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Full text of "Der Sagenschatz des Königsreichs Sachsen"

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DER 
SAGENSCHATZ 
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KÖNIGSREICHS 
SACHSEN 











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BOUGAT WITH 
THE INCOME FROM 
THE BEQUEST OF 
ICHABOD TUCKER, 
OF SALEM, MASS. 
(Class of 1791.) 


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Der Sagenſchah 


es 


Zum erften Male 


in der urfprünglicden Form aus Chroniken, mündlichen und 
fchriftlichen Ueberlieferungen und anderen Quellen 


gefammelt und herausgegeben 


von 


Dr. Zohann Georg Theodor Gräße, 


Kal. Sächſ. Hofrath, Director des K. ©. Grünen Gewölbes und Interim. Director der 
Porzellan: und Gefähfammlung, ꝛc. ꝛc. 


Zweite verbefferte und fehr vermehrte Auflage. 


Mit einem Anhange: 


„Die Sagen des Herzogtfums Sachfen:Altenburg.“ 


Eriter Band, 
Mit Holzſchnitten. 


— 


J 
Dresden. 
G. Schönfeld's Verlagsbuchhandlung. 
1874. 


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Vorwort zur eriten Auflage. 


Es ward von uniern Vätern mit Treue und vermacht 
Die Sage, wie die Väter fie ibnen überbracht, 
Wir werden unfen Kindern vererben fie auf's neu, 
Es wechſeln die Geſchlechter, die Eage bleibt ſich treu. 
a v. Chamiſſo. 


Als im Jahre 1817 die Gebrüder Grimm dem deutjchen 
Volke ihre Sammlung deuticher Sagen überlieferten, da lei- 
teten fie Ddiefelben mit den Worten ein: „ES wird dem 
Menſchen von Heimathswegen ein guter Engel beigegeben, 
der ihn, wenn er in’3 Leben auszieht, unter der vertraulichen 
Geftalt eines Mitwandernden begleitet; wer nicht ahnt, was 
ihm Gutes dadurch widerfährt, der mag es fühlen, wenn er 
die Grenze des Vaterlands überjchreitet, wo ihn jener ver- 
läßt. Dieſe mohlthätige Begleitung ift das unerfchöpfliche 
Gut der Märchen, Sagen und Gejchichte, welche neben ein- 
ander ftehen und ung nad einander die Vorzeit als einen 
friſchen und belebenden Geift nahe zu bringen ftreben.” Der 
allgemeine Beifall, mit dem das deutſche Volk diefe erite 
ungefhmüdte Sammlung vaterländifher Sagen begrüßte, 
zeigt am Beten, wie wahr jene Worte waren, aber erft lange 
nachher (1835) führte Jacob Grimm durch feine Deutjche 
Mythologie den Beweis, wie ohne eine möglichit vollftändige 
Zufammenftellung der in den verfchiedenen Theilen unferes 
großen Gejanmtvaterlandes noch bewahrten Localfagen ein 
vollftändiges Syftem der altgermanifchen Religion nicht auf- 
geftellt werden könne, weil erſt durch die von ihm und feinem 
Bruder gegebene Anregung zur vaterländifchen Sagenforſchung 
auch von anderer Seite her Material zu jenem clafftichen Werke 
herbeigeſchafft ward, welches wir eben erſt wieder in einer 
viel vermehrten und verbefigrten Ausgabe (d. h. als Abdrud 
der zweiten von 1844) vor uns liegen haben. Iſt aber der 
rein wiſſenſchaftliche Nutzen, welchen die Sagenforſchung, in- 
fofern jeder Sage ein wirkliches Factum zum Grunde liegt, 
dem Alterthumsforſcher und Hiftorifer gewährt, an fich jchon 
Grund genug, warum Ddiejelbe nach beſten Kräften gepflegt 
werden muß, jo wird ſich auch noch eine fo zu fagen moralische 
Nothwendigkeit zu ihrer Empfehlung herausſtellen, infofern 
die Sage unbezweifelt als Nährerin und Pflegerin der VBater- 
landsliebe betrachtet werden darf. Darum hat man aud) 
den früher fo verjchrieenen Vater der Baierſchen Geſchichte, 
Aventinus, erft in neuerer Zeit fo hoch ſchätzen gelernt, weil 


IV 


er faſt der einzige Gejhichtichreiber der drei legten Jahr— 
hunderte ift, der jeine Quellen nicht blos in trodenen Ur— 
funden und Jahrbüchern, fondern auch in den mündlichen 
Ueberlieferungen der Nation juchte, während ein fpäteres 
Geſchlecht diejelben vornehm verachtete und dadurch die Ge- 
ſchichtſchreibung ihrer romantifchen Arabesfen beraubte. Denn 
diefen Namen verdienen unjere Sagen, da in ihnen ein ganzer 
Schatz frifcher Volkspoeſie verborgen liegt, und feitbem Die 
moderne Aufklärung, das nüchterne Princip der Negation, 
dem Bolfe feine Wunder- und Märchenwelt geraubt hat, feit- 
dem mit den alten Volksbüchern auch der alte Aberglaube 
vertrieben wurde, ift die alte Gemüthlichkeit, Treue und Glaube 
im Volke um Vieles jeltner geworden. Der modernen Bil- 
Dungsperiode aber, die über Alles Auskunft zu geben jich 
vermißt, die das Gräschen wachſen hört, die das gemüth- 
volle Leben deuticher Vorzeit verhöhnt, ift gleichwohl Eins 
nicht möglich, ſie kann feine echten Volksſagen erfinden, denn 
es mangelt ihr die wahre. Poeſie. Doch das deutjche Volk 
bat fich nicht jo leicht feine Sagen nehmen laffen, es hängt 
jo feft an ihnen wie an der Scholle, worauf es geboren ift, 
und darum haben fi) auch noch jo zahlreiche Nefte alter 
Gebräude, Sitten und romantisher Traditionen erhalten, 
daß wir faft von den meilten deutſchen Ländern mehr ober 
weniger vollftändige Sagenfanmlungen vor uns haben. Es 
fann bier nicht der Ort fein, ein vollftändiges Verzeihniß 
dieſer in neuerer Zeit täglich zujehends anwachjenden Literatur 
zu geben, ich bejchränfe mic) nur darauf, zu bemerken, daß 
außer den Gebrüdern Grimm neuerdings Bechitein die be- 
deutendften Sagen unferes gemeinfamen Baterlandes zufammen- 
zuftellen juchte, während jpeciell den Sagenjchaß von Thüringen 
und Bar der leßtgenannte Gelehrte, den rheinischen Sim- 
tod, den elſäſſiſchen Stöber, den niederländijchen und nieder- 
deutfhen Wolf, Schwark und die Gebrüder Colshorn, den 
ſchleswig⸗holſteinſchen Müllenhoff, den preußifchen Tettau und 
Temme, den märkiſchen Temme und Kuhn, den ſchwäbiſchen 
Schwab und Meyer, den badifhen Schnegler und Baader, 
den baierjhen Panzer und Schöppner, den des Harzes 
Pröhle 2. mit großem Fleiße zufammen trugen und jo Die 
Strebepfeiler des einjtigen Rundbaues deutſcher Sagenver- 
gleihung aufführten. Freilich fehlt zur Vollendung defjelben 
noch mancher Stein, weil, abgejehen Davon, daß einige neuer- 
lih angelegte Sammlungen, wie 3. B. die über Luremburger, 
Medlenburger, Anhaltiner x. Sagen durch Beimifhung 


v 


fremder Zuthaten verballhornt wurden, ganze Staaten, wie 
3. B. Oeſtreich, Sachen ꝛc. bis jegt noch faſt gar nicht ver- 
treten find, allein die Gründung eines fürmlichen Organs 
für unſere Wiſſenſchaft duch J. W. Wolf's trefflihe Zeit- 
ſchrift für deutſche Mythologie und Sittenkunde (Göttingen 
1853) hat dieſem Studium einen neuen Impuls gegeben, 
der hoffentlich bald die bisher noch fühlbaren Lücken auszu— 
füllen ſtreben wird. 

Darum übergebe ich denn auch hiermit dem deutſchen 
und vorzugsweiſe dem ſächſiſchen Volke einen kleinen Beitrag 
zur Vervollſtändigung des großen Cyclus ſeiner National- 
fagen, indem ich, was ich feit langer Zeit, freilich anfangs 
zu einem andern Zwede (zur allgemeinen Sagenvergleichung), 
über die Sagen des Königreih8 Sachſen zufammengebract 
habe, veröffentlihe. Ich kann jagen, daß meine Arbeit, fo 
mangelhaft fie auch vielleicht fein mag, jedenfalls der erfte 
Verſuch ift, die ſächſiſchen Sagen in ihrer urjprünglichen 
Form, jo wie diejelben in Chroniken und Zeitbüchern, jowie 
in andern Werken und im Munde des Volks erhalten find, 
wiederzugeben. Darum vermeide ich es auch, bier weit- 
läufiger von den von mir benußten Quellen zu fprechen, da 
diejelben bei jeder einzelnen Sage angegeben find, nur das 
will ic) erwähnen, daß wejentliche Vorarbeiten nicht eriftiren, 
denn die Werke von W. Ziehnert (Sachſens Bolfsjagen. 
Annaberg 1838—39. III. 8. 1851. 8.) und Mb. Segnitz 
(Sagen, Legenden, Märchen und Erzählungen aus der Ge- 
Ihichte des ſächſiſchen Volkes. Meißen 1839—54. II. 8.) 
fönnen, weil fie in gebundener Rede abgefaßt find, nicht als 
ſolche betrachtet werden, wären fie felbit, was eben ihrer 
Form wegen nicht möglich war, vollftändig. Außerdem hat 
ſich bejonders Ziehnert vielfacher, unverzeihlicher Abweichungen 
und Beränderungen der einzelnen Sagenftoffe jchuldig gemacht, 
was bei Segniß, der fich einer möglichſt treuen Auffaffung 
derjelben befliß, nicht der Fall ift. Indeß gilt von der 
poetiihen Behandlungsweife der Volksſagen das Urtheil, 
welhes Grimm, Deutjche Mythologie (IL Ausg) S. XÜ. 
über die Behandlung der Sagenftoffe in folgenden Worten 
gefällt Hat: „Die Volksfage will aber mit keuſcher Hand ge- 
„lejen und gebrochen fein. Wer fie hart angreift, dem wird 
„se die Blätter Frümmen und ihren eigenften Duft vorent- 
„halten. In ihr ſteckt ein folcher Fund reicher Entfaltung 
„und Blüte, daß er auch unvollftändig mitgetheilt in feinem 
„natürlichen Schmuck genug thut, aber durch fremden Zuſatz 


vI 


„geftört und beeinträchtigt wäre. Wer diefen wagen wollte, 
„müßte, um feine Blöße zu geben, in die Unfchuld der ganzen 
„Volkspoeſie — ſein, wie der ein Wort zu erſinnen 
„ausgienge, in alle Sprachgeheimniſſe ꝛc.“ Uebrigens haben 
beide Herren Verfaſſer ihre Aufgabe von ihrem Geſichtspunkte 
aus glücklich gelöft, und die von ihnen gewählte Form hat 
neuerli noch an Schöppner (Baierſches Sagenbud I. ©. XI.) 
einen warmen Vertheidiger gefunden, allein jedenfall3 habe 
ih mit ihnen, da fie überdem einen ganz andern Zweck ver- 
folgen, durchaus feine Vergleihung zu jcheuen und bemerfe 
nur noch, daß mir des Herrn Nentamtmann Dr. Preusfer 
trefflihe Blide in die vaterländifche Vorzeit (Leipz. 1841. 
III. 8.) von bejonderem Nugen geweſen find, wie denn aud 
die Sammlung Laufiger Volksſagen von Gräve (Bautzen 1839. 
HI Hefte. 8.) ſtets eine der Hauptquellen für diejen Theil 
Sadhjens bleiben wird*), während wiederum Hager in jeinen 
Voigtländifhen Sagen (1839—40. II Hefte. 8.) feine Stoffe 
poetifch behandelt und darum für die critifche Benugung fait 
unbrauhbar gemacht hat.**) Sonft haben Herr Dr. Wilhelm 
Schäfer bierjelbft, durch feine Forſchungen über ſächſiſche Ge— 
ihichte rühmlichft bekannt, und der befannte Lyriker, Herr 
Profeffor J. Schanz die Güte gehabt, mich mit verfjchie- 
denen ſchätzbaren Notizen zu unterjtügen, wofür ich ihnen 
hiermit pflichtfehuldigft danke. Zu bedauern ift e3, daß der 
befannte Dresdner Geiftlihe Hilfcher, der zu Anfange bes 
vorigen Jahrhunderts verjchiedene Monographieen über hier 
einschlagende Gegenftände veröffentlichte, aus übel angebrachter 
Aufklärungswuth Vieles, was er wußte und feitden verloren 
gegangen ift, ganz verjchwieg, und das, was er mtittheilte, 
aus Zelotismus verdrehte und verdarb. Was endlich die 
Einrihtung meines Werfes ſelbſt anlangt, fo habe ich ge- 
wiffermaßen als Einleitung des Ganzen einige jih an ben 
Namen der Sachfen Fnüpfende Sagen vorausgeſchickt, die 
zwar fpeciell nicht auf das heutige Königreih Sachſen Bezug 
haben, aber doch nicht füglich wegzulaſſen find, ſchon weil 


*) Dies ift ein Irrthum. Neuerdings hat Hr. Dr. Haupt in feinem 
trefflihen Sagenbuche der Laufit, einer gefrönten Preisfchrift (Lpzg. 1862. 
2 Bde. m. Nachıtr. im N. Lauf. Mag. Bd. 41 u. 44.) nachgewielen, daß 
Gräve viele Sagen durch fremdartige Zuſätze verballhornt hat. Folglich 
fann man eigentlich jegt nur Haupt folgen. 

*) Diefe Lucke ift jet ausgefillt durch: J. A. E. Köhler, Volls- 
brauch, Aberglauben, Sagen zc. im Voigtlande. Lpzg 1867 in 8. — R. Eiſells 
Sagenbuch des Boigtlandes. Gera, 1871 in 8. betrifft das fächfifche 
Boigtland nicht. 


vo 


fie ein treues Bild des alten naiven Chronifenftyls geben; 
auf dieje Habe ich einige das ſächſiſche Fürftenhaus betreffende 
Traditionen folgen lafjen und dann die übrigen Sagen, nad 
den Kreisdirectionen geordnet, hinzugefügt; am Schluffe des 
Werkes werden einige Anmerkungen verfhhiedene Stellen im 
Terte erläutern, und hoffe ich, daß die geehrten Lefer, wenn 
fie berüdfichtigen, wie viele Bücher Durchgelefen werben mußten, 
ehe gegenwärtiges Werk entitehen konnte, etwa noch gelaffene 
Lücken nahfichtig beurtheilen werben. Ä 

Dresden, den 25. November 1854. 





Vorwort zur zweiten Auflage. 

Am Laufe von 19 Jahren, denn foviel Zeit liegt zwifchen 
der erften und diefer zweiten Auflage, ift im ſächſiſchen Volke 
troß mancher äußerer politifher Veränderungen die Liebe 
zum ſächſiſchen Baterlande nicht geringer geworden und da— 
rum hoffe ich auch, wird dieſe neue Auflage meines fächfischen 
Sagenſchatzes, der bei feinem erſten Erjcheinen fo viele Freunde 
fand, gewiß mit Freude begrüßt werden. Derfelbe ift im Ganzen 
ziemlich unverändert geblieben, nur find als weniger pafjend 
die in der eriten Auflage die Einleitung bildenden allgemeinen 
Sagen über den Urjprung der Sachſen mweggelafjen worden, 
weil diefelben eigentlich auf unfer fpezielles engeres Vaterland 
feinen Bezug haben. Dafür ift eine große Anzahl anderer 
Sagen, namentlich Dresden und Leipzig betreffend, binzuge- 
fonımen, überhaupt find mehrere Sagen der erften Auflage 
nochmals durcchgejehen und überarbeitet worden. Einzelne 
etwas modern gehaltene Sagen der eriten Auflage hätte ich 
gern geändert, allein da e8 zufällig ſolche waren, welche mir 
von Andern mitgetheilt worden, 3. B. von dem zu früh ver- 
ftorbenen —— Dichter Kauffer, glaubte ich aus Pietäts— 
gründen verbunden zu ſein, ſie ſo, wie ſie urſprünglich ge— 
ſchrieben waren, auch beibehalten zu müſſen. Für die hiſtor— 
iſche Begründung mich bei einigen Sagen verantwortlich zu 
machen, wird wohl Niemandem, der überhaupt ein Verftändniß 
für Sagen hat, einfallen: ich habe eben zufammengeftellt und 
nadherzählt, was mir mitgetheilt ward, ohne weiter groß zu 
unterfuhen, in wieweit der mir zugefommene Stoff einen 
Fond hatte oder nicht. So ift es gekommen, daß auch einige 
offenbar erft neugemadte Sagen in meine Sammlung fich 
eingejhlichen haben, z. B. Nr. 520. Durch Verſehen ift eine 
andere Sage 13) doppelt erzählt worden (Nr. 598). 
Für leßtere will ich gleich hier noch eine mir neuerlich erſt 


VIII 


bekannt gewordene einſchalten*). Noch muß ich hier dem Hrn. 
Paſtor Dr. Haupt zu Lerchenborn bei Liegnitz und' Hrn. Ober- 
lehrer Scholze in Bautzen, ſowie Hrn. Dr. Löbe in Raſephas für 
die mir gemachten Mittheilungen meinen beften Dank fagen. 

In Bezug auf den bei diejer neuen Auflage hinzu- 
gelommenen Anhang, die Sagen des Herzogthums Sacdjen- 
Altenburg, habe ich zu bemerfen, daß ich es für paſſend fand, 
um mein Buch abzurunden, dieſe allerdings nicht jehr reich- 
haltige Sammlung hinzuzufügen, weil gerade dieſer Theil 
des deutſchen Vaterland bisher von den neuern Sagen- 
forjchern noch wenig berücichtigt worden war, denn Greß in 
jeinen Holzlandjagen und Eifel in feinem Voigtländiſchen 
Sagenbudhe hatten die Altenburgifchen Sagen nur in ſoweit 
als es der Plan ihrer Arbeiten verlangte, in ihren Bereich 
gezogen. Freilih iſt das Herzogthum Sacdjen - Altenburg 
überhaupt arm an Sagen, weil das einheimifche Volk, Slaven, 
mißtrauiſch gegen ihre deutjchen Bezwinger, gegen dieſe wohl 
abjichtlih nicht mittheilfam in Bezug auf ihre nationalen 
Mythen waren. Bieles haben auch die verjchiedenen reli- 
giöjen Richtungen, in weldhe man namentlic die Dorfichul- 
lehrer hineinlenkte, ſeit Ende des vorigen Jahrhunderts 
gänzlich vernichtet. Auch die Geſchichts- und Alterthums- 
forſchende Gejelljchaft in Altenburg hat ihre höchſt verdienft- 
vollen Forſchungen lediglich der reinen Gejchichte gewidmet 
und jich gerade diefer Branche nicht angenommen, weshalb 
mein Verſuch in diejer Beziehung, als der erfte, wohl Ent- 
jhuldigung finden dürfte und Andern Anregung und Ber- 
anlafjung geben fol, weiter zu jammeln und meine Sammlung 
nur als Grundlage zu betrachten. 


*) In Dresden auf der Oftraallee Nr. 3 befindet fich das königliche 
Hofwaſchhaus für die Leibwälhe ZI. Majeft., (micht zu verwechjeln mit 
dem Hofwaſchhaus für die königl. Tafelwäſche auf der Sophienftraße), 
welches an der Stelle eines frühern Mönchskloſters errichtet worden ifl. 
In dieſem fol es angeblich umgehen, man hört des Nachts vielen Lärm 
mit Thürenwerfen, fcharfen Tritten wie von geharnifchten Perſonen ꝛc. 
und namentlich im Keller, von dem aufs ein noch offener, aber bis an 
feine Endpunkte wohl noch nicht genau erforfchter Gang bis zu der Kreitz- 
fire und Sophienkirche führen fol, jcheint e3 nicht geheuer zu fein, Im 
obern Stod Tieß fi) bis auf die neuere Zeit manchmal in der Nacht eine 
weißgefleivete Nonne fehen, ja man behanptet, in einem Altofen Öffne fich 
umwerlen eine Wand und man erblide dann für kurze Zeit darin eine 

onne mit einem Kınde auf dem Armen, Einmal hat man auch, als in 
einer Nacht wieder furchtbarer Lärm geweſen war, früh auf dem Tiſch 
eine fehr alte Minze gefunden, die der angebliche Geift dort zurkidgelaffen 
hatte, Natürlich kann ich für die Begründung diefer Erzählung nicht einftehen. 
Dresden, den 1. Junius 1874. j 
Dr. 3. ©. Th. Gräße, 





Inhalt. 


Band 1. 


. Wie die Raute ins ſächſiſche Wappenſchild gekommen iſt. 

. Sage von dem unvergänglichen Beftehen des — — 
.Das Geſicht der Herzogin Agnes 

. Zraum der Churfürftin Margaretha i ; 

. Traum des Churfürften Friedrich III. oder des Weiſen 

. Friedrich der Weiſe und fein Bruder werden aus großer Lebens— 


gefahr gerettet 


. Friedrichs des Weifen Tod vertündet ein Dieſch 

. Der Tod des Erzbiſchoffs von Magdeburg Ernſt wird verfündigt 
. Luther phrophezeit einem fächfifchen Prinzen den Tod ; 
. Unglüdliches Vorzeichen der Schlacht bei Mühlberg 

. Dem Ehurfürften Johann Friedrich wird fein Tod verfiindigt 

. Der Tod des Herzogs Heinrich des Frommen wird angezeigt . 

. Ein Gefpenft zeigt fich den Churfürften Mori und feinem Bruder 
. Anzeichen fo des Churfürften Mori Tode DER j 

. Der Traum des Churfürften Auguft 

. Ehurfürft Auguft’3 Tod wird angezeigt 

. Ehurfürft Chriſtian's Tod wird angezeigt 

. Churfürft Johann Georg's I. Tod wird angezeigt . 

. Der Churfürftin Magdalena Sibylla Geficht : 

. Churfürft Johann Georg’8 III. Tod wird verfündigt . 

. Ein Traum zeigt des Churfürften Georg III. Tod an 

. Ehurfürft Georg's IV. Tod wird vorher verkiindigt 

. Der Churfürften Georg III. und IV. Bezauberung durch bie 


Frau von Neitfchlit 


. Des Herzogs Morik von Sachſen⸗ geitz Tod wird angezeigt. 
. Anna, Tochter Churfürſt Auguft’3 I. erfcheint nach ihrem Tode 


wieder . 


. Ein Talisman oder Schutzgeiſt des ſachſiſchen Flrſtenhauſes 
. Prinz Auguſt und der wunderbare Stein auf dem Dresdner Markte 
. Auguft der Starfe, König von Polen und et zu le 


zeigt feinen Tod jelbft an 


. Anzeichen, welche, wie ſich das Volk erzählt, dem Tode * 


Friedrich Auguſt's II. vorhergingen 


. Die Sagen vom Biſchoff Benno von Meißen 

. Blut aus Brot geflofjen zeigt Krieg an . 

. Bon Bischoff Krafft’3 ſchrecklichem Ende . 

. Bom Bifhoff Ido zu Meißen ; 

. Bom heiligen Beneda —F 

. Wie Markgraf Heinrich der Erlauchte au dem Beinamen der 


Hammer gefommen: ift 


. Ein Hölzernes Bild des Erzengel3 Michael fingt 
. Der Weiberfeind zu St. Afra ; j 

. Wunderbares Gelüfte einer Frau zu Meißen 

. Ein Gottesläfterer kommt im Waffer um 

. Wunderbare Errettung eines Kindes —F 

. Der Grabſtein des Wolfgang von — in der St. Aa 


firhe zu Meißen 


. Ein feuriger Drache zieht gen Meißen 
. Die Meißner Hungerroſen . 


44. Die tapfern Weiber von Meißen 


. Die Bettelmannsticche zu Meißen 

. Der Dombrand zu Meifen . . . 

. Das böfe Quiproquo im Schloſſe zu Meißen 

. Woher der Name: Der dumme Junge von Meißen 

. Räthfel von der Stadt Meißen . —— 

. Der Gbtterfelſen bei Meißen . . 

» Weißes Hemde im Traum gefehen bedeutet Lob 

. Die betrunfenen Thiere zu Weinböhle . 

. Der Traum des Georg von Schleinik 

. Der Geift im Keilbufche bei Meißen 

. Karraß in der Naſſe B 

. Der verfteinerte Menſch bei Diespar. 

. Der Riefenftein in der Naffe . - . 
. Woher das Wappen derer von Schönberg entfanben fei? ; 
. Warum die Familie derer von Bünau nur drei beftimmte Tauf⸗ 


namen führt und woher ihr Wappen rührt. 


. Die Sage vom Yahnenträger zu Scharfenberg . 

. Die Entdedung des Silberbergwerf3 zu Be 

. Der Todtenkopf zu Bakdorf 

. Die Ölode zu Zſcheila 

Der letzte Bifhof zu Meißen 

. Nitter Karraß auf Coswig . .. 

. Die Gründung des Schlofjes dirſch ſiein —— 
.Woher das Sprichwort: hier ift nicht gut Kirſchen eſſen 


Sette. 


in 


“D 
I 


—— nu. 


. Die Amme zu Hirfeflein 

. Der Badenir zu Strehla an ber Elbe 

. Das Wahrzeichen der Stadt Strehla. } 

. Wie das Gefchlecht derer von Pflugk zu —— Wappen getom- 


men ift 


. Der gefpenftige Reiter kei Zabeltitz 

. Der geſpenſtige Hund zu Taubenhain 

. Die fonderbare Stiftung zu Kötzſchenbroda 
. Der gefpenftige Hund bei Kötfchenbroda 

- Spuf im goldenen Anker zu Kötzſchenbroda 

. Urfprung der Stadt Großenhayn . 

. Der Löwenborn zu Großenhayn F 

. Das Wahrzeichen der Stadt Großenhayn 

. Eine Here wird zu Großenhayn verbrannt . 

. Ein Zauberer wird zu Großenhayn verbrannt 


Der Hahn in der Jacobscapelle zu Großenhayn . 


. Die Grünrad, der tapfere Tuchmacher zu — 
. Ein Doppelgänger läßt ſich fehen . 

. Das ſpukhafte Bild zu Kadik. 

. Der Wunderfee zu Lommatih . . 

. Der Drade zu Niderit und der Robot zu Baufis 
. Name und Urfprung der Stadt Dresden 

. Ein Priefter zu Dresden hat ein Geficht 


Die Entftehung der Kreuzcapelle zu Dresven . 


. Teufel3 Fußtapfe in der Kreuzkirche . 


Der Hahn und die Delgöken an der Kreuzlicche . 


. Der H. Benno lbſcht ein Feuer zu Dresden 


Bom Brüdenmännden zu Dresden 


. Der Stein auf der Drespner Brlide . 


Der Caplan Erosner prophezeit Emfern den Tod 


. Woher die Marterfäulen auf der Dresdner Brüde fommen und 


von andern ähnlichen Kreuzen in der Stadt 


. Der Mönd) auf dem Frauenkirchhofe zu Drespen 

. Der Duedbrunnen zu Drespen 

. Beftrafter Fluch zu Dresven . 

. Eine Here wird zu Dresden verbrannt . 

. Der bärtige Kopf auf der Zahnsgaſſe 

. Die Gans auf der großen Brüdergafie . 

. Das Weiberregiment zu Dresden . . . . 

. Der goldne Rabe auf der äußern Pirnaifchen Safe . ; 
. Der wohlthätige Brunnen bei der H. Bartholomäusfapelle 
. Was die Churfchwerter im ſächſiſchen Wappen bedeuten 

. Ein Soldat wird zu Dresden bezaubert . 


Seite 
. Das Trompeterfhlößchen zu Dresden . » 2 2 2 200..97 
. Der Dresdner Mönd. . . . . Br he a ER 
. Das garftige Ding zu Dresden . . . u. 320 
. Ein Knabe findet durch einen Traum einen Chat. UNO 
. Die wiederaufgefundene Goldfhmiedsfrau zu Dresden . . . 107 
. Der ſchwarze Herrgott zu Dresden . . -» 108 
. Das fteinerne Kind auf der Schlofgafie und Sireiergfi au 
Dredten . . . ö 109 
. Der fteinerne Kopf auf bein Renmarit zu Dresden —4409 
. Das Aber zu Dresden . . . 110 
. Woher da3 Sprichwort fommt: Wer Wittgen fängt, kaın auf 
der Dresdner Brüde jagen . . . : 111 
. Don des Königs Auguftus II. wunderbarer Kraft Eee BEN 
. Ein Geift erjcheint dem Feldmarfhall Waderbarttd . . . . 113 
. Eine Frau fliegt durch die Luft . . .. 13 


. Ehurfürft Chriftian I. und Pfalzgraf Jeoham Tafınir . .. 114 


123. Warum ein Dresdner Scharfrichter geadelt worden und den 
Namen von Dreißigader befommen be . .» .. . . 14 
124. Der Spufgeift im Anton’shen Garten zu Dresden. . . . 114 
125. Das Gefpenft auf der Brühlfchen Terrafie. - » » + . 115 
126. Die fieben Brüder im großen Garten zu Dresden . . . . 116 
127. Der fpufhafte Franzofe im großen Garten zu Dresdten . . 116 
128. Der Drade im K. Schlofje zu Dresven . . - — 10 
129. Das goldene Ei im grünen Gewölbe . . . er 
130. Das gefpenftige Männchen an der Mauer zu Dresden .. . 118 
131. Ueber das Sprichwort: „Wir müffen es in den Spittel ſchicken“ 118 
132. Ueber das Sprichwort: „Der bädt arme Ritter . . . . 118 
133. In der Hoffirche zu Dresden fällt ein Stern von der Dee . 119 


. Spufhäufer zu Dresden (©. d. Borr. ©. VIID . . » . 119 


135. Das Männden im Et. Jakobsſpitale zu Dresven und .. ber 
Sporergafie dajelft . . ; ; 120 
136. Bergrabene Schäte in und bei Dresden. — — 121 
137. Der graue Sünder zu Dresdden. nen. 12 
138. Die bärtige Jungfer zu Dreßden . . » > 2222. . 128 
139. Heren zu Dresden verbrannt -» > > 2 2 222000. 124 
140. Der Spuk im Goldenen Faß . . ... 124 
141. Der Tod am Haufe 2b an der Neuftäbter Brüdenfeite . . 185 
142. Da3 wunderbare Lutherbild zu Dresden . . » . 125 
143. Das wunderbare Bild in der 8. Schkoßkapelle zu Dresden . 126 
144. Der Ochfenfopf im Neitftalle zu Dresden . . . . 126 
145. Here zu Dresden Hingerihtet . . . ra 
146. Der Drade in Eotta bei Dresden . . . 127 
147. Das Tragen der Sturmhaube als Strafe am Dresdner Hofe 128 


XLI 


Nr. Seite 
148. Die Sagen vom Goldenen Reiter zu Dresden . . - . 129 
149. Der Biürgermeifter zu Finfterwalde am Hofe zu Dresden . . 129 
150. Der merkwürdige Traum Dr. Casper Beucer8 : . . . . 130 
151. Fortziehen der Bienen bedeutet Tod . . . 131 
152. Der Hofprediger Steinbad; will mit Hilfe des Laufe aus 

dem Gefängniß entwifhen . . 131 
153. Heintih Martin Arnold aus Dresden macht einen Bund mit 

dem Teufel . . . ee A 
154. Die Sage vom Heidentirchhofe au Radeburg. 1 
155. Hans Jagenteufel der wilde Jäger bei Dresden.. . . . 197 
156. Die Sage von der Mordgrumdbräde . . » » 2 2.2... 140 
157. Das unglüdlihe Todaustreiben zu Nadeberg . . . . . 14 
158. Der Schaß in der Kirche zu Efhborf . . . 2. 2.2... 146 
159. Der Nigenhügel bei Roffendorf. -. » » 2 146 
160. Die Zwerge im Hutberge bei — a an he run 
161. Der Felsblod bei Weifig . . Erna a een 
162. Der gefpenftige Wagen zu Ef chdorf F . .. 1890 
163. Die Sagen von den Zwergen im Cottaer riesen .. 190 
164. Der Singeftein bei Boftelwig . . ; N. = 208 
165. Der Spielmanı am Niederpoiriker Damm. ar ——— 
166. Der geſpenſtige Winzer zu Loſchwitz...... 1566 
167. Der gejpenftige Hund zu Leubniß . . 2 2 22 2216 
168. Der Muttergottesbrumnen zu Heidenau . . » » 2... 156 
169. Die tapfere Jungfrau zu Pirna . . 157 
170. Peter Bucher ein Barbier von Pirna wird Si von 

Main. . . ; 158 
171. Der Teufel holt eine e Birgenfea zu Pina |. 
172. Der Erlpeter zu Pirna . . . EEE | | 
173. Schwarzkünſtler zu Pima . . . an ar ee SR 
174. Der Mönd Antonius mit feinem Schweine an hr cr Se a, ARE 
175. Waflerfiuth zu Pirna verfhont dad Weihwafler . . . . . 162 
176. Der Wagen ohne Pferde zu Birma . . » 2 222... 16 
177. Die Thurmpflegertochter zu Pima . » » 2 2 020... 162 
178. Reife durch die Luft gelingt niht - - > =» 2 2220. . 164 
179. Mag. Chriftoph’3 Teufelsführung . » » =» = 2 2.00. . 164 
180. Das Bädermäbchen zu Pirna . » 2 2 2 2 nenn. 164 
181. Der Nofenftod in der Kirche zu Pima . » » 2 202020. . 165 
182. Das Wahrzeihen der Feftung Königflein . ». » . . . 16 
183. Das Pagenbette auf dem Königftein . » » » = 2 2... 166 
184. Die Spufgeifter auf dem Königftin . - » 2» 2... 166 
185, Das Zwergloch au Lohmen . . - — ee 
186. Der Einfiedler im Ottomalder Grunde de Dr AR 


IST. Sekte Don SDRDE: u u a ae u 


XIV 


“ 


. Die fteinerne Jungfrau auf dem Pfaffenftein . 
. Das Kreuz auf dem Bärenftein . i 

. Der Nonnenfteinm bei Weißig s 

. Wie die Familie derer von Sünau ein i m den ah von 


Proffen gekommen ift 


. Woher die Birken von Duba ihren Namen Gaben 

. Die Sagen vom Lilienftein . 
. Das Wetterhäuschen auf dem Kleinen "Winterberge 

. Wie Burggraf Jeſchke um Die en ” König: 


ftein gefommen ift . 


. Der Teufel zu Weefenftein . . 
. Der Falkenberg und der Nuppreditsberg bei ifo. 
. Die hohe Liebe bei Oftrau . . 
. Der Teufelsftein umd der Teufelsgrund im n Beßtad- 


grunde . 


. Rübezahl auf dem großen af hirn ſteine 

. Die Sage vom Kuhſtalle bei Lichtenhayn. ar 
. Das Senfenduell im tiefen Grunde bei DIIRBEN 

. Der Urfprung der Stadt Schandau j 


204. Der feurige Hund zu Schandau 


213. 


. Der gute Engel zu Hohnftein 

. Der Pethändler bei Pirna — 

. Die Zerſtbrung von Helfenſtein 

. Die weiße Jungfrau bei Hermsdorf . 

. Die Teufel3mühle am Wilifchberg . 

. Tanzen unter der Kirche wird von Gott geftraft . 
. Das unglüclihe Schuhmwerfen zu Coſſebaude 
. Das Erucifir zu Döhlen . . . . 
Die Pfarrer Martin und Barthel Rüngelmann a Dohlen 


214. Das Geſpenſt zu Lungwitz 


215. 
216. 
217. 
218. 
219. 
. Die beftraften Sabbatfchänder . 

. Da8 Erbmännden nnd der Schafhirt . 

. Die Gräfin Kofel im bezauberten Berge bei Lan q en-W D m8 de N) ef 
. Das ſchwarze Kreuz in der Drestner Haide . 
. Die beftraften Schatgräber zu Dörfhnik 

. Der Teufelögraben bei Coßlitz 

. Gott ftraft einen Meineidigen 

. Ursprung des Namens der Stadt Fran enſein 


Das wunderbare Geſicht der Sabina Fiedlerin zu god i } 


Die Entftehung von Dippoldiswalde 
Der danfbare Schuloner . 

Das Denkmal bei Stolpen — 
Urſprung des Namens der Ratenhäuf er 


. Ein Geift zeigt eine Morbthat au . 

. Arndt’3 Paradiesgärtlein ift umverbrenntich 
. Der böfe Pfaffe von Mulda .. 

. Die Entftehung von Altenberg - . . 
. ®ie Dr. M. Luther einem za zu Altenberg Be mit 


. Der graue Mann zu Neugeißing - 
. Das goldene Lamm 1 Ä 

. Der große Bergfturz zu Altenberg. 

. Das wandernde Haus zu Zinnmwald 

. Das wunderthätige Marienbild zu Fürftenau 

. Die wüſte Mühle im Trebnitgrunde 

. Der böfe Gedo von Lauenftein . 

. Der Katharinenftein bei Lauenftein 

. Die mwüfte Mühle bei Neihenau 

. Die vierzehn Nothhelfer bei Gottleuba . 

. Der Urfprung des Schlofjes Bärenftein . 

. Der Ritter von Bärenftein und der Lümwe . 

. Woher die von Ende ihren Namen haben . ; 
. Der Urfprung des Gefchlechte8 der Herren von veipziger 

. Urfprung des Namens der Freiherrn von Ungnad 

. Der Urfprung des Namens Ruf . - 

- Barum die Fürften Reuß den einzigen Taufnamen Heinrich Min 
. Sage von dem Schenken von Tautenburg . 5 

. Dad Wappen der Grafen von Lynar oder die Sage vom 


XV 


Gutem vergolten bat . 


Schlangenkönig im Schlofie zu Lübbenan. 


. Der Urfprung des Gefchlechtes derer von Hade 

. Das Wappen der Grafen von Stolberg . 

. Da3 Wappen der Noflike . . 

. Woher das Geſchlecht derer von vbſer feinen Ramen erhalten 
. Die Wahlen in Sachſen und — im is 


Grunde bei Dresden . 


. Der Nir in der Weißeritz . 

. Der Hirffprung im Plauenfchen Grunde ; 

. Der Schat im Burgmwartäberge . . . 

. Die Entdedung des Potſchappeler Steintohlenlagers 

. Da3 Schweizerbette im Plauenſchen Grunde . . . 

. Das Bauberfchloß im Windberge im Plauenfchen Srumde . 
. Das Panier des Nitterd St. Georg zu Tharandt ; 
. Der Einfiedel im Thale der rothen Weiferik . 

. Der Untergang der Grube zu Hödendorf 

. Die fieben Marterfäulen zu Hödendorf . 

» Der gefpenftige Reiter zu Hainsberg . 


XVI 





273. Entſtehung des Freiberger Gebäcks: der Bauerhafe . . 251 14 
274. Ein Freiberger rettet un mn dem m Geubigen eh 


das eben . . 00. 22 ibn dl 
275. Die Mordgrube zu ehe 








294. Die Entftehung von Halsbrüde bei Freiberg ; 268 
295. Ein Traum verkündet Freiberg Befreiung von ben — 268 
296. Der Name Oſchatz und die „arten D der Stadt .. 269 


297. Der Teufel im Beichtſtuhle 





Der Mordteich zu Schmannewitz bei fen . Be 


302. Die Kegelipieler zu Döbeln 


— — — — 





XVII 


Seite. 
Der ſächſiſche Götze Hennil... ER 
310. Die unglüdliche Hochzeit zu Grimma rar ae a 
311. Das Götenbild auf der Brüde zu Grimma . . .» . .. .. 277 
312. Das budlige Kind zu Grimma . . . TEST ENTE: : 
313. Der Bierefel zu Grimma . . nr un 8 
314. Der Kreuzweg auf der Straße wach Großbardan . a 
315. Der Nir bei Grimma und am Schlofie Döben. . . . . 279 


316. Der alte Jungfernteich bei Grimma . 
317. Die Sage vom Abendmahlstelche in der Klofterfirdhe au —— 
318. Die Wunderblume auf dem Tempel bei Grimma . . . . 
339. Bon dem Urfprunge des Geſchlechts derer von —— 
320. Conrad von Einſiedel auf Gnandſtein 
321. Der Schlüffel zu Gnandflein . . 
322. Warum der Meißner — Diet * dertie be 
graben it. . . 
323. Der Ablaßkäſe zu Widerdhayn. Er 
324. Urfprung der Stadt Mittweida 0 
325. Ladung vor Gottes Geriht . . 
326. Gott ftraft einen böfen Wunſch 
327. Harras der kühne Springer 
328. Der Teufelöftein zu Mittweida 
329. Der H. Antonius zu Leuben . 
330. Ein Doppelgänger zu Leuben 
331. Der gefpenftige Priefter zu Leuben . . 
332. Der grobe Tifch zu Fichtenberg und die wunderbare Bett- 
ftelle zu Meißen . . —F ar 
333. Dad Rad in der Kirche zu Eine TF 
334. Der geſpenſtige Reiter zu Kie ſelbach. 
. Die beiden wunderbaren Schlangen bei Lei! * 
. Der Todtenborn zu Leisnig : 
Der Theuerborn zu Leißnig . - -» 
. Der Hahnberg und der Hahnborn zu ging. 
. Die fieben Köpfe zu Leisnig . . 
Das Kirchthor zu St. Matthiä in geisnig . 
Die ſechs Teufelskünſtler zu Leisnig . 
Die böfen Söhne zu Leisnig 
Der feurige Hund in der Schule zu deisnig 
Die ſeltſamen Bienen zu Leisnig . - - 
. Der Teufel Holt einen Leisniger Gerber . 
Der Melinenborn zu Leinig . 
. Der gefpenftige Leichenzug zu Leisnig . 
Dad Mappen der Bienewitze . 
349. Der Ritter St. Georg zu Rauenhayn 


SPITETTTTT — 


88 


——— — 
38888383838882288 


XVII 


. Die Strafe der Gartendiebe in Leisnig . 

. Der Bergbau bei Leisnig 

. Der Geift im Forfthaufe zu Colditz 

. Die Halsfteine am Rathhaus zu Colditz. 

. Der Gefundbrunnen bei Döhlen . F 
. Der Mönch auf dem Kreuze in le : 
. Die Nirfluft bei Waldheim . . i 

. Die Stiftung des Klofters Aitenzelle 

. Die Wunderburg bei Roßwein . 

. Der Poltergeift zu Roßwein.. . . 

. Der Teufel holt ein Mädchen zu Ropwein 

. Der warnende Engel bei Noßwein . . 

» Der Räuber Hartenfopf bei Zelle ift tugelfeſt 
. Der Teufel verführt eine Magv zu Belle 


364. Der Mohr im Schlofje zu Nofjen 


365. Die Riefenribbe zu Nofjen . 

366. Der Gottesleugner zu Noſſen 

367. Meineid beftraft ; u“ 
368. Die Baubereiche bei Sroßbnde i 
369. Die beherten Brode zu Falkenhayn 
370. Die treue Frau zu Kriebftein . . 
371. Sprichwort von Rochlitz . . 

372. Das Alter der Stadt Rodlik . 

373. Die Möuchstaufe zu Wechfelburg . 
374. Das wunderbare Bild zu Rochlitz 
375. Jemand wird an einen Ort gebannt 
376. 
377 
378 
379 
3830 
381 
382 
383 
384 
385 
386 


Die wüfte Kirche bei Rochlitz 


. Zodtenhand verweſt nidt . . . . 
. Erheucelte Krankheit wird von Gott beſtraft 
. Fett aus Todtenbeinen heilt einen Gelähmten 
. Der Zauberer Narr Hanf zu Rochlitz 

- Der Eurrendfnabe zu Geithayn . 

. Sprud von der Etadt Geithayn 

. Der große Topf zu Penig . 

. Die Sage von dem Liebchenftein zu Benig . 

. Der brennende Mönch zu Rohsburg. 

. Da8 Zauberpferb bei Bottelödorf. 


”,389. Das Näthfel von der Stadt Wurzen 


390. 
391. 
392. 


Das wunderbare Lutherbild zu a 
Der Tod bei Wurzen . . . ; 
Der Heufchredentönig zu Wurzen 


*) Nr. 387 u. 388 ſind aus Verſehen beim Drucken überſprungen werden. 


XIX 


.Der geſpenſtige Leichenzug zu Wurzen 

. Die Zaubermartha zu Wurzen . ; 

. Die drei goldnen Brodchen zu Bomfen 

. Der Nirenitein bet Waldenburg ö : 
. Die Sagen vom Schloffe Mutzſchen bei Grimma : 
. Das Marienbild zu Eicha bei Naunhof 

. Die Sage von der Schlacht bei Luda . ; 

. Der Urfprung von Leipzig und feinen Linden . 

. Die Wahrzeichen von Leipzig r 

. Der Blehfhmidt’sche Leichenftein 

. Die Wettermacher zu — 

. Die Eule zu Leipzig .. 

. Das Kind auf dem Apfel u Seipzig 

. Der Bettelborn zu Leipzig i 
. Die weiße Frau in der pfarrwohnung * &t. — 
. Die Sage vom Johaunisſpital zu Leipzig : 
. Die Karthaunenkugel auf dem Gottedader zu Leipzig 
. Das Hufeifen an der Nicolaifirche zu Leipzig . 

. Das Kind auf dem Neumarkt zu Leipzig 

. Das unglüflihe Pflugziehen zu — 

. Feurige Drachen zu Leipzig . i 

. Der Teufel verlodt zum Selbfimord . 

. Das Johannismännchen zu Leipzig 

. Der Teufel entführt eine Frau 

. Der ſchwarze Bruno zu Leipzig 

. Die Funfenburg zu Leipzig . 

. Berfchiedene Gefpenfter zu Leipzig . 


Die drei Goldftüde der Familie von Hahn. 


. Die Magd bei dem Nir in der Nähe von Leipzig 

2. Wöchnerinnen werden von Geſpenſtern — , 
. Ein Geift zeigt einen Schatz an 

. Leipziger Schatzgeſchichten 

. Das Nirweibchen zu Leipzig —F 

Verſchiedene Geſpenſtergeſchichten aus ee 
.Feſtmachen Hilft nichts . 

. Ein Mönch fieht feinen Tod voraus . ; 

. Der Urfprung de Namens Mebelefien in tea, 

. Die heilige Brüde bei Leipzig “ 

.Das Nitterloch bei Leipzig 

. Das Brautwehr bei Leipzig. . . 

. Lieschens Büfche bei Schönefeld — 
Das Todtengerippe auf dem —— zu tens 
. Der Eſelsplatz zu Leipig . . .» .» R 










































































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XXI 


Nr. Seite. 
478. Wie das Schneeberger Silberbergwerk endeckt ward414 

479. Keglers Pflaſter zu Schneeberg 66 
480. Das verſchworene Bergwert zu Schnecberg . . 0... 416 
481. Der Teufel läßt ein ungeladenes Gewehr Togehen . .. . 416 
482. Woher das Sprichwort: el ſtillt feine Gäſte . 417 


483. Das Schneeberger Sprichwort: Toffel, das au Dir — — 417 
484. Woher der Name Silberſtraße kommt Tas 


485. Ein Berggeift betrügt einen Schafgräber — EEER | 





489. Der alte Thurm in — a ee 


491. Die Staatälaterne bei Geyer ER EEIBE 
492. Das eweib vom Katzen ſtei 


493. Die Entbindung im Grabe zu Olbernhan . .. 4 
494. Woher das Spridwort fommt: daß Dich der Bär 

495. Der Frau⸗Mutterſtuhl zu Dberfordheim . . . . .. 

4%. Der Yungferngrund bei Wiefenthal 


497. Der ey auf dem ?yichtelberge 7 Diefentgat“ 
4%. Ein verfolgt einen Mann bis in fein Haus 


499. Das — Heer bei Wieſenthal und im —— 





kun, 


IK 


599 













502. Die Tellerhäuſer bei Wiefenthal . . . a 
503. Das Gefpenft auf der E uperintendentur zu Bietet 434 
504. Die Fichte auf dem Gottedader in Annaberg . . .... 489 
505. Die Linde auf dem Kichhofe zu Ammabrg . . . 2... 489 
506. Der erfte Klöppel in Annaberg . . 2 2 2 222. 40 
507. Das Gefchwiftergrab in der Kirche zu Annaberg . . . . . 44 
508. Der rothe Stein auf der Kirchgafie zu Annaberg . . . .„ 442 
509. Das © in dem Bobel e zu Annaber . 442 
510. Der Berggeift zu Annaber ‚ ... 444 
511. Der Fallſüchtige in der Kirche . Annaberg — nn. 444 
512. Die En EEE EHE. 
513. Die beiden Brüder zu Frohnau 446 


3 





517. Die Sagen vom Sweibenserg umb feinem Smergtönig . 458 
518. Die Sage von der langen Schicht zu Ehrenfriebersborf . 454 
519. Der Käthelfteim bei Annaberg . . . . . 2... . 487 
520. Der Dttenftein bei Schwarzenberg . . . . . . . . 462 


XXL 


Mr. Eeite. 
521. Die Todtenhband zu Buchhol 


522. Der Traum von den goldnen Eiem. ie ee 464 
523. Da3 himmlische Heer bei Annaber 


524. Die Jungfrau vom Bielberge - . 2 2 2 2 2.2. 466: 
525. Die Katzenmühle bei Buchhol 







526. Das Mönchägefiht an der Ki u Schlettau . . . . 46% 
527. Der Jäger ohne Kopf im Hofbufch bei A Eaton RE: 
528. Der — in Crottendor — 





543. Todte verhelfen — zu Rede en. 484 


544. Die weißen Frauen zu Blumenau EB EE_ 
545. Der Kobold zu Grüna . EEE ETF E EFT 


562. Der Friedensſtein am — 
563. Der Stein bei Rauenſtein 








574. Der erreiter zu Stollbera -. . - . 2 2 2. - . 512 
575. Der Kärrner u Stolberra - » : >: 2 2 02. 






= Die liter im Grumdtümpel zu Wildenau . . . . . 518 
579. Der Bod bon Bod au u [ [1 ” u ⁊* — 4 — 2 2 3 520 
580. Die Räuberhöhle am i u Glaudau . . 220 





586. Der Urfprung der Namen Säelienbeng, !idtenwalte 


und Neuenforge 


587. Der Bärenſchädel zu Auguftnsburg . EEE; 
588. Die Vögelgefellfchaft zu Dittersbad re ar SE 
589. Der Schat im der Klofterfirche zu Gründain Eee 





591. Der Mönchsgang in umd der Nirentumpf bei Werfen Bein. 530 
592. Wahlenberichte über die fächfifche Echweiz und das Erzgebirge 530 
593. Die unterbrochene Echabgräberei zu Schneeberg . . . . 545 
594. Die Sage von der breternen — F Dresden . . . 547 
59. Das graue Männchen zu Dresden ee ae 


597. Der Tod des Churfürften Johann — angezei u re BE 
598. Dad Gefpenft bei dem Sefirten Det in Torgau (f. vor. 








=. 70) .. . Ba ya a ie 
Band I. 

599. Der Urfprung der Stadt Zwidau -. . 2 2 2 2 00. 1 

600. Die Wahrzeichen der Stadt Zwidau. . . 2 


601. Wie die große Glode in der rn rn Stimmung Sen 
fommen hatt . . » .» » , 2 


XXIV 





Ih 


619. Ein Herr von Arnim kann das Teuer verfprechen 

620. Die Klagemutter, die Schretelein, die Druden und die Geier 
männer bei der Stadt Hof . 

621. Der ann bei Süffeba 


622. Der Taufftein zu Pebtelögrän j 
623. Wie Meerane ehemald in üblem Rufe gefanden bat. 
624. Die weiße Frau im Pfarrgarten zu Meerane . Eee 


625. Die Ehriftmette in der Todtenlirche zu EI erber 
626. Das alte Haus bei Taubetba . ER ETETE 
627. Der Urfprung des Schlofjes Boigtaderg IE 


628. Der Rabe im BVoigtlande 





SILERER 











SER ES 





88 
9 
& 
€ 
4 
* 


631. Das Zimmermannsbeil in Rei Pr a 
632. Der Stierfhlag Augufts d. St. in Weidenbad .. 88 


633. Die En von Schöned. 











656. Die Bo igtsberger Soterne EEE 
657. Das ige Kalb in Delsnig . EHRE 
658. Der Mönd im Dels’fhen Haufe in Delsnig . TEE 
659. Der wilde Jäger im Röhrholze zu Oelsnitz 
660 Die nackte Fran bei den Schafhäuſern bei Delönig ET 
661. Die Goldſtücke auf dem &emeindeberge in Delönig . . . . 
662. Der Schaf in der Strede bei Delänib - - » - 2 2 2. 
563. Klopfen zeigt einen Todesfall an . . > 2 2 2 2 ne. 


ZIEHE 8 


2288 





871. Der Bär im Wäldchen bei Mittelböse ., a 
678. Der Schatz im Steinbühel zu erhermögelin . 71 
679. Die heili e Behme am Wünnelftein . au 


682. Der ilvolle Andreasabend . . PIE LER TETIENE 
683. Bon alten Goloftüden in Treuen . » 2 2 2 2 20. 7 





XXVI 


Nr, Eeite, 
684. Der Gott Thor in Tho en 













686. e vom Entſtehen des Stel — m 
687. Die Kiefer zu Stelben >: 0 rn 
688. Sage von einem reihen und gelehrten Bauer . . 79 


689. Sage von einem Wilddieb 





693. Sage von der weißen Frau zu Stein. -. 2 22 88 
694. Der Uhlanenfprung bei Stein . EEE i 


er Sage von dem Baner Kilion in Renenborf ri 
88 

2 Sage von der Gründung Neuendorfs EEE TE- 
90 


699. Sage von der Kapelle am Rapellenderg j Ir 

700. Sage vom heiligen Brunnen auf dem Rapellenberge > 

701. Eage von der weißen Frau bei der Tränfe am Roplenbege 

702. e von der Goldgrube am Kapellenberge u = 
703. Die Teufelöfammer in der Pfarre zu Brambad ee 

704. Eage vom Galgenberge bei Brambadı ET 

705. Sage von einem alten Brauburfchen zu Duke. .. NMN 

706. Sage von dem ſteinernen Kreuze auf der Höhe von Oberbrambad) 98 

707. Eage vom fteinernen Kreuze bei Hobendorff . . 2. ..2.9 


708. Zaie vom Wafjermann_ bei Seite DENE EREE 





711. Der Zweilampf in Röthenbad aus dem Sabre 1705 102 
712. Sage vom FFenerfegen in Schönber r ....108 





725. Das Wappen der Herren von Cüben ae 
726. Woher die Prittwige ihren Namen — ————————— 


XxXVI 






Nr. Seite. 
727. Das W der Herren von Tſchirſchh..116 
728. Das W der Seiblite . ’ u 5% 0. ; 8 
729. Das Wa der Biberftein * der T mmer .. 116 
730. Dad Wappen der liehtrite - - > 2 2 2 0. 





751. Woher das — fommt: in Bautzen — man die 
Diebe SE u ee ne ee, DO 





753. Woher das Sprichmort kommt: „es befommt ihm, wie das 
Hımdeführen bi8 Bauten” . >: nn nn 





761. Der Juhrmann ohne Kopf auf — Borbisberge bei Dovad 151 
762. Der Bludnik in der Oberlau 3 





766. Der Bafilist zu Budiffin . 
767. Die Goldquelle zu Budiffin 


XXVIII 


Nr. Gehen 
768. Der Kochjunge auf der Ortenburg a ar 
Zn Der Goldfeller am Frageberg . EEE... 





809. Der u Dietrich oder der wilde Jäger in ver Lauf . . 208 
810. Warum zu Sora in der Lauſitz feine Sperlinge find. . . 206 





814. Die Wafferfrau und der Flei u ” in Bittau . 


815. Die Bierglode zu 







824. Das fteinerne Kreuz an der Dreifaltigteitd Kirche zu Zittau 218 
825. Der Teufelsbefjhwörer Kurier | in Bittau -» -» 2. 2 2.2. 220 
826. Der Mal öndh u Bi ; EIER E i 


828. Die t Tr u Boritfch bei Bittau . . 2 202... 2% 
829. Der — bei Olbersdorf.. 2 22. 25 
830. Die Säule bei Marienthal . 





831. Der Jungferniprung auf dem Oybin - . . 2 2 2.2. 226 
832. Der Schatz auf dem Oybin und die Sage von der erften Be- 
833. Die Kirche auf dem Oybin . 2 nn 2 nn nn. 229 
834. Die beiden EEE EEE EEE 





. 265 
852. Das Grab des böfen Jägers zu Horla . - 2 2 2 2.2... 266 





XXX 





858. Die drei goldenen Kronen zu —— 20 


859. Der blutende Geiſt zu Neſ 








865. Entſtehung der Stadt Königsbrük. 2 2 2.2. 277 
866. Der Bogelberg bei Gräfenhbain. . > 2 2 2718 
867. Der Lu Heilbrunnen > 2 oo 2 218 
868. Der Schenkwirth zu EEE FEB 
869. Der ſchwarze Mann zu Poftwis . . ERBE BER 

870. Das Ei auf dem Protfchenberge am erften Ofterfeiertage 281 
871. Die Kamenzer Nafen . 















872. Der Huge Mönch zu Same EEE EEE EEE 
8373. Das Heine graue Männchen zu Camen . . 2 2 2.2... 286 





880. Die Gründung des Klofters Morienkern WERTE 
881. Die Gebeine des H. Bernhard von Gamen . 2 2 2... 29 


. Maria von Ro 





893. Das Bergmännlein au ohmwalde . . 2 2 2.2... 801 
394. Der Kryftallfarg im Kottmarberge . » 2 2 2 2.2. .8308 


Anhang. 


Die Sagen des Herzogtfums Sachfen-Altendurg. 





9. Das mit Holz um fich werfende Geipenft - . » 22. . 811 
= Die Flaſche zu Altenburg . A >. 078... 


23 Anzeichen beim Einfturz des Sirhthunne zu St. Bart 
in Alteubur 1659 . RE . 312 













24. Das Wahrzeichen von — 66 
99 








31. Der Reiter in den Kloſter⸗Lausnitzer Buchen .. 342 


32. Die Jacobseiche und der Jägerſchuß bei Kloſter — 343 
33. Das Steinkreuz im der Weißenmühle >. . 344 










34. Die Zwerge in der Raudamühle . » 2 2 2 2 2 220. 8345 
35. Die vier Spieler in EEE —— 





XXXU 


Nr. Eeitt. 


37. Die Gefpenfterhochzeit im wüften Dorfe Scortowe . . . .„ 347 
38. Die Kriegswiefen bei Zautenhain . » 2 2 2 2 22 2... 850 
39. Das fehfte und fiebente Buch Mofi . . oo 2 2 22... 851 
40. Schwarztünftler Jrmifh zu Tantenhain . . . . . . 858 


Der 
Der 
Der 
Der 










Die 
Warum in Meuſebach feine S d 


46. Die Rofen auf dem Birnbaum zu Selen ee ae 





58. Vom Galgen dur eine Frau em 










59. Das Gänfeo er Autirchen 


73. Urſprung des Dorfes Heiliger-Leichnam er 


74. Sage von der Zerftörung der a. Seiligen-eihnam 381 


77. Der Teufel führt drei Bauern in die 


78. Der geheimnißvolle Bettler zu Nifhwiß - -» . » 2... 83838 
79. Wunderbare Geburt - 2 moon nn. 888 





81. Das Brob mit harten Tholem Fr az 388 
82. Die Saalnize bei Kabla . > : oo 





88. Dos Mägdekrez und ber Pfaffenfteig bei ——— — 6 
89. Geiſter zu Uhlſtädt, Werfen und Obezcroſen ... 394 
90. Der Bierkeller zu Gödern . . . Ed a ee 385 








93. Todter fommt wiedeeer. 4388 
94. Das d ur li Wiederkun EEE... 
95. Der ſchwarze Teich bei Mößebah . . >. 400 
96. Den Leisten Hole der Teufel . > 2 oo 400 
97. Das Thürin iſche Bethlehem . ZEIT ERR j 








105. Der arme Mufticant auf dem auenfo EEE 
106. Die wandelnde Raterne . . . 412 


107. Bon den merlwürdigen —— = Altenburger Bauern, 


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1) Wie die Raute in das fächfifche Wappenfchild gekommen ift. 
Crantz. Sax. V. 26. IX. 19. 


Horn, Sächſ. Handbibliothef Bd. I. S. 16. Beuft, Hiftor. Auff. über die 

Sächſ. Lande. Altenb. 1797. Bd. I. ©. 53. U. B. J. Michelfen, Ueber 

die Ehrenſtücke und die Rautenkrone al hiſtor. Probleme der Heralbit. 
Jena 1854. 4°. ©. a. Sahfengrün 1861. ©. 145. 





Als der Herzog Bernhard von Ascanien durch Kaifer 
Friedrich I. mit dem Herzogthum Sachſen, welches Heinrich 
der Löwe, nachdem er in die Acht erklärt worden war, ver- 
loren hatte, belehnt ward, foll er den Kaifer um ein Unter- 
iheidungszeichen feines Wappens gebeten haben: da warf 
derfelbe, der eben ftatt der Krone wegen der großen Sonnen— 
hige einen Rautenfranz auf dem Haupte trug, dieſen ſchräg 
über Bernhards Schild als Fünftiges Wappenzeichen. Eine 
andere Sage erzählt, Herzog Bernhard habe auf der Heim— 
fehr von einer Pilgerfahrt zu Venedig, da ihm fein Geld 
ausgegangen, bei einem reichen Handelsherrn, um fein Leben 
zu friften, in Dienft treten müſſen, und hier ein Liebes— 
verhältniß mit der Schönen Tochter deſſelben angefnüpft; als 
er nun fortgezogen, habe fie ihm zum Abſchied einen grünen 
Kranz verehrt, den habe er in zwei Hälften zertrennt, Die 
eine habe er über fein Schild gehängt, die andere aber ihr 
al3 Andenken zurüdgegeben. 


2) Sage von dem unvergänglichen Beftehen des Hauſes Sachfen. 
Mündlich. 





Auf dem großen Winterberge in der ſächſiſchen Schweiz 
ſtehen 7 herrlich gewachſene Buchen; von dieſen erzählt ſich 
Gräße, Sächſ. Eagen. 1 


ie MB: 


das Volk, daß, fo lange diefe ftehen und grünen, das Sachſen— 
land fein angeftammtes Herrſcherhaus nicht verlieren wirbd. 


3) Dad Geficht der Herzogin Agnes, 
8. Peccenftein, Theatrum Saxonicum Th. II. ©. 7. 





Agnes, eine Tochter des Königs Wenzel von Böhmen, 
war die zweite Gemahlin Markgraf Heinrichs des Erlauchten 
von Meißen. Als fie nun an einer jchmerzhaften Krankheit 
darnieder lag, Fam ihr kurz vor ihrem Tode (13. Sept. 1268) 
im Traume vor, als jehe fie einen Engel mit einem goldenen 
Becher vor fich ftehen, der ihr zu trinken anbot. MS fie nun den 
Becher nahm und trank, däuchte ihr der Trank gar bitter; 
fie Elagte e3 dem Engel und ſprach zu ihm: ach, wie gar 
bitter geht das ein! Da verfegte der Engel: ei jei zufrieden, 
auf dieſe Bitterfeit wird bald eitel Süßigfeit folgen, weil 
Jeſus diefen Trank verfüßen und verzudern wird. So ge 
ſchah es auch, denn bald, nachdem fie Lähelnd ihren Herrn 
und Gemahl diefen Traum erzählt, ift fie fanft und felig ein- 
geihlafen. Das hat fich begeben auf dem Schloffe Scharffen- 
berg bei Meißen. 


4) Traum der Churfürſtin Margarethe. 
%. Maurer, Amphitheatrum magiae universae. Niürng. 1714 ©. 360. 





Ehe die beiden jungen ſächſiſchen Prinzen, Ernft und 
Albrecht, Söhne des Churfürften Friedrih IL. des Sanft- 
müthigen zu Sachſen, durch Kunz von Kauffungen zu Alten- 
burg entführt wurden, hat ihre Frau Mutter folgendes Traum- 
bild gejehen. Es ift ihr vorgefommen, als wenn ein großes 
wildes Schwein ihren Garten durhmwühlte und unter andern 
grünen Kräutern die Raute beſchädigte, e8 habe aber Nie- 
mand dem wilden Thiere wehren können, bis daß ein 
ſchwarzer Bär dazu gefommen, der den Grimm des Schmweines 
unterbrochen. Diefer ift der Köhler Triller (ſonſt Schmid 


u: — 


genannt) gewejen, das Schwein der Kunz, die Raute aber 
Die ſächſiſchen Fürften, am 7. Julius des Jahres 1455. 


5) Der Traum ded Churfürften Friedrich III. oder 
des Meifen. 


Chr. Lehmann, Hiftor. Schauplat des Meifnifchen Obererzgebirges. Lpzg. 
1699. 4. ©. 809. sq. S. A. Heumann. Poeeile T. III. L. II. p. 88. sg. 





Sm Jahre 1591 lebte zu Joachimsthal Magifter Bar- 
tholomäus Schönbach, ein Geiftlicher, von Rochlitz gebürtig, 
der eine eigenhändige Handjchrift des dafigen Superintendenten 
Antonius Mufa beſaß, in welcher Folgendes von Wort zu 
Wort enthalten war: 

„Der ehrwürdige Herr Georg Spalatinus hat mir, An- 
tonio Musae, glaubwürdig erzehlet einen Traum, welchen 
Herzog Friedrich, Churfürft zu Sachen, gehabt hat zu Schweid- 
nitz, die Nacht zuvor, ehe D. Martin Luther feine erſte Propo- 
sitiones wider den Papſt und beyde Johann Tezels Predigten, 
von der Röm. Gnade und Ablaß, zu Wittenberg öffentlich zu 
vertheidigen bat angefchlagen, welchen Traum auch Seine 
Ehurfürftl. Gnaden bald frühe morgens ihnen zum Gedächtniß 
bat auffgezeichnet, auch denjelben ihrem Herrn Bruder Herzog 
Hanfen zu Sadjen, in Beyfeyn des Canzlers, referiret und 
gefaget hat: Herr Bruder, Euer Liebe muß ich erzehlen, was 
mir diefe Nacht geträumet hat, und möchte ich gerne feine 
Bedeutung wiſſen, denn ich ihn fo eigentlich und wohl ge- 
merket und mir fo tief eingebildet, daß mich dünfet, ich könne 
ihn nicht vergefien, wenn ich auch 1000 Jahre leben follte, 
weil er mir dreimal nach einander vorkommen, doch immer 
verbefjert. Herzog Johannes fragte: War e3 denn ein guter 
oder böjer Traum? Wir willen es nicht, Gott weiß es, fagte 
der Churfürſt. Herzog Johannes fragte weiter: Herr Bruder, 
€. 2. fegen nicht viel darauff: Wenn mir etwas träumet, fo 
bitte ich allezeit unfern HErrn GDtt, er wolle es zum Beiten 

1* 


- 


— 


wenden, oder ſchlag mir's aus dem Sinn, wiewohl ich auch 
dies bekennen muß, daß mir viele Träume, beyde gut und 
böſe ſind fürkommen, welche ich hernach allererſt verſtanden 
habe, aber gemeiniglich in ſchlechten Sachen, E. L. ſagen doch, 
was war denn der Traum? Churfürſt Friedrich ſagte: Ich 
will's E. L. ſagen: Als ich mich auff dem Abend zu Bette 
legte, ziemlich matt und müde, war ich bald über dem Gebet 
eingeſchlaffen, und hatte bey dritthalb Stunden fein ſanffte 
geruhet. Als ich nun erwachte und ziemlich munter worden, 
lag ich und hatte allerley Gedanken biß nach 12 Uhr: Gedachte 
unter andern, wie ich allen lieben Heiligen, und neben mir 
mein Hoffgeſinde, zu Ehren bringen wollte, betete auch für 
die lieben Seelen im Fegfeuer, und beſchloß bei mir, ihnen 
auch zu Hülffe in ihrer Gluth zu kommen, bat daher Gott 
um ſeine Gnade, daß er doch mich und meine Räthe und 
Landſchafft in rechter Wahrheit wolle leiten und zur Selig— 
keit helffen, auch alle böſen Buben, die uns unſer Regiment 
ſauer machen, nach ſeiner Allmacht wehren. Nach Mitternacht 
war ich bald auff ſolche Gedanken wieder eingeſchlaffen, da 
träumet mir, wie der Allmächtige Gott einen Mönch, eines 
feinen erbarn Angeſichtes zu mir ſchickte, der war 8. Pauli 
des lieben Apoſtels natürlicher Sohn, der hatte bey ſich zum 
Sefährten auf GDtte3 Befehl alle Tiebe Heiligen, die folten 
den Mönch vor mir Zeugniß geben, daß es fein Betrug mit 
ihm wäre, jondern es jey wahrhafftig ein geſandter GDttes, 
und ließ mir GDtt gebieten, ich follte dem Mönch geftatten, 
daß er mir etwas an mein Schloß Gapell zu Wittenberg 
jchreiben dürffte, e8 würde mich nicht gereuen. Ach ließ ihm 
duch den Ganzler jagen: Weil mih GDtt folches heift, und 
er auch fein gewaltig Zeugniß hat, fo möchte er fchreiben, 
was ihm befohlen. Darauff fähet der Mönch an zu fchreiben, 
und machte jo grobe Schrifft, daß ich fie bier zu Schweinit 
erkennen kunte; er führete auch eine fo lange Feder, daß fie 
auch bis gen Rom mit ihrem Hintertheil reichte, und einem 
Löwen, der zu Rom lag, mit dem Sturg in ein Ohr ftad), 
daß der Sturg zum andern Ohr wieder heraus ging, und 


— — 


ſtrackte ſich die Feder ferner biß an der Päbſtlichen Heilig— 
keit dreyfache Krone und ſtieß ſo hart daran, daß ſie begunte 
zu wackeln und wolte ihrer Heiligkeit vom Haupte fallen. 
Wie fie nun alſo im Fall iſt, däucht mich, ih und E. L. 
ſtunden nicht weit davon, ſtrackte auch meine Hand aus, und 
wolte ſie helffen halten: in denſelben geſchwinden zugreiffen 
erwachte ich und hielt meinen Arm noch in die Höhe, war 
ganz erſchrocken und auch zornig mit auff den Mönch, daß 
er ſeine Feder im Schreiben nicht beſcheidener führete. Als 
ich mich aber recht beſann, da war es ein Traum, ich aber 
war noch voll Schlaffs, gingen mir die Augen bald wieder 
zu, und ich war wieder feſt eingeſchlaffen, ehe ichs recht ge— 
wahr worden, da iſt mir dieſer Traum wieder vorkommen, 
denn ich hatte wider mit den Mönch zu thun, und ſahe ihm 
zu, wie er immer fortſchriebe und mit dem Sturtz der Feder 
ſtach er immer weiter auff den Löwen zu Rom, und durch 
den Löwen auff den Pabſt, darüber der Löwe ſo greulich 
brüllete, daß die gantze Stadt Rom und alle Stände des 
H. Reichs zulieffen, zu erfahren, was da wäre, und da be— 
gehrte Päbſtl. Heiligkeit an die Stände, man ſolte doch den 
Mönch wehren, und ſonderlich mich dieſes Frevels berichten. 
Darüber erwachte ich zum andern mahl, verwunderte mich, 
daß der Traum wiederkommen war, ließ mich doch ſo gar 
nichts anfechten, bat aber, GOtt wolle Päbſtl. Heiligkeit für 
alle Uebel behüten und ſchlieff alſo zum dritten mahl wieder 
ein. Da kam mir der Mönch wider zum dritten mahl vor, 
und wir bemüheten uns ſehr, dieſes Mönches Feder zu zer— 
brechen, und den Pabſt hinwegzuleiten, aber je mehr wir uns 
an der Feder verſuchten, je mehr fie ſtarrete und knarrete, 
daß mir’3 im Ohren wehe thät; endlich” wurden wir alle fo 
verdroffen und müde darüber, daß wir abließen, und verlohr 
fi einer nach dem andern, und bejorgten uns, der Mönd) 
möchte mehr können, als Brod ejjen, er möchte uns irgend 
einen Schaden zufügen. Nichtsdeftoweniger ließ ich den Mönch 
fragen (denn jet war ich zu Rom, bald zu Wittenberg), wo 
er doch zu folder Feder fommen wäre? und wie e8 zugehe, 


— — 


daß ſie ſo zehe und feſt ſey? ließ er mir ſagen: ſie wäre 
von einer alten Böhmiſchen 100 jährigen Ganß 9, einer feiner 
alten Schulmeifter hätte ihn damit verehret, und gebeten, 
weil fie ſehr gut wäre, er wolte fie zu feinem Gedächtniß 
behalten und brauchen. Er hätte fie auch felbft temperiret: 
daß fie aber fo lang wehret und fo feft wäre, käme daher, 
weil man ihr den Geift nicht nehmen, noch die Seele, wie 
mit andern Federn geſchicht, herausziehen Eonte, darüber er 
auch fich felbft nicht genug verwundern fünne. Bald darnach 
fommt ein ander Geſchrey aus, es wären aus der langen 
Mönchsfeder unzehlig viel andere Schreibfebern hier zu Witten- 
berg gewachfen, und e3 fey mit Luft anzufehen, wie ſich viel 
gelehrte Leute darum reiffen, und meynen einestheils, dieſe 
neue junge Federn würden mittler Zeit auch jo groß und 
lang werden, wie diejes Mönchs Feder, und es würde gewiß 
etwas fonderliches auff diefen Mönd und feine lange Feder 
erfolgen. Da ich nun gäntzlich im Traum bey mir beichloß, 
mich je eher je befjer mit dem Mönch in eigner Perfon zu 
unterreden, da wachte ich endlich zum dritten mahl auf, und 
war jeto Morgen worden, wunderte mich fehr über den 
Traum, gedacht ihm nach und bildete mir wohl ein, wie er 
mir nach einander vorkommen und zeichnete mir bald bie 
vornehmften Stüde zum Gebächtniß auf, bei gänglicher 
Meinung, diefer Traum ſey nicht ohne Bedeutung, weil er 
mir fo oft ift vorkommen, und bin bald willeng, ihn meinem 
Beichtvater zu offenbaren, doch habe ih E. 2. vorhin auch 
etwas willen laffen, €. 2. und Cangler jagen mir ihr Gut- 
bünfen davon. Herzog Johann fagte: Herr Cangler, was 
dünfet euch? von Träumen ift nicht viel allemal zu halten, 
doch find fie auch nicht gar zu verwerffen! Wenn wir hier 
einen verftändigen, frommen Joſeph oder Daniel hätten, ber 
fönte es treffen. Der Gangler ſpricht: E. Churf. Gnaden 


1) Damit ift unbezweifelt Huß gemeint, von dem erzählt wird, er 
babe auf dem Scheiterhaufen gefagt: Jetzt bratet Ihr eine Gans (Huf, 
böhmiſch — Gans), doch in 100 Zahren wird ein Schwan (Luther, 
böhmiſch — Schwan) fommen, den werdet Ihr ungebraten lahn. 


a A: 


wifjen, daß man pflegt zu jagen: Jungfrauen, gelehrter Leuten 
und großer Herren Träume haben gemeiniglich etwas hinter 
fih. Allein, was es jey, wird man allererft gewahren, wenn 
fie fih nach etlicher Zeit, da fi etwa Händel zutragen, dar- 
aus man alsdann Vermuthungen nimmet, entdeden, da man 
ſpricht: Siehe, darauff hat gewißlich jener Traum gewieſen, 
wie €. Churf. Gnaden viel folder Erempel werden befand 
fein. So fpridt Joſeph: Träume auslegen, ftehet GOTT 
allein zu, und Daniel fagt: GOTT im Himmel allein fan 
verborgene Dinge offenbaren. Darum befehlen €. 2. und 
E. Churfürftl. Gnaden nur diefen Traum den lieben GDtt, 
die Mönche haben offt bey großen Herrn viel Unglüd ge- 
ftifftet. An Ddiefem Traum vom Mönde iſt diß das beite, 
daß er von GOTT gefand tft, es wäre dann, daß der 
Zeuffel unter einen guten Schein fein Spiel haben wolte. 
E. Churfürftl. Gnaden wird am beiten wifjen, den Sachen 
neben andächtigen Gebet, Chriftlih nachzudenden. Herzog 
Sohann jagte: Ich halte es mit euch, Herr Cangler, denn 
Daß wir uns lange darüber grämen und martern follen, ift 
nit zu achten, GOTT wird alles, fo diefer Traum von 
ihm herkommt, willen zum bejten zu wenden, und ung zu 
feiner Zeit die rechte Bedeutung mitzutheilen, oder, jo es 
ein böſes bedeutet, abzuschaffen. Der Churfürft fagte: Das 
thue der getreue GOTT, allein daß ich des Traumes in- 
deffen nicht vergefje, ich habe auch wohl bey mir meine Ge- 
danken und Auslegung, aber die behalt ich noch zur Zeit 
bey mir allein, doch will ich fie auffzeichnen, es wird's vielleicht 
die Zeit hernach geben, ob ichs recht getroffen habe, und 
wir wollen ung diefe Tage wieder miteinander unterreden.” 


6) Friedrich der MWeife und fein Bruder werden aus 
großer Lebensgefahr gerettet. 
Hondorff, Promt. exempl. ©. 148 b. 


Einft fuhren die beiden ſächſiſchen Fürſten, der Chur- 
fürft Friedrich der Weiſe und fein Bruder, Herzog Johann, 





— — 


von Torgau auf der Elbe in einem Schifflein, kurz nachdem 
das Eis aufgebrochen war und während große Eisſchollen 
wider das Fahrzeug anrannten, gen Wittenberg. Wie ſie 
nun daſelbſt an dem Waſſergraben, der neben dem Schloſſe 
tft, anlangten und daſelbſt aus dem Schiffe ftiegen, da zer- 
theilte fich dafjelbe in mehrere Theile und zerfchellte, Die 
Fürften aber mit ihrem Gefolge und Dienern blieben fteif 
vor Berwunderung ftehen und betrachteten erftaunt dieſes 
große Wunderwerf Gottes, wie derjelbe nach feinem gnädigen 
und väterlihen Willen das Schiff ganz erhalten, big fie an 
das jichere Geftade gekommen waren, und der Churfürſt 
Friedrich ſprach zu jeinem Bruder: Wir müſſen hiermit ja 
augenjcheinlic” wiſſen und erfahren, daß uns Gott wunder- 
barlih in diefen und andern Gefährlichkeiten durch feine lie- 
ben Engel bis hierher erhalten hat und die Wohlthat Gottes 
dankbarlich rühmen, welcher uns in diefer Gefahr und andern 
befhütet hat, daß aber das Schiff, nachdem wir ausgeftiegen, 
geipalten, fürchte ich fürwahr unferes Schiffes, das ift des 
ſächſiſchen Haufes Zerrüttung. Solche Prophezeihung ift nad)- 
mals erfüllt worden, als die Churwürde von der Ernefti- 
nischen an die Albertinifche Linie gefommen. 


7) Friedrich's des Weifen Tod verkündet ein Hirfch. 
Brunner, De fato P. II. p. 469. cf. P. I. p. 112. 





Friedrih der Weife hielt einen Hirſch im Graben des 
Schloſſes zu Lochau, der jährlich zur Brunftzeit denfelben 
verließ und, wenn diefe Zeit um war, freiwillig dahin 
zurückkehrte. In demfelben Jahre aber, wo der Churfürft 
ftarb, nämlich 1525, ift er nicht wiedergefonmen, wohl 
aber hat er ſich, wie Martin Luther jelbft bezeugt, bei nächt— 
licher Weile jehen lafjen und jo des Churfürften Tod voraug- 
gefagt. Sp wird auch erzählt, daß in dem Fahre, wo fein 
Bruder Johann der Beitändige ftarb (1532), in den großen 
ſächſiſchen Waldungen auch nicht ein Stüd Wild erlegt ward, 


u A, 


gleichſam al3 wenn die wilden Thiere ihrem bald fterbenden 
Fürften den Gehorfam verjagen wollten. 


8) Der Tod des Erzbifchoffd von Magdeburg Ernſt wird 
verfündigt, 
Fabrieii Orig. Saxon. VL. f. 797. 


ALS der Erzbifhof Ernft von Magdeburg, ein Sohn 
des Churfürften Ernft zu Sachſen und Bruder Friedrichs des 
Weiſen, jtarb (3. Auguft 1513), find furz vorher in der 
Kapelle des alten Schlofjes Morigburg bei Halle die Leuch- 
ter, ohne daß fie Jemand angerührt hat, vom Altar herab- 
gefallen. 





9) Luther prophezeit einem fächfifchen Prinzen den Tod, 
Brunner, De fato P. I. p. 175. 


—— 





Einſt ſoll Johann, Herzog zu Sachſen, Sohn Georg 
des Bärtigen, Luthern duch den Maler Lucas Cranad) 
haben jagen lajjen, wäre ihm, Luthern, fein Herr Bater 
eijern gemwejen, jo wollte er ihm, wenn er zum Negieren 
fomme, jtählern jein, da hat ihm Luther ftatt der Antwort 
die Weiſſagung feines Todes zugejendet, indem er fagte, vor 
Herzog Hanſens Drohmworten ſei ihm nicht leid, der Herr 
Herzog werde befjer thun, wenn er ſich nicht um ein Regi- 
ment, wozu er nicht gelangen würde, jondern um ein jeliges 
Abdfterben befümmerte. So ift es auch gejchehen, denn er 
ftarb ſchon im Jahre 1537. 





— — — 


10) Unglückliches Vorzeichen der Schlacht bei Mühlberg. 
J. Müller, Leichenpredigt auf Herkog Johann Friedrich. Wittenberg 159. 
4.©.G. 3. 





ALS zu Herzberg, der nicht weit von Mühlberg gelege- 
nen Churjtadt, an bemjelben Sonntag Misericordiae Domini, 


= %W = 


wo bie Schlacht ift gefchlagen worden, in der Kirche über 
das vorgefchriebene Evangelium vom guten Hirten gepredigt 
wurde, ift ganz nahe vor der Stadt ein Wolf, wie noch nie 
dageweſen, unter die dort weidenden Schafe geftürzt und hat 
fie zerftreut, jo daß Alles aus der Kirche herauslief. Dies 
bat bedeutet, daß der fromme Churfürft, fo in feinem Amte 
ein guter Hirte geweſen, gejchlagen und die armen Unter- 
thanen als Schäflein zerftreut werden würden, wie denn am 
jelbigen Tage gefchehen. Am folgenden Tage find denn die 
Spanier auch nach erlangtem Siege vor der genannten Ehur- 
ftadt angelangt und haben freien Durchzug begehrt, den hat 
man ihnen auch bemilligt, allein die Spanier haben Solches 
nicht gehalten, jondern die Stadt angefangen zu plünbern, 
daher hat man, als fie um fich zu ftärfen wieder hinausgezogen, 
die Stadt vor ihnen gefchloffen und fich zur Gegenwehr ge— 
jegt, bis auf Fürbitten des neuen Churfürften Morig der 
Stadt von dem Kaifer Karl V. ift Sicherheit gewährt worden. 


11) Dem Churfürften Johann Friedrich wird fein Tod 
verfündigt. 


Cyprian. De praesagiis mortis $. 7 nr. c. Wolf. Lect. Memor. T. II. 
p. 652. 


An demfelden Tage, wo Churfürft Johann Friedrich 
ſtarb (3. März 1554), tft Vormittags um die neunte Stunde 
ihm ein Mann von hoher und fchöner Geftalt erfchienen, der 
trat vor ihm hin und ſprach: ei, mein Lieber, wenn der— 
jenige, der Dich auferzogen und erhalten, Dir allezeit bei- 
geftanden hat und dem alle Dein Inneres unverborgen ift, 
beit Dir wäre, jo wäreft Du gewißlich felig. Bei dieſen 
Morten ift der Churfürft, der ein wenig gefchlummert, aus 
dem Schlafe erwacht, hat mit fröhlichem Geficht, was er ge— 
fehen, den Seinigen erzählt und, nachdem er das heilige 
Abendmahl genoffen, fih zum letzten Stündlein feines Lebens 





au AT 


bereit gemacht. Dreiviertel Jahr vorher ließen ſich aber 
(den 27. Detober 1553) in dem Schlofje zu Wittenberg drei 
Männer in weißen Kleidern fehen, die über drei Stunden 
darin herumgingen; fie fegten fi auf den Kreuzgängen nie- 
der, als ob fie mit einander redeten und fahen auf den 
Schloßhof herunter, kamen bald aus den Gemächern des 
Fürften heraus, bald gingen fie wieder hinein und wurden 
von vielen Leuten gefehen, bis fie auf einmal verſchwunden 
waren. 


12) Der Tod des Herzogs Heinrich ded Frommen wird 
angezeigt, 
%. Maurer, Amphitheatrum magiae universae. ©. 689. 





Den Tag vor feinem Abfterben ließ fih der Herzog 
Heinrich, genannt der Fromme, wie wenn er eine Heilftätte 
ſuchen wollte, aus einem Bette in das andere tragen, dann 
aber in Betten auf dem Boden legen und begann jchon mit 
fehr ſchwacher Stimme zu reden, daß man fich nichts Ge- 
wifjeres, als daß er fogleich entſchlafen werde, verfah, er 
fegnete auch feine Gemahlin, ſowie feine beiden Töchter, die 
bei ihm waren — feine Söhne waren nicht zugegen, denn 
Herzog Mori war bei dem Landgrafen zu Helfen und Her» 
309g Auguft mit feinem Lehrer J. Nivius zu Leipzig —, 
allein es ſchien dann wieder beffer zu werden, und feine 
Aerzte und die Hofprediger verließen ihn in der Hoffnung, 
ihn am Morgen wiederzufinden. Da kam aber an demfelben 
Abend ein fchredliches Gewitter und furchtbarer Sturnmind, 
der Blitz ſchlug in die Scheune des alten Secretarius Tho- 
mas Nebel ein, zerriß das Dach, zündete aber nicht, und 
gleichzeitig ift der Fromme Herzog zwiſchen 7 — 8 Uhr 
(18. Auguft 1541) in dem Herren verjchieben. 


u A 


13) Ein Gefpenft zeigt fich dem Churfüſten Morig und 
feinem Bruder. 


G. Arnold, Beichreibung des Churfürften Morit. Gießen und Franf- 
furt. 1719. 8. ©. 254 sq. 


Sedermann weiß, daß der Churfürft Mori und Mark— 
graf Albrecht von Brandenburg, ehe fie mit unverjöhnlichen 
Hafje gegen einander uneins wurden, in vertrauter Freund- 
fchaft lebten. Als nun Churfürft Mori einftmals zu Tor- 
gau feine Faftnacht feierte und jeiner Gewohnheit nach den 
Markgraf Albert und Herzog Auguft dazu eingeladen hatte, 
trug es fih an einem diefer Tage zu, daß, als der Marf- 
graf ſich wie gewöhnlich im Trinken etwas übernommen 
hatte und Churfürft Morig nebit feinem Bruder neben ihm 
faß und von unterfchiedlihen Dingen ſich unterredete, eine 
weißgefleidete Jungfrau in's Gemah trat und ſich zwiſchen 
Markgraf Albert und den Churfürft niederſetzte. Da aber 
Herzog Auguftus folches zuerit jah und über die Geſtalt des 
Geipenftes erjchraf, jo bat er feinen Bruder, er möchte Doch 
mit ihm das Tafelzimmer verlafjen, denn es ahne ihm nichts 
Gutes und er fönne nicht länger bier bleiben. Darauf ſah 
nun der Churfürft die Jungfrau auch, erſchrak darüber und 
ſprach zu Markgraf Albert: was habt hr hier für eine 
Jungfrau figen? Der antwortete ihm jedoch: laßt fie nur 
figen, und fluchte heftig über fie. Da aber die beiden Für- 
ften von dem Markgrafen Abſchied nahmen, verſchwand die 
Frau aud. Markgraf Albrecht ließ fi) aber das nicht an— 
fechten, ſondern blieb fißen, ließ etliche vom Adel zu fich 
holen und brachte die Nacht, wie er angefangen hatte, mit 
Trinfen zu. 





14) Anzeichen jo des Churfürften Morig Tode vorher: 
gegangen, 


a) Maurer, Amphith. Magiae ©. 3%. 


Ehe der Churfürft Mori im Sievershauſiſchen Treffen 
umfam, da kam es dem Verwalter des Schloſſes Morigburg, 





Een. ER 


welches der Churfürft nicht weit von Dresden erbaut hatte, 
vor, bderjelbe lange mit feinem Gefolge dafelbit Nachts um 
12 Uhr an. Er begab fih, nachdem das Thor geöffnet war, 
die Treppe hinauf in feinen gewöhnlichen Speifefaal, feßte 
fih zu Tiſche, ließ fich die befohlenen Speifen auftragen, 
und als er gegefjen und getrunfen, ftand er mit ben Seini- 
gen von der Tafel auf und ritt mit denfelben gegen 1 Uhr, 
fo wie er gekommen war, ftumm davon. 


b) Epistola Viti Winshemii ad Joa. Stigelium, data Vitebergae die 
26. Martii 1553, bei Struv. Acta Litt. T. I. f. IV. p. 92. sa. 

Sm der Naht des 38.— 9. Januars des Jahres 1553 
erhob fih in dem Schlofje zu Berlin um die Mitternadhts- 
ftunde ein ungeheurer Lärm als wie von einem Donner- 
wetter, während; wie fih am folgenden Tage ergab, in der 
ganzen Nachbarſchaft des Schloffes von allem diefen nichts 
vernommen wurde. Der Churfürit, feine Familie und Diener- 
ichaft wurden davon aus dem Sclafe aufgejchredt und weil 
fie meinten, es müfje das Ende der Welt oder wenigfteng 
ein fchredliches Ereigniß in der Nähe fein, fo betete Jeder 
inbrünftig zu Gott, er möge ſolches gnädigſt abwenden. 
Endlich hörte der Lärm und das Poltern auf und die frü— 
here Stille fehrte wieder; als man aber bei Tagesanbrud) 
auf Befehl des Churfürften Maurer und Zimmerleute zu— 
fammenrief, welde das Schloß unterjuchen follten, wo denn 
irgendwo einzelne Theile eingeftürzt waren, fanden dieſe 
Alles unverfehrt, nur von der mafliven fteinernen Bildjäule 
des Churfürften Morig von Sachen, die unter den Statuen 
der übrigen vornehmſten deutſchen Fürften im Schloßhofe 
ftand, war der Kopf heruntergerifjen. Da nun menjchliche 
Hände folches nicht ohne lange Arbeit vermocht hätten, fo 
hat man fogleich an ein betrübendes Ereigniß gedacht, und 
Bitus Winsheim, der darüber drei Monate vor dem Tode 
des Churfürften berichtet, jcheint diefe Begebenheit als ein 
für das Aurfürftlide Haus Sachſen unglüdliches Anzeichen 
betrachtet zu haben. 


c) Fabric. Rer. Misn. L. I. p. 27. Thuanus L. XI. p. 243. Maurer, 
Amphith. ©. 309. Bunting, Braunſchweig. Chronit ©. 328. 
Dem traurigen Siege bei SieverShaufen find viele 

Ihredliche Anzeichen vorhergegangen. In der Stadt Leipzig 

ift vier Tage lang ein beitändiges Bellen und Rafen ber 

Hunde gehört worden, daß die Leute davor nicht Schlafen 

fonnten, und hat man des Morgens in der Frühe ber- 

gleichen Hin und wieder auf den Gafjen tobt gefunden, fo 
fih unter einander todt gebiffen. Auf dem Thomaskirchhofe 
haben zwei ſehr große Hunde dermaßen und mit folher Hef- 
tigkeit gegen einander geſetzt, daß fie alle Beide an dem 

Orte, wo fie zufammengetroffen waren, todt liegen blieben. 

Den Tag vorher, ehe Churfürft Mori die Schlacht an- 

genommen, ift nach Ausjage vieler Bauern an bem Drte, 

wo biejes Treffen gejchehen, ein unglaubliches Geſchrei von 

Menſchen, Schießen großer Feldftüde, Wiehern der Pferde 

und ein heftige Waffengerafjel gehört worden, alſo daß vor 

dem Getümmelund Krachen viele Leute ausihren Häusern geflohen 
find und diefelben ftehen gelaffen haben. Auch al3 Churfürft 

Morig auf fein Pferd fteigen wollte, gleitete er mit dem 

Fuße, da er bereit? den Sattelknopf in der Hand hatte, 

aus und fiel zur Erde nieder. Etliche erzählen aber, der 

Churfürft hätte fich jehr Darüber entjegt, da er aber darauf 

fortgezogen, bat ein ungeftümer Wirbelwind alfobald jein 

Zelt, darin er die Nacht über gewejen und welches noch 

nicht abgeipannt war, mit aller Gewalt zu Boden geworfen 

und hin und her zerftreuet. Endlich hat man auch die Sonne 
befjelbigen Tages ganz roth gejehen, nicht anders, als wenn 
fie mit Blut begofjen wäre, dann tft auch ein heftiges Brau- 
fen und Saufen der Winde gehört worden, daß auch die— 
jenigen, fo weit von den Kriegsheeren entfernt geweſen, 
daraus gemuthmaßt haben, es werde etwas Außerordentliches 
geichehen. Auch find im Junius defjelben Jahres vom Him- 
mel Blutstropfen auf Bäume, Steine und Gebäude gefallen 
und eine ungeheure Mafje von Schmetterlingen ift über das 


nr I 


ganze Meißner Land gezogen. Desgleichen ift auch im Klo— 
fter Walfenried der an der Wand hängende Harnifch des 
Churfürften, während der Abt an der Mittagstafel ſaß, ohne 
daß ihn Jemand angerührt hätte, heruntergeftürzt. 


15) Der Traum des Churfürft Auguft. 


In der Hausbibliothef der alten Churfürften von Sachfen, welche 
bis auf Churfürft Friedrih Auguft in dem alleinigen Befis und Verſchluß 
de3 jedesmaligen Churfürften war*), fpäter aber in die Königl. Öffentliche 
Bibliothef zu Dresden gekommen zu fein feheint (f. Faltenftein, Gefchichte 
der Dresdner Bibliothel ©. 483 Nr. 46), foll von der Hand des Chur— 
fürften jelbft (f. Haſche, S. 495 Anmerkung**) ein von ihm gehabter 
Traum und eine dad Könighaus Sachſen betreffende Prophezeiung des 
Rabbiners Mardohäus de Nelle, eines Adepten und Aftrologen an feinem 
Hofe (ſ. Falkenftein ©. 13) in das Handeremplar der Bibel des Churfürften 
eingefchrieben geweſen feyn. Jetzt findet fich indeß im demfelben nichts 
mehr vor, man fieht aber aus den Tofen Fäden zwifchen zwei Blättern zu 
Anfang des erften Bandes, daß hier früher ein Bogen eingeheftet und 
von Jemandem herausgenommen worden if. Diefe Traumbefchreibung 
lautete aber nad) Hafche, Diplom. Gefhichte von Dresden Bd. Va. Ur— 
funde Nr. 256 ©. 493—496 alfo: 

„1555 befuchte der Gottfelige Churfürft Auguftus I. das neuerbaute 
Schloß Auguftusburg und befahl dem Hauptmann, auf 5 oder 6 Efjen bedacht 
zu fein. Seiner Gewohnheit nach hat er vorm Schlafengehen ein gewifjes 
Gapitel in der Bibel, die er allezeit ſehr Tieb gehabt, gelefen, daſſelbe auf» 
ſchlagend Liegen gelaffen und fich in demfelben Zimmer, allwo vor den bei fich 
gehabten Minifter (den Kanzler von Pflug) zugleich ein Bette parat geweſen, 
zur Ruhe begeben, der Minifter aber fei noch in Meinung, Ihro Durch— 
Yaucht fchliefen ganz fanft, gewachet. Er ift aber kaum ins Bette geweſen, 
fo Hat in einem Augenblid Jemand die Thüre aufgemacht und fommen in 
das Zimmer getreten ein Mönd und eine Nonne, welche beide nach dem 
Tifche, wo die Bibel gelegen und ein Tiſch geftanden, gegangen. Der 
Mönd aber hat die Bibel aufgehoben und Tiefet darinnen, doc ganz mit 
Berdruß, legt aber die Bibel wieder hin und will das Licht ausblafen, 
feet alfo mit ftarfem Blaſen dem Lichte zu, kanns aber nicht präftiven, 
geht alfo in Eyl mit verbrießlicher Miene nach der Thür zu, welches die 
Nonne mit angefehn. Als fie beide bei der Thüre find, kehret die Nonne 
wieder zu dem Lichte zu, verfucht folhes auszublafen und zwar mit ftär- 


*) Die öffentliche kurfürftl. Bibliothek befand fi von 1728—1786, wo fie ind Ja— 
paniſche Palais gebracht ward, im Zwinger und neben derfelben auch eben jene Hausbibliothet. 


ferer Macht als der Mönch, bläft auch das Licht aus, jedoch nicht gar, 
allein in der Meinung, fie hätte folches gar ausgeblafen. Da fich aber 
die Nonne gewendet, und dem Lichte den Rücken gefehrt, Hat das Licht 
wieder angefangen in heller Flamme zu brennen, da denn auch der Mönd 
in Borne fortgehet und die Thür mit Gewalt zufchmeißt. Weil nun der 
Minifter meinet, der Churfürft fchlafe und der Churfürft glaubt, der Mi- 
nifter fchlafe, hat Keiner nichts geſprochen. Morgen darauf winfcht der 
Kanzler dem EChurfürften einen guten Morgen, desgleichen auch der Chur— 
fürft dem Kanzler. Der Churfürft fragt ihn, wie er gefchlafen? Er follte 
von Grund des Herzens fagen, was ihm die Nacht geträumet? oder mas 
er gefehen? der Kanzler antwortet: was ihn hätte träumen follen, da er 
die ganze Nacht nicht gefhlafen? Da ihn nun der Churfürft gefragt, was 
er denn gefehen? hat der Kanzler geantwortet: es wäre ein Mönch und eine 
Nonne in die Stube gefommen, der Mönch Hätte in der Bibel gelefen, fie 
aber mit Berbruß wieder nieder gelegt, darnach mit aller Gewalt und 
ftarfem Blafen das Licht wollen ausblafen, aber nicht enden können, des— 
wegen er mit großem Eifer nad) der Thüre gegangen, ingleichen auch die 
Nonne, ald fie aber an die Thür gefommen, fey die Nonne nach dem 
Lichte zurückgefehrt und mit aller Gewalt folches auszublafen gefucht, fo 
fie auch ihrer Meinung nad) bewirkt, allein weil noch etliche Fünklein 
die Flamme erhalten, hat ſolches wieder angefangen belle zu bremmen, 
darauf fie mit Gewalt die Thüre zugefchmiffen und davon gegangen. Dar- 
auf hat der Churfürft zum Kanzler gefagt: meißeft du wohl, was dieſes 
vor eine Bedeutung und nach fich ziehen werde? folches will ich dir fagen. 
E3 wird einftmal8 nach meinem Tode fih aud ein Auguftus in der Re— 
gierung befinden (nach e. a. Abſchrift eine Frau) welcher gefinnt fein 
wird, die Evangelifche Lehre in meinem Lande auszurotten und zu ver- 
tilgen, wird aber ſolches nicht enden fünnen, aber Gotted Wort und Luthers 
Lehr (mit der Hand auf die Bibel fhlagend) vergehen nun und 
nimmermehr, doch wird deffen Gemahlin noch viel eifriger darinnen fein 
und ſolches mit aller Gewalt zu erzwingen fuchen, wird ihr aber fo wenig 
al3 ihm gelingen, denn wenn fie meine, die wahre Religion auf's Höchfte 
zu verfolgen, wird Gott ein Mittler darinnen fein ac.” 

Soweit das Mer. Nach einer anderen Sage hätte der Churfürft 
eben dem Kanzler vorgefchlagen, ehe diefer ihm den Traum erzählt, fie 
wollten Jeder den Traum niederfchreiben, darauf habe fi der Churfürft 
entfernt, der Kanzler aber an einen andern Tiſch gefett und num auf- 
gejhrieben, was fie gefehen, und Beides habe übereinftimmend gelautet. 
Was nun die Prophezeiung anlangt, fo Hat diefe der Generaladjutant 
des Churfürften Friedrih Auguft, Oberft Johann Ernſt von Pofern, aus 
jener Hausbibel fih im Jahre 1777 abgefchrieben und nad) einer von 
diefer Abfchrift duch Wilhelm Ernft von Pofern am 14. October 1787 
genommenen Copie ift num diefe von K. von Weber in feinem Archiv fir 

fr 


— — 


Sächſiſche Geſchichte Bo. VII (Leipzig 1869) ©. 235 ꝛc. abgedruckt wor⸗ 
den. Sie lautet nebft den am Rand bemerkten Zufäten Auguft’3, die er 
ſelbſt beigefchrieben Hatte, alſo: 


——— des Rabbi Mardochai an den Durchlauch— 
tigſten Churfürſten er zu Sachſen 1575 von der Zukunft 
aufed Wettin, 

Adonai — = unfere Hülfe. Sela. Feuer und 
Waſſer find unentbehrlid im der Welt. Durch diefe zwei 
Stüde wird Alles erhalten, ernährt und fruchtbar gemadht, 
hätte Die irdiſche Welt die Sonne nicht, wo wollte fie leben, 
hätte bie irdifhe Welt Fein Salz nicht, wo wollte die Natur 
etwas hervorbringen. (Ich gebe diefer Rede hier Beifall. 
Auguft.) Ich behaupte, daß das Feuer und Salz der erfte 
Ursprung aller Metalle, Pflanzen und Thiere, ja gar das 
Leben aller Dinge fei. Der große Naturfundiger Plinius 
fagt mit Necht, es jey allen elementarifchen Körpern nichts 
dienlicher und heilfamer als die Sonne und das Sal. (Sit 
Wahrheit. Auguft). 

Das Feuer und Salz find göttliche Sachen, ohne wel- 
ches fein geheiligtes Opfer nicht geſchehen kann. Weber und 
unter uns ift Feuer und Salz. Dieſe find das Band aller 
elementarifchen Körpern. Sie halten die Anfänge aller We, 
ſen zufammen, ohne diefelben ſonſt Alles zergehet und bie 
dauerhaften Mineralien gleich dem Staube aus einander 
fallen. 

Durchlauchtigſter Churfürft, Ew. Churf. Weisheit erlau- 
ben mir eine BVergleihung auf Dero theure Perfon mit 
Feuer und Galz zu machen. 

Ich Mardochaeus de Nelle Rabbi ſpreche: Du Weis- 
heitSpoller Fürft bift Feuer und Salz, aus welchem Dich 
Elohim gleih wie die ganze Welt erichaffen hat. Urium 
Aesch Jah wird bei ung das heiligfte Feuer des Herrn ge- 
nennet mit welchem das Opfer angezündet worden, welches 
bey unferer Vorfahren Gefangenſchaft in eine Grube verwahr- 
lich beygelegt, nach vieler Anzahl Jahre aber nicht mehr da- 


jelbft in Geftalt eines Feuers, fondern als — dickes, zähes 
Oräße, Sächſ. Sagen. 


— — 


Waſſer herausgehoben worden iſt. (Iſt aus der heiligen 
Schrift bekannt. Auguſt.) Mit dieſem geheimnißvollen Waſ— 
ſer hat man durch die Strahlen der Sonne ein großes 
Feuer, welches von Neuem das ganze Opfer mit dem Götzen 
vernichtete, wieder angezündet und das Heiligthum durch 
ſolches erneuert. Weisheitsvoller Churfürſt, Du biſt mit 
dieſem Urium Aesch Jah auch zu vergleichen. Adonai hat 
durch Deine Perfon diefes jo lange Zeit in verborgen ge- 
legene geheiligte Feuer, ich verftehe den mächtigften aus 
Salz und Feuer beftehenden großen Stein aller Weißheit 
wieder aus der innerften Grube wieder herporbringen und 
durch dieſes geheimnigvolle Waffer von Neuem das gehei- 
ligte Opfer anzünden laffen. (Artige Einfälle hat diefer Mann.) 

D glücfeliges Feuer und Sal, Durchlauchtigſter Chur- 
fürft, welches anders nichts als ein geheiligtes Waſſer ift, 
giebft Du Deinem ganzen Churfürftenthbum zu trinken. (ch 
thue was mir mein Gott befohlen hat und ich verantworten 
fann. Auguft.) Du erquideft Deine Unterthanen al3 ein 
theurer gnädigfter Landesvater damit, daß fie jauchzend fin- 
gen. (Nah Gottes Willen. Auguft.) Denn Du madeft 
ihnen ihr Zoch leichte, Du legeft ihnen nicht mehr auf, als 
fie ertragen können, daher Dein ganzes Land jubilirt und 
faget: es lebe noch lange Jahre unfer gnädigfter Landes— 
vater Auguft und Landesmutter Anna, famt der jungen 
Herrihaft, im Segen unjers Vaters Abrahams, Iſraels 
und Jacobs. 

Diefe8 wünſche ich Mardochäus Rabbi de Nelle von 
Adonay, Du allerweifeiter Salomon, als Sachſens Erhalter 
und Verſorger. Wenn ich aber meine Gabbaliftiihen Be- 
trachtungen durchgehe, fo finde ih Durchlaucht. Churfürft, 
daß Du bald wirft zu Deinen Vätern gefendet werden und 
Adonay wird Dich zu fich nehmen. (Hierzu finde mich alle 


7) Von hier an fängt der Abdruck an in der Gallerie alter und 
neuer Propheten. Bei 1804. ©. 104 (eing. Bd. VIII. von Abelung, 
Geſch. d. menſchl. Narrh.) u. in d. Merkwürd. Prophezeiungen a. d. hriftl. 
Ihdten. Lpzg. (1807). Bo. I. ©. 51. fgg. 


— A 


Tage bereit vor Gott zu erjhheinen. Er wird mich und die 
meinigen nicht von fich ftoßen. Denn ſolches alles fteht bey 
Gott, er made es mit ung, wie es ihm gefällt. Auguft.) 
Dein Ehegemahl wird zwar nod eher als Du von binnen 
fcheiden, Du aber wirft ihr bald nachfolgen. Deine Kinder 
werden auch nicht lange die Chur regierenT) und nad ihrem 
Abſchiede wird fich auch die Herrlichkeit des großen Steins aller 
Weisheit mit ihnen verlieren. Deren aus ihren Lenden 
(entjproßenen) Nachfolger werden ſich wohl um diejes Kleinod 
bemühen, aber Adonay will es ihnen nicht gönnen. Das 
goldene Säculum wird nad diefem ſich in ein filbernes 
transmutiren, ja gar Mangel an beiden jeyn. Dann in dem 
17. Säculo, wird Sachſen ein hartes erdulden müfjen, duch 
Krieg, Pet, Verfolgung und andere große unbheilvolle Un- 
glüde. Das Land wird faft verzagen wollen, aber Adonay 
wird es beſchützen. Keine ſolche gute Zeit wird es wieder 
erleben als jolde bei Deiner glüdlichen Regierung geweſen 
tt. (Diejes wird Gott alles machen wie es fein heiliger 
Wille ift.) Faſt zu Ende des 17. Säculi fproßt ein herrlicher 
Zweig von Deinem Durdlaudt. Stamm hervor. Dieſer 
fteiget mit feinem heldenmüthigen Gemüthe faft Wolfen an. 
Er wird aud Deinen Namen führen und ein Vermehrer mit 
Necht genennet werden. Adonay wird ihm, nach großem Un- 
gemach, eine königliche Krone aufjegen laffen, und wird viele 
Länder ob zwar mit Verfolgung beherrſchen. Die eingepflanzte 
Neligion wird Noth leiden, doch wird folche fein Feind aus— 
rotten können. Endlich wird er bei ziemlichen Alter mit Ruhe 
zu feinen Vätern geſammlet werden und als ein gerechter und 
großer König zu feines Gleichenzr) jchlafen gelegt werden. 
Sein einziger Sohn und würdiger Nachfolger wird auch diefen 
Namen führen und eben in diefer Würde wie fein Vater mit 
einer Krone beglüdt werden. Sein Hauß wird er groß 


+) Kurfürftin Anna F 1. Oct. 1585, Kurfürft Auguft F 11. Febr. 1586, 
ihr Sohn CHriftian I. F 25. Septbr. 1591. Acht Söhne ftarben vor K. 
Auguft’3 Tode. 
Tr) In Krakau ift Auguft I. begraben. 
2% 


— — 


machen und viele Fürſtenthümer ererben. Seine Kinder wer— 
ben ſich weit austheilen in mächtigen Ländern.) Er wird 
ein fegensvoller Bater von Kindesfindern. Er wird dem 
Römischen Reiche mit befonderer Liebe zugethan feyn, doch 
dabei die dreifache Krone über alles beehren. (Er behüte 
ſolches, damit der Papſt in unfern Landen nichts einführen 
darf. Auguft.) Er wird viele Neuerungen mit großen 
Schatungen, in feinen Landen, zu gewaltigen Schaden derer 
Unterthanen anlegen, worüber er das Land feufzen macht. 
(Das Seufzen der Gerechten höret Gott. Auguft.) Denn dieſe 
Sagungen kommen ihm nicht zum Segen, fondern er wird 
ein Scheußal anderer Länder, denn fein Einkommen ift doch 
nicht hinlänglih und muß andere Länder um Vorfhuß an- 
ipredhen. Die Religion leidet Noth mit dem Lande, aber 
Adonay fiehet darein, kommt dem Lande zu Hülfe, verkfürzet 
diefes Regenten Tage und wird wenig Gutes von ihm ge- 
redet und gehöret werden (Gott verhüte diejes alles, wie wir 
hoffen wollen. Auguft.) Sein Nahfömmling Fr) wird feine 
Königliche Krone tragen, doch wird er befjer als fein Vater, 
obgleich nicht fo lange, im Frieden regieren. Die Laft der 
Unterthanen wird deſſen Nachfolger in etwas erleichtern, auch 
vor fein Gefhmwilter getreu forgen. Es wird ſich eine Un— 
ruhe bei feiner Regierung hervorthun, welche aber von feiner 
Dauer feyn wird. Die böfen Buben wird er ausrotten und 
allerwege rechte heilloje Haußhalter in den Aemtern ab- und 
wegihaffen, wozu ihm etliche gewaltige Freunde zum Beften 
des Sachſens rathen und ihn ſchützen werden, damit er nicht 
mit Giftrrr), wie jeinem Vater auch widerfaren, möge hin- 
gerichtet werden. Er wird Spuren von dem großen Schaf 
ber Weißheit zwar fehen, doch nicht denſelben nad) der Voll- 
fommenbheit befigen. (Diejes find nur Muthmaßungen. Auguft.) 


+) Maria Amalie heirathete König Karl III. v. Spanien 1738, 
Maria Anna 1747 Max Joſeph Churfürft v. Baiern, Maria Joſepha 1747 
den Dauphin v. Frankreich und Albert Ehriftian Kaifer Franz I. Tochter 

Tr) Friedrich Chriftian regierte nur v. 5/10—17/12 1763. 
rrr) bezieht fi) auf den von der Mutter Friedrich Auguft’3 gegen dieſen 
angeblich unternommenen Giftmordverfuh, was freilich nie bewiefen ward. 


BE 


Sachſen wird nah und nad eingehen wollen; aber ehe 
Adonay fein Reich mit dem Untergang diejer aus Feuer und 
Salz beftehenden Welt anfähet, wird doch noch eine geringe, 
vor Adonay aber große Perſon fich einftellen, und das goldene 
Säculum nah den Jahren der Monathe wieder eingeführt 
werden, welches der legte Negent von Deinem Churftamme, 
MWeißheitspoller Churfürft Auguft, ſeyn, und folches ebenjo wie 
Du volllommen in dem Segen Adonay nebft vielen derer 
Unterthanen befigen wird. ch kehre mich aber von meiner 
Cabbaliſtiſchen Schreibart und bitte voller Demuth und Gnabe, 
weil mein Geift, aus welchem ich vorftehendes gejchrieben, 
mich Feiner andern Redensart zu bedienen erlaubet hat. Das 
Gute, jo ich prognofticiret, gefchehe, das Böfe aber wende 
Adonay ab.7) (Das helfe ung der Gute Gott. Amen. Auguft.) 

Ich Mardohäus de Nelle beflage, beweine und betrübe 
mich, daß die Herrlichkeit dero ganzen Lands künftig je mehr 
und mehr wieder abnehmen, alles Geheimniß verjehwinden, 
ja von Ddiefer größten Glüdjeligkeit wird nicht eine Spur 
mehr zu fehen noch zu erfahren ſeyn. Die zur Nachricht auf- 
gejegten Schriften werden nach und nach geraubet, ja in 
fremde Länder verfauft werden, dieſes machet der Unjegen, 
welcher durch ungerechte Haushaltung, nebit Verfchwendung 
des göttlichen Segens, Unterdrüdung derer Unterthanen, 
große Schagungen und Ungeredhtigfeiten, weil alles Recht 
darniebderliegt und jeder von den Richtern auf feinen eigenen 
Nuten fiehet, auch die Armen nicht gehört werden, zugeführet 
wird. Denn Adonay hat einen Greuel an folhen Rotten. 
Es werden graufame gefährliche Zeiten nach Ew. Churfürftl. 
Gnaden Verfammlung zu unfern Bätern fih in Dero 
Erbländern hervorthun, böfe Negenten werden den Gegen 
Gottes mit Webermaaß verſchwenden. Was fie übrig laſſen, 
wird Kriegsunruhe, Theuerung nebft andern Plagen auf- 
frefien. Die Untertbanen werden um ihr wenig Webrig- 
gelafjenes fommen und aufgerieben werden. Benachbarte 


+) Soweit der Abdrud in d. Galler. d. neuen Propheten u. in d. 
Merkw. Prophez. 


ER. 


Völker mit andern Fremden, bie ſolche verjagen wollen, 
werden das Land einnehmen und verwüſten, ja jogar den 
Befieger ftürzen und aus dem Lande treiben. Die Unterthanen 
werben flüchtig werden und ſuchen Erretter in ihren größten 
Nöthen, denn da ift Niemand als Adonay, der fie von 
biefen Plagen wird befreien fünnen. Lange nad Em. Churf. 
Gnaden Berfammlung zu ihren Vätern werden die Sturm- 
wetter groß feyn über Sachjenland. Der gefrönte Löwe aus 
Mitternacht ) wird in das Land einfallen und fich darin 
fatt freffen, bei dem einen NRegenten. Bei deſſen Nachfolger 
aber wird es vollends gar aus werden und ein mächtiger 
ſchwarzer Adlersfönig Fr) wird das Garaus machen und ftatt 
ber Hülfe viel Noth und Plage bringen. Es wird gefchehen, 
ja e8 wird geſchehen, denn der Hochmuth, Stolz und Pracht 
und Unterdrüdung derer Unterthanen wird diefe zufünftigen 
Regenten ftürzen, fie werden Zuflucht bei andern Ländern 
nehmen, werben ſolche auch mit Noth erhalten, aber deren 
unfchuldigen Unterthanen wird es höchft Schädlich feyn. Gie 
werden vor Noth und Angft nicht wilfen, wo und wie fie ihr 
Leben mehr zubringen und friften follen. Adonay wird fich 
aber doch wieder über das Land erbarmen uud nach heftigem 
Blutvergießen die Sonne feiner großen Kraft wieder helle 
ſcheinen laſſen. Schwarze Farbe ift gefährlich vor Sachſen, 
aber die blaue noch gefährlicher. Adonay verhüte, damit das 
Land nicht in zukünftigen Zeiten mit folcher bekleidet werben 
möge, denn es hat zu viel Andenfens. 


+) Karl X. König von Echweden. 
tr) Friedrih II, König von Preußen. 

71) K. v. Weber. ©. 240 ꝛc. ift nur des Styls wegen zweifelhaft 
über die Aechtheit der Prophezeiung. Adelung, Gall. d. N. Proph am 
Schluſſe d. Abdr. glaubt, fie jey ein nach der Aemterreformation (1784—93) 
von einem Chriften abgefaßtes Machwerk. Dies ift jedoch unmöglich, da 
Hauber, Bibl. Mag. Bd. II. ©. 404 fgg. bereit3 im %. 1739 fie aus 
einem weit älteren Werke citirt. Der obgedachte Traum fteht übrigens 
auch bei Hafche, Anecd. z. Sächſ. Geſch. Bd. II. ©. 67—-70. (©. a. Hilfcher, 
Neform. Jubelpredigt 1717. ©. 335.) 


u; 


16) Ehurfürft Auguſt's Tod wird angezeigt. 
Brunner, De fato P. II. p. 531. 





Kurz vor dem Tode des Churfürften Auguft ftürzte zu 
Leipzig ein öffentliches Gebäude, die Heuſcheuer, woran das 
hurfürftlide Wappen angebradht war, zufammen, ohne daß 
irgend eine ſichtbare Urſache diefes Ereigniffes hätte entdedt 
werden können. 


17) Churfürſt Chriftian’d I. Tod wird angezeigt. 
Wed, Dresdner Chronik. BI. 543 a. 





Ein Jahr vor dem Tode Churfürft Chriftians I. ift zu 
Dresden ein ſolches Erdbeben geweſen, daß die Gloden von 
ſelbſt geläutet haben. 


18) Churfürft Johann Georg’ I. Tod wird angezeigt, 
Brunner, De fato P. II. p. 537. 





Am Sten Detober des Jahres 1656 ift der Churfürft 
Sohann Georg verftorben, und furz zuvor haben die Gloden 
zu St. Nicolai in Leipzig Allen zum Graus geſchwitzt. 


19) Der Churfürftin Magdalena Sibylla Geſicht. 


%. Dfearius, Gottfeliges Alter. Lpzg. 1668. ©. 814. 
Curiosa Saxon. 1733. ©. 237. 


Magdalena Sibylla, die Gemahlin des Churfürften 
Johann Georg I. von Sachſen, hat furz vor ihrem Ende ein 
Geficht der heiligen Engel in einem fchönen Zuftgarten ge- 
jehen, worauf fie gefagt: Ach wie fröhlich gehen die heiligen 





— 24 — 


Engel darinnen mit einander um. Lieber Gott, ich habe nun 
faſt ein ganz Jahr in dieſem Gemach gewohnet, und die 
Engel darinnen noch nie geſehen! Wie freudig iſt doch alles 
anzuſehen. Solche Freude habe Zeit meines Lebens nicht ge— 
ſehen! Wobei ſie der Worte Davids, Pſalm 34, erinnert 
worden: Der Engel des Herrn lagert ſich um die her, ſo ihn 
fürchten; und ſelbſt mit Freuden dazu geſagt: Und hilft ihnen 
aus. Hilf mir auch aus. Darauf ſie denn bald mit einem 
lauten Seufzer ir Leben beſchloſſen. Solches geſchah den 
12. Febr. 1659. 


20) Churfürſt Johann Georg's III. Tod wird verkündigt 


Nicht genug, daß kurz vor dem Tode des Churfürſten 
Georg IIL, fo den 12. Septbr. 1691 erfolgte, ein furchtbares 
Erdbeben zu Meißen und in der Umgegend gewüthet, ift, ehe 
der tapfere Kriegsheld mit einem gewaltigen Heere wider die 
Franzofen zu Felde gezogen und von felbigem Feldzuge nicht 
wieder zurücdgefehrt ift, fondern feinen Heldengeift zu Tübingen 
aufgegeben hat, das churfürftliche Wappen, welches über dem 
Altdresdniſchen oder Elbthore in einen großen Stein ein- 
gehauen war, wie durch eine Säge mitten von einander. 
geſchnitten des Nachts herabgeftürzt, der Churfürft aber, als 
er diejen feltfamen Bruch erblicdte, ſprach: das gilt mir! 


21) Ein Traum zeigt ded Churfürften Georg III. Tod an. 
Lehmann, Erzgeb. Schauplat ©. 739. 


Im September des Jahres 1691 hatte ein frommer 
Mann im Arensfelter Kirchipiel einen Traum, als würde er 
in ein herrliches Gemach geführt, darin Niemand als der 
damals noch lebende glorwürdigfte Churfürft Johann Georg ITI. 
ganz allein mit feines Gemahlin gewejen. Er der Churfürſt, 


u U 


wäre ganz eißgrau anzufehn, am Tifche auf einem Stuhl ge 
jeffen, die Frau Gemahlin aber habe hinter ihm geftanden 
und fortgehend geweinet, und die Thränen mit einem feidenen 
Tuche abgetrodnet. Darauf hätte der gnädigfte Churfürft ihn 
gefragt, was er da made? was fein Thun und Nahrung und 
wie alt er wäre? Nachdem er ihn berichtet, habe er geant— 
wortet: Du bijt noch älter als ich und ich muß boch fterben, 
Du aber bleibeft im Leben. Darauff diefer gefagt: Gnädigfter 
Herr, der liebe Gott wird E. Durchlaucht wohl wieder zur 
Gefundheit verhelffen. Aber der Herr habe noch einmal ge- 
antwortet: Ich muß doch fterben und ihm unter diefen Worten 
D. Augusti Pfeiffer Buch: Anti-Melancholicus genannt ge 
reihet und gejagt: Nimm Hin dieß Buch und ließ fleißig 
darinnen, du wirſt's wohl bebürffen. Darauf hat diefer das 
Buch genommen und ift mit Thränen davon gegangen. Da 
er nun vom Schlafe erwachet, habe es ihm gedäucht, es jet 
alles wahrhaftig, und nicht im Traum gefchehen. Und ob- 
gleih gute Freunde, welchen er diefen Traum erzählet, ihn 
bereden wollen, es werde des gnädigften Landes Vaters langes 
Leben bedeuten, hat doch der Ausgang die Wahrheit genug- 
jam ermiejen. 


— — — — 


22) Churfürſt Georg's IV. Tod wird vorher verkündigt. 
Vehſe, Haus Sachſen Bd. IV. p. 196. 183. Maurer ©. 39. 


Sn einer alten Handihrift aus der Zeit des Todes Chur— 
fürft Georg’3 IV. wird Folgendes erzählt: Den 22. April 1694 
(alfo ſechs Nächte vor dem Tode des Churfürften) ift es jehr 
unheimlich im Dresdner Schlofje geweſen, und hat ſich der 
Dresdner Mönd r) als Anzeige eines hohen Todesfalles fehen 
laffen. Ein dem Churfürften früher auf ebener Erde zu- 
geftoßener Sturz von einem Pferde iſt gleichfalls für ein 
Todesanzeichen gehalten worden. 


T) Bon diefem wird fpäter die Rede fein. 


— — 


28) Der Churfürſten Georg III. und IV. Bezauberung 
| durch die Frau von Neitſchütz. 
Klotſch, Nachr. z. Sächſ. Geſch. Bd. X. p. 396 ff. Billau, Geheime Geſch 


Br. III. ©. 64 ff. Vehſe, Haus Sachſen Br. IV. ©. 177 fi. Hitzig' 
Annalen für die Criminalrechtöpflege 1849. Bd. 49, ©. 205 ff. 





Die Frau von Neitfehüg, eine geborene von Haugmwig, 
Mutter der befannten Gräfin von Rochlig, fol, wie aus ben 
Unterfuhungsacten, welche nach dem Tode ihrer Tochter über 
deren Verhältniß zum Churfürft Georg IV. geführt wurden, 
hervorgeht, eine arge Zauberin gewefen fein. Es ward con- 
ftatirt, daß fie Fledermausherzen unter ihrem Stuhle genagelt 
hatte, um im Spiele zu gewinnen, fie trug ihr Spielgelb in 
einem Beutel von Fledermaushäuten und foll einen Diebs— 
Daumen gehabt haben. Sie pflegte Umgang mit einer ge- 
willen Zauberin Namens Baumeifterin, der Here Margarethe 
aus dem Dorfe Zinnig im Spreewald, der Traummarie, dem 
Dresdner Scharfrichter Melchior Vogel und vier andern 
Bauberinnen. Eine ihrer Vertrauten, Namens Krappin, foll 
ausgejagt haben, die Gräfin, fie und die Margarethe hätten 
durch) Zauber den-Churfürften Georg TIL. umgebracht, indem 
fie (wahrjcheinlih ein wächſernes Bild von ihm) ihn im 
Feuer getödtet, jo daß fein Herz im Leibe gebrannt wie ein 
Licht: und allerdings fand ſich auch bei der Section bes 
Körpers ſowohl das Herz als der ganze Leib blutleer. Sie 
hat auch ihre Tochter gelehrt, gewiſſe Zaubercharactere, bie 
ihr ihr Spradhlehrer Saladin mitgetheilt, fich mit einer Raben— 
feder in die Hand zu fchreiben, wenn fie den Churfürften an- 
rührte, und am GCharfreitag in der Bartholomäuskirche zu 
Dresden ein Schächtelchen verfiegelt und an fich genommen, 
worin ſich verjhhiedene Gegenftände ihrer Tochter und des 
Churfürften, die mit deſſen Schweiß und dem Blute jener be- 
negt und in zwei Säckchen gemidelt waren, um die Liebe 
beider unauflöslich zu machen, befanden; vorher war es aber 
heimlich auf dem Altar, als man die Paſſion fang, gejeht 
worden, um den Segen darüber Sprechen zu lafjen. Belannt- 


= I 


lich ftarb nun die Rochlig am 4. April 1694 an den Blattern 
und der Churfürft, von denſelben angeftedt, folgte ihr am 
27. April 1694, und furz nad feinem Tode ward ein Heren- 
proceß gegen die Frau von Neitſchütz eingeleitet, worin fie 
angeklagt ward, den Churfürften Johann Georg III. um ben 
Churfürften Johann Georg IV. zur Regierung zu bringen, 
Durch Zauberei ermordet, und dieſem durch Zauberei Liebe 
zu ihrer Tochter eingeflößt zu haben. In Folge davon ward 
der Leichnam der legtern aus der Hofgruft in der Sophien- 
firhe ausgegraben, weil Verdacht vorhanden war, daß ihr 
von ihrer Mutter nicht blos das Portrait des Churfürften 
mit einem gefpaltenen Penjee-Bande, fondern auch in Papier 
eingewidelte Haare und das Haarband des Churfürften, troß- 
dem daß diejes auf Anrathen des Leibmedicus der Leiche 
vorher abgenommen worden war, in den Sarg mitgegeben 
worden fei, und wirklich fanden ſich, außer verfchiedenen 
Ringen, am Kinne der Leiche einige braune Haare in ein 
Papier gewidelt, am Beine ein gelber Schwamm und am 
linfen Arm ein jchwarzes mit Atlaß überzogenes Haarband, 
das fehr feſt umgeftreift war, und hinter deſſen Ellenbogen 
Sr. Ehurf. Durchlaucht Portrait an den. vier Enden mit 
größern Diamanten befegt, das mit einem ponceaufarbenen 
Bande ftarf verbunden, aber mit den weiten Nermeln wohl 
verdedt war. Daß mit allen diefen Dingen offenbar gewiſſe 
fympathifche Wirkungen erzielt werden follten, verfteht Jeder, 
dem das fogenannte Bannen befannt ift. Der Proceß endigte 
auh mit der Berurtheilung jänmtlicher Sjnculpaten, die 
Traummarie ward dreimal gefoltert nnd fam an den Pranger, 
die Here Margarethe und der Scharfrichter ftarben, nachdem 
fie dreimal torquirt worden waren, im Gefängniß (1695), 
die alte Neitihüg aber, welche ebenfalls den eriten Grab der 
Tortur ausgeftanden, ftarb erft lange nachher (1713), eigentlich 
ſtraflos, weil ihr Proceß niedergefchlagen worden war, auf 
dem Gute Gauffig bei Baupen. 


24) Des Herzogs Morig von Sachen : Zeig Tod wird 
angezeigt. 


Maurer, Amphitheatrum magiae univers. ©. 39. 


Ehe Morig, des Churfürften Georg I. jüngfter Sohn, 
Adminiftrator des Bisthums Naumburg und Stifter der Linie 
Sachſen-Zeitz, den 4. Dec. 1681 verftarb, haben die Kirchen- 
gloden zu Schleufingen von felbft gelauten und ift im Schloffe 
zu Zeit ein feierliches Leichenbegängniß, wie wenn der Fürft 
wirklich begraben würde, gejehen worden. 


25) Anna, Tochter Churfürft Auguſt's I. erfcheint nach 
ihrem Tode wieder. 
©. Hafche, Anecooten a. d. Sächſ. Gefh. Bo. II. (pag. 1792.) ©. 70. 





Der Stifter der mit feinen Tode (28. April 1707) wieder 
erlojchenen Sachjen-Eifenbergifhen Linie Herzog Chriftian, der 
fünfte Sohn Herzog Ernft des Frommen von Sachſen-Gotha, 
ein Freund der Alchimie, hatte fich einft im J. 1705 in fei- 
nem Kabinette auf's Bette zur Ruhe gelegt, und fich in ver- 
ſchiedene geiftliche Betrachtungen vertieft, al3 etwas an bie 
Thür des Zimmers klopfte. Obgleich der Herzog nicht be- 
greifen fonnte, wie dies zuging, da die Wache und andere 
Bediente ſich im Borzimmer befanden, jo rief er doch: herein. 
Hierouf trat ein Frauenzimmer in altvätrifcher fürftlicher 
Tracht herein, welches Anna, Kurfürſt's Auguft I. Tochter, 
die unglücliche Gemahlin Herzogs Johann Caſimir von Coburg 
war (geb. 16. Novbr. 1567 zu Dresden, im Gefängniß zu 
Coburg geft. 27. Jan. 1613). MS der Herzog, den bei dieſer 
Gelegenheit ein Feiner Schauer überfiel, fich in die Höhe ge- 
richtet hatte, fragte er diejelbe, was ihr Begehren jey? Sie 
antwortete: „‚entjege Dich nicht, ich bin Fein böfer Geift, Dir 
fol nichts Mebles widerfahren.‘ Der Herzog, welcher fich 
wieder erholt hatte, fragte nun weiter, wer fie wäre? Sie gab 


— ME 


ihm zur Antwort: ich bin eine von Deinen Vorfahren und mein 
Gemahl ift eben der geweſen, der Du bift, nämlich Herzog 
Johann Caſimir von Sachſen-Coburg, wir find aber fchon vor 
100 Jahren verftorben. ALS der Herzog weiter nachforfchte, 
was fie bei ihm zu fuchen hätte, fagte fie: „ich habe eine 
Bitte an Did, nämlich mic und meinen Gemahl, weil wir 
uns vor unferem Ende, wegen einer gehabten Zwiſtigkeit nicht 
ausföhnten, gleichwohl aber auf das Verdienſt Chrifti ge- 
ftorben find, zu Diefer von Gott beftimmten Zeit mit einander 
zu verfühnen. ch befinde mich zwar wirklich in der Selig- 
feit, aber ich genieße noch nicht das völlige Anfchauen Gottes, 
jondern bin zeither in einer ftillen und angenehmen Ruhe 
gewejen; mein Gemahl aber, welcher fich bei meinem Tode 
nicht mit mir verfühnen wollte, e8 aber hernach bereuet und 
im wahren, obwohl Schwachen Glauben an Jeſum Chriftum 
die Welt verlafien, hat bis jegt in Zeit und Ewigkeit, 
Finfterniß und Kälte, jedoch nicht ohne Hoffnung zur Selig— 
feit zu gelangen, fich befunden.” MS der Herzog ihr des— 
wegen üble Einwürfe machte, widerlegte fie ihm dieſelben, 
daß fie nicht hierher gehörten und fie nicht angingen; ferner 
erzählte fie, daß, fobald der Herzog in die Ewigkeit gekommen, 
er wohl erkannt habe, daß einer von ihren Nachkommen fie 
verfühnen würde, und er fich jehr gefreut habe, da er ihn, 
den Herzog, als ein Werkzeug Gottes hierzu erkannt habe. 
Endlih gab fie dem Herzog acht Tage Bebenkzeit, nad) deren 
Verlauf wollte fie wiederfommen und feine Erklärung ab- 
warten. Hierauf verjchwand fie. 

Der Herzog lebte mit dem damaligen Superintendent 
Hoffunzen zu Torgau in befonderer Vertraulichkeit, er ſchrieb 
ihm gar öfter in geiftlihen und weltlichen Sachen durch 
eigene Staffetten. An diefen wendete er fich fogleich, jchrieb 
ihm den ganzen Verlauf und bat um fein Gutachten, ob er 
den Antrag des Geiftes annehmen jollte. Dem Superintendent 
fam die Sache anfangs jehr verdächtig vor und er war ges 
neigt, fie für einen Traum zu halten, nachdem er aber die 
bejondere Frömmigkeit des Fürften, deſſen große Erfenntniß 


— — 


und Erfahrung in geiſtlichen Sachen, fein zartes Gewiſſen 
und zugleich den Umſtand, daß ſich der Geiſt am hellen Tage 
beim Sonnenſchein hatte ſehen laſſen, wohl bei ſich erwogen, 
ſo trug er kein Bedenken, dem Herzog folgende Antwort zu 
geben: woferne der Geiſt von ihm keine abergläubiſche, nach 
dem Worte Gottes zuwiderlaufende Ceremonie oder andere 
Umſtände verlangte, und er ſich mit hinlänglichem Muthe zu 
einer ſolchen Handlung verſehen könnte, ſo wollte er ihm eben 
nicht abrathen, dem Geiſte ſeine Bitte zu gewähren. Dabei 
ſollte er mit inbrünſtigem Gebet auch zu Verhütung alles 
Betrugs den Zugang ſeines Zimmers und Cabinets durch die 
Wache und feine Bedienten wohl bewahren laſſen. Der 
Herzog ließ unterdeſſen in den Geſchichtsſchreibern nachforſchen 
und fand, daß Alles wirklich ſich ſo verhalte, was ihm der 
Geiſt erzählt, auch ſogar, daß die Kleidung der begrabenen 
Fürſtin und des erſchienenen Geiſtes genau auf einander 
übereingetroffen. Da die beſtimmte Stunde kam, legte ſich 
der Herzog wieder auf's Bette, nachdem er der Wache vor 
dem Zimmer ſcharfen Befehl gegeben, keinen einzigen Menſchen 
hereinzulaſſen. Und wie er dieſen Tag mit Beten, Faſten 
und Singen angefangen hatte, alſo erwartete er den Geiſt, 
indem er in der Bibel las. Dieſer ſtellte ſich gerade um die 
Stunde, wie vor acht Tagen ein, und trat auf des Herzog's 
Hereinrufen in voriger Kleidung in's Cabinet. Gleich anfangs 
fragte der Geiſt den Herzog, ob er ſich entſchloſſen habe, ſein 
Verlangen zu erfüllen. Der Herzog antwortete, wenn ihr 
Begehren nicht wider Gottes Wort liefe, auch ſonſt nichts 
Abergläubiſches bei ſich führte, ſo wolle er es in Gottes Namen 
thun, ſie ſolle ihm nur anzeigen, wie er ſich dabei zu ver— 
halten hätte. Auf dieſe Erklärung des Herzogs ſagte der 
Geiſt: „mein Gemahl hatte mich bei meinem Leben wegen 
Untreu in Verdacht, weil ich mich mit einem frommen Cavalier 
insgeheim manchmal von geiſtlichen Sachen unterredet, er 
faßte deswegen einen unverſöhnlichen Haß gegen mich, welcher 
fo heftig war, daß, ob ich gleich meine Unſchuld hinlänglich 

bewies und ihn auf meinem Todtenbette um Verſöhnung 


— 31 — 


bitten ließ, er doch ſeinen Argwohn nicht ablegte und durch— 
aus nicht zu mir kommen wollte. Da ich nun alles gethan 
hatte, was ich thun konnte, ſtarb ich zwar im wahrem Glauben 
auf meinem Heiland, kam auch in die ewige Ruhe und Stille, 
genieße aber die völlige Anſchauung Gottes noch nicht. Mein 
Gemahl hingegen bereuete, wie ich ſchon geſagt habe, nach 
meinem Tode feine Unverſöhnlichkeit gegen mich und ftarb 
endlih auch im wahren Glauben, doch ift er bisher zwijchen 
Zeit und Ewigkeit in Angft, Kälte und Finſterniß geweſen, 
nunmehr iſt aber die von Gott bejtimmte Zeit gekommen, 
daß Du uns auf diefer Welt mit einander ausſöhnen und 
uns dadurch zu unferer volllommenen Seligfeit befördern 
folft. „Was foll ich aber hierbei thun?‘ antwortete der 
Herzog, „und wie verhalte ich mich bei der Sache?“ Der 
Geift jagte: „künftige Nacht halte Dich fertig, da will ich und 
mein Gemahl zu Dir fommen, denn ob ich gleich am Tage 
fomme, jo kann doch diefes mein Gemahl nicht thun, und 
dann fol ein jedes von uns die vorgefallenen Uneinigfeiten 
erzählen, hierauf folft Du das Urtheil fprechen, welcher von 
uns Beiden Recht habe, unfere beiden Hände zum Zeichen 
der Verföhnung in einander legen, den Segen des Herrn 
über uns Sprechen und hierauf Gott mit uns loben. Nach⸗ 
dem der Herzog dies alles zu thun verſprochen hatte, ver- 
Ihwand der Geilt. 

Der Herzog ſetzte feine Andacht bis auf den Abend fort, 
alsdann befahl er feiner Wache ausdrüdlich, Feinen Menſchen 
in das Zimmer zu laffen und genau Achtung zu geben, ob 
fie Jemand in dem Zimmer reden hören würden. Hierauf 
ließ er zwei Wachslichter anbrennen und auf den Tiſch fegen, 
auch das Geſangbuch und die Bibel dabeilegen, und jo er- 
wartete er die Ankunft der Geifter. Diefe ftellten fich gleich 
nad 11 Uhr ein, und zwar fam bie Fürftin, wie vorher, in 
lebhafter Geftalt zuerft in’S Zimmer, fie erzählte dem Herzog 
nochmals die Urſache ihrer Uneinigfeit. Hierauf trat der 
Geift des Fürften in ordentlicher fürftliher Tracht herein, 
aber mit jehr blafjem und todtenfarbigem Gefichte, und erzählte 


— N 


dem Herzog die Uneinigfeit mit feiner Gemahlin auf eine 
ganz verjchiedene Art. Hierauf fällte der Herzog das Urtheil, 
daß der Geift des Fürften Unrecht habe, welches diejer auch 
geftand und fagte: „Du haft recht geurtheilet.” Der Herzog 
nahm nun die eisfalte Hand des Fürften, legte fie in bie 
Hand der Fürftin, welche ganz natürlihe Wärme hatte, und 
ſprach den Segen über jie, wozu fie beide Amen fagten. 
Der Herzog fing alsdann das Lied: „Herr Gott Dich loben 
wir” an zu fingen, und es fam ihm vor, als wenn Beide 
mitjängen. Da das Lied zu Ende war, jagte die Fürftin 
zum Herzog: „den Lohn wirft Du von Gott bekommen und 
bald bei uns ſeyn!“ worauf fie beide verſchwanden. Von 
diefer Unterredung hatte aber die Wache nichts als die Worte 
des Herzogs gehört. 


%) Ein Talisman oder Schußgeift des fächfifchen 
Fürſtenhauſes. 
©. K. v. Weber, Aus vier Jahrhunderten. Lpzg. 1858. Bd. II. ©. 335 ꝛc. 





Im 8. ©. Hauptftaatsarhiv zu Dresden befindet fich 
die Schrift eines gewiſſen Elias Geißler vom %. 1725, in 
welcher Folgendes über einen die Churfürftlihe Familie be- 
treffenden Talisman erzählt wird. 

Churfürft Erneftus, als er mit feinem Bruder Albertus 
noch gemeinjchaftlich regierte, jchlief einft, nahe am Dfen 
figend, im Klofter Zelle bei Noſſen; da träumte ihm, es 
fomme eine feiner VBorfahrinnen und ſpräche zu ihm: da haft 
Du es wieder, was jo lange Deiner Familie entwendet ge- 
weſen, jo lange es ferner dabei bleibet, wird es wohl ftehen, 
habe Abt. Da fie nun von fern ein zufammengemideltes 
Tuch ihm zuwarf, traf fie den dazwiſchen ftehenden Dfen und 
es fiel in's Feuer, fie aber verſchwand. Erneftus erwachte 
und ſahe, daß wirklich der Dfen entzwei und ein dergleichen 
Tuh im Feuer lag, griff hinein und errettete e8 aus den 


Flammen. Da er foldes in Verwirrung entwidelte, fand er 
inliegend das Mazzaloth (eig. hebräiſch Meschaloth, d. ti. 
Zauberſpruch). 

Churfürſt Johann Friedrich verfiel in Krieg mit Karl V., 
deſſen Bruder Ferdinand beftah Johann Friedrichs Kammer- 
diener, welcher überging, Alles verrieth und Ferdinando das 
verlangte Mazzaloth mitbrachte. Johann Friedrich verlor die 
Schlacht gegen den Kaiſer und wurde bei Mühlberg gefangen. 
Churfürft Mauritius erledigte den gefangenen Churfürften der 
Gefangenschaft in Inſpruck, Karolus V. retirirte fih und 
unter den Sachen, welche in höchfter Eile vergeflen wurden, 
fand fih im kaiſerlichen Gemach ein Käftlein mit allerhand 
Koftbarkeiten und Antiquitäten, dabei das verlorene Mazzaloth 
lag. Mauritius, folches jehend, nahm es zu fi und fagte 
weiter nichts al3 (die Verfe aus Ovid. Art. Amat. L. II. v.1u.2.) 


Dicite Io Paean et Io, bis dicite, Paean 
Deeidit in casses praeda petita mea. 


Kurz vor der Schlacht bei Sievershaufen entwenbdete 
es Schönburg von Glauhau, ein Hofjunfer Mauritii, und 
wollte damit zu dem Markgrafen zu Brandenburg übergehen. 
Mauritius gewann die Schlacht, ftarb aber an dem em- 
pfangenen Schuß und im Treffen befam man Schönburgen 
wieder ſammt dem Mazzaloth. Franz von Reibiſch, ein 
Bruder Bartholomäi (Sebaftian) von Reibiſch, der vor Mau- 
ritium in Ungarn fih von den Türken mafjacriven ließ, 
führte den von Schönburg in das haufen vor Sievershaufen 
ftehende Heine Kirchlein und mafjacrirte denfelben, damit das 
- Mazzaloth, zugleich zur verdienten Strafe und Verſöhnung, 
unter Bergießung des nod) warmen Blutes, bei heißen 
Sonnenftrahlen im Abdämpfen wieder Schechinad würde. 
Als Guftavus Adolphus, König von Schweden, nad Sachſen 
fam, gerieth es in deſſen Hände, auf wes Art wird das 
Churfürftlihe Haus wohl wiſſen. Guftav Adolph blieb bei 
Lügen; drei Stunden nah erlangter Schlacht hatten Holde, 
Bannier, Wrangel, Torftenjohn, wie der fünfte nn iſt 

Gräfe, Sächſ. Sagen. 


— 4 — 


mir entfallen, Herhog Bernharden von Weimar in der Pfarr- 
ftube zu Günthersdorff unverjehens umringt, jeßten das Ger 
wehr zufammen ihm auf den Leib, mit Bedrohung des Todes, 
wenn er das Mazzaloth nicht gleich zur Stelle ſchaffe, das 
auch geihehen. Da nun Gefangene genug vorhanden, wurde 
e3 in ber bei Lützen liegenden mwohlbejegten Gottesaderficche 
duch Tödtung, indem zwei Stunden langjam erſt 12, hernach 
7 Berfonen ermordet wurden und das dreimal, Abends um 
8 Uhr, um 12 Uhr Mitternachts und Morgens auf den Bunct, 
da die Sonne den Horizont berührte, geſchehen, wieder Schehi- 
nad gemacht. Unter denen, die getödtet wurden, waren zwei 
Grafen von Neuß, einer von Sirhberg und ein natürlicher 
Sohn Erzherzog Ferdinandi des IIten, welchen er mit einer 
von Spiegelfeld erzeugt. Die Todten wurden mit den andern, 
als im Treffen geblieben, begraben. Sit alfo niemals wieder 
zu Sachſen gekommen. 

Obgedachter Geißler wohnte nun im %. 1715 einfam in 
einem mwohlverwahrten Weinbergshaufe, das nach Uebigau bei 
Dresden gehörte. Einft in der Nacht ward er durch heftiges 
Klopfen an der Thüre erwedt und gewahrte einen Reiter, 
ber Einlaß begehrte, weil er mit ihm zu jprechen Habe. 
Geißler öffnet aber, aus Beſorgniß vor räuberifchem Weber- 
fall, erſt als es Tag geworden war, und der Fremde gab 
fih als einen Schweden, Namens Roße im Thal oder Rojen- 
thal zu erfennen. Er zeigte Geißler das erwähnte Mejchaloth, 
von den Letzterer jagt, „daß es in einem antiken Büchglein 
läge, länglich vieredig, nach PVroportion des Mazzaloth: es 
war ein wunderliches antifes Stüde, von Silber- und 
Goldarbeit, das die Zeit erreichte, da Bactrien unter Zoroafter 
in Flor geweſen, das Untertheil war ein ganzer Rubin, fo 
groß als die ganze Büchje: das Mazzaloth ift auf weiße 
Materie wie jeiden Papier, it aber nicht von Seidenwürmern.“ 
Nojenthal forderte Geißler auf, unter der nöthigen Con- 
jtellation einen Weberzug über des Mejchaloth zu machen, 
„Damit e3 immer wie neu ausfehe, auch durch die Eröffnung 
der Pforten neue Influenz befäme”, gab ihm über das Ber- 


— BE 


fahren genaue Anmeifung und bändigte ihm das Mejchaloth 
jelbft aus, worauf er fih am dritten Tage während ber 
Nacht entfernte. Geißler benugte nun die Gelegenheit, das 
Meſchaloth auf das Genauefte nachzumachen. Sieben Wochen 
ehe Karl XII. vor Friedrichshall blieb (alfo im October 1718) 
fam Rofenthal wieder, „hatte allen Präparat wohl verwahrt 
bei fich in einem involucro, da wegen der gefchnittenen Edel- 
fteine mehr als eine halbe Million werth war, wie denn 
Diamanten darunter waren von 15,16 Gran, gar einer von 
19 Granen. Er brachte noch ein anderes Mefchaloth, das 
ſchwediſche, von Guftav Adolph herrührend, mit, hatte auch 
zwei Fläfchlein von Bergkriftall bei fich und in beyden ſchwarze 
liquores wie Tinte „die, wenn die Gläfer eröffnet wurden, 
einen großen ſchwarzen Dampf von fi gaben, der endlich 
grün wurde, bis die Dämpfe in gelindem Geruche abnahmen, 
daß man es faum merken fonnte, daß es dampfe.“ Es ward 
nun die nöthige Operation, über die wir jedoch nichts Näheres 
erfahren, vorgenommen, und nachdem die beiden Mefchaloths 
(das ſächſiſche und das jchwedifche) ihre Kraft empfangen, 
ritt Rofenthal davon, indem er das jchwediiche, unter Ab- 
nahme des Verfprechens, es nur ihm auszuhändigen, Geißler 
zurüdließ, damit diefer „in etlichen Tagen das Nöthige daran 
mache.” Roſenthal hatte übrigens Geißler aufgefordert, mit 
ihm nah Schweden zu gehen, und als dieſer erflärte, er 
fönne feiner Gejundheit wegen nicht in ein jo Faltes Land 
ziehen, ihm Hamburg als Mohnfig vorgefchlagen, auch ihm 
dajelbit ein Haus mit Garten, deſſen Ertrag fih auf etwa 
200 Thaler belaufe, angeboten. Geißler ging darauf ein 
und rüftete fih zur Abreife, die einige Wochen fpäter nach 
der Rückkehr NRofenthals erfolgen follte. Lebterer fehrte aber 
nicht zurüd. | 
Etlihe Wochen darauf kam der jchwediiche Minifter 
Baron von Görk unverjehens auf den Berg auf Poftpferden 
und fragte „wie der Berg hieße, wie mein (Geißler's) Name 
ſey und dergleichen” ; da er num ferner willen wollte, ob ich 
die Handſchriften kennte, die er mir vorlegte, jagte ich: „Feine 
3* 


denn dieſe“ und mußte den Namen jagen, jo war er zufrieden. 
E3 war von Rofenthalen an ihn gefchrieben. Darauf fragte 
er ferner, ob ih die Sachen gemacht, welche ich von ihm 
hätte, und ob er nichts dagelaffen? Ich fagte „nein, er 
hätte alles mitgenommen, hätte aber in 3 Wochen wieber 
bier feyn, mich abholen und nach Hamburg bringen wollen.“ 
Er drang ftarf in mich, aber ich blieb bei meinen Worten, 
weil es Roſenthal aljo befohlen, Niemand etwas zu jagen 
als ihm ſelbſt. Da ftand der Baron vom Tifhe auf wie 
eine Furie, rang die Hände und fuhr endlich in die Worte 
heraus: „es ift um Alles gejchehen, ach wenn es nur nicht 
dem Bater in die Hände gerathen ift. Der hat das Yagellonifche 
Ihon mit Bipern, dem Premierminifter, gefangen befommen, 
der als ein kluger Mann es eher ruiniren als in des Gzar 
Hände kommen laſſen folle, fommt das Wafaifche und Säch— 
fifche dazu, was foll daraus werden?‘ Endlich ſchenkte er mir 
eine Doſe und fuhr nicht lange nachher wieder fort, den 
Meg hinaus, der nach Morigburg gehet. Er erinnerte auch, 
der gute Rofenthal hätte alles vermeiden können, aber als 
er nah Stendal gekommen, ſey er in der Gegend 1 ober 
1!/;, Meile herum, im Walde mweggefommen, daß man nie 
etwas weder von ihm noch von feinem Knechte erfahren könne. 
Er habe ftetS Poſtpferde gehabt, aber in Stendal fey er von 
einem Offizier angerebet worden, wes er Boftpferde nehmen 
wollte, incognito zu reifen, er wolle ihm feine eigenen Pferde _ 
geben. ch wartete alfo auf ihn, aber vergebens, doch hätte 
ich die Reife gleichwohl nad) Hamburg antreten fönnen, trauete 
aber nicht. Auf diefe Art ift das Waſaiſche und Abcopey 
des Sächſiſchen in meine Hände gefommen. Die Waſaiſchen 
find das ganze Wnizurim, das einzige Driginal in der ganzen 
Welt, das Sächſiſche Driginal ift alfo mit Rofenthalen ver- 
loren gegangen, daß ich nicht weiß, welchem Potentaten es 
in die Hände gefallen. Ob die Königin Chriftine eine Eopey 
mit nach Rom genommen, weiß ich nicht, es fcheint aus 
einigen Schriften des Paters Kircher, denn das Driginal 
mußte fie in Schweden laffen. Als ich nun meinen einzigen 


Freund und MWohlthäter, den ich gehabt, den Rofenthal lange 
genug betrauert und bald vergeſſen hatte, lag ich einft im 
Bette und fchlief und erihrad, al3 man mich aufwedte und 
mir das Gewehr auf den Leib feßte, mich), wenn ich mid) 
rühren würde, zu ermorden. Zwei Perſonen, hatten Laternen 
in jeder Hand mit zwei Tichtern und Biftolen, die anderen zwei 
nur gute Degen, hatten Kleider, die nicht nach ihrem Leibe 
gemadt, und Masken von Nafen und Bärten über den Ge- 
fihtern. Sie nahmen Schlüffel und durchſuchten Schränfe 
und Kaften: erſt fand der eine eine goldene Kugel, 1 Unze 
ſchwer, die nahm er zu fich und legte foviel Silbergeld da- 
für auf den Tiih, als fie dem Gewichte nach werth war, 
auch ein egyptiches Dpfermeffer, dafür er, weil es ein 
Driginal und Antiquität, welche die Compofition des Metalles 
rarer machte, 30 Gulden hinlegte. Endli fand er die 
2 Gläſer, darinnen der fchwarze wenige Liquor des Rofen- 
thals vorhanden und die Zonach oder Feder damit gezeichnet 
werden muß, ſammt dem Lichte in unverbrennliche Leinewand 
gewidelt, alfobald ſchrie er: ha! ha! fuchte weiter nichts als 
obenhin, gingen darauf fort und im Vorbeigehen meines 
Bett3 warf mir der Eine 5 Pakete, jedes zu 10 Thalern, 
in Dreiern und NReichSpfennigen gerechnet, auf mich zu, der 
aber durchfucht hatte und voraus ging, ſprach: parce qu’il 
Vous n’appartient pas, en prenez cinquante &cus. Die 
andern drei Perſonen hatten alle viel Refpect vor diejem, 
droheten anbei, wo ich mich in einer Stunde aus dem Bette 
machte, würde ich ohnfehlbar große Gefahr laufen, blieb alſo 
liegen. Wie ich nachdem nach den Thüren ſah, war alles 
wieder wohlverwahrt, wie fie heraus und hineingefommen, 
da an den Thüren lauter Bergichlöffer find, mit Bangen- 
winden, weiß ich nicht. Endlich ging ich auf den Boden, wo 
ih unter einer Glode von Glas die Mazzaloth geöffnet und 
ausgebreitet hatte, fand ſolche alle wohl conditionirt, daß fie 
aljo in feiner anderen Hand, folglich vorige Perſonen nicht 
oben gemwejen, jonft würden fie foldde wohl mitgenommen 
haben. 


u 


Später ift auf Veranlafjung des Stadtrichters Jacobi 
bei Geißler Hausfuchung gehalten worden, entweder weil man 
ihn in Verdacht hatte, magische Künfte zu treiben, oder weil 
er ein unerlaubtes Verhältniß mit einer Frauensperjon unter- 
halten, welches Folgen gehabt hatte. Bei dieſer Hausſuchung 
ward das ſchwediſche Mefchaloth, vielleicht auch die Copie Des 
ſächſiſchen, nebft anderen curiofen GSigillen und Copien 
magifher Dinge von den Behörden weggenommen und dann 
ſcheint es verloren gegangen zu jeyn. Geißler jagt noch, es 
bürfe das Meichaloth nur geöffnet werden von Perſonen, 
denen es gehört, und zu feiner Zeit auch wenn es jchön 
Wetter ift, da es fich jelbft wendet und drehet, auch grünlich 
bliefet wie Gold auf den Gapellen. Außerdem verlieret es 
feine Kraft mit dem Tode einer oder anderer ihrer verwandten 
Perſonen, die es gefhüßt hat, wie etwa das Palladium zu 
Troja oder die Lade des Bundes beim jüdischen Volke. 


27) Prinz Auguft und der wunderbare Stein auf dem 
Dreddner Markte, 


©. 8. v. Weber, Aus vier Jahrhunderten. B. II. ©. 342 x. 





Auguft, ein Sohn des Churfürften Chriftian J., geboren 
im J. 1589, war im Frühjahre 1614 ſchwer erkrankt, aljo 
daß in den Kirchen für feine Genefung gebetet wurde. Da 
ift der Buppenmacher Chriftoph Ufer am 30. Mai 1614 in 
der Kirche geweſen, und nachdem er ſich dem Gebete für Die 
Herftellung des Franken Prinzen aufrichtig angejhloffen, ift 
er nad) Beendigung des Gottesdienftes nach Neuftadt-Dresden, 
damals noch die Altftabt genannt, gegangen. Unterwegs am 
hellen Tage ward ihm, wie er überzeugt war, durch einen 
Geift ein Mittel anvertraut, um ben Kranfen berzuftellen. 
Es hat ihn auf der Elbbrüde hart am Zahlhaufe ein ftarker 
Wirbelwind angeftoßen, ihm den Mantel über den Kopf ge- 
worfen und jo ſtark umgemwidelt, daß er kaum Odem ſchöpfen 


— — 


konnte, ſobald er aber, und zwar nicht ohne große Mühe, 
ſich ein wenig ausgewickelt, hat eine ſtarke deutſche vernehm- 
lihe Stimme zu ihm gejagt: „gehe jen Alten Dresden auf 
den Markt, da wirft Du einen Stein finden, ben hebe auf 
und trage ihn in des Herren Haus und laſſe ihn denſelben 
unter das Haupt legen!” Darauf ift er ftraf$ fortgegangen, 
gerade vor ſich von der Brüde nah dem Nathhauß zu Alten 
Dresden, und er hat den Stein, worauf die Sonne gefchienen, 
alſo gejehen, daß er etwas gegligert, hat ihn aufgehoben und 
derfelbe ift ihm in der Hand warm, je länger je mehr, wie 
eine Kohle geworden. Er hat ſich alſo wieder zurüd in bie 
Feftung begeben, unterwegs aber den Stabtpfeifer Meifter 
Nidel, fo ihm begegnet, angeſprochen und ihn, was er mit 
dem Steine auf empfangenen Bericht thun folle gefragt, der 
ihm geantwortet, es fey mit ſolchen Herren nicht zu jcherzen, 
er müfje andere Leute um Rath fragen, auf welche Neden er 
ferner bis an den Stall gekommen, und als er an der Ede 
gegen die Fleiſchbänke die Stufen herabgetreten, habe ihn aber- 
mals eine Stimme angerebet und zu drei unterfchiedenen Malen 
zugeſprochen: „gehe fort, gehe fort, gehe fort!“ darum er 
auch nicht abgelafjen, bis er vor IJ. Fürftl. Gnaden Haus 
den Stein dem churfürftlichen Küchenmeifter präfentirt und 
übergeben hatte. Diefem aber erſchien die Andeutung des 
Puppenmachers ebenfo geheimnißvoll wie unklar, er zeigte bie 
Sache an, und Ufer ward nun von zwei Hofräthen giütlich 
und glimpflich vernommen, wo er dann die Sache, wie eben 
erzählt, zu Protokoll gab. Er meinte nun, was den Autor, 
deſſen Stimme er gehört, anbelange, fo denke er, derfelbe fey 
ein Geift und zwar feines Erachtens ein geboppelter, ein 
guter und ein böfer Geift gewefen, der böfe fey der Wirbel- 
wind, der es auf der Brücke hätte verhindern wollen, daß er 
nicht jollte hinausgehen, der gute aber, der es ihm befohlen, 
dergleichen Geiftes Stimme er zuvor nicht gehöret oder davon 
gelejen, und ob er zwar auf Erinnerung gerne befenne, 
daß von dergleichen guten Geiftern fo dergeftalt mit den 
Menſchen reden, wir in der Schrift feine Befehle noch Ver— 


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heißungen haben, jo halte er es doch für Gottes Stimme. 
Den Stein achte er für eine Creatur und einen Kiefelftein, 
glaube auch an den Stein nicht, geftehe es, daß Gott diefen 
Stein auch zu foldem Mittel nicht erichaffen, aber um ber 
Stimme willen, die ihn geheißen, ſolchen Stein herzutragen, 
achte er feinen Gutdünfen nah, daß er helfen folle x. Es 
ſcheint aber, als ob weder der Churfürft noch der Kranke 
Vertrauen zu der Kur mit dem Steine gehabt, alfo die ge- 
heimnißvolle Kraft des Stein nicht erprobt haben. Dauernde 
Genefung wenigftens ift nicht die Folge geweſen, denn Herzog 
Auguft ftarb zu Ende des folgenden Jahres. 


28) Auguft der Starke, König von Polen und Churfürft zu 
Sachen, zeigt feinen Tod felbft an. 


Dritte Fortfegung von Erfcheinungen der Geifter nach dem Tode. 
Prenzlau und Leipzig 1752. ©. 472. 





An demjelben Morgen, wo ©. M. der König Auguft der 
Starke zu Warſchau verftorben ift, fol er vor das Bett des 
Herrn v. Grumbkow zu Berlin, den er fehr gern hatte, ge- 
treten fein und diefem fein Abfterben jelbft angezeigt haben. 
Herr von Grumbkow ift darauf gleich zu Dem Könige gegangen 
und hat ihm den Todesfall gemeldet, und nachdem diejer 
gefragt, wo er die Nachricht her habe und dieſer ihm Die 
Erſcheinung berichtet, hat er die Sache nicht glauben wollen, 
da hat eine gleich darauf eingetroffene Stafette die Wahrheit 
derſelben betätigt. 


29) Anzeichen, welche, wie fich das Volk erzählt, dem Tode 
König Friedrich Auguſt's II. vorhergingen. 





Che der hochjelige König Friedrih Auguft feine letzte 
Reife nach feinem Lieblingslande Tyrol im Auguft 1854 an- 


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trat, ſcheint er jelbit Todesahnungen empfunden zu haben, 
jonft hätte er nicht Furz vor feiner Abreife mit eigener Hand 
jeinen legten Willen aufgefegt. So oft er früher ins Aus- 
land gereift ift, ift ihm gleichwohl diefer Gedanke nie ge- 
fommen. Er reifte befanntlich zur Zeit der Dresdner Vogel- 
wieſe ab, als nun wie gewöhnlich bei dem am Freitag der 
Vogelwieswoche abgehaltenen Feuerwerfe feine Namenschiffer 
mit der Krone darüber in Brillantfeuer abgebrannt werben 
jollte, jo gelang es troß allen Bemühungen des betreffenden 
Feuerwerkers nicht, Namen und Krone zufammen zum Brennen 
zu bringen, zwar brannte zulegt noch das FA, allein die 
Krone anzuzünden war vergeblich. 


Einige Tage vor feinem unglüdlichen Tode (9. Auguft) ſoll 
der in Billnig vor dem Bergpalais ftehende Wachpoften gemeldet 
haben, er habe fpät am Abend auf der vor demfelben hinlaufen- 
den Galerie einen Mönch erblidt, habe ihn angerufen, aber 
feine Antwort erhalten und derjelbe jey verſchwunden. Den- 
jelben Mönch foll am folgenden Tage auch eine hohe Perſon 
jelbft erblickt haben. Am Abend vor dem Todestage des Königs 
erblidte ihn angeblich die Wache wieder, rief ihn abermals an 
und als er feine Antwort gab, foll der Soldat auf ihn gefchoffen 
haben, aber wörtlih nur in die Luft. Vierzehn Tage vor- 
ber aber hatte man im Schloffe felbft bejagten Mönch ge- 
jehen und wurde, wie Schreiber dieſes bezeugen kann, ein 
befannter Gelehrter deshalb befragt, ob dies wohl der. fo- 
genannte Dresdner Mönch (ſ. unten) feyn könne, aljo zu 
einer Zeit, wo fein Menſch an jenen unglüdliden Zufall 
dachte, der dem König das Leben koſtete. 


Ueber dent jeßt reftaurirten Schönen Bortal des fogenannten 
Jagdthors am K. Schloffe nach der Brücke zu keimten feit vielen 
Jahren mitten aus den Steinen heraus eine große Anzahl 
der ſchönſten Königsferzen, über deren herrliche Blüthen fich 
der hochfelige König als Blumenfreund nicht wenig freute. 
Am Morgen jenes Unglüdstages ftürzten auf einmal ſämmt— 
lihe Königsferzen herab und diefes von vielen Drespnern 


Ze. Me 


als ein höchſt unglücliches Anzeigen betrachtete Ereigniß 
fand durch die am andern Tage eingelaufene Nachricht vom 
Tode des Königs feine traurige Beftätigung. 


30) Die Sagen vom Bifchoff Benno von Meißen, 


Das heilig leben vnd legend des feligen Batterd Bennonis weyland Bi- 
[hoffen tu Meyffen: gemacht vñ in das tewtſch gebracht: durch Jeronymum 
Emfer. Leypt durch Melchior Lotther. M.D.rvii. 4. Gewiße Vnd Approbirte 
Historia Bon ©. Bennonis, etwo Biſchoffen zu Meiffen Leben vnd Wunder⸗ 
zeichen, fo er vor und nach feinem feligen Abfterben, an mancherley orthen, 
durch die Gnad Gottes gewürfet, auch fein Canonization und Feſt betreffent. 
Münden, 1604. 4. Andere Schriften ſ. b. Klemm, der Sammler I. 
S. 17.5q. Ein altes Bolfslied Benno's Heiligfprechung betreff. b. Soltau, 
deutfche Volkslieder I. ©. 285 x. 





Der berühmtefte aller Bifchöffe von Meißen ift der 9. 
Benno, ein Graf von Wolderburg oder Bultenburg aus 
Sachſen. Er war mit feinem 18ten Jahre zu Hildesheim, wo 
er in J. 1010 geboren war, in's Klofter getreten, ward im 
30ften zum Priefter geweiht, hierauf Abt dafelbit, dann zu 
Goßlar zum Propſt gewählt und, nachdem er 17 Jahre hier 
verlebt, durch den Bischoff Anno von Eölln 1066 zum Bifchoff 
von Meißen vorgefhlagen und ift als folder anı 16. Juni 
1106 geftorben, auch wegen der von ihm gethanen vielen 
Wunder im J. 1523 vom Papſt Hadrian VI. canonifirt worden. 

©) AS der Bifchoff Benno im Jahre 1076 zum Gon- 
cilium nah Rom 309, um fich zu Gregor VII. zu begeben, 
für den er gegen Kaifer Heinrich IV. Parthei genommen 
hatte und deshalb auch von diefem 1075 einige Zeit ins Ge— 
fängniß gefegt worden war, übergab er zwei Chorherren die 
Kirhenfhlüffel und befahl ihnen, wenn der Kaifer in den 
Bann gethan werden follte, die Kirche zu fperren und jene 
in die Elbe zu werfen. Dies geſchah auch. MS nun aber 
Benno von der heiligen Stadt zurückkam, fehrte er wie ein 
gewöhnlicher Pilgrim, um, unerkannt zu bleiben, in einer 
Öffentlichen Herberge ein. Hier ließ ihn der Wirth einen 


er ne 


Fiſch zum Eſſen vorrichten, als er aber beffen Leib auffchnitt, 
fanden fih darin die Kirchenfchlüffel, und alsbald ftrömte 
Alles in die Kirche, um das Wunder zu fehen und ihren 
Kirhenhirten zu empfangen. (Emfer, a. a. D. e. 21.) 

P) Die Hauptaufgabe des heiligen Mannes war aber 
die heidnifhen Slaven und Wenden zum criftlihen Glauben 
zu befehren, und dazu hatte ihm der Papft bejondere Voll- 
macht ertheilt. Ex forderte alfo Alle, die da kommen wollten, 
zu fich in die Stadt Meißen, und als bald ein folder Zu- 
lauf entftand, daß in der Stadt nicht mehr genug Raum 
und Herberge für fie war, verfammelte er das Volk in einem 
ihönen fonnigen Grunde, ohngefähr 1000 Schritte von ber 
Stadt gelegen. Als er nun eines Tages bier predigte und 
die Sonne fehr heiß fehien und die Leute vor Durft fat er- 
ftidten, da ließ Gott auf fein Bitten einen Quell aus der 
Erde entipringen, durch deſſen kühles Waſſer Alle geftärkt 
und erquidt wurden. Davon heißt der Grund noch jegt das 
heilige Thal und die Quelle ©. Bennos Brunneny). (Emfer 
a. 0. D. c. 22.) 

y) Eines Abend wollte der h. Benno fpät von dem hei- 
ligen Thale aus nad Meiffen zurüdfehren. Da fürchtete er, 
man möge, wenn er weit untginge, die Thore ſchließen. Er 
machte alfo das Kreuz vor fih, und ging trodenen Fußes 
über die Elbe. Ein Müller, der Hinter ihm herfuhr, ſah 
das und fagte bei fih: in dem Namen deſſen, duch den 
Biihoff Benno hinüber gekommen, will ih auch hinüber, 
und fo folgte er ihm mit Pferden und Wagen; als er aber 
hinüber war, da hat ihn der heilige Mann mit ernften 
Morten angeredet und verboten, dies niemals wieder zu thun, 
fo lange er lebe. (Emfer a. a. D. ce. 23.) Der zerbrochene 
Meinpfahl, deffen er fich bei jenem wunderbaren Uebergange 


+) Der Bennobrunnen befindet ſich in der Stadt Meißen, der Paftorats- 
wohnung von St. Afra gegenüber an der Mauer des früher fogenannten 
Stübel’f hen Haufes, wo man in einer Vertiefung auf den Frauenweg 
kommt. Ein Bennohaus, wo er angeblich gewohnt Haben joll, fteht Heute 
noch in der Niederlößnig am Fuße der alten Wettinshöhe. 


über den Strom als Stab bedient haben fol, wurde noch 
bi8 vor Kurzem in der Domkirche zu Meißen als einzige 
Reliquie des Heiligen gezeigt. 

d) Eines Tags Fam der h. Benno während der Ernte- 
zeit auf's Feld und fand, wie die Schnitter vor großer Hibe 
und Arbeit matt und erſchöpft waren; er machte alfo ftill- 
jchweigend ihnen ihr mitgebrachtes Waſſer zu Wein und ging 
davon, fein Begleiter aber, der dag gefehen, nahm ein höl- 
zernes Gefäß mit Waſſer und fagte zu den Schnittern: gebt 
Acht, ih will Euch wie mein Herr das Waſſer zu Wein 
machen, ſchlug das Kreuz darüber, wie er es von diejem 
gejehen hatte, und von Stund an war das Wafjer zu Wein 
geworden, und die erftaunten Schnitter labten ſich damit. 
(Emfer c. 23.) 

e) Eines Tages ging er auf's Feld hinaus, und als 
er andädtig an einem Teiche hin- und hergehend die Weis— 
heit Gottes in der Kreatur überdachte, ftörten ihn die Fröſche 
mit ihrem Geſchrei in feinem Gebete. Er gebot ihnen alfo, 
ftill zu ſchweigen, und fie verftummten. Da fiel ihm der 
Spruch ein: es loben und benedeyen Gott alle Thiere und 
Beitien und Alles, das im Waſſer bewegt wird. Er dachte 
alfo, vielleicht möchte ihr Gejang Gott lieber, als fein 
ſchwaches Gebet fein, er gebot ihnen alfo, wiederum zu 
fingen und zu ſchreien, fo viel als fie vorher gethan hätten. 
(Emjer ce. 23.) Daß aber noch jegt im heiligen Grunde 
wohl Fröſche wohnen, diejelben aber nie einen Ton von ſich 
geben, ſoll daher fommen, daß Luther ihnen wieder ihr Ge- 
fchrei verboten hat. . 

5) Da e8 die Gewohnheit des heiligen Mannes war, 
um nicht durch den ungeheuren Zulauf der Leute und ihre 
Verehrung in Hoffart zu verfallen, fich zuweilen in die Ein- 
famfeit zu begeben, fo 309 er einft auch mit einem Gaplan 
in das Dorf Naumburg, zwiſchen Grimma und Mügeln ge- 
legen, und erbaute dafelbft in der Kirche eine Zelle, worin 
er mit feinem Diener in tiefer Beſchaulichkeit lange Zeit lebte. 
Des Nachts ging er vor das Dorf hinaus fpazieren und 


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betete auf einem Ader, und bis auf den heutigen Tag fol 
da, wo er feinen Fuß hinfegte, das Korn eher reif werden 
und fetter und voller wachen, als irgend wo anders. Wenn 
er aber wollte, fonnte er, fo erzählen fi die Einwohner 
dafelbit, in Meißen zum Gottesdienft und zum Morgeneffen 
doch wieder in ihrem Dorfe fein. In der Kirche ftand er 
aber noch zu Anfange des 16. Jahrhunderts zum ewigen An- 
denfen mit Stab und Inful und der Unterfchrift Sanctus 
Benno abgebildet. 

1) Markgraf Heinrich zu Meißen, ein Anhänger Kaifer 
Heinrichs IV., der 1097 wieder in den Befit feiner Länder, 
die er durch die Achtserflärung (1087) verloren hatte, gelangt 
war, juchte nicht blos die früher der Kirche geraubten Güter 
zu behalten, fondern auch noch mehrere an fich zu ziehen und 
drücte die Armen, Wittwen und Waifen aufs Aeußerfte. 
Da ftellte ihn Benno einft ernftlic” darüber zu Rede, aber 
der Markgraf gerieth in großen Zorn und gab dem frommen 
Greis einen Badenftreihd. Der Bifhoff aber that darauf 
weiter nichts, als daß er antwortete: diefe That wird über 
ein Jahr an demfelben Tage gerodhen werden. Dies küm— 
merte den Markgrafen wenig, vielmehr fpottete er darüber, 
und als der gebrohte Tag herangefommen war, da ließ er 
fih hochmüthig vernehmen, der Tag fei ja ohne allen Nach- 
theil für ihn angebrodhen. Allein derfelbe war noch nicht zu 
Ende, denn plöglich erfchien der h. Benno, der unterdeſſen 
geftorben war, dem Markgrafen mit zornigen Geberden, diefer 
aber erſchrack ſehr und rief die Seinen zu Hilfe, allein ver- 
gebens, er ftürzte zu Boden und ftarb. (Emfer ec. 24. Hi— 
ftoria d. h. Bennonis, ©. 9. — Biehnert, Bd. I. ©. 83, 
erzählt die Sage anders) 

) Der zu Grimma verſtorbene (d. 10. Febr. 1407) 
Markgraf Wilhelm der Einäugige drückte das Hochſtift Meißen 
mit Steuern und andern Auflagen über die Maßen, und 
umſonſt bat ihn der Dompropſt Brutenus um Abhilfe. Der 
letztere betete alſo zum h. Benno um Unterſtützung, und dieſer 
erſchien auch dem Markgrafen im Traume und ermahnte ihn, 


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von feinen Unbilden abzuftehen; da aber deſſen Räthe ihm 
einredeten, es fei nur ein Traum und nicht3 darauf zu geben, 
und er alfo in feiner Bedrüdung fortfuhr, erſchien ihm der 
Heilige zum zweiten Male und brannte ihm mit einer Fackel 
ein Auge aus, der Markgraf aber, der nun wohl merkte, 
wie jene Erfheinung Fein Traum gemwefen, that Buße, erjegte 
den Beraubten alle Schäden und gab ihnen mehr, als fie 
vorher bejeffen hatten. (Hiftoria des h. Bennonis ©. 10. 
©. Haſche, Diplom. Geſch. v. Dresden Bd. I. ©. 357. Men- 
den, Scriptores T. II. p. 1874.) 

x) Seine Dombherren und Geiftlichen ſchützte er oft vor 
Unglüf, wenn fie fih aber fchlecht betrugen, ftrafte er fie 
heftig und fichtbarlih: fonft erinnerte er aber noch einen 
jeden einige Tage vor feinem Ende, daß feine Stunde ge- 
fommen jet und er Buße thun müſſe. (Hift. a. a. O. ©. 11.) 

Im Jahre 1270 ließ Bischoff Witigo bie Gebeine des 
bh. Benno aus dem Winkel im Chor, wohin er ſich hatte be- 
graben laffen, wegnehmen, mit Wein waſchen und fäubern 
und mitten in die Kirche begraben und fein Grab mit einem 
Gitter umgeben, mit dem Weine aber viele krankhafte Men— 
fchen wie mit föftlichen Salben beftreihen, und follen dieſe 
davon heil und gefund worden fein. MS er nun im Jahre 
1523 heilig gejprochen wurde, find feine Gebeine von Bischoff 
Johann VII. und Adolph Bischoff von Merfeburg in Gegen- 
wart des Herzogs Georg des Bärtigen, feiner zwei Söhne 
und Herzogs Heinrich 2c. abermals herausgenommen und in 
ein marmornes Grab gelegt worden, allein 1539 hat Herzog 
Heinrich die Verehrung derjelben aufgehoben, jeine Gebeine 
wurden erft nad) Stolpen und dann nah Wurzen geflüchtet 
und gelangten endlich 1576 nah Münden, wo fie noch find. 
Sein Bett, welches früher in einer neben dem Wappenſaale 
der Mbrechtsburg befindlichen Kammer gezeigt wurde, von 
dem ſich viele Gläubigen Spähne abjchnitten, die gegen ver- 
ichiebene Leiden helfen follten, und in dem angeblich Niemand 
liegen, gefchweige denn fchlafen Fonnte, ift von den Schweden 
1645 verbrannt worden. 


