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Full text of "Zeitschrift für deutsche Mundarten"

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Zeitschrift für 
deutsche 
Mundarten 




Allgemeiner 
Deutscher 
Sprachverein 




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Zeitschrift 

für 

Deutsche Mundarten 



Im Auftrage 

des 

Vorstandes des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins 

herausgegeben von 

Ott» Heilig und Philipp Lenz 

Jahrgang 1908 




Berlin 

Verlag des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins 
(F. Borggold) 
1908 



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Inhalt 



S«rite 

Lautschrift 1 

Grenzen, Unterschiede und Herkunft des Westerzgebirgischen. Von A. Lang . . 3 

Laut- und Flexionslohre der nenmärkischen Mundart. Von Hermann Teuchert 23 

Die Bach. Von Oskar Philipp 55. 333 

Die Quelle für Fr. Reuters Läuschen: Adjüs, Herr Leutnant Von C. Fr. Müller 64 

Lautlehre der Mundart von Zaiseuhausoii. Von Emma Wann er 66 

Hessisches bal »Balg«. Von E. Horn 83 

Deutsche Mundartenforschung und -dichtung im Jahre 1904. Von F. Montz . . 97 

Beiträge zur Substantivflexion der oberhessischen Mundarten. Von Konrad Alles 129 

Beitrag zur rheinischen Mundart Von Johannes Bender 157 

Die Flexion des Verbums in der Zaisenhfiuser Mundart. Von Emma Wann er . 173 

Dor Übergang von s in *. Von Oskar Weise 193 

Der Übergang von seh in tseh. Derselbe 197 

Lexikalische Beiträge. Von Oth mar Meisinger 201 

Wechsel zwischen p, k, t im Germanischen. Von E. Vollmer 208 

Ein Vorkämpfer Leasings und Ahnherr Ueuters. Von Erich Witte 218 

Alte Flurbenennungen aus Baden. Von Otto Heilig 221 

Sprachproben in Schwälmer Mundart Von Wilhelm Schoof 233 

Deklination und Komparation in der Zaisenhäusor Mundart Von Emma Wann er 245 

Schwäbische Sprichwörter und Redensarten. Von Wilhelm ünseld 249 

Die ursprüngliche Bedoutung dos Wortes Nacht Von Philipp Lenz 256 

Der Vokalismus der Mundarten des Oberen Weschnitztales. Von Heinrich Wober 258. 348 

Godersprech und Verwandtes. Von J. Franck 289 

Die Mundarten des Großherzogtums Hessen. Von Hans Reis 302 

Beitrage zum oborsächsischon Wortschatz. Von Ernst Göp fort 317 

Wortbildung und Syntax der Zaisenhäusor Mundart Von Emma Wanner ... 345 
Namenverzeichnis zu Montz, Deutsche Mundartenforschung und -dichtung im Jahre 

1904. Von F. Mentz 381 

Büoherbesprechungen: 

Hormann Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, bespr. von Philipp Lenz . 84 
Christoph Beck, Die Ortsnamen der Fränkischen Schweiz, bespr. von Julius 

Miedel 86 

S. Feist, Die deutsche Sprache, bespr. von O.Weise 89 

Hermann Vortisoh, Uus Hebels neimet, bespr. von Othmar Meisinger 90 

C.Täuber, Neue Gebirgsuamen- Forschungen, bespr. von Friedrich Veit . 91 
Alfred Tobler, Hans Konrad Frick, ein appenzeUischer Volksdichter, bespr. 

von E. Marti 93 

20740? 

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iv Inhalt. 

Seite 

Ludwig Sütterlin, Die deutsche Sprache der Gegenwart, bespr. von 0. Weise 180 
G. Seppeier, Die Familiennamen Bocholts, bespr. von Friedrich Veit . . 181 
Max Schmidt, Uis Brottero. Humoristisches in Brotteröder Mundart, bespr. 

von L. Hertel 187 

J. Reinhart, Liedli ab om Land, bespr. von Ernst Marti 188 

Max Barack, Falzer Schnorre; mundartliche Humoresken, bespr. von August 

Holder 277 

0. Fritz und K. Lauer, Johann Peter nobel» ausgewählte Erzählungen und 

Gedichte, bespr. von August Holder 277 

0. Meisin ger, Volkswörtor und Volkslieder aus dem Wiesentalo, bespr. von 

August Holder 277 

Johannes Zelter, Deutsche Sprache und deutsches Leben, bespr. von < >. Weise 278 
A. Waag, Bedentungsentwicklung unseres Wortschatzes, bespr. von 0. Weise 279 

A. Calmberg, Die Kunst der Rede, bespr. von 0. Weise 280 

Gustav Kisch, Nordsiebenbürgischcs Namenbuch , bespr. von Adolf Schul- 

lerus 281 

Thomas Frülim, Vergleichende Floxionslohre der Jaader und moselfräukischen 

Mundart, bespr. von G. Kisch 282 

Keinhold Sommer, Die ounschöllichen Kinder, bespr. von Friedrich Grac- 

bisch 283 

Otto von Groyerz, Im Koseligarte, bespr. von E. Marti 284 

August Gobhardt, Grammatik der Nürnberger Mundart, bespr. von Edwiu 

Koedder 360 

J. Schatz, Grammatiken der althochdeutschen Dialekte, bespr. von August 

Gebhardt 372 

Johannes Schneiderhan, Ausgewählte Dialektdichtungen aus den Schriften 

Joseph Epple's, bespr. von August Holder 374 

Karl Müllor-Fraureuth, Wörterbuch der obersächsischen und erzgobirgischen 

Mundarten, bespr. von L. Hertel 375 

K. Schuorf, Unser Deutsch, bespr. von 0. Weise 377 

Sprechsaal 189 

Büchorschau 93. 189. 285. 378 

Zeitschriftousohau 94. 190. 286. 379 



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Lautschrift 

der 

Zeitschrift für deutsche Mundarten. 



Um der Einheitlichkeit willen und zur Erleichterung des Satzes 
empfehlen die Herausgeber den Gebrauch der nachfolgenden einfachen 
Lautschrift. Es bleibt jedoch den Herren Mitarbeitern unbenommen, wenn 
sie triftige Gründe dazu haben, von der hier gegebenen Richtschnur im 
einzelnen abzuweichen und andere Zeichen zu gebrauchen. Uber einige 
Punkte wird sich überhaupt nicht so leicht eine Einigung erzielen lassen, 
so über die Bezeichnung der süddeutschen stimmlosen Verschlußlaute b, d, g. 
Bei beabsichtigter Verwendung von weiteren Lautzeichen wolle man sich 
an die Herausgeber wenden. 

Große Anfangsbuchstaben bitten wir bei mundartlichen Wörtern 
und in mundartlichen Texten nicht zu verwenden, auch nicht bei Eigen- 
namen und im Satzanfang. 

Vokale. 

Kürze bleibt unbezeichnet Länge ist durch Doppelschreibung 
zu bezeichnen: aa, ee, ii> oo, uu usw. 
i geschlossenes /. ä dunkles a. 

i offenes i. o geschlossenes o. 

e geschlossenes e. q offenes o. 

r offenes e. u geschlossenes u. 

ic sehr offenes e. t{ offenes u. 

a gewöhnliches, reines a. 

Mlschrokalc. 

ü geschlossenes ü. ü geschlossenes ö. 

i{ offenes ü. Q offenes ö. 

Cberkurze Tokale. 

%, d, a>, v (d. h. die Umkebrung von i, e, ce, a). Man vermeide die An- 
wendung von kleinen Vokalzeichen, sei es auf, unter oder über der Linie. 

Zeitschrift für DontscLo Mundartcu. III. 1 



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Lautschrift der Zeitschrift für deutsche Mundarten. 



Doppel rokale 

sind Dicht durch Bindestriche auseinanderzureißen, man schreibe also nicht 
etwa klr-i (Klee) oder gar klr,-\ sondern klri. 

Genäselte Vokale 

werden vor erhaltenem n, ng, m nicht als solche bezeichnet, andern- 
falls durch beigesetztes kleines n , z. B. wai n = Wein (rheinfränkisch), klaa n 
= klein. 

Bei Doppelvokalen und langen Vokalen wird die Nasalierung nur 
einmal bezeichnet, also wai n , nicht tva n i n ; klaa», nicht kh n a n . 

Konsonanten. 1 

p, t, k stimmlose ungehauchte Verschlußlaute. 
ph, th, kh stimmlose gehauchte Verschlußlaute. 
b, d, g stimmhafte Verschlußlaute. 

m, tu (Lippenlaute), f (Zahn- u. Lippenlaut, stimmlos), v (Zahn- u. Lippen- 
laut, stimmhaft); s (stimmlos), v (stimmhaftes s), S (stimmloses sch), 
(stimmhaftes sch),,/, n, ts (— nhd. *); y (Kehlnasenlaut), x («c/< - Laut), 
3 (stimmhafter Kehlreibelaut), c (/c/i-Laut); Zungen- und Zäpfchen-r können 
unterschiedslos durch r wiedergegeben werden, nötigenfalls wäre zwischen 
r (Zungen -r) und n (Zäpfchen-r) zu unterscheiden; / (dunkles l kann durch 
t bezeichnet werden); /*. 

Tonzeichen. 

Haupttonzeichen ', Nebentonzeichen \ Weitere Abstufungen bleiben 
unbezeichnet. Bei Längen kommt das Tonzeichen auf den ersten Vokal, 
also da, ce usw.; ebonso bei Doppol vokalen : dt, du, äai, du usw. 

Silbenbildende Konsonanten 

werden als solche in der Regel nicht gekennzeichnet. 



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Grenzen, Unterschiede und Herkunft des 
Westerzgebirgischen. 

Von A. Lang. 

(Fortsetzung.) 

C. Die Herkunft des WE. 

§ 20. Schon ein Blick auf die Fülle sprachlicher Entwicklungs- 
varietäten und -divergeuzen läßt erkennen, daß das WE. keine organisch 
einheitliche Ma. ist, sondern vielmehr aus einer Mischung von Maa. be- 
steht, deren artliche Verschiedenheit in Lautform und Wortgebrauch 
deutlich die Stämme verrät, die sich auf dem Boden des Oebirgs zu- 
sammengefunden. Sie haben sich natürlich an den verschiedenen Orten 
nach Stärke verschieden verteilt, wie schon ans den lokalen ma. Ab- 
weichungen ersichtlich ist. Immerhin aber werden sie gemäß der ihrer 
Art nach einheitlichen Ma. im großen und ganzen für den Gesamt- 
komplex, und in Sonderheit fürs Kerngebiet, von Schlag dieselben sein; 
nur die prozentuale Mischung mag örtlich oft bedeutend schwanken, und 
von ihr wird auch die lokale Variation der ma. Unterschiede rühren, die 
stammesgeschichtlich so bedeutsam sind. Aber die Stärke tut's nicht 
allein. Oft sind zähes Festhalten an der Eigenart und vor allem Ver- 
kehr entscheidendere Bedingungen für den Sieg in der Sprache. Man 
kann also nicht etwa vom Mengenverhältnis sprachlicher Abweichungen 
zum Hauptkontingent auf das Stärkcverhältuis der Stämme schließen, 
nicht einmal bei Mangel jener auf das Nichtvorhandensein eines derselben; 
wohl aber kann man aus dem Dasein stammcharakteristischer ma. Merk- 
male die Existenz dieses Stammes selbst behaupten, zuuächst örtlich bei 
streng örtlicher Beschränkung einzelner Merkmale, dann aber auch all- 
gemeiner bei umfassendem Verbreitungskreis. Typisch ist fürs WE. die 
Ma. des Ortes, die ich eingehender dargestellt habe. Demnach soll hier 
der Versuch — Versuch wegen der numerisch geringen und inhaltlich 
zuweilen nicht mehr genügenden Darstellungen der in Flage kommenden 
Dialekte einer- und der unzulänglichen Kenntnis aller örtlichen ma. Einzel- 
heiton andrerseits — es soll versucht werden, auf Grund der Zschorlauer 
Ma, 1 aus den sprachlich disparaten Elementen einen Schluß auf die Her- 
kunft der Westerzgebirger zu ziehen. 

1 Ich bringe hierbei im Einzelnen manche Nachträge. Es ist selbstverständlich, 
daß man bei einer solchen Ma. immer wieder auf neue interessante Einzelheiten stößt, 
deren Auffindung von zufälligen Gelegenheiten abhängt. Aufgabe eines we. Wörterbuchs 

1* 



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A. Lang. 



I. Grammatik. 

§ 21. Die Hauptfaktoren, aus denen da* WE. gebildet ist. sind 
ohne weiteres klar zu erkennen: sie sind teiLs ausgesprochen ostmittel- 
deutschen, thür.-obs., teils ausgeprägt fränkischen, speziell ofk. Charakters. 

Spezifisch omd. ist: 1. Inlautend und auslautend p für hd. pf. sowie 
mp für mpf (§122)': — 2. // und fr für pfl und pfr (§122); — 3. nist 
nichts (§ 166 b). 

Spezifisch ofk. dagegen: 1. Schwund des auslautenden c (§ 156); — 
2. Schwund des stammauslautenden n (§ 115. 167); 3. tivt nicht (£ 100); 
— 4. n</r/T nur ($108). 

§ 22. Keine Vorstellung wäre aber irrtümlicher wie die, als habe 
nun einmaJ durchgehends Thür. -Obs., andermal Ofk. in ausnahmlosen 
Lautgesetzen obgesiegt Diese gibt es im WE. fast gar nicht Die Sprach- 
verhältnisse liegen hier vielmehr so, daß zwar die größte Menge der 
Wörter einem bestimmten stammeharakteristischen Lautgesetz unterworfen 
ist, daß es aber fast immer Ausnahmen dazu gibt — und dies sind oft 
die so echt mundartlichen Wörter — , welche ihren Heimatlaut treu be- 
wahrt haben. 2 Diese Ausnahmen auch, die sich zuweilen wieder zu 
einem Nebengesetz verdichten, sind es zumeist, die, wie Blumen auf 
grünem Teppich der Sprache lebenvolles Kolorit verleihend, uns auf ein 
buntes interessantes Volksbild schließen lassen. 

i; 23. Zur Veranschaulichung stellen wir eigenartige Lautprägungen 
und gegensätzliche Formenunterschiede zusammen. Immer treten in der 
Hauptsache die zwei Gegensätze des Ofk. und des Omd. auf. Daneben 
zeigen sich noch Eigentümlichkeiten des Opf. (Oberpfälzisehen), und sogar 
schwache Spuren von Sorb.-Wend. (Sorbisch- Wendisch) und vielleicht 
von Ndd. (Niederdeutsch) lassen sich nicht ohne weiteres zurückweisen. 

Im Konsonantismus: Ausnahmsweise pf | allgemein p — mhd. pf: 
it rtskhuwpft, sai{9rhampf | tsumpl einfältiger Mensch; — allg. n \ ausu. 
y < mhd. tid, n: tsanst , hanin j ts« //st (naus), täi/I, tsauij; — ausn. 
Schwund | allg. Erhaltung von mhd. h i. Ausl.: kraatia( \ tsux. fite, 
iic soox, scfc: — allg. k | ausn. c, x < mhd. c i. Ausl.: paark Berg, pj- 
took | pdtooXy paart- Sau; — ausn. nt | allg. n: «ntdri* \ ttturs. 

Im Vokalismus: allg. aa | ausn. uo < mhd. im: kaakln (< mhd. 
goukekn) j kookln, tanmkookl Taubenlieb 8 , Paapl \ Poopl (Kraut pvopl) 
Schreckgespenst; — allg. na | ausn. ee < mhd. vi: stua j U mcestn*, 

wird es sein, alle diese mit etwaigen lautlichen Abarten unter Angabe örtlicher und ev. 
beruflicher Herkunft zu sammeln und wissenschaftlich zu vorarbeiten, ein sprach- und 
stammesgeachichtlich bedeutsames Werk, das vollkommen wohl nur durch Zusammen- 
wirken vieler Kräfte geschaffen werden kann. 

1 Dio Paragraphen ohne nähere Angabe beziehen sich auf meine Diss. 

7 Daraus erhellt denn wiederum die große Bedeutung eines vollständigen we. 
Wörterbuchs auch für die Grammatik : erst dieses wird eine abgeschlossene Darstellung 
derselben ermöglichen. 

3 kookln kann allerdings auch auf ein mhd. gogeleu, mce.stn auf Einfluß von 
vier zurückgeführt werden. 



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(iroüzen, Unterschiede und Herkunft de« Wosturzgubirgisthen. 



tswantsic \ tswer; — allg. Schwund | ausn. Erhaltung von mhd. e im 
Ausl.; flatpn, sink f. Schlucken | muumv, mrenico Menge; — teils 
Brechung | teils seltner Nicht-Brechung von mhd. i, ü, ö, u vor 
r-}-cons.: mtewrp, khcrrcrc \ m(r, tsj khiiry kü, t\rkl, s(rm, m\rkn, 
tsw{rtrln, pir; kharsmr \ kh\rSndr; t$<erln \ ts\rlti; tporm \ st{rtslaatr; — 
allg. * J ausn. r < mhd. t: Up, tsip \ khep, khepm; — allg. o | seltner u 
< mhd. o in geschl. Silbe: foly \ pulstr, pulst, khufr, khuts, fun, huk, 
stupl; — allg. u | seltner o | ausn. u < mhd. a (u. d): kus \ hglts, hplm, 
jtgrnkinl, sylcis, lotic, h(duyk, wglcdrn, tps, wps, raafogrm \ /Inns, puxt, 
luksvrtetnsaft (doch wohl beeinflußt von luksn glucksen); — ausn. er J 
allg. aa < mhd. r: reeyfn), ree&weec, sie rcey, eem, leelic \ aarn, waak, 
malwln; ausn. i | allg. a < mhd. e. e: sältsmist, icist Taillo j nast; — selteneres 
ee | ausn. er«-, verkürzt c | allg. ii < mhd. <v\ preesln, kheenic \ frhafmü, 
Irin | ttiis, mislmoos; — allg. ee, verkürzt r | ausn. m, verkürzt * < 
mhd. i: tlee, owryk \ wii, witn »wehtun« (wenn nicht mhd. wüetm), 
dwiyk, kii, stii; — ausn. an, verkürzt a | seltnes ii | allg. a\ < mhd. i: $~raa, 
terivalo, tafowalu, wal \ riiwa{sn, siifam \ Sru(v, Sraprts, pa(hi; — allg. 
aa | ni | ee \ r < mhd. -ege-: saans, maat, aatfn) \ a{t(n) \ eec, rey \ rc(n); 
— allg. an | ausn. | ausn. a\ \ ausn. ee < mhd. öu: traamv, khaaft \ 
Uraft | ra{trar, tra(c trocken, tra(y (mhd. *trüuchcn) trocknen [ peey, keey 
(mhd. * jauchen)-, — allg. du | ausn. a\ < mhd. öuw: sträd, Mnwv, flääv, 
fraüt, fräüo \ ha(; — allg. a{ | ausn. at{ < mhd. iuw: pra(n, prapr, na( \ 
tnni{l (mhd. kniuucl); — allg. // | ausn. ee < mhd. ie: tSiikot \ seef; — 
ausn. Dehnung | allg. Nicht- Dehnung des Vokals: ploot, ooplootn, Sriit, 
k,)Sriitn , miit, kjmiitn, ifliitn, khert, Sliif, kdpiis, kastriip, sool \ pis Bissen, 
stnl; — ausn. Kürzung | allg. Dehnung des Vokals: kris, fts, kit f steil, 
pin f pun | .«'/'s, niit, sie pdtuu khtenn »sich betun, d. i. betätigen können«, 
Platz dazu haben — Doppelformeu : suxy | sunt/, kern \ keey. 

In Form- und Wortbildung: oox \ tut < mhd. -agc-: ic soox, 
kooxt | käut, maul; — ic moox \ mää usw.; — Hiatmeidung | Hiatbildung: 
piin-ic, hoon-ir, tuun~ie, khään-ic, wün-ic \ pii-ic, hoo-ic, tuu-ic, 
khüu-ic, wii-ic; — kJivaast | hnvaasn; — ictlU? \ ivilstd? ; — Adj. -9t | 
-ic < mhd. -cht \ -cc, -ic: maardt \ paarcic; — sclr | selicor. 

§ 24. Daraus ergibt sich zur Genüge, daß das WE. durchaus nicht 
schlankweg als omd. Ma. bezeichnet werden kann. Andrerseits läßt sicli 
aber auch nicht leugnen, daß ein enges Verwandtsehaftsverhältnis mit 
den Maa. besteht, die wir zusammenfassend mit diesem Namen belegen, 
mit dem Obs. in erster Linie. Den Sachsen im Westerzgebirger vorrät 
schon 1. das Sprachtempo. Es ist mittellangsam, oft nach der langsamen 
Seite sich neigend, ca. 140 — 160 phonetische Silbon in der Minute Dies 
Argument ist indes gewagt ob der ungenügenden Zeitmessung des Sprach- 
tempos der Maa. im allgemeinen. Sicherer deutet auf obs. Einfluß hin: 
2. die Entrundung von mhd. ü, in, a, w (§ 74, 77, 84; Franke, Der obs. 
Dial. 1884, §37); — 3. die Erhöhung von mhd. a ^-re (§57, Franko 
§ 39,2); «/, e > ii (§ 63, 77, Franke § 39,3); a, u > u, uu (§ 46 A., 51, 



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A. Lang. 



Franke § 39,8); — 4. die Gesetze der Vokaldehnung und -kürzung i. allg. 
(§ 145 — 149); — 5. Erhaltung und Gebrauch des Imperf. (§ 202) und die 
M-Forni dor Kl. 7 im bes. (§ 202, 203,3, Franke 89,1). 

§ 25. Auf omd. Erde finden wir allerdings eine Ma., welche der wo. 
geradezu verschwistert ist, die Greizer Ma. 1 Sie weicht nur in wenigen 
prinzipiellen Punkten von ihr ab: 1. sie verschiebt p zu pf, z. B. supf\ 
we. ttttp Schuppen, strdmpjln j we. strampln mit den Beinen strampeln; 

— 2. hat <i'cf | wo. aa < mhd. ei: jlreas | wo. flaa.s Fleisch; < rahd. *e\ 
siV(v<er> Sfitelu- j wo. Swaar, saalic schwor, selig; — 3. a( | we. aa < mhd. 
üu, z. B. hhaifdr, pa\m | we. kkaafor, paam Käufer, Bäume; — 4. die 
Nachsilbe -gel erscheint als -cl, -.rl | we. -/./, z. B. feeel j we. funkln 
Vögel; — 5. die Assimilation von -nd erstreckt sich weiter, z. B. fim \ 
we. fintn finden, 67«, stun j we. sint, Staut Sünde, Stunde. Sonst aber 
herrscht reiche Übereinstimmung sogar in den Einzelheiten, z. B. wir 
unser, habde Adieu, pauorsla\t Bauern, und vor allem im Wortschatz, 
z. B. Sritsn spritzen , ris große Schüssel , its,y jetzt 

§ 26. Omd. ist die Greizer Ma. aber natürlich nicht, wie schon 
das pf zur Genüge erweist, das nur südlich vom Thüringer Wald seine 
Heimstätte haben kann. Sie gehört vielmehr zum Vogtländischen, ist 
also ebenso ein Ableger der großen kolonisatorischen Bewegung, wie eine 
andere ihr benachbarte Ma., mit der das WE. sich in manchen Punkton 
berührt, wie das Altenburger Bauerndeutsch. 2 Die Übereinstim- 
mungen liegen jedoch mehr in charakteristischen Einzelheiten als in 
großen Gesetzen. Zwar herrscht im Punkt der Lautverschiebung hin- 
sichtlich des p und wp volle Einigkeit, und auch vokalische Gesetze 
wie aa, i '> a( usw. sind dieselben. Aber das gilt ja überhaupt 

im Omd. Im Grunde ist das Altenburgische doch recht verschieden vom 
WE. Man halte nur zur Charakteristik zusammen: a. oo | we. aa < 
mhd. ou; — cc | aa < ei; — ee | aa<Löu; — Endungs-c | Verlust 
desselben; — Schwund des Endungs-« | Erhaltung desselben (bis 
auf eine lautgesetzliche Ausnahmo). Trotz alledem werden Beziehungen 
bestehen; denn wir müssen doch immer eine wahrscheinliche Veränderung 
der Bestandteile in Rechnung bringen. So kann zusammengestellt werden: 
wo. f/arsfj, ha(r)Urs mit a. harschde (Pasch S. 43) hörst du , »hört ihr's , 
das ersterc mehr im Sinne eines Anrufs hör zu!«, das letztere mehr 
als Ausruf der Verwunderung, des Erstaunens gebraucht, und beide 
völlig gleichwertige Gegenstücke zu we. hcc<i! und hont! ; — tamnkonkl 
Taubenlieb mit Taumgokel bei Pasch S. 101; tre Egge mit «je bei Weise 
S. 8; — serf schief mit a. srhebe (Weise 14); nattdrln ein Achtelchen 
mit a. nachderchen (Weise 29); inslt Talg mit a. insrlt (Weise 17, IV); 

— sicpirn schüchtern mit a. schichbem (Weise 31); — htitvec Adieu mit 



' Her toi, Die Greizer Mundart. 1887. 

* Pasch, Das Altenburger Dauerndcutsih. 1S78. — Weise, Die Altonbur^er 
Mundart. 1889. 



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Grenzen, Unterschiede und Ilerkuuft de* Westcrzgebirgischon. 7 . 

a. hädjv (Weise 29); — pruutl »Brodem«, Dunst mit a. brüdel (Weise 33); 
sttlfolMtworst mit a. sdlveUttworseht (Weise 33); — zu we. Meem Stuben 
der Singular a. schcldbc (Weise 18, IV), der we. *stoop lauten würde; — 
Sefu Sophie mit a. Seffe (Weise 33); — kris Grüße mit a. grissc (Weise 
17, IV); — tsetyst, (steilst *zu Ende des« mit a. xengs und xenst 
(Weise 27); — die Mask. for eksäamv, tar pdxt, tar taälum, die Neutra 
s firmitu, s munl , s khädn mit den gleichen bei Weise 35; — ic hoosn 
(< mhd. sin) soot ich bin der Sache überdrüssig, siehe bei Weise 41; — 
die Ortsnamen mit fem. Artikel, z. B. h Sühaat Schönheide | de Schin- 
hede bei Weise 36; kawaast gewesen | gewfist boi Weise 38; — typrptr 
Ziegenmist siehe Weise 21; p»niinw benamsen s. Weise 39; — Adjektiv- 
komposita, deren Bestimmungswort zur Steigerung des Grundbegriffs dient, 
z. B. stykfimtr, pfatsamts, kraitawa(s, prasltter vergl. mit Weise 43. 

§ 27. Zahlreicher jedoch, scheint es mir, als mit dem Omd. sind 
die Fäden, die das Westerzgebirge sprachlich mit dem Ofk. verknüpfen. 
Was ist Ofk., einschl. Südthür., das wir mit seinem pf zu jenem rechnen, 
in unsrer Ma.? 

1. aa < mhd. ei (§ 92); — 2. aa < mhd. ou, öu (§ 95); — 3. cm 
< mhd. äte (§ 50, 1); — 4. aa, a, m < mhd. / (§ 68); — 5. «> < mhd. iu 
(§ 91); — 6. u vor ck, pf, tx, U = mhd. /'/ (§ 86); — 7. iic, miic, tiic, 
siic mit ihrem verlängerten Stammvokal; — 8. der verlängerte Stamm- 
vokal einer Anzahl von Sbst., die nhd. Kürze haben, vom Nom. aus 
(§ 146 u. oben § 23); — 8. der verlängerte Stammvokal als Ersatz für 
geschwundenes n (§148); — 9. /.• < mhd. anl. j (§105); — 10. k in der 
Nachsilbe -gel (§ 136); — 11. die Assimilationserscheinungon (§ 163—166): 
tid > n, ld~> l; gen > y, ben > m; fen > fm, pen > pm; gl, kl > tl, gn, 
l,n > tu; — 12. die Formen der Substantivendungen -iy < mhd. unge, 
z. B. kosteliy f. Stellung zum Militärdienst, Aushebungstag, sowie -9tts 
(< *hartus? vgl. franz. criard): pelkarts (Verbalsbst. von pelkn schreien) 
§156,6; — 13. die Diminutivform -Iv < mhd. lin für den Plural, für 
den Sing, in nebentoniger Stelle, sowie immer nach /, oft nach r: spaanlv 
Spänchen, srdv Untertasse(n), pah kleiner Gummiball, -bälle, ttirlo \ tiiti 
Türchen; — 14. die Plural -Dativform -nv, v (durch Assimilation) bei 
Subst auf Nasal vornehmlich: an pa/w an den Beinen, fun tsanv von 
den Zähnen, in .Hecmv in den Stuben, in tan tooyü dieser Tage; — 
15. die Bildung der Adjektiva auf -dt 153, 187, 2; — 16. Form und Ge- 
brauch des Opt Prät schw. Vb. als Konditionen und als Prät. Ind. 201 : 
,v pasdt ksroot es paßte gerade; tos jMtsjt sii, tc<eu .... das würde schon 
passen, wenn . . . .; — 17. Gebrauch des Reflexivs, z. B. s mitral sie \ 
s kä/ty es ging gut; s haart sie sii tut es läßt sich gut zuhören; s ktrft 
sie fa{ ne(t) kuut tut es läßt sich nicht gut damit hantieren; — 18. von 
Einzelheiten: a) oo ab, aa auch, tsivtra-rnin (mhd. xivirbeln), z. B. s 
tswuorwlt mir es wirbelt aber, d. h. die verwundete Stelle schmerzt sehr, 
stf-alk (n) welk(en): — b) kii räd an tis, tsttn asu komm zum Essen; — 
c) -auf für >naclK bei Ortsnamen: of sneepaark kü nach Schneeberg gehen. 



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8 



A. Laug. 



§ 28. Wir könnten wohl auch dem Ofk. noch die folgenden sprach- 
lichen Erscheinungen angliedern, wenn wir, was vollauf berechtigt ist, 
keine scharfe Grenze zwischen Ofk. und Opf. ziehon. Anderseits wiederum 
gelten sie als spezifisch opf., so daß auch ich keinen Anstand nehme 
sie dafür auszugeben: 1) Die Diminutivform -/ für den Singular: tipl, 
pät.sl, iirl Ohrchen, Uhrchon; — 2. mouilliertes /, zu {' geworden, in 
Miaiwl Kälbchen, Kalb und Ha{m (<-hälm) Wilhelm; — 3. c < mhd. h- 
nach /• in (ea-rc^r Erker; — 4. mt < mhd. öutr, ahd. aut{ § 98, z. B. mist- 
krual (mhd. kröuwcl) Mistgabel, krääln (mhd. kröuwelen) krallen. 

§ 29. Hier stehen wir noch auf festem Grund. Mit der Annahme 
niederdeutscher Elemente begeben wir uns auf schwanken Boden. 
Daß Ndd. durch Niederländer mittelbar oder unmittelbar durch die Gos- 
larer Bergleute, die das Erzgebirge im 16. Jhd. entsilberten, in unsere 
Ma. eingedrungen ist, wer wollte die Möglichkeit leugnen? z. B. ü = 
mhd. i in siifdrn (mhd. sifen), niwa^sn (mhd. ribiseit), cc — mhd. ie in 
serf (mhd. schief), f — mhd. b, in Miifjrn (mhd. gelibercn) u. a. § 120, 
das ein Substitutionslaut für ndd. fe sein könnte. Hiergegen aber ist ein- 
zuwenden: 1. daß diese Formen sich auch auf andere mhd. Grundformen 
zurückführen lassen, 2. daß sie im Md. weit verbreitet sind, 3. daß sie 
nicht spezifisch bergmännische Ausdrücke sind und daher direkt nichts 
beweisen (siißni wird allerdings nach Göpferts Auszug aus Mathesius' 
Sarepta = Zschr. f. d. Wortf. III im Bergwesen gebraucht). Fazit: un- 
wahrscheinlich. 

§ 30. Gleiches gilt vom Sorbisch-Wendischen. Besonders macht 
der tf-Laut Pein, und darum der Weisheit letzter Schluß: sorbischen Ur- 
sprungs. Nun, warum nicht? — oder vielmehr warum? Daß dieser 
Zischlaut spezifisch slavisch ist, kann nicht bezweifelt werden, ebenso- 
wenig nicht eine sprachliche Berührung mit den Sorben. Sehen wir uns 
nun nach sorbischen Wörtern dieses Lautes in der Ma. um, so können 
wir höchstens sehr zweifelhaftes Material anführen: tSuk(l) Schwein und 
moots (meetSl) Kuh (Kalb), dio mit slav.-wend. enc schnüffeln und mite 
— lat. muffire brüllen in Verbindung zu bringen wären, und violleicht 
noch tsaxerln = tsorloo nutrn (Kinderwort) pissen, deren wend. Grund- 
wort aber geradezu v-Laut hat Wendischer Ursprung hat also so gut 
wie keine Wahrscheinlichkeit für sich. Es bleibt aber noch eine andere 
Annahme: das ts als lautmalendes Element zu betrachten, das sich in 
zahlreichen Wörtern wie »klatschen, rutschen, quietschen* findet und 
offenbar ein Geräusch symbolisiert In den § 134 erwähnten Wörtern 
aber, denen ich noch tsmtpm Zschäupchen hinzufüge, ein Geräusch- oder 
wenigstens ideolles Bewegungsmoment zu entdecken, wird oft schwer 
halten, selbst wenn man auf die ursprünglichste Bedeutung zurückgreifen 
wollte. Ob das Deutsche den Anstoß gab, ob das Sorbische die Vermittler- 
rolle gespielt hat, wer weiß es. Man kann auch vermuten, daß ana- 
logische Übertragung von Fällen wie />/>//, tsttutm. I<itts vorliegt, deren 
K-Laut sicher auf Femassimilation des v, bezw. .v an folgendes * beruht. 



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Grenzen, Unterschiede und Herkunft des Westerzgebhgischen. 



Man kann ein unvollständiges Lautgesetz, zu dem vielleicht das Sorbischo 
den Anstoß gab, annehmen; man kann alle diese Vermutungen aufstellen, 
aber den sorbischen Ursprung des tS aus dem erweisen kann man nicht 

§ 31. Lassen wir Opf. aus dem Spiele, so kommen demnach zwei 
bildende Faktoren für das WE. ornstlich in Betracht: das Ofk. und das 
Thür. -Obs. Könnten wir nun, so fragt es sich, Gebieto der Kolonisten 
nicht näher umgrenzen , vielleicht gar das Gros auf ziemlich einheitliches 
Gebiet beschränken? 

Ziohen wir zunächst die Arbeiten von » Haupt, Die Mundart der drei 
Franken« (Bavaria III, 1) und von »Franke, Ostfränkisch und Obersäch- 
sisch« (Bayerns Maa. I u. II) zu Kate. Obwohl weniger brauchbar infolge 
fast jeglichen Mangels dialektgeographischer Begrenzung wirklich laut- 
gesetzlicher Erscheinungen (es werden in der Hauptsache immer nur 
einzelne Wörter, sehr selten gesetzliche Erscheinungen einzelner Orte 
oder einzelner unklar abgegrenzter Gebietsstriche angeführt, so daß man 
sich Gesetze und ihre ungefähre Verbreitung mühselig und unsicher 
herauskonstruieren möchte, so selten os auch befriedigend gelingt), gibt 
Haupt doch in Einzelheiten Fingerzeige, die deshalb wertvoll sind, weil 
solche einzelne Besonderheiten fast immer auf engeres Gebiet beschränkt 
zu sein pflegen. So spräche für die Bamberger Gegend: k in Spälkn, 
fälkn, l in täphisiirn , strapUtsiim , und in Slictn, it in ma-crr$nw, rerenv, 
ts in tsicffcerwhi, a in straamv (ahd. strimo) Striemen, tswantsic; .steem 
Stuben (B. stöörn), iic moor ich mag, die Konditionellforni -dt; die Formen 
paitn bellen, tsiväütstet unruhig, muykdt verdrossen, tsityku dickes Bein, 
bes. vom Schwein (B. suyktt Schinken). — Das ee in seef fände seine 
Entsprechung im Rhön gebiet und in der Gegend von Rothenburg, 
wo ie > ee geworden scheint; während die e-Formen vor (i r — (, ii r > {) 
in Neuhaus h. Pegnitz, also nach dem opf. Juragebiet hin anscheinend 
zu Hause sind: m{rkn merken, t\rrt dörrt Hennebergisch wäre: k < 
ausl. c (< g): jmark; a, aa < e: raxt; nicht-nasalierter Vokal bei ge- 
schwundnem stammausl. n: khii, tsii. 

§ 32. Reicher noch fließen die Quellen, wenn wir uns nach dem 
Koburger Gebiete wenden, dessen Ma. von Felsberg eingehender dar- 
gestellt worden ist. Ich will zugleich damit einen Überblick geben über 
das was, gebunden an ein bestimmtes Terrain, von da sein kann: a offn. 
S. > oo; ä > oo; d r > selten aa (oo, ov): ciitir; a n > ää; e geschl. S. > e; 
ü > a; e offn. S. > z.T. ee: trtsevln; e > a, aa; i geschl. S. > i; * r > 
selten *v. wtert, am; iy-ai; o u: tumr, hak; u mm - nn y>u: 
sumdr, sun, kdStcumv; n T > o; t) > au; ei > aa; ou > aa; ie > tV; u 
stammausl. > Null mit Dehnung des nicht-genäselten Vokals; nas. «>Null 
(doch kob. auch nach nk: katruyko); anl. </ > , inl. g > c, x; k vor Vok. > 
kh; b intervok. > w; b ma. ausl. > Null in oo, roo, noo; s vor den Kons. 

> .s, rs > rs; Vokaldehnung: iic, miie. tiic, siic und sliitn, kjsuiifn, 
sriit; Vokalkürzung: litrt Docht; Vokalschwächung u. Lautschwund: unde 

> 3 in äystjjMty, — kämpft, aarft, — snntic, ko.rt.sic, — cht > dt: trakot, 



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10 



A. Lang. 



— lin > In: maatlo, — heit > jI: kraykat, — unifc > iij: festiy, — huntn, 
hnuam, binv, — ausl r > Null, nur in Adv. v: fgrtw, — pfaar, maärk, 
rümpf] h mäcst | wo. mecsf; aa auch, nrt nicht, naor nur, — Assimilation: 
nd : - n: ivmur, — md > m: kern, (rem, — Id :> /: pal, fair, — m/"> mpf: 
fämpfj | wo. Jimpfj, — ben > ///: klaam | wo. kdlaam, — w-f- m?iV: humor, 
kr mer. u-r nur, — :> //«: laafm; — Metathese: ptrrstn \ prresn (rahd. 
birsen'i): Artikelform: taar \ tr, tii | tv, /(w (we. /os) | s; ü für alle drei 
Geschlechter; — Pronomen: viai, ta(, sai; hämzrv (ahd. iro: Gen. part): 

— Numerale: 3 — 12 | wo. 2 — 12 mit d; — Verb: tor für er-, hnaasn \ 
kdiraast: tun, kii(j), st-ii(d) wie we. der Form nach konjugiert; Imper. sie 
sieh! | we. sie | saa; — Syntax: Umschreibung des Gen. mm fadfr sa( 
hat{s; Dat. nach für \ fr: fr miir; mehrfache Negierung: khrn pesorn kharl 
kipts nrt; adv. Verstärkung der Präp : na(n ( hinein in) sa( puux; Voran- 
stellung der dominierenden Vorstellung: v kitufs piirlo tos is ma( laam, 
mit miir ioo is frpa{; wii für ah: .s\mr wii ta(ns; — Wortbildung: Her- 
kunft der Leute durch -er: Mareni/pr Meininger | Suurbr Zschorlauer; 
Subst. mit -/*c-f krit: oltvrickhait , toätitit khait; ai{SD liict j we. auso lietfn); 
Pronomen pers. zur Bezeichnung der Blutsverwandten: ma{ Otoo mein 
Bruder Otto), ta( Kmda deine Schwester Emma); — Wortschatz s. § 4ü\ 

§ 33. Augenfällig ist auch Übereinstimmung mit den Lautformen 
der Mundart um Sonneberg in Schleichers Darstellung. Sie besteht 
allerdings auch wieder mehr in Einzelheiten, die charakteristisch sind: 
o < rahd. a: hglm Halm, sgkis Fettbildung am Bauch der Gans, ghrr, 
uns, tos u. a. § 43 | Schleicher S. 13/14; — o u < mhd. a in so u k, das ver- 
einzelt in Zschortau vorkommt | Sehl. 14; — oo < mhd. « r +'» b ■: raafogrm 
(mhd. rcin-varm) Farnkraut j Schi. 14; — oo < mhd. dtv: kroo Krähe, 
ttoov Klauen, pfoomfuus Pfauonfuß, Bowist | Schi. 14 u. 32; — 
aa < mhd. dw in aai/praamn | Schi. S. 7 aaghenbraama ; — ad < mhd. o 
in torfad davon | Schi. 4; — // < mhd. d in tart Docht u. a. 49 | Schi. 3: 

— <('((' mhd. ir in frlmanv verhöhnen | Schi. 7: <v <: mhd. /, in, ei unlo, 
ts</'lv t slcecst, slr/'ct, In et, lotst, la?t , farfir, preet-Jr § 68 u. 91 | Schi. 
H n. 7; — Kürzung des Stammvokals vor mehrfacher Konsonanz über- 
haupt wie auch Form und Kürzung bei Subst. auf Nasal im Dat. Plur. 
auf -au: tsonv, pdnn | Schi. 8 xenna, brnna; — /. in falk Falte, spälk 
Spalte u. den betr. Verben | Schi. 3 aber svhpält, doch xpalk fränkisch, 
vgl. oben § 31; — der Schwund des /* nach Nasal n, m, ij § 116 
Schi. 31; — die r- losen Ortsadv. linv, iaa.su, tunm, tantn | Schi. 59; — 
andrerseits die im Gegensatz zum Nhd. mit /• behafteten Adv. trjxii, 
tnniit, trjiir | Sehl. 59: — die absoluten wie satzphonetischen Formen 
der Pronomina sind bis auf wenige kleine lautliche Abweichungen die 
gleichen | Schi. 45 — öl. — Syntaktisches: Die Gonetivunisehreibuug; der 
Artikel in Form und Geschlecht bei Personennamen: ic hoo no Hans, 
8 Miinl I.jsaa | Sehl. 60 ich hon in Hans, i.s liarla yrsuan; (iebrauch 
der Kiehtungs- Präpositionen und -Adverbien: we. of khamts \ Schi. 61 
af Forsrfa nyrmt, we. naus of U Pnrkjrbskr/i \ Sehl. 61 aaas nf Schter- 




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> 



Grenzen, Unterschiede und Herkunft des Westerzgebirgischen. 11 

t/ich, we. Hiin in HUnkrunt \ Schi. 61 düüm in HütUngrumf , we. n<> 
paarl; nauf, ra( | Schi. 61 in baargh nanf, rei; Nhd. »als« stets nii, 
z. B. we. wii ic kfwmv pH, hoot.s kdreeijt | Schi. 63 wii ich gdhimma bin, 
fiots goriigheni ; we. »r is frrrsr irii(n) iic | Schi. 63 ar is größdr wii 
iich; — besonders hervorgehoben sei das Beteuerungswort hau, das im 
WE. allgemein ja< verdrängt hat, im Sonnebergischen allerdings noch 
nicht ganz, we. hau = ja | Schi. 63 zur Verstärkung hu jäa, ha freilich. 

§34. Schreiten wir noch vor zum Frankeuwald, so mangelt's 
auch hier der Beziehung nicht: Hier fehlt das Impf, gleich dem WE. 
nicht, wie sonst im Frk.; hier wird auch j anl. zu k, wie sonst nur weiter 
südlich im fränkischen Jura; hier besteht auch die Neigung i zu e werden 
zu lassen, worauf wohl unser khcp, khepm zurückweist. 

§ 35. Und schließlich seien zur Erhärtung noch Hertels Angaben 
auf S. 31 seines Thüriuger Sprachschatzes angeführt Er bezeichnet das 
Sonneberg- Koburger Gebiet mit -Mainfränkisch«, nördlich davon im 
Frankenwald zwischen Kennstieg und oberer Saale liegt sein » Sorben - 
oder Saalfränkisch v . Mit der Form der bei ihm angegebenen Wörter 
stimmen nun die we. in folgender Verteilung überein — (ich übertrage 
sie in unsere Schreibweise): 





Saal fränkisch 


Mainfränkisch 


Hügel 




hm 


Häuschen 


ha\sl 




Gemeine 




l.jmau 


Kirche 


klueetre 




Wagen 


teooij 




Jahr 


kuar 




Kind 


khint 


khint 


sein 




sai. 



§ 36. Damit haben wir die Grammatik im wesentlichen erschöpft. 
Wir kohren von unserm Streifzug ins Fränkische, wenn auch gewiß nicht 
voll befriedigt, so doch immerhin der Lage der Dinge nach mit reicher Beute 
zurück. Wenn aber so Vieles im WE. fränkischen Ursprungs sein kann, 
wo sind, s<» fragen wir mit Recht, dann gerade die spezifisch fränkischen 
Charakteristika geblieben: Die gerundeten und die genäselten Vokale, die 
unechten Diphthonge, das markante pf? Wir antworten: Zunächst ist 
noch nicht heraus, ob in allen Teilen Frankens sich diese Eigenheiten 
finden. Wenn dies aber — und allem Anschein nach mit höchster Wahr- 
scheinlichkeit — der Fall ist, so müssen wir doch bedenken, daß zweifels- 
ohne noch viel thüringisch -sächsisches Stammesblut in den Adern unsers 
Volkes fließt. Räumlich näher bestimmen freilich läßt sich die heimat- 
liche Scholle dieses Hauptkontingentes nach der Grammatik heute nicht. 

§ 37. Ich ziehe den Schluß aus der grammatischen Untersuchung: 
Wir haben zwei Hauptströmungen zu unterscheiden: die eine von Ober- 
sachsen herauf und die andere von Kranken herüber. Das Quellgebiet 
jener liegt, sagen wir, um allen Weiterungen zu entgehen, vom Thüringor- 



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iL' 



A. Ijwg. 



wald ostwärts quer durch Obersachsen; die Adern dioses Stroms ver- 
breiten ihr Netz über ganz Oberfranken, vom Thüringer-Franken wald 
herab bis zum fränkischen Jura, vom Fichtelgebirgsstock hinüber bis ins 
Bamberger Land. Die Hauptzuflüsse aber liegen im Nordmainfränkischen, 
in dem Gebietsdreieck zwischen Thüringer-Frankenwald und Main: Finger- 
zeige weisen vornehmlich auf den Frankenwald und ins Koburgische hinein. 

§ 38. Ks ergibt sich aber noch mehr. Man vergleiche einmal dio 
Bedeutung mit der ma. Form der Worte: pfoomhäu Pfauen h ahn, 
(sai()lloov Klauen, /,rw Krähe, fiic Vieh, loprpar Ziegen-, Schaf- 
mist, nachrlv Milchmaß, inslt Talg, tswhrii Sellerie, saut/ saugen 
(Vieh bes.), keey \ kccy jagen, vertreiben (Federvieh bes.), eec \ ec \ 
a\t | (tat Egge, holm Halm, sokts sackförmige Fortbildung am Bauch 
der Gans, raafpprm Farnkraut, kha(irl Kalb, mistkruäl Mistgabel, 
strikt Streu, saudrhampf Ampfer, wetskhumpft Wetzsteinbehälter. 
Das sind alles landwirtschaftliche Ausdrücke in ostfränkischer Form. 
Westerzgebirgische Bauern stammen also aus Ostfranken, sind südlich 
vom Thüringer- Franken wald beheimatet, wohl gar geringen Teils hart an 
der opf. Grenze seßhaft gewesen. 

§ 39. Hinsichtlich bergmännischer Bevölkerung läßt sich der- 
artig Bestimmteres nicht aussagen. Das ma. steckt Schlegel, eine Art 
Hammer der Bergleute, kann nichts weiter beweisen, höchstens negativ 
insofern, als der Verschlußlaut bewahrt ist, obwohl es ein spezifisch berg- 
männischer Ausdruck ist, bei dem man die Bewahrung des Reibelautes 
erwarten könnte. Einige vornehmlich im Bergbauwesen gebrauchte form- 
charakterisierte Wörter seien der Sarepta des Matthesius nach Göpferts 
Auszug entnommen. In der lebenden Ma. scheinen sie freilich nach 
meinen Erkundigungen in der Form nicht oder besser nicht mehr zu 
existieren: ab flehen (mhd. rtöuwcn, Z. Ma. /Ith) abwaschen (Erze), Gvxäk 
oder BerggeA.au (mhd. gexnuwc, Z. Ma. kthaa) die bergmännischen Werk- 
zeuge, Bucheisen (mhd. puchen, bocheu, Z. Ma. purdric »Pochwerk«), 
Eisen zur Zerkleinerung der Erze, schür f(en) schürfen, Schürf der Erze 
(Z. Ma. ski{rfm), strupfen darüberstreifend wegnehmen (die Erze), flammet 
flammig (vom Erz, Z. Ma. fläimt), stümpicht von Gestalt eines Stumpfes 
(Z. Ma. stimbtn), feist fettig (Z. Ma. faist); xenicht (mhd. xein Stab, Reis) 
stabförmig. Diese Formen weisen zumeist ebenfalls nach Franken; nur 
brauchen die Ausdrücke, mit weniger Beweiskraft als die bäurischen 
für sich, nicht bergmännisch der Bedeutung nach zu sein. Wie ver- 
schiedenartigen Ursprungs die bergmännische Bewohnerschaft, die z. Z. 
zweifellos aus verschiedenen Volksschichten zusammengewürfelt war, aber 
sein mag, das verraten die Formen kreil, krail, krahl, kräht (< mhd. 
kröutrel, Z. Ma. krtkil) fünfzinkige Gabel zum Einscharren der Krze in 
die Karren. In der Hauptsache, aber wird sie teils aus Franken (der 
Bergbau blühte bekanntlich schon vor 1000 in der Maingegend), teils 
aus Obersachsen stimmen. Dafür spricht auch das Zeugnis Meitzers in 
seiner Sehneeberger Chronik S. 62: Wie aber gleichwohl gestalten Sachen 




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Grenzen, Unterschiede und Herkunft des Westerzgebirgischon. 



13 



es sich dabei ereignet, daß einer ... bei unverhofften Bestand und solchen 
langsamen Anfang der Stadt sein Körblein zu heben gemoinet uud sodann 
nacher Zwickau, oder in Sachsen und Franken wieder heim zuziehen 
gotrachtet . . .« — und S. 61: ... unter einem seltzamen Volck aus 
allerley Landen . . .«. 

§ 40. Diesem Ergebnis nach haben wir also im Westerzgebirge, 
oder vorsichtiger gesagt, in Zschorlau — donn dessen Ma. haben wir ja 
zu Grunde gelegt — hauptsächlich fränkische, d. h. hier südlich im und 
vom Thüringer Wald seßhafte Bauern, gleichstämmige Bergleute einer- 
und obersächsische andrerseits vor uns. Für das ganze Gebirge müssen 
wir nun die Grenzen und Unterschiede in Rechnung ziehen. Auch die 
Dialektübergänge finden hier eine Erklärung. Danach ist das Gebiet in 
der Weise besiedelt, daß im Kerngebiot die Zusammensetzung der Kolo- 
nisten im wesentlichen die gleiche wie in Zschorlau ist, nach Obersachsen 
hin die Sachsen zunehmen, nach dem Vogtlande die Franken, auf dor 
böhmischen Seite die Nordgauer, d. h. in der Hauptsache Oberpfälzer, 
und nach Osten zu die Osterzgebirger, d. h. Westoberfranken nach Meiche. 1 

II. Wortschatz. 

§ 41. Was die Grammatik erweist, bestätigt auch der Wortschatz. 
Obd. und md. Wörter werden, an und für sich mit gefühlsmäßigen Be- 
deutungsnuancen behaftet, in der Rede wechsolud meist ohne Unterschied 
gebraucht 

§ 42. Formelhafte Ausdrücke weisen schon auf die Verbindung von 
Nord und Süd: kruntjpmün (Besitz an) Ackerland, kauysuutl Mistjauche, 
aysteptiy ängstlich zu Mut, tsitrnttnpeeivrn zittern und beben. 

§ 43. Obd. und md. Wortschatz gehen Hand in Hand: faatn Eidam | 
swiicjrsHu Schwiegersohn; fhiuar Schnur der Bibel | swii&rtoxtor 
Schwiegertochter; ffheemfv | krusfädtor (»roßvater; ff fraalv \ krimsv- 
muter Großmutter; pos Bengel | kuy(r) Junge, Sohn | p(rSl Bürschchen, 
khatdrlu | kumpfjr \ Ii pst» Geliebte; ka(tskrooy \ ka{txhiUUt Geizhals, khmi- 
ric | folk \ puxt Gesindel; hak \ faars Ferse; htiator \ Uipm Hader, suniie- 
fatsn j -tlaat Sonntagskleid; pdsiic \ isuutrk Deckbett; kraa \ mcecerqtic 
Meerrettich, krumpm \ kriifm geschmorte Spockwürfel, pulst \ stampor 
trockner Kartoffelbrei, tälic \ imlt Talg; länt \ aart Erdreich, tyrstn \ 
kriii{iStriyk Krautstrünke, hiimr.sta(c \ -trep Hühnertreppe, Sabril J Sa{ 
Scheune; Spra{sln \ §plitjr | siifar; .stots j Sttfl Holz wann chen; fuart \ l%tr 
Leiter; kdsäts \ tsool das Maß der Arbeit, das man sich zu erreichen vor- 
nimmt; — anfrße | n/irs \ olirar einfältig verrückt, «{m | fla{sic emsig, 
fleißig, fjrstcmic \ kjwitsic | knSa(t gescheit; tsiil&t \ seef schief, eem j 
karoot eben; lautkhunic \ pdkhänt bekannt, ruchbar; — na(tuykn \ na(- 
titxn eintunken, preesln \ pr^kln bröseln, ra(iorn \ s/im sieben, stroofm \ 

1 Moiche, Dor Dial. der Kirchfahrt Sebnitz. Loipz. Diss. 1898. 



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u 



A. iAllg. 



tootlu strafen, tadeln, tsupm \ fhjkn pflücken; hikn \ sprino aufmerksam 
hinsehen, siooy \ pu.m \ priikln schlagen, pochen, prügeln; Spam \ pracn 
erbrechen; foly \ hcersrn gehorchen; *Spraxn \ reetn sprechen, roden. 

§ 44. Viele we. Wörter finden sich nach Franke (Die Unterschiede 
des ofk.-opf. und des obs. Dialektes) im Obs. wieder: sie mihi sich's ge- 
gemütlich machen, apjlv {Kinderwort für) Kartoffeln, nuskdtsnykis kriiy 
gescholten werden, ekstwn ärgern, fiün fühlen, tasten, fro{v freien, fra\t f. 
Brautschau; hitg Fußbank, tsnmhusln sich einmummeln, in taar free rim 
in dieser Umgebung; hkacem fegen, k.itees seelisch gedrückt, ksimift 
schlau, kriini Krüppel, Schweinehund, dazu tsumkriiwln zusamraenknittern, 
hinan weinen, kruuspruutic prahlerisch, kuutmaanv liebkosen, in waak 
rimkwaarkln im Weg rumlaufen, älto tsiiy (kipts)! nichts gibt es!, lunmic 
Taugenichts, lug Niete, numlfasl Frucht der Hagobutte, mänsn u. waipsn 
Mann, Weib; mceykamkv Quatsch, ntipl Naseweis, nuuSln undeutlich 
reden, otdr Natter, Schlange, paarmln, payln klagen, bangen, pfiitsn 
schrille Töne von sich geben, piitsn Brüste, pisn Wickelkiuder einschläfern, 
pdtcpwt bestürzt; pr^Sn antreiben (Vieh); rnykln (im Bett) sich unruhig 
hin und her bewegen, ruforn lärmen, rumpeln (z. B. Wageu), saa sehen, 
schauen, saaivln rennen, soot satt, genug; slceykarie Stoß; sinäts(n) Kuß, 
küssen, gperäylwa\t (die Tür) sehr weit (auflassen); SUcecrln störlen; tilg 
Brühe, tlitsmiis bis auf die Haut durchnäßt, tgrt Schur, terpfln (Glieder) 
erfrieren, trmisn heftig regnen, gießen, ircr.mml großer starker Mensch, 
fsiic Geiß, tuuunc schwül, tntnic dottig. 

§ 45. Reichlicher noch floß die Beisteuer aus dem Frk.-Obd. So 
das bekannte fa( (< mhd. *finc), das in ganz Franken und noch in der 
Oberpfalz heimisch ist, a(tl immer, maa (< mhd. meine [ich]) etwa im 
Sinne von: wie man sagt, gerüchtweise, dnurntv »am Ende«, vielleicht. 
Weiter auch: flagmr Klempner, pitiw Böttcher, kmtgl (zu mhd. jisen) 
Armvoll — <mrf\ y khntlflak saure Flecke, hiikS Schweinigel, prunv(tväs»r) 
Quellwasser, .< patm Unit ein Klumpen Ackerland, praani Bremse, mint 
hiifn darben; — kukn gucken, fiutsn schlummern, naisn tünchen; zeigen, 
flrsn weinen; — froot wund, a{lic(9 tsace) stumpf (e Zähne, wie sie durch 
saure Speisen und Getränke, bes. Essig, erzeugt werden), centoris be- 
fremdlich, unheimisch, (Carum sittig, hold, lieblich (Mädchen). Das sind 
nur einige charakteristische Worte aus der Fülle des we. süddeutschen 
Wortschatzes. Sie alle stehen in Schmellers Bayrischem Wh. Daraus ent- 
nehme ich noch: (iteriii I, 181 aller Augenblicke, unßriifln I, 652 vom 
Garn: der Faden löst sich. miUdkn täppisch anfassen, und talkn I, 503 
täppischer Mensch, natnlfjm I, 504 täppisch befühlen, flatM I. 757 großes 
Stück (z. B. Gebäck), Ohrfeige, hutsn kii I, 1195 besuchen = tsvokn kii 
:zuni Rocken gehu , hap I, 1139 Lockruf der Ziege, kau tarn I, 873 (zu 
ma. kiiot Freude) scherzen, khilstarn I, 1241 hüsteln, kivint I, 1395 Lüge, 
munykn IT, 1626 heulen, -pootsoof I, 312 gutmütiger Mensch, prankln 
I, 352 schmoren mit knisterndem Geräusch (bes. Fett), sie ripln II, 9 sich 
rühren, tnayhi I, 1750 ningern, tranhi 1,671 spielen, tnnsl (zu 1,528 



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Grcnzon, Unterschiodo und Herkunft dos Wcsterzgobirgischcn. 



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dunz-eln schlummern) träumerischer, weltfremder Mensch; tso! tsoluf Lock- 
ruf für eine Hündin (II, 1109 xöken); släarfm 11,533 schlürfen, mit Ge- 
räusch einhergehen; sniptrlic II, 533 Grünschnabel. 

§ 46. Näher lokalisieren läßt sich nach dem Gegebenen der Wort- 
schatz schwieriger noch wie die Grammatik. Nach Schindler wären be- 
sonders in der Oberpfalz zu Hause: äijstopäy I, 103, hhiitxdlraa I, 1317 
katzengrau, krumpalv I, 1370 Fettgriefen, paare I, 268 verschnittnes 
Schwein, mvts II, 350 Mutterschwein, pumor I, 391 Bulle, starker Bursch, 
LsüivjId tfsiip! II, 1075 Lockruf für Kückcheu; loht I, 501 Falten, lufk 
(opf. tuollca) Teile, torstn I, 544 Runkelrübe, wakslput I, 312 verkümmertes, 
kleines Weib. — In der Bamberg er Gegend sind heimisch nach Franke: 
flä$rwr Klempnor, tfukl (B. suhl) junges Schwein, siit gebrühte Spreu, 
suulln beschmutzen, piisln umherrennen (Vieh), hivaütsln unruhig hin- 
und herlaufen, Smtntsn die Luft durch die Nase ziehen, kayin baumeln, 
krainn weinen, Vnikln schielen, peeo Brot aufweichen, kii wak! laß mich 
in Ruh! — Für Koburger Gegend spricht nach Felsberg: hultic nun 
mal, eben, nuctdrlu l / 4 Liter (Milchmaß), sa(ar Seier, lortwlv Ziegenmist, 
wislv Zunif an das Vieh links, hotn rechts zu gehen | kob. hotmvak, 
ruuthaa Haue, akaraät nrj gerade nicht, einschränkendes ha. 

S 47. Man kann also auch hier in der nähern örtlichen Bestimmung 
des Wortschatzes eine Übereinstimmung mit dem Ergebnis der Grammatik 
nicht verkennen; man kann sich auch ferner der Wahrnehmung nicht 
verschließen, daß eine Anzahl spezifisch bäurischer Ausdrücke sich 
darunter finden, genau wie oben § 38, wo wir lautliche Erscheinungen 
an süddeutschen Wortschatz geheftet sahen: paare, suuts, pumor, tsiiy- 
hrw)r, nactwlv, d kiuisl ha(, *«{'<>/-, piisln. 

§ 48. Kommen wir noch zur sorbischen Frage. Einem Wort möchte 
ich sorbischen Ursprung ruhig zuerkennen: putnaalv (ow. pomaly) lang- 
sam, bedächtig. Mit anderen steht die Sache heikler: pooteak (ow. poskakar 
springen) Springerchen, mootx (ow. mite brüllen) Kuh, tmk (ow. vue 
schnüffeln) Schwein, hum Lockruf für die Gans, Wik und hum finden 
sich auch im Frk. 

§ 49. Die enorm große Menge ma. französischer und lateinischer 
Ausdrücke endlich ist schwer zu beheimaten. Der Süden hat ja bekannt- 
lich Vorliebe für fremde Ausdrücke. 1 Doch ist deren Zahl im WE. so 
stattlich, daß wir wohl mit Recht andere Zuflüsse vermuten. Wahrschein- 
lich haben der 30jährige Krieg und die Folgezeit diese Fülle zugeführt -' 
Ich verzeichne nur wenige: upurto vornehm, dleeraroo flink, munter, 
s-urj/iirt an wos es stößt einem etwas zu, UtnwUirn lamentieren, khu- 



1 Spiel? verzeichnet in seiner »Fränkisch - Hennebergischen Ma.« S. 60 eine Menge 
frz. u. lat. ma. Ausdrücke. Er datiert sie aber besonders aus der Zeit des 7jährigen 
Krieges. 

* Ob der Ort Nancy, der doch kaum ma. ist, auf böhmischer Seito hart an der 
säclisiscben Grenze irgendwie damit in Verbindung zu bringen ist? 




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lfi 



A. Lang. 



rlcoos hofromdlich, einfältig, kiritsloes graziös, müksiifm eigno Woge, 
Starrsinn, motiipm Hindernisse, mopiil auf dem Damin (sein), päsiim 
passieren, sich ereignen, zustoßen, pardsol (älter) = paivplii Regenschirm, 
rmtmiirt ramassiert, rrsdniirn = rgsaniini schimpfen, simpdliim grübeln; 
dies -Um wird auch an deutsche Wörter angehängt, wie remfiirn reinigen, 
huufiim (ma. huuf Hof) cacare; — in keenoree obenhin, khunfiiwicn (lat. 
convivium) lustige Brüder, peerüee einfältig, prqpaniirn knucksen, tiSp»rnat 
kurz angebundon, grob, selbsthorrisch, tsimphül n. Krämchen. 

III. Eigennamen. 
1. Ortsnamen. 

§ 50. Auch sie gewähren uns manchen Anhaltspunkt zur Lösung 
unserer Frage, so wenig eigenartig auch ihre Formen und Zusammen- 
setzungen im allgemeinen sind. 

§ 51. Hier findet zunächst die strittige Frage der sorbischen Be- 
siedelung eine entschieden bejahende Antwort. Die Menge sorbischer 
Ortsnamen kann nur dadurch ihre Erklärung finden, daß Sorben-Wenden 
die Gebirgsschlüchte vor der deutschen Kolonisation bewohnten. T.t 
irintsn Wiisn, fc>r wint.Sj Tnok bei Eibenstock, WintStnol für heutiges 
Muldenhamraer weisen direkt auf die Wenden hin. Sie verbreiteten sieh 
über das ganze Gebirge. Am dichtesten scheint der Fuß von ihnen be- 
setzt gewesen zu sein; der ganze nördliche Strich wimmelt von sorbischen 
Namen: Zwickau, Wulm, Crossen, Mftlsen, Pohlitz, Schedewitz, 
Planitz, Bockwa, Wilkau, Vielau, Culitzsch, Würschnitz, Ols- 
nitz, Gablentz, Beutha, Zschocken, Gablentz bei Chemnitz, Glösa. 
Den Weg ins Gebirge nahmen sie vermutlich den Flußläufen entlang, da 
wir die meisten ihrer Niederlassungen an deren Suiten treffen. So das 
Flöhatal hinauf: Loubsdorf, Pockau, Zöblitz; Zschopautal: Euba, 
Wilzschdorf, Gornau, Zschopau, Porschendorf, Wilischthal, 
Wilzsch, Schlettau, Crottendorf; im Sehmatal: Sehma, Kretzscham, 
Rotheusehma; dem Zwönitztal entlang: Kemtau und Zwönitz; im 
Muldengebiet: Schlema, Lößnitz, Bockau, Zschortau, Eibenstock(?), 
Sosa, Wilzschthal, Wilzschberg, die Wilzschen Häuser, die Pyra, 
Steindöbra und Brunndöbra, Döhlerwald, Zwota. Manche davon 
sind vielleicht zweifelhaft; andererseits ließe sich dieser Aufzählung wohl 
auch eine Reihe wirklich sorbischer Namen hinzufügen. Jedenfalls ge- 
winnt durch den unbestreitbar sorbischen Ursprung vieler Ortsnamen die 
Meinung vom Einfluß der Sorben auf die we. Ma. (§31 u. 48) einige 
Wahrscheinlichkeit 

§ 52. Wer verdrängte die Sorben, der deutsehe Bauer oder der 
deutsche Bergmann? Aus der Ma. läßt sich diese Frage wohl auch 
später beantworten. Wir halten uns an die Geschichte der Ortsgrün- 
dungen. Danach läßt sich vermuten, daß auch hier der Bauer der Pionier 
deutscher Kultur war. Die meisten Bergstädto sind ja erst Tochter- 



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Grenzen, Unterschiede und Herkunft des Westerzgebirgischen. 



17 



kolonien, so Platten, Gottesgab, Buchholz, Johanngeorgenstadt 
(s. Meitzer S. 18 ff.), Eibenstock (Colonia er Schneeberyo dedueta Kibeti- 
stocum nach Jenesius, Chiron. Annab). Schneeberg, die Mutterkolonie 
selbst und die reichste Silberfundstätte des Erzgebirges, wurde ja erst 
1479 zur Stadt erhoben. Um diese Zeit aber blühte der Bergbau hoch 
auf, und um diese Zeit werden wir auch einen gewaltigen Zufluß von 
Kolonisten anzusetzen haben, die von Zwickau und Sachsen oder Franken 
kamen und ihr Körblein zu heben genieinet« . Silber fand man freilich 
nicht immer und überall, man mußte sich auch mit minderwertigeren 
Metallen, mit Eisen und besonders Zinn begnügen, wie Meitzer S. 16 be- 
richtet: Eibenstock, anfänglich von reichhaltigen Zwittergängen sowie 
auch von einigen Magnet- und Eisen-Brüchen . . . und noch anitzo 
mit seinem Zin n- Bergwerck . . . wohl beruften ist . . .< Zinn fand man 
viel. Noch heute gehören in dieser Gegend zinnerno Kannen, Teller, 
Löffel, Schüsseln, Tassen, Wärmflaschen und Leuchter zum Hausrat des 
Bauern und des Bergmanns. Das Gebirge verdiont also mit Recht den 
Namen eines ; Erzgebirges«. Aber wir müssen auch hier ausdrücklich 
darauf hinweisen, daß diese Bezeichnung nicht die ursprüngliche ist, 
sondern erst in jener Zeit gäng und gäbe wurde. Vordem hieß es 
Behmisches Gebürge (Meitzer S. 10, 11), weil es vormals unter böh- 
mischer Herrschaft stand. Urkundlich finden wir Besiedelung durch 
deutsche Herren bereits im 12. Jhd. belegt. 1173 fällt die Gründung 
des »Klösterleins« Zelle bei Aue. 

§ 53. Ihre Herkunft beleuchten zwei gegensätzliche Formen: 

1. Thür, -roda gegen ofk. -renth in den Ortsbe/.cichnungen Albe- 
roda (h Qlwdruut) j Hohe Reuth (h huti.r.i Rott), beide bei Aue ge- 
legen. Sonst sind die Zusammensetzungen nicht sehr charakteristisch. 
Ich führe an: 

2. wähle \ ivald: Strecken walde, Rückerswalde, Königswahle, 
Geringswalde (Annaberger Gegend) | Streitwald (bei Lößnitz). 

3. Ungefähr folgende Linie trennt obs. nieder von thür.-f k.-obd. 
unter: 

Niederschlag — Nieder- Bernsbach 
Üntorwiesenthal — Untere Briiiinlasinülile b. Schlettau — Unter- Beierfeld 

n , , , das Niederdorf von Zschorlau — 

unteres oder niederes Bechergut b. Aue -.. ■ 

Unter- Blauenthal — 

Nieder- Bärenwalde — Nieder- Crinitz — Niede rmüh le b. Eborsbrunn — 
Ünterstützengrün — Ünter-Stangengrün — Unter- Neumark — 

Nieder- Hohndorf — Nieder- Albertsdorf b. Werdau. 
Unter-Steinpleis. 

4. Ofk-opf. -grün: Rittersgrün, Bermsgrün, Jägersgrün (im 
Obererzgebirge); Burckhardtsgrü n, Wnlfsgrün, Wintergrün, Jahns- 

Zeitschrift Rlr Deutacho Mundnrten. III. _» 



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A. Lang. 



grün, Stützengrün, Wolf crsgrün, Reiboldsgrtin (nach dem Vogt- 
lande zu); Boxgrün, Kleingrün. Werlsgrün u. v. a. (auf böhmischer 
Seite). 

5. Ofk.-opf. -las, -los, -les in Brünlasberg bei Aue, Brünlas- 
mühle bei Schlettau, Brünlasgüter bei Elterlein, Brünlos bei Stollberg. 

6. Ofk.-obd. -braun: Breitonbrunn, Erlabrunn, Fürsten- 
brunn. Thür, -born gibt es im Erzgebirge nicht. 

7. Ofk.-thür. -hübcl, büket-, -kithe kommen mehr in Ortsbezeich- 
nungen als in Ortsnamen vor: Hundshübel, Waschleithe; Bühel- 
borg; Spahnhübel, Zechenhübel u. a.; Hammerleithe. Morgen- 
leithe, Spitzleithe u. a. m. 

8. Dagegen können die \ve. häufigen Zusammensetzungen mit -stein 
(z. B. Wolkcnstoin, Hartenstein), mit -heide, -haute (wie Kühnheide. 
Neuhaide. Steinheidel), mit -au, -a, die überaus zahlreich sind (z. B. 
Kübenau, Frohnau. Haslau, Grüna), so gut wie nichts besagen. 
Ebenso beweist -hai/t (in Grünhain, Reitzenhain) wenig. 

§ 54. Schlechter noch sind wir bedient, wenn wir uns nach 
Namensvettern umsehen. Die meisten Orte gleichen Namens, die 
indes wenig charakteristisch sind, liegen im Thüringer- und Franken- 
wald oder an den Südabhiingen derselben: Callenberg, Dittersdorf, 
Georgenthal, Lauter, Lichtenau, Langenbach, Spiegelwald, 
Scheibe, Weißbach. Hier gab jedenfalls mehr die landschaftliche 
Situation den Anlaß zum Namen, genau so wie in dem Namen Äff alter 
(< inhd. affoltra Apfelbaum, ma. Trafair [tr ist der angeschmolzene fem. 
Artikel wie in Trua Aue, und Traatmhad Reitzenhain]), der deutsche 
Gegenname zum benachbarten sorbischen Gablenz, das auch * Apfelbaum« 
bedeutet. Recht bezeichnend dagegen ist der Ortsname »Vorder-Henne- 
berg« bei Schwarzenberg, das aus einigen Bauerngütern besteht. Hier 
läßt sich eine verwandtschaftliche Beziehung zu dem Mutterort Henne- 
berg* im alten Hennegau nicht leugnen. Der Stammcsnaine ist zu 
charakteristisch. 

§ 55. Solchen Stainmesnamen begegnen wir im Westerzgobi ige 
jedoch nur vereinzelt. Begreiflicherweise. Denn nur scharfer Stammes- 
gogensatz und -isolierung bei meist gleichzeitiger Besiedelung wird zu 
dieser Namengebung führen. Ein in dieser Hinsicht sehr interessantes 
Namenviereck finden wir am Fuße des Erzgebirges in der Gegend von 
Penig, schon außerhalb der Grenze des WE. im Obs. liegend. Wio ein 
Seheinwerfer beleuchtet es das Dunkel der ostmitteldcutschen Besiedo- 
lungsfrage und gibt zugleich der Aussage des vielbelehrten Meitzer recht 
wenn er von einem scltzamen Yolck aus allerley Landen < spricht. Es 
sind die in der Form des Dativ Pluralis auftretenden vier Namen: Beiern, 
Flemmingen, Franken, .Schwaben, denen sich noch hinzufügen ließe, 
südwärts sclueitend: Waldsachsen bei Meerane. Langenhessen nördl. 
von Werdau, Beiersdorf südl. davon, Wendisch-Kottmannsdorf bei 



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Grenzen, Unterschiede und Herkunft dos Wostorzgebirgischen. 



19 



Zwickau. Das sind nicht weniger wie sieben Stamme. Im Westerzgebirgo 
selbst sind die Stammesnamen spärlich. Nur einmal stehen sich hier zwei 
Stämme bezeichnet gegenüber, Bayern und Sachsen in den Nachbar- 
orten Beierfeld und Sachsenfeld. Sachsen sind noch eiuigemale nach 
dem Vogtlande zu vertreten: die Sachsengiiter bei Wolfsgrün, der 
Sachsengrund bei Mühlleithen, die Sachsensteine und der Sachsen- 
berg nach der böhmischen Grenze hin. Von Franken dagegen findet 
sich keine Spur im Westerzgebirge. Das ist aber nicht ein Zeichen 
fehlender Existenz, sondern vielmehr ihrer Häufigkeit Die Ausnahme 
benennt man und nicht die Regel. Andererseits gibt aber die direkte 
Benennung sächsischen Stammes und Bodens gerade an dem spezifisch 
fränkischen Vogtlande einigen Anlaß zu Bedenken, die sich indes bei 
näherer Erwägung leicht zerstreuen. Einmal wird das Gebiet und die 
paar Güter eben spezifisch sächsischen Stammes sein, und andermal 
liegen sie direkt in spezifisch fränkischer Nachbarschaft, was auf we. 
Seito nicht der Fall sein wird. Darüber noch im Schlußkapitel. 

vj 50. Wir sehen also das Ergebnis der Grammatik und des Wort- 
schatzes auch durch die Topographie übereinstimmend bestätigt: Franken 
und Sachsen als we. Kolonisten. Sogar hinsichtlich der Verteilung der 
Stämme sind sie eins (§ 40): die grün, bnotn nach Süd und West im 
Obererzgebirge: also mehr fränkisches Blut, wähle nach Ost: mehr säch- 
sisches, kein Stammesname direkt nach Norden ins obs. Gebiet hin: all- 
mählich immer stärkere Zunahme der Sachsen. 

2. Personennamen. 

§ 57. Auch die Personennamen bekräftigen dies. Allerdings müssen 
wir die Chroniken heranziehen, wenn wir ein richtiges Bild erhalten 
wollen. Mir liegen die Namen der 51 Zschorlauer Einwohner vom Jahre 
1568 nach der Kirchenchronik vor. Sie weisen auf Süddeutschland: 
Roßner, Schreiner, Fcistel, Hornig u. a.; ebenso die Vornamen: 
Lorentz, Wolf, Peter, Valten, Matz, Kaspar. Nickel, Paltzer 
und Jörg, das 11 mal vorkommt, finden sich wioder bei Schleicher; der 
Name Jörg ist nach Schmeller besouders häufig in der Sonneberger Gegend. 

IV. Volkskunde. 

§ 58. Streifen wir auch die Mythologie. Sie weist nach Franken. 
Das Volk kennt einen Poopuitts oder Poopl, der größere, einen Paapl 
oder Paapu und Poopoofp), der kleine Kinder schreckt. Hat ein Kind 
Krämpfe, so spielt das Ä7/// ( Gütlein* bei Mathesius und Lehmann ein 
gespenstisch "Wesen, Berg-, Waldgeist«) mit ihm. Stirbt jemand, so heult 
die Winslmutr in der Nacht vorher. Hat jemand Gespenster gesehen , so 
hoot-s-n (kd) (t)isäkdriirt. Poopl bezeichnet Schmeller I, 400 direkt als 
fränkisch, in der Koburger Gegend zu Hause. 

§ 59. Die meisten abergläubischen Bräuche, die Schleicher für 
Sonneberg angibt, fiudeu sich im Westerzgebirge wieder. Es seien nur 

2* 



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A. Lang. 



einige wenige erwähnt >Zieht eine Dienstmagd an, so geht sie zuerst 
in die Küche und sieht in den Schlot hinauf, dann gewohnt sie bald 
ein. Auch bringt sie aus ihrer Heimat ein Stückchen Brot mit und 
riecht bisweilen dran; das vertreibt das Heimweh«. Gegen allerlei Ge- 
fahr trägt man einen geschriebenen > Segen bei sich*. »Vielfach waren 
hundertjährige Kalender im Gebrauche, die die unglücklichen Tage an- 
gaben«. »Am Weihnachts- und Neujahrsheiligenabend schütteln die 
Mädchen einen Baum und sprechen: 

■ 

paaml, ir sill fiic m>, 

uos ic Mir, tos rrrc x/Ve«. 

»In der Nacht derselben Tage gehen sie in den Hühnerstall, greifen in 
in die Hühner und sprechen: 

Recct sie fr hnä, 
Knie ir a n ihm'i; 
Rrert sie io htev, 
Kriir ir. hon-. 

.Wird das Kind zum ersten Male ausgetragen, was nieist zu Verwandten 
geschieht, so bekommt es ein Ei geschenkt, damit es leicht sprechen 
lernt, mit den Worten: 

h'hinl, larn-s swutsn, 
trti U hiiufo-s hitsn*. 

§ 00. Auch die Poesie Sonnebergs erinnert oft genug an die 
heimische. Angeführt seien nur die zwei Lieder, die in Text und Me- 
lodie fast völlig mit den we. übereinstimmen: 

x intur jmoot ,t tlaaiur mau, 

ha(1 i Uttum; 
wolt 9 Lrus ua(wl hooM, 

ha(fitltitl, ha\tii1llum y 
ha(rmasan. 

und 

hii-nir ( Foormr Sbg.) nrt Hier mai aknlu. 
kii-mr nrt iiwr ?nai teiis, 
stoof- it/r nrt pa{ mni khalnlu, 
sist pH ic tr piis. 

(Sbg. shnf-mr nrt pai niain.tr Liis.) 

§ Gl. Über Stil und Bauweise der Häuser zu urteilen, liegt 
außerhalb unseres Kähmens. Nur erwähnt sei, daß sie im allgemeinen 
ebenfalls als fränkischen Ursprungs angesehen wird. Der für Leipzig- 
Altenburger Gegend charakteristische Bau mit dem Giebel nach der Straße 
zu findet sich sehr selten. In Zschortau existiert nur eine Gasse mit 
derartigen einstöckigen Häusern, die deswegen unbekannt ist. 



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Grenzen, Unterschiede und Herkunft dos Westerzgebirgischen. 



21 



V. Ergebnis. 

§ ti2. Nach dieser Untersuchung glaube ich folgende Schlüsse 
ziehen zu dürfen: 

1. Das Westerzgebirgische ist eine ostfränkisch-thürin- 
gisch | obersächsische Mischmundart. 

2. Die ostfränkischen Elemente sind im WK. reich ver- 
treten, reicher als nach den bisherigen Darstellungen zu erwarten ist. 1 
Jedenfalls ist das WE. keineswegs dem Obs. zuzurechnen, genau so wenig 
wie es mit dem Vogtl. in einen Topf zu weifen ist, obwohl es ihm sehr 
nahe steht. Das WE. ist vielmehr ein selbständiges Gebilde in 
der Reihe der Mundarten. 8 

3. Es ist wahrscheinlich, daß wir, entsprechend der so- 
zialen, ursprünglich auch eine mundartliche Zweiteilung an- 
zunehmen haben, den Bauer und den Bergmann. Die bäurische 
Bevölkerung stammt in der Hauptsache aus dem nordmain- 
fränkischen Gebietsdreieck zwischen Thüringor-Frankonwald 
und Main, die bergmännische teils aus gleichem Gebiet, wohl 
größern Teils aber aus Obersachsen. Jene mag, vornehmlich im 
Obererzgebirge, eine Fortpflanzung der vogtländischen Kolonisationswellen 
sein, diese ein Kolonisatiousstrom. der durch die Entdeckung der (Silber-) 
Erze hergeleitet worden ist. Die besonders im 14., 15., Iß. Jhd. erfol- 
gende Gründung vieler Bergstädte läßt vermuten, daß er erst das Gebirgo 
überschwemmte, als Bauern bereits dasselbe verstreut urbar gemacht. 
Eine allmähliche Beseitigung ma. Divergenzen müßte danach in jener 



1 So nach Frankes Untersuchung über »Die Unterschiede des ofk.-opf. und^obs. 
Dial.« usw. in Bayerns Maa. I u. II. Denn die Lautformen, die er angibt, sind zum Teil 
gar nicht typisch \ve.. sondern aus dem Übergangsgobiet Auf diesem Material fußend, 
kam denn auch Philipp sehr richtig dazu, die Ma. der Umgebung Zwickaus mit dem 
Vogtl. zu vergleichen und »wenigstens den Vokalismus« vogtl. zu prägen. Fleute würde 
er wohl die ganze Umgebung samt Zwickau glatt zum WE. schlagen. Gerade der Um- 
stand, daß »auch die nördlichen Dörfer Zwickaus« dios Gepräge tragen, beweist klipp 
und klar, daß auch Zwickau vor nicht zu ferner Zeit gut we. war, heute aber als großo 
Verkehrsstadt am stärksten vom Obs. zerfressen ist. Dagegen wollen etwa die paar Ab- 
weichungen, die wohl wirklich ursprünglich sind, wie £10 pfumpfnoos , f rümpf, nichts 
sagen; das sind eben daun örtliche- Unterschiede. Philipp hütete .sich wohl auch ^deshalb 
das Zwickauischc mit dem Erzgobirgischen zu identifizieren, weil er einen erheblichen 
Abstand zwischen seiner Ma. und dem Erzgebirgischcu nach Göpferts Darstellung wahr- 
nahm. In der Tat ist Göpferts Erzgobirgisch nicht das Typisch -WE., soudern zeigt 
bereits viele Spuren vom OE , so besonders geschlossenes o " • « wio in {ulk Volk, ruk 
Hock, puk Bock. z. B. nqxt Nacht, t?x Dach, gl, gn>tl, tu, z. B. tl<r f cm ■ 

kolanm, Kontraktion der Vorsilbe </<•-, z. B. tnik, Nachsilbe -geltet, xl \ wo. kl wie 
in fuuxl | {iiukl Vogel, iie hat | iic hat ich hatte u. a. m. 

* Ich halte es für ausgeschlossen, daß auch bei zunehmender Dialektkuude, eine 
vollständige Entsprechung zu finden sei. Dagegen ist es nicht unwahrscheinlich, dal! sich 
Manches auf ein engeres, einheitlicheres Gebiet einschränken lassen wird, als wie ich 
heute annehmen kann. 



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22 A. Lang. Grenzen, Unterschiede und Herkunft des Westerzgebirgischen. 



Zeit orfolgt sein 1 , bei der das Obs. mehr in charakteristischen Merk- 
malen, in der Festlegung der Artikulationsbasis und in der Lautvor- 
schiebung, Sieger blieb, während das Ofk. mehr in der Fülle einzelner 
Merkmale, in den Assimilationserscheinungcn und im vokalischen Klang- 
charakter besonders des «-Lautes sich behauptete. 

Anm. Dazu sei noch das Urteil unseres Meitzer S. 1184 seiner 
Chronik angeführt, womit ich diesen Lösungsversuch schließen will: 
>Letztlichen ist bey der gewöhnlichen Muttersprache, so die lnnwohner 
uffen Schnceberg und Schneeberger Gegend aussprechen, ein besonder 
Dialektus, welcher sich, wie der bereits angezogene Berg-Habith, nicht 
verändern mag. Und muß solche Sprache oder vielmehr Aussprache 
insgemein anzeigen bey gebohrnen Schneebergern und andern, die in 
diesem Stück von gelehrten und gereiseten zu unterscheiden und ihre 
Ausspräche noch niomals korrigiert, oine alt-teutscho Aufrichtigkeit, 
welche auch im Reden wedor einige Frechheit noch Prahlerei crdultet. 
Und ob gleich die Sprache sonst nach Meißnischer, das ist, Hochteutscher 
Manier geredet wird, so hat sie doch fast einigo Verwandniß mit dem 
Vogtländischen Dialekto, der das e beynahe in ein a verwandelt. Zu 
Illustration gedenke ich eines alten Schneeberger Nachbars, Simon Kehms, 
gebürtig aus der Aue, meines mütterlichen Groß -Vaters, der seine Mutter- 
Sprache auch an einem andern Ort im Gebürge, nehmlich zu Wolken- 
stein, ungeachtet er daselbst über 50 Jahr Hauß gehalten, nicht hat 
vergessen können. Da er nun als ein alter freimütiger Wittber und reputir- 
licher Mann bey seiner intendirten anderweiten Heyrath zu einer Jung- 
frau in St. Marienberg gesprochen: Wenn das Maidel mein wär, ich 
näh ins mit hamin; wormit er gemeinet, daß er diß Mägdlein, so sie 
Lust hätte, heyrathen und heimführen woltc. sie aber das Sprüchwort 
daß die Alten gut zu behalten, fast unbodachtsam zur Antwort gegeben; 
hat es auch Gott geschicket, daß er dasselbe Maidel mit hamm ge- 
nommen und selbiges Flaisch und Bain zur Ehe bekommen, so 
seiner als eines lieben Alten auch wohl gepfleget . 



1 Manche Aufklärung könnte wohl Iiier d;is Erzgebirgisch der Harzer ßergteutc 
geben, vielleicht auch Chroniken. Allerdings müßte hier die Geschichte mithefragt 
werden, vor allem wann und wo diese Zuzügler arbeiteten. Örtlich wiesen ja die Formen 
hei > Schulze, Eewerharzische Zitter« auf Übergangsgebiet: r<eo f | we. rauf, h<v«s \ huaa, 
kimmcylic \ Ic3maay(k)lic, pttwii \ paa, spann \ *pun u. a. m. 



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Hermann Teuchert. Laut- und Flexionslehre der noumärkischcn Mundart. 23 

Laut- und Flexi onslehre der neumärkischen 

Mundart. 

Von Hermann Teuchert. 

(Schluß.) 

Kapitri V: Die Deklination. 

I. Substantiva. 
§ 339. Vorbemerkungen zur Deklination. 

Die Unterschiede zwischen den Kasus sind im Singular nur noch 
im geringen Grade vorhanden, im Plural aufgegeben (ein einziges Beispiel 
für den dat.pl. siehe unten). Der Genitiv tritt auf in der Verbindung 
eines substantivierten Adjektivs oder eines Pronomens mit einem Adjektiv: 
reenir guuts wenig Gutes, n(st r^cts nichts Rechtes. Doch ist die Form 
auf -(a)t bei weitem häufiger und im Vordringen: ftla Zinnat viel 
Schlimmes, vnt klccnat etwas Kleines. Als sogenannter sächsischer Genitiv 
erhält er sich bei den Verwand tschaftsn amen, bei Vor- und Eigennamen: 
fggthrs huut Vaters Hut, pauls rgk Pauls Rock, auch mtuiars huus Mutters 
Haus. Besonders häufig steht dieser Genitiv zur Bezeichnung einer 
Person, wobei der Vorname nachgestellt wird: hartls harmnn Hermann 
Härtel, diiears nujt{st August Teuchert. In Lorenzdorf begegnet die sonst 
völlig unbekannte bloße Nachstellung des Vornamens ohne Kasusbezeich- 
nung: hnibm karl Kail Lube. Ein interessanter Fall des oben erwähnten 
Tcilungsgenitivs ist der von f(la, vewie abhängige Genitiv eines Infinitivs: 
für hrt n(c f(h rtrxns jamqnkt er hat nicht viel Wesens gemacht, ebenso 
f(h nphrrrns mQQky viel Aufhebens machen. Unter Verkennung der 
Genitivnatur nämlich entwickelt sich ein selbständiges Substantiv mit -s 
aus dieser Konstruktion : Iqq( <Iqx del sriirns x\nt laß doch das Schreiben 
sein, Ä££ mrkt rrrxtts (über diese Entwicklung cf. Münch, Grammatik 
der ripuarisch -fränkischen Mundart Bonn 1904. § 200). Vom Adjektiv 
ist der Genitiv abhängig in n(c dar rnyla rrert nicht der Rede wert. 
Schließlich steht er adverbiell in mgrjns morgens, m(f/aas mittags, aavns 
abends, nruts (nars) nachts. Doch ist das Gefühl für ihn so schwach, daß 
davor der Artikel in der Form drt, t erscheint: t uavns (cf. § 11), / naxa. 
Die Unterscheidung eines besondern Dativs ist im Schwinden begriffen: 
t{pm hoova und i$pm hyf auf dem Hofe. Fest sind noch die Verbin- 
dungen t{p cfjdn (r<rn) auf Erden, uut fulln haha aus vollem Halse, 
\m oder \nn r^ra im Wege, mitti rrra aus dem Wege, Iii twa x\nt auf 
dem Posten, bei Kräften sein, tu landa tippln herbeiholen, tu saun zu 
Schanden, kuumar noot mit Mühe, im jnya im Gebrauch, in Ordnung, 
farn jpora im vorigen Jahr, /// jalrika zugleich, zu gleichen Teilen, tu 
n(cta zunicht, ti{m b{stu zum besten, v^njistn zum wenigsten, und 



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24 



Hermann Teuchert. 



als Beispiel für den dat pl. mrj jggrn (danebon mrta j^ra) mit Jahren. 
Die alte pronominale Endung -en bei Eigennamen ist auch auf die Vor- 
wandtschaftsnamen außer dozfar, Jvrsiar ausgedehnt: faadarn Vater (dat. 
und acc), intern Mutter; hei Eigennamen: gtdliipm (miss.) Gottlieb, mark- 
mann Markmann (nom. markman). 

Die lateinische Genitivendung -/ ist in wart Um, gewöhnlich /// 
mtniiina, am Martinstage zu -j abgeschliffen Nach diesem Muster heißt 
es auch /// micreh um Michaelis, tu jahaiu am Johannistage, aber stets 
i (Irrst jr Silvester. 

Die einsilbigen Substantiva mit kurzem Stammvokal haben zum Teil 
Tondehnung erfahren durch Ausgleich mit den flektierten Formen, cf. 
§ 81 A. 1. {' ist fast regelmäßig durch das dem tl. e l der flektierten Formen 
angepaßte r verdrängt worden, s. § 20. Erhalten hat sich ( in gl(t Glied, 
ooaul(t Augenlid, f(s Fisch, krik altes Weib u. a.; r, rt und u bleiben un- 
verändert. 

A. Starke Deklination. 

I. Masculina und Noutra. 
a) Alto »'-, ii- und konsonantische Stamme. 

1. Fl. -j. 

§ 340. a) m. 1. /i- Deklination: aaiu (sg. rinn) Ofen (selten), arma 
Arme, aarnda Abende, barja Berge, daaa Tage, diiba (nhd.) Diebe, diinsf.t 
Dienste, ecda Eide, frnja (miss.) Pfennige, fi<a Fische, halnu Halme, 
hrfma Helme, h(pasta Hengste, huuda Hunde, huura Hufe, /,vr«(/j (miss.) 
Könige, knrcta Knechte, rnasta Mastbäume, prooma Fähren, r(ija Hinge. 
rooda Räte, Sdiij» Steige, sdr(k* Stricke, sun.t (sg. suur) Schuhe, raaiia 
Wagen, vrra Wege, rulva Wölfe; beema (sg. boom) Bäume, bika (sg. buk) 
Böcke, biika (sg. buuk) Bäuche, h(A/ (sg. bi(.s) Büsche, bisnra Bischöfe. 
dar im Därme, dnnpa (sg. damp) Dämpfe, drccma (sg. droom) Träume. 
hrlxa Hälse, herpj (sg. hoop) Haufen, Iiara (sg. hof) Höfe, Irina Kämme. 
kr it/ (sg. korf) Körbe, knrepa (sg. kiioop) Knöpfe, nnla (sg. nrud) Nägel, 
nrpj Näpfe, riima (sg. ruitin) Bäume, üdrla (sg. sdal) Ställe, sdrnn Stämme, 
sdrrrj (sg. Sdaf) Stäbe, Adiih Stühle, sdrccma (sg. sdroom) Ströme, xrcu/a 
(sg. xooni) Säume, svfsa (nhd.) Schätze, .sltvpa (sg. sloop) Schläfe, srrma 
(sg. smin) Schwämme, trrr.t (sg. trox) Tröge. 

Im Aussterben sind die pl. f<rh Vögel (s. § 43 A.) und vrnn 
Wagen (Hei.). 

Hierher gehören auch die pl. aller .s-Bildungcn, z. B. b/uf.s> (s. §381). 

Anm. 1) Das mhd. swf. blähe ist in der kontrahierten Form plwjti 
grobes Laken aus Segelstuff (s. Idiot, s. v.) hierher übergetreten, ('her 
hnnsa, hruska Handschuh cf. § 351. 

2) Keinen pl. bildet sdof Staub (s. zu dem Worte §23 A. 3).* 

8) Hierher ist getreten xrnnn (pl. srniina, rund, schräge swm.) Schnuren, 
s. § 356 A. 3 a. 

* Das Fehlen des Plurals wird fürderhin durch einen nachgesetzten Stern be- 
zeichnet werden. 



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Laut- und Flexionslehre der neumarkischun Mundart. 25 

§341. 2. /'-Deklination: brh Bälle. Mjj (sg. IkiIc) Balge, bnjd (sg. 
baut) Bände, b/ri/j (daneben häufiger brcit(h) Brände, dech Teile, d(nsh 
Dünste, d{s> Tische, csh (sg. «*/) Äste, frh (cf. ahd. instr. falliu) Fälle, 
fw* < s e- A'^') Füngc, jyj>> (sg. (länge, >/s/j (sg. #«,s/) Gäste, 

Gründe, /.<yw [(sg. /.oy>) Köpfe, /.wy*> (sg. Loop) Käufe, /.7/#j (sg. klayk) 
Klänge, kreuz» Kränze, krhp (sg. /.r//ur) Krug, Gasthaus, fi/Vfo Leute, 
rhup» Rümpfe, rook* Rauch, sbrhp (sg. sbruyk) Sprung, sdrnj* (sg. sdraijk) 
Stränge, kir{mpj Strümpfe, sicca (sg. .sfa.r) Schläge. »I(y9 (sg. Shnjk) 
Schlünde, Sreyka (sg. srai/k) Schränke, srcuzj Schwänze. ihm (sg. Inttu) 
Zäune. 

Durch Ausgleichung mit dem sg. hat den Umlaut aufgegeben ^»t\sj. 
oorU Arsche. 

dgrst* Durst, dnrdj Drähte (sg. drpof), jvsl* Gischt, ktsi (sg. kua) 
Küsso, sbh'ka (sg. */>///*/.-) Gespenster, zrrua (häufiger nhd. xcr/to) Söhne. 
stffa (nhd.) Schäfte, .v{7</«> Schilde, riuda Windo; trcuj (sg. tpyu) Zähne. 

Anm.: Hierhertretende n- Stämme s. § 356 A. 3 «. 

§ 342. ß) n. 1. «-Deklination: Uctu Beine, &/7k Beile, biira Biere, 
Z/oor/j Boote, brooth Brote, buudi Bunde (z. B. Stroh), dcnh Untiere, dhjj 
Dinge (cf. § 347 A.), dynrj Tore, frh Felle, hpyr.* Haare, jw» Jahre, 
Ih'vj Leiber, mnj* Meld, xirra (sg. zcf) Siebe, znlta Salze, >opy>3 Schafe. 
schua Schweine. 

Anm.: knh'.t Knie (pl. kuthu) ist fem. geworden. 

Mit Umlaut: vcrrdd Worte, lerua (sg. /oo/f) Löline. 

Mit Apokope des -j erseheint //«/•/'/ plurale tantum (mnd. hövet) in 
der Verbindung hceft fre Stücke Vieh. 

2. «'-Deklination: mnrj Meere. 

2. 1*1. — . 

§ 343. a) m. In Betracht kommen die zweisilbigen Substantiva auf 
-->/•, -jI und -j«, die fast alle ursprüngliche «-Stämme sind. 

/'h/w Finger, hamar Hammer, kaixar Kaiser, wahr Meier, Hofver- 
walter, mcestar Meister, prhstw Priester, trhr Teller (aus mhd. teller), 
uuiar Abhänge. Umlaut zeigt rkar (sg. akar) Äcker. 

Durch Dissimilation mit dem ersten / ist -al > geworden in 
kkrpjr Klöppel, Icrpar Löffel, slcrhr Schlüssel. 

drkl Deckel, dihi Teufel, n/l Engel, rrzl Esel, ///•;// Henkel, hhul 
Himmel, jrrvl Giebel, kaut! vierkantiges Lineal, kcrtl Kessel, krcyl Kringel, 
nrrrl Nebel. Bündel, puupl Keimauge der Kartoffeln, trockner Nasen- 
schleim, sdrijl Stengel, sdccrl Stiefel (s. jedfich 5? 348), srrpl Scheffel, 
Mv/y/ Schwengel. r(nkl "Winkel: Umlaut besitzt miss. und neu frcjl Vögel 
(s/g 340). 

Aus dem pl. hat den Umlaut in den sg. übertragen rpl Apfel (ur- 
sprünglicher t- Stamm). 

Anm.: Aus der «-Deklination stammt arml Ärmel, Ärmel. 



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Hermann Teuchert 



ln{sn (as. bösorn)* Busen, mgrjn Morgen (über bcsns und bgdns cf. 
§ 363). 

§ 344. Ferner stellen sich hierher die Substantiva der ^a-Dekli- 
nation auf -dr (as. -ari): Itrkar Bäcker, dfar Tischler, f(s<v Fischer, hqlp»r 
Helfer, kqster Küster, l^rror Lehrer, liidndr Lügner, mrter Müller, reeitwr 
Römer, vrctor Wächter u. a. 

Ebenso flektieren die Verwandtschaftsnamen: frrdw Väter, miss. 
m\tor Mütter, briidar Brüder, dqctjr Töchter, jjsv\stor Geschwister {svrsUrn 
s. § 355 A. 2). 

§ 345. ß) n. rhr (sg. ebenso) Alter, frnstor Fenster, fiisr Feuer, 
iidsr Euter, lastor Laster, nuiw Ufer, vrnhr Wetter, mrtsjr Messer hat 
neben sich den sg. mcts. 

rrii* Übel, hrjjksl Anhängsel, m\dl Mittel, rrrtsl Rätsel (pl. auch 
rretsls s. § 361), xrrjl Segel, xiijl Siegel; fnrli Ferkel, kükl Küchlein. 

3. PI. -jr. 

§ 346. «) m. «-Deklination: sdeen»r Steino, sdckdr Stöcke; miss. 
jaisUr Geister, grfor Götter. 

/-Deklination: sdriilvr Sträuchor (sg. xdruuk), rgrnw Würmer; 
sbeemr (sg. sboon) Späne. 

§ 347. ß) n. «- Deklination: bryhr (sg. bat) Bäder, brnd.tr (sg. baut) 
Bänder, biikjr (sg. buuk) Bücher, biistar (wilde) Tiere, blr{dsr (sg. blat) 
Blätter, bn-rdor Bretter, drrhr (sg. dak) Dächer, dcrjor (sg. dggl) Täler, 
diikar (sg. duuk) Tücher, rmtw (sg. amt) Ämter, fvkdr (sg. fak) Fächer, 
ftlfor (sg. fglk) V r ölker, glrr\»r (sg. glas) Gläser, yrrrur (sg. gras) Gräser, 
grrrvar (sg. graf) Gräber, jiitar (sg. guut) Güter, hrlUr Hölzer, hrnur 
(sg. hnm) Horn, hiixar Häuser, krlczr Kälber, krnur (pl. zu krrpi) Körner, 
klccdjr (sg. klcet) Kleider, kriidor (selten) Kräuter, hrivr (sg. kaum noch 
Igk, sondern nhd. fg.r) Löchor, Irnur Lämmer, liirjr (sg. ////') Leiber, 
mets9r (pl. zu virts, s. § 345) Messer, miihr Mäuler (cf. § 359, 1), rrcdzr 
(sg. rat) Räder, rnx9r (sg. riis) Reiser. .<(hr (sg. .v/7/) Schilder, slrtar (sg. 
slgt) Schlösser, sr^rtor Schwerter, viir.tr (sg. viif) Weiber. 

{cstdr (sg. ggs) pl. zu Aas (s. auch § 362); hiiiur Hühner (sg. un- 
gebräuchlich), aitr Eier: nhd. ghi<hr Glieder (sg. g/it). 

Anm.: Von d(t/k, dhjas Ding bedeutet der pl. dit/jr kronkrete. dy/t 
abstrakte Gegenstände. Von d{y*s selbst wird keine neue Pluralform ge- 
bildet, ebensowenig von den beiden anderen Nebenformen diysrhjks und 
d(iprie. 

Ohne pl. bleiben Unat Blut, gglt Gold u. a. 

4. PI. -du, -n. 

§ 34S. a) m. «-Deklination: frlxti (sg. fr/s) Felsen. Iirldn (sg. hrlt) 
Helden, s(lrrr(tt (häufiger als sdnr/) Stiefel, \rrni (sg. Seen, stire* 
Schnee, t(f(n (sg. /{'//) Pantoffeln; dggrnn (sg. dggnt) Dornen. 



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Laut- und Flexionslehre der neumärkischen Mundart. 



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Die Diminutiva brgld kleiner Brocken und kr Und kleines rundes 
Stück, Brosamen bilden den pl. mit -n. Vgl. hierzu dio weite Ausdeh- 
nung des schwachen Plurals im Berlinischen bei den zweisilbigen Sub- 
stantiven auf -ar und -al, z. B. fiyam Finger, §diibl)i Stiefol. 

»-Deklination: t(nxn (t.*t(nxn t sg. t(ns, ts(ns) Zinsen (von lat. census!). 

(i) n. keepi einzelnes Korn: der zu erwartende pl. *krernn ist durch 
kernar (§ 347) verdrängt; kgrn* Korn (kollektiv) hat sachlich keinen pl, 
formal ist es kernar. 

b) Alte ja- Stämme. 

1. PI. -. 

§ 349. ö) m. Herda (sg. ebenso) Hirten, keexa (sg. ebenso) Käse, rech* 
Weizen. 

ft) n. jabecna (sg. ebenso) Gebeine, jab(rja Gebirge, jafeykn{sa (sg. 
jafcykn{s) Gefängnisse, jaU-cfnisa (sg. ohne -a) Gelübde, jaf(ka* Glück, jv- 
vehj (sg. ebenso) Gewölbe, javcna (sg. ebenso) Gewebe, yliiknisa (sg. ohne 
-a) Gleichnisse, hat* Heu, hena (sg. hrcr) Heere, \njavccda Eingeweide, 
netsa (nhd., sg. nets) Netze. 

Anm. 1) brero, pl. beern Beere ist unter Auffassung des Plurals als 
Singular fem. geworden, vgl. /derb* § 365, 1. 

2) Eine bedeutende Vermehrung hat diese Klasse durch die Gruppe 
komponierter nomina actionis (s. § 3S6 A.) erfahren. 

2. PI. -ar. 

§ 350. n. b(hr (sg. b(lt) Bilder, px(ftar (sg. pxicta) Gesichter, p- 
slrrtar (sg. psfrela) (ieschlechter, kriitsar (sg. kriits) Kreuze, 

Mika Stück bildet den gewöhnlichen pl. »diky, daneben steht sd(ka\ 
die Form sd(kar findet sich mit nachstehendem Zahlwort und vorgesetztem 
een ein: ecn sdifor xcksa ungefähr sechs Stück. Hiernach hat sich der 
monströse pl. darar gebildet: // darar fimva etwa fünf Tage. Verglichen 
werden kann die gleichem Zwecke dienende Verbindung für an veecan 
?f S CC S vor ungefähr sechs Wochen (eigentlich: vor einer Woche oder 
sechs) aus Mülheim (Kühr); cf. auch n stükardar drei Bernkastel (Mosel), 
d. h. ein Stück oder drei. Damit ist die Herleitung dieses anscheinenden 
Genitiv» aus mnd. en stücke edder (oder) sess gesichert; cf. Mackel, Ndd. 
Jhrb. XXXII p. 6 ob. 

3. PI. -an. 

§ 351. a) m. r(gy (sg. r(ya) Rücken; biliar» (sg. baiar) Baiern (er- 
klärt sich durch die syntaktische Verwendung des dat. pl. als nom.). 

Anm.: Nach der Abschleifung des zweiten Bestandteils hat sich 
hier hergestellt Itansa (pl. hatten) und hrnska (pl. hrnskn) Handschuh; die 
erste Form ist aus hand-sköh, die zweito aus *hende-sköh unter An- 
fügung eines (dirainuierenden?) k entstanden. Vgl. dazu § 382, 3. 



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Hermann Teuchert. 



pl) n. brdn (sg. bnh) Betten, ci/ij (sg. n/j, altes m.) Enden, j*v(ctn 
(sg. pv(ffj) Gewichte, //£////// (sg. hntuU) Hemd. 

II. Feminina. 
1. PI. -9. 

§ 352. /-Deklination und konsonantische Stämme: Itryka (sg. imi/J.j) 
Bänke, (y/./.s7</ (sg. /////.s/) Ängste, // /*/</ (sg. fiutsfo) Fäuste, fr(t't» (sg. fru i t) 
Früchte, ///*/>/</ (sg. haut) Häute, A-{'m*/j (sg. kunst) Künste, krrfte Kräfte. 
iHvctd Mächte, sdrnte (sg. .W«/) Städte, rijrsdj (sg. rp/\s7) Würste; briste 
(sg. 6r?/.v/) Brüste, ./Vw.-.a (sg. jaus) Gänse, Untxd (sg. ///im) Läuse, mrrdi» 
(sg. ///po/) Mägde, ///(VA* Milch, iniixa (sg. ///////ä) Mäuse, nrrl» (sg. //(r/<?) 
1. Nisse. 2. Nüsse, nrttj (sg. w/./7) Nächte. 

kuio Kuh bildet neben dem regelmäßigen, aber jungen pl. kite einen 
im Vokalismus alten kniju . dessen Endung -.»// jedoch Analogiebildung 
nach fruud : frmun ist. 

Anm.: Der Zusammenfall von Nuß und Niß ist nicht zufällig, denn 
Nuß heißt in andern ndd. Mundarten, z. B. dem Prign., was einem 

früheren nmk. ;/(;ö7j entspricht. Die Form ist. wie es bei Niß geschehen 
muß, aus dem Ags. zu erklären: hnitu und hnutu, die beide ui*sprünglich 
Konsonantstämme sind und als solche Anlage zum Umlaut schon im 
sg. besitzen konnten, cf. ags. dat. sg. hnyte. Sonst gibt auch eine Form 
wie drerj Tür, die allerdings aus dem pl. zurückgebildet ist, einen 
passenden Vergleich her. 

2. PI. -J». 

(Flexiv gleich den //-Stämmen.) 

§ 3ö3. Die Pluralendung -</// hat die Mehrzahl der weiblichen Sub- 
stantivu angenommen. Ausgangspunkte sind die Wörter auf -<?, die sich 
mit den schwachen wie iuj/j: pl. /'{//// Zunge zu einer Gruppe vereinigten. 
Nachher schlössen sich auch Feminina ohne -3 an. Da die Flexion des 
sg. in der schwachen Deklination aufg geben ist, besteht kein Unter- 
schied zwischen beiden Klassen mehr. Trotzdem ist es nützlich, die 
Trennung beizubehalten. 

§354. o-Deklination: baka Backe, Wange, buh Bitte, rrr.t* Ehre. 
farvj Farbe, fahr Feder, frans Frage, kam.tr Kammer, klaas Klage. 
Inns Lage, Irra Lehre (pl. brrn), nn\u Glesse, mxter Ader, rite* Reue, 
xnaz Säge (pl. xaaan), sdnndj Stunde. x{»jh Sohle, snoh Schale (ahd. 
scala), taijj Zange (pl. //>////, mnd. meist swf.). traio* (miss.) Treue; fnr- 
xamltiif t Versammlung, monian/D Mahnung, w// ////./ Ahnung (selten -tit/k, 
z. B. afartijiu/k Abfertigung): Icjjdj Länge, rrewh* Beinheit. tarnnh* 
Wärme; ///// Angel, distl Distel, diistl Deichsel. //«// Gabel (s. Idiot s. v.), 
A/W.7 Hechel, l.rrtl Kotkiigelehen. Ml Kingelkette, nmyl Mangel, //(*/// 
Nadel, .v/7/ Schüssel, sttfl Schaufel, rii/l Windel, ntrtl Wurzel; ursprüng- 
lich zur letzten Gruppe auch fiih Feile (cf. ahd. fihala). Mit beseitigtem 
-j erscheinen im sg. k'\>ol Qual und piitt* Pein. 



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Laut- und Flexionalehre der neumärkischen Mundart. 29 

jö: brigs Brücke (pl. br(gy, auch n- Stamm), heb Hölle, heete (miss.) 
Höhle, kr\b<t Krippe (pl. kr{bm), m(gj Mücke (auch M-Statum), p(tj 
Brunnen, rrrda Rede, r\ba Rippe, xibo Sippe, xindo Sünde, sd(ina Stimme 
(pl. sd(mm), srh Schale (einer Kartoffel), s/rrj f. Schere (as. sknra, mhd. 
scharre stf.); keen(jin (miss.) Königin, bekam 1. Bäckerin, 2. Frau Becker, 
jeerartn Frau Gebert. 

7: deepj Taufe (nicht kirchlich), diipa Tiefe, hcco Höhe, Ith (miss.) 
Lüge, meip Mengo, veera* Wehr, ow Weihe; rksj Axt (wgerm. *acusi). 
Anschließen möge sich noch das junge jtrra Göre (yljeertt. mkl. n., 
pl. giftm). 

Ehemalige neutra der «-Deklination sind Q$rj Ähre, axl (pl. ar[n) 
Granne, kniid Knie, k(nd Kinn (as. kin gewöhnlich Ja -Stamm, aber auch 
f., cf. got. kinnus f.). tatu Zugzeug, Vorhang (mnd. togo) und furd* Lust 
sind ursprüngliche m. /-Stämme. 

§ 355. «-Deklination: arbeet (pl. arbeedn) Arbeit, brunst* Brunst, 
bruut (pl. brmirin) Braut 1 , bu.rt Bucht, Verschlag, Bett, derb Diele, dpgt 
(pl. dopdn) Tat, dra.it, druxt (cf. mhd. truht) Tracht, Last, drtft Trift, 
fngrt Fahrt, jabwirt (nhd.) Geburt, jzdult* Geduld, jtvali Gewalt, gluut 
(pl. gluudn) Glut, yunst* Gunst, hiß Hüfte, list List, metjiß Mitgift, 
noot (pl. noodn) Not, die Wörter auf -saß (nhd.), shut Schlucht, \ont 
(pl. tpprfw) Saat, Sucht, tiit (pl. fi/rfw) Zeit, rr// (pl. reit») Welt. 

Ursprüngliche konsonantische Stämme sind dena (pl. deept) Tür und 
-tMto (pl. i««?n) Sau, das sich nicht aus as. suga herleiten läßt. Hierher 
gehört der pl. koian Kühe (s. § 352). 

Anm. 1) Ein alter m. /-Stamm ist hrea (pl. heran) Verlangen, Lust- 
gefühl (as. hugi), s. $ 365. Alte »/-Stämme sind plnn.ra (pl. pluu.rn) Pflug 
(s. § 388) und trenu (pl. brenn) Träne (s. § 365). 

2) Von den Verwandtschaftsnamen stellt sich hierher stuslar (pl. 
.svestam) Schwester. 

B. Schwache Deklination. 

Singularkasus auf -an sind nicht vorhanden, die Enduug des Plurals 
ist -an. 

I. Masculiua uud Neutra, 
a) Masculina mit der alten Endung -9 im sg. 

§ 356. bulka (pl. halky) Balken, brg^da Braten, buh (pl. bt{lln) Stier, 
diinstbfH^h Dienstbote, drnpa (s. unten A. 2) Tropfen, jadayka Gedanke, 
jzzrta Geselle, gloova* Glaube, grauet Graben, grpsa Groschen, fujpa (pl. 
hftpm) Hopfen, hoozj Hase, juiuh Jude, knooka Knochen, knt{ba empor- 
ragender Teil, Anschwellung (konkret, zu mhd. knüpe Knöchel), knnka 
Kuchen, lapa (pl. lapm) Lappen, leeva (miss.) Löwe, mensa Mensch, nnka 
Nacken, Qgpa Affe, [>sa Ochse, raaea Rabe, ryga Roggen, seko Schecke, 



1 Vergleiche die drei Brauten Brfisigs, Ut mine Stromtid 'J.Teil, 45. Kapitel. 



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Hermann Teuchert. 



typtb Schaden, xqquib (pl. ZQqmm) Samen, iakd (mnd. tacke) Zacken, Zweig, 
tapd Zapfen. 

»-Abfall zeigt binar Bauer (cf. § 137 und unten A. 3a); mggr Mohr 
hat wohl, wie die unsilbige Aussprache des /• zeigt, nie ein -e besessen. 

zaldwtt Soldat, zalpoto Salat; pr(ns Prinz; graaf (nhd.) Graf. 

Anm. 1) v\h Wille bildet noch den Dativ /•{*//// in der Verbindung 
mrt v(lln absichtlich. 

2) Über den Übertritt m. //-Stämme auf -3 zum fem. s. § 365, 1. 
dropa Tropfen ist häufiger f. als m., als m. lautet es meist drgpm ; man* 
.Magen ist f., dagegen werden die Formen auf -»: mann maa^n (s. § 135) 
als m. gebraucht. 

3) -d haben verloren und sind infolgedessen zur starken Deklination 
übergetreten 

a) jetzt einsilbige Wörter auf Nasal und hggn (pl. hrcna) Hahn, 
xrpp/t (pl. .svrrnz) Schwan; duum (pl. dh'm», selten duumm) Daumen, 
noom (pl. n^rnid) Namen, r(r/// (pl. rrnm) Rahmen (bereits mnd. reme 
und rem sw. und st m.), Htm (pl. riimd) Riemen; (bggar und selten 
l>QQro, pl. //ppr») Bär (aber berf : bcepi daneben); hierher auch sdarn (pl. 
sdanu) Stern (ahd. a- und »-Stamm). Ferner sind kltonp (pl. klimpd) 
Klumpen und prgp (pl. prrpa) Pfropfen anzureihen. Dagegen bleibt nar 
Narr schwach (pl. naru). Durch den Abfall des -9 erklärt sich die Kürzung 
des Vokals in har (as. herro) Herr (s. dazu auch § 93 A.3); daneben ist die 
Form liara mit nachträglich angefügtem -a üblich; der pl. ist schwach: harn. 

Ohne ümlaut bildet den pl. sraan Schrägen: pl. sraana. 

ß) jetzt zweisilbige Wörter auf ehemaliges -cl, -en (< -em), -er: 
naarl (pl. naftvl, Nebenform nuarls, s. § 361) Nabel; brsn (pl. b<?.sn und 
brxns, s. § 361) Besen; liaauor* Hafer. 

b) Masculina mit dor Endung (usw.) im sg. 

§ 357. balln (pl. balln) Ballen, boo^n Bogen, gggrln Garten, guumm 
(selten gunm nach § 356 A. 3 a, pl. stets guumm) Gaumen (as. gömo), 
huustn* Husten, kastn Kasten, kuupm (mnd. knuppe) Knoten, kolbm 
Kolben, kruun (kraajn, § 135) Krageu, leestn Leisten, s(yky Schinken. 

Anm. 1) Diese Reihe hat die Neigung, den pl. auf -s zu bilden, der 
bei booyis, kraatjs häufig, bei goortns Regel ist. 

2) Ehemaliger wa-Stamm ist (nhd.) satn Schatten. 

c) Neutra. 

§ 358. harte (httrtto, pl. hartu) Herz, ood (pl. oojh) Auge; oor (pl. 
ofjpi) Ohr hat sein -a verloren (cf. § 356 A. 3 a). 

II. Feminina. 

§359. 1. (///-Deklination: aso Asche, bluumi (pl. bluumm) Blume, 
dum (pl. dann) Tanne (ahd. tanna), dunra Taube, vvrdj Erde, /Ute (pl. 
/Ulm) Fliege, frum (über die Nebenform des pl. frmwns ef. § 363) Frau, 



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Laut- und Flexionslebre der neumärkischen Mundart. 31 

gatsj Gasse, jrrsth* (ierste, hakd (pl. halt), ursprünglich wohl stf.) Hacke 
(Werkzeug), hooza (nhd.) Hose, huura (pl hnnorn) Hure, kam Kanne, 
kilsj weibliche Katze (mhd. kitze, s. Idiot s. v.), krookd (pl. krggkt/) Krähe, 
liim Leine, meexd Meise, muuh* (auch n., s. § 347) Mund 1 , planb 
Pflanze, ruuib Rute, ruupd Raupe, tyayd (pl. Mlayy) Stange, züdj Seide, 
ziifo Seite, siito Scheiße, 3ivd Scheibe, sleed Schlehe, soodo Schote, Hülse, 
sogb Schale (as. skäla), suub Schule, zi{ii3 Sonne, svalba (nhd., pl. Svalbm) 
Schwalbe, svogrtd Schwarte, ta&d Tasche, tee» Zeh, leeb (pl. teein) Hündin 
(as. *töhila), iuijj Zunge, r/'/Vfo Weide (Salix), vtia Wiege, r(lv3 Witwe, 
rggib Wade (as. watha < *waÖwon-, s. A. 2), rulko (pl. vuiky) Wolke, 
ri(ncb (pl. vi{tidn. vunn) Wunde; cekl Eichel, n^ctl Nessel. 

Lehnwörter sind brrrj (pl. %/w) Birne, kogrte Karte, piipo (pl. 
piipm) Pfeife, pluumt (pl. plnumm) Pflaume, pqqrU Pforte, Sdrggb Straße 
und die weiblichen Vornamen wie marih Mario u. a. 

Anm. 1) Muuvo (pl. sduuvn) Stube ist noch im Mnd. swm.; über 
den Vokalismus des Wortes cf. §40 A. 1. 

2. jon- Deklination: barkd (pl. barky, oder »//-Stamm?) Birke, biito 
(pl. biiky) Buche, eekj (pl. eeky, s. § 388 b) Eiche, l(y9 (pl. Irytj) Linde, 
rcefo Weidengerte (as. *viöja), v(kj Wicke; biib (pl. bii(n) Beule, brrmzo 
Bremse (as. brimissa), dr(pj Traufe (mnd. drüppo swf.), eex<t Öse, üb 
(pl. /'/*///) Eule (im Mkl., Brem., Kavcnsb. u. a. öw-Stamm), krrcb (ostrud.) 
Kröte, kr(kj (pl. /.t/7.//) Krücke, nrcxo (pl. nrrxn, alter konsonantischer 
Stamm, mnd. st. und sw.) Nase, rcrrj (pl. reept) Röhre, äcetb Scheide 
(as. skedia stf., mnd. swf.), zeepj Seife, srrfo Schürze, *(fa(?) weibliches 
Schaf (s. Idiot, s. v., < tsibj), Slip? Schoß, swrnb Schmiede, Sni^en 
Schmiere, Sn^b Schnalle. 

