnie den heransprengenden feindliehen 
Reitern mit geAUtem Biyonett entgegengetreten und hatte sie ver* 
anlalst, nach Wattrelos zurückzueilen, dann brach Ton mehreren 
Sdten eine Übermacht gegen die Hessen vor, verlegte ihnen den 
Rückweg über die Brücke und nötigte sie, die Espierre zu durch- 
waten. Es entstand ein wildes Handgemenge, Hauptmann von Trott 
fiel, mehr als ein DritttcU seiner Leute wurde getötet, verbindet oder 
gefangen genommen. — Die Hessen erwarteten nun die ihnen in 
Aussicht gestellte Belolinung. ihrem Ausharren und dem Aufent- 
halte, zu welchem der von ihnen geleistete Widerstand die ^'erfolger 
genötigt hatte, war offenbar zu danken, dafs der Herzog nicht in die 
Gewalt des Feindes fiel. Sein Dank bestand in der Übersendung 
von 100 Pfund Sterling (2000 Mark), davon waren für einen jeden 
Offizier R'/g Guineen (nicht ganz 180 Mark) bestimmt. Die letzteren 
wiei»en das Geschenk zurück; sie hfttten nur ihre Schuldigkeit gethan, 



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342 



Kldne heere^geichiofatUche Mittailnngea. 



sagten sie, nicht mehr; das Gold überlielsen sie ihren Soldaten. Als 
später der hannoversche Guelfen-Orden gestiftet wurde, regte der da- 
m^igo Gencral-Gouvcmeur des Königsreichs liuunover, der Herzog: 
von Cambridge, ein Bruder des Herzogs von York, die Verleihung 
jener Auszeichnung an die drei noch lebenden Offiziere an und im 
JÜun 1816 ward ihnen du Bitteikreiu des Ordens sa Teil. (Bd- 
trSge sn einer Familtengescbichte der BVelherren von Udar-GIdclMB 
Ton Edmund Frdherm Ton Uslar-Gleichonf Hannover 1888, S. 309). 

14. 

3. Seltsame deachosBe Im alebeiijiMgeii Kriege. Huf« 
Bftgel als Kartätschladung benutzten die Franzosen in der 

Schi ( ht von Krefeld am 23. Juni 1758. In der „Geschichte 
der Feldzüge des Herzogs Ferdinand von Braunschweig. Heraus- 
gaben von V. Weetphalen. 1. 600" finden wir hierüber folgende An- 
gaben: „Von den schwer Verwundetcii starb beinahe die Hälfte, eine 
Mortalität, die zum Teil auch von einor Mitraillc herrührte, die bei 
uns ungewöhnlich ist und den Tod iiu^se^^5t s( lnuerzhaft macht. Sie be- 
stund vornehmlich aus krummgebogenen, gekerbten Hufnägeln, 
die in Strohwischen geschossen wurden, ein Raffinement, das dem 
Herzog sehr mifsfiel iind^ worüber er glaubte , einem französischen 
General Vorwürfe maciicu /u können; und er schrieb darüber wirklich 
an den Grafen Clermont. 

Eine Art von Kartätseli-Patronen scheint di^ russische In- 
ÜEUiterie in der Schlacht von Cunersdorf verwendet zn haben. SojfSui 
'berichtet in seiner „Lebena- nnd RegieningB-Geschiohte Friedrichs 
des anderen Königs in ^tmbea^ (II. 2. Beilage 589), dieselbe hfttte 
8-^9 Engeln (Rehposten?) auf einmal ans einem Oewdir geschosseo, 
daduid^ zwar viele anf einmal, «bar desto leichter verwundet 
Die preufsisdie Armee hatte etwa 11000 Verwundete; von diesen, 
meint Seyffart, „seien kaum ein paar hondert gestorben, während 
Fonst gemeiniglich die Hälfte der Verwundeten nach einer Schlacht 
darauf zu gehen pflegef^. Schbg. 



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XXYL 

ünusdiaa auf ituUtSrteohiuaohein Gebiet 

Von 

Joseph Schott^ Mujui a. D. 



lUndfeaerwaffeB. 

Ib Östfirreich-Ungarii ist ein nevet Oewehr-Muster im 
Venndi, das die Besekhonng M/1895 tragen solL Gegenüber dem 

biaherigenlnianterie-GewelirM/SO. 90imdM/90 sollen nur unwesentliche 
Untenchic^e sein. Lauf und Schaft sind leichter, sodafs das Gewicht 
des ganzen Gewehrs von 4,49 kg anf 3,8 kg herabsinkt (Bajonett aufset^ 
dem 370 g). Der Iiauf ist aus besserem Material (jedenfalls aus 
Nickelstahl!) erzeugt, um der heftigen Wirkung des rauchschwachcn 
Pulvers trotz schwäcluTcr Dimensionen zu widerstehen. Zum Schutz 
der Hand gegenüber der Einwirkung des erhitzten Laufes soll ein Ober- 
schaft angebracht werden. Ebenso wie beim Karabiner iöt der reine 
Gradzug-Verschlufs aufgegeben und die syinmotrische Verriegelung 
fast uiiuiittelbar hinter dem Patronenboden angenommen. Verschluls- 
kolbcn und Gehäuse sind dadurch kürzer und schwächer geworden. 
Der £nats der U förmigen Zubringerfeder des Gewehrs dnich eine 
Flattfeder und eine andere GestaUnng der (beim Karabiner fthlenden) 
Zubringerplatte nebst der Stfitzfeder hat eine günstigere, weniger 
tiefe Gestalt des Kastens ennOglioht Die Patronen M/92 und M /93 
bleiben ohne werteres verwendbar. 

Dieses „Zukunftsmodell**, welches vom Armee-Blatt Nr. S3 in 
technischer Hinaicbt „ein abermaliger grofser Fortsehritt in 
der Bewaffnung unserer Fnfstruppcn" genannt wird, soll 
der Beschaffung der weiteren Reserve- Vorräte, wofür im Ganzen etwa 
9V» Millionen Gulden erfordert werden, zu Grunde liegen. Nach der 
Art, wie die Forderung im Budget 1 ^^06 zur Berücksichtigung gelangt, 
kann eine zelmiahi ige Dauer der Beschaffung als in Absicht liegend 
angenommen werden. Auf eine so lange Zeit scheint man sich also 
in Osterreich- Ungarn hinsichtlich der Kaüberätige die Hände binden 



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344 



Unadim «uf militirtechabchem Ctobiet 



zu wolk'ij. Für die Spezialwaffen sollen Gewehre bezw. Karabiner 
desselben SystcmB beschafft werden. 

Die bisherige Entwickeluug der Infanterie-Bewaffnung 
in Österreich-Ungarn findet eine scharfe, aber sehr bereclitigte 
Kritik in der Reichswehr Nr. 782 (vom il.'3. Juni). Der bisherige 
Verttchlulii mit dem rückwärts gelegeneu uusymmctrischcn Fallriegel, 
der durch den Rückstofs eine zu grofse Materialbeanspruchung erlitt, 
ist zwar dureh die nacli vom gelegene symmelrisohe Wusenveniegeliing 
ersetzt, wekhe zugleich eine Lttftimg der PatroilenhÜlBe ▼or dm 
ZnrQckzieheii bewirkt, immerhin ist aber die ans dem äufseiliehen 
Gradziig nnd innerlichen DrehverBchlnlk kombinirte Einiichtong 
komplizirt und erfordert gröJeeren Kraftaufwand zum üfihen nnd 
SchÜeimn, als bei den Systemen mit kombinirter Handbewegnng. Es 
wird auch die Besoi^gm^ ausgesprochen, dafs die abermals bevor- 
stehende Kaliberverkleinerung und Umbewafifnung der Ausführuog 
der Absichten in den Weg tritt und die Gewehre M/1895 noch vor 
oder während ihrer Erzeugung veralten macht, wie es beim Repetier- 
gewehr M/1886 thatsächüch der Fall gewesen ist, das schon nach 
Jahresfrist wieder aufgegeben wurde. Es wird darauf gedrungen, mit 
dem Aufgebot reicher Mittel dns oriistlirhe Studium und Experiment 
einer Neubewaffnung 2U betreiben, um mcht wieder, wie bei früherer 
Gelegenheit, durch die an anderer Stelle eintretenden Fortschritte 
überrascht und überholt zu werden. 

Das spanische Mauser-Gewehr M/1893 findet, wie in letzter 
Umschau ervaihnt, in einer Schrift des Artillerie -Kapitän Boado y 
Castro eine genaue Beschreibung. Wir Ciguiucii die in der Tabelle 
des 93. Bandes S. 354, 355 gegebenen Abmessungen etc. wie folgt 
Länge mit Bijonett 1,484 m, Gewehr gefüllt und mit B^onett 4^ 
bis 4,405 kg, Lttnge des gezogenen Teils 0,6778 m, Tiefe der ZQge 
0,125 mm, Brwte 8,9 mm, Drallwinkel 41', Yisirung 300 bis 2000 m^ 
Gewicht der Patrone 24^6 g, des Geschosses 11,2 g, Ladung2,45 g. Der 
grOftte Gasdruck soll 3500 Atmosphären betragen. Die lebendige 
Kraft des Geschosses an der Mflndung ist 314 mkg, die Kraft des 
Rückstofses 1,115 kg. 

In Kord-Amerika beabsichtigt man noch eine Reihe Ueiner 
Verbesserungen an dem Gewehr M/92 der Land-Armee an- 
zubringen. Diese werden bei der künftigen Fabiikation zur Berück- 
sichtigung gelangen. Das von der Marine angenommene Lee-Gewehr 
von 0 mm erscheint dem Chef des Ordnancc-Bureau's in Hinsicht 
seines Kalibers nicht so günstig als das Armee-Gewehr. Er ist der 
Ansicht, dafs ein vom Marine-Gewehr getroffener Mann nicht immer 
aulser Gefecht gesetzt wird. £r hält das Kaliber des Armee- Gewehrs. 



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Umacliatt auf inilili*rtmihniwhfm Q«biet 



345 



fiii- die uutcrc Grenze, bei. welcher man noch auf gute Ergeboisse zu 
rechnen hat. 

Die Versuchs - Kommission der Nordamerikanischen 
Mai iue hat ihren Bericht über das neue Marine-Gewehr dem Flotten- 
Departement am 17. Mai erstattet. Folgende Gewehrsysteme hatten 
zur Frfifung vorgelegen: 1. Lee's Wftffen-Kompagnie — Dreh' 
Terscblufs, Magazm unterhalb derEmlag» und centnl. 2. Remington 

— DrehTenchluls und sdtlliches Magarin ▼<m lügor lireniiore. 3. Lee 

— Gradzug-Versehlufs, MwgMrin wie 1. 4. Miles DrehTorsehlde, 
tinterbalb liegendes Magaan. Bei 1. wurde u. a. getadelt, dafe bei 
Sperrung des Schlonee die Feder die halbe Spannung hat und dae 
Abstreilen der Patronen ins Magazin bei genau anUegendem Rahmen 
eine gewisse Kraft fordert; der Rahmen hat beim Abstreifen der 
Patronen Neigung in das Magazin zu fallen. Bei 2. heilst es, dafs 
das seitliche Magazin das Gleichgewicht der Waffe stört und gröfscrca 
Gewicht derselben bewirkt, als ein centrales Magazin (N.B. ist ein 
Vorwurf für das Armee-Gewehr!). Bei 3. tadelte man u. a., dafs der 
Abzug zurückgezogen werden kann, bevor der Ver^chluls vollständig 
beigestellt ist, der Verschlufskolben zur Unterstützung eiue einzige 
Warze hat, die etwas von dessen hinterem Ende entfernt ist. Beim 
Gewehr Nr. 4 wird neben vielen Andern getadelt, dafs der Patronen- 
rahmen nach dem Abstreifen der Patronen mit der Hand entfernt 
werden muis, bevor der Verschluis geschlossen werden kann. 

Das Lee-Gewehr ad 1. wurde mit veradiiedenen Änderungen 
wieder vorgelegt und weiteren Yemiehen, namenftieh zur Prüfung 
des Rahmen- SjrstemB und der Haltbarkeit des VerschluaseB, unter- 
worfon. Ersteres erachtet die Kommission für besser ab jedes andere 
im Gebrauch befindliche, es sind die leiditesten Rahmen, welche die 
Kommission kennt» und wiegt ein solcher 5,45 g. Das Gewehr ist stark, 
einfach, besteht aus wenig Teilen und kann sehr schnell bedient 
werden, auch ohne grofso Erfahrung und Geschicklichkeit des Schützen. 

Die Kommission hat noch verschiedene Einrichtungen an der 
Waffe bezw. deren Zubehörstücken vorgeschlagen. Der hintere Scliaft- 
teü soll ähnhch einer Schcihoiil)Uchse mit halbem Pistolengriff ver- 
sehen, Kolbenkajjpe aus Aluminium s«^in. ebenso die Ringe, wenn eine 
haltbare Art des Schwärzens gcfuiiden wird, sonst aus Stahl. 
Aluminiumbronze mit 12 % Kupfer; kann an Stelle des reinen 
AJuminiunis treten. Der Reinigungsstock soll von Holz oder Pai)icr 
sein mit einem Stahlkern, Länge 45,7 cm, je 2 zusanunen zu ge- 
brauchen. Das Bajonett soll Messerform haben, Klinge 21 cm lang, 
25 mm breit, Griff 10,16 cm lang, Bajonettscheide aus Aluminium 
(wenn Schwitrzen möglich). Die Patronentasche enthält $ Rahmen 



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I 



346 



UüMchftU mnf mUitftrtechnJacheni Gebiet. 



ä 5 Patronen, sie ist aus leichtem Metall, Papier oder Holzachale <,'e- 
fertigt. Hinsichtlich des Visirs empfiehlt die Kommission mehrere 
Arten durch scharfes Feuer unter verschiedenen Verhältnissen zu 
prüfen, ehe man sich über ein System entscheidet. Soweit möglich, 
sollen alle Teile der Ausrüstung aus leichter Alaminiumbronze her- 
gestellt werden. 

Die Kommisflum list das Lee-Gewelir zur Aimalime empfohlen 
und das Ordnaace-Biireaa sich die Empfehlung su eigen gemacht. 
Lee wird ToraiusiGbtlifih das Recht» sein Gewehr heisosteUen, an das 
Departement ftir SOOOODoDarB Teikaufen. Der Staats-Sekietilr der 
Marine hat die Empfehlmig der Kommission In jeder Richtung ge- 
billigt. So haben wir denn in diesem Gewehr M/1895 das erste 
Ordonnanz-Gewehr kleinsten Kalibers an erblicken. (Aimj 
and Navy Journal vom 25. Mai 1895). 

An Einzelheiten über M/1805 ^"ird im Army and Navy Journal 
vom 8. Juni noch Foli^cndcs erwähnt. H-is ^^arine-Grewphr ist leichter 
und hat eine flachere Flu'!;bahn als das Armee-Gewehr. Die Schufs- 
geschwindigkeit ist aurs''rorHn!itlich, fünf gezielte Schuls wurden in 
3 Sek. abgegeben. Das Gesammtgewicht mit Kiemen ist 3,74 kg, der 
Matrose kann daher 200 Patronen tragen. Der Lauf ist 68, ß cm lang. 
Grofsc Treffgenauigkeit ist bis 2000 Yards (1B30 m) vorhandt^n, auf 
5000 Yards (4570 m) durchschlägt das Geschofs noch 2 bis 3 Mann 
hintereinander, auf 6000 Yards (5490 m) dringt es noch durch 1 Mann. 
Der Laof ist von Nickelstahl. Die Proben mit dem Lee-Gewehr haben 
so ani^^flseichnete Ergebnisse geUefert, dals man die Annahme des 
Gewehrs seitens der Nationalgarden in einigen Staaten erwartet 
Grois ist die Frende, dals diesmal ein Gewehr amerikanisGhen Ur- 
sprungs den 8ng errungen hat. 

Uber das fransdsische Daudetean-Gewehr, das als das künftige 
Ordonnanz-Gewehr von Frankreich angesehen wird, enthält die Rivista 
di artiglieria e genio (Mai 1895) nachstehende Angaben. Kaliber 
6,5 mm, Länge ohne Bajonett 1,23 m, mit Bajonett 1,8 m, Länge der 
Patrone 76 mm, des Geschosses 30 mm. Gewicht der Waffe leer ohne 
Bajonett 8,8 kg, gefüllt oh rip Bajonett 3,015 kg, mit Biyonett 4,36 kg, 
Gericht der Patrone 23 g, ^les Geschosses Ü,75 g, 5 Patronen im 
Magazin (die 6. im Lauf), Gcscholsgesch windigkeit 750 m, höchster 
Gasdruck etwas über 3000 m, Feuergeschwindigkeit 40 Schuis in der 
1. Minute, Erhebung der Bahn über der Visirlinie auf 500 m 1 m, 
Eindringungstiefe auf 75 ra in Fichtenholz 1,6 m, in Stahl 10 mm. 

Über das in der Juni-Umschau erwähnte Cei-Gewehr und die 
damit vor dem Prinzen Ton Neapel in Florenz ansgelBhrten Versuche 
stehen uns weitere Mitteilungen zu Gebote. Die Pohergase, wdobe 



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Umichau auf militärtechniflofafim GMuet 



347 



sich aus der Ladung von Ballistit entwickeln, dienen als treibende 
Kraft zur selbstthätifjen Bewegung,' des Verschlufskopfs, weshalb man 
von einem Gasdi uck-Gcwebr spricht. Durch das Zurücktreten des 
Verschlufskopfe wird die leere Hülse der Patrone ausgezogen, das Vor- 
geben desselben bat dann das Laden der neuen Patrone im Gefolge. 
Der Soldat liat weiter Nkbts su Üliid, als im Aafloblag sa bleiben 
und abzafeaem. Ein fortgesetztes selbstfh&tigeB SdineUftaer wird 
berrorgebracbt, wenn der Scbütse die Abzogsstange dauernd znrQdc- 
zieht. Han ^riöht daTon, bis 1000 Sebufs in der Minute zu endelesi, nur 
xnulk ffir Patronenzuf&brung gesorgt werden. Die Oeschoflse befinden 
sieb dann in beweglichen Behältern yencbiedener Grölse, welehe unter- 
halb des Schafts angebracht werden, man hat deren bis zu 100 Pa- 
tronen Füllung. Für Marinezwecke denkt Cei ein Magazin von 250 Pft- 
troncn anzuwenden, das in 15 Sekunden verschossen werden kann. 
£r glaubt, dafe sein System audi besonders für Mitraillousen sich 
eignet. Mit einem einzigen Spannwerk glaubt er 10 seiner Gewehre 
zu einer solclicn vereinigen zu können, die dann nach seiner Schätzung 
2700 Sohufs in der Minute abzugelten fähig wäre. Das vorgeführte 
Gewohr hatte ein Gewicht von 5' o kg, dies ist ein t^belstand, doch 
bezeichnet der Erfinder seine Waffe lediglich als einen Entwurf, aus 
dem mit der Zeit ein brauchbares tragbares Gewehr hervorgehen 
könne. Jedenfalls wird man, wenn man eine derartige Feuer- 
geschwindigkeit ausnutzen will, ebensowohl mit der Erhitzung des 
Laufs als mit dem Munitionsverbrauch zu rechnen haben. 

Im Anschlufs an unsere Mitteilungen über den Mifserfolg der 
Hebler' sehen Ho hlge schösse in Österreich und Nordamerika sei 
erwähnt, dais audi in seinem H^matlande, der Schweiz, die mit 
den Ton Hebler vorgeechlagenen Hohlgescbossen für In&nterie-Munition 
angestellten Versuche zu kdnen praktischen Resultaten geführt haben 
und eingestellt werden mulsten, dA weitere Munition mit den Ton 
Hebler far notwendig erachteten Abftnderungen (1) nicht erbSltUch 
war. (Allg. Schw. M.-Z. Kr. 17.) 