31) Blut aud Brot gefloffen zeigt Krieg an, 


Theatram Europ. Th. III. fol. 719. Andere Beifpiele bei Lehmanın, 
Erzgebirg. Schauplag. S. 851 xc. 





Im Sahre 1016 zeigte ein Landmann zu Meißen an, 
daß, jo oft er und feine Familie Brot abſchnitten, Blut her- 
ausfließe. Dieß bedeutete den im nächiten Jahre geſchehenen 
Einfall der Böhmen unter Herzog Boleslaus ins Meißner 
Land. 

Im Yahre 1636 jchnitt hier ein Schuhmacher Holz und 
e3 jtrömte warmes rothes Blut heraus, dieſes wurde von 
vielen Leuten "gefehen und gefammelt und auf das Rathhaus 
getragen und alſo gedeutet, daß das Meißner Land noch viel 
Blut werde ſchwitzen müſſen. Alfo geſchah es, denn 1637 
folgte der Meißner Brand und die Plünderung der Stadt, 
welche graufig von M. Daniel Schneider, einem Meißner 
Stadtkinde, in feiner 1650 zu Dresden gehaltenen Friedens- 
prebigt befchrieben worden ift. 


32) Bon Bifchoff Krafft's ſchrecklichem Ende. 
Fauſt, Gefchichtbüchlein der Stadt Meißen. ©. 11. 





Im Jahre 1066 ift den 18ten Junius der eben erit 
erwählte Biſchoff Krafft, der gar fehr am Mammon bing 
und feine Zeit meist mit Geldzählen zubrachte, als er einit- 
mal bei feinem Schatze ein gräßlich Gejchrei hören laſſen, 
von feinen herzugelaufenen Dienern ganz allein mit gebroche- 
nem Halfe gefunden worden, und hat man folches den böfen 
Feinde zugefchrieben. 


33) Vom Bifhoff Ido zu Meißen, 
Fauft, Geſchichtbüchlein. ©. 9. 





Der fromme Biſchoff Ido oder Eiho, ein geborener 
Graf zu Rochlitz, ftarb auf der Rückreiſe aus Polen, wohin 
er zur Belehrung der Heiden gezogen war, zu Leipzig (1016). 
Er hatte feinen Tod vorausgefagt und verlangt, man folle 
ihn nicht zu Meißen beerdigen, weil die Stadt noch ganz 
zerjtört werden würde. Gleichwohl hat ihn Markgraf Eckhard 
dort begraben lafjen in der Hoffnung, dadurch das Unglüd 
abzuwenden. Doc iſt fein Leichnam von feinem Better, 
Graf Hermann von Rohlig nach wenigen Jahren gen Colditz 
gebracht und dort in der St. Magnus-Kirche beigefegt worden. 
Darauf ift 1020 die Peſt nad) Meißen gefommen und hat 
fchredlich gewüthet. 


34) Vom heiligen Beneda. 


2. Beccenftein, Theatrum Saxonicum. Jena 1608. Th. IL, ©. 5. sq. 
(Daraus Büſching, Volksſagen. Lpzg. 1820. ©. 181. sq.) 





Neben dem Schloffe Meißen hatte im Jahre 1088 der 
Böhmenkönig Wratislaus I. eine Gegenfeitung angelegt, 
Guozedek genannt, nachdem das Land durch Kaiſer Heinrich IV. 
mit Böhmen vereinigt worden war. Da fam ein böhmifcher 
Edler, Namens Beneda, der aus feinem Baterlande ver- 
bannt war, zum 5. Benno und bat ihn um Aufnahme, die 
diefer ihm auch gewährte. Der Böhmenkönig aber ließ ihn 
auffordern unter ficherem Geleite auf Burg Guozedef zu 
fommen, was jener auch that, allein als diefer fi) von dem 
König mit glatten Worten verleiten ließ, Mantel und Schwert 
abzulegen, da wollte diefer ihn greifen laffen, Beneda aber 
entriß einem Kämmerling fein Schwert und hieb Diejen 
zuerft nieder. Da nun der König allein war, jo verſprach 
er ihn Gnade, wenn er einhalten wollte: Beneda that auch 
Diefes, da drang der König, der mittlerweile fich wieder ge- 


—— 


faßt hatte, ſelbſt auf ihn, wäre aber von ihm getödtet worden, 
wäre nicht die Wache herbeigeeilt und hätte Beneda nach 
tapferer Gegenwehr überwältigt. Hierauf iſt dieſer mit vier 
Pferden zerriſſen und fein Körper am I1lten Juli vor dem 
Eingange zur Domkirche, wo fein Grabftein noch jet ift, 
beerdigt worden; das Grab ungab aber ein Heiligenfchein, 
er machte Todte lebendig, Blinde fehend, Taube hörend, 
Stumme redend und Ausfäpige heil, worauf man feinen 
Leichnam ausgrub, zufammenfegte und in die Kirche nahm, 
wo er dann unter die Heiligen verjegt ward. 


35) Wie Marfgraf Heinrich der Erlauchte zu dem Bei- 
namen der Hammer gekommen: ift. 





Markgraf Heinrich, dem noch bei feinem Leben der Bei- 
name der Erlaudte gegeben wurde, fol, wie Meliffantes 
(Bergfchlöffer in Deutjchland ©. 133) erzählt, den Zunamen: 
Hammer gehabt haben, weil er immer die Worte: daß Dich 
der Hammer! im Munde geführt. Dies wird aus der Stelle 
der Annales Vetero-Cellenses (bei Mencken. Script. Rer. 
Germ. T. II, p. 407) bewiejfen, wo e3 heißt: Henricus Illus- 
tris dietus Lomar et oppidum Dobelin. Aus diefem Lomar 
hat man fpäter Hammer gemacht, aber wahrfcheinlich ift dort 
Lomaz zu leſen und die Stadt Lommatſch gemeint, wodurch 
die Sage in nichts zerfällt. 


36) Ein hölzernes Bild des Erzengeld Michael fingt. 
(2. Fauft), Gefhichte und Zeitbichlein der Stadt Meiffen. 
Dresden 1588. ©. 63. 





Im Jahre 1485 hat zu Meiffen ein großes Sterben ge- 
wüthet und find allein im Klofter Mülberg dafelbft 27 Nonnen 
geftorben. Da nun der Chornonnen zu wenig und ihr Ge- 
jang zu ſchwach war, hat das große hölzerne Bild des Erz- 
engel3 an der Wand ihnen mehrmals mit heller Stimme 
fingen helfen. B 

Gräfe, Sächſ. Sagen. I. 4 


au; DU. — 


37) Der Meiberfeind zu St. Afra. 
Fauft a. a. DO. ©. 25. Die Sage ift bearbeitet von Segnitz Bd. J. ©. 84. 





Al im Jahre 1505 ein Möndh von St. Afra das 
Pfarramt in der Stadt mit verfah, ift er ein berartiger 
Weiberfeind gemwejen, daß, wenn er ein Tüchterlein taufen 
follte, er allezeit fagte: geteufft und flugs erſeufft. Diefen 
hat Gott alfo geftraft, daß, als er einmal auf der Elbbrüde 
ftand und fih an eine Stange des Geländers lehnte, um 
fih umzufhauen, diefe brah und er in die Elbe ftürzte, 
alſo noch einmal felbit, was er den Töchterlein gewünſcht, 
geteufft und erjeufft worden. 


38) Wunderbares Gelüfte einer Frau zu Meißen. 
Fauft a. a. O. ©. 80. 





Im Jahre 1506 hat eine hochſchwangere Frau auf dem 
Marktplage zu Meißen einen Tuchfnappen mit bloßen Beinen 
ftehen ſehen, da hat es ihr gelüftet, drei Biſſe in feine 
Waden zu thun, welches er zweimal geſchehen laſſen, aber 
das dritte Mal nicht, darauf fie von drei Söhnen genefen, 
mit zwei lebendigen und einem todten. 


39) Ein Gottesläfterer kommt im Waffer um, 
Fauft a. a. O. ©. 82. 





Im Jahre 1549 wollten zwei Nonnen aus dem Mül- 
bergiihen Klofter zu Meißen, Chriftiana Falcknerin und 
Apollonia Miüllerin, wie man glaubte, außerhalb der Stadt 
das Abendmahl in einerlei Geftalt genießen, da fie noch dem 
päpftlichen Glauben anhingen. Da hat fie der Fuhrmann 
wider feinen Willen und in aller Böfen Namen aus ber 
Stadt gefahren, auf dem Rückwege aber ift er beim Klofter 
zum heiligen Creuß an einen großen Stein gefahren, bat 


— — 


umgeworfen und alle ſind in die Elbe geſtürzt und bis auf 
ein Pferd umgekommen, die Nonnen aber hat man todt her— 
ausgezogen und in dem Kloſter begraben. 


40) Wunderbare Errettung eines Kindes. 
Grünewald, Meißner Chronik. Hayn 1829. J. S. 184. 


Im Jahre 1565 hat eine Jungfrau ein dreijähriges 
Mädchen aus der Stadt Meißen entführt, als ſie nun an 
das angeſchwollene Flüßchen Triebiſch kam, hat ſie es ent— 
kleidet, nackt durchgeführt und dann wieder angezogen, aber 
trotz Regens und Sturms auf der Erde liegen laſſen und iſt 
davon gegangen. Hier iſt es erſt am Mittage des folgenden 
Tages von einem Landmann auf dem Geſichte liegend, aber 
unverſehrt gefunden worden, und als die bekümmerten Eltern 
das wiedergefundene Kind gefragt, wer bei ihnen geweſen, 
antwortete es, weiße Hundchen hätten es bewacht. 


41) Der Grabſtein des Wolfgang von Schleinitz in der 
St. Afrakirche zu Meißen. 
Fauſt a. a. O. S. 68. 


Wolfgang von Schleinitz, ein ſehr ſchöner Mann Tr), ſoll 
verordnet haben, man folle ihn nicht, wie er bei feinem 
Tode ausfehe, in Stein abbilden, fondern erft, wenn er einige 
Wochen in der Erde gelegen, ausgraben und was er dann 


+) M. Sare, Alphabetum Hist. oder chriftlicher Zeitvertreiber, 
Zwidau 1666, Th. II. ©. 556, fagt, der Junker Wolf von Schleinig 
fei fo fhön von Angeficht geweien, daß man ihn nicht anders als den 
Schönen von Echleinit genannt habe. Damit er num nicht zu ftolz dar- 
über werde, habe er fich iiber feinen Epiegel ein Todtengerippe mit Wür- 
mern und Schlangen ummwunden malen Yaffen, um fich, fo oft er in den 
Spiegel ehe, zu erinnern, daß nad feinem Tode fein Leib der Schlangen 
und Würmer Speife werde, und fo fey er auch auf feinem Grabftein ab— 
gebildet worden. 

4* 


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für eine Geftalt habe, die folle man auf einem Steine ab- 
bilden. Soldhes Bild des den 4. Dftober 1523 geftorbenen 
Ritters ift heute noch in der St. Afrakirche zu fehauen, näm- 
lich ein Todtengerippe, dem am Halfe eine Schlange hängt, 
während Arme und Beine von Schlangen durchzogen find. 


42) Ein feuriger Drake zieht gen Meißen. 
Fauſt a. a. O. ©. 82. 





Anno 1551 ift zu Weinböhle bei Meißen ein großes 
Feuer ausgefommen: aus dem hat man gegen Abend 
einen großen Drachen über die Elbe gen Meißen ziehen jehen, 
der lange feurige Strahlen von ſich gegeben hat. 


43) Die Meißner Hungerrofen. 
Fauft a. a. O. ©. 86. Cur. Sax. 1759. &. 195 sq. Anderes f. 6. 
Kamprad, Leisnig Chr. ©. 596. Dresd. Mag. Bd. I. ©. 300. 


Bei der Stadt Meißen hat man etliche Male auf Weiden- 
bäumen ein jonderbares Gewächs gefunden, eine Art Blumen 
an einem langen Gtiele, holzfarbig und fo hart wie ein 
Hobelipan. Weil nun jedes Mal, wenn man foldhes gefun- 
den, ein ſchweres theures Jahr folgte, hat man jenes bie 
Hungerrofen genannt. Zu Borten bei Dresden und Höllen- 
dorf bei Königftein find im Jahre 1759, dort auf einer Linde, 
bier auf einer Weide folde Roſen gewachſen, und hat man 
dies als eine Vorbedeutung langen Friedens angejehen. 





44) Die tapferen Weiber von Meißen. 
Albinus, Meißniſche Landchronica. Dresden 1589. Fol. S. 121. 


Am 1äten Septbr. des Jahres 1015 hat Mefico, des 
Herzogs Boleslai in Polen Sohn, die Stadt Meißen“ be— 
lagert, da gleich Niemand unter den Marfgrafen daheim 





u ER; 


geweſen. Damals haben die Feinde der Stadt am heftigiten 
beit der Wafferburg zugejegt und daſelbſt allbereit zween 
Thürme angezündet gehabt, welche die Weiber in Eil und 
in Mangel des Waſſers mit Meth gelöſchet. Da nun Me- 
fico von einem nahen Berge gejehen, daß fi die Bürger 
jo tapfer gemwehret, auch daß viele von den feinen umgefom- 
men, hat er fie vom Belagern und Stürmen wieder ab- 
gerufen: darauf ift die Elbe des Nachts jo ſehr gewachſen, 
Daß fich die Polen beforget, fie möchten das Ihre ober dem 
Waſſer verlieren, fih derowegen davon gemadt. Wegen 
dieſer Gefhichte und wunderlichen Errettung der Stadt Meißen 
hat man hernach jährlih den Tag Mariä Geburt feierlich 
begangen, bis zu Mannes Gedenken, daß nämlid) die Manns- 
perjonen alle aufs Rathhaus, die Weiber aber ins Bürger- 
wmeifters Haus zuſammenkommen, von dannen fie miteinander 
in die Kirche gegangen find und Gott und nach berfelben 
Zeit Gebrauch unferer lieben Frau für folche gnädige Abwend- 
ung ber Feinde Gewalt gedanket und um ferneren Schuß 
gebeten haben. Mit den erften Jahren der Reformation hat - 
jedoch diefe Prozeflion wieder aufgehört. 


45) Die Bettelmanndfirche zu Meißen. 


Hofmann, das Meifner Niederland. Dresd. u. Leipz. 1849. ©. 485 sq. 
Poetifch bearb. v. Segnitz. Br. I. ©. 9. sq. 





Auf der füdöftlichen Seite von Meißen erhebt fich ziem- 
lich fteil der fogenannte Wlofjenberg, deſſen weſtlich vor- 
fpringender Theil jedoch den Namen Martinsberg von der 
dieje Höhe frönenden, 1570 zum Klofter St. Afra gehörigen 
Begräbnißfirche zu St. Martini (für die Bewohner der Dörfer 
Bockwein und Lerhe) Hat. Die Entftehung derfelben wird 
verſchieden erzählt. Nach einigen joll nämlich ein Ritter auf 
Schloß Siebeneichen bei Meißen fieben Söhne gehabt haben, 
deren einer Namens Martin ins gelobte Land 309, um für 
die von feinen Vorfahren begangenen Unthaten am Grabe 


—— U: 


des Erlöjers Verzeihung zu erflehen. Nach langen Herum- 
irren in der Fremde kehrte er endlich in fein Vaterland zurück 
und joll auf dem genannten Berge ein Bilgerhaus zur Auf- 
nahme für Arme und Kranke geftiftet haben, welches, freilich 
in ausgearteter Geftalt — es war zu einer Freiftätte für 
alles Liederlihe_Gefindel geworden — bis zum J. 1520, 
unter dem Namen „der elende Kretiham (d. h. Herberge für 
elende Pilger)” am Fuße des Berges (zwifchen der Salznieder- 
lage und dem jetigen Gafthof zum goldenen Schiff, mwelder 
um 1531 die Gaftgerechtigfeit von ihm erhielt) beftand. Mit 
diefem war aber eine Kapelle vereinigt worden, welche dem 
h. Martin geweiht war, der auh auf einem alten Altar- 
gemälde darin abgebildet war, wie er feine Kleider (nach 
der Legende) zerreißt und unter die Armen vertheilt. — 
Einer anderen Urſache fchreibt aber eine von der eben mit- 
getheilten abweichende Sage die Entftehung der Kapelle zu. 
E3 lebte nämlich in der zweiten Hälfte des 1dten Jahr— 
hundert3 zu Meißen ein waderer Bürgersmann, Namens 
Martin, feines Zeichens ein Maurer, der faft allen feinen 
Verdienſt zur Unterftügung der Armen verwendete. Derjelbe 
war aud mit unter den von dem Baumeifter Arnold von 
Meftphalen zur Erbauung der Albrechtsburg (1471—83) 
verwendeten Werkleuten, ftürzte aber eines Tags von einem 
Gerüfte herunter und ward in Folge diejes Falles, der ihn 
lange an's Kranfenbett feffelte, zum Bettler, da er alle jeine 
früheren Kräfte verloren hatte und contract geworden war. 
In Folge davon mußte er betteln gehen, und jo floß denn, 
wenn er auf den Stufen des Doms, auf Krüden geftüßt, 
die in’8 Gotteshaus Eilenden um Almofen anflehte, mande 
reichlihe Gabe in feinen Bettlerhut. Siehe da kam die Peft 
mit ihren Schreden, und Vater Martin ging nun in ben 
angeſteckten Häufern herum und bradte den Kranken, welche 
oft ihre eigenen Verwandten mieden, Troft, Abwartung und 
Hilfe, jo daß mandes Menfchenleben Lediglich durch feine 
Thätigfeit gerettet ward. Nachdem nun die Krankheit ge- 
wichen war, da ſchoſſen Rath und Bürgerfchaft eine erfled- 


lihe Summe zufammen, um ihm der Stadt Dankbarkeit zu 
beweifen. Martin aber lebte als Bettler fort und erbaute 
von dem ihm geſchenkten Reichthume die Martinskirche, welche 
nah ihrem Erbauer auch die Bettelmannskiche genannt 
ward, und zum Andenken wurden in einen Steine im 
Innern der Kirche zwei KrüdenT) eingehauen, welche für 
ewige Zeit an ihren Träger erinnern follten und noch zu 
jehen find. 


46) Der Dombrand zu Meißen. 


Ebert, der Dom zu Meißen. Meißen 1835. ©. 131. Ad. Rempe, 
Calendarium Saxon. Fol. 117. Ziehnert Bd. III. ©. 277. 





Am 2öften April des Jahres 1547 ftimmten die Dont- 
herren zu Meißen wegen der Gefangennehmung des unglüd- 
lichen Churfürften Johann Friedrich zu Mühlberg den Am- 
brofianifchen Zobgefang bei voller Mufif und unter Läutung 
aller Gloden an. Da flug bet völlig mwolfenleerem Himmel 
der Blig in die Domkirche. Der zündende Bligftrahl fuhr 
in die vorderiten drei hohen prächtigen Hauptthürme, durch 
das Gewölbe der Kirche in bie Orgel, von da in bie fürft- 
liche Begräbnißfapelle und hier wieder heraus auf des Dom- 
herrn Dr. Hildebrand Günthers, eines berühmten Arztes 
(k 1483) Grab, wo er durch die linke Achfel des auf der 
meſſingenen Platte befindlichen Bildniffes eine Deffnung von 
Speciesthalergröße machte und hier erloſch. Nichtsdeftoweniger 
brannten die Thürme zufammen, ftürzten neben bem Ge— 
wölbe herab, zertrümmerten viele der alten Monumente, die 
Gloden und die Drgelpfeifen zerfchmolzen und auch das Kirch— 
dab ging in Feuer auf. Daher kommt es, daß jegt nur 
noch ein hödriger Thurm ftatt dreien übrig tft, in den es 
übrigens, trogdem daß er ganz burcchfichtig ift, nie regnet, 


7) Die fpätere Zeit hat die Krüden für Paniere erklärt, welche be— 
zeichnen follten, daß unter dem betreffenden Steine die Stiftungs-Urkunde 
der Kapelle verwahrt fei. 


denn das Wafler läuft aus den Nahen der Hunde, welche 
an den Eden des Thurmes ftehen, heraus, ohne in den 
Thurm zu fallen. 


47) Das böfe Quiproquo im Schloſſe zu m 
Berlenmeyer I. ©. 642. 





Sonſt befand fih, wenn man die Treppe in der Alb- 
rehtsburg herauffam, eine fonderbare Hiftorie in die Wand 
eingehauen. Es war einmal eine Marfgräfin, welche nicht3 
lieber jah, al3 blaue Violen, und demjenigen, jo ihr im 
Frühjahr die erite zeigen konnte, eine jchöne Verehrung gab: 
es ward auch dieſes freudige Ereigniß allemal mit Trom- 
peten- und Paukenſchall befannt gemadt. Als nun einft- 
mals ihr Hofmeifter die erfte Viole erblidte, dedte er im 
Garten feinen Hut darüber, ging zur Markgräfin, dieſelbe 
mit ihrem Frauenzimmer hineinzuführen und ihr das Viol- 
blümlein zu überliefern. Unterdeffen hatte ihm aber ber 
Hofnarr das Spiel verborben und zu feinem Schimpf und 
Spott eine ganz andere Blume unter den Hut gelegt. Diefe 
Geihichte hörte hier zu Meißen ſchon im 16. Ihrh. ein ge- 
wiſſer Philipp Hainhofer (ſ. Hormayr's Tafchenb. 1838. 
6.256.) Sie ift auch dramatifch in dem altdeutichen Nithard- 
jpiele bei Keller, Faftnachtipiele Bd. I. S. 411 x. und von 
Hans Sachs in einem Faftnachtsipiele (W. Bd. IV. Th. IIL) 
behandelt worben. 


48) Woher der Name: Der dumme Junge von Meißen? 


W. Schäfer, der Judenkopf al3 Helmkleinod im meißnifchen Wappen, in d. 
Sachſenchronik 8. II. 9. U. u. Sachſengrün 1861. II. Jahrg. ©. 24 fgg. 


Wenn man früher Fremden die Porzellanfabrif zu Mei- 
Ben zeigte, fo führte man fie auch in ein übrigens ganz 
leere8 Zimmer, in deſſen Winkel eine Porzellanfigur ftand, 
weldhe einen 12—14jährigen Knaben in natürlicher Größe 
Darftellte. Trat man nun aber auf eine gewiſſe Diele, unter 
der eine Feder war, welche mit jener Figur in Verbindung 





u ER 


ftand, fo ftedte jener Knabe die Zunge heraus, wie e3 bie 
chineſiſchen PBorzellanpagoden noch jegt machen, wenn man 
ihren in einem Gewichte gehenden Kopf in Bewegung feßt. 
Diefen Borzellanjungen, von dem ein zweites Eremplar auch 
auf dem Schlofje Hubertusburg ftand, nannte man den dummen 
ungen von Meißen. Gleichwohl ift diefer Spottname wahr- 
fcheinlich weit älter und bezeichnet den befannten Judenkopf 
im Wappen der meißnifchen Markgrafen. Hier fommt derfelbe 
ohngefähr erſt jeit 1349 vor, wo biefelben die Belehnung 
mit dem Judenſchutz vom Kaifer erhielten. Das Volk, welches 
die Bedeutung des Judengeſichts mit der Schellenfappe nicht 
begriff, legte der Figur jenen Beinamen bei, und fo ent- 
ftand aus dem dummen Juden von Meißen ein dummer 
unge von Meißen. Sonderbarer Weiſe haben aber bie 
Juden jegt noch ein freilich entgegengefehtes Sprichwort von 
den Weifen zu Meißen, welches ſich auf den Sanhedrin, den 
fie früher bier beſeſſen haben follen, bezieht. 


49) Räthſel von der Stadt Meißen. 
Peccenftein, Theatrum Sax. II. ©. 4. Curiosa Saxon. 1732. ©. 72. sq. 
289. sq. Berlenmeyer, Neuvermehrter Curieuser Antiquarius. Hamb. 
1720. I. p. 642. 


Bon den Merkwürdigkeiten der guten Stadt Meißen 
eriftiren verjchiedene Gedächtnißverſe in lateinischer und deut— 
jher Sprade. Wir fegen hierher al$ Probe des Meißner 
Poeten Johann Gottlob Kittel Reime, die freilich fchlecht 
genug find. Gie lauten alfo:. 

Schloß, Dom, Thurm und Fürſten-Gräber, Porcellan, Gewölbe, Wein, 
Schule, Brüde, guter Brunnen, Fröfche, die verftummet fein, 
Die eilf Stücke fchreibt von Meiſſen Fama felbft in Marmor ein. 
Es giebt aber auch einige Näthfel von der Stadt felbit; das 
erſte heißt: 
Wo ift der Berg, darauf drey Schlöffer ftehen 
Und nebenher drey Wäſſer gehen? 
Die drei Flüffe nämlich follen die Elbe, die Meiße, von der 
ganz Meißen den Namen haben fol, ob fie gleich jehr Elein 





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it, und die Triebiſch fein. Die drei Schlöffer find die noch 
vorhandene Albrechtsburg, das burggräfliche, welches durch 
die Zeit, und das bifchöfliche, das duch Brand zerftört ift. 

Ein anderes Räthfel lautet: Wo find drei Schlöffer auf 
einem Berge? ein Dörflein in einem Graben? und eine 
Brücke, die höher ift, alS die Thürme in der Stabt? 

Das ift Meißen, denn auf dem Berge liegen bie drei 
ihon erwähnten Schlöffer, das Dorf ift hier in dem Stadt- 
graben erbaut, und die Brüde auf der Albrechtsburg, welche 
den Schloßberg und den St. Afraberg verbindet und unter 
der ber Weg nad Lommatſch und Freiberg geht, liegt höher 
als der Thurm der Stadtkirche. 


50) Der Götterfelfen bei Meißen. 
Hofmann, das Meißner Niederland. ©. 534. 





Einer der angenehmften Spaziergänge der Bewohner der 
Stadt Meißen führt. nad dem Buſchbade im Triebifchthale. 
Hoch über dem Thalgrunde, der bier fürmlich zum Kefjel 
wird, erhebt fih ein Fels, deſſen höchfte, fteil abfallende 
Kuppe ein hohes eifernes Kreuz ziert. Diefen nennt man 
den Götterfelfen (Götterberg). Diefer Fels fol feinen Namen 
davon haben, daß die Hermundurer auf ihm ihre Opferfeite 
hielten, und wahrjcheinlich haben hier die Sorben ihren guten 
Gott, den Dobribog verehrt, wofür der Name des nahe ge- 
legenen Dorfes Dobritz ſpricht. 


51) Weißes Hemde im Traum gejehen bedeutet Tod. 
Lehmann, Obererzgebirg. Schauplag S. 791. 


. Am eilften März des Jahres 1679 ift in der Stadt 
Meißen ein jänmerlicher Erdfall gefchehen, da die Tuchmacher 
ihre nafjen Tücher auch an Sonn- und Feittagen ausgefpannt, 
und 11 Perfonen find dabei verunglüdt. Eines Schäfers 
Tochter fang mehrere Abende und Morgen zuvor etliche 
Sterbelieber, und es träumte ihr, die Mutter zöge ihr ein 





— 6 — 


weißes Hemde an und ſetze ihr einen Roſenkranz auf, der 
bald verwelkt wäre. Sie ſetzte an dem genannten Tage ihr 
Klöppelkiſſen bei einer Nachbarin nieder und deckte es mit 
einem Tüchlein zu, ging dann in das Häuschen, wo fie um— 
gefommen ift, und hat man nachher auf ihrem Klöppelfifflein 
Erde geftreut gefunden. 


52) Die befrunfenen Thiere zu Meinböhle, 
Grünewald, Meißner Ehronit Bd. II. ©. 228. Hofmann ©. 461. 





In dem gefegneten Weinjahre von 1783 hatte ein Wein- 
bauer zu Weinböhle (oder Warnsdorf) bei Meißen nicht Ge- 
fäße genug, der Moft überſchwemmte die Preſſe, er fchüttete 
ihn aljo in ein Faß, aus welchem das Vieh getränft ward. 
Durch irgend ein nothwendiges Gejchäft abgerufen, kehrt er 
zur Preffe zurüd, und unterdejjen fommt das Vieh, um an 
den gewohnten Ort zu faufen, findet aber ftatt Wafjer den 
füßen Moft, den es gierig einjhlürft. Luftig und halb be- 
trunfen fpringen die Kühe auf dem Hofe herum, die jungen 
Dchfen feuert das Traubenblut zum hitzigen Gefechte an, 
fie ftürzen gegen einander und werfen dabei den Kübel, die 
Duelle ihres Raufhes, um, und als der Bauer, duch den 
Lärm erſchreckt, zurücdkehrt, findet er fein Vieh wie toll herum- 
taumelnd und den Boden ſchlüpfrig und gefärbt vom NRebenfafte. 


53) Der Traum des Georg von Schleinig. 
Mifander, Deliciae Biblicae IV. P. II. p. 658. 





Ein Edelmann, Georg von Schleinig, aus dem gleich- 
namigen, in Meißen hochgeehrten Gejchlechte, welcher zu 
Marburg und Wittenberg etliche Jahre ftudirt, hatte fich mit 
einer fchönen Jungfrau aus dem Haufe Wiedenthal ver- 
ſprochen, und e8 follte nach Oſter ndie Hochzeit angeftellt werben. 
E3 trug fih aber zu, daß die Faftnacht zuvor viel Volk von 
Adel auf gedachtes Haus zufammen famen, und als fie luſtig 
waren, gingen etliche Edelleute hin, vermummten fih, zogen 


— 6—o — 


viel zottige Bärenhäute an, behingen ſich mit Werg und 
Pech und kamen alſo mit Fackeln tanzend unter das Frauen- 
zimmer. Unter dem Tanzen aber nimmt einer von Abel, 
jo zugegen war, ein Licht von einem Leuchter, wirft folches 
unter die Tanzenden, und hiervon entzünden fie fich unter 
einander jo jählings, daß die meiſten töbtlich verbrannt 
wurden, die Braut aber, die mit ihren langen Kleidern über 
den Bräutigam gefallen, hat fi an ihrem Leibe fo heftig 
verbrannt, daß fie nach wenigen Stunden nebſt ihrem Lieb- 
haber nad) erlittenen vielen und unausſprechlichen Schmerzen 
jämmerlich geftorben. Außer den vorigen find aber noch 
fünf andere vornehme adelige Perſonen, jo das Feuer zu 
dämpfen getrachtet und fich dabei höchlich verlegt, nach Furzer 
Zeit des Todes verblichen, der Bräutigam aber und bie 
Braut find in der Kirche zu Wiedenthal in ein Grab gelegt 
worden. Hierbei ift aber zu bedenken, daß der Bräutigam 
fünf Jahre zuvor diefes Unglüd zu Marburg geträumt. Es 
däuchte ihm nämlich, daß er zu einem wilden Bären geworben 
und in einem großen Walde wäre, welcher angezündet und 
in Grund verbrannt würde, daraus er nicht entfliehen könne; 
und obihon Jungfrauen mit Waſſer gelaufen kämen, ſolch 
Feuer zu dämpfen, jo wäre e8 doch nicht zu löſchen gemefen, 
fondern er jei im Walde verbrannt. Ueber diefen Traum 
haben damals viele gelehrte Leute ihr Bedenken gehabt, doch 
feiner hat feine Bedeutung ergründen können, bis der traurige 
Ausgang die Erklärung felbft gegeben. 


54) Der Geift im Keilbufche bei Meißen, 
Mindlih und bei Hofmann, ©. 204. 





Auf dem linken Ufer des hier ziemlich eingeengten Elb- 
thales zieht jih von der fogenannten Drofjel unterhalb 
Meißen, ohngefähr eine Stunde weit bis zur Felsede über 
dem Spithaufe nah dem Schieriger Thale eine größtentheils 
der Landesſchule Meißen gehörige Holzung, der Keilbufch ge— 
nannt, hin. Hier haben fich feit langer Zeit bis in's 18. Jahr- 


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hundert Räuber aufgehalten und eine Menge Frevel verübt, 
auch im Jahre 1590 den von Meißen zurüdkehrenden Pfarrer 
aus Zehren, Matthiad Hauptmann, ermordet. Die Geifter 
der Ermordeten follen bier umgehen, es läßt fi aber auch 
einer an der Nidelsbrüde jehen, angeblich der dorthin ge- 
bannte Geift eines vor vielen Jahren verftorbenen Meißner 
Arztes, der vorher feine Kinder täglich genöthigt hatte, fein 
Grab zu befuhen, und dem alltäglich) von Meißen ein Barbier, 
der mit ihm dajelbft viel Umgang geflogen hatte, Nachricht 
bringen mußte, wie es dort zugehe. Im Keilbuſche foll jeßt 
noch ein gejpenftiges Kalb umgehen, wie im Heiligen Grunde, 
Meißen gegenüber, ein Hund. 


55) Karraß in der Naſſe. 
Poetiſch beh. b. Hofmann, ©. 476. sq. 


Sn der Nähe der Dörfer Oberau und Niederau bei 
Meißen befindet ſich eine 1’/, Stunde lange und 1 Stunde 
breite, meift aus naffen und mioraftigen Wiejen beftehende 
Fläche, welche die Naſſau oder Nafje genannt wird. Einige 
Fluren derjelben gehören zum Nittergute Proſchwitz, und eine 
Art Borwerf, die fogenannte Mildhinfel, ift das einzige auf 
diefer öden Stelle gelegene bewohnte Gebäude. In der Nähe 
befjelben erblidt man eine fchanzenartige, mit Gräben um- 
zogene Eleine Anhöhe, das alte oder verwünfchte Schloß ge- 
nannt, welches wahrjcheinlih von einem Ritter aus dem 
Gefchlehte derer von Naffau angelegt worden ift und ber 
ganzen Gegend den Namen gab. Einft haufte hier ein Raub- 
ritter (wahrſcheinlich aber nicht Frigold von Nafjau, der 1335 
auch das nahe gelegene Gröbern bejaß und als ein Wütherich 
gefhildert wird, fondern ein Karraß, dem diefes Schloß eben- 
jo wie die zu Gröbern und Coswig gehört haben foll), der 
wie ein zweiter wilder Jäger, gleichviel ob es Feier- oder 
Werktag war, mit feinen Genofjen die Umgegend der Jagd 
wegen durchſtreifte und weder Saaten noch Pflanzungen 
feiner Unterthanen ſchonte, den Waifen ihr bischen ererbtes 





— —— — 


Vermögen nahm und die ſchönſten Mädchen aus der Um- . 
gegend raubte und auf feine Burg fchleppte, wo er feine 
Luft an ihnen büßte und fie dann im Burgverließe umkommen 
ließ. Endlich vermochten feine Nachbarn jein Treiben nicht 
länger ruhig mit anzujehen, fie zogen gegen ihn und jchlugen 
in den Triften der Nafjau ihn nach erbittertem Kampfe auf’3 
Haupt. Er felbft floh mit den wenigen Reften feiner Mannen 
auf fein Schloß, fiehe da zog ein furchtbares Wetter heran, 
und mit Graujen fahen die noch auf dem Schlachtfelde 
lagernden Gegner, wie bei einem mächtigen Donnerichlag und 
Blitz das Schloß mit allem, was darinnen war, verjanf. 
An diefer Stelle läßt fih nun noch jet zumeilen ein hohl 
äugiges Geſpenſt jehen, welches bald zu Roß, bald zu Fuß 
die wüſten Fluren wehklagend durcheilt, — aber aud die 
Geifter der von ihm umgebrachten Unfchuldigen haben feine 
Ruhe, man erblidt fie des Nachts, wie fie als Irrlichter 
über den Boden fliegen. 


56) Der verfteinerte Menfch bei Diespar, 
Mündlich. 


Wenn man von dem Dorfe Diespar nach Seußlitz in 
der Nähe von Meißen geht, erblickt man einen hohen Felſen, 
deſſen edige Kante einem Menfchengefichte gleiht. Das Volk 
erzählt ſich, es hätten in einer nahegelegenen Schlucht zwei 
Brüder gewohnt, die das NRäuberhandwerf getrieben, aber 
beide ein Mädchen geliebt hätten, über deren Befig fie in 
Streit gerathen wären. Das Mädchen habe aber endlich 
einem berjelben den Vorzug gegeben, und dieſer habe feine 
Geliebte über die Elbe auf der fogenannten Diebsfähre ge- 
führt, fein Nebenbuhler aber, als er das gejehen, habe ſich 
aus Verzweiflung vom Berge herabftürzen wollen, ſei aber 
von einem Zauberer in einen Felfen verwandelt worden. 


57) Der Niefenftein in der Naſſau. 
M. Griinewald, Meifiner Chronif. Hayn 1829. Bd. I. Anhang ©. 34. 


Auf dem Keilenberge bei Königsbrüd, der jegt zum An- 





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denfen des Königs Friedrih Auguſt des Gerechten ber 
Auguftusberg heißt, wohnten in grauer Vorzeit Niefen, welche 
mit einer andern Riefenfamilie auf dem Kulmberge bei Dichag 
in Unfriede lebten und fih mit Niefentannen und Stein— 
waden von vielen Gentnern warfen. In beiden Familien 
war aber je ein Jüngling zur Freude feiner Eltern über alle 
feine Verwandten an Größe und Schönheit hervorragend, 
und beide liebten ein Mädchen, die ſchöne Tochter des Fürften 
des Elbgaues, Bila, der da, wo jet das Dorf Zabel liegt, 
auf einer Felfenburg thronte. Die Jungfrau erwiderte aber 
die Liebe der Rieſenſöhne nicht, und als diefelben bei ihrem 
Vater um ihre Hand warben, da gab ihnen diefer die aus— 
weichende Antwort, fie möchten dieſelbe erſt zu verdienen 
ſuchen. Es hatte aber ein Anderer das Herz des Mägdleins 
gewonnen und zwar ein armer Hirte, der die Lämmer defjelben 
an den fonnigen Höhen des Golkgebirges weidete und einft, 
als die Prinzeſſin am Ufer des dort fließenden Gaſerbaches 
(derjelbe ergießt fich unterhalb der jetzigen Neumühle in die 
Elbe) eingejhlummert war, eine giftige Schlange, welche 
eben im Begriff war, diejelbe zu ftechen, erfchlagen hatte. 
Die aus dem Schlummer aufgejchredte Bila, welche eben von 
dem Jüngling geträumt, ſah in ihm nun ihren Retter und 
verſprach ihm auch voll Dankbarkeit Herz und Hand. Lange 
blieb aber das Geheimniß der Liebenden den beiden Niefen 
nicht verborgen; einst fahen fie ihn feiner Bila, welche an 
jener Stelle des Baches auf ihn harrte, entgegen gehen, da 
erhoben beide, jener auf dem Keilen-, diefer auf dem Kulm- 
berge ungeheure Steinblöde und fchleuderten fie ihm entgegen, 
er aber blieb unverfehrt, denn er ftand unter dem Schuße 
der Götter, weil er fromm und gut war. Ms nun der alte 
Fürft das Begebnif erfuhr, da nahm er ihn als Eidam an 
und errichtete zum Dank gegen die Götter auf einem dieſer 
Steine eine Opferſtätte. Diefer Stein ift unterhalb Zabel 
auf Golfer Revier noch jegt zu ſehen: er führt den Namen 
Goſe (Opferftätte), das gemeine Wolf nennt ihn aber den 
Niejenftein. Ein zweiter Riefenftein aber am Saume der 


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Naſſau giebt Zeugniß von dem grimmigen Kampfe, in welchem 
die beiden Riefen, nachdem fie fich die Schöne Bila für immer 
entriffen ſahen, unter fich felbft entbrannten und bei welchem 
der Sieger den Beſiegten nur noch kurze Zeit überlebte. 


58) Woher das Wappen derer von Schönberg entftanden fei? 
Grünewald, Meißner Chronif Bd. I. Anhang ©. 87. 


Sn einem alten handſchriftlichen Wappenbuch findet fich 
folgende Erklärung über den Ursprung des uralten meißni- 
ſchen GejchlechtS der Schönberge. Es foll ein Ritter aus 
diefer Familie einft ins gelobte Land gezogen und auf der 
Sagd an einem Fluffe, deffen moraftige Ufer mit Schilf be- 
dedt waren, von einem Löwen überfallen worden fein. Dem 
hat der tapfere Ritter fo zugejegt, daß er verwundet und 
brüllend vor Schmerz fih in den Schilfwald zurücdzog, der 
Schönberg aber hat nicht abgelaffen, jondern ift ihm gefolgt 
und hat ihm bier den Todesftoß gegeben. Wie nun der Löwe: 
verendet und von ihm aus dem Morafte gezogen war, da 
fand es fih, daß er zur Hälfte mit Meerlinfen bedeckt war 
und grün ausfah. Der Nitter hat hierauf zum Andenken an 
dieſe Begebenheit in jein Wappen einen Ffämpfenden Löwen, 
defjen Unterleib grün, der Oberleib aber roth ift, aufgenommen. 





59) Warum die Familie derer von Bünau nur drei beftimmte 
Zaufnamen führt und woher ihr Wappen rührt, 


König, Sächſ. Adelshiſt. Bd. II. S. 211. Peccenftein Theatr. Sax. I. ©. 50. 
Sadjfengrün II. Jahrg. 1801. ©. 50. 


Zur Beit als das Fauftrecht die Deutſchen Gauen unficher 
machte, fanden fich doch auch Ritter, welche diefem Unmefen zu. 
fteuern fuchten. Einer diefer wadern Ritter, welcher fih auf 
einer Aue angefiedelt hatte, focht tapfer gegen die Wege- 
lagerer und da die Spiße feiner Lanze nie ihr Ziel verfehlte 
und tödtlich ftach, jo pflegte man zu jagen, der Ritter auf 





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der Aue fteche wie eine Biene, woraus man den Namen 
Bienaue 309, der fi fpäter in Bünau umformte. Die 
Familie der Bünau's war in ihren Seitenlinien fo zahlreich 
geworden, daß allein in der Schlacht am meißen Berge 
200 Bilnauifche Ritter gefallen fein follen. In Folge davon 
ftarb aber auch das Geſchlecht bis auf drei Glieder aus, 
welde die Namen Günther, Heinrich und Rudolph führten. 
Diefe drei gelobten nun, daß fünftig jeder neu entftehende 
Sproß einen diefer Namen führen folle, und fo ift es aud) 
geblieben. 

Man erzählt nun, daß ein Heinrich von Bünau, weldher als 
Erzbifchoff und Ehurfürft von Mainz einft eine Kaiferfrönung 
vollzogen hatte, von dem Kaifer Konrad IIL die Erlaubniß 
erhielt, dem Wappen feiner Familie ftatt des zweiten Helmes 
den Kurhut aufjegen, den Nachkommen feines Stammes nur 
die Führung der Namen: Günther, Heinrich oder Rudolph 
erlauben und das Geld, welches er dur die Verwaltung 
feines Bisthums erworben, den Seinen vererben zu dürfen. 
(Seitdem ift das Bünau'ſche Wappen ein vierfach getheilter 
Schild, der in zwei Abtheilungen vieredig marlirte Felder, 
in den andern zwei Löwenköpfe über einer Lilie erhält, der 
Rurhut mit zwei Pfauenfedern und ein Helm mit zwei auf- 
‚ftrebenden Flügeln geſchmückt ftehen auf der obern Kante 
des Schildes.) Dies habe der Kaifer bewilligt, und aus dem 
Gelde, das fih auf etlihe Tonnen Goldes belaufen, feien 
acht Stammhäufer der Familie, zwei in Böhmen, zwei in 
Meigen, zwei in Thüringen und zwei im Boigtlande an— 
gekauft worden. 


60) Die Sage vom Fahnenträger zu Scharfenberg. 
S. Sachſengrün 1861. ©. 118. Poetiſch beh. b. Ziehnert III. S. 108. 


— 





Auf dem Hofe des Schloſſes Scharfenberg bei Meißen 
ſteht noch heute das Bild eines geharniſchten Mannes mit 
dem Wappen derer von Miltitz, in deren Beſitze das Schloß 


ſeit dem vierzehnten Jahrhundert bis 1854 war. Dieſe 
Grähße, Sächſ. Sagen. I. 5 


eu — 


Statüe fol den Fahnenträger einer ſächſiſchen Beſatzung vor- 
ftellen. Als diefer nämlich im dreißigjährigen Kriege das ihm 
anvertraute Banner gegen die ſtürmenden Schweden fo lange 
vertheidigt hatte, bis ihn die Feinde bis auf die äußerfte 
Spite des Walles drängten, jo ftürzte er fich mit der Fahne 
vom Felfen herab, allein Gott hielt feine Hand über ihn und 
er fam famt dem Banner glüdlich davon. 


61) Die Entdeckung des Silberbergwerks zu Scharfenberg. 
Peccenftein, Theatrum Saxon. Th. II. ©. 6. 


Das Schloß Scharfenberg, welches feinen Urſprung bis 
auf Kaifer Heinrich den Finfler (934 n. Chr.) zurüdführt, 
foll jeinen Namen von dem Gilberbergwerf, welches hier 
ſtark „geſchurfft“ worden fei, haben. Eines Tages tft näm- 
lich Markgraf Heinrich der Erlaudhte hier auf der Jagd ge— 
weſen, da hat fein Roß einen Stein mit dem Fuß in die 
Höhe geftoßen, deſſen Glanz jo ausnehmend jchön geweſen, 
daß der Fürft abgeftiegen und felbigen aufgehoben, dann aber 
durch Gefchworene zu Freiberg hat probiren laſſen, da ſich 
denn befunden, daß es gut Silbererz gemejen. Hierauf hat 
der Markgraf bier einfahren laffen und den Berg dafelbft 
fo reich an Silbererz und Blei gefunden, auch davon folche 
Ausbeute erlangt, daß man fagte, er könne mit folcher und 
was ihm aus Freiberg zugefonmen, ganz Böhmen, wenn es 
zu verkaufen wäre, mit baarem Gelde bezahlen, inmaßen 
er ſich alſo bereichert hat, daß er damals für den gewaltigften 
Fürften gehalten und von Kaifer Friedrich II. jo geſchätzt 
worden ift, daß diejer feinem Sohne Albert feine Tochter 
Margarethe zum ehelichen Gemahl gegeben hat. 


62) Der Todtenkopf zu Batzdorf. (Drei Sagen.) 
Mündlich. Poetiſch behandelt von Hofmann, das Meifiner Niederland. 
©. 585. sq. und von Ziehnert Bd. III. ©. 19 sq., der aber die Begeben- 
beit in das ebenfall3 zu Scharfenberg gehörige Vorwerk Pegenau fett. 
In Profa erz. v. Winter in d. Conftit. Zeit. 1852. 31. Octbr. ©. 1043 x. 


Auf dem Nittergute Batzdorf, welches auf fteiler Höhe 





mi BE ie 


zwiſchen Siebeneihen und Scharfenberg liegt, ſieht man in 
dem fogenannten Kornhaufe, einem Wirthſchaftsgebäude, einen 
verwitterten, an eine Kette angejchlofjenen Todtenkopf in 
einer fchrankartigen Vertiefung ftehen, von dem folgende 
ſchaurige Geſchichte erzählt wird. Es verſah im dortigen 
Nittergute einft ein Ochjenjunger) einige Zeit die Stelle eines 
Küchengehilfen und zeigte ſich ftet3 als einen anitelligen, 
ordentlichen Arbeiter. Da kommt eines Tags dem Koche ein 
filberner Löffel weg, und da er fich nicht wiederfindet, fo 
fchöpft man Verdacht auf den Jungen, bringt ihn auch, da 
er nichts geftehen will, auf die Folter, und als er hier vor 
Schmerzen fich ſchuldig befennt, wird er zur Hinrichtung ver- 
urtheilt. Als er nun auf dem Schaffot fteht und der Nach— 
richter fich bereitet, feine Pflicht zu thun, da ruft jener 
nochmals Gott zum Zeugen feiner Unfhuld an und bittet 
ihn, zum Beweife, daß er ungerecht verurtheilt worden ei, 
fein Haupt niemals aus jenem Haufe entfernen zu laſſen. 
Wie nun fein Kopf gefallen und mit dem Körper, wie man 
meinte, weggebracht worden war, da findet man plößlich den 
erftern in der Küche, wo jener Diebftahl vorgefallen war, 
wieder, und obgleich man ihn viele Male wieder eingegraben, 
ja jogar in die Elbe geworfen, immer ftand der Kopf den 
andern Tag wieder an feinem frühern Orte, bis man endlich 
es aufgab, ihn los zu werden und ihn in jener Nifche ein- 
mauerte. Uebrigens entdedte man kurz nach der Hinrichtung 
des Unglüdlichen den wahren Dieb, indem der Dachdeder bei 
Ausbefjerung der Eſſe ein Eliter- oder NRabenneft fand, in 
welchem der diebifche Vogel das geftohlene Gut verftecdt hatte. 


+) Nach einer andern Sage war ed der Sohn eines Freundes des 
Burgheren, den diefer nach dem Tode feines Vaters bei fih aufgenommen 
hatte und feinem eigenen Sohne vorzog, der dann aus Rache den Siegel- 
ring feines Vaters entmwendete und in die Truhe des fremden Junkers 
verbarg. Das Weitere ftimmt überein, nur daß noch hinzugefügt wird, 
der verrätherifche Jüngling habe, al3 er den Todtenkopf, der nicht wieder 
weichen wollte, beftändig vor Augen gehabt, aus Verzweiflung feinem Leben 
durch einen freiwilligen Sprung vom Felfen herab ein Ende gemacht. 


5* 


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Segnitz Bd. II. ©. 346 sg. 


Im fiebenjährigen Kriege fam hierher ein Trupp Groaten, 
der das Schloß und Dorf vollitändig ausplünderte und mit 
anderer Beute auch den Schädel mit fortnahm. In ihrem 
Lager an der Elbe angelangt, fingen fie an, von dem Ge- 
raubten tüchtig zu ſchmaußen, und beluftigten ſich auch damit, 
den Todtenkopf herumzufolleren und ihm Wein einzufüllen. 
Siehe da fchmetterte eine unfichtbare Fauft die Frevler zu 
Boden, und ſchaudernd erfannten fie, was fie gethan hatten; 
fie näherten fi voll Angſt dem furchtbaren Schädel, hoben 
ihn behutfam auf und trugen ihn unter Gebet an feinen 
alten Drt, die Niſche in der Mauer, zurüd, wo er noch Steht. 


Siedel, Nachr. v. Poltergeiftern und gefpenftigen Erſcheinungen. Quedlinb. 
1761. Tb. I. ©. 46 sq. erzählt die Sade anders alfo: 

„Es find wohl 18 Jahr her, daß ich in meiner Jugend 
nah Meißen in Sadhjen und vor einem Dorfe, mit Namen 
Paatzdorf, vorbeigereift bin. Hier wurde mir auf der rechten 
Seite ein nahe an der Elbe liegendes Weinberg’S-Häuschen 
von einem Bekannten des Drt3, welcher bei mir in der Kutjche 
faß, gezeigt und für ganz glaubwürdig erzählt, welchergeitalt 
vor Zeiten zwei Brüder daſelbſt mit einander in ein Duell 
gerathen, worinnen einer den andern um das Leben gebracht, 
auch der Entleibte dajelbit begraben worden. Nach Vermo— 
derung des Körpers wären deſſen Gebeine, weil fie nicht tief 
vericharret gewejen, bei Zubereitung des anjehnlichen Wein- 
berges wieder ausgegraben, mithin der Todtenfopf aud mit 
zum Vorſchein gekommen. Diejer, ob er gleich von dem 
Winzer oder dem Weinbergs-Eigenthümer etlihe Male in die 
nahe vorbei fließende Elbe geworfen, fo ift er demohngeachtet 
dennoch wieder kurz darauf fihtbarlid an feinem Drt im 
Weinberge gefunden worden. Weil er nun zu des Eigen- 
thümers Bewunderung jedesmal wieder an feinem vorigen 
Drte zu fehen und von da auf feine Art hinwegzubringen 
gewefen, fo hat der Herr des Weinberges ein Häuschen auf 


u. FAR — 


derjenigen Stelle, wo er gelegen, aufzubauen vefolviret, auch 
nah deſſen Bau ein Schränfchen verfertigen lafjen, allwo 
erwähnter Todtenfopf bis diefe Stunde verwahrlich beibehalten 
wird. Sch felbit bin curiös geweſen, und habe auf meiner 
damaligen Rüdreife, um ben Weinberg nebit dem Häuschen 
in Augenſchein zu nehmen, den Eigenthümer erfucht, mir 
ſolches öffnen zu lajjen, welches auch willig geſchah, auch 
darauf den gemeldeten Todtenkopf in dem befchriebenen Be- 
hältnifje des Weinbergshäusleins mit einem Tüchlein bedeckt 
gefunden und demnach dieſe Gejchichte, wie ich fie bier an- 
notiret, für gewiß erzählen hören.’ 


| 63) Die Glode zu Zicheiln. 
A. Roccha, De campanis c. 21. bei Sallengre, Antig. Rom. Thes. 
T. II. p. 1286. Hofmann, ©. 446. 





Hoch über dem heiligen Grunde Tiegt auf röthlichent 
Granitfelfen das uralte Pfarrdorf Zicheila bei Meißen. Hier 
gründete der 5. Benno eine Kirche zu Ehren des h. Georg 
und beftimmte bei der Taufe der hierher verliehenen Glode 
den Umkreis, welchen diejelbe gegen das Einjchlagen des 
Blitzes hüten follte, und wirklich fol derjelbe diefe Gegend 
biS auf diefen Tag verſchont haben. 


64) Der letzte Bifchof von Meißen. 
Fiedler, Mügelnfhe Chronik. Leipzig 1709. 4. ©. 183 2q. 





Den 26. Mai 1595 ift zu Mügeln auf Schloß Rüge— 
thal Johann IX., der 46. und legte Bischoff zu Meißen, aus 
dem Gefchlechte derer zu Haugwitz, verftorben, feines Alters 
71 Jahr alt. Weil diefer Biſchof nach dem Paſſauer Vertrag 
zum lutheriſchen Glauben übergetreten, als ein Geiftlicher 
fih in den Stand der Ehe begeben und noch dazu feine 
Pathe, die er aus der Taufe gehoben, geehlicht hat, hat man 
von ihm gejagt, er habe drei Sünden gethan, die ihm fein 


—— 


Papſt zu Rom in alle Ewigkeit vergeben werde. Bei ſeinem 
Tode hat ſich folgendes Wunder begeben. Es war hell und 
klar am Himmel und es wehte eine liebliche und ſanfte 
Maienluft, da erhob ſich plötzlich ein ſo ungeſtümer und 
reißender Wind, daß man meinte, er werde Alles über 
den Haufen werfen. Am Rathhaus zu Mügeln war aber 
mit Nägeln und Klammern ein Schild feſtgemacht, an dem 
das meißniſche biſchöffliche Wappen angemalt war. Dieſe 
Tafel hat der Wind abgeriſſen und mit großem Krachen auf 
den Markt herabgeworfen, und ſobald dieß geſchehen, hat ſich 
der Wind gelegt und iſt wie zuvor Alles hell und! ftill geworden, 
auch hat man nicht erfahren, daß der Wind dieſes Mal noch 
das Geringfte zerriffen oder beſchädigt hätte. Zu jelbiger 
Stund aber ift die Nachricht gekommen, daß der Bifchof ver- 
Ichieden fei, und hat Jedermann geichloffen, das Herabfallen 
des bifhöfflichen Wappens habe des Biſchoffs Tod bedeutet, 
und daß dieſer der letzte Bifchoff von Meißen geweſen ſei. 


65) Nitter Karraß auf Coswig. 


Hofmann, ©. 684. Böttiger, Gef. v. Sachſen Br. I. ©. 557. ©. aber 
Hormayr, Taſchenb. 1849, ©. 94 sq. v. Langenn, Churf. Mori, Bd. I. 
S. 589 sq. I. S. 365 sa. 


Das an ber von Großenhain nah Wilsdruf führenden 
Straße liegende Dorf Coswig gehörte feit langen Jahren der 
adeligen Familie Karraß. Bon diejer foll einer, Namens 
Georg von Karraß, den Churfürſt Morig in der Schlacht bei 
Sieverähaufen vermittelit einer filbernen Kugel erſchoſſen 
haben, weil Letzterer die diefen gehörigen Waldungen im 
Friedewalde bei Anlegung der Morigburg ihm zur Erweiterung 
feiner Wildbahn abgedrungen, ihm dann in einer Streitjache 
mit dem Coswiger Geiftlichen jeine Hilfe verweigert und ihm 
fogar, als er deshalb anzüglich geworden, eine Ohrfeige ge- 
geben habe. Nach Andern hätte jein Vater das Gut an 
jenen vertaufht, und der Sohn fei aus Aerger darüber und 
weil er als Bage einmal von ihm einen Badenftreih er- 





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halten, zum Mörder geworden. Es blieb aber der Fürften- 
mord lange verborgen und dachte man eher auf den Ritter 
Grumbach oder einen gewiſſen Hans von Beuden. Erſt duch 
den Beichtvater des verftorbenen Ritters foll daS Geheimniß 
Churfürft Auguft entdedt worden fein, worauf man den 
Todten aus feiner Gruft nahm, ihm das Haupt abſchlug und 
feinen Körper, nachdem er geviertheilt worden war, am 
Kabenftein einſcharrte, das Haupt aber im Keller des Schlofjes 
einmauerte und die Schlöfler Coswig und Nafjau, ſowie das 
den Karraſſen ebenfalls zugehörige Dorf Kreyern (1554), 
defjen Einwohner mit Coswiger Fluren entihädigt wurden, 
von Grund aus zerjtörte, die Karrafle aus dem Land ver- 
wies und dem Coswiger Hufichmied für alle Zeiten ihren 
Namen beilegte. 


66) Die Gründung des Schloffes Hirſchſtein. 
Hofmann, ©. 108. 


Zwei Stunden von Meißen liegt das uralte Schloß 
Hirichitein auf einem mehr als 50 Ellen hohen freiftehenden 
Felſen dicht an der Elbe. In der Nähe defjelben hielt einft 
in der Mitte des 11. Jahrhunderts ein Markgraf von Meißen 
eine große Wildhege, bei welcher die Jäger mehrere Tage 
lang einen wunderfhönen weißen Hirsch vergeblich verfolgten. 
Endlich erblidten fie ihn wieder, da ftürzte er fi von einem 
ihren Augen bisher entgangenen Felfen in die Elbe herab, 
und beinahe hätte die Begierde, ihn zu fangen, mehrere der 
vornehmſten Waidgefellen mit in den Abgrund geriffen. Zum 
Andenken erbaute man hier ein Jagdhaus, der Hirſch-Stein 
genannt, das anfänglich nur dazu diente, um den Marfgrafen 
durch die reizende Ausficht in das Elbthal zu ergögen. 


67) Woher dad Sprichwort: Hier ift nicht gut Kirfchen eſſen? 
Haſche, Diplom. Gef. v. Dresden, Bd. I. ©. 329. Woetifch bearbeitet 
von Hofmann, S. 109. 


Zu Ende des 13. Jahrhunderts beſaß Schloß Hirfchitein 


Biſchoff Witigo I. von Meißen, ein geborner Graf von Camenz. 
Der hat den Markgrafen von Meißen, Friedrih, Tutta oder 
Zeute, d. 5. der Stammelnde, genannt, aus töbtlichem Haffe, 
weil diefer ihn in einer Fehde befiegt, nachdem er ihn, an- 
geblih um fich mit ihm zu verfühnen, auf Schloß Hirfehftein 
zur Jagd geladen, mit vergifteten Kirfchen, die jener aus 
Durft verlangt hatte, umbringen laſſen. 


68) Die Amme zu Hirfchftein, 


Poetifh bearb. v. Hofmann S. 112. Segnitz Bd. II. p. 353. Ziehnert 
Br. IL ©. 173. sq. 





Früher befand ſich an der Außenfeite des Schloſſes nad 
der Elbe zu eine in Stein gehauene Figur, welde ein Kind 
auf dem Arme hielt. Dieje follte verfinnlichen, daß einft 
eine Amme das ihr zur Pflege anvertraute Kind der Herr- 
Ihaft, nachdem fie vom Kindtauffchmaus trunfen geworden, 
ftatt in die Wiege zum offenen Fenfter des Schloffes (man 
fieht daS zugemauerte Fenfter noch jegt) hinaus gelegt habe; 
der Säugling fei zwar herabgeftürzt, aber von den Zweigen 
eines am Felfen wurzelnden Strauchs aufgefangen, vom Tode 
erhalten und alfo unverfehrt wieder gefunden mworben. 


69) Der Badenir bei Strehla an der Elbe. 


Iccander, Sächſ. Kernchronicon, drittes Paquet, XVII. Convert. Freiberg 
1722. ©. 93 sq. ®Poet. beh. bei Segnig Bd. I. ©. 333 sq. cf. ©. 150. 





Bei dem dem Pflugk'ſchen Gefchlechte gehörigen Städtchen 
Strehla an der Elbe ift ein Felfen gelegen, der ungefähr 
16 Ellen in den Strom hineingeht und gegen 180 Ellen 
im Umkreis hat, derſelbe heißt der Nirftein. Von diefem wird 
erzählt, daß hier jährlich ein Menih im Waſſer umlommen 
müfje; auch fol bier oft Wäſche zum Trodnen aufgehängt 
fein, fo den Niren gehöre, zuweilen aber eine Perſon darauf 


Br; we 


ſitzen, welche Schuhe flicke, und verjchwinde, wenn Jemand zu 
dem Steine komme. Zumweilen fommt von hier ein Frauen- 
zimmer in die Stabt, deren Kleider an den Füßen herum naß 
find, die dann Waaren einfauft und wieder verfchwindet. 

Zu Anfange des 17ten Jahrhunderts ift ein Mann zu 
Pferde gejtiefelt und gefpornt zur Wehmutter der Stadt ge- 
fommen und hat fie genöthigt, mit ihm zu gehen, ihr auch 
heilig verfichert, daß ihr nichts gefchehen folle. Wie fie an 
den Feljen gekommen find, habe er mit einer Schwibruthe 
daran gefchlagen, da hat derfelbe ſich aufgethan und fie find 
in ein verziertes Gemach getreten, worin eine Freifende Frau 
gelegen hat. Diefe hat mit Hülfe der Wehmutter ein Kind 
zur Welt gebracht, darauf hat der Mann das Gemach ver- 
laffen und eine Mulde voll Ducaten hereingebracht und bie 
Wehmutter aufgefordert, fo viel zu nehmen, al3 ihr beliebe, 
diefe aber hat nach vorhergegangener Warnung der Wöchnerin 
nicht mehr davon genommen, als ihr gebührte, worauf jener 
die Mulde mit den Worten: „das hat Dir Gott gerathen‘ 
wieder hinausgetragen und bie Wehmutter ohne Schaden nad 
Haufe geführt Hat. Das erhaltene Geldftüd ift aber der 
Stau, fo oft fie e8 ausgegeben, immer wieder von felbit im 
die Tafche zurückgefehrt. 


70) Das Wahrzeichen der Stadt Strehla. 
Curiosa Saxon. 1734. &. 260. 306. sg. Sachfengrün I. Jahrg. S. 31. 





Bor Alters pflegten die Handwerksburſchen, wenn fie 
über die Stadtzeihen der von ihnen durchwanderten Länder 
Rede und Antwort geben follten, gefragt zu werden: Wo 
predigt der Pfarr aus einem Topfe? und fie mußten er- 
widern: in Strehla. Hier hat nämlich im Jahre 1565 n. Chr. 
ein Töpfer und Bildfchniger, Namens Melchior Tape, im 
24ften Jahre feines Alters, angeblich als Buße fir einen 
verübten Ehebruch, eine thönerne Kanzel verfertigt, deren 
einzelne Kacheln er mit ſchönen Reliefs, die größtentheils ber 


u: 2 


biblifhen Gefhichte entnommen find, verzierte und auf denen 
er nah damaliger Sitte die Gemwänder ber bargeftellten 
Perfonen mit glänzenden Farben ausmalte. 


71) Wie dad Gefchlecht derer von Pflug zu ihrem Wappen 
gekommen: ift, 


Aen. Sylvii Bohemia. ce. 6. Sagef, Böhm. Chr. ©. 12. sq. Ziegler, Hiftor. 
Labyrinth der Zeit. ©. 123. Nr. 73. König, Adelshift. Bd. III, ©. 803 sg. 





Der Nachfolger des eriten Böhmenkönigs Czech, Eroco, 
ein gewaltiger Zauberer, hinterließ bei feinem Tode (709) 
drei Töchter, Namens Kaſcha, Teda und Libuffa, fo ebenfalls 
in allen Zauberfünften wohl erfahren waren. Bon dieſen 
gelangte jedoch nur die jüngfte, die Libuffa, zur Regierung 
und herrſchte ganz mild. und löblich auf dem Wifjherad zu 
Prag. Gleichwohl waren die Böhmen nicht lange mit dem 
Meiberregiment zufrieden, fondern verlangten einen König. 
Libuſſa ließ alfo eines Tags (10. Mai 722) das ganze Volk 
auf dem Wiffherad zufammenfommen und fragte fie, ob fie 
einen Fürſten haben wollten, und da fie einmüthig ja fagten, 
jo ſprach fie: „jehet dort hinter den Bergen bei einem Fleinen 
Waſſerfluß, der Bila heißt, da liegt das Dorf Staditz, nicht 
weit davon ein Ader, 120 Schritte breit und lang, auf 
welchem Euer Fürft mit zwei fchedigen Ochfen pflügt, der 
heißt Primislaus, der wird Euere Hälfe beugen, und fein Ge— 
Ichlecht wird Euch 584 Jahre beherrſchen.“ Diefe Weiflagungen 
empfing fie aber von einer güldenen Kröte, in der ihr Haus- 
geift wohnte. Hierauf erwählte fie dreißig Mann, denen ließ 
fie ihren Reitjchimmel ungezäumt vorführen und fagte zu 
ihnen: „folget meinem Pferde nach, wo es hingeht, denn der 
Meg ift ihm gar wohl befannt, vor dem Manne nun, wo es 
wird ftehen bleiben, wiehern und auf die Knie fallen, da 
bleibt auch Ihr ftehen, denn der ift e8, der Euch beherrſchen 
fol. Ihr werdet mir aber nicht eher glauben, bis Ihr Euern 
Fürften auf einem eifernen Tische eſſen fehet: ſeyd aber 
unterwegs ja friedlih, denn Euer Zank auf diefer Reife wird 


u I 


Euern Nachkommen nah 1000 Jahren ſchaden.“ Die Gefandt- 
ſchaft, weldhe dem Roß gefolgt, traf auch richtig den Primis- 
laus an Ort und Stelle an, und da das Pferd fofort vor 
ihm auf die Knie fanf, fo veranlaßte dies die Gefandten, 
ihm der Libufja Befehl und des Volkes Verlangen zu ent» 
decken, worüber Primislaus ganz beftürzt war. Endlich ftecte 
er eine Ruthe in die Erde und ſprach, es jey denn daß 
diefe grüne und blühe, ſonſt könne er es nicht glauben, 
jpannte dann die Ochjen aus und fagte: gehet hin wo Ihr 
hin wollt. Worauf aber Primislaus mit denjelben einen ge- 
waltigen Sprung in die Wolfen that, von dem die Ochjen 
jedoch nicht wieder zum Vorſchein gefommen find, die häfelne 
Ruthe hat fogleich zu grünen, drei Zweige mit Blättern zu 
treiben und zu wachen angefangen, auch in demfelben Augen- 
bli Früchte hervorgebracht, aus welchen nachgehends eine 
Hajelitaude geworden, jo noch heutzutage bei dem Dorfe 
Staditz fteht und über welche Kaifer Karl IV. i. J. 1359 ein 
Privilegium an zwei Feldnachbarn des Primislaus gegeben 
bat, daß dieſe frei von allen Abgaben und Frohnen fein 
jollten (weil fie damals die einzigen gewesen, die Primislaus 
Glück gewünſcht), dafür aber die Hafeljtaude zu pflegen und 
die Nüffe, welche fie trüge, nad) Prag an die Fönigliche 
Kammer abzuliefern hätten. Dann hat Primislaus den 
Pflug umgemwendet, ein Stüd ſchimmlig Brod und Duarf 
hervorgezogen, jolches auf den Pflug gelegt und die Geſandten 
zu Gafte gebeten, welche fih um den Pflug herum auf die 
Erde ſetzten und fi mit Brod und Waller tractiren ließen, 
dabei aber fleißig an Libuſſä Worte dachten. Nach geendigter 
ſchlechter Mahlzeit legten fie Primislaus das fürftliche Kleid 
an und zogen ab gen Prag, da denn diejer jeine Schuhe 
von Lindenbaft zum Gedächtniß mitnahm, welche erjt in den 
buffitiichen Unruhen verloren gegangen find. MS fih nun 
diefer bäuerifhe Prinz dem Schlofje nahete, Fam ihm Libuffa 
mit ihrem Frauenzimmter entgegen, führte ihn in ihr Zimmer, 
tractirte ihn mit Wildpret und Meth und hielt auch noch an 
demfelben Abend ihr Beilager mit ihm. Deshalb hat aber 


u. 


Primislaus zum ſtets währenden Angebenfen dieſer wunder- 
würdigen Begebenheit feines Bruder Sohne den Namen 
Pflug nebit dem Wappen gegeben, ihn auch nach und nad 
mit anfehnlichen Gütern verforgt. Nach dem Abfterben König 
Wenzel's III. von Böhmen hat aber eine große Parthei Heren 
Ulrich Pflug zu Rabenftein (1306) zum König wählen wollen, 
fie find aber nicht durchgedrungen, wohl aber hat nachmalg, 
als Herzog Johann der Lügelburger den böhmifchen Thron be— 
ftieg, derjelbe diejen Pflug, um ihn zu entichädigen, zu feinen 
oberiten Kämmerer und in feiner Abwejenheit zu feinen 
Stellvertreter gemacht. 


72) Der gefpenftige Neiter bei Zabeltig. 
Mimdlich. 





Fünf Viertelſtunden von der’ Stadt Großenhayn liegt 
das ſchöne Nittergut Zabeltig, welches bis 1580 dem alten 
Pflug'ſchen Geichlechte gehörte, dann aber an das ſächſiſche 
Negentenhaus und fpäter wieder in andere Hände Fam. 
Wenn man um Mitternacht bei fternenhellem Himmel die 
Straße nad) Dresden geht, da begegnen dem Wanderer drei 
Schwarze Reiter, deren mittelfter feinen Kopf hat; fie jagen 
dem Schlofje zu und verfhwinden am Eingange defjelben. 


73) Der gefpenftige Hund zu Taubenhain, 
Mündlich. 





Auf dem Rittergute zu Taubenhain ſeitwärts Wildberg 
an der Elbe zeigt ſich Abends ein großer ſchwarzer Hund, 
der aus den Haufe heraus über den Hof läuft und Nieman- 
dem etwas thut, nur angerufen Inurrt er. 


74) Die fonderbare Stiftung zu Kößfchenbroda. 
Mündlich. 


Während des 3Ojährigen Krieges verbrachte Churfürft 





— — 


Johann Georg I. ſeine Zeit auf dem Churfürſtl. Weinberge der 
Hoflößnig; in der Zeit feines dortigen Aufenthaltes liebte er 
e3 jehr viel Wein zu trinken. Seiner Gemahlin war dies an- 
ftößig, doch getrauete fie felbft fih nicht, ihm deshalb Vor— 
ftellungen zu machen. Sie erfuchte daher eines Tages den 
in Kötzſchenbroda angeftellten Paſtor M. Auguftin Prefcher, 
doch einmal von der Kanzel herab eine Mahnung an den 
allergnädigften Heren ergehen zu lafjen. Obſchon derjelbe dies 
fehr bedenklich fand, fo ließ er fich doch endlich dazu bereden 
und ſprach eines Sonntags „über die traurigen Folgen der 
Schwelgerei und Trunkſucht“, und ſchloß mit den Worten: 
„unſer gnädigfter Herr trinkt zwar auch, aber er hat es dazu 
und es befönmt ihm! Amen.” Nach der Kirche wird der Paſtor 
zur Churfürftl. Tafel geladen; ihm, fo wie jeiner Gattin 
bangte es, wegen der Folgen feiner Ermahnung. Der Chur- 
fürft äußert indeß erft am Schluß der Tafel: „Herr Baftor, 
heut hat Er mir auch Eins auf den Pelz gebrannt.” „Ei, 
erwiederte der Paſtor, „das follte mir leid thun, wenn es 
blos den Pelz getroffen hätte und nicht das Herz.” Auf 
diefe offene Sprache erwieberte der Churfürft: „Herr Paſtor! 
Er ift ein ehrlicher Mann, wären doch alle Geiftlihen in 
meinem Lande der Art; bitte Er ſich eine Gnade bei mir aus.“ 
ALS der Paſtor Bedenken findet, deshalb fih Etwas zu er- 
bitten, meint der Churfürft: „Er wolle, feine Dienftnachfolger 
jollten alljährlich 49°), Kanne Wein aus feiner Kellerei erhalten, 
50 Kannen werde zu viel fein.” Diejes Deputat wurde dem 
jedesmaligen Baftor zu Kögfchenbroda als Stiftung verab- 
reiht und wird mwahrfcheinlich erſt in der neuejten Zeit ab- 
gelöft worden fein, denn Paſtor Trautjchold erhielt e8 noch 
zur Zeit feines Abganges. 


75) Der gefpenftige Hund bei Kögfchenbroda. 
Mündlich. 


Auf der nach Meißen führenden Chauſſee, beſonders an 
der Stelle, wo der Weg in das Städtchen hineingeht, zeigt 


——— 


ſich zuweilen ein großer ſchwarzer Hund, der bald an der 
Eiſenbahn ſitzt, bald dort herumläuft. Einige Tage nachher 
bricht gewöhnlich Feuer im Orte aus. 


76) Der Spuk im goldnen Anker zu Kötzſchenbroda. 
Mündlich. 





In dem Gaſthof zum goldenen Anker zu Kötzſchenbroda 
ging es auch um. Es befindet ſich dort im Hofe eine hohle 
Stelle in der Wand, die ſich gleichwohl nicht öffnen läßt. An 
derſelben ſoll ſich der Körper eines Mädchens befinden, das 
dort bei einem großen Brande (1707?) umgekommen ſei. Ste 
ſelbſt läßt fich jedoch nicht fehen, allein während der Nacht 
öffnete in dem Gafthofe ein unfichtbares Etwas oft die Thüren 
und Fenfter, fo daß Niemand ruhig fchlafen Fonnte. 


77) Urſprung der Stadt Großenhayn. 


Chladenius, Materialien zur Großenhayner Stadtchronik, Pirna o. %. (1788) 
4.1.©.8. cf. ©. 4. sq. 





Sm Klofter Zelle fol ein alter Stein gefunden worden 
fein, der befagte, die Stadt fei ſchon vor Chrifti Geburt durch 
Drufus Germanicus al3 Landesveftung gebaut worden. Er 
lautete alfo: 

Hayn und Grimm, die Älteften beyden Städte in Ofterland 

Lange vor Chrifti Geburt befannt. 

Wahrſcheinlicher iſt es aber, daß dieſe Stadt, welche im 
14ten Jahrhundert die Stadt zum Hayne genannt ward, ihren 
Namen von dem großen Haine hat, der einft um die Stadt 
herumging und worin die heidniſchen Sorbenmwenden ihren 
größten Gößen, den Swantewiz, von dem das nahe bei der 
Stadt gelegene Dorf Wantewig feinen Namen her haben fol, 
verehrten. Darum war auch in dem großen Niefenfaale des 
im %. 1701 ausgebrannten Nefidenzichloffes in Dresden bie 
Stadt Hayn mit einem großen Walde umgeben abgemalt, in 
dem ein geharnifchter Ritter hielt. Nach einer andern Sage 


fäme aber der Name von den vielen Hagebuttenfträuchen, fo 
um die Stadt geftanden und deshalb ins Stadtwappen auf- 
genommen worden find. 


78) Der Köwenborn zu Großenhayn. 
Hofmann ©. 182. 


Auf dem fogenannten Weibermarkt zu Großenhayn fteht 
ein Brunnen, auf welchem ein Löwe ausgehauen ift. Der 
heißt der Löwenborn und foll ein Wahrzeichen fein, daß vor 
grauen Jahren bier ein undurhdringlicher Wald ftand, in 
welchen ich mehrere Löwengruben befanden, deren eine gerade 


an dem Flecke war, wo jeßt noch der hiernach benannte 
Brunnen ift. 


79) Dad Wahrzeichen der Stadt Großenhapyn. 
Chladenius II. ©. 68. 


ALS Wahrzeichen betrachtete man fonft das an dem 1492 
erbauten, aber 1744 abgebrannten alten Nathhaufe befind- 
liche Uhrwerk. Auf dem oberften Dache befanden fih näm— 
lich drei Erfer, in deren einem ein Uhrmeifer war, über 
weldhem, wenn die Stunde ſchlug, fich zwei Ziegenböde mit- 
einander ftießen, indeß ein Mann mit einer Peitſche auf fie 
zufhlug und ein Mohrenfopf nach einem vergoldeten Apfel 
ſchnappte. 


80) Eine Hexe wird zu Großenhayn verbrannt. 
Chladenius II. S. 70. 


Am 18. Sept. 1506 ward eine alte Frau, die ſchwarze 
Mattheſin, zu Großenhayn als Hexe verbrannt, weil ſie den 
Leuten böſe Beulen und Elben gemacht haben ſollte und unter 
der Tortur (vor Schmerzen) ausgeſagt hatte, daß ſie ein 
Bündniß mit dem Böſen gemacht und mit ihm gebuhlt habe: 
es ſei auch aus dieſer Verbindung ein Molch hervorgegangen. 





u. BI: se 


81) Ein Zauberer wird zu Großenhayn verbrannt, 
Chladenius II. ©. 117. 


Am Sten Juni 1682 ift die eilfjährige Tochter des Tuch- 
machers Hermann, als fie mit einer Gefpielin auf den Bobers- 
berg fpaieren gegangen, von zwei Reutern angefallen worden, 
auch am andern Tage an ihren Wunden geftorbei. Des- 
gleichen ift den 22ften Juli defjelben Jahres die 28jährige 
Tochter des Bürger M. Pollmars, als fie beim Hofpital in 
den Gärten fpapieren gegangen, von einem Quchmacher- 
gefelen, Namens Auguft Paul, angefallen, und da fie ihre 
Ehre mit Schreien retten wollen, mit einem Mefjer in die 
Gurgel geftochen und ermordet worden. Als ſich nun heraus- 
geftelt, daß diefer 19jährige Böfewicht auch die erjtbenannten 
beiden Mädchen umgebracht, ift er den Aten Juni 1683 auf 
einer Kuhhaut an das Hochgericht gefchleift, mit zwei glühen- 
den Zangen gefnippen und fodann mit Feuer verbrannt 
worden. Bei der Tortur hatte er ausgeſagt, daß er mit dem 
Böfen ein Bündniß gehabt und durch feine Hülfe Reuter 
gemacht habe. Bei der Erecution hat ſich ein graufamer 
Sturm und Heulen in der Luft erhoben, ſobald jener aber 
verbrannt war, hat fich der Himmel wieder ganz rein auf- 
geklärt. 





82) Der Hahn in der Jacoböfapelle zu Großenhayn. 
Chladenius I. ©. 2. Poet. bearbeitet von Ziehnert Bd. I. S. 147 sg. 





Bor dem Wildenhayner Thore an dem großen jogenann- 
ten Spittelteiche liegt die St. Jacobskapelle, zu dem gleich- 
namigen Jacobshospital gehörig, in welcher auf einem Altar- 
’gemälde ein großer Hahn abgebildet ift, der zugleich als 
Wahrzeihen von Großenhayn, welches allerdings bereits in 
einer Urfunde von 1312 (bei Gercken. Diplom. Vet. March. 
Brandenb. T. II. p. 577) ausbrüdlih „Stadt Hahn“ ge- 
genannt wird, dienen fol. Die Sage berichtet hierüber, es 
jei ein junger Bauer wegen eines ihm jchuldgegebenen in 
einem Wirthshaufe der Stadt begangenen Diebitahls an den 


zer BE 


Galgen gehängt worden: feine Mutter, welche über fein 
AHußenbleiben unruhig geworden, habe ihn in der Stadt auf- 
fuchen wollen, und fei bei dem Galgen vorbeigegangen, mo 
fie ihn noch lebendig angetroffen und von ihm ſelbſt fein 
Schidjal erfahren habe. Darauf ift fie geſchwind in bie 
Stadt zum Bürgermeifter geeilt, welcher eben mit einem 
Collegen einen gebratenen Hahn verzehren wollte, und hat 
ihm die wunderbare Begebenheit erzählt. Der hat fich ſchwer 
darüber entjeßt und ausgerufen: fo wahr wie diejer gebra- 
tene Hahn nicht wieder lebendig werden und Federn befom- 
men kann, ebenfo wenig fann Euer vor drei Tagen gehäng- 
ter Sohn noch leben. Da, o Wunder! foll der Hahn Federn 
befommen, gefräht und in der Stube herumgeflattert fein, 
fih aber auch wieder entfedert und gebraten jelbjt in bie 
Schüffel gelegt haben. Alles ift von Schreden ergriffen hin- 
aus zum Hochgericht geftrömt, um fich von der Wahrheit der 
Sache zu überzeugen, man hat den Gehängten, dejjen Un- 
ſchuld Gott jo wunderbar an den Tag gebradt, vom Galgen 
herabgenommen und, weil diefer auf Befragen gejagt, daß 
ihm der h. Jacob erſchienen ſei und ihn am Leben erhalten 
babe, ift demfelben zu Ehren diefe Kapelle erbaut und bie 
Stadt Großenhahn genannt worden. 


83) Dieß Grünrad, der tapfere Tuchmacher zu Großenhayn. 
Poet. beh. b. Ziehnert Bd. III. ©. 258. cf. Chladenius II. ©. 53. 





Im Jahre 1292 ift der Markgraf Hans von Branden- 
burg mit großer Kriegsmacht ins Meißner Land gefallen und 
hat au Großenhayn berannt, welches damals Markgraf 
Diegmann gehörte. Da er aber auf gemwöhnlihem Wege 
nichts ausrichten fonnte, hat er eine Schaar von dreißig 
Freiwilligen ausgewählt, die des Nachts auf Stridleitern bie 
Mauern erflettert haben: denen ift der Stabtwachtmeifter 
Caspar von Maltig mit der Wache entgegengefommen, und 
jo find fie alle getöbtet worden. Sobald es aber Tag ge- 

Gräfe, Sächſ. Sagen. I. 6 


Bi 


worben, da ift ein Ausfall von Reifigen und Bürgern aus 
der Stadt gemacht worden, bei welchem ſich befonders die _ 
Tuchmachergilde auszeichnete, indem ihr Altgejell Die Grün- 
rad das feindliche Hauptpanier eroberte. Diefe Fahne hat 
ihr ſpäter Markgraf Friedrich geſchenkt und ihr die Er- 
laubniß ertheilt, jährlich zweimal, einmal in Mänteln und 
mit Mufif, das andere Mal mit Fahnen, Ober- und Unter- 
gewehr einen Aufzug durch die Stadt zu machen. Statt jener 
Fahne, die in der großen Feuersbrunft von 1744 verloren 
ging, bat die Innung nachmals eine andere mit dem fäch- 
ſiſchen Wappen erhalten, welcher noch jetzt bei feierlichen Auf- 
zügen militärifche Ehre zu Theil wird. 


84) Ein Doppelgänger läßt fich fehen. 


%. Chr. Siedel, Nachrichten von BPoltergeiftern und gefpenftigen Er- 
fheinungen. Quedlinb. 1761. N. A. 8. Thl. II. ©. 74 sa. 





In einem in der Nähe von Meißen gelegenen Städtchen 
mwohnete vor einiger Zeit ein Rechnungsführer, Namens Con- 
radi. Ob nun gleich diefer Mann eines Tages in Geſchäften 
für mehrere Tage nad) Dresden verreift war, ift doch bie 
Magd in feine Stube gegangen, um daſelbſt aufzuräumen, 
damit er bei feiner Rückkehr Alles in Ordnung fände. Nach 
geöffneter Stubenthür fieht fie ihren Herrn am Tifhe im 
Schlafrocke figen und ſchreiben, erſchrickt aber bei ſolchem 
unverhofften Anblide furchtbar und tritt ſprachlos zurüd, 
macht auch die Thüre ganz leife zu und läuft die Treppe 
hinunter, um ihrer Frau die ihr zugeftoßene Neuigfeit zu 
hinterbringen. Sie jagt aljo: ich habe gedacht, unfer Herr 
wäre verreift, und fam hinauf in die Stube und wollte folche 
ausfehren, da ſaß er in feinem Schlafrode und fchrieb. Die 
Hausfrau wunderte fich hierüber und ſprach: Du bift nicht 
Hug, Du weißt ja, daß mein Mann verreift und noch nicht 
wieder nach Haufe gekommen ift! Die Magd aber ſchwur 
dazu und fagte: ich werde ja wohl meinen Herrn Fennen, 
er ift ganz gewiß oben und jchreibt! Bittet noch die Haus- 


— 88 — 


frau, eilends mit hinauf zu gehen, da werde ſie ihn ſehen. 
Dieſe that es auch, ging mit hinauf, machte die Stube auf 
und ſah hinein, da ſtand aber der leere Stuhl da und Nie— 
mand ſaß darauf. Hierüber hat ſich aber die Magd nicht 
genug wundern können, daß ihr Herr nicht mehr da war, 
da ſie ihn doch vor kaum einer Viertelſtunde an dieſem Orte 
mit ihren Augen geſehen hatte. 


85) Das ſpukhafte Bild zu Kaditz. 
Hofmann a. a. DO. ©. 744. 





In dem zum Drespner Amtsbezirk gehörigen Dorfe 
Kaditz befindet ſich eine alterthümliche Kirche, welche in ihrer 
Borhalle, der urfprünglichen Kapelle, eine Statüe ihres 
Schußheiligen und ein Delgemälde des ehemaligen hiefigen 
Pfarres M. Böhme in Lebensgröße befigt. Von lekterem er- 
zählt die Sage, er habe fich erhenft und fei von den Sei— 
nigen in die Elbe getragen worden, damit man glauben folle, 
er fjei darin, wo man ihn nachher wirflih fand, ertrunfen. 
Nun jagt man, daß jedesmal am Kirchweihfeſte des Dorfes, 
an welchem Tage nämlich der angebliche Selbftmord des 
Geiftlihen gefallen ift, dieſes Bild gewaltig ſchwitze, gleich- 
fam als jey es eine lebende Perfon, der es in dem Gebränge 
fo vieler Menjchen zu warm werde. 


86) Der Wunderfee zu Lommatſch. 


Dithmar. c. 3. (©. 8. Urf.) Hoffmann, Geh. v. Oſchatz Bd. J. ©. 11, 
Curiosa Sax, 1744. ©. 35. 201 Anders erzählt diefe Sage fFiebler, 
Mügelnſche Chronik ©. 25. 


‚Etwas über eine Meile von der Elbe und eine halbe 
Stunde von der Stadt Lommatſch befand ſich früher ein 
Brunnen, der durch feinen Abfluß eine Art Teich bildete und 
Glomuezi oder Glomaci genannt ward und mit dem jeßigen 
Poltzſchner See identisch fein fol. Bei dieſem verfammelten 

6* 





— u — 


ſich in den Zeiten des Heidenthums die Bewohner jenes 
Theils des heutigen Sachſens, die Daleminzier, jedes Jahr 
und faßten hier ihre politiſchen Beſchlüſſe, ſtellten hier auch 
ihre Gottheiten auf, und fo kam es, daß häufig zur Ver— 
ehrung derjelben hierher gemwallfahrt ward. Man hatte näm- 
lich bemerkt, daß, wenn Friede im Lande und ein frucdt- 
bares Jahr bevorftehe, auf der Oberfläche des See's Weiten, 
Hafer und Eicheln herumjchwammen, wenn aber ein Krieg 
im Anzuge war, dann zeigte fich ftatt befjelben Blut und 
Aſche. Noch lange Zeit aber nad) Einführung des Chriften- 
thums follen die Bauern in der Umgegend biefem See mehr 
Glauben geſchenkt haben, als einem chriftlichen Gebete 
in der Kirche. Bon diefem Teiche follen aber die Brunnen 
von Altlommat{h ihr Waller und die Stadt felbft (Früher 
Glomaci genannt) ihren Namen erhalten haben, und fonder- 
bar ift es allerdings, daß derfelbe weder Zu- noch Abflug 
hat, und er bei anhaltenden Regen eher Feiner als größer 
wird, wogegen er bei großer Trodenheit defto mehr Waſſer 
hat und die nahe gelegenen Felder überſchwemmt. Des 
Nachts ſchwärmen in feiner Nähe viele Irrwiſche herum, und 
es joll überhaupt nicht recht geheuer da fein.r) 


87) Der Drache zu Nikerig und der Kobold zu Paufig 
bei Jahnishaufen. 
©. v. Weber, Aus vier Jahrhund. N. F. Bd. II. ©. 346 x. 


Im November 1674 haben die Eheleute Hang Buderbt 
und feine Frau aus Niderik bei den Gerichten zu Jahnis—⸗ 
haufen fich beflagt, daß ihre Nachbarn fie beſchuldigten, fie 
hätten den Draden, und daß fie eines Morgens hätten ihm 
eine zu heiße Suppe vorgefeßt, darüber ſey er böfe geworben, 





7) Aehnlich war der heilige See zu Mockritz bei Dresden, der jetsige 
Mühlteich, den die flavifchen Priefter ebenfall3 zu Orakeln benusten. 
Ein ähnliches Wunder erzählt übrigens ſchon Ariftotele8 (Mirab. Auscult. 
p. 541) von dem Bacchustempel im Lande der Bifalten. 


habe das Haus angeftedt und ſey dann in Geftalt eines 
hellen Scheines fortgeflogen. 

Zu Pauſitz bei Rieſa hat fih um 1696 ein Kobold 
aufgehalten, der in dem Haufe des PViertelhüfner8 Hans 
Preußiger vielerlei Unfug verübte. Er verjchleppte Lebens- 
mittel und Wäſche aus dem Haufe und verftedte fie an ver- 
fchiedenen Orten, Butter ballte er zu Klumpen und vergrub 
fie unter die Spreu, Mehl und Getreidefäde ftürzte er um, 
wenn gebaden werben follte, verdarb er den Sauerteig durch 
Erde und Spreu, in der Küche füllte er die Kochtöpfe am Feuer 
mit Kohlen und Aſche, verunreinigte die Speifen und Trinf- 
geſchirre aufs Edelhaftefte, machte unfichtbar die Thüren auf 
und zu, riß in der Nacht den Frauen die Betten und Hemden 
vom Leibe, nur gegen die 13jährige Tochter Preußigers benahm 
er fich befjer, ja er fagte ihr, eine frühere Kinderfrau eines 
Herren von Plöß, die Dörfchniger Anna, babe ihn in einem 
Korbe ins Haus gebradt. Er faß zumeilen in der Ofenhölle 
in einem weißen Hemde, das am Halſe und Aermeln mit 
rothen Bändern gefhmüdt war, hatte graue neue Strümpfe 
und alte Schuhe an, fein mit großen Gloßaugen und im 
Genide mit einen Buſch gelber Haare bejegter Kopf hing 
hinten über. Er ſchenkte dem Kinde neue Spindeln und ſchöne 
Birnen, als er aber einmal aus einem Milchaſch getrunfen 
hatte und diejer deshalb eingeſchloſſen ward, ftach er die Kühe 
mit einer Miftgabel in die Beine. Von einem Herrn von 
Carlowitz mit Prügeln bedroht, verfhwand er endlich. 


88) Name und Urfprung der Stadt Dresden, 


Haſche, Diplom. Gefh. vo. Dresden. Dresden 1816. Bd. I. ©. 18. sq. 
u. Umftändliche Beichreibung von Dresden. Lpzg. 1781. Bd. I. ©.2. 18. 





Dresden foll von einer römifchen Eolonie herrühren, die 
Druſus Germanicus auf dem QTafchenberg, damals einem 
duch Kunft gemachten Hügel, von dem noch jett das von 
der Schloßgafje nad) dem Zwinger führende Gäßchen den 
Namen hat, angelegt habe. Sein Name foll entweder aus 


Eh 


den Worten Tropaea Drusi (die Siegeszeichen des Drufus) 
oder ben drei Seen, welde früher hier waren, nämlich dem 
Judenteich, der Entenpfüge und dem eigentlich fo genannten, 
ipäter völlig ausgefchütteten See, ber ſich in einen Ober- 
und Unterfee theilte und von dem noch die Seegafje, die 
große und Fleine Dberjeergaffe und die fogenannte Gafje am 
See ihren Namen haben, benannt worden fein). 





89) Ein Priefter zu Dresden hat ein Geficht. 
Haſche, Dipl. S. Bd. J. S. 295 nach Epitome Suffridi L. II. ad a. 1305. 


Ein gewiſſer Presbyter zu Dresden, wahrfcheinlich Albert, 
Pleban der früher auf der Elbbrüde befindlichen Merius- 
capelle, ſah in der Chriſtnacht am Himmel den Mond wunber- 
bar jhön glänzen, und wie er ihn nun fo bewunbderte, da 
ward bderjelbe zu einem Fifche, fiel vom Himmel herunter 
und verfhwand. Darauf fam von Abend her ein neuer weit 
größerer Mond, der ftand über Böhmen und Meißen und 
fchien jo herrlich und glänzend, daß die Bauern auf's Feld - 
zum Adern und Pflügen hinaus fuhren. Dies bedeutete, daß 
das folgende Jahr Friede zwiſchen Wenzel ILL von Böhmen 
und Kaifer Mbrecht werden follte (1305). 





90) Die Entftehung der Kreuzcapelle zu Dresden. 


Mencken. Ser. T. II. p. 1478. Haſche, Diplomat. Geh. Bd. 1. ©. 149, 
233, 406 u. Beichreib. von Dresden I, ©. 622. Peccenftein, Theatr. 
Sax. II. ©. 8. Unſch. Nachr. 1714. ©. 375. 


Im Jahre 1236, als Markgraf Heinrich von Meißen 
bie Herzogin Constanze von Defterreich heirathete, brachte dieſe 
ein Stüd des heiligen Kreuzes mit gen Dresden, wodurch 
Dresdens Bollsmenge bedeutend wuchs und bafjelbe, da auch 





+) Schäfer, Städtewahrzeichen (zg. 1858) Br. I. ©. 65. leitet den 
Namen mit Recht aus den Slaviſchen Trasi Fähre oder Drazdonedz 
Stenererhebeort her, ſ. a. Obermüller, Kelt. Wtbch. Bd. I. ©. 405. 


— — 


bei der Marienkirche ein wächſernes wunderthätiges Marien- 
bild viel Zulauf verurfachte, ganz in den Geruch der Heilig» 
feit fam. Endlich ift 1299 ein hölzernes Kreuz auf der Elbe 
geſchwommen gekommen und, als es bier gelandet, in jubel- 
reicher Prozeffion in die Kreuzkiche getragen worden. Später 
hat die Jungfrau Marta hier unzählige Wunder gethan und 
deshalb ift derjelben vom Papſt Bonifactus IX. ein 100tägi- 
ger Ablaß (1400) gewährt worden. 


91) Teufeld Fußtapfe in der Kreuzkirche. 
&. Schäfer Bd. I. S. 102. 





Die große Drgel unter dem Thurme war zu Anfange 
des 17ten Ihdts. fo ſchadhaft in ben Ventilen geworden, daß 
fie 20 Jahre nicht gefpielt werden konnte. Dies geihah in 
Folge deſſen, daß der Teufel einen Kreuzfchüler, welcher 
während der Predigt auf dem Chore Karte gejpielt hatte, 
neben berfelben mweggeholt hatte. Zur Beglaubigung ber 
Sage zeigte man bis zum J. 1760 im fteinernen Fußboden 
der DOrgelempore noch den Tritt eines Pferdefußes, welchen 
der erzürnte Teufel dabei eingeftampft haben follte. 


92) Der Hahn und die Delgögen an der Kreuzkirche. 
S. Schäfer Br. I. &. 104. 110. 





Außer dem 1720 überweißten, in Fresco gemalten Großen 
Chriftoffel neben der erwähnten verteufelten Orgel gab es 
jedoh für die Handwerksburſchen fonft noch zwei andere 
Wahrzeichen in der Kreuzkicche, nämlich den an den fogenann- 
ten Wendelfteine, in einer runden Füllung an der Treppe 
zum Kreuzthurme ausgehauenen fteinernen Hahn, deſſen Schrei 
befanntlich böſe Geifter verjcheuchen foll, und ben bis zum 
%. 1760 erhaltenen fogenannten Delberg, der außerhalb ber 
Kirche zwifchen der großen Halle und dem Thurme in einem 
fteinernen mit Kupfer gedediten, 4 Ellen langen und 2'/, Ellen 


u Bi 


tiefen Anbau aufgeftellt war. Er enthielt die Iebensgroßen 
Figuren Ehrifti und der drei fchlafenden Jünger bei der Del- 
felter (Gethjemane); allein feit der Reformation nannte das 
Volk diefe Figuren ſpottweiſe die Delgögen. 

Uebrigens ſcheint es fonft überhaupt in der Kreuzkirche 
nicht geheuer gemejen zu ſeyn, wenigſtens finden fih im 
8. S. Hauptftaatsarhiv Regiftraturen „wegen bdesjenigem 
Weinens und Heulens, jo den 21. Junius 1698 zu Abend 
in der Kreuzkirche allhier fol jeyn gehört worden.” Einer 
der Zufchauer will durch ein Fenfter in die Kirche geblidt 
und ein großes weißes Ding, wie ein Rad geitaltet, ſich aus 
dem Schiff nad dem Altar zu haben hinfollern fehen. 


93) Der h. Benno Löfcht ein Feuer zu Dresden. 
Mencken. Script. T. II. p. 17%. 


Im Jahre 1487 ift in Dresden ein großes Feuer auf- 
gegangen und haben fchon 18 Häufer in Flammen geftanden, 
da hat eine rechtichaffene Frau aus der Nachbarſchaft, deren 
Haus gerade hat anbrennen wollen, um Hilfe zum h. Benno _ 
gerufen, und fiehe das Feuer blieb ftehen und hörte auf zu 
wüthen. 





94) Vom Brückenmännchen zu Dresden. 
Haſche, Diplom. Geſch. v. Dresden, Bd. II. S. 128. Hilſcher S. 16. 
Abbildung bei Schramm, Ueber Brücken Nr. 4. Schäfer, Städtewahr- 
zeichen I. ©. 68. ꝛc. 





Der Baumeifter der fteinernen Elbbrüde zu Dresden, 
Matteo Foccio (um 1265) ein Staliener, vom Dresdner Volfe 
Mat Vote genannt, hatte fih am fünften Pfeiler der Elb— 
brüde linfer Hand in Fauernder Stellung mit untergejtemmten 
Armen und tief in die Augen gezogenem Mützchen abbilden 
laffen. Dies war das fogenannte Brüdenmännden, ein Wahr- 
zeichen von Dresden. Es flog bei der Sprengung der Dresdner 
Brüde duch Davouft (19. März 1813) mit in die Luft, 


— —— 


fand ſich aber, nachdem man nach einer Zeichnung ein neues 
hatte machen und an die Stelle des alten ſetzen laſſen, unter dem 
Schutte wieder, und man ſtellte es dann linker Hand in der 
Quermauer, da wo die Kaitzbach in die Elbe fällt, wieder auf. 


95) Der Stein auf der Dresdner Brücke. 
Hilſcher, Nachrichten von der Dresdner Elbbrücke S. 23 sq. 


Wenn man früher von Altftadt nach Neuftadt ging, fah 
man rechter Hand einen 3 Ellen langen und 3'/, Elle breiten 
Stein, der auf einer runden Scheibe ein in der Mitte getheil- 
tes Schild zeigte, in deſſen oberem Theile ein Schnedenhaus, 
im untern aber zwei jchräg geftellte Balken zu jehen waren, 
auf deren einem die Buchftaben D. O. D. A., (d. h. ich gebe, 
gieb Du aud, oder: wie Du mir, jo ich Dir) über dem 
Schilde die Buchftaben M. H. L., über der Fläche des ganzen 
Steins aber in römifcher Schrift: Anno MDXLVI und dar» 
unter mit etwas Fleinerer Schrift die Worte: Domus Amica 
Domus Optima (das befreundete Haus die beite Wohnung) 
zu leſen waren. Die Buchftaben M. H. L., bedeuteten den 
Namen des damaligen Brüdenmeifters: „Martin Heußler,“ 
Licentiat, welcher dieſes Monument zum Andenken an die 
politiihen Verhältniſſe Sachſens in jener Zeit hatte jegen laſſen. 





96) Der Kaplan Crosner prophezeit Emſern feinen Tod. 


Haſche, D. ©. Br. II. ©. 169. Sare, Alphab. Hist. And. Th. ©. 8. 
Schlegel, Leben de3 Dresdner Superint. Cellarii S. 80 sq. 





Herzog Georgs von Sachſen Hoffapellan Alerius Crosner, 
von feinem Geburtsort auch M. Colditz genannt, war bei 
feinem Heren in Ungnade wegen jeiner Zuneigung zum 
Zutheranismus gefallen und erhielt deshalb feinen Abfchieb 
(1526); da begegnete ihm, als er feine Bücher und Haus- 
rath auflud, Luthers Todfeind, H. Emfer zu Pferde und 
ſprach zu ihm: diefen Tag fehe ich mit Freuden, ich habe 


u YO 


Deiner ein Ende erlebt, Du mußt in Teufels Namen davon, 
ich bleibe bier. Merius aber antwortete ihm freundlich: ei, 
Herr, in Gotte8 Namen wäre auch ein Wort, ih bin in 
Meißen gewesen eher als Ihr, werde auch drinnen bleiben, 
wenn Ihr weg feid. Siehe was gejhieht! WS Emfer des 
Abends ein Bankett hält und fich dabei etwas übernommen 
hat, fett er fich plöglich auf feinen Stuhl, macht fchredliche 
Geberden und ftirbt dahin. 


97) Woher die Marterfäulen auf der Dresdner Brüde 
gekommen, und von andern ähnlichen Kreuzen in der Stadt. 


Wed, Dresdner Ehronit ©. 89. Hilfeher, Etwas zu der Kirchen-Hiftorie 
von Alt-Dresden. ©. 56 sg. Schäfer Bd. I. ©. 76. ıc. 83. fgg. 


Früher ftanden auf der rechten Seite der großen Dresdner 
Brüde zwei fteinerne Säulen, auf denen das Leiden Chrifti 
in Stein gehauen war. Bon diefen war bie eine, fo 1515 
gejegt wurde, zum Andenken an einen dort umgefommenen 
Menſchen aufgerichtet, die andere ältere (von 1499) zum An- 
denfen an eine große Wafjerfluth, bei der eine Karaufche 
oder Barbe aus dem Wafjer bis auf die Brüde gefprungen 
war. Selbige war auch auf der Säule auf einen Wappen- 
Ihilde ausgehauen, wenn diefes nicht vielleiht das Wappen 
der Karraſſe ift, das jenen Fiſch führt. 

Dergleihen Marterfäulen gab es aber früher noch 
mehrere in Dresden, jo eine bei der Frauenkirche, eine 
andere, wo fpäter das jchwarze Thor war, und drei auf dem 
fogenannten Sande an der Stolpner Straße, auf denen 
Chriftus und die zwei Schächer abgebildet waren und zu 
welchen von der Kreuzkirche aus gerechnet es genau dieſelbe Ent- 
fernung des Weges fein follte, welchen unfer Heiland von dem 
Richthauſe des Pilatus bis nad) Golgatha zu gehen gehabt. 





98) Der Mönch auf dem Frauenkirchhofe zu Dresden. 
©. Wed ©. 254. Abgeb. b. Schäfer Bo. L S. 111 x. 


Unter den Leichenfteinen des alten Kirchhof der Frauen- 


— — 


kirche befand ſich auch einer mit der Abbildung eines alten 
Klerikers von 1388, genannt der Mönchsſtein, unter dem 
jener ſpukhafte Mönch gelegen haben mag, der noch in ſpä— 
terer Zeit in dem Garten des Palais des hochfel. Prinzen 
Mar in der Dftraallee (in der Nähe des Vogelherds) und 
in dem fonft zur Johanniskirche gehörigen, jegt fäcularifirten 
und mit den Häufern des Johannisplatzes bebauten Kirchhofe, 
den Kopf unter dem Arme, herumgehen foll. Ob er aber gleich- 
bedeutend mit dem gejpenftigen Leichenbitter bei dem Kirchen- 
born in der Altjtadt Dresden, mit dem nachher zu erwähnen- 
den Dresdner Mönche und dem bei dem Keller des ehemaligen 
Auguftinerflofter8 alda mit einer Kanne unter dem Arme 
und einem Schlüffelbunde in der Hand fich zeigenden Mönch 
it, weiß ich nicht. 


99) Der Queckbrunnen zu Dredden. 


©. Wed ©. 280. Hafche, Diplom. Gef. v. Dr. Bd. I ©. 254. IL. 

©. 145. Urfve. Nr. 211 d. Bd. Va. ©. 406. Mag. I ©. 68. VI. 

©. 716 sq. u. Beſchr. v. Dresven. Leipzig 1781. Bd. I. ©. 463 sg. 

Curiosa Sax. 1733. ©. 54. 1768. ©. 30. Unſch. Nachr. 1713. ©. 702. 
m. Abbild. b. Schäfer Br. I. ©. 120 x. 





Zwiſchen der Gerbergafje und dem Eingang zur Grünen 
Gafje vor dem jegigen Fatholifchen Waifenhaufe befindet fic) 
noch heute ein Brunnenhäuschen, deffen Spite ein Klapper- 
ftorch ziert, und welches der Duedborn heißt, und von dem ein 
Sprichwort fagt, daß der Storh aus ihm die Kinder hole. 
Nach diefem ift Schon um 1514 häufig gewallfahret worden, 
weil bie Sage ging, daß, fo eine unfruchtbare Frau von 
feinem Waſſer tränfe, diefe durch die Gnade der h. Jungfrau 
mit Kindern gefegnet würde. Darum hat der Bifchoff Johann 
von Meißen im %. 1512 die Erlaubniß zum Bau einer Wall- 
fahrtscapelle zu Unferer lieben Frauen Queckborn ertheilt, 
welche jedoch ſpäter wieder einging, injofern der Zudrang der 
Gläubigen dahin fo ftarf war, daß die übrigen Kirchen, be- 
ſonders die Kreuzkicche, weil ihre Einkünfte dadurch geihmä- 
lert wurden, zu Rom um Aufhebung derfelben einfommten 


— —— 


mußten. Der Name Queckborn bedeutet übrigens ſoviel, als 
Lebensborn (von Queck — lebendig), nicht aber Viehborn, wie 
man ihn der Nähe der frühern Viehmweide (jet Schügenplak 
genannt) wegen hat deuten wollen. Der Brunnen jelbft ift 
übrigens jegt noch gangbar. 


100) Beftrafter Fluch zu Dresden. 
Weck ©. 542. 


Am Hohannistage des Jahres 1579 hat ein Gteuer- 
mann, David Bottig genannt, ein Schiff, das mit Sand 
beladen war und auf dem fi auch 31 Manns- und Weibs- 
perjonen befanden, durch einen unrechten Bogen der Dresdner 
Brüde ftromabwärts fahren wollen, das Schiff hat ſich aljo 
quer vor dem Pfeiler gelegt, und die Leute ausfteigen wollen, 
er aber hat fie unter fchredlichen Fluchen und in aller Teufel 
Namen wieder in das Schiff zu treten genöthigt und ift als— 
dann vom Pfeiler abgeftoßen, worauf das Schiff am Hinter- 
theile geborften und die Leute in's Waſſer gefallen und neun 
von ihnen ertrunfen find. 





101) Eine Here wird zu Dredden verbrannt. 
Weck ©. 542. 


Am 20. Zulius des Jahres 1585 ift vor dem Wils- 
druffer Thore zu Dresden eine Zauberin, Namens Helene 
Wiedemannin, verbrannt worden, welche vorher in der Tor- 
tur und auch fonft gütlich geftanden, wie fie in ihrer Jugend 
von einem Mönch zu Camenz die Zauberfunft gelernet und 
diefelbe 27 Jahre lang getrieben; unter andern hätte jie 
Hannfen von Taubenheim zu Noſchkowitz, welcher bei Ehur- 
fürft Auguft, um des von feinem Weibe getriebenen unfer- 
tigen Weſens Willen, in Ungnade gefommen, durch Zauberei 
wieder zu Gnade zu bringen fich beflifien. Auch hätte fie 
befannt, es wäre durch fie ein Weib zu Sebnig, die Peter 
Hellin oder Strobifchen genannt, geringer Urfadhen und um 
Feindſchaft wegen dermaßen bezaubert worden, daß fie vier 


— — 


ſtumme Kinder durch Gottes Verhängniß nach und nach zur 
Welt gebracht, wie ſich es dann auch in der Erkundigung 
alſo befunden. (S. unten S. 124.) 


102) Der bärtige Kopf auf der Zahnsgaſſe. 
Haſche, Beihr. v. Dresden Br. I. ©. 116. 


Das früher fogenannte Richter’ihe Haus (Nr. 16) auf 
der Zahnsgaffe in Altftadt- Dresden trug fonft über dem 
Portale als Wahrzeichen einen bärtigen Menſchenkopf auf 
einem ausgebreiteten Tuche, deſſen Schildhalter zwei Engel 
waren. Dies war das Haupt Ehrifti, daS Tuch aber das 
Schweißtuch der h. Veronica. 


103) Die Gans auf der großen Brüdergajfe. 
Hafche, Behr. v. Dresden Bd. I. ©. 252. 643. m. Abbild. b. Schäfer 
Bd. I. ©. 197. 


An dem zweiten Stode des Edhaufes der großen Brübder- 
gaffe Nr. 7 ift eine fliegende Gans in Stein gehauen mit der an- 
geblichen Unterfchrift: Diese Gans hat VII Personen getoedtet. 
Man erzählt, daß eine Magd im 15. Jahrhundert eine zum 
Braten fertige und ausgenommene Gans in ben Keller ge- 
fegt, eine Kröte (oder Ratte) jei hineingefrohen und am 
andern Tage, ohne daß es Jemand bemerft, mitgebraten 
worden. Die ganze Familie nebft der Magd hat nun davon 
gegejien und tft noch denfjelben Tag plöglich geftorben. Man 
zeigte ehemals in der großen Halle der Sophienkirche ein 
fogenanntes Pöllnigefhes Grabmal in Form eines hohen 
fteinernen Bettes, in bem zwei in Lebensgröße ausgehauene 
Perfonen lagen, und es berichtete die Sage, daß das Grab- 
mal ſich auf jene Familie, die den Namen Schwalbach ge- 
führt, bezogen habe. Indeſſen hat neuerdings Hr. Schäfer 
die Sache in Abrede geftellt und die Gans für einen Adler 
erflärt (I) und bemerft, daß die um das Bild laufende In— 
fohrift laute: DER. ADLER.... GENIME.... DEM. 
HEBT. VND. IHN. IN. HIMEL. HINAVF. TREGT 
. MDLXIII. 








104) Dad Weiberregiment zu Dresden. 


©. Haſche, Beihr. v. Dresden Bd. I. ©. 369. Abgeb. b. Hilfcher, Dresdner 
Elbbrücke, Titelf. u. b. Schäfer Br. I. ©. 191 x. 


Früher ftand in der Morigftraße unten quer vor ein 
Haus, über deſſen Thüre in Stein gehauen zu jehen war 
ein Mann, der auf Händen und Füßen froh; auf dieſem ſaß 
ein junges, jchönes Frauenzimmer, welche ihn durch. einen 
ihm in den Mund gelegten Zaum lenkte und vermittelft einer 
Karbatiche antrieb. ES ift dies die befannte mittelalterliche . 
Geſchichte vom Philojophen Ariftoteles, die man ſehr oft auf 
Elfenbein- und Holzſchnitzwerken abgebildet findet.) Bei Er- 
neuerung des (Kreyßig'ſchen) Haufes (gr. Schießg.) Nr. 10 
ward es abgebroden und über den Eingang in den Vogler- 
jhen (v. Reibold'ſchen), jett mit Häufern bebauten Garten 
an ber linfen Ede der Großen und Kleinen Ziegelgaffe 


+) Ein Sranzofe, der Trouvere Henri d'Andeli, dichtete fie um als 

Lay d’Aristote (bei M&on, Fabl. T. III. p.96 m. Abbild.), ebenfo ein deutfcher 
Minnefänger des 13. Shots. als „Ariftoteles und Phyllis“ (bei Hagen, 
Gefammtabentener Br. I. ©. 17). ©. a. Dunlop, Geſch. d. Profadicht. 
v. Liebreht ©. 483. Nr. 253) u. Hagen Bd. I. S. LXXV. Ich befite 
einen alten itafienifchen Holzjchnitt aus der erften Hälfte des 16. Ihdts., 
darauf ift ein griechifcher Krieger abgebildet, der auf allen Vieren Friecht, 
während eine mit einer Geifel (in griechifcher Frauentracht) bewaffnete 
Frau, auf feinem befattelten Rüden fitend, ihn mit dem aus feinem 
Munde gehenden Zaume regiert. In der Luft fchmebt Amor, feinen 
Pfeil nach ihm zu ſchießend. Auf einer bandartigen Rolle über dem Bilde 
ftehen folgende drei Berfe: 

Amor crudel con la sua uolia praua 

Fe adar istil portar freno e sella 

Et una gioueneta il caualcaua, 
und unter dem Bilde der Neiterin ein vierter: 

Pazz'e chi fuggir crede il crudo strale. 
Zuweilen wird dieſelbe Geſchichte vom Hippofrates erzählt. Die ältefte 
Duelle derſelben ift die Gte Erzählung des IV ten Buches des altindifchen 
Sanskritmärchenbuches Pantschatantra (f. Benfey, Pantichatantra. Lpzg. 
1859. Bd. L ©. 461 flgg.), welche wiederum ihren Urfprung auf eine 
chineſiſch⸗ buddhiſtiſche Legende zurüdführt. 


aufgeftellt. Diefes Bild nannte man das Weiberregiment, 
allein ſeit 1756 iſt es von da auch weggefommen, wohin, 
weiß man nicht. 


105) Der goldne Rabe auf der äußern Pirnaifchen Gaffe. 


Ueber der Thüre des linker Hand auf der äußern 
Pirnaiſchen Gaſſe unter Nr. 18 befindlichen Haufes fieht man 
noch heute einen goldenen Raben, der einen Ring im Schnabel 
trägt. Nach Haſche Geſchr. v. Dresden Bd. I. ©. 412) foll 
ein früherer Befiger hiermit blos eine Anfpielung auf feinen 
Namen beabfichtigt haben, allein das Volk erzählt ſich, daß 
einjt ein Unfchuldiger wegen eines angeblich hier in diejem 
Haufe begangenen Diebſtahls eines Ringes ergriffen und 
hingerichtet worden fei, wäyrend ſich Doch fpäter gefunden 
habe, daß der zahme Nabe des Eigenthümers der Urheber 
der Miſſethat gewejen: jener habe nun zur Erinnerung an 
diefe traurige Begebenheit den Naben mit dem Ringe an 
jeinem Haufe abbilden laſſen. 


106) Der wohlthätige Brunnen bei der heiligen 
Bartholomäusfapelle. 
Haſche, Beichr. v. Dresden Br. I. ©. 448. 707. Schäfer Bd. J. ©. 9 ıc. 


Auf dem Freiberger Platze befand fich früher ein Hospital 
für alte Weiber, genannt zum h. Geift oder h. Bartholomäus 
(neben dem Findelhaus), welches ſchon um 1337 beftanden 
haben muß. In dem dazu gehörigen Garten war ein Duell, 
der die Gicht heilen konnte: wenigftens foll ein gewifjer 
Nicolaus (Plate), Titularbifhoff von Conftang, früher Abt 
zu Zinna bei Jüterbogf, fih bier niedergelaffen und den 
vollflommenen Gebrauch feiner Glieder, welchen ex verloren 
hatte, blos duch den Gebrauch diejes Waſſers wieder erlangt 
haben. Er ift hier 1391 begraben worden, ift jedoch nicht 
der Stifter des Hospitals geweien, wie die Sage berichtet. 





ze. ME 


Ueber dem fteinernen Portale ftand früher die Figur des 
h. Bartholomäus aus Sandftein, die, von den Huffiten herab- 
geftürzt (1429), lange in einem Winkel der Kirche am Altare 
lehnte, von dort aber fich nicht wegbringen ließ, fondern 
immer wieder zurüdkehrte. Es war dieſes das jogenannte 
„Geeftmännel”. Ein anderes Wahrzeichen hier war die an 
ber Straßenmauer linf3 vom Kirchlein ftehende bededte Stein- 
oder Peſtkanzel, auf der 1539 Luther gepredigt haben foll. 


107) Was die Churfchwerter im alten fächfifchen Wappen 
bedeutet haben. 


Curiosa Saxon. 1732. ©. 130. Dresb. Gel. Anz. 1759. St. 31. 





Bekanntlich erhielt Friedrich der Streitbare von Kaijer 
Sigismund die Churwürde, welche zwei jchräg über einander 
liegende Schwerter in feinem Wappen bedeuten. Man hat 
bieje Infignien fo verftanden, als zeigten fie die Würde eines 
Reichsoberhofmarſchalls und Reichsgeneralfeldmarſchalls an, 
anders deutet fie Die Sage, denn man hat einen alten Reim, 
ber fo lautet: 


Zwey Schwert dad Marfchallamt bedeuten 
Die Wendifchen Heiden auszureuten. 


108) Ein Soldat wird zu Dresden bezaubert. 
Dresdner Merkw. 1715. ©. 54—58. 





Im Sahre 1715 tft einem Soldaten vom Borkiſchen 
Regiment, genannt Siegel, am Waifenhaufe ein Weib mit 
einer Masfe vor dem Gefichte erſchienen, hat ihn angejehen 
und behert. Der Mann ift von Stund an raſend geworden, 
hat Andern die Zukunft verfündigt, und alles Gebet ber 
Geiftlihen M. Weller und Zahn ift vergeblich geblieben, 
denn jener war und blieb bejefjen. 


109) Dad Trompeterfchlößchen zu Dreöden, 


Mündlih. Rom. beh. v. Fr. Gottſchalk, deutfche Vollsmärchen. Leipzig 1846. 
Bd. I. ©. 130—152. u. v. Winter in d. Eonftitut. Zeit. 1854 Nr. 3 fgg. 
Poetifch bearb. v. Ziehmert (der die Sage kurz nad) dem 30 jährigen Kriege 
fegt) Bd. II. ©. 111 sq. u. v. Th. Hell im Komus 1817. II. Gabe. 
©. 109. u. b. Solbrig, Boetifhe Sagen der Borzeit. Magdeb. 1817. S. 415 x. 





Auf dem Dippoldiswaldaer Plat bildet die Ede der 
großen DOberfeergaffe und Reitbahngaffe ein Gafthof, genannt 
das Trompeterfhlößchen, wo an der abgefchnittenen Ede am 
zweiten Stod ein vergoldeter Trompeter zu Pferde abgebildet tft 
mit der Unterfchrift: 

Trompeterfhlößchen nennt man mich, 

Des Krieges Wuth empfand auch ich, 

E3 warf mic) unverhofft ein tödtend Feuer nieder, 

Allein ich ftehe nun durch Gotte Gnade wieder. 1764. 
Der Platz diefes Haufes war ſchon 1451 mit dem Jakobs— 
hospital überbaut, und fpäter hielt die Garde du Corps bier 
ihre Fahnen» und Arreitantenwache. Indeß kann das Haus 
offenbar von diefen feinen frühern Bewohnern nicht exit den 
Namen Trompeterfhlößchen erhalten haben, jondern berfelbe 
muß älter fein, wie auch ſchon aus dem obenftehenden Reim 
hervorgeht. Die Sage erzählt uns alſo darüber folgende 
merfwirdige Gejchichte.T) 

Bor langen Jahren lagen auf der Fläche, wo fich jetzt 
das herrliche Dresden an den beiden Ufern der Elbe aus— 
breitet, nur zwei kleine Dörfchen, deren Einwohner ſich 
fümmerlih vom Filhfange nährten und von deren Dafein 
jegt nur noch der Name der Fiſchergaſſe in ber Altjtadt und 
des fogenannten Fiſcherdorfs in der Wilsdruffer Vorftadt 
Zeugniß giebt. Nings um biefelben war fonft ein dichter 
Wald und Alles gehörte den mächtigen Burggrafen von Dohna, 
die hier auch ein Jagdſchloß erbaut hatten, welches fie zu— 
weilen zu bewohnen pflegten, um hier. dem Waidwerf und 


+) Sie ift jedoch von Th. Hell (Hofr. Winffer) nach feinem eigenen 
Geſtändniß erfunden (S. Schäfer BD. I. S. 221 :c.). 
Gräfe, Sächſ. Sagem. I. 


— — 


andern Luſtbarkeiten obzuliegen. Mit der Zeit wuchſen aber 
jene Heinen Dörfer fo an Umfang, daß bald der ganze Raum, 
ber früher zwifchen ihnen und dem genannten Jagdſchloſſe 
eriftirt hatte, angebaut war. Aber auch die Burggrafen von 
Dohna waren immer mächtiger geworden, und jo fam es, daß 
fie fih nicht mehr begnügten, mit ihren Nachbarn, deren 
feiner ihnen die Spite bieten fonnte, in ewigem Kampfe zu 
liegen, um fi) durch deren Befigungen zu bereichern, jondern 
ih jogar gegen ihren Lehnsherrn, den König Bogislaus (II.?) 
von Böhmen, auflehnten. Allein dies befam ihnen fchlecht, 
berjelbe zog mit großer Heeresmaht gegen fie, ſchlug fie im 
offenen Felde, brach ihre Burgen und vertheilte ihre Güter 
an feine Günftlinge und Bafallen. Seit diefer Zeit jtand 
auc jenes Jagdſchloß leer und ward, da Niemand fih um 
dajjelbe zu kümmern fehien, zur Ruine. Nun ging aber durch 
jene Dörfer eine jehr befuchte Heerftraße nach ber hölzernen 
Elbbrüde, welche die Burggrafen von Dohna ſchon um 840 
gebaut haben follen, auch dort ihr Wappen, zwei über einander 
geſchrenkte Hirihitangen aufgeftellt hatten und einen Hol 
von ihr erhoben, und jo fam es, daß in den Dörfern viel 
Einkehr war, da viele Fuhrleute hier des Nachts rafteten und 
erit am andern Tage die Elbe überfchritten. Da war aud 
befonders ein Wirth mit Gäften gejegnet, jo daß fein Haus 
bald zu Klein für die zahlreichen Beſucher ward und er manchen 
Fremden, von dem er fich einen guten Gewinn verſprach, 
abweijen mußte. Dies wurmte aber den habfüchtigen Schent- 
wirth jehr, und darum fand der Rath eines Nachbarn, er 
möge doch verſuchen, das ihm gegenüberliegende, unbenutzt 
ftehende, verfallende geräumige Jagdſchloß von dem jeßigen 
Heren des Waldes zu erwerben und feine Wirthiehaft dahin 
zu verlegen, bei ihm günftiges Gehör. Er begab fh auch 
fofort nach Lohmen, wo derjelbe haufte, erfaufte das Schloß 
für einen fehr billigen Preis, und raftete auch feinen Augen- 
blick, bis dafjelbe wieder in gutem Stande und zur Aufnahme 
möglichft vieler Gäfte eingerichtet war, jo daß er bald den 
Einzugsſchmauß dafelbft halten konnte. Den Tag vorher 


— BB — 


mußte er aber leider von dem boshaften Nachbar hören, daß 
er nur darum ſo billig zu dem Hauſe gekommen ſei, weil es 
darin umgehe und Niemand von den böſen Geiſtern, die hier 
ihren Wohnſitz aufgeſchlagen, gelitten werde. Indeß ließ ſich 
der neue Eigenthümer das wenig anfechten, hielt ſeinen 
Einzugsſchmauß und ſetzte ſowohl hier, als in ſeiner alten 
Wirthſchaft, die er zur Aushilfe ebenfalls beibehalten hatte, 
ſo viele Gäſte als er nur konnte, und lange hörte man nichts 
von Spuk oder Geſpenſtern. Da trug es ſich eines Tages 
zu, daß ein Ritter mit feinem Knappen noch Aufnahme ver- 
langte, als beide Häufer ſchon völlig mit eingefehrten Fuhr— 
leuten angefüllt waren. Unfer Wirth erklärte ihm daher, ex 
vermöge ihm Fein bejonderes Gemach mehr zu geben, es fei 
denn daß er in einem alten Saale bleiben wolle, ber voll 
werthloſen Gerülles jei und zugleich als Getreideboden benutzt 
werde. Der Nitter, der bei finfender Nacht nicht weiter 
wollte, auch froh war, ein Plätzchen zum Ausruhen von langer 
Reife zu finden, willigte ein, und fo führte ihn denn fein 
Wirth, nachdem er ein gutes Abendbrod zu fich genommen, 
hinauf in den Saal, ließ ihm eine Lampe zurüd und ging 
feines Wegs. Freilich gefiel dem Ritter jegt das gewählte 
Schlafzinnmer nicht befonders, allein was half's, er mußte 
gute Miene zum böfen Spiele maden; er warf ſich alſo auf 
das ihm bereitete Lager, ohne jedoch die Lampe auszulöfchen, 
und fchlief, da er nach verfchloffener Thür vor jeder Störung 
fiher zu fein meinte, ruhig ein. Plötzlich machte er von einem 
ihm unerklärlichen Lärmen auf, er vernahm ein Laufen, 
Scharren und Boltern auf der Treppe und an der Thüre, 
daß es ihm ganz ängftli zu Muthe ward und er jein 
Schwert ergriff, um jeden unberufenen Eindringling damit 
muthig zu befämpfen. Siehe da ftand plöglich eine in ein 
Leichentuch gehüllte Geftalt vor ihm, die ihn mit hohler 
Stimme fragte, ob er zum Tanze auffpielen könne, und als 
ber Nitter diefe Frage für Spott haltend dem gefpenftigen 
Befucher mit feinem Schwerte drohte, fo berührte ihn biefer 
mit Falter ſchwerer Tobtenhand, daß er fich nicht rühren 
7® 


— 100 — 


konnte, fragte ihn noch zum zweiten und dritten Male daſſelbe, 
und als er endlich mit Nein antwortete, ſo ging der Geiſt 
traurig von dannen. Mittlerweile verlor ſich zwar der Lärm 
und das Poltern, aber der Ritter hielt es auch keine Minute 
länger zwiſchen den vier unheimlichen kahlen Wänden des 
düſtern Saales aus, er eilte die Treppe hinab, rief den 
Wirth und die ſchlafenden Gäſte wach und erzählte, was ihm 
begegnet war. Nichts half es, daß jener betheuerte, noch 
nichts von ſolchem Spuk vernommen zu haben, alle ſeine 
Gäſte brachen auf, und wollte er nicht allein in dem Geſpenſter— 
ichloffe bleiben, fo mußte er ihnen wohl folgen. Er zog alſo 
wieder in fein altes Haus zurüd und mußte froh fein, daß 
wenigſtens hier noch der alte lebhafte Verkehr blieb, denn in 
das andere brachte er Niemand mehr, zumal da einige muthige 
Burſchen, welche es über fi) genommen hatten, das Schloß 
zu durchſuchen, ob nicht etwa lebendige Geifter dafjelbe be- 
wohnten, als fie in einen unbenugt gebliebenen Keller ge- 
fommen und darin eine bisher noch nicht gejehene Thüre 
entdedt hatten, die fich jedoch nicht öffnen ließ, zwar bie 
Kecheit gehabt hatten, dieſelbe einzuſchlagen, aber auch, ehe 
fie noch in den von derſelben verbedten Raum eingetreten 
waren, eine fchwarze Geftalt auf ſich zufommen fahen, die 
ihnen bei ihrem Leben gebot, fich zu entfernen und nicht die - 
Ruhe der hierher gebannten abgefchiedenen Seelen zu ftören. 
So blieb das Spufhaus manches Jahr lang unbewohnt und 
verlaffen ftehen und fein Befiger ärgerte fih, wenn er e8 
anfah, denn Alles, was er für dafjelbe gezahlt und hinein- 
gewendet hatte, war verloren, da Niemand es Faufen wollte 
und er felbft doch auch feinen Gebrauch davon machen Fonnte. 
Da begab es fich eines Tages, daß das Wirthshaus wieder 
von oben biß unten mit Gäften gefüllt war und der Wirth 
alle, die noch um Herberge baten, fortſchicken mußte. Endlich 
fam auch ein Trompeter des Wegs geritten, der einfprechen 
wollte und ſich nicht abweifen ließ, fondern für ſich und fein 
todtmüdes Roß Labung und Aufnahme verlangte. Nichts 
half es dem Wirth, daß er feinem neuen Gafte die Unmöglich— 


— 101 — 


feit feine8 Verlangens vordemonftrirte, derſelbe beftand 
Darauf hier zu bleiben, und endlich meinte jener, er könne 
ihm mohl noch ein Plägchen zum Ausruhen anbieten, allein 
Dies fer im Spufhaufe; wenn er fih vor Geiftern nicht fürchte, 
To möge er dort bleiben. Der muntere Trompeter ließ fich 
vorerft die ganze Geſchichte erzählen, lachte fi eins und 
Tagte zulegt, an Geifter glaube er nicht, die Todten kämen 
doch nicht wieder, und vor lebenden Störern folle ihn fein 
Schwert Shühen, der Wirth möge ihm nur ein Fäßchen feines 
beften Bieres geben, ihm ein Lager zurecht machen laffen und 
mit Licht verfehen, fo fei er bereit, allein in dem öden 
Schloſſe zu übernachten. Obwohl ihn nun der Wirth noch— 
mal3 gewarnt und ihm zugleich auch die Verficherung gegeben 
hatte, daß, wenn er einmal das Schloß betreten habe, er 
auch vor Tagesanbrudh nicht wieder herausdürfe, jo ließ er 
fih doch nicht irre machen, jondern forderte den Wirth 
auf, ihm das Verfprochene zu geben und ihn jodann in 
den gejpenftigen Saal zu bringen. Sener ließ fih auch 
bereit finden, trug ihm ein bequemes Nuhebett, Bier und 
Licht hinüber, verjchloß aber, nachdem er ihm gute Nacht ge- 
wünſcht, das Schloß, und fo fah ſich der Trompeter bald 
allein. Nachdem er ſich in dem Saale umgefchaut, die Thüren, 
wie er meinte, feſt verſchloſſen, ja zu befferer Sicherheit mit 
altem Gerülle, das er hier fand, verrammelt hatte, warf er 
fih auf fein Lager, um zu jchlafen. Allein fei e8, daß er 
zu ermüdet, oder Doch etwas aufgeregt war, der Schlaf wollte 
nicht kommen, er mochte fih bald auf biefe und bald auf 
jene Seite legen. Er ftand alſo wieder auf und nahm feine 
Trompete zur Hand, um fich mit Blajen die Zeit zu ver- 
treiben. So fam die Mitternacht heran, und noch hatte ſich 
im ganzen Haufe fein Laut hören laſſen, fiehe, da ertönte 
auf einmal mit dem Schlage zwölf von unten herauf ein 
immer lauter und näher kommendes Getöfe, die Schritte 
vieler Perfonen ſchallten die Treppe herauf, lautes Geräusch 
ließ fi vor dem Saale hören, und wie der Trompeter eben 
auffpringen wollte, um dem Spufe entgegenzugehen, da 


— 183 — 


ſprangen die Thüren von ſelbſt auf, und herein traten zwölf 
Paare von Todtengerippen, die Leichentücher um ihre nackten 
Gebeine geſchlagen. Sie zogen hinter einander mehrmals in 
dem Saale herum und ſchienen ſich zuweilen förmlich nach 
einem gewiſſen Tacte zu bewegen. Da ward dem Trompeter 
ganz ängſtlich zu Muthe, er wußte nicht, was er machen 
ſollte, griff faſt unwillkürlich zu ſeinem Inſtrumente und be— 
gann ein luſtiges Stücklein zu blaſen. Das ſchien den un— 
heimlichen Beſuchern ſehr zu gefallen, ſie nickten ihm Beifall 
zu und begannen ſich nach der Muſik herum zu drehen. Der 
gezwungene Muſiker blies nun wacker darauf los, aber je 
ſchneller er blies, deſto raſender flog der geſpenſtige Reigen, 
und als er endlich erſchöpft aufhören wollte, da machten ihm 
die hölliſchen Tänzer ſo drohende Zeichen, daß er alle Kräfte 
ſammelte und ein Stück nach dem andern aufblies. Endlich, 
eben wie er daran war, vor Ermüdung umzuſinken, da hörten 
die tollen Tänzer plötzlich von ſelbſt auf, einer aus ihrer 
Mitte trat zu ihm heran und ſprach: „Fremdling, wir danken 
Dir, Du haſt durch Dein Blaſen die Bedingung erfüllt, welche 
allein es uns geſtattet, zum ewigem Schlaf einzugehen; von 
dieſer Stunde an werden die Räume dieſes Hauſes von uns 
nicht mehr unſicher gemacht werden.“ Bei dieſen Worten 
ſchlug es Eins, und in demſelben Augenblick ſtürzten auch 
ſämmtliche Knöchler in Staub zuſammen; aber auch der 
Trompeter verlor das Bewußtſein und erſt das durch die 
Fenſter dringende Sonnenlicht weckte ihn aus ſeiner Betäubung. 
Das Erſte aber, was er that, als er wieder zu ſich kam, war, 
daß er aus voller Bruſt zum geöffneten Fenſter hinaus ein 
frommes Danklied zu dem hinausſendete, der ihn in dieſer 
Nacht ſo wunderbar in ſeinen Schutz genommen. Das 
Trompetengeſchmetter weckte aber den Wirth und ſeine Gäſte 
im alten Hauſe aus dem Schlafe, Alle eilten herbei, um den 
von ihnen ſchon todtgeglaubten Geiſterverächter zu ſehen, und 
als derſelbe nun das Geſchehene berichtet und das Häuflein 
Aſche die Wahrheit der Erzählung bezeugt hatte, da wußte 
ſich der Wirth vor Freude kaum zu laſſen und bot dem 


— 18 — 


Trompeter an, fo lange er lebe, bei ihm zu bleiben und auf 
feine Koften zu leben. Der aber nahm es nicht an, fondern 
beanspruchte nur fein Fäßlein Bier als fauer verdienten 
Lohn, der dankbare Wirth jedoh gab ihm nicht blos den 
verfprochenen Preis, fondern auch noch ein tüchtig Stüd 
Geld, damit er fich in feiner Heimath ein forgenfreied Loos 
gründen könne. Zum Andenken aber ließ er das Bilb bes 
Trompeters in Stein hauen und in die obere Wand des nun 
wieder bemwohnbaren Haufes jegen, welches von dieſer Zeit 
an bis auf heute noch davon das Trompeterfhlößchen ge- 
nannt wird. 


110) Der Dresdner Mönch, 


Der vieltöpfige Hintelmann ©. 29. P. E. Hilſcher, Nachricht von einem 
gewiffen Mönche in Dresden, welcher fich als eine böfe Vorbedeutung je 
zumeilen foll fehen laſſen. Dr. 1729. 8. u. 6. Hauber, Bibl. Mag. Br. II. 
p. 547—617. ©. Defi. Nachrichten v. d. Dresdner Elbbrücke, ebend. 
1729. 8. ©. 14 sq. Haſche, Diplom. Gefchichte von Dresden. Bd. V. a. 
©. %. sq. 487. (überall blos einzelne Notizen). Schäfer Bd. J. ©. 113 x. 
i Mündlich. 





Wie die weiße Frau im Schloſſe zu Berlin ſtets durch 
ihr Erſcheinen den Tod eines Fürften aus dem Haufe Hohen- 
zollern verfünden foll, jo follen ſich nach der Volksſage auch 
ähnliche Vorbedeutungen bei einem dem fächlischen Fürften- 
hauſe drohenden Todesfalle zeigen. In Weimar erblide man 
3. B., jo berichten viele Schriftfteller, jo oft jemand der durch— 
laudtigften Fürften aus biefer Linie das Zeitliche fegnen 
wolle, ein Licht. 7) In Dresden foll früher, fo oft ein grauer 
Barfüßer-Mönc fein abgehauenes Haupt unter den Arm und 
eine brennende Laterne in der Hand tragend auf dem Walle 
ber Dresdner Baftei und an derjenigen nad) der Elbe ges 
fegenen Stelle der frühern Feitungswerfe, welche die Jungfer 
oder das grüne Haus genannt ward, fich fehen ließ, dies den 


}) ©. Crusii Annales Suevici P. I. L. XII. c. 29. Zeiller, Epist. 
XII p. 15. Weiß, Bolitifhe Reden, ©. 586. 


— 14 — 


Tod eines Gliedes der hurfürftlich ſächſiſchen Linie angezeigt 
haben. Diefer Mönch war angeblich früher zweimal an dem 
oberiten Simms de3 Hauptthurms der alten Kreuzfiche an 
den zwei Eden der nah dem Walle zugehenden Seite in 
Stein gehauen; weil aber auf der nach der Seite der Stadt zu— 
gewenbeten Ede das Bildniß Chrifti angebracht war, fo dachte 
man fich unter diefen beiden Mönchsgeftalten auch den Teufel 
und feine Großmutter. Gewöhnlich Fam er aus dem fo- 
genannten Mönchsbrunnen auf dem Wilsdruffer Walle heraus, 
der bis 1726 geitanden hat. Den 22. April 1694 hat er 
fih auch im Föniglichen Schlofje als Anzeichen eines hohen 
Todesfalls ſehen laſſen (Johann Georg's IV.); aber auch am 
3. October 1698 hat er die Wachen an den Thoren von 
Altdresden geplagt und erſchreckt, ſo daß ſie ſich von allen 
Poſten einander zu Hilfe riefen und ein Soldat ſich nur da— 
durch mit Mühe von dem Herabgeworfenwerden in den Graben 
ſchützen konnte, daß er ſich am Schilderhauſe feſthielt. Den 
Lieutenant, der die Runde gethan, hat er ebenfalls attakirt, dieſer 
hat aber die Pike gefällt, worauf das Geſpenſt unſichtbar ward. 
Hierauf iſt ein ſolcher Lärm entſtanden, daß man die Trommel 
rühren und Niemand mehr die Wache verrichten wollte, wie 
aus den im Regimentshauſe an dieſem Tage gethanenen 
Ausſagen hervorgeht. Das Volk erzählte ſich damals, jener 
Mönch habe einſt die beiden Brüder Churfürſt Moritz und 
Auguſt an der Stelle, wo jetzt das Moritzmonument ſteht, 
und die davon früher die Horche hieß, behorcht und ſei zur 
Strafe dafür geköpft worden; erſcheine aber ſeitdem als ein 
der churfürſtlichen Familie Unglück verkündender Spufgeift. 
Ja man dachte ſich ſogar unter dem Bilde des Gott Vater 
unter dem Architrav dieſes 1553 von Churfürſt Auguſt auf dem 
ſogenannten Haſenberge errichteten allegoriſchen Monumentes 
jenen ſpukhaften Mönch. Nach einer andern Sage (b. Lothar, 
Volksſagen. Leipzig 1820 S. 87) wäre aber dieſer (graue 
oder braune) Mönch, der klein von Geſtalt und ſehr friedſam 
geweſen, übrigens nur die, ſo ihn geneckt, beſtraft hätte, auch zu 
andern Gelegenheiten häufig im königlichen Schloß ſichtbar 


— 105 — 


gewejen. So habe einft ein Churfürft einen Diener in ein 
beftimmtes Zimmer gejhidt, um etwas zu holen, da habe 
dDiefer den grauen Mönd an einem Tifche fiten und fchreiben 
fehen, erjchroden fei er zurüdgeeilt und habe feinem Herrn, 
was er gejehen, gemeldet, der Churfürft fei ſchnell ohne Be- 
gleitung an denfelben Ort gegangen, habe auch den Mönd 
noch jhhreibend gefunden und ihn gefragt: „was machſt Du 
bier?“ Der aber ermwibderte: „ich fchreibe Deine Sünden auf.“ 
Da verfegte der wadere Fürft: „hat Dir Gott die Macht dazu 
gegeben, jo thue es immerhin‘, und begab ſich, ohne andere 
Fragen zu thun, aus den Zimmer. Mit diefem Gefpenfte 
darf jedoch das fogenannte weiße Gefpenft nicht verwechſelt 
werden. Dies war eine lange Frau in weißen Gewändern, 
welche nach der Volksſage fich früher ebenfalls jehen ließ, 
wenn ein Todesfall in der churfürſtlichen Familie in ber 
Nähe war: es zeigte fich befonders auf der Treppe ber erſten 
zur zweiten Etage des erjten Thurmes rechts im großen 
Schloßhofe, da wo früher ein geheimes Cabinet und die 
hurfürftliche Handbibliothef war, und fo foll dafjelbe 3. 8. 
den Tod der Gemahlin des Churfürften Johann Georg's IL 
Magdalene Sybilla im Fahre 1687 angezeigt haben, wie 
Maurer (Amph. Un. ©. 386) erzählt. Endlich foll es fonft 
auch noch auf dem vom Schloffe aus in die frühere, jet weg— 
geriffene, am Bärengarten befindliche Hofapothefe führenden 
Gange umgegangen fein, doch hat man eigentlich nie wirklich 
etwas gejehen, ſondern furchtfame Berfonen erzählten nur, daß, 
wenn fie Abends diefen Gang betreten, es gerade fo ſei, als 
wenn ein großer weißer Ballen hinter ihnen her gewälzt werde, 
(S. a. oben ©. 25. Nr. 22. u. ©. 41. Nr. 29.) Ueber das im 
Minter 1865 —66 in den Zimmern über dem Gr. Gewölbe ge- 
hörte Geräuſch und Boltern ift feine Aufklärung erlangt worden. 


111) Das garftige Ding zu Dresden. 
Hilſcher, Nachrichten von der Elbbrüde. S. 13. sq. Schäfer Bd. I. ©. 85 xc. 





Eins der Wahrzeichen (es waren deren fünf, das Brüden- 


— 106 — 


männden, das ſchöne Thor in Mltdresden, das Weiber- 
tegiment, der Dresbnifhe Mönch und das garjtige Ding) 
von Dresden, welches die Handwerksburſchen zu nennen hatten, 
wenn fie beweifen follten, daß fie wirklich in diefer Stadt 
geweſen, war auch das jogenannte garftige Ding. So nannte 
man bie an dem mit vielerlei Bildhauerarbeit gezierten 
Chore der alten Kreuzkirche eingehauene Statue eines Frauen- 
zimmers, vor der ein Hund ftand. Man erzählte nämlich, 
daß einft eine wohlhabende Frauensperſon nur dadurch ber 
Beftrafung für ein ſchmähliches Vergehen habe entgehen 
fönnen, daß fie auf ihre Koften dieſen Chor herftellte und 
fih darauf zum Andenken habe müfjen abbilden laſſen. Später 
ward bieje Statüe aus der Kreuzficche herausgenommen und. 
in die Mauer, welche früher die tiefliegende Bürgerwieſe am 
Dohnaifhen Schlage umgab, eingemauert (ziemlich dem Ein- 
gange der Langegafje fchrägüber), jedoch jo, daß nur die 
obere Hälfte derfelben zu ſehen war, der untere Theil aber 
in der Erde ftand. MS die Bürgerwiefe vor einigen 20 Jahren 
planirt und die Mauer niedergeriffen wurde, ift auch jenes 
Monument, welches Haſche (Dipl. G. Bd. III. ©. 188. Anm.) 
übrigens von dem obigen für verſchieden hält, angeblich von 
den Arbeitsleuten unverſehens zerftört worden. 


112) Ein Knabe findet durch einen Traum einen Schaß. 
Haſche, Beichreibung von Dresden. Bd. I. ©. 117. 





Am 26. Mai des Jahres 1731 träumte einem Jungen 
vor dem Wilsdruffer Thore, er jolle am großen Armenhaufe 
in einer Mauer Geld ſuchen. Er ging des Morgen? auch 
bin, fand ein Feines Loch in ber Mauer und Gelb darin. 
Nahdem er dies voll Freuden feinen Spielkameraden mit- 
getheilt, gingen fie nochmals hin und fanden in einem zien- 
li verfaulten Sade verfchiedene Sorten Geld. Die Sade 
fam aber auf's Rathhaus, und fie mußten das Geld bis zu 
erfolgter hurfürftlicher Resolution deponiren. 


— 117 — 


113) Die wiederaufgeftandene Goldfehmiedöfrau zu Dresden. 


Haſche, Beſchr. v. Dresden. Bd. J. ©. 323. sq. Bd. II. ©. 881. P. Ehr. 
Hilfher, Nachricht von der aus ihrem Grabe wieder auferftandenen Gold- 
ſchmiedsfrau in Dresven. Dr. 1725. 8. (Aehnl. Geſch. ſ. erz.-ebd. ©. 6, 
12, 28.sq.) Michaelis, Inscriptiones der Kirche zu Unf. Lieben Frauen zu 
Dresden. ebd. 1714. 4. Borr. zu Ende und ©. 121. Schäfer BL. 1. ©. 167 xc. 





An der Frauenkirche ftand (jet als das zweite von ber 
Ede ber jebigen Terrafiengafje und mit dem Eckhauſe ver- 
bunden, Nr. 6 u. 7) ein Haus, das ber früheren Kraufifchen 
Hofbuchdruckerei, welches ütber feinem Eingange eine Gruppe 
von Kindern in verjchiedenen Stellungen hatte. Um bie 
Göttin Minerva in der Mitte ftanden rechts gutartige Kinder, 
beichäftigt mit Lehrgegenftänden und erlaubten Bergnügungen, 
links aber muthmwillige Knaben in leichtfertigen Stellungen, 
3. B. einer auf dem Kopfe, und mit unnüßgen Dingen be- 
Ihäftigt. Dies erklärte man für das Denkmal der aus dem 
Grabe wiedergefommenen Goldſchmiedsfrau und ihrer ſechs 
Kinder. Bon diefer, die den Namen Geißin geführt haben 
jol und vielleicht vom Volt mit der gleichnamigen Frauens- 
perfon, die ber 5. Benno am verftopften Blutfluffe Furirt 
haben foll, identificirt ward, da Andere wieder fie Harniſchin 
nennen und für die Frau eines Buchdruckers ausgeben, 
eriftirte auf dem alten Frauenfichhofe links beim Eingange 
zur Sacriftei ein alter aufgerichteter Leichenfteiny), auf dem 
eine Frau mit aufgehobenen Händen in Lebensgröße dar- 
geitellt war, an deren einer Seite zwei Knaben und an ber 
andern zwei Mädchen ftanden. Ueber der rechten Achfel in 
der Ede war ein Schild, darauf zwei fich gegen einander 
bäumende Geißen, und zwifchen benfelben ein Kleiner Stern, 
über der linfen ein Schild, darin noch ein größerer Stern 
zu ſehen. MS Unterfchrift las man in römischen Buchjtaben 
ANNO --- II. FRITAG. NACH. OCVLI. IST. VERSCHI- 
DEN. DIE. TVGENTSAME FRAV PERPETVA GEISSIN 


(+ Diefer befindet ſich noch jest auf dem Neuftäbter alten Kirch- 
hofe (S. Winter in d. Conftit. Zeit. 1852. 13. Octbr. ©. 960.) 


— 18 — 


und auf der Mitte des Steins las man JEORGE GOLD- 
SCHMITS HAVSFRAW. Die Sage erzählt nun, dieje Frau 
fei als todt beerdigt worden, als aber in der Nacht ber 
Todtengräber, um ihr ihren Schmud zu rauben, den Sarg 
geöffnet und ihr den Trauring vom Finger ziehen wollen, 
hätte fie fich wieder ermuntert und aufgerichtet, worauf jener 
vor Schred davongelaufen, aber die Laterne ftehen laffen, die 
fie ergriffen und fo im Sterbefleid zu den Ihrigen zurüd- 
gekehrt, die fie erft aber nicht hätten einlaffen wollen, fie 
habe dann mit ihrem Manne noch etliche Jahre gelebt und 
zwei Kinder gezeugt. 


114) Der ſchwarze Herrgott zu Dresden. 


P. Chr. Hilfher, Etwas zu der Kirchenhiftorie in Alt-Dresven. Dr. und 

Lpzg. 1721. ©. 17. sq. Unſch. Nachrichten 1716. ©. 760. sq. (Ueber 

Günther Strauß’end Reimgedicht: Warhafftige Newe Zeitung von dem 

Abgot zu Meiſſen vnd feinem nachbarn, dem ſchwartzen Hergott zu Drefden. 

o. D. 1539. 2 Bogen. 4. u. b. Haſche, Mag. 3. Sächſ. Geſch. Bd. I. 
S. 19—25.) Schäfer Bd. L ©. 98. 





Noch zu Luthers Zeit war unter dem Wolfe viel die 
Rede von dem ſchwarzen Herrgott zu Dresden, und e8 ge 
Ihahen zahlreihe Wallfahrten zu demfelben. Der war aber 
das große Erucifirf) in der Kreuzkirche, welches angeblich 
mit einer Menjchenhaut überzogen war und von den vielen 
Litern, die man ihm zu Ehren vormal3 angezündet, ganz 
ſchwarz ausfah. Es hat felbiges noch bis zu Anfange des 
18ten Ihdts. an einem bejondern Drte der Kirche geftanden, 


+) Dergleihen Benennungen kommen jetst noch mehrere vor, fo 
heißt ein ſchweizer Sprichwort „Hilf ſchwarzin Muotergotes!” weil das 
Muttergottesbild zu Einfiedeln im Canton Schwytz Gefiht und Hände 
Ihön ſchwarz von Holz hat (f. Eifelein, D. Sprichw. d. Deutfchen ©. 480), 
zu Schaffhaufen war ein Standbild von Holz, 27 Fuß hoch, genannt der 
große Herrgott (j. ebd. ©. 543) und zu Ueberlingen in Schwaben ftand 
bis zum Schwedenkrieg der fogenannte Schwäbifche Heiland, aus Holz, 
7 Fuß hoch, in einer Eapelle (f. ebd. ©. 559). 


— 109 — 


ift aber dann entfernt worden, ohne daß man erfuhr, wo es 
bingelommen war. 


115) Das fteinerne Kind auf der Schloßgaffe und 
Schreibergaffe zu Dresden. 
Curiosa Sax. 1736. ©. 85. Hafche, Beichr. v. Dresden. Bd. I. ©. 216. 


Auf der Schloßgaffe jah man ehemals über der Haus- 
thüre eines nahe am Markte gelegenen Hauſes ein Fleines 
Kind in Stein gehauen, das am Yohannistage des Jahres 
1635 aus diefem Haufe in einem Alter von 5 Jahren aus 
einem Fenfter des zweiten Geſchoſſes ohne allen Schaden auf 
die Gafje herabgefallen, und aus Furcht, von feinen Aeltern 
geihlagen zu werden, einen ganzen Tag ohne Speife und 
Trank herumgelaufen ift. Ein ähnliches Bild wegen gleicher 
Urſache war auf der Schreibergaffe an einem Haufe angebradt. 





116) Der fteinerne Kopfr) auf dem Neumarkte zu Dredden. 
Curiosa Sax. 1736. &, 85. Schäfer Bb. I. ©. 226. 





Auf dem Neumarkt war an dem damals fogenannten 
Lichtenberg'ſchen Gafthofe (brannte 1760 beim Bombardement 
ab und ift jetzt Stadt Berlin) 1640 noch über dem Eingange 
ein ausgehauener Kopf von Stein, auf einem Boftament 
jtehend, zu fehauen, der nad) einen auf dem Jüdenhofe ein- 
gejegten vieredigen Tafelftein zu gefehen und dahin fein Antlig 
gewendet haben fol. Es hat aber leterer Stein bie Stelle 
bezeichnet, worauf das Schaffot geftanden, auf welchem ber 
befannte Kanzler Crell ift hingerichtet worden. Es ift aber 








7) Auch auf der Schloßgaffe fah man fonft an einem Haufe einen 
geharnifchten Aopf ftehen, der 1605 zum Andenken an einen bier um— 
gebrachten tapfer Kriegähelvden errichtet worden war. (©. Cur. Sax, 
1737. ©. 217.) Ein fteinerner Kopf eines Römiſchen Kaiſers (?, aber 
weder Auguft d. St. noch Graf Hoym, der das Haus 1733 erbaute) ift 
auch an der Rückwand des Hinterhaufes der Alten Poft (Landh. Str. 7) 
zu ſehen. 


— 10 — 


fothaner Kopf nachgehends bei Nenovirung des Haufes ab- 
gebrochen und der Stein durch neues Pflaftern des Jüden— 
hofes weggefommen. Das Haus übrigens, wo der Kanzler 
jelbft früher gewohnt hatte, das Eckhaus der großen Brüber- 
und Schloßgaffe, war durch die in zwei runden Schildern 
jauber in Stein gehauenen Apoftel Petrus und Paulus 
bezeichnet. 


117) Das Aber zu Dresden. 
Curiosa Sax. 1733. ©. 137. 





Früher fagte man häufig von Perfonen, die jchlecht bei 
Gelde waren: e3 fehlt ihm an dem Drespnifchen Aber. Der 
Ursprung diefes Sprichworts ift folgender. Im Jahre 1617 
haben der Kaifer Matthias und der Erzherzog Ferdinand 
von Defterreich den Churfürften Johann Georg I. zu Dresden 
bejucht und ber Legtere hat ihnen unter anderen Merkwürdig- 
feiten feiner NRefidenz auch das mit Geſchützen aller Art und 
andern zur Kriegsführung nöthigen Dingen vollftändig aus- 
gerüftete Zeughaus gezeigt. AlS er nun den Kaiſer fragte, 
wie ihm das Alles gefalle, jo gab biejer zur Antwort: „das 
Zeughaus ift vortrefflich, aber!” Der Churfürft hat gleich ge- 
merft, diefe abgebrochene Rede des Kaiſers folle foviel fagen, 
als: es wären wohl Waffen und Vorräthe genug da, aber 
fo viel Geld, als zur Erhaltung einer zu dieſen im Verhält- 
niß ftehenden Armee nöthig wäre, jei nicht in Sachſen. 
Indeß hat er auf der Stelle nicht3 geantwortet, fondern den 
Kaiſer weiter und endlich in die churfürſtliche Schatzkammer 
gebracht, wo ihm eine fo ungeheure Menge von daſelbſt be- 
findlichen Silberplatten gezeigt ward, daß er fich nicht genug 
wundern fonnte. Als er nun diefe und andere hier nicht ver- 
muthete Schäge ftaunend betrachtete, da fagte der Churfürft: 
„Mergnädigfter Kaifer, hier ift das Aber!‘ 


— 11 — 


118) Woher dad Sprichwort Fommt: Wer Wittgen fängt, 
kann auf der Dresdner Brüde jagen! 
BVeccenftein, Theatr. Sax. Th. J. S. 97. 





Es ift noch nicht gar zu lange ber, daß die Böhmifchen 
Wälder dur ihre Räuberbanden berüchtigt waren; allein 
vor alten Zeiten, als noch das Fauftrecht herrfchte, da war 
e3 um Vieles ſchlimmer, es gab der Raubichlöffer gar viele 
am Böhmifchen Gebirge, und eins der allerverrufenften war 
das, welches der Raubritter Wittich oder Wittgen auf einem 
ftarfen Felſen in der Nähe der jetzigen Bergftadt Glashütte, 
fo damals noch völlige Wildniß war, an dem Waſſer ber 
Müglit erbaut hatte. Der hatte jo viele böfe Buben um ſich 
verfammelt und das Land Meißen dermaßen unficher gemacht, 
daß die Markgrafen, jo damals bereit3 das Landgrafenthum 
Thüringen innegehabt, öffentlich verfündigen ließen, wer 
ihnen diejen Räuber lebendig oder todt überantworten würde, 
dem jolle eine jede irgend mögliche Bitte erfüllt werden. 
Deromegen hat fich der Räuber in nicht geringer Gefahr be- 
funden und ſich fchier feine Stunde feines Lebens mehr ſicher 
geglaubt, alfo den Plan gefaßt, Weingold II. von Bären- 
ftein auf Schloß Lochau, der ihm am nächſten und auch fonft 
feiner Rechtichaffenheit wegen verhaßt war, durch Hinterlift 
aus dem Wege zu räumen, verhoffend, daß er durch dieſes 
Beijpiel Andere abjchreden würde, fih an ihm zu vergreifen. 
Er hat fih alſo des Morgens in der Frühe mit einigen Be- 
gleitern in die Nähe des Schlofjes Lochau begeben und eine 
Unterredung mit dem Ritter von Bärenftein begehrt, und 
als diejer, nichts Böſes ahmend, vor's Schloß getreten, brei- 
mal mit der Armbruft nah ihm gefchoffen, ihn aber immer 
gefehlt. Da hat der von. Bärenftein, genugſam gewitzigt, 
weſſen er ſich von dem Räuber zu verjehen habe, in ber 
Eile jo viele als er fonnte von den Seinen zufammengerafft 
und, it dem Wittig gefolgt, hat ihm, als er ihn eingeholt, 
erit feine Untreue vorgehalten, dann aber denſelben muthig 
angegriffen, und obgleich diefer fich tapfer zu Wehre geitellt, 


— 12 — 


ihn doch nach längerem Kampfe niedergeworfen. und erlegt, 
dann aber fein Raubſchloß eingenommen und gebrochen, wo— 
von ber Ort, wo es geftanden, noch heute Wittigs Schloß heißt 
und man über dem Nitterfige Reinhardsgrimma, jo damals 
denen von Karras gehört hat, das Kreuz, welches man an 
der Stelle, wo der Räuber gefallen war, aufrichtete, bis in's 
17. Sahrhundert hinein gezeigt hat. MS nun aber dieſe 
That des tapfern Ritters landfundig worden und bis vor 
die Markgrafen gefommen, da haben fie den von Bärenftein 
aufgefordert, fich eine Gnade auszubitten, was es auch jei; 
der tapfere Ritter hat aber mit wahrhaft adeligem Gemüthe 
geantwortet, wie daß er zu diefer That fich nicht durch Hoff- 
nung auf Geld oder andere Gaben habe bewegen lafjen, jon- 
dern feinem Vaterlande zu dienen und fich felbjt zu ſchützen 
gemeint, doch da feine Herren, die Markgrafen, ſolches einer 
Belohnung werth achteten, jo begehre er blos, daß, wenn er 
auf jeinem Grund und Boden einen Hirſch oder anderes 
Wild hetze, er demfelben folgen, es fangen und wegführen 
dürfe, möge es jelbft bis auf die fteinerne Elbbrüde zu 
Dresden laufen. Das haben ihm die Markgrafen, feine 
edle Gefinnung höchlich bewunbernd, auch gewährt, und wie- 
wohl die Urkunde darüber hernach durch Brand vernichtet 
ward, ward doch diefes Privilegium alljährlih auf Schloß 
Bärenjtein von den Leuten, wenn man dieſes Ortes Gedinge 
hielt, aljo in die Rüge eingebradt F). 


119) Bon des Königs Auguftus des Starken ungeheurer Kraft, 
Ludwig, Germaniae principesL. IIl.&.82—85. Abendzeitung, 1817.Nr. 133 


Churfürft Friedrich Auguft IL, der nachherige König von 
Polen, war fo ftark, daß er öfter Becher, Teller und Schüffeln 
aus Silber, Zinn und Kupfer nur. mit einer Hand wie 





+) Etwas verfchieden, und mit mehr poetifcher. Auffaffung, ift Die 
Sage erzählt v. C. Winter in der Eonftitut. Zeitung 1852, 17. bis 19. Juni, 


— 13 — 


Bapier zufanımendrücdte. Dies kam daher, daß er mit Löwen- 
- milch als kleines Kind genährt worden fein foll. 


120) Ein Geift erfcheint dem Feldmarſchall Waderbarth, 
Hafdhe, Diplom. Gef. v. Dresden Br. IV. ©. 9. 


Als den 21. Mai 1726 der Arhidiaconus Hahn zu 
Dresden durch den gemejenen reitenden Trabanten Franz 
Leubler ermordet worden war, entitand ein furdhtbarer Auf- 
ruhr in der Stadt, den der Feldmarfhal Waderbarth nur 
mit Mühe dänpfen fonnte. Unter den Tumultuanten befand 
fih auch ein fchon zweimal aufgebotener Bräutigam, Gott- 
fried Mittag, ein Kanonier, der, weil er von der Wade 
fortgelaufen war, den 6. Auguft nach Kriegsrecht vor der 
Hauptwache erſchoſſen und ins Lazareth begraben worden 
war, aber den 28. wieder ausgegraben und auf dem Böh- 
miſchen Kicchhofe beerdigt ward, weil er Wadenbarthen des 
Nachts erihienen war und ihn beunruhigte, der an feinem 
wie man glaubte, unverdienten Tode Schuld gewejen fein 
follte. Nach der Sage hätte er aber auh an diefem Orte 
noch feine Ruhe gehabt. 


121) Eine Frau fliegt durch die Luft. 
Kopie eines allerunterthänigften Berichte 2c. Dresden 1721. 4. Hafche, 
Diplom. Geh. v. Dresden, Bd. IV. ©. 75. Iccander, Sächſ. Kern⸗ 
chronicon, II. Paquet S. 40 sq. XVII. Cowert ©. 134. 


Gegen Ende des Jahres 1721 fand man (am 13. Detbr.) 
auf der Schanze vor Neuftadt eine Weibsperfon, und zwar 
allen Anzeichen nach eine frifche Wöchnerin, unter freiem 
Himmel liegen, welche vorgab, fie fey aus Ungarn, 30 Meilen 
von Tockai aus Kecsfemet und geftern mehr al3 100 Meilen 
weit durch die Luft fiher bis hierher geführt worden; ihr 
Mann heiße Anton Schley und fey ein Fleischer, fie ſelbſt aber 
22 Zahre alt. Sie ſprach gut ungarifch und flavonifch und 

Gräße, Sächſ. Sagen. I. 8 


— 114 — 


gab die Gafje, wo fie gewohnt, ihre Nachbarn zur Rechten 
und zur Linken, ſowie die Pathen des Kindes nah Namen 
und Stand an. Als man jedoch nach Kecsfemet gejchrieben 
und dort Niemand die Frau hat fennen wollen, ift fie als 
Betrügerin nach Waldheim ins Zuchthaus gekommen. 


122) Churfürft Chriftian I. und Pfalzgraf Johann Caſimir. 
Müller, Annales Sax. ©. 206. 


Churfürft Chriftian I. fol fehr viel haben trinken können. 
Einft befuchte ihn der Pfalzgraf Johann Caſimir mit feinem 
Hofmarſchall, Bod von Trautmannsdorf, einem ftarken Trinker. 
Der Churfürft Sprach zum Pfalzgrafen: „Dein Marſchall kann 
brav zechen“, der aber erwiderte: „Die Marſchälle müffen alle 
wohl zechen fönnen, darum bift Du auch der Erzmarſchall.“ 





123) Warum ein Dresdner Scharfrichter geadelt worden 
ſey und den Namen von Dreißigader befommen habe. 
Hafche, Mag. der ſächſ. Geſch. Bd. II. ©. 68. sq. 





Den 22. Februar 1647 ftarb zu Dresden in feinem 
41ſten Jahre Melchior Wahl, Nachrichter allhier; er hieß von 
Dreißigader, welchen Namen und Abel er von Churfürft 
Johann Georg I. als Belohnung für jeine Gejhidlichkeit er-. 
hielt, daß er einjt einem Geföpften ein Stüd ausgejtochenen 
Raſen auf den Hals gelegt und ihn aljo an der Hand noch 
über dreißig Ader geführt hat. Das Wappen feines Leichen- 
fteins zeigte im blauen Felde eine Yuftitia mit verbundenen 
Augen und hoch emporgehobenem Schwerte, und darüber 
prangte ein gejchlofjener Turnierhelm. 


124) Der Spukgeift im Anton’fchen Garten zu Dresden. 
Mündlich. 


Es iſt noch nicht allzulange her, da erzählte man ſich von 





— 15 — 


dem nach feinem frühern Beliger, S. M. dem höchftfel. König 
Anton jo genannten Anton’shen Garten auf der Langengaffe 
zu Dresden verjchiedene Spukgeſchichten. So follte fih an 
der Mauer nad der Dohnaifhen Straße zu bei dem dort 
befindlichen Fünftlihen Wafjerfalle ein Jäger des Nachts 
fehen lafjen, der den Kopf unter dem Arme trüge. Dann 
fteht noch- heute mitten im Garten links vom Palais ein 
fteinerner Tifh, von dem man behauptete, daß derjelbe nicht 
von feinem Plage entfernt werden dürfe, wenn man nicht 
alle Nächte an diefem Plage wüſtes Gefchrei und Gepolter 
haben wolle. Endlich foll fonft auch an gewiffen Tagen aus 
der auf der rechten Seite des Gartens befindlichen Einfiedelei 
um Mitternacht ein jchwarz geharnifchter Ritter mit einer 
ebenfalls jchwarz gefleideten Dame getreten fein, denen dann 
ein Priefter mit Meßbuch und Meßgewand folgte. Dieje 
gingen nach jenem Tiſche, wo der Nitter feine Rüftung ab- 
legte, fie ſchriten dann um’s ganze Schloß herum, worauf 
fich der Ritter an befagtem Tische wieder wie zuvor wappnete, 
und jo fehrte diefer gefpenftige Trauungszug ftill, wie er ge- 
fommen war, wieder in die Einfiedelei zurüd. 


125) Das Gefpenft auf der Brühl’fehen Terraffe, 
Mündlich. 


Auch auf der Brühl'ſchen Terraſſe ſoll es ſonſt um— 
gegangen ſein. Man will dort zuweilen eine weißgekleidete 
Frau aus dem Brühl'ſchen Palaſt haben kommen ſehen, welche 
nach dem dem Torniamenti'ſchen Kaffeehauſe gegenüber liegen— 
den Oreillon zu zu gehen und ſich über das Geländer ins 
Waſſer zu ſtürzen pflegte. Das Volk erzählte ſich, es ſey dies 
der Geiſt der Maitreſſe des Grafen Brühl, Albuzzi (vom 
Volke die Alputze genannt), welche an jener Stelle einſt 
ihrem Leben ein Ende gemacht habe und nun nicht zur Ruhe 
kommen könne. 





8* 


— 16 — 


126) Die fieben Brüder im großen Garten zu Dredden, 


Miündlich. Poetiſch beh. v. TH. Hell in Günthers Poet. Sagenbuche der 
Deutihen, ©. 171. sq. 





Wenn man im großen Garten von der früher fogenannten 
Hoch'ſchen Wirthſchaft (jegt die Neftauration des Zoologijchen 
Garten) auf einem Seitenwege nad) der den Namen Pikardie 
(nach dem Erbauer derjelben, H. Pikart, genannt) führenden geht, 
fo gewahrt man hart am Wege einen ungeheuren Lindenftamm, 
der in fieben Aeſte ausläuft, die aber oben abgefuppt find, fo daß 
das Ganze faft das Anjehen von einem Kandelaber mit fieben 
Armen, der zugleich die Form eines Lehnfeffels hat, erhält. 
Die Entjtehung diefes fonderbaren Naturfpiel8 wird aber ver- 
ſchieden angegeben. Nach Einigen follen einft fieben Schweftern, 
deren Eltern nahe beim großen Garten ihre Wohnung hatten, 
eben fo viele Lindenbäumchen neben einander geflanzt haben, 
indem fie ji das Verfprechen gaben, an einem gewiſſen Tage, 
möchten fie auch noch fo entfernt von einander fein, fich hier 
wieder finden zu wollen. Der bald darauf ausgebrochene 
30jährige Krieg habe jene Familie von ihrer Heimath ver- 
trieben, jene fieben Stämmchen aber feien luftig gewachſen 
und ihre Wurzeln hätten fich nach und nad) fo verfettet, daß jie 
fih zu einem Baume von jieben Aeften vereinigten. Wie aber 
Andere wollen, jollen einft fieben Brüder ein Mädchen geliebt 
haben, und als diefe geftorben, zum Andenken und Gelübde, 
daß fie immer unverehelicht bleiben wollten, diefe fieben zuletzt 
in einen Stamm zujfammengelaufenen Lindenbäumchen ge— 
pflanzt haben. 


127) Der fpufhafte Franzofe im großen Garten zu Dresden. 
Mündlich. 





Nach der blutigen Schlacht bei Dresden ſollen im großen 
Garten daſelbſt mehrere Baracken geſtanden haben, welche zu 
Feldſpitälern dienten. In dieſen iſt gar Mancher geſtorben, 
ehe er Zeit gewann, ſeinen Kameraden oder Verwandten 


— 117 — 


Nachricht zu geben, an welchem Drte diefes fchönen Dresbner 
Spazierganges er feine erbeuteten Reichthümer vergraben 
habe. Dergleichen abgefchiedene Seelen haben nun nad) der 
Volksſage Feine Ruhe im Grabe, bis ihr Scha gehoben ift, 
und fo erzählt man fi, daß zu verfchiedenen Malen theils 
einzelnen Perſonen, theils ganzen Familien, die in der Abend- 
Dämmerung in den Allen des großen Gartens luftwanbelten, 
ein nur mit einem Hemde befleideter und mit einer Felb- 
mütze bededter blaffer Franzofe erſchienen fei, der ohne zu 
Sprechen ein Stück Weges mit ihnen zu gehen und dann zu 
verſchwinden pflegte und wahrjcheinlich dem Muthigen, der ihn 
anzureden und ihm zu folgen wagte, feine verborgenen Schätze 
zeigen wollte. 


128) Der Drade im K. Schloffe zu Dresden. 
©. v. Weber. Aus vier Jahrhund. N. Folge. Bd. II. ©. 324. 





Am erften MWeihnachtsfeiertage 1643 war die Abend— 
tafel erft um 11 Uhr zu Ende gegangen, und weil man das 
Silbergefchirr hier nicht abräumen wollte, mußten drei Pagen 
und ein Hoftrompeter darin zur Wache bleiben. Da haben 
erftere, die fih auf die Tafel zum Schlafen niedergelegt, 
einen Blik duch das Zimmer fahren jehen, dem Trompeter 
aber, der auf einer Bank gelegen, tft etwas wie ein Mühlftein 
auf den Leib gefallen, jo daß er weder Hand noch Bein 
rühren, nod) den Mund aufthun konnte; ihm gegenüber hat 
aber etwas auf der Tafel gejeffen und hat ihn mit großen 
feurigen Augen wie ein Uhu angegloßt, das ift der Drache 
geweſen. 


129) Das goldne Ei im Grünen Gewölbe. 





Im K. Grünen Gewölbe wird ein goldenes Ei gezeigt, 
in dem man beim Oeffnen eine kleine goldene mit Diamanten 
und Perlen beſetzte Krone, in der ſonſt noch ein Diamant- 
ring verborgen ift, findet. Es foll dies ein Beigent eines 


— 18 — 


Bolen fein, welches fich auf die Erhebung Auguft’S II. zum König 
von Polen beziehen fol. Dies ift angeblich faljch. Die Krone 
ift ursprünglich das Krönchen eines Schlangenkönigs geweſen, 
welche diefer einer Magd, die ihn mehrere Jahre mit Milch 
gefüttert hatte, zum Geſchenk gab und die diejelbe Auguft dem 
Starfen verkaufte. F) 


130) Daß gefpenftige Männchen an der Mauer zu Dresden. 


Sn dem Fleinen Gäßchen, welches von der Wallitraße 
nah dem Seethor zwifchen den alten Gajematten binführt 
und An der Mauer genannt wird, ging es fonft auh um. In 
der Mitternadhtsftunde ließ fih dort ein kleines graues 
Männchen fehen, welches zwar Niemanden anredete, aber doch 
den Borübergehenden nadlief und fie ängftigte. 





131) Ueber das Sprichwort: „wir werden es müſſen in den 
Spittel ſchicken.“ 
S. Hafche, Diplom. Gefch. Dresdens, Bo. V. Ur. B. ©. 426. 





Dieſes Sprichwort, welches man in Dresden fonit hatte, 
wenn einmal zu viel Speife in einem Haufe gekocht worden 
war, bezieht fi) auf den fogenannten Geift, ein in ber 
fatholifchen Zeit gegründetes und dem 5. Bartholomäus 
gewidmetes Almojenhaus, es war dies das Bartholomäug- 
jpital mit der Kapelle zum h. Geift. 


132) Weber dad Sprichwort: „der badt arme Ritter“. Fr) 
©. Haſche, Dipl. Gef. Bd. L ©. 1%. 





Man glaubt, daß daffelbe daraus entftanden fei, daß 
das Land Meißen fonft mit arm gewordenen Nittern über- 
laden war. 


+) ©. Eifel, Sagenbuch des Boigtlandes (Gera 1871.) S. 153 und 415. 
rr) Ein anderes Dresdener Sprichwort: „er fchläft im Stehen wie 
Kraft’3 Katze”, kann ich nicht erklären. 


— 119 — 


133) In der Hofkicche zu Dresden fällt ein Stern von der Dede. 
- ©. Halde, Bd. V. ©. 90. 





Am 1. April 1691 erhielt Dr. Spener vom Geheimen- 
Kathsdirector feinen Abſchied zugefhidt, am 22. Mat nahm 
er auf dem Oberconfiftorium mit diefen Worten Abjchied: 
„ich ziehe mit größerer Freude weg, als ich hier bleibe‘; 
am 29. hielt er zum legten Male Katechismuseramen, wo 
die ganze Verſammlung überlaut wurde und am 1. Juni 
that er jeine Abjchiedspredigt in der alten evangelifchen 
Schloßcapelle, aber zu Ende der Predigt ftürzte bei dem 
Pagenchor ein Stern von der Dede hinab. 


134) Spufhäufer zu Dresden. 