Lehnwörter sind /leeb Flöte, mrb Stühle. 

Anm. 2) Alte masculina sind bluunu Blume, fggm Fahne, narvs 
Narbe, vogdj Wade, cf. $ 365, 1 a A. 6. 

3) Za. zeeetj f. Sau (mit Apokope) geht auf as. suga, mnd. söge 
zurück, bijrjd f. Tragbahre ist das einzige ndd. Wort, das das j des 
Suffixes bewahrt hat (ebenso prign. bf/rj, aber mkl. bWJr). 

4) Ins neutrum übergetreten ist dnrn (pl. di^rm, § 363) Dirne 
(as. *therna f., § 94). 

hi. n. -6-. 

§ 360. Eine Anzahl von Substantiven der verschiedenen Klassen 
bildet den pl. mit -s. Diese Endung stammt aus dem Romanischon 2 und 

1 muuh f. (ohne pl.) ist der übliche Ausdruck für Mund (dies Wort selbst ist 
unbekannt), muul n. (pl. miifor) bedeutet Maul. Der gleiche Unterschied, sowohl laut- 
lich wie sachlich, besteht im Ripuarischen : muu-l. f. Mund, muul m. (n.) Mau!. Mnd. 
mül n. und müle f. 

* Jakob Grimm, D.Gr. I T , GOG, der die Fortdauer des as. ins Mnd. leugnet, 
behiilt recht gegen si-inon Nachfolger W. Scherer (eht-nda); denn die dort angeführten 
Wörter mit -s entbehren gerade bis auf d>o Substantivs auf -er und das einzige fründes 
Freunde im As. des -s im pl.! 



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32 



Hermann Teuehert. 



ist ins Ndd. auf dem Wege des Ndld. eingedrungen. Sie tritt bereits 
im Mnd. auf; besonders häufig ist sie dort bei Völkernamen auf -er 
(z. B. mnd. Spanniers Spanier): sodann erscheint neben andern Formen 
maus als pl. von man Mann. Die übrigen ndd. Gebiete zeigen -s häufiger 
als das nmk., das den Übergang zum nhd. Gebrauche vermittelt 

Subst. auf 

§361. beyl (pl. beyh) Bengel, daml (pl. flamh) dummer Mensch, 
ktf-tf (pl. hvpfls) Korl; rrzls (pl.) Ksel, hamls (pl.) Hammel. 

Es ist beachtenswert, daß die angeführten Wörter Personen be- 
deuten, auch die beiden letzten; denn der pl. von haml , eczl als Tieren 
ist haml, rex.1. Ebenso heißt es ironisch njls Engel (d. h. in Beziehung 
auf Personen), dagegen im gewöhnlichen Sinne wird die Form ohne -s 
gebraucht. 

Sonst kommt noch selten vor naavls Nabel (§ 356 A.3/?) und reetsls 
als pl. vom n. Rätsel (§ 345). 

Subst. auf -sr, 

§ 362. Diese Gruppe ist sehr klein. Neben rester (§ 347) steht 
erster* als pl. zu pys Aas; kh/jrs Kinder gilt in der Anrede, sonst bleibt 
Uhjjr (sg. k[nt). Auch mmlws Mutter hört mau, öfter aber ist das 
miss. mihi: 

Subst auf -w. 

§ 363. Die Entwicklung ist von den m. n- Stämmen ausgegangen, 
die das -n in den sg. übernommen hatten und daher die Numeri nicht 
mehr unterscheiden konnten. So finden sich Looghs (daneben hoo^u) Bogen, 
yoprtns Gärten, kraatjs Kragen (cf. § 357 A I). Hierzu gesellten sich 
zwei Wörter mit altem -m: hesns Besen und borfiis Böden. Wie kraans 
wurde die junge Nebenform vaajns Wagen (alt vaaiu, rrcjia § 340) be- 
handelt. Nach dem alten maus (daneben mrntr) Männer wurde sogar 
frnmns Frauen gebildet und danach wieder; drr/-ns Dirnen (s. § 359 A. 4). 

Diminutiva auf -ken. 

§ 364. Eine wichtige Gruppe stellen die Diminutiva auf -ken dar; 
sie verlieren vor dem *• des Plurals ihr u. bliinukf/ (pl. bliinukis) 
Blümchen, strpk/t (pl. srrpkos) Schäfchen u.v.a. tmrkt/ Mädchen (^ *mege- 
deken) hat das Aussehen einer Diminutivbildimg verloren und daher 
neben dem bis auf die Synkope des -j- regelmäßigen pl. mrrks die neue 
Form mrrks* geschaffen. 

Eine merkwürdige Diminutivbildung ist khprkjs (pl.) Kindchen; 
daneben kommt seltener kn/.jrkns ohne Ausfall des -n vor; cf. die ähn- 
liche Bildung Kinderlein. Der sg. heißt kh/oli/, wird aber wenig gebraucht. 

Einzelnes: Der n -Stamm (substantiviertes adj.) joyj .hinge zeigt 
neben dem regelrechten pl. joy&s die synkopierte Form jof/s. kuknttk 
Kuckuck bildet den pl. kukuuks; ebenso hnmil, Habicht: pl. haariks. 




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Laut- und Flexionslehre der neumärkischeu Mundart. 33 

$ 365. GenusAvechsel. 
1. Mnd. m. > f. 

a) «-Stämme, die im nom. sg. die Endung -d zeigen und wegen 
der formellen Gleichheit auch das Geschlecht der femininen Substantiv» 
auf -9 angenommen haben: bako Wange (ahd. paccho), blunm* Blume, 
broko Brocken, drrtpa (seltener m.) Tropfen, fQQiw Fahne (mnd. swm. in 
gleicher Bedeutung), karpa Karpfen, karva Kerb (mnd. auch f.), klooro 
Kloben, krapa Krapfen, ntqijo Morgen als Ackermaß, narrj Narbe (mnd. 
selten f.), sdggko Staken, Sied* Schlitten, tnup? Schnupfen (mnd. snoppe). 

• Aum. 1) Neben maaa f. Magen findet sich mann, maa^n m. (s. $ 356 
A. 2); im Mkl. gilt mgggr n. Der Morgen als Tageszeit heißt wyrjn und 
ist m.; dieselbe Unterscheidung gibt Schambach an. 

2) m<^ri2 f. Arsch ist psychologisch ungemein interessant: selbst 
das -9 des Dativs veranlaßt den Übertritt ins Femininum! (cf. §§239 
und 388 b). 

3) hakdbato f. der gekrümmte Rücken, das fast nur in der Kinder- 
sprache angewandt wird, hat beim Übergang in diese Sphäre nicht kon- 
trollierbare Einflüsse erfahren. Das Wort hieß ursprünglich *hi{k<tbak m. 
(cf. as. mnd. bak m. Rücken). 

4) flQk» f. Flocke ist bereits im Mnd. f. (im Mhd. m.). 

5) Bedeutungsdifferenzierung scheint den Geschlechtswechsel ver- 
anlaßt zu haben bei gri{nt in der Bedeutung Senkung, Tal. Das Wort 
ist f. als »kleines Tal zwischen zwei Bergen«; als m. steht es in allen 
übrigen Bedeutungen: 1. Abgrund; 2. Boden, Land; 3. übertragen: Ur- 
sache. Einen derartigen Unterschied kennt Schambach nicht; dagegen 
wird bei Frischbier angegeben, daß grt{nt in Danzig mindestens seit dem 
15. Jh. in der zuerst angeführten Verwendung f. sei. 

6) Es scheint nicht ausgeschlossen, daß einem oder dem andern 
der oben angeführten Wörter alte f. Bildungen zugrunde liegen. So 
kann baka Wange vielleicht schon im As. f. gewesen sein. Sicher ist 
ein solcher Gegensatz zwischen As. und Ahd. für vpph f. Wade (as. 
watha f. : ahd. wado m.). maaa f. Magen ist bereits im Mnd. häufiger f. 
als m., was womöglich auf eine alte f. Nebenbildung weist. Aufklärung 
über diese Frage werden anzustellende, bitter notwendige Forschungen 
über Wortbildung im Mnd. liefern müssen. 

b) Die ursprünglich kurzsilbigen »-Stämme hrr.t Verlangen, Lust 
(as. hugi Sinn, mnd. höge bereits auch f.) und taaa Vorhang am Wagen 
(mnd. toge [tögc?J) haben das weibliche Geschlecht angenommen, weil 
sie -e bewahrt haben. Das letzte Wort hat möglicherweise auch -j erst 
an Stelle des lautgesetzlich in den flektierten Kasus ausgefallenen g er- 
halten. Der langsilbige Stamm kleeti Hode (mnd. klöt in.) verdankt das 
fem. der Neubildung des Singulars aus dem pl. mnd. klöte; cf. trrrna 
Träne (unten c) und nhd. Beere (unten 2). 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. III. 3 



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34 Hermann Teuchert. 

c) Dor alte ra. //-Stamm germ. * trahmus Träne Ist jetzt f. aus dem 
eben für kleeü angegebonen Grunde (as. pL trahni als sg. aufgefaßt, s. 
auch Idiot, s. v. tr^n). Ebenso steht es wohl mit der individuell neben 
ttf>n m. vorkommenden Form t^tu f. Zahn (alter Konsonantstamm). Über 
die u- Stämme Pflug und Floh (nmk. pluux? f. und //«ea f.) cf. § 388 b, 
über das erste Wort allein § 217. 

d) Der tia-Starani ahd. slio m. Schlei nimmt wegen des auslau- 
tenden -9 (UUj) das weibliche Geschlecht an. 

e) k\n» Kinn ist im Mnd. häufiger m. als n., im As. treten alle drei 
Geschlechter auf. Von diesen hat das fem., da es im got. kinnus er- 
scheint, vor den übrigen den Vorrang, und es ist möglich, daß es sich 
ohne Unterbrechung in der Mundart erhalten hat 

2. Mnd. n. > f . 

Aoor Haar ist als Kollektiv n., das einzelne Haar heißt h^r» f.; 
kniio Knie (mnd. kne n.), s. § 388 b. b^rrd Beere ist im Mnd. f. gegen- 
über ber n. im Mhd. Ob daher die von Kluge (Et Wtb. s. v. Beere) 
angegebene Erklärung, daß das f. durch die Auffassung des pl. als sg. 
entstanden sei, für das ndd. Gebiet zutrifft, ist zweifelhaft; denn 
im As. blieb bei den kurzsilbigen ja- Stämmen meistens das -/ der 
Endung im sg. orhalten, so daß also überhaupt kein Unterschied 
zwischen sg. und pl. bestand. Eher ist an Angloichung an mnd. bere f. 
Birne zu denken. 

Was den Geschlechtswechsel bei eeh Öl (ee statt *rr weist hin auf 
Störung der mundartlichen Entwicklung) voranlaßt hat, ist nicht ersichtlich. 

3. Mnd. in. > n. 

Das im Mnd. neben dem durch das As. gegebenen n. bereits auf- 
tretende m. ist im Nmk. bei Ulf Leib nicht vorhanden. Woher das n. 
in dem miss. loodd Lappen (mhd. lode swm.) stammt, ist unklar. 

4. Mnd. f.r>m. 

kuulln Knolle; frz. chauss6e f. > m. Chaussee. 

5. Mnd. f.>n. 

Wohl durch Angleichung an mr^kt/ Mädchen ist tlyrn Mädchen zu 
verstehen; im As. und Mnd. swf. 

6. Mnd. n. > m. 

farUn/k (mnd.?) Verlangen, gruuts kleines Zeug (mnd. gros, grüs n.), 
m\l Mull, suiqU Schmalz. 

Aum. 2) duttk in. Tuch ist im Gegensatz zum Mhd. im Mnd. m. 



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Laut- und Flexionslehre der neumärkischon Mundart. 



35 



II. Adjektiva. 
1. Deklination. 
A. Starke Deklination. 

§ 366. Vorbemerkung: Die Eigentümlichkeit des Ndd., den nom. 
sg. m. durch den acc. sg. m. zu ersetzen, hat sicli nur im Norden des 
Gebietes erhalten (cf. K. V. J. Löffler, Ut't Dorp ollen ehrenhaften Saldoat 
als Subjekt, aber ebenso oft auch -er); dafür hat sich das nhd. -er durch- 
gesetzt. Das neutrum fügt stets -dt an. Ein Dativ sg. m. auf -jm wird 
kaum noch gebraucht, dagegen ist der dat sg. f. auf -dr nocli ebenso 
häufig wie die Akkusativform auf -o. Ein dat pl. ist nicht mehr vorhanden. 

Beispiel. 

sg. pl. 
m. n. f. 

nom. blauor blauer blaudt blauo j 

dat. (blmum) blaian blauor, blam ! bland 

acc. blaian blamt blau* ' 

Anm. 1) Über die phonetische Behandlung des n. sg. cf. § 138. 
2) Über im nom. sg. m. statt -»r nach den pron. poss. errj ihr, 
irnxa unser, juua euer s. § 374 A. 2. 

Die Adjektiva auf -9. 

§ 367. Alte ja-, i- und //-Stämme, außerdem die Adjektiva, die 
das -c des Adverbiums angenommen haben, gehen auf -9 aus. Das -o 
entstammt der as. ja- Deklination, der sich die *- und «-Stämme an- 
geschlossen hatten. 

bee-,9 böse, bleedd blöde, d{kd (as. thikki) dick, d(m (as. thunni) dünn, 
fiictd (as. *thihti) dicht, dreea (as. *drögi) trocken, driistd dreist (drist 
falsch für driste im Mnd. Wtb.), eetb öde (got. au)>s, /-Stamm), e/p eng 
(got aggwus, «-Stamm), faict» (miss.) feucht, fremds fremd (got. framaps, 
t -Stamm), j9l{t/9 gelinde, jdmeenj gemein (got gamains). jdr{}ß gering 
(mnd. geringe schnell), miss. laieto leicht, müdd tnüde, niij (daneben 
selten nii, miss. nai) neu (cf. § 64 A. 1), reenj rein (got. hrains), riips 
reif, sbeedd spät, M(h still, xdreyd streng, Sern* schön (got skauns), ziitj 
süß (as. swöti, cf. got. suts, i-Stamm), teeo zäh (mnd. täie, ahd. zähi), 
Hixd weise, vmta wüst 

Ihr -3 verdanken der Form des Adverbiums alecnt allein, joliik? 
gleich (jjliika met auch gleichzeitig mit), jonaud genau, jwooth gerade, 
jji^sj gewiß, lieeh heil, looxd lose, xattj sanft. 

Das Adjektiv broohv brach (im Mnd. nur bräke f. Brachland vor- 
handen) ist offenbar erst nach dem Substantivum gebildet, hdpd unreif, 
sdord starr bleiben vorläufig unklar, da sie sich im Mnd. nicht finden. 
duum vollgefressen, geschwollen (mnd. düne und donne) ist schwierig, 
wird sein -d aber wohl vom adv. haben, da sonst kaum noch eine andere 
Erklärung bleibt Sicher hat es daher kuuh kühl, das im Ndd. und Ags. 

3' 



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:i6 



Hermann Teuchert. 



a- Stamm ist (ags. cöl, aber auch cole, mnd. köl) gegenüber ahd. kuoli: 
cf. hierzu Kluge, Nominale Stammbildungslehre 3 §§ 179 — 181. 

fest* fest schließt sich dem ahd. festi an, während die andern ndd. 
Mundarten meist das as. fast mit der Adverbialendung -e fortsetzen (cf. 
bereits im Mnd. der Neumark feste und faste p. 115, Jhrg. 1907 dieser 
Zeitschrift). 

Anm. 1) frii* früh verdankt -9 dem Streben der einsilbigen, vokalisch 
auslautenden Formen, ein -* anzunehmen. 

2) Die Form ftte viel würde zwar mit dem -9 die alte Gestalt 
(as. filu) fortsetzen, jedoch bereitet das kurze / in offener Silbe Bedenken, 
sie als regelrechte Entwicklung anzusehen. 

3) -9 haben abgeworfen: anj*nrvm angenehm, b*kvrcm bequem, griin 
grün, leer leer (as. lüri), Uec niedrig (mnd. lege), srrrc schräg (mhd. 
schnege); klem klein erscheint noch mit -9 in der Verbindung kgrty- 
kleen* kurz und klein. 

B. Schwache Deklination. 

§ 368. Der nom. sg. aller Geschlechter und der acc. sg. n. gehen 
auf -a, die übrigen Kasus auf -m aus. Der sg. f. zeigt der Deklination 
der f. schwachen Substantiva entsprechend durchgängig -9. Beispiole: 
groot*, grootn groß, xarp*, xarpm herbe, klunka, kluuky klug. Das sub- 
stantivierte Adjektiv jgy* Junge schließt sich im sg. völlig den schwachen 
Substantiven an, also lautet der dat. acc. sg. jgy*; dagegen heißt es dpi 
armm dem, den Armen, a\n bmmtn dem, den Beamten. Im pl. steht 
nach dem Artikel häufig die starke Form des Adjektivs: d* vi{lln9 sdr{mp* 
die wollnen Strümpfe, d* klcem fruu9ns die kleinen Frauen, d* groot* 
merkst die großen Mädchen. 

Anm.: Über einige adverbielle Verbindungen wie tum vntjistit zum 
wonigsten cf. § 339. 

2. Steigerung. 

§ 369. Der unflektierte Komparativ hat die Endung -*r } der Super- 
lativ -st*. Beide flektieren stark und schwach. Umlautfähige Stamm- 
vokale lauten zum größten Teile um; das alte Suffix -ör- ist also durch 
-ir- zurückgedrängt worden. Synkope in den flektierten Formen des 
Komparativs findet sich bereits im As.; so heißt es jetzt n* liivr* fruit* 
eine liobere Frau. Im Superlativ ist der alte Bilduugsvokal stets ge- 
schwunden, selbst die Stammesondung des Adjektivs wird vor -st* aus- 
gestoßen. 



Mit Umlaut: 



sdüf 


sdiiv*r 


sdiifst* 


steif 


ras 


rm*r 


rast* 


rasch 


W* 


ry*r 


p/st* 


eng. 


layk 


hu*' 


Ip/st* 


lang 


kluuk 


kliik*r 


kliikst* 


klug 


arm 


an/(9r 


ärmst* 


arm (s. § 72). 



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Laut- und Flexiouslehre der ueumärki&ebcn Mundart. 



37 



Anni.r Auf euphonische Ursache ist der Einschuh eines d im Kom- 
parativ von Adjektiven auf -r zurückzuführen (cf. § 241): diiordw (ge- 
wöhnlich miss. daizrdjr) teurer, Sr^d&r schwerer (s. § 370, 1); selbst x^rdor 
mehr (zu x^erj sehr). 

§ 370. Bemerkungen. 

1. Verkürzung des Stammvokals infolge verschärfender Wirkung dor 
Endung -w im Komparativ und Synkope des Bildungsvokals im Super- 
lativ tritt ein bei: 



breet 


f brpfor 
\ (breethr) 


\ br^tsid 
\ (breetsh) 


breit 


yroot 


grrtjr 




groß 


hoox 


i hrczr 
\ hec^r 


( (h&sto) 
\ heecstd 


hoch 


kleen 


klqtidr 


klfnstd 


klein 








schwer. 



2. Defektiva sind: 



(Mar) bcs*r (nhd.) brat» gut 
fth viel m {{ r mehr { jjjjj^ meiste 

CCCC- eher { ärst»(§ 93 A. 4) erste 
({pv9r über) — ^drsdd oberste 

(i{yy unten, uij.)r unter) — m/iräd» unterste 

(mjdn mitten) — m(dlst9 mittelste 

(buutn außen) — buuttrSdd äußerste 

(nind. late spät) — Irtst» letzte. 

Anm. 1) Minder kommt allein noch in minarj^c vor, as. minnera 
fortsetzend, daneben ist jedoch die Noubildung m\tuhr schon häufig. 

2) Eine so auffallonde Bildung wie gr%t*rtdr größer, die man bis- 
weilen hört, ist unter der Auffassung des vom Positiv abweichenden 
Komparativs als eines Adjektivs auf -r entstanden, indem diidrddr, das 
auch infolge von Dissimilation (oder nach der § 178 angeführten Regel) 
als dmrtzr erscheint, als Mustor vorschwebt 

3) Der as. Komparativ bat, bet besser ist nur noch in Ortsadverbien 
erhalten, aber nur in hd. Lautform: tyshm weiterhin, b^sh^ro weiterher, 
näher heran. Sehr häufig hört man dafür die Neubildungen Itrsdrhrn, 
b{S9rIirc9. 

T1I. Numeralia. 

4? 371. Es ist eine häufig gemachte Beobachtung, daß die Zahl- 
wörter mit am erston hochdeutsche Lautform annehmen. Es ist daher 
über sie weiter nichts zu sagen. Über die Anfügung eines -» bei den 
einsilbigen Zahlen (1 — 12), wenn sie allein stehen, cf. § 388 c. Zu in 
ecns in einem fort s. § 377. 



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38 Hermann Tuuchurt 



Bei den Ordinalzahlen ist die Verbindung des Zahlwortes mit hali-9 
beachtenswert: and9rthalv9 l 1 /,, dr(dahalv9 2 l f i} fUrtehalv» 3 1 /.,, fimfts- 
fialv» 4 Ys usw. 

IV. Pronomina. 

1. Persönliche. 

a) Ungoscblechtig. 

§ 372. ikfo), k dun, du, dj, -td — 

mit, mi, inj dii, d{, da \(c 

vii, r(, vd fihjitj» — 

t(ns juu, p x(c. 

Anm.: Über jii als vermeintlichen acc. cf. § 264. Eine gewisse 
Unsicherheit in der Unterscheidung von jii und juu scheint in den öst- 
lichen Kolonisationsdialekten vorhanden zu sein, so bietet die naive 
Grammatik des Samländischen von E. L. Fischer (Halle 1896) juu als nom. 

b) Geschlechtig. 

m. n. f. pl. 

§ 373. hrr, hau, (ar) 9t, t xii, x{, x9 

cm, am, q cor 
fem, am), n d, t xii, x(, X9. 

Anm. 1) Die mangelhafte Unterscheidung des dat. und acc. sg. m. 
beruht auf einer lautlichen Erscheinung, der Verwandlung des m im 
Auslaut in n (cf. bereits Reineke de vos 1390. 2158. 4483. 4589. 5864). 
Daher erleidet der Gebrauch des dat Einbuße, viel seltener dringt dio 
Dativform in den acc. ein. Dies geschieht nur des Nachdrucks halber: 
frax {m frag ihn. 

2) Über am cf. §§ 25 A. 3 und 266. 

3) Die Ersetzung des dat pl. durch den dat sg. f. cor ist eine früh- 
zeitige Erscheinung und durch die Übereinstimmung des Paradigmas 
herbeigeführt worden. 

§ 374. mihi, diin, xiin ; rrr;t fror); miX9, juud. 

Anm. 1) Der substantivische Gebrauch kommt wohl nur in der Ver- 
bindung miiit i{n diin Mein und Dein vor; sonst heißt es drt miinija usw. 
(auch drt miinicte). 

2) Die Bewahrung der alten Endung -d (as. -n) in unxj, jum übt 
auch auf das folgende, in der Mundart stark flektierte Adjektiv die Wir- 
kung aus, daß es -j statt des sonstigen (nhd.) -?r annimmt: un\9 {>h 
knret unser alter Knecht, un\9 {>b knoct.9 unsere alten Knechte. Das 
aus dorn gen. (sg. ira, pl. iro) entstandene rrr9 schließt sich diesem Ge- 
brauche an: cn\i jtij/o man ihr junger Mann. Daß wirklich starke Flexion 
vorliegt, ergibt sich aus dem acc. sg. ni. und dem n. sg.: jiau breedn dam 
euein breiten Damm, n-rg liitjt k(nf ihr liebes Kind. Dagegen heißt es 



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Laut- und Floxionslehre der neuiuärkischen Mundart. 



39 



miin kleenar jgtja mein kleiner Junge. Im As. ist nach dem pron. poss. 
und den Genitiven is, ira, iro sowohl starke als schwache Deklination 
der Ädjektiva möglich. Dementsprechend bietet Lauremberg (Scherz- 
gedichte IV, 458) noch die starke Form nach min: mine kale Versch 
meine kahlen Verse, acc. pl. 

3) Eine Form mit «-Schwund, ehedem violleicht auf dem ganzen 
Gebiete heimisch, besitzt (oder besaß?) der Norden: uose 0 unser bei 
K. V. J. Löffler. 

3. Hinweisende. 

m. n. f. pl. 

§ 375. a) (dar, dar) det diu, dii, da diia, dii, da 

dar, dar 

dpi, dan det diia, dii, da diia, dii, da. 

Anm. 1) Ein Dativ ist nur noch im sg. f. erhalten, jedoch ist die 
Form schon durch das hd. dar des nom. sg. m. beeinflußt 

2) Über dan cf. § 17 A. 

3) Der gen. d$s ist erhalten in desvccy deswegen. Diese Form ist 
in der Verwendung als Artikel in dor gekürzten Gestalt *s durch t ver- 
drängt: tnaxs des Nachts (s. § 339). 

4) Die Form dat erscheint neben det im Gebiet östlich von I^ands- 
berg a. W. 

5) Der gen. wird umschrieben : dan xiiu vggrt auf dessen Wort. 

6) Eine lautliche Entsprechung des mnd. deso, desse dieser ist nicht 
vorhanden. Es findet auch kein Ersatz durch das Nhd. statt 

b) jenar, jent, jena jener. 

Hiernach steht das stark flektierte Adjektiv: jenar guudar » jener 
Gute«, d. h. der große Unbekannte, jent kleemt k{nt jenes kleine Kind. 
Über jent cf. § 138. jenUiit, i(p jmtxiitn jenseit (mnd. ghent, günt). 

4. Fragende. 

§ 376. (vrvr) mt, dat veem, acc. vecn; instr. rii (as. hwi), vuu 
(as. hwö wie) wer, was. 

velar, ielat (viili, reit), vela welcher (mnd. wel, wol). 
Anm.: reer ist nhd. 

5. Unbestimmte. 

§ 377. eenar, rent, eena einer, jemand; es verbindet sich mit xoo 
so zu xoon, das für solch steht 

Anm.: (n ecns in einem fort hat sich nach dem Abfall der Dativ- 
endung an allns angeschlossen; es wirkt jetzt wie ein Adverb. 

(alas) allns alles, mit der Genitivendung (über das -n- cf. § 380). 

n{st nichts (mit schwer zu erklärender Lautform, s. darüber §198). 

keen kein ist hd. Entlehnung; keimar niemand. 

jiidar jeder (mnd. ider, cf. § 52 A. I). 

etvas etwas ist nhd.; unbetont steht dafür vat. 



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lleruiaun TeucütirU 



V. Präpositionen. 

§ 378. Eine Sonderung nach den Kasus, die die Präpositionen 
regieren, ist wegen des Verfalls der Substantivflexion nicht angängig. 
Indessen sind gerade sie es, in deren Gefolgschaft noch der dat. auftritt 
(tum viitstn zum weitesten, ttr noot zur Not, nporfem nachdem, danach adv.). 

met mit, (mrt)xamst samt, n{>g nach, uut aus (adv. buutn außen), 
fan fyn von, bii bei, nitjryj entgegen (ahd. ingagani), tuu tu td zu (tum 
zum, tar zur), maijk unter, zwischen, jrnjwrtr gegenüber, unter außer. 

QQ7W ohne, d(>rc durch, im um, farlayk (farlatjky) entlang, fwrfar 
für, jvnj* gegen. 

an an (dat. am), hitjjr hinter (adv. hhjtj hinten), feer far vor, (n 
in (dat im), t(m zwischen, frv.tr über, up auf (adv. a. Lo. baarn oben), 
i(ydr unter (adv. m/y unten), necvn neben (adv. d>r-, terjvnjd daneben). 

Aum. 1) Außer am, \m kommen auch die Formen ann, \nn vor. 

2) Fast alle Präpositionen können als Adverbia gebraucht werden; 
das in dieser Verwendung früher vorhanden gewesene -d ist durch Aus- 
gleich beseitigt worden. 

3) Die Richtung auf die Frage wohin drückt vorgesetztes r- aus 
(nhd. hin-, her-), so rup hin-, herauf, ruttt hin-, heraus, raf hin-, herab, 
ruyor hin-, herunter, rrcvdr hin-, herüber, ran heran, r(n hin-, herein, 
r(m herum. Von diesen Bildungen nehmen die einsilbigen nach Ana- 
logie der zweisilbigen -zr an: ri{pjr, runter, rafdr, ranor, r(mr, r(mar. 
Die Bedeutung ändert sich dadurch nicht. 

4) Alte Konstruktion ist bewahrt in Verbindungen wie ikan an 
miinn arm niM hrnn ich kann mit meinem Arm nichts heben, far mit' 
kanntet duun meinetwegen kannst du es tun. 

5) Die im sonstigen Ndd. übliche Form bei bis (< as. *bi at) ist 
nicht erhalten, dafür steht brs. Anders ist beshcn u. ä. zu erklären, 
s. § 370 A. 3. 

6. Adjektivbildungen von Präpositionen, wie sie nicht nur im 
Vulgärhochdeutschen (cf. Berlin xue Droschke), sondern auch in Mund- 
arten vorkommen (cf. Selm. tau(c verschlossen, ähnl. im Moselfrk. u. a.) 
finden sich nicht und werden selbst im Missingischen als ungehörig 
empfunden. 

VI. Adverbia. 
I. Von Adjektiven. 

§ 379. Die Bildung der Adverbia von Adjektiven erfolgte im Mnd. 
durch die Anfügung von -c (as. -o). Diese Endung ist von den meisten 
Adverbien nicht bewahrt worden, so daß jetzt beide Wortklassen gleich 
lauten. 

Erhaltenes -<> zeigt la//> lange (adj. lat/k): s. auch die £ 3(37 an- 
geführten Beispiele. 



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Laut- und Iflexioublelire der ueuinärkucbun Mundart. 



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Die Steigerung geschieht wie bei den Adjektiven ; der in den früheren 
Sprachstufen infolge der as. Bildungssilbe -ör- ausbleibende Umlaut ist 
durchgeführt. 

2. Andere Adverbia. 

§ 380. -it: bah bald, form vorn, jrerm gern, $ft<> oft, ti{xamd zu- 
sammen (mnd. tosamende). 

-n:j(st»m gestern besitzt in der Zusammensetzung jp-tdraavnt gestern 
abend regelrecht kein -n. Wohl der einzige Rest der im Mnd. überaus 
häufigen Bildung auf -en ist barb^r.^n (tibertreibend für) sohr, z. B. bar- 
byprön kglt sehr kalt 

-s: Eine Anzahl der Adverbia auf -s sind Erweiterungen ehemaliger 
Formen auf -en. bestns bestens; m/srvec-ns unterwegs, ahrvcens überall; 
danach (miss.) harnaaxns nachher, zunstns sonst, tynsttis Soonstns schon 
(affirmativ), narjns nirgends (zu as. hwergin irgendwo). Hier hat sich 
allns alles (häufiger als afos) angeschlossen, indem es -«- einfügte. 

lüks glüks sogleich, fgprts sofort, siltf>ts statt. 

Anm. 1) Dieses genitivische wird auch an präpositionale Aus- 
drücke angehängt: tvggrs (tsv^)r§, < te wäre + s) zwar, cf. mhd. zeteiles, 
Widersinnes, entwerhes. 

vuui>r$ irgendwo hat sich nach tv^r* gebildet; die Form muß alt 
sein, da sie Vorhandensein von r beim Relativadverbium (as. hwär) vor- 
aussetzt (über den Vokal uu cf. § 47 A. 2). 

Eine Art superlativischer Bildung liegt vor in soonst schon, reiw.st 
(aavwsi) aber. Sie erklärt sich aus Angleichung an eine Form wie {m- 
zi(tist umsonst, die an das auslautende -.s- ein t angefügt hat. 

Anm. 2) Ohne -s heißt es regelrecht afzüt abseits, detziit diesseits, 
jentziit jenseits. 



Anhang. 



Einzelnes von der Wortbildung. 

I. Substantiva. 
Suff. -s. 

§ 381. a) Aus verschiedener Quelle stammt das suff. -s, das bei 
einsilbigen Wörtern vorkommt. Andere deutsche Mundarten weisen bei 
der Mehrzahl dieser Bildungen zweisilbige Formen auf, und man hat 
deswegen Entstehung des suff. -s aus einer mit einem Vokal versehenen 
Endung anzunehmen. Während Münch in seiner Grammatik der rip.-frk. 
Mundart, Bonn 1904, § 141 dem ahd. -izo den Vorzug gibt, entscheidet 
sich Hoffmann- Krayer in der Ztschr. f. hd. Maa. III (1902) S. 26 ff. für 
das lat. -us. Nun bleibt in der Tat für -ixo kein Raum mehr, wenn man 



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Hermann Teuchert. 



dio Plurale der s- Bildungen betrachtet: sie flektieren stark, auf -<?, 
während bei ~izo -en zu erwarten wäre, z. B. blufsd, ialpsd. Mit -ixo 
sind lediglich die verkürzten Vornamen frrrts Fritz (daneben noch fritsd, 
pl. fr(tsn und wohl auch fr^tsn) und mats Matz (nicht aus Matthäus, 
sondern aus Vollnamen wie Maganfried) gebildet. Die, Gewohnheit, -m* 
deutschen Wortern anzuhängen, entstammt dem scherzhaften Streben, 
sich auf bequeme Art in den Besitz fremdartiger Formen zu setzen oder 
aber groteske Wirkungen zu erzielen. Noch heute ist Komm für Korn, 
Schnaps üblich. Hierher gehören sicher alle Formen, die neben sich nur 
ein sächliches Substantivum haben, so flaps unhöflicher, vorlauter Mensch 
(eigentlich ein Mensch mit einer flato großem Maul), kn\rps Knirps, kleiner 
Kerl (wohl zu ndld. knorf Knoten) und talps tölpelhafter, ungeschickt zu- 
trapsender Mensch (von *ialp9 [cf. köln. talp breite Fußsohle]); ferner 
props kleines dickes Männchen, Mädchen (zu prgp Pfropfen), Sdt(ps ge- 
drungener, wohl auch etwas verwachsener Mensch (zu Mab» Wurzelstock). 
Das Mfrk. hat hier -js: flapds Narr, lapds läppischer Mensch. 

Nicht wahrscheinlich ist Ableitung mit ~tis bei Wörtern, die meist 
nur ein Verbum auf -seti neben sich haben und fast immer sächliche 
Bedeutung neben der persönlichen, falls diese vorhanden ist, besitzen. 
So scheint z. B. Smats Kuß keine andere Erklärung zuzulassen als die 
eines Aktionsnomens vom Verbum schmatzen (mundartlich xmaksn). Ferner 
kommen in Betracht gni(rps, das beim gni{rps?i Kauen spröden Back- 
werks verursachte Geräusch, gr\ps 1. das Begreifende: der Verstand; 2. das, 
woran man greift: der Kragen, kviyks 1. das quatschende Geräusch, das 
etwa Wasser in Stiefeln beim Auftreten hervorbringt; 2. ein kleiner un- 
bedeutender Mensch (einer, der nur einen krurks hervorbringen kann!), 
ülurps 1. das beim Schlürfen entstehende Geräusch; 2. kleine Menge 
Flüssigkeit, *i{lps das aus einem Gefäß überspritzende Wasser, smirks 
Geräusch beim Spritzen, Schnarchen, snurts 1. Geräusch des Reißens von 
Geweben, Furz; 2. kleiner Kerl (wie ein Furz), sT{ps Taumel infolge Be- 
trunkenheit, taps ein derb auftretender Mensch, Tölpel. Das Mfrk. zeigt 
auch hier -ss: tapds täppischer Mensch. Ob dort Wörter wie dröö:mas 
Träumer, briil.ds Schreier, kn((:pds Zwinkerer als nomina agentis zu ihren 
Verben oder als Ms-Bilduugen zum Verbalstamm zu douten sind, mag 
dahingestellt bleiben. Dies muß auch zweifelhaft bleiben bei den nmk. 
Wörtern, die neben sich Formen ohne -s haben: bt(fs : bt(f hörbarer 
Schlag, liaps : hap, hapm Happen, klaks : klak Klecks, klaps : Map klap- 
pender Schlag, kniks knickender Laut, Verbeugung : tenik Knick, xt(ps : 
st(P schiebender Stoß. Sicher aber ist Ableitung aus dem Verbum flfan 
eilen bei fl(ts in der Redensart: duu h{stn fl(ts du bist verrückt, d. h. 
dir eilen die Gedanken fort; denn oine s-lose Form ist hier nicht vor- 
handen, da fl(tsn aus frz. flcche Pfeil gebildet ist; /Iiis anderseits ohne 
weiteres als * Pfeil« zu nehmen, ist doch nicht geraten. Als Muster für 
solche direkten Verbalsubstantiva mögen Wörter wie dal* redseliger Mensch 
(zu dalsn), kvats 1. quatschhafter Mensch; 2. dummes Gerede, Unsinn, matt 



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Laut- und Flexioualohre der neuroürkisohen Mundart. 



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breiiger Schmutz, patS nasser Kot, Schmutz, grtat* Unsinniges oder Ge- 
hässiges redender Mensch dienen. 

Bei folgonden Beispielen ist Entscheidung für die eine oder die 
andere Möglichkeit der Bildung nicht zu treffen: (tyts Dummkopf, forte 
Flätz, flegelhafter Mensch, mi{rks Knirps, .v/ppÄ» (und suulsyks) roher 
Flegel, $ri{k8 mit den Beinen beim Gehen nachschleifender Mensch. 

Nur scheinbare s-Bildung ist frggts 1. gefräßiger Mensch; 2. Fraß, 
Essen, da sich hier das des Stammes nach § 189 zu -tu entwickelt 
hat. Es ist Verbalnomen wie nhd. Schwank, Schwalch, Klang, Dampf, 
Sod u. a." 

Schließlich bleibt eine letzte Entstchungsmöglichkeit durch lautnach- 
ahmende Interjektionen wie bauts, plauts (pladauts), die auch bereits in 
manchen deutschen Mundarten substantivischen Wert angenommen haben 
(s. z. B. das Wörterbuch von Frischbier). Als derartige Ausrufe könnte 
man auch Formen, die man von s-losen Verben ableiten kann, auffassen, 
wie hffps Sprung, foqks Knick, Knack, plums Fall ins Wasser und das 
Geräusch dabei und plqts in der Verbindung t{pm pluts und als Adverb 
plötzlich sind sicher ursprünglich reine Interjektionen. 

Anm.: Alle «-Bildungen sind m. 

b) In anderer Verwendung findet sich -s bei marks m. Mark n. 
(über -gy> -k cf. § 217 A.); neben d(ys Ding stehen diyss und d{ywiyk.s. 
Bei dem letzten Wort scheint die mhd. Kollektivendung -exe vorzuliegen. 

Dimiitativsiifftxe. 

1. -ken. 

§ 382. Das Suffix -Ar//, -kn tritt im Gegensatz zum Nhd. nicht gern 
unvermittelt an den Stamm; gewöhnlich setzt sich ein erhaltenes oder 
eingeschobenes 9 dazwischen: bliimaky Blümchen, cyakn Endchen, k\ydkn 
Kindchen, vrrrddkn Wörtchen. Dies -9- ist durch Analogie nach eydkn 
zu erklären. 

Danoben tritt die im Ndd. sonst häufige Einfügung eines eupho- 
nischen s zurück: b{tsky bißchen (cf. § 189), rek.sky Röckchon (auch rekkn), 
njskn seltenor als riflkn, M{kskn Stückchen (cf. auch § 226 A.). k(y9ky 
bildet den pl. kiyjrkzs (cf. im Nhd. Kinderlein boi Nikolaus Hermann 
»Ihr Kinderlein kommet« und Kindlein bei Luther »Lasset die Kindlein 
zu mir kommen«). 

2. -<7.-. 

Das Suffix -ik (s. Kluge, Nominale Stammbildungslehre s § Ol b), 
dessen ursprünglich diminutiver Charakter bereits in der ersten geschicht- 
lichen Zeit des Germanischen nicht mehr kenntlich ist, steht bei männ- 
lichen Vogelnamen ohne Erweiterung nur in huav\k Habicht (und miss. 
kr^n(f Kranich); nach dem Muster von rntjr(k Enterich (< ahd. anut- 
traho, cf. Scha. dräk* Enterich) ist neu gebildet worden jrnUrik Gänserich 



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Hermann Tendiert. 



(Scha, ganta, ahd. ganzo; das im Ndd., z. B. bei Scha. als Nebenform, 
sonst verbreitete gantdr bot den Ausgangspunkt) und diivdr\k Täuber. 

Der Pflanzenname hr^dsrij; Hederich hat sich aus dem lat. hederäcea 
entwickelt Doch ist immerhin, wie nhd. Wegerich zeigt, ein eigenes 
deutsches Suffix -ik für Pflanzen wahrscheinlich, sogar für Teile von 
Pflanzen, cf. peddik 0 brem. Wtb. und Schü., pedek 0 Scha., padik pom. 
und mkl. = Mark der Pflanzen, wofür wohl das nmk. prnh 1. Quecke, 
2. prqdnkijrv» aus Kiefornwurzeln geflochtene Körbe steht (ags. pida 
Pflanzenmark). Schließlich tritt -ik in pe^x9r(k m. Ochsenziemer auf, 
wobei es zweifelhaft ist, ob dio Endung -er ursprünglich oder in An- 
lehnung an die außer in haav{k allein vorkommende Verbindung -erik 
neu gebildet worden ist und das sonst vorkommende -ei verdrängt hat 
(Scha. Schü. brora. Wtb. p^xl, s. auch Idiot, s. v.; p^x9r[k ebenfalls bei 
Frischbier). 

3. -ike. 

Das bei Eigennamen mit Koseform im Germ, häufige Diminutions- 
eleraent -ikan- ist bei Nanien wio beendte Beneke, xipkd Süpke, rggd(k9 
Kadicke erhalten. Sonst erscheint dies Suffix bei folgenden Personen- 
bozeichnungen : boofkd Strolch, Flegel, fatskd Fatzke, närrischer, gecken- 
hafter Mensch, kneepkd kleiner, gedrungener Mensch (von knoop Knopf), 
pr^pkd einer, der dick ist wie ein Pfropfen, üd^pte kleiner Kerl (wohl 
kaum gleich dem gött. stppfo Bezeichnung für den Teufel, Dira. zu 
Christoph, vielmehr zu nhd. Stöpfel, nmk. $d(p$l Pfropfen). Daneben 
werden die Diminutivformen stets als neutra auf -kn gebildet: datfkn ein 
»kleiner« dato, redseliger Mensch, harmmdku Hermännchen, h^nxdki/ 
Häuschen, fryptskn kleiner« Vielfraß, knerpkn Knöpf chen, klauAn kleine 
Klaue, Slarnpjrky schlampige Frau. 

Andere ndd. Mundarten haben sich die ursprüngliche Geschlechts- 
unterscheidung bewahrt und verwenden das erweiterte Suffix -km nicht 
fürs m. und f. So bietet Scha. klyyvAv f. dim. zu klaava Klaue, kri'llkj f. 
Haarlocke, Slampdrk» f. nachlässig gekleidetes Weib, haamka m. der aus- 
gewachsene Haushahn, hiji/ndks m. Hähnchen. 

In henste m. Handschuh kann -kd nicht Diminutivsuffix sein, weil 
es nach dem Stande der Mundart mit -n erscheinen müßte. Anderseits 
macht die Erhaltung des k von sköh Schuh, das den zweiten Bestandteil 
des Wortes bildet, neben .s v , das doch aus sk entstanden ist (cf. die Neben- 
form ham.t), Schwierigkeit Das Soester hanska und dän. handske ist 
regelrecht. 

Anm. 1) Das alte Gibica lebt in dem berlinischen jerbaka der Ge- 
bonde beim Kartenspiel wieder auf. Weniger rein ist Getrerke 0 der 
Gebende und Nemerke 0 der Nehmende (aus der Knabeusprache) bei 
Frischbier. 

2) Als f. auf -ike kommt nur vgod(k9 Molken vor. Ar?{.*fo f. wilde 
Birne, Holzbirne ist slavisch (poln. gruszka). 



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Laut- und Flexionslehre der noumärltisehen Mundart. 



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4. -cl. 

Abweichend vom westlichen Ndd. und charakteristisch für die 
Mundart und überhaupt den Osten weisen farkl n. Ferkel und kiikl n. 
Küchlein das Suffix -ila- statt des sonst geltenden -in- auf. Es ist 
beachtenswert, daß in beiden Fällen k den Stammauslaut bildet, und es 
sieht so aus, als ob das Sprachempfinden das Suffix -//*- mit -hin- ver- 
wechselt habe, da nur dieses die Folge hinter -/,• meidet (cf. mnd. böekelen 
Bückchen, ziegelen hoedulus, beckelen rivulus mit dem suff. -Hin statt 
-ikin; s. dazu Wilmanns, D. Gr. II, l, § 248 und Grimm, D. Gr. III«, 678). 
An sonstigen Diminutiven sind erwähnenswert brQkl m. Brocken, kriiml m. 
Brocken, k%tl f. Verschlußkette oder -haken, krrtl m. Kotkügelchen. In 
rnyrml f. kleine Steinkugel zum Spielen gehört -/ zum Stamm und ist 
aus -r durch Dissimilation entstanden (< Marmor, cf. nhd. Marmelstein). 

Anm. 3) Das Suffix -\yk (ohne diminutiven Wert) ist an Stelle eines 
alten -\k getreten in n\liyk m. Iltis (mnd. üllik), ets(yk m. Essig (miss.|?j; 
mnd. etyk), kliiniyk f. Klinik (greh. xAmxj?). In fign(yk m. Honig hat 
sich das alte Suffix -ing neu belebt, und in d{yw(yk, diydr{yks n. gegen- 
ständliches Ding scheint das alte Kollektivsuffix -ahja- wie in Röhricht 
(ahd. rörahi) zu stecken. Als Vorstufe wäre dann das noch vorhandene 
d\yvr\e n. zu denken, -dr- stammt wohl aus dem pl. 

In 8leez\ydr Schlesier, Sle^xiyy Schlesien liegt Angleichung an die 
zahlreichen Völkernamen auf -ing vor. matter (yd f. Eiter (aus lat mä- 
teries Eiter; in Deutschland weit verbreitet) weiß ich lautlich nicht zu 
deuten. 

Suff. -sl. 

§ 383. -sl dient zur Bezeichnung des Werkzeugs und des Kollek- 
tiv ums: fartrlsl n. Erzählung, s(tsl n. Brett an einer langen Stange zum 
Einschieben des Brotes in den Backofen, h^ksl n. Häcksel, sbrpjd 
1. m. Fleck, Sommersprosse, 2. n. Heupferd, Imtyksl m. Knöchel (wohl 
lediglich euphonisch?), phrysl n. Anhängsel, $d%psl m. Propfen, rcrisl n. 
Rätsol, xuu8tln. Scheusal, häßliches Weib (mit /-Einschub, § 247, 5). Cf. 
im Nhd. Schicksal u. a. In $(ksl n. unsauberes Mädchen ist -/ diminuierend 
(< jüd. schickzah Christenmädchen). 

§ 384. a) Suff. -n\89. 

Das as. Suffix -nissi, -nussi bildet in der Mundart f. und n. Substan- 
tiva; -j ist im allgemeinen fest. Im ganzen entspricht der Bestand an 
Beispielen dem Nhd. Als Adjektivbildung, die dort nicht vorkommt, ist 
das miss. faiclnisj f. Feuchtigkeit zu erwähnen. 

b) Suff. -Hj. 

bddriizriid f. Betrügeroi, disnih Tischlerei, fleexorih Fleischerei, 
xrcnmnh Sämerei. 



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ITermann TVuchert. 



Suff. -keet. 

§ 385. Das Suffix -keet ist aus -heet (got haidus Art, "Weise) in 
den Fällen entstanden, in denen die Suffixe -(k und -heet aneinander 
stießen; im Mnd. wie im Mhd. findet sich dann die Schreibung — und 
Aussprache — ch\ cf. mnd. selichet Seligkeit, mhd. kündecheit < *kündic- 
heit. Das Nmk. hält an dieser Entstehung fest, indem es Substantiva 
mit neu eingeschobenem -ic- bildet, z. B. tikS(ckcet Tücke; hier besitzt 
der erste Bestandteil »tückisch« die beiden Suffixe -{* und -ic. Vgl. 
noch folgende Fälle diimp{ckcet erstickender Zustand der Luft (zu di{mp{i), 
frgQts{ckeet Freßgier (zu fryptsic gefräßig), xerl(ckeet Seligkeit. Auch 
an -l\c (as. -lik) kann r keet angehängt werden, z. B. 7uitlickeet Nied- 
lichkeit 

Von Beispielen auf bloßes -heet ist als abweichend vom Nhd. guut- 
heei Gutmütigkeit erwähnenswert 

Aktionsnomina. 

§ 386. Lebendige Werbekraft besitzt die überaus kräftige Gruppe 
mit -j9 komponierter Verbalnomina zur Bezeichnung einer Tätigkeit, z. B. 
jdlnt& n. das Lutschen, jdduu* das Gebaren, jagyp das Hin- und Hergehen, 
jamggk9 das Treiben, jabrrd Getöse (eigentlich (wildes) Leben, die Bedeu- 
tung Lärm auch bei Ri.). Ausgangspunkt sind die nominalen Kollektiv- 
bildungen wie as. giscohi Paar Schuhe, giruni Geheimnis und besonders 
nhd. Gerede (von Rede = as. redia). Der verbale Charakter dieser 
Aktionssubstantiva tritt in dem Umstände in helles Licht, daß Verba, 
die mit einer trennbaren Partikel wie af ab, an an, tuet mit, tuu zu, 
raf herab, r(m herum, hee her, dgpfan davon oder einem prädikativen 
Adjektivum wie nit'o neu (in dieser Stellung ohne komponiert sind, 
ein solches Substantivum mit einem dem vorhandenen ersten Gliede 
nachgestellten -jd- bilden, z.B. afjsmggka Abmachen, anjdtoojtf das wieder- 
holte Anlaufen, heejdkqom» wiederholter Besuch, niijdmQQkd Neumachen. 
Dagegen ist eine entsprechende Form zu fartelln erzählen oder tor&leepi u. ä. 
unmöglich. Wie die letzten Beispiele deutlich zeigen, wohnt allen Sub- 
stantiven der Art der Begriff der Wiederholung inne. 

II. Adjektiva. 

§ 387. Die Endung -(c tritt abweichend vom Nhd. auf in doodic 
tot, Uev(c lebendig. Häufig ist die Verbindung -<?;•/>, die als Bildung 
nach den frequentativen Verben aufzufassen ist: farjerhrk vergeßlich; 
dabei braucht das entsprechende Verbum nicht vorhanden zu sein: -dr(c 
ist eben selbständiges Suffix geworden; so gibt es *farjret,jrn z. B. nicht 
Dagegen existiert dijrMw-n dürsten zu dnr(ter(r durstig, drrkzm Schmutz 
verursachen zu dirl&ric dreckig. 

Mit -{.y scheinen gebildet hiitoiS heutig, jisters gestrig. 



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Laut- und Flexionslebre der nenm&rkischeu Mundart. 



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Anfügung eines -<>. 
a) An persönliche Fürwörter u. ä. 

§ 388. Eine charakteristische Erscheinung des Ndd. ist die Erwei- 
terung einsilbiger Wörter um ein -9. Bereits im Mnd. zeigt sie sich, 
aber sie tritt nur erst bei stark betonten Woltern auf, z. B. icke : ick ich. 
Diesem Streben verdanken die zweisilbigen Nebenformen der Pronomina 
und Adverbia, die auch jetzt noch meist nur stark betont gebraucht 
werden, ihre Existenz: (kd ich, dum du; vima wo; hrp her, hih hier. 

b) An Substantiva. 

Bei Substantiven wird -ö angehängt, wenn sie auf Vokal ausgehen. 
Dieser Vorgang ist mit der Diphthongierung solcher Auslautvokale in 
andern ndd. Mundarten in Verbindung zu bringen und gibt offenbar die 
Vorstufe dafür her. Es entwickelt sich nämlich in der Hiatstellung vor 
anlautendem Vokal ein Übergangslaut, der sich im Nmk. mit seiner ge- 
ringen Stimmodulation zum selbständigen Vokal verdichtete, in andern 
Mundarten dagegen zunächst einen doppelten und damit den Diphthong 
entwickelte. Beispiele der Art sind: kuua f. Kuh, zuus f. Sau (nicht 
aus as. suga, das ergeben mußte, cf. Za. zowj), hniid f. Knie. 

Ausgangspunkt mögen Formen mit zwei Silben wie fruuj Frau (as. früa), 
sliw f. Schlei (ahd. slio < *sliw-az) gewesen sein, blii n. Blei bleibt 
einsilbig, kommt aber kaum vor, es heißt meist blai dafür. Der Um- 
stand, daß flee9 Floh auf dem ndd. (und fränk.) Gebiete f. ist, könnte zu 
der Annahme verführen, daß das ursprünglich konsonantisch flektierte 
Wort sich später der jö- oder ^«-Klasse angeschlossen hätte, nur müßte 
dann der Umlaut im Xdd. durchgehen, was z. B. im Wstf. nicht der Fall 
ist Jedenfalls ist aus den vorher angeführten Beispielen ersichtlich, daß 
das weibliche Geschlecht die Anfügung eines -o begünstigt 

Anders liegen die Verhältnisse bei Substantiven mit konsonan- 
tischem Stammauslaut Hier befinden wir uns historisch sicheren Formen 
gegenüber, bayka f. Bank und f tatst j f. Faust sind zwar alte t- Stämme 
(ags. benc und ftfst), haben sich aber im sg. früh der d- Deklination an- 
geschlossen und so die Endung -9 bewahrt eekd f. Eiche darf auf Grund 
der Analogie wgerm. Baumbenennungen (feminine 6- oder jön -Flexion, 
et ahd: puohha (ö) : ags. bece, mnd. böke (jdn) Buche, ags. beorc (6) : 
birco (jdn) Birke, ahd. fiohta (ö) : fiuhta, as. fiuhtia, wstf. fi{cto (jön) 
Fichte) als germ. *aikjön- angesetzt werden; dem entspricht der Umlaut 
in modernen ndd. Dialekten (cf. uckerm. aik neben ee in been Bein) und 
die schwache Flexion des mnd. eke. rk& f. Axt geht auf wgerm. *acusi 
zurück; das mnd. oxe boweist, daß diose Form auch im As. vorhanden 
gewesen sein muB. Daneben aber hat im As. die uns überlieferte Form 
acus mit regelrechtem i- Abfall bei Dreisilbigkeit und ohne Synkope des 
Mittelvokals bestanden; sie ragt noch ins Mnd. hinein als akes; die dritte 
Variante mnd. axe ist eine Korapromißform nach beiden Seiten, plunso f. 
Pflug ist alter r< -Stamm und teilt mit nhd. Sitte (ahd. situ in.) die Neigung, 



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48 



Hermann Teurhert. 



das weibliche Geschlecht anzunehmen (Übergang in die ö- Deklination, 
daher dann -»). Im Mnd. (plöch) ist das Wort m. und f., in den mo- 
dernen ndd. Dialekten wohl durchweg f. liaro Herr (Vokalkürziuig nach 
§ 28 A.) hat die alte Endung bewahrt (as. herro; § 93 A. 3 gibt ver- 
sehentlich nur die Form hat; die in der Anrede gilt). byQiM f. Bahn ist 
regelrecht, denn es heißt im Mnld. bane. Woher das in eeü f. öl 
stammt, ist nicht klar (cf. § 365, 2); jedenfalls aber hat dies den Über- 
tritt ins Femininum verschuldet mporlJ f. Arsch, ursprünglich bloßer 
Dativ, hat sich als selbständiges Wort aufgetan und danach alsbald den 
suggestiven Einfluß des aus seiner ursprünglichen Verwendung mit- 
gebrachten Flexions-s erfahren: es hat sich dem weiblichen Geschlecht 
zugewandt, während sein Stammwort yors beim Maskulinum verbleibt 

c) Sonstiges. 

veefj weiß (as. wet, 1. sg.) verdankt -9 der Ausgleichung nach den 
starken Verben. Zu kuno konnte neben hin könnte cf. § 337, 2. -9 
nehmen schließlich an die Zahlen von 1 bis 12, wenn sie allein stehen. 

Missingisch. 

§ 389. Missingisch ist nach dem Mischmetall Messing genannt und 
stellt ein vom Nhd. beeinflußtes Platt dar, wie es in mkl. Sprache Reuters 
unsterblicher Onkel Bräsig spricht Eine eingehende Behandlung an dieser 
Stelle hätte für den früheren Teil der Arbeit einen Verzicht auf Ge- 
winnung erkennbarer Lautgesetze bedeutet; es ist daher vieles bereits in 
der Lautlehre vorweggenommen worden. 

A. Vokalismus. 

§ 390. Tl. a > an: xaal Saal, Saklacuh Schokolade. 
Tl. ö>ee: keetiir König, pl. \eeno Söhne. 

Rom. e > er: ttiforette Abort (< frz. secrete), kareet.t schlechter 
Wagen (< mlat careta), kafee Kaffee, tee Tee. 

Tl. o i : ki(pdr Kupfer ist eine md. Form; zu erwarten wäre Ton- 
längung zu pp, doch kann diese auch durch -»r behindert sein. 

e 2 : h{isn heizen ist durch das subst. nhd. h(ts3 Hitze veranlaßt 

ü > au: Diese Verwechslung ist selten und meist nur bei beab- 
sichtigtem * Sprechen € zu bemerken; zugleich ist sie erklärlich bei In- 
dividuen, die aus dem diphthongischen Gebiet stammen. So hört mau 
fand.* für fuudj Staude Gras, sau für mu scheu, sauBru für Summ 
scheuern. Dagegen dürfte die Aussprache au in tambauar aus der Schrei- 
bung Tambour herzuleiten sein, in der das unverständliche ou als au 
gedeutet wird. Zwei Wörter mit mnd. ü haben auch im monophthon- 
gischen Gebiet fest au: jauxJ f. Jauche (mnd. jüche) und mauh f. Fuß- 
krankheit (mnd. müke). Die gleiche Erscheinung — eine Auffassung, 
die sich immer wieder aufdrängt — liegt möglicherweise bei glaur sauber, 
schmuck, rein, glänzend vor, indem man das Wort anstatt auf das in 



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Laut- und FIoxiotusIoLro der nminmrkisclien Mundart. 



49 



der Bedeutung nicht unerheblich abweichende as. glau klug auf bair. 
(Schmeller I. 969) glau, glattr < nihd. gelüch glänzend bezieht (s. §§ 65 
und 236). 

Anra.: In Guirlande > gt(bmth hat wohl auch die Schreibung mit 
ui mitgewirkt (cf. § 23s). 

oor ~> nnr: gloom Reineclauden (s. Idiot, s. v.), fyo/v f. Lowry. 

-y-, -i- > konsonantischem i > j: liinjaal Lineal, liilj» Lilie. 

Mnd. ü, oi, nhd. eu > ai: Aus Wörtern wie hat Heu, Sdraim streuen, 
in denen mnd. oi regelrecht zu ai entrundet ist, entwickelt sich das Be- 
streben, nhd. Wörter in gleicher Weise zu behandeln: trat treu, naitiB 
neun, dahr teuer, sdaidr Steuer (mnd. ü). Der Konsonantismus bleibt ndd. 

§391. Über /- : g- cf. §213. 

k > x cf. § 231. 

p > f cf. § 161 A. 2. 

/ > ts cf. § 188. 

As. -b (statt > -/') > -p: drap Trab. 

-e- erweicht > -j- zwischen Vokalen in tsijoorjd Zichorie. 
Frz. ge 1. > -j-: franj.) Franse (frz. frange), 
2. > s-: sandarvd sattdarb? Gendarm, s[latttün9 Gelatine. 
Anm. 1) Ähnlich wirdy- > in dem Hundenamen fylii (< frz. jolie). 
2) Dissimilation von »...!>«... ; liegt vor in sarxant Sergeant. 
Frz. Vokal + n (eigentlich nasalierter Vokal) wird vorschieden be- 
handelt, jedenfalls erhält das nasale Element selbständige Geltung. 

1. > Vokal -f V- VKV x j°°n Pension: danach brjjs'tin Benzin. 

2. > Vokal -f tt: der bekannte Schlachtort wird xcedan gesprochen. 

3. > Vokal -|- w*: pl. bomso Bonbons, bpm lervn gut leben. Aus- 
gangspunkt ist der pl. * bovis : an diesen wird wie bei merkst Mädchen 
die Eudung -a gehäugt und nun boms als sg. gefaßt. /// erklärt sich 
durch das folgende b. Danach ist dann frz. bon in bom Irren mit m 
versehen worden. 

Li'tönt Kanton, Gestellung der Militärpflichtigen: es liegt die Vor- 
stellung eines Wortes mit der Endung -um wie Albuni zugrunde. 
-n- ist eingefügt in s(lantiiti9 Gelatine. 

Hd. pf- wird in den in Betracht kommenden Fällen fast überall 
gesprochen, so pfiisl pfail Pfeil, pfifft Pflicht (selten flirt); aber es heißt 
meist frn\<' Pfennig. 

r durch Dissimilation 1. > // in di\nUrr Deserteur, 2. > / in rksl- 
siipi exerzieren. 

-sk- > -ik- in mttskaatnius Muskatnuß (Ton auf der letzten Silbe). 

Frz. stfi- > seit- in Sriito 1. Gefolge, 2. Posse (frz. suite). 

Anm. 3) Eine Art Freude am Umwandeln von Fremdwörtern zeigt 
fdllntün Ventil, dessen Gestalt aus lautlichen Gründen nicht verstanden 
werden kann. 

Zeitschrift für Deutscht» Mundarten J. 4 



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Hermann Teuchert. 



C. Wirkung des Nebentons. 

§ 392. Korn. reskant riskant. 

Rom. f> > p: .^s/fc m. Chaussee. 

§ 393. Synkope tritt ein in ekstirn (oder mit Dissimilation rk.sl 
siirn, s. § 391) exerzieren, zuparn&ttt Superintendent. 



Nachtrag. 



Lautstand des Dorfes Mandelkow bei Bernstein in der Neumark. 

A. Laatl ehre. 

I. Vokale. 

1. Wgerm. ö: bloom, früher bloomo, pl. bloom.i Blume, Sfool, pl. 
Stööl Stuhl, book, pl. böök.i Buch, dook, pl. döökt Tuch, kroox Krug, 
Gasthaus, ploox Pflug; door tun; koo (Loh), pl. kööj Kuh. 

Anm.: ji(sl junge Gans, aus dem «l-Gebiet übertragen (ö 1 > mm), 
für * i /t/»/. 

2. VVgerm. a«: boom Baum, broot Brot, /oo/.- Rauch, loott Lohn, 
doof tot; loopr laufen; pl. biiöm Bäuuie, xööm Säume; her löpl läuft 

3. Wgerm. ü: mutis Maus, huits Haus, «ff/ aus, /.ff «7» kaum, 
dun <hi. 

4. Umlaut von wgerm. u: kftrrx Käse, smepA Schäfer: s(tiipk;>s pl. 
Schäfchen; ■nee<ej& näher; tvY jVwr wir gaben. xmetr saßen; //w»» käme; 
mreeejc mähen; ttwj zäh. 

5. "Wgerm. *: riif, pl. rmvt Weib, miim mein, sviim Schwein, sihn 
Schein, Htm Leim; tt» wir, mit mir, mich, </#/ dir, dich. 

6. Mnd.«, tl. «; slööpfi schlafen, lootr lassen; wookr machen, dooj 
Tage pl., voö?Z{ Wagen. 

7. Wgerm. ff/: brret breit, comp, breeja, btin sg. pl. Bein; ik vect 
weiß, iW.sf weißt, hee vrt weiß; 6«?/ biß, rcet riß, ///m> blieb; kfrrr 
kehren. 

Beispiele für den Umlaut fehlen leider. 

8. Germ. e J : breef Brief, prcesLt Priester (Granow prsriata), leep 
lief, leepst liefst; spieß Spiegel. 

9. Mnd. tl. e i , r, e x \ veix Wiese, xvtkl Sichel: ü'wt eben, jevl 
gelb, merl Mehl, wff'eA' messen, gemessen, «/«Vfr- stehlen, //. ff/r/7. breche, 
duu brrkst brichst, her brrkt bricht, sprrkst, .sptrkt sprichst, spricht; 
gegen. 

Anm.: r<Wr wissen durch Ausgleichung. 



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Laut- and Ftexiouslehre der neuniiiikischen Mundart. 51 

10. Tl. o: jogopl» gegossen. 

Umlaut: sg. Sau (ns. suga), pl. xnpj.i [(in wird als halboffen 
angegeben]. 

11. hoi Heu. 

12. Vokal -f- ns: gaas (»ans, pl. jcecex; ces einmal. i{s uns. 

Vokal -f n'- niii di(ct mich dünkt, mii hot doict mir hat gedäucht. 

13. Brdb. * nur in : iijl Siegel , sonst nicht; also jecda jeder (nhd.); 
hrr xvvjlt segelt (Lo. xiijln); {/,• xrrt und x^cat ich seh es, {7; Urft xee'r 
ich hab es gesehn; dagegen wie zu erwarten xüiist siehst, xüüt sieht 

14. Vokal + r: meea mehr, Utero kehren, peer Pferd, doch auch 
halboffenes ee (— dam Dorn; dop.virc Torweg; roordar Rohrdach; 
kam Karre (Granow k/naa), aarft Erbse, haafst Herbst. 

15. As. im: liiiij pl. Leute. 

II. Konsonanten. 

16. Intervokalisches d > j: xiit niedrig, aber xiij s~tuiiv niedrige 
Stube (mkl. xiid, altn. sidr). lüiij Leute, brooj.x Bruder, Ix'ejr beten; //• 
irtV ich trete; bricja Bretter, uutrMdjr ausroden. 

17. Intervokalisches 3, j bleibt erhalten: vops^ Wagen, mon^ 
Magen; htu^l Kugel; bzvrrdjv bewegen; tw/V wiegen (mhd. wegen); xoo<>z 
Säge; Ijgfc liegen, {7. lijgj ich liege; *r#V sagen, \k ugj und ;r l sage; 
sjteejl Spiegel. 

Anm.: In den Formen liaj, \rgj ist j stark reduziert. 

18. Anlautendes g 1) vor palatalen Vokalen > j: jcc«>x pl. Gänse : 
gam sg.; {7.y«// ging; jcetjööt (ß)gootr gieße, goß, gegossen; jeevr geben, 
y//" gib, /& jerf gab (früher ja/*, gaf), jift Gift, y^s/ir gestern. 

Durch Systemzwang: ya/* gab, ya//£ Gang (richtig pl. y?// Gänge); 
unerklärt, wio Lo., juurk<t Gurke. 

2) vor gutturalen Vokalen > </: </poc gehen, gansegoor ganz und gar. 

19. nd nicht > //: binden, finnr finden, /mmm henmter. Das 
geschlossene *, m ist zu beachten. 

20. rs: dau ecewrst warst; dost Durst, rpst Wurst, Löst Kruste; d<) 
ee.isü der erste (eestr zu Anfang). 

21. -n: 

-en?>-r: f.tsvinnr verschwinden, gwj<- gehn. 
-gen- > -jn: dat het rnjtä es hat geregnet. 
-ny~-fi: ftnian Schwein, siim Schein. 

Vokal -j- n > nasaliertem Vokal in einsilbigen Partikeln: fa n (halb- 
lang) von, n n fyanr anspannen (das a der Vorsilbe ist halblang). 

22. In- und auslautendes / wird schwach artikuliert: fr?o viel; 
fast stooa Stuhl, stöih Stühle. 



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52 



Honnanu Teuchert 



lt. Flexion. 

23. Verkürzung im prs.: ritt reite : r(tst reitost; vetst weißt. 
Ausgleichung in der Qualität: brekst brichst, sprrkt spricht (wie im 

Mpom.; Lo. br(kst, sbr{kt). 

24. (k hadd 0 hatte (lautlich nicht deutlich genug mitgeteilt), pl. hatte. 

25. {'/,• ras ich war, dun varrrst du warst, daneben vwarr und selbst 
rast; opt. (k vijijr wäre auffallend. 

26. wollen: (k v(/ ich will {ik v( doo haar gooe ich will dort hin- 
gehen) , duu viast du willst, hre v(l und v( (vh) er- will; nV vilr, jii 
r(le f xee (xd) v(le. 

27. xal und $al soll nebeneinander. 

28. 2. pl. ind. prs. -en > r. 

29. p.p. mit jj- und ohne p- nach dem Tonfall: hept xee*c ich 
hab es gesehen; dat rart pgoote : {7, heb gaote ich habe gegossen. 

C. Einzelne«. 

30. fegle fehlen, mit feglt vat mir fehlt etwas. 

31. möör mürbe; snööv Schnupfen, moh Mücke. 

32. ne y tu nicht 

Bemerkung: In der Qualitätsbezeichnung der langen e- und o-Vokale 
wird man keine Einheitlichkeit finden. Man wird dies meinen Gewährs- 
leuten zugute halten. Ich wollte lieber das Mitgeteilte bringen als durch 
Kombination Gleichmäßigkeit herstellen. 



Dialektprobe. 

korlo josicto fan lop». 1 

tts tvoorS man kleen miin hahnaatsdörp lopj — renp an een np 
r{nkoomm, x{npook ant anfors bah vedsr ruut — aarsrf het domrer 
artyeft as maneeen.) Sdat met xecsie danxnt {nvoowr, dii far kortn ngrn 
dyrp jdvest [s. tlict, vii p rol no n(c reetn t arn nn ik juu ook nie 
tuamundn kan t hin krais lansltarc and vogrta, eend müh fan lansbarc 
a f> noon (tarnt tum. midn derr fiirtar grootd sgsee fan barltin nog 
keen(csbarc, nn d.t vggrti berat manj liaied sdurtdj af irrst nogn m(da.r 
(m. ?ia nun keenn p juu al eer uj frersiMuip dggfgn mogktj, rat (n 
dun rit/kl n(c alfns pasiirt (s. Igp9 h(ft dijrp, det bddiitt xoo fib, as 
drtar noom<> n\c diits is; den oir ant eijd rart n(c j^brogkg, viü maned 
meenn nn den lopgf xrgij. dar nggm (s alxj rens, rii p vol ook vertu, 
far f(h joorht{ndjrt3, as ih glln jarmaaun noo rrstn trektn, kämm 1 
andrer sla.r mensn in unxd jeejnf an xetü xie and brstn pui/kto fest?, 
tvogm mrrrSdndecls fi&r, tum venjistn hrbm x > xic am tiifstn in.» nrr» 

1 Loppow. * kam oin. 



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Laut- und Ftexionalohre der neumärkischen Mundart. 



f>3 



fan vggtar itrdarjalggtn. mihi hainiaatsdgrp pasta rrr mm xrrra. vat? 
varSta jrls fraaan: ditu xrcst ant vggtar xi/r.a jirrna xitn jablervn, i{n 
vrmanuu 1 i{pa kggrta k(kt, dm (s nggn rngrjit na hnlva Sdipida tu loopm 
i^nign* m(da.r mm rrrst dys gggr ngr na gmtda fi{U Mi{nda } br.s cenar 
am vmrta kirnt, im vuu isn* xgnst/i ngj vgotar? ja, mihi fraint, xrg(k 
di dm, duu vrtst n(c, drta vggrta fr Hart gausa laut rrvarSvrml jahat hrt; 
ngr er rar da bggna vre, vuu hiita da siinn fana buuarn Sdggn, gdar ngx 
ianauar. ana bakaana hett grootd vggrtnbruuk anjafn/t. aavar dggfan far- 
trlik nggdrm ngr. alxoo da renn \eetn tum (n Igpa. met ees juykt (nn 
rrsin loos: crvar da oodar keemm daitfa im krniftn mrta pgmarn, dii 
duna drt laut i(i/ar x(c hudn, mint* vggrta n(c lai/a, dgg jahrrrta allns 
rrr. xj Irctn nih dirpar an, da glln kreean vmj(stnsn daitm Sttfta, gdar 
ook vt(rn da gibt baxitar eenfcur farjnaal nun ankmtlhjk mook x(c Itreet 
[nn frrmdat huua, mit lernt deeltn \a x(e i{t)amandar* da venu aavar 
mustn x(c (nn v(gkl tur(gatrrkg, dar kiits* janrnt vt{ra. dar (sn 1 Igpa 
ook, im vmar ook vgl man mrrr mit sbggs xoo bateeki/t vart, rrets i{n 
Ih/ks fant fliit. fana niia dijrpar vijikij* pggr i(ptrlhi. gliik dicta bii, 
na kiinpa halva sdunda af, l(ct itpa barja niindrrp 9 , dm kirnt matsderp 10 
migxn 11 makg viidar heenarMrrp 15 un bniarsdrrp ,s mm hh/ar fanslxire drt 
raica lggrnsderp u . [in jggra draitsnhnndarf rttrat kloostar h(mLsdrt l& fana 
ts'istartsjmxar 1 * jagr(nnt, un t(tjar da neea i7 drrpar, dii rm rrvarvrexn 
rurtn, (s Igpa ook javrst, un ti{ himlsdrt hrtt (mar jahrrrt , ook auf khostar 
ina reefgrniatsjotmstiit anit viirta. nggdem jaft ngx fila krmfa lirn mi 
hrra. da askaanjar sdgrvn mit -drt smrettja jh/alh/klm (na xiijasalee \n 
barliin, venja al ees dgg jan-.st xtttt, drrr sdrltii Irtstn fau xiiii bari(mtat 
jaslrct frrr i{n hrt xiinn nggm hainr(c fan lansbarr ngg tinxa sdat ana 
iggrta. fana baiarriharsar min svartn doot nun falsn vglaniaar 18 v(l(k 
iiiM fartclht. dm kämm tiit, vtm nie bloos mihi d(irp, ncr da gansa 
nnimark jaistlic vggr; xa vggr nrrml(c ana dnitsn grnsr\dar afjatirrdn 
javgrtj brsxa fana hooantsglarn f{rtsnhi{ndart i{ii fhnvnfi{fsir tnriga jakgft 
iura, drt (.s mm allns ivggrs far da groota tuxanimhnja xara v(ct(r, 
aavar (n xoon klcm nrst (s drt gnns reygggl, irrr banvn ant rimdar x(tt, 
baxmtdars, rrmit m/arn .icarn Sujs ftmn kloostar sdeet. dggrhn v{llnra 
uns ook hiibii nie uphglln. ils brrtar, vii r(ctn mixa ooan tip da IcrUja, 
dm dgg x(nra jarisa, drt ook in Igpa vat frrrjafalln (s. vuu xrr(n da 
trupni dm aiidars derckrmn ? rrct.s x(nda barja u/t l(gks viidar n-(st as 
xump gdar nnta vrrxn, xoo viitt ooa kikg dert. na, a\n ist nrrrsta dar 
draisirjrrrja knie mia §teed/i. da sreedn xhigx 19 (mar Irrric mi Sbiiuk// 
tanvns, vrn groos fünfter fan gla tiidn fartrlt, vii xa jahuust hrbm im 
vuu xrrra xa da nrnim lantliida jakvcrlt mrtn Zicedndrmjk i{n duum- 
sruuvn un andara grrslija tgrtuitpi , (m rrra jrlt, drtxa fargraavn hiutn, 

1 wenn man nun. * und nach dem. 3 wo ist. * und es. 5 unter- 
einander. * Kietz. 7 ist in. 8 will ich ein. 9 Neuendorf. 10 Merzdorf. 
" und noch ein. 17 Meinersdorf. 11 Baiersdorf. 11 Lorenzdorf. 15 Himmel- 
Ktidt (locus coeli). 10 Cistercienser. " Menge. "* Woldemar. 19 sind noch. 



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51 H'-rmauu Taucher! l^aut- und Flexiouslehre der neuinärkiKcheu Mundart. 



ti{ kr ihn. i{n vrn an ceiu $drh na snnsa arhglln (s, drn Sdamt x<* uut 
jrna sl(ma tiidn. aarar bah floox dar groota kuurfirst harbii an juux 
drt pah far x(c hrra rrvar laut im error iis. i{nnt x trrkta rrdar na tiit 
rirpar, vuuat beexa tuujigk (na na i mark, vedar keemm da sveedn nn fann 
mgrjnnn- v(Ld, lyhateealtt* fglk, rat allns far xic rmjarbrrnt» , (k meem 
da ri{sn. dima ist javrst, as dar oh fr(tsa tun da liüh, vii xa klaaatn, 
jaxect hrt, as haa in» amarnda* ginnt min rook fan eerd hii\ar xax: 
»k{yar, tvart allns vedar upjabuuat^. nn dar dax fan tsgrndgrp*, vuu 
da ri{sn asm muuar sdunn nn asm muuar frepi, (s im naimark non(c 
farjrein. aavar xa keemm rrdar, i{n da barggnar ram nie f(h hebm kirnt 
(n rrra djjrp bliivn. mint is nqx (na ar(nari(ya h>ev(c — dun odar je^nn 
glln man hett xiina groosmudar fartrlt — vuu xa di(na (nn koon h(yar 
da sHina jcAderan x(nt nn xic iqit vggtar nn (na b(.sa (n x(carheet jabrget 
hebm. as errar.st rrdar friida vggr, vurat gans andars (m i(n bii mihi 
derpkn: dar groota keen(c Irrdat bruuk dreea qn hgglla kghnistn uut 
andara jrejndn Iura, dum vnrtn ah da bruukdrrpar anjaleet: luudarics- 
dogl ft , friidar(csdggV , baiarshgrSt* , lansbarjar hgleyar 9 nn vii xa ala hiiln. 
Igpa bakam ooky guut deel fant bruuk nn dggmrtt brsta laut, vatt hrt. 
ngx ees aavar svarktat 10 ann himl t{n jav(tarvi(lky trrktn x(c er rar mihi 
derp tuxama. trggr axsnhi(ndart xeksa, as da frantsooxn ngg gstn h(yar 
(h praisn hrrjaaatn, un rrdar as dar felkarbatsviyar boonaparta ngg rqs- 
lant marsiirta. drni daaa layk , xoo heb(kt gfh hrrrt fartrlln, xim xal- 
dggtn drrcjamarsiirt; nn vuu vnija x(nn n dggfau turigajakrert un dii, diiat 
jasaft hebm. vuu xint dii bahanlt javg-rt! manca gmuxa 1 * jas(cta fann 
mort upt eenxaama fett (s ng.r (m jaya, odar viin koxakt eenn fransooxn 
t{pa fliitbriga jadrggpm hrt. un dar truur(jd uutruup: »oo, fil m(xarabla 
iitaljaanii '! '« kl(ykt mit ngr uuh kintheet int ggr. tduuarta n(c hf/a, dpj 
hudn xa d> frantsooxn uut gans daitslunt farjaajt, unat fmjk nun na 
tiit an, vuu allns uplrrrn un xic farhggln 13 kun. da buttarn voo-rn farn 
knie frii javgrt, xa bruuktn bloos ngx afgaavn ant amt tu tooln, brs dii 
ook axtnf(rts{c uphnrtn. da vrrtsaftn vggrn ja\ipariirt u unar xh grünt 
i(ii boodn gliikmrrs(jar as farhred farderlt. xiitdrm (s da rnfr(klm/a mu{c 
viidar jagggn brs (n unxa tiit rin. dar sgsee janiuta n(c mrir farn farkrrr; 
dgg hebm xo da groota gstbggm jabuuat (mar ann sgsee farlauky, mint 
rart nie la//j voorn, drn k(mt al vrdar een t ngg m(darnaxt, ngg xoldiin, 
farbii. aarar vrnxa ook mrte bixma, nutt rat odar autamobiil drrexuuzn, 
mihi drrp hilft, asat jarrst is, un da liida dggr[n hotin ana gh x\dn frsta. 
ratn buuar is, blift rrvntn 19 buuar, uu(k bin nokij bwurnjgya jarrst! 

* und es. '•' Morgen ein ( vnirpnu). * ungezügeltes. 4 funkelnde. 
* Zorndorf. " Ludwigstal. ' Friedrichstal. ■ Kaiersborst. ! ' Landsberger 
Holländer. wölkte es. " sind (eigentlich: sind denn). 11 grausige. 13 er- 

holen. '* separiert. 16 und dor. ,,; eben ein. 

(Fortsetzung, ein nink. Idiotikon, folgt in einem spateren Hefte.) 



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Oskar Philipp. Dio Bach. 



r>5 



Die Bach. 

Eiu Beitrag zur Geographie der deutschen Mundarten. 

Von Oskar Philipp. 
(Fortsetzung.) 
Mittelfranken. 

Mir. = Jahresberichte dos bist. Ver. in Mittelf ranken (die erston Jahrgänge unter dem 
Titel »im Rezatkreist), 1 — 53 (1830— 1900). 

Feuchtwangen. 

VFem.: Ludewig von JJohenloch vnd sin erben soln jagen . . bix 
an daz . . Wiler xe Gmbe (? Weiler Grub w. Unter-Wörnitz) an dir 
Stroxxen vnd die back abe bix an die Wenn (Wörnitz, entspringt bei 
Schillingsfürst) 1339, Hanselm. I, 446. Vergleich zw. Kraft u. L. von Hohen- 
lohe, vermittelt vom Grafen Gerlach von Nassau. Das Fem. stammt 
also wohl nur von dessen Schreiber? 

Mask.: von SchiUingesßrst bix an der Itrttkk xu Lutershusen 
(Leutershausen, B.-A. Ansbach), darnach . . den Chlospach auf . . tnx 
an den Jagx 1331, Lehenbrief Kaiser Ludwigs für Kraft v. H., W. Fr. 
3, 3, 97. 

Güter xu Hperbersbarh (Weiler s. vom Pfarrdorf Breitenau) //. in 
dem Teuersbach 1334, Reg. 7, 80. 

Neustadt a. d. Aisch. 

Fem.: Grabhügel an (in) der Sehwambaeh. einer Waldung w. 
Schornweisach. Mfr. 7 (auf das Jahr 1836, gedr. 1837), 92. 

Der Zennfluß fließt nahe am Orte (Wilhermsdorf) vorüber u. die 
l'lsenbach . . fast mitten durch. Mfr. 11 (1841), 26. 

Mask.: Baudenbach bis mitten in den Bach, . . Untertaschendorf 
(dieses im B.-A. Scheinfeld) bis mitten in den Bach, . . Hombefejr . . 
bis mitten in den Bach gehören 1511 zum Centgericht Scheinfeld. Mfr. 
44 (1892), 13 u. 20/21. 

Rothenburg a. d. Tauber. 
Fem.: Auch selx vnd vermach ich . . Jacoben mynem sun . . den 
hoff der schonhoff gnant ob der vorpach gelegen, Testament des Rothen- 
burger Bürgers Heinrich Toppler vom 24. 1. 1405, Mfr. 38 (1871/72), 61. 
Biese Vorbach kann wohl nur der kleine beim Weiler Vorlmch w. R. 
entspringende Bach sein, der dicht bei R. in die Tauber mündet: dafür 
spricht auch der Umstand, daß dicht beim AVeiler V. ein Dürr(e)nhof 
liegt, offenbar der Gegensatz zu Topplers Schonern Hof* (Mitteilung des 
Herrn Privatdozenteu Dr. Gebhardt in Erlangen). Die württembergische 
Vorbach kommt wegen der großen Entfernung kaum in Betracht, auch 
wäre bei der ziemlich bedeutenden Länge ihres Laufes die einfache An- 
gabe ob der vorjxich gelegen ganz ungenügend. Ein »Schönhof* — heute 



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Oskar Philipp. 



noch Rothenburger Waldung 1 — liegt auf der Ebene gegen die württeni- 
bergische Vorbach hin bei Heimberg. 

Contz Ho ff mann verkauft 2 //. Heller &c. auf einem Acker in der 
Faibach 15. Febr. 1378, Urk. Nr. 4317 des städt Archivs. Siegler: Stadt- 
gericht Zu gleicher Zeit aber schon 

Mask.: im Vorbach, im back (Toplers Gültbuch). Also schon um 
1400 haftet das Femininum, wie es scheint, an dem Bachnamen nicht 
mehr fest. 

In der Stadt Rothenburg jetzt nur der Bach, auf dem Lande der 
Booch. 

Besitzungen u. Gülten xu Nidern- Steinbach in dem Meinspaeh u. 
zu Betbaur (Bettwar n. Rothenburg) werden an einen Bürger zu R. ver- 
kauft 1341. Reg. 7, 299. 

Für den ihm unbekannten Mcinsbach vermutet Herr Pfarrer M. W. 
Steinsbach. 

Schwabach. 

Fem.: Arnolt von Scckendorff xu Pertolsdorff belehnt Hermann Smid 
zu Puchs icobach (Buchschwabach im B.-A. Fürth) mit einer Wiese, die 
Weysrrsdorfer Wiese genannt, oberhalb Ror (Rohr w. Schwabach) t« der 
Irelpach gelegen 1402. Reg. 11, 261. 

Item die alte Selchmanin hat von mir (d. h. dem Rammung von 
Kammerstein sw. Schwabach) ein uisen heg der Schwabach, Lehenbuch 
des Burggrafen Juli. v. Nürnberg über 1398 — 1418, auf Grund älterer, 
wohl von 1313 herrührender Aufzeichnung. Mfr. 40 (1880), 27. Diese 
Schuabaeh ist wohl als Schwab-ach zu deuten. 

Mask.: Der Pfarrer zu Abenberg gelobt dem Pflegor des Gottes- 
hauses Eistätt (Eichstädt a. d. Altmühl) von den Gütern im KücheWach 
die Gült zu entrichten 1344. Reg. 8,3. 

Uffenheim. 

Fem.: Arnold von Seekendorff . . saß xu Hoheneck (ö. Ipsheim) u. 
hatte 1346 . . eine Wie.se xu Mühlhausen, wie auch zur Horbach. Mfr. 
12 (1842), 16. 

Contx Wegdner von Ichenheim (?Enheim, B.-A. Kitzingon) u. seine 
Frau verkaufen an das Spital xu Anb (w. Uffenheim, aber schon in 
Unterfranken) ihre Wiese in der Walmcrspaeh (Dorf Wallmersbach) 1382, 
A. U. 21, 1/2, 47. — Heintx u. Kraft Vbel ', Brüder von Ehenheim, ver- 
kaufen ihre Wiesen in der Walmcrspaeh an das Sjn'tuf xu Anb 1385, 
ebda. S. 18. 

Mask.: im Auterbach, eine Lokalität in der Mark zu Walkers- 
hofen (w. Uffenheim) u. zu Awe. A. U. 15,2/3,393, Nr. 49, d.h. Be- 
richtigung zum Regest Nr. 49 in 14, 3. 162 v.J. 1413. 



1 Für diese und die folgenden Angaben bin ich Herrn Pfarrer M. Wcigel in R. 
zu großem Danke verpflichtet. 



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Die 15acli. 



57 



Weißen bürg. 

?Fem.: 1305 übergab Graf Gebhard v. Hirschberg (dicht w. Beiln- 
gries, Oberpfalz) dem Kloster Plankstetten (B.-A. Beilngries) seine Mühlo 
an der Schambach {-ach oder -buch?), Mfr. 16 (1847), 57. 

Mask.: Anna de* . . Pfarrers xu Ellingen Wittwe verkauft . . ihr 
Hans xu E. und eine Wiese im Schleiselbach 1569, Mfr. 8 (1837), 14. 

Stirn, 1 St. v. Pleinfeld: 1 Jan eher t im Bach 1687, Mfr. 21 (1852), 27. 

Sonst bat sich in Mittelfranken nur das Mask. gefunden. Belege 
aus den B.-A. Ansbach, Dinkelsbühl, Erlangen, Fürth, Günzenhausen, 
Hersbruck, Hilpoltstein, Nürnberg, Scheinfeld. 

6. Österreich -Ungarn. 

Wie im stammverwandten Bayern herrscht das Mask. überall da, 
wo Bayern die Besiedler gewesen sind. Belege aus Tirol, Steiermark, 
Ober- und Niederösterreich. 

Böhmen. 

Im Nordwesten, dem Egerland, begegnet uns, wie in der Obor- 
pfalz und in Oberfranken, nur das Mask., z. B. an dem krotenparh in 
Ellpog nerifind. Item hrotensee (Krottenseo ö. Eger) 14. Jh., Mitteil, des 
Ver. f. Gesch. der Deutschen in Böhmen 26 (1888), 270. 

Eger: das der Fach vorwachse t vorflute oder samten vorseure, Stadt- 
buch 1566 — 69: Deutsche Maa., hg. v. Nagl, I, 2 (Wien 1897), S. 136. 

Für Nordböhmen im allg. . verzeichnet Ignaz Petters (Beitr. zur 
Dialekt -Forschung in Nord-B., Progr. Leitmeritz 1858, S. 9) bdche, boache f. 
Seine Mitteilungen stammen »zumeist aus der Gegend v. Libeschitz bei 
Auscha (nordöstl. Leitmeritz)'. Für das östl. Erzgebirge, d. h. die 
Gegend v. Georgendorf nw. Klostergrab, Fley, Moldau, Böhm. -Zinnwald, 
Voitsdorf, Obergraupen, Ebersdorf und die sächsischen Orte Rehefeld- 
Zaunhaus, Georgenfeld, Siichs.-Zinnwald, Altenberg. Geising, Fürstenau, 
wird gebucht .engst d'r baeh nö, Mitt. des Ver. f. sächs. Volksk. III, 9 
(1905), 277. Die allgemeine Angabe von Petters bestätigt für einen be- 
stimmten Ort Franz Knothe in seiner Markersdorf er Ma. (M. östl. 
Tetschen), Böhmisch-Leipa 1896 , S. 25: boche, f. 

Mähren. 

Iglau. Daß hier das Mask. gilt, darf man schließen aus D. Maa. 
V (1858), 313, wo unter den Wörtern, deren Geschlecht vom Schrift- 
deutschen abweicht, Bach (S. 205 buch, d. h. paar) nicht mit auf- 
geführt wird. 

Mährisch- Trüb au: Und auch die wasscr reinen verfrühten sein, 
daß die burger daß a usser . . haben missen von der landtskröner gassi-n 
hineinführen aas dem buch 1684. Chronik des Webermeisters Mich. Heger 
(1663 — 1730), im 28. Jahresber. des K. K. Staats-Gymn. in M.-Trühau 
(1905), S. 14. 



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Oskat Philipp. 



Ungarn. 

Xortlungarn. Deutsch -Pilsen: die Beult. Sitzungsber. der phil.- 
hist Kl. der K. Ak. der Wiss. zu Wien, 25. Bd. (1858), S. 241. 
Krickerhäu: pdch /"., ebenda 31. Bd. (1859), S. 258. 

Leibitz (in der Zips): 1>üj f. Viktor Lumtzer, Die Leibitzer Ma., in 
den Boitr. zur Gesch. der deutschen Spr. u. Lit 19 (1894), 284, wozu er 
21, 505 unter den ursprünglich starken Fem. noch den Plur., ijaxn, ver- 
zeichnet 

Siebenbürgen. Schäßburg: iwer de buch, D. Maa. V (1858), 177 
und 328: JSäs do tnt noch vif uaßer üu der buch ötee flößen. 

Wallendorf (Wuendref): beuch f. Progr. des ov. Obergyran. in Bistritz 
1866/7, S. 31. 

Von den Siebeubürger sogenannten »Sachsen, der wackern Vorhut 
des Deutschtunis im Osten, wendet sich unser Blick unwillkürlich zurück 
nach unserm Ausgangspunkt, Westdeutschland, denn die Sachsen« sind 
eigentlich Mosel- und Rheinfranken, wie Kisch in den Beitr. 17, 357 
überzeugend nachgewiesen hat. Betrachten wir also zunächst 

7. Oie Rheinprovinz. 

Bei der Unmenge von Belegen - die Weistümer bieten alloin über 
60 Beispiele — genügt die Angabe, daß hier das Fem. herrscht. Das 
einzige Beispiel fürs Mask., das ich gefunden habe (-»biß auff den Mosel- 
beehr, Weistum o. J. von Birresborn an der Kill, ö. Prüm, W. II, 527), 
wird widerlegt durch ein anderes Weistum aus B., das nicht weniger 
als 12 Bachnamen, lauter weibliche, aufführt: Jahrbücher f. die Preuß. 
Gesetzgebung, 67. Heft (1829), S. 106 ff. nach einer 1739 de rerbo ad 
rerhtnn* genommenen Abschrift einer alten Copia. 

Q Mmmumi 

kennt ebenfalls nur das Fem., wofür ich aus der Provinz Hessen- 
Nassau 1 über 20 und aus dem Großherzogtum an die 30 Beispiele an- 
führen könnte. 

Für Blankenheim nordöstl. Hersfcld bezeugt freilich Ed. Dittmar in 
seiner Blankenheimer Ma., Diss. Jena 1891, S. 5 das Mask. Ist das aber 
der ursprüngliche Zustand? Sind männliche Bachnamen aus alter Zeit 
urkundlich belegt? Hierüber bedarf es noch der Aufklärung, desgl. bei 
Lauterbach nordöstl. am Vogelsborg: hier heißt es schon 1341 an dem 
forte txum Heyligenbache hin i ff, W. III, 361. Ist vielleicht das txum 
dem Schreiber deswegen in die Feder geflossen, weil er das fast un- 
mittelbar vorausgehende dem noch im Kopfe hatte? 

1 Z. B uf dir frihlhach und in der fluhebach, Gerichtsbücher dos Amts Ziegon- 
hain 1G34 — 09; die Kct'+crbaeh, bekannte Promenade in Marburg, und dk Kmdxhach 
(ma. Knutsch-), MilitärschieUstand dicht bei M., laut freundlicher Mitteilung des Flerrn 
Oberl. Dr. "W. Schoof in Detmold. 



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Die Bach. 



50 



9. Thüringen, 1 

Quellen. 

Br. = G. Brückner, Landesk. des Herzogtums Meiningen, 2 Bde., 1851 u. 53. 
H. U. = Hennebergisches Urkundenbaob, hg. v. K. Schöppach &c, 7 Bde.. 1842 — 1877. 
Kl. = Job. Gottlob Klingnere Sammlungen zum Dorf- und Bauren -Rechte, 4 Bde., Leipzig 
1749 — 55. 

Salz. Wb. = Salzunger Wörterbuch v. Dr. Ludw. Hertel, in den Mitteil, der geogr. Ge- 
sellschaft (f. Thür.) XI (1893), Heft 3/4, S. 115 ff. 

Sch. Kr. = Schüttgen u. Kreysig, Diplomataria et scriptores historiae germanicae medii 
aevi, 3 Bde., Altenburg 1753 — 60. 

Spieß = Balthasar Spieß, Volkstümliches aus dem Fränkisch -Hennebergiscben, Wien 1809. 

Maskulinum. 

Alteuburger Westkreis. Bei Eisenberg: der Malzbach, der Gerber- 
bach, der Raudenbach oder die Räude. 

Bürden nö. Hildburghausen: eyn wißfleckleyn . . an dem mulltach 
1469; in den Happelsltach 1482; Im R . . von der furt vbe?', Alß man 
von Bürden gen gosmesrod (Goßmannsrode) feit 1483. Sch. Kr. II, 648: 
651; 653. 

Eisen ach: das der Scheißbach also groß ward (i. J. 1393), das lier 
den Karthusem ore wende xcubrach . . da irtrenckete der bach das vihr 
in den stellin. Thüringische Chronik » Von Isenachis Bcgyn* (bis 1409). 
Sch. Kr. I, 105. 

Erfurt: Ed. Brandis, Zur Lautlehre der Erfurter Ma., Progr. 1892, 
S. 4 : bdch stm. 

Eylau (in der Nähe von Sonuefeld, aber wo?): zu Eylau So der 
Bach durch daßelbe Dorf gehet 13.10. Sch. Kr. III, 690 (Chartarium 
Coenobii Sonnefeldensis) . 

Fischbach, eine »Wüstung ohnweit Holmers« (gemeint kann nur 
das H. s\v. Frauen breitungen sein, da die Urkunde Frankemberg = Ruine 
Frankenburg, dicht bei H., erwähnt): dax . . hus Frankemberg mit allen 
den wisen, eckem vnd sc wen gelegen in dem vispach 1360. H. U. III 
(1857), 24, 7/8. — Eine andere örtlichkeit ist im folgenden gemeint: 

vnsir seäw (Teiche) alle geleigin in dem Vispach bie Slüsüngin 
(Schleusingen) 1380, H. ü. III, 111, 17; den nydern Sehe txu Slusungen, 
gelegin in dem Visehback 1385, ebenda V (1866), 194,3. 

Gestungshausen nö. Sonnefeld: Acker im Trewtelspach 1485. 
Sch. Kr. III, 797. 

Groß-Garnstadt ö. Coburg: ein Wisen dg gelegen ist xv Sehney 
zu Oarnstat (? --■ zwischen Schney und G.) vnter den berg an den 
Sneylmh 1410. Sch. Kr. III, 757. Der Schneyhach b. Schney n. Lichtenfels 
(Oberfr.) in den Main. 

Groß-Pötewitz zw. Zeitz und Eisenberg: in den Mach u. ä. 1707. 
Kl. IV, 375/76. 

1 Nebst den benachbarten Teilen der Prov. Sachsen. 



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00 



Oskar Philipp. 



Der Hex bach (b. Veilsdorf sö. Hildburghausen): zum Hexbach 1337; 
1388; 1399; 1402; 1501. Sch. Kr. II, 629; 635; 637 u. 38; 640: 667. 

Kindelbrück so. Sondershausen: aus dem so genannten Gründels 
Bache 1717. Kl. IV, 614. 

Der Krummbach: biß zu der Cappel len xu Mittelnstil la (Mittel- 
stille sö. Schmalkalden) vnd . . biß oben in den Krumpach, . . an den 
K . . von oben dem K . . 1420, H. U. VI, 94. 

Langendorf s. Weißenfels: Räumung des Mühlbachs 1720. Kl. 
IV, 532. 

Leutendorf ö. Sonnefold: ein Wiscn . . ob horb (Horb a. d. Stoinach, 
ö. S.) in dm Sahbach vnd gehört \u L . . 1364. Sehr. Kr. III, 729, 
Nr. CCVn. Hierzu Nr. CCIX: mein Wisen di da heiztet Salcxbach . . 
zinschen L . . vnd lieychaw (? Weisenau ö. S.) 1364. 

Lieben grün s. Ziegenrück: über den Eichbach 1694. Kl. II, 589. 

Der Mahlbach (Spieß, 155 — 159) entspringt bei Einödhausen in 
S.-Meiningon und mündet bei Mellrichstadt (Unterfr.) in die Streu. 

Meoder nw. Coburg: Geßet (jenseits) des Bachß xu Meyder . . eyn 
Acker In dem artxbach u. ä. 1498. Sch. Kr. II, 660/61. 

Muntscha s. Auma: einem Fischbach 1741. Kl. IV, 240. 

Der Pfaffenbach: xtvey guter xw Ruprrstorf (Ruppersdorf nw. 
Lobenstein, Reuß j. L.) vnnd ein drum (kurze Strecke) wassers an der 
sal (Saale) genant am pfaffenbach 1479. 0. Böhme, Beiträge zu einem 
vogtl. Wb., Progr. Reichenbach i. V. 1888, S. 8 unter Drum. 

Der Rippach (nö. Weißenfels in die Saale): und die Revier vom 
lt. an der Saal herab 1658. Kl. IV, 617. S. 618: ron R. 

Röppisch s. Gera: der Rüpschitxcr Bach (Nominativ) . . den Röp- 
schütxer Bach 1591. Kl. IV, 555. 

Der Sassenbach: dehinc altant stratam usque in den Saxxinbach 
1330. H. U. V, 74, 31/32. Dazu S. 120, 31/32 deutsche vidimierte Über- 
setzung v. 1352: darnach dy hoen strahxe (sö. Wasungen) gantx wan in 
den Sahxcnbach, und H. U. VI (1873), 94: die hohenstrasse gar uß biß 
in den Sassenbach, do dann biß an den baunt geheissen der hugisbaum 
bey Grube, vnd furder in die Werra xu Cralingen 1420. 

Schkölen s. Naumburg: im Bache . . aus dem ganlxcn Mühl- 
J lacht' 1729. Kl. IV, 377 u. 379. 

Schönstedt nw. Langensalza: eine Wasser- Mühle, unweit des Amts- 
dorfs Sch., an den allda befindlichen sog. Orrelbach 1716. Kl. IV, 543. 
Der Orlbach fließt an Sch. vorüber bei Thamsbrück in die Unstrut. 

Schwarzbach sw. Münchenbernsdorf nw. Weida: Dem Schüfer 
zum Schwartxbach 1709. Kl. II, 671. 

Sonnefeld sö. Coburg: die Äbtissin von S. sagt, es gehe ein Fisch- 
bach von Ilöfstädtrn (Hofstetten dicht sö. S.) in Forst . . biß in Mayn, 
derselbe F. werde Biberbach genannt ... es gehe ein F. von dem Dorff 



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Die Bach. 



Frohnlach (w. S.) biß . . in dir Schney, . . denselben F . . Sch. Kr. III, 770; 
des Biberbachs u. Schimbaclis halben 1513, III, 772; den R u. Schneid- 
bach belangend III, 773. 

Stadtilm (Schw.- Rudolstadt): der Bach. 

Der Stoinbach: ein fWihaus zu Step fershausen (sw. Wasungen) 
u. eine Wiese im Steinbach 1428. IL ü. VI, 200. — Ein anderer Stein- 
bach (? beim gleichnamigen Dorfe sö. Schmalkalden) ist gemeint H. U. 
VII (1877), 81/82: Eynen gründ vnd geüilde, geuandder Steinbach, ligetule 
obir Smalkalden, . . bie dem egenanten Steinbach 1439. 

Stepfers hausen: vf vnserm gut zu Sterppffershusin, das da jnnhat 
Hanns am Bach 1444. 

(Der) Tambach: Er Cliristoph Hoffmeister zum DamPach, als 
Befehlichhaber rann wegenn bemelts APts (zu Langheim sö. Lichtenfels 
in Oberfr.) . . der bemelte H . . zum TamPach 1529. Sch. Kr. III, 826. 
Der w. Coburg entspringende T. geht bei dem bayr. Orte T. vorüber in 
die Rodach. 

Der Thanbach, jetzt Dambach (die D. oder Neudambich, I3r. 1, 166) 
zw. Hildburghausen u. Schleusingen: über den Czuckmantel vßhin biß 
an den Than/taeh vnd von dem Th . . vnd thirgarten biß an den stein 
czu Iforit 1425. H. IL VI, 173. 

Teich witz sö. Weida (nur dieses kann gemeint sein, nicht Techwitz 
nö. Zeitz): das wissleyn an dem pach . . vnd die wissen an der weydn 
gelegen: Kloster W. verleiht das forbergk zw Techwitz (so!) zw. 1506 u. 
1519. Sch. Kr. II, 505. 

Der Tiefenbach: zeit Obirnstetefelt (Stedtfeld b. EisenachV), in 
tleme Ammerüngm fcMe, zeu dem Fronys, zeu Meynkartshusen vnde in 
dernc Tiffenbeche 1397. H. (J. IV (1861), 68, 4/5. 

Trebnitz sö. Teuchern: [weil] der Fisch- flach verwüstet werde., 
aus dem Bache 1610. Kl. IV, 472. 

Volkenroda nö. Mühlhausen: das Kloster verkauft 1485 an einen 
Bürger zu Dcnstethe (Tennstedt nö. Langensalza) . . eyn Sottell (Sedelhof) 
// dem hiebacfis berge nach lutzen Someringenn . . zwen acker uff den 
lmyltaehs berge. Sch. Kr. I, 821. — uff vnnßers Chstcrs grosßen tiche 
by dem Schambache 1483. Ebenda 822. 

Der Weidbach (in Veilsdorf in die Weira): zwischen dem her- 
waitswinder (Herbarts wind sö. V.) vnd rotenbacher (Rotten bach sö. V.) 
berge, ob dem Weytelttwh 1509; ob den tveydbach 1513. Sch. Kr. II, 679 
und 686. 

Der Weide bach: in dem yrutidc der heizt der Weydebach in dem 
feildc zeu Smalkalden 1341. H. U. II (1847), 53, 4. 

Weißenbrunn ssö. Coburg: Wizzenbrune by dem Bache 1337; 
xu Weizenbrunne bei dem Hache 1344. Sch. Kr. III, 697; 703 (Chart. 
Coewjbii Sonnefeld., daher kommt wohl das weiter entfernte W. nördl. 
Coburg nicht in Frage). 



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62 



Oskar Philipp. 



Femininum. 



Altenburger Ostkreis. 1 E. Pasch, Das Altenb. Bauerndeutsch. 
1S78, S. 62: die Bach. 

Stadt Altenburg: die (Stadt)bach. 

Bei Schmölln: die Limnitzbach; die beiden Arme der Sprotte ober- 
halb Schmölln bei Großstechau und Nöbdenitz: die Bach. 

DieArmbach, Wüstung (Br. II, 28), ma. de Ärm\c < Aren (= Adler)- 
bach, L. Hertel, Salzunger Ma., Diss. Jena 1888, S. 95. Name von der 
Armbach, die 1455 (Br. II, 19) in die Stadt Salzungen geleitet ward. 

Die Bauerbach: Spieß 155. An ihr liegt das durch Schiller be- 
kannte gleichnamige Dorf s. Meiningen. Br. II, 166: der B. 

Die Dermbach (? bei der Stadt D. [1317 Theyrenbach, H. U. IV. 
7, 22] in die Felda, linken Nebenfluß der Weira), ma. Terrm\c, Salz. 
Wb. 143. 

Die Fambach: mündet \v. Schmalkalden in die Werra. Spieß 156. 
in Vancbach 1183, H. U. I, 16, 5, > ma. Fmimi<\ Salz. Wb. 143. 

Die Farnbach, bei AJtenbroitungen in die Werra. von Ynrnbach 
1324, II. U. I, 97, 8, > ma. Färtnic, Salz. Wb. 143; Br. II, 36. 

Die Grumbach, nw. Altenbreitungen in die Werra, ma. Grumic, 
Salz. Wb. 143. au der Grumbach v ff dem velde zu Alden Breitingen 1370. 
Sch. Kr. III, 547. 1380 an der Grunbach in der autce xu Aldin Iirei- 
tingcn, H. U. III, 107, 17; dy Warth, an der Gnmbach gelegen 1431, H. U. 
VI, 229. Hierher auch die Warthe, an der Grimbach (offenbar Schreib- 
fehler für Grun-) gehgin 1441, H. U. VII, 96. 

Die Heischbach: ein > Walddistrikt zw. den Dörfern Kleinebers- 
dorf u. Karlsdorf, südöstl. des Rittergutes Rothe Vorwerk«, Amt Roda, 
S.-Alteub. Westkreis. Mitteil, der geschieh ts- u. altertumsforsch. Gesell- 
schaft des Osterendes zu Altenburg, III (1853), 261, Nr. 19. 

Die Körn(e)bach, in Schwallungen von rechts in die Werra. Ma. 
die Körmich, Br. II, 172 und Schriften des Ver. f. Meining. Geschichts- 
u. Landesk. Heft 17 (1895), S. 156. 

Die Knollen b ach (beim Dörfchen K. w. Frauenbreitungen). ma. 
KndUmic, Salz. Wb. 143. H. U. IV, 101, 9 uff deme ackir. der txu der 
Knollinbach gehont 1406. 

Die Koh Ibach (? oberhalb Geisa in die Ulster): yn dir Külbach, 
von der K.. nnderwart 1330 bezw. 1352 (s.o. unter » Sassenbach * ), 
H. U. V, 120, 37/38. 

Die Kuh-, Kühbach (wo?): nsuue in Espech et ulterius deorsuiu 
usque in Kübach 1330, H. U. V, 74, 39/40. Dazu Übersetzung v. 1352: 
kein (gegen) Esxbech ind forbasi nydenvurt trau yn dy Öiba/h, ebenda 
120, 41/42. 



1 Diese AngabeD sowio die über den "VWstkreis (s. o.) verdanke ich der Güte d»'S 
Horm Prof. Dr. O. Weis.- in Eisenborg. 




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Die Bach. 



Die Laudenbach (ma. Lüdeinich, Salz. Wb. 143) Hießt durch das 
Dorf L. in die vom Inselsberg kommende Truso: den hamir der da gelein 
ist in der Lutinbach 1348, H. U. II, 78, 3. Dazu 82, 14/15: vffe demc 
harnet in der Lntinfxich 1349. Gehört hierher auch >cin hamerstad, ge- 
nand (? in) der obern Lutenbach rnder Waidenberg gelegen 1427 - (in der 
Feldmark zu Schmalkalden), H. U. VI, 180V 

Die Leimbach, w. Salzungen beim gleichnamigen Dorfe, ma. Lai- 
mich; 1330 Leymbach, Salz. Wb. 143. 

Die alte *Mosbach (? durch M . . oberhalb Eiseuach in dio Hörsei): 
die txwene Ebersberg jn der Sebach (? Seebach n. der Wartburg), den tich 
halb daselbistt, jtem in der Sebach acht malter habern . . vndjn der ablen 
Mußbach (zu Alten -Mosbach) einen halben firdunge gelts 6. 4. 1445, H. U. 
VII, 173. Ähnlich in der am selben Tage ausgestellten Quittung hierüber: 
xu Sebach, Wntingefeld und xu der alden Mimebach, ebenda. 

Die Polsenbach, dicht oberhalb Salzungen in die Werra. Ma. 
Bnlxrmich, Salz. Wb. 143. 1330 Polssinbach, II. U. V, 73, 37. 

Die Rottenbach, das Flüßchen, an dem Paulinzella liegt. 

Die Schwarzbaeh, durch das gleichnamige Dorf (ma. Schwo-erx- 
fn'ch) w. Wasungen in die Werra, Spieß 156—158. 

Die Steinbach, Salz. Wb. 143. Ma. Sdaimich < Stegnbach 1330, 
H. U. V, 74, 7. 

Die Wallbach, durch das Dorf W. s. Wasungen von rechts in die 
Werra, Spieß 158; Br. II, 172. 

Die Zillbach (dafür bei Spieß 160 verdruckt Ziebbach«) unterhalb 
Schwallungen von links in die Werra. Ma. di Zilwich, Meining. Gesch. 
u. Landesk. 17 (1895), 156. Das Salz. Wb. 143 gibt dagegen Zellbich an. 
— dax geholt- \e . . dax wir habin mit tu gm lierren ron Breilittgen in 
der Ttilbach 1384, IL U. III, 130, 4/5; an dem gehidcxe an der ('xy Ibach 
1400, H. U. IV, 77, 10. 

Maskulinum neben Femininum. 

Salzungen: Im Gattungsnamen Mask., in Zusammensetzungen (s. o. 
Arm-. Denn-, Fambach usw.) Fem. Das ursprüngliche Geschlecht 
haftet also auch hier an den Eigennamen, der Gattungsname ist aber 
Schulwort, Lehnwort aus der Schriftsprache. 

dax gehultxe, genannt dax eichech vnd dg Kinberge bix an den Sloti- 
Itat'h vnd dg Wypfera (die Wipfra, fließt in die Gera, Nebenfl. der Unstrut) 
vff 1356, H. U. V, 130, 10/11. Dagegen Fem. bei aller sonstigen Über- 
einstimmung H. U. VI, 65: dax gehulxe, gtiant dnx eichech, vnd die Kin- 
berge biß an die Slotibach vnd die Wipfera vff 1418. 

Anhangsweise seien noch einige Flurnamen angeführt, die ich nicht 
habe festlegen können, da meine Gewährsmänner die Örtlichkeiten gar 
nicht oder höchst unbestimmt angeben. 



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04 



C. Fr. Müller. Die Quölle für Fr. Keutors lüuscheo. 



1. Aus Spieß: a) Ma.sk.: Kimersbneh , Eisen back S. 163. Wasvhbaeh 
S. 168. Hergen-, Leimen-, Muhrbach S. 215. diese drei aus Jüchsen, 
Neubrunn sö. Meiningen, Möhra n. Salzungen, Erbenhausen n. Fladungen 
u. Sülzfeld sw. Meiningen. 

b) Fem.: Elim-, Fab.-, Fisch- (? oberhalb Helmers, Hr. II, 40), Olas- 
(? nö. Salzungen, Br. II, 58), Korn- (? — Kömbach, s. o.), Limbach (Lbm- 
bich, Mein.), Weisbach S. 163 — 169. Dengcl-, Lauterbaeh S. 215. diese 
beiden aus derselben Gegend wie oben. 

2. Aus dem Salz. Wb. 143: die Hämbach, ma. Ho-cernic < * Halen- 
bach; die Küselbach , 1330 Kyselbach. 



Die Quelle fttr Fr. Beuters Lauschen: Adjüs, 
Herr Leutnant (I, 9). 

Von C. Fr. Müller. 

Wer die Einleitung zu meiner Ausgabe der t Läuschen un Rimels« 
(Werke, Bd. IV, S. 7 ff.) und meine Anzeige der Seelraannschen Reuter- 
Ausgabe (in der Ztschr. für deutsche Philologie, Bd. 39, vgl. bes. S. 250) 
gelesen hat, dem wird es nicht entgangen sein, daß ich den Nachweis 
der Quellen für die Würdigung der Kunst Fritz Reuters als ziemlich be- 
langlos ansehe und daß ich zugleich die Ansicht vertrete, daß nur in ganz 
vereinzelten Fällen für seine Dichtungen literarische Quellen namhaft 
gemacht werden können. So z. B. glaube ich mit aller Entschiedenheit, 
daß die neuerdings eifrig verglichenen, mit Reuterschen Läuschen in der 
Pointe allerdings häufig übereinstimmenden Stücke aus den »Fliegenden 
Blättern« der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wohl als beachtens- 
werte und interessante Parallelen, aber nicht als die Quellen, aus denen 
unser Dichter geschöpft hat, anzusehen sind. 

Nun ist mir freilich in diesen Tagen an einer ziemlich abgelegenen 
Stelle eine merkwürdige Kongruenz entgegengetreten, die es fast unab- 
weisbar erscheinen läßt, daß Reuter hier direkt den Stoff zu einem seiner 
Läuschen entnommen hat In Gustav Nie ritz' Erzählung »Der Pauken- 
doktor' (in der Ausgabe von A. Stern bei Max Hosse in Leipzig, Bd. I, 
S. 30) wird das Drillen einer Rekrutenschar durch einen Unteroffizier 
sehr drastisch geschildert und mit den Worten eingeleitet: »Einundzwanzig, 
zweiundzwanzig — den Bauch hinein, die Brust heraus — einundzwanzig, 
zweiundzwanzig — potzhimmeltausendsapperment« usw. Es heißt dann 
weiterhin, als ein Leutnant hinzugetreten ist: Der Offizier musterte die 
Rekrutenreihe, stach diesen) mit der Faustspitze in die Kniekehle, daß 



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C. Ft. Müller. Die Quelle für Fr. Kouters Umsehen: Adjün usw. lif» 



der Bursche zusammenknickte, richtete jejiem mittels der ci-f allton Ohren 
das schief gehaltene Haupt gerade, drückte einem dritten den Unterleib 
hinein, einem vierten das Hütchen aus der Stirno und haderte zuletzt 
mit Theseus [dem Helden der Geschichte], daß er das Kinn zu sehr in 
die Halsbinde drücke. 

* Höher!« gobot er mit seinen Fingern nachhelfend. -Immer höher! 
noch höher!« 

Des Theseus Antlitz machte jetzt so ziemlich Kehrt mit dem blauen 
Himmel über ihm. Als des Leutnants Hand von seinem Kinne jetzt 
abließ, fragt jener ernst: 

»Mein Herr Leutnant!« 

»Was soll sein, Er MohrenelementerV 

»Soll ich denn immer so stehen wie jetzt?« 

>Ei freilich, deshalb habe ich dich ja eben so gerichtet« 

»Nun, wenn dem so ist, so leben Sie recht wohl: denn auf dieser 
Erde sehe ich Sie dann nimmer wieder. « — — — 

Vergleichen wir mit dieser Erzählung das Läuschen Fritz Reuters 
Adjiis, Herr Leutnant* (L. u. K. I, 9), so finden wir in diesem nicht nur 
dieselbe Pointe, sondern auch manche fast wörtliche Übereinstimmung 
in einzelnen Redewendungen. Man lese nur den Schluß: 

De Leutnant reiht ent man an't fmltre Lite; 

Un' t Ding hüll doch nick up tau slahn, 

De Kirl süll Ummer grader stahu; 

De Bost süll 'rut, de Unk süll Win; 

Haid slog hei 'u an de Bein, 

Haid stödd hei '« unner V Kinn. 

Doch as hei such, hei kiinn 7 nieh wider driwen, 

Dttnn säd hei tau den Kirl: »So soll es sein! 

So, Du Carna/lie, so nun steh!* 

■■>.*So sali 'ck nu Ummer stahn hir bittren? 

stehst Du mir! Kopf in die Höh', 
Die Arme 'ran , ausimrts die Am/?', 
Die Brust heraus, den Bauch herein/. — 
»*Xa denn, Herr Leutnant, denn adjiis! 
Denn kr ig 'ek Sei nümmer mihr tau srihn.*? 

Nieritz hat seinen »Paukendoktor« zuerst im Jahrgang 1843 des 
Sächsischen Volkskalenders* (nachmals * Deutschen Volkskalenders «, 
Leipzig bei Georg Wigand) veröffentlicht 1 : seine volkstümlichen Erzäh- 
lungen fanden bekanntlich in den vierziger und fünfziger Jahren des 
vorigen Jahrhunderts in Deutschland eine ganz außerordentliche Ver- 
breitung und werden ohne Zweifel auch in Mecklenburg, zumal auf 
den Gütern, eine beliebte Lektüre gewesen sein. So hat gewiß auch 
Fritz Reuter den Paukendoktors sei es in Demzin bei Franz Rust, sei 

1 Nach einer gütigen Mitteilung des Herrn Buchhändler« J. Briese in Leipzig. 

Zeitschrift für DouUcuo Mundarten. IU. .', 



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66 



Emma Wanner. Lautlohro der Mundart von Zaisenhausen. 



es auf Thalberg bei seinem Freunde Fritz Peters, sei es in Treptow 
während seiner Privatlehrerzeit gelesen; die drastisch geschilderte Situation 
des Rekrutendrillens prägte sich seinem Gedächtnis ein, wie er ja über- 
haupt für drollige Schnurren eine starke Erinnerungskraft besaß, und 
bot ihm den Stoff für sein lustiges Lauschen. 



Lautlehre der Mundart von Zaisenhausen. 

Von Emma Waimer. 

(Fortsetzung.) 

Mhd. s > S. 

§ 63. 1. Im Anlaut vor w y m, n, l, p und t. 

a) sw>Sw: Swaots schwarz, Sünna schwimmen, SweStv Schwester, 
swilic pl. Schwielen. 

b) sm > Sm: Smalts Schmalz, SmiU Schmiede, Smiit Schmied, Smntsv 
schmatzen. 

c) sn > Sn: Snee Schnee, Snaawl Schnabel, Snatd Schnalle, Snook ra. 
Schnake, Snon m. Bezeichnung für den Gerichtsvollzieher. 

d) s/>.s/: Stauf Schlaf , Slapd Pantoffel, Staajo schlagen, Stahl langer 
Mensch mit schlechter Haltung. 

e) sp > Sp: Spiis Spieß, späte Spatz, Spiijl Spiegel, Speltv Spälter- 
holz, Spraisl Holzsplitter, Spais m. Mörtel. 

f) st > St: Staat» Stein, Stift Stiefel, Staipvrd Stütze, Stok Stock, 
Staut Stuhl. 

Anmerk. 1: Im Auslaut und Inlaut steht *p und st: khaSpv Kaspar, a$p9 Espe, 
SueZtv Schwester, tr$sto pl. Tröster, maai fl sto Meister, kettvt gestern; na.it Ast, 
Nest, peSt beste, kreett grollte, meeyst meiste. 