Ziemlich spät kommt die französische Zeitung „Temps*^ auf 
den Mifserfolg der auqpehdhiten Geschosse für Gewehre zu sprechen, 
sie nimmt in einer Nummer aus dem Anfang Juni d. J. auf die Er- 
gebnisse der Versuche in Nordamerika und Österreich Bezug, und es 
deckt sich, was hier vorgebracht wird, mit dem, was wir in der 
März-Umschau verkündigt haben. Die Militär-Zeitungen „France 
militaire" H.) und „Avenir militaiie"^ (11./6.) geben den Artikel 
wieder, letztere macht noch Hebler die :^iemlich magere Aussicht, 
dafs seine Geschosse immerhin für Mitrailleusen Vorteil bringen 
könnten, ohne zu bedenken, dais Mitrailleusen vom Gewehrkaliber 



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348 



Umschau auf militärtechuiucheiu Gebiet 



grundB&tzlich dk Patronen des betreffanden Infiuiterie- Gewehrs «ft- 
wenden. Um das MaTs voU zu machen, kommt nun nocii eine Ein- 
sendung in der „France militaire'^ (12./6.) nnd beansprocht den Rohm (?) 
der iMfindnng des Hohlgeschosses iUr den Brigade-Qeneral Noyex 
der 2; Sektion der Generalität» der bereits 1874 als BataiUons-Chef 
im 6. Linien-Regiment in dner Broechfire, betitelt „La BaU&'tabe'* 
anf dieses Geschols aafinerkgam gemacht habe. Nojez ist darauf ge- 
kommen, als er eine Geschofs-Eonstruktion ermitteln wollte, die ohne 
Anwendung eines Einsatzrohres iUr Zimmergewdire geeignet ist. Er 
sachte nach möglichster Erleichterung des Gescliosses und schlug daza 
den Weg ein, das Gcschofa auszuhöhlen: hierbei fand er, dafs das- 
selbe gestrecktere Bahn und gröfsere Treftfilhigkeit besitzt, als ein 
Vollgeschofs gleichen 1\ aUbers. Was die Praxis gezeigt, will er durch 
die Theorie bekräftigt gefunden haben. Überlassen wir es dem 
General, die Sache mit dem Professor auszufechten. Die Praxis 
ist über die Hoblgeschnssc zur Tagesordnung übergegangen. 

Von einem in der „Franee nulit.- voja 21. Juni erwähnten Ge- 
wohr des spanischen Obersten Vaca,8peäell als „fusil-mitraillouse" 
bezeichnet, das angebtich 1, 5 oder 10 GesdiosBe, je nach Lange der 
Patrone, mit einem Male zu Yerschielsen gestattet, 20 bis 30 Sohniä 
in der Ifinnte zuläfet, keinen Rückstob hat n. a. m., nehmen wir knn 
Vermeik, bis nfihere Aufklining über die zum Teil wimderbaren 
Qnalitäten vorliegt. 

Feldgeschütze* 

Dafs man in Frankreich die Nenbewaffiiung der Feldartillerie 
mit Sehnellfeucrkanonen nicht aus dem Auge verliert, geht daraus 
hervor, dals am 24. Juli d. J. vor dem Präsidenton der Republik, der 
bekanntlich ein hohes Interesse und Verständnils für die militärischen 
Einrichtungen zeigt, die Vorführung der neuen Schncllfcuer- 
geschütze von 7,5 cm Kaüber auf dem Schiefsplatz des I^ers von 
Chalons stattgefunden hat. Dieselben habon angeblich eine Feuer- 
geschwindigkeit von 7 bis 10 Schufs in der Minute und es soll nidit 
nötig sein, für jeden Schufs besonders zu ricliten, - In dem kürzlich 
votirten Kriegsbudget für 189(> ist indefs noch keine Forderung 
für Noubewallhung der l'elciariillerie eingestellt. 

Die Schweiz hatte im Jahre 1893 die Vornahme von Versuchen 
mit dner Baihe von nenen Feld- nnd Gebirgsgeschüts-Eonstruktionen 
im Wege des freien Wettbewerbs seitens der Geeehütz-Indnstrie be- 
Bohlossen. Über die Ansfohrnng hat bisher nicht das Mindeste ver- 
lantet indels enthSlt der Bericht des Bundesrats an die Bundes- 
Tersammlnng fiber die QesohttftsfÜhmng des Militiidepartementi im 



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Umschau auf militiriedmiituhem Gebiet. 



349 



Jahre 1894 die Angabo, dafa die Versuche mit oiner vollständigen 
Batterie von 6 Geschützen mit Nickelstahl-Roliren für Metall- 
patron en in 1894 fortgesetzt .worden. Auch wird die Frage studirt, 
ob bei der kommenden Vermebrong der Gebirgsba,|^rien e^ ge- 
eigneteres leistongsfähigeres Geachtttz beschafit werden kann, oder ob 
man aicb mit dem bisherigen begnügen mufs. — Sämmtliche Schwarz- 
pnlrerpatronen der Artillerie sind durch soldie mit rauchlosem Palrer 
enetat Die Hfilfte der 12 cm Granaten der Poeitions-Artillerie ist in 
Brisanagrsaaten nmlaboriart worden. Die Bfiehsenfcartfttsohen sind voll- 
ständig nus den Beständen zarückgezogen imd werden dnrch kurz 
tempirte Sehrapncis ersetzt. StaUgranaten mit brisanter Sprengt 
ladung sind im Versuche, ebenso die Ausdehnung der Brenndauer 
der 8,4 cm Schrapnolziinder bis auf Distanzen von wenigstens 4000 m. 
— Die Artillerie-Kommission ist nach dem Bericht mit dem Studium 
neuer Geschütakonstruktioncn beschäftigt, um sich über alle 
Neuerungen auf dem Laufenden zu erhalten und um gerüstet zu sein, 
„eine wohldurchdachte Vorlage machen zu können, falls durch die 
Neubowaffnung der Artillerien der Nachbarstaaten -.iwh wir ge- 
zwungen sein werden, zu einem neuen GeschUtzsystem über- 
zugehen. 

Die Russische Feldartillcrie ist mit einer Umbildung ihres 
Feldnuitci'ials vorgegangen, durch welche derselben ohne Kalibcr- 
Anderung bis zu einem gewissen Grade schon houto diejenigen Vor- 
teile gesichert werden, welche die andern Artillerien späterhin auf 
dem Weg» elnar volktlndigra NenbewaUhnng enreidien za wollen 
den Anschein haben. ZnnSohst beabsichtigt man bei der bereits be- 
fohlenen Annahme des ranchlosen Pulvers die Geschwindigkeit 
des bisherigen Geschosses soweit zu steigern, als es sich mit 
der Haltbarkat der Geaehütz-Konstniktion verträgt. In allen andern 
Artillerien hatte man sich mit Ladungen rauddosen Puhecs begnügt, 
die denjeiugen des Schwarzpnhers in Bezug auf GescholsgeBchwindigkeit 
gleichwertig smd. Es ist ferner eine Steigerung der Geschwindig- 
keit der Sprengteile des Schrapnels im Sprengpunkt durch 
eine Neu-Konstruktion des letzteren erreicht worden. Eine wesent- 
liche Erhöhung der Feuergeschwindigkeit soll durch eine 
Änderung der Laffetcn- Konstruktion und der Visir- Einrichtung des 
Rohres erreicht werden. Die Laffete erhält, statt der bisherigen 
starren eine einstische Rodenhemmimg, sowie eine Einrichtung zur 
feinen Seitenrichtung, das Rohr eine nach vorwärts -seitwärts ver- 
legte Visirliiiie, welche gestattet, während des L.idens auch die liiclitung 
zu nelnnen. Um die erhöhte Feuergeschwindigkeit ausnutzen zu 
können, mrd die in der Batterie mitzuführende Munitions- Menge 



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850 



L'ui&chau auf miiiLarbeduiiächem Uebiet 



unter Veränderung der Transportweise Termelirt. Die Metallkartoadbie 
wird nicht angenommeiL Man hSütt dieselbe in Anbetradit der tad 
anderem Wege erreicihten VorteOe für IttierflfiBaig und im übrigen in 
vieler Beziehnng für nachteilig. 

Die Torttehend skizzirte VerUnderong des hestehendeii Materials, 
die flieh nur auf das 8,7 cm Kaliber besieht (leichtes Feldgeechats 
und reitendes Geschftts, das schwere sdieidet aus der Feldattillerie 
aus)» ist zuerst durch einen Vortrag des Haupt-Konstrukteurs der 
rassischen Artillerie, Genoral Engelhardt, General -Inspekteur des 
Haterials im 1 MitL^ied dm Artilleric-Komitc's, bekannt geworden, 
vergl. auch die Mitteilungen unter „Militärisches aus Rulsland'^ in 
Nr. 285. Derselbe hatte schon vor zwei Jahren in einem ähnlichen 
Vortrag auf die Notwendigkeit einer völligen Umwälzung fiir die FelJ- 
artillerie hingewiesen und die Grundzüge für die zu erstrebenden 
Vervollkommnungen entwickelt. In dem gegenwärtigen Vortrag ') sind 
nun die verscliiedenen Vervollkommnungen, welche die russische 
Artillerie seitdem erfahren hat, zur Sprache gebracht worden. Hin- 
sichtlich der schweren Artillerie weist Engelhardt auf die Lehren 
hin, welche aus der S(?eschlacht an der Yalu-Mündung sich ziehen 
lassen. Ebenso wie dort die Überlegenheit der mittleren Kaliber mit 
grofser Schufsgeschwindigkeit über die RiesengeschUtze mit ihrer ver- 
v^&HT^ifgm^ifwig geringeren Leistungsfähigkeit sadi erwiesen habe, solle 
man andi in der LandartOleiie sich diese £r&hrung zu nutze machen, 
wo man ohnehin nicht in der Lage sei, Elektrizität und Dampikraft 
in ähnlichem Sinne wie bei der Marine zur Erleichterung der Be- 
dienung schwerer Geschütze auszunutsen. Auch die Verwertung des 
Ruckstoises im Interesse dieser Erleichterung sei hier weniger am 
Platze. Die Festungsartillerie müsse sich ohnehin eme Terh8ltni&- 
mäibige Beweglichkeit erhalten, die mit groisem Gewicht unvereinbar ist. 

Das Hauptinteresse des Vortrags lag in der Feldartillerie. 
Diese habe, so heiTst es, in Rufsland in den letzten 18 Jahren (seit 
Annahme des Materials 1877) verhältnifsmäfsig wenig Veränderongen 
von Wichtigkeit erfahren, da man zu jener Zeit sich von groben 
Fehlem frei gehalten. Was das „Feldgeschütz der Zukunft^ betriÄ, 
so ist Engelhardt nicht mit der greisen Vermehrung der Geschofs- 
geschwindigkeit einverstanden, wie General Wille sie anstrebt. Noch 
sei die Metallurgie nicht bu\scit fortgoschritten, um ein jenen An- 
forderungen entsprechendes Material zu liefern. Auch habe germle dio 
angestiebte Rasanz der Flugbahn Bedenken, wenn es sich um Über- 

') Vgl. Bearbeitong der Mitttilimgen des „Rubb. InTolidsn** Nr. 66 iis Jiui- 
beft der i^Revue d^artiUerie.'' 



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Unudiaii mnf mflitirtechDlBohein G«faiet 



351 



scbiefsen von Truppen oder einen Feind handele, der die Decknngeii 
des Geländes geschickt benutzt. Endlich stehe die für die Bewegung 
der Sprengteile verbleibende Endgeschwindigkeit des Geschosses nicht 
im Verhältnifs zur Zunahme der anfänglichen Goschofsgesch windigkeit; 
auf den hauptsächlichsten Kampf-Entfernungen sei die Üborleffenheit 
in dieser Beziehung niclit so wesentlich, um, selbst wenn den Bo- 
dingungeu der Herstellung genügt werden könnte, die mit der Be- 
schaffung des neuen Materials verbundenen enormen Kosten zu recht- 
fertigen. Die Steigerung der Getichwiiidigkcit der Sprengteile habe 
man zu erstveben, ohne das Rohr zu erneuern; das von der russischen 
Feldartillerie nenerdiiigs angeiionimene Schrapnel Idse diese Aufgabe, 
indem es gleiehsam einen Ideinen Mörser darstelle, welcber durch die 
rfldn?irtige Lage der Sprengladung unter ^eichzeitigw Erhaltung des 
Oesdiofonantels die Kugeln nach Yorwttrts heratuschielae und so deren 
Geschwindigkeit um etwa 100 m Termehie. Schon jetzt, ohne die 
Vermehrung der Geschoil^geschwindigkeit durch die ranchlose Ladung 
in Anrechnung zu bringen, will der Vortragende nachgewiesen haben, 
da& auf 2000 m die Geschwindigkeit d( r Kugeln am Sprengpunkt 
nur 49 m, auf 3000 m nur 9 m hinter derjenigen zurückbleibe, wie 
sie eventuell das Will*^'«che Oeschofs her\-orhringc. 

Es sei ferner, so tiilirt der Vortragende aus, eine schlechte Ver- 
wertung der Eigen ?c]inf ton des neuen Pulvera, wolle man seine 
treibende Kraft nicht ausnutzen, um die Steigerung derOcschofs- 
geschw indigkeit nm die paar hundert Meter herbeizuführen, welche 
sich mit der Widerstandsfähigkeit der gegenwärtigen Geschütze ver- 
trage. Es sei eine sonderbare Verirrung, dals man den Haupt- 
vorteil des neuen Pulvers in dem Fortfall des Rauchs sndie; diMer 
Vortsfl komme erst in zweiter Linie in Betracht, im Vergleich mit 
demjenigen, welcher seinen ballistischen Eigenschaften ent- 
springt. — Es ist das erste Mal, dab wir seit der Annahme des 
rauehlDsen PulTora diesem Ausspruch seitens einer artUleiistischen 
Autorität begegnen. Verfiusar dieser Umschau hat übrigens auf den 
"Widerspruch, den Engelhardt hier aufdeckt, schon vor einer Reihe 
von Jahren hingewiesen, vergL die Umsdiau Desember 1890, Band 77, 
S. 345 •)> 



') dem ^foringercn relativen Gasdruck , \\ol( liPr don rauchschwachen 

Pulverarten eigon ist , t rscliion <\io Annahme wohl gerechtfertigt, man werde 
auch unter Beibeiiait der bisliorigon Höhre etc. eine gröCsere Geschofsgeschwindig* 
kdt als bisher ersielea und die dadurch bedingteo Vorteile ausnatsMii. Wesent- 
lich vergröfscrte Geschofsgescltwindigkeitoil hitken aber nater Beibehalt der 
Kalibor vielleicht doch ein widerstandsflLhigeros. somit schwereres Rohr bedingt; 
es ist daher erklärlich, dafs man einen Weg einsdilug, der den Überi^ang er- 
Ja]iibllcli«r fttr dl« üentacke AmM and MkriJM. Bd. M, & 24 



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352 Umacium «if mJltartochiitodMm G«liie(i. 

Hinsichtlich der Feuergeschwindigkeit ist Engelhardt der 
Ansicht, dafs das Schnellfeuer in einer gewissen Zahl von bestimmten 
taktischen Verhältnissen unbestreitbare Vorteile bringe. Ihe Frage 
sei nur, zu welchen pekuniären Opfern man sich eutüchlieiben wolle, 
um eine schnellfeuernde Feldartillerie zu erlangen. Im Ausland 
scheine man bereit, das Kaliber zu vermindern und die Kiuheits- 
kai tusche anzunehmen. Durch die KaUberverringerung sei man sicher 
im Stande, die Feuergeschwindigkeit zu vergröfsem, jene bedii^ aber 
eine vollständige Neubeechaffiing. Ein grolser Nachteil sei auleeidem 
die Vermindernng der Sehr apnel Wirkung in Folge der Ter- 
ringerten KngelzahL Das Kaliber von 7,5 cm, zu welchem man all- 
gemein Neigung habe, hätte gegenüber dengenigen von 8,7 cm den 
Aus&ll von etwa emem Viertel der Eugelzahl im Oefolge. Diesem 
Verlust gegenüber sei die Erleichterung des ^laterials nicht als hin- 
reichender Ausgleich zu betrachten. In der Einheitskartuschc will 
der Vortragende kein Mittel zur Vermehrung der Feuergeschwindigkeit 
anerkennen. Bei bisheriger Anordnung dos Geschützes habe das 
Richten erst dein Lndcn zu folgen, dies sei ein Mangel, man müsse 
die Visirung so Icfzen, dafs beides gleichzeitig ausgeführt werden 
könne. Visir und Korn seien soweit nach vorwärts zu schieben, dafa 
der Verschlufs frei werde, dann sei die Gleichzeitigkeit zulässig. Da 
nun erfahrungsmäfsig daü Richten immer mehr Zeit erfordere als das 
Laden, so habe eine ßeschleunigung des letzteren allein keitien effek- 
tiven Vorteil im Gefolge. 

Noch zeitraubender ab Laden oder Biohten sei unbedingt das 
Wiederrorbringen des Geschützes nach dem Sohuis; das Mittel, davon 
zu entheben, sei die denkbar vollständigste Beseitigung des RQcklaufik 
An diesen Problem arbeiteten seit mehr ab zehn Jahren mit mehr 
oder weniger Erfindungskraft alle Konstrokteure. Nun sei ee aber 
überflüssig, dais schon beim ersten Sdiufs das QeechÜtz feststehen 
bleibe, es genüge, wenn zu Anfang des Schiefsens die Aufhalte-Vor- 
richtung in den Boden sich einwühle und sich si( )ier verankere» vor* 
ausgesetzt, dafs von da ah der Rücklauf unerheblich sei. 

Die nach zahbeichen Versuchen von der rusraschen Artillerie be- 

laichterte und veretnfaehte. Doch kann das jetzige Terhlltnil^ mr ein rorllber^ 
gehendes sein; <li< Feld- Artillerie wird sich mit der Zeit entachliefsen müssen, 
in nhnürhor Weise wie es ffir das Gewehr j^rrschehen ist, näinlich durch 
Kalibcr-Verniinderontr fine wesentliche Steigerung der Ge^rhor^fresrhwindig- 
keitcn ohn«; Vennehrung des Gewichts der Gesciiütze zn eraielen. Die hier- 
dnreh bedingte Beschaflüng eines neuen Materuüs würde GdegenbeÜ geben, 
die tochniscben Vorzüge der Schnellfeuergeschfltze auf die Feldgeschütze zu 
fibfrtraeeti, selhstrodond unter Bribfhnlt polrher KaUber, welclie noolt di«» 
JBcvbachtuugslähigkeit des Schusses iiu Gefolge haboo.^' So lautet die Stelle. 