An Spukhäufern zu Dresden war ehedem fein Mangel, 
vor zwanzig Jahren noch behauptete man, daß Niemand in 
dem Haufe Nr. 4 der Garusftraße (fonft Borngafje) in der 
eriten Etage wohnen bleibe, weil e8 im ganzen Logis die 
Naht rumore. Daſſelbe fagte man von dem Haufe Nr. 31 
der Schloßgaffe, zweite Etage. Ebenfo fagte man, daß in dem 
großen Haufe am Freiberger Plage Nr. 21°, unmittelbar neben 
dem Garten des Findelhaufes fih in der Nacht eine weiß- 
gefleidete Nonne ohne Kopf ſehen lafje, welche übrigens 
Niemanden etwas zu Leide thue. Sept ift fie ſchon lange 
nicht mehr erjchienen. Auch von der dritten Etage des Haufes 
Nr. 13 der Moritzſtraße erzählte fich das Volk fonft eine unheim- 
lihe Geſchichte. Man fagte nämlich, es fterbe jedes Jahr in 
demjelben irgend Jemand. Die Leute, welche des Nachts in 
die vierte Etage hinauf gingen, behaupteten, jie jähen ein 
jonderbar gekleidetes Frauenzimmer durch das auf die Treppe 
gehende Küchen- oder Vorjaalfenfter herausjchauen. Ein mir 
befannter Dresdner Bürger, der vor einer Reihe von Jahren 
in dieſem Logis wohnte, erzählte hierüber Folgendes. Er 
wohnte noch fein Jahr dafelbit, da verloren fie ein Kleines 
Mädchen duch den Tod; dajjelbe ward unter Blumen in 
der jogenannten guten Stube aufgebahrt und er und jeine 





— 120 — 


Frau und Schwiegereltern befanden ſich gegen Abend in der 
Wohnftube, und wollten gerade zu Abend efjen. Da ging 
die Mutter, während jene ſich jchon zu Tiſche gejett hatten, 
noch einmal in die obengedachte mit Lichtern hellerleuchtete 
und neben der Wohnftube befindliche Stube, erjchrad aber 
fürchterlich und ſchrie laut auf, als fie über das Geſicht des 
todten Kindes fich eine alterthümlich gefleidete Frauensperſon 
mit einer großen Flügelhaube, wie ſolche noch jegt auf dem 
Lande alte Bäuerinnen zu tragen pflegen, bücden ſah. Auf 
das Geſchrei der Frau ftürzten die in der Wohnftube befind- 
lihen Berjonen heraus, konnten aber nichtS mehr erbliden. 
Später erfuhr ich beim Nacherzählen diefer Gejchichte von 
einem ältern Herrn, daß fich zu Anfang diejes Jahrhunderts 
in diefem Logis die Haushälterin eines Hofbeamten, Namens 
Koft, die, wie er aus der Beichreibung des Phantoms ab- 
nahm, ganz jo gekleidet zu gehen pflegte — er hatte fie oft 
gefehen — aus Melancholie das Leben durch Erhängen ge- 
nommen hatte, und aljo jedenfalls mit der nicht zur Ruhe 
gefommenen Erſcheinung identiih war. Späterhin jcheint 
aber auch diefes Gefpenft ganz verſchwunden zu fein, denn man 
bat nichts wieder von ihr gehört noch gejehen und die Sage von 
dem jährlichen Sterben eines dort Wohnenden hat ſich längſt als 
unmwahr herausgeitellt. 


135) Das Männchen im St, Jafobsfpitale zu Dresden 
und auf der Sporergaſſe dajelbit. 


Ueber dem Thore des im %. 1859 eingerifjenen Gt. 
Sacobsipital an der Ede der Am See genannten Gaſſe, der 
Meilenfäule gegenüber zu Dresden befand ſich jonft auf einer 
fteinernen Gonfole das Bild eines Fleinen Männchen. Dieſes 
hat man früher mehrmals herabgenommen, aber immer wieder 
binaufftellen müfjen, weil es dann fo lange in dem gedachten 
Spitale rumorte und mit Steinen warf, bis es wieder an 
feiner frühern Stelle ftand. Dafjelbe fand auch bei dem 
Hinwegnehmen des Männdhens über der Thüre des frühern 
Arnoldiichen Haufes, Sporerg. 6 ftatt. 


— 21 — 


136) Bergrabene Schäge in und bei Dresden. 


Ehe der Marſchall Gouvion St. Cyr, der bekanntlich von 
Napoleon vor der Schlacht bei Leipzig in Dresden zurüd- 
gelaffen worden war, ſich den vereinigten Ruſſen und 
Defterreichern ergeben mußte (11. Novbr. 1813), ließ er ans 
geblich die ganze franzöfische Kriegscafje an vier Stellen ſechs 
Ellen tief vergraben und es follen auch alle diejenigen Berfonen, 
welde er dazu verwendet hätte, auf die Seite gefchafft worden 
fein. Es follen diefe vier Schäge liegen in Dresden im 
Garten des Kämmerer’ihen Haufes auf der Baugner Straße 
(Nr. 26), hinter dem Waldſchlößchen, wo ein Theil des fran- 
zöjischen Lager war, zwiſchen der frühern Simmig'ſchen 
Schneidemühle und dem Gavaleriefchießplag, angeblih auf 
dem Gräße'ſchen Waldgrundftüd an der alten und neuen Rabe- 
berger Straße, in der Nähe des Dorfes Cotta beim Schufter- 
haufe, und mitten auf der Chaufjee ein Stüd über das Chaufjee- 
haus hinaus auf der Straße nah Königsbrüd. Zurüd- 
gefommene Franzofen haben in den 20er und 40er Jahren 
die Stelle hinter dem Waldſchößchen jehr eifrig wieder gejucht, 
aber nicht finden fünnen. 





137) Der graue Sünder zu Dresden. 
Mündlich. 





Wenn man vom Dippoldiswaldaer Plate die große 
Dberfeergafje geht, jo trifft man da, wo fonft ein Commun- 
brunnen ftand, ein Grundftüd, mit der Straßennummer 32, 
(Sat. Nr. C. 34), welches feit langen Jahren den fonderbaren 
Namen „der graue Sünder” führte; früher lag darauf bie 
Gafthofsgerechtigkeit und es diente für die Oberfeeergemeinde 
(als noch die große Dberfeergaffe den Namen „Kälberſteig“ 
führte) als Tanzlocal, es ward aber 1843 in ein gewöhnliches 
Miethhaus umgewandelt. Dieſes frühere Tanzhaus befand 
fih in dem noch jet ftehenden Hintergebäude, das nicht eben 
groß, nur eine Treppe hoch und auch nicht alt war, hinter ihm 
befindet fich ein fehr ſchmaler, aber langer Garten, welcher ſich 


— 12 — 


bis zum Grundftüde des H. Lohnkutſcher Winkelmann aufder Gr. 
Reitbahnftrage erjtredte und an feinem Ende ein Garten- 
bäuschen trug, das fo merkwürdig gebaut war, als habe 
Jemand zwei Häuschen mit ihren Langjeiten dicht zufanımen- 
geſchoben. Dieſes Gartenhäuschen war eigentlich der graue 
Sünder, nicht das ganze Grundftüd. Wie es jegt fteht, ift 
es indeß erſt im J. 1826 erbaut worden, doch hat an feiner 
Stelle früher ein ähnliches geftanden, von dem die fpätere 
Zeit, welche alle Romantif abjtreift, erzählte, e8 habe jeinen 
Beinamen davon erhalten, weil im vorigen Jahrhundert daſelbſt 
ein liederliches Frauenzimmer gewohnt, welches hier gottlofe 
Streihe, namentlich mit alten Männern, verübt habe. Die 
Volksſage aber weiß es anders und berichtet Folgendes darüber: 

In uralten Zeiten, als Dresden noch jehr klein war, 
ging dort eine Straße nad) dem Seethore. Da wanderte einft 
ein Mann mit drei Söhnen in die Stadt ein, der angeblich 
vor den Greulthaten der Hufliten geflohen war. Derjelbe wandte 
fih mit der Bitte an den Markgrafen von Meißen, ihm zu 
geftatten, fi auf dem diefem Fürften gehörigen Lande am 
jumpfigen See anzubauen und gegen einen Zins ein Gaft- 
haus anzulegen, wo die, welche des Nachts nach der Stadt 
kämen und nicht mehr ins Thor eingelaffen würden, Einkehr 
finden fönnten. Dies ward ihm geftattet und jo ward das 
Haus zu einer viel bejuchten Herberge. Inzwiſchen erlernten 
die Söhne des Gaſtwirths das Fleifcherhandwerf und zogen 
in die Fremde. Da fommt eines Abends bei einem greu- 
lihen Unmetter ein fremder Fleifcher noch in die Herberge, 
bittet um Aufnahme und zählt, während der Wirth auf der 
Ofenbank eingenicdt fcheint, feine Baarſchaft. Hierauf geht 
er zu Bett. Kaum eingejchlafen, erhebt jih im Haufe ein 
fleines Geräufch, al3 wenn Jemand in die Stube des Fremden 
fäme, derjelbe erwacht bei einem heftigen Donnerfhlage und 
fiehe, da fteht der Wirth vom Blig beleuchtet mit gef hwungener 
Art vor ihm, um ihm den Kopf zu ſpalten. Furchtbar erſchreckt 
jpringt jener aus dem Bette, entreißt dem Alten die Art und 
ichlägt denfelben damit nieder, eilt die Treppe herab, riegelt 


— 1223 — 


das Thor auf und läuft nach dem Seethor um Hülfe rufend. 
Man läßt ihn ein und nachden er erzählt, was ihm wider- 
fahren, jo geht ein Theil der Thorwächter mit ihm nad) dem 
Mordhaufe, findet den Beliger verwundet, aber auch feine 
eben von der Wanderichaft zurücdgefehrten drei Söhne. Nach— 
dem man alle in Ketten gelegt, gejtehen dieſe, daß ſchon als 
fie no) zu Haufe geweſen, es in ihres Vaters Haufe und 
Garten gejpuft habe. Man unterfuht das Gartenhäuschen, und 
findet in den Dielen eine Fallthüre eingefchnitten, und als 
man fie öffnet, unter derjelben in einem Loche mehrere Leichen. 
Nun half fein Leugnen, der graue Sünder geftand, er habe 
die oft des Nachts bei ihm Einfehrenden, wenn er Geld bei 
ihnen vermuthet, erichlagen und an jener Stelle die Körper 
derjelben jo lange verftedt, bis er fie im Garten vergraben 
fonnte, und daffelbe habe er auch an jenem Abend mit dem 
Sleifcher beabſichtigt. Man machte nicht viel Umftände mit 
ihm, er ward gehängt und fein Körper aufs Rad gelegt, feine 
unfhuldigen Söhne aber aus der Stadt verwiefen und das 
Haus, welches fpäter zur Stadt gezogen ward, behielt von dem 
Mörder fpottweife den Namen „grauer Sünder‘. 


138) Die bärtige Jungfer zu Dreöden. 


Cauriosa Sax. 1733. ©. 4. sq. Klemm, der Sammler Bd. II. ©. 87 5q. 
Ihr Bild in einer Handzeihnung im Königl. Kupferftichcabinet zu Dresven. 
Abgebildet ift fie auf dem Titel des: Sendfchreiben von Bärten und 
bärtigen Frauenzimmern, s. 1. et. a. 4. 





Am 22. März des Jahres 1732 ift im Lazareth zu 
Dresden eine Jungfer von 64 Jahren, Namens Rofina Mar- 
garethe Müller, deren Bater ein churfürſtlicher Silberdiener 
gewejen war, geftorben, der während ihrer zwölf Wochen an- 
baltenden Krankheit im Geſichte ein großer über 2 Zoll langer 
Bart gewachlen war, der unten um das Kinn an beiden 
Seiten etwas weiß, oben aber um die Lippen jchwarz war. 


— 14 — 


139) Heren zu Dresden verbrannt, 
Hafche, Diplomat. Gef. v. Dresden Bd. II. ©. 369. 





Am 23. Juli des Jahres 1585 ift zu Dresden auf dem 
Altmarkte Sophia von Taubenheim auf Nojchlowig ent- 
hauptet worden, weil fie die ehelihe Treue gebroden und 
ihren Mann, der Hurfürftlicher Hofrat war, wieder in die 
verlorene Gunft des Churfürften Auguft bringen wollte. Ihre 
Gehülfin im Zaubern, Helene Wiedenannin von Glashütte, 
welhe in ihrer Jugend die Hererei von einem Mönche zu 
Gamenz erlernt und 27 Jahre getrieben haben follte, bier 
aber des GChurfürften Kleider gekocht hatte, war den 20. 
dejjelben Monats bereit3 vor dem Wilsdruffer Thore ver- 
brannt worden (j. oben ©. 92.) 


140) Der Spuk im Goldnen Faß. 


Hafche, Umft. Befchr. v. Dresden Bd. I. ©. 320 u. Diplom. Geſch. 
Dr. V. ©. 20. Anm. 3. 





Zu Anfange diejes Jahrhunderts wollte der Aberglaube, 
daß es in der zweiten Etage des in der Terrafjengafje befind- 
lihen Gafthaufes zum Goldnen Faß umgehe, und jchrieb 
dieſen Spuf einer dort geſchehenen Mordthat zu. Es hatte 
nämlih am dritten Pfingitfeiertag des Jahres 1776 dafelbit 
der hurfürftliche Stallmeifter La Chapelle die Kammerdienerin 
Birnbaum und dann jich ſelbſt erfchoffen, weil er in Werthers Fr) 
Falle geftörter und unerlaubter Liebe war. Das Volk erzählte 
fih nun, daß an gewiſſen Tagen ſowohl er als feine unglüd- 
liche Geliebte in der damaligen Tracht fi in dem Zimmer, 
wo die Unthat gefchehen war, fehen ließen. Seit langer Zeit 
ift aber der angebliche Spuf verſchwunden, und wahrſcheinlich 
lag der ganzen Sache nur bösmwillige Erfindung zu Grunde, 
wie es mit den oben genannten Spufhäufern auf der Schloß- 


+) Frau Paſtor Schlegel geb. Lucius, aus Gellert3 Briefen befannt, 
bat diefe Begebenheit in einem Drama: Dival und Charmille (Lpzg. 
1778. 8.) poetiſch behandelt. 


— 125 — 


gaſſe (Nr. 134, u. |. w.) wo es ebenfalls Niemanden leiden 
follte, wohl meift der Fall war. 


141) Der Tod am Haufe Nr. 2) an der Neuftädtifchen 
Brückenſeite. 7) 
Curiosa Sax. 1733, ©. 186. Winter in der Eonftit. Zeit. 1854. ©. 1116. 
1853. Nr. 166—168. Schäfer Br. 1. ©. 210 fgg. 





An der zweiten Etage des Haufes Nr. 2 in Neuftadt 
Dresden an der Brüde gerade dem Blodhaus gegenüber fieht 
man den Gott Saturnus oder den Tod famt Senfe und 
Stundenglas abgebildet; derjelbe foll an den großen Brand 
vom 6. Auguft 1685 erinnern, bei welchem das Feuer an 
dieſem Haufe ftehen geblieben war. Im Jahre 1756 wohnte 
bier der befannte Hofnarr Auguft’S III. Joſeph Frölich und 
damals hieß es die Zeit. Nach einer Volksſage hätte jedoch 
der Beſitzer defjelben, der Bildhauer Balthaſar von Kölln den- 
felben ausziehen heißen, weil er zu viel Lärm mache, darauf 
habe dieſer jih von August III. den Pla vor demjelben nad) 
den Stallwiejen zu (dieje heißen auch Thränenwieſen, weil 
es bier allental zur Heuernte regnen foll) ſchenken laſſen, 
dort das jeßt jogenannte Narrenhaus (Nr. 3) oder Brillen- 
futteral, gebaut und jenem die ſchöne Ausficht verbaut, worauf 
diejer mit feinen Gefellen heimlich den Tod an fein Haus 
gejeßt habe; darüber jei nun Frölich einſt plöglic) jo erſchrocken, 
daß ihn der Schlag rührte. 


142) Das wunderbare Zutherbild zu Dresden. 
Kamprad, Leisniger Chronik ©. 511. 





Um das Jahr 1748 hat man zu Dresden ein fonder- 
lihes Wunder ſchauen fünnen. Man konnte nämlich an der 
früheren Schloßfirchenmauer des Dr. Martin Luther eigent- 


+) Lyſer, Abend. 1001 Nacht. Bd. XII. S. 150 bringt diefe Sage 
mit der vom Gevatter Tod in Verbindung. 


— 126 — 


liches Bildniß, d. h. im Bruftbild und wie er im Kleinen 
Katechismus abgebildet fteht, ordentlich jehen, wenn man über 
dem Fahrweg zu Ende des neugebauten großen kbſtlichen 
Gebäudes (des Zwingers) trat, wie dies obgedadhter J. Kamp- 
rad, Viertelsmeiſter zu Leisnig, mit feinen eigenen Augen 
erblidte. Trat mar aber wieder herüber an die Mauer, fo 
war von ſolchem Bildniß nichts zu fehen, und jagte man 
ihm, jene Stelle ſei übertündht worden, dennoch aber das Bild 
beitändig zu jehen geblieben. 


143) Das wunderbare Bild in der Königl. Schloßcapelle 
zu Dredden. 
Mündlich. 





In der alten an ſchönen Bildern reichen Kgl. Kapelle 
im Königl. Schloſſe zu Dresden befindet ſich noch jetzt ein 
Bruftbild des H. Franciscus Xaver, bei welchem, als einft 
unter der Regierung S. M. Auguft’S III, Königs von Polen 
im Schloſſe ein Feuer ausbrach, dafjelbe jtehen blieb, jo daß 
das Bruftbild des Heiligen allein unverjehrt geblieben, alles 
Uebrige an dem Bilde von der Gluth zufammengefchrumpft 
it. Zum Andenken an diejes Wunder wird noch jekt vom 
3. bis 10. December das Feft dieſes Heiligen feierlich begangen, 
bei welchem das munbderthätige Bild am Marienaltar der 
fatholifchen Kirche ausgeftellt ift. 


144) Der Ochſenkopf im Reititalle zu Dresden. 


Wenn man dur das von der Schöffergafje aus führende 
Thor in den fogenannten Kol. großen Stallhof, der früher 
der Reitſtall oder die Neitbahn hieß, geht und fich auf der 
Iinfen Seite nad) dem frühern Wintergarten des höchitfeligen 
Königs Friedrich Auguft zu wendet, erblidt man in einer Höhe 
von 7 Ellen, ‚(nämlich bis an den Hals, die ganze Höhe bis an 
die Hörner beträgt vom Boden an 8'/, Elle) aus der Mauer 


— 7’ 


einen in Stein gehauenen Stierkopf herausguden. Der joll 
daran erinnern, daß einft bei einer hier gehaltenen Thier- 
hege ein wüthend gewordener Stier jo hoch über die Schranken 
hinausgeſetzt ift. 

Einen ähnliden Sprung hat einft ein Bär bei einem 
Thierfampfe im Reithaus gethan; er fprang 59, Fuß hoch 
und zeigte man noch lange feinen Klauengriff an der Mauer 
(j. Zeiller, Handbuch v. all. nügl. Erinnerungen. Ulm, 1653. 
8. 3b. II. ©. 123.) 


145) Here zu Dresden hingerichtet. 
©. v. Weber. Aus vier Jahrhunderten. Br. I. S. 380. 





Im Jahre 1640 ift zu Dresden Elifabeth Hanitzſchin 
hingerichtet worden, weil fie eine gewiſſe Tifcherin dadurch 
verborrt hatte, daß fie mit Hilfe des Teufels, der bei ihr 
den Namen Hauptmann Meden führte, der Tifcherin Haar, 
eine Troddel von der Handquele, ein Stüd von der Tifchede, 
einen Spahn von der Juſtiz (Galgen), für 3 Pfg. Darant 
(Enzian), für 3 Pfg. Wiederthon fammt Rindsblut in Teufels 
Namen in einen Topf gethan, auf's Feuer gejeßt und ein- 
gerührt und dazu in Teufeld Namen gejagt „Hauptmann 
Meden joll die Tijcherin revidiren und mitnehmen‘, worauf 
diefe und ihr Mann auch gebrechlich wurden. 


146) Der Drache in Cotta bei Dresden. 
©. v. Weber. Bd. II. ©. 39. 





Im Jahre 1714 ift das Ehepaar Kirſten zu Cotta bei 
Dresden in Anklageftand gefegt worden, weil fie den Drachen 
hätten, den Viele bei ihnen aus- und einfliegen gejehen, das 
Vieh beherten, jo daß feine Butter gemacht werden fonnte 
u. ſ. w.; allein unter dem 5. Novbr. wurden fie freigefprochen. 


— 13 — 


147) Das Tragen der Sturmhaube ald Strafe am 
Dresdner Hofe. 
Beiller, Handbud a. a. DO. Br. II. ©. 175. 





ALS Treiber bei den großen Jagden ber ſächſiſchen Chur- 
fürften fungirten fonft die fogenannten Blauhütlein, d. h. 
Bauern, welche die Hunde führten und gezeichnete blaue Hüt- 
lein aufhatten, damit man es an den Ziffern, die daran 
geihrieben waren, fogleich erkennen fonnte, in welches Dorf 
ein Syeder gehöre. Sobald nun aber einer unter ihnen war, 
der nicht dienen wollte, da ſetzte man ihm die jogenannte 
Sturmhaube auf. Ein folches Ding hatte nur zwei Löcher 
für die Augen und ein kleines Löchlein zum Munde, daß 
man ihnen duch ein Röhrchen die Suppenbrühe zum Munde 
bringen konnte. Wenn nun irgend ein Hofdiener etwas ver- 
wirft hatte, mußte er eine ſolche Sturmhaube 2, auch 3 Tage, 
aufhaben und dem Profoß einen Speciesthaler geben, wenn 
er fie ihm wieder öffnete. Der Augsburger, Philipp Hain- 
hofer, fah im Jahre 1629 30 folche Sturmhauben im Dresdner 
Jagdhauſe und hörte, die Erfindung diefer Strafe fomme aus 
Frankreich. Es ift diefelbe jedoch noch lange in Kraft ge- 
blieben und noch im erften und zweiten Jahrzehnt diefes 
Sahrhunderts hat mancher Lakai, der Holz entwendet oder 
fonft etwas Geringes verbrocden hatte, mit der Sturm- 
haube bedeckt im großen Schloßhofe auf- und abgehen müffen. 
Bor alter Zeit traf dieje Strafe aber auch Höhergeftellte. So 
erzählt Lehmann im Dbererzg. Schaupla ©. 165., daß, als 
Churfürft Johann Georg I. im Jahre 1616 in der Nähe 
von Breitenbrunn jagte, er einem Amtsjchöffer, der feine 
Schuldigfeit nicht gethan, erft einen Stod auf dem Kopfe ent» 
zwei fchlug, worauf man ihm einen Sturmhut auffegte, ihn 
mit einer Hand an einen churfürftlihen Wagen ſchloß und 
er jo mit blutigen Kopfe und Sturmhut bis nad) Stollberg 
laufen mußte. Zwei Hatduden, die fich fo weit vergefjen 
hatten, daß fie fich im Zimmer ©. 8. H. des Herzogs von Eurland 
ihlugen, mußten einer am 11., der andere am 12. März 


— 12393 — 


1782 vor dem Palais ©. K. Hoh. die Sturmhaube zur Strafe 
ihres Unfugs tragen (ſ. Dresd. Merfw. 1782, ©. 44). Das 
legte Mal in diefem Jahrhundert trug fie. im K. Schloßhofe 
ein früherer fogenannter Schweizerfoldat Namens ur. 


148) Die Sagen vom goldnen Reiter zu Dreöden, 


Mündlich. Novelliftifch bed. v. Winter, in der Conftit. Zeitung. 1854. 
Nr. 134—137. g 


Auf dem Marktplage zu Neuftadt-Drespden fteht auf einem 
fteinernen unvollendet gebliebenen Fußgeſtell die koloſſale 
Reiterjtatüe Auguſt's des Starken aus getriebener Kupfer- 
arbeitund reich vergoldet. Deshalb nennt man fie den goldenen 
Reiter. Sieward in den Jahren 1733—1735 von einem Kupfer» 
ihmied aus Schwaben, Namens Ludwig Wiedemann, F) 
gefertigt. Derſelbe fol fich jedoch dabei der Hilfe des Teufels 
bedient haben, der ihn indeß zulegt im Stiche ließ, ſodaß er 
vergaß, dem Pferde eine Zunge indas Maul zugeben. Später auf 
feinen Irrthum aufmerkſam gemacht, warer vor Schred geftorben. 

Im fiebenjährigen Kriege foll ein preußifcher Soldat, der 
jih einbildete, die Statüe fei wirflid aus purem Golde, des 
Nachts diejelbe erklettert und die Hufeifen an den erhobenen 
Borderfüßen haben abſchlagen wollen, ift aber damit nicht zu 
Stande gekommen und der gemachte Verfuch heute noch an 
jenem Theile des Pferdes zu erkennen. 


149) Der Bürgermeifter zu Finfterwalde am Hofe 
zu Dresden, 
Curiosa Sax. 1745. ©. 126. 


Gegen die Mitte des 17. Jahrhunderts ift zu Finfter- 
walde (bei Frankfurt a. d. D.) ein Bürgermeifter, Namens 
Chriftoph Koswig, geweſen, der weit und breit als Trinfer 


+) Haſche, Befchr. v. Dresden Bo. I. ©. 121. 559. II. p. 891 u. 
Lindau, in der Abendzeitung 1817 Nr. 197—199, wo die Gefchichte diefes 
Denkmals erzählt wird, wiſſen jedoch hiervon nichts. Das Modell diefer 


St. im Gr. Gem. läßt die Pferdezunge nicht vermiffen. 
Gräße, Sähf. Sagen. I. 





— 10 — 


befannt war. Den hat einft Churfürft Johann Georg I. in 
einer Carofje nach Dresden holen lafjen, als ſich an feinem 
Hofe ein Faiferliher Abgejandter befand, der einen großen 
Trinfer bei ſich hatte und fich berühmte, wie der Churfürft 
in feinem ganzen Lande feinen Mann habe, ber diefem im 
Trinken Befcheid thun könne. Als nun diefer Koswig in 
Dresden angekommen, hat ihn der Churfürft gefragt, ob er 
fih unterftände, auf 22 Maaß Bier Beicheid zu thun, weil 
eine anfehnliche Wette darauf geſetzt ſey, worauf dieſer folches 
bejahet hat. MS nun das Trinken angegangen und der 
Kaiferlihe dem Koswig 22 Maaß zugetrunfen, hat folcher 
ihm nicht allein vollkommen Beſcheid gethan, jondern auch 
dem SKaijerlichen gleich wieder 22 Maaß auf einmal zu- 
getrunfen, wovon aber derjelbe nicht die Hälfte einbringen 
fönnen, fondern fich überwunden gejehen und gefagt: der hat 
den Teufel mit Saufen. Ferner ift Koswig einmal des Schäfers 
Magd von der herrihaftlihen Schäferei am Thore auf der 
Brüde begegnet, welche ein Fäßchen Bier von 22 Nöfel geholt 
gehabt. Diefe redet er an, wo fie denn das Bier geholt, 
fie ſolle es ihm doch koſten laſſen, er wolle auch hingehen. 
Die Magd giebt ihm das Fähchen, er feht an, trinft es auf 
einmal nach einander aus und Eollert das Fäßchen der Magd 
vor die Füße. Diefe fängt an zu weinen, er aber giebt ihr 
Geld zu anderem Biere. Weiter hat er auch dann und wann 
mit dem einen oder andern Bürger wetten wollen, wie er auf 
einntal foviel trinken könne, daß es an dem Standbottich zu 
erkennen fein folle, e3 hat aber Niemand deswegen mit ihm 
anbinden wollen. 


150) Der merkwürdige Traum D. Caspar Peucers. 
$. Chr. Heine, Magnalia providentiae Dei. Lpzg. 1702. 8. ©. 961. sq. 


ALS der Leibmebicus des Churfürftens Auguft, Dr. Caspar 
Peucer, Melanchthons Eidam, nicht aufhörte, fih in die 
damaligen theologifchen Händel zu mifchen, wurde er gefänglich 
eingezogen und mußte 10 Jahre, erſt zu Rochlitz, dann zu 





— 131 — 


Leipzig im Gefängniß aushalten, bis er auf Fürbitten des 
Fürften Joachim Ernft von Anhalt wieder in Freiheit gejegt 
ward. Kurz zuvor hatte er einen Traum, als wenn er bei 
dem angeftellten Leichenbegängniß eines fürftlihen Frauen- 
zimmers eine Glode ziehen hilfe, wobei ihm der Strid zer- 
tiffen, davon er das abgeriffene Stüd mit den Worten weg— 
geworfen: Strid ift entzwei und wir find frei. Er hat auch 
eben damals im Traume die Worte gehört: „ich will Dir noch 
15 Jahre zufegen (Jeſaias 38, 5.). So hat er dieje Zeit 
wirklich noch gelebt; er Fam den 8. Februar 1586 aus dem 
Gefängniß und ftarb den 25. September 1602. Merkwürbig 
ift noch, daß bei feinem Abjcheiden fein kleines Taſchenuhrlein, 
welches ganzer zwei Jahre lang nicht gebraucht und drei 
Tage vor jeinem Ende von feiner Ehefrau in einem Kaſten 
verſchloſſen worden war, Damit es nicht Jemand mitgehen hieße, 
zu fchlagen anfing, dabei, als es den 11. vorlekten Schlag 
gethan (e3 war eben zwiſchen 11—12 Uhr Mittags), in 
demjelben Moment ihm die Seele ausgefahren ift. 


151) Fortziehen der Bienen deutet Tod an. 
Nach Mifander, Delic. Bibl. T. V. p. 485. Heine, ©. 812. 


ALS der berühmte Theolog D. Weller zu Dresden auf 
dem Sterbebette lag, hat fi außen an dem Haufe bei feiner 
Studirftube ein Bienenfhwarm angelegt, jo etlihe Tage da- 
jelbjt geblieben ift. Die Nacht aber vorher, ehe der theuere Mann 
ftarb, hat fich der Bienenfhwarm, wie Mifander mit eigenen 
Augen gejehen, davon gemacht, daß Niemand gewußt wohin. 





152) Der Hofprediger Steinbach will mit Hilfe des Teufeld 
aus dem Gefängniß entwijchen. ‚ 
J. Franei Hist. Relation. Continuatio. o. O. 1593. 4. ©. 42. sq. 
Beihreibung der Etadt Stolpen. ©. 279. Schöttgen, Befchr. von Wurzen. 
©. 391. sq. Annalen oder Leben der Hofprediger zu Dresden. ©. 459. sq. 


ALS David Steinbach, zulegt churfürſtlicher Hofprediger 
zu Dresden, wegen VBerfuhs der Einführung des Calvinismus 
9* 





— 132 — 


in Sachſen zu Stolpen gefangen gejegt ward, hat derfelbe 
fi den 19. Juni 1592, nachdem er durch drei verjchlofjene 
Thüren, die ganz unverjehrt blieben, gefommen war, an 
einem Seile aus feinem Gefängniß herablaffen wollen, ift 
aber herabgefallen und bat das Bein gebrochen. Bei ber 
Befragung, wie er ein Entweichen angeftellt, hat derfelbe un- 
aufgefordert dem Schöffer Thomas Treutter, dem Bürger- 
meifter und andern Rathsherren in's Geſicht gejagt, ber 
Teufel habe ihm geholfen; derjelbe fei oft zu ihm des Nachts 
in fein Gefängniß gekommen, habe fich in feinem Handbeden 
gebabet, das Bänklein fortgerücdt und feine Bücher umgeblättert 
und herumgeworfen. Man hat auch am Abend beffelben 
Tages einen Bauern in einem vothen Leber mit einem 
Fuhrmannshut mit Federn durch das Eßloch der Thüre des 
Gefängnifjes des Hofprediger8 Salmuth, der mit ihm, jedoch 
an einem ganz entfernten Theile der Feftung gefangen ſaß, 
an feinem Kerker vorübergehen fehen. Auch ift ein folches 
Wetter, ein ſolches Werfen und Blättern auf dem Schloßhofe 
von den Dächern geſchehen, daß die Nachbarn nicht fiher auf 
dem Hofe haben fein fönnen. Da nun der Teufel Steinbadhen 
feinem ſelbſt gethanen Befenntnifje nach nicht hat wegbringen 
fönnen, jo hat er von GStolpen bis Bilchofswerda einen 
folden Schaden im Getreide gethan, daß in dem Strich, wo 
das Wetter ging, nicht der dritte Halm ftehen blieb und zu 
Biihofswerda die Schloßen jo groß wie die welſchen Nüffe 
waren und den Bürgern die Fenſter einfchlugen, alſo, daß 
Sedermann dachte, der jüngfte Tag fei gefommen. Nachher 
ift jedoch Steinbach in fich gegangen, hat das heilige Abend- 
mahl genommen und reuig alle jeine Irrthümer widerrufen. 





153) Heinrich Martin Arnold aus Dresden macht einen 
Bund mit dem Teufel. 
©. Monatl. Unterr. a. d. Weiche d. Geifter. Bd. I. ©. 608. 
In einem ſächſiſchen Adeligen Fräuleinftifte, welches 
früher ein Klojter gewejen war, ward im J. 1695 ein junger 


— 133 — 


Menſch, Namens Martin Heinrich Arnold aus Dresden, vor 
Gericht gezogen, weil er fich feit der Zeit, wo er hier diente, 
öfters hatte verlauten lafjfen, daß er mit dem Teufel im 
Bunde ftehe. Da er nun hierüber vor Gericht eidlich be- 
fragt ward, gab er ohne Bedenken zur Antwort, e8 ſey wahr, 
daß er fih mit dem Teufel in ein genaues Bündniß ein- 
gelaffen habe und folches wäre vor fünf Jahren zu Frank 
furt a. d. Dd. geſchehen, da er bei Andreas Gutſchmann, 
einem reifenden Arzte, in Dienften geftanden. Er jey einft- 
mals vom Theater ind Wirthshaus gekommen, wo ihm ber 
Gedanke eingefallen, daß er in den Stall gehen folle. Nach» 
dem er dieſem innerlihen Triebe gefolgt, hätte er daſelbſt 
den Satan in Geftalt eines Menſchen in ſchwarzem Kleide 
angetroffen, welcher zu ihm gefagt, wenn er fich mit ihm 
verbinden und Gutes von ihm genießen wolle, jo folle er 
ihm eine Handſchrift, mit feinem eigenen Blute gefchrieben, 
geben, mit beigefügtem Anhange, er könne mehr als Gott 
und ſey auch mehr al3 derjelbe. Den Satan hätte er zwar 
zuvor ſchon oftmals in der Geftalt eines ſchwarzen Bodes 
mit einem feurigen Kopfe gefehen, indem fein gewejener Herr 
denjelben ftet3 bei fich geführt, wie ihm denn diefer auch 
immerfort in den Ohren gelegen, daß er fih dem Satan 
verjchreiben möchte. Nun habe er zwar bie begehrte Hanb- 
ſchrift damals nicht ausgeftellt, doch hätte der Geift drei Haare 
von feinem Haupte verlangt, fo er ihm auch gegeben, da— 
gegen habe er von ihm einen rothen Faden befommen, welcher 
dreimal um den Leib gereichet und von ihm auf des Geiftes 
Geheiß zum Zeichen des getroffenen Bundes um ben Leib 
gebunden worden. Ueberdem habe ihm jener einen Brief 
überreicht, welcher nicht verfiegelt, doch aber dermaßen feft 
zufammengelegt gewejen, daß man denfelben nicht mit Händen 
aufmachen können. Wenn er hiernäcft eine Begierde nad) 
Geld empfunden, jo habe er obgemeldeten Brief in die linfe 
Hand nehmen, den Teufel anbeten und in deſſen Namen bie 
rechte Hand fcehütteln müfjen, worauf er foviel Geld, als er 
begehrt, erlangt, auch fo oft er diefe Probe verjuchet, folche 


— 134 — 


richtig befunden hätte. Endlich wäre er durch Neugierde an- 
getrieben worden, zu wiffen, was in demſelben Briefe ge- 
fchrieben ftehe, damit er dergleichen nahmadhen könne. Er 
hätte ihn deswegen in des Teufels Namen mit einem hölzernen 
Meffer, das er jelbft dazu verfertigt, weil es mit einem 
andern nicht angehen wollen, von einander gejchnitten, da er 
den Teufel in eines Bodes Geftalt mit zwei Bärenflauen, 
einem Pferde» und Menjchenfuße angetroffen. Weberdem wäre 
darin die Hölle abgebildet gemwejen, welche viele Menfchen in 
und um fich gehabt, wobei es gefchienen, al3 wenn es von 
oben herein geregnet hätte, auch hätten ſich einige Feuer- 
haken und ein todter Menfchenfopf darin gezeigt. Daß er 
aber diefes unternommen, ſolches hätte fein gemwejener Herr 
Gutſchmann veranlaßt, der ihm immer vom Teufel vor- 
geſchwatzt und ihm verfichert hätte, der Teufel vermöge mehr 
als Gott auszurichten und ihn aus aller Gefahr zu retten, auch 
fönne er ihm Alles geben, was er nur verlange. Diefes 
wahr zu machen, habe ihm fein Herr gefragt, was er zu 
eſſen begehrte? Da er nun Weintrauben und Obſt, was 
gerade zu dieſer Zeit nicht zu befommen geweſen, verlangt, 
fo jey Solches auch angefchafft worden und habe er wirklich 
geglaubt, den natürlichen Geſchmack davon zu empfinden. 
Nachdem er nun ſolches Bündniß befagter Maßen eingegangen, 
jey er ſowohl vom Satan, der ihm allezeit in diefer Geftalt 
erfchienen ſey, als auch von feinem Herrn angetrieben worden, 
andern Menſchen auf alle Art und Weife Schaden zuzufügen. 
Zu dem Ende hätte er die Geftalt einer Kage angenommen 
und alsdann nebft feinem Herrn, welcher eine anderes Thier 
vorgeftellt, den Leuten mancherlei Uebels und Unrecht an- 
gethan. Inſonderheit erzählte er, daß fie auf einem Dorfe, 
deſſen Namen er nicht zu nennen wußte, in angenommener 
Kapengeftalt die friſchen Würſte im Wirthshaus aufgefrefjei. 
Zu einer andern Zeit hätten fie alle beide fich in Aepfel 
verwandelt und duch ein offenes Fenfter oder zerbrochene 
Scheibe in ein Haus, Stube oder Kammer, wo bie Leute 
geichlafen, fich bis ins Bette gerollt. Wenn dann dieſelben 


— 1355 — 


aufgewacht und den im Bette gefundenen Apfel bis auf den 
Kern verzehrt, das Kernhaus aber vom Bett auf die Erde 
geworfen, fo hätte fich dafjelbe in einen todten Menfchen- 
förper verwandelt und einen greulichen Geftanf von fich ge- 
geben, worüber fi) die Menfchen entjegt, krank worden, 
auch wohl gar gejtorben. Mit der Verwandlung aber in 
eine Kate, Apfel oder Vogel wäre es fo zugegangen. Sein 
geweſener Herr Gutſchmann hätte drei Hände voll Mift ge- 
nommen, und jelbige auf einander auf einen Ort gelegt, er 
aber hätte dreimal darüber fpringen, um ein altes Spinnrad 
berumlaufen und die h. Dreifaltigkeit verleugnen müſſen. 
Wenn foldhes gefchehen, wäre er Dasjenige geworden, wozu 
ihn fein Herr hätte haben wollen. Wenn fie fi in einen 
Apfel verwandelt, wäre er eigentlich nur der Kern geweſen 
und fein Herr hätte ihn mit Aepfelfchale überzogen. Er be- 
fannte noch mehr von folhen Veränderungen, unter andern 
hätte fein Herr unweit Frauenftein in einem Dorfe, deſſen 
Namen er nicht wußte, die Geftalt eines Efels angenommen, 
er hingegen hätte fich in einen Vogel verwandelt, der in des 
Eſels Ohr gefeffen. Da fie nun an demfelben Orte des Nachts 
vor des Verwalter Haus gegangen, hätte er fi) aus dem 
Eſelsohr in deffelben Mannes Stube verfügt und unterfchied- 
liche Saden, nebft einer Summe Geldes entwendet, welches 
er alles zu dem Ejel gebracht, der nur auf drei Beinen ge- 
gangen und das vierte nach fich gefchleppt hätte. Außerdem 
hätte er gar oft in Geftalt eines Apfels ungetaufte Kinder 
feinem Herrn zugeführt, die er an gewiljen Orten weg— 
genommen, dagegen er andere Kinder von demfelben empfangen, 
die er von jener Stelle wieder an den vorigen Drt tragen 
müffen. Er hat noch viele andere jeltfame Wirkungen ent- 
det, welde alle anzuführen billig Bedenken getragen wird. 
Da er nun nad folder Ausfage ernftlich befragt wurde, ob 
er jonft noch ein Zeichen vom Satan empfangen, da er ſich 
mit ihm verbunden, und woher er die Wunde über den Arm 
befommen? fo gab er darauf zur Antwort, er wäre gleich 
nach geſchloſſenem Bündniß auf dem MWolpersberge unweit 


— 156 — 


Dresden geweſen, allwo die Heren und Angehörigen des 
Teufels jährlich dreimal, als nämlich am Walpurgis-, Jo— 
bannis- und Stephansabend zufammen kämen, der Teufel 
wäre bajelbit auf einem Stuhle in Menfchengeftalt ſitzend 
gejehen worden und hätte allen und jeden Anweſenden ein 
Schwert in die Hand gegeben, womit fie ſich wider einander 
Ihlagen müſſen. Dazumal hätte er die Wunde über den 
rechten Ellbogen bekommen, wiewohl er denjelben Abend nichts 
davon gefühlet, des folgenden Tags aber hätte der Satan 
diefe Wunde mit einem Hauch geheilt. ALS er ferner befragt 
wurde, wie er auf befagten Berg hinauf- und wieder zurüd- 
gekommen, ingleihen was fich darauf weiter zugetragen, gab 
er folgende Nachricht. Er wäre unter eine Fenermauer ge> 
treten und hätte fi ins Teufel! Namen mit einer Salbe 
beſchmieret, darauf wäre er oben herausgefahren, wofelbft 
ein ſchwarzer Bock geſtanden, auf welchen er fich geſetzt und 
folder Geftalt von demfelben auf obgemeldeten Berg gebracht 
worden und auf eben dieſelbe Weiſe wäre er wieder zurüd- 
gefommen. Diejes Alles hat bejagter Menfch gerichtlich aus— 
gejagt, wie es denn alſo auch in den Gerichtsacten auf- 
gezeichnet gefunden wird. Vermuthlich ift er aber für verrückt 
gehalten worden, denn beftraft fcheint man ihn nicht zu haben 


154) Die Sage vom Heidenfirchhof zu Nadeburg. 
S. Sachſengrün 1861. ©. 9. 

Den Fußweg, der vom Städtchen NRadeburg nad dem 
Dorfe Berbisdorf führt, durchſchlängelt ein munterer Bach, 
der fogenannte Seif. Ein fleiner Steg bahnt dem Fuße den 
Meg über denjelben, die Strede aber, welche dem über— 
blidenden Auge im wechjelvollen Durcheinander von ödem 
Sturzader und Tannenwald entgegenfteht, ift der Heiden— 
ficchhof. Hier giebt e8 Urnengräber in Menge, aber wenn 
auch Pflugihaar und Hade fih bemühen, die Hügel grauer 
Vorzeiten zu ebnen, die Seelen der dort Begrabenen find 
noch nicht zur Ruhe gekommen. Jeder vermeidet deshalb 
dieſen Ort, allein einjt famen im Winter dort zwei Jäger 





— 197 — 


hin, um dem Wilde aufzulauern. Klar jchien der Mond auf 
die beeiften Zweige der auch im Winter grünen Tannen und 
die filbernen Lichtreflere des Geftirns braden fih auf ber 
fchneeigen Flur in wunderlichen Geftaltungen. Die Jäger 
warten auf Waidmannsruhe und regen fi) nicht, da endlich 
erreicht der leife ziehende Ton ihr Ohr, welcher dem MWechfel 
des Wildes vorangeht. Hörbar fnadt der Hahn, mit welchem 
Jeder fein Gewehr in Anjchlag bringt; regungslos ftehen bie 
beiden Geftalten, aber das geübte Auge vermag troß der 
Mondesflarheit nichts zu entdeden. Immer näher, immer 
deutlicher hören fie den geheimnißvollen Ton, Fein Lüftchen 
rührt ſich, ein Klingen und Singen erfüllt die Atmosphäre 
und feiner Schnee wird den Jägern von unfichtbaren Händen 
ins Geſicht geworfen. Die Erſcheinung verftärkt fih, aus 
dem Klingen und Singen wird Saufen und Braufen, Fein 
feiner Schnee mehr, jondern große feite Schneebälle und 
zadige Eisftüde werden auf die einfamen Jäger gejchleudert, 
die, wie fetgebannt, ſich nicht von der Stelle zu rühren ver- 
mögen. Endlich durchſauſt ein rafender Sturm die entfejjelten 
Lüfte und fchüttelt mit dem verworrenften Stimmengetön bie 
Samenfapjeln der Bäume (die fogenannten QTannenzapfen) 
auf die Häupter der zitternden Jäger. MS die nächtliche 
Ruhe wieder eingetreten, begrüßte der Glodenfchlag des Rade— 
burger Kirchthurms die erfte Stunde bes neuerwachten 
Morgens und die Gipfel der Tannen auf dem Heidenfirchhof 
grünten, vom ſchüttelnden Sturme des winterlihen Schmudes 
beraubt, während fein Luftzug die angrenzenden Bäume ber 
Schnee» und Eisfrufte beraubte. 


155) Hand ZJagenteufel, der wilde Jäger bei Dresden. 


Gewifje Relation von einem Weibe, da3 bey Dreßden Eicheln gelefen, und 

dafelbft ihr ein ſchon wor hundert und ein und dreiffig Jahren verftorbener 

Förfter ohne Kopff erfchienen und künfftigen Welt- und Kriegslauf an- 

gezeiget. Gedr. im 1644. Jahr. o. DO. 4. ©. a. Daumer, Geheimnifje des 

Chriſtenthums. Bd. IL. ©. 218. sq. Dresd. Anzeiger 1870. Nr. 104 
u. 105 (nad) den NRathsprotocollen.) 


Am 13. October des Jahres 1644 ift eine gewilje 


— 133 — 


Katharine Ullmannin Sonntags früh mit ihrer Tochter beim 
Thoröffnen in die Haide gegangen, fie hatten anfangs Holz 
gefuht, dann aber Eicheln auflefen wollen, bi8 es um 
11 Mittags geworden. Als fie nun zur Predigt läuten 
hören, ift die Tochter Margarethe, des Poftboten Nic. Heyden- 
reichs Eheweib, weil es ſehr geregnet, fortgegangen, und bie 
Mutter, welche Linker Hand an der Radebergiſchen Straße 
an einem Grunde bei dem Fiſchhauſe nicht weit von dem 
Drte, der das verlorene Waſſer heißt, ftand, hat eine Biertel- 
ftunde nachher ein Jägerhorn ftark blafen hören, dann ift 
etwas ftarf gefallen, als wenn ein ftarfer Baum umftürze, 
und fie erjchroden und in der Meinung, daß es Förfter 
wären, hat ihr Sädchen mit Eicheln ins Geftrüppe getragen, 
da hat fie wiederum blafen hören, und als fie fich umgefehen, 
da ijt ein Geſpenſt zwei Schritte von ihr vorüber geritten, 
das folgendermaßen ausgefehen. Ein Grauſchimmel mit Sattel 
und Zeug trug einen Reiter ohne Kopf, der hatte einen grau- 
tuchenen Rod an, einen Hirfchfänger an der Seite, ein 
Sägerhorn auf dem Rüden, und trug ſchwarze Stiefeln mit 
Spornen. Der ift anfangs fchnell, dann langſam vorüber- 
geritten, jo daß fie ihm ziemlich weit am Hange reitend hat 
nachjehen können, und ift fie bis halb 3 Uhr dort allein ge- 
blieben und hat fich mit Eichelfuchen befchäftigt. Den neunten 
Tag hernach, als am 22ften Dectober, eines Montags früh 
ift diefelbe Frau früh abermals in die Haide gegangen und 
hat da bis Mittags nad) 11 Uhr Eicheln gefammelt, und als 
fie fi rechter Hand an der Radeberger Straße beim Fürften- 
berge im Geftrüpp neben ihrem Eichelfad niedergefegt und 
einen Apfel geſchält, hat fie eine Stimme gehört, die folgende 
Worte gejagt: „Habt Ihr den Sad voll, feid Ihr auch ge- 
pfändet worden, jo habt Ihr gute Förſter?“ Sie antwortete: 
„Ja die Förfter find fromm, fie haben mir nichts gethan.” „Ach 
Gott! jei mir armen Sünder gnädig. ALS fie auf der Seite 
aufwärts gejehen, jey ein Mann an ihrer rechten Seite ohne 
Pferd .geftanden, der habe den Kopf mit bräunlichen und 
krauſen Haaren unter dem linken Arme gehabt, daß man das 


— 139 — 


Geſicht nicht fehen können. Auf dem grauen Node hatte er 
ein kleines ſchmales Ueberfchlägelein, unter dem aufgefchlagenen . 
Node ein gelbledernes Wamms mit grünen Schnüren und 
grünen Aermeln, das Jägerhorn auf dem Rüden, den Hirjch- 
fänger auf der Seite, auch Stiefeln mit Spornen angehabt 
und hierauf weiter gejagt: „Hieran thut Ihr recht und wohl, 
daß Ihr um Bergebung der Sünden bittet, es hat mir fo 
gut nicht werden können, fie follen die Leute die Eicheln auf- 
lefen lafjen, es find viele arme und vertriebene Leute, bie 
es benöthigt find, fie follen gelinde und nicht ſcharf fein. 
Wollte Gott, ich wäre in meines Vaters Fußtapfen getreten, 
wozu er mich anermahnt gehabt, daß ich den Leuten nicht fo 
ſcharf fein follte, fo wäre ih nicht vor 131 Jahren dur 
übriges Saufen und Trunfenheit zu dieſer Verdammniß ge- 
fommen. Mein Vater hat Hans Jagenteufel geheißen und 
ich heiße auch Hans Jagenteufel, bin meines Vaters einziger 
Sohn, und mein Vater fowie auch ich find Förfter hier ge- 
wejen. Die Menſchen folen Buße thun und fich befehren, 
oder Gott wird eine große Strafe über die Stadt Dresden 
ergehen laſſen, daß zwei neue Armeen ankommen werben, bie 
eine ift fchon im Anzuge; wenn fie noch nicht Buße thun 
werden, wird Gott fie mit einem großen Sterben ftrafen, daß 
nit genug Todtengräber zu erlangen jein werden, bie 
Menſchen zu begraben. Ihr Menſchen verachtet Gott und 
fein Wort, Gott wird fi von Euch wenden mit feinem Wort 
und Sacramenten: wollte Gott, e8 wäre dazu gefommen, daß 
ich mich hätte befehren können, jo wäre ich durch's Saufen 
und Trinfen zu diefer Verdammniß nicht gebracht worden, 
ſage es ihnen, fie follen herzliche Buße thun, fich zu Gott 
befehren, von der großen Hurerei, leichtfertigem Hoffart, 
Saufen, Böllerei, Spielen, Wuchern, Gottesläftern, Fluchen 
und Scelten abftehen, denn Gott über Euch fehr erzürnt ift, 
alfo daß er auf feinem Stuhle blutige Zähren weinen thut. 
Werden fie fich befehren, jo wird Gott auf kommendes Jahr 
an Korn, Wein, Dbft und allen Früchten mehr und reichlicher 
geben, als diefe vergangene Jahre. Wollt Ihr es anjagen, 


A 


fo gebt mir die Hand darauf.” Sie (dad Weib) jey aber 
dermaßen erfchroden und babe nicht gewußt, was fie thun 
folle, und fo habe fie der Mann abermals gefragt: „Wollet 
Ihr e8 anfagen?” Sie habe darauf mit erfchrodenem Gemüthe 
ja gejagt, der Mann ihr die rechte Hand geboten und weiter 
gefagt: „So gebt mir die Hand darauf”, welches fie in Gottes 
Namen gethan und gefühlt, daß des Mannes Hand wie 
Schnee Falt gewejen, daß ihr gegrauft und fie gezudt, darauf 
der Mann wieder gejagt: „Fürchtet Euch nicht, meine Hand 
ift Euch kalt anzufühlen, mir aber brennt fie ewiglih und 
ohne Ende; ich bin nicht gekommen, die Menfchen zu quälen, 
ich bin felbit gequält”, — und ift darauf verſchwunden. Dieje 
Katharine Ullmannin ift nach gejchehenem Zureden hierbei 
geblieben und hat fich anerboten, dieſe ihre Ausfage weiter 
vor geiftlicher und weltlicher Obrigkeit zu mwieberholen. 


156) Die Sage von der Mordgrundbrüde. 


Auf der königl. Bibliothek zu Dresden befindet fich eine 
Handihrift (S. G. Nr. 138b. 4.) aus dem erften Viertel 
dieſes Jahrhunderts, welche über die Entjtehung und Be- 
nennung des fogenannten Mordgrundes zwischen Dresden und 
dem Dorfe Lofchwig aus einem alten bei einem Winzer ber 
Loſchwitzer Gegend vorgefundenen, faft unleferlihen Geſchichts⸗ 
buche Folgendes berichtet.F) 

Gegen Ende des 13. Jahrhunderts, al3 Markgraf Friedrich 
ber Kleine die Stadt Dresden noch fein nannte, blüheten in 
diefer Gegend die Gefchlechter von Clohmen und von Birken; 
fie befaßen nicht blos Nitterburgen in den nahe gelegenen 
gebirgigen Gegenden (3. B. die Clohmen, das von ihnen be- 
nannte Lohmen), ſondern auch Häuſer in der Stadt und Be— 


Y) Aus diefem Manuſcripte fcheint die Sage von Ad. v. Schaden, 
Katerfprung von Berlin über Leipzig nad) Dresden. Defjau 1821. 8. 
©. 14 sq. ausgezogen worden zu fein (f. a. Hafche, Dipl. Gefch. v. Dresden, 
V.b. ©. 91. sg.) Mir jcheint das Ganze moderne Fiction irgend eines 
Romanfchreibers a la Spief. 





— u — 


ſitzungen auf den Bergen in der vorgenannten Flur zwiſchen 
Loſchwitz und Dresden. Beide Geſchlechter waren ſowohl mit 
ihren übrigen Gütern in der Gebirgsgegend als in der Loſch— 
witzer Flur Grenznachbarn, und nur der dortige tiefe Grund 
trennte ſie von einander, indem die von Clohmen die nach ihrem 
Beſitzer ſogenannten früher Seebe'ſchen jetzt Souchay'ſchen, 
und die von Birken die dermalen zu dem Baron Müller'ſchen 
Grundſtück gehörigen Fluren beſaßen. Der alte reiche Hans von 
Clohmen war Wittwer und beſaß nur ein einziges 19 jähriges 
Töchterlein von wunderbarer Schönheit, Elsbeth geheißen. Sein 
Nachbar Benno von Birken, ein fchöner Mann, war eben erft 
aus fernen Landen zurüdgefehrt, wo er fich durch feine Tapfer- 
feit den Namen des Kühnen erworben hatte. Kaum hatte 
er feine Schöne Nachbarin gejehen, fo liebte er fie auch und 
hielt bei ihrem Vater um ihre Hand an, die ihm auch ohne 
Weiteres mit der Bedingung gewährt ward, daß fich das 
Fräulein vorerft ein Jahr am Hofe Friedrichs aufhalten und 
dort ausbilden ſolle. Natürlich folgte ihr ihr Bräutigam, 
und da berjelbe an dem prunfliebenden Hofe des Fürften 
faft täglich Gelegenheit fand, mit ihr zufammen zu kommen, 
fo lernte fi das junge Baar bald fo lieben, daß ihnen dag 
Jahr zu einem Jahrzehend ward. Indeß hatte im Jahre 
1289 Friedrich der Kleine Dresden und die umliegenden 
Gegenden an den böhmifchen König Wenzel, fpäter fogar an 
Friedrih Tutta verkauft, von dem er zwar daſſelbe zurüd- 
erbte (1291), fich aber doch wieder von Wenzel (1294) mit 
dDiefen Ländern belehnen ließ. Da jedoch die Herzen ber 
Dresdner immer noch an ihrem rechtmäßigen Landesheren 
hingen, fo konnte Wenzel felbft noch 1299, wo es zum Kriege 
fam, nie recht zum wirklichen Beſitz des verkauften Landes 
gelangen, er dachte alſo auf Mittel, fich die Gemüther ber 
Mächtigen und Reichen zu gewinnen, und fendete einen ge— 
wifjen Grafen Lodomar Kinsky nach Dresden, der durch 
Verheißung von Gütern und Ehrenftellen den Adel auf feine 
Seite bringen follte. Gelang diefem dies unter andern auch 
bei Hans von Glohmen, fo blieb der von Birken dafür mit 


— 12 — 


deſto größerer Treue feinem alten Herren zugethan. Da nun 
aber der böhmiſche Graf, der noch unbemweibt war, die Hoff- 
nung hegte, daß er als Schwiegerfohn eines der mächtigften 
Ritter im Sachſenland defto befjer für König Wenzel wirken 
fönne, jo bat er um die Hand der fchönen Elsbeth von 
Clohmen und erhielt fie auch fofort zugefagt, und als ihr 
Bräutigam ihren Vater an fein gegebenes Wort mahnte, jo 
erklärte diejer, er halte fich defjelben für entbunden, weil nur 
ein Freund König Wenzels feine Tochter zum Altare führen 
ſolle. Indeß fanden die Liebenden noch einmal Gelegenheit, 
ih zu jehen und fich ewige Treue zu ſchwören. Der Nitter 
von Birken hatte unterdeß feine Befigung an der Elbe be- 
zogen und ſchickte täglich feinen alten Diener. auf Kundſchaft 
aus, um zu eripähen, was bei feinem Nachbar vorgebe, 
fonnte aber faft nichts erfahren. Mitten in einer ftürmifchen 
Nacht eritieg er einft von einer unerflärlichen Angſt getrieben, 
die Höhe des Waldes und fah das Schloß feines Feindes 
hell erleuchtet, hörte auch Trompeten- und Paukenſchall in 
einzelnen Abjägen erklingen. Ohne fich zu bejinnen ftieg er 
ben tiefen Grund herab und erflimmte die fteile Anhöhe jen- 
jeit3, fowie die hohe das Clohmenſche Schloß umgebende 
Mauer, nachdem er zuvor mit feinem Schwerte alle Hinder- 
nifje des diden Gejtrüppes befeitigt hatte. Siehe, wie er 
no finnend daftand, was er nun weiter beginnen folle, da 
öffnete fih ein Pförthen und feine Elsbeth, weiß gekleidet 
wie ein Engel, ftürzte in feine Arme. Schnell entihlofjen, 
nahm er die holde Bürde auf feine Arme, ftieg mit ihr über 
die Mauer und den Berg hinab, mußte aber im Grunde vor 
Anftrengung ermattet eine furze Zeit raften. Während dem 
erzählte ihm feine El3beth, wie fie ans Altar gefchleppt und 
mit dem ungeliebten Böhmen troß ihres laut ausgefprochenen 
Nein vermählt worden fey, und darauf fogleich den Entſchluß 
gefaßt habe, bei der eriten günftigen Gelegenheit zu entfliehen. 
Wild tobte der Sturm, fie hatten den Weg verfehlt und 
Fadelichein verkündete die fie Suchenden von allın Seiten, 


— 13 — 


da gaben fich beide das Verſprechen, daß nur der Tod fie 
trennen, und Elsbeth, ehe fie jich zu dem ihr aufgedrungenen 
Gemahle zurückſchleppen ließe, ſich mit dem Dolche, den fie 
bei fi trug, felbft den Tod geben wolle. Da ftand plöglich 
Graf Lodomar vor ihnen und ſprach: „wer wagt e8, fih an 
meinem Eigentum zu vergreifen?” Benno aber erwiderte 
hohnlachend: „jo wenig dieſes Land je das Eigentum Deines 
Königs werden wird, ebenfowenig wirft Du diefe Jungfrau 
je Dein nennen!” Mit diefen Worten drang er wüthend auf 
den Böhmen ein, der nothgedrungen fein Schwert 309, aber 
nach kurzer Bertheidigung tödtlih verwundet zu Boden fanf. 
Da rief die Jungfrau: „Heil Dir, Du haft feinen Mord be- 
gangen, fondern nur Dein Baterland von einem fremden 
Mütherich befreit, laß uns aber jegt eilen, die Reife in ein 
Land anzutreten, wo ung feine Verfolgung mehr drohen kann, 
von Deiner Hand, mein Benno, will ich fterben. Mit diejen 
Morten reichte Elsbeth dem Ritter den ſcharfen Dolch, er 
fette die Spite befjelben auf die Bruft des geliebten Mädchens; 
Doch feine Hand zitterte, da erfaßte die ſchöne Schwärmerin 
mit beiden Händen frampfhaft Benno's Hand und ftieß fich 
den Dolch tief in ihre reine Bruft. Sie ſchwankte, doch hatte 
fie noch foviel Kraft, den Stahl aus der blutenden Wunde 
zu ziehen, und matt lächelnd reichte fie denfelben ihrem Benno 
mit den Worten: „es hat nicht gejchmerzt, hier, mein Geliebter, 
nimm ihn und folge mir.” Ungeftüm duchbohrte fih nun 
auch Benno und fanf fterbend auf fie hin, und fo hauchten 
fie Arm in Arm ihre Leben aus. Auf diejer Stelle nun, wo 
fie geendet hatten, wurden fie auf Befehl Clohmens, der jett 
feine Härte tief bereuete, beerdigt, der Leichnam Lodomars 
auf feine Güter nad Böhmen geführt, und von diefer Stunde 
an die Felſenſchlucht, wo ſich diefe traurige Begebenheit er- 
eignet hatte, der Mordgrund genannt. Syn jener alten Schrift 
war die Stelle, wo der Mord gefchehen war, jo genau an- 
gegeben, daß derjenige, welcher diefe Sage abgejchrieben hatte, 
diefelbe leicht wiederfand, und für die Nachwelt fie durd) 


— 144 — 


folgende in einen Baum, der freilich jeßt wohl fchwerlich 
aufzufinden ſeyn dürfte, eingejchnittene Worte, wie er jagt, 
bezeichnete: 

Bereint laßt ung fterben, es fchlieft ein Grab uns ein, 

Wir werden noch verbunden in befiern Welten fein. 


157) Das unglüdliche Todaudtreiben zu Radeberg, 
Dresd. Magaz. Bd. IL, ©. 439. sq. Curiosa Sax. 1745. ©. 121. sq. 
Grundig, Samml. z. Nat. Gef. v. Oberfachjen. Bd. I. 3. ©. 219. Poet. 

beb. v. Segnitz. Bd. I. ©. 32. sq. 





An einigen Orten im alten Churfürſtenthum Sachſen war 
e3 früher gebräuchlich, am Sonntage Laetare den Tod aus— 
zutreiben. Die Knaben machten nämlich aus Stroh eine menſch— 
liche Figur, behingen fie mit Lumpen, ftedten dieſen Popanz an 
eine Stange und trieben ihn jo mit großen Gejchrei und 
- unter Abjingung eines befondern Reimsr) duch die Stadt. 


7) Nah B. Schnurr, Kunft-, Haus- und Wunderbuch, Frefrt. a. M. 
1690. 8. ©. 127. lautete diefer Reim alfo: 
Nun treiben wir den Tod auf, 
Dem alten Juden in feinen Bauch, 
Dem jungen in den Rilden, 
Das ift fein Ungelüde. 
Wir treiben ihn über Berg und tieffe Thal, 
Daß er nicht wieder fommen foll, 
Wir treiben ihn über die Hayde, 
Das thun wir den Schäfern zu Leyde. 
Darnach kamen fie wieder zu Haufe und fangen: 
Nun haben wir den Tod hinauf getrieben, 
Und bringen den lieben Sommer wieder, 
Den Sommer und aud den Meyen, 
Der Blümelein find mancherleyen. 
Uebrigend fang man bdiefen Reim am verfchiedenen Orten immer 
anders, 3. B.: 
Nun treiben wir den Tod hinaus 
Den alten | — in das Hauß 


jungen 
Den | zeichen in den Kaften 


Morgen wollen wir faften. 





— 15 — 


warfen ihn dort in eine Grube und liefen dann eiligft zurüd, 
indem der Aberglaube befagte, daß, wer von den Austreibern 
hinter den übrigen zurücbliebe, diefer in bemjelben Jahre 
noch fterben müſſe. Am 28. März des Jahres 1745 haben 
nun aber an diejem fogenannten Todtenfonntage neun Knaben 
in der Stadt Radeberg den Tod mit großem Gefchrei aus- 
getrieben und bei einem fumpfigen Orte vor der Stadt in 
eine Grube geworfen, weil fie aber daſelbſt ein Kraut und 
Murzel, die man Schirling nennt, angetroffen, und einer ber. 
Knaben, jonder Zweifel mit Eingebung des Satans, dieſe 
Wurzel ausgezogen, für eine Möhre gehalten, davon gegeffen, 
auch einigen andern etwas gegeben mit dem Beifügen, 
daß, wer von der Wurzel eſſe, wader laufen könne; allein 
da, wie befannt, dieſer Schirling pures Gift ift und bie 
Menſchen tödtet, jo find alsbald acht diefer Knaben daran 
erkrankt (dev neunte hatte gar nichts davon genofjen), auf 
der Gafje umgefallen, haben ftarf geblutet, auch einen hef- 
tigen Anfall von Epilepfie gehabt. Vier von denfelben, die 
von der Wurzel wirklich gegeſſen, find noch diejen Abend ver- 
ftorben, einer hat noch bis den andern Tag gelebt, brei 
andere aber, denen man fogleich mit dienlichen Medicamenten 
beigefprungen, haben zwar lange krank gelegen, find aber am 
Leben erhalten worden. Merkwürdig ift es übrigens, daß 
alle diefe Knaben an dem erwähnten Todtenfonntag Mittags 
um 1 Uhr mit Samuel Gläntel’3 Leiche zu Grabe gegangen 


Eine andere Berfion ift folgende: 
Wir tragen den alten Thor hinaus 
Hinterd alte Hirtenhaug, 
Wir haben den Sommer nun gewonnen 
Und Krode's Nacht ift weggelommen. 
Bei J. Chr. Hellbach, Archiv v. u. f. Schwarzburg 1787. Nachr. p. 51. 
Bekanntlich hat Luther felbft für die Kinder zu diefem Zwecke ein 
Lied von 7 Azeiligen Strophen gedichtet: Nun treiben wir den Pabft 
heraus zc., welches bei R. Chr. Hilfeher, Euriofe Gedanken Bon dem Ge- 
brauche am Sonntage Laetare Welchen man insgemein nennet Den Todt 
austreiben. A. d. Sat. überf. d. M. M. Dresp. u. Lpzg. 1701. 8. ©. 39. 
sg. abgedrudt ift. 
Gräfe, Sädf. Sagen. I. 10 


— 146 — 


waren, dann haben fie gegen 4 und 5 Uhr jenen Unfug vor- 
genommen und Abends gegen 8 Uhr. find die erjten vier 
ſchon todt geweſen. 


158) Der Schatz in der Kirche zu Eſchdorf. 
J. 8. Seidemann, Eſchdorf und Dittersbach. Dresden 1840. 8. ©. 15. 





In der Kirche zu Ejchdorf, einem 3 Stunden von Dresden 
und 1!/, Stunde von Pillnig gelegenen Dorfe, befindet fich 
in der Vorderhalle quer vor der Thüre im Schiffe eine Gruft, 
von der erzählt wird, e8 ruhe hier ein früherer Beliger aus 
der Kieſewetter'ſchen Familie, der einen Schak mit ins Grab 
genommen habe; man dürfe aber die Gruft nicht eher öffnen 
oder den Schaß heben, als bis durch Alter der Kirche oder 
durch irgend einen fie treffenden Unglüdsfall ein Neubau 
derſelben nothwendig werde, der dann von dieſem Schafe 
beftritten werden folle. 


159) Der Nirenhügel bei Roſſendorf. 
Seidemann a. a. O. S. 48. sq. Poetiſch beh. v. Segnit. Bd. I. ©. 179. sq. 





Zwanzig Minuten von Ejchdorf, nahe an der Baußner 
Straße liegt das Dorf NRofjendorf, und zu diefen gehört der 
fogenannte Roſſendorfer Teich, in welchen die Prießnitz ent- 
Ipringt, ein Flüßchen, welches am Linde’fhen Bade in Anton- 
ſtadt⸗ Dresden in die Elbe fällt und deſſen Waſſer höchft 
merkwürdige Heilfräfte auf Alle, die an Gicht und ähnlichen 
Krankheiten leiden, äußert und feine heilfamen Theile wohl 
meift aus dem Lager von bituminöfem Holze zieht, das ſich 
unter dem Teiche hin erftredt. Aus dieſem Teiche, wo fi 
jeit 1835 ein Inſelchen mit einer Jagdhütte zum Schießen 
wilder Enten befindet, ragte aber fchon früher eine Erhöhung 
hervor, auf der fich nach einer Sage von 1690 früher fogar 
eine Kapelle, ein Altar der h. Barbara befunden haben fol, 
was freilich wenig zu dem Namen, der Nirenhügel, welchen 


— 11 — 


ihr das Volk gegeben hat, paßt. Die Entftehung defjelben 
wird folgendermaßen erzählt. In der Heidenzeit hatten ſich 
zu Eſchdorf ſchon Chriſten angefiedelt, bei denen Tanz und 
Spiel gerade fo Mode war, wie in unfern Tagen. Nun fand 
fih bei dergleichen Feften oft ein wundervoll jchönes, Allen 
unbefanntes Mädchen ein, die äußerft knapp und reinlich ge- 
kleidet war, aber immer an ihrem Kleide einen naffen Saum 
hatte, als fei fie über thauige Wiefen gegangen. Neid und 
Neugierde plagte die Dorfbewohnerinnen gewaltig, zu er- 
forfhen, wer wohl die fremde Tänzerin, die allen jungen 
Burſchen den Kopf verdrehe, fein möge; allein Niemanden 
gelang es, den Schleier, der über ihrem geheimnißvöllen 
Kommen und Gehen ruhte, zu lüften, bis das Mädchen ein- 
mal einem hübſchen Jüngling auf vieles Bitten erlaubte, fie 
nach) Haufe zu begleiten. Das Mägblein führte ihn über den 
Güdelsberg nach dem Nofjendorfer Teiche, der damals ein 
großer See war, und an dem Ufer angelangt, wollte fie von 
ihrem Begleiter Abſchied nehmen; da derfelbe aber noch nicht 
fcheiden mochte, jo ſprach fie: „nun wohl! heute Nacht ift 
mein Vater nicht daheim, Du magft mich alfo in unfere 
Hütte begleiten, fommt aber jener zurüd und findet Dich, fo 
ift e8 um ung beide geſchehen.“ Der Jüngling ließ fich indeß 
nicht abſchrecken, fie ſchlug alfo mit einer Ruthe ins Waſſer 
und fiehe, das Waffer theilte fih, fo daß fie auf einem 
Ihmalen Pfade trodenen Fußes die Inſel in der Mitte des 
Gewäfjers erreichen konnten. Hier angekommen, ſchlug das 
Mädchen abermals in das Wafjer, und alsbald war der 
Pfad wieder verjchwunden. Als der Morgen dämmerte, fing 
auf einmal der Seezu braufen an, da rief die Nire voll Schreck: 
„Ichnell verftede Dich, mein Vater kommt, fonft find wir ver- 
loren.” Kaum hatte fie ihren Liebhaber in einen daftehenden 
Badtrog gejtedt, jo trat ein riefiger Greis in bie Hütte, die 
Tochter Sprang ihm entgegen und fuchte durch Liebfofungen 
ihre Angft zu verbergen, der alte Nix aber fchnopperte überall 
herum und ſprach finfter: „es riecht mir hier nach Chriſten.“ 
Da entgegnete das ſchlaue Mädchen: „wo follen denn bier 
10* 


— 1485 — 


Ehriften herkommen? ich rieche aber vielleicht nad) Chriften, 
denn ich geftehe, daß ich in Eſchdorf ein wenig in Deiner 
Abwesenheit zu Tanze war.” Der Alte fchalt fie zwar etwas 
aus, allein er ließ fih doch endlich beruhigen, juchte nicht 
weiter, jondern warf fi auf fein Schilfbett, und bald ver- 
fündete ein heftiges Schnarchen, daß er entjchlafen war. Als 
nun die Nire ihrer Sache gewiß zu fein meinte, holte fie 
ihren Tänzer aus feinem Berftede hervor und ließ ihn auf 
Diefelbe Weiſe wieder entfliehen, wie er gefommen war; allein 
derfelbe hatte an der einen angftvoll verlebten Nacht genug, 
er bejuchte die Ufer des Sees nicht mehr, aber auch das 
Mädchen jah Niemand wieder. 


160) Die Zwerge im Hutberge bei Weißig. 
Seidemann a. a. DO. ©. 50. 


In der Nähe des Dorfes Weißig bei Ejchdorf erhebt ſich 
der fogenannte Hutberg beinahe 1000 Fuß über der Meeres- 
flähe. Bor langen langen Jahren war dieſer Berg von 
einem Zwerggeſchlecht bewohnt, welches ftill und freundlich 
mit den Bewohnern der umliegenden Gegend verfehrte und 
fi) bejonders durch das Tragen von runden Spighüten aus— 
zeichnete. In dem Berge war Reichthum an Silber, und 
oft kamen Leute aus der Nahbarihaft und baten um ein 
Darlehn, welches jene auch nie verweigerten; nur hielten fie 
ftreng darauf, daß die Schuld zum vorher beftimmten Tage 
zurüdgezahlt ward, geihah dies nicht, fo traf den jäumigen 
Zahler gewöhnlich irgend ein Unfall. So hatte einftmals 
ein Mann in feiner Noth Hilfe im Hutberge gefucht und 
gefunden, und als nun der Tag des Wiederbezahlens gefommen 
war, eilte er ſchon ganz früh hin, um feine Schuld abzutragen. 
Siehe da ſprach der Zwerg, der ihn am Eingange des Berges 
empfing, und dem er eben das Geld zu geben im Begriff 
war, zu ihm: „ei Du ſchlechter Mann, Du haft heute noch 
nicht gebetet oder Deine Hände gewaſchen, ich kann aus einer 





— 19 — 


unreinen Hand fein Geld nehmen, komme alfo heute über 
vier Wochen wieder, waſche Dich aber erft und bete, dann 
magft Du Dein Geld zahlen.” Aber der Mann war wirklich 
fchleht, denn nach vier Wochen ftand er zwar wieder am 
Berge, allein er hatte weder gebetet, noch ſich gewaſchen, 
weil er hoffte, auf dieſe Weife das Geld behalten zu fönnen. 
Als ihn der Heine Hutmann erblidte, ward er jehr zornig 
und ſprach: „behalte Dein Geld, laß Did aber niemals 
wieder hier fehen!” Der Mann war aber mit dem liftig er- 
fchlihenen Gelde nicht glüdlih, es traf ihn Unglüd über 
Unglüd und bald war er wieder arm. Bald naher machten 
aber die Zwerge allen ihren Schuldnern befannt, fie müßten 
aus dent Hutberge ausziehen und würden ihre ausftehenden 
Schulden an dem Tage wieder eincafjiren, wo fie in den 
Berg zurüdgefehrt wären. Kurz darauf an einem beftimmten 
Tage jah man mit Erftaunen, wie das ganze Zwerggeichlecht 
in einem langen Zuge, Männlein, Weiblein und Kindlein 
nad der Elbe herabjtieg, wo ein bereitftehendes Schiff fie 
aufnahm, und Thränen in den Augen jahen ihre Schüßlinge 
ihren Wohlthätern nach, bis fie am andern Ufer der Elbe 
hinter den Bergen, welche fie erjtiegen hatten, verſchwunden 
waren. Sie find zwar niemals wiedergefehrt, aber, obwohl 
mit ihrem Wegzuge die Luft auf und bei dem Berge Falt 
und unfreundlic ward, jo daß das Dorf Weißig eher Eifig 
genannt werden follte, find doch die Einwohner deffelben reich 
und wohlhabend geblieben. 


161) Der Felöblod bei Weißig. 
Seidemann a. a. D. ©. 50. 





Auf dem Weißiger Viehanger lag vorden ein ungeheurer 
Felsblod, der einzige im ganzen Umfreife (er ift jetzt zer- 
ſprengt worden); man erzählt, daß, als man ben Kicchthurm 
vollendete, böfe Zwerge, die auf einem benachbarten Berge 
hauften, aus Aerger über den frommen Bau, benjelben nad 


— 10 — 


der Kirche jchleuderten, fie fehlten aber, der Stein flog weit 
über fein Ziel hinaus und wühlte ſich in dem Anger in den 
Boden ein, die Zwerge jeboch zogen auch von bannen, denn 
das Glodengeläute ftörte fie. 


162) Der gefpenftige Wagen zu Efchdorf, 
Seidemann a. a. O. ©. 51. 


Aus den Kellern des Eſchdorfer Freigutes fuhr fonft 
jede Naht ein ftattlicher Herr (der Kanzler Hieronymus 
Kieſewetter, Beſitzer von Ejchdorf T 1586) auf einem mit vier 
Schimmeln beipannten Wagen heraus, hielt am Röhrtroge 
des Herrenhofes an, ließ bort feine Rofje trinken und fehrte 
nah gehaltener Umfahrt wieder in die Keller zurüd. Da 
jedoch dieſer Spuf die nächtliche Ruhe der Lebenden ftörte, 
jo ließ man die Kellerthüre verengen und ber Gaft blieb 
jeitbem weg. 





163) Die Sagen von den Zwergen im Cottaer Spitzberg. 


v. Burhardi in Poenide, Album der Schlöffer und Ritterburgen im 
Königreih Sachſen. Meifner Kreis. 9. II. ©. 23. 


Das früher den Burggrafen von Dohna gehörige Ritter» 
gut Cotta Liegt am füdöftlichen Nande der ſächſiſchen Schweiz 
an einem Kalfmergelberge mit Bafaltipige an der nah Teplig 
führenden Chaufjee 1"/, Stunden von Pirna entfernt. Diefer 
ſogenannte Gottaer Spitberg, von dem man eine reizende 
Ausficht genießt, überragt den Drt felbft noch um 401 Fuß, 
und in dieſem follen noch heute einige Zwerge, jogenannte 
Querkſe, haufen, die einzigen Ueberrefte eines ganzen Volfes 
von gutmüthigen Heinen Weſen, die fowohl hier als im nahen 
Zwergloh des Hennersdorfer Waſſerfalls wohnten. Einft 
hatte ein junges Mädchen, welcher einer derſelben aus Liebe 
die Wohnung feiner Genofjen am Waſſerfalle gezeigt hatte, 
das Geheimniß in der Beichte verrathen, und in Folge deſſen 





— 151 — 


mußten alle fortziehen, worauf auch ihre Brüder aus dem 
Spigberge fich ihnen anjchlofjen, mit Ausnahme der wenigen, 
welche zur Bewahung des großen im Spitberge liegenden 
Schates zurüdblieben. An einem düſtern Novembermorgen, 
während ein dichter Nebel über der Erde lag, hörte man das 
Trippeln einer unzähligen Menge von fleinen Füßen, welche 
den Kirchweg herunter dur) das Rottwernsdorfer Thal nad) 
Pirna zogen und fi dort über die Elbe fegen ließen. Der 
Fährmann, der wegen des Nebels nicht fehen konnte, ver- 
langte, al3 man ihm das „Hol’ über‘ zurief, für jede Perſon 
einen Pfennig Fährgeld, und als er die Kleinen Weſen über- 
gejegt hatte, da fand er foviele Pfennige in feinem Kahne, 
daß er fie nicht zählen fonnte, fondern mit der Metze meſſen 
mußte und dadurch ein reicher Mann ward. Das Mädchen 
aber, welches das Geheimniß verrathen hatte, ftarb bald 
nachher an gebrochenem Herzen, doc Niemand weiß, ob jene 
einft, wie fie verfprochen, wieder fommen werden, und dann 
der Bergbau im nahen Städtchen Berggießhübel wieder auf- 
leben wird. Der Eingang zu der noch jegt von den zurüd- 
gebliebenen Duerffen bewohnten Höhle des Cottaer Berges 
ift nur alle 9 Jahre, wenn das umftehende Laubholz ge— 
Ichlagen ift, eine kurze Zeit und auch dann nur in beträdt- 
licher Entfernung vom Berge auf der ſübdlichen Seite fichtbar, 
fommt man aber in die Nähe der wahrgenommenen Stelle, 
jo ift die Deffnung fo mit Steinen verfegt, daß man irre 
wird und fie nicht wieder finden fann. Im Jahre ſoll aber 
die Höhle einen Tag lang für Jedermann offen ftehen. 
Schade nur, daß Niemand weiß, wenn ber Tag fällt. 

Einft war eine Frau oben am Berge grafen, als gerade 
die Mittagsfonne gewaltig heiß fchien, jo daß die Frau in 
das Gehölz ging, um etwas auszuruhen; da befand fie ſich 
plöglich vor einer offenftehenden Höhle, in welcher längs der 
Wände Bänfe und in deren Mitte eine Tafel ftand. Auf 
eine diejer Bänke fegte fie fich nieder, nahm aber dabei ihre 
Haube ab; nad einiger Zeit ging fie jedoch wieder an ihre 
Arbeit, vergaß aber ihre Haube mitzunehmen, und erft auf 


— 12 — 


dem Heimmwege dachte fie Daran; fie fehrte zwar fogleich zurück, 
allein jie fand Feine Höhle mehr und mußte ohne Haube nad) 
Haufe gehen. Da fie fich jedoch den Tag gemerkt hatte, wo 
ihr dies geſchehen war, fo fehrte fie das nächte Jahr an 
demjelben Tage wieder an jenen Ort zurüd, fand die Höhle 
offen, und auf demfelben Orte, wo fie die Haube hingelegt 
hatte, da lag fie auch jetzt noch. 


Ein anderes Mal ging eine Frau um Gras zu holen 
auf den Berg und nahm ihr Fleines Kind mit, weil fie Nie- 
mand hatte, der e3 warten fonnte. Auch fie fand die Höhle 
offen und darin eine Anzahl Eleiner Männchen, welche fie 
bat, das Kind, während fie grafe, in Obacht zu nehmen. 
Dies thaten diefe auch, und als die Frau fertig war, gaben 
fie ihr ihr Kind zurüd und außerdem eine Semmel, die fie, 
als fie nach Haufe Fam, in Gold verwandelt fand. 


Einst ging eine arme Frau, die fich in fchwerer Noth 
befand, auf den Cottaer Spibberg, da trat aus dem Gebüfch 
ein Feines Männchen auf fie zu und dbrüdte ihr ein Päcktchen 
in die Hand, welches fie aber vor Schreden in die nahe dabei 
liegenden Steine jchleuderte, Später bejann fie ſich aber eines 
Bejjern, fehrte zurüd, fand zwar das Pädtchen nicht mehr, 
wohl aber unter den Steinen einige alte Silbermüngzent. 


Noch jüngft (1854) lebte in Cotta ein Mann, der behaup- 
tete, er jei al3 Knabe mit einem Schulfameraden auf dem 
Berge herumgeflettert und habe fich plößlich vor der offen- 
ftehenden Höhle befunden; fie wagten aber nicht einzutreten, 
fondern liefen entjegt den Berg hinunter, und fonnten jpäter- 
bin, troß alles Suchen, die Stelle nicht wiederfinden. 

Ebenfo ſah man in einer dunkeln Nacht drei Zwerge mit 
langen weißen Bärten in dem lange Zeit unbewohnten, nach 
der Abendfeite gelegenen Edzimmer des Cottaer Herrenhaufes 
figen und bei dem in das Gemad fallenden Mondenlicht in 
einem großen Buche leſen. Wielleiht haben die öfter am 
Cottaer Berge gefundenen Bracteaten (oder Hohlmünzen) mit 
der barauf befindlichen Abbildung eines Mannes in fiender 


— 153 — 


Stellung und jehr dickem Kopfe Gelegenheit zu der Sage 
von den Schäße bewachenden Zwergen gegeben. 


164) Der Singeftein bei Poſtelwitz. 
Romantifch bearb. v. Gottſchalck, Deutſche Volksmärchen. Leipzig 1845. 
Th. I. ©. 153—162. 





Am rechten Elbufer ziemlich Pirna gegenüber liegt das 
Dorf Poſtelwitz und in der Nähe deſſelben erhebt fich ein 
hoher Feljen, genannt der Singeftein, von dem aus man 
eine herrliche Ausficht ins Elbthal genießt. Hier fommt an 
Sonn» und Feittagen, fowie an fchönen Sommerabenden die 
Poftelwiger Jugend zufammen und treibt da muntere Spiele, 
obgleich die Sage von ber Entftehung des Namens ung eher 
trübe al3 heiter ftimmen möchte. Es foll nämlich einft zu 
Pirna ein Hirt geweſen fein, der feine Schaafe früh ftront- 
aufwärts und nah Tische ftromabwärts am Elbufer weidete. 
Schön war er, das wußten alle Mädchen der Umgegend, 
allein noch kannte er die Liebe nicht, er freute fich feiner 
Jugend, liebte feine Heerde, allein alles Andere kümmerte 
ihn wenig. Gewöhnlich lagerte er fih am Nachmittag unter 
einem dicht belaubten Baume, fah feine Lämmer um fi 
herum fpielen, bließ ſich ein Liedchen auf feiner Schalmei 
und verträumte jo den Tag im füßen Nichtsthun. Siehe, 
als er fich wieder einft fo ins Grüne gelagert hatte, da er- 
blidte er am andern Ufer eine ſchöne Jungfrau, welche eine 
Heerbe Ziegen weidete, am andern und den folgenden Tagen 
wer Hirtin und Heerde wieder da und fo gewöhnte er fich 
daran, täglich hinüber nach dem Mädchen zu fehen, und fiehe 
auch dieſes ſchaute zu ihm herüber fo freundlich und liebreich, 
daß er feine Schalmei ergriff und ihr ein Liedchen hinitber 
Ipielte. Wie freute er fich aber, als diefe ihm mit lieblicher 
Stimme eine Antwort fang, er zeigte mit feiner Hand hin- 
über, die Jungfrau winkte ihm und wieß auf den nahen 
Selen. Als es nun Abend geworden war, ba eilte er 


— 154 — 


mit feinen Schaafen nad) Haufe; aber kaum waren dieſe be- 
forgt, da war er auch ſchon wieder am Stromesufer, und 
wie er hinüber ſchaute und beim Mondenlicht hoch oben auf 
dem Felfen das Mädchen ftehen ſah, da hielt er jich nicht, 
es zog ihn mit taufend Armen hinüber, und da er ein waderer 
Schwimmer war, fo hatten die blauen Wogen ihn jchnell ans 
andere Ufer getragen und bald war er oben auf dem Gipfel 
des Feljens. Hier fagten fich die beiden jungen Liebenden 
in Worten, was fie fich längft ſchon mit Bliden mitgetheilt 
hatten; aber die Zeit verftrich zu jchmell und fchon war es 
Mitternacht, als der Schäfer feine Schäferin verließ und auf 
demjelben Wege in feine Heimath zurückkehrte. Am nächſten 
und den folgenden Abenden ſchwamm der verliebte Jüngling, 
folange der Mond die Erde erleuchtete, wieder nad) dem 
Singeftein und eine Ewigkeit ſchien es den Liebenden, bis 
derjelbe nach feiner Umlaufszeit wieder fichtbar ward und 
dem nächtlihen Schwimmer leuchten fonnte, und dreimal 
Ihon hatte er feine Bahn vollendet und der Hirt hatte eines 
Abends verfprohen, morgen zum lebten Male herüber zu 
Ihwimmen, denn am nädften Sonntag wollte er zu den 
eltern des Mädchens kommen und um die Hand bdefjelben 
bitten. Siehe da wartete gerade an biefem Abend bie Hirtin 
vergeblich auf dem Felſen, fie fang ein Liedchen nach dem 
andern, welches den Geliebten einladen follte, allein er kam 
nicht, und als fie am andern Tage ihre Ziegen austrieb, da 
fah fie wohl die Schaafe wie gewöhnlid am andern Ufer, 
aber ein anderer Hirt weidete fie. Wie fie nun dieſen und 
die folgenden Abende vergeblich auf ihren Geliebten wartete 
und er immer nicht Fam, da Fam ihr der Gedanke, es möge 
ihn ein Unglüd widerfahren fein, und als es mittlerweile 
Mitternacht geworden war, ehe fie fich von der ihr fo lieb 
gewordenen Stelle trennen Eonnte, ſah fie auf einmal eine 
weiße Geftalt über dem Strome fchweben, fich dem Felfen 
nahen, ihn erfteigen und immer näher auf fie zu fonmten. 
Bol Schred vermochte fie weder ein Wort zu fprechen, noch 
den Platz zu verlaſſen; da trat der Schatten vor fie hin und 


— 15 — 


ſprach: „fürchte Dich nicht, ich bin Dein Bräutigam, als ich 
das legte Mal nah) Haufe ſchwamm, haben mich die Götter 
des Stroms zu fich hinabgezogen, mir ift wohl, lebe wohl, 
finge mir aber noch einmal Dein letztes Lied, es foll mein 
Sterbelied fein.” Sie fang es, und wie der legte Ton ver- 
Hungen war, da zerfloß auch die Geftalt in Nebel, das un- 
glüdliche Mädchen ſank ermattet auf dem Felfen nieder, fchlief 
ein, erwachte aber niemals wieder. Wenn nun um Mitter- 
nacht der Vollmond auf den Singeſtein niederblidt, da hört 
man flagende Töne von demfelben aus erklingen und bes» 
halb nennt man ihn den Singeftein, ja man erzählt, daß, 
wenn der Todestag der unglüdlichen Braut wieberfehre, 
Engel über dem Feljen ſchweben follen, die Roſen und Lilien 
auf ihn herabitreuen. 


165) Der Spielmann am Niederpoiriger Damm, 


Poetifch behandelt v. Trautvetter bei Günther, Großes poet. Sagenbuch 
der Deutſchen ©. 55. 


In der Nähe des Dorfes Niederpoirig bei Pillnitz ift 
einmal ein Reitersmann erſchlagen worden, und weil der» 
felbe ohne Beichte und Abfolution dahin gefahren, hat fein 
Geift feine Ruhe finden können und zur Mitternachtszeit die 
Vorübergehenden erfchredt. Da ift einmal zu diefer Stunde 
ein Prager Fiedler dorthin gekommen, ein feder Burfche, der 
den Teufel felbft nicht fürchtete, der hat fih an dem dort 
befindlichen Erlenbufche niedergefegt, feine Fiedel zur Hand 
genonmen, ein luftiges Stüdlein gejpielt und ſpottweiſe den 
fpufenden Reiter zum Tanze geladen. Allein da hat jich ein 
ſolch unheimliches Geräuſch in der Luft und ben Gipfeln ber 
hohen Bäume erhoben, daß dem Fühnen Spötter angft und 
bange ward, er warf feine Fiedel auf den Nüden und lief, 
was er laufen konnte; allein der Spudgeift war noch fchneller, 
er hodte ihm auf und zwang ihn mit den Spornen zu laufen, 
bis ihm der Athem ausging. Am andern Morgen fand man 
den Spielmann todt auf der Erde liegen; feit dieſer Zeit aber 





— 156 — 


fieht man dort zwei Gejpenfter, den Reiter und den Fiedler, 
welcher lettere auf dem -dortigen Damme von zwölf Uhr 
Nachts bis zum Morgengrauen ſeine ſchauerliche Stüde auf- 
fpielen muß. 


166) Der gejpenftige Winzer zu Loſchwitz. 


Auf dem frühern Preißler'ſchen Weinberge am Dresdner 
Elbfußwege nah Loſchwitz ging es in dem jeßt weggerijjenen 
Gehöfte auch um. Ein alter Mann in der Tracht der Winzer 
von 1560, fo alt war das Haus, fam oft um Mittag von 
der Seite wie vom Berge herab in den Hof, öffnete die auf 
denjelben gehende Thüre zur Winzerftube, fchaute hinein und 
verfhwand dann wieder. Einer dort wohnenden Frau foll 
er auch in dem noch jeßt ftehenden Kellerraum erjchienen fein 
und ob er ihr gleich nichts that, erſchrak fie fo, daß fie Die 
Rofe befam. ALS das alte Haus weggeriffen war, hat er 
fi nicht wieder fehen laſſen. 


167) Der gefpenftige Hund zu Leubnitz. 
Mündlich. 


Wenn man von Dresden über Strehlen nach dem Dorfe 
Leubnitz geht, ſo kommt man hinter letzterem Dorfe links an 
eine Wegſäule; dort trifft man um Mitternacht einen feurigen 
Hund, der den einſamen Wanderer verfolgt, aber von ihm 
abläßt, wenn er ein Kreuz ſchlägt. Thut derſelbe dies aber 
nicht, ſo bringt ihm der Hund ſicherlich böſen Gifthauch. 





168) Der Muttergottesbrunnen bei Heidenau. 
S. Sachſengrün 1861. S. 204. 





Im Thale zwiſchen Heidenau und Pirna an Abhange 
der dort nach dem Strome zu ziemlich ſchroff abfallenden 


— 107 — 


Hügelkette ſprudelt eine Quelle, welche ein hölzernes Häus— 
chen vor Verunreinigung ſchützt, obwohl darin Fröſche und 
Kröten ihr luſtiges Spiel treiben. Einſt bediente ſich ein 
Hirt, der vom Ausſatz befallen war, des Waſſers zur Reinig- 
ung feiner Gliedmaßen und genaß von Stund an. Weil es 
aber auch die Fruchtbarkeit der Frauen befördert, heißt es der 
Muttergottesbrunnen. 


169) Die tapfere Jungfrau von Pirna, 
Pirnaifche Annalen bei Hafche, Mag. d. ſächſ. Geh. Bd. VIII. S. 389 sq. 





Sm Jahre 1227 ift ein Bürger zu Pirna, genannt 
Frautzback, der am Ringe dafelbjt gewohnt, mit feiner Ehe- 
frau und einer Magd nad) Dresden zu einer Hochzeit gereift 
und hat jeiner Schweiter Tochter, ein Mädchen von 17 
Jahren, jo fie als Kind angenommen, um indeffen das Haus 
zu hüten, zurüdgelaffen. Da haben fih zwei Tuchmacher, 
fo dem Trunfe und Nichtsthun ergeben gewefen, mit einander 
verfhmworen, fih am Tage heimlich in das Haus zu ftehlen, 
ih da zu verfteden und des Nachts die Jungfrau zu er- 
mwürgen. Wie gedacht, jo gefchehen, fie find gegen Abend ins 
Haus gekommen, haben fich im Keller verborgen und gemeint, 
die Jungfrau werde, um Bier oder Wein zu holen, da hinab 
fonımen. Solches ift jedoch nicht gejchehen; wohl aber ift 
das Mädchen vor Schlafengehen heruntergegangen, um die 
Hausthüre zu verriegeln, während dem haben ſich die beiden 
Böfewichter in die Stube gefchlihen, und als jene ebenfalls 
hereingetreten, ift fie jo erjchroden, daß fie fein Wort hat 
hervorbringen können. Die beiden Kerle haben ihr aber 
freundlich zugeredet, fie folle fich nicht fürchten, man werde 
ihr nichts zu Leide thun, fie folle ihnen nur den Drt zeigen, 
wo ihr Better fein Geld aufgehoben, fie wollten fi etwas 
Wenige davon nehmen. Weil nun das Mädchen ſich vor 
Angft nicht zu helfen gewußt, auch fo ihr Leben zu retten 
gehofft, hat fie in Alles gewilligt, auch noch ein Licht an- 
gezündet und gejagt: „jo kommt denn, nehmt nur nicht zu 


— 18 — 


viel.’ Sie fchließt hierauf das Gewölbe auf, darin Geld und 
Gut nebit andern Pretiofen vorhanden, und fie gerathen über 
einen eifernen Kaften, darinnen ein fchönes Lädlein ftand, 
weil aber fein Schlüfjel an ſolchem, drohen fie der Jungfrau, 
fie möge folchen gleich herbeifchaffen, ſonſt würde fie des Todes 
fein. Gott regiert aber das Mägpdlein, daß fie darauf mit 
Zittern ſpricht: „ach mein Herr Better hat ihn in der Stube 
in feinem Schränfchen.” Jene fulminiren aber noch ärger 
und drohen fie in Granatjtücde zu zerhauen und wie fie nun 
in der Angft eben darin ift, den Schlüffel zu holen, da giebt 
ihr Gott ein, das Gewölbe aufs Feitefte zu verjchließen, auch 
ein Borlegejhloß, jo gleich daran geweſen, vorzulegen. Die 
Nachtraben erichreden darin nicht wenig, bitten aud, um 
Gottes Willen aufzumachen, fie wollten gar nichts nehmen; 
die Jungfrau aber läuft aus dem Haufe auf den Markt und 
ruft, um Gottes Willen ihr zu helfen, es wären Leute bei 
ihr, die wollten fie umbringen. Da wird gleich ein großer 
Bujammenlauf, die Wache kömmt und die beiden Urians werden 
arretirt und nach gefchehenem Verhör, und wie fie ausgefagt, 
daß fie wirklich Willens geweſen, die Jungfer umzubringen, 
daß fie auch fchon zu Dresden eine Frau in ihrem Haufe 
erwäürget, find fie gerädert und alsdann aufs Rad gelegt 
worden. Das ift die Gejchichte der tapfern Jungfrau von 
Pirna, und zum Andenken hat man auf dem Markte einen 
Mühlftein auf der Stelle, wo jene Böfewichter bingerichtet 
worden find, eingegraben. 


170) Peter Bucher ein Barbier von Pirna wird Erzbifchoff 
von Mainz, 
Pirn. Ann. a. a. O. ©. 392 sq. 


Im Jahre 1242 hat zu Pirna ein Bürger, jo Balbier 
geweſen, am Markte gewohnt, welcher Peter Bucher geheißen. 
Den hat fein Vater fleißig zur Schule angehalten, alſo daß 
er wohl ftubirt und nachmals Erzbifchoff von Mainz worden, 
wie folches in dem hohen Domftift zu Magdeburg in ber 





— 19 — 


Kirche zu finden. Es foll aber alfo zugegangen fein. Weil 
der dafige Exrzbifchoff Bernhardus eben ſolches Jahr geftorben, 
hätten zwei geiftliche Herren um das Bisthum geftritten, und 
da habe der Papſt diefen Peter Bucher zum Biſchoff gemacht, 
der habe auch wohl regiert und fei jo geſchickt geweſen, daß, 
wenn er einen Menſchen angefehen oder reden gehöret, er 
fogleich gewußt, was ihm gefehle. Denn da einmal Kaifer 
Albrecht zu ihm gekommen, und fie mit einander nach dem 
Rhein fpazieren gegangen, hätten zwei Jungfrauen in einem 
Haufe gar jchön gefungen; weil nun der Kaifer dafelbit ftehen 
geblieben und ihnen mit Luft zugehört, fie auch gegen den 
Erzbiſchoff ungemein gelobt, hätte derjelbe gejagt, eine von 
diefen werde dieſes Jahr fterben, das fchlöffe er aus ber 
Stimme. Da hat der Kaiſer beide bewahen laſſen und 
befohlen, beiden einerlei Speifen zu geben, damit fie feinen 
Kummer haben dürften; ehe aber das Jahr völlig zu Ende 
gewesen, jei e3 wirklich wahr geworden, fo daß die eine 
geftorben, und wie darauf dem Kaifer ſolches berichtet worden, 
habe er noch mehr von ihm gehalten und ihn ausnehmend 
äftimiret. Es fol aber diefer Peter Bucher, ehe er zu dieſer 
Würde erhoben worden, zuvor des Kaifers Rudolf von Hab3- 
burg und darauf Kaiſers Henrici von Lügelburg Leibmedicus 
geweſen und auf folgende Art Erzbifchoff geworden fein. Der 
damalige Papſt habe gerade ſchwer und gefährlih krank 
gelegen, auch) aller Merzte Mühe und Fleiß vergeblich gebraucht 
gehabt, jo daß ihm faſt Feiner mehr was geben wollen; da 
habe diefer Peter Bucher ihn innerhalb 3 Tagen völlig geſund 
wieder hergeftellt. Damit nun der Papft fich gegen benfelben , 
recht dankbar erweiſen möchte, habe er gejagt: „wohlan, Beter, 
weil Du bift fo glüdlich mein Leibarzt geweſen, jo will ich 
Dich nunmehro zum Seelenarzt machen,” welches auch fogleich 
in Erfüllung gegangen. 


— — 


171) Der Teufel holt eine Bürgersfrau zu Pirna. 
Pirn. Ann. a. a. O. S. 397. 


Im Jahre 1411 iſt am Faſtnachtsdienſtage eine reiche 





— 160 — 


Bürgerin auf allen Gafjen mit einem Schlitten herumgefahren ; 
weil nun die Pferde nicht anziehen wollen, hat fie weiblich 
geflucht, auch den böfen Feind gerufen, der auch fogleich da- 
gewejen und ihr den Hals umgedreht. Zum fteten Gebächtniß 
ift an diefem Tage eine Mefje gehalten worden. 


172) Der Erlpeter zu Pirna. 
Ziehnert, Bd. III. ©. 259. sq. 





Erlen Peter nennt man einen über der Stadt Pirna 
diefjeit8 der Elbe gelegenen, ſchönen Duell, deſſen Waffer 
duch eine Flaſche Läuft, welche eine fteinerne männliche Figur 
unter dem Arme hält, über welcher folgender Vers ftand: 

Der Erle Peter bin ich genannt, 

Den armen Leuten wohlbefannt, 

Wer nicht Geld Hat in feiner Tafche, 

Der trinkt umfonft F) aus meiner Flaſche. 

Im Jahre 1549 ift der Duell faft ganz vertrodnet und 
verfunfen und hat es viele Mühe gefoftet, daß man ihn nur 
ein wenig wieder gefunden, denn weil man aus ihm hat 
Geld Löfen wollen, ift das Waſſer außen geblieben, dafür ift 
er 1687 mit einem Behältniß verfhloffen und mit einem 
fteinernen Gewölbe verjehen worden. Um 1670 entitand Die 
Gewohnheit, alljährlih an der Mittwoch nad) Pfingften nad 
diefem Brunnen zu ziehen und fich hier mit Muficiren, Tanzen, 
Eingen, Schießen u. f. w. zu beluftigen. Unter den Wall- 
fahrenden befanden fich fogar viele Dresdner, und man nannte 
dies Feſt Pirnaifhe Wallfahrten. Chedem ftand über dem 
Brunnen auch eine fteinerne Tafel eingemauert mit der Auf- 
fchrift: „Deut. VII. Hüte : Did : und : Vergiß : Deines : 
Gottes : Nicht, der Dir Wafjer aus dem harten Feljen giebt. 


T) Ziehnert a. a. D. giebt den Ber anders, nämlich ftatt: „Erle 
Peter” „der ehrliche Peter”, und ſtatt „umfonft aus meiner‘ „mit einer”, 
allein obiger Tert ift der urfprängliche und Ziehnert's Vermuthung, der 
Name Eripeter fei aus „ebrlichem Peter‘ verftiimmelt, eine höchſt unglüd- 
liche, weil an dem Brunnen früher eine Erle ftand, nad) der er genannt 
ward. 


— 161 — 


George Dinckel ad PMJ. 1541.“ Die Sage erzählt noch, daß 
einft ein Viehhirte, der mit dem Ausſchlage behaftet war, 
daraus getrunfen und ſich mit feinem Waller gewaſchen habe, 
wovon er die reinfte und fchönfte Haut befam. 





173) Schwarzfünftler zu Pirna. 

Pirn. Ann. a. a. O. ©. 49. 

Sm Jahre 1476, als der König von Böhmen geftorben, 
warf fih ein Schreiber zu Pirna auf, der ſich in der Schule 
äußerte und vorgab, er folle König von Böhmen werden, 
welches doch von den wenigften Leuten ift geglaubt worden. 
Er war aber ein Schwarzfünftler und machte, daß alle Abende 
viele Diener in herrlichen Kleidern gar höflich vor ihm 
ftanden und Eöftlihe Speifen auftrugen. Derjelbe 309 mit 
föftlichen Pferden auf, hielt große Gepränge und 309 darauf 
wirklich nad Böhmen, die Bürgerfchaft hoffte zwar täglich auf 
feine Wiederkehr, allein er blieb außen, und nad der Zeit 
- hat man erfahren, daß er zu Gottwig in der Laufig Reit- 
knecht geworden. 





174) Der Mönch Antonius mit feinem Schweine. 
Pirn. Ann. a. a. O. ©. 400. 





Unter den Bettelmönchen zu Birna fol auch einer Antonius 
(um 1488) geheißen und fich jährlich ein Schwein aufgezogen 
haben, wie er denn demjelben ein Glödchen angehangen und 
jolches in der Stadt herum laufen lafjen. Wenn nun foldhes 
auf den Gafjen von den Bürgern gemerkt und gehört worden, 
jollen fie gejagt haben: „wir müfjen Heren Antonius’ Schweine 
auch was zu effen geben‘, und da hat es von Manchem eine 
Yutterjchnitte, von Andern etwas Anderes befommen, daß 
aljo Herr Antonius mit feinem Schwein fich ganz wohl befunden. 


Gräfe, Sächſ. Eaaen. I. 11 


— 18 — 


175) Waſſerfluth zu Pirna verfchont das Weihwaſſer. 
Pirn. Ann. a. a. O. ©. 401. 


Am Mittwoch nach Mariä Empfängniß des Jahres 1501 
hat fih die Elbe fo ergoffen, daß fie in die Klofterfirche 
gegangen bis an den rothen Strich, Jo über dem Predigtftuhl 
gezeichnet ift, auch zu allen Thoren hereingedrungen. Es 
ging jo hoch, daß man mit Schiffen und Kähnen hineinfahren 
fönnen bis an's Nathhaus, ging aud bis an den Sprengel, 
der vor dem Klofter an der Kirchthüre ftand und halb voll 
geweihten Wafjers war und ein Spreng⸗Wedel (MWeihmedel) darin 
lag. Doc berührte das wilde Wafjer das geweihte Waffer 
nicht, und blieb der Spreng-Wedel im Weihwaſſer, und ob- 
gleich das wilde Elbwafjer hart an den Stein fchwebte, fo 
blieb doch das Weihwafjer und der Sprengel darin unverfehrt. 


176) Der Wagen ohne Pferde zu Pirna, 
Pirn. Ann. S. 402. 





Sm Jahre 1504 unterftand fih ein Bürger zu Pirna, 
einen Wagen mit Rädern und Schrauben zu machen, der 
follte ohne Pferde, fo einer darauf fäße und die Schrauben 
zöge, vor ſich hinfahren, wo er wollte. Um nur dieſe feine 
Kunft mit dem Fahren zu bemweifen, richtete er alles Gezeug 
dazu und gedachte nach Dresden zu fahren; er fuhr aber nicht 
weit, fo blieb er im Drede fteden, fo der Zeit groß war. Im 
Trodenen und in der Ebene hätte er e8 wohl eine ziemliche 
Ede practiciren mögen. — Dies märe demnach die ältefte 
Dräfine oder Velocipede geweſen. 








177) Die Thurmpflegerötochter zu Pirna, 
Miündfich. Poetiſch beh. bei Ziehnert, Br. I. ©. 251. sq. 


Im Jahre 1532 ift zu Pirna von Margarethe bis Weih- 
nachten ein großes Beltilenziterben gemwefen, darin an 1400 
Perfonen gejtorben. An diefem Unglüd ift aber die Thurm- 
pflegerstochter Schuld geweſen, und ift die Sache jo zugegangen. 





— 163 — 


E3 hat der Thürmer zu Pirna ein ſchönes Töchterlein gehabt, 
die aber ſehr hoffärtig und ftolz auf ihr niedlich Geficht 
gewefen; da iſt ein Ungar in die Stadt gekommen, der ift 
reich, ſchön und von adeliger Geburt geweſen und bat mit 
dem Mägdlein einen Liebeshandel angefangen. Der ftrenge 
Vater ift zwar endlich dahinter gekommen, allein er hat der 
Tochter nicht glauben machen können, daß der Ungar fie nicht 
wahrhaft liebe und ehelichen wolle, und als er endlich vor 
Kummer über feine ungerathene Tochter geftorben, da ift, 
weil die Mutter die reichen Geſchenke des Ungarn gar gerne 
gefehen, das Mägpdlein ganz umgarnt worden, bat fich dem 
Berführer bingegeben und wie fein ehelih Weib mit ihm 
gelebt. ALS fie aber jener fatt bekommen, da tft er plößlich 
bei Nacht und Nebel verfchwunden und das Mädchen hat aus 
Noth bald allen ihren Flitterftaat verkaufen müſſen; weil fie 
aber an Nichtsthun und Wohlleben gewöhnt gewefen, auch 
einmal von allen ihren Bekannten verachtet worden, hat fie 
fih wieder nad) Andern umgefehen und aus ihrer ſchönen 
Geftalt möglichft viel Nugen zu ziehen geſucht. Weil fie aber 
innerlich fi doch gehärmt, ift ihre Schönheit vergangen und 
darum find auch der Liebhaber immer weniger geworden, alfo 
daß fie oft in Noth gekommen. Da ift eines Abends ihr 
alter Freier zurücdgefehrt, der hat gethan, als wenn nichts 
vorgefallen, und ihr ſelbſt ihre Untreue vergeben, ift auch des 
Nachts bei ihr geblieben, des Morgens aber in der Frühe 
ohne Abſchied feines Weges gezogen, weil er eine große Reife 
vorgehabt, hat aber zuvor der Mutter des Mädchens einen 
großen Beutel voll Gold gegeben und ein verſchloſſenes Käftlein, 
das folle fie ihr geben zu feinem Angebenfen. Das Mädchen 
hat aljobald das Käftlein geöffnet und darin ein koſtbares 
rothes türkisches Tuch gefunden, fo fein, wie fie nie dergleichen 
zuvor gefehen, hat auch fogleich ihren beften Pu angelegt 
und fih mit dem Tuche geſchmückt und ift auf die Gaſſe 
gegangen, um den Leuten zu zeigen, wie fie wieder in bejjern 
Umftänden und zu Geld und Schmud gefonmen. Aber fie 
hat fich der ſchönen Sachen nicht lange freuen können, denn 
: 11* 


— 164 — 


plöglich ift ihr übel geworden und fie umgefallen, und nad 
wenigen Stunden tft die Peſt, welche ihr der Ungar in dem 
Tüchlein aus Rache über ihre Treulofigkeit zugetragen, aus- 
gebrochen und fie felbit zuerft daran geftorben. Weil aber. 
die Sache ausgelommen und man gemeinet, daß fie die ganze 
Stadt noch nachholen werde, hat man fie alsbald wieder aus— 
gegraben und ihr das Haupt mit dem Grabjcheit abftoßen laſſen. 








178) Reife durch die Luft gelingt nicht. 
Mündlich. Pirn. Ann. ©. 453. 





Es ift einmal ein Sattler zu Pirna geweſen, der ift 
allemal des Sonntags auf einem bloßen Sattel figend durch 
die Luft in die Kirche gefahren. Er hat einen Lehrling 
gehabt, eines Bürgermeilter8 Sohn von Sonnenwalde, der 
hat einmal um 12 Uhr Mittags des Jahres 1545, da der 
Meifter heim zu Tiſche gegangen, ſich auf diefen hölzernen 
Sattel gejeßt und auch hinauffahren wollen, tft aber vom 
Sattel zur Erde gefallen und fogleich todt geblieben. 


179) Mag. Chriſtoph's Tenfeldführung. 
Pirn. Ann. a. aD. ©. 455. 


Sm Jahre 1549 ift in Gott verjchieden zu Pirna Mag. 
Chriftoph, der Paſtor von Dohna, der ift ganz von Sinnen 
gefommen, daß ihn der böfe Geift des Morgens früh um drei 
Uhr von feinem Haufe den ganzen Tag herumgeführt auf 
dem Felde und Buſche hin und wieder, und ijt endlich nad) 
der Ruhe auf Thomas Janich's Scheune gekommen, er hat 
aber gar nicht gewußt, wie er dahin gelangt, ift auch den- 
felben Tag Nachmittag 3 Uhr verfchieden. 





180) Dad Bädermädchen zu Pirna, 
Miündlih u. b. Ziehnert, Bd. III. S. 262. 


ALS das Licht der Reformation über Sachen noch nicht 





— 165 — 


angebrodhen war, mußte die Tochter eines Bäders in Pirna 
täglich eine beftimmte Anzahl Brode in das dajelbit befindliche 
Mönchskloſter ſchaffen. AS fie jedoch einft nicht zurückkam, 
fagten die Mönche dem fie juchenden befümmerten Bater, ie 
fei mit dem Gelde fortgegangen. Nun war eines Tages ein 
betrunfener Zimmermann (nad) Andern wäre e8 ihr Bräutigam 
geweien) in der Klofterfiche eingeihlafen; um Mitternacht 
erwachte er durch ein verworrenes Geräufh von männlichen 
und einer Elagenden weiblichen Stimme, und jah, wie zwei 
Mönche das Mädchen geſchleppt brachten und ermordeten und 
dann in eine Fallthüre hinter dem Altare fallen ließen. Wegen 
diejer Schandthat ward das Klofter aufgehoben; ein Stein 
mit dem Bilde bezeichnet noch heute das Haus ihres Vaters 
auf der Langengaſſe. 


181) Der Roſenſtock in der Kirche zu Pirna. 


Berfenmeyer Gurieufer Antiquarius S. 645. Poet. beh. b. Eegnit I. 
©. 166 sq. Weitläufig erzählt v. Bechftein, deutfches Sagenbuch S. 533. 


Im Sahre 1634 fol zu Pirna ein dürrer Rofenzweig, 
der ſchon 70 Jahre lang dafelbit in der Kirche in der Wand 
gejteckt hatte, während des Gottesdienftes zu grünen und ſchöne 
weiße Rofen zu tragen angefangen haben. 





182) Das Wahrzeichen der Feitung Königitein. 





Für das Wahrzeichen der Feitung Königftein hielt man fonft 
(nah Schramm, Hift. Europ. Reifelericon ©. 758 $ 21) 
eine mit violettblauem Leder befleidete hölzerne Puppe eines 
Göleftinermönds, deren unterer Theil wie ein Beutel auf- 
und zugezogen werden konnte. Die Abbildung davon fteht 
bei D. Brückmann, Epist. Itiner. XLIX. ©. 13. 


183) Das Pagenbette auf dem Königftein, 
Curiosa Sax. 1796. ©. 313. 1745. ©. 22 sq. Hofmann, das Meißner 
Hochland. (Lohmen 1842) ©. 511. Poet. beh. v. Ziehnert Bd. II. ©. 179.5q. 





Auf der weltberühmten Bergfefte Königftein befindet fich 
hinter der jet jogenannten Friebrihsburg auf einem ſchmalen, 
faum eine Elle breiten Geſimſe der äußern Feitungsmauer, 
jo an der Feljenede zu ſehen, das jogenannte Pagenbette, 
welches davon feinen Namen bat, daß Garl Heinrich von 
Grunau, Leibpage des damal3 gerade auf der Feitung wei— 
lenden Churfürften Johann Georg IL, den 12. Auguft des 
Sahres 1675, als lekterer auf der damals jo genannten 
Chriftiansburg (jet Friedrihsburg) gefpeift, in der Trunfen- 
heit zur Nachtzeit zu einer Schießjcharte hinter der genannten 
Friedrihsburg herausftieg, ſich auf obgedachtem ſchmalen 
Abſatze niederlegte, einfchlief und am folgenden Morgen hier 
noch in tiefem Schlummer gefunden ward. Sogleich wurden 
Seile um ihn herumgeworfen, um ihn vor dem Herabftürzen 
zu retten und er dann auf Befehl und in Beifein des Chur- 
fürften aus dem Schlummer durch Trompetengefchmetter und 
Paukenwirbel aufgewedt. Diejer Grunau ift übrigens erft 
den 9. December 1744 zu Schmölln bei Bauten 106 Jahr 
alt geftorben, nachdem ihn Gott noch einmal wunderbar vor 
dem Tode behütet, als fein ſcheu gewordenes Pferd mit ihm 
von der Elbbrüde zu Dresden über das Geländer in bie 
Elbe fprang. 


184) Die Spufgeifter auf dem Königſtein. 
Mündlich. 





Auch auf dem Königſtein ſollen verſchiedene Geſpenſter 
umgehen. So will man den am 1. März 1720 in der Nähe 
der fogenannten Königsnafe hingerichteten Baron von Kletten- 
berg, den berüchtigten Goldmacher, zuweilen den Kopf unter 
dem Arme in der Nähe jenes Drtes herumfpagiren gejehen 
haben, und ebenjo fol der den 7. Juni 1610 zwiſchen ber 


— 17 — 


Königsnafe und Ehriftiansburg aufgehängte Hauptmann Wolf 
Friedrich Beon, der als Feitungscommandant eine Menge 
Unterfchleife begangen hatte, dort des Nachts die Wachen 
erihreden und zuweilen auch in dem Walde der Feitung zu 
fehen fein. Endlich erzählte man früher aud, daß in der 
Caſernenſtube Nr. 10 an einem gewiſſen Tage (9. Septbr.) 
des Jahres des Nachts die dort fchlafenden Soldaten von 
einem gewiſſen Etwas aus ihren Betten geworfen würden. 
Als vor einiger Zeit jedoch in diefer Stube am genannten 
Tage des Nachts gewacht wurde, hat fi) von dieſem Spufe 
nichts gezeigt. 


185) Das Zwergloch bei Rohmen. 
Poetifch beh. b. Hofmann, das Meifner Hodland. ©. 124. 





Sn der Nähe von Lohmen fieht man, wenn man auf 
der jogenannten Poſte fteht, ziemlih am Fuße des Berges 
das berühmte Zwergloch. Dafjelbe foll feinen Namen von 
einem Zwerggefchleht haben, welches aus Furcht vor einem 
auf dem Berge wohnenden Riefen, von dem noch eine in ber 
Nähe befindliche Bertiefung, der jogenannte Riefenfuß, die 
Form eines in Lehm oder Thon eingebrüdten Fußes von 3 
Ellen Länge und 2, Ellen Breite Kunde giebt, fich durch 
den Berg unterhalb des Dorfes Doberzeit eingewühlt und 
durch das im Liebethaler Grunde befindliche ebenfalls fo 
genannte Zwergloch wieder herausgewühlt haben ſoll. 


186) Der Einfiedler im DOttowalder Grunde, 
Hofmann ©. 152 sq. 





In der Gegend von Lohmen war im 13. Jahrhundert 
ein gewifjer Ritter Dtto von Greifenftein angefeffen, derfelbe 
nahm das Kreuz und 309 in das gelobte Land; allein er hatte 
das Unglüf, in einem der zahlreichen Gefechte gegen bie 
Ungläubigen von denfelben gefangen genommen zu werben, 
Nachdem er 17 Jahre lang in der Gefangenſchaft geihmachtet, 


— 168 — 


batte er das Glüd, auf einer Löwenjagd feinem Herrn, einem 
ſeldſchuckiſchen Emir, das Leben zu retten, worauf ihm dieſer 
die Freiheit ſchenkte. Er kehrte alfo in fein Vaterland zurüd, 
allein hier fand er zu feinem Schreden, daß feine Güter theils 
von dem damaligen Landesheren, theils von der Kirche in 
Befig genommen worden waren, weil man ihn für tobt ge- 
halten hatte und andere Erben nicht da waren. Er beichloß 
alfo, da Niemand von den Seinigen mehr lebte, er übrigens 
auch bereit die Mittagslinie des menſchlichen Lebens über- 
ſchritten hatte, feine übrigen Tage dem Herrn zu weihen, und 
309 fich daher in die wilde Einöde zurüd, welche heutzutage 
der Dttowalder Grund genannt wird, erbaute fich hier eine 
Einfiebelei, wo er bald von der ganzen Umgegend wie ein 
Heiliger unter dem Namen des Frommen Dtto verehrt und 
der Grund nach ihm Otto's Waldgrund (Ottowalder Grund) 
genannt ward. Da aber, wo fih in dem Grunde unweit 
von dem filberhellen Bächlein ein riefenhafter fargähnlicher 
Stein (beim fteinernen Haufe) erhebt, fol das Grab des 
frommen Mannes fein. 


187) Jutta von Duba. 
Hofmann a. a. O. ©, 171 sq. 


Ueber dem Dorfe Rathen in der Nähe der Baftei erblickt 
man die Burgruine der Veſte Altrathen. Diefe foll im 10. 
bis 11. Jahrhundert von den Deutfhen duch Sturm ihren 
alten Bewohnern, den Sorben, entriffen worden und in der 
Hite des Kampfes mögen viele ber legtern in den nahe- 
gelegenen Abgrund, der, weil man in neuerer Zeit hier viele 
Todtenköpfe und Menjchengebeine, Pfeilfpigen, Spornen zc. 
fand, die Martertelle genannt ward, herabgeftürzt worden 
fein. Später gehörte diefe Burg den Burggrafen von Dohna 
und fol zulegt Durch Berheirathung an die von Duba gefommen 
fein und damals den Namen Riefenftein geführt haben. Einer 
aus dieſem Gefchlechte, Namens Witigo, hatte eine ſehr ſchöne 
Tochter, Namens Jutta, die. er mit dem jungen Böhmenfönig 





— 169 — 


Premislaus Dttofar zu vermählen wünſchte. Er ließ alfo 
einen Maler fommen, um ihr Bildniß zu entwerfen, welches 
er dem jungen König zuzujenden dachte; allein da jener jung 
und ſchön war, fo entipann fich jehr bald ein Liebesverhältniß 
zwifchen beiden, welches wider Erwarten dadurch zu einen 
glücklichen Ausgang geführt, daß, weil es dem Maler gelang, 
bei einer plöglich durch das Einſchlagen eines Blikes in der 
Schloßfapelle ausgebrochenen Feuersbrunft das dort betende 
Burgfräulein mit Gefahr feines Lebens zu retten, er dafür diefelbe 
von ihrem Bater zur Gemahlin erhielt. Nach einer andern 
Erzählung wäre jedoch jener Maler ein verfappter Ritters- 
mann, ein gewiffer Bernhard von Kamenz gemwejen, der jene 
Jutta Schon in früher Jugend gefannt hatte und fich ihr jeßt 
unter diefer Verkleidung zu nähern genöthigt war, weil 
ſich zwifchen ihren beiderfeitigen Vätern ein Zwieſpalt ein- 
geitellt hatte. Allein die Liebenden wurden nicht vereinigt, 
Sutta nahm den Schleier und Bernhard 309 gegen bie 
Ungläubigen, wo er einen ruhmvollen Tod fuchte und fand. 


188) Die fteinerne Jungfrau auf dem Pfaffenftein. 
Meliffantes, Eurienfe Orographie. Frkft. u. Lpzg. 1715. ©. 514. Süſſe, 
Hiftorie des Städtchens Königftein. Dresden 1755. 4 ©. 215. Pet. 

beh. bei Segni Bd. IL. ©. 3 sq. und Ziehnert Bd. II. ©. 127 sg. 





Der Pfaffenftein, fonft auch der Jungfernftein genannt, 
ift ein hoher, mit Wald bewachſener Felfen, der ſich ohngefähr 
eine halbe Stunde weit der Feſtung Königftein gegenüber 
befindet. Auf der Südweſtſeite dejjelben erblidt man Die 
fogenannte fteinerne Jungfrau, d. h. einen Felfen von Form 
einer riefenhohen Jungfrau, ohne Arme und Füße, welche 
einen Korb am Arme (?) trägt, und von deſſen Urjprung 
man fich Folgendes erzählt. Es fol einjt eine Mutter aus 
dem benachbarten Dorfe (Bfaffendorf) ihre Tochter des Sonn- 
tags haben in die Kirche gehen heißen, ftatt deſſen ijt aber 
diefelbe unter der Kirche auf den Pfaffenftein in die Heibel- 
beeren gegangen, al3 nun die Mutter ihr nachgegangen und 


— 1719 — 


fie hier angetroffen, hat fie im Zorn die Tochter verwünfcht, 
daß fie auf der Stelle zu Stein werde, worauf jolches 
augenblicklich auch gejchehen ift und die in einen Stein ver- 
wandelte Jungfrau fol auf immer bier ftehen bleiben, um 
durch ihr Steinbild alle ungehorfamen Kinder zu warnen. 
Daß der Name Barbarine, wie das Volk den Feljen gewöhnlich 
nennt, von dem ZQaufnamen jenes Mädchens herrührt, ift 


wahrſcheinlich. 


189) Das Kreuz auf dem Bärenſtein. 


Süſſe, a. a. O. S. 219. Poetiſch bearb. v. K. H. Nicolai. Drei Sagen 
a. d. ſächſ. Schweiz. Pirna 1852. 12. ©. 23. sq. 


In der Nähe des Dorfes Thürmsdorf bei Königſtein 
befindet fi der fogen. Bären- oder Bernftein, von deſſen 
Gipfel man eine herrliche Ausfiht auf das benachbarte böh- 
mijche Gebirge genießt. Auf diefem fol fih im Jahre 1639 
eine von ſchwediſchen Soldaten des General Banner ver- 
folgte Jungfrau (nad) Einigen war fie aus Pirna) geflüchtet und 
aus Furcht vor ihren Verfolgern von der Höhe herabgeftürzt 
haben, worauf man unten am Felfen, wo man das Mädchen 
todt aufgefunden hat, dieſes Erempel aljo bewahrter Keujch- 
heit mit einem in den Feljen gehauenen Kreuze bezeichnet hat. 





190) Der Nonnenftein bei Weißig. 


Süſſe a. a. DO. ©. 220. Lothar, Volksmärchen. Lpzg. 1820. ©. 57. 
Poetifch beh. v. Nicolai a. a. O. ©. 9. sq. 


Sn der Nähe des Dorfes Weißig befindet fich gegen 
Abend der Baftei gegenüber der fogenannte Nonnenftein, der 
fih wie ein vierfeitiger, mehrere Etagen hoher Thurm ohne 
Dach gerade in die Höhe erhebt und fich durch diefe fonder- 
bare Geftalt von allen übrigen Felfenhöhen unterfcheidet. Er 
fol feinen Namen davon haben, daß da, wo oben auf feinem 
Gipfel eine Höhlung, einer Schale oder einer Schüffel ähnlich, 
anzutreffen ift, vor langen Jahren eine Nonne an einem 





— 171 — 


äftigen angefällten Baume täglich diefen Felfen beftiegen und 
hier ihre Gebet verrichtet habe. Noch 1691 fol ein alter 
Mönch ebendahin gewallfahrt fein, und das Volk erzählt ſich 
nun, diefer und die Nonne feien urfprünglich ein Liebespaar 
gewejen, welches aber durch die Eiferfucht des Yünglings getrennt 
worden ſey, worauf Beide in zwei nahegelegene, nur durch die 
Elbe getrennte Klöfter gegangen wären, und jeden Morgen 
habe nun die Nonne den nad ihr genannten Felſen beftiegen 
und jehnfüchtig nad einem andern gegenüberliegenden Felfen, 
den deshalb jo genannten Mönchsftein geblickt, weil fie gewiß 
gewejen, dort ihren früheren Geliebten aus gleicher Urſache 
zu erbliden. Bon beiden Klöftern ift nur noch weniges Geftein 
übrig, aber noch zu Anfange diejes Jahrhunderts zeigte man 
die Zelle des Mönchs in den Ruinen. T) 


191) Wie die Familie derer von Bünau einjt in den 


Beſitz von Proffen ++) gefommen ift. 
Süſſe S. 231. 


Es hat fich der ehemalige Erbbefiter des jetzo hochgräfl. 
Thunſchen Haufes, Rudolph von Bünau, al$ er nebjt andern 


7) Ziehnert Bd. II. ©. 99 sq. erzählt die Sage anderd. Nach ihm 
iſt eine Nonne, welche, nachdem fie den Klofterpförtner vergiftet hatte, mit 
einem Ritter aus ihrem Klofter in Böhmen entflohen war, von jenem aber, 
als fie fich ihm bHingegeben hatte, ſchnöde verlafjen wurde, zum Tode 
erihöpft zu einem Greife nach Weißig gelommen und hat um kurze Auf- 
nahme gebeten. Hier hat fie einen Traum gehabt, worin ihr der Nonnen- 
ftein mit der daran Tiegenden umgebrochenen Eiche von einem Engel gezeigt 
und befohlen ward, hier täglich ihr Gebet zu verrichten, umd fie werde 
Gnade bei Gott finden. Dies hat fie zwei Jahre lang täglich gethan. 
Dann hat man fie eines Tages todt auf dem Felde gefunden und diefem 
darum den Namen Nonnenftein beigelegt. 

Tr) In und bei diefem Dorfe giebt e8 ein Spridwort: Häring 
weiß e3, womit man etwas Unmögliches oder Unergründliches bezeichnen 
will. Dafjelbe rührt von dem fogenannten Propheten Chriftian Heering 
aus diefem Dorfe her, deſſen Prophezeihungen befannt gemacht find von 
Süſſe, Umftändfihe Nachrichten von dem Proßner Manne, Chr. H. Lpzg. 
1772. 8. 


_ 190 


proteftantifchen Herren feines Glaubens wegen in Böhmen 
nicht mehr hat unberuhigt bleiben können, im J. 1630 dahin 
entjchließen müfjen, Tetſchen und zugleih überhaupt das 
Böhmerland zu verlaffen. Deswegen hat er fich mit feiner 
Familie auf ein Schiff begeben und ift den Elbſtrom herab- 
gefahren und hat dabei den Entſchluß gefaßt, Daß, wo das Schiff 
an den meißnifchen Elbufern fi) ohne befondere Mühe ans 
Land legen würde, da wolle er es für einen göttlichen Wink 
anſehen, daß er hier feine fünftige Wohnung zum Genuß der 
evangelifchen Religionsfreiheit aufſchlagen wolle. Worauf es 
denn geſchehen, daß fein Schifflein an den Ufern des Dorfes 
Proffen bei Königftein fich von ſelbſt feit an das Land gelegt 
und aljo gleichſam vor Anker gegangen ſei. Der Herr von 
Bünau, folhes für göttlihe Schickung haltend, ift alfobald 
ans Land geftiegen und hat dem damaligen Beliger des 
Schloſſes, Hans Raniſch, fein Schidjal erzählt und feinen 
Wunſch zu erkennen gegeben, fih hier anzufaufen, worauf 
dieſer ſich auch bereitwillig gefunden habe, ihm zur Erfüllung 
feines Gelübdes behilflich zu fein und ihm feine Befigung zu 
verfaufen. NRubolph von Bünau bat aljo das Schloß und 
Rittergut Proſſen im %. 1630 gekauft und ift allda 1654 
verftorben, woraus ſich von felbft ergiebt, daß eine andere 
Sage, welche erzählt, diefe Begebenheit habe fi an den 
Pillniger Schloßufern ereignet, auf nicht3 beruht. 


192) Woher die Birken von Duba ihren Namen haben. 
Beckler, Historia Howorea. Hof 1649. Fol. ©. 7 u. 39. 





Das Haus Berka, deſſen Wappen aus zwei kreuzweis 
übereinandergelegten Eichenäften beftand, gehörte mit dem ihm 
ſtammverwandten Haufe Howora zu den älteften Adels- 
gejchlechtern Böhmens. Ein Ahnherr der legteren war Jäger— 
meiſter des Herzogs Jaromir (im J. 1085). Einft kam dieſer 
auf einer Jagd von feinem Gefolge ab und fiel in die Hände 
der Werſchowoczer, die das NRäuberhandwerk trieben. Schon 


u 198 


band man den Herzog und feinen Diener nadend an eine 
Eihe, um fie mit Pfeilen zu erſchießen, da bat fich der 
Howora von dem feindlichen Anführer als Gnade aus, noch 
dreimal fein Leibftüdchen auf dem Horne blajen zu Dürfen. 
Allein diefe Töne zeigten dem zeritreuten Gefolge nicht blos 
ben Ort, wo ihr Herr weilte, fondern auch, daß er in Gefahr 
jet, an: e3 eilte herbei und jo wurden beide vom gewillen Tode 
gerettet. Aus Dankbarkeit hat nun der Herzog feinen treuen 
Diener mit Belohnungen überhäuft und ihm den Beinamen 
Duba (d. h. Eiche) gegeben, welden Friedrich Berke, als er 
1140 das Schloß Eiche oder Duba baute, der Verwandtſchaft 
wegen annahm. Das Benedictinerklofter, welches Jaromir 
an der Stelle, wo fich die Begebenheit zugetragen hatte, 
erbaute, beitand noch bis auf die Zeit des Königs Wenzel, 
wo es zeritört ward. 


193) Die Sagen vom Lilienftein. 
Meliffantes, Eurienfe Orographie. ©. 565. sq. Hofmann a. a. O. ©. 537. sq. 





Der Lilienftein, ein dem Königftein gegenüberliegender 
hoher Fels, der von ferne gejehen, ganz von der Elbe ums 
floffen zu fein fcheint, muß früher bewohnt gemwefen fein, 
wie man noch heute aus gewiſſen Merkmalen abnehmen kann. 
Man erzählt fich, daß einige Perfonen, weldhe aus Neugierde 
denjelben betreten hätten, plöglich einen Keller mit einer ein— 
gemauerten Thüre vor fich gejehen, aus Furcht aber nicht 
hineingegangen wären, fich jedoch den Drt fo genau angemerkt, 
daß fie ihn, wenn fie wieder zurüdfehrten, eigentlich ohne 
Mühe hätten finden müſſen. Gleichwohl haben fie jpäter 
weder ihr gemachtes Merkmal, noch Drt, noch Keller wieder 
erkennen können. Es fol fih aber in demfelben ein großer 
Schaß, eine ganze Braupfanne voll Ducaten befinden und 
einige Berfonen, welche den Drt entdeckt hatten und den Schaf 
zur Nachtzeit heben wollten, find von den gefpenftigen Wächtern 
vom Felfen herabgeworfen und am andern Morgen am Fuße 
defjelben, obwohl unbeichädigt, wieder aufgefunden worden. 


— 114 — 


Einft ift eine arme Frau aus Walthersporf mit ihrem 
Kinde auf den Lilienftein in die Beeren gegangen, da bemerft 
fie plöglihd am Berge eine offene Thüre und fieht in dem 
Gewölbe, welches dieje verfchließt, eine Menge Goldhaufen 
liegen; fie fegt aljo das Kind auf einen dabei ftehenden gol- 
denen Tiſch, rafft emjig jo viel von den Haufen, als fie in 
ihrer Schürze fortbringen kann, auf und eilt damit, ihr Kind 
zurüclaffend, nad) dem draußen ftehenden Korbe. Als fie aber 
umfehrt, findet fie die Thüre nicht mehr und muß alfo auch 
ihr Kind als verloren anfehen. Nach Verlauf eines Jahres 
geht fie aber an demfelben Tage und zu berjelben Stunde 
wieder an den nämlichen Ort, findet auch die Thüre wieder 
und erhält auch ihr Kind unverfehrt, welches auf dem Tifche 
mit goldenen Aepfeln und Birnen fpielt, gleichjam al3 wäre 
jeitdem nur ein Augenblid verfloffen, zurüd. 


194) Das MWetterhäuschen auf dem Eleinen Winterberge. 
Iccander, Sächſ. Kernchronit XCVI Pag. ©. 276. sq. (Ganz anders 
erzählt v. Weifje, Beichr. von Hohenftein ©. 29. sq.) Poetifch beb. b. 
E. %. Hofmann, das Meißner Hochland. (Lohmen 1842.) ©. 373. sg. 


Im Jahre 1558 hat Churfürft Auguft in der fogenannten 
Ditendorffer Haide eine Stunde von Sebnitz eine große Jagd 
gehalten und ift ihm auf dem fteilen fogenannten Eleinen 
Winterberge ein überaus großer Hirſch zugetrieben worden, 
den er zu Fuß verfolgt hat, um ihn zum Schuß zu bringen. 
Nachdem nun erwähntes Stüd Wild fi, auf einen hohen 
Felfen, deſſen oberſte Fläche faum 30 Schritte im Umfange 
hält, während die Höhe nad) unten wohl etliche 100 Klafter 
beträgt, überdies dahin neben einem noch viel höheren Felfen 
ein nur ohngefähr eine Elle breiter Pfad führt, geflüchtet, und 
wegen der entjeglichen Kluft, fo zwijchen diefem und den um- 
liegenden Felfen vorhanden, nicht weiter fegen können, hat 
es Miene gemacht, fich wieder dahin zu wenden, wo es her- 
gekommen und fein Leben durch anderweite Flucht zu retten, 
da hat ihm Se. Churf. Durchlaucht mit aufgeworfener Büchje 


— 15 — 


den Paß verrennt. Sonder Zweifel wäre e8 aber um das 
Leben des Churfürften geſchehen geweſen, da der Hirſch ihn 
fiherlih den Felſen hinuntergeftürzt hätte, hätte derfelbe als 
ein in allen Arten ritterlihen Künften wohl erfahrener und 
gewandter, beherzter Herr nicht feinen Entſchluß gefaßt und 
unter den Worten: „entweder ich treffe dich, oder bu bringft 
mich um's Leben‘, losgedrückt, und zwar mit fo glüdlichem 
Erfolge, daß der Hirſch, indem er getroffen ward, einen Sat 
in die Höhe that und rüdlings den Felfen herabftürzte, an 
deſſen Fuß er ganz zerfchmettert gefunden ward. Zum ewigen 
Gedächtniß diefer wunderbaren Errettung des Churfürften hat 
aber fein Herr Sohn, Churfürft Chriftian, nicht allein an dem 
Orte, wo der Hirſch gefällt worden, eine 3 Ellen hohe und 
1!/, Ellen breite fteinerne Tafel mit ausgehauenem Churf. 
Sächſ. Wappen und beigefügter Jahreszahl 1558 feßen und 
dem erhöhten Abjage des Felfens den Namen Augustus nebjt 
nohmaliger Jahreszahl 1558 anfchreiben, fondern auch auf 
dem erwähnten ohngefähr 15 Ellen höher gelegenen Felfen 
ein Jagdhaus erbauen und zu oberft auf dem Dache das 
Geweihe des Hirſches aufrihten laſſen. Diejes Häuschen ift 
fpäterhin in Verfall gekommen und dafür 1818 der noch jett 
ftehende achtedige Pavillon gebaut worden. 


195) Wie Burggraf Jeſchke um die Hauptmannöbeftallung 
zu Königftein gekommen iſt. 
Süffe, S. 94. sq. G. Fr. Möring, Dohna, Stadt und Burg. Dohna 1843. 
8. ©. 117. sq. 





Im Jahre 1397 ift der Burggraf Jeſchke von Dohna, 
ein Bajall des Markgrafen von Meißen, beitallter Hauptmann 
auf der Veſte Königftein geweſen, allein vier Jahre nachher 
hat er ſich (1401) bei dem damals noch gebräuchlichen, jähr- 
lich um Martini zu Dresden angeftellten folennen Adeltanze 
mit der Gemahlin eines benachbarten von Adel, Rudolph von 
Körbik auf Meufegaft allzufrei benonmen, daher der legtere 
aus Eiferfuht Burggraf Jeſchken während des Tanzes ein 


— 176 — 


Bein untergefchlagen, Jeſchke aber dem Körbit dafür eine 
Maulfchelle gegeben hat. Hierauf haben Beide einander heftig 
befehdet und feindlich angefallen, alfo daß darüber die Straßen 
nad) Dresden ganz unficher worden. AlS nun ‚hierbei Mark— 
graf Wilhelm Friede gebot, hat der Burggraf feines Herrn 
Befehl nicht rejpectirt, ja es haben fogar einige Burgleute 
auf dem Königftein um ihres Hauptmannes willen dem Mark- 
grafen den Gehorjam aufgefagt, fo ift der Markgraf mit 
feinem SKriegsvolfe gegen ihn gezogen und hat ihn erſt auf 
feiner Burg Dohna, und als er von bier entkommen, zu 
Weejenftein, und als er auch hier entflohen, zu Königitein 
belagert. Wie jedoch diefer nach vier Wochen auch von hier 
entwifcht ift, bat der Markgraf im Jahr 1402 die Burg 
Dohna gänzlich zerftört, und hat man ſeitdem gejagt, daß der 
Burggraf Jeſchke feine Burgarafihaft Dohna zu Dresden bei 
Hofe vertanzt habe. 


196) Der Teufel zu MWeefenftein. 
Mündlich. 

Einer der frühern Beſitzer von Weeſenſtein bei Dohna, 
der im vorigen Jahrhundert ſein Vermögen im Kriege erworben 
haben ſoll und auch ſonſt ein ſehr kluger Mann war, der die 
geheimen Wiſſenſchaften eifrig trieb, hatte in Folge davon 
einen Bund mit dem Teufel gemacht. Wie gewöhnlich lief 
aber die Zeit, in welcher ihm dieſer dienſtbar ſein ſollte, 
endlich ab und ſiehe eines Abends kam eine mit ſechs Rappen 
beſpannte Kutſche in das Schloßthor gefahren, aus der zwei 
ſchwarz gekleidete Herren ſtiegen; ſie traten in das Schloß, 
ließen ſich bei dem Beſitzer melden, und kamen dann bald 
mit demſelben zurück. Derſelbe ſtieg, ohne ſeinen Leuten 
ein Wort zu ſagen, mit den Herren in den Wagen, die Pferde 
jagten auf und davon und der Schloßherr ward nie wieder 
zu Weeſenſtein geſehen, ſeine Familie ſagte, er ſei in's Aus— 
land gereiſt, und bald nachher hieß es, er ſei dort geſtorben, 





— 1117 — 


das Volk aber meinte, der Teufel habe ihn in höchft eigener 
Perſon geholt. 


197) Der Falkenberg und der Rupprechtöberg bei Neuftadt, 
Hofmann ©. 267. 80. 


Am Hohwalde, eine Meile von Neuftabt bei Stolpen, 
liegt der Falkenberg, einer der höchſten Berge des Meißner 
Kreijes, 1766 Fuß über der Meeresflähe. Der hat davon 
feinen Namen, daß einft vor langen Jahren zwei Brüder, 
Valentin und NRuppredt, das Rittergut Neufich am Fuße 
des Hochwalds befaßen und fih alfo in ihre Beſitzungen 
theilten, daß erfterer die ſüdliche und letzterer die nörbliche 
Seite behielt, worauf jener fih auf dem nach ihm genannten 
Falkenberge, legterer auf dem gegenüberliegenden Rupprechts⸗ 
berge eine Burg erbaute. In einer fpäter zwiſchen ihnen 
oder ihren Nachkommen ausgebrochenen Fchde ift jedoch die 
Burg auf dem Falkenberge (eigentlic) Baltenberge) zerftört 
worden, daher jet noch viel wenigere Spuren von ihr zu 
entdeden find als von der andern länger ftehengebliebenen 
auf dem Rupprechtsberge. Auf legterem fol fich zu gewiſſen 
Tagen eine Grotte öffnen, welche mit Gold, Silber und Ebdel- 
fteinen ausgeſchmückt ift und in der man eine Gefellihaft von 
Geiftern erblicdt, die unter vielem Lärm mit goldnen Kugeln 
nad Kegeln von demfelben Metall fchieben. 





198) Die hohe Liebe bei Oſtrau. 
Hofmann ©. 340. 


In der Nähe des Dorfes Oſtrau erhebt fich ein 1284 
Fuß hoher bewaldeter Berg, von dem man eine ſchöne Fern- 
fiht genießt, man nennt ihn die hohe Liebe, weil einft ein 
Liebespaar, welches man gewaltjam trennen wollte, ſich von 
feinem Gipfel aus in die Tiefe ftürzte und hier feinen Tod fand. 





Gräfe, Sächſ. Sagen. I. 12 


— 18 — 


aa Der Teufelöftein und der Tenfeldgrund im Weißbach- 
grunde, 
Hofmann &. 437, 438, 





Wenn man aus der Dberlaufig vom Oybin und ber 
Lauſche aus in den Weißbachgrund, der zum Theil böhmifcheg, 
zum Theil ſächſiſches Beligthum ift, kommt, jo erblidt man 
an dem fogenannten Neumweg eine hohe Felfenmaffe, den jog. 
Teufelsitein, d. h. einen von der Natur abgerundeten großen 
Stein in Form eines Mühlfteins, auf welchem querüber noch 
ein mächtiger Hebebaum, der, weil er feit undenklichen Zeiten 
fih hier befindet, für verfteinert gehalten wird, liegt. Da 
nun beide Gegenftände hierher nicht von menſchlichen Händen 
gekommen fein können, jo berichtet die Sage, ein Mühlburſche 
habe eines Tages diefen Stein feinem Meifter entwendet und 
durch die Hilfe des Böfen ihn mittelft diefes Hebebaumes auf 
jenen Feljen gemälzt, um feinen Meifter zu ärgern; er habe 
dann nach vollbradhter Arbeit den Hebebaum obenauf gelegt, 
fei aber mit dem Teufel in Streit gerathen und diejer habe 
ihn vom Felfen herabgeftürzt. 

Weiter in dem Grunde erblidt man auf böhmifcher Seite 
die von Bäumen verftedte Teufelswand, durch welche der ver- 
borgene 50 Schritt lange und 15—20 Ellen hohe, ganz ſchmale 
Baubergang führt. Hier fol fich einft ein von einem Jäger 
verfolgter Wildſchütze unfichtbar gemacht haben und durch 
jenen Gang entkommen fein. 


200) Nübezahl auf dem großen Zichirnitein. 
Poetifch beh. bei Hofmann, ©. 496. sq. 


In der Nähe der Dörfer Schöna und Keinhardsporf 
erhebt fich der große Zichirnftein, nächft dem Schneeberge der 
höchſte Punkt der weftlichen ſächſiſchen Schweiz, 1780 Fuß über 
der Meeresfläde. Diefer ſoll eigentlih Zürnftein geheißen 
und fein jegiger Name hieraus verftümmelt fein. Er erhielt 
jene Benennung davon, Daß der Berggeift Rübezahl einft das 
Kiefengebirge verließ und das ſächſiſche Sandfteingebirge 





— 19 — 


beſuchte. Als er jedoch hierher kam, verfah er es und rannte 
mit feinem Kopf unverſehens an dieſen Felfen, fo daß berfelbe 
in zwei Theile zeriprang, in den großen und Heinen Zichirn- 
ftein, und er jelbft einen ſchweren Fall that, wobei er mit 
dem Fuße den erftern auf der Nordfeite niedertrat und zwei 
Zähne, einen Augen- und einen Baczahn, verlor. Beide 
liegen noch bei Schöna, und ift erjterer der heutige Zirkel- 
ftein, legterer aber der Kahlitein oder die Kaiferfrone, und weil 
Rübezahl bei Schandau in einem Grunde raftete und hier feine 
Schmerzen zu ftillen fuchte, heißt diefer noch heute der Zahn- 
grund; von feinen ftarfen Blutverlufte zeugen aber ebenfalls noch 
jeßt die röthlichen Adern, welche das Geftein dort durchziehen. 


201) Die Sage vom Kubftalle bei Lichtenhayn. 
Hofmann ©. 364. sq. Curiosa Sax. 1743. ©. 194. sq. 


sin der Nähe des Marftfledens Lichtenhayn, der eine 
Stunde von Schandau entfernt ift, befindet fich ein hoher 
Feljen, früher der Haußberg genannt, weldher eine große, von 
der Natur gebildete Halle enthält, in welche man durch das 
10 Ellen hohe und 12 Ellen breite Thor, das völlig gerundet 
und gewölbt ift, tritt. Weil dereinft in Kriegszeiten die 
Bauern der Umgegend ihr Vieh bineingeflüchtet haben follen, 
fo hat man dieſe Höhle den Kuhftall genannt. Webrigens find 
aud noch mehrere Nebenhöhlen vorhanden, die wohl zum 
Aufenthalte für die dorthin geflüchteten Landleute gedient 
haben mögen. Ehe man von Lichtenhayn hierher kommt, 
findet man im Walde eine Art Gejundbrunnen, den man den 
hellen Fluß nennt, und bei dem in der Zeit des Papſtthums 
verjhiedene Wunder fich ereignet haben jollen, nicht weit 
davon aber einen Felfen, der oben eine ungleiche Vertiefung hat 
und der Taufftein genannt wird, weil da in Kriegszeiten Die 
neugebornen Kinder der hierher Geflüchteten getauft worden 
fein follen. Diefem Haußberg gegenüber ift die fogenannte 
Pfaffenklunft (Kluft), zu der man durch einen engen Weg fat 
nur mit Lebensgefahr gelangt. Der Ort foll feinen Namen 

12* 





— 10 — 


daher haben, daß ein ehemaliger Fatholiiher Pfarrer zu 
Lichtenhayn fich hierher vor feinen huffitiich gewordenen Pfarr- 
findern geflüchtet und in das fogenannte Pfaffenloch verftedt 
hatte, aber von ihnen entbedt und in den Abgrund herab 
geftürzt worden fein fol. Von der Grobheit dieſer Menſchen 
eriftirt noch jegt in der Umgegend das Sprichwort: Wollen 
wir, jo wollen wir, wie die Lichtenhayner Bauern. An einer 
andern von einer fchmalen, aber tiefen Schlucht getrennten Fels⸗ 
partie öffnet fich ſüdlich das Schneiderlodh, eine 4 Ellen breite 
und 2'/, Ellen hohe Höhle, zu der man erft, nachdem man eine 
andere einem Rauchfang ähnliche niedrige durchkrochen, auf 
einer Leiter gelangt. An einer Wand derjelben erblidt man 
eine große angemalte Scheere mit der Unterfhrift: Schneider- 
lo; und es erzählt die Sage, daß einft ein Schneider feine 
Nadel und Scheere mit Schwert und Spieß vertaufht und 
unter die Räuber gegangen fei, e8 auch bis zum Hauptmann 
gebracht habe, aber fchlieglich hier gefangen und dann hin- 

gerichtet worden ei. | 


202) Das Senfenduell im tiefen Grunde bei Hohnftein, 
Poetifch beh. v. Nikolai, a. a. D. ©. 15. sq. 


Sm der Nähe der fchönen Waflerfälle, welche das Weiz- 
dorfer Waffer und der Grundbah im tiefen Grunde bei 
Hohnftein bilden, erblidt man eine in den Felfen gehauene 
Senſe und ein Kreuz mit der Jahrzahl 1699. Lebteres be- 
zeichnet den Drt, wo in einem zwijchen zwei Bauerburfchen 
aus Weizdorf in diefem Jahre eines jchönen Mädchens aus 
ihrem Dorfe halber, welches mit beiden ſchön gethan und 
gleichwohl feinem den Vorzug gegeben hatte, zur Erntezeit mit 
Senjen abgehaltenen Zweikampfe der eine gefallen war. 





203) Der Urfprung der Stadt Schandau, 
Hofmann ©. 313 sq. 





Bei einer zwiichen dem Böhmenkönig Ditofar und Ritter 
Mitigo von Duba aus dem Geſchlechte derer Birken von 


— 131 — 


Duba, welche diefe Befigungen bis um 1490 befeffen haben 
mögen, ausgebrochenen Fehde ift im Kirnigjchthale eine heiße 
Schlacht geliefert worden. In der Nähe der fpäter erft ent- 
dedten Heilquelle, von der das heutige Bad feinen Namen 
hat, ftieß Graf Bernhard von Camenz, der einen Trupp 
Ritter und Reifige gegen Duba auf Hohnftein führte, auf 
den Ritter Raubold von Niemanitz, der zwar ebenfalls eigent- 
lich ein Feind Duba’s war, heimlich aber fich mit ihm ver- 
einigt hatte und dieſe Gelegenheit benugen wollte, den feind- 
lichen Heerhaufen zu vernichten. Bon dem Ritter von Bofe 
aus dem Sattel gehoben, zerjchmetterte er deffen Bruft mit 
einem aufgehobenen jchweren Steine, worauf ihn aber ber 
Graf von Camenz niederftieß. Lebterer aber, entrüftet über 
die Treulofigfeit des Gefallenen, der unter Verwünſchungen 
fein Leben aushauchte, fol ausgerufen haben: Tod und 
Schande! Schandaue foll der Drt heißen. Bon diejer Sage mag 
auch das alte Sprichwort (bei Knauth, Prodr. Misn. p. 261) 
herrühren, „Meißniſche Ehre und Redlichkeit haben zu Schan- 
dau ein Ende. 


204) Der fenrige Hund zu Schandau, 
Poetifch beh. bei Segnit Bd. II. S. 257 sq. 


Der ältefte Theil der Stadt Schandau heißt die Zaufaf) 
und hat jeinen Namen von dem gleichnamigen Dorfe, welches 
auf der weſtlichen Seite derjelben gegen die Wendiſche Fähre 
theil8 nach der Stadt herein, theils längs dem mit Häufern 
befegten Zaufengraben zwiſchen zwei Bergen nach Altendorf 
fih hinzog. Hier liegt auch der Kirchhof: auf dem nahe 
dabei und oberhalb des Marktes fich erhebenden Berge, dem 
Kieferiht, ftand früher ein Schloß, welches der Sit ber 
Birken von Duba geweſen fein fol und von dem nicht blos 
noch einige Ruinen übrig find, fondern wo ſich auch heute 

+) Zaufa, wendifh Dzauka, heißt: Magd. Das Wort war vor nicht 
gar langer Zeit zu Dresden noch Schimpfivort, wo die Frauen ihre Mägde 
im Zorn: „Du Zaufe” nannten. Wahrfcheinlich hat das bei Grimma ge- 
legene und zu Haubit gehörige Dorf, die ſchöne Magd, denfelben Urfprung. 





— 12 — 


noch zumeilen eine weiße Jungfrau fehen laffen fol, die 
übrigens Niemandem etwas zu leide thut. Früher lief aber 
in jeder Naht um die zmwölfte Stunde von jenem Schloffe 
aus dur den Zaufengrund die Stadt entlang bis in den 
Kirnigfhgrund und von da in bie Schloßruinen zurüd ein 
fohlichwarzer, zottiger Hund mit feurigen Augen, von dem 
man erzählte, daß in dieſer Geftalt der Geift eines Freiheren 
von Duba umgehe, der fih durch feine Unmenfchlichkeit, 
Moluft, Raubfuht und Geiz vorzüglicd ausgezeichnet habe, 
aber nachdem er einft bei theuerer Zeit die Armen, welche 
um ein Stüdchen Brod gebeten, mit Hunden von feinen 
Schloſſe habe weghegen laſſen, plößlich geftorben, in dieſen 
Hund verwandelt und zum ruhelofen Herumirren als folder 
verdammt worben fei. Da trug e3 fih nad langen, langen 
Jahren zu, daß eine gewilje Anna Büttner (um 1700—1710), 
der ihr Vater geftorben, dejjen einziges geliebtes Kind fie 
geweien war, gegen Abend auf den Kirchhof ging, um an 
dem friichen Grabe des theuern Berftorbenen zu beten, und 
von Kummer niedergedrüdt nicht darauf achtete, daß e3 immer 
finfterer ward, jo daß fie die Mitternachtſtunde noch weinend 
bei den Gräbern der Abgefchiedenen fand. Siehe da erſchien 
auf einmal der feurige Hund, aber nicht drohend und furcht- 
bar wie fonft, fondern jegte fich ftill und traurig auf einen 
benachbarten Grabhügel, und das fromme Mädchen, welches 
ahnen mochte, daß dieſen verwünjchten Geift wohl ein 
größeres Herzeleid als fie ſelbſt drüden möge, entfloh nicht, 
fondern trat zu ihm hin und ftreichelte ihn, ja ſprach ihm 
Morte des Troftes ein, und fiehe der Hund ward ganz 
freundlid und fprang wedelnd um fie herum, ledte ihre 
Hände und fchien ihr aus feinen jegt nicht mehr wild Teuch- 
tenden Augen fagen zu wollen, daß ihre Theilnahme ihm die 
Erlöfungsftunde gebracht habe. Soviel ift gewiß, feit dieſem 
Tage ift der Hund nicht mehr gejehen worden. 


—— — — J— — 


— 183 — 


205) Der gute Engel zu Hohnſtein. 
J. M. Weiffe, Topographia od. Hift. Befchreibung von Hohenftein. Magde- 
burg 1729. 4 ©. 73 sq. cf. ©. 36. Unſchuld. Nadır. 1717. ©. 215—232. 





Auf dem alten Schloffe Hohnftein in der ſächſiſchen 
Schweiz hat fih zu Anfange der Regierung des Churfürften 
Moritz angeblid der Geift des Gebirges in Geftalt eines 
8—Yjährigen Mägdleins häufig fehen laffen, indem er zu 
einem Mädchen von gleichem Alter Fam, diefer bet ihren 
Arbeiten beiftand, Geld brachte und mit ihr über den neuen 
Glauben ſprach. Diefe Erſcheinung hat foviel Auffehen ge- 
macht, daß der damalige Amtsihöffer, Johann Schulteg, 
darüber an den Churfürften berichtete, der jedoch, nachdem 
der von ihm deshalb befragte Dresdner Superintendent 
Daniel Grejerr), ein gar fonderbarer Mann, in einem noch 
vorhandenen Gutachten die Erfcheinung entweder für ein Ge- 
ſpenſt des Teufels oder für eine Erdichtung des Vater bes 
Mädchens erflärt hatte, weil er niemals gehört noch gelejen 
babe, daß Gott Jemandem gemünztes Geld durch ein Gefpenft 
zugeihict habe, befahl, die Sache auf fich beruhen zu laſſen. 
Gleichwohl könnte diefe Gefhichte mit einer alten Sage zu- 
jammenhängen, daß in der Nähe der Stadt, in dem Hod- 
walde früher Goldgruben gemwefen feien — einige alte Schächte 
heißen noch jo — und unter andern eine, die von einem 
durch fie fließenden Bächlein mit gelblihdem und röthlichem 
Sande die rothe Pfütze genannt wird, vor alter Zeit von 
hierher heimlich gekommenen DVenetianern mit Bohlen aus— 
geihält, ausgeräumt und, al3 fie hinreichend Ausbeute ge- 
wonnen, wieder verlaſſen worden fei.ff) 


+) Geb. den 6. Dechr. 1504, geft. den 29. Septbr. 1591. ©. Hiftoria 
und Beichreibung des ganzen Lauf und Lebens, wie auch mein curriculum 
vitae vom 1564. Jare an bis ins jeßo laufende 1585. Zar zufammen- 
gebracht. Dr. o. J. (1586). 4. Hiftorie von Ankunft, Leben und Wandel, 
auch zeitlihem Hintritt D. Greferd. Dresd. 1678. 4. Klemm, Der 
Sammler Bd. I. p. 200. 219 sg. 
rr}) Eine hierauf bezügliche Tängere Novelle v. K. Winter in der 
Eonft. Zeit. 1854. Nr. 78 sq. 


— 134 — 
206) Der Peſthändler bei Pirna. 


J. Prätorius, der abentenerlihe Glückstopf. o. O. 1669. 8. ©. 509. sq. 





Zu Ausgang des Monats Mai im Jahre 1669 iſt ein 
Mann mit 3 Süden zu einem Schiffer zwei Meilen von 
Dresden bei Pirna gefommen und hat von ihm über die 
Elbe gejett zu werden begehrt. Der Schiffer hat aber einen 
von den Säden angefaßt, um ihn in den Kahn zu legen, 
allein er konnte ihn feiner Schwere wegen nicht bewältigen, 
und doch hat jener fie alle drei auf den Budel genommen 
und ift damit fortgegangen, als wären fie nichts. AS er 
nun dieſe Schwähe des Schiffers erfieht, ladet er feine drei 
Säde jelber in den Kahn und verlangt nur übergefegt zu 
werden. Darauf ftößt der Schiffer vom Lande und gelangt 
mit genauer Noth in die Mitte des Fluffes, wo aber ber 
Kahn finfen will, und jener erklärt, ein Sad müſſe heraus- 
geworfen werden, denn fonjt müßten fie umfommen und 
untergehen. Der fremde Mann aber will davon nichtS wiſſen, 
fondern jagt, er folle ihm feine Säde liegen lafjen und nur 
fortfahren, denn es werde feine Noth haben, ob es fich gleich 
fo anlaſſe. Mit diefen Worten geht e8 fort und fo fommen 
fie endlich ans entgegengefete Ufer. Hier begehrt nun aber 
ber Sadmann, daß der Fährmann den Kahn immer noch 
längs dem Ufer Hinfchiebe; dies geſchieht auch, allein immer 
tft es ihm noch nicht genug, bis endlich der Schiffer böfe 
wird und fpricht: wer weiß, was Ihr in Euren Säden habt, 
ich fahre nicht weiter, ich habe mein verfprocdhenes Geld ein- 
mal zur Genüge verdient, und hier müßt Ihr ausladen. 
Darauf fpricht jener: Du bift mir auch trogig genug ge- 
weſen und haft Dich mehr als zu viel gegen mich grob ge- 
zeigt, und damit Du es weißt, hier haft Du Dein Fährgeld 
und ich meine Säde, in bem einen habe ich das hitzige Fieber, 
in dem andern das kalte, im dritten die Pet, und davon 
ſollſt Du Deinen Part am erften befommen, denn nad) %o- 
hannis wird eine folche Hitze werden, daß die Leute auf dem 
Felde verſchmachten und umfallen werden. Damit hat er 


— 185 — 


feine Säde wieder auf den Rüden genommen, ift ausgefliegen, 
fortgewandert und hat dem Schiffer das Nachjehen überlafjen. 


207) Die Zerftörung von Helfenftein. 


Deutſches Nationalmufeum 1834. Lief. XI. Poet. beh. v. Segnit. Bd. L. 
©. 343. sq. 





Wenn man bei Tolfewig in der Nähe von Pillnig über 
die Elbe feßt, jo fommt man in das Dorf Niederpoirig und 
wendet fih dann recht den Grund hinauf nad dem Nitter- 
gute Helfenberg, in deſſen Nähe auf einem Hügel die Ruinen 
der alten Burg Helfenftein, die auch Rothfels (von ihren 
ehemaligen Befigern den Dehn-Rothfelfern) oder die Hilfen- 
burg hieß, liegen, die früher unter dem Volke den wenbifchen 
Spottnamen Babaricy, die Burg des Weiberkerls (Barbar) 
führte, weil die Schloßheren wegen Entführung von Wenden⸗ 
mädchen berüchtigt waren. Wann die Zerftörung biefer Burg 
fällt, weiß man nicht, als Urſache derfelben aber erzählt man 
folgende Begebenheit. Der legte Befiger der alten Burg hat 
eines Tags als Bafall von feinem Lehnsheren den Befehl 
erhalten, mit in den Krieg zu ziehen, und aljo jchweren 
Herzens von feiner jungen wunderſchönen Gemahlin davon» 
ziehen müſſen, feinem Bruder aber, der in ber Nähe eine 
andere Burg befaß, fein Schloß und Habe, natürlih auch 
feine Gemahlin zur Beſchützung empfohlen. Diefer ift aber 
ein böfer Ritter geweſen, der allen Laftern gefröhnt hat, und 
ber ſchlimmſten Raubritter einer im Lande; der ift gar oft 
in die Burg feines Bruder geritten und hat die jchöne 
Schwägerin fo lange getröftet, bis er fich fterblich in fie ver- 
liebt hat, hat auch weder feiner Verpflichtung gegen den ent- 
fernten Bruder, noch der Achtung, die er- feiner frommen 
Schwägerin fehuldig war, gedacht, fondern derjelben frech 
feine Liebe entdeckt und verlangt, fie folle ihm zu Willen und 
ihren Gatten untreu fein. Die bat ihn aber furz abgewieſen 
und gedroht, es ihrem Manne, wenn er heimgefehrt fei, zu 


— 1856 — 


entdeden. Da hat er ihr die erdichtete Märe vom Tode ihres. 
geliebten Gatten in ferner Schlacht zugehen laffen und nad 
einiger Zeit feine jchändlichen Anträge erneuert, ift aber aber- 
mals zurüdgemwiefen worden und es hat ihm bie fromme Burg- 
frau für immer den Beſuch von Helfenftein unterfagt. Unter 
ſchweren Drohungen ift er davon geritten, allein nicht lange 
bat e3 gedauert, da hat er eine furchtbare Gemitternacht 
benugt, ift mit feinen Raubgefellen unbemerkt gen Helfenftein 
gezogen und hat die Burg eritiegen und, nachdem die wenigen 
Getreuen, die fih zur Wehre gefett, gefallen waren, feine 
Schwägerin troß ihres Sträubens ergriffen, fie mit auf’3 
Roß genommen und ift eilig davon gejagt; diefe aber, weil 
fie feine Hilfe und Rettung mehr gehofft, hat die Gelegenheit 
erfehen und ift in der Nähe eines bei Helfenftein gelegenen 
Brunnens vom Roſſe heruntergeglitten und eilig entflohen, 
wie fie fi aber umgeſchaut und jenen ihr ſchon fo nahe 
gejehen, daß fein Entkommen mehr möglich geweſen, hat fie 
ihre Seele dem Herrn empfohlen und fi in den Brunnen 
geftürzt. Der böfe Schwager aber, wüthend, daß fein Buben- 
ftüd mißlungen, und den Zorn feines Bruders fürchtend, ift 
umgefehrt und hat das Schloß von feinen Raubgefellen in 
Brand fteden laffen, dann aber ift er, wie von den Furien 
der Rache gejagt, davongeritten. Weit leuchtete aber die 
Brandfadel in die umliegenden Thäler hinein und auch ein 
Trupp Reifige, der feines Weges zog, gemwahrte fie, das 
waren der Herr von Helfenftein und feine Mannen, die heim 
aus fernen Kämpfen zogen. Sie jagten wohl, was bie 
Pferde laufen mochten, allein fie famen doch erft an den 
Thoren an, als Alles zerftört und bis auf wenige Mauern 
niedergebrannt war, und ein alter verwundet zurüdgebliebener 
Knappe berichtete feinem Herrn die fchredliche Kunde. Da 
hat diefer fein Schwert und Schild abgelegt und ift in ein 
Klofter gegangen, für die Seele feiner treuen Gattin zu 
beten, fein fhändlicher Bruder aber hat nirgends im Lande 
Schuß finden fönnen, fondern die Strafe hat ihn bald ereilt 


— 187. — 


und er hat mit feinen Genofjen feine Unthat auf dem Rabe 
büßen müſſen. 


208) Die weiße Jungfrau bei Hermödorf. 
K. Winter in der Eonftitut. Zeitung 1852, 12. Mai. ©. 431. 





In der Gegend von Krumhermsdorf bis Hinterherms- 
borf in der ſächſiſchen Schweiz läßt ſich eine gefpenftige Jung- 
frau jehen, die eine glänzend weiße Geftalt hat und entweder 
die ihr Begegnenden warnt oder ihnen Unheil verfündet. Sie 
ift fo Schön, daß, wie die Bewohner der dortigen Umgegend 
erzählen, fich felbit die Bäume vor ihrer Schönheit zur Erbe 
neigen. 


209) Die Teufeldmühle am Wilifchberge. 
8. Winter a a. ©. 17. Juni. ©. 545. 





Auf dem Wilifchberge in der Nähe von Glashütte er- 
blidt man nocd heute einige wenige Trümmer von bem 
Schloſſe des Naubritters Wittig (f. oben ©. 111), der eigent- 
lih Dietrich von Bärn geheißen haben fol. Aber unten am 
Fuße des Berges im Teufelsgrunde wohnte feine Mutter, 
eine fchredliche Zauberin, in einer Mühle, die der Teufel er- 
baut hatte; die hatte diejelbe von demfelben in Pacht, durfte 
aber nur auf zwei Gängen mahlen, den dritten hatte ſich der 
Teufel als Auszug vorbehalten, da fonnte er mahlen, was 
er wollte. Niemand kam der Mühle zu nahe, und wenn fich 
Semand im Walde verirrt hatte und das Klappern ber 
Teufelsmühle hörte, welches ganz anders wie bei einer ge- 
wöhnlichen Mühle Klang, ſchlug er ein Kreuz und rannte, 
was er fonnte, davon. 


210) Tanzen unter der Kirche wird von Gott geftraft. 
Wed, Dresdner Chronik &. 540. 





Am Sonntag nah Michaelis des Jahres 1511 hat ein 


— 18 — 


Theil der Eingepfarreten des Dorfes Prießnik bei Dresden 
während der Kirchweihpredigt ftatt des Gottesdienſtes den 
Tanz abgewartet, da hat der Teufel auch feine Ergöglichkeit 
haben wollen, es ift alſo unter ihnen ein foldher Streit und 
Schlägerei entftanden, daß ihrer etliche ftrad3 auf dem Plate 
blieben und ſechs andere bald hintennach ftarben. 


211) Dad unglüdliche Schuhwerfen zu Eofjebaude, 
\ Wed, Dresdner Ehronif ©. 547. 


Am 10. Septbr. des Jahres 1655 haben etliche junge 
Burſche und Mägde im Dorfe Eofjebaude bei Dresden das 
Schuhmwerfen gefipielt. Dies ift nämlich eine Art Dienftorafel, 
indem fich die fragenden Dienftleute auf die Erde fegen und 
einen nur zur Hälfte am Fuße fteddenden Schuh über fich zu 
werfen bemüht find, da fie denn daraus, ob der Schuh mit 
der Spite oder Ferſe nach der Stubenthür ſich wendet, den 
Schluß machen, ob fie diefes Jahr in diefem Haufe wieder 
Dienft haben werden oder nicht. Nun hat fich eine Magd 
beim Büden das im Bufen gehabte Brodmefjer ins Herz ge- 
ftoßen und ift gleich todt geblieben. 





212) Das Erueifir zu Döhlen. 
Biehnert, Sachſens Bollsfagen Bd. III. ©. 255. 


Die Kirche des 2 Stunden fübmweftlih von Dresden ge» 
legenen Dorfes Döhlen war im Mittelalter ein Wallfahrtsort, 
weil auf dem Altar berjelben ein wunberthätiges Crucifir 
ftand. Sein Urfprung war ziemlich ebenfo, wie bei dem ber 
Kreuzfiche zu Dresden. Einft brachten die angejchwollenen 
Fluthen der Weißerig bdafjelbe nebft den Trümmern einer 
zeritörten Kirche mit fih und trugen es bis an die ziemlich 
bochgelegenen Stufen des Döhlener Kirchhofes. " Man hob es 
auf und ftellte es feierlich auf den Altar, wo e8 in der Folge 
viele Wunder, bejonders durch Krankenheilungen, verurſachte. 





— 189 — 


213) Die Pfarrer Martin und Barthel Künzelmann 
zu Döhlen. 


Biehnert a. a. O. ©. 255 sq. Hafche, Dipl. Geſch. v. Drespen Bo. IIL 
©. 31. Petsholdt, Der Plauifhe Grund ©. 42 fag. 


Im Dorfe Döhlen war in der Mitte bes 16. Jahr- 
hunderts (1535—1596) Martin Künzelmann Pfarrer; er galt 
weit und breit al3 gewaltiger Teufelsbanner und Wunder- 
doctor, hat auch einmal einen böhmifhen Grafen, der vom 
Teufel beſeſſen war, geheilt. Gleichwohl war er nicht geld- 
gierig, fondern der Lohn, den er für feine Kuren verlangte, 
beitand meift nur in einigen jungen Obftbäumen und PBropf- 
reißern, die er theils ſelbſt pflanzte, theils unter feine Pfarr- 
finder vertheilte und dadurch gewiſſermaßen der Vater der 
fo blühenden Obftplantagen in und bei Döhlen geworden ift. 
Nach feinem Tode ward ein anderer (Barthel) Künzelmann 
dafelbft Pfarrer, der gewaltig unter dem PBantoffel feiner 
Frau ftand. MS nämlich daS Meißner DOberconfiftorium, 
welches unter Chriftian I. ganz calviniftifh gefinnt war, ein 
in dieſem Geifte abgefaßtes Umlauffchreiben ergehen Tief, 
welches jeder Superintendent oder Pfarrer in den Churlanden 
unterfchreiben oder fein Amt meiden follte, hat jene ihren 
Mann mit den fprichwörtlich gewordenen Worten zur Unter- 
ſchrift zu bereden gejucht: fchreibt, Herr, lieber Herre fchreibt, 
daß Ihr doch bei der Pfarre bleibt. 





214) Das Gefpenft zu Lungwitz. 
Mündlich. 


Auf dem in der Nähe des Kaltwaſſerbades Kreiſcha bei 
Dresden gelegenen Rittergute Lungwitz iſt es im Herrenhauſe 
angeblich nicht geheuer: es läßt ſich des Nachts eine weiße 
Frau ſehen, welche ſich beſonders gegen Fremde ſehr unfreund⸗ 
lich bezeigt, indem fie ſich wie ein Alp auf die im Bett liegen- 
den legen und fie drücken fol. 





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215) Das wunderbare Gefiht der Sabina Fiedlerin 
zu Lockwitz 


Curiosa. Sax. 1737. ©. 14. sq. 26. sq. (a. Gerber, Hiftor. der Wieder- 
geborenen in Sachſen XIIIte Hift. ©. 276.) 





Es hat eine gewiffe Sabina Fiedlerin aus Markersbach 
in Böhmen, welche fih zu Lodwik bei Dresden mit ihrem 
Manne von Tagearbeit ernährte, nach dem Tode befjelben 
folgendes wunderbare Geficht gehabt. Sie tft einmal zur 
Herbftzeit in die Wälder bei Königftein gegangen, um, wie 
fie oft gethan, Heidelbeeren zum Berfauf zu fuchen. Wie fie 
nun den ganzen Vormittag in den Bergen herumgegangen, 
hört fie im Dorfe Hennersdorf, das dem Grafen Zinfendorf 
gehörte, Mittag läuten, ſetzt fich auf den nahegelegenen Berge 
nieder, jucht ein Stüd Brod aus ihrem Korbe und ißt. Da 
fie fih einmal umfieht, fteht ein hellglänzender Mann bei ihr, 
der hält in der Rechten ein bloßes feuriges Schwert, in ber 
Linfen eine feurige Ruthe und ſpricht alfo zu ihr: „Siehe 
herab in den Grund.‘ Als fie das thut, erblidt fie darin 
eine große weite Grube, die voller Schlamm ift. Nun tft in 
diefem Grunde zwar ein ziemlich hoher Waflerfall, der von 
einem Wäjjerlein, das bei dem gräflichen Hofe vorbeifließt 
und in biefen Grund fällt, herrührt, allein e8 ift fein Schlamm 
darin zu jehen. Die Fiedlerin fieht aber, daß in diefer Grube 
voller Schlamm viele große Herren mit ſchönen Kleidern und 
großen PBerrüden figen; um diefelbe ftehen aber Männer, die 
haben große Hunde an Etriden, bie bellten heftig auf die 
Herren in der Schlammgrube und wollten immer zu ihnen 
hineinfpringen. Der glänzende Mann fchlägt auch mit dem 
Schwerte die Wipfel von Tannenbäumen herunter und jagt 
zu ihr: „Siehft Du das Alles?“ Sabina antwortet mit 
Furcht und Zittern: „Ja, mein Herr.” Er fpricht ferner: 
„Fürchte Dich nicht, Dir foll fein Leid widerfahren; gehe 
aber in die Stadt Dresden und verfündige Geift- und Welt- 
lihen ben großen Zorn Gottes und die ſchweren Strafen bes 
Landes” u. f. w. Er ſpricht dann noch einmal mit großem 


— 11 — 


Ernite, fie ſolle Solches ausrichten, jonft werde er über ihren 
Ungehorfam zornig werden, und hiermit verjchwindet er und 
das Geſicht in der Grube. Die erjchrodene Frau hat vor 
Schwachheit kaum in's nächſte Dorf laufen fönnen, wo fie 
zwei Tage in einem Bauernhaufe geblieben ift, ehe fie fich 
erhohlen konnte. Kurz darauf hat der PBaftor zu Lockwitz, 
M. Gerber, erfahren, daß fie am bevorftehenden Bußtage in 
der Lockwitzer Kirche auftreten und zu den Leuten fprechen 
wolle, bat fie alfo zu fich berufen und fie ihn Alles, wie 
oben fteht, aufichreiben lafjen und gejagt, jo er dies an das 
Dberconfiftorium berichten wolle, da wolle fie dies nicht thun. 
Gleichwohl ift fie am 20. März 1723, eben als M. Hahn auf 
die Kanzel getreten, in Dresden in der Kreuzkirche bei dem 
Leſepulte aufgetreten und hat angefangen zu jprechen, tft auch 
nur mit Mühe entfernt worden und hat bei ihrem Verhöre 
ebenjo, wie oben fteht, ausgefagt, auch als fie nach Lockwitz 
zurüdgebradjt ward, M. Gerbern erzählt, wie der Geift ihr 
feine Ruhe gelafjen, jondern fie ftetS angetrieben habe, das 
Ermwähnte in Dresden zu verfündigen; fie habe aber doch 
nicht nach Dresden, fondern in die Laufiß gehen wollen, als 
fie jedoch zu Schönfeld übernachtet, fei ihr ein Glanz er- 
fchienen und eine Stimme habe ihr befohlen, umzufehren und 
zu Dresden zu verfündigen, was er ihr damals auf dem 
Berge verfündiget; fo fie auch gethan habe. Obgleich fie nun 
in Lockwitz wieder um Lohn arbeitete, hat fie doch Feine Ruhe 
gehabt, fondern ift in die benachbarten Drte gegangen und 
hat über die Perrüden der Prediger geeifert, auch in Dohna 
biefelben ihnen öffentlich in der Kirche vom Kopfe nehmen wollen, 
worauf fie arretirt und erft nad) Pirna, dann nach Waldheim 
geihafft ward, wo fie ftarb. Später hat fich ergeben, daß fie 
fhon als Magd in Wittenberg im Jahr 1710 folde Er- 
fheinungen gehabt und Befehl befommen hat, öffentlich in der 
Kirche gegen die Hofffahrt der Profefloren, die Gottlofigfeit 
der Geiftlichen und Liederlichfeit der Studenten zu eifern, 
woran fie jedoch verhindert worden. 