Anmerk. 2: Heim Verbum entspricht dem hd. st in dor 2. Person Sg. Praes. 
durchweg ft: pitt bist, hatt hast, hooUt holst, tutt.it tust 

2. Nach r, z. B. ovSl Ursula, ungeschicktes Ding, feevSv m. Ferse, 
necvSt erst, frnSic vorwärts, hinuSic rückwärts; tonSt Durst, woosf Wurst, 
povSt Bursche, pfevSiy Pfirsich. 

Mhd. sch. 

§ 64. Mhd. sch erscheint durchweg als S, z. B. Sita schinden, Sinti m. 
Schindel, Saiwd Scheibe, Sah m. Scholle, Sata Schatten, Sawf scharf, 
Seeml Schemel, Seettsie pl. Schalen, Seel scheel, SiUv schielen, Siis? 
schießen, Sits Schütz, Sooru Schoren, /.o.va Maul, es3 Asche, taSd Tasche, 
ftaSj Flasche, StroowiS Wisch, flaais Fleisch. 

Fremdwörter sind Saal Shawl, Sik Kautabak. 



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Lautlehre tlor Mundart von 



r>7 



Mhd. eh. 

§ 65. Mhd. ch erscheint als c und x. 

a) Nach den Vokalen i, ii t r, ee und nach den Diphthongen ai, 
aai steht der /• fteJ-Laut 

b) Nach den Vokalen a, aa, o, oo, u. hh und den Diphthongen 
au, tum wird x (ach -Lernt) gesprochen. 

Der Laut c ist vorhanden in siel Sichel, fiic Vieh, üc emphat i 
ich, piieu pl. Bücher, fvlecj vcrlechen, prec» brechen, leefo Löchlein. 

Der Laut x findet sich in naxt Nacht, axd Nachen, laxj lachen, 
paax f. Bach, hwx* Knochen, hotrx hoch, wux9 Woche, pitxfiyk Buch- 
iiuk, laaux Lauch, paux Bauch, kslaxt geschmeidig, proox brach. 

Nach l erscheint Sproßvokal, milie Milch, khelie Kelch, tsivilic 
Zwilch, xwilic m. Schwiele. 

§ 66. Mhd. Wechsel von ch-h ist zugunsten von ch ausgeglichen 
worden: hoox hoch, flekt. Form Jiooxv, Komp. heet-ü, mhd. nahe > noox, 
Komp. neecv; mhd. rüch > ran. 

Mhd. ch erscheint im Z. Dialekt wie im hd. als k vor mhd. s, z. B. 
teaks Wachs, taiksl Deichsel, aksl Achsel, niks nichts, nrekst nächste, 
heckst höchste. 

§ 67. Mhd. ch ging verloren in puxtaaivd Buchstaben, pustawiitv 
buchstabieren; ferner in den Wörtern: aa auch, no noch, noomt noch 
nicht, mi mich, ti dich, ii ich, klai gleich, S9 (sonst sie) sich. 

Mhd. ch geht auch in der Bildungssilbe mhd. -eht verloren, $ek9t 
(schük'eht) scheckig, kreppt kröpfig, tretet dreckig; dagegen findet sich 
leht als -lect erhalten in: icaislect weißlich, rootlert rötlich, khiilect kühl: 
ebenso mhd. -lieh als -lic: Sreklic schrocklich, mutilic schuudlig; dagegen 
fmild (vrülche) freilich. 

Mhd. h. 

§ 68. Mhd. h erscheint im Anlaut als z. B. hool hohl, hooh 
holen, hete Hecke, haaiat f. Heuernte, haifh aufhäufen (Kartoffel), für Ii t/9 
heimlich, )too.o Hose, hookj Haken, hupd f. Schalmei, httts Füllen, hülst 
Birnschnitz, ho*p9s ungeschickter Mensch, hist links, hot rechts. 

Geschwundon ist anlautendes // in impiers (mhd. hinlher) Himbeere. 

Zwischen zwei Vokalen ging h verloren, z. B. kscea gesehen, k.srt-j 
geschehen, Icetu (lehenen) leihen, siist siehst, $iit sieht. 

A am ork.: In unbetonter Silbo fiel h wep in kraytot Krankheit, fauht Kaulheit, 
focoonat Gewohnheit, tcoorst Wahrheit. 

§ 69. Mhd. ///: 

1. in betonter Silbe > et oder xt, z. B. lict Licht, kwict Gewicht, 
ticeli gestern Nacht, reet recht, faiel feucht, fruxt Frucht 

2. in unbetonter Silbe wird ht > t, z.B. ck»t (eckiht) eckig, srhick'ht 
> xrkat, trekA dreckig; mhd. schilhcn > <Hcj schielen. 

5* 



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US 



Kmnia Waunor. 



5. Explosivlaute. 
Mhd. b. 

§ 70. Mhd. anlautendes b > p, z. B. pal bald, pnal Ball, pürz Birne, 
piwl Bibel, poh f. (Wasser-) Schöpf blech, poSt Post, ^«to Butzen am 
Obst, pahnd Palme in der Zusammensetzung khatsdpahnd Palmkätzchen. 

Inlautendes b erscheint nach Vokal sowie nach l und r als ic, falls 
e resp. 9 darauffolgt, z. B. h^icd haben, halwn halb, keivj geben, owu 
ober, oktuowü Oktober, salwd Salbe, S<>r*wz m. Scherbe, rrdw* erben, 
fraifrv* Arbeit, /freit? färben, krmw gerben, oowdt Abend. 

An merk.: Mhd. ertber wird ?rp/ Erdbbeero. 

Die Vorsilbe be-\-h>ph in phnltd behalten, phaauptd behaupten, 
phclfd behelfen, phi^pt festschließeud, uu*pholf9 unbeholfen. 

Im Auslaut erscheint b als p, z. B. triip trübe, krp gil), traip 
treibe, Ivcp lobe; w und p finden sich nebeneinander in op ob: ouw 
frookt ob er fragt, op s9 khumd ob sie kommen. 

Durch Assimilation ist b geschwunden in iitms (mhd. imbix) Imbiß, 
wamds m. (mhd. wambvs) Wams (§ 125, 2). 

An merk. 1: Schwund des stammausl. b findet statt vor / uud s in einigen schwach- 
betonten Verbalformen: khat gehabt, .s kaü os giebt (heilit auch s typl), tv het ihr habt, 
in dem Ortsadv. s$t dort. 

An merk. 2: Wegfall eine» in den Auslaut tretenden b liegt vor in puu Bube, 
I>1. punta. 

Mhd. p (pf). 

§ 71. Mhd. p erscheint als p im Anlaut, unterscheidet sich also 
nicht von der Fortsetzung des mhd. b, z. B. paph schwätzen, pdpakäai 
Papagei, papiiv Papier, p(hpaam Pappel, pooliS polnisch, popa Puppe. 

Aspiriertes p haben folgende Wörter: pheetv m. Frauenjacke, phec- 
tvld m. Petersilie; phooiv f. Perlkette, Dim. pheetvh: phult m. Pult, 
phuuo rein. 

Inlautendes pp>p, z. B. trupd Treppe, lapj Lappen, khapj Kappe, 
Slopj Pantoffel, ktapvrd klappern, lepora im Wasser spielen, fokpvrd ver- 
schütten, supd Suppe, toplt doppelt, pfuolhöop» Hippe, um das Reisig 
klein zu machen. 

Mhd. pf. 

§ 72. Wie im Ostfränkischen wird auch in der Z. Ma. germ. p 
durchweg^/*, z. B. pfaat Pfad, pfool Pfahl, pfans Pfanne, pfeniij Pfennig, 
pfunt Pfund, pfcrshj Pfirsich, pfriinu f. Pfriem, pflunk Pflug. 

Inlautendes pf findet sich in tsapfs Zapfen, tsipfl Zipfel, stopfe 
stupfen. stupfh Nachlese halten, z.B. (vre stupfh: Stupf I Stoppel, hopfd 
hüpfen, tsopfs zupfen, Stupf» schlüpfen. 

Im Auslaut steht pf in khopf Kopf, tropf Tropf, tsopf Zopf, knöpf 
Knopf, kröpf Kropf, ttapf Napf, Strumpf Strumpf. 

Mhd. d. 

§ 73. Mhd. (I > t, z. B. too da, trrv der (emph.), Umid wiederkäuen. 
taro Darre. HS ff Distel, taüsf Deichsel, tcyh dengeln, lutjkt dunkel. 



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Lautlehre der Mundart von Zaisen hausen. 



69 



Im Inlaut: laata Laden, poot* Boden, eevtv Erde, h^uti pl. Herden, 
snait9 schneiden, klaaitj kleiden, iuto pl. Juden. 

Im Auslaut steht ebenfalls der ungehauchte stimmlose Verschluß- 
laut t: z. B. oowdt Abend, Kit (mhd. liet [</]) Lied, fraait Freude, kwoomt 
Gewohnheit, tretet dreckig, rant Rand, reet Rede, punt m. Kuchen. 

An merk. 1: d wird th in thirqki direkt, thir^ktv Direktor. 

Anmerk. 2: / hat sich eingestellt in khantj Kanne, klupith Kännletn; dagegen 
jtfano Pfanne, Pfännlein pfenl» nehmen das t nicht an. Ebenso ist t angotreten an die 
2. Pers. Plur. liiv, tiv, to ihr (§ 143). 

nd > n. 

§ 74. Assimilation von mhd. nd > un trat ein in folgenden Bei- 
spielen: fina finden, ivim Winde; verb. winden, pim binden, ao H wam 
Außenseite an einem Acker, tsumpdnv selbander, htm hinten, Sin» 
schinden, sitwhits Schindershütte, khinu pl. Kinder, rim Rinde, kholenv m. 
Kalender, stenv Ständer (§125,4). 

Id >//>/. z. B. höh Holländer, jyotvrj poltern (mhd. bitlderen), 
pal bald. 

Mhd. /. 

§75. Mhd. / >/ im An- und Inlaut: z.B. taal Tal, tank Tag, 
too n tun, tool m. Abzugskanal; Durchgang unter der Straße, toim Turm, 
Hin Türe, tausdt tausend, taap taub, ten Tenne, trrctv Trichter. 

Inlautendes / findet sich in: fatn Vater, mo1t> Mutter, icaitvs weiter, 
laaitv Leiter, iirvtic Werktag, p<>td beten, irrt» treten. 

Im Auslaut steht t in: frtt Feld, root Rat, pot Bote, saat Saat, 
staat Staat 

Mhd. tt > t, z.B. lata Latte, putd m. Bütte, pitd f. Bütte (§ 84. 
§123, 11), klrta Klette, khuta Kutte, oto m. Fischotter, smifj Schmiede, 
wetiy Wette, mit» Mitte. 

/ ist geschwunden in: niks nichts, mindnv miteinander, marik Markt, 
rpds (iltewax) etwas, krdukaanto Krautgarton. 

/ ist angetreten in: antrit anders, noovt nachher, srnaft Senf, povH 
Bursche, laict f. Leichenbegängnis; wie im nhd. bei folgenden Wörtern: 
paapst Papst, akst Axt, ietst jetzt, sunfM sonst, anothalp anderthalb. 

Anmerk.: Hierher gehört auch das Wort LhtpH? f. Kirsche. 

Mhd. i. 

§ 76. Mhd. : erscheint als As, z. B. tsait Zeit, tsaate Ziffer, tsaal 
Zahl, tsopf Zopf, t.muk Zug, tsitiit zünden, tsob) zerren, tsrk in. Zecke, 
tsurkst.) Zwetschge, tsaahu Korb, tswee n , tswwi, tswaai zwei (m. f. n.), 
frntsif vierzig, aahitsl einzeln, duintsnt einzeln in der Verbindung 9u 
daint.srttu pfmiy ein einzelner Pfennig. 

sifs» sitzen, waaitsa Weizen, sats Satz, khonts kurz, holts Holz, 
.swants Schwanz. 



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70 Emma Wanner. 

Mhd. g. 

§77. Anlautendes rahd. g > k, z. B. kcrtni gern, krr jäh, kaul Pferd, 
A7a<u Glas, Lauts Gans, A-atrfe gabeln (Heu), Unk Henne, koop f. in der 
Zusammensetz, koopholts Gabholz, katic passend, goschickt, krrl gelb, 
kwrraflt anstellig, klug, klaaicanic (mhd. gcleichec »biegsame) geschmeidig, 
A-m///.*/ Zuckorwerk, tewiStmic koll. Geschwister, fetia» f. Gewann, knik 
Genick. 

Anlautendes </ ist vor i und «V zu^;' geworden und dann geschwunden 
in: iir» (giren, geren) gären, ips (gips) Gips, ipsa gipsen. 
sg > .s in HdiMirü (ninwes girec) neugierig. 

Inlautendes g wird /, 3, z. B. jrrj» Jäger, iijl Igel, rrrja Regen, 
eejj eggen, waatf Wagen, waajj f. Wiege, maaty Magen, frwp fragen, 
foloo& verlogen, poo^d Bogen, foo^l Vogel, Dim. feejeb, 00113» pl. Augen, 
khu%l Kugel. 

Au merk.: ny wurde > p in wryot (trimjart) Weinberg. 

Im Auslaut steht k, z. B. aauk Augo, plook Plage, frook Frage. 
maak mag, arik arg, perik Berg, ew(k (cnic'cc) weg, trook Trog. 

g ist geschwunden in: sentsa (sigense) Sense, lait (Iii, Uget) liegt, 
maaitb n. (meit) Mädchen, Tochter, aber maak Magd. 

§ 78. Mhd. -ig in unbetontem Wortauslaut wird -ic, z. B. AtmtV- 
Honig, kheenic König, tvenic wenig, sultic schuldig, letic ledig, krrftic 
kräftig, aai n ffltir einfältig, tsaitic zeitig, roif ; nebentoniges -tag :> -tir, 
mee n tic Montag, su/itic Sonntag, wrotic Werktag (§ 113, 3). 

Mhd. k (ck). 

§ 79. Mhd. k erscheint im Anlaut vor Vokalen als aspiriertes -kJt, 
z. B. khotm Korn, khrric Kirche, khrrdps» f. Kürbis, kJtnm» ra. Korn, 
khislpatsj tn. Kiesel, khauto rn. Welschhahn, klmmeetd Komödie. 

Anmerk. 1: Fremdwort ist vielleicht hihink Kuckuck. 

Vor Konsonanten steht mhd. k als unaspiriertor Verschlußlaut, z. B. 

kloofto f. Klafter, knowelic. Knoblauch, kraits Kreuz, kiiapd hinken, klc- 

knb Kügclchen, Gligger, ktiipl Knüttel, knaub m. Knäuel, klaaisfa Kleister. 

Anmerk. 2: k statt kh haben die franz. Lehnwörter kolv m. (collicr) Koller, 
käiculorii Kavallerie. 

Mhd. qu > kiv in kwabm Qualm, kurb (Quelle, ktnrb quälen. 

Inlautendes mhd. k und ck ist zu k vereinfacht worden, z. B. .s//A7 
Stickcl, Pfosten, pukl Rücken, akD Acker, klote Glocke, fakl Fackel, niko 
nicken (Schlaf), heka Hecke, prokd Brocken, sink* schlucken, tsnkurd 
zackern; in den Fremdwörtern Aiw-rikaa Amerika, Afrikaa Afrika, tuhiab 
Dukaten, musikritit Musikant, dagegen musir Musik. 

Auslautendes k nach Vokalen wird c (trrotk- Werktag usw.) oder k 
{aauk Auge usw.). Nach Konsonanten stellt A\ z. B. A\v/«//AMJcstank, Unjk 
Dank, urrik Werk, folik Volk, scykl Schenkel. 



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I^autlehre der Mundart von Zaisouhauseti. 



71 



Dritter Teil. 

Zusammenfassende Darstellung der wichtigsten Lautwandlungen. 

A. Der Umlaut. 

§ 80. Wie in der Rp. Ma. ist auch in Zaisenh. in einer Reihe von 
Fällen Umlaut eingetreten, wo in der Schriftsprache unumgelautete Formen 
vorliegen. 

§ 81. Substantive: mhd. mentae > mee n tic\ nihd. erbeä neben 
arbeit > ernvdt; mhd. emeze neben amtixe > dmeesd; mhd. hantschuoch 
> hentäc m.; mhd. köl, daneben hi>lc, Und > kheel in icintvkheel Winter- 
kohl, pluumskheel Blumenkohl; dem hd. Unkosten entspricht die Form 
uu n kho8td ra. Sing., uu n khe$t* Plur.; dem hd. Grube in Zusammensetzungen 
Inriiuv, so läamokriiivd Lehmgrube, khiiskriiwj Kiosgrube. Der Umlaut 
stammt hier aus der Art der Stammbild ung, kaum aus dem PL, wie 
Heilig und Meisinger wollen. 

Analog sind die Pluralformen t$$k Tage, erzm Arme, hrlmv 
Halme, tetrn Dornen. 

§82. Ferner werden eine Reihe von Komparativen mit Umlaut 
gebildet Zu wohl bildet man wcelu, zu mhd. vol ein fclv, zu mhd. wolfeil 
ein welflü; dem hd. oberst entspricht ewvrst, Kompos. tsunnStuntsewoSt 
das Unterste zu oberst, shinvXtunsfetütt das Hinterste vorn; praaf — 
preefo, $maal — Smeclv, tsaavt — ts^evtv (§ 141). 

§ 83. Verben, die den Umlaut haben, sind: mhd. töufen> taaifd y 
mhd. döuwen > taaid wiederkäuen, traaid drohen, mhd. sivetzen neben 
swatxen > Metsj, mhd. wesc/ten neben waschen > wqss, mhd. trückeneti 
neben Iruckenen > trikh. 

§ 84. Der Umlaut fehlt in einer Anzahl von Wörtern, die oin u 
in der Stammsilbe haben, vor allem, wenn ein Guttural k oder ein t, pf 
folgt, z. B. tnuk9 Mücke, luk<t Lücke, tsaaHuk» Zahnlücke, tukm. Tücke, 
n tuk aa n too* einen Streich spielen, fvrük» verrücken, niksnutsic nichts- 
nutzig, aber knits durchtrieben, pute m. Bütte (aber pito f. Bütte), lupfd 
lüpfen, Slupfd schlüpfen; vor n unterblieb der Umlaut in kund gönnen, 
kunt gegönnt, Subst. kum m. 

§ 85. Unuragelautetes o und au findet sich in ropfo rupfen, hopfo 
hüpfen, (aber haaihepfv Heuschrecke), krot in der Zusammensetzung SoLt- 
krot Kröte, lumpslcrot, knauh m. Knäul, mhd. sid^sauh Säule. 

Ausgleich nach der 1. Pers. Sg. und Plur. trat ein bei den Verben 
slooß(t) schläfst, Slooft; rooU(t) rätst, ploos(t) bläst, proot^(t) brätst 

B. Vokaldehnungen. 

1. Dehnung in offener Silbe. 
Mhd. a. 

§ 86. Mhd. a > aa, z. B. naaso Naso, maajd Magon, traaid Wagen, 
kraa^d Kragen, paat» baden, haas Hase, haafd Hafen, Snaawl Schnabel, 



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72 Emma Wanner. 

tutawl Nabel, naa^l Nagol, taafl Tafel, krönt gerade, saa& sagen, trnajj 
tragen, stanzt schlagen. 

Mhd. e. 

§ 87. Mhd. e > ee, in lecja logen, eel Elle, eehmees EllenmalJ, eel>- 
uaara PI. Ellen waren, tseeld zählen, preefo Komp. zu brav, eeja eggen. 
e vor Nasal > ee" in kwcena gewöhnen, tcntd dehnen, tsee" PI. Zähne. 

Mhd. e. 

§88. 1. Mhd. e> rr, z. B. Ste^h stehlen, h{{h hehlen, l^rvn gerne, 
Itfsa lesen, /fc«'? leben, r^viva Rebe, s/r/a sägen, feeja fegen, pffcfja 
pflegen, hr<ya f. Häher, rrrja Regen, kU'ewa kleben, nenca neben. 

2. Gedehntes c > ec nasaliert in lecna Lehne. Dehnung fehlt in 
nema {mhd. mmen) nehmen. 

Mhd. /. 

§ 89. Mhd. * (> «), z. H. W/s Rieso, fä neben /?/<• Vieh, kiiicl 
Giebel, sirw& sieben, spiila spielen, kliit Glied, wiit f. (widc) Weidon- 
strang, haslwiit Haselrute, leyumt f. Längsholz am Wagen, forüwa ge- 
schrieben, hriiivi gerieben, kM/ija gestiegen, niüv nieder, iijl Igel. 

Mhd. o. 

§90. Mhd. n (> oo), z.B. oo/i» Ofen, poota Boden, hoosa Hose, 
fioof Hof, /oow Tor, /sooja gezogen, pooja gebogen, kflooja geflogen, 1&- 
poora geboren, ksicoara geschworen. 

Vor Nasal > oo nasaliert, z. B. tcoona wohnen. 

Mhd. ü. 

§ 91. Mhd. ö wurde zu ee, z. B. eel Öl, eefa PI. Ofen, A«/ PI. Höfe. 

Mhd. u. 

§ 92. Mhd. u > ««, z. B. /«mnH- Zug, fluukhawD Flughafer, fmtsl 
Rausch, tuwsa Dose, inu^ant Jugend. 

Mhd. //. 

§ 93. Mhd. ü > //, z. B. /«/// Mühle, v/'/r.? schüren, sptira spüren, 
stit'ra stochern, liija Luge, /Hiß Flügel, tsiiji Zügel. 

2. Dohnung bei einsilbigen Wörtern in geschlossener Silbe. 

§ 94. Vor silbeschlicllendcn Konsonanten oder Konsonantengruppen 
hei mhd. einsilbigen Wörtern ist nicht wie; im Ostfr. durchweg Vokal- 
dehnung eingetreten. Häufiger findet sieh Kürzung. 

Mhd. „. 

£ 95. Dehnung liegt vor in punl Ball, Tanz, pnnx f. Bach, krnns 
Gras, Maas Glas, pnnnf Bart, fsnant zart, nnot Art, /w/iw/ Fahrt, Mannst 
Karst; so auch m,yms betontes was. 



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Lautlehre der Mundart der Zazenhausen. 



73 



Kürze liegt vor in flax flach, lux Dach, mt satt, //wo» machen, Hai 
Stall, sak Sack, kSmak Geschmack (smaka schmeckeu, riechen), taks Dachs, 
waks Wachs, flaks Flachs, na.it Nacht, axthj Achtung, wall "Wald, khalt 
kalt, halts Hals, salts Salz, srnalts Schmalz, (n)ast Ast, last m. Last, 
Bast, Swauts schwarz. 

Mhd. e. 

§ 96. Kürze liegt vor in pet Bett [pe//s Pelz, Dini. peltsh\. 

Mhd. ?. 

§ 97. Mhd. t < ir in betontem er, wecv wer, mtc»/ wert; 
wvy/c Weg. 

Gedehntes rr nasaliert findet sich in pfrrait* Bremse. 

Beispiele für Kürze sind: pre Pech, pl*>c Blech, sfret schlecht, kni>ct 
Knecht, wrk weg, fleh Fleck, w>M Nest (PI. nrMv, Dini. nesth): hevt 
Herd; — krrps Krebs. 

Mhd. /. 

§98. Mhd. / >« in betontem www mir, mit mich, f/7» dir, /// 
dich: — kwiis gewiß. twV* f. in leywiit f. Längsholz am Wagen, smiit 
Schmied. 

Kürze liegt vor in: mit mit, rit Ritt, Smis Schmiß, m Riß, fte PI. 
Fische (Singl. /m.v Fisch), /*V Tisch usw. 

Mhd. o. 

§99. Mhd. o>-oo in: poota Boden, sonst überall kurzes o, z.B. 
uol wohl, khan tvol sai n es kann wohl sein, krot Kröte, ^o/ Bote, kot 
Gott, /b/ voll (flekt folv), ovt m. und n. Ort, fovtl Forle. 

Mhd. u. 

§ 100. Gedehntes mm findet sich in: tsmtkZug, fluuk Flug, ä/mm/^ 
Stecknadel. 

Kürze liegt vor in: tuk m. Tücke, fvtrus Verdruß, kat-uU Geduld, 
strumpf Strumpf. 

C. Erhaltung mhd. Kürze in mehrsilbigen Wörtern. 

§ 101. Eine Anzahl von Wörtern, bei denen man Dehnung er- 
warten sollte, sind ungedehnt meist vor einer "Endsilbe mit r, l. 

. Mhd. huber > fmu o, mhd. gahel > ktncl, mhd. vnlir > fato\ heul 
Hebel; mhd. strvfel > sirrft , mhd. ther - rwü, mhd. mbel nrwl, mhd. 
ke/cr : - khrfn-, mhd. \iri holte tsivnvL mhd. kisel r.-- khisl, mhd. stird 
stifl, mhd. ivisde - tvisjh, mhd. uiderrwitu, mhd. rigd rijh mhd. 
himel y- html m., mini. timj< \ihnc t(ti n /,:ifsifn, tnilirsitl in. (mhd. sidrtr) 
Milchbank; /so// in. zu mhd. ;"/r, /<>// in. (mhd. /o/e>) leichtsinniger 
Mensch, //om7 Hobel, strowt Strohel, fnstrowh die Haare verwirren, 
/wo// m. Modell zur Herstellung von Gebäck; khtttf.t PI. Kingoweide, 
Kugel, tsmi'tt Zuber, huthvis Lumpen, auch >7^m-,/ Stube; //>/)/ 
Prügel, M/m/ Kübel, khintic Kümmel. 



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71 



Emma Wanner. 



§ 102. Bei den Adjektiven ist der Wechsel nach der einen oder 
der andern Seite ausgeglichen: klat glatt, Kompar klctu, sat satt, satv 
flekt Form, krop grob, krowv flekt. Form, krewn Kompar. — Daneben 
wool wohl, ireelv Kompar., hool hohl, hoolv flekt. Form, kraat gerade, 
kraalD (flekt. Form) (Meisinger § 136. 137). 

§ 103. Beim Verb um sollte man Wechsel erwarten, wenn im mhd. 
ein kurzer Vokal in offener Silbe steht Es sollte in der 2. u. 3. Pers. Sg. 
Kürze erhalten bleiben, in den übrigen Formen Dehnung eintreten. Nur 
wenig Verben zeigen diesen Wechsel heute noch rein, z. B. slaatf 
schlagen, i slaak, tu slecs(t), u Slect; ebenso traa^ tragen und saa^j sagen. 

Kurzer Vokal ist durchgeführt bei einigen Verben auf m, w, t. so 
z. B. Sem» schämen, nemd nehmen, kewd geben, hrtr» haben, sat» schaden, 
pat» nützen, trrt» treten, prp beten, lij» liegen. 

D. Voknlk Urning. 

§ 104. Kürzung mhd. langer Vokale oder Diphthonge ist viel sel- 
tener als in Tb. 

Mhd. ä > o y z. B. uoxpn (mhd. nüchgelmr), mhd. huchxit > haxtst'r, 
mhd. täht > toxt, proxt gebracht. 

Dehnung behält: proox brach, prooxfrlt Brachfeld, soof Schaf, sproox 
Sprache, toojto (täpe) Hand, stroosa Straße, klooftu Klafter. 

Mhd. ae > e in teiic Rettich. 

Sonst überall Dehnung, z. B. uu n teet»l» Untätelchen, herkl» Häkchen: 
vor Nasal: meePtic Montag. 

Mhd. a~>c t z. B. senls» (mhd. seinze, stoise) Sense, wenic wenig. 

Mhd. ie > /, z. B. litt mhd. lieht, fuU mhd. flechte. Vor Nasal 
tinstie Dienstag. 

Mhd. ho > u, z. B. multd Mulde, sumaxn Schuhmacher: uo findet 
sich als kurzes o in motv Mutter. 

Mhd. ö und <r: sind nur als Dehnung erhalten. 

Mhd. üe > /, z.B. nietvn mhd. uüechtnu , sä tun schüchtern, misj 
müssen. 

Mhd. öu > e in v left er läuft; aber mit langom ec in v kheeft 
er kauft. 



§ 105. Diphthongierung haben in der Z. Ma.: 
Mhd. i, ü, tu, ei y öu; 

Mhd. i > ai f z. B. n//'c reich, waislt tünchen, pais» beißen, Staats» 
schmeißen. 

Mhd. ü > au, z. B. maul mhd. wf//, kaut mhd. */m7, praux» brauchen, 
sauft saufen. 

Kürzung des mhd. ü liegt vor in <//* auf, uuf hinauf, truf drauf. 
Mhd. iuy-ai, z. B. leuchten, /ot-m* pl. Bäuche, //•a/»l Freund, 

/rai treu. 



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Lautlebro dor Mundart von Zazenhausen. 



7f> 



Mhd. ei > aai, z. B. slaai» Stein, maai*stv Meister, laaitt) Leitor, 
tsiraaitv, tsicaait zweiter, der Zweite, sjmaijs speien, raaitb mhd. reitelcn 
festmachen, haaisj heißen, SUiaifo schleifen, umherziehen, saaif» Seife, 
klaais Geleise, maaitte (meif) Mädchen. 

Mhd. iiu > aai, z. B. fvlaaijh (löugenen) verleugnen, taaif Taufe, 
laaiftt junges Schwein, haaiph (mhd. höubethn) Häuptlein (Kraut). 

E. Veränderungen der Vokale ror r. 

§ 106. Vor r hat sich in schon mhd. geschlossener oder in sekundär 
geschlossener Silbe ein 9 entwickelt Wir bezeichnen diesen Laut o = <>-f /•. 

a) Xach mhd. langem Vokal und Diphthong: z. B. icoou wahr, kloou 
klar, iooo Jahr, Jwou Haar; swrcv schwer, p^rn Bär, le^ü leer, rrun Ernte; 
fnio Feier, laiv Leier; oou Ohr, roon Rohr; erv Öhr, eevn m. Hausflur; 
pauo Bauer, mattv Mauer, sauu sauer; faiv Feuer, Saiv Scheuer; SHin 
Stier, piiv Bier; ftuuv Flur, fuuv Fuhre, xnwtv Schnur; fiiu führe. 

b) Nach ursprünglich kurzom mhd. Vokal, der sich an den Doh- 
nungen beteiligte: i faav ich fahre, tooot® mhd. torsa, feeuso m. Ferse, 
faavt Fahrt, tsaavt zart, khaavst Karst, «wo wer, rrv er, tt7(rttf wert, 
keetni gern; peevb PI. Johannisbeeren. 

Kürze liegt vor bei: /oo.v/ Durst, fvtooxfo, tarnst Wurst, PI. trevst, 
khrvn* Kern, Stenn Stern, hemih Hörnchen, khovn Koni, tsovn Zorn; 
Dim. tsennfo; totm Dorn; Dim. tevnh. 

2. Brechung der kurzen Vokale vor r. 

Mhd. c>c, z. B. kherdp Kerbe, Herjws sterben, .s?/?i/? ro. Scherbe, 
fvtrmi'j verderben, aber: /("«na lenien, khenl Kerl, pfevSiy Pfirsich. 

Mhd. ex-, z. B. er9>p.v9 Erbse, rrdirdt Arbeit, frrat/j färben, erdml 
Ärmel, pfyric Pferch, nrotic Werktag, <>rdira erben. 

Mhd. i>e, z.B. treüt Wirt, rv irre, ktyric Kirche, kherdiro Kirch- 
*veih, kSen Geschirr, hrnS Hirsch, ircrdirl Wirbel, hevt Hirte (söofh^üt, 
sdiheut), ktr(,ntströo kurzes Stroh zum Füttern, Heüxiy Wirsing, khrusto 
Kirsche, henn Hirn, hevnforikt hirn verrückt. 

Ebenso ist das aus i (< mhd. ie) verkürzte i vor r zu e geworden, 
z. B. fent (vierte) vierte, mrjd (mhd. niergent) nirgend, Xrv (schiere) schier. 

Mhd. o>o, z. B. sou-p PI. Sorgen, movjt morgen, ksUtrau* gestorben, 
fmvmrp verworgen, tonnte turkeln, toramb langsam gehen, footl Vorteil. 

Mhd. u>o, z. B. khoüte kurz, trontsl Wurzel, #nor* schnurren, kmn 
knurren, hoittic schnell, ponif Bursche. 

Mhd. ö>c, z.B. khrr-tp PI. Körbe, kheunv PI. Körner, teun PI. 
Dornen, t^rsfo Dörfer, nurtl Mörtel. 

Mhd. ü>e, z. B. kevtl Gürtel, mrrjp mürbe, t/ertm PI. Würmer. 
strrdin PI. Stürme, perjv Bürger, tru dürr, ptvfsl Bürzel, khrrapm Kürbis, 
pevSth Bürschlein, kweots Gewürz, prosto Bürste; stemme stürmisch (auch 
stovmic), kMrnmt gestürmt. 



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76 



Emma Wanner. 



F. NaMilierunF. 

§ 107. Sämtliche Vokale werden vor einer Nasalis genäselt ge- 
sprochen. 

ampl Ampel, krampa hacken mit dem Bickel, spana spannen, tatia 
Tanne, pfana Pfanne (Dim. pfcnla Pfännchen); tan (mhd. dann) denn. 
ant (ande) leid, s tuut am aiä es tut ihm leid; ant(m beinahe, aa n tcau9 
(mhd. antcattde) Rand am Acker, ttmtsa tanzen, nyl Angel, tsaya Zange, 
krayk krank, rayka m. Stück Brot, rayk m. Reihe, Biegung des Weges, 
ksay Gesang, Uty lang, leywiit Langholz: man Mann, rant Rand, prant 
Brand, sunt Sand, nant Wand, haut Hand, alvhant allerlei. 

Gedehntor Nasalvokal findet sich in raama f. Rahmen, naama Namen, 
laam lahm, tmam zahm, tsaa n Zahn. 

temvt dämmert, khem PI. Kämme, hcmvtu PI. Hemden, lemla Lämm- 
lein. emsir emsig, prrmsa Bremse, hrempf PI. Krämpfe, ent Ende, hcnt 
PI. Hände, mcn v PI. Männer, prena brennen, surnts PI. Schwänze, kents 
PI. Gänse. ley Länge, ksey PI. Gesänge, kcy PI. Gänge, heykl Henkel. 
kreyk (mhd. kreide) Fluch, peyk Bänke; sema schämen. 

Gedehnter Nasalvokal in tcena dehnen, ktrerna gewöhnen, teee* PI. 
Zäline. 

nema nehmen, heykn in dem Flnchwort täihlyht\ mit Dehnung in 
pfrvema Stechfliege, lee/ta Lehne. 

sind Schimmel, fina finden, sina schinden, sino Schinder, rina rinnen, 
pina binden, priya bringen, tiykl Dinkel, kliyka Klinke, html Himmel, 
khint Kind, rhtt Rind, trint Wind. 

Gedehntes l findet sich in iimas Imbiß (mhd. imbix). 

fom von dem; auch fum. 

Gedehntes o>oo n in troona wohnen, noomt noch nicht 
khuma kommen, hiuma genommen, kstrnma geschwommen, sttmu 
Sommer, klmnpa Klumpen, strumpf Strumpf, tumla tummeln, hunic Honig, 
tunnra donnern, krum geronnen, kspuna gesponnen, kunuta gewonnen, 
kfuua gefunden, puna gebunden, suna Sonne, pruna Brunnen, mta unten; 
tu 1/9 Lunge, huyv Hunger, kluya geklungen, hty jung, spruy Sprung, 
truyk Trunk, pfunt Pfund, hunt Hund. 

tin dünn, siitt Sünde, stintla Stündlein, khimic (kümcl) Kümmel, 
rötskh'tmic Schierling. 

Mhd. ü. 

§ 108. Mhd. ü>oo u , z. B. sooma Samen, oom (mhd. ämc) Ohm, 
ioomm'.t jammern. im n m. (mhd. jän) bedeutet nicht wie in Tb. Wein- 
bergszeile. sondern einen Streifen beim Mähen einer Wiese. 

.Mhd. (H > cc n , z. Ii. km cm genehm, khremt käme, krvemtj Krämer. 
sptc" PI. Späne, spce" prenu Geizhals, mcc n /ic Montag. 

Kürze liegt vor in jlcmj (mhd. fhJme). 

Mhd. r . ec n , z.B. frc/ia anlehnen, fotltvua leihen, tn&P mehr, 
fcno eher. 



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Lautlehre der Muudait von Zazenhausen. 



77 



Mhd. i>ai*, z. B. tsikdiiw Zigeuner, mai n mein, tat* dein, sai n sein, 
icai* Wein, wdinaxta Weihnachten, khaim Keim, khaim» keimen, raim» 
Heim, laim Leim, lahm leimen, slaim Schleim. 

Mhd. ö>oo n , z. B. poona Bohne, souna schonen, I.roona Krone, ht/* 
Lohn, soo* Sohn. 

Mhd. oe>ee n , z. B. see n schön, seenv schöner, seeißt schönste, lee n 
PI. Löhne, see* PI. Söhne, peenh Böhnchen. 

Mhd. ü>fiu H , z.B. iautna Daumen, npmum» Acker abräumen. 
pflnuma Pflaume, tsau« Zaun, p/au' 1 braun, posaun* Posaune. 

Mhd. in > ai*, ani n , z. B. tiai* neun, saaima schäumen, isuaina zäunen. 

Mhd. ie>ii n , z.B. riima Kiemen, niinia niemand, iiim dienen, 
khii* Kien, khii n holts Kienholz. 

Mhd. uo>oo n , z. B. foo n tun. 

Mhd. uo>uu* in pluuma Blume. 

Mhd. üoii*, z.B. krii* grün, pliimb Blümchen, //// n w PI. f. Hühner, 
hii n b Hühnchen. 

Mhd. eixuii", z.B. niaaina meinen, ua n laaina anlehnen, aaintsic 
einzig, auch aaintsn-t; fanaai" Gemeinde, khaai n , (-nu), kein, keiner, naai* 
nein, raai* Kain, /Y/ai* adj. (reine) fein, dünn, tnhaaim daheim, haai- 
malic, haaiHic heimlich, wohlig, luaimakriiiva Lehmgrube. maai n stn 
Meister, klaainn kleiner, klaainst kleinste. 

Mhd. ou>aa n , z. B. traam Traum, paam Baum, tsaam Zaum. 

Mhd. öw>ec", z. B. ^w»ew PI. Bäume, peemla Bäumchen, treem PI. 
Träume. 

0. Kontraktion. 

§ 109. Kontraktion nach Schwund des inten okalischen h. 

1. Wie im Ostfränkischen ist b der Vorsilbe be- f g der Vorsilbe 
gc - vor stammsilboanlautenderu h zu aspiriertem />//, ää verschmolzen. 
/.. B. phaltd behalten, kheeric gehörig. 

2. Bei Schwund des intervokalen // nach betontem und vor un- 
betontem Vokal i.>t langer Vokal übrig geblieben. Ursprünglich langer 
Vokal in leena (mhd. leheneu) leihen, noo } noox nahe, tsir zähe, Isrej m. 
Zehe, fheVL Flöhe, suu PI. Schuhe; ursprünglich kurzer Vokal in: terra 
geschehen, ksrrv gesehen, siit sieht. 

3. Beispiele für Kontraktion nach Schwund eines ursprünglichen 
// sind: sentsa (segense), muaitla (mhd. ei < germ. agi\ Heilig §253), da- 
gegen maak Magd, merjcla Kosenamen für kleine Mädchen. Mhd. 7< 
germ. igt liegt vor in lait liegt. 

H. YokalkUrzun* nnd Yokalsehwund in unbetonter Silbe. 

§ 110. Infolge des Wechsels der Betonung entwickeln sich Doppel- 
formen. Die enklitische Form kann oft die betonte Form ganz ver- 
drängen. 

Z. B. ma mich, ta dich, sie sich betont (unbetont am), mv mir, wir, 
in ihr: tena denen, (e)s z. B. s haus das Haus, ins pet ins Bett, was 



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78 



Emma Wann er. 



z. B. was tritan was willst du denn? irii wo, /r« kceSten naa*? aber 
wüte? «/>» auf dem, paim bei dem, few/w zu dem, tem dem, /e« den, 
is ist, inthte in die Höhe. 

§ 111. Aus unbetontem mhd. schiere ist >(*0 beinahe geworden. 
Kürze liegt vor in khat gehabt, fov für, /m&e vorwärts, /fr* nach vorn, 
so schon, uf auf, /*///" hinauf, net (niht) nicht, .vew sind, vielleicht auch 
iets (iexe) jetzt 

Anmerk. flierlier gehören auch, khfavmprdot Käse und Brot, hintsvikäav ganz 
und gar, knulmfäl Knall und Fall. 

Kürzungaerscheinungen, die nur eine im- oder nebenbetonte Silbe betreffen. 

1. Behandlung der Komposita. 

§ 112. Der vortonige Vokal ist zu 9 geworden oder geschwunden 
in mhd. alsö also > ssöo nachdrücklich so. 

§ 113. Die auf der ersten Silbe betonten Komposita zeigen be- 
sonders bei Ortsnamen Verkürzung des Vokals des zweiten Bestandteils 
zu a oder Schwund des Vokals, setzen also Unbetontheit des zweiten 
Konipositionsgliedes voraus. 

1. Mhd. -teil>-tl: fovtl Vorteil, tritt drittel. 

Mhd. -/"«/>-//.• icolfl, welflv wohlfeil, wohlfeiler. 
Mhd. -voll>-fl; hampfi Handvoll. 
Mhd. -rü z>-fl: wifl wie viel. 

2. Mhd. - bür > - ptt : noxpv Nachbar. 
Mhd. -scJiuoh > -Sie: hentsic Handschuh. 
Mhd. -louch> -Uc: knowdlic Knoblauch. 

Mhd. - müt> - mot: eetn9t öhmd, krumot Grummet. 
Mhd. -garte y> -(y)dvl: u et/üt (inngärt) Weinberg. 

3. Mhd. -tao - tic: suntic, tinstic Sonntag, Dienstag. 

4. Bei Ortsnamen: 

Mhd. -ach^-ic: Klaai n k(h)aavtic Kleingartach. 
Mhd. -au>-J: Rdpeno Rappenau. 

Mhd. -stallt > -St: WaaipH Waibstadt, Uvhmst Helmstadt. 

Mhd. -tteim>-9: Mints» Münzesheim, Koxtsd Gochsheim, Unv- 
rdai n s9 Unteröwisheim (die Einwohner heißen Mtnlsdmv, Kuxtsomv, Unn- 
rdai n sv). 

2. Behandlung der Suffixe. 

§114. Mhd. -heit>-9t: woorut Wahrheit, kwoondt Gewohnheit, 
krat/kdt Krankheit, fauht Faulheit; er9iv»t Arbeit 

Ahd. -uoti> -9t: haaini9t Heimat, u^wwt (ahd. wirmuota) Wermut 

Mhd. -iingo -iy: wetiy Wette, tsaitiij Zeitung, haaitsiy Heizung, 
sitsiy Sitzung, faictiij Feuchtigkeit. 

Ahd. -ahi>-ie: (upUnkraitic Kartoffelkraut, räittsakruitic Dick- 
rübenkraut, seeltsic Schale, raisic Keisig, tpiilic Spülicht, Spamtsic 
Speichel. 



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lAutlehre der Mundart von Zaisenbausen. 



7!) 



Mhd. -eris > -js: xratVax Schreiben, ttrrsjs Wesen, fiü wws&s maxa. 

Die Dirninutivendung mhd. -in > -9; kaib Dira. zu Gaul, lemh 
Länimlein, khüth Kistchen. Der Plural lautet ebenso peemb PI. 
Bäumchen usw. 

Auch die Feminina auf mhd. -in wandeln dies >-9: irrvtd Wirtin, 
tceSun Wäscherin, Maawrj Frau Maier. 

Mhd. -lieh > -lic: haaiHic heimlich, traulich, susalic voreilig, un- 
geschickt; dagegen ist -h vorhanden in fraib freilich. 

Mhd. -isch>-is: poolis polnisch, frantseesis französisch. 

Mhd. -ig>-ic: leiie ledig, Sultic schuldig, klaaümiic (§ 77) gewandt, 
geschmeidig, laaifenic läufig, hunic Honig. 

Mhd. -cht > -dt: trul&t trocken, tr^ktt dreckig, el&t eckig, taaif&t 
teigig, srkQt bunt, Spekdt speckig. 

Mhd. -loht, -leht^-lrct: trautet weißlich, rootlfct rötlieh; khiilret 
kühl, toriilpt schwül (§ 142). Das flekt. Neutr. Sg. der Stoffadj. auf -in 
hat die Endung,-.«.- piüvs buchenes, suaims schweinenes, aakas eichenes; 
Verbaladj. proobs gebratenes, 9 proobs hii n b, ,) folofas huntb (§ 135). 

Mhd. -tu der Endung wurde -9 im Nom. Sg. Fem., z. B. 9 kroosd 
fraa eine große Frau, 9 kuub piih eine gute Birne. Dies wurde 
analog auch auf den Akk. Sg. übertragen. 

Mhd. -en der Flexion wurde >3: khmm gekommen, web wollen, 
misd müssen, fob Dat PI. (den vollen). 



§ 1 15. Mhd. ver- > fv-, z. B. futrr.mv verderben, fvlaaijb verleugnen, 
fukeed vergehen, fvraais9 verreisen; an Stelle von er- trat fv- in fvtseeb 
erzählen, foSHk» ersticken; an Stelle von xer- in fvrais9 zerreißeu (§ 60). 

§ 116. Mhd. Qe-y>k- vor Vokalen, vor x, x, f, vor Liquiden und 
Nasal, vor / und w und vor h. 

ksee* geschehen, ksrau» geschrien, kSpiij* gespien, kfroor9 gefroren, 
kloo^9 gelogen, krund geronnen, kmaai" Gemeinde, kiaakt gejagt, kirgtt 
gewesen, ktreen» gewöhnen, kftrr.) gesehen, kaylt geangelt, kopf'ut geopfert. 

Mit folgendem h wird g^>kh, z. B. khalb gehalten, khetjt gehängt, 
kiiai gehabt, kholfj geholfen, khaanjj gehauen, kheeric gehörig, khaaisj 
geheißen, khauftir gehäuft 

§ 117. Das Präfix ge- fällt weg vor den stimmloson Lenes p, t, 
I: und ihren Aspiraten th, kh. Von letzteren kommt nur kh in 
Betracht. 

pob geboten, prozl gebracht, pranxt gebraucht; tiyt gedungen, 
tsoo-p gezogen, tsopft gepflückt, tvrjft dürfen; kaft gegafft, katj9 ge- 
gangen, k$s» gegessen, kvicj gegeben, kkmpt geglaubt; khent können, 
khaaft gekauft, kfutuvt gekauert, khaict gekeucht, khitsU gekitzelt, khunu 
gekommen. 



3. Synkope und Apokope des mhd. e. 

Präfixe. 




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SO Linma Wannoi. 

§ 118. Mhd. bc- > pd-, z. ß. pjtuit bedeutet, patsaah bezahlen, 
p>root> beraten, pdkweem bequem, ufpdki-er» aufbegehren. 

j ist gesehwunden vor s und /* in psunx Besuch, psor$» besorgen, 
psats Besatz, pxofj betrunken; phaflj behalten, phrrpt fest schließend. 

§ 119. Mhd. zc~ r ts-, z.B. tsrik zurück, tsicitn zuwider, tsfriit» 
zufrieden. 

Naeh Meisinger gehört hierher auch das Verb um tsukvrj ackern. 

Anmork. 1: Ein alter Sprachrest liegt iu dorn Worte txunvn vor; man redet vou 
tminvnpröot Vesperbrot, tsiinmi^s» vespern. Das Wort ist entstanden aus ahd. x» un- 
tarnc (Meisiuger § 142 Anm. 1). 

§ 120. Synkope in den Präpositionaladverbien, die mit 
hin-, her-, hie-, dar- zusammengesetzt sind: 

a) hin-: nuf hinauf, uiiud hinunter, nuus hinaus. nai n hinein, niwo 
hinüber, twa n hin; 

b) her-: raus heraus. rai n herein, riwu herüber, ruf herauf, ruui 
herum: 

c) hie- : haus hier außen, kund hier unten, howo hier oben, hiw» 
hier üben, hin hier innen: 

d) dar-: trau» droben, trun» drunten, friir» drüben, truf drauf, 
///// darin, truus draußen, traa n daran, trut/t darum. 

Nhd. Apokupe und Syukopo. 

§ 121. Jedes auslautende mhd. e ist apokopiert worden, z. B. tev 
(mhd. dürre) dürr, nuts nütze, perik Bürge, sunt Schande, stunt Stunde, 
suul Schule (aber suuhpuu Schulbub), hei Hölle, kmaui* Gemeinde, kherir 
Kirche, ntoo n Mond. wink Auge, Inn (mhd. d inie) dem, see* schön, kents 
PI. Gänse. 

I; 122. Die meisten Feminina haben <> aus den obliquen Kasus 
herübergenommen, z. B. prikj Brücke. sat/lo Säule, st mos;) Straße, khdtj 
Kälte, nrs) Nässe. Nur wenige haben das j apokopiert, z B. tniil Mühle, , 
sunt Schule, hei Hölle, serl Seele, wook Wage, frook Frage, sproox Sprache, 
khuts Katze, urs Wüsche, cm Ehre, stiut Stimme, prrs Presse. 

Anmork.: 3 ist unorganisch augetreten in: tccler* welcher Dat. fem. »welcher«) 
a^Ur* jener Dat. fem.: dagegen ab (Tb. akiu) allen, urh (Tb. sckiu) jenen (D;it PI.). 

I. Vereinfachung alter Geniinata. 

123. Nach Vollzug der Dehnung und Kürzung ist jede Geminata 
vereinfacht worden, z. B. misj müssen, suuxj suchen. 

1. uL) alle, äluhunt allerhand, kah Galle. Iscl Geselle, hei Hölle, 
khrju Keller, lal» lallen, roh Holle, seit Sehelle, sah m. Seholle, uof» 
AVoile, uelj wollen. 

2. tan Hürde zum Obstdörren, trv dürr, nt irre, />« Gesehirr, 
kharic Karren, kor» gurren, sput3 Sparren, nur» Engerling, tum Narr, 
pfuru Pfarrer. 



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tautlehro der Mumlnrt voti Zaisonhauseu. 81 

3. pruntd brummen, //am» Flamme, klimj glühen, In en am Hebamme, 
ramlt rammeln, sntnj summen, Atcetm schwemmen, Swinw schwimmen, 
st im Stimme, Mumo stummer. 

4. prent brennen, tan denn, tatw Tanue, treu.) trennen, tinn dünner, 
ntenv Männer, rem rennen, rim rinnen, pfttm Pfanne, sum Sonne, spatu 
spannen, spino spinnen, spinfpg Spinne. 

ö. taaif Taufe, khaafd kaufen, hui i/o junges Schwein, muß rufen, 
saaiß Seife, strooß strafen, seefn Schäfer, Anof Schaf; af Affe, piß Büffel, 
treß treffen, haß gaffen, kri/l Griffel, te/l Lüffel, pfaf Pfaffo, pfefo Pfeffer. 
sef Schöffe. 

6. Mhd. xx, z. B. fuusjt n. Fußende, esj essen, esie Essig, /a.v3 
fassen, /Vs« PI. Fässer, kas? (Sasse, //rwo Wasser, wis» wissen, sprosd m. 
Sprosse an der Leiter, masölto Maßholder. 

7. Mhd. .v.s- > s, z. B. I;his<t Kissen, kresd m. Kresse, nies Messe, 
nirsiy Messing. 

8. Ahd. hh, mhd. eh > r oder c ? z. B. ward wachen, proorfelt Brach- 
feld, pnu.rd Buche, fliuwd fluchen, khuuxd Kuchen, snuxo suchen, wuxj 
Woche, aaic9 Eiche, aaiel Eichel, pecu Becher, preed brechen, stee.t stechen, 
t.hic9 Küche, tiien Tücher, tsiiez f. Kissenüberzug, riiet riechen. 

9. Mhd. pp, bh '> p. z. B. uapa m. Wappen, papte schwätzen, popt 
Puppe, trapla trippeln, traps Treppe, krap Rabe, khapd Kappe, lap.t 
Lappen, ripd Rippe, mpd Suppe, ship» Pantoffel, Snupd Schnupfen, krup.t 
kratzen. 

10. Mhd. rk, k > /,-, z. B. ako Acker, pik* m. Backe, pek Bäcker, 
piek» Zähne zeigen, pek PI. Böcke, prokj Brocken, tikn dicker, prik* 
Brücke, pukl Buckel, trekaf dreckig, ekj Ecke, fakl Fackel, //*'/,<? flicken, 
kltik Bruthenne, hekd Hecke, ittuk :> Mücke, rinaka schmecken, riechen, 
snek m. Schnecke. 

11. Mhd. //, dd, z. B. pet Bett, pita bitten, pitu bitter, putd m. 
Bütte, pitB f. Bütte, trit dritte, tsaintrit zu dreien, Ititt Hütte, khute 
Kutte, mit» mitten, oto m. Otter, trete wetten. 

§ 124. Auch die erst in neuerer Zeit entstandene Geminata ist 
vereinfacht worden. 

mm < mb, z. B. khem < *kemme < mhd. keinbe Kämme. 

mm < md, z. B. frem < *fremme < mhd. vremde fremd. 

nn < nd, z. B. kstam < * kstanna < mhd. gestanden gestanden. 

.'/// < !J, z- «0» - - nihd. ringen singen. 

Ebenso ist nach Vollzug der Synkope entstandene Geminata ver- 
einfacht worden, z. B. ksit geschüttet, pet gebetet. 

Bei heutigem Zusammentritt zweier gleicher Konsonanten im Satze 
ist ebenfalls die Geminata vereinfacht worden, z. B. hütet o hat der, öpdl 
ob bald, fiilait viel(e) Leute, / khuntit ich komme mit, i khnnet ich kann 
nicht, leerau.s leer (hor)aus. 

Zeitschrift für Deutedie Mondurtcn. HI. 0 



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82 



Emma Wanner. Lautlohre der Mundart von ZaLsenhauscn. 



K. Koiisoiuintenasgiuillatiou. 

1. Progressive Assimilation. 

§ 125. 1. Mhd. hl > l, z. B. höh (holder) Holluuder, pokr> (bul- 
deren) bollern, pal (balde) bald. 

2. Mhd. mb > mm > m, z. B. khem PI. Kamme, tumu dummer, 
aaimo Eimer, Htm Biene, iimds Imbiß, wamos m. Wams. 

3. Mhd. ///d> mm > m, z. B. frvm fremd, fremv Fremder, hemot 
Hemd, Plur. hemvtv, adj. hemvfic. 

4. Mhd. heute noch inlautendes -ml > nn :> w, z. B. k$tam gestanden, 
minarm miteinander, aa n imnd Außenseite, tsjmpano selbander, hiru hinten, 
pim binden, irim winden, sind schinden, flm finden, khinv Kinder, 
fvsend vorschänden, khöknv Kalender, Stenn .Ständer, trurnt drunten, 
ktvttno gewunden, wunv Wunder, tsnndl Zunder. Auslautendes nt bleibt: 
ant leid, äro< Schande, ent Ende, Hände, sint Sünde, abor plin 
blind (nach plinn). 

5. Mhd. w</ > yy > //, z.B. singen, pr/^/a bringen, /e//ia dengeln, 
&se# Gesänge, *m# jung, lay lang, Are// Gänge. -/// aus Vermischung von 
mhd. -in und -ung, z. B. tsaitiy Zeitung. 

6. Mhd. st>M, aber nur vor einem weiteren Konsonanten: j/m>7 
Mist, w(?.v/ Nest, aber: miskaui Mistgabel, kriSkhint Christkind, kn'Spaam 
Christbiium; in der Verbalflexion wird in der 2. Pers. Sg. -st > - v, fo?£» 
gibst, A«*, mm*, sos, hast, mußt, sollst, eigentlich freilich nur in Ver- 
bindungen wie km'Snw. 

2. Regressive Assimilation. 

§ 126. 1. Mhd. n vor Labial > m, z. B. hampfl m. Handvoll, Dini. 
hetnpf'jh, tmpeev PI. Himbeeren, hampvrik in. Flurname, viell. Hainberg. 

2. Mhd. nm > ■;/«. z. B. so/nool schon einmal, notnool noch einmal. 

3. Mhd. // t, Ist > s v : sav sollst, sc/Z sollt, /.so/ gesollt, mvV willst, 
we* (ihr) wollt, kwtt gewollt; ket gelt. 

4. Mhd. / ist im Auslaut vielfach an den folgenden Konsonanten 
angeglichen worden: krdnknavh m. Krautgarten, niimutv miteinander, 
nrksäit nicht gescheut, nrkdnts nicht ganz, ncpdl nicht bald. 

L. Dissimilation. 

§ 127. 1. r wurde zu / in palwiird barbieren. 

2. n > -/: in khnolrdiiwlSwnnts kohlrabenschwarz, kcevstzna^l Ger- 
stenahnen (mhd. -agenr); rrch rechnen, tsnaich zeichnen, fnlnai^h ver- 
leugnen. 

3. Das Fremdwort skandal wurde > stanidal, splendid > Spentiiric 
(nach spentiird). 

M. Sproßvokale. 

§ 128. Ein ganz kurzer Vokal hat sich nach l, r, m und n vor 
folgendem, derselben Silbe augehürigen Konsonanten entwickelt. 



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E. Horn. Hessisches Iml »Balj^. 83 

Dieser Vokal liegt als s> vor in den mhd. Verbindungen Int, rat, 
rf, rp; ferner auch nach mt und nf. 

Als / erscheint er in den Verbindungen Uj, Ik, Ich, rg, r/r, ich. 

1. /-(-Kons.: haldvn Halm, kiiatem Qualm, hetem Helm; auch Ab- 
kürzung von Wilhelm: palik Balg, wdik welk, khtlik Kalk, thalik Talg; 
milic Milch, swilic PI. Schwielen, tswilir Zwilch, trilic Drilch. 

2. r-f Kons.: arvm Arm, warom warm, faram Darm, Mordnt Sturm, 
worsm Wurm, srrvm Schirm, Irrant Lärm: lorsf Dorf, sarjf scharf, tersf 
darf; khorip Korb, mrrzp mürbe, / sln-jp ich sterbe, hrrvp herb, fanp 
Farbe: «///.• arg, prrik Berg, /wrrt- Bürge, stank stark, .v/or//; Storch, 
man'/.- Markt, marik PI. Mark, Sg. /w/rA-./. «rr/7. Werk; Äor/c/ horch! 
/«riV- durch, « /er/c/ ich fürchte, föriel Furcht, kforu Kirche. 

3. 71 + Kons.: ramft Rand, semft Senf, hanof Hanf. 

In mehrsilbigen Wörtern fällt der Sproßvokal / ganz weg, n wird 
kaum hörbar, z. B. s^oto stärker, pcvjv Bürger, khrwv PI. Kirchen, Iroca 
Lerche, Mlca schielen, tsivuu milcj zwei Töpfe Milch, palka Balken, talka 
dalken, an vrlkv apfl ein runzliger Apfel, mrlko melken, aber mdiksecmzl 
Melkschemel. 

N. Fremdwtfrtcr. 

§ 129. Eine ziemlich große Anzahl von Fremdwörtern findet sich 
in der Z. Mundart. Einige der häufigsten sind: 

Hebrai ca: sootz m. Xarr, rooras ni. Zorn, pruorjs böse. Dem Fran- 
zösischen entlehnt sind z. B. pro/dal brutal, parliu Barriere, pevtrii f. 
wertloses Zeug, pahsdat» f. Zaun, aussosiird ausrangieren, näusAas'tirj 
hinausjagen, ttefonira diskurieren, td.söov immer, thirSktv m. Direktor, 
maruolj, malüut krank, mdntjaurj lenken, mdir'tn majorenn, miserdawl 
elend, malten n. Unglück, khui»itlird plagen, khumputsj f. khumtlcio f. 
bedeuten beide Auflauf, Lärm, khurdas(j) f. Mut, opsdiidat stolz, für 
sich allein, röoda m. Kartenspiel. sHtidan m. Satan, shnrdk in. Pole, 
slantdal in. Skandal, rdmfldpkurj umherstreichen. 



Hessisches fort »Balg«. 

Vou E. Horn. 

In der Umgegend von Gießen begegnet in der Form bal (vgl. 
auch Crecelius, Oberhessisches Wörterbuch S. 87). So nennt man 
das Fell kleinerer Tiere, z. B. Hasen-, Katzenbalg, llalj erscheint darum 
häufig mit der Diminutivsilbe -ctie(n): hält he (honjbflrjj. Aus diesem 
Diminutiv wird bal neugebildet sein. 



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Büchorbesprechungen. 



Bücherbesprechungen. 



H ermann Fischer, SelmUblsches Wörterbuch. Lieferung 7 — 18 (Bett — verrotten). 
Tübingen, H. Laupp 1903/07. I*reis je 3 Mk. 

Bereits in der Zeitschrift f. hocbd. Maa. (III 379 f. und V 141) halm ich die ersten 
0 Lieferungen des Schwabischen Wörterbuches besprochen, so daß ich bezüglich der all- 
gemeinen Würdigung dieses bedeutsamen Werkes auf das früher Gesagte verweisen kann. 

Von den Lieferungen 7 — 18 ist dio zehnto insofern besondere wichtig, als sie deu 
1. Band des Werkes zum Abschluß bringt und das umfangreiche Vorwort samt dem Ver- 
zeichnis der Abkürzungen enthält. Das Vorwort gibt zunächst eine Lebensbeschreibung 
Adelberts v. Keller, dessen reiche Sammlungen die Grundlage zum Schwül». Wörterbuch 
bilden, und eine Geschichte dieses selbst. Von S. VII ab rechtfertigt Fischer den Plan des 
Schwab. Wörtorb. nach dem geographischen Umfang, nach der Auswahl der Wörter, der 
Anordnung des Alphabets und der Ausführung der einzelnen Artikel. Mit Recht wendet sich 
F. hierbei gegen die durchaus laienhafte Ansicht, daß ein Dialektwörterbueh nur echtes, 
einheimisches Gut der Volkssprache aufzunehmen habe. Gerade Fischers Verfahren ermög- 
licht es ihm, bei zahlreichen Stichwörtern anzugeben, ob das betr. Wort in der Mundart 
bekannt, bezw. gebräuchlich oder unbekannt und ungebräuchlich ist. Damit wird aber 
ein wertvoller Beitrag zur deutscheu Wortverbreitungskunde geliefert; denn wir wollen 
heutzutage nicht mehr bloß wissen, welche Wörter in einer Mundart vorkommen, sondern 
auch, welche deutschen Wörter ihr unbekannt oder uugeliiuüg sind. Genauere Rechen- 
schaft über das Werk gedenkt F. erst bei seinem Abschluß zu geben. Auch das sehr 
reichhaltige Literatur- und Quellenverzeichnis (S. XVII — XXIV) wird erst dann vervoll- 
ständigt werden. 

Die Bearbeitung der einzelnen Artikel ist von der 1. Lieferung bis zur neuesten. 
18., stets von derselben Sorgfalt und Gleichmäßigkeit gewesen. Die Zahl der nach ihrer 
Herkunft rätselhaften Wörter scheint in den späteren Heften verhältnismäßig größer zu 
sein als in den früheren. Indem aber F. offen genug ist, die Herkunft solcher Wörter 
jeweils als dunkel oder unsicher zu bezeichnen, spornt er andere — und wohl in erster 
Linie seine Landsleute — an. zur Aufhellung der Schwierigkeiten nach Kräften bei- 
zutragen. Auch die folgenden Bemerkungen zu einzelnen Artikeln sollen der Hauptsache 
nach weiter nichts sein, als ein bescheidener Beitrag zum Schwäbischen Wörterbuch. 

Eine ähnliche Entwicklung wie betsjt — Bettstatt (1.976) zeigt dial. m.*,»/ aus 
Rastatt (Z f. h. M. IV, 211). — In dem unter Betzenloch (I. 978) angerührten Satze 
bedeutet B. offenbar »Gefängnis t. Ebenso dunkel ist seiner Herkunft nach das pfälz. und 
odenwäldisohe Betxekümmerle, Betxekämtnerche. In Handschubsheim heißt es p$ts*khemob, 
nach K. Christ, weil mau dariu »brummen« mußte, wie ein Botz oder Bär (Heidelberger 
Familienblätter 1900, S. 152). Im Odenwald heißt es Bettckemmerche oder Bctxtkammer 
(Aich. f. hess. Gesch. 13, 119). Schandein belegt iu Bavaria IV 2 , 202: »Die Betzen- 
kammer, ein auch urkundlich vorkommender Name für das vorsorgliche Ortsgefängnis.« 

Pfakalb Saugkalb, dummer, ungeschickter Mensch (I, 1004) erklärt sich durch 
Dissimilation aus Pfalkalb, das auch in der Schweiz als Schimpfwort vorkommt (Schweiz. 
Id. III, 219). rfa-sand neben Pfolsand (I, 101 7 f.) macht allerdings Schwierigkeiten. 
— Die Redensart »13 gwinnt e Pfeifle« (1, 1027) mag ihren Ursprung im Tonpfeifen- 
schießen an den Schießbuden der Jahrmärkte und Kirchweihen haben. — Pserds-barn 
ist verdruckt für Pferds- 1 1 . 1039). — Zu pfie"ze n (I, 1041) bemerkt Fischer mit 
Unrecht: »Nichts Verwandtes auswärts ; vgl. Lenz, Der Handschuhsh. Dial. 1KS7. S. 35: 
phiinsj leise weinen. Genaueres über die Verbreitung des Wortes bietet Heeger im 
Pfälzischen Museum 14, 28. Nach ihm verhält sich ptnsen zu älter nhd. peinen wio 
uhd. grinsen zu greinen. Der schwäbische Vokalismus widerstrebt freilich dieser Deutung. 
Vgl. noch Kehrein unter Pinxcimchcn , Pi< \ (S. 307); Aich. f. hess. Gesch. 13, 131: pinxen 
kläglich tun und Neues Arch. f. Gesch. der Stadt Heidelberg 6, 153. Hier in Baden -B. 
ist eine pfiinx ein über alles klagendes Frauenzimmer. — Pflinzere »Hache Steine 
über eine Wassel fläche hinwerfen« gehört wohl zu alid. mhd. flitis m. »Kiesel«. — 
Binsenwahrheit (I. 1125) findet sich bei Muret- Sander';, Deutsch -engl. W beb. S. 348 




Büchörbesprechungon. 



85 



verzeichnet und mit common - place , platitude wiedergegeben. Über den angoblichen 
Ursprung des Ausdrucks borichtet Kußmaul in seinen Uebenserinnerungen. Vgl. noch 
Z d. Allg. D. Spr. V.22, 153. — Blinzebone m. »ein blinzelnder ... Mensch«. Fischer 
erklärt gut: blinzelnder Benedikt oder Benjamin. Ein weibliches Gegenstück dazu wäre 
aus dem Handschuhsh. Dial. pllmzpiite f. täppisches Frauenzimmer (—blinzelnde Sibylle). 

— Das bledo in der Redensart >Er ist bl.« (T, 1213) gehört zu hebr. pletö »Flucht« 
(s. Kluge unter pleite). In Handschuhsheim heißt es v i* platte, ebenso iu Rappenau 
(Meisinger S. 127). — Unter bluten (1,1230) findet sich folgende Bemerkung: »Ein 
Kind, das ein Stück Brot in der Hand hat, wird geneckt mit dem Ruf Dt* blutest an 
der Hand*. Hierbei ist wohl vergessen hinzuzufügen, daß auf dem Brot etwas Dünn- 
flüssiges (weißer Käse, Mus oder dergl.) sein muß, das dem Kinde durch die Finger 
läuft. Uuter dieser Bedingung gilt dio Redensart auch in Handschuhsheim. — Bod- 
kirch Emporkirche (I, 1264); auch in meiner Heimat heilit es poot-khrerc ohne r infolge 
von Dissimilation (wie fodern statt fordern). — Böhemlein (S. 1268). Heeger, Tiere 
im pfälzischen Volksmund II S. 11 versteht unter Brhemmer m. den Bergfink (Fringilla 
Montifringilla); er äußert sich ausführlich über den Vogel und seine Benennung. Warum 
übrigens Bechemlin (1,737) »gewiß verschrieben oder verlesen« sein soll, wird nicht 
jeder einsehen, zumal unter Böhemlein eine andere Stelle mit derselben Schreibung 
»Bechemlin« angeführt wird. — Brutal (I. 1480) habe ich bereits 1890 in der Form 
pntnal au« dem ITandseh. Dial. verzeichnet (Dio Fremdwörter des Handsch. Dial., Baden - 
Badener Programmbeilage, die allerdings nicht im Buchhandel ist). — Unter Butzheim 
(I, 1551) lies Bttrzhü*le* n statt Aurx-. — Büsch m. 25 nände von Hanf (I, 1553). 
Hier ist wohl »voll» statt »von« zu lesen? — Dächtel mächtel m. (11,10), das als 
Neutr. in der Bedeutung »geheime Liebschaft« in der Schriftsprache immer häufiger zu 
werden scheint, erinnert merkwürdig an 2 Verben mit der Bedeutung »verbergen*. 
S. Schweiz. Id. IV, 62 und mein Vergleichendes Wörterb. unter meucheln. Auch Daute- 
maute (Fischer II, 120) klingt an, — Der Artikel Teufel (II, I68ff.) läßt einen tiefen 
Blick in die Denk - und Sprechweise des schwäbischen Volkes tun. Unter den zahlreichen 
Zusammensetzungen vermisse ich Teufetekanxel , das doch gewiß auch in Württemberg 
nicht fehlt als Bezeichnung für hochragende Felsen (Gegensatz Engelskanxel). — Unter 
tichelen (II, 187) ist das »sich* in der 5. Zeile oben zu streichen. — Unter Distel - 
zwingle (11,232) lies »mhd.« statt »nhd.« — Unter Dolebenn (II, 250» lies »zu 
Dolel. 2« statt »zu Dole 2«. — Dominikus 2, a (11,255) muß ein Druckfehler sein. 

— töue »trinken« jen. scheint vom Tönen der Gläser beim Anstoßen genommen zusein. 
Auch mir ist der Ausdruck aus Handsch. geläufig (»wo irote mol aatts theens mit schrift- 
sprachlichem th). — Unter Topf 3 (II, 265) soll es wohl heißen »nicht bezeugt«. — 
Gern hätte ich Fischers Meinung über die vielen Nebenformen des AVortes Dorse ver- 
nommen, die sich nicht aus mhd. torse ableiten lassen (II, 283). Die meisten derselben 
scheinen auf ein mhd. *torsach n. (mit Kollektivsuffix) zurückzugehen, wiewohl der 
ßeschlechtswandel Schwierigkeiten macht. — Unter Dösch (II, 28t!) soll es vermutlich 
heißen: »Arme gebon« statt gehen. — trauron (II, 335) bedeutet in Handsch. »den 
Kopf hängen lassen« (von kranken Tiereu, s. mein Vergl. Wbch. S. 72), schwäb. (nach 
Fischer) » Blätter und Blumen hängen lassen « (von Pflanzen). Diese mehr sinnlichen Be- 
deutungen scheinen mir doch ursprünglicher zu sein als die gewöhnlichen neuhochdeutschen. 

Unter Tunke I (11.466) lies: »Als für Sauce « usw. — eiuratnen (II, 632). Auch 
ich hörte einmal in Wulfach eiTaime, aher von eiuer Persönlichkeit, die nicht von 
dort gebürtig war. - Zu ellig (IT, 697). Nach meinen Ausführungen in Z. f. h. M. IV, 212 
müßte das mhd. eilende (sei es als Subst. oder Adj.) in deu hochdoutschon Maa. Formou 
mit auslautendem -ig oder - A und mit « der 1. Silbe ergeben. Das schwiib. eilig u. rbt 
(8. 689) wäre also ganz regelrecht aus der mhd. Form entwickelt, während (lernt, aeleml 
(S. 688) sehr auffällig erscheint. Die Bedeutungsentwicklung »ausländisch, sonderbar, 
widerlich« bereitet wohl keine Schwierigkeiten. Enkeutel (II, 723) steht für *Endkeutel 
= Ende des Darmes, hier besondere Endo des Mastdarmes beim Schweine; vgl. meinen 
Handsch. Dial. 1892 S. I und D.W.B, unter Kcutel. — Erbinsen »durchprügeln • steht 
wohl für *erbimxen; vgl. Muret- Sanders, Deutsch -engl. Wbch. bimsen »prügeln«. — 



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88 



Bücherbesprcchungeu. 



Eine Erklärung von erdollen, ordopleu (11,779) kann ich auch nicht geben, abor 
oinen merkwürdigen Anklang bietet doch das englische to double a porson up »durch- 
prügeln« und to double blow on blow »Schlag auf Schlag versetzen« (Muret 1,726). — 
Die Bedeutungen des dunklen Ausdrucks Erich »Flechtwork zum Fischtang; Anker« 
sind so verschieden, daß man versucht ist, an zwei Wörter verschiedenen Ursprungs 
zu glauben, die in dor Form zusammengefallen sind. Identisch ist wohl auch der 
Heidelberger Fischerausdruck Eriny in Eringskett d. Ii. Ankerkette; vgl. Sutterlin in 
Z. f. d. Wortf. VI, 69: »Gohoben wird dieser Anker durch das Ankorspiel und zwar an 
einer Kette, der Eringsketle, die auf der Walze befestigt ist.« — »Die Sporen ertriefen 
lassen« (11,855) heißt wohl »den Übormut sich austoben lassen«. Das Bild wird viel- 
leicht einigermaßen verständlich, wenn man Sporen als »Triebe, Schößlinge« auffaßt, eine 
Bedeutung, die das Wort, wenigstens in der Verkleinerungsform, in meiner heimischeu 
Ma. hat (vergl. Wbch. unter Sporn) und die auch das D.W.B, belegt (Sporn, 7, m). — 
Erz ig »lauter, pur, genau ähnlich« wäre nach Fischer aus Erz- weitergebildet; man 
darf abor die genau gleichbedeutende Form insieh (Handschuhsheim , s. mein Progr. 1887, 
S. 19), intsich (Rappenau, Meisinger S. 54) nicht vergessen, dieses nur in der Redensart 
to intsic un tv evtsic alt »der leibhaftige Vater«. Sowohl inxig wie erxig scheinen mir 
dasselbe wie nhd. einxig (vgl. nhd. winzig aus *weiuzig), obgleich die Form erxig große 
Schwierigkeiten macht. — Eschal (11,805) sieht aus wie eine Mischbildung aus frz. 
chäle und echarpe. — Zur Erklärung von Espan (11,875) aus Esch bann, deren Richtig- 
keit F. bezweifelt, möchte ich doch darauf hinweisen, daß das schwäb. ae auch einmal 
auf mhd. »r vor Doppelkonsonanz zurückgehen kann, vgl. aelend ^ Elend (Fischer II, 688). 
Der unter Etter 3 (II, 890) angeführte Satz vom Jahr 1583 scheint mir nicht so unklar; 
Etter ist eben hier soviel wie » Urtsgebiot, Ortsbaubezirk « und das Verbot erfolgte zur 
Verhütung von Feuersbrünstoo. — Wenn wir gleichbedeutende Formon wio steiriscb, 
Federgcirand , Fcderrit, Fedcrrich (s. Unger-Khull) und mhd. ttdertcfit, -getcant, 
-geictrte, t'fderich, -iht, -it vorgleichen, so scheint mir Ableitung des Schwab. Fe de ritt 
(II. 1005) aus mhd. vederwät unabweislich; zur lautlichen Entwicklung vgl. Z. f. h.M. IV, 
200 § 17 und 211 § 27. — lu der Anmerkung zu Kautsch (II, 993) soll es wohl heißen 
»also Öu als co«. — Zu Fax (II, 993) vorweise ich noch auf Schweiz. Id. 1, 1142 und 
Z. d. Allg. D. Spr. V. 18 , 305. — Vielleicht bedeutet feckle »oinen Einstich mit der 
Fliete (phlebotomum) macheu«; es gingo also auf ein nicht belegtes Jlietle, fletlc zurück, 
dessen erstes / infolge Dissimilation ausgefallen wäre (vgl. nhd. Vogel aus * Vlogcl) und 
desseu / sich vor / zu k entwickelt hatte, vgl. nai n siigl iu Rappenau (= Einsiedel), 
fi^lpoo^j Fiedelbogen in Handschuhsheim (vorgl. Wbch. S. 22). — Zu vorholligen, 
verneigen (II, 1172i »zerstören, verheeren« vergleicht. Fischer richtig das nhd. behel- 
ligen. Dann aber heißt es: »Das etym. Verb, zu dem gleich gebrauchten cerher(gien 
kann uuerörtert bleiben«. Wer sollte an ein solches Verhältnis überhaupt denken? — 
verkäme 2. scheint mir eher das mhd. verquärnen zu sein, vgl. Kehrein verkämen, 
verkömen »kein rechtes Gedeihen haben*, ostfr. (Tauberbischofsh.) frktc<jqm<> t in Hand- 
schuhsheim fukmmmj verkümmern (vgl. Handsoh. Dial. 1892, S. 5). 

Baden-Badeu. Philipp Lenx. 

Berk. Jh\ Christoph, Die Ortsnamen der FrHnkischeu Schweiz. Erlangen bei 
Junge & Sohn. 1907. S°. 132 S. 2 M. 

Das Studium der Ortsnamen bayerischer l^ndestcile geht in höchst erfreulicher 
Weise vorwärts. In kurzen Zwischenräumen erschienen neuerdings Schriften, die von 
gediegener Kenntnis des einschlägigen Schrifttums zeugen und mit dem erforderlichen 
wissenschaftlichen Rüstzeug ahgefalit sind. Zu diesen darf mit vollem Rocht auch die vor- 
liegende Arbeit gezahlt werden. Der Verfasser. selbst ein Sohn der Fränkischen Schweiz, 
ist Philologe und kennt Land und Leute. Urtslage und Mundart gründlich genug, um die 
Anforderungen, die heute an eine Ort.snamonschrift gestellt weiden, erfüllen zu können. 

Und die Aufgabe ist zumal in einem ("iebicte, das nullt einheitlich besiedelt wurde, 
durchaus nicht leicht. Sorgfältiges Aufsuchen dor alten Namenformen, Heiziehung dor 



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Bücherbesprechungen. 



87 



jetzigen Aussprache, Vergleich des gewonnenen Ergebnisses mit den natürlichen Ver- 
hältnissen erwecken den Eindruck der Sicherheit und Verlässigkeit. 

Wenn gleichwohl im folgenden auf einzelnes näher eingegangen und auch hier 
und da einer abweichenden Anschauung Ausdruck verliehen wird, so geschieht das ledig- 
lich in der Absicht, der Sache und dem Verfasser damit vielleicht einen Dienst zu er- 
weisen. Und das ist ihm ja erwünscht. 

Die Namen behandelt der Verfasser iu Abc -Folge. Er zieht diese der Anord- 
nung nach Grundwörtern vor, weil, wie er meint, »es sogar dem Fachmann zunächst 
nicht darauf ankommt, wie violo Namen auf borg, reut usw. es gibt, sondern was über 
die einzelnen gesagt werden kann«. Dies trifft aber m. E. nicht ganz zu. Es ist für 
die Besiedelungsgeschicbto sicher wichtig zu erfahren, daß unter den gegen 400 Namen 
27 Reut-Orte. 18 genitivische Rodenamen, 55 auf -dorf, 36 auf -berg, 23 auf -bach 
sind, daß 24 auf -bof endigen, dagegen nur 2 auf -heim und 1 auf -hausen, daß etwa 
36 als slavisch anzusprechen sind usf. Schon das gewährt einen allgemeinen Überblick 
über Siedler und Siedlungsfornien. Die auffallend große Zahl der -dorf- Orte und die 
geringe derer auf -heim — die eigentlich gar nicht mehr dem behandelten Rereich an- 
gehören — kennzeichnen den Landstrich als spät besiedelt. Auch sprachlich ist es 
wertvoll, die Haßlach, Liudach , Weidach und Birkig, Effeltrich, Eichig, Fichtig, Tennig, 
Selig usw. beisammen zu *eheu. Nur ganz wenige Seiten hätten genügt, um eine Über- 
sicht über die vorkommenden Arten von Namen zu geben. Einen gewissen Ersatz bietot 
ja freilich die 22 St-iten umfasseude Einleitung. In dieser wird zunächst das Gobiet 
geographisch begrenzt: os ist das Wiesenttal und seino Seitenäste. Freilich eine etwas 
willkürliche Abgrenzung. Manchmal erkennt man nicht recht, warum manche innerhalb 
des abgesteckten Dreiecks befindliche Orte fohlen : so z. B. Götzendorf, das doch zwischen 
den behandelten Drügeudorf und Drogendorf liegt, oder Kasberg, Kauernhofen, Windschen- 
dorf u. a. Vielleicht entschließt sich B. noch seine Studien auf das Juragebiet etwa vom 
Schwabachtal im Süden bis zum Main im Norden auszudehnen. So wäre doch eher ein 
einheitliches Ganzes zusammen genommen. Die Besiedlungsgeschichto auf S. 15 bis 
2U gibt ein klares Bild der Völkerschiobungen. Keltisches ist »nicht ausgeschlossen <. 
Damit sind — mit Recht — die auf S. 17 als möglicherweise keltisch gedeuteten ON. 
als höchst unsicher hingestellt. Von germanischen Stämmen haben vor allem Thüringer, 
dann Franken, Bayern und in geringem Matte auch Sachsen sich dort niedergelassen. 
Das bajuwarische Element, das zweifellos stark, vielleicht stärker als das fränkische, ver- 
treten ist, scheint mir zu wenig betont. Im 7. Jahrhundert drängen auch die slavisohen 
Wenden herein und zwar iu solcher Zahl, daß der Gau die terra Slavorum hieß und 
noch 1058 als Slavonica bezeichnet wird. Der wendische Einschlag ist ja auch heute 
uoch vielfach deutlich zu erkennen. Der Name der Wenden ist S. 19 als die »Be- 
freundeton« und S. 21, wo von ihrer Viehzucht gesprochen wird, als »die Weidenden« 
erklärt. Einen trefflichen Behelf für diesen Abschnitt hätte Verf. noch in G. Rusams 
Aufsatz über Einführung des Christentums in Oberfranken (Blätter für bayer. Kirchen- 
geschichte VIII, 241 ff. und IX, 1 ff.) haben können. 

Der 3. Abschnitt legt die Bedeutung der ON. für die Siedelungsgeschichte 
dar. Hier hält sich B. — vielleicht otwas zu ängstlich — an Arnold, denn was für 
ein seit ältester Zeit einheitlich besiedeltes Land wie Hessen zutrifft, darf nicht ohne 
weiteres auf ein so gemischtes wio Obcrfrankon übertragen werden. Mit Recht ist ein 
»ganz geringer* Niederschlag aus der Urzeit als erhalten angenommen. Die wenigen 
Flußnamon auf -ach mögen bis ins orste halbo Jahrtausend zurückreichen, alles übrige 
aber macht einen jüngeren Eindruck. Alamannischem Eiutluß scheint zu viel zugewiesen. 
So sind die Namen auf -hofen S. 26 den Alamannen zugeschrieben, während sie nach 
S. 24 dem Ende der 2. Periode angehören. Es sind deren übrigens nur 3, doch eine 
zu goringe Zahl, als daß man auf völkische Zugehörigkeit daraus Schlüsse ziehen dürfte. 
Auch die Zuweisung der -dorf. -bach, -feld- Namen an die Franken ist so unsicher, 
wie die Behauptuug, daß die mit TN. zusammengesetzten <>N. jünger siud als die mit 
Gattungsnamen. Ebensowenig wird die heim -Orte ohne weiteres als fränkisch an- 



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68 



Bucherbesprechuugen. 



sprechen, wer weiß, daß sich auf rein bajuwarischem Boden deren mehr als 900 vor- 
finden, eine Tatsache, die gemeiniglich fast keine Beachtung findet. 

Die nächsten zwei Abschnitto erörtern die kulturgeschichtliche Bedeutung 
sowie Aussprache und Schreibung der ON. Hieraus sei die ungewöhnliche Erschei- 
nung hervorgehoben, daß der Uaupttou in dem behandelten Bezirke zumeist auf dem 
Gnm! wort lie^t, was eine starke Abschleifung der Bestimmungswörter zur Folge hat: 
Fl>ermannstadt > Ermastöt. Dagegen sind die in dem Schlußkapitel besprochenen sla- 
vischen ON. auffallend wenig verändert. 

Bei der Erklärung der einzelnen Namen geht der Verf mit lobenswerter Vorsicht 
und Bedächtigkeit zu Werke, vorgleicht die Überlieferung mit der mundartlichen Form 
und gibt erst nach Abwägung verschiedener Möglichkeiten seiner Meinung Ausdruck. 
Manchmal vermißt man ungern die Angabe der Aussprache; so läßt z. B. Leinefeis bei 
der zweifelhaften Beurkundung kein sicheres Urteil ohne deren Kenntnis zu. Auch sind 
bisweilen bei recht eindeutigen Namen mehrere Deutungen offen gelassen. Buchau 
ermangelt jedes Biegungszeichens, enthält also keinen PN. Da man von einem »trockenen« 
Hof sowenig reden kann, wie von einem »sauren*, so muß Dörnhof (Durrenhof) und 
Sauerhof mit den Hauptwörtern dürre und süra(ch) zusammenhängen, die trockene 
und feuchte (mit Sauergras bestandene) Wiesen bezeichnen. Win Geisdorf ein »Dorf 
des Tieres Geis« soll sein können, ist nicht gut zu verstehen. Bei Uotzles beseitigt 
die älteste Form Ccmehexek* alle Zweifel über den Gründerf villa Hecelonis ist ja nur 
eine Ionisierung. Mit Hollenberg wäre das nahe bei Kasberg gelegeue »am hohlen 
Stein« zu vergleichen. Für Kleebach zwingen die angeführten Beurkundungen ein 
Cleirarh vorauszusetzen; alles andere kommt m. E. uicht in Betracht. Ebenso ist bei 
Schleif hausen ein PN. ausgeschlossen; jedenfalls aber kann ein PN. Schleif nie auf 
Salifrid zurückgehen, wie B. mit Berufung auf Steub meint. Durch diesen kühnen Ety- 
mologen hat Verf. sich übrigens auch verführen lassen, Zaupo und Zocho als möglich** 
Kürzungen zu Thiud- Stammen anzunehmen. Hier sei gleich beigefügt, daß, abgesehen 
von der Frage der Berechtigung einer »Übersetzung«, der Sinn der PN. (ioxicine (S. 63) 
und Wilhari (S. 95) mit »Gottesfreund« und »Willensherr« gewiß nicht zutreffend wiedei- 
gegeben ist. Für Kanndorf (Chanendorf/ bietet Forst I 593 als nächstliegend einen 
h'aito und für den BiUing in Pilgerndorf und Willenreut ebd. 304 den Stamm bil, 
weshalb Putalunc dafür zu weit hergeholt scheint. In Wonsees möchte ich deu PN. 
Wundm (Forst, a. a. 0. 1605) suchen und für die mannigfachen Formen als Urform 
Wnndeiii -ycsine annehmen. Für Lenps liegt entschieden eino Ellipso Liubis am 
nächsten. Das Kigensehaftswoit in Kalteneggolsfeld erklärt die den rauhen Winden 
ausgesetzte Lage an der Langen Meile. Die Neu weit liegt von der Langenmeil zu weit 
ab, um damit in Beziehung stehen zu können. Dieser Name ist in Schwaben und Alt- 
bayern für neugurodetes Land nicht selten und sehr treffend. Von den bei Voilbrunn 
gegebenen vier Deutungen will mir keine gcfalleu; reiel ■ riola ist viel wahrschein- 
licher. Hat der Krögelstein etwa die Form eines Krugs? Seine alten Formen stimmen 
auffallend zu ahd. kröc, kntog und phantasie volle Benennungen hervorragender Felsen 
sind ja in der Fränkischen Schweiz. gang und gäbe. Vielleicht hat auch dem auf steiler 
Höhe gelegenen II undshaupten eine hundskopfähuüche Felsfigur seinen Namen gegebon ; 
eine Quollo wenigstens wird kaum dort oben sein. Darauf wäre dann auch der in der 
Nähe befindliche als Bodenmulde sich darstellende Hnndsboden zurückzuführen. Für 
die beiden Drosondorf erscheint die Ableitung von einem PN. Droxn allein zutreffend; 
sind ja doch die moisten Orto auf -dorf dort mit solchen zusammengesetzt. Auf deren 
gleichhoitliche Entstehuug zeigt übrigens vor allem die Ähnlichkeit ihrer Lage: sie finden 
sich fast ausnahmslos nm Fuß der Juraplatto (namentlich im W.) oder in Erosioustälern, 
keines auf den erst später besetzten Höhen. Dabei ist z. B. das eine Noudorf, das 
auf dorn Plateau liegt, unsohwiorig als Ausbau von Pünzendorf und das andere als solcher 
von Draisendorf zu erkennen, ähnlich wie die drei Neusen" wahrscheinlich von Thuis- 
brunn, Nieder- Mirsborg und Eggolsheim (oder Altendorf?) aus gegründet sein mögen. 
Kin solch enger Zusammenhang besteht sicherlich auch /wischen dou im Ahorntal ge- 
legenen Dörfern Kirch- und Froiahorn, von denen das eine — welches, läßt sich 



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Büohe r besprechungen . 



89 



kaum feststellen — schon 1017 als Ahornen beurkundet ist; somit dürfte der Ort von 
seiner Lage »bei den Ahoru bäumen« benannt sein (vgl. das im W. gelegene »Ellern«). 
Einen Schluß auf die Siedler gestattet der Flußname Pegnitz, dessen slavischen Ur- 
sprung B. mit Kocht aufrecht hält; dio Bewohner des nach dem Floß benannten Ortes 
brauchen ja deshalb keine Slaven gewesen zu sein. Einen entschieden deutschen Ein- 
druck macht dagegen der eingehend erörterte Name Pretzfeld. Da der s-Laut erst 
im 14. Jahrh. erscheint, sind füglich die älteren Formen Bretceelt als die ursprünglichen 
zugrunde zu legen. Will man nicht das in der »pretttrise* steckende Wort zu Hilfe 
nehmen, so halte ich einen PN. immer noch für das Nächstliegende: und zwar steht 

hierfür einer mit brrht Berhtinvelt konnte recht wohl Bretin-, Breterelt ergeben — 

zur Verfügung oder Breto, der zwar nicht selbst erweislich, aber aus Pretimir, Pre- 
tineh und Brcxxo zu erschließen ist (s. Forst. I *, 336). Nicht unterlassen kann ich 
einen Hinweis auf die Namen Hobenhäusling (aus Jleuslin), Steif ling (aus Steirfflein 
;> tiouflin) und Tiefen- nebst Unterstürmig (noch im vorigen Jahrb. meist Stür- 
ining geschrieben und wohl jetzt noch so gesprochen; im 13. und 14. Jahrh. Sturmarin, 
Stürmern). Die Nasalieruog und vor allem die letztere ganz eigenartige Entwickelung 
von arm zu ing erinnert so sehr an die von mir in dieser Ztschr. 1906 S. 282 hervor- 
gehobenen bajuwarischen Bildungen Hubarun > Hubing, Wisaru» > Wiesing, Goldanm 
^•Golding, Zirlarin > Ziorling usw., daß ich auch hier bairischeu Eintluß vermuten 
möchte (vgl. auch Nagl in Ztschr. »Dtsch. Maa.« II. 60)- Die nordalbintriscben »Stürmer«, 
die B. beizieheu möchte, dünken mich eben etwas gar zu weit hergeholt, zumal Stürmer? 
auch im Breisgau schon 1161 als PN. erscheint (s. Socin, Mittelhochd. Namenb. 442). 
Seltsam ist, daß Stürmig auch zum Flußnamen geworden ist: so heißt das Bachlein, das 
bei Tiefenstürmig an der Langen Meile entspringt und unterhalb Eggolsheim in die Begnitz 
mündet. Den gleichen Fall finden wir in dem Bachnamen »die- Aufseß, der von dem 
gleichnamigen Dorf hergenommen ist. Des Ehrenbachs Name geht nach seiner ältesten 
Form Arihinhath (1007) gewiß auf einen Aricho zurück und die Ehronbürg auf dem 
bekanotou Walberle ist wohl erst aus Ehrenbachhurg gekürzt. Für den Leinleiter- 
Bach ist B. beizupflichten, wenn er »lauter«, das schon mhd. auch Unter boitit, darin 
sucht 1 ; aber von »lauteron« Bächen kann man doch wohl nur da sprechen, wo es auch ' 
trübe gibt. Es ist daher der Widerstand des Verf. gegen diese »widersinnige« Erklärung 
von Trubach (Trobach 8., TrnJtaha, Truobaha 11. und 12. Jahrh.) uls »Trübe Achc« 
nicht ganz zu verstehen, da sprachlich gar nichts entgegensteht, während alles andere 
doch so fern liegt. Natürlich möchte ich dies auch von Trupp ach und Drubach gelten 
lassen. Das »trüb« ist gewiß relativ und vielleicht von Wässern, die infolge der Boden- 
beschaffenheit zu gewissen Zeiten auffallend viel Sand mitführen, was ja bei rasch 
fließenden Bächen weit eher der Fall sein wiid als Lei langsamen. 

Zum Schluß sei noch einiger Vorsehen Erwähnung getan: S. 24 Z. 12 f. ist ganz 
uuklar: S. 45 Z. 6 v. u. lies gehen; S. 54 Z. 10 v. u. das 1.1; S. 60 Z. 9 Herijrold: S. 107 
Z. 0 v.u. Geyer. Endlich ist bei üuterailsfeld auf Ailsfeld vorwiesen, doch dieses wie 
Oberailsfeld fehlt. 

Hätte mich das Buch nicht gefreut, so hätte ich mich nicht so hinge mit ihm 
beschäftigt. So aber wollte ich mit meiner Ansicht über verschiedene darin berührte 
Fragen nicht zurückhalten. Ich wünsche ihm weite Verbreitung und fleißige Benützung. 

Meinmingen. Julius Miedet. 

S. Feist, Die deutsche Sprache. Kurzer Abiiii der Geschichte unserer Muttersprache 
von der ältesten Zeit bis auf die Gegenwart. Mit 9 Tafeln. 2 Abbildungen im Text 
und 1 Karte. Stuttgart 1906. Fr. Lehmann, 236 S. 12". 

Abweichend von anderen Schriften ähnlichen Inhalts ist in der vorliegenden der 
Stoff nicht systematisch, sondern nach dem Verlauf der geschichtlichen Entwickelung 
geordnet. Daher werden in jedem der vier Abschnitte (Ui deutsch, Ahd.. Mhd. und Nhd.) 



' Vgl. die Leutra hei Jena. 



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90 



Bücherbesprechungon. 



behandelt die Sprachquellen . der Konsonanten- und der Vokalbestand . die Deklination 
und die Konjugation, die Ausdehnung der Sprache und der äußere Einfluß. Nicht recht 
zur Aufgabe gehöreu die Erörterungen über die Schrift (Runen, nhd. Rechtschreibung) 
und die Verskunst (in ahd. und mhd. Zeit), dagegen vermißt man eine größere Berück- 
sichtigung des Niederdeutschen, namentlich in dem Abschnitte über die deutschen Mund- 
arten S. 207 ff. 

Das Gebotene ist zuverlässig und leicht verständlich. Inhaltsangaben am Rande 
ermöglichen eine bequeme Übersicht, die Beispiele sind meist gut und passend aus- 
gewählt, die beigegebenen kurzen Sprach proben aus Otfiied, Notker, dem Nibelungenlied 
u. a. sehr daukenswort. nicht minder die Tafeln mit Faksimiles aus Handschriften usw. 
So kann man wohl sagen, daß sich das Büchlein, wie der Verf. im Vorwort wünscht, 
deu Lehrern der deutschen Sprache, den Studenten der germanischen Philologie, den 
Schülern der oberen Klassen höherer Lehranstalten, überhaupt allen Freunden unserer 
Muttersprache als nützlich erweisen wird. 

Für eine neue Auflage möchte ich noch einige Einzelheiten hervorheben. S. 15 
wird erzählt, daß die Ausdrücke Hanf und Silber vermutlich aus der Sprache der vor- 
geschichtlichen Urbewohner Mitteleuropas stammen. Viel wahrscheinlicher ist. daß wir 
es hier mit Entlehnungen aus Sprachen des Ostens zu tun haben, wie schon von V. Hehn, 
Schräder u. a. dargetan worden ist. Hanf — griech. xdwaßis dürfte zurückgehen auf 
ceremissisch kene, kitte Hanf und syrjänisch pi# Nessel, Silber auf den Namen der 
pontischen Stadt (= Zitlvpii) , von der schon Homer in der Dias (11,857) sagt: 

S»tv ttQ- vQov iajl ytvMh). S. 14 wird Flasche als Lehnwort aus lat. flauen bezeichnet; 
dafür soll es wohl heißen »aus mit. flasco, was man gewöhnlich aus lat. vasculum ab- 
leitet« (z. B. Kluge im Etym. Wörtern.) Andere denken an griech. tfvlutie wie bei 
Tasche, it. tasea an iä;t; (vgl. Th. Clausson, Die griech. Wörter im Französ. Erlangen 
1904, S. 79). In dem Abschnitte »Altertümliche Reste in den Mundarten« S. 214f. sind 
abgesehen von anke Butter lediglich fränkische Beispiele beigebracht, als ob nicht auch 
andere Dialekte zahlreiche Belege böten. Dabei wird auch erwähnt, daB im Rhein- 
friinkischon noch der Unterschied der drei Geschlechter beim Zahlwort xteei gewahrt 
werde: x-tee, zwo, xted, dies ist aber auch anderswo (in ober- und Mitteldeutschland) 
der Fall, z. B. im Alemannisch -Schwäbischen (vgl. Kluges Zeitschr. f. d. Wortf. II, 109f.), 
vielfach auch im Bayrisch -Österreichischen (ebenda S. Ulf.), Thüringischen, Ostfräu- 
kischen (ebenda 8. 113fr ) u. a. Ungenau ist S. f>7 ausgedrückt: »Bei vielen Zusammen- 
setzungen ist ein Bestandteil als selbständiges Wort untergegangen«; hier mußte wenig- 
stens hinzugefügt werden » in der Schriftsprache « ; denn in den Mundarten leben noch 
manche auch der als Beispiele angeführten Wörter fort. z. B. das in Brombeere enthaltene 
braute, Dornstrauch im Hessischen Bram (Crecelius, Oberhess. Wörterb. 195, Kehrein 
S. 93) und im niederdeutschen Braute, Breme. Ginster, Dornstrauch; ähnlich verhält es 
sich mit Marse ha II, dessen erster Bestandteil in Mähre, dessen zweiter in Sehalk weiter- 
lobt. Hior und da finden sich auch andere rngenauigkeiten, z. B. ist S. 49 von der 
abd. Adverbialendung -o in seöno, fasln, ubilo die Rede. S. 64 dagegen heißt es: »Sonst 
bildet das Ahd. Adverbien von Adjektiven auf -o wie hartö* (also mit langem ö), was 
überdies undeutlich ausgedrückt ist und zu dem Mißverständnis verleiten könnte, daß 
die Adjektiva auf o eudigten. Das dem nhd. ss oder * entsprechende mhd. t wird mit $ 
wiedergegeben, aber nicht gleichmäßig; denn S. 129 findet sich vrexxerie; ebenso werden 
die Längonangaben nicht gleichmäßig durchgeführt, denn S. 120 steht sin (=sht) neben 
!/'/(. Körner muß es ebenda für yuete : yettt tiefe heißen yüefc : ycmüete. 

Eisenberg. S. A. 0. Weise. 

Hermann lortisth. Uns Hebels Haimet. Gedichte in alemannischer Mundart. 
Aarau, II. R Sauerläudcr, 1907. 

Durch seine früheren Gedichte in Lörracher Mundart ist Hermann Vortisch vor- 
teilhalt bekannt. Auch seine neue Sammlung alemannischer Gedichte können wir mit 
Freuden begrüßen. Es spricht aus ihnen eine tiofe Liebe zur Heimat und foinc 



■ 

I 

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Bücherbesprcehungon. 



Kenntnis heimischer Art; wir finden anmutige Bilder ans dor Natur und dem Menschen- 
leben Zum Besten und Sinnigsten gehören die zahlreichen Kindorlieder und Fabeln, die 
sich bald Aufnahme erringen werden in der Kinderstube. Ein gröberes Gedicht berichtet 
von der Hunnenschlacht am Hünerberg (öbbe anno Domini 451). V. läßt hier eine große 
llunnenschlacht schlagen. Zur Erinnerung an sie wird heute noch auf dem Berge all- 
jährlich ein Fest gefeiert, der Hunnenberg wird später in nühnerberg umgetauft. Vortisch 
knüpft hier an eine Ortsage an, die das mit Scheibenschlagen verbundene Friihlingsfeuer 
mit den Hunneneinfällen zusammenbringt. Da er in schönen Bildern vergangene Zeiten 
uns vor dio Seele führt, so soll ihm die Unterstützung der Hunuensage nicht weiter an- 
gerechnet werden. 

Die Schreibweise ist einfach und genau, sie schließt sieh im ganzen an Hebol an. 

Auf einigt* Dnebenheiten gestatte ich mir den Verfasser hinzuweisen. In das 
Wörterverzeichnis wäre noch aufzunehmen: fbpple 8.110, xozh S. 11, Äeke S. 73, 
ainte S. 30. 

Bisweilen findet sich ein Ausdruck, der eigentlich in der Mundart nicht heimisch 
ist. so Wiese statt Matte, tochoo statt überchoo; auch Sätze mit obwohl sind nicht 
volkstümlich. 

S. 44. ist yroßmiiettorli zu schreiben, S. 44 und 8.107 Haimet wie überall statt 
Ilaitnal. S. 53 muH es wie im Wörterverzeichnis tvüägerli heißen. Ferner dürfte es 
sich empfehlen, daß im Verzeichnis das Geschlecht der Wörter angegeben wird, wie es 
bei Hebol der Fall ist. 

Es ist den Gedichten Vortisobs zu wünscheu, dal! sie in weiten Kreisen Eingang 
finden, und daß sie beitragen, den Sinn für die Mundart wachzuhalten. 

Lörrach. Othmar Meisinger. 

€. T/1 über, l>r.. Neue Uebirgsnnmen - Forschungen (Stein, Schutt und Geröll). 
Zürich, s.a. Verlag: Art Institut Orell Füßli. 8°. IIIS. 

Die Grundsätze, nach denen der Verf. bei seiner Ortsnamen- Erklärung vorfährt, 
legt er am Schlüsse des vorliegenden Buches zusammenfassend dar. Wir lesen dort 
(S. 04 f.) u. a. folgendes: 

»Wenn es ... auch der indogermanischen Sprachwissenschaft gelungen ist, ... die 
Gesetze aufzustellen, denen die von gemeinsamer Muttersprache sich in der Kichtung 
der Verkürzung und Neuerweiterung entwickelnden Sprachen nach ihrer Trennung 
in verschiedene Zweige ... unterworfen werden, so darf ein wichtiger Punkt nicht, 
außer acht gelassen werden, weun es sich um Orts- und Eigennamen handelt; 
so lange sie ihrer Bedeutuog nach vorstanden sind, oder so lange man glaubt, sie 
zu verstehen, 60 unterwerfen sie sich diesen allgemein geltenden Sprach gesetzen ohne 
weiteres. Wenn z. B. einmal unser deutsches ei sich in e abschwächen sollte, so 
wird man auch deu Ortsnamen »>'/<•/«« in >7rn verwandeln, schwerlich den scheinbar 

nichts bedeutenden Ortsnamen »dreina* Wir würden also bei toponomastischon 

Studieu zu nichts gelangen, wenn man auf Schritt und Tritt sich nur au diese auf 
die Wörter des täglichen Gebrauchs zugeschnittenen .... Kegeln anklammerte, wonach 
z. B. griechisches p gotischem f, althochdeutschem b entsprechen muß. Unverstandene, 
resp. nicht mehr verstandene Orts- und andere Namen sind Fremdköq>er und weiden 
ab solche bisweilen wohl gar nicht mehr oder jedenfalls nur in geringerem Maße, 
oft nur noch unbewußt und in entstellender Weise angetastet". 

Diese Ausführungen beweisen, daß der Verf. vom heutigen Stande der Sprach- 
wissenschaft koiue Ahnung hat. Hierzu stimmt auch, daß er wiederholt (z.B. S. f>) 
Philologie und Linguistik verwechselt, als Autorität für griechische Etymologien noch 
Curtius anführt u. a. m. Tu Wirklichkeit wird von dem physiologischen Vorgang der 
Lautverschiebung zunächst stets der gesamte Sprachstoff, also natürlich auch die Eigen- 
namen — auch die fremden — betroffen, und jeder Sachkenner weiß — oder sollte 
wenigstens wissen — , daß für die Erkenntnis dor Gesetzo, nach denen diese Verschie- 
bungen vor sich geheu, der sogen. Lautgesetze, gerade die Ortsnamen von unschätz- 



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Bücherbespreohungen. 



barem Werte sind, weil dies© deu psychologischen Störungen, durch welche der laut- 
gesetzlich zu erwartende Zustand nachträglich immer wieder so stark verändert wird, 
weit weniger ausgesetzt sind als die übrigen Wörter. Von diesen psychologischen Ein- 
flüssen: Analogiebildung, Ausgleichung, Verkehrs- und Schriftsprache, 
Volksetymologie, kommt bei Ortsnamen eigentlich nur der letztgenannte, in gewisser 
Hinsicht, wegeu der Beeinflussung der Aussprache durch amtliche Schreibungen 1 , auch 
der vorletzte in Betracht. Jo weniger Anknüpfungspunkte ein Ortsname unter dem 
sonstigen Wortstoff des betreffenden Gebiets findet, d.h. also: je weniger seine Bedeu- 
tung verstanden wird, desto reiner läßt Rieh au ihm die Wirkung der Lautgesetze beob- 
achten unser schwäbisches Hohenburg zum Beispiel, das jetzt iu der Mundart noch all- 
gemein Raotäburk heißt, wird vielleicht in einigen Jahrzehnten nur noch in der Form 
Hootjburk oder gar Itotaburk vorkommen , wohingegen das keltische Solicinium sich in 
der streng lautgesetzlich entwickelten Form SUcj- noch Jahrhunderte halten kann. 

Um das, was die Grundlage und den Ausgangspunkt methodischer Ortsnamen- 
forschung zu bilden bat, um die heutige Lautform im Munde der Eingeborenen, kümmert 
sich der Verf. so gut wie gar nicht, auch alte urkundliche Schreibungen zieht er nur 
selten heran; so konnte es kommen, daß er z. B. (S. 55) unser hohonlohisohes Gera- 
bmnn (1226 Gerb Utebrunnen) einfach zu seiner ^kar »Gestein« zieht. 7 

Des Verfassers Methode — wenn man hier überhaupt von einer Methode redeu darf 
— besteht darin, zu ein paar vorausgesetzten urindogermauisehen oder vorindogermani- 
schen »Wurzeln« aus Karten und Büchern eine Unmenge von Ortsnamen zusammen- 
zuraffen, die sich mit jenen Wurzeln halbwegs in Verbindung bringen lassen, voraus- 
gesetzt, daß man die lei lige Neigung überwindet, sieh an die bisher als allgemeingültig 
angesehenen iAutgesetzo »anzuklammern«. Das nennt der Verf. danu »ganze Gruppen 
im Zusammenhang prüfen«. 

Da der Unterzeichnete der Ansicht ist, daß es zur Erklärung der Ortsnamen vor 
allem genauester Kenntnis der Ortsmundarten bedarf", und da er über eine solche 
Kenntnis der in dem Alpengebiet, über das Dr. Täuber seine Forschungen ausdehnt, ge- 
sprochenen oberdeutschen und romanischen Mundarten leider nicht verfügt, so ist er 
auch nicht in der Lage, auf Einzelheiten einzugehen. Es sei nur im Vorübergehen 
darauf hingewiesen, wie so manches, was bisher allgemein als ganz befriedigend erklärt 
galt, hier in eine neue, überraschende Beleuchtung gerückt wird. So gehört, nach 
Täuber, das in den Alpenländern so häufige kar »Talkessel« natürlich ebenfalls zur 
ykar »Gestein«: von ahd. char (-— got. kna) »Gefäß«' hat der Verf. anscheinend nie 
■ gehört (S. 50 ff.). Feiner (S. 5:i): »Daß deren auf Steingeröll hindeutet, geht sowohl aus 
den mit diesem Namen behafteten Örtlichkeiten als auch aus der Nachbarschaft und ihrer 
Benennung hervor«: J. Studer, der da* (ierihont mit althochdeutschem ger »Lanze« in 
Zusammenhang bringt, wird (S. 54) dafür mit einem ! gestraft: von ahd. gcro »dreieckiges 
(Land-) stück« scheint Dr. Täuber nichts zu halten. 

Es ist zu bedauern, daß der Verf., ehe er so viel dankenswerten Fleiß auf seine 
(iebirgsnamenstudien verwandte, sich nicht die unbedingt erforderliche Sprachwissenschaft - 



1 So wird z. B. das oberschwäbisehe Antendorf * Älahi-dorfe, das jetzt in der 
Lokalmuudart uoch qqhtqrf heißt, bald nur noch als mhtorf oder aohtorf bekannt sein. — 
Otcen ((Iberamts Kirchheim), mundartlich aoj. wurde lange Zeit sogar von den württem- 
bergischen Eiseubahnschaffuern als noucn ausgerufen. 

•' S. 45 scheint der Verf. geneigt, auch frz. curn'ere »Steinbruch« zu seiner ykar 
zu ziehen — was auf seine romanistiseben Kenntnisse kein günstiges Licht würfe! 

* Sehr lehrroich ist es nach meirion Erfahrungen, zu beobachten, wie noch heut- 
zutage im Volksmuud Ortsbezeichnungen gebildet wurden: da bieten sich oft schlagende 
Parallelen zu uralten Lokalnamen. 

4 Es linden sich in Schwaben mehrfach Flurnamen wie kheesapax (bei Tübingen), 
kheesstanl (an Oberamt Balingen) u s. f. : sollte darin nicht ein zu germ. *kas- gehöriges 
ahd! *chns-ahi »Gekesselt oder dorg). stecken? Das Suffix -ah! würde den sekundären 
Umlaut gut erkläreu. 



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Büchel besprecbungoti. — Bücherschau. 



liehe uud kulturgeschichtliche Vorbildung verschafft hat. Arbeiten wie die vorliegende 
— mögen sie auch im einzelnen manche beachtenswerte Zusammenstellung enthalten — 
bringon die Wissenschaft nicht weiter, und siod nur geeignet, in Laien kreisen Verwirrung 
zu stiften. 

Tübingen. Friedrich Veit. 



Alfred Tobler, Haus Konrad Frick, ein appenzelllseher Volksdiehter. Leipzig, 
Carl Beck, 1907. 143 8. 2 Mk 

Im grünon, lichten Hochland der Appenzeller Berge wohnt ein heiteres, witziges 
Völklein, das für urwüchsigen Humor viel Sinn hat. So fanden hier von jeher Erzähler 
fröhlicher Schwänke ein dankbares Publikum. Mit oinem solchen Deklamator, der, selber 
ein Kind des Volkes, den Volkston richtig zu troffen wußte, macht uns Alfred Toblers 
kleine Monographie bekannt. 

Die Dichtungen Hans Konrad Frickes haben den Maugel, der meistens ungcschulten 
Werken anzuhaften pflegt, nämlich die ermüdende Länge. Der Witz ist nicht ein leb- 
haft sprühender, auch ist er selten oder nio imstaude, sich zur kurzen, scharfen Pointe 
zuzuspitzen. Es sind Gedichte, die nicht für nervöse, kritische Zuhörer berechnet sein 
konnten, sondern für gemächliche Sennen, die gerne stundenlang stille sitzen und zu- 
hören köunon, wenn sie im Mundo die Tabakpfoife und vor sich auf dorn Tische die 
Weinflasche haben. 

Frick ist kein oberflächlicher Spaßmacher; manche Stelle verrät ihn als echten 
Humoristen; er ist vorwiegend Sittenprediger, geißelt Hoffart, Modetorheit, Heuchelei 
und Lüge und wird im Eifer um die gute Sache gern pathotisch. Wohltuend berührt, 
daß or das Schlüpfrige völlig vermoidet. 

Die Sammlung seiner Werke wird vor allem für Dialektforschor wertvoll sein. 
Die Appenzeller Mundart ist reich an urvvüebsigou Ausdrücken. Ihre ganze Klangfarbe 
mutet den Fremden eigentümlich an. In auffallender Weise überwiegen breite uud 
dumpfo I.aute: ää, o und ö. Dafür einige Beispiele: Hüädehuus = Ueidenhaus, Gäaß 
— Geiß, Ziege, Güäscht = Geist, Häül — Heil, Dää --- Bein, Boggl = Buckel, Onood 
und Ognood = Gnade und Ungnade, sie tönd = sie tun, sie chiüjnd = sie können, 
f Hobschi — eine Hübsche. 

Manche der von Fnck augewendeten Ausdrücke mögen nach und nach in Ver- 
gessenheit geraten. Darum ist es sehr zu begrüßen, daß der Wortschatz eines unver- 
fälscht volkstümlichen Dichters durch Toblers Studie der Nachwelt aufbewahrt wird. 

Großaffoltern (Kanton Bern). E. Marti. 



Bücherschau. 

Feist, Dr. 8., Die deutsche Sprache. Kurzer Abriß der Geschichte unserer Mutter- 
sprache von den ältesten Zoiten bis auf die Gegenwart. Mit 9 Tafeln, 2 Abbildungen 
im Text uud einer Karte. Stuttgart, Fritz Lehmann, 190(5. 230 S. 

Fritz, 0., und Lauer, K., Johaun Peter Hebels ausgewählte Erzählungen und Gedichte. 
Mit Originalbildern von nans Thoma und H. Dauz. Karlsruhe, J. Lang, 1907. 

Kuhle, IL, Eselsfresscr. Heidenwerfen (Souderabdruek aus den Mitteilungen der Schle- 
ichen Gesellschaft Tür Volkskunde. Heft XVII, 1907). 

Meitfinger, 0., Volkswörter und Volkslieder aus dem Wiesentale. Freiburg i. Br., 
J. Bielefeld, 1907. 

Reiuliart, J., Liedli ab cm Land. Zweite vormehrte Aufl. Bern, A. Francke, 1908. 
8! 8. Preis 1,00 Mk. 

Schaefer, Ludwig, Die Schliorbacher Mundart. Beiträge zur hessischen Mundarteu- 
forsehung. Halle a. S. 1907 (Diss.). XI u. 07 S. 



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91 



Kücherschau. — Zeitsehriftenscb.au. 



Süttcrlin, Ludwig, Die deutsche Sprach»- der Gogeuwart. Eiu Handbuch für Lehrer 
und Studierende. Dazu eine Tafel mit 12 Abbildungen. Zweite, stark vennehrte 
Auflage Leipzig, R. Voigtläudor, 1907. -151 S. Preis 6 Ml;., geb. 8 Mk. 



Zeitschriftenschau. 

(Wir suchen aus dorn Inhalt allor Zeitschriften hier die für die deutsche Mnndnrtenft>r*chuti£ wichtigen Auf- 
hat» anzuzeigen und bitten nm Einsendung aller ©iuschlä(;i>;en Arl-oiton , damit unsere ZuMUDtnooetollung eine 

möglichst vollständig«» wird.) 

Beilage zur Allgemeinen Zeitung. Jahrgang 1907. 

Fricdr. Kluge, Das schweizerische Idiotikon (S. 25 — 27). 
Das deutsehe Volkslied. Zeitschrift für seiuo Kenntnis und Pflege. Herausgegeben von 
Dr. Jos Pommer, Hans Fraungrttber, Karl Kronfuß und E. K. Blümml. 9. Jahrgang. 
1907. Heft 7, 8, 9. 

L. Pirkl, Ein Wildschützenlied aus Ried im Zillertal. 

Ü. Pommer, 0. Böckels Psychologie der Volksdichtung. 

A'. Wehrhan, Stiefel muß sterben. 

R. K. Blümml, Kinderlioder aus Steiermark. 

J. Schmidt, Auszähl reime. 

./. Pommer, Ein alter Ludler aus dem Gaiswinkel. Juchezer. Ein Dudler ans Neu- 

waldegg bei Wien. 
Hans ron der Trisanmi, Drescherreimo aus Tirol. 
J. Pommer, Über das älplerische Volkslied und wie man es findet. 
L.Bein, Zur Volkskunde. 

F. Schaller, Hirtenlieder zur Zeit der Geburt Christi. 
J. Dcnll, Kinderlieder aus Steiermark. 

./. Höti, Sprüche zu den rhythmischen Schlagen der Drescher. — Die Geschichte 

eines Nachtwächterrufs. 
E. K. Blümml, Die Radeltruhe. 

A. Bender, Wörter, Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten aus Oberschefflenz. 
Beutsehe Volkskunde aus dein östlichen Böhmen. Herausgegeben von Dr. E. Länger. 
Braunau 1907. VII. Bd. 1. Heft. 

Das älteste Braunauer Stadtbucli (Fortsetzung). 
Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Jahrg. 1907. 
Heft XXVIII. Nr. 1. 

Euthält zahlreiche kleinere Beitrage zur niederdeutschen Wortforschung. 
Mitteilnngen des Vereins für Sächsische Volkskunde. Herausgegeben von E. Motjk 
und H. Stumme. IV. Bd. 1907. 0. Heft. 
/'. Zink , Rockenlieder. 
H. Siegert, Eine Werwolf- Geschichte. 

E.John, Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge. 
Mitteilungen und Umfragen zur Bayerischen Volkskunde. 1907. Neue Folge. Nr. 11. 

O. Brenner, Paint bezw. Beund. — Mundartliches aus Nordheim v. d. Rhön. 
NärodoptsnV Vestnfk. Herausgegeben von A. Kraus. J.Pnlirka, V. Tille. Prag 1907. 
Mehrere Hofte. 

Pfälzisches Museum. Ilei ausgegeben von Prof Fr. Joh. Hihlenbrand. XXIV. Jahrg. 
1907. Nr. 7. 8. 9. 10. 
Ph. Kciper, Die Pfalz und die Pfälzer im Volksmund. 
The Journal of English and German!« Phlloiogy. Edited hy G. K. Karsten and 
J. M. Hart. Vol. VI, Nr. 4. 

Klara Hechtenberg - Collitz, Circumflox and Acute in German and Engush (S. 570 — 605). 
J. F. Hmtßmnmi, Der junge Herder und Hamann (S. 006 - 048). 



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Zeitechriftenschau. 



9") 



O. T. Floht, Ausführliche Besprechung von J. Wright's Etujlish Dialect Orammar 
(S. 679 — (384). 

Unser Egerland. Blätter für Egerländcr Volkskunde. Herausgegehen von, Alois John. 
XI. Jahrg. 1907. Heft 2. 

A. John , Goethe - Literatur. 
J. Tuma, IIäuserin8chriften. 

J. Köferl, Nahrung und Gesundheit in Sprüchen und Redensarten. 
X. Krauß, In da Freinm. 

H. Sommert, Beitrage zur nordgauischen Mundart. (Zur Mehrzahlbilduog das Haupt- 
wortes im EgerlÜndischen.) 

Zeitschrift des .iiigemeinen Deutschen Sprachvereins. 22. Jahrg. 

Ricliard Kinne, Deutsche Pilzkunde (S. 257—262). (Ein vortrefflicher Aufsatz, 
der von großer Sach- und Sprachkenntuis zeugt und in dem zahlreiche mundart- 
liche Benennungen der Pilze besprochen worden. — Lx.) 