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Umachau auf miUtärteehnlsohem GeUeb 353 

hufs BodenhemTnung des Geschützes angonommeno Vorrichtung lasse 
sich mit geringen Kosten am bestehenden Material anbringen. Zu be- 
merken bleibt, dafs schon bei der gegenwärtigen LafFete eine gewisse 
\'eischiebbarkoit der Achse (um ö cm) sammt den Mitnehmern in 
ihren Lagern unter bczw. in den Laffetenwänden vorhanden ist und 
Kautschuk-Puffer den auf die Achse durch die Mitnehmer über- 
tiagenen Rückstols abschwädieii. Die neue Vorrichtung steht durch 
ein Gelenk mit den Laffetenw&nden in VerUndimg, ihr Hauptteil ist 
eine dreiseitige Spate nkl inge > deren Spitze beim Beginn des Feuexs 
auf den Boden niedergelasaen irird, in dieser Stellung bildet der 
Spaten einen Winkel von etwa 25 Orad mit dem Geschütsstande, die 
Spitze dem Laffetensohmuiz zugekehrt Im Laffetenschwanz, der mit 
einer langen Fläche auf dem Boden ruht und nicht in diesen ein- 
dringen soll, liegt eine Puffer-Vorrichtung, die aus 9 durchbohrten 
Kautschukscheiben besteht, hinter denselben der Puffer, an dem ein 
vorn mit einem Haken endender Puffer-Stiel sitzt, der durch die 
Bohrung der Scheiben geht. Der Haken liegt frei und nimmt die 
Ose einer Stange auf. welche durch einen Schlitz: des Spatens geht, 
dieselbe endet vom mit einer Mutter, welche breiter als der Schlitz 
ist. Beim Rücklauf nimmt die Laffete zunächst Puffer und Stange 
soweit mit, bis die Mutter an dem Spaten, der sicli inzwischen senk- 
recht in den Boden eingegraben, anlangt, die Pufferscheiben werden 
nun von der Laffete, die ihren Weg weiter fortsetzt, f^e^exi den Puffer 
gedrückt, der stehen bleibt. Die Hemmung der Lullcie ist dadurch 
eine aUmähliche; sobald diese zum Stillstand gekommen, wird sie 
Ton den Scheiben wieder Torwärts geschoben, bis diese ihr Lager 
ToUständig ausfÜUen. Der Spaten geht dahei um ein geringes hIaCi 
aus der senkrechten Stellung nach rückwärts heraus, da der Auf- 
hängepunkt die Bewegung der Laffete mitmachen rnuls. Bei den 
folgmden Schüssen äulsert sich der Rüdistois nur noch in einer ge- 
ringen Hebung der Lafibte, mit Drdiuog um den Stutzpunkt des 
Spatens, wobei die Räder jedesmal wieder auf dieselbe Stelle zurück- 
fatten. Die Inanspruchnahme der Laffete ist bei der doppelten Puffer- 
vorrichtung eine nur geringe. Eine beschränkte Veränderung der 
Seitenrichtong vermag der Richtende bei der abgeänderten Laffete 
mittelst eines Kurbelrads hervorzubringen, er kann also Höhen- und 
Seitenrichtung von derselben Stelle aus geben, (übrigens hatten die 
ält*^sten gezogenen Feldlaffeten der russischen Artillerie bereits ein 
drehbares ScluldzapfciiLager). 

Die bisher erzielte Geschwindigkeit bclief sich auf ^Va Schufs 
in der Minute. Vom zweiten Schufs ab beträgt der Rücklauf nur 
noch 6 cm. Die Vermehrung des Gesammtgewichts der Lafiete be- 

24* 



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354 



Umaeluiu auf militartechiiiBehem Oebiel. 



trä^t gegen 35 kg. 500 Laffetoo dieses Modells siad in Bestellung 

gegeben. 

Um dem vermehrten Munitionsbedarf gerecht zu werden, 
V ersucht mau einen neuen Munitionskar reu, der dem Patronen- 
karren M/1802 in seiner Bauart ents})richt. Der Munitionskarron ist 
zvveis])ännig, drei derselben nehmen zusammen 12U Schulk ;iul uud 
sollen je einen der bisherigen Munitionswagen, der 80 Schnfs birgt, 
ersetzen, sodals eine Vermehrung der Scbufszahl um 50 7o eintritt 
Das Geleise ist schmttler geworden und können je iwei Karren neben- 
einander marschiren, sodafs die Länge der Marsolikolonnen nicht ver^ 
gröfsert wird. Die Usherigen Geschofskasten sollen durch viel leichtere 
Geschoisrahmeii ersetst werden. Die Stangen-Deichsel soll nach 
spanischer Weise durch einen Qaerbanm getragen werden, der auf 
den Fackkissen der beiden Pferde ruht und an dem die Deichsel 
durch dnen Biem^ hängt. Da der bisherige vierrädrige Munitions* 
wagen sedisspftnnig ist, so würde die Gesammtzahl der Pferde nicht 
zunehmen. 

Das neue Scbrapnel in Stahl hat die ähnliche Lage der Spreng- 
ladung wie bei den bisherigen Schrapnels von Gufseisen, nämlich in 
der Bodenkammer. Das Gcschofs besteht aus dem langen Teil mit 
Boden und der eingescliraiibtcn Spitze. Im Inneren unweit des 
Bodens ist ein Absatz, welcher das sogenannte Diaphragma, eine 
starke durchbohrte Scheibe, aufnimmt, hinter welcher somit die 
Pulverkammer entsteht. Das Füllen der Kammer, sowie die spätere 
Fortpflanzung des Feuers des Zünders wird durch eine Röhre ver- 
mittelt, die auf dem Diaphragnsa aulsitzt; sie ist von Sclmiiedeeisen. 
Die Kugeln von Hartblei haben 13 ram Durchmesser, Gewicht 10,ß5 g. 
Die Sprengladung beträgt 100 g. Der Doppelzünder M/1891 hat 
12 Sek. Brennseit 

Ohne hier in eine Untersuchung eintreten zu wollen, ob die be- 
reits im Gange befindliche Aptirung des russischen Feldmateriab 
wirklich so einfoch und kostenlos sich vollziehen wird, wie es der 
geistvolle Vortrag darlegt, und ohne jener Laffeten-Konstraktion, die 
lediglich der Hemmung am Boden sich vertraut, eine unbedingte 
Brauchbarkeit zuzuerkennen, ist der Vorgang Rufslands doch von 
unverkennbarer Bedeutung und er wird sidi sicher in den weiteren 
Entschlössen der Mächte, welche Interesse daran haben, Rulsland auf 
keinem Gebiete eine militärische Überlegenheit (es sei denn auf dem 
der Zahl) zu belassen, bald wiederspief;eln. Vielleicht tritt jetzt der 
Fall ein. diifs das russische Feld'ieschütz gegenüber dem ^fütiMial der 
andern Staaten in dem Grade mehrwertig erscheint, dals die Bei- 
behaltung des letzteren ernste Folgen im Falle kriegerischer 



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(Jmacbaa auf militärtecbnischem Gebiet. 



355 



Verwicklungen nach sich ziehen mülste. Wir {ilfiu^en duücr kaum, 
dafs Jio Einstellung neuer Geschütze in die Feldurtillerio der andern 
Grofsstaaten noch lange auf sich warten läfst, da wohl schwcrlicli 
einer derselben sich jetzt noch mit dem halben Schritt der Aptirung 
begnügen dürfte, urie Um Rnfeland yoUaeht. 

Gesehütie flberhanpt. 

Zur GrabenTerteidigang in festen Plätzen ist in Österreich- 
Ungarn eine Kasematt-Kanone M/1S94 angenommen. Zur Ver- 
wendung kommt das ans der Feldartüleiie ausgeechiedene bronzene 
8 cm Rohr M/1875 mit rauclilosem Pulver, indels auf 22 Kaliber ver- 
kürzt. Der Versdüuis hat eine Sichorheitsvorrichtung, welche die 
vorzeitige Einführung der Schlagröhre verhindert. Die Laffete ist neUi 
aus Metall und hat eine Rücklauf bremse. Das Geschütz schiebt Kar^ 
tatschen mit Messingbüchse. Bei den Versuchen erfolgten, je nachdem 
Geschofs und Ladung getrennt bezw. vereinigt waren, 7 Schufs in 60 
bezw. 32 Sekunden, Die Ladung von 2><0 g ergab eine Geschofs- 
gesch windigkeit von 430 m bei einem gröisten Gadruck von 1075 Atmo- 
sphären. 

Die Geschütze des neuen Küstenverteidigungsschiffs 
„Wien" der k. u. k. Kriegsmarine bestehen aus 24 cm Kanonen, 
15 cm Krupp'schen Schnelllade-Kanonen, 47 mm Skoda'sclien Schnell- 
feuer-Kanonen, 7 cm Uchatius- Kanonen als Boots- und Landungs- 
geschütze und 8 mm Skoda^Bchen GewehrmitnuUeusen. Die 24 cm 
Kanonen feuern 215 kg schwere Stahlgeschoese and venntSgen auf 
1000 m CMstanz einen gewöhnlichen Stahlpanzer von 57 cm Stärke 
glatt zu dnrchschlagen. Die 15 cm Schnelllade-Kanonen gestatten 
10 Schals in der Minute, das 45 kg sdiwere Gescbols durchschlagt 
auf 1000 m einen gewöhnlichen Stahlpanzer von 23,5 cm Stärke. 
Die 47 nun Skoda-Schnellfeaerkanonen ergeben 25 Schnfe in der 
Minute, das Stahlgeschofs von 1,5 kg Gewicht durchschlägt auf 1000 m 
ein 7 cm starkes Stahlblecli. Ohne Landungsgeschütze und Mitraillousen 
zu rechnen, vermag die SchiflFs- Artillerie in der Minute 410 Schüsse 
bei einem gesammten Geschofsge wicht von 4085 kg abzugeben. 

Die Nordamerikanische Marino liifst nach den Erfahrungen 
des Krieges in Ostasieu ihre 15 cm Hinterlader nach und nach in 
Schneilfeuerkanonen umwandeln. 

Für die schweren Kanonen der Küstenverteidigung ist in 
Nordamerika nach Prüfung auf dem Schiefsplatz zu Sandy Hook eine 
Verschwindlaffete System Buffington-Crozier angeuommen 
worden. Die Rückführung des Geschützes in die Feuerstellung wird 
durch ein Gegengewicht bewirkt. Die Laffete wiegt ü8,5 t, das Gegen- 



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356 



Umachau auf iiaJUtartediuiäcli«'m Gebiet 



gewicht 16,7 t. Die Elevationsfähi^^keit geht von -f 15« bis — 5* 
Bei den Versuchen fand, das Anschiefsen der LatTcte mit einer 21 cm 
Kanone von 14,9 t statt. Die Pulverladung von 56,7 kg braunen pris- 
matischen Pulvsn «rteih dem Geaehols von 136 kg eine Geschwindig- 
keit yon 610 m. Beim Schieben lunktioniite die Laffete sehr za- 
finedensteUend, das Rückspielen des Rohres ging ruhig nnd ohne 
Stoie vor sich. Die Bedienung des Oeschfitses wurde Ton 7 Mann 
bewirkt» wobei 10 Schule in 12 Min. 3 Sek. abgegeben wurden. Der 
Entwurf der Konstruktion stammt von Obent A. R. Duffington des 
OrJiiance- Departements, derselbe wurde vom Kapitän des letzteren, 
W. Crozier, entsprechend abgeändert und ausgeführt. Der Stahlguß 
wurde von der Midvale Steel Company, der maschinelle Teil von der 
Maschinenfabrik Soutbwark in Philadelplüa hergestellt (Iditteil. Jan. 
1805 nach EnpinoorinL' 1488 von ]H<»4), 

Nach Belg iiiilir. vom 'Jl. April wird die für Kolonien bestimmte 
47 mm No rdcnfelt- Kanone, au^eführt von der Gesellschaft 
J. Cockerill in Seming, in Portugal einem Versuch unterworfon. 

Die von der Oesellscbaft des Creiisot 1804 in Antwerpen aus- 
gesitellto 15 cm Schncllfeuerkanone L/45 System Schneider 
(Modell 1891), welche in uuserm Bericht Band 92 kurz erwähnt ist, 
hat im Min- und April-Heft der „Rente de Vkm&6 Belge*^ eine nShere 
Beschreibung gefunden, woraus wir das Nachstehende entnehmen. 

Die Eigentümlichkeiten des Geschutiee sind: sehr groiae balli- 
stische Ldstungpfkhigkeit, leicht und schnell zu handhabender Ver- 
schluis mit Perkussion»-, oder mit elektrbdier Zfindnng, Einfachheit 
der Einrichtung und Solidität, Anwendung der Metallkattusche und 
der selbstthätigen Auswerfevorriohtung, Sicherung gegen unbeab- 
sichtigtes Öfinen des Verschlusses, gegen Abfeuern vor völHgem 
Schliefsen des letzteren und gegen vorzeitiges öfiFnen im Falle von 
Nachbrennern. Das Rohr ist ans geschmiedetem und gehärtetem Stahl, 
welcher den Annalnnf'bodingungen der französischen Marin, orit-prirbt 
Das Gewicht mit Vurbchlufs beträgt 5580 kg. Das Kernrohr ist durch- 
gehend und hat das Gewinde für die Verschlufsschraube. Ein Mantel 
umgiebt den hinteren Teil vom Verschlufs nach vorwärts, der ebenso 
wie das lange Fdd umreift ist, ein besonderer Ring trägt die Schild- 
sapfen. Die Seele hat 48 Züge mit Progressivdrall von 2 bis 7 Grad. 
Die Tiefe der Züge ist 1 mm. Die Versöhlnisschraube hat 3 Unter- 
brechungen. Das Geechols wiegt 40 kg, es bestehen gulMseme 
Granaten, Panzergranaten in Chromstahl und Schrapnels. Alle 
haben den kupfernen Fiihrungsiing. Die Geschtttsladung betiftgt 
24 kg braunen prismatischen PulTers beatw. 16 kg ranchlosen Pulvers 
(BN). Die Kartnschhttlse ist aus Messing und hat entweder eine 



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Unuchau Auf miliÜLrtechuiscbem Q«biet. 



897 



PerkuBsions- oder eine elektrisohe ZQndimg. Der Boden der Kartusche 
Ist eingesehrsnbt und vermag die Hülse einen Druck von mehr als 
8000 kg auf den Quadratcentimeter ohne merkliche Ausdehnung aus- 
suhalten. Das ranchsbhwaGhe Pulver wird durch eine kleine Ladung 

von Scbwarzpulver entzündet. Geschols und Kartusche sind mit ein- 
ander verbunden. Die leere Hülse wiegt 14 kg, die fertige Kartuache 
mit Pansei^pranate wiegt 78 bezw. 70 kg und ist 1,64 m lang. Die 
Geschwindigkeit des Geschosses beträgt bei braunem Puher 730 m, 
bei rauchlosem 820 m, die lebendige Kraft des Geschosses ist 1085 
bezw. 1370 mt, die Stärko der durchschlagenen £isenplatte bei 820 m 
Geschwindigkeit cm. 

Das Rohr liefet in einer Mi ttelpivotlaffete mit beschränktem 
Rücklauf und selbstthätiger Uucivkchr in die Feuerstellung, die Lallüte 
ist sowohl an Bord als in einer Küstenbatterie zu gebrauchen, ebenso 
in Türmen mit livdrauhscher Bewegungsvorrichtung. Die Laffete be- 
steht aus einem Gestell, das auf einer Drehscheibe ruht, welclier wieder 
ein kreisföimiger Sockel als Bahn dient. Eine Wiege, welche das 
Bohr aufiiinmit und in welcher dieses zurfickgleiten kann, ruht mit 
DrehsapfSen im Gestell. Das Rohr ist mit Kulissen verbunden, die 
zugleich die Brems^linder der Qlyzerinbremse abgeben; die Brems- 
stangen mit den Kolben stehen fest. Ein doppeltes System von 
BeUevÜle-Fedem vermittelt die Bttckkehr in die Feuerstellung. Die 
Wiege erlaubt Höhenwinkel des Rohrs von + 18® bis — 5 ^. Die 
vollständige Umdrehung der Drehscheibe erfordert 110 Sekunden. 
Die Bedienungsmannschaften sind gegen Geschosse der Schnell feuer- 
kononen kleineren Kalibers und gegen Sprengstücke durch eine Stahl- 
maskc von 30 mm Stärke geschUtst, die mit der Drehscheibe ver> 
bunden ist. 

Die Bedienung des Geschützes erheischt 6 Mann: 1 zum Richten, 
1 flir den Verschlufs, 3 mm Laden, 1 y.mn Entfernen der leeren 
Hülse. Das Gewicht der LaÜete ohne Maske ist 4700 kg, der Maske 
allein '2500 kg. Die Höhe der Drehzapfen über dem Geschützstand 
beträgt 1 m. Die grüfste Kückwärtsbeweguug ist 25 cm. Eine Salve 
vuu 10 Behufs mit Richtimg auf den Mittelpunkt der Scheibe und 
jedesmaligem Nachrichten erfordert 83 Sekunden, die gleiche Salve bei 
verinderiichem Sei 109 Sekunden. 

Treib- und ISpreiigmittei. 

Eine am !20. April 1895 in der österreichischen Puher&brik zu 
Bluman voigekommene Gxplosion, velche mit Rücksicht auf die 
als feststehend angenommene geringere GefikhiUchkeit des rauch- 
Bchwachen Pulvers gerechtfertigtes Äu&eben erregte, wurde auf ein 



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350 



Umfichau auf militärtechnischem Gebiet 



im Versuch befindUdies Ezerzirpulver Cor FeldgeschtltBe zurück- 
geführt. Es BoU blcIl aho nicht um das reg^entiirisohe EnegspulTor 
gehaadelt haben. Die betreffende Substanz wird als eine mit 
Ammonium «Bichromat behandelte SchielsbaiimwoQe bezdchnei. 
Als Grand für die Annahme einer derartigen Substanz wird im 
AimeeUatt Nr. 17 bei Besprechung des Vorfalls die Bücksicfat auf 
den hohen Preis des jetzigen Kriegspulvers bezeidme^ das man für 
Manöyerzwecke durch eine wohlfeilere (!) Substanz ersetzen wolle. Im 
Ganzen hat es sich um 240 kg der letzteren gehandelt, immerbin 
waren die Folgen der Explosion abgesehen von der mehr oder minder 
schweren Verletzung einer Anzalil von Arbeitern der Art, dals der 
Betrieb durch mehrere Wochen cincrostf^llt bleiben mufste. 

Nach dem G-eRchäftsberi cht der vereinigten Köln-Rottweiler 
Pulverfabriken hat die Gesellschaft für das kleinkalibrige Gewehr 
ein Nitrocellulose-Pulver herausgebildet, welches diesen Waffen 
erst ihre voUe Bedeutung verleiht. Dem DUnebergcr Erzcugniis, aus 
Nitroglyzerin und Nitrocellulose bestehend, wurde eine weitere Ge- 
staltungsform gegeben. Die TOrzügUchen ballistischen und physikalischen 
Eigenschaften sichern diesem Pulver edne wichtige Bolle in der Zu- 
kunft des Artilleriewesens (Köhu Zeitung Nr. 430> 

Hudson Maxim In Neu-Tork hat eine gro6e Zahl tou Ver- 
suchen vorgenommen, um den Effekt der rauchlosen Pulver- 
arten auf die Gewehrl&ufe zu ermitteln. Danach bringen Pulver 
mit gro&em Gehalt an Nitroglyzerin eine so hohe Temperatur hervor, 
dais dem Stald ein Atom Kohle zur Bildung von Kohlensäure ent- 
zogen vrlrd, dadurch die Innenfläche des Laufs die Struktur des Stab- 
eisens annimmt und die Härte verhert, sodals eine baldige Deformation 
der Seele eintritt, Ist der Gehalt an Nitroglyzerin gering (etwa 7 
bis 10 %), so bildet sich bei der Verbrennung meist Kohlenoxydgas 
und der zerstörende lanllufs auf den Lauf, vermindert sich oder ver- 
schwindet fast gänzlich (Riv. di artigl. im Maiheft nach „Genie civil"). 

In der Sprengmunition für Demolirungszwecke tritt in Österreich- 
Ungarn au Stelle des Dynamit das Eerasit. 

In Italien ist eine. 9 cm Torpedo-Granate mit Sprengladung aus 
dem neuen Sprratgstoff ^ Pertite** sammt dem zugehörigen Perkussion^- 
Zünder, zur Einfthrung gebracht (Mitt. IV. 95). 

Pftnser« 

Über einen weiteren Versuch der deutschen Marine auf dem 
Schießplatz Meppen gegen gehärtete Stahlplatten neuer Art 
aus der Krupp'schen Gufsstahlfabrik berichtet die «Marine-Rund- 



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ix liem Gebiet. 



359 



schau"^ iiii Juni-Heft*). Üt^KKk^^'^ry • diesm.'il eine Stärke von 

30 lum, mehr als das Doppclti : ' on vom Dezember 1894 

(v. Umschau Juni 1895). Es \\ . -i 1. eine Platte von 

3 m Breite, 1,91 m Höhe, 2. ein AI '»Iben von 2,03 m 

Breite, 1,8 m Höhe. Beide Platten wiiren auf Im- ' i r Eichenholz- 
Hinterlage an einem schmiedeeisernen i bau mit acht bezw. fünf 
80 mm Bolzen befestigt. Die volle Platte hatte b* -n auf der 

Oberfläche einen feinen liängsrifs erhalten, auf der 1> waren 
zwei Furcheu ausgemeifselt. 