— 123 — 


216) Die Entftehung von Dippoldiswalde. 


Peccenftein, Theatrum Saxon. Th. II. ©. 14. Klotſch u. Grundig, 
Sammlung verm. Nachr. z. Sächſ. Geſch. Chemnit 1768. Th. II. ©. 4. 
Curiosa Sax. 1738 p. 355. sq. 1781. p. 150. sq. 





Zwei Meilen von Dresden liegt an der fogenannten 
Dippoldiswaldifchen Weißerig, welche gleich unter Altenberg 
auf der fogenannten Weicherd entjpringt, die Stadt Dippoldis- 
walde, deren Urjprung die Sage alfo berichtet. Es foll in 
der Mitte des 10ten Jahrhunderts, wo die ganze Gegend 
noch unangebaut und von einem einzigen Walde bebedt war, 
davon man heute noch einen Felfen den Einfiedlerftein (den 
Einfiedel) nennt, ein Eremit, Namens Dippoldus (aus dem 
abeligen Gejchledhte derer von Clohmen) gewohnt und ein fo 
heiliges Leben geführt haben, daß er vom PBapfte canonifirt 
ward. Nun hat zur jelbigen Zeit Herzog Boleslaus, der 
Gottlofe, von Böhmen, der an feinem Bruder, Herzog Wenzel 
dem Heiligen (nad Einigen wäre es jedoch nicht Boleslaus, 
fondern Wenzel gemwefen), einen Brubermord verübt hatte, 
vom böſen Gewifjen getrieben, in diefer Gegend häufig, um 
dDafjelbe zu betäuben, dem Waidwerke obgelegen und ift bei 
diefer Gelegenheit einmal in die Nähe der Einfiebelei bes 
9. Dippold gefommen, hat denfelben bier angetroffen, ſich 
mit ihm in feine Claufe begeben und ift von deſſem heiligen 
Wandel dermaßen gerührt worden, daß er fih von ihm 
taufen ließ, ſich von feinem gottlofen Leben völlig befehrte 
und dem Einfiedler zu Ehren nicht weit von deſſen Elaufe 
eine Gapelle (da wo jegt die Stadtkirche fteht) erbaute, welche 
er Sancti Dippoldi Silva nannte, mit vielen Freiheiten be- 
gabte und ben H. Dippold daſelbſt zum Prieſter einſetzte, 
(um 930), inmaßen die ganze Gegend damals noch unter 
böhmiſcher Herrichaft ftand. An diefem anfänglich nur der 
Gapelle beigelegten Namen hat nachmals die nachher erft ge- 
Ichaffene Commun Antheil genommen und die dahin gebaute 
Stadt Dippoldi Wald oder Dippoldiswalde genannt, weil 
ſchon bei Lebzeiten des Einfiebler8 um diefe Gegend ber 


— 193 — 


Bergbau alfo betrieben ward, daß ſich dorthin eine große 
Anzahl Leute zogen, welche fich anfänglich im Grunde an der 
dort vorbeifließenden rothen Weißerik anfiedelten, nachmals, 
als fie durch häufige Ueberſchwemmungen des Flüßchens be- 
unruhigt wurden, ihren Wohnfig auf die Höhe an denjenigen 
Ort verlegten, wo die Stadt noch fteht. Webrigens ift der 
heil. Dippoldus, nachdem er feiner Kirche acht Jahre vor» 
geftanden, geftorben und, man weiß nicht wo, begraben, feine 
Clauſe aber von andern Einfiedlern nah und nach bewohnt 
worden, bis Biſchoff Johann VIII. von Meißen aus dem 
Maltitzſchen Geſchlechte dDiefelbe wegen verſchiedener Mißbräuche 
derſelben hat zerſtören laſſen. Das Siegel (auch das Wappen 
auf der Schützenfahne) der Stadt Dippoldiswalde, auf dem 
ein männliches Bruſtbild mit einem Barte, kreuzweis über die 
Bruſt gezogenen Bändern im blauen Felde, über dem Haupte 
aber mit zwei kreuzweis über die Bruſt gelegten Eichbäumen 
nebſt ihren Wurzeln abgebildet iſt, bewahrt das Andenken des 
Heiligen eben ſo wie der ſchon genannte Felſen. Sonſt zeigt 
man noch den nach ihm genannten Einſiedlerbrunnen über 
dem Fußſteige in der Nähe deſſelben, den in Stein gehauenen 
ſogenannten Einſiedlerſitz, bei dem ſpäter noch ein Tiſch und 
einige andere Sitze von Stein angebracht worden ſind, die 
Ruinen ſeiner Clauſe, die 22 Fuß in der Länge und 18 in 
der Breite gehabt haben ſoll, und einen Stein von mehr als 
Mannesgröße in denſelben, der des Einſiedlers Tiſch und 
Bette abgegeben haben ſoll; ſein Keller aber iſt ſchon zu An— 
fange des 18ten Jahrhunderts, weil er Räubern zum Schlupf- 
winkel diente, zugemauert worben.f) 


217) Der dankbare Schuldner, 
Curiosa Sax, 1736. S. 72. (nad D. Mauritii Brandt3 Chronica p. 575.) 


Sm Jahre 1267 ift Graf Rudolph von Habsburg aus 
+) Ziehnert Bd. IL. S. 187 behandelt eine Legende von dieſem 


Dippold, welche gänzlich erfunden zu fein fcheint. 
Gräfe, Sädf. Sagen. I 13 





— 14 — 


Shlejien nach Pirna im Lande Meißen mit einigen Dienern 
gekommen, und weil ihm unterwegs fein Geld alle geworden, 
er ſolches auch von Haus aus nicht jo Schnell hat befommen 
fönnen, bat er Abends den regierenden Bürgermeifter Paul 
Strausfe zu fi zur Mahlzeit laden lafjen und ihn dabei 
angeiproden, ob er ihm nicht bei dem Rathe zu Pirna 
200 Schock Groſchen zu Wege bringen könne, weil er folche 
auf feiner Reife jet höchſt benöthigt fei, er wolle ihnen folche 
nicht allein mit Intereſſen getreulich wieder erlegen, jondern 
auch ſolche Freundihaft alfo mit Dankbarkeit vergelten, daß 
es die Nahlommen genießen follten. Der Bürgermeifter ent- 
ſchuldigte ich zwar hierauf des Raths wegen mit Vorwendung 
vieler Ausgaben bei der damaligen Zeit, da auch die Raths- 
fammer ſehr erjchöpft fei, Doch verſprach er ſolches Anfinnen 
dem Rathe vorzutragen und dabei fo viel zu thun, als ihm 
möglid. Das geihah auch, und der Rath zahlte ihm des 
andern Tages 200 Schod guter Münze alsbald aus. Ob 
nun zwar wohl der Graf fich verjchrieben, innerhalb Jahres— 
frift folches Geld dem Nathe wieder auszuzahlen, fonnte er 
es doch auf die beſtimmte Zeit nicht bewerfitelligen, weil feine 
Erwählung zum Saifer (1272) nebft anderen Kriegshändeln 
dazwiichen fam. Er fam darauf 1273 ſelbſt perfönlih von. 
Eger nad Pirna, ließ den ganzen Rath vor ſich fordern und 
tractirte denfelben auf's Freundlichfte, erinnerte fi Dabei an 
feine Schuld und ließ ihm 300 Schod Geldes dafür auf— 
zählen, welches aber der Rath nicht annehmen wollte, weil 
es jammt den Zinfen nicht jo viel betrüge, wollte es ihm 
auch als ihrem gnädigen Kaifer fchenfen, der Kaiſer aber 
wollte nicht und nöthigte fie, bis fie endlich 200 Schod von 
ihm annahmen. Dafür bedankte er fi auf's Freundfchaft- 
lichite, daß fie ihm dazumal in der Noth fo willig beigejprungen 
und ihm als einem Fremden die 200 Schod anvertraut, be— 
gnadigte auch die ganze Stadt mit befonderen Freiheiten und 
verordnete unter andern, daß, fo oft eine Pirnaiſche Jung— 
frau beirathen würde, ihr aus feiner Faiferliden Kammer 
30 Schod Geldes zum Heirathsgut ausgezahlt werden jolle: 


— 19 — 


So foll er gleichfalls auch der ftudirenden Jugend in Pirna 
verjchiedene Stipendia verordnet haben. ES gedenfet auch 
der obengedachte Autor, daß kurz nachher, als der gefährliche 
Krieg zwifchen dem Kaifer und dem König Dttocar zu Ende 
gegangen und der Kaifer ganz Böhmen, Deftreich, Laufi und 
Meißen an fich gebracht hatte, er mit Ernſt befohlen hatte, 
daß die Stadt Pirna allein von allen Contributionen frei 
blieb. MS er aber zur Kaiferfrönung fih nah Speier auf- 
machte, hat er unterwegs zu Graf Friedrich von Hohenftaufen 
gejagt: Nun wollen wir ung gegen die liebe Stadt Pirna 
recht danfbarlich verhalten, wegen ihrer redlichen Treue und 
Aufrichtigkeit, jo fie gegen ung erzeiget, und fol fie erfahren, 
daß, wie fie in meiner Noth mein Vater gewefen, ich auch 
ihr Bater und Helfer fein mill. 


218) Das Denkmal bei Stolpen, 
Haſche, Magazin Bd. U. ©. 364. 





In der Nähe der Stadt Stolpen zwiſchen Lauterbad) 
und Böhlau ftand früher auf freiem Felde am Wege ein 
jteinernes, vier Ellen hohes Denkmal, einer jogenannten 
fatholiihen Marterfäule ähnlich, welches die Inſchrift trug: 
1584. ITAR DAS IST WAR ZWENE OSTERDAG IN 
EINEN JAR. Dieje Worte follen aber Folgendes bedeutet 
haben. Bekanntlich) ließ Papſt Gregor XII. 1582 ben 
Gregorianifhen Kalender einführen, der jedoch nicht fogleich 
überall angenommen ward. Dies thaten jedoch die beiden 
Laujigen im J. 1584. Da nun der Gregorianijche Kalender 
vom Julianiſchen Kalender um 10 Tage abweicht, jo feierten 
die Einwohner der Laufig ihr Dfterfeft eher als ihre Grenz- 
nahbarn in Sachſen, und dies jchien dem Stolpner Amts— 
ſchöſſer Thomas Treuter jo wichtig, daß er jene Worte bei 
der Erneuerung befagter Marterjäule in diefelbe einhauen ließ. 


13* 


— 1% — 


219) Urfprung des Namens der Kagenhäufer. 
Curiosa Sax. 1737. p. 285. sq. 





Nicht weit von dem dem Heren von Boſe früher ge- 
hörigen Schlofje Schleinig bei Lommatſch liegen die fogenann- 
ten Katzenhäuſer, die ein kleines Dorf ausmachen und in 
einer Neihe gebaut find, welche nach Naußlitz in die Kirche 
gehören. Diefe Häufer haben ihren Namen von dem Berge 
empfangen, auf dem fie gebaut find. Vor langen Zeiten ift 
bier nichts al8 Wald geweſen, wo man ftarf gejagt hat. 
Nun ift einmal von einer Jagd ein Hafe unverjehens liegen 
geblieben, den einige herumfpagirende Katen gefunden und 
verzehrt haben. Zu biefer Mahlzeit ift ein Jäger gekommen, 
der nachgehends dieſen Berg den Kabenberg geheißen hat, 
welcher Namen demfelben dann auch andere Leute, fo folches 
gehört, beigelegt haben, und endlich ift derſelbe auch den 
Häufern, die auf ihm erbaut wurden, felbjt gegeben worden. 


220) Die beftraften Sabbatjchänder, 
Mifander, Delic. Hist. ©. 388. 


Nicht weit von der Meißnifchen Grenze ift es gefchehen, 
daß ein Amtmann feinen Bauern erlaubte, am Sonntag zu 
bofeln (fegeln) und mit Würfeln um einen Ochfen zu werfen. 
E3 wurden aber auf diefem Spielplage in furzer Zeit zwei 
Bauern erftohen. Der Amtmann aber ward jelbit Franf 
und lag hart danieder und fonnte doch an feinem Sonntag 
erfterben. Diefer Amtmann foll nun das Sprichwort geführt 
haben: Wenn man am Sonntag Vormittags das Wort hört, 
kann darnach nichts Sündliches oder Hinterliches fein. Der 
Pfarrer Martinus ſprach: es fteht gefchrieben, Du follit den 
ganzen Tag heiligen, darauf der Schöffer ſpöttiſch geant- 
wortet: es fteht freilich gejchrieben, doch fteht noch mehr ge- 
fchrieben und wird nicht gehalten; ift fol Spiel unrecht am 
Sabbat, fo gebe Gott, daß ich Feind mehr erlebe. Er hat 
aber auch keins mehr erlebt, fondern ftarb zuvor dahin. 





— 17 — 


221) Dad Erdmännden und der Schafhirt. 
Prätorius, Weltbefchreibung, Magdeb. 1665. Br. I. ©. 138. 





Sm J. 1664 hat fi in einem Dorfe nahe bei Dresden 
Folgendes zugetragen. Es hat ein Schäferjunge im Felde 
bei feiner Heerde gejeffen und von ungefähr gejehen, wie ein 
mäßiggroßer Stein in feiner Nähe fih von felbft einige Male 
in die Höhe zu heben ſchien. Dies hat ihn gewundert, er 
bat fih den Stein angejehen und ihn endlich von feinem 
Plage weggehoben. Siehe da hüpft ein Kleines Kerlchen (ein 
Erdmännden) aus der Erde hervor und ftellt fi vor ihm 
bin und fpricht, er ei bis dieſen Augenblid dahin gebannt 
geweſen, und begehre nunmehr von ihm Arbeit, er müfje ihm 
etwas zu thun geben. „Nun wohl“, hat der Junge beftürzt 
geantwortet, „hilf mir meine Schafe hüten‘. Dies hat das Erb- 
männden aud flug3 gethan, am Abend aber, wo der Junge 
jein Vieh hat ins Dorf treiben wollen, da hat das Gefpenft 
mitgewollt. Der Junge hat fih aber entſchuldigt und alfo 
geſprochen: „in mein Haus vermag ich Dich nicht mitzunehmen, 
denn ich habe einen Stiefvater und dazu noch andere Ge- 
ſchwiſter, mein Vater würde mich übel zudeden, wenn ich ihm 
noh einen andern mitbräcte und ihm das Haus Kleiner 
würde‘. „Ja jo mußt Du mir anderswo Herberge Ichaffen, 
Du haft mich einmal angenommen‘, hat das Männchen gejagt, 
„Sehe Hin zu unferm Nachbar”, hat der Junge geantwortet, 
„denn der hat feine Kinder”. Dies ift auch richtig geichehen, 
aber dergeftalt, daß ihn der Nachbar nicht wieder hat los— 
werden fünnen.f) 


7) Preusker, Blicke in die vaterl. Borz. Bd. III. ©. 177. Anm. VI, 
erzählt von einem Mann zu Strehla und einer Wiegenfrau bei Meißen. 
die beide von dergleichen zur Bewahung von Schäten verbannten Erd— 
männden um Hebung derfelben gebeten worden wären, damit fie erlöft 
würden. 


— 193 — 


222) Die Gräfin Kofel im bezauberten Berge von Langen— 
Wolmsdorf. 
K. Winter in der Conſtit. Ztg. 1853. Nr. 96. 


— — — — 


Bei Langen-Wolmsdorf in der Nähe der Ruinen der 
alten Bergfeſtung Stolpen liegt ein Berg und in dieſem iſt 
eine Höhle, darin ſoll die Gräfin Koſel begraben ſein, ſie hat 
aber keine Ruhe im Grabe, ſondern ſie wandert bei Tag und 
Nacht herum und von den Thalern, die ſie mit in ihr Grab 
genommen hat, giebt ſie den Leuten, die ihr Stand halten. 

Einmal hat ein Schäfer bei jenem Berge geweidet, dem 
iſt plötzlich eine ſchöne Jungfrau erſchienen, die ein kurzes 
weißes Kleid und um den Leib ein ſchwarzes Gürtelband 
trug. Die hat ihn gefragt, ob er ihr helfen wolle, und als 
er ja geſagt, hat ſie ſich nach dem Berge zu gewendet und 
ihm gewinkt, ihr zu folgen. Als er aber dort angelangt iſt, 
da hat ſich der Berg aufgethan, und es war ein Gang und 
eine. weite Halle zu ſehen, an deren Ende ein breiter Wafjer- 
‚graben war, über den aber feine Brüde führte. Da hat das 
Mädchen gejagt: „auf! fpringe hinüber‘, der Schäfer hat aber 
geantwortet: „er ift zu breit‘, und als ihn die Jungfrau aber- 
‚mals gebeten, hat er es zweimal vergeblich verfucht, weil er 
ſchon alt und fteif war. Da hat ſich drüben über dem Gra- 
ben ein großes Thor aufgethan, und der Schäfer hat in 
“einem weiten Saale viele Männer mit langen weißen Bärten 
figen jehen, eine Stimme aber hat gerufen: „abermals um- 
jonjt! noch hundert Jahre!“ Darauf ift Alles verſchwunden 
und der Schäfer hat fih erft nah Mitternacht wieder nach 
Haufe finden können. 


223) Das ſchwarze Kreuz in der Dresdner Haide, 
. Novelliftiich behandelt von K. Winter in der Eonft. Ztg. 1854. Nr. 153—155. 


Menn man von Dresden aus duch das Priesnigthal 
über die fogenannte neue Brüde nach einer ziemlich umfang- 
reihen Waldblöße geht, und dann die duch diefe führende 





— 19 — 


Billnig-Morigburger Straße überfchreitet, fo gelangt man auf 
einen Fußwege zu einer Anhöhe, auf der fich ein fehr hohes, 
ſchwarz angeftrichenes Kreuz befindet, das immer wieder er- 
neuert wird und in deſſen Nähe es zwiſchen 12—2 Uhr Mit- 
tags nicht geheuer fein fol. Es foll fih da das fogenannte 
Mittagsweibchen ſehen laffen, d. h. eine fteinalte Frau in 
einem weiten weißen Kleide und mit einem weißen Tuche 
über dem Kopfe, welche den dort hinfommenden Holzlefern 
den Weg zu verfperren, fie anzureden, zu ermahnen und zu> 
weilen auch zu bejchenfen pflegt. Nach einigen wäre dies 
der Geift einer hier nebit ihrem Bräutigam von Mörder- 
händen erjchlagenen Braut, die diefen Ort auf einer MWall- 
fahrt zu einem Gnadenbilde in Langebrüd paffiren mußte, 
und jenes Kreuz müſſe laut einer Stiftung ihrer reichen 
Schwiegermutter, die nad) dem Tode ihres einzigen Sohnes 
Alles ihrer Baterftadt Dresden vermadht habe, vom Rathe 
der Refidenzftabt ſtets wieder erneuert werden; nach Andern 
wäre hier ein armer Perrückenmacher, der aus Armuth Bot- 
ſchaft lief, von einem Mörder ungebracht worden, und e$ 
geſchehe die Erneuerung des Kreuzes ſtets auf Koften der Per— 
rückenmacher⸗Innung. 


224) Die beſtraften Schatzgräber zu Dörſchnitz. 
Curiosa Saxon. 1744. S. 204. sq. cf. Haſche, Mag. Bd. III. ©. 216. sq, 





Unter dem Hügel an ber Eleinen Holzede bei dem Dorfe 
Dörihnig in der Nähe von Lommatſch foll ein Schatz ver- 
borgen liegen, man hat zwar oft nachgegraben, aber nie etwas 
gefunden. So find eines Tags ein Bauer aus dem genann- 
ten Dorfe PB. 9. und ein anderer aus Altlommatih N. 8. 
zu einer Hochzeit in Sieglitz geweſen, und da fie nun des 
Nachts heim und dort vorbeigegangen, hat einer bem andern 
Muth gemacht, fie wollten hier mit den Armen bineinmwühlen 
und nach dem dort liegenden Schage greifen, was auch ge- 
ſchehen ift. Des folgenden Tags aber, da fie ihren Rauſch 


— v— 


ausgeſchlafen, haben beide gefunden, daß ihnen der Arm, mit 
dem ſie in dem Berge gewühlt, aufgeſchwollen und voller 
Blaſen, auch Hals und Kopf aufgedunſen und dick geweſen, 
alſo daß fie ſich am ſelbigen Tage faſt nicht dürfen ſehen laſen. 


225) Der Teufelsgraben bei Coßlitz. 


Preusfer in den Mitth. d. 8. ©. Altertd.-Vereind zu Dresden 1835. 

H. I. und Blide in die Baterländ. Vorzeit. (%pjg. 1840-43. III. 8.) 

Bd. III. ©.20. sq. Reiniger, Sächſ. Prov.“Bl. Hayn 1827. Nr. 4 u.11. 

Poetifch beh. v. Ziehnert, Bo. III. ©. 81. sq. Novelliftifh v. Ew. Diet- 

rich, Erzftufen. 1830. Bd. IL. Anders erz. v. 8. Winter in der Eonft. 
Btg. 1853. Nr. 292. 





Der fogenannte Teufelsgraben, wahrſcheinlich ein uralter 
Grenzwall, jchwerlid eine Wafjerleitung, wie man auch ge- 
meint hat, ungewiß, ob von Deutjchen oder Sorbenwenden 
gebaut, ift ein 8—12 Ellen breiter und 2—4 Ellen tiefer 
von Weiten nach Dften laufender, ohngefähr 2 Stunden langer 
Graben ohne Grundflähe, der eine Viertelftunde von den 
jogenannten Katjchhäufern bei Fichtenberg anhebt, dann nach 
dem Vorwerke Gohrifh und nachher nah Tiefenau zu läuft. 
und endlich in der Nähe des Dorfes Coßlitz bei Großenhayn 
aufzubhören jcheint. Die Volksſage fchreibt ihm aber folgen- 
den Urfprung zu. Es foll nämlich der im Dorfe Coplig 
(3 Stunden von Großenhayn und Riefa) befindlichen Mühle 
ſehr oft an Waffer gefehlt haben und eines Tags hat ber 
Müller ſchon lange nicht mehr mahlen fönnen. Da ift ein 
fremder Mühlfnappe eingeſprochen und hat Arbeit verlangt, 
allein der Müller, der für den feinigen nichts zu thun und 
faum Brod hatte, gab ihm feinen Groſchen und wies ihn ab. 
Der ift aber nicht gegangen, ſondern hat dem Müller erklärt, er 
wifje ein Geheimniß, dem Waſſermangel abzuhelfen, allein er 
begehre als Lohn feine Tochter zur Frau. Der Müller hat 
auch nicht einen Augenblid geſchwankt, fondern ihm gleich 
die Hand des Mädchens zugefagt, dafern ſich jener ver- 
pflichtete, noch im Laufe der Nacht einen Graben aufzuführen, 


— 201 — 


der die Mühle für alle Zeiten mit Waſſer verfehen würbe. 
Der fremde Knappe hat ungefäumt den Pact angenommen 
und ſich entfernt, um fein Wort zu halten. Die Müllers- 
tochter aber und ihr heimlicher Geliebter, der mit ihr auf- 
gezogene Miüllerfnecht ihres Baters, waren ſchon recht froh, 
daß ber freche und heimtüdifche Fremde feines Weges ging, 
weil fie nicht wußten, was derſelbe mit ihrem Vater abgemadht 
hatte. Als nun aber die Nacht hereinbradh, vernahm man 
aus der Ferne ein fonderbares Getöfe, welches, je fpäter es 
‚wurde, ſich immer deutlicher vernehmen ließ. Dem alten 
Müller fing e8 aber an bald gar ängftlich um's Herz zu werben, 
denn er merkte, mit went er fich eingelafjen hatte, und es 
dauerte ihn, feine einzige Tochter dem Gottjeibeiuns verlobt 
zu haben. AS nun von der Seite von Tieferau her das 
furchtbare Lärmen des Teufels, der mit feinen Gefellen einen 
Graben von der Elbe her führte, immer näher fan, konnte 
er es nicht mehr bei fich behalten, fondern er fchüttete fein 
angfterfülltes Herz gegen feine Tochter und den ihm längft 
al3 treu befannten Knappen aus. So fannen fie alle drei 
lange hin und her, wie dem drohenden Unglüd zu entgehen 
fei, als endlich dem Mühlfnappen ein längft befanntes Mittel 
einfiel, er eilte an bie Hofthüre und duch nachgeahmten 
Hahnruf (wie Andere erzählen, durch Klopfen auf fein Schurz- 
fell) gelang e8 ihm, den Haushahn zum Krähen zu bringen, 
und durch diefes Zeichen des beginnenden Tages war ber 
Müller von feinem gegebenen Worte entbunden, denn ber 
Teufel war mit jeinem Werfe noch nicht fertig geworden. 
Diefer aber, entrüftet über die ihm zu Theil gewordene Heber- 
liftung und das Entſchlüpfen der jungen unſchuldigen Seele, 
zerftörte die MWafferleitung wieder, und der dankbare Müller 
gab dem Eugen Knappen feine Tochter als Lohn zum Weibe, 
und fonderbar, von diefem Augenblide an hatte der bisherige: 
Mühlbah immer hinveihendes Waſſer, und das Gejchlecht 
bes Müllers blühte noch lange Jahre und hatte nie Mangel 
an Mahlgäften, die, weil der Müller ehrlih war und blieb, 
gern dahin kamen. Noch heute heißt aber eine in der Nähe 


von Tiefenau liegende öde, fumpfige Waldftelle, das Teufel3- 
neft, weil fich der Teufel aus Nerger dorthin zurücgezogen 
und bier feinen Wohnfig aufgeihhlagen haben fol; er bat 
aber der Müllerfamilie, die fromm und gut blieb, niemals 
was anhaben können.) 


226) Gott ftraft einen Meineidigen. 
Curiosa Sax. 1721—30. ©. 162. sq. 


Im J. 1728 lebte zu Hirjchfeld bei Großenhayn Salomon 
Nadt, ein alter 68jähriger Windmüller, der fchon bei 30 
Sahren wegen Diebftahl, Mord und andern böjen Thaten 
vielmal angeklagt worden war und ſich dur) das Purgatoriun 
hatte retten müfjen. So hat er wegen gewaltfamer Erbredung 
der Franfenmühle und Ermordung ihres Beligers im J. 1700 
die Tortur ausgeftanden, aber nichts befannt, dann ſich noch 
dreimal wegen Diebftahl losgefjhworen, auch einmal feinem 
leibliden Sohne wegen geringer Urſache einen Spaten an 
den Kopf geworfen, und weil feine eigene Frau dazwiſchen 
gelommen, bat diejer der Spaten den Arm zerjchlagen, woran 
fie geftorben ift. Endlich ift er im J. 1728 wegen Bejtehlung 
des Wafjermüllers Noad zu Hirjchfeld der Obrigkeit abermals 
in die Hände gefallen und hat nachgehends ſowohl deswegen, 


r) Nach einer andern Berfion der Sage (bei Winter a. a. DO.) wäre 
jedoch nicht fein Mühlknappe, fondern ein Jäger der heimliche Liebhaber 
des Mädchens, das, weil fie am Tage des h. Laurentius geboren worden 
war, Laurentia hieß, geweſen, von ihrem Vater aber feiner Arımuth wegen 
abgewiefen worden, fie fei vor Angft mitten in der Nacht zur Capelle des 
b. Laurentius, die zwei Stunden entfernt war, geflüchtet und habe den 
Heiligen um Rettung gebeten, und dieſem habe man das rettende, all» 
zufrühe Krähen des Haushahns zugefchrieben. Diefes Wunderd wegen 
jollen num auch viele Andere nad) jener Capelle gewallfahrt fein und das 
‚dankbare Liebespaar — das Mädchen befam ihren Geliebten noch — dem— 
jelben eine größere Kırche erbaut haben, da die frühere Heine Capelle dem 
Zudrang der vielen Pilger nicht mehr genügte; um diefe erhoben fich 
fpäter mehrere Häufer, aus denen zulett ein Dorf und nad und nad 
Das durch feinen Jahrmarkt bekannte Lorenzficchen ward. 


— 203 — 


als weil man bei ihm verfchiedene Segenfprüche, auch einen 
getrockneten Menfchenfinger, den er vermuthlich einem Hin- 
gerichteten abgejchnitten, auch Kugeln, Wurzeln und rauhe 
Zwiebeln zum Feſtmachen F) gefunden, in Beifein des Hirſch— 
felder Pfarrers M. Uhlemann zu Straucha, wohin Hirſchfeld 
gehört, den Neinigungseid an öffentlicher Stelle ablegen 
‚jollen und wollen, dabei e8 denn gefchehen, daß ihm, als er 
die Finger in die Höhe gehoben, der Mund weit auf, fteif 
und ftarr geblieben ift, alle Sinne vergangen find, er zu 
brüllen angefangen, und ohngeachtet ihm der Geiftliche und 
Gerichtsverwalter ernftlich zugeredet, dreiviertel Stunden 
darauf elendiglich geftorben ift. Ä 


227) Urfprung des Namens der Stadt Franenftein. 


Bahr, Das Amt, Schlof und Städtchen Frauenftein. Friedrichft. bei 
Dresden 1748. ©. 19. 21. 


ALS in Deutſchland noch das Fauftrecht in feiner ſchönſten 


7) Ueber das Feſtmachen finden fih aus Sachſen verfchiedene Sagen. 
So hat im J. 1634 im Hornung zu Meißen ein gottlofer Soldat beim 
Trunk gefhworen, der Teufel jolle ihn Hinführen, wenn er fich nicht wider 
alle Wehr und Waffen feft und gefroren machen fünne. Darauf hat er zum 
andern Male fein bloße Schwert mit folder Macht in feinen bloßen Leib 
geftogen, daß er ſich krümmen miüfjen, und ift auch nicht das Geringfte 
an feinem Leibe verletst worden. Als er aber folches zum dritten Dale 
thun wollen, ift das Schwert gählings durch die Bruft in den Leib und 
das Herz hineingefahren, daß der gottlofe Menfch elendiglich geftorben und 
zu Grunde gegangen (f. Gwerb, Bon dem abergläubifchen Beſegnen ©. 129). 
Einen andern Fall erzählt Mifander, Deliciae Historicae od. Hift. Er- 
gößlichkeiten. Dresden 1698. 8. ©. 159, nad Luther (Werke, deutich, 
Sen, 9. Bd. VII. p. 121. a). 63 ift nämlich einmal ein Jude zu 
Herzog Albrecht zu Sachſen gefommen und hat ihm einen Knopf mit felt- 
ſamen Characteren und Zeichen angeboten, der follte für Talt Eifen, 
Stehen und Schießen dienen. Da hat der Herzog gejagt: fo will ich's 
mit dem Juden zuerft probiren. Er hat ihn vor's Thor in's Feld hinaus- 
geführt, ihm den Knopf an den Hals gehängt, fein Schwert gezogen und 
ihn durchſtochen, alfo daß ihm fein Schemhamphoräsch Tetragranmatoh 
nichts geholfen. 


— 204 — 


Blüthe ftand, da haben eine Anzahl Raubritter mehrere ge- 
meinſchaftliche Burgen im ſächſiſchen Hochlande gehabt; zu. 
Frauenftein hatten fie ihre Frauen, zu Rechenberg hielten fie 
ihre Abrechnung und theilten ihren Raub, zu Purſchenſtein 
lagen ihre Reifige und Burſchen in Quartier und zu Pfaff- 
rode unterhielten fie ihre Pfaffen. Wenn aber auf dem alten 
Gtadtfiegel eine Frau, an einem Felſen ftehend und in ber 
Hand einen Zweig mit drei Neften und Blüthen haltend, 
dargeftellt ift, jo bedeutet dies, daß früher das Städtchen 
unter dem felfigen Schloßberge ftand und von der Königin 
Libuffa (befanntlich ſchlug der dürre Stab ihres Mannes 
aus, ſ. oben ©. 75) gegründet worden ift. Auf den neuern 
Giegeln fißt dieſe Frau entweder mit entblößtem rechten Beine 
zwifchen zwei Felfen, was fagen will, daß Frauenftein zwiſchen 
dem Schloß- und Sanbberg erbaut ift, oder fie jpringt 
zwifchen den Bergen hervor, indem das rechte Bein noch in 
denſelben ſteckt, was bedeutet, daß die Stadt ihre Einnahmen 
aus dem damals noch florirenden Bergbau gezogen habe. 


. 228) Ein Geift zeigt eine Mordthat an. 
Curiosa Sax. 1762. ©. 242. sq. 


Sm %. 1760 ift ein Knabe aus Bräunsdorf nah Neu— 
mark bei Freiberg zu einem Schuhmacher in die Lehre gethan 
worden. Diefer Lehrjunge wird von dem Sohne bes ge- 
dachten Schufters, der feinem Vater im Handwerke hilft, mit 
einem Schuhleiften todtgeſchlagen. Sie ſchaffen denfelben in 
aller Stille bei Seite, und geben vor, er fei davongelaufen, 
was auch geglaubt wird, aber des Knaben Großmutter, bie 
ebenfalls zu Bräunsdorf wohnte und den Knaben in feiner 
Lehrzeit öfter als feine Eltern befucht und ihm auch oft etwas 
mitgebracht hatte, erblict nad einigen Tagen mehrere Nächte 
hintereinander den Geift ihres erjchlagenen Enkels, der ihr 
erzählt, er ſei nicht davongelaufen, fondern vielmehr mit einem 
Schuhleiſten erfchlagen und in der Scheune begraben worden. 





— 205 — 


Diefe Begebenheit ift dem Amte zu Freiberg gemeldet und 
in Folge davon im Januar des %. 1762 DVater, Mutter 
und Sohn eingezogen worden, bei deren Vernehmung fich 
Alles, wie oben erzählt, beftätigt hat. 


229) Arndts Paradieögärtlein ift unverbrennlich. 
Curiosa Sax. 1738. ©. 269. 


ALS am Johannis heiligen Abend des Jahres 1738 
(23. Juni) des Nachts gegen 10 Uhr Gott Tuttendorf hei 
Freiberg mit einem heftigen Donnerwetter heimfuchte, und 
der Strahl des Bergmanns J. D. Schieffeld Wohnhaus im 
Dberdorfe entzündete, hat zwar bie wüthende Feuersgluth 
Alles verzehrt, allein alle im Haufe befindlichen Perſonen 
find mit dem Leben davon gefommen, und was das Son» 
derbarfte ift, die jhon zu mehreren Malen über Dr. 3. 
Arndts berühmtes Gebetbuh, PBaradiesgärtlein betitelt, in 
Feuersgefahr waltende Fürforge Gottes hat fih auch hier 
wiederum bethätigt.. Denn da fich unter dem geiftlichen 
Büchervorrath diefer armen Verunglüdten auch gebachtes Buch 
in der von Chr. Weinmann, Buchhändler zu Erfurt, in länglich 
Duodez 1725 bejorgten Auflagen befunden, fo hat man bafjelbe 
am andern Tage unter der Aſche dergeftalt angetroffen, daß, 
obwohl der Einband deffelben gänzlich zu Kohlen verbrannt, 
dennoch Fein Buchftabe an dem Buche felbft verlegt war, 
fondern dafjelbe ganz unverjehrt im Feuer geblieben ift. Es 
ift joldhes dem PVaftor des Drtes von den Abgebrannten zum 
ewigen Andenten überlafjen worden, bei dem man es noch 
lange hat fehen können. 





230) Der böfe Pfaffe von Mulde. 
Moller, Freiberg. Annales Th. II. ©. 201. 


Am 10. April Montags nah Palmarum des %. 1536 
bat ein Fatholifcher Priefter, der Pfarrer zu Mulda bei Frauen- 
ftein geweſen, in einem Weinhaufe des lettgenannten Ortes 





— 206 — 


allerlei Weppigfeit getrieben und ift über Nacht dafelbft ganz 
toll und voll liegen geblieben, am Morgen des andern Tages 
aber mit umgedrehten Halje gefunden worden. Man hat ihn. 
aber früher insgemein für einen Zauberer gehalten, innaßen 
er, wie Martin Bed, gewejener Pfarrer zu Kleinhartmanns- 
dorf, in feinen SFrauenfteiniihen Annalen erzählt,. oft in 
Wirthshäufern böhmische und andere Grofchen nach Belieben 
aus den Wänden herausgraben fonnte und anderes Gaufel- 
jpiel zur großen Verwunderung der gemeinen Leute aufführte. 


231) Die Entitehung von Altenberg. 
Chr. Meißner, Umft. Nachr. v. Altenberg. Dresd. 1747. 8. ©. 2. sq. 


Die im ſächſiſchen Hochlande gelegene Bergftadt Altenberg 
verdankt ihren Urfprung nad) folgender Sage. Im J. 1458 
hat in dem ehemaligen eiteln Walde, der dem Heren Walzig 
von Bärenjtein eigenthümlich zugeftanden, ein Köhler einen 
Meiler Holz auf einem mächtigen flahen Gange, der noch 
jebt die alte Fundgrube oder die rothe Kluft genannt wird, 
zugerichtet und beim Ausftoßen hat er berglauteres Zinn 
angetroffen, wodurch der berühmte Zwitterftod zum Altenberg 
unvermuthet fündig geworden ift, denn, nachdem das Gerücht 
von dieſem reichen Zinnbergwerk durch's Land erjchollen, 
haben jich viele in- und ausländische Bergleute hierher gewendet. 
und das Bergwerk in Flor gebracht. 





232) Wie Dr. Martin Luther einem Bergmann zu 
Altenberg Böſes mit Gutem vergolten hat. 


Matthefius, XVII. Predigt iiber das Leben Lutheri. Nürnb. 1583. ©. 196. 
sq. Meißner a. a. O. ©. 19. sq. 





Im Jahre 1522 haben eine Menge Leute zu Altenberg 
ein hölzernes Bild, das wie Luther angezogen war, gemacht, 
dafjelbe vor ein aus fingirten Richtern und Schöppen gebil- 
detes Gericht geführt, es wegen Keßerei verklagt und ver— 


— I — 


urtheilt, und dann mit großem Geſchrei und Lärm auf ben 
Geifingberg geführt und am Sonntag Lätare an einem aus 
25 Fudern Holz beftehenden Feuer verbrannt, nachdem vorher 
ein gemwiljer Bergmann darüber den Stab gebrochen und das 
Urtheil geiprodhen hatte. Zwanzig Jahre nachher famen zwei 
Bürger aus Altenberg zu Dr. M. Luther gen Wittenberg und 
bringen ihm einen ſchönen Handftein (fo nennt man die reich- 
haltigſten Zinnftufen) von rothgüldenem Erze, worauf fie 
derjelbe zu Tifche bittet. Da jagt der Eine, fein Kamerad 
babe fich einft ſchwer an ihm verfündigt, indem er fein Bild 
wie Johann Huß zum Feuer verdammt, fpäter habe er aber 
die Wahrheit feiner Lehre erkannt, und bitte nun, da ihm 
ſolches von Herzen leid fei, demüthig um Gnade und Ber- 
zeihung jeines thörigten Unverftandes. Dem Luther gefällt 
die Rede und er jagt, weil ſolches Feuer ihm und feiner Lehre 
nicht3 geſchadet, folle e8 ihm im Namen des Herrn vergeben 
und vergejien fein. Wie nun diefer Handel ein gut und 
ehrliches Gelächter gab, jpricht der Abjolvirte: „o Herr Doctor, 
ich danfe Ew. Ehrwürden, aber ich hab noch eine große Schuld 
auf mir, bitte, Ihr wollet mich auch davon abjolviren, denn 
ic) armer Bergmann habe mich bei der Zeche verpufft und 
bin an die 500 Gülden ſchuldig“. Da jagt der Luther: „Ihr 
Bergleute, wenn Ihr am ärmiten ſeid, blüht Euer Glüd, 
denn da haltet Ihr an und fehet jelber zu Euern Zehen, und 
Noth lehrt Euch beten, zur Kichen gehen und nüchtern und 
mäßig fein, darum wiſſet Ihr jelber nicht, wie reich Ihr feid. 
Ziehet heim und arbeitet treulich und handelt redlich und 
glaubt und hofft an Gott den Allmächtigen, den rechten Erz- 
Ichaffer im Namen feines Sohnes, der Silber und Gold ing 
Fiſches Mund ſprach (Matth. XVII) und läßt immer Erz 
wachſen und giebt zu rechter Zeit denen, die in ihren Zehen 
anhalten und bei ihm im Gebet aushalten. Der reihe Gott 
wird mit Euch fein, auf feinen reihen Segen und milde 
Hand abjolvire ich Euch von aller Eurer Schuld“. Ehe diejer 
Bergmann wieder zu Haufe kommt, erhält er Botjchaft unter- 
wegs, man habe in feiner Zeche auf dem jeligen Ajar gut 


— 2308 — 


Erz angetroffen, da löſt er Geld und giebt Ausbeute und zahlt 
Alles ab und behält noch Heberlauf. 


233) Der graue Mann zu Neugeißing. 
Meißner a. a. O. ©. 283. sq. cf. ©. 479. 





Im Jahre 1713 den 12. Septbr. ift der Grubenarbeiter 
Gottfried Behr im Bergamt Altenberg erſchienen und hat 
dafelbft beihworen, daß, als er am 31. Auguft in feinem 
Haufe zu Neugeißing früh 3 Uhr aufgeftanden, um auf den 
Uhrſchlag zu hören, ſich aber, als es ihm zu zeitig gejchienen, 
wieder niedergelegt habe, ein Mann mit grauem Barte und 
Haaren in einer langen grauen Kutte vor fein Bett getreten 
fei und gejagt: „warte noch ein Bischen, Du follft noch eher 
droben fein, als der mein Volk zählen läßt. Ich will mit 
Dir ind LZechenhaus gehen und Dir zeigen, wie ich mein 
Volk wegnehmen will, Du haft unterjchiedlihe Warnungen 
gethban und dabei haben Dich viele verunglimpft, dieſelben 
haben aber ihr Theil ſchon gekriegt, und wenn fie Dich wieder 
fo verunglimpfen werden, fo ſoll es denfelben wieder fo gehen, 
wie den erften. Du follft auch eher droben im Zechenhaufe 
fein, als der Gefchworne, das merke Dir zum Wahrzeichen”. 
Hierauf ift er verſchwunden. MS Behr aber im Zechenhaufe 
angefommen, bat er den grauen Mann in eben der Geftalt 
wie in feinem Haufe in der Stube ftehen fehen, der hat vom 
Dfen aus einen Strich mit dem rechten Arme über die Berg- 
leute nad dem Fenfter zu gethan und ihn an der linken 
‚ Seite berührt, daß er foldhes die ganze Woche gefühlt und 
mande Thräne darüber vergoffen. Dann find alle Leute 
weggeweſen, bis auf 10 Berjonen, jo traurig am Dfen geſeſſen, 
der graue Mann aber fagte: „da haben fie die 12, die mögen 
fie auszählen”. Darauf ift er auf einmal weggeweſen, und 
die Leute, weldhe eben abmwejend waren, fah er mitten unter 
dem Gebete wieder um fih, dann ift auch der Gefchworne 
hereingefommen und hat wie gewöhnlich mit den Leuten fein 


— 209 — 


Gebet verrichtet. Freitags hat er denfelben grauen Mann 
wieder in der BZechenftube gejehen und früh den 11. Sept. 
ift er wieder vor feinem Bette erjchtenen und gejagt, er folle 
noch wohin gehen, es jolle eine Hochzeit fein, da wären ſchon 
drei Tafeln gejeßt; als aber feine Frau gekommen und ihn 
gerufen, ſei er wieder verſchwunden. As den 9. Auguft 
1712 ein lediger Bergmann, Andreas Behr, in ein Gejenfe 
fiel und darin umkam, bat Erfterer diefen Todesfall von einem 
Geifte mit den Worten: „Du, er ift ſchon todt“, während er 
auf der Bank lag, angezeigt befommen. 


234) Das goldne Lamm, 
Brandner, Lauenftein. Lauenft. 1845. 8. ©. 323 sg. 


Im Dorfe Fürftenwalde lebte vor langer Zeit ein 
Häusler, Namens Bär (ob der vorige?), bei dem feit vielen 
Sahren jährlih ein Fremder, angeblich ein Staliener, ein- 
fehrte, fi mehrere Wochen aufhielt und in dem Flußbette 
der Müglig in der Gegend vom Kratzhammer abwärts bis 
an das fogenannte Löwenbrückchen Goldförner und im Schlott- 
wiggrunde edle Steine fuchte. Seine Bemühungen mwurben 
jedesmal von reichem Erfolge gelohnt, er bezahlte ftet3 feinen 
Mirth reichlich, doch endlich fagte er einmal bei feiner Abreife, 
er werde nun nicht wieder hierher fommen, wohl möge ihn. 
aber Bär in feiner Heimath befuchen, wozu ſich ſchon Gelegen- 
heit finden werde. Nach länger als Yahresfrift erhielt nun 
Bär von feinem frühern Gafte die Nachricht, er folle nad 
Teplig kommen und fich dafelbft auf der Poſt melden, für 
fein Fortkommen und Beföftigung fei geforgt. Bär macht ſich 
auf den Weg, findet Alles wie angegeben und gelangt endlich 
in den Wohnort jeines Freundes. Da er jedoch der Sprade 
nicht Fundig ift, hat er große Mühe, die Gaffe und das Haus 
zu finden, wo fein Gaftfreund wohnen follte, trogdem daß 
ihm die Nummer defjelben angegeben war. Endlich nad 
langem Suchen findet er diefelbe, aber das Haus fcheint ihm 
weit größer und prächtiger, als er ſich gedacht hatte, er tritt 

Gräße, Sächſ. Sagen. I 14 





— 210 — 


jedoch ein, um ſich zu erkundigen, weil er aber in feiner 
ichlechten gewöhnlichen Kleidung war, jo ward er von einem 
ihm entgegenfommenden Bebienten, der ihn für einer Bettler 
hielt, aus dem Haufe hinausgewieſen. Wie er nun nicht 
weiß, was er anfangen foll, hört er auf einmal aus dem 
genannten Haufe eine befannte Stimme rufen: „Vater Bär 
bift Du's?“ und gleich darauf erfcheint zu feiner großen Freude 
fein alter Freund. Diefer nimmt ihn ſehr gut auf, allein 
Bär kann ſich lange Zeit mitten unter der Pracht und Herr- 
lichkeit, die ihn umgiebt, gar nicht zurecht finden, endlich 
führt ihn jener, als er ſich zum Abſchied anſchickt, in ein 
Gabinet, welches feine Schäße enthielt, und bittet ihn, unter 
mehreren dort aufgeftellten, aus dem reinften Golde gegofjenen 
Figuren, ſich eine zum Andenken mitzunehmen, da fie aus 
den Goldförnern jeien, die er in feiner Heimath gefanmelt 
habe. Bär wählt nach langem Zureden ein goldnes Lamm und 
langt damit, fo wie mit einer kleinen Summe Geldes, welche ihm 
fein Freund noch aufgedrungen, glücklich wieder in feiner Heimath 
an. Die Kunde von diefem goldnen Lamme gelangt bald zu dem 
damaligen Herrn von Lauenftein und durch diefen wieder an 
den Churfürften, der Bär’n duch Zufagung einer Fleinen jähr- 
lichen Leibrente dahin hat vermögen laſſen, ihm diefes ebenfo 
foftbare als kunſtreich gearbeitete Stüd abzutreten, worauf 
es dann in die hurfürftlicde Kunſtkammer gefommen ift, allein 
hier jcheint es verloren gegangen zu feyn. 





235) Der große Bergiturz zu Altenberg. 


Meißner S. 430 sq. Mifander, Cornu Copiae Th. III. p. 12. Poet. 
beb. von Segnig Bd. II. ©. 268 sq. 


Nachdem ſchon im Jahre 1619 den 10. März und 1. 
December zwei große Brüche im Altenberger Bergwerke gef hehen 
waren, bat fi den 24. Januar des folgenden Jahres ber 
dritte und größte zugetragen, jo daß nicht bloß die ſchon vor- 
ber gewejene Bünge tiefer einging, fondern auch vier Zehen 
nebft einem Schachte und dem Haufe des Bergſchmieds Dieke - 





— 211 — 


ganz verfunfen find. Ob nun wohl der größte Theil der 
Stadt durch dieſes Erdbeben furchtbar erfchüttert ward, ift 
doch der Drt durch Gottes Gnade erhalten worden, auch die 
meiften verfunfenen Bergleute find nah und nach wunderbar 
gerettet worden, nur einer ift nicht wieder zu Tage gekommen, 
nämlich ein alter Bergmann von 79 Jahren, Namens David 
Eichler (nah Andern Simon Sohr), der aller Warnung ohn- 
geachtet alle Bergveften (d. h. Pfeiler, die man beim Bauen 
ftehen läßt, um durch fie das ganze MWerf zu ftügen) nad 
und nach weggehauen hatte, auch fonft ein gottlofer Menſch 
war und an diefem Tage ohne Gebet und in Teufels Namen ein- 
gefahren fein fol. Hiervon hat man folgenden alten Reim: 

Ich George Fröhlich der Alte 

Ich wollt überm Bergwerk halte, 

Es wolt aber gar nicht fein, 

Sondern die Gottlofen fuhren hinein, 

Und rifjen die Bergveften ein, 

Das ift bewußt der ganzen Gemein. 

Gleichwohl ift diefes Unglüd nicht ohne Warnung von 
oben gejchehen, denn man hat einige Zeit vorher, wenn bie 
Bergleute früh zwifhen 4 und 5 Uhr im Zechenhaufe ihr 
Gebet vor dem Einfahren abgemwartet hatten, wahrgenommen, 
daß ein weißes Pferd im vollen Laufe von oben an bis zum 
Ende der Bünge fprang und alsbald verſchwand. Man hat 
dies auch für eine Warnung angefehen, auch weil zuvor 
Diele vor dem gemeinfchaftlichen Gebet eingefahren, den das 
Gebet verfäumenden Bergleuten zwei Grofchen von ihrem 
Zohne für arme Leute abgezogen, wovon denn das fogenannte 
Aufrufen gefommen ift. Im Jahre 1729 hat man, wie man 
das damals Eingeftürzte wieder aufzuarbeiten fuchte, was 
jedoch nicht gelungen ift, eine alte Bergmütze von Filz gefunden, 
die man für die Fahrmüte jenes Eichler gehalten hat. 


236) Dad wandernde Haus in Zinnwald. 
Biehnert Bd. III. ©. 165 sa. 


In dem ſächſiſchen Antheile des böhmischen Bergfledens 
14* 





— 212 — 


Zinnwald fteht ohngefähr 50 Schritte von der Grenze ein 
feines hölzernes, von einem Bergmann bewohntes Häuschen, 
an deſſen binterem Dedbalfen in der Stube folgender Vers 
eingeſchrieben ift: 

Ich bin nun auf Sachſens Boden, Gott Rob 

Weil mich mein Wirth, Hans Hirfh, aus Böhmen rüberfchob. 1721. 

Hiermit hat e8 folgende Bewandniß. AlS in den Jahren 
1716 bis 1728 die. proteftantifhen Einwohner Böhmen der 
Religion wegen vielfältig beunruhigt wurden, wanderten viele 
in das benachbarte Sachſen aus, unter andern auch ein armer 
Bergmann, Namens Hans Hirſch. Weil diefer aber fein nahe 
an der Grenze ftehendes Häuschen nicht gern zurüd laſſen 
wollte, hat er dafjelbe mit Hilfe feiner Freunde und Nach— 
barn des Nachts auf Walzen geſetzt und glüdlich nach Sachſen 
herüber practicirt, und zum Gedächtniß obigen Vers in die 
Stubendecke eingeſchnitten. 


237) Das wunderthätige Marienbild zu Fürſtenau. 
Brandner, Lauenſtein, ©. 299. sq. 





Die Kirche des eine Stunde von Lauenitein entfernten 
Dorfes Fürftenau, eines der höchftgelegenften Punkte des 
Meißner Hochlandes (2300 F. üb. d. Meere), ift die ältefte 
der ganzen Umgegend und befigt ein am Altar befindliches 
Marienbild mit reicher Vergoldung und leidlicher Bildhauer- 
arbeit. Dafjelbe ftellt den Beſuch der Maria bei ihrer Schmweiter 
Elifabethb vor, und in katholiſcher Zeit 309 es wegen feiner 
angebliben an Kranken verübten Wunderheilungen viele 
Wallfahrer dorthin. Eines Tages wurde diefes Bild (um 
1419—36) von frechen Dieben entwendet, allein faum waren 
fie in dem naheliegenden Walde angelangt, jo hatten fie den 
Meg verloren und jahen ſich genöthigt, das Bild einftweilen 
unter einem Strauche zu verfteden und den verlorenen Pfad 
wieder aufzufuchen. Kaum hatten fie aber das Bild nieder— 
gelegt, als fie fich auch wieder zurecht fanden, allein dafjelbe 


— 213 — 


war entjchwunden, fand jih aber Tags darauf an feinem 
früheren Plage in der Kirche wieder. Einer der Diebe ent- 
dedte diefe wunderbare Geſchichte feinem Beichtvater auf dem 
Sterbebette. Später verfuchten andere Diebe diefelbe Unter- 
nehmung noch einmal, als fie aber fchon eine Strede weit 
entfernt waren, wurden fie plößlih in der Umgegend von 
Teplig von unbekannten Männern angefallen, das Bild ihnen 
wieder von denfelben entriffen und an den Prior des Klofters 
Mariafchein abgeliefert. Lebterer wollte jedoch dafjelbe feiner 
Schönheit und reichen Vergoldung halber fir fich behalten 
und es der Fürftenauer Kirche nicht zurückgeben, und fiehe, 
eines fchönen Tage war e3 wieder verfhwunden und an 
feinen alten Platz zurüdgefehrtt. Als nun auf Befehl des 
Priors diefe Begebenheit in allen Kirchen der Umgegend 
befannt gemacht worden war, hat ſeitdem Niemand mehr 
einen Entwendungsverfuh gemacht. Uebrigens findet noch 
jest jedes Jahr am Sonntag nah Mariä Heimſuchung eine 
Wallfahrt der Katholiken aus dem benachbarten Böhmen nad 
dieſem Marienbilde ftatt. 


238) Die wüſte Mühle im Trebniggrunde, 
Poetifch beh. b. Ziehnert, Bd. III. ©. 49. sq. 





Sn das in der Nähe von Lauenftein Tiegende Dorf 
DitterSdorf ift auch das Dörfchen Neudörfel eingepfarrt, welches 
früher nur ein einziges Vorwerk war, zu dem der ohnweit 
davon im Grunde gelegene Eifenhammer, jetzt die Herren— 
mühle, gehörte. Beide Grundftüde waren vor langen Jahren 
im Befiß eines gewiſſen Peſſel, der ein zwar reicher, aber 
ebenjo habfüchtiger Mann war, dem alle Mittel recht waren, 
wenn fie nur zur Vergrößerung feine? Mammons dienten. 
Einft ging derjelbe in der Liebenauer Kirche, wohin das Vor» 
werk früher gepfarrt war, zur Communion, und fah, wie der 
Zauenfteiner Schöffer ein funfelnagelneues Goldftüd als Opfer⸗ 
pfennig auf den Altar legte. Da gab ihm der Teufel den 


= u — 


böfen Gedanken ein, fich biefes Goldftüdes zu bemächtigen, 
er wartete alſo, bis alle übrigen Communicanten an ben 
Altar getreten waren, und als er nun als der lehte herzu- 
trat, um die Hoftie zu empfangen, ftahl er mit gemwandter 
Hand dafjelbe vom Altar herab. Der Geiftliche hatte jedoch 
ben Frevel bemerkt, und als nun Peſſel auf der andern 
Seite des Altars den Kelch empfangen follte, zog jener ihn 
zurüd, verfündete öffentlich feine Schandthat und verfluchte 
ihn. Peſſel wankte nad Haufe, allein der Schred und bie 
Neue warfen ihn aufs Kranfenbett, von dem er nicht wieder 
aufftand. ALS nun aber einige Tage darauf in früher 
Morgenftunde ihn feine Hammerfnehte nach Liebenau zu 
Grabe trugen, überrafchte fie beim Eingange des Trebnik- 
grundes ein plößliches Donnerwetter, fie ftellten den Sarg 
am Rande einer Wieſe Hin und flüchteten in die im Grunde 
gelegene Mühle. Nachdem nah einem furchtbaren Donner- 
Ihlage das Gewitter fich verzogen hatte und fie aus ber 
Mühle heraustraten, um den Leichenconduct wieder fortzujegen, 
war der Sarg fpurlos verfhwunden und man glaubte, daß 
der Teufel denjelben ſamt dem Inhalte entführt habe. Seit 
diefer Zeit aber erblidt man jede Mitternacht den Schatten 
des alten Pefjels, der nach der Mühle zu herumirrt und mit 
ſchaurigem Geheul feine Leichenträger ſucht und fie bittet, 
ihn doch zur Ruhe zu bringen. Durch diefen Spuf fam aber 
auch die Mühle jelbft jehr bald in Verruf, Niemand wollte 
mehr dort mahlen lafjen und nod weniger hatte Jemand in 
ihr Ruhe, woher es Fam, daß fie bald von ihren Bewohnern 
verlaffen ward und al3 Ruine für ewige Zeiten von biejer 
ſchauerlichen Geſchichte Kunde giebt. 


239) Der böfe Gecko von Rauenftein. 
Brandner, ©. 24. sq. 





Die Burg Lauenftein war in den älteften Zeiten eine 
Burgwarte und hatte einen Schloßhauptmann. Dieſe miß- 


— 25 — 


brauchten aber jehr oft ihre Macht und plünderten und raubten 
nad) Herzensluft. So hatte einft ein folder Hauptmann, 
Namens Gedo, bei einem feiner Streifzüge die Gemahlin bes 
Burggrafen Otto von Dohna nebſt ihrer Tochter in feine 
Gewalt befommen und hielt fie in ſchmählicher Gefangenfchaft, 
bis der Burggraf die Veſte berannte. Jener gab zwar jegt 
gutwillig feinen Raub heraus, allein die beiden Frauen hatten 
fo viel gelitten, daß die Mutter beim Wiederjehen ihres Gatten 
plöglich verftarb. Später hat er aber feinen Lohn erhalten, 
denn als er auf Burg Löwenftein wiederum die Schloß- 
hauptmanngftelle bekleidete, hat einft jein Kleines Söhndhen 
am Rande des Scloßgrabens gefpielt, und ift, indem es 
nad einer Blume langen wollte, hinabgeftürzt. Der Gedo 
it, dies gewahrend, eilig zur Hilfe herbeigeeilt, allein eben- 
fall3 ausgeglitten und hinabgeftürzt, dabei aber an einem 
Pfahle hängen geblieben und hat fich denfelben in die Hüfte 
zwiſchen Wamms und Bruftihild durch den Leib gebohrt, 
woran er elendiglich geftorben, der Knabe aber ift unverjehrt 
herausgekommen. 


240) Der Katharinenſtein bei Lauenſtein. 
Ziehnert Bd. III. S. 163. sq. Poetiſch beh. v. Segnitz, Bd. II. S. 123. sq. 





Um das Jahr 1651 ward Agnes Katharina von Bünau, 
geborne von Ponikau, Beſitzerin von Lauenſtein, nachdem ihr 
Gemahl auf einer Reiſe nach Mainz geſtorben war. Da ſie 
aber bei ſeinem Tode in anderen Umſtänden war, jo genaß 
fie drei Monate nachher von einem Knäblein, welches fie um 
jo mehr liebte, als es gewiffermaßen das lebte Liebespfand 
ihres geliebten Verftorbenen war. Einft Iuftwandelte fie mit 
der Wärterin bes Kindes, welches jegt über zwei Fahre alt 
mar, auf einem Hügel in der Nähe des Schloſſes, der jekt 
der Pavillon genannt wird, und weil dafjelbe janft ein- 
geihhlafen war, fo befahl fie jener, dafjelbe auf den Raſen 
zu legen, indem fie mit ihr Blumen zu einem Kranze fammeln 
wollte, um damit das aufgewachte Knäblein zu jchmüden. 


— 216 — 


Leider aber entfernten fie fich bei diefem Geſchäfte allzumeit 
von dem Kinde, und dieſe Gelegenheit erjpähte ein gewaltiger 
-Raubvogel, der jchon lange in dem nahe gelegenen Forfte 
auf Beute gelauert hatte, er ftieß herab, pacte das ſchlummernde 
Kind mit feinen Fängen und entführte e8 mit fich in die 
Lüfte. Da ihn jedoch die Schwere des Kindes beim Fluge 
zu behindern ſchien, jo flog er nur ziemlich langſam nad) den 
jenjeit3 des Schlofjes gelegenen Felsflüften, und war fchon 
über dem hohen und felfigen Hügel, der fich im obern Theile 
des unmittelbar vor dem Schlofje liegenden Städtchens Lauen- 
ſtein erhebt, angelangt, als plöglih ein Schuß fiel, den ein 
aus dem nahen Forfte kommender Jäger, welcher den Vor» 
gang gejehen, mit ficherer Hand entſendet hatte. Der Vogel 
ftürzte herab und bie herbeigeeilte Wärterin konnte das Kind, 
welches, von den Krallen des Thiers gehalten, lebend mit 
herabkam, ber verzweifelnden Mutter zurückgeben. Zum Andenken 
an bieje wunderbare Rettung ließ diefe aber auf dem Hügel, 
wo der Vogel todt herabgeftürzt war, einen Thurm erbauen 
und fpäter auch eine Glode darin aufhängen. Zwar ift jener 
jegt zur Ruine geworden und die Glode in den Thurm der 
Lauenfteiner Kirche gekommen, allein ber Hügel heißt noch 
bis auf diefe Stunde der Katharinenftein. 


241) Die wüſte Mühle bei Neichenan. 
Biehnert, Bd. II. ©. 167. 





Mitten auf der Grenze der beiden Dörfer Reichenau und 
Hermsdorf im Amte Frauenftein am Kreuzwalde, hart an der 
nach Böhmen führenden Straße, fteht die Ruine der Kapelle 
zum beiligen Kreuz oder die jogenannte Wüfte Kirche. Die- 
jelbe ift 24 Ellen lang und 12 Ellen breit, ſcheint aber nur 
eine Wallfahrtsfiche gemwejen zu fein, infofern 1742 ein 
gewiſſer Trope ober Hartikich fi mit dem Hermsborfer 
Richter um das Recht ftritt, Bier und Brod zum heiligen 
‚Kreuz zu Schaffen. Unter diefer Kapelle joll aber eine ganze 


— 217 — 


Braupfanne voll Gold ftehen und zwölf Fäffer alten Weines 
lagern, allein ob man wohl oft fchon darnach gegraben, hat 
dod Niemand den rechten Fleck treffen können. 


242) Die vierzehn Nothhelfer bei Gottleuba, 
Poetifch beh. v. Ziehnert, Bo. I. ©. 29. sq. 


Als die Hufliten im Jahre 1429 durch das Land Meißen 
zogen und Alles mit Mord und Brand verwüfteten, Famen 
fie auch in das ſächſiſche Hochland und zwar in die Nähe des 
in einem der tiefiten und ſchönſten Thäler Sachſens liegenden 
Städthens Gottleuba, welches zum Amte Pirna gehört. 
Schon brachten Flüchtige aus Liebftadt die Nachricht, daß das 
feindliche Heer im Anzuge fei, und um in bie benachbarten 
Berge zu flüchten, fchien die Zeit zu kurz, wenn e3 nicht 
möglich werde, dafjelbe eine Zeitlang zu befchäftigen. Da 
tief der Bürgermeifter raſch die rathlofen Bürger auf dem 
Markte zufammen und forderte fie auf, freiwillig zurüd- 
zubleiben und fi den Huffiten entgegen zu werfen, auf daß 
Greiſe, Weiber und Kinder indeß Zeit zum Entrinnen gewinnen 
fönnten. Obwohl fich aber faft alle Männer bereit erflärten, 
fo wählte der tapfere Mann doch nur dreizehn Unverheirathete 
aus und 309 mit ihnen, nachdem fie von den Ihrigen auf 
Nimmerwiederſehen Abjchied genommen, dem Feinde entgegen. 
Sie bejegten eine fteile Bergfpige, bei welcher dieſelben vor- 
über mußten, wenn fie zur Stadt wollten, und als ihnen 
die Hufliten einen Geſandten entgegenjchidten, der fie zur 
Uebergabe auffordern follte, mwiejen fie ihn muthig zurüd. 
Nun rückten jene mit ihren ganzen Maſſen heran, um fie 
von ihrem Poften zu vertreiben, allein fie wiberftanden 
männiglich, und erft nah Verlauf von drei Stunden, als 
feiner der vierzehn mehr am Leben war, ward der Paß frei 
und ihre Feinde drangen über die Leichen der tapfern Bürger 
in's Thal herab, allein fie fanden Niemanden mehr im 
Städten, denn jener Aufenthalt hatte Alle gerettet. Die 
waldige Höhe aber, wo jene jo wader geftritten, heißt noch 





— 135 — 


jegt die vierzehn Nothhelfer, obwohl Manche diefen Namen 
von einer einft dort geftandenen Kapelle (die 12 Apoftel, die 
Jungfrau Maria, Johannes der Täufer oder Joſeph führen 
in Fatholifchen Ländern den Namen der 14 Nothhelfer) ber- 
leiten wollen, die übrigens recht gut zum Andenken an jene 
Begebenheit erft erbaut fein könnte, um fo mehr, als jene 
14 bier begraben worden fein follen. Eine andere füdlich 
von der Stadt gelegene Anhöhe, welche jenen Bürgern als 
Ausgud gedient haben fol, heißt von berjelben Begebenheit 
noch jeßt die fchnelle Gucke. 


243) Der Urfprung des Schloifes Bärenftein, 
Peccenftein, Theatrum Sax. Th. I. ©. 89. sq. 





Da wo jetzt das Schloß Bärenftein liegt, war vor grauen 
Sahren eine rauhe Wildniß, und es hat einmal einer aus 
dem Geſchlechte derer von Bärenftein mit einem feiner Söhne 
auf dem Felfen, den jett das genannte Schloß Frönt, zwei 
wilde Bären angetroffen. Nachdem diefe zum Stehen gebracht 
worden, ift der Sohn vor dem Vater niedergefallen, willeng, 
den einen abzufangen, allein es ift ihm dies mißlungen, 
indem ihm ber Bär den Spieß zerbrochen und ihn den Felſen 
herunter geworfen hat. Hierauf hat die ganze Gefahr den 
Bater bedroht, allein diejer, über den Fall feines Sohnes, 
den er todt vermeinte, hart ergrimmt, hat den Bären heftig 
zugefeßt, fie mit feinem Spieß durchbohrt und vom Feljen 
hinabgeftürzt, dann ift er aber zu feinem Sohne bingeeilt 
und hat diefen wider alles Erwarten noch lebendig gefunden. 
Bon diefer Gedichte hat der Drt den Namen Bärenftein 
erhalten und ift derfelbe nachmal3 auch auf das Schloß über- 
tragen worden. 


244) Der Nitter von Bärenftein und der Löwe. 
Peccenftein a. a. D. ©. 91. sq. 


Der König von Ungarn Matthias ift den Deutjchen 
niemals fonderlich hold geweſen, alfo daß er fich mehrmals 





— 319 — 


öffentlich hat vernehmen laſſen, er wolle den Türken einen 
Paß durch fein Land vergünftigen, Deutſchland zu überfallen. 
Gleichwohl hat er immer deutſches Volk an feinem Hofe 
gehabt und in feinen Kriegen gebracht, und fo ift denn auch 
ein Ritter von Bärenftein in feine Dienfte gekommen. Nun 
trug es fich zu, daß der König einmal auf dem Schlofje zu 
Dfen fpazieren ging, und wie er dabei an die Lömwengrube 
fommtt, da fordert er den von Bärenftein zu fich, befiehlt, 
den Löwen Fleiſch vorzumwerfen und redet darnach den von 
Bärenftein an, er folle doch, da er fo fühn fei, den Löwen 
von Fleifhe wegjagen. Wiewohl nun der Ritter. leicht ab- 
nehmen fonnte, wie folches gemeint fet und was ihm für 
Gefahr bevorftehe, wenn er es unternehmen wolle, fo hat er 
doch, um allen Unglimpf zu verhüten und abzuwenden, fein 
Leben nicht zu fparen gedacht, feinen Mantel um den linfen 
Arm gewidelt, das Schwert in die rechte Hand genommen 
und ift alfo in die Grube auf den Löwen zugegangen. Wie 
diejer ihn anfichtig worden und fein unerjchrodenes Gemüth 
gemerkt, hat er feiner nicht erwarten wollen (wie es denn 
die Natur dieſes Thieres fein fol, daß es denen weicht, jo 
es an Kühnheit übertreffen), und aljo hat der Ritter von 
Bärenftein das Fleifch genommen und dem König überbradt, 
nicht ohne deſſen ſowie des ganzen Hofes große VBerwunderung. 
Ob nun wohl der König fi darauf ganz gnädig gegen ihn 
bezeigt, hat jener doch bald Abichied genommen und fih aus 
feinen Dienften begeben. Andere erzählen jedoch dieſe Gejchichte 
anders und fo hat der Gefchichtichreiber Crank ſolche That 
einem Polen zugefchrieben, obwohl mit anderen Umständen. 


245) Woher die von Ende ihren Namen haben? 
Peccenftein a. a. O. ©. 102. 


Das uralte Geſchlecht derer von Ende, deffen jchon auf 
dem fünften zu Braunschweig 996 gehaltenen Turnier gedacht 
wird, hat urfprünglich den Namen der Wolfersberger geführt. 
Diefe find mit den Wolfskehlern, einem fränkiſchen Gejchlechte, 





— 220 — 


in einen langwierigen Streit, darüber fie von beiden Seiten 
zum Fauftrecht gerathen, gekommen, und da deſſen fein Ende 
werden wollen, jo hat ſich endlich ein Fürft von Sadjen in 
die Sache geſchlagen und weil die von Ende ganz unver- 
ſöhnlich gemefen, fo ſolle er gejagt haben, es jolle einmal ein 
Ende fein, und hat einen Machtſpruch gethan, in Folge deſſen 
die WolferSberger den Namen Ende empfangen und an— 
genommen haben follen. 


246) Der Urjprung des Gefchlechtö der Herren v, Leipziger. 
Peccenftein a. a. ©. ©. 118. 


Der Name diejes Gefchlehts kommt nicht vor dem Jahre 
1294 vor und hat dafjelbe alfo feinen Anfang genommen. 
In der ſchweren Fehde zwischen Markgraf Albrecht dem Unartigen 
und feinen Söhnen Friedrih und Diegmann hat ein gewiſſer 
Heinrih von Leipzig, fonft auch der Schwarzbürger ober 
Sterner genannt, bei gedachtem Friedrich feiner fonderlichen 
Tapferkeit wegen in hohen Gnaden geftanden und ift ein 
Hauptmann über ein Fähnlein Fußvolf geweſen. Diefer ift 
mit feinen Leuten, des Markgrafen ärgſtem Feinde, dem Fürften 
Eberhard von Anhalt, bei nächtliher Weile ins Lager bei 
Dommitzſch gefallen und hat ihm den Schlaf aus den Augen 
gewiſcht, alfo daß fait Herr und Knecht hierüber darauf- 
gegangen find, hat auch dem andern Kriegsvolt Thor und 
Thüre zur Schanze geöffnet, die denn obgedachtem Leipziger 
jamt feinen Soldaten treulich und in Eile beigefprungen, nach— 
gedrängt, den Fürften aus der Schanze gejchlagen und zur 
Schlacht gereizt, aljo daß damals über vier Taufend der 
Feinde auf der Wahlftatt geblieben, die andern aber nebft 
dem Fürften in die Flucht getrieben worden find, denen Heinrich 
von Leipzig alſo ftreng zugejeßt und fie herumgetrieben hat, 
daß er auch den Fürften von Anhalt zur Haft gebracht und 
ihn dem Markgrafen überantwortet hat. Wegen folder mann 
haften That hat der Fürft den Heinrich von Leipzig aljo 
begnadigt, daß er ihn zum Ritter gejchlagen, und ihm ein 





— 221 — 


neues Wappen, darin ein ſpringender Fuchs auf dem Schwanz 
mit etlichen Hahnfedern beſteckt zu ſehen iſt, gegeben, ohne 
Zweifel darum, daß er als ein liſtiger Fuchs ſich in die 
Schanze geſchlichen und darauf als ein freudiger Hahn Leib 
und Leben gewagt, hat ihn auch mit einem Landgut nicht 
weit von Leipzig gelegen beſchenkt. 


247) Urſprung des Namens der Freiherrn von Ungnad. 
Peccenſtein Th. ©. I. ©. 323. 





Das uralte Gejchlecht der Freiheren von Ungnad, fo in 
Deftreich heimisch, ift auch in Sachſen im Amte Weida auf 
dem Gute Berenfborf (ſ. 1583) anfällig gewejen. Diefe haben 
urjprünglich die Heren von Weiffenwolf geheißen und einen 
Wolf in ihrem Mappen geführt. Daß fie aber ihren Namen 
verändert, iſt alſo zugegangen. E3 hat im Jahre 1186 in 
Kärnthen ein böfer Raubritter, Turpin von Schadenftein 
benamt, auf einem hohen Bergſchloß, der Schadhenftein geheißen, 
gehauft und allerlei Muthwillen und Frevel an Prieſtern und 
andern Leuten verübt, auch alles böſe Gefindel bei ſich gehegt 
und gepflegt. Darum hat der damalige Landesherr von 
Kärnthen, Herzog Uleih, Heren Friedrich von Ehrenfels und 
Herren Heinrich von Weiffenwolf mit vielem Kriegsvolk hin- 
gefickt, um der Sache ein Ende zu machen, und haben dieje 
Jahr und Tag vor ber Feite gelegen, endlich aber hat der 
Räuber fich nicht getrauet, ihnen länger Widerftand zu leijten, 
bat fi durch einen unterirdiihen Gang davon gemacht und 
Niemanden als feine Frau zurücgelafien. Dieje als eine 
verihlagene Frau hat mit dem von Weijjenwolf allerlei 
Unterhandlungen geführt, ob fie ihn nicht von ihrem Schlofje 
abbringen oder fie doch wenigſtens bei demjelben gelajjen 
werben fünne, fie hat aber nichtS erlangt, als daß fie mit 
ihrem Gefinde das Schloß frei verlaffen durfte. Darum hat 
fie heftige Klagen geführt und vielfältig über des von Weiſſen— 
wolf Unbarmberzigfeit mit den Worten gefchrieen: D Ungnade 


— 22 — 


über alle Ungnade! Dieje Rede ift auch an des Fürjten Hof 
gekommen und derfelbe hat wegen dieſer Heldenthat, mit der 
jener das ganze Land beruhigt, dem von Weiſſenwolf den 
Namen Ungnade beigelegt. 


248) Der Urfprung des Namens Neuß, 
Peccenftein a. a. O. ©. 262. sa. 





In einer alten Handſchrift des Klofter8 Boje vor Zeit 
fteht folgende Geſchichte, welche befagt, warum die Fürften 
Neuß den Namen Reuß von Plauen, Gera und Weida führen. 

Als im Jahre 1228 Kaifer Friedrid I. mit König - 
Andreas von Ungarn, König Primislaus von Böhmen, Erz- 
herzog Leopold von Deftreih und andern Fürften und Herrn 
eine große Heerfahrt wider die Saracenen unternommen, ift 
auch Landgraf Ludwig IV. von Thüringen, der h. Elifabeth 
Gemahl, mitgezogen und hat einen Herrn von Gera oder 
Plauen, deſſen Name aber fonft nicht weiter angegeben wird, 
bei fich gehabt. Zwar ift der Landgraf zu Brundufium Todes 
verblichen, allein nicht deſtoweniger jind feine Ritter unter 
ihrem Oberften mit weiter gezogen, aber nachmals in einem 
harten Scharmüßel vor Ptolemaiß der Herr von Gera und 
der Graf von Gleichen von den Saracenen gefangen und in 
ferne Derter verfhicdt worden, bis nah 12 Jahren erjterer 
durch einen reuſſiſchen (ruſſiſchen) Kaufmann losgefauft und 
al3 leibeigener Sclave nad) Rußland geführt, der Graf von 
Gleichen aber durch eines faracenifhen Herrn Tochter auf 
gleiche Weife befreit worden, alfo daß Beide wiederum wunder- 
barer Weiſe heim zu den Ihrigen gefonmen find. Nachdem 
nun der Herr von Gera lange als Sclave in Rußland gehalten 
worden und viel Ungemach hat ausftehen müfjen, ift von dem 
Großfürften ein eiliges Aufgebot wegen des Tartaren- Ein- 
falls (1232) ergangen, und hat jener auch mit ind Feld 
ziehen müfjen, es find jedoch die Ruſſen übermältigt worden 
und haben ihn die Tartaren, da er ihre Aufmerkſamkeit durch 


_— 23 — 


feinen ritterlihen Widerftand erregt, nicht getödtet, ſondern 
zu einem ihres oberften Fürften, Hoccata genannt, gebradit. 
Der hat ihn gut gehalten und hat er mit ihm gen Schlefien 
ziehen müfjen. Als die Tartaren aber, nachdem fie den frommen 
Herzog Heinrich erfchlagen und die Stadt Liegnig in Brand 
geftedt, wieder umkehrten, bat er, weil er beim Nachzug 
gewejen, feinen Bortheil abgejehen und fich davon gemacht, 
ift auch bald mit Gottes Hilfe zu befannten Freunden ge- 
fommen und hat fich in feinem ruffiihen Habit an den Hof 
Kaiſers Friedrich II. begeben. Hier ift er eine Zeitlang 
geblieben und hat fich beſonders durch feine Geſchicklichkeit in 
allen ritterlihen Spielen, im Ringen und Springen, fo da- 
mals in Deutſchland noch nicht jo allgemein gemwejen, aus- 
gezeichnet. Darum hat der Kaijer großen Gefallen an ihm 
gefunden und ihn fehr geehrt, ihn auch oft, weil er fremde 
Spraden fertig und gut hat jprechen fünnen, an feine Tafel 
gezogen und ſich von ihm von feinen Reifen und Schidfalen 
erzählen lajjen. Weil er aber vor allen Hofleuten fich durch 
feine Länge ausgezeichnet, hat er die Gewohnheit gehabt, ihn, 
wenn er ihn rufen ließ, immer den langen Reuffen zu nennen, 
und diejer Zuname ift ihm jo gemein geworden, baß er fi 
jelbit in Briefen und Titeln „Heinrich von Gera der Reuſſe 
genannt” gejchrieben und diefen Namen für alle Zeiten an- 
genommen hat. 


249) Warum die Fürften Neuß den einzigen Taufnamen 
Heinrich führen. 
Peccenftein a. a. O. ©. 265. sq. 





Der Grund, warum die Familie der Reuffe nur ben 
einen Taufnamen Heinrich führt und zum Unterfchiede der 
einzelnen Perſonen blos die Zunamen: ber ältere, mittlere 
und jüngere nad) ihres Leibes Länge und Geftalt ober ihrer 
Zahl beifügt, ift folgender. Es hat einft ein Herr von Plauen 
um ritterlihen Ruhmes Willen ſich über das Meer in ferne 
Lande begeben und ift in Syrien in einer Schlacht gegen 


— Ni — 


die Saracenen angeblich erjchlagen worden. Da ift nad 
etlichen Jahren, da er faſt vergeffen, aber auch von feinem 
Tode noch Feine gewiſſe Nachricht gekommen war, einer, fo 
ihm an Geftalt, Rede und Geberden allerdings ähnlich geweſen, 
an den Tag gefommen, hat fich für ihn ausgegeben und 
durch allerhand Nachrichten und Wiſſenſchaft den Verwandten 
und Freunden ſich alfo dargethan, daß Jedermann glauben 
können, er jei der rechte und verlorengeglaubte Herr, ift ihm 
auch fein Antheil an der Herrihaft eingehändigt worden, 
worauf er fich verheirathet und Kinder gezeugt hat. ALS 
aber endlich der Betrug duch Schidung Gottes an dem Drte, 
wo ber rechte Herr erlegt und begraben war, ausgefund- 
Ichaftet und der Betrüger zur gebührenden Strafe gezogen 
worden, da haben die Herrn Geblütsverwanbten ſich unter 
einander verglihen, Fünftig nur einen einzigen Taufnamen 
zu gebrauden, und ift diefer Brauch auch bis dato geblieben. 


250) Sage von dem Schenken von Tantenburg. 
Peccenftein a. a. DO. ©. 285. 


Das alte thüringiſche Gejchlecht der Schenken von Tauten- 
burg, die von der Burg Varila auch den Beinamen von Barila 
führten, hat auch für das Königreich Sadfen eine hohe 
Wichtigkeit, denn ein Johann Schenk v. Tautenburg ift von 
Herzog Albreht von Sachſen 1498 feinem Sohne Herzog 
Heinrich mit nach Frießland als Hofmeifter und Unter- 
ftatthalter beigegeben worden, und als bei einem Aufruhr 
der Friefen der junge Herr und fein Hof in Lebensgefahr 
gekommen und fchon die Kette gejchmiedet war, an welcher 
diefe ihnen aufhängen wollten, und die nachmals in dem 
Neuen Stall zu Dresden zu jehen war, ift es diejer Schenfe 
gewejen, ber der riefen Grimm folange mit Vorftellungen 
aufzuhalten gewußt hat, bis der Vater des jungen Herzogs 
mit Heeresmaht anlangte und die Aufrührer zu Paaren trieb. 
Es hat aber einmal ein Ritter aus diejer Familie (1274) 





— 1 — 


eine Reife. zum heiligen Grabe ‚unternommen und glüdlich 
vollbradit, ift aber auf dem Rückwege auf der Inſel Aetolia 
von Saracenen gefangen und dem. Sultan Bondogodar zum 
Geſchenk geihidt worden. Weil aber diejer an ihm einen 
heldenmüthigen Sinn gefpürt und ber Ritter. fih in allen 
ritterlihen Spielen auszeichnete, hat er ihn liebgewonnen und 
hochgehalten und hat diefer ihn auf feinem Zuge gegen den 
Sohanniterorden begleiten müfjen, in Folge deſſen diejelben 
troß tapferer Gegenwehr bis auf die Inſel Ereta zurüd- 
gedrängt worden find. Bei dieſen Kämpfen hat Herr Schenk 
wider feinen Willen gegen die Ehriften kämpfen müſſen, Alles 
in der Hoffnung, fi) des Sultans Gunft und feine Freiheit 
zu erwerben. Als nun aber nahmals die Saracenen gegen 
ihre ärgiten Feinde, die Tartaren in Scythien,. zogen, hat 
er ebenfall® wieder mitziehen müfjen, ift aber, als er ſich 
allzufühn unter fie gewagt, mit vielen andern faracenifchen 
Dberften gefangen worden, aber zum Glüde in die Hände 
eines tartarifhen Dberften, der von Geburt ein Pole war, 
gefallen, dem. er fo wohl. angeftanden hat, daß diefer ihm 
nachmals fein eigen Stüd Landes zu eigen und endlich gar 
jeine Tochter zum Chegemahl gegeben. Als er nun zu immer 
höherer Würde und Reichthum gelangte, dachte er darauf, 
wie er jein Bermögen durch Kaufleute und Wechſel auf deutſchen 
Boden jhaffen und fich von diefen barbarifchen- Völkern -freis 
machen könne. Dies ift ihm auch gelungen, denn er ift ein- 
mal nebſt andern Tartaren als Gefandter. an König Lesce 
den Schwarzen von Polen geſchickt worden und hat dabei fein 
Weib in Mannskleidern mit fich in einer Kutfche aus dem Lande 
geführt und ihr befohlen, ihn mit einigen Dienern an einem 
gewiſſen Orte zu erwarten. MS nun feine Gefährten ben 
Rückweg angetreten, hat er fich. von ihnen auf der Straße 
verloren und durch Polen nad) Böhmen und dann nad) 
Deutichland begeben, und ift mit feiner Gemahlin friſch und 
gefund nach 12jähriger Abweſenheit zu den Seinen gefommen, 
hat aber fast Alles in feiner Herrfchaft verändert gefunden und 
es hat ihn Niemand mehr erkennen wollen, feine Reuſſiſche 
Gräfe, Sächſ. Sagen. I. 15 


— BB. — 


Gemahlin aber, jo treulich bei ihm gehalten, aber feine Kinder 
mit ihm gezeugt, iſt bald nachher geftorben und im Klofter 
Reinhardsbrunn begraben worden. Das ihr gejegte Grabmal 
war Anfang bes 17. Jahrhunderts noch zu. ſehen und führte 
die Inſchrift: Anno Domini 1286 obiit Cythavia Russica 
Generosi Domini Baronis de Vargila gemma lucidissima. 
Orate pro ea. 


251) Das Wappen der Grafen von Lynar oder die 
Sage vom Schlangenkönig im Schloffe zu Lübbenau. 
J. 6. Büſching. Wöchentliche Nachrichten für Freunde der Gefchichte, Kunft 
und Gelahrtheit des Mittelalters. Dritter Band. Breslau 1817. ©. 342 sq. 
Poetifh bed. von Segnig Bd. II. ©. 289 sa. 


Im Schloffe und Dorfe Lübbenau, welches den Grafen 
Lynar gehört, die aus Toscana jtammen, fowie in der hier 
in viele Arme fi fpaltenden Spree giebt es viele Wafler- 
fchlangen, die zwar unſchädlich find, aber den Kühen die Milch 
ausfaugen follen. Jedes Haus hat gewöhnlich zwei Haus- 
ichlangen, eine männliche und eine weibliche, die fich nicht 
eher ſehen laffen, als bis der Hausvater oder Die Haus- 
mutter ftirbt, wo fie dann. ihr Loos theilen. Dieſes Schlangen- 
beer hat aber einen König zum Oberhaupt, eine jehr große, 
ftarfe und lange Schlange, welde auf dem Kopfe zwei ge- 
bogene Hafen hat, mit denen fie ihre elfenbeinähnliche Krone 
trägt. Ein rüftiger Fifcher, der noch in dem erften Viertel 
dieſes Jahrhunderts lebte, fiſchte einft in einem alten mit 
Weiden bewachſenen Graben unmeit bes Schlofjes an ber 
fogenannten Schnede, und hat zu feinem größten Erftaunen, 
indem er das Neß herauszieht, eine gewaltig große Schlange 
mit etwas Weißem auf dem Haupte gefangen. Der Gewohn, 
heit der dortigen Einwohner nad, fogleih alle Schlangen, 
die ihnen in den Weg kommen, zu morden, nimmt er das 
Ruder, oder wie e8 in ber Landesſprache heißt, das Rubel 
. und fticht die Schlange an. Dieſe erhebt ein lautes Pfeifen, 
im: Augenblid fieht er fih von einem Haufen von Schlangen 
umlagert, die fich in feinen aus einem einzigen Eichenjtamme 


— 27 — 


ausgehöhlten Kahn (dergleichen die Fiiher hier gebrauchen) 
drängen und fein Ruder bis an die Spike umringeln. Er. 
geräth in Angſt und Schreden, fpringt aus dem Kahne ans 
Ufer und will davon eilen, aber die Schlangen ſchießen ihm 
nah. Zum Glüd fallt ihm ein, feine Jade auszuziehen und 
dDiefe von ſich zu werfen, das thut er und entlömmt Die 
Schlangen hatten fih auf fein Kleidungsftüd als den ver- 
meinten Feind geworfen und es durch und durch zernagt und 
bi3 in den faulen Graben mit gefchleppt, wo man es nad) 
einigen Tagen in diefem Zuftande fand. 

Nun ift es aber eine alte Sage, daß, wer ſich der Krone 
des Schlangenkönigs bemächtigen könne, der gelange zu fehr 
großem Reichthum, die Krone felbft ſei von unſchätzbarem 
MWerthe, ja man könne jogar auf diefe Art die Schlangen 
vermindern, denn die Krone jei nur einzig vorhanden und 
erbe auf die erwählten Könige. Da foll nun einft Jemand 
den kühnen Entſchluß gefaßt haben, ſich in den Bejit dieſes 
Hauptſchmuckes des Königs zu fegen. Er ftieg zu Pferde, um 
bei drohender Gefahr defto fehneller den rächenden Schlangen 
enteilen zu fönnen. Auf einem grünen Plage bei dem 
Schloſſe breitete er an einem ſchönen Maitage ein feines. 
weißes großes Tuch aus, denn man wußte, der Schlangen- 
fönig lege gern feine Krone auf reinliche weiße Sachen, wenn 
er ungeftört mit feinen Genoſſen fpielen wollte. Kaum: ift 
da8 Tuch ausgebreitet, jo hält er mit dem Roſſe nicht weit 
davon hinter einem Erlengebüfh an der Schnede, und zu 
feiner Freude fieht er den Schlangenkönig mit Gefolge herbei- 
fommen, und feine Krone auf das weiße Tuch legen. Gie 
begeben fich fodann in vollem Zuge nach der Eisgrube, um 
auf dem Berge in der Sonne zu fpielen. Der Reiter eilt 
jacht mit dem Roſſe Hinzu, nimmt fein Tuch mit der Krone 
an den vier Zipfeln zufammen und jagt im Fluge davon. 
Im Augenblid hört er ein durchdringendes Schlangenpfeifen. 
Er ift aber mit dem Roſſe zu jchnell und fommt bald auf 
das fefte Land und Pflafter in die Stadt. Niemandem erzählte 
er von feinem Schage, aber feit diefer Zeit ward er ein ftein- 

15* 


a. = 


reicher Mann und noch heute. ift fein Haus eins der reichften 
Kaufmannshäufer in ber. Stabt,. obgleich vielleicht nun bie 
Familie felbft fich der Sage nicht mehr zu erinnern weiß. 
Der oben erwähnte Fifcher fing freilih den Schlangenfönig 
bloß mit etwas Weißem auf dem Haupte. Es waren alfo 
wohl nad) der Sage bie beiden Hafen, in denen er fonft die 
Krone trug. 

Seitdem haben fi au bie Schlangen beträchtlich ver⸗ 
mindert, und auch hierin würde alſo die Sage erfüllt ſein. 
Das Wappen der Grafen zu Lynar führt noch bis auf dieſe 
Stunde eine gekrönte Schlange oder einen Schlangenkönig im 
Schilde nebſt einer Mauer, und ſoll dieſes Bild eben bedeuten, 
entweder daß ihnen derſelbe mit feinem Volke hold und ge— 
wärtig fei, oder daß fie von jenem klugen Manne, ber dem 
Schlangenfönig feine Krone entführte, abftammen. | 


252) Der Uriprung des Gefchlechtes derer von Hade. 
Peccenftein, Theatrum Sax. Th. I. ©. 306. 





Das alte Geſchlecht derer von Hade muß ſchon im Jahre 
520 in der Blüthe geftanden haben, denn’ in der Thüringer 
Chronif wird von einem Ritter von Hade gerühmt, daß er 
bei ben Sachſen in großem Anjehn als Kriegsmann geftanden, 
alfo daß fie ihm die Sachfenburg eingegeben, um ihnen gegen 
die Franken deſto beſſern Beiftand zu leiften. Auch hat er 
mit 100 muthigen Soldaten diefelben bei Naht und Nebel 
in ihrer Landfeftung Scheidungen überfallen, einem andern 
Haufen die Thore geöffnet und fie alſo Damals darin erfchlagen 
und die Feftung den Sachen zu eigen gemacht. Wegen folder 
ritterlichen That hat man ihm auch geftattet, neben der. Sachſen— 
burg, fo man ihm auf fein Zeben mit allem Zubehör zu 
genießen eingeräumt, auf einen Berge etwas feitwärts nad. 
dem Abhang zu ein befonderes Haus zu bauen und für ſich 
und die feinigen erblich zu behalten, inmaßen denn. bag 
Unterſchloß dafelbft jamt dem Vorberge noch bis auf heute 


99: — 


die Hadenburg genannt wird. Später haben fi aber bie 
Nachkommen diefes Ritters in die Marf Brandenburg ge- 
wendet, da denn einer, Namens Ernſt Hade, bei Markgraf 
MWoldemar in hohen Gnaden geweſen, aljo daß er deſſen ge- 
heimer Rath, fo zu fagen fein Heber und Leger ward. Da 
ift der Markgraf von einem feiner Vettern einmal überfallen 
worden, und obwohl er Nientand als diefen Haden bei fi) 
gehabt, Hat doch derfelbe fi dem Mörder entgegengemworfen 
und denfelben mit feiner Fauft erlegt. Wegen folder Treue 
und männlichen That hat der Markgraf den Haden nicht 
allein hoch gefhäßt und zum Ritter gejchlagen, jondern ihm 
auch vor aller Welt das Zeugniß gegeben, er müfje befennen 
und fagen, daß er an ihm von Jugend auf ein männliches 
und treues Gemüth befunden, und daß wahr fei, was ein 
guter Hade werden wolle, das krümme fich in ber Zeit. 
Von folder Rede hat er dieſem Ernft den Namen Hade ge- 
geben, da er zuvor einen andern gehabt, und darum hat fich 
das Geſchlecht vor Alters die Beifjen, ſonſt Haden genannt 
geihrieben. | 


253) Dad Wappen der Grafen von Stolberg, 
Peccenftein a. a. O. ©. 253. 





Nach einer alten Thüringer Chronik fol das Alter diefer 
Familie bis zum Jahr 530 oder wenigftens bis 564 n. Chr. 
zurüdreichen, wo ein gemiffer Otto de Columna aus einer 
adligen römischen Familie, die von der Säule genannt ge- 
weſen, zu den Zeiten Kaiſers Juſtin des jüngern fi unter 
deſſen Kriegsvolf, jo er gegen die Thüringer und deren 
rebelliihen König Ermanfried. geführt, als Oberfter brauchen 
laſſen und alfo tapfer verhalten, daß duch fein Verdienſt 
hauptfählich der Thüringer König gebemüthigt und unter der 
Nömer Gewalt zurüdgeführt ward, auch hat ihn der Kaifer 
zum Schute der Sachen in der Gegend am Harze zurüd- 
gelafjen. Als nun der Kaifer fih einft in Thüringen und 
in dem Haufe Scheidungen aufhielt, hat jener an dem Orte, 


— 230 — 


wo naher das Schloß Stolberg erbaut wurde, einen ſchwarzen 
Hirſch von anfehnlicher Stärfe und Größe angetroffen, ſolchen 
durch befondere Lift Iebendig gefangen und dem Kaiſer zu- 
geſchickt, ich auch fonft fo wohl verdient gemadt, daß ihm 
und feinen Nachkommen der ganze Strid und Platz, darauf 
der Hirfch gefangen worden war, auf etliche Meilen in ber 
Länge und Breite vom Kaifer gejchenft, er auch mit einent 
ſchwarzen Hirſch in feinen Wappen zu führen begnadigt und 
zum Grafen und römischen Juder oder Statthalter dieſer 
Gegend eingefegt und beſchenkt warb. 


254) Dad Wappen der Noftige, 
Bernhardi in d. Deutfchen BViertelj. Schr. 1853. 9. IV. ©. 262. 


Die 5 rothen Linksſchrägbalken im filbernen Schilde 
führt das uralte Geſchlecht derer von Noftig feit der Schlacht 
auf dem Marchfelde. Denn hier hat Rubolph von Habsburg 
einem Ritter von Noftit nach erfochtenem Siege die Hand: 
gereicht, ehe derſelbe aber feine blutige Rechte in die des 
Königs legte, zog er fie eilig über feinen weißen Wappenrod 
und bie fünf von feinen Fingern herrührenden rothen Streifen, 
die fih auf dieſem zeigten, blieben fortan fein Wappen. 





255) Woher dad Gefchlecht derer von Köfer feinen Nameıt 
erhalten, 


M. Sare, Alphabetum Historicum. Zwidau 1666. Th. II. ©. 32. cf. 
Peccenftein Th. I. ©. 176. 





AS der Markgraf Woldenar von Brandenburg Mark- 
graf Friedrid) von Meißen mit Kriegsmacht überfallen, ge- 
Ihlagen und gefangen hatte, verlangte er als Löfegeld von 
ihm einige Städte in Meißen und ließ deshalb ein Schreiben 
an den Meißner Adel ergehen, darein zu willigen. Diefelben 
aber haben geantwortet, er folle ihren gefangenen Herrn an 
einen beftimmten Ort bringen, damit fie ihn fehen und felbit 


— 1 — 


mit ihm ſprechen könnten. Da nun Woldemar eingewilligt 
und einen Ort und Zeit angegeben, iſt die Meißniſche Ritter⸗ 
Schaft mit folder Macht erſchienen, daß fie nicht bloß ihren 
Herrn freimadten, fondern aud den Brandenburger fingen 
und nad Altenburg führten. Weil nun aber. die Erbmarjchälle 
‚von Sachen nicht blos hierzu den Rath gegeben, fondern 
auch die vornehmften gewejen, die ihren Herrn erlöft, bat 
man fie, die vorher die Rehfelder geheißen, auch ein Reh in 
ihrem ‚Wappen geführt und einem Dorfe in ber Lochauer 
Haide jenen Namen gegeben, nunmehr die Löfer genannt. 


256) Die Wahlen in Sachen und vornehmlich im Plauen- 
fchen Grunde bei Dresden. 
C.G. L. C. F. (d. h. Ehr. Lehmann), Nachricht von Wahlen, wer fie 
geweſen, wo fie Gold-Erz aufgefuht und gefunden, wie fie ſolches ge— 
Ihmelzt und zu gute gemadt. Frkft. u. Lpzg. 1764. 8. ©. a. Lehmanır, 
Hift. Schauplag ©. 198 sq. Misc. Saxon. 1768. S. 306— 310. 324—332. 
u. Beſchreibung des Fichtelberges. Leipzig 1716. 4. 





In Sachſen, Thüringen und am Harze, in Schlefien, 
Böhmen und Ungarn haben fi in ben Bergwerksdiſtricten 
feit mehreren Jahrhunderten Ausländer eingefunden, welde 
in denfelben herumzogen, Golderz in Flüffen und in der Erde 
aufſuchten, fanden und mit fi nach Haufe trugen, dafelbft 
zu gut machten und fich dadurch vielen Reichtum erwarben. 
Died war auch fein Wunder, denn fie fanden und fehmelzten 
Gold aus den meißnifchen Goldjeifen” an ber Flöhe bei 
Dlbernhau, aus der Zichopau und allen Bächen an derfelben, 
wo man jchwarze Goldkörner fand, aus dem Grenzwafler 
Biela (Pila), wo fie Goldkörner fanden, bie fich flötzen ließen, 
aus dem Bächlein Conduppel und faft aus allen Forellen- 
bächen im Gebirge. Man nannte diefe Leute Wahlen (Vallenses 
oder von Wahla, d. 5. fremd), weil fie größtentheil® aus 
Venedig (daher oft Venetianer genannt) und Florenz, aus 
Beltlin, Wallis, Graubündten (deshalb Churwahlen gen.) und 
ben Niederlanden (aus Walheim bei Mecheln) her waren. Sie 


_ 9 — 


ſprachen ein ebenfo fchlechtes Deutſch als Italieniſch, werben 
auch. oft als Landfahrer oder fahrende Schüler bezeichnet, 
und es gedenft ihrer auch bereit3 Luther in feiner Auslegung 
der Epiftel an bie Galater (c. 3) und in ber Vorrede zum 
Prophet Daniel, nennt fie aber ruhmredige Leute, die viel 
Prangens machten. Man erzählt von ihnen auch, dab nad) 
Auffindung der Bergwerke zu Annaberg die Wahlen dahin 
gekommen, das reichhaltige Erz geſchmelzt und auf eine befiere 
Art gut gemacht, als die dajigen Bergleute gefonnt. Weil 
aber die Venetianer biefe Schmelzfunft als ein Geheimniß 
für fich behalten wollten, fi aber doch einer unter ihnen 
fand, der die Kunft auch Andern mittheilen zu wollen fchien, 
ſo erfauften fie einen Mörder, der nach Annaberg reifte und 
diefen ermorbete. Der Getödtete hieß Johann Mengemeyer 
und geſchah dies im Jahre 1514. (Annab. Chron. c. 9). 
Man kennt aber unter andern folgende Namen: D. Marcus 
und M. Hieronymus von Venedig und Piger, Antonius von 
Florenz, Baftian Derfto von Venedig, Mag Nic. Schlascau, 
Adam und George Bau, Ehriftoph und Hank, Friedrih und 
Barthel Fratres und Mojes Hojung von Venedig, die fich 
von 1400 bis 1608 im Gebirge aufgehalten haben oder an 
Flüffen ertappt worden find. Webrigens fcheinen dieſe Leute 
ſehr oft von guter Herkunft gewejen zu fein. Denn man 
erzählt, daß einft ein ſächſiſcher Edelmann einen jolchen 
Wahlen, häufig auf feinem Grund und Boden ertappt habe, 
wie derjelbe Erz ſuchte und wegſchleppte; er ermahnte ihn 
erit, davon abzuftehen, drohte ihm zulegt gar mit Mißhand⸗ 
lungen, und al3 er aud da noch nicht hörte, jagte er ihn 
mit Schlägen von feinem Gute. Da trug es fich zu, daß er 
nad einigen Jahren auf einer Reife auch nach Venedig Fam, 
und da er ſich bier längere Zeit aufbielt, erblidt ihn auch 
der von ihm gefchlagene Venetianer. Derfjelbe fuchte nun 
mit ihm in Gejellfehaft zufammenzufommen, und als ihm 
dies gelang, lub er ihn auch zu fich ein, und nachdem er 
ihn auf's Prächtigfte bewirthet, legte er die ſchlechten Kleider 
an, bie er, als er in Sachſen gewejen war, getragen hatte, 


— 1933 — 


trat vor ihn. hin und fragte ihn, ob er den noch Fenne, den 
er einft auf feinem Gute mit Schlägen abgelohnt habe? 
Jener beſann ſich auch, fagte aber, es thue ihm leid; wenn 
er ihm damals gejagt, wer er fei, würde er ihm auch beffere 
Ehre angethan Haben, und fo find fie als gute Freunde 
auseinander gegangen.}) Hieraus folgt nun aber, daß diefe 
Wahlen das Erz mit fich huckenweiſe fortgetragen, zu Haufe 
gut gemacht und gefchmolzen haben, fie haben aber auch die 
Orte, wo fie Golderz gefunden, fleißig angemerkt und in iht 
Schieferbuch eingetragen, wie fi aus dem von einem ge— 
wiſſen Johann Begge, der 1685 zu Frauenftein verftarb, und 
ein ſolches 1685 niebergefchriebenes Heft hinterließ, von dem 


+) Beder, der Plauifhe Grund S. 121, erzäßlt diefe Sage, welche 
der oben S. 209, Nr. 234 mitgetheilten, fehr ähnlich fieht, anders alfo. 
Ein Wahle Hatte lange Zeit bei einem armen Manne, der ſich ftet3 mög- 
Tichft dienftfertig gegen ihm gezeigt, gewohnt; des Morgend ivar er aus— 
gegangen und des Abends hatte er Heine Sädchen mit Steinen nad 
Haufe gebracht, die er dann auch, wenn er wieder heimreifte, mit fich nahm. 
Einjt nahm er vor feinem Wirthe für immer Abfhied, gab ihm einige 
Goldſtücke und fagte, er wünfche ihn oder feine Kinder einmal bei fi zu 
fehen. Nun trug es fich fpäter zu, daf einer feiner Söhne als Soldat 
mit der kaiſerlichen Armee nad) Italien kam. In einem Treffen ver- 
wundet, mußte er den Abfchied nehmen, und da er in der Nähe vom 
Benedig war, befam er Luft, diefe Stadt zu fehen. Als er Hier gegen 
Mittag anlangte und eben an einem Kanal ftand, den er gern berab- 
gefahren wäre, wenn er nicht die Koften gefcheut hätte, fo fam ein vor— 
nehmer Herr, der ſich überſetzen laſſen wollte. Diefer bemerkte ihn, fah 
ihm ſcharf in's Geficht und fragte ihn, ob er nicht aus dem fächftfchen 
Erzgebirge fei und fo und fo heiße. Der Soldat bejahte die Fragen und 
ber unbelannte Herr nahm ihn hierauf mit nach Haufe. Hier fragte er 
denjelben, ob er ihm nicht mehr kenne. Der Soldat erwiderte: „nein. 
„Run, jo will id Dir Jemanden bringen,” entgeguete er, „ven Du gewiß 
fennen wirft“, und ging zum Zimmer hinaus. Nach einer Weile fam er 
in der alten zerriffenen Kleidung zurüd, die er gewöhnlich auf feinen 
Reifen getragen hatte, und nun erkannte ihn der erftaunte Soldat im 
Augendlid. „Sieht Du,’ fagte jener, „vieles fhöne Haus und ein an« 
ſehnliches Gut Habe ich mir aus den Steinchen erworben, die ich in Euerer 
Gegend aufgelefen habe“. Gr bewirthete den jungen Menfchen auf's Beſte, 
ließ ihm Kleider machen, behielt ihr einige Wochen bei fih und befchenfte 
ihn bei feiner Abreife fiir fich und feinen Vater mit einigen hundert Thalerır. 


— 234 — 


glei) die Rede fein wird, aufgejegten ergiebt. Sonderbar 
ift e8 allerdings, daß fie die Schriften in deutſcher Sprache 
und nicht in ihrem Landesdialect abgefaßt haben, da fie doch 
offenbar für ihre Familie beftimmt waren, damit ihre Kinder 
und Freunde nach ihrem Tode fi im Lande zurecht finden, 
und das Erz, was fie nicht felbit fortbringen fonnten und 
deshalb verftedt hatten, am angegebenen Orte entbedten. 
Sie haben übrigens zur Angabe der verjchiedenen Metalle 
und Gruben und um fi) nach längerer Zeit ficher orientiren 
zu können, in Bäume und Felſen beftimmte Merkzeichen ein- 
geichnitten, welche man die Wahlenzeichen nennt und amt 
Schluffe des oben angeführten Lehmannifhen Werkes auf 
zwei Tafeln abgebildet find. Gleichwohl ſchienen dieſe Zeichen 
fpäter verwifcht und unkenntlich geworden zu fein, wenigſtens 
hat ein gewiſſer Greis, Namens Gerifi, der bis auf die 
neuefte Zeit in Bilchofswerda lebte und von einem ſolchen 
Wahlen abftammte, troß aller Bemühungen nichts finden 
fönnen und tft arm geftorben (f. Winter im Feuill. d. Conſtit. 
3. 1853. ©. 383). Sie hatten ſich auch vieler abergläubiicher 
Mittel bedient, fo 3. B. haben fie zum Schmelzen, Röſten 
und zur Verwandelung der Metalle einzelne Kräuter gebraucht, 
wie das Mondkraut (lunaria), bei Aufgang der Sonne im 
vollen Mond gepflüdt, Goldwurzel oder Martigen, Monden- 
raute und Eifenfraut, auch Taubenfraut genannt. Sie follen 
aber auch die Erze verthan oder verzaubert haben, damit fie 
Niemand als fie finden könne. Sie follen deshalb ein Stüd 
Holz von einem Sarge genommen und an ſolche Orte, wo 
Körner, Erz oder fonft Metalle find, oder in einen Baum in 
der Nähe eingejhlagen haben und Niemand habe fie dann 
ausfindig machen können, es fei denn, das Holz wäre ver- 
fault oder herausgefallen. Auch follen fie Todtenköpfe in Die 
Brunnen und Erzgruben geworfen haben, die erſt entfernt 
werden müfjen, wenn man etwas finden will, ja zuweilen 
follen fie einen böfen Geift dahin gebannt haben, wie auf 
den Tollenftein bei Sitta, und hier muß wieder dieſer erft 
vertrieben werben. Gleichwohl giebt es auch wieber Mittel, 


— 235 — 


um biefen Zauber aufzuheben, fo wird in dem oben an- 
geführten Buche ©. 126 Folgendes angegeben: „Kreuch drey- 
mal rüdlings vorne um das (verzauberte) Loch, wenn es 
nicht aufgethan, fo ift’3 auf jener Seite verthan worden und 
fo haft Du es auf diefer Seite noch einmal vertan: So 
gehe und Freuch auf jener Seite fehsmal rüdlings herum, 
fo thuft Du jenes und Deines auf, dann wirft Du es recht 
finden, alfo fannft Du auch alle anderen Sachen, die verthan 
find, wieder aufmachen, fie mögen verzaubert fein wie fie 
wollen.” Weiter (S. 125) wird von einen Goldfehmied in 
Ungarn erzählt, er habe bezauberte Erze aljo aufthun fönnen, 
er habe den Neumond beobachtet, und wenn diefer am Freitag 
früh einfiel, da fchnitt er ein noch warmes, neubadenes Brod 
auf, griff dreimal im Namen ber h. Dreifaltigfeit hinein und 
nahm foviel Brofamen, als er erfaffen konnte. Wenn ihm 
nun fol bezaubertes Golderz gebraht ward, um es zu 
tractiren, fott er es erſt in Menſchenurin gehörig ab, proce- 
dirte dann wie gewöhnlich und brauchte dazu die vorgenannten 
Brofamen. Einft hat ihm Jemand ein Stüd Golderz, das 
verzaubert war, gebracht und hat fich mit der Hälfte des 
Merthes begnügt, den jener ihm auch gegeben hat. 

Jedenfalls find die Wahlen bergverftändige Leute ge— 
weſen und deshalb hat der Aberglaube fie zu Zauberern und 
Teufelsbannern geftempelt. So wird (S. 1285) folgende 
Geihihte erzählt. Im J. 1469 ftarb zu Eger Sigismund 
Mann, der eine Venetianerin Katharina, eine geborne Wahlin 
auf feiner Wanberfchaft geheirathet, welche die Kunft, das 
Gold vom Zinne zu fheiden, von ihren Eltern gelernt hatte, 
und da fie mit gedachtem ihrem Manne nad) Wunfiedel ge- 
zogen, hat fie bafelbft mit großem Nutzen es practicirt und 
find fie um viele taufend Thaler reich geworden, fo daß fie 
im Jahre 1439 das Hospital zu Wunfiedel, das arme Brüder- 
haus, geftiftet mit zwölf Brüdern, die mit Beten, Kirchen» 
gehen und andern guten Werfen den Orden führen follten, 
dahin feine Grabfchrift führt, die alfo lautet: 


— 236 — 


Ao Dni 1451 Yahr 
Als die Stiftbrief fagen für wahr 
Iſt dies löblich Haus gefangen an, 
Gebaut duch eim chriftlihen Mann, 
Sigismund Wann ift er genannt, 
Seinem Baterlande wohl bekannt. 
Eine Wahlin gehabt zum Weib, 
Ohne Leibeserben verfchied beyder Leib. 
Bon Gott mit diefer Kunft. begnad, 
Wie man von alter Urkund hat, 
Das Gold von Zinn zu fcherren 
Dadurd ſich ihre Güther thäten mehren ꝛc. 

Speciell für das Weiferigthal hat aber jenes vorhin 
erwähnte Schieferbüchlein des Wahlen Begge darum Intereſſe, 
weil es höchft intereffante Conjecturen über den Metallreich- 
thum dieſer Gegend liefert. Dieje Stelle lautet aber (a. a. 
D. ©. 68 sq. u. a. b. Horn, Sächſ. Handbibliothef Bd. II. 
p. 249—252) alſo: 

„Denn man von Dreßden gehet gegen Mittag an ber 
„hinderſten Mühle im Blauifhen Grunde, ehe man zum 
„Schweizerbette fommt, liegt ein Goldgang, der gegen Morgen 
„ſtreichet und fiehet man denfelben bei Tage ausftreiden an 
„pen hohen Felfen, der ift fo reich, daß auch der halbe Theil 
„Gold und Silber ift, es ift aber nicht wohl dazu zu fommen. 

„Weiter beym Schweizerbette ift ein großer Steinfels, 
‚Daran find unterjchiedene Zeichen gehauen, von bdenfelben 
„gehe zweyhundert Schritte, da wirft Du einen jehr mächtigen 
„Gang antreffen, der foviel Gold, Silber und Kupfer hält, 
„Daß es nicht zu befchreiben. Der Gang kommt aus halbern 
„Abend und Mittag und ftreichet oben bey Tage aus. Der 
„Berg fieht oben ganz röthlich aus, und ift jehr hoch. 

„Ferner diefem Berg über das Wafjer, die Weißeritz 
„genannt, Liegt ein Gründgen nahe bey einem Dorfe, jo 
„Sojhig heißt, unten am Gründgen ijt ein Goldgang, der 
„aber mehr Silber als Gold hält, jedoch ift viel gediegen 
„Gold und Körner, dem Hanfe und Widen gleich, welche 
„ganz graulich aussehen und inwendig voller Gold find, da- 
„bei befindlich. 


u 


„Weiter hinauf am Gründlein ift ein Stollen, barinnen 
„viel Silber und Kupfer ift, und ift ſehr milde und ſchmeidig. 
„sm Bächlein, das in die Weißeritz läuft, findet man ge- 
„diegene Goldförner ſehr ſchwarzbraun. 

„Vom Schweizerbette, eine kleine Viertel Meile ohn— 
„gefähr, kommt man an einen ſteinigten Weg durch Erlen und 
„Haſelſträucher auf einem luſtigen ebenen Fleck, und oben 
„auf dem Berge ſtehet ein Haus, vor ſelbigem nahe dabei 
„kommt ein mächtiger Kupfergang, darbey Rothgülden- Erz 
‚ft, und ift zum Wahrzeichen unten am Berge ein. Graben, 
„parinnen die Erde ganz kupfern fieht. Ingleichen halten 
„pie Steine auf der Erde hierum viel Gold und Kupfer. 

„Fernerhin kommt man zu. einem Eiefernen Bufche, unten 
„am Fußfteige liegen viel Steine auf einander, von. der 
„Steinrüde fünfzig Schritte ift ein großer Stein, da dann 
„zwey Kreuze gegen Mitternacht, und wo das Längfte Kreuz, 
„der Strich gegen Mitternacht hinweifet, da ſcharre ein wenig 
„Erde auf, fo findeft du Rothgülden-Erz und Kupferglas-Erz, 
„eine halbe Elle hoch, und eine Biertelelle breit, von da ift 
„viel weggetragen worden. Der Berg ift fo reich, daß es 
„nicht zu befchreiben. 

„Gehe am Gebürge an den Felfen hin, durch die MWiefen, 
‚jo kommſt du zu einem Wege, der aufs nähefte Dorf gehet, 
„gehe den Weg etwa hundert Schritte im Gefträudhe am 
„Berge hinauf nach, jo findeft-du eine rothe Höhle, darinnen 
„iſt ein Schatz eines Königsreihs werth an Noth- und 
„WBeißgüldenerz, und viele Edelgefteine. 

„Bey Sambsborf im hohlen Wege ftreiht ein mächtiger 
„Silbergang zu Tage aus. 

„Der-Windberg über der Weißerig nahe bei Botihappel 
„iſt fo reih an Gold und Silber, daß es nicht zu beichreiben. 
„Es kommt ein Flüßlein vom Berge gegen halb Mitternacht 
„und Morgen, darinnen findet man viel Goldförner, und 
„gehet ihnen nichts ab denn die Oberhaut. 

„sm Tharandifhen Walde liegen Erz und Kupfer- 
„gänge fo reih an Gold und Silber, daß es nicht zu be- 


— 233 — 


‚reiben. Wenn man von Hödendorf geht, darunter liegt 
„ein Bergwerk, ift fo reich an Silber, daß vor viel taufend 
‚Thaler daraus genommen worden. 

„Richt weit davon liegt der grüne Stollen, da fließet 
„Die Weißerig, über dem Waſſer nah dem Tharandifchen 
‚Walde, dem Berg hinauf Liegt ein reiches Bergwerk, da— 
„rinnen Rothgülden- und Glaserz am Bruce ftehet, auch 
„bereit3 das Wahrzeihen an einem Baume zu finden, eine 
„ſpitze Keulhaue und unter dem Baume ein großer Stein, 
„darauf drey Kreuze gehauen. Weiter hinauf in dem Walde 
„wird man mehr Zeichen an Bäumen finden, und mitten 
„duch die Bäume ftreichet ein fehr mächtiger Kupfergang 
„einer Elle breit, und liegt der ganze Mann da, der jih nad) 
„dem Waffer, der halbe Theil oder Arm nach Freiberg, und 
„das ganze Corpus liegt nach dem Tharander Walde, wie 
„pie Zeichen vermelden. | 

„zu Hödendorf, wo das reihe Silber-Bergwerk ift, 
„welches aber durch Gottes Strafe wegen Uebermuth3 über- 
„ſchwemmt ift, hat ein Bauer 1660 gediegen Silber ausgeadert. 

„Anno 1681 im Junio ift N. N. durch den rothen Gang 
„mit fleißigem Gebethe gegangen, und den ganzen Stod auf 
„etlihe hundert Schritte über Kreuz angetroffen, und wäre 
„allda das Glüd mit Gott zu ſuchen duch Abjenfung des 
„Schachts auf etliche Lachtern ꝛc.“ 


257) Der Nir in der Weißerig. 
Mündlich. 





Auch das kleine Weißeritzflüßchen hat ſeinen Nix, der— 
ſelbe hält ſich aber gewöhnlich in Dresden auf und wollen 
ihn Viele in dem hohen Waſſerbette hinter den Rädern der 
Hofmühle ſitzen, ſich baden und ſpielen geſehen haben in der 
Nähe des Ausgangs des An der Weißeritz genannten Gäßchens 
in der Wilsdruffer Vorſtadt. 


— 2339 — 


258), Der. Hirfehfprung im Wlauifchen Grunde. 
J. Petzholdt, Der Plauenfhe Grund. Dresden 1842. 12. ©. 12 sg. 


Auf der Linken Feljenhöhe des Eingangs zum Plauifchen 
Grunde in der Nähe der jogenannten Krähenhütte erhebt jich 
ein fteiles Felſenhorn, welches, weil bei einer in Folge 
der Vermählungsfeierlichfeiten des nachmaligen Churfürften 
Auguſt IIL. mit der Faiferliden Prinzeffin Maria Joſepha 1719 
abgehaltenen Treibjagd von hier vier Hirfhe und ein Bär 
fih in die Weißerit hinabzuftürzen genöthigt wurden, der 
Hirih- oder Bäreniprung heißt. 


259) Der Schag im Burgwartöberge. 
Petzholdt a. a. O. ©. 29. 





Auf dem Burg- oder Burgwartöberge bei Peſterwitz hat 
urſprünglich eine Burg geftanden, von der jedoch nichts mehr 
übrig if. In diefem befindet ſich eine verzauberte Brau- 
pfanne von Gold. Als Zeichen eines hier verborgen liegen- 
den Schabes fieht man zuweilen ein Licht auf dem Berge. 


260) Die Entdelung des Potjchappeler Steinkohlenlagers, 
Petzholdt a. a. D. ©. 32 sq. 





Um die Mitte des funfzehnten Jahrhunderts hat fich 
einmal ein Kuhhirt auf den Kohlsdorfer Feldern (bei Peſter⸗ 
wig im Plauifchen Grunde) an einem rauhen Tage ein 
Feuer angezündet, da aber ein heftiger Wind es immer 
wieder auslöjchte, jo fuchte er eine Menge Steine zufanmen, 
um damit eine Art von Mauer gegen den Wind zu errichten. 
Unter diefen Steinen befanden fich viele jchwarze, die das 
muthige Pferd, welches er nebft den Kühen hütete, mit dem 
Hufe aus der Erde herausgearbeitet hatte. Sein Unternehmen 
gelang ihm, das Feuer brannte nun ruhig, aber mit großem 
Erftaunen bemerfte er jebt, daß auch feine Mauer in Brand 


— 240 — 


gerieth und größtentheils vom Feuer verzehrt ward. Er er- 
zählte diefes Wunder ſogleich feinem Herren, allein er wurde 
ausgelacht, doch wiederholte er den nächſten Tag den Verſuch 
und warf von biefen vermeintlichen Steinen einige mit in 
das Feuer, die ebenfogut verbrannten, wie die am vorigen 
Tage. Dies bewog ihn, einige mitzunehmen, er zündete fie 
zu Haufe in Gegenwart feines Herrn, der ebenjowenig von 
Steinkohlen etwas wußte, auf dem Herde an, und über- 
zeugte ihn nun. 


261) Dad Schweizerbette im Plauifchen Grunde. 
W. ©. Beer, Der Plauifche Grund bei Dresden. Nürnberg 1799. 4. S. 36 5q. 





Kurz vor der zweiten Mühle im Blauifchen Grunde, ber 
fogenannten Königsmühle befand fich fonft eine fpäter ge- 
iprengte berüberragende Felsflippe, die ohngefähr 6 Ellen 
hoch, 2 Ellen breit, und oben flach, aber abſchüſſig war. 
Hier hat fich einmal ein Schweizer von ber fächfischen Garde; 
im Raufche niedergelegt, um auszufchlafen, welches ihm aud, 
ohne daß er Schaden genommen, gelungen iſt. Die Stätte: 
führt den Namen bes Schweizerbettes noch jet, von dem 
Felſen aber ift feine Spur mehr übrig. 


262) Dad Zauberſchloß im Windberge bei Burgk. 
Nah Beder a.a. DO. ©. 107 sq. und Petzholdt, S. 60. 8q. Novelliftifch 
beh. v. — Deutſche Vollsmärchen Th. I. ©. 163 sq.. Poetiſch 

verarb. von Biehnert Bd. I. ©. 19 sq. 








Sn Burgk am Windberge wohnte vor Jahren ein alter 
Dorfmufifant, der in der ganzen Gegend beliebt war, denn. 
alle Mädchen und Burſche behaupteten, daß ſich's nach feiner 
Geige am beiten tanze. Die Beine hoben fih wie von jelbit 
und auch die ungeſchickteſten Tänzer mußten Takt halten, fie, 
mochten wollen oder nicht. Dies lag nun einmal fo in ſeiner 
Geige. Rothkopfs Görge, jo hieß der luftige Fiedler, war 
aljo in allen Schänfen willlommen und wurde zu allen 
Kirmfen und Hochzeitsfeften beitellt. Eines Sonntags, als 


— 241 — 


er den Bauern von Deuben zum Tanze aufgeſpielt hatte und 
in der Mitternachtsſtunde einſam nach Hauſe ging, über— 
rechnete er den Ertrag ſeiner Geige und dachte dann an den 
künftigen Sonntag, zu welchem er wieder beſtellt war. So 
verging ihm die Zeit und unvermerkt kam er zum Wind— 
berg. Da fiel ihm auf einmal das Zauberſchloß ein, von 
welchem er in ſeiner Jugend ſo viel gehört hatte, daß es im 
Innern des Berges ſtehen ſolle — auch auf dem Gipfel 
deſſelben ſoll früher ein Schloß geſtanden haben — und ſprach 
bei ſich ſelbſt: „Du biſt doch nun ſchon manches liebes Jahr 
und zu jeder Stunde der Nacht da vorübergegangen und haſt 
noch niemals etwas von dieſem Zauberſchloſſe geſpürt, wer 
weiß, ob es wahr iſt. Mir ſollte Niemand erſcheinen und 
mir gebieten, zu folgen, ich faßte mir wirklich ein Herz und 
füllte mir meine Taſche mit Gold. Ja wer nur den Eingang 
in's Zauberſchloß wüßte!“ „Den will ich Dir zeigen,“ er— 
widerte ihm ein Mann, den er niemals geſehen und der ihm 
jetzt gerade in den Weg trat. Der arme Görge erſchrak fo 
gewaltig darüber, daß er nicht einmal zurückzutreten vermochte, 
und ſo freundlich auch immer die Antwort des Unbekannten 
erklang, ſo ſah es doch um das Herz, was er ſich vorhin zu 
faſſen getraute, gar jämmerlich aus. „Komm, folge mir ge— 
troſt,“ verſetzte der Berggeiſt, „Du wirſt im Schloſſe von 
einer hohen Geſellſchaft erwartet, um ihr zum Tanze zu 
ſpielen; ſie wird Dich gnüglich bezahlen, daß Du Dein Lebe— 
lang haſt, was Du brauchſt: aber hüte Dich ja, im Schloſſe 
zu reden und fordere ja nicht, wenn man Dich fragt, was 
Du für Deine Muſik begehreſt.“ Rothkopfs Görge war ganz 
verſteinert vor Schrecken. Der Berggeiſt ging vor ihm her 
und winkte ihm, zu kommen, und Görge folgte, ohne es zu 
wollen. „Was hülf' es Dir auch, wenn Du flöheſt,“ ver- 
mochte er doch noch bei ſich zu denken, „er würde Dich bald 
ergreifen und Dir wohl gar das Genicke brechen.” Mit In— 
brunft jtammelte er das ftetS fo bewährte: „Alle gute 
Geifter ıc., was ſchon jo Mandem in gleichen Aengſten ge- 
holfen, und wankte zitternd hinter ihm brein. 
Gräfe, Sächſ. Sagen. I. 16 


— 22 — 

Durch einige ſchaurige Wege, die Rothkopfs Görgen, ſo 

gut er auch am Windberge Beſcheid wußte, gänzlich unbekannt 
waren, und die er ſich auch niemals wiederzufinden getraute, 
gelangten fie endlih an ein großes leuchtendes Thor, das 
fih plöglih, jobald fie in den geräumigen Vorhof getreten 
waren, von ſelbſt wieder ſchloß. Der Muſikant glaubte, er 
werde aus biefem bezauberten Schlofje wohl nun nie mehr 
herauskommen, denn wenn der Ton feiner Geige dem Berggeift 
gefiele, jo könne e8 demfelben leicht in den Sinn fommen, ihn 
gar zu feinem Hofmufifanten zu machen. Zwiſchen Furcht 
und Erftaunen getheilt, durchging er den mit Fadeln er- 
leuchteten Vorhof und erblidte dann mehrere prächtige und 
hohe Gebäude und Thürme, die kaum, nach feinem Augen- 
maße zu ſchließen, im Windberge Plat haben Fonnten, und 
Alles war hell und erleuchtet, wie am Tage. Gein Führer 
ging ftetS vor ihm ber und bradte ihn durch das Haupt- 
gebäude in einen großen, von vielen taufend Kerzen er- 
leuchteten Saal, wo eine große Gejellihaft von Herren und 
Damen in fchmwarzer altdeuticher Tracht und mit föftlichen 
Perlen und Edelſteinen geſchmückt, ihn augenblidlih um— 
ringte und von oben bis unten mit großen Augen betrachtete. 
Ihm pochte das Herz gewaltig; fein Führer aber winkte ihm 
freundlih und führte ihn durch den verfammelten Kreis zu 
einem Kamine mit dem deutenden Winfe, fih nun auf der 
Geige hören zu laffen. Auch hier umgaben ihn, während er 
ftimmte, die Herren und Damen, und endlich erhielt er das 
Zeichen zum Anfang. Es begann eine Art Tanz, dergleichen 
er weder in Burgk, noch auf den andern Dörfern umher 
jemals gejehen hatte. Das Sonderbarfte vor Allem war aber, 
daß er dazu mit der größten Fertigkeit eine Muſik fpielte, 
die er in feinem Leben noch niemals gehört hatte und von 
der er auch nachher niemals wieder einen Ton hervorbringen 
fonnte. AS fich die Gefellihaft ohngefähr eine Stunde, nad) 
jeinem Bedünfen, wit dem Tanze beluftigt hatte, Fam jedes 
Paar mit ernithaften Schritten und jchweigend auf ihn zu, 
und nun betrachteten fie ihn mit Bliden, vor welchen eine 


— 2143 — 


Augen zu Boden fanfen. Endlich trat einer der Herren aus 
dem Kreife hervor und fragte: „Was forderit Du für eine 
Belohnung?” Bei allem Angſtſchweiß gedachte Doch Görge 
der Ermahnung des Führers: er zog feinen zwijchen die 
Knie geflemmten Hut hervor, hielt ihn mit demüthiger Ge— 
behrde offen vor fi) hin und gab durch eine Bewegung zu 
erkennen, als fei er mit Allem zufrieden. Da ergriff der 
nämliche Herr eine Kohlenfchaufel, fuhr damit in den Haufen 
der im Kamine glühenden Kohlen, und fchüttete fie Görgen 
in den Hut. Diefer entjegte ſich darüber nicht wenig, allein 
in demſelben Augenblide trat der befannte Führer herbei, 
und winfte ihm freundlih, er folle ihm folgen. Görge ge- 
horchte fogleih, vol banger Erwartung, was weiter folgen 
werde, und jah fi in Kurzem zu eben dem Thore zurüd- 
begleitet, durch welches der freundliche Mann ihn eingeführt 
Hatte. In diefem Augenblide war auch der Führer und mit 
ihm die ganze Erſcheinung verfhwunden; Rothkopfs Görge 
aber befand ſich, von der finfterften Nacht umhüllt, auf dem 
nämlichen Plate, wo ihm der Geift in den Weg getreten war. 

Nachdem er fi) von feiner betäubenden Angft wieder 
ein wenig erholt hatte, verfolgte er den wohlbefannten Heint- 
weg mit eiligen Schritten und dachte der wunderbaren Be- 
gebenheit nad. Er ärgerte fi im Geheim nicht wenig über 
die höllifche Belohnung, die er in feinem Hute vor fi hin 
trug, und hätte die Kohlen gern auf die Seite geworfen, 
wenn er nicht die vermeinten böfen Geifter, die im Wind- 
berge haufeten, wider fich aufzubringen befürchtet hätte. Es 
war ihm ohnedies nicht wohl dabei zu Muthe, daß der Hut 
immer jchwerer wurde, die Laft nahm mit jedem Schritte zu 
und faum vermochte er fie mehr zu tragen: allein die Furcht 
gab ihm Kräfte, und fo jchleppte er fie geduldig mit fort. 
Kaum aber hatte er feine Wohnung erreiht und die Haus— 
thüre aufgeichloffen, jo ſchüttete er die fchweren Kohlen nebft 
dem, was fie fonjt noch erſchwert haben mochte, mit einem 
Male auf die Seite, und warf die Thüre gefchwind hinter 
fih zu. Er kroch fo eilig als möglich in fein Bette, zog bie 

16* 


— 244 — 


Dede über den Kopf und drüdte noch unter berfelben bie 
Augen fo feft zu, als er fonnte, allein die Bilder des Zauber- 
ſchloſſes ſchwebten ihm noch immer vor Augen, bis enblich 
die Müdigkeit der Gejchäftigfeit feiner Einbildungskraft Ein- 
halt that und der ganze Görge mit Leib und Geele in einen 
tiefen Schlaf verfanf. 

ALS er am Morgen erwachte, ftand der ganze Zauber 
mit aller Lebhaftigfeit wieder vor ihm da. Er fprang fo- 
gleich aus dem Bette, um feinen Hut zu befehen, der feiner 
Meinung nad) ganz verbrannt fein mußte, aber zu feinem 
größten Erftaunen fand er den Hut unverfehrt. Indem er 
ihn jo verwundert von allen Seiten herumbdrehte, fiel aus 
einer Kleinen Deffnung im Futter ein Goldftüd heraus, ber- 
gleihen er noch nie eins in Händen gehabt hatte. Auf ein- 
mal enträthjelte fich ihm nun die Belohnung mit den glühen- 
den Kohlen, ſowie die fich immer vermehrende Schwere 
berjelben. Mit großer Begierde fprang er vor’3 Haus, nad 
den ausgefchütteten Kohlen zu jehen, allein ftatt der gehofften 
Goldſtücke fand er nichts als ein Häufchen todter Steinfohlen. 
Er raffte fie alle emfig zufammen und trug fie hinein auf 
den Tiſch, allein fie wollten weber erglühen, noch in Gold 
fih verwandeln. Er that fie wieder in den Hut, allein auch 
dieſer Verſuch lief fruchtlos ab. 

Da ſtand nun Rothkopfs Görge und kratzte ſich hinter 
den Ohren, daß er ſein Glück ſo verſcherzt hatte. Das in 
dem Hute gefundene Goldſtück machte ihn ärmer als er ge— 
weſen war, weil es ihn beſtändig an ſeinen Verluſt erinnerte. 
Da er aber als luſtiger Spielmann von Natur keinen Hang 
zur Schwermuth beſaß, ſo ergab er ſich endlich darein, und 
nach einigen Jahren ſchien er ſogar froh darüber, daß er 
nicht zum reichen Manne geworden war. „Denn“, ſprach er 
zuweilen, „ſchon das eine Goldſtück hat mir Unmuth und 
Sorgen genug gemacht, wie ſehr würde mich nicht erſt ein 
ganzer Hut voll ſolcher Goldſtücke gepeinigt haben.“ 


— 45 — 


263) Daß Panier des Nitterd St. Georg zu Tharand. 
Ursinus bei Mencken. Script. Hist. Sax. T. III. p. 1272. 


ALS der Landgraf Ludwig von Thüringen mit Kaifer 
Friedrich nah Paläftina zog, ſchickte ihm Gott vom Himmel 
herab das Panier des Ritters St. Georg feiner Milbthätig- 
feit und guter Werke halben, und unter dieſem tritt er gegen 
die Ungläubigen und fiegte. Dann ward das Panier gen 
Wartburg gebracht, darnach aber gen Meißen auf ein Schloß, 
welches der Tharant heißt. Da kam Feuer in dem Schloffe 
aus (1190) und viele Leute fahen das Panier des Ritters 
im Feuer zum Fenfter hinausfliegen, aber Niemand hat er- 
fahren, wo es feitdem geblieben ift. Diefes Wunders wegen 
ward hernach die St. Georgenkirche zu Eifenach gebaut. 


264) Der Einfiedel im Thale der rothen Weißerig. 


(2. Cotta), Tharand und feine Umgebungen. Dresd. u. Lpzg. 1835. 
16. ©. 91. 


Ganz in der Nähe des Städtchens Tharandr) befindet 
fih das Thal der rothen Weißeritz. Hier gejtatten fchroffe 





T) Das Wahrzeihen der Stadt ift eine in Stein gehanene und 
neben dem Thorwege der Schloßmühle eingemanerte und roth angeftrichene 
Granatblüthe, welche fich darauf bezieht, daß die Weißerig Granaten mit 
ſich führt, weshalb feit der zweiten Hälfte des 15. Ihdrts. der Ort felbft 
Granaten hieß. Bon dem alten Sclofie hat man zwar feine gleich- 
‚zeitige Abbildung mehr, allein der verftorbene Director d. Kgl. Kupf. Cab. 
Frenzel vermuthete mit Recht, daß die Darftellung einer Burg von dem 
anonymen altdeutfchen Kupferftecher S. N. in dem K. Deff. Kupferftich- 
Cabinet und in der Privatfamml. S. M. d. höcftf. K. (Nr. 6579) be- 
findlich und von Heineden, Nachr. Th. I. ©. 384 befchrieben, dafjelbe, wie e8 
zu jener Zeit noch ausfah, wiedergiebt. Der Name Granaten hat übrigens 
zu einer fonderbaren Berwechfelung Anlaß gegeben. Schlentert, Tharand. 
(Dresd. 1797. ©. 84) umd nad) ihm der Verfaſſer von: „Die Weiferit- 
thäler und ihre Umgebung. Dr. 1833. 12. ©. 78 erzählt nämlich, Kurfürft 
Doris habe 1549 dem nachherigen Kaifer Marimilian II., als er noch 
Erzherzog geweſen, 1548 bier ein glänzendes Jagdfeſt gegeben und beruft 
fih auf ein Hofchr. auf der Dresdener Bibliothek befindliches Tateinifches 


— 46 — 


Felſenriffe und wild aufbrauſende Fluthen im Frühjahr kaum 
einen ſchmalen Pfad am linken Gehänge hin. Eine felſige 
Laudzunge, der ſogenannte Einſiedel, wo einmal ein Einfiebler 
feine laufe gehabt haben foll, ift in der Umgegend als ein 
Drt, wo es fpuft, berüchtigt. Man erzählt fi von grauen 
Männchen, die da herumgehen, und von Geijtern, die einen 
dort verborgen liegenden Schatz bewachen follen, den nur 
eine ganz reine Jungfrau heben kann. Ein Mann aus dem 
nahegelegenen Somsborf ſah vor einigen vierzig Jahren, 
wie ein Kleiner, höhniſch lachender Zwerg eine alte Frau 
vom Berge herabzerrte, die dann zerfragt und halb befinnungs- 
los in ihre Heimath anfam. In demſelben Thale befindet 
fih auch der Nirenhügel (bei der langen Brüde am Felfen 
hin), der ſehr tief und von zwei Wafjerniren bewohnt ift. 


265) Der Untergang der Grube zu Hödendorf. 


Bermifchte Nachr. 3. ſächſ. Geſch. Bo. II. p. 45. sq. B. E. Tharand und 
feine Umgebungen. ©. 53. Novelliftifch beh. v. Bronifowäty, Darftellungen 
aus vergangener Zeit. Bd. III. (hier heißt die Grube die goldene Ede). 


Das edle Gefchleht von Theler war Baugewerf bes 
Bergwerfs zu Hödenborf, bie edle Krone genannt, und fo 


Gedicht eines gewiffen Stephan Schirrmeifter aus Nürnberg: Venatio in- 
elyti, pii ac augusti romanorum imperatoris ac Bohemorum regis etc. 
Maximiliani ad Granatam in Herametern, welches dem Churfürft Auguft 
debicirt ift (Dres. d. 4. Septbr. 1568, Hofchr. 3. ſächſ. ©. I. 128). 
Darin wird die bekannte Gejchichte erzählt, daß fi Marimilian auf einer 
Jagd von den Seinigen verirrte und in eine Wildniß gerieth, wo er nad 
langem Herumftreifen in ein Haus kam, in dem fih Räuber aufbielten, 
die auch den Plan fahten, ihn des Nachts zu ermorden. Indeß durch ein 
Frauenzimmer gewarnt, war er auf feiner Hut und erlegte die meiften 
feiner Feinde. MS num der Lärm des Kampfes Bauern aus der Nähe 
berbeizog, ward er, trotzdem daß er feinen Stand entdedte, gefangen und 
gebunden in das nächfte Dorf vor den Richter geführt, von diefem aber 
natürlich losgelafſen. Diefe Begebenheit geſchah aber bei Granada in 
Spanien, und hat Schlenkert diefelbe wohl nur aus abfichtliher Täuſchung 
nad Tharand verſetzt. S. Haſche, Mag. d. ſächſ. Geſch. Bd. IL. ©. 24. 
Abendzeitung 1818. Nr. 106. cf. Götze, Merkwürd. d. Dresd. Bibl. 
Bd. III. ©. 89. 


— 247 — 


reich und übermüthig geworden, daß fie ihre Pferde mit 
filbernen Hufeifen befchlagen ließen. 1557 am 25. Auguft 
wollten fie e8 gar Herzog Albert zu Sachen, der am 23. April 
des Jahres 1477 zu Georgenfundgrube bei Schneeberg mit 
feinen Räthen an einem filbernen Tifhe gefpeift und dabei 
gejagt hatte: „unfer Kaiſer Friedrich tft wohl gewaltig und 
reich, gleichwohl weiß ich, daß er jetzt feinen fo ftattlichen 
Tiſch hat“,) nachthun, allein jo fürftlih ihr Eingang ge- 
wefen, defto trauriger war das Ende, ein fchweres Gewitter 
brachte fo plöglich einen heftigen Regenguß, daß die Grube 
erfoff und in ihr 50 Perſonen verunglüdten. 


266) Die 7 Marterfäulen zu Höcendorf. 
Moller, Freiberg. Annales II. ©. 62. 8. C. Tharand ©. 53 Anm. 
Sachſengrün 1861. ©. 21. Poetiſch beh. b. Ziehnert Bd. II. ©. 29. sq. 


Im Jahre 1360 ift Konrad Theler, ein Freibergifcher 
Patrizier, der Ermordung feines Schloßcaplans halber, nad 
Rom und dann nah Serufalem gezogen und hat im folgen- 
ben Jahre zu Hödendorf, welches fein eigen geweſen, von 
der Kirche an bis auf den Gottesader in das Feld nach dem 
Maße, jo er zuvor vom Richthaufe Pilati zu Serufalem bis 
auf den Berg Golgatha genommen und 1538 Ellen foll be- 
teoffen haben, zum Gedächtniß und Erinnerung des Ganges 
des Heren Chrifti zu feiner Kreugigung, fieben fteinerne 
Marterfäulen aufrichten und an jede eine Bitte des Vater— 
unſers zeichnen laffen. Die Säulen find an bejagtem Orte 
noch zu jehen, und in der Safriftei der Kirche zu Hödendorf 
befindet fi auch das Bild des Ritters in knieender Stellung 
(7 1361) in Stein gehauen noch jet. Bon jenen 7 Gapellen 
oder Säulen ftehen jedoch dermalen nur noch zwei, bie fünf 
andern find umgeftürzt. 





+) Nach Müller's Annalen S. 40 gab diefer Tiſch beim Einfchmelzen 
400 Etnr. oder 80,000 Mark Silber, alfo 800,000 Stüd Specicäthaler. 
©. a. Curiosa Sax. 1733. ©. 83. XTertor, Hiftor. Bilderfaal d. ſächſ. 
Geh. I. ©. 167. sq. 


— 248 — 


267) Der gefpenftige Reiter bei Hainsberg. 
Mündlich. 





Auf der nach Tharand führenden Chauſſee ſoll ſich an 
gewiſſen Tagen um Mitternacht ein Spukgeiſt ſehen laſſen: 
er reitet auf einem Pferde ohne Kopf und trägt den ſeinigen 
zuweilen ſelbſt unter dem Arme, er jagt bis Tharand und 
kehrt dann wieder zurück. 


268) Der Todtenteich bei Tharand. 
B. C. Tharand ©. 101. sq. 





Wenn man durch Tharand hinauf am Amthauſe vorbei 
nach dem Kalkofen und dann weiter im Thale fortgeht, ſo 
kommt man in den ſogenannten Ebergrund und zur Ebermühle, 
bei welcher der von dem Mühlbache gebildete Todtenteich 
liegt, der ſeinen Namen davon hat, daß früher bis an das 
Ende des vorigen Jahrhunderts die Sitte herrſchte, wenn die 
Bewohner der umliegenden Dörfer den Tod austrieben, den 
dieſen vorſtellenden Strohmann hier hineinzuwerfen. Man 
behauptet, bei hellem Sonnenſchein in der Tiefe deſſelben 
noch heute das ſteinerne Bild deſſelben liegen zu ſehen. 


269) Auffindung des Freiberger Bergwerkes. 


G. Agricola, De vet. et nov. Metallis J. 12. Moller, Freibergiſche An- 
nales, Freib. 1663. 4. Th. I. ©. 16. sa. 


Einft haben Fuhrleute Salz aus Halle an der Saale 
geholt, um es in Böhmen einzuführen‘, als fie nın an bie 
Grenze des böhmifchen und meißnifchen Gebirges Famen, 
haben fie in der Gegend, wo jetzt die Stadt Freiberg liegt, 
in einem Wagengeleiße ein Gejchiebe von gediegenem Bleierz 
angetroffen, welches vom Waſſer blosgelegt worden war. 
Weil es nun dem Goslariſchen Erz nicht ganz ähnlich ſah, haben 
fie dafjelbe auf den Wagen geworfen und hernach mit fich 





u A: 


nad) GoSlar genommen, da fie bisweilen auch Blei von Goslar 
an andere Orte geführt. Da nun die Bergleute dieſer Stabt 
gedachtes Geſchiebe probirten, fo fanden fie, daß es an Silber 
weit reicher als der Goslariſche Glanz- und Bleifchweif war, 
es haben ſich aljo eine Anzahl derfelben aufgemacht und nad 
Anleitung der Fuhrleute dorthin begeben. Dadurch ift die 
heutige Bergftadt Freiberg nah und nach entftanden, jene 
Bergleute aber find, weil ihnen ihr Suchen wohl gelungen, 
fämmtlich reich geworben. 


270) Dad Wahrzeichen der Stadt Freiberg. 
Moller a. a. D. ©. 29. sq. 138. 101. Cur. Sax. 1733. ©. 135 sq. 





Früher mußte derjenige Handwerker, welder fih aus— 
weifen follte, daß er zu Freiberg geweſen, willen, daß auf 
dem Dache des alten Thurmes des Petersthores (bis 1631) 
auf allen vier Seiten ein fteinerner Mannskopf zu ſehen fei, 
angeblich zur Erinnerung an ben Weberläufer, der 1297 bie 
Stadt an Kaiſer Adolph von Naſſau verrathen hatte, ferner 
daß fih an der Brüde eine große uralte männliche Statue 
wie ein Roland, mit dem königlich däniſchen, churfürſtlich 
ſächſiſchen und Stadtwappen und der Jahreszahl 1557 befand, 
und endlich daß im Rathhaufe vor der fogenannten Commifions- 
ftube nad) dem Markte zu in zwei Eckſteinen Kreuge ein- 
gehauen waren und Erz darin eingefaßt war. Endlich ift 
auch noch der vieredige breite Stein auf dem Markte zu 
Freiberg, der die Stelle bezeichnet, wo Kunz von Kaufungen 
hingerichtet ward, ein folches Zeichen. Diefer Raubritter fol 
nämlich unter dem fteinernen Kopfe am Erfer des Rathhaufeg, 
der fih durch eine fchredliche Phyſiognomie, Knebelbart, 
Sturmhaube und das Bild der Gerechtigkeit über fi aus— 
zeichnet, und gerade auf jenen im Jahre 1702 erneuerten 
Stein hinblickt, verftanden werden. 


— 250 — 


271) Der Teufel holt einen verliebten Elerifer zu Freiberg. 
Camerarius, Horae subecisivae. Cent. I. No. 70. Molfer, Bd. II. ©. 19 sq. 


Es hat fih zu Freiberg ein geiftliher Scholar auf der 
dafigen Kloſterſchule heftig in eine jchöne Jungfrau verliebt 
und, weil er fie nicht zu feinem Willen verführen können, 
Rath und Hilfe bei einem Schwarzfünftler gefuht. Der hat 
ihn in einen Kreis gezogen und feine gewöhnlichen Be- 
Ihwörungen angefangen, da denn der Teufel, der ſich zu 
ſolchem Spotte nicht lange bitten läßt, geſchwind in Geftalt 
der Jungfrau erjchienen ift und fich alfo geberdet hat, daß 
der von brennender Liebe halb unfinnige Jüngling nicht an- 
ders vermeinet, als daß es feine Liebſte ſei. Darum jprang 
er auf und reichte ihr aus dem Kreife heraus die Hand, 
aber zu feinem großen Unglüd und Verderben, denn alsbald 
riß ihn der Teufel zu fih hin und warf ihn dermaßen gegen 
die Wand, daß er auf der Stelle tobt blieb. Dabei hatte er 
aber auch den Schwarzkünftler nicht gefchont, fondern er nahm 
den zerichmetterten Körper und warf ihn mit folder Gewalt 
wider benfelben in ben Kreis hinein, daß berfelbe davon er- 
ftarrt die ganze Nacht winjelnd liegen blieb und am Morgen 
noch halb todt gefunden und nachmals zur gebührenden Strafe 
gezogen ward. Solches geſchah im Jahre des Herrn 1260. 





272) Die Wallfahrt zur fchönen Marie in Freiberg. 
Moller a. a. ©. Bd. IL ©. 20 sq. Peccenftein Th. III. ©. 15. 


Im Jahre 1261 find die Geißler in großer Zahl in das 
"Land Meißen gekommen und auch in die Stadt Freiberg ge- 
zogen, wo damals ftarf zur fogenannten ſchönen Marief) 
gewallfahret ward. Sie find halb nadend zwei und zwei 





+) Eine ähnliche Wallfohrt war früher zu Negensburg unter diefem 
Namen fehr berühmt. Ueber die Entftehung derfelben eriftirt ein feltnes 
Reimgediht: Wie die new Capell zu der fhonen Maria in Regenspurg 
erftlich auftummen ift, nad) Ehrifti geburt. M. CCCCC. vnd XIX. jaar. 
0. D. u. J. 2 Bogen. 4. ©. dar. Hormayr, Taf. 1843. ©. 176. sq. 


— 251 — 


baarfuß in rothen offenen Mänteln, jo ſpaniſch Armilaufen) 
beißen, einhergefchritten, allein ob fie wohl fich gegeifjelt und 
große Buße und Heiligkeit vorgegeben, hat fie Bischoff Albrecht 
zu Meißen doch nicht leiden wollen, weil fie eine neue Secte 
feien, und haben fie bald wieder aus ber Stadt weichen 
müſſen. Don jener Wallfahrt meldet aber ein Gellifcher 
Mönch, fo ſich Conrad von Freiberg nennt, e3 fei dieſe zu 
einem Marienbilde, das von Wachs in menschlicher Größe 
ſchön und zierlich geformt geweſen und in einer befondern 
Kapelle (wahrjcheinlich im Johannishospitale oder der Frauen- 
firche) geftanden habe, gegangen, borthin wären Leute von 
allen Orten, gerade wie wenn fie bezaubert geweſen, in Haufen 
zufammengeftrömt, und was ein Jeder, Mann oder Frau, 
von feiner Arbeit gerade in der Hand gehabt, wie ihn dieſe 
Tollheit ergriffen, das habe er mit fich genommen und allda 
gelaffen, wie auch viele Frumme, lahme und andere preßhafte 
Menſchen, die fich zu diefem Bilde gewendet und Gelübde 
verrichtet, gefund worden und ohne Mangel wieder davon 
gegangen fein follen. Dieſe Wallfahrt hat lange Zeit ge- 
währt, bis man erfahren, daß unter dem Scheine der Heilig- 
feit ein böfes ſodomitiſches Leben und viel Schande und 
Laſter getrieben werde, worauf durch ein Fürftlich Ediet dem 
Pilgern dahin und den unordentlihen Zufammenfünften ge- 
fteuert und ſolche mit Ernſt abgefchafft worden find. 





273) Entftehung des Freiberger Gebäcks: Der Bauerhaſe. 
©. Dresd. Anz. 1873. Nr. 99. ©. 26. 


Markgraf Friedrich mit der gebiffenen Wange liebte das 
zu feiner Zeit mächtig emporblühende Freiberg vor allen 
andern Städten feines Landes und pflegte dort häufig Hof 
zu halten. Zu dem Kreife, den er dort gern um fich ver- 


+) Sfivorus (Orig. XIX. 22) erflärt das Wort fo: armilausa vulgo 
vocatur, quod ante et retro divisa atque aperta est, in armos tantum 
clausa, quasi armi celausa. f. Brindmeier, Gloss. dipl. I. &. 169. 


— 193 — 


jammelte, gehörte ein Gaplan, der die Freuden der Tafel 
nicht verfchmähte und ihm wegen feines muntern aufgeflärten 
Weſens befonders werth war. Eines Faftnacht- Dienftags 
hatten die Herrſchaften bis nahe an Mitternacht getafelt, als 
der Markgraf feinem Koch, Namens Bauer, befahl, als nächften 
Gang Hafenbraten auf den Tifh zu bringen. Der Caplan, 
welcher des Guten vielleicht bereit8 genug gethan hatte, er» 
bob jeboch hiergegen Einſpruch und erklärte es im Hinblid 
auf die mit Mitternacht anhebende Faftenzeit für Sünde, nad 
der legteren Beginn noch eine Fleifchipeife zu fih zu nehmen. 
Während der Markgraf nun hierüber mit dem Caplan in 
einen Wortftreit fich einließ, war der Koch, ein luftiger Patron, 
nachdem er verheißen, beiden Partheien alsbald gerecht werden 
zu wollen, in feine Küche gegangen, hatte von feinem Teig 
einen Hafen geformt, denfelben mit Mandeln wohl bejpidt, 
und offerirte dieſes Gebäd alsbald dem Markgrafen und 
feinen Gäften mit dem Bemerfen, daß dergleichen Hafen wohl 
auch in ber Faftenzeit mit Fug und Recht gegefjen werden 
fönnten. Der Caplan, den diefe neue Speife reizte, erflärte 
diejelbe fofort für zuläffig und der Markgraf, mit feinem Koch 
höchlich zufrieden, befahl, daß das neue Gebäd, dem er, feinem 
Erfinder zu Ehren, den Namen „Bauerhaſe“ beilegte, in Zu- 
Zunft ftetS feine Tafel während der Faftenzeit ziere.t) 


274) Ein Freiberger Bürger rettet Markgraf Friedrich 
dem Freudigen das Leben, 
Moller a. a. ©. Bd. I. ©. 47. 





Sm Sahre 1305 ift der Kaifer Albrecht nach Altenburg 
gekommen und hat Markgraf Friedrich den Freudigen zu fi 


+) Eine andere Erflärung des Namens ift, daß, weil fonft die Bauern 
den Hafenbraten nur dem Namen nad) fannten, da fie felbft nicht jagen 
durften, fie an Fefttagen ein Gebäd in Form defielben machten, das fie 
jcherzweife Bauerhafe nannten. Nach dem Dresd. Anzeiger v. 6. April 
ftammen die Freiberger Bauerhafen aber von dem fogenannten Ofterhafen. 


— 233 — 


entbieten laffen, ihn auch jehr freundlich aufgenommen und 
zu feiner Tafel gezogen, allein heimlich hat er einen Meuchel- 
mörder beftellt gehabt, der plötzlich in's Tafelzimmer hinein⸗ 
fprang und einen Stoß auf den Markgraf führte. ALS diefes 
feine Diener fahen, ift der eine, jo ein Bürger von Freiberg) 
geweſen, ihm in den Stoß gefallen, dabei aber tödtlich ver- 
legt worden, die andern aber haben zu ihrer Wehr gegriffen 
und theils den Thäter in Stüde gehauen, theils ihren Herrn 
aus der Gefahr vom Schlofje hinweg und am folgenden Tage 
in fremden Kleidern aus der Stadt gebracht, worauf er fich 
nah Pegau gerettet hat. j 


275) Die Mordgrube zu Freiberg. 
Moller a. a. ©. Bd. II. ©. 60. Poetiſch beh. bei Ziehnert Bd. I. ©. 89 sq. 





ALS um die Mitte des 14. Yahrhunderts das Bergwerk 
zu Freiberg im höchſten Flor war, trug es fi zu, daß, in- 
dem es gewöhnlich war, daß an Feiertagen gewiſſe Zujammen- 
fünfte und gemeine Tänze bei Zechenhäufern gehalten wurden, 
auch in einer fehr berühmten Bergzeche zwiſchen Berthelsdorf 
und Erbißdorf ein folcher öffentlicher Reigentanz gehalten 
ward (1360). Da ift gerade ein Fatholifcher Priefter mit 
einer Monftranz vorübergegangen, um einen Kranken zu 
beichten, und der Glödner hat nun zwar das gewöhnliche 
Zeichen mit dem Glödlein gegeben, allein Feiner der Tanzenden 
oder Zufhauer hat darauf geachtet, mit Ausnahme des Fiedlerg, 
der zum Tanze auffpielte, welcher fich auf die Kniee nieder- 
ließ, um dem heiligen Sacrament die Ehre zu erweijlen. Da 
hat ſich alsbald die Erde aufgethan, und die ganze anwejende 


+) Dreſſer inP. V. der Isagoge ſ. Beſchr. Altenburgs und Pfeffer- 
forn. Auserl. Geſch. der Landgrafſch. Thüringen ©. 440. fagen aber, e3 fei 
dies nicht ein Freiberger Bürger, fondern einer aus Altenburg geweſen 
und weil ihm feine Hand, al3 er den Stich auffing, abgehauen worden, 
werde fie zum Andenken folcher Treue bis dato mebft der Roſe als das 
Altenburgifche Grafihaftswappen geführt. 


— 254 — 


Geſellſchaft lebendig verfchlungen, mit Ausnahme des Fiedlers, 
der fich auf einem kleinen Hügel jo lange erhielt, bi8 man 
ihm zu Hülfe kam: dann ift aber der Hügel auch eingefunfen, 
aljo daß man weder Tänzer noch Tänzerinnen wieder gejehen 
hat. Seit diefer Zeit hat fich aber an diefem Orte nie wieder 
irgend ein nüßliher Bau vornehmen laffen, man hat auch 
weder die Verfallenen, noch den Schmud und das Gefchmeide, 
fo fie an und bei fich gehabt, wieder erlangen und retten 
fönnen, denn ob man wohl oft geräumet und fonft viele 
Mühe deswegen angewendet, ift doch Alles, was man bes 
Tages über bewältigt, de3 Nachts wieder eingegangen und 
bat daher dieſe Zeche noch bis heute den Namen Mordgrube 
behalten. Bor Beiten ift die ganze Gejhichte zu Erbißdorf 
in der dafigen Kirche abgemalt geweſen und im Jahre 1490 
hat man an ber Stelle jenes Ereignifjes noch ein gewaltig 
rundes Loch, jo groß wie ber halbe Markt zu Freiberg ſehen 
können. 


276) Der große Brand zu Freiberg. 
Moller a. a. O. S. 110. Poetiſch beh. b. Segnitz Bd. II. S. 196. 


Den 24. Juli des Jahres 1471 hat ein Bäcker zu Frei— 
berg, Namens Werner Kühn, jo fein Haus auf der Burg— 
gafje dem Dberthore gegenüber hatte, ald das Holz bei 
Heitung des Badofens nicht gleich brennen wollte, folhes 
in aller Teufel Namen brennen heißen. Darauf ift die 
Flamme zum Dfen berausgefchlagen, hat das Haus an- 
gezündet und alfo überhand genommen, daß Fein Löfchen 
mehr helfen wollen, alfo daß von der ganzen Stadt nur die 
Frauenkirche, die Meißner Gafje und die übrige Hälfte der 
Sechsſtadt ftehen blieb. 





277) Die Schöne Polyrena zu Freiberg. 
Curiosa Sax. 1741 pag. 344 sq. Moller a. a. O. ©. 177. Terxtor, 
Denkw. a. d. Sächſ. Geh. Bd. VI. p. 195 sq. 


Ein Doctor des canoniſchen Rechts, Johann Gartewig 





— 2955 — 


von Freiberg, (F 1520) hat einige Zeit zu Rom gelebt und 
fich dafelbft in den Stand der Ehe begeben, nad dem Tode 
feiner Frau aber ift er in den geiftlichen Stand getreten, 
nach Freiberg zurüdgefehrt und daſelbſt Canonicus geworden 
(1508). Er hat aber dahin feine in Rom gezeugte Tochter, 
die ihrer Schönheit wegen die jchöne Polyrena genannt ward, 
mitgebradht, welche ein Brauhere auf der Meißner Gaffe 
Andreas Behem (Böhme) geheißen zur Frau nahm. Diefe 
hat ihren Chemann auf Anftiften eines Soldaten (Martin 
Krebs), mit dem fie Ehebruch getrieben, exit Gift beigebracht, 
und al3 dafjelbe nicht nah Wunſch wirken wollen, denjelben, 
ob er wohl bettlägerig und contract worden, doch um ihn 
los zu werden, des Nachts mit dem Brodmeſſer erftochen, 
vorgebend, als wenn er ſolches aus Schmerzen und Ungeduld 
jelbit gethan. Sie iſt aber, weil man Verdacht gefchöpft, 
eingezogen und den 3. Septbr. 1522 enthauptet und alsdann 
aufs Rad gelegt worden. 


278) Der ungerathene Sohn, der zu Freiberg drei Jahre 
auf einer Stelle geftanden bat, 
Moller a. a. ©. ©.220 sq. Camerar., Horae subeis. III. pag. 124. 


Cur. Sax. 1736. ©. 3. sq. (Hilſcher). Das verwünfchte Kind zu Freiberg 
Freib. 1747. 8. Poet. beh. b. Segnit. Bd. I. ©. 20. }) 





Im Jahre 1545 hat ein Bürger zu Freiberg, Namens 
Lorenz Richter, feines Handwerks ein Leineweber, welcher auf 
der Weingafje gewohnt, feinem vierzehnjährigen Sohne etwas 
zu thun befohlen. Als diefer nun nicht aljobald den Befehl 
vollzogen, jondern in der Stube eine Zeit lang ftehen blieb, 
bat er ihn aus zornigem, ergrimmten Gemüthe verwünjcht 
und gejagt: ei fo ftehe, daß Du nimmermehr fortgehen könnteft! 
Auf diefen Fluch und Verwünſchung des Vaters tft der Knabe 
auch ſtracks ftehen geblieben, daß er nicht von der Stelle 


7) Eine ähnliche Sage von einem Kornmwucherer aus Pöthen bei 
Halberftadt erzählt Knauth, Chronik des Klofters Zelle. Th. VIII.S. 285. 


— 256 — 


fommen fonnte, hat auch drei Jahre ganz auf derjelben 
Stelle geftanden, alſo daß er eine tiefe Grube in die Diele 
getreten und man ihm des Nachts, wenn er fchlafen wollte, 
ein Bult unterfegen mußte, damit er den Kopf und die Arme 
darauf legen und ein wenig ruhen konnte. Weil aber die 
Stelle, da er geftanden, nicht weit von der Stubenthüre beim 
Dfen, und den Leuten, die in die Stube gegangen, gleich im 
Anlaufe gewefen, fo haben die Geiftlichen bei der Stadt auf 
ihr vorhergehendes fleißiges Gebet ihn von dem Orte auf- 
- gehoben und gegenüber in den andern Winkel der Stube 
glüdlich und ohne Schaden, wiewohl mit großer Mühe gebracht, 
denn wenn man ihn fonft forttragen wollen, ift er alsbald 
mit unausſprechlichen Schmerzen befallen und ganz wie raſend 
worden. An diefem Orte, fobald man ihn wieder niedergejegt, 
hat er ferner bis ins vierte Jahr geftanden und die Diele 
noch tiefer durchgetreten al3 zuvor, da man denn einen Vor- 
hang um ihn gefchlagen, daß ihn die Aus- und Eingehenden 
nicht jo fehen können, welches auf feine Bitte gefchehen, weil 
er am Liebften allein geweſen und wegen fteter Traurigkeit 
nicht gern viel geredet. Endlich hat der gütige Gott ihm Die 
Strafe etwas gemildert, fo daß er das letzte halbe Jahr 
figen, fih auch in's Bette, jo neben ihn hingeftellt worden, 
legen fünnen. Wenn ihn Jemand gefragt, was er mache, 
hat er gemeiniglich geantwortet, er werde von Gott dem 
Herrn feiner Sünden wegen gezüchtigt, ſetze Alles in deſſen 
Willen und halte fih an das Verdienſt feines Herrn Jeſu 
Chrifti, auf welches er hoffe felig zu werden. Hat jonft ganz 
elend ausgejehen, ift blaß und bleich von Angeficht und hager 
und ſchmächtigen Leibes, auch jehr mäßig in Ejjen und Trinfen 
geweien, daß man ihm oft die Speifen einnöthigen müfjen. 
Nach verfloffenen fieben Jahren ift er diejes feines betrübten 
Buftandes den 11. Septbr. 1552 entbunden worden und im 
wahren Befenntniß und Glauben an den Heren Jeſum Chriftum. 
eines natürlichen vernünftigen Todes, nicht aber an der Peſt— 
feuche, wie Einige gefchrieben, gejtorben. Die Fußtapfen hat 
man nach langer Zeit an beiden Drten im gedachten Haufe: 


— 257 — 


in der obern Stube, da ſich die Gefchichte begeben, die erften 
beim Dfen, die andern in der daneben befindlichen Kammer, 
indem die Stube hernach Kleiner gemacht und unterfchieden 
worden, jehen fünnen. Der Bater, von dem man gemeldet 
hat, daß man ihn wegen der erfolgten Wirkung feiner Ver— 
wünfhung den himmlischen Vater genannt habe (dies ift 
unrichtig, fondern er erhielt den Namen, weil er in dem zu 
Pfingften 1516 zu Freiberg auf dem Markte gehaltenen geift- 
lihen Spiele den Gott Vater agirt hatte), hat befagte Fuß- 
tapfen in den Dielen alsbald nad) des Sohnes Tode aus- 
fegen lafjen wollen, weil er fich wegen feines unbejonnenen 
Eifer und Fluchs geihämt, es hat ihm dies aber der Kath 
unterfagt und geboten, daß er folde zum immermwährenden 
Gedächtniß ftehen laſſen mußte. 


279) Das Mönchsfalb zu Freiberg. 
Moller Br. II. ©. 179. cf. Br. I. ©. 218. 





Den 29. Juni 1523 ift zu Freiberg im öffentlichen 
Kuttelhofe in einer gefchlachteten Kuh, fo einem Bauer zu 
Klein-Waltersdorf zugehörte, das fogenannte Mönchskalb ge- 
funden worden. Diejes Kalb hat einen runden ungeftalteten 
Kopf gehabt und oben darauf eine Platte wie ein Pfaffe, 
fammt zwei großen Warzen wie Kleine Hörner: mit dem 
Untermaule it es einem Menschen, mit dem obern und ber 
Naje einem Kalbe gleih, fonft aber ganz glatt am Leibe 
gewejen, es hat die Zunge lang aus dem Munde heraus- 
geftredt; die Haut am Halje und Rüden herunter hat wie 
eine gewundene Mönchskutte ausgefehen, an den Geiten 
aber vorn und an den Beinen ift es voller Rite und Schnitte 
gewesen, als wenn die Kutte zerhauen oder zerfchnitten wäre. 
Solches Ungeheuer ift von Dr. M. Luther in feinen Schriften 
(Bd. IX. d. Witt. A. f. 187), wo es auch abgebildet wird, 
neben der Beichreibung des Papftejels *), den man 1496 zu 


*) ©. Deuttung der zwo grevlichen Figuren Bapftefeld zu Rom und 
Munchkalbs zu Freyberg ju Meyfien funden (dur; Dr. M. Lutherum). 
Gräße, Sächſ. Sagen. IL 17 


— 258 — 


Rom gefangen, gedeutet worden, Melanchthon aber (Epist. 
ad Camerarium p. 22) meinte, daß durch dieſes Kalb die 
Berderbniß der lutherifchen Lehre in fleifchliche und verberb- 
lihe Meinungen, wie fie zu felbiger Zeit im Schwunge 
geweien, angezeigt worden, inmaßen auch bald hierauf ein 
Schwein zu Halle in den Ofterfeiertagen ein Ferflein geworfen, 
welches einem Pfaffen in Geftalt des damaligen Habit3 ganz 
ähnlich gejehen. Es Hat aber gedachtes Mönchskalb Die 
Autorität der Geiftlihen, jo dem Papfte zugethan gewefen, 
ſehr verringert, alfo daß auch die Bergleute ein bejonderes 
fchimpfliches Lied davon gebichtet und daſſelbe den Mönchen 
und Pfaffen zu Spott und Hohn lange Zeit allhier gejungen 
mit Bezug darauf, daß der Fleifcher mit Vorbedacht und 
Willen das Fleifh von der Kuh, in welcher man das bejagte 
Mönchsfalb gefunden, Niemandem als den Ganonicis, Mönchen 
und andern Geiftlihen gelaſſen und foldhe dafjelbe unbemwußt 
verzehrt haben. 


280) Der Affe mit dem Kinde zu Freiberg. 
Moller a. a. ©. Th. II.S. 185 sq. Poet. beh. b. Segnitz Bd. I. ©. 111. 





Am 3. September des Jahres 1528 hat fich zu Freiberg 
ein Affe auf dem Schloffe losgeriſſen und ift Durch das Hinter- 
thor in ein nahe dabei ftehendes Haus hineingefchlichen, mo 
er ein Kind, jo noch in Windeln gemwidelt gewejen, aus ber 
Wiege genommen und damit fortgelaufen. Als man ihm 
nun nachgejeßt und die Gafjen und Wege in der Stadt ver- 


Wittend. 1523. 4. Der Papftefel, ein Monftrum mit einem Eſelskopfe, 
mit einem weiblichen, mit Schuppen bevedten Leibe, mit Ochfenfuß und 
Bogelklauen, ftatt der rechten Hand einen Eſelsfuß, mit der Unterſchrift: 
Monstrum Romae inventum mortuum in Tiberi Anno 1496, bilbet 
auch BI. 1. des Cranach'ſchen Holzfchnittwerkes: das Papſtthum vorn 1545 
(befhr. im Allg. Lit. Anz. Bd. IV. ©. 9. sq. Serapeum 1841. ©. 33. 
sq. Chr. Schuchardt, 2. Cranach und feine Werfe. Leipzig 1851. Bo. LI. 
©. 248. sq.) Der Bapftefel, das Mönchskalb und der Säupfaffe find 
abgebildet bei Lycofthenes, Wunderwerf S. CCCCLX. u. CCCCLXXIL. 
©. a. Seidemann, Beitr. 3. Reform.-Gefch. Bd. I. p. 200. sq. 


— 359 — 


legt, daß er nicht weiter entwifchen Fönnen, iſt er mit dem 
Kinde auf ein Haus gefprungen, hat dafjelbe oben auf der 
Dachrinne ausgewidelt, in die Vorderpfoten genommen und 
lange auf dem Dache mit demfelben herumgegaufelt, alfo 
daß Jedermann gemeint, es werde um das Kind gefchehen 
jein. Sobald jedoch fein Meifter, der ihn im Schloffe erwartet, 
dazufam und ihm zurief, ift er wieder vom Dache herab- 
gefprungen und hat demfelben das Kind zwar ohne Windeln, 
doch unverfehrt übergeben, worüber fi Jedermann gewundert 
und ſolches Gottes fonderbarer Güte und Bewahrung, jo er 
dem Kinde erzeigt, zugejchrieben hat. 


281) Der Teufel hört einen Bergmann beichten. 


Moller a. a. ©. ©. 293 sq. Manlius, Collect. I. Hondorff Promtuar. 
exempl. IIte3 Gebot. Remigius, Daemonolatria Bd. II. ©. 73. 


Im Jahre 1537 ift ein alter ehrlicher Bergmann zu 
Freiberg, Namens Benedir Reifiger, der auf der Viehgaſſe 
vor dem Petersthore wohnte, jehr Frank gewejen. Zu diefem 
itt der Satan vor Aller Augen mit einem langen Papier 
(und in Geitalt und Kleidung eines Geiftlichen, wie Manlius 
jagt), fajt einer Kuhhaut gleich, gefommen und hat ihm gejagt, 
er jei als ein Notarius abgefertigt, alle feine Sünden, die 
er begangen, aufzuzeichnen, hat ſich auch bei feinen Bette 
niedergefeßt, Feder und Tinte zur Hand genommen und ben 
Bergmann foldhe zu erzählen ernftlic” vermahnt. Wiewohl 
nun dieſer anfangs fehr erjchroden ift, hat er doch bald 
wieder Muth gefaßt, fih des Herrn Chrifti getröftet und 
geantwortet: „ich bin ein armer Sünder, willit Du meine 
Sünden ja auffchreiben und bift deswegen hergefommen, fo 
jchreibe oben an: des Weibes Samen Chriftus Jeſus hat 
der Schlange den Kopf zertreten. Wie ſolches der Satan 
gehört, ift er alsbald mit Papier und Tinte verſchwunden, 
daß nichts von ihm als ein übler und abfjcheulicher Geſtank 
zurüdgeblieben ift, der Bergmann aber ift in feſtem Glauben 
an das Verdienſt Chrifti kurz darauf janft und felig verftorben. 


17* 


— 23200 — 


282) Todter verweit nicht. 
Moller ©. 293 sq. 


Am 20. September des Jahres 1568 hat man zu Ehren- 
friebersborf bei Freiberg einen Bergmann, Namens Oswald 
Barthel, der vor 61 Jahren im Jahre 1507 in einen Berg, 
der der Sauberg hieß, gefallen war, noch ganz unverweft in 
feiner ledernen Bergkappe und Kleidern mit dem Grubenbeile, 
Naſcheltaſche und Zicherper unverfehener Weife wiedergefunden, 
und ift er mit den gewöhnlichen Geremonien zur Erde be- 
ftattet worden, laut der Leichenpredigt, Die M. Georg Raudte, 
Pfarrer gedachten Orts, Darüber gehalten und in Drud gegeben. 





283) Der Satan fegt einem Bergmann hart zu. 
Moller a. a. DO. ©. 293. 





Den 26. Februar des Jahres 1607 hat ein Bergmann, 
welcher fonft feines ftillen und eingezogenen Wandels halber 
gutes Lob gehabt, in der Faftnachtszeche von Andern an- 
gehegt, allerhand Ueppigfeit getrieben und etliche leichtfertige 
Reden von Gott und göttlichen Sadhen geführt, unter andern 
vorgegeben, daß, ob er fhon in die Hölle käme, doch gute 
Gejellen genug darin anzutreffen fein würden. Als diefer 
nun Abends heimgehen wollte, ift ihm der Satan in fhred- 
liher Geftalt erjchienen und hat ihn heftig zugejeßt und ge- 
droht, mit Vermelden, daß, jo er rechte Macht über ihn hätte, 
wollte er ihn bald an den Drt führen, dahin er zu guten 
Gefellen begehre, ift auch hernad eine Zeitlang neben ihm 
in und aus der Grube gefahren, daß er nirgends Ruhe haben 
fonnte, fondern überall hart angefochten und geplagt ward, 
bis er endlich Troft bei feinem Beichtvater fuchte, das heilige 
Abendmahl nahm, ein gottesfürdhtiges Leben verjprad und 
böfe Gejelihaft gemieden hat, worauf der Satan ausblieb 
und fich nicht ferner ſehen lie. 


— 2% — 


284) Die vom Teufel beſeſſene Frau zu Freiberg. 
Moller a. a. DO. ©. 425 —40. 





Sm Sahre 1600 ift Anna Stephan Fiedlerin eines 
Kindes zu Freiberg genefen, und als ihr Mann bei ihr am 
Bette gejeffen und der Gevatterjchaft halber ſich mit ihr unter- 
redet, ift diefer plöglich Frank geworden, worüber fie fich der- 
maßen entjegt, daß ihr Blut über fich geftiegen und ihr 
Schmerzen über Schmerzen zugezogen. Von da an hat fie 
immer abſcheuliche Gonvulfionen und Gefichte gehabt, ift ihr 
auch der Teufel mehrmals, das eine Mal in Geftalt der 
Hebamme erjchienen und hat fein Spiel mit ihr getrieben. 
So hat er fie einmal aus dem Bette geriffen und oben auf 
die Dachrinne zwiſchen ihrem und ihres Nachbarn Haufe 
gejegt, ein anderes Mal hat man fie um drei Uhr Morgens 
auf dem Ofen, ein ander Mal vor dem Fenfter auf einem Stein 
gefunden, endlich ift fie einmal in Gegenwart zweier ficherer 
Zeugen im Bette mit dem ganzen Leibe, Händen und Füßen 
aufgehoben worden, und ohne daß fie irgendwo angeftoßen, 
hat fie fo frei gefchwebt, aljo daß man geglaubt, fie wolle 
zum Fenſter hinaus fehen ꝛc., in der Kirche ift der Teufel 
wie eine Kate oder Hund ihr um die Beine gefrochen, dann 
hat fie aber zum Deftern einen weißen hellen Glanz gejehen, 
der fie getröftet und in die Zufunft hat fehen laffen, worauf 
fie vielerlei wunderbare Sachen, unter andern die Drangfale 
Freibergs im 30jährigen Kriege, prophezeit hat. Endlich, 
nachdem weder Beſchwörungen noch Zureden und Ermahnungen 
der Geiftlichkeit, noch Arzneimittel geholfen, jondern ihr Zu— 
ftand an die 20 Jahre angedauert, alfo daß fie zulet 
drei ganze Jahre verfchloffenen Leibes geweſen, ift fie den 
10. October 1620 felig verftorben. 