Deutsches Wörterbuch, Reichssprachamt und Preußische Akademie (8. 260 — 271). 
[Ein Aufsatz, den wir der Beachtung aller unserer Leser empfehlen. Wir hobeu 
daraus als besonders wichtig folgende Satze hervor: »Daß aus dem gemeinsamen 
Wirken der gelehrten Gesellschaften, wie der Thesaurus der Römerspraehe. so 
dereinst der mächtige deutsche Sprachschatz hervorgehen werde, es ist ein 
luftiges Traumgespinst«. Und weiterhin: »So z. B. ist uns nicht bekannt, 
daß die 1 Zeitschrift für deutsche Mundarten', die der Deutecho Sprachverein mit 
großen Opfern über Wasser hält, weil die Fachleute ein solches Unternehmen als 
unerläßliche Vorbedingung einer geregelten Mundartenkunde ansehen, von der 
Preußischen Akademie bisher irgendwie unterstützt worden wäre«. Solange freilich 
die Preuß. Akademie soviel Geld braucht für den Thesaurus Linguae Latinae, für 
Erforschung von Keilschriften, von südarabi schon und kurdischen Mundarten, 
wird sio für den großen deutschen Sprachschatz und für die Zeitschrift für 
deutsche Mundarten wenig übrig haben. Nicht als ob solche wissenschaftlich 
wertvollen Arbeiten nicht auch geleistet werden sollten, aber das Deutsche 
geht vor! In dem Deutschen Sprachverein und seinem Gosamtvor- 
stand erblicke ich übrigens die hoste Grundlage für das zukünftige 
Reichssprachamt; es bedürfte nur des weiteren Aushaus und der tatkräf- 
tigen Unterstützung durch die deutsche Reichsregierung. — Lx.\ 

Paul Pielsch, Ausfuhr!. Besprechung der Festschrift »Aus dein Badischen Oberland« 
(8. 274-277). 

H. Bischoff, Die flämische und die deutsche Sprache, im belgischen Abgeordneten- 

hause (S. 296—298). 
K.L., Niederösterreichisch g'stuitn stocken (S. 306 f.). 

P. Pielsch, Ausführliche Besprechung des Spruch Wörterbuchs von Fr. Freiherrn 

r. Lippcrheide (S. 308 — 310). 
0. Heilig, Besprechung von 0. Meisingers Wörterbuch (kr Rappenauer Mundart 

(S. 311). 

0. Saal fehl, Besprechung des Heuler -Kalenders auf das Jahr IU0R von A". 77/. Garde rix 
(S. 312). 

H. Dunger, Noch einmal: xeHlter und seither (S. 329 — 331). 

H. Stiekelberger, Mundart und Schriftsprache in der Schweiz (8. 331 — 335). 

Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfälische Volkskunde. Herausgegoben 
von K. Prümer, P. Sartori, 0. Schell und K. Wehrhan. 4. Jahrg. 1907. 3. Heft. 
K. Wehrhan, Zur Geschichte und zur Verbreitung dos Ausdrucks »Die Franzosen 
haben«. 

Dr. Faßbender, Triiel. Kauet, Nüze, Knöezen. 

./. Müller, Bastlösosprüche. 

Dallas, Alte Hausinschriftou in Linz und Unkel. 



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90 



Zoitsohriftonsdiuu. 



Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. Herausgegeben von Joh. Balte. 17. Jahrgang. 
neft3. 1907. 

G. Schläger, Nachlese zu den Sammlungen deutscher Ktnderliedcr. 
A. Brunk, Volksrätsel aus Osoabrück und Umgegend. 

A. Dörfer, Volkslieder aus Vorarlberg. 

0. Schütte, Tierstiminen im Braunschweigischen. 

It. Neubauer, »Einem dio Hölle heil» mnehon* . [Nach N. ist Hölle in dieser Redensart 
die Hölle (in alter Schreibung: Helle) der alten deutschen Bauernhäuser, d.h. der 
mit einer Kuhbank (Höllbank) versehene Raum hinter dem großen Kachelofen, 
zwischen diesem und der Wand, der ein sehr beliebter Platz zum Ausruhen und 
zum Schlafen war. Es ist auszugehen von Redensarton wie: »einem warm machen«, 
»einem hei? macheu« und noch stärker »einem •helleheiz machen«. — IT.] 
Heft 4. 1907: 

G. Schläger, Nachlese zu den Sammlungen deutscher Kinderlieder. 

J.Bolle, Bilderbogen des 16. und 17. Jahrhunderts (1. Die Hasen braten den Jäg**r. 
2. Die Oänse hängen den Fuchs. 3. Der Fuchs predigt den Gänsen. 4. Der 
Wolf predigt den Günsen. 5. Sechzehn Eigenschafton eines schönen Pferdes. 
6. Tierische Eigenschaften der Menschen). 

It. Zoder, Scheibensprüche aus Oberöstorreich. 

E. Lohmeyrr, Zum Siobensprunge. 

//. Hevft, Hausinschriften aus Dotmold. 

P. Mitxschke, Kinderreim und Aberglauben aus Weimar und Ettersburg. 
0. Schütte, Braunschweigische Segonssprüche. 

Zeitschrift für den deutsehen Unterrieht. 21. Jahrg. 

It. Uofmnnn, Justus Moser und die deutsche Sprache (8.145—159 u. 209 — 232). 
Wilh. Meyer, Die Schöpfung der Sprache (S. 232 ff.). 

Dr. Becher, Vom deutscheu Superlativ und seinen Verwandten (S. 202 — 273). 
Ph. Keiper, Volksetymologisches (S. 300 f.). 
J. Peters, Klägero trete vor (S. 302). 

/.'. Sprenger, Zu Adolf Pichlers Erzählung »Der FlüchÜiug« (S. 303 f.). 
Ph. Keiper, Kalaber (S. 304 — 300). 

B. Maydorn, Über Belebuug nud Vertiefung des Unterrichts in der deutschen 
Grammatik (S. 321—349). 

/,. Xagcl, »(lenannti (bestimmtes Mali von Arbeit oder Essen; süddeutsch >Genannts«, 

also Genannt = Genanntet; S. 383). 
lt. Dürntcirth, Humor im Kinderliede (S. 383 — 386). 
Pich. M. Meyer, »So weit wären wir* (S. 386 f.). 

F. Bückelmann, Das Dativ -o II (S. 414— 424). 

./. Sahr, Anzeigen zur Volkskunde (S. 12-1 -436). 
.1. Petak, Manch (S. 452). 

F. Sülms, Erweiterungen und Ergänzungen zu Wustmanns Sprichwörtlichen Redens- 

aiteu (S. 483 — 4!)!); 561—574 ; 635 -649). 
O. Philipp, a) In esse; b) Kontusche (S. 578 f.). 
littst. Meyer, Prim — Pflaume (S. 5S3). 

Dr. Hoff mann, Volkshumor in fränkischen Namen (S. t»49 — 6f>2). 
K. Dum kohler, Jung werden (S. 653). 

Zeitschrift fllr österreichische Volkskunde. Herausgegeben von Dr. .V. Haberlaudt. 
XIII. Jahrg. 1907. Heft IV- V. 

A\ Österreicher f , Beitrage zum Vulksaberglaubcn und zur Volksmedizin in Nieder- 
ö.sterreich. 

lt. Kiter. Volkstümliche Überlieferungen aus Nordböhmcn. II. 



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Deutsche Mundartenforschiing und -dichtung 

im Jahre 1904. 

Von F. Bfentz. 

Im folgenden ist zum ersten Male versucht worden, über dio deutsche 
Mundartenforschung und -dichtung in ähnlicher Weise zu berichten, wie 
es über die Geschichtswissenschaft und die Literaturgeschichte in den 
bezüglichen Jahresberichten geschieht. Es werden also nicht bloß Titel 
angeführt, sondern es soll soviel wie möglich in zusammenhängender 
Darstellung ein Bild der Entwicklung der Mundartenforschung und 
-dichtung während des gonannten Zeitraumes gegeben werden. Wie 
schwer dies bei dem oft spröden Stoffe ist, wie weit der Versuch daher 
noch vom Gelingen entfernt ist, weiß niemand besser als der Verfasser 
selbst. Die Titel der Schriften werden unter dem Texte als Anmerkungen 
bibliographisch genau verzeichnet; hinter ihnen in runden Klammern wich- 
tigere Besprechungen. Von Dialekt proben sind im allgemeinen nur die 
selbständig erschienenen aufgenommen, Gedichte u. dgl. in Zeitschriften 
und Sammelwerken nur ausnahmsweise. 

Für alle Mitteilungen über Lücken oder Fehler wird der Verfasser 
sehr dankbar sein. 



I. Allgemeines. 

a) Bibliographie. 

Meyer 1 verzeichnet die von Januar bis September 1903 erschie- 
nene Literatur zur Erforschung der ober- und mitteldeutschen Mund- 
arten. Die Bibliographie der niederdeutschen Mundarten siehe bei 
diesen. In der Absicht, das Zusammenarbeiten und die gegenseitige Ergän- 
zung von Germanisten und Historikern zu fördern, besonders bei Heraus- 
gabe alter Urkunden und Chroniken, deren Sprache sehr oft mundartlich 
beeinflußt ist, stellt Mentz* die wichtigsten Dialektwörterbücher zum 
Gebrauch für Historiker zusammen. 



1) lleinr. Meyer, Deutsche mundartenforschiing: .Iber. rl. germ. Philol. 25, S. 160 
bis 177. 2) F. Mentz, Dialektwörterbikher und ihre Bedeutung für den Historiker: 
Deutsche Ceschichtsbll. S. 109-1S«». (.1. W. Nagl: Dt. Maa. 2, H. 1,2, 8. Ml f.) 

Zeitschrift für Deutsch« Mundarten. III. 7 



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98 



F. Mentz. 



b) Zeitschriften. 

Die Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten 3 hat ihren 
5. Band vollendet. Das Jahrbuch und das Korrespondeuzblatt des 
Vereins für nioderdcutsche Sprachforschung s. beim Nieder- 
deutschen. 

c) Sprachgebiet. 

Von G. Wenker 's 4 Sprachatlas des Deutschen Reichs sind 1904 
folgende Karten in Haudzeichnung fertig an die Kgl. Bibliothek in Berlin 
abgeliefert worden: am (Satz 15), Apfel no. sw., r/as (Satz 4), dürft, durch 
(Satz 4) no. sw., er (Satz 20) no. sw., er (Satz 25) no. sw., fünf, gefahren 
sw., gestorben, habe (Satz 8) no. sw., fiabe (Satz 9), heim, ihm, ht (Satz 25 h ) 
no. sw., kein no. sw., Korn sw., rein no sw., 's (Satz 4), sie (Satz 9"), sie 
(Satz 17). Die Gesamtzahl der fertigen Karten betrug bis Schluß 1904: 745. 
Von andern Sprachkarten sind zu nennen die leider nicht ganz zuver- 
lässige Sprachenkarte von Andrcsen und Itruhn 6 und die Mundartenkarte 
in Günther 's 6 Handbuch der deutschen Sprachlehre. Die Hauptmund- 
artengrenzen (nach Bremer) sind auch angegeben auf einer Karte in 
Langhaus 7 Staatsbürger- Atlas, die in der Zeitschrift »Deutsche Erde« 
wieder abgedruckt ist. Die Arbeiten über bestimmte Stücke der deutschen 
Sprachgrenze gogen fremde Sprachen, also genauer über die Abgrenzung 
einzelner deutscher Mundarten gegen nichtdeutsche Mundarten, werden 
jeweils bei den betreffenden Mundarten aufgeführt werden; hier sind nur 
noch zwei Arbeiten zu nennen, die sich mit der Grenze zwischen Mittel- 
deutsch und Niederdeutsch beschäftigen. Die Grenze zwischen Mittel - 
und Niederfranken behandelt eingehend und sorgfältig Engels 8 , der auch 
eine Karte des Übergangsgebictes gibt. Die Grenze zwischen Nieder- 
deutsch und Mitteldeutsch östlich der Elbe ist noch keineswegs genau 
festgestellt. Besondere der von Breiner eingeführte Begriff der »Nord- 
deutscheu Mundarten« und seine Bezeichnung Berlins als mitteldeutsch 
begegnen noch vielen Zweifeln. Demgegenüber will Fischer 9 keine Lösung 
der Frage geben, sondern nur zu genauerer Untersuchung anregen. Wichtig 

3) Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten. Hrsg. v. Otto Hei Ii g u. Phil. Len z 
V. Heidelberg, C. Winter 8". 1V,3808. (J. W. Nagl: Dt. Maa. 2, Heft 1/2, S. 83f.; 
0. Behaghel: Litbl. 1904, Sp. 53 — 56.) 4) Wenker, Sprachatlas des Deutschen Reichs: 
Zs. f. dt Wtf. 6, S. 382. f>) H. Andreseil u. II. Bruhu, Sprachenkarte (Nr. 1 der Geogr.- 
statistischen Karten von Deutschland). 1:120000. Braunschweig, H. Wollermann. 1,70 Mk. 
(Dt. Erde 3, S. 179.) 0) K. Günther, Handbuch der deutschen Sprachlehre für Lehrer- 
bildungsanstalten. 2. Bd.: Deutsche Lautlehre und Sprachgeschichte für Lehrerseminare. 
4. Aufl. Mit einer mehrfarbigen Karte der deutschon Mundarten. Leipzig, Dürr 1904. 
8°. 111 S. 1,60 Mk 7) Paul Langhans, Deutsche uud ündeutscho im Deutschen Reiche. 
In: Staatsbürger- Atlas. 4. Aull. Gotha, J. Perthes. Daraus abgedr. in Dt. Erde 3, Sonder- 
karte 2. 8) Pet. Engels, Zur Grenze dor Lautverschiebung zwischen Mittel- und 
Niederfranken. Diss. Münster i. W. 1904. Borna- Leipzig, R. Noske. 8°. 2 Bl., 23 S , 1 Bl , 
1 Karte. 9; Hans Fischer, Wo liegt in Ostelbien die Grenze zwischen Niederdeutsch 
und Mitteldeutsch?: Dt. Erde 3, S. 65 — 60 [Dazu Souderkarte 5, nach Haushalter und 
Bremer entworfen von Paul Langhans.] 



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Deutsche Mundartenforschung und -dichtung im Jahre 1904. 



99 



ist sein Hinweis, daß östlich der Elbe, also in der Hauptsache auf 
Kolonialboden, die Mundarten nicht so festgefügt sind wie weiter westlich, 
daß sie sich statt allmählichen Überganges oft sprunghaft von Dorf zu 
Dorf ändern; beherzigenswert scheint auch die Mahnung, neben der bisher 
meist geübten Befragung der iiitesten Leute auch die Kinderspracho zu 
Rate zu ziehen und nach deren Befund nicht sowohl Mundarten als alte 
Sprachböden festzustellen. 

d) Mundart und Schriftsprache. Aussprache. 
Weitere Kreise für die Mundarten zu erwärmen, versucht ein 
Aufsatz von Boll 10 , der den ethischen, wissenschaftlichen, kulturellen, 
ja sozialen Wert der Mundarten hervorhebt, zeigt, wie sich die Schrift- 
sprache aus ihnen immer wieder verjüngt, und besonders auf die mund- 
artliche Dichtung hinweist, und einer von einem Ungenannten 11 , der die 
Verachtung der Mundart für ein Zeichen der Halbbildung erklärt. Ein 
Aufsatz von Weitbrecht 1 * behandelt gemeinverständlich das Verhältnis der 
Mundart zur Schriftsprache und ihre Unentbehrlichkeit für die lebendige 
Gestaltung der letzteren. Die Entwicklung der heutigen Schriftsprache 
unter dem Einfluß verschiedener Kräfte und teils aus den Mundarten, 
teils gegen dieselben, stellt Brenner 18 dar. Mit der Schriftsprache aber 
steht in engem Zusammenhange das Streben nach einor einheitlichen 
Aussprache, dem in den letzten Jahren viele und, so weit möglich, auch 
erfolgreiche Arbeit gewidmet worden ist. Braune 14 schildert in einer 
Festrede den Stand der Sache und weist nachdrücklichst darauf hin, daß 
riie heute geltende deutsche Aussprache in der Hauptsache eine spelling 
pronunciation sei, hervorgerufen durch die Schriftsprache und beruhend 
auf ihr. Zur Erwerbung dieser mustergültigen Aussprache kann YMStor's 15 
Deutsches Lesebuch dienen. Ferner gehören hierher VlCtor's 16 Elemente 
der Phonetik; auch Jespcrsens 17 Phonetische Grundfragen berühren diesen 
Gegenstand. Freilich wird sich eine wirkliche Einheit der deutschen Aus- 
sprache nur auf der Bühne einigermaßen erreichen lassen, während das 
Hochdeutsche des Verkehrslebens und auch der Schule in jeder deutschen 

10) Fei. Boh, Der "Wert unserer Volk*mundartcn: Beil. der Leipziger Neuesten 
Nachrichten, 17. Okt 1904. 11) Auch ein Stück Volksart: Dt. Tageszeitung, 30. April 
1904. 12) R Weltbrerbt, Schriftsprache und Mundart: Deutsche Welt Nr. 27, 3. April 
1904, S 417—420. 13) Osk. Brenner, Über das Spiel der Kräfte in der Geschichte 
der deutschen Schriftsprache: Wiss Beih. z Zs. d. Allg. Dt. Sprachv. 25, S. 129—142. 
14) Wilh. Braune, Über die Einigung der deutschen Aussprache. Akad. Festrede. Heidel- 
berg. Buchdr. J. Hörning 1904. 4° 32 S (O.Brenner: Litbl. 1907, Sp. 1 — 3; L. Luick: 
Litztg 1905. Sp. 1048-1057.) 15) Wilh YIMor, Deutsches Lesebuch ... als Uilfs- 
l)ueh zur Erwerbung einer mustergültigen Aussprache herausgegeben. 1. Teil. Fibel und 
erstes Lesebuch. 2. durchges. Aufl. I/Mpzig, Teubncr 1904. 8°. XII, 158 S. Geb. 3 Mk. 
(Th. Gärtner: Zs. d. Allg Dt. Sprachv. 29, Sp. 326f.) 16) Ders., Elemente der Thonetik 
des Deutschen, Englischen und Französischen. 5. durchge». Aufl. Leipzig. 0. K. Beistand 
1904 8" XIII. 38GS 7,20 Mk.; geb. 8 Mk. 17) Otto Jespersen, Phonetische Grund- 
fragen. Leipzig u Berlin. B. 0. Teubner 1901. 2B1.,18GS. 3.U0 Mk.; geb. 4,20 Mk. 
(S 44 — 47 handeln über deutsche Aussprache.] (V.Henry: Rev crit. 59, S. 74 f.) 



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100 



F. Mentz. 



Provinz wohl seine mehr oder weniger besondere Färbung behalten dürfte. 
Darum ist nach Luick ,H die Frage der deutschen Schulaussprache für 
jedes Dialektgebiet besonders zu lösen. Mau muß sich der Bühnensprache 
so weit nähern, als ohne Geziertheit möglich ist. Wie die beste Aus- 
sprache sich dann in einem bestimmten Dialektgebiet zu gestalten hatte, 
hat Lulck 1 * für Wien und die österreichischen Alpenländer in einer 
besonderen Schrift eingehend ausgeführt Eine Anleitung für das beste 
Deutsch in sächsischem Gebiete geben die Schriften von Michel- Stephan ,0 
und Schumann." 

e) Schriften über alle oder mehrere deutsche Mundarten. 

Hier sind zu erwähnen die bekannten nunmehr in 3. u. 4. Aufl. vor- 
liegenden Bücher von Beliafifhel" und von Welse sowie die ebenfalls 
in 3. Aufl. erschienenen Plaudereion von Polle 24 , die in der Umarbeitung 
von Weise eine neue und verbesserte Gestalt angenommen haben und 
sich in einem besonderen Kapitel über die Mundarten verbreiten. Die 
Mundarten werden natürlich auch berührt in der Dissertation von 
Haltenhoff 25 über das in der Schriftsprache nahezu ausgestorbene (nur 
in töricht erhaltene), in den Mundarten (mit Ausnahme der niederdeutschen) 
aber noch lebendige Adjektivsuffix -icht. Die Vorliebe der Mundarten 
für derbe, kräftige, auch übertriebene Ausdrücke erkennt man aus der 
Sammlung verstärkender Zusammensetzungen bei Eigenschaftswörtern von 
Hausehild.* 6 Die eigentümliche Bildung der (ziemlich zweifelhaften) 
^Streckformen« (z.B. scharwenxeln zu schwenzeln, Klabautermann zu klaii- 
lern), die Schröder 27 entdeckt zu haben glaubt, findet sich gleichfalls 



18) Karl Luick, Bühnendeutsch und Schuldeutsch: Die neueren Spr. 12, 8. 34f> 
bis 347. 19) Der*., Deutsche Lautlehre. Mit besonderer Berücksichtigung der Sprech- 
weise Wiens und der österreichischen Alpenländer. Leipzig u. Wien, F. Deuticke 1904 
8°. XII, 103 S. 2,50 Mfc. (-nn-: Cbl. 1905, Sp. 216; Jos. Seemüller: Litztg. 1904, Sp. 2540 
bis 2542; Windel: Lehrpr. u. Lehrg. 1905, H. 1 ; Golther: Zs. f. d. österr. Oymn. 56, S. 610f.; 
J. Schatz: Herrigs 'Aich. 114, S. 189—192.) 20) R. Michel u. G. Stephan, Lehrplan 
für SprachübuDgen. Leipzig, Teubner 1904. 8°. 120 S. 1,80 Mfc. (Theod. Matthias: Z« 
d. Allg. Dt. Sprachv. 20, Sp. 20f.) 21) Paul Schumann, Der Sachse als Zweisprachler. 
Vortrag. DresdeD. L. Keißner [1904]. 8°. 68 S. 1 Mk. (Str[eicher] : Zs. d. Allg. Dt. Sprachv. 19. 
Sp.298f.: Otto Lyon: Zs. f. d. dt Uuterr. 18. S. 684 — 687.) 22) Otto Kehajrhel, Die 
deutsche Sprache. 3. Aufl. (Das Wissen der Gegenwart. 54) Wien, F. Tempsky — 
Leipzig, G. Freytag 1904. 8". VIIT,370 S. 3,60 Mk. 23) ü. Welse, Unsere Mutter- 
sprache, ihr Werden und ihr Wesen. 5. verb. Aull. Leipzig u. Berlin, B. G. Teubner 
1904. 8°. VIII, 264 S. (Rob. Petsch: üerrigs Arch. 116, S. 144, 154 f.) 24) Frdr. Polle, 
Wie denkt das Volk über die Sprache? Plaudereien über die Eigenart der Ausdrucks- 
und Anschauungsweise des Volkes. 3. verb. Aufl. von Oskar Weise. Leipzig u. Berlin. 
B. G. Teubner 1904. 8°. 112 S. (Ludw. Hertel: Zs. f. hd. Maa. 6, S. 297 f.; Sohns: Päd. 
Arch. 47, 10; R. Thomas: Bll. f. d. Gymn. Schw. 41, S. 662 — 664 ) 25) Jul. Haltenheff, 
Zur Geschichte de3 nhd. Adjektivsuf fixes - «•/*/ und seiner Verwandton. Heidelberger Diss. 
Guben. Dr. v. A. Koenig 1904. 8°. 89 S. [S. 72—74 betr. die Mundarten.] 26) Osk. 
Hnuschlld, Die verstärkende Zusammensetzung bei Eigenschaftswörtern. III. 8. Die Ver- 
stärkung der Farbenbegriffe: Zs. f. dt. Wortf. 6, S. 198 — 211. [Vgl. dazu O. Behaghel 
ebd S. 379.] 27) H. Schröder, Streckformen: Beitr. 26, S. 346 - 355. 



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Deutsche Mundartenforechung und -dichtung im Jahre 1904. 



101 



vorwiegend in den Mundarten, besonders den niederländischen und flä- 
mischen, aber auch in oberdeutschen. Söhns' 88 bekanntes Buch über 
die Pflanzen, das die mundartlichen Namen derselben ausgiebig berück- 
sichtigt, ist im Berichtsjahre in 3. Aufl. erschienen. Viel Mundartliches 
bringt auch ein Vortrag von Müller- Franreuth 39 über volkstümliche 
Arzneimittelnamen. Meisinger 30 führt Wackernagels grundlegende Ab- 
handlung über die Appellativnamen (Personennamen, die sich zu Gattungs- 
namen gewandelt haben) auf Grund der neueren Mundartenwörterbücher 
und eigener Aufzeichnungen weiter. Wegen der Ausdehnung Badens 
über alemannische und fränkische Mundarton ist hier auch Ilelllg's 81 
Arbeit über badische Ortsnamen zu erwähnen. Einzelne Wörter und 
Redensarten verfolgen durch mehrere Mundarten Welse 82 und Matthias. 33 
Proben aus mehreren deutschen Mundarten geben Ernst 84 (mit 
einer Einleitung und sehr gründlichen, auch wissenschaftlich wertvollen 
Anmerkungen) und Justus (Zedelius)." 



2. Oberdeutsche Mundarten. 

I. Alemannisöh -sehwäbisehe Mundarten. 
A. Alemannisch. 

1. Schweizerisch. 

a) Im ganzen. Von dem monumentalen schweizerischen Idiotikon 86 , 
dem umfangreichsten deutschen Mundartwörterbuche, sind im Berichts- 

28) Frz. Söhns, Unsere Pflanzen. Ihre Nameuserklarung und ihre Stellung in der 
Mythologie und im Volksabeiglauben. 3. Aufl. Leipzig, B. G. Teubner 1904. 8°. 178 S. 
Geb. 2,60 Mk. (Wold. Schwarzo: Zs. f. d. dt. ünterr. 10, 8. 69 — 71 ; L. Chevalier: Zs. f. öst. 
Volksk. 10, S. 162 - 164.) 29) Karl Müller- Fraureuth, Volkstümliche Namen der Arznei- 
mittel. In dess. Verf. : Aus der Welt der Wörter. Vorträge über Gegenstände deutscher Wort- 
forschung. Halles. S., M. Niemeyer 1904. 8*. S. 140— 152. [Der Vortrag erschien zuerst 
in der Zs d. Allg. Dt. Sprachv 11, 1896, Sp. 65—71.] 30) Othm. Meisinger, Die 
Appellativnamen in den hochdeutschen Mundarten. I. Die männlichen Appellativnamen. 
Ein Beitrag zur Sprachgeschichte. Progr. Lörrach, C. R. Gutsch 1904. 4°. 27 S. (Phil. 
Lenz: Zs. f. hd. Maa. 6, 1905, S. I20f.) 31) Otto Heilig, Badische Ortsnamen in 
mundartlicher Gestalt: Zs. f. hd. Maa. 5, S. 21 — 24, 185 — 207, 379 f. 32) Osk. Wetee, 
Dämelack, Dümelsock und Verwandte«: Zs. f. hd. Ma. 5. S. 1 — 6. 33) Theod. Matthias, 
hn Stich lassen: Zs. d. Allg. Dt. Sprachv. 19, Sp. 174 f., 291 - 293. 34) K. Emst, Proben 
deutscher Mundarten. (Velhagen u. Klasings Sammlung deutscher Schulausgaben, Lfg 102.) 
Bielefeld u Leipzig, Velhagen u. Klasing 1904. 8°. XXV, 152 S. Geb. 1,20 Mk. (Wilh. 
Kahl: Zs. f. hd. Maa. 5, S. 370.) 35) Th. Justus (Tb. Zedelius), Aus Volkes Mund. Eine 
Studie. Oldenburg, Schulze [1904], 2B1.,54S. 1,20 Mk. [Bringt nur vereinzelt Mund- 
artliches.] 36) Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache. 
Gesammelt auf Veranlassung der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich unter Beihilfe 
aus allen Kreisen des Schweizorvolkes. Hrsg. mit Unterstützung dos Bundes und der 
Kantone. Begonnen von Frdr. Staub und Ludw. Tobler. Heft 49 u. 50. Bearb. von 
A. Bachmann und H. ßruppacher, E Schwyzer, F. Halsiger. Heft 51. Bearb. 
von A. Bachmann u. H. Bruppacher, E. Schwyzer. (5. Bd. S.817 — 1296.) Frauenfeld, 
Huber u. Co. 1904. gr.8 e . je 2 Mk. (Freytag: Päd. Arch. 47, 10.) 



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102 



F. Meutz. 



jahro die Hefte 49 — 51 erschienen, die das Werk von firmsiscli bis Quatii 
fübren. 

b) Westschweizerisch. Über die Sprachgrenze gegen das Franzi - 
sische zwischen dem Berner Jura und don Alpen unterrichtet ein 
Aufsatz von Zimmerli 87 , der auf Grund der Volkszählung vom 1. Üez. 
1900 einen, wenn auch nicht sehr erheblichen, Rückgang des Deutschen 
nachweist Erwähnenswert, wenn auch nicht direkt auf Sprachgrenze 
oder Mundart bezüglich, ist auch der (anonyme) Aufsatz von Garraux* 8 , 
der nachweist, daß schon im Mittelalter im Berner Jura deutsch ge- 
sprochen wurde, das Deutsche also dort geschichtlich berechtigt ist, 
und der darum Gleichberechtigung mit dem Welschen für das Deutsche 
fordert, besonders im Schulwesen. Wohl, um sie niedriger zu hängen, ist 
dem Schriftchen, das zuerst 1903 in der » Deutschen Erde « erschienen ist, 
auch die Erwiderung beigefügt, die der Erziehungsdirektor des Kantons 
Bern, Gobat, darauf veröffentlicht hat, und die für die Deutschen einfache 
Unterordnung unter die Welschen fordert. Gegen Gobat wendet sieh dann 
Th. Längin 8 \ besondere hinsichtlich der Verwelschung der Ortsnamen. 
Über das Deutschtum im Wallis handeln zwei Aufsätze von .Blocher* 0, n , 
aus denen hervorgeht, daß die Sprachgrenze im Wallis jetzt mit der Be- 
zirksgrenze zwischen Siders und Leuk zusammenfällt, und daß sie vor- 
läufig feststeht und das Französische keinen weiteren Boden gewinnt. 
Blocher weist noch besonders hin auf die für die Entwicklung der Sprach- 
verhältnisso wichtigen Bahnen: die Lötschbergbahn und die Wildstrubel- 
bahn werden das Deutschtum stärken, während die Simplonbahn roma- 
nische Elemente ins Land bringen wird. 

Die Aargauer Ma. ist verwendet in einem Lustspiel von Roth"; 
die ebenfalls aargauische Freiämter Ma., die interessante lautliche Eigen- 
tümlichkeiten zeigt, ist in den Dichtungen von Müller 4 * vertreten. 

Bern. Balslger 4 * stellt an der Hand der Reime Vokalismus, Kon- 
sonantismus und Rexion der Sprache Ulrich Boners fest und führt da- 

37) Jak. Zimmerli, Deutsehe und Romauen im schweizer Mittellande: Dt. Erde 3, 
S. 130—136. 38) <i[arraux]*, Betrachtungen über das geschichtliche Recht der deut- 
schen Sprache im bernischen Jura. Von einem Deutschjurassier. Bern, A. Francke 1904. 8°. 
|Ersch. zuerst ohne Einleitung 1903.] ^Beigefügt ist die Gegenschrift von Alb. Gobat: Lu 
Jura et Tallomand (zuerst ersch. in Rev. jurass. 1 , 1903, S. 177 — 180).] (Ed. Blocher: Alem. 
N. F. 5, 8. 150- 159.) 39) [Th ] L|Kngin]*, Die Sprache dos Jura: Der Berner Jura. 
16. April 1904, Nr. 31. 40) Ed. Bloclier, Aus dem Sprachleben des Wallis: Alem. 
N. F. 5, 8. 83—114. (Mit Sprachkarte.] 41) Ders., Der gegenwärtige Stand des 
Deutschtums im Wallis [mit SprachcnkarteJ: Dt. Erde 3, S. 73 — 77 und Sonderkarte 6. 
42) S. W. Roth, Hans Stolprian d'r Hürotskandidat oder das Gluck. Dialekt- Lustspiel 
m. Gesang. (Sammlung schweizerischer Dialektstücke, Nr. 49.) Zürich, C. Schmidt 1904. 8°. 

34 S. u. Musikbeil. 0,65 Mk. 43) Walt. MUller, Buechnüssli vom Lindenberg. G'sehichtJi 
un Gediehtli in Freiämter Mundart. 2. venu. Aufl. Aarau, H. R. Sauerlander u. Cie. 
1904. 8". X. 121 S. 1.60 Mk. (Hdw. Haldimaun: Zs. f. hd. Maa. 6, S. 62 f.) 44) Fei. Bnl- 
slger, Bouers Sprache und die bernische Mundart. Berner Diss. Heidelberg 1904. 8". 

35 S. [Ersch. vollständig Zs. f. hd. Maa. 5. S. 37 — 99.] 

*) Name dos Vuifabsers nach Dt. Erde 3, S. 117. 



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Deutscho Mundartoüforacbung und -dichtung im Jahre 1904. 103 



durch den Nachweis, daß Bonor nicht, wie Bächtold behauptet hat, >die 
altbernische Ma. in ihrer urwüchsigsten Gestalt« geschrieben habe, sondern 
im wesentlichen die bernische Kanzleisprache seiner Zeit, durch die die 
danialigo ümgangsspracho der besseren Berner Gesellschaft stark beein- 
flußt war. Daneben bestand die von diesen Einflüssen nicht berührte Ma. 
fort, und die heutige Stadtberner Ma. ist ein Produkt aus der Mischung 
beider Sprachen, sie ist die Fortsetzung einer früher weder literarisch 
noch urkundlich belegbaren Form, (rreyerz* 5 gibt eine Sammlung der- 
jenigen berudeutschen Wörter, die in ähnlicher Form und gleicher Be- 
deutung der Schriftsprache fehlen. Willkommen ist dabei auch das 
Verzeichnis berndeutscher Literatur. Als ein systematisch geordnetes 
Wörterbuch des Berndeutschen mit verbindendem Texte kann man das 
reich ausgestattete Werk von Frledli* 6 über Lützelflüh bezeichnen. Es 
gibt eine genaue Schilderung des ganzen volksmäßigen Lebens dieser 
(Gemeinde des Kantons Bern, immer unter Anwendung der mundart- 
lichen Ausdrücke und Redensarten und mit alphabetischem Wörterver- 
zeichnis am Ende. Von besonderem Interesse ist noch die beigegebene 
genauo Karte der Gemeinde und ihrer Gemarkung mit streng mundart- 
licher Schreibung aller Ortsbenennungen. — Von Üichtungon in Berner 
Ma. sind eine ganze Reihe zu verzeichnen 47-51 : nächst oder neben dem 
Züricher Dialekt wird wohl der Bernische von den schweizerischen Maa. 
am meisten in der Dichtung verwendet. 

Glarus. Hier ist nur eine Probe zu verzeichnen 58 
Gold b ach. Hedw. Haldlmann 1 behandelt als Fortsetzung ihrer 
Dissertation die unbetonten Vokale dieser Mundart und findet dabei Ge- 

45) 0. t. Greyerz, Kleines berndeutsches Wörterbuch. Bern, A. Francke 1004. 
8°. 24 S. 80 cts. [Erweiterter Sonderdruck aus desselben Verfassers 1903 erschienener 
»Deutschen Sprachschule für Berner«.] (Hedw. Haldimann: Zs. f. hd. Maa. 6, S. 64.) 

46) E. Frledli, Dnrndütsch als Spiegel bernischen Volkstums. I. Lützelflüh. . . . Hrsg. 
mit Unterstützung des Kantons Bern. Bern, A. Francko 1905 (1904 ersch.J. 8*. 2 Bl., 
XVI, 660 S., 16Taff. 10 Mk. (0. Ebermann: Zeitschr. d. Ver. f. Volksk. 15. S. 359f.) 

47) S am ml ung schweizerischer Theaterstücke. Bern, Ch. Künzi-Locher 1904. 8°. Nr. 1 : 
W. (Umschlag: J ] Ul. Rnmseyer, Unter der Wettortanno oder: Wio ein Suraibel kuriert 
wird. Humoreske in Bernerdialekt für 1 Herr und 1 Dame. HS. 0,50 Mk.; Nr. 2: Ernst 
Müller, »E Samstigabe imen-e Bärncr Burohus« oder »Der Posthoiri«. Lustspiel in 
Bernerdialekt. 20 S. 0,80 Mk.; Nr. 3: J. Ul. Ramseyer, »Der siebefach Präsident« oder 
»Wie mes tribt, so geits«. Volksstück in Boruerdialekt. 39 S. 1 Mk. 48) J. Reinbart, 
Heimelig Lüt Gschichto für zum Obesitz. . . . Bern, A. Francke 1905. [Ersch. 1904.] 8°. 
315 S. 3,50 Mk ; geb. 4,50 Mk. 49) Kud. v. TaTcl , Familie Landorfer. . . . Bern, 
A. Frauke 1904. S°. Bd. 1: Jä gäll. so geit s! E luschtigi Gsehiebt us trauriger Zyt 
3. Aufl. 223 S. 2,50 Mk.-, geb. 3,50 Mk.; Bd. 2: Der Houpme Lombach. Berndeutsche 
Novelle. Anschließend an die Novelle »Ja gäll, so geit's«. 2. Aufl. 336 S. 3.20 Mk.; geb. 
4 Mk. 50) Hnr. TUrler, Drei Lieder aus dem 16. Jahrhundert, mitgeteilt vom Heraus- 
geber: Neues Berner Ta-eheubueh auf d. J. 1904. S. 2-10 — 258 (nicht rein mundartlich). 
51) Emma Ziegler, Heimliche Liebe. Kerndeutsches Lustspiel mit Gesang. Aarau. 
FI. R. Sauerländer u. Co. 1904. S n . 34 S. 0,60 Mk. 52) Casp. Stiel ff, Der Ueiri Jonni 
im Sunuebärg. Erzählungen in Glarner Mundart. .. . Fraueufeld, J. lluber u. Co. 1904. 
8°. VII, 257 S. 4 Fr. 53) Hedw. Haldimann, Der Volalismus der Mundart von Gold- 
bach. (Fortsetzung.): Zs. f. hd. Maa. 5, S. 225 - 244. 



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104 



F. Mentz. 



legenheit auf mehrere interessante Probleme, besonders bei den Deminu- 
tiva und bei den Personalpronomina einzugehen. 

Luzern. Der rührige Bearbeiter von Vergangenheit und Gegenwart 
der Luzerner Ma., Brandstetter 54 , gibt eine Geschichte des Genitivs in 
dieser Ma., die eine überraschende Fülle von Anwendungen dieses Falles 
zeigt, wie denn überhaupt in den md. Maa. der Genitiv schneller verloren 
zu gehen scheint als in den oberdeutschen. 

Nidwaiden. E. Odermatt's 1903 erschienene Dissertation ist 1904 
als Nr. 9 der Abhandlungen der Züricher Gesellschaft für deutsche Spracho 
herausgegeben worden. 65 Sie behandelt auf Grund reichhaltigsten Materials 
die Deminutiva in der Ma. und gibt zu' interessanten Vergleichen mit der 
oben erwähnten Arbeit von H. Haldiraann Anlaß, aus welcher sich auch 
die richtige Erklärung für die Doppeldeminutiva auf ili ergibt. 

Zürich. Von der Züricher Sammlung schweizerischer Dialektstücke 
sind im Berichtsjahre die Nrn. 49 — 59 erschienen. Davon gehören der 
Züricher Ma. an die Nrn. 50, 51, 54 — 56, 58, 59. 5 « 

Über die Deutschen am Monte Rosa und im Kanton Tessin 
berichten zwei kleine Aufsätze. 67 58 Werke über das Deutschtum südlich 
dor Alpen überhaupt s. unten bei den Schriften über die Tiroler Ma. 

c) Ostschweizerisch. Die Appenzeller Ma. ist verwendet in einem 
Volksschauspiel von Farner. 59 Ein anonymer Artikel des Bünduer 



54) R. Brandstet ter, Der Genitiv der Luzerner Mundart in Gegenwart und Ver- 
gangenheit (Abhandlungen, hrsg. v. d. Ges. f. deutsche Sprache in Zürich, 10.) Zürich, 
Zürcher u. Furrer 1904. 8". 80 S. 2Mk. (E. Schwyzor: Horrigs Archiv 113, S. 1 79 f. : 
Ldw. Sütterlin: Zs. f. dt. Piniol. 37, S. 273f.; Hans Reis: Zs. f. hd. Maa. 6, S. 112—111; 
J. W. Nagl: Dt.Ma. 2, Hüft 1/2, S. 144f.; -nn-: Cbl. 1904, Sp. 891 ; E.Martin: Litztg. 
1904, Sp. 1987; E. Hoffniann- Krayer: Schweiz. Arth. f. Volksk. 8, S. 321.) 55) Esther 
Odernmtt, Die Deminutiva in der Nidwaldener Mundart. (Abhandlungen, hrsg. v. d. 
Ges. f. dt. Sprache in Zürich, 9.) Zürich, Zürcher und Furrer 1904. 8 8 . 3 Kl.. 91 S. 
2,40 Mk. <E. Schwyzer: Horrigs Arch. 113, S. 178f.; Hdw. Haldimann: Zs. f. hd. Ma. 6, 
S. 63f.; J. W. Nagl: Dt. Ma. 2. H. 1/2, S. 143f.; E. Martin: Litztg. 1904, Sp. 789f.; 
-un-: Cbl. 1904, Sp. 795; E Hoffmann - Krayer: Schweiz. Aich. f. Volksk. 8, S. 321 f.) 
56) Sammlung schweizerischer Dialektstücke. Zürich, C. Schmidt. 8°. Nr. 50: Bcrnh. 
Melnlcke, In der Klubhütte. Humoristische Gebirgs-Scene mit Gesang für Alpen- 
freunde. ... 15 S. u. Musikbeil. 0.80 Mk.; 5t: De neu Schrinergsoll. E zürideutsches 
Dialektspiel. 30 S. 0.05 Mk.; 54: R. Großroann, Dor Schulden baucr. Schauspiel. (Zürchor 
Mundart.) 76 S. 1,20 Mk.; 55: Henri Gyslcr jun., Komödi üb. Komödi. Lustspiel in 
Züricher Mundart. 10 S. 0.80 Mk.; ~>ti: Kernh. Meinlcke, S'Seemüller's GritÜi oder 
s'Stöffels verunglüokti Hürotsgschicht. Dialekt -Lustspiel mit Gesang und Tanz. 32 S. 
0,80 Mk.; 58: Ernst Esch manu, I der Spriichstund. Dialektlustspiel. 13 S. 0.50 Mk.; 
.VJ: Carl Gysier, Sauger- Fiündschafte. Es Bild us em Voreinsliibe in Zürcher Mundart. 
32 S. 1 Mk. 57) L. (Itauck), Ein doutschcr Volksstamm am Fußo des Munt Rosa: 
Schlcs. Ztg., 8. April 19o4, Nr. 244. [Nach Dt. Erde 3, S. 118.] 58) Mart. Rlekli, 
Reise- und Vegetationsbildcr aus den nordwestlichen Tessiner Alpen und aus dem Pommat: 
Wandern u. Reisen 2. S. 365 — 369. (Gibt u.a. einige mundartl. Bezeichnungen. Nach 
Dt. Erde 3, S. 118 | 59) Ulr. Farn er, De Tag vo Vogelisegg. E Volksschauspiel in. 
Gsang u. Tanz. (Samml. schweizerischer Dialektstucke, Nr. 52.) Zürich, C. Schmidt 
1904. 8°. 36 S. 1 Mk. 



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Deutsche Mundartooforschung und -diehtung im Jahre 1904. 



105 



Tagblatts handelt über die Sprachen in Graubünden. b0 Brandst«tter 61 
weist nach, daß die germanischen Bestandteile des rätoromanischen 
Wortschatzes im Gebiet des Oberrheins nicht, wie man früher an- 
nahm, Schriftdeutsch sind, sondern der schweizerdeutschen Ma. ent- 
stammen. Die Arbeit ist (nach dem Jahresber. der germ. Philologie) 
»eine vorzügliche Anleitung zur Behandlung solcher Fragen«. St. G aller 
Ma. ist vertreten in zwei Lustspielen von Stutz. 62- 69 Ztndel- Kressig 64 
gibt Proben aus Sargans. 

2. Südbadisch. 

Sütterlin hat eine neue Ausgabe von Hebels unvergänglichen Ge- 
dichten besorgt 6 "; auch Ganther's 66 Gedichte erscheinen nicht zum ersten 
Male, (jr.s 07 poetische Kochrezepte in Schwarzwälder Ma. haben mir nicht 
vorgelegen, dürften aber manchen interessanten Ausdruck onthalten. 

3. Elsässisch. 

Einige Notizen über den elsässischen Dialekt im allgemeinen, seinen 
im Vergleich mit anderen Maa, häufigen Gebrauch auch seitens Gebildeter, 
sein Verhältnis zum Schriftdeutschen und zum Französischen bieten zwei 
Artikel in der »Straßburger Post 68 und in den »Grenzboten*. 69 Einige 
Angaben über die für die Abgrenzung der eis. Maa. gegeneinander wich- 
tige Verbreitung der verschiedenen Formen des Partizipium Präteriti von 
»sein« macht Halter. 70 Die Form gewann, gwän, die nordwestlich von 
Straßburg und im sog. krummen Elsaß gebraucht wird, und die er an 
das mittelschwäbische gweä anschließen will, dürfte sich wohl eher durch 
den Einfluß der Maa. des benachbarten Lothringen erklären. Von Martin 
u. Llenhart's 71 großem Wörterbuche sind im Berichtsjahre Lief. 1 — 3 



60) Die Spiachen in Graubünden : Ründncr Tagblatt. 10. Juui 1901 61) R. Brand- 
stetter, Rätoromanische Forschungen. 1. Das schweizerdeutscho Lehngut im Romoutschen. 
Luzern, J. Eisenring 1905. |Erech. 1904.] SJ S. 62) .Jak. Stutz, De Narr. Lustspiel. 
(Sammlung schweizerischer Dialoktstücke, Nr. 53.) Zürich, C. Schmidt 1904. 8°. 22 S. 
0,80 Mk. 63) Den., Der glorreiche Kriegszug. (Samml. Schweiz. Dialektstücke, Nr. 57.) 
Ebd. 1905. [Ersen. 19U4.J 8". 30 S. 0,80 Mk. 64) A. Zlndel- Kressig, Reime u. Redens- 
arten aus Sargans: Schweiz. Arcb. f. Volksk. 8, S. 57 — 00. 65) Joh. Peter Ilebel, 
Aiematjuische Gedichte. Für Freunde ländlicher Natur und Sitten. Mit Bildern nach 
Zeichnungen von Curt Liebich. 2. Aufl., besorgt von Adf. Sütterlin. Ijibr, Groß u. 
Schauenburg 1SKJ4 8". XXIII, 183 S. 5.50 Mk. 66) Aug. Ganther, Danuezapfo us 
cm Schwarzwald. I.uschdigi Gedieh tli iu niedor-alüinann. Mundait. 4. Aufl. Stuttgart, 
A. Bonz u. Co. 1905. 1 1904 ersch.| 8". VIII, 1 JOS. 1.20 Mk ; geb. 2 Mk. 67) E. G., 
»So basch's gearn«. Poetische Kochrezepte in Schwarzwalder Mundart. Frei bürg i. B., 
J. Elchlepp (1904J. 8°. 112 S. 2 Mk. OS) Zur Sprachen frage im Rcichsland: Straßb. 
Tost 1904, Nr. 1103. 69) Straßbuiger Bilder. 3.: Grenzbotcn 03, 1904, 2, S. 518- 523. 
70) Edu. Tonderhalde [Edu. Hiiltei'l, (leucßt, yeuänn, t/teün, ysinii, gut, gsi, im Elsaß: 
Straßb. all. Verkehrs- Ztg. 1904, Nr. 5. 71) E. Martin und H. Llenhart, Wörterbuch 
der elsässischen Mundarten. Im Auftrage der Landes Verwaltung von Elsaß- Ivothringen. 
Bd. II, Lief. I —3 (S. 1 -480). Straßburg, K. J.Tiubner 1901. gr. 8°. jü4 Mk. (V. Uenry: 
Rev. crit. N. S. 58 , S. 140 — 148, 229 f.; 59, S. 288 f.) 



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F. Meutz. 



des 2. Bandes erschienen, die das Werk von Ii bis liucl^schnmckere? 
führen. Im Anschluß an dieses Werk bedauert Henry 72 , der selbst 
Colmarer ist und dem wir eine vortreffliche Arbeit über die Ma. dieser 
Stadt verdanken (1900 erseh.), daß es nicht auch eine Grammatik der 
elsässischen Maa. gebe, und rät, diese Lücke baldigst auszufüllen. Natür- 
lich müßte jede Hauptmundart des Elsaß ihren besonderen Bearbeiter 
haben, aber wie dieser vorzugehen hätte, dafür gibt H. eine sehr gute 
Anleitung, die fast für die Bearbeitung jedes Dialektes als Muster dienen 
könnte. Seine Einteilung der elsässischen Maa. ist wohl teilweise an- 
fechtbar, ist aber auch ohne Anspruch auf unbedingte Richtigkeit gegeben: 
ein Versehen ist wohl, daß für die deutschen Maa. des Elsasses auch das 
Steintal (Ban de la Roche) mit seinen französischen Patois in Anspruch 
genommen wird. Auf Martin- Lienharts Wörterbuche, einem ungodruckten 
»Dixionnaehr vom Strosburjer Dialect un Hochditsch« von (}. Ulrich und 
auf dem Endo 1005 erschienenen Wörterbuche der Straßburger Ma. von 
Charles Schmidt beruht die fleißige Arbeit von Roos 73 , die die Fremd- 
wörter in den elsässischen Maa. allseitig behandelt, auch die Lehnwörter 
berücksichtigt, soweit sie nicht auch in der Schriftsprache vorhanden sind. 
Die hebräischen Fremdwörter, weil schon früher von andern behandelt, 
bleiben ausgeschlossen. Interessant ist, daß manchmal ein und dasselbe 
Fremdwort in verschiedener Form aus verschiedenen Sprachen (z. B. aus 
dem Lateinischen und Französischen) übernommen worden ist, daß ferner 
die elsässische Ma. nicht selten das deutscho Wort anwendet, wo die Schrift- 
sprache ein Fremdwort hat (Stock für Etage, Base für Cousiue u. a.), und 
vor allem, daß die Fremdwörter, vorab die französischen, im Schwinden 
sind. Ebenfalls auf dem erstgenannten Wörterbuche beruht ein gemein- 
verständlicher Vortrag von Müller- Fraureuth 7 *, der das uralte und wohl- 
erhaltene Deutschtum der elsässischen Maa. darstellt In sehr zweck- 
mäßiger Weise werden von einem Ungenannten schon seit mehreren 
Jahren im Elsaß- Lothringischen Schulblatte deutsehe Wörter in alphabe- 
tischer Reihenfolge etymologisch erklärt 71 und entsprechende oder ver- 
wandte Wörter der eis. Maa. dabei herangezogen. Sicher ein gutes Mittel, 
die Volksschullehrer, die in erster Linie zu Beobachtern der Ma. berufen 
sind, für diese zu interessieren und sie ihren Wert erkennen zu 
lehren. Das Verständnis der heutigen eis. Ma. durch den Blick auf 
eino frühere Entwicklungsstufe zu fördern, ist der Zweck oines Auf- 

72) V. Henry, IIa plan do dialectologic alsacienno: Rev. d'Als. 4. sör. 5, S. 233 — 244. 
73) Karl Roos, Dio Fremdwörter in den elsässischen Muudaiten. Ein Beitrag zur elsiis- 
sisclien Dialektforschung: Jb. f. Gesch., Spr. u. Lit. Els.-Lothr.s 20, S. 101 — 262. [Erschien 
einzeln 1903 als Straßb. Dissertation ] 74) Kail M Iii ler- Fraureuth, Deutsohes Volks- 
tum in Spiegel elsässiseher Mundart. In dess. Verf.: Aus der Welt der Wörter. Vor- 
träge über Gegenstände deutscher Wortforschung. Hallo a. S., M. Niemeyer 1904. S°. 
S. 153 — 187. (Der Vortrag erschien zuerst in der Montagsheilage des Dresdner Anzeigers 
1901, Nr. 43 — 45.) 75) Beiträge zur Etymologie der deutschen Sprache mit beson- 
derer Berücksichtigung der elsässischen Muudaiten. (Forts.): Els.-Lothr. Schulbl. 34, 
S. 8 f. , 28 f. , S<i f. , 1 18 f. , ISS f., 229 f. , 247 f. , 3 1 6 f. , 368 f. , 3S7 f. . 449. 



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Deutsche Mundartenforsohung und -dichtung im Jahre 1904. 



107 



Satzes von Ehret. 76 — Die Verwendung des elsässischen Dialektes in der 
Literatur ist, wie Schönaus dem Bestehen des elsässischen Theaters in 
Straßburg zu schließen ist, recht häufig. Es sei gestattet, hier zurück- 
greifend das 1903 erschienene Werk von Schoen 77 über dies Theater zu 
erwähnen, da dasselbe über diese für dio Mundaltenliteratur doch sehr 
wichtige Erscheinung umfassend berichtet und eine Bibliographie (verfaßt 
von J. Musculus) nicht nur der im elsässischen Theater aufgeführten 
Stücke, sondern überhaupt der dramatischen Erzeugnisse in eis. Ma. gibt 
Von dramatischen Leistungen ist im Berichtsjahr allerdings nur ein Stück 
zu verzeichnen. 78 Im übrigen sind zu erwähnen drei Abdrücke von älteren 
Diaiekterzeugnissen, darunter ein Gedicht von Göttlich Stöber aus dem 
Jahre 1836 und ein älteres Mülhauscr Spottlied. 7 "- 81 Die Gebr. Matthis 82 
veröffentlichen ein ma. Gedicht in der Illustrierten Elsäss. Rundschau, 
auch von Neiikirch hi und Walter- Bok 84 sind Mundartgedichte erschienen. 
Die meisten elsässischen Tageszeitungen und Wochenblätter bringen hin 
und wieder, manche sogar regelmäßig, Gedichte oder Plaudereien in 
der Ma., diese können hier natürlich nicht angeführt werden; ein Mül- 
hauser Witzblatt erscheint ganz iu der Ma. 85 

B. Schwabisch. 

Von Fischer s ^ großem Wörterbuche ist im Berichtsjahre die 
S.— 10. Lieferung erschienen, enthaltend den Schluß des 1. Bandes, sowie 
das Vorwort, dio Erklärung der Seh liftzeichen, das phonetische Alphabet 
und das Verzeichnis der Abkürzungen. Dio genannten drei Lieferungen 
führen das Werk von I Und -fade 11 bis liäi, der 1. Band überhaupt enthält 



76) L Ehret, Aus der Kanzleisprache) der Fürstabtei Murbach im 17. Jahrhundert: 
Els.-Lothr. Sohulbl. 31, S. 245 — 247, 267 f., 285-287. 77) II. Schoen , Lo TheÄtru 
alsacien. Bibliographie eomplete du theatre alsacien. Biographie des auteurs. Strasbourg, 
J. Noiriol 11)03. 8°. 330, X LI S. 2,80 Mk. (Hch. Stcke: Cbl. 1904, Sp. 891 f.: Hch. Schneegans: 
Litztg. 1904, Sp. löG — 158 ) 78) Alph. BisehofT, Modeini Lieb' oder D'r Herr Apo- 
theker. Schwank in elsässischer Mundart. Straßburg, J.Singer 1904. 8°. 31 S. 0.80 Mk. 

79) D' Ankunft der Strosshurjor S< Inff in Paris den 29. April 1836. Zum Wiederabdruck 
gebracht von Jul. Euting: Z». f. Gesch., Spr. u Lit. Eis. - Lothra 20, S. 53-58. 

80) Gottlieb Stöber, An Jacob Jung dem [!] wackern Straßburger SchifTmann : ebd. S. 58f. 

81) Ernst Martin, Die Illzacber Jäger. | Nach einer Mitteilung von E. Fallot.]: ebd. 
S. 302-304. 82) Alb. u. Ad. Matthis, I ff d'r Baraad im »Palais anno 1903: III. 
eis. Rundschau 6, S. 29. S3) F. X. Neuklreh, 's Pfiffe 1 vum e Meiselocker. Gedichtlo. . . . 
Straßburg, Schleper u. Sehweikhardt 11*04. 8". 156 S. 2,S0 Mk. 84) Angela Walter - 
Bok, Gedichte und Gespiuehe für Kinder in elsässischer Mundart und hochdeutscher 
Sprache. Zum (iebrauch bei festlichen Veranstaltungen an Weihnachten und au Kaiseis 
Geburtstag. Gebweiler, J. Boitze VA)'). S°. 0.50 Mk. 85) D'r Klappei stei. Illustriert- 
hunionstisch -satyrisch WucheMatt. 2. Johrg. Miilhauseu. l'nion 1904. 4". 86) Herrn. 
Fischer, Schwäbisches Wörterbuch. Auf Grund der von Adelb. v. Keller begonnenen 
Sammlungen und mit Unterstützung des Württembergischen Staates bearbeitet. Lief. 8— 10. 
Tübingen. IL Laupp 1904. 4". Sp. 1121 — 1576 und XXI V S. Subskr.- Breis je 3 Mk. 
(J. W. Xagl: Dt. Maa. 2, IL ! 2. S 145 f.; V. Hlenryl: Kev. crit. X. S. 58, S. 63 u. 383f.; 
59, S.238; -nn-: Cbl. 1905, Sp. 866.) 



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10S 



F. Mentz. 



die mit A f II und V beginnenden Wörter. Anlautondes b und p, d und /, 
k und q werden nämlich, weil in der Ma. gleichlautend, zusammen be- 
handelt, im übrigen sind die Wörter aber nach dem gewöhnlichen Alphabet 
geordnet, nicht (wie bei Schmeller, im schweizerischen Idiotikon und im 
Wörterbuch der eis. Maa.) nach Stammen. Das Vorwort gibt einen Lebens- 
abriß des Begründers des Wörterbuchs, Adalbert v. Kellers, dann eine 
Geschichte des Wörterbuches, die genau 50 Jahre zurückreicht. Es folgen 
Darlegungen über den Umfang des behandelten Gebietes (es sind einer- 
seits auch die fränkisch redenden Gebieto Württembergs, andererseits 
auch die schwäbischen außerhalb des Königreiches herangezogen worden) 
und über die Art und Weise der Arbeit; ein vollständiges Quellenver- 
zeichnis wird für den Schluß des ganzen Werkes versprochen. Bohnen- 
berger 87 spricht über die Form Muetes, Males Heer für Wuotans Heer 
und den Wechsel von W und M, sowie über den Wandel von ue zu 
6 vor t. Unseld 8 * setzt seine Sammlungen von Sprichwörtern und 
Redensarten fort. — Die poetischen Erzeugnisse in schwäbischer Ma. 
geben wir unten in alphabetischer Ordnung der Verfasser 89 -* 6 , machon 
nur besonders aufmerksam auf den Neudruck des prächtigen, seit 
langer Zeit vergriffenen Werkes von Xefflen und auf die 2. Aufl. von 
Vischels bekanntem Lustspiel. 

C. Bayerisch- österreichisch. 

1. Südbayerisch-österreichisch. 

a) Im ganzen. Auf Sprachgebrauch und Ortsnamen fußend, stellt 
Naffl 97 einheitliche Züge des Volkstums der habsburgischen Monarchie 



S7) Bob neu berger, Mitteilungen übor volkstümliche Überlieferungen in Württem- 
berg. Nr. 1: Württ. Jahrbb. f. Statistik u. Landeskunde 1904, H 1, S. 91 — 110. [Chor 
dio Ma. S. 92.] 88) Wilh. Vnseld, Schwäbische Sprichwörter und Redensarten, ge- 
sammelt in Stuttgart, Tübingen, Ulm und Blaubeuren (Forts.): Zs. f. bd. Maa. 5, 
S. 25 — 21). S9) Alfr. Auerbach, Sehwobeköpf. Ländliches Bild in 1 Aufzug. Stuttgart, 
K.Lutz [1904]. 8° 58 S. 0,75 Mk. 90) Otto GMtnger, So sem'mer Leut'! Schwarz- 
waldgediehte in der Mundart des oborn Murtfals. 5. Aufl. (9. — 10. Tauseud.) Stuttg, 
Greiner u. Pfeiffer [1904]. 8°. 71 S. Kart. 1.20 Mk. 91) W.U., Das Stuttgarter Lust- 
haus oder Das ist spaßhaft, was der Bansjörg und sei' Greth' übers Lusthaus sagen. 
Humoristisch -satyrisches Gedicht in schwäbischer Mundart. 1. — 2 Tausend. Stuttgart, 
P. Mahler 1904. 8°. 12 S. 0.20 Mk 92) W. Hauser, Lachpillen. Die heitersten und 
lustigsten Humoresken, Anekdoten u. Witze in schwäbischer Mundart. Stuttg., P. Mahler 
1904. 8». 79 S. OSOMk.: kart. 1 Mk. 93) Ed. Hiller, Naive Welt. Schwäbische Lieder 
und Idyllen. ... 4. Aufl. Stuttg.. H.Lutz 1904. 8". VIII, 202 S. Geb m. Goldschn. 
3,50 Mk. [S.24S-259 lautl. u. lexik. Erläuterungen.] 94) Job. Nefflen, Der Vetter 
aus Schwaben Sittenbilder aus Altwürttemberg. III. v. Em. Klein. 1 — III. Ebd. |1904], 
8°. 126 S.. I Portr.. 124 S.; 120 S. Je 1.20 Mk. Vollständig in ILwd.-Bd. 4,20 Mk. 
95) Aug. Reift*, 's l'reislied. Schwäbisches Lustspiel. Stuttg. (C. Grüninger) 1904. S°. 
52 S. 1 Mk. 9i.i) Frdr. The<xl. Viselier, Nicht L a. Schwäbisches Lustspiel in drei 
Aufzügen. 2. Aufl. Stuttgart, A. Bonz u. Comp 1904. 8°. 104 S. 1.80 M.. geb. '3 Mk. 
|S. 94 — 104: Anmerkungen zur Sprache ] 97> .1. W. Nngl, Einheitliche Züge des 
Volkstums iu der Habsburgischen Monarchie: Wiener Ztg., 2. Juni 1904. 



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Deutsche Mundartenforschung u. -dichtung im Jahre 1904. 



109 



zusammen. Blau" 8 sucht die * Bärmutter« ( Stach elkugel, die von Frauen 
bei Gebärmutterleiden geopfert wird) durch Volksetymologie auf die Bären- 
raupe zurückzuführen. Höflers Erklärung derselben Sache scheint mir 
aber den Vorzug zu verdienen. Auf einen merkwürdigen Gebrauch des 
Wortes diesseitig in der süddeutschen (bayerischen) Militärsprache macht 
Kraemer" aufmerksam. 

Proben aus Oberbayern und Tirol bringt die Dresdener Alpine 
Theaterbibliothek. 

b) Otorbayeriscil. Über Leben und Dichtungen des oberbayerischen 
(und pfälzischen) Dichters Franz v. Kobell handelt Dreyer. 101 Das Werk 
gibt: Bibliographische Einleitung, Lebens- und Entwicklungsgang des 
Dichters, Überblick über K.s literarische Bedeutung: Stil, literarische 
Vorbilder, K.s Einfluß auf die bayerische Dialektpoesie, zur Quellen- 
frage. Beilagen: Bibliographie, chronologisches Verzeichnis der in Samm- 
lungen erschienenen Gedichte K.s, ungedruckte (Jedichto (auch mund- 
artliche) und Briefe desselben. Außerdem sind Gedichte von Dusch 10 * 
zu erwähnen. 

C) Niederbayerisch. Eine kurze Notiz über die niederbayerische Ma. 
der deutsch -böhmischen Ansiedelungen in Banat gibt Graßl 103 in seiner 
Geschichte dieser Ansiedelungen. Mundartproben sind von Bauer 104 und 
von Kern 106 zu verzeichnen. 

d) Tirolisch (einschl. der deutschen Sprachinseln in Südtirol und 
dem angrenzenden Italien). Wissenschaftliche Arbeiten über die eigent- 
liche Tiroler Ma. sind im Berichtsjahre nicht erschienen; kleine Tiroler 
Geschichten bietet Benk. 106 Die Deutschen der Sprachinseln südlich 



98) Jos. Blau, Die »Bärmutter«: Zs f. öst. Volksk. 10, 1904, 8. 215 f. [Vgl. aber 
Höf ler, Zs. d. Ver f. Vulksk. 11, S. 82.) 99) A. Kraemer, Ein merkwürdiger Ge- 
brauch des Wortes diesseitig (Ditsseitigkeit): Zs. f. d. dt. Unterr. 18, S. 068. 100) Alpine 
Theaterbibliothek. Dresden, B. Sturm 1904. 8" Nr.l : Berth. Sturm, 's falsche Fensterin 
oder 's Reserl v. Ehrwald. Chataktcrszeue aus dem Miemingcr Gebiet mit Gesang und 
Tanz. . . . 32 S. Nr. 2: Em. Kraemer, Nord u. Süd oder Xaa u. Nee. Schwank. 28 S. 
Nr. 3: B. Amberger, Die Ueberbauerakomödie. Ein lusligs G 'spiel aus dem bayr. Vor- 
gebirge m Tanz. 30 S. Je 1,50 Mk. 101) Aloys Dreyer, Franz v. Kobell. Sein Üben 
und seine Dichtungen. (OborbayT. Arch. f. vaterl. Gesch. 52, 1.) München, G. Franz 
1904. 8°. X,132 S. (J. W. N»gl: Dt. Maa. 2, H. 1/2, S. 148 [bestreitet die Verläß- 
lichkeit des Dialektes]; E. Martin: Litztg. 1904, Sp. 1881 f.; Rob. Potsch: Herrigs Arch. 
116, S. 144, 151 f ) 102) Wilh. Dusch, Almag'läut! Gedichte in oberbayrischer 
Mundart. München, J. Lindauer 1905. [Ersch. 1904.] 8°. VIII, 144 S. Geb. 2,50 Mk. 

103) Pet. Graßl, Geschichte dor Deutsch - böhmischen Ansiedelungen im Banat. (Bei- 
trage z dtstb.-böhm. Volksk. geleitet v. Adf. Hauffen, V, 2.) Prag, J. 0. Calve 1904. 
VI, 128 S., 8T. | Üb. d. Ma. S. 125.] (Rob. Petsch: Herrigs Arch. 116, S. 143, 145.) 

104) Eug. Bauer, Waldbleamorln. (Baycrwald- Liederbuch.) Sammlung auserlesener neuer 
u. alter Volkslieder mit ihren Singweisen. Waldkirchen (Passau, G. Kleiter) 1904. qu. 8°. 
III, 104 S. Kart. 1,30 Mk. 105) Frz. Xav. Kern, Dr Waidlabua Ernstes und Heiteres 
au* dem Bayerwald. Dresden. E.Pierson 1904. 8° IV, 48 S. 1 Mk.; geb. 2 Mk. 
106) Ant. Renk, Kraut u. Ruoben. Kleine Geschichten aus Tirol. Linz, Ü.-6. Buch- 
d ruckerei- u. Verlagsgesellschaft 1904. 8°. 24'.» S. 3 Mk. 



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110 



F. Meutz. 



der Alpen halten Andauernd das Interesse wach. Schlber 107 harte sie in 
einem 1902 erschienenen Aufsatze samt und sonders (auch die am Monte 
Rosa) für Reste der Ostgoten erklärt und Bncbholz dies in einer Be- 
sprechung des Aufsatzes als unrichtig bezeichnet. Dies gibt den Anlaß 
zu einer Auseinandersetzung 108 zwischen Verfasser und Kritiker, in welcher 
der Verfasser auf seinem Standpunkte beharrt. Buchholz aber sein ab- 
lehnendes Urteil näher begründet und auf die zweifelsfrei festgestellte 
Verwandtschaft der Ma. dieser Deutschen mit der des benachbarten 
deutschen Sprachgebietes hinweist Die Deutschen in Oberitalien im be- 
sonderen werden von Pflster 109 für leibhaftige Kimbern erklärt. Eine 
sehr dankenswerte, zusammenfassende Arbeit über das ganze deutsche 
Volkstum südlich der Alpen hat Schindele 110 geliefert. Er gibt nicht 
nur eine geographisch -ethnographische Schilderung aller deutschen (ie- 
meinden nebst gelegentlichen Sprachproben, sondern geht auch auf ihre 
(«eschichte ein und bespricht kritisch alle Vermutungen, die bishor über 
die Herkunft dieser Sprachinseln und ihrer Maa. geäußert worden sind. 
Seine eigene Ansicht geht dahin, daß diese »deutschen Sprachinseln nur 
die letzten Reste der einstmals viel weiter verbreiteten germanischen Be- 
völkerung Oberitaliens« seien Dies wird wohl viel Widerspruch erwecken. 
Ein Kärtchen veranschaulicht die verschiedenen Sprachgebiete und ein 
sehr willkommenes Literaturverzeichnis beschließt das Buch. Proben 
»zimbrischer« Ma. aus den 7 Gemeinden (in den 13 Gemeinden wird fast 
gar kein Deutsch mehr gesprochen) bietet JJaft. 1,1 

e) Salzburgisch. Proben. 115 113 

f) Oberösterreichisch. Der bekannte mundartliche Dichter Kalten- 
brunner ist Gegenstand einer Arbeit von Wihan. 11 * Gedichte in der Ma. 
bietet Goldbacher. 1,5 

Q) Niederösterreichisch. Das beträchtliche Anwachsen der Tschechen 



107) A Sehiber, Das Deutschtum im Süden der Alpen: Zs. d. dt. u. öst. Alpen- 
vereins 33, 1902, 8. 30 — 70; 34, 1903, S 42—76 (O. Buchholz: Dt. Erde 2, 1903. 
S. 157.) 108) Adf. Setiiber u. Gust. Buch holz, Die Herkunft der Deutschen am Süd- 
ahhang der Alpen. Rede und Gegenrede: Dt. Erde 3, 8. 95 f. 109) Herrn, t. Pflster, 
Kimbern in Obel - Italien : Eisleber Zeitung 26. Apr. 1904. 110) St. Schindele, Beste 
deutschen Volkstums südlich der Alpen. Eine Studie über die deutschen Sprachinseln 
in Südtirol und Oberitalien. Mit einer Übersichtskarte der verschiedenen Sprach gebiete. 
(3. Vereinssehrift der Corres- Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im kathol. Deutsch- 
land für 1904 ) Köln, J. P. Bachem 1904. 8". 13<> S. 2 Mk. 111) Alfr. BnG, Zim- 
brische Sprach proben aus den Sctte Comuni: Zs. f hd. Maa. 5, S. 29 -37. 112) Otto 
Pflunzl, Auf da Ofnbänk. Allerhand dumme und g\-clieite Sochan in da hoamatlich'u 
Sprach /'summgreimt und aulJageb'n. 3 erweit. Aull Salzburg. E. llöllrigl 1904. S°. 
1G3S. m. Bildnis. Geb. 2,50 Mk 113i Ders., Auf da Hausliiink Allerhand dumme 
und g'scheide Sochan . . . Ebd. 1904. 8". V, 120 S. m. Bildnis. Geb. 2,50 Mk. 
114) Jos. Wihan, Karl Adam Kaltenbrunner als mucdartl Dichter. Linz a.D., J. Feich- 
lingcrs Erben 1904. 8°. 11« S. m. Bildnis 2 Mk. 115) Greg, «oldbaeher, Gmüat- 
lichö Saeh'n. Gedichte in oberösterreicb'seher Mundart. Stevr, Sandbök 1904. 8". 179 S. 
Geb. 3 Mk. (.T. W. Nagl: Dt. Maa. 2. H. 1 2. S. IIS f.) 




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Deutsche Mundarten forsch ung und -dichtung im Jahre 1904. 111 

in Niederösterreich zeigt ein Aufsatz nebst Karte von Nowotny. 1,6 
tiartner 117 beschließt seine Aufzählung phonetisch geschriebener Fremd- 
wörter (d. h. nicht bloß aus nichtdeutschen Sprachen, sondern auch aus 
andern deutschen Maa. oder dem Schriftdeutschen stammender Wörter, 
einschließlich der Lehnwörter) der Wiener Ma. Der Wiener Ausdruck 
Wasche Schwaben wird von Scheffler 11 * auf Grund verwandter Wörter 
aus andern österreichischen Maa. erklärt und auf mhd. siteiben y ahd. 
sweiMn zurückgeführt — Probon sind ziemlich zahlreich. 119 - 113 

h) Steiermärkisch. Ein uns leider nicht zugängliches Görzer Pro. 
gramm beschäftigt sich mit der Phonetik des Dialektes von Polst rau 
im äußersten Ostzipfel der Steiermark. 12 * 

i) Kärntisch. Reich an mundartlichen Ausdrücken ist der Abschnitt 
eines von ^Martin Strasser auf Kholnitz« herrührenden Jagdbuches aus 
dem 17. Jhd., deu Dürnwlrth veröffentlicht. 125 Diese Veröffentlichung 
gibt Heiterer 1 in Anlaß zu einigen Bemerkungen über die Namen der 
Holzkräho und Holkrähe im Österreichischen. Zu den Krähen rechne 
der Bauer alles, was schwarz sei, also auch den Schwarzspecht. 

2. Oberpfülzisch. 

Der reichhaltige und höchst interessante Nachtrag, den Weber 127 
zu seiner Eichstätter Wörtersammlung gibt, hat beinahe den doppelten 
Umfang der ursprünglichen Sammlung. Vielleicht wäre es praktischer 
gewesen, die Zusammensetzungen unter dem Stammwort einzureihen. 
Heiträge zur Lautlehre der Egerländischen Ma. (in Form von Bemer- 
kungen zu Gradls Maa. Westböhmens [1893/95]) gibt Gerbet 118 , zieht 

116) Frz. Nowotny, Die sprachlichen Verhältnisse Niederösterreichs auf Orund 
der Ergebnisse der beiden letzten Volkszählungen vou 1890 und 1900: Dt Erde 3, 
S. 07 — 102. [Dazu Sonderkarte 7 m.d. Tit. : Die Umgangssprache in den Gerichtsbezirken 
Österreichs und Salzburgs 1900. Die tschechischen Minderheiten in Wien. Entworfen 
von Paul Langhans] 117) Theod. Gärtner, Fremdes im Wortschatz der Wiener 
Mundart. (Schluß): Zs. f. hd Maa. 5. S 99 - 134 118) Karl Selieffler, Wäsche 
»chwaben: Zs. d. Allg. Dt Sprachv. 19, Sp. 212. 119) A. Blank, Da Moarhof entern 
Berg'n. Ländlicher Schwank in. Gesang. . . . (Neues Wiener Theater Nr. 166). Wien, 
A. W. Künast 1904 . 8°. 20 S. 1,20 Mk. 120) Gast. JtraunmUHer, Nehmt's mi' mit 
fi. Bd. Österreichische Dialektdichtungen zum Vortrag in geselligen Kreisen. Wien, 
C. Gerolds Sohn 1904. 8°. 1X,120S. Geb. 2Mk. 121) Loop. Htfrmann, Geht's mit 
auf d' Kax! Hergfrohe G'sang'ln u. a D'rauFgah' lust. Vortragsstück'ln in der Volks- 
mundart. . . . Wien, R. Lechner 1904. 8°. VI, 81 S. 1,80 Mk. 122» Mor. Sehnde k, 
A bissen* was. Gedichte in niederösten eichischer Mundart. 3. veränd. u. venu. Aufl. 
Wien, C.Koncgen 1905. [Erseh. 1904.) S°. IIIS. 1,20 Mk.; geb. 2Mk. 123) Der»., 
Gsegn's Gott! Gedichte in niederösten eichischer Mundart. 2. veränd. Aull. Ebd. 1905. 
[Erseh. 1904.] 8°. 92 S. 1,20 Mk ; geb. 2 Mk. 124) K. Oswald, Zur Phonetik des Dialektes 
von Polstrau. Progr. Görz. 8". 16 S. [Nach d. Jber. d. germ Philologie.] 125) R. DUra- 
vrlrth, Ain Jägerische Pract ca das ist Edlicho observationes des Gewüters: Zs. f. öst. 
Volksk.10, S. 50 - 54. 126) C. Reiterer, Die »Holtzkhra« : Z. f. öst Volksk. 10, 8. 107. 
127) Hoinr. Weber, Wörtorsnmmlung aus Eichstätt und Umgebung. Nachtrag: Zs. f. 
hd. Maa. 5, S. 134—140, 145 — 185. 128) Gerbet, Keiträge zur nordgauischen Mundart. 
Skizzen über die Egerländer Mundart: Unser Egerland 8. S. 11 f., 24 f. 



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112 



F. Mentz. 



zugleich die Vogtländische und Erzgebirgische Ma. zum Vergleiche heran. 
Das »etwas quirlende breitere in Böhmen, zu dessen näherer Unter- 
suchung Gerbet auffordert, ist doch wohl das sog. slavische l und beruht 
auf tschechischem Einfluß. Hlntner 1 ' 9 bringt das von M. Müller sehr be- 
denklicherweise als *Leuckt ein« , erklärte Egerländer *lein< (Dachfenster) 
zwar wohl richtig mit mhd. Une, tirolisch tietie, gottsch. Lin, zusammen, 
aber seine etymologische Erklärung des Wortes als »Öffnung, die durch 
Anlehnen von Brettern geschlossen wird«, ist kaum weniger bedenklich. 

3. Hoch-(Ost-)Fränkisch. 
Eine systematische Wörtersammlung mit verbindendem Texte aus 
Rauten kränz auf der Grenze zwischen Vogtland und Erzgebirge (daher 
mit md. Erscheinungen [inl. pp]) y liefert Meinhold. 180 Einige seiner Wörter 
harren noch der Erklärung. Von den Werken des bekannten vogtlündischen 
Dichters Riedel 15,1 ist im Berichtsjahre der 22. Band erschienen. Außer- 
dem sind noch drei Proben vogtländischer Ma. zu erwähnen. 

3. Mitteldeutsche Mundarten. 

I. fränkische Mundarten. 
A. Im ganzen. 

Das Rheinfränkische, Moselfränkische und Ripuarische betrifft dio 
kurze Bemerkung von Wülflug 135 über die Verwechselung der Endungen 
-ch, -sch, -ig oder, besser gesagt, über die Verwechselung des stimm- 
losen palatalen Reibelautes mit dem Zischlaut seh. Denn diese Verwechse- 
lung findet keinesweges nur in den genannten Endungen statt, sondern auch 
mitten im Worte, sogar am Anfang. Vgl. die Beispiele des Verfassers: 
durstlöchend und schämig (d. i. chemisch). Aus denselben Maa. bringt 
Leithaeuser 136 Beispiele in seinem Aufsatze über rheinische Ortsnamen. 

B. Rheinfränkisch. 

1. Pfälzisch (links- u. rechtsrheinisch). 
Auf das eigentümliche intervokalische d des Nord pfälzischen (aber 
auch anderer deutscher Maa., z. B. des Wetterauischen, Mecklenburgischen), 
das zwischen d und r schwankt und häufig durch r wiedergegeben wird, 

12») V. Hlntner, Egerländisch lern: Zeitschr. f. österr. Volksk. 10, S. 187-191. 
130) I.. Mpinhold, Altes und Fremdes in der Sprache meiner Heimat: Mittl. der Vereins 
f. sachs. Volksk 3, S. 149-155, 172-177, 216-219. 131) L.Riedel, Gesammelte 
Werke. 22. Bd.: Blanblettle u. Garthah. Eine Erzählung, sowie ernste und heitere Ge- 
dichte in vogtländischer Mundart, l.u 2 Aufl. Plauen, K. Neupert jr. [1904 1. 8°. 1,20 Mk. 
132) Ii. Frltzsche, »Dar nott«. Ein Schwank iu erzgebirgisch- vogtländischer Mundart. 
Zwickau, Verlag »Unserer Heimat« 1904. 8°. 21 S. 0,00 Mk. 133) E. Leinweber, 
Baasenreisig. Geschichten und Gedichte in vogtländischer Mundart. Plauen , F. E. Neupert 
(1904J. 8". III, 48 S 0,50 Mk. 134) G.Roth, Werzkärnle (Würzkörneheu). 3. Bdchn. 
der lustigen Geschichten in vogtländischer (Greizer) Mundart. Greiz, H. Bredt Nachf. 
[1904]. 8°. VIII, 88 S. IMk.; geb. 1,50 Mk. 135) J. E. WUlflnjr, Die mundartliche 
Verwechselung der Endungen -rh, -xrfi. -irj. Zs. f. d dt. Unterr. I.K, S. 00. 130) Jul. 
Leithaetitfer, Rheinische Ortsnamen auf -/>/;. ->>. -v-k: Zs. f. hd. Maa. 5, S. 307 — 369. 



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Deutsche Mundartenforschung und -dichtung im Jahre 1904. 



113 



lenkt Schneider 187 dankenswerterweise die Aufmerksamkeit. Nur ist seine 
Bezeichnung »aspiriertes rf« nicht glücklich, denn dies ist bekanntlich 
ein ganz anderer Laut. (Sie hätte höchstens eine gewisse geschichtliche 
Berechtigung, insofern dies d vielfach [aber nicht ausschließlich] an die 
Stelle des alten ö getreten ist. Aber daran hat der Verf. bei der Wahl 
seines Ausdrucks offenbar nicht gedacht.) Eher sollte man es cerebrales 
d nennen, wenn man einen lautwissenschaftlichen Fachausdruck dafür 
wählen will. Heeger 138 setzt seine Sammlung lateinischer Lehnwörter im 
Pfälzischen fort. Sehr interessant ist seine Erklärung des rätselhaften 
Wortes Uedem (Abgabe). Falls dies wirklich ein Fremdwort und nicht etwa 
ein uraltes deutsches Wort ist, wird die Ableitung aus gr.-lat. medimnus 
kaum zu bezweifeln sein. Lautliche Gründe sprechen, wie H. selbst sagt, 
nicht dagegen. Allerdings nötigen uns aber auch keine lautlichen Gründe, 
das Wort, wie H. tut, zu den ältesten Lehnwörtern (bis zum 8. Jahrh.) zu 
rechnen. Dafür spricht vielmehr nur die Wahrscheinlichkeit, daß es mit 
den übrigen römischen Maßen zu gleicher Zeit übernommen sein wird. 
Kelper 139 teilt im Anschluß an die Erklärung des wallon. Vornamens Chiel 
(Kurzform für Michael) eine Reihe pfälzischer Kurz- und Verkleinerungs- 
formen von Namen mit Aus einem andern Aufsatze desselben Ver- 
fassers 140 geht hervor, daß das (seltene) Lehnwort quitt im Pfälzischen 
tjucit gesprochen uud gelegentlich mit geweiht verwechselt wird. Derselbe 
Verfasser 141 weist in einer kurzen Erklärung auf die schon früher von 
ihm gegebene Ableitung dos pfälz. mik aus mtcanique hin. Im Anschluß 
an Keipers frühere Mitteilungen über Krimm, Kotten und Lawafidee 
(1903) verbreitet sich Klceberger 148 weitläufig über das von K. unerklärt 
gelassene Wort kiddche, das er richtig als küttcfien, Verkleinerungsform 
von faitt (Grube, Loch) und verwandt mit kaut(e) (ders. Bedeutung) auf- 
faßt. Von den aus andern Maa. als verwandt angezogenen .Wörtern dürften 
einige, z. B. heidel, nicht hergehören, das ändert aber nichts an dem Er- 
gebnis. — Daß die Ma. der Fröhlichen Pfalz« auch in der Dichtung 
vertreten ist, ist wohl selbstverständlich. 143 - 140 Einige Lieder in Oden- 
wald er Ma. onthält Krapp 's 147 Sammlung. 

137) J. Schneider, Das aspirierte »d« in der Nordpfalz: Pfälz. Mus. 21, S. 108. 
138) G. Heeger, Lateinische Lehnwörter in den pfälzischen Mundarten. I. Die ältesten 
lateinischen Lehnwörter (bis zum 8. Jahrhundert). (Forts.): Pfälz. Museum 21, S. 1 — 3, 
30-41 , 59 — G2. 139) Phil. Kelper, Der wallonische Vorname Chiel: Ebd. S. 57 -Iii). 
140) Ders., Gefeit, geweiht, <jueit: Pfalz. Mus. 21, S. 20 — 28. 141) Ders., Zs. f. 
hd. Maa. 5, S. 379. 142) C. Kleebenrer, Kant - Kiddche: Pfälz. Mus. 21, S. 91-93, 
112 — 114. 143) Das Pfälzische Museum bringt Muudartgedichte von Dan. Kühn, 
Emil Weber u. Hnr. Eid. Außerdem sind zu erwähnen: 144) Rieh. MUller, Hinnerm 
Dnnnersehbeig. Dichtung in nordpfalzer Mundart. 2. Aufl. Kaiserslautern, E. Crusius 
1904. 8°. 1V.140S. 2 Mir; geb. 2.50 Mk. 145) Der»., Das Schneiderche vun Mane- 
bach. Ein Dorfidyll in pfälzer Mundart. Ebd. 1905. [Erscb. 1901.1 8°. IV, 91 S. 1,50 Mk.; 
geb. 2 Mk. 146) Em. Weber, Pfälzer Humor. Gedichte u Erzählungen. . . . Kaisers- 
lautern, U. Kayser 1904. 8". VIII, 137 S. 2 Mk. ; geb. 2,50 Mk. 147} II. Krapp, Odenwälder 
Spinnstube. 300 Volkslieder aus dem Odenwald, gesammelt im Auftrage des Odenwaldklubs. 
Darmstadt, L.C. Wittich 1904. 8°. 2BI..219S. 0.50 Mk. (Will.. Horn: Litbl. 1906, Sp. 267.) 
Zeitschrift fftr Deutücho Mundarten. III. 8 



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114 



F. Mentz. 



2. Nordbadisch. 

Mone's 148 auf der Straßburger Universitäts- und Landesbibliothek 
handschriftlich vorhandenes Bruhrainisehes Idiotikon ist von Heilig 
herausgegeben worden. Der Bruhrain ist die Landschaft zwischen Bruchsal 
und Wiesloch, an der südiicheu Grenze des alten Rheinfrankens. Die 
Mundart wird gesprochen in den Gauen der Eisenz, Kraich, Sal, Pfinz 
und Alb. Die Handschrift ist geschrieben von F. J. Mono und seinem 
Sohne Fredegar. Von dem Vater Mone rührt her die Vorrede und die 
grammatische Einleitung (S. 1 — 25 der Handschr.), beides mit Ausnahme 
einiger Notizen von dem Herausgeber weggelassen, sowie die Idiotismen 
auf S. 25—33 der Handschrift. S. 33 — 63 enthalten dann ein Idiotikon 
von der Hand des Sohnes. Der Herausgeber hat beide Idiotika mitein- 
ander verschmolzen, doch so, daß die Bestandteile eines jeden noch 
kenntlich sind. Sütterlln lo gibt eine Sammlung der bei den Neuen- 
heimer (bei Heidelberg) Schiffern und Fischern in ihrem Berufe üblichen 
Wörter mit verbindendem Text. 

3. Mainmundart. 

Proben der Aschaffenburger Sprache gibt f Trockenbrodt. 160 
Die Frankfurter Ma. wird eingehend, wenn auch nicht streng philo- 
logisch, behandelt von Askenasy 151 , auch die Sachsenhäuser Ma. wird 
dabei berücksichtigt. Sehr dankenswert ist die beigegebenc ausführliche 
und genaue Bibliographie sämtlicher poetischer und prosaischer Schriften 
in Frankfurter Dialekt. Ein ausführliches Werk über den bekannten 
Frankfurter Dichter Friedr. Stoltze mit Proben auch aus seinen Dialekt- 
dichtungen liefert Proelß 1 ", ein Bändchen Gedichte Schmidt. 1,8 

4. Hessisch-Nassauisch. 

Heßler's 154 ausführliche Landes- und Volkskunde des ehemaligen 
KJurhcssen und seines Hinterlandes bringt in ihrem, im Berichtsjahre er- 



148) J. Mones Bruhrainisehes Idiotikon, aus der Handschrift herausgegeben von 
Otto Heilig: Neues Arch. f. d. Gesch. d. St. Heidelberg 6, S. 121 — 166. 149) Ludw. 
SUtterlin, Von der Nouenheimer Schiffer- und Fischersprache: Zs. f. dt. Wtf. 6, S. 68 
bis 76. 150) Gust. Trockenbrodt, Ascheberger Spruch'. Gedichte in Aschaffenburger 
Mundart. Neue Folge. 2. Aufl. Ascbaffenburg, C.Krebs 1904. 8°. X,67S. 1,20 Mk. ; 
geb. 1,60 Mk. (Ldw. Frankel : Beil. z. Allg. Ztg. 1904, 3, S.30H.) 151) A. Askenasy, 
Die Frankfurter Mundart und ihre Literatur. Frankf. a. M., Gebr. Knauer 1904. 8°. 
VIII, 359 S. 5Mk. (0. Behaghol: Litbl. 1907, Sp. 149 f.) 152) Job. Proelß, Friedrich 
Stoltze und Frankfurt am Main. Ein Zeit- und Lebensbild. Frankfurt a. M., Neuer Frank- 
furter Vorlag 1905. [Ersch. 1904.) 8°. VII. 380 S. 4 Mk.; geb. 5 Mk 153) Willy 
Schmidt, Gedichte in Frankfurter Mundart. Neues, Aufgewärmtes, auch Solbsterlebtes. 
Frankfurt a.M., A. Blazek jun. 1904. 8°. 96 S. 1,20 Mk. 154) Karl Heßler, Hessische 
Landes- und Volkskunde. Das ehemalige Kurhessen und das Hinterland am Ausgange 
des 19. Jahrhunderts. In Verbindung mit dem Verein für Erdkunde und zahreichen Mit- 
arbeitern hrsg. II. Hessische Volkskunde Marburg |N. G. ElwertJ 1904. 8". XV1,662S. 

Geb. 10 Mk. (Wilb. Schoof : Zs. f. hd. Maa. 6, S. 294 f.) 



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Deutecho Mundarten forschung und -dichtung im Jahre 1904. 



115 



schienenen 2. Teil o, der die eigentliche Volkskunde behandelt, merkwür- 
digerweise kein besonderes Kapitel über die hessischen Maa. (Ein solches 
hat dann, vermutlich infolge von Schoofs Besprechung, in dem 1906 er- 
schienenen 1. Teile, der die Landeskunde enthält, seinen Platz gefunden. 
Wir werden darüber später borichten.) Doch werden natürlich die mund- 
artlichen Bezeichnungen für die Gegenstände des täglichen Lebens in 
der Darstellung erwähnt, auch wird bei Besprechung einzelner Gebiete 
mitunter auf ihre Ma. eingegangen. Interessant ist das Kapitel über die 
Kasseler » Fulebriggensproche « (S. 125 — 131), die zwar mehr verderbtes 
Schriftdeutsch als Ma. ist, aber eigenartige Wortbildung zeigt. Für den 
Wortschatz ergibt sich manches aus den Abschnitten »Die Schwalm« 
(S. 331 — 338: Mundartliches und sprichwörtliche Redensarten) und »Das 
thüringische Niederhessen« (S. 452 — 459). Schttner 156 setzt sein 
wertvolles, sachlich geordnetes Idiotikon von Eschenrod in Oberhessen 
fort, gibt dabei auch Häuser- und Familien-Sondernamen (mit Angaben 
über ihre Entstehung), sowie Flur- und Ortsnamen und als Anhang Verbal- 
formen. Nicht ganz mundartlich, aber stark mundartlich gefärbt sind die 
von Schöner 156 veröffentlichten Erinnerungen aus Eschenrod. Die durch 
den 1902 verstorbenen Kurt Nuhn literaturfähig gemachte Schwälmer 
Ma. ist vertreten in den Gedichten von Kranz und Schwalm. 167 

C. Moselfränkisch. 

Proben der Coblenzer Ma. gibt Zimmer 168 , der Trierer Laven. 15! * 
Zur Ergänzung seiner Dissertation über den Vokalismus der Merziger 
Ma. (1903), in welcher ein Kapitel über den musikalischen Akzent fehlt, 
gibt Fuchs 160 eine Reihe von Proben dieser stark singenden Ma. mit 
Bezeichnung des musikalischen Akzentes durch Noten. Ein Wörterbuch 
der Eifel-Ma. 161 ist in Vorbereitung. Proben der Luxemburger Ma. 
enthält die bekannte Zeitschrift Ons Hemecht 162 — Über die lange Zeit 
unentschiedene Herkunft der Siebenbürger Sachsen ist hauptsächlich durch 
die Arbeiten Kisch's Licht verbreitet worden. Ein Vortrag 168 darüber, 

155) Gust. Schöner, Spozialidiotikon des Sprachschatzes voo Eschenrod (Ober- 
hessen). (Forts.): Zs. f. hd. Maa. 5, S. 245 — 351. 156) Der»., Erinnerungen und Über- 
lebsei vergangener Zeiten aus dem Dorfe Escheurod im Vogelsberg. Nach der Mitteilung 
^ines alten Mannes authentisch und wortgetreu dargestellt: Hess. Bll. f. Volksk. 3, 
S. 54 — 63. 157) J. 11. Kranz u. J. H. Scbwnlni, Kreizschwerneng, Spaß niuJJ seng! 
Gedichte in Schwälmer Mundart. I. Ziegenhain, W. Korell 1904. 8°. VH,162S. Geb. 
1.60 Mk. (Wilh. Schoof: Zs. f. hd. Maa. 6, S. 296f. (Dialekt recht zuverlässig, doch hie 
u. da noch genauere Schreibung erwünscht); J. W. Nagl: Dt. Maa. 2, H. 1/2, S. 157 f.) 
158) Fritz Zimmer, Humoristisch - karnevalistische Lieder in Coblenzer Mundart. Coblenz, 
Gebr. Friedrich 1904. 8". IX, 100 S. 1 Mk. 159) Ph. Laven, Zwei Gedichte in trie- 
rischer Mundart: Zs. d. Yer. f. rhein. u. westf. Volksk. 1, S. 233). 160) Ernst Fuchs, 
Der musikalische Akzent in der Merziger Mundart: Zs. f. hd Maa. 5, S. 12 — 19. 
161) Von Schulrat Esser in Malmedy. (Vgl. Pfalz. Museum 21, S. 58.) 162) Ons 
Hemecht. Organ des Voreins für Luxemburger Geschichte, Literatur und Kunst. 10. 
Luxemburg, Druck der St. Paulus -Gesellsch. 1904. 8". 163) Gust. Klseh, Zur Her- 
kunft dor Siebenb. Sachsen : Beil. z. AUg. Ztg. 1904. 3, S. 607. [Bericht über K.s Vortrag.) 

8* 



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116 



F. Mentz. 



den er gelegentlich der am 24. Aug. 1904 in Neustadt bei Kronstadt ab- 
gehaltenen Generalversammlung des Vereins für sieben bürgische Landes- 
kunde gehalten hat und der ein Auszug ist aus seinem demnächst 
erscheinenden vergleichenden Wörterbuche der siebenbürgischen und - 
moselfränkischen Ma., faßt das Wesentliche über das Ausgangsgebiet der 
Siebenbürger zusammen. Danach stammen die Nösner (Nordsiebenbürger) 
aus dem durch die sog. säf- (seif-)hin\e umschriebenen Gebiete (Luxem- 
burg, Deutsch -Belgien, Nordlothringen und einem kleinen Teile der Rhein- 
provinz), die Südsieben bürger dagegen aus der Gegend nördlich davon 
(nördliche Eifel. Ardenuen). Berichte über den Vortrag sind in verschie- 
denen deutschen Zeitungen gebracht worden; dabei vorgekommene Miß- 
verständnisse veranlassen Kisch 1 * 4 zu einer kurzen Darstellung der Ety- 
mologie der siebenb. Wörter h&stsr »junger Buchenstamm« und gm ff 
»Stück Traube«. Beiträge zum siebenb. Wörterbuche werden von verschie- 
denen Seiten gegeben. 165 Natürlich hat der siebenb. Dialekt viele Fremd- 
wörter aus dem Ungarischen und Rumänischen übernommen. Grigoro- 
vitza (1900 u. 1901) und Brenndörfer (1902) haben schon früher darüber 
gearbeitet, aber (nach Kisch) ohne Berücksichtigung der mundartlichen 
Lautgesetze auch solche siebenb. -sächsische Wörter für rumän. Lehn- 
wörter erklärt, dio aus den alten Sitzen in Westdeutschland mitgebracht 
worden sind. Diese altiomanischen, aus der Urheimat mitgebrachten Lehn- 
wörter in ihrem Verhältnis zu den romanischen Sprachen, aus denen sie 
stammen, bespricht Kisch. 166 — Proben. 167 - 170 



Die Grammatik dieser Ma. hat Mönch 171 , obwohl nicht Germanist 
und schon über 70 Jahre alt, aber unterstützt von ausgezeichneter Kenntnis 
der Ma. und ersichtlich großer Liebe zur Sache und vortrefflich beraten 
von Prof. Franck, in vorzüglicher Weise dargestellt. Er goht von dem 
Dialekt des Erftgebietes aus, behält aber stets die ganze Ma. im Auge, 
berücksichtigt auch das Stadtkölnische. Behandelt wird Lautlehre, 
Wortbildung, Flexion und (etwas aus dem System fallend) Partikeln. 
Letzteres Kapitel ist fast durchaus syntaktisch, während sonst die Syntax 
nur hin und wieder (z. B. bei der Deklination) berührt wird. Ein Ver- 
zeichnis der etymologisch behandelten Wörter beschließt das Buch. 



164) Ü. Kisch, Etymologisches: Sieb. Korrbl. 27, S. 145. 165) Splitter zur Volts- 
kunde. Zum Wörterbuch : Ebd. S. 2"> f. , 1 11 f. (Einzelne Wörter u. Probeu.] 166) G. Kta h. 
Altromanische T^ehnwörter im Siebenbürgiseh-Moselfrfinkisehon: Ebd. S. 1 — 14. 167) A. IL, 
Aus meuje Sominaristejöhren : Neuer Volkskalender 15. Hermannstadt, W. KralTt. 
168) K. (Jutt, Wae schwechsem de Häunan Kosina Schweigerin wor: Kalender des Sieben- 
bürger Volksfreundes. N. F. 9. Hrsg. v. A. Schullerus. 169) Anna Schul lern«, Him- 
wib. Kleino sächsische Erzählungen. ... Hermannstadt., W. Krafft 1904. 8°. VII, 79 S. 
1,02 Mk.; geb. 1,70 Mk. 170) K. V., Zu F. W. Schusters siebenb. siiehs. Volksdich- 
tungen: Sieb. Korrbl. 27, S. 27f. 171) Ferd. Münch, Grammatik der ripuariseh- frän- 
kischen Mundart. Bonn. F.Cohen 1901. 8°. XVI, 214. S. 4 Mk. 



D. Ripuarisch. 




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Deutsche Mundarten forsch ung uud -diehtung im Jahre 1904. 117 

Jos. Müller 17 * bemüht sich, für die Senkung der kurzen stammhaften i 
in md. Maa. ein Gesetz zu finden, und stellt auf Grund des Dialektes 
von Igidienberg, in dem diese Senkung am konsequentesten durch- 
geführt ist, aber mit Zuziehung anderer md. Maa. auf Grund von Wenkers 
Sprachatlas folgendes fest: *A. Die Senkung des weiten i > a, e, o, f>, ü, 
ij ist nur vor m, n, y t I, stimmlosen Konsonanten eingetreten, wenn in 
der Folgesilbe ein a, e, o in frühester Zeit stand oder doch kein i wirkte 
B) Die Senkung des weiten i ist in denselben Bezirken vor ///, n, y, l, 
stimmlosen Konsonanten nur bis zu engem e gediehen, aber konsequent 
durchgeführt, wenn die Folgesilbe früher ein i (j) enthielt«. Vor den 
stimmhaften Lauten b, d, g, v, j, x und vor r bleibt das engere / in der 
Regel erhalten. Derselbe Verfasser stellt südripuarische Ausdrücke des 
Tadeins und Unwillens 173 , sowie Lockrufe für Tiere aus dem Sieben- 
gebirge 174 zusammen. — Neuere Gedichte in Aachener Ma. verdanken 
wir Janßen 175 ; die bekannten Gedichte von Jos. Müller 17 * liegen in 
einem Neudruck mit Lebensabriß des Dichters vor. Ältere und heutige 
Wörter, auch Fremdwörter, der Kölner Ma. verzeichnet in alphabetischer 
Reihenfolge mit etymologischen Erläuterungen Bl unischein 177 , unter 
Voranschickung einer kurzen, aber lehrreichen Geschichte der Ma. 
Koch 178 veröffentlicht einen 4. Bd. seiner Kölnischen Schilderungen. Ein 
hochinteressanter Dialekt ist der von Wermelskirchen, dessen Laut- 
und Formenlehre in Hasenclever 179 einen sorgsamen und gründlichen 
Bearbeiter gefunden hat. W., im Winkel der sog. Benrather und Ürdinger 
Linie gelegen, hat eine Übergangsma., und dies zeigt sich besonders darin, 
daß die Verschiebung der Tenuis zur Spirans abhängig ist von der Quan- 
tität des vorhergehenden Vokals: sie tritt nur ein nach ursprünglicher 
Kürze. Der Übergangscharakter der Ma. zeigt sich ferner in den häufigen 
Misch- oder Korapromißformen, denen der Verf. einen besonderen Ab- 
schnitt widmet, wobei in höchst anerkennenswerter Weise auch die Nach- 



172) Jos. Müller, Die Senkung der kurzen ? in den ripuarisehen und mittelfrän- 
kischen Mundarten: Zh. f. hd. Maa. 5, S. 353 - 367. 173) Den»., Die Prägnanz der 
Ausdrücke des Tadels und Unwillens in den rheinischen Mundarten: Zs. d. Ver. f. rhein. 
u. westf. Volksk. 1, S. 103 — 120. 174) Den»., Lockrufe für Tiere aus- dem Sieben- 
te birge: Ebd. S. 207— 210. 175) Heinr. Janßen, öeher Stökelchor. Vordreag, Verzoll - 
solcher an I/edchere. Gedichte in Aachener Mundart mit einem hochdeutschen Anhang. 
Aachen, A. Jacobi u. Co. 1904. 8°. VIII, HOS. 0,90 Mk. 176) Jos. Müller, Prosa 
und Gedichte in Aachener Mundart. 1. Der Bamberg. Prötchere an Verzellcbere. Mit 
dem Bilduis dos Dichters und einer biograph. Skizze von Alfr. v. Reumunt. 4. Aull. 
2. Osen armo Bastian. . . . Aachen, G. Schmidt 11)04. [Bdehn. 2 mit Jahreszahl 11)05. aber 
1904 ersch.] 8°. IV, 96 u. 115 S. Je 0.80 Mk. 177) Gust. Blumsehein, Aus dem Wort- 
schätze der Kölner Mundart. Festschrift zum 11. deutscheu Neuphilologentage, Pfingsten 
1904 in Cöln a. Rh. . . . Hrsg. v. Arn. Schröer.J Cölu, P. Neubner 1904. S. 5 — 36. 
| Auch bes. ersch. Ebd. 1904. 8°. 32 8. 0,50 Mk.] (J.W.Nagl: Dt. Maa. 2, 11.1/2,8.139!.; 
Rob. Petsch: Herrigs Arch. 116, S. 144, 155.) 178) Wilh. Koch, Kölsche Scheldereie. 
IV. Der Kölsche Klüngel. Erzählung in kölnischer Mundart. 4. Aufl. Köln, J. P. Baohom 
1904. 8°. IV, 120S. 0,75 Mk. 179) Max Hasenelerer, Der Dialekt dor Gemeinde Wermels- 
kirchen. Diss. Marburg, R. Friedrichs Buchdr. 1904. 8°. VII, 99 8., 1 K. 



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118 



F. Moutz. 



barmundarton herangezogen werden, wie denn der Verf. überhaupt mit 
Recht nachdrücklich betont, daß bei der Darstellung jeder Ma. auf ihre 
geographische Lage ausgiebig Rücksicht genommen weiden muß. Natürlich 
wird auch der bei den mittelrheinischen Maa. so merkwürdige Akzent 
eingehend behandelt Den Schluß der Arbeit bildet ein Wörterverzeichnis. 



Gedichte in Südost- thüringer Ma. bieten Kürstcn 180 , Rabe (Lud- 
wig) 181 und Schulze. 182 Döring^ 3 setzt seine Sammlung des Sonders- 
häuser Wortschatzes fort. Den Übergang zum Obersächsischen (Meiß- 
nischen) bildet die Altenburger Ma., in der Daube 184 den sächsischen 
Prinzenraub erzählt 



Die Eigenheiten der obersächsischen Aussprache entwickelt Schu- 
mann in seinem oben erwähnten Aufsatze.* Auch Michel und Stephan > 
gleichfalls oben erwähntes Werk ist für das Obersächsische zu vergleichen.** 
Eine Sammlung obersächsischer Volkswörter wird durch denselben Schü- 
mann 185 , in Verbindung mit anderen Gelehrten, angeregt Über Fremd- 
wörter in obersächs. Aussprache plaudert Steiger. 1H * Aus verschiedenen 
Gegenden werden Beerverse mitgeteilt 187 Sehr wenig speziell Dresd- 
nerisches findet sich in der Sammlung von Schladebach 188 , trotzdem 
darf sie hier nicht übergangen werden. Von der Leipziger Ma. im 
Unterricht handelt Hoftnann 18 ' 1 , gegen Entstellung derselben und Ver- 
wendung zu unwürdigen und irreführenden Darstellungen der sächsischen 
Volksart wendet sich mit Recht Pftsehcl. 190 Auch der oben erwähnte 
Aufsatz von Boh spricht sich in diesem Sinne aus (vgl. Nr. 10). Der 

180) Otto Kttrsten, Sehnetzchen on Schnarze. Thüringer Klänge. 5. lieft. Weimar. 
U.Grosse [1904]. IG S. 0,10 Mk. jButtelstedter Ma.| 181) Aug. Rabe (Aug. Ludwig), 
Schnaken, der Sehnurren 2. Teil. (Der Sehnarzchen 3. Teil.) Heitero Geschichten iu Thü- 
ringer Mundart Weimar. L.Thelemann [19(341- 8°. VIT, 56 S. 0,50 Mk. [Ma. der Gegend 
v. Weimar- Jena-Blan kenhain.J 182) Paul Schulze, Neue Schnärzchen. Heitere 
Erzählungen Mnd Gedichte in Thüringer Volksmundart. Erfurt, F. Bartholomäus [1904|. 8*. 
62 S. 0,50 Mk. 183) Edm. Döring, Beitrüge zur Kenntnis der Sondershäuser Mundart 
II. Beilage zum Programm der Fürstl. Realschule zu Sonderehausen. Progr. Nr. 888. 
Sondorshausen , Uofbuchdr. F. A. Eupel 1904. 8". S. 49—94. (Ludw. Hertel: Zs. f. hd. 
Maa. 6, S. 58f. [Ausstellungen an einigen Etymologien und an der Anordnung]; Wilh. 
Horn: Litbl. 1906, Sp. 361. 363.) 184) Ernst Daube (Sporgel), Der sachsche Priozen- 
roob (Kilionstog 1455). In Altenboijsoho Heimo gebiocht. Altenburg, 0. Bonde [1904]. 
8°. 12 S. 0.30 Mk. *) Vgl. Nr. 21. **) Vgl. Nr. 20. 185) Sammlung obersäcb- 
sischer Volkswörter: Zs d. Allg. Dt. Sprachv. 19, Sp. 323 f. 186) Clem. Steiger, Das 
Fremdwort im Volksmunde; Mittl. d. Vereins f. sächs. Volksk. 3, S. 147—149. 187) Beer- 
verse: Ebd. S. 158 — 160. ISS) Kurt Schladebach, Die Dresdener Pennälersprathe: 
Zs. f. d. dt. Unten-. IS, S. 56 — 62. 1N9> E. Hofmann. Die leipziger Mundart und ihre 
Behandlung in der Volksschule. I/ipzig. Dürr 1904 8". 27 S. 0,60 Mk. 190) Job. 
PÖachel, Leipziger Deutsch und Hochdeutsch: leipziger Kalender. Leipzig, Job. v.Scbalscha- 
Ehrenfeld 1904. S. 121-136. (Strieicherj: Zs. d. Allg. Dt. Sprachv. 19, Sp. 178.) 



II. Thüringiseh*-obersäehsisehe Mundarten. 

A. Thüringisch. 



B. Obersächsisch. 





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Deutsche Mundartenforschung und -dichtung 1111 Jahre 1904. 



119 



Wortschatz der Zwickauer Ma. findet in Philipp 1 " 1 einen sorgfältigen 
und sachkundigen Bearbeiter. 

III. Ostmitteldeutaehe Mundarten. 

A. Erzgebirgisch. 

Zu den seltenen Arbeiten, die sich mit mundartlicher Syntax be- 
fassen, gehört die von Bötttrer 192 über den Satzbau der erzgebirg. Ma. 
Sie beruht hauptsächlich auf der Ma. der Stadt Thum und des Nachbar- 
dorfes Jahnsbach, sowie den »Gedichten und Geschichten in erzgebirg. 

Ma.« (siehe bei den Proben) und den Sammlungen von Göpfert — 
Proben, ids. 194 

B. Lausitzisch -Schlesisch. 

Die Sprachgrenze im Kiesengebirge untersucht Lessenthin. 195 
Mundartliche Kinderreime u. dgl. aus verschiedenen Gegenden der Lausitz 
bringt Müller. 196 Erzählungen und Gedichte in der Ma., ohne genauere 
Angabe des Ortes, dessen Ma. sie wiedergeben, sind eine ganze Reihe 
erschienen. 197 - 201 Aus Bautzen verzeichnot (Jrfttzschel ,0 * den eigen- 
tümlichen Ausdruck sich spielen und sieht darin eine Analogiebildung zu 
sich amüsieren. Proben aus der Gegend von Guben gibt Karge. 80 * Mit 
der Grenze zwischen den bis jetzt noch wenig behandelten »diphthon- 
gierenden« (d. h. nicht etwa altes l u. ü [denn dies diphthongieren die 
schles. Maa. natürlich sämtlich), sondern ä u. ö diphthongierenden) Maa, 
(auf dem rechten Oderufer) des Oelser Kreises und den nicht diphthon- 
gierenden beschäftigt sich ein Artikel von Gusinde. 204 Volksknndliches 

191) Osk. Philipp, Zum Wortschatz der Zwickauer Mundart: Zs. f. hd. Maa. 5, 
S. 6— 12. [Nur in. B(P).\ 192) Oswin Bttttger, Der Satzbau der erzgebirgisehen 
Mundart. Leipziger Diss. Halle a. S., Buchdr. H. John 1904. 8°. 178 S., 2 Bl 193) Erz- 
gebirgisches Familien - und Vereinstheator. H. 5: Hans Siegert, Die neie Stroß. Schwank 
in erzgebirg. Mundart. Annaberg, Gräser 1904. 8°. 27 S. 0,60 Mk. 194) Gedichte und 
Geschichten in erzgobirgiseher Mundart. H. 4: Alte u. neue Gedichte u. Geschichten in 
erzgeb. Ma. 3. Aufl. 11,54 8. H.16: Röder, Demmler, Wanckel, MUller, A Haufen 
dumma-Gunga-Straach' u Anderes. Anekdoten u. Gedichte. 2. Aufl. II,48S. Ebd. 1904. 
8*. Je 0,70 Mk.; kart. je 0,80 Mk. 195) Berth. Lesse nt hin. Die Sprachgrenzo im 
Riesengebirge: Der Wanderer im Riesengebirge 24, Nr. 2, Febr. 1904, S. 24 — 26. 
196) Curt Malier, Aus der Lausitzer Kinderstube: Mittl. des Vereins f. sächs. Volksk. 3, 
S. 177—182 , 219 — 224, 248 — 256. 197) Herrn. Bauen, Humoristische Erzählungen in 
schlesischer Mundart. I. Quietschvergnügt. 4. Aufl. Breslau, F. Goerlich [1904|. 8". 1V.173 S. 
1,60 Mk.; geb. 2,25 Mk. 198) Schlesisehe Reime in mittelsehles. Mundeart. Von Theo 
am Bober bis Ende Oktober 1903. Schweidnitz, G.Brieger [1904]. 8°. V1N, 72 S. 0,80 Mk. 
199) Rob. Säbel, Sunntig-Nochtnitts. Sehläscho Humoresken, Gedichte und Skizzen. 
Schweidnitz, L Heege 1904. 8°. III. 156 S. 1,50 Mk.; geb. 2 Mk. 200) Max Waldenburg, 
Spoaß muß sein ! Gedichte in schlesischer Mundart. 2. Aufl. Schweidnitz, G. Brioger [1904]. 
8*. 111,48 S. 0,80 Mk. 201) Arth. Wendrieh, A schlesehes Bichel, ei damselba stihn a 
virteihundert schleiche Gedichto gereimt, wie sie ei der Schiesch ufm Dürfe sprecha. Ebd. 
[1904]. 8°. 111,74 8. 0.80 Mk. 202) Grötzschel, »Sieh spielen«. Zs. f. d. dt. Unterr. 18, 
S. 667, 806. 203) Paul Karge, Dialektproben; aus dorn Dialekt der Dörfer im Norden 
des Gubener Landkreises: Niederlaus. Mitteil. 8, 1—4. 204) Konr. Gnslnde, Über 
Mundartengrenzen im Kreise Oels: Mittl. der Schles. Gos. f. Volksk. 6, H. 12, S.86 — 88. 



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12<i 



F. Mentz. 



aus demselben Kreise, besonders aus Klein-Ellguth, meist in Ma.. gibt 
Stanzel 205 . Mundartliches aus der Spraeho der Viohzüchter von Seidorf 
Siebs. 206 Maschkes 207 Gedichte in österreichisch- schlesischer Mh. 
sind in 2. Aufl. erschienen. Dialektproben, z. T. mit Erklärungen, aus 
dem Kuhländchen liefert der unermüdliche Hatisotter. 508 Angeregt 
durch Brandstetters Abhandlung über die Namen der Bäume und Sträucher 
in Ortsnamen der deutschen Schweiz, bearbeitet Kövl 209 die Ortsnamen 
der Zips unter demselben Gesichtspunkte. Seine Erklärungen sind wohl 
nicht alle einwandfrei (z. B. ist Iblatt schwerlich von der Eibe abzuleiten, 
weil der Dialekt der Zips mhd. / soist in ei diphthongiert hat), aber 
doch von großem Interesse und zu weiterer Forschung anregend; zu- 
gleich geht aus seiner Sammlung hervor, wieviel ausgedehnter früher das 
Deutschtum in der dortigen Gegend war. 



Ob die unten verzeichneten Proben der Berliner Mundart wirklich 
alle oder jede ganz in Borliner Missingsch geschrieben sind, kann ich 
nicht entscheiden, da ich die Bücher nicht habe einsehen können. Ebenso- 
wenig wird beansprucht, mit diesen Titeln, die sich aus einer Durchsicht 
von Hinrichs' wöchentlichen Verzeichnissen ergeben haben, die Berliner 
Ma.- Literatur aus dem Berichtsjahre erschöpft zu haben. In so vielen 
Romanen, Novellen, Lustspielen usw. wird heutzutage ^> geberlinert*, daß 
eine vollständige Angabe dieser Literatur zu den Unmöglichkeiten ge- 
hören dürfte. Sie ist aber auch für unsere Zwecke nicht nötig.* 10 - 1,0 — 



205) Karl Stanzel, Volkskundliches aus dem Geiser Kreise, besonders aus Klein- 
Ellguth: Mittl. d. schles. Ges. f. Volksk. 6, II. 11 , S. 79 — 90. 206) Th. Siebs, Ruf, Sang 
und Spruch heim Aus und Eintrieb des Viobs: Ebd. 0, H. 12, S. 97-102. 207) Hans 
Mnsehke, Aus Österreichisch -Schlesien. Gedichte in schles. Mundart. 2. venu. Aufl. 
Freudenthal, W. Krommer [1904] 8". IV, 120 S. IMk.; geb. 1,70 Mk. 208) A. Hans- 
otler, Beiträge zur Volkskundo des Kuhläudehens. IV. Allerlei Volkskundliches : Zs. f. öst. 
Volksk. 10, S. 109 — 113. 209) E. KöyI, Die Namen der Pflanzen in den Orts- und 
Flurnamen der deutschen Zips in Ungarn. Eine philologische Studie. Sieb. Korrbl. 27, 
8. 65 — 70,85 — 91. 210) Job. Cotta. Bildung. Unjebildete Jedankenjängo. Berlin, Selbst- 
verlag [1904|. 8°. 7 S. 0,70 Mk. 211) Der«., Det weibliche Geschlecht oder Die Femi- 
ninums. Eino Berliner Abhandlung. Ebd. 1 1904!. 8°. 8 S. 0,70 Mk. 212) Ders.. Heinrich 
Lehmann der Polyjamist. Sittenbild. Ebd. [1904]. 8°. 8 S. 0,70 Mk. 213) Der«., Kopp 
\ve< h! Betrachtungen von Aujust Bauke. 1. — 10. Tausend. Ebd. 1 1904]. 8°. 6 S. 0,70 Mk. 
214) Ders., Willem Krause, Der Philosoph. Berliner Dichtung. 1.— 10. Tausend. Ebd. 
[19041. 8°. 7 S 0,70 Mk. 215) Ders., Die Undpartie. Borliner Katastrophe. 1.- 10. 
Tausend. Ebd. [1904|. 8°. 9 S. 0,70 Mk. 216) Ders., Theodor Neumanus Einschichte. 
Berliner Sittenbild. 1. — 10. Tausend. Ebd. 1 19041. 8°. 13 S. 0,70 Mk. 217) Der»« 
Si hlaclitermester Emil Pfannstiel als Pädajoje. Berliner Sittenbild. 1. — 10. Tausend. EW. 
|I9041. 8°. 10 S. 0,70 Mk. 218) Ders., Kieke. Berliner Sittenbild. 1. — 10. Tausend. 
Ebd. |19<M|. 8°. SS. 0,70 Mk. 21'.»} Ders., Jottlieb Tnesels Erlobnisse oder Die Er- 
zählung eenes Boten. Berliner Dichtung. 1.--10. Tausend. Ebd. [1904]. 8°. 10 S. 
0,70 Mk. 220) Hans Hynii, Aute mit'n Ast und andere Berliner Geschichten. BerliD, 
»Die Welt am Montag« [1904] 8°. 120 S. 1 Mk. 



4. Norddeutsche Mundarten. 




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Deutsche Mundarten forschung und -dichtung im Jahre 1904. 121 



Eine Probe der Dessauer Ma. findet sich in dem 4. Bande des »Dekla- 
matoriuras« von Johannes 221 , der im übrigen Gedichte in ostpreußi- 
schem Hochdeutsch (ein paar auch in Plattdeutsch) enthält. Ostpreußi- 
sches Hochdeutsch (neben Plattdeutsch, das jedoch aus andern Samm- 
lungen entlehnt ist) bietet auch Sophie Neumann -Oschekau m , die ihrer 
Sammlung auch anspruchslose Worterklärungen vorausschickt, ohne jedoch 
hoch- und niederdeutsche Ausdrücko irgendwie zu scheiden. — Das 
Hochdeutsche der russ. Ostseeprovinzen, genauer der Stadt Riga, 
ist Gegenstand einer kurzweiligen, dabei aber doch recht eingehenden 
Plauderei von Eckardt. 2 " Es handelt sich hierbei uicht sowohl um 
Eigentümlichkeiten der Laut- und Formenlehre, als um besondere Be- 
el eutungswandelungen oder - Schattierungen schriftdeutscher Wörter, sowie 
natürlich um lettische, estnische, russische Fremdwörter. Ein kurzes 
Kapitel ist allerdings auch der Betonung und Aussprache gewidmet, doch 
bringt gerade dieses weniger Wesentliches, z. T. auch Unzutreffendes, so 
z. B. wenn die Betonung Päletot als besonders rigisch hervorgehoben wird, 
während sie doch allgemein deutsch ist, soweit dies häßliche Wort ge- 
braucht wird. Von Wichtigkeit ist die Unterscheidung zweier Haupte 
^rruppen des ostseeprovinzialen Deutsch: man spricht in Estland, dem 
estnischen Teil Livlands und auf der Insel Oesel (also auf estnisch -livi- 
schem Sprachboden] wesentlich anders als in Kurland und im lettischen 
Südlivland< [also auf lettischem Sprachboden]. 