Die zum Versuch herangezogenen drei Gesc 
zeichnen sich in ihrer Leistungsfähigkeit wie folgt. 



rten keim- 



Nr, 




Oeacliors 


Aoftr^ff- 




I 


dM 

SebniMes 


G«scbUtz 


Art 


Gewicht in 
V(f 


RMcbwindixkcit 
rn 


totil 


pro cm 
ümfan« 




1 


28 cm Kanone 
L/22 


Stahlgran. 
L,2,5 


230,6 


552,5 


3588 


40,35 


5,704 


2 


21 cni Kanone 
L,30 


Stahlgran. 
L3,3 


138,4 


662,6 


3097 


47,10 


9,001 


3 


n 


)i 


138,6 


682.6 


3292 


50,06 


9,567 


4 


30,5 cm Ka- 
none L/35 


Stahlgran. 

L,,2,8 


324,8 


534,3 


4726 


49,32 


6,469 


5 


n 


n 


324,5 


575,7 


5482 


57,21 


7,503 


6 




n 


323,2 


607,5 


6078 


63,43 


8,319 



Die Schüsse 1 bis 3 geschahen gegen das Abfallstück. Bei Nr. 1 
war die Platte nicht durchschlagen, ohne Risse, das Geschofs zer- 
trümmert, der Geschofskopf fiel bei Nr. 2 heraus und ergab sich die 
Eindringungstiefe alsdann zu 13,4 cm. Das Plattenmaterial war im 
Durchmesser von 40 cm 2 cm tief zerblättert. Auf der Rückseite war 
eine 3,5 cm hohe rifsfreie Ausbauchung von 45 cm Durchmesser. Die 
erste Balkenlage war 3,5 cm tief eingedrückt und zersplittert. Bei 
Nr. 2 waren die Folgen des Schusses fast genau dieselben, wie bei 
Nr. 1 (Eindringungstiefe indefs nicht mofsbar). Nachdem so die grofse 
Widerstandsfähigkeit des Materials gegenüber den beiden kleineren 
Kalibern erwiesen war, ging man zum gröfsten Kaliber über und 
folgte Schufs Nr. 4 gegen die Versuchsplatte selber. Die Platte war 
durch Nr. 4 nicht durchschlagen, Geschofs zertrümmert, Kopf im Loch, 
Eindringungstiefe erst mefsbar beim Schufs Nr. 5, wo der Kopf heraus- 
fiel, sie betrug 9 cm. Die Platte war ohne Risse, Material im Durch- 
messer von 66 cm 2 cm tief zerblättert und in gröfseren schalen- 
artigen Stücken von der Platte getrennt. Auf der Rückseite war 




') Verlag der k. Hofbuchhandlung von £. S. Mittler&Sohn m Berlin. 



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/ 

300 Umschau auf militartecbni^ichem Gebiet. 

eine riisfireie Ansbaachang Ton 50 da IKuehmesser, 2,5 Höhe, in der 
enien Balkenlage ein 2,5 cm tieü^ Eindruck Ton 50 cm Durafamesser. 
Die Wirknng durch Schuis lÜr. 5 war meder in den Folgen eine ihn* 
liehe, doch etwas erhöhte,- so betrog die erst bei Nr. 6 nach Herana- 
fidlen des Geschoiskopfes gemessene Eindringnngstiefe bereis 18 om, 
die Zerblätteruug ging bis 4 cm Tiefe, die rilkfreie Ausbancfaung der 
Rü<^seite hatte H cm Höhe, der Eindruck in der ersten Balkenlage 
6 cm Tiefe. Auch bei Schuis Nr. 6 fiind kein Durchschlagen der 
Platte statt, die Eindringungstiefe war nicht mefsbar, da der Kopf 
des zertrümmerten Goschosses im SclMifsIoch steckte. Die Zerblätteruug 
ging bis ß cm Tiefe; am Schiifslocli war ein feiner Ilifs, der vorhaiulcnc 
Ilärterifs war etwas verlängert und vertieft, das Loch des Schusses 
Nr. 4 hatte gleichfalls mehrere Risse angenommen. Die hintere Aus- 
bauchung ging bis 7,5 cm Höhe mit leichtem Rifs. Die Hinterlage 
war stark zersplittert, die rechts und liuks vom Schufsloch liegenden 
Spanten waren unten zerbrochen und verbogen, drei Bolzen im Ge- 
winde abgeseheert und in den Hinterbau geworfen. 

Nun folgte noch Schills Nr. 3 gegen das Abfallstfidc, das auch 
diesmal nicht durchschlagen wurde, die Eindringungstiefe war niciht 
SU ermittehi, da der Kopf des wiederum zertrümmerten Geschosses 
im SchnMoch steckte. Die Zerblätterung war wie bei den ersten 
Schüssen. Vom Schuihtodi gingen swei 15 und 8 cm tiefe Bisse aus. 
Im Loch von Schüfe Nr. 1 war ein feiner Rifs enstanden. Die rück- 
wärtige Ausbauchung und der Eindruck in der Balkenlage hatten die 
gleiche Höhe bezw. Tiefe wie bei Nr. 1 und 2. Die erste Balkenlage 
war stark zersplittert. 

Das j^^eh artete Nie keif lu fs eisen von Knipp hat bei diesem 
Versuche eine ganz aufserordentliche, bis jetzt nicht erroirlite 
Widerstandsfähigkeit bewiesen. Der ^^ehufs Nr. 3 gegen das 
Abfallstück, der dieses niclit zu durchschlagen veniKiehte, würde eine 
Stahlplatte bislieriger Fertigung von 48 cm Stiirke, der Schufs Nr. ^^ 
gegen die eigentliche Platte sogar eine solche von 50 cm Stärke glatt 
durchschlagen haben, während hier eine Stärke von 30 cm genügte, 
um die Granate absawelsen. 

Die hier versuchte Platte entspricht in ihrer StÜrke-Beschaffenheit 
denjoiigen, welche fttr die starkstgepanzerten Stellen des neuen 
Schlachtpansera „Ersatz Preufsen'* in Anwendung kommen. Der 
Panzerkreuzer „ Ersatz Leipzig'' erhJUt zwar schwächere Panzer, 
aber gleiche Panzerqualität, sodafe derselbe auf mittleren Entfernungen 
gegen die schwersten Geschosse aller gleichartigen Schiüe und selbst 
gegen diejenigen der meisten jetzt noch modernen Schlachtscliiffe ge- 
sichert ist. Dem entsprechen an Stärke die in der Umschau für Juni 
erwähnten Platten. 



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Bei deui am 7. Juli auf den Schirt^TForftc** d^jg Stabilimeiito 
tccnico triestino^ in ji. Uocco bei 'rn>.st vom. Stapel gelaufenen 
KftsteilTerteidigungsscliifi" „Wion^ situl Nit^liv.jj^j^jjipj.^^^j^^ ^^j. 

^ekoiumen (v. 



ic-rüji Ijericliton). 
r:in/or- 
•I. Die 
Ml zuerst 



GewerksdiAft Witkowits in Mähren zur \t\ 
die weiteren Hitt Aber dieses Unternehmen 
Von einem neuen Verfahren der Hei 
platten berichtet das „Anny and Navy Jonmal* 
Carnegie Stahl- Gesellschaft hat 6 zollige (15,2 
8 Zoll (20,3 cm) stark herstellen lassen und nach Kol 
auf 6 Zoll zusammengeschmiedet (reforged). Der 6zc 
mit Wheeler-Sterling w.. ] nit Cari)cnter-Gü$chor8 gej^onuiTT' 
die Platte in Indian llead am 27. April gut gehalten Aihv^^jy. 
geschwindigkeit 764 ni). Die Oflizieie den Ordnauce-Bui-eau. 'i'il^orf^^ 
eine solche Platte oincr einfach gescinmedcten zweifellos übcii'-Lreri, 
doch will man noch Versuche mit özöUigen Geschützen ¥omehii|'^Ti. 

Tersehiedenefl. 




Schiorsversuche gegen Fesselballons in Österreich Ende 
1894 rep;istrirt die ^ Revue mil. du rEtrangcr-" (Aprilheft 1805) 
nacli dem j,restcr Li»)>u. Ks wurden 2 \'crsuclie mit Sehrapnels 
vorgenommen. Beim 1. Versuch war der BaUon 4000 Schritt entfernt 
nnd bis 900 m hoch, nach 9 Treffern waren 18 starke Risse erzeugt, 
der BaUon behielt trotzdem seine Steigkraft. Beim % Versuch war 
die Entfernung 5000 Schritt, die Höhe 800 m. Starker Wind und 
die groise Höhe ersehwerten das Schie&en sehr. Erst beim 65. Schufs 
wurde der Ballon getroffen und erhielt 2 Risse von mehr ab 1 m 
Länge. Er fing dann rasch zu sinken an. Kach deutschen Ver- 
suchen in 1894, über welche dieRev. d'artill. (Mai 1895) nach dem 
Rftswjedtschik beriditet, soll sich Gewehrfener gegen den Fesselballon 
als unwirksam, Schrapnelfener dagegen als sehr gefiihrlich erwiesen 
haben. 

Automatische Apparate zur Sprengung feindlicher Eiscn- 
bahnzüge hatten bisher den Nachteil, dn^ sie durch eine dem eigent- 
lichen Zuge vorluu'gehendc Rekognoszirungsmaschine bereits in Thiitig- 
keit versetzt wurden, oder hatten, selbst als Pedal- Apparate, (wo 
sie nur funktionirten, wenn eine bestimmte Anzahl Radachsen den 
Dnick ausübte) den Nachteil, dafs man sie leicht entdecken und ent- 
fenieii konnte, auch an grofser Kmj»rindlichkeit litten u. s. w. Der 
Kommandant der Eiscub ahnkompagnic in Antwerpen, Kapitän 
Simonis, hat nun einen Apparat, der die obigen Nachteile nicht be- 
sitzt, mit Erfolg ^robt. Derselbe giebt dnen ein&ehen und sicheren 
Stromschluft ohne irgend wek^en Mechanismus, lälst sich an jedem 



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7- 



Umachat** jmlit&rleclmucbem Gebiet. 

Schi<*npnprofil bcfep^'''!?^^» ^^t nach erfolgter Aufstellung vollständig 
unsichtbar erlaub-^ ßckognoszirungsmaacliiae beliebig oft die 
Stelle ungefährdet« passiren, bringt aber ein ganzes System von 
Minen, jedoch unter der Beliistung eines die Stdle paaorendea 
Zii<^es zur F'Xplosion. Wenn aswd dieser Apparate auf 40 bis 50 m 
von eiuaudc^ Vings dem Qeleise gelegt werden, so kann eine Loko* 
motive mit ^^i^^^ BOgar mit einem oder zwei Wa^igons die 
Stdle anst^^^ passiren, weil die beiden Apparate nnr jeder für 
sich nac^ einander, aber nicht gleichzeitig zur Thätigkeit gelangen. 
Sobald ^ ^^6' dessen Lftnge die obige Entfernung übersteigt, 
pmggjyt, kommen beide Apparate in Funktion, der Strom wird ge- 
g^iossen und dadurch die Zündung der Mine bewirkt. Zahlreiche 
yorsuche auf dem Übungsplatze in Antwerpen und an den belgischen 
ritaatsbahnen zeigten die volle Brauchbarkeit und Zweckmäfsigkeit der 
oben beschriebenen Apparate. Näheres in Mitt. III. 1895 nach Buss. 
Invaliden 1894. 

In letzter Umschau ist S. 362, Z. 12 v. o. statt KeÜexion Re- 
fraktion zu setzen. 



XXTIL 

Umschau in der Militär-Litteratur. 



I. AnglindiBclie Zeftscliriften. 

ätreffleur's österreichische militärische Zeitschrift (Juli). 
Der Stand der IGlitKr-LuftBchiüiUirt 1894. — Der Fahneneid (Obeistlt.- 
Auditor Dr. £. Dangehnaier); eine geiabrolle militSriseh-ethiBcbe Studie des 

bekannten Militürjuristoa, die wir der Aufmerksamkeit der Leser besonders 
empfclilen. — DurchfilLrung eines Reisemarsches. — Zwischen Saea<'SaoaI 

und DRr^l;^1en^'t^ (O W*ar]j«\ ■ — f^nwornw tm (l(>r Trebbia. 

Organ der milittir-wissenstlialüichen Vereine. 50. Bd. T.Heft. 
Der chincsich -japanische Krieg uiul die Machtstclhing der europäischen 
GroA-Stasten in Oitasien (Hptm. Liposcak). — Das Kraoken-Zerstieuoiigs- 
STsiem im Felde (Begimentsarrt Dr. Habart). 

Mit f ei I u n gen über GegenstSnie Artillerie* uid OeatoweeeHB. 
6. Heft. Wahl der Hilfszielpunkte, Bestimmung der Richtmigsebene beim 
tJhersohiofBen unzugänglicher Dcckttngen und Ermittelung von Distanzen 
(Hptm. Scliöffler). — Neue Ansichten und Vorsehläge auf dem (Ichiete 
der bestandigen Betebdgung und des Festungskrieges. Zusammengestellt 
aus Gea.-Lts. Brialmont neuestem Werke (Hptm. Foraasarie Edler von Verce). 



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Unuchau in der Militär-Iittecator. 



863 



Armeeblatt. (Ost<'rr»'irli.) Nr. 26: Die Wissensdiaft des Khn-n- 
st&ndpunktes. (Bespr. dos Werkes ^La scicncc du |H>int d houaeui" 
T. Crmt»baii.) — Oalcimnoarlnd und Aeetylon. Vr. 87: Zur Neuauflage 
der Sehielli-Instraktioii. — IKe Oiganiaatbn der GerniMniaBiaütler. Sr. 28: 
Das Kii t .nvertt idigungsecihiff „Wien". — F. M. L. JnliaB Vogl f. 

Militär-Zeitung. (Österreich.) Hr.21: I>erInfanteriean^fF(Be8pr.). 
^ Meld (T^'itf'r I)otaehcmcnt8 in der preurv'>< h»Mi Annon. Kr. 23: Intime 
lleereban{^ciei.'t iih('tten. — Der Nord-Ostsce-Kaiiai. Nr. 24: Siiiiu r MajesUit 
Küßtenverteidiguugtwchiff „Wien". — Das applikatoribcLe Studium. 

Bi« Reiehswelir. (Ö et erreich.) Nr. 782: Nachträgliche Demerkimgeu 
snm Preisreiten Kr, 783: Ffir KoromandBaten (Anffinderong aar 

Selbstbeobaehtang und mm Mafshalten im Verkehr mit Unteigebenen). — 
Naebtrlglicbe Bemorkungon etc. (Schluib). — Nr. 784: Taktik-Moden. — 
Programm der russischen Truppenübungen. Nr. 785: Die Vortriigo an 
<hvr Armee-Schiefsschule. — Vom Kegimente „Baden**. Nr. 786: In elfter 
Stunde; bezieht sicii aut die Marinedebatto in den Delegationen. Nr. 787: 
Wieder einmal. Behandelt die Schmucklosigkeit der von den Otüxieren 
getragenen Blonse, die an lixgerlielien Vorkommiünea den Anlafii gebe. — 
Der neue Prüsident dee k. n. k. tecknisdien HilitKr-Komitäs. Hr. 788: Die 
cbroniflelie Unterofüziersfrage. — Pferd und Kanone. Wendet sich gegen 
'lt:i Übertriebenen Reitsport bei der Feldartillerie , das Interesse für den 
f^eliielVsport müsse mehr geweckt werden. Abermals Ersparnisse (tadelt, 
dal's die Otlfiziere dii- ^uden Schieisübungen erforderlichen Revolver I^atroucn 
selbst bezahlen müssen). — Der mazedonische Bazillus. Nr. 78d: Die 
Folgen miMrer UDteroffinen-ErgKnanng. — Dw Verünfiichttng dee Sehreib- 
gescbxftee. Vr. 780: Die Folgen unserer UnterofiBxien-ErgltDBttog(Forts^). 

Le flpMtotrar mllttalre. (15. Jnni). Der Streit far den Schild. 
Verfasser polemisirt gegen diqenigen Blätter, welche seinen schon mehr- 
fach in den Sjialten des Sj). premaehten Vorsclila-r (Schilde für die Angriffs- 
kolonnen der Intiauterie) bekämpl'en — 1 >ie Ergebuiss»e de»» Krieges 
(1812—1870); Forts. (I.Juli). Infaniene 1 aktik. — Der Streit für den 
Schild (Foi-ts ). — Die Ergebnisse des Krieges (1812— 1870jj Fort». 

ReTiie nilltatrM lUtiTerselle. Hr. 40: AJlgemeine Übersiebt aber 
das franateisehe Afrika, von General Pliilibert; interessante militltr* 
gen^^raphische Studie. — „Le Monran" (Forts.). — Die Expedition von 
Sardinien und der corsische FeMzu? (Forts.). — Indien und die englisch- 
rvi««!ft<lM' Frage (Forts.). — Das fran/.<»fiist'he T.nxembiirfr (Schlufs). — 
liegiemeut von 1884 tür das Fufsgefecht der Kavallerie und der Kasakea 
(Sehluls). 

Heyne du eerele nllltolre. Vr. 2S: Bas italienische Hilitllr-Jahr» 
faoeh Dir 1895. — Das Harine-Bndget 1896. — Die hollindischen Kolonial- 
truppen. Bemerkungen fiber die indisch-niederländische Armee (Forts.). 
Vr» 88: Mit dem Luftballon zum Nordpol. — Die holländischen Kolonial- 
truppen (Schlufs). Nr. 27: Die preiifsisclio Ranjx- und Quartierliste. — 
Der IJbergang über den Baikau dureli General Gurko (Dezember 1877), 
mit Karte. — Die Transportmittel der italienischen Truppen im Gebirge. 



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364 



Umschau u der Militär- Litteratur. 



Vr. 88: üntanN«« UMk Madftgaaear. Tagelraeii eiiiM ODfiiiM« des 

Expeditioiukoip«. — Der Übasttir den Balkan (Forts.). — Die 
Tmitfpoitmittel dw italienischen Truppen im (Jehirge (Forts.). 

Revue de Cavftlerio. (Juni 1895). Di*- östfn^iclnVfh - nng;arische 
Kavallerie (Ans dem Italien. üIkts.), — lieuierkungeu über die tranz«)sische 
Armee von 1792 bis 1808 (Forts.). — Ausbildung und Füliruug der 
Kavallerie (Übers, des Pelet 'schon Werkes} Forts.). — Operationen der 
5. deiitBcben KavaUerifr-DiTinon in der Zeit vom 12. sinn 15. August (SeUuik). 

— Die kMakische ^ Jjava". — GefeekUi-, Maraeh- und Vmanunlnngs* 
Fomiationcii der drei Waffon in Deutschland. 

L'Avenir militaire. »r. 2008: Die Yalu-Schlacht. — Die Zentrali- 
sation von Wost-Afnka. Nr. 2010 : l'^Tifrfroclitforti'^e Ausgaben. Scharfe 
Kritik des Milit;ir-Bu(l<i:et8; Tiainentlich unln-gri-nzte Vermehrung der 
Truppenkorj[)8, die nicht einen Soldaten mehr bedeute, wird getadelt. — • 
Kfistenverteidigung; besieht deh auf die Arbeit des KapitiUi Hoch „La 
defense nationale et la defense des edtes", beBondexs die YerCeidigang der 
Halbinsel Cotentin. Nr. 2011: Die l^cfördemng zum Grade des Bataillona- 
kommandeuTH. Hr. 2012: Das IV. Korps am 16. August 1870. (Aus den 
„Eriuneningen" des General Lehruu). Nr. 2013: Dii- Rcknitirunj: der 
Kavallerie; es wird vor Eiutühruug der zweijährigen Dienstzeit yew.irut. 