285) Kreuge fallen vom Himmel, 
Moller a. a. ©. Th. II. ©. 148. 





Im Jahre 1504 find Kreutze von verjchiedenen Farben 


— 262 — 


den Leuten vom Himmel herab auf die Kleider gefallen, und 
wenn dieſelben auch verſchloſſen geweſen, hat man doch der— 
gleichen Zeichen auf ihnen gefunden. 





286) Der Donatsthurm zu Freiberg. 
Curiosa Saxon. 1763. ©. 171 sa. 





Auf dem fogenannten Donatsthore zu Freiberg befindet 
fih ein runder und fehr ftarfer Thurm, deſſen Mauern 
9 Ellen ftarf find und ben angeblich die Bergleute, fo jeder 
nur einen Pfennig von ihrem Solde abgegeben, haben erbauen 
laffen. Wenn man nun um die Stadt Freiberg herumgeht, 
fo fieht man, wenn man vom Erbifhen Thore nad dem 
Donatthor zugeht, einen Kleinen vieredigen Wachtthurm, hinter 
den fich, jobald man demfelben gleichiteht, der große Donat- 
thorthurm verfriecht, alfo daß man von ſolchem nichtS mehr 
als den Knopf von der oben darauf ftehenden Fahne ſehen 
fann, troßdem daß der große Thurm noch mehr al3 einmal 
fo hoch ift, als der nächſt vorftehende Wachtthurm.r) 


287) Der Berggeift am Donat zu Freiberg. 
Biehnert Bd. III. ©. 170 sg. 





Auf den Donat Spath, im Bereiche der Elifabether 
Fundgrube zu Freiberg fieht man in der Nähe eines alten 
Schachtes den Namen Hans in Stein gehauen und deutet ihn 
als das Erinnerungszeichen an einen hier verunglüdten Berg- 
mann bdiejes Namens. Die Sage erzählt hierüber Folgendes. 

E3 hat einmal am Donat ein armer Bergmann, Namens 
Hans, gearbeitet, der jo in Dürftigfeit jehmachtete, daß er 
oft in der Grube mit Thränen laut über feine Noth jammerte. 


+) Wenn man von Neudorf aus nad Neuftadt-Dresven geht, giebt 
es auch eine Etelle, von wo aus gefehen der Schloßthurm den Kreuzthurm 
vollftändig dedt. 


— 263 — 


Da zertheilte fi einmal plöglich der Felfen und aus dem 
fteinernen Thore trat ein Feines Männchen hervor. Das 
war der Berggeift. Der ſprach zu ihm: „Hang, ih will Dir 
belfen, aber Du mußt mir jede Schicht dafür ein Pfennig- 
brod und ein Pfenniglicht geben und feinem Menjchen etwas 
davon ſagen.“ Hans erfhhraf zwar, allein da er jah, daß der- 
felbe guter Laune fei, fo verſprach er Alles. Der Berggeift 
verihwand und ließ ihm viel Silber zurüd, Hans aber hatte 
nun immer Weberfluß an Geld, ließ tüchtig aufgehen, hütete 
fi aber wohl, irgend Jemanden etwas von feiner Geldquelle 
zu jagen. Da fam das Stollnbier, an welchem die Bergleute 
gewöhnlich etwas über die Schnur zu hauen pflegen. Dies 
that leider auch Hans, und nicht lange dauerte es, fo war 
er ſchwarz, vergaß fein dem Berggeift gegebenes Berfprechen 
und erzählte feinen Genofjen, was ihm begegnet war. Am 
andern Tage, als er nüchtern geworden, erinnerte er fi) 
freilich an fein Geſchwätz, allein er fonnte das Gejagte nicht 
wieder zurüdnehmen und fuhr mit Zittern und Zagen an. 
Sein Gefhäft war aber, den Knechten, welche am Haspel 
ftanden, das Zeichen zu geben, allein dafjelbe ließ an dieſem 
Tage lange auf fi warten, man rief ihn zwar, aber es er- 
folgte feine Antwort. Plötzlich zudte e8 am Seile, ein helles 
Licht erglänzte in der Teufe, und die Haspelfnechte, die frei- 
li nicht wußten, was das zu bedeuten haben könne, drehten 
gleichwohl geihwind den Rundbaum und bald war der Kübel 
zu Tage gefördert. Allein ftatt des Erzes lag in demfelben 
der Bergmann Hans todt mit blauem Geſichte wie ein Er- 
würgter, auf ihm das legte Pfennigbrod und rings um den 
Kübel brannten die Pfenniglichter, die er dem Berggeift ge- 
opfert hatte und die dieſer jeßt ſamt dem todten Geber 
zurüdgab. 


288) Die Domfanzel zu Freiberg. 
Mündlich. 
Im Dom zu Freiberg befindet ſich eine kunſtreich ge— 
arbeitete Kanzel von 11 Ellen Höhe, welche die Geſtalt des 





— 264 — - 


Kelchs einer weißen Lilie oder Roſe hat, an der ein Stiel 
unten heraus geht, der von einem ftarfen Jüngling mit ge- 
bogenem Rüden getragen wird. Alles ift aus lauter Stein- 
werk fünftlih durchbrochen, und erzählt man, daß einft ein 
Meifter und fein Gefeller) jeder ein Modell für diefe Kanzel 
(nach Andern hätte jeder eine Kanzel gebaut) entworfen hätten, 
das des Gejellen fei aber befjer gelungen und derſelbe des— 
halb von feinem Meifter erichlagen worden, es könne aber 
deshalb fein Prediger auf derjelben auftreten, weil es ihn 
nicht darauf leide. Der wahrſcheinliche Grund für letztern 
Umstand liegt aber darin, weil ein Rüdenhalt fehlt, der 
Standort derſelben afuftiih unpafjfend gewählt, und ihre 


289) Sprüche von der Stadt Freiberg. 


Die Stadt Freiberg ift nicht blos durch ihren reichen 
Bergfegen, ſondern auch durch die Schönheit ihrer Lage be- 
rühmt gemwejen; davon fagt ein altes Sprichwort (bei Knauth, 
Prodr. Misn. &. 172): wenn Leipzig mein wäre, wollte ich 
es in Freiberg verzehren. Obgleich das Freiberger Bier zwar 
feinen befondern Namen hatte, wie e8 im 16. und 17. Yahr- 
hundert Mode warfr), gab es doch zu einem andern Sprich- 
worte Gelegenheit. Diejes hieß: es kitzelt einem in der Nafe, 
wie das Freiberger Bier. Ein anderes Sprüchlein, daß ſich 
zugleich mit auf zwei andere Städte Sachſens bezieht und 
deren Untergang prophezeit, lautet traurig genug alfo: 


+) Diefer foll der Mann fein, der die Kanzel trägt, der Meifter 
aber der Mann in altveutfcher Tracht, welcher unter der Treppe (von 
17 Stufen) ſitzt. An der Kanzel fteht Papft Sixtus IV., unter dem ber 
Dom eingeweiht ward, 1 Cardinal und 2 Bifchdfe, außerdem befinden fich 
bei ihm auch noch 2 Löwen, einer ftehend, der andere liegend, und hinter 
diefen 2 zottige Hunde. Der vorige Director d. Kgl. Kupferft. Cab., Frenzel, 
bat diefe Kanzel in Kupfer geftochen, die Abbildung ift jedoch nicht publicitt. 
Eine andere fteht im Sammler 1838. Nr. 1. 

rr) Ein Berzeichniß folcher curiofer Biernamen f. Curiosa Sax. 1753. 
p. 315. Iccander, Sächſ. Kernchron. CXLIV. Paquet ©. 1018. Klemm, 
Allg. Culturwiſſ. Bd. II. S. 332 sq. u. in meinen Bierftudien (Dresp. 
1872). ©. 68 fgg. 


— %5 — 


Meißen wird ertrinten, 

Freiberg wird verfinfen, 

Dreien 

Wird man zufanmenfehren mit Bejen, 
allein glüdlicher Weiſe ift dieſe böſe Prophezeihung noch bei 
feinem der genannten Orte wahr geworden, wiewohl das theil- 
weiſe Eintreffen derfelben bei dem faft ganz duch den Berg- 
bau unterminirten Freiberg nicht gerade zu den Unmöglich- 
feiten gehören würde. 


290) St. Wolfgang zu Freiberg. 
Poetiſch behand. v. Otto Föhrau (d. b. Freiherr von Biedermann), Eine 
Sängerjugend. Dresd. 1847. 8. ©. 118 sq. 





Sit einft ein Bifchof, Namens Wolfgang, aus dem Ge- 
ichledhte derer von Schleinik zu Freiberg gewejen. Wie der 
nun einmal im vollen Ornate zum Dienfte des Herrn in den 
Dom geht, da ftürzt fich ein Bettler vor feine Füße nieder, 
der Gliederreigen oder das böje Wejen zu haben jchien. 
Mitleidsvoll blidten den Unglüclichen alle Anwefende an, nur 
der Biſchof machte eine Ausnahme, er ſprach zu ihm: „tobt 
wirklich eine Krankheit in Dir, jo möge ſich Gott Deiner 
erbarmen und Dich gefund machen, haft Du fie aber zum 
Frevel erlogen, um Almofen zu erlangen, fol fie von jegt an 
Deine Strafe fein. Kaum war aber der gottloje Heuchler, 
der der erniten Mahnung des Biſchofs nicht ungehorfam zu 
jein wagte, vom Boden aufgejtanden, als er auch mit jämmer- 
lihem Gejchrei wieder niederfiel und Niemand mehr an ber 
Erfüllung des göttlihen StrafgerichtS zweifeln konnte. Da 
bat das Volk den frommen Bijchof als Heiligen verehrt und 
die Bergleute haben ſeitdem den H. Wolfgang zu ihrem 
Schukpatron angenommen. 


291) Das Wundermehl bei Freiberg. 


Moller, Freiberger Annales II. ©. 364. Anders erzählt bei Ziehmert 
Bd. III. ©. 178. sq. 


Den.20. Juli des Jahres 1590 hat ein armes Hirten» 





— 2166 — 


mägbdlein, welches bei der damals gerade herrſchenden Dürre 
große Noth leiden müſſen, in einem trodenen Waſſerriſſe bei 
Deutfchenbora zwei Meilen von Freiberg einen weißen Gang, 
eine gute Spanne did, wie Mehl anzufehen, angetroffen, etwas 
davon heimgetragen und Brod daraus gebaden. Worauf von 
anderen Leuten ein großer Zulauf gefchehen tft, Die es aus— 
gegraben und gleichfall8 verbaden haben. Ein folches Brod 
ift damals nach Freiberg gebraht und aufs Rathhaus ab- 
geliefert worden, es hat füßlich geſchmeckt und ein wenig nad) 
Brod geroden.F) 


292) Die Entitehung des Jagdſchloſſes Grillenburg. 


Im Tharander Walde liegt das alte Jagdſchloß Grillen- 
burg, welches vom Churfürften Auguft im Jahre 1558 er- 
baut ward. Im Tafelzimmer defjelben ftanden folgende 
Reime, welde über diejen demfelben vom Churfürften bei- 
gelegten Namen Auffhluß geben, und bier vollftändig — 
gewöhnlich lieft man fie nur im Auszuge — alfo lauten: 

Meines lieben Bruders Häglih End’, 
Der ſchwere Eingang zum Regiment, 
Groß Widerwärtigkeit und Gefahr 
Mir fehwere Sorg und Müh gebahr. 
Zu vertreiben die Phantafey 

Fing ich an dies neu Gebäu, 

Die Grillenburg ich's davon nennt, 
In einem Jahr ward’3 gar vollend't. 


Ich bin genannt die Grillenburg, 
Darauf gefhieht gar mander Schlurg, 
Gedanken und fchwere Phantafey 

Legt man auf dieſem Haufe bei. 





+) Im Echönburgifchen heißt ein Berg an der Mulde dem wüſten 
Schloſſe Eifenburg gegenüber, wo fih der von Mofel und der von Schön- 
felß, die Genoſſen Kunzens von Kauffungen, in einer Höhle verborgen 
hielten, noch jett Mehltheuer, weil einmal bei einer Theuerung dort 
Mehl aus der Erde hemorgequollen fein fol. (S. Wachter, Glossar. 
German. minus p. 224. Aehnliches bei Kamprad S. 486. 493. Hormayr, 
Taſchenb. 1838. ©. 257. sq.) 


— 2367 — 


Mit Jagen, Fahen, Hirfh und Schwein 
Bertreibt man bier die Zeit allein, 

Wer num bat Grillen und Mude, 

Der laß fie Hinter fich zurude.}) 

Zuvor ift hier nur Holz gewachfen, 

Da baut’ Herzog Auguft zu Sachen 
In einem Jahr dies Jagdhaus behend, 
Welches er felbft die Grillenburg nennt’. 
Bon wegen ſchwerer Sorg und Gedanlen, 
Die ihn oblagen und bedrangten, 

Und richtet’3 an zur Luft und Freud’ 
D’rum wird man bier der Grillen queit. 


293) Die drei Kreuze bei Brand. 
Biehnert Bo. III. ©. 108. sg. 


Bor dem Bergftädtchen Brand, welches in der Nähe von 
Freiberg liegt, jtanden feit uralten Zeiten drei Kreuze. 
Am 2. Mai des Jahres 1574 wurden ftatt der urjprünglich 
hölzernen, welde ganz morjch geworden waren, auf Koften 
der Knappichaft und Berggemwerfe drei fteinerne mit Gehäufe 
und Schieferdadh gejeßt. Diefe warf den 10. Novbr. 1582 
ein heftiger Sturmmwind wieder um, wobei eine Magd, die 
aus Freiberg Semmeln geholt und ſich bei den Kreuzen, um 
auszuruhen, niedergefegt hatte, von den Werkſtücken erichlagen 
ward. Am 29. Juli 1608 wurden fie abermals erneuert und 
ftanden lange unverfehrt, bis der Sturm vom 10. Novbr. 1800 
wieder zwei von ihnen umftürzte. Jetzt ftehen drei hölzerne 
Kreuze, jedes gegen neun Ellen hoch. 

ALS Entftehungsurfache diefer Kreuze erzählt man aber 
Folgendes. In einem Kriege, Niemand weiß in welchen, 
ift Freiberg belagert worden und hat eine große Summe als 
Brandihagung geben follen, dieſe aber nicht gleih aufbringen 
können, alfo drei Rathsherrn als Geifeln geftellt. Weil ihnen 


+) Bis hierher fcheint das Sprüchlein von Churfürft Auguft felbft 
zu fein, die folgenden Berfe find offenbar von einem fpätern Berfafier. 


— 268 — 


aber inzwifchen Entfaß kommen ift, fo haben fie einen Boten ins 
feindliche Lager gefchiekt, der den Rathsherrn insgeheim kuid— 
that, wie die Sachen ftünden und daß fie womöglich in der 
fommenden Nacht entfliehen möchten, denn die Stadt fey nicht 
gejonnen, diefe hohe Summe zu bezahlen. Hierauf find dann 
die Nathsheren ihrer Haft entflohen, auch glücklich bis vor 
das Lager gelommen, bier aber eingeholt und am andern 
Morgen für ihren Wortbruch dur das Schwert hingerichtet 
worden. Nachher hat dann die Stadt zum Andenken ihrer 
unglüclichen Rathsherren an der Stelle, wo fie hatten fterben 
müfjen, die drei Kreuze errichten lafjen. 


294) Die Entjtehung von Halsbrücde bei Freiberg. 


In der Nähe der Dörfer Nothenfurtd und Halsbrüde 
bei Freiberg führt eine Brücde über die Mulde, welche man 
die Halsbrüde nennt. Die Sage erzählt, fie habe daher ihren 
Namen erhalten, daß der Bote, welcher Kunz'ens von Kauffungen 
Begnadigung vom Churfüriten überbringen follte, hier, weil 
die Brüde von den Fluthen der ſehr angefhwollenen Mulde 
weggeriffen worden war, aufgehalten ward, aljo nicht zu 
rechter Zeit eintreffen Fonnte und jo Kunz feinen Hals her- 
geben mußte. Dagegen jpricht jedoch der Umftand, daß das 
Vorwerk Hals, von dem das Dorf den Namen hat, früher 
da war, als jenes Ereigniß fällt, und ein Bote, der von 
Altenburg kam, fchwerlich diefen Weg genommen haben würde. 





295) Ein Traum verkündet Freibergs Befreiung von den 
Schweden, 
Lehmann, Obererzgebirg. Schauplat. ©. 793. 





Im Jahre 1642 lebte in Elterlein eine feine andächtige 
Jungfer von 24 Jahren, Margarethe, Chriftoph Landrods 
Tochter, welche fich vor den ſchwediſchen Einfällen ſehr fürchtete 
und daher herzlich für ſich und die belagerte Stadt Freiberg 


— 269 — 


betete. Am Neujahr 1643 ftand fie vom Schlaf auf, war 
gar freudig und ſprach: „D nun befommen die Schweden die 
Stadt Freiberg nicht, heute fahe ich im Traume, daß zwar 
der Torſtenſohn die Stadt an einer Kette hatte, aber es Fam 
ein vornehmer Reiter mit einem bloßen Schwerte geritten, 
der hieb die Kette mit einem Streich entzwei, daß der Torſten— 
john mit der halben Kette zurüdfiel, darüber feine Soldaten 
erihraden und ausriſſen.“ Nah 7 Wochen ging der Traun 
aus und der Feind mußte abziehen. 


296) Der Name der Stadt Oſchatz und die Wahrzeichen 
der Stadt, 
Peccenftein, Theatr. Sax. Th. II. ©. 9. Anders bei Segnitz Bd. II. 


©. 177. u. von Bechftein bei Günther, Groß. poet. Sagenbud der Deutſch. 
Sena, 1846. Bd. I. ©. 80. behandelt. — Curiosa Sax. 1733. ©. 189. sq. 


Die Stadt Oſchatz foll nah) der Sage dem Herzog Georg 
dem Bärtigen von Sachſen ihren Namen verdanken, weil fie 
unter allen andern die gehorfamfte und faft fein Schaß ge- 
weien ſei. Nach einer andern Sage foll aber ein deutjcher 
Kaifer (vermuthlih Dtto der Große, 936—973, der aller- 
dings die ſächſiſchen Lande durchreift hat) einjt mit jeiner 
Gemahlin in die Nähe des Dölzebahs im Lande Meißen ge— 
kommen fein, wo man gerade mit der Erbauung einer Stadt 
befchäftigt war. Der Kaifer habe num gehört, die neue Stadt 
habe noch feinen Namen, er habe aljo im Scherz feine Ge— 
mahlin aufgefordert, einen ſolchen zu erfinden, und Dieje, 
welche nicht gleih auf einen pafjenden gekommen, in ber 
Berlegenheit geantwortet: „o Schaß, ac) wie —“ Da foll der 
Kaifer freudig ihre beiden erjten Worte zufammengezogen und 
dem Drte den Namen Oſchatz beigelegt haben. 

ALS Wahrzeichen der Stadt betrachtet man die in ber 
Brüdergafje am Marftall in Stein gehauenen zwei Bruftbilder, 
welche die beiden Brüder Diegmann und Friedrih, Söhne 
Alberts des Unartigen, bedeuten, die auf ihrer Flucht von 
ihrem Vater an diefem Ort, al3 man fie eingeholt, gefangen 





— 270 — 


worden wären. Nah Andern hätten aber die Oſchatzer Bürger 
diefe beiden Prinzen hier gut aufgenommen, die Thore ger 
chloffen und vor ihrem Vater gejhügt. 


29) Der Teufel im Beichtftuhle zu Dſchatz. 


©. L. ©. Hoffmann, Hift. Befchreibung d. Stadt Oſchatz. Oſchatz 1813. 
Bd. I. ©. 105. 


Einſt ſaß in der Kloſterkirche (Marienkirche) zu Oſchatz 
ein Mönch in dem Beichtftuhle, der durch den Kreuzgang in 
ein Gemach ging, wo fich die Beichtenden verfammelt hatten, 
und follte Beichte halten. Da erſchien der Teufel bei ihm 
und befannte fo viele grobe Sünden, die er begangen oder 
vollbringen geholfen habe, daß der Mönch es für unmöglich 
erklärte, wie ein Menſch dies Alles gethan haben könne. 
Nun entdedte ihm der Teufel, wer er jey, und der Mönd) 
fragte ihn, weshalb er denn überhaupt beichte, da er doch 
wiſſen müfje, daß er feine Gnade bei Gott finden könne? 
Der Satan aber antwortete, Alle, die vor ihm zur Beichte 
gegangen wären, hätten eben jo ſchwarz und häßlich aus— 
geſehen als er, und fobald fie die Abfolution erhalten, wären 
fie ſchön und weiß geweſen, deswegen fei er hierher gefommen, 
um dieß auch zu werden. Der Mönch verweigerte ihm in- 
def die Abfjolution, worauf der Teufel in die Höhe fuhr und 
die Dede des Beichtftuhls mit fort nahm. Zum Gebädhtniß 
diefer Begebenheit hing man an dem Drte, wo diefer Vorfall 
fih ereignet haben foll, eine Tafel auf, auf der berjelbe ab- 
gebildet war. Auf diefer ftanden die Worte: 1478 testibus 
historieis, renovirt den 22. Februar 1578.F) 





298) Der große Chriftoph zu Dſchatz. 
S. Hoffmann, Bd. L ©. 14. 
An der Mitternachtsfeite des am Markte und der Hospital» 


7) Eine ähnliche Gefchichte. die in einer Stadt in Sachſen am 
Weihnachtsabend des Jahres 1534 einem Pfarrer, Namens Laurentius 
Doner, widerfahren fein fol, erzählt Hondorfj, Promtuar. Ex. ©. 94. 





— 71 — 


gafje jtehenden Eckhauſes zu Oſchatz war vor dem legten Brande 
von 1842 der h. Chriftoph angemalt mit der Unterjchrift: 
Christophorus Christum, sed Christus sustulit Orbem. Con- 
stiterit pedibus die ubi Christophorus. Als diejes Bildniß 
von dem Kunftmaler Chriftoph Richter erneuert ward und 
er nur noch die Inſchrift an dem Hauserfer zu vollenden 
hatte, ftürzte er rückwärts 6 Ellen hoch auf das Pflafter 
und gab auf der Stelle feinen Geift auf. Nach der Volks— 
fage war Dies die Strafe, daß er an der Wahrheit der 
Legende gezweifelt hatte. 


299) Die ſchmatzenden Todten zu Dſchatz. 
Hoffmann Bd. I. ©. 182. 


Als die Peſt 1552 zu Oſchatz mwüthete, wurden zu Ende 
des Augufts zwei Wächter angeftellt, welche 3 Nächte auf 
dem Gottesader wachen und horchen follten, ob e3 wahr fei, 
was man berichtet, daß die Todten geſchmatzt hätten. Es 
war nämlich die Sitte, wenn man folches vernommen und 
daraus geichloffen hatte, daß die jchmagenden Todten noch 
mehrere ihrer Freunde nachholen würden, dieſelben aus— 
zugraben, ihnen die Kleider, daran fie faueten, aus dem 
Munde zu reißen und ihnen mit dem Grabicheite den Kopf 
abzuftechen. Noch heute entfernen an vielen Drten im König- 
reihe Sachſen darum die Leichenweiber forgfältig Alles vom 
Munde des Verftorbenen, ehe er eingejargt wird, damit er 
nichts von feinem Anzuge mit demfelben erreichen kann. 





300) Die drei Kreuze vor dem Hospitaltbore zu Oſchatz. 


Hoffmann Bd. 1. ©. 192.40. Haſche, Mag. f. Sächſ. Geſch. TH. IL. ©. 290.3q. 
Mehr u. anders im Sammler 1837. Nr. 4. ©. 12 fgg. 





Auf einem Hügel vor dem Hospitalthore zu Oſchatz ftehen 
3 Kreuze, welche in Folge einer ſchrecklichen Mordthat an drei 
Gliedern einer Familie, die angeblich hier gejchehen ift, wie 
fih das Volf erzählt, geſetzt fein follen, wiewohl eine andere 


— 272 — 


Erklärung die ift, fie follten bezeichnen, daß hier die Gerichts— 
barfeit der Stadt aufhöre und die des Amtes angehe. In 
der Strehlaifhen Vorſtadt vor dem Sonntag’shen Vorwerk 
ftanden fonft ebenfalls drei jolcher Kreuze zum Merkmal, daß 


früher hier das Hochgericht war. 


301) Der Mordteih zu Schmannewig bei Dahlen, 
Hoffmann Bd. I. ©. 267. 





Bei Schmannewig, einem zu Dahlen bei Oſchatz ge- 
hörigen Dorfe, das jeinen Namen von dem dort in einem 
heiligen Haine von den Daleminziern verehrten Gott Schwante- 
wit empfing, befindet fich ein Teich, der Mordteich genannt, 
wo einige Jungfrauen, die ihre Unfchuld ſich nicht hatten 
rauben lafjen, ermordet worden waren und heute noch um- 
gehen follen. Dadurch, daß jeder Vorübergehende ein Reis 
auf ihre Grabftätte warf, fchreibt fich die bedeutende Erhöhung 
des Bodens. 


302) Die Kegelfpieler zu Döbeln. 
C. Mörbit, Chronica Doebelensia. Leisnig 1727. 8. ©. 44 50. 





AS Wahrzeichen der Stadt Döbeln an der Mulde nennt 
man zwei fteinerne Köpfe, welche man aus dem zweiten Stod 
des erjten Haufes an der Stadtmauer zur rechten Hand des 
Dberthores, wenn man über die Brüde herein kommt, hervor- 
tagen fieht. Der eine von ihnen ſchaut mit diden Baden 
und fröhlichem Geficht über den Zwinger und die Mulde auf 
die Oberbrüde und lat gleichjam das ihm entgegenkommende 
Bolf an, der andere aber fieht innerhalb der Mauer und 
Stadt gegen Mittag im Winkel, *in wenig hinter dem Thor- 
thurm mit feitwärtS gebogenem betrübten, niedergedrüdten 
Gefichte, und hat beide Hände auf dem Haupte, als wollte 
er darin fragen oder ji) die Haare ausraufen. Die Ent- 
ftehung diejes Denkmals foll aber folgende fein. Zwei Brüder 
waren Erben zu diefem Haufe und wurden eins, darüber zu 


— 273 — 


looſen oder zu ſpielen, und zwar ſoll's auf ein Kegelipiel an- 
gekommen fein, weil inwendig im Haufe fich zwei Hände mit 
Kugeln präfentiren, auch Kegel an den Pfeilern im Haufe 
fich befinden. Sie fetten aber auf ein Loos das ganze Haus, 
auf das andere aber ein ganz ledig Zeichen, da fonnte es 
nun nicht anders treffen, es mußte der verfpielende und ganz 
ledig ausgehende Theil betrübt werden und fih im Kopfe 
frauen, ber andere als Gemwinner war befto fröhlicher und. 
fol dem Vorgeben nad zum Andenken foldher Begebenheit 
diefe beiden Köpfe haben einmauern laffen. Das Haus ift 
ganz fteinern und führt die Jahrzahl 1504. 


303) Bögel brennen Häufer an. 
Fiedler, Miügelnfche Gebächtniffäule. Lpzg. 1709. 4 ©. 69. 


Sm Jahre 1191 hat man bei Mügeln fchwarze Naben 
und andere Vögel in der Luft fliegen ſehen, welche glühende 
Kohlen in ihren Schnäbeln geführt, die haben fie fallen laſſen 
und damit Häufer, Scheunen und Ställe angezündet. Das 
find ohne Zweifel die jchwarzen höllifchen Geifter geweſen, 
den Gott um der Sünden der Menſchen Willen aus gerechtem 
Gerichte ſolches zu thun verhänget hat. 





304) Blutzeichen. 
Fiedler a. a. DO. Fortfegung ©. 45. cf. ©. 16. Kamprad ©. 468. 472. 
Heine ©. 366. Helel, Beichreibung v. Bifhofsw. ©. 295. 





Im Jahre 1672 bat zu Schrebig, eine Stunde von 
Mügeln, unter dem Schulamt Meißen, eines Schneiders, 
Namens Hans Kurtens, Kind, °/, Jahr alt, ganzer fieben 
Tage lang natürlid Blut geweint und find ihm die blutigen 
Zähren auf den Baden geronnen und angeborret, wenn folche 
nicht aljobald abgemifcht worden. Das Kind ift Die ganze 
Zeit über nicht unpäßlich geweſen, fobald es aber wiederum 


Wafler geweint, ift es Frank worden. Eben an dem heil. 
Gräfe, Sächſ. Sagen. I. 18 


— 2714 — 


Pfingfttage diefes Jahres jchwigten unweit Dresden in eines 
Leinewebers Haufe Tiſche, Bänke und Stühle häufiges Blut, 
fo zwar, daß es in die Stube gefloffen. Dergleichen hat fich 
auch zu Plauen im Boigtlande zugetragen und bei gericht- 
licher Befichtigung find auf den Stubendielen ganze Pfüßen 
Blut gefunden worden. Desgleichen ift den 9. März deſſelben 
Sahres dem Churf. Wildmeifter zu Dahlen ein Hirfchgeweihe 
überbracht worden, davon die eine Zade oder Ende am Horn 
jo ftarf. al3 eines Menfchen Nafe geblutet und über ein Nöfel 
Blut von fich gelaſſen. So ift auch im Jahre 1652 zu 
Wurzen ein Teih in Blut verwandelt worden, dergleichen 
fih auch in Pirna zugetragen, wie nicht weniger zu Leipzig 
den 30. Julius bei einem Kramer und bei einem Bäder das 
Fleiſch zu Blut worden. Dergleihen Blutzeichen haben fich 
zu Halle in Sachſen und in dem Stadtgraben ereignet, welches 
vormals ſchwere Durchzüge fremder Völker und blutige Treffen 
bedeutet. In Meißen und in der Laufiß ließen fich nicht 
allein Blutzeihen und Gemwächfe, fondern auch an etlichen 
Drten Gefpenfter in türkischer Geftalt fehen, welche hin und 
wieder auf gewiſſen Plägen fpagiren gegangen find, oftmals 
auch gar mit einander fharmußiret haben. In 10 Jahren dar- 
auf hat man das Prognofticon aus dem Türkenkriege gehabt. 


305) Der Tebendig gewordene Kuchen zu Döbeln. 
Curiosa Sax. 1736. ©. 319. 





Am 17. September des Jahres 1736 hat der alte Bäder- 
meilter Hammer für feinen Krankheit halber im Teplitzer 
Babe verweilenden Sohn, der auf dem Niedermarfte wohnte, 
früh gebaden und Kuchen gefchoben. Nachdem er nun bereit3 
einige in den Ofen gejchoben und noch mehrere hineinfchieben 
wollen, hat er den indejjen zugejehten Badofen wieder ge- 
öffnet, da ift ihm plößlich einer der vorigen, der dem Leucht- 
feuer gegenübergeftanden, nicht nur entgegengefommen, fondern 
auch, weil er nicht flugs zugegriffen, wirklich zum Dfen heraus- 


— 2705 — 


gefahren, hat fih aber, weil er oben noch weich und nur 
unten etwas geharſcht geweſen, im Fallen gerollt und ift bem- 
nah in den Koth und die Kohlen gefallen, alſo daß er nicht 
hat wieder hineingejchoben werben können. Solches ift von 
Dielen für ein Anzeichen kommender Theuerung gehalten worden. 


306) Die Wahrzeichen der Stadt Roßwein. 
Curiosa Sax. 1733. ©. 122. 





Sn der Stadt Roßwein befindet fi unter dem Rath— 
hauje ein öffentliher Durchgang, der auf der einen Seite ſehr 
weit, auf der andern aber ziemlich enge if. Da nun alle 
Bräute durch diefen Gang, wenn fie zur Trauung wollen, 
nah alt hergebrachter Gewohnheit geführt werden, jo nennt 
man diejen Gang das Brautlodh, alfo daß dies den Reiſenden 
zu einem befondern Kennzeichen dient, daß, wer das Brautloch 
in Roßwein nicht gejehen, aud niemals in Roßwein geweſen 
it. ALS zweites Merkmal galt früher der Stadtjeiger am 
Kathhaufe, an dem bei jedem Stundenfchlag ein Kopf nad 
einen Apfel fchnappte, ſolchen aber nie befommen konnte. 
Dergleihen fonderbare Uhren jah man auch zu Großenhayn 
und Pirna an den Rathhäufern, da am erjtern Orte zwei 
Löwen die Stunden zählten, anı legtern aber fich zwei Böde 
bei jedem Stundenjchlag bewegten. 


307) Der Abt im Handwerfshaufe zu Roßwein. 
Biehnert Bd. III. ©. 288 sq. Poetiſch beh. bei Seguitz Bd. I. ©. 281 sg. 


ALS der letzte Abt des Kloſters Altenzelle, Andreas 
Schmiedewald aus Roßwein, kurz vor der Säcularifation 
defjelben (1545) felbjt feinen Hirtenftab niederlegte, bedachte 
er mit den Kloftergütern auch feine Verwandten und fo 
jchenkte er feinem Bruder Anton, Bürgermeifter zu Roßwein, 
das dort befindliche Abthaus, von dem es 1565 der Tud)- 


macerinnung fäuflich überlaffen ward, die es als Handwerf3- 
18* 








— 276 — 


innungshaus benugt. Weil nun aber der Abt alfo die Kirche 
um ihr Eigenthunf brachte, fol er im Grabe feine Ruhe 
finden. Er wandelt aljo in dem Innungshaufe als Spufgeift 
herum und läßt ſich oft mit Boltern hören. Gewöhnlich fieht 
man ihn aber auf dem Bodenraume defjelben fiten, wo bie 
Traueranzüge der Bahrenträger und das Leichengeräthe der 
Tuhmaderinnung aufbewahrt wird. Gikt er ftill da, fo hat 
es nichts zu bedeuten, wirft er aber die oben genannten 
Gegenftände herum und handirt damit, fo ftirbt binnen 3 Tagen 
ein Tuhmachermeifter. 


308) Das Räthſel von der Mulde. 


Der Joachimsthaler Pfarrer Mattheſius aus Rochlitz, 
Luthers Freund und Tiſchgenoß, machte aus dem Worte MVLD 
folgendes Räthfel: 


Rath’ was ift das? Drei Wafler-Stram f) 
Die ha'n Ein’ Syllb', Ein'n deutfhen Nam’, 
Ein's theuern Doctor Tr) Namen zwar, 
Ein’3 frommen Weibes Sterbejahr Frr). 
Allen in vier Buchftaben fteht: 

„Gnad Dir Gott“ fprech’, wer hiefür geht! 





309) Der Sächſiſche Götze Hennil. 
Dithmar. L. VII. ce. 50. 





Die ſächſiſchen Bauern haben in der Heidenzeit einen 
fonderbaren Hausgögen gehabt, dem fie dienten und in den 
fie großes Bertrauen ſetzten, jelbigem auch opferten. Sie 
hatten einen Stab, an dem ſich oben an der Spige eine Hand 
befand, welche einen eifernen Ring hielt, und diefer ward von 
einem Hirten in alle Häufer des Ortes herumgetragen und 
am Eingange von dem, der ihn trug, aljo angerebet: „Wache 


+) Die Zihopau, die Freiberger und Zwidauer Mulde. 
tr) D. M. L. Doctor Martin Luther. 
+rf) MDLV (1555) ſtarb die Wittwe Churfürft Moritens. 


— 71 — 


auf, Hennil, wache auf!“ die war nämlich fein Name. 
Hierauf fegten fi) die Bauern ſämmtlich zu Tifche und ließen 
es fich wohl fein. 
310) Die unglüdliche Hochzeit zu Grimma. 
Mifander, Deliciae historicae &. 505 sq. Poetiſch beh. v. Segnit Bd. I. 
S. 252. sq. 





Den 16. October des Jahres 1637 ließ ein feiner und 
gelehrter Mann zu Grimma jeine Tochter dem Nector ber 
Stadtſchule dafelbit ehelich antrauen. Bei der Hochzeit waren 
etliche Studenten von Leipzig, unter welchen einer fehr ärger- 
liche Hoczeitsverfe gemacht hat und den Gäften austheilen 
laffen. Unter andern hatte er das Kriftliche Begräbnißlied 
„nun lafjet ung den Leib begraben” ſehr verumehrt und auf 
deſſen Singeweife ein anderes verfertigt, deffen Anfang war: 

Nun lafjet uns die Braut begraben 

Und gar feinen Zweifel haben, 

Daß Morgen fie wird auferftehn 

Und auff zwei Weiberfüſſen gehn ac. 
Aber was geſchah? Man hatte mit den Sterbeliedern ge- - 
fcherzt, den dritten Hochzeitstag ftarb die Braut an der Belt, 
wenige Tage nachher der Bräutigam und mit ihm zugleich 
zwei Brüder der Braut, jo Studenten waren, und man ging, 
wie der Chronift fagt: a thalamo ad tumulum, a luxu ad 
luctum.f) 


311) Das Gögenbild auf der alten Brüde zu Grimma. 
Albinus, Meyßniſche Landchronica ©. 149. 





Auf der alten Brüde, die fonft zu Grimma über bie 
Mulde führte — die heutige ift aus viel jpäterer Zeit — 
ftand noc lange, nachdem die Sorben unterworfen waren, 
ein Götzenbild in Stein gehauen, welches drei Köpfe und Ge- 
fihter unter einem Hütlein hatte. 





+) d. h. vom Brautgemach zum Grabe, von Schwelgerei zur Trauer. 


— 278 — 


312) Das budlige Kind zu Grimma, 
M. Heidenreich, Vita Bennonis. Dresdae 1694. 8., $ 13. ©. 137. 





Am Dritten Dfterfeiertage des Jahres 1278 ift ein 
Bürger zu Grimma, Namens Nicolaus, mit feiner Ehefrau 
Chriftiane zum Grabe des H. Benno gefommen und hat er- 
zählt, er habe einen halbjährigen Knaben gehabt, dem inner> 
halb 16 Wochen ein Höder in Geftalt eines Kopfes gewachfen 
jei; nachdem fie das Kind aber dem 9. Benno geweiht, habe 
fih die ganze Erhöhung wieder verloren. Dies beftätigten 
Beide und viele Einwohner Grimma’3 eidlic). 


— — — — 


313) Der Biereſel zu Grimma. 
Mündlich (S. meine Bierſtudien. Dresd. 1872. S. 125). 





Wenn man zum Bapifchen Thore herausgehet und ſtatt 
nach dem Kirchhof zu ſich rechts wendet, erblickt man eine 
Reihe Scheunen, die ſich an einen hohen Berg lehnen: eine 
von dieſen enthält einen Keller, der in den Berg hineingeht, 
und in diefem befindet fich angeblich der Bierefel. Diejer 
leidet des Nachts Niemand darin, fommt auch manchmal, 
wie man fonft erzählte, heraus und erichredt die Vorüber— 
gehenden. 


314) Der Kreuzweg auf der Straße nach Großbardau, 
Mindlic. 





Wenn man von der Stadt Grimma aus die Chaufjee 
nach dem Dorfe Großbardau geht, jo fommt man an einen 
Kreuzweg, den verjchiedene Feldwege bilden. Hier geht Abends 
zwifchen 12—1 Uhr fein Pferd gutwillig vorbei, zwingt man 
diefelben, fo gehen fie durch, und viele, die zu diefer Stunde 
bier oder an einem weiterhin mitten auf der Straße be- 
findlihen, zur Erinnerung an einen einft bier begangenen 
Mord gepflanzten Baume vorbeigingen, haben ein großes 


— 1719 — 


Ding in Geitalt eines ungeheuren Ballen fi auf der Straße 
von Grimma her in der ganzen Breite derjelben einher- 
wälzen jehen. 


315) Der Nir bei Grimma und am Schloffe Döben. 
Mündlich. 





Wenn man die von der Stadt Grimma nach dem 
Kloſter Nimptſchen führende Straße geht, ſieht man jenſeits 
der Mulde einen großen hervorſpringenden Felſen, der Trom- 
peterfelfen genannt, weil im 30jährigen Kriege einmal ein 
von den Feinden verfolgter Trompeter hier mit feinem Roffe 
glücklich in die vorbeifließende Mulde fprang und fie durch— 
Ihwamm. Diejelbe ift hier unergründlich tief, und fieht 
man angeblic den Muldennir in weißen Hofen mit feinen 
Töchtern im Sommer unter dieſem Felſen figen und Die 
Schwimmer anloden. Auch verlangt derjelbe jährlich hier 
fein Opfer von einem Menschenleben. Unter einer andern 
Geftalt zeigt er ſich unterhalb der Stadt Grimma beim 
Schloſſe Döben. Diejes alte Schloß liegt auf einem hohen, 
ichroff von der Mulde aufiteigenden Feljen, an deſſen Fuße 
ein ſchmaler Fußpfad, kaum für eine Perfon breit genug, 
nad der */, Stunde entfernten, romantijch gelegenen Golzer- 
mühle führt. Vor einigen zwanzig Jahren hörte man von 
den Bewohnern der dortigen Umgegend oft, der Muldennir 
zeige fi unter der Geftalt einer Bäuerin in altfränkfifcher 
Tracht, in ſchwarzer Schooßjade und rothem Frießrode, den 
Kopf mit einer ſchwarzen Haube, die mit breiten weißen 
gepreßten Streifen beſetzt fei, bededt. Dieje ſitze an heißen 
Sommertagen gegen Abend auf dem erwähnten Feljenpfade 
mit nach dem Wafjer herabhängenden Beinen da, wenn aber 
Jemand fich nähere, überjchlage fie fih und fpringe in den 
Fluß, der an dieſer Stelle, ziemlih unter dem Schloffe, 
unergründlich tief ift und angeblich ein verfunfenes Schloß 
in jeinem Grunde birgt. 


— 280 — 


316) Der alte Jungfernteich bei Grimma, 
Mundlich. 


Wenn man bei dem früheren Spitale zu St. Georg 
vorbei die Straße nach dem Dorfe Neunitz geht, erblickt man 
der Ziegelſcheune ziemlich ſchräg über einen kleinen Teich oder 
Tümpel: in dieſem ſollen die Seelen aller Grimmaiſchen 
Mädchen, die unverehelicht geſtorben ſind, gebannt ſein, nach— 
dem ſie in Unken verwandelt wurden, an denen der Teich 
ſehr reich iſt, des Nachts aber ſollen ſie in der Nähe des 
Orts als Geiſter herumſchweifen. Darum heißt dieſer Teich 
der alte Jungfernteich. 


317) Die Sage von dem Abendmahlskelche in der Klofter- 
firche zu Grimma, 
Mündlich. Die frühern Mittheilungen über diefe Sage hat Lorenz, Chronik 
v. Grimma Bd. I. (Epzg. 1856) ©. 58 fgg. zufammengeftellt, er zweifelt. 
aber ohne Grund an der Wahrheit der Sage. 


Zwiſchen dem fpäter in die jegige Landesſchule verman- 
delten Auguftinerflofter zu Grimma und dem durch die Flucht 
der Katharina von Bora berühmt gewordenen Nonnenklofter 
zu Nimptichen F) hat in früherer Zeit eine Verbindung durch 
einen unterirdiichen unter der Mulde hinführenden GangTfr) 


T) In der dortigen Gegend eriftirt ein Sprichwort: mach's wie die 
Nonnen zu Nimptichen, d. h. reife aus. 

Tr) Dergleihen unterirdifche Gänge Haben fonft viele in alten Klöftern 
eriftirt, z. B. in dem Benedictinerflofter Bofau bei Zeig, in dem Bene- 
dictinerffofter zu Saalfeld auf dem Peteröberge, in dem Nonnenflofter zu 
Langenfalza, in dem Kloſter AMltenzelle bei Nofjen ꝛc. ©. Puramandus, 
Hiſt. Nachr. von denen in alten Kirchen und Klöftern im Schooße der 
Erden verborgen Tiegenden, güldenen, filbernen und Edelgefteinen Schägen 
— ingleihen von denen bei vielen Klöftern befindligen unterirdifchen 
Gängen und Gewölben x. St. I. Franff. u. Jena 1731. 8. Variamandus, 
Hiftor. Nachr. von unterirdifhen Schätzen 2c. Franff. u. Leipz. 1738. 8. 
S. 52. sq. 65. 73. Hiftor. Schauplat fehr merkw. Gefch. v. unterirdiſchen 
Schätzen. Kannover 1747. 8. S. 28. sg. C. E. F. Neue Samml. merfm. 
Geſch. von unterirdiſchen Schätzen, Höhlen und Gängen. Bresl. u. Lpzg. 
1756. ©. 257. sa. 


— 3831 — 


beftanden. Den Ausgang defjelben im Kloftergarten zu 
Nimptſchen konnte man vor einiger Zeit noch als die Mündung 
eines alten Kellers jehen, die Stelle aber, wo man im Kreuz- 
gange des alten Auguftinerflofters in bdenjelben hinabitieg, 
hat mir mein jeliger Bater, der hier Profeſſor an der Yandes- 
ſchule war, oft gezeigt. Seit dem Neubau der Schule iſt die— 
felbe mit Steinplatten wie der Fußboden des übrigen Kreuz- 
ganges neben der Kirche belegt, fo daß fie ſich durch nichts 
mehr auszeichnet, fie befindet fich aber recht im Winfel von 
dem früher zum Tanzunterricht benugten Zimmer. 

Einige Jahre nach der Umgeftaltung des alten Kloſters 
zu einer gelehrten Schule ift den damaligen Rector derjelben, 
dem berühmten Philologen und neulateinifhen Dichter Adam 
Siber hinterbradht worden, daß man aus jenem damals nod) 
allgemein befannten Gange, dejjen Eingang verſchloſſen war, 
zuweilen des Nachts Stimmengewirr und Geſang vernehme. 
Er verfammelte alfo die ftärkften und anfehnlichiten feiner 
Primaner um fi — diefe waren damals Männer mit Bärten 
und 25—30 Jahre alt, von etwas männlicherem Ausfehen 
wie unfere heutigen Studenten — , man verfab ſich mit 
Iharfgeichliffenen Schwertern und guten Fadeln, und fo ftieg 
man guten Muths in den geöffneten Gang hinab. Derfelbe 
ging natürlich nicht gerade aus, fondern war wie alle der— 
artigen Schädhte in Krümmungen angelegt. Als man nun 
aber um die Ede einer folchen Galerie gefommen war und 
Das Licht der Fadeln von der eingefchloffenen Luft in feiner 
Helligkeit vielfach behindert ward, trat ihnen auf einmal aus 
einer Mauerblende ein eisgrauer ſchwarz gefleideter Mönch 
entgegen, der fie fragte, was fie wollten, und als er fie auf 
ihre Antwort, fie wollten den Gang unterfuchen, vergeblich 
zur Umkehr aufgefordert hatte, ebenjo ſchnell verichwand, 
wie er gefommen war. Dieje Erſcheinung wiederholte jich, 
als fie wiederum um eine andere Ede gekommen, nochmals. 
Die neugierigen Forſcher ließen fich jedoch dadurch nicht ab- 
halten, fie gingen immer weiter, troß dem, daß ihre Fackeln 
faft zu verlöfchen drohten. Da erblidten fie plöglich vor 


— 1 — 


fih eine Tafel, auf der große angezündete Wachskerzen 
ftanden und um welche ſchwarzverhüllte Geftalten mit Todten- 
gefichtern faßen. Von diefen erhob fich eine, wie es fchien, 
ein alter Prior, und ſprach: „Eehret augenblidlih um und 
laßt die Todten ruhen, fonjt jeid Ihr alle des Todtes, zum 
Andenken aber an das, was Ihr gejehen habt, nehmt bier 
dieſen jilbernen Becher und verſprecht ung in Ruhe zu laſſen.“ 
Bei diefen Worten verſchwand er und mit ihm die Tafel 
und ihre Beiliger, die Fadeln verlöjchten und die Wände 
des Ganges, den jene noch zu durchwandern hatten, ftürzten 
zujammen. Bebend vor Schreden eilten Alle dem Eingange 
zu, und als man nach vielen Jahren den Gang abermals 
betreten wollte, war er verjchüttet, jener filberne, vergoldete 
Kelch, der mit ſchön gearbeiteten Figuren geziert ift und bie 
Sahreszahl 1519 trägt, wird aber noch heute, wenn ben 
Fürftenjchülern zu Grimma das Abendmahl ausgeipendet 
wird, gebraucht und führt den Namen der Mönchskelch. 


318) Die Wunderblume auf dem Tempel bei Grimma. 





Auf dem fogenannten Burgberge bei Grimma, an defjen 
Fuße heute noch eine ſehr befuchte Wirthichaft, früher Nie- 
mers genannt, liegt, befindet fich eine reizende Anlage von 
Tannen und ähnlichen Bäumen und in ihrer Nähe auf einer 
fünftlihen Erhöhung ein offener luftiger Tempel aus Holz 
gezimmert und von einem Herrn Loth im %. 1795 angelegt. 
Auf dem Vorderplateau nad der Stadt zu, der fogenannten 
Kuppe, ift aber ein fehöner Garten, der ebenfo wie der ganze 
Berg dem Nittergutsbefiger zu Hohnſtädt gehört, jedoch dem 
Publikum nicht zugänglich ift. In diefem befand fich fonft 
rechts von dem davor befindlichen Lufthaufe eine tiefe Grube, 
lediglih aus Sand und Kies beftehend, in welcher die Kinder 
ihr Spiel mit dem Nir zu fpielen pflegten. Einft war ih 
hier al3 Kind von 3—4 Jahren mit meiner Mutter ganz 
allein im Garten, diefe ftridte am Gartenhaufe, ich lief aber 


— 283 — 


nach der Grube zu und jah mitten aus dem Sande eine 
tulpenartige Blume von wundervoller Farbenpracht und lieb- 
lihem Geruche hervorfprießen. Eingedenk des mütterlichen 
Befehls, in fremden Gärten nichts abzupflüden, eilte ich zu 
meiner Mutter zurüd, um ihr den Fund zu melden. Die- 
felbe, wohl wifjend, daß aus dem unfruchtbaren Sande fein 
Gräschen, geihweige eine ſchöne Blume herauswachſen könne, 
ging gleihwohl mit mir hin, allein die Blume war ver- 
ſchwunden. Später aber, als ich herangewachien war, hörte 
ih von Bewohnern der Umgegend, daß ich die Glüdsblume 
gejehen, und wenn ich fie gepflüdt, Herr über alle Schäße 
und Beſitzer ewiger Jugend und Schönheit geworden wäre. 
Ich habe die Blume nie vergeffen und Fönnte fie noch heute 
malen, fo treu hat fie fih mir ins Gedächtniß geprägt. Vor 
einigen Jahren erzählte mir der Amtmann Köderitz aus 
Grimma, er fei einft aus der Stadt auf dem Wege nad) 
Hohnftädt am Tempelberge vorüber gegangen und habe eine 
ähnliche Blume von unten aus auf der Mitte des Berges 
ftehen fehen, er fei fofort heraufgeftiegen um fie zu pflüden, 
babe fie aber nicht wieder finden können. 


319) Von dem Urfprunge des Gefchlechtö derer von 
Einftedel, 


(Rudolphi, Gotha diplomatica. Bd. III. T. 93. Caspari, "Beiftl. u. 

Weltl., Erlang. 1854. p. 79.) Die Legende v. H. Meinrad in d. Acta 

SS. Antv. Jan. T. II. p. 381—385. Mabillon. Acta. Ord. SS. Bene- 

diet. Sec. IV. P. II. p. 63—68, u. als Volkslied b. Arnim, des 
Knaben Wunderhorn Bd. III. ©. 168 sq. 


Um das Jahr 830 lebte in Böhmen ein Graf Berthold 
v. Sulgow. Nachdem feine Ehe lange Jahre ohne Kinder- 
fegen geblieben war, erfreute ihn endlich Gott in Folge eines 
Gelübdes, das feine Gemahlin gethan hatte, mit einem 
Sohne, der in der heiligen Taufe den Namen Meginrad 
empfing. Meginrad widmete fih, wie es die Mutter gelobt 
hatte, dem Dienfte des Herrn, ging aber nicht in ein Klofter, 


— 1 — 


fondern zog fi in eine Einfieblerhütte zurüd. Da nun in 
jener Zeit das Eölibat der Geiftlichen noch nicht gejeglich be- 
ftand, fo nahm er fih ein Weib, nad den Worten der 
Schrift: „ES ift nicht gut, daß der Menjch allein ei. Me- 
ginrad wurde bald ein glüdlicher Vater mehrerer Kinder. 
Huch dieſe verließen den väterlichen Wohnplag nicht, bi end- 
ld um das Jahr 1281 einer der Nachkommen Meginradg, 
Grubo genannt, in die Welt zurüdkehrte, anftatt der Ein- 
fieblerfutte den Harniſch anlegte und ftatt des Roſenkranzes 
das Schwert in die Hand nahm. Grubo machte fich bald in 
Schlachten und Turnieren berühmt, allein der Name Ein- 
fiedel blieb ihm und ward von ihm auf zahlreiche Söhne 
und Töchter fortgeerbt. 7) 


7) Diefelbe Sage erzählt mit mehreren Veränderungen Stumpf in 
feiner Schweizer-Chronit, Zürich 1548. Fol., S. 106. Nach ihr lebte im 
9. Jahrhundert in Schwaben ein Graf, Bertolt von Sulgow, dem feine 
Gemahlin einen Sohn Meynrad oder Meginrad (Meinhard) gebar. Megin— 
rad wurde von feinen Aeltern für den geiftlihen Stand beftimmt und 
daher in das Klofter Neichenau am Bodenfee gebradt. Doch fein Sinn 
verlangte nad der Einfamfeit des Waldes. Er verließ daher Reichenau 
und 309 fih in einen finftern, öden Wald am Zitricher See zurüd, um 
bier ungeftört als Einfiedler feinem Gott zu dienen. Da gejhah es denn 
im Jahre 863, daß zween Räuber zu ihm famen und ihn erwürgten in 
der Hoffnung, Gold und Schäte bei ihm zu finden. Als er eben von 
ihren Händen fterben follte, fah er zween Raben fliegen und ſprach: „Die 
Haben werden's verrathen!” Da mun nad einiger Zeit die Räuber in 
Züri in der Garküche faßen und Naben um dad Haus fliegen fahen, 
ſprach einer zum andern; „Schau, ſchau, da fliegen die St. Meinhard's 
Beugen her!” Das zeigten Etliche der Obrigfeit an, die zog fie ein, und 
da fie die That befannten, wurden fie gerädert und mit Feuer verbrannt. 
Aber der Leichnam des frommen Meinhard wurde nad Reichenau gebracht 
und blieb dort ein Gegenftand der Verehrung bis zur Aufhebung des 
Klofterd, d. 5. bis zum Jahre 18083. 

An der Stelle aber, wo St. Meinhards Zelle geftanden hatte, er— 
baute im Jahr 913 der Dom-Decan Eberhard aus Straßburg eine 
Kapelle und eine neue Einfiedelei. Bald fanden fi hier viele Fromme 
zufammen, bis endlih das Klofter Einfiedeln entftand. In Einfiedeln 
wurden aber bald der Ordensleute fo viele, daß das Klofter fie nicht alle 
erhalten konnte. Manche der Klofterbrüder verließen ihre Zellen wieder. 
Unter diefen befand fi) auch ein Bruder, der aus dem Lande Meißen 


— 35 — 


320) Conrad von Einfiedel auf Gnandftein. 
Fabricius, Origines Sax. Lips. 1606. p. 701. Theobald, Hufitenkrieg. ©. 237. 


Unter den Edlen Sachſens, die im Jahre 1426 mit 
Kurfürft Friedrich dem Streitbaren gen Außig den Hufliten 
entgegenzogen, befand fih aud Ritter Conrad von Einfiedel 
auf Gnandftein. Am 15. Juni geſchah denn jene blutige 
Schlacht, in welcher die Blüthe des ſächſiſchen Adels ein 
ruhmlojes Grab fand. Zu den Wenigen, die ihr Leben nicht 
verloren, gehörte Conrad von Einjiedel. Er floh mit einer 
Anzahl feiner Kampfesgenofjen auf das Schloß Schredenftein. 
Doch da die treuloje Befagung des Schredenfteines den Huf- 
fiten heimlich die Thore der Fefte öffnete, mußte jchon am 
zweiten Tage Conrad Diefelbe dem Georg Dieckzinski über— 
geben. Letzterer aber fehenkte dem gefangenen Conrad von 
Einfiedel Leben und Freiheit und ließ ihn ungehindert in fein 
Vaterland zurüdkehren. 

Um dem Höchſten für die Rettung aus der Gewalt der 
Feinde zu danken, beihloß Conrad zum heiligen Grabe in 
Serufalem zu pilgern, um bier das Opfer feines Danfes 
darzubringen. Er hatte jedoch das Ziel feiner Reife noch 
nicht erreicht, als er in neue Gefangenschaft gerieth. Sept 
wurde er ein Gefangener der Saracenen, die ihn als Sclaven 
verfauften. Faft dreißig Jahre Hatte er die Sclavenfetten 
getragen, als er im jahre 1455 bei der Belagerung von 
Belgrad in dem türfifhen Heere zum Schanzen verwendet 
wurde. Als nun bier das türkifche Heer duch Johann 
Hunyades eine gewaltige Niederlage erlitt, fiel Conrad 
ftammte und der in die Heimath zurückkehrte, um ſich dem Kriegsdienſte 
zu widmen. Mer Hatte er auch feinem Leben eine andere Beftimmung 
als die früher gewählte gegeben, fo behielt er do) den Namen Einfiedel 
und wurde fo der Ahnherr derer von Einfievel. — Dies foll gefchehen 
fein um das Jahr 1280. Uebrigens ift die Sage der von den Kranichen 
des Ibycus fehr Ähnlich, f. B. Schmidt, Nomanzen u. Ball. deutſch. 
Dichter S. 206, sq. A. Schoppe, Sagenbibl. Lpzg. 1851. Bd, II, ©. 12. 
sq. Gößinger, deutſch. Dichter Bd. I. ©. 384. sa. 


— 16 — 


wiederum als Gefangener in die Hände ber Ungarn. Diefe 
jhentten ihm als einem Chriften die Freiheit. 

Hoffnungsvoll Fehrte er zur Heimath und zur Gattin 
zurüd, hoch jehlug fein Herz, da er Gnandfteins Warte fah. 
Aber al$ er an dem Thore feiner Burg Einlaß begehrte, 
ward er fchnöde abgewiefen. Niemand, felbit die Gemahlin, 
wollte den längft todt Geglaubten wieber erkennen, und in 
die Befigungen des BVerjchollenen hatten fich die Verwandten 
bereit3 getheilt. Der von Allen verftoßene Conrad flüchtete 
fih zu feinem alten Jugendfreund, Hans von Gablenz zu 
Mindifchleuba. Diefer erkannte ihn wieder, und da ihm Con- 
rad gewiſſe geheime Merkmale, die er ſowohl, als feine Ge- 
mahlin an ihren Körpern hatten, vertraute, jo wurde Gablenz 
der Vermittler zwifchen beiden Gatten. Er überzeugte auch 
bald Gattin und Bruder, der Zurüdgefehrte fei wirklich Con- 
rad von Einfiedel. Obgleich nun Conrad die vertheilten und 
vererbten Güter nicht wieder erhalten Fonnte, jo mußte ihm 
doch auf Befehl Churfürft Friedrih8 des Sanftmüthigen eine 
anftändige Abfindungsfumme gewährt werden. 

Noch erlebte Conrad das Glüd, daß ihm feine Gemahlin, 
ohngeachtet ihres höheren Lebensalters, eine frohe Nachfom- 
menschaft jchenkte. 

Conrad Stamm follte jedoch nicht fortblühen. Nur 
einer feiner Söhne, Wilhelm, erreichte die Jahre des Mannes- 
alters. Allein auch ihm wurde das heilige Land verderblich. 
ALS er im Jahre 1493 mit Churfürft Friedrih dem Weiſen 
nah Serufalem pilgerte, verlor er unter Weges auf gemwalt- 
fame Weife fein Leben. 


321) Der Schlüffel zu Gnandſtein. 
Mündlich. Ziemlich unſicher erzählt im Sachſengrün 1861 S. 86. 





In einem jhönen Thale, drei Stunden von der Stadt 
Borna an ber von Leipzig nach Chemnig führenden Straße 
ſchaut weit über die Umgegend das alte Schloß Gnandſtein, 


— 3837 — 


welches auf einen 80 Fuß hohen Porphyrfelfen erbaut ift. 
Diefe Burg ift ſchon feit dem 13. Jahrhundert in dem Belik 
der Familie von Einfiedel gewejen und kann man noch heute 
in dem großen Familienjfaale die Bildniffe der meiften Mit- 
glieder derjelben feit dem 15. Jahrhundert fehen. In der 
dafigen Kirche hat Dr. Martin Luther felbft mehrmals ge- 
predigt und einft dem Heinrich Hildebrand von Einfiedel, dem 
er jehr gewogen war und an den er mehrere im Schloß- 
archiv noch vorhandene Briefe gejchrieben hat, auf fein Be- 
fragen, ob die Bauern auch nad der Reformation noch zu 
feohnen hätten, zur Antwort gegeben, man müſſe ihnen zwar 
Erleichterung gewähren, aber nicht Alles erlaſſen, denn 
„wenn ber Bauer nicht muß, rührt er weder Hand noch 
Fuß”. Nicht allzulange nad feinem Tode ift ein gewiſſer 
Haubold von Einfiedel, dejjen Figur noch heute in der 
Schloßkirche in Stein gehauen zu fehen ift, nad der Sitte 
jener Zeit nach Italien gereift, und hat einft bei einem Un— 
gewitter an der Pforte eines tief in den Apenninen gelegenen 
Klofters um Aufnahme gebeten. Diefe ward ihm auch ge- 
währt, man ließ ihn ein und der Prior fragte ihn natür- 
li nach feinem Namen und dem Zwed feiner Reife. Kaum 
hatte er fich genannt, als derſelbe fich forjchend nach ver- 
fehiedenen feine Familie betreffenden Einzelnheiten erkundigte, 
und als jener diefe Fragen fo beantwortete, daß fein Zweifel 
an feiner Spentität bleiben Eonnte, legte ihm der Prior einen 
in der Klofterbibliothef befindlichen genauen Riß des Schloffes 
Gnandftein und alte Schriften vor, aus denen er erjah, daß 
an einem gemwiffen, nicht näher bezeichneten Drte defjelben 
ein großer Schag in einer mächtigen eifernen Kifte vergraben 
jet, e8 werde einmal etwas daſelbſt gebaut werden und man 
werde dann zufällig ein eifernes Kiftchen finden, in dem fich 
H Pfeile und ein großer Schlüffel befänden, dieſes jolle man 
forgfältig öffnen und nach der Seite zu, wo der Bart des 
Schlüfjels hinweise, da folle man in die Mauer einjchlagen 
und man werde. auf die große Truhe, welche den Schaf ent- 


— 288 — 


halte, ſtoßen und dieſelbe mit Hilfe des großen Schlüſſels 
leicht öffnen können. 

Jener Conrad von Einſiedel nahm nun eine genaue 
Abſchrift obiger Mittheilung und hatte nach feiner Zurück— 
funft nichts Eiligeres zu thun, al3 an verjchtedenen Stellen 
der Burg Nachgrabungen anzuftellen, ob man nicht vielleicht 
auch jo auf den Ort, wo der Schaf liege, kommen könne, 
allein Alles war vergebens. Auch fol er, ſowie mehrere 
feiner Nachkommen, die Nehnliches im Sinne gehabt, durch 
einen Traum gewarnt worden fein, von weitern Nach— 
grabungen abzuftehen, der Schag werde zu feiner Zeit fchon 
von jelbit an den Tag kommen. 

Da ift in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. 
ein Beliger von Gnandftein aus dem Einfiedelihen Geſchlechte 
auf den Gedanken gekommen, aus einem großen, im erften 
Stode des Schloffes gelegenen und in den obenerwähnten 
Thurn gehenden Zimmer zwei Fleinere zu machen. Er läßt 
aljo die nöthigen Maurer kommen, und uneingebenf jener. 
alten Prophezeiung bleibt er nicht Dabei, als Diefelben in 
die die Mauer einzubauen beginnen. Diefelben jchlagen 
nah ihrer Gewohnheit mit ihren Spighaden über Kopfhöhe 
ein, auf einmal ftürzt unter den Steinen eim eifernes Kiftchen 
herab, der Dedel dejjelben ſpringt im SHerunterfallen von 
jelbft auf, die erwähnten Pfeile, ein vergelbtes Pergament 
und ein großer Schlüffel von der Form der alten Kicchen- 
fcehlitffel fallen heraus, und als man dem herbeigerufenen 
Schloßheren das Gefundene überliefert, kann natürlich Nie- 
mand angeben, nad) welcher Seite hin der Schlüffel urfprüng- 
lih in dem Kiftchen gelegen hat. Zwar machte man nun 
abermals Verſuche mit Nachgraben, allein man fand nichts. 
Nun hoffte mar aus jenem Pergamente etwas Nüheres zu 
erfahren, allein fiehe e8 war in Schriftziigen gejchrieben, die 
zu feinem befannten Alphabet zu gehören fchienen. Da hört 
jener Herr von Einfiedel zufällig, daß ein Leipziger Pro- 
fejfor, Namens Kapp (follte dies nicht eine Namensver- 
wechſelung mit dem berühmten Heidelberger Paläographen 


— 289 — 


Fr. U. Kopp fein?), ſehr geſchickt in Entzifferung alter Urkunden 
jei, man ſchickt ihm dieſelbe aljo, ohne daran zu denken, 
vorher eine getreue Copie nehmen zu lafjen, und fiehe, wie 
als ob ein neidiſches Schickſal der Familie auch diefen legten 
Anhaltpunft rauben wollte, es kommt bei diefem Mann Feuer 
aus und das Document verbrennt. So liegt denn jener 
Schatz, von dem die erfte Nachricht wahrjcheinlich in jenes 
Klofter durch den dorthin geflüchteten legten Fatholifhen Burg- 
caplan nach eingeführter Reformation gelangt war, nod 
heute ungehoben, die Pfeile hat der vormalige Befiter des 
Schloſſes, Hr. Hauptmann von Einfiedel, noch als Knabe 
gejehen, dann fcheinen fie verloren gegangen zu fein, allein 
das eijerne Kiftchen und den großen Erbſchlüſſel zeigt man 
noch heute al3 die freilich bis jegt nußlofen Wahrzeichen des 
Schlofjes. Sonderbar genug hat aber in neuefter Zeit eine 
Somnambule zu Brüffel, zu der, weil man von ihrem 
wunderbaren Hellfehen dort großes Aufhebens machte, ein in 
jener Stadt lebender Verwandter der Einfiedelihen Familie 
auf deren Beranlafjung gegangen war und ihr über das 
Schloß Gnandftein verfchiedene Fragen vorgelegt hatte, im 
magnetifchen Schlafe ſowohl die Lage, als die Bauart, das 
Detail der Auffahrt ins Schloß und überhaupt die ganzen 
Räumlichkeiten dajelbft fo genau bejchrieben, wie dies faum 
ein dort Geborener und Erzogener zu thun vermöchte, ja zu 
verjtehen gegeben, daß, wenn man in einem alten Schuppen, 
der ſich auf dem Schloßhofe befindet und mit feiner Rückſeite 
an jenen alten Thurm ftößt, an einer gewiſſen, ziemlich 
genau bezeichneten Stelle nachgraben wolle, man feinen Zwed 
wohl erreichen werde. Indeß hat der vorige, ſowie der jegige 
Herr Befiger meines Wiffens von allen weitern Nachgrabungen 
bis jetzt abgejehen. 


322) Warum der Meißner. Weihbifchoff Dietrich zu Hartha 
begraben ift, 
Emſer, Leben des h. Benno c. 20. 


MWie der h. Benno gen Nom zog, ließ er an feiner 
Gräße, Sächſ. Sagen. I. 19 





— 290 — 


Statt einen Weihbifchoff, Namens Dietrih, in feinem Bis- 
thbum. Der war ein frommer heiliger Mann, defien Lob 
groß war im Lande Meißen. Eines Tags z0g er nad Col- 
dig, wo er weihen wollte, ward aber unterwegs fehr Frank, 
alfo daß fein Ende nahe war. Man bradte ihn aljo in eine 
nahegelegene Mühle, wo er ftarb, zuvor befahl er aber feinem 
Caplan, man folle nach feinem Abfterben des Müllers Ejel 
an bie Bahre jpannen und ihn da begraben, wohin ihn biefe 
tragen wollten. So geſchah es auch, die Müllerthiere trugen 
ihn bi an den Fleden Hartha, wo er begraben warb, und 
die daſigen Einwohner wiſſen fich viel von den an feinem 
Grabe geſchehenen Wundern zu erzählen. 


323) Der Ablafkäfe zu Wickershayn. 
Hafhe, Mag. Bd. III. ©. 521 sq. 


Im Dorfe Widershayn, das eine fleine halbe Stunde 
von Geithain gelegen ift und unter das Amt Rochlitz gehört, 
wird am Feite Heimfuhung Mariä ein fonderbares Felt 
gefeiert. Nah 12 Uhr Mittag begiebt ſich der ganze Rath, 
die Geiftlichfeit, Schule, Cantorei und der Stabtpfeifer, 
Drganiften und 16 Mufifanten aus der Stadt Geithain in 
befagtes Dorf, wo fie beim Schulmeifter abtreten und hier 
mit Bier und einer Pfeife Tabak bewirthet werden. Dann 
fommt ein Bauer aus dem Dorfe, einen zinnernen Teller in 
der Hand, und giebt jeder der genannten Perfonen (die 
Schüler ausgenonmen) einen Grofchen, jo der Ablaßgrofchen 
heißt, dem Oberpfarrer aber einen Thaler. Hierauf wird 
in die Kirche gelauten, und Alles zieht in Prozeffion in bie- 
jelbe, wo gefungen und Gottesdienft gehalten wird, dann 
wandert Alles aus dem Gotteshaufe zum Rathspachter in 
dejjen große Scheuntenne, wo zwei Tifche ohne Tiſchtuch und 
rund herum Stühle ftehen. An diefe jegen fih die Oben- 
genannten nach der Ordnung und was von Fremden etwa 
anweſend ift; vor der Scheune und im Hofe bleibt aber das 
zum Zuſehen zufammengefommene Volk ftehen. Wenn alle 





— 291 — 


Stühle bejegt find, bringt der Pachter ſchönes weißes Brod, 
Butter, Käfe, und befonders auf einem runden Kuchendedel 
einen runden Ziegenkäſe von der Größe eines Schleiffteineg, 
dann aber auch Bier in Krügen, und Seber kann nad) Be- 
lieben zulangen. Hierauf nimmt der Stadtrichter von Geit- 
hain den großen Ziegenkäſe vor fih und fchneidet davon 
Scheiben ab, die er auf einen hölzernen Teller legt, und 
dann denſelben zuerft dem Dberpfarrer überreicht, der ihn 
wieder feinem Nachbar giebt, und jo macht der Teller die 
Runde an beiden Tifchen, bis Jeder feine Portion erhalten 
bat. Diejer Käfe wird jedoch von den Wenigften gegefjen, 
fondern nebjt einem Stüde Weißbrod in Papier gemidelt, 
mit nad) Haufe genommen und von da aus weit und breit 
verſchickt, weil ihm diefelbe Kraft zugeſchrieben wird, die man 
im Merfeburgifhen den fogenannten Grünen Donnerftags- 
broden in oder aus bem Kreuzgange ertheilt. Nach Zerthei- 
lung bes Käfes kann übrigens Jedermann nad Haufe gehen. 
Diefer Gottesdienft und die Mahlzeit nachher gefchieht aber 
zum Gedächtniß, daß der befannte Tegel hier feine Ablaß- 
främerei getrieben und in der dortigen Gegend während ber 
Faftenzeit hat Butter und Käfe genießen lafjen. Da er fi 
nun Butter und Käfe ftücweife bezahlen ließ, jo find die 
dortigen Einwohner auf den Gedanken gefommen, Käfe von 
folder Größe zu machen, um dadurch etwas von dem Ablaß- 
pfennige zu fparen. 


324) Urfprung der Stadt Mittweyda. 


Peccenftein, Theat. Sax. III. ©. 124. Ad. Chr. Kretzſchmar, Nachrichten 
von der Stadt Mittweyda. Mittw. 1839. I. ©. 118 sq. 





Zu der Kirche von Seeliß, in welcher ein wunderthätiges 
Bild der h. Jungfrau ausgeftellt war, geſchahen vor alter 
Zeit aus der Nähe und Ferne viele Wallfahrten. An dem 
Zſchopauſtrome in der Gegend, wo fich jeßt die fogenannte 
Großmühle befindet, ftand ein jehr großer Weidenbaum, bei 


und unter welchem die Wallfahrer Mittagsruhe hielten und 
19* 


— IR— 


die Pferde auf die Weide gehen ließen. Dieſer Ort wurde 
von denen, die aus der Gegend von Dederan und Auguftus- 
burg kamen, für die Mitte der Straße nad) Seelig gehalten, 
und als fih nah und nah hier Leute anfiedelten, nannten 
fie den neuen Ort Mittweyda. 


325) Kadung vor Gottes Gericht zu Mittweyde. 
Kretzſchmar a. a. O. ©. 160. sq. 





Den 3. Januar 1636 wurde zu Mittweyda Johann 
Heydemann, der Rechte Doctor und Practicus in Neujorge 
bei Mittweyda, und den 31. Mat 1637 Aegidius Hanidel, 
Wildmeiſter und Oberförfter, Bürger in der Stadt, begraben. 
Beide hatten fich in der Neuforgifchen Capelle beim Gottes- 
dienfte darüber um den Vorrang geftritten, wer oben an 
ftehen ſolle. Nun bat der Oberförfter dem Doctor, al3 er 
nah dem Gottesdienfte Durch das Weberthor wieder nad) 
Haufe gehen wollen, durch einen dazu beitellten Mann eine 
tüchtige Ohrfeige geben laſſen. Der hat nun den DOberförfter 
verklagt, aber nichts gegen ihn ausrichten können, ift aber 
nahmals erkrankt und hat jenen zur Verſöhnung an's Kranfen- 
bett rufen laffen; da dieſer jedoch nicht gekommen ift, jo hat 
ihn der Doctor mit furhtbaren und fchredlichen Worten vor 
das Gericht Gottes geladen, worauf er geftorben if. Von 
Stund an aber ift der Oberförfter Eranf geworden und ge- 
blieben und endlid am Pfingftmontag den 29. Mai 1637 
geſtorben. 


326) Gott ſtraft einen böſen Wunſch. 
Herrmann, Mittweidaer Denkwürdigkeiten. ©. 397. Poetiſch beh. v. 
Segnitz Bd. J. ©. 140 50. 


Nicolaus John ward im Jahre 1524 zu Mittweyda vom 
Donnerwetter ſamt zwei ſeiner Töchter erſchlagen, weil, 
als er einer ſeiner Töchter die Hochzeit ausrichten ſollte, er 





— 2393 — 


aus Unwillen gejagt hatte: ich wollte, daß der Donner in 
die Hochzeit fchlügel So tft es gefchehen, der Bräutigam 
aber, der neben der Jungfrau gefeffen, ift nicht bejchädigt 
worden. 


327) Harras der Fühne Springer. 


Ad. Chr. Kregihmar, Nachr. v. Mittweyda. Bd. I. ©. 128 sq. Poetifch 
beb. v. TH. Körner, Poet. Nachlaß. Lpzg. 1815. Bd. II. ©. 71 sq. Nach 
andern Sagen v. Ziehnert Bd. I. ©. 193 sa. 


Zwiſchen Frankenberg und Lichtewalde an der Zſchopau 
befindet fih ein hoher Fels, der Hauftein genannt. Am 
28. Mai des Jahres 1499 ift der Ritter von Harrad, Be- 
figer von Lichtewalde — feine Familie beſaß dafjelbe bis. 
1561 — in einer Fehde von feinen Feinden in der Nähe 
deſſelben überfallen und fo verfolgt worden, daß ihm fein 
anderer Weg zur Rettung übrig blieb, als mit feinem Roffe 
von der Spitze des hohen Felfens, der darum den Namen 
Hauftein trägt, in den unten vorbeiftrönenden Zichopaufluß 
zu jpringen. Diejer fühne Sprung von einer Höhe von mehr 
al3 100 Ellen ift ihn auch geglüdt, und da er eine Tiefe 
von 10 Ellen Wafjer im Fluffe getroffen, hat derjelbe weder 
ihm, noch dem Roſſe Schaden gebracht, fondern beide haben 
das gegenüberliegende Ufer glüdlich erreicht und fpäter im 
Schloſſe zu Lichtewalde Schuß gefunden. Der Nitter aber 
hat nad) der Gapelle zu Ebersdorf und dem dort befindlichen 
Gnadenbilde eine Wallfahrt gemacht und zum Andenken da— 
jelbjt ein großes filbernes Hufeifen hinterlaffen, melches in 
der Gapelle aufgehangen, aber um 1529 gegen ein eijernes 
vertaufcht worden tft. Im Mai des Jahres 1801 tft am 
Rande der Zihopau dem Hauftein gegenüber bei einer jehr 
alten Eiche ein Denkftein mit der Inſchrift auf den beiden 
Hauptfeiten: „dem tapfern Springer, Nitter von Harras“ er- 
richtet worden, auf deſſen Nebenfeiten ein Sporn und ein 
Hufeifen abgebildet wurden. 





— 294 — 


328) Der Teufelöftein bei Mittweyda. 
Poetifch bed. v. Segnig Bd. I. ©. 356 sq. 


Sn der Nähe der Rochliger Vorftadt von Mittweyda be— 
findet fi der fogenannte Kalk- oder Galgenberg, der mit 
einer großen Menge von Granitblöden, von denen manche 
wohl an die 100 Gentner ſchwer fein mögen, bebedt if. Auf 
einem berfelben erblidt man die Spuren einer Riefenhand, 
und fol dieſe der Abdrud einer der Klauen des Teufels fein 
Der hat nämlich einmal auf dem genannten Berge gefeffen und 
die Wallfahrt der Pilger nach Seelig mit angejehen; da ift 
er gerührt worden und bat beſchloſſen fich zu beſſern und 
Buße zu thun und dem Herrn eine Kirche zu bauen. Als 
er jedoch die höllifchen Heeriharen davon in Kenntniß ge- 
feßt, haben dieſe erft nichts von Reue und Befjerung wifjen 
wollen, dann haben fie aber verfprochen, ihm gehorfam zu 
fein, wenn er vom Aufgang bi Untergang der Sonne feine 
Kirche fertig haben werde. Der Teufel hat fih auch fofort 
an die Arbeit gemacht und auf dem Berge einen prachtvollen 
Dom aufgeführt, allein während er mit Stolz feinen Pracht— 
bau betrachtete, hat er vergeſſen, daß er ihnen verſprochen, 
die Kuppel mit einem hohen goldenen Kreuz zu zieren. Da- 
bei ift die Sonne hinter Die Berge gefunfen und die hölliichen 
Bewohner haben ihn an fein Wort erinnert, worauf er voll 
Wuth dergeftalt auf die Erde ftampfte, daß die Kirche zu- 
fammenftürzte, und hat er jodann jelbjt die großen Stein- 
blöde über einander geworfen. 





329) Der h. Antonius zu Leuben. 
J. Ehr. Sickel. Nachr. v. Polter-Geiftern. Quedl. 1761. Bd. I. ©. 16. sq. 


Am Jahre 1727 ift Johann Chriftoph Sidel in Condition 
als Hauslehrer nad) Leuben bei Oſchatz in Sachſen auf den da- 
maligen Thielaufchen Hof gefommen, wo ihm eine Stube ange- 
wiejen ward, der gegenüber eine alte Kapelle zu jehen war, 
worin vor der Reformation Gottesdienft gehalten worden war 





— 2% — 


Auf fein Befragen nad) der Geſchichte derfelben wurde ihm jedoch 
gejagt, daß diefelbe vor einigen Jahren fäcularifirt, das alte 
Gemäuer reparirt, auch über dafjelbe ein holländifches Dach 
gemacht, die Kapelle aber, weil ihre Mauer fehr did! war, 
zu einem Milchgewölbe und der Dbertheil des Daches zu 
einem Fruchtboden benußt worden fei. Als nun dieſe Verän- 
derung vorgenommen ward, da hat man bes Nachts eine 
ſolche Unruhe, Gepolter und Gehämmer gehört, al3 wenn 
Maurer und Zimmerleute allda arbeiteten. Dafjelbe Getöfe 
hat fi naher noch oft wiederholt, und der Haußlehrer 
Sidel verfichert, daß er öfters um Mitternadt in feiner 
Stube ein heftige Gepolter aus jener Kapelle vernommen 
habe, gerade wie wenn Perſonen darin mit Bretern handtirter, 
oder mit Steinen würfen. 

In diefer Kapelle hat früher auch eine hölzerne Bild- 
fäule des h. Antonius geftanden, die man bei ber Säculari- 
jation herausgenommen und in ein danebenftehendes Gebäude, 
das Badhaus genannt, gefegt hat. Als nun einmal, während 
die Herrihaft nicht zu Haufe war, das Hofgefinde ſich eine 
Luſt machen wollte, haben fie des Abends das Bild in bie 
Schenke getragen, ihm eine Tabakspfeife in das Maul ge- 
ftedt und find mit vielem Vergnügen um bafjelbe herum- 
getanzt, haben ihm auch bisweilen Nafenftüber verabreicht 
Bei diefer Iuftigen Geſellſchaft hat fi nun der Schäfer bi 
in die jpäte Nacht am aufgeräumteften bewieſen, nachher aber 
ben heiligen Antonius wieder an feinen Drt in das Badhaus 
gebracht. Als nun der Anftifter diefer Kurzweil wieder auf 
den Hof gegangen war und fich in feine neben dem Bad. 
baufe und der Kapelle ftehende Horde niedergelegt hatte und 
eingeſchlafen war, tft er von einem Gefpenfte plößlich mit 
derben Ohrfeigen dermaßen reichlich bedacht worden, daß er 
durch ſolche Complimentirung außer fich gerieth und faft des 
Todes war, auch einen jo dicken Kopf und Gefiht befam, daß 
er am andern Morgen faum noch einer menſchlichen Geftalt 
ähnlich jah, Hat auch, was ihm begegnet war, alfobald auf 
dem Hofe erzählt und fich niemal3 wieder an diefem Bilde 


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vergriffen. Man hat nachher diefes Bild in dem Badhaus- 
garten vergraben, damit weiter Fein Unfug mit bemfelben 
getrieben werde, befagtem Sidel auch noch den Drt be— 
zeichnet, wo daſſelbe eingefcharrt war. 


330) Ein Doppelgänger zu Leuben. 
Sidel, a. a. O. ©. 71. 2q. 





Sn dent zweiten Viertel des vorigen Jahrhunderts ging 
eines Morgens um 6 Uhr der Bachter des Rittergutes Leuben 
nach feiner Gewohnheit aus dem Herrenhofe, der rings herum 
mit einem ftarfen Wafjergraben verjehen war, durch die da- 
felbft befindliche anmuthige Baumallee über die nach der linken 
Seite hin gelegene Wiefe bis zu einem ſchmalen Stege, welcher 
fih iiber dem nach dem Dorfe führenden Waffergraben be- 
fand und ohngefähr einen Büchfenfhuß vom Nittergut ent- 
fernt war, fpagiren. Da erblidt er nicht gar weit davon 
ein ihm nach dem Stege zu entgegenfommendes Frauenzimmer 
von feiner Geftalt, etwas hagerer, langer Statur und dabei 
in einer ihm mwohlbefannten Kleidung. Er eilt ihr aljo ent» 
gegen, weil er nach allen Umftänden es für gewiß hielt, daß 
diefe feine in der Stadt Mühlberg an einen dafigen Gelehrten 
verheirathete Tochter ſei. Er ſchlug demnach vor Freuden 
in die Hände, und rief ihr zu: „wo kömmſt Du ber, liebe 
Tochter?‘ Sie lächelte ihn gleichfall3 mit freudiger Miene an, 
gab aber feine Antwort von ſich. Indem er nun über ben 
Ihmalen Steg geht, ihr die Hand zu reichen, und fie über 
benfelben zu führen gedachte, weil es eben geregnet hatte und 
e3 auf dem Wege noch glatt war, verfchwand fie, ehe er noch 
über den Steg gelangte, vor feinen Augen, worüber er auf 
einmal traurig ward, nad) Haufe eilte und den Seinigen mit 
befümmerter Miene das Borgefallene erzählte. Weil er nun 
glaubte, daß feine Tochter wahrſcheinlich Frank barniederliege, 
ruhte er nicht eher, als bis er am folgenden Tage nah 
Mühlberg reifte und fich felbft von ihrem Befinden überzeugen 


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konnte. Als er aber bei ihr anlangte, fand er fie gefund und 
wohl, fie jagte indeß, als er ihr erzählte, was ihm auf dem 
genannten Wege begegnet fei, fie habe geftern Morgen gerade 
recht fleißig an ihn gedacht und ſich nach Haufe gefehnt. 
Darauf hat er fie von da abgeholt und mit nach Haufe ge— 
nommen. Die wunderbare Viſion aber hat obgedachter Haus- 
lehrer Sidel aus feinem eigenen Munde gehört. 


331) Der gefpenftige Priefter zu Leuben. 
Anzeiger für Döbeln 1841, Nr. 30. Poet. bed. v. Segnitz. Bd. II. ©. 114. sq. 





Beim Beginn der Reformation ift im Dorfe Leuben ein 
katholiſcher Prieſter geweſen, der bis an feinen Tod und felbft, 
al3 faſt feine ganze Gemeinde zur neuen Lehre übergetreten 
war, Luther und feine Anhänger, fo oft er die Kanzel betrat, 
auf's Greulichite gefchmäht hat. Endlich ftarb er und ward 
in der Kirche beigefegt. Allein er hat in derjelben, die vom 
alten Glauben abgefallen,: feine Ruhe; Nachts um die 
12. Stunde fteigt er aus feinem Grabe heraus, legt das 
Meßgewand an, macht in der Kirche die Runde, öffnet die 
Kichthüre und fieht hinaus, ob Niemand zur Kirche kommt, 
hierauf geht er durch die Gräber den Kirchweg bis zum erften 
Haufe des Dorfes hinab, dann kehrt er traurig auf demfelben 
Mege zurück und legt ſich mit dem Schlage 1 Uhr wieder in 
fein Grab zur Ruhe. 


332) Der grobe Tifch zu Fichtenberg und die wunderbare 
Bettitelle zu Meißen. 
Hormayr, Taſchenb. f. d. vater. Geſch. Lpzg. 1838. 12. ©. 257. 


ALS der gelehrte Augsburger, Philipp Hainhofer, zu An— 
fange des 17. Jahrhunderts nad) Meißen fam und ihm das 
dortige Schloß gezeigt ward, da führte man ihn im oberften 
Stod in eine Kammer, wo eine große ſchwere geſchnitzte Bett- 
ftelle ftand, in der Herzog Friedrich (gewöhnlich jagt man 
Kurfürft Johann Friedrich in der Nacht vor der Mühlberger 





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Schlacht) gelegen haben fol, und fagte ihm, diefe bleibe nie 
an einem Orte ftehen, fondern verrüde fih immer von jelbft. 
Am Camine ftand auch des Herzogs Friedrih Name von 
feiner eigenen Hand gejchrieben. 

Bei dieſer Bettitelle erzählte man ihm, daß zu Fichten- 
berg, welches eine Meile von Oſchatz gelegen fei (?) und 
denen von Taupadel gehöre, jchon über 400 Jahre ein Tifch 
aus unbefanntem Holze ftehe, und wenn man in diefen haue 
oder jchneide, jo verwachſe die Stelle fogleich wieder, wer 
aber hineinhaue, der müfje noch dafjelbe Jahr fterben. Da hat 
fi einmal ein feder Wagehals über Nacht darauf binden und 
in das Zimmer fperren lafjen, ift aber in berjelben alſo ge- 
martert und gepeinigt worden, daß er am Morgen feinem 
Menjchen mehr gleich gefehen, auch hat er auf ber Erde und 
der Tiſch auf ihm gelegen. Es fol aber auf dieſem Tifche 
einſt der heilige Bartholomäus gejchunden worden jein. 


333) Dad Nad in der Kirche zu Schweta. 


J. Fiedler, Mügliſche Ehren- und Gedächtniß⸗Säule. Lpzg. 1709. 4. 
©. 81. sg. Sidel a. a. O. J. ©. 21 sq. 


Im Jahre 1304 ift zu Schweta bei Mügeln der Ritter 
und Kriegs-Oberfte Friedrichs des Gebiffenen, Herr Meldior 
von Saalhaufen geftorben, ein Mann aus altem adligen Ge- 
jchlechte, der von Kindheit an ein berzhafter Soldat und 
Kriegsmann gemwejen und Hahn genannt worden, diemweil er 
überall Hahn im Korbe gewefen. Als er aber in feinem 
Alter fich zur Ruhe feste und auf dem Haufe Schweta wohnte, 
hat es ihm noch von ber Kriegszeit, wo er viel Menfchen- 
blut vergoffen, angehangen, daß, wenn er fich erzürnt, er in 
feiner Hitze denjenigen, der ihn zum Born bewegt, feiner 
Muth aufopferte, alfo, daß er bei der hohen Landesobrigfeit, 
obgleich diefe ihm feiner ritterlichen Kriegsthaten wegen wohl 
gewollt, oft in große Ungnabe gerathen und etliche Male hat 
feldflüchtig werden müffen. So hat er einmal zwei Böttcher 





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im Keller zu Schweta gehabt, die etwas an Wein- und Bier- 
fäffern haben arbeiten follen. Als er nun zu ihnen in den 
Keller ging, ihrer Arbeit zuzufehen, und fie es ihm nicht zu 
Sinne gemacht, hat er es getabelt und fie unterrichtet, wie er's 
haben wolle. Die Böttcher haben aber vermeint, fie ver- 
ftänden es befjer; e8 mögen aud einige Worte gefallen fein, 
worüber er erzürnt ward, Furz, er hat fie wie Hunde nieder- 
geihlagen und im Keller erwürgt. Weil er nun ſchon allzu- 
viel Werg am Roden gehabt, hat er ſich in Eile aufgemacht 
und fi dahin geflüchtet, wo er ficher zu fein gemeint. Es 
it ihm aber fleißig nachgetrachtet worden, alfo, daß er große 
Mühe gehabt, feinen Verfolgern zu entgehen, doch ift er ihnen 
immer als ein rechter Hahn aus den Fäuften entflogen. Einft- 
mals hätte er aber boch verfpielt gehabt, wäre nicht einer 
feiner Unterthanen geweſen. As ihm nämlich derfelbe Mift auf’3 
Feld fährt und der von Saalhaufen hinter dem Wagen her- 
geht, wird er gemwahr, daß das Landgericht zu Roß und Fuß 
einherzieht, ihn zu fuchen und abzuholen. Als er nun hierüber 
erſchrickt und zur Flucht nicht mehr Zeit hat, bittet er den 
Bauer um einen guten Rath. Der heißt ihn aber heitern 
Muths fein, feine Feinde hätten ihn hinter dem Wagen noch 
nicht gejehen, er folle fih nur niederlegen, und weil fie gleich 
auf den Ader wären, da ber Mift bingehöre, wolle er ein 
wenig Mift auf ihn werfen, fie würden ihn darunter nicht 
ſuchen, er wolle unterbefjen wieder auf den Hof fahren, als 
ob er feiner Arbeit warte, und fleißig Acht geben; fobald fie 
hinweg fein würden, wolle er es ihm anzeigen und ihm wieder 
heraushelfen. Dem guten Manne war aber fein Leben lieb, 
er hatte auch nicht Zeit, fich viel zu befinnen, legte ſich alfo 
nieber und ließ fich zubeden, alfo daß er auch ficher verblieb. 
Nun hatten fie aber Kundſchaft, daß der von Saalhaufen um 
diefe Stunde gewiß zu Haufe fein follte, fie fuchten ihn alfo 
befto fleißiger und länger an allen Orten, wo fie nur erriethen, 
daß es möglich wäre, daß fi) da ein Menſch aufhalten fünne. 
Dabei gefchah es natürlich, daß er länger unter dem Mifte 
im Geftanfe aushalten mußte, worüber er denn endlich un- 


willig ward, aus Argwohn, die Leute feien längft hinweg 
und der Bauer laffe ihn abſichtlich fo lange im Kothe fteden 
und fpotte feiner. Nachdem nun endlich die Gerichte fort find, 
fommt ber Bauer fröhlich zurüd, meldet dies feinem Herrn 
und hofft großes Lob und Dank verdient zu haben. Statt 
deſſen jchilt ihn aber der Junker, und als er fich entjchuldigt, 
greift Saalhaufen nach dem Degen und fticht ihn todt. ALS 
er nun nad) Haufe gekommen, da hat er vernommen, wie 
gefährlich die Sache für ihn geftanden und wie fchleht er 
dem gelohnt, der ihm das Leben gerettet, und wie gefchwind 
er zuvor zum Zorne geweſen, fo ſehr hat er hernach bereut. 
Weil nun feine Gefahr wegen fo vieler Morde immer größer 
geworben, hat er fich außer Landes begeben und endlich durch 
großer Heren und Potentaten Fürwort Gnade und Sicherheit 
erlangt. Darauf hat er aber ganz ‚einfam gelebt und fich 
feiner Sache oder des Hausweſens mehr angenommen, fondern 
nur gebetet und fein voriges Leben herzlich bereut, dann 
aber um Kirche und Schulen fowie die Armen ſich wohl 
verdient zu machen geſucht, auf daß auch Andere für feine 
arme Seele zu Gott beten möchten. Vor feinem Ende hat 
er befohlen, wenn er verftorben, folle man ihn zwar zu 
Schweta begraben, aber nicht in die Kirche, weil er fich der 
heiligen Stätte für unwürdig erachte, fondern in der Vor— 
halle oder Eingang und zwar mitten in dem Wege, damit 
man-über ihn hingehen müfje, denn weil er im Leben fo 
Manchem Gewalt angetan und auf ihn getreten, jo jolle ihn 
auch Jedermann wieder mit Füßen treten. Ferner hat er 
befohlen, ein Rad zu machen und folches über feiner Grab- 
ftätte in der Höhe aufzurichten, um damit anzuzeigen, daß er 
fih nicht werth achte, daß er unter der Erde liege, jondern 
mit jo vielen Mordthaten wohl verdient habe, daß er auf das 
Rad gelegt werde. Weil er aber auch die Kirche zu Mügeln 
in feinem legten Willen wohl bedadhte, tft ihm in derjelben 
ein großes fteinernes Bild mit feinem Schild, Helm und 
Namen gerade der Kanzel gegenüber an der Wand gejegt 
worden. Senes Rad ift aber feit feinem Tode mehrmals 


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erneuert worden und an der Stelle bis auf die jebige Zeit 
zu fehen gemejen. 

Weil nun aber der alte Ritter als Katholif auf die 
guten Werke baute, hatte er vor feinem Tode noch befohlen, 
es folle alle Sonntage ein altes Bußlied von 5 Berfen: 
„Nimm von uns, Herre Gott, alle unjere Sünd und Miffethat ꝛc.“ 
in der Kirche zu Schweta bei Anfang des Gottesdienftes ge- 
jungen werden, welches auch in dem alten Dresdner Gejang- 
buch (S. 350) abgebrudt if. Nun ift Ende des 17. Jahr- 
hundert3 ein Paſtor nach Schweta gekommen, der von diefer 
Stiftung nichts wußte, alfo nach feinem Gefallen Lieder fingen 
ließ. Da hat e8 fich zugetragen, daß fich in der Kirche des 
Nachts ein jo greuliches Gepolter hören ließ, daß jener dar- 
über fehr erfchrad. Weil e3 fich aber mehrere Nächte wieder- 
holte, fo hat er Gelegenheit genommen mit den Bauern, die 
neben der kleinen Capelle wohnten, und dem Schulmeifter von 
dieſem Gepolter zu fpredhen. Diefe haben ihm denn vor- 
geftellt, daß, wenn das eingeführte Lied des Sonntags als 
ein altes Geftift nicht abgefungen werde, fich jedesmal in der 
Kirche etwas hören laſſe, wie dies laut deffen, was fie von 
ihren Vorfahren vernommen, ſchon mehrmals gefchehen jet. 
Darauf hat jener das alte Lied beibehalten und den folgen- 
den Sonntag wieder abfingen lafjen, worauf man nichts mehr 
gehört hat. Der ſchon erwähnte Sickel, dem der alte Pfarrer 
dieſe wunderliche Geſchichte jelbft erzählte, bemerkt noch, Daß 
in der Kirche bei Abfingung des Glaubens eine allerdings 
unſchädliche Ceremonie aus dem Papſtthum beibehalten werde. 
Wie nämlich beim Abfingen des Glaubens die Worte ge- 
jungen werden: „Von Maria der Jungfrauen ift ein wahrer 
Menſch geboren,‘ erhoben fich alle Weibsperfonen groß und 
Hein und fangen ftehend dieſe Worte, bis diefelben durch den 
Gefang beendigt wurden. 


334) Der gefpenftige Neiter zu Kiefelbach, 
Kamprad, Chronik von Leisnigt und Colditz. Leisnig 1753. 4. ©. 454. 


Den 28. November des Jahres 1639 hat ein Trupp 





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ſchwediſcher Reiter das Dorf Kiefelbah bei Leisnig bis auf 
brei Häufer, nachdent fie es ausgeplündert, abgebrannt. ALS 
fie fort waren, haben die Bauern jedoch einen von ihnen, der 
zurüdgeblieben war, aber ſich feft gemacht Hatte, mit Aexten 
todt gejchlagen und dann ein wenig in die Erde verfcharrt. 
ALS derjelbe des Nachts wieder herauskroch, haben fie ihn 
nochmals todt gefchlagen, wer aber dann des Nachts vorüber- 
gegangen, der hat ihn auf einem Stode figen fehen. 


335) Die beiden wunderbaren Schlangen bei Leisnig. 
Kamprad ©. 4% sa. 





Am 30. Auguft d. J. 1711 geht Andreas Kurth, Unter- 
müller zu Maynz, nad) Leisnig zur Frühpredigt, da begegnet 
ihm auf dem Wege an oh. Fiſchers Berge eine blaue 
Schlange, die eine andere rothe bis auf eine Hand lang ver- 
fchlungen hatte. Als er nun die blaue Schlange mit einem 
Hafelfteden auf den Kopf jchlägt, jpeit fie mit drei Abſätzen 
die rothe Schlange wieder aus. Alsdann fchlägt er die rothe 
Schlange auch, denn feine Schlange kann fortlaufen, jo man 
fie mit einem Hafelfteden ſchlägt. Endlich fticht er beide durch 
den Kopf und ftedt folde auf einen Zaun, bie blaue war 
Sonntag zu Mittag tobt, die rothe aber erft Montags. 


336) Der Todtenborn zu Leisnig. 
J. Kamprad, Leisnigker Chronifa. S.29. Poet.beh. b. Segnit. Bd. II. ©. 129. 


In der Vorftadt Neuforge zu Leisnig befindet fih ein 
ſchöner Quell, der heißt der Todtenborn und zwar aus folgen- 
dem Grunde. Bor langen Jahren hat ji in feiner Nähe 
eine vornehme Prinzeffin aufgehalten, welche eine Liebſchaft 
mit einem Prinzen gehabt hat. Die hat fich bisweilen an 
diefen Brunnen begeben, wo damals noch viel Gehölz und. 
Wald war. So haben fich Beide einmal eine gewiſſe Zeit 
beſtimmt hier zufammenzutreffen, die Prinzeffin hält ihre Zeit. 





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auch, es fommt aber fein Prinz. Da nun die Stunde ver- 
ftrichen ift, meint fie, längeres Warten fei vergeblich, follte 
fih ihr Geliebter aber ja noch einftellen, jo läßt fie ihren am 
Brunnen ausgebreiteten Mantel zum Wahrzeichen, daß fie 
dagewejen, zurüd. Nun geſchieht es aber, daß fich der Prinz 
doch noch einfindet, er findet den Mantel und auf diefem 
einen jungen Löwen liegen. Der Prinz erkennt den Mantel 
und glaubt, der alte Löwe habe die Prinzeffin getöbtet, er- 
fticht fich deshalb mit feinem Dolche. Als man nun hier den 
Ermordeten findet, begiebt ſich die Prinzeſſin ebenfalls dahin, 
nimmt den Dolch, der noch in feiner Bruft ftedt, und giebt 
fih damit den Tod, und davon heißt der Brunnen noch jegt 
der Todtenborn.F) 


337) Der Theuerborn zu Leisnig. 
Kamprad ©. 30. 504. 


Sn der Nähe der Stadt Leisnig bei den Stadtgärten 
nah Gorſchmitz zu befindet fi in einem breiten, einer Bad- 
ftube ähnlichen Gewölbe ber fogenannte Theuerborn, von dem 
man früher glaubte, er quelle nur, wenn theuere Zeit fei- 
Nahdem er nun lange Zeit verfieht fehien, gab er im 
Sahre 1738 plöglich wieder viel Waſſer, welches Viele fehend 
und hörend machte, auch fonft von Gebrechen, als Schwulft, 
Flüſſen und Gliederreißen, befreit haben fol. 





338) Der Hahnberg und der Hahnborn zu Leisnig. 
Kamprad ©. 38. sq. 


Dem Schloßberge zu Leisnig liegt der Hahnberg gegen- 
über. Diefer hieß vor Zeiten der Maienberg und der an 
ihm befindliche Brunnen, der jegt der Hahnborn heißt, früher: 
der Maienbrunnen. Dies ift fo zugegangen. Es ift einmal 
in der Stadt Leisnig ein großes Sterben gemwefen, aljo daß. 
nit mehr als vier Paar Eheleute zufammengeblieben find. 
Nun ift kurz nachher ein Hauptmann vom Lande in die Stadt 


+) Dies ift doch offenbar die Gefichte von Pyramus und Thisbe.. 





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gezogen, und zwar in ein Haus am Baderthore. Diejer hatte 
eine einzige Tochter, welche täglich von der Stadtmauer auf 
der Neuforge aus einen wohlgebildeten und gejhidt gebauten 
Jüngling gehen jah, in den fie fich jo verliebte, daß fie ihn 
zu heirathen Verlangen trug. Nun ruft fie ihm einmal von 
der Stadtmauer herab zu und fragt, ob er nicht eine Leiter 
befommen fönne, daß fie auf dieſer herabfteigen und mit ihm 
reden könne. Diejer Züngling, mit Namen Martin Hahn, 
der nur Tagearbeit verrichtete, bewerkftelligte dies auch, und 
jo eröffnete fie ihm ihre Gefinnung und fagte, wenn er fi 
verheirathen wolle, jo wolle fie ihn zu ihrem Manne nehmen. 
Ob er nun wohl einwendete, ihr Herr Vater werde jolches 
nicht gejchehen laſſen, fo überredet fie ihn Doch, daß er zum 
Oberpfarrer geht und ſich aufbieten läßt. Er thut es aud, 
allein der Oberpfarrer meinte gerade wie der Jüngling, e3 
werde ihr Vater dies nicht bewilligen, erbietet ſich aber, jelbit 
zu dbemjelben zu gehen und es ihm beizubringen, und jo er 
es gejchehen laſſe, brauche es bei diefer Zeit Feines Auf- 
bieteng, jondern er wolle fie gleich ohne Aufgebot trauen. 
Der Hauptmann aber giebt dem Dberpfarrer zur Antwort, 
ehe er das geſchehen laffe, wolle er feine Tochter erjchießen. 
Wie das die Tochter erfährt, giebt fie dem Jüngling einen 
Speciesthaler, daß er in einen Weinkeller gehen, und ein 
Paar Kannen Wein, auch etwas Semmel Taufen folle, fie 
aber wolle ihn am Maienborn erwarten. Da das geihehen, 
trauen fie fich felbft in Gottes Namen an diefem Brunnen, 
verloben und binden fich, keins von dem andern zu laffen. 
Nach folder Verrichtung geht der Züngling wieder zum Ober- 
pfarrer und erzählt, was gejchehen ſei, derjelbe verjpricht ihm, 
er wolle deshalb Bericht an das Dberconfiftorium erftatten, 
und follten fie die Antwort bald hören. Darauf befommt ber 
Hauptmann den allergnädigften Befehl, bei Leib- und Lebens- 
ftrafe fich nicht an feiner Tochter zu vergreifen, es jet vor 
Gott ein Menſch jo gut als der andere, er folle folches für 
Gottes Schickung halten, da ohnebem bei diejer Zeit das 
Heirathen ganz vergeffen und wenige Eheleute vorhanden 


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wären. Zugleich bekömmt der Dberpfarrer auch ein aller- 
gnädigftes Reſeript, dieſes verlobte Paar in die Kirche vor 
dem Altar jtellen zu laffen und über fie den Gegen zu 
jprechen. Welches denn nachmals eine gefegnete Ehe worden, 
der Hauptmann ihnen auch allen Vorfhub gethan und zu- 
frieden geweſen. Don diefer Gefchichte hat jener Brunnen 
den Namen der Hahnborn und der Berg den des Hahn- 
berges erhalten. 


339) Die fieben Köpfe zu Leiönig. 
Kamprad a. a. D. ©. 41. 


Ein3 der Wahrzeichen der Stadt find fieben fteinerne 
Köpfe, welche über dem Niederthore zu fehen find. Man 
erzählt, daß derjenige Kopf unter denjelben, der nah dem 
Lichtenberge zu ftehe, ein Frauenzimmer von hohem Stande 
bebeute, welches fih für eine Jungfrau ausgegeben habe, 
während fie doch 6 lebendige Männer gehabt. Als Solches 
offenbar ward, hat fie zur Strafe dieſes Thor und die Stadt- 
mauer erbauen lafjen müfjen. 





340) Das Kirchthor zu St. Matthiä in Leisnig. 
Kamprad ©. 141. 


Ein zweites Wahrzeichen ift früher das große Kirchthor 
zu St. Matthiad gewejen. Wenn dafelbft Jemand etwas in 
den einen Schwibbogenpfeiler heimlich hineinrebete, hörte es 
der Andere, der auf der andern Geite ftand, ganz deutlich, 
der aber in der Mitte war, vernahm feine Sylbe. 





341) Die fechd Teufelsfünftler in Leisnig. 
Kamprad ©. 41. sa. 





ALS drittes Wahrzeichen zeigte man an einem Scheun- 
thore vor den Oberthore zu Leisnig jeh8 Männer‘ in Stein 
gehauen, welche mit ihren Leibern und Gefihtern in einem 

Gräße, Sächſ. Sagen. I. 20 


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Kreife alfo auf der bloßen Erde liegen, daß fie ſich mit den 
Füßen alle einander berühren, während in der Mitte ein 
Raum mit Charakteren bezeichnet if. Dazu hat folgende 
Begebenheit Anlaß gegeben. Ein Bürger aus Leisnig, Namens 
Sohann Richter, ein Kupferjchmied, gerieth, als er im 
17. Sahrhundert auf der Wanderfchaft ift, zu Prag in 
Böhmen unter eine böje Gefjellihaft, welche, um XTeufels- 
fünfte zu lernen, fich auf einen Kreuzweg begaben und fich 
nach oben bejchriebener Figur mit ihren Leibern und Ge- 
fihtern auf die Erde legten und das BVerlangte erwarteten. 
Diefer Johann Richter willigt aber nicht ein, fondern geht 
davon. Nah der Zeit erfährt er, daß dieſe Gefellen 
allerlei Künfte an den Tag gaben, und was Andern nicht 
möglich gewefen, ift bei ihnen möglich geworben; er hat aber 
weiter aud in Erfahrung gebradt, daß einer nad dem 
andern fchändlicd ums Leben gekommen und nad anderthalb 
Sahren feiner von ihnen allen mehr am Leben war. Darum 
bat er Gott vielmals gedankt, daß er ihn von diefer Gefell- 
ſchaft geholfen, und diefe böfe Gefchichte zum Gedächtniß in 
Stein hauen laſſen. 


. 342) Die böfen Söhne zu Leisnig. 
Kamprad ©. 42. Poetifch bed. v. Segnit Bd. I. ©. 290. 





ALS viertes Wahrzeichen der Stadt Leisnig betrachtet 
man den Stein an der Stadtkirche, auf welchem ein Mann 
ausgehauen fteht, der beide Arme in feine Seiten ftenmt. 
Auf feinen beiden Seiten ijt je ein Knabe abgebildet zu jehen, 
zur Erinnerung an feine zwei ungerathenen Söhne, melde 
ihren Vater ftetS follen angejpieen haben, und die Gott aljo 
geftraft hat, daß ihnen eine Kröte aus dem Munde ge- 
wachſen ift. 


343) Der feurige Hund in der Schule zu Leisnig. 
Kamprad ©. 241. 


Zu der Zeit, als Paul Matthias Schwarz Nector ber 





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Stadtſchule zu Leisnig war (1651—91), ift einmal ein Schul- 
fnabe, des Kirchvaters Chr. Rieder’ Sohn, zu Mittag um 
12 Uhr in die große Schulftube gekommen, da hat er einen 
großen fchwarzen Hund mit feurigen Augen angetroffen, der 
die Bänke ummirft. Heftig erfchroden läuft er hierauf zum 
Herrn NRector und zeigt es ihm mit Zittern und Beben an. 
Diefer geht auch gleich mit herunter und trifft den Hund 
vor der Säule, daran die Sanduhr hängt, an, berfelbe ver- 
ſchwindet aber, fobald der Herr Nector zu reden anfängt. 
Darauf hat der Herr Superintendent Dr. Jacobi, der noch 
denjelben Nachmittag in die Schule gefommen ift, der Sache 
wegen eine ernftliche Vermahnung an die ganze Schuljugend 
gehalten und folde Vermahnung noch den Sonntag darauf 
in der Amtspredigt wiederholt. Allein unter den Schülern 
ift doch des feurigen Hunds wegen eine ſolche Furcht ent» 
ftanden, daß feiner allein mehr in die Schule gehen wollte, 
fondern fie warteten alle draußen vor der Thüre, bis der 
Herr Cantor fam und Singeftunde hielt. 


344) Die feltfamen Bienen zu Leisnig. 
Kamprad ©. 433. 





Im Sabre 1578 hat ein Bürgermeifter zu Leiönig von 
dem Pfarrer zu Langenleuba einen Bienenfhwarm um 12 gr. 
gefauft und in feinen Garten tragen und einfafjen laſſen, 
welche aber etliche Male aus unterjchiedlichen Stöden gezogen 
und fi) doch allezeit wieder angelegt haben. Daraus hat 
dann der Bienenmann gemerkt, daß eine Perjon, welche die 
Bienen nicht leiden können, im Garten vorhanden fein müſſe, 
und al3 er fi) darnach umfieht, fo wird er des Ger. Fr. 
(der Name ift nicht näher bezeichnet) gewahr, ſolchem befiehlt 
er, wegzugehen. Sobald der entfernt ift, faßt er die Bienen, 
darauf fie willig geblieben find und fih drei Jahr wohl 
genährt und gemehrt haben. 


20 * 


— 6 


345) Der Teufel holt einen Reisniger Gerber, 
Kamprad ©. 433. 





Am 22. Januar des Jahres 1579 Abends 10 Uhr geht 
Adam Steinhöfer, ein Weißgerber, mit jeinem. Weibe aus 
der Schenke zu Fiſchendorf nah Haufe, wird aber duch 
einen Sturmmwind von der Brüde hinweggeführt, und behält 
bie Frau nur feinen Mantel in den Händen. Er fol fi 
vorher beim Biere mit einem Schufter aufgelegt und ge- 
ſchworen haben, er wolle fih an ihm noch den Abend rächen 
oder der Teufel folle ihn holen. 


346) Der Melinenborn zu Leisnig. 
Kamprad ©. 40. 





Den 9. November des Jahres 1615 wurde zu Leißnig 
eine Mutter mit zwei Töchtern wegen getriebener Zauberei 
lebendig verbrannt. Ehe ſolche zur Haft gebracht ward, 
fürchtete fich Jedermann vor ihr, und weil es geheißen, fie 
beherten die Leute, die ihnen nicht eine Gutthat erzeigten, fo 
ward ihnen von allen Hochzeiten, Kindtaufen und fonft 
Speife gefhidt. Sie haben auf der Neuforge gewohnt, und 
war die Brennjäule noch im erſten Viertel des 18. Jahr⸗ 
hundertS zu fehen. Bei der Erecution follen ſchwarze Raben 
um und aus dem Feuer geflogen fein. Ihr Name iſt Meline 
geweien und wird noch ein Born am Minkwiger Meßwege 
auf einer Wieſe von ihr bis dieſe Stunde Melinenborn 
genannt, weil fie bei demjelben mit dem böfen Geifte zu 
thun gehabt haben fol. 


347) Der gefpenitige Leichenzug zu Leisnig. 
Kamprad ©. 475 sq. 


Am 26. Juni des Jahres 1685 Abends zwiſchen 9—10 
Uhr hat man zu Leisnig hinter ber Baberei vom erften 
Rundel an der Stadtmauer eine Mannsperfon mit einer 





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weißen Leinwand befleidet gejehen, dem auf einem Raum 
von drei Häufern 6 Männer mit einer Todtenbahre famt 
Ihwarzem Sarg folgten und beim Rundel etwas niederfegten. 
Sodann geht der weißgefleidete Mann bis an das dritte 
Rundel hinter dem Kornhaufe und fteht wieder ftill, dann 
tragen die 6 Männer den Sarg auch bis dahin und jegen 
fih wieder nieder, da dann zwei dieſer Männer ein bei dem 
weißgefleideten Manne liegendes weißes Tuch aufheben, 
ſolches ſchwingen und auf den Sarg breiten. Anfangs hat 
dies nur eine Perſon gejehen, dann aber noch vier, Andere 
haben vor großem Schred nicht mehr hinjehen wollen, ihrer 
zwet gehen aber auf die Höhe gegenüber, auf die jogenannte 
Heine Viehweide, um Solches befjer zu beſchauen und jehen 
fodann, daß hinter den 6 Männern noch viele Berfonen mit 
langen Haaren am Haupte, fonft aber in Geftalt der Todten- 
gerippe, wie folche die Maler entwerfen und nad Art einer 
Leichenproceffion gingen; darnach haben fich die zur linken 
Hand niedergefegt und nach der Stadtmauer zu gejehen, die 
zur rechten aber ihre Gefichter nach der Vorftadt Neujorge 

zu gewendet. Dies Alles ift fo Schauerlich anzujehen geweſen, 
daß einer und der andere, wenn fie daran gedacht, ſich vor 
Furcht gejchüttelt und faft Frank worden find. Endlich haben fich 
zwei Brüder auf die Höhe an dem Stadtgraben wagen wollen, 
wo das Geficht ftand und es näher ſehen wollen. Von dieſen 
it einer gefährlich gefallen, hat aber doch auf feinem Vorſatz 
beftanden und ift fortgeeilt. Da haben die andern aus ben 
Häufern fehenden Leute gemerkt, wie der weißgefleidete Mann 
nach dem Dberthore zu mit den andern Trägern, Leichen- 
begleitern und dem Sarge gegangen und, nachdem fie noch) 
etwa %, Stunden zu fehen gewefen, verſchwunden ift, und 
haben die auf die Höhe Geftiegenen nichts mehr gejehen. Es 
haben aber die gedachten Perſonen den 29. Juni Alles vor 
dem Nathe und Superintendenten J. Nicol. Jacobi ausgejagt 
und mit einem Eide beftärft und Lebterer hat am Tage 
Mariä Heimfuhung über die Worte Ezech. IX. v. 1—7 eine 
befondere Predigt gehalten, die er auch unter dem Titel: „Die 


— 310 — 


Heimſuchung der Stadt Gottes 2c. dem mit einem Warnungs- 
gefichte heimgefuchten Leisnig” druden ließ. 


348) Das Wappen der Birnewiße. 


Kamprad a. a. DO. ©. 358 sq. 421 sq. E. Schneider, Yeisniger Ehren- 

fäule ©. 34. Fiedler, Mügliihe Ehrenfäule S. 114. Poetiſch beh. von 

Ziehnert. Bd. J. ©. 221 sq. Gegen die Wahrheit diefer Geſchichte f. a. 
Heine, Rochlitzer Chronica ©. 341. Anm. g. 





Der große Mathematiker Petrus Apianus (eigentlich 
Bennewig oder Bienewitz) ward zu Leisnig im Jahre 1495 
geboren und war von Karl V., der ihn jehr jchäßte, 1541 
in den Mdelftand erhoben worden: als Wappen gab diejer 
ihm einen zweilöpfigen gekrönten Schwarzen Adler im goldenen 
Felde, mit einem blauen Kranze, wie Wolfen geftaltet, um— 
geben. AlS nun der Kaifer vor der Schlacht bei Mühlberg 
mit feinem Bruder Ferdinand am 21. April 1547 mit feinem 
Heere in der Stadt Leisnig raftete, war wegen der Thätlich- 
feiten, die fih einige Bürger gegen plündernde ſpaniſche Sol- 
daten erlaubt hatten, von ihm der Befehl gegeben worden, 
nach feinem Aufbrudhe die Stadt zu plündern und in Brand 
zu fteden. Da hat zufällig einer feiner Kriegsoberiten, der 
bei einem Bürger im Quartiere lag und von jenem Befehl 
wußte, das Bild Apians mit dem Wappen an der Wand 
hängen fehen, und als er feinen Wirth gefragt, wie er zu 
demfelben gefommen fei, von dieſem erfahren, der große 
Aſtronom fei fein Bruder. Er hat alsbald ſolches dem Kaiſer 
hinterbracht und diejer hat fofort, weil ihm, wie er jagte, 
nicht lieb fei, feinen lieben Freund Apianus aljo zu betrüben 
und feine Vaterſtadt unglüdlich zu machen, befohlen, es folle 
fein Soldat bei Leibesftrafe jih unterfangen, einen Menjchen 
in der Stadt zu beleidigen oder das Geringfte zu nehmen 
Alfo ift durch ein lebloſes Bild die Stadt verfhont worden 


— 311 — 


349) Der Nitter St. Georg zu Nanenhayn. 


Kamprad a. a. DO. ©. 347 sq. ©. Franke, Hift. d. Grafſch. Manns- 
feld ©. 122. 





Der Ritter St. Georg foll ein Ahnherr und Vorfahr 
der Grajen von Mannsfeld geweſen fein, daher jein Bild 
vor Zeiten faft an alle Gebäude, Säulen, Brunnen, Wappen, 
Fenſter, Scheiben und injonderheit auf die Mannsfeld'ſche 
Münze gejett, auch in der Stadt Mannsfeld ihm eine Kirche 
zu Ehren erbaut worden ift. 

Nachdem fich nun derfelbe von Haufe aus auf Reifen 
begeben und fih lange Zeit in Cappadocien aufhielt, hat 
ſich's zugetragen, daß in Lybien vor der Stadt Silva in 
einem großen See ein gewaltiger giftiger Drache lag, der 
mit feinem Anhauchen viele Leute, die da vorüber ziehen 
müfjen, getödtet und verſchlungen hat. Db nun wohl die 
Bürgerfhaft wider ihn auszog, hat er fie doch wieder zurüd 
in die Flucht gejagt. Weil fie aber Friede vor ihm haben 
wollten, gaben fie ihm alle Tage zwei Schafe hinaus, als 
e3 aber an Schafen mangeln wollen, beichlofjen fie, daß 
täglih ein Schaf und durch's Loos ein Menſch, welchen es 
treffen würde, hohen oder niedrigen Standes hinausgebracht 
werde. Da dieſes nun auf des Königs einzige Tochter Fällt 
und bieje hinaus geführt wird, kömmt gedachter Ritter St. 
Georg und heißt fie, nachdem er die Sache erfahren, guten 
Muths fein, jprengt hierauf mit einem guten Pferde und 
Harnifch auf den Drachen zu und durchfticht ihn mit feiner 
Lanze. Darauf wird er lange Zeit beim König in großen 
Ehren gehalten. 

Nach dieſem reift er gen Meißen und hält ſich in Stau- 
pig auf, welches zwifchen Leißnig und Döbeln gelegen war: 
von dieſem ift dermalen aber nichts als der Name und einige 
Nudera übrig. Dieſe Gegend wird jeßt Auf den Staupen 
genannt, daſelbſt find ſchöne Felder und die Bauern zu Wen— 
dishayn haben diefelben für einen Zins in Gebraud. Auch 
das fchöne große Gut zu Steinau bei Hartha foll einft dem 


— 52 — 


Ritter St. Georg gehört haben. Es begab ſich aber, daß 
diefer Ritter St. Georg einft von feinen Feinden beinahe ge- 
fangen genommen ward. Jedoch fümmt er noch auf fein 
Pferd und wird mit biefem auf einen hohen Feljer, der 
Spitzſtein genannt, getrieben. Da er nun nicht weiter fommen 
ann, fo befchließt er in feinem Herzeu, wenn ihm Gott Hilfe 
fende und er mit feinem Leben davon fomme, fo wolle er 
ihm ein Gedächtniß ftiften lafjen. Er fpringt Hierauf von 
diefem Feljen gerade dem Dorfe Wefewig gegenüber in ben 
Muldenfluß hinab und kömmt davon. Zuvor foll er einen 
befchriebenen Bogen Papier in die Luft haben fliegen laſſen, 
wo folder nun würde gefunden werden, da wolle er Gott 
zu Dank eine Kirche hinbauen laſſen. Dies ift hernach auch 
gefchehen und hat er die Kirche hierher zu Nauenhayn bauen 
lafjen. 

Nahmals tft es geſchehen, daß, als er fih von einer 
Reife heim begeben wollte, er im %. Chr. 303 in die Ver- 
folgung des Dicoletianugs geriet) und enthauptet ward. Zuvor 
ward er in ein Faß mit fpigigen Stacheln und Schneiden 
geſteckt und von einem Felſen herabgeftürzt, ift aber allezeit 
unverlegt geblieben, was den Tyrannen dermaßen verbroß, 
daß er Befehl gab, ihn zu enthaupten. Nach langer Zeit 
erft ift er vom päpftlichen Stuhl canonifirt und in das Re- 
gifter der Heiligen gejegt worden. Zum Wahrzeichen hat 
man aber fein Bild ftet3 in der Kirche von Nauenhayn 
vorgezeigt. 


350) Die Strafe der Gartendiebe in Leisnig. 
Biehnert Bo. III. €. 248, 





Bor dem Oberthore Leisnigs ftand am Teiche ein 12 
Ellen hoher gezimmerter Baum, oben mit einem langen Arm, 
an dem ein Korb ohne Boden hing. Durch diejen ließ man 
Gartendiebe zur Strafe in's Waſſer fallen. 


— 313 — 


-351) Der Bergbau bei Leisnig. 
Biehnert Bd. III. ©. 298, 





An dem fogenannten Harlingsberge bei Leisnig fol 
ehemals ein Berfuh mit Bergbau gemacht worden und 
der Kur noch als Wahrzeichen zu jehen, auch daſelbſt 
und in dem dabei fließenden Görnitzbache Goldförner gefunden 
worden fein. 1530 foll ein Efeltreiber (e8 wurden damals 
wie noch heute in Leisnig Müllerefel gehalten) eine ftarfe 
Zähe unfheinbares, doch ächtes Gold in einem Hohlwege 
gefunden und es um feinen Hut, wie die Zinnarbeiter. mit 
den Zinnſchnuren thun, geſchlungen haben: ein Goldſchmied 
babe es ihm betrüglich abpartiret, darauf in demfelben Ge- 
triebe gefchürft, aber weder Gang noch Flöß gefunden. 


352) Der Geift im Forfthaufe zu Colditz. 
Kamprad ©. 541 sa. 





Bei der fogenannten Magnuskirche zu Coldig ftand früher 
ein Klofter, daS aber, weil es wüfte lag, 1580 zu einem 
Forfthaufe umgebaut und 1618 in ein Wohnhaus für den 
Förfter verwandelt ward. Hier ift vor Zeiten ein Schüler 
des h. Bonifacius, ein gewiſſer Hugo, Graf von Kefernburg, 
welchen die Wenden bei Seliß erfchlagen hatten und den Die 
gottesfürchtigen Grafen zu Eoldig im Felde aufheben, bei Seite 
Ihaffen und hier hatten begraben laſſen, beigejegt worden. 
Seinen Bredigtftuhl hatte er aber zu Selig bei Rochlitz, wo 
er den Wenden das Chriftenthum predigte und man hernach 
eine Kirche, die Leonhardsfiche, nad) dem Namen des 
Bauern, der den Ader befaß, hinbauete, von der noch jeßt 
einige Spuren auf dem Felde zu fehen find. 

In diefes Haus hat fich im Jahre 1644 Herr Hans 
Chriftoph von Altmannshofen auf Commihau und Colmen 
in großer Kriegsgefahr famt feiner ſchwangern Ehefrau ge- 
rettet; es ift aber diefe hier eines Töchterleins genejen, und 
am 20. Juni ift der MWöchnerin am hellen Tage eine Perjon 


— 5314 — 


mit einer Mönchskutte angethan erſchienen. Diefe hat die 
Gardinen weggejchoben und ihr in’S Bett gejehen, ift dann 
aber, wie es berjelben vorgekommen ift, wieder in's Grab 
geitiegen. | 


353) Die Haldfteine am Rathhauſe zu Colditz. 
Ziehnert Bo. III. ©. 228. 


Am Rathhaufe zu Coldig hingen fonft ein Baar halb- 
runde Steine, die eine eiferne Kette zufammenhielt. Davon 
geht die Sage, daß jolche den böſen MWeibern, welche ihre 
Männer gejchlagen hätten, um den Hals gehängt worden 
wären, und daß dann die Weiber mit dieſem Schand- 
geihmeide eine Zeit lang auf dem Markte vor dem Rath- 
hauſe hätten herumgehen müfjen. 








354) Der Gefundbrunnen bei Döhlen, 
Kamprad ©. 464. Heine, Rochlitzer Chronik. ©. 393 sq. 


Im Dorfe Döhlen bei Rochlik gab es 1640 einen lahmen 
Kuhhirten, der hört, daß zu Hornhaufen im Stifte Halber- 
ftadt ein Gejundbrunnen ſei, der auch Lahme curire und 
viele taufend Gebrechlihe und Kranke gefund gemacht habe, 
Er wünjchte ſich alſo auch dahin, da es ihm aber unmöglich 
war, jo denkt er, Gott, der jenem Waſſer die Kraft zu 
heilen gegeben, fünne dafjelbe auch anderem mittheilen. Sn 
ſolchem Glauben fommt er in einen Fahrweg, da denn das 
aus dem Feljen fließende Waller in der Wagengeleifen hin- 
unterläuft. Hier betet er andächtig, Gott wolle fih doch 
jeiner erbarmen und diefem Waſſer eben die Kraft wie jenem 
zu Hornhaufen geben und ihn gefund machen. Solches Gebet 
hat Gott erhöret und fein lahmer Fuß wird gerade und 
gejund. Darauf wird nun ein großes Gelaufe nach dieſem 
Waſſer, es hat aber Keinem mehr geholfen. Da hieß es 
aber: des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernftlich ift. 





— 315 — 


355) Der Mönch auf dem Kreuze in Waldheint. 
Biehnert Bd. III. ©. 229 sq. 


In grauer Zeit vor Waldheims Entftehung ftand auf 
der Stelle, wo fpäter ein Auguftinerklofter und feit 1716 
die Strafanftalt fteht, das uralte Klofter Baldersbalda, 
welches fo zeitig wieder einging, daß ſchon im eilften Jahr- 
hundert faum noch Spuren davon zu finden waren. In ber 
legten Zeit des Klofters lebte darin ein Mönch, der ein ver- 
ruchter Böjewiht war. Seine eigene Schweiter hat er zu 
fündiger Blutihande gezwungen. Sie genas eines Kindes 
und bradte ihm dafjelbe mit lautem Jammer und harten 
Borwürfen. Da ftellte er fih, als rühre ihn ihr Schidjal, 
und teöftete fie und verfprah fie an einen ftillen Ort zu 
führen, wo fie mit dem Kinde leben könnte, vor den Augen 
der ſchmähſüchtigen Welt geſichert. Er führte aber die arglos 
Folgende in den Wald ohnweit des Klofters, dorthin, wo 
fonft das Kreuz in der Oberſtadt war (bis zum Brande 1831 
der Kreuzweg). Hier zücte er haftig feinen Dold und ftach 
ihn in das ſchuldloſe Herzchen des Kindes, und als die un- 
glückliche Mutter voll Entjegen und Verzweiflung das fterbende 
Kind ihm zu entwinden fuchte, da ftieß er auch ihr den Dolch 
in die Bruft. Zu Tode getroffen ſank fie nieder, ihre letzten 
Morte verfluhten den Mörder, daß er nicht eher Ruhe im 
Grabe finden follte, als bis ein Todter, der im Leben noch 
größere Gräuel als er verübt hätte, über den Mordplatz 
getragen würde. 


Sahrhunderte waren vergangen und der Fluch laſtete 
noch immer auf dem heillofen Mönde. Um Mitternacht jah 
man oft jeinen Schatten weinend und jeufzend, einen blu» 
tigen Dolch in der Knochenhand, auf dem Kreuze ftehen, und 
Sedermann wich bei nächtlicher Weile dem verrufenen Platze 
aus. Da ftarb einmal in Waldheim ein Böfewicht, ein 
Abſchaum der Menfchheit, der Hölle pflichtig durch jedes Ver— 
breden. Sein Name war verfluht; die Sage hat fich 
gefcheut ihn zu nennen. Am Abende feines Begräbnißtages 


— 316 — 


wanderten aber zwei Schatten ſchweigend vom Kreuze nad) 
dem Friedhofe. Seitdem hat Niemand den Mönch wieder 
gejehen. 


356) Die Nirfluft bei Waldheim. 


Poetifch beh. v. Ziehnert Bd. III. S. 111 sq. und Segnig Bd. II. ©. 105 sq. 
Novell. bed. von Winter in d. Gonftit. Zeit. 1854 Nr. 17. 





Es ift bereit3 bemerft worden, daß es in der Mulde 
Niren geben ſoll, und hat jchon Luther in feinen Tifchreden 
(ec. IX. vom Satan und feinen Werfen f. 153. 160 sg. d. 
Leipz. A., |. a. Fincelius, Wundergefhichten Th. II. Lit. Y. 3.) 
ausdrüdlich darauf hingedeutet, und die Sage läßt foldhe beim 
Klofter Zelle, in der Roßweiner Gegend unter dem Schloffer 
Berge, dem Troſchauer Winkel, Nonnenholze ꝛc. in männlicher 
und weiblicher Geftalt erfcheinen. Allein namentlih erblidt 
man aud am Ufer der Zihopau bei Waldheim noch heute 
einen Selen, in den vom Wafjer aus eine Höhle hineingeht, 
welche die Nirkluft Heißt und in bie man jet nur auf 
Kähnen gelangen Tann. Hier fol der Nirenfürft der Zſchopau 
feine Wohnung haben. Diejer hatte drei fchöne Töchter, 
welche fi gern unter die Menfchen mifchten. Sie gingen 
oft im Neumond nach dem eine halbe Stunde von Waldhein 
gelegenen Dorfe Dietenhayn zu Tanze. Shre Kleidung war 
weiß, und trugen fie ald Gürtel ein Band von grünem 
Schilfrohr, um den Hals ein Verlenhalsband und am Buſen 
eine Wafjerrofe. Hier tanzten fie die ganze Nacht mit den 
jungen Burſchen des Dorfes, wenn aber das Waflerröglein 
zu verwelfen begann, dann gingen fie heim; benn dies be- 
deutete für fie, daß die Morgenröthe im Anbruch begriffen 
fei. .Sie ließen fih auch von ihren Tänzern bis in den am 
Ufer befindlihen Wald bringen, dort aber beftanden fie ftet3 
darauf, daß jene zurückblieben. Dies thaten fie lange Jahre, 
denn ihre Schönheit blühte unvergänglid. Da faßten ein- 
mal drei junge Gejellen den Plan, fie über die gewöhnliche 
Zeit zurüdzuhalten. Es gelang ihnen auch, durch ſüßes Kofen 


— 317 — 


die Mädchen fo zu beſchäftigen, daß fie das Welfen ihrer 
Roſen erſt bemerkten, als ſchon die erften Wölkchen Aurora's 
am Horizont erſchienen. Sie eilten zwar ſchnell aus den 
Armen ihrer Liebhaber an's Ufer zurück, allein dort traf ſie 
der erſte Sonnenſtrahl und ihre Körper zerfloſſen in drei 
Silberbächlein, die durch die Wieſen nach dem Fluſſe rannen, 
mitten durch dieſe aber zog ſich ein rother Faden und dies 
war ihr Lebensblut. Seit dieſer Zeit erſchienen fie nicht 
wieder, ihr Vater aber verlangt jedes Jahr ein Opfer von 
einem Menjchenleben in der Nähe diejer Stelle. 


357) Die Stiftung des Klofterd Altenzelle, 
Gewiffe und approbirte Hiftorie von S. Bennonis Leben. München, 1604 
4. S. 8. Knauth, Geogr. hiſt. Vorftellung des Stifftsflofters Altenzelle ıc. 
Dresden und Leipz., 1720. Th. I. ©. 4. 





Einft ift der h. Benno über Land gereift, und da er an 
einem öden Drte viele Tauben figen jah, prophezeite er, es 
werde in Kurzem ein neuer Orden dorthin fommen, duch 
deſſen Gebet Biele könnten felig werden. Darnach hat Dtto, 
ein Markgraf zu Meißen, dem Gifterzienferorden hier ein 
Klofter, Zelle genannt, bauen laffen, herrlich begabt und 
ihnen eingegeben. 


358) Die Wunderburg bei Roßwein. 
Knauth a. a. O. Th. III ©. 383. 





Sn der Nähe der Stadt Roßwein liegt ein Hügel, auf 
dem ſchon im %. 723 eine Burg geftanden haben foll, worin 
ein Raubritter mit feiner Geliebten wohnte. Von dieſer fo- 
genannten Wunderburg fieht man aber jett nichts mehr als 
einen aufgeworfenen Erdwall. Außer diefem findet ſich aber 
bier ein feltfamer Rafenkreis, ganz nach Art eines Labyrinths 
angelegt, wo fich früher die Jugend mit Tanzen zu beluftigen 
pflegte. Diefer Kreis fol einft von einem zauberiſchen Mönche 
ausgetanzt worden fein, wie der Tanzkreis der Böhmen— 


— 3l8 — 


königin Libuſſa auf dem Wiſcherad bei Prag, den man noch 
jetzt zeigt. 


359) Der Poltergeiſt zu Roßwein. 
S. Knauth a. a. O. Th. VIII ©. 579. sa. 


Im Jahre 1649 it Meifter Georg Jahn, Schwertfeger 
zu Roßwein, Tag und Nacht in feinem Haufe von einem 
Poltergeift gequält worden, hat jich deshalb an den Freiberger 
Superintendenten P. Sperling gewandt und diefer ihn in 
einem weitläufigen, noch jegt vorhandenen Schreiben über die 
Art, wie folder zu vertreiben, unterrichtet. 





360) Der Teufel holt ein Mädchen zu Roßwein. 
©. Knauth. Th. VII. ©. 130 sq. 





Im Sahre 1586 hat fi zu Roßwein eine fogenannte 
Schleiermagd, die ſchwangern Leibes geweſen, bei ehrlichen 
Leuten eingemiethet, die anfangs ihren Zuftand nicht fannten. 
ALS fie nun in die Wochen fam und das Gewiffen aufwachte, 
da hat ihr der Teufel folhe Sünde weiblich aufgemugt und 
- hätte fie gern um Xeib und Leben gebracht. Deswegen ift 
fie in große Traurigfeit verfallen, aljo daß allem Gefinde 
bange dabei worden und die Wirthin an ihr genug zu teöften 
gehabt. Weber etlihe Tage ftirbt das Kind und nun hält 
der Teufel deſto heftiger bei ihr an. Einftmals fteht fie des 
Nachts auf und geht zur Thür hinaus: da nimmt fie der 
Teufel alsbald, wie ihr es gedäucht hat, bei feiner weichen 
Hand und führt fie ftrads zum Brunnen im Hofe. Die 
Mirthin, die ſolches gehört, fteht auf und geht in die Stube, 
fieht in das Bett, findet aber die Wöchnerin nicht. Sie redet 
alfo das Gefinde hart darum an. Diefe nehmen alsbald ein 
Licht zur Hand und gehen hinaus, um fie zu fuchen, rufen 
und fchreien, finden aber Niemand. Sie gehen alfo in den 
Hof, finden das Lieth (d. h. Laden) über dem Brunnen weit 
aufgethan, leuchten mit dem Lichte hinein, fehen aber nichts, 


— 319 — 


machen aljo den Brunnen zu und fuchen noch ferner im 
Haufe herum. Wie fie aber das Mädchen nirgends finden 
und es gegen Morgen geht, ſetzen fie fih über ihre Arbeit, 
beten und feufzen zu Gott. Ueber eine Stunde hören fie 
eine Stimme gleihfam mit undeutlihem Schreien zwei= oder 
dreimal: „Mutter, Mutter!” rufen, fie laufen alfo mit dem 
Lichte zum Brunnen, worauf fie dieſelbe zu ihrer größten 
Berwunderung über dem Waſſer ftehen fehen, als lehne fie 
fih an die Mauer, ſchreiend: „o helft mir um Gottes Willen!’ 
Man läßt ihr den Eimer hinunter, in den tritt fie, aber wie 
man fie um die Hälfte emporbringt, fällt fie rüdlings aus 
dem Eimer und ſchießt in's Waſſer hinein, daß es über ihr 
zufammenjchlägt und man nichts mehr von ihr ſehen Fann. 
‚Darauf gehen fie alfo von dannen; allein nicht lange hernach 
hören fie abermals fchreien wie zuvor und finden fie wiederum 
an der Mauer lehnen und um Gottes Willen bitten, man 
folle ihr helfen. Da lafjen fie den Eimer zum andern Male 
hinunter, nebft einer ftarfen Leine, und befehlen ihr, fie folle 
fih damit an die Kette fnüpfen, feit anhalten und Gott ver- 
trauen, ziehen fie alfo heraus, ganz bleich und eisfalt, daß 
man fich ihres Lebens nicht eine Stunde verjehen. Darauf 
hat man fie in die Stube geführt, mit warmen Tüchern um- 
geben, ihr aus Gottes Wort vorgefagt, und fie vor Sünden 
gewarnt. Sie hat dann fleißig zugehört und Gott ihr Gnade 
gegeben, daß fie in Kurzem wieder zu ihrer Gefundheit ge- 
fommen, viele Jahre lang gelebt, auch einen Mann ges 
nommen und mit ihm Kinder gezeugt hat. 


361) Der warnende Engel bei Roßwein. 
Knauth. Th. VII. ©. 237. 





Am 10. Februar des Jahres 1671 wollte eine Frau 
von Roßwein nad) dem Städtchen Hainichen gehen. Diefer 
begegnet um 10 Uhr Vormittags ein Knäblein mit lichtgelbem 
Haar und weißer Kleidung und kündigt derjelben an, wenn 


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man zu Roßwein nicht Buße thun und von unzüchtigem Leben 
und Hoffart ablaffen werde, folle die Stadt nah 4 Wochen 
duch Feuer zu Grunde gehen. Darauf ift das Frauenzimmer 
vor Schreden in Ohnmacht gefallen, und als fie fich wieder 
erholt, hat fie nichtS weiter gejehen. Bei der Ankündigung 
hat fie jedoch gewiß verfprechen müſſen, dies in der Stadt 
unfehlbar anzufagen. Es Fam auch zu der Zeit zweimal nad) 
einander in Roßwein wirklic Feuer aus, ward aber mit 
Gottes Hülfe wieder gedämpft. 


362) Der Räuber Hartenfopf bei Zelle ift kugelfeſt. 
Knauth. Th. VII. ©. 240 sq. 





Im Zellwalde beim Klofter Zelle und zwar bejonders in 
dem alten Gemäuer, welches gemeine Leute für den Stabel 
eines alten Nonnenflofters ausgeben, hatte fich ein Fleischer, 
Namens Hartenkopf aus Siebenlehn, feitgejegt, und bejchlofjen, 
hinfüro von Raub und Mord zu leben, weswegen die Leute 
den Fußweg, der von Siebenlehn nad Roßwein führt, nicht 
mehr ficher wandeln konnten noch wollten. Weil fih nun 
diefer Schnapphahn nicht nur am Leibe feſtgemacht, fondern 
auch mit Geſchütz und Gewehr verjehen, alſo daß allen denen, 
fo ihm zu nahe fommen würden, der Tod drohte, fonnten Die 
aufgebotenen Landgerichte und Amtsunterthanen, weil Jeder 
für feine Haut fürchtete, wenig ſchaffen, bis endlich eine von 
Roßwein aus commandirte hurfürftlich ſächſiſche Corporal- 
fchaft vom Leibregiment zu Roß dieſes Raubneſt eriprengte, 
und weil die bleiernen Kugeln an dem Räuber nirgends 
baften wollten, haben fie endlich noch mit einem geladenen 
filbernen Knopfe den Zauber gelöft und den Leib zugleich 
mit gefällt. 


363) Der Teufel verführt eine Magd zu Zelle. 
Knauth. Th. VOII. ©. 186. 


Im Klofter Zelle befand fi im Jahre 1630 eine Magd, 





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welche dem abergläubiſchen Brauche nah in der h. Ehrift- 
nacht hinterrüds duch die Stubenthür hinausgriff. Sie ift 
aber durch göttliche Verhängniß von einem hölliſchen Ge- 
ipenft gar hinausgezogen und jehr übel tractirt worden, alfo 
daß fie ihr Lebtage hat hinfiechen müffen. 


364) Der Mohr im Schloffe zu Noffen. 
Knauth. TH. V. ©. 3. 


In einem der Zimmer des fürftlichen Schloffes zu Noffen 
befand fich fonft ein Gemälde, auf dem ein Mohr vorgeftellt 
war, der in einer Wanne faß. Den fcheuern zwei Bade- 
mägde mit Kabenzagel und Sandhadern recht nachdrüdlich, 
alfo daß ihnen der Angftfchweiß über die Wangen läuft, 
fönnen aber doch fein weißes Fledchen an feiner Haut ent» 
deden, wie die darunter ftehenden Reime bezeugen: 

Wir waſchen ihn mit ganzem Fleiß, 
Noch will der Mohr nicht werben weiß. 
Dies galt fonft als das Wahrzeichen des Ortes. 





365) Die Riefenribbe zu Noffen. 
Mündlih. Frei behandelt von Winter in d. Eonft. Zeit. 1853. Nr. 103. 
©. a. Grimm, deutfhe Sagen. Br. I. Nr. 17. ©. 34. Stöber, Sagen 
des Elſaß. St. Gallen 1852. ©. 207 sq. 





In dem großen und gar zierlich gewölbten Portale der 
Kiche zu Nofjen hängt feit undenklichen Zeiten auswärts ein 
fonderbares Gewächs, welches von Einigen für die Ribbe 
eines Meerwunders oder Clephanten (elephas primigenius 
— Mammuth), von Anderen für die eines Riefen-Fräuleins 
von Nideck im Elſaß, deren Eltern hierher gezogen ſeien, 
ausgegeben wird. Dieſen Gegenftand hat man auch ber 
Rarität wegen in das Siegel der Stabt Noffen felbft mit 
aufgenommen. 


®räfe, Sächſ. Sagen. 1. 21 


— 32 — 


366) Der Gottesleugner zu Noſſen. 
Knauth. Ih. VO. ©. 149. 





Zu Nofjen lebte im Jahre 1592 ein alter Zimmermann 
und Steinbrecher, Namens Walter Koch, der zeitlebens ein 
großer Verrächter des Gottesdienftes gewejen, auch binnen 
32 Jahren niemals zur Beichte und Abendmahl des Herrn 
gefonmen war. Diefer ward am 21. Juni des genannten 
Jahres glei in der Mittagsftunde von einer alten Kirch— 
mauer im Stlofter Zelle, an der er hatte einbrechen helfen, 
erihlagen. Als man nun feinen Körper in einen Badtrog 
legte, ijt felbiger alsbald zerjprungen, darauf ift ein grau- 
jamer Wirbelwind entftanden, und als man ihm zu Grabe 
lauten wollte, ift der Klöppel in der großen Glocke ebenfalls 
zeriprungen, weil er eines chriftlichen Begräbnijfes nicht 
würdig gewejen. 


367) Meineid beitraft. 
Knauth. TH. VI. ©. 159. 





Im Jahre 1627 zankte ſich Matthes Beder, Bauer zu 
Pappendorf, mit jeinem Grenznachbarn, Ehriftoph Dehnen, 
um ein geringes Wiejenfledlein, und als fie nicht verglichen 
werden fonnten, nahm er es auf fein Gewiſſen. Darauf 
hat es ihm der, dem Unrecht geichah, in Gegenwart des 
Amtsihöfjfers von Noſſen, Matthäus Horn, und hiefiger Ge- 
richten, mit dieſem Glückwunſch cedirt und überreicht: „fo 
nimm’s hin und laß Div’ auf der Seele verbrennen.” Bon 
jelbiger Zeit an iſt gedachter Beder von Tage zu Tage ſchwer— 
miüthiger geworden, endlih am 28. Auguft nädjftfolgenden 
Sahres um Mitternacht aus dem Bette weggelaufen und hat 
ji erjäuft, maßen man ihn früh Morgens unter dem blauen 
Steine im Striegnigthale todt angetroffen, nur ein Sclaf- 
müßlein und Hemd an fich habend. 


— 323 — 


368) Die Zaubereiche bei Großbuche. 
Iccander, Sächſ. Kernchronif XIII. Paquet. CXLV. Couv. ©. 13. 


Bei Großbuha in der Nähe des Städtchens Laufigf 
ftand früher eine uralte Eiche, die einen Umfang von 27 Ellen 
hatte. Urjprünglich beitand diejelbe aus zwei Zweigen, von 
diefen war einer längjt nicht mehr vorhanden, der andere 
aber ift zu Anfange des 18. Jahrhunderts duch den Vorwitz 
eines Hirten, der darunter Feuer anmachte, umgeftürzt und 
aus ihm find 42 Klaftern Holz gemacht, fo wie ein Kahn 
für 8 Berfonen gejchnigt worden. Dieje Eiche hat man die 
Zaubereiche genannt, weil man bei ihr zur Zeit des Heiden- 
thums Gottesdienft gehalten hat. 





369) Die beberten Brode zu Falkenhayn. 
Knauth TH. VII. ©. 261. 





Im Dorfe Falkenhayn bei Mittweida hat fih im Mai 
des Jahres 1697 folgendes Wunder zugetragen. Man hat 
auf dem Nittergute Brod gebaden und da ift zu drei ver» 
fchiedenen Malen von beglaubten Leuten ganz ſicher beobachtet 
worden, daß die eingejchobenen Brode von felbit fortrückten 
oder nah den Winkeln zu wichen oder gar zum Dfen 
herausfuhren. 


370) Die treue Frau zu Kriebitein. 
Fabrie. Orig. Misn. f. 689. Moller, Freiberg. Annalen Th. II. ©. 72. 
Poet. bed. v. Ziehnert. Bv. I. ©. 37 sq. 





Es hatte das in einer reizenden Gegend des Zichopau- 
thals gelegene Schloß Kriebftein ein reicher Edelmann Dietrich 
Bärwald oder von Bernwalde (von 1382—1407) erbaut und 
fih darin befeftigt, allein nachmals hat ihn ein anderer 
Edelmann aus dem Gefhlechte der Staupige (von Neichen- 
ftein) am Faftnachtstage des Jahres 1415 überfallen und 
den Platz widerrechtlih behalten. Darnad hat Markgraf 

21* 


— 314 — 


Friedrich der Streitbare die Freibergifchen Bürger aufgeboter 
und das Schloß umlagert und mit Gewalt zur Uebergabe 
gezwungen. Da hat des genannten Staupigens Chefrau, 
weil ihr der Fürft vergönnt hatte abzuziehen und mitzunehmen, 
was ihr am Liebften fei und fie tragen könne, alle ihr Ge— 
fchmeide und Schmud im Stiche gelaffen und nichts als ihren 
Eheheren aus dem Schloffe getragen, dadurch fie auch den 
Markgrafen bewegte, daß er demfelben ungeachtet des Urtheilg, 
fo ſchon über ihn ergangen, Gnade erwies und das Leben 
ſchenkte. 


371) Sprichwort von Rochlitz. 
Matheſius, Sarepta. Vorrede. Albinus, Meißn. Bergchronika. IIL T.S. 23 sq. 


Man hat ehedem geſagt, das Schloß zu Rochlitz ſtehe 
auf Marmelſtein, der Rochlitzer Wald auf lauterem Golde 
und der Galgen daſelbſt auf Silber. Dies bezieht ſich auf 
den ehemals zu Rochlitz getriebenen Bergbau (bis 1578 war 
die Grube zu St. Johannes noch im Gange), indem man 
nicht blos Silberſtollen daſelbſt getrieben, ſondern auch in 
der Mulde Goldkörner und viele Molche, welche nach der 
Meinung jener Zeit ſtets Anzeichen von Goldbergwerken ſein 
ſollen — der Galgenberg hieß früher der Goldberg — fand. 
Daß man noch heute den rothen Rochliger Stein dort bricht, 
ift befannt. 





372) Das Alter der Stadt Noclig. 


©. G. Heine, Hift. Beſchr. d. Stadt u. Grafſchaft Rochlitz. Leipzig 1719. 
4. ©. 6 8q. 


In einer alten handfchriftlichen Chronik der Stadt Roch— 
lit, fo aus den Zeiten des Papſtthums ftanımt, fteht, Rochlitz 
jet die ältefte Stadt an der Mulde, welche ſchon etliche Jahre 
vor Chrifti Geburt geftanden habe. Dafelbft ftehen auch die 
alten Reime: 





Eine alte Stadt in Ofterland 
Gelegen, ift Rochli genannt, 


— 325 — 


Die ward gebauet und vollendt, 

Da Julius Cäsar ind Regiment 
Getreten iſt. O getreuer Gott, 
Behüt fie ftet3 für Angft und Noth, 
Für Feuer, Waſſer und für Krieg, 
Für theurer Zeit und allem Unglüd. 


373) Die Mönchötaufe zu Wechſelburg. 
Heine, Beichreibung von Rochlitz S. 110. Simon, Eilenburger Chronif 
©. 305. Spangenberg, Aoelöfpiegel S. 104. Poet. beh. v. Biehnert. 
Br. III. ©. 73 sq. 


Dedo der Feifte Graf zu Roclig, kam, als er mit Kaijer 
Heinrih VI nah Apulien reifen wollte, auf den Gedanken, 
fih das überflüffige Fett aus dem Leibe fchneiden zu laffen, 
damit es ihm auf der Reife nicht im Wege wäre. Dies that 
er, aber mit fo unglüdlichem Erfolge, daß er etliche Tage 
darauf (16. Auguft 1199) ftarb. Er liegt mit feiner Ge 
mahlin, die das Jahr vorher geftorben, im Klofter Zichille, 
das aber, jeitdem es (1543) Herzog Mori den Herren von 
Schönburg abgetreten hatte und alfo duch einen Wechſel 
jeine Herrfchaft änderte, Wechjelburg heißt und jener 1174 
(1184?) erbaut hat, begraben. Dafjelbe joll urfprünglich nur 
von lauter Edelleuten bewohnt gemefen, hier aber nichts Gutes, 
fondern eitel Böſes gejchehen fein. Als einft ihr Probſt fich 
wider ihren Unfug, Geilheit und Muthmwillen geſetzt hatte, 
hauen fie ihm einige Gliedmaßen feines Leibes ab und werfen 
ihn in die Mulde, da denn jolcher Ort noch jegt die Mönchs— 
tauf oder der Mönchstümpel genannt wird, dem Prior aber 
ſchlugen fie mit einem eifernen Hammer den Hirnjchädel ein. 
Darauf wurden diefe adeligen Canonici ausgeftoßen und das 
Klofter den Deutſchen Drdensherren eingeräumt, die es auch 
bis zur Veränderung der Religion bejefjen haben. 





374) Dad wunderbare Bild zu Rochlitz. 
Heine a. a. D. ©. 60 q. 


Sin der fogenannten Wochenftube auf dem Saale unter 


— 3 — 


dem breiten Thurme des Rochlitzer Schlofjes nach dem Waſſer 
zu ftand fonft ein Bild auf Holz geleimt, auf welchem zwei 
Verliebte, allem Anfchein nach vornehme Perfonen, die mit 
einander Ninge wechjeln, zu jehen waren. Es foll diefes eine 
Gräfin von Rodlig fein, die mit einem Abte aus dem Klofter 
BZichillen einen Liebeshandel unterhielt, hernach aber denfelben 
in die Mulde ftürzen ließ, damit ihre Liebe nicht befannt 
werben follte. Bon diefem Bilde wird erzählt, es dürfe nicht 
von der Stelle verrückt werden, wenn es nicht im Schloffe 
umgehen oder fpufen folle. 


375) Jemand wird an einen Drt gebannt, 
Heine ©. 62 sq. 





In den Thürmen des Nocliger Schlofjes, die man vor 
Beiten die Rochliger Jupen nannte und von ihnen jagte, daß, 
wer fie anhabe, der erfriere nicht und werde auch nicht von 
den Wölfen gefrefien, lag im 3%. 1530 ein Böhmiſcher Edel- 
mann.gefangen. Der kam jedoch mit fonderbarer Behendig- 
feit an einem Strohfeile heraus und ward frei. Da hat ein 
fatholifher Pfaffe jeine Zauberei gebraudt, daß er nicht 
fortfommen fonnte, ob er ſchon eine halbe Meile weg ge 
weſen. Der Bfaffe fehrte nämlich die Bilder in der Kirche 
un, daß fie den Rüden gegen das Volk zu wendeten. Nur 
fagte der wiedergefangene Edelmann aus, daß er oft einen 
weiten Weg gegangen und gemeint, er wäre weiter als eine 
Meile von der Stadt, allein je weiter er gegangen, befto 
näher wäre er wieder zum Schlofje gekommen. Doh ward 
ihm hernach das Leben gejchenft. 


376) Die wüfte Kirche bei Nochlig. 
Heine a. a. O. ©. 145 sq. 


Bei dem Dorfe Zichauig in der Nähe von Rochlitz be= 
finden fi) die Ruinen einer alten Kirche, von der man jagt, 





— 327 — 


daß der h. Ludger, ein Schüler des h. Bonifacius, fie erbaut 
hate. Nach Andern wäre aber die oben (Nr. 352) erwähnte 
Lehmerts⸗ oder Leonhardskirche zu Seelit darunter zu verftehen. 


377) Todtenhand verweit nicht. 
Heine a. a.0. S. 369, nad M. Pabſt, Arzney-, Kunft- u. Wunderbuch ©. 405. 





In der erften Hälfte des 16. Jahrhunderts ward zu 
Nohlig einen böhmischen Edelmann Wengel von Schwan eine 
Hand abgehauen, welche man auf dem Gottesader beim 
Beinhaufe begrub. Als man nun nad etlichen Jahren die 
Kirche zum h. Geift beim Hospital daſelbſt bauete und des— 
wegen das alte Gemäuer beim Beinhaufe einbrad, fand man 
obgedachte Hand ganz unverfehrt in der Erde liegen, daran 
die Nägel wohl einen Finger lang gewachjen waren. 


378) Erheuchelte Krankheit wird von Gott beftraft. 
Heine a. a. O. ©. 369, nah Pabit ©. 28. 


In der Stadt Nochlig Tebte zu Anfange des 16. Jahr— 
hunderts ein Leinweber, der einft auf einem Dorfe Hopfen 
gekauft hatte. Damit nun defto mehr von demfelben in den 
Sceffel gehen und er den Bauer betrügen möchte, fiel er 
plöglih in den Hopfen, warf fih in demfelben eine gute 
Meile hin und ber und ftellte fi, als ob er die fchmwere 
Krankheit (Epilepfie) habe. Den hat Gott hernach geftraft, 
daß er vor feinem Ende die Krankheit wirklich befam und 
daran fterben mußte. 





379) Fett aus Todtenbeinen heilt einen Gelähmten. 
Heine a. a. O. ©. 370. sq., nach Pabſt a. a. O. I. ©. 339. 





Im Fahre 1540 tft zu Rochlitz ein Mordbrenner, Namens 
Peuder, gehängt und fein Leichnam, nachdem er vom Galgen 
abgenommen war, von den anmejenden fremden Aerzten fecirt 


— 32383 — 


worden. Nun war dazumal die Frau eines gewifjen Bürgers 
% Naumann jhhon etlihe Jahre dermaßen an ihren Füsen 
contract und gelähmt, daß fie nur kümmerlich an Krüdex im 
Haufe herumfchleichen konnte. Diefelbe hat die Werzte, welche 
neben ihrem Haufe in der Herberge lagen, gebeten, fie 
möchten ihr doch etwas verordnen und von ihren Leiden helfen. 
Diefe geben ihr die Schienbeine von dem anatomirten Körper 
und laffen ihr fagen, fie folle diefelben an den Ofen lehnen 
und ein fauber Geſchirr unterfegen, was daraus herabtriefen 
werde, das folle fie gebrauchen und fich damit bei der Wärme 
fchmieren. Die Frau thut es, weil ihr aber die Nerzte alfo 
jagen lafjen, daß fie e8 gebrauchen und fich damit fchmieren 
folle, fo verfteht das gute Weib, fie folle das halbe Theil 
einnehmen und die andere Hälfte auf die erftarrten und con» 
tracten Nerven und Spannadern ftreichen, während doch jene 
nur vom Äußerlichen Gebrauche gefprochen hatten. Ste nimmt 
alfo die Hälfte in warmem Biere ein und mit der andern 
fchmiert fie fih bei der Wärme. Wie foldhes geichehen, hilft 
ihr Gott, daß fie des folgenden Tages ohne Krüden zu den 
Herren Nerzten felbft gegangen kömmt und ihnen für die ge- 
pflogene Kur herzlich dankt, und ift fie feit dieſer Zeit ſtets 
gefund geblieben und wie ein anderer Menſch ohne Krüden 
überall hingegangen. 


380) Der Zauberer Narr Hanf zu Rochlitz. 
Heine a. a. O. &. 379-382. 


Im Monat Mat ift ein Landftreicher Namens Johannes 
Bucher gen Rochlitz gekommen, hat fich für einen erfahrenen 
Arzt ausgegeben und gejagt, daß er aus dem vornehmen 
Geſchlechte der Bucher zu Leipzig ftamme. Er war eines 
häßlichen und erfchredlichen Angefichts, Tispelte und ftammelte 
und hatte Fohlihwarz Haar auf dem Haupte, welches auf 
ber linken Seite abgefchoren war, auf der rechten aber bis 
auf die Schultern herabhing. Nun wohnte neben einem 
Fleiſchhauer, den er, weil er vom Schlage gelähmt war, be- 





— 329 — 


handelte, eine ehrjame fromme Wittwe, jo von fchöner Ge- 
ftalt war. Diefelbe hat ihm gar fehr in die Augen geftochen 
und hat er auf Mittel und Wege gefonnen, wie er fich ihrer 
bemächtigen fönne. Er ift alſo einmal zu ihr gegangen, hat 
fih für einen Wahrjager ausgegeben, ihr in die Hände ge- 
ſehen und ihr traurige, erjchredliche und erbärmliche Zufälle 
verfündigt. Dadurch ift die einfältige Frau in große Furcht 
und Angft gerathen und hat ihn flehentlich gebeten, er wolle 
fie aus dieſer Noth erretten und ihr wieder zum Glücke ver- 
helfen. Dieß hat er ihr auch zugefagt, wofern fie ihm in Allem 
unweigerlid und gehorfam Folge leiften wolle. AS fie nun 
ſolches auf's Heiligfte verfprochen, hat der hölliiche Bube ber 
bezauberten und verblendeten Frau befohlen, daß fie an einem 
heimlichen Orte ihre Kleider ablegen und ſich von ihm ftäuben 
laſſe. Da fie nun diefem teufelifhen Rathe gefolgt, hat er 
fie recht henkerifh und unbarmherzig gegeiffelt und ihr nach— 
her noch Unehrbares zugemuthet, worin das Weib auch ein- 
gewilligt. An folder verübten Bosheit hat er ſich noch nicht 
begnügen lafjen, fondern fie dahin gezwungen, daß fie dem 
Herrn Ehrifto abjagte, alſo und dergeftalt, daß fie hinfort 
nicht mehr an ihn glauben und ihm vertrauen wolle. Dies 
ift gefchehen an eben dem Tage, an weldem das elende 
Weib fih zum 5. Abendmahl verfüget und nah Chrifti Ein- 
ſetzung dafjelbe genofjen hatte. Da hat der greuliche Böfe- 
wicht ihr ein Pulver oder etwas dergleichen zu trinken ge- 
geben, damit fie die heilfame Seelenfpeife wieder von ſich 
gebe und erbreche. Bon dem Tage und der Zeit an aber 
hat die arme elende hochbetrübte Wittwe greuliche unfägliche 
Marter und Plage fowohl am Leibe als im Herzen und Ge- 
müthe- gefühlt und fchwere Anfechtung und vielfältigen Kampf 
ausgefitanden, in welchem fie am dritten Tage mit Tode ab- 
gegangen und verblihen. Sie hat herzliche Neue und Leid 
über foldhe begangene Sünde gehabt und ritterlich wider des 
Satans feurige Pfeile und Anfechtungen mit dem lieben in- 
brünftigen Gebet und dem lebendig machenden Troft der 
h. Schrift gefämpft und ift beftändig bis an's Ende geblieben. 


— 550 — 


Diefes hat ihr Bruder, fobald fie aus diefem Jammerthale 
abgejchieden, den Rochliger Superintendenten, ingleichen dem 
Rathe entdedt und offenbart. Der Mifjethäter ift auf des 
Richters Befehl gefänglich angenommen, in's Richthaus ge- 
führt und fleißig befucht worden. Da hat man bei ihm ge- 
funden einen Stein und etliche zauberijche ECharactere, welche 
vom Teufel gemalet und gefchrieben waren, und die er am 
Hals hängen hatte. Diejes alles nebit ſchriftlichem Berichte 
ist gen Wittenberg an die Herren Schöppen gelangt, von 
welchen das Urtheil und Sentenz gefället worden, daß man 
den Miffethäter von Nechtswegen möge auf die Marterbanf 
bringen und ihn peinlich verhören. Da nun der Scharfrichter 
ihn kaum verſucht hatte, jo befennt der Bube Alles und 
Jedes, infonderheit daß er die Berftorbene gegeiffelt und 
einen Ehebruch mit ihr begangen habe, daß fie Gott abgefagt, 
ein Bündni mit dem Satan gemacht und dafjelbe mit ihrem 
eigenen Blute befräftigt, welcher doch daran fich nicht be- 
gnügen lafjfen, jondern zu mehrerer Berficherung eines be- 
ftändigen Bundes ein Stüd von ihrer Zunge abgejchnitten. 
Er habe auch mit dem Teufel, der fih in ein Weib ver- 
munmt, gebuhlt, welcher geheißen habe Ursa Tatman Lucifer. 
Aus demfelben Buhlen habe er Beſcheid und Antwort vont 
Teufel fih erholt und mit ihm Rede gepflogen, welchen er in 
einem Kryftall in der Geftalt eines ſchwarzen Mohrenkönigs, 
jo eine güldene Krone auf dem Haupte getragen, gejehen. 
Solches und Anderes viel mehr, welches zu berichten all zu 
weitläufig fein würde, hat er in der Tortur befannt. Diefes 
it nun nochmals an den Schöppenftuhl gelangt, da er dann 
zum Feuer nach Urtheil und Recht verdammt worden. ALS 
ihm nun das Urtheil vorgehalten und der Gerichtstag an- 
geftellt worden, da hat er nichts von dem, was er zuvor be- 
fannt, verleugnet. Da nun aber am folgenden Tage, den 
14. Juli des Jahres 1608, die Rocliger Geiftlihen zu ihm 
gingen, hat er ſich unterftanden, Alles wieder zurüdzunehmen 
und gejagt, er habe die Obrigkeit durch ein falſches und aus 
Schmerz erzwungenes Belenntniß betrogen. An ſolcher Bitte 


— 331 — 


und Begehren, dies der Obrigkeit fund zu thun und als 
Zeugen feiner Unfhuld aufzutreten, haben dieſe ſich aber 
wenig gefehrt, fondern ihm eine fcharfe Gefeßpredigt gehalten, 
darauf aber dem Herrn Richter und feinen Beifigern, was 
ſich begeben, treulich berichten lafjen, welche dann durch An- 
drohen, daß fie ihn wieder auf die Folterbank bringen wollten, 
ihn dahin bewogen haben, daß er zum vierten Male die 
begangenen und ſchon vorher gerichtlich ausgefagten Miffethaten 
beftändig befannte. Er ift auch am andern Tage, als ihn 
die Geiftlihen abermals bejuchten, dabei geblieben, war 
wegen feiner Webelthaten jehr betrübt und befümmert, ent- 
fagte dem Teufel und feinem Buhlen Tatman Lucifer öffent» 
lich und zeigte ein jehnlich Verlangen nach Ehrijto, nahm 
auch am 18. Juli das h. Abendmahl. Endlich ging er, nad)- 
dem er die übrige Zeit feines Lebens mit Gebet und drift- 
lichen Gejängen zugebradt, am 20. defjelben Monat3 getroft 
und freudig zur Gerichtsftatt und ward hier in Gegenwart 
vieler Zuſchauer lebendig verbrannt im 36. Jahre jeines 
Alters und 2ten feiner unfeligen Dienftbarkeit. 


381) Der Eurrendfnabe zu Geithayn, 
Poetifch beh. 6. Ziehnert, Bd. II. ©. 123 sq. 





An der Mittagsfeite der Kirche zu Geithayn tft ein 
Knabe in Stein gehauen, den die auf dem Rücken hängende 
Schalaune (Mantel) al3 Currendſchüler bezeichnet. Zwar ift 
die Inſchrift unter dem Bilde felbft nicht mehr zu lejen, Die 
Sage aber berichtet alfo über die Bedeutung defjelben. Es 
find einmal des Abends vier Currendſchüler der Stadt Geit- 
hayn auf dem Kichthurm geweſen und haben gefehen, daß 
da, wo die Biertelglode hängt, ein Dohlenneft zwifchen den 
Balken angelegt war. Die Stelle war gänzlich unzugänglic, 
doch haben fie am Ende auf ein Mittel gefonnen, ſich des 
Neftes zu bemächtigen. Drei von ihnen haben alſo ein Bret 
zum Kichhurmfenfter hinausgehalten und der vierte ift 


— 3323 — 


darauf geftiegen und auf diefe Weiſe an die Balken gefom- 
men, um fo das Neft, welches aber nur von Außen zugäng- 
lich war, auszunehmen. Er ruft ihnen zu, es jeien drei 
fchwarze und ein weißes Junge darin. Diefe verlangen nun 
für fich das weiße, doch Jener will ihnen nur die drei ſchwar— 
zen geben und das erſtere für fich behalten. Sie drohen ihn 
herabzumwerfen, wenn er ihnen das weiße nicht hereinreiche, 
und als er es nicht thut, laſſen fie ihn ſamt dem Nefte, 
welches er in der Hand hält, herabfallen. Zum Andenken 
an dieſe fchauerliche Begebenheit ift eben jenes fteinerne Bild 
errichtet worden. 


382) Spruch von der Stadt Geithayn, 


Die Stadt Geithayn bildet zwei lange Seiten, iſt im 
Innern ganz frei und hat feine Vorftädte. Daher geht von 
ihr der Vers: Geithen hat 2 Seiten, in der Mitte einen 
großen Plan, Hinten und vorn nichts daran. 





383) Der große Topf zu Penig. 
Poetiſch beh. bei Ziehnert. Bd. II. ©. 135 sq. 





Die Stadt Benig war früher durch feine Töpferarbeiten 
weit und breit berühmt. Einft haben nun die gefchicteften 
Meifter dajelbit in Gemeinjchaft einen großen Topf gebrannt, 
der 15 Eimer Wein gefaßt haben fol. Diejes neue Welt- 
wunder zog nun viele Neifende an, und jo fam denn aud 
einmal der nachherige Churfürft Friedrich der Weifer) als 
junger Prinz dahin, um fih den Topf anzufchauen. Da fiel 
es dem Prinzen ein, hineinzufteigen; er ließ eine Leiter bringen 
und ftieg auf den Boden hinab. Kaum war er unten an- 
gelangt, fo ließ aber der ihm von feinem Water beigegebene 


+) Nach Andern wäre dies Heinrich der Fromme gemwefen, der fidh 
bei den Töpfern aber nicht durch Abgabenfreiheit, fondern durch einen 
Schmauß abfand. 


— 333 — 


Hofjunker, ein Herr von Schönberg, die Leiter herausziehen, 
und hoffte nun, der Prinz werde ſich auf's Bitten legen, um 
heraugszufommen. Dieſer aber befann fich kurz, ſchlug mit 
der Fauft an die Wand des Niejentopfes und fpagierte fo 
wie zu einer Thüre heraus. Um aber die Peniger Töpfer 
für den Verluſt ihres Kunftwerfes zu entjchädigen, erbat er 
fih von feinem Vater Abgabefreiheit für fie. Uebrigens form- 
ten Letztere nachher bald wieder einen anderen ähnlichen 
Niefentopf auf dem davon fo genannten Topfanger und er- 
richteten ein Häuschen darüber, wo er lange noch zu fehen war. 


384) Die Sage von dem Kiebehenftein bei Penig. 
©. Krieg's Gefhichte der Stadt Penig. Penig 1838. 8. ©. 3 sq. 





Bor alten Zeiten hauften Raubritter auf dem bei Benig 
gelegenen Zinnbergr) und Drachfels) (Drachenfels) und 
machten die daſige Gegend fehr unficher. 

Zinnberg foll anfangs Umizi geheißen haben, jchon im 
6. Zahrhundert entitanden und der Sitz eines Wendenfürften 
geweſen fein. Im 13. Jahrhundert gehörte dieſes Zinnberg 
(Zinneburgf) einer Linie der Burggrafen zu Altenburg zu. 
Beide Schlöffer, Zinnberg und Drachenfels, follen ſchon im 
14. Sahrhundert von den Burggrafen von Leisnig und dem 
Nitter Heimburg von Waldenburg zerftört worden fein. Nach 
anderen Angaben, 3. B. nah Schumann’s ſächſ. Zeitungs-Leri- 


7) Zinnberg liegt am rechten Mulden-Ufer eine halbe Stunde ober- 
bald Penig, Thierbach gegenüber. Die Burg war, nad) den noch vor— 
handenen Ruinen zu urtbeilen, nicht fehr bedeutend. 

Sie war in den äÄlteften Zeiten im Befi der Burggrafen von Alten- 
burg, dann im 15. Zahrhundert der Herren von Kauffungen, zulett der 
Burggrafen von Leiönig, gegenwärtig gehört fie zur Herrſchaft Penig. 

Tr) Die Burg Drachfels liegt am rechten Mulden-Ufer, eine halbe 
Stunde unterhalb Penig. Bon vderfelben find nur noch die Wälle und 
wenige Ruinen vorhanden. Gegenwärtig ift das ganze Terrain der ehe— 
maligen Burg, die ebenfall3 nicht bedeutend geweſen fein kann, mit dich— 
tem Holze bewachfen. 


— 334 — 


con, find jedoch beide Burgen erit im Jahre 1488 verbrannt 
worden. Auf Zinnbergs Ruinen ſah man noch gegen An— 
fang des 17. Jahrhunderts einen alten Thurm ftehen, von 
welchem zur Zeit einige Gemäuer übrig geblieben ift. Bei 
Berftörung der unter Penig gelegenen Burg Dradhenfels 
follen übrigens die Hühner aus derjelben über die Mulde 
auf den gegenüberliegenden Berg geflogen fein, woher ber 
Hühnerberg feinen Namen erhalten habe. 

Ueber die Naubritter auf Zinnberg und Drachenfel3 und 
über die Beranlafjung zur Zerftörung diefer beiden Burgen 
geht nun folgende Sage. BZinnberg und Drachenfels waren 
im Bejig von zwei Brüdern, welde man gewöhnlich die 
Schachtritter nannte, weil, zur Xeiftung gegenfeitigen Bei- 
jtandes, ein unterirdiicher Gang beide Burgen verband. Der 
eine diejer Brüder, der Ritter auf dem Drachenfels, war mit 
Fräulein Elsbeth, der Tochter des Ritters Haimburg F) zu 
Waldenburg, verlobt. 

Elsbeth erhielt einft heimlich Nachricht, ihr Verlobter 
betreibe Näuberei. Um fich felbft zu überzeugen, ob dieſe 
Kunde wahr oder falſch fei, machte fie ſich mit Bewilligung 
ihres Vaters auf und fuhr, von des Vaters Knappen be- 
gleitet, bi an den Felfen, welcher unmittelbar am rechten 
Muldenufer hart hinter Penig am Fuße des Galgenberges 
liegt. Hier ftieg fie, ihr Geſpann ftehen laffend, aus dem 
Magen und begab fih auf die Burg. Auf diefer herrjchte 
eine tiefe grauenvolle Stille. Düftere Ahnungen durcchbebten 
des Fräulein Seele: fie fchaute fi um, fand Blutjpuren 
auf dem Borfaale und an der Gaminthüre des Ritters 
Siegelring. Fr) 

Noch mehr Blutfpuren nebft einem bluttriefenden Dolche 


+) Wenn auch dieſer Sage vielleicht irgend eine Hiftorifhe Wahr- 
heit zu Grunde liegen follte, fo ift diefer Name ficher eine Erfindung. 
Man kennt aus Urkunden die Befiger von Waldenburg feit dem 11. Jahr- 
hundert. Unter ihnen kommt fein Haimburg vor. 

tr) Nach einer andern Relation fand Elsbeth einen Finger, an 
welchen der Ning ihres Bräutigams ftedte. 


— 335 — 

fand das Fräulein auf dem Zimmer des Ritters, der eben 
vorher einen Mord begangen und bei dem Ringen mit feinem 
Schlachtopfer feinen Ning verloren hatte. Elsbeth nahm 
ihaudernd den Siegelring mit dem blutigen Dolde, und 
fehrte, ohne bemerkt zu werden, aus der Burg nach ihrem 
Geipann und mit Ddiefem wieder nach Waldenburg zurüd 
Der vorjtehend beichriebene Fels, wo ihr Gejpann geitanden, 
heißt davon aber heute noch der Liebchenitein.T) 

Das Fräulein hinterbrachte ihrem VBater die fchredliche 
Kunde, worauf Ritter Haimburg mehrere Nitter (morunter 
der Nitter Gerold von Nabenftein) nebſt dem Schadhtritter 
zu fich entbieten lief. Das Mahl war bereitet und die 
Pokale Freiften nah Nitterart. Aber über dem feitlichen 
Mahle wurden dem Schadtritter plöglich der Siegelring nebft 
dem Dolce vorgezeigt ; leicht ward er des Mordes über- 
wieſen, von den herbeigerufenen Knappen gefefjelt und in 
Hainburg’ Burgverlich geworfen. Letzterer verband fich 
dann mit noch mehreren Rittern und brach die beiden Raub» 
ritterburgen Zinnberg und Drachenfels. Das Fräulein aber 
jol bald darauf ihrem Leben jelbit aus Berzweiflung ein 
Ende gemacht haben. 