5. Niederdeutsche Mundarten. 

I. Im ganzen. 

Seeiniann 224 gibt die Bibliographie des Niederdeutschen für 1903 
mit Ausschluß des Niederländischen. — Die beiden Zeitschriften des 
Vereins für nd. Sprachforschung »*• 22ß schreiten rüstig vorwärts und geben 
von dem wissenschaftlichen Streben des Vereines Kunde. Übrigens sollte 
ein solcher Verein schon einmal, im Jahre 1834, gegründet werden: ein 
anhaltdessauischer Schulrat und Mathematikprofessor Vieth erließ einen 
Aufruf dazu in den Hannoverschen Landesblättern. Hierüber berichtet 



221) Itob. Johannes, Deklamatorium. I. 2. Aull. 6. — 10. Tausend. IV. 1. — 5. Tausend. 
Königsberg, ß. Deichert 1001. Je 48 S. Je 1 Mk. [Die Probe in Dessauer Ma. steht IV, 
S. 47 f.; Bd. I war mir nicht zugänglich.] 222) Sophie Xeiimnnn-Os4-Ii<>knn, En Strehmel 
Ostpreill'sch. Poesie und Prosa, Mit Beiträgen von »alten Bekannten^ Dresden, E. Piereon 
l«»0t. 8 Ö . XII, 108 S. 2 Mk.; geb. 3 Mk. [S. VII -XII: Worterklärungen.J 223) Guido 
Kckardt, Wie man in Riga spricht. Eine Plauderei: Balt. Mschr. 58, S. 45 — 80. [Auch 
besonders: Riga, Jonck u. Poliewsky in Komm. 1904. S". 36 S. 0,60 Mk.] 224) W. See- 
mann, Niederdeutsch: Jbor. üb. d. ersch. auf d. geb. d. germ. philologie 25, 1903 (er- 
schienen 1904], S. 177-187. [Über heutige nd. Maa bes. S. 177f, 179-183, 185 — 187.J 
225) Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Jahrgang 1904. XXX. 
Norden u. Leipzig, D. Soltau 1904. 8". 2BL 17GS. (J.W.Xagl: Dt. Maa. 2, H. 1/2, S.102f.) 
*J26) Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Jg. 1903. 
H.24, Nr.4-6 u. 11.25, Xr. 1-3. Ebd. 1904. 8°. S. 49-101 u. 1-48. 



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122 



F. Mentz. 



Gocbel." 7 Über eine niederdeutsche Zeitschrift (» Immen -Honnig in 
nedderdüüdschen Blädern«. Von G. N. Bärmann), die ein Jahr später 
zu erscheinen begann, aber wahrscheinlich nicht über die erste Nummer 
hinauskam, berichten Seelmann 2,8 und Walther. m Jetzt erscheinen 
zwei plattdeutsche Zeitschriften. J30, 181 Walther "* gibt eine interessante 
Notiz über F. Prahl, den »jetzt einzigen und wahrscheinlich letzten Lehrer 
des Plattdeutschen«. — Zum Wortschatz sämtlicher nd. Maa. finden sich 
reiche Beiträge, meist kurze Erklärungen einzelner Wörter und Aus- 
drücke, im Korrespondenzblatto des Vereins für nd. Sprachforschung; 
dieselben können hier nicht einzeln aufgeführt werden, erwähnt sei nur 
die längere Auseinandersetzung aus verschiedenen Federn 283 über fcuel, 
das wie das entsprechende ndl. feil auf frz. faille zurückgeführt wird. — 
Proben aus allen nd. Maa. gibt das Plattdeutsche Familienbuch von 
Petersen 284 , sowie die erwähnten Zeitschriften. 

n. Niederfränkische Mundarten. 

1. Allgemeines. 
Van Wljk 385 gibt die Bibliographie der niederländischen Maa. für 
1903. Niederfränkisches Sprachgebiet in Belgien behandelt Hasse 286 , 
doch ist für den Mundartenfreund die Abhandlung weniger wichtig (weil 
die belgische Volkszählung von 1900, auf der sie beruht, nicht die Mutter- 
sprache, sondern die Sprachkenntnisse der Bevölkerung erfragt hat), 
als die beigegebene, von PauJ Langhans entworfene Karte der Sprachgrenze. 

2. Brabantisch. 
Collnet 237 unterwirft die Ma. von Aalst einer eigentümlichen Unter- 
suchung: er vergleicht die langen a verschiedener Worte dieser Ma. unter- 

227) F. Goebel, Eine Aufforderung zur Gründung eines niederdeutschen Sprach- 
vereins aus dem Jahre 1834 : Nd. Korrbl. 25, S. 33 — 35. 228) W. Set imann , G. N. Bär- 
raann betreffend: Nd. Korrbl. 24, S. 78 f. 229) C. Walther, G. N. Barmanns nieder- 
deutsche Zeitschrift 1835: Ebd. 25, S. 44— 17. 230) De Eekbom. Halfmonatsschrift 
för plattdütsch Sprak un Ort, toglik Verbandsblatt för de plattdütschen Vereene. [Rut- 
geben v. den Allgemeinen plattdeutschen Verband. Red. A.Schwarz.] 22. Jahrg. Berlin, 
A.Römer 1904. 4°. 2 Bl., 192 S. Halbj. 1,50 Mk. 231) Wanderers Freund mit Beiblatt 
in niederdeutscher Mundart: Plattdütsch Sünndagsbladd. Red. Hugo Anders. 
10. Jahrg. April 1904 bis März 1905. 12 Nrn. Bielefeld, A. Helmich. Halbj. 1 Mk. 
232) C. Waltlier, Plattdeutsch als Lohrgegenstand : Nd. Korrbl. 25 , S. 1 7 f . 233) H. Siere- 
king, C. Schumann, K. Seitz, Ed. Kück, C. Walther, FeiwJ, feulen, Leuuagen: Ebd. 
S. 13 — 17. 231) Gg. Paysen Petersen, Kiekiunewelt. Plattdeutsches Familienbuch. 
Eine Sammlung von Wiegenliedern und Kinderreimen, Rätseln, Spielen und Sprich- 
wörtern, Märchen und Gedichten in allen niederdeutschen Mundarten. Dresden, G. Küht- 
mann 1905. [Ersch. lt>04.| 4°. 216 S. Geb. 0 Mk. (Alb. Schwarz: Do Eekbom 22, S. 182.) 
235) N. van Wljk, Niederländisch: Jber. üb. d. ersch. auf d. gob. d. germ. philol. 25, 
1903 [erschien 1904], S. 187—195. |Üb. ndl. Mundarteu bes. S. 191 f.] 230) Emst 
Hasse, Die Deutscbsprechendeu im Königreich Belgien: Dt. Erde 3, S. 38 — 40. [Dazu 
Sonderkarte 3 m. d. T. : Die Verbreitung der Deutschsprechenden in Belgien 1900 und die 
deutsch (vlämisch)- französische (wallonische) Sprachgrenze. Entworfen v. Paul Lunprhans.] 
237) Ph. Coli nft. De quantiteit der vockal a in het dialect van Aalst. Proefonder- 
vindehjke studio: Leuvonsche bijdr. 5, S. 309 — 34$. 



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Deutsche Mundarteuforschung und -dichtung iui Jahre 1904. 123 

einander und stellt das gegenseitige Verhältnis ihrer Lautdauer fest In 
einem »Aanhangsel* sucht er dann nachzuweisen, daß die in Holland 
verbreitete Meinung, das »sogenannte* kurze und lange o unterschieden 
sich nicht in ihrer Längo, sondern ihrem Klange, unrichtig sei, dieselben 
unterschieden sich vielmehr sowohl in der Quantität wie in der Artiku- 
lierung. Den Übergangsdialekt (zw. Brabantisch und Geldersch) des 
Bomraelerwaard auf Grundlage der Ma. von Driel behandelt nach Laut-, 
Fonnenlehro und Wortschatz van de Water. SM Zu beachten ist S. 32 
die Übersicht der wichtigsten Erscheinungen, durch welche sich die Laut- 
lehre dieses Dialekts von der anderer Maa. unterscheidet. 

3. Bergisch. 

Eigentümliche Wörter vermutlich der Essener Ma. (der Aufsatz hat 
mir nicht vorgelegen) bespricht Kurz - Elsheim. 5SJ Eine Probe des Nioder- 
bergischen bietet Hackland- Rheinländer [W.E. Annas]. 240 Auch die Ma. 
von Mülheim a. d. Ruhr ist nur in einer Probe vertreten. 341 

4. Zeeuwsch. 

Die Vokale der Ma. von Noord-Be veland hat Verschuur* 4 * mit 
Hilfe des Apparates von Boeke experimentell untersucht Die Ma. von 
West-Voorne (Gocree), besonders die dos Ortes Ouddorp, wird nach 
Laut- und Formenlehre und Wortschatz behandelt von van Weel. 143 

5. Niederländische Kolonien. 
Bei einem Teile des Buren volkes besteht das Bestreben, der burischen 
Verkehrssprache, der »boerental« durch Schaffung einer wissenschaft- 
lichen Grundlage die Anerkennung als selbständige Schriftsprache zu ver- 
schaffen. Ein anderer Teil wendet sich dagegen und hält an der hollän- 
dischen Schriftsprache fest In diosem Sinne äußert sich auch Geiser 844 , 
der darin einen wirksamen Wall gegen das Überhandnehmen des Eng- 
lischen in Südafrika erblickt. 

(5. Geldersch. 

Der östlichste der sog. friesisch -fränkischen Dialekte, der der Nord- 
West-Velu we, wird auf Grundlage der Ma. von Barnevcld nach Laut-, 

238) Antonie van de Water, De Volkstaal in het Oosten van de Bommeterwaard. 
Acad. Proefschrift . . . Leiden . . . Utrecht, Kemink & zoon 1904 . 8°. 3 Bl., 167 8. 
239) Frz. Kurz- Elsheim, Niederrheinische Dialektstndien : Rheinisch -Westf. Ztg. 13. Okt. 
1904. 240) E. Hackland- RheinlHnder [Wilh. Ernst Annas], Et kruse Bömken. AU 
Dialektprobe des Ntederbergisohen mitgeteilt: Zs. d. Vereins f. rhein.u. wostf. Volksk. 1, S. 159. 
241) Hubbelspöhn. En droll. Vertoll öwer un in Möll'msch Platt van om MöU'msche 
Jung. Mülheim a. R., M. Hegner 1904. 8". 96 S. 1 Mk. 242) A. Yersehuur, Zur 
Charakteristik iet Vokale eines niederländischen Dialekts. Onderzoekingen gedaan in het 
Physiologisch Laboratoriuni d. Utrechtscho Hoogeschool. Utrecht 1904. 243) Marinus 
Anthony van Weel, Het dialeot van West-Voorne. Academiseh proefschrift . . . van 
Amsterdam... Leiden, E. J. Brill 1904. 8°. XI, 165 8.. 1 Bl. (W. v. Schothorst: Taal 
en Lotteren 14, 8.404-407.) 244) A[lfr.| GjolserJ, Burisch oder Schriftholländisch: 
Alld. Blätter 14, Nr. 35, 8. 293 f. 



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124 



F. Mentz. 



Formoniehre und Wortschate dargestellt von Tan Schothorst. 315 Die 
Grammatik der Ma. von Emmerich sucht Frhr. Lochner v. Hütten- 
bach* 46 auf Grund einer 1903 im [Emmericher?] Bürgerblatt erschie- 
nenen Probe (»Emmerecksche Kärmes«) unter Vergleichung mit dem 
Holländischen darzustellen. Leider scheint die Probe den Dialekt nicht 
fehlerlos wiederzugeben, und auch der Verfasser ist, wie er selbst sagt 
mit demselben nicht von Jugend auf vertraut Immerhin ist die gegebene 
Anregung sehr verdienstlich und eine baldige Bearbeitung der inter- 
essanten Ma. durch einen » eingeborenen < Germanisten höchst wünschens- 
wert. Dirksen " 7 gibt volkstümliche Krankheits- und Heilmittelnamen aus 
Meiderich. 



Hier ist die Zeitschrift »Niedersachsen« zu nennen 248 , die zwar 
nicht ausschließlich aber doch in ganz hervorragender Weise die Pflege 
niedersächsischer Maa. sich zur Aufgabe macht Die darin enthaltenen, 
im Berichtsjahre erschienenen Beiträge zur Mundartenforschung sind je an 
ihrem Orte erwähnt, die zahlreichen Proben dagegen konnten nicht besonders 
erwähnt werden. — Über die niedersächsische Sprache im ganzen, ihre 
Geschichte, Untermundarten usw. handelt gemeinverständlich Jürgens.* 49 
Ein Ungenannter sammelt niedersächsischo Ausdrücke für »sprechen f . !i0 

Im Anschluß an das gefälschte »Sachsengebet* aus dem 18. Jahrh. 
wird das niedersächsische Wort aisrh (= as. egislik) von verschiedenen 
Seiten besprochen. 251 Die Flurbezeichnung Esch findet verschiedene Er- 
klärungen, von denen wohl »Saatfeld« das Richtige trifft* 52 Mnd. strUlen 
»weit ausschreiten« ist noch in verschiedeneu niedersächsischen Maa. 
erhalten. 263 Sehr interessant ist das rätselhafte Wort xirkendei. Nach 
Kttck 254 bedeutet es zunächst einen Vogelkäfig oder ein Vogelhaus, dann 
einen Garten mit einem Vogelhaus, daher auch einen Lustgarten (Lüne- 
burg). Die gegenwärtig häufigste Bedeutuug »höher gelegener kleiner 
Kaum des Hauses, Kammer des Knechts über dem Kuhstall oder be- 
schränkte städtische Etagen wohnung« ist als scherzhafto Übertragung auf- 

245) Wijnand Tan Schot hörst, Het Dialect der Noord-West-Veluwe. Acad. proef- 
schrift . . . Utrecht, Keraink & zoon 1904. 8". 5 B!., VII, 251 S. 246) Frhr. Lochner 
v. Hattenbach, Zur Grammatik de» Eltcn-Emmericher Platt: Zs. ü. Vereins f. rhein. 
u. westf. Volksk. 1. S 126— 131 247) Karl Dirksen, Volksmedizin am Niederrhein: 
Ebd. S. 89-103, 198-207. [Die volkstüml Bezeichnungen S. 206f .J 248) Nieder- 
sachsen. Illustrierte Halbmonatsschrift für Geschichte, Landes- und Volkskunde, Sprache, 
Kunst uud Literatur Niedet Sachsens. Kedaktouro: Hans Pfeiffer und Friedr. Freudenthal. 
9. Jahrg. 1903-1904. 10. Jahrg. 1904—1905. Bremen. C. Sehüoemaon. 4°. 3 Bl., 410 und 
3 Bl., 436 S. 219) 0. JUnrens, Die uiedersächsische Sprache: De Eekbom 22, S. 35 — 37. 
250) Zum Wortreichtum dos Plattdeutschen: Niedeisachsen 9. S. 134. 251) Helene 
lMchler- Feising, Ed. Hansen, E. Trampe, G. M.-H. , Aüch: Niodersachsen 10, S. 52 f., 69. 

252) W. 0 Focke, Eggers, Ed. Kück, Fr. Mnjrnus, »Kseh und llove*: obd. S. 36, 53. 

253) Karl Schefflet, Streiten — schreiten?: Zs. d. Allg. Dt Sprachv. 19. S. 175 f. 

2 54) Ed. Klick, Zirkmdei: Niedorsachscu 9, S.287f. 



III. Niedersäehsisehe Mundarten. 

1. Im ganzen. 




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Deutsche Mundartenforscbuog und -dichtung im Jahre 1904. 



125 



zufassen. [Das wäre dann ein Seitenstück zu md. Käfterchen »kleines 
Zimmer«, das nach Kluges Wörterbuch auf ahd. chafteri »Bienenkorb« 
zurückgeht] 

2. Westniedersächsisch. 

PIgjre 255 bespricht einige nordwestniederdeutsche humoristische Be- 
zeichnungen für ungeschlachte Gegenstände und Wesen. Sartori 566 gibt 
mundartliche Besprechungsformen aus verschiedenen Orten Westfalens. 
Einige Eigentümlichkeiten des ravensbergisch-münsterländischen Über- 
gangsdialektes von Gütersloh werden (nach den Aufzeichnungen von 
+ Heinr. Niemöller) in Eickhoffs Geschichte dieser Stadt aufgezählt 137 
Zu einem Teile derselben gibt Jellinghans 25 * etymologische Erklärungen. 

Proben der westfälischen Ma. sind vier zu verzeichnen; besonders 
zu erwähnen ist davon die mundartliche Geschichte der Stadt Hamm, 
von der im Berichtsjahre der 2. Teil erschienen ist 25 ' -262 

3. Engrisch. 

Hier sind nur Proben zu verzeichnen, und zwar eine in südeng- 
rischer (Paderborner) 268 und zwölf in nordengrischer (calenber- 
gischer) Ma. 26 '- 2 ™ 

255) Pigge, Humoristische metaphorische Bezeichnungen im Niederdeutschen: Zs. 
f. d. dt. Unterr. 18, S. 211 f. 256) P. Sartori, Volksmedizin und Besprechungen aus 
Westfalen: Zs. d. Vereins f. rhein. u. westf. Volksk. 1, S. 215 — 220. 257) Herrn. 
Eickhoff , Geschichte der Stadt und Gemeinde Gütersloh. Gütersloh, Bertelsmann 1904. 
8°. VIII, 325 S. IMundartliche Eigentümlichkeiten 8.314 — 318; Proben S. 291 — 300 u. 
313f.| 258) H. JelllnghauH, Zum Gütereloher Dialekt: Nd. Korrbl. 24, 8. 62 f. 
259) Wilh. Dalimeyer, Dat Schützenfest. Komischer Roman. Osnabrück, Hoppenrath 
1905. [Erschien 1904.] 8°. 139 S. 2 Mk.; geb. 3 Mk. 260) Karl PrUmer, De west- 
foliche Husfrönd. 1. Bd. Allerlei Spinnstuowengescbichton. 2. Aufl. Leipzig, 0. Lenz 
1904. 8°. IV, 180 S. 2,25 Mk ; geb. 3,25 Mk. 261) Ed. Baabe, Geschichte van diär 
.Stadt Hamm. Plaseierlik verfallt. 2. Deil. Ebd. [1904j. 8°. III, 278 S. 3Mk.; geb. 4 Mk. 

262) F. vom See, üt dci wostfalsche Tied. 'N Gedenkblatt för 't dütsche Volk an dei 
Johre von 1806 bet 1815. 4. Aufl. Braunschwoig. A. Graff 1904. 8°. 139 S. Geb. 1.80 Mk. 

263) Frdr. Wilh. Grimme, Bat us de Strunzendähler hinnerläit. Veitellekes un Läier. 
Mit Portr. u. e. Faksimile des Verfassers. 2. Aufl. Paderborn, F. Sehöningh [1904 1. 8°. 
111,111 S. 0,80 Mk.; gob. 1,10 Mk. 264) Aug. Biester, Hoidschollen. Verteilungen 
un Dichtungen. Hannovor, Berenberg 1904. 2 Mk. 265) II. Brockhaus, Wat et 
aUens gifft En lustig plattdütsch Leed. Hannover, W. Otto [1904). 8°. 4 8. 0,15 Mk. 
266) Wilh. Ilcnze, Wie Jobst Biebera dat Beier erfunnen het. 2. u. 3. Taus. Ebd. [ 1904J. 
8°. 7 S. 0,15 Mk. 267) Der»., Dat Gooseiiten. Nach einem Göttiuger Original um- 
gearbeitet und ins Plattdeutsche übertragen. Ebd. [1904]. 8°. 7 S. 0,15 Mk. 268) Der«., 
Dei klauken Buerjungens. — Seihet Kinners, dat is ein Geschäft. 2 plattdeutsche Vor- 
trage. 2. Taus. Ebd. (19041. 8°. 6S. 0.15 Mk. 269) Der*., Kristoffel Eike vor Gericht. 
Ebd. [1904]. 8°. 6 S. 0,15 Mk. 270) Der»., Krischan Stümpel iut Brünjehiusen bie'n 
Fürsten Bismarck 4. u. 5. Taus. Ebd. |1904|. 8°. 6 8. 0,15 Mk. 271) Dere., Hoch- 
deutsch uud Plattdeutsch. 3. u. 4. Taus Ebd. |1904|. 8°. 6 S. 0,15 Mk. [Couplets, hd. 
u. plattdt] 272) Der*.*, Dei Appelboom. Wer hett dei Schuld? Zwei plattdeutsche 
Vortrage. 2. Taus. Ebd. [1904]. 8°. 6 8. 0.15 Mk. 273) Ders., Kunrad Barnstori als 
Präsedente in'n landwirtschaftlichen Vetoin tau Poggenhagen. Plattdeutscher Vortrag. 
Ebd. [1904]. 8°. OS. 0,15 Mk. 274) Fritz Hasmann, Eene noordhanuöverschc Burn- 
Hochtiet un twee Bilöpers. 2. Uplage. Lehe, F. Brüning [1904]. 8°. 24 8 0,25 Mk. 



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126 



F. Mentz. 



4. Ostfälisch. 

Sprenger 276 führt sein Quedlinburg er Wörterbuch zu Ende, das 
er unter Benutzung der Aufzeichnungen von Joh. Friedr. Guts-Muths 
und des verstorbenen preußischen Kultusministers Rob. Bosse zusammen- 
gestellt hat 

ö. Nordniedersächsisch. 

a) Im ganzen. Walter* 77 weist nach, daß das Wort spick und 
seino Ableitung spicken, deren beider Vorhandensein als Einzel Wörter im 
Deutschen Wörterbuch bestritten wird, sich mnd. tatsächlich belegen 
lassen, so daß auch ihre Erwähnung in heutigen Ma. -Wörterbüchern 
(z. B. bei Dähnert) Glauben verdient. Sie gehören dem Küstenlande der 
Ostsee an und sind aus dem Schwedischen entlehnt 

b) Wesernordniedersächsisch. Die Lautlehre des oldenburgischen 
Niederdeutsch wird von vor Mohr* 78 auf Grund eigener Sammlungen und 
der Dialektschriften Poppes, »des Altmeisters oldenburgischer Dialekt- 
literatur«, historisch dargestellt. In der Einleitung werden, abgesehen 
von dem friesischen Saterlande, drei Mundarttypen für Oldenburg auf- 
gestellt: Die Ma, des Marschlandes an Nordsee, Jadebusen und Weser 
(friesisch- nd. Mischma.), die Ma. der oldeuburgischen Geest (sächsisch), 
die Ma. der münsterschen Geest oder des oldenburgischen Münsterlandes 
(sächsisch). Als Grundlage für die Abhandlung ist die Ma. der Haupt- 
stadt Oldenburg und ihrer näheren Umgebung genommen, die aber im 
wesentlichen auch die der ganzen oldenburgischen Geest ist. Als Kenn- 
zeichen des oldenb. Dialektes wird S. 51 seine Diphthongenarmut be- 
zeichnet, »Armut im Verhältnis zu der reichen Diphthongenentfaltung 
westfälischer Dialekte«. Die Anfänge der oldeuburgischen Mundartdich- 
tung im 18. Jahrh. schildert (mit Proben) Plettner.* 79 

c) Lüneburg -Ützener Mundart. Gedichte von Freudenthal. **° 

d) StadiSCh. Gedichte und ein Lustspiel von Grabe. 281282 

e) Schleswig -Holsteinisch. Das Schleswig- holsteinische Wörterbuch, 
dessen Plan i. J. 1903 gefaßt worden ist, schreitet, wie berichtet wird 2 ** 



275) Programm un Leeder tor sülwern Hocbtid vou'n plattdütschen Vereen, fiert am 
24. LI. 1904. (1879.1904.) 1. Kominersleeder. 2. Slüngelleeder. Hannover. W.Otto 1 1904]. 8*. 
228. 0,20 Mk. 276) R. Sprenger, Versuch eines Quedlinburger Idiotikons. (Schluß.) | K— Z.]: 
Nd. Jb. 30, S. 1 - 32. 277) C Walther, Xpick und spicken : Nd. Korrbl. 25, S. 24—27. 
278) A. vor Mohr, Die Vocale der oldenburgischen Mundart: Nd. Jb. 30, S. 33—73. 
(Erschien auch als Göttinger Dissertation u. d. T. : Vokalstand des oldenburgischen Nieder- 
deutsch auf historischer Grundlage. Ein Beitrag zur Mundartenforschung. Norden, 
ü. Soltau 1904. 8". 45 S.J 279) Em. Pleitner, Die Anfänge der oldenburgischen 
Dialektdichtung. Ein Kapitel aus der Geschichte der niederdeutschen Literatur des 
18. Jahrhunderts: De Eekbom 22, S. 49 — 50, 57 — 58. 280) Friedr. Freudenthal. 
Lienhop un annere Geschichten. Bremen, C. Schünemann [1901]. 8°. 165 8. 2Mk.; geb. 
3 Mk. 281) Frz. Grabe, Do plattdütsch» Volkssanger. 30 komische Original -Couplets 
un Parodien na bekannte Melodien. 2. Bdchn. Mülheim a. K., J. Bagel [1904]. 8°. 74 S. 
0,50 Mk. 282) Ders., En Heiratsandrag op'n Lann oder: De Holsehenkönigin. Buren- 
spill in 1 Optogg. (Plattdeutsches Theater, Nr. 12.) .Mühlhausen i. Thür.. G. Danner [19041. 
8°. 20 S. 1 Mk. 283) Zs. d. Allg. Dt. Sprach v. 1», Sp. 171. 




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Deutsche Mundartenforschung uud -dichtung im Jahre 1904. 127 

i 

rüstig vorwärts. Das in Hamburg und Umgegend für eine besondere 
Art Herd oder einen Aufbau über dem Herde gebräuchliche Wort dingen 
(diggen) ist Gegenstand einer Auseinandersetzung von Rück. Voigt und 
Walther 28,1 , ohne daß jedoch für Grundbedeutung und Etymologie etwas 
Bestimmtes herauskommt. Zwei Dramen in Hamburger Ma. haben den 
auch als hochdeutschen Dichter bekannten Fritz Sturenhagen m * 286 zum 
Verfasser. Über einen Vortrag von Wriede über die Sprache der Finken- 
wärder Fischer wird berichtet 2 " 7 Carstens gibt eine Sammlung von 
Sprichwörtern und Redensarten aus Stapelholm" 8 und veröffentlicht 
ein humoristisches Gespräch aus Deloe in Norderdithmarschen 289 , 
das wegen einiger altertümlicher Ausdrücke gedruckt zu werden verdient 
Dichtungen u. dgl. in Holsteiner Ma. geben Schmidt 290 , Voigt- Dlede- 
riehs 291 und Wisser.* 92 - 29 » 

f) Nord08tnieder8ächsisch. Die Syntax des Verbums im mecklen- 
burgischen Dialekt behandelt Llerow. 2 ** Einleitend sagt er einige 
Worte über die Verwendung der meckl. Ma. in der Literatur und betont 
die größere mundartliche Zuverlässigkeit Brinckmans gegenüber Fritz 
Reuter. Die Abhandlung selbst beschäftigt sich im 1. Abschnitt mit den 
Hilfszeitwörtern, im 2. mit den reflexiven Zeitwörtern; alles sehr ein- 
gehend und sorgfältig, doch werden mitunter Ausdrücke und Redeweisen 
als spezifisch mecklenburgisch bezeichnet, die auch der Schriftsprache 
angehören, so z. B. wenn S. 17 gesagt wird, haben trete im Nebensatze 
abweichend von der Schriftsprache an das Ende des Satzes. Das ist nür 
in gewissen Fällen richtig, denn im allgemeinen tritt nicht nur haben, 
sondern überhaupt das Verbum in dem Nebensatze auch in der Schrift- 
sprache an das Ende (bewahrte idg. Wortstellung). Auch viele meckl. reflexive 
V erben, die als Abweichungen von der Schriftsprache bezeichnet werden, 
finden sich mutatis mutandis in dieser. Brandes 295 bespricht zwei 1902 



284) Ed. KBek, J. F. Volfl, C. Walther, Dingen: Nd. Korrbl. 25, S. 5 — 7. 
285) Fritz SUfenhajren, Der Lots«?, Hamburgor Drama in einem Akt. Hambarg, 
Gutenbergverlag 1904. 8°. V,50S. 1 ML; geb. 2 Mk. (Alb. Leitzmann: Zs. f. dt. Maa. 7, 
S. 278: Hans Franck: Die schöno Lit. 1904, 8p. 219 - 221.) 286) De«., Mudder Mews, 
niederdeutsches Drama in fünf Akten: Ebd. 1904. 8°. 121 S. 2Mk.; geb. 3 Mk. (Leitzmann 
a.a.O.) 287) Hinr. Wriede, Die Sprache der Finkenwarder »Fahrensleutec: Nieder- 
sachsen 9 , 8.358. 288) Hein r. Carstens, Sprichwörter n. Redensarten aus Stapelholm: 
Nd. Jb. 30, Sp.78— 80. 2K9) Der*. , To Küss : Ebd. 8. 76 — 78. 290) Joh. Schmidt, 
Bor Platen sin Hofstä. Kiel, R. Cordes 1904. 8°. 196 8. 2 Mk. 291) Helene Volgt- 
Dlederlehs, Schleswig - Holstoiner Landleuto. 3. Aufl. Leipzig, E. Dioderichs 1904. 8°. 197S. 
2,10 Mk.; geb. 3,50 Mk. 292) Wilh. Wisser, Wat Grotmodor verteilt. Ostholsteinische 
Volksmärchen. I. Ebd. 1904. 8». %S. (R. 86—87: Über die Aussprache für hochdeutsche 
Leser. S.88 — 95: Wörterverzeichnis.) (Willner: Zs. f. d. dt. Unterr. 20 , 8.542 — 544; 
Alb. Köster: Litztg. 1904, Sp. 56 — 58; Ss : Sieb. Korrbl. 27, S. 123.) 293) De«., Das 
Märchen vom Schweinehirten und der Königstochter. Zwei holsteinische Fassungen: Zs. 
d. Vereins f. Volksk. 14, S. 432 — 435. 294) [Hartw. Gg. Heinr.] Llerow, Beitrage zur 
Syntax des Verbums in der mecklenburgischen Mundart. 8. Jahresber. der stadt. 
Roalsch. zu Oschatz. Progr. Nr. 673. Oschatz, Druck v. Fr. uldccops Erben 1904. 22 S. 
295) Ernst Brande«, Zur Sprache Fritz Routers: Zs. f. d. dt. Unterr. 18. S. 488 — 501. 



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128 F. Mentz. Deutsche Mundartenforschung and -dichtung im Jahro 1904. 



erschienene Schriften von Carl Friedrich Müller (Zur Sprache Fritz 
Reuters und Der Mecklenburger Volksmund in Fritz Reuters Schriften) 
und gibt, besonders zu der letzteren, verschiedene Ergänzungen und 
anderweitige Erklärungen meckl. Volksausdrücke. Von Fritz Renter's 
Werken erschienen im Berichtsjahre eine Gesamtausgabe 896 und eine 
Jugendausgabe von »Ut de FranzosenticU. 807 Allerlei Biographisches 
zu Fritz Reuter veröffentlicht Gaedertz 298 aus Anlaß des 30. Todes- 
tages des Dichtere. Von Römers Ausgabe des gesamten Nachlasses 
John Brinckman's 199 erschien im Berichtsjahre die 1. Abteilung des 
plattdeutschen Teils. Im Anschluß an diese beiden Hauptvertreter des 
meckl. Dialektes seien gleich noch die Gedichte eines andern Mecklen- 
burgers (Rostockers) erwähnt, der bis dahin unseres Wissens sich nur 
hochdeutsch, aber mit großem Erfolg, betätigt hat, Max Brey er's. 300 
Außerdem sind noch zehn Proben meckl. -vorpommerscher Ma. zu ver- 
zeichnen. 501-810 Eine Übersicht über die neuniederdeutsche Dichtung 
in Mecklenburg gibt Schröder. 8 11 



296) Fritz Reuter, Sämtliche Werke. Rechtmäßige Original - Ausg. in 8 Bdon. 
Doetiochem. Berlin, Th.Knaur Nachf. in Komm. [1904]. 8". V, 344; XI, 366; III, 395; 
HI, 319; 111,398; 111,350; 111,406 u.IV,344S. In 4 Lwd.-Bdn. OMk. 297j Dere., 
Ut de Franzosentid. Ausg. f. d. Jugend, veranstaltet v. d. literar. Vereinigung dos Ber- 
liner Lehrerveroins und des allg. plattdeutschen Verbandes. Mit einer Biographie des 
Dichtere von Herrn. Jahnke. Wismar, Hinstorff 1904. 8°. XXXIV, 224 S. Geb. 2 Mk. 
298) Karl Thdr. Gaedertz. Im Reiche Reuters. Neues von und über Fritz Reuter in 
Wort und Bild. Leipzig, G. Wigaud 1905. [1904 erschienen.] 8°. IX, 132 S., 6 Taf. 
2 Faks. 2 Mk.; geb. 3 Mk. (CM. 1905, Sp. 1100.) 299) John Brinckman, Nachlaß. 
Hrsg. v. A. Römer. Plattdeutscher Teil. I. Humoristische Erzählungen. Berlin, W. Süsse- 
rott [1904]. 8°. 2 BL, 152 8. 300) Max Dreyer, Nah Huus. Plattdeutsche Gedichte. 
(Teeknungen von A.Johnson.) Stuttgart, Deutsche Verlags- Anstalt 1904. 8". VI, 104 S. 
3Mk.; geb. 4 Mk. (W.: Niedersachsen 10, S. 109.) 301) C.Beyer, Ut de Preulientid. 
Ein Schauspiel für unser Volk. Schwerin, F.Bahn 1904. 8". 74 S. 1 Mk.; kart. 1,25 Mk. 
302) Max Blum, De dulle Prinz. Sin Lewen un sin Driwen. Neue (Titel -) Ausgabe. 
Berlin, Concordia 1904. 8°. VIII, 502 S. 4 Mk.; geb. 5 Mk. 303) Frdr. ( ammln, 
Soldatenpack. Plattdütschos Volksstuck mit Gesang. Gr. Lantow (Rostock, H. Wessel) 
1904. 8°. 45 u. 8S. 1 Mk. 304) Ders., Vaddersarw'. Ne meckelbörger Geschieht üm 
dei Midd von Achteihnhunnert rüm. Ebd. 1904. 8°. 191 S. 1,50 Mk.; geb. 2.25 Mk. 
305) Otto Grannke, Afsids, en lütt Bauk vull Rimelwarks. Stettin, M. Bosch 1904. 
127 S. 1 Mk. 30ö) Axel Lange, Plattdütscher Pulterabend. Imstbafto un spaß. Rimels 
in Meckelbörger (Fritz Reuter -) Plattdütsch för Pulterabend sülwern un gollen Ilochtid. 
2 Bdchn. Mülheim a R., J. Bagel 11904]. 8". Jo 78 S. Je 0,50 Mk. 307) Helm. 
SehrOder, Ut mekelborger Buerhüser. I. Bi Kräuger Bolls. Leipzig, 0. Lenz [1904], 
8°. 159 S. 2 Mk.; geb. 3 Mk. (0. Woltzieo: Niedersachsen 10, S. 328.) (Lobt die Zu- 
verlässigkeit des Dialektes.] 308) Heuriette Stender, Vor ICK) Johr. Biller ut Mekel- 
borg. Rostock, C. J. E. Volckmann 1904. 8". IV, 186 S. 2Mk.; geb. 3Mk. 309) Herrn. 
Urban, Duck-Duck's Geschichten. Humoresken in plattdoutecher Mundart. Güstrow, 
Opitz u. Co. 1904. 8". 117 S. 1 Mk ; gob. 1,50 Mk. <-nn-: De Eekbom 22, S. 183.) 
310) Fritz Worm, Hei will woll frigen, äwer blots »Ein«. Plattdütschos Lustspill in 
1 Optogg. (Plattdeutsches Theater Nr. 11.) Mühlhausen i. Thür., G. Damm (1904). 8°. 
20 S. 1 Mk. 311) Carl Schröder, Die neu- niederdeutsche Dichtung in Mecklenburg: 
Niedersachsen 9. S. 320 f., 334-336, 355-357, 373-376, 389-392, 401-404. 



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Konra«] Alles. Beiträge zur Substantivflexion der oberhcssisdion Mundarten. 129 



IV. Ostniederdeutsehe Mundarten. 

1. Nordmärkisch. 

Eine Sammlung von ma. Rätseln aus Strodehne a. d. Havel gibt 
Schaar. 813 Der größte Teil derselben steht auch in der mecklenb. Samm- 
lung von Wossidlo und der aus der Grafschaft Kuppin von Haase, einige 
waren aber bisher noch ungedruckt. Einzelne Rätsel werden kritisch 
und hermeneutisch behandelt 

2. Preußisch. 

Hier sind für das Berichtsjahr nur Proben zu verzeichnen. 818 * 8U 



Beiträge zur Substantivflexion der oberhessiseken 

Mundarten. 

Von Konrad Alles. 

(Schloß.) 

II. n-Stämme, die Sachen bezeichnen. 

Diese Gruppe hat, wie schon oben angedeutet, die Formen des 
Dat. und Akk. Sg. verallgemeinert. Die Endungen sind dieselben wie in 
der vorhergehenden Gruppe, also n und dumpfes e. Die beiden Zahl- 
formen sind völlig gleich gebildet. Die Formen mit n berühren sich 
heute durchaus mit den auf -n auslautenden Stämmen der «- und /- 
Flexion, soweit sie nicht umlautsfähig sind. 

1. n im Auslaut haben: Sparm = Sparren (auf dem ganzen Gebiet); 
Kämt = Karren (Gr. B., N. G., Wdh., X. W., Lgdf., Bbh., Schi., Slz., Rdg., 
Hlzh.). Wie erklärt sich der Umlaut? Ein Übertragung aus dem PI. ist 
der Bedeutuug wegen ausgeschlossen, obwohl auch Formen wie Koa(?jn 
— Käfrjn (Dbch., Bsd., Ydd., Ldh., Mgd.) vorkommen. Auch in Orts- 
namen, die von «-Stämmen gebildet werden, treten Umlautsformen auf. 
So heißt Storndorf, urkundlich Storindorf, in dortiger Gegend Sterndorf. 



312) Ilnr. Schaar, Plattdeutsche Ratsei. Ein Beitrag zur märkischen Volkskunde: 
Zs. d. Vereins f. Volksk. 14, S. 168—179. 313) Waith. Domansky, Ein Bundchen 
Flundern. Neue plattdeutsche Gedichte. Danzig, L. Saunier 1904. 8°. 52 S. 0,60 Mk. 
(-nn-: De Eckbom 22, S. 183.) 314) W. Reich» rrnann , Ut Noatange. Plattdütsche 
Spoaßkes. 2. Bandke. 6. Aull. VI S. u. S. ü'J— 140. 3. Bandko. 6. Aufl. V S. u. S. 141— 212. 
6. Bandke. 3. Aufl. VI S. u. S. 361 —430. Königsberg, F. Beyer 1904. 8". Je 0,60 Mk. 
Vgl. auch Nr. 221 u. 222. 

Zeitschrift fttr Dratacha Mundarten. III. 9 



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130 



Konrad Alles. 



Man könnte deshalb an eine weitere Verbreitung der Endung »-/»« im 
Gen. und Dat. Sg. denken, als gemeinhin angenommen wird (vgl. Braune, 
ahd. Gr. § 222, Anm. 1 und Behaghel, Grdr. § 41). (Hirn (mhd. gere) = 
Schoß (Orb , Wdh., Gl., Slz., Vdd., Kpd., Schi.), vgl. auch S. 375*); Schitii(r)n 
(mhd. swere) - Geschwulst (Bsd., Dbch., Gl., U. W.. Grb., Olsh.. Lgb.. 
Dbch., N. W., Lgdf., Rdg.); Käjm — die Niere (Gr. B), mhd. niere. 

Bei den Stämmen mit schließendem n scheint der Stammausgan«: 
mit der Endung zusammengefallen zu sein. Man vgl. Rom — Born = 
Born (X. G., Bbh., Dbg., Slz.), vgl. auch S. 374*: Schorn (ahd. scorno) - 
Schorn Scholle (Henchelheim, Obhg.), vgl. auch S. 374*): Kä(r)n (ahd. 
chemo) Kä(r)n - Kern (Fr.Rbch., Vdd., Wdh., N.G., Lgb., Ldh.. Dbch.. 
Lgdf.. Obhg., Glsh., Gr.Ld., Atzh.\ Hlzh.. Rdg.. Bdt.); Stä(r)n — Stäfrjn 
= Stern (auf dem ganzen Gebiet). 

n haben weiterhin bewahrt die Stämme mit auslautendem /. freilich 
nicht in der allgemeinen Verbreitung wie die vorhergehende Gruppe. 
Hierher gehören die Singularia tantum der Wenn =» Wille (Wdh., N. <i.. 
Glsh., Rd., Dbg., Gr. B.. Lgdf., X. W., mit nicht assimiliertem / Bsd.): 
Oefann Gefallen (X. W., Wdh., X. G.). Die Form setzt zu mhd. gevall eine 
schwache Xebenform voraus (vgl. D. W. IVa 2099); Schnilxinn Schneeball. 

Von den ursprünglich schwach flektierenden Stämmen auf -cl und 
-er haben sich nur vereinzelte //-Formen erhalten. Zumeist hat hier 
starke Biegung Platz gegriffen. Über Armin, Stiutrinn vgl. S. 362*. 
Doarre(r)n Dotter (Bbh., Glsh.). Das Obh. Wtb. bemerkt: Doarcr, raeist 
jedoch Doarern. Diese Angabe des Wtb. entspricht nicht den Tatsachen; 
den beiden Belegen mit //-Formen gegenüber stehen mir 19 mit starker 
Biegung zur Verfügung; Iloanen (mhd. habere) Hafer (Bbh., Lgb.): 
sonst entweder stark, oder es hat Geschlechtswechsel stattgefunden. 

Eine Pluralbildung auf -n findet sich bei einer Anzahl von Haus 
aus starker Mask. mit el- Ableitung, vgl. dieselbe Erscheinung bei den 
so gebildeten persönlichen Stämmen S. 376*. Das Gebiet ist dasselbe wie 
dort. Bsp.: Makeel — Maks'n - Meißel, Beekel lieck'n = Pickel. Deckel 

— Jkck'n - Deckel, iMffel — Lä/f'n Löffel, (Jreffel — (ireff'n - (iriffel, 
Slissel Stissn = Stößel, Bohl Raiin Reitel, Ruwel - Hüten 
Hobel, Knetlel - Knefi'n - Knüttel. Zeppel - - Zeppn ---- Zipfel, Ziel 
Zie'n Ziegel. Schi nkel — Schenk*» Schenkel, Gitcel — Giirn — Giebel. 
Wörter, wie Stiefel und Pantoffel, die vielleicht vom Dat. PI. aus in die 
«-Flexion Übergeführt worden sind (vgl. oben), ferner das Vorbild der 
gleichgebildeten Mask. für Lebewesen und Fem. für Sachbezeichnungen 
sind für diese pl. Neubildung entscheidend gewesen. 

Anm.: Noch nicht eingebürgert ist diese neue Weise der Plural- 
hezeichnung bei einigen Stämmen mit entschieden sing. Verwendung 
Bsp.: Mihi I Hiegel. Diehcl Tiegel. Sehnengef - Schwengel. Kiesel 

- Klöpfel, Roisel Küssel. 



* Die mit ein. 'in Stein l.-zeii hnt:tüu üinwofae beziehen sich auf Jahrg. 19o7. 




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Beiträge zur Substantivflexion der oberhessischen Mundarten. 



1.11 



2. Dio häufigere Endungsforra ist dumpfes e. Sic hat statt auf dem 
ganzen Gebiet hei: Brickc — Backen, Boage -=» Bogen, Balke «= Balken, 
llrocke = Brocken, Bosse = Possen, Galje = Galgen, drosche = Groschen, 
Grntxp = Grotzen, £0660 Hopfen, flo/e - Haufen, /To«/« = Kasten, 
Knoarrc = Knoten, ATömt = Kloben, Knoche = Knochen, //oMe = Haken, 
Ao/t« — Nutzen, Paste = Posten, Noame = Namen, Dubbe = Tupfen, 
Stauche = Stauchen, Trobhe Tropfen, Sohme = Samen, Zabbe — Zapfen; 
bei den Abstrakten: Gedanke = Gedanken, ßAure = Glanben, Frire = 
Frieden. 

Anm.: Als Rest der ursprüngl. Flexion wird bewahrt: »»»7 Fried* 
lassen = in Ruhe lassen. 

•Seltener kommen vor: Hauste (mhd. hüste) = Hausten (N.G., Wdh.); 
Leime = Lehm (U. W., Fr. Rbch.); 3/aie (mhd. meie) — Maibaum (U. W.); 
Hoahmc (mhd. harne) ^ sackfönniges Fangnetz (U. W); Wiche (mhd. wieche) 
Docht (Ldh., Dbch., Lgb., Ulf., Fr. Rbch., Schi., Lgdf., N.W., Obhf., 
RHg., BdL, Hlzh.) als Wicke (md. wicke) (Dbg., Gr. B., Atzh., Olsh., 
N. G.. Rpd.). Roase = Rasen (N. G., Wdh., Whl., Gls., Schi., U. W., 
Fr. Rbch.), vgl. S. 372*; Gate = Zwischenraum zwischen zwei Hausern; 
Schniballe Schnneball (Lgb., Hlzh., Bdt, auch im Odenwald, vgl. oben 
Schniltann). 

Vorstehenden schwachen Sachbezeichnungen haben sich die w- 
Stämme Boden, dialekt Barre, bezw. Itede und Faden, dialekt Foare, 
bezw. Foade in U.W., Fr. Rbch., Slz., Grb., Bsd., Vdd., Gl., Whl., Wdh., 
X.G., Rpd., Glsh., Atzh., Bbh. angeschlossen (vgl. S. 372*). Auf dem Wege 
organischer Entwickelung trat bei Foare und Dürre vielfach Berührung 
mit den »-Stämmen ein, so in erster Linie im Akk. Sg., nach dem Abfall 
des auslautenden e auch im Dat. Sg., Nom., Akk. und Gen. PI., voraus- 
gesetzt, daß der Gen. noch lebendig war; endlich nach der Verdrängung 
des schwachen Noni. Sg. auch in diesem Kasus. Vereinzelt ist auch 
Schuoare (mhd. swadem) übergetreten, so in Bsd. Auch das ursprünglich 
schwache Besen folgt auf diesem Gebiete der «-Flexion. 

Bei Hirsche- Hirse (U.W.) setzt wohl die heutige Form die ahd 
Nebenform hirso fort. 

Auf der Grenze zwischen n - und /-Flexion stehen folgende Stämme: 
Lotire = Laden, Groane —■ Graben, Goarte Garten, Moagc — Magen, 
Kroaye -r Kragen. Die «-Form verteilt sich bei den genannten Stämmen 
in folgender Weise: lAxire (N.G., Wdh., Grb.. Bsd.. Dbch.. U. W., Fr. Rbch., 
Vdd.. Glsh., Dbg., Atzh., Rpd., Whl., Bbh., Bdt.), vgl. S. 372*; Groatve 
(Grb., Bsd., Vdd.. Glsh., Dbg., Atzh., N.G., Wdh., Rpd., Rd.. Bdt., Bbh., 
Dbch., U. W., Fr. Rbch ), vgl. S. 372*; Goarte (Grb., Bsd., Whl., Wdh., N. G. 
Glsh.. Atzh., Rpd., Dbg.. Dbch., Bdt.. U. W., Fr. Rbch.), vgl. S. 372*; Monge 
Magen (Grb.. Bsd., Vdd., (41., Whl., Wdh., N.G., Rpd., Glsh., Atzh.. 
Dbg.. Gr. B., Bbh., Mgd., Ldh.. Lgb., Dbch.. Obhf., übhg., Gr.Ld., U.W., 
Fr. Rbch., Slz.), vgl. S. 372*. 

9* 



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132 Konrad Alles. 

2. Pluralbildung der Neutra: 
A. Die starken Neutra. 

Die starken Neutra bilden ihren PI. teils ohne Endung, teils mit der 
Endung er. 

1. Endungslose Pluralbildung. 

Die Form der endungslosen Pluralbildung, deren sich das Neutrum 
in mhd. Zeit im Nom. und Akk. bediente, hat sich in isolierten Formen, 
in den Formen mit Zahlangaben erhalten. 3Ian bildete damals regel- 
recht: 2 glas, lut, mftl. ma^. In solchen Verbindungen genügte das Zahl- 
wort zur deutlichen Unterscheidung des Zahlverhältnisses. Die Form 
des Hauptwortes war ohne Belang. 

1. So erhielten sich diese Formen neben den Zahlwörtern, als bei 
anders gearteter Verwendung neue Plural formen aufkamen. Man sagt 
heute 2 Glons Wein (sonst Gläser), 3 Moass (sonst Müsset), 2 Mohl 
(sonst Mäkler). Lot kommt fast ausschließlich mit Zahlangaben vor; daher 
fehlt auch die fortgeschrittene Pluralform. Ebenso gebraucht man 2 Poar 
(sonst gewöhnlich Poarn), 2 Gcschad (sonst Gescharer) - Gescheid, 2 Füll 
(sonst Fäller, Schi.. U.W.) Fell. 2 Fnss (sonst Fässer), 10 Steck (sonst 
Stecker) — Stück : jedoch wo es auf Hervorhebung der einzelnen Teile 
ankommt, steht auch schon 10 Sterker, z.B. 10 Stecker Tuch; dagegen 
kann man kaum sagen 2 Sterker Rindeieh; 2 Pond steht neben Pom 
und Pinner — Pfund; 3 Gewann neben gewöhnlichem Gewänne (Vilbel. 
Gr. B.) = Gewende, 10 Juhr -= Jahr neben dir Juhrn daher = die Jahre 
daher; desgleichen sagt man 6 Gesehork = 6 Schock. 3 Dutzend. 

In Verbindung mit dem unbestimmten Zahlwort »alle« steht alle 
Gebott, allemohl, alle Element, sonst Elementer (Fluch). 

Die Einschränkung der alten Pluralform auf die eine Gebrauchs- 
weise, wo die Zahlform zur Bezeichnung der Pluralität ohne Bedeutung 
war, hatte zur Folge, daß diese nicht mehr als PI. gefühlt wurde. Man 
gewöhnte sich, bei derartigen Redewendungen den Nom. Sg. zu setzen, 
mochte er nun ursprünglich mit dem PI. übereinstimmen oder nicht. So 
kommt es, daß heute auch Mask. und Fem. in der Form des Sg. neben 
Zahlangaben auftreten können. 

Allgemein wird gebraucht 6 Fouss = 6 Fuß neben gewöhnlich um- 
geläutetem PI. Foiss. Desgleichen erscheint allgemein 6 Schuck neben 
Schuh oder Schouh. In Vilbel heißt's 5 Krück = Krug, aber die Krick, 
ebd. 5 Wage, aber die Wäger. 3 Sack sagt man in Kodheini, aber dir 
Stick. 3 Schriet t (v gl. S. 373*) steht neben die Schrett (Kodheira, Gronau, 
Vilbel); 2 Schuss neben die Schiss. 6 Lab — Laib wechselt mit die JMb 
(Rdh., vgl. S. 364*): 3 Komb mit die Kimb. Neben dem PI. TM- = Tage 
gebraucht man 14 Donk. Den hemmenden Einfluß derartiger Wendungen 
zeigt 8 oder 14 Doah, wo Doah den lautgesetzlichen PL enthält Da- 
neben steht schon ein analoges Däg Tage. Im Odenwald hat man 
ebenfalls 14 Toag, jedoch durch die Tag durch die Tage. In der 





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Beiträge zur Substantivflexion der oberhessischen Mundarten. 



133 



häufigen Verbindung mit Zahlangahen darf mau wohl den Grund erblicken, 
daß Tag noch nicht allgemein zu der /-Flexion übergetreten ist. Man 
vgl. daneben die Formen Kroak — Kräk = Kragen (Gr. B.). Bei Schöner 
findet sich Draisbruy -= Dreisprung, d. i. 3 Schritte für einen machen: 
die gewöhnliche Pluralform hat dagegen den Umlaut. In Verbindung 
mit alle sagt man in U. W. alle Forx lang, aber die Firx Darmgase. 
Allgemein gebräuchlich ist alle Schloak neben die Sckläh oder Schläk 

- Schlüge. 

Die Ausdehnung dieses Gebrauches auf Feminina wurde schon 
erwähnt. Auf dem ganzen Gebiet gebraucht man 50 Mark, aber man 
sagt die Marke. Neben die Auer/t (Uhren) steht 3 Aitci'; die Minoute, 
aber 3 Minottt (Vilbel); die Klofte(r)n = Klaftern, aber 3 Klofter; die 
Sieihe (Stiegen), aber 5 Steih, die Gewanne, aber 3 Gewann; die Förg 
(Furchen), aber 6 Furch. Man vgl. auch engl, a hundred brick, wo letzteres 
ebenfalls in der Form des Sg. auftritt. 

- 

2. Außerhalb der Zählformel begegnet die endungslose Form des 
l'l. noch bei einer Reihe einsilbiger und zweisilbiger Stämme. 

a) Bei der ersten Gruppe hat sich die schon mhd. einsetzende Aus- 
gleichung an die «-Stämme der Mask. auch in unseren Dialekten voll- 
zogen. In einzelnen Fällen wird dies deutlich bewiesen durch die 
Auslautsbeschaffenheit. die voraussetzt, daß der PI. die Endung »«« an- 
genommen hatte. Man vgl. die unter dem Abschnitt Zahl bereits erwähnten 
Formen Keand — Keann = Kind und Pond — Ponn — Pfund und das 
dazu aualogisch gebildete End — Enn = das Ende. 

Auch dort, wo die Beschaffenheit des Auslautes keinen Anhalt mehr 
für die Verallgemeinerung eines analogischen e im PI. bietet, wird man sie 
doch annehmen müssen. Es wird dies wahrscheinlich gemacht durch 
den Umstand, daß eine Reihe von Ja- Stammen, entgegen der allgemeinen 
Tendenz dieser Gruppe zu den -v- Stämmen überzutreten, in der Gruppe 
der neutr. «-Stämme festgehalten worden ist. Das verknüpfende Band 
der beiden Gruppen scheint mir die Übereinstimmung der Pluralformen 
zu sein. Die in Betracht kommenden ja -Stämme sind: Tenn—Tmn =■ 
Tenne (Ldh., Rd., Bbh., Atzh., N.G, Whl., Wdh., Vdd., Schi.); Beet — 
Bett (U.W., Fr. Rbch.); Kinn - Kinn (Hlzh., Bdt. Doch.. Bbh.. 
Vdd., U.W.); Geschirr = Geschirr (Obhg.. Fr. Rbch.),- Geblit mhd. geblüete, 
coli, zu bluot (Wdh.); Gefas — . Geleise (Wdh.); Gehänk -=- Gehänge (Wdh.). 
An a-Stämmen seien erwähnt: Schof — Schof — Schaf, Rih — Rih = Reh, 
IIa (Bij -- Bä (Beb) ^ Bein, Knäi — Knäi Knie (alle vier auf dem 
ganzen Gebiet verbreitet). Weniger häufig sind: Joch — Joch (Rdg., Hlzh., 
Assenheim). Bläch Kuchenblech (Slz.. Wdh., X. (i., Hlzh.): Schiff e 
Schiff (Schi., Grb., Gl., Wdh., Rdg ): Bcaff = Reff (Ulf., Dbg., Glsh., 
Wdh.. Whl., Grb., Schi.): Dreiseh - Driesch (Ulf., Grb., Fr. Rbch.); Mark 

- Werk (Ldh., Obhf.); Sibb Sieb (Rdg.); Ass As (die Eins auf Karten) 
(Wdh., Fr. Rbch.). 



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134 



Konrad Alles. 



Dagegen muß man wohl in den endungslosen Pluralformen zu Fall 
Fell (Gr.B., Bbh., Kd., Ulf., Bdt., Hlzh., U. W.); Siel (rahd. sil) - Riemen 
(Rpd.); Spill = Spiol (Hlzh, Rodheim), namentlich vom Kartenspiel — eine 
Fortsetzung des mhd., bezw. ahd. Standes sehen; vgl. Paul, Mhd. Gr. § 60. 

Auch Poar — Poar^ Paar (Rdg., Obhg., Ulf., Atzh., Glsh., X.G. 
Wdh., Bsd., Orb ); Johr Johr - Jahr (Bbh., Glsh., X. G., Fr. Rbch.) 
mögen vielleicht niemals im Xom. und Akk. PI. ein analogisches e ent- 
wickelt haben; hier kam auch der Bewahrung der endungslosen Form die 
Verbindung mit Zahlangaben zu Hilfe (vgl. oben). 

Unter dem Zwang der beiden letztgenannten Stämme hat wohl auch 
das lautverwandte Hoar Haar vereinzelt (Lgb., Bbh., Glsh.) die starke 
Form bewahrt 

b) Auch die zweisilbigen mit en-, el-, er- Ableitung gebildeten 
Stamme bewahren, zum wenigsten auf einem Teil unseres Gebietes, die 
alte Flexionsform. 

An en - Ableitungen kommen hier in Betracht: Hufeise = Hufeisen. 
Zaache^ Zeichen, Deppe (mhd. tupfen) = Topf. Vorwiegend sing, werden 
gebraucht die Infinitivformen Verginge — Vergnügen, Wense — Wesen. 
Leawe = Leben; Füllen weist verschiedenartige Gestaltung seiner Flexion 
auf. In beiden Zahlformen als Fenn begegnet es in Ulf., Gr. Ld., Glsh.. 
Rpd., Lgdf., Obhg., Obhf. 

Ableitungen auf -el: Bei dieser Gruppe besteht nicht die gleiche 
Übereinstimmung der Bildungsweise wie bei der vorhergehenden. Bsp.: 
Freekel - Freekcl Ferkel (Bdt, Dbch., Ldh., Lgb., Slz., Fr. Rbch., Schi., 
U. W., Hlzh., Rdg.); Dbch., Ldh., Lgb. können nicht mit Sicherheit hierher 
gezählt werden, da hier auch Angleichung eines pl. -n an den Auslaut 
vorliegen könnte. Beiel (mhd. bihel) Beil; Mettel = Mittel (auf dem 
ganzen Gebiet; daraus geht jedoch hervor, daß es nicht volkstümlich ist): 
Rätsel = Rätsel (ganzes Gebiet, ausgenommen X. W., Dbg., Vdd.) ist eben- 
falls nicht volkstümlich, Gritschel, Gritsehel - ein Pflugteil (Whl., Kd.). 

Endlich bilden die Mehrzahl vorwiegend ohno Endung die Ableitungen 
auf er: Faier — Faier -= Feuer (Sehl., Grb., Bsd., Vdd., Wdh., Gl., Rpd., 
X.G., Glsh., Bbh., Dbg., Ldh.. Dbch., Lgsdf., Obhg., Rdg., Ossh.); Sommer- 
Nommer Nummer (Bsd., Wdh., Bbh.); Fttaiirer Foaurer = Fuder 
(Gr. B., Vdd.. Wdh., Whl., Rpd., X. G., Atzh.. Rd., Rdg., Ldh., Dbch.. 
Lgdf.. Obhg., X. W., Bdt. Hlzh ); Müsser — Mässer ^ Messer (Gr. B., vgl. 
S. 141. Wdh.. vgl. S. 137, Bbh., Rd., Ldh., Dbch., Lgdf., Obh., Bdt, Hlzh.. 
U. W.. Slz., Bsd., Vdd., Whl.): Umler — Lasder - Laster (U. W„ Fr. Rbch., 
Whl., Rpd., Atzh., Rd., Ldh., Dbch., Rdg., Osch.. Hlzh., Lgdf., Obhg.), 
das Wort ist jedoch nicht volkstümlich: Loaqer — Loager — Lager (U.W.. 
Fr. Rbch., Vdd., Gl.. Whl., Rpd., X.G., Atzh., Gr.Ld., Bbh., Rd., Ldh., 
Dbch., Lgdf., Obhg., Ossh., Hlzh.); Flauster Vianster - Fenster (Fr. Rbch.. 
U.W., Bsd., Vdd.. Whl., Gl., Wdh., Rpd., Glsh., Bbh., Ulf., Ldh., Lgb., 
Mgd., Dbch., Obhg., Rdg.); Piaster - Plaster Pflaster (Fr. Rbch., U. W.. 



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Beiträge zur Substantivflexion der oberhossischon Mundarten. 



13.-» 



Schi., Ol., Wdh.. Rpd., Olsh., Dbg., Bbh., Ulf., Kd.. Mgd.. Dbch., Rdg.); 
Mister — Bäister Küster (Sehl., Grb., Vdd., Whl., Ol., Wdh., Rpd., 
Ulf., Kd., Ldh., Lgb., Mgd., Dbch.); Wärer — Wärer --= Wetter (Kpd., Olsh., 
Ulf.. Ldh., Dbch., Rdg.), die Angaben des PI. fehlen häufig); Luäer 
(Lurer) — Luäer (Luret) - Luder (Rdg.. Obhg., Or. B., Olsh.. Whl.. Orb., 
Schi., Dbch.. Mgd., Lgb., Ulf., Bbh., Dbg., Rpd., Wdh., Vdd., Bsd., N.O.). 

Anm.: Luder wechselt in U. W. und Fr. Rbch. je nach dem Oeschlecht 
der dadurch bezeichneten Personen. Man sagt \teäh Luäer (n.), aber 
zwo Ludern (f). 

II. 1'IuraIWiIdung auf er. 

Wie in <>bd. Maa. ist die ahd. Neubildung des PI. auf ir (dialekt. er) 
auch auf unserem Gebiet herrschend geworden. Diese Art der Plural- 
bildung empfahl sich besonders wegen der deutlichen Unterscheidung der 
beiden Zahlformen durch Endung und, soweit die Stämme umlautsfähig, 
auch durch Umlaut Bezüglich des Ausgleiches der durch den Umlaut 
bewirkten Verschiedenheit vgl. S. 357*. 

1. Fr- Pluralbildung in Übereinstimmung mit der Schriftsprache. 

a) Umlautsfähige Stämme: Fuss --= Faß, Bload - Blärer - Blatt, 
Bahnd — Bänner = Band, Groab — Grüner Grab, litxtd — Kürer 
Rad, Paltttd — Pä tiner Pfand, Lahud — I Ämter — - Land, Doal — Däler 

Tal, Glaus — Gläser ^ Glas, Groas Gräser ^ Gras, Dach— Dächer 
Dach. Sju'toal — Spitäler - Spital, Wonftjt — Wä(r)ter - Wort, Ourt 

— Art er - Ort. Höh, Hel.er Holz, Doarf — Dürfer — Dorf. Schloass 

— Schiesser Schloß, Loch — Lecher - Loch, Volk — Yelher - Bienen- 
volk. Hoa(r)n — Iläfrjner - Horn, Jhtch — Dicker ■= Tuch. Buch — 
Bicher - Buch, Gonttt — Giiirer Gut. Haus — Häuser - Haus, Kraut 

— Krättrer -— - Kraut, Riand — Binner - Rind. 

b) Umlautsunfähige Stämme: Gliäd — Glirrer Glied, Bild — 
Bilder Bild, Lieht — Lichter, Brüht — Brührer - Brett, Nüst — Nüster 

Nest. Schträ(r)t Schtvü (r)ter ^- Schwert. Gcspetts — Gespettser — 
Gespenst. Ag — Ager Ei, Kläd — Klärer — Kleid. Scheit — Scheiter 
Scheit, Lid — Lirer - Lied 

2. Er- Pluralbildung, abweichend von der Schriftsprache, 
a) Die Verbreitung dieser Bildungsweise erstreckt sich über das 
ganze Gebiet 

a) Umlautsfähige Stamme: K/oti — Kletxer - Klotz, Kapedoal 

— Kapedäler - Kapital. 

ft) Nicht umlauts fähige Stämme: Mensch — Menscher Dirne, 
Här\ — Härxer - Herz, Bült — Bätter Bett, Hemb — Hemmer - 
Hemd, Säl — Säler - Seil. Fühl — Füller Feld, Gebiss — Gebisser 
Gebiß, Gemoit (Getttoi) — Gemoirer Gemüt, Geschwätz — Geschteät\er 

— Geschwätz, Wtd — Läd --- Leid (Begräbnis). 



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Konrad Alles. 



b) \ebon dem PI. auf -er, der im ganzen überwiegt, kommen noch 
anders gebildete Pluralformen vor. Es wird daher für jedes "Wort das 
Verbreitungsgebiet angegeben. Zu vergleichen sind die Abschnitte über 
endungslose und schwache Pluralbildung. 

a) Umlautsfähige Stämme: Joch — Jccher - Joch (IT. W., Schi., 
Orb., Bsd., Vdd., Whl. , OL, Wdh., X.G., Rpd., Atzh., Glsh., Gr. B., Dbg., 
Gr.Ld., Bbh., Ulf., Rd., Lgb., Ldh.. Dbch., Bdt.); Lühs — Lihser - Los 
(Verbreitung wie vorher); Moal — Müler = Mal (LT. W.. Fr. Rbch., Schi., 
Orb., GL, Vdd., Rpd., Atzh., Glsh., Gr. Ld., Bbh., Lgb., Mgd., Dbch ): 
Ohss (Oass) — Eser - Aas (Schimpfwort) (U. W., Fr. Rbch., Slz., Bsd., 
GL, N.G., Rpd., Glsh.. Atzh., Gr. B., Rd., Dbch., Ldh., Gr.Ld., Obhg.. 
N.W., Rdg., Bdt, Hlzh.): Orfach — Gefüchrr (Slz., Wdh., X.G., Bsd., IM.. 
Mgd., Dbch., Dbg., Obhg., N. W. , Bdt.); Moass — Müsser = Maß (Wdh.. 
Fr. Rbch., Grb., Vdd., GL, Rpd., Bbh., Ldh., Dbch., Obhg.. Ossenheim); 
Koarn — Küfrjner = Korn (Gr. B., Rdg., Obhg., Obhf., Dbch.. Ldh.): 
Goam — Gärner = Garn (Fischnetz) (Gr. B., Obhg.. Bbh., Grb.. Fr. Rbch.. 
U. W.); Drusch — Drischer — Driesch (N. G., Rpd.); Hur — Hirer = Ha;ir 
(im Sinne von Frisur, z. B. de Küihu de Hirer mache) (Gr. B., Lgdf., Whl.. 
Slz., Fr. Rbch.); Ruhr — Rihrrr - Rohr (Obhg., Uli, Bbh.. Atzh.. X.G.. 
Wdh.); Doar — Dürer - Tor (X.G., Rpd., Glsh.. Gr. B. . Dbg.. Ulf., Rd.. 
Bbh., Lgdf., Obhf., Obhg., Gr.Ld., N.W., Rdg.); Wams - Wämser - 
Wams (Orb., Rpd., Glsh., Atzh., Dbg.). 

Anm.: Eine Anzahl umlautsfähiger Stämme erscheint vereinzelt ohne 
Umlaut (vgl. S. 357*). 

ß) Umlautsunfähige Stämme: Füll — FäUcr Fell (Fr. Rbch., 
Slz., Grb., Bsd., Vdd., GL, Rpd.. X.G., Atzh., Glsh., Dbg., Gr.Ld., Lgb.. 
Ldh., Dbch., Obhf., Obhg.. X. W.. Rd., ü. W.), vgl. S. 134; Spil - Spihr 
= Spiel (Gr. B., U.W., Fr. Rbch., Slz., Bsd., Grb., Vdd., Whl., GL. Wdh., 
N.G., Rpd., Atzh., Glsh., Dbg., Gr.Ld., Lgb., Dbch., Mgd., Obhg., X. W.. 
Rd.), vgl. S. 134; Schiff — Schiffer - Schiff (Fr. Rbch., U. W., Vdd., Whl.. 
Rpd., X.G., Atzh., Dbg., Gr.Ld., Bbh., Ulf., Lgb.. Dbch., Mgd.. Ldh.. 
Obhg.), vgl. S. 133; Sib — Siwrr - Sieb (Gr. B., X. W.. Obhg., Dbch., Mgd.. 
Ldh., Lgb.. Rd., Ulf., Bbh., Dbg., Glsh., Atzh., X.G., Wdh., Whl.. OL 
Vdd., Grb., Bsd.. Slz., Fr. Rbch., U. W.). vgl. S. 133: Bläch — Wichet- 
Blech (Gr. B. : U.W., Fr. Rbch., Schi., Bsd., Vdd., GL, Rpd., Atzh., Glsh.. 
Dbg.. Gr.Ld., Rd., Ldh., Lgb.. Mgd.); Hüft — Hüfter - Heft (Gr. B.. Bsd.. 
X.W.. Obhg.. Dbch., Mgd.. Lgb.. Ldh., Rd.. Bbh., Gr.Ld., Dbg., Atzh.. 
Rpd., Wdh.. Vdd.. Grb., Slz.. U. W.); Fell - Feiler - Füllen (Dbch., Ldh. 
Dbg., N. W., Ossenheim), die Form Fell geht wohl auf mhd. vüll zurück; 
Giild — Gülder - (Jehl (Gr. B., Hlzh.. X.W., Rdg., Obhf., Dbch., Sehl, 
Fr. Rbch., U. W.); Würk — Wärker =• Werk (im Sinne von Gut, Besitztuml 
(U. W., Fr. Rbch., GL, Atzh.. X.W.); Sech — Secher = Sech, d. i. kurzes 
Messer an der Pflugschar (Dbch.): Sill — Silier - Sill Vordergeschirr 
des Pferdes ((ir. B.), Drüisch — Drüischer Driesch (Gr. Ld., Schi., Atzh.. 
GL), vgl. S. 54; Tmn — Tenner - Tenne (Ldh., Mgd., Rd., (ir. Ld.. Dbg. 



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Beiträge zur Suhstantivfloxion der oherhessi.s» heu Mundarten. 137 



Glsh., R.pd.,Wdh., Bsd., Gib., Dbch., Lgdf., N. W., Gr.B.); Verdiennt — 
Verdienter - Verdienst (Dbch.. Assenheim); Bailer — Bail Beil (Gr. B., 
Hlzh.. X.W.. Rdg.. Obhg., Lgdf., Obhf., Dbch., Ldh.. Dbg., Gr.Ld., Bbh.. 
Glsh.. X.G., Gl., Whl., Wdh., Grb.); Hin, — Himers Gehirn (Ldh., U. W.); 
Helm — Helmer — Axtstiel (mhd. heim m.) (U. W., Ossenheim. X. W.. Rdg.. 
Mgd., Gr.Ld.. Dbch.); Vieh — FiWier Vieh (X. W.); W7ä — TT/Aer - 
Weh (Dbch.): Reff — Keffer - Reff (Dbg., U.W.): Ritschert — Ritschcrln 

- Reihbrett am Wagen oder Pflug (X. G., Dbch.); Stift — Stifter - Stift 
(Gl., Wdh., Rdg.. Hlzh.); /wts — //rfser Erz (Obhg., Gr.Ld.); JYtf — 
A7/e/- = Füllen (Dbch., Ldh., Dbg., Ossenheim); Ziel — Z/Wrr Ziel 
(Steuerziel), Kommet — Kommeter - Kummet (Bbh., X.G.. Dbch.); AV/V/ 

- 7frm>r = Ried (Obh. Wtb.); A/iVr — Mcrrr - Meer (X. W., Atzh.. Schi.): 
Düifejr — Däir(e)er - Tier (Atzh., Rd., Wdh.. X.G., Bsd., U. W.); JWrr 

- Fensterer = Fenster (Atzh., N. G.): Räinter — Räislerer Rüster (Atzh.); 
IFäVer — HV/mer = Wetter (Atzh., X. G.); Luder — Lurerer ■-- Luder 
(Atzh.): Zimmer — Zimmerer Zimmer (Rüddingsliausen, Atzh.); Männer 
Mässercr = Messer (Wdh., N. G., Atzh.); Fihr — Fihrer -~ Feuer (X. W.). 

Es zählen hierher besonders eine Reihe von ja- Stämmen: Enn — 
Ennert Ende (Hlzh.. X.W., Obhg., Dbch., Mgd., Dbg., Glsh., Gl.. Bsd.. 
Orb.. Fr.Rbch.. U. W.); Nütz — Nutzer Xetz (Gr. B., Hlzh., Obhg., Dbch.. 
Mgd., Dbg., Glsh., Gl., Bsd., Grb.. U. W., Fr. Rbch.); Bert — Ureter 
(Bierer) - Beet (Rdg., Lgdf., Dbch., Ldh., Gr.Ld., Dbg., Rd.. Vdd., Schi., 
Slz.): Gewäug — Geicänger Gewende (U. W., Gl., Whl., Grb., Bsd. 
Fr.Rbch.): Glecl: (Unglechj — Gtecler (Unglecker) - Glück; Gemäld (Ge- 
mäls) = Gemäläer (Gemälser) — Gemälde (wie Glech auf dem ganzen 
Gebiet); Gebäht — Gebährer - Gebet (U. W., Fr.Rbch., Schi.. Vdd., Whl., 
Gl., X.G.. Atzh., Dbg.. Gr.B., Gr.Ld., Dbch., Ulf., Ldh.. Obhg., X. W., 
Bdt); Gelten! — Geberger ■= Gebirge (Wdh., Rpd., Atzh., Bbh.); GeuW6 
(Gewelm) — Gewellter (Gett elmer) Gewölbe (Gr.Ld., X. W., Rdg., Dbch., 
Ldh., Atzh., Dbg., Rpd.. Gl., Grb., II. W.); Geseng — Gesenger =-- Gesinde 
(U.W., GL). PI. selten; Gnicl, — Gn ieker Genick (Hlzh.. Rdg.. X. W.. 
Obhg., Dbch., Ldh., Gr. Ld., Dbg., Atzh., Wdh.. Rpd.. Grb.. U. W.): 
Gericht — Gerichte,- _= Gericht (Hlzh., X. W., Obhg., Dbch., Mgd., Ldh., 
Bbh., Gr.Ld., Gr.B., Atzh., X. G., Rpd.. Wdh.. Gl., Vdd.. Whl.. Schi., 
ü. W., Fr.Rbch.); Geschäft — Genehäfter - Geschäft (Gr. B., Hlzh., X. W., 
Rdg.. Obhg.. Dbch., Lgb.. Ldh.. Gr.Ld.. Dbg., Atzh.. Wdh.. Rpd., Gl., 
Vdd., U. VV., Fr. Rbch.); Gesehmass — Gesehmnsser — Geschmeiß (Obhg., 
Lgdf.); Gefuss — Gefässer - Gefäß (Hlzh., X.W.. Dbch., Ldh., Lgb.. Bbh., 
Dbg., Atzh., Gl.. Vdd.. Grb.. Schi., U. W.): Geschirr — Geschirrer - Ge- 
schirr (Lgdf., Dbch.. Lgb., Atzh., Bsd.. Glsh., N.G., Rpd.. G)., Wdh., Vdd., 
IT. W.); Gewächs (Gewähs) — Gewächser (Gewähser) = Gewächs (Hlzh., 
Rdg., Obhg.. Gr.Ld., X.G.. Glsh., Rpd.. Wdh., Whl.. Vdd.. Bsd., Schi., , 
Fr.Rbch.. U. W., Bbh., Glsh.); Gehänl, — Gehänher Gehänge (Gr.B., 
Lgdf., Dbch., Bbh., X.G.. Rpd., Whl., Gl.. U.W.): Gewehr — Gewehre,- 
-- Gewehr (Gr. B. 5 X. W.. Obhg., Dbch., Dbg., X. G., Rpd., Gl.. Wdh., 



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138 



Kon lad Alles. 



Fr. Kbch.. U.W.); Grfräss — Gefrässer Gefräß (Gericht) (S.W.. Lgdf.. 
Dbch., Dbg.. Rpd.. Glsb.. Wh!.. U.W.): Gewicht — Gewichter = Gewicht 
(Gr. B.. Hlzh.. X.W., Lgdf., Dbch., Ldh., Dbg., Bbh., X. G.. Rpd., Gl.. 
Whl.. Vdd., Fr. Rbch., U. W.): Gebloit — Gebloirer - Geblüte (X. W., Ldh.. 
Dbch., Kpd., Wdh.). der PL ist selten: Gestell — Gestcller Gestell (U. W.. 
Wdh., Lgdf.). Genus — Gemiser — Gemüse (Wdh.. Lgdf., Friedburg); 
Gcrest — Gerester (Wdh., Lgdf.. V. W.): Gesteck — Gesteckcr Gestückc 
(verächtliche Bezeihnung für eine Weibsperson, Obh. Wtb. 313). 

Folgende mit dem kollektiven *gc* gebildeten Beispiele stammen 
sämtlich aus U. W.: Gebeind — Gebeinder -■= Gebinde, Gexenk — Gexenkn 
Gezinke. Vorderpflug, Gemäch — Gemächer (ahd. gimaht) -= Gemachte, 
Gelänk — Gelänker - Geleuk, Gespräch — Gesprächer - Gespräch. Gr- 
rehr (mhd. gerere) — Gerehrer = Abfall von Getreide (auch Vilmar 334), 
Geling — Gelinger - Gelting (auch Obh. Wtb.). GepUitz — Geptätxcr -- 
Geplätze, Gelänntrz — Gelännerxer - Geländer, Gemirx — Gemirxer — 
Gemäuer, Qetierx — Geticrxer = Getier, Gewännerz — Gewännerxer - 
Gespenst, Gegittert — Gegit terzer = Gegitter. 

Von Wörtern auf -nis bilden ihren PI. auf -er: Gefängnis — Gc- 
fängnisser = Gefängnis (Dbch., Whl., Gl., Wdh., Fr. Rbch., Schi., Ossen- 
heim); Begräbnis — Begräbnisser = Begräbnis (Dbch., Whl., Gl.. Schi.. 
Ossenheim), Zeugnis — Zengnisser ---- Zeugnis (Dbch., Whl.. Gl., Fr. Rbch., 
Schi., Ossh.); Gleichnis — Gleichnisser - Gleichnis (Dbch., Gl., Schi.. Ossh.): 
Gehamnis — Gehamnisser — Geheimnis (Ossh., Dbch., Gl., Schi.). 

Den PI. auf -er bilden einige ehemalige Feminina, die zu den Xeutr. 
übergetreten sind (vgl. den Abschnitt Geschlechtswandel): Dreieck — 
Dreiecker - Dreieck (X.W.. Obhg., Dbch., Glsh., Rpd., Whl.. Bsd., 
U.W.); Schirz — Schirxer = Schürze (Hlzh.. Bdt, X. W., Rdg., Lgdf., 
Dbch., Ldh., Mgd., Gl., Wdh., Vdd.. Bsd., Orb.): Ries — Rieser - Darm- 
netz (U. \V\), wohl mhd. riuse: Aossel — Aosseler Achsel (Schulter) 
(Gr. B., Lgdf.): Hao (r) t — Hä(r)ter - Stengel des Flachses (U.W.), wohl 
mhd. hertc? 

Eine Reihe neutral gebrauchter Fremdwörter nehmen ebenfalls die 
Pluralendung -er an: liankett — Banketter Bankette (Ldh.. Mgd.. Dbch.. 
Obhg., Rdg., X.W., X.G., Gl.. Vdd.. Bsd., Grb., Schi., U. W.); Bokel t — 
Boketter Bukett (Dbch.. Rdg., Bdt): hoset t — Kosettcr Korsett 
(Wetterau); Bodräd — Bodräder Porträt (Gr. B., N. W., Lgdf, Dbch., 
Gl., Wdh., Grb., U. W., Sehl ): Stagget — Stagctter - Staket; Bankenctt — 
Bankenettcr — Bajonett (ü. W. und Obh. Wtb.); Kmve(r)t — Kuwefrjtrr --- 
Kuvert (U. W.); Testement — Testementer Testament (Schöner a. a. O. 2S): 
Instrument — Instmmenter — Instrument (X. W., Ossenheim, Lgd., Dbch., 
X. 0., Gl., Schi., Fr. Rbch., U. W.): Lussement — Lussementer Logement 
(Wohnhaus, Obh. Wtb.); West — Weslcr Weste (Lgdf., Gr.Ld.. Lgb.. 
Dbch., X. W., Ossenheim); Bist — Bister — Bestie (allgemein verbreitet): 
Insekt — Insekter Insekt (X. G., Dbch.). nicht volkstümlich; Bedell — 
Bedeller - Bouteille (Fr. v. Trais 73): Klavier — Klavierer - Klavier (ü. W., 



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Beitragt- zur SuKstantivflexion der oherhessisi-hen Mundarten. 139 

Wdh., Maar); Kamin — Kaminer = Kamin (Gr. B., Ossenheim, N.W.« Obhg., 
Doch., Ldh.. Dbg., Gr.Ld.). 

Anhang: Die Deminutiva. 

Das gewöhnliche Bildungsmittel dieser Gruppe ist die Verkleincrungs- 
silbe -che =■ -eben. Man sagt also: Man (che = Mäulchen. Uli mm che =- 
Blümchen. Bemche = Bäumchen. Münnche = Männchen, Waibche = Weib- 
chen, Kälbche = Kälbchen. Rihrrhe Röhrchen, Hondche Hündchen. 
Brötche = Brötchen. Für den Plural kommen drei Typen in Betnicht: 
1. Mäulerche, 2. Möulercher, 3. Mäulerchen. Allen gemeinsam ist die 
Flcxionssilbc er, die zwischen Stamm und Ableitungssilbe tritt. Die 
Bildungen auf creter haben neben sich zwei abgeschwächte Formen 
-ecÄer und -«'<eAer. Diese beruhen auf lautlichen Vorgängen, r vor Kon- 
sonant verstummte. Der Übergang von c > ■# hat in Nachtigall und 
Bräutigam der Schriftsprache seine Analogien. 

Der Ausgangspunkt zu der Erweiterungssilbe er ist in den neutralen 
Stämmen, denen im PI. er zukam, zu suchen, also in Formen, wie 
Kälwer-cher — Kälberchen. Bei den von solchen Stämmen abgeleiteten 
Deminutiva schwebte dem Sprachbewußtsein, sobald os sich um die 
Mehrzahlbildung handelte, der PI. der Stammform vor. Da die Zahl 
derer, die ihren PI. in der Ma. auf er bilden, boi weitem größer ist, als 
in der Schriftsprache, erklärt es sich loicht, daß die Deminutiva dieser 
Gruppe in der Mehrzahlbildung für die ganze Klasse vorbildlich werden 
konnten, mit anderen Worten, daß eine Übertragung der Flexionssilbe -er 
auch auf solche Deminutiva stattfinden konnte, deren Stammformen auf 
andere "Weise ihren Plural bildeten. Dies betrifft namentlich alle von 
Feminina und den größten Teil der von Maskulina abgeleiteten Deminutiva. 
Was nun die Form der Verkleinerungssilbe im PI. angeht, so ist zunächst 
festzustellen, daß -che die lautgerechte Entwicklung darstellt. Merk- 
würdigerweise ist nun gerade das Verbreitungsgebiet der so gebildeten 
Deminutiva am kleinsten. Es ist auf Schi, und dessen nächste Umgebung 
beschränkt. Die Form -eher entspricht wohl dem allgemeinen Bestreben, 
den PI. der Neutra durch er kenntlich zu raachen. Diese Art der Plural- 
bildung begegnet in Gr. B.. Atzh., GIsh., Bbh., Ldh.. Mgd., Lgb., Lgdf.. 
Bdt.. Obhg., Obhf.. Hlzh., Dbg., N.G., Vdd., Whl. 

Die dritte Form auf chen , die sich in Rd., Rpd., Wdh., Bsd., Gl.. 
Grb., Fr. Rbch., U.W. findet, bewahrt im Widerspruch mit den Auslauts- 
gesetzen der Ma. ein auslautendes //. Man hat in diesem n wohl den 
Rest einer schwachen Pluralbilduug zu sehen; es müssen also Formen, 
wie Kälhchen — Kälw (er) ebenen vorausgesetzt werden. Dazu vgl. man 
die völlig analoge Erscheinung bei der Dativbildung der mit der Ver- 
kleinerungssilbo chen gebildeten Eigennamen S. 234*. 

Neben die Ableitungssilbe -che(n) tritt im Sg. auf einem Teil unseres 
Gebietes bei den auf Zischlaut endigenden Stämmen das Deminutiv- 
suffix *. Man bildet also Spiitu - Spätzchen, Schiviinxi-- Schwänzchen, 



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140 



Konrad Alles. 



Wntxi — Wutzohen (Schweinchen), Hetxi -- Geißchen. Vrschi --= Tischchen. 
Fracht - Fischchen. liirschi --= Bürschchen. dam -Geißchen, Ciläsi = 
Gläschen. Hülsi Hälschen. Diesem /-Gebiet gehören an Kpd.. M. 
Atzh., Glsh., Gr. B.. Bbh.. Ldh., Lgb.. Mgd.. Dbch.. Lgdf.. Obhg.. Ossh.. 
Bdt.. Hlzh. 

Den PI. bilden diese Deminutiv« in derselben Weise wie die auf 
-ehr abgeleiteten Neutra. Es sei hier angemerkt, daß es mir nicht ent- 
geht, daß man bei der Pluralform auf ichcr an eine Angleichung an die 
mit i-Suffix gebildeten Deminutiva denken könnte. 

Eine Sonderstellung in der Pluralbildung nehmen die Deminutiva 
ein. die von den mit el- Suffix gebildeten Stämmen herrühren, und 
die, hei denen aus Gründen der Lautbarkeit dio beiden Verkleinerung*- 
silben el und chen verwandt werden. Das ist beispielsweise der Fall hei: 
Vigelche ^ Vögelchen, Engelche =■■■-■ Engelchen, SU w welche — Stiefelchen. 
Kichelche = Küchlein. Bichelche = Büchlein. Jingelche — Jüngelchen 
(Knäbloin). Diese entbehren im PI. der zwischen Stamm und Endung ein- 
geschobenen Flexionssilbe -er. Man bildet Vichelchc, Vichrlcher und 
Vichrlchen. Verbreitungsgebiet wio oben angegeben. Das Fehlen der 
Erwei.terungssilbe erklärt sich zwanglos aus dem Umstand, daß die mit 
-el- Suffix gebildeten Neutra den PI. er nicht kennen. Kontrahierte Formen, 
wie Vihlche - Vögelchen, Beulche =■ Beutelchen werden behandelt wie 
Wörter mit stammhaftem /. Sie bilden also Plural formen, wie Vihlrrcher 
— Vihlerchen — Vihlerchr, Beulerchrr — Beulerrhen — Brulcrvhe. 



Die ursprünglichen schwachen Neutra, deren Zahl schon im Ahd. 
gering ist, haben in unseren Dialekten weitere Einbußen erfahren: Wange 
ist nicht gebräuchlich, und Hrrx ist auf dem ganzen Gebiet zu der n- 
Klasse übergetreten. Im Sg. treffen sie heute mit den a- Stämmen zu- 
sammen. Nur von Herz haben sich schwache Dativreste im Sg. iu 
erstarrten Wendungen erhalten (vgl. S. 235*). So ist das Flexionsbild der 
schwachen Neutra heute das der persönlichen mask. n- Stämme. Von 
den vier ursprünglich hierher gehörigen Wörtern (vgl. Braune. Ahd. Gr. 
£ 224) bilden schwache Formen: Uhr — Uh(r)n Ohr und Ag (Ahl, 
Ag, An) — Age (Ahe und Attwe) Auge. Es erscheint auffallend, daß 
beide Wörter zu Gruppentypen geworden sind. 

I. Nach dem Muster von l r hr — Uhrn bilden die Zahlformen auf 
weitem Gebiet die Wörter mit den Stammausgängen /• und / und die mit 
den Ableitungssilben -er und -el. Doch dürfte der Einfluß der gleich- 
gebildeten Fem. auch dabei im Spiele sein (vgl. S. 147 ff.). Als Beispiele 
seien erwähnt: 



Mier — Mimt - Meer (Hlzh., Dbg., Kpd.. Grb.). vgl. S. 137: Ruhr 
Rtth(r)u - Rohr (Holzh., Dbch., Mgd., Ldh., Kpd., Gl.. Vdd., Bsd.. Orb.. 
l'.W., Fr. Rbch., Schi.), vgl. S. 1313: lit schirr Geschir(r)n Geschirr 
(N. W., Bbh., Whl.), vgl. S. 137: ///// - Htt(r)n - Haar (Hlzh., Bdt. N. W.. 



B. Die schwachen Neutra. 




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Beiträge zur Substantiv floxion der oberbessibchen Mundarten. 



141 



Rdg., Obhg., Lgdf., Dbch., Mgd., Ldh., Rd., Ulf., Schi., Dbg., N.G., Rpd., 
Wdh., Gl., Gib.), vgl. S. 134 u. 136: Juhr — Juh(r)n - Jahr (Gr.B., Bdt.. 
Hlzh., N.W., Rdg., Obhg., Lgdf., Dbch., Mgd., Ldh., Lgb., Ulf., Dbg., 
Rd., Rpd., Wdh., Whl.. GL, Bsd., Grb., Schi., U.W.):, vgl. S. 134; Doar 

— Doa(r)n = Tor (Bdt., Hlzh., Lgdf., Dbch., Ldh., Lgb., Bbh., Dbg., Rpd., 
Whl., GL, Bsd., Vdd., Grb., Slz.), vgl. S. 136: Poar — Poarn - Paar (Rpd., 
Ldh.), vgl. S. 134: Däier — Däie(r)n = Tier (Hlzh., Bdt., N. W., Rdg., Obhg., 
Dbch., Lgb., Ldh., Ulf., Vdd., Bbh., Gr.Ld., Glsh., Rpd., Wdh., Whl., 
Orb., U. W., Gr. B.), vgl. S. 137 ; Faicr — Faiefrjn - Feuer (Gr. Ld., N. W.), 
vgl. S. 134 u. 137: Nommer — Nomme(r)n — Nummer (Vdd., Rpd., N. G.j, 
vgl.S. 134: Mässer — Mässe(r)n - Messer (Pr.Rbch., Sehl., Hlzh., GL, Rpd., 
Gr.Ld., Rdg., X. W., Ossenheim), vgl. S. 134 u. 137: Lasder — Lasde(r)n --= 
Laster (Wdh., X. W.). vgl. S. 134: Loager — Loage(r)?i —- Lager (X. W.), 
vgl.S. 134; Fianstcr — Fianste(r)n - Fenster (Sehl., Slz., Grb., Dbg., X.W„ 
Hlzh.), vgl. S. 134 u. 137: Plaster — Plaste(r)n ^ Pflaster (N. W. , Hlzh.), 
vgl. S. 135; Räister — Räiste(r)n Rüster (Slz., Glsh.. X.W., Hlzh.), vgl. 
S. 135 u. 137; Wärer — Wärefrjn = Wetter (X. W.), vgl. 135 u. 137: Luder 

— Lnde(r)n = Luder (X. W.. Ldh.. Hlzh., Slz). vgl. 135 u. 137. 

Abweichendes Verhalten in der Gruppe der er- Ableitungen zeigt 
Gr. B., indem es den PI. anstatt auf n auf e bildet. Wie die er- Ableitungen 
werden hier auch Tier, dialekt. Däier, und Rohr, dialekt Rojer, behandelt. 

Von den Ableitungen auf -vi kommen in Betracht: Ferkel (Frckel) 

— Ferk'n (Frek'v) = Ferkel (X. W., Gl, Whl., Obhg., Dbg., Gr.B., X. G.). 
Meltel — Mett'n - Mittel (Dbg.): Rätsel — Räts'n Rätsel (X. W., Dbg.. 
Vdd.); Bänkel - MnVn Bänkel (Lgdf ). 

II. Xach dem Typus von Ag — Agc bilden ihre Zahlformen: 

1. eine Reihe von ja - Stämmen : Tenn = Tenne (Obhg., Rdg., Ossh., 
Hlzh.); Hüft . Heft (Hlzh.. Rdg., Ulf.. GL, Whl, Bsd., Sehl.): A&7* -- 
Xetz (Bsd., GL, Gbhf., Hlzh.), vgl. S. 137); Beet Beet (Hlzh., Obhg.), vgl. 
S. 137; Gebirg = Gebirge (U.W., Schi., Vdd.. Gr.Ld., Ulf., Obhf., Rdg., 
Hlzh., Doch , Ldh.), vgl. S. 137; Gericht Gericht (Rdg., Lgb., Rd.), vgl. 
•S. 137; Gefäss Gefäß (Bsd., Rpd.. Glsh., Ulf.), vgl. S. 137: Gewächs 
Gewächs (Gr.B., Lgdf., Rdg.), vgl. S. 137; Gehenk - Gehänge (Lgdf., Ldh., 
Glsh.), vgl S. 138; Getos - Geleise (U. W., Fr.Rbch., Schi.. Grb., Bsd., GL, 
Glsh.. Gr.Ld., Bbh., Rdg., X.W., Ldh., Obhg., Bdt., Hlzh.): Geschäft 
Geschäft (Mgd.. Rd., X.G., Gib., Bsd.. Sehl.. Fr.Rbch.), vgl. S. 137: Geweih 
Gewölbe (Hlzh., Rd., Sehl.), vgl. S. 137; Gewehr Gewehr (Ldh.. Rd.). 
vgl.S. 136: Gewann y das häufig für Gewende steht - Ackerlänge (Ldh.), 
vgl. S. 137. 

Tn Anlehnung an diese Gruppe haben schwache Formen: Gebäht 
= Gebet (Glsh., Bbh., Rd.. Rdg.. Gr. Ld.), vgl. S. 137; Gehont - Gebot (Mgd.. 
Rdg., Obhg.. Lgdf., Ldh., Glsh., Rpd.. Grb.. Vdd., Sehl. Fr. Rbch., U.W.); 
ferner das Fem. Thcieck Dreieck (Gr.B.. Rdg.. Lgdf.. Rd.. Glsh., X.G.. 
GL, Vdd., Grb.). vgl. S. 138. 



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142 



Konrad Alles. 



Aus der Reihe der ja -Stämme zählen ferner hierher die Zusammen- 
setzungen mit -nis (vgl. S. 138). Beisp.: Gefängnis ^ Gefängnis (Hlzh., 
X.W., Bdt, Rdg., Lgdf., Ldh., Rd., Bbh., Glsh., X.G., Rpd.). desgt 
Zeugnis, Begräbnis, Hinnernis, Gleichnis, Grhamnis =■= Geheimnis (Ver- 
breitung wie bei Gefängnis). 

2. Schwach bilden den PI. nach den Angaben meiner Sammler auch 
einige a- Stämme. Bsp.: Luits = Los (Rd., Ldh., Hlzh.), vgl. S. 136: Schiff 
= Schiff (Bsd., Glsh.. Assenheim), vgl. S. 136: Sibb - Sieb (Hlzh. u. Assen- 
heira), vgl. S. 136: Moass = Maß (Hlzh., Gr.Ld., Glsh., N.G.), vgl. S. 136: 
Moal Grenzmal (Ldh., Rodheim, Fechenheim. Gronau), vgl. S. 136: Rächt 
■= Recht (Hlzh., Bdt, Rdg., Dbch., Bbh.). 

3. Ferner gehen schwach die Fremdwörter: Insekt = Insekt (Schi., 
Bsd.. Grb., Wdh., Rpd., Atzh.. Dbg., Ldh., Rdg.. Hlzh.). vgl. S. 139: 
Bajattnet = Bajonett (Rdg., Obh.. Ldh.. Rd.). vgl. S. 138: Bodriid - Porträt 
(Ldh.. Rd., X.G.), vgl. S. 138: Bankett - Bankette (Ldh., Rd., Atzh., WhL 
Fr. Rbch.), vgl. S. 138: Bohett - Bukett (Lgdf., Hlzh.), vgl. S. 138: Ass 
As (Gr. B., Hlzh., Bdt, Dbch., Ldh., Mgd., Rd., Gr.Ld.); Instrument = 
Instrument (Gr. B., Bdt, Rdg., Obhg., Ldh., Rd.. Rpd.). vgl. S. 138: Kamin 

— Kamin (Lgdf., Glsh., Vdd.. Orb.), vgl. S. 139. Bei den beiden letzten 
(»nippen muß man wohl schriftsprachlichen Einfluß annehmen. 

3. Pluralbildung der Feminina: 

A. Die starken Feminina. 

Geschichtlich betrachtet wird die Klasse der starken Fem. durch die 
alten ?- Stämme gebildet. Die o- und jo- Stamme sind zur Klasse der 
n -Stämme übergetreten (vgl. darüber Abschn. Schwache Fem. S. 146 ff.). 
Die mhd. Doppelformen, die die umlautfähigen Stämme der /-Klasse im 
Sg. entwickelten, sind wie in der Schriftsprache meistens zugunsten des 
Xom. und Akk. ausgeglichen worden. Die nicht umlautfiihigen i- Stämme 
folgen auf dem einen Teil unseres Gebietes ganz, auf dem andern im 
PI. der o-n -Flexion. Kino endungslose, nicht umgelautete Pluralform 
gibt es daher innerhalb dieser Klasse eigentlich nicht Wenn vereinzelt 
Formen dieser Art auftreten, so haben wir es mit Sonderentwickelungen 
zu tun. die durch bestimmte Tonverhältnisse oder lautliche Eigentüm- 
lichkeiten des Stammatisganges bedingt werden. Solche von der all- 
gemeinen Regel abweichende Formen begegnen in Arnes — Arwes 
Krbse (ganzes Gebiet mit Ausnahme von X.W. u. Rdg): Anrrl — Ärtcct 

- Arbeit (Rd.. Lgb.. X.G, Ulf ), häufig nur im Sg. gebräuchlich: doch 
kommt auch der PI. Artcete vor: Wi(r)Vn — Wi(r)t'n Wirtin (U. W., 
Fr. Rbch): Kalten — Kalten - Kalbin (l T . W., Fr. Rbch., Schi.. Lgb.). 
In allen Fällen ist dit* Tonlosigkeit der zweiten Silbe der Grund für die 
heutige endungslose Form. Beweisend dafür ist die Tatsache, daß dort 
wo >in« in Wirtin und Kai tri n deu Xebenton bewahrt, der PI. schwach 
gebildet wird, so Lgdf.. Glsh., Wdh., Gr.Ld.. Rpd. 




Beiträge zur SubsUntivflexion der oberhessischen Mundarten. 



143 



In anderen Fällen ist die schwache Endung durch Assimilation an den 
Staniraausgang beseitigt worden. So bildet man endungslose Pluralformen 
bei den vokalisch auslautenden Stämmen. Sau — Sau = Sau (Gr. B.. Glsh., 
Dbg., Gr. Ld., N. G., Wdh., Whl., Bsd., Grb., Schi., U. W., Fr. Rbch.): 
Bräu — Bräu ^ mhd. briute (stf.) = Hochzeit (Gr. B.). Diese Verschmelzung 
von Endung und Stammausgang liegt endlich vor bei Stämmen, deren 
Auslaut n oder / ist (vgl. Abschn. Schwache Fem., B- Gebiet). 

Zur Pluralbezeichnung durch die Endung -er finden sich nur ver- 
einzelte Ansätze. Man sagt Gestalt — Gestalter — Gestalt (U. W., Grb., 
Freienseen b. Laubach); die Pluralform hat die Bedeutung »Gespenster, 
während der Sg. eigentümliche Haltung oder Erscheinungsform bezeichnet. 
Aus der begrifflichen Beziehung zu Gespenster erklärt sich leicht die 
Annahme der Endung Unter denselben Umständen entsteht der PI. 

Hexer zu Hex --- Hexe (Düdelsheim). Das Vorbild liefert wohl wiederum 
Gespenster. Beide Fälle bestätigen zugleich den Einfluß von Gespenst 
auf Geist (vgl. Molz, Substantivflexion 41). Zu die Horfeil bildet man 
Hör feiler (Dbch.). Über den Geschlechtswandel vgl. Abschn. Geschlecht 
Die Pluralform Hör feiler stand wohl ursprünglich neben einem neutralen 
Sg.; dieser findet sich noch in Wdh. und Bindsachsen, Kr. Büdingen. 
Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei mü.l — myler = Maul (Maurmann, 
Ma. von Mülheim a. d. Ruhr S. 62). Hier gehört myler zu dem mnd. 
Neutruni mül, während mü. l auf das mnd. schwache Fem. müle zurück- 
geht: vgl. auch ful — fyter — Arsch bei Maurmann S. 62. 

Das Mittel für die starke Pluralbildung der Fem. ist der Umlaut. 
Doch ist auch dieser nicht mehr lebendig: denn er befindet sich gegen- 
über der schwachen Pluralbezeichnung, die bald mit, bald ohne Umlaut 
auftritt, im Rückzug. Während diese fortgeschrittenen Bildungen auf 
dem einen Teil unseres Gebietes, den wir mit Rücksicht auf sein Ver- 
halten bei den o-n -Stämmen mit A bezeichnen (vgl. Abschn. Schwache 
Fem.), mit den schwachen Fem. zusammenfallen, entsteht auf dem andern, 
dem B-Gebiet, eine Art Mischflexion mit starkem Sg. und schwachem PI. 

a) Durchweg durch den Umlaut bilden den PI. Hand (Hahil) — 
Hann (Häng) Hand, Wand (Wahd) — Wann (Wang) Wand, (inns 

— (Hins (Gais und Güis) — Gans, Maus — Möns ■-- Maus, Isias — Läns 
Laus, Haut — Haut Haut. Hank — Hiink Bank (vgl. auch Abschn. 

Geschlecht); Käß — Xeß Nuß (vgl. Abschn. Geschlecht): Hrost Brest 
Brust, Staadt — Stadt Stadt, Wurscht — Wirsrhl Wurst (vgl. 
Abschn. Numerus); Kon — Kai - Kuh. 

b) Neben der durch Umlaut gebildeten starken Form treten bereits 
schwache Bildungen auf. 

a) Die schwachen Nebenformen bewahren den Umlaut. Bsp.: Schnur 

— Schuir Schnur (Dbch., Bbh., Grb., Rpd., Bsd., Fr. Rbch., U. W.K 
sonst lautet der PI. Schniru, vereinzelt auch schon Schimm; Lofl — 
Left ^ Luft (Ldh., Rpd., Dbg., Atzh.), sonst zumeist Lifte; Horr — Herr 



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144 



Komacl Alles. 



= Hürde (Gl.), Hueil — Hierre (Fr.Rbch.). Kraft, Not, Angst, Komi = 
Kunst und die pluralia tantum Einkenfte -= Einkünfte, Ausfischte = Aus- 
flüchte kennen nur die analogische Bildung. In all diesen Fällen ist der 
häufige Gebrauch des Dat. PI., namentlich in propositionalen Verbindungen, 
wie »bei Kräfte« , »in Xire<, »in Ängste '« , »wi#7 Kirnte*, usw., der Aus- 
gangspunkt zur Flexionsänderung. 

ß) Die schwachen Nebenformen haben im PI. keinen Umlaut (vgl. 
Numerus S. 356*). Bsp.: Braut — Braut = Braut (Gr. B., Glsh., Dbch., Bbh.. 
Ulf., Gib., Rpd.. Dbg., Sehl., Fr.Rbch., U.W.), sonst Braure; Faust — 
Fäust - Faust (allgemein bis auf Wdh., das Fauste hat); Noht — Xehl 
—- Naht (allgemein bis auf Rdg., Dbg., Lgdf., Gl., wo Xoare vorkommt); 
Foarg — Firg - Furche (Mgd., Bbh., Rpd., Rd., Gl., Schi.. U. W., Fr.Rbch.), 
sonst Foarche; lAist — Last = Lust ■= Bürde (Gr. B., Glsh., Dbg.. Rpd., 
Whl., GL, Vdd., Grb., Mgd., Dbch., Obhg., N. W.); Axt — Axt = Axt 
(Axte nur in Wdh., N. G.); Groß — Grift - Gruft (Rdg., Glsh., Rpd.). 
das Wort ist nicht volkstümlich); Noacht — Nächt — Nacht (U. W., Fr. Rbclu 
Grb., Schi., Whl., Bbh., Mgd., Hlzh). 

Anhang; Mischf lexion auf dem B-Gebiet. 

Sämtlicho unter bß erwähnte Beispiele, die ihren PL schwach 
bilden, bilden auf dem B- Gebiet mit den hier folgenden umlauts- 
fähigen und nicht umlautsfähigen /-Stämmen die oben erwähnte Misch- 
flexion. Bsp.: Foa(r)t — Foa(r)te = Fahrt (allgemein); eine isolierte Form 
Fürte hat sich erhalten in der Wendung Fürte mache ~ tolle Streiche 
machen (U. W.). Ao(r)t — Ao(r)tr — Art (allgemein); Soat — Soate — Saat 
(soweit eine Plunüform gebildet wird); Doat — Doate (I)oare) = Tat (all- 
gemein): Bork — Borke (Borge) — Burg; Schobt — Scholde = Schuld ; Futt 

— Ftitte = vulva (allgemein); Lost — Loste - Lust (Dbch., Ldh., Rpd., 
Bdt., Rdg.), häufig ist das Geschlecht mask. (vgl. Abschn. Geschlecht): 
Schloacht — Schloachie — Schlacht (allgemein): Joagd — Joagde — Jagd 
(allgemein); Omntacht (Omicht) — Ommachtc — ■ Ohnmacht (allgemein); 
Froacht — Froachte = Frucht (allgemein). 

Die Stämme mit dem Stammvokal / haben durchweg den Vokal des 
Sg. auch im PL: Schrift (Schreaft) — Sehrifte (Schreaftc) = Schrift (all- 
gemein). Trift (Treaft) — 'Mfte (Treafte) - Trift, Frist (Freust) ~ Friste 
(Frcastij Frist, Schicht — Schichte - Schicht, Flicht — Fliehte Pflicht, 
Geschieht — Geschichte — Geschichte, nur auf dem A- Gebiet; das B -Gebiet 
hat Geschichte — Geschichte, die Flexion ist also seh wach: Gäst — 
Gäste - Geiß, Zeit — Zeire - Zeit: Wäll — Wälte - Welt, Baicht Baichle 
Beichte, beide werden vorzugsweise singularisch gebraucht. Mahd 

— Mahre = Magd; die Lautgestalt des Wortes beruht auf mhd. mait 
meit: eine umgelautete Pluralform, auf megede zurückgehend, kommt 
in U.W. und Fr.Rbch. vor. Diesen Wörtern schließt sich vom heutigen 
Standpunkte an: Heft — Hefte Hüfte: Bloit oder Blit — Bioire = Blüte, 
Hä(r)d (Harr) - Ihme - Hürdt- (Whl., Atzh., Glsh., Bsd., N.W). 



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Beiträge zur 8ubetantivflexion der oberhessiscben Mundarten. 145 



Die Ableitungen auf -heit, -keit, -schuft, die abstrakte Geltung 
haben, kommen zumeist im Sg. vor. Erwähnt seien: Kranket == Krank- 
heit, Boset = Bosheit, Schwächet - Schwachheit, Gesondhat -= Gesundheit, 
Ewigkat = Ewigkeit, Froindschaft = Freundschaft 

In der Weise der Mischflexion bilden ihre Zahlformen ebenfalls 
für das B-Gebiet eine Anzahl Bezeichnungen für Lebewesen: Amin — 
Amme = Amme, Hur — Hurn = Hure, Katx — Katze Katze, Krüt — 
Kräre = Kröte. 

Anm.: Die vorwiegend pluralisch gebrauchten Bezeichnungen von 
Lebewesen gehen für beide Gebiete schwach. 

Von Sachbezeichnungen: Auer — Aitern = Uhr, Dihr — Dihm — 
Türe. Beide werden persönlich gedacht Man vgl. : Die Auer giht = Die 
Uhr geht 

Einen starken Sg. haben auch auf dem B- Gebiet die vorzugsweise 
oder ausschließlich sing, gebrauchten Abstrakta bewahrt So gehen 
die von Adjektiven abgeleiteten Abstrakta, welche im Gotischen der 
«-Deklination angehören. Unsere Maa. folgen hier dem mhd. Gebrauch, 
wo die Form des Nom. auch für die obliquen Kasus maßgebend geworden 
ist; vgl. Paul, Mhd. Gr. § 126 3 . Das einzige Wort, das mit seinem 
vokalischen Ausgang auf die Verallgemeinerung schwacher Formen hin- 
zuweisen scheint, ist Wärme = Wärme (Rpd., Glsh., Rd., Uli, Bbh., Mgd., 
Dbch., Ldh.). Doch liegt hier auch die Möglichkeit schriftsprachlicher 
Entlehnung vor. Regelrecht gebildet erscheinen: Orths = Größe, Hig = 
Höhe, Schwärx = Schwärze, Schärf e Schärfe, iMng - Länge, Ke(r)x - 
Kürxr, Eng - Enge, Waht - Weite. 

Die gleiche Behandlung weisen auf die Ableitungen auf ahd. -idu, 
-unga, -nissa oder -nissi und mhd. -ie: Fraid = Freude, Gemet — Ge- 
meinde, Weiring = Weite, Däifing =- Tiefe, Schiefing = Schiefe Seite 
(Abhang), Braring = Breite, Schwäching = Schwäche, Hoffning = Hoff- 
nung, Zeiting — Zeitung, Maning —- Meinung, Aochting ^ Achtung, 
ZJiihing — Ziehung, Bessering = Bessorung, Versammeling Versamm- 
lung: Spoarnts = Sparnis, Wealdnis Wildnis, Finsternis = Finsternis; 
Schinnerei Schinderei, Säuerei - Sauerei, Schreiiverei — Schreiberei. 

Bei all diesen Abstrakten bestand dos sing. Gebrauches wegen nur 
eine kleine Berührungsfläche, nämlich die Übereinstimmung im Nom., 
mit den «-Stämmen. Es ist deshalb nicht zu verwundern, wenn sie den 
Übergang zur schwachen Flexion auf dem B- Gebiet nicht mitgemacht 
haben. Dasselbe gilt von den übrigen Abstrakten. Zum Teil bestand 
hier wohl schon mhd. Sonderentwickelung, insofern als die kurzsilbigen 
auf r und / endigenden Stämme im Sg. endungslos waren. Da das ver- 
knüpfende Band des PI. häufig fehlte, so mußte früh schon das Gefühl 
für den Zusammenhang mit den o- Stämmen verloren gehen und damit 
war die Brücke zu den n- Stämmen zerstört Es liegt nahe, daß bei der 
Verschiebung der alten Quantitätsverhältnisse auch ursprünglich lang- 
silbige Stämme in diese Entwickelung hineingeraten sind. So finden 

Z«Uchrift rar DMtsehi Mundarten. IU. 10 



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146 



Konrad Alles. 



wir heute den endungslosen Sg. auf dem ganzen Gebiet bei Zoal — Zahl, 
Kwoal = Qual, Woal - Wahl, Lihr = Lehre, Ihr = Ehre, Oefaar - Gefahr; 
ferner bei Frog = Frage, -S'/ro/" = Strafe, Loafc — Lage, SacA — Sache, 
*bor* = Farbe, .Fwdrf = Furcht, Pas = Reise. = Hilfe, Heds = 
Hitze, = Rede, Hell - Hölle. 

Auch solche mit ursprünglich schwacher Flexion, wie JfocA Woche, 
oder mit schwachen Nebenformen wie Sproch «= Sprache haben sich den 
endungslosen Abstrakta angeschlossen. 

Durchweg stark bilden endlich den Sing, eine Auzahl Fremdwörter: 
Foawerik - Fabrik, Post = Post, DeÄÄ- = Theke, Bomoad - Pomade. 
lioaroad = Parade, Korasch = Courage. 

B. Die sehwachen Feminina. 

Schon im Ahd. beginnt die Vermischung der o- und jo -Stämme 
einerseits und der schwachen Feminina anderseits (vgl. Braune, Ahd. 
Gr. $ 208, Anm. 2). Im Mhd. ist diese Entwickelung noch weiter fort- 
geschritten. Es können hier die meisten ursprünglich starken Ding- 
bezeichnungen auch schwach flektiert werden (vgl. Paul, Mhd. Gr. § 126). 
Die Gründe zu dieser Erscheinung liegen in der mehrfachen Berührung 
dieser beiden Flexionsbilder (vgl. Behaghel, Deutsche Sprache S. 229). 
Auch vom Standpunkt unserer Maa. läßt sich die ursprüngliche Trennung 
nicht mehr erkennen. Doch deckt sich hier das Ausgleichsverfahren 
nicht überall mit dem der Schriftsprache. Wir haben in dieser Beziehung 
zwei Gebiete zu unterscheiden. Auf dem einen hat sich der Stand der 
Schriftsprache herausgebildet, also Verallgemeinerung des Sg. nach der 
starken, des PI. nach der schwachen Abwandlungsform. Dem andern 
Gebiet eignet ein Verfahren, wonach die «-Formen auch im Sg. zur 
Geltung gelangt sind. Es findet also hier vom heutigen Standpunkt keine 
Unterscheidung der Zahlfornien durch flexivische Mittel statt. 

Die lautliche Entwickelung der Endung -en hat bei den Fem. die 
gleiche Richtung wie bei den Mask. (vgl. S. 375*) eingeschlagen. Es er- 
geben sich also innerhalb der beiden Gebiete je zwei Gruppentypen: 

A. Lader — Ladefrjn — Leiter und Ooah — Ooawe — Gabe. 

B. Lade(r)n — Lade fr) n und Ooawe — Ooawe. 

Das A- Gebiet umfaßt folgende Orte: Ü.W., Fr. Rbch., Schi., Slz., 
Grb., Bsd., Vdd., Whl., Gl., Wdh.. N.G., Gr. B., Dbg., Gr. Ld., N.W.. 
Rdg., Bdt, Hlzh.; dem B-Gebiet gehören an: Glsh., Atzh., Rpd., Bbh., 
Rd., Ulf., Mgd., Ldh., Lgb., Dbch., Lgdf., Obhf. 

1. Nach dem Typus Lader — Ladern bezw. Im/U fr) n — Ladefrjn 
bilden ihre Zahlformen: 

a) die gleichgebildeten Fem. Bsp.: Mauer — Mauefrjn ~ Mauer, 
Oarer — Ckirere(r)n = Ader, Schauer — Schauefrjn — Scheuer, Färer — 
Füre fr) n — Feder, Scheller — Schelle frjn « Schulter, Halfter — Hälfte fr)n 
Halfter, Kammer — Kamme fr) n = Kammer, Im wer — Lüivefrjn = Leber. 



Beiträge zur Sabstantirflexioa der oberhessiscbeo Mundarten. 



147 



Räder — Räde(r)n - Retter oder Reiter - Kornsieb, Wimper — Wimpeftjn 
= Wimper. 

Der allgemeinen Regel fügen sich scheinbar nicht: Kfofter = Klafter, 
Nomiuer, Steuer — Steuer. Von diesen schwankt bei den beiden ersteren 
«las Geschlecht zwischen Neutr. und Fem.; auch kommen sie häufig mit 
Zahlangaben vor, daher erklärt sich dus Vorkommen der w- losen Form 
auf dem B- Gebiet. Steuer steht sicher unter dem Einfluß der Schrift- 
sprache. 

b) Die Fem. mit stammhaftem ;• im Auslaut: Bihr (Bihrn) — 
Beere, Mihr (Mihrn) =» Möhre, Schihr (Schihrn) Scheere. Lihr = 
Lehre, Qefoahr = Gefahr haben auch auf dem B -Gebiet «-lose Formen im 
Sg. (vgl. dazu S. 145 ff.). Ohne n im Sg. begegnet weiter: Hur = Hure, Auer 
= Uhr. Dihr = Türe (vgl. S. 145). 

Vereinzelte Regelwidrigkeit der Singularform von Bahre, dialekt 
Bühr und Boar (Ldh., Lgdf.), erklärt sich durch schriftsprachlichen Ein- 
fluß. Über den Stammvokal des Wortes vgl. \V. Horn, Beiträge zur Laut- 
lehre S. 20 ff. Rihr — Röhre folgt der allgemeinen Regel, soweit nicht 
Mischung mit den Formen des synonymen Ruhr = Rohr vorliegt. 

Das aus der *- Flexion auf einem Teil unseres Gebietes übergetretene 
Schnur bewahrt die ursprüngliche Form in Mgd , Glsh. Daß sich die* 
/«-Form nicht festgesetzt hat, ist wohl ein Beweis für den verhältnismäßig 
späten Wechsel der Flexionsklasse. 

c) Die Ableitungen auf -el. Hier haben gewisse lautliche Vor- 
gänge das frühere Verhältnis verwischt Während sich auf kleinerem 
Gebiet (Grb., Bsd., Vdd., Whl.) das / der Ableitungssilbe vor folgendem 
Flexions-ra erhält, findet im allgemeinen progressive und regressive 
Assimilation von / und n statt. Dieses verschiedene Angleichungsver- 
fahren trennt nochmals das B- Gebiet in zwei Teile, n bewahrt Atzh., 
Glsh., Rpd., Bbh, Rd., Ulf., Lgdf., Obhf ; / dagegen findet sich erhalten 
in Lgb., Dbch., Ldh., Mgd. Dagogen stellt die Pluralbildung auf e, wie 
sie sich in U. W., Fr. Rbch., Bdt und Hlzh findet, analogische Entwickelung 
dar; sie vollzieht sich im Anschluß an die Stämme, wo e das lautgerechte 
Bildungsmittel ist. In ü. W. schwankt man noch zwischen n und c, so 
daß man nebeneinander hört Karfiel — Karhein und Kachele = Kachel. 
Es ergibt sich also für diese Gruppe folgendes typische Bild: 

Wo(r)xd — Wo(r)xele (U.W., Fr. Rbch., Bdt, Hlzh.), 
Wo(r)xel— Wofrjxeln (Urb., Bsd., Vdd., Whl.), 
Wo(r)xel— Wo(r)xen (Gr. B., N.G, Wdh , N. W., Dbg., Gr. Ld.). 
Wo(r)xel — Wofr)xel (Lgb., Dbch., Ldh.. Mgd.), 
B. Wo(r)xen — Wo(r)xen (Lgdf., Glsh., Atzh., Rpd., Bbh., Rd., Ulf., Obhf.), 
(Worxin) — (Worxin.) 
So werden abgewandelt: Kugel (Kutvin und Kugin) - Kugel, Orgel 
(Orgin) = Orgel, Goawel (Goaicen) Gabel, Sechel (Sechen) = Sichel, 
Muschel (Muschin) - Musche (Masche) (es kommt in dieser Form vor iu 
Gr. B., Dbg.', N.W., N.G., Wdh., Lgdf., Obhf., Glsh., Dbch., Ldh., Lgb.); 

10* 



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148 



Konrad Alles. 



Bornnässel (Bornässin) - Brennessel, Schoachtel (Schoachtin) - Schachtel 
Hurägel (Hohochin) =- Hauhegel, Zwiwel (Zunwin) - Zwiebel, Qäscl(Gäsin) 
=- Geißel (Peitsche), Sehessel (Schessin) — Schüssel, Schafel (Schafin) = 
Schaufel, Babbel (Babben) — Pappel, Gorgel (Gorgen) Gorgel, Gaiscl 
(Gaisin) = Deichsel, Kanzel (Konzen) = Kanzel, AWe/ (Süden) = Nudel, 
Woachtel (Woachten) = V? achte], Hegel (Hegin) = Hegel, Umsehet (Umsehen) 
Amsel, Aossel (Aossen) = Achsel (vgl. S. 138); ()(r) sehet (O(r)schen) = 
Urschel, Atzel (Atzen) = Atzel, Fackel (Fachen) - Fackel, Kachel (Kochen) 
= Kachel, Kadoaffel (Kadoaffen) = Kartoffel, Hotxel (Holzen) — Hutzel — 
getrocknete Apfel- oder Birnschnitzel ; Hoof et (Doafen) = Tafel; das Wort 
ist nicht tiberall bodenständig, wie die regelwidrige Form Doafel für 
Sg. und PI. (Rpd., Bbh. und N. G.) beweist Vereinzelt treten auf: Doachtel 
(Doochten) = Dachtel (Ohrfeige), Schaukel (Schauken) = Schaukel, Gonkel 
(Gunkel) — Schaukel, Mandel = Mandel. 

d) Wörter mit stammhaftem / im Ausgang. Im allgemeinen 
treten dieselben Erscheinungen wie bei der vorhergehenden Gruppe auf. 
Nur Dbch., Mgd., Lgb. und Ldh. haben Doppelentwickelung. Es stehen 
nebeneinander Miü — MM = Mühle und Dalle — Dalle — Delle; im 
letzteren Falle handelt es sich • wohl um jüngere Analogiebildung. Bei 
vorwiegendem sing. Gebrauch scheint der Typus Mill — Miü, bei vor- 
herrschendem oder wenigstens häufigerem PI. dagegen der Typus Dalle 

— Dalle zu gelten. Wir ordnen im folgenden die Beispiele dieser Gruppe 
so, daß beide Typen sichtbar werden: 

a) Hehl oder Hoal (Hoan) - Höhle, Kühl (Kän) = Kehle, Statt (SUinn) 

— Stelle, Schwätt (Schwann) ^= Hausschwelle. 