— Der Hafen von Rochefort und die Küstenverteidigung. Nr. 2014: 
Das Spionage-Oesetz; Folgen desselben gegenüber der Presse. Vr. 2090: 
Die Expeditbn von Madagascar; die Oifanisation des ftr diesen Feldsng 
besondeis formirten 200. Inf.-RegimentSy dann die des Transportwesens wird 
bemängelt. 

l.e Prog:res militaire. Nr. 1528: Prüfet die Schilde. Abfiilligcs 
Urteil iihcr die schon wicdcrliolt im „Sjtectnttmr" gemachten Vorschläge, 
die Intauterie-AugriUk-Kolonneu mit iichulsfesten Schilden au&zui-üsten. — 
Das Budget 1896 (Forts.). Nr. 1529: Die liauptleute des Ergänzimgs- 
Kadre. Ir. 1680: Ergünsang der Intendantur. Kr. 1091: IXe nene 
Felddienstvoiscbrift; wird beiftUig begrttftt. Vr. USB: Artillerie und 
Genie; behandelt Trennung der Feld- und Festun gsartiUerie, sowie des 
entspreelienden Dienstes des Genies und die Vereinigung der Festongs* 
Artillerie und der Fcblungs-GenietnijtjK» zti einer Spezialwaife. 

La Francf militaire. Nr. 8353: Poutoniüt r-Sclinle in Oroi.ss\ (Seine). 
Die hier vor dem MilitHr-Gouverueur erlangten Resultate erkennt General 
Trieocbe nicht fttr maßgebend, in Anbetradit des rahigen SlvoinlMilh» Er 
erwftnttt neh ement fttr die Artillerie-Pontonm«re. Vr. 88S5: Teiritorial- 
Depots. Durch Abschaffung des CSapitaines-majois fehlt bei der Mobil- 
machung jede mit den Verhältnissen vertraute Person. Der aktive Major 
und seine Stütze aus dem Krg'finzun'^s-Kndre verschwinden sofort /ai neuen 
Stellungen. Nr. 3357: ^Vas wird im Kricpiiall mit unserer Keg^ierunf; und 
speziell mit dem Kriegsminister V Nr. 3369: SchieisUbiuigen der ArtiUcrie. 
Vr. 8800: IKe Hovas und die Valker von Madagascar. Man solle sieh 
die ttbrigen VolksstiSmme an freunden und Verbttndetma machen, ohne 
ihnen die f^ranaOsMchen Qesetae anfiudrHugen. — Der Kanal von Kid^ 



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t^mehm In der Ifllitlr-Littentar. 



d65 



Die Zoitunfr wird einen bijsonclprcn Nachrichtondicnbt unf Gnind d»T Mit- 
teilungen der Hauptzeitnn^en aller Länder untorbalteu. Nr. 3361: Frank- 
reich und Kufsland. Das nunmehr erwiesene Bündair» wird verherrlicht. 
Kr. SM: Di« TemtorUd-Depots (Fortü ). Vr. 8864; Der Kanal von KieL 
AoMblnng aller Verteidignngamafcregeln für den Novd-Ostaeekanal (venftt 
genaue Kenntnifr aller Verhältnisse!).. Hr. 3366: Unser Kanal. Vortrag 
über den oft erwähnten Kanal Bordeaux-Narbonnc. Nr. 3368: Zweijährige 
Dienstzeit. Nr. 3371: Der zweijährige Dienst. I. Artikel. Nr. 3372: 
Unsere Kolonien, Nr. 3373: Die Territoriai-Depots (Fortö.). Nr. 337Ö: 
Die Unteroffiziere und die 2jährige Dienstzeit. Energische Ausspraclie dea 
Kriegsministers gegen diese. Nr. 3376: Zweijfthnge Dieustseit. Nr, 8380: 
MaiBchall Ganrobeit, Besprechung des neuen Werkes von honm Martin. 

La Mgi^ue mtlltaif«. Nr. 1S81: Gtoneiallieiitenant Baron yan der 
Smissen (Würdigung scinrr Idatisehen Eigenscbaftent von General 
Brialmont; mit Porträt). Nr. 1262: Ode an den verstorbenen General- 
lientonant Baron van der Smissen. — Die Schule der Soidatenkinder. 
Nr. 1263: Die Militär-Keorgauisation. — Die Schule der Soldatenkinder 
(Schilds). — Militär-Gymnastik. Nr. 1264: Der bewafl&ieto Friede. — 
General van der Smusen. — Kriegsschule und Generalstabedienst in 
EVankreidi. 

Schweilerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen« Nr. 6: 

Gedanken über die heutige und zukünfUge Ausbildung unserer Truppen 
(Forts ). — Die Einnahme Port Arthure. — Die Milit&rbUdungsanstalten in 
Italien und Deutschland. 

Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie« Nr. 6 : 
MitteQongen flber unsere Artillerie, — Die mkfinftige Bewafinung, Ver- 
vendong nnd Organisation der FeldartÜIerie. — Das Messen der Pferde. 
— Von den SchenUappea der Pferde. — Dragomirow^s Urteil über rasnsclie 
Artillerie. 

Allgemeine Schweizerische Militürzeitung. Nr. 25: Die Neu- 
gestaltnng der Befestigung von Lyon. Nr. 26: l>i" Revision der Militär- 
artikel der Bundesverfassung. — Botschal't des Butuiessrate.«! an die Bundes- 
vcrsamuiiuug, betreüeud die Kevision der Müitärartikcl der Buudeüverl'assuug. 
Kr. 87: Gedanken Über die heutige und sukünftige Ansbüdong unserer 
Trappen. — Die Beyision der Militänurtikel der Bnndesyerfiusmig. Mx, S8; 
Gedanken über dio lienti-re und zuküni'iiL ■ Ausbildung unserer Truppen. 

Army and Nayy Gazette. Nr. 1846: Lord Wolseley und Sir 
F. TIamley. Bespricht di^- -»i^^lfachen Mc^imingsverschiedenheiten und 
Keilmngen, welche zwischen den beiden Cieueräleu lui t'^^itischen Kriege 
vor der Schlacht von Tel el Kcbir stattlauden. — Die AHhiord-Manüver 
der Volunteers unter Ijeitang des Genanl Lord W. Seymour werden an- 
erkennend gesehildert — Das Armenisehe Memorandum. Politisehe 
Betrachtung über die von England der Pforte gegenüber zu eigreü<Bnden 
Mafsregdn. Nr. 1847: Das Kriegsministeriuni. Kritische Besprechung 
der für das Jahr 1895/90 bewilli^'tcn Geldmittel für das Heer. - Die 
Manöver im östlichen Teile von Kant. Sehildert vorzugsweise die 



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366 



Umiduni in der MiUt&r'Iittentor. 



Verpflegung und die Transport-Verhältnisse der dort versammelten Truppeiu 
— Die Russen im stillen Ozean. PolitiBch-strategiscbe Betrachtuug unter 
Anniüiine eines Elrieges gegen China. — Tod dee OenerallienteiiAiit 
Sir Charles Fraaer. Nachruf vmtet besonderer Hervorhebung seiner 
Verdienstr In i Pm kämpfun^: ^ - Indischen Aufstandes. — Nachrichten ans 
Chitral. Nr. 1848: Die Manöver im östlichen Kent. Anlage und 
Verlauf der Manöver, bei denen stehendes Heer, Miliz nnd V()hnit«^f*r3 
vereinigt waren, werden geschildert. — Die Hri;^ade der schottistiieii 
Hochländer in der Krim. — Die Euthiiliung de» Strathuaire- 
Monuments, lo Ehren des im Jahre 1885 verstorbenen FeldmaxachallS} 
giebt Veranlassung au dner Schilderung sdner Leistungen im Feldsuge 1841 
in Syrien, 1854 in der Krim und 1858 in Indien. Vr.lMB: Sir E. Hamley 
gegen Lord Wolseley. Behandelt nochmals die vielen Bähungen 
zwischen diesen l)elden Generalen im Feldznge in Efrvptcn. — Der H erzog 
von Cambridge und die Ke>::ierunf^. Bespricht das talsclilich ein- 
getretene Gerücht über den Rücktritt desaiilbeu vom Oberkommando über 
das Heer, — Die Spanische Armee in Kuba. Stärke, Organisation 
und Budget dieser Armee werden mitgeteilt 

Journal of the Royal Umited Serviee iHstItntioB« Vr. 808: 

Juni 1895. Kavallerie-Manöver. Von 01»erst J. D. P. Fiench. In 
der Einleitung werden die Grundsätze fiir Kavallerie- Ausbildung nach den 
dentscben Quellen von Köhler, Schmidt, Hohenlohe etc. angezofr<'n An 
diese anknüpfend werden die taktischen Grundsätze fiir Verweuduug der 
Kavallerie in Verbindung mit reitender Artillerie und Schncllfeuer- 
Geachfltaen aufgestellt. — Scharnhorst. Unter Zugrundelegung des 
Lehmaun*sdien Werkes wd eine Chaiakteiistik des preufeischett HeweS'* 
relbrmatora entworfen. 

RussMier Inyalide. Verordnungen und Befehle. Kr. 116: 
Etat der Verwaltun^^ des (ronernl-Tnspektenrs der Kavallerie; 
die VerwaltitTr^" })e8teht, abfresehen von dem («eneral-Jnspekteur ((irolsfurst 
Nikolai Nikol.ijL witsch), aus 4 Generalen und 6 Stab«- bezw. Ober-Otfizieren; 
zum Stabäcbel' de« General-iuspekteurs ist Generalmajor Palizyu, der vor 
Kuraem erst in die Stelle Gen.-M^|. Skogarewski^s als Stabschef des Qarde^ 
Xoips eingerttckt var, ernannt; OehfUfe des Stabsehefr »t ein Sohn des 
Kriegsministers Wannowski. — Verordnung über die Verwaltung des 
General Inspekteurs der Kavallerie. — Das Hundert-Werst- 
ßenncn bei "Warschau. Kr. UO: Nachrichten über Versuche in 
der Olfi zier Schiefsschule. Die Schiefsschub' wird in Zuknnft die 
Ergebnisse aller Versuche, welche für die Truppe von Interesse sind, ver- 
Sffentlicben; in vorliegender Nummer werden Versache mit verschiedenen 
Sorten Ton Bxerairpatroneii besprodien, Vr. 1S2: Ausgabe neuer £(al8 
ßtr die Konstantin-Artinerie-Schule (dieselbe wurde bekanntfieh vor 
einem Jahre aus einer Infanterie« in eine Artillerie -Kriegssdbvnle ver- 
wandelt) ; die Schule wird zu zw t i Batterien f nrmirt, die Entlassung findet 
aus der alteren Klasse als Offizier ntatt. — Bau einer Eisenbahn Perm- 
Wjatka-Kotlos. Kr.121: DieUftizieru derlüGarde-KavaUerie-liegimenter, 



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(TnucluMi in der MUitir-Utteiatnr. 



367 



die kein Dienstpford und bishpr Ration nur für ein eigenes Pferd orliioltcn, 
enipiaiigen in Zukunft 2 Rationen, iklls sie wirklich ein zweite» Pi'erd 
balten. — OrdfBere Anfsfttse. Vr. 128— 128: Infanterie und Kavallerie, 
▼on GrebensehtBcliikow. Ir* 126: Der Dienst des OeneralBtobs in der 
nimiflchen Armee bis snr Ze&t Peten des Qnraeii. Vr. 126: Dae 
Amerikanische SchlachtrofB, von Ocncnl] SsiR-liomlinow. ITr. 132: Unser 
Kavallerie-rM>r'! im Feldzu-rc 1877—78, von Gcnk'ral Ssnchonilinow; 
sein- aLnilbVps L rtoü über die Kric^tUcbtigkeit des Pferde» der regulären 

ruüsischüu Jvii%allerie. 

Morskui Sbornik (Russiacher Mariue-Saiiimler;. Nr. 6: Juui 1895. 
Offisieller Teil. Nadirichten ftber die EriegefiihnMOge in analändiBclien 
Gewissem; das Geschwader im StUlen Oeean besteht nach der ofliaiellen 
Nachweisung ans 22 Eriegsschiüen mit 445 Geschfttnen. Nichtoffizieller 
Teil. Teilnahme von Marine-Kommando» am letzten türkischen Feldzuge, 
1877—78. — Bau von Kriegsschiffen in fremden Flotten, 1893 — 95; 
II. Frank i tucii. — Zur Frage des Dampfvfrliranclis tiir die Mawhinenarbeit, 

— lutcruatiuimle Be»tiuimungen aur \ crnieidung von Scliüfs-Zusainuien- 
stöfren anf dem Heere. — XUn den Knn des SchülM «ufiseichttMider Apparat. 

— Uarine-Clmmik. 

BeresowBky s Baswjedtschik. Nr. 244: Die Tornister der Festnngs- 
Telegraphen-Abteilungen. — Kaukasische Bergbewohner auf der Pariser 
ethnographiBcben Ausstellung. Uber die verschiedenen Arten des Ein- 
schiefsens. — Die Begräbniffi-KaHRe der Offizierp der flrenzwache. — 
Konstruktion und Gebrauch des Stativs des Kapitäns Gauia^oÜ' tur das 
Fernrohr. — Konstrokdon und Gebrauch des von demselben vorgeschlagenen 
BeobechtnDgs-Appantts rar Bestimmung der Intervallen und Sprunghöhen 
der Geschosse. — Der Eintritt in die militürischen Speeial'Sehnlen. — 
Eröffnung einer neuen Fatronenfabiik in Lnga. — Hr. 245: Aus Centira]- 
Asien. — Der Nord-Ostsee-Kanal. — Die Verbindung des Distanx-Kessers 
Strobant's mit einem Fernglas. — Das Sappeur-Lager. — 

Russisches Artillerie« Journal. Nr. 3: Betrieb des Schieisspiels 
nach beweglichen wie unbeweglichen Zielen in der Küsten -Artillerie. — 
Übereinstimmung des Badhteas mit dem Distana^Femzohr ni^ mit dem 
Qradnuiten in der FeldartiUerie. — Untmudiung der Ghtsetne des Brennens 
der Ezplosivstofifo (Forts.). — Das rauchlose Pulver, neue Waffen und 
neue Taktik. Abhandbing von Hugo Allason, Oberstlieutenant der 
italienischen Artillorir Professor der Applikations-Schule der Artillerie und 
des Genie. Mit ilrlaubnifs des Verfassers aus dem Italienischen. Nr. 4: 
Die Kunst der Beobachtung im Felde. — Einige Worte über die Manöver 
der deutschen Artillerie in 1894. — Die reitende Ardllerie im Kavallerie- 
Gefecht — üntenmchung der Gesetee des Breimens der Ihcplosivstoffii. 
(SohhiA.) — Vom Leueht-Appant des Systems SeglL 

Bivista Militare Italiana. (I.Juni.) Das italienische Heer, 
Daten über seine Eutwickelun<i; (von besonderem Interesse). — Von 
Assab nncb CaHsala (Historischer Rückblick). — Der chinesisch- 
japanischü Krieg (Forts.). 

likrMskw für «t DeMto^ AviMt lal Xwta«. Ba.Mi Vi 20 



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368 Umschau in der Militär -lifeteratur. 

EsercitO Ituiiauo. Nr. 79: Die Gesetzvorlage betrefieod die 
Awshelinng des Jahrgangs 1875 in der KommisBion. Bringt n. m, 
die Angiibe des Kriegsministers, dallh bei EinateUimg der HUAe des Jahr* 

Sings 1875 im ^färz 1896, der andern im MKrs 1897 und Bewirknng des 
beigangs der Einstellung der Rekruten erst mit dem vollendeten 21. Löbens^ 
jähr, die Istst/frkc am 1 . 4. 189G = 218 146, am 1.4.1897 = 201260, am 
1. 4. 1898 — 228ti25, endlich am 1. 4. 1890 = 264106 Kopfe Itctrafrcn würde. 
Nr. 80: Kede des Krieg«minister8 bei derBeratungbeiucüÜuJgets 
für 1896. Beklagt die Notwendigkeit, die Istsürke, aar Bnielnng von £r- 
siHunissen von rand 6,18 Millionen, herabsetaen au mttiseii, findet diese Herab« 
setaung aber nicht so geftbriicfa, wie iie beurteilt werde, weirt anf die Ver- 
tiefung der Schulung hin, erklärt, ilar8 baldigst die bezirksweise ^f^wmng 
cingefiilirt wcrrleu und die Herabsetziitifr der IststHrkc mit clor \ iineu Wirkung 
(ItM- orgHiiisclicn Reformdekrete verschwinden werde, und berüiirt alle andern 
wieliti;j:eii Fi;i;;en. Nr. 81: Die militärische Krise. Polemisirt gegen 
die Heral>seizung der * Iststärke. Nr. 83: Der Oesetzentwurf be- 
treffend die Heiraten der OfHiiere. Beleuchtet die von der 
Kommisrion in den Entwurf des Kriegsminkters hineingehraditen 
Modifikationen. 

Bevista cientiflco-militar. (Spanien.) Nr. 12: Die Gesundheit 
des Soldaten. 20. und letzter Brlol. Moi ilist Im- Hygiene (Forts.). — Be 
merkungen Uber die Taktik d&i> moderucu Gefechts (Forts.). — Das 
kriegsm&fsige Schiefsen der Infanterie. 

Memorial de Ingonieros del E^ercito. (Spanien.) Nr. Y: Die 
Ingenieur*Kompagnien im Fei dinge in Nord-Mindanao. 

BeTista Militär. (Portugal.) Mr. 19: Die alten Heeres- 
organisationen in Griechenland und Rom. 

Norsk-Militaert-Tidsskrift. (Norwegen.) 6. Heft: Der Rett- 
unterricht fi( i Apt Kavallerie. 

De Milituire 8pectator. (Holland.) Nr. 7: Ausbildung der 
Infanterie-Üekruten. 



n. Büeher. 

T* Löbeirs Jahresberichte iiber die Verändenuigwi nnd Fort- 
schritte im Militärwesen. XXI. Jahrgang. 1894. Unter Mit 
Wirkung hervorragender MilitJirschriftstelK'r licraus^e^eben von 
V. Felei-Narbonne, Generaüt. z. D. Mit 5 Skizzen im Text Beriin. 
£. 8. Bfitder & 8. Pieis 10 K., gebd. 11,50 M. 
Die Heiansgabe d«r „Jahresberichte* ist nach dem Tode des Genend- 
Kentenanta y. Jerot^y anf den OenstnOieufeenant a. D. v. Pelet-Narbonne 
tibergegangen. Herr Gen. v. F. N. hat sich bereits seit langer Zeit auf 
milit/ir-litterarii*chem Gebiete vorteilhaftest bewahrt; unlängst noch hatten 
wir an dieser Stpll«' ülier 8eine von der gesannnton Faclipresse sehr günstig 
beurteilte Denksclirit't: „L'bcr Erziehung und Fiilirung von Ka\allerie, 
sowie Übungen gemischter Truppen im Gelände" zu berichten. Die 



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UmwUura in det Militär -LiUeratur. 



m 



Uerausgabe der „Jalireäbericbtc" ist, das lehrt der vorliegende Band, dem- 
nadi in kundige Binde ttWgcgangen , welche dm nntntheloliohe Weik 
im Geiste aeinee B^grftnden foitAfaren werden. 

Im ersten Teile: »Beriehte über das Heerwesen der einzelnen 
Staaten" beachte man beHonders die im Vorjahre nicht vertretenen Berichte 
fU»pr das Heerwesen ChiuB's und Jupan's. Viel ist über beide in Zeitungen 
Hil l l'roschüren peschrieben worden, Genntieres aber sidierlicl) nirgends. Die 
Ötiirkeubersicbt des cbinesischen Ueercji wvi&t erätaunlicbe Zahlen auf: 
Kaiserliches fiannerheer 270000, Grünes Bannerheer 490000, Diszipliulrte (?) 
Truppen 827000, Milis 162000; suaammen 1250000 Mann. Diesen Hassen 
hatte Japan, gemäb den Idsten von 1898, ein bei Weitem kleineres, aber 
vortreinich disziplinirtcs und nadi europäischem Muster ausgebildetes Hew 
▼on 269748 Köpfen (Linie, Rescn-e und Landwelir) entgegen zu stellen. 
Auch die Befestigung beider Staaten sind, ausnahmsweise, an dieser Stelle 
behamhiit ^^■lJn]on. 