385) Der brennende Mönch bei Rochsburg. 
©. Monatl. Unterr. a. d. Reiche d. Geifter. Bd. I. ©. 539. 





Der Verfaſſer der Monatlihen Unterredungen aus dem 
Reiche der Geifter ritt einft nach Rochsburg und zwar fo, 
daß der an einer Anhöhe gelegene Fleden Bottelsdorf ihm 
linf3 Liegen blieb. Da erblidte er oben auf der Spite des 








+) Der Liebchenftein Tiegt unmittelbar an der Mulde. Früher war 
er ein fehr interefjanter Punkt wegen der merhoitrdigen Felsbildung. Seit 
einigen Jahren ift jedoch an demſelben ein Steinbruch angelegt worden 
und bereit3 ein bedeutender Theil des Liebchenfteins ift verfchwunden. Auch 
fanden fich früher bei dem Liebehenftein mehrere von Menfchenhänden aus— 
gehauene Felshöhlen. Diefe find ebenfalls in neuerer Zeit verfchwunden, 
da fie bei dem Steinbrechen verſchüttet wurden. 


—, 3 


bejagten Berges ein großes Feuer und es ſchien ihm, als wäre 
dafjelbe ein brennender Menſch. Obgleich ihm etwas fonder- 
bar zu Muthe ward, ritt er doch getroft feine Straße fort, 
und als er nad Rochsburg Fam, war feine erite Frage, was 
das auf dem Berge für ein Feuer fein möge, welches er beim 
Borbeireiten erblidt habe. Vorerſt erhielt er zur Antwort, 
e3 fei dieſes allen Nachbarn und Einwohnern unter dem 
Namen des brennenden Mönches befannt. Weil er nun aber 
von feinem Klofter in der ganzen Gegend wußte, fo bat er um 
nähere Erklärung und erfuhr, es habe zu der Zeit des Papft- 
thbums in diefer Gegend ein Barfüßerklofter geftanden, aus 
welhem die Mönche öfters ins Feld zu ſpatziren pflegten. 
Nun hatte ſich aber einft einer der Mönde in eine muntere 
Bauermagd, die er öfters in der Kirche gefehen hatte, auf 
eine mehr als geiftliche Art verliebt. Da num diefelbe eines 
Tages an diefem Orte mit Ausftreuung des Miftes auf dem 
Acker beichäftigt war, fo glaubte der Mönch eine gute Ge— 
legenheit gefunden zu haben, feine Flamme abfühlen zu 
fünnen. Allein diefe Bauernymphe wußte fich bei feinem Lie— 
besantrag jo übel zu ſchicken, daß fie jenem geiftlichen Ritter 
mit ihrer Mifthade nicht nur mögftlihen Widerſtand Teiftete, 
fondern ihn auch ohne Barmherzigkeit zu Boden legte, fo 
daß er jtatt der verliebten Seufzer Blut, Galle und Leben 
ausſchütten mußte. Sie ging darauf felbft zu dem Vorfteher 
des Klofters und entdeckte freimüthig, wie es ihr mit dem 
Mönch ergangen fei, die geiftliche Brüderſchaft aber war froh, 
daß fie nur in der Stille ihren geiftlihen Mitbruder vom 
Felde wegbringen konnten, damit ihr Klofter nicht in übeln 
Ruf käme, man gab der Bauermagd ein Stück Geld, um ihr 
dadurch Stillfehweigen aufzulegen, und der gute Bettelmönd 
ward insgeheim zur Erde beftattet. Bon der Zeit an foll 
derfelbe in befagter feuriger Geftalt ſich ſehen lafjen. 








386) Das Zauberpferd bei Bottelödorf. 
©. ebd. Bd. III. ©. 417 sq. 


Am 6. Febr. 1731 ſaß der Amtsactuar zu Rochsburg 





— 337 — 


mit einem Freunde Abends zwiſchen 7 und 8 Uhr in einer 
Stube, da erhob fich auf einmal ein furchtbarer Sturmwind 
und gleichzeitig hörten fie eine Mannsſtimme laut und er- 
bärmlich ohne Unterlaß rufen: „um Gottes Willen, helft mir 
helft mir.” Sie eilten fchnell herunter in der Meinung, daß 
Semandem ein Unglück während des heftigen Schneefturmes 
zugejtoßen fei, juchten in diefem Schnee nah Menjchenfpuren 
und wurden dabei von drei herrichaftlichen Jägern, die den- 
jelben Ruf gehört hatten, unterftügt. Diefe juchten nun 
weiter die nächfte Umgebung ab, wobei ihnen ihr Hund aber 
feine Geſellſchaft leiftete, ſondern ängftlich zurüdlief, der 
Actuar hörte aber das Rufen noch lange, bis es endlich auf- 
hörte. Halb erfroren fehrten alle in die Stadt zurüd und 
begaben ſich in den Gafthof, wo fie noch eilf andere Perſonen 
fanden, die daſſelbe Rufen gehört hatten und in gleicher Ab- 
fiht aus ihren Häufern herbeigeeilt waren. Geſprächsweiſe 
aber erfuhr der Actuar, daß Einzelne dafjelbe Geräufch früher 
ſchon oft dort gehört hatten. 

Am nächſten Tage ward jedvoh auf dem Gerichtsamt 
angezeigt, daß an demfelben Abend ein alter Mann aus 
Bottelsdorf fih in Rochsburg von einem Bäder einen Sad 
voll Bregeln geholt hatte, um diejelben auf den nahe gelege- 
nen Dörfern herumzutragen und zu verkaufen. Als derfelbe 
an die Stelle fam, wo fonjt der brennende Mönch zu er- 
icheinen pflegt, erhob ſich plöglich ein furdhtbarer Sturmmwind 
und jener erblidte vor fich eine Anzahl Pferde, auf deren 
eins er nebſt feinem Sad durch eine unfichtbare Gewalt ge- 
ſchwungen ward. Darauf flog bejagtes Pferd mit ihm in 
die Luft und drehte fih in einem Wirbel herum, fodaß er 
vor Angft nicht wußte, was er mit feinem Bregelfad an- 
fangen jollte. Er ſah ſchon das gräfliche Schloß und bie 
umliegenden Dorfichaften unter ſich liegen, nachdem er aber 
ganz verzweifelt zu Gott gebeten, er möchte ihm doch in 
feiner Noth zu Hilfe kommen, ward er, als gerade die Glocke 
eilf ſchlug durch eben dieſe geheimnißvolle Kraft wieder an 
diejenige Stelle, wo ihn das Pferd aufgenommen hatte, zurüd- 

Gräfe, Sächſ. Sagen. I. 2 


— 333 — 


verjegt, und num gelang es ihm jeine Behaufung zu erreichen, 
er verfiel aber fofort in eine ſchwere Krankheit. 


389) Das Näthfel von der Stadt Wurzen. 
Chr. Schöttgen, Hiftorie d. Hurf. Stadt Wurzen. Leipzig 1717. ©. 10 sq. 





Man hat von der Stadt Wurzen folgende Verfe, welche 
zugleich die Wahrzeichen derjelben angeben: 

Rath, wenn Du rathen fannft, wo ift doch folche Stadt? 

Die weder Schmidt, noch Schul, noch Kirch, noch Pfarrer hat, 

Da auch ein folches Dad) ift auf ein Thor gebracht, 

Das weder Gott noch Menfch noch Teuffel hat gemacht? 
Dieb bezieht fich) darauf, daß früher in der Stadt Wurzen 
jelbft zwar 110 Feuerftellen, aber Feine Kirche, Feine Schule, 
feine Pfarrwohnung, feine Baberftube, feine Garküche und 
fein Schmied eriftirten, denn fie waren alle vor den Thoren 
derfelben. Daher fagte man von den Wurznern ſprichwört⸗ 
lich: wenn die Leute in die Kirche gehen follen, jo laufen fie 
zum Thore hinaus. Das eigentliche Wahrzeihen der Stadt 
war aber das Storchneft, welches fih auf dem neben dem 
Wenzelsthore befindlichen Thurm befand, war aljo ein Dad, 
welches weder Gott noch ein Menſch noch der Teufel gemacht 
hatte. 


390) Das wunderbare Yutherbild zu Wurzen. 
Schöttgen, ©. 261. 





In der Domfirche zu Wurzen befindet ſich ein Bild Dr. 
M. Luthers, von dem folgende Gefchichte erzählt wird. Es 
fam im 3Ojährigen Kriege einmal ein Taiferlicher Soldat in 
diefe Kirche und ward diejes Bildes anſichtig. Er ftieg alfo 
fogleih auf die Weiberftühle, zog feinen Degen heraus und 
wollte damit Luthern die Augen ausfragen. Weil nun aber 
ohnedem auf diefe Stühle nicht gut zu treten war, fo fügte 
e3 Gott wunderlich, daß er hinunterfiel und den Hals brad). 


— 339 — 


Das Wahrzeichen iſt jedoch noch heutigen Tages zu fehen, 
indem die Augen mit der Degenfpige ziemlich zerfragt find. 


391) Der Tod bei Wurzen. 
Schöttgen, ©. 679. 

Im Monat Februar des Jahres 1707 hat ein jchwe- 
diiher Soldat, Andreas Stahl, feines Fähnrichs Pferde ein 
wenig bei dem Gerichte herumgeritten, damit fie nicht ftätig 
werden follten. Als er nun wieder nad) der Stadt zu reitet, 
fommt ein langer Mann zu ihm, welcher gar kauderwelſch 
ausjah und eine große Senfe in der Hand hatte. Der Sol- 
dat fragte ihn, wo er hin wolle? Er antwortet: nah Wur- 
zen. Der Soldat fragt weiter, was er da thun wolle? Hier- 
auf giebt diefer zur Antwort, er wäre der Tod und hätte 
gleich jegund vor 100 Jahren in Wurzen ziemlich reine 
Arbeit gemacht, diefes Jahr werde er es ebenfo machen, der 
Soldat folle e8 nur den Leuten hinterbringen, damit fie fich 
zum Tode bereiten möchten. Mit diefen Reden kommen fie 
an die äußern Scheunen, wo dann der Soldat in die Stadt 
reitet, der Tod aber von ihm Abjchied nimmt. Als diefes 
der Soldat feinem Wirthe, Meifter Jacob Plügen, einem Hut- 
macher, erzählt, hat es diefer den 3. März auf dem Rath— 
baufe gemeldet. Der Soldat hat, was er gejehen, bei feinem 
Major gleichfall8 ausgefagt und ift erbötig geweſen, es mit 
einem Eide zu befräftigen. Indeß ift das Jahr 1707 ver- 
gangen und der Tod mit feiner Senje nicht nah Wurzen 
gefommen. 


392) Der Heuſchreckenkönig zu Wurzen, 
Bulpius, Merjeb. Chronik c. 19. S. 199. 200. Vogel, Leipziger Ann. ©. 151. 


Im Sahre 1542 im Herbfte find viele Heuſchrecken aus 
Litthauen, Reußen und Polen nad Meißen gefommen, welche 
wie große Mühlräder in der Luft flogen und den Sonnen- 

22* 


— 340 — 


jchein verhinderten. Am Tage Negidii find fie auch nach 
Wurzen gefommen, wo fie kniehoch gelegen. Hier ift aber 
ihr König in Größe eines Sperling an Geftalt, Füßen und 
Klauen ganz fchredlich anzufehen, gefangen, abgemalt und in 
Leipzig aufgehoben worden. 


393) Der gefpenftige LXeichenzug zu Wurzen. 
Schöttgen, ©. 678 sq. 





Die Nacht vor dem Yohannistage des Jahres 1706 hat 
Meifter Chriftian Loſe in feinem Haufe auf dem Kroftigal 
(fo hieß nad dem Namen einer abeligen Familie feit 1340 
die lange Gafje, welche hinter der Wenzelskirche anfängt und 
bis zur Mulde geht) zum Fenfter hinaus gefehen, und es ift 
ihm vorgekommen, al3 wenn eine Leichenproceffion den Krofti- 
gal herauf käme und um die Ede nad) der Stadt zu ginge. 
Solches hat er gleich darauf dem Thürknecht Balthafar Münch 
auf dem Kicchwege gejagt, der ihn fogleich erinnert, ob er 
nicht etwa den Tag zuvor zu Biere gewejen und aljo durch 
die Hülfen gejehen, allein er ift bejtändig bei feiner Rede 
geblieben, daß er gewiß etwas gefehen. Man bat auch auf 
der Fähre nachgefragt, ob nicht etwa eine vornehme Leiche 
durchpaſſirt jei, Niemand hat aber etwas bafelbft davon 
wijjen wollen. Mlein im Monat Auguft kam eine fchwere 
Ruhr nah Wurzen, welche innerhalb 6 Wochen 70—80 Ber- 
onen von jedem Alter wegraffte. 


394) Die Zaubermartha zu Wurzen. 
Schöttgen, S. 689. V. Weber, Aus vier Jahrhunderten. Bd. I. ©. 379. 


Im Jahre 1615 iſt zu Wurzen eine Zauberin gemejen, 
die lange Martha genannt, welche befannt hat, daß fie etliche 
Kinder umgebracht, die Leute angehaudht und verberbt, auch 
mit dem Teufel 7 Jahre lang zu thun gehabt. Sie hat auch 
Chriftum verlacht, und ihrer Webelthaten wegen verbrannt 





— 341 — 


werden jollen. Allein eines Tages hat man fie in dem Ge- 
fängniß vor dem Eilenburgifhen Thore todt gefunden und 
hat man vorgegeben, fie jei vom Teufel umgebracht worden. 
Ihre Gehilfin, Anna Zihauin ward am 18. Juli 1615 tor- 
quirt und dann aus dem Lande gejagt. 


395) Die drei golduen Brodchen zu Pomfen.F) 
Mündlih. rei beh. im Freimüthigen 1814. ©. 209. 


Zwei Stunden von Grimma an der von hier nad) Xeip- 
zig führenden Straße liegt das alte Schloß Pomfen. Dafjelbe 
gehörte wie mehrere in der Nähe liegende Dörfer vor Alters 
der adeligen Familie von Ponidau. Einft war das Haupt 
diejes Gejchlehtes mit feinem Herren, dem Markgrafen von 
Meißen in den Türkenkrieg gezogen und hatte feine treue 
Hausfrau Sarah ſchwangern Leibes zurüdgelaffen. Nach 
einiger Zeit kam fie mit einem Söhnlein nieder, und als fie 
nun eines Morgens kurz nad Sonnenaufgang mit demfelben 
in ihrem Schlafgemad in dem großen Ehebette lag und Nie- 
manden bei fi hatte — denn Dienerfchaft bejaß fie nur 
wenig, weil ihr Gemahl abwejend und fie felbft nicht eben 
reih war — da fieht fie auf einmal, wie ſich die ſchwere 
Thür von ſelbſt geräuſchlos öffnet und zu derfelben in langen 


7) Biehnert Bd. III. ©. 247. fett jedoch diefe Sage fälihlih in das 
ebenfall3 bei Grimma gelegene Dorf Otterwifch. 

Moſer bei Pönide, Album d. Nitterg. Sachſens. H. XI. ©. 30 er- 
zählt nad) der im Kirchenbuche zu Pomfen durch M. Steinhäußer nieder- 
gelegten Erzählung diefer Begebenheit, jene Erfcheinung der Zwerghochzeit 
babe im J. 1685 Statt gefunden, während Johann Chriftoph II. von 
Ponidau Befizer des Echlofjes gewefen fei; die Gefchenfe hätten aus zwei 
Brödchen und einem Goloreif beftanden, und feien zufammen in den 
Schloßthurm eingemauert worden, dort aber im J. 1726 mit diefem durch 
einen Blisftrahl in Flammen aufgegangen und feitdem fei der Wohlftand 
der Familie fo zuriifgegangen, daß diefe 1782 das Nittergut, nachdem es 
faft 250 Jahre Yang in ihrem Befitz geblieben, hätte veräußern müffen. 
Lofer, Abendl. 1001 Naht Bd. I. ©. 56 sq. verfeßt die Sage fäljdh- 
lich nah Echwaben und erzählt fie von einem Nitter von Bomfen. 


— 32 — 


Reihen ein Zwergvolk hereinkommt. Die kleinen Leute ſind 
prächtig gekleidet und haben offenbar einen Hochzeitszug vor. 
An der Spitze der Paare zieht ein Muſikchor, deſſen Mit— 
glieder wie die ganze Geſellſchaft kaum zwei Spannen hoch 
ſind, dann folgen Bräutigam und Braut und deren Eltern 
und ſo fort die Hochzeitsgäſte immer in bunter Reihe. Sie 
ſchreiten bis zu dem ungeheuren Ofen, der den dritten Theil 
des Zimmers einnimmt, und begeben ſich in den Raum, der 
zwiſchen den ſechs Füßen deſſelben gewiſſermaßen eine Art 
Halle bildet. Hier ſtellen ſie ſich paarweiſe auf und tanzen 
nach den lieblichen, obgleich leiſe tönenden Weifen der Fleinen 
Mufifer Tänze, deren Reigen und Touren irdischen Augen 
bisher unbefannt geblieben waren. Nachdem jie nun endlich 
genug der Freude gehuldigt, jchiden fie fih zum Abzug an 
und verlafjen dieje fonderbare Tanzhalle wieder ganz auf die— 
jelbe Weife. Wie fie nun an dem hohen Himmelbette der 
ganz in tiefes Grftaunen verjenkten Schloßherrin vorüber: 
ziehen, da bleibt auf einmal der Heine Bräutigam ftehen, 
verbeugt ſich tief und jagt ihr, er danke ihr im Namen feiner 
Brüder für die Heimath und den ruhigen Aufenthalt, den 
jein Volk bisher auf ihrem Schlofje genofjen habe, fie hätten, 
weil es ihnen unter der Erde zu finjter gewejen, einmal bei 
lihtem Sonnenfchein ihr Vermählungsfeit feiern wollen und 
zum Danfe für die genofjene Gaſtfreundſchaft wolle er ihr 
hiermit drei goldene Brodchen überreichthaben. Dieſe ſolle fie wohl 
aufheben, denn fo lange wie diefe Brodchen noch im Bejite 
ihrer Familiey) fein würden, werde diefelbe grünen und 
blühen und immer an Neichthum und Glüd zunehmen. Da- 
mit 309 die Zwerghochzeit ab. Die Schloßherrin verfiel vor 
Schred in einen tiefen Schlaf, als fie aber erwachte, da 
lagen die Brodchen auf der Bettdede und fie jah, daß fie 


+) Nach einer andern Berfion der Sage hätte der Zwergkönig je eines 
diefer Brode für ihre drei Söhne beftimmt und gefagt, diefelben würden 
drei Schlöffer erwerben. So wäre alfo blos ein Brod nad) Pomfen ge— 
fommen, Eins diefer Echlöfier fol vom Feuer, das andere vom Wafjer 
zerftört worden fein, das dritte aber noch bei der Familie fein. 


— 343 — 


nicht geträumt hatte. Nicht lange hernach Fam ihr Eheherr 
mit Beute reich beladen aus dem Kriege zurüd, und Beide 
ließen nun, damit die Brode nie verloren gehen follten, 
diefelben in den einen Thurm des Schloſſes Pomſen ein- 
mauern. Hier blieben fie auch bis zum 30jährigen Kriege, 
ba kamen einmal die Feinde in's Dorf und plünderten und 
brannten das Schloß an, der Thurm ftürzte zufanmen und 
die Brodchen waren verſchwunden, und feit diefer Zeit ſchien 
das Glück die Familie Bonidau verlaffen zu haben, denn fie 
verlor ein Gut nach dem andern, und zulegt auch Schloß 
Pomſen. — 
396) Der Nixenſtein bei Waldenburg. 
Mündlich von Herren Dr. Kraufe. 





Wenn man von Waldenburg (Altftadt) aus über den joge- 
nannten Anger nach der Mulde zu gebt, jo erblidt man am Ufer 
diejes Fluſſes einen großen Steinfegel, der heißt der Niren- 
ftein. Das kommt daher, weil, wie man jagt, unter dieſem 
Steine eine Nirenfamilie wohnt. Diefelbe läßt ſich auch den 
Ummwohnern hin und wieder fehen, aber immer nur ein Glied 
derjelben auf einmal. Die Einwohner von Waldenburg 
wollen fie daran erkennen, daß die zu derſelben gehörigen 
Frauensperfonen, welche, wie gejagt, ftetS einzeln den Woden- 
markt in der Stadt beiuchen, einen naffen Saum an ihrem 
Kleide haben. Geht man einer foldhen Frauensperjon bei 
ihrer Rückkehr aus der Stadt nad, fo fieht man fie ftetS an 
dem gedachten Stein in der Erde verfchwinden oder fich ins 
Waller ftürzen. 


397) Die Sagen vom Schloffe Musfchen bei Grimma. 
J. Praetorius, der abentheuerliche Glücks-Topf. o. DO. 1669. 8. ©. 63 sa. 





Im Jahre 1659 hat auf dem zwiſchen Grimma und 
Hubertusburg gelegenen Schloſſe Mutzſchen eine Köchin, Na- 
mens Magdalena gedient. Zu der ift das Schloßgeipenit ge- 
fommen und hat fie geplagt, fie folle mit ihm in den Keller 
gehen und drei Ellen tief graben, da werde fie einen großen 


— 344 — 


Schat heben, der ihr befchert fei und niemand Anderem, davon 
folle fie die eine Hälfte den Armen geben, bie andere aber 
behalten. Ob ihr nun gleich Viele zugeredet haben, dem 
Gebote Folge zu leiften, haben ihr doch die Geiftlichen ab- 
gerathen, zumal weil der Betrüger niemal3 hat antworten 
wollen, wenn fie zu ihm gefagt haben: „alle guten Geifter 
loben Gott den Herrn,” fondern allezeit ſtillgeſchwiegen hat. 
Auch hat er Feine gewürgten Tauben annehmen wollen, denn 
man bat hier den Aberglauben, daß man einer Taube ben 
Kopf abreißen und an den Ort der Erfcheinung hinwerfen 
folle. Es hatte nämlich das Geſpenſt immer dazu gejagt, es 
wäre der Schag mit unfhuldig vergofjenem Blute dahin ge- 
legt worden, müfje alfo auch auf diefe MWeife wieder gehoben 
werden. Darum haben die Priefter gemeint, der böfe Feind 
wolle der dorthin gelodten Magd ohne Zweifel den Hals 
umdrehen. Sie hat es aljo abgefchlagen, gleichwohl aber vor 
dem Gefpenfte feine Ruhe gehabt. 

Einft Fam das Gejpenft wieder zu ihr in die Küche, hatte 
einen weißen Trauerjchleier um und fing mit ihr an zu 
ſprechen; während e8 nun ein Bein über das andere ge- 
Ichlagen hatte, da ſah die Magd, daß ihm ein Pferdefuß 
unter dem Kittel herausfcheine, worauf es verfhwand. Man 
glaubte aber, bier habe vor Zeiten ein Edelmann feine 
Schweiter mit einem Bund Schlüffel todt geworfen. Diefes 
war das Gefpenft; es fam bei Tag und Nacht, Niemand war 
vor ihm ficher, warf mit Steinen, ſchien zu zielen, traf aber 
Niemand. Zumeilen lief e8 aus einer Stube in die andere, 
tafjelte mit Ketten, nahm auch zumeilen in dem obern Ge- 
ftod den VBerwaltern das Eſſen vom Tifhe und ging damit 
zur Thüre hinaus, wenn aber die hungrigen Leute e8 baten, 
ihnen ihre Speiſen wiederzugeben, brachte e8 das Efjen wieder 
unverjehrt herein. Gejehen ward es zwar von Niemandem 
als der Magd, allein gleichwohl wollte zulegt Niemand mehr 
im Schlofje bleiben. Endlich fam ein Bejchwörer, der es auf 
acht Jahre wegbannte, auf länger aber gelang es ihm nicht. 
Einftmals ging ein Pfarrer mit Andern hinauf um es zu 


— 345 — 


sehen, da ſahe er, wie fi das Gefpenft über ein ganzes 
Dach ausbreitete. Darüber fiel er in Ohnmacht, und wäre 
ihm nicht Jemand zu Hilfe gefommen, fo hätte er wohl feinen 
Geift aufgeben müfjen. 

Einſt fam ein wigiger Pfarrer in das Städtchen Mutzſchen 
und fragte, ob es denn wahr fei, daß es auf dem Schloffe 
jo umgehe, wie man fage. „Freilich,“ ward ihm geantwortet, 
„gehet felbit hinauf, wenn Ihr e8 nicht glauben wollt.” Er 
geht aljo allein hinauf und locdt das Gefpenft mit Neußerungen, 
als: „bit Du denn da? komm ber, laß Dich ſehen!“ x. 
Allein das Gejpenft erfchten nicht, fein Muthwille blieb un- 
vergolten und er ging alſo wieder hinab und fagte, er fehe 
wohl, daß Alles Lüge fei, was man ihm fo oft ſchon zu Ohren 
gebracht, er könne gar nichts erbliden. Da antwortet man 
ihm: „die Sache ift leider nur allzu gewiß, habt Ihr ein 
muthig Herz, jo verziehet nur ein wenig, e3 ift bald halb 
Eilf; demnach gehet noch einmal hin, Ihr werdet ſchon zur 
Genüge von dem Geifte bekommen!“ Der Pfarrherr wagt's 
auch, ruft abermals wie zuvor, und wie er nochmals meint, 
er jei umfonft gegangen, da fieht er von ungefähr vor ſich 
hinauf und wird gewahrt, daß über den Balken ein unge- 
heurer Geift}) mit einem häßlichen Elephantenrüfjel Liegt und 
auf ihn los zielt. Darüber ift er fo erfchroden, daß er bie 
Treppe herabftürzte und für todt aufgehoben ward. 

Der adelige Befiter des Schlofjes befaß nun aber neben 


7) Nach der Vollsſage wäre diefer der Geift jenes frühern Befiterg, 
eines Generals, den Auguft der Starke wegen Unterfchleifen hinrichten 
ließ und der, ehe er nach Dresden ging um fich feinem Richter zu ftellen, 
erft feine großen Schäe mit einem Maurer, den er aber nach vollbrachter 
Arbeit jelbft ermordete, irgendwo vermauert haben foll. Dieſes Gefpenft 
bat fich übrigens noch bis im diefes Jahrhundert fehen laſſen. Die Familie 
Lüttichau, der das Schloß gehörte, zog deshalb fonft auch nur wenige 
Wochen im Jahre hin und die Gattin eines der letzten Beſitzer, die kurz 
vor ihrem Ende dafeldft einige Wochen wohnte, hat es dur Rufen und 
Thürwerfen fo geängftigt, daß fie bald darauf ftarb. Auch die im der 
Dienerftube fitende Kammerfrau ward mehrmals bei ihrem Namen zu ihrem 
Herrn gerufen, wie fie mir felbft erzäglte, ohne daß Letsterer es gethan hatte. 


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dem Schlojje noch eine andere Wohnung. Da träumt ihm 
eines Nachts, als habe er einen Schag in derjelben Stube. 
Er läßt alſo einen Authengänger mit einer Wünſchelruthe 
fommen. Dieje jchlägt nun an einem gewiſſen Orte ein, und 
bier läßt man dutch die Mauer in einen Pfeiler, der hohl 
war, einbrechen. In diejen begab fih der Schaßgräber und 
nahm jeine Arbeit vor. Er jprach aber fein Wort, fondern 
jchrieb darin bei Licht immer einen Zettel nad) dem andern 
und langte ihn heraus, wenn er ein Werkzeug, als Hade ꝛc. 
von Nöthen hatte. Man glaubte nun, er möge jet wohl 
tief genug gekommen fein, aber gefunden hat jich nichts. Unter 
der ausgefchöpften Erde befanden fich aber viele Menfchen- 
gebeine, welche, wenn man fie anrührte, zerfielen. Man ſah 
auch KHleidungsftüde darunter, an denen noch Gold war, fo 
man fie aber antaftete, zerfielen fie wie Mehlſtaub. 
Uebrigens erzählt man, daß das ganze Schloß auf lauter 
Diamanten ftehe, eben jo wie der andere Sit des damaligen 
adligen Beligers (Mitte des 17. Jahrhunderts). Man hat 
auch nicht eher aufgehört, darnach zu graben, big einmal die 
ganze Mauer fammt mehreren Pferden in den Graben herab- 
ftürzte. Diefe Diamanten find theils weiß, theils bräunlich 
und bejjer al3 die böhmischen, haben 6 Eden und fteden in 
Feldfteinen, die inwendig hohl find. Sonft joll aus dem 
Berge jährlich gegen die Ofterzeit ganz weißer Thon heraus- 
fließen, aus dem die Kinder ſich Scheibfeildhen machten, und 
hat man im Volke angenommen, daß diefer die Materie zu 
den Demanten ift. 





398) Das Marienbild zu Eicha bei Naunbof. 
Pfeiffer, Orig. Lips. p. 387. Poet. beh. b. Ziehnert. Bd. II. ©. 38 saq. 


Am linken Ufer der Barthe, drei Stunden nordweſtlich 
von der Stadt Grimma und zwei Meilen von Leipzig liegt 
in der Nähe von Naunhof das Vorwerk Eicha. Dieſes fol 
feinen Namen von einem hohlen Eichbaum haben, der zur 
Zeit der Sorbenwenden bier ftand und unter welchem diefe 
ihre Abgötterei trieben. Nachher ward der Drt angebaut 


— 3471 — 


und hier Mefje gelefen. Denn im Jahre 1454 hat ein 
Fuhrmann, der bei böſem und grundlojem Wege mit feinem 
beladenen Wagen f) unweit diefes Orts halten blieb, in feiner 
größten Angſt und bei Scheinbar unmöglicher Hilfe an diefer Eiche 
eine Tafel mit einem Marienbilde erblickt, ift vor daſſelbe 
niedergefnieet und hat gejehen, daß die Pferde den Wagen 
indeſſen fortzogen. Er hat darauf die Sage in Leipzig erzählt, 
man bat dann oft dahin gewallfahrt und von den gebrachten 
Dpfern eine fchöne Kirche der Jungfrau Maria zu Ehren 
gebaut. 


399) Die Sage von der Schlacht bei Lucka. 
Rivander, Thüring. Chronif f. 30. (f. 380.) 


ALS Markgraf Friedrich der Freudige vor der Schlacht 
bei Lucka im heutigen Altenburgifchen ſich von feinem Leib- 
diener den Harnifch anfchnallen ließ, da foll er zu demfelben 
gejagt haben: Binde heut auf drey Land oder Feines. Ein 
alter Volksdichter hat dieß in folgende Reime gebradt: 

Heute Binde ich auf Meifien 
Düringen und Pleiſſen 
Und alles was meiner Eltern je gewart 
Gott helfe mir auf diefer Farth 
AR wir für Gott recht haben 
Alfo reit ich wieder die Schwaben 
Und will fie libern Hauffen jchlagn 
Und aus dem Lande Meifjen jagn. 
Bon diefer Niederlage der Schwaben fommt das befannte 
Sprihwort: es gehet Dir wie den Schwaben vor Lucka. 


T) Nach einer andern Sage hätte der Fuhrmann unterwegs einen 
Fremden mit einem ſchweren Packt angenommen, als er dort hin fam, 
fonnte er auf einmal nicht weiter. Er betete alfo zu dem dort an einer 
Eiche befeftigten Bilde der J. Maria. um Hilfe, da aber gleihwohl die 
Pferde nicht anzogen, fo argwöhnte er, auf feinem Wagen befinde fich ein 
geraubtes Kirhengut. Er öffnete alfo fogleih daS Padt des Fremden 
und fand darin eine aus einer Kirche von dieſem gejtohlene filberne Mon— 
firanz. Zur Erinnerung an diefes Wunder fol man dann zu dieſem 
Bilde hier gewallfahrt haben. 


— 348 — 


400) Der Urfprung von Leipzig und feinen Linden, 
Peccenftein, Theatr. Sax. Tb. III. ©. 78 sq. 





Die Stadt Leipzig ſoll nad Einigen ihren Namen daher 
haben, daß ein gemwifjer Lybonothes, ein Kriegsfürft jenes 
Arminius, der den Varus ſchlug, hier fein ftetiges Hoflager 
gehalten und im Schlofje Aldenburg, nahe dem Ranftädtifchen 
Thore gelegen, da wo die Pleiße und Parthe zufammen- 
fommen, reſidirt habe: nach diefem habe es erft den Namen 
Libonig, aus dem dann duch Zufammenziehung Lypg ward, 
geführt. Weil aber diejes Wörtchen in wendifcher F) Sprade 
einen Lindenbufch bedeutet, jo haben Andere, wie der Pir- 
naiſche Mönd und Erasmus Stella berichtet, daß an dem 
Drte, wo jegt die Stadt liege, urjprünglich ein Dorf geweſen 
und bier unter einem ſchönen Lindenbaum mit weit ausge- 
breiteten Aeften ein Abgott der Sorben-Wenden Namens 
Flyns geftanden habe, fo von jchredlicher Geftalt war, nänt- 
lid ein todter Körper mit einem langen Mantel behangen, 
in feiner Hand einen Stab mit einem brennenden Blas— 
feuer, auf ber linfen Schulter einen aufgerichteten Löwen 
haltend und auf einem hohen Steine ftehend, der ſei hod- 
geehrt worden, da fie meinten, der Löwe folle fie von den 
Todten auferweden. Solchen Abgott hat der h. Bonifacius 
im %. 728, als er unter den Sorben das Chriftenthbum ge- 
predigt, abgejhafft und mit Hilfe frommer Herzen ein Klöfter- 
lein und einen Convent von wenigen frommen Männern, die 
er von Mainz kommen lafjen und in feiner Abwefenheit das 
Volk im chriſtlichen Glauben erhalten follten, errichtet. Diefes 
Klofter, fo neben Rochlitz in diefem Lande das erſte geweſen, 
war dem 5. Jacobus geweiht, und erzählt Stella, daß es 
an dem Zufammenfluß der Pleiße und Barthe geftanden habe 
und zu feiner Zeit noch einige Mauern davon zu jehen ge- 


f) Lipa = finde. Obermüller, Celt. Wtbch. Bd. II. ©. 232. leitet 
e3 von liub, Winfel, und tigh, Dach, ab; alfo = Ort im Flußwinkel. 


— — 


weſen. Ob nun wohl die Heiden, nachdem der h. Bonifacius 
und ſeine Jünger Ludgerus, Rupertus und Gallus den 
Rücken gewendet, Alles wieder zerſtört haben, iſt der Ort 
gleichwohl von Tage zu Tage gewachſen und von Markgraf 
Conrad mit Mauern umgeben worden. Seitdem iſt der 
Brauch aufgekommen, daß, wo Kirchen aufgerichtet wurden, 
man auch gemeiniglich eine oder zwei Linden daneben pflanzte 
und aufzog, wie auf allen alten Kirchhöfen zn jehen und man 
felbigen Baum faft für heilig und es für eine Sünde hielt, 
wenn man folden im Geringften bejchädigte. Von folchen, 
Pflanzungen ift auch das Dorf Lindenau bei Leipzig ent- 
ftanden. Weberhaupt war die Linde das Zeichen der Freien 
und Edlen, die Eiche aber das der Kncchte. 


401) Die Wahrzeichen von Leipzig. 
J. Praetorius, gazophVLaCJ gaVDJVM. Leipzig 1667. in 8°. ©. 153 sq. 





Die alten Wahrzeihen der Stadt Leipzig waren ehe- 
mals die zwei vor und über dem Gewölbe der Communi- 
tätsfüche im Paulinum gemalten Bratwürfte (oder Hechte), 
das große eingemauerte Hufeifen an der Nicolaifirche unten 
an der Erde in einen Kleinen vieredig ausgemauerten ver- 
gittertem Löchlein, der Ejel mit dem Sad an der Wafferkunft 
beim Ranjtädter Thore, dann der Umftand, daß man von 
dem PBaulinum oder dem Thorwege des Gewandgäßchens die 
Thürme der Nicolai» und Thomaskirche zugleich erblicte, 
während man anderswo in der Stadt, man mochte fein wo 
man wollte, immer nur einen derjelben fehen Fonnte, jo wie 
das den leichtfinnigen Bankerottivern oder den dort nad) dem 
Hochgericht hinausgeführten armen Sündern (hier hielt näm— 
ih der Zug gemöhnlid an, um den aus dem PBaulino 
tretenden Dominikaner, der den Delinquenten zu begleiten 
hatte, zu erwarten) zum Spott errichtete fteinerne Bild am 
Grimmaiſchen Thore in der Bauliner Wand unter dem Leiter- 
bäuslein (wo jett das dritte Haus von Felſche's Gaffeehaus 


— 350 — 


her jteht), das jogenannte Poenitere oder Pöntermännel. Es 
war dieſes ein fteinerne® Männden, in einen Trauerjad 
gehüllt und fi in den Kopf Fragend, als bereue es etwas 
oder als ſei ihm etwas mißglüdt.7) Am 8. Juni 1637 
ward jedoch das Leiterhäuschen abgebrochen und das Bild wegge- 
tragen, man weiß jeßt nicht mehr wohin (abgeb. b. Vogel, 
Chronik v. Leipzig ©. 122). 


402) Der Blechſchmidt'ſche Leichenftein. 

ALS eins der Leipziger Wahrzeichen tr) betrachtet man 
jeit dem vorigen Jahrhundert den leider von der Witterung 
jehr bejchädigten, jegt an der Südfeite Der Johanniskirche aufge- 
ftellten Zeichenftein des Kaufmanns Felir Adam Blechſchmidt, 
den ihm fein Bruder und Socius Chriftoph Blechſchmidt jegen 
ließ. Derjelbe trägt die wunderliche, jegt freilich faum noch 
zu entziffernde Inſchrift: 

„Capital. Conto. Für des Christus unschätzbares Löse- 
„geld und Ranzion Conto 100,000. Gewinn und Verlust. 
„An glückseeligen Sterbe-Gewinn wohlgestorben ist der beste 
„Gewinn. 100,000. Anno 1667 den 7. April in Scheiben- 
„berg. Auf J. A. Blechmidt’s bestimmten Sterbetag Anno 
„1700 den 21. October gelobe ich, dass Jesus Christus 
„Selbst bürge zu bezahlen diesen meinen Solawechsel- 
„Brief an denselben, den Werth hab’ ich selbsten verdient, 


r) Nah Schäfer’! Wahrz. Bd. I. Seite 14 fl. ift ed aber das Bild 
einer zum Tode des Säckens verurtheilten Perfon, der die Hände über's 
Kreuz zufammengebunden find, während der untere Theil des Körpers von 
einem Sade feſt umſchloſſen iſt. | 

rr) Jedenfalls ift dieſer Leichenftein harmlofer ald eine Steinplatte 
welche unmittelbar an der Schwelle der Eintrittdthüre in die Johannis— 
firche queriiber in den Fußboden eingefügt ift. Von dieſer erzählte fich 
fonft das Volk, fie dee die Afche eines frühern (Anfang diefes Ihrts.) 
Leipziger Kaufmannd, Namend W., der zur ewigen Strafe dafür, daß er 
mit einer Kuh unnatürliche Unzucht getrieben, fic) nach feinem Tode dort 
habe müſſen begraben laffen, auf daß Jedermann, der in die Kırche gebe, 
ihn mit Füßen trete. 


— 851 — 


„bin mit seinem Glauben und Leben vergnüget, schenke ihm 
„dagegen die ewige Seligkeit aus Gnaden. Jesus Christus.“ 


403) Die MWettermacher zu Leipzig. 
Mifander, Deliciae Historicae. ©. 75 sq. 





Einft haben zwei vornehme Männer fih in Gegenwart 
M. 3. Nüdingers über das, was fie in ihrer Jugend be» 
gangen, mit einander unterhalten und Folgendes erzähle. 
ALS fie zu Leipzig ftudiret, haben fie ihrem Famulus fein 
Shwarzfünftlerbuh genommen und beim Spazierengehen 
mitgenommen und darin eine mit ‚gewiffen Worten und 
Characteren und fonderbaren Werken und Berrichtungen be- 
Ihriebene Kunft, Wetter und Donner zu machen gefunden. 
Nun haben fie auf freiem Felde gefehen, daß fein einziges 
Wölkchen am Himmel gewejen, und fo hat einer von ber 
Geſellſchaft angefangen, ob fie nicht ein Kunftftüd aus ihres 
Famuli Buche verfuchen wollten. Einige haben ja, Andere 
nein gejagt, da aber die meiften Stimmen gegolten, und dieje 
Dafür geweſen, die Kunft zu probiren, hat Jeder etwas dabei 
thun müffen. Der Eine hat den Kreis machen, ein Anderer 
ein Grüblein graben, der Dritte Waffer holen und hinein 
gießen, der Vierte die hineingemengte Materie umrühren, 
der fünfte die Charactere malen, der Leßte aber die im Buche 
vorgejchriebenen Worte im Kreife vorlefen müſſen. Darauf 
hat es fich aber zugetragen, daß, jo hell der Himmel zuvor 
geweſen war, fo dunkel er jegt ward, und jemehr fie fort- 
fuhren das vorgeichriebene Werk zu verrichten, deſto ſchwerer 
hat ſich das Gewitter gezeiget. Darauf find fie auf die Kniee 
gefallen und haben mit aufgehobenen Händen zu Gott gebetet, 
Daß er ihnen ſolches, was fie aus Fürwig gethan, um des 
Teufels Macht zu probiren, um Chrifti Willen vergeben möge, 
fie wollten auch Zeit ihres Lebens es nimmermehr wieder- 
thun und Alle davon abmahnen. Darauf ift allgemad) das 
Gewitter wieder vergangen und der Himmel ſchön und hell 
geworden, fie haben aber das Buch in die nahe fließende 


— 332 — 


Pleiße geworfen, jo zwar, daß fie es vorher aufgeblättert 
und aufgefperrt und Steine an die Eden gebunden, daß es 
defto eher im Waller verderbt würde. 


404) Die Eule in Leipzig. 
©. Schäfer Wahrz. Bd. I. ©. 238. Ziehnert Bd. III. S. 239 fag. 


Im Hofe eines Haufes auf der Peterftraße zu Leipzig 
ift in einer Fleinen Nifche eine fteinerne Eule zu fehen, welche 
das Andenken an eine traurige, dort vorgefallene Begeben- 
beit erhalten foll. 

Einft war in jenem Haufe ein Pförtner oder Haus— 
mann, der fo verjchlafen war, daß er faft niemals aufmadhte, 
es mochte noch jo ftarf an die Thür gepocht werden, was 
zur Folge hatte, daß die Inwohner des Haufes, wenn fie 
zu jpät nad) Haufe kamen, nicht hereinfonnten und alfo bei 
allem Unwetter außen ftehen bleiben mußten. Darüber be- 
jchwerten fie fich fo lange bei dem Hausbefiker, bis dieſer 
den Pförtner aus dem Dienfte zu entlaffen drohte. Darüber 
war nun dieſer jehr betrübt und ſann hin und her, wie er 
fih jein Brod erhalten wollte. Da trat auf einmal der 
Teufel in menfchlicher Geftalt und nicht furchtbar, wie ge- 
wöhnlih, zu ihm und bot ihm an, wenn er mit ihm einen 
Vertrag über feine Seele machen wolle, daß er ihn nad) 10 
Sjahren holen könne, wolle er in der Nacht unter der Geftalt 
einer Eule für ihn wachen und ihn weden, jo Jemand her- 
einwolle. Zwar wollte jener anfangs nicht darauf eingehen, 
allein die Liebe zu einem ruhigen und forgenfreien Leben 
veranlaßte ihn endlich doch den Vertrag mit feinem Blute 
zu unterzeichnen. So trat denn der Teufel ald Eule feinen 
Dienft an, und feit diefer Zeit hatte fich Niemand mehr über 
das Verichlafenfein des Hausmanns zu bejchweren. ALS 
aber die 10 Jahre um waren, fand man ihn früh tobt in 
feinem Bette; der Teufel hatte ihm den Hals umgedreht. 





— 353 — 


405) Dad Kind auf dem Apfel in Leipzig. 
Biehnert Bd. III. &. 244. 


Am rechten Edhaufe des Hallifchen Pförtheng und Brühls 
über dem zweiten Eingang im Gäßchen fieht man ein nadtes 
Kind auf einem Apfel ftehend in Stein gehauen, zum An- 
denken, daß einft ein Kind, welches für fein Alter mit weit 
vorgerüdten Geiftesgaben ausgezeichnet war, auf diefer Gaſſe 
auf einen Apfel trat und fih zum allgemeinen Bedauern zu 
Tode fiel. Schäfer, Wahrzeichen, Bd. I. ©. 28 hält dieſes 
Bild aber einfach für das Aushängefchild eines vormaligen Bier- 
oder Kaffeehaufes. Ein zweites Wahrzeichen defjelben Haufes 
iſt ein Mohr auf einem der Giebel (f. Schäfer Bd. I. ©. 230.) 





406) Der Bettelborn zu Leipzig. 
Biehnert Ob. III. ©. 249. 





Der Brunnen vor dem Grimmaifchen Thore zu Leipzig 
nahe bei der Johannisgaſſe ftand von jeher in dem Rufe, 
daß jein Waſſer ganz vorzüglich fei, daher es fo viele Men- 
ſchen holten, daß er faft erfchöpft wurde. Um dies zu ver» 
hüten, hatte der Stabtrath einft eine Wache dahin geftellt, oder 
wie Andere jagen, ihn verjchloffen. Da man nun aber das 
Waſſer nicht gern entbehren wollte, baten oder bettelten Viele, 
davon jhöpfen zu dürfen. Daher fein Nante. 


407) Die weiße Frau in der Pfarrwohnung zu St. Thomas. 
Mündlich. 


Bei den Verfolgungen der Calviniſtiſch geſinnten Anhänger 
des bekannten Kanzlers Krell ward auch der Paſtor Gundermann 
zu Leipzig am 15. Novbr. 1591 eingezogen und auf bie 
Pleipenburg gebracht. Seine hochſchwangere Frau fah, wie 
fih der Pöbel auf der Straße um ihn drängte und ihn miß- 
handelte. Dadurch ward fie tieffinnig und IN ih am 

Bräße, Sächſ. Sagen. I. 





— 864 — 


24. Januar 1592 in der Pfarrwohnung zu St. Thomas an 
einem Braten wender. Seit dieſer Zeit ſoll nun jedesmal, wenn 
der daſige Pfarrer ſterben ſoll, zuvor eine weiße Frau ſich in 
dem Hauſe ſehen laſſen, namentlich hat man dies in den 
Jahren 1736—50 bemerken wollen, wo mehrere Geiſtliche 
hinter einander ftarben. 


408) Die Sage vom Johannishofpital zu Reipzig. 
Nachtr. z. Geſch. Leipzigs. Lpzg. 1836. ©. 12 sq. K. Große, Geſchichte 
der Stadt Leipzig. Lpzg. 1839. Bd. I. ©. 152 sg. 


Seit dem Jahre 1428 bejtand zu Leipzig in ber Nähe 
ber jetigen Johanniskirche ein jogenanntes Leprofen-Hospital 
(für Ausfägige), welches gegen Ende des 15. Jahrhunderts 
in ein allgemeines Hospital für ſchwache und betagte Leute 
verwandelt ward, welche Beitimmung es noch jegt hat. Die 
Sage hat jedoch hierüber anders zu berichten und zwar 
Folgendes: 

Im Jahre 1441 klopfte kurz nach dem Neubau des 
Hospital zu St. Georg eines Naht eine junge Pilgerin 
an bie Pforte befjelben und bat um Aufnahme. Sie war 
wunderbar ſchön, verflärt in Unſchuld und Liebe, fam aus 
dem gelobten Lande und führte den Namen der hochgelobten 
und benebeieten Jungfrau Maria. MS nun am andern 
Morgen das Glödlen auf St. Johannes die unglüdlichen 
Leprofen zur Andacht verfammelte, erhob fih Maria raſch, 
um am St. Laurentius-Altare dafelbit zu beten. Sie wieber- 
holte dann täglich ihr Gebet und entflanmte durch ihre ſtumme 
Andaht die Herzen der Gläubigen mehr als dur laute 
Worte. Da kam endlich der Tag Johannis des Täufer und 
das Glöclein rief wieber jo brünftig und filberhell zum Ge- 
bete. Maria wendete ſich zu allen Kranten und Siechen in 
St. Georgen und ſprach in heiliger Begeifterung: ‚im Namen 
Gottes jage ich Euch, wer heute mir folgt, der wird gefunden.” 
Und die Kräfte der Kranken ftählten fih im Vertrauen zu 
ber wunderbaren Pilgerin und fie gingen mit ihr zum Altare 





— 355 — 


bes h. Laurentius, und ihre Herzen flogen voll Andacht im 
Gebete der ſchönen Jungfrau auf zum Himmel Da fie ge- 
betet hatte, erhob fie ihr Antlig von den Stufen des Altars, 
wandte fich zu den Ausfähigen und ſprach zu ihnen: „im 
Namen Gottes fage ich Euch, wer heute mir folgt, der wird 
gefunden.” Da zog ihr viel Volk nah, Gefunde und Kranke, 
und fie ging die Straße gen Morgen bis auf bie Höhe, von 
da man die Stadt überfhaut, und kniete nieder und betete 
lange. Und da fie aufftand vom Gebete, fiehe da fprubelte 
ein reiner Duell aus den Boden, den ihr gebeugtes Knie 
berührt hatte, und alles Volk erftaunte, denn es war noch 
nie ein Quell dafelbft zu finden gewefen. Und Maria fegnete 
den Quell und ſprach: „So lange der Quell hier fleußt, die 
Gnade fich ergeußt. Und alles Volk fiel nieder und betete. 

Da zog Maria aus ihrem Bilgerkleive einen Kelch, den 
ihr ein ſächſiſcher Priefter in der Kapelle des h. Johannes 
zu Serufalem gegeben hatte, um ihn dem Leprofenhaufe feiner 
Baterftadt Leipzig zu übergeben. Und fie füllte ben Kelch. 
mit dem Waffer bes Duells, hob ihre Hand zum Himmel 
und ſprach: „Im Namen Gottes mag gefunden, wer heute 
den Weg hierher gefunden.” Damit reichte fie den Kelch denen, 
die von einer Krankheit überwältigt waren. Und alles Bolt 
tranf daraus und fühlte der Gefundheit neue Lebenskraft 
mächtig duch die Adern rinnen. Und da Ale getrunfen 
hatten, nahm Maria den Kel und gab ihn den Ausjähigen 
von St. Johannes, auf daß fie ihn bewahren möchten für 
. ewige Beiten nad dem Willen des Geberd. Maria aber 
fehrte nicht zur nach der Stadt. Im Garten des Probſtes 
zu St. Thomas war aber ein weißes Reh, das war zahm 
wie ein Lamm, lief oft ungeitört duch die Straßen ber 
Stadt und alle Leute hatten das zarte Thierlein lieb. Da 
Maria jetzt geendet hatte, drängte fi) dad Reh von Gt. 
Thomas durch die Menge hindurch, ftellte fih vor ihr hin 
und fiel nieder auf feine Kniee. Und bie Jungfrau ſchwang 
fih wie ein verflärter Engel auf des Thierleins Rüden und 
luftig fprang daffelbe nach dem Walde gen Connewitz. Die 

23* 


— 356 — 


Sungfrau ward niemals wieder gejehen, und einige Wanderer 
wollten fie mit dem fchneeweißen Reh auf dem Wege nad) 
dem Klofter Baulinzell erblict haben. Nach drei Tagen fam 
aber das Reh wieder freudig und wohlgemuth in das Thor 
von St. Thomas und fein Rüden war mit einem Kranze 
von Epheu ummunden. Sener Becher ift aber lange noch vor- ° 
handen gewejen; er war in der Hüttedes Eremitenim Thale St. 
Sohannis bei Leipzig an deſſen Heinem Betaltare aufgeftellt. 


409) Die Karthaunenkugel auf dem Gottesader zu Reipzig. 
Biehnert, Bd. III. ©. 350 sq. Schäfer, Wahrzeihen Bd. I. ©. 29. 1 


Am 3. Auguft bes Jahres 1540 war ein furdhtbares 
Gewitter über Leipzig gezogen, und ber Leipziger Böttcher- 
meifter Anton Veid freute fich eben noch über den erquidenden 
Regen, der jegt die Gemwitterfchwüle verſcheuchte. Während 
dem hatte feine einzige Tochter Dorchen aus Furt vor den 
ſchweren Schlägen den Spruch gebetet: Liebet Eure Feinde; 
fegnet, die Euch fluhen. Dadurch ward ihr Vater daran 
erinnert, daß im Nachbarhauſe ein Mann, deffen Streit- und 
Zankſucht ihm das Leben oft ſchwer gemacht, in tiefer Armuth 
frank darniederliege. Er ging alfo hinüber und fand den 
Unglüdlihen, wie er eben feinen einzigen Sohn, der troß 
bes brüdendften Mangels und ber Härte des Vaters treu 
bei ihm ausgehalten, fegnete, und bald darauf verſchied. 
Der wohlhabende Veid ließ ihn anftändig begraben und nahm 
den Sohn in fein Haus. Hier ward er mit der Meifters- 
tochter wie Gejchwifter erzogen, erlernte das Böttcherhandwerf 
und verliebte fih nah und nad immer mehr in das zu 
großer Schönheit emporblühende Mädchen. Der Vater be- 
merkte e8 wohl, war auch ganz einverftanden mit ber Liebe 
der beiden jungen Zeute, und um feinem fünftigen Schwieger- 
fohn die Arbeit zu erleichtern, nahm er noch einen Gefellen 
an, ber lange bei den Kaiferlihen im Felde geftanden und 
dort ganz verwildert war. Da rüdte der Churfürft Johann 





— 357 — 


Friedrih vor Leipzig und Herzog Moritz bot alle junge 
Mannſchaft zur Vertheidigung der Stadt auf. Auch die beiden 
Böttchergefellen traten in die Neihen und ein unglüdliches 
Schickſal machte fie zu Kampfesnahbarn. Kaum hatte der 
böje Gejelle den Liebhaber Dorchens hohnlächelnd neben fich 
wahrgenommen, als auch ſchon fein Entſchluß feititand, ſich 
feinen Nebenbuhler, der durch des fterbenden Vaters Hand 
mit dem Mädchen verlobt war, vom Halfe zu ſchaffen, was 
ibm auch in der Dämmerung duch unbemerkten Meuchelmordb 
gelang (14. Januar 1547). Der Feind vor den Thoren zog 
ab und der Mörder ftürmte nach der Wohnung feines Meifterg, 
um Dorhen mit der Nachricht, daß ihr Geliebter gefallen jei, 
fügfamer gegen feine Werbung zu machen. Aber bier trat 
ihm ein Ereigniß entgegen, das ihn und jeine Rohheit mit 
Schrecken erfüllte, denn in dem Augenblide, wo Dorchens 
Bräutigam durch feinen Mordftahl fiel, hatte eine 48pfündige 
Karthaunenkugel in Dorchens Stube gefchlagen und ihr einen 
Arm genommen. ALS der böfe Gefelle das Mädchen in ihrem 
Blute und Sammer erblidte, verließ er das Haus und fehrte 
nimmer wieder. Dorchen wurde geheilt und verlebte in ftiller 
Trauer und geräufchlojer Frömmigkeit noch einige 50 Jahre. 
Am 1. Februar oder 31. Januar 1599 ftarb fie, ward mit 
großer Feierlichfeit beerdigt und die Kugel, die fie jo un- 
glüdlihd machte, in der Wand des Gottesader8 über ihrem 
Grabe eingemauert, wo fie noch jeßt zu fehen ift.F) 


410) Das Hufeifen an der Nicolaificche zu Leipzig. 
E. v. FelstHal (Steinau), des deutihen Volkes Sagenſchatz. Schmwäb. 
Hall o. J. 8. 5.275 5q. Im allg. Schäfer, Wahrzeichen, Bd. J. ©. 18. fgg. 


Diezmann, Markgraf zu Thüringen und Sachſen, und 
Friedrich der Gebifjene, fein älterer Bruder, wurden von 


7) Bogel, Leipziger Annalen, ©. 168 berichtet den Borfall auch, 
jedoh ohne romantifhen Beifat und fagt, das Mädchen fei damal3 15 
Jahre alt geweien und habe noch 52 Jahre, nachdem fie jenen Schuß 
erhalten, gelebt. 





— 368 — 


Philipp von Naſſau, Feldherrn des kaiſerlichen Heeres in 
Thüringen, ins Geheim verfolgt, da dieſer durch der Brüder 
ruhmreiche Waffenthaten ſeine Hoffnung ſchwinden ſah, einſt 
in den Beſitz ihrer vom Kaiſer Albrecht ihm verſprochenen 
Länder zu gelangen. Dem edlen Diezmann, der ihn mehrfach 
ſchimpflich aus dem Felde geſchlagen, ſtrebte er zunächſt nach; 
indeß ſtand dieſem ein entſchloſſener krieggeübter Schildknappe, 
Namens Stephan, der dem geliebten Herrn ſchon in mehreren 
Schlachten das Leben gerettet, ſtets wachend zur Seite 
Markgraf Diezmann hatte die Lande Lauſitz an den Mark— 
grafen von Brandenburg abgetreten und fich im December des 
Sahres 1307 nach Leipzig auf die Pleißenburg begeben, um 
hier in frommer Betradhtung die Weihnachtszeit zu voll- 
bringen. Die Feiertage naheten, da wurde ihm zur Büßung 
eines FehltrittsS von feinem Beichtvater der Beſuch dreier 
Mefjen auferlegt. Vergeblich war das Bedenken feiner Um— 
gebung gegen dieſe Buße, wie die Warnung der marfgräf- 
lichen Freunde in den mahnenden Worten bes alten Sprucdhes: 
„eine zweite Meſſe gut zur Noth, boch}eine dritte bringt den Tod.“ 

Der edle Fürft furchtlos und feine Gefahr ahnend ver- 
fügte fi ohne alle Begleitung nad dem Gotteshaufe, der 
auferlegten Pflicht Genüge zu thun. Er hatte die Hainthor- 
fapelle, jo wie die Pauliner Kirche bereits verlaffen und 
ben Weg nah der Thomasfirche eingejchlagen, als er im 
Morgengrauen einen vermummten Ritter hinter ſich gemwahrte. 
Ihm zu entgehen fpornt er fein Roß mächtiger, jo daß ein 
Hufeifen defjelben weit bis zur Nicolaikirche fliegt, und gelangt 
jo in die menfchenerfüllte Kirche, wo er auf den Stufen des 
Altars niederfintt. Der ihm zu Fuße nacheilende getreue 
Schildfnappe fonnte leider nicht mehr in feine Nähe kommen. 
Kaum hat nun der Zobgefang: Benedietus, qui venit in no- 
mine Domini! begonnen und die Kerzen find ausgethan, al3 
ein rajchgeführter Dolchftich feines nächtlichen Verfolgers ihn 
zu Boden ftredt. Diezmann ftarb einige Tage darauf, ftand- 
haft und fromm in feinem 37. Jahre und wurde in ber 


Paulinerkirche fürftlich beigeſetzt. 


— 359 — 


Bon dem auf die Folter gelegten Mörder war indeß 
weber zu erfahren, wer er fei, noch wer ihn gebungen Man 
hielt ihn für den der kaiſerlichen Parthei ergebenen Abt von 
Vegan, defjen Klofter die Diezmannichen Truppen eingeäfchert 
hatten. Er wurde mit glühenden Zangen zerriffen und gerädert. 

Philipp den Nafjauer, einen Sohn Adolphs von Nafjau, 
traf die wüthende Hand Marfgraf Friedrichs, der ihn erſchlug 
im Gefecht zu Borna, bei der fchmählichen Niederlage der 
Baiern und Schwaben. Des heldenmüthigen Knappen, ber 
nach dem Falle feines Heren den Tod fuchte, denkt die Sage 
nur in wenigen Zügen, boch meldet fie, daß, nachdem er 
fiegend im Treffen bei Großenhayn gefallen, Friedrich der 
Gebiffene ihm felbft einen Stein gelegt und zwei Eichen auf 
fein Grab gepflanzt habe. Diezmann’3 Grabmal, öfters zer- 
ftört, zuletzt durch die Franzojen im Jahre 1813, wurde in 
jüngfter Zeit wieder würbig hergeſtellt, das Hufeiſen aber, 
welches des Markgrafen Pferd in der Ritterftraße nach der 
Nicolaifirche fchleuberte, hängt. noch jegt dort an der Mauer 
befeitigt. 

Man giebt auch vor, zur Strafe für die fahrläflige Be- 
wachung ihres wohlthätigen Fürjten-wären ben Leipzigern bie 
Wächterhörner abgenommen und ihnen dafür häßlich ſchrillende 
Schnurren, deren fich die Nachtwächter bis zum erften Drittel 
diejes Ihdts. bedienten, eingehändigt worden. F) 


+) Nach einer andern, von Biehnert Bd. II. S. 1.aq. poetifch ber 
Handelten Sage wäre aber der Urfprung jenes Hufeifens ein ganz anderer. 
Zur Zeit nämlich, wo daß jetige Leipzig nur durch einen dunkeln Hain 
fchattiger Linden repräfentirt wurde, wohnte in der Nähe defielben auf 
hohem Schlofje ein König, der aber ſchon hochbejahrt war, mit feiner 
Tochter; am Fuße des Berges lag ein wohlhabendes Dürfchen und alles 
Land ringäherum, jo weit man ſchauen konnte, gehörte ihm eigen. Allein 
fo glücklich er auch hätte fein Lönnen, er hatte feine zufriedene Stunde. Ju 
der Nähe des Dörfchens hauſte nämlich ein greulicher Lindiwurm, dem man 
jeden Tag, um ihn bei Gutem zu erhalten, zwei Schafe vorwarf. Siehe 
da waren nad) und nad alle Ställe geleert und man beſchloß mum ftatt 
jener ihm täglich ein Menfchenopfer zu gewähren. Jedermann mußte 
looſen, Reich und Arm, Alt und Jung, beide Gefchlechter ohne Ausnahme. 


— 560 — 


411) Dad Kind auf dem Neumarkt zu Leipzig. 


Poetiſch beh. v. Biehnert. Bd. I. ©. 131 89. ©. Schäfer, Wahrzeichen, 
Bd. I. ©. 4. 


Noh heute erblidt man an dem ber Kramerimung 
gehörigen Edhaufe am Kupfergäßchen auf dem neuen Neu- 
marft zu Leipzig neben dem Fenfter der erſten Etage zunächft 
ber Ede am Kupfergäßchen einen Kinderfopf von Sandftein 
eingemauert. Der foll anzeigen, daß zur Zeit bes dreißig- 
jährigen Krieges (31. März oder 1. April 1624) das 3jährige 
Knäblein eines armen Zimmermannd, das der Vater — 


Siehe da traf eines Tags das Loos die ſchöne Königstochter, und ſchon 
wollte man fie hinaus dem Drachen entgegenführen, da nahte auf einmal 
ein ſchöner Züngling hoch zu Roß in filbernem Harnifh und koſtbarem 
Waffenſchmuck, diefer war der Nitter St. Georg. Der erbot fi), ben 
Drachen zu fällen und ritt ihm kühn entgegen. Der Drade kam ibm 
aber ſchon wutbhfchnaubend in den Weg, um feine Beute zu holen, body 
jener ftieß ihm die Lanze in die Seite. Died gefhah in der Gegend des 
beutigen Thomasticchhofes, wo noch jett der Ritter im Kampfe mit dem 
Drachen über der Thür eines Haufes gemalt zu fehen iſt. Allein fo fcharf 
die Lanze war, das Leben hatte fie dem Ungethilm nicht geraubt, im Gegen- 
theil vor Schmerzen brüllend wälzte er fich, mit feinem furdhtbarem 
Schweife um fich fehlagend, dem Dörfchen zu. Der Ritter jprengte immer 
binter ihm ber, um, wenn die Gelegenheit günftig fei, ihn den Todesſtreich 
beizubringen. Da verfagte plöglich (an der Stelle, wo ſich jetst die Ritter- 
ftraße befindet, die von dem Nitter Et. Georg ihren Namen bat) ſein 
Noß feine mweitern Dienfte, denn es hatte ein Hufeifen verloren und 
biutete am Hufe. Der Ritter aber jpornte es verzweifelt weiter, und fo 
gelang es ihm (in der Gegend des jetzt abgetragenen Georgenhaufes, das 
ebenfall3 von ihm feinen Namen erbalten haben foll) dem Drachen wieder 
nahe zu fommen und ihm mit feinem Schwerte, nachdem er vom Roſſe herab⸗ 
gefprungen war, den Leib aufzufchligen. Als nun Alles vor Freude jauchzte 
und der König hocherfreut ihm Pie Gewährung jeder Bitte zufagte, ja ihm 
ſelbſt feine Krone abtreten wollte, da bat er um nichts, al8 daß man 
einen Schmied kommen laſſen und feinem Pferde ein anderes Hufeiſen 
aufnageln laſſen möge, und als dies gejchehen war, zog er von damen, 
der König aber ließ zum immerwährenden Andenfen das Hufeifen, ‚welches 
des Ritter Roß verloren hatte, an einer Linde aufhängen, und als diefe 
bei Erbauung der Stadt gefällt ward, kam es an die Nicolaiticche, wo es 


noch ift. 


— 561 — 


die Mutter war im Kriege geftorben — ohne Aufficht zurüd- 
gelafien, vom Fenſter herab auf die Straße geftürzt war, 
aber durch die Gnade Gottes, der es fügte, daß es mit feinem 
Kleidden an dem vor dem Haufe befindlichen fpigen Pfahl, 
der eine der Bechpfannen trug, mit welchen damals die Stadt 
des Naht vor dem Gebraude der Laternen erleuchtet zu 
werben pflegte, hängen blieb und aljo unverfehrt zur Erde 
herab gleiten konnte und fo dem befümmerten Vater wieder 
gegeben warb. 


412) Dad unglüdliche Pflugziehen zu Leipzig. 
Große Bd. I. ©. 233. 


Im 15. Jahrhundert herrjchte in Leipzig die fonderbare 
Sitte, daß zur Faftenzeit eine Anzahl vermummter junger 
Burſche einen Pflug dur die Straßen fchleifte. Ein Theil 
berjelben ging in die Häufer und bettelte, ein anderer aber 
lief neben dem Pfluge her, und wo fie ein lediges Frauen- 
zimmer erwifchten, daS wurde ohne Gnade vor den Pflug 
geipannt, und fo zogen oft ganze Reihen alter Jungfern ben- 
jelben und wurden fo dem öffentlichen Gefpötte preißgegeben. 
Endlih haften fie bei der legten Wiederholung dieſes 
Mummenfchanzes einmal eine Magd und wollten fie vor- 
ſpannen, dieſe aber entlief und rettete fich in die Küche des 
Haufes, wo fie diente. Dies hinderte aber die wilden Ge- 
jellen nicht ihr nachzulaufen, allein als man fie paden und 
mit Gewalt an den Pranger der Eheftanbslofigkeit fpannen 
wollte, zog fie ein Küchenmeffer hervor und ſtach einen ber 
Männer nieder. Vor Gericht geführt, gab fie vor, fie habe 
nicht einen Menfchen, fondern ein Gefpenft vor fich zu fehen 
geglaubt. 





413) Feurige Drachen zu Leipzig. 
Große Bo. II. ©. 198. 731. 





An feurigen Drachen war ehedem in Leipzig fein Mangel, 
vorzügli im Jahre 1533 fah man deren viele: die meiften 


— 3562 — 


waren einen Finger lang, hatten Kronen auf dem Haupte, 
zwei Flügel und Saurüfjel und follen derer oft 2—400 Stüd 
auf einmal bei einander geweien fein. Am 23. Novbr. 1606 
zündete ein folder Drade dem Kohlenträger Gregorius das 
Haus über dem Kopfe an, weil derfelbe angeblich den hölli- 
fhen Gaft auf dem Boden, wo er feinen Sit hatte, mit 
einem ſchlechten Tractement abgeipeift hatte. 


414) Der Teufel verlodt zum Selbftmorb. 
Große Br. II. ©. 197 sq. 





Der Teufel hat ſich in Leipzig mehr al3 einmal in feiner 
natürlichen Geftalt fehen laſſen, 3. B. im Jahre 1635, wo er 
einen Soldaten feines gräßlichen Fluchens halber holen wollte. 
Am 17. Zuni des Jahres 1604 fam er auch zu dem Zieler 
des Thomasſchießgrabens, Hieronymus Straßburger, begrüßte 
ihn als alten Bekannten und ſchlug ihm vor, fich zu hängen 
oder zu erſtechen. Deshalb befeftigte er ſelbſt einen Strid 
an einem Balfen und fette zur größeren Bequemlichkeit für 
die gefährliche Expedition einen Lehnfefjel darunter. Als nun 
Straßburger wenig Luft dazu bezeigte, jo ſchlug er ihm vor, 
mit ihm über die Mauer zu fpringen und auf die Schloß- 
wieje zu gehen, wo er ihn mit den ſchönen Früchten des da- 
felbft ftehenden Birnbaums tractiren wollte. Allein da Jener 
auch hier nicht daran wollte, jo verfhwand er. David 
Büttner, Diaconus zu St. Thomas, der Beichtvater bes 
Zielers, mußte aber alle feine Weberredung aufbieten, um 
den vom Teufel Geplagten zu tröften. 





415) Das Zohannidmännchen 7) zu Leipzig. 
J. Chr. Dolz, Verſuch e. Geſch. Leipzigs. Leip. 1818. ©. 457g. ©. 
Haſche, Mag. d. ſächſ. Geh. Br. I. ©. 471. 


Bis zum Jahre 1786 war es in Leipzig Gitte, am 
Sohannishospitale ein Fleines, hölzernes, ſchön gepußtes 








+) Iſt wohl diefelbe Sage wie unten Nr. 446. 


— 363 — 


Männchen auszuftellen, neben dem eine Vaſe mit Blumen 
ftand. Der Aberglaube betrachtete diefes Männchen als das 
Palladium der Stadt, welches im Stande fei, von berfelben 
Seuchen, Feuerſchaden, Blitz 2c. abzuhalten. Nachdem der 
Stadtrath in dem genannten Jahre die Augftellung dieſer 
Puppe verbot, wallfahrtete das Volk zwar nicht mehr hierher, 
aber man zog dafür nach dem Gefundsbrunnen am Thonberge. 


416) Der Teufel entführt eine Fran. 
T. Heydenreich, Leipzigfche Cronike. Lpzg. 1635. 4. ©. 419. 





Am 18. Detober des Jahres 1630 Fam zu einer 
Kutihersfrau vor dem Petersthore, die von Schulden ge- 
drüdt und deshalb ſchwermüthig geworden war, ein fremder 
Mann, der ihr verſprach, ihr zu helfen und ihr einen Schaf 
zu zeigen; auf dem Wege dahin padte er fie aber und warf 
fie ins Waſſer. Es gelang ihr zwar, wieder herauszufommen, 
al3 fie aber am Morgen darauf zur Kirche ging, lief auf 
einmal ein ſchwarzer Bod neben ihr her, und als fie den— 
felben von fich ſcheuchen wollte, nahm er fie auf die Hörner 
und führte fie 5 Meilen weit davon weg ins Holz, wo ſie 
8 Tage ohne Speife und Tranf ausharren mußte, bis fie 
ein Bauer fand und ihr den Weg nad Hauje zeigte. 


417) Der fchwarze Bruno zu Leipzig. 
Edm. v. Felsthal, des deutſchen Volles Sagenſchatz. S. 280 sq. 


Sn einem Klofter zu Meißen lebte ein Mönch, mit 
Namen Bruno, den man gewöhnlich den jchwarzen Bruno 
hieß. Mit Hilfe der jchwarzen Kunft, die er in Stalien 
gelernt hatte, Hinterging und betrog er die frommen, geift- 
lichen Klofterherren und trieb näcdhtelang in den Frauen- 
flöftern unter den jungen Nonnen fein Wejen. Endlich ver- 
wieß ihn der Erzbiſchof aus dem Klofter und aus der ganzen 
Gegend. Er ging hierauf nad) Baugen und wurde dann zu 





— 364 — 


Leipzig in einem Klofter aufgenommen. Hier führte er in- 
deß ein noch ruchloferes und wollüftigeres Leben al3 zuvor 
und wurde enblic von einem großen Zauberer in eine Kry- 
ftallflafche gebannt und diefe 19 Fuß tief unter bie Erde ver- 
graben. 

Nah vielen Jahren, als man in ber Stabt an der 
Stelle, wo er eingegraben worden war, ein ftattliche8 Haus 
zu bauen begann, fand ein Erdgräber die Flajche, in welcher 
der Schwarze Klofterbruber alsbald erfannt ward. Alle Ver- 
fuche, fich diefer Flaſche wieder zu entäußern, blieben frudht- 
108. So oft er fie an einen Anbdern verfchenfte oder an 
irgend einen entlegenen Ort verbarg, hat fie fich ſtets wieder 
in feiner Taſche eingefunden und ihn Tag und Nacht ge- 
ängftigt, bis er fie endlich unter die Erde in den Keller 
feines Haufes vergrub und dieſes verkaufte. 


Einft ſchickte der neue Eigenthümer defjelben feine Tochter 
in den Keller, um Wein zu holen. Wie fie dahin fommt, 
funkelt ihr etwas Helles entgegen, fie hebt eine feit ver- 
fchlofjene Flaſche von der Erde auf, in welcher ein leuchtendes 
Golddingchen luſtig auf und abhüpft, nimmt es mit und 
bittet ihren Bater, ihr das fchöne Thierchen zu fchenfen, das 
fie in der Nacht zum Leuchten neben ihr Bett jeßen wolle. 


Bol Entjegen erkennen die Eltern den böfen Kloftergeift 
darin, entreißen dem Mädchen das Gefäß, knüpfen ein 
ſchweres Eifen daran und fenfen e8 in den tiefften Grund 


ber Pleiße. }) 


In Leipzig hat man nachher lange nichts von dem ge- 
bannten Bruno vernommen. Es heißt aber, er fei aus feiner 
Berbannung erlöft und wandle als ſchwarzer Hund an den 


+) Vogel, Leipz. Chronik, S. 123, erzählt, al3 man im Jahre 1546 
die Kapelle zu St. Katharinen völlig abgebrochen, habe man im Grunde 
derfelben ein ſchmales Glas gefunden und vermuthet, ein Mönch babe da 
hinein den Teufel gebannt. Deshalb vermauerte man e8 wieder im Grunde 
der Halle'ſchen Baftei, die man von jenen Steinen überhaupt bauete. 


— 365 — 


Ufern der Elfter und Pleiße, wo man oft fein nächtliches 
Heulen Höre. 


418) Die Funfenburg zu Leipzig. 
Edm. v. Felsthal, a. a. DO. ©. 282 sa. 





Die Funfenburg, bis auf die neuefte Zeit der Lieblings» 
ort der Gofe-F)Trinker, war vor Zeiten eine jtattliche Ritter- 
burg. Lange verlaffen, verfallen und öde, nahm endlich ein 
Geiftervolf von ihren Mauern Befig, trug feine Schäge nad) 
berjelben und wachte darüber. Niemand kehrte mehr hier 
‚ ein, nur in einem Winkel der Burg wohnte ein alter Ritter, 
fill und eingezogen, von dem man nicht wußte, ob fie ihm 
gehöre oder ob er fich hier angefiedelt habe. 

Einft ward ein Fürft aus Thüringen vom Unwetter 
genöthigt, auf biefer Burg eine Zuflucht zu fuchen. Der alte 
Nitter empfing ihn, machte ihn aber mit den Geheimnifjen 
feines Aufenthaltes befannt und rieth ihm, fich anderwürts 
ein bequemeres Nachtlager zu fuchen; doch der Fremde jchügte 
Müdigfeit vor, ‚behauptete, fich nicht vor Burggeijtern zu 
fürchten, fo daß Jener nachgab und auf ausdrüdliches DVer- 
langen ihm fein Lager im großen Burgfaale, welchen der 
Sage nad) die Geifter des Schloffes bewohnten, bereitete. 

Der Prinz begab fih zur Ruhe. Doch beim Schlage 
der Mitternachtsglode erwachte er. Er richtete fich empor. 
Die Lichter waren abgebrannt und fladerten nur noch wenig, 
der Mond fiel duch die Fenfterfcheiben in den Saal, er 
konnte jeden Gegenftand erkennen. 

Die Glodenjhläge verhallten. Da erhob jih ein Wehen 
und Saufen, das in Gepolter überging; beim Kamine regte 
es ſich; jest ftürzten allmälig ein Bein, ein Arm, ein Kopf 
und Leib herab, rollten weit im Gemac umher und bildeten 
fih zu einer vollflommenen Menjchengeftalt aus, die dann im 
Saale umberging. Bon Neuem fnifterte und knackerte es, 


7) Ueber den Urfprung dieſes Bieres f. Meliffantes, Bergfchlöfier. 
©. 642 und meine Bierftudien (Dresden 1872) ©. 31. TI. 


— 36 — 


unzählige menjhliche Gliedmaßen polterten aus dem Kamine 
herab, und fügten ſich zu Geftalten zufammen, bi auf einmal 
der Saal gefüllt war. Nicht ohne Angft ftand ber Gaft von 
feinem Ruhelager auf um zu jehen, was noch kommen werbe, 
und blidte ftumm auf die wunderbaren Erſcheinungen hin. 
Alsbald bildete fi eine große Tafel inmitten des Gemachs, 
goldene Weingefäße, prachtvolle Pokale und Leuchter, nebft 
foftbaren Gerichten erjchienen in einem Augenblide darauf, 
und nachdem Alles geordnet war, nahete einer aus der Ge- 
jellihaft und lub den Fremden ein, Theil zu nehmen an dem 
feftlihen Mahle.. Mit Grauen folgte er der Einladung, 
ergriff den dargebotenen Becher um zu trinken, und ftellte ihn 
zitternd wieder auf die Tafel hin. Das Entſetzen überlief 
ihn, er ſchlug ein Kreuz und rief den Namen Jeſu, und 
plöglich verlöfchten die Lichter, e8 wurde dunkel und ſtill im 
Saale, die ganze nächtliche Tafelgefellihaft war verſchwunden. 
Bei Tagesanbrudh ftand aber die Fefttafel no im Saale 
mit allen ihren foftbaren Pokalen, Bechern und Tellern. Der 
Thüringer erfaufte die Burg, gelangte in den Beſitz aller 
übrigen Schäge der Geifter und haufte lange glüdlich auf 
der Funfenburg. 


419) Verſchiedene Gefpenfter zu Leipzig. 
Mündlid). 


und warn eine Nonne zeigen, welche bis an das fogenannte 
Barfußpförtchen geht und dort verfchwindet. Ferner erzählt 
man von einem Mönche, der an gemwiffen Tagen des Jahres 
um Mitternacht in die Neufirche geht. Ebenſo hat von ber 
Nonnen- bis zur Barfußmühle fich zu Zeiten eine weiße Ge- 
ftalt gezeigt, welche in der Volksſprache „Federſuſe“ genannt 
ward. Zur Zeit des Leipziger Aufftandes von 1830 erſchien 
eine weiße Frau auf dem Neuen Kirchhofe an dem joge- 
nannten Geifterpförtchen, und im Schrötergäßchen, welches 
ohngefähr nur 4 Ellen breit ift und vom Poftplag zum Wind- 


— 507 — 


mühlengäßchen führt, joll fi) vor mehreren Jahren ebenfalls 
eine weiße Geftalt gezeigt haben, und dem Nachtwächter oftmals 
aufdie Schultern gefprungen fein, welcher endlich Daran gewöhnt 
mit feiner anjcheinend leichten Laft auf dem Rüden feinen 
Dienft big Mitternacht, wo fie verfhwand, verjah. 


420) Die drei Goldftüde der Familie von Hahn. 
Prätorius, Neue Weltbefhr. Bd. L ©. 109 sq. 





In der Nähe der Stadt Leipzig ward eine Tags eine 
vornehme Frau von Adel aus dem Geſchlechte derer von 
Hahn durch eines Meerweibes Zofe genöthigt mit ihr zur 
MWehmutter unter den Fluß zu gehen. Da es denn gejchehen 
tft, daß fich das Waſſer von einander theilte, und fie beide 
durch einen luſtigen Weg tief in das Erdreich geriethen. Da 
hat denn die adelige Frau ein Freißendes Feines Weiblein 
gefunden und ift flugs zu ihr hingebracht worden, ihr in den 
gegenwärtigen Kindesnöthen beizuftehen und hilfreiche Hand 
zu leiften. Darauf hat fie wieder ihren Abfchied begehrt und 
ih angefhicdt nad Haufe zu eilen. indem fie wegfertig ift, 
it ein Heiner Waſſermann zu ihr gefommen und hat ihr 
ein Geſchirr voll Ajche zugelangt und fie erinnert, fie möge 
fih fo viel herausnehmen als fie begehre für geleiftete Be- 
mühung. Darauf hat fie fich jedoch gemweigert und nichts 
nehmen wollen. Wie dies geichehen, bat der Mann gejagt: 
das heißt Dir Gott fprechen, fonft hätte ich Dich umbringen 
wollen. Hiermit ift fie fortgegangen und von der Zofe nad) 
Haufe gebracht worden. Wie fie nun dorthin gelangt, joll 
bie Magd brei Stüde Goldes hervorgezogen und ber abeligen 
‚Frau verehrt haben, dabei gedenkend, fie ſolle folden Schaf 
gar wohl verwahren und nicht abwendig von ihrem Gefchlechte 
werben lafjen, fonft werde ihre ganze Familie durch Armuth 
verderben, da fie fonft die Hülle und Fülle oder Ueberfluß 
in allen Sachen haben könne, fjofern fie dieſes Andenken rich- 
tig verwahre. Darauf ift die Magd wieder mweggegangen, 


— 368 — 


die Frau aber ſoll das Geſchenk nach ihrem Tode ihren drei 
Söhnen mit obenerwähnter VBermahnung übergeben haben. 
Davon haben noch bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts 
zwei Herren dieſes Stammes ihr Goldftüd beſeſſen, das dritte 
aber ift von einer Frau verwahrloft worden. Diefe ift end- 
lih gar armfelig zu Prag geftorben und hat alfo mit ihrer 
Linie eine Endichaft genommen. 


421) Die Magd bei dem Nir in der Nähe von Leipzig. 
Prätoriu a. a. DO. Bd. II ©. M. 





Um das Jahr 1664 lebte auf einem Dorfe bei Leipzig 
eine Magd, welche drei Jahre bei einem Nir unter dem 
Waſſer gedient und ihrer Ausfage nach ein gutes Leben und 
allen Willen dafelbit gehabt hatte, nur daß ihr Eſſen ſtets 
ungejalzen war. Deswegen hat fie Urfache genommen, wieder 
wegzuziehen. Weiter fol fie auch gejagt haben, daß fie nach 
diefer Zeit nicht über fieben Jahre leben würde, davon fie 
nur noch drei Jahre in Reft habe. 


422) Wöchnerinnen werden von Gefpenftern angefochten. 
Prätorius Bd. II. ©. 131. 





Dem Magifter Prätorius erzählte eine Leipziger Wehe- 
mutter mit Namen Urjel, daß es ihrer eigenen Mutter wider- 
fahren, wie fie, als ihr erftes Kind von ihr geboren geweſen, 
einmal zwiſchen 11 und 12 zur Stube hinausgegangen fei 
und fi) eine Butterbemme habe fchmieren wollen, da habe 
ein großer fchwarzer Mann zum Kellerloche herausgefehen, 
darüber fie dermaßen erfchroden, daß fie hernad 16 Wochen 
frank im Bette liegen mußte. Weiter jagte fie, fei es im 
Jahre 1661 zu Leipzig gejchehen, daß eine Nagelſchmiedsfrau 
in ihren ſechs Wochen herausgegangen und um verbotene 
Zeit den Gänfen bei der Paulinerficche, wo fie gewohnt, zu 
frefien gegeben, da ſoll es fie angebaut haben, daß ihr 


— 369 — 


Gefiht und Maul fo aufgefhwollen, daß ein garftiger Eiter 
herausgefommen. 


423) Ein Geift zeigt einen Schatz an, 
Prätoriu3 a. a. DO. Bd. I. ©. 132. 





Es hat einmal die Großmutter einer Leipziger Wehe- 
mutter Geld unter dem Feuerherde vergraben. Ihre Mutter 
bat nun aber immer Anfechtungen befommen, indem es ihr 
war, als wenn es einheige, und dann fam es ihr vor, als 
werde der Dfen und die Stube fo heiß, daß fie vor Angit- 
ſchweiß nicht bleiben fonnte.e Darauf hat das Geipenft die 
Dfengabel niedergeworfen und ift gleichfam davongelaufen. 
So hat dafjelbe denn immer fein Feft gehabt, bis einmal die 
Magd Feuer auf dem Herde machte und von ohngefähr einen 
Pflod aus demfelben 309, Darauf es geſchimmert und geflungen 
bat. MS fie nun näher hinſah und das Loch weiter öffnete, 
zog fie ein kleines längliches Schächtelchen hervor, darinnen 
viele Ducaten lagen. Dieſe hat fie mit Frohloden in bie 
Stube getragen und ihrem Vater gegeben, der ihr zur Be- 
lohnung einen Belz dafür machen ließ. 


424) Reipziger Schabgefchichten. 
Prätorins, Gazoph. Gaud. Leipzig 1667. 8. ©. 179. 183. sq. 





Sn der Mitte des 17. Jahrhunderts ließ Jemand in 
feinem Keller in Leipzig nach einem Schage graben, und als 
ihn die Gräber fchon jo weit gebracht hatten, daß er gehoben 
werden konnte, da ließ die bejorgte Mutter ihren herzuge- 
rufenen einzigen Sohn nicht hinuntergehen. So befamen fie 
nur 50 Thaler, das Uebrige aber verſank wieder bis zu der 
Zeit, wo er wieder reif wird. 

Ein anderes Mal hat ein Geift die Magd etlihe Male 
des Tags und Nachts gerufen, fie folle mit in den Keller 
binabfommen, um einen Schaß zu heben. Das hat fie nie- 

Gräfe, Sächſ. Sagen. I. 24 


— 170 — 


mals thun wollen, der Geiſt aber hat nicht nachgelaſſen, ſon⸗ 
dern kommt nochmals bei Tage, und ruft ſie in den unterſten 
Keller. Sie will nicht gehorchen, da bittet er ſie, ſie ſolle 
doch kommen, und wie ſie abermals nicht will, trägt der Geiſt 
den Schatz aus dem Keller heraus und ziemlich auf die Treppe 
hinauf und tritt zu der Magd, die oben auf der Treppe ſteht 
und hinunter gehen will, und bietet ihr den Schatz an. Dieſe 
ſchreit greulich, daß alle Leute im Haufe rege werden. Dar- 
über ift der Geift ſo unmuthig geworben, daß er eine gräß- 
liche Geftalt- annahm und die Magd heftig drüdte, daß fie 
es lange Zeit nachher fühlte. Im Uebrigen. ift das Geld 
auf dev Treppe ftehen geblieben und. der Herr im Haufe hat 
e3 zu fich genommen, das Geſpenſt aber. hat die Magd hart 
geicholten, daß fie fi in ihre Glück nicht zu fchiden gewußt, 
ihr und feinem Andern jei das Gelb beichieden gewejen. }): 


425) Das Nirmweibehen bei Reipzig. 
Ziehnert. Bd. Il. ©. 293. 


Sonft hat ſich bei Leipzig auf der Straße oftmals ein 
Nirweibchen fehen laffen. Es ging unter andern Bauers- 
weibern mit dem Tragforbe auf ben Wochenmarkt, um den 
Hausbedarf einzufaufen. In der Kleidung unterſchied es ſich 
von andern daburch, daß feine Unterfleider jederzeit zwei Hände 
breit naß waren. Uebrigens rebete es mit Niemandem, grüßte 
und dankte auch Niemandem auf ber Straße, wußte aber 
beim: Einfauf jo gut wie andere Weiber zu dingen und zu 
handeln. Einft: gingen. ihr. auf ihrem Rückwege zwei. Berfonen 
nah. Dieſe haben gefehen, wie fie an einem fleinen Wafler 
ihren Tragforb nieberjegte und: wie derfelbe, mährend fie. in’S 
Waſſer tauchte, augenblicklich verfchwand. FF): 





+) Eine ganze Sammlung von Schakgefhichten aus Leipzig. und ber 
Umgegend find gefammelt in den Leipziger Nachrichten von 1865 und 
and) in einen Separatabzuge befonders herausgelommen. 

17) Prätorins, Abent. Glückstopf, S; 514, erzählt, im, Juni. 1669 


— 371 — 


426) Verſchiedene Gefpenftergefchichten aus Leipzig. 
Bogel, Leipziger Annalen, ©. 61. sq. 741. 774. 821. 215. 





Am 2. November des Jahres 1656 iſt Paul Schreyer, 
ein Bürger und Nagelfchmied im Böttchergäßchen, friſch und 
gefund aufgeftanden, bald darauf wieder in die Kammer 
fommen und plößlich geftorben. Bei Abwaſchung der Leiche 
hat man befunden, daß die Bruft mit Blut unterlaufen und 
die Warze an der rechten Bruft wie mit einem Mefjer glatt 
abgejchnitten gewefen, daher die Rede gegangen, als hätte ihn 
ein Geſpenſt fo übel zugerichtet. 

Den 7. September des Jahres 1670 hat fih zur Nacht 
im Halliihen Thore und Zwinger ein Gejpenft hören Lafjen, 
welches ſehr getobt, an das inwendige Thor heftig gejchlagen, 
die Wache erfhredt und den Thorwärter im Bette übel ge- 
plagt, davon er auch etliche Tage Frank gelegen. 

Sm November des Jahres 1679 haben einige unruhige 
Köpfe fih unterjtanden, Abends um die Tifchzeit auf den 
Straßen und Gaſſen, ſonderlich auf dem Niclaskirchhofe dag 
ausgeſchickte Gefinde in häßlicher Geftalt anzufallen, zu er- 
fchreden und fih von ihnen tragen zu laffen, auch nach Ge- 
legenheit die Bierfrüge und die Mügen ihnen zu nehmen. 
Alfo hat der Magiftrat um jelbige Zeit die Scharwache pa- 
trouilliren laſſen, worauf die entftandene Furcht und gemeine 
Rede von dem breibeinigen Ejel fich wieder verloren. — 

Im Januar des Jahres 1682 brachte ein Weib vor dem 
Petersthore im Klitzſchergäßchen zwei todte Kinder, einen Hahn 
mit Federn und eine Kröte mit überaus großen Schmerzen 
zur Welt. 

Um Weihnachten des Jahres 1564 iſt von einer Hexe 
ein Geſpenſt oder Poltergeiſt in's Lazareth gebannt worden, 


babe ſich zwiſchen dem Ranſtädter und Barfußthore etliche Male ein Nir 
ſchwimmend auf dem Waſſer ſehen laſſen, und da ſei am 9. Juli deſſelben 
Jahres hier der Sohn eines Eſeltreibers, Broſe genannt, ertrunlken. 
Meberhaupt foll der Nir in den Flüffen Pleiße, Elfter und Parthe ge— 
wöhnfih am Johannistage ein Opfer fordern. 

24 * 


— IN — 


ſo in Geſtalt einer Katze, zuweilen auch unter anderer Ge— 
ftalt die Kranken und andere Leute ſehr verirte. 


427) Feftmachen Hilft nichts. 


Bogel, Annalen. ©. 831. 


Am 10. Mai des Jahres 1684 ift früh Morgens in der 
Pleiße bei der Nonnenmühle ein ertrunfener Menſch gefunden 
worden, der aus dem Paſſe, den er in feiner Tafche trug, 
al3 ein Nabdlergejelle, Namens Peter Wahrmund, erfannt 
ward und aus Merjeburg gebürtig war. Man fand bei ihm 
einen Zettel, auf dem viele Charactere und ein zauberifcher 
Segen gefchrieben war, und darunter ftanden die Worte: 
„Wer diefen Zettel bei fich trägt, der foll von feinem Feuer 
verbrannt, von feinem Feuer verlegt und verwundet werden, 
auch in feinem Waſſer erfaufen können.” Was nun diefer 
Aberglaube geholfen, das hat der Ertrunfene mit Berluft 
feines Lebens erfahren. 





428) Ein Mönch fieht feinen Tod voraus, 
Fabric. Ann. Misn. L. II. p. 154. Bogel a. a. ©. ©. 58. 





Im Auguft des Jahres 1459 (oder 1463) ift zu Leipzig 
eine jchwere Belt gewejen, an der allein im Baulinerklofter 
29 Mönche verjtorben. Darunter ift ein alter Mönch ge— 
weſen, Namens Martin Drengizk, der den Tag und die Stunde 
feines Ableben wußte. Als diefer vom Abte gefragt ward, 
ob er vermeine, einen gnädigen Gott zu haben, antwortete 
er: „Lieber Vater, ich weiß die Schrift nicht und bin fehr 
ungelehrt, doch habe ich eine Gewohnheit gehabt, daß, wenn 
die andern Brüder gefungen, ich unterdeß einen Theil vom 
Leiden und Sterben Sefu Chrifti für mic) genommen, dafjelbe 
herzlich betrachtet und meinem Erlöfer und Seligmader in- 
brünftig Dank gefagt. An deſſelben Gerechtigkeit und Genug- 
thuung für der ganzen Welt Sünde allein will ich gedenken. 


— — — — 


— 373 — 


Ich halte meine Gerechtigkeit und gute Werfe für Koͤth auf 
den Gaſſen gegen den ewigen Schatz, den mir mein Herr 
Chriſtus durch ſeinen Tod erworben hat. Und darauf iſt 
gedachter Mönch, als die von ihm zuvor angekündigte Stunde 
gekommen, in Gott ſanft und ſelig verſchieden. 


429) Der Urſprung des Namens Uebeleſſen in Leipzig. 
Vogel, Annalen, S. 175. 





Bei der hartnäckigen Belagerung, welche der Churfürſt 
Johann Friedrih im Januar des Jahres 1546 über das 
jeinem Better Herzog Moriß gehörige Leipzig verhängte, hält 
Griterer eines Tags auf dem fpäter jogenannten Thonberge 
jeine Mittagstafel. Da flog eine aus der Stadt abgefchofjene 
Kanonenkugel 'gerade in die Schüffel hinein, er ftand alſo 
auf und foll gejagt haben: hier ift übel eſſen. Won felbiger 
Zeit ift das Vorwerk Uebelefjent) genannt worden. Bei 
diejer Gelegenheit ift auch das Sprichwort: Leipzig liegt vor 
Leipzig rr) entitanden, weil man fagte: der Churfürft habe 
die Stadt wohl erobern können, wenn feine Kriegsoberften 
ihre Schuldigfeit gethan hätten, von dieſen hätten aber die 
meijten ihre Frauen und bejjeren Sachen in der Stadt gehabt, 
damit nun dieſe, wenn die Stadt mit ftürmender Hand ein- 
genommen würde, nicht zu Grunde gehen möchten, hätten fie 
die Stadt abjichtlich verjchont. 


+) Auch in der Stadt Noffen giebt e8 eine Gaſſe, das Uebelefien 
genannt, von der eine ähnliche Begebenheit aus der Zeit des 30jährigen 
Krieges erzählt wird. 
Tr) Der Sprud hieß: 
Leipzig liegt außen und Leipzig liegt drinneu, 
D'rum fanın Leipzig Leipzig nicht gewinnen. 
Daß Leipzig auch für Leipzig lag, 
Das macht, daß Leipzig bleibet noch; 
Mär Leipzig nicht vor Leipzig kommen, 
Sp mwär Leipzig wohl bald gewonnen. 
Andere Sprüchwörter von Leipzig führt Schäfer, Wahrzeichen, Br. I. 
©. 59 fgg. an. 


— 374 — 


430) Die heilige Brücke bei Leipzig. 
Mündlich. Novelliſt. beh. v. F. Badhaus, die Sagen der Stadt Leipzig. 
Lpzg. 1844. 8. ©. 19. 





Auf der von Leipzig nad) dem Dorfe Lindenau führenden 
Straße muß man über eine Brüde gehen welche über die 
Eliter führt und die Wiefen jenſeits und dieſſeits des foge- 
nannten Kuh- oder Kufthurmes verbindet. Der Name fol 
daher rühren, daß an dieſer Stelle des Flufjes einft eine 
Schweſter für die andere in heldenmüthiger Aufopferung ihr 
Leben ließ. Die Eine war nämlich aus dem Leipziger 
Nonnenklofter, welches fich früher in der Nähe der heutigen 
Nonnenmühle befand, mit Hilfe eines Liebhabers entflohen 
und an ihrer Stelle ihre ihr täufhend ähnliche Schwefter 
ergriffen worden. Dieje Härte jedoch abſichtlich die vorge- 
fallene Täufhung nicht auf, fondern blieb bis zu dem Augen- 
blif, wo fie zur Strafe für ihre Flut aus den geweihten 
Mauern erträntt wurde, der angenommenen Maske treu. 
Erſt mehrere Wochen nach ihrer unſchuldigen Hinrichtung 
fand man eines Tages den Leichnam der wirklichen Nonne 
und erkannte nun erft, daß man eine Unfchuldige getödtet 
hatte. Man vereinigte beide Körper in einem Grabe; obgleich 
aber von diefem nichts mehr zu jehen ift, hat man doch den 
Namen, welchen das Volk jener edlen That wegen der Brüde 
beilegte, beibehalten. 


431) Das Nitterloch bei Leipzig. 
Mindlih. Novell. beh. v. Badhaus a. a. DO. ©. 37 sq. 





Da wo fi die von Schleußig kommende Eliter in zwei 
Arme theilt, von denen der eine nach Lindenau, der andere 
nach Leipzig zu ftrömt, befindet fi) eine Stelle, welche von 
den Fiſchern das Nitterloch genannt wird. Es follen näm- 
lih zu Ende des 15. Jahrh. einmal zwei junge Edelleute, 
welche zu Leipzig ftudirten und urfprünglich durch die eifrigfte 


— 375 — 


Freundſchaftsbande verbunden waren, ſich einer ſchönen Leip⸗ 
zigerin wegen, welche Beide liebten, veruneinigt haben. Sie 
beſchloſſen alfo um den Beſitz derſelben zu kämpfen und tra- 
fen in dem daher angeblich ſo genannten Streitholze zwiſchen 
dem Schleußiger und Lindenauer Damme zuſammen: hier 
von dazu kommenden Leuten geſtört, begaben ſie ſich auf die 
ſeit jener Zeit ſo genannten Ritterſpuren, zwei kleine Wieſen 
in der Gegend der heiligen Brücke, und drängten einander 
in blinder Wuth bis an das Ufer der Elſter, wo aber der 
Boden unter ihnen wich und Beide an jener tiefen Stelle 
ihren Tod fanden. Das Volk nannte dieſelbe ſeitdem das 
Ritterloch und behauptet, daß ihre Geſtalten noch heute des 
Nachts als ruheloſe Schatten dort umherirren. 


432) Das Brautwehr bei Leipzig. 
Mündlich. Novell. beh. v. Backhaus, a. a. DO. ©. 74 sq. 





Menn man auf der Eliter von Lindenau nad der Stadt 
Leipzig zu fährt, befindet ſich ein Stückchen über die heilige 
Brüde hinaus ein fteinernes Wehr und ganz in der Nähe 
defjelben die fogenannte Preußerwieſe, zu der ein Fleiner 
Steg führt; jenes Wehr nennt man das Brautwehr. Hier 
fol einst Furz nad dem 30jährigen Kriege ein junges Ehe— 
paar, das in Lindenau feine Hochzeit gefeiert hatte und zu 
Waſſer auf diefem Wege nad Leipzig zurüdfehrte, ſamt 
dem Schiffer, der fie führte, verunglüdt fein. Man kann 
beide Unglücdliche noch heute ‚in Stein ausgehauen an ber 
Johanniskirche fehen, das Volk aber erzählt ſich, daß feit 
jenem Tage alljährlich an dem Unglüdsabend auf dem Waſſer 
zwei wunderjchöne Wafjerrofen entporblühen und von Morgen 
bi3 zum Abend ihren lieblichen Duft verbreiten, um für alle 
Zeiten an jene Stelle zu erinnern, wo jenes unfelige Ereig- 
niß ftattfand. 


433) Lieschens Büfche bei Schönefeld, 
Novell. beh. v. Badhaus, a.a. DO. ©. 130 sq. 





Bom 18.—20. Mai des Jahres 1593 wüthetete in Leip- 


— 376 — 


zig ein MBöbeltumult gegen die Galviniften; es wurde in 
Folge deijelben eine Anzahl Häufer begüterter, diefem Glau- 
ben zugethaner Kaufleute geplündert und zeritört und dem 
Aufruhre nur mit Mühe ein Ende gemadt. Einer jener uns 
ſchuldig Berfolgten, Namens Eberhard Pöltz, war vom Rathe 
ins Gefängniß gejegt worden und jeine Tochter Clijabeth 
nad Schönefeld geflüchtet, nachdem fie vorher alles, was ihr 
Eigenthbum gewejen war, der Bernichtung hatte anheimfallen 
jehen. Da kommt die Nachricht in's Dorf, am 1. Juni jollte 
in der Stadt eine Hinrichtung ftattfinden. Died war aud 
der Fall, es wurden 4 jener QTumultuanten geföpft. Das 
verlajjene Mädchen glaubt aber, dieſe Erecution gehe ihren 
Bater an; fie eilt aljo, obgleich fie frank und ſchwach ift, 
nach der Stadt, um denjelben noch einmal zu jehen. Allein 
als fie bis an die fogenannte Barthenwieje hinter dem Ritter- 
gute gelangt ift, verjagen ihr die Füße den Dienft und fie 
gibt dort nach wenig Augenbliden ihren Geift auf, der Stod 
aber, auf den fie fich geftügt hatte, war in dem lodern Bo- 
den ſtecken geblieben, und fiehe, nad) wenigen Tagen jchlug 
er aus und grünte, bald breiteten ich feine Zweige immer 
mehr aus und die davon herrührenden Gebüfche nennen die 
umliegenden Dorfbewohner Jungfer Lieschens Büſche. 


434) Dad Todtengerippe auf dem Johanniskirchhofe zu Leipzig. 
Miündlich. 





Sm der dritten Abtheilung des Leipziger Johamniskirch— 
hofes erblidt man ein ſcheußliches Todtengerippe über dem 
Eingange der Gruft Nr. 14 in Stein gehauen. Das Volk er- 
zählt fich, dies fei die getreue Abbildung, wie der Profefjor 
ber Medizin Dr. %. Fr. Bauer (F 22. Dechr. 1742), der hier 
begraben liegt, in den legten Jahren feines Lebens ausge- 
fchen habe: er habe nämlich ein Lebenselirir erfunden zu 
haben geglaubt und damit an ſich eine Probe gemacht, was 
denn feine völlige Abzehrung zum gräßlichen Skelett zur Folge 
gehabt. Uebrigens fol diefer Mann fi ein großes Vers 


— 377 — 


mögen durch Anfertigung von ſogenanntem Mithridat (The— 
riak) erworben haben.r) 


435) Der Eſelsplatz zu Leipzig. 
S. Schäfer, Wahrzeichen BD. I. ©. 29. 





Früher gab es in Leipzig einen fogenannten Eſelsplatz 
vor dem Ranftädter Thore (nicht mit dem heute noch ſoge— 
nannten auf der Ritterftraße zu verwechjeln). Der hatte fei- 
nen Namen von einem dort befindlichen Brunnen, in deſſen 
einem fteinernen Bogen eines beladenen Eſels Bild einge- 
hauen war, der davon der Eſelsbrunnen genannt ward. Un- 
ter dieſem fteinernen Bilde ftanden die Worte: 

Bon Alters ber vielen befandt, 

Wird diß der Ejeldmarft genandt, 
Und daß derjelben nicht abgehen, 
So fiehft Du hier ein Efel ftehen. 


436) Die Todtengräber zu Großzichocher. 


H. E. Schwarte, Hift. Nachl. zu den Geſchichten der Stadt Leipzig. 
Lpzg. 1744. ©. 86 sq. cf. Vogel, Annalen ©. 246. 





Gegen das Ende des 16. Jahrhunderts find im Dorfe 
Großzſchocher bei Leipzig zwei Todtengräber geweſen, die 
haben ein Bündniß mit dem Teufel gemacht, und jo find fie 
mit deſſen Hilfe in Kurzem Meifter in der Zauberei gemwor- 
den; ihre Weiber und Kinder, Schwiegerfühne und Töchter 
waren erft ihre Lehrlinge, nachher aber in den fatanijchen 
Handariffen jo ftarf als die Meifter felbft. Sie hatten ein 
bejonderes Bulver zugerichtet von gedörreten und Fleingefto- 
Benen Kröten, Schlangen und Molchen, welches fie Anfangs 
einigen Patienten im Dorfe eingaben, um ihr Mitleid zu 
bezeigen und den Schein zu haben, als wollten fie baldige 


+) Ganz anders erzählt diefe Sage (von den Geſchwiſtern Teuſcher) 
Lufer, Abendl. 1001 Nacht Bd. IV. ©. 176. 


— 3738 — 


Befferung zu befördern fuchen. Als e8 ihnen geglüdt und 
fie auf diefe Art immer eines nad dem andern unter die 
Erde gebracht, fingen die Weiber und Schwiegerföhne, damit 
die erftere Bosheit nicht gemerkt werden folle, an, mancherlei 
Wetter zu machen, die Luft zu vergiften, und wenn fich die 
Leute klagten, gaben fie ihnen entweder das gedachte Pulver 
ein oder fie beräucherten fie damit, worauf denn das arme 
Bolt hinfiel wie die Fliegen. Hierzu fam, daß diefe fatani- 
ſchen Bundesgenofjen nicht warteten, bis eine kranke Perſon 
wirklich geftorben war, jondern wenn fie nur etwas Trank zu 
werden fchien, thaten fie fie fogleih in einen Sarg und 
braten fie halbtodt zur Erde. Weil nämlich der Ort im 
Ruf war, daß hier eine anftedende Belt grafiire, jo wollte 
fih Niemand zu den kranken Leuten getrauen, mithin ward 
den Todtengräbern Alles überlafjen, die mit ihnen handir- 
ten, wie fie wollten. Da hat die göttliche Gerechtigkeit es 
gefügt, daß die Sadhe an den Tag fan. Es kommt näm- 
lich eines Tages ein Handwerksburſche aus der Fremde und 
fehrt in einem Gafthof zu Großzihodher ein, und vor dem— 
jelben tragen die Todtengräber eine Leiche vorbei. Der Hand- 
werksburſche ift neugierig und fragt, wer die geftorbene Per— 
fon geweſen? Man gibt ihm zur Antwort, er kenne fie Doch 
nicht, e8 grafjire allhier ein Sterben, wo es die Leute nicht 
lange machten, jo ſei geftern noch ein junges munteres 
Frauenzimmer gewejen, das man jegt hinaustrage, dieſe fei 
friſch und gejund im Dorfe herumgegangen und heute tobt, 
und werde jet begraben, Der Burſche fragte weiter: „ei, 
fagt mir doch, wie heißt fie?” Als man ihm nun meldet, die 
und die jei es, da erichricdt er und ſpricht: „ei, das ift meine 
Braut, mit der ich mich, ehe ich vor zwo Jahren in bie 
Fremde ging, ordentlich verfprochen habe; ihrethalben komme 
ich fo zeitig wieder hierher; es kann nicht fein, und wenn 
fie es ift, muß ich fie noch einmal im Sarge jehen, fie mag 
auch die Peſt noch jo arg gehabt haben.” So geht er auf 
den Kirchhof, verlangt von den Todtengräbern die Deffnung 
des Sarges, welches fie ihm aber ein für alle Male, weil 


— 879 — 


es in ber Peſt nicht Mode fei, abſchlagen. Er aber befteht 
auf feinem Berlangen, überwältigt die Todtengräber, reißt 
nebſt einigen Leuten, die fich zu feiner Hilfe für angebotenes 
Geld finden, den Sarg mit Gewalt auf, erkennt feine Ver— 
lobte ganz wohl, fieht aber mit Thränen und Erftaunen, 
wie ihre Hände und Füße gebunden, ein ftarker Knebel in 
den Mund geftedt ift und fie noch lebt. Die Tobtengräber 
fehen, daß fie nunmehro verrathen find, und ziehen fogleich 
ab, das Mädchen wird aus dem Sarge genommen, nach 
Haufe geführt und wieder in’S Leben gebracht und fol bald 
darauf auch ihren Bräutigam, der ihr das Leben erhalten, 
geheirathet haben. Am 28. Dftober des Jahres 1582 aber 
find die Todtengräber zu Großzſchocher mit glühenden Zan- 
gen zerrijjen, gerädert und auf's Rad geflochten, ihre zaube- 
riſchen Weiber und Schwiegerjöhne aber, fo mancherlei und 
erichredlihe Wetter gemacht und mit dem Teufel gebuhlt, 
find auf den Scheiterhaufen geſetzt und verbrannt worden. 

Bald darauf ift auch der Todtengräber in Leipzig ju- 
ftifieirt worden, weil er nebſt feinem Knechte gleichergeftalt 
drei Giftpulver von Kröten, Schlangen und Molchen zuge- 
richtet, deren eines ſchwarz, das andere gelb, das dritte roth 
geweſen, damit er der Meifter 22 Perſonen vergeben, der 
Knecht aber 6 getöbtet hat.r) 


437) Dad Frankengrab bei Connewitz. 
Poetifch beh. dv. Ziehnert Bd. I. ©. 67 sg. 





Hinter dem Dorfe Connewiß eine Stunde von Leipzig 
am Ufer der Elfter recht3 auf der Straße nach Zwenkau be- 
findet fi das fogenannte Frankengrab. E3 foll unter dem— 
jelben ein franzöfifcher Offizier liegen, der in der Nacht zum 
dritten Schlacdhttage der größten Völferfchlacht bei Leipzig im 
Sahre 1813 hier gefallen ift. Angeblich hätte er feinen Tod 





+) Aehnliche Gefchichten von Todtengräbern ſ. b. Schöttgen, Hiftorie 
v. Wurzen ©. 667. M. Zeiler, Itiner. German. ©. 520. 


— 380 — 


vorausgewußt und denjelben einer unglüdlichen Liebe halber 
felbft gefucht. Sonderbarer Weife fand fich aber jeitbvem beim 
Morgengrauen des Johannistages alljährlich das Grab friſch 
befränzt, und das Volk erzählte ſich, es gejchehe dieſes alle- 
mal die Nacht vorher um die zwölfte Stunde von einer 
ichwarzgefleideten Dame, die in einem mit Rappen bejpann- 
ten Wagen des Weges fomme. AlS vor einigen zwanzig 
Sahren das Grab von dem ausgetretenen Wafler zerjtört 
und das darauf befindliche Kreuz mweggerifjen ward, fand 
man Beides plößlich wieder von unbekannter Hand hergeftellt. 





438) Wie einer Herenbutter geprüft bat, 
Prätorius, Der abentheuerlihe Glüdstopf ©. 257. 





Sn der Mitte des 17. Jahrhunderts ift ein Leipziger 
Stadtjoldat auf den Markt gegangen und hat bei einer 
Bauerfrau etliche Klümpchen (Stüdchen) Butter gekauft und 
dann diefelben auf gewöhnliche Art auf ein Mefjer geiteckt, 
welches drei Kreuße gehabt. Wie die Zauberfrau Solches 
gejehen, hat fie es erſt nicht zugeben wollen, jagend, man 
müſſe die Butter nicht auf ein dergleichen dreifreugiges Meffer 
jpießen. Darauf bat ihr aber der Soldat zur Antwort ge- 
geben: „was hat Sie darnach zu fragen? ich habe es wohl 
ſchon eher gethan”. Darauf ift er ohne Argwohn fortgegan- 
gen, bis er an die Hauptwache beim Ejel gekommen, wo er 
vermerkt, daß feine Butter ein Kuhfladen geweſen. Er ift 
aljo geſchwind wieder zu der Betrügerin zurüdgeeilt, allein 
dieje tft fchon über alle Berge geweſen. 


439) Schatz rüct fort, 
Prätorius a. a. DO. ©. 335. 





Während des 30jährigen Krieges hat ein glaubwürdiger 
und vornehmer Leipziger Bürger viel Geld am Gewandgäß- 
hen vergraben und den Drt fich jehr genau angemerkt und 


— 3831 — 


e3 danach nad Verlauf eines Bierteljahres nur mit großer 
Mühe wiederfinden können, weil es eine halbe Elle tiefer 
gelegen als er es verſcharrt hatte. Hätte man nun mit dem 
Nachſuchen eine längere Zeit angeftanden, fo würde der 
Schat im Berhältnig des Fortrücdens zulegt in eine ganz 
andere Gafje gerathen fein. 


440) Gefpenfter jtören Schaßgräber. 
Prätorius a. a. DO. ©. 477 sa. 





In der Mitte des 17. Jahrhunderts hat man zu Leipzig 
einen Schatz graben wollen und ift fchon jo weit gekommen, 
daß man unter den Kaften einen Hebebaum bradte und eine 
Erbfette darunter wegziehen wollte. Darüber haben fih nun 
verichiedene Geſpenſter gezeigt, bald ift das eine, bald das 
andere vorbeipaffirt, bis fi endlih ein Kudud auf einem 
Baum präfentirte, der feinen gewöhnlichen Gefang anftimmte, 
aljo daß ein Anweſender zu fagen anfing: „Siehe, biſt Du 
auch da?’ Indem ift Alles verfchwunden und weggefommen. 

Ein anderes Mal hat Einem geträumt, wie er bei dem 
Kohlgarten an der Kapelle einen Schaf finden werde, er 
folle fih nur gewiß dahin aufmahen. Was gejchieht? Er 
begibt fi hinaus und verfucht in der folgenden Nacht fein 
Heil und findet juft an dem Drte, von dem ihm geträumt, 
einen ziemlichen Topf voll. Davon ftedt er etwas Erfled- 
liches zu fich, wie er fi aber nad einem Geräufhe umfieht, 
wird er einer alten weißen Frau gewahr, jo in der Thür 
ftand und fich herausbeugte und ſprach: „was macht Ihr da?“ 
Mie er ihr aus Beftürzung geantwortet, ift auch Alles außer 
dem, was er jhon zu fich geſteckt, verſchwunden gemejen. 


441) Der Kobold am Barfußpförtchen zu Leipzig. 
Prätorius a. a. DO. ©.448 sq. 


Um die Mitte des 17. Jahrhunderts bat ein angejehe- 





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ner Bürger zu Leipzig, Namens Scheibe, in einem großen 
Hauſe auf dem Barfüßerkirchhofe (alle die Häuſer daſelbſt 
haben urſprünglich zu dieſem Kloſter gehört) eine getäfelte 
Wand neu weißen laſſen und dahinter viele Löcher in der 
Wand gefunden. MS das erfte Loch geöffnet ward, ift flugs 
ein Haufen Mefjer herausgefallen von jehr alter Form, ein 
Theil roftig, der andere ziemlich blanf; einige find jehr 
ſchmal und fehr lang gewejen, vielleicht zum Aufpießen der 
Lerchen, andere mit Achatfteinen befegt, noch andere mit elfen- 
beinernen Heften. Weiter hat er im. Keller graben lafjen 
und darinnen viele runde Töpfe gefunden, alle mit Kleinen 
Kindesgebeinen angefüllt. Von der Zeit an aber, daß jene 
Meſſer gefunden waren, hat ſich im Haufe ohne Unterlaß ein Ko- 
bold geregt, der nad) allen Leuten in der Stube gefchmiffen, aber 
draußen auf dem Saale ihnen nichts gethan hat. Auch hat 
er Niemanden verlegt, jondern nur gejchabernaft. So hat 
er auch nichts geſprochen, denn wie er von dem Befiger ge- 
fragt ward, was für ein Geift er fei, ob ein guter oder bö— 
fer: „Alle guten Geifter loben Gott den Herrn,” oder: „Was 
thuft Du? Gib ein Zeichen von Dir, Buß!” Da hat er zur 
Antwort jenem etwas an den Kopf geworfen, das ift fein 
Zeichen geweſen. Doch hat er auch einmal Einem meh ge— 
than, denn ein Hausbemwohner, der ſehr auf ihn geläftert und 
geflucht, hat einftmals mit dem Pantoffel eine derartige Maul- 
fchelle von dem Ungethüm befommen, daß ihm der ganze 
Baden aufgefhwollen und ihm Schmerzen gemacht hat. So 
hat es im Allgemeinen gebäucht, ald wenn das Gejpenft aus 
einem alten Schranke hervorfäme und würfe, und ift diefer 
doch immer verjchloffen geweſen. Weiter hat es manchmal 
den Anjchein gehabt, al3 wenn e3 in der Kammer Alles über 
und über fehre, würfe, zerjchlüge, und wie man dann dazu 
gefommen, ift Alles an feinem rechten Orte geweſen. Des 
Nachts haben fie immerfort Licht brennen müfjen, denn da 
haben fie noch am Meiften Ruhe gehabt, wenn e3 aber fin- 
fter geweſen, da hat es immer länger gedauert. Es hat 
auch den Wirth und Andere im Bette gezupft, das Bett vom 


— 3835 — 


Leibe weggezerrt 2c., Doch das Licht niemals ausgelöjcht, jon- 
dern - brennen laſſen. So find fie diefes Weſen gewohnt 
geworden, daß fie e8 nur ins Gemein verlacht und verhöhnt: 
„Siehe, da kommſt Du wieder ꝛc.“ Der Mann hatte ein Gefäß 
voll Flederwifche im Keller ftehen gehabt, das ganz feit zu- 
gemacht gewefen, die hat der Geift einmal alle herauspracticirt 
und- zwar fo, daß das Gefäß obenauf zugebecdt geblieben, 
und hat fie nach einander auf den Wirth los geworfen. Da 
bat denn dieſer exit gemeint, e8 wären nicht bie feinigen, 
indem. er gefpaßt: „fiche, was haft Du nun wieder vor? haft 
Du Flederwiſche in der Nachbarſchaft geftohlen? D gieb fie 
immer her, ich habe fie von Nöthen.” Da hat jener aber das 
Ding alle auf feinen Buckel losgezählt. Das hat er etliche 
Jahre fo. getrieben, bis es fich felbft verloren. Den Kleinen 
Kindern hat er nichtS gethan, außer daß er ihre Strümpf- 
hen, Stühlchen, Kleider ꝛc. immer nah dem Wirthe zu warf. 
Da nun das Haus nachmals von einem andern Wirthe ge- 
fauft ward, hat es fich wieder gefunden, fonderlich nachdem 
man aufs Neue das ganze Haus wegen des vermutheten 
Schates durchgrub. Webrigens meinte der frühere Beſitzer 
auch, es jei ihm nicht anders, als daß er ein paar fupferne 
Särge einftmals, als er feinen Abtritt verändern ieh, be⸗ 
merkt habe. 


442) Dr. Fauſt in Leipzig. 
Stieglitz i. d. Beitr. z. vaterl. Alterth. ber. v. d. Leipz Alterth.Vereine. 
Leipzig 1826. 8. ©. 70 sq. u. b. Scheible, das Kloſter, Bd. V. ©. 489 
sq. (die Bilder bef. f. Bd. II. ©. 16.) P. H. Sillig, Fauft in Leipzig, 
KL. Chronik, v. Auerbachs Keller n. Hift. Not. über Auerbachs Hof. M. 
Abb. Leipzig 1854. 8. Schäfer Br. I. ©. 32 fgg. Die Sage ift poetifch 
beh. von Ziehnert, Bd. L ©. 183 sa. 


Schon ber erfte Biograph des Dr. Fauft, G. S. Wibd- 
mann (1. Th. d. wahrh. Hiftor. v. d. feltf. Abent. jo Dr. 
Fauſt getrieben, ©. 281) berichtet von jenen Teufelsftüclein, 
bie Dr. Fauft in Leipzig ausgeführt. Er ift nämlich bet fei- 
nem Aufenthalte dafelbft auch in den noch jetzt vorhandenen 





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fogenannten Auerbachäfeller, der fi) unter dem 1530 neu 
erbauten Auerbachs⸗Hofe befindet, gekommen, hat dort mit 
den Studenten ein Trinfgelage gefeiert und ift fchließlich auf 
einem Weinfafje zur Kellertreppe hinausgeritten, wobei zu 
bemerken ift, daß der frühere Eingang in denfelben nicht da 
lag, wo er fich jegt befindet, fondern das Fenfter des Zim- 
mers, wo die gleich zu erwähnenden Bilder hingen, denjelben 
bildete. Von diefer Heldenthat geben noch zwei alte Bilder 
von der Hand eines unbefannten Malers (5 €. 8 8. lang, 
und in der Mitte des Bogens — fie find nämlih in dem 
obern Theile nad) dem Mauerbogen abgerundet, in dem fie 
aufgehangen find — 1 €. 18 3. ho) die um das Jahr 
1525 entjtanden fein mögen, freilich durch die Zeit und ver- 
fchiedene jchlechte Reftaurirungen viel gelitten haben und fich 
noch jest in Auerbach Keller befinden, Kunde. Auf dem 
einen Bilde ijt Dr. Fauft dargeitellt, wie er unter Mufif mit 
Studenten tafelt und zecht, auf dem zweiten ift fein Ritt auf 
dem Fafle geſchildert, auf beiden aber ift fein dämoniſcher 
Begleiter, der ſchwarze Hund nicht vergeffen. Das erfte Bild 
trägt ein lateinifches Diftihon zur Auffchrift, welches alfo 
lautet: 
Vive. Bibe. Obgraegare. Memor. Fausti. Hujus. Et Hujus.f) 
Poenae: Aderat Claudo. Haec. Ast erat. Ampla. Gradu 1525. 
Ueber der Reiterjcene fteht dagegen folgender beutjcher 
Ders; 
1525. Doctor Fauſtus Zu Diefer Frift 

Aus Auerbach Keller Geritten ift 

Auf Einem Faß Mit Wein Gefchwint, 

Welches Gefehn Biel Mutterfind. 


Solches Dur Seine Subtilne Kunft Hat Gethan, 
Und Des Teufeld Lohn Empfangen Davon. 


7) Diefe Berfe find richtig interpumgirt Teicht verſtändlich: 
Vive,bibe, obgraegare (man leſe obgraecare), memor Fausti hujus et hujus 
Poenae: aderat claudo haec (— ast erat ampla —) gradu. 

Lebe, trinke, genieße das Leben nad griechifcher Weife, eingedenk des 
Fauſtus hier (auf dem Bilde) und feiner Strafe: dieſe erreichte ihn mit. 
langfamen Fuße, war aber jchwer. 





— 385 — 


443) Der fpufende Mönch im St. Georgenhaufe zu Leipzig. 
S. Monatl. Unterr. a, d. Reiche d. Geifter. Bo. I. S. 665. 





Im vorigen und den früheren Jahrhunderten Tieß fich 
in dem Zucht- und Waiſenhauſe zu St. Georg tägli ein 
Mönch jehen, der aber Niemandem etwas zu Leide that. 
Nun trug es ſich aber zu, daß der gewöhnliche Wächter dieſes 
Orts in den zwanziger Jahren des verflojjenen Jahrhunderts, 
weil er der Gefellichaft diejes unbefannten Gefährten über- 
drüflig war, den Vorſatz fahte, ihm, jobald er ihm wieder be- 
gegnen würde, eine ſolche Ohrfeige zu verjegen, daß er ihm 
nicht jobald wieder in die Seite fommen follte. Nach einigen 
Nächten begegnete er demjelben auch, indem er mit einem 
Hunde um die zwölfte Stunde aufwärts ging, der Mönch 
aber herunterfpagiert fam. Da er nun feinen Widerfacher 
herantommen fah und ſich zu einem nahdrüdlichen Schlage 
fertig machte, ward er durch eine plögliche Mauljchelle von 
dem herummandelnden Mönche zu Boden geworfen, er lag 
nach jeinem eigenen Berichte eine geraume Zeit aller Sinne 
beraubt da und nachdem er fich ein wenig erholt, befand er ſich 
nicht weit von feiner Wohnung, nebſt feinem zaghaften Hunde, 
der auf allen Vieren zitterte, worauf er jelbit mit großer Mühe 
feinem Bette zukroch und allen Trieb zu derartigen beherzten 
Unternehmungen verloren hatte. Am folgenden Tage aber 
nahm er wahr, daß ihm ber Baden bis über die Kehle 
binunterhing, ohne daß man jedoch im Geficht irgend welche 
Verlegung ſpürte. Wiewohl er nur etliche Tage diefen Zu- 
fall zu verbergen ſuchte, um fich nicht eine gerichtliche Strafe 
zuzuziehen, hat er doch fpäter feiner Obrigkeit felbit Anzeige 
davon gemacht. 


444) Die alte Frau in der Thomasfchule, 
©. ebd. Bo. I. ©. 697 fag. 


Früher pflegten die Thomasſchüler, wenn fie erkrankten, 
Gräße, Sächſ. Sagen. I. 25 





— 356 — 


in den fogenannten rothen Thurm bei demfelben gebradt zu 
werden. Einft ftieß einem Schüler nun eine heftige rothe 
Ruhr zu und er ward, um feine Mitſchüler nicht etwa an— 
zufteden, dorthin al$ in das gewöhnliche Krankenhaus ge— 
bradt. Er war dajelbft in Gefellihaft eines andern Schülers, 
welher am viertägigen Fieber darniederlag. Zu ihrer 
Bedienung hatten fie eine Wartefrau, welche in demfelben 
Gebäude unter ihnen wohnte, aber wenn fie fie bedient hatte, 
abging und fie allein ließ. Die andere Naht nach feinem 
Dorthinfommen ward jener aber jo unruhig, daß er feines 
Schlafes theilhaftig werden konnte, fein Schlafgenofje aber 
war fo feſt eingefchlafen, daß er ihn auf feine Art erweden 
fonnte. Die Glode hatte bereit eilf geichlagen, da öffnete 
fih die Stubenthür und eine alte Frau kam hereingetreten, 
die aber, wie er bei dem hellen Mondſchein wohl bemerfen 
fonnte, nicht die Aufwärterin war. Sie hatte eine weiße 
Schleppe, wovon die Flügel unter dem Kinne zufammenge- 
bunden waren, auf dem Kopfe, eine Schaube um die Schul- 
tern und eine weiße Schürte vorgebunden. In diefer Ge- 
ftalt Fam fie auf das Bett des Schülers geraden Weges [os 
und fam ihm fo nahe, daß er ihr blafjes gelbes Geficht nebft 
ihrer langen Nafe deutlich jehen Fonnte. Der Schüler wußte 
fih vor Schred nicht anders zu helfen, als daß er das Bett- 
tuch vor die Augen hielt, worauf die Erſcheinung zurüdtrat, 
fih an den Nachtſtuhl begab und denjelben ganz ordentlich 
aufmachte. Jener aber nahm den an feinem Bette ftehenden 
Stock und gab damit der unten wohnenden Wärterin ein 
Zeichen, er hörte dieſelbe aud ohne Verzug die Treppe her— 
aufkommen, die alte Frau aber wendete ſich nach der Ede 
der Stube und verihwand Als die Wärterin herauffam, 
erzählte ihr der Schüler den ganzen Vorgang, fiel aber als- 
bald vor Aufregung in Ohnmacht, aljo, daß man ihm eine 
Ader ſchlug, wobei aber Fein Tropfen Blut fam. Dieſelbe 
Frau ift aber auch noch andern Perjonen zur Mittagsftunde 
einen, wenn fie oben auf dem Boden des Thurmes 
Wäſche aufhingen. 


— 3897 — 


445) Der alte gefpenftige Mann in der Goldfchmiedswerkitatt. 
©. ebd. ©. 701. 





Zu gleicher Zeit wohnte ein Goldſchmied in Leipzig in 
einem fehr alten Haufe. Derjelbe bemerkte nun mehrmals 
in der Stube, wo er mit feinen Gefellen arbeitete, nach ge— 
machtem Feierabend ein helles Licht, wie es denn dieſe Kunft 
damals erforderte, daß fie eine Glaskugel mit Scheidewaffer 
und andern Sahen angefüllt, vor fich zu haben pflegten. 
Weil er nun wohl wußte, daß Feiner feiner Leute in der 
Stube war, faßte er fich einmal ein Herz und fchaute durch 
das Sclüffelloch hinein, wo er denn eines alten Mannes 
mit einem grauen Barte anſichtig wurde, der mit einem 
Lichte emfig in dem Handwerkszeuge herumfuchte. Er hatte 
aber feine Luft, ihn bei diefer Beichäftigung zu ftören, fon» 
dern fehrte voll Entjegen zu feinen Leuten zurüd. 


446) Das fteinerne Bild im St, Johannishospital, 
©. ebd. ©. 722. 





Im Spital zu St. Johannes auf dem Grimmaifchen 
Steinwege befand ſich font über einer Thüre eine gewiſſe 
Statue, welcher man jährlich ein weißes Hemde mit Hals- 
frauje anziehen und einen grünen Kranz auf den Kopf jegen 
mußte, that man dies nicht, jo entitand im ganzen Gebäude 
ein jolches Gepolter, daß die alten Spitalweiber vor Ent- 
ſetzen ganz außer fich geriethen. 


447) Das verliebte Gejpenft zu Leipzig. 
©. ebd. ©. 729. 





Einjt hatte ein Student auf dem Neumarkt jich eine 
Stube gemiethet, in welcher ihm mehrere Wochen nichts 
MWunderbares aufftieß. Als er aber eines Tages nad eilf 
Uhr zu Bett ging und der Mond fo hell ſchien, daß er nad) 

25* 


— 388 — 


ausgelöfchtem Lichte Alles in feiner Schlaffammer unter- 
fcheiden fonnte, ſah er auf einmal eine alte Frau durch die 
Thüre an fein Bett treten und während ihm vor Schreck 
der Anoftjchweiß vom ganzen Körper herablief, fich bemühen 
ihn aus dem Bett zu ziehen. Weil er fi aber feſt 
dawider ftemmte, mit allen Kräften fein Bett hielt und 
zurüczog, jo ftießen fie mit den Naſen zujammen, der Geift 
ließ den ſchon in die Höhe gehobenen Studenten wieder 
niederfallen und verihwand unter lautem Seufzen. Als 
nun befagter Student am andern Abend fpäter als fonft nach 
Haufe Fam, und vor einem font zugejchlofjenen Keller vor- 
beimußte, ſah er bdenjelben ganz geöffnet und ein helles 
Kohlenfeuer in demfelben leuchten, er dachte fich jedoch dabei 
nichts, jondern begab fich in jeine Stube, wo e8 denn auch 
nicht lange mwährte, bis der Geift wiederfam und diefelben 
verliebten Angriffe auf den Studenten machte, aber ebenſo 
ſcharf zurüdgebrängt ward. Da derfelbe aljo nit ankam, 
machte er ein Zeichen, daß ihm der Student folgen jollte, 
was diefer aber wohlweislid nicht that. Am dritten Abend bat 
er einige Freunde zu fih und nahm ein Kartenfpiel vor, um 
die Zeit hinzubringen, weil er glaubte, Die alte Perſon werde 
nicht wiederfommen, allein richtig zur bejtimmten Stunde 
fam die Frau, während feine Freunde in tiefen Schlaf ge- 
fallen waren, wieder, und machte Diefelben Angriffe auf feine 
Unschuld, verfhwand aber als er bei ihm wieder nicht ankam. 
In Folge davon gab der Student feine Wohnung auf. 


448) Nir-Annchen zu Leipzig. 
©. ebd. ©. 528. 





Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts lebte in Leipzig 
eine Frauensperfon, welche in der ganzen Stadt unter dem 
Namen Nir-Annden befannt war und deren Bater ein 
Waſſernix geweſen fein follte. Etwas Bejonderes war aber 
an ihr nicht zu fehen. 


— 389 — 


449) Der Grabftein des Ritter Harras in der Thomasfirche 
zu Leipzig. 
S. Schäfer, Wahrzeichen, Bd. I. ©. 49. 





Als ein Wahrzeichen Leipzigs galt fonft in der Thomas- 
fire der Grabitein des Ritters Herrmann von Harras, eines 
Kriegsoberften Kurfürſts Friedrich's II. der im Bruderfriege 
aus Nahe gegen die Vitzthume an einem Tage 60 Dörfer 
in Thüringen mit Feuer verheert hatte und deshalb der Brand- 
meifter hieß. Er ftellt ihn ganz geharnifcht auf einem ge- 
beugten Löwen ftehend dar und giebt feinen Todestag als 
Lichtmeß 1450 an. Man erzählt nun folgende Urſache des 
Lömwenattributes. Harras war in fremde Lande in den Krieg 
gezogen, während deſſen hatte fich feine Braut mit einem 
Andern verlobt und der Teufel ſoll ihn davon unterrichtet 
und verſprochen haben, daß wenn er fich ihm zu eigen geben 
wolle, er ihn noch vor Bolliehung der Ehe nach Leipzig 
Ihaffen werde. Harras willigte ein, unter der Bedingung, 
daß auch fein getreuer Löwe ihn begleiten dürfe, er legte 
jih darauf auf felbigem zum Schlafen nieder und in Leipzig 
angelangt, wecte ihn der Löwe durch fein Gebrüll, fo daß 
er die Heirath noch verhindern und feine Braut felbit 
heimführen Eonnte. 


450) Der Mönch und der Harnifch in der Paulinerfirche. 
©. Schäfer, Bo. I ©. 0. 





Der rechte Flügel oder Lied des dem h. Paulus ge- 
weihten Altars in der PBaulinerficche zeigt den Märtyrertod 
de8 am 25. März 1253 canonijirten Dominicaner3 Peter 
von Verona, das Volk aber glaubt, es ftelle den Mönch dar, 
der der Sage nah anftatt des Markgrafen Diezmann im 
Roſenthale ermordet ward und noch fterbend das Glaubens- 
befenntniß mit feinem Finger, den er in fein eigenes Blut ge- 
taucht hatte, auf die Erde gefchrieben haben foll. 


— 53% — 


Hier war früher auch der jegt in der Sacriftei befind- 
lihe Harnifh des am 23. Dctbr. 1642 vor Leipzig töbtlich 
verwunbdeten und al3 Gefangener allhier verjchiedenen ſchwe— 
difchen Obriftlieutenants Joach. Fr. Zögen’S genannt Man- 
teuffel zu fehen; von ihm und der das Teufelgloch genannten 
Gruft, wo berfelbe mit andern Dfficieren beigejeßt ward, er- 
zählte man, daß es des Nachts da umgehe und fpufe. 


451) Der Leipziger Warzenfchufter. 
S. Tilesius, Historia pathol. singularis cutis turpitudinis J. G. Rein- 
hardi, viri annorum LIV. Lps. 1798, 4. 


Als ein Wahrzeichen Leipzigs galt auch die ausgeftopfte 
gegerbte Haut eines in den neunziger Jahren des vorigen 
Jahrhunderts zu Leipzig noch lebenden Schuhmaders %. ©. 
Reinhard, deſſen Körper an allen Theilen mit feltfamen Balg- 
geſchwülſten bedeckt war und der fich Deshalb gegen ein Wochen- 
gelb bei Lebzeiten dem anatomiſchen Mujeum  verjchrieben 
hatte. 





452) Der Teufelöbefchwörer im Leipziger Univerfitätscarcer. 
&. Monatl. Unterred. a. d. Reiche der Geifter. B. III. (Lpz. 1731.) 
©. 477. fgg. 





In Leipzig lebte zu Anfange des vorigen Jahrhunderts 
ein Advocat Namens Un., der fi) verſchiedene ungefetliche 
Dinge hatte zu Schulden kommen laſſen und deshalb in's Pau- 
linercarcer kam, dort beſchloß er den Teufel zu citiren, der 
ihm jo viele Schäße bringen follte, als er nöthig zu haben 
meinte, um aus dem Carcer zu fommen. Er ließ fich aljo 
einen vollftändigen ZauberfreisS mit andern dazu gehörigen 
Yeichwörungsinftrumenten dorthin bringen, um feine Abjicht 
auszuführen. Es ift ihm auch nad) Ausfage der Zeugen bie 
Sache foweit gelungen, daß der Teufel nach feiner vorge- 
nommenen Beſchwörung tanzen und fingen mußte, man hat 
auch von glaubwürdigen Zeugen gehört, daß man in jeiner 


— 391 — 


Kammer, in der er eingefchloffen war, bald einen Hahn 
trähen, bald eine Henne gludjen, bald einen Hund bellen, 
bald eine Kate miauen und dergleichen herrliche Muſik mehr 
hörte, ob er aber im Webrigen feinen Zwed erreicht hat, ift 
nicht befannt worden. 


453) Der Schaßgräber in der Angermühle zu Leipzig. 
S. Montl. Unterred. v. Reiche der Geifter. Bd. III. ©. 479. 





Ein Mühlfnappe in der Angermühle zu Leipzig ging am 
2. Detbr. 1707 während der Michaelis-Mefje vor das Ranſtädter 
Thor, um einen andern befannten Mühlknappen zu befuchen ; 
ftatt nun denfelben anzutreffen, fand er einen andern unbe- 
fannten Menjchen, der ihn in die Betersftraße führte, um, 
wie fein VBorgeben war, mit ihm eine Kanne Bier zu trinfen. 
Bei diefer Gelegenheit ereignete fich ein Discurs vom Schaß- 
graben. Der verfappte Mühlburfche erbot ſich darauf, ihm 
für 8 Thaler ein Buch zu verichaffen, darin die zum Schatz— 
graben nöthigen Beihwörungen enthalten wären. Sie wur- 
den darüber bald einig, jo daß ihm jener Mühlburfche ver- 
ſprach, zwei Thaler zum Voraus zu bezahlen und ſechs Thaler 
auf der Neujahrsmefje, wenn er nämlich einen Schaß gehoben 
haben würde. Darauf fängt der vermeinte Mühlburſche fogleich 
an, das geheime magiſche Buch, Dr. Fauftens Höllenzwang ge- 
nannt, abzufchreiben. Diejes Werk verrichtete er auf einem Baus 
holze an Caspar Boſens Garten. Er ſchickte indeß ben 
Jungen weg, ihm für 1 Grojchen Tabak zu holen, als diefer 
wieder fam, waren 4 Bogen von diefem Buche jchon fertig 
geſchrieben, diefelben gab er ihm, nebft drei andern Zetteln, 
worin etliche nöthige Nachrichten enthalten wagen, wie er 
fih bei der Beſchwörung verhalten müfje. Weberdies gab er 
ihm auch einen meflingenen Draht, daran vorne ein Kopf 
wie ein Schlangenkopf gebildet war. Dieſen follte er ftatt 
der Wünfchelruthe gebrauchen, doch mit dem Beding, daß er 
fie ihm wieder zuftellte. Hiermit ging nun der Junge um 
Mitternacht in feines Müllers Keller, weil er öfters hatte 


— 392 — 


ſagen hören, daß ſeit dem Schwedenkriege allda ein großer 
Schatz verborgen ſey, da denn ſeine Wünſchelruthe allezeit 
auf die Seite ſchlug. Dieſem Seitwärtsſchlagen der Ruthe 
folgte der Junge, bis ſie unterwärts ſchlug und endlich gar 
ſtillſtand, welches das Zeichen war, daß der Schatz allda ver— 
borgen lag. Darauf fing er an, den 21. Octbr. zwiſchen 11 
und 12 Uhr ſein erſtes Kunſtſtück in's Teufels Namen zu 
probiren. Er wußte ſich gar leicht in dieſe ſataniſchen Unter— 
nehmungen zu finden, er machte Zauberkreiſe, zeichnete Charactere, 
ſetzte Lichter hin und ſprach Beſchwörungsformeln, da ging end— 
lich ein Rauch auf an dem Orte des Schatzes. In demſelben 
ſah er einen Geiſt als ein kleines Männchen geftaltet, und 
wie mit einem grauen Flor überzogen, ingleichen fand er 
auch zwei Zweigroſchenſtücke auf derjenigen Lade liegen, auf 
welcher die drei Lichter vor ihm ftanden. Darauf befragte 
ihn der Geift: „ob er damit zufrieden ſey?“ und als er mit 
„Ja“ antworten mußte, verichwand derjelbe. Der Mühl 
junge verrichtete nun zum Beichluß knieend fein vorgejchrie- 
benes Gebet, nahm die vier Grofchen, löfchte das mittlere 
Wachslicht zuerft aus, nachgehends auch die andern, löſte Die 
BZauberfreife wieder auf und ging alſo rückwärts zufolge 
feiner Inftruction bis zur erſten Stufe aus dem Keller wieder 
heraus, legte ſich jchlafen und war injoweit auf dies Mal 
mit feinem gefundenen Schage zufrieden. Den 28. Detbr. 
als den folgenden Freitag nahm er den andern Proceß vor. 
Es geſchah derjelbe mit einer ſchärfern Beſchwörung als das 
vorige Mal. Der Geiſt erſchien auf ſeine halb gütige, halb 
trotzige Einladung. Es that ſich ſogar die Erde von dem 
Schatze weg, daß er den Goldklumpen deutlich ſehen konnte. 
Er für ſeinesPerſon aber fand diesmal auch nicht mehr als 
ein brandenburgifches Sechzehngroſchenſtück auf der Lade, 
welches i. J. 1686 geprägt war. Diejer neue Teufelspro- 
ceß endigte fich eben wie der vorige, wobei er jederzeit mit 
aufgeredtem Finger dem Satan einen Eid fehwören und Gott 
und feiner eigenen Seligfeit abjfagen mußte. 

An dem darauf folgenden Freitage, den 4. Novbr., wurde 


— 3593 — 


der dritte Proceß auf vorige Weife vorgenommen, wo fi 
denn der Schaf völlig äußerte. Er jah einen großen Schwenf- 
fefjel voll Gold, es fchien ihm, al3 wenn auch andermwärts 
int Keller gegen die Ede zu ein- vierediges Käftchen aus 
der Erde hervorgethan wurde, auf welchem etwas wie eine 
Karbatiche geftaltet lag. Dieſe Peitſche ſchien fich zu bewegen. 
Darauf ſah er auf der Lade einen halben Bogen Papier 
mit Schwarzen Strihen eingefaßt und inmwendig roth be- 
fchrieben. Anbei fand er auch eine gefchnittene Truthahn- 
feder. Das graue Männlein aber, welches ihm erjchienen, 
hatte ein langes Buch oder Negifter unter den Armen. Zu 
gleicher Zeit fiel ein Tropfen Wafjer von dem Gewölbe auf feine 
Hand, davon ihm diejelbe erfaltete und ein großer Bluts- 
tropfen auf derſelben fich zeigte. Als er nun diefe Feder 
ergriffen und den Tropfen Blutes darin gefaßt hatte, und 
nunmehro feinen Namen auf das Papier fchreiben wollte, 
hörte er Jemand mit ftarfen Schritten die Kellertreppe hinab- 
gehen. Er erjchrict darüber nicht wenig und läßt bei For- 
mirung des andern Buchftabens die Feder fallen, löſcht das 
ntittlere Licht aus, die zwei andern Lichter aber warf er in 
Eile in das im Keller geftandene Waſſerfaß, löſte geſchwind 
die Zauberzirkel auf und ging hinter fich an der Mauer weg 
zum Keller hinaus, traf aber, wie er da vermuthete, Feinen 
Menjchen an. Indeß war aber der andere Proceß auch zu 
Ende. Merkwürdig aber war es dabei, daß über den Aus- 
löfchen des mittlern Lichtes ein folcher mächtiger Rauchdanıpf 
in dem Keller entitand, als wenn ein Böttcher ein großes 
Faß zu pichen hätte. Zwei folgende Freitage wurde dieſer 
Sunge an ferneren Unternehmungen verhindert, einmal nänt- 
lich durch einen großen Schauer, welder ihn auf der Keller- 
treppe plöglich überfiel, daS andere Mal aber durch den ein- 
gefallenen Bußtag, da ihn fein Meifter mit ſich in die Kirche 
genommen. Nach diefen Gefchichten verfiel der Böſewicht in 
gottlofe und abjcheulihe Reden, verleugnete die chriftlichen 
Glaubensartifel und fam darüber indie Inquiſition des Meifters, 
jeines Vaters und Beichtvaterd, der gewiß viele Mühe mit 


— 394 — 


ihm hatte. Bei folder ihm unvermuthet vorgefallenen Ver— 
änderung nahm er jein Beſchwörungsbuch, zerriß e3 heim- 
lih und verbrannte alle dahin gehörigen Saden. Endlich 
befannte er in der größten Herzensangit und Bangigfeit Alles, 
was er begangen, befehrte fi von Herzen und ward ſchließ— 
lid) auch durch den damaligen Superintendenten zum Nacht- 
mahl zugelaffen. f) 


454) Der Spiritus Familiarid in Leipzig. 
S. Monatl. Unterred. v. Reiche d. Geifter. Bd. J. ©. 738. 





Zu Anfange des vorigen Jahrhunderts lebte in Leipzig 
ein Mann, dem man ben Beinamen Scheibe» Wafjer - Hans 
gegeben hatte, weil er fich gewöhnlich bei den Kupferftehern 
aufzuhalten und dort feinen Unterhalt durch Dienfte, welche 
er benjelben leitete, zu finden pflegte. Diejer fam nun eines 
Tages zu einem gewiſſen Künftler, der lange Jahre darüber 
nahgejonnen hatte, wie er den Namen eines Adepten mit 
rechtem Grunde erlangen möchte, und weil er nach dem ge- 
mwöhnliden Sprichworte die theure Venus wenig achtete, 
wenn er nur ben lieben Bulcanus zu feinem gewiſſen 
Schwager haben fonnte, jo machte er befagten Hans zu fei- 
nem Handlanger oder vielmehr zu einer Mißgeburt von einer 
Beitaliihen Jungfrau, damit er ihm fein Feuer beftändig in 
Brand erhalten möchte. Eines Tages mußte bejagter Künftler 
wegen dringender Gejchäfte fein Laboratorium verlaffen, da 
er eben eine gewiſſe Materie in einer wohl lutirten Phiole 
auf dem Sandfeuer hatte, beim Hinmweggehen aber fagte er 
zu feinem getreuen Feuer-Acdhates: „Hans, gieb wohl Acht 
auf das Feuer und fürchte Dich nicht, wenn Dich etwas im 
Laboratorio beſuchen follte, indem es Dir feinen Schaden 
thun kann.“ Dieſer wußte nicht was er hierauf für eine 
Antwort geben follte, blieb aber, dem Befehle feines Princi- 


+) Diefe Sage hat Bechftein, Deutfches Sagenbuch. Lpzg. 18583. 
©. 507 modernifirt behandelt. 


— 395 — 


pals gehorfam, in dem Laboratorio eingefchloffen, obwohl er 
gern fortgegangen wäre, und wartete der Dinge, die Da 
kommen follten, freilich nicht ohne eine gewiſſe Angft zu em- 
pfinden. Es währte auch nicht lange, jo ſah er durch Die 
verichloffene Thüre eine große Kate zu fih kommen, welche 
fo feltfame Sprünge vor ihm hermachte, dergleichen wohl 
fein fechzigjähriger Tanzmeifter jemals herausbringen würde. 
Diefe verfügte fih nach langem Herumſchwärmen in die 
Iutirte Phiole hinein, ohne dieſelbe zu öffnen, worüber fich 
Hans höchlich verwunderte, daß diejes Thier fich von freien 
Stüden in einen Narrenkaften einjchloß, bald darauf verlor 
diefelbe ihre vorige Katzengeſtalt und verwandelte fich 
in einen Fleinen Wurm, welcher fich in dieſem Feuerneft ver- 
ftedte. Da aber endlich der Künftler wieder nad Haufe fam 
und ihm Hans erzählte, was fich unterdeſſen zugetragen 
hatte, rief er ganz freudig aus: „nun babe ich den Schelm 
gefangen, nach dem ich lange Zeit getrachtet habe!‘ 


455) Der Nir bei Lindenau. 
©. Monatl. Unterr. a. d. R. d. G. Bd. J. ©. 528. 





Zwifchen Leipzig und Lindenau liegt eine Mühle, da 
hat der Nirmann einen Müller zu Anfange des vorigen 
Sahrhunderts in’3 Waſſer gezogen und erfäuft. Viele Leute 
haben denfelben dort auch am hellen Mittag mit zerlumpten 
Kleidern um die Mittagsftunde neben dem Waffer fißen und 
fih laufen fehen. Es lebten damals auch noch die Enfel einer 
Hebanıme, welche einft des Nachts zu einer ſolchen Nirfrau gerufen 
ward und ihr zu einer glüdlichen Geburt verhalf, fie traf 
unter dem Waſſer eine vollitändig eingerichtete MWirthichaft 
an, erhielt eine gute Belohnung und ward ohne naß zu 
werden, durch das Waller zurüdgebradht. 


456) Das dreibeinige Thier zu Leipzig. 
S. ebend, ©. 658. 


Wenn man zwifchen 11—12 Uhr fonjt des Nachts an 


— 396 — 


der vormaligen Halliichen Baltei jpagieren ging, ſah man 
ein breibeiniges Ungethüm daſelbſt herumlaufen. Als Ur- 
fahe erzählt man Folgendes. ALS die alte Kirche der h. 
Katharina, welche der Katharinenftraße ihren Namen gegeben 
hat, eingerifien und an deren Stelle ein Haus gebaut ward, 
hat man auf dem Grunde derfjelben ein Glas gefunden, in 
welchem der einer beſeſſenen Perſon einſt von einem Mönch 
ausgetriebene Geiſt in Geftalt einer Mücke gebannt war, 
weil nun gleichzeitig die Halliiche Baftion gebaut ward, fo 
jegte man in das Fundament bejagtes Glas und feit dieſer 
Zeit ging dort das dreibeinige Thier um. 





457) Die Rieſenhand bei Leipzig. 
©. Prätorius, Weltbeſchreib. Br. J. ©. 591. 


ALS ein Wahrzeichen von Leipzig galt ehedem ein ganz 
nahe bei dem fogenannten Kuhthurmer) liegender Stein, auf dem 
ganz deutlich der Eindrud einer Hfingrigen Rieſen- oder 
Teufelshand zu jehen war. In diefem Sahrhundert jcheint 
der Stein nicht mehr aufzufinden zu fein. 


458) Der Gänferich zu Pegau, 
Poetiſch beh. b. Ziehnert. Bo. II. S. 199 sa. 





In Pegau ift an dem fih an das Rathhaus lehnenden 
Eliterbrüdenbogen, der die Ober- von der Niederftadt trennt, ein 
geföpfter Gänferich in Stein gehauen: der foll an eine hier 
im Jahre 1664 vorgefallene Begebenheit erinnern. Bis um 
dieje Zeit ift dort nämlich ein Volksfeſt, das fogenannte 
Gänferichreiten gewöhnlich geweſen, wobei nämlich auf einem 
freien Platze ein Gänſerich an einem Stride 8 Ellen hoch 
über der Erde von einem zwifchen zwei hohen Stangen aus- 


7) In einer andern Ausg. d. Prät. B. v. 1667. Bd. U. Abth. 2. 
©. 206 ftebt durch Drudfehler irrig dafiir „Kirchthurm.“ 


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geipannten Seile herabhing; nun mußten diejenigen, welde 
um die auf der Spige zweier Stangen aufgehängten Preiſe 
fümpfen wollten, zu Roß im Galopp unter jenem Vogel 
hindurchjagen, und went es gelang, in demfelben Augenblide 
denjelben nicht blos zu erhajchen, fondern auch herabzuziehen, 
ohne aus dem Sattel zu kommen, der hatte gefiegt. Nun foll 
bei der legten Wiederholung dieſes Feites der Gänferic) 
einem jungen Burſchen, der ihn feit gepadt, die Handadern 
durchgebiſſen und derjelbe in Folge davon geftorben fein. 
Kurz und gut, feitden hörte das Volksfeſt ſelbſt nicht allein 
auf, fondern es wurde auch den Pegauern nicht blos Das 
Halten der Gänje innerhalb der Stadtmauer unterjagt, ſon— 
dern es durfte überhaupt auch feine Gans mehr nah PBegau, 
wo biejes Thier jegt vogelfrei war, bis endlich in dem lau- 
fenden Jahrhundert ſich Niemand mehr hieran fehrte. F) 


459) Das Vesperlied zu Pegan. 
Poetifch beh. v. Ziehnert, Bd. I. ©. 175. sq. 


Sm Sahre 1644 berannte der ſchwediſche Feldherr 
Torftenfohn die Stadt Pegau mit aller Macht, um diefelbe 
dafür zu beftrafen, daß zwei berüchtigte Pegauer Räuber 
oder Freifchaarenführer, Flachsveit und Fiedelhans genannt, 
die Abgeordneten diefer Stadt, welche die derjelben aufgelegte 
Contributionsſumme an den ſchwediſchen General nach Leipzig 
zu bringen hatten, überfallen, letztere geraubt, die ſchwediſche Be- 
deckung zerſtreut und verwundet und eineindem Geleite befindliche 
junge ſchwediſche Gräfin ermordet hatten. Trotzdem, daß ſich 
Pegau wader vertheidigte, hätte es fih doch nicht halten 
fönnen, denn es brannte fchon an allen Eden, da zog ber 
damalige Superintendent Lange in Amtstracht mit 12 Knaben 
in ZTodtenhemden unter Ablingung bes befannten Liebes: 
„Wenn wir in höchften Nöthen fein, und willen nicht wo 


ch Nach einer andern Sage hätte einmal ein Gänſerich ein iud zu 
Pegau todt gebiſſen und darauf beziehe ſich das Bild. 





— 393 — 


aus noch ein‘ ꝛc. in das fchwedifche Lager, und Torſtenſohn, 
der in Lange feinen frühern Lehrer erkannte, gewährte ihm 
Gnade für feine Stadt. Bei dem Wiederaufbau derjelben 
ward auf die neue Superintendentur nah Morgen hin eine 
mit dem Namenszuge Lange’3 und der Jahreszahl 1647 be- 
zeichnete Fahne gebracht, nach Abend hin aber, wo das 
Schwedenlager gewefen, ein Kreuz aufgejtellt und hierauf ein- 
gerichtet, daß jeder Nachmittagsgottesdienft in Pegau mit dent 
oben genannten Liede zu beginnen habe. 


460) Der Gewinneberg bei Tauche. 
Poetiſch beh. v. Ziehnert Bd. I. ©. 165 sq. 


In der Nähe des Städtchens Taucha bei Leipzig bei 
dem Dorfe Dewig befindet fich ein ziemlich niedriger, mit 
Birken bepflanzter Berg, den man den Gemwinneberg nennt 
und der wahrfcheinlich feinen Namen von dem früher auf 
ihm ftehenden, aber von den Huſſiten (1430) zeritörten 
Schloſſe Wyn führen mag. Allerdings erzählt man, derjelbe 
fei von einem Ritter von Plößigk fo genannt worden, der 
nit feinem Bruder in Feindfchaft gelebt und denfelben auf 
dDiefem Berge bejiegt habe, allein dies iſt ebenjo wenig 
wahrſcheinlich, als daß derfelbe jeinen Namen feit dem be- 
fannten Kriege der beiden ſächſiſchen Fürftenbrüder Friedrich 
und Wilhelm führe, wo jene Begebenheit, daß ein geübter 
Büchſenſchütz den Letztern habe treffen wollen, von Friedrich 
aber abgehalten worden ſei mit den Worten, „ſchieß wen 
Du willft, nur meinen Bruder nicht, fich hier zugetragen 
habe. Wie dem auch fein mag, das Volk erzählt fih, daß 
auf dieſem Berge ein großer Schag verborgen liege, der nur 
alle 100 Jahre zu heben fei und an dem beſtimmten Tage 
fih durch ein hellloderndes Feuer, welches von dem Blake, 
wo er ruhe, weithin wahrgenommen werden könne, Fund thue, 
bei demjelben wache aber ein Geift, der auf folgende Art 
an ihn gebannt ſey. ES Hat einmal zu Taucha ein armer 


— 399 — 


Tagelöhner gelebt, der zwar nur wenig verdienen konnte, 
allein mit dem, was ihm Gott befchieden, zufrieden war. 
Zu dieſem tft eines Nachts ein Geſpenſt an's Lager getreten 
und hat ihn aufgefordert ihm zu folgen, er wolle ihn zu 
großem Reichthum verhelfen. Er ift aljo aufgeitanden und 
hinter dem Geifte durch die menjchenleeren Gafjen der Stadt 
hergewanbelt, bis fie auf dem Gipfel des Gewinneberges an- 
famen. Dort hat ihm der Geift ein helles Feuer gezeigt, 
welches aus einer Grube auffhlug und gejagt, er folle nur 
fe darauf losgehen, das Feuer werde ihm nichts anhaben, 
und folle den Kefjel mit dem Schage aus der Erde heraus- 
heben und getroft nach Haufe tragen, ſich aber hüten etwas 
daraus zu verjchütten, weil ſonſt der Keffel zerfpringen und 
fein ganzer Inhalt verloren fein werde. Außerdem gab er 
ihm auch noch eine Kleine Schelle, die er ihn aufforderte um 
den Hals zu hängen, und ſagte ihm, diejelbe werde jedesmal 
läuten, wenn er irgend etwas Gutes thun oder einen böjen 
Gedanken aufgeben folle, er felbft habe freilich denſelben 
Schatz nicht gut angewendet, den er vor nun 100 Jahren 
gehoben, und habe nun bis diefen Augenblid dafür ruhelos 
umher wandeln müſſen, er folle alfo ja auf den Warnungs— 
ton hören, damit er nicht zur gleichen Strafe verdammt werde. 
Bei diefen Worten verſchwand er und der arme Tagelöhner 
ichleppte feinen fchweren Kefjel mit vieler Mühe, aber glüd- 
lih nad Haufe. Als er nun das viele Geld jah, wußte er 
vor Freude nicht wo aus noch ein, faßte die beiten Vor— 
ſätze und nahm fich vor, fo zu leben, daß es ihm nicht gebe, 
wie feinem unglüdlihen Vorgänger. Vor Allen bejchloß er 
von feinem Neichthum eine Kirche zu bauen, und machte fich 
flugs an's Werk, und weil er gut zahlte, arbeitete Alles mit 
Luft, und wo er fih nur fehen ließ, oder wo man fein 
Kommen am Ton jener Schelle hörte, kamen ihm alle Armen 
und Bedrängten entgegen, denn fie waren ficher, daß er 
ihnen Unterftügung bradte. AS aber mit der nahenden 
Vollendung des Baues auch der Schat abnahm, da fing an 
der Geiz in das Gemüth des fo ſchnell Neichgewordenen ein- 


— 400 — 


zuziehen, ex überlegte fi, daß er mit den Summen, bie er 
auf das Gotteshaus und die Armen wendete, jich gute Tage 
machen fönne, und jo ward er bald ein Berjchwender, und 
jo freigebig er bisher gewefen, jo geizig und hartherzig wurbe 
er nun. Deshalb quälte er auch die Bauleute bis auf’s 
Blut, und wenn fie die Schelle hörten, da mußten fie auch, 
daß ihr Peiniger nahe. Siehe da geihah es, daß einft, als 
er mitten unter feinen Genofjen bei reichbefegter Tafel ſaß, 
ein furchtbares Gewitter heranzog und während er am wenig— 
ften daran dachte, da fuhr ein furchtbarer Blitz herab, tödtete 
ihn und zerftörte zugleich auch den noch nicht beendeten Bau, 
was ihm aber noch von jenem Schaß geblieben, das trugen 
die Geifter wieder dahin zurüd, wo er es gefunden hatte, 
und fein ruheloſer Geift, der nun die Stelle des früheren 
MWächters eingenommen hat, geht Hagend und feine Gegen- 
wart durch Schellen verfündigend, jede Mitternacht auf dem 
Gewinneberg auf und ab und hofft auf Erlöfung durch einen 
andern Unglüdlichen, dem jener Schatz beſchieden ift. 


461) Wie die Babufchen nach Groigfch gekommen find. 
Poetifch beh. v. Ziehnert. Br. I. ©. 117 sa. 


Bei Leipzig liegt das Heine Städtchen Groitzſch, deſſen 
Hauptnahrungszweig in dem Anfertigen von fogenannten Ba- 
bufhenz) und PBantoffeln von Corduanleder befteht. Die 
Kunft dieje urfprünglich türkifche Fußbefleidung zu verarbeiten 
joll von einem Schuhmachergejellen aus Groigih, Namens 
Meyer, um das Jahr 1617 in feine Vaterſtadt gebracht 
worben fein, und erzählt man, derſelbe jei auffeiner Wanderung 
in der Fremde in Die Hände eines Algierfchen Corſaren gerathen 





+) Das Wort Bäbüsch ftammt urfprünglih aus dem Perfifhen und 
it dann in's Arabifche, Türkifche, Franzöſiſche, Deutſche und Neugriehiiche 
übergegangen. Urfprünglich waren dieſe Pantoffeln nur von Maroquinleder, ihre 
Form iſt aber im Orient ſelbſt verſchieden. (ſ. Dozy. Diet. des noms des 
vetemens chez les Arabes. Amst. 1845. p. 59 80.). 


— 41 — 


und von diefem nad Conftantinopel verfauft worden, dort 
fei er als Gärtnerfnedht in die Gärten des großherrlichen 
Serail3 gefommen und habe dafelbft mit einer Türkin Be- 
kannſchaft gemacht, diefelbe entführt und mit in fein Vater- 
land genommen. Da er nun aber feine Schäße mitgebracht 
hatte, jo fam er auf den Gedanken, ſolche Bantoffeln zu ver- 
fertigen, wie er in der Türkei ſowohl von Männern als 
Frauen hatte tragen fehen, und da er überdem im Auslande 
auch die Bereitung des Corduanleders gelernt hatte, fo ge- 
lang ihm dieſe Speculation fo gut, daß er nicht blos felbft 
dadurch reich ward, fondern daß auch feine Vaterſtadt von 
da an faft ganz Europa mit dergleichen Schuhmerf verfah.r) 


462) Die Melanchthondbirnen zu Pegan. 
Bechſtein a. a. O. ©. 512 sa. 





Im Superintendenturgarten zu Pegau fteht ein Birn- 
baum, deſſen Früchte von ganz befonderenn Wohlgeſchmack find 
und Melanchthonsbirnen genannt werden, und hat es damit 
folgende Bewandtniß, wie fie ein Zeitgenoſſe M. Andreas 
Göch, Superintendent dafelbft, mit eigener Hand niederge- 
fchrieben. Dieſe Birnart war urjprünglid in Zeilen (Zö— 
chen) zwiſchen Leipzig und Merjeburg, wo M. Göch Bfarrer 
war, zu Haufe, und hieß alldort die Rewotzer (Rewitzer) 
Birne. Der M. Göch, ein eifriger Obftzüchter, wurde fpäter 
Superintendent zu Begau und ließ fi von Zeilen Pfropf- 
reijer bringen, um in Begau ebenfalls dieje Birnen zu ziehen. 





T) Nach einer andern Berfion der Sage wäre jene Begebenheit um: 
ter Wiprecht von Groitfch gefallen, es hätte die Türkin Babufe geheißen, 
e8 wären die Liebenden durch die Wachen geftört worden, und hätte fich 
Meyer einen Schuh feiner Schönen mitgenommen, fei dann aber wieder 
ergriffen worden, al3 Sclave zu einem Gerber gekommen und nachdem er 
hier die Behandlung des Corduans gelernt, von diefem nad 4 Jahren 
freigelaffen worden: in fein Vaterland zurücgelehrt, habe er angefangen, 
dergleichen türkifche Schuhe zu machen und diefe zu Ehren feiner verlore= 
nen Geliebten Babuſchen genannt. 

Gräfe, Sädf. Eagen. I. 26 


— IR — 


Sie waren fonberlich ſchöner Art, auf ber einen Seite roth, 
auf der andern gelbgefprenfelt, jaftig und überaus wohl 
fchmedend, der Pfalzgräfinbirne ähnlid. Da nun zu einer 
Zeit Herr Philippus Melandthon vom Kurfürften Auguft zu 
Sachſen zu ihm zu reifen aufgefordert ward, jo führte erfteren 
fein Weg über Zefjen und er vergnügte ſich, den bortigen 
Pfarrheren zu beſuchen. Diefer fühlte ſich durch ſolchen Be- 
ſuch hochgeehrt und wartete dem berühmten Manne auch mit 
feinen trefflihen Birnen auf. Philippus fand bieje Birnen 
fo ausgezeichnet, daß er nahe an ein Schod ſich ſchenken ließ 
und fie dem Kurfürften und feiner Gemahlin mitbrachte, wo 
fie auch deren hoher Gaſt, der Kurfürft von Brandenburg, 
zu verfuhen befam. Bei dieſer Gelegenheit empfahl nun 
Melanchthon feinem gnädigen Herrn auch den fleißigen Pfarr- 
herren zu Zeſſen, welche Empfehlung einen fo trefflihen Er- 
folg hatte, daß der Kurfürft denjelben nicht nur mit ftatt- 
licher Begnadigung bedachte, fondern auch feine Kinder in 
den Fürftenfchulen mit Stipendien unterftügte. Dies trug 
M. Göch dankbar in ein Buch ein und richtete an feine Nach- 
folger die Bitte, des hart am Haufe ftehenden Melandhthon- 
baumes — denn fo hatte ihn der Pomolog von 1560 genannt 
— zu fehonen, ihn zu warten und feine Art nicht ausgehen 
zu laſſen — welches auch treulich befolgt worden ift. 


463) Der treue Hund zu Pegan. 
Miündlic. 


Da wo jebt das Amt in der Stabt Pegau fteht, befand 
fih in der Zeit des Papſtthums ein Klofter, die Gebäude 
defjelben find aber fpäter zu dem oben genannten Zwecke 
benugt und verändert worden und fo ift auch im Laufe 
ber legten zwanzig Jahre ein Wahrzeichen, welches an 
einem berjelben zu jehen war, verſchwunden. Man erblidte 
nämlid in einer Höhe von ohngefähr 8 Ellen von der Erbe 
aus in der Mauer einen Stein, in welden ein Hund, der 
ein Körbchen im Maule trug, eingehauen war. Diejes Bilb 
jollte der Nachwelt das Andenken an eine rührende Hand» 





— 403 — 


lung jener Dankbarkeit bewahren, welche eine der größten 
Bierden jenes jest fo verfolgten Thiergefhlechts ausmacht. Es 
ift nämlich einft ein Mönch wegen irgend eines ſchweren Ber- 
gehens zum Tode durch Einmauern in jenem Klofter verur- 
theilt worden und die Strafe warb wirklich vollzogen. Als 
er nun fo ſcheinbar von Gott und Menfchen verlafjen, leben- 
dig todt in feinem fchauerlihen Grabe ſich wilder Verzweif- 
lung bingab, hörte er am Fuße der äußern Mauer ein 
Scharren und Winfeln und überzeugte fih, daß dies nur 
fein treuer Pudel (oder Spitz) fein könne, den er früher be- 
jeffen hatte. Es gelang ihm mit vieler Mühe, einige Steine 
aus der Wand zu ziehen und fich jo dem Thiere bemerklich 
zu machen. Kaum hatte das kluge Geſchöpf bemerkt, daß 
fein armer Herr noch lebe, jo eilte es fort und kehrte nad) 
einiger Zeit in der Nacht wieder zurüd, verkündete buch 
Bellen feine Rückkehr, und fein Herr, der den Hund früher 
ſchon zu ſolchen Dienften benußgt hatte, ließ ein aus feinen 
Kleidern geriffenes Stüd Zeug hinab, der Hund wußte das- 
felbe an den Korb zu befeftigen, und fiehe der arme Mönch 
hatte die Freude, ein Körbchen mit Speifen heraufziehen und 
buch die Mauer hindurch ergreifen zu Tönnen. Wer dem 
Hunde jene Speifen gegeben, ift unbefannt, genug er ernährte 
feinen Heren viele Tage lang, bis er endlich einmal entdedt 
ward, allein in jener jogenannten finftern Zeit war man 
empfänglicher gegen edle und großherzige Thaten wie heute, 
der Mönch warb von feinen Richtern begnadigt und das 
Bild des Hundes für alle Zeiten der Nachwelt als Zeichen 
feiner Treue und Klugheit erhalten.r) 


464) Der Melkftein bei Pegan. 
Mindlich. 


Hart an ber preußifchen Grenze in der Nähe von Wür- 


+) Es gibt jedoch noch eine andere Sage von diefem Hunde, ber 

jede Mitternacht die Stadtmauer umkreifen fol. Es habe nämlich eine 

Nonne mit einem Pudel Unzucht getrieben und fei dort eingemauert worden, 
26 * 





— 44 — 


ben befand fich früher ein Stein, auf welchem eine Kuh mit 
einem Milcheimer abgebildet war, der hieß der Melkftein und 
follte anzeigen, daß einft, als die Peft in Pegau wüthete 
und Niemand vom Lande in die Stadt zu gehen fich ge- 
traute, bis hierher die Kühe getrieben und bier gemolfen 
wurden, worauf die Städter die für fie hingeftellte Milch ab- 
holten und nad Pegau jchafften. | 


465) Die tapfere Gaftwirthin zu Duefig. 


Was unter Umftänden eine Frau zu leiften vermag, 
dafür fpricht das Beifptel der Wirthin von Queſitz, einem 
Dorfe in der Nähe von Marfranftädt. Diefelbe lebte in der 
Mitte des 17. Jahrhunderts und galt weit und breit für ein 
fo böjes Weib, daß Jedermann fich hütete, mit ihr in Streit 
zu gerathen. Bon kurzen Worten ging fie gewöhnlich bald 
zur. That über und: wehe dem Opfer, welches unter ihre 
Fäufte gerieth, denn in der Wuth Fannte die Wittwe feine 
Grenzen und es waren Beijpiele vorhanden, daß fie Manns- 
leuten Rippen zertreten und Gliedmaßen. gebrochen hatte. 
Bei ruhigem-Blut war fie indeß eine gute, fromme Frau und 
namentlich Wohlthäterin der Armen. Man mußte fich eben 
nur in Acht nehmen, fie zu erzürnen. Diejes Unglüd aber 
paffirte dem Herzogl. Sachfen-Weißenfelfifchen Reiter Stephan 
Pietzſch. Diefer befand ſich im Geleit feines Herrn, der nad 
Dresden reifen wollte und auf dem Rittergute zu Queſitz, 
das damals Hanjen von Diesfau gehörte, einfehrte, weil an 
dem Wagen eine Achje gebrochen war.. Die. herzogl. Reiter 
wurden im Gafthofe einquartiert und mit ihnen auch Piegich, 
welcher durch die von der Wirthin. bewiejene aufopfernde 
Gaftfreundfchaft fo übermüthig wurde, daß er gegen bie 
Hausfrau mit Schnurrpfeifereien vorzugehen begann, welche 
auf deren Antlig einen bedenflihen Ernft hervorriefen. Als 
aber beim Haferfajjen der Reiter abermals einen Schalfs- 
ftreich wagte, brannten auf feinen bärtigen Wangen zwei 
Badpfeifen, wie er fich foldhe von. einer. menſchlichen Hand 





— 405 — 


nicht hatte vorftellen können. Er flog Topfüber zu Boden, 
raffte fich jedoch wieder auf und ftürzte wüthend auf feine 
Gegnerin zu, die ihm jedoch einen fo entjeglihen Fußtritt 
verabreichte, daß der unglüdlihe Spaßvogel fi” abermals 
überfollerte. Auf Pietzſchens Gefchrei eilten nun noch andere 
berzogliche Reiter herbei, um ihrem gemißhandelten Kamera— 
ben beizuftehen, die Wirthin aber ergriff eine Düngergabel 
und ging den Feinden zu Leibe. Die Reiter wurden von 
der wüthenden Frau in die Flucht geſchlagen, und da jetzt 
auch andere Leute hinzuliefen, fo bildeten fich zwei Parteien, 
die eine förmliche Schlacht lieferten. Der Tumult wurde fo 
gewaltig, daß man die Sturmglode 309, und als ber Herzog 
in eigener Perſon mit dem Herrn von Diesfau herbeieilte, 
fämpfte die Wirthin noch mit Löwenmuthe und hatte bereits 
achtzehn Leute verwundet. Selbſt dem Befehle des Herzogs, 
die Düngergabel mwegzulegen, antwortete die Furie nur dur) 
einen erneuten Angriff. Es blieb zulegt nichts meiter übrig, 
als dem Rathe des Schulmeifters, der früher gegen die Tür- 
fen gedient hatte, Folge zu geben. Während er nämlich eine 
Anzahl Kämpfer gegen die Wirthin anrüden ließ, ſchlich der 
Schulmeifter ſich hinter fie und warf ihr die Schlinge einer 
Aderleine un den Hals. Erft nah furchtbarer Gegenmwehr 
und nachdem die wüthende Frau dem Schulmeifter ein Ohr 
abgebiffen, gelang es, ihr die Hände zu binden und fie in 
einen Stall zu fperren, wo fie bi tief in die Nacht fich mit 
Schimpfworten und Schmähungen hören ließ, bis endlich 
die Erſchöpfung fie zum Nachgeben zwang. Bei dem Streit 
waren dreißig Menfchen verwundet worden, von denen jpäter 
2 ftarben. Pietzſch, welcher eigentlich durch feinen falſch an- 
gebrachten Humor zu dem ganzen Unglüd Veranlaſſung ge- 
geben hatte, mußte nad Heilung feiner Wunden acht Tage 
bei Waffer und Brod im Gefängniß fteden, die fühne Frau 
aber blieb durch Fürſprache des von foldem Muthe über- 
raſchten Herzogs ftraffrei. In Queſitz galt noch lange nad) 
der Wirthin Tode das Sprichwort: „Er wird gehätichelt wie 
Piegih am Haferkaſten!“ 


— 40. 


466) Der prophetifche Barfüffer zu Chemmiß. 
Curiosa Sax. 1733. ©. 77. 


Als den 19. April des Jahres 1540 die Barfüfler- 
mönche aus der Stadt Chemnig vertrieben wurden, hat einer 
berfelben, Bruder Barthel genannt, zuvor auf dem Sauanger 
vor Chemnig eine Baletpredigt gehalten und darin folgende 
Dinge prophezeit, jo alle richtig eingetroffen. So hat er ein 
unter feinen Zuhörern ftehendes Weib- aljo angeredet: „o Du 
liebes Weib, Du trittft allhier und hörft mir zu, weißt aber 
nicht, daß Dir unterdeffen Dein einziges Kind im Babe er- 
teunfen iſt“, welches fie auch aljo todt gefunden. Ingleichen 
bat er verfünbigt, daß der gute Mühlfteinbruch bei Chemnig 
gangbar werben, und daß in den beiden Kirchen zu St. Jo— 
bannes und Nikolaus auf dem Altar Heibelbeerfträucher wach⸗ 
jen würden. Dies tft auch gefchehen, denn es find beide Kir- 
chen nebſt der Dvillen-Gapelle im Jahre 1547 von den Feinden 
eingeriffen worden, wie fie denn vorher viel jchöner und 
größer denn jeßo gebaut geweien. Weiter hat er diejer Stabt 
angejagt, daß fie nad ihm eine ſchöne wohlgebaute Stabt, 
volfreich und mit vielem Glüd und Gaben Gottes würde be- 
gabt werben, allein wegen ihres Webermuth8 und anderer 
Sünden werbe fie von Gott mit Beftilenz, Kriegsnoth, Feuer- 
ſchaden und endlich mit einer großen Wafjerfluth geftraft und 
beimgejucht werden, was auch leider bald nachher eingetroffen 
ift. Don Neunkirchen im Amte Chemnit hat dieſer Mönch 
gejagt, daß jein Erbherr ein großes Schloß daſelbſt bauen, 
aber feiner allhier fterben und begraben werden dürfe, ferner 
es werde dafelbft auch eine fteinerne Brüde erbaut werben, 
darauf werde eine doppelt verlobte Braut, wenn fie zur 
Kiche fahren wolle, verfinfen, welches Beides die Erfahrung 


wahr gemacht. 