ß) Schoal (Schoan und Schoale) = Scholle), Kroal (Kroan und Kraüel 
= Kralle, Koal (Koan und Koale) = Kohle, Soal (Soan und Sohle) — Sohle, 
Roll (Roann und Rolle) Rolle, Weall (Weann und Wealle) = Welle, 
Dali und Dell (Deann und Dalle) = Delle, Sehnati (Schnann und Schnalle) 
= Schnalle, Kall (Kämt und Kalle) = Kelle, Schall (Schänn und Schälk) 
= Schelle. Aus dieser Gruppe treten heraus ZcwZ = Zahl, A'/roa/ = Qual 
und TIW - Wahl (vgl. dazu S. 146), ferner Schaut = Schule und Sihl = 
Seele. Auch bei diesen beiden fehlt die verallgemeinerte n-Form. Wir 
schreiben dies der vorherrschenden sing. Verwendung zu. 

2. Nach dem Muster Goab — Goawe, bezw. Goawe — Goawe bilden 
ihre Zahlforraen: 

Noab (Noawe) — Nabe, Ohrfaig (Ohrfaige) = Ohrfeige, Kirsch (Kirsche) 

— Kirsche, /fa»7> (Roi-we) Rübe, Gewoatsch und Getvetsch (Gcivoatsche) 
^ Zwetsche, r?n/Ä (Grawe} -■= Grubo, lfm (Wisse) Wiese, Riann 
(Rianne) = Rinne, /)a/iw (Danne) — Tanne, Zt/ro^ (Zunge) = Zunge, 
(Stange) — Stange, Sehlang (Sshlange) = Schlange, Lww^r (Lunge) = Lunge, 
*SY-Mtnfc (Schlinke) = Schlinge, Atom? (Kiemige) - Klinge, (Wäsbe) 

— Wespe, Fäfristht (Fä(r)schte) Ferse, ßift)* (Bi(r)ke) = Birke, A77j>/> 
(Kappe) = Kappe. 5/o6 (Stowe) - Stube, 7/a?/Ä (Hauwe) = Haubo, «Sb/A 
(Sa/w^ - Salbe, W% fir/^ = Wiege, 6'% f&tyej = Stiege, Schwoa(r)t 



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Beiträge zur Substantivflexion der oberhesüisohon Mundarten. 



149 



(Schuoartc und Schwoare) = Schwarte, Schoart (Schoarte und Schoare) — 
Scharte, Plank (Planke) = Planke, Med (Herre) = Hütte, Boart (Boarte 
und Boare) = Borte (vgl. Geschlecht S. 151); i-WsrA (Petsche) = ifütze, 
Dach (Däcke) = Decke, Leck (Lecke) = Lücke, Breck (Brecke) = Brücke, 
Kreck (Krecke) = Krücke, Heck (Mecke) = Mücke, (Hock (Glocke) --= Glocke, 
Sait (Saire) — Seite, Pitt (Birre) Bitte, Lock (Locke) ^ Locke, Sock 
(Socke) = Socko (soweit es fem. ist), TTan* (Wanze) = Wanze, fitfasey 
= Meise. Stroass (Stroasse) = Straße, Woop (Woage) = Wage, Soar^ 
(Soarge) - Sorge, Handhoab (-)waice) - Handhabe, (Schäre) — 

Scheide, Schneid (Sehneire) =■ Schneide, Scham (Schanze) — Schanze, 
Schnähb (Schnäbbe) = Schnepfe, Haschräck (Haschräckc) = Heuschrecke 
(soweit volkstümlich), Scliärf (Schärfe) Scharbe (soweit gebräuchlich), 
//örf und /iar (Hare) — Heide, Krebb (Krebbe) = Krippe, Wamb (Wambe) 

— Wambe, Reann (Reanne) = Rinde, IFea/m (Weanne) — Winde, P«/* 
(Peife) — Pfeife, Scheib (Scheiwe) — Scheibe), Schupp (Schuppe) ~ Schuppe, 
Schwalb (Schwalwe) = Schwalbe (vgl. Geschlecht S. 154), Noarb (Noarwe) 
= Narbe, iVbas (Noase) = Nase, iftxu (Bloase) =- Blase, Ar«/* (Kratze) 

— Kratze, Pfor/n (Planze) - Pflanze, fjfodtej - Hacke, Schmitt 
(Schmirre) = Schmiede, G'oarA — Garbe, (Seine) = Silbe, Ts^ und 
^sp fJ&pe) = Espe, ÄWA6 (Kabbe) Kappe, Bfomm (Blomme) = Blume, 
liramm (Bramme) Pflaume, ift/A« (Ruhse) = Rose, LaW (iMtte) = Latte, 
Ptott fP/atteJ = Platte, Stö'fc fS/tt/se; - Stelze, TFa/* fBW*^ = Walze, 
Ärosf (Kroste) — Kruste, Bi(r)scht und Bo(r)scht (Bi(r)schte) = Bürste, 
Tf ört/V) t (Woarze) — Warze, &?A/tcA (Schliche) - Schlehe (vgl. S. 358*), ZicA 
(Ziehe) = Zehe (vgl. S. 358*), Z/cA (Ziehe) — Zieche, #wA (Buche u. Beuche) 
= Buche, Spaich (Spaiche) = Speiche, Kleang (Kleange) — Klinge, £[9 
f/fyey Egge, /#mÄ- (t hinke) = Hänge, Z>ri> (Drise) = Drüse, Pritsrh 
(Pritsche) - Pritsche, FiVA< (AiV-A/e) - Fichte, SSf> und Ärw« (^ew.^ = 
Sense, A>« fArr/^ - Kette, A/*< (Awtey - Kiste, AVA (A«?AeJ = Küche, 
Geschieht (Geschichte) = Geschichte, L«VcA (Lirrhe) -= Lerche (vgl. S. 153), 
SetA (Seihe) - Seihe, .Sr-Ai^r (Schi(r)ze) - Schürze, tffffrj« (Gä(r)ttr) - 
Gerte, Häcke (Häcke) Hecke, Lamp (Lampe) Lampe, ifasp (Raspe 
lind ita/w?; = Raspe, IflocÄ- und Ffocfc (Blocke und AYoefcJ = Flocke,. Lä/rA 
(Lärche) — Lärche. 

Eine besondere Gruppe bilden die Stämme mit »-Auslaut. Hier 
konnte das Endungs-w nach Wegfall des c der Endung mit dem Stamm- 
auslaut zusammenfallen. Das Flexionsbild entspricht im allgemeinen dem 
der vorhergehenden Gruppe, nur daß innerhalb des B- Gebiets Ver- 
schmelzung zwischen stammhaftem w und dem der Endung stattgefunden 
hat Wir haben also folgendes typische Bild: 

frro« — Grawe = Granne (A- Gebiet). 

(hroan — Groan (B- Gebiet). 

So gehen Bö — Bahn, Pnnn = Pfanne, Kann Kanne, Wann — 
Wanne, Foan = Fahne, Sti(r)n — Stirne, Dann = Tanne, Schien ■— Schiene, 
Bi = Biene. Vereinzelt treten innorhalb des B- Gebiets Pluralformen mit 



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150 



Konrad Alles. 



«-Auslaut auf. In solchen Fällen stehen die Sammler wohl unter dem 
Zwang der Schriftsprache. 

Eine Reihe von Substantiven zeigt auf dem B- Gebiet schwankendes 
Verhalten, und zwar insofern als die Verallgemeinerung der «-Formen 
noch nicht endgültig durchgeführt worden ist. So haben Spreutxe =■ 
Spritze (Lgb., Ldh., Glsh., Rpd., Bbh., Dbch., Atzh.); Ke(r)che - Kirche 
(Lgb., Ldh., Dbch., Mgd., Bbh., Rpd., Glsh., Atzh.); Soppe = Suppe (Lgb., 
Ldh., Mgd., Dbch., Bbh., Rpd., Glsh.), Flasrhe = Flasche (Lgb., Mgd., 
Dbch., Bbh., Rpd, Glsh., Atzh); Kloasse = Klasse (Mgd., Dbch, Rpd, 
Glsh., Atzh.); dagegen Spreatx (Lgdf.), Ke(r)ch (Lgdf.), Sopp (Lgdf., Atzh ). 
Fhsch (Lgdf., Ldh.), A'W(f>gdf., Lgb., Ldh., Bbh.). 

Dritter Abschnitt: Genus der SubstantiYe. 

I. Allgemeines. 

Im allgemeinen haben die Substantive in unsorn Maa. dasselbe Ge- 
schlecht wie in der Schriftsprache. Doch fehlt es auch nicht an Ab- 
weichungen. 

II. Besonderes. 

Die Geschlechtsabweichung von der Schriftsprache ergibt sich teils 
dadurch, daß die Maa. aus irgend einem Gruude das ursprüngliche Ge- 
schlecht des Substautiva aufgegeben haben, teils dadurch, daß sie im 
Gegensatz zur Schriftsprache an der älteren Geschlechtsform festhalten. 

Für den Geschlechtswechsel sind besonders zwei Faktoren von 
entscheidender Bedeutung: die Form und die Bedeutung. 

a) (ieschlechtswandel unter dorn Einfluß der Wortform. 

o) Bei überwiegendem Pluralgebrauch weiden Angehörige des mask. 
und neutr. Geschlechts durch Vermittlung des Artikels formell mit den 
Fem. verbunden und erhalten deren Geschlecht. 

Fälle dieser Art sind folgende zumeist dualisch oder pluralisch 
gebrauchte Wörter: die Lombe - Lende: das Obh. Wtb. bemerkt hierzu: 
wohl meist in der Mehrzahl gebraucht: Hah'm ean die Lombe hau ihm 
in die Weichen; die Form lautet mhd. lumbe (swm.); die Maine = 
Mutterbmst (in der Gegend von Vidda, Schotten, Laubach, Lieh nach 
Obh. Wtb.), ahd. manzo; in übertragener Verwendung begegnet das Wort 
als iMmmermanxe --= männliche Blüten der Haselnuli: die Wad oder Ware 

- Wade, abweichend hiervon begegnet der Woare (Gr. Ld.); die Niern ^- 
die Niere; in Gr. B. hat sich der Näjen erhalten. Man vgl. hierzu die 
schriftsprachlichen Formen: dio Hode, die Kieme, die Pranke, die Backe, 
die sämtlich älteren mask. Formen entsprechen. Die Wache — Wacke 
(Obh. Wtb. 887) (mhd. wacke, swm.); heute ist gewöhnlicher Wackestan 

— Wackestein: die Made der Schwaden beim Mähen; daneben das 




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Beitrage zur Substantiv flexiou der oberhessischen Muudarteu. 



151 



mask. Moade (Ü.W), vgl. auch Vilmar 257: Mäde mask.; das D. W. VI 
1450 hält das Mask. für alt und zweifellos ist das Fem. die abgeleitete 
Form; die Maie = Maienbaum (Obh. Wtb. 753): das ursprüngliche Mask. 
findet sich im Schlitzerland; die Stoll -= Bettstelle (U. W.), ahd. stollo, 
mhd. stelle; die Bort — Borte, ahd. borto, mhd. borte. »Mit der Bedeutungs- 
veränderung, dem Übergang aus Rand zu Besatz, war eine Vermehrung 
des Pluralgebrauches verbunden, durch den das Fem. eindrang .« (Bojunga 
Substantivflex. 72.) Das Fem. ist noch nicht überall eingebürgert, in Gr. B. 
sagt man der Boart; die Lumpe — Lumpen (Ulf., auch im Odenwald), mhd. 
lumpe; häufig in der Verbindung die HuUomp = Hudellumpen (Rdg, 
Gr. B.); die Spoa(r)nn = Sparren (Glsh.), ahd. sparro, mhd. sparre; die 
Schiivwer = Splitter (U. W.), ahd. schivero, mhd. schivere; dem entspricht 
die fem. Form Splirre(r)n — Splitter (Bbh.); die Ore = Griebe (U. W.), 
ahd. griubo, mhd. griebe; die Sproass = Sprosse (U. W.), ahd. sprozzo, mhd. 
spröde; die Knolle = Knollen (Dbch.), mhd. knolle swm.; die Knoadde = 
Flachsknoten (U.W.): wenn nicht eine ursprüngliche fem. Nebenform zu 
Knoten angenommen werden muß, vgl. mrh. knade (D. \V. V 1502) = Flachs 
knoten. Insbesondere zählen hierher die Bezeichnungen für in Scharen 
oder wenigstens häufig auftretende Tiere: die Boar = Barbe (U. W.), ahd. 
barbo; die Koarb — Koarwe = Karpfen, ahd. cha^io, mhd. karpfe: vgl. 
dazu auch die schriftsprachlich zu Fem. gewordenen Formen Schleihe, 
Asche u. a.; die Brähm = Breme, Bremse (U. W.), ahd. bremo, mhd. breme; 
die Roab = Rabe; unsere Form beruht auf der schwachen Nebenform 
ahd. rabo. mhd. rabe (vgl. Heyne, Wtb.). 

Aber auch starke Mask. erhalten durch die überwiegend pl. Ver- 
wendung das fem. Geschlecht. Bsp.: die Risset = feiner Regen (Obh. 
Wtb. 689), mhd. risel (stm.), sonst dialekt. der Risel (vgl. D. W. VIII 935). 
In anderer Verwendung bezeichnet es auch Körner der Butter, die sich 
bilden, wenn sich bei der Butterbereitung der Rahm in Butter und 
Buttermilch zersetzt. Die Hudel = Hudel = Lumpen (N. G., Vdd.), mhd. 
hudel (m.); die Zweck = Zwecke (Obh. Wtb.), mhd. zwec; die Esch = Esche, 
mhd. asch (m.). Neben dem Pluralgebrauch mögen auch das Fem. anderer 
Baumbezeichnungen von Einfluß gewesen; vgl. oben auch die Maie. Aus 
dem Pluralgebrauch erklärt sich auch die fem. Form Frcsch = Frosch (Jäger, 
Ma. von Mahlberg 18), und nicht, wie dort angegeben, aus der Endungs- 
losigkeit. Dieselbe Form belegt auch B. Schmidt, Ma. des Siegerlandes. 
Auch die Schrei = Schrot, das Jäger als Fem. belegt, findet so seine 
Erklärung. 

Starke Neutra werden zu Fem.: die Ecker - Ecker — - Frucht der 
Eiche (U. W. und Obh. Wtb. 324), in der älteren Sprache ackeran, dann 
eckern als mask. und neutr., was als eine Begriffseinschränkung des 
got Neutr. akran erscheint, vgl. Kluge, Etymolog. Wtb. 83. Die heutige 
Form ist eine Neubildung aus dem PI., vgl. S. 365*. Die Pluralform trifft 
zusammen mit den Pluralformen der Fem. auf -er; diese vermittelten 
neben der Formveränderung im Sg. auch den Geschlechtswandel. Die 



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152 



Konrad Alles. 



Fieder — Strohbündel zur Unterlage für Dachziegel, mhd. vider (st n.), 
verdankt sein Geschlecht dem schwachgebildeton PI. Fi(e)de(r)n, durch 
den es mit den <v-Fern. verknüpft wurde. Dagegen nimmt das vorwiegend 
pl. gebrauchte Wolken, ahd. wolkan, mhd. wölken (st. n.), neben gewöhn- 
lichem Fem. auch vereinzelt das mask. Geschlecht an. Es berührte sich 
auch mit den schw. Mask. So in Lgb. Die Beziehung zum Mask. wird 
durch die Form des PI. hergestellt. 

ß) Für den Genuswechsel kommen eine Anzahl Suffixe in Betracht. 

1. Bei den auf -el gebildeten Wörtern überwiegen die Mask. und 
Fem., und jene sind wiedor zahlreicher als diese. Daher finden häufig 
Übergänge zum Mask. statt. Von Fem. sind zu Mask. geworden der Stacfiel 

— Stachel (Gr. B. und Obh. Wtb.); die Pluralforra wird noch nach der Art 
der Fem. gebildet, vgl. Staehiln (Obh. Wtb.); der Zell (Zill) = Zettel (Gr. B., 
U.W.), mhd. zedelo, zedel; der Wiesel - Wiesel (Fr. Rbch., Vdd., Atzh., 
Obhf., Rpd., Lgb., Dbch.), mhd. wisele, wisel; als Fem. die Wttssil in N. G. ; 
der Wespel - Wespe, Neubildung zu mhd. wespe (Lgb.); der Quendel = 
Quendel (Obh. Wtb.), mhd. quendel f.; der Fimmel = Hanf (Obh. Wtb.). 
mhd. fimmel; der Puttel --- frz. bouteille (N.G.. Wdh., Dbg., Obhg., Obhf., 
N. W., Rdg., Bdt, Hlzh., Lgb., Ldh., Dbch.); mit frz. Betonung und Ge- 
schlecht Bodill in U.y., Bsd., Ulf., Glsh., Atzh., Gr. B. 

Von Neutra auf -el sind Mask. geworden: der Rätsel — Rätsel (Gr. B.), 
mhd. rätsei (st. n.); der Wickel Flachs oder Wolle um den Rockenstock 
zum Abspinnen (Obh. Wtb.), ahd. wicchili, mhd. wickel (n.). 

Bei einer Anzahl Mask. wurde die durch -el vermittelte Beziehung 
zu den Mask. die Veranlassung, daß sich das ursprüngliche Geschlecht 
trotz gewisser zum Fem. drängender Kräfte erhalten hat. Bsp.: der Angel 
= die Angel (Gr. B.), mhd. angel (inf.); der Haspel die Haspel (Rpd.), 
mhd. haspel (m.); der Schnndel (Schnull) Nasenschleim (U. W., Obh. Wtb. 
756), mhd. snudel; der Snäjel — Schnecke, mhd. snegel; das Mask. be- 
hauptet sich, während das schwache Mask. snecke zum Fem. über- 
getreten ist Ebenso behauptet sich das durch Umbildung entstandene 
lioabel - Raden (U. W.) sein ursprüngliches Geschlecht; Raden dagegen 
ist zum Fem. geworden. Nebon dem zu den Fem. übergegangenem 
Sprosse (vgl. oben) orhält sich als Mask. Spressel mit der gleichen Be- 
deutung (Wdh.). 

2. Das Suffix -er hatte wegen der vielen Bildungen auf -ari einen 
ausgesprochenen männlichen Charakter. Deshalb findet auch bei diesem 
Suffix vielfach Übergang zum Mask. statt. Der Zonner ~ Zunder (Obh. 
Wtb., U. W ), ahd. zuntara, jedoch bereits mhd. zundor (m. und n.); der Scheller 

— Schulter (N. G., Whl.), ahd. scultirra, der Molter - Mahllohn (Obh. Wtb. 
601), aus lat. molitura; der Jloller - Wacholder (U. W.), mhd. wöcholder (f.). 

Von Neutr. werden Mask. der Loager Lager (Gr. B.), mhd. leger (n.); 
allerdings befindet sich das Mask. auch bereits im Gotischen; der Diechfrr 

— Enkel (Obh. Wtb. 268), mhd. diehter (n.): der Mister - Riester (Pflug- 
sterze), mhd. riester (n.); der Kiter -= Eiter (ü. W.), mhd. eiter (n.). 

■ 



Beiträge zur Subatantivflexion der oberhessischen Mundarten. 



Ursprüngliche Mask. retten durch die Weiterbildung auf -er ihr 
mask. Geschlecht: der Hummeler = Hummel (Doch.), mhd. hummel (ra.); 
der Moargälwer = Markolf (Häher) (Atzh., Glsh., GL, N. G., Gr. B., Obhg.). 
Sowohl bei den Insekten als bei den kleineren Vögeln herrscht eine ent- 
schiedene Neigung zum fem. Geschlecht; vgl. Michels, Wechsel des 
Xominalgeschlechts S. 50; der Htuller -= Hudel (Atzh., N. W.), mhd. hudel; 
der Pluralgebrauch hat, wie oben gezeigt, Geschlechtswandel nach dem 
Fem. herbeigeführt. 

Ferner werden Fem. durch Weiterbildung mit -er zu Mask. Bsp.: 
der Werner - Geschwür (ü. W., Fr. Rbch., Obh. Wtb.), ahd. werna (f.), 
daher bayr. die Wem; die mask. Form entsteht durch das Zwischenglied 
der Wem; die Ableitung auf -er dient gewissermaßen zur Verdeutlichung 
des Mask. Wie zu Wespe durch -el- Suffix das mask. Wespel entsteht, 
so wird durch er- Ableitung eine mask. Form Wesper (Rodheim) hergestellt. 

3. Weitere Suffixe mit entschieden mask. Charakter sind (i)g oder 
(i)ch und lat. us, abgeschwächt es. Bei dem ersteren wird heute nur der 
spirantische Laut als Bildungselement empfundon, wie das Fehlen des 
Umlautes zeigt. Derartige Bildungen begegnen in : Albch — AlpqYuck 
(Obh. Wtb. 25); Bal>ch oder Brabch - Brei (Obh. Wtb. 76); Ilotch oder 
lluteh = Nesthocker (Obh. Wtb. 447); Dutch - Dotter (Obh. Wtb. 317); 
Dabch = großer Fuß (Obh. Wtb.); Vlapch = Bengel (Obh. Wtb. 376); 
Sehlabch = schwerfälliger Mensch; Schnbch - Stoß (Obh. Wtb. 776); ferner 
Habeh = Habicht; Kropeh = Kropf; Wiedehobch ^ Wiedehopf. 

Die Abschwächung von us — es, das durch gelehrte Einflüsse oder 
das Rotwelsch Eingang in die Ma. gefunden hat, begegnet in Bildungen, 
die häufig den Ableitungen auf -eh gleichwertig sind. Neben Sehlapch, 
Dabch kann man auch mit demselben Sinn Schlappes, Dabbes gebrauchen. 
Doch tritt die persönliche Bedeutung mehr hervor als bei den mit -ch 
gebildeten Wortformen. In ungeschwächter Form begegnet us in der 
TtifUritus = Diphtherie. 

4. Die Deminutivbildungen haben durchweg das neutrale Geschlecht 
Vgl. dazu die anders gearteten Verhältnisse bei Jäger, Ma. von Mahlberg 
S. 12. Dort kann die Deminutivendung, wenn sie an männliche Eigen- 
namen tritt, das natürliche Geschlecht nicht verdrängen. Ähnlich gibt 
man auch im Odenwale den Deminutivformen zu weiblichen Personen- 
namen das fem. Geschlecht: die Lischc, die Katrinehe. Auf unserem 
Gebiet jedoch werden dio Deminutivsuffixe -che oder -ye und -i durchaus 
neutral empfunden. Daher kommt es, daß Endungen anderer Herkunft 
in diesem Sinne umgedeutet werden und zugleich Geschlechtswandel 
bedingen. So erklärt sich dio neutrale Geschlechtsform in das Lihrche — 
Lerche (Lgdf., Gr. B.); das Est je — PI. Estercher - Hostio (Fr. Rbch.); ferner 
das rheinhessische das Nissje = huissi er (Gerichtsvollzieher); das Bagasehi --= 
Bagage (Gr. B.); das Koräschi '■ — Courage (Gr. B.). i der Endung gilt als 
Deminutivsuffix selbst dort, wo die Gestalt der übrigen Wortform die 
Bildung mit »c/h?« verlangen würde (vgl. den Abschnitt über Deminutiva). 



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154 



Konrad Alles. 



So in das Lappuli ^ Lappalie (Obh. Wtb.); das Matcri = Materie (Kiter) 
(Obh. Wtb. 589); das Klint = Klinik (Gr. B.). Die Lautform des letzten 
Beispiels erklärt sich durch totale Dissimilation von K-l,\ 

Auf dem Wege volksetymologischer Umdeutung haben ihr Geschlecht 
erhalten das Dcschbloai — PI. - bliiter = Tischplatte (ü. W.) mit Anlehnung 
an Blatt; der Kelleresel = Kellerassel (Rpd., Ldh., Dbch.) mit Anlehnung 
an Esel; der Blotihl = Blutegel (U. W.), mhd. egele (f.), angelehnt an Ihl 
= Igel. 

y) Klangverwandtschaft war ausschlaggebend bei folgenden Fällen 
von Geschlechtswechsel: der Schmolm = Schwalbe (U. W., Fr.Rbch., Schi.): 
die plural. Verwendung und die Bedeutung hätten das Wort bei den Fem. 
erhalten sollen; es kann also nur lautliche Verwandtschaft mit anderen 
Wörtern zur Erklärung des Geschlechtswaudels dienen. Wörter, wie Helm, 
Halm, denen der nach dem PI. umgestaltete Sg. glich, haben wohl das 
Vorbild zur Geschlechtsanalogie gegeben; der Svhmoa (rr) n = die Schmarre 
(Atzb.), mnd. smarre; die Pluralform Schmäfrjner zeigt, daß hier lautliche 
Analogie zu Wörtern, wie Koa(r)n — Kü(r)ner = Karren, Doa(r)n — 
IMfrJner = Dorn den Weg zum Mask. geebnet hat; der Noss — Nrss =■• 
Nuß (U. W., Fr. Koch., Bsd., Grb). In der Gruppo der »-Fem. steht 
die Umlautsform o(u) — e(i) vereinzelt da. Häufiger ist sie dagegen 
bei den Mask., mit denen unser Wort z. T. durch enge lautliche Ver- 
wandtschaft verknüpft ist. Man vgl. Goss — Gess — Guß, Schoss — 
Sckess — Schuß. Diese bedingten das Mask. Daß die Umlautsforni 
o — e, bezw. u — i in dem Fem. keine Stütze hat, beweist auch der 
Umstand, daß man zu dem PI. Bie, der von Haus aus fem. ist und 
es vermöge seiner Verwendung auch bleiben sollte, einen mask. Sg. Buh 
bilden konnte (vgl.' Ausgleich der Zahlf. S. 366*); der Stropp — Strepp = 
Strippe, mhd. strupfe. Klangähnliche Wörter, wie Kopp = Kopf, Knopp 
Knopf, Zopp =-- Zopf, haben das Wort in ihren Systemzwang gezogen 
und mit der Flexionsänderung auch den Wechsel des Geschlechts be- 
wirkt; das Keil =^ Feile (Lgb.); das Gcschleclit ist wohl von dem laut- 
ähnlichen Beil abhängig. 

b) Geschlechtswandel unter dem Einfluß der Bedeutung des Wortes. 

Neben der Wortform kommt auch der Bedeutung ein bestimmender 
Einfluß auf das Geschlecht zu. Die Übereinstimmung in der Bedeutung 
bewirkt die Geschlechtsanalogie. So erhält das Glied einer Komposition 
deren Geschlecht, wenn es ihre Bedeutung übernimmt. Bsp.: das Scherz, 
die Schürze (vgl. S. 138); maßgebend für das Geschlecht wird die Zu- 
sammensetzung mit Tuch: im Schlitzerland ist nur das zusammengesetzte 
Wort gebräuchlich; das Bleuel = Bleuel (Vdd.); das Geschlecht wird an 
Holz, mit dem unser Wort öfter als Bleuelholz erscheint, angelehnt: die 
Zetter = Vorderdeichsel {Stockhausen und Rheinhessen); mhd. zieter (stmn.); 
das Geschlecht richtet sich nach Stange, mit dem das Wort gewöhnlich 



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Beiträge zur Substantivflexion der oberhessischen Mundarten. 



155 



verbunden wird. So erklärt sich der Andyfi = Bndi?ie (Jäger a. a. O. 12) 
nach Solat = Salat; denn gewöhnlich sagt man Andyfüolat. 

Häufig wird das Geschlecht synonymer Ausdrücke bestimmend für 
den Genuswechsel. Auf diesem Wege werden 

1. zu Mask.: der Schmelze ~ 1. Peitschenschnur, 2. Fleck, Streifen; 
mhd. smitze, nach Riemen Streifen; der Stehe = Stelze (Ldh., Obhg.), mhd, 
stelze (swf.); unter Einfluß von Stock, Stiefel, Schuh; der Bie = Bienen- 
stock, mhd. bin (stswf.) nach Stock, Haufen oder Schwärm (vgl. S. 157); 
der Sluche = Stauche (N.G., Ldh., Rpd., Vdd., Gr. Ld.), ahd. stühha, mhd. 
stäche (swf. m.), etwa nach Ärmel; der Stotx = Zuber (N.G., U. W.), mhd. 
stutze (swf.), nach Eimer; der Memm = Euter (Dbch., Rd.), Nbf. zu mamme (f.), 
etwa nach Detx oder IHtze^ Euter; der Mark*= Mark, mhd. marke, angelehnt 
an Taler, Gulden; der Wolsde = Wulst (Obh.Wtb.99fl), ahd. wulsta, mhd. 
wulste (stf.), nach Knoten oder Schwulst; der Moll = Staub (Obh. Wtb. 606), 
auch in der Weiterbildung Molter (Gr. B.), ahd. molta, mhd. molte, daneben 
auch schon molte, molt(m.); das heutige Geschlecht vielleicht nach Staub 
oder Boden; der Fingerlei = Fingerring, mhd. vingerlin, angelehnt an Ring; 
der Balledin = Tuch zum Binden um den Hals, frz. la palatine = Pelz- 
kragen; Kragen ist wohl das Vorbild für das mask. Geschlecht; der 
Rijtermand — Verweis, Vorwurf, frz. reprimande; nach den deutschen 
Entsprechungen Verweis, Vorwurf; der Tropp = Truppe (Dbch., ü. W.), 
frz. troupe, etwa nach Haufen; man beachte auch die Klangverwandtschaft 
mit Kopp, Knopp usw.; der »Jack — Jacke, frz. jaque; das Geschlecht ist 
an Rock angelehnt; unterstützend kommt hinzu die Klangverwandtschaft 
mit Sack, Pack; der IFr/wW = das Wams, mhd. wambeis, wambis, wambes 
(stn.), etwa nach Rock, Motze, Harnisch; der Examen = Examen (Rpd.); 
der Defizit = Defizit (Schöner a. a. O. S. 56), beeinflußt durch Mangel? 

2. zu Fem.: die Spoat = Spaten (N. G., Vdd., Bsd. T Schi., Gr. Ld., 
Dbg.); das Wort ist nd. Ursprungs (as. spado), D. W. X 1989; das Ge- 
schlecht ist wohl an Schippe oder Schaufel angelehnt, möglich wäre auch, 
daß die nd. Artikelvermengung das Geschlecht bestimmt hatte: die Primm 
— Pfriemen (Wdh ), mhd. phrieme, nach Saul = Säule; in U. W. hat man 
noch das Mask. Premine; die (ioatler = (ratter (U. W.) ^= gitterartiges Gerät, 
ahd. gataro, mhd. gater; durch Anlehnung an Leiter oder durch den Einfluß 
des PI.; die Hoawern (Hoawer) = Hafer, mhd. habere (Vdd., Bsd., N. 0., 
Glsh., Atzh., Gr. B., Rpd., Gr.Ld., Lgdf.. X. W., Obhg.). richtet sich nach 
Gerste, Erbse, Bohne, Wicke, Linse; die Broast =■ Brast (Gr. Ld.), mhd. 
brüst (m.). wohl unter Einfluß von Last, das in ähnlichem Sinn gebraucht 
(Last = Kummer) und ihm auch klangverwandt ist; die Koarsch ^ Karst 
|U. W.), ahd., mhd. karst, nach Hacke: die Purin = Pfuhl (Lgdf., Obhg ), 
das Wort ist »Pudel«, vgl. D. W. VII 2220; das Geschlecht wird wohl 
durch Pfütze oder andere in Hessen fem. Syuonyma, wie Strotze, Trotze, 
Softe, bestimmt; die Sf>l = Kotlache (Obh. Wtb.), mhd. sol, vgl. das Vorige; 
die Hoarfeil = Haarpfeil (Dbch ), nach Haarnadel; die Am Ernte (Obh. 
Wtb. 47), ahd. aran, goth. asaus, nach Frucht; die Rotz = Rotz (Nasen- 



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156 Konrad Alles. Beiträge aur Substantiv flexioa der oberbessischen Mundarten. 



schleim) (Lgb.), mhd. roz und rotz; man vgl. auch das vereinzelt als fem. 
vorkommende Schnudel (Schnull) mit der gleichen Bedeutung; die KaruseU 
(frz. carousel) = Karussell (Lieh), nach die Reitschule. 

3. zu Neutra: das Diel = Diel (Lgb.), mhd. dille (f.), nach Brett; 
das Bleifeder = Bleistift, nach Bleistift und dieses seinerseits nach Blei : 
das Bleh = Blüte (kollekt.) (U. W.), mhd. blüe (f.), nach Laub; das Rihs 

— Rihser = Darmnetz, mhd. riuse (f.), nach Netz; das Missgeburt = Miß- 
geburt (übertragen) (Rpd., Gr.B.), mhd. geburt (stf.), nach Analogie von 
das Luder, das Aas; das Kreat = Kröte (übertragen) (Dbch.), mhd. kröte, 
nach Kind; vgl. auch das Mensch = Frauenzimmer, nach Weibstier — 
Weibsbild; das West = Weste, frz. veste, nach dem verdrängten Leibchen 

— Leibstück; das Pomaad = Pomade, frz. pommade, nach Haaröl; das 
Schrot = Schrot (Fr. v. Trais, Gedichte 46, U. W.), ahd. scrot, mhd. schrot (m.), 
nach Pulver und der für dieses üblichen älteren Bezeichnung das Stuppe 
(vgl. Heyne, Wtb. II 1214); namentlich die häufige Verbindung »Pulver 
und Schrot« dürfte entscheidend für den Wandel gewesen sein; das 
Mais = Mais (Lgb.), frz. raaYs; nach Korn, häufig steht dafür Wälschkorn; 
das Revolver = Revolver, angelehnt an Gewehr; das Kanal = Kanal, etwa 
nach Rohr; das Losement = Wohnhaus (Obh. Wtb.), frz. logement, nach Haus. 

B. Bewahrung der älteren Geschlechtsform. 

Ein von der Schriftsprache abweichender Geschlechtsgebrauch 
orgibt sich endlich dadurch, daß unsere Maa. die Geschlechtsform einer 
älteren Sprachstufe bewahren. Bsp.: der Hank « Bank (Gr.B., N. G.), 
ahd. pank, mhd. banc (m.); der Pracht = Pracht (Fr. v. Trais, Gedichte 32); 
ler Luck - Lüge (N. G., Whl., Vdd., Bsd.), mhd. lue (m.); der Brell = 
'Jrille (allgemein), mhd. berille (swm.); der Moan = Mähne (Obh. Wtb. 576 
und Mornshausen im Hinterland), mhd. man; der THel = Diele (Schi., Rdg., 
3dt, Ossenheim, auch im Odenwald); der Möbel (frz. meuble) = Möbel, 
m 15. und 16. Jh. mask., vgl. Heyne, Wtb. II; der Wohg = Stelle der Lahn 
and auch der Fulda; mhd. wäc; Loste = Lust (Gr. B.), got. lustus, mhd. 
ust (m.), das ältere Nhd. verwondot mit Vorliebe Lust als Mask.; der 
Hoiroad - Heirat (Schöner a. a. 0. 36), mhd. hirät; die Hean - Häher 
• Dbch., Rpd.), ahd. hehara, in Form Kähr (U.W., Fr. Rbch., Wdh.); die 
Rohm = der Rahmen (Wdh., Bdt, Rpd., N. W., U. W ), ahd. rama (f.), 
mhd. rame; die Lattche = Lattich (Dbch.), ahd. ladducha, mhd. lateche; 
die Ziehet (ZU) = Ziegel (N.G., Wdh., Bsd., Schi., Grb., U. W.), lat. tegula; 
das Denn = die Tenne (auf dem ganzen Gebiet), ahd. tenni. Man vgl. 
auch S. 152 ß L und 153 £2. 

Anhang: Verschiedenes Geschlecht desselben Wortos kann ein 
Mittel werden zur Differenzierung der Bedeutung. 

Der Sehroah = Schrägen = Gestell des Metzgers, 

die Sehroah — Schrägen = Gestell des Webers zum Aufzug des Ge- 
webes (Ü.W.); 



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Johannes Bender. Beitrag zur rheinischen Mundart. 



1S7 



der Dom = Dornstrauch, 

die Dorn - Stachel (Gr. B.); 

der Stachel — Dornspitze, 

die Stachel = Eisonspitze (Gr. B.); 

der Bie — Bienenvolk, 

die Bie = einzelne Biene: 

vgl. der Imme = Klumpen von Immen, 

die Imme = das Tier selbst (Jäger a. a. 0. S. 11); 
der Tuch = selbstgewobenes Tuch, 
das Tuch = Halstuch (Gr. B.); 
der Scheid = Abteil im Stalle (Viehstand), 
die Scheid = Scheide (auch vulva) (U.W.); 
der Kutte =- Kaute = Flachs in gewisser Form und Menge, 
die Kutt = Kaute = Grube, Loch (U. W., Vilmar 96); 

vgl. auch: der Schaub = Strohbündel, 

die Scltauh = Reisigbündel (Vilmar 343). 



Beitrag zur rheinischen Mundart 

(mit Zugrundelegung der Mundart des Ortes Siegburg- Mülldorf). 

Von Johannes Bender. 

Wörterverzeichnis. 

Bemerkungen zur Schreibweise. 

1. ss bezeichnet das scharf gesprochene * zwischen zwei Vokalen (vgl. >lassene). 

2. g bezeichnet den weichen &-Laut (vgl. »Gott, Gabe«). 

3. Scharf ausgestoßen« Selbstlaute werden durch • bezeichnet (vgl. »Not, schau, 
Bahn« im Gegensatz zu »Mohr, schlau. Bahre«). 

a. 

«an — 1. Ernte; 2. ein Strich, von dem aus beim Murbeispiel ausgespielt 

wird; 3. der Anfänger bei diesem Spiel. 
riantrcel& = Pantoffelanzieher. 
aap = Affe; aapaklgos ■= dummer Mensch. 
aaA «= After; hdyaaS — ängstlicher Mensch. 

addl — Jauche; ddalUpöol ', -vaas, -hää, potnp; addh — Jauche aufs Feld 
(rcet = Egge. [fahren. 
rergval — = ein Arm voll, z. B. Stroh. 

ahd = Ausruf, mit dem jemand von der Anwesenheit eines anderen 

Kenntnis nimmt, als wolle er sagen: ach, du bist auch da? 
atyda = durchaus. 
at — schon. 



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158 



Jolianoe* Bender. 



b. 



bfMäta — viel arbeiten; da- bcr>»8 sec jfrt t&samz; sec tsibtnätd. 

batehis = bah! Kindlicher Ausruf zur Warnung vor schmutzigen Gegen- 



bardfol = außergewöhnlich schweres Kalb. 

ba$td =- 1. verenden; 2. zerspringen; bas = Sprung im Glase, im Eise. 
basdlömpo — Arbeitskittel. 

batd — helfen, nützen.; dt bat ndt = es hilft nichts. 

bafö = ausplaudern; bat.tmuül =» einer, der gern ausplaudert 

bautsd — weinen. 

= müde, erschöpft; beim Kartenspiel einer, der sein Spiel schon ver- 
loren hat 

bdliabdb, sec — beim Geben sich die Kleider beschmutzen. 
bti — Biene. 

fcfcr? — feierlich läuten. 
beis&l «=• eiserner Keil. 
bjjQgvoy — Kinderkrankheit. 
bsjpgtsa bejahen. 
bdjrbmah — begreifen. 

bdkrte, sec — sich erholen (von einer Krankheit). 

6fjf9/=Band, z. B. zum Aufschürzen der Kleider, um Stroh zu binden: 

6c#?fo — durchhauen. 
bdSnueuhc = wählerisch, 
fctfu/ca = Zwieback, 
fofftftt? — büßen. 

blfftrts» = schreien, wie ein Schaf. 

W^jt = bloß, nackt; bU/khd'mtmnitnA — Schimpfwort für ein Kind, das 
bhis =- Popo. (kein Hemd trägt. 

6friux — Walze; blauxd = walzen. 

blcerld = beim Spiel um Geld einen anderen durch Übernahme eines 

Teiles des Einsatzes unterstützen; tsoobleeiid = zutrauen. 
blets = 1. Blitz; 2. Fischnetz. 

bloß ' = Eindruck an einem Hut oder einem Blechgeschirr. 

bötp— 1. binden; 2. ein Namenstagsgebinde verehren. 

Vonakd = Kügelchen, die zum Zierrat an Kleidungsstücken »baumeln«. 

— hörbar aufstoßen (aus dem Magen). 

= weinen. 

bosjh = Junge, der auf einem Gut allerlei Kleinigkeiten zu besorgen hat 
bah — durch Anhängung des Wortes an den Familionnamen machon die 

Kinder ein Schimpfwort: müfosbok, smftssboh: 
boms ~ 1. Schwein; 2. schmutziges Kind. 
böteram — Butterbrot. 

bots = Hose; ätitaifoSböt» = Hose mit einer Klappe: hakpdbitts — H. mit 

Hosenträgern. 
///•aW - Heizungsmaterial. 



bfvhke =• schreien, wie ein Kalb. 



[standen. 




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Beitrag zur rheinischen Mundart. 



IM 



brassdh = sich mit allerlei Arbeiten abgeben ; sec jat tsasamtbrassab =- 
viel arbeiten; brossol = 1. viel Arbeit, d& hrei vna b. am 
hat viel Arbeit; 2. Durcheinander. 
br'ohs = einer, der im schreienden (brüllenden) Tone au sprechen pflegt 
brocbh = rauschen im Kochtopf infolge des aufquellenden Wassers. 
Zirpte — 1. Brot in der Suppe; 2. untersetzter dicker Mensch; 3. ein 

dicker Stein; 4. Plur. Habseligkeiten. 
büittj = 1. Verb, bürsten; twbütita =» durchhauen; 2. Subst. Plur. struppige 
bütscd Kuß. [Haare. 

d. 

(Uempdc = schweratniig, so daß man das Atmen hört. 
dfrivb, sec — sich überschlagen. 

dijltshial ^ dicker Kuchen aus Kartoffelbrei, der im Tiegel gebacken wird. 
dito = kleines Kind. 

ditsc9 = kleines Kind; icekzhlitscj — Wickelkind. 

dijk, dQtes -» oft. 

dömdt = dummer Mensch. 

döökds — Popo. 

döp* = 1. Topf: 2. dummer Mensch; döpjkl{^s. 
diMkgp = Dummkopf, 
t/prfa/ =. Dotter. 

dpp — runde Blase, die sich beim Regen auf dem Wasser bildet; dildyp 

= Kreisel; dQp&sSpeh = einer, der gern Glücksspiele macht 
dyts — kleiner, dicker Mensch. 
dots = Beule am Kopf. 

<lrei&> = 1. dreschen; 2. hauen; tsedrcis? = verhauen, 
rfre/ = eilig. 

dret/cfl ^ Wirbel im Wasser. 
dreijdh = zur Eile antreiben. 

z/r/Va ^ 1. trocknen; 2. schlagen; z. B. eemm eetu drüi. 
düüfc» = Gefängnis. 

e. 

eefd nur, für sich allein; tefyytmiiöa = von den Kartoffeln getrennt ge- 
exte*? = einzeln. [kochtes Gemüse, 
wta» = Eiterbläschen. 

<#a&c — leicht beweglich; ein Kind, das sich immer so hin und her be- 
wegt, daß man es kaum halten kann. 

ei = Kindlicher Ausruf bei Liebkosungen; n striez «-= unter Streicheln 
liebkosen, z. B. ein Kind, eine Katze. 

eyk = junger Knecht. 

eyksdriftt — Pechdraht 

f« 

faux <= Schieber im Ofenrohr. 

feeka = durchraausen, z. B. Taschen und Schränke. 

/"«w/rf — Fidibus. 



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160 



Johannes Bender. 



ficfolte = Schmetterling. 
fuhrdc = klein, schmächtig. 
pik =» schnell. 

flöötdpiifa — Ausdruck, mit dem Kinder eine Bitte abschlagen. 
flüüm — Zipfel; flüümbstriots — Zipfelmütze. 

flup» = vonstatten gehn; d^m ffup dt = dem geht die Arbeit gut voustatten. 

fu&h) = falsch spielen; fiUbh — Falschspieler. 

/«:/» = beim Gehen mit dem Fußbällen den Körper hochheben. 

futS — fort, verschwunden. 

füiisB — sausen; wat cb w'öyk füüs — wie der Wind saust! 

fc. 

heetbnpfy — räuspern. 
Ä<****te — Kniekehle. 
luehfi» — V* Liter (Schnaps). 

farfop — 1. Hosenträger; 2. Lederriemen zum Tragen eines Schiebkarrens 

beim Fahren: käanheehp. 
Jtantio — ungeschicktes Tun. 

hasdlterd — dummes Zeug sprechen; .sec vdhastihrd =- sich hineinreden. 

/ti&d = hetzen. 

Ä«a = Wiege, Bettchen. 

hip — magerer Gaul. 

hQ9$— langsam, leise. 

fctftftt =■ Fuhrmannsruf : zurück! 

/«wfofe = falsch spielen; höihte — Falschspieler. 

holtordipoltor = unter Gepolter durcheinander: da/ //. = das geht über 

Tische und Bänke. 
hörn = 1. Popo; 2. das vollere Ende eines Eies; höim = zwei Eier mit 

der //. aneinander schlagen. 
hoötsj — hüsteln. 
hotsjl — gebratener Apfel. 
hot — Fuhrmannsruf: rechts! 

hütmiantiit = Ausruf zum Zeichen, daß jemand der Wille nicht getan 
wird, gewöhnlich von einer Handbewegung begleitet, indem man mit 
dem ausgestreckten Zeigefinger in wagerechtor Linie an der Xase vor- 

huM = 1. Hobel; 2. Haufen; hübdhc = uneben. [beifährt. 

Hütte, see = sich zusammenkauern. 

i. 

üjeis = Irrgänse. 

i9$to = eben. 

npdkr<ets9 = Abcschüler. 

jtelütjtek = Fastnachtsgeck. 
j<ey»h = herumziehender Händler. 



Beitrag zur rheioischeb Mundart. 



lt>l 



jcel — etwas. 

jaytec = beweglich, gelockert (Schloß oder Schraube). 
jap» = gähnen. 
jats = bitter. 
jau = flink. 

jaitxd = im Dorfe herumlaufon , sich herumtreiben. 
ßlion = Fußboden ; bö/io = einen Fußboden herstellen. 
jdd&ts Getue, Treiben. 
jidoöns = Getue. 
jecs = Ziege. 

phtoc *= kleines Zimmer. 

jeis = Bündel Gras, das zum Trocknen am Dach aufgehoben wurde. 
ßlikf= Laub an Rüben, Möhren u. dgl. 
jjWs = verrückt 

plotjr = 1. Gelage, d. i. eine Vereinigung der Dorfburschen zur Veran- 
staltung der Kirmesfeier; pl^.rsjÖ7) = Mitglied dieser Vereinigung; 
2. Zeche, z. B. er totsaaten dt jmits? plfjfjx = ich bezahle die ganze 

jj/nösAts = kleino übrig gebliebene und wertlose Dinge. [Zeche. 

jsrefs = Geriebenes, z. B. Kartoffelbrei. 

jermalcemprj = junge Ziege. 

pUfeU = Gerede. 

jits = Handspritze; jiUfj = spritzen. 

jnetol = kleines, längliches Gebäck aus Weizenmehl; k$els jrplato = mit 
einem kleinen irdenen Pfeifchen versehenes /, das den Kindern von 
Köln mitgebracht wurde. 

jöot ~ Patin ; Demin. j(iJtc9. 

jiis = keine Milch gebend (Kuh). 

joötscs — Süßes, Zuckergebäck; auch tsukajoötscj. 

jQtsbeermhe = erbärmlich. 

jytuaates Gott bewahre uns! Ausspruch bei Blitzen. 
jrmn = heiser. 

jreevo = ausgeschmolzene Fettstückchon. 

jreetsD = reizen, necken. 

jrömdl = Abfallstückchen vom Brot 

jn'iHs — viel, überhaupt, z. B. ivat hin dfit jrüüs heebfo? 

jnysh ^ über auftauendes Eis laufen, st) daß förmliche Eiswellen entstehen. 
jngalbähn. = eine Stelle, wo sich die Kinder, die sich an der Hand 
fassen und so eine Reihe bilden, mit diesem Sport beschäftigen 
(natürlich, bis einer ins Wasser gorät). 

juLs = Scherz. 

jus = dünnes, biegsames Stöckchen, z. B. eine abgeschnittene Weide. 

k. 

hm = Bienenkorb. 
hau ^ Karre. 

Zeitschrift für DeaUche Mundarten. III. 1 1 



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1G2 



Johannes Bonder. 



kadf = Haferspreu. 
haaSfyc = knauserig. 

k<efofcd = l. Kälbchen; 2. Auswurf heim Übergeben, o k. maa.rj = sich 
übergeben. 

kak = jung, z. B. ein Vögelchen, das noch keine Federn hat; knknests = 
das jüngste von mehreren Vögelchen in einem Neste; auch das jüngste 
Kind in einer Familie wird so genannt, besonders wenn es körperlich 
zurückgeblieben ist. 

kab = sprechen. 

kampfood» = Brieftasche. 

kanafos = einer, der alles kann. 

kapäiisa = kleines Zimmer. 

karncäatiü = schlagen. 

kechlreen = kittelrein, d. i. frei von Schuld. 

keep = Frucht der wilden Rose. 

k$n = Kenntnis: wenn jemand mit einem geschickten Griffe etwas macht, 

so heißt es: das m ken. 
kesdb = laufen. 

khn = Butterfaß; kijna = Butter machen. 
kiih = laufen. 

kiivd — keifen? ermahnen, während man die erhobene Hand mit auf- 
wärts gestrecktem Zeigefinger vor- und rückwärts bewegt Beim Ge- 
witter wird gesagt: dt Ii^rj(itc3 läif = Gott droht. 

kikd = sehen; Stfmwkikj = einer, der immer in die Höhe schaut 

Icipd = Ostereier auf einander schlagen. 

kitco 9 = ein wenig. 

klaäiS = kindlicher Ausdruck für Peitsche. 

kläiits = Ausruf, um iu lebhafter Erzählung ein Klatschen nachzuahmen. 
kläätS» — 1. peitschen, daß es klatscht; 2. schlagen klüats dm jr rend — 

gib ihm einen; 3. dahinschlagen; hierher gehört auch kUtätstoc: 

kläatstec, du tyqx ec dgg = plumps, da lag ich da. 
klaafd = sich unterhalten; klaaf = ein Weib, das sich mit Vorliebe mit 

den Nachbarinnen unterhält 
kkeeempSd = essen, so daß man es hören kann. 
kläcetSt — dicker Murbel. 
kUnia = stehlen. 

kUevd = kleben; lange im Wirtshaus bleiben: kltpdfltots = einer, der viel 

im Wirtshause sitzt und spät nach Hause geht. 
klei = weißer Ton. 

klits — klein; klitsdklmi = sehr klein. 

kl US» = zwei Murbel ans Ohr halten, auf die Erde fallen lassen, so daß 

es »klitscht , und dann einen mit dem andern zu treffen suchen. 
klöüpds — steifer, unbeholfener Mensch 
kl(ip = Hiebe. 

kliipd Knüppel: kWpiltsup = Prügel. 



Beitrag zur rheinischen Mundart 



lt>3 



kW= Holzblock. 
Uoox = Feuerzange. 
iclpps = Dummkopf. 

hhUi — Huhn, das Eier ausbrütet; hlotsi (Verb.) = ein Wesen zeigen, woran 
man erkennt, daß ein Huhn in den Stand gesetzt ist, Eier auszu- 
knaats» = weinen; knaafö = weinerliches Kind. [brüten. 
knrepcj =^ Ende vom Brot 
kntevsl = dicker Stock, Knüttel. 
knat& — umreifes Obst essen. 
knauryararpdls = menschliches Skelett 
knek — Kreide. 

kucpo = schwer überwindliches Hindernis, z. B. ein Berg, auch im bild- 
lichen Sinne. 

knüstjc = knauserig; kniissak, kniübögdl = Knauser. 
knijtsc» — kleines verschrumpeltes Obst. 

knüipld = sich mit geringfügigen Dingen beschäftigen ; knöijdlpetJ = einer, 

der das gern tut 
kn<ftdts9 = weinen. 

knospdlo = durch Schmutz zusammengehaltene Haare bei den Kühen und 
knotnv = schimpfen. [Ochsen. 
knubol = 1. dicker, rundlicher Klumpen; 2. kleiner, dicker Mensch ; auch 

knubddfttdts; knubdhc = klein und dick. 
kuüüt& « begatten (vom Hahn gesagt). 
knüiivj = Kloinigkeitskrämor. 
knmrd = kleine irdene Pfeife. 
knudS = Knorpel. 
kmidsdl — Stachelbeere. 

l~nuts — Beule am Kopf; knutso sec = mit dem Kopf widerstoßen. 
knuut = Faust; knuutd = Murbeispiel, bei dem der Verlierende die Faust 

hinhalten muß, auf welche die Mitspieler zielen. 
I.hüüvj = belästigen, an einem horumstoßen. 
kijp& = breite Tasse. 
lös = Kruste. 

kötal = 1. Exkremente eines Pferdes, Hasen u. dgl.; 2. kleine Person. 
koldztvc = schlaftrunken. [kötjJM- = kloin. 

kokdh = schreien (vom Huhn gesagt, das ein Ei legt). 
kor? =» schmecken. 

knt = 1. verschnupft; 2. streng (Lehrer, der gern schlägt); 3. bissig (Hund). 
krabäb = kriechen. 

krabdc = klein; krabsak = kleiner Kerl. 
W = knusperig. 
kraykphc = Kranker. 

Ämw5, dor<w = sich schnell davon machen. 
AtW« — Hals. 

/.rer/.y? -■= Öl in der Pfanne reinigen. 

11* 



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164 



Johannes Bender. 



Icreu = Gesindel. 

kribits = zanksüchtiges Mädchen oder Weib; knbitsar = zanksüchtig. 

Icribdtec — beweglich, empfindlich. 

kribah = kriechen (von einer Laus gesagt). 

krii& = weinen. 

hröddhc — einer, der fein behandelt sein will. 

krögfob — sich falten (von Kleidern gesagt); kröijkoh (Subst) — Falten in 
kröbc = kraus. [den Kleidern. 

kröötS» = hinter dem Ofen hocken; kröötX— Stubenhockerin. 
kr?p = Kopf (Salat). 
krgt = Knirps. 
Icülah = schlafen. 

hiiül — der Letzte beim Murbeispiel. 

• * • * 

küül = Kohlsetzlinge; hapisküül. 
kütlhmpskpp = Kaulquappe. 

• ■ 

küüm9 = stöhnen bei schwerer Arbeit oder beim Gehen. 

küüts = Kiepe; küütsabuj = Händler, der mit der Kiepe herumgeht. 

.kuü, sec = sich still verhalten; Äv/.v = still. 

küüt = Huf der Kühe; Plur. überhaupt plumpe Füße. 

küül = Kaul, Loch in der Erde; 2. Ofen zum Kochen von Viehfutter. 

kwaatij = weinen; kwaats (Subst.) = weinerliches Frauenzimmer; kwnnts- 

kwachrac — kleiner Kerl. [keihl = wein. Junge. 

kw*rh = Kartoffeln mit der Schale kochen; kiva-lmoep — Bellkartoffeln. 

kwceyd — Nebenbuhler, Feind, der bei jeder Gelegenheit einem anderen 

kwceyaliir» = belästigen, ärgern. [zu schaden sucht. 

ktvant = Junge, der wenig taugt. 

ktcard = weinen und schreien; kwan (Subst.) = kleiner Kerl. 

kwarsak = Kind, das viel weint 

kwas = 1. Quast; 2. kleiner Taugenichts. 

kwiikj — kindlicher Ausdruck für das Tüten eines Schweines, ktc/'/'k 
Nachahmung der Stimme eines sterbenden Schweines. 



läütsj = nachlässig gehen; Hütts = nachlässiges Weib. 

labds = unmanierlicher Junge. 

Uenipas = einfältiger Junge, der wenig Gutes tut. 

Ifepto = Jauche über den Mist ausbreiten. 

lapo = 1. läppen; 2. schlagen. 

latsj = 1. bezahlen; 2. schlagen. 

hcdmööiUc = lebensüberdrüssig. 

Irfolcjswiis — Bezeichnung für die Lage von Kindern, die seitlings neben- 
einander (wie Löffel) im Bett liegen. 
t^ntjtsjaan = Lampendocht. 

(vis = Abschiedstrunk; de l. ji-ra den Abschiedstrunk geben. 
liiraleyktv - Lerche. 



1. 



- 




Beitrag zur rheinischen Mundart. 



lßö 



tyijbis = Flegel. 

löüfon = herumgehen und nichts tun. 
lüöf =» Speicher. 

UüifH ?= ein Hund, der bei andern Hunden herumläuft. 

löhmbomdl = Um jemand lächerlich zu machen, sagt man: da- ös von L 

loh = losgerissenes Stück, z. B. von einem Düngerhaufen. 

liiijm» = in den Zusammensetzungen joydlyijmB , ma-axlcalijijnM — ein 

Mädchen, das gern mit Jungen verkehrt, und umgekehrt. 
lööta — häuten, abhäuten (Zwiebel); foma /. = die Bohnen aus den Schoten 

nehmen. 
logt =~- schreien (Kuh). 

luQts = link; liwtsfnus — linkshändiger Mensch. 
lüchdmns = Lügner. 
lumürj = lauschen 

m. 

man — reif, saftig (Obst). 
wahr =- joder. 

mal»» — im Wasser spielen; matskcfol ein Kind, das sich oft mit Wassor 

beim Spielen besudelt. 
mnl,ts = Kraft; d<B htrt vi. en ds ktuiuxd. 
mint = Ärmel. 

mrt,,tsehst9 wahrhaftig (Beteuerung). 

metxMykt-9 Kind, das zwischen zwei anderen schläft. 

mrtscjsjay = nutzloser Gang. 

wwtf» = alte Frau, 
maof = Blechkanne. 

wöfjk(9smoo8 = mundgerechtes Maß; woyksmöossjc = mundgerecht. 
iniitem = Staub. 

= durcheinanderwühlen. 
(Plur.) = Geld, 
wiäs = Spatz; mö&titiip — Pulver. 
motsj = überwinden. 
mudal trübes Wasser; muddhc -— trüb, 
w«^, ^ = sich wegen, wehren. 

wmä/j = ein auffallend geschmacklos gekleidetes Frauenzimmer. 
umts = kleine irdene Pfeife. 

wmAv = ein Loch im Stroh, in das die Kinder Obst verstecken, damit 

keiner es findet. 
mfmla «= maulen, eigensinnig sein. 

n. 

luiaksptfcU = einer, der bis in dio Nacht hinein arbeitet. 
naasatnjpca — Murbeispiel, wobei man einen Murbel au die Nase hält 
und hinunterfallen läßt, um einen anderen zu treffen. 



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Johannes Bender. 



naas9vets = Kartenspiel, bei dem dor Verlierende Karten, die ihm mit der 
Rückseite vor die Nase gehalten worden, erraten muß; rät er nicht 
richtig, so bekommt er mit der Karte einen Schlag auf die Nase. 

nreeebs = jüngst 

nMJas «= kleines Zimmer. 

n^lbek = grüner Junge. 

ni&rjs = einfältiger Mensch. 

nijijp» = Nachbar beim Murbeispiel, d. i. der zweite. Vgl. aan. 
nöwfo = leise sprechen; nösdltsjöy — dummer Junge. 
nül — Nase. 

o. 

ijtda «= Absätze an den Schuhen flicken. 
ööjd = sehen. 

Q98sdc = eine Kuh, die zum Stier geführt sein will. 
öfoc — Zwiebel. 

ihmtsc9 = kleiner Gegenstand, z. B. Obst 

Qe&sdfe&l = Ochsenziemer. 

p9t = (Ort?) Acker; (Plur.) fah = Stücke Land. 

gfdr9 = 1. opfern; gfwian = Küster; 2. übrig halten. 

ohi = Ruf beim Betreten eines Hauses, um, wenn keiner sichtbar ist. 

die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. 
oniactd = beim Bauchgrimmen stöhnen. 

öndooz = einer, der nichts taugt, insbesondere ein Dieb; du 6. ist ein 
sehr beleidigendes Schimpfwort; <mdudntc = einer, der allerlei schlimme 
Streiche im Sinne hat. 

opböUd = aufstoßen (aus dem Magen). 

P- 

pasdifol = Pfirsich. 

pants =■ ungezogener Junge. 

pap = Mehlbrei. 

pek = das Innere des Kernobstes, von dem das Beste weggegessen ist. 
pekdl — Knöchel, mit dem die Mädchen spielen. 

pen — Holznagel; fiiapemv = Streichholz; peiwvol = ganz betrunken; ccp- 

semjd pen — eigensinniger Mensch. 
petsd = 1. kneifen; 2. trinken. 
pitUU = mit don Fingernägeln an etwas kratzen. 
piil = gerade; e« /te ///V/V/ *= gerade in die Höhe. 
piipj = gleichgültig. 
piped = Hühnchen. 

pip = Ausruf: Wer zuerst p. ruft, erhält etwas. 

plak = Ausschlag. 

/»frmfr — Setzlinge. 

plats =» Backware aus Weizenmehl. 

platS Ausruf zur Nachahmung eines hörbaren Falles. 



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Beitrag zur rheinischen Mundart. 



167 



plöft prellen. 

pfofMts = Holunder; plof = Blasrohr aus Holunder. 

ptyk = die Kartoffeln, die an einer Staude hängen; 2. eine Stelle, wo 

etwas wächst, z. B. Gras. Wächst viel da, so ist es m» jood» p. f 

wächst wenig, am Slccfcctd p. 
pliit «= einer, der beim Spiel alles verloren hat 
pluut9 = alte Kleider; pluuhmaat = Markt für alte Kleider. 
pöfd =■ rauchen. 
pömp = Hiebe. 
pp&i = Osterei. 
pptts = Tor. 

ponejjl — Kinderschlafkittel. 

pmji — 1. Gebund Stroh; 2. kleines, dickes Frauenzimmer. 
prut» = eigensinnig sein; prathötc* = Ecke, in die ein eigensinniges Kind 
prits? = weinen: prits = weinerliches Kind. [gestellt wird. 

puddl = 1. Pudel; 2. Schimpfwort für ein nachlässiges Mädchen; 3. »da- 
neben«, beim Kegelspiel, wenn die Kugel unterwegs vom Brett läuft 
piiut = Kind. 

r. 

rtuhkaal = ganz kahl. 

rtt'bh, sre = sich langweilig hin und her recken. 

ruh = ganz, vollständig in Verbindungen wie: raA: rfwiM = mausetot; rak 

ahs = alles und jedes; r«£ «/" = vollständig ab. 
ramuan = durch Stoßen und Reiben an einer Mauer ein Geräusch ver- 
m = l. Kiß: 2. Plur. Hiebe. [Ursachen. 
rhU = rieseln. 

mn = ausfallen (Körner aus den Ähren). 
h/av = tot. 

rö/" = Kruste auf einer Wunde. 

rolisj, sec == sich ausgelassen herumwälzen: tsjrölUsj = durchwühlen, in 

Unordnung bringen (ein Bett, die Haare). 
r//p», .sec = sich wegen; sec rijpm on wag». 
röÖf=* Raufe, 
rföfc» — reinigen. 
rö&b — aufrütteln. 

ro'fa? = Rest, z. B. vom Essen. Bei der sogen. Mailinenversteigerung 
bilden die Jungfrauen, die nicht verkauft werden, das rötsca. Die 
älteste von ihnen heißt rötsessmooda. 

r(j(jm — lange, dünne Stange; bonsrytjm ■— Bohnenstange. 

rüumo = schnell vonstatten gehen. 

8. 

saaf = Schrank. 

saäf = 1. Riegel; tsoosüäv» = zuriegeln; 2. Gerät, um Kohl zu schaben; 
kapasBäf; kapdsSaävz. 



Johannes Hender. 

sääl 1. Schulde; 2. langes, wollenes Halstuch; saiildoor - viereckiges 

wollenes Halstuch. 
Zimts •= wollene Decko. 
sabau — Schnaps. 

sfcmdte = beim Gehen die Beine im Bogen vorwärts bewogen. ' 
Step = Schöpfgefäß. 
iarüi9VOf9 = Schornsteinfeger. 

serjvdl = Scherbe; all s. ^ altes gebrechliches Weib. 
itib.rtd = durch Runddrehen vorwärts bewegen. 
SicU = flüchtig sehen. 

sUiiidd = Klappe, z.B. an einem Schweinetrog, an einer Hose (botsjslüiuh). 

Eine solche Hose heißt: slaadtsböts. 
slabdw — fallen lasson, verlieren, z. B. Stroh beim Tragen oder Fahren, 

Suppe beim Essen auf die Kleider fallen lassen; SlatokepC9, slabj- 

döjala. 

slatmtsdbeen — Schimpfname für Kinder, welche die Hose nachschleifen. 
sltetprj = sich mit den Händen anfassen und in einer Kette um ein Ende 
henimschwingen. 

flapf = nachlässig in schleppenden Schuhen gehen; Slap ■= Frauensperson, 
die sich gehen läßt; Slaboc = nachlässig: Slaptok --- nachlässiger Junge. 

slardVJ = Teilchen Schmutz; iflanf— nachlässiges Weib. 

sfän m» schmale Furche von geringer Tiefe. 

SUis Obergeschoß in einer Scheune über der Tenne. 

Sieks ■— hörbares Zurückatmen, wenn beim Essen etwas in die Luftröhre 
geraten ist 

slööihrd allmählich verlieren: s Wehrt ts = sich lang hinziehender Streifen, 
wo man etwas verloren hat. 

sloomd = naschen (Milch); SlSom ■= naschhaftes Mädchen. 

Slöyksj b= an frischen Bohnenschooten dia seitwärts gelegenen Schlingen 

(sloyksd) abziehen. 
ilgp = Schleifo. 

ShtX9 ■» naschen ; sluxdc = einer, der im Essen sehr wählerisch ist 

slufd --= Halbpantoffeln. 

slupa ^ trinken; slüpd = Trinker. 

smaculap» = schmächtiger Mensch. 

smek — Peitsche; Smek» — peitschen; rcef Kmefa = den Keifen schlagen. 

ümel = Wegerich; Xmebdress» — armseliger Mensch. 

smmhitr = unsauber; smnibl — unsauberes Frauenzimmer: snuuhlpiitcj 

= unsauberes Kind. 
8mu9r9 -=* rauchen. 

ifmüüM = süß tun, »im etwas zu erreichen. 

§nääv9 f gewöhnlich tsoosn. — heftig zu werfen (die Tür). 

Snaford zittern (vor Kälte). 

touevol => abgeschnittenes Stück (Brot): mi s. bruttt = ein Stück Brot. 
snak = gerade; Stiafafau = geradeaus. 



[Vitra;; zur rheinischen Mundart. 169 

snrtuh = aus Unartigkeit Mundbowcgungen machen, um einen anderen 
zu ärgern. 

stujfo = hin und her bewegen, z. B. mit dem Kopf. 
snyktn» — (die Nase) mit der Hand reinigen. 

*höö8j = stehlen, naschen (Obst oder Leckereien in der Küche): stuiiJs 

= naschhaftes Kind, naschhafte Katze. 
sttixLH — Rotz; snodaldop = Schimpfname für ein Kind, das es unterlaßt, 

die Xase zu putzen; snodMsjuy grüner Junge. 
viorksj = schnarchen. 
snüs = Schnauze. 
snuut = Ausflußröhre. 
snb» = 1. Schoppen; 2. Gebund Stroh. 

= Wolle auf dem Tuch (Schur?). 
tyn Klumpen Erde, wie sie auf dem gepflügton Acker liegen; Plur. 

üjju = Geld: tfa tuet s. = das ist ein reicher Bauer. 
sol,fC9 = Scholle; itäöijco = Eisscholle. 
swpz = Fischschuppen. 

sörjj.j — 1. mit dem Schiebkarren (sörjskua) fahren; 2. gehen. 

st'tif ■— 1. Gebund Weiden; 2. Totenbett: op dt uwisj aufbahren ; <p 

Uv om .s. = er ist aufgebahrt. 
sorjf = Kopfgrind. 

total ~ flache irdene Schüssel: sotMtrf = Gestell zum Aufbewahren dieser 

Schüsseln; uäl sota! altes, einfaltiges Weib. 
spuk = eng anliegend (eine Hose). 
ipei = Spuck; Speimdatm = einer, der viel spuckt. 
sprktaakallsmceca = einer, der viel Spektakel macht. 
spie = Sumpf. 

Spieka = spalten (Holz); sphk - Haarscheitel. 

spönafleka = schmächtiger Junge. 

spyra = laufen (spornstreichs). 

spratah = sich mit Händen und Füßen wehren. 

sprvrt = ausbreiten, z. B. Mist; sprrrt, deMprcct — Tischtuch. 

sprnjd — schnell reiten oder laufen. 

sprijitsa = spaßige Gebärden, um andere zum Lachen zu bringen; */>/•#- 

jitsanwea = Spaßmacher. 
sprpk = spröde. 
spröontsah = Sommersprossen. 

vra/ra mit dem Messer abkratzen, z. B. neue Kartoffeln: ttusamasrapj 

= sammeln (Geld). 
sreihnlts = Kind, das viel schreit. 

•vröo/ = 1. häßlich aussehende Katze; 2. schmutziges Weib. 
■^W = häßlich. 

srul/a = scheuern (den Fußboden); Arubsttk = Putztuch. 

srnttt = 1. Truthenne; 2. einfältiges Mädchen. 

.slüat.s — fein; stitat feine Kleidung; stäütstcna^a — feiner Wagen. 



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170 



Johaimes Boeder. 



! 



Htcat» = Schwanz. 
stitem = freund. 

stau.rj — stochern; sfaujiia* = Ofeneisen. 

slel-9 = pflastern; Subst, stekj =• schwere Eisenstange, die beim Pflastern 

gebraucht wird. 
sterdh = Rind. 

Müv9 = stärken ; stuf = Stärke. 

stip9 =- stützen; sti]?, knurastip = Stütze für eine Karre. 

fflk = ungefähr, etwa: *. odo 5 — etwa 5. 

stöh = Butterbrot; Atötoltv, vetsMäkatcj - Erzählungen. 

stöüvj ^ 1. abstauben; Subst. = Handbesen zum Abstäuben; 2. fortjagen; 

3. 9t Mööf = es geht ein heftiges Schneegestöber. 
Straafd =«= abstreifen (Laub). 
strak = gerade; strakiius = geradeaus. 

Siricd 1. streichen; da tmp9 stric» = mit der Hand fest über den Unter- 
arm streichen, wenn das Zäpfchen im Halse wehtut: 2. bügeln; stri- 
ciiisa = Bügeleisen. 

stritsd = stehlen. 

stroyksj = Angenehmes sagen, um jemand zu überreden. 
strpp = 1. Schlinge; Slryepa = Wilddieb; 2. Taugenichts. 
struxmtjMb ■■= unheimlicher Mensch, vor dem man sich in acht nehmen muß. 
stüpz = kürzen, z. B. die Haare, den Schwanz eines Hundes; daher der 

Hundenamo: Müp. 
stnp9 = mit der Faust oder dem Ellenbogen stoßen. 
stuxd = ärmelartiges Gewebe zum Schutze des Unterarmes gegen Kälte. 
sirääda = 1. durchhauen; switiit = Haut; 2. da muül $. = viel reden; 

swäät = Mund. 
sivü/icbm = Dampf, der aus dem Kochtopf aufsteigt 
sw%y9lhr» = herumlaufen und die Zeit vertrödeln. 
swipd = die Zeit mit Trinken totschlagen; V9swip» = versaufen. 

1. schwingen; 2. durchhauen. 
stev»T9 = den Speichel aus dem Munde triefen lassen; seevj = Speichel 

am Kinn. 
sei — Sieb. 
seif = sanft. 
sekgm9s = Ameise. 
sin = sehr; 2. schnell: s/a /w/a. 

8tif9 = herunterströmen; dat 9t siif = es regnet in Strömen. 

s$r9j9 — Sorgenstuhl. 
spÄ? = gehen. 

sondaaxshidts = Luftröhre, in die beim Essen oder Trinken etwas gerät 

t. 

taUpd =- plump herumtreten. 
tef = Hündin. 



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Beitrag zur rheinischen Mundart. 



171 



ter? = laufen. 

tipteop — Bellkartoffeln mit saurer Milch. 
tosal = halb verrücktes Frauenzimmer. 
trcBindU = auf dem Boden umhertrippeln. 

tr&ntjte = langsam machen; tr&nhlmeb = einer, der langsam macht. 

tralzjo = eiserne Fensterstangen. 

treteltird = lange anhalten, um etwas zu erlangen. 

trüöt = Jauche; tröötepool Pfuhl. 

triföt = Trompete. 

irgtel = ein Haufen Menschon. 

hup — Taugenichts; Dem. trüjicj. 

batet = abgerissener Fetzen; a«/ fc. - zerlumptes Weib. 

faergj «= zanken, reizen. 

tsaJ&ijii = Fluchwort 

twtonlöd» = Taugenichts. 

tsapanloot = Fluchwort. 

tsmid, sec = sich beeilen. 

tt&katefo, sec = sich auseinandersetzen. 

tsjmölif» = zerwühlen. 

Uarbenc» = durchhauen. 

tsovrömdla = zerknittern. 

tsdicceas = verkehrt; Lwirtposdrevs = einer, der alles verkehrt macht, 
fetfoi = Taugenichts; lamtsitel = ausgemachter Taugenichts. 

= langsam machen, 
to^x = Kette. 

top/) = Suppe; feppa = tunken, 
te/te = 1. Zeug; 2. schlechtes Volk. 
/*'// = 1. Düte; 2. Gefängnis. 

/wiVto = 1. ins Horn blasen; 2. beim Kartenspiel durch Verstellung, als 
habe man gute Karten, oinen anderen dahin bringen, daß er paßt. 
Nach Aufdeckung der List tüüUt der Gewinner wohl auch dem Über- 
listeten ins Ohr. 

u. 

udid — plumpes, unansehnliches Weib. 

U3ts3 = vom Essen im Teller gebliebener Rest 

* « 

Hilm = 1. alter Mann; 2. Onkel, Dem. Hilmes, 
uts = Ausruf bei plötzlichem Schmerzgefühl. 
uwkratw — davonlaufen. 

T. 

veejd, sec = sich davonmachen. 
Vddöbp9 — ersticken. 
vddoonsSWk = Irrtum, 
vgftfo = draufraachen. 
vdtuiapdh, sec = sich hineinreden. 



172 



Johannes Bonder. Beilrag zur rheinischen Muudart. 



vakäöh ■= erfrieren. 

vskadul = des Essens überdrüssig, wenn man von einer wohlschmeckenden 

Speise zu viel gegessen hat 
vdklaUd — anschwärzen. 
vem — Ohrfeige; remj — ohrfeigen. 
vjsfc/jslijra — verunstalten. 
vdsUjyjra -— in die Länge ziehen. 
vasrompdla — zusammenschrumpfen. 
vdtrrdj, sec = spazieren gehen. 
vor* — den Hintern verhauen. 

vretbh - mit einem Messer, das schlecht schneidet, sich abmühen. 

vrvüb - Fußrücken. 

vriid = widerstandsfähig, gesund. 

viion = Marder. 

vitewetsnaas = vorwitziger Mensch. 



ivaramp = Mohlsuppc. 
wagah = wanken. 
trakbrooda Wade. 

waltsd — als Handwerkshursch reisen; — Wanderschaft. 

uamanca = Ohrfeigen. Ursprünglich hieb" es: tra m<encd? was Männchen? 

das der Schlagende seinein Gegenüber zuruft, als wolle er sagen: 

Was sagst du dazu? 
wanussa - durchhauen. 
ivasom — Rasen. 

watsa -= 1. viel reden; -irret** einer, der viel redet; ptiucls _ Gerede: 

■watsmmd — Waschweib; 2. ohrfeigen; wats ^ Ohrfeige. 
tredabiiasUc — widerspenstig. 
treck = Lampendocht. 

wekdh 1. wickeln; i<Wra/ Wickelband; wckalditsca - Wickelkind: 

2. durchhauen. 
witohe — beweglich; wibstrtMca — Bachstelze. 
witsac — wenig. 
wöijlx-j — Kleidung. 
M-tÄfr = 1. wischen; 2. schlagen. 

wötekUjijs - Bohnenart mit dicken, breiten Schuten und wolligem Innern. 
ir/tptac Ausruf zur Bezeichnung der Schnelligkeit und Gewand hoit 
witfs ^ Schwein; Dem. ivitsca. 




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Emma Wanner. Die Flexion des Verbums in der ZaisenliKuser Mundart. 173 



Die Flexion des Verbums in der ZaisenMuser 

Mundart 

Von Emma Wanner. 

(Fortsetzung der Arbeit über die »Lautlehro der Mundart von Zaisonhauseo«.) 

Man vergleiche hierzu Pb. Lenz, Die Flexion des Verbums in der Handschuhsheimer 

Mundart, Z. f. hd. M. Bd. I. 

I. Konjugation eines regelmaüiireii schwachen Verbums. 

Sckicken, siks. 
Aktiv. 

§ ISO. Präs. Ind. (Konj. fehlt) i 9ik t tu siks(t), v tikt, »w Xifo, 
iu sibit, 53 stkj. (Fragefonn: siki siks(t) sikin, siktniv sikdtv sihss). 

Impf. Konj. (Ind. fehlt) i teet sih\>, teetst, teet, teeto, teetat, teeth 
(Frageform: teeti, teet$(t), teetv; teetornv, tee /<?/», teetoso). 

Peil Ind. i fian ksikt, haü(t). hat; hcw», het, hcw». (Frageform: 
haut, has(t), hatü; hewcmu oder hemv, hetv, heu'jSJ. 

Perf. Konj. ist im Gegensatz zu Handschuhsheim vorhanden, wird 
aber nicht sehr häufig angewandt, i hcp ksikt, heps(f), hcp; hni'J, hol, hart. 

Plusqu. Ind. i htm ksikt khat. 

PJusqu. Konj. / het ksikt, hcts(t), het; het 3, heht, hch. (Frage- 
form: heti , hcts(t), hcto; hetdmo, h'-tatv, hetjs<>). 

Futur. I. Ind. Was Lenz über die Anwendung des Futur. I. Ind. 
sagt, gilt auch für Zaisen hausen. Die Konjugation von * werden ist in 
der Liste der Zeitwörter enthalten. 

Futur. I. Konj. fehlt (Ersatz durch das Imperf. Konj.) 

Futur. II. Ind. wird in rein temporaler Bedeutung meist durch das 
Perf. ersetzt; z. B. pis tun khums. haut tstuitdak krsj. Die Umschreibung 
mit ^werden« bezeichnet eine Handlung, die vermutlich oder wahr- 
scheinlich eingetreten sein wird oder schon eingetreten ist. 

Futur. II. Konj. fohlt (Ersatz durch das Plusqu. Konj ). 

Konditionalis I. /' teet <//..> (=Impf. Konj.). 

Konditionalis II. i tut ksikt ( = Plusqu. Konj.). 

Imperativ, .v/7., sil,<>l. 

Inf in. Präs. sikt. 

Infin. Perf. ksikt heiro. 

Part. Präs. fehlt. 

Part. Perf. ksikt. 

Passiv. 

§ 131. Präs. Ind. / uro kÜkt. 

Präs. Konj. fehlt (Ersatz durch das Impf. Konj.). 



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174 



Emma Wanner. 



Impf. Ind. fehlt (Ersatz durch das Perf. Ind.). 
Impf. Konj. / teet kSikt wrro. 
Perf. Ind. i pin IcSikt word. 

Perf. Konj. i sai k&kt (word), saiS(t), sai; sah, saht, sah. 

Pluqu. Ind. fehlt (Ersatz durch das Perf. Ind.). 

Plusqu. Konj. i weev kSikt tvoro. 

Futur. I. Ind. / wcv kSikt oder i wrv ksikt terra. 

Futur. I. Konj. fehlt (Ersatz durch das Impf. Konj.). 

Futur. II. Ind. i pin kSikt tvoro oder / wru kSikt worz sai H . 

Futur. II. Konj. fehlt (Ersatz durch das Plusqu. Konj.). 

Konditionalis I. i teet 'ksikt wera (= Impf. Konj.). 

Konditionalis II. / wero(t) ksikt icorj (= Plusqu. Konj.). 

Imperat fehlt. 

Infin. Präsent kSikt wer». 

Infin. Perf. kSikt won sai n . 

Part. Perf. ksikt. 



II. Besonderheiten Im Yerbalstanun. 

§ 132. In folgendem Teil habe ich die merwürdigsteu Veränderungen, 
die das Zeitwort in seiner Abwandlung im Präsens erleidet, zusammen- 
gestellt (Die Zeitwörter sind alle in der Tabelle III nochmals enthalten.) 

a) Umlaut 

a ist als Laut a oder an in der 2. und 3. Sg. vorhanden, also 



nicht umgelautet: 








1. Person: 


2. Person: 


1. Person: 


2. Person 


pak 


paBt 


maal 


maaUt 


patsaal 


pjtsaalst 


niaak 


maakst 


kUiap 


klaapst 


sals 


salst 


hraap 


kraapst 


Snf 


Saßt 


khan 


khanSt 


Spalt 


SpalSt 


hat 


laafSt 


waks 


ttakSf. 



Der Laut a, aa der 1. Person wird in der 2. und 3. Person r. r# : , 
e, ee, also umgelautet, z. B.: 



faau 
fal 

f«!J 
halt 

khaaf 

las 



feevSt 

feist 

fetßt 

hrltSt 

UteefSt 

USt 



e ist. als c und r vorhanden: 
1. Person: 2. Person: 

frei frctSt 
flrrt flcclst 



laaf 

ma.r 

saak 

Slaak 

trank 



1. Person: 

kvp 

nem 



lefSt 
■mest 
svSt 

Herst 
treSt. 



2. Porson: 

krpst 

fiettist 



Die Flexion des Yerbums in der Zaisenhäuser Mundart. 



17f» 



L Person: 
fvsrek 
fvterap 
smels 

Siek 
sterap 



2. Person: 
fo$rek£t 

smelSt 
St^kSt (inte 

strrapst 



Stete) 



e wird i oder ii in der 2. und 3. 



I. Person: 
prec 

frrs 
krlt 
hrlf 

srr 

Spree] 



2. Person: 

priest 

ist 

friäl 
killst 
hilfst 

SÜst 

spricht 



o, oo bleibt o, oo: 



1. Person: 

ploos 

proot 

frook 

kroot 

hool 

loos (ap) 



au bleibt au: praux 
ai bleibt ai: sraip 



2. Person: 

plooSt 

prootst 

frookM 

krootst 

hoolst 

host (ap) 



1. Person: 2. Person: 

fmvev fvwqvst 

wev wet)$t 

werzf irerdßt 

//('s Irrst, aber auch Ii ist. 



Pers. Sg. bei: 
1. Person: 
stec 
steif 
tref 
trrt 
fukes 
Inf. 
kstrj 

1. Person: 

mool 

root 

SOOD 

sloof 

sol 
stoOS 



prauxSt. 
sraipSt usw. 



2. Pereon: 
sliest 
stillst 
trifst 
trim 
fvkist 

3. Pers. Einz. 
ksirt. 



2. Person 

moolst 

rootM 

s'oovst 

slooßt 

sofljsl 

stoost. 



b) Auslautskonsonanten. 
Treten w, j oder 3 in den Auslaut, so wird w > /, 3 



Inf in. 


1. Person: 


Infin. 


1. Person 


krwd 


kep 


fliijd 


/Utk 


plant? 


plaip 


froojj 


frook 


klaatüd 


klaap 


haau%9 


hoauk 


kraau-9 


kraap 


kriip 


kriik 


heew<> 


heep 


Up 


Uk 


raiwd 


raip 


liip 


Utk 


siiwd 


siip 


meep 


maak 


sraiwj 


sraip 


saagd 


saak 


stei'juw 


sfnjjt 


staaj* 


slaak 


traiwj 


truip 


staip 


staik 


fvtenwd 


futrr.tji 


traajj 


traak 


wrrwd 


irrrp; 


weejo 


terr/c 


pdweep 


pjucek 


tsiij.) 


tsiik; 


piijj 


piik 


ebenso spaip (speien) 


spaik. 



170 



Emma Wanner. 



§ 133. Zusammenstellung der Zeitwörter, die ein Imperfekt Koujunkt. 
haben : 



Infinitiv : 


Impf. Konj. 


Infinitiv: 


Impf. Konj. 


pranx<> 


pmct od.prcef-t 


Iosj 


Ii ist 


priip 


prq^ct 


meep 


meekt 


trrdfa 


U X uft 


misd 


tu Hat 


krtr.t 


krcpt 


Sfll n 


wrrnt 


Lrrj 


keeift 


snb 


sot 


hntd 


hrt 




teet 


khumo 


khcrmt 


trisj 


iriist. 


khetw 


khent 







III. Zusammenstellung der alten starben und der bemerkenswerten schwachen Verb«. 1 

§ 134. 



Infinitiv Trusens lud. 


Impf. Konj. 


Part Piit. 


VUVj Vfc V t-« 


pak) 


pak pak.it pakt, pak) pak)t 


( / teetpate) pakj(m\t haben i 


beilleu 


]t(l is9 


puis paüt paist, pais) jtaisA 






bewegen 


pttceej) 


pywerk -ueekH -teeekt, -ireej) -uerjA 





piireekt (h.; 


bezahlen 


pAsaah 


pAsaal - Isaali t -tsaalt, -tsaah -tsnalA 


Z 1 


pAsaalt (li.i 


biegen 


piip 


piik piikil piikt, piij) piijA 


pooj» (h.l 


bieten 


piit) 


piit piitit piit, piit) piitA 


_ 


pol» (Ii ) 


binden 


piti) 


pin piti&t pint, pitu pinA 




pttm (h.) 


blasen 


jiloos) 


ploo» ploo.it ploost . ploos) ploos A 


- 


ploos.* (b ) 


bleiben 


plaiio 


plaip plaipit plaipt. plaitc) plaitrA 






blühen 


plii» 


plii pH ist pliit, plii) pliiA 




pliit (h.) 


braten 


proot) 


proot proot.it proot. proot) prootA 




proot) (h ) 


brauchen 


pro iiX9 


. praux pratt.il prattxt, praux9 prauxM 


priirt oder 
prerrt 


prattxl (h.j 


brechen 


prec9 


prqc priest prici, prerj precA — 
pren prenH prent, prena prenA — 


prox9 (h ) 


brennen 


prett) 


prent (h ) 


bringen 


pritp 


priy pritfst prifft. pfiff) pfiff A 


preeet 


proxt (Ii.) 


denken 


letfk) 


' teffk teifkH tef/kt, teykj trifkA 




lepkl (h.) 


dingen 


ti;p 


(if) titfst titft, titp titfA 


: 


pfifft (hXnnsia- 








http 


dreschen 


frei 9 


Ire* irq.it trc.il, Ire* 3 lrei)t 




traf) (h.) 


dringen 




triff tritj.it trifft. triip triipt 




Inn?» ih.) 


dürfen 


ter9f) 


terjf t er) fit ter»f, ter»f> (er)fA 




ter9ft (h.l 


erschrecken 


fvsrcte 


fairek fo.irek.it fairekt, -trete -irekA 


- 


\ roireit ih.l 


(traus.) 










erschrecken 


fosrek) 


fosrek fvsrrk.it -irrkt, -trete -tretet 




fniroki (s.) 


essen 


?" 


es Hl ist, es) esA 


i 


kes) (h.) 


fahren 


faan 


faav ftro.it frevt, fanrj faarA 




kfaan {>■) 


fallen 


fah 


fal feß't feit,' fah fahl 


i - 1 


kfah (s.) 


fangen 


finp 


faff fctfsl fet/t, fit t f9 fit tf A 




kfa ff) (Ii ) 



1 Der Ind. Impf, fehlt bei allen Verben; or wird ersetzt durch den Ind. Torf. P' r 
Konj. Präs. fehlt bei ollen Verben: dafür steht der Konj. Impf. Der einfache Konj. Impf, kotw^ 
mir bei meist starken Verben vor; sonst Irinschreibung durch: i tett und den Infin. Der Sinr 
des Imperat. ist gleich dor 1. Pers. Sing. Präs.. der Plural gleich der 2. Pers Plur. Präs. I 1; 
:i. Pei-s. Plur. lud. Präs. ist gleich der 1. 



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Die Flexion des Verbums in der Zaisenhänser Mundart 



177 



Infinitiv 



Präseos Ind. 



Impf. Konj. Part.Prät. 



fechten 




feet fectit feet, facto feetst 


- 


\kfoxt9 (h.) 


finden 


fins 


fin fbiit fint, fins finst 


— 


kfuns (h.) 


flechten 




flect fccSt flect, flects flect st 




kftoxi9 (h ) 


fliegen 


fliijs 


fliik fliik.it fliikt, fliij» fliijst 




kfloo%9 (s.) 


flielien 


fiiiss 


{Iiis fliiät fliist, fliiss fliisst 


— 


kflos9 (8.) 


fluchen 


fluuxs 


fluux flutucit fluturt, fluuxs flmixst 




kfluuxt (h.) 


fragen 


frootf 


frook fronkH frookt, froo^s froo&t 




kfrookt (h.) 


fressen 


fress 


fr es fri.it fr ist, fress fresst 


— 


kfres» (h.) 


frieren 


friirs 


friio friiv.it friivt, friir) friir9t 


— 


kfroors (h.) 


führen 


fürs 


fiiv fiivft fiiüt, fiir9 fürst 


— 


kfiivt (h.) 


furchten 


fach 


feret f ereil feret, ferets feretst 


- — 1 


kferet (h.) 


giiren 




3. Pore. Sg. jee^vt 




kjoor9 (h.) 


geben 


kernt 


kep kep.it k$pt, kews keicat oder k$p 
kaiit knit 


* ke$pt, 
tu ke^epSt, 
v keept; 


ketes (h.) 








mv keept» 
tv keeptst, 
















■ 


89 keepts 




gedeihen = 


kroot» 


kroot kroot.it kroot, kroot9 krootst 


— 


kroot a (s.) 


geraten 










gehen 


kees 


kee kee.it keel, keen keent keen, Frageform : 
keeni keett, keetv, keentn, keetut? 


keent 


kaija (s.) 


neliugen 


klhp 


3. Pers. Sg. kliyt 


_ 


klut/9 (s.) 


polten 


kelts 


kelt kilH kiit, k^lts keltst 




kolta (h.) 


genießen 


kniiss 


kniis, kniiH kniist, kniiss kniisst 


— 


knoss (h.) 


geschehen 


k*w 


3 Pers. Sg. küct 


— 


ksees (s.) 


gewinnen 


kwins 


kicin kleinst kteint, kirins kleinst 


— 


k ic uns (b.) 


gielien 


kiiss 


kiis kii.it kiist, kiiss kiisst 


— 


koss (b.) 


glauben 


klaates 


klaap klaap.H klaapt, klaaic9 klaawst 


— 


klaapt (b.) 


graben 


kraatcJ 


kroap kraap.it kraapt , kraaies kraaicst 


- 


kraatrs (b.) 


greifen 


kraifs 


kraif kraißt kraift, kraifs kraifst 


_ 


krifs (h.) selten 


haben 


heicj u. 


han haS(t) hat, heirs het heics, Frage- 


het hetst 


khat (h.) 

•> 




hoo» 


form: hani, /W/, hatv, hemv, 
hetv, hetesss 


het, hets 
h^tst htfa 




halten 


halt» 


halt hältst h$lt, halt9, hältst 


— 


khalts (h.) 


hangen (intrans.) 


heyka 


heyk heykit heiß, Iteyks hegtet 


— 


khat/ks (s.) 


hangen (trans.) 


heyks 


henk fienkst hent, heijks henkst 





khetjt (h.) 


hauen 


haau^s 


haauk haaukH haaukt , haau^s haau^st i 





khaan%9 (h.) 


heben 


heeics 


heep heepit heept, heeics heeiest 




khoows (h.) 


heißen 


haaixs 


haais haaiSt haaist, fiaaiss haaisst 


— 


khaaiss (h.) 


helfen 


helft 


helf hilfst hilft, heiß heißt 





kholfs (h.) 


holen 


hools 


hnol hool.it, hoolt, hooh hooht 


— 


khoolt (h.) 


kaufen 


khaafs 


khaaf kheeßt kheefl, khaafa khaafst 




khaaft (h.) 


kennen 


khens 


khen khen.it kkent, khens khenst 




khent (h.) 


klingen 


kliys 


kliy kliyit kliyt, kliy» kliyst 




kltty» 


kommen 


khums 


khnm khumst khunit, khunis khumst 


kheemt 


khums (s.) 


können 


khens 


khan khanst khan, khens khen»t 


khent 


khent (h.) 


kriechen 


kriie» 


kriie kriic.it kriiet, kriie» kriiest 




kroxi (s.) 


kriegen (be- 


kriij9 


kriik kr iikM kriikt, kr Up kriijst 


- \ 


kriikt (b.) 


kommen) 










laden 


laats 


laat laat.it laut, laats lautst 


_ 1 


klaats (h.) 


lassen 


lass 


las le.it lest, las» lusst 


liisi 


klast (h.) 



ZeitMrhrift für DeuUfh« Mundarten. III. 



12 



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178 



Emma Wanner. 



Infinitiv 



Präsens lud. 



[impf. Konj.I Part. Prät 



ablassen (Wein) 


dphos» 

* 


laufen 


laaß 


läuten 


htt» 


leiden 


lait» 


leihen (fehlt), 


Uen» (od. 


dafür lehnen 


fotleen»i\ 


lesen 


>„„„ 
tes» 


liegen 


Up 


lügen 
machen 


liij» 
max» 


mähen 


mee» 


mahlen 


maah 


malen 


moob 


melken 


melk» 


messen 


mes» 


mögen 
müssen 


meej» 
viis* 


nähen 


1 

neq» 


nehmen 




pfeifen 


pfaiß 


raten 


root» 


reiben 


raiw» 


reißen 


rais» 


reiten 


rait» 


rennen 


rem 


riechen, häufiger 


rite» 


»schmecken« 


snuik» 


rufen 


ri if» 


säen 


see» 


sagen 


saa£» 


salzen 


sah.* 


saufen 


sauft 


schaffen 


.laß 


scheiden (nur 


Saait» 


v. Eheschei- 




dung) 




scheinen 


Sain» 


soheren fehlt» 




dafür: 


.ioor» 


schieben 


■Hiic» 


schießen 


stts» 


schinden 


SUIS 


schlafen 


.Hoof» 


schlagen 


■Haa^» 


schleiehon 


.Haie» 


schleifen 


Haif» 


(Messer) 




schleifen 


.ilaaif» 


(tragen) 




schließen 


sUis» 



hos-ap host loost, hos» loosat 
Icuif hßt left, laaß loa fit 
lait laitst lait, hit» lait»t 
lait laitSt lait, lait» laitst 
leen leenät leent , leen» leenät 

lees lii.it bist, lees» lees»i (nncblee.it kjest) 
Ith UHt likt, liy» Uj»t 
Utk liiktt liikt, liij» liipt 
max ntes(t) mett, mar» max»t 
mee mee.H meet, mee» mee»t 
maal maal.it inaalt, maah maaht 
mool mooht moolt , mooU mooht 
melik meliHt melikt, melk» melk»t 
mes mq.lt mest, mes» mes»t 
maak maak.it maak, meej» meej»t 
mus mu.lt mus, mis» mis»t 

nee nee.it neet , nee» nee»t 
nem nemSt nenit, nem» nem»t 
pfaifpfaißt pfaift, pfaiß pfaif»t 
root rootst root, root» root»t 
raip raip.it raipt, raiw» raitc»t 
rais rai.it rätst, rais» rais»t 

rait raitat rait, rait» rait»t 

ren retist reni , rem rcn»t 

riic riidl riiel, riic» riie»t 

smak .1 mak.il .imakt, smalc» smakal 

riif riißt riift, riif» riif»t 

see seeat seet, see» see:»t 

sank 8est seet, sna%» xaa%»t 

»als saist saht, sah» sahst 

sauf saufst sauft, sauf» saußl 

saf saßt laft, saß saßt 



iain s"ains~t Saint, iain» saimt 

Sood XooDst .loovt, soor» soor»t 
siip sitp.it .liipt, stiie» .liiir»t 
.Iiis sii.it siist, siis» .Iiis, 4 
iin .iinst sint. .Hn» .Unit 
Ahof slooßt .ilooft, .Hoof» slooßl 
Haak .Hec.it sleel, llaa^» slaa^t 
Haie .Hairst .Haict, .Haie» .Haic»t 
Haif .Haißl .Uaift, .Haif» Haißt 

.Haaifslaaif.it slaaift , s'laaif» Huaißt 

slih slii.it Hiist .iliis» sliis»t 



apkloos» (h.) 
kloß (h.) 
klil» (h.) 
klit» (h.) 
kleenl (h.) 
fntleeni (h.) 
klees» (h.) 
kleej» (s.) 
kloo-$» (h.) 
kmaxi (h.) 
kmeet (h.) 
kmaal» (h.) 
kmoolt (h.) 
kmolk» (h.) 
kmes» (h.) 
meekt Ikmeekt |h.) 
miist \\kmist (u.) oder 
mis» 
kneet (h.) 
knutn» (h.) 
pfif» (h.) 
kroot» (h.) 
kriiw» (h.) 
kris» (h.) trans. 

(s.) intr. 
krit» (s.) 
j krent (s.) 
kror» (h.) 
ksmakt (h.) 
kruuß (h.) 
I ktett (h.) 
| ksaait (h.) 
' k*ah» (h.) 
' Hof* (h.) 
| Haft (h.) 
jk.iaait» (nur 
| passivisch) 

Ha int (h.) 



Hoovt (h.) 
Hooie» (h.) 
Hos» (h.) 
Htm» (h.) 
Hhoß (h., s.) 
Hlaaz» (h.) 
Hlic» (s.) 
külif» (h.) 

\Hlaaift (h.) 

{Hhs» (h.) 



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Die Flexion des Verbums in der Zaisenhäuser Mundart. 



179 



Infinitiv 


Präsens Ind. 

1 


Impf. Konj. 


Part Prät 

J 


schmeißen 


Stnais9 


1 Sinais SmaiSt Stnaist, Sinais? Smais?t 


- 


tentis9 t h.\ 


schmelzen ' 


Smels9 


i Sittels SmelSt SmelSt, Sütels» Svtcls9t 


_ 


1 kSmols9 (h. tr.) 










' (intr. s.) 


schneiden 


Snait9 


| Snait SnaitSt Snait, Snait? Snait ?t 


_ 


Aintte (b.) 


schöpfen 


Sepfi 


Sepf SepfSt Sepft. Sepf9 Sevf?t 


1 _ 


kiepfl (b.) 


schreiben 


Tratte» 


Sraip SraipSt Sraipt, Sraiw? Sraiie?t 




aritif* (h.) 


schwätzen 


Steqtsa 


Strets StcetSt Stcetst, Strets? S tretest 


_ 


H^tor (b.) 


schwellen (intr.) 


kSteü» 


3. Pers. Sing. kSttilt, PI. kSirih 




, kSteoh (s.) 


schwellen (tr.) 


Streb 


Steel SweLSt Streit, Sireh Strel?t 




A-£m^// (h.) 


schwimmen 


Steini9 


Steint SwitnSt Steimt, Steint? Sirim?t 





küwuma (8.) 


schwingen 


Steig9 


Swig Steiget steigt, Steil/? Strig?t 




, kSwugj (b.) 


Kchwören 


steter* 


Streev StreeoSt Steeeot, $ teeer? Streer?t 


— 


' teteoor? (b.) 


sehen 


See* 


see siiSt siit, see9 see?t 


- 


jfaced (h.) 


sein 


sain 


pin piSt iS, sen sent sen, Frageform 


weevtt) -St,t 


; AtoM< (s ) 






des PI. setnv oder senmn sentv sens9 


teeer (t)9 










ieeer(t)9t 










teeer (t)v 




sengen 


foset)9 


fvstfi - setth'ä t - s&nt . mim setföt. 




ftn'srnt (h 1 


sieden 


siit9 


siit siit St siit, siit? siiht 




'ksot9 (h.) 


singen 


sigs 


sin sinst sitit, sin? sinai 




Aj»«i7a (h.) 


sinken 


sigte 


sink sit/kSt sinkt, sink» eintet 





ksunte (s.) 


sitzen 


Sits9 


sits sitSt siist, sits? sits?t 


__ 


A'«f«0 (8.) 


sollen 


sok 


sol soSft) sol, sola soht 


sot sotS(t) 


A*o/ (h.) 








SOt, SOt9 










SOt9t 




schleißen 


Slaais9 


Sinais SlaaiSt Slaaist , Slcutis9 Slaais?t 




kSlaaist (b.) 


spalten 


Spalts 


spalt SpaltSt Spalt, Spalts Spalt 9t 




IkSpalta (h.) 


speien 


Spaij* 


Svaik SnaikSl Snaikt snaii? Svaiiat 




kSt)iii9 (h.) 


spinnen 


Spin* 


Svin svinSt Smnt. Svin? Svin?t 




kSputw (b.) 


sprechen 


dpSpreea 


-Spree -spricSt -Sprict, -Spree? -Spreevt 





-kSproTJ (h.) 


spriogen 


Sprig9 


Sprin Springt Sprint, Sprint Sprit/it 


t __ 


kSprum (8.) 


stachen 


Stec9 


Stec SticSt Stict, Stec9 Stent 




I;Stox9 (h.) 


stecken (tr.) 


Stete 


Stek StekSt Stekt, Stete Stetet 




WfeW (h.) 


stecken (iotr.) 


Stete 


Siek StekSt Stekt, St^te Stetet 




kStoki (s.) 


stehen 


Heed 


Stee SteeSt Steet . Steen SteetU Steett 




kstati9 (s.) 


stehlen 


Stech 


1 .^cc/ j/ti'^Y Atiilt. Steeh stecht 




Aif/oo/d (b.) 


steigen 


Maij» 


.^rtt/- JtotA'Jt •»/ai'A/, Staip Staijsl 




kMiii9 (s.) 


sterben 


Sterine? 


Slerap SterspSt Sterspt, Ster9ic9 Sterziejt 




kStorwrs (s.) 


stinken 


St igte 


stitfk StiykSt Stigkt, St igte Stigkjt 




kStugte (b.) 


stoßen 


Moos» 


Stoos StooSt Stoost, Stoos? Stoos9t 


z 


kStoos9 (h.) 


strecken 


Strete 


Strek StrckSt Strckt, Streto Strekrt 




A-^reA-f (h.) 


streichen 


Straic9 


Straie StraicSt S tratet , Straic? Struia/t 




kStric9 (h.) 


streiten 


Stroit? 


Stroit StraitSt Straii, Strait9 Strait9t 


— 


Aü/rVte (h.) 


stricken 


Strite 


Strik StrikSt Strikt, Strite Stritet 




A-.«riA/ (h.) 


suchen 


8UUX9 


8UUX SUUXSt SUUXt, 8UUX9 StlttXSt 




kswtxt (h.) 


tun 


/OO» 


tun tuSt tut, tin tint tin 


teet teetSt 


/oo» (h.) 








teet, teet9 










teeUt teet9 




tragen 


traa^o 


traak treH treet, trauet traatyt 




/rao3» (h.) 


treffen 


trefv 


tref trißt tri/t, treß treßt 




(h.) 



1 Wenn .vwi^/jw = »mit Fett üborgieBen« ist, so heißt das Part. kSntelst. 

12« 



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180 



Bücherbesprechungen. 



|! Impf. Konj.j 



Infinitiv 



Präsens Ind. 



Part Prät. 



treiben 


trauea 


treten 


treia 


trinken 


trtyka 


verderben 


fvterdira 


verdrießen 


fvtrttaa 


vergessen 


ft)keS9 


verlieren 


fvliira 


verwirren 


fotrera 


* 

wachsen 


waksa 


waschen 


we- s a 


weben 




weichen 


iraica 


weisen 


trat so 


wenden 


wena 


werden 


trera 


werfen, nnr in 


dpweraß , 


wetzen 


wetsa 


wiegen 


weeja 


winden 


irina 


wissen 


wisa 


wollen 


weh 


wünschen 


win$a 


zählen 


tseeh 


ziehen 


tsiija 


zwingen 


tatcit/a 



traip traipit traipt, traitra traiicrt 
tret trit.U trit, trete tretet 
trit/k triykH tritjkt, trit/k» trit/kat 
foterap -terapH -terapt, -teratra -terawat 



3. Pere. Sing, fotriist 

-kes -kUt -kist, -keaa -kesat 

-liiv -liivSt -luvt, -Hin -liirat 

-wen -wettet -wevt , -wer» -teerat 

iraks wakH trakat, wakaa tcaksal 

we$ weet wee~t, treea trexat 

weep weepet weept, ueetra weetrat 

träte waieSt watet, traica tcaitat 
trais wai-St tratst , waisa tratest 
wen trennt went, wenn trenat 
wev wevüt weot, wen went 
weraf treraßt teer aß, wer aß weraßt 
weis wetet wetst, weis» tretest 
week treekH teeekt, tr^eja weejat 
win win.it teint, irina winat 
itaais traaiüt teaais, trisj irieat 



teil wit wil, weh weht weh 



tcins~ irin.it winSt, wins~a wiiis~ai 
tseel tseel.it tscelt, tseeh teeeht 
tsiik tsiiket tankt, tsiija tsiijat 
tstrin tatrit/H tatrit/t, tatrit/a tsiritpt 



triist tc UM 
wiist,wiista\ 
wüstet 
wüste 
wot woteftj 
wot, trota 
wotat 



trüwa (h.) 
trete (h., s.) 
trutfka (h.) 
fotoratra (trana. 

mit h., intr. 

mit s.) 
fvtroaa (h.) 
fvkeaa (h.) 
fvloora (h.) 
fowevt (b.) 
kwoksa (s.) 
kwesa (h.) 
kweetra (h.) 

(auch kwootr») 
ktciea 
kwiiaa (h.l 
kweni (b.) 
wora (a.) 
apkworß (h.) 
ktretst (h.) 
hrootf (Ii.) 
kwttna (h.) 
ktriat (h.) 



kwei (h.) 



kwunea (h.) 
tseelt (h.) 
tsoo^a (h.) 
tstcuya (h.) 



Bücherbesprechungen. 

Ludwig Sütterlin, Die deutsche Sprache der Gejrenwart. Ein Handbuch für 
I^ehrer, Studierende und Lehrerbildungsanstalten. Zweite, stark veränderte Auflage. 
Leipzig 1907. R. Voigtländer. 451 S. 7 Mk., geb. 8 Mk. 

Die zweite Auflage des trefflichen Handbuchs der deutschen Sprache von Sütterlin 
unterscheidet sich in mancher Hinsicht wesentlich von der ersten. Die früher in be- 
sonderen, längeren Abschnitten vorausgeschickten Zusammenfassungen der Vorgeschichte 
sind jetzt getrennt an den gehörigen Stellen in dio Darstellung selbst vorwoben und er- 
weitert worden, die Lautge schichte ist vervollständigt, die Wortbildung besonders nach 
der bisher etwas vernachlässigten Seite der Bedeutung ausgebaut, vornehmlich aber die 
Syntax durchweg umgestaltet. Die Wortgruppe wird jetzt aus dem Satzgebilde abgeleitet 
und alle syntaktischen Erscheinungen werden einheitlich und gleichmäßig betrachtet 
Namentlich neuere Werke von Wundt, Ries, Sweets, Jespersens, Hoogvliet, Wiwets 
haben dem Verf. gute Dienste geleistet. 



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Bücherbespreebungen. 



181 



Auch die Mundarten sind stärker herangezogen worden, was gewiß die meisten 
lieser freudig begrüßen werden; freilich ist dies etwas ungleichmäßig geschehen. Oft 
begegnen wir allgemeinen Angaben wie »mundartlicht oder »landschaftlich« ohne jedwede 
Begrenzung des Yorbreitungsbezirkes der betreffenden Erscheinung, z. B. Seite 207, 216 
u. a., an den Stellen aber, wo genauere Fingerzeige gegeben werden, sind diese insofern 
oft unzutreffend, als bloß eine Gegend genannt wird, in der die erörterte Sprachform zu 
finden ist, auch wenn diese in verschiedenen anderen Gegenden gut bezeugt ist. So 
wird, um nur einige Beispiele herauszugreifen, S. 121 I>iseher = Tischler als mecklen- 
burgisch bezeichnet, während sich dies nicht nur sonst in Norddeutsehland, sondern auch 
vielfach in Mitteldeutschland, z. B. in Thüringen, belegen läßt, oder S. 240 werden 
Analogiebildungen wie ich sprnng (nach mhd. wir aprungen) und ich bluns , fuul (nach 
ich trug , wusch) als niederdeutsch angegeben , während sie in Mitteldeutschland (Schlesien, 
Sachsen, Thüringen, Hessen u. a.) ganz gewöhnlich sind, oder S. 109 werden Gebildo 
wie Hopser, Jauehxer, I jacher als süddeutsch hingestellt, während sie auch sonst in 
Deutschland weit verbreitet und namentlich in Mitteldeutschland sehr bekannt sind. In 
der Laut- und Formenlehre wird besonders häufig bloß auf pfälzische, iu der Syntax auf 
kärnthnische Spracherscheinungen hingewiesen. 

lÄstig erscheinen ferner die häufigen Wiederholungen, die durch den Plan des 
Buches bedingt sind. So wird das in den Mundarten stark vertretene Verbalsuffix -ein 
S. 106, 168, 179 und 181 behandelt, -ieren S. 20, 114, 1G9, -Ung (neben -ing) S. 121 
und 129, -ner (neben -er) ebenda, die Singularform ich derf (= dürf nach Analogie von 
wir dürfen) S. 232, 243, 253, ein = in S. 95 und 370, der Gebrauch des Reflexivs 
beim Verb an Stelle des Passivs (die Sacho lernt sich leicht usw.) S. 270 und 353 u. a. 
Dabei finden sich ab und zu Unstimmigkeiten, z. B. Seite 152, wo von einer xtten 
Droschke uud S. 158. wo von einer xuenen Droschke die Rede ist, oder S. 58, wo die 
gedehnte Form än den südlichen und mittleren Gegenden Deutschlands zugesprochen, 
und S. 95, wo diese Erscheinung auf Süddeutschland beschränkt wird. 

Mitunter kann man sich auch sonst mit den Ausführungen nicht ganz einverstanden 
erklären. So wird 8. 92 als schriftsprachliche Betonung Vdndalen angegeben. Das 
widerspricht aber dem sonstigen Sprachgebrauche, der bei fremden Namen mit kurzer 
vorletzter Silbe zwar dann den Akzent auf die Stammsilbe rückt, wenn die Endung -er 
antritt, dagegen auf die vorletzte Silbe, wenn die Endung -en angefügt ist. Daher heißt 
es Allobrägett oder Allöbroger (lat. Allobröges), Usipeten, aber Thikterer, Teutonen, aber 
Trevirer, Vangionen, Atrebdten, Barbaren, aber Veneter , Ximeter, Hacduer, Megarer, 
Vanddlen, aber Vdndaler. S. 319 werden Wendungen wie am Montag, den ersten Mai 
und sogar Montags, den ersten Mai nicht beanstandot, während die letztgenannte Aus- 
druckweise schon aus dem Grunde auf das schärfste zurückgewiesen werden mußte, woil 
Montags nur bei wiederkehrenden Handlungen sprachrichtig gebraucht werden darf ebenso 
wie abends, morgens oder aller drei Stunden, was zwar fast nur noch in Sachsen und 
Thüringen in lebendigem Gebraucho ist, aber von Wustinann, Allerhand Sprachdumm- 
beiten 3. Aufl. S. 254 mit Recht als die allein folgerichtige Form hingestellt wird. Der 
Hinweis auf einen ähnlichen Sprachgebrauch im Latein: liomac, in urbc clarissima, der 
sich mit Wendungen wie Montags, den orsten Mai decken soll, ist meines Erachtens 
verfehlt, da Romao hier nicht Genitiv, sondern Lokativ ist (=Romai; vgl. humi, 
domi, ruri). 

Eisenberg, S. A. 0. Weise. 

Cr. Seppeter, Professor am Gymnasium zu Bocholt, Die Familiennamen Bocholts 

Mit Berücksichtigung der Umgegend für das 14. Jahrhundert. Ein Beitrag zur 
Etymologie und Bedeutungslehre der deutschen Familiennamen. Beilage zum Jahres- 
bericht des Gymnasiums zu Bocholt. Bocholt, Ostern 1905, 1906, 1907. Druck 
von J. * A. Flomming. 8°. 132 S. 
Diese groß angelegte Arbeit ist in den bisher erschienenen 3 Heften erst zum 
Teil veröffentlicht, so daß eine abschließende Bourteilung noch nicht möglich ist; aber 
auch, was bereits vorliegt, gibt zu mancherlei Bemerkungen Anlaß. 



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Bücherbespreohungen . 



Da» 1. Heft enthält den einleitenden Teil, worin der Verf. zunächst einen 
»Überblick über die Entwickelnng der Familiennamen innerhalb der indogermanischen 
Völker« gibt. Es ist da allerlei Wissenswertes zusammengetragen; so erfahren wir z.B. 
(S. 9), daß auf deutschem Boden feste Geschlechtsnamen zuerst im Jahre llOti auftreten, 
und zwar in Köln, also nicht allzuweit von Bocholt. Nicht ganz zutreffen ! ist es, weuu 
der Verf. (S. 10) dio Familiennamen für eine Eigentümlichkeit der christlichen Staaten 
erklärt: in China z. B. sind schon seit vorchristlicher Zeit neben den Kufnamen (ming) 
auch Familiennamen (sing) üblich 1 ; ebenso in Japan sind die letzteren schon sehr alt. 
Bei den mohammedanischen Völkern sind die Geschlechtsnamen allerdings nie zu 
allgemeinen Einführung gelangt; aber die Keime, aus denen diese Sitte bei uns erwachsen 
ist, sind doch auch dort reichlich vorhanden. Die Namen von Herrschergeschlechtern 
wie die Battü Uma%{a (Ommaijaden) und die Banü Ubbäs (Abbasiden) sind ja all- 
bekannt; auf die Stammzugehörigkeit bezügliche Beinamen, wie al- Kindt (d. h. vom 
Stamme Kinda) usf., waren nahe daran, zu Familiennamen in unserem 8inne zu 
werden'; und — um noch ein Beispiel anzuführen — im Falle des neuerdings geradezu 
weltberühmt gewordenen persischen Dichters ' Utnar Xajtiäm (um 1100) hat man eben- 
falls längst erkannt, daß Xaiiäm (d. h. Zeltmacher) nicht sein bürgerlicher Beruf, sondern 
sein Geschlechtsname war. 

Übrigens wäie sehr zu wünschen, daß all diese Dinge einmal in einem zuverlässigen 
Grundriß der Namenkunde zusammengestellt würden, der einen der Notwendigkeit ent- 
höbe, jeder namengeschichtlichen Untersuchung immer wieder solche einleitende Be- 
merkungen voranzuschicken. 

Der Verf. kommt dann (S. 11) auf »dio Bocholter Familiennamen « im besonderen. 
Er zeigt, wie im Gebiet der im äußersten Westen Westfalens — also immerhin noch 
auf altsächsiscbem Boden — gelegenen Stadt Bocholt (bök-holt = Buchholz) etwa seit 
dem 12. Jahrhundert feste Familionnamen, zueist bei Kittern und Ministerialen, sich ein- 
zustellen beginnen. Er geht hierauf diese Namen, soweit sie uns in mittelalterlichen 
Urkunden erhalten sind, der Reibe nach durch, und zwar unterscheidet er 

I. aus Hofnamen hervorgegangene, »dio teils von Personennamen, teils von 
Ortsbezeichnungen gebildet sind. Sehr beliebt ist die Bildung mit ing, die genetiviseben 

Sinn hat Aber auch der einfache Personennamen [sie] dient als Hofoame 

oft in Verbindung mit einem Ortsnamen « ; 

II. »unmittelbar von einem Ortsnamen gebildete; 

III. zu Familiennamen gewordene Beinamen, und zwar 

1. eine Tätigkeit bezeichnend: 

a) Amt und Würde, 

b) Handelstätigkeit, 

c) Gewerbotätigkeit; 

2. Eigenschaften bezeichnend: 

a) körperliche, 

b) geistige; 

3. bestimmte Eigentümlichkoiton in Wesen, Sitte und Tracht andeutend; 

IV. »den Personennamen des Vaters im Nominativ oder im starken und 
schwachen Genitiv« [sie: dagegen weiter oben genet irisch] zeigende. 

Man kann aber unseres Erachtons wohl auch sämtliche Familiennamen zunächst 
nur in zwei nauptarten einteilen, nämlich 1. in oigennameuhaltige, und 2. in rein 



1 In dem Namen Confwius steckt beispielsweise gerado dor Familienname dieses 
Weisen, ATiiing, während sein Rufname Khie/i war. 

1 Wenn uns heutzutage etwa in dem unter französischem Einfluß stehenden 
Tunesien ein Mann als seinen Nameu und Adresse Mohammed ben' Amr el- Amri angibt, 
so ist dies geuau. wie wenn ein Russe z. H. Nikolai liranouitsvh Imnwff auf seine 
Visitenkarte schreibt. 

3 Dio Ortsnamen bilden hier als Namen auswärtiger ÖrÜichkeiten offenbar 
einen Gegensatz zu den Bocholter Hofnamen. 



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Bücherbesprechungen. 



183 



appellative. Dabei läßt sich dann, nach Ansicht des Unterzeichneten, der Grundsatz 
aufstellen, daß bei den Geschlechtsnamon der ersten Art die Familiennamen -Forschung 
als solche lediglich die Aufgabe hat, festzustellen, aus welchen Personen- bzw. Orts- 
namen jene Familiennamen entstanden, und welche geschichtlichen und sprachlichen 
Verhältnisse dabei im Spielo sind; daß dagegen die etymologische Erklärung der be- 
treffenden Personen- und Ortsnamen von der Familiennamen-Forschung als außerhalb 
ihres Bereichs fallend abgelehnt und der Personen- bzw. Ortsnamen -Forschung zu- 
geschoben werden kann. Diese Erleichterung macht sich indes dor Verf. nicht zunutze, 
soadern widmet über 100 Druckseiten allein der Etymologie der altgermanischen Personen- 
namen. Nachdem er aber dieses opus supererogatorium nun einmal auf sich genommen 
hat, darf man wohl erwarten, daß er in dem noch ausstehenden Teilo seiner Arbeit 
nachher auch den etwa in Booholt als Familienname» auftretenden lateinischen (z. B. 
Antonius S. 19), griechischen (z. B. Apollonias ebd.) und hebräischen Personennamen 
eine ebenso liebevolle Teilnahme widmen wird: denn wer a sagt, muß auch b sagen. 