Im zweiten Teile: „Bericlit über die einzelnen Zweige der 
Kriegswiasenschaften und des Heerwesens" ftllt der erste Bericht 
„Taktik der Infanterie 1894 grttndlicher als der varflthnge aus. Ver- 
ftsser erläutert ^unäclist in etwas wdtansholender Weise (10. Druckseiten) 
die „praktischen Folgerungen" auf dem Gebiete der Infanterie -Taktik. 
Die^e Einleitung bewegt sich in der Hauptsache auf den dnrcb ScherfTs 
Scbriften gewiesenen Halmen, die eine „einheitliche Mapsenwirkung" zum 
Ziele haben. Auch Hönig's „Taktik der Zukunft'' (4. Aullage), dann zwei 
neuere Arbeiten, Liebert's „Verwendung der Kurven in der Schlacht" 
nnd die geistvolle Broechttre „Moderne Beserven" (von v. B. K.) werden 
in diese Betraehtangen einbesogen. Wie rieh das begehrte „gesefalossene, 
einheitUchej taktische Verfahren" in der Praxis zu gestalten habe, ver- 
raten die cn\'ähnten Schrlfton leider nicht. — Eine irrtümliche An{i:Hbe 
möchte ich noch berichtigen. Auf Seite 301 wird gesagt, der Hf^ioTiett- 
angriff sei in der fridericianischen Zeit meiet „legend/ir" ^'CweBcn. Dem 
ist uutgogeu zu steilen, dafs, euL»precbend deu scbarieu liisUuküuneii des 
Königs, saUrdcke, sehr energisch bis ra erbittertem Handgemenge durch- 
gfllttlnte (also keineswegs „legendiLre'*) B%jonettangii£b kriegsgeschiohdidi 
nachweisbar sind, so bei Eesselsdorf, Lowoeits, Frag, Zorndorf u. s. w. — 
Auf die alle reglementariscben und organisatorischen Neuerungen berück- 
sichtigen Einzelberichte über Deutschlanil, Osterreich - I'^ng^arn . Italien, 
Kufsland und Fninkreich sei besonders vervs it-sen. Ks sei nur noch be- 
merkt, dai's der Herr Verfasser seine Ansicht über unsere „iialbbutaiUone'' 
gemdert hat. Im vorigen Jahre meinte er, durdi dieselbcii sei Uhr die 
taktische StKrknng der Formationen zweiter Linie „Förderliches" ge- 
leistet wordtti; jetzt bekennt er, da& bei nolch kleinen und ungleichen 
Kompagnien neh die „relativ ungünstigen Folgen nach der taktischen 
Seite von selbst ergeben " Dies stimmt mit den Urteilen von zn'it rindigster 
Seite vollkommen irm, 7uni;ii die Kümpaguien nicht 93, sondern (ohne 
Chargen) nur 79 Manu etatsmälsig haben, von denen, da in dieser Zahl 
die xahlreichen Abkommandirten des Begiments stecken, aQen£üIs 30 bis 



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370 



Umschau iii der Militär -Litteratur. 



r 



40 Mann mm Dienste übrig bleiben; eine StiCrke, weldie weder ein aeübet- 
stSncUges Kompagnie-Ezerären, geoehweige denn ein eolehee im Bataillons- 
verbande gestattet. — Der Bericht über die „Taktik der Kavallerie" 
knüpft &a das treffliche W<'rk des Majors Kunz: „Die deutsche Reiterei 
in den Schlachten und Gefechten des Krieges von 1870/71" mi'l (Vif^ mViap 
genannte Pelet'wche Denkschrift an. Sohr oinp^fheiid verbreitet durselbe 
sich über die Frage der Organisation von Knvalleiiü-Divisionen im Frieden, 
welche wenn befllnrartet wird. Der (S. 332) gemachte Vorttchlag, den 
Degen abansehaffen nnd dnreh dnen aueh anm An^flanxen auf den 
Karalnner geeigneten Hirselifilnger (I) an ersetaen, dOrfte fireiUeh lebbalten 
W'idcrspruch finden. — Der Bericht über die „Taktik der Feldartillerie** 
bfiiilut an Fragen allgemeiner Bedeutung die des Zukunfts Feldgeschützes, 
des direkten oder indirekten Fetirrs ttnd die Verwcndnng: der reilontlcii 
Artillrri»' in Verlnndunp- mit Kavallerie. Der Hericliter^itatter über t\'i<^ 
„Taktik des FeBtuagskriege»*' niniuit zum Ausgangspoukte seiner 
ErSrterungcn das viel besprochene L«(]nier*sdie Buch: f^Di» bestXndige 
Befestigung nnd der Festungskrieg** (veigl. Jahrbacher Novbr. 1894). Der 
Beriebt ist knapp und klar entworfen, regt aber den Wnnseh an, denaettmi 
mit dem Berichte Uber das „Festungswesen" zusammen zulegen; beide 
sind. m. E., ein untrennbares Ganzes. Letzterer, sehr gediegen. ^ icüt-if-lit 
etwas zu breit -geraten ('28 Druckseiten) behandelt die wichti^re Fraj^e, ob 
die Feüiuugcu mit permaueuteu Mitteln zu crb<iucu oder durch t'eldmälkige 
und provisorische Bauten ersetzt werdeu köuuen (N.B. Unsere Leser finden 
hieran einen sehr liehtroilen Betrag in den AufslHsen des ObeiatiienfcenantB 
Wagner «fLnproYisirte Befestigungen"; s. „Jahrbtteher Deaember 1894 bis 
Ä|ml 1895). Sehr interessant sind die Untersnclunigen über das Panaer^ 
material bei Neubauten, sowie die Vorschläge fiir Festungs-Neubauten, 
ebenfalls in Anlehnun«r an das L<?itbii« r'öolie Buch. Ob die im 2. Abschnitt 
dieses Berichtes entlialtenen Studien iil)er das Festungswescn Frankroich's, 
dann Osterreich-üngam's in Tirol, so trefflich dieselben sein mögen, niclit 
aber den Rahmen eines „Jahresberichtes" hinaus feilen, bleibe dahin 
gestellt. — Der Bericht Aber „Handfeuerwaffen" ist ndt 28 Seiten sehr 
reichlich bedacht; auTiel Einaelhwten bietend, wird man anf denselben das 
brannte Wort Weniger wäre mehr" gewesen, anwenden dürfen. Der, 
seinen in Ubertlille vorliandenen Stoff geseliickt und in knapper Fonii be- 
arbeitende Berichf über das „Material der Artillerie" betoot, im 
Vordergründe den Intcrciiseti stehe das Schnellfeuergeschütz. Behufs 
Orientirung auf diesem schwer zu Ubersehenden Gebiete ist dieser Bericht 
trefflich geeignet. Die Berichte ttber „Pionierwesen** nnd „MilitSr> 
Telegraphier venaten dieselbe gesehickte Feder wie im Vorjahre. — 
Es folgt dann der nun anm zweiten Haie vertretene Bericht über „Das 
Militär-Erziebungs- und Bildungswesen"; derselbe bespricht die 
„Einrichtungen zur Vorboroitung auf die Laufbahn des Offiziers und zur 
wissenschaftlichen Fortbildung in dem Berufe desselljen", da,«« Gleiche für 
die Unteroffiziere, nach Ländern geordnet, gründlich und sachkundig. — 
Per den awelten Teil seblie(sende Bericht Uber die „Kriegs nnd Heeres* 



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UniiGliMi in d«r BOUtir-Iittantiir. 



871 



«i^eKchulitlichc Litleratur" ist, der gewaltigon Zunnhme flor militär- 
litteijirischcn Produktion entsprechend, stärker wie im Yogahre, und wie 
immer ein bewährter Batgeber auf diesem Gebiet. 

Von aufitergewöhnlicher Bedeutung ist der dritte Teil diet^tt Jahr- 
ganges: tfBeitrSge Bvr miliUnBchenGescIiiehte der Jahre 1898/94". 
Beide Jahre waren bekaanitieh sehr reieb an kriegenadben Begebenheiten. 
Die Kampfe in den deutjjch-afrikanischen Gehjeten, im Kongostaate, in den 
französischen Kolonien (Sudan u. Tonkin), in Krythrea, Südafrika (Matabele- 
Kriog), Mclilla und Mindanao, T^muhok nnd namentlicli '1er chinesisch- 
japanibclui Krirpj finden, soweit ilie Sparliclikeit der bislu r erschlossenen 
Quollen w zuläi'ät, eine tre£fendo und übersichtliche Darstellung, die — eine 
Neuheit der »Jahresberichte** — durch 6 gute Skinen im Texte erläutert 
wird. ^ Den BeschlnA des Werkes Inldet die 83 Namen sShIende 
„Militfirische Todtenselian'S an deren Spitae Kuier Alexander IH. ren 
Bnlbland. 

Schliefslicli niöthte icb — im Sinne der im Vorworte gegebenen 
Anrpprnnjr — mir nocb frestatten, fiiioni Wunsche Ausdmck zu "fcbon. Er 
betrift't eine gleichmaTsigere Beha n d 1 nn ^ der liu br i k ,, T, i t terat ur". 
Dieselbe ist im ersten Teile nur dreimal (Deuti»chland, i raukrtuch, Schweiz) 
und dies in nicht genügender Weise vertreten. Im iweiten TeOe weisen 
nur die Berichte über die Feldartillerie, die Handfenerwaflfon nnd das 
Material der Artillerie die litterarischen Neuheiten gesondert nach, wM 
ich flir das Richtige halte, während die übrigen Berichterstatter sich mit 
dor Erwähnunp^ einiger ihnen besonders wicbti^' < rsfliciTicrflrr! Werke im 
Ti'xfe beg-nügiMi. Einen Nachweis über einschläfrige, in der [)erif)(li9chen 
Miiitiir- Jvitteratur enthaltene Aufsätze von ßetleutung vermisse icli fast 
darchweg. Dem Studium würde durch Regelung dieser Angelegenheit 
sweifellos ein gro&et Dienst geleistet weid«i. 

Der vorliegende Jahrgang der „Jahresherichte** nt, Alles in Allem, 
ein sehr tüchtiges, der Vorgänger durchaas wflrdiges Werk, dem wir 
ferneres Blühen und Gedeihen nnter seiner jetzigen erfahrenen Ireitung auf- 
richtig wünschen. • Schbg. 

Ägypten nxd die Rgyptlsek« Frage. Von Karl Hron. Im Verlage der 
BengerMen Buchhandlung (Gebhardt St Wilisch). Leipaig 1895. 

Der Yerfiuser hat in dem vorliegenden Bnch in nmftssender nnd 

gründlidier Weise eine der brennendsten Fragen unserer Zeit nach ihrer 
Bnlstehung tmd Entwickelung bearbeitet. Wie er in der Vorrede sag^t, ist 
CS seine Absicht gewesen, vor allen Dingen die Wichtigkeit Ägyptens in 
seinen Beziehnnpen zu allen europSischen Staaten in unserer Zeit des Ver- 
kehrs und der Kolonien hervork^uiieben und im Besonderen nachzuweisen, 
da& der mitteleuropäische Friedensbnnd dort vitale wirtschaftliche Interessen 
an vertreten hat, welche durch die fiesetiung des Landes dnreh die Engländer 
«npfindlich geschftdigt werden. Wenn wir auch nicht überall mit dem 
YeiAuMer in seinen Voischligen zur Besserung dieser Zustände fiberein- 
Stimmen, so hindert uns das doch nicht, seine Arbeit als ein höchst vtt- 



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372 



Unuchui in der lIUh&r-LiUeratar. 



dionstvolles und zeitgemSfseB Werk anzuerkennen und es auf das Wärmste 
zur Lektüre zu empfehlen. 

Der MSte Abschnitt dm Bncbe«: IMe europiiichMi IntereMen in 
Ägypten, behandelt den SnMkanal, die i^gyptiaehe StaatMebuld, die 

europäischen Kolonialbeatrebltogeii in CcntrnlafHk» nnd den K^-yptischen 
Aufsenhandel. Wir müssen es schon hier be<lanpm, dafs der Vortasser 
seine gescliiclitliclien Anp^ahm tticht mit Quelh^n Kolf^f^t. In der Gcschiehte 
des .Sut'zknnnls ist es uns immer ein RÄtsel j^iiwiscn, weshalb der »loch 
uiine Fnigu bcbluuc uud aucii weitbliekeude Lord l'ahuerston sich nur dem 
Kuialprujekt eutgegenatemmte uid niehta venuebte, diea fttr England ao 
wichtige Fkm^eitt unter engUachen Einflafe m bekommen und dum ana- 
KuftilirtMi. Da berührt irna die Angabe wunderbar, dals dieser Staatsmann 
(Seite 4) Herrn r. Lesseps vertraulich mitteilen liels, dafs er sein Unter- 
nehmen mit allen Kr.nften ffJrdem werde, wenn En?1find dfis Focht er 
hielte, den Kanalverkehr zu überwachen nnd Suez nulitarifich zu iH -^rtzL'n. 
Sollte diese Thatsache richtig sein, so würde sie den Schliiaael zu der 
BpKteren Politik PsImenton'B bilden. Wir mdebton ea mir besweifUiiy dslii 
ein 80 vornchtiger Diplomat eine ao wiehtige SVage an dnen "Pnnltauuai 
richtrt, der gamicht in der Lage war, die hkrftr nStigen Oanntien wa 
geben oder zu Termitteln. 

Ein zweiter Abschnitt umfalst: 1. eine geographisch-statistische Über- 
sicht über die Nillande; 2. die Eutwickelungsgeschichte bis zur englischen 
Okkupation; 3. das engliche Domiuat; 4. die Staatsverwaltung, »owie auch 
eine Charakteristik des regierenden Ehedive; 5. die Kriegsmacht; 6. die 
geistige and 7. die materielle KnUnr. 

Die Entwickelnngsgesehichte bb rar englischen Okkapniion mnis als 
«n sehr gelungenes Kapitel bezeichnet werden. Zum ersten Male treten 
nns die Sjn'ptischen Horrsclicr anf)i einmal in ihren priten Eif^enscliaftcn 
entgegen- Man k^nnt sie zumeist nur nach ihren srhlf^f litcn, -svelclip sie 
mit Kuropa in Kontiikt gebracht haben. Auch hierbei inuhseu wir inanehe 
Angaben iu anderem Liebte sehen, wie der Yerl'asser. So iulirt dieser eine 
Depesche des engliscben Gesandten in Eonstantinopel vom 29. April 1840 
als Beweis an, dafs En^^d den sweiten syrischen Krieg angeaettelt hat 
Die Depesche besagt: „Es wird leicht sein, ganz Syrien zu insurgiren. 
Für die Stämme des Libanon, den Kmir Beschir und alle Anftkhrer der 
fijTischen Insurgenten kann icli vollständig bürgen." Ffir den Ausbruch 
des Krieges sprechen unserer Meinung nach genügeudfc Gründe in dem 
Verhifltni& des Sultans zu seinem aufsässigen Vasallen. Die Depesche be- 
neht nch vielmehr «nf Aussichten einer eventoellen kriegerischen Ein- 
misebnng Englands. Der Krieg, den die onglisch'^steneiclileebe Flotte an 
der syrischen Küste im Auftrage der Müohte Itihrte, konnte nur mit Hülfe 
der Anfwiogehinf? der Bvri.schpu Bergrv'ölker etc. zu glücklichem Ende ge- 
führt werden, da dem englischen Admiral aulser seiner Flotte nur etwa 
5000 Mann zur Verfügung standen. Daraus machen aber englische Schrift- 
steller durchaus kein Hehl. 

Der dritte und letste Absehnitt behandelt die «gyptische Frage imd 



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Umacbau in der Militir-Iittecator. 



373 



die Stellung der Mächte zu ihr. Kt> ist behr interessant, dem Autor hier bei 
dm Beweisen seiner Ansieht zu folgen, wenn wir euch häufig nicht der- 
lelben Anflieht sind. Wir mSehten die Abeichten Frukreichi auf Ägypten 
mehr in den Veidergnnd gerBekt wiaaen, denn nieht Enf^land allein, 
sondern Frankreich und Kii^^!atid haben vom Anfang dos T i^ihnnderts an 
einen mclir oder woniiriT oHenon Kampf um den BeBit% Afryptons jrf 
tuhrt. Hbniso selir wie wir den Ansflibningon des Vorfassors auf S<ute 28H 
beistimiueii, dals t lankreich niemals den Vorteil Kuropai» angetitrebl, sondern 
nur einseilig egoistische Plfine verfolgt hat, ebenso sehr müssen wir dem 
Atttor widenpreehen, wenn er auf der nXclMtea Seite sagt, dals das heutige 
yrankreieh nur ein mSglichat onabhüngiges, setbetstS^tiges Nilzeieh an- 
strebte. Das Frankreich von heute ist nicht anders wie das unter den 
NapolconidiMi. Es will Ägypten als fVanzösisclie Provinz, wie England es 
«Is f'ti^'liselio Provinz will. Beide brauclien es zur Stürknufr ibror Mittol- 
uie*'i>tolliiiif;. DaJ's England ihm vorläufig den Ean;^ abfrclaufcn bat, ver- 
dankt Frankreici) seinen zerfalireneu inneren Yerh&ltnis»en und seinem von 
dem Revancbegedanken Terdnnkelten Blick. Oh etn franaCsisehee Äg;}'pten 
fbr das kontinwatale Eoropa Tolkswirlsehaltlieh Torteilbalter wire, wagen 
wir sehr ni hesweifeln. 

Die Vorschläge des Veriassers, das Dmninat Englands nicht nur in 
Ägypten, sondern in der ganzen Welt zu bn-elien. sind scbr beherzigens- 
wert, weil sie aut dw Krki'uiituil>< der L i>acheu der britischen Weltherrschaft 
beruiieu. Ihrer V erwirklichung wird umn aber erst dann entgegen sehen 
können, wenn Bcgiemngen nnd Volksvertretungen A«e Kontinentalstaaten 
von der gleichen EricenntnilSi durchdrungen sind, wenn sich die staatliche 
Politik in den Dienst des nationalen W<dilstande8 Stellt, wenn Produktion, 
Kolonien nnd Schiflffahrt einen Auischttning nehmen^ der dem englischen 
t^bprjrewicht mit Erfoljj Konkurrenz macht, wenn mit einem Wort sich 
der HHck der Völker über ihn; Dort- und Stadtgrenzcn hinaus auf die 
Welt richtet, wie es derjenige der Engländer schon seit 200 Jahren getlian 
bat Pas wird langsam gehen, aber es wird geben, wenn mehr solcher 
BOcher, wie das vorliegende, gesehrieben nnd auch gelesen werden. 19. 

Das Haus Savoyen, aus dem Italienischen des Obersten C. Fabris von 
Major H. Marselli Turin. KgL Hof bnchdruckerei. In Kommission 

bei R. Clausen. Preis 2 M. 

Im Oktober 1893 gaben wir unseren Lesern Kenntnils von einem, zur 
Feier der silbemen Hochaeit des edlen italienischen Herrseherpaares er- 
sdiienetten Werke: ,,Casa Savoia, deltenente eolonnello C^eilio Falnris", 
welches einen in jeder Hinsicht gelongenen Überblick der ruhmreichen 

Geschichte des erlauchten Königshauses Savnycn gab. Jetst nnn hat es 
der als Militlir-Schrirtsteller rühmlichst bekannte Major Marselli unter- 
nommen, diese« gescliicbtlich hochintrresüante W»'rk in das Deuti'che zu 
übersetzen und es somit auch denjcuigeu zuganglich zu machen, welche 
der schönen italienischen Sprache nicht midhtig sind. Der illnstrirte Um- 
sdilag des vorz%lich ausgestatteten Werkes ist mit einer symbolischen 



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374 



Uuuciuiu hl der ^Uur LiUeratur. 



Zeichnung geziert, auf deren Bedeutmig bier mit einigen Worten hin- 
gewiesen sei. 