467) Die Sagen von der Schloßficche zu Chemniß. 
Curiosa Sax. 1735. ©. 127. ®Boet. beh. v. Ziehnert Bd. II. ©. 161 sq. 


Auf dem Pflafter der Schloßfiche zu Chemnit fieht man 








— 401 — 


einen bunfeln Fled, der daher rührt, daß einft ein Mönch, 
der fih bei einer dort gehaltenen Himmelfahrtsfomödie an 
der Mafchine, die zum Hinaufziehen in ein oben befindliches 
Gewölbe oder zum Herablaffen aus diefem diente, hinaufziehen 
ließ, im Herabfallen zu Tode ftürzte. In derfelben Kirche 
befindet fich auch das Bild des Abtes Hilarius, der dieſelbe 
etliche Jahre vor der Vertreibung der Mönche hatte vepariren 
laffen. Dieſes Bild darf aber von Niemanden genedt oder 
von feinem Drte mweggenommen werden, wenn dem Thäter 
fein Unglück begegnen fol, wogegen es einft einer Haus- 
magd, die es hübjch gefäubert, diefen Dienft mit einem alten 
Thaler gelohnt hat. 


468) Die Wahrzeichen der Stadt Chemnik. 


Iccander, Sächſ. Kernchronik IVI. Com. ©. 472. Richter, Chemniker 
Chronit Bd. I. ©. 236 u. Denkw. v. Chemnitz ©. 51. 


ALS Wahrzeichen der Stadt Chemnit zeigte man jonft 
das Büchlein, welches mitten über den Markt floß, und ben 
ausgehauenen weiblichen Kopf am Pfortenthor rechts bei dem 
äußern Eingange. Der Kopf fol anzeigen, daß vor vielen 
100 Jahren bier eine Nonne eingemauert 'oder hingerichtet 
(nach Andern hätte fie aber als Strafe 5 Mauerthürme vom 
Nicolaithore bis zur Pforte anbauen müfjen; nad einer an- 
dern Sage wäre es eine vornehme Chemniterin Namens 
Hofmann geweſen und bie Sache 1415 gefchehen) ward, bie 
einen unnatürlichen Frevel mit einem Hunde verübt hatte. 
Ein anderes Wahrzeichen war bis 1617 das Bild des foge- 
nannten Grüßnidels, eines Stadtoriginals, der früher hier mit 
Grügmehl haufiren ging und in einen Schafpelz gekleidet war, 
an dem Rathhausthurme. Nach dem Brande von 1617 ward 
jedoch bei der Wiederherftellung des Thurmes (1619) dies 
Bild nicht erneuert. 


469) Der ſpukhafte Mönchskopf zu Chemnitz und Dresden. 
Sccander a. a. DO. CXLV. Com. ©. 15 sa. 


Sn der Stadt Chemnit bei dem fogenannten Klofter in 








ber Vorwerksſtube war noch vor nicht gar langer Zeit ein 
Mönchskopf zu jehen, auf dem, jo oft man die Stube reparirte, 
allemal ein Groſchen Geld liegen gefunden ward. Dieter 
Kopf war aber jehr empfindlih, wenn Jemand mit ihm 
Kurzweil treiben wollte. So ift einmal ein Steinmeßgejelle 
nad Chemnig gekommen, und weil er Vieles von dieſem 
Kopf gehört, hat er ihn fjehen wollen. Als er nun deſſen 
altes, zorniges Geſicht genau betrachtet, hat er es nachzu- 
machen und überall auszufpotten fich viele Mühe gegeben. 
So ift es gefchehen, daß er mit einer Gejellihaft von Kame- 
taben einmal nah Haufe ging, da Fam ihm ein Bebürfniß 
an, und als unterdefjen feine Reijegefährten weiter gingen, 
ift er, wie er fpäter ausfagte, von einem Mönd in einen 
mit Eis bebedten Teich — es war gerade Winterszeit — 
geworfen worden, und hat ihn derjelbe dermaßen geängftigt, 
daß, als jeine Kameraden, die wieder umfehrten, ihn fuchten, 
fie ihn winfelnd und faft vor Schreden ſtumm antrafen, für 
todt herauszogen und jo nad Haufe bradten. Sein Mund 
war ihm bdergeftalt der Quere gezogen, daß er über ein 
halbes Jahr zubrachte, ehe er wieder gejund ward, aud in 
ber Kirche für ihn gebetet ward. 

Noch im erften Viertel des vorigen Jahrhunderts hat 
an einem gemifjen Ort zu Dresden in einer Mauer ein 
Männchen geftanden, welches Alle, die es verirt, mit Ohr— 
feigen regalirte, bis ein neuer Bejiger des Haujes es durch 
Maurer, die nichts davon wußten, ohne Gefahr abheben und 
in ein anderes Haus tragen ließ, wo es dann weder ben 
Arbeitern, noch dem Hausherren etwas zu Leide that. 


470) Der geſpenſtige Reiter bei Flöhe. 
Mündlich. 





Vor einigen Wochen fuhr im Sommer 1859 die Dres— 
dener Fahrpoft (nach Chemnig) während einer Mondichein- 
naht duch ein Gebüſch auf der Straße nad dem Dorfe 
Flöhe bei Deberan, plötzlich wurden die Pferde ſcheu, denn 
e3 fprang vor ihnen auf dem Wege der Schatten eines Rei- 


= — 


ter3 in die Höhe, der an ihnen vorbeifaufte. Denjelben ſahen 
nicht bloß der Poſtillon und der Schaffner Finſterbuſch, jon- 
dern auch die Paſſagiere. Im nächſten Stationsort ange- 
kommen, erzählte ihnen ein Fuhrmann, daß er dafjelbe Ge- 
ipenft mehrmals zu diefer Zeit bei fich habe vorbeifommen 
ſehen. 


471) Der geſpenſtige Haſe bei Frankenberg. 
Mündlich. 


An der Frankenberger Straße, die nach Chemnitz führt, 
ſteht in einem Dorfe ein ſchöner neugebauter Gaſthof, in 
dem kein Beſitzer lange bleibt, denn da läßt ſich am Tage 
und des Nachts ein Haſe ſehen, der überall neben dem Haus— 
herrn herläuft, allerdings ohne ihm etwas zu thun, für alle 
Andern aber unſichtbar iſt. 


472) Das wilde Weibchen bei Chemnitz. 
Chad, Leipz. Kriegs- und Friedens-Schäferei S. 2. 


Am 18. Auguft des Jahres 1644 ward bei Chemnik 
auf der Jagd im Walde ein wildes Weiblein gefangen, das 
war eine Elle lang in Geftalt eines Menfchen, ihr Angeficht, 
Hände und Fußfohlen waren glatt, ſonſt aber war e3 überall 
ganz rauch. Dieſes MWeiblein fing an zu reden und fagte: 
„ich verfündige und bringe den Frieden im Lande, wollte 
Gott!” und hat darauf geichwiegen. Der Churfürft befahl, 
daß man fie wieder laufen laffen folle, weil vor 25 Jahren 
au ein Männlein in gleicher Geftalt gefangen ward, welches 
den Krieg verfündigte. 


473) Sage vom Schloß Rauferftein bei Zöblig. 
Hafhe, Mag. Bd. II. ©. 462. 





Eine Stunde von der Stadt Zöblik liegt auf einem 
hohen Berge diefjeitS des Schwarzwafjers ein Schloß, Lauter- 


— 409 — 


ftein mit Namen. Dieſes ift zuerft ein Raubſchloß gemefen, 
und hat fich einmal hier ein Reiter, der verfolgt ward, mit 
feinem Rofje vom Felfen herabgeftürzt, das Pferd ift tobt ge- 
blieben, der Reiter aber zwar mit dem Leben davongekom⸗ 
men, aber von feinen Feinden gefangen worden. 


474) Prophezeiung vom Bergwerk zum Bährenftein. 
Haſche, Mag. Bd. II. p. 378-391. _ 


In dem Gifterzienjerklofter St. Nillas zu Grünhain in 
dem Kreisbirectionsbezirt Zwickau hat ein Mönd, Namens 
Thomas, im %. 1536 verjchiedene Prophezeiungen über den 
zufünftigen Bergbau jener Gegend niebergefchrieben, darunter 
auch eine von ber Auffindung eines reichen Stollen auf 
dem Bärenftein. Es hat nämlich, wie er erzählt, im Klofter 
ein Eluger Mann, Namens Peter (Bater) Roſenkranz, gelebt, 
der noch am Leben geweſen, wie der Schneeberg ift fündig 
geworden (1471), auch den Rojenkranzer Stollen dajelbft an- 
gewieſen hat, wie auch zugetroffen, den hat auch Kunz von 
Kauffungen, bevor er die Fürften von Sachſen vom Schloß 
Altenburg (1463) entführt, um Rath gefragt, und der Rojen- 
franz hat feinem Vorhaben mächtig gemwehrt, daß er jich fol- 
ches nicht unterftehen folle, und ihm angezeigt, daß es fein 
Leib und Leben often würde, wie es denn auch geichehen. 
Der hat auch angezeigt, daß ein groß Bergwerk am Böhl- 
berg auflommen und eine jchöne Stadt St. Annaberg dahin 
gebauet werden, daß man groß und viel Erz daſelbſt brechen 
würde und folle dies eine gute Meile beftändig fein, dann 
noch eine Zeche zwiſchen der Schlettau und dem Böhlberg 
angehen und in vielen Maßen Ausbeute geben werde, das 
himmlische Heer genannt. Dergleichen werde auch zwijchen 
dem Bölberg und Bährenftein angehen, und zuerjt ganz ver- 
achtet fein, darnach aber werde viel Erz gebrochen werben 
und wenn das Bergwerk neben Schladenwerda in Abnehmen 
fommen würde, dann werde ein Bergwerf am Bährenftein 
bei Klofter Grünhain auffommen, das werde eine lange- Zeit 





— 41 — 


guten Beitand haben, und man da folden Reichtum an Erz 
brechen, daß, wer am Ende einen Kur erhalten und bauen 
würde, davon noch feine Kindeskinder Nahrung haben wür⸗ 
den, und es werde an demfelbigen Orte am Bährenftein eine 
Stadt gebauet werden, wohin die andern Städte zu Markte 
gehen würden, und werde das Erz liegen vorn am Bähren- 
ftein unter dem großen Steine herabwärts, die Mönche wür- 
ben aber folches nicht erleben, fondern durch einen Aufruhr 
verjagt werden, und ob fie gleich wieberfämen, fo würden 
fie doch ausgerottet und das Klofter jo wüſt werden, daß 
auf der Kirche und den Mauern Him-, Heidel- und Erbbee- 
ren wüchſen, und werde dann fol Klofter mit feinem Zu- 
behör an die Fürften von Sachen kommen, bei denen dann 
dieſes Bergwerk, wenn wilde Bäume fo ftark, daß man aus 
ihnen Bretter jchneiden könne, in dem Kloftergarten auf- 
wachen würden, aufkommen werde. Unter Abt Georg Kütt- 
ner (F 1517) find brei erfahrene Schüler in's Klofter ge- 
fommen, bie haben ebenfalls gejagt, daß nach feinem Tode 
ein Aufruhr entjtehen und die Mönche würden verjagt wer- 
den. Auch find diefe mit dem befagten Mönch Thomas auf 
den Bährenftein gefommen, und haben bafelbft an einem 
Ilmbaum ihre Kunde gebrauht und gejagt, daß nirgends 
ein größerer Knote Erz beifammen liege, denn an diefem Orte 
unter dem Steine herab an der Ede des Bährenfteins und 
werde, wenn die Zeit fomme, ein folder Zug von Bergwerk 
bier entitehen, daß eine Zeche an der andern fein werde, bis 
über das Waller dafelbit ein Gang fich finden werde, ber 
fein Streihen vom halben Abend in halben Mittag habe 
und da fügten ſich fo viele Gejchiebe, Flöge und Kalle zu- 
fanmen, daß man ihn wohl mit St. Georg auf Schneeberg 
vergleichen könne. Nach dem Abfterben des genannten Abtes 
ift Herr Johann Gottfried (Göpfert) an’3 Regiment gefom- 
men und zu dem hat ein Köhler zu Schwarzbadh, der alte 
Burkhart genannt, in's Klofter ein Gefchiebe wie ein Bade— 
hütlein groß, daß er beim Abräumen bes Meilers etwa 
einen halben Armbruftihuß vom Bährenftein herab gegen 
Eranzahl gefunden, gebracht, das hat der Abt auf Schnee- 


— 42 — 


berg probiren laffen und es hat 135 Mark Silber gehalten. 
Iſt auch zu felbiger Zeit die Richterin zu Cunnersdorf mit 
zwei anderen: Frauen auf den Bährenftein gegangen und hat 
da graſen und, weil e8 Mai war, Kräuter ſammeln lafjen, 
und wie fie haben grafen wollen, find fie von einander ab- 
gefonmen, da hat fich’S unter dem Steine herab aufgethan 
al3 wie ein großes Kirchenthor und Dabei gemittert, und als 
fie hineingefehen, ijt’8 ihr wie lauter Gold und Silber vor- 
gefommen, wie fie aber nad den andern gelaufen und fie 
gerufen, daß fie es auch follten jehen, derweilen ift es ver- 
ſchwunden. 


475) Die Eichen bei Callenberg. 
Mündlich. S. Ziehnert. Bd. III. ©. 291. 





In Callenberg bei Lichtenſtein, wo Kunz von Kauffun— 
gen die Garleitern (lederne Leitern mit Holzſproſſen) für 
den Prinzenraub fertigte — das Dorf gehörte ſeinem Vetter 
Dietrich — ſtehen noch heute ohngefähr 200 Schritte vom 
Rittergute an der Straße von Waldenburg nach Lichtenſtein 
zwei ſehr alte, jedoch nicht ſchön gewachſene Eichen, von denen 
man ſagt, daß ſie zum Andenken an den Prinzenraub ge— 
pflanzt worden ſind. Die Scheune, in welcher jene Leitern 
angefertigt wurden, iſt längſt zerſtört, der Platz aber mit 
einer Denktafel bezeichnet, deren Schrift mit der Zeit unlefer- 
lich geworden. Dieſem Mangel half ein voigtländiicher Schul- 
meifter, der hier feine Verwandten befuchte, ab und dichtete 
folgende Inſchrift: 

Hier knüpte Leitern der Teufeläfer! 
Kunz Kaufung, zu rauben des Landes Berl, 
Hans Schwalbe dazır ihm war bereit, 
Gelobt ſey Gott in Emigfeit. 
Ss. D. G. (b. h. Soli Deo Gloria.) 


476) Der gefpenftige Zwerg auf der Eifenburg bei Schneeberg. 
Mündlich. 


In der Nähe des Dorfes Wildbach bei Schneeberg liegt 





— 43 — 


auf einem Vorgebirge des Muldenthales das Raubſchloß, die 
Eifenburg, urfprünglich eine Art Vorfeſtung von Schloß Stein, 
mit welchem fie durch einen unterirdifhen unter der Mulde 
binführenden Gang verbunden gewefen fein fol. Hier haufte 
im 14. Jahrhundert ein Raubritter, Konrad von Kauffungen, 
der ſolche Schandthaten verübte, daß ihm der Teufel den 
Hals brach und fein Geift verdammt tft, bis auf den heuti- 
gen Tag die Umgegend in Zwergsgeftalt zu jchreden. 


477) Gefchichten vom Schneeberger Berggeiſt. 


Chr. Meltzer, Historia Schneebergensis renovata. Schneeb. 1716. 4. 
©. 1016. 1145. 


Außer den verſchiedenen Gefahren, weldhe den Bergleu- 
ten von böfen Wettern, giftigen Schwaben u. f. w. drohen, 
find fie auch in nicht geringer Gefahr von Seiten der Berg- 
teufel, Bergmönche und Berggefpenfter, welche in der Finfter- 
niß herrſchen und in den Streden herumfahren wie brüllende 
Löwen, und fuchen, wie fie Bergleute, wo fie nicht mit Ge— 
bet und Glauben wibderftehen möchten, verſchlingen. So weiß 
man, daß einjt ein folcher Bergteufel in Geftalt eines Mönchs 
einen Bergmann in dem alten Reihen St. Georg ergriffen 
und nicht ohne Beichädigung feines Leibes in der großen 
Weite in die Höhe geworfen. Im Jahre 1538 tft ein Berg- 
mann in der Höflichen Beſſerung Fundgrube von dem Un- 
geheuer erwürgt worden, weswegen damals Churfürft Johann 
Friedrih in einem Befehl umſtändlichen Bericht. verlangte. 
Im Jahre 1683 ging am 26. März die Levitenzeche auf drei 
Schichten in Haufen, daß man nichts von der Käue ſah. 
Kurz zuvor war aber ein dider Mann mit Silber und Gold 
geſchmückt, aus dem Kämmerlein heraus in die Käue zu 
einem Bergmann, Namens Iſrael Ficker, welcher daſelbſt 
Schachtholz zugerichtet, gefommen und hatte ihn, mit biejen 
Worten gefragt: „Kennſt Du mich nicht?‘ und da ber Berg- 
mann geantwortet: „Herr, wie ſoll ih Euch kennen, Ihr 
werdet wohl einer vom Herzog aus Holftein fein‘ (ber. Diefe 





— 44 — 


Beche baute), hat er ihn anfahren heißen, und, weil er es 
nicht thun wollen, dergeftalt getäufcht, daß er darüber des 
Todes war und am 30ften begraben warb. 

Dft hat auch der furdhtbare Bergmönch Manchen durch 
die Beine fahren laſſen, Manchen ausfahren heißen, Manchen 
gebrüdt, daß er Darüber hat bezahlen müfjen, oder, wo er 
ſonſt mit einem Irrlicht als einem vermeinten Grubenlichte 
und in anderer als Mönchsgeſtalt fih in und außerhalb ber 
Grube jehen lafjen, ift eine Beſchädigung der Bergleute oder 
ein anderer Unfall darnad angerichtet worden. So hat in 
einer Wohnung zu Aue im Jahre 1614 beim Schnorrifchen 
Hammerwerk ein Geift ſich hören und in Geftalt eines Berg- 
manns fich jehen laſſen und ift an einer gewiſſen Stelle un- 
weit der Mulde herumgehüpft, und da man an dieſer Stelle 
mit der Ruthe eingejchlagen, hat fie auf Silber gefchlagen. 


478) Wie dad Schneeberger Silberbergwerf entdeckt ward, 


Melter, Schneeberger Chronik. ©. 32 sq. Poet. beh. v. Ziehnert. Br. III. 
©. 59 sg. 


Zu dem Rittergut Neuftädtel bei Schneeberg gehörte ein 
ungeheurer Wald, in dem außer wilden Thieren ſich fein 
lebendes Weſen aufhielt, ausgenommen in einer von Schlema 
aus betriebenen Eifenzeche. Dorthin verirrte fi um 1740 ein 
böhmiſcher Haufirer, Sebaftian Romner aus Crems, und ließ 
fih vom dafigen Steiger auf den rechten Weg zurüdführen, 
der ihm klagte, daß jest fein Geftein zu ſehr an Eifengehalt 
abnehme, Romner aber in der Meinung, das Erz fünne 
wohl etwas anderes Gutes enthalten, nahm einige Stüde 
mit nach Jörkau und Nürnberg, wo die Brobirer es für das 
reichſte Silbererz erflärten. Romner fehrte nun nad Sachſen 
zurüd, um diefe Entdedung möglichft auszubeuten, wird aber 
in Zwidau wegen Trunfenheit feftgenommen und läßt vor 
dem Hauptmann Mülich von Carlowitz die Worte fallen, er 
wife in der Nähe einen Schaß, ber einen wohl zum Herr- 

ſchaftsbeſitzer machen könne. Als dies der Hauptmann hört, 





— 415 — 


läßt er fih von Romner nad jener Eifengrube, die fein 
eigenes Befigthum ift, führen, und beide beginnen auch zu» 
fammen ben Silberbau. Der Kremfer Schuftergeräthsträger 
verheirathete ficd aber bald mit Anna von Bünau, einer 
Muhme jenes Hauptmanns, und hat jo das Geſchlecht der 
Römer auf Neumark begründet. Sonft fol zuerft die Erz- 
ftufe duch den Hufichlag eines Pferdes, das in der Gegend 
bes heutigen Schneeberg3 in die Erde gefcharrt, entdedt und 
zum Gedächtniß ein aufgenietetes Hufeifen lange bei Gt. 
Georgs Zeche zu fehen geweſen fein. 


479) Keglers Pflafter in Schneeberg. 


Melker, a. a. DO. ©. 1098 sq. Sachſengrün 1861. II. Jahrg. ©. 12. 
Poet. beh. b. Segnik. Bd. J. ©. 153 sa. 





Im Jahre 1493 lebte in Schneeberg ein Mann, Nas 
mens Hans Kegler, der durch den Bergbau reich; aber nicht 
Hug geworden. Denn fo gern er Wig machte, jo jehr ver- 
unglüdte ihm derfelbe. Einft hatte er ſchmählich und leicht- 
fertig von den Schneeberger Frauen gejprohen und unter 
anderen die Worte gejagt: „es gebe der frommen Weiber in 
Schneeberg jo wenige, daß man fie alle zufammen auf einem 
Karren aus der Stadt fahren Flönne, und dabei werde der 
Karren nicht einmal voll”. 

ALS dies mehrere Frauen erfuhren, verklagten fie Keglern 
beim Stadtrichter Veit Jlgen. Zur Strafe wurde ihm, nach— 
dem er gefänglich eingezogen worden war, aufgegeben, die 
große Pfüge (ein Stüd von der Kehle zwifchen dem Schnee- 
und Glausberg, ungefähr dem feinigen und fpäter Wüftifchen 
Haufe auf dem Markte gegenüber) ausftürzen und pflaftern 
zu lafien, und ward folde Strafe troß feiner Beichwerbe 
vom Herzog Georg ;‚beitätigt, das Pflafter aber, wozu er 
über 100 Fuder Steine verbrauchte, ift lange nachher noch 
Keglers Pflafter genannt worden. 


— 416 — 


480) Das verfchworene Bergwerk zu Schneeberg. 
Melter a. a. O. ©. 923 sq. 





Als im Jahre 1478 in dem Mühlberg etliche Fund- 
gruben aufgenommen, ein Stollen darin getrieben und jehr 
reiches Erz darin getroffen ward, da fuhren die Herren Rö— 
mer, vermuthlich jener Sebaftian, der früher Romner ge— 
beißen, und fein Haufe zu und wollten Alles allein haben, 
nannten es auch die Nömerzehe. Nachdem nun „aber in 
diefer Zeche damals ein Kur an die 1200—1400 Gulden 
gegolten hatte, jo geſchah es, daß, als der Lehnträger Römer 
fälfehlich gejchworen, daß dieſer Gang fein jei, das Erz auf 
diejer Zeche im Anbruh zu Kohlen warb und jomohl bier 
als auf 10 — 12 andern Zechen diejes Berges nichtS mehr 
erbrohen ward. Gleich beim Schwur aber im Obergericht 
zu Zwidau ift das Gewölbe von jelbit aufgeriffen worden 
und hat das Glödlein, womit man fonft die Diener herein- 
zurufen pflegt, von felbft gelungen. Daher ift das Sprich— 
wort gefommen, welches Herzog Georg von diefen Berge zu 
jagen pflegte: „der Klößberg ein tauber Berg, der Mühlberg 
ein verſchworner Berg, ſehet mir auf den Schidenberg”. 


481) Der Teufel läßt ein ungeladenes Gewehr Tosgehen, 
Melker. ©. 1020. 





Am 14. März des Jahres 1615 tft zu Schneeberg in 
des Bürgers Paul Leibiger8 Stube Chriftoph Büttner, ein 
Bahnbrecher, erjchoffen worden. Diefer war furz zuvor von 
einer Reife zurüdgelehrt und wollte mit jenem um ein 
Handrohr, das über ein halbes Jahr an der Wand gejpannt 
gehangen hatte, taufchen. Als er nun dafjelbe ſpannte und 
diejes Fein Feuar geben wollte, da hat Büttner zu Leibigern 
gejagt: „ei! es muß Feuer geben in Teufels Namen!’ 
Siehe, da ift alsbald das Rohr losgegangen und der leicht- 
fertige Büttner erſchoſſen worden, ohngeachtet, wie der da— 


— 47 — 


malige Pfarrer diefes aufgezeichnet, man weder Kugel noch 
Schrot gejehen und gefunden. 


482) Woher dad Sprichwort: Füägel ftillt feine Gäfte. 
Meltzer. ©. 109. 


In Schreeberg hat einmal ein Fleischer, Namens Fä- 
gel, auf der Babergaffe gewohnt, ber feinen beiden Gäften, 
die zu Unfrieden gekommen, Friede geboten und deswegen 
auch nad) dem Richter gefchict Hat. Weil aber diefer etwas 
verzogen und die Gäfte fich nicht fteuern laſſen wollten, hat 
er fie alle beide erftochen, darauf die Flucht genommen und 
dem Richter Hans Kämpffe, der ihm begegnet, auf fein Be— 
fragen geantwortet: „ei, Herr Richter, es ift unnöthig, daß 
Ihr Euch bemüht und hinuntergeht, ich habe fie alle beide 
geftillet, fie haben fich wohl müfjen bedeuten laſſen.“ Daher, 
als der Richter hinuntergegangen ift und die jämmerliche 
That befunden hat, Fägel aber inzwiihen aus dem Lande 
entlaufen ift, ift von ihm das Sprüchwort entjtanden: „er 
bat fie geſchweiget oder geftillet wie Fägel feine Gäſte.“ 





483) Das Schneeberger Sprüchwort: Toffel, das gilt Dir 
auch mit, 
Melter S. 1100. 





In Schneeberg ift lange ein Sprüchwort im Schwunge 
geweien: „ZToffel, das gilt Dir auch mit“, wenn nämlich 
einer die Schuld, wegen ber ein anderer geftraft ward, auch 
an fich entdedte. Es hat fich nämlich ein alter Schneeberger 
Paftor, Chriftoph Schindler, wie er Amtshalber etwas ge- 
ftraft und freimüthig und unpartheitfh an fich jelber diefen 
Fehler gefunden, immer dieſes Ausdruds bedient, aud) mand- 
mal diefe und jene Amtsverrichtung aus diefem Grunde von 
ſich gewieſen. 


Gräße, Sächſ. Sagen. I. 27 


— 418 — 


484) Woher der Name Silberſtraße komme? 
Melker a. a. O. ©. 1102. 





Einft hat ein Edelmann aus dem Gefchlechte derer von 
Uttenhoff, auf der fogenannten Armen-Ruhe angejefjen, bie 
Erlaubniß erhalten, jih von dem Churfürften von Sachſen 
eine Gnade auszubitten. Da hat er denn folgende Bitte ge- 
ftellt : „Weil duch Gottes Gnade das reiche Bergwerk zu 
Schneeberg offenbart worden fei und daher viele Fürften, 
Grafen und Herren und andere Leute, wenn fie dorthin zö— 
gen, meiſt durch feine Beligung durchmüßten, wodurd fein 
und feines Gejchlechtes Namen immerdar befannt werde, aber 
es nicht wohl anftehe, wenn gefragt würde, wer er fei und 
die Antwort laute: es ift der von Uttenhoff auf der Armen 
Ruhe, weil das Erz und nunmehr auch das Silber nach 
Bwidau bei ihm durchgeführt werde, fo bitte er unterthänigft, 
man wolle feines Gutes und Dörfleins Namen, die Arme 
Ruhe, in der Landtafel auslöfhen und dafür dafjelbe die 
Silberftraße nennen laſſen“. Als nun feine Bitte gewährt 
ward, tft bis dieſe Stunde das Dorf die Silberftraße und 
die Brüde darüber über die Mulde, welche ber Rath zu 
Schneeberg zu halten hat, die Silberftraßenbrüde genannt 
worden. 


485) Ein Berggeift betrügt einen Schaßgräber. 
Melter a. a. O. ©. 1146. 





Im Jahre 1679 Hat fi in dem fonft fogenannten 
Knappihaftshaufe zu Schneeberg, welches ein gewiſſer Nico- 
laus Hader, Bergmeifter zu Schneeberg, bejaß, ein Gejpenft 
in Geftalt eines alten graubärtigen Eleinen Mannes einem 
Schüler, der in gedachtem Haufe zur felbigen Zeit feine Woh- 
nung hatte, fehen laffen, und hat e3 durch fein öfteres Er- 
ſcheinen und Sprechen mit ihm endlich dahin gebracht, daß 
der Schüler zulegt nicht mehr furchtſam war, ſondern einen 
von dem Gefpenfte ihm angegebenen Schag zu graben fich 
erkühnte. Wiewohl er nun dieſen Schaß, nachdem er Tags 


— 419 — 


zuvor immer darnach gegraben, endlich in vielen goldenen 
Ketten und Silbergeſchirr, darauf ſonſt die alten Schneeber- 
ger viel gehalten, erblidt haben wollte, jo hat er dennoch 
das betrogene Spiel in den Händen gehabt. Denn als es 
zum Treffen und Heben gekommen, wie darzu das alte Männ- 
lein die Zeit gejeßt, hat der Schüler in dem Gewölbe, wo 
wo er allein gewejen, zwar gejehen, wie zwei anweſende 
Männer den Scha aus der Erde gehoben haben, und lauter 
Pretioſen auf den daſelbſt vorhandenen Tiſch ausfchütteten, 
wornach ihn auch das alte Männlein greifen heißen, aber 
da er daneben von einem Andern, der auf einem Gefjel an 
ber Seite gejejlen, die Worte gehört, wie er als ein armer 
Menſch fich erfühnen könne, einen folchen Eoftbaren Schat 
zu heben, darüber er als der Herr der Welt doch die Macht 
habe? ift er voll Schreden wieder umgekehrt und, wie leicht 
zu erachten, in jelbiger Stunde in höchſter Angft gemefen, 
bis der Seiger Nachmittags 4 Uhr gejchlagen. Denn eben 
bis auf diefe Stunde hatte das alte Männlein die Gelegen- 
heit zum Schaßgraben geſetzt und gerade um biefe Zeit hat 
ein ziemliher Sturmmwind gemwüthet und einen Baum im Gar- 
ten umgebrochen, dahin zugleich, wie daS Geipenft bei feiner 
legten Erſcheinung gejagt, der Schag aus dem Haufe fort- 
gerüdt fein follte. 


486) Chriſtoph Schürer in Schneeberg. 
Biehnert Bd. III. ©. 216. 


ALS im 16. Jahrhundert der Bergjegen des Dbererz- 
gebirges jährlich ſich minderte und überall ein Wehgefchrei 
über den Gilberräuber (jo oder Kobold nannte man das 
taube Erz, welches von böjen Berggeiftern oder Kobolden 
herrühren follte) fih erhob, da kam Chriftoph Schürer, eines 
Apothefer3 Sohn aus Weftphalen, ‚lanbesflüchtig feines 
evangelifchen Glaubens wegen, nad) Schneeberg, wo er als 
ein in der Chemie und Naturlehre wohlerfahrener junger 


Mann bald eine Anftellung bei ben Hütten fand. Schon 
27* 





— 4120 — 


wenige Tage nad) feiner Ankunft gewann er die Liebe Anna's, 
der Tochter des Hüttenmeifterd Rau, und bald auch durch 
fein einnehmendes Benehmen das Jawort ihres Vaters, fo 
daß die Hochzeit auf das nächſte Bergfeſt beftimmt wurde. 
Che jedoch das Bergfeft Fam, drohte Schürer8 Unftern alle 
feine Hoffnungen zu vereiteln. Nämlich in feiner Forſchgier 
war er auf den Gedanken gerathen, den viel verrufenen 
Kobold, den verhaßten Silberräuber durch chemiſche Zube- 
reitungen zu etwas Nütlihem umzugeftalten. Er machte 
daher insgeheim in einer Schmelzhütte in Oberſchlema viel- 
fahe Verſuche, und trieb es damit oft die ganze Nacht hin- 
durch jo eifrig, daß er bald in den Verdacht der Alchimifteret 
und Schwarzfünftlerei gerieth. 

Als daher aus Platten in Böhmen, wo er fich bei 
feinem frühern Aufenthalt dafelbft durch feinen Glauben 
Feinde und durch feine Kenntniffe und fein Anjehen Neider 
gemacht hatte, mehrfache Klagen einliefen, daß er ein Zau— 
berer, Dieb und Glasparthierer gemwefen fei, und man feine 
Auslieferung forderte, gebot der Bergmeifter ihn zu ver- 
haften. 

Eben war Schürer in der Schmelzhütte mit feinen Ver— 
fuchen bejchäftigt, da fam der Frohn ihn feitzunehmen, fand 
aber die äußere Thür verfchloffen und meldete es dem Berg- 
meifter. Diefen, jo wie den Hüttenmeifter Rau und einige 
Geſchworene trieb jeßt die Neugier mitzugehen. Die Thüre 
ward aufgefprengt und mit Freude funfelnden Augen trat 
der gefuchte Verbrecher den Eintretenden entgegen. Aber 
wie ftaunte er, als der Frohn ihn ergriff und ihm Hand- 
fchellen anzwang! Wie erfchraf er, als ihn die Bergherren 
mit Vorwürfen überhäuften und ihn einen Zauberer, Dieb 
und PBarthierer fchalten ! 

„Männer, rief er ſchnell ſich faſſend mit feſter Stimme, 
„Männer prüfen, ehe fie entfcheiden! Meinet Ihr, ich treibe 
böfen Unfug bier mit ſchwarzer Kunft, fo tretet her! Gebt, 
dies wollte ich gewinnen und Gott ſei Dank, endlich ift’3 
gelungen. Ich meine, es foll dem Lande von gutem Nußen 


— 421 — 


fein!” Somit reichte er ihnen eine Mulde voll feinen fchön- 
blauen Staubmehls hin. Die Bergherren ftaunten und be- 
gehrten zu willen, wie und woraus er folche Farbe bereitet 
habe. Schürer zeigte ihnen Alles willig, und reinigte fich 
jo von dem Verdachte, daß er ein Schwarzkfünftler ſei. Auch 
anachte es dem Bergmeifter fo große Freude, daß derfelbe 
verſprach, Alles zu thun, um Schürers Unſchuld gegen die 
Anklage der Böhmen zu ermweifen. Dies gelang auch dem 
wadern Manne bald, und Schürer erhielt nun feine Freiheit 
wieder und fam duch die Erfindung ber fchönen blauen 
Farbe, die man Anfangs nur blaues Wunder, fpäter aber 
Schmalte nannte, zu großen Ehren, und al3 das Bergfeft 
gekommen war, wurde er des Hüttenmeiſters glüdlicher 
Eidam. 


487) Die große Glode in Geyer, 
Biehnert Bd. III. ©. 206. Melker a. a. O. ©. 1188 sg. 





Von der großen Glode in dem Bergftädtchen Geyer, 
welche früher in einem alten vieredigen Thurme an ber 
Kirche hing, erzählt die Sage, fie jet auf dem Geyeräberge, 
an deſſen Fuße die Stadt liegt, durch eine Sau mehrere 
Ellen tief aus der Erde herausgewählt und von den Bürgern, 
welche fich diefes Fundes freueten, aufgehängt worden, habe 
aber nicht eher einen reinen und vollen Klang gegeben, als 
bis ein Priefter fie zu ihrer heiligen Beftimmung gemeiht. 
Im Jahre 1455 zerjprang fie, al3 wegen des von Kunz von 
Kauffungen verübten Brinzenraubes im ganzen Lande geftürfht 
ward, allein 1456 ließ Churfürft Friedrich II. fie umgießen 
und auf der einen Seite die beiden Prinzen, auf der andern 
den Kunz, wie er auf ber Erde lag und das Pferb beim 
Zügel hielt, dabei den Herzog Albrecht und den Köhler, der 
ihn errettet, abbilden. 


— 42 — 


488) Sechs Brüder bei Geyer. 
Ziehnert Bd. III. S. 206 sa. 


Im Jahre 1632 als Eaiferlihe Truppen von der Burg 
Scharfenftein aus die ganze Umgegend ducchftreiften, war es 
einem Trupp herzhafter Burſchen aus Elterlein und Zwönig 
gelungen, in der Nähe von Scharfenftein ſechs Defterreicher, 
im dichten Walde jchlafend, zu überfallen und gefangen zu 
nehmen. Was nun mit den Gefangenen zu beginnen jei, 
darüber entſtand unter den Siegern heftiger Streit. Die 
von Elterlein meinten, daß es das Beite fei, fie fämmtlich 
todt zu fchlagen, die von Zwönitz aber wollten nicht davon 
wiffen und brachten es dahin, daß man zulegt beſchloß, fie 
zur Armee zu bringen. So zogen fie fort. 

ALS fie in die Nähe von Geyer famen, erhob ſich der 
Streit von Neuem und weil die Elterleiner mit Gemalt 
drohten, jo wurden die Zwönitzer voll Nerger und fchieden 
von ihnen, die Gefangenen ihrem Schidjale überlafjend 
Diefes war ein trauriges. Denn kaum waren die Zwönitzer 
im Walde verſchwunden, da fielen die mordluftigen Elterleiner 
über die wehrlofen Opfer ihrer Wuth her und ermordeten 
ihrer fünf auf die graufamfte Weife, den fechiten aber warfen 
fie in ein tiefes Loch, in welchem ihn die Vorübergehenden 
noch am andern Tage jammern hörten. Zum Gedächtniß 
diefer Greuelthat heißt jene Stelle der Wiefen bei Geyer 
noch jegt die jehS Brüder, ohne daß man bejtimmen kann, 
ob wirklih die ſechs unglüdlichen Defterreicher Brüder ge- 
meſen find. 





489) Der alte Thurm in Tanneberg. 
Biehnert Bd. III. ©. 208. 





Nahe bei den Rittergutsgebäuden des Dorfes Tanneberg 
bei Geyer fteht ein uralter vierediger Thurm. Seine ftarken 
Mauern find noch jegt an die 30 Ellen hoch und von einem 
Waflergraben umgeben. Biel erzählt man von ihm, aber 


— 13 — 


wenig Zufammenhängendes. In uralter Zeit foll einmal ein 
Graf, der Beſitzer diefer Gegend, eine große Jagd gehalten 
und fich dabei verirrt haben, und mit feinem Roſſe in einen 
Sumpf gejunfen fein. Dem Tode nahe wäre er noch von 
den Fägern mit Mühe gerettet worden, und hätte zum An- 
benfen den Thurm gebaut. Jetzt noch fol in dem Thurme 
der Geit eines der fpätern Beliger fpufen, aber warum? 
weiß Niemand. Auch wollen alte Holzhader und Bergleute 
den Baum wiffen, wo die Seele diefes unglüdlichen Spukers 
eingejpundet fein fol. Es wäre fonft ein eiferner Reifen 
um den Baum gelegt geweſen, um die Seele recht feit zu 
halten, aber die Holzdiebe hätten zulegt auch den Reifen ge- 
ftohlen. 


490) Der Schwarzkünftler zu Geyer. 
Lothar, Volksſagen und Märchen. Lpzg. 1820. 8. ©. 69 sq. 





Bor vielen Jahren ward zu Geyer ein Todtengräber ge- 
fangen genommen und in einen Thurm gejegt, jo daß er 
mit den Füßen die Erde nicht hat berühren 'fönnen — man 
glaubte früher nämlich, daß Zauberer und Heren, wenn fie 
die Erde nicht mehr berühren könnten, unſchädlich würden, 
fperrte fie daher oft in eiferne Käfige ein —. Er hatte feine 
Frau ermordet, ihren Mund mit jchwarzen Beeren ange- 
ftrihen, als fei fie an der Belt geftorben, alsdann ihr den 
Kopf abgefchnitten, das Herz aus der Bruft genommen, ver- 
brannt, ſolches auf die Straße ausgeftreut und wer darüber 
gegangen, iſt geftorben. Seines Kindes Kopf hat er an die 
Feuermauer gehängt, fo viele Tropfen Blutes von ihm ge- 
fallen, jo viele Menjchen find geftorben. Dann hat er bie 
fterbenden Leute auf's Geficht gelegt und ihr Sterben hat 
fein Ende genommen. Drei Ruthen bat diefer Mann aus | 
gefteckt, eine nad) Annaberg, die andere nah Schweinig, die 
dritte nad) Alterle (Elterlein?). Zulegt hat er erzählt, wie 
viel Glück er mit feiner Kunft in großen Städten gemacht 
habe. Er meinte, wenn er nur die Erde oder einen Kreuz- 


— 44 — 


weg oder eine Dachtraufe erreichen könnte, fo wollte er fich 


ſchon die Freiheit verjchaffen. 


491) Die Staatölaterne bei Geyer. 


G. Andrä, Chronol, Nachr. v. d. Bergftabt Annaberg. Echneebero 1837. 
8. ©. 77. 


Nordöſtlich von Geyer zeigt fih an Herbftabenden eine 
merkwürdige Lufterfcheinung oder ein röthlich leuchtende, bei- 
nahe 7 Ellen hohes Srrlicht, das, fobald es fich zu bewegen 
anfängt, immer Eleiner wird, bis es endlich ganz verſchwindet, 
in der dortigen Gegend aber die Staat3laterne von Geyer 
genannt wird. 





492) Dad Fegeweib vom Kagenftein, 


Poetifch beh. v. Freih. v. Biedermann (D. Föhran), Eine Sängerjugend. 
Dresden 1847. 8. ©. 27 sq. 


In der legten Zeit des Mittelalters lebte ein wilder 
Raubritter auf einer Burg, die auf dem Kapenftein, der amt 
Schwarzwafjer unweit Bobershau zwijchen Zöblik und Marien- 
berg gelegen tft, und machte die ganze Umgegend durch feine 
Unthaten unfiher. Da beſchloſſen denn die in der nädjiten 
Umgegend anfäfligen Ritter, diefem Treiben ein Ende zu 
machen, fie rücdten alfo vor die Burg, umſchloſſen fie auf’S 
Engfte und fingen an fie aus Karthaunen und Feldihlangen 
zu beichießen. Allein alle Kugeln fielen, ſowie fie die Mauern 
trafen, Eraftlos und unfchädlich nieder, denn auf der Mauer 
ftand die alte Amme bes Ritters, welche mit dem Teufel 
im Bunde war, hatte einen Bejen in ber Hand und fegte 
mit demfelben die fliegenden Kugeln aus der Luft weg, fie 
ſelbſt natürlich traf feine berjelben, ebenfo wenig wie irgend 
Semanden im Schloſſe. Schon wollten die Belagerer ſchier 
verzweifeln, da trat der Burgfaplan eines der Ritter auf 
und ſprach, er wolle die Kugeln fegnen, denn er wiſſe einen 
Sprud, dem nichts wiberftehen fünne. Wie gedacht jo ge- 





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ichehen, er that es, die erfte Kugel, die man abſchoß, 
fchmetterte die Here zu Boden, die zweite machte ein großes 
Loch in die Mauer und nicht lange dauerte es, jo war die 
fefte Burg fo zerichoffen, daß die Mannjchaft auf Gnade und 
Ungnabe fich ergeben mußte. Der böſe Ritter ward hinge— 
tichtet und feine Burg der Erde gleich gemacht, noch heute 
aber fol man um Mitternacht bei Mondenfchein die gejpen- 
ftige Amme die Trümmerhaufen fegen jehen. 


493) Die Entbindung im Grabe zu Olbernhau. 
Kccander, Sächſ. Kernchronif XXVII. Couvert S. 40—43. 


In der erzgebirgifhen Stadt Olbernhau ftarb im Jahre 
1719 eine hochſchwangere Frau und ward gewöhnlicher Weife 
begraben, da kommt einige Tage darauf ein Student auf 
den Kirchhof und lieft dort die Inſchriften der Grabfteine. 
Plöglih fieht er auf einem Grabe eine weinende Frauens- 
perſon ftehen, die auf fein Befragen, warum fie das thue, 
antwortet: „ach, daß Gott erbarme, ein Kind und feine Win- 
deln! Da hat der Student aus Mitleid fein Halstuch abge- 
bunden und es ihr zugemworfen, worauf fie ſogleich verſchwun— 
den war. Nun hat den Studenten eine große Angft befallen, 
e3 möge diefe Berjon fein lebendes Weſen, fjondern ein 
Geſpenſt geweſen fein, er ift alfo fogleich zum Ortsgeiftlichen 
und in’3 Amt gegangen und hat die Sache angezeigt, worauf 
die Obrigkeit jenes Grab öffnen ließ und man fand, daß 
jene Frau im Grabe ein Kind geboren hatte, welches todt 
zu ihren Füßen in das Halstuch des Studenten, welches 
dieſer durch feinen darin geftidten Namen als fein recognos- 
cirt hat, eingewidelt lag. Der Berichterftatter dieſer Be- 
gebenheit fchreibt, daß er gelefen, wie zu Frankfurt am Main 
ben 25. März 1609 eine Handwerfsfrau im Grabe von zwei 
Söhnen entbunden worden und das Grab, weil es ihrem 
Manne im Traume vorgefommen, auf defjen Bitten geöffnet 
und Alles wahr befunden worden fei. 





— 416 — 


494) Woher dad erzgebirgifche Sprichwort Fomme: je, daß 
Dich der Bär herge! 
Curiosa Sax. 1731. ©. 47 sq. 


Im %. 1631 hat eine Jungfer nicht weit von Hunds— 
hübel das Vieh von Waldhäufern auf die Weide getrieben, 
da fie fich denn hingeſetzt und nach gebirgifcher Art um fich 
die Zeit zu vertreiben geflöppelt. Ehe fie ſich's nun verfieht, 
fommt ein großer Bär Hinter fie gejchlichen, daß fie ganz 
ungemein erſchrickt und nicht weiß, was fie machen fol. Der 
Bär thut ihr aber nichts, fondern bericht fie und tatfchet fie 
mit feinen Taten ganz fauber an, gleich als wüßte er, was 
für einen Refpect er dem Frauenzimmer ſchuldig fei. Da 
nun der zottige Bär ſich ganz höflich gegen fie aufführt und 
fie bergen zu wollen Anftalt macht, entjchließt fi) das Mäd— 
hen kurz und läuft unter das Vieh. Diefes drängt ſich 
zufammen und geht auf den Bären los, bis das Mädchen 
jchreit und ihre Eltern nebjt andern Waldleuten zu Hilfe 
ruft. Da nimmt der Bär reifaus, das Sprichwort aber ift 
nachgehends beftändig geblieben und von Jedermann um eine 
Berwunderung auszudrüden gebraucht worden! „je, daß Dich 
der Bär here!‘ 

495) Der Frau-Mutterftuhl zu Oberforchheim, 
Poet. beh. v. Fr. v. Biedermann a. a. DO. ©. 24 sq. 


Auf dem alten Schloffe Oberforhheim am Hafelbacdhe 
an der Straße von Freiberg nah Annaberg ftand bis in 
die Mitte des vorigen Jahrhunderts auf dem Dberboden in 
einer Kammer ein alter Großvaterftuhl, den hieß man der 
Frau Mutter Stuhl, und auf diefem lag eine hölzerne 
Statue, die aber ſehr ftarf vergoldet war und ein Eleines 
Männchen vorjtellte. Diefe zwei Gegenftände kannte Jeder— 
mann im Schlofje und im Dorfe und Alle hatten eine gewiſſe 
heilige Scheu vor denjelben, denn man jagte, fie jeien Die 
Palladien des Nittergutes, und wenn Jemand den Stuhl 
von feiner Stelle rüde oder das Männchen angreife und in 





— 17 — 


eine andere Lage bringen wolle, der werde dafür fehwer von 
bemfelben gezüchtigt. Da diente um diefe Zeit auf dem Hofe 
ein Knecht, der ſich vor dem Teufel nicht fürchtete und einft 
in feiner Vermeſſenheit fih gegen feine Mitdiener rühmte, 
er wolle doch jehen, ob ihm etwas gejchehen werde, wenn er 
fih an dem Stuhle vergreife. Darauf ging er alfo hinauf, 
ichob den Stuhl weg und gab dem alten Männchen einen 
Badenftreih, allein die Strafe blieb nicht aus, denn noch in 
derjelben Nacht legte fich daffelbe im Bette auf ihn als 
jchwerer Alp und drüdte ihn, biß es Tag wurde, in ber 
nächſten Nacht litt e8 ihn ebenfo wenig und in der dritten warf 
e3 ihn gar aus dem Bette heraus. Nun ward er zwar 
ängftlich, rücte auch den Stuhl wieder an feinen alten Plab, 
allein der Geift war auf immer feiner alten Wohnung ab- 
hold, denn er zog auf und davon, in den darauf folgenden 
Tagen brannte das ganze Rittergut ab, und fo vielman fich auch 
Mühe gab, den Stuhl und das Männchen zu retten, das 
einftürzende Dach begrub es unter feinen Trümmern 
und al3 man diejelben abräumte, war nichts mehr von ihnen 
übrig. 


496) Der AJungferngrund bei Wieſenthal. 
A. Flader, Wiefenthälifches Ehrengedächtniß. Waldenb. 1719. 8. ©. 31. 





Diefer Grund am Fichtelberge foll feinen Namen von 
zwei Jungfern haben, welche fich oftmals im Neumonde jehen 
lafjen. Es find Schweftern, die eine fpielt auf der Laute 
und die andere windet einen Kranz, wer fie aber eigentlich 
find, weiß Niemand. 

Den Wiefenthalern dient der Grund aud als -Wetter- 
prophet, denn wenn der Himmel über demjelben hell ijt, jo 
wird — ob es auch fonft allenthalben trübe tft — zuver- 
läffig ſchönes Wetter, wenn aber der Yungferngrund voll 
Nebel ift, fo jagt man: „die Jungfern trodnen ihre Wäſche!“ 
und dann folgt falte oder nafje Witterung. 


— 428 — 


497) Der Goldbrunnen auf dem Fichtelberge bei Wieſenthal. 
Flader a. a. O. ©. 75. 





Abraham Munfh, ein alter frommer Huthmann in 
MWiefenthal, traf einft oben auf dem Fichtelberge einen über— 
aus ſchönen Brunnen, deſſen Grund und Boden wie lauter 
Goldflammen leuchtete, und da er fich niebergefegt hatte, und 
diefen jchönen Goldquell betrachtete, fah er auf ber einen 
Seite dejjelben ein jchönes buntes Vöglein, auf der andern 
aber einen Mönch mit einem offenen Buche fiten. Darüber 
erihroden lief der Huthmann davon und hat feit der Zeit 
den Brunnen nie wieder gefunden. 


498) Ein Gefpenft verfolgt einen Mann bis in fein Haus. 
Flader a. a. DO. ©. 97. 


Im Jahre 1655 ging ein Fleifhhauer aus Wiejenthal 
jehr früh bei Mondenfchein nach dem benachbarten Elterlein. 
Als er aber eine halbe Meile zurücgelegt und auf einen 
freien Pla fam, trat ihm ein graufames Geſpenſt mit feu- 
tiger Zunge und Augen entgegen in Geftalt eines verrufen 
geweſenen Gebirgers, der Mandhem auf dem Böhmiſchen 
Walde das Lebensliht ausgeblajen, und verlegte ihm den 
Meg mit feiner Kette um den Leib, daran eitel Todtenköpfe 
hingen. Der Fleifhhauer erjchrict, betet und kehrt eilends 
nah Haus zurüd. Da ihn denn das Ungethüm bis in 
jeine Stube begleitet, ſich auch dajelbft vor ihn geftellt und 
ihn angejehen hat, bis die Wirthin aufftand und ein Licht 
anzündete, da es denn wieder verſchwunden ift. 





499) Das wüthende Heer bei Wiejenthal und im Erzgebirge. 
Mündlich. ©. a. b. Flader a. a. DO. ©. 98. Lehmann. Obererzg. 
Schauplatz ©. 77. 





Sm ganzen Erzgebirge, befonders in dem höhern Theile 
defjelben läßt fich das wüthende Heer jehen und hören. Man 


— 429 — 


hört ein ſtarkes Jägergeſchrei und gewöhnlich den Ruf: Hu! 
hu! hu! So reiſte zu Ende des 17. Jahrhunderts ein alter 
Geiſtlicher von Wieſenthal, Namens David Ryhl, nach Anna— 
berg durch einen dicken Wald, und es erhob ſich mitten im 
Walde ein ungemein lauter Jägerlärm, um welche Zeit doch 
kein Arbeiter noch Jäger auf dem Felde zu finden war. 
Der Fuhrmann beſann ſich bald darauf und ſagte: „Herr, 
es iſt das wüthende Heer, wir wollen in Gottes Namen 
fahren, es kann uns nicht ſchaden.“ 

Eines Tags ſind noch in dieſem Jahrhundert zwei 
Brüder, Spitzenhändler, in der Schneeberger Gegend auf der 
Straße von Stangengrün nach Hirſchfeld geritten, da haben 
ſie plötzlich am hellerlichten Tage auf freiem Felde das laute 
Hohoſchreien des wilden Jägers gehört, aber ihn ſelbſt nicht 
geſehen, nur unter ihren Pferden, die ſich furchtbar gebäumt, 
ſind eine Menge kleiner Dachshunde herumgelaufen, ohne 
daß ſie jedoch einen derſelben hätten von den Pferden treten 
ſehen, und plötzlich iſt Alles wieder verſchwunden geweſen. 

Manchmal hört der Wanderer, wenn er in dem obern 
Erzgebirge durch die einſamen Wälder und Felder geht, immer 
etwas theils im Gebüſch, theils im Korne neben ſich her— 
gehen, gerade wie wenn ein großes Thier, eine alte Kuh 
das Getreide niedertritt, gleichwohl ſieht er nichts, und man 
ſchreibt auch dieſen Ton dem wilden Heere zu. 

Einſtmals iſt im Dorfe Steinpleiß die ganze wilde Jagd 
mit Hundegebell, Peitſchenknall und Jagdgeſchrei um Mitter- 
nacht mitten duch den Hof des Richters gegangen. 

Ein anderes Mal ritt ein beherzter Mann ganz allein 
in der Abenddämmerung nicht weit von Annaberg auf der 
gewöhnlichen Heerftraße, da ſah er einen- alten Bergmann 
vor fih hergehen. Als er an ihn heranfam, bot er ihm 
einen guten Abend, erhielt aber feine Antwort, ebenfo wenig 
auf die Wiederholung bes Grußes, und da er etwas hikig 
mar, jchrie er: „ei jo jol Dich Grobian gleich der Teufel —!“ 
und 309 ihm eins mit der Reitgerte über. Aber fiehe auf 
einmal wußte er nicht mehr wo er war, er ritt bis in bie 


— 430 — 


Nacht in der Irre herum und erſt gegen Mitternacht hörte 
er Stimmen, er rief, es kamen Leute,”er fragte, wo er fei, 
und erfuhr, er fei in feinem eigenen KHeimathsorte, man 
führte ihn bis an fein Haus, und immer noch fannte er fich 
nicht aus, erſt als feine alte Mutter mit einem Lichte vor die 
Thüre trat, wußte er wieder, wo er war. Der wilde Jäger 
hatte ihn geäfft. 

Sm Jahre 1626 ritt Junker Rudolf von Schmerking, 
Erbjaß auf dem Hammergut Förftel, halbtrunfen von Anna 
berg weg, ganz allein und vermeinte den geraden Weg über 
Schlettau auf die Scheibenbergifchen Mühlen durch die untern 
Scheibner Räume zu nehmen. Es verführte ihn aber eine 
Jagd von Jägergeſchrei und Hundegebell, welchem er nad- 
ritt, und er verfiel mit feinem Pferde in einen Moraft, darin 
das Pferd halb verfunfen fteden blieb. Er machte ſich mit 
großer Mühe los, lief zu den benachbarten Fuhrwerken, 
fleidete fih aus und ließ Leute auftreiben, die das Pferd 
mit Stangen und Seilen wieder aus dem Moraft ziehen 
mußten. 


500) Der Doppelgänger zu Wieſenthal. 
Flader a. a. O. ©. 108 sq. 


Im Jahre 1709 ift ein churfürftlicher Geleitseinnehmer, 
Namens A. 2, in gemwiljen Angelegenheiten verreift; da er 
nun wenigftens zwanzig Meilen von Haufe aus entfernt ift, 
fo fieht fein damaliges Hausmädchen, da fie am Abend gegen 
5 Uhr von ihrer Frau in ihre Schlaffammer gejchicdt wird, 
ihn von ohngefähr in feinem Bette liegen und meint, er fei 
ohne ihr Willen nah Haufe zurüdgefehrt. Sie fragt alfo 
bie Frau: „it der Herr nach Haufe gekommen?“ Dieje ant- 
wortet aber: „Du wirft ihn ja ſehen.“ Daher hat fie fi 
weitet nicht darum gekümmert. Nachdem nun die Frau 
felbft des Nachts gegen 12 Uhr fchlafen geht, erblidt dieſe 
ihn ebenfalls in ihrem Bette, da er fich denn gerührt, daß es 
davon gefniftert und das Bett ein wenig von fich geſchlagen. 


— 431 — 


Welches fie bewegt, daß fie unten um das Bett herumge- 
gangen und ihn angeredet hat: „ei, mein Kind, wie bift Du 
denn bier? Haft Du mich doch erſchreckt!“ Da er denn bie 
Beine hinaus geſchlagen, aus dem Bette gefahren und unter 
das Dach, fo fih in der Schlaffammer findet, gefrochen, 
auch daſelbſt plöglich verfhwunden ift. Die Frau hat fi) 
nun zwar in's Bett gelegt, aber vor großem Schred bie 
ganze Nacht nicht ſchlafen können, weil fie nicht gewußt, wie 
e3 zugehe, daß fie ihren Mann, der fo viele Meilen ent- 
fernt war, habe jehen können. Sie bat aber fleißig gebetet, 
der Herr wolle fie vor Anfechtung bewahren. Als ihr Mann 
nun wieder nach Haufe gekommen, hat er erzählt, er jei an 
jenem Tage gerade bei einem Jäger geweſen, der ihn jehr 
wohl tractirt und mit Braten, Kuchen und Wein beftens be- 
wirthet, da habe er immer an feine Frau gedacht und ge- 
wünfcht, daß fie ſolches auch mit genießen möge. 


501) Die Perlenfchoten zu MWiefenthal. 
Lehmann ©. 481. Flader a. a. DO. ©. 234 sq. Moetifch beh. b. 
Segnitz. Bd. I. ©. 173 sg. 





Im Jahre 1626 Furz nach dem großen Sterben wohnte 
in der Neuftadt in Wiefenthal ein gemiffer Michael Roth- 
dörfer, ein Erulant von Luttig in Böhmen, welcher mit Weib 
und 7 Kindern den Religionsfeinden glüdlich entronnen war. 
Sein Tödhterlein von 7 Jahren hatte vom Schutthaufen 
eines ausgegrabenen alten Kellers etliche Kapfamenftrünflein 
aufgelejen und in ihres Vaters Garten geftedt. Da nun 
folder wohl fortgefommen und gereift, nimmt fie die Schöt- 
hen ab und Elopft fie aus, findet aber mit VBerwunderung 
weiße Körnchen, die fie unmiffend, was es fei, dem Vater 
weiſt und fpricht: „je, Vater, fehet, was find dies für Blätter— 
lein?“ Der Bater erkennt, daß es rechte Perlen find, jucht 
und findet fie in den Schötchen felbft, alfo daß nach je zwei 
Samenkörnlein eine wahrhafte Perle lag, und jo fammelten 
fie dieſes Samens und der Perlen ein Näpfchen voll. Eine 


— 42 — 


durchreifende Gräfin von Hauftein hat biefelben mit Ver— 
wunderung angejehen und gefunden, daß es wahrhafte Berlen 
feien. Daher hat fie dem Vater verfprodhen, wenn er ein- 
willigen wolle, jo wolle fie diejes glücjelige Kind zu fich 
nehmen und ihm alle Güte widerfahren laffen. Als fie aber 
hierbei etliche dergleichen Schötchen felbit aufgemacht, find 
die darin verborgen liegenden Perlen ihr unter den Fingern 
geihmolzen, welches auch andern Leuten begegnet ift, daher 
fie geurtheilt und gejagt: „ei, fo ift e8 eine fonderbare Gnabe 
von Gott, deren wir nicht würdig find.‘ 


502) Die Tellerhäufer bei Wiefenthal. 
Poetifch beh. v. Ziehnert Bd. II, ©. 139 sq. 





Um das Jahr 1570 lebte zu Wiefenthal ein blutarmer, 
aber frommer und fleißiger Bergmann, Namens Teller, ber 
bei einer Grube bejchäftigt war, die auf einmal feine Aus- 
beute mehr gab und deshalb von ihrem Befiker, einem reichen 
Geizhals, nicht mehr bebaut ward. Ebenſo vergebens wie 
er von Letzterem feinen rüdjtändigen Lohn zu befommen ge- 
ſucht hatte, fah er fich nach neuer Arbeit um, er hatte eine 
franfe Frau und drei Söhne zu Haufe, allein er hatte fein 
Brod für fie und fo mußte er nach und nad) Alles, was er 
befaß, verkaufen. So Fam der Dftermorgen heran und das 
Legte, was noch zu Gelde gemacht werben fonnte, war bereits 
mweggegeben. Siehe da zog es ihn nach der Kirche und als 
er traurig an den Eingang berfelben getreten war, kam e8 
ihm vor, als fehe er fi im Fefttagsgewande eine Stufe 
glänzenden Silber auf der Schulter an der Kanzel ftehen. 
Er rieb fih die Augen, wendete fein Geſicht ab, aber fobalb 
er wieder auf jenen Punkt fchaute, ftand auch fein Doppel- 
gänger wieder da. Er verließ endlich die Kirche, und auf 
dem Wege nach feinem Haufe begegnete ihm ein mwohlgeflei- 
deter Unbekannter, der ihm, als er von ihm befragt, warum 
er fo traurig ausſehe, feine Noth geklagt hatte, ein großes. 


— 433 — 


Silberftüd ſchenkte. Damit Faufte er die nothwenbigften 
Bebürfniffe und begab fi) nach Haufe. Hier hatte er aber 
feine Ruhe, denn überall fah er das gehabte Geficht vor fi) 
und es fam ihm vor, als ziehe ihn fein Doppelgänger nad) 
jener eben aufgegebenen Grube hin. Endlich konnte er nicht 
mehr dieſem innern Drange widerftehen, daher Faufte er fi 
von dem noch übriggebliebenen Gelde von dem Bergmeifter 
die Erlaubniß, in der aufläfligen Grube zu bauen und fing 
eifrig an einzufchlagen. Allein feine zwei Hände brachten 
wenig vorwärts, der Tag verfloß und er war auf fein edles 
Metall gejtoßen, ſchon war auch der zweite halb zu Ende 
und er machte eben Anftalt, fein lettes Stüdlein Brod zum 
Mittagsmahl zu fih zu nehmen, al3 aus einem Loche im 
Geftein ein Mäuschen herauskroch und ungejcheut Die herunter- 
gefallenen Brojamen auflas. Er ließ daffelbe ruhig gewäh- 
ren, als es aber anfing auch fein Grubenlicht zu befnabbern, 
warf er fein Fäuftel nach demfelben. Statt daß aber bie 
Maus davon getroffen ward, fprengte er ein ftarkes Stüd 
Geftein los und fiehe hinter demjelben lag ein reicher Gang 
gediegenen Silbers zu Tage. Kaum wollte er feinen Augen 
trauen, allein er konnte nicht zweifeln, er eilte nach Haufe 
um feine Familie mit der frohen Kunde zu erfreuen, und fo 
ward er in wenigen Tagen aus einem armen Häuer ein 
reicher Bergwerfbefiger, allein er vergaß darum feine frühern 
Leiden nicht, er blieb bis an feinen Tod einer der frömmiten 
und mildthätigften Männer in der ganzen Gegend. Seinen 
drei Söhnen erbaute er von feinem Reichthum drei Kleine 
Güter in einer wildromantifhen Gegend zwiſchen Wiefenthal 
und Nittersgrün, die heute noch die Tellerhäufer genannt 
werben, ſich felbft aber ließ er ganz fo, wie er fich an jenem 
Dftermorgen in der Kirche gefehen hatte, im Sonntagspuße 
des Häuers in Holz ausbauen und dies Bild zum Andenken 
in jener Kirche aufitellen, wo es noch zu fehen ift. 


Oräße, Sächſ. Sagen. I. 28 


— 434 — 


503) Das Gefpenft auf der Superintendentur zu Wieſenthal. 
Flader a. a. D. ©. 110 sg. 





Im Sahre 1675 im Monat October hat ſich auf der 
Superintendentur zu Wieſenthal ein Gefpenft fehen laſſen, 
welches einen weißen Trauerhabit anhatte und ſich für eine Frau 
von Adel ausgab, fo bei dem zu Glauchau früher befindlichen 
Nonnenkloſter die Stelle einer Aebtiffin vertreten habe. Das 
erfte Mal ift dieſes Gefpenft, welches man fpäter nur Die 
weiße Frau genannt hat, einer hier dienenden Näherin aus 
Leipzig, Namens Marie Sabine Demantin, erſchienen, ift vor 
das Bett, in welchem fie mit der Kindermagd lag, getreten, 
bat geächzt und gefeufzt, dann hat es die filbernen Eplöffel, 
welche in einem Körbchen gelegen, gezählt und, da ihrer nur 
11 geweſen, gefagt: „ei des Herrn Löffel fehlt!” was auch 
der Fall gemwejen. Hierauf hat es des Superintendenten 
langen Mantel und die mit Pelz gefütterte Schaube feiner 
Frau, welche an der Wand gehangen, heruntergenommen, 
den Mantel und die Schaube oben darauf umgenonmen und 
ift jo in der Stube herumfpazirt, als aber das Kindermäd- 
hen darüber gelacht und gejagt, „was macht denn der Narr!“ 
ift e8 ihre ſchlecht bekommen, denn fie hat augenblidlich im 
Munde und Geficht heiße Blafen befommen und deshalb 14 
Tage das Bett hüten müſſen. So oft aber als das Gefpenft 
erihienen, hat es einen hellen Glanz und Schimmer um fich 
verbreitet, daß man einen Pfennig auf der Erde erfennen 
fonnte. So haben denn zwei Männer, ©. C. Müller und 
A. Flader, fi, nachdem die beiden Mädchen aus der Kammer 
mweggebettet worden waren, in dieſelbe niedergelegt, um das 
Geſpenſt abzulauern, es ift aber nicht von ihnen mwahrge- 
nommen worden, fondern hat fi nur dur Geräuſch kund— 
gegeben, hat auch mit einem ſchweren Steine in die Kammer 
geworfen, daß darüber Alles erjchüttert worden tft, darauf 
ift e8 in den Stall gegangen und hat dajelbft einer alten 
Ziege den Hal umgedreht, auch in dem Hühnerhaufe gegen- 
über eine Henne erdrückt. Geit dieſer Zeit ift das Gefpenft 


— 43 — 


faft alle Nächte zu der Näherin gelommen und hat fich mit 
traurigen Geberben vor ihr Bett gejtellt, auch öfters bitter- 
lich geweint, da denn die herabfallenden Thränen wie mweiße 
Milch ausgejehen, welche das Geſpenſt mit einem jchönen 
weißen Schnupftuh abgemifht hat. Ob nun gleich ber 
Superintendent dem Mädchen verboten, fich mit dem Ge- 
fpenfte in ein Geſpräch einzulaffen, hat fie es doch nicht 
laffen können, fondern gefragt, was es denn wolle, worauf 
e3 mit einer ganz ungewöhnlichen Stimme geantwortet, fie 
folle mit ihm gehen und einen Schaß heben, der gehöre zwar 
dem Superintendenten, allein fie jolle davon Allen im Haufe 
foviel bringen, daß fie Alle genug hätten. 

Nun hat das Gefpenft fein Begehren alle Nächte wieder- 
Holt, endlich ift die Näherin mitgegangen, und wie fie durch 
des Superintendenten Studirjtube gehen, und zwei angezün- 
dete Unschlittlichter in den Händen haben, thut ſich auf ein- 
mal die Thüre auf den Saal hinaus von jelbft auf, worauf 
ihr ein ziemlicher Haufe von ſchwarzgekleideten Mönchen ent- 
gegenfommt, unter melden ein fehr langer war, ber ſich 
nah ihre binneigte und beide Lichter ausbließ, daher fie 
feufzte: „ach Jeſus!“ aber diefe Worte zogen einen jolchen 
Tumult nah fi, daß es fchien, als wolle Alles zu Grund 
und Boden gehen. Hierauf ift fie vor Schred davongelaufen, 
bat fih aber verirrt, und ift in das Schlafgemah des 
Superintendenten gefommen, der von dem Lärm aufgewacht 
war und gemeint hatte, es ſei ein großer Stein in feine 
Studirftube geworfen worden. MS er aber die Näherin 
erblidt, hat er ihr zugerufen zu beten, und felbft angefangen 
zu fingen, das Mädchen aber hat gejehen, wie die ganze 
Kammer nah und nach durch das Abfingen der geiftlichen 
Lieder von den jchwarzen Mönchen, mit denen fie angefüllt 
war, leer ward. In der nächften Nacht ift das Gefpenft zu 
der Näherin, die mittlerweile frank worden war, wieberge- 
fommen und hat gejagt, fie hätte fich nicht fürchten follen, 
denn bie ſchwarzen Männer würden ihr nichtS gethan haben, 
der Schaf ftehe ſchon außen und beftehe aus Kirchenklei- 

; 28* 


— 436 — 


nobien, welche vor etlichen 100 Jahren dorthin gebracht wor- 
den feien, fie möge nur nachſuchen laſſen, jo würden fich 
gewiß Vorzeichen finden. AlS man nun nachgefucht, haben 
ſich verſchiedene Gefäße von Zinn und etlihe Lampen von 
Thon gefunden, welche noch jo neu und weiß waren, als 
wenn fie erſt geftern hineingelegt worden wären. Unter der 
Grundmauer hat man auch ein mit Ziegelfteinen ausge— 
mauertes Behältniß, und am Ende befjelben ftarfe Pfoften 
von Eichenholz und nach denjelben jchöne Schiefertafeln ge- 
funden, mit welchen das Behältniß oder die Käften zu ben 
Kleinodien bedeckt geweſen waren, die leßteren find aber 
nit mehr zu fehen gewejen, fondern waren, wie man 
meinte, verrückt worden. Aber über den Ziegeln hat ein 
großer Ziegelftein, ein Duadrat, gelegen, auf weldem ein 
Crucifir ganz kenntlich geprägt gemwejen if. Während dem 
hat fih auch das Gefpenft ſehen laſſen und außen an ber 
Mauer über der Erde ift ein ziemliches Getöſe bemerkt 
worden, wie wenn Bergleute da arbeiteten und etwas be- 
wältigen wollten, allein als man zum Fenſter hinabgefehen, 
hat man nicht das Geringfte wahrgenommen. Während des 
Grabens hat man auch etlihe Todtenknochen gefunden, 
welches vermuthlich Reliquien von diefem und jenem Heiligen 
gewefen, jo zu diefem Schaß gelegt worden, daß er ſich nicht 
verrüden möchte. Es hat auch das Geſpenſt bei dem Aus— 
füllen des gemachten Loches nicht wenig Widerwillen, zum 
Theil auch Spötterei jehen laffen, denn nachdem man lange 
Bratjpieße genommen und an dem Orte, wo die Ziegelfteine 
berausgegangen waren, herabwärts in ben Erdboden gefühlt, 
ob fih etwa die Käften geſenkt, hat es bei der Nacht auch 
einen Bratſpieß mitgebracht und hin und wieder in der 
Kammer mit joldem gegen den Boden gefühlt. Da man 
nun wirklich anfing, den Berg wieder einzufüllen, hat es 
nicht allein mit Ziegeln und Steinen um fi geworfen, daß 
die Arbeitenden davonliefen, jondern es hat aud in. ber 
folgenden Naht die Betten des Frauenvolfes mit Schutt 
und Erde beftreut, daß darüber etlichen, zumal den Mägden, 


— 431 — 


der Mund mit Erde angefült ward, den fie im Schlafen 
offen gehalten. 

ALS nun die Näherin nicht wieder mit dem Gefpenft 
allein gehen wollte, hat diejes ihr vorgefchlagen, das Zjährige 
Söhnlein des Superintendenten mitzunehmen, von welchem 
die weiße Frau gejagt, fie habe ſich gefreut, als es geboren 
worden, denn es werde fie erlöfen. Wirklich hatte man be- 
merkt, daß feit der Geburt diejes Kindes fich das Gefpenft 
jehen ließ, e3 Fam auch mit einem großen Bund Schlüffel 
in die Kammer, wo die Schweiter des Superintendenten . 
fchlief, und fagte, „nun ift der geboren, der mich erlöfen wird!‘ 
Als fpäter die Kindermagd einmal das Knäblein mit fich 
in's Bett genommen, ift das Gefpenft gleich darauf losge— 
gangen und hat e8 aus dem Bette reißen wollen mit den 
Worten: „harre, harre, Du bift mein!’ Darüber ift die Magd 
aufgewacht, hat aber das Kind fo feit an feinem Hemdchen 
gehalten, daß daſſelbe entzweiriß, das Gefpenft hat aber das 
Kind fahren laffen und ift auf die Magd gefallen und hat 
folhe dermaßen gedrüdt, daß fie kaum mehr Athem holen 
fönnen. Bon biefer Zeit an hat ſich das Gefpenft aber auch 
in der eigenen Schlaffammer des Superintendenten, mo 
deſſen Söhnlein in einem Gitterbettlein fchlief, eingefunden, 
bat bafjelbe öfter beunruhigt, die Flügel in dem Bettchen 
aufgemacht und es gereizt, e3 folle aufftehen und mitgehen, 
fie wolle ihm ſchöne gelbe Pfennige geben, e8 hat auch der- 
gleihen Goldftüde mitgebraht und dem Kinde gezeigt. 
Während dem ift aber die Näherin einmal über das andere 
von dem Gejpenfte genöthigt worden, fie möge doch nur ein» 
mal mitgehen, weil auch das Kind mitfommen werde, es 
folle weder ihr noch dieſem etwas zu Leide gefchehen und 
fie werde fo viel finden, daß fie für ihre Lebtage davon 
genug haben werde. Daher hat fie eines Tages ihre Zeit 
und Gelegenheit abgefehen, ift auf das Geheiß des Gefpenftes 
aufgeftanden und in die Studirftube gegangen und hat dort 
fo lange geharrt, bis die weiße Frau das NKnäblein aus 
feinem Bettchen genommen, auf ben Arm gehoben und hin- 


— 48 — 


eingebracht hat, welches in der Nacht zwiſchen 1 und 2 Uhr 
geſchehen iſt. Nachdem ſich aber mit der Thüre ein großes 
Geraſſel erhoben, auch der Wachsſtock, den das Geſpenſt nebſt 
einem langen Briefe, mit Mönchsſchrift beſchrieben, in der 
rechten Hand gehabt, ſehr helle, wie wenn des Morgens die 
Sonne aufgeht, geleuchtet, iſt das Knäblein gleich darüber 
aufgewacht und hat dem Geſpenſte eine Ohrfeige nach der 
andern gegeben, daß ſie es endlich vom Arme herabgelaſſen 
und mit der linken Hand fortgeführt, weil es nicht weiter 
hat mitgehen wollen. Da denn der ganze Saal zur rechten 
und linken Hand voller ſchwarzer und weißer Mönche ge— 
ſtanden, mitten durch iſt ein enger Durchgang geblieben, und 
haben ſich auf beiden Seiten Muſikanten gefunden, welche 
mit Geigen, Poſaunen und Trompeten auf's Lieblichſte muſi— 
cirt, wie ſolches Alle im Hauſe gehört. Als nun das ge— 
ängſtigte Kind ſammt der Näherin an die Treppe kömmt, 
ſieht es daſelbſt einen großen ſchwarzen Hund ſitzen, der eine 
feurige Zunge aus ſeinem Rachen reckt, iſt aber davon noch 
mehr erſchrocken und fängt an zu ſchreien: „ach! Hund beißt, 
Hund beißt!“ worauf es ſich aus den Händen des Geſpenſtes 
geriſſen und wieder in die Studirſtube gelaufen iſt. Da 
nun die Näherin Solches geſehen, entfällt ihr der Muth 
auch, ſie kehrt alſo ebenfalls um, allein es iſt ihr wie das 
erſte Mal nicht wohl bekommen, ſondern die böſen Geiſter 
haben ſie bei den Haarzöpfen ergriffen, zurückgezogen und 
etliche Male wider den Boden geſtoßen, wobei es ihr vorge— 
kommen iſt, als wenn neben ihrem Kopfe lauter Piſtolen 
losgeſchoſſen würden. Indem ſie nun noch mit großer Mühe 
in die Studirſtube gekommen und niedergeſunken, nicht 
wiſſend, wo ſie ſei, noch wie ihr geſchehen, da hat ſich das 
Knäblein umgewendet, ſie bei der Hand genommen und 
vollends in ſeines Vaters Schlafkammer geführt, wohin die 
Frauenzimmer aus der andern Kammer gelaufen kamen und 
ſie hier zu erquicken ſuchten. Der Superintendent hat nun 
die ganze Zeit hindurch mit ſeiner ganzen Familie und Ge— 
ſinde Morgens und Abends ſeine Andacht gehalten, die 


9 


Näherin aber, weil fie ihm zum andern Male nicht gefolgt, 
wegziehen heißen. Kaum ift fie jedoch fortgeweſen, fo hat 
pas Geſpenſt fich die folgende Nacht darauf in der Kammer, 
wo die Näherin fonft gelegen, mit vernehmlicher Stimme 
hören lafjen: „wo hr mir die Marie Sabine nicht wieder 
berfchafft, jo will ich auf den dritten Abend im Haufe jo 
turniren, daß Ihr nicht jollt darinnen bleiben können.“ Wo— 
rauf der Herr des Haufes, der foldhes gehört, geantwortet: 
„per Teufel ift ein Lügner, er wird’8 auch diesmal bleiben!‘ 
und wirklich ift es in der darauf folgenden Nacht ganz ftill 
geblieben und hat fich feit der Zeit nichts wieder von dem 
Spufe hören laffen. 


504) Die Fichte auf dem Gottesader in Annaberg. 
G. Andrä, Chronol. Nachr. d. Bergftadt Annaberg. Echneeb. 1837. ©. 67. 





Zu Frohnau bei Annaberg lebte einft ein ganz armer 
Mann, Namens Georgi, der in den Fümmerlichften Umftänden 
ftarb. Da nun fein einziger Sohn wegen feiner Armuth die 
Begräbnißkoften für denjelben nicht aufbringen konnte, man 
deshalb aljo mit der Beerdigung Anftand nahm, ftedte er 
feinen Vater in einen Leinwandsfad, legte denjelben auf 
einen Schubfarren und beerdigte ihn auf dem Hintern oder 
neuen Gottesader in Annaberg mit den Worten: „komm, alter 
Bater, Tomm! laß Di von mir begraben, dieweil bie 
Menſchen Dich nicht hier begraben wollen. Kurze Zeit nach— 
ber foll nun aus deſſen Grab eine Fichte hervorgewachlen 
fein, die man heute noch ſehen Tann, und eine im Beinhaus 
ausgehängte Tafel vom Jahre 1737 beutet noch jekt auf 
dieſe Begebenheit hin. 


505) Die Linde auf dem Kirchhofe zu Annaberg. 


Andrä a. a. O. ©. 62 sq. Anders b. Dietrih. Die rom. Sagen d. 
Erzgebirges. Bo. 1. ©. 319 sq. 





Auf dem Gottesader zu Annaberg fteht eine ungeheuere 
Linde, die 9%), Ellen im Umfange und 3 Ellen im Durch— 


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mefjer hat und 16 10 Ellen lange, unten am Stamm heraus- 
gewachjene und auf 24 Säulen ruhende Wurzeln oder Aeſte 
bat. Die Höhe des Stammes beträgt 3 Ellen. Nach der 
Bolksfage verdankt fie ihr Entftehen folgendem Wunder: 

Auf der nad ihm fo genannten Riefenburg, einer Be— 
figung in der Nähe der Stadt, lebte zu Anfange des 16. 
Sahrhunderts der Bergfchreiber Adam Ries, deſſen Name 
durch fein Rechenbuch eine gewiſſe Unfterblichkeit erlangt hat. 
Er brachte alle feine freie Zeit mit Nachdenken über religiöfe 
Gegenftände zu und beſonders machte ihm die Lehre von der 
Auferftehung viele Scrupel. Er liebte e8 daher, auf den 
Gottesader zu gehen und hier über diejen Gegenftand weiter 
zu mebitiren. Dies that er auch am 16. Dct. 1519, und 
zwar in Gejellichaft feines Beichtvaterd. Derjelbe bemühte 
ih, ihm aus ber heiligen Schrift Die Wahrheit dieſes Dog- 
ma’3 zu erweifen, allein vergebens; endlich zog berfelbe ein 
in der Nähe ftehendes junges Lindenbäumchen aus der Erde 
und ftedte es mit den Worten: „So wahr es ift, lieber 
Nies, daß ich diejes junge Bäumchen verkehrt in die Erde 
ftede und es zu einem großen Baume heranwachſen wird, 
eben fo gewiß giebt es einft eine Auferftehung!” Zwar mach- 
ten dieſe Worte auf den Ungläubigen feinen Eindrud, als 
er aber kurze Zeit nachher wieder auf den Kirchhof Fam, fah 
er, daß das Bäumchen vollftändig in die Erde eingewachien 
war. Seit diefer Zeit ward er aber gläubig und blieb es 
bi8 an feinen Tod, der im Jahre 1559- erfolgte. 


506) Der erfte Klöppel in Annaberg. 
P. Jenisii Hist. Annaberg. urbis. Dresdae 1605. 4. P. IL. p. 14, 
Poetiſch beh. v. Segnit, Bd. II. &. 80 sq. 





Im Jahre 1512 ward bei Annaberg der Galgen gebaut, 
da kam ein gemiller Klingefporn aus der Fremde eingewan- 
dert und indem er den Bau betrachtete, ſprach er, er fei be- 
gierig zu willen, wer in diefer großen Glode — jo nannte 


— 41 — 


er den Galgen — ben erften Klöppel abgeben werde. Nicht 
lange darauf ward berfelbe Klingefporn bei einem bebeuten- 
den Diebitahl ergriffen, und durch wunderbare Fügung war 
er ber erite, der den neuerbauten Galgen zierte, was man 
damals al3 Gottes gerechte Strafe für feinen frevelhaften 
Spott betrachtete. 


507) Dad Gefähwiftergrab in der Kirche zu Annaberg. 
P. Jenisii In Annabergae deflagrationem Epist. XVI. Dresd. 1604. 
4. p. 12b. Poetiſch beh. v. Segnitz, Bd. I. S. 247 sg. 


Am 27. April des Jahres 1604 wüthete zu Annaberg 
eine furchtbare Feuersbrunft, durch welche die Stadt bis auf 
7 Häufer vernichtet ward. Auch viele Menjchenleben gingen 
verloren, darunter auch ein Gejchwifterpaar, Johann und 
Blandina Biener, Kinder eines früheren Senators der Stabt, 
welche in dem Haufe wohnten, das dann fpäter die Mufeums- 
gejelfchaft inne hatte. Der Bruder hatte jchon feit längerer 
Zeit an Wahnfinn gelitten, jo daß er gefejjelt werben mußte, 
die Schwefter aber hatte bis auf dieſen Tag ftetS feine treue 
Pflegerin gemadt. Da brach das Feuer aus, und weil die 
Schweſter den Bruder nicht von feinen Felleln losmachen 
fonnte — diejelben waren an der Wand feftgemaht —, 
denjelben aber auch nicht feinem Schickſale überlaffen wollte, 
jo entſchloß fie fih, freiwillig mit ihm zu fterben. Das 
Feuer ergriff das Haus und das einftürzende Dach begrub 
die Gejchmwifter in feinen Trümmern; als man aber nad) 
einigen Tagen den Schutt wegräumte, fand man die halb- 
verkohlten Leiber derjelben in gegenfeitiger Umarmung ver- 
fettet und trug fie jo in die Annenkicche, wo fie am 13. Mai 
in einem und bemfelben Grabe, das man heute noch jehen 
fann, beigeſetzt wurben. 





— 442 — 


508) Der rothe Stein auf der Kirchgaſſe zu Annaberg. 
Ziehnert, Bd. III. ©. 198. 





Auf der untern Hälfte der großen Kirchgaſſe in Anna- 
berg befindet fich im Pflafter ein rother Stein, von dem 
Folgendes erzählt wird: 

Ein Chorfnabe ftand auf der Galerie des Kirchthurmes 
und ward von einem MWindftoß erfaßt und herabgemworfen. 
Da ihm nun fein Chormantel al3 Falliehirm diente, jo Fam 
er glüdlich und mwohlbehalten auf die Erde. Dieſes jah ein 
Schieferdeder, und alsbald fam dem vermegenen Gejellen 
das Gelüfte an, diefelbe Fahrt, welche ihm luftig genug 
fchien, auch zu verfuhen. Er nahm aljo einen Mantel um, 
ftieg auf den Thurm und fprang hinab. Aber wehe, der 
Mantel verwidelte fih und Eopfüber im gählingen Sturze 
fchmetterte der tollfühne Schieferdeder auf das Pflafterr. Wo 
er feinen blutigen Tod fand, fehte man zum Andenken den 
rothen Stein in das Pflafter. 


509) Dad Gefpenft in dem Zobelfchen Haufe zu Annaberg. 
M. E. Zobel, Hift. u. theol. Borftelung d. abenteuerlichen Gejpenftes, 
welches in einem Haufe zu Annaberg zwei Monate lang im 1691. Jahre 
viel Schreden angerichtet. Lpzg. 1692. 8. u. Declaratio apologetica oder 
ſchutzſchriftliche und fernere Erklärung über die St. Annaberg. Gefpenfter- 
biftorie wider des H. Balth. Beklers Buch, gen. die bezauberte Welt 
Lpzg. 1695. 8. ©. a. Hauber, Bibl. Mag. Bd. III. pag. 343 sq. u. 
Remigius, Daemonol. II. ©. 251 sq., Auszug bei Lehmann, Obererzgeb. 
Schauplatz ©. 951. 





Im Auguft und September des Jahres 1691 hat ein 
teufliihes Gefpenft in dem Bürgerhaufe des M. Enoch Zobel 
zu Annaberg vielerlei Unruhe und Confufion angeftiftet, wie 
berjelbe ſelbſt weitläufig bejchrieben hat. Es hat mit Auf- 
und Niebergehen, Klappern, Schlagen, Auf- und Zumachen 
ber Thüren, Werfen, Fallen, Verſchleppen alles Hausraths, 
Rufen, Laden, Zupfen an den Kleidern, ſchimpflichen Necken 
einer Magd viel feltiame Händel getrieben; ift bisweilen als 


— 43 — 


ein dunkelgrauer fortraufchender Schatten erfchienen, hat fich 
einft mit einem nadenden Arme bliden lafjen, grünes Wald- 
reißig auf die Hausthüren geftedt, dergleichen auch auf den 
Spiegel gethban. Im hinteren Hofgemwölbe hat ſichs hören 
lafjen, als ob Bergleute arbeiteten, eine Kugel hat es bie 
Treppe hinunter geworfen, alte Kleider hat e8 hervorgetragen 
und jeltiam aufgehängt, den Schlafenden die Betten nehmen 
wollen, bei Tage etliche Betten verfchleppt, brennend Licht 
auf den Boden getragen. Einen wachenden beherzten Bürger 
überfiel, feinen Gedanken nad, etwas in der Nacht ganz wie 
ein zottiger brauner Bär. Bismweilen ſah es zum Stallfenfter 
heraus, ganz wie ein altes Angefiht mit einer ſchwarzen 
Haube. Es gab der Hausgenofjin eine ftarfe Obhrfeige, daß 
man die rothen Striemen noch des andern Tages fehen 
fonnte, es ftedte die Ofenkrücke, Dfengabel, einen langen 
Borftwifh mit allerlei Lumpen behangen, zur Hausthüre 
hinaus auf die Gafje, 309 den großen Waflertrog ab, ver- 
ftedte die Zapfen, jeßte ein brennendes Licht auf die Haus» 
bank, ſchürte Feuer auf den Heerd. Dergleihen Schalfheit 
übte es jehr viel, und wenn es etwas angeftiftet, jo lachte 
e3. Es verftedte die Schlüffel, ftreuete Korn vom Boden 
herab auf den Hof, der Hausgenoſſen Betten trug es auf 
ben Gang hervor, man jah aber feinen Träger. 3 ftedte. 
noch allerlei Sachen zufammen in den DOfentopf. Ein Stw 
diofus jah etwas wie ein altes Geficht, e8 warf ihn mit 
Steinden, hielt ihm rücklings beim Clavier mit Falten Händen . 
die Augen zu, entführte auch unterſchiedliche aufgebreitete 
Wäſche. Den 26. September befand ſich Feuer und Dampf 
auf dem Holzitalle, worauf die Hausbewohner Lärm machten, 
daß es bald gelöfht wurde. Mittlerweile war aber allent- 
halben gute Anftalt wider alle Gefahr gemacht worden; im 
Haufe wurde täglich zu gewillen Stunden gebetet und ge— 
fungen, es wurde auch öffentlich in der Kirche Fürbitte an- 
geftellt, es hat ſich aber nachgehends weiter nicht3 jpüren 
laſſen. 


— 44 — 


510) Der Berggeift zu Annaberg. 
Remigii Daemonolatria TH. II. ©. 45. 





Sn der Grube zum NRofenberg zu Annaberg ift ein böfer 
Berggeift erfchienen, der über zwölf Bergleute an ihrer Arbeit 
mit feinem Anhauchen getöbtet und umgebradht, und darum 
ift dieſelbe Tiegengeblieben und nicht ferner gebaut worden, 
ob fie gleich reich von Silber geweſen. Es hat aber den 
Athem aus dem Halfe geblafen und iſt in Geftalt eines 
Pferdes mit einem langen Halfe und gräßlichen Augen erſchienen. 


511) Der Falfüchtige in der Kirche zu Annaberg. 
Poetiſch beh. b. Ziehnert, Bd. III. ©. 143 sq. ©. a. Textor, hiſt. Bil- 
derfaal, B. IV. ©. 141 sq. 





Am 26. Yuli des Jahres 1519 ward die St. Annen- 
firhe in der Stadt Annaberg durch den Bischof von Meißen, 
Johann VI., geweiht und bei diefer Gelegenheit ereignete fich 
folgende wunderbare Begebenheit, welche dur ein, mwahr- 
Icheinlih von 2. Cranach gemaltes Bild, das fih am Grab- 
monumente 2. Pflods, eines reichen Bergherren, der bei bie- 
ſem VBorgange zugegen war, befindet, noch heute im Andenken 
erhalten wird. Als nämlich die Proceffion, bei der ſich auch 
Herzog Georg von Sachſen befand, an der Pforte der Kirche 
angelangt war und ber Bifchof fih anſchickte, diefelbe zu 
weihen, jah er plöglich einen zerlumpten Bettler, der fich in 
epileptifchen Zudungen auf der Erde herummälzte, vor fich. 
Da erhob fi in der Seele des geiftlichen Herrn der DVer- 
dat, die Krankheit dieſes Elenden fei nur eine verftellte 
und berfelbe benutze biefelbe blos, um bei dem heutigen hohen 
Feite das Mitleid der Anmejenden zu erregen. Er hob alfo 
die Rechte zur Benebiction, ſchlug ein Kreuz über den Bettler 
und ſprach mit lauter erhobener Stimme: „Bit Du wirklich 
frank, fo helfe Dir der Herr, verftelleft Du Dich aber, fo 
ftrafe er Dich!“ Kaum hatte er diefe Worte gejprochen, fo 


— 45 — 


geſchah es, daß die von dem Bettler vorgegebene Krankheit 
zur Wirklichfeit ward, ein fürchterliches Geſchrei verfündete 
ihr Dafein und mehrere ftarfe Männer waren jet faum im 
Stande, den Unjeligen in feinen Zudungen zu bändigen und 
auf die Seite zu bringen. T) 


512) Die Entftehung von Annaberg. 
Tertor, hiſt. Bilderfaal d. fächf. Gefch. Meißen 1834. Br. I. ©. 279 sa. 





Der Bergmann Caspar Nitelt aus dem gleich zu er- 
wähnenden Walddorfe Frohnau am Fuße des Schredenberges 
ging am Abende vor dem Fronleichnamfeite des Jahres 1495 
nah dem nahen Bache, um fich dort für das morgende Feft 
ein Gericht Fiiche zu fangen. Er wollte das Waſſer etwas 
trübe machen und wühlte mit einem Stode am Rande des 
Bades unter dem Waſſer. Da fiel plötzlich durch dieſes 
Mühlen ein Stüdchen vom Uferrand herab und entblößte 
eine Bergart, die von Farbe grünlich war (dem Gänſekothe 
gleih). Dem geübten Kennerauge Niepelt’3 fiel dieſe Berg- 
art auf, er nahm etwas davon in die Hand, und da er be- 
merkte, daß fie jchwerer als anderes Erdreich war, jo trug 
er davon mit heim und ließ es in Geyer probiren, wo man 
denn fand, daß diefe Gangart zwei Loth fein Silber enthielt. 
Nun muthete Niekelt diefen Gang, gab ihm den Namen 
Fronleihnamsftoln, und derſelbe lieferte bis zu feinem Er- 
liegen die große Summe von 400,000 Güldengrofchen 
(Speciesthalern) Ausbeute. Und als furz darauf am Schreden- 
berge und feinem Nachbar, dem Schottenberge, mehrere glüd- 
lihe Entdedungen gemacht wurden, fo wurde es auf einmal 
lebendig in dieſem jonft fo einfamen Thale. Immer mehr 
Menſchen ftrömten herbei, das Dorf Frohnau vermochte fie 
nicht mehr aufzunehmen, und e3 wurde alfo die Anlegung 


r) Diefe Begebenheit ftimmt fo mit der unter Nr. 290 erzählten 
Sage, daß es währjcheintich ift, daß fie nur durch Mifverftändniß and 
‚nach Freiberg verlegt worden ift. 


— 446 — 


einer neuen Bergftabt befchloffen, zu welcher am 21. Septbr. 
1496 der Grundftein gelegt wurde, die fünf Jahre hindurch 
den Namen Neuftadbt am Schredenberge führte, bis biefer 
Name im Jahre 1501 in den Namen Annaberg verwandelt 
mwurbe, den dieſe Bergftadt heutige Tages noch trägt. 


513) Die beiden Brüder zu Frohnau. 
Hering, Gef. d. Sächſiſchen Hochlands. Leipzig 1828. Br. II. ©. 42. 


Im Dorfe Frohnau befanden fih im Jahre 1545 zwei 
Brüder, die zufammen ein Gut hatten, eines Sonntags im 
Wirthshauſe und hatten etwas zuviel getrunfen. Nur um 
fie zu neden, raunt ihnen Einer zu, e8 habe fi ein Dieb 
auf ihr Feld gefchlichen und raube dort die Früchte. Sie 
fpringen baftig auf, ergreifen ihre Schwerter und nehmen 
die Abrede, daß der eine von diefer, der andere von jener 
Seite das Feld durchſuchen jolle, damit der Dieb nicht ent» 
wiſche. So fchleihen fie denn heran und als Einer den 
Andern im Dunkel erblict, ftürzen fie in der Meinung, daß 
e3 der Dieb fei, auf einander los und Einer erhält eine 
tödtlihe Wunde. Bei feinem Hilfegefchrei erkennt ihm der 
Sieger als feinen Bruder, man eilt herbei und al3 ber 
ſchwer Getroffene noch in derjelben Nacht an feiner Munde 
ftirbt, ergreift ber unglüdliche Brudermörder die Flucht, und 
erhielt nur unter der Bedingung Verzeihung von dem Herzog 
Mori, daß er feinen Antheil an dem Gute an die Frau 
und Kinder des Erſchlagenen abtrat.e. Der Fled aber, wo 
jener Mord gejchah, wird noch jetzt gezeigt. 





514) Die Kapelle zu Frohnan. 
Jenisii Hist. Annab. P. II. pag. 2. 





Im Jahre 1502 ift ein gemiffer angefehener und wür—⸗ 
diger Mann Namens Lorenz Pflock gen Annaberg gefommen, 
als ihm nun feine Gemahlin in Turzer  Frift auf einem 


Hi 


Wagen folgte, fam es ihr, als fie etwas über das Dorf 
Frohnau hinaus war, vor, als wenn bie Erbe in biejer 
Gegend erfchüttert werde. Nicht lange darauf legte ihr Mann 
an biefem Orte ein Bergwerk an, das überreihe Ausbeute 
gab, und ließ, weil er überzeugt war, daß durch jenes Ge- 
ficht daS Vorhandenfein einer reichen Silberader angebeutet 
worden fei, mitten im Dorfe Frohnau einen Foftbaren Altar 
nebft Kirche erbauen. 


515) Die Bäuerin in Frohnan, 
Dietrih &. a. D. Bd. I. ©. 250 sq. u. daraus Ziehnert Bd. IIL.S.199sq. 





In den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts, als das 
Berggebäude Himmlifches Heer bei Kunnersborf noch 1400 
Gldgr. vierteljährlich Ausbeute für den Kur gab, baute auch 
eine Bäuerin in Frohnau als Gewerfin an jenem Gebäude 
mit und ward dadurch in kurzer Zeit ſehr reich, wußte aber 
nicht im Glücke mäßig zu fein und trieb allerlei Unfug ber 
Berfchwendung. So babete fie fich 3. B. täglih in dem 
theueriten Weine, den fie aufzutreiben wußte, und um nun 
denfelben nicht umkommen zu laſſen, gab fie ihn mit Semmel- 
brocken vermifcht den Armen als Kaltichale zu trinken. Diefe 
mußten nicht, was bie Bäuerin erft mit dem Weine gemacht 
hatte, aßen mit vieler Luft und dankten der reichen Geberin 
viel taufend Mal für die köſtliche Erquidung. Aber als fie 
die Badegeſchichte erfuhren, da edelte es fie, fie warfen der 
übermüthigen Bäuerin die Fenfter ein und fangen Spott» 
Tieder auf fie, fo daß fie fich nicht mehr öffentlich ſehen laſſen 
durfte. Uebrigens muß fie noch andere recht unziemliche 
Dinge verübt haben, denn der Clerus war darüber fo er- 
zürnt, daß er Gott öffentlich bat, den Bergjegen zu ver- 
mindern. Ein Andenken an biefe Bäuerin ift daS Bergge- 
bäude: „die Bäuerin am Schottenberge," welches fie aufge- 
nommen haben joll. 


— 48 — 


516) Die Sagen vom Greifenftein. 


Nr. I. b. Lehmann, Obererzgeb. Schauplag S. 181 sq. Nr. II. u. III. 

b. Biehnert Bd. III. ©. 209 sq. nr. II. novell. ‚bearb. v. C. Winter in 

d. Eonftit. Ztg. 1854 Nr. 212 sq. (Anders erzählt b. E. V. Dietrih u. 

A. Textor, die romantifhen Sagen des Erzgebirge: Bd. I. Annäberg 

1822. 8: ©. 134. 150 sq.) Nr IV. b. Dietrih a. a. O. ©. 123 sq. 
u. poetifch behandelt v. Ziehnert. Bd. I: ©: 204 sa. 


I. Zwiſchen Geyer, Thum und Ehrenfriedersborf liegt 
der jogenannte Greifenftein hoch auf einer wilden Höhe im 
Walde: e3 find Felfen, die fich gählings bald höher bald 
niedriger in bie Höhe erheben und ausfehen, als wären 
große Steine in einer gewiſſen Ordnung mit Fleiß auf ein- 
ander gefchichtet; ringS herum liegen ebenfalls viele große 
Felsftüde mit Erbe bededt und überrafet, mit Bäumen und 
Sträudern bewachſen, ganz fo wie wahrjcheinlic eine vor- 
weltliche Erbummälzung diefe jonderbaren Steingruppen ge- 
ftaltet hat; den Namen follen die Felfen daher haben, daß 
hier einftmals ein Greif geniftet hat. Unter einem biejer 
Felſen ift ein offenes Loch zu fehen, in welches ein Menjch 
ganz bequem hineinkriechen kann. Bon diefem Loche erzählen 
alte Leute, daß vor Zeiten einft eine Magd, die jonft, wenn 
fie an dem Orte gegraft, öfters dafelbft mit Namen gerufen 
ward, im Beifein einer anderen Magd auf abermaliges Rufen 
hinein gegangen ſei, nachdem fie legterer verlafjen, fie jolle 
ihr, wenn fie jchreien werde, zu Hilfe kommen. Es hätte 
nun bie hineingehende einen großen Kaften mit Geld und 
Gold und einen Hund dabeiliegend getroffen und auf Befehl 
einer Stimme das Grastuch damit angefüllt. Als aber in— 
zwifchen der Eingang ganz enge geworden fei und fie des— 
halb der anderen Magd um Hilfe zugerufen, wäre der Hund 
auf fie losgefprungen und hätte alles von ihr Eingeraffte 
wieder aus dem Grastuche herausgeiharrt, darauf fie voller 
Schrecken von der andern herausgezogen worden, den dritten 
Tag nachher aber vor Furt geftorben fei. Es fei au 
einft ein gewiffer alter Mann, Namens Chriftoph Hadebeil, 





— 449) — 


verführt worden, daß er des Nachts über dafelbft in einer 
Höhle bleiben müſſen. — 

II. Einft lebte in Geyer ein armer Häuer Namens Hans 
Geißler, der war blutarm und hatte ein fchwangeres Weib 
und viele Kinder und wußte fich oftmals feinen Biffen Brod. 
Am größten war aber feine Noth am Sylvefterabend, als 
die Niederfunft feines Weibes auf wenig Stunden nahe 
war, und er weder eine warme Stube noch fonft eine Er- 
quidung, ja nicht einmal eine Wehmutter für fie hatte. Er 
eilte hinaus, eine erfahrene Muhme zu holen, verirrte ſich 
aber bei dem gräßlichen Schneegeftöber vom Wege und Fam 
durch tiefe Wehen fich mühſam durcharbeitend, zulegt an bie 
Felſenſchichten des Greifenfteind. Er erfchrad und wollte 
umkehren, als der Berggeift ihm erfhien und mit freund- 
lihem Blick ihn alfo anſprach: „Eile, glücklicher Vater! Gott 
hat Dein Weib mit drei holden Knäblein gefegnetl Wenn 
Du nichts dawider bift, will ih Dein Gevatter fein! Da 
verließ Hanfen die Furcht und er antwortete: „In Gottes 
Namen magft Du mein Gevatter fein, aber wie thue ich Dir 
die Stunde der Taufmweihe fund?” Wie nun der Berggeift 
lächelnd fagte, daß er ohnedem zur rechten Leit kommen 
werde, da verließ fih Hans darauf und eilte heim. Gein 
Weib hatte ihm wirklich drei holde Knäblein geboren. Am andern 
Tage, als Alles zur Taufe bereitet war, da ließ auch ber 
Gevattermann vom Greifenftein nicht auf fi warten. Er 
erihien in Häuerfleidung und übte das fromme Werk mit 
inniger Andacht und als bie heilige Handlung vorüber war, 
da ſchenkte er Hanſen einen Schlägel und ein Eifen und 
ſprach: „Lieber Gevatter, bete und arbeite! Wo Du mit die- 
jem Gezäh einfchlägft, da wirft Du reihe Ausbeute finden, 
und dann denke allemal an Gott und Deinen Gevattersmann!“ 
Darauf verfchwand er: feine Worte aber trafen ein, Hans 
ward ein weicher Mann und fol die Siebenhöfe bei Geyer 
gebaut haben. 

II. Ein Wanderer, Namens Jahn, irrte bei Nacht einft 
in der Gegend des Greifenfteins im Walde umher. Da trat 

Gräfe, Sächſ. Sagen. I. 29 


— 450 — 


ihn plöglid eine zwerghafte Geiftergeftalt entgegen und 
winfte ihm zu folgen. Nicht ohne Grauen folgte Jahn. Ueber 
Stod und Stein führte ihn der Zwerg, bis fie endlich an 
eine Höhle kamen, die ſich, fobald fie eintraten, mächtig er- 
weiterte und ein prädtiges Anjehen gewann. Die Wände 
waren von Silber, die Tide und Stühle von Gold. Tau— 
jend feyftallene Leuchter mit langen Kerzen verbreiteten einen 
blendenden Glanz über das ganze Gewölbe. Zwölf Männer 
in ftattlihen Nittergewändern mit langen Bärten faßen an 
einer langen Tafel und fpeiften. Der Zwerg lub den er- 
ftaunten Jahn ein, fich zu fegen und am Mahle Theil zu 
nehmen. Der Hunger bejiegte die Schüchternheit. — Jahn 
jeßte fih und aß und tranf von den, was ihm der Zwerg 
bot. Nie noch hatte er fo köſtlich getafelt; er ward erquidt 
und allmälig getroften und frohen Muthes. Die zwölf Männer 
ſchienen fich über ihn zu freuen und geboten dem Zwerge, 
fein Ränzel zu füllen. Mit herzlihen Worten ſchied Jahn 
von feinen gajtfreien Wirthen. Der Zwerg führte ihn aus 
der Höhle, die, wie Jahn jetzt bemerkte, im Greifenftein war 
und geleitete ihn auf die Straße, weldhe nad) Böhmen führte 
und auf welcher Jahn fich nicht mehr verirren fonnte. Dann 
verfhwand er. Als nun Jahn fein Ränzel umpadte, um zu 
jehen, womit ihn die freigebigen Geifter beſchenkt hatten, da 
fand er in demfelben eine ziemliche Anzahl Barren gediegenen 
Goldes und Silbers. Voller Freuden gelobte er, dafjelbe 
recht gut anzumenden. Er baute alfo in der Gegend bes 
Freiwaldes bei Thum mehrere Häufer, welde er armen 
Leuten ohne Miethzins überließ und that auch fonft allerlei 
Gutes an Kranken und Armen. Später, als die Zahl jener 
Häufer fih vermehrte und ein ganzes Dorf daraus entjtand, 
ward dagjelbe ihm zum Andenken Jahnsbach genannt. 

IV. Die Feljengruppe des Greifenfteins zeigt an vielen 
Stellen Spuren von Mauerwerk, und da man auch inner- 
halb und bei demfelben Pfeile, Eifenwerf und bergl. gefunden 
bat, fo fcheint die VBermuthung nicht unwahrſcheinlich, daß 
jene einft ein Raubſchloß in fih gefaßt habe. Das Volk 


— 451 — 


erzählt fich über den Untergang deſſelben eine fchauerliche 
Geihichte, die aljo lautet. Im 11. Sahrhundert fol ein 
Ritter, Ddo von Greifen, an dem Hofe des Herzogs Wratislam 
von Böhmen gelebt haben und nachdem er fih von hier ein 
Fräulein entführt, mit diefer in den damals faft nur von 
wilden Thieren bewohnten Freimald bei Thum gezogen fein 
und fih bier ein Schloß, die Greifenburg, erbaut haben. 
Hier lebten Beide nur der Erziehung ihres einzigen Sohnes, 
eines Tages aber brachte der Ritter von einem feiner Jagd- 
züge ein kleines Mädchen von ohngefähr 2 Jahren mit nad) 
Haufe, die er in® Didicht ſchlafend gefunden Hatte. Dieſe 
ward nun mit dem jungen Rittersfohne zufammen erzogen, 
beide liebten fich wie Gefchwifter, al3 fie aber in das mann- 
bare Alter getreten waren, verfäunten ihre Eltern fie gehörig 
zu überwachen und ihrem beftändigen Zufammenfein Hinder- 
nijje in den Weg zu legen. So fam es, daß aus der ge- 
jchwifterlien Zuneigung ein weniger unſchuldiges Verhält- 
niß entitand, in einer unbewachten Stunde vergaßen fich die 
Liebenden und nah Verlauf einiger Monate fühlte fich das 
unglüdlide Mädchen Mutter. Zwar hoffte fie, es werde 
ihrem Geliebten gelingen, feine Eltern dahin zu ftimmen, 
daß fie ihre Einwilligung zu feiner Verheirathung mit feiner 
Pflegefchwefter gewährten, leider fand fich aber feine pafjende 
Gelegenheit, und als eines Tags der Junker ausgezogen 
war, um einem Waffenbruder feines Vaters, Bruno von 
Scharfenftein, gegen einen Raubritter, Namens Rekko von 
Rauenftein, der ſchon vor 18 Jahren die ſchwangere Ge— 
mahlin des erſtern geraubt hatte und jegt abermals defjen 
Schloß belagerte, beizuftehen, entdedte jeine Mutter die 
Schwangerfhaft ihrer Pflegetochter. Natürlih Fonnte fie 
nicht im Zweifel fein, wer der Urheber derfelben war, fie 
entdedte alfo ihrem Gemahl Alles, allein da Beide fehr adel- 
ftolz waren, jo fiel es ihnen gar nicht ein, den einmal ge- 
ihehenen Fehltritt der beiden jungen Leute zuzudeden. Im 
Gegentheil, fie behandelten das unglüdlihe Mädchen ganz 
als ſei fie eine free Buhldirne und habe den Junker ver- 
29* 


— 42 — 


fehrt, und ließen fie unter jchweren Mißhandlungen in's 
tieffte Burgverließ werfen. Hier genaß fie unter furdt- 
baren Schmerzen eines Knäbleins, und da fie fih von Gott 
und Menjchen verlaffen glaubte, jchleuderte fie daffelbe an 
die Mauer des Kerkers. Da ftand plötzlich eine weiße Ge- 
ftalt vor ihr, welche ihr jagte, fie fei feit undenflicher Zeit 
wegen einer ähnlichen Handlung zum ruheloſen Umherirren 
von dem Schickſal verurtheilt geweſen, jett aber durch fie 
erlöft worden, und fie werde nun ihre Stelle einnehmen, big 
einft ein keuſches Weib, welches niemals einen unreinen 
Gedanken in ihrer Seele gehegt, in ftiller Mitternacht ihren 
Namen dreimal ohne Furcht rufen werde. Die Unglücliche 
ſank töbtlich erfchroden zu Boden und erwachte nicht wieder, 
wohl aber erjhien ihr Geift dem hartherzigen Pflegevater 
und verfündete feinem Haufe Verderben. Reuig eilte er in 
ihren Kerker hinab, allein er fand nur ihren Leichnam und 
den ihres neugeborenen Kindes. Er ließ Beiden ein präch— 
tiges Begräbniß ausrichten, allein eben als man fie beifette, 
fehrte fein Sohn als Sieger von feiner erften Waffenthat 
zurüd. Voller Freude eilte er der Burg feines Vaters ent- 
gegen, denn er hatte aus dem Munde des gefangenen Raub- 
ritter8 erfahren, daß feine Geliebte das von Letzterem im 
Freimalde ausgejegte Töchterhen der entführten Gemahlin 
des Ritters von Scharfenftein fei, und hoffte nun nichts 
gewiffer, als daß feine Eltern nunmehr ihre Einwilligung zu 
feiner Verbindung mit ihr nicht mehr verfagen würden. 
Böjes ahnend, als er die Trauerfahne vom Schloßthurme 
wehen ſah, jprengte er in den Schloßhof, wo ihm der Leichen- 
zug entgegenfam. Die Wahrheit fonnte ihm nicht verheim- 
liht werden, er ftieß einen furchtbaren Fluch gegen feine 
bartherzigen Eltern aus und fanf in eine tiefe Ohnmacht, 
aus ber er nur wieder erwadhte, um für immer in geiftiger 
Naht zu leben. Seine Eltern überlebten diefe furdhtbare 
Kataftrophe nicht lange, ihr unglüdlider Sohn ward auf 
feine Lebengzeit in einem Klofter untergebraht und ber 
Herzog Wratislam übergab die Burg Greifenftein als er- 


— 453 — 


ledigtes Lehen einem andern böhmiſchen Ritter, der fie aber 
auch nicht lange behielt, denn da er mit feinen Nachbarn in 
beftändiger Fehde lebte, vereinigten fich diefelben zuleßt gegen 
ihn und berannten, eroberten und zerftörten die Burg. Noch 
jeßt aber ſoll zwifchen den Felſen der Geift jenes unglüd- 
lihen Mädchens, ihr zerichmettertes Kind auf den Armen, 
herumirren und den Wanderer duch fein Wehegefchrei er- 
ſchrecken. 


517) Die Sagen vom Scheibenberge und feinem Zwergkönig. 
Lehmann a. a. DO. ©. 187. Biehnert Bd. III. ©. 203 sq. Novelliftifch 
beh. v. Dietrih a. a. O0. Br. 1. ©. 73 sq. Novelliftifh u. d. Titel: 
„Schneiderminel von Schlettau‘ bearb. v. E. Winter in der Conftit. Ztg. 
1854. Nr. 282 sq. Poet. bearb. v. Segnig Bd. I. ©. 183 sa. 


Das Städthen Scheibenberg im Dbererzgebirge hat 
feinen Namen von dem an feiner norbmeitlichen Seite be- 
findliden tafelfürmigen Bafaltberge gleiches Namens. Der- 
jelbe foll von Zwergen bewohnt fein und reihe Schäge in 
fih Schließen. So trug es fih zu, daß im Jahre 1605 
M. Lorenz Schwabe, Pfarrer in Scheibenberg, mehrere Gäfte 
aus Annaberg bei fich hatte und feine Frau etliche darunter 
befindlihe Freundinnen über und um, den Scheibenberg 
führte, um ihnen die Gegend zu zeigen. Sie trafen ein Loch 
darin an, in welches drei Stufen führten, und in diefem lag 
ein glängender Klumpen wie glühendes Gold. Darüber er- 
Ihraden fie, gingen eilend8 wieder heim und führten den 
Pfarrer fammt den Gäften heraus, Fonnten aber das Loch 
nicht wieder finden. 

Allerdings befindet fih auh an der Morgenfeite des 
Berges eine Art Höhle, das Zwergloch genannt. Darin 
wohnten jonft der Sage nad viele Zwerge, deren König 
Oronomaſſan (nad) Anderen Zembofral) hieß. Sie waren 
nit über 2 Schuh lang und trugen recht bunte Rödchen 
und Höschen. Es ſchien ihr größtes Vergnügen zu fein, die 
Leute zu neden; fie thaten aber auch Manchem viel Gutes 
und, halfen vorzüglich frommen und armen Leuten. Einft 





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im Winter ging ein armes Mädchen aus Schlettau in den 
am Fuße des Scheibenberges gelegenen Wald, um Holz zu 
holen. Da begegnete ihr ein kleines Männchen mit einer 
goldenen Krone auf dem Haupte, das war Dronomaflan. 
Er grüßte das Mädchen und rief gar kläglich: „ach, Du liebe 
Maid, nimm mich mit in Deinen Tragforb! Ich bin jo 
müde, und e3 fchneit und ift fo Falt, und ich weiß mir feine 
Herberge! Drum nimm mich mit zu Dir in Dein Haus !' 
Das Mädchen Fannte den Zwergkönig zwar nicht, aber da 
er gar zu flehentlich bat, fo feste fie ihn in ihren Tragkorb 
und dedte ihre Schürze über ihn, damit es ihm nicht auf 
den Kopf jchneien möchte. Darauf nahm fie den Korb auf 
den Rüden und trat den Rückweg an. Aber das Männchen 
in dem Korbe war centnerfchwer und fie mußte alle Kräfte 
zufammennehmen, daß fie die Laft nicht erdrüdte. Als fie 
nach Haufe gekommen, jeßte fie den Tragforb Feuchend ab, 
und wollte nach dem Männchen darin fehen, und dedte ihre 
Schürze ab. Aber wer fchildert ihr freudiges Staunen? das 
Männchen war fort und ftatt feiner lag in dem Tragforbe 
ein großer Klumpen gediegenen Silbers.T) 


518) Die lange Schicht zu Chrenfriedersdorf, 
Tertor, hift. Bilderfaal Bd. V. ©. 120 sq. u. b. Dietrih a. a. O. BD. I. 
©. 167 sq. Poetiſch bed. v. Ziehnert, Bd. I. ©. 1 sq.rf) 


Einſt lebte in der uralten ſächſiſchen Bergſtadt Ehren- 


+) Winter a. a. DO. berichtet, jenes Mädchen fei die Tochter eines 
Schneiderd aus Schlettau gewefen, das fogenannte fchöne Schneiderminel, 
und habe um 1535 gelebt, fei auch nachher noch mehrmals bei dem Zwerg- 
fönig im Scheibenberge gewejen, und habe für ihn, jeine Frau und Fa— 
milie Kleider machen müſſen und dafür ſolche Geſchenke erhalten, daß fie 
zu großem Neichthum gekommen und nachdem fie fich verheirathet, eine 
der reichften Familien in Schlettau begründet habe. Nach dem 30jährigen 
Kriege aber feien ihre Nachfommen wieder verarmt und zulett wieder fo 
berabgefommen, wie zu der Zeit, wo fie den Zwergkönig zuerft gejehen 


batte. 
+r) Iſt der fchwedifchen Sage von dem Brautpaare von Falun (b. 


Lofer, Abendl. 1001 Nacht, Bd. XIV. ©. 86 sq.) ſehr ähnlich. 


— 455 — 


jriedersdorf im Erzgebirge ein junger Bergmann, Namens 
Oswald Barthel, des alten Bergmanns Michael Barthel 
Son, der von feinen Borgefegten jo gejhäßt war, daß ihm 
der reiche Dberfteiger Baummald feine einzige Tochter Anna 
verlobte. Nun follte er im tiefen Stolln, Gutes Glüd, im 
Sauberge anfahren, um einen Durchſchlag (Durchbruch in 
einen andern alten Stolln) zu machen, welches wegen des 
entgegenftehenden Waſſers unter die gefährlichiten Arbeiten 
des Bergbaues gehört. Er und diejenigen feiner Kameraden, 
welche die Neihe hierzu traf, traten nun, nachdem fie zuvor 
mit ihrem Steiger an der Spite gebeichtet und das h. Abend- 
mahl genonmen, am Tage St. Katharinä, im Jahre 1508 
die Fahrt mit einem herzlichen Glüdauf! an. ALS fie an 
dem gefährlichen Punkte angefonmen waren, ward die Arbeit 
jofort in rolliger, ſehr gebrechlicher (d. h. weicher, nicht zu- 
fammenhängender, erdiger) Bergart betrieben und das Ein- 
ftürzen der Firfte durch Zimmerung verhütet. Die Laft war 
groß, die auf diefer Zimmerung ruhte, und als der Steiger, 
etwas zurücjtehend, eben eine Anordnung treffen wollte, 
hörte er ein heftiges Krachen in der Firften-Zimmerung und 
im nächſten Augenblick ein Gleiches: Brüder, rettet Euch! 
rief er, ſchnell, es macht einen Bruch) (die Zimmerung bricht)! 
Diefem Rufe folgten alle in der größten Eile, nur Oswald, 
der jüngfte und rafchefte von allen blieb auf eine bis jeßt 
unbegreiflich gebliebene Weife zurüc und wurde fo verfchüttet. 
Zwar gab man fich die unfäglichfte Mühe, den armen Oswald 
zu retten, und immer neue Arbeiter löften die bereits er- 
matteten ab, aber vergebens, es brach immer mehr nad und 
der Unglücliche ward nicht wieder gefunden. Als nun aber 
die Braut des armen Bergmanns die furchtbare Kunde ver- 
nahm, ſank fie zuerſt in eine tiefe Ohnmacht, aus der fie 
nur wieder erwachte, um in eine tödtliche Krankheit zu ver- 
fallen. Zwar befiegte ihre Jugendkraft diefelbe und fie ward 
dem Leben erhalten, allein als fie nach ihrer Genefung zum 
eriten Male wieder das Gotteshaus betrat, da brachte fie 
am Altar der hochheiligen Mutter des Herren das Gelübde 


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ihrem Oswald treu zu bleiben und ihr Leben lang nur al 
Jungfrau zu leben und zu fterben; dann hing fie ihren 
Brautfranz mit eigner Hand unter den übrigen Tobtenfränzen 
in der Kirche auf und lebte nun in tieffter Stille den Segen 
der Armen verbdienend. 

Sp gingen denn feit jenem Unglüdstage viele Jahre 
dahin und zulegt waren nur noch die jungfräulige Braut, 
fowie brei Bergleute, Balthafar Thomas Kendler, Andreas 
Reiter der ältere, beide in Ehrenfriedersdorf, fowie Simon 
Löfer, in Drebad wohnhaft, von allen denen übrig, die 
damals das unglüdliche Ereigniß mit angejehen hatten. Da 
fügte es fi, daß in Brünler8 Fundgrube am Sauberge ein 
Stolln bewältigt wurde, und als man in bie fiebente Lachter 
im rolligen Gebirge fortgerüdt war, ftieß man auf einen in 
der Erde liegenden menſchlichen Körper, der noch in feinen 
unverweften Kleidern dalag. Mit vieler Mühe machte man 
ihn von feiner drängenden Umgebung frei und fchaffte ihn 
nad dem Tageſchachte, da brach diefer harte Leichnam mitten 
auseinander, und man fonnte ihn alfo nur in zwei Stüden 
heraufmwinden. Der Leib, Kopf und Arme waren noch bei- 
fammen, doc der Körper, wahrjcheinlich bein Herausziehent 
zerriffen oder vielmehr zerbrochen. Dieſe Begebenheit wurde 
fogleich dem damaligen Bergmeifter, Valentin Feige, gemeldet, 
welcher den Gejchwornen, Thomas Langer, rufen und Die 
obengenannten Greife an Bergamtsftelle befcheiden ließ. Diefe 
Männer fagten nun aus, daß fie fich noch wohl erinnerten, 
wie einft in der Zeit ihrer Jugend, vor 60 Jahren, ein 
junger Bergmann, Namens Dswald Barthel, in der Gegend, 
wo der Leichnam jetzt gefunden worden, jo verfallen fei, daß 
ihn Niemand retten können. Und als man nun den Leich- 
nam brachte, erkannten fie ihn als den Verfchütteten. Dieſes 
Miederfinden geſchah am 20. Sept. 1568, jo daß der Ver— 
fhüttete 60 Jahre 9 Wochen und 3 Tage in der Erde ge 
legen hatte, als man ihn wieberfand, worauf er am 26. 
dejjelbigen Monats mit einem feierlichen Leichenbegängniß 
wieder zur Erbe beftattet wurde, welche ihn ſchon fo lange 


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umjchloffen gehabt hatte. Es war ein Begräbniß, wie Ehren- 
friedersborf noch keins gejehen hatte. Der Leichenzug beftand 
aus Taufenden, die herbeigefommen waren, um dem fo 
wunderbar Wiedergefundenen das letzte Geleite zu geben. 
ALS die Leiche eingeſenkt werden follte, eilte auch feine treu- 
gebliebene Braut herbei und ſprach den Wunfh aus, ihm 
bald folgen zu können, und nach wenigen Tagen ward ihre 
Hoffnung auch erfüllt. In der Gebächtnißpredigt, welche der 
damalige Ortspfarrer, M. Georg Reute — als Oswald ver- 
ſchüttet ward, berrichte hier noch das Papſtthum, jetzt aber 
hatte dafjelbe längft der Reformation weichen müfjen — hielt, 
fagte derjelbe am Eingange, es fei eine wunderbare Mäbhr, 
daß er, der Pfarrer, der ſchon im 31. Jahre ftehe, heute 
einer Leiche die Gedächtnißpredigt halte, welche ſchon 30 
Sahre vor feiner Geburt geftorben ſei. Noch heute heißt 
aber die Hauptzufammenfunft der Bergknappſchaft zu Ehren- 
friedersdorf am Montag nad) Dftern zum Andenken an obige 
Begebenheit die lange Schicht. 


519) Der Käthelftein bei Annaberg. 


Novell. beh. v. Fr. Gottihalf, Deutihe Vollsmärchen Lpzg. 1856. Bd. II. 
S. 53 sq. Poetiſch bearb. v. Ziehnert, Bd. I. S. 95 sa. 





Im Dorfe Frohnau bei Annaberg lebte vor alter Zeit 
ein Steiger, Namens Günzer, ein frommer und reblicher 
Mann. Einft kehrte er zur Winterszeit von feinem Tage- 
werte in der Grube nad feiner Wohnung mitten durch den 
Wald zurüd, da trat plöglich ein Mann aus dem Dicicht 
vor ihm hin und bat ihn, er möge ihm doch geftatten, mit 
in fein Haus zu gehen und dafelbft die Nacht Hinzubringen, 
weil er fich nicht getraue, im tiefen Schnee und ber herr- 
Ihenden Finfterniß den Weg weiter zu finden. Zwar gefiel 
dem Steiger weber die Stimme noch das Ausfehen des 
Bittenden, allein er hatte Mitleid mit ihm und gewährte 
ihm aljo feinen Wunſch. Sie fritten num ftumm neben 


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einander bis ins Dorf, als fie aber an das Haus Günzers 
gekommen waren und ihnen die Tochter deffelben, Katharina 
die Thür geöffnet hatte, ftieß dieſe bei dem Anblide des 
fremden Gaftes ein furchtbares Wehgefchrei aus, Lie vor 
Schred die Lampe fallen, welche fie in der Hand trug, und 
al3 der befümmerte Vater diefelbe wieder angezündet und 
feine in Ohnmacht gefallene Tochter wieder zum Leben ge- 
bracht hatte, jah er erft, daß jener verfchwunden war. Er 
hatte nun nichts Eiligeres zu thun, als feine Tochter zu 
fragen, warum fie jo erjchroden jei, allein dieſe antwortete, 
es ſei der Teufel geweſen, der fie als Braut heimführen 
wolle; es habe ihr nämlich vergangene Nacht geträumt, fie liege 
im Walde und es komme ein Mann, ganz fo wie der eben 
verſchwundene Fremde, auf fie zu und nenne fie feine Braut, 
küſſe ſie und lafje dann bei feinem Weggehen fich durch feine 
Hörner, Schwanz und Pferdefuß als den Teufel erkennen. 
Der alte Günzer war eben daran, fie zu tröften, da erblicte 
er auf dem Tiſche ein Blatt Papier, auf welchem geſchrieben 
ftand: „in 9 Wochen werde ich um Mitternacht ans Fenfter 
pohen und meine Braut heimführen!” Nun war fein Zweifel 
mehr, daß der Traum in Erfüllung gegangen war. 

Vater und Tochter verlebten nun die 9 Wochen in 
Angſt und Sorgen, fie beteten zwar von früh bis Abends, 
gingen auch zum Abendmahl, allein eine innere Stimme 
fagte ihnen, daß der Böſe nicht fo leicht von ihnen laffen 
werde. Und fo war e8 aud), als die Mitternachtsftunde des 
legten Tages jener Frift verftrichen war, da pochte es ans 
Fenfter und fehrie mit jchredlicher Stimme: „Braut heraus, 
Braut heraus!’ Günzer aber rief laut Gott um Beiftand 
an und der Gottjeibeiuns verfhwand unter Donner und 
Blip mit den Morten: „noch 9 Tage Frift, dann bift Du 
meine Braut, oder Eure Hütte fteht in Flammen!‘ 

Sp verftrihen abermal3 neun Tage unter Angft und 
Sorgen, allein wieder Fam die gefürchtete Mitternachtsftunde 
heran und mit dem zwölften Schlag Flopfte es an das 
Fenſter und rief: „heraus die Braut, fonft brennt das Haus!“ 


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Aber der alte Günzer ſchloß feine befinnungslofe Tochter in 
jeine Arme und ſprach: „um Chrifti Wunden, hebe dich weg 
von uns Satanas!“ Da brüllte der Teufel: „Braut, das 
Haus fteht in Flammen, nochmal3 neun Wochen Frift, und 
bift Du dann noch nicht mein, fo wird Dein Vater elendig- 
lich enden!” Mit diefen Worten verſchwand er zwar, allein 
auch das ganze Haus ftand in Feuer und nur mit der 
größten Mühe retteten Beide ihr Leben. 

Sie flohen num zuerft zu Verwandten, allein bald bauten 
ihnen mitleidige Menjchen eine andere Hütte am Rande des 
Waldes, denn ihre frühere war zu einem ftinfenden Schwefel- 
pfuhl geworden. Allein auch hier ward es nicht beffer; 
ihon fam wieder die neunte Woche heran, da übermannte 
einjt am hellen Mittage Käthehen der Schlaf, und es träumte 
ihr, der Teufel mit feinen Gefolge ſchaue zu ihrem Fenfter 
herein und wolle fie in feine höllifche Reſidenz entführen, 
und als fie unter einem furchtbaren Schrei aus dem Schlafe 
auffuhr, da that fi auf einmal die Thüre auf und ein 
Engel, umſtrahlt von Rofenlicht, ſchwebte herein, ein Erucifir 
hoch in der Hand tragend, winkte ihr und ſprach: „folge 
mir, ich bringe Dir Frieden.” Er führte fie nun mitten duch 
den Wald auf einem ihr gänzlich unbefannten Wege, bis fie 
an einen Feljen kamen, der öffnete ſich, als der Engel ihn 
mit dem Kreuze berührte, und nun fchritten fie durch eine 
Felfenipalte, bis fie an ein hohes Thor kamen, was wie 
Silber glänzte: vor diefem ſaßen fieben Greife mit fpigen 
Müsen und langen Bärten. Als diefe aber das Grucifir 
erblickten, da neigten fie fich tief und das Knäblein und die 
Jungfrau traten in einen hohen Saal, der mit lauter Edel- 
jteinen verziert war und Durch deren Glanz fein Licht empfing; 
in diefem lag auf foftbarem Lager unter einem prächtigen 
Baldadhin eine mwunderjchöne Frau, umjtrahlt von einem 
Sternenfranz und zu ihren Füßen lagen 7 Zwerge betend 
auf den Knieen. Als diefe den Engel erblidte, fragte fie 
ihn, was ihn herführe, dieſer aber erzählte ihr die furchtbare 
Gefahr des unglüdlichen Mägdleins und bat fie um Hilfe. 


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Hierauf gebot die Fürftin der Berge — denn das war jie 
— einem ber Zwerge, ihr eine Urne von Sardonyr aus 
einem Kryftallichränfhen zu bringen, nahm daraus ein Kreuz 
von bligenden Diamanten und ſprach: „Käthehen, trage dieſes 
Kreuz ftetS auf Deiner Bruft und der Böfe wird Dir nichts 
anhaben können!“ Bei diefen Worten nahm der Zwerg eine 
Schnur Perlen aus der Urne, fnüpfte daran das Kreuz und 
hing es ihr um den Naden. Damit nahm er Käthchen 
wieder bei der Hand und führte fie denjelben Weg wieder 
zurüd, den fie gekommen waren, und als er den Feljen 
wieder mit Hilfe des Crucifires geöffnet, da nahm er Abjchied 
von ihre und ſprach, fie folle ruhig fein, denn fie ftehe in 
Gottes Schu. ALS Käthehen nach Haufe Fam, fand fie ihren 
Bater daheim und erzählte ihm, was ihr begegnet war, 
zeigte ihm auch das Kreuz als Beweis der Wahrheit ihrer 
Erzählung. Da erwiberte ihr derjelbe, daß auch ihm etwas 
Aehnliches widerfahren, denn er babe im Schadte beim 
Graben ein goldnes Jeſuskreuz gefunden. Als fie e8 näher 
betrachteten, um vielleicht ein Merkmal zu finden,” an welchem 
fie den rechten Befiger erkennen könnten, fahen fie den Namen 
des Steigers darauf gefchnitten, mit den Worten: „Den 
Gläubigen hilft Jeſus Chriſtus.“ 

Sp erwarteten fie voll guten Muths das Ende der 
Mode und die früher fo gefürdtete Mitternadhtsftunde. 
Endlich ſchlug fie, und kaum war der legte Schlag verflungen, 
da pochte es an das Fenfter und brüllte: „heraus die Braut, 
heraus die Braut! Da öffnete Käthchen jelbit das Fenſter 
und hielt dem Böfen ihre fchimmerndes Kreuz entgegen und 
unter furchtbarem Wehgefhrei wich er zurüd, zuvor aber rief 
er: „Käthchen, Dich ſchützt Gottes Macht, ich habe feinen 
Theil an Dir, aber jest ift die Reihe an Dir, Günzer, mir 
in die Hölle zu folgen, fomm heraus, daß ich Dich paden 
kann!“ Allein au hier mußte er weichen, denn Günzer hielt 
ihm jein goldnes Jeſuskreuz entgegen, allein diesmal ver- 
ſchwand er nicht jo ruhig, wie die frühern Male. Ein furdt- 
bares Gewitter begann fich zu entladen, ein Orkan warf die 


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ftärfften Bäume nieder und erjhütterte das Häuschen in 
feinen Grundfeften, der zum Strom angejchwollene Waldbach 
drohte dafjelbe wegzureißen, allein kaum ſchlug es Eins, fo 
war Alles wieder ftil und der Mond leuchtete filberhell durch 
die finftern Wolfen. 

So ward nun Käthehen ihres hölliſchen Bräutigams 
ledig, und nach zwei Jahren ehelichte fie ein waderer Berg- 
mann aus Frohnau, der ihr fchon Yängft fein Herz geſchenkt 
hatte. Der Bergmeifter aber verlieh demjelben die Stelle 
des alten Günzer, der fich nunmehr zur Ruhe fegte und den 
Reſt feines Lebens bei feinen Kindern zu verleben dachte. 
Noch ſchenkte ihm Gott zehn Jahre und er hatte die Freude, 
innerhalb diefer Zeit drei Enfel auf feinen Armen zu wiegen. 
Als ihn aber Gott abrief, da vergaß fein Käthehen nicht, 
welches 2008 er mit ihr getheilt hatte und wie die Fürftin 
der Berge fie herrlich geführt hatte. Darum ließ fie ihren 
Bater an jener Stelle am Felfen beftatten, wo der Engel 
denjelben gejpalten hatte, und nun ging fie jeden Tag hin, 
um dort für das Seelenheil des geliebten Berftorbenen zu 
beten. Dieß that fie lange Jahre, bis fie felbft eine Greifin 
war. Einft aber ging fie aud, um an dem Grabe ihres 
Vaters zu beten und kehrte nicht zurüd, und als ihr Mann 
und ihre Kinder hinausgingen, um fie zu ſuchen, da fanden 
fie nur ihre Leiche, aus dem Feljen trat aber der Engel im 
Rofenlicht, Füßte die Entfeelte auf die Stirne, nahm ihr das 
Demantfreuz ab und fchwang fi damit zum Himmel auf. 
Der tiefbetrübte Gatte aber rief einige feiner Kameraden 
herbei und brach ihr ein Grab in ben Felfen ein, und als 
Raum genug vorhanden war, um den Sarg hineinzufeßen, 
und bie Leidtragenden eben damit bejchäftigt waren, benfelben 
an jeinen Drt zu ftellen, da ſchwebten zwei Engel herab, hoben 
ihn von der Bahre, ftellten ihn in den Felfen und jchloffen 
denſelben wieder mit einem großen Quaderſteine fo gefchidt, 
daß Niemand mehr fehen konnte, wo bie Deffnung geweſen 
war. Geit jener Zeit aber nennt man jenen Seljen, wo 
Käthchen den ewigen Schlaf ſchläft, den Käthelftein. 


— —— — — 


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520) Der Dttenftein bei Schwarzenberg. 
Poetifch bearb. v. St. im Erzgebirg. Volksfreund 1874. Beilage 
Nr. 3. Unterh.-Bl. 1. 





Ohngefähr eine halbe Stunde öſtlich von Schwarzenberg 
zwiſchen dem Schwarzwafjer und der Pöhl unweit der 
Chaufjee nah Sceibenberg liegt das Vorwerk Dttenftein, 
welches angeblid feinen Namen von einem Kaiſer Dtto 
führen fol, der einft hier übernadhtete. Anderes weiß aller- 
dings die Sage darüber zu berichten. 

Es foll nämlich einft auf der Fefte Schwarzenberg ein 
Ritter gehauft haben, der eine fchöne Mündel befaß, um 
welche ein Graf Dtto von Siebeneichen, aus den Rheinlanden 
ftammend, freite. Weil der Vormund aber feine Mündel 
lieber felbjt ehelichen wollte, wies er die Anträge bes frem- 
den Ritter barfch zurüd. Derfelbe bejchloß nun fie zu ent- 
führen. Nun war aber damal3 um Schwarzenberg herum 
alles Land von einem See eingenommen, ber ſich bis nad 
Unterfachjenfeld hinzog. Der Ritter ſchlug nun feine Woh— 
nung in einer Fijcherhütte auf, won wo aus er duch Die 
ins Schloß fommenden Bewohner berjelben dem Burgfräulein 
Nachricht von feiner Ankunft gab und ihr den Tag beftimmte, 
wo er fie an einem VBollmondsabend auf einen Kahne über 
den See weg abholen wolle. inzwischen vergnügte er fich 
jelbft öfter mit Herumfahren auf dem Waſſer. Da ftieg einft, 
al3 er fpät noch fich herumfahnte, ein wunderſchönes Frauen» 
bild aus dem Wafjer heraus, jegte fih an feine Seite und 
ſuchte ihn durch Liebkofungen zu verleiten, fie zu ihrem 
Kryitallpalaft unter den Wellen, wo fie als die Nire des 
Sees weilte, zu begleiten, er aber ftieß fie zurüd und fagte, 
er könne fein anderes Weib lieben, da er ſchon fein Herz 
einer andern gefchenft habe. Traurig verließ ihn die jchöne 
Nire und er felbft ließ fich nicht wieder an dem See bliden, 
bis der Tag kam, wo er feine Geliebte abholen wollte. 
Endlich, erfchien diefer, der Vollmond warf fein bleichglängen- 
des Licht auf die Spiegelfläche des Gewäſſers, glüdlih fuhr 


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er nad) dem gegenüberliegenden Ufer, wo feine Braut auf 
ihn wartete, als fie aber zurüdfuhren, ſchienen plöglich die 
Wogen in fich ſelbſt aufzufochen, er vermochte den ſchwanken— 
den Kahn nicht im Gleichgewicht zu erhalten, derjelbe ſchlug 
um und ob er gleich feine Geliebte ergriff und jie durch 
Schwimmen ang jenfeitige Ufer zu retten verfuchte, unfichtbare 
Hände entrifjen fie ihm, er konnte fie nicht über dem Waſſer 
erhalten, fie verjanf, ihn trugen aber die Wellen nach der 
Fiſcherwohnung zurüd. Er verließ die Gegend nicht wieder, 
fondern baute ſich im nahen Walde eine Hütte, wo er fortan 
al3 Einfiedler lebte und feine Tage am Ufer des Sees ver- 
brachte, der ihm fein Theuerftes geraubt hatte. Einft fanden 
ihn die Fijchersleute todt auf dem See ſchwimmend, wie er 
dahin gekommen, wußte Niemand. Man begrub ihn am 
Ufer und ſetzte ihm ein Kreuzlein mit feinem Namen. Längft 
ift dafjelbe verfhwunden, der See hat einen Abzug ins Thal 
gefunden, aber der Berg, wo einft feine Klaufe ftand, trägt 
von ihm heute noch den Namen: „Der Otte(n)ſein.“ 


521) Die Todtenhand zu Buchholz. 
Poetiſch bearbeitet von Ziehnert Bd. III. ©. 35 sq. 





ALS im Jahre 1730 der Todtengräber auf dem Kirch» 
hofe zu Buchholz ein Grab graben wollte, fand er im Sande 
eine noch ganz unverwefete Todtenhand, der aber der Golbd- 
und Eleine Finger wie weggehadt waren. Er zeigte diefelbe 
dent Paſtor Melzer dafelbft und diefer ſchlug nun im Kirchen- 
buche nad), went diefelbe gehört haben möge, da er fich er- 
innerte, daß ſchon am 14. Juni des Jahres 1704 ihm von 
dem damaligen Todtengräber diejelbe Meldung gemacht wor- 
den fei, er aber demjelben den Befcheid gegeben, die Hand 
wieder einzufcharren, weil fie wahrfcheinlih an einer Wafjer- 
luft gelegen und deshalb nicht habe verweſen können. Seht 
fand fich’S, daß die Hand dem im Jahre 1669 begrabenen 
Sohne des Stadtrichter8 von Buchholz, Andreas Müller, ge- 


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hörte, der, weil er feine alte Mutter, die er beftohlen und, 
als fie ihm den Diebftahl vorgeworfen, gemißhandelt und mit 
Ermordung bedroht hatte, von dieſer verflucht worden war. 
Dadurch war denn jene alte Sage bewiejen, daß dem, der fih an 
feinen Eltern vergeht, die Hand aus dem Grabe wädjitr). 


522) Der Traum von den goldnen Eiern. 
Biehnert Br. III. S. 19. 


Als noch dide Waldung den Bielberg und jeine Nach— 
barn bedte, lebte im Dorfe Frohnau ein Bergmann, Daniel 
Knappe, fromm und brav, aber blutarm, denn er hatte 
fieben Kinder und ein krankes Weib in feiner Hütte. Er 
wußte feiner Noth fein Ende und war nahe daran, an ber 
göttlihen Hülfe zu verzweifeln. Da im Traume erjchien 
ihm einft ein Engel Gottes und ſprach zu ihm: „gehe morgen 
in den Wald am Fuße des Schredenberges. Dort ragt eine 
Tanne hoch über alle Bäume des Waldes hervor. In ihren 
Zweigen wirft Du ein Neft mit goldnen Eiern finden: dies 
ift Dein, brauche e8 wohl!‘ 
| Als Knappe am andern Morgen erwachte, erinnerte er 
fih des Traumes, und ging hinaus in den Wald, das Neft 
mit den goldnen Eiern auszunehmen. Bald hatte er Die 
Zanne in der Nähe ber Wolfshöhle gefunden, und Fletterte 
raſch in ihren Aeſten bis in den höchſten Wipfel hinauf, 
fand aber nichts. Traurig, daß ihn der Traum getäufcht 
babe, jtieg er wieder hinab und jegte fih auf die Wurzeln 
bes Baumes nieder, um auszuruhen. Er fann hin und her, 
und dabei fiel ihm ein, daß unter den Zweigen wohl auch 
die Wurzeln der Tanne verftanden fein fünnten. Die Ver- 
muthung ward bald zum feften Glauben, und eilig lief er 
und holte aus feiner Hütte das Gezäh zum Schürfen. Eifrig 





+) Beifpiele ſ. 6. Garmann, De miraculis mortuorum p. 91. Iccan- 
der, Sächſ. Kernchronik. LVIfte8 Couvert ©. 477. Kornmann, De mirac, 
mort, P. III. c. 47—50. 


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begann er den Schuf, und Faum Hatte er bie Dammerde 
duchbroden, als mächtige, nah allen Seiten ftreichende 
Silbergänge ihm entgegen blinkten. Er ſank auf feine Kniee 
und banfte Gott. Bald war die Kunde von dem neuentdedten 
BergreihthHume in allen Landen verbreitet und Tauſende 
zogen herzu, um fich in der bisher fo wilden Gegend anzu- 
fiebeln. Dieß veranlaßte denn auch Herzog Georg den Bärtigen, 
bier eine neue Bergftadt zu gründen. Am 21. September 1496 
ward der Grundftein zu dem erften Haufe gelegt, und bie 
neue Stadt Neuftadt am Schredenberge, fpäter aber Anna- 
berg genannt. Zum Andenken an Daniel Knappe aber heißen 
noch heute bie Bergleute im Allgemeinen die Anappen und 
ihre Gemeinſchaft die Knappſchaft. 


523) Das himmlifche Heer bei Annaberg. 
Novell. b. Dietrih a. a. DO. Bd. I. ©. 225 sq. 





Einft lebte in der Gegend bes heutigen Annabergs ein 
armer Bergmann, der reich mit Kindern, aber wenig mit 
zeitlihen Gütern gejegnet war und fi, weil feine Frau 
ſchwer erkrankt war, in großer Noth befand, da die Grube 
am füdlihen Abhange des Bielberges, wo er arbeitete, un— 
ergiebig war. Wie er nun mit feinem Gevatter, bem Steiger, 
lange vergeblich gearbeitet hatte, fiel auf einmal ein Theil 
des Gefteins von ſelbſt herab und fie fahen einen mächtigen 
Gang reihen Erzes vor fih, eine Stimme aber rief: 
„Daniel! (jo hieß er nämlich) ich bin der Fürft der Berge, 
was Du in diefem Schacht gemwinnft, ift Dein, ich ſchenke 
es Dir!“ Jener aber ſprach: „ich kann e3 nicht annehmen, 
denn e3 gehört den Gewerken.“ Als nun der Berggeift ihn 
noch mehrmals aufgefordert hatte, das Gefundene zu nehmen 
und an feine Frau und Kinder zu denken, er aber ſich immer 
weigerte, verſchwand auf einmal der ganze Erzgang wieber. 
Er ging traurig nach Haufe, al3 er aber dort ankam, fam 
ihm feine Frau völlig gefund entgegen und fagte, es fei ein 

Gräfe, Sächſ. Eagın. I. 30 


— 4606 — 


fremder Bergmann dagewejen, habe ihr Brod, Fleiih und 
Wein für ihre Kinder gebracht, und fie aus einem Eleinen 
Fläſchchen trinken lafjen, und ſeitdem jeien alle ihre Schmerzen 
verihwunden, jener aber habe gejagt, ihre Noth werde bald 
aufhören, das lafje ihr der Fürft der Berge jagen. In der 
Naht träumte aber der fromme Bergmann, der Berggeift 
ftehe vor ihm und fage ihm, zum Lohn für feine Redlichkeit 
wolle er ihn glücklich machen, er folle früh auf den Schreden- 
berg gehen, dort werde er Feuer vom Himmel fallen jehen, 
und an diefer Stelle jolle er einſchlagen. Wie gedacht jo 
gefchehen, er ging in den Wald; plöglich fuhr aus heiterem 
Himmel ein Blig in eine hohe Fichte, und als jener mit der 
bergmännifchen Ruthe an den Wurzeln des Baumes einjchlug, 
da entdecdte er beim Nachgraben einen reihen Silbergang: 
den muthete er und jein Gevatter Steiger und beide wurden 
jchnell reich, die Grube aber nannte man das himmlische Heer. 


524) Die Jungfrau vom Bielberge. 
Novell. beh. v. Dietrich a. a. O. Bd. 1L©.1 sag. 


Der Bielberg oder Pilberg, an dejien Fuße Annaberg 
liegt, bat feinen Namen von dem Grenzbache Biela, der 
hinter ihm vorbeiftrönt. Auf demfelben joll fich ein Wunder- 
brunnen befinden, den aber nicht Jedermann finden und 
fehen kann, bald hat ihn Einer angetroffen und einen guten 
Trunk aus ihm gethan, dann aber als er den Fled wieder 
gefucht, ift er nicht mehr dageweſen. Zuweilen foll eine 
ſchöne Jungfrau an ihm fißen. Dies ift die Jungfrau "von 
Bielberge. Es foll der Geift einer Tochter des lebten heid— 
nischen Beherrſchers diefer Gegend, des Niefen Bilo fein, die 
einft auf einem Jagdzuge mit dem Schüler des h. Bonifa- 
cius, Conrad, befannt wurde und ſei e8 durch feine Worte, 
ſei e8, was wahrfcheinlicher ift, Durch Liebe zu dem jchönen 
Sünglinge — denn das war er — bewogen zum Chriften- 
thum befehrt ward. Zwar ward fie eines Tages mit ihm 


-- 47 — 


und feinen Schülern, als fie eben auf dem Fichtelberge fich 
frommer Andaht bingaben, von ihrer Mutter und ihren 
heidnifchen Prieftern überrafhht und gefangen auf den Biel- 
berg gejchleppt, um da geopfert zu werden, allein ein Blit- 
ſtrahl verlöfchte den Holzftoß, auf dem fie und Conrad den 
Flammentod fterben follten, und ſchlug das Gößenbild und 
feinen Oberpriefter zu Boden, und Alle, welche das Munder 
geihaut hatten, befehrten fich und nahmen das Kreuz. Bila’s 
und Conrad's Liebe war eine geiftige, der fromme Mann 
309 fort zu andern Völkern, die Fürftin aber blieb zurüd 
und widmete ihr ganzes Leben der Verbreitung des Chriften- 
thums, und als ihr legtes Stündlein ſchlug, da erbat fie ſich 
von ihrer Schußheiligen St. Anna die Gnade, zumweilen beim 
Herannahen wichtiger Ereigniffe ihrem Volke erjcheinen zu 
dürfen, und dies ging auch in Erfüllung: wenn fie ſich ge- 
zeigt, pflegt gewöhnlich der Stadt Annaberg irgend ein freu- 
Diges Ereigniß zu begegnen, 


525) Die Katzenmühle bei Buchholz.*) 
Bechftein, Deutfches Sagenbuch ©.524. Poet. beh.v. Ziehnert. Bd. I.S. 2180. 


Bei Buchholz befindet jich eine Mühle, welche noch big 
jeßt die Katenmühle von folgender Begebenheit her genannt 
wird. Im 15ten Jahrhundert ſoll dafelbft ein wohlhabender 
Müller gelebt haben, der auf den Gedanken kam, fein Haus 
Dur) den Anbau eines Stalles zu vergrößern. Kaum war 





+) Sch Habe im meinen Sagenkreifen des Mittelalters S. 492 und 
86, jchon darauf Hingewiefen, daß diefe Sage jonderbar genug (fie findet ſich 
auch bei Mühlenhoff, Sagen von Schleswig und Holftein Nr. 346 ©. 257. 
Diefelbe Sage fommt auch in der Marf und in Norwegen vor, |. Hagen 
a. a. O. Bd. III & LXXII sq.) denfelben Gegenftand betrifft, den ein 
altdentfches Gedicht aus dem 13. Jahrhundert erzählt, das Schretel und 
der Waflerbär betitelt (bei Hagen, Gejfammtabentener Bd. III. ©. 257 
sgq., Mone, Quellen u. Forſch. Bd. I. S. 281 sq. und Haupt, Zeitichr. 
f. deutfches Alt. Bd. VI. ©. 174 sq., cf. Grimm, Srifche Elfenmärchen 
©. CXIV). 

30* 


— 468 — 


berjelbe fertig und die Müllerefel — denn für diefe war er 
beftimmt — eingezogen, jo mußten die armen Thiere auch 
wieder heraus, denn der Teufel hatte bier feinen Sit auf- 
geihlagen und litt fie nicht darin. Zwar verfuchte ihr Herr 
fie anfangs mit Gewalt wieder hineinzubringen, allein wollte 
er fie nicht von dem Böfen zerrifien ſehen, fo mußte er wohl 
oder übel dem Legteren den Stall allein überlaffen, und ber- 
jelbe trieb nun darin jede Nacht fein Weſen mit PBoltern 
und Rumoren, daß dieſer Teufelslärm oft fogar das Ge- 
Happer der Mühlräder übertönte.e So verging manches 
Sahr, da pochte e8 einft im tiefen Winter, als ſchon Alles 
im Sclafe lag, an das verjchloffene Thor, und als der 
Ichlaftrunfene und übelgelaunte Müller fragte, wer denn fo 
ſpät noch Einkehr begehre, da erfuhr er, daß es zwei Bären- 
führer feien, die mit ihren Bären von Cunnersdorf herüber- 
gekommen wären und ein Obdach fuchten. Nun war er im 
Ganzen ein "gaftfreier Mann und gewährte ihnen alſo ihre 
Bitte, allein für ihre Thiere behauptete er feinen andern 
Aufenthaltsort zu haben, als den Stall, wo der Teufel feinen 
Sitz aufgeſchlagen. Das kümmerte aber die Bärenführer nur 
wenig, fie meinten, er folle denjelben nur öffnen, ihre Bären 
würden fich den Böſen ſchon vom Halſe zu halten wifjen. 
Der Müller that, wie fie ihm hießen, und glaubte nun, 
nachdem er ihnen die Sache gejagt habe, feine Schuld zu 
haben, wenn die Bärenführer am andern Morgen ihr Vieh 
todt fänden. Er ging aljo zu Bette und wartete der Dinge, 
die da kommen follten. Als nun die Mitternachtsftunde 
ſchlug, da erhob fich auch in dem Stalle ein gräulicher Lärm, 
wie er noch niemals gehört hatte, e8 war ein Stoßen und 
Balgen, ein Brummen, Brüllen und Kreiſchen, daß ihm das 
Herz im Leibe zitterte. Indeß waren aber auch die Bären- 
führer von dem Mordipectafel aufgeweckt und man befchloß 
nachzufehen, ob denn die Thiere noch am Leben feien. Allein 
wie ſtaunten fie, als fie, nachdem die Thüre geöffnet war, 
die Bären ganz ruhig an ihren Taten faugen, den Teufel 
aber in aller Eile verſchwinden ſahen. Darob freute fich der 


— 469 — 


Müller nicht wenig, er jette alfo den Bärenführern noch ein 
treffliches Frühftüd zum Abſchied vor und gab ihren Thieren 
einen berben Sad voll Brod mit auf den Weg, um fich für 
ihre erfolgreihe Bekämpfung des Teufel dankbar zu be- 
zeigen. Wirklich) ließ fich feit diefem Tage ber Teufel in 
dem Stalle nicht mehr fpüren, und fo fonnten denn bie 
Müllerefel ruhig wieder in denfelben einziehen. Da traf es 
fih, daß einſt am ſpäten Abend, als der Müller eben nad 
Haufe Fam, der Gottfeibeiuns in feiner fürchterlichen Geftalt 
plöglid vor ihm ftand und ſprach: „eil jagt mir doc, find 
benn die beiden großen Katen noch im GStalle drin?” Sa 
„freilich,“ antwortete jener, „die Katzen find und bleiben da.“ 
Da verihwand der Böfe mit grimmigem Brüllen in ben 
Wald und ward jeitdem nicht mehr gefehen, der Name 
Kapenmühle blieb aber dem Orte bis auf unfere Zeit herab. 


526) Das Mönchögeficht an der Kirche zu Schlettau. 
Poet. bed. v. Ziehnert Bd. I. ©. 47 9q. 





An der öftlihen Außenfeite der Kirche zu Schlettau be- 
findet fih etwa 8 Ellen von der Erbe ein Stein in ber 
Mauer, der angeblid, ohne von Menſchenhänden bearbeitet 
zu fein, einem Mönchsgeſicht täufchend ähnlich ſieht. Das 
Volk erzählt fi) von demfelben folgende wunderbare Ge- 
ſchichte. Um das Jahr 1520 war Johannes Küttner (oder 
Kottne), ein Bruder des Grünhayner Abtes Georg Küttner, 
Pfarrer zu Schlettau (und zwar ber legte Fatholifche Geift- 
lie daſelbſt). Da begab es fi, daß einft in ftiler Mitter- 
naht, als dieſer noch eifrig in den Kirchenvätern ftudirte, 
ein bleicher Schatten vor ihn hintrat und alfo ſprach: „Fürchte 
Di nicht, ich bin der Geift eines Deiner Vorgänger, der 
vor nunmehr 100 Jahren, al3 die Huffiten in der Nähe 
waren, ein filbernes Grucifir um Mitternacht in die Kirch— 
mauer vergrub, wo e3 noch ift: ic ward am nächſten Mor- 
gen von ben wilden Kegern erſchlagen und bin jegt gefommen, 


— 470 — 


um Dich aufzufordern, das heilige Kreuz wieder an feinen 
frühern Ort auf den Altar zu ftellen. Du wirft den Fleck, 
wo es vermauert iſt, leicht erkennen, denn es wird ſich Dei- 
nem Auge ein Lichtihein zeigen und da, wo derſelbe erglänzt, 
fchlage ein, und Du wirft es fogleich entdecken!“ Damit ver- 
ſchwand er, der fromme Pfarrer aber eilte in die Kapelle, 
wo der Sacriftan ihn zur Mefje bereits erwartete. Dieſem 
theilte er das Erlebte mit und hieß ihn am folgenden Mittag 
mit Hammer und Spißhaue zur Hand zu fein, um das Gru- 
cifir aus feinen Verftede heraus zu nehmen. Kaum war 
aber der Pfarrer wieder weggegangen, jo verjuchte der Böfe 
das dem Geize an fich ſchon zugewendete Herz des Sacriftang, 
er beſchloß auf der Stelle den Verſuch zu machen, das Eru- 
cifir zu entdeden, den Raub auf die Seite zu jchaffen und 
dann den Fleck möglichit gut wieder auszubefjern, damit 
nan von dem gejhhehenen Diebftahl nichts gewahren möge. 
Nach Furzem Suchen fand er auch das Lichtlein und als er 
an der Stelle, die hohl klang, einjchlug, blinfte ihm auch 
das Silber entgegen, allein er hatte bei dent Schlage das 
eherne Bildniß des Heilands mit zerichlagen. Da fuhr auf 
einmal ein Donnerfchlag vom Himmel herab und die Kirchen— 
gloden fingen von felbjt an Sturm zu läuten, Der Pfarrer 
fuhr aus dem Schlummer empor, er eilte herab und fand 
ſchon eine Menge Volk um die Kirche verfammelt, weil man 
glaubte, diejelbe ftehe in Flammen. Als die Thüren geöffnet 
wurden, fand man zwar diejelbe ganz hell, aber nirgends 
ſah man Feuer, wohl aber lag der Tempelräuber zerjchmet- 
tert neben.dem herabgejtürzten Crucifir am Boden, doch war 
fein Kopf vom Rumpf wie abgehauen, und als man nad 
demselben juchte, fand man ihn an berfelben Stelle in der 
Mauer, wo das Crueifix eingemauert gemejen war. Der 
tiefbetrübte Pfarrer ließ nun das zerſchlagene Bild des Hei- 
lands aus jeinen Trümmern zufanmenfuchen und den Körper 
des Verbrechers aus der Kirche fortichaffen und befahl, den 
Kopf deffelben nach Morgen zu in der Mauer zum ewigen 
Gedähtnig einzumanern. AS aber der Tag anbrad, da 


— 41 — 


fah man das bleiche Geficht des Sacriftans von jelbit zum 
Stein geworden aus der Mauer herausfehen, und dort fteht 
e3 noch, denn es läßt fich weder übertündhen noch vermauern, 
ja man erzählt, daß es oft Thränen vergieße und allemal, 
wenn dem Städtchen Gefahren drohen, in gelbem Lichte 
leuchte. 


527) Der Jäger ohne Kopf im Hofbufch bei Schlettau. 
Biehnert Bd. III. ©. 209 sq. 


In dem Hofbufch bei Schlettau, durch den der Weg nad) 
Unter-Hennmannsdorf führt, läßt ſich bei Naht oft ein ge> 
ipenftiger Jäger ohne Kopf jehen. Er foll vor alten Zeiten 
die. Armen, welche fi das dürre Reißholz jammelten, oft 
unbarmberzig mißhandelt haben, und zur Strafe nach feinem 
Tode nun umgehen müffen. Rechtliche Leute läßt er unge- 
nedt, aber die Holzdiebe hat er ſchon oft in Todesangft 
gejagt, und bisweilen feft gebannt, fo daß fie Stunden lang 
an einer Stelle ftehen bleiben mußten. 





— — — — — 


528) Der Kirchbau in Crottendorf. 
Mündlich. Ziehnert Bd. III.S.201. Poetiſch beh.v. Segnitz Bd. II. S. 73 sq. 





Crottendorf, ein bedeutendes, zum Kreisamte Schwarzen⸗ 
berg gehöriges Dorf, welches beſonders durch feine Marmor—⸗ 
brüche berühmt iſt, ſoll ſeinen Namen von dem einſt in der 
Heidenzeit hier verehrten Götzen Crodo erhalten haben — 
der in der Nähe des jetzigen Erbgerichts daſelbſt befindliche 
Felſen, der Liebenſtein, wird als die Opferſtätte deſſelben 
bezeichnet, — ſcheint aber noch eine ziemliche Zeit nach der 
Einführung des Chriſtenthums ſeinem alten hölliſchen Beſitzer 
ſehr am Herzen gelegen zu haben. Denn als man daſelbſt 
eine Kirche bauen wollte, ſuchte er es auf jede Art zu ver- 
hindern und den Bau aufzuhalten. Darum riß er das 
Mauerwerk, was die Maurer den Tag über aufgeführt 


— 412 — 


hatten, in der Nacht wieder ein und das zugehauene Bau- 
holz und die herbeigefhafften Stämme jchleppte er weit bis 
an das andere Ende des Dorfes, fo daß am andern Morgen 
die Bimmerleute, ftatt in ihrer Arbeit fortfahren zu können, 
weiter nichts zu thun hatten, als das Gerüft wieder an ſei⸗ 
nen frühern Pla zurüdzubringen. Da ging einft ein 
frommer Briefter in demfelben Augenblide vorüber, wo fie 
eben beichäftigt waren, den vom Teufel angerichteten Unfug 
wieder gut zu machen, der fegnete das fämmtliche Holz und- 
Baumaterial und nun mußte der Teufel daffelbe in Ruhe 
laffen, jo daß der Bau bald vollendet war. 


529) Der reihe Fund oder die Kutte bei Elterlein. 
Ziehnert Bo. III. S. 205. Poetiſch beh. b. Segnitz Bo. I. ©. 107 sg. 


Die Stadt Elterlein, welche vor ihrer Zerftörung durch 
die Huffiten im Jahre 1429 Quedlinburg am Walde geheißen 
haben foll, empfing ihren jegigen Namen angeblih von einer 
Kapelle am Ausgang des fähfiih-böhmifchen großen Waldes, 
in welcher täglich ein Pater aus dem Gifterzienfer-Klofter zu 
Grünhain eine Dankmeſſe für die Reifenden wegen glüdlicher 
Zurüdlegung bes gefährlichen Weges durch den Wald am 
dortigen Altärlein lefen mußte, indem man nad und nad) 
aus dem Worte „Altärlein‘ Elterlein machte. Einft empfand 
ein Grünhainer Pater auf dem Wege zur Kapelle, wo er 
feines Amtes warten wollte, große Hige, und fegte ſich im 
Malde nieder, um zu verfühlen und auszuruhen, aber im 
Niederfegen berührte ihn etwas von hinten fo unfanft, daß 
er vor Schmerz laut aufſchrie. Er unterfuhte ben Boden 
und fand — einen ftarlen Zaden gewachſenen Silbers, der 
drei Zoll lang aus der Erde hervorftand. Um die Stelle 
fiher zu bezeichnen, 309 er jeine Kutte aus und legte fie 
darüber, dann eilte er im vollen Lauf nah Grünhain zurüd 
und erzählte feinen freubigen Fund dem Abte. Bald darauf 
ward an der mit ber Kutte bezeichneten Stelle ein regel- 


— 43 — 


mäßiges Bergwerk angelegt, welches lange Zeit gute Aus- 
beute gab und noch jegt die Kutte heißt. 


530) Die Winfelmutter bei Grünbain. 
PVoetifch beh. v. Ziehnert. Bd. III. ©. 119. 


In der Nähe von Grünhain fließt der fogenannte Os— 
waldsbach, der feinen Urfprung von den Grenzgebirgen bei 
Breitenbrunn und Rittersgrün hat. An demfelben fol um 
die Mitternahtsftunde ein gefpenftiger Schatten auf- und 
niederhufhen, der beftändig Klagetöne ausftößt. Das Volt 
nennt diefen die Winfelmutter und erzählt fi, einft habe ein 
Jüngling, dem feine Geliebte die Treue gebrochen, in dieſem, 
an vielen Stellen jehr tiefen und reißenden Bade feinem 
Leben ein Enbe gemacht, feine ihn zärtlich liebende Mutter 
habe ihn zwar fieben Tage lang auf's Sorgfältigfte gefucht, 
aber doch feinen Leichnam nicht wiederfinden können und fet 
zulegt felbft an Erſchöpfung und gebrochenem Herzen ge- 
ftorben. Ihr 2008 fei nun, weil fie gegen Gottes weife 
Fügung gemurrt, ewig den Körper ihres ertrunfenen Sohnes 
vergeblih unter fteten Klagen und Wimmern ſuchen zu 
müffen. 





531) Die Oswaldskirche bei Elterlein. 
Poetiſch beh. v. Ziehnert. Bd. III. ©. 91 sq. 


Nicht weit von Waſchleite bei Elterlein in einem Thale 
am Ufer des Oswaldsbachs erblidt man die Trümmer einer 
Kirche, der fogenannten Dswaldskiche, melde 1514 ber 
Grünhainer Abt Georg Küttner gegründet: hat, bie aber, 
weil inzwiſchen die Reformation dort auffam, nicht vollendet 
worden und liegen geblieben fein fol. Anders erzählt fich 
das Bolt die Urſache. Es fol nämlich um jene Zeit 
ein reiher Hammerherr, Namen? Caspar Klinger, ge- 
lebt haben, den aber jein Neichthum fo übermüthig ge- 





— did — 


macht hatte, daß er feinem Gruße, felbit von Seiten folcher 
Berfonen, die mit ihm auf gleicher Stufe ftanden, zu danken 
ſich herabließ. Dem begegnete einft ein eben fo reicher Berg- 
herr von Elterlein, Namens Wolf Götterer, und rief ihm ein 
freundlides Glüdauf zu, allein Klinger hielt es abermals 
unter feiner Würde, dem Grüßenden zu danken, und jo 
geihah es, daß Letzterer ihm darüber einige harte, beleidigende 
Worte fagte. Co ftolz nun der Hammerherr auch war, fo _ 
rahjüchtig war er und er beichloß auf der Stelle, feinen 
Beleidiger für feine freimüthige Nede büßen zu laffen. Er 
theilte feinem Bruder feinen Plan mit, und nachdem fie eines 
Tages ausgekundichaftet, daß der Bergherr allein zu Haufe 
fein werde, weil alle feine Dienerfhaft zu einer Beluftigung 
fich entfernt hätte, gelingt es ihnen, fih in die Wohnung 
deſſelben einzufchleihen, wo fie den Unglüdlichen mit Beil- 
bieben ermorden. Weit entfernt, ihr Verbrechen, deſſen fie 
fi freuten, zu leugnen, ftellen fie fich ſelbſt dem Gerichte, 
welches fie zwar zum Scheine zum Tode verurtheilt, allein 
als fich der reihe Hammerherr erbietet, zur Sühne jenes 
Mordes eine Kirche zur Ehre des H. Oswalds zu erbauen 
und auch die Armen der Stadt reichlich zu bebenfen, fein 
Bedenken trägt, die Todesitrafe in dieſe Geldbuße zu ver- 
wandeln. Auch fadelte Klinger nicht lange, fein Verfprechen 
zu halten. Er ließ Arbeitsleute, fo viele ihrer nur kommen 
wollten, für feinen Bau anwerben, Bauholz in feinen Wäl- 
dern ſchlagen und Steine in feinen Steinbrüchen brechen, 
zahlte mit vollen Händen, und es verging fein Jahr, da 
ftand die Kirche fertig da. Nun ließ er es auch nicht an 
reicher Ausſchmückung des Innern fehlen, Ganzel und Altar 
waren von den gejchicteften Künftlern gearbeitet und mit 
der äußerften Pracht geziert, eine herrliche Glode zierte den 
Thurm und Alles war zur Einweihung der Kirche in Bereit- 
ſchaft. Siehe da zog an demſelben Morgen, wo die Geift- 
lichfeit fich anfchicte, das neuerbaute Gotteshaus zu mweihen, 
ein furchtbares Gewitter über das Thal herein, und fei e8 
Vorgefühl deſſen was kommen follte, man zögerte, die Pro- 


— 45 — 


ceffion zu beginnen, jelbit der Glöckner weigerte fich, bie 
Glocke ertönen zu laffen, bevor nicht das Unmetter vorüber 
fei. Da ward Klinger ungeduldig und ſchwur und vermaß 
ſich Hoch und theuer, nichts folle ihn abhalten, das einmal 
angefangene Geſchäft zu unterbreden, und wenn Niemand 
anderer es thun wolle, jo werde er felbft in die Kirche eilen 
und das Geläute zum erſten Male in Bewegung jegen. 
Zwar verjfuchten ihn die Priefter von diefem Beginnen ab- 
zubalten, aber umfonft, er ftürzte in den Thurm und fing 
an die Glocde zu ziehen. Aber jonderbar, diefelbe flang wie 
ein Armefünderglödchen und lange zuvor, ehe er- ausgelauten 
hatte, fuhr ein Blipftrahl aus dunkler Wetterwolfe herab 
in den Thurm, tödtete Klinger und zündete die Kirche an. 
Niemand wagte zu löſchen, denn Jeder ſah hier das Gericht 
Gottes, und fo war in Kurzem von dem ſchönen Bau nichts 
als die Mauern übrig und Niemand wagte e3 ſeitdem, bie 
Kirche wieder aufzubauen. Klinger’3 Leichnam ward zer- 
Schmettert im Thurme gefunden und am Rande des Waldes 
eingeſcharrt. Die Ummohner aber erzählen fih, um Mitter- 
nacht gehe fein Geift ruhelos dort umher und grüße den 
zufällig dorthin verirrten und bei feinem Anblid ängftlich 
davon fliehenden Wanderer, und fein Herunirren müfje fo 
lange dauern, bis ihm Jemand danke. Seinen Bruber hatte 
die Strafe Gottes ſchon vorher. ereilt, denn noch che das 
Gericht fein Urtheil gejprochen, war er vom Pferde geftürzt 
und hatte den Hals gebrochen. 


532) Das nächtliche Fallen im Erzgebirge, 
Lehmann, Obererzgeb. Schauplag ©. 930. 


Im Erzgebirge jagt das Volk, wenn man in der Nacht 
etwas fallen hört, es müſſe darauf ein Todesfall erfolgen 
— darum nennt man dies das Leichenbret — dieſer könne 
aber von dem Menfchen ab und auf ein Vieh gemwenbet 
werden, wenn man fpreche: „falle auf meine Henne, Ziege ꝛc.“ 





— 46 — 


Im Sahre 1627 lag ber Pfarrer zu Markeröbadh ruhig 
fammt feiner Ehefrau im Bett, nur die Magd war noch wach: 
da hörte fie etwas oben im Haufe ſtark fallen, fie läuft 
hinauf in der Meinung, ihr Herr habe gepodht, aber diefer 
fagt, fie habe wohl geträumt und folle zu Bett gehen und 
am neunten Tage nachher war er todt. Im Jahre 1688, 
ehe M. ©. Uhlmann, Informator bei'm Superintenbenten 
zu Annaberg, ftarb, geihah des Nachts ein großer Fall im 
Haufe, er aber hörte nichts davon und am britten Tage war 
er ſchon todt. Im Jahre 1633 lebte noch zu Scheibenberg 
eine Pfarrerswittwe von Thum; da dieſe ihren Sohn, ber 
verreifte, ein Stüd Weges begleitet hatte und nunmehr auf 
dem Heimwege begriffen war, that’3 in ihrem Haufe einen 
ſchweren Fall und zwar zu berjelben Stunde, wo fie auf 
dem Rüdwege von einem Fieberfrofte überfallen ward, daran 
fie auch nad 10 Tagen ftarb. Dafelbft diente damals eine 
alte Magd bei dem Bürger und Hausbefiger Auerbach, die 
ſprach, wenn fie einen ſolchen Fall hörte, folgenden Spruch: 
„Sütchen, ich gebe Dir mein Hütchen, willft Du den Mann, 
ich gebe Dir den Hahn! willft Du die Frau, nimm bin bie 
Sau! wilft Du mid, nimm die Zieg’! wilft Du unfere 
Kinder lafjen leben, will ih Dir alle Hühner geben! —“ 

Sn Elterlein geſchah es, daß man bei unterſchiedlichem 
folden gejpenftigen Fällen dem Ungethüme eine Henne und 
Biege gab, diefe Stüde wurden am folgenden Morgen todt 
gefunden, und Lehmann a. a.D. jagt, er habe es mit feinen 
eignen Augen gejehen, daß eine Henne, die auch fo wegge- 
ſchenkt worden, früh auf dem Oberboden todt dalag, als 
wäre fie unter einer Preſſe zerqueticht worden. 


533) Der gefpenftige Schmiedegefelle zu Johann-Georgenftadt. 
J. Chr. Engelſchall, Beichr. v. JZohann-Georgenftadt. Lpzg. 1724. 4. ©. 135. 


Im Jahre 1719 fährt Abraham Friedrich einem Schmied 
Kohlen ein, da er nun Nachmittag um 1 Uhr wieder an 





— 41 — 


die Meilerftätte kommt, und den Schmiedegefellen, welcher mit 
aufladen fol, nicht findet, oben im Gebüjche ſich aber etwas 
bewegen fieht, meint er, es fei der Gehilfe, ruft daher, er 
folle fih herpaden und mit aufladen. Hierauf erfhallt eine 
Stimme: „jetzt gleich!" Es kommt auch wirklich Jemand und 
hilft ihm etliche Kübel Kohlen auf den Karren heben, aljo 
daß Friedrich nicht anders meint, er habe feinen Gefellen. 
Nachdem aber der Kohlenftaub fich ein wenig legt, fieht er 
an deſſen Interleibe eine feltfame Geftalt, ftößt ihn daher 
von ſich und fpricht, er folle fih paden, feine Hilfe begehre 
er nicht. Worauf der Andere, indem Friedrich weiter auf- 
ladet, das Löfchfäßlein umkehrt und folches mit lauter Churf. 
neuem ganzen Gelbe belegt, mit Begehren, weil Friedrich ein 
armer Mann, jolle er es nehmen, und fo oft er was brauche, 
wieder an biefe Stätte fommen, weil er ihm ein mehrere 
geben wolle. Hierüber wurde Friedrich unmillig und ftieß 
das Faß mit ſammt dem Gelde übern Haufen, daß dieſes 
auf dem ganzen Plage zerjtreut lag, der Andere aber rafft 
e3 im Huy wieder in feinen Beutel zufammen und hält es 
Friedrichen alſo dar. Diefer kehrt fich zwar an nichts und 
fährt fort, muß aber diefen Gefährten ein gutes Stüd Wegs 
ferner mit fih haben, der nun ihm immer den Beutel vor- 
hält, bisweilen das Geld jchüttelt und es ihm aufbringen 
will, bis Friedrih aus Ungeduld ihn garftig geſcholten und 
mit der Peitſche gejchlagen hat. Darauf ift diefer in dag 
Holz gegangen, jenen aber hat ein folder Dampf und Ge- 
ftanf überfallen, daß er zu erftiden vermeinte, wie er denn 
fih auch wirklich lange nachher noch unpäßlich befand. 


534) Das Männchen in der Grube zu Johann-Georgenftadt. 
Engelihall a. a. O. ©. 136. Poetiſch beh. v. Segnit. Bd. I. ©. 23. sq. 