»Zur Erklärung solcher [aus altgermanischeu Personennamen gebildeter] Familien 
namon bedarf es erst der Einführung in den Wortschatz und die Bildung» weise der 
deutschen Personennamen«, sagt der Verf.: folgen wir ihm also auf dieses Gebiet. 
In der Einleitung begegnen wir da noch einigen guten und wichtigen Beobachtungen; so 
(S. 28) dem Nachweis, daß durch Suffixe erweiterte Koseformstämme »wieder wie 
primäre zur Bildung von Vollnamen gebraucht werden.« 1 Dann aber folgt S. 31 — 51 
ein »Verzeichnis der Wortstämme, die zur Bildung altdeutscher Personennamen ver- 
wendet wurden«, — eine Arbeit, au wolcher derjenige keine Freude haben kann, welcher 
auf Genauigkeit und Folgerichtigkeit in sprachwissenschaftlichen Dingen zu halten gewohnt 
ist. Wir wollen mit dem Verfasser nicht darüber rechten, daß er Thema-Vokal und 
Endung bei allen Nominalstämmen wegläßt, und die ihm unsichor scheinenden Suffix- 
vokale durch Punkte andeutet; aber das wird man doch verlangen dürfen, daß uns das 
Wortmaterial auf eine einheitliche Sprachstufo gebracht vorgeführt wird. Allein was 
finden wir? Ich greife auf gut Glück ein paar Beispiele heraus: 2 agis, 6 aiu>, 137 gair, 
281 lenkt mit urgermanischem, dagegen 35 bdg, 205 hur, höa hörend, 331 nöd Not*, 
405 stic mit althochd. Vokalismus; 248 tonst ist spezifisch niederfränkisch; 255 treux 
sogar neuhochdeutsch; 68 dag, 266 laik hat un verschobenen, 193 her*, dagegen hoch- 
deutsch verschobenen Konsonantismus. Seit wann heißt im Germanischen (21) ars 
Mann? Wie kommt der Verf. auf ertiust < »arnja-stä Kampf - Stellung * , da doch 
sowohl germanische Sohwestersprachen als deutsche Mundarten (z. B. schwäb. eirnxt) 
den Vokal als indogerm. e erweisen? Von falschen Quantitätsangaben, wie 51 blau, 
224 hirit, 338 uht, die schließlich auf Druckfehlern beruhon könnten, ganz zu ge- 
schweigen. Förstcmano ist ja leider, selbst in der neuen Auflage, in dieser Hinsicht 
auch nicht gerade zuverlässig; aber der Vorf. treibt es doch noch ärger, obgleich er 
(S. 30) »durch genaue Erwägung und Vergleichung mit den Namenstämmen der ver- 
wandten Sprachen oft zu eigener Entscheidung geführt« worden ist. Er hätte sich Hoher 
das Werkchen von Alfred Baß* zum Vorbild nehmen sollen, das, obgleich in manchen 
Einzelheiten anfechtbar, im ganzen doch ein guter Führer ist. 

Wir kommen nun zum zweiten, besonderen Teil dor Untersuchung, dem 
»♦•tyinologischen Verzeichnis der Familiennamen Bocholts«, von dessen verschiedenen 
Unterabteilungen* uns jedoch im 2. und 3. Heft außer den »Vorbemerkungen* erst die 



1 Ein solcher Vollname, dessen erster Bestandteil eine Koseform mit /-Suffix 
ist, wäre beispielsweise auch der Personenname Egilolf, der in den schwäbischen Orts- 
namen Eglosheim OA. Ludwigsburg und Egel fingen OA. Riedlingen stecken soll. 

! Unmittelbar darauf folgt 332 nüg Genüge, so daß der Uneingeweihte notwoudig 
auf den Gedanken kommen muß, er habe es in beiden Fällen mit demselben Vokal zu tun. 

■ Beiträge zur Kenntnis deutscher Vornamen. Mit Stammwörterbuch von Alfred 
Baß. Teutonia- Vorlag, Leipzig. 

* Die Einteilung ist hier wieder etwas anders, als die vom Verf. im einleitenden 
Teil seiner Arbeit aufgestellte: s. o. 



184 



Bücherbesprechungen. 



Gruppe Ia (und diese noch nicht einmal ganz vollständig) vorliegt, enthaltend die »Familien- 
namen, entstanden aus altdeutschen Kufnamen, einschließlich derjenigen Familiennamen, 
welche aus Ortsnamen gebildet sind, die einen solchen Personennamen enthalten«. 

Die »Vorbemerkungen« sind recht lesenswert; nur möchte es sich vielleicht empfehlen, 
bei der Einteilung der als Personennamen dienenden Komposita bis auf weiteres, d. h. 
bis sich eine andere allgemein angenommene Terminologie herausgebildet hat, nach guter 
alter Sitte die außerordentlich prägnanten termini techniri der Sanskrit- Grammatiker 
in Anwendung zu bringen, die sich auch für alle anderen indogermanischen Sprachen 
vortrefflich eignen. Ich würde also z. B. Namen wie Diot-rich, Oer-hart statt mit 
dem Verf. als »nominales bzw. participiales determinatives Compositum« lieber kurzweg 
als Tatpurusha , ebenso Balt-tcin, Berht -hramn statt als »unmutiertos bzw. mutiertes 
durch ein Attribut bestimmtes nominales determinatives Compositum« lieber als Karma- 
dhäraya, ferner Hart-muot, Adal-heit als BaJturrlhi bezeichnen: »deutscher« ist die 
vom Verf. gewählte Beuamsung auch nicht, wohl aber viel umständlicher. 

Es fragt sich nun, ob der Schlüssel, den sich der Verf. zurechtgefeilt hat, auch 
wirklich aufschließt, d. h. ob er uns zu einer befriedigenden etymologischen Erklärung 
der altdeutschen Personennamen die Tür Öffnet. Leider finden wir indes die düsteren 
Ahnungen, welche das Verfahren des Verf. bei der Znsammenstellung seines Wort- 
stammverzeichnisses in dieser Hinsicht in uns erwecken mußte, nur allzusehr bestätigt 
Ja, Seppeier hat sich offenbar während der Arbeit allmählich in eine förmliche Sucht 
hineingesteigert, überall altdeutsche Personennamen bzw. Kurzformen von solchen zu 
wittern, wo andere Leute nichts dergleichen zu eutdocken vermögen. Darüber sind ihm 
dann gelegentlich sogar bereits gewonnene Erkenntnisse wieder abhanden gekommen. So setzt 
er z.B. S.25 ganz vernünftig auseinander, wie durch das bei der Namengebung eingeschlagene 
Vorfahren in altgermanischer Zeit nicht solten völlig sinnlose (also auch nicht übersetz- 
bare oder umschreibbaro) Namen zustande gekommen sind. Nichtsdestoweniger wird uns 
aber z. B. S. 91 »Hroc-heri 7 ein Hurra rufendes Heer habend«, S. 99 »• lockert zum 
Spiel (Tanz) ein Heer habend«, und S. 107 gar »* Nicht -heri ein Heer von Nichtcu 
habend« vorgestellt. S. 19 wird der Familienname Weycner (d. h. Wagner) ganz richtig 
unter die auf Gewerbetätigkeit bezüglichen Namen gestellt: S. 130 ist jedoch der Verf. 
inzwischen zu der Überzeugung gelangt, daß besagter Name vielmehr als Kurzform 
eines altdeutschen Namens anzusehen ist, in dessen erstem Bestandteil der Stamm *wae, 
hd. wach, Nbf. wag, wah wachsam« steckt! 

Nun ist ja freilich richtig, daß man ab und zu einen Familiennamen zunächst 
für einen ursprünglichen Beinamen ansehen möchte, der sich dann am Ende als ein irgendwie 
verunstalteter Personenname entpuppt; auch bleibt überhaupt bei der Familiennamen- 
Erklärung vorerst violos noch recht unsicher: aber der Vorf. gibt doch oiue Reihe von 
so zweifellos falschen Erklärungen, und trägt eine weitere Reihe von mindestens zweifel- 
haften mit solch apodiktischer Sicherheit vor, daß diese Besprechung fast auf den Umfang 
der besprochenen Arbeit anschwellen würde, wollte ich alle meine Berichtigungen, Zweifel 
und Bedenkon hier vorbringen. Ich muß mich daher auf ein paar Stichproben be- 
schränken. 

S. 58: Steckt in der 1. Hälfte von Abba-rich wirklich got. abrs »stark«? Könnte 
man nicht auch an got. aha «Ehemann« denken, so daß der Name etwa dem türfc. 
Atu-bek entspräche? — Könnte Abilo nicht auch N T om. ag. zu einem ahd. * abalön »sich 
rühren, arbeiten« sein, das als Nebenform zu überliofertom acalön wohl denkbar wäre? 
Ich erkläre so unsern schwäb. Familiennamen Eppler < ahd. *Appildri, also etwa 
»rühriger Arbeiter«. Oder andrerseits: könnte, in Anbetracht althochdeutscher Schreib- 
gewohnheit', Abilo nicht dasselbe sein wie Habilo, das nach S. 83 ebenfalls in Bocholt 
vorkommt? — Könnte der heutzutage in Bocholt vorkommende Familienname Abels nicht 
von dem alttestamontlichen Abel abzuleiten sein? Von wann an kommen überhaupt alt- 
testamentliche Personennamen in Bocholt vor? — Woher weiß der Verf. so bestimmt, 
daß der jetzige Familienname Aft eine Abkürzung des überhaupt nicht belegten "Afhard 



4 Vgl. Braune, Ahd. Gramm. 7 § 153 Anm. 2. 




Bücherbesprechungen. 



185 



ist? Könnte nach den Lautgesetzen Bocholts oder irgend einer anderen Gegend nicht 
violleicht Aft = Abt sein? — Könnte in dem sauerländischen Ortsnamen Affeln nicht 
»ff- »Wasser« stecken? — Wird Eibner nicht besser zu nhd. dial. eibe »Armbrust« 
gestellt? Vorgl. Bonner.' — Ist Eifländer nicht am wahrscheinlichsten = Eifel-länder? 
8. 59: Glaubt der Vorfasser im Ernst, daß in dem Familiennamen Eichelberg ger m. aig 
besitzend steckt? — S. 61: Ist Engil-berht nicht eher »wie ein Engel glänzend«? Die 
Leute waren doch Christen! — 8. 65: Gehört Bankhaus wirklich zu »bog Streit«? — 
S. 66: Ist Balte* nicht eher eine Kurzform zu Balthasar als zu irgend einer Zusammen- 
setzung mit »bald kühn«? Dasselbe gilt wohl von Holxen. — 8. 69: Gehört Baier, 
Beyer, Beter tatsächlich zu *bug, bog Bogen, geschwächt boi*? — S. 70: Warum soll 
Beloir slavisch sein? Wäre es das aber, so steckte darin jedenfalls belü »weiß«. — S. 73: 
Ist Bü-man jemals germanischer Personenname gewoson? — S. 76: Ist Vries, 
de Vries nicht eher der Stammname Friese? — S. 77: Steckt in Folo-bodo nicht eher 
nbd. folo »Fohlen« als foll »voll« (mit -II <: -In-.')? — S. 79: Haben die Kanters 
nicht einen friedfertigen Cantor statt eines kriegerischen Ganthar zum Ahnherrn? — 
S. <S3: Wie läßt sich Heinrich usf. lautlich mit »hag, hah, hag.n Einfriedigung, 
Wallhecke vereinigen? — 8.85. Gehört Hahn, Hahnekamp, Henke wirklich zu dem — 
etwas problematischen' — *han Umsicht, Sorge«? Und was hat Hansen [»(Jo)hann's 
Sohn«!) mit >hand Hand« zu tun? — S. 88: Bedeutet Hoppen (k) reis (s) nicht eher 
»hüpf in den Kreis«* als »Hoppo's Kampfplatz«? — 8. 96: Ist Kappelhoff, Keppelhof 
nicht wahrscheinlicher »der Hof bei der Kapelle« als >*Kappilo's Hof«? — S. 100: Ist 
Uuda-ric nicht eher »Volks- Fürst« als »schöngestalteter Fürst * ? — S. 104: Was haben 
die Marhcalter , Markteart mit germ. mark* »Pferd« zu schaffen? Und kann in Marx 
Dicht mindestens ebensogut ein lat. Marcus stecken? — S. 106: Warum soll Nagel- 
sehmitt's Ahn nicht Nägel geschmiedet haben, anstatt einen mit Nagal- zusammen- 
gesetzten Rufnamen zu führen? — S. 107: Ist Xierhoff, Xierhaus nicht eher ein 
»Niederhof, Niederhaus« , als Hof oder Haus eines »ein beneidetes Heer habenden« (!) 
Xidhere? — S. 113: Ist ein Ri(sh'-ulf des 6. Jahrhunderts nicht doch vielleicht ein 
s Riesenwolf« , und nicht »mit der Rute ein Held« — was ja wohl nur ein Schulmeister 
sein könnte. — S. 116: Der Ahn der Familie Schüler wird doch wohl einst ein Scholar 
gewesen sein, und mit altfries. skiU »Versteck* schlechterdings nichts zu schaffen haben, 
wie andrerseits die Schürenberg* , Schürhoff eher mit einer ahd. sciura d. h. »Scheuer«, 
als mit einem *scur t> Hagelwetter, Kampf« in Verbindung zu bringen sind. — S. 121: 
Ist (vergl. Ostermann, Westermann) der Sundermann nicht eher ein » Südmann * als 
ein «besonderer Mann«? — S. 130: Ist Thiessen nicht doch am wahrscheinlichsten eines 
»Mathies' Sohn«, statt daß ein nd. tid »Zeit« in seinem Namen steckte? 8 — S. 131: 



1 Verf. denkt wohl an got. ftanduys »weise«; aber wo ist dann das -d- hingeraten? 

1 Also ein imperativischer Name, wie z. B. in Schwaben Tudichum, Sehlag- 
inhauf(en) usw. Wir haben uns solche Namen wohl meist aus einer Lieblingsredensart 
des betreffenden Ahnherrn entstanden zu denken. 

* Dieses Wort führt der Verf. im Verzeichnis zur Abwechslung auf vorgermanischer 
I^utstufe auf (k statt h!): da ist es dann kein Wunder, daß er es mit ahd. marcha 
»Grenzmark« durcheinanderbringt. 

4 Die Scheuem auf Bodenorhöhungen anzulegen, scheint allgemein nordischer 
Brauch zu sein: in Finnland z. B. ist sehr verbreitet der Name Jiiihi-mäki, d. h. 
Scheunen -Hügel. 

* Lies natürlich scür.' 

' Daß außerdeutsche Personen uanieu bei uns gerne vorne verkürzt werden, ist 
eine bekannte Tatsache; Beispiolo aus Schwaben sind etwa Kopp [Jakob], Theyß od. ähnl. 
i Mathias], Karpus fPo!ykarpus|, Vere [Xaver], Xisi [Dionysius], Xati [Ignuz|, Bauche 
.Sebastian] usw. Der Verf. scheint nun aber < vergl. S. 2S) der Frage gar nicht näher 
getreten zu sein, ob nicht etwa auch von germanischen Vollnamen im Deutschen 
vorn verkürzte Koseformen gebildet werden? In italienischen Familiennamen, wie 
Brandt, Xaldi ist dies sicher der Fall, und z. B. bei dem schwäbischen Familiennamen 
Brändle liegt die Vermutung ebenfalls sehr nahe. 



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186 



Büchorbesprechungen. 



Warum soll denn Wnldotc [vergl. oben zu Below] wieder slavisch sein? Hat der Verf. 
noch nie von ahd. ouua »Aue* gehört? Und ist schließlich, trotz dem fürs 6. Jahrh. 
bezeugten Walah-heri, ein Walker nicht vielmehr ein ehrsamer Handwerker, als »von 
Ausländern ein Heer habend«? 

Ich bitte, zu beachten, daß ich im Vorhergehenden meist nur gefragt, und 
meine Vermutungen mit allem Vorbehalt vorgebracht habe: denn ich schmeichle mir 
durchaus nicht otwa, in der Erklärung der Bocholter Familiennamen Befriedigendes 
leisten zu können, so lange mir eine genaue Keuntois der dortigen Mundart abgeht. 
Aber ich muß es dem Verf. verübeln, daß er eine solche Kenntnis für seine Arbeit sich 
uicht verschafft, oder jedenfalls nicht verwertet hat. Er hat sich im allgemeinen mit 
der Frage gar nicht befaßt, welche der von ihm erklärten Familiennamen in Bocholt 
bodenständig, welche von draußen hereingekommen sind, und woher diese letzteren 
stammen. Und doch ist dieser Gesichtspunkt einerseits für die Erklärung der Namen, 
andrerseits aber für die Feststellung der Heimat der eingewanderten Familien von 
äußerster Wichtigkeit. Wenn sich auf diesem Gebiet Dialektforschung und Ortsgeschichte 
besonnen und umsichtig in die Hände arbeiten, ergeben sich oft sehr hübsche Resultate. 1 

Wie für die Geschichte der Sprache die Untersuchung der lebenden Mundart, wie 
für die Ortsnamenforschung die gelegentlich auch jetzt noch neu entstehenden Orts- 
bezeichnungen * — so ist für die Familiennamenforschung von größtem Belang die 
Beobachtung der heutigen Beinamengebung. Denn unsere jetzigen Familiennamen zeigen 
uns oben nur, gleichsam erstarrt, das Bild des Beinamenwesens zu der Zeit, als die 
Einführung von Familiennamen allgemein ward. Aber mit diesem Aufkommen der Ge- 
schlechtsnamon ist der Quell der Namenschöpfung keineswegs versiegt, sondern hat unter- 
dessen ununterbrochen weiter gesprudelt, besonders auf dem Mutterboden alles deutschen 
Lebens, in den bäuerlich -ländlichen Verhältnissen. Hier vertritt für gewöhnlich der 
sogen. Übername noch durchaus dio Steile des bürgerlichen Familiennamens, der im 
täglichen Verkehre kaum gebraucht wird.' Und uur eine gewisse Vertrautheit mit der 



1 Ich darf hier vielleicht ein paar Beispiele aus meinem engoren Arbeitsgebiet, 
dem schwäbischen Dorfe Ostdorf, OA. Balingen, anführen. Dort findet sich der 
Familienname Gihr. Nachdem ich bei der Erklärung zunächst an ahd. giri usf. herum- 
getastet hatte, kam mir der Gedanke, daß darin der Vogelname ahd. (fir stecken müsse, 
da Cieicr als Familienname bei uns auch sonst häufig vorkommt. Traf aber diese An- 
nahme zu, so konnte die Familio in Ostdorf, das ahd. i in allen Stellungen diphthongiert, 
nicht bodenständig sein, sondern mußte aus dem im SW. ziemlich nahe gelegenen Gebiet 
stammen, wo ahd. i, ti vor r erhalten bleibt. Und eine Durchforschung der alten Kirchen- 
bücher ergab nun in der Tat, daß die Familie Gihr im Jahre 1674 aus Aldingen, 
OA. Spaichingen, eingewandert ist. — Wir haben ferner in Ostdorf die Familiennamen 
Jjettkhftrdt und Luippold, letzteres natürlich < ahd. Liutbold, ersteres. wie ich annehme. 
< Liut-hart, indem die teilweise Assimilation des t an das folgende h zu einer Zeit 
erfolgte, als dies noch velaror Reibelaut war. Nun hat die Ostdorfer Mundart sonst 
regelmäßig einfaches u bzw. n < ahd. im. Da indes wenige Stunden weiter wostlich 
das Gebiet beginnt, wo ahd. iu zu ai geführt hat, wenige Stunden weiter östlich aber 
die Metathese des iu> ui einsetzt, so erscheint mir völlig zweifellos, daß keine der 
beidon Familien in Ostdorf bodenständig ist. sondern die Leukhardt (Ausspr. Ltikxrt) 
von Westen, die Luippold (Ausspr. Luipolt) aber von Osten her eingewandert sein 
müssen. Da indes beide Familien schon Eude des 16. Jahrh , zu der Zeit, wo die kirch- 
lichen Register beginnen, in Ostdorf ausässig waten, so wird sich eiu urkundlicher Nach- 
weis in diesem Falle schwer erbringen lassen. 

7 Vgl. darüber meine Ausfuhrungen im Schwäbischen Merkur vom 27. April 1907. 
Natürlich denke ich hier nur an wirklich volkstümliche Ortsbezeichnungen: amerikanische 
Städteuamon wie Hatmibal. Helena, St/racn*e, ütica, in denen die Einwanderer ihre 
paar klassischen Brotken an den Mann zu bringen suchten, können uns nicht« lehren. 

3 Mir ist es mehr als einmal in solchen Bauerndörfern vorgekommen, daß alt- 
eingesessene Ortsbewohner, wenn ich sie unversehens nach dein bürgerlichen Ge- 
sohlechtsnamen dieses oder jenes Mitbürgers fragte, den sie mir mit seinem Übernamen 
genannt hatten, in Verlegenheit gerieten, und entweder gar nicht oder uur nach langem 
Bosinnen darauf kommen konnten. 



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Büchorbesprechungen. 



187 



Art der Entstehung solcher Überoameu gibt meines Erachtens dem Familiennamen- 
Forscher das richtige Gefühl für das, was auf seinem Gebiete geschichtlich möglich und 
wahrscheinlich ist 1 Ich gebe nun allerdings gerne zu, daß in einer Stadt von der 
Große Bocholt« die Anstellung derartiger Beobachtungen nicht so leicht ist: aber in den 
umliegenden Dorfern dürfte gewiß auch dort manchos zu holen sein. 

Haben wir somit iu Beziehung auf Metbode, .sprachwissenschaftliche Genauigkeit 
und historischen Takt an der Arbeit des Verf. dies und das auszusetzen gehabt, so sei 
doch zum Schlüsse ausdrücklich anerkannt, daß trotz alledem seine fleißige Zusammen- 
stellung unsern Dank in nicht geringem Maße verdient. Vielleicht entschließt sich 
Seppeier, den noch ungedruckten Schlußteil selbst einer kritischen Durchsicht zu unter- 
ziehen; der Unterzeichnete würde sich aufrichtig freuen, recht bald an dieser Stello 
darüber berichten zu dürfen. 

Tübingen. Friedrieh Veit. 

Vis Brotlero. Humoristisches in Brotteröder Mundart. Von Max Schmitt, 
Eisenach 1908. Im Selbstverlag des Verfassers. 1 Mk. 62 S. 

Mit glücklichem Griff hat der Verf. eine Anzahl launiger Geschichten und Stim- 
mungsbilder aus dem waldumgebenen Dorfe Brotterode, am Südfuß des Inselbergs, zu 
poetischer Verarbeitung ausgewählt. Unter diesen »Stückchen« hat die ausführlich be- 
handelte Überlieferung von der *Koarles Quinta Ft/wi«, d. h. vou der alten Dorffahne, 
die zum Andenken an die angeblich von Kaiser Karl V. verliehenen Freiheiten gestiftet 
ward, einen merkwürdigen kulturgeschichtlichen Iiiutergrund. Die Darstellungsweise des 
Verf. ist frisch und dem echten Volkston angepaßt, die Verse zeichnen sich meist durch 
leichte» Fluß und witzige Pointon aus. Ein lexikalischer Anbang belehrt nicht bloß 
über eigentümliche Ausdrücke dar Umgangsspracho, sondern auch über Bezeichnungen 
alter, durch die Feuersbrunst von 1895 teilweise verschwundener Straßen, Brunnen, 
Flurstücke und Forstorte. 

Brotterode (um 1039 Brumrurtesroda »Rodung des Brun wart«) gehört dem süd- 
westthüringischen Sprachstamm an, nimmt aber iunerhalb dieses Zweigos vermöge seines 
unnachahmlichen Tonfalls und seines I^autstanJes wieder eine Sonderstellung ein: nur die 
benachbarten Ortschaften Steinbach (mundartl. »Schlürfstaimich«) und Ruhla stehen ihm in 
dieser Hinsicht naher. Mit den übrigon Vertretern des Südwestthüringischen teilt Br. im 
Vokalismus die Erhaltung von altem I und ü, sowie iu (als ü), neigt jedoch mit seiner 
gerundeten Hervorbringung des ü und ö mehr dem nahen Fränkisch -Htm nebe rgischen 
zu. Rechnet man nun dazu noch die öftere Vokalverengung des ei zu i (in kein >■ Am, 
einer > »n?r), des e zu i (fenster > fiinsdir, her > hiir, iuuewendic > emwinic, 
geschenk > yj$igk, hönde, hende > hilf) , dos eu zu ö (frewen, freuen > /Wm), dio 
Verdumpfung des a zu u vor Nasalen (an z> nun, man ;> muuii , vane >•/»<«, nam >• 
nimm), endlich das Aufsprossen eines i vor Zahnlauton, nach u (müs ttiuia , tagen, 
•tän >duuin), so kann man sich einigermaßen eine Vorstellung von dem reichhaltigen 
musikalischen Register machen, welches in diesem Waldorte aufgezogen wird, und die 



1 Einige Beobachtungen aus Ostdorf sei mir auch hier wieder anzuführen gc- 
stattet. Beachtenswert ist vor allem, daß in der Regel nur diejenigeu Vornamen (d. h. 
iVrsuneunamen) als Übernamen gebraucht werden, welche im Dorfe sonst selteu sind: 
jedermann weiß, wer tsr Aohu.it , torTnukot. t»r Friitric , t»r Haenjric, t»r Aapraham, 
t Jmtdit ist, da diese Vornamen nur je bei einem Erwachsenen vorkommen; dagegon 
könnte z. ß. t&r Jakop, ttr Hansmaarte, t Kluttree* nio so gebraucht werdon, weil es diese 
zu Dutzenden gibt. Hei Kurzformen und Diminutiveu ist es wieder anders: ter Jqkl, 
H Jqqkele [beide < Jakob, der zweite ein Mann von mindestens 00 Jahren!], s Hans- 
mtertele, t Khftw, s KhejBrlc bezeichnen je eine ganz bestimmte Persönlichkeit. — Wie 
rasch auch bei Übernamen die eigentliche Bedeutung verloren gebt, mag folgender Fall 
zeigen. Ein der vorigen Generation angehöriger großgewachsener Bauer hieß tar Kraos; 
sein Sohn heißt jetzt .s Kraesle. und nur ikh-Ii ältere Leute wissen anzugeben, woher 
dieser Beiname kommt. Mohreres derart vielleicht bei Besprechung des Schlußteils von 
Seppelers Untersuchung. 



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188 



Bücherbesprochungen. 



Kuhlacr Bezeichnung * Kotsdiengo wirr« für eineu besonders geschätzten Finkensch%. 
die Ludwig Storch einmal auf den Rublaer Volkston überträgt, läßt sich mit demselben 
Rechte auf die klangreiche Naturfrische der Brotteröder Sprechweise anwenden. Es be- 
darf kaum der Erwähnung, daß auch der Konsonantismus eine Reihe von Besonderheiten 
aufweist, von denen die Unterdrückung der Zahnlaute im Inlaut (wider <in"r». vater> f»"r), 
sowie die Aufgabe des r vor anderen Konsonanten (berc > bcek, herz > htfs) auf eint* 
außergewöhnliche Schlaffheit der betreffenden Sprachwerkzeuge schließen laßt. 



c bööle» 1 

dttd's haid* üc düedie tree, 
kond nid uis'n aax g9see — , 
hud i)'n eic(t}k un gurc9lSdiil* 
ooär in hals en gros? Stciil* — 
krätnld's üüc seer of d'r tsoy», 
u' fardrokvnd \s d» lot/9 — 
had 9 iceth* in »n tsuun, 6 
u had 7 gäur ts» krön* nun, — 
is da laatczr iingvdärd, 
uu ds htts heed uun u knärd, — 
uii's in tnääxz n(d reed rök, 
uu »s kutsild üüc in Sttöük, 9 — 
biüsilts" üüc in klin» feytr, 
uu dr muun, der siit teel deyar — ", 
häd 9 9 g»knböt8 l * in der tu», 
uu in pftuh gdtir kai trenn» — , 
ü üc tcelgrääd bii 9ti Striin 
uu 9s helfd kai migreniin — , 
häd'9 vmda (hrfrttrnd 9 uur, 
uu 48 pfnus9rd n üc ayduur u , 
Hildburghausen. 



Sprachprobe. 

geec9 ahrlai g9brec9. 

oodr äs pfitsd" üc susd 16 nox Am«. 
hud in bed dabei kai rttu — , 
suuidard's üüc Jmud 98oo, 
uu d9 tsor)9 is bii Sdroo — 
häd 9 dn roodlauf un d'r natis, 
fil tsd diif gzgukd ins glatts — 
had 9 üüc d'n rant89 tl d'rkeld, 
uu d9 niirn 9wiyk frkreld — 16 
häd 9's 9nuiti ttriyk in krüt*, 
uu mud x% d'rbei in in gatj so .ibiits — ." 
is d<»s tscpfc9 uung9Stroln — 
de aax9 uis dn haid gtkicoln — . 
bans Miau in hals reed kratsd, 
uu d'r hetsbit/9l 7i is g9blat*d 
pfüfdt of d'n letsd9 lox, 
tut d9 nääs9 häd kin taoox — 
hud 9 emuti reed gros» dur.id, 
uu 98 is üc al98 tcursd — 
dtüi setsda üüc e böiilcj uun, 
das helfd d'r fraatc u atc d'n muun.' 

L. Hertel 



./. Heinhart, Liedli ab em Land. Zweite vormehrte Auflage. Bern . A. Fianeke- 
Mk. 1,60. 81 S. 

Die weiche und wohllautende Mundart, wie sie im Schweizer Kanton Solothurn. 
genauer in der Umgebung von Olton, gesprochen wird, eignet sich trefflich für dio 
kloinen gemütvollen und schalkhaften Gedichte, mit denen uns Reinharts Muse erfreut. 

Es ist den Liedern alleu anzufühlen, wie der Sänger wirklich in seiner Mutter- 
sprache dichtet, und nicht nur, einer Mode oder Laune zu genügen, aus dem Schrift- 
deutschen in die Mundart zurückübersetzt. So finden wir denn durchwegs «» e 
ungezwungene, natürliche Ausdrucksweise und manchem echt bodenständigen Vort 
bogegnen wir, das dem Sprachforscher wichtig erscheinen wird. Auch auf Sitte ud'1 
Brauch des Landes , dem die Lieder entstammen , wird hie und da ein Streiflicht 
geworfen. 



» »Böwlchen« = kleine Bowle. * haupt (houbit, höubit). s GurgelstieL 

Gurgelstock, unterer Teil der Speiseröhre. 4 Schwiel n>. = hd. Schwiele w. 

1 Wehte, - Schmerz « wetage). 0 Zahn. ' hebt. 8 krächzen. ' J Scbnot 
— Kehlkopf (vgl. niederl. snick »Atemholen«, verwandt mit »Schnupfen«. 10 biezelo 
= kribbeln. 11 wilde Dinger =moucbes volautes. l * Abloitung von Knoten, 

ähnl. Getierz von Tier, Gemäuerz von Mauer, Getuz von tun. '* »pfnuschern«, 

abgeloitet von pfnuschen »niesen«, 14 en tour = beständig. 14 pfiueti 

^kneifen. 18 sonst. 17 derb für Magen. ,s verkrelleu, vergrcllen ver- 

stimmen. ,H müJlt. ,u »in einem Gang« = fortwährend ; ähnlich »in eioem 

Ritt«. n speuzen, spucken. " Herzbändel. 



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Bncherbesprechungen. — Sprechsaal. — Bücherschau. 



Ein frohes, souniges Gemüt spricht aus diesen Blättern zu uns. Der Weltschmerz 
ist verbannt daraus, und ein gesunder Humor leuchtet so milde und freundlich, wie die 
herbstliche Sonne auf die traulichen Strohdächer von Reinbarts Heimatland scheint. 
Hier eine Probe: 

Abendgold. 

Und ändlig goht's im Heimat xue, Und uo mer gägetn Hus eho sy 
Und ändlig bisch du my. — Und d' Sunnen abegoht, 

Und all die längi , bösi Zyt Stöhnd d' Fänsterli i Glanx und Gltwt 

Und s' Blangen isch verbi. Vom guldige Oberot. 

Du luegseh mi a — und icas de meinseh, 
Dag seit e heitre Blick: 
*Die roserote Fämterli, 
0«'//, das bediitet Gluck!* 
G roßaf foltern. Ernst Marti. 



Sprechsaal. 

In einer Besprechung meines Wörterbuchs der Rappen auor Mundart in dor Zeit- 
schrift des allgemeinen deutseben Sprachvereins, Oktober 1907, S. 311, kommt 0. Heilig 
auf die fränkische Bezeichnung des Gänserichs Gäret zu sprechen. Ich habe das Wort 
in meinem Wörterbuch als Schallwort bezeichnet. Ich weiß heute, daß die Ansicht 
falsch ist. Lenz war in seinem Progr. Konstanz 1887, S. 20, auf der richtigen Spur, als 
er einen Eigonnamen dahinter vermutete. Doch ist es nicht, wie Lenz meint, Gerat, 
eine Umschreibung von Hradagaisus, sondern Gerhard; dies beweist die Bezeichnung 
Qerhardskrut im Elsaß, auf die A. Götze in der Zeitschrift für deutsche Wortforschung, 
VIII, 4. S. 358 hingewiesen hat. Eiuen weiteren Beleg finde ich nun bei Heeger, Tiere 
im pfälzischen Volksmunde, Programmbeilage, Landau 1903 , 2. Teil, S. 7, aus einem 
alten Weistum der Stadt Schaidt: »Wir weißen auch, daß alle Besitzer des Fronhofes 
sollen haben und halten der Gemeind hier zu Scheidt ein Firntzell, einen Meßkorb, einen 
Farren, einen Eber und einen Gerhardt«. Zu lösen bleibt noch die Frage, wie der 
Eigenname zu der appollativen Verwendung kam, ob die Tierdichtung hier wie bei 
Markolf (Häher), Hermann (Bock) eine Rolle spielte.' 

Lörrach. Oihmar Meisinger. 



Bücherschau. 

Hlüniml, E. K., Quellen u. Forschungen zur deutschen Volkskunde. Bd. I : 
Heitore Volksgesänge aus Tirol, gesammelt von F.F.Kohl. Wien, R. Ludwig, 1908. 
104 S. Preis 6 Mk. 

Bd. II: Bremberger-Godichte von A.Kopp. Ebenda. 03 S. Preis 2 Mk. 

Fischer, Hermann, Schwäbisches Wörterbuch. 19. und 20. Lieferung (verrottlen — 

Fest, Fest— Vogel). Tübingen, H. Laupp, 1907. Preis je 3 Mk. 
Friedli, Emanuel, Bärndütsch als Spiegel bernischen Volkstums. 2. Band: 

Grindelwald. Mit 197 Illustrationen u. 17 Farbendrucken, 14 Initialen, 1 Karte u. 

1 Panorama. Bern, A. Francke, 1908. 090 S. Preis 10 Mk., geb. 12 Mk. 
Greven, Otto von, Im Röseligarte. Schweizerische Volkslieder. Mit Buchschmuck 

von Rudolf Miinger. 1. Bändchen. Bern, A. Francke, 1908. 70 S. Preis kartoniert 

1,20 Mk., bei Bezug von mindestens 25 Stück 1 Mk. 



' Vgl. meine Appellativnamen in den hochd. Maa. I^rrach 1904, S. 12 u. 18. 



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100 



Bücherschau. — Zeitschriftensebau. 



Magvarorsz&gl Xemet Nyelrjarasok usw. (Deutsche Mundarten Ungarns, im 
Auftrage der sprachwissenschaftlichen Abteilung der ungarischen wissenschaftlichon 
Akademie herausgegeben von Gedeon Petz.) 3. Heft: Die deutsche Mundart des 
Zipser Oborlandes von JtU. Oreb. Budapest 1906. 89 S. Preis 1 Krone 80 Heller. 

Schmidt, P. W., 8. V. D. , Die Sprachlaute u. ihre Darstellung in einem all- 
gemeinen linguistischen Alphabet. Separatabdruck aus der Zeitschr. Anthropos 
Bd. II. Salzburg 1907, Zaunritb. 126 S. 

Schtttt, Andreas, Adam Petris Bibelglossar. Ein wortgeschichtlicher Kommentar. 
Freiburg i. B., U. A. Wagner, 1908. 88 S. (Freiburger Doktorschrift.) 

Seemann , August , T w e i l i c h t. En di üdd Ileig' plattdütsche Gedichte. Berlin , W. Röwer, 
1907. 172 8. 

Sommer, Heinhold, Die ounschölligen Kinder. Volksstück in 5 Aufzügen. Wien, 
Manzsche Hofbuchhandlung, 1908. til S. Prois 2 Kr. 

Strauß, Jakob, Von Hiwwe uu Driwwe. Gedichte in Frankfurter Mundart. Frank- 
furt a. M., J. Straußsche Buchhandlung, 1908. 75 S. Preis 1 Mk. 

W nag, Dr. Albert, Oberschulrat Bedeutungsentwicklung unseres Wortschatzes. 
Zweite, vermehrte Auflage. Lahr, M.Schauenburg, 1908. X u. 183 S. Preis geb. 
3,50 Mk. 

Welgand, Fr. L.K. , Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. Nach des Verfassers Tode 
vollständig neu bearbeitet von A". r. Bahder, Hcrman Hirt, Karl Kant. Herausgeg. 
von Horman Hirt. 1. Lief. Gießen, A. Topelmann, 1907. Preis 1,00 Mk. 

Kelter, Johannes, Deutscho Sprache und deutsches Leben. Sprach- u. kultur- 
geschichtliche Bilder für Lohrer u. Freunde unseror Muttersprache. Arnsberg, J. Stahl, 
1906. Preis 2 Mk., geb. 2,40 Mk. 



ZeitechrifteMchan. 

(Wir »ochon aus dorn Inhalt aller Zeitschriften hier die für die deutsche Mundartenfbnwhang wichtigen Auf- 
stttw anzuzeigen and bitten nin Einsendung aller einschl%iK«?n Arlmiten , damit unsote ZnsÄmmnnstollunjr oino 

mftglichat vollständig«) wird.) 

Beilage zur AH gemeinen Zeitung. Jahrgang 1!K)7. 

Wilh. Feldmann, Friedrich Kluges Wörterbuch der deutscheu Seemannssprache 
(8. 347 — 349). 

BIHtter des Badischen Vereins filr Volkskunde. Heft 5 und 6. 

Fridr. Pfaff, Volkslieder und Schwanke aus Löbenfeld (S. 73 — 93). 

B. Kahle, Hoebzeitsbrnucho aus dem Amtsbezirk Pforzheim (S. 121 — 127). 

Jtil. Schmidt, Einige Ortsneckereien im Markgräflorland ('S. 128 — 133). 
Das deutsche Volkslied. Zeitschrift für seine Kenntnis und Pflege. Herausgegeben von 
Dr. J Pommer, Hans Fraungruber, Karl Kronfuß. 

IX. Jahrgang. 10. Hoft. 

O. Dähnhardt, Volkskunde und Schule. 

J. Pommer, Über das älplerische Volkslied und wie man es findet XVIII. 
A.Bender, Wörter, Sprichwörter u. Redensarten aus Uberschefflenz. 

X. Jahrgang. 1. Heft. 

H. Fraungruber, Das deutsche Volkslied. 
O. Bockel. Glückauf zum zehnten Jahrgange! 
J. Pommer, Über das älplerischo Volkslied usw. XIX. 
Deutsche Erde. Zeitschrift für Deutschkunde. Herausgeg. von Paul iMtigliam. 6. Jahrg. 
1907. 

Herrn. Xabert, Namen und Sprachproben aus den deutschen Dörfern in Tessin und 

Piemont (S. 178-183). 
Gust. Ki.sch , Deutsche Ortsnamen im Norden Siebenbürgens (S. 214 — 217). 



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Zeitlich ri f tensch hu. 



191 



Frankfurter Zeitung. 1908, Nr. 40; 4. Morgenblatt. 

0. Heilig, Besprechung von Chr. Beck, Die Ortsnamon der Fränkischen Schweiz. 
Hessische Blätter für Volkskunde. Band VI, 1907. 

Albert Beeker. Pfälzer Frühlingsfeiern {S. 145 — 191). 

Karl Hehn, Fastnacht«- und Sommertagsverschen aus Hessen (S. 192 — 197). 
IV. WutuU, Besprechung von Otto Bockel, Psychologie der Volksdichtung (S. 197 f). 
L. Dietrich. Besprechung von Wilh. Schoof, Beiträge zur Kenntnis der Sehwälmor 
Mundart Ii. (S. 198 f.). 

A. Becker, Bespr. von Fridr. Pfaff, Volkskunde im Broisgau (S. 199 — 201). 

Bespr. von Ü. Meisinger, Volkskunde von Rappenau (S. 201 f.). 

R.Pcfsch, Bespr. von J. K. Bunker. Schwanke, Sagen und Märchen in heanzischcr 

Mundart (S. 202 — 205). 

— — Bespr. von R, Fischer, Oststeirisches ßauernleben (S. 205 f.). 
W. Peppler, Volk und Witterung (Umfrage) (S. 206). 

Volkskundliche Zeitschriftenschau für 1905 (306 S.; gehört zu Band V der 
Hessischen Blätter für Volkskunde. Auch in diesem Baude ist die Zeitschrift für 
deutsehe Mundarten nicht berücksichtigt, obwohl wir mit den Hess. Bl. f. Volksk. 
im Austauschverhältnis stehen. — Lt.). 
Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Jahrg. 1907. XXXIII. 

//. Deiter, Das Schultheißenrecht der Stadt Hameln (S. 1 — 8), 

M.Sietcert. Die Mundart von Besten (Kreis Teltow, Prov. Brandenburg) (S. 9—20). 

H. Tcuchert. Die Mundart von Warthe (Uckermark) (S. 27 — 44). 

H. Schönhoff ', Hollen, Mönche und Aulken (S. 45 — 52). 

1). B. Sehumtcay, Ghetelens Nye unbekande Lande (S. 53 — 72). 

E.MacM, Die Mundart der Prignitz (S. 73 — 105). 

B. Westerfeld, Gewerksausdrücke aus Belm bei Osnabrück (8. 106—108). 
Edic. Schröder, Düttchon. Geschichte eines Münznamens (8. 109 — 118). 

— — Papphahn. Ein mecklenburgischer Münzname (S. 119 — 121). 
G. Baesecke, Der ereu tafel (S. 122-128). 

Der Tisch im Himmelreich (S. 129 — 135). 

E. Damköhler. Zu mnd. Gedichten (S. 136— 142). 

Cl. Holst, Zur Ausspräche in Fritz Reuters Heimat (S. 143 — 158). 

O. Kohfeidt, Plattdeutsche mecklenburgische Bauerngespräche aus der Zeit der Karl 

Leopoldschen Streitigkeiten (S. 159— 164). 
Jahrbuch für Geschichte, Sprache und Literatur Elsaß -Lothringens. XXIII. Jahrg. 
Aug. Hertxog- Plantiere, Mittelalterliche Armenpflege <S. 9— 15). 
Alfred Schaer, Das Susannenspiel dos Samuel Israel von Straßburg von 1603 

(S. 34 — 105). 

Menget, Sagen aus dem krummen Elsaß (S. 106 — 133). 
Krug, Gedicht eines Bauern aus Zutzeudorf 1849 (8. 147 — 150). 
Eduard Halter, Das Gleichnis vom verlorenen Sohn in 6 elsüssischen Mundarten 
(8. 151 — 158). 

Martin, Nachträge u. Berichtigungen zum Wörterbuch der Elsässisehen Mundarten 

(S. 159-164). 
Kassel, Meüti und Kirwo im Elsaß (165 — 240). 
Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschuni?. Jahrg. 1907, 
Heft XXVIII, Nr. 5 (8. 65 80). 

Enthält zahlreiche Beiträge zur Wortforschung. 
Korrespondenzblatt des Vereins für siebenhiirgische Landeskunde. XXX. Jahrg. 1907. 
G.Phleps, Zum Wörterbuch (S. 9S— 1U0). 

G. Kiseh, Besprech. von Th. Frühm, Vergleichende Flexionslehre der Jaader und 
moselfränkischen Mundart. 
Mitteilungen des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde. Nr. 6. (Korrespondenz- 
blatt.) November 1907. 



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192 Zeitschriftenschau. 

E. Mogk, Wesen and Aufgaben dor Volkskunde. 

Mitteilungen and Umfragen zur Bayerischen Volkskunde. Herausgegebeu von 0. Brenner. 
Würzburg. 1907. Neue Folge. Nr. 12. 
J. Sehmidkontx, Der Name »Waldmeister«. 
O.Brenner, Gore, Paint, Etter. 
Närodoplsnf Vcstnlk. Mehrere Hefte. 
Natur and Schule. VI. Bd. 

J. Heimerling , Naturwissenschaftliche Irrtümer in der Sprache (S. 49 — 67). [Ein 
sohr beachtenswerter Aufsatz, der auf guter sprachwissenschaftlicher und natur- 
kundlicher Grundlage ruht. Auf die Herloitung von etwa 45 schriftdeutschen und 
zahlreichen mundartlichen Namen von Tieren fallt durch die Darlegungen H.s 
neues Licht. — Lx,.] 

Schweizerisches Archiv für Volkskunde. Herausgegeben von Ed. Uoffmann- Krayer 
und Maxime Reymond. XI. Jahrg. Heft 3 und 4. 

F. O. Stebler, Die Hauszeichen und Teßlen der Schweiz. 

A. liossat, Prieres patoises recueillies daus le Jura bernois catholique. 

E. Hoffmann- Krayer, Fruchtbarkeitsriten im schweizerischen Volksgebrauch. 

J. Meier, Kleinigkeiten. 
Unser Egerland. Blättor für Egerländer Volkskunde. Herausgegeben von Alois Jokn. 
XI. Jahrg. 1907. Heft 5 und 6. 

J. Höffmann, Die Tracht im ehem. Elbogener Kreise. 

J. Bachmann, Egerländer Volkstum. 

J. Köferl, Dialektische Tierbenennuugon in Westböhmen. 
Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. 22. Jahrg. 1907. 

Alb. Heintxe (fl906), Zur Bereicherung der deutschen iSprache (8.358—3(50). 

P. Pietseh, Besprechung von Th. Siebs, Wie sollen wir die schlosischeu Mundarten 
schreiben? (S. 370). 

0. Brenner, Besprech. von L. Sütterlin, Die deutsche Sprache dor Gegenwart (S. 374). 
23. Jahrg. 1908. 

Th.lmme, Die deutsche Bergmannssprache (S. 33 — 38). 

O. Heilig, Besprechungen von Fridr. Pfaff, Volkskunde im Breisgau ; 0. Meisinger 
Volkswörter u. Volkslieder aus dem Wiesentale; Aug. Gebhardt, Grammatik der 
Nürnberger Mundart (S. 48). 

Zeitschrift des Vereins fllr rheinische und westfälische Volkskunde. Herausgegeben 
von K. I*rümer, P. Sartori, 0. Sclull und K. Wehrhan. 4. Jahrg. 1907. 4. Heft 

B. Hüser, Aus dem Zunftleben. 

P. Sartori, Zur Volkskunde des Regierungsbezirkes Minden. 
O. Scfiell, Herd und Herdfouer im Glauben und Brauch des Bergischen Volkes. 
Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. Herausgegeben von Joh. BoUe. 17. Jahrgang. 
Heft 4. 

Paul Sartori, Feuer und Licht im Totengebrauche. 

O. Schläger, Nachlese zu den Sammlungen deutscher Kinderlieder. 

J. Bolle, Bilderbogen des 16. und 17. Jahrhunderts. 

Ii. Zoder, Scheibensprüche aus Oberösterreich. 

E. Lohmeyer, Zum Siebensprunge. 

//. Ueuft, Hausinschriften aus Detmold. 

P. Mitxschke, Aberglauben und Kinderreim aus Weimar und Ettersburg. 



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Der Übergang von s in z. 



Von Oskar Welse. 

Der Übergang von s in also der Spirans in die Affrikata, be- 
gegnet in älterer Zeit weniger als in neuerer, in der Schriftsprache seltener 
als in den Mundarten. In vielen Fällen handelt es sich um vereinzelte 
Erscheinungen, die wir bald in dieser, bald in jener Gegend beobachten, 
daher sind nur einige schriftsprachliche und einige mundartliche Ausdrücke 
zu finden, in denen dieser Lautwandel durch ganz Deutschland geht 
Bei Fremdwörtern ist öfter x an Stelle von s anzutreffen als bei heimischen, 
und zwar gilt dies besonders von slavischen und französischen. Um 
zunächst einige Ortsnamen zu nennen, die sich urkundlich bis ins Mittel- 
alter zurückv erfolgen lassen, so heißt der Zobten y ein Berg in Schlesien, 
1139 Sabat, 1200 Soboth, 1221 Sobotha; Zittau lautet 1399 Siltow (vgl. 
Codex Diplom. Lusatiae superioris III, Görlitz 1907, S. 393: dy von der 
SittoWy S. 409: keyn der Sittow u. a.), Zahren, Amt Fürsteuberg in 
Mecklenburg -Strelitz, 1408 Sftrne, Zierk, Amt Strelitz, 1408 Grote Syrck 
(vgl. P. Kühnel, Die slavischen Ansiedelungen in Mecklenburg- Strelitz, 
Neubrandenburg 1883 S. 54). Ebenso leitet A. Brückner (Die slavischen 
Ansiedelungen in der Altmark und im Magdeburgischen. Leipzig 1879 
S. 81) die Namen der Ortschaften Zedau und Zehdenik von asl. saditi, 
pflanzen, ab, Zielilx von asl. selo, Grund und Boden, Zolitx von soli, 
Salz, Zucliau von asl. suhu, trocken, Zerwist und Sericitx von polnisch 
serb, Serbe u. a. Nicht selten schwankt die Schreibung der Urkunden 
in den verschiedenen Jahrhunderten, z. B. heißt der Ort Säbel, Kreis 
Stargard, 1170 Tmplc, 1624 Sapcll, 1604 Zapell, jetzt offiziell Säbel, 
vulgo Zapel. Sadelkoiv, Kreis Stargard, 1380 Sadelkow, 1408 Ztidelcmv, 
1475 Sadelcoirc. Dem entspricht die Behandlung des schriftsprachlichen 
Appellativs Zobel für den sibirischen Marder, mhd. zobcl =- russisch sobol, 
mit sabcllum, afrz. suhle (vgl. it xiMlino, span. xibdlhia, fr. xibelim = 
mit. sabellinus). 

Zahlreicher sind die einschlägigen Wörter französischen Ursprungs. 
Die weiteste Verbreitung hat in den deutschen Mundarten die Form 
Zellen (= frz. c^/m, Sellerie, it sedano, lat selhion), nächstdem findet 
sich am häufigsten Zulat. Jenes wird unter anderem bezeugt für Nieder- 
österreich und Ungarn als tsöla (Zöllr) in dieser Zeitschrift V, 129, für 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. III. 13 



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194 



Oskar Weise. 



Bayern als Zellerer von Schindler, Bayrisches Wörterb. 4, 250, für die 
Heidelberger Gegend als tselerich von Ph. Lenz, Handschuhshoimer 
Dialekt I, Konstanzer Gymnasialprogramm 1887 S. 50, für Rappenau als 
tselerich in dieser Zeitschrift II, 122, für Zaisenhausen in Schwaben als 
tselurich in dieser Zeitschrift VIII, 279, für Wasungen von Reichardt, 
Koch und Storch, Die Wasunger Mundart, Meiningen 1895 S. 36 als 
xälcr. Albrecht, Die Leipziger Mundart S. 15 bucht es als Zelleri, für 
Leipzig und Hamburg, Hertel, Thüringischer Sprachschatz 227 für Salzungen 
als Zelere, für Erfurt, Naumburg, Altenburg als Zeleri, für Nordhausen 
und Stege im Harz als Zahlcri^ 0. Philipp, Zwickau er Mundart S. 28 für 
Zwickau als dsaelerii, Crecelius, Oberhessisches Wörterbuch S. 932 als 
Zelleri, G. Kisch im Vergleichenden Wörterbuch der Nösner und der 
moselfränkischen Mundart S. 251 als Zälleri, die Zeitschr. d. Allg. Deutsch. 
Sprachvereins 1907 S. 330 für Mellrichstadt als Zeüeri. 

Zalat aber = it salata, insalata, nihd. salät, Salat findet sich z. B. 
bezeugt für Handschuhsheim (Ph. Lenz a. a. 0.) als tselaat, für Tauber- 
bischof sheim (0. Heilig, Beiträge zu einem Wörterbuch der ostfränkischen 
Mundart des Taubergrundes, Progr. der Realschule zu Heidelberg 1894 
S. 19) als tfulöt, für Wasungen von Reichardt, Koch und Storch a. a. 0. 
alt xälät, für das Moselfränkische von G. Kisch (a. a. 0.) als xulöt, für 
Mellrichstadt (Zeitschr. des Allg. D. Sprachv. a. a. 0.) als Zalot. 

Eine Reihe anderer französischer Lehnwörter mit anlautendem x 
für s bietet das Niederdeutsche. So gebraucht Reuter Formen wie 
Zuteräng (souterrain), Zympathi {Sympathie , ovtinä&eia), xackermentsch. 
Zackermenl (sacramcnt, lat. sfuramentum), womit zu vergleichen ist 
niederrheinisch xackermentscftekopp (Entstellung von Sakrament unter 
Anlehnung an den russischen Namen Menzikoff, vgl. Andresen, Volks- 
etymologie S. 46); femer hört man in Mecklenburg Zgrup für Syrup sagen, 
in der Neumark xikeretc für den Abort — frz. secretc (vgl. diese Zeitschrift 
1907 S. 248), in Westfalen xasenrock, Rock von sarge, sarsche (uach 
Wöste 8. 330) und Zuppe y Suppe (ebenda) u. a. 

Doch auch hebräische, griechischo und lateinische Fremdwörter 
unterliegen diesem Umwandlungsprozesse. Z. B. schreibt Reuter Zamel 
für Samuel (vgl. K. Fr. Möller, Zur Sprache und Poetik Fritz Reuters. 
Progr. des Kieler Gymnasiums 1902 S. 13); in Handschuhsheim ist es 
üblich zu sagen tsusan für Susanne (vgl. Lenz a. a. 0. S. 51) neben sane, 
tsusl neben santl, in Ruhla Uepsexirell = Hüpfsibylle (vgl. Regel. Die 
Ruhlaer Mundart S. 206), ebenso im Rheinlande Zippel — Sibylle und 
Mtirixxebill — Marie Sibylle, daher auch beides bei Heine V, 246 und 
III, 16,215 der Ausgabe von Karpeles, Hamburg 1884), moselfränkisch 
und nösnisch Zirbes =- Servatius. Bei Hebel in den alemannischen Ge- 
dichten heißt die Syringe Zirinkli (Zeitschr. f. hd. M. 4, 172), in Wasungen 
Sanikel (Dentaria enueaphyllos L.) Zonigel (Reichardt S. 36). Zwischen 
Rhein und Ruhr werden die Saucischen fsaucisses) , kleine Bratwürste, 
Zixisehe genannt und für Sankt, frz. Saint: Zint gesagt, z. B. Zint Girjun 



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Der Übergang von s in x. 



195 



— St Gereon (vgl. J. Koulen, Der Stabreim im Munde des Volkes zwischen 
Rhein und Ruhr, Düren 1896 S. 11); Simpelfransen erscheinen in Thüringen 
als Zimpel fransen; in einigen Gegenden Mitteldeutschlands wird die 
Petersilie Bitterxilchc bezeichnet, im Yogtländischen sagt man für 
sukzessive xickxaekxife. Demnach erscheint es gerechtfertigt, wenn man 
das mhd. Wort Zote auf frz. sotie von sot zurückführt, z. B. Kluge im 
Etymolog. Wörtcrb. 

Bei diesen und anderen Fremdwörtern kann die Affrizierung des 
Anlauts verschiedene Ursachen haben. Entweder deckt sich der ver- 
nommene fremde Laut nicht genau mit dem entsprechenden deutschen, 
so daß man zwischen s und x schwanken konnte, wie vielfach bei Ent- 
lehnung aus den östlichen Nachbarsprachen, oder die Aussprache der 
Fremdlinge ist in dem Idiom, aus dem sie stammen, zu verschiedenen 
Zeiten verschieden gewesen; dies scheint bei französischen Wörtern mit 
anlautendem c der Fall gewesen zu sein, da dies früher gewöhnlich in x 
übergegangen ist (vgl. ranzig aus rance, Parxelle aus parcellc, Ziemer 
(Ochsenziemer), mhd. ximere aus eimier u. a.), neuerdings aber in s, soweit 
nicht lateinischer oder italienischer Einfluß für x den Ausschlag gibt wie 
bei Zeremonie, Zentimeter u. a. Daher dürfte Zelleri früher auf münd- 
lichem Wege, Sollerie später auf schriftlichem übernommen worden sein. 

Aber auch in echt deutschen Ausdrücken läßt sich der Übergang 
von * in x nachweisen, so in erzgebirgisch xiefxcn = mhd. siufxen, seufzen 
(G opfert. Die erzgebirg. Mundart S. 46), oberhessisch xuggcln — suggeln, 
saugen, von denen jenes onomatopoetisch gebildet, dieses volksetymologisch 
an ziehen augelehnt ist. Lautmalende Bildungen sind auch folgende 
Wörter, die im Anlaut zwischen der Spirans und der Affrikata sehwanken: 
xippeln (zappeln), thüringisch xippeln, md., obd. xitnperlich , ximpferlich, 
mndl. ximperlijk, simperlijk, dänisch, norwegisch, schwedisch, hessisch 
(z. B. in der Schwälmer Mundart, vgl. diese Zeitschr. IV, 166) simper, 
semper, wählerisch im Essen, englisch simper, geziert lachen 1 , westfälisch 
xulfern, schluchzend weinen = sulfern, sulwem (Wüste S. 330), xemmeln, 
zögern, säumen (vgl. and. sems, tardatiö). Volksetymologisch umgestaltet 
dürfte ferner sein salzungiseh xebal, sobald (mit Anlehnung an zu bald, 
vgl. Hertel, Salzunger Mundart, Zeitschr. des Hennebergischen altertums- 
f ersehenden Vereins 1888 S. 7S), ferner das in Schlesien, Sachsen, 
Thüringen, im Odenwald und im Elsaß bezeugte xeither, xider für seither 
(Anlehnung an >die Zeit her*), leipzigisch xensieren für sezieren (Ver- 
wechselung von secare und cennere). 

In anderer Weise erklärt sich x in ruhlaisch Zammeden , Gericht 
aus Kartoffeln, Speck und Zwiebeln, in Tauberbischofsheim Zemcte, Gericht 
aus Mehl und geriebenen Kartoffeln, thüringisch Zampe und Samt, 



1 Ähnlich verhält es sich mit Zeisig = nd. xtieke, sticke, engl, siskin, dänisch 
siegen, schwedisch sisken und mit moselfränkisch xticr, mhd. xiser, lat. cicer, nd. 
s isser (ertet). 

13* 



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19G 



Oskar Weiso. 



fuldaisch Semmete = ralid. scmcde, Menge, was auf den gleichen Stamm 
wie sammeln zurückgeht, aber zu seinem x gekommen ist durch Ein- 
wirkung der Präposition zu in zusammen; ebenso ist das im Md. vielfach 1 
bezeugte xamt — samt auf zusamt zurückzuführen (vgl. mhd. xamen für 
xesamenc). Wieder anders liegt die Sache bei elsässisch xeller, xelli, xrll, 
jener (= selber, selbe, selbes), xalwaner, selbander (vgl. tauberbisctaofs- 
heimerisch xebanert, selbander). Hier ist möglicherweise ein häufig vor- 
hergehender T-Laut für den Wortbeginn bestimmend gewosen, z. B. in 
Wörtern wie »mit«, »und« oder auch, wenigstens für das Neutrum selb 
im sächlichen Artikel »das« (also das selb, dselb). Tatsächlich spricht 
man in Oberbayern vielfach für das Herz Zerx (Schwäbl, Bayrische 
Mundart S. 44) und in Schwabon mehrfach tsi für sie unter Anlehnung 
an Wortverbindungen wie hat sie (vgl. auch Lenz a. a. 0. I, 50, Kauf- 
mann, Geschichte der schwäbischen Mundart § 152); ebenso ist nach 
Lienhart (Laut- und Flexionslehre S. 34) der Name des elsässischen 
Flusses Zorn entstanden aus d (Form des weiblichen Artikels) Sorn, 
wie ihn die Anwohner des Gewässers noch heute nennen. Möglicher- 
weise erklärt sich ebenso der Übergang von so in xe, wie er z. B. in 
Straßburg und in Salzungen vorkommt: wenn er das getan hat, so (xr) 
bin ich froh. 

Aber auch der umgekehrte Fall ist nicht selten, daß x in s über- 
geht. So berichtet Gößgen über die Mundart von Dubraucke in der Nieder- 
Jausitz, daß dort xik ok, zieh doch, nahezu wie sik ok gesprochen wird: 
im Altenburgischen lautet Zacharias wie Sacher, in Schwaben ist aus 
mhd. xanger (von demselben Stamm wie Zange: daxyw, beiße) oder 
zrnger, beißend scharf, sengerlicht, säuerlich, geworden (Erbe, Schwäbischer 
Wortschatz S. 40); im Nösnisch-Siebenbürgischcn aus mhd.*/7fe, schmächtip, 
klein sillich in gleicher Bedeutung, während das entsprechende mosel- 
fränkische sittich die Bedeutung ansehnlich, groß erhalten hat. Im 
Elsässischen heißt die Zwiebel mancherorts Siwuel und der Zimt Simmet 
(H. Monges, Mundart und Schriftsprache im Elsaß 1893 S. 29), in Deutsch- 
Lothringen aber der Zoon Soor, die Zehe Saite, der Zaum Soimen, die 
Zwiebel Siicel, was Follmann in dieser Zeitschr. 1905 S. 9 wohl mit Recht 
auf französischen Einfluß zurückführt. 

Bisher haben wir nur vom Wortanlaut gesprochen, doch findet sich 
der Wechsel zwischen Spirans und Affrikata auch im Inlaute und im 
Auslaute sowohl nach Vokalen wie nach Kqnsonanten, namentlich Liquiden. 
So wissen wir, daß zu Zwingiis Zeit in der Züricher und anderen 
Schweizer Mundarten büctxen, griiet.en, schlritxen, Geitxe (Pflugsterz), 
eutblötxen für büßen, grüßen, schleißen, Geiße, entblößen gesagt wurde 
(vgl. Kluge. Von Luther bis Lessing 3. Aufl. S. 68), genau so wie man 
noch heutiges Tags im Alemannischen, z. B. in Bern, vielfach sprechen 
hört Schutz für Schuß und sehnt xtich für scheußlich (vgl. Greyerz, 

1 Z B. in Altenburg. Leipzig, Wasungen, Tauberbiächofsheim. 




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Der Übergang von sch in fach. 



197 



Sprachschule für Berner S. 29). 1 Hierher gehören ferner moselfränkiseh 
Tatze für Tasse*, das allerdings nicht wie das nhd. Wort aus dem Fran- 
zösischen entlehnt zu sein braucht, sondern aus it. taxxa herrühren kann 
( = pers. ta£t), und Potz, Hitzblatter, wenn dies aus frz. pus entstanden 
ist, ferner elsässisch Bitz, Bitzi, Bitzel, Biß, Bißchen = neumärkisch 
Bitzken, thüringisch Emeze = Ameise (Hertel S. 59). Im Niederdeutschen 
ist mancherorts, z. B. im Neumärkischen, schließendes s in ts (z) über- 
gegangen: so in ruuts, mnd. rot, mhd. ruoz, Ruß, Schtruuts, Strauß, 
Farnits, mhd. firnis, frz. vemis, Gruuls, mnd. gros, yrüs, Zermalmtes, 
Mets, Messer, magdeburgisch Kits, Kiß. 8 Hirz, Hirsch, das sich im 
Hoch- und Niederdeutschen findet, hat schon in alter Zeit Doppelformen: 
ahd. himz, hirz und hirtz. 

Größeres Schwanken herrscht hinter den Liquiden. Aus der großen 
Zahl der Beispiele greife ich hier nur einige heraus. In Wasungen wird 
m gewöhnlich zu uz: Lenze (Linse), Benze (Binse), Hanz (Hans), Ganz 
(Gans), ebenso ls: Halx (Hals), Fehen (Felsen). So erklärt sich auch 
thüringisch Mummanz und Fopa?iz aus Mumm -Hans und Pop(el)-Hans. 

Aber auch der umgekehrte Fall ist zu beachten. So steht ober- 
sächsisch kräksen für krächzen, Schluckten für Schluchzen, erzgebirgisch 
Hukst für Hochzeit und Molst für Mahlzeit; im Schlesischen wird /*, mz, 
nx häufig zu ht, ms, ns: Hots (Holz), Mals (Malz), Kram (Kranz), im 
Neumärkischen spricht man Tarn, Glans, Kram, Frans, Warne, Schäme, 
Mite, uülsen u. a. 



Der Übergang von sch in tsch. 

Von Oskar Welse. 

Ganz ähnlich ist das Verhältnis von sch zu tsch, ein Lautübergang, 
der sich gleichfalls vorwiegend in den Mundarten findet. In erster Linie 
gehören hierher französische Lehnwörter des Alemannischen wie Tschoppe 
und Tschöppli, Jacke = mhd. Joppe, bei denen allerdings möglich ist, 
daß sie aus it giubba herstammen, während das entsprechende nhd. Wort 

1 Auch die Affrikata pf für nhd. f ist dort sehr beliebt, z. B. in Schleipfen (schleifen), 
scharpf (scharf), schürpfe (schürfe), Hnrpfe (Harfe), pfauchen (fauchen), pflännen 
(Hannen) usw. 

* Auch Stieler bietet die Form Tatze. 

* Im Inlaute steht ts für ss in neumärkisch Etxink Essig. 

* In schriftsprachlichen Ausdrücken wie Tscheche, Tschirokese, Tschitktschen, 
Tschako, Tschapka, Tschibuk entspricht dor Anlaut einem gleichen oder ähnlichen 
der fremden Sprache, aus der die Wörter stammen, wie tschechisch c = tsrh, der 
vielfach auch durch Zsch wiedergegeben wird in Ortsnamen wie Zscliopau, ZschorniUch, 
Zscheilitz usw. 



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108 



osk&r "Weise. 



aus dem frz. jupc entiehnt ist wie Jacke aus jaque. Dagegen scheinen 
unmittelbar auf frz. Quelle zurückzugehen Tschapel oder Tschappel, der 
Kranz (= bayrisch Schapel, Rosenkranz) und Tschapelier ( — bayr. Schappler 
bei Schindler) = mit. scapulare, Scapulier, ferner tschägg, scheckig, wenn 
dies richtig von frz. vchec, Schach hergeleitet wird. Dasselbe gilt von 
zwickauisch (schachern, einem hebräischen Fremdling = nhd. schachern, 
hebr. suchar, erwerben. 

Weit zahlreicher sind hier die heimischen Wörter, meist solche, die 
lautmalenden Charakter haben, wio schlesisch tschindern und tschintschern, 
neben zwickauisch tschinerti, lausitzisch schludern, ferner oberdeutsch 
tschädern, tschättem, rasseln, nösnisch tschocken, schaukeln = moselfr. 
schocken, nösnisch Tschock, Schaukel = mhd. schocke (vgl. zwickauisch 
Tschaukel neben moselfränkisch schocket), thüringisch und posenisch 
tschumpen neben schumpern, schaukeln, schlesisch tschampern, tanzen, 
wovon Weinhold wohl mit Recht den rad. Namen des Schnaderhüpfls 
Tschamperlied ableitet, während Wackcrnagel und Dunger an Entstellung 
aus »schandbar Lied« denken; ferner nösnisch tschiipsen = moselfränkisch 
Schlipsen, zirpen, alemannisch tschafpen, ein herschlürfen, schlurren, tschär- 
peln, einherschleichen, trappen, tschaagcn, einherschleichen, tschingen, 
dasselbe, nösnisch -moselfränk. tschaa oder tschää , Zuruf an Zugtiere, um 
sie anzutreiben, erzgeb. tschürlen, tröpfeln, tschockern, in Absätzen singen 
von Vögeln u. a. 1 

Eine weitere Gruppe von Ausdrücken bilden die, welche man als 
Scheit- oder Neckwörter bezeichnen kann, wie sie schon Brandstetter in 
seinem Luzerner Programm über die Lehnwörter in der Luzernor Mundart 
genannt hat, so das aus frz. joli entlehnte schweizerische Tscholi, gut- 
mütiger beschränkter Mensch, Tschomi oder Tschuml, halbblödsinniger 
Mensch, Tschenkel, ungeschickter Mensch, Tschenk, Spottwort für Italiener, 
Tschalpi, Tropf (siehe oben tschalpen), Tschaagi, Leimsieder (siehe oben 
tschaagen). Bei diesen und anderen Wörtern dient vermutlich das an- 
lautende tsch mit dazu, das Unnormale zu charakterisieren, wie denn 
auch im Wortiuneni der Laut tsch nicht selten zu ähnlichen Zwecken 
gebraucht zu werden scheint, z. B. zur Bezeichnung des lästigen Plauderns: 
vgl. altenb. quatschen, thür. hiatschen, klatschen, leipz. latschen, Schwab. 
patschen, oberhess. platschen, thür. tratschen, kärntnisch fratscheln, schles. 
watschkern, polatschkern , thür. dülatschen, bayr. bretschän u.a. 

Eben denselben Anlaut zeigen nösnisch tschirpsen, herb schmecken 
= moselfränkisch schirpsen nösnisch Tschachel = nassauisch Schachel, 
Glied einer Kette (niederl. schalet, engl, shacklc, zwickauisch tschiigeln, 
schielen, getschippert, gesprenkelt, geschuppt«, altenb. erzgeb. Tschuttsch, 



1 Vgl. auch tschtippern, tsrhurren, eilfertig, oberflächlich arbeiten, und dazu 
meinen Aufsatz über Lautmalerei im Deutschen in Lyons Zeitschrift für den deutschen 
Unterricht XIX. Jahrg. (1905) S. 524. 

s Vgl. niederländ. se/terp, scharf, herb. 



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Der Übergang von sch in tseh. 



191) 



Schottisch, alteDb. tschintschern , aussinnen, ausfindig machen, alemann. 
tschärbis, verkehrt, Tschuppi, Schupp, Stoß, Tschupp, Haufe, große An- 
zahl von Leuten, Vieh u. a., Tschuder, Schauder, Tschupp, Büschel, 
»Schopf«, mhd. schoub, Strohbund, Tschudeln, Totenkopf — Schüdele u. a. 

Auch im Inlaute können wir vielfach beobachten, daß tsch und sch 
nebeneinander bestehen. So findet sich im Ostmitteldeutschen Drotschge 
neben Droschke, in zahlreichen Mundarten Untschen und umtschen, schnell 
verschwindon, neben irischen, ansehen, wissein, irusseln, daher auch 
alemann, enlwütschen für entwischen. Ebenso begegnen nebeneinander 
putschen und fluschen, reißenden Fortgang haben, In-etscfum (z. B. altenb.) 
neben breschen, jagen, hetzen, klatschen, plaudern, neben Möschen, 
rntscheln (z. B. Vogtland.) neben ruschein, futschein und fitschein neben 
fuscheln, fussein, eilfertig reiben, futschen, heimlich vor sich hin lachen, 
neben fuschen (z. B. thür.), nösnisch mutschein neben moselfränk. muscheln, 
im Weichen, z. B. im Lehm herumwühlen (vgl. nösnisch und moselfränkisch 
umtschen, im nassen Erdreich herumpatschen), schwülmisch drauatschen, 
lärmen, neben thür. raivaschen (vergl. frz. rarage und dazu Krüger, Fran- 
zösisches im Pfälzer A r olksmund, Zweibrücken 1891 S. 70). 

Ebenso gehören hierher leipzigisch Hutsrhge, kleines unruhiges 
Kind, elsäss. Hutscherle, wohl von thür. kutschen, huschen, rutschen, hin- 
und herfahren, thür. Drutschel, plumpe Bauerndirne => altenb. Druschel 1 , 
leipzig. Bütschel, Büschel von Kopfhaaren,' alemann. Bütschelikiml, Wickel- 
kind ~ baselisch Buschikind, von buschein, zusammenbinden, 5 bayrisch 
Motschelein neben Moschel, Kälbchen (vgl. thür. Mutschekuh), oberhessisch 
Peetsch neben Peesch, peinliche, drückende Bekümmernis, moselfränk. 
Kutsche = frz. couche, Bett (vgl. nhd. Gletscher *=■ frz. glacier), Wörter, 
die zum größten Teil lautmalende Bildung aufweisen. 

Von Ausdrücken, die tsch neben sch hinter Liquiden zeigen, nenne 
ich hier manischen neben manschen, panischen neben panschen, plantschen 
neben planschen, alle drei in gleicher Bedeutung: in einer Flüssigkeit 
herumhantieren, schlesisch uällsch = wälseh, Wuntsch — Wunsch, mosel- 
fränkisch Lüntsch — lat. lens, Linse, bernisch Hültsch = Hülse, faltsch 
falsch, Möntsch = Mensch , nösnisch ht irischen neben moselfränkisch 
knirschcln, nhd. knirschen. 



1 Vgl. Tnttschclchcn . Mädchen, das sich gern liebkosen läßt, bei Kluge, Deutsche 
Studentenspr. S. 131 . oberhess. Druschel und Drutschtl, Liebkosungswort für ein wohl 
aussehendes kleines Mädchen bei Crecelius S. 30ß. engl, drotschcl, faule Person, Schlampe, 
mhd. trutschtl, kokette Gebärde der Augen, nioselfr. Trutseh, nösn. Trufsrhkcn, dralles 
Madchen. 

* Vgl. thür. Butx und Butxcn, Klumpen (Erde), Büschel (Ilaare) bei Elertcl, 
Thüringer Sprachschatz S. 78. 

* Das entsprechende thüringisch -obersächsische Bischekind wird vom Volke in 
Zusammenbang gebracht mit bischen, d. h. durch den oft wiederholten Zuruf »bsch*, be- 
sänftigen (vgl. den Anfang des Wiegenliedes: Heie, buie, bisch, biach, biseh, morgen 
koch' mer Fisch, Fisch, Fisch). 



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200 



Oskar Weise. Der Übergang von ach in lach. 



Seltener ist der umgekehrte Fall zu belegen, daß aus tsch oder x 
bloßes seh wird, wie z. B. in Dubraucke in der Niederlausitz, wo man 
sagt Schernitz für Tschernitz (Ortsname), Schonte für Tschorne (Orts- 
name), schischen für zischen, schuitschern für zwitschern, schulischen 
für zwischen. 

Aus alledem ergibt sich, daß ein Dialekt mehr, der andere weniger 
zur Affrikata neigt; besonders häufig läßt sich z für s und tsch für sch 
im Alemannischen und Nösnischen beobachten. Ob hier Nachbarmund- 
arten von Einfluß gewesen sind oder nicht, läßt sich schwer entscheiden. 

Nachtrag: Zu den mundartlichen Ausdrücken, die mit tsch aus- 
lauten, gehören auch folgende bayrische (tirolische): 
tschappe?iy beim Essen mit dem Munde schmatzen, schnalzen, nach Hintner 

in dieser Zeitschr. VII, 91 = nd. jappen, offenbar lautmalend. 
tschaggen, einen schnalzenden Laut von sich geben, besonders von Wasser, 
das in die Schuhe eingedrungen ist und darin quatscht; lautnach- 
ahmend = schweizerisch tschäggen. 
tschiggen, den Speichel beim Rauchen durch die Zähne spritzen; laut- 
nachahraend. 

tschatitschen , an zähem Fleisch fest kauen, lautnachahmend. 

tscharggen, klirrend auffallen, besonders vom Rasseln nachschleifender 
Säbel = schweizerisch tscharggen, mit den Füßen schlürfen, laut- 
nachahmend. 

Tschorgge, ein unförmiger, widriger Mensch, vielleicht = nhd. Schurke. 

Mit inlautendem tsch gehören noch hierher: rheinisch- westfälisch 
Brautsch, Wunde = mhd. brüsclie, Brausche (vgl. Zeitschr. f. rheinisch - 
westfälische Volkskunde 1905 S. 44), während tsch in nd. Büschen, kleiner 
Bissen (von Beten, Biß und sehen aus sken wi Röckschen aus Röcksken) 
anders zu beurteilen ist. 

Zu den Beispielen mit anlautendem ts <s ist noch zu stellen west- 
erzgebirgisch Tsumpel, einfältiger Mensch, mecklenburgisch (bei Reuter) 
Tsemander (Zemander), Salamander, und handschuhsheimerisch tsiglscfieit, 
Sillscheit, Querholz für die Stränge (sitt, Riemen) unter Aulehnnng an 
Zügel {tstgl), zu den mit inlautendem ts < s neuraärkisch Frääts, ge- 
fräßiger Mensch (vgl. diese Zeitschr. 1908 S. 43). 




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Othmar Meisinger. Lexikalische Beiträge. 



201 



Lexikalische Beiträge. 

Von Othmar Mols Inger. 

Wer an der Hand des deutschen Wörterbuches sich vergewissern 
will, wie weit der Gebrauch eines Wortes sich über die deutschen Land- 
schaften erstreckt, wird in den meisten Fällen keinen Aufschluß finden. 
Nur in Hildebrands geistvollen Artikeln zeigt sich meist das gesunde 
Streben, Grenzlinien zu ziehen. Mangel an Vorarbeiton zwingt auch ihn, 
sehr häufig davon abzustehen. Mit Recht hat man nun in neuerer Zeit 
auf die Notwendigkeit hingewiesen, über die Verbreitung und das Fehlen 
unserer Wörter genaue Untersuchungen anzustellen. 

Es ist hier vor allem Ph. Lenz mit seinem vergleichenden Wörter- 
buch der neuhochdeutschen Sprache und des Handschuhsheimer Dialekts 
(Baden-Baden, Selbstverlag des Verfassers, 1898) vorangegangen. 

Auf Lücken im niederalemannischen Wortschatz hat auf Grund 
des elsässischen Wörterbuchs von Martin und Lienhart Alfred Götze 
hingewiesen. 1 In meinem Wörterbuch der Rappenauer Mundart 2 habe 
ich mich bemüht, auch einen Beitrag zu liefern. Ich habe dort aus 
Kluge und Paul alle Wörter aufgenommen, die der Mundart bekannt sind. 
Das Fehlen eines Wortes läßt sich bei der Einfachheit der Lautgesetze 
leicht feststellen. 

Es wäre nun mit Freuden zu begrüßen, wenn der Vorgang von 
Lenz viele Nachfolger fände. Nur eines müßte nach meiner Meinung 
anders angefaßt werden. Es dürfte nicht bloß Kluge zugrunde gelegt 
werden, sondern womöglich noch Paul, da Kluge oft auf die Komposita 
verzichtet und gerade unter diesen sehr Wichtiges sich findet, wie ich 
im folgenden an einzelnen Beispielen zeigen möchte. Es wäre auch 
darauf hinzuweisen, wie weit sich die Verwendung eines Wortes in der 
Mundart mit der Verwendung in der Schriftsprache deckt. Oft schreitet 
die Bedeutung des Wortes im Hochdeutschen zum Metaphorischen weiter, 
während die Mundart bei der sinnlichen Bedeutung stehen bleibt 8 

Es müßte darauf geachtet werden, welche Wörter früher vorhanden 
waren, welche heute noch die Alten benützen, während sie don Jungen 
nicht mehr geläufig sind. In meiner Heimat nannte man früher Groß- 
vater und Großmutter altfato und altmoiv. Heute kennt diese Ausdrücke 
die Jugend kaum mehr. Der Polizoidiener hieß Sita, der Feldhüter ftlfsita, 
der Briefträger priifpot. Überall ist hier der Ausdruck der Mundart im 
Kampf ums Dasein unterlegen. In den 70er Jahren spielten Schmäh- 
schriften eine große Rolle, damals war das Wort Paaquill jedermann ge- 



' Aus dem badischen Oberland. Festschrift der 15. Hauptversammlung des Allg. 
Deutsehen Sprachvereins. Freiburg. Fehsenfold, 1907 S. 139 — 158. 

* Wörterbuch der Rappenauer Mundart nebst einer Volkskunde von Rappenau. 
Dortmund, Ruhfus. 1906. 

■ Dies nachzuweisen, sah ich als Hauptziel meines "Wörterbuchs an. 



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202 



Othmar Moisinger. 



läufig. Heute kennt man glücklicherweise jene Schmähschriften nicht mehr, 
und damit verschwand auch das Wort. Den gleichen Grund hat es, wenn 
alles, was mit dem Hanfbau zusammenhängt, den Jüngsten im Dorfe nicht 
mehr bekannt ist. So das Brechloch, der Brechbock, Femmel, Sämer, Trasem. 
Das "Wort Graf war in früheren Jahrhunderten volksläufig, dies zeigt der 
Flurname groofeiralt. Heute redet man vom »Graf Teufel« (mit hoch- 
deutscher Lautform). Bisweilen hält sich ein altes Wort nur in engem 
Kreise. So fand ich erst vor kurzem den Bauornausdruck jau n \ der 
mir trotz jahrelangen Herumstöberns entgangen war. Er bedeutet einen 
Längsabschnitt eines Ackers, besonders den Streifen, den ein Mähder 
von einem Ende des Ackers oder der Wiese bis zum andern abmäht 
Bei einer Nachfrage in einer Volksschulklasse stellte sich heraus, daß 
nur fünf Schüler, Söhne aus alten Bauernfamilien, den Ausdruck kannten. 

Aus der Menge der schriftdeutschen Wörter, die der Rappenauer 
Mundart völlig fremd sind oder in anderer Bedeutung vorliegen, seien 
im folgenden nun einige hervorgeholt: 

anrühren: an etwas greifen, fassen, lat. tnngerc. Ist in dieser Bedeutung 
der Ma. völlig fremd; sie kennt nur ein aa*riird in Verbindung mit »Teig, 
Mehl, Brei, Suppe-. Dem lat. tangere entspricht aa n reeg9. das nur in 
der sinnlichen Bedeutuug gebraucht wird. Man kann also nicht sagen 
»eine Sache anregen < •= in Anregung bringen. Auch Anregung fehlt. 

Arxt. Fehlt wie im Alemannischen, vgl. Götze 8. 142; man sagt dafür 
toktv, toktorz = den Arzt gebrauchen, s kelt futokton = das Geld 
verdoktern. Zusammensetzungen kommen vor wie Zahnarzt, Tierarzt, 
Mühlarzt, sie stammen aus der Schriftsprache. Doch ist atsenäi 
Arzenei alt. Wb. d. Rapp. Ma. S. 12b, Eis. Wb, 171, Schweiz. Id. I 497. 

bekommen fehlt völlig im reinen Dialekt, auch im Alemannischen des 
Wiesentals. In Rp. steht dafür kriigz, im Alem. überchoo 2 . D. W. 
unter bekommen: Auffallend ist der völlige Abgang dieses Transitiven 
im Mhd., während es heute vorherrscht Es findet sich bei Luther, 
Fischart, Keisersberg. Es scheint, daß im 18. Jahrhundert allmählich 
das edlere bekommen das Verbuni kriegen im Hochdeutschen ver- 
drängte, das schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als 
niedrig bezeichnet wird. Vgl. Paul unter kriegen, Eis. Wb. I 440, 
Schweiz. Idiot. III 281, Schneller II 1247. 

bevor. Dafür steht rp oder ep tas; cp ist, wie ich vermute, aus e ob ent- 
standen, im Alem. findet sich cp neben ob, öb. s Auch in Handschuhs- 
heim fehlt bevor, dafür wird ep verwendet. Lenz, Vgl. Wb. S. 11. 



1 Vgl. Lenz, Der Handschuhsheimer Dialekt, Nachtrag. Darmstadt 1892 S. 11. 

» Vgl. meine Schrift Volkswörter und Volkslieder aus dem Wiesentale. Freiburg i. B., 
Bielefeld, HK>7 8. 40. 

a Vgl. Volksw. und Volks!, a. d. Wiesent. S. 12. Waags Ableitung aus eh beror halte 
ich für unrichtig, Festschrift des Allg. Sprachvereins S. luö. In einem alten Volksliede 
heißt es nämlich: Wend ir das Für nit löschen, 

e ob es üch entbrennt. 



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Lexikalische Beiträge. 



203 



denn. Im älteren Nhd. werden denn und dann nebeneinander gebraucht 
für lat tum und nam. Erst im 18. Jahrhundert werden sie ge- 
schieden. Die Rapp. Ma. kennt nur tan, nicht denn. Dies tan, mit- 
unter ganz zu n abgeschwächt (Wb. S. 195a), kommt nur im Fragesatz 
vor, hos n khai* ruu ? — hast du denn keine Ruhe? Statt des be- 
gründenden denn setzt man einen Satz mit wal — weil. Das zeitliche 
dann — lat tum wird vertreten durch noot, nooDt, nootvt, tonoot, 
die auf mhd. nähmt zurückgehen, Lenz I 32, Wb. S. lila. Bei 
Barack dernocJtder. Eis. Wb. II 686/7., Zschr. d. Allg. Sprachvereins 
XIX 9. 251. 

dieser fehlt, war wohl früher vorhanden, wenn die Redewendung um 
tiis tsait alteinheimisch ist, Wb. 200 b. Für Bayern bezeugt das 
Fehlen Schmeller I 547. Man gebraucht statt dieser teev, verstärkt 
ircD too, wie in Handschuhsheim, Lenz, Vgl. Wb. 17. Vgl. unten jener. 

dort dringt allmählich aus der Schriftsprache ein und verdrängt das gute 
alte Wort sct, das sich auch in den Zusammensetzungen setränd, 
setröwd, scMuif, setrünQ findet (entstanden aus mhd. *selböt. Lenz 132, 
auf dem Dinkelberg seit, Volksw. und Volkslieder aus dem Wiesentale 
S. 37.) Eis. Wb. II 718. 

eigen hat nur die Bedeutung »in jemandes Besitz befindlich«, nicht 
* eigentümlich, seltsam, besonders«; auch kann man nicht sagen »es 
ist eigen, daß«, dafür steht suntvpaa. Auch eigentümlich fehlt 

Eltern. Kinder nennen ihre Eltern mai n lait; diese werden auch einzeln 
von den Kindern mit ihr angeredet. Eltern fehlt auch im Elsaß, 
ebenso ist in der Schweiz der Plural Eltern selten. 

Fohlen = junges Pferd. Es wird vertreten durch huts. Verkleinerungs- 
form hutxild, im Alemannischen huseli. Füllen kommt nur in einem 
Kinderliede vor, das jedenfalls eingewandert ist: 

HOSS, Ii 088, tri 11 

Der Bauer hat ein Füll usw. 

folgen, folig? hat nur die Bedeutung von gehorchen, ist nie gleich nach- 
gehen, ebenso wie in Handschuhsheim. Lenz, Vgl. Wb. S. 23, Wb. 
d. Rapp. Ma. S. 31a. »Es folgt daraus- kann auch nicht gesagt werden. 

Frühling. Das Wort taucht in unserer Spracho zuerst im 15. Jahrhundert 
auf. Es trat in dessen zweiter Hälfte neben Lenz, Glcnz, das edlere 
Bedeutung annahm. Das jüngere Frühling ward als unedler angesehen. 
Frühling als Jahreszeit kommt bei Luther nicht vor. Im 17. Jahr- 
hundert tritt Frühjahr noch hinzu. Die Rapp. Ma. kennt weder 
Lenz noch Frühling, ebensowenig Herbst als Bezeichnung der Jahres- 
zeit; sie verwendet friijoon und spootjoov, das Alem. des Wiesentals 
hat früelig und Spöbtlig. Wb. d. Rapp. Ma. S. 32b., Volksw. u. Volksl. 
a. d. Wiesentale S. 38. Nach dem J). W. hat die Wetterau friijor und 
kennt nur dieses, während die Bayern nur frücling haben, Schmeller I 
599; im Gotting.- Orubenhagenschen kommt froijür neben froiling vor. 
Der Artikel Spüljahr im D. W. verzichtet auf genauere Angaben. 



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204 



Üthmar Meisioger. 



gedeihen und gediegen fehlen, wie im Alemannischen. Petri übersetzt 
Luthers Gedeyhen mit wachsen, zunehmen. Götze S. 147. Die Rapp. 
Ma. hat verschiedene Entsprechungen. Von der Feldfrucht wird man 
etwa wie in Mahlberg sagen si steet kuut, von Menschen waksa, 
tsuunenu, von Tieren auch kroota, Partizip kakrootd, oder foraa« 
maxa. 

genesen und Genesung sind ungebräuchlich, dafür ksunt wer». Schmeller 
gibt aus Bayern genesen als nicht mehr vorhanden. 

Gespenst wird durch kaaist vertreten, Handschuhsheim hat kSpaßt Wo 
ein kaaiM umgeht, da, sagt man, spukts oder s'isch nct sauwu. Im 
Taubergrund dafür s keet Um. 

Getreide ist durchaus ungebräuchlich. Petri übersetzt Luthers Getreydc 
mit Frucht, Korn. Götze S. 148. Man sagt dafür fruxt oder sar. 
het v aiv sax tahaam? habt ihr euer Getreide zu Hause? Doch hat 
fruxt die besondere Bedeutung Spelz, und khorm heißt der Roggen. 

Heimchen. Ahd. mühheimo, nd. heimke, elsässisch heimel Foldgrille. Eis. 
Wb. I 337, Schweiz. Idiot. II 1289. Das Tierchen heißt Icriksv oder 
krikste, in Handschuhsheira kriksl, Wb. d. Rapp. Ma. 78b. Lenz, 
Vgl. Wb. 32. Ein Flurname heißt kriksaraai n . Auch Grille ist nicht 
bekannt. 

Henne und Hahn werden durch huu n und kikv ersetzt, es fehlt auch das 
pfälzische hinkl. Die brütende Henne heißt kluk, die kleinen Hühnchen 
hiilin, in der Kindersprache piipilin, im Wiesentale waiseli, Volks w. 
u. Volks!, a. d. Wiesentale S. 42; küchlein bei Luther übersetzen die 
Schweizer mit Jungen. Von Meißen aus wurde es durch Luther 
in Gang gebracht. 

hinken fehlt, dafür knapd ; im Bayr.-Alem. findet es sich, auch die alte 
starke Form gehunken. Das pfälzische Snapa fehlt hier ebenfalls. 
Lenz, Vgl. Wb. S. 33. 

heimlich, mhd. heimelich. Es bedeutet im Hochd.: 1. von Personen ein- 
heimisch, 2. von Tieren zahm, 3. aus der Bedeutung des Heimatlichen 
und Häuslichen fließt die Vorstellung des Traulichen und Vertrauten. 
So sagt Goethe im Werther: so vertraulich, so heimlich hab ich nicht 
leicht ein Plätzchen gefunden. Das mundartliche fiaaiHic hat nur 
die Bedeutung von vertraut, traulich, nie — occultus, clam. 

heucheln ist dem Ahd., Mhd. unbekannt Es hat mit seiner Sippe die 
Heimat in den mitteldeutschen Gegendon, von Schlesien durch Meißen 
und Thüringen bis nach Franken, von wo aus, erst seit dem 16. Jahrh., 
es sich in die allgemeine Schriftsprache eingebürgert hat. Mit auf- 
fallendem Anklang an Luthers Tischreden 129a findet es sich bei 
dem süddeutschen Dichter Weckerlin 239 (D. W). Die Rapp. Ma. 
kennt es nicht, sie verwendet dafür sich verstellen. Heuchler kommt 
unter dem Einfluß der Schriftsprache vor. 

Heuschrecke fehlt, dafür haaihepfu, im Wiesentale heugumper, zu gumpa 
hüpfen. 



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Lexikalische Beiträge. 



205 



Hügel Götze zeigt, daß Petri Luthers hügel mit gipffei, büket wiedergibt 
Seine Angabe über die Rapp. Ma. ist dahin zu berichtigen, daß hiwl 
in Rapp. nur Erhöhung, Pocke auf der Haut ist. Das Wort, das 
dem fehlenden Hügel entspricht, ist neben perikh, pukl. Zwei Flur- 
namen heißen poohpukl, frantsousapukl. Vgl. Wb. d. Rapp. Ma. S. 134 b 
unter pukl. 

jener fehlt und wird durch selo vertreten. 

Jugend kommt nur unter schriftsprachlichem Einfluß in der Halbraundart 
vor. Statt 4n meiner Jugend« wird mau sagen in maina jurja joora 
oder wi i nox juy kwest pin. Vgl. Lenz, Vgl. Wb. S. 35. Das 
Substantiv jung kommt als Neutrum vor, s juy das Junge von 
Tieren, tv juy ist der Lehrbub. 

irr = verrückt fehlt An Synonymen ist kein Mangel; neben verrückt 
steht gspritst, meschüge, übergeschnappt, daneben verbale Ausdrücke; 
irren verwendet man nur transitiv, ten evt t muka an tv want ihn 
irrt (ärgert) die Mücke an der Wand; sie coro ist gebräuchlich. 

Kahn ist unbekannt Ein kleines Schiff heißt naxa oder ncca, im Wiesen- 
tale waiilik, Volksw. u. Volksl. im Wiesentale S. 42. Im Taubergrund 
selc, m. Götze S. 151 und Hildebrand im D.W. Auch Boot ist in Rp. 
unbekannt 

Karren wird vertreten durch kharic. Nach dem D. W. ist der Karren 
oberdeutsch, die Kaive mitteldeutsch, ahd. mrrnh war von jeher auf 
das westliche Deutschland beschränkt, besonders im mittleren und 
oberen Rheinland heimisch, wie jetzt noch nicht bayrisch, nicht 
schweizerisch. Im Elsaß steht karch neben karren. Kärrner fehlt 
Eino Komposition ist üupkharic. Auch Lenz hat kJmrc. 

Kehricht kommt nicht vor, man verwendet dafür etwa trek, wio in Frei- 
burg. Götze S. 152. Die Abfälle der Küche heißen petsic (in Heidel- 
berg kapils), die Salzabfälle der Saline saltspetsic. Das Säubern der 
Straße heißt kheera, der Herd, das Kamin werden kfeekt. Der Straßen- 
kot wird mit der Krücke kakriklt; Wb. d. Rapp. Ma. 78a. 

klug und weise sind nicht gebräuchlich. Das Volkswort ist ksait, daneben 
hcl, pfific. turictrtwa, man sagt vr i$ turic wi a ploosroov, slitsecric. 
Schließlich nimmt man gar das Hebräische zu Hilfe, vr i$ an Slauma x 
(aus Salomon entstanden), an khuuxm, an waxüul, an slemtil; vgl. 
Zschr. f. hochd. Maa. I 174, Götze S. 153. 

Knabe kommt nicht vor, es wird durch pnu, Mehrzahl puiiwa vertreten. 
Nach Paul jetzt vornehmeres Wort, in der gewöhnlichen Umgangs- 
sprache verdrängt oberd. durch Bub, nordd. durch Junge. Die ältere 
Zeit sagte lieber junger Knabe für unser Knabe, weil Knabe noch 
den Jüngling mit umfaßte. Wahrsten Einblick in die Bedeutung des 
Wortes geben die Mundarten der Schweiz. Dort ist Knabe 1. Kind 
männlichen Geschlechts mit besonderer Beziehung auf den Familien- 



1 Vgl. meine Appellati vnamen in den hochd. Mundarten. Lörrach 1904 S. 24. 25. 



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206 



Othmar Meisinger. 



verband, Sohn besonders im Alter der bürgerlichen Handlungsfreiheit 
2. Bursche, Geselle, erwachsener Bursche, zunächst nur zur Bezeich- 
nung der mit der Konfirmation beginnenden Altersstufe, dann aber 
zur Bezeichnung des ledigen Standes ohne Rücksicht auf das Alter. 
Bei den »Wibervölkern« entspricht Jungfer, Maidli. Die Juugburschen 
schließen sich zu Knabenschaf ten zusammen zur Feier von Kirch- 
weihen usw. Ähnlich ist es im Elsaß. Eis. Wb.I 501. Schindler 1 1344: 
Knab, dieses Wort wird vom gemeinen Mann sehr selten gebraucht, 
indem er für die meisten Fälle sein Bue vorzieht. Es hat fast die- 
selbe Geschichte wie das Wort Knecht. 

Knospe wird nicht gebraucht. Vertreten wird es durch knöpf wie in 
Handschuhsheim. Knospe ist im Hochd. seit dem 18. Jahrhundert das 
herrschende Wort, woneben die früher geltenden brosx, bolle, butie, 
knöpf, auye zurück treten. Schmeller I 1355 hat nur knospes, Klotz, 
grober Mensch. Eis. Wb. I 509. 

Knoten fehlt, es entspricht an Stöcken, Pflanzen, Fädeu knöpf Knoten 
= grober, ungebildeter Mensch ist ebenfalls ungebräuchlich. Was 
der Bayer Knötcl, der Thüringer Klöße nennt, heißt auch knöpf, Mehr- 
zahl knepf: es gibt also khatuft knepf, lewvknepf Lenz, Vgl. Wb. unter 
Kloß, S. 38. 

kreischen, das in Pfalz so beliebt ist wie die Tätigkeit des Kreischens 
selbst, ist hier nicht gebräuchlich. Dafür srah. Man nennt die Pfälzer 
pheltsn krisv. 

Leiche und Leichnam verwendet man nicht Aus dem Hochd. stammt 
Frohnleichnam; d tonts ein Leichnam, laict ist das Leichenbegängnis, 
wie in der Pfalz. 

leihen wird vertreten durch lenw, das auch entleihen bedeutet Lenz. 
Vgl. Wb. S. 43. 

lenken fehlt, dafür steht rah reihen. Näheres hierüber bei Lenz, Vgl. 
Wb. unter lenken. S. 43. 

Lippe ist uicht volkstümlich, der heimische Ausdruck ist leftsd, mhd. 
H'fsc. Dies ist ein vorwiegend oberdeutsches Wort, schwäb. zu Iii f ig 
erweitert, tirol. lesjie. Luther scheint es nicht gebraucht zu haben. 
Lippe ist eigentlich md. ml. 

Menge wird nicht verwendet, Stellvertreter sind masiuu n , häuf*. pmt<l 

mutieren. Für dieses Verbum haben wir das deutsche sreijkB, das Lenz 
nicht erwähnt. Es hat einen interessanten Bedeutungswandel durch- 
gemacht Die Grundbedeutung ist schräg zusammenlegen < ; so redet 
man denn von Gänsen, die geschränkt haben, wenn ihre Flügel über- 
einander laufen und sie somit flügge sind. Von hier wurde es auf 
Menschen übertragen. 

Mütxe ist uicht volksmäßig, ebenso wie in Bayern (Schmeller I 170$) und 
im Alemannischen, wo wie hier kappe gilt. Ein früher gebrauchtes 
Kleidungsstück der Frauen hieß mitsh — kurze Jacke. Das Wort ist 
mit dem Kleidungsstück versehwunden. 




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Lexikalische Beiträge. 



207 



nachdem fehlt ebenso wie das zeitliche als, beido werden durch icii ver- 
treten, soweit man nicht lieber in Hauptsätzen redet, mit ständiger 
Weiterführung mit noot (hochd. etwa »und dann«), 

Nacken fehlt, dafür sagt man knik, ankl. Die bayr.-österr. Maa. haben 
das Kollektivum genäcke, in schwäb.-alem. Idiotiken fehlt das Wort 
nach der Angabo des D. W. 1 Schindler II 1720. 

naschen fehlt wie im Schwab., Alemannischen. Man sagt sneeka, im 
Wiesentale sneifo, Volksw. u. Volksl. a. d. Wiesent S. 40, Götze S. 154. 

obwohl fehlt, es wird ersetzt durch un wan. 

Pferd kommt nur in dem Eindringling pfecvtstsaa* vor. Es wird durch 
Gaul vertreten, ein schlechtes Pferd heißt mera, eines, das gern 
schlägt, masic, was aus dem Hebräischen stammt Ztschr. f. hochd. 
Maa. S. 174. Im Wiesentale ist Roß das geläufige. Vilmar bezeugt 
Gaul auch für Niederhessen, wo der Bauer nur im Verkehr mit Vor- 
nehmen das Wort Pferd gebraucht. Zusammensetzungen werden auch 
mit gaul gebildet, gaiUiiml, gailMal, gailknopl (Exkremente), gailmarik. 
Es ist also falsch, wenn das D. W. angibt, Zusammensetzungen wie 
Roßmarkt, Pferdestall würden nicht mit Gaul gebildet. Eis. Wb.II 139: 
Pferd selten, die eigentlichen alem. Wörter sind Roß und Gaul. 
Schmeller I 441 berichtet: Im Alt-B. braucht der gemeine Landmann 
dafür lieber Jios, sowie in anderen Gegenden Gaul üblicher ist, er 
hält sich insofern an das eigentliche deutsche Wort 

schüchtern ist selten, Ersatz pleed blöd, Sindnt; schüchtern ist zuerst md. nd. 
Schiller-Lübben 4. 144a. Dann kommt es bei Luther vor, bei Campe, 
Günther, Lessing. Genaue Abgrenzung versucht das D. W. nicht. 

sehr wird ersetzt durch arik, eelenl. Auch versehren fehlt In Willstätt 
bei Kehl, in Lauf an der Murg kann man noch sagen i bin sehr = ich 
bin wund gerieben, mhd. scr wund, leidend. Ähnlich Schmeller II 321. 

Teich ist in Rapp. nur eine Flursenkung ohne Wasser, ein Flurname heißt 
hasllu taic; wain ist in der Zusammensetzung aiswaiv Eisweiher ein- 
geführt. Das heimische entsprechende Wort ist see. Götze S. 157, 
Lenz, Vgl. Wb. S. 71. 

uerfen fehlt, dafür sagt der Rappenauer xmaisa, der Alemanne des Wiesen* 
tales verwendet das transitive kfiaio, uso khah hinauswerfen. 



1 Doch s. Eis. Wb. I 76ti, Schweiz. Idiot. IV 713. 



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20S 



E. Vollmer. 



Wechsel zwischen p, k, t im Germanischen. 

Von E. Vollmer. 

In seiner Schrift »Die germanischen Gutturale« 1 hat E. Zupitza eine 
reichhaltige Sammlung Fälle von Wechsel zwischen p und k in germa- 
nischen und außergermanischen Sprachen aufgestellt »Keine Sprache«, 
heißt es auf S. 36, »aber ist reicher an Alternationen, als das Germanische; 
dieses hat aus einigen ererbten Mustern ganz offenbar ein wirkliches 
Prinzip abstrahiert und dasselbe zum Range des konsonantischen Korre- 
lats zum Ablaut erhoben; damit hat es sich eine reichlich strömende 
Quelle sprachlicher Neubildung und erwünschter Bereicherung des Wort- 
schatzes eröffnet!« Die modernen Mundarten erwiesen sich ihm in dieser 
Beziehung als besonders ergiebig. — Zupitzas Untersuchungen erstreckten 
sich nur auf Fälle von Wechsel zwischen p und A*. Er spricht (siehe 
Anm.) nur von einem gelegentlichen 2 Wechsel zwischen Kehl-, Lippen - 
und Zahnlauten; jedoch ist auch dieser Wechsel recht häufig, wenn auch 
ungleich seltener, als der von ihm untersuchte. — 

Der Zweck dieser Abhandlung soll sein, diese von Zupitza unberührt 
gelassene Art von Wechsel durch eine möglichst zahlreiche Beispiellese 
zu veranschaulichen und den Bedingungen für das Auftreten solcher 
Parallelformen nachzuspüren. 8 

Für meine Untersuchungen habe ich folgende Werke benützt: 

Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 5. Aufl. 1894. 

Lex er: Mhd. Wörterbuch. Leipzig, 1872. 

Lübben und Walther: Mittelniederdeutsches Handwörterbuch. Norden 
und Loipzig, 1885. 

Schiller - Lübben: Mittelniederdeutsches Wörterbuch. Bremen, 1877. 

Dann eil: Wörterbuch der altmärkisch- plattdeutschen Mundart Salz- 
wedel, 1859. 

Schambach: Wörterbuch der niederdeutschen Mundart der Fürsten- 
tümer Güttingen und Grubenhagen. Hannover. 1858. 

J. ten Doornkaat Koolman: Wörterbuch der ostfries. Sprache. 
Norden, 1882. 

Ondemans: Bijdrage tot en Middel- en Oudnederlandsch Woorden- 

boek. Brüssel, 1870ff. 
Trachsel: Glossarium Berliner Redensarten und Wörter. 1873. 
Hans Meyer: »Der richtige Berliner« usw. Berlin, 1903. 
Skeat: Etymological Dictionary of the English Language. 
Flügel: Englisch -Deutsches Wörterbuch. Braunschweig, 1891. 

1 Schriften zur germanischen Philologie, hsg. v. Rodiger, Bd. 8. 

1 S. 35, Anm. sagt er ausdrücklich: »Das gelegentliche Auftreten von Dentalen 
im "Wechsel mit Gutturalen und Labialen lasse ich außer acht«. 

3 Nach Abschluß dieser Arbeit erst kam mir der Aufsatz von Ludwig Hertel »Der 
Wechsel der Hartlaute* (Zfbd. Mundarten, 1903) zu Gesicht, in dem bereits auf diesen 
Wechsel hingewiesen wird. 



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Wechsel zwischen /», k, t im Germanischen. 



209 



Zupitza wies den Wechsel zwischen Lippen- und Kehllauten nach 
1. in Wurzeldeterminativen, 2. in Wörtern, wo die reine Wurzel nicht 
mit Sicherheit herausgeschält werden konnte, es also zweifelhaft blieb, 
ob nur ein Wurzeldeterminativ oder die Wurzel selber den Wechsel 
zeigt, und 3. in Wurzelwörtern selber. — Ich gehe auf diese Scheidungen 
im folgenden nicht ein. 

Ein ähnliches Verhalten, wie es die Sprache eines ganzen Volkes 
zeigt, nämlich einen unter gewissen Bedingungen leicht eintretenden 
Wechsel zwischen Lippen-, Kehl- und Zahnlauten finden wir bereits in 
der Kindersprache. Das Kind sagt: Droßmutter, den, rfcrfannen, (p)flüften, 
fonirnen, dun/el usf. (Großmutter, geh, gegangen, pflücken, kommen, 
dunkel). Anderseits ist Mangel statt Mantel, Ainken statt trinken, klecAern 
statt klettern, Schmer-Aerling statt Schmetterling und ähnliches häufig 1 . 
Aus dem Munde eines Kindes beobachtete ich: Mäm^elchen (Mäntelchen); 
>grüß Tante« wurde zu »biep Pampe«! Bei einem anderen wieder: 
Tröbbi — Körbchen, Pugel (Kugel) usw. Einen Knaben hörte ich, in 
dessen Munde »Handschuh« zu »Hank-kü«, groß zu gö*A-, der Buchstabe z 
zu »ekk« wurde. 

Auch in der englischen Kindersprache findet sich das gleiche. So 
sagt das englische Kind: bir/*-day statt birth-day usw. Diese Beispiele 
zeigen deutlich, daß die Möglichkeit des Umspringens von einer Arti- 
kulationsstelle zur anderen von vornherein nicht von der Hand zu weisen 
ist; aber nicht bloß wechseln Kehl- mit Lippenlauten, sondern, wie diese 
Beispiele lehren, auch mit Zahnlauten. — 

Und, um von der Kindersprache zur entwickelten Sprache des 
Volkes überzugehen, so ist die Vertretung indogermanischer velarer 
Kehllaute durch Zahnlaute im Griechischen jedem bekannt, z. B. got kalbö 
und gr. deltpig, deltpa!;, dohpög (idg. gu); ahd. qucllan zu gr. dt)J.u (ßdX?.w); 
isl. ukkr »Geschwulst« zu gr. ad*;'»-, lt. ingiten, gr. &dvut neben q>6vo$ 
(idg. ghu) u. a. (siehe Zupitza: Gutturale). 

Innerhalb des Germanischen ist bekannt die Vertretung eines got. p 
durch ahd. f z. B. got plinhan, ahd. fliohun, ae. flcon; got plaihan, 
ahd. flehan, aisl. flär »listig«. — Oder p steht im Wechsel mit germ. 
Kehllaut: got Jncairhs »zornig«, ae. piceorh, hd. »quer*, neben xiverch(fell); 
ahd. (iucrah, tuerh »quer«*, mhd. twerch, dwerch und querch. 

Xach diesen Bemerkungen wird es nicht wundernehmen, wenn 
wir auch sonst im Leben der Sprache diesor Neigung des Umspringens 
von einer Bildungsstelle zur anderen begegnen. In der Tat sind Beispiole 
dafür, wie eingangs bemerkt, recht häufig. Ich gehe nun an eine alpha- 
betisch geordnete Aufzählung von Fällen, die zweifellos aus den ger- 

1 Auch an das durch volksetyniologische Umdeutung entstandene (berlin.) SchonA-el- 
niann (gentleman) sei hier erinnert. 

'In dor Sprache Reuters: rcr-dicas, dteatsch »verquer«, mnd. duOs »quer». 
dicaseti, schw. vb. »Unsinn reden«, vgl. altniärk. tjuatsett, quasseln ueben dtcasseln; 
dteaslich neben quaslich u. a. m. (vgl. Danneil). 

Zeitschrift für Deutsche Mundart™. III. 14 



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210 



E. Vollmer. 



manischen, besonders niederdeutschen Mundarten noch um viele weitere 
vermehrt werden könnten. 

A. 

Nd. adermonie, Lehnwort aus dem griech. dQyeuutvij, neben agri- 
monia (eine Pflanzenart). 

B. 

1. Ndl. bonken; vgl. ne. to bunt »mit dem Kopfe anrennen«, *mit 
den Hörnern stoßen«, daneben to bump. 

2. Oberd. Brente, Brenke für »länglicher Kübel« (siehe Fischer, 
Schwab. Wb.). 

F. 

Nhd. »flackern* und »fiatlernt, ahd. flagarön (cfr. mhd. vladern zu 
» flattern*)] daneben fluttern, flottern. Vgl. mhd. vlocken »fliegen« und 
nd. flockern (von Schneeflocken: fliegen), mhd. vlücken, vlucken (trans. 
vb.) »flackern machen«, mhd. vlücke »flügge«. Hierzu ne. to flutter, 
ae. flotorian »fluctuare«, zu fleotan, flota »a ship«, aisl. flokra »to flutter 
about«. Daneben ne. to flicker, flacker. Verwandt: flagge, aus dem nd. 
entlehnt, ne. flag. Dazu stellt Skeat rao. flakken »to palpitate«, vgl. das 
frequent. »flacker*; auch ne. to flap, ferner ne. dial. to flick-, neben to 
flip und to flit »flitzen«, schnippen, schnellen; to flitter (ne. prov.) »flat- 
tern«, neben to flicker. 

1. Nhd. geixen, mhd. gftesen, gfxen, nebon gTten »gierig seins vgl. 
nd. (amk. 1 ) glpern (adj. gljmch). 

2. Amk. und mnd. glippen >gleiten«, verwandt mit glitschen, zu ae. 
glidan, mhd. giften, ahd. gif tan; vgl. auch adj. glibbrig neben gluhlrig 
(Danneil). 

3. Amk. grummein »schwach donnern«, mnd. grummen, grummeln 
»dumpfes Getöse machen«, verwandt mit aisl. pruma »donnern«, me. 
drumme, ne. drum neben to thrum. Mhd. trumel (nach Kluge Lehowort 
aus lt. trumba); vielmehr wohl urverwandt mit ne. drum, dän. tromme); 
ferner mhd. trumbelen, trumein. Zu mnd. grummen, grummein, vgl. frz. 
grommeler »zwischen den Zähnen murmeln«, vgl. auch »brummcln* (in 
gleicher Bedeutung). 

4. Nhd. Gurgel, ahd. gurgida. Vgl. Qördel (bei Reuter). Siehe auch 
* orgeh. 

L 

Euter, mhd. iuter, ahd. ütar; aisl. aber jügr für judr »Euter«, ae. 

fuhr, ne. udder, lt. über. 



1 = altmärkische Mundart. 



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Wechsel zwischen p, k, t im Germanischen. 



211 



K. 

1. Xhd. kaudern, mhd. kauteren, kuttern neben kuckern. Vgl. 
Kauderuiilsch. 

2. Xd. klaeteren »klecksweise kommen«. Vgl. damit klappern, ne. to 
datier, to cfack neben to clap, nd. klacken (neben *klappen<). Vgl. amk. 
klackern xSpeise kleckswcise auf die Kleider fallen lassen*, auch *sich 
bekfackern*, zu klecks, kleks; daneben amk. kiötern = *klcckern<. — adj. 
klaeterig von der Milch gesagt = »geronnen« ; berlin. klatrig armselig« 
neben klapprig »gebrechliche. Verwandt ferner: amk. Maetcrtasch, 
klaeterlis -Frauensperson, die viel schwatzt«, cfr. ne. dock 'Mundwerk« 
(»her clack goes for ever«) und ne. to clack neben to clap »to make a 
sudden, sharp noise« (Skeat). Daneben ae. clatrung, ne. clattering. — 
Klecks zu mhd. klecken (Umlaut von klac krach«) = 1. Flecke machen, 
2. tönend schlagen. Hierzu gehört auch nhd. klatschen »schwatzen« aus 
*klakxen, wie quatschen aus quaezen (s. u.). Vgl. auch die sb. Klatsch- 
base, KUitschlicse , im gleichen Sinne wie amk. Klaeterlis. 

3. Amk. kladdern »von Schmutz kleben«, vgl. beklabljern »klebrig, 
schmutzig machen«. 

4. Xhd., mhd. klippe, ndl. klip, ae. klif, ne. cliff. Daneben mit n 
im Stamme: klinke (vgl. die Wissower Klinken, a. Rügen) neben Mint 
>Klippe«. Vgl. tAhrenskUnten«, Klippen bei Schierke im Harz). Auf 
der dän. Insel Meen unterscheidet man die »störe Klint* und »lille 
Klint*. Dän. Mint = et Forbjerg; Biergstraekning ved Havet (Molbechs 
Dansk Ordbog). 

5. Xhd. Klunker »Troddel« zu mhd. glunke »baumelnde Locke« 
und klungeler (glungeler) »Troddel- , \h. ylunkern ; daneben berlin. Klun- 
tern »untere Teil der Frauenkleider«. 

6. Amk. klunxig »klumpig« (wie ein Kloß), und nd. sb. klump, 
mhd. klumpe neben amk. Munt (Danneil). 

7. Xhd. knicken und mit Ablaut: mhd. nhd. knacken, und frequ. 
knackern , vgl. knittern : knattern. 

8. Xdl.vb. knotten = »Knocken*, >in Knocken drehn« (vom Flachs), 
vgl me. knucche > Bündel« (ac. *cnycce), ne. knitch »Holzbündel«. 

9. Xhd. knüpfen, nd. knütten neben knappen, ae. cnyttan, durch 
Umlaut von enotta (ne. knot), ne. to knit. Vgl. auch nd. knöpen »knöpfen« 
zu nd. knuppen > Knoten«, ne. knot, daneben auch knop. Vgl. gäl. mag, 
engl. knag. Auch nd. (amk.) knubbel »Höcker«, Beule , neben knuddel 
»Knoten« ist damit verwandt Zu dieser Sippe gehört auch Knüttel« 
neben * Knüppel*. 

10. Kritxel, mhd. kritxrn, ahd. krixxön »einritzen «, daneben: berl. 
Krickel (und mit Ablaut: krickel - kracket, gleichsam * kritxel -krutxel). 

11. Xdl. kwakkel »Wachtel«, daneben kwattel (ndl. und ostfries.). 

14* 



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212 



E. Vollmer. 



L. 

1. Nhd. locker, erst frühnhd. Hierzu gehört wohl: lotter (z. B. in 
Lotterbube, Lotterleben) — liederlich, vgl mhd. loter, nd. lodder, luder 
(und mnd. loger) > liederlich«. 

2. Nhd. Lunte zu mhd. lünden »brennen«. Vgl. ne. link »Fackel^, 
»Zündfaden«, daneben lint und /««/-stock, »Luntenstock« und ne. lunt. 

JL 

markein (Berliner Mundart) neben mhd., nhd. martein, (martein), 
ahd. martirün. 

0. 

Neben mhd. nhd. orgel, ahd. orgela (organä) findet sich nd. ördel 
(z. B. bei Reuter). 

P. 

Nhd. plappern. Daneben mhd. platzer »Schwätzer«, stellt sich zu 
ne. io prattle, nd. prateln »schwatzen«, daneben nd. prappeln »ohne Uber- 
legung sprechen» (Schanibach), ne. to prate, frequ. prattle. Verwandt 
damit ist auch ne. to bläh, me. blaberen, vgl. mnd. pladeren »plappern«, 
spätrohd. plüdern, nhd. plaudern (KJuge). Auch mnd. blöderen, blöderen 
»deblaterare« (Diefenbach- Wülcker). 

2. Amk. und sonst nd. pbtern (Berliner Mdart: »pctern«) »mit einem 
Instrument in etwas herumwühlen«, »herumstochern«, daneben &mk. pökern 
(vgl. ne. to poke). 

3. Nd. pratxeln > bezeichnet den Laut, der entsteht, wenn etwas in 
der Pfanne gebraten wird«, vgl. berl. Mdart pröckeln (Trachsel) »vom 
Geräusch beim Kochen der Speise, wenn nur wenig Flüssigkeit sich im 
Gefäß befindet^ mhd. prastcln, brasteln (prasseln), und brasten schw. vb. 
zu bresUm »bersten«, »brechen«. 

Nd. (berl. Mdart) quaddrr »Unsinn«, »leeres Geschwätz« (Trachsel). 
vb. quaddelu, sb. quaddelei ; vgl. amk. quackeln »unvorsichtig reden«, 
mhd. quattern, quatern »quaken«, zu ndl. quaken »schwatzen« und 
quatschen, mhd. quaczen, quaxen; vgl. ne. quack > Quacksalbere und to 
qttack »to cackle«, ? prate«. 

R. 

1. Nd. ractern, daneben berl. Mdart rackern — »rütteln«. 

2. Mhd. sb. ranx .»heftige Bewegung«, Streit* , und mhd. ranzen 
-ungestüm hin - und herspringeiu, nhd. ranzen »unruhig umherlaufen 
(namentlich in der Brunstzeit)«. Vgl. hierzu: ne. to rant »wild, aus- 
gelassen seiiu neben to rank, und to rankle »sich entzünden«, >eitern«. 



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Wechsel zwischen p, k, t im Germanischen. 



213 



Auch das adj. ne. rank »geil«, > üppige. Nhd. anranzen (jemd.) also 
eigentlich: jemand in der Brunst angreifen. 

3. Nd. ruckeln, anruckein zu ahd. rucchan, mhd. rücken, rucken, 
»schiebend fortbewegen«, neben »rütteln«, mhd. rütelen, dazu nd. »rüppeln«, 
berl. Mdart trippeln* (»sich nicht rippeln noch rühren können«). 

4. Mhd. nhd. runxel, ahd. runxila, dazu ne. to rumple »to wrinkle«; 
ndl. rimpelen, ae. gehnjmpele »Runzel« und pari gehrumpen »runzlig«. 
Vgl. auch mhd. runke »Runzel«, ahd. rimpfan, mhd. rümphen »Nase 
rümpfen«, reflexiv: runzlig werden usw. 

Verwandt damit: ne. icrinkle. Hier Ausfall eines Kehllautes, wie 
Kluge will, anzunehmen, scheint mir überflüssig. 

S. 

1. Nhd. schaukeif nd. sb. schuckel und schocke »Schaukel«, sich schocken 
(Diefenbach und Wülcker). mhd. schlicken, schocken »oscillare« ; daneben 
nd. dial. scfiaute, vgl. mhd. schilfern »schwingen«, »schütten«. Mit n- 
Infix: berl. Mdart »schunkeln« = schaukeln, amk. schunkel »Schaukel«. 
Vgl. auch unter 8. 

2. Mhd. nhd. schindel (lt scindula). Vgl. ne. shingle »a wooden tile«. 

3. Berl. Mdart: Schlumpe (Trachsel: »nachlässige, schmutzige Per- 
son« neben » Schlanze*, »sich einschlunxen* = sich einschmutzen. Vgl. 
amk. adj. slunxig, slanxig, mhd. adj. slump, nhd. schlumpig, schlampig. 
Vgl. auch ne. slump »Sumpf«, »Schlamm«. Diese Formen mit n- Infix 
stellen sich zu me. slutte »Schlamm«, »Schmutz«, auch: »schmutziges 
Frauenzimmer«, ne. slut »liederliches Frauenzimmer«. 