Oben üaä 4 savojadie Wappen gesdclmet (wciiscs Ereuz im roten 
Felde), welche der Heihe nach die gräflicTif, herzogliche, königliche und 
eiRemo (italieniscliu) Krone trn«r(»n. In der Mitte steht, dem Titel {re«ren- 
über, der S( }int'/,fjrist den ilausos Savoyen, welcher mit der Lanze anf <len 
Turm des Kajutoi« hindeutet, auf dem die dreifarbige Fahne wehet und 
der GlUckstem Italiens glänxt. Daneben ist das Motto des Qrüoen Grafen 
(Amndens VL) ,Je atena mon: anatre — ich erwarte meinen Stern" (welches 
aoeh no geschrieben wurde: ,Je atans mon: aitre). — fibenfiüls Tom Gr&nen 
QraliBn war ur^pnlnglich das Sinnbild, welehee zu den Fülsen des Sehnti* 
goistes gezeichnet ist, u. z. ein heliehntes, symbolisches Tier TLöwe oder 
fireif?), welches einen Adler liezwing-t; aber mit dem Unterschiede, dafs 
in der Devise des Grünen Grafen der Lowe eine Schlange in den Klauen 
hat, wahrscheinlich eine Anspielung aul die Viäcouti. Als Karl Albert im 
Jahre 1881 hei seiner Thronbesteigung das Motto und die Devise des 
Orttnen Oralbn wieder anfbahm, ersetate er die Seblange dnreh einen 
Adler. Welchen Adler er damit gemeint liaben mag, weüs man nicht, 
wahrscheinlich aber den Estensischen. Die zwei Schlingen (Liebeeknoten) 
nnd die n'itselhafte Inschrift „fert", die unten gezeichnet sind, prinnera an 
den von Amad» VI. {^estift»)ten höchsten Orden der Verkündigung. 

Wir bemerken noch, daüs die Ubersetzung des nur in ÖÖO uumerirten 
und 12 Pracht-£xemplaren erschienenen Werkes eine mnatergiltigo ist 
und empfehlen dasselbe allen denjenigen, weldie ein Interesse f&r die 
Geschichte Italiens nnd sdnes erhabenen Herrseherhanses haben, anf das 
WKrmste. Schbg. 

General -Feldmarschall Friedrich Leopold Graf Gessler. Ein 
Lebensbild. V'erfasst von Dr. phil. 11. Gruber. Mit einem Bildnifs. 
Berlin 1895. £. 8. Mittler & B. Ms 40 K 

Diese nur 9 Sdten fttUende Schrift ist dne flfichtige Skiaae des Lebens 
dieses frideriaianischen bertthmten Bsitergeoends. Neues bietet dieselbe 

nicht, wohl aber enthält sie erhebliche LrtUmer und weist wesentliche 
Lücken auf. Die Angabe des Geburtsjahres („im Jahre 1692 geboren") ist 
dahin zu berichtigen, dafs der 24. .Tnni 1688 der Geburtstag G.'s ist. Es 
hätte erwähnt werden müssen, dal's G. zu liriug starb und dRselbst in der 
Nicolaikirche begraben liegt, ferner, d&b sein Standbild Bich am Piedestal 
des Berliner Friedriehs-Denkmals befindet. Wenn gelegentlich der Schlacht 
von Hohenfriedbelg gesagt wird, der tfsterrdchisohe Fddherr habe, ehe 
Oessler seinen berühmten Tropldtenritt ansAhrtOi ,»schon anf den flieg ge> 
hoflft", so ist dies den Thatsachen nicht entspiediend. Die Österreicher 
fühlten siclf in der Hauptsache schon geschlagen und schickten j^ich zum 
Hückzn;^» n Nur die Vervollständigung und Ausbeutung des Siegen 
blieb den iiayreuth-Dragonern vorbehalten und diese geschah allerdings iu 
der bekaimten glänzenden Weise. — Man weils nicht, wem mit diäter 
Schrift ein Dienst erwiesen wird, der QescfaichtsBchreibnng jedenfiJIs nidit 



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UbuqIuui in der UOitlr-Iitteniliir. 



375 



Des Grafen Lippe gedic^'-en»^ Forscherarbeiten über Geesler (s. „Jahrbüclier" 
Marx 1895 und Mil.-Wocijeublatt 1875, Nr. 16) scheinen dem Verliaäser 
nicht bekannt zu sein. Scbbg. 

Oesohlehte dM Anhsltisohen Isfanterie-BegimeMtB Kr. 9t. Auf Ver- 
Anlassnng des Königlichen Ke^raents bearbeitet von Kftster, Haupt« 

mann un<l Kompafrniwhef Im Anlialtischeu Infanterie Regiment Nr. 93. 
Zweiter Teil. Mit einem Titelbilde, einem Falmoii imd rinem 
Lnitomibiide, sowie der Ansichi der Kasernen Dm>au. lienibiug und 
Zerbrt. Berlin 1895. Ernst Siegfried Mittler & Sohu. 8". X und 
280 Seiten. Frais 7,50 M. 

Stettdes bunten Bildes, wekfaes der im lüsiliefte 18H der Jahrbficber be- 
sproeiien« erste Teil der Geselüelite der Soldaten von Dessau, Sddien, Bem- 
fanrg vnd Zerb^t zeigte, tritt uns in der mit dem Jahre 1863 beginnenden Fort- 
setzung des Buches die Erscheinung einer einheitlichen Truppe entgegen, die 
schon damals fast vnllstfindig nach prenfsischeiii Muster organisirt, ausgebildet 
nnd befehligt, nach der Errichtung des Norddeutschen Bundes ganz in den 
Verband des groisen Naclibarheercs trat. Auch finden wir die Truppe 
nicht mehr wie mehrfkch in der Vorzeit auf Seiton der Fdnde Deutsch- 
knds. Schon im Jahre 186S, als nodi Denteehe Dentsdien g^enüber 
standen, begegnen wir ihr auf prenJhiBeher Seite. In dem B e s oi » d u>r|is, 
wdches Groisherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin kom- 
mandirfe, nalun sie an dem Feldzuge teil. Aber der Krieg bedeutete da- 
mals iür äie nicht den Kampf und unblutig verlief der Zug in das Bauern- 
land, zu dem sie berufen war. 

Anders als es 1870/71 galt, iruuzösischer Anmalisuug und Uberhebung 
entgegensntreten und mitKuhelfian mr Anfinditnng des einigen Deutsch- 
lands. Das Regiment gehörte damals wie gegenwärtig sum IV. Armee- 
korps und zur 7. Division, demnach zuerst zur II. und später zur Maas* 
Amee. Seine Mitwirkung in der Feldsohlaeht war keine sehr bedeutende, 
am meisten und am ertblgreichsten kam es mn Thito von B»'?ui!no!it. dem 
30. August, zur Verwendung, vorherhatte es an dem fehlgeschlagenen Ver- 
suche, Toul durch einen Handstreich zu nehmen, Anteil gehabt, hernach 
ÜDcht es in einem Vorpostengefechte bei Pim«fitte. Die Aufgabe, welche 
dem Begimente auf dem linken Flttgel der im Vormärsche befindlldien 
n. Armee mge&llen war, hielt es von den Schlaehtftldein bei Mete fem, 
bei Scdan blieb es noch in Reserve und während der Einschliefiiung von 
Paris richtete sich von den Ausfallen der Besatzung keiner gegen die 
Stellungen der Dreiundneunziger im Norden der Öladt. 

Was das Regiment in diesen beiden FeldzUgen erlebt hat, ist ein- 
gehend und gewissenhaft geschildert. Daneben ist die Friedenszeit kurz 
berOeksiehtigt Der Dar^eUnng wICre mwwlen ein etwas wirmerer Ton 
XU wünschen. Dab er feUt, wird darauf surflcksufllhren sein, dafli dem 
Verfasser AufSteichnnngen von Teilnehmern an den Ereignissen anscheinend 
nicht zu Gebote gestanden haben, Quellen, deren Benutzung selir geeignet 
ist, den Gang der Erzählung su beleben und das Gescheheue zu voran- 



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376 



Umachau in der MiUUit - Litte ratur. 



■dunilielieii. Die Anlagen geben AiiBkanft Ober Veriiute nnd Ant- 
leiehnnogen; sie enthalten auAerdem tovfiam bearbeitete Penonalnadk- 

nachricliten Uber die Offiziere etc. dc8 Regiments und Auszüge aus der 
Rangliste. An Karten und Plänen sind nur ein Plan des Sclilachtfeldes 
von }^»'auinoTit nnA xwei Textskizzen von GctcflitstVldoni vorlrtnrl'^n: 
WölttTf Danitelhtngeu «Ics Kriegsschauplatzes in Frankreich wären um so 
erwünschter gewesen, al» die Gc8chichthen6Hblung über den licreich ihrer 
eigentlichen Angabe hinana auch v<m dem berichtet, was aidi anliwrhalb 
dea Opention^bieteB der eigenen Armee, der II. nnd bsw. der Maas- 
armee sDgetiagen hat 14. 

China^s Welirmacht. Von D. W. Putjata, Kaiserl. Rnsf5. Oherst. Aus 
dem Ku^äUchcn übersetzt von Ht.Ritter von L rtiiju-i^ruäzy nski. Mit 
9 Fignren Im Texte und 4 Beilagen. Wien nnd Leipsig 1895. 
W. BramnllUer. Preb 2,40 M. 

Seit dem chino-japaniBcben Kri^ itdiea die ndlitHriiehen Macht" 
veihiltnisBc des östlichen Anens im Vordergmnde dea militärischen Inlaresiet. 

Unglaublich viel ist über dieselben in Zeitschrif^n aller Lttnder gedruckt 
worden, Kichti^'cs und viel Unrichtip s, da die (Quellen, aus denen geschöpft 
wurdQ, zumoiHt bebr dürftige waren, iiier stellen wir nun der Arlieit 
eines Sachkundigen gegenüber; denn Obei-bt Putjata war längere Zeit 
russischer Militärattache am Pekinger Uofe und hat ah solcher wiederholt 
China bereift; dieae Thatsache stellt den Wert seiner Arbeit in das heUate 
licht 0ie Schrift ist in folgende Kapitel geteilt: Der obenia Kriegsherr, 
Oberster Staatarat (l'sön-Ts«; Olm), Kri^sministemm (Bin-6u), das Heer 
(OrganiwiHon u. Stiirke, Offiziersergänzung, Bewaffiiung, Verpflegung, Ge- 
bühren, Train. Vnrrfite nnd Santt?itsweson, T'^ntcrkfJnfte Scbnltin^ der 
Truppen), Arsenale. Hef'ostif^unf2^en. Krie<rs-Marine nnd Heereel»ud}:;;et. Die 
Beilagen enthalten einen Grundriis von Peking, eine Karte des Kricgs- 
sehanplatses nebst den Befestigungen, eine Speaial-Karte dea Petachili' 
Qolfee, dann eine Übersichts-Karten-Oleate (1 : 12600000)^ anümlegmi auf 
die Karte des Sdeler*schen Athis Tom östlichen Cluna. — Anf den hoch- 
interessanten roichen Inhalt dieser %'orzüglich ttbenetsten Schrift des 
Nfthcren einzugehen, mfissen wir uns leider versagen, auf den hohen 
kriegswissenschaftlichün Wert dorstdben hiermit aufmerksam zu 
machen ist jedoch eine Pflicht, der wir gern entsprechen. $. 

Die Helbststlndigkeit der Unterführer im Kriege. Von Qeneral- 

lieutonant K. Woide. Aus dem Buasiachen übers(>t:rt von B. 

Berlin 1895. Verlag von R. Kisenschmidt. Preis 2,50 M. 
Als nficliBte Arbeit aus der Feder des nissisclien Generals Woide hatte 
ich dt«n zweiten Teil des Werkes: „Die Trsachen (li>r Siege und Nie- 
derlagen im Kriege 187U'*, dessen ersten Teil ich im Junibeft 1894 an- 
e rkenn e n d besproehen habei, erwartet Nun schiebt sich die oi>engenannte 
Schrift daawiadien, die, obwohl nur mälaigen Umfimges, mne solche Fttile 
von Belehmng nnd Anregung bietet, dab ich mir Torbebake, m einem 



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UmachAu in der HUttfir-Littentar. 



377 



hesondereu Aufsätze auf die Ausftihrungen des rußsischen Generals ein- 
zugehen, der wiederum den Krieg 1870/71 zum HauptgegenBtand ^iuer 
Befarachtung gewShlt hat. Mir für meine Person ist es ein wahrer GenulBt 
die meist wohlbegrfkndelen TTrtefle gerade eines hocbgebüdeton Bassen 
aber luiser Heer nnd dessen Leistang und Fttbrang keimen an lernen, die 
auch da An»pru«1i auf ernste Ptttfting nnd Betrachtung haben, wo wir sie 
niclit bIk zutreffend anzuerkennen vermögen. Und siclierllch stelle ieli da 
nicht allein. Auch nach den Festtagen von Kiel wird es von Bedeutung 
fiir uns sein, zu beoliachten, und zu wissen, was mau in den leitenden 
Ueerebkreitien uuboreü östUchen Nachbarn deukt, thut, vorbereitet . . . ! 
Also: demnlelnt Niheres! 84. 

Gi&nxendes Elend. Eine offene Kritik der Terh&ltiiisse unseres 
Onizierskorps. Von Rud. Krafft, k^.bayeri8elierPremierIieatenant 

a 1). Stuttgart 1H95. Eobert Lnt35. 

Alle menschlichen Einrichtuntren entbehren der VuUk .»nimenheit! Das 
mul» ganz besonders itir jede Annee zutreffen, da solche mehr als andere 
Institate den Frictionen von Fersönlicbkeiten ausgesetzt bt and weil hier 
spemeil Anforderungen, welehe die Anabildung undDiisiplin stellen, hKnfig 
init dem grttlltten Wohlwollen der ▼oigeeetsten Beh^hden in Widenireh 
geraton. Ein so hohes Anseh n <lic deutsdie Armee nnd insbesondere das 
deutsche Offizierkorps vor aller Welt geniefst, zumal der Organisation des 
letzteren und seinem ritterlichen Geist die grofsen Krfol<^e in allen 
Fcldzüf^en beizumessen sind, eo können wir doch dasselbe keineswe^cs ganz 
frei vou Mildfitauden erklären! Teilü mag hier noch Manches Platz haben, 
was sieh heveila ttherleht hat, teila haben moderne soaiale ZostSnde wohl 
«neh Uer neue Mi&ywhltltniBHe eraeogt, denen entgegensntreten es an der 
Zeit wirel Es würde daher gewifs nur dankbar anzuerkennen sein, wenn 
eine erfilhrene nnd einsichtige Feder in diskreter und mafsvoller Weise 
diese Schmiden aufdeckte und dabei der höchsten Behörde Mittel zu ihrer 
Abstellung unterbreitete. — Verfasser vorstehender ScliritY mag nun auch 
einige solcher Punkte richtig erkannt und bezeichnet haben; dafb aber 
sdne Arbeit nicht dam angethaa ist, einen solchen Erfolg au ' eradelen, 
dOifte deredbe bei dem Ton, den er anschlägt nnd welcher dem der 
hltthendaten litterarisehen Enengnisse der Umstnxamltainer eheabfirtig ist, 
wohl kanm erwartet haben! Nicht nur, dafs er alle nnr erdenklichen, oft 
ganz unvermeidlichen Übel mit einer Gerlngschä'tzting und Verachtung 
alles dessen an's Licht zerrt, was jedem Soldaten und Offizier heilig sein 
sollte, m ergeht er sich in den ungeheuerlichsten Übertreibungen und 
schildert Zustände, wie sie dem filtcstgedienten Offizier wohl nie oder 
kanm annähend bekannt geworden sein dflrftenl Und doch hat Verfksser 
einen sehr wesentlichen ubdstand an bahren vergessen, unter dem das 
Offizierskorps nnd mit ihm die Armee in jüngster Zeit wobl am meisten 
Bti leiden hat! Wir meinen den, dafs neuerdings bisweilen Elemente in 
demselben Anfrüdirne gefunden haben, denen jedes Vorstniidnifs für den 
Geist abgebt, der das üanze durchsetzen soll und bisher auch dorchsetst 



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378 UmtchMi io der lOUtirLtlitontar. 

hat! Sagt doch Verfasfer s<ll»st (Seite 65), indem er gegen das Duell 
eifert »ind nicht l>fgT<'it<'ii kann, wcftlialh ein betrogener Ehemann sich 
Hchiefsen soll: „Mir geht da» nieht in uieincn Kopf!" — So geht aach 
noch vieles Andere nicht in leiiiM Kopf, noch Wenigeres in eein Httn! 
Klagt er doch (Seite 26) darttber, dafii der mOttlrisehe Beruf, im Oegen* 
sats SU andovn, kein Intereaee sa erwecken, die G«daiAen nieht «um- 
zufüllen vermag! Die Arbeit der Ausbildung sei eine geisttödtende ! 
Kennt Verfasser nur den Drill, hat er nie v'mo radrjni'llo AuHbilduntr be- 
triebpn, — bei ilir uiul <ler Kr/-iehung der MaunKchaft nie einen hnhcn«n 
ethischen Zweck v erlulgi? Hat er nicht im Studium unserer Kriegsgeschichte 
einen tiefen Schatz, eine reiche unerschöpfliche Quelle wisscuschaftüclier 
ForeehtuDg und erliabendsten Genoews gefiinden? Nun iireilicb, wenn nicht, 
w> ist ihni auch nicht an helfen! — 

Wer's nicht edel und nobel treibt, 
Ijieber weit von dem Handwerk bleibt! 
Wir glauben nicht, dafs er sich besonderen Dank boi 'meinen ehemaligen 
bayerischen Ili rren Kameraden dunli Vcröffentlicliuii«^ seiner Schrift und 
Verbreitung all der Schauergeschichten erworben liat, die er in den Reihen 
deraelben erlebt haben will, noch mit der Gednnttng, die er dort erworben 
lu haben «cheint! Jedenfalla hat man im Norden Dentschlands eine vid 
SU hohe Meinung von den süddeutschen Kameraden, um annehmeil ta 
ktfnnen, dafs seine Ansicht dort allgemein geteilt werden könnte, wenn 
er (Seite 19) den norddeutschen Offizier im Vergleicli zum bayerischen 
„all* von niederer Bildungsstiifc" bezeichnet und Seite 48 von einem 
bayerischen Offizier sagt: „er war nicht das, was die Dummheit, welche 
ab mid tu von Norden berabweht and uneere graden flOddiUlMlieii Anndrten 
m vernichten droht, — schneidig nennt!" * 

Wenn wir aoAer ob^;en Bdipiel«i wm den hier vwfolgten Gedanken 
noch anAihren, daft Verfa^Kor sich mit gröfstor Mifsachtung über den Adel, 
über die Elirfn^^^richte, das Duell, die ..heili^'e Vi finm" der Qualificationen 
ausspricht und gar die öfientlichc Presse zu einer Kritik der Avancements- 
TerhttUniBse herausfordert, so werden wir wohl verstanden werden, wean 
wir äm Bndi, welches wir nur mit grölstcr Sclbfitüberwindung und Wider> 
willen bis an Ende geleien haben, nicht Itlr wert eraehttfli, um seinen 
Inhalt in den einaeiiien Ponktea an widwlegent Jeder rechtsehalfene 
Offizier wird dies ohne Weiteres können, — nnr tief zu beklagen ist es, 
d.'ifs oin Offizier, welelier die Ehre hatte, nn^erer herrlichen Armee an- 
zu^'tdioren, sich untertänigen hat, eine Schrift zu veröffentlichen, deren Ziel 
und Erfolg nur sein kann, im Ausland und in Kreiden, die der Armoc fern 
stehen, absolut falsche Ansichten über unser Offizierskorps zu verbreiten 
und solches in der öffentlichen Meannng herabcosetsen. • v. K. 

Geschichte der Explosivstoffe. Von S. J. v. Romocki. I. Geaefaiehte 

der Sprengstoffcliemie, der Spren«rtechnik und des Torpedowesens 
bis zum Bef;inn der neuesten Zeit mit einer Einführung \ onI>r. Max 
Jahns, Oberstlieutenant a. D. Berlin. Robert Oppenheim (Ghuttav 
Schmidt). 



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Ü mafth fm in der MiMtär-Iitlenttir. 