Am 7. Auguft des Jahres 1719 arbeitete in dem Berg- 
werfe zur Treuen Freundihaft vor dem tiefen Ort der Häuer 
Sohann Chriftoph Schlott, und da man zu Mittag auspocht, 


— 44383 — 


hört er gegen den Schacht noch Jemanden Huften, meint 
daher, es werde der Steiger vor Drt fahren, foldes in 
Augenjchein zu nehmen. Nachdem jich aber gleihmwohl Nie- 
mand einftellt, will er auch ausfahren, und als er fi) kaum 
umgemwendet, nimmt er wahr, wie ihm Jemand vom Schacht 
ber mit brennendem Grubenlichte entgegenfommt, weldes 
Schlotten in feinem vorigen Wahn, daß es der Steiger fei, 
beftärkt. Doch da fie endlich Beide auf der Strede zufammen- 
ftoßen, nimmt jener wahr, daß es ein ſehr kleiner Mann in 
einem braunen Kittel ift, der eben, indem er an Schlotten 
vorbeifährt, fein Grubenlicht an's Geftein hängt, jo auch all- 
jogleich hängen bleibt, nicht weniger auch die Taſche ablegt 
und zu Schlotten fpricht: „ist Schon Schicht?“ Denn die Berg- 
leute fuhren an diefem Tage wegen der Beerdigung des 
Hanmermwerksbefiger8 J. Chr. Fiſchers eine Stunde früher 
aus. Ueber jothaner Anrede überfällt aber Schlotten ein 
Schauer, er eilt aljo davon und trifft feinen Arbeiter mehr 
in der Grube an, erzählt aber diefe Begebenheit darauf dent 
Steiger, der zwar anfangs nebſt den andern Arbeitern ihm 
nur ſchlechten Beifall giebt, endlich aber muß Schlott den 
Drt zeigen, woran das Männchen fein Grubenlicht gehangen, 
und weil man dafelbft ein Klüftlein wahrnimmt, wird ein 
Schuß gebohrt, welcher auch fofort von Erz zeigt, und hat 
man hierauf unterjchiedliche Duartale davon gute Lieferungen 
thun können. j 


535) Die zwei Meffer zu Eibenftod. 
J. P. Oettel, Alte und neue Hiftorie von Eybenftod. Schneeberg 1748 
4. ©. 354. 





Am Oftermontag des Jahres 1621 find bei dem Schenf- 
wirt) Hanns Meichsner zu Eibenftod zwei junge Burjchen 
von 18 Sahren, ©. Unger und Chr. Fröhlih, zu Biere 
gewefen, aber mit einander uneins worden und- haben ji) 
gefchlagen. Solches haben fie fo lange getrieben, bis Fröhlich 
mit einem Meffer dem Unger gegen das Herz einen Stich 


— 479 — 


gegeben, darüber er alsbald geftorben. Zuvor aber hat Unger 
das Meffer wieder herausgezogen und den Fröhlich wieder 
geftochen, doch hat fich dieſer auf die Flucht begeben. Hernad) 
tft über ihn auf dem Markte öffentlich Halsgericht gehalten, 
und damit diefe jchredlihe That den Nachkommen im Ge- 
dächtniß bleiben möge, 2 Meſſer in einen Stein gehauen, 
und ſolcher an der Ede der Brodbänfe, wo früher der hölzerne 
Ejel ftand, aufgerichtet worden. 


536) Das Kreuz und der Kelch zu Wolkenſtein. 
Lehmann, Obererzgeb. Schauplag ©. 54 sq. Kreyſſig, Beitr. zur ſächſ. 
Geh. Bo. III. ©. 398. Bechftein, Deutfches Sagenbuh S. 520. 

Ziehnert Bd. III. ©. 183. 





In der Mitte einer 100 Ellen hohen, fteilen Feljen- 
wand, welche fih an der Zichopau erhebt und das Schloß 
Wolkenſtein trägt, ift ein Kreuz und ein Kelch in den Stein 
gehauen. Diefe Wahrzeichen jollen daran erinnern, daß im 
Jahre 1428 die Huffiten, welche hierher gekommen waren, 
einen katholiſchen Priefter, der obwohl von ihnen mit dem 
Tode bedroht, gleichwohl feinen Glauben nit abjchwören 
wollte, bis an den Rand der fteilen Felswand fchleppten und 
ihn dort hinabitießen, von wo er in die Zſchopau zerfcehmettert 
herabftürzte. \ 

537) Die weiße Frau zu Scharfenftein. 
BZiehnert Bd. III. ©. 182. 


Auf dem Schloſſe Scharfenftein im Wolfenfteiner Amt 
geht jeit Jahrhunderten eine weiße Frau um. Mit dem 
zwölften Glockenſchlag Nachts wird fie rege, wandelt in 
lange, weiße, nebeldünne Gewänder gehüllt durch alle Ge- 
mächer des Schlofjes, bleibt bisweilen ftehen und feufzt, und 
ift überhaupt traurig. Dft hat man gewagt fie anzureden, 
aber nie hat fie Antwort gegeben, fondern ift immer ſogleich 
entflohen. Sie muß eine ſchwere Sünde begangen haben, 





— 480 — 


welche aber? das weiß bie Sage ebenſo wenig als fie den 
Namen der Nachtwandlerin zu nennen vermag. 


538) Die weiße Frau zu Venusberg. 
Lehmann a. a. O. ©. 942. 


Auf dem Herrnhofe und Ritterfite zu Venusberg (oder 
Fenchsberg) bei Thum Fennt man eine dergleichen weiße Frau 
jeit langen Jahren her. So oft bei ber Herrfchaft oder ihrer 
Familie und ihren nächſten wichtigften Anverwandten ein 
Todesfall ſich ereignen fol, läßt fie fich eine gute Zeit zuvor 
vor Vielen öffentlich jehen, und zwar, wenn der Todesfall 
im Haufe gejchehen fol, geht fie aus ſelbigem heraus Die 
Treppen hinunter längs über den Hof hinab zu demjenigen 
Thore, wo die Leiche hinausgetragen werden foll. Iſt aber 
der Todesfall außerhalb des Haufes unter den nächften An- 
verwandten zu vermuthen, läßt fie fih nur bald hier bald 
dort Erfcheinungsmeife, auch wohl zu den Senftern herab 
fehen, jedoch fo daß Niemanden dadurch einiges Leid oder 
Krankheit wiederfährt, weil fie ohne alle Beleidigung ihr 
Weſen und Affenjpiel treibt. 


539) Die weiße Frau zu Neuſtädtel. 
Lehmann a. a. DO. ©. 948. 


In Neuftädtel bei Schneeberg erzählt man auch von 
einer gejpenftigen weißen Frau, welde eine Sechswöchnerin 
gewesen, aber endlich verbrannt worden fein fol. Auf ihrem 
Grabe ift indeß immer eine kleine Grube eine Backſchüſſel 
groß geblieben, man mochte diejelbe zufüllen wie man wollte. 








540) Die eiferfüchtige todte Fran. 
Lehmann a. a. D. ©. 948. 


Sm Jahre 1666 im September hat fich eine jchredliche 





— 41 — 


Begebenheit in einer Bergftadt ereignet. Da ift ein gemiljer 
G. ©. geftorben, deſſen Weib zuvor in der Faftenzeit gedach— 
ten Jahres auch des Todes erbliden. Da nun der Wittwer 
zur andern Heirath fchreiten wollte, Fam immer ein Gefpenft 
in Geftalt feiner verftorbenen Frau und ängjtigte ihn, daß 
er feine Ruhe haben Fonnte und daher feinem Gefinde gebot, 
fie Sollten in der Stube fchlafen und ihre Betten vor feine 
Schlaffammer fchieben. Am Donnerftage zuvor jpricht das 
Gefinde: „Herr, wenn Ihr doch zuvor, ehe Ihr wieder Bräu- 
tigam feid, Eurer vorigen Frau einen Leichenftein legen 
ließet, vielleicht bliebe fie außen!” Er beftellt am Freitag 
die Maurer und läßt ihn legen und fagt: „mun babe ich 
meine Alte bier eingejchwert, fie wird nicht wiederfommen, 
der Teufel müßte fie denn herausführen!“ Nimmt die Maurer 
mit fih nah Haufe, ißt und trinkt mit ihnen, beftellt einen 
Boten, der morgens früh weglaufen foll, geht zu Bette und 
das Gefinde liegt vor der Kammerthür. Um Mitternacht 
fommt ein Gefpenft in die Stube, fucht erft in den NRegiftern 
und blättert darin, darnach rauſcht es über Die Gejindebetten 
weg, kommt in die Kammer und erwürgt den Mann. Frühe 
kam der beftellte Bote und wartete zwei Stunden, das Ge- 
finde hieß ihn anpochen, rufen und gar hinein gehen, da 
findet er ihn todt, und nachher hat fich dieſes Gefpenft in- 
gleichen noch oft wieder fehen laſſen. 


541) Die geizige Müllerin zu Brand. 


Lehmann a. a. D. ©. 944. 





Im Jahre 1674 wohnte in Brand, einem gebirgifchen 
Dorfe unter Joahimsthal, eine Miüllerin, die Mühl-Adelin 
genannt, welche die armen Bergleute und Binnfeifner auf 
Gottesgabe mit Brod verlegte, dafjelbe aber fo armfelig bud 
und gab, daß es faft eitel Spreu und Kleie war und in 
der Suppe zerſchwamm. Da ihre Arbeiter ſich beflagten 


und über das ärmliche Brod bejchwerten, jagte fie mit Troß: 
Gräße, Sächſ. Eagen. I. 91 


— 42 — 


„ei meine Gottesgäber Säue können's ſchon freien!” Da 
endlich diefe Miühl- und Geldhamfterin geftorben, ift fie nach— 
ber oft wiebergefonmen, hat den Mann geplagt und, fo oft 
der Müller feine Säue gefüttert, ift allezeit eine fremde ge- 
Ipenftifche Sau mit zugelaufen und hat ſammt den andern 
aus dem Troge gefreffen. Ihre Tochter fuccedirte ihr im 
Haufe und ließ fi vom Teufel ingleihen zum Schinden ber 
armen Leute und zu Ungerechtigfeiten verleiten, ſammelte 
viel Geld und vergrub einen Theil. Da die Faiferlichen 
Soldaten 1691 da vorbei marſchirten, ward fie von einem 
berfelben heftig erichredt, wurde fpradlos und ftarb, daß 
Niemand wußte, wohin fie ihr Geld vergraben. Darauf kam 
fie in unterfchiedlicher Geftalt wieder, plagte und ängftigte 
den hinterlafjenen Wittwer, daß er endlich gar desperat wurde 
und im Sahre 1693 im Detober zu feinen Kindern fagte, er 
fönne nicht mehr bleiben, er wolle zu jeinem Bruder gehen, 
nahm darum Geld zu fi, aber er wurde auf den Feljen 
todt gefunden und hat au ein Viertel Maaß Geld hinter- 
lafien. 


542) Dad Hammergefpenft. 
Lehmann a. a. D. ©. 944. 





Am 30. September des Jahres 1670 hat ſich in einent 
Bergorte zugetragen, daß ein gewiffer Mann, Namens E. B., 
jeinen Sohn von 13 Jahren in Verrihtung über Feld in’s 
nächſte Dorf verſchickte. Als er wieder zurüdgeht, begegnet 
ihm fein gewejener PBathe, ein Hammerherr, der fchon vor 
6 Jahren geftorben war, in der Geftalt, wie, er ihn int 
Sarge angezogen gejehen Hatte. Der fieht ihn an und 
Ipricht: „Siehe Pathe, bift Du e8? fteht mein Hammer noch? 
ift er noch nicht weggebrannt?” Der Knabe erjchridt und 
johüttelt den Kopf, will auch deſto mehr nach Haufe, das 
Geſpenſt aber ift bald vor bald Hinter ihm und brummt 
etwas, was er nicht verftehen konnte, und veränderte ic) 
breimal in Kleidern. Da der Knabe über das Dorf heraus- 


— 483 — 


fommt, fängt jener an: „ach, wie müde bin ich! ach wenn 
mich doch Jemand trüge! Pathe, gehe in meinen Hammer, 
an dem Drte wirft Du Geld finden, Dir iſt's befcheert, und 
damit däuchte es dem Knaben, er jehe Geld vor fich Liegen 
und ſchimmern. Als er feinem Städtlein nahe kam und 
zuvor durch ein Büfchlein gehen mußte, da fing fi) erſt ein 
Lärm an: das ganze Büfchlein war voll Shwarzer Männer, 
die den Hammermeifter umringten, bald verwandelten fie fich 
in große rothe Hirjche, daß der Knabe nicht wußte wo aus 
noch ein, bald fah er einen Mann kommen, der hatte eine 
Ruthe in der Hand und drohete damit dem Gejpenfte und 
ben Hirfhen. Der Knabe lief mit Furcht und Zittern fort, 
die Hirfche verloren fi, aber das Hammergefpenft begleitete 
ihn noch ein Stück Weges und ehe es von ihm bergunter 
Abſchied nahm, lehnte ſich's noch einmal über den Knaben 
hinüber und jahe ihm jcharf unter die Augen, ging dann 
aber einen andern Weg, vor fich hinmurmelnd. Der Knabe 
fam heim, klagte es feinen Eltern und lag dann 8 Tage 
lang jehr krank. 

Im %. 1658 ftarb im Gebirge ein Bergbeamter, welcher 
zwar ein großer Freund der Schule und Kirche, fonft auch) 
ehrbar im Geſpräch, ohne Fluchen und Schelten und gutthätig 
gegen jeine Arbeiter gewejen war, und doch nach feinem 
Tode als greuliches Geſpenſt umging. Es ließ ſich in des 
Derftorbenen Geftalt nicht nur auf dem Hammer, da er ge- 
wohnt, fondern auch in feinem Haufe, meiftens aber auf 
einer Schmelzhütte jehen, ſchlug Knechte und Mägde im Stalle 
unter das Vieh, feine Tochter über den Leib, daß fie 8 
Wochen frank lag, und verirte die Arbeiter, daß Niemand 
bleiben wollte. Ein Jahr lang darauf war Frieden und 
Ruhe vor ihm, aber da nad dieſem ein Bauer ohngefähr 
über eine unbefannte Waldhütte fommt, die Bretter losreißt 
und fie heimführen und nunmehr das legte Bret abreißen 
will, drüdt ihn der gejpenitige Mann, daß er fterben mußte. 
Da fing er fein Mordipiel wieder an und drückte Caspar 
Bibern, einen Kohlenmefjer, auf dem Hofe todt. Den Tag 

31* 


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vor dem Chriftfefte im Jahre 1659 ſchlägt er in der Nacht 
ftarf an's Thor, der Wächter meint, es fei fonft eine nöthige 
Poſt und macht auf, da präfentirt er fich in einem ſchwarz— 
fanımtnen Pelze und mit einem ſpaniſchen Rohre und drückt 
dem Wächter alle Glieder entzwei und begeht andere Thaten 
mehr, daß fich die Wächter vor diefem gefpenftigen Geifte 
ſehr gefürchtet. 


543) Todte verhelfen Xebenden zu ihrem echt. 


Lehmann a. a. O. ©. MT. 


Im Jahre 1694 hat man in einer Bergftabt von der 
Frau eines Fleifhers erzählt, daß fie vier Wochen nach ihrem 
Begräbniß wiedergefommen fei. Diejelbe hinterließ den Auf 
eines frommen und eingezogenen Lebens, beflagte fich auch 
verschiedene Male über das böſe Weſen, was ihr zweiter 
Mann mit Fluhen und Gtreiten nebft den Kindern treibe 
und fagte, fie werde fich ein Leid thun müffen. Kurz darauf 
ftarb fie und hinterließ eine arme Schwefter, welche bei dem 
Mittwer allerhand Erbftüde fuchte, aber nichts erhalten 
fonnte. Trotzdem daß dieje Erbforderung gerichtlich beigelegt 
war, wollte ſich doch die blutarme Schwefter nicht abweiſen 
laffen und vergoß viele Thränen. Der Wittwer lag aber 
frank nebft feinem Sohne allein in der Unterftube. Da 
fommt um Mitternadt ein Geſpenſt in Geftalt der Berftor- 
benen und ſetzt jich vor fein Bette; er erjchridt und fängt 
an zu beten: „Gott der Vater, wohne uns bei!“ Dies thut 
er drei Male, aber die gejpenftige Frau will nicht weichen, 
der Kranfe kann nicht fort und ſchwitzt gar ehr. Es fchlägt 
12 Uhr, da meint er, nun werde fie fortgehen, aber fie bleibt 
bis nad 2 Uhr fiten, da fängt er an: „alle guten Geifter 
loben Gott den Herrn!” Sie antwortet zwei Schritte zurüd- 
tretend: „ich auch!” Der Kranke fragt: „was wollt Ihr 
hier? gehet hin, wo Ihr Hingehört. Sie antwortet: „Ihr 
jollt meiner Magdalena (jo hieß ihre arme Schwefter) nicht 
Alles nehmen!“ Und damit fuhr der Geift zum vorbern 


— 485 — 


Fenfter hinaus. Eine Hausgenoffin wohnte in der Dberftube, 
die auf der Bank lag und dafjelbe Gefpenft jah, welches fie 
angriff und begehrte, man folle ihre Schwefter nicht Fränfen; 
damit warf es ein Biermaaß nad ihr und blieb außen. 


544) Die weißen Frauen zu Blumenau. 
Lehmann a. a. O. ©. 948. 





Am 15. September 1695 ritt am Sonntag fpät Chr. 
Kaijer, Müller zu Blumenau, nad) Haufe, und als er hinter 
die Pfarrwohnung zu Albertshayn, wo ihn fein Weg nah - 
Haufe trug, Fam, gingen drei Männer in gewöhnlicher Klei- 
dung gefhmwind und ohne zu grüßen vorüber, worüber er 
fih verwunderte, weil er fie für Blumenauer anfah. ALS 
er ein wenig fortreitet, fommen ihm auf dem Wege vier vers 
fchleierte Weiber entgegen, welche eine Todtenbahre mit einem 
Sarge und Leichentuch tragen. Darüber erjchridt er, weiß 
faft nicht, wo er fei, bald dünkt ihn, er reite durch ein 
großes Wafler, bald als müſſe er einen hohen Berg hinan- 
reiten, bis ein wenig Licht wird und er erfennt, daß er auf 
dem rechten Wege ſei. MS er nun zu des Richters Teich, 
der ganz nahe bei dem Gerichte ift, kömmt, fieht er aber- 
mals 5 bis 6 Paar verjchleierte Weiber daher fommen, die 
über den Steig, darüber er auch gewollt, gehen, daß er nicht 
weiß, was er thun fol. Er läßt aber dem Pferde jeinen 
Gang, welches dieſen Weg wohl gewohnt, aber über den 
Steig nicht gehen will, fondern lenkt fih mit einem ziemlichen 
Schnauben neben demfelben durch ein Heines Bächlein und 
bringt fofort feinen Reiter gefund nad) Haufe, wie wohl e3 
jehr geſchwitzt. 

545) Der Kobold zu Grüne. 
Lehmann a. a. O. ©. 951. 





Auf dem adligen Vorwerk Grüna bei Scharfenftein hat 
ein Boltergeift im Stall an Menjhen und Vieh großen 


“ 


— 456 — 


Muthwillen geübt, daß faft Fein Gefinde mehr bleiben Fünnen. 
MWeil man es nun für einen Zauberer gehalten, find etliche 
Leute in einer Kammer, da es ſich am meiften ſpüren lafjen, 
mit bloßem Gewehr georbnet worden, welde alle Winkel 
durchſchauen müſſen, da ſich endlich eine alte Haube oder 
Mütze gefunden und damit die Zauberei ein Ende gehabt. 


546) Der Kobold zu Thalheim. 
Lehmann a. a. DO. ©. 952. Poetiſch beh. v. Segnitz Bd. IL. ©. 253 sq. 





Bor Zeiten war bei dem Oberförjter zu Thalheim ein 
Ungethüm oder Kobold im Haufe, welcher den Leuten große 
Laſt und Schalfheit anthat, daß fie auch nicht mehr bleiben 
fonnten. Endli brannte das Haus gar weg und Etliche 
meinten, das böſe Ding habe es angezündet, Andere, ber 
Hausherr habe es ſelbſt gethan, um das Ungethüm los zu 
werden. Da jie aber ihre Sachen ausgeräumt und auf einem 
Wagen davongefahren haben, läßt es fich unter demfelben 
mit vernehmlicher Stimme hören: „wären wir nicht fo ge— 
rannt, jo wären wir wohl mit verbrannt! 


547) Der Kobold zu Lauter. 
Lehmann a. a. DO. ©. 949. 

Im Jahre 1695 kurz vor Weihnachten ereignete fih zu 
Lauter in einer Schenke bei einem da wohnenden Fleifcher 
in der Kammer, wo er mit feinen Kindern jchlief, von ohn- 
gefähr 9 bis 11 Uhr Abends und von 1 bis 3 Uhr nad 
Mitternacht, bei dem Bette der Kinder ein Kragen, welches 
fie merflih in der Ruhe ftörte. Anfänglid hat er’3 für 
eine große Ratte oder etwas dergleichen gehalten, fleißig 
aufgeftellt, aber nichtS gefangen, noch gefehen, noch ergreifen 
fönnen. Mit der Zeit hat’3 auch angefangen laut zu pochen, 
daß man's im Keller hat hören fünnen und hat den Kindern 


— 487 — 


feine Ruhe gelaffen. Ein Knabe von 12 Jahren hat fleißig 
gebetet und zu ihm gejagt: „laß mich do in Ruhe, wenn 
Du nicht mit beten willft, auch nicht beten kannſt, jo gehe 
Deiner Wege,” und ift unerjchroden gemejen. Im Januar 
1696 bat ein Kind von ohngefähr ein Band in feinen Hän- 
den mit in's Bett genommen, welches dieſes Ungethüm dem 
Volke durch ein Aftloch der Dede herab es in's Haus ſteckend 
gezeigt und damit gefpielt hat: wenn's Jemand ergreifen 
wollen, ift es entwijcht und bald zu einem bald zum andern 
Loche auf diefelbe Weife heruntergehangen worden. Gedad)- 
ter Fleifcher hat dabei fein Geld aus einem verjchlofjenen 
Kajten vermißt und ift gerade dazu gekommen, wie es ein 
ganzes Bund Mäfche biß an die Kammerthür gebracht, jo er 
noch gerettet. Der Schulmeifterfubftitut des Orts unterftand 
fih, das Ungeheuer zu fragen, da es denn viel geredet, in 
einem Tone, wie ein zarter Knabe oder cine Weibsperfon, 
ift auch zornig auf ihn geworden, daß es ihn hinein in die 
Kammer gefordert, wohin er fih doch nicht hat getrauen 
wollen, fondern ift in der Thür ftehen geblieben. Hernach 
haben auch Andere ihren Fürwig gebüßt und allerlei gefragt, 
unter Anderem, ob es von einer gewiſſen Perjon dahin ge- 
bannt wäre, da es denn mit Ya geantwortet. Seit dem 
9. Januar, wo die Wirthin eines Kindes genefen, ift aber 
nichts mehr von ihm gehört worden. 


548) Der wunderlihe Kagentanz. 
Iccander, Sächſ. Kernchronif. LAX VE. Couv. ©. 62. 





Am 1. Mai des Jahres 1726 ift ein gewiſſer zuver- 
läfliger Mann im Erzgebirge von einem Orte zum andern 
gereift und am Abend bei düſterer Witterung bei einen 
Walde vorbeipaffirt, da denn er fowie jein Begleiter, den er 
bei fich hatte, ein dem Anfchein nad) in einem Haufe jchei- 
nendes Licht bemerkt, welchem Beide in der Hoffnung, eine 
Herberge zu finden, zugelaufen. Nachdem fie aber näher und 


— 488 — 


näher gekommen, hören fie eine zum Tanz gehende Mufik, 
und der Eine von ihnen geht aus Neugierde an's Fenfter, 
und wird duch felbiges gewahr, daß eine große Anzahl 
Katzen darin zu finden, davon etliche muficiren und Die 
andern darnach tanzen. Sein Begleiter befchließt nun, in 
das Haus hineinzugehen, wird aber von dem Andern davon 
abgehalten, und jet nimmt einer von ihnen wahr, daß feine 
große Hausfage ebenfalls dabei anzutreffen. Aus Entjegen 
gehen Beide fort und kommen in fpätefter Zeit nach Haufe. 
ALS nun des andern Tags zu Mittag ſich die große Haus— 
fate bei der Mahlzeit in der Stube einfindet, ſpricht ihr 
Hausherr fie anfhauend: „nun, Du machteſt Dich geftern 
Abend auch jehr luftigl” Da fpringt ihm alsbald der alte 
Kater auf den Hals und Fragt ihn in den Kopf und das 
Geficht, hätte ihn auch ficherlich getödtet, wofern nicht das 
Hausgefinde herzugelaufen und mit Schlägen und Schreien 
diefen verteufelten Kagenfeind abgetriebenT). 

Y) Diefe Sage hat viel Aehnliches mit der vom fogenannten Katen- 
berge zwifchen Leipzig und Merfeburg. Man erzählt nämlich (f. Berden- 
meyer, Eurieufer Antiquarius. Hamburg V. Aufl. 1731. 8. Br. I. ©. 
657. Bechſtein S. 355. Poetiſch beb. von Segnitz Bd. I. ©. 43 sa. ift 
die Sage auch), um die Mitte des 16. Jahrhunderts fei ein Biſchof von 
Merfeburg, Namens Michael, ein großer Katenfreumd geweſen und babe 
eine große ſchwarze Kate beſeſſen (auf dem Schloffe zu Merfeburg ift noch 
jetst fein Bild mit derfelben im dem Yenfter, aus dem fie gefprungen, 
als Glasgemälde zu fehen), der ſei einft nach Leipzig gereift und habe auf 
jenem Hügel (der nachher davon den Namen befam) eine ganze Katen- 
gefellfchaft angetroffen. Er habe denfelben im Scherze zugerufen: „Ihr 
Katzen, ſeid Ihr alle beifämmen ?“ Da habe eine geantwortet: „es man— 
gelt feine, ausgenommen Bifhoff Michael feine Kate.” Bei feiner Wieder- 
funft erzählt er feiner Kate die wunderliche Begebenheit und fragte zu— 
gleich, warum fie den andern Katen nicht Gefellfchaft geleiftet? Alsbald 
fuhr die Kate zum Fenfter hinaus und ift micht mehr gefehen worden. 
Aehnliche Katengefellfchaften follen in den Ruinen des Klofterd Queer— 
furt bei Pöltfchen im Voigtlande noch jetst ftattfinden. (S. Bechftein a. a. 
D. ©. 482 sq. Simrod, Deutfche Mythol. S. 454. 530. de Guber- 
natis, Zoolog. Mythology T. II. p. 62. fgg.) 


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549) Der ſchwarze Mann zu Königswalde. 
Lehmann a. a. O. ©. 950. 


Im Fahre 1696 hat die Frau des Köhlers Hans Neuber 
zu Königswalde im Monat Julius ein Mädchen zur Welt 
gebracht. ALS dafjelbe nun getauft war, ift die Nacht darauf 
ein jchwarzer langer Mann, der aus der Stubenkammer 
hinein in die Stube fam, vor ihr Bett getreten und hat fie 
alſo angeredet: „gieb mir Dein Kind!” ALS fie fich aber 
geweigert, ift er wieder hinausgegangen und hat das Schloß 
hinter fich zugeichlagen, daß es gefchmettert. Nach 14 Tagen 
fanı etwas an den Laden, daß fie auch den Schatten am 
Fenfter jehen konnte, und weil jie denfelben für einen Hund 
gehalten, hat fie demſelben zugerufen: „geheit Du, garftiges 
Aas?“ Worauf es den Fenfterladen gewaltig zugefchlagen 
und fie weiter nicht3 unternommen. Die folgende Nacht hat 
es ihr das Kind aus dem Bettchen gezogen, da fie es denn 
quer über dem Badewänncden auf dem Gefichtchen liegend 
gefunden, welches nachher eine Naht um die andere fich 
wiederholt hat. An einem Sonnabend hernah im Auguft 
bat die Mutter zur Naht das Kind kurz vorher geftillt und 
wieder hinaus in das Wännchen gelegt, da dem Bater, ber 
neben ihr lag, geträumt, es hätte ein Kind einen Arm ge- 
broden, worüber er erjchrad und aufiwachte, doch, weil er 
fi) befonnen, es jei ja fein Kind nicht, welches er bei ſich 
in der Kammer habe, wieder einjchlief. Hierauf wurde ihm 
das Bett vom Leibe gezogen, darüber er auffuhr und nad 
dem Kinde ſchrie, welches fie wieder aus dem Kiſſchen ganz 
bloß auf dem Gefichte liegend todt gefunden. Als nach dejjen 
Beerdigung der Mann wieder an feine Arbeit in die Kohlen 
gegangen und feines Bruders Weib des Nachts bis zu feiner 
Wiederkunft dazubleiben vernocht, hat fich des Nachts zwiſchen 
11— 12 Uhr etwas an dem unteren Bettbret bemerkbar ge- 
macht, damit gefnadert, ift endlich gar in’S Bett gefallen, 
daß es ganz fchwer worden, und da fie ihre fchlafende 
Schwägerin aufgewedt, hat das Ungethüm gejagt: „warte 


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nur, ich will Dir Deinen Reft fchon geben!” Damit ift e8 
weggefommen, und hat fie es ordentlih auf dem Strohe 
hingehen hören, auch der Hund hat es gemerkt und fehr 
gewinſelt. 


550) Das Waldweibchen in Steinbach. 
Lehmanu a. a. ©. ©. 78 sq. 188. 


In den Wäldern bei Steinbad und Grumbach ohnmeit 
Jöhſtadt läßt fich oft ein altes Mütterchen fehen, das ift 
das MWaldweibchen. Es thut Niemanden etwas zu Leide, ja 
e3 hilft fogar den Leuten bei der Arbeit. Man erzählt, daß 
e3 vom Satan oder dem wilden Jäger gejagt werde und 
auf feiner Flucht einen Stod, in dem die Holzhauer ein 
Kreuz gehauen, fuche, fich darauf ſetze und alsdann erlöft 
werde. Bor alten Zeiten ift es in den genannten Dörfern 
in die Häufer gekommen, hat fih an den Ofenheerd gejegt 
und gejponnen, wenn es aber das Gefpinft herein in Die 
Stube geworfen, dann hat man ihm zu ejfen geben müffen. 
So hat man im Jahre 1681 bei dem Beginn der Peſt auf 
dem PBfannenftiel, dem fogenannten Schönburgifhen hohen 
Wald, ein Holzweib gefehen, welches einen großen Schneefall, 
ſchnelle Wafjerfluthen und higigen Sommer angedeutet, darauf 
viele Menſchen und Vieh fterben würden. 

Im Jahre 1633 hat bei Steinbah am Aſchermittwoche 
ein Bauer einen Baum im Walde gefällt, und indem ber 
Baum im Falle ift, haut er nad der Holzhader Gebrauch 
ein Kreuz hinein. Sogleich kommt ein gejagtes Weiblein 
und bleibt an dem mit dem Kreuze gezeichneten Baume ftehen, 
da e3 denn fißen geblieben. Unterdeffen füllt es dem Holz- 
hader jeinen Korb mit Spähnen, er aber fchüttet die Spähne 
wieder aus, und da von ohngefähr ein Spähnden hängen 
geblieben, findet er, al3 er nad Haufe kommt, an deſſen 
Statt einen ganzen Thaler. Er geht alfobald wieder in den 
Wald, in der Hoffnung, folder Thaleripähne viele aufzulefen, 
aber vergebend. Doch weil der Mann damals in Furzer 
Zeit zu Mitteln gefommen, hat man vermuthet, er müſſe 





— 49 — 


doch etwas gefunden haben. Bon dieſer Zeit an geht Nie- 
mand gern am Aſchermittwoch dafelbit in's Holz, in der 
Meinung, der Teufel jage das Holzweibdhen am Ajcher- 
mittwochr). 


551) Der böfe Seidelmann in den Sechöruthen bei Glöße. 
Biehnert Br. III. ©. 186. 


Zwiſchen den Dörfern Auerswalde und Glöße bei Chem— 
nig liegt ein Wald, die fogenannten Sehsruthen. In dieſem 
ipudt der Schatten eines böfen Beamten, welchen die Bolfs- 
fage den böſen Seidelmann nennt. Er hat bei feinen Leb- 
zeiten die ihm Untergebenen übel behandelt und viele Unge- 
techtigfeiten und Graufamfeiten verübt, dafür zur Strafe er 
im Grabe feine Ruhe gefunden hat. Sein fpudender Geift 
führt die Wanderer irre und nedt und erjchredt fie durch 
gellendes Rufen. Zu bedauern ift, daß Niemand in ber 
Umgegend mehr weiß, was zu Seidelmanns Erlöfung 
nöthig ift. 





— — — — —— 


552) Die Hexen zu Schellenberg. 
©. v. Weber, Aus vier Jahrhunderten. Bd. 1. ©. 371 fa. 


Im Jahre 1529 find zu Schellenberg im alten Schloß, 
weldes an der Stelle der vom Churfürft Auguft erbauten 
Auguftusburg ftand, die beiden Heren, die alte und junge 
Nodin, weil fie mehrmals zu Schönerftädt auf dem Heren- 
ſabbath gewejen, Diebsdaumen verkauft, untreue Männer duch 
Zaubermittel zu ihren Frauen zurüdführen gelehrt, Hexen 
gejotten und Abwejende citirt, torquirt, und dann wahrſchein— 
li hingerichtet worden. 





7) Viele glauben, die Holzweibchen feiern aus den heidnifhen Sorben- 
frauen entftanden, die vor dem Chriſtenthum in die Mälder geflohen, 
wenn fie diefelben aber wieder verlafien hätten, von den Chriften verfolgt 
bei Stämmen, auf denen drei Kreuze eingehauen gemefen, Schug gefucht 
und gefunden hätten. S. a. Simrod, Deutſche Myth. S. 198. Köhler, 
Boigtländ. Sagen ©. 452. fgg. 


— 492 — 


553) Die Teufelskanzel in der Schloßkirche zu Schloß Chemnitz. 
Mitgetheilt von Julius Schanz. 


Nicht weit von der Stadt Chemnig liegt hart am Rande 
des dunflen mit Nadelholz bewachjenen Küchenwaldes ein altes 
leidlih erhaltenes Schloß. ES ift im gothiſchen Style gebaut 
und zeichnet fich befonders durch die Schloßkirche aus, deren 
prächtiges Portal von der Kunft der Vorfahren deutlichen 
Beweis liefert. Das Schloß ſelbſt war früher ein Klofter, 
das wegen der Gittenverderbniß jeiner Mönche im ganzen 
Lande weit und breit verrufen war. Mit der Erbauung des 
Sclofjes war aber der Teufel Feineswegs zufrieden. Er 
beſchloß daher ein ewiges Zeichen feiner Mißbilligung der 
Mit- und Nachwelt zu hinterlafjen. Kaum war die Kirche 
des neuen MönchSklofters vollendet, als er in einer Nacht die 
Treppen herauf jchritt und dem Altare und der Kanzel 
gegenüber noch eine Kanzel zu bauen begann. Nafch, mit 
höhniſchem Lächeln vollendete er feine Arbeit. Um aber den 
Mißmuth der Brüder zu vergrößern, vermauerte er Die 
Kanzel, damit Niemand fie betreten und benußen fönnte. 
Der Tag begann zu dämmern, al3 er mit feiner Arbeit zu 
Stande gekommen war, und er ging, nun feinen Heimweg 
anzutreten. Zuvor aber trabte er in das Schiff der Kirche, 
beſchaute ſich ſein Werk und befand es für gut. Dann ent- 
fernte er fi) eiligft. Am Morgen aber, als die Brüder zu 
beten famen, erftaunten fie nicht wenig über die neue Kanzel 
und ftiegen die Treppe aufwärts, um zur Kanzel zu gelan- 
gen. Giche, fie war vermauert. Voll Entjegen fanden fie 
aber auch die Epur eines eingebrüdten Pferdehufes. So— 
gleich erkannten fie den Schöpfer dieſes Werkes und zugleich 
feinen böſen Willen. — Noch jebt fieht man die Kanzel un» 
beihädigt und kennt fie in der ganzen Gegend unter dem 
Namen der Teufelsfanzelr). 


+) In derfelben Kirche befindet fich auch eine Geifjelung Chrifti, ſehr 
ſchön aus einem Eichenftamm geſchnitzt, der in der Kirche felbft gewachſen 
fein fol, und über demfelben zeigt man in der Mauer eine bogenförmige 


— 493 — 


554) Geift Müschen. 
Bechftein, Deutſches Sagenbuch S. 515. 

Nicht weit von Freiberg ift ein Gehölz, das heißt der 
heimiſche Buſch, und in demfelben haufte vordem ein Kobold, 
den die Leute Mützchen nannten und damit an den bekannten 
Kobold Hütchen erinnerten. Geift Müschen gehörte zu jenen 
geipenftigen Hodelmännchen, die fi) den Neifenden und 
folhen Leuten, die im Walde Gefchäfte hatten, aufhodten 
und fi) weite Streden tragen ließen, bis die Leute ganz 
abgemattet waren und fat odemlos umfanfen. Wenn fie 
ihn nun faſt nicht mehr tragen konnten, hüpfte er von ihrem 
Rücken plöglic weg, jchnellte auf einen Baum und flug ein 
jchmetterndes Gelächter auf. Dies arge Bofjenfpiel trieb 
Geift Müschen abjonderlih im Jahre 1573 und find viele 
Perſonen durch fein Aufhodeln frank geworden. Einft fand 
eine Butterhöfin einen prächtigen Käſe im heimischen Buſch. 
Des Fundes froh und überrechnend, was fie dafür löſen 
werde, legte fie ihn in ihren Tragforb, da wurde der Korb 
jo jchwer, jo fchwer, daß fie endlich von der Laſt niederge- 
zogen ward und in die Anie janf und den Korb abwarf. 
Da rollte ein Mühlftein aus dem Korbe und in die Büfche, 
und aus den Büſchen ſchaute Mützchen mit gellendem Ge— 
lächter, daher man auch von einem hell und grell Lachenden 
jagt: der ladht wie ein Kobold. Den Namen aber hatte 
Mützchen von feiner Nebelfappe, die ihn unfichtbar machte, 
und wenn er fie abthat, fo ſah man ihn, und dann feßte er 
fie oft plößlich wieder auf und war im Nu verfchwunden. 
Davon ift das Sprichwort entftanden, wenn Jemand etwas 
ſucht und es an einem Orte gefehen zu haben glaubt und 
es doch nicht finden kann, daß man fagt: je da fißt er und 
hat Müschen auf! — nämlih der Zwerglein unfichtbar 
machendes Nebelfäppcen. 

Bertiefung, das jogenannte Fegefeuer, worin fi immer ein Saufen ver- 
nehmen laßt. Mitten in der Kirche zeigen verjchiedene feuchte, nie wegzu- 
wifchende Flede eine menfchliche Figur au: dort fiel einft bei einer thea— 


tralifchereligiöfen Aufführung ein Mönch von der Dede herab. (f. Schumann, 
2er. v. Sachſen Bd. IV. ©. 551.) 











Er — 


555) Der Wappenfchild der Schönburge. 
Novell. bed v. Dietrich. die ron. Sagen des Erzgebirges Bd. I. ©. 33 sq. 





In der legten Schlaht, welche Karl der Große dem 
tapfern Sachfenfürften Wittefind lieferte, fam er in einem 
Einzelgefecht jehr ins Gedränge, fhon waren die meiften der 
Ritter feiner Umgebung gefallen, nur er allein widerſtand 
noch mannhaft dem feindlichen Andrang. Plötzlich traf ein 
mit gemwichtiger Hand gejchleudertes Felsftüd feinen Schild, 
derjelbe zeriprang und Karl hatte nur noch fein Schwert zur 
Vertheidigung. Da erhob fi aus dem Leichenhaufen, der 
rings um ihn aufgethiürnt war, einer feiner gefallenen Ge- 
treuen und reichte ihm feinen Schild. Kaum hatte er fich 
damit zu deden begonnen, als auch ſchon Hilfe nahte und 
die Schlacht fehr bald zu Gunften der Chriften endete. Noch 
vorher aber hatte der edle Franfenkönig feinen Netter in der 
Noth unter den Sterbenden und VBerwundeten herausgefunden 
und ihn glüdlicher Weife noch am Leben angetroffen. Er 
erkannte ihn als einen Schönburg. Derfelbe führte bis da- 
hin nur ein einfaches Silberfchild ohne Kleinod, da berührte 
Karl mit Ning-, Mittel und Zeigefinger feiner Rechten die 
blutende Wunde feines Ritters und ſtrich mit der Wunde 
reinem Blute zweimal über das filberfarbene, herzförmige, 
jeßt vom Gejchoffe des Feindes vielfah verlegte Wappen- 
ſchild, fo daß zwei rothe Streifen dafjelbe zierten und ſprach: 
„Schönburg, dies fei fortan Dein Zeichen, Dein Blut das 
MWappenkleinod Deines Haufes !’ 


556) Der gefpenftige Freier auf Hartenftein. 
Mündlich. Poet. beh. v. Wiefe b. J. Glinther, Großes poet. Sagenbud) 
der Deutfhen. Jena 1846. Bd. I. ©. 123. 


Auf dem Schloſſe Hartenftein, dem Stammſchloſſe der 
Schönburge, fand fich einft jeden Tag ein Schattenritter ein. 
Man nannte ihn König Vollmer den Geifterlönig. Er hatte, 





— 495 — 


man weiß nicht wie, die Liebe der jchönen Kunigunde von 
Schönburg, als fie noch Kind war, gewonnen und diefelbe 
erklärt, ihn und feinen Andern wolle fie ehelichen. So ritt 
er denn jeden Tag auf umfichtbarem Roſſe in's YBurgthor 
ein, 308 dafjelbe, ohne daß Jemand es fah, nur hören konnte 
man feinen Tritt, in den Stall und ftieg dann jelbft unficht- 
bar und nur am Schall feines Trittes kenntlich, die Schloß- 
tveppe hinan. Dort Fam ihm feine Braut entgegen, ber 
reichte er feine Hand — das war der einzige fühlbare Theil 
feines Körpers, weich und glatt, aber eisfalt — und num 
Ipradhen und koſeten fie zufammen mie zwei Liebende es 
thun. Dann jchritten fie in den Speifefaal, wo ihrer fchon 
der Bruder des Fräuleins harrte, und alle drei jegten ſich 
zu Tifhe und aßen und tranfen nad) Herzensluft, die dent 
Chhattenritter vorgelegten Speifen und der Wein in feinem 
Becher verſchwand, und doch fah Niemand, wo es hinfam. 
Man hörte nur des Schattenbräutigams Stimme und der 
Graf, dem früher vor feinem geifterhaften Schwager gegraut, 
faßte immer mehr Neigung zu ihm, denn er hatte an ihm 
einen jteten treuen Berather und Warner bei bevorftehendem 
Unglüd. Wenn das Mahl vorüber war, verließ der Graf 
die beiden Brautleute, und fo. jaßen fie bis furz vor Ein 
Uhr, da nahm der gefpenjtige Gaft eilig Abſchied. So trieb 
er es viele Jahre, da äußerte einmal das Fräulein, wie fie 
ih nah einem Kuffe von feinem Munde jehne, und fiehe 
ihr geifterhafter Bräutigam antwortete: „lebe wohl auf 
ewig, weil ich an Deine rein geiftige Liebe glaubte, verlieh 
ih mein bimmlifhes Neih um bei Dir zu fein, jet wo 
Du an irdifche Liebe denkſt, ift mein Bleibens nicht mehr 
bier, Du fiehft mich nie wieder!” Damit verfhwand er und 
nie hat das Fräulein wieder feine Nähe empfunden. 


557) Die Eiche bei Hartenitein, 
Poetiſch beh. v. DO. Föhrau (Fr. v. Biedermann), Eine Sängerjugend 


— 


S. 120 





In dem beim Schloſſe Hartenſtein befindlichen Walde 


— 496 — 


befand fih noch vor Kurzem ein ungeheurer, prächtig be- 
laubter Eihbaum, von dem man erzählte, daß fein Beftehen 
auf geheimnißvolle Weife mit dem Scidjale des Schön- 
burg'ſchen Hauſes verflochten je. Man fagte, wenn Der 
Baum umgehauen werde, würden drei Glieder des Schön- 
burg’shen Stammes fterben. Im Jahre 1840 (?) ftürzte 
der Baum um und wirflic ftarben furz darauf drei Schön- 
burge. 
558) Die Prinzenkleider in der Kirche zu Ebersdorf. 
Berfenmeyer, Eur. Antiqnarius ©. 652. W. Schäfer, d. Prinzenraub. 
Lpzg. 1855. S. 50 sq. 


dem Ritter Kunz von Kauffungen, duch Gottes Hilfe glüd- 
lih entronnen waren, machte der ganze Hof eine Wallfahrt 
nad) der Ebersdorfer Kirche (bei Chemniß) und der Chur- 
fürft ließ dafelbjt die Kleider der beiden jungen Herrlein, jo 
fie bei ihrer Entführung angehabt, wie auch des Köhlers, 
der fie errettet hatte, Kittel und Kappe aufhängen, wo fie 
noch zu jehen find. Bei den Kleidern wurden folgende Verſe 
angejchrieben: 

Kung Kaufjung der viel wilde Manı, 

Im Meißnerland ift fommen an, 

Wohl auf das Schloß zu Altenborg, 

Sehr frech und kühn ohn alle Sorg, 

Dem Fürften allda feine Kind, 

Entführt Hat Tiftig und gefchwind, 

Der Kleider noch bie hängen feht, 

Ein jeder der fürüber gebt, 

Die dazumahl bald nach der That, 

Der Bater hergehänget hat. 


559) Die Betfahrt nach Ebersdorf. 
Biehnert Bd. III. ©. 184 sq. 


In Ebersdorf ftand vor alten Zeiten in der noch jekt 
auf dem daſigen Kirchhofe ftehenden Kapelle ein berühmtes 





— 417 — 


Muttergottesbild. Daffelbe wurde jo häufig befucht, daf 
außer dem Pfarrer noch ſechs Kaplane angeftellt werden 
mußten, welde in den ſechs um die Kichhofmauer herum- 
ftehenden jogenannten Pfaffenhäufern wohnten. Unzählige 
Wunder follen von dem Marienbilde vollbracht worden fein 
und man zeigt noch eine Menge Reliquien, 3. B. das gleich 
zu bejprechende Goldſchiffchen und eine Krücke, welche ein 
duch die Berührung des Marienbildes geheilter Lahmer ge- 
tragen hat. Dieje Krüde ift mit der Jahrzahl 1333 gezeich- 
net und man lieft an ihr die eingejchnittenen Worte: „Kruck, 
Du bift mein Unglud — zu meinem Unglud hab ich ein 
Ihon Kruck.“ 

Die zahlreihen Wallfahrten nach Ebersborf reizten oft- 
mals die Raubſucht der Nitter auf Schellenberg und Lichten- 
walde, welche beiden Schlöffer der Raubſucht ihrer Befiger 
den Namen danken, indem Schellenberg von dem Gloden- 
fignale und Lichtenwalde von dem Feuerfignale (Licht im 
Malde), welches ſich die Räuber gegenfeitig gaben, genannt 
ward. Unter mehreren Geſchichten aber, welche man ſich 
von dem Raubgeſindel erzählt, ift folgende befonders mel- 
denswerth: 

Am Sylveſtertage des Jahres 1212 unternahmen die 
Mönche des Ciſterzienſerordens in Freiberg eine große Bet— 
fahrt nach dem Marienbilde zu Ebersdorf, um daſelbſt Gott 
für den reichen Bergſegen zu danken. Es war eine ſtrenge 
Kälte, der Schnee hatte die Wege zugeweht und die Waſſer 
waren zugefroren. Doch mit freudigem Muthe zog die Schaar 
der Betfahrer unter frommen Geſängen rüſtig am Schiefer— 
bache hin. Da brachen plötzlich aus der dichten Waldung 
die Räuber von Schellenberg und Lichtenwalde und drangen 
auf den Zug ein, um die koſtbaren Geräthe, Fahnen und 
Kleinode, welche bei einer Betfahrt damaliger Zeit nie fehlen 
durften, mit Gewalt zu rauben. Augenblicklich gerieth der 
Zug in wilde Verwirrung und die Mönche flohen mit Jam— 
mern und Entſetzen, aber der Schirmvoigt, ein tapferer Rit— 
ter, warf fich mit feinen Reifigen und Klofterfnechten den 

Gräße, Sächſ. Sagen. I. 32 


— 493 — 


Räubern entgegen. Es entbrannte ein hitiger Kampf, wel- 
cher eine gute Weile währte und zulegt mit dem Siege der 
guten Sache endigte. Die Räuber wurden gefchlagen und 
flohen nach dem Flöhefluffe, hoffend, daß das Eis fie tragen 
werde. Doc die dünne Eisdede in der Mitte des Fluffes 
brach und mehr als die Hälfte der Räuber ertranf in den 
falten Fluthen. Die übrigen flüchteten das Ufer entlang 
ftromaufwärt3 und verkrochen ſich in eine Felſenſchlucht. Als 
dies die Klofterfnechte gewahrten, befegten fie den Eingang 
der Schlucht und wollten die Räuber darin mit den Waffen 
angreifen. Aber ihr Anführer, der Schirmvoigt, gebot, fie 
jollten ihr Blut ſchonen und die Räuber duch Feuer ver- 
derben. Hierauf ſchlugen die Knechte eine Menge Baum— 
ftämme nieder, zündeten fie an und warfen fie in die Schlucht, 
bis diejelbe zulegt einem brennenden Dfen glid. So wur- 
den die Räuber von Schellenberg und Lichtenwalde vertilgt 
und der Weg für die Betfahrer wenigſtens auf einige Zeit 
ficher. Jene Feljenichluht aber, worin die Räuber verbrannt 
wurden, heißt noch heute. zum Andenken an jene Begebenheit 
der Höllengrund. 


560) Dad Goldichiffchen in der Kirche zu Ebersdorf. 
Poetiſch beh. v. Ziehnert Bd. II. ©. 81 sa. 





Unter den Reliquien der Kirche zu Ebersdorff), zu de- 
nen befanntlich auch das Hufeifen des Ritters von Harras 
gehört (j. oben Nr. 327), befindet fih ein Schiffchen von 
Holz, welches aus dem 14. Jahrhundert ftammt und bei fol- 
gender Gelegenheit hier aufgehangen worden ift. Ein ge- 
wiffer Junker Wolf von Lichtenwalde (?) war in’3 gelobte 


+) Hier wird aud das Glas gezeigt, welches Luther dem Dr. Yonas 
ſchenkte und das die Inſchrift trägt: „Dem lieben Dr. Jonas ſchenkt Dr. 
Luther ein ſchön Glas; Das lehrt fie alle beide fein, daß fie zerbrechliche 
Bläfer fein. Das Glas ift aber unächt, denn das Achte foll fi in Nürn« 
berg oder Halle befinden. 


— 49 — 


Land gezogen, um dort gegen die Saracenen zu fämpfen, er 
hatte alle Gefahren und Anftrengungen des Krieges glüdlich 
überwunden und fehrte jegt mit Schäßen beladen nad) ſei— 
nem Baterlande zurüd, wo ihn eine liebende Braut erwar- 
tete. Siehe, da begab es fi, daß das Schiff, auf dem er 
nach Venedig fegelte, von einem furchtbaren Sturm über- 
fallen ward, feine Gejchidlichkeit des feefundigen Capitains 
noch die übermenfchlichen Anftrengungen der Mannjchaft ver- 
mochten dem Andrange der mwüthenden Elemente zu wider- 
ftehen und Jeder fah dem Untergang des Schiffes in näch— 
jter Zeit entgegen. Da ſank der jonft fo muthige Kreuzfah- 
rer in wilder Verzweiflung in die Knie und gelobte der 5. 
Sungfrau zu Ebersdorf, daß, wo fie ihn aus dieſer Todes- 
noth befreien und glüdlih in fein Ahnenſchloß zurückkehren 
laffen werde, er ihr ein Schiffchen ganz mit gutem Gold ge- 
füllt als Opfer darbringen wolle, und folle er auch fein gan- 
zes Eigenthum dabei aufwenden. Und fiehe, faft augenblid- 
lich legte fih der Sturm, die Wogen glätteten ſich und ein 
günftiger Wind trieb das Schiff ſchnell nnd glüdlih in den 
fihern Hafen. Der Ritter vergaß aber nah feiner glüd- 
lihen Heimfehr fein Gelübde nicht, er ließ von einem ge- 
ſchickten Künftler ein Schiffchen anfertigen, füllte eg mit 
Gold an und hing es zum ewigen Andenken in der Kirche 
zu Ebersdorf am Altare der h. Jungfrau auf. Zwar hat 
die Lichtenwalder Gutsherrſchaft nach der Reformation ſowohl 
dieſes Gold als alle andern Koftbarfeiten und Nutzungen 
ber Kirche an fich genommen, nachdem fie die Verpflichtung 
eingegangen war, dieſelbe in allen Baulichkeiten zu unter- 
halten, ja jollte fie einmal abbrennen, ohne Zuthun der Ge- 
meinde und des Kirchenärars aus ihren Mitteln wieder auf- 
zubauen, allein das Schiffchen ift heute noch zu fehen und 
erinnert ung an jene Zeiten, wo man noch in frommer Ein- 
falt an unmittelbare göttliche Einwirkung auf das menschliche 
Schickſal glaubte. 


— — — — — 


32* 


— 50 — 


561) Das Jüdel. 


Mindlich. Einzelnes in d. Geftriegelten NRodenphilofophie. 5te A. Chem— 
nig 1759. 8 ©. 72, 781, 941, 995. Grimm, Deutfhe Mythol. 1. A. 
And. S. XXXVII. Simrock, Deutſche Mythol. S. 482. (VI.N.S. 437.) 





Man kennt im ganzen Erzgebirge ein Kindergeſpenſt, Das jo- 
genannte Jüdel oder Hebräerchen (richtiger: das Gütelvon,,‚gut‘‘) 
und glaubt, daß, wenn die Fleinen Wochenkinder während des 
Schlafes die Augen halb aufthun, die Augäpfel in die Höhe wen- 
den, als wollten fie etwas ſehen, dabei zu lächeln fcheinen und 
dann wieder fortichlafen, manchmal auch zu weinen anfangen, 
daß das Jüdel mit ihnen jpiele. Damit nun aber die Kinder 
von demſelben nicht ferner beunruhigt werden, jo Fauft man 
ein Fleines neues Töpfchen ſammt einem Quirlchen, und zwar 
jo theuer, als man es bietet, ohne zu handeln, dahinein wird 
etwas von dem Bade des Kindes gegoffen, und es dann auf den 
Dfen geitellt, und man fagt, das Jüdel fpiele damit und 
plätfchere das Waſſer jo lange heraus, bis nichts mehr im 
Töpfchen fei. Andere blaſen Eier aus den Schalen in des 
Kindes Brei und der Mutter Suppe und hängen joldhe hohle 
Gierfchalen ſamt etlihen Kartenblättern und anderen leichten 
Sahen mehr mit Zwirn an die Wiege des Kindes, daß es 
fein frei jchwebe. Wenn nun die Thüre aufgemacht wird, 
oder es geht oder bewegt fich Jemand in der Stube, alſo, 
daß die am Faden ſchwebenden Saden ſich in der Luft be- 
wegen, da jagen die Weiber, man folle nur Acht geben, wie 
das Jüdel mit den Sachen an der Wiege fpiele. Wenn zu- 
weilen die kleinen Kinder rothe Flede haben, da fagt man, 
das Jüdel habe fie verbrannt; dann foll man das Ofenloch 
mit einem Specdichwärtlein fchmieren. Das Jüdel fpielt aber 
auch des Nachts mit den Kühen, dann werden fie unruhig 
und brummen, macht man aber Licht an, jo fieht man nichts. 
Ebenjo geht e8 in die Pferdeitälle und fängt an die Pferde 
des Nachts zu ftriegeln, dann werden dieſelben wild, beißen 
und Schlagen um fich, ohne daß fie fich des Geſpenſtes, wel- 
ches auf ihnen hockt, entledigen können. Um das Jüdel als 


— 601 — 


Hausgeiſt zu unterhalten, muß man ihm Bogen und Pfeile 
und Spielſachen in den Keller und in die Scheune legen, 
damit es damit ſpiele und Glück in's Haus bringe. Wenn 
aber die Wöchnerin vor demſelben ganz ſicher ſein ſoll, ſo 
muß ein Strohhalm aus ihrem Bette an jede Thüre gelegt 
werden, dann kann weder das Jüdel noch ein anderes Ge— 
ſpenſt herein. (S. a. oben Nr. 532 S. 476.) 


562) Der Friedensſtein am Streitwald. 
Nach Dietrich, Rom. Sagen d. Erzgeb. Bd. J. ©. 333 sa. 


Während Ritter Ernſt, Herr und Graf zu Schönburg auf 
Hartenſtein, und Bruno von Schönberg auf Stollberg mit dem 
Herzog Albrecht in's gelobte Land gezogen waren, hatte der da— 
malige Abt des Kloſters zu Grünhain, ein herrſchſüchtiger 
und habſüchtiger Mann, durch ſeine Intriguen es dahin zu 
bringen gewußt, daß zwilchen den von jenen mächtigen Nit- 
tern während ihrer Abwefenheit beſtallten Vögten ihrer Be- 
figungen ein Streit über einen fchönen, trefflid mit Wild 
und Holz bejtandenen Forft entftand, der zwijchen ihren 
Grenzen und denen der Grünhainer Abtei lag, und hoffte 
ichließlich bei demjelben den Forſt in feine Hände zu befom- 
men. Ehe jedoch die Sache fo weit Fam, ftarb er, und fein 
Nachfolger, ein milder Briefter, weit entfernt, den Streit zu 
ſchüren, vermittelte die Verföhnung der inzwiſchen aus Pa- 
läftina zurüdgefehrten Ritter. Sie famen in freien Felde 
zujammen und verglichen fi) mit einander, an jener Stelle 
aber ward ein Stein aufgeftellt, dem der Volksglaube, weil 
er vom Grünhainer Abte geweiht war, Wunderkräfte zu— 
Ihrieb, er follte nämlich ftückweife zu Pulver gerieben bei 
allerlei Zörperlichen Leiden die erfprießlichiten Dienste leiften. 
Jener ftreitige Wald aber hieß feit jener Zeit der Streitwald. 





563) Der Stein bei Rauenftein. 
Novell. beh. v. Dietrih a. a. DO. ©. 303 sa. 


In der Nähe von Rauenftein fteht ein Stein, der zum 


— 502 — 


Andenken an die gräßliche Peſt geſetzt iſt, welche nach dem 
3ojährigen Kriege in jenem Theile des Erzgebirges wüthete. 
63 war nämlich zu Lengefeld die Peſt ausgebrohen und 
dermaßen heftig, daß der Ort von der Umgegend völlig ab- 
gejperrt ward. Nun war aber in Reifland ein junger Mann, 
der die Enkelin des Pfarrers zu Lengefeld zur Braut hatte, 
Diejer hatte gehört, man befomme in Freiberg einen Beft- 
ejlig, welchen die dortigen Todtengräber aus Kräutern be- 
reiteten. Er eilte aljo dorthin, verfchaffte fich eine Flache 
davon und ſchlich fich mit Lebensgefahr durch den Militär- 
cordon, weil er gehört hatte, der Vater feiner Braut fei an 
ber Peſt erfranft. Zwar Fam er zu jpät, allein es gelang 
ihm doch, dieje felbit, ihren Großvater und viele Andere da- 
mit herzuftellen, bald verſchwand die furchtbare Seuche und 
nachdem die Sperre aufgehoben war, beſchloß man in Lenge- 
feld und dem nahen Reifland eine Art MWiederfehens- und 
Auferftehungsfeft auf der Mitte des Weges zwiſchen beiden 
Drten zu feiern. Dies that man aud, und jener Stein be- 
wahrt noch heute das Andenken an jene jchauervolle Zeit. 


564) Der Waldteufel im Erzgebirge. 
Lehmann ©. 74. 


Die Wälder über dem Blöfelftein und am Müntzerberg 
find fehr unheimlich und es hat ein Waldteufel im Jahre 1575 
den Köhler Georg Schwander, drei Jahre nachher feinen Ge- 
jellen und 1582 einen dritten Köhler, Oswald Wellner, er- 
jchredt, gedrüdt und fo vergiftet, daß fie fterben müſſen. 

Im Jahre 1632 ließ Theophilus Grojhupf, Stadtſchrei— 
ber zu Scheibenberg, einen Raum an ben Erbisleiten räu- 
men und Ader machen; da nun ein Arbeiter, Georg Feuer: 
eifen, MittagS hinunter an einen Brunnen geht, Trinkwaſſer 
zu holen, findet er dabei einen häßlichen unbekannten Mann 
liegen, der ihm auf feinen Gruß nicht dankt, jondern im 
Rückwege auf den Hals fällt und ihn braun und blau drüdt, 
daß er deswegen acht Wochen krank gelegen. 

Hinter Grünhain liegt ein Wald, der Pfannenftiel ge- 








— 508° — 


nannt, auf welchem nicht allein viele Menſchen find erjchla- 
sen worden, fondern es hat auch ein Waldgeift viele Leute 
erkhredt und genedt, daß fie Davon geftorben. Dergleichen 
ift einem Schneeberger, Mehlhorn genannt, begegnet, den 
es in den Rumpelsbach geworfen zum Trinkgeld, nachdem 
er dieſes Geſpenſt al3 einen Malzfad den Berg hinan trug. 

Anno 1654 hielt Hans Breitfeld, der Richter zu Grum— 
bad), einen Dorfinaben von 13 Jahren, Michael Schmied, 
zu jeinen Schafen, welchen ein Feldteufel zweimal von den 
Schafen weggeführt. Das erite Mal am 4. October hat er ihn 
ftille durch die Luft und nad Kigwald in's dürre Fichtengras 
geworfen und liegen laffen. Das andere Mal fah das Ge- 
Ipenft jeinem Vater ähnlih, der kurz zuvor geftorben war, 
bald mit, bald ohne Kopf, das trug ihn über drei Erbe weg 
in die Höhe und warf ihn in einen Moraft, worüber denn 
der arme Knabe allezeit Frank ward, daß er die Schafe darum 
nicht weiter hüten wollte. 

In befagtem Jahre zur Herbitzeit kommt der Kirchvater 
von Stüßengrün her aus dem Wald und ift gar ſchwermü— 
thig, klagt auch, es habe ihn ein Gefpenft erfchredt. Als er 
im Februar wieder hinausgeht, hört er eine Stimme: „er- 
mwürge Dich oder ich thue es! greif’ lieber felbft zul” Da- 
mit zieht der beftürzte Mann fein Mefjer heraus und fehnei- 
det jih den Bauch auf, daß die Gedärme in den Schnee 
fallen. Weil er aber vor Schmerzen heftig fchreit, finden 
ihn die Köhler im Blute und führen ihn noch lebendig her- 
ein, und nachdem er feine Beichte gethan, communicirt und 
getröftet worden ift, ift er bald darauf verjchieden. 

Ferner hat ein Buchholzer Wald- und Mordgeift im 
Buhholzer Buſch am Wege unter den vorbeigehenden Leuten 
vielen Zank und Schlägerei verurfadt, daß fie bisweilen 
blutig und halbtodt von einander gejchieden. 

Wie Gottfried Richter, der Pfarrfubftitut in der Raſchau, 
im Jahre 1661 vor Dftern feinen Bruder im benachbarten 
Elterlein, von woher er gebürtig, beſucht, und nun jpät durch 
den Wald nad) Haufe eilt, verführt ihn ein Gefpenft in einen 


furchtbaren diden Wald, zerplagt ihn die halbe Nacht hin— 
dur, daß er früh morgens nah Haufe kommend halb toi 
ausſah, ſich todtkrank niederlegte und fagte, ein Gefpenft hebe 
ihn in mancherlei Geftalt die Nacht geplagt und ſtets be- 
gleitet, darauf er nad) etlichen Tagen geftorben. 

Auf eine halbe Meile von Grünhain gegen Mufchleite 
ift einft in der Nacht eine ganze Compagnie Geifter, die ein 
Getön und Concert von fich gegeben, als wenn's bie jchönfte 
Mufica wäre, dem Paftor zu Scheibenberg, Chriftian Leh— 
mann (1688), begegnet. Desgleihen ift einem Gerber von 
Elterlein, der von Schwarzenberg des Nachts heimgefahren, 
eine ganze NRotte Reiter ohne Köpfe und in mancherlei Ge- 
ftalt entgegengefommen, denen er ausgewicdhen, aber davon 
krank geworden ift. 


565) Der gefpenftige Mönch bei Grünhain. 


Lehmann ©. 75. 


50 Jahre nach der Zerftörung des Kloſters Grünhain 
am Glterleiner Wege, da wo des Abtes Hammerwerk ges 
ftanden, wie die Schladenhaufen ausweiſen, hat fich fonft 
ein Gejpenft in Mönchsgeftalt ſehen lafjen, welches die Vor— 
beigehenben, bejonders die Trrmfenen und Jauchzenden übel 
bezahlt und einft einen Bergmann von Elterlein, der das 
Geipenft in der Wöllerei  herausgefordert, mit den Beinen 
den Berg hinuntergefchleppt, in den Bach geworfen und am 
Kopfe fo verwundet, daß er viele Tage nicht arbeiten fonnte. 
Einen Richter, der trunfen in der Nacht von Grünhain heim- 
geritten, hat’3 mit dem Pferde geftürzt, daß er einen Arm 
gebrochen, das Pferd ſamt dem Boten verjagt und iſt der 
Richter mit großer Lebensgefahr heimgefommen. 





566) Der gefpenftige Bergmann bei Rittersgrün und 
Scheibenberg. 
Lehmann a. a. O. ©. 75 ef. ©. 58. 


Zwiſchen Rittersgrün und Boͤhle am Bach iſt ein Fels, 


— 505 — 


darum ſich ein Geſpenſt als ein Bergmann hören und fehen 
läßt, oben auf dem Kopfe hat es ein brennendes Gruben- 
Licht und erfchredt die Leute in der Nacht und hat fie mit 
großem Beben und Krachen in den Bach geworfen. Ebenfo 
hat ſich hinter dem Scheibenberger Hügel am Gehänge im 
Wacken und vorne um die Berghalten oft ein Geſpenſt jehen 
lafjen als ein Bergmann gekleidet, welches den Maurern, jo 
daſelbſt Sand gefiebt, plöglich auf den Hals gekommen. An- 
dere hat es hinter dent Berge an eine eiferne Thüre geführt, 
als zum Eingange eines Schatzes, die man nachher nicht 
wieder finden können, oder in Geftalt einer Jungfer oder 
von Wölfen, Füchſen und Irrwiſchen Manchen verführt und 
geäfft. | 

Sm Fahre 1632 hatte Hans Schürf zu Krottendorf eine 
Tochter von 8 Jahren im Walde verloren, die man inner- 
halb 13 Tagen nicht finden können, bis fie von einer Köh- 
lerin im Walde angetroffen und heimgebracdht worden. Da 
fie nun gefragt ward, was fie denn gegejjen und getrunken, 
bat fie geantwortet: „ein Männlein hat mir alle Tage eine 
Semmel und zu teinfen gebracht.“ 


567) Wodie Bergmännchen im Gebirge jet bingefommen find. 
Lehmann a. a. DO. ©. 1%. 


Es ift eine alte Nede, daß früher Zwerge oder Männ- 
lein im Gebirge gewohnt und fich endlich beflagt, fie müß- 
ten wegziehen, denn fie fünnten das Pochen auf den Eijen- 
hämmern und Zwittergebäuden nicht hören und vertragen, 
fie wollten aber wiederfommen, wenn die Hämmer aufhören 
würden. 





568) Die Wehflage im Erzgebirge. 
Mündlih. Lehmann a. a. O. ©. 784. 





Im Erzgebirge gibt es ein Gefpenft, die jogenannte 
Slagefrau oder Klagemutter, dieje geht vor das Haus, wo 


— 506 — 


ein Kranker liegt, und fängt an jämmerlich zu heulen; will 
man nun wiffen, ob derjelbe ftirbt oder nicht, fo wirft man 
vor die Thüre von oben ein Tuch herab, das demijelben ge- 
hört, nimmt jene, die nun zu heulen aufhört, dafjelbe mit 
fort, fo ftirbt er, läßt fie e8 aber liegen, fo findet das Ge- 
gentheil ftatt. Im Boigtlande kommt dafjelbe Gefpenft auch 
vor und dort fagt man, dafjelbe habe die Geftalt eines gro- 
fen weißen Ballen und wälze fih jo auf der Straße fort. 

Im Jahre 1626 beim großen Sterben wohnte R. Köh- 
ler, ein Schufter, in Oberwiejenthal am Marfte; da er fich 
nun Abends zur Ruhe legt, hört er ein jämmerliches Geheul 
auf dem Markte, daß er davon nicht fehlafen kann. Er fieht 
hinaus und wird gewahr, daß es um den Holzitoß eines 
gegenüberwohnenden Nachbar jo winjelt und jammert (e3 
lagen darin zwei Sterbende, wie er des folgenden Morgens 
zuerſt erfahren). Er fpricht: „ja heule nur zu, daß Dir was 
Anderes in den Rachen fahre!” und legt ſich wieder nieder. 
Gleich kommt das Heulgejpenft vor die Kammer, heult noch 
gräßlicher, und er fährt mit Furcht und Graufen in’s Bett 
hinein, jein Weib verweift ihm aber feine Verwegenheit, 
warum er bei fo elenden Sterbezeiten jo frech hinaus ge- 
johrieen, dann fangen fie an mit einander zu beten. Das 
Heulding fährt hinauf auf den Oberboden und von da zum 
Fenſter in das Quergäßchen hinunter und heult wieder auf’ 
Neue vor des Büttels Thür, und Morgens erfuhr er, daß auch 
Darin ein Patient am Tode läge. Der Schuhmacher felbit 
hat indeß noch über 30 Jahre gelebt. 





569) Die Peitmacher im Erzgebirge. 


Lehmann a. a. O. ©. 987 sq. 





Im Jahre 1680 ward zu Geyer der Todtengräber we— 
gen Zauberei auf dem Gottesader gefangen und gefänglich 
eingezogen, denn man hatte ihn auf den Markt gehen und aus 
einer Schachtel etwas ausftreuen jehen; jo nun hernad) aller- 
hand Merkmale gefuht wurden, ihn feiner Bosheit zu über- 


— 507 — 


weijen, fand man unter andern, daß er jein eigenes Weib 
wieder ausgegraben, ihr Augen, Naje und Zunge ausge- 
ſchnitten und fie zu Pulver verbrannt hatte, welches er alſo 
auf die Gafje geftreut. Er wurde deswegen mit dem Stau- 
penfchlag beftraft und ewig des Landes verwiefen. 

Zu Wolfenftein hat im Jahre 1614 ein Todtengräber 
einer PVeftleiche den Kopf im Grabe abgeftoßen, dieſen in jei- 
ner Stube an einer Schnur in Teufelgnamen aufgehängt, 
darin er Hefen, Bier und Blut von Verftorbenen, ebenfo 
Milh aus Brüften von Beftleichen vermifcht gegoffen und dann 
warm eingeheizt, jo viel nun Tropfen aus dem fchwigenden 
Hirnſchädel gefallen, jo viele Peſtleichen hat er felbigen Tag 
gehabt. Diefer Beftzauberer hatte auch zweierlei Bulver, ein 
gutes wider die Veit und ein anftedlendes, jo er aus einer Peſt— 
drüfe gemadt. Um ſolcher jchredlichen Webelthaten willen ift 
er verbrannt worden. 

Im Jahre 1623 regierte die Peſt zu Gottesgabe, davon 
der Ort halb ausſtarb und der Todtengräber kam in Ber- 
dacht, er habe die Seuche mit böjen Mitteln verurſacht. Hang 
Leonhard, ein verwegener Mühlfnecht, der eben aus dem 
Kriege gekommen, wagte ſich hinein in des Todtengräbers 
Häuglein und findet einen Todtenfopf über dem Ofen hän- 
gen, darüber er fich erboft und den Todtengräber famt fei- 
nem Weibe Frumm und lahm haut, holt Feuer und brennt 
das Spital gar weg, aus dem zwar die tödtlich gehauenen 
gefrochen, aber dennoch an ihren Wunden gejtorben find. 

Sm Jahre 1633 hatte eine gewiſſe Pittelin zu Abert- 
ham, einem früher duch feinen Käfe berühmten Dorfe, die 
Peſt durch Zaubermittel vermehren helfen, und wie fie in 
der Marter befannt, eine Bürfte neben einer Leiche in's 
Grab geworfen, weldhe dann auf ihren Rath wieder heraus- 
genommen ward, wo nicht, fagte fie, müſſe ganz Abertham 
ausfterben, da ſchon 263 Perſonen geftorben waren. E& hat 
fih mit der Bürfte auch alfo befunden und wurde dieſe Peſt— 
zauberin am 18. November in Joahimsthal an einem Pfahl 
mit dem Strange erwürgt, die Tochter von 13 Jahren ent- 


— 508 — 


hauptet, beide Körper verbrannt und der Sohn des Landes 
verwiejen.T) 


570) Der St. Annenbrunnen bei Niederzwönitz. 


Biehnert. Bd. III. ©. 213. Novell. beh. b. Dietrih a. a. DO. Vd. II. 
©. 236 sq. 


Meftlih vom Dorfe Niederzwönig auf einer mit Wald 
bewachſenen Wieje quellen mehrere Brunnen, deren einige 
mineraliihe Heilkraft befigen follen. Der vorzüglichfte unter 
ihnen heißt der St. Annenbrunnen. Wie er zu dem legtern 
Namen gekommen, erzählt folgende Sage. 

Aennchen, die 13jährige Tochter des Jägers zu Nieder- 
zwönig, war feit dem 5ten Jahre durch die Blattern erblin- 
det. Ihr Bater, der fie als jein einziges Kind über die 
Maßen zärtlich liebte, fragte allenthalben um Nath und 
jcheute feine Koften, um feinem Kinde von dem großen Uebel 
zu helfen; aber umſonſt, Niemand konnte ihr das Augenlicht 


7) Mifander, Deliciae Historicae. Dresden 1698. 8. ©. 261, erzählt 
Folgendes: Im Jahre 1615 den 20. October ift zu Weyda im Boigt- 
lande ein Mann, Namens Michael Schater, verbrannt worden, der bei 
dem großen Sterben dafelbft im Jahre 1611 fich als Todtenträger hatte 
brauchen laſſen. Der hat ausgefagt, daß in einem Haufe, welches er auch 
genannt, der Teufel in fihtbarer Geftalt zu ihm geflommen und zu ihm 
und feinem Kameraden, der Anader geheißen und von dem die Gerichte 
dajelbft gefagt haben, daß wenn man auch diefen hätte zur Haft bringen 
können, diefer Schaper gegen ihn ein Engel gewefen fei, ein Pulver ge= 
geben. Der Teufel habe in einem langen fchwarzen Kleide in der Hof- 
thüre geftanden und ftatt der Hände große lange Klauen und Kradeln 
gehabt, der eine Fuß wäre ein Pferde», der andere ein Kuhfuß gewejen, 
und babe ihnen befohlen, fie follten dies Pulver in die Häufer ftreuen in 
aller Teufel Namen, wer num darüber gehen werde, der müſſe ftrad3 die 
Beftilenz befommen und fterben. Dies hätten fie denn fleißig und vielfältig 
practicirt, beſonders gegen vie, auf welche fie einen Groll gehabt, und aljo 
viele Leute hingerichtet, wer ihnen aber Geld gegeben, oder wo fie fonft 
gewollt, da hätten fie ein Wafjer gehabt, welches fie freuzweife im Namen 
der Dreieinigfeit dahin gegofjen, und obgleich das Pulver geftreut worden, 
habe es doch nach dem Gießen keine Kraft mehr gehabt, fondern das 
Waffer habe Alles wieder gut und gefund machen können. 


— 509 — 


wieder geben. Dennoch haderte das Fromme Mägdlein nicht 
mit Gott, fondern betete alltäglich zu ihm und der h. Anna 
mit freudiger Zuverficht, daß ihrem Unglüd ein Ende kom— 
men werde. Da in der Naht des St. Annentages (26. 
Suli) erihien ihr im Traume die h. Anna in himmliſcher 
Herrlichkeit, ergriff fie bei der Hand und führte jie hinaus 
in den Streitwald, wo auf moorigem Wiefengrund ein Brünn- 
lein quoll und deutete auf das Wafjer und auf Aennchens 
Augen, jegnete fie und verjchwand. 

ALS am Morgen das blinde Mägdlein ihrem Vater er- 
zählte, was ihr geträumt hatte, da ward derjelbe voller Freu— 
den, denn er erkannte in dem Traume die Verheißung naher 
Hilfe. Sonder Säumen führte er fie hinaus in den Streit- 
wald zu dem Brunnen auf der moorigen Wieje, den er gar 
wohl fannte, in dem er aber nie folde Heilkraft geahnt 
hatte. Aennchen wuſch fi) die Augen mit dem Waſſer des 
Duelles und ward wieder jehend. Ihr Vater dankte Gott 
auf den Anieen und gelobte, an jenem Brunnen der h. Anna 
eine Kapelle zu bauen. Noch in demfelben Jahre erfüllte er 
das Gelübde. Diejes begab fi im Jahre 1498. Die Ka— 
pelle jcheint bald wieder verfallen zu fein, aber den St. An- 
nenbrunnen rühmt man noch heute als Heilquelle. 


* Die St. Blaſiuskirche zu Niederzwönitz. 
Ziehnert a. a. O. S. 215. 





Dieſe kleine, nahe bei der Stadt Zwönitz gelegene Kirche, 
in welcher nur noch bei Begräbniſſen und wenigen Feſttagen 
gepredigt wird, ſoll ein Hufſchmied aus Niederzwönitz zur 
Strafe viehiſcher Sodomiterei haben erbauen müſſen. Zum 
ſchmachvollen Gedächtniß des Gründers hängen (ob jetzt noch?) 
inwendig über der Thüre an einem Brete fünf vergoldete 
Hufeiſen, fünf, weil er ſein Verbrechen fünf Jahre ſoll be— 
trieben haben. 


— 50 — 


572) Der Reiter ohne Kopf auf dem Ziegenberge bei Zwöniß. 
Poetifch beh. v. Ziehnert Bo. I. ©. 139 sa. 





Auf dem Ziegenberge, einem faſt 300 Ellen hohen, kegel— 
fürmig auffteigenden Berge foll fih ein Reiter ohne Kopf 
jehen lafjen, von dem fich das Volk folgende Sage erzählt. 
Einft (im 17. Jahrhundert) ſoll ein Müller in Zmwönig eine 
jehr ſchöne Tochter gehabt haben, die mit dem Förfter von 
Grünhain heimlich verfprodhen war, der übrigens mit den 
übrigen Gliebern ihrer Familie fo gut wie gar nicht befannt 
war. Nun hatte aber der Müller auch einen Sohn, allein 
von dieſem hatte er fich losgeſagt, weil er ohne feine Er- 
laubniß die Tochter des Scharfrichter8 geehelicht und ſomit 
eigentlich nach damaligen Anfichten feine Familie beſchimpft 
hatte. Gleichwohl kamen die Geichwifter an diefem und jenem 
Orte mit einander zufammen, und al3 nun eines Tages die 
Ihöne Müllerstochter in die Schenfe, wo fie ihren Liebhaber 
zu treffen dachte, zum Tanz gegangen war, traf fie ihren 
Bruder mit feiner Frau und konnte es ihm natürlich nicht 
abihlagen, ein Tänzchen mit ihm zu machen. Während dem 
war aber der Förfter angelangt und gleich vom Roſſe aus 
wie er war auf den Tanzjaal geeilt, al3 er nun feine Braut 
in den Armen eines renden erblidt und fieht, wie fie 
freundlih mit ihm fcherzt, ergreift ihn raſende Eiferfucht. 
Er lodt fie,alfo unter Schweichelmorten auf den Ziegenberg, 
indem er vorgiebt, er habe bei dem fchnellen Nitte etwas im 
Walde verloren und fie folle ihm fuchen helfen. Das Mäd— 
chen geht auch nichts Böſes ahnend mit, als fie aber an eine 
recht wilde verwachjene Stelle des Berges kommen, wirft er 
ihr in jchnellen Worten ihre Untreue vor und erfticht fie, 
ohne nur ihre Vertheidigung anhören zu wollen. Leider hatte 
er nur zu fiher getroffen, die Unglücdliche gab in wenigen 
Minuten ihren Geift auf, indem fie nur noch fo viel Zeit 
hatte, ihrem Mörder zuzurufen, ihr vermeintlicher Verführer 
jei ihr Bruder gewejen, den er noch nicht gefannt habe. In 
wilder Verzweiflung warf er fich über die Sterbende, allein 


— 511 — 


er vermochte fie nicht wieder in's Leben zurüdzurufen. Er 
eilte alfo auf den Tanzjaal und fchrie ihren Bruder zu, er 
babe feine Schweiter gemordet, er wolle ſich jelbft dem Ge- 
richte übergeben. So geſchah es auch. Da er den Tod 
fuchte, -Dauerte die Unterfuhung nicht lange, jchon nach 3 
Monden fiel fein fchuldiges Haupt zu Grünhain auf dem 
Schafott, auf dem Flede aber, wo die blutige That gejchehen, 
ward ein weißer Roſenbuſch gepflanzt, deſſen Rojen des Nacht 
wie mit Blut beiprengt ausfehen und der feine Blätter trau- 
tig zur Erde zu ſenken fcheint, um Mitternacht aber fommt, 
wenn böje Zeiten bevorftehen, ein Reiter den Kopf unter 
dent Arme vom Grünhainer Hochgericht nah dem Roſenſtock 
geritten, verweilt furze Zeit und kehrt dann wieder dorthin 
zurüd. 


573) Die Teufelöwand bei Eybenftod. 
Biehnert Bd. III. ©. 219. 


Sn der Teufels- oder Steinwand, welche zwiſchen Eyben- 
ftod und Unterblauenthal am linken Ufer der Bodau unweit 
von ihrem Einflufje in die Mulde liegt, befindet ſich eine 
große Höhle, von der die Sage Folgendes erzählt. 

Zehn reiche Böfewichter hatten ſich vereinigt, alle gute 
und gangbare Münze an fi) zu bringen, fie in fremden 
Ländern mit jüdiſchem Gewinn gegen ſchlechte umzutaufchen, 
und dieſe in's Land zurüd und nah und nach unter die 
Leute zu bringen, was ihnen auch recht wohl gelang. In 
diefen Geſchäften fuhren fie einft auch mit einem Wagen 
vol Geld dem Böhmer Walde zu und gedachten vor Ein- 
brucd der Nacht eine Herberge zu erreihen. Da überrafchte 
fie aber ein mörbderifche8 Ungemitter, und fie fandten die 
Knechte aus, ein Obdach zu fuchen. Bald brachte einer von 
diefen die Nachricht, daß nicht fern von der Straße auf einer 
Anhöhe ein unbewohntes Schloß ftehe, darinnen fie das Ges 
witter abwarten könnten. Weil nun der Wagen nicht wohl 
mit dahin gebracht werden Fonnte, jo ließen Die Herren ihre 





— 512 — 


Knechte bei demſelben und gingen ſelbſt in's Schloß. Hier 
fanden ſie nur ein einziges Gemach, das ſie vor dem Regen 
nothdürftig ſchützte. In dieſem ſtand eine morſche Tafel, 
daran ſetzten ſie ſich und begannen von ihren böſen Plänen 
zu reden. Da plötzlich wurde das Gewitter heftiger, ein 
dreifacher Wetterſtrahl klirrte, die Burg ſtürzte zuſammen 
und aus ihren Trümmern ſtieg ein geſpaltener Felſen hervor. 
Die Knechte lagen betäubt unter dem Wagen; als ſie er— 
wachten, ſchien der Mond hell durch die gelichteten Wolken. 
Sie ſahen nach dem Wagen und erſchracken, denn das Geld 
darauf war verſchwunden. Es ſchlug Mitternacht. Mit dem 
letzten Schlage trat eine lichte Geſtalt unter ſie, welche ihnen 
zu folgen gebot. Zitternd gehorchten ſie und kamen an einen 
hohen Felſen, in deſſen Inneres eine ſteinerne Thür führte, 
welche, ſobald ſie die geiſtige Geſtalt berührte, mit lautem 
Krachen aufſprang. Sie traten in ein Gewölbe; dort ſaßen 
die zehn Herren todtenbleich und zählten feuriges Geld. Die 
Knechte zitterten, „gehet hin und ſagt, was Ihr geſehen!“ 
ſprach der Geiſt, „dieſe zehn Unholde, Eure Herren, müſſen 
ſo lange hier das glühende Geld zählen, bis ein Mann, 
welcher zehn Armen uneigennützig Wohlthaten erwies, mit 
dem wunderſeltenen Kraute Lunaria den Felſen berührt, dies 
Gewölbe öffnet und alles Geld mit ſich nimmt. Solches 
gebet männiglich kund zur Warnung!“ Der Geiſt verſchwand, 
und die Knechte lagen unter dem Wagen. Zu gewiſſen 
Zeiten ſoll in dem Felſen ein mächtiges Getöſe gehört werden 
und ſich ſeit einigen Jahren ſehr vermehren. 


574) Der Panzerreiter zu Stollberg. 
Biehnert Bd. III. ©. 18. 


In der Gegend des Städtchens Stollberg foll bei Nacht 
ein Reiter ohne Kopf in einen laugen ſchwarzen Mantel ge-. 
hüllt auf einem jchwarzen Rofje herumreiten. Bor ihm ber 
flattert eine grau und ſchwarz gefledte Krähe, welche ich 





— 513 — 


auch bisweilen auf einer großen Linde in der Oberftadt fehen 
läßt und duch ihr mitternächtliches Krächzen Jedem, der es 
Hört, den Tod binnen 3 Tagen verfündigen fol. 


575) Der Kärrner zu Stollberg. 


Novell. beh. v. C. Winter in d. Conftit. Zeit. 1854, Nr. 101. sq. Poet. 
b. Ziehnert. Bo. III S. 1 sg. 





In der legten Zeit vor dem 30jährigen Kriege Tebte zu 
Stollberg eine Wittwe mit ihrer Tochter in einem Heinen 
Häuschen am Ende des Stäbtchens, welches ihr ihr Mann 
als einziges Erbe hinterlaffen hatte. Dem Haufe gegenüber 
wohnte ein junger Mann, der feinen Unterhalt damit fand, 
auf den Dörfern mit verjchiedenen Waaren herumzuziehen, 
die er auf einem feinen Wagen, welchen fein Hund 309, 
mit fih führte. Nun war derjelbe ſchon längſt der fchönen 
Tochter der Wittwe heimlich gut geweſen und auch diefe 
Hatte ihn ftetS gern gejehen; da traf es fich, daß gerade am 
Heiligen Chriftabend er ihr fein Herz aufichloß und fie fragte, 
ob fie fein Weib werden wolle. Natürlich ließ fi) das Mäd— 
hen nicht lange bitten. Beide theilten der alten Mutter die 
frohe Neuigfeit mit und feierten jo recht von Herzensluft den 
heiligen Abend. Allein plöglich jprang der Kärrner auf und 
erklärte, er könne nicht länger bleiben, er müſſe noch in das 
benachbarte, 19 Stunde von dem Städtchen gelegene, Witten- 
dorf (das fpäter durch den Krieg zur wüſten Marf ward), 
um dorthin beftellte Waaren zu fchaffen. Zwar bat ihn feine 
Braut, nur diefen Abend zu bleiben, es fei ihr jo ängftlich 
zu Muthe, allein der Kärrner lachte fie aus und meinte, e3 
jei ja Mondenfchein, er habe den Weg ſchon fo viele Male 
bei jchlechterem Wetter und im Finftern gemacht, er werde 
ihn aljo auch heute nicht verfehlen. Kurz, er ließ fich nicht 
halten, fein Mädchen aber feste fi) traurig an den Spinn— 
toden und verfuchte fich die Zeit mit Spinnen zu vertreiben. 
Aber in ihrer Herzensangft kamen ihr häßliche Bilder vor, 
die Spindel und das Garn fchienen ihr blutig A fein, und 

Gräfe, Sädf. Sagen. I. 


— 514 — 


es war ihr, als fpinne fie ihr Leichenhemd. Sie nahm aljo 
das Geſangbuch und die Bibel zur Hand, allein Alles half 
nichts, es wollte feine Ruhe in ihr Ängftlich ſchlagendes Herz 
einziehen. Endlich hörte fie die Glode zur Frühmette lauten, 
fie eilte heraus, um zu jehen, ob ihr Bräutigam zurüdgefehrt 
fet, allein weder jegt noch nad) dem Schlufje der Mette ließ 
er fich fehen. Endli hatte fie feine Ruhe mehr, fie bat 
einen ihr freundlich gefinnten Nachbar, fie nad) dem erwähn- 
ten Dorfe zu begleiten, um dort zu hören, ob ihrem Gelieb- 
ten etwas zugeftoßen ſei. ALS fie aber dort ankamen, hörten 
fie, derjelbe jei zwar dageweſen, aber ſchon jeit Mitternacht 
wieder fortgefahren und konnte alſo nicht mehr zweifeln, daß 
ihm ein Unglüd begegnet ſei. Anf dem Rückwege verfolgten 
fie nun die Spur, welde der Kärrner mit feinem Wagen 
binterlaffen hatte, und diefelbe führte fie auch deutlich nach 
einer moraftigen, aber grundlofen Stelle eines den Stoll- 
bergern unter dem Namen des Walkteiches bekannten Wei- 
hers, wo ſie auf einmal aufhörte. Jetzt Eonnte die Arme 
nicht mehr an dem Schidjale ihres Bräutigams zweifeln, fie 
fehrte verzweifelnd in das Städthen zurüd und jprad im 
halben Wahnfinn zu ihrer alten Mutter, in drei Monaten 
werde fie ihr Anton zur Trauung abholen, bis dahin müſſe 
fie fi ihr Hochzeitsfleid jpinnen. So jpann fie denn emfig 
bis zum Djfterfefte und als die Mitternacht des Vorabends 
bejjelben gekommen war, da bünfte es ihr, es poche Jemand 
dreimal an's Fenfter. Sie öffnete es und es ſchien ihr ihr 
Bräutigam draußen zu ftehen, zwar mit todtenbleichem, aber 
bimmlifch freundlichem Gefichte; er lud einen Myrthenkranz 
und Cypreſſenranken von feinem Wagen ab und verſchwand. 
Kaum hatte fie das Geficht ihrer befümmerten Mutter er- 
zählt, als fie auch jchwer erkrankte, und es waren nicht 24 
Stunden verronnen, da war das Mädchen entjchlafen. Seit 
dDiefer Zeit fagte man aber, daß fich der Geift des Kärrners 
mit feinem Wagen und Hunde in den Gafjen von Stollberg 
allnächtlich ſehen laſſe, und wo er vor einem Haufe anhält 
und Kränze abladet, da wird eins aus demjelben drei Tage 


— il — 


nachher begraben, und wenn Jemand in der Stadt auf ben 
Tod liegt, da jagt man: „dort hat der Kärrner abgeladen,“ 
das Sumpfloh aber, worin er fein Grab fand, heißt noch 
heute das Kärrnerlod). 


576) Der thörigte See bei Sagung. 
Lehmann ©. 205 sq. Novell. beh. v. C. Winter in d. Conftit. Zeit. 1854 
Nr. 200 sq. Poetifch b. Ziehnert Bo. I. ©. 235 sq. 





Dberhalb Satung im erzgebirgiihen Amte Wolkenftein 
liegt in einer öden moraftigen Gegend eine Heine, nur 150 
Ellen im Umkreis haltende Lache oder See, den man den 
thörigten nennt. Niemand geht gern in feine Nähe, denn 
feine Umgebung ift eine der traurigften, die man fich denken 
fann, fein Waffer ift Schwarz und fehlammig, verbreitet einen 
häßlichen Geruh, nur einige Fränflihe Kiefern wachſen an 
feinem Ufer und felbft das Moos, welches den Boden bdefjel- 
ben bededt, erwedt einen traurigen Anblid. Einft hatte Veit 
Bogel von Sagung um jelbige Gegend Vogel geitellt, da hat 
er von 9 bis 12 Uhr Mittags einen großen QTumult und 
Alarm von Jauchzen, Schreien, Geigen und Pfeifen gehört, 
daß es nicht anders gejchienen, als werde eine Bauernhoch- 
zeit oder luſtiges Banquet in dem See gehalten, dergleichen 
Freudengetön auch Andere zu anderer Zeit gehört haben. 
Einft hat ein Mann von Sebaftiansberg, Georg Kaftmann 
genannt, um dieſe Gegend Feuerholz gemadt. Zu dieſem 
ift ein ſchöner Reiter auf einem großen Pferde geritten ge— 
fommen, mit einer langen Spießruthe in der Hand, der den 
Holzhader gegrüßt und gefragt hat, ob er den thörigten See 
wijje? Da der Holzhader ja geantwortet, hat ihm der Reiter 
ein Trinkgeld verfproden, wenn er. mit ihm gehe nnd ihm 
den Ort zeige. Da fie nun Beide bingefommen, ift der Reiter 
von Pferde gefprungen und hat gejagt: „ich bin ein Wafjer- 
mann, . mir ift mein Meib von einem andern Waflermanne 
entführt worden, ich habe. fie in der weiten Welt in vielen 

33* 


— 516 — 


Mäffern und Seeen gejucht und doch nicht gefunden und fol 
fie nun in einem fo garftigen und milden Orte finden? 
Halte mir mein Pferd feit, daß es mir nicht nachipringt, ich 
will hinein und mir mein Weib herausholen.‘ Darauf hat 
er mit feiner langen Ruthe in's Waſſer geſchlagen, daß es 
fich zertheilte, und ift hineingegangen. Sobald er aber darin 
geweſen, bat fih ein fo jämmerliches Gefchrei und Weh— 
Hagen erhoben, daß der Holzhader nicht wußte, wo er vor 
Angft bleiben follte, weil fonderlich das Pferd fehr wild und 
ungebändig war und immer in's Wafler fpringen wollte. 
Mittlerweile tft aber über diefem Tumult das Waffer ganz 
roth worden, und da hat der Reiter fein Weib hervorgebracht 
und gejagt, er habe fi nunmehr an feinem Feinde gerochen 
und den Räuber, der ihm fein Weib entführt, erwürgt. Dann 
hat er fi) fammt feinem Weibe auf fein Pferd gefehwungen 
und ift davon geritten, zuvor aber hat er dem Holzhauer ein 
Beutelhen, darin ein Kreuger geweſen, zum Trinfgeld ver- 
ehrt mit dem Berfprechen, jo oft er in dieſen Beutel greifen 
werde, folle er, ſoviel als jegt darin ei, finden. Der Aus— 
gang hat es auch beftätigt, daß alfo diefer arme Mann viel 
Geld zufammengebradht, weil er das Hineinfühlen oft ver- 
ſucht. Da er nun aber den Beutel zu frei und zu ficher ge— 
braucht, ift er ihm endlich entwendet worden, Doch hat der 
Räuber feinen Genuß davon gehabt. | 


577) Sagen vom Waflermann im Erzgebirge. 
Lehmann a. a. D. ©. 207 sq. 





Zuweilen hört man aus dem Schwarz- und andern 
Waſſern ein greuliches Geheul, wenn ein Unglüd, Feuer- 
oder Waſſerſchaden bevorfteht. Im Jahre 1630, den Tag 
zuvor ehe Annaberg abbrannte, hat es im Elterleiner großen 
Teiche am Geyerfchen Wege entjeglich geheult, daß des Zeug- 
ſchmids unge, der mehr Wafjer aufichlagen follte, mit 
Schreden bavongelaufen. Im Jahre 1645, den 10. Juli 


— 517 — 


am andern Pfingfttage, heulte es früh in einem Teiche zu Elterlein 
jämmerlich, daß eine Jungfer, die gerade über den Teich- 
damm ging, aus Furcht eilend ausriß, darauf ift ein Schul- 
fnabe, M. Rudel's, des alten Richters Sohn, im Teiche 
ertrunfen. Im Jahre 1632 ließ Theophilus Grofchupf, 
Stadtfchreiber zu Scheibenberg, an den Erbigleiten einen 
Raum ausroden und zu Feld machen; da nun einer feiner 
Arbeiter um Mittag hinunter an einen Brunnen geht, um 
Trinkwaffer zu holen, findet er einen überaus häßlichen 
Mann dabei liegen, der ihm nicht allein auf feinen Gruß 
nicht dankt, fondern auch im Rückwege auf ihn fällt und ihn 
braun und blau drüdt, daß er 8 Wochen darüber Trank lag. 
Im Jahre 1613 wollten Bürger zu Gottesgabe einen alten 
Teich, der lange als ein Sumpf wüfte gelegen, ausräumen. 
ALS nun zwei Bergleute den Sumpf abführen und zu Grunde 
arbeiten wollen, fährt ein MWafferteufel im Sumpfe auf, 
wüthet und tobt und treibt die Bergleute mit Waſſer und 
Koth ab, daß fie ausreißen müſſen. Zum Scheibenberg, eine 
ftarfe BViertelftunde unter dem Elterleiner Wege, läuft ber 
tiefe Stolln aus in einen Teich; da hat es oft die Leute bei 
Tag und Nacht erfchredt und den Weg bald in eines großen 
ungeheuren Mannes, bald in eines Wolfs Geftalt vertreten 
oder jonft mit Tumult und Gerafjel ganze Reitertrupps be- 
thört, denn der Weg geht duch Wafler und Teiche. Im 
Sahre 1644, im Juli, waren die Oberfcheibener bei ihren 
Teihen im Heumaden, da fommt am Sonnabend vor dem 
10. Trin. ein mächtiger Sturmwind mit Saufen und Pfeifen, 
fährt in die Teiche und wirft das Wafjer hoch in bie Höhe, 
als wenn fich zwei Pferde im Waſſer mit einander fchlügen, 
darüber erſchrecken die Leute, laufen an die Heufchober, die 
_ böfen Geifter aber fahren aus den Teichen in die Heufchober, 
ſpielen damit in der Luft, fahren unter die Aeder hinaus und 
nehmen bie MWipfel oben von den Bäumen mit, wo fie an— 
getroffen, bis gegen Crottendorf zu. 


— 618 — 


578) Die Irrlichter im Grundtümpel zu Wildenau. 
Lehmann a. a. O. S. 207 sq. Poetiſch beh. v. Ziehnert Bd. II. S. 57 sq. 





Zu Wildenau (oder Willenau), einem Dorfe im Amte 
Grünhain, öſtlich von Schwarzenberg am rechten Ufer der 
Pöhl, die am untern Ende des Dorfes in's Schwarzwaſſer 
fällt, befindet ſich im Pöhler Waſſer ein unheimlicher Ort, 
der Grundtümpel, wo ſich das Waſſer in dem Raum einer 
Stube immer herumdreht und ſich öfters darin allerlei Spuk 
niffe jehen laffen, ald Weiber, Männer, Pferde ꝛc. Man hat 
auch um felbige Gegend bis nad Schwarzenberg und Sachſen— 
feld viele Irrwiſche und feurige Drachen ziehen und fpielen 
fehen. Wenn die Leute aus Raſchau nah Wildenau gingen 
oder von Schwarzenberg herüberfamen, hat fie es oft bie 
ganze Nacht irre und ganz nahe an bejagten Tümpel geführt, 
daß, wenn der Tag anbrah, fie am Wafler jagen. Theils 
hat e3 ihnen begegnet, wie ein Fijcher mit Kamen und fie 
getäufcht bis in die Dorfhäufer, daß fie zu 10 bis 12 Wochen 
frank gelegen. 

Im Jahre 1614 wollte A. Illing's Vater am Wilde- 
nauer Berge mit feinem Pferde arbeiten, da kam ein fremdes 
weißes Pferd mit allem Geſchirr gelaufen und fpannte ſich 
felbft an, und nachdem es eine Weile hurtig herumgegangen, 
ahnte der Adersmann nichts Gutes, wollte ausjpannen und 
Mittag machen. Damit reißt das wilde Pferd mit den Har- 
fen und dem andern Pferde auf den Tümpel zu aus, der 
Adersmann hängt fih an fein Pferd, fchreit und giebt gute 
und böfe Worte, bis das Geſpenſt fich verloren und er mit 
feinem Pferde in großer Beftürzung gelaffen worden. 

Einft wohnte ein alter Fifcher am Ufer der Pöhl, der 
hatte eine wunderſchöne Tochter. Wie es aber fo zu gehen 
pflegt, bald war ihr Herz nicht mehr frei und, fo hatte fie 
fih denn aus der großen Anzahl ihrer Anbeter einen ber 
hübfcheften jungen Burfchen ausgeſucht. Nun war fie aber 
heitern und muntern Sinnes und daher famen oft aus dem 
benachbarten Dorfe die jungen Mädchen und Burſche bei 


— 51) — 


ihrem Bater zufammen und vertrieben ſich die Zeit mit hei- 
teren Scherzen und Spielen. Da begab es ji einft am 
Andreasabend, daß das junge Volk auch wieder beifammen 
war und im Scherz darauf Fam, die Zukunft zu befragen. 
Man jchaffte Blei herbei und ein Jedes verfuchte fein Glüd 
mit Gießen. Al3 nun die Reihe auch an die jchöne Filchers- 
tochter fam, da fprigte auf einmal beim Guß helles Feuer 
aus dem Waffer, das Blei zerfuhr und nahm fih auf dem 
Waſſer wie BlutStropfen aus. Das Mädchen fchrie laut auf 
und Alles jchwieg beftürzt ob des traurigen Anzeichens. 
Endlich ſchlug ihr Bräutigam vor, das Schickſal noch einmal 
zu befragen, nämlich nah dem Pöhlwaſſer zu gehen und 
dort Reiſer zu ſuchen. Zwar wollte das Mädchen nicht mit 
fort, allein durch Zureden ließ fie fich endlich bewegen, mit- 
zugehen, alle ihre Begleiter brachen fich ihre Zweige, als 
aber das ſchöne Trudchen nad einem derjelben langen wollte, 
glitt fie aus und ein Nir zog fie hinab in die Fluthen, der 
am ganzen Leibe blau ausjah, auf dem Haupte aber ein 
Krönlein trug. Man fann fich die Verzweiflung des Bräu- 
tigams, der ihr nachſpringen wollte, und des nun kinderloſen 
greifen Vaters vorftellen. Dieſen entrüdte der Tod bald 
feinen irdiſchen Leiden, jener aber irrte jede Nacht am Ufer 
der Pöhl in halbem Wahnfinn herum und behauptete, er 
jehe feine Braut in blauer Nirentradht aus der Fluth auf- 
tauchen, fie breite Die Arme nah ihm aus und rufe ihm zu 
„in einem Jahre werde fie wieder mit ihm vereinigt fein“, 
dann werfe fie ihm feurige Küfje zu, die wie die Sternlein 
am Himmel glänzten, allein er vermöge fie nicht zu erhafchen. 
So verging ein Jahr, der fonft jo blühende Jüngling war zum 
Schatten zuſammengeſchwunden, und als wiederum die Andreas- 
nacht fam, da war er an feinem gewöhnlichen Orte. Allein 
diejes Mal jah er feine Braut nicht mehr aus den Fluthen 
winken, al3 Leiche lag fie im Sande, und als der andere 
Morgen Fam, da fand man ihn neben ihr todt liegen und 
begrub Beide in einem Grabe. Seit jenem Tage fieht man 
dort unzählige Srrlichter auf- und abfliegen, die Manchen 


— 0 — 


ſchon verführt haben, wo aber der Nir das Mädchen hinch- 
309, da ift das Waſſer grundlos geworden, ohne Unteclaß 
wirbeln die Wellen dort im Kreife, und wehe dem Shwim— 
mer, Kahn oder Floß, die fih dahin verirren, ber Strudel 
zieht fie ohne Erbarmen in den Grundtümpel hinab. 


579) Der Bock von Bodan. 
Poetifch beh. v. Ziehnert Br. II, ©. 217 sa. 





Der im Kreisamte Schwarzenberg gelegene Fleden Bodaır 
ernährt fi heute noch zum Theil durch den Anbau von 
Arzneifräutern und die Kräuterleute aus dieſem Drte find 
noch heute theil auf Jahrmärkten, theils ſonſt häufig im 
deutihen Vaterlande anzutreffen. Die Sage erzählt, einft, 
als an jener Stelle des Erzgebirges, wo jet Bodau liegt, 
noch Alles wüfte geweſen, habe fih ein Bod, das einzige 
Eigenthum eines armen Gärtnerfohns, dorthin verirrt, fein 
Herr, der ihn gefucht, habe ihn endlich mitten unter den 
foftbarften Arzneikräutern wohlbehalten wiedergefunden, habe 
fih aber den Pla genau gemerkt, und fei dann durch Sam- 
meln und Berfaufen jener Kräuter ſehr bald wohlhabend 
geworden, nad und nad hätten fich immer Mehrere bort 
niedergelaffen, um denfelben Ermwerbszmweig zu treiben, und 
endlih ihren neuen Wohnort zur Erinnerung an den Ur— 
fprung deſſelben Bodau genannt. 


580) Die Räuberhöhle am Schafteiche zu Glauchau. 
Poetifch bed. v. Ziehnert Bd. II. ©. 225 sa. 


In der Nähe von Glauchau befindet fich der fogenannte 
Schafteich, der faft eine halbe Stunde im Umfang hat und 
beinahe den ganzen ebenen Raum zwiſchen dem Schneeberge, 
der Mulde und der Lungmwiß einnimmt. Nahe bei dieſem 
Teiche befindet fih eine Art Stolln, der weit hinein in die 
Erde reicht, und den man gewöhnlich die Räuberhöhle nennt. 





— 5821 — 


In derſelben ſoll es aber nicht geheuer ſein. So erzählt 
man, daß einſt ein armer Hirtenknabe an jener Höhle faſt 
täglich geſpielt und oft von brennender Neugierde gequält 
worden ſei, einmal hinein zu kriechen, um zu wiſſen, was denn 
eigentlich darin ſei. Nun getraute er ſich aber, ſo beherzt 
er ſonſt auch immer war, doch nicht ſo recht hinein, weil er 
den Rückweg zu verfehlen dachte. Da ſah er einmal eine 
ſchwarze, goldgeſprenkelte Henne in den Eingang kriechen und 
gackern, gerade als wenn ſie legen wolle. In der Hoffnung, 
ihr Neſt zu finden, folgte er ihr einige Schritte, allein bald 
ward es ihm zu unheimlich und zu finſter und ſo kehrte er 
wieder um. Da er nun aber die Henne auch die nächſten 
Tage immer wieder an demſelben Orte fand, ſo dachte er 
darüber nach, wie ihm wohl die Henne den Weg in das 
Innere der Höhle zeigen könne. Er nahm alſo einen ſtarken 
Knäuel Garn und band der Henne einen Faden deſſelben 
an das Bein, und dieſe zog ihn nun ganz langſam, gerade 
als ob ſie ſeine Abſicht merke, hinter ſich in die Höhle. 
Schon war aber das Garn faſt ganz abgeweift, da ſah er auf 
einmal vor ſich ein brennendes Licht. Allein wie ward ihm, 
als er bemerkte, daß daſſelbe aus den Augen eines jchwar- 
zen zottigen großen Hundes mit furchtbarem Nahen und 
Iharfen Klauen ausftrömel Neben demjelben ftand aber ein 
Männchen in einem grauen Mäntelchen, das hatte einen gro- 
Ben Sad Geld in der Hand und rief ihm zu, er möge nur 
näher fommen. Allein der Knabe wagte es nicht, und nur 
erft, al das Männchen ihm nochmals zurief, er könne es 
ohne Gefahr thun, wagte er es. Hierauf reichte ihm der 
Graumantel eine Hand voll Thaler und fagte, er könne 
hierher jo oft kommen, als er wolle, er folle jedesmal eine 
gleihe Summe befommen, nur dürfe er Niemanden jagen, 
wo er das Geld her habe, fonft fei er verloren. Der Knabe 
fand nun den Rückweg ſehr leicht, allein da er Niemanden, 
auch feinen Eltern nicht, fein Glück mittheilen konnte, fo blieb 
ihm nichts übrig, als das Geld zu vernaſchen. Dies that er 
auch nach und nah, und als dafjelbe verthan war, begab 


— 522 — 


er ſich wieder in die Höhle und holte ſich eine zweite Auf— 
lage des vorigen Geſchenks. Weil nun aber der Knabe gar 
zu oft bei dem Kaufmann Näſchereien kaufte und ſtets in 
blanken Thalern bezahlte, ſchöpfte derſelbe Verdacht, das 
Geld ſei geſtohlen, und theilte ſeine Wahrnehmung dem Va— 
ter des Knaben mit. Da dieſer nun recht gut wußte, daß 
ſein Sohn nicht Pfennige, geſchweige denn Thaler haben 
könne, ſo ſuchte er erſt durch Drohungen herauszubringen, 
wo das Geld her ſei, und als der Knabe es nicht geſtehen 
wollte, prügelte er ihn ſo lange auf's Unbarmherzigſte, bis 
derſelbe Alles geſtand, aber auch hinzuſetzte, daß ihm gewiß 
fein Brod gebacken ſei, weil er das graue Männchen ver- 
rathen habe. Und fo geihah es auch, denn al3 der Hirt 
am andern Morgen feinen Sohn, der ihm zu lange zu jchla- 
fen ſchien, aufwecken wollte, war er todt, der Böfe hatte ihm 
den Hals umgedreht. 


581) Der Getreidefchneider im Erzgebirge. 


©. Spieß, Aberglauben, Sitten und Gebräude im Sädf. Obererzgebirge. 
Dresden 1862. 4. ©. 14. fg. 





Am Hohannistage in der fechiten Stunde fommt der 
fogenannte Getreidefchneidert) auf die Felder und ſchneidet 
über die Ede eines Stücdes Getreide dur und hat dann, 
wenn der Bauer drifcht, ven halben Nuten davon. Um die— 
fem vorzubeugen, nimmt der Bauer Liebftödelöl (Del aus 
levisticum officinale) und macht, nachdem er den Finger in 


+) Im Baierifhen Voigtlande heißt er der Billmetfchneider, der im 
Folge de3 Bundes mit dem Böfen die Frucht des Feldes, welches er um— 
[chreitet, in feine Scheuer zaubert (S. Morgenblatt 1860. Nr. 31, Pan— 
zer, Beitr. z. deutſchen Myth. Bd. II. ©. 535). In Thüringen und 
Franfen ‚wird er der Binfenjhnitter genannt, er maͤcht fußbreite Wege 
dur die Getreidefelder, indem er Heine Sicheln an den Füßen bat, und 
die Leute, bei denen er gefchnitten hat, fommen nie zu Borrath (S. 
Wuttle, der deutiche Voll3aberglaube d. Gegenwart $ 394 ©. 250, Sim- 
tod, deutſche Myth. II. A. Berlin 1869. ©. 421 fgg. Rochholz, Natur- 
mythen. Lpzg. 1862. ©. 30—32. 234. 29. 132. 


— 123 — 


das Del getaucht, ebenfall8 in der fechiten Abendſtunde des 
Sohannistages drei Kreuze an jede Ede des Feldes auf die 
Erde. Iſt aber der Getreidejchneider bereit3 dageweſen, fo 
hängt der Bauer, bevor er das Getreide einfährt, ein Büfchel 
Reißigſpitzen (friſchgrünende Tannenzweige) über dem Scheuer- 
thor auf, driſcht fobald als möglich und macht dabei mit dem 
Reipigbüfchel den Anfang. Dann ift der Bann gelöft und 
der Getreidefchneider zieht feinen Nutzen. 


582) Der Kafpar auf dem Greifenftein. 
S. Spieß a. a. O. ©. 39. 


Auf dem Greifenftein bei Geyer läßt fih ber Kaſpar 
jehen. Er erjcheint in weißer Hofe, rothem Frädel, großen 
Kanonenftiefeln und Bonapartehut. Als eines jchönen Tages, 
Nachmittag 4 Uhr, die Arbeiter eines Steinbruches, welcher 
dem Greifenftein fehr nahe liegt, ihr Brod verzehrten, ruft 
aus Unmuth einer derjelben gegen die Höhe des Feljens: 
„Komm’, Kafpar, if mit!” In demfelben Augenblid kommt 
ein großer Stein vom Feljen herab und fällt gerade neben 
dem Arbeiter hin. 





583) Der Schlettenberg bei Marienberg. 
S. Spieß ©. 40. 


Der Schladen- oder Schlettenberg bei Marienberg ift 
auch ein gefeiter Berg. Abends laffen fih auf ihm immer 
ein Baar Lichthen fjehen. Nun wächſt aber an einem ge- 
wiſſen Tage, wohl am Sohannistage, auf ihm eine jchöne 
bunte Blume. Wer die findet, abpflüdt und mit fich fort- 
nimmt, vor dem thut fich der Berg auf. Er fommt in einen 
großen Saal, darin fteht eine goldene Braupfanne und in 
dieſer liegt ein goldenes Jüngelchen. Beide werden von einem 
großen Hund bewadt. Dem muß man die Blume hinzeigen 
und da fann man dann die Pfanne mit dem Kindlein. neh— 





— MM — 


men. Nun muß man aber fchnell damit ausreißen, ift man 
einmal über den Hammergraben, da fann einem der Hund 
nichts mehr anhaben, ift man aber noch nicht hinüber, ehe 
der Hund einen eingeholt hat, da muß man Pfanne und 
ungen wieder hergeben und der Hund trägt Beides wieder 
in den Berg hinein, der fich wieder jchließt. 


584) Dad verfehwundene Bergwerk im Theeſenwalde. 
©. (v. Trebra) Erklärung der Bergwerkd-Charte von dem wichtigfter 
Theil der Gebürge im Bergamtsrefier Marienberg. Annaberg (1770) 8. 

©. 69 fgg. 





Im Jahre 1728 hatten fogenannte Ruthengänger 
Riffe zu Erzgängen in dem Theefenwälder Gebirge, das 
zwiſchen Zöblig und Dlbernhau liegt, angegeben und man 
hatte einige Hundert Gulden aufgewendet, diefe Züge zu noch 
mehrerer Gemwißheit erfhürfen zu laffen, man fing Röfchen 
(d. i. duch die Gebirge gebrochene Wafferläufte) an, man 
trieb einen Stolln nad) den erfchürften Gängen und fuchte fo- 
gar Gewerken, melde dieſe Arbeit fortfegen follten, allein 
noch fand ſich Niemand, der blos auf diefe Anzeichen der 
Ruthe Hin ſich damit einlaffen wollte. Nun war aber ein 
Hufſchmied zu Neudörfel, zwiſchen Anfprung und DOlbernhau, 
dem man ſchon längft Schuld gegeben hatte, Daß er gegofjene 
Arbeit von einem Metalle verfertige, weldhes dem Silber 
gleihfomme. Er leugnete dies aber und wollte niemals zu— 
geftehen, daß er das Metall kenne, welches in feiner Fabrik 
verfertigt werde. Da führte der Zufall im Jahre 1735 .den 
Richter von Anfprung gerade zu der Zeit in das Haus bes 
Hufihmieds, wo er mit Schmelzen befchäftigt war. Er wurde 
gefragt, was er fchmelze, und geftand, daß er Stüden von 
dem im Theefenwalde am Wege ftehenden Felſen abgeſchla— 
gen und in ben Tiegel geworfen habe, um zu jehen, was 
daraus werden würde. Dies wollte aber der Richter gerade 
wifjen. Der Künftler mußte fih alfo entſchließen mitzugehen, 
um den Felfen zu zeigen. Augenblicklich wurde von diejem 


— 525 — 


Munderftein etwas abgeſchlagen, vor die Schmiedeefje in das 
Feuer gebracht und zu einem Product gefchmelzt, das wie 
Speife (Gemenge von Metallen und Halbmetallen) ausjah. 
Sm der Probe, die auf der Saigerhütte gemacht wurde, hielt 
diefes Product 128 Loth Silber und 60 Pfd. Gaarfupfer. 
Ein Pfund von dem abgejhlagenen Felfen hatte dergleichen 
Speife ein Loth gegeben. Tages darauf muthete der Richter 
unverzüglich und zwar gleich geviert Feld: in wenig Tagen 
wurde auf 20 Muthungen bein Bergamt eingelegt, in vier 
Wochen ftieg die Zahl auf achtzig und auf fechzig Lehnträ- 
ger fuchten ihr Glück und fait alle auf geviert Feld. Wenn 
man die Ruthe nah Kupfer und Silber fchlagen ließ, war 
fie merfwürdiger Weife faft gar nicht in die Höhe zu brin- 
gen, man mochte auf dem Gebirge damit hingehen, wohin 
man wollte: was war alfo ficherer, al3 daß das ganze Ge- 
birge Silber und Kupfer fein mußte? Alles lief nun nad 
dem Theefenwalde und es wimmelte von Leuten, die Erze 
in Haufen zufammenbradten. Da machte man Proben im 
Kleinen, einige gaben gar feinen Gehalt, andere nur wenige 
Spuren von Kupfer. Man jah aljo ein, daß nicht das ganze 
Gebirge Erz war, fondern nur gewiſſe graue und braune Neſter 
in demfelben fich befanden, die freilich nicht ganz ohne Sil- 
bergehalt waren. Die ſchon halbbetrogenen Eigenlöhner und 
Gewerken verlangten nun ein Probefchmelzen im Großen und 
e3 fand fih ein Schmelzer aus Bayerfeld, in deſſen Geſchick— 
Tichkeit die Gemwerfe ihre letzte Hoffnung fegten. Die von 
Freiberg abgeſchickten Hüttenleute mußten zurüdtreten und 
dem Fremden Alles nach feinem Kopfe einrichten laſſen. Aber 
die erſte Probe ging ſchlecht, die geftrengen Bergarten 
fonnten nicht zum Fluß gebracht werden, und burch andere 
Einrichtung des Ofens und Gebläfes und Zufegung ande- 
rer Kieſe von Katharina Fundgrube zu Rafchau und von 
Geyer brachten die Freiberger Hüttenleute das Gemenge 
zwar in Fluß, doch fiel nicht mehr Rohſtein davon und die— 
fer auch nicht reicher, als gefchehen fein würde, wenn auch 
ohne Zufag von den Theefenwälder Gebirgsarten die Ca— 


— 6— 


tharinaer und Geyeriſchen Kieſe für ſich allein geſchmelzt 
worden wären. Dabei war auf einige Zeit das Geſchrei 
vom Theeſenwalde zu Ende, bis im Jahre 1752 ſich noch 
ein Maler aus Bilin in Böhmen fand, der mit verdoppelter 
Geſchicklichkeit im Schmelzen dieſe Theeſenwälder Gebirgs— 
arten dennoch mit Vortheil zu Gute machen wollte. Er ver— 
langte die Erlaubniß zum Anlegen eines Ofens, man erlaubte 
es ihm auch, aber Alles ohne Erfolg. 

So blieb es unentſchieden, ob der Hufſchmied durch ſein 
Geſtändniß nur aus boshafter Abſicht die ganze Umgegend 
geäfft hatte, was kaum glaublich war, oder ob er, um das 
Geheimniß feiner Nahrung zu bewahren, dieſes Erzgefchrei 
veranlaßt Hatte, oder endlich, ob die geheimnißvolle Macht 
der Berggeifter edles Geftein in unebles verwandelt hatte, 
weil ihr Schüßling fein Geheimniß ausgeplaudert hatte. Dieß 
war das Wahrjheinlichite, denn hatte man ja zuerft reiches 
Silber in dem Gefteine entdedt. 


585) Die Wehklage bei Bodwa. 
Mündlich. 


Hinter Bockwa, ſeitwärts von Hohendorf nach Reinsdorf 
zu, gab es vor einigen 30 Jahren noch einige verfallene 
Kohlenſchächte; in einen derſelben fol einmal ein Offizier 
beim Spazierengehen hineingeftürzt und erft nach langer Zeit 
wieder fein Leichnam gefunden worden fein. Wenn man in 
die Nähe diefes Drtes Fam, jo hörte man fortwährend Win- 
jeln aus jenen Schädten, ohne heraus zu befommen, wo 
dafjelbe herkam. 


586) Der Urfprung der Namen Schellenberg, Lichtenwalde 
und Neuenforge, 


S. Harnifh, Die Schlöffer Auguſtusburg und Lichtenwalde u. Schelfenberg. 
1863. ©. 7. 











Auf dem Schellenberg ftand fonft. ein ſchon 790 von 
Karl d. Gr. erbautes Schloß, welches aber einem Raubritter 


— 5217 — 


gehörte und mit den Schlöffern Lichtenwalde und Neuejorge 
unterirdiich in Verbindung ftand. Die Bewohner feßten eiit- 
ander in Kenntniß, wenn auf der Landftraße Neijende zu 
erbliden waren. Einſt überfiel der Ritter von Schellenberg 
am Spylvefterabend des Jahres 1213 von Freiberg nad 
Ebersdorf pilgernde Wahlfahrer; allein er unterlag den jie 
vertheidigenden Klofterfnechten, der größte Theil feiner Leute 
ward erfchlagen, der andere in die Flöhe getrieben. Die 
Stelle, wo dies geſchah, heißt noch der Höllengrund. Auf 
jene Raubritter bezüglich ift der Name „Schellenberg“ d. 5. 
es jhallt im Berg, ebenfo Lichtenwalde — es ift Licht im 
Walde, und Neuejorge — es ift neue Sorge. 


587) Der Bärenfchädel zu Auguftusburg. 


Im Bärengarten zu YAuguftusburg wurden ſtets ehe- 
mals Bären gehalten, am 20. December 1720 ftieg ein Bär 
nicht weit vom Bärenfange über die nur 5 Ellen hohe Mauer, 
ging zuerit an das Schloßthor, dann in das nächſte Haus 
am Schloßberge, wo er durch ein Fenſter in die Stube ein- 
drang und dafelbft drei Kinder antraf. Ein Mädchen entlief, 
das andere aber, die 1Ojährige Tochter des Brunntreibers 
Chriftian Klog erhafhte er beim Ausreißen vor der Thüre 
und biß es tobt, und die zur Hilfe herbeigeeilte Frau des 
nächſten Nachbars, des Böttchermeifters Michael Hungers 
Meib, 58 Jahre alt, ward von ihm auch dergeftalt verwun- 
det, daß fie am andern Tage ftarb. Sein Schädel ift noch 
unter dem erften Thore zu fehen, und den Ort, wo er über 
die Mauer ftieg, bezeichnet noch eine weiße Scheibe mit einer 


Inſchrift. 


588) Die Vögelgeſellſchaft zu Dittersbach. 
©. Liberius Beridicus, Unmaßgeblihe Gedanken von den Ditteröbacher 
Vögeln. Franfbg. 1707. 4, 


Im Monat Detober bes 3. 1706 entitand des Nachts 








— 528 — 


eine große Feuersbrunſt in dem bei Frankenberg gelegenen 
Dorfe Dittersbadh. Bei derfelben verfanimelten ſich wilde 
Enten, wilde Gänfe, Tauben, Fifchreiher, Schnepfen, Zippen, 
Droffeln, Finken, Duäder, Kiebige, Sperber, Eulen, Lerchen, 
Rothkehlchen 2c. und gegen Morgen famen Raben und Krähen 
dazu und machten ein gräßliches Gefchrei. Die Vögel flogen 
um das Feuer herum, viele verbrannten, viele aber wurden 
gefangen. Weil man fi aber den Grund biefer Vögelzu— 
fammenfunft nicht denken fonnte, ift vom GerichtSamte am 
6. Nov. eine Regiftratur hierüber aufgenommen und an die 
ſächſiſche Regierung eingeſchickt worden. 


589) Der Schag in der Kloiterficche zu Grünhain. 
©. v. Weber, Aus vier Jahrh. Bd. II. ©. 409. 


Im März des %. 1657 hat der Schäfer zu Grünhain, 
Eucharius Bömely, nad) dem dajelbft angeblich in der Klofter- 
firhe befindliden Schatze feh3 Tage, Tag und Nacht 
graben laſſen und gegründete Hoffnung gehabt, ihn zu heben, 
aber als er in der legten Nacht nach 12 Uhr gehoben wer- 
den follte und, des Bergmann Bedenken nad, nun nicht 
eine Querhand tief Erde mehr darauf war, jo bewegte der eine 
Bergmann mit der Keilhaue eine Wand oder Stein, ließ fie 
aber der Schwere wegen wieder gehen, darauf finft folcher 
wohl "/, Elle tiefer als vorher geftanden, darunter der Schaf 
gelegen. Als nun ein gewiſſer Tippmann mit der Ruthe 
recognoscirt, ift folder davon über zwei Gräben auf 18 Ellen 
weit in den ausgeführten Schutt gerüct, welchen fie fonadh, 
wie bräudli, mit den Ruthen und Kreuzen hinwieder bis 
an den äußerften geworfenen Graben getrieben. Zuvor haben 
Diejenigen, fo ein Feuer angefchüret, ein Rufen, als zwei 
Jungen, auch Hans Humann zu Behrfeldt, jo mit dergleichen 
Beicheid wiſſen wollen, im SFortrüden ein großes Geräuſch durch 
die Steine gehört. Es ift ein großer reicher Schat gemefen, 
jo einft der Abt zu Ebersbach in Franken Siegmund Siegeln 
anvertraut, aber wohl jehr flüchtig und ſchwer zu erlangen, 
und darum ift es auch mißlungen. 








— 9 — 


590) Der Schatz im Vorwerk zu Elterlein. 
©. von Weber à. a. O. ©. 415 fig. 





Bei Chph. Müller, Befiger eines Vorwerks zu Elterlein, 
diente im $. 1702 eine gewiſſe Magdalena Gräßler, 18 Jahre 
alt. Diefer erfchien 14 Tage vor Johannis ein Heines Männ- 
lein mit einem grauen Kopfe und Bart, in ein altes graues 
Röckchen gekleidet, und eröfjnete ihr, daß bei dem Badofen 
ein Käftchen mit Geld, welches eine alte Frau in Kriegszeiten 
vergraben, fich befinde und 500 Thaler Geld enthalte. Der 
Geift forderte fie auf, ihn zu begleiten, um den Schag zu 
heben, mit der Bemerkung, fie folle von dem Gelde 50 Thlr. 
der Kirche zu Elterlein, 50 Thle. ihrem Dienjtheren geben, 
die übrigen 400 Thlr. aber für fich behalten, aber nicht an 
Hoffarth wenden, fondern ihren alten Vater damit erhalten. 
Das Mädchen verkroch ſich vor Angft in ihr Bett, der Geift 
ließ fih aber nicht abjchreden, fondern kam in den folgenden 
Nächten immer wieder, auch forderte er fie dringend auf, 
den Schaß zu heben, bis fie am Abend vor Johannis ihm 
verjpradh, fie wolle am nächften Tage zu Mittag, aber nicht 
in der Gejpenfterftunde, nach dem Schage graben Sie ent- 
dedte fi nun ihrer Dienftherrin und am Mittag begannen 
beide zu graben. Jene überließ jedoch bald die beichwerliche 
Arbeit der Gräßler, indem fie fich neben derſelben binlegte. 
Nach längerem Graben kam biefe mit dem Spaten auf einen 
breiten Stein, der bei dem Berühren des Eifens wie Ketten- 
geklirr tönte. Das Mädchen erhob den Stein, erblidte dar- 
unter ein Käftchen von Eifen, etwa /, E. lang und 11, E. 
breit, erhielt aber gleichzeitig von ihrer Dienftherrin einen 
Schlag auf's Kreuz, fo daß fie ſich umſah. In diefem Augen- 
blide entjtand ein heftiges Gepolter, das Käftchen aber war 
verfchwunden. In der folgenden Nacht erſchien der Geift dem 
Mädchen wiederum und fagte: „Du bift heute gejtört wor- 
den, allein Tu kriegſt es noch, in fieben Jahren komme ich 
wieder, es ift Niemand als Dir befcheert, bete fleißig!” 
Mit diefen Worten nahm das Männchen Abſchied, das Mäd— 


Grüße, Eähf. Sagen. I. 34 


.— 530 — 


chen vermiethete ſich auf ein anderes Vorwerk, aber Ende 
Yuli 1705 hörte e8 die Stimme des Geiftes, welcher 
ſprach: „ich bin vor drei Jahren bei Dir gemefen, und weil 
Dein gewefener Herr das Geld herausgegraben und gefunden 
bat, fo melde ich e8 Dir.” Die Gräßler verlangte es, auch 
von ihm und zwar auf gütlichem Wege, allein Müller leugnete 
Alles und gab nichts heraus. 


591) Der Mönchsgang in und der Nirentumpf 
bei Weefenftein, 
Mündlich. 


Im Schloſſe Weeſenſtein führt hinter der Kirche von 
dem herrſchaftlichen Betſtübchen ein Gang nad der Drgel- 
empore, der heißt der Mönchsgang, weil fih da am Tage 
und des Nachts zumeilen ein Mönd in jchwarzer Kutte zei- 
gen foll, der den Kopf unter dem Arme trägt. Was e3 aber 
mit ihm für eine Bewandtniß hat, weiß man nicht. 

Gleich unter Falkenhain an der Ehauffee nah Weefen- 
ftein liegt eine fumpfige Wiefe, mit Gebüſch bemachfen, und 
diefe war früher ein Moraft, mo des Nachts die Niren tanzten. 
Obwohl er jetzt ausgetrocknet ift, laſſen fie fich doch noch dort 
fehen: man nennt ihn den Nirentumpf (sie). 





592) Wahlenberichte über die ſächſiſche Schweiz ꝛc. und das 
Erzgebirge, 
Aus einer Handichrift des K. Haupt-St.-Arhivg allhier. 
Berzeihniß wie Jero und Micha beyde Gebrüder find ausgezogen zu furchen, 
wie fie e8 denn auch gefunden und viel Gold und Silber aus allerfand- 
[haft deutfher Nation nah Venedig getragen, darzu allerley Edelgeſtein 
und zu Venedig großen Ruhm damit erlangt. 
Wahlenbuh A. 1590 dei 13. Februarij durch Herrn Mathias R. 
Minden zu Gamitz eigener Handfhrift abgefchr. 


Wenn Du geheft von dem Schneeberg nach einem Schloß, 
beißt Wiefenburg, da fleußt ein Wäfjerlein an bemfelbi- 
gen Berge unb bas Wäflerlein fällt in die Mulde. Bon ber 





— 531 — 


Mulde gehe demjelben Wäfjerlein nad) aufwärts bes Berges, 
daß Dir das Wäſſerlein entgegenfleußt, biß Du den Schaf. 
ftall gleichkommeſt, da ift in den Fluß gebauet ein Teich, 
über denjelben Teich in dem Wäfferlein da findeit Du ſchöne 
große Körner, ein Gang, daß es Dir Deine Mühe und Ar- 
beit wird wohl belohnen. 

Bei Ronneburgk dba liegt ein Schloß, das heißt ber 
Tollenftein, allda liegt ein Grund, der heißt der Weiße. 
Wenn Du von Tollenftein ausgeheft auf die linke Hand den 
Berg wohl hinunter, da findeft Du einen Grund, der führt 
gediegen ©. Das Waller entipringt au von dem Tollen- 
ftein und nicht weit Davon da liegt ein Stein, der heißt der 
Bogelftein, daran findeft Du viel Zeichen, auch einen Bijchoff 
an einer Kannen ftehend, da findeft Du mächtige Guth. 

Wenn Du von Großlig ausgehft, jo kömmſt Du auf 
eine grüne Wieſe, und gehe an dem Waller hin und fiehe 
Dih umb nah einer Buch, darinnen ift ein Creutz gehauen, 
daran gehe ein Aderlänge an den Berg auf, fo findeft Du 
eine alte Fichte, fieh Did um, da wirft Du finden einen 
alten Stollen, darinnen da ift ein Goldgang, deſſen Erz 
gilt 1 8. 14 F. 

Hinter Otten im Boigtlande gehe von der Kuttenheide 
zur Capellen, St. Peter genannt, gehe zwei Gewend oder 
Aderlänge gegen dem Großleinwerts, fo kömmſt Du zu einem 
Glaßofen, gegen die fchwarzen Berge über, jo kömmſt Du zu 
einer Wiefen, waſche darin, fo findeft Du gut Gold, willft 
Du da nit wachen, jo gehe zur Zinngabel, daſelbſt lege 
Di hart auf die Erden, fo findeft Du gut Gold. Dann 
gehe herum an den Hirfhberg gegen Mittag, jo kömmſt Du 
an eine abgejchnittene Fichte, gehe eine Aderlänge von dem 
Baume, jo kömmſt Du zu einer abgeſchnittenen Gabeln, lege 
Dich mitten auf die Erde auf ein Ohr, fo höreft Du Waffer 
klingen, da liegt Gold. 

Ein Dorf bei Hermannsgrün, eine BViertelmeile von 
Zwidau, unter dem Dorf da liegt viel Guthes von Kör- 


nern, die laſſen fich pflegichen. Pen 


— DR — 


Wenn Du geheſt von Stolpen zum Schloß Tholen- 
ftein, wenn Du das Schloß anfieheft, fo gehe den Berg hin- 
auf, da das Schloß liegt, auf der rechten Hand, der Weg, 
der da gehet nah Rüdersdorf, und von Tholenftein auf die 
hohe Seite, da wirft Du gehen duch ein Fichtenholz und 
durch einen Windbruch, da das Holz durchſichtig wird, und es 
währt nicht lange, fo fümmft Du zu einem Wahlenftein, da- 
rin ift gehauen ein Bilhoff, und wenn Du allda bift, fo 
gehe auf die rechte Hand gegen Mittag 4 Gewend lang, fo 
wirft Du kommen zu einem Grund, der währt nicht lange, 
dann wirft Du fehen auf der Höhe des Grundes einen 
Baum, der ift alfo geftaltet gleih ein Menſch, der ba ftehet 
und redet einen Arm von fi, darunter da tft ein großes 
Guth begraben, daß fih darvon wohl taufend Menjchen er- 
nähren fönnten, wenn es Gott geben will, daß er es haben 
fol. In demfelben Grund findeft Du einen Baum gleichwie 
einen Armbruſtſchuß weit, Dabei habe ich groß Guth befommen, 
das glaube mir jey wahr. Denfelben Grund gebe ich Dir zu 
erkennen, barbei find dieſe Wahrzeichen zum Denkmal. Wenn 
Du in den Grund kömmſt und haft Jemand bei Dir, und 
fiehet einer den andern an, jo fieht man ganz blau unter 
dem Angefiht von ber großen Guth der Metallen, bie in 
demfelben Grunde liegen. Darinnen wirft Du Mooß fin- 
den, daß Du meineft, Du würdeſt verfinten, jo räume das 
Mooß hinweg und fuche, jo wirft Du finden einen Klaren 
Sand, anderthalb BViertel tief, darauf das Mooß aljo ge- 
ichwebet, da wirft Du wahrlich finden als die Erbjen und 
Wicken gut gediegen Gold und ein Theil länglich. Und zum 
Ueberfluß will ih Dir das erfte Wahrzeichen dieſes Grun- 
des offenbaren. Das rechte Drth ift geftaltet wie ein Schiff, 
das auf dem Waſſer gehet. Merke mehr, wo ber rechte Va— 
ter liegt, den will ich Dir weifen, als wenn ich perjönlich 
bei Dir wäre. Wilft Du zu dem Ertze gehen, jo gehe ftrads 
gegen ber rechten Hand und fiehe zum Tholenftein zum 
Thurm und fiehe hinter Dich, als Du zuvor bift geftanden, 
fo fieheft Du ein klein Berglein, zu dem gehe ohne alle 


Furcht und laß Dir Niemand zuftehen, und lege Did nie- 
der auf die Erden und wend dich, höreft auch Wäflerchen 
rauhen, fo nimm ein gut Meſſer und ftih das Waſſer 
ab, das Mefjer muß lang fein, und ftih ein Loc ins 
Waſſer und laſſe es ab, das glaub mir für wahr, Du 
findeft an denfelben Ort © (Gold), das ift klein wie Die 
Midenkörner, derer findeft Du foviel als Du mit ben 
Händen kannſt raffen, und findet auch Nöhrlein, das ift 
gediegen gut Gold, das iſt auf meinen Glauben wahr, 
bitte nur Gott um feinen Segen. Es möchte wohl einer 
jagen, es ift vor langer Zeit gefchehen, man hätte bieje 
Zeit über wohl Berg und Gold hinmweggetragen, das gebe 
ih zu, aber unter 100 und noch mehr ift folches feinem 
offenbart gewefen, und je größer der Verbienndt Bach, defto 
mehr Gold er mit fich führet, und mein Großvater, ber zu 
Florenz gewohnet, hat mir dieſes geoffenbaret, und bin mit 
ihm diejes Orths geweſen und ſolches mit meinen leiblichen 
Augen gejehen, und mein Großvater und ich Haben folche lederne 
Säcke voll nad) Floreng und Venedig gebracht und mit Nächten 
Hirſchberge und Tholenftein viel gewaschen und ift ein ſol— 
ches Guth allda, daß fich zwei gewaltige Fürften oder Ade— 
lige wohl davon erhalten könnten. 

Zum allererſten findeft Du ſchwarze Körner, die haben 
gut Arabiſch Gold (in Kobizwald, , Meile von Plauen). 
Man findet wohl einen Betrug darinnen, denn fie find nicht 
alle gut, der Bach, darinnen man fie findet, wird genannt 
der Arnßbach, liegt eine Meile von Soda, zwifchen den 
Poritenftein und Rannerswalda, diefer Bad) ift bewährt durch 
zwei Wahlen, dajelbft frage, auf welde Hand Du Dich hal- 
ten jollft nad) Rannerswalda, auf die rechte oder linke, fo 
wirft Du kommen aufeine Kirche, durch den nächften Hof unter 
ber Kirche folge nach dem Rafenmwege, der trägt Dich zu 
einem Fluß und der trägt Dich wieder zu einem andern, 
von dem kömmſt Du nah dem Porftenftein, da findet Du 
ein Waſſer, das heißt die Flöhe, das ift ein großes Wafler, 
dem Waſſer folge nach auf eine Meile Wegs aufwärts, To 


— 534 — 


findeft Du einen Fluß auf der rechten Hand, dem Fluß folge 
nah einen Armbruftfhuß, darinnen wirft Du finden etliche 
Körner, aber nicht foviel als in dem Arnßbach, und diefel- 
ben Körner find fchwarz, etliche grün, bie halten auch Gold, 
das ift befjer als hungariſch. 

Ein Fluß iſt gelegen an Wolkenſtein, da frage nad 
St. Annaberg. Wenn Du mitten in das Dorf kömmſt, fo 
gehe hernach eine Höhe auf die linfe Hand auf einem gu- 
then Mege, jo wirft Du fehen vor Dir ein ſchwarz Holz, 
ba verlaff den Weg und gehe gleich nach dem Holze, fo 
findeft Du vor dem Holze ftehen eine Tannen allein bei 
einem Hafelitrauche, jo gehe der Tannen glei wohl eine 
Viertel Weges, jo kömmſt Du an einen guten Fluß, ber 
trägt gute Granaden und Amethiften und gleichwohl auch 
Körner wie ein Eijenftein, diefelben Körner halten Rheinifch 
Gold. Bei der Haarwiefen dafelbft findet man auch Gold- 
förner, die ſich pflegichen laſſen und fehr gut find. 

Ein Fluß, gelegen eine Meile von Freiberg bei einer 
Mark, der Frauenftein, zwei Meilen von Soda, beybe 
bey einem Gericht, da findeft Du 2 Wege, einen auf ber 
rechten, den andern auf ber linken Hand, folge dem auf 
der rechten Hand, fo kömmſt Du fort auf einen Rafenmweg, 
berfelbe trägt Did an einen Steg, folge dem nad, fo font- 
meſt Du an ein Waffer, genannt die Grimniß, gehe daran wohl 
hinauf, laß das A auf die linfe Hand liegen, fo kömmſt Du an 
einen alten Graben, als vor Jahren eine Mühle ift ge- 
weſen, folge demfelben abermals nad, fo wirft Du kommen 
an den Fluß, darinnen find rothe Fiſche, derjelbe Fluß trägt 
Körner, die ſeyn horngrau, da hab ic Marcus rein wohl 
neulich Gold gewafchen, in 3 Tagen vor A R., und die Kör- 
ner jeyn hier eitel Gold, ihm geht wenig ab und find bie 
Körner zum Theil ſchwärzlich zu erkennen. Darnach folge 
ber Grimnig binabwärts, bis Du kömmſt zu einem Steige, 
gehe nicht unter demfelben, jondern den Steig, der da gehet 
in das Holz herab, gehe wieder zurüd an einen Fluß, folge 
bemjelben nah, fo fümmft Du an ein Bächlein, dafelbit 


— 535 — 


waſche, da findeft Du ſchwarze Körner, die auch nicht böje 
feyn, und kann mich noch nicht genugfam verloben, daß fie 
joviel Nugen in fich haben. Bon diefen beiden Körnern habe 
ich Jeremias und Marcus beyde Wahlen joviel gen Bene- 
dig getragen, daß wir dafelbft Haus und Hoff aus dem 
Waſſergrund erbauet. Darnach, fo magſt Du zurüdgehen, 
über die Grimniß, auf eine guthe halbe Meile, da wirſtr Du 
finden einen Berg auf der rechten Hand, der Berg tft groß, 
nahe bei einem Dorffe, das heißt Lichtenberg, da findeft Du 
gegen dem Berge und Dorffe weiße Letten, der ift gut ab» 
zutreiben und hält viel Gold. 

Bon Schandau nach Hermsdorf darnach frage nad) Poe- 
nigf, wie man gehen will, allda ift ein Wald und einige 
Zeichen Z gemacht, welches der Churfürft machen laſſen, der- 
nad gehe wohl 2 Gewende in den Wald, da findeft Du 
einen Weg nach der rechten Hand, da ift ein Zeichen O, 
der Weg geht darzwiſchen, da fommt man an die Kannic)er, 
it ein Waffer, da gehe darüber den Berg hinauf und gehe 
in den Grund, jo fommft Du an einen Stein, der Heuchen, 
allda geht der Weg vor Dich, den gehe nicht, fondern gehe 
den Weg zur rechten "Hand ins Gebirge hinunterwärts, jo 
fommft Du auf einen Stein, der heißt das Koftmaul, gehet 
aber gar zufammen, gehe darnach einen guten Armbruſtſchuß 
. weit, jo findeft Du den Weg 11, unter dem Fluß noch und 
ein Flüßlein noch ein Steinwurf weit auf der rechten Seite, 
findeft Du Körner, an dem Berge find rothe Körner und 
oben am Berge wie Eifen, 12 Loth E (Silber) ohne das © 
(Gold). Wenn Du wieder zurüdgehft, jo gehe dem vorigen 
Wäfferlein nad, jo fommft Du auf eine Wiefe: der Weg 
geht nah Hobig und Nofendorf, gehe den Weg zwei Ge- 
wande lang, jo fommft Du auf den Weg vom Winterberg, 
zur rechten Hand gehe den Weg hinauf, jo fommft Du auf 
einen Weg, da fteht ein Waſſer innen wie ein Teich, darin- 
nen ift ein © Gang, heißen zum rothen Spiten, das Waf- 
jer, daS darin fließet, fället etliche Klafter tief in Grund, 
unten im Grunde find viele Steine, da beſchlägt der Stein 


— 5356 — 


vom Wafjer, als wenn er von S wäre. Daß Du gewiß 
jeyeit, jo gehe dem Leihen © nad der rechten Hand, jo 
fömmft Du an den Winterberg in dem Silberthal, da fir 
deſt Du einen Stollen, 30 Lachter tief, und im Gange Lirgt 
e8 wie Schwefel dreyfüdtig, jo © hat, tröfteft Du Dir dag 
zu finden, jo gehe gegen Roſendorf oder Hertzkretſchen, da 
wirft Du unterweifet über der Elbe follen rothe Körner als 
Schwefel jeyn. Im Grunde des MWinterberges ift ein 
Brünnelein, da liegt Letten inne, der hat viel graue Kör- 
ner, der Schlich dajelbit hält 12 Mark E ohne das Gold, 
ift zu Dresden probirt. 

Bey dem Kohlftein bei Zwidau da liegt groß Erg von 
Kieß und Glanz, dahinter bey der Gabel ift ein Hammer- 
jchmied, heißt Morgenftern, der weiß guth Erz und einen 
guthen Stolln, darinnen die Wahlen gebaut haben, find gelbe 
Zäpfe, darin als halbe Lingen, inwendig hohl, die lafjen fich 
pflegfchen und ift der Gang eines Tifches breit. 

Bei dem Borftenftein ift ein Waſſer hinaufwärts 
nad der Mohlen, da ift ein Stollen, darinnen ift ein Kieß, 
den haben die Wahlen gehohlet und foll ein guter Marcajit ſeyn. 

Auf der Kuttenheide da frage nad) St. Peters Brun- 
nen, ber Fluß fließt in einen andern Bad, dann gehe hin— 
unter dem Fluß nach da fiehe Did umb, da findet Du 2 
Zeichen, eines in einer Tannen, das andere in einer Fich- 
ten, dazwischen findeft Du einen Schacht, der iſt verdedt, den 
thue auf, fo findet Du einen gelben Gang, darin gewinne, 
gilt 1 2. 10 F. 

Sn Eibenftod frage nad dem Goldbrummen, allda 
fichere und fuche, da findeft Du ſchwarze Körner, gilt 1 4, 
14 5, auh 18 5. Kann 1 Tag 1 Pf. gewajchen werben. 

Neumark bei Zwidau, 2 oder anderthalb Meilen da- 
vor, da ift guth © Seiffen, und Antimonium, das wird da 
gebrochen. 

Zu Waldſachſen frage nah S. Nicolai gegen Hofen- 
ftein, da die große Linde fteht, gehe eine Aderlänge davon 
jo kömmſt Du zu einem großen Birnbaum, ift eine Pflugſcharr 


— 537 — 


gehaut um den Baum umb, da räume auf, da findeft Du 
ein Loch, darin findeft Du einen E Gang, der ift reih an 
© und ». 

Bon Waldſachſen auf Tirfhenreuth gehe nach Grembſen, 
dann gehe nach Perreuth, und zwifchen den zwei Dörffern 
auf den Steig zu der Marterfäule, der da geht nad) Waldſachßen 
zu der rechten Hand durch das Birkigt, in den alten Weyer 
da liegt Gold. Die zwei Weyer find beſetzt, der eine ift 
nicht bejegt, in dem obern grabe in den beiden Eden an 
der rechten Hand unter einer Birkeftaude, darin ift ein F ge- 
macht, da ijt ein mächtiger Gang O ganz darinnen, hat 
Adam Brentſch geholt groß Guth. 

Lengefeld bei dem Stahler, da gehe in den Bad), 
da findeit Du Goldförner, die laſſen fich pflegichen, da findet 
man auch Flamen Gold in etlichen Brunnen, dafelbft räume 
weg. Merk der Teichmeifter zu Lengefeld weiß Granaten, 3 
Meilen von Schöned, der Edelmann heißt Metzſch. 

Bei der Hellerwiejen frage zu Schöned nad der Pe— 
tersfiche bey der Hellerwiefen umb ©. Johannis, gehe der 
Sonne gleich entgegen, wenn fie in dem Morgen aufgeht, 
big um den Mittag umb 11 Uhr, fo fommft Du auf eine 
wüjte Heyde, da jeyn Erlen und Birken durch einander ver- 
mengt, davon gehe 2 gute Steinwürfe gegen Mittag, fo 
fömmft Du auf ein Gemofe, habe nur Achtung darauf, da 
gehet ein N verborgen unter dem Gemoße weg, darin grab, 
jo findeft Du jehr reich Gold, ſieh Dih im Nechiten umb, 
jo findeit ein 7 gegen Abend, darin grabe Gürtelstief, fo 
findeft Du Goldförner, die ſchön find, die zeigen an, dieß jey 
unter dem alten Schloß bei Clauſenköhl zu. 

Gehe zu einen Dorff, heißt Helmßdorf, gehört Chris 
ſtoph von Carlowitz, da liegt ein Guth übers Waffer, fo fiehe 
über das Wafjer, jo fiehe übers Guth, fo wirft Du jehen 
einen jpigigen Berg, darauf ftehet ein Baum in der Höhe 
gleich dem Berge zu, darin in dem Grunde des Berges auf 
der linfen Hand gegen den Morgen, fo findeft Du einen 
Apfelbaum ganz gebogen, ungefährlich bey 12 Schritt des 


— 5358 — 


Baums nad) Mittag, jo findeft Du ein großes Guth, darnach 
unterwärts dem Wafler da ift das Wäfchwerf. 

Winterberg in Meißen, unter dem Herrn von Pau- 
Ben gelegen, nahe bei Jonasdorff bey der H.-Erekerer, da 
bricht Erk wie ein Schiebel, hält viel Gold auf dem Berg 
und reine Gilbe, da find graue Körner in einem Brunnen 
und fteht nicht weit davon ein Birnbaun an der Seiten ge- 
gen der Elben, da liegen der Körner gar viel und oben auf 
dem Berge nicht weit davon auf dem Kamme da ift eine 
große Pfütze, da ftreicht ein O Gang durch, das Waſſer da- 
von fällt in einen ungleich tiefen Grund und ftehet der Berg 
unten von dem Waſſer, als wäre er über ©. 

Bon Shöned frage nad Großlik und nad dem Schie- 
ferberge, darin findeft Du einen alten Stolln am Steige, 
darunter fleußt ein 7 bin, gehe nad der linfen Hand am 
Maffer hinauf, biß Du kömmſt zu dem langen Holz, fo fieh 
Dich umb nach einem Zeichen in ber Tannen, davon nicht 
weit ift ein 7, darunter ift ein © Gang, da fleußt Das 
V wegr). 


7) Obige Stellen find von mir nur aus dem weit umfangreicheren 
Manufeript aufgezogen, denn der VBerfaffer hat feine Bemerkungen ziemlich 
aphoriftifch aufgefchrieben. Er behandelt nicht blos Sachen, ſondern aud 
Schlefien nnd Böhmen, aber er fpringt von einem Lande in’3 andere 
über. Am Sclufje folgen unter der Leberfchrift: Dieß find der 
Wahlen Zeihen, die Zeichen, welche die Wahlen in Felſen umd Bäume 
eingehauen haben. Lettere laſſen fich nicht mehr wiederfinden, da die 
Bäume längft gefchlagen oder umgebrochen find, von erftern aber habe ich 
felbft mehrere an Felfen in der Sächſifchen Schweiz x. wiedergefunden 
und deshalb habe ich zu Nut und Frommen Anderer diefe Zeichen, welche 
meines Wiffend nach nirgends abgebildet find, Hier copirt, und laſſe fie 
mit ihren Erklärungen, wie ſolche in der Handſchrift dabei ftehen, folgen. 


ANA 2 


2. Bei diefem 
Zeichen iſt 
1. Sei Mech: — iſt reich Arabiſch Gold. 
> ;3u finden. 


hi | 4. Bei dieſen Zeichen 


3. Bei dieſem Zeichen liegen findet man rothe Körner 
® —— genug. ſind halb Gold. 


—— 


5. Bei dieſem Zeichen ift viel Sinnober. 








6. Bei diefem Zeichen liegen überall viel &oldkörner. 


— 40 — 


Ko > 


en Aa. 8. Das Beichen 
7. Dieß zeigt einen Berg da bedeutet rein ik. 
© gnug innen. 


a) 





10. Dief Beichen weift 
zwei Bäche auf dem 
Luchberge der Yßer. 


— 


70. Bei dieſem Beichen Liegt 11. Bei diefem Beichen 
reich Gold. ift reich Seiffen. 


AR un. 





12. Bei diefem 
mn Zeichen find Wahlen- 
| geuben, gediegen D 
und ifl Seiffenguth. 


13. 


— 541 — 


Er —— 


14. Bei diefem Peichen Liegt 
gediegen Blei. 


15. Bei diefem Zeichen 
findeft du reiche Goldgänge. 


16. Sei dieſem I liegt ein 
blauer fetten 
und reiche Goldkörner. 17. Bei einer folchen Hand 
liegt gut Wafchwerk von Erz. 


(Fan: a 


— 





18. Bei diefem Zeichen 2 Bäche 
gs, an Gold. 


20. Bei diefem Beichen 
9. — iſt der Drenkſtein. * es anug. ii 


Sue 47 


. Ein Beichen, daß hier 
. Sei diefem Beichen ift = ehle gegtaben, 2 
Seiffengold. 


[ 
ai 


23. Bei einem folchen Beichen BT vu Marcafit. 


a 


24. Bei dieſem Zeichen findeft du 
gelben Birill. 


25. Sei diefem Zeichen findeft 
du Birill. 


27. Bei dem Beichen ifl 
teich Birill. 


* 
— 





— 543 — 


Uebrigens ift diefes nicht das einzige Wahlenbuch, welches fich mit 
unferem Baterlande befhäftigt, fondern D. Kellner hat in feinem „Kurz 
abgefaßten ꝛc. Berg- und Salzwerks-Buche, Frankfurt u. Leipzig (Nordh.) 
1702. in 8°. ©. 493—562°, noch ein anderes befannt gemacht, welches 
ein gewifjer Hieronymus Weigard (©. ebend. 505) verfaßt hatte. Dafjelbe 
betrifft Sachfen, Franken, Böhmen und Schlefien und ftimmt in Vielem 
faft wörtlich mit den von mir oben mitgetheilten Texten überein, enthält 
aber auch Vieles, was dort nicht fteht, aber auch Manches nicht, was 
jenes Yehrt. Ich will alfo daraus hier Einiges nachtragen. 

Bey Dreßden in dem Plauifchen Grunde unter dem 
Dorf, das auff dem Berge liegt, ift ein vortrefflicher Talk- 
Gang und ſeynd drey Stollen gang tief in den Berg getrieben. 

Wenn man nah Radeberg gehet, da jeynd am Wege 
Brunnen und eine Buche, darein ift eine Hand gefchnitten, 
die zeiget in das Holz, da kommſt Du zu einer großen Linden, 
darinnen ftehet ein Sichertrog, Krage und Keilhaue, und 
eine Hand, die zeiget unter fih auf eine Buchen, unter der- 
felben grabe ein und fuche den Gang, er ift mehr denn halb 
gut Gold. 

Bon dem Dorffe Ober-Gerßdorff im Schariſchen 
Walde gehe auf der Straße nad dem neuen Bau zu, dem 
Mege über nach dem Waſſer und den Berg hinauf, fo kömmeſt 
Du an ein Wäſſerlein, das fleußt von einem Brunnen, da 
gehe wohl hinauff, jo kömmſt Du zu einem Brünnlein, darinn 
findeft Du Körner, die find fehr gut und auch ſchwartz, das 
Merk, darinn fie liegen, ift noch gang. Stem wenn Du-von - 
Gerßdorff aus geheft und an das Waſſer, wie oben gemelbt, 
fümmeft, jo gehe einen Steinwurff oder zwene zur rechten 
Hand, da ftehet eine Thongrube, darinn find gute Körner. 

Bey Dippoldißwalda ift ein Dorff, das heißt Roten- 
bad) davon eine Meile bricht guter gelber Kieß der ift fehr gut. 

Rußpen unter der Bella, da bricht ein guter Fluß, 
deſſen ift etliher braun, etlicher grün-geel-weiß und etlicher 
ſchwartz, alle gut auf Ertze zu jchmelgen. 

Elßdorf Liegt bald bey Rußpen, das hat zwo Spitzen 
und am Wege, wenn man nach Ferbersborf gehet, an dem 
Freybergifchen Wege, wenn Du vor Rußpen nad) Freyberg 


— 644 — 


gehen willſt, ſo laß den Weg in dem Dorff auf die linke 
Hand liegen, und wenn Du zum Dorff hinauskommſt, ſo 
nimm den Schlamm in dem Wege aus dem Geleiſe und 
ſichere (ſiebe) ihn, ſo findeſt Du in der Sicherung viel Goldkörner, 
die ſehr reich ſind. Nicht weit davon iſt ein Grund, heißt 
der Tieffenbach, darinnen findet man viel Goldkörner und 
Granaten. Von Tieffenbach frage auff Schmalenbach, 
iſt ein Dorff, daſelbſt wohnt ein Bauer, Nahmens Valtin 
Lange, durch deſſen Gut fleußt ein Waſſer auß dem Dorffe, 
zu Ende außen an der Wieſen, am Ufer auf der linken Hand 
findet man Goldkörner, die ſind gar gut und reich, ohngefähr 
eines guten Steinwurffs von dem Zaune der Wieſen, der 
Stein⸗Gang der führet Kieß als ein ſchönes Gold, das iſt 
Marcafith. 

Hainichen ein Stäbdtlein 2 Meilen von Freyberg, 
darbey Liegt ein Dorff, heißt Machorn (Mohorn), allda ift 
ein Wafchwerf von guten Körnern und Gold, liegt nicht weit 
von Ditendorff an der Walded, da man durch den Wald gehet. 

Bey der Zella in dem Wald bei Sibeln und Noſſen 
an der Mulda gelegen, da liegt gut Er und ein guter blauer 
Schiefer. i 

Ulrihsberg ein Dorf unweit Rußpen gelegen, da 
fleußt nicht weit vom Steige über die Mulda ein Flüßlein 
in die Mulda, das führet viel Goldförner und Granaten 
und unter dem Dorff ift ein Stollen, darinn bricht ſchöne 
Arth und mächtig, ich halte es für Marcafith. Voitsdorff 
liegt eine Meile von Nofjen unter Zellen, da tft ein herrlicher 
Marcafith und zu Königsmwalde find gute Flüffe auff Erke. 

Zu Ddern (Dederan) 2 Meilen von Freyberg bricht ein ſchön 
Silber-Er, fo im Eleinen Feuer reich ift, im großen aber 
nichts giebt, man findet auch gute Körner allda. Bei Marien- 
berg zwifchen dem Dlbernhauß und Katternberg bricht ein 
ipißiger Marcafith in einem ſchwartzen Schiefer. 

Wenn Du kommeſt gegen Dürresbach oder Auer- 
bad, frage nad dem Flußmaul oder Fletſchmaul, darnach 
Eibenjtod, allda frage nach dem Gold-Brunnen, darinnen 


— Bi 


fichere und fuche, fo findeft Du ſchwartze Körner, deren 1 Pfund 
14 biß 18 fl. gilt. Dieſe Gelegenheit ift eine Meile von 
Schneeberg, und fannft Du in einem Tage 1 bi 2 Pfund 
waſchen. 


— —— — — —- 


593) Die unterbrochne Schatzgräberei zu Schneeberg. 


S. Vorläufige kurze doch zuverläſſige Nachricht von denen in Citirung 

der Geiſter begriffen geweſenen Schatzgräbern, ſo am Sonntag Lätare, als 

den 22. März 1716 in der Churſächſiſchen Ober-Ertzgebirgiſchen Bergſtadt 

Schneeberg auf Obrigk. Befehl überfallen und theils in gefängliche 

Verhaft gebracht worden. Gedruckt nach dem Leipziger Exemplar 1716 

in 4. ©. a. Hiſtor. Nachr. von unterird. Schätzen von Variamando. Frank— 
furt und Leipzig 1738 ©. 348 fgg. 


Es befand fich zu Schneeberg ein Mann, Namens Bauer- 
Schnurr, welcher mit etlihen Schatgräbern ein Complot 
gemacht, auf feinem Malt-Haus-Boden durch ordentliche Citi- 
rung der Geifter zu vernehmen, wo und wie man in dieſer 
Gegend Schäge graben und finden könnte. Als nun bie 
Obrigkeit hiervon Kenntniß erhalten, hat fie durch Gerichts 
diener diefe Böjewichter überfallen und hatte man drei diejer 
. .. Schaggräber, einen Schmiedeneht, einen ingenieur aus 
ar Eifenah und einen Müller aus Wildenfels inhaftirt, einer 


"aber, ein gewiſſer Hans Tiege aus Sangerhaufen ift ent- 


fprungen, dem der fogenannte Bauer- Schnur auch ge- 
folgt it. Man bat nun aber folgendes gefunden. Unten 
auf dem Malt-Haus-Boden war ein großer Kreis, 34 Ellen 
in der Runde gejchloffen, mit Kreide dreifach hinter einander 
abgezeichnet. Syn dem einen waren viele Kreuze gemalt, in 
dem andern viele geiftlihe Sprüche eingefchrieben und in 
dem dritten wieder unterjchiedliche Kreuze, auch andere Namen 
und Charactere mit Kreide abgezeichnet zu ſehen und in der 
Mitte des Kreifes ftand ein mit einem weißen Tuche bedeckter 
Tiſch, der Hin und wieder mit Blut befprengt war, über 
diefem Zirkel und Tiſch an der Dede waren angemalt aller- 


band Himmelszeichen und Sterne und auf die Bapiere aller- 
Gräße, Sächſ. Sagen. I. 35 


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band Sprüche gejchrieben, jo hingen. Sn der Mitte an 
ber Dede war aber auf Papier abgemalt das Leiden 
Chrifti und allerhand Sprüche, ingleihen wiederum hebrä- 
iſche Buchftaben, unter dem. Tiihe ein großes Kreuz, 
darauf der Tiſch ftand, dann auch eine Räucherpfanne mit 
Kohlen und die Schaggräber hatten an diefem Tifche, worauf 
die Bibel, der Pfalter und ein Evangeliumbudh, jowie ein 
hölzernes Grucifir lagen, gejejlen. Am Eingange des Kreijes 
oder Zirkels war eine Deffnung von 9 Ellen gelaffen, auf 
jelbiger aber fänd man die Evangeliften und Apoftel abge- 
zeichnet, wobei wieder eine Bibel lag. 

Nach einem andern Berichte waren in dem erjten Zirkel 
der 12 Apoſtel Namen gejchrieben und jedesmal zwiſchen 
ihren Namen ein Kreuz, in dem andern Zirkel die 7 Planeten 
und nah allen vier Eden diejes Zirkels ein Crucifir, am 
Eingange des Zirkels war ein großer Bogen Bapier, welcher 
im Eingehen überjchlagen wird, darauf das Evangelium 
Johannis ftand. In dem mittleren Zirkel zwifchen den Pla— 
neten ftanden allerhand Sprüde als „Gott bewahre mich, 
Gott behüte mich ꝛc.“ und hebräifche Buchftaben und außer 
dem Zirkel war ein Stuhl gefeßt. 

Db nun die Schaßgräber wirklich etwas tentirt und 
gefunden haben, beögleichen was mit ihnen geworden, da— 
rüber verlautete nicht. 


Anhang. 


In dem Berein für Gefchichte Dresdens ift in der Januarſitzung 
(20. Zan. 1874) mir der Vorwurf gemacht worden, ich hätte die Sage 
von der breternen Saloppe bei Dresden, welche Adolph von 
Schaden aus einem alten, angeblich verlorenen Manuffripte eines Lofch- 
wiger Winzerd in feinem jett felten gewordenen Buche: „Bocksſprung 
von Dresden nad) Prag, Schneeberg 1820, S. 70—91” mitgetheilt habe, 
vergeffen. Der Hauptinhalt derfelben ift num aber (f. Dresd. Anz. 1874, 
24. Yan. ©. 14) folgender: 

594) Zur Zeit Heinrich des Erlauchten (1221—88) lebte 
im Meißnifhen der Ritter Fuſt von Scharffenberg, ein reicher 
und verſchwenderiſcher Herr, der nicht nur fein ererbted Be- 
figthum, fondern auch das Vermögen feiner Gemahlin Agathe 
von Birkrofe (?) in kurzer Zeit durchbrachte, dann auf Rei- 
fen ging, auf den Schlöffern anderer Ritter fein üppiges 
Leben fortzufegen. Als fich dies nicht mehr thun ließ, kehrte 
er nad) Haufe zurüd, und ſchon im Begriff ftehend, als Raub— 
ritter feiner erſchöpften Gafje wieder Zufhuß zu verjchaffen, 
berief ihn ein Befehl des Markgrafen Heinrich 1278 als Bei- 
figer des abzuhaltenden LandesgerichtS nad) Dresden. Wäh- 
rend des Aufenthaltes in biefiger Stadt wuchſen die Schul- 
den des Scharffenbergers gewaltig und er gerieth nad) Be- 
endigung des Gerichts in die peinlichfte Lage. Einer feiner 
Gefinnungsgenofjen, an ben er fich in feiner Noth gewandt 
hatte, gab ihm, da fein Weib Agathe Schon im dritten Jahre 
der Ehe, in Folge fortgejegter Duälereien geftorben war, 


— — 


den Rath: „Wirb um eine reihe Dirne und bezahle mit 
dem Brautfchage Deine Schulden”, worauf der Scharffenber- 
ger erwiderte: „Weberall Schon habe ich angepocht, aber nirgends 
wurde aufgethan”. Darauf gab ihm fein Freund zur Antwort: 

„Run fo freie um die Schmugurjchel, die ift reich und 
auf einen Ritter erpicht!“ — Diefes Mädchen war die Toch- 
ter des 1234 aus Baiern in Dresden eingewanderten Brauers 
Kalberla, der fich durch ausgezeichnetes Bier, welches er ge- 
braut, zum reichen Manne gemacht hatte. Urjula, feine ein- 
zige Tochter, zeigte nicht blos einen häßlichen Körper, fon- 
dern auch Eigenjchaften, welche jeden beſſern Menfchen von 
ihr trieben. Ganz bejonders war es ihre Unreinlichfeit, die 
Anderen zum Ziele des Spotte diente und der reichen 
Brauerstochter den hier allgemein befannten Namen „Schmuß- 
urſchel“ eintrug. 

Troß diefer ſchlimmen Eigenjchaften machte Urfula jehr 
hohe Anfprüche, fie wollte nur einen Ritter heirathen. hr 
Wunſch follte in Erfüllung gehen, denn war auch Fuft von 
Scharffenberg zuerft vor ihrer Häßlichkeit erfchroden, jo ſagte 
er fih doch, daß Geld ihm dringend nöthig fei und man 
Ichlieglicd auch die größte Schönheit gewohnt werde ; er warb 
alfo um die Brauerstochter und dieſe heirathete den Ritter. 
Bei Hofe und in den höheren Adelskreiſen durfte allerdings 
die neubadene NRittersfrau nicht erjcheinen, nur der niedere 
Adel geftattete ihr in feinen Zirkeln Zutritt, vermochte fie 
aber in feiner Weife zu bejfern, jo daß man fie, da jchon 
damals die Unfitte herrjchte, Alles franzöfiih (?) zu benen> 
nen, Madame Saloppe nannte, unter weldem Namen jie 
auch in ganz Dresden befannt blieb. — Bei ihrer Berhei- 
rathung hatte fie fich klugerweiſe zwei Dritttheile ihres gro- 
Ben Vermögens gefichert, von welchen fie auch nichts heraus- 
gab, als des Gatten Drittel vergeudet war. Dieſer Umftand 
veranlaßte Fuft, ungeachtet der Einſprüche Urfula’s, eine 
Scheidung von Tiſch und Bett dDurchzufegen. Die gefränfte 
Frau fand nirgends Hilfe und zerfiel ganz mit der Welt, 
nur noch dem Gedanken lebend, den durch ihren treulofen 


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Gatten vergeudeten Theil ihres Vermögen mit Hilfe eines 
Alchimiften wieder zu erlangen. Sie nahm bei einem folchen 
Unterricht, Faufte fih auf dem rechten Elbufer einen Wein- 
berg (?), auf defjen Höhe fie von alten Bretern eine Hütte 
errichtete, da das bereits vorhandene Häuschen für ihre Zwecke 
zu Eoftbar fchien. Tag und Naht fochte Madame Saloppe, 
bis man fie eines Tags, nachdem fie den größten Theil ihres 
Vermögens zwedlos verwendet hatte, in ihrem Laboratorium vom 
Rauch erftict auffand. Da Urfula’s Gatte, Fuft v. Scharffen- 
berg, bereit3 einige Jahre vor dieſem Ereigniffe in tiefem 
Elende geftorben war, fiel der Weinberg an die bairifchen 
Berwandten der Goldmadherin und wenn auch feit jener Zeit 
die Befiger oft wechjelten, jo ift doch ihm und insbeſondere 
dem darauf ftehenden Haufe, nad) jener Madame Saloppe, der 
Name „die breterne Saloppe’ bis auf die neuefte Zeit geblieben. 


Allerdings kannte ich die Sage, ich habe fie aber abfichtlich wegge— 
laſſen, weil ih annahm, fie fei von Echaden nur deshalb erfunden, um 
ver in derjelben vorlommenden Familie Kalberla aus irgend einem per- 
fönlichen, jetst nicht mehr zu ermittelnden Grunde etwas anzuhängen. Sie 
trägt nämlich den Beweis ihrer Unmwahrfcheinlichkeit und ihres modernen Ur— 
fprung® an der Stine. Da nämlich die franzöfifhen Worte salop 
(Schmusfinf) und salope (Schlumpe) neuere franzöfifche, erft zu Ende des 
17. Jahrhunderts entftandene Schimpfworte find (erft aus dem englifchen 
slop, nit aus dem franzöfifchen sale gebildet), fo konnte felbftverftändlich 
im 13. Sahrhundert weder in Frankreich noch viel weniger in Deutfch- 
land ein Drt oder Gegenjtand jo benannt werden. Außerdem hat 
der Name felbft wohl erft im erften Viertel dieſes Jahrhunderts feine 
Entftehbung zu ſuchen, denn weder Dafdorf noch Hafche in ihren topo= 
graphifchen Bejchreibungen Dresdens führen diefen VBergnügungsort an, 
erft Schiffner im Supplement zu Schumanns fer. v. Sachen Bd. IV 
(XVII), Art. Yofhwig S. 919 nennt ihn und fagt, der Ort habe eigent- 
lich Schaluppe, d. h. Bretterhütte geheißen, weil er früher nur aus einem 
bretternen Schuppen beftand, und daraus hätte der Vollsmund „Saluppe‘ 
und dann „Saloppe‘ verdreht, womit num wohl allerdings allem Zweifel 
ein Ende gemacht ift. Aufgehört VBergnügungsort zu feyn hat die Saloppe 
erft im Sabre 1872. Bielleicht kommt der Name aus dem böhmifchen 
chalupa, Bauerhütte. 


Eine andere Sage über eine Dresdner Localität fcheint 
mir befjer hier am Plate zu fein. 


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595) Sin der Nähe des jegigen Johannesplatzes fteht noch 
jegt ein Feines Haus (Johannesſtr. 20), darin wohnte früher 
ein Töpfer Namens %. Zu dem kam öfter8 des Tags und 
des Nachts ein Feines graues Männchen, wenn er allein 
war, und winfte ihm, als follte er mitgehen. Allein der 
Töpfer hatte entweder feinen Muth oder war zu fromm, fich 
mit dem Männchen einzulaffen, er wieß ihn ftetS zurüd. 
Indeſſen ftarb der Mann und fein Sohn folgte ihm in feinem 
Geſchäfte nad. Gleich Fam das Männchen wieder zu ihm 
und der junge Mann folgte ihm denn auch eines fchönen 
Tages in der Mitternachtsftunde. Nun befand ſich aber da- 
mal3 an der Stelle des heutigen Johannesplatzes die böhmi- 
Ihe Kirche und der um fie herum fich ziehende Kirchhof. 
Wenn man nun vom Pirnaifhen Plage aus durch den Kirch— 
hof nad) der Neugafje zugehen wollte, blieb dieſe inzwiſchen 
ebenfalls abgetragene Kirche Links, rechtS aber vom Fußwege 
ftand die lange fogenannte Rathsgruft. Das Männchen 
führte nun den Töpfer nach diefer hin, ftieg hinab und winfte 
ihm zu folgen, der muthige Mann that e8 auch, und unten 
gab ihm das Männchen einen großen Topf voll Goldftücde 
und davon fol der Wohlftand der Familie F. fich noch heute 
herſchreiben. 

596) Auch über Geſpenſter auf dem Königſtein iſt noch 
einiges nachzutragen. Bekanntlich wurde in der Nähe der ſoge— 
nannten Königsnaſe der Schwindler Baron Klettenberg i. J. 1720 
geköpft. Bei dem dieſe Begebenheit heute noch an jener Stelle 
bezeichnenden Denkſtein iſt es Nachts nicht geheuer, da läßt 
ſich der Geiſt dieſes Mannes in der Tracht jener Zeit noch zu— 
weilen jehen. Damit aber hat eine andere Erfcheinung nichts 
zu Schaffen, welche Viele beobachtet haben. Wenn man den 
jogenannten Luiſenweg nach der Feitung herauffommt, da fieht 
man um Mitternacht vor derjelben auf dem Plateau einen 
ungeheuer langen Mann in dunflem Mantel mit einem 
Schlapphute ftehen und ſich umfehen, derjelbe zeigt fih auch 
in ber in das Innere führenden Appareille und geht dann 
oben regelmäßig um die Kirche herum, worauf er verſchwin— 


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det, geiprochen hat er aber noch mit Niemandem, beim An— 
rufen hält er nicht Stand, fondern ift plöglich weg, zeigt fich 
aber gleich wieder an einer entfernten Stelle. 

Ebenſo könnte man noch die bei Pröhle, Deutfche Sagen, (Berlin 1863) 
©. 246 erzählte, auf Johann den Beftändigen von Sachſen bezügliche 
Sage anführen. Eie lautet fo. 

597) Kurz vor des Kurfüriten Hans von Sachſen Tod wur- 
den zu Eifenach folgende Gefichter gejehen. Ein alter ver- 
dorrter und umgeftoßener Baum mit abgehauenen Aeſten; 
ein mwohlgerüfteter Reiter, welcher den Baum trug; ein Jagd- 
hund und ein großes jchwarzes Kreuz in einer diden Molke. 
Aus der Wolfe aber famen Donner und Blite, daß man 
nicht anders gemeint, denn das Feuer werde das nächſte 
Dorf, wohin die Wolfe 309, anzünden. 

Indeſſen hat eine andere Sage, welche ©. Arnold, Beichreibung des 
Churf. Morit von Sachen (verm. d. J. Weber, Gießen u. Frkft. 1719) 
©. 254 fgg. erzählt und welche ald ein Anzeichen des traurigen Ausgangs 
der frühern Freundfchaft zwifchen Churfürft Mori und Markgraf Albrecht 
feiner Zeit galt, etwas mehr für fih. Sie lautet fo: 

598) Als Churfürft Moritz zu Torgau einmal Faftnacht hielt 
und nad jeiner Gewohnheit den Markgrafen Albrecht und 
feinen Bruder dazu eingeladen hatte, gejchah es, als dem 
Markgrafen Albrecht, der feiner Gewohnheit nah ſich im 
Trinken überladen hatte, der Churfürft Morig mit feinem 
Bruder zur Seite faß und fie von verjchiedenen Dingen fich 
unterredeten, daß eine Jungfrau Fam und ſich zwijchen Marf- 
graf Albrecht und Churfürft Mori feste. Da Herzog Auguit 
diefes zuerft ſah und über die Geftalt Des Geſpenſtes erichrad, 
erinnerte er den Bruder, er folle mit ihm aus dem Tafel- 
gemach gehen, denn e3 ahne ihm nichts Gutes, und er finde 
Bedenken, länger dafelbft zu weilen. Hierauf ſah auch ber 
Churfürft die Jungfrau und ſprach ſchreckensvoll zu Mark 
graf Albredt: „was habt Ihr da für eine Jungfrau ? 
Diefer antwortete: „laſſet fie bei mir figen!” und fluchte da- 
bei über felbige. Da aber die beiden Fürften von Markgraf 
Albrecht Abjchied nahmen, verſchwand die Jungfrau auch, 
Markgraf Albrecht bewegte ſich hierüber gar nicht, fondern 


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blieb figen, ließ etliche von Adel zu ſich holen und brachte 
die Naht, wie er angefangen hatte, vollends mit Trin- 
fen zu. 

Diefe-Begebenheit ift nie erflärt worden, denn jene Jungfrau für 
eine wirfliche Perfon zu halten, wie es Hennings, Bon Geiftern, (Leipzig 
1780) ©. 651 fgg. gethan, läßt weder der Ort, noch die Gelegenheit 
noch das Verhältniß zwifchen den drei Yürften vermuthen. 


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