4. Nicht mit dem vorigen verwandt erscheint: Nhd. »schlappen* 
rahd. slappen zu nd. slakkern (neben slukkern) schlaff, lose sein« und 
mit n- Infix mhd. slampen »herabhängen«. Vgl. norweg. (schwed.) sloka 
neben sluta »to droop« zu isl. adj. slakr »schlaffe. Zu nd. slakkern, 
(slackern) stellt sich nhd. schlottern >zu weit sein, lose sein«, nd. (ostfries.) 
sludderen »schlaff und unfest gehen« usw., nd. slackrig »schlottrig« neben 
amk. sladdrig > zerlumpt«, ^schlaff herabhängend«. Neben das adj. nd. 
slap (und slak) stellt sich mhd. slanc »schlank«, »mager;, vgl. Lampr. 
Passion : sie wurden weich unde slanc von der hitze = schlaff herab- . 
hängend; vgl. auch mnd. slank »weich«, »biegsam? . 

5. Nhd. schnarchen, mhd. snurchen sternutare«, Intensivbildung zu 
mhd. snairen. Vgl. mo. anorten, ne. to snort und dän. snork, ndl. snorken. 
Ferner mhd. sb. snart »Wachtelküuig«, »schnarrendes Wort«, »Spottwort« 
zu sniirker »Kauz«. 

6. Nhd. schnattern, mhd. snateren, nd. snaddern »auch von Menschen 
gesagt«, daneben nd. (berl. Mdart.) schnabbern (Trachsel), vgl. auch: 
schnaken, ndl. snakken » schwatzen < , - plappern* , amk. snackrig schwatz- 
haft* neben amk. vb. switern. 

7. Nhd. Schnitte, rahd. snitc, ahd. snita. Hierzu mit Suffix -sei 
Schnitzel«, daneben nd. schnipset, vom Verbum (berl. Mdart) schnippern 



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214 



E. Vollmer. 



»in kleine Stücke schneiden«, amk. (und sonst nd.) snippeln, daneben 
amk. snickem »aus Spielerei mit einem Messor schneiden« und nhd. 
schnitzeln, frequ. zu mhd. snitxen (das z erklärt sich aus der Intensiv- 
endting -zen). Vgl. auch to snip »clip« und ne. sb. snip »a small piece< 
neben snick »Schnitt«. 

8. Nhd. schütteln, schüttern, mhd. schütelen, ahd. skutilön; daneben 
(berl. Mdart) schuckeln (Trachsel); vgl. ne. to shudder » schaudern«. 

9. Nhd. Schiranz, zum adj. .schwank, eigentlich »das, was hin und 
her schwingt«, mhd. swanc »schwingende Bewegung«, »Schwung«. Vgl. 
mhd. stcan z 1. »schwingende, tanzartige Bewegung« (z. B. in des jares 
siranze = Gange), 2. »Unterteil eines Frauenkleides <, 3. Schwanz (cauda). 
Vgl. auch das mhd. vb. swenzen »schwenken«, »putzen«, »zieren« und 
mhd. swanzen neben swanken »schwanken«, »sich schwingend bewegen«. 

10. Nhd. schwärzen, vgl. amk. uppswärk'n »vom Aufsteigen dunkler 
Gewitterwolken gebraucht«; ae. gc-swearcian »to make or become dark< 
(auch swearcan intr. »dunkel werden«!?) (siehe Bosworth), neben gc- 
sweartian »to make or become black«. 

11. Nhd. spalten, nd. Spellen für Speiden (Grimm, Dtsch. Wtbch.), 
vgl. dial. ne. to speit, daneben to spelk, spilk und ne. to split, dän. sptitte, 
vgl. auch nhd. * spleißen*., mhd. splizen. Vgl. ferner sb. ae. speld »Span. 
Holz«, mit Verlust des d (ähnlich wie im hd. zerspeüen) ne. sb. spell 
(spill) »dünner Splitter Holz« neben dial. sb. spelk »Span«, »Splitter^, 
mhd. spclte sb. »abgespaltenes Holzstück«. 

12. Nd. sparteln neben spraddeln »sich mit Händen und Füßen 
heftig bewegen« und, mit Verlust des r: nd. spatteln (und spaddeln). 
Hierzu vgl. ne. (besonders schott) to spartle neben to sparkie; auch 
sparple kommt vor (Flügel) »hastig hin und her fahren«, »sprühenc, 
»funkeln«. Daneben, besonders schott. to sprattle »klimmen«, »klettern« 
neben to sprackle. Grundbedeutung: »munter, hurtig sein«. Mit Ver- 
lust des r im nd.: spakkern »to run and spring about quickly« (Skeat). 
Zu spattern (spatteln) (s. o.) vgl. »spaiz«, vgl. mhd. mit r »sperc* und 
»sperke* sb. »Sperling«, d. i. »der Muntere«. — Vgl. ferner zu dieser aus- 
gebreiteten Wortfamilie ne. adj. sprank (mit n-Infix), wozu sich mhd. 
Spranz »Geck«, »Stutzer«, auch sprenze(l) »Geck« und das vb. spranxen 
»einherstolzieren« stellt Neben sprank »munter« finden wir »spanking« 
»lusty«, »active« (Skeat) und ohne »n«: sprach (sprag) »flink«, sb. >gay 
young fellow«. Zu nd. spatteln sei ferner erwähnt: nd. spaddel »ein sich 
lebhaft bewegendes Kind« (daneben, mit gleicher Bedeutung ne. to spratcl 
Vgl. zur Lautentwicklung: ne. spattle (sjrittlc) neben spawl. — Als Ver- 
wandte zu ne. spartle : sparkie : sparple stellen sich ferner: to sprrkU 
>> zerstreuen •■: und to spreckle (schott) neben to sprinkle, vgl. nhd. sprenkeln, 
daneben mhd. sprinten, »sprengen«, »spritzen« und »sprenxen* (durch 
a- Umlaut) »in verschiedenen Farben glänzen«, sb. sprinte »flimmerndes, 
glühendes Stück«. 2. Sperberweibcheu (wegen der gesprenkelten Brust). 
Mit Wegfall des r: ne. speckled. Vgl. mhd. spirzen (spirxeln), für spür- 



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Wechsel zwischen p, t im Germanischen. 



215 



zen, das ebenfalls vorkommt, hd. spritzen für spriitzen; nd. spriitten, 
ne. /o sprit, to spirt (vgl. auch to sproiit und to .9/w>wtf zu nd. sprutten, 
»sprossen«). Ferner ne. to splutter neben to sputter. — Mit n- Infix 
wiederum: to sprunt »aufsprießen«, »aufspringen«, »keimen«, neben to 
sprunk »brechen«, »spalten« (adj. sprunt »emsig«, »rüstig«, das sich mit 
Verlust des r zu schott. spunky »lebhaft«, »feurig« stellt Vgl. auch 
spank und sprank (s. o.). — Alle die genannten Bildungen gehen zurück 
auf die y~ spar »zucken«, »sich hastig bewegen«, zu der auch »Sperling* 
(ae. spearwa, ne. sparrow) gehört. 

13. Nhd. spucken, daneben spützen, ae. spytlan aus *sputjan, ur- 
verwandt mit lt spütum, ne. to spit, spittle; vgl. ferner ne. sb. spawl, 
ae. spdtl, ahd. speikhila, mhd., nhd. speicfiel. 

14. Nhd. stelzen, zu mhd. stelze »Stelze«, »Krücke« und, im Ablaut 
dazu: stolzieren. — Vgl. ne. to stilt »gerade, aufrecht gehen«, dann 
»steif gehen« und nd. stolker »ein steifer und unbohilflicher Mensch«, 
adj. stoikerig »steif in den Gliedern«. — Vgl. ne. sb. stalk »Stengel«, 
»Stiel«, bean- stalk »Bohnenranke«. Ferner ne. to stalk, ae. steekan, 
stealcan »einherstelzen«, adj. stealc »hoch«, »stolz«. — Neben to stilt 
findet sich dial. ne. to stilch (cfr. Halliwell). 

15. Nhd. Stiehling, vgl. ne. stickle-back, daneben, mit Verlust des 
anlautenden 8, tittle-baek (und tittle-bat). 

16. Nhd. (mhd., ahd.) stumpf, ne. to stint, adj. stunted; ae. stunt 
»obtuse«, »dull«. — Vgl. ne. stump »Stumpf«. 

17. Nhd. (nd.) stottern, vgl. daneben nd. (z. B. Berliner Mundart) 
stuckern »das Hin - und Herstoßen eines Fuhrwerks«, ne. to slutter, frequ. 
zu to stut »stoßen«. Vgl. auch ne. to stagger, me. stakeren, aisl. stakra 
»to push«, »to stagger«. 

18. Das Wörterbuch der elsäß. Mundarten bietet schlurbe, schlurpfe, 
schlirge, schlurge und scMurze, alle = nachlässig gehen. 

V. 

Nhd. (ver)dutzen, vgl. mhd. tucken, tücken »eine schnelle Beweguug 
machen, besonders nach unten, sich beugen, neigen«. Daneben mhd. 
tuzzen, vertuzzen »verbergen«, adj. vertutzt. Zu nd. tauchen, mhd. 
tüchen, ahd. tühhan. Vgl. got. diups »tief«, ne. to dip (ae. dyppan). 
Dazu ne. to dit(&e. dyttan) »opprimere«, »occludere« (nach Bosworth -Toller). 
Vgl. auch nd. gedöppt »niedergeschlagen«, eigentlich »untergetaucht«. 
Auch nhd. tückisch zu mhd. tuc(k), duc(k) : »Schlag«, »Stoß«, listiger 
Streich. Auch sb. ne. duck und vb. to duck, me. duke und duken. 

Vf. 

Nhd. mhd. walxen »rollen«, »wälzen«, got us - waltjan »to subvert«. 
Vgl. nhd. walken, ahd. walkan »schlagen«, »walken«, »hin- und herrollen«; 
ae. wealcan »to roll«, »toss about« und ne. to nalt »wälzen« neben to 



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216 



E. Vollmer. 



walk. Vgl. auch: to weiter, frequ. von lo weit (schott.) »wälzen«, »rollen«, 
neben to welk. 

Z. 

1. Hd. (berl. Mdart) xampel, mhd. xampeldime, daneben xanxel »un- 
ordentliches Frauenzimmer«, vgl. nd. tantel »Fetzenc, adj. tantlich »zer- 
lumpt«. 

2. Mhd., nhd. xec, xeck »Spiel der Kinder«, zu mhd. xicken »eine 
leichte Berührung oder einen leisen Stoß geben«. Vgl. ne. to tick 
»leicht berühren«, daneben »to Up* und »/o HU (Flügel). 

3. Mhd. xint, gen. xindes, ae. Und = Zacke, zu nhd. Zinke, ahd. 
xinko » Zacke an. tindr. 

4. Mhd. adj. xinxerlich »zierlich«, »niedlich«, daneben nd. ximper- 
lich für echt oberd. ximpferlich. 

5. Nhd. xögern zu mhd. xogercn, Iterativform zu mhd. xogen »mar- 
schieren«, »eilen«, »sich hinziehen«. Vgl. ahd. xöwjan, mhd. xouurn 
(ae. teanjan »rüsten«, »sich beeilen«), neben xougen. Neben xouuen stellt 
sich mhd. bereits xöwen »eilen« und adj. xonwellch neben xwlich. Aus 
den mhd. Formen entwickelt sich so einerseits das iterative magern*, 
anderseits ^xaudern«. 

6. Nhd. xoite, xottel, mhd. xotte, xote und xotel »Haarzotte«, Flausch. 
Vgl. nd. tackele »eine kleine Zotte (schmutzige Wolle)«. 

7. Nhd. x winkern, mhd. xwinken, xwingen; daneben xwinxen und 
xwinxem, das Kluge freilich aus *zwingezen herleitet, wie blinzen aus 
blenkezen. — Vgl. ae. twinclian, ne. twinkle. 

Betrachtet man die aufgezählten Fälle, so springt sofort in die 
Augen, daß das Umspringen der Artikulationsstelle auf die teils nasale 
(n), teils liquide Umgebung (1, r), teils auch auf nachfolgenden Palatal (j) 
zurückzuführen ist. Für letzteren Wechsel zwei Beispiele: Neben ae. 
spyttan (*spntjan) finden wir ahd. spuckan , neben spütxen, oder neben 
ae. cnyttan (*enutjan) finden wir ae. *cnyppan, nd. knüppen, hd. 
knüpfen. Dieser Wechsel ist außerdem, außer aus dem Lateinischen 
(vgl. den Übergang von k zu z bei folgenden hellen Vokalen: z. B. 
Kikero (Cicero) zu xixero, ital. cicero?ie), aus dem Englischen wohl- 
bekannt: Hier wird aus ae. kj, wenigstens in der Aussprache: tj, später: 
tsch. Ein Beispiel für viele: ae. cir(i)ee wird auf dem Wege über nie. 
chirche (ch = tsch) zu ne. chnrch, mit t im Auslaut, während sich das 
k im Norden des Landes erhält (schott. kirk). Das Umgekehrte, nämlich 
auch Wechsel von tj zu kj müssen wir für das Germanische annehmen.— 

Was den übiigen Wechsel betrifft, so wechselt nk mit mp und nt 
(z. B. link.lunte, Klump : klunx)\ lk mitlp und 1t (z.B. stelt : stelk : .stehen; 
stolxicren : stalk); rk mit rp und rt (z. B. snort . snorken : schnarchen ; ge- 
swearcian : gesweartian : schuärxen). — ng (mit mb) und nd (z. B. Schindel: 
shinglc); lg mit lb und ld(?). Kein Beleg. — rg mit rb und rd {gurgel: 



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Wechsel zwischen p, k, t im Germanischen. 



217 



gördel, orgel : ördel)\ kn mit pn und tn(?). Kein sicherer Beleg; vielleicht 
dial. isl. svarhj : svartna usw.; aus nicht germanischen Sprachen z.B.: 
neuslov. knalo:tnahi kroat. dial. kmica : tmim (vgl. Zupitza, Gutturalo 
S. 19). — kl wechselt mit pl und tl (kniittel : knüppel; spartle : sparkle : 
spnrple); kr mit pr und tr (clatter : klappern : klackern) — gn mit bn und 
du (?). Kein Beleg. — gl mit bl und dl (kmibbel : knuddel) ; gr mit br 
und dr (agrimonie : adermotne) usf. 

Forschen wir nach den Gründen dieser Erscheinung, d. h. dos 
Wechsels von p und k mit t, so sind diese nicht weitab zu suchen. 
Betrachten wir die Laute, in deren Umgebung wir das Umspringen der 
Artikulation sich vollziehen sehen, so sind l und n Zahnlaute, r aber 
(das Zungen-r!) wird unmittelbar über der oberen Zahnreihe gebildet. 
Es kann daher nicht überraschen, wenn wir finden, daß man bei Bildung 
dieser Laute bei deren Artikulationsstelle gern stehen blieb und, anstatt 
den langen Weg zurückzulegen bis zu dem im hinteren Gaumen ge- 
bildeten Kehllaut oder den zwar kürzeren, aber doch die Artikulations- 
stelle verlassenden Weg zum Lippenlaut, den entsprechenden Zahnlaut 
(Verschlußlaut oder Affrikata) bildete. — Bei dentalem Ansatz z. B. der 
Bildung des n konnte gar kein anderer Verschlußlaut in Frage kommen, 
als wieder ein Zahnlaut, da zur Bildung des Kehllautes ein # gutturaler 
Ansatz auch des n gehört 1 , wie zur Bildung des Lippenlautes eine An- 
gleichung des n an den folgenden Lippenlaut Daher also: z. B. altmk. 
klunx neben klump, siuni neben stump, link neben lint usw. 

Am Schlüsse sei endlich darauf hingewiesen, daß zwar nasale oder 
liquide Umgebung das Umspringen der Artikulation begünstigt, daß aber 
eine nicht unbeträchtliche Zahl von Fällen offenbaren Wechsels übrig 
bleibt, wo diese Bedingungen nicht zutreffen. Es sei hier nur erwähnt 
das Beispiel: to tip (im Fluge berühren) neben to tick und to tit. Von 
diesen, ebenso wie von außergermanischen Fällen solchen Wechsels wird 
vielleicht ein andermal zu handeln sein. 



1 Man beachte auch das gleiche Verhalten einiger Verba im Mittelenglischen: 
me. prauncen (c = tz) (cfr. altndl. pronkeri), steht neben me. pranken »to make a fine 
show« *prunken*, ne. to prance\ me. icinee (frz. guencir au» ahd. wenkan), ne. to wince, 
neben to trink und to teinch »to shrink or Start back«. So steht ne. to blink neben to 
blench, me. t hinke neben thenchen usw. — Übergangsstufe zum palatalen Zischlaut 
offenbar die Affrikata tz (c). Vgl. z. B. me. launcen (frz. lancer) zu ne. launch. 



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218 



Erich Witte. 



Ein Vorkämpfer Lessings und Ahnherr Reuters. 

Zu Johann Laurembergs 250. Todestage (28. Februar). 



Zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts gerieten in Deutschland die . 
Sprache, die Literatur und die Sitten in Abhängigkeit von Frankreich. 
Dieser Einfluß machte sich besonders seit dem dreißigjährigen Kriege 
geltend, da in diesem französische Truppen in unmittelbare Berührung 
mit dem Volke kamen. Nach Moscheroschs »Philandcr« bestand schon 
damals eines »newsüchtigen Teutschlings Herz aus 5 / 8 Frantzösich, ! 's 
Spanisch, 7s Italiänisch und kaum l / s Teutsch.« Den reinen Quell echten 
Deutschtums von dem französischen Einfluß zu befreien, unter dem er 
verschüttet war, erforderte eine Riesenarbeit, die mehr als ein Jahrhundert 
dauerte, und die selbst der Herkuleskraft eines Lessing nicht ganz ge- 
lungen ist Die ersten Spatenstiche machte hierzu der mecklenburgische 
Dichter Johann Lauremberg. 

Schon deswegen ist es angebracht, in einer Zeit, die in Jubiläen 
fast bis zum Übermaß schwelgt, auch seines 250. Todestages zu gedenken. 
Anlaß hierzu liegt aber auch wegen seines mannhaften Eintreteus für 
die niederdeutsche Sprache vor, die zu seiner Zeit durch den Protestan- 
tismus und die gelehrte Bildung verdrängt worden war und nur in 
scherzhaften und satirischen Gelegeuheitsstücken ein elendes Aschen- 
brödelleben fristete. Sollte sein geliebtes Plattdeutsch, meinte er wieder- 
holt, die Sprache, in der das beste Buch »in weltliker Wyßheit», der 
Reinke Voß, geschrieben war, deswegen weniger wie das »Hochdüdisch« 
gelton, weil der zu stumpfe Verstand der neumodischen Herrn Poeten 
»de angebahrne Zierlichkeit unserer Modespräck nit verstahn künde?* 
Noch mehr als durch seine Lobrede auf die niederdeutsche Sprache bewies 
er durch seine eigenen darin verfaßten Dichtungen, daß sie auch als 
Kunst- und Schriftsprache neben der hochdeutschen einige Berechtigung hat 

Dieser echte Sohn seines mecklenburgischen Heimatlandes hat den 
größten Teil seines Lebens im Auslande zugebracht Er stammte aus 
einer Gelehrtenfamilie. 1591 zu Rostock geboren, empfing er im väter- 
lichen Hause eine gründliche Bildung, widmete sich dann dem Studium 
der Mathematik, vereinigte aber damit das der alten Sprachen und Lite- 
raturen, die seine Liebe zur Poesie weckten. Nach der Sitte seinerzeit 
machte er dann größere Reisen und besuchte auswärtige Akademien, 
wahrscheinlich die zu Montauban in dem südlichen Frankreich sowie die 
zu Leyden, die damals als der erste Sitz der europäischen Gelehrsamkeit 
galt. 1619 wurde er an seiner vaterländischen Universität Professor für 
Mathematik und Poesie, eine eigenartige Verbindung. Einige Jahre da- 
rauf leistete er einem Ruf an die neugegründete dänische Ritterakademie 
zu Soröe auf der Insel Seeland Folge, ein Amt, das er länger als drei 
Jahrzehnte bis zu seinem heute vor 250 Jahren erfolgten Tode inne 



Von Erich Witte. 




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Ein Vorkämpfer Lessings und Ahnherr Reuters. 



219 



hatte. Lauremberg war eine Zierde seiner Hochschule. Denn er brach 
auf dem Felde seiner Wissenschaft nicht nur Blumen und dünne Gerten, 
sondern betrieb auch gelehrten Feldbau. So verfaßte er eine ganze Reihe 
von mathematischen und klassisch -philologischen Werken, die seinen 
Namen weit über die Grenzen Dänemarks hinaustrugen und manchen 
wißbegierigen Jüngling nach Soröe lockten. 

Diese wissenschaftlichen Leistungen wurden indes von dem Ruhmes- 
glanz überstrahlt, den ihm seine vier plattdeutschen Satiren »Van der 
Minschen itzigem Wandel und Maneren«, »Van almodischer Kledertracht«, 
>Van vermengder Sprake und Titeln«, »Van Poesie und Rimgedichten« 
ums Haupt legten. Trotzdem hielt Lauremberg selbst nicht viel von 
ihnen. Er verwandte auch nur wenig Zeit auf sie. In Seinen Muße- 
stunden pflanzte er gleichsam den Samen, der dann von selbst keimte, 
sproßte, emporwuchs und Blätter und Blüten brachte. 

Als den Grund, der ihn zur Abfassung veranlaßt habe, gab er in 
dem »Beschluth« den Satiren den Wunsch nach Anerkennung an. Bücher 
würden geschrieben, um gelesen zu werden. Was aber sei das Schicksal 
der gelehrten Werke, auf die er sein ganzes Leben hindurch seinen Fleiß 
und seine Kenntnisse verwandt habe? Sie wanderten als Makulatur in 
die Krämerbude oder kämen in die Bibliothek des Gelehrten, wo sie 
unbenützt Parade stehen müßten. 

In diesen Gedichten war es nun, wo er den Einfluß der Franzosen 
bekämpfte. Er war indes weit davon entfernt, mit dem heiligen Zorn 
eines Moralpredigers auf den Rücken von denen, welche jene in den 
Sitten und in der Sprache nachzuahmen suchten, die Peitsche seines 
stacheligen Spottes niedersausen zu lassen. Er meinte selbst an dem 
Anfang einer Satire, »wenn er bewenen würde, wat andre hebben rer- 
braken, dann würde er belachet werden von allen Lüden*, und fügte hinzu: 

>Idt is beler, dat einer mit lachendem Mund 
In Kortwil apenbahre synes Hertens Grund.«. 

Er ging vielmehr in humorvoller, satirischer Weise zu Werko. Die 
Modepuppen, mit denen er uns bekannt macht, raachen sich selbst da- 
durch lächerlich, daß sie sich der »Alamodesprache«, d. h. der aus Fremd- 
wörtern und besonders aus solchen französischen Ursprungs bestehenden 
Ausdrnckswoise bedienen, daß sie wie die Pariser Lebemänner unleid- 
liche Wohlgerüche gebrauchen, gepuderte Perücken, große Roiterstiefel 
mit urngokrämpten, abstehenden Stulpen und klirrenden Sporen, weite, 
bis zum Knie reichende Hosen und ein am Halse von einem großen 
Spitzenkragen überdecktes Wams tragen. Nur an einigen Stellen fährt 
Lauremberg in vaterländischem Zorn auf: 

Jdt is gewißlich irahr } de Welt is sticken blindt, 

Und hefft nicht mehr Verstand als ein dreijährig Kitid. 

All wat gesrhicklich is, alle Adelike Bracht, 

Alle Hoffligkeit möt syn uth Frankrick hergebracht. 



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220 



Erich Witte. Ein Vorkämpfer Leasings und Ahnherr Reuters. 



Nicht weniger macht sich Lauremberg über die steigende Titelsucht 
lustig, der gemäß der Schreiber Sekretarius, der Bader Chirurge, der 
Rattenfänger Kamnierjäger, die Jungfer Dame heißen wolle. 

Auch die Ehe bekommt gelegentlich einen Hieb ab. Einmal ver- 
gleicht er sie mit einer Fischreuse, aus der alles heraus wolle, was darin 
sei, und hineinwolle, was draußen sei. 

Am meisten verspottet er aber Opitz und die andern Vertreter der 
Kunstdichtung mit ihrer gesuchten, oft kaum verständlichen Umschreibung 
der gewöhnlichen Ausdrücke, die als poetischer Schwung gelten solle: 
Man möt sine Fedder hoch avcr de Lufft upschwingen 
Un mit poetischen Stiel dörch de Wulken dringen: 
Dat is nu de Maneer. Ick blyvc by dem olden, 
Un wil myn simpele Wyse hernanials beholden. 

Auf diese Weise haben jene Kunstdichter ihre Werke mit einem 
Schleier umgebon, der oft so dicht aufliegt, daß der Leser nur schwer 
hindurchzublicken vermag. Lauremberg bedient sich dagegen eines solchen 
dichterischen oder vielmehr undichterischen Schleiers entweder überhaupt 
nicht, oder er webt ihn doch so leicht, daß man bequem hindurchzu- 
blicken vermag. Dieser Unabhängigkeit von den dichterischen Schulen 
und Richtungen verdankt er auch die völligo Unbefangenheit, mit der er 
seiner glücklichen Eigenart freien Lauf läßt Die Wahrheit seiner Schil- 
derungen und die Lebendigkeit seines Ausdruckes nötigen uns die größte 
Achtung vor seinem Talent ab. In einigen Teilen der Satiren lodert so- 
gar die milde Flamme seines Humors ebenso prächtig auf wie in den 
besten Werken dieser Art Zwar tropft sein Stil zuweilen allzusehr von 
dem Salböl der Weisheit und Erhabenheit, aber dies ist in der Satire 
wie überhaupt in aller didaktischen Poesie schwer zu vermeiden. Ebenso 
wird der dichterische Wert durch die Einflechtung einiger Episoden, die 
er so derb und naturalistisch ausgestaltet, als hätte er zu den Füßen 
Zolas oder Hauptmanns gesessen, nicht im geringsten beeinträchtigt. 
Denn sein urwüchsiger Humor macht uns selbst die widrigsten Dinge 
genießbar. Gerade in der eigentümlichen Art, mit der er das Widrige 
behandelt, liegt ein großer Teil der eigenartigen, zaubervollen Wirkung 
seiner Poesie. 

Daher ist es um so mehr zu bedauern, daß der Dichter so wenig 
fruchtbar war. Hieran sind verschiedene Schicksalsschlägo schuld, die 
in seinem späteren Leben über ihn hereinbrachen. Durch einen unglück- 
lichen Krieg mit Schweden wurde nämlich der dänische Staat gezwungen, 
der Akademie einen Teil der Zuschüsse zu entziehen, so daß sich auch 
des Dichters äußere Lage sehr verschlechterte. Langes Siechtum kam 
hinzu, um ihm das Leben ganz zu verbittern. Es bemächtigte sich seiner 
eine düstere Lebensanschauung , die nicht nur eine dunkle, den weißen 
Marmor seiner Seele durchziehende Ader war, sondern eine wuchernde 
Pflanze, welche sich mit ihren Wurzeln in die kleinsten Spalten heftete 
und allmählich den Marmor überzog und zerbröckelte. So verlor er all- 




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Otto Heilig. Alte Flurbenonnungen aus Baden. 



221 



mählich die Lust, sich wieder in die heiteren Gefilde der Satire zu be- 
geben und sich an ihrem erfrischenden Brunnen zu erquicken und zu 
verjüngen. 

Aber obgleich Laureraberg nur vier Satiren verfaßt hat, so genügten 
sie doch, um ihn in ganz Norddeutschland berühmt zu machen. Man 
bewunderte die bunten Schwungfedern seiner Pfeile, während die Ge- 
troffenen die Spitzen in ihren Herzen fühlten. Sogar ein ganzes Jahr- 
hundert wußten sich diese Gedichte in der Gunst der Leser zu behaupten. 
Andere höhere literarische Interessen entfremden sie dann dauernd dem 
Publikum, wenn auch in der Gegenwart die dem Niederdeutschen zu- 
gewandte Teilnahme hin und wieder die Aufmerksamkeit auf Lauremberg 
zurücklenkt Was verlangt man mehr von einem Dichter? >Wir sind 
alle Menschen,« sagt Heinrich Heine, »wir steigen ins Grab und lassen 
zurück unser Wort, und wonn dieses seine Mission erfüllt hat, dann 
kehrt es zurück in die Brust Gottes, den Sammelplatz aller Dichterworte, 
die Heimat aller Harmonie.« 



Alte Flurbenennungen aus Baden. 

Von Otto Heilig. 

(Fortsetzung.) 

H. 

haberstal Michelfeld (Sinsh.) OG 1430. — habstal Markdorf (Überl.) 
GDK 1464. — liachengrubv Malterdingen (Emmend.) oBuoZ. — (im) 
hadelicher faltor, hadelic.her weg Neckarau (Mannh.) RSch 1570, HRh 
1525. — hagbuhel Michelfeld (Sinsh.) OG 1480. — hagelbery Konzingen 
(Emmend.) WZ XIV. — hagelhelden, an der Ispringen (Pf orzh.) PfLStW 
1502. — hägclinloiü Neufrach (Überl.) GrZbKD 1383. — hagehtirnen, 
an Dürrheim (Vill.) UDV 1553. — hagenacker Steinmauern u. Otigheim 
(Rast) FrUÖE 1573; -rode Sand (Kehl) ZA 1303; hagensbaum Eisenz 
(Eppingen) OG 1430. — hagenenicäg Sand (Kehl) ZA 1303. — haid, uf 
dem Aach (Pfullend.) GDK 1464. " haidrnhaldc Todtnau T 1475. — 
haidisrJien weyer Neuhausen (Vill.) UDV 1553. — hailemväg, -warig (?) 
Mühlhausen i. Hegau GrZbKD 1383. — haisxbuhel Dittishausen (Neu- 
stadt) VUStBl 1507. — haitiig, im Eisental (Bühl) G G St 15S8. — bälgen 
see, %e Binningen (Engen) BG XV. — hallcnberg Wolterdingen (Donau- 
eschingen) VUStBl 1507. — Hamberg Bahnbrücken (Bretten) GoR 15S0. — 
hamer, im Dossenheim (Hcidelbg.) RSch 1559. — hamcrsbrtmncn Her- 
bolzheim (Emmond.) TZ (XIV). — hamerstat Schwanningen (Bonnd.) 
oBuoZ. — hamerstein m. Bötzingen (Emmend.) TZ (XIV), StPG XV. — 



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222 



Otto Heilig. 



}iamersteiji Binzen (Lörrach) ZbStJBasel 1471. — Hamm, im Elchesheim 
(Rastatt) FrUÖE 1573. — Hammenbrnnnen Eisingen (Pforzh.) PfLStM 
1502. — Hammerbühel ra. Dürrheini (Vill.) UDV 1553. — hammerstat, 
an dem Wallbach (Säcking) ZbStJBasel 1471. — hanbach f. östringen 
(Bruchsal) OG 1430. — hanberg Herbolzheim (Emmend.) WZ XIV. — 
hanenberg Neuhausen (Vill.) UDV 1553. — hanwisen, Heuling Mark- 
bachhof b. Großsachsen (Weinh.) RSch 1559. — hanfbünt Neufrach 
(Überl.) GrZbKD 1383. — hangu(i)n torn, zum Rheinweiler (Müllh.) ÜPrB 
1346. — Harbach f. Ottersweier (Bühl) EHO 1583. — fmrgarten Dürr- 
heim (Vill.) UDV 1553. — hargheinbühel u. hartheinbühcl Forchheim 
(Emmend.) oBuoZ. — harmenspach Bohliugen (Konstanz) BU 1517. — 
harpfenrüt, ein anwendet Eisingen (Pforzh.) WLPf 1527. — harthuser 
furt Merdingen (Breis.) TZ (XIV). — hartleher weg Kronau (Bruchsal) 
ZBM 1466. — hasenberg Müllenbach b. Eisental (Bühl) GGSt 1588. — 
hascnbühel Forchheim (Emmend.) oBuoZ. — hasenlohe Iffezheim (Rast) 
ESt 1511. — hasenpfull Laudenbach (Weinh.) RSch 1559. — has(s)enreyn 
Söllingen (Durl.) DZ 1532 I. — hasemprung Jöhlingen (Durl.) CDS I 
1455. — hasselglams Steinbach (Bühl) GGSt 1588. — hassehpach Schönau 
(Hoidelb.) RSch 1559. — haszlachn. Bohlingen (Konstanz) BU 1517. - 
hasxlachj gegen dem Obereschach (Vill.) UDV 1553. — hatental, hetental 
Söllingen (Durlach) DZ 1532 I. — hattental Heitersheim (Staufen) RH 
1468. — Halzenberg Bruggfelden (Überlingen) GDK 1464. — haixen- 
bühel Kirnach (Vill.) ZBM 1466. — haiulacker Weiler (Vill.) ZBM 
1466. — hebsack, im Neufrach (Überlingen) u. Gottmadingen (Konstanz) 
GDK 1464. — hechelsloch Wilebach ad Endingen (Emmendingen) TZ 
(XIV). — heclle f. u. heg Durlach DZ 1532 1. — hegeil n. (Wiesen) 
Büchich (Karlsruhe) Büchich 1532 I. — hegcnbül, heggenbul Dogern 
(Waldsh.) WB 1536. - hcgenecherbühcl Walldorf (Wiesloch) RSch 1570. 

— hegenibrünneli Au (Freiburg) GZ 1409. — Hegenich Stettfeld (Bruchsal) 
ZBM 1466. — hegenot n. Wöllingon ad Weisweil (Emmend.) oBuoZ. — 
heggbom Reiselfingen (Bonnd.) VUStBl 1507. — hegt, xe Bahlingen 
(Emmend.) TZ (XIV). — heginun siude Haslach (Freiburg) GZ 1409. — 
Heidelberg Bretten CDS I 1455. — Heidenkcrr Eisingen (Pforzh.) WLPf 
1527. — Heinbecher grund Eisenz (Eppingen) OG 1430. — heiszbtihd 
Vogtsburg (Breis.) GZ 1409. — Helberg Hügelheim (Müllh.) TZ (XIV.). — 
heldgasse Heitersheim (Staufen) RH 1468. — Helfenberg Feuerbach (Müllh.) 
UPrß 1346. — Helgeberg, Helgaberg, Heigelsberg Jechtiugen (Breis.) oBuoZ. 

— helgenstein Neuweier (Bühl) GGSt 1588. — hellofstal Mundingen 
(Emmend.) oBuoZ. — helmbarte f. Angelloch (Heidelb.) OG 1430. — 
helmling, am Söllingen (Durl.) DZ 1532 I. — henwlberg, hermensberg 
Michelfeld (Sinsh.) OG 1430. — hengest, xem Buchheim u. Neuershausen 
(Freib.) GZ 1409. — Hennen, an der (Wiesen) Sand (Kehl) UAh 1526. — 
hennenxil Urloffen (Offonb.) ZA 1303. — herbaeh 1 Buchheim (Freib.) 

1 Aus äußeren Gründen sind nicht aufgenommen die vielen mit hard, hart, hert, 
heuen, heiden, heilig, hein, helle und hoch zusammengesetzten Flurnamen. 



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Alte Flurbenennungen aus Baden. 223 

SB 1446. — herlange, die (— Härtungen!) Littenweiler (Freib.) u. Buch- 
heim (Freib.) SB 1446. herlangen Benzhausen (Freib.) SB 1446. — 
herxenrein Eisingen (Pforzh.) Pf LStM 1502. — hesenberg, tiesiberg Walters- 
hofen (Freib.) GSch 1528 u. GZ 1409. — hesselieh Dossenheim (Heidelb.) 
KW 1478. — hessental Oberbergen (Breis.) GZ 1409. — hesterland Rohr, 
wohl ad Freib. T 1475. — hesyberg Waltershofen (Freib.) TZ (XIV). — 
liesxlech Oestringen (Bruchs.) OG 1430. — hetxenbol u. hotxenbol Immen- 
dingen (Engen) YUStBl 1507. — hcuwebiihel Bruchsal ZBM 1466. - 
heuweg Grüningen (Vill.) UDV 1553. — hexxemat Bahlingen (Emmend.) 
TZ (XIV). — hilbaum Oestringen (Bruchs.) OG 1430. — hilfenstal, in 
Brombach (Lörrach) ÜStBl 1460. — hiltegerstal Endingen (Emmend.) 
TZ (XIV). — himelberg Scheligen u. Liel (Breis, u. Müllh.) UPrB 1346. 
himrlrych Obereschach (Vill.) UDV 1553. — hintxrucken Dürrhoira (Vill.) 
VUStBl 1507. — hipprehtesberg Oberschaffhausen (Emmend.) oBuoZ. — 
hirschberch Söllingen (Durl.) DZ 1532 I. — hirstall, im Söllingen (Durl.) 
DZ 1532 I. — hittcnsen Bohlingen (KonsL) BU 1517. — hochkinxge 
Malterdingen (Emmend.) oBuoZ. — hochstudun Zusenhoven (Oberkirch) 
ZA 1303. — hockengrabe, huckengrabe Mundingen (Emmend.) oBuoZ. — 
hofereile f. Ebersweier (Offenb.) ZA 1303. — hoffenkenlal Dattingen 
(Müllh.) StPG XV. — holbihxen Michelfeld (Sinsh.) OG 1430. — holder- 
brunnenruns Kippenheim (Ettenh.) TZ (XIV). — holen brunne m. Kastel- 
berg (Waldkircb) TZ (XIV). — holmacker Herdern (Freib.) TZ (XIV). — 
homenstal Immendingen (Engen) VUStBl 1507. — horfxich, itf der 
Eisental (Bühl) GGSt 1588. — horoltestal lhringen (Breis.) TZ (XIV). — 
fwrstrausx ßehla (Donauesch.) GDK 1464. — holxental Anselfiugen (Engen) 
VUStBl 1507. — hubkinxige Malterdingen (Emmend.) o BuoZ. — hublach f. 
Otigheim (Rastatt) FrUÖE 1573. — hünnenftid u. hünnenreut (Wald) 
Steinmauern (Rastatt) FrUÖE 1573. — hucxstal Waltershofen (Freiburg) 
GZ 1409. — hüpbühel Sinsheim (Baden) EEGStS 1526. — huetbnhel 
Kirchheim (Heidelb.) RSch. 1570. — huffrltal Waibstadt (Sinsh.) CDS 
1455 I. — hüfolterim f. Theuingen (Emmend.) oBuoZ. — hulenbcrg 
Söllingen (Durl.) DZ 1532 I. — hullerthor Pforzheim PfLStM 1502. — 
hulnberg Wolfartsweier (Durl.) DZ 1532 I. — humpisxstal , in Neufrach 
(Überlingen) GDK 1464. — humpst, uf dem Ottersweier (Bühl) EHO 
1583. — huncxrugge Kiechlingsbergen (Breisach) GZ 1409. — hundes- 
rucke Kenzingen u. Bahlingen (Emmendingen) TZ (XIV). — hundesrucken 
Neuenburg ( Donauesch ingen oder Müllheim) oBuoZ. — hundesrugge 
Offenburg, Ebersweier (Offenburg), Hecklingen, Bahlingen (Emmendingen) 
UAh 1347, WZ XIV. — hundschissen, an den Schallstadt (Freiburg) 
StPG XV. — hunen, xe dm Zarten u. Freiburg (Freiburg) TZ (XIV). 
— hunengreber Wolfenweiler (Freib.) GZ 1409. — hungerackcr 1 Sexau 
(Emmend.) oBuoZ. — hnngerbcrg, an dem Inf As Zeismatt (Emmend.) 
TZ (XIV). — hungerbom Buchheim (Freiburg) SB 1446. — hungerich m. 



* Wir bringen hier nur wenige der vielen mit hunger zusammengesetzten Flurnamen. 



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22-1 



Otto Heilig. 



Biengen (Staufen) TZ (XIV). — huntrisen Bahlingen (Emniend.) TZ 
(XIV). — huntpissxberg Ach i. Hegau GDK 1464. — huntruggen Malter- 
dingen (Emraend.) oBuoZ. — huntxekclun, im Ihringen (Breis.) TZ 
(XIV). — hurinbogen, hurnifjoge Malterdingen (Emmend.) oBuoZ. — 
hurlebach (Fluß) Ebersweier (Offenb.) ZA 1303. — hurst f. Griesheim 
(Offenb.), Sand (Kehl) ZA 1303. — hmclberg, huttelbcrg Landshausen 
(Epp.) OG 1430. — hußraett Bcllingen (Müllh.) RE 1491. — hutbaum 
Mingolsheim (Bruchs.) ZBM 1466. — hütbom Biengen (Stauf.) TZ (XIV). 

— hutstal Gupf (Lörr.) ÜPrB 1346. — hutstet f. Eichberg (Hof i. Kinzigtal) 
TZ (XIV). — huttberg Eisenz (Epp.) OG 1430. — hilttebom Norsingen 
(Stauf.) GZ 1409. — hutxelbom Blankenloch (Karlsr.) Blankenloch 1532. 

— huxxental Seefelden (Müllh.) oBuoZ. — hymmelberg Michelfeld (Sinsh.) 
OG 1430. 

K. 

kabisacker Mappach (Lörr.) RAD XV. — kabusgarte Buchheim (Freib.) 
GZ 1409; kabusgarten Wolfenweiler (Freib.) GZ 1409. — kachelberg 
Michelfeld (Sinsh.) OG 1430. — kacxenberg Pfaffenhofen (Überl.) GZ 
1409. — kacxensiig Endingen (Emniend.) GZ 1409. — kaczunstig Mer- 
dingen (Breis.) GZ 1409. — kaigründe (Weinberg) Bruchs. Renovation 
Bruchsal 1627. — kallenberg Stettfeld u. Zeutern (Bruchs.) ZBM 1466. — 
kalsteeg (kolsteeg?) m. Ottersweier (Bühl) EHO 1583. — kallenbrunne 
Eichstetten (Emmend.) GZ 1409. — kaltenbrunne Lahr oBuoZ. — ka nierat 
östringen (Bruchs.) OG 1430. — kameraten, in der Munzingen u. Vogts- 
berg (Freib.) GZ 1409. — kameratkinxge Herbolzheim (Emmend.) TZ (XIV). 

— kammeretten (Reben) Heitcrsheiru (Staufen) RH 1468. — kampfart, 
im Laudenbach (Weinh.) RSch 1559. — kamp fegerden Bahlingen (Emniend.) 
TZ (XIV). — kaneler, konneler weg Stettfeld (Bruchs.) ZBM 1466. — 
kapelbusch Dietenhausen (Pforzh.) Dh 1598. — kapphe, uf dem Roth weil 
(Breis.) u. Wolfenweiler (Freib.) GZ 1409. — karrrnstraß gen Stunzingen, 
Waldsh. WB 1536. — karrenweg Biengen (Stauf.) GZ 1409 u. Kerns u. 
Rheinweiler (Lörrach) KRh 1526. — kastelberg Achkarren (Breis.) u. 
N. Emmendingen (Emmend.) TZ (XIV), Waldkirch oBuoZ. — kastellegge 
Weilersbach (Freib.) GZ 1409. — kästen Ballrechten (Stauf.) TZ (XIV). — 
katxenaeker, -berg. -pfad Durlach DZ 1532 I. — katxenberg Gochsheira 
(Bretten) GoR 1580 u. Grötzingen (Durl.) DZ 1532 I; -bieget Durlach 
DZ 1532 I. — katxenbühel Bruchs. Ren. Bruchs. 1027. — (in) katxen- 
bnmc (Reben) Offenb. UAh 1526. — katxxengassen Weil (Lörr.) T 1475; 
-graben, der Mundingen (Emmend.) oBuoZ; -heck Mingolsh. (Bruchs.) 
ZBM 1466; hellen Schirnau (Heidelb.) RSch 1559; -lauf, am Weinh. 
RSch 1559; -staig Hödingen (Überl.) GDK 1464; -slig Malterdingen 
(Emmend.) oBuoZ; -tal Iiiringen (Breis.) TZ (XIV); -taler Stig Gott- 
madingen (Konst.) GDK 1464; -iciesen Mingolsh. (Bruchs) ZBM 1466. — 
katxsteig Ebnet (Freib.) SB 1446. — kec:enbome, xcm Xeuershausen (Freib.) 
GZ 1409. — keeferberg Köudringen (Emmend.) GSch 1528. — kefer- 
spenger weg am ortenberger bau Offenb. UAh 1526. — kehr, am Bruchs. 




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Alte Flurbenenuangen aus Baden. 



225 



Ren. Bruchs. 1627. — kekersberg Herbolzh. (Emmend.) TZ (XIV). — 
keisersttde, an dem Bötzingen (Emmend.) TZ (XIV). — kel, kein f. Eisingen 
(Pforzh.) Eisingen 1527. — Kelberg Eichstetten (Emmend.) u. Kiechlins- 
bergon (Breis.) GZ 1409 u. Windenrouthe (Emmend.) oBuoZ. — kelch- 
berg Nieder- Emmendingen TZ (XIV). — kelfurt Bräunlingen (Donauesch.) 
VUStBl 1507. — keUiof Schwaningen (Bonnd.) VUStBl 1507. — keU- 
berg N.- Emmend. TZ (XIV). — kelkberg Mundingen (Emmend.) u. Ober- 
Schaff hauson (Emmend.) oBuoZ. — kellen, in d. vordem Oberhof (Vill.) 
VUStBl IbOl. — kellenberg N.-Emmend.TZ (XIV) u. Xeuershausen (Freib.) 
GZ 1409. — kelnn, in Nordschwaben (Schopfh.) ÜStBl 1392. — kemel- 
bronnen Dietenhausen (Pforzh.) Dh 1598. — kenel m. Mundingen (Emmend.) 
oBuoZ. — kenclbrunne Mundingen (Emmend.) oBuoZ. — kennental 
Durl. DZ 1532 I. — keppherswinckel Gottenheim (Breis.) GZ 1409. — 
kcrstatt f. Stollhofen (Rast.) ESt. 1511. — kesdal Angelloch (Heidelb.) 
OG 1430. — kese?ital Bahlingen (Emmend.) il Merdingen (Breis.) GZ 1409. 

— keseiäese Mingolsheim (Bruchs.) ZBM 1466. — kesselberg Heudorf 
(Meßk. oder Stock.) VUStBl 1507. — kesselbrunnen Theningen (Emmend.) 
oBuoZ. — kesseluyss Mühlhausen i. Hegau GrZbKD 1383. — kess er - 
bann Durl. DZ 1532 I. — kesslich Eichtersheim (Sinsh.) OG 1430. — 
kestelen Wendlingen (Freib.) oBuoZ. — kesxbronnen, zeucht über die 
glamen Eisingen (Pforzh.) WLPf 1527. — ketxenbrunnen Rohr (Säckingen 
oder* Waldsh.) T 1475. — ketxer egerdun, an der Oborrimsingen (Breis.) 
GZ 1409. — (bidem) keyben nussbom Rütteln (Lürr.) Zb St J Basel 1471. 

— keybenbühel Benzhausen (Freib.) SB 1446. — key gründet Bruchs. 
Ren. Bruchs. 1627. — keysersgrube Grötzingen (Durl.) DZ 1532 I. — 
khippsirus Bietigheim (Rast.) FrUÖE 1573. — hicxental Kiechlinsbergen 
(Breis.) GZ 1409. — kmiberg Ebringen (Freib.) GZ 1409. — kilchengüt 
Merdingen (Breis.) TZ (XIV). — kinbergfeld Waibstadt (Sinsh.) CDS 1 1455. 

— kineegun 1 Sand (Kehl) ZA 1303. — kindental Schwaningen (Bonnd.) 
VUStBl 1507. — knntxge\ die kleine Müllh. oBuoZ. — kintxgelin 1 Mer- 
dingen (Breis.) GSch 1528. — kinxeche 1 Gütighofen (Stauf.) GZ 1409.— 
kinxege 1 , lange Eichstetten (Emmend.) TZ (XIV). — kinxege, (Ute u. junge 
Herbolzh. (Emmend.) TZ (XIV), Kenzingen (Emmend.) TZ (XIV), Mun- 
dingen (Emmend.) oBuoZ, Wasenweiler (Breis.) oBuoZ. — (xi) kinxegen 
Broggingen (Emm.) TZ (XIV). — kinxge (benzentaler) Merdingen (Breis.) 
TZ (XIV). — kinxgen Hache (Müllh.) TZ (XIV). — kinxgen (uf der) 
Bombach (Emmend.) TZ (XIV). — kinxige Malterdingen (Emmend.) 
oBuoZ. — kinxirigarten Heitersheim (Staufen) RH 1468. — kirchbach 
Elchesheim (Rast.) FrUÖE 1573. — kirchbühel Otigheim (Rast) FrUvÖ 
1533 u. 1545. — kirchgraben Kronau (Bruchs.) ZBM 1466. — kirrloch 
Eisenz (Sinsh.) OG 1430. — kirsteig, uf der Eisingen (Pforzh.) WLPf 
1527. — kisensee Ottersdorf (Rast) ESt 1511. — kiwcntal Kiechlins- 
bergen (Breis.) TZ (XIV). — kleckelberg Berghausen (Durl.) Berghausen 



1 Bedeutet in der alemannischen Mundart »Hohlweg«. Der Herausgeber. 
Z«uchrift flir Dontsch« Mundarten. III. 15 



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226 



Otto Heilig. 



1532. — kleckel(s)berg Bruchs. Ren. Bruchs. 1627. — kletgasse Eich- 
stetten (Emmend.) TZ (XIV). — klettenberg Eichtersheim (Sinsh.) OG 
1430. — klettenpfahl, -pfühl Dietenhausen (Pforzh.) Dh 1598. — klingl, 
im Laudenbach (Weinh.) RSch 1559. — klorkhelsberg Bruchs. Ren. Bruchs. 
1627. — klopfenlache Seckenheim (Schwetzingen) RSch 1570. — klopf- 
hemer weg Seckenheim RSch 1570. — klotxberg Michelfeld (Sinsh.) OG 
1430. — klückelhalde Malterdingen (Emmend.) oBuoZ. — klupfelsberg 
Wolfartsweier (Durl.) DZ 1532 I. — klupftbach f. Schönau (Heidelb.) 
RScli 1559. — kluselingsbaum Kirrlach (Bruchs.) ZBM 1466. — koboltx, 
straß gan Waldsh. WB 1536. — kSgengraben Norsingen (Staufen) oBuoZ. 

— Wölbich, im Eisental (Bühl) GGSt 1588. — kölgarten Dogern (Waldsh.) 
WB 1536. — kolb Bottingen (Emmend.) TZ (XIV). — kolbenhof Zimmern 
ad Urloffen (Offenb.) BL 1540. — kolbmnne N.- Emmendingen TZ (XIV). 

— kongsbaeh f. Ottersweier (Bühl) EHO 1583. — komberg Endingen 
(Emmend.) UStBl 1350. — (zu) korpfiaim Biethingen (Konstanz) GDK 
1464. — kotxenbicgen u. kotxenbühel Berghausen (Durl.) Bergh. 1532. — 
koxental, koxxental Ihringen (Breis.) TZ (XIV). — hracxberg Gottenheim 
(Breis.) GZ 1409. — Arwu<e/MValtershofen (Freib.) GZ 1409. — Mjen- 
halde Ach i. Hegau GDK 1464. — Iranhberg Dürrheim (Vill.) ÜDV 
1553. — kranxbühel Oberhof (Vill.) VUStBl 1507. — (bym) krayenbom 
Ellmendingen (Pforzh.) PfLStM 1502. — beben, am Wolfartsweier (Durl.) 
DZ 1532 I. — krebenuyler, im Pforzh. PfLStM 1502. — krebich EisentaJ 
(Bühl) GGSt 1588. — kredenbach Mingolsh. (Bruchs.) ZBM 1466 und 
Östringen (Rast) OG 1430. — krccnbüchel Winden ad Sinzheim (Baden) 
GGSt 1588. — kregen Theningen (Emmend.) oBuoZ. — kregenbül 
Schwörstatt (Sack.) SZ 1428. — kreienmor Theningen (Emmend.) oBuoZ. 

— kreisberg, krössberg Kerns u. Rheinweiler (Lörr.) KRh 1526. — krekel- 
grund, -helde Eisenz (Sinsh.) OG 1430. — kreszlmeh m. Waltershofen 
(Freib.) GSch 1528. — krewenacker Michelfeld (Sinsh.) OG 1430. — 
kreyenbühel Sandweier (Baden) ESt 1511. — kriechsbom Söllingen (Durl.) 
DZ 1532 l. — kn'egarker Kenzingen u. Köndringen (Emmend.) TZ (XIV). 

— kriey.shoh Ringsheim (Ettenh.) oBuoZ. — kriesenkinxge Herbolzheim 
(Emmend.) TZ (XIV). — krimbarh f. Steinbach (Bühl) GGSt 158S. — 
krodbach Bruchs. ZBM 1466. — krotelberg Grötzingen (Durl.) DZ 1532 I. 

— krotendal, botundal Amoltern (Emmend.) AuRStP XIV. — krotienberg 
Heitersheira (Rast) RH 1468. — (xu) krottmgrebi Bankholzen (Konst) 
GDK 1464. — krottenruggen Oberrimsingon (Breis.) GZ 1409. — (rintal 
im) krotxinger bann Krotzingen (Staufen) TZ (XIV). — krumen weg so 
gän Aschlmch gdt Waldsh. WB 1536. — kntmpach Marbacherhof ad 
Großsaehen (Weinh.) RSch 1559. — kübelbach, die Neuweier (Bühl) 
GSt 1528. — kiickelbaeh Dogern (Waldsh.) WB 1536. — kurxelberg 
Wolfenweiler (Freib.) GZ 1409. — kücnbiihel Ottersweier (Bühl) EHO 
1583. — kugelberg Gochsheira (Bretten) GoR 1580. — kumerstfmng Sinz- 
heim (Baden) EEGStS 1526. — kumerstung Steinbach (Bühl) GGSt 1588. 

— knmgcsslext Bottingen (Emmend.) TZ (XIV). — kungersloeh Malberg 



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Alte Flur benennu ngen aus Baden. 



2-27 



(Ettenh.) oBuoZ. — kungeslock Kippenheim (Ettenh.) TZ (XIV). — 
kungersweg Freib. TZ (XIV). — faingesweg Forchheiin (Emmend.) und 
Königsschaff hausen (Breis.) oBuoZ und Kiechlinsbergen (Breis.) TZ (XIV). 

— kunigesweg Wöllingen b. Weisw. (Emmend.) oBuoZ. — kunigesbirbom 
Badenweiler (Müilh.) TZ (XIV). — kunstbon Kems u. Rheinweiler (Lörr.) 
KRh 1526. — kunstweg Amoltern (Emmend.) StPG XV. — kunxgen 
Timiberg, wohl Tunicheisberg ad Falkensteig (Freib.) TZ (XIV). — kupfer- 
enden brunnen Köndringen (Emmend.) TZ (XIV). — kappenheimer strausx, 
-weg Otigheim (Rast) FrüvÖ 1533. 1545.— küppsträsslin Otigheim (Rast) 
Fr.üvö 1533. 1545. — hixxaberg Pfaffenweiler (Vill. od. Staufen) oBuoZ. 

— kylchtal Grüningen (Vill.) UDV 1553. — kyracker Kronau (Bruchs.) 
ZBM 1466. — kyrloch Mingolsheira (Bruchs.) ZBM 1466. 

L. 

lach m. Hach (Freib.) TZ (XIV). — lachacker Grötzingen (Durl.) 
DZ 1532 I. — lachgeng f. Heddesheim (Weinh.) RSch 1559. — landwehr 1 f. 
Leimen (Heidelb.) RSch 1559. — langenbogen Ringsheim (Ettenh.) oBuoZ. 

— langenbogener weg Niederhausen (Emmend.) WZ XIV. — langen felben 
Waltershofen (Freib.) GSch 1528. — langwag Norsingen (Staufen) oBuoZ. 

— hingwat Bahlingen (Emmend.) TZ (XIV) und Waltershofen (Freib.) 
GZ 1409. — langwat, ob dem Merdingen (Breis.) GZ 1409. — langirat m. 
Mengen (Freib.) GZ 1409. — lanngellenen , uf die Gottenheim (Breis.) 
GSch 1528. — lappmbol Unadingen (Donauesch.) VUStBl 1507. — 
larbach f. Östringen (Rast) OG 1430. — laufbach m. Ottersweier (Bühl) 
EOH 1583. — laufßmberg, leufelsberg Ottersweier (Bühl) EHO 1583. — 
laurbom Ottersweier (Bühl) EHO 1583. — lanrpronnen Gochsheim 
(Bruchs.) GoR 1580. — lansenbüchel Neufrach (Überl.) GrZbKD 1383. 

— layleth (Weinberg) Rheinhausen (Bruchs.) RSch 1570. — lebra, in, 
lebran (Plural) Bankholzen (Konst.) GDK 1464, BU 1517. — lebran, under 
Bohlingen (Konst.) BU 1517. — lecke, mons, lethe(?) Yach (Waldk.) 
AuRStP XIV. — lechli Mühlhofen (Überl.) GDK 1464. — leexi, an der 
Seefelden (Überl.) GDK 1464. — lenreg Bellingen (Müllh.) RE 1491.— 
kgerstat Mingolsheim (Bruchs.) ZBM 1466. — leidenhofen ze Oberrimsingen 
(Breis.) GZ 1409. — leisersteig Bruchs. Ren. Bruchs. 1627. — leimerich m. 
Durl. DZ 1532 I. — leisbühel Haslach (Freib.) GZ 1409. — leitgast - 
thurn Pforzh. WLPf 1527. — Heberg, lelleberg Kenzingen (Emmend.) WZ 
XIV. — lemig f. Grünwertersbach (Durl.) DZ 1532 I. — lengental Walters- 
hofen (Freib.) TZ (XIV). — kr, f., lehrfeld Elchesheim (Rast.) FrUÖE 1573. 

— lerche f. Sexau (Emmend.) oBuoZ. — lerchenacher Grünwettersbach 
(Durl.) DZ 1532 I; -berg Köndringeu (Emmend.) GSch 1528; Söllingen 
(Durl.) DZ 1532 I; Eichstetten (Emmend.) GZ 1409; -helle Neuhausen (Vill.) 
UDV 1553; - veld Tunsei (Staufen) ÜStBl 1350. — lerehun, an den Nieder- 
reute (Emmend.) GZ 1409. — lergraben Elchesheim (Rast) FrUÖE 1573. — 



1 Die vielen mit land-, lant zusammengesetzten Namen bringen wir nicht zum Druck. 

15* 



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22S 



Otto Heilig. 



letzgraben Merdingen (Breis.) GSch 1528. — leuszl>erg Kirchheim (Heidelb.) 
RH 1570. — lewbuhel Heitersheim (Staufen) RH 1468. — leite ra. Heiters- 
heim (Staufen) RH 1468; Mengen (Freib.) GZ 1409; Munzingen (Freib.) 
GZ 1409. — Icwcn, am Obereggenen und Schliengen (Müllh.) UPrB 1346. 
— leweran kinezun Merdingen (Breis.) GZ 1409. — leweran, lewererstras, 
leicererweg, xe leivera (Matten) Oberrimsingen (Breis.) GZ 1409. — leweren, 
uf Merdingen (Breis.) GSch 1528. — leweran, uf den Roth weil (Breis.) 
oBuoZ. — lewer weg Ballrechteu (Staufen) TZ (XIV). — lewran, uf Mühl- 
hausen i. Hegau GrZbKD 1383. — leuiin, iiffen dem Rhein weiler (Müllh.) 
UPrB 1346. — leycfienberg Kerns (Lörr.) KRh 1526. — Ubach f. Mengen 
(Freib.) GZ 1409. — liebenberg Broggingen (Emmend.) TZ (XIV). - 
lieblingrein Dietenhausen (Pforzh.) Dh 1598. — liechtenberg Grötzingen 
(Durl.) DZ 1532 I. — licchtencgge , Castrum Hecklingen (Emmend.) TZ 
(XIV). — liensen buehel Kirchheira (Heidelb.) RSch 1570. — lilberg (vgl 
oben leleberg) Kenzingen (Emmend.) WZ XIV. — limperg Wittnau (Freib.) 
HRh 1525. — linpergen, zc Oberbergen (Breis.) TZ (XIV). — Husberg 
Pfohren (Donauesch.) UStBl 1507. — linsenberg Östringen (Bruchs.) 00 
1430; -brunne Nollingcn (Säcking.) TZ (XIV); -buheü Dossenheim (Heidelb) 
RSch 1559. — lintbach Ettenh. TZ (XIV). — linxumber bann, in Diers- 
heim (Kehl) Diersh. 1574. - lipersdal Michelfeld (Sinsh.) OG 1430. — 
Ihm, in den langen, luesen Kirchheim (Heidelb.) RSch 1570. — Im, in 
der Eisingen (Pforzh.) PfLStM 1502. — liwi f. Neuershausen (Freib.) 
oBuoZ. — lo(u)bsial Theningen (Emmend.) oBuoZ. — lochbrunnen Rütteln 
(Lörr.) Zb St J Basel 1471. — loeheinweg Forchheim (Emmend.) oBuoZ. — 
löchern, zu Rohrbach (Heidelb.) RSch 1559. — lodental Bruchs. Ren. ßr. 
1627. — loderbaum, lotterbaum Mingolsheim (Bruchs.) ZBM 1466. — 
lohe Sand (Kehl) ZA 1303; Köndringen (Emmend.) GSch 1528. — lohen- 
matte Sasbach (Achern) ZA 1303. — lochet , am Durl. DZ 1532 I. - 
lörchenberg (Weinberg) Bruchs. Ren. Br. 1627. — löwere, im Bötzingen 
(Emmend.) StPG XV. — lölberg (vgl. oben hl-, Iii-) Kenzingen (Emmend.) 
WZ XIV. — lorchelberg Schriesheim (Heidelb.) RSch 1559. — lörchen- 
berg Söllingen (Durl.) DZ 1532 I. — lorn, low n. Bohlingen (Konst) 
BU 1517 u. GDK 1464. — touchgang Blankenloch (Heidelb.) Blankenloch 
1532. — louhof Nellenburg (Stock) N 1495. — hüwebüchel Heitersheim 
(Staufen) RH 1468. — löwcnhalde Königsschaffhausen (Breis.) oBuoZ - 
löwibrunne Herbolzheim (Emmend.) TZ (XIV). — loyffelberg Wallbach 
(Sack.) ZbStJBasel 1471. — luchsz, in dem Bankholzen (Konst.) GDK 
1464. — lucxispcrg Wolfen weiler (Freib.) GZ 1409. — lumolt, am Moos 
(Konst.) BU 1517. — lumosz, lumolt Bohlingen (Konst.) GDK 1464. — 
(in der) lumppen schartcnbach Freihöfen (Bühl.) GGSt 1588. — lüpenhald, 
-ftulbf?), Neudingen (Donauesch.) V UStBl 1507. — lur, lurmat Unzhurst 
(Bühl) BL 1540. — lusbuhel Hügelheim (Müllh.) TZ (XIV) und Wend- 
lingen (Freib.) GZ 1409. — luseucker Nieder-Emmend. TZ (XIV); -gerät 
Brombach (Lörr.) T 1475. V UStBl 1392. — lasse Kiechlinsbergen (Breis.) 
TZ (XIV) und Durl. DZ 1532 I. — lussxgraben Au(e) (Durl.?) DZ 1532 1. 



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Alte FlurbenenouDgeu aus Baden. 



220 



— luß f. Landshausen (Eppingen) OG 1430. — lußenfeh Otigheim (Rast.) 
FrtJvÖ 1533. 1545. — htsz Nußbaum (Bretten) GoR 1580. — lusxbaume 
Mingolsheim (Bruchs.) ZBM 1466; -brunnen Mingolsheim ZBM 1466; 
•büeliel Neufrach (Überl.) GrZbKD 1383; -bühel Uffhausen (Freib.) TZ 
(XIV) und Bachheim (Donauesch.) VU St Bl 1507. — lusxei. Philippsburg 
ZBM 1466. — luterbrunne Malberg (Ettenh.) oBuoZ. — luterbrunnen 
Kippenheim (Ettenh.) TZ (XIV). — lutoltxbunde Nußbach (Oberk.) ZA 
1303. — lutxxe Ober-Eggenen (Müllh.) UPrB 1346. — Julxelen Schim- 
bach Endingen (Emmend.) TZ (XIV). — lutxelstetten (Wiesen) Löffingen 
(Neust) VUStBl 1507. 

M. 

machental Wasenweiler (Breis.) oBuoZ. — mägtberg Mühlhausen 
i. Hegau GrZbKD 1383. — malaxhus Uffhausen (Freib.) oBuoZ. — 
manbrunnen Pfohren (Donauesch.) VUStBl 1507. — maneteeg Freiburg 
TZ (XIV). — mannenberg Sinzheim (Baden) EEGStS 1526. — manres- 
latte Vogtsburg (Emmend.) oBuoZ. — manstein, mannestein Köndringen 
(Emmend.) GSch 1528, TZ (XIV). — manschlacht Oberschaffhausen 
(Emmend.) oBuoZ. — mappengrund Ottersweier (Bühl) EHO 1583. — 
margbach, marbachgraben Ettenheim TZ (XIV). — marchacker Neuers- 
hausen (Freib.) N 1543 u. 1556. — marke, S. Ulriches Östringen (Bruchs.) 
ZBM 1466. — mardeich, mhardeich, uf dem Rheinhausen (Bruchs.) Rh 
1570. — markbach f. Winden (Baden) GGSt 1588. — marlach, dem 
Elchisheim (Rast) FrUÖE 1573. — markt, alte Mingolsh. (Bruchs.) ZBM 
1466. — marsberg, morsberg Herbolzheim (Emmend.) oBuoZ. — marstal 
Endingen (Emmend.) UStBl 1350. — martelsperg Schriesheim (Mannh.) 
RSch 1559. — martlparrn, im Laudenbach (Weinh.) RSch 1559. — 
matberg Güntersthal (Freib.) GZ 1409. — matlus Reben Königschaff- 
hausen (Breis.) oBuoZ. — mattan, bin den Zusenhofen (Oberk.) ZA 
1303. — matten , am Grötzingen (Durl.) DZ 1532 I. — mattenberg Walters- 
hofen (Freib.) GZ 1409. — mattenbühel, matttMchd Otigheim (Rast) 
FrüOE 1573. — mattpleix Dogern (Waldsh.) WB 1536. — malzen 
härdle Neuhausen (Vill.) UDV 1553; -graben Varnhalt (Bühl) GGSt 1588. 

— maurwege, am Schatthausen (Wiesl.) RSch 1559. — maxenwise Roggen- 
bach (Bonnd.) oBuoZ. — megdebuhel Seefelden (Müllh.) oBuoZ. — 
megebrunne Duingen (Breis.) TZ (XIV). — megelstain, niegelstein Dütis- 
hausen (...?) VUStBl 1507. — mehrolf, nierolf, uf dem Bruchsal Ren. 
Br. 1627. — meistersheim Ringsheim (Ettenh.) oBuoZ. — melberg Oberhof 
(Vill.) VUStBl 1507. — meli f. Fluß Biengen (Staufen) TZ (XIV) und 
Mengen (Freib.) GZ 1409. — mellsenbild Otigheim (Rast) FrUvÖ 1533. 
1545. — meneräcker Oberuhldingen (Überl.) GDK 1464. — mengeweg 
Schriesheim (Mannh.) RSch 1559. — mennweg (bi tüfen matten) Nord- 
schwaben (Schopfh.) UStBl 1392. T 1475 und Weil (Lörr.) T 1475. — 
mmweg der uf hohen first </cMVolfenweilcr (Froib.) GZ 1409. — menn- 
weg Wyhl (Emmend.?) VUStBl 1392. — menneweg Haslach u. Wend- 
lingen (Freib.) GZ 1409. — jnenueg (Reben) Buchheim (Freib.) u. Freiburg 



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230 



Otto Heilig. 



TZ (XIV) u. GZ 1409. — menmeg Vogtsberg (Breis.) oBuoZ. — mene- 
gense Windschläg (Offenb.) ZA 1303. — mengesberg u. engelsberg Mark- 
bachhof b. Großsachsen (Weinh.) RSch 1559. — menselbronnen Bruchsal 
Ren. Bruchs. 1627. — merbuhl Walldorf (Wiesl.) RSch 1559. — mergcL 
grübe Stettfeld (Bruchs.) ZBM 1466. — (xe) merhun inirt Gundelfingen 
(Freib.) WStP XIV. — mersch, an dem Hockenheim (Schwetz.) CDS I 
1455. — mercxacker Uffhausen (Freib.) oBuoZ. — mercxenbrunnen 
Egringon (Lörr.) RAD 1480. — mertzbrunnen, am Obereggenen (Müllh.) 
UPrB 1346; -bronneit Markbachhof b. Großsachsen (Weinh.) RSch 1559. 

— methenxü Sasbach (Achera) ZA 1303. — mettelmüller, meUelnsluch 
Östringen (Bruchs.) OG 1430. — mettelnwisen Angelloch (Heidelb.) 0G 
1430. — mettenbach Buchheira (Freib.) SB 1446; -berg Waltershofen 
(Freib.) TZ (XIV). GSch 1528; Neudingen (Donauesch.) VüStBl 1507; 
Laufen (Müllh.) UStBl 1350. — mettenxil Merdingen (Breis.) GZ 1409. 
TZ (XIV). — metlich, im Müllenbach (Bühl); Steinbach (Bühl); Leiberstung 
(Kehl); Sinzheim (Baden) GGSt 1588. — mettweg Uffhausen (Freib.) TZ 
(XIV). — metweg Merdingen (Breis.) und Wendlingen (Freib.) GZ 1409. 

— metxenberg Grötzingen (Durl.) DZ 1532 I und Landshausen (Eppingen) 
OG 1430. — neusxenbninnen Bruchsal Ren. Bruchs. 1627. — meysxcn- 
buchel Eichtersh. (Sinsh.) OG 1430. — michelberg Ebringen (Freib. oder 
Engen) UStBl 1350. — milchbrumien Kerns (Lörr.) KRh 1526. — miseliim 
Gundelfingen (Freib.) TZ (XIV). — mittelloch f. Leiberstung (Bühl) GGSt 
1588. — mehr, mohr n., morbühel, mar- Walldorf (Wiesl.) RSch 1570. — 
molaw, in der Seckenh. (Schwetz.) RSch 1570. — moUenberg Neckarau 
(Mannh.) RSch 1570. — mohauue Philippsburg ZBM 1466. — monch- 
berg, monclicspfad St Leon (Wiesl.) ZBM 1466. — monehschltiesel Neckarau 
(Mannh.) RSch 1570. — more, vor dem Nußbach (Oberk.) ZA 1303. - 
mörfeld, mor- Steinmauern (Rast.) FrUÖE 1573. — margenthail Schries- 
heim (Mannh.) RSch 1559. — mvrlach f. Otigheim (Rast) FrUOE 1573. - 
morsch, nf dem Seckenheim (Schwetz.) RSch 1570; dass. f. (s. oben) 
Neckarau (Mannh.) RSch 1570. — (bi der) morden rüti Nußbuch (Oberk.) 
ZB 1303. — morgel f. Schriesheim (Mannh.) RSch 1559. — morgental 
Schriesh. (Mannh.) RSch 1559. — morlache f. Otigheim (Rast.) FrUvÖ 
1533. 1545 und Mingolsh. (Bruchs.) ZBM 1466. — mörn, vor dem Ir- 
loffen (Offenb.) ZA 1303. — morstal, in dem Endingen (Eramend.) UStBl 
1350. — morstol Krotzingen (Staufen) UStBl 1350. — mos Waltershofen 
(Freib.) GZ 1409. — moshnd Ottersweier (Bühl) EHO 1583. — mostdn- 
bach Ettenh. TZ (XIV). — möul, in dem Mengen (Freib.) GZ 1409. - 
muck-, mugg- in: 

muckenloch Berghaußen (Durl.) Bergh 1532 und Eheinhauson (Bruchs.) ZBM 1406; 
-oic Breitnau (Kreib.) SB 1446. — mnggmttum Hausen a. Elz TZ (XIV); -itugye 
Wendlingen (Freib.) GZ 1409. — muygensturn uf der grundelun f Langenborn 
(Emmend.) oBuoZ und Oberbausen (Emmond.) WZ XIV. — mugkenslurm Groß- 
sachsen (Weinh.) RSch 1559. 

midi metteli n. (das man nemmet der *sieinbuhs*) Güntersthal (Freib.) 

GZ 1409. — multen, in der Eisingen (Pforzh.) WLPf 1527. — mitien- 




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Alte Flurbenennungen aus Baden. 



231 



berg Laudenbach (Weinh.) RSch 1559. — mummeterüti Heudorf (Meßk.? 

Stock?) VÜStBl 1507. — muncxinger teile Mengen (Freib.) GZ 1409.— 

munchsberg Walldorf (Wiesl.) RSch 1559. — munc zwang Eichstetten 

(Emmend.) GZ 1409. — müntxhenier berg Bruchsal ZBM 1466. — muffen- 

heym, xu Ottersdorf (Rast.) ESt 1511. — mundelsal, -san Köndringen 

(Emmend.) TZ (XIV). — mundeusol 0.- Schaff hausen (Emmend.) oBuoZ 

und GZ 1409. — mar: 

hohe mur Bachheim (Donauesch.) VUStBl 1507. — uf s muer Leiberstung (Bühl) 
GGSt 1588. — mür Dürrh. (Vill.) UDV 1553. — mur Hohenhurst (Bühl) BL 
1540. — mür, murberg Windschläg (Offenb.) ZA 1303. — mur Binningen (Eng.) 
BG XV. — xe murra Wasenweiler (Breis.) oBuoZ. — muriceg Weisweil (Emmend.) 
oBuoZ. — mura, in banno Denzlingen (Emmend.) oBuoZ. — murenceg Denz- 
lingen (Emmend) oBuoZ. — mürbronnen Unzhurst (Bühl) BL 1540. — murhag 
Renchen BL 1540. — mürne Zusenhofen (Oberk.) ZA 1303. — mitermatten 
Leiberstung und Müllenbach (Bühl) GGSt 1588. — murweg, smale Weisweil 
(Eramend.) GZ 1409. — murremeeg Merdingen (Breis.) GZ 1409. — müncald 
Ulm (Oberk.) UAh 1526. 

mnsebrunne Kirchhofen (Staufen) TZ (XIV). — müsbach villa Muttor- 
stegenhof (Emmend.) oBuoZ. — müsselinggrund Fautenbach (Achern) 
UAh 1347. — müselbrunnen Döggingen (Donauesch.) VUStBl 1507. — 
muttental Michelfeld (Sinsh.) OG 1430. — muxxental Biringen (Breis.) 
TZ (XIV). 

N. 

(xe) nach Jechtiugen (Breis.) oBuoZ. — nageltfeldt Pforzh. PfLStM 
1502. — tuipf hurst Sand (Kehl) ZA 1303. — nappfschies weg, napschiß 
Ottersdorf (Rast.) Ronov. Stollhofen 1472. — narrenberg Biringen (Breis.) 
TZ (XIV). — nattendal Vogtsburg (Emmend.) GZ 1409. — (uf dem) 
natxennollen (Reben), natxennoller cuntxgcn 1 Gottenheim (Breis.) GSch 
1528. — neggerhellen Heidelberg RSch 1559. — negehfürst f. Varnhalt 
(Bühl) GGSt 1588. — nehelingcr murn 1310 Jöhlingen (Durl.) CDS I 
1455. — neftere xwingel m. Pforzh. WLPf 1527. — ncirstal Oberschaff- 
hausen (Emmend.) oBuoZ. — Heilenbach Höllstein (Lörr.) T 1475. — 
netxsdal Östringen (Bruchs.) OG 1430. — netling f. (Bach) Dietlingen 
(Pforzh.) PfLStM 1502. — neuenberg Neuweier (Bühl) GGSt 1588. — 
(uf den) neunteil biegen Steinmauern (Rast.) FrUÖE 1573. — neuwers- 
hausamer bann Xeuershauseu (Freib.) N 1543. 1556. — nülbruch Mer- 
dingen (Breis.) GZ 1409. — nükilch Wasenweiler (Breis.) oBuoZ. — 
numaga f. (Fluß) Biengen (Staufen) TZ (XIV). — nünbrunnen Vogtsburg 
(Emmend.) oBuoZ. — nunenbuhel Grötzingen (Durl.) DZ 1532 I. — 
nuncr strosx Heitersheim (Staufen) RH 1468. — ■ niinkilch "Wasenweiler 
(Breis.) oBuoZ. — (an dem) nunliitgc Sasbach (Achern) ZA 1303. — 
mtnnenbruel Brombach (Lörr.) UStBl 1460. nurnljerg Mingolsheim 
(Bruchs.) ZBM 1466. — nur.sental Oberschaffhausen (Emmend.) oBuoZ. 
— (im) nusxperstal Waltershofen (Freib.) TZ (XIV). — (der) nuwe dorfs- 



1 Vgl. vorne kinxege. 



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232 



Otto Heilig. Alte Flurbenennuogen aus Baden. 



graben Stettfeld (Bruchs.) ZBM 1466. — (das) nuwe darf Grefemrilrr 
Philippsburg ZBM 1466. nüueusand Sand (Kehl) UAh 1526. — 
nierolfestal Oberschaff hausen (Emmend.) oBuoZ. — (itf dir) niltem 
Neckarhaiisen (Mannh.) RSch 1570. — nockenbronnen Durlach DZ 1532 I. 

— norsthrin Biringen (Breis.) TZ (XIV). — (vor) nSrtting Gottenheim 
(Freib.) GSch 1528. — noting, vorm notging Oberschaffhausen (Emmend.) 
oBuoZ. ~- nottbach f. Ottersweier (Bühl) EHO 1583. — nÖttenbach 
Schallstadt (Freib.) St PG XV. — noüvntal Frickingen (Überl.) HRh 1525. 

— nüflantx (Weinberg) Oberrimsingen (Breis.) GZ 1409. — m'inmage l 
(Fluß) Mengen (Freib.) GZ 1409. — (im) nydlingerlal Eisigen (Pforzh.) 
PfLStM 1502. — (lache am) nytharter weg Grötzingen (Durl.) DZ 1532 I. 

— nuUgengrund Grötzingen (Durl.) DZ 1532 1. 

0. 

(bürg xe) obhusen Au (Freib.) GZ 1409. — obhuserweg Biengen 
Staufen) TZ (XIV). - öberschloss Neuweier (Bühl) GGSt 1588. — ochsen- 
berg Wolterdingen (Don.) VUStBl 1507 und Kiechlinsbergen (Breis.) 
TZ (XIV). — (an) ockelschiceng Frickingen (Überl.) HRh 1526. — öden- 
heimer furt Mingolsh. (Bruchs.) ZBM 1466. — odental Bruchsal ZBM 
1466 u. RBr 1627. — oede grund, ödenberg Neundingen (Don.) VUStBl 
1507. — Osenberg Broggingen (Emmend.) TZ (XIV). — offental Boh- 
lingen (Konst) BU 1517. — ogelstrunloch Bahlingen (Emmend.) TZ (XIV). 

— ogestbom Uffhausen (Freib.) oBuoZ. — ogstbom Biengen (Staufen) 
TZ (XIV). — ohtmanheim Rothweil (Breis.) oBuoZ. — olosen f. Schriesh. 
(Mannh.) RSch 1559. — Ölgarten Stollhofen (Rast) ESt 1511. — oppel- 
heimer weg Heidelberg RSch 1570. — orashalde, oreshalde und orsches- 
halde Mundingen (Emmend.) oBuoZ. — Srchtkeln östringen (Bruchs.) 
OG 1430. — ordenawer weg Seckenheim (Schwetz.) RSch 1570. — or(e)n- 
berg Mingolsheim (Bruchs.) ZBM 1466. — Orsberg, Srsberg Herbolzheim 
(Emmend.) TZ (XIV). — orschwag Nenzingen (Stock) VUStBl 1507. — 
ortaiver weg Seckenheim (Schwetz.) RSch 1570. — Ssterbach Königsschaff h. 
(Breis.) oBuoZ. — osterkemer weg Mingolsh. u. Zeutern (Bruchs.) ZBM 
1466. — österkemer weg Eichtersheim (Sinsh.) OG 1430. — österich Otig- 
heim (Rast.) FrUvö 1533. 1545. — 6s '.erlinger stig Pfohren (Donauesch.) 
VUStBl 1507. — ostuarium, in der würi Freiburg TZ (XIV). — otten- 
berg Köndringen (Emmend.) TZ (XIV). — otlental, olenbunde Malter- 
dingen (Emmend.) oBuoZ. — ottersulr Betzingen (Emmend.) TZ (XIV). — 
ottingergescheid n. Bietigheim (Rast.) FrUÖE 1573. — ötlerbaeh m. Auggen 
(Müllh.) oBuoZ. — öttersperg Ellmendingen (Pforzh.) PfLStM 1502. — 
otenhart Köndringen (Emmend.) TZ (XIV). — Stental Kenzingen (Emmend.) 
WZ XIV. — ougenbmnnen. -bühel Obereschach (Vill.) UDV 1553. — 
(am) ougkesbühel Wippertskirch (Freib.) GSch 1528. — (der) ovalhom 
Gupf zu Tannenkirch (Lörr.) üPrB 1346. — (in der) owe Windschläg 
(Offenb.) ZA 1303. 



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Wilhelm Scboof. Sprachproben in Scbwälmer Mundart. 233 

P. 

(xe) Peterse Binningen (Engen) BG XV. — pfaffenbrul Brombach 
(Lörr.) UStBl 1460. — pfaffendal Mühlhausen i. Hegau GrZbKD 1383. — 
pfaffenlach Steinmauern (Rast.) FrUÖE 1573. — pfallenxer sive ritter- 
hahle Bleichheim (Emmend.) TZ (XIV). — pfastergrube beim hemveg 
Wolterdingen (Donauesch.) V UStBl 1507. — Pfingstberg Neckarau (Mannh.) 
RSch 1570. — Pfingstberg in der molaw Seckenheim (Schwetz.) RSch. 
1570. — pfingstbüchel Bruggfeidon ad Frickingen (Überl.) GDK 1464. — 
(in der) pflegkh, pflecklie Heidelb. u. Schriesh. (Mannh.) RSch 1559. — 
(am) pfolich Rohrbach (Heidelb.) RSch 1570. — pfrummen luh Sandweier 
(Baden) ESt 1511. — pfuntxtor Grötzingen (Durl.) DZ 1532 I. — pfron- 
bonm Nußbaum (Bretten) TfLStM 1502. — (zu) pillichofen Walthers- 
hofen (Freib.) GSch 1528. — (die) plindenbach Schönau (Heidelb.) RSch 
1559. — postpfat Bruchsal Ren. Br. 1627. — proschburg Grötzingen 
(Durl.) DZ 1532 I. 



Sprachproben in Schwälmer Mnndart. 

Von Wilhelm Schoof. 

(Fortsetzung. *) 

13. Berffa (560 Einwohner, 189 Schwälmer). 
[Gehört zum Kirchspiel Lingelbach ] 
a) dä häksjdäänds (Lokalsage vom Bechtelsberg). 

98 wä»r 9inool \n bosd gnotuisd, dä wi{l frah. di frää \m derf 
di tcäitr d häks oo dä ääzr määcs oox. of Walbin 7 geds on (auf den) 
BejQtebäärk.* dä Hanskloos deijd: do musdd oox mid, oo sdeld s(c \n 9 
äk boo di häks woond. di häks nemd fad (öl) oo smeerd s(c ii oo sbrecd: 
%c smeerd mic med häksdfäd oo Sdumb oo (an) kinzr äk werd. d&s määc9 
maxd's grälld so. dä Hauskloos deijd: do musd du oox med oo nemd 
das fad oo Smeerd s\e ii oo Sbrecd: \c smeerd m(c med hägsdfiid oo sdumb 
oo afo äkd werd. nu geds dorn fynSdee ni(f on Bejdlsbäärk. do ooivd 
müld 9 s(c baini daiu ol oo on .sbrecd hä wel dä daänds medhääln. dä 
daiivdl ger 9m (gibt ihm) ec drombe'ed on sbrecd: do bloos. bi dä daänds 



1 Von jetzt an folgen Proben aus der sog. weiteren Schwalm, vgl. Ztschr. f. 
hochd. Ma. 6, 247. 

* Walpurgisnacht. 

* Der Bechtelsberg, die Hexeukaute im Dorf. 



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234 



Wilhelm Schoo f. 



ous {$, do ger dm dä daiwal krebdln di sul d s\c mediiämd on di drombted 
dä(r)fa s(c oox mcdnämd. näx heem dsu muss9 of imm draibeenia 
Sdeifbec raira. dä daiwal sbrecd: du däfsd in da ä&k fiiradswandsic 
#dun naud äsd, naud deyga on naud ärwdln. nu raid dä Hanskloos mix 
heem. hä kemd äwar feer ee groos wasdr. nu deyd d: bi wed * (willst 
du) do drewar komd? bii 9 so duxd, hebd (hüpft) dä bok in di hfl on da 
Hanskloos ful dsi{m wasdr nii. bii 9 nu werd housd wüazr, duxda: ic 
ivel smool bloosa. bii a (n dä randso gugd, sir d (sieht er) ee ääl fanixd 
(verweste) kads den (drin) laid. ?m gir d (geht er) näx heem. bii a näx 
heem kemd, hard huydr. do deydd: du kansd dey krebaln gesd. bii d dä 
randsd of rnaxd, laid doo päärkedaln den. di warf 9 oox dam fänsdar 
naits oo hii {s di gdSicd aus. 

b) Weitere Lokalsagen vom Bechtelsberg. 

1. 

98 wäädr 9mool an gaidscar buu9r g9icääsd, dä had om Bcjalsbäärk 
gaagad. do sir 9 jeedm daäk dswelf riisd \n dd bäärk gii, di Sbräca: 
Bcjdlsbäärk, duu d(c i{f. dd buuzr deyd, (c wel mool saa, bas di do 
den mar», hä sbrecd: Bcjdlsbäärk duu d(c uf bii d nii kemd, sir d ) 
gäänds rai kasda fol gold do Sdii. om anan dääk nemd 9 da wää on di 
dswii päär on wel sie dä fol gold laya. bii an halb fol had, kämd di 
riisd on fruäja bäs S9 do mreed on won 9n ofheyga. do bir e (bittet er) 
on sbrecd scy brurar her an dodsuu farlaid. (h sbräcj di riisd: bansd* 
bis ded nää.rd imd dswelf di kasda al housd hosd on al eydr di äärma 
fardceld bis of inar, so sol dä dey sey. bii 9 dä lesdd kasdd fol gold 
dreed (trägt), Slccd di uudr dswelf. nu mus a nor dswelf dooan (Tore) 
doregii. bii 9 oo's lesd dooar kemd, dud di mar dä lesdd slääk. oo ün 
(ehe er) house (s, smeisd dm di deedr di fääsd (Ferse) ab. wail <* nor 
md fädic wäädr, fliid dds gpld werd sdrek. do fuya sd oo sd grääwd on 
gräuwd bis haid ngx. 

2. 

es gäy 9 mool 9n man on ß^jdfsbrerk on agad. do kämd dswoo 
■wrisd joyfan näx am on säärd, hä sil dmool näx heem gii, sc wild bog? 
dass dti ken dräk of das brood fit. bii a wera kam, do laak a sdek säidds*- 
ku.ra 1 om (auf dem) pluk. 

3. 

as wäädr 9 mool an man, dä had gcran garoord. bii 9 on Bcjelsbäiirk 
kemd, do gir dm di peif aus. do laid 9 heefco kgodn, do maxd hü stc et 
ins prifea. as dsiid awar ned; do gugd c nii, do sey laudar goldsdegar den. 

1 Kuchen aus Brotteig mit geriebenen Kartoffeln darauf. 



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Sprachproben in Schwälmer Mundart. 



235 



c) Schwarzenbörner Sagen. 
1. 

di ^wadsabenar wol amool a Itqn meda 1 , do iri{sda sa ned bi sa däs 
maxd suh. do huyga sie sa ooua nii ooanee (aneinander), do bojameesdar 
huy do hcaM. bi sa al ooanee huyge, sääd of cemool da bojameesdar: 
hotn!* mir (euch) tnool fand, ic wel amool in di hey Sbidsa (spucken). 
do fula sa al medanee eya nah. 

2. 

as tt>ämr an man in ^wadsafjon, dä had dsu feela wädndsa. do 
.sddüxd a das ftaus oo oo sääsd s(c darbai med dar gai on Sbeeld. ban 
das ned fair da uüändsa es, do wees \e ned, bäs besar es. 

14. Hattendorf 8 , bestehend aus den Gemeinden Althattendorf 
(323 Einwohner, 237 Schwälmer) und Neuhattendorf (151 Einwohner, 

68 Schwälmer). 

a) das Als f clar käSamäd. 

nääcd sey ec of Alsfeld of's käsamdd gawäusd. do wäan feela kä&a; 
i dar Imuda do Iddja sdroohiid, di kosda nuuar dreiste ferne- hä es ar 
feel loos wdan. i insm lädra do ludja Sbiilarca, drumaln, uuan, uuankera, 
gefdbeiral, mesan, dsugarsdee öö kerb, as wdar an man do, dä had wedsMce 4 , 
di kosda drei sie fenie. as woar öö feemdüd, do wi{i{an (wurden) sau far- 
keefd öö osa. di sau warn daiar; das pöärea kosd fqfdsic bis seedsic 
mark, feela laid hara her sau gakööfd; di kosda hara sa $oo bai sie, 
airar sa ivüan an dsu daiar. as wäan bö dsivii sandarma om muüd, di 
sdobda inar iVs Ipx, da had baim Ranis" bäk b gehl gasdooln. di sudja bo' 
nda x eb alas om mddd reedie dsugdy. do wüar a /W/Y/', di had ääar kend 
falooan; see früdd di laid äb, eb sa das kend ned gasaa hara. se had 
aivar das kend felooan öö musd so näx heem gii öö bi sa näx heem kam, 
do wud sa deedic gasembd. as wdar ööc an man om mäad, dä had Med- 
salfis 6 öö gay of kriga, du gäy dorem öö herald. 

i da lädra wiian duudalsek, li{fdbel, haandicar, Xnubdicar, halsdicar, 
hemar (Hemden) öö kleerarsdofa; of dam mddd do ivaan öö feela musa- 
ganda, di Xbeelda liirar öö dänds; ban sa gasbceld hara, wola sa gäld hoo 
foo da laid; di meesda laid atrar gdya farbai ÖÖ gäw an kee's. mar hara 

1 — messen. Impf, mas, Part, gemäss. 

' Von hqicv — halten, auf dem Arm wiegen, mehr in Oberhessen gebräuchlich. 

' Hattendorf war bis 1708 hessen-darmstadtiAch. Jetzt bat jede Gemeinde ihren 
Bürgermeister, obwohl sie räumlich nur durch ein kleines Gewässer getrennt sind. Die 
Sprache ist, soweit ich bis jetzt gefunden habe, in beiden Gemeinden gleich. Auch 
besteht eine gemeinsame Schule. Kirchlich gehört Hattendorf zum Kirchspiel Immichenhain. 

4 Sensenschleifen. 6 "Wirtschaft in Alsfeld. 6 Stelzfüße. 



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23G 



Wilhelm Schoof. 



(hiciiä pond kü.sj gakööfd, knfii Öö dspgar öö kerwarca 1 , ce drombded. kräln-. 
suu öö hiid. bi mar nur hcem guya, do säuft mar hai dar kcrc kana 
öö dibarca Sdii, do kuf mai mudar ee's dafoo, das kosd bloos dswelf ferne, 
do pagda mer ins werk sasoma öö guya heem. bi mar näx heetn kam), 
do wäarS siwa uuar öö do deelda imr di muädSdegar aus öö da ken dü 
mar di müüdMegar gaica, di früübda scc. 

15. Ottrau (517 Einwohner, 256 Schwälmer). 

(Zum gleichen Kirchspiel gehören Görzhain und Klein - Ropperhausen. Die Kinder von 
Klein -Ropperhausen (68 Einwohner) gehen nach Ottrau zur Schule.] 

a) da Bcjalsbuürk. 

dswe§a (älter dsesa) Odar* oo Berf laid da Beftlsbüürk. ban mar 
do dri(f es, kau nur iveid gasaa. gnnds eya om büürk wusa heelkrcirar i , 
di wt(uan (wurden) ban's himalfuäad wüäar friiar (oo leid galungd, di 
weidhüüar kuma. di heesd sbeds es di Rombalski{b, di heesd mar so, 
brem mar ii da mir ulsamool a gerombal gahiid hod. of dar Romhalskub 
es di Rombalskpnd, donäüwa es di hägsakpqd. da üMa mai hui hei da 
deiwal a mooldscid äb. hä lud ala ftüksa ii. do dMndsda sa, sdya, lermda 
oo drein alarhaand slääcdickeen. ban's dswelf uuar farbai wuar, dd 
wi{i{ar da resd foo do mooldseid iigapagd oo da rera sd of Sdipnba ba'üsa 
oo gigal wen näx heem. 

b) bii di edaSa Silarkey* in Sbadsiirgay of dd Knil mäuxda. 

(Nach dor Erzählung eines Ottrauischen Schülers.) 

ban mar ewar Klee - Rpberhgusa , Kansas, Naukyrca, HeedSwey* ged, 
do kemd mar ofan Knil. feeram draifirdelsjooar do fuuan meer med dam 
cdaXa Suulmeesdar of da Knil. bi mar of Heeds wey käma, do lusa mar 
di uüü do Sdii oo güya of da Knil, boo di saldoora maneewar hula. bi 
mar on Knil käma, do sduna (auch jfdäya) di suldooda i dar reij oo sosa 
seiwa med kanoona. mar sasa oowa om Knil oo gugda als dä saldooda 
dtu. di wdan of da Swadsabenar drischar. 7 as wuan üäe drai kineestö 
t{fadsiir do, di wuan em geseed güül on di üüjj ttuan a besäe Seeb. di 
basda of bi di saldooda sosa. inta uuara fimf hdda sa of sa sisa. di 
kanoona wui{an wen sasama gahuyga oo fuuan wen hin, boo sa eSd 
kwadiid han. mar guya do wen of HeedSway oo drdyga kdßi oo fmun 
wen hcem. 



1 Körbchen. * Perlen. 3 Ottrau. * Heilkräuter. 

4 Ottrauischen Schulkinder. 

0 Hauptschwenda. ; Triesch, vgl. Vilm. Id. S. 410. 



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Sprachproben in Schwäliner Mundart 



c) heid rood, mfinfrii dood. 1 

em dreisicjäärica krik had sec da sweedis'a iwaSd foo Roosa heyar di 
muuan oo uäln (Wälle) 2 foo da fesdey Dsaihää 3 farSdegald. Breeda had 
mit' saldooda bi Hey hold foo Roosa. 1 do gUiäbd j hü kin di fesdey Dsaihää 
i kgdsar dseid iganama. bi Reyhold foo Roosa farsdpkey kr^ija had, do 
gref a Breeda bai Reicalsderf 5 oo on Sluuk sey heer ii di fluxd. jää, 
Breeda fid seiner ii dar slääjod. see bräxdm an nax Dsaihää ii di feer- 
sdaad Waichgus oo Icedan an em $dädi.sa brauhgus of an sitva fus laaya 
sdee, da j gands Qusfihl. da dank feerhäär hara of dd deS foo indtn 
Reivabderfar buuar gasrewa: heid ii Bgnamands 6 hgus, mgnfrii em 
Waichgus. ded wgda wdan ii arfiley gagii, arrar ned bii's dam Sdoldsa 
man gaoond had. 

16. Görzhain (260 Einwohner, 123 Schwälmer). 
[Gehört zum Kirchspiel Ottrau.] 
a) da man cm moond. 

as wöar amüul in man, dä gäy on inam §iina sgndicsmgrja en's 
holds. bii a sec nu so a sii dräxd sasama gahatuca had, pagda sa of da 
rek (Rücken) on wol sa heem drää. do bagäänd am eyarivtiäcs an man, 
dä wi{l in da kärc. dä sääd iccr am: ireesda ned das sondic es? dä 
man sääd: sondic em himal otear (oder) moondic of da äär, bas ged das 
dec oo? dä man aicar dä an frnäd, u uäar da liiwa god sejwar. dosäära: 
du sod (sollst) eeicic deya riisarweV drää on em moond Mii. das sol 
a uurney sey feer ab mens~a, di da sondic ärivaln. 

b) Abzählreim. 

cc gäy an kälar, 

fuy dswi hälar, 

Sdus mec icera dreygadsaba, 

dibc, daba, 

goisalaba, 

äUbaba 

ms, 

du besd ßnts. 



1 Behandelt die Schlacht bei Riebelsdorf (5. Nov. 1640). Hessen kämpfte damals 
auf Seiten Schwedens gegen die Kaiserlichen. 

1 Landwehren (Wälle mit Gräben). ■ Ziegenhain. 

* Reinhold von Rosen. * Riebelsdorf. 

* Der Besitzer hieb" eigentlich Lange und wohute in der Nähe eines altmodischen 
Brunnens. Zum Unterschied von andern Namensverwandten nannte man ihn » Borne - 
Lange«, woraus durch Mißverständnis heute vielfach Bornwnan geworden ist. 

7 Reiserwelle. 



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238 Wilhelm Schoof. 

17. Weißenborn (380 Einwohner, 53 Schwälmer). 

[Gehört zum Kirchspiel Oberaula.] 

a) dä fogs on di rääb. 

os tcädar amääl ee raab di had an kees gaSdooln on saasd sec of 
97i bggm. das icud an fogs gdiväädr on gäy hin on sääd: rääb, du besd 
9n sinar feel; ban deg sdem oo so sii es, dä besd a dü Sinsda feel of dar 
wähl, das had dar rääb sii gafaln on sä ruf: rääb, raäb. do fäl ir 
(fiel ihm) dä hees dohin on do gihj dä fogs dorbai on fräs da f;ecs of on 
laxd di raäb uns. 

b) dä fr os on di muus. 

as tcääar amääl :t muus, di ttrear geean itcer 9 ivasar gatcääsd. m 
htm awar ned. do sääd sa wer an fräs, hä sii sa niicardcndsa. do sääd 
dd froS: betj detja fus on mega fus. dä froS wääar auar n beesaicerd on 
wi{l di muus arsufa. do kam dn waidr dohrcar on frus~sa al dstcää of. 

c) Kinderlied.* * Variation aus Schorbach: 

drätjga, drägga, mättca, drätjge, drägga, mänc9, 

aiar, sbäk em päänca, aiar, Sbäk cm pänca, 

kruura fleeS 1 em debcj, kraurd flees etn debca, 

brandawig em glääsca, brandaiciyetn glääsca, 

ged a tvogar rääsca, gih waga 3 mänca, 

plomsdic en di ä&* gigariiragii. 

18. Schorbach (334 Einwohner, 155 Schwälmer). 

[Gehört zum Kirchspiel Neukirchen.] 
a) das genca.* 

Denads hgus b teiur friiar a slgs. do uoond in grttäf den. hä had 
feel grld oo teaar selcas ric. do gab's of eemool krik. sa musda oi{sres). 
dä man näm di frää on rek (Rücken), di frää pagd das gäld iis kdsdux. 
bi sa hegar Kngxa hgus H kama, tculo sa ratttca (ruhen), do gäg dar friüi 
das sedsdux foos. das gäld ful dohin. das hiand heesd mar aliceil ngx 
das genca. da man has Ilain, di frää hus Imic. see scy fo doo oft 
Bäänca 7 gadsooja. dohääar hod tut dos Häünca dj nooma Imicanhain fori}»- 

b) dä ufadsiiar oo an anlar man. 

in ufadsiiar ivt{ttad ottsgasegd hä sul furar fr er di geil laiß. do 
kam a ii a dual, do klag ce aal släüed hed (Hütte), do ufadsiiar klobd 

1 Krautfleisch. » Asche. 

8 Scheint Entstellung aus gid 3 wagsr zu sein. 

4 Feldbezeichnung bei Schorbach (von gt*rn = SchoD). 

. 5 Bernhards Haus. 6 Kuochs llaus. 7 GeraarkuDg um Immichenhain. 



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Sprachproben in Sohwälmer Mundart. 



239 



oo da hed oo. do käm in aala man gus da hed, dü had groo hoo9r. da 
ujadsiiar säüd wenn: weisd mar mool a gääsdfcld. dä ttfadsiiar gäy heyar 
da man hääar. do käma sa bai 9 gääädfeld. dä i{fadsiiar sääd: hei es 
soo a gääsdfeld. dz aala matt sääd: duJ-d ux ngx 9 besca. do kama sa 
bai ee anar gää£dfeld. do sääd da aald man: hei maxd ux gääsd ab. 
do sääd da ufadsiiar: das amr waar bes9r bi dids. dä sääd da aala man: 
das kan ja gasey, es wäar awar ned mey. 

c) dä fogs oo di gans. 

in fogs had ee gans gotdooln. hä slrbd S9 fgd oo wi{l so fräsa. 
do sääd di gans: les mec äsd 9 mool daandsa. da fogs sääd: das däfsda 
duu. di gans huub sec fom boora of. bi sa a weil gadaandsd had, flook 
sa fgd. da fogs gttgd heyar da gans hääar oo sääd: feer dam äsa es kee 
daands mii. 

d) da leciva oo da hääs. 

in leewa sääk amool a hääs. hä sääd: es js wooar, das sec di leewa 
foo inam gigal farjää lesa? do sääd do leewa: as es gdwes wooar. kc?isda 
di gasicd ned fom eh fand, dä sec foo inar sau farjää had lesa ? do sääd 
da haäs: nu wees cc ööc brem mcer ins feer da hoy fäcda (fürchten). 

> 

o) Kinderlied. 
Hänsal, dräwcndsal, 
drää wasar ii's hgits, 
das del/ca leefd gus 
dam hinarlox ngus. 

19. Nauses (278 Einwohner mit Hof Wincherode, 270 Schwälmer). 

[Gohört zum Kirchspiel Neukirchen.] 

a) di Mgus9 eec. 1 

as wäaar »mool an man i Odar, dä streb sec Mgus. dä had 9 bees9 
frää, di dscyd sec imar mer am. sec had Itai aanar leid enar n gaSoln 
öö had gasääd hä hed cm wuuld hulds gasdooln. do waaar dä fesdar ofs 
amd gagii bö had da Möns ooyadscid. nu grred da Mgus in dermiin om 
amd on wud öö fjrgdeeld. nu wäar hä bres of sey frää. bi hä wen foo 
Naukerca näx heem wirf, do sään bai dar dika eec di bai dar bruxmil 
Sdny: bau ic heem kom öö däs aal oos es dood, dä sncir ec ded eec med 
dam broodmes ab öö bü 9 heem ketnd, do es das aal oos dood öö foo dam 
dank oo Ih> dä man däs gjsääd had. hus di eec Mgusjcec. 



1 Alte Eiche an der Straße unterhalb des Dorfes (jetzt gefüllt). 



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240 



Wilhelm Schoof. 



b) Kinderlied. 

rdäica, rääua, rik, 

gii mool med en krik, 

gii mool med näx Way9rood l , 

sloo sa dec med sdaya dood.* 



20. Asterode (386 Einwohner, 129 Schwälnier). 
[Gehört zum Kirchspiel Neukirchen.] 

a) da KlQusdbyn.s 

9s hara Ind of dä leid 1 kgn äbgamädxd bo do had da euarknääcd 
uera das määca* gasääd, sa sil mool trasar baim Klgusabgn laya. bus 
hin wüdr koma, do uäar dds was9r fol gääla blrrar gawüäsd. 9s had als 
gabloosa, aicar 9s wfon 9r pääar med nii i da gelb* kgm9. bii's kgma teäar, 
do had' s dB kaääcd gamygd. do had sa's fardsaald, dä kw'iäal had da 
üSd gadräyka, do hara gasaä dös 9s Igndar gäldMagar gawääsd wä?n. do 
warn S9 hingalböfa, atraj- os wäan kee gnUlsdegar mit doo gawääsd. 

b) fom Bar beer k 1 . 

9S uäar 9tnool 9 frää foo Kresdarood 8 , di sol em Baarberrk em 
hi{lds gawääsd sey, do si{l 9 ji(tnbfar koma seij, di si(l gasääd hun, sa sul 
mer ar gii, do werar in kälar, den 9 weran gaandsa Inda (Bütten) fol gäld, 
do sil S9 sec so feel näma, bi 89 teil, see sil awar däs besda ned fdrgi'm. 
see har ar ee slisalsblgum gagaä, dtis uäar dä slisal. bai dar gäldgibr 
had sa dä Slisal lesd faln, see had sec däs sedsdnx so fi{l ganoma, das 
dä sedsbeyal g9graxd wüar. bii sa fgdgäy, do slooj 9r di deer di feeM 
(Ferse) ab. oo dar wäy sal s9 gesdärwa sey. foo dam gäld hon di 
Kresdareerar a glgk ga.seyd greeed. 

c) Kinderlieder. 
1. 2. 

Kolrääwarca, Kolrääwarca, 9s wäar »mool 9n kleen9r mau, 
däs sey di üensda plaandsa, frii, früh, frää, 

öö bau mry mudar huxdsic hehl, 9s wnar amool an kleenar man, 
do uiin mar ah däändsa. hm, hm, hm. 



1 Eine "Wiese im Hattendörfer Wald, wahrscheinlich eine ausgegangene Ortschaft. 

* Vgl. dazu die Variationen aus Röllhausen, Steina, Holzburg, Görzhain und Ottrau. 

* Eine halbe Stunde von Asterode gelegen. 
4 Gemarkung dicht bei dein Born. 

6 Zweite Magd, die erste Magd heißt di määd. 

6 Holzkrug. 1 Burgberg. * Christerode. 0 dadrin. 



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Sprachproben in Schwälmer Mundart. 



241 



dä 9 groos frää sec »«{w, 

frii, frää, fräa, 
dü d groos frää usw. 

hm usw. 

di frää di in(l dsum däändso gii, 

frii, fraä, fräa, 
di frää usw. 

hm usw. 
dä kleeno man n i{l ÖÖ med gii, 

frii, frää, fräa, 
dä kkeno man usw. 
dä kleeno man musd doheem bleiiro, 

frii, frää, frää, 
dä kleeno man usw. 



dä kleeno man musd di däl&r wäso, 

frii, frää, frää, 
dä kleeno man usw. 
em sääyk do sdäy o hi{}jodebco, 

frii, frää, fraä, 
em sääyk usw. 

dä kleeno man dä läxdd (leckte) droo, 

frii, frää, frää usw. 
öö bi di frää näx heem käm, 

frii, frää, frää usw. 
brem husd du golääxd (geleckt)? 

frii, frää, fraä usw. 
deshalb musd du slecj hon, 

frii, fraä, frää usw. 



2L Hauptschwenda (136 Einwohner, 69 Schwälmer). 
[Gehört zum Kirohßpiel Oberaula.] 
di barjomeesdosfrää (Schwarzen börner Streich). 

os vaor jmool o barjomeesdosfrää di wul i do kärc. do gäy so l>ai 
do klcerosääyk on do wi{l so ser hoorcel oo das Jiooor maxo on sdääds 1 
das so dos hooreel nt{m, ni(m so di dendo on säd so sec of's hooor. bii 
S9 of dor dräb wä or, do duxd so das so hos kee flect em krpud 2 had on 
da layd so o sdek rebo; Sdääds das sj däs fleeS nii määxd, määxd so i do 
gostvindickeed. dos gosääybux nii. bii so nu ii di kärc kam, had so dos 
sdek flees eyom aäom. di leid säyo grääd do lesdo feS on sdcijo of. do 
duxd so di leid eeon (ehren) mec nox on bii so dos gosääybux oßloo 
do had so dos sdek flees ii dor huand. bi das di leid säajo, do laxdo so 
al bii so ii dor kärc iräon on eivor di bgrjemeesdosfrää do had (hörte) 
di kärc glic of. 

22. 8chunborn (119 Einwohner, 99 Schwälmer). 
[Gehört zum Kirchspiel N'iedergrenzenbach.] 
a) di dsivee mairoco (Märchen). 
os uaon omool dsivee mairoco foo elf bis dsivelf jooor, di wuln mix 
ääro gt(/ol on nämo äro Sbrnrogo med. ääro gi(rol uoondo luyom waäld. 
hü so em tcuäld wäon , do snaid's so had, das so ned mü dgrekgtio. do 
Itäyo so ääro sbenrogoln ononec* on bayo oowo ääor rooros snubdux droo 
on so saasdo sec en o heel on so slufo en on ääro ülo(r)n slufo doheem 
Öö gands goruulic (ruhig), brem so durdo ääro key wcon bai ääro gi(rol 
gands gud ufgohoowo. do aanor mgrjo saxdo so in booro aus, dä di key 

1 statt \ 1 Sauerkraut. 3 aneinander. 
Zeitschrift für DenUcho Mundarten. III. 16 



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242 Wilhelm Schoo! 

• 

laya $i(t. atcar dä fäy di key ned. do guya sa med Seba en wMUf on 
icula di key sica on dä sääja sa a rooras faibic* on dä räfa sd di key 
med nooma on di key fama ned rousgakoma on dä gruuwa sa on dä fäij) 
.sv sd on dä määxda sa daheem a groos fesd. 

b) Kinderlied. 

9S hod gasnaid on hod gafrooa(r)n, 

mey ahrfadar hod das mes falooan, 

hä suxd's em hääiw, 

on fäy's em Sdroo, 

ax bi wäar mey älarfadzr so froo. 

23. Leimsfeld (329 Einwohner, 224 Schwulmer). 
[Gehört zum Kirchspiel Niedergrenzebach.] 

a) dä st(ma(r). 

am leysda sey di dääj em &i{ma(r). dd mörja em uura fiiar Hon 
geean di flegsica täändleid on äüra ärwad on Sbeed da noowad Sbeeln di 
key npr em fraid. grääd en dar nooivadkiü Sbeeld see's am bexda. bila 
heds 1 es öö ofd da dääk civar. feela diira laia en äüra Snäärwa (schattigen) 
äüdlecar, sqlwar di feel berja sec em stcäüra fon dam duygalbaloöbda ut'utld 
on sdeln äüra gasääyk en on öö di menSa sica sec di kiilsda plädsarca 
en äüra icooney of. nuuaSd di meensda kääldbtiirira diira, fiiargabeensar* 
on ensqgda sey edsd am frcclicsda. ixtbilar 9 flqia fon blöyma dsu blöyma, 
bee* suma, grMsmega* dseriva (zirben) on hääiivsrega Sicem (schwirren) 
em di medä ägsdseid dgrc di wesa. 

her* Inend di meduäksst{n em wcira säädfüld; dgrc äära üdrooln 
ived en uiyk upxa di froxd regf sey. dä ged's a freelica, awar miisääma 
rcand. ban di garwa amool of da wüny galäd sey, da smega (schmücken) 
sec Snerar on Snerarina med füldblöyma on med freelicam gasääyk ged's 
da noowad ens dgrf 

b) Kinderlied. 
hooxa, hooxa, veysdaböom 6 , 
säädar da di feela key? 
wipi dox al eniecrad sey. 
gi'tbd ins ee ecj 

awar (oder) ee .sdek Sbäk, 
snqid's fon dar ifqira wäk, 
gradsd med da niUiln 7 dron, 
sbreed da äah kidsakadsakäadar hed's gadoo. 

1 welche Hitze. * Eidechsen. 8 Schmetterlinge. * Bienen. * Heuschrecken. 
e Am 3. Pfingsttag ziehen die Kinder mit einem geschmückten Baum herum und 
erbitten sich Gaben in den Häusern nuter Gesang dieses Liedes. J Nägeln. 



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Sprachprobon in Sohwälmer Mundart 



243 



24. Rörshain (200 Einwohner, 95 Schwälmer). 
[Gehört zum Kirchspiel Niodergrenzebach.] 
a) dä gaisabgk on dar hoyd. 

in ked kud (hütete) di gaisa on inam bccrk. in dar boosheid Slunja 
sey hoyd. doreivzr fraibd sec in gaisabgk on di(xd: dar hoyd wed sec 
mi wiyk cm sa bakimm. als sac da hed eym boom leed, cm sec sa rauiva 
(ruhen), do sbray dä gaisabgk cicar in grääwd. em *nu« luf d*r hoyd 
hin on drew dn of sey blads. do sääd dd gai&bgk: bi kansda dä (denn) 
imdrdsu in klääiva (Sklave) scy? dor hgyd sääd: as es dgx meyd far- 
flamdd flied. 

b) Spruch. 

di Goyalsheisar hoyd ggudsa, 

di meel brgnsd, 

di hääna kreean, 

ah blanceda sdeesn of rääy, 

cer knääcch jääd (jagt) d&uu. 

c) Rätsel. 

1. 

as käm in man fon llibddbib, 
dä had a knecan oogaseed, 
on 9 kleed foo dgusendsdek 
on in flee&n bääad. [Hahn.] 

2. 

heyar insam hgns 

agard mey feddr Klgus, 

oona plnk on oona Sinter 

ucd's kee mens cm dgrf gauaäar. [Maulwurf.] 

3. 

vc guy dmool dorr a gäsed, 

dg bagäünd mar j rooras päfca, 

her cc dam päfca ned dsugasbrpxd, 

hed mecs Mal dood gakloxa. [Hagebutte.] 

25. Allendorf (540 Einwohner, 125 Schwälmer). 
[Zum gleichen Kirchspiel gehiirt Michelsberg.J 

a) ins s der f. 

cm Iddnd on cm derf farnurd sec fiehs. das das wooar es, hon 
mar son dl arfooan on scy dox Uäiva ärsd dohääar koma. en neydsa hunad 

16* 



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244 



Wilhelm Schoof. Sprachproben in Schwälmer Mundart. 



wäd ins aala küre äbgaresa on es a nanw gabaud warn, dl {Idsda heim 
sey äbgaresa on sey feela ?iaitwa gabaud wäan. feer dswandsee joo<>r musib 
sa hii d9s wasar al bat dar Swalm on en dar Jirsbax tau», do höds 
mancar droba sweds gdkosd. alweil do hon sa dswee taasarleirigd, do 
bruxa sa bloos das tnpul dreyar S9 Main, di gresda ferenarey höd en 
insarn derf di farkgbalcy cnbräaxd. ürsd musda di leid fon eenam bedca 1 
näx 9m anar löofa, ahreil geean sa näx eenam pluän on do kon & di 
gaandsj dank gaürwaln on brnxd ned remhüäar sj löofa. 9S sey Öö feeh 
namvj wüüja on gruäwa ongaleed warn, di Iren on di Jiegasey gusgarod icäan 
on di faialerca fey9 hin blads mit, hoo s9 äüar nüüssd h{n hin gabamej. 

feer dswee joo9r hon mar öö 9 nmar delafgy greed. Imn mdr ah- 
ueil <hr di{gdar hon mus , dä ged mar nam delafgy on regfd an. du wm 
mar öö glic eb ar kemd äwar ned. 

b) Abzählreime. 
1. 

eena, becnd, beenasdgk 2 
biwal hernar höd da bgk? 

2. 

iirla, würla, 
sik da süulf 
ib, da bib, 
da knil. 

26. Romershausen mit Gutsbezirk (300 Einwohner, 15 Schwälmer). 
[Zum gleichen Kirchspiel gehört Dittershausen und die franz. Kolonie Frankenhain.] 

di Fraykahiiüyar kürsakürmas. 

feerica sonddäk sey ec of dar kürsakürmas gaicüüsd. as iruan feth 
leid do, fon Drees*, fon Didarshgttsa* , fon Sasahöuse 5 , fon Flors/wäg*, 
on fon Mesberja 7 . dü soba kür$~a kgsd dswelf fenic. as wäan siradsa on 
roora do; di swada smäüxda um besda. da nümadd'äk em uura fiiar do 
kam a gawedar. di meersda leid guya do heem. baim wed Smeyge* do 
wäd em gäärda gadoansd. Swülmar wäan ned do, di wdan al neear 9 näx 
Urendsabax of's kriijarfesd. di müära daansda med di borst; as gujj 
gands gnd, sa hara öö a gura mitsik gus Drees, meer hon ned fed fon 
dar kürsakünnas des jooar gahad, brem das gawedar kam. do guya mar 
s'triy näx heem on ema halb fmf do wäan mar wera darheem. kgum bn 
mar do wäan, gah's a swecras gawedar on as fuy oo sa rün. 

1 Beet, Acker. 7 Bienenstock. * Treysa. * Dittershausen. 

6 Sachsen hausen. 0 Florshain. 7 Hengsberg. B Schminke. 

6 hinunter, ebenso raw — • herunter. 



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Emma Wanner. Deklination und Komparation in der Zawenhäuser Mundart. 245 



27. Stadt Treysa (3102 Einwohner, 41 Schwälnier). 
(Zum gleichen Kirchspiel gehört Ascherode.] 

das Gdhandsmäncd. 1 
am draiundswandsicda juuni em drai uudr gut/» mdr en dt Lecmd- 
kaud on hard blumd on Iböb galayd dsttm hrändsdwegdln. do sey mar 
hingdgeen on hon di blumd den laid gabrääxd, di di kränds uigaldd. do 
hon di FnilSdegarn , di Maadgfan , di Kniisan on di Baadmandn di kränds 
gawegald. un sa fiidic icäan, hara sa gasääd meer sila em's roodhaus 
remgeen. äSd hard mar ins färb on brerar galayd, das mar dreirar 
hin leey h{nd. do hard mar ins drofgaklaald on hard's ängdsdreca. wii's 
fädic wäar ängaSdreea, do hard mar di kränds on di gerlandd drofgatcorfd 
on do liard mar 9 urr.sdca drüngahayga on d halivdr irek. als mdr färdic 
träan, do giffld mar n&x dar Soßa. do hard mdr geri{fa: das Gahanas- 
mäncd sol lätitca on dar bgrjameesdar darnääwa , fiifad hooxf do hard mdr 
bumarca on dsägdrwärk on nes gagrecd. do guys näx MelaS. do hard 
mar gari{fa: das Gahanasmänca sol läiiwa on Mrlas hui med seyar friUi 
danäfiwd, fiifad hooxf do gi{y's en di abdeek on do grecda mar sisholds, 
Ingrids on dära kwädsd. on do gi{ys näx Keers on do hara mar öö ga- 
ri{fa: das Gehanasmänca sol lööwa on dar Kcear med seyar fräü dar- 
nääwa etc. do kaum a med dar pid? hcyar ins hiiäar on do gi{ys num 
mndsricdar on do grecda mar a pädar hälam on do sey mar wera näx 
heem gageen. 



Deklination und Komparation in der Zaisenhäuser 

Mundart. 

Von Emma Wanner. 

§ 135. A. Hauptwörter. 

Sg. PI. 
Nom. tv man ti menv 

Dat. tarn man ta(na) menv 

Akk. tan man ti menv. 

Für den Genetiv gibt es keine besondere Form. Er wird bei Per- 
sonenbezeichnung durch die Entsprechung des nhd. >dem Mann sein« — 
bei Sachbezeichnung durch Präposition (von) ausgedrückt. 

1 Das Johannismännehen befindet sich auf dem Johannisbrunnen am Kathaus. Nach 
einem alten Brauch wird es alljährlich am Johannistag von der Schuljugend neu geschmückt. 



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24Ü 



Emma Wauner. 



Der Dativ hat keine Endung. 

Spuren von Genetiv finden sich in folgenden Beispielen: pah 
KhükUncaijvs beim Baumzweiger Kuli, pah Arndt Üaifdhs beim Schmied 
Schaufele, ins Ttem irainvs beim Schreiner Dehn. 

knepftes too n mit Knöpfen spielen, hopfo klekerfos Spiih, pabs ioo n , 
fztfteklvlds. 

k&roots gemahlenes Futter, e Sraiwds, mprdps, krii n s } puuxds fholts). 
tenas Tannenholz, aSpds Espenholz, eevtes Erlenholz; Stoainas Schweine- 
fleisch, okszs, rints (proob) , prooUs Gebrateues, ai n kmaxts; hierherge- 
hört auch die scherzhafte Bildung kakvrics Hühner; — a Stik n^eks, 
kstrekto leg, eerd w^vt, waitvs (s. auch § 62). 

§ 136. Mehrzahlbildung. 

Schriftsprachlichem en entspricht o. Z. B. liaas m. — haasa, puu m. 
— puuuv, paa n i. — paam , sirootn f. — Stroosd, tauwz t — taute*, 
jriinl. — piira. 

Dagegen steht 9, wo wir in der Schriftsprache keine Endung (Neutra) 
oder n (Feminina