379 



Die aurscrordentlichc Bedeuttmj:^. wj'lche die Explosivstoffe in iliren 
so manuigiuchen kriegeriächen und friedlichen Anwendusgsarten in unscrn 
Tagen erlangt haben, iXlkt eine geschichtliche Darstellung des fint- 
wickdang^ngs, welebe von den entan Anfingen des SchiefiiptdTers bis 
n den neuesten Errungenschaften auf dem Gebiet der Explosivstoffii 
fuhrt, als höchst willkoromen erscheinen. Der erste Band fBhrt den Leser 
bis zu der Periode, welche auf diesem Gebiete den Anbmch einer „neuesten" 
Zeit bedeutet, bis zum Wirken Lavoisier's, Bnshneli's, Fulton"*?. Zwoi noch 
folgende BÄnd« sollen der CTeschichte der E\[»lo3iv?itof!\' in der nfuesten 
Zeit gewidmet sein und hier soll die iu den letxteu Jalirzehuteu besonders 
deutlich hervorgetretene natürliche Scheidung der Explosivstoffe in SdhieA^ 
prftparate und Sprengmittel sor Geltung kommen« Dem ersten Bande sind 
z il lr iche photographischc Nachbildungen nacli alten Handzeichnungen, 
Malereien und sultenen Stichen eingefilgt worden, welche der Darstellung 
ein erhöhtes Inten'<';<- verloilieu. Die Benutzung' des reichhaltijren Tnh;ilt.s 
ist durch ein JSaciircgister ( rleichtert. Der erste Band ist in folgende 
Kapitel eingeteilt, l. Die Kriegsfeuer bis zur Einführung des Salpeters. 
IL Die ersten Explosivstoffe. III. Die Explosivstofl'e im Abendlandc. IV. 
Das Feuerbuch des Marcus Graecns. V. Das Fenerbuch iu Koniad Kyeeer's 
^«Ballifortis." VL Da» „Feuerw«rksbnch*< und die ExplosivstoSb des XV. 
Jahrhunderts. YII. Johannes* de Fontana Skizzenbuch. VIII. Die An- 
flblge des Sprengininenwesens. IX. Die Fortschritte der Sprong^technik im 
XVI. Jahrhundert. X. Die SprengschitYe von Antwerpen im Jaliru 1.585. 
XI. An8etz-'r()r[>cdos und Seeminen. XII. Wurf- und Fallgeschubse mit 
Zündung durch Stahl uud Stein. XIII. Spieren- und treibende Torpedos 
vor La Bochelle ikn Jahre 1638. XIV. Weitere Erfindungen Cornelins 
Drebhel*s* XV. Raketen« und Fisehtorpedos. 

Der rOhmlichst bekannte Verfasser der von der k. bayerischen Akademie 
herausgegebenen „Geschichte der Kriegswissenschatten", Oberstlietttenant 
a". D. Dr. Max .Taehns, hat derü Buch© eine Einführung vorausgeschickt, 
die sich über den wissenschattlicben Wert der vorltept>nden Arbeit mit 
höchster Anerkennung ausspricht und sie der Anfmerksamkeit aller Freunde 
der Forschung auf das angcUgentlichstc empfiehlt. 

Ba>g* und Quartierliste der Königlich PreursischMi Armee und 
des XIII. (Kgl. Württembergisehen) Armeekorps für 1S95. 

Mit den Anciennitütslistc n der Generalität uud der Stabsoffiziere. 

Nach dem Stande vom 1. Mai 1895. Herlin. E. S. Mittler & S. 
Die neue Ranprliste hat nur wenigt? organisatorigche Nenerungen gegen- 
über dem Vorjahre aufzuweisen. Als solche sind besondere bemerkenswert: 
IKe Beseiehnung „SanitlUaamt des Korps'* b^ den Goiwalkommandos, ftir 
den Koipsant und seinen AssiAensatst, femer die Intendantur der Eisen- 
babntmppen, das Remonte-Depot Mecklenhorst in Hannover, die Um- 
wandlung der bisherigen 6 Fufs-Artillerie-Iuspektionen in 2 Inspektionen 
und in 4 Brigaden, die Neueinteilung di r Oberfeuerwerkerschule iu 2 Kom- 
pagnien. Von der genauen Aufsühlung der Personalverändemugen müsscu 



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380 



Umschau ia der Militär- Littermtur. 



wir alwehen; « sei nur bemeikt, d«A das Oberkomswiido in dea UariEeii, 
dann 4 OttneralkoranmiidM, 11 DivMonen, 18 Infitnterie-t 6 Kava]leone> 
und 3 FeldaiiiDerie-Brigadeii nen besetzt worden sind. Die 7MA der noch 
vorhandenen eisernen Kreuze giebt das Mil.-W.-B1. (Nr. 48) f&r die 
pceulsische Armee auf 126 erster und 1940 zweiter Klasse an. Von den 
Hauptleuten dtn- Infanterie liaben os nur noch 108. Die Zeit ist nicht 
mehr fem, da kriegserfalinfuuu Ulüziere nur noch in der Oeneralit&t und in 
den Stabsofiizieren vertreten sein werden. Wer Zeit und äiirn für statuttiache 
Stadien hat, der wird Vieles der neuen Ban^^iste entnebmen k(lnnen. In 
Beaiehnng anf ttnAere Ausstattung und Druck ist die RangUsto, wie immer, 
musterhaft und tadellos. Ob sich nicht durch sparsameren Druck der 
stetig zunehmende Vmfniit^ dieses iiulltärischen BucIr s der Bücher in £tWM 
beschränken UUkt, wäre vielleicht in ErwKgang zu sieben. 1* 

Ofliiila neem porto. Mantf ver-Kaleader Ar die In&ntme, sogleich Ittr 
Übnngarelsen, Übungaritto, Kriegssptel und taktisebe Arhsitim. 
Xn. Jahrgang. Mets. 1895. Q. Seriba. 

Ein sehr praktiBches, den genannten Zwecken ToUkommen entsprechendoa 
Büchelchen, welche in Kürze alles enthält, was der Infanterie- Offizier 
wissen mufB, wonnschon die ni«'!st»'n Kapitel nur in wenig;en Worten an- 
deuten, worauf es ankf)nunt, A i-tuhrliclikcit, nauentiich mit Bezug auf 
taktische Vorgänge, wird mau von eiucm solchen Vademeki^ nicht er» 
warten. Zeiteinteilung der IbnOver, Befehlserteiinng, M^owesen, Berieiite, 
Taktisches, BestimmnDgen Uber Einqnartiemng^ Verpflegung nnd Vorspann 
im Frieden, dann Gevondheitspflege bilden den Inhalt d^ 5 Ahtniungen. 
Das kleine Format dieses gut in Leinen gebundenen Kalenders stattet, 
denselben in der Tasche wirklich mit sieh zufuhren, wälinnl die meisten 
,/raschenkalender" diese Bezeichnung zu Unrecht tUhren. % 

DldokationifkArteii der nittlMkeii Armee Im Burop» Asiem 

(2 Blatt) nnd tebellarisehe Übersichten der Bfaitellug der 
russisckei Armee in Europa und Asien. Entworfen von Bober» 
Hauptmann. Berlin 1895. E. S. Mittler & Sohn. Preis 3 M. 

Die fortgesetzte Venm'hning nnd der stetige innere Ausbau der 
russischen Armee erfordern uu-iire j;anze Aufmerksamkeit und itmchea es 
zur Pflicht, uus über diu Einteilung und Dislokation des rugäischen Heeres 
zu unterrichten. Eine solche Übersicht giebt nach amtlichen russischen 
Quellen Hauptmann Bober in einer ftirbigen Karte, welche in kkrer An- 
Ordnung die Verteilung der russiselien Armee in Europa und Asien genau, 
orsichtlidi macbt Sie enthält außerdem die Gh^nzen der MilitärbeziriLe, 
das Eisenbahnnetz mit Unterscheidung" der ein- und zweigleisigen Bahnen, 
sowie die geplauien und im Ban begriffenen üahnen. Anfst^nlem ermög- 
lichen es tabellaiüche Ubersichten, sich eingehend und schneli auch Uber 
Etnselheiten su informireu. 4^ 



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UmaehAa in der MiUtAr-Littenitiir. 



3B1 



III. Seewesen. 

Annalen derHjdrogfspliie «nd maritimeBlfeteorolagle. VidtTh 

Bemedkirageii nur Segelanweisang für die Kamentn-Mündung. Voi» ältesten 
Of&der der weBtafrikanischcn Statioo, Kapt -TJcnt. Bachem. März 1895. 

— Kamenm — Lnfinfla Kap Cross — Swnknp Mund — WalfiscU-Bai — 
Hottentotten-Bai - Kapstadt. Ans dein Reicliaberiflit S. M ,,Sp<'rber", 
Kommandant Korv.-Kapt. Wulther. — Bemerkungen Uber Port Niiial, Südost- 
Afrika. — Beise der deutschea Bark ,^<hi»" von Rangun nach Hb de 
Janeiro. Bericht des Kapitäns C. Feoenfeldt. — < Untenachungen ttber 
Sichtweite und Helligkeit der SohitibpeeitioDK-Li^men mit heaonderer 
Rücknehtanf die richtige Färtmn^'^ dcrGlSseri ausgeführt im Winter 1993/94 
auf Annnlnung des ReidisMuriiu! Amts von der Direktion der Svewartc. 

— Studien über Xebelsignab'. Dritte Mittoihmg. \on Prof. Dr. II Mobn 
in Christiania (Fortb.). — Die neue Mündung der Weichsel. — Die Witterung 
an der deutschen Küste im Monat Mai 1895. — Dem Hefte liegt eine 
Karte des Treibdses bei Neufundland bei. 

Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens. Nr. VII: Die 
kriegsniaritimen Ereignisse in Ostasion hi«? einschliefslich der Einnahme 
von I'oit Arthur; eine interessante Erj^änzung der früheren Beschreibungen 
mit zahlreichen und Ubersicbtlicbon Plauen. — Uber den EinfluTs des Mols- 
yerfithrens auf den Bennjachttypus. — Submarine Torpedoboote, Übersetzung 
aus «The nantical m^aaine*. — Die Bergung des englischen Dampfers 
„Yarrowdale". — Der lenkbare Halpine- Torpedo. — Annstrong-Kreuaer 
mit Abbild, des jap. Panzerdeckkreuzer „Yoscbino". — Das engl. Depot- 
und WerkWättenschiff „Vulcan", mit Abbild. - Bild des ital. Panzers 
..Sarde^na". — Die HaiiptmaHcbinen d. engl. Yaelitseliif^e.s ,.Mngnifieent'*, 
uut Abbild. — Übersicht über die Neubauten und Verauderungeu in 
ik«inden Marinen. ^ Die Postdampfer der ,,American-Idne^* ,iSaini Louis** 
und „Saint Fiul*'. Vr. Till: Der Novd-OstMe-Kanat yon Graf Eckbredit 
von Dürkheim-Hontmartin. — Melanesien, ein Auasug aus dem Spezial- 
bericht der österreicliiscliea Fregatte „Saida" vom Jahre 1893, giebt tfin 
gutp*^ Hild über Lau 1 im 1 Leute der Nen-Hebriden, St. Cruz tmd Salomons- 
lubolu, daher sehr lesenswert. — Die englischen Schlachtschiffe I. Kl. mit 
Abbild, der verschiedenen Tj'pen. — Der Stapellauf des britischen Kreuzers 
I. Kl. „Terrible". — Die englischen TorpedobootsaerstSrer, Vortrag 
Thomycn)ft*s in der U. S. J., der in seinem aweifelhaften Lobe «gleich 
die Kritik dieser SchnelllKnfer auf dem Papiere in sicli trägt. — Sdilacht* 
schiffi» und Torpedobootssearstftrer, — Aua fremden Marinen. 

Army and Navy Gazette. Nr. 1846: Nationale Erhebung iu der '% 
Marine. — Xänjges anm Untergang des fSram. Torpedoboola Nr. 90 und 



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Umschau iu iler MiütÄr-IiUentar. 



das Auflaufen des frans. Pamers Adm. Duperri. — Verteilang der engl, 
in Dienst J>efindlichen Kriegnehiffe. Vr. 1M7: Sehiftbaningenienra ia 
Paria. — Änderongen in der Ansbildting der Unterlientenanta aar See. — ~ 
Btapelläufe iitid Besclireibtuig mssi^cber EriegMdiüle. — Japanische Kriegs* 
schüfe. — Die Kossen am stillen Osean* 

Army and Navy Journal. Nr. 1660: Japans maritime Znknnft. — 
Maxim- GescbUtzo. — Den auf ddu Werftan bettchbttigteii amer. ät^eoüziereu 
ifit es Terboten, hante Shiipse nnd Tennis-Schnhe au tragen. — Die im 
Dienst befindliehen amer. Kriegsschiffen — In Newport sind der Canningham' 
Torpedo und ein verbesserter Wbitehead-Torpedo, Ictsterer mit grofsem 
Erfolg probirt. Nr. 1661: Ilarlem-Scldfiiäkanal. — Unter ^Artillerie" %'iel- 
fachr interessante Versucbe mU rnuchlosfim i^ulver, Panzerplatten etc. — 
Com Francis Bttnco bat au J?telle Adm. Meade's das Nord- Atlantic- 
Gt schwader bekommen, welches in der nächsten Zeit im Verein mit der 
Armee gröisere Manöver ansfthren wird. — ^ne Ingcnieur-KonuniBsion 
etndirte den Panama-Kanal. Vr. 1008: Versnche mit Fiske- nnd Lewis- 
Poeittonsfinder. — Konstruktionsangaben der projektirlen amerikanwchen 
Torpedoboote. Eine gute Seitenansicht liifst erkmuen. dafs gröfeere See- 
ilibigkeit durcli orhölsten Bug «lul Schutx des Kuders, wie der Schraube 
dun b » in in der Wasserlinie weit jinst'alleiub's Heck angestrebt sind. Das 
Fal l/ iimcht mit seinen drei Schornsteinen und der Verteilung der 
iVruiuuug eiuen sehr vortcUIiaflen Etndrttcli. — Der neue amerikanische 
Oieandampfer „St Lonis*'. 

B6Yue maritime et coTonlftle» Kai 189S. ErUoternngen su den 

Werken: „Dahomey" betreffend. — G^oraötriedes diagrammes, ökonomische 
Fragen ijb<'r Tnclikatorktirven (Forts ). — Clirotiik dos riafeiis von Lorient 
(Forts, u. Schlui's). — Xaval warlarc, kritische Hcsprechiinf? d»'s Colomb'jicben 
Werkes. — Die amerikanischen Fischereien aut der Ausstelllung in Chicago 
1893 (Forts.). 

BlTteU Harittima. Juni 1895. Die militärische Lage im ICttel* 
meer. ~- Der Einflnfs von Macht sur See auf die Gkechichte, Besprechung 

des Mahflii't^clien Workes: .Jnfluencc of Sea Power upon Histon '\ — t'ber 
AiinSberungswerto in der astronomischen Rechnung. — Der b;nrm auf 
den Azoren, mit Zeichnungen und ludikatorkurven. — Dem Hett liegt 
ein Kunstblatt bei: „d®r italienische Kreus&er „„Flavio Gioia"" im Sturm", 
das nadi Zeiehnnng nnd AnsAlhmng eine Franda ftr jeden Kenn» nnd 
Liebhaber ist 

IT. Venelehnitb der nur Bespreelmtig cingegaugeneii Bfteh«r. 

]. Lord Huberts in war, a study for the day. Audi alteram partem. 
By Golonel U. B. Uanna B. S. C. London 1895. Limpkin, MswebaU, 
HamOton, Kent A Co. Ms 1 sb. 



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Umscbaa in der Militar-IiUenUar. 



2. RatgoW fir Toviltton «aiHilltir. Dw FalMhireiniiuid 
adtte «rfQlgniehe BehaadliBg m Dr. med. Hirsch. Offenlweb a. If. 
1895. Th. Steinmeli. Pfeis 30 Pf. 

3. Stadien Über Felddiensi. Neu bearbeitet auf Qmnd der Feld- 
dienstordmiiig ▼om 20. Juli 1894 von J. t. Verdy du Yernois. Zweitee 
Heft Aventgeiden-KavaUeiie, BereitBohafiMteUung der Bi&ntene*I>ivitton. 

(Teil III., 2. der „Studien über Truppenführung*».) Zweite Auflage. 
Berlin 1895. £. S. Mittler & ä. Preis 1^0 M. 

4. HanSTet^InstrnktiOH ffir den KnT«ll«flBt«i. Zusammen- 
gestellt von G. V. KleiBt, Oberstlieutenant im Generalitabe. Zweite 
Auflage. Berlin 1895. £. S. Mittler & a Pxeis 50 Pf. 

& Die OfSnier-PatTonille im iUhmen der stnteglBelMii Angabe 
der E&Tallerie von Georg v. Kleist, Oberstlientenant im Qeneralstabe. 
Dritte umgearbeitete Auflage. Berlin 1895. E. S. Mittler & 8. Preis 1,50 M. 

6« Lehrgang der frauSBitelien ^raelie von ]>r. Püttmann und 
Dr. Rebrmann, Profeisoren am kSnigl. Kadetten-Korps. Dritter Teil. 
Französische Schulgrammatik nebst grammutiHehea Übungen ftr 
die Oberstufe höherer Lehranstalten. Auf Veranlassung der General- 
Inspektion des Milit&r- Erziehung» • und Biidungswesens bearbeitet von 
Dr. Behrmann. Berlin 1895. K & Mittler & S. Preis 3,50 M. 

7. Etat der Offiziere des Schweiz. Bundesheeres auf 1. Mal 1895* 
Zttrioh 1895. Verlag: Ait.-lnstitnt OreU Fttaeli. Preis fl^O fr. 

8. ArtJiar Chaqnet. Der Krieg 1870—71 (U Gnerre 1870—71). 
Autorisirte Übersetzung aus dem FranzSsiBcben. Zittau 1895. Verlag der 
PaU*schen Bnehhandlung (A. Haase). Preis 3 M. 

9* Die elektrieeben StarkstrSme» ihre Sneugung nnd An« 
wendug. In leicht faftlieher Weise dargestellt von H. Pfitaner. Mit 
44 Figuren. Zweite, unveränderte Auflage. LeifMdg 1894. KomnuMions' 
Verlag von O. Leiner. Preis 1,50 M. 

10. Dentsehe Heldengrftber im BeiehslaiLde. Waaderatndien Aber 
die Sddachtfelder von 1870 in Elsaft-Lotbringen von Max Dittrieh. 
Bathenow. M. Babenaien. Preis 1 M. 

IL fin Kampf um Bkre «ad Leben. Kriegnramanvon A.Lippold. 
Druck u. Verlag von R. K. Lippold in Dresden. Heft 1 — 5. Preis pro 
Heft 10 Pf. 

18. Chasot. Eine kritische Studie Uber die SeUaofaten bei MoUwita 
und Hohmifiriedbeig von Dr. Ernst Jeep. Berlin 1896. UebePsohe 
Bnehhandlung. Preis 1 M. 

JlikAMtr ISr Sii DMtoA» Amm* «al HtrlM. B4.««. S. 80 



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Umachau in der Militax-Litteratur. 



IS. FfiMcif «0 de 1» dyiuanlqm des llaldw pur Jalio GarA\-Uo. 
Bogota (GolomlmO 1895. Im|»eoto de vepor de Zdimee Bitmuam, 

14. Die Munition der k. u. k. Land- u. Schiffs -Artillerie in 
Tabellen. Als Nach«dJegebehelf etuemmengestellt ven Wilhelm Knob- 
locfa, k. und k. Obedientenant Tabelle I Feld- und Fcetooga-Aftilleim 
Tabelle n. SehiA* Artillerie. Pole 1895. KoiUBuniowveilaK von Sehrimo'. 



Kr«ll*« BwMnokmi« BarUn &, SelMatUnitrMM 76. 



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Alintx A siz» 3 



4 



EprrestaK^ 
Spring, 1984>— 



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Amwx A tfze 3 



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ForrestaP^ 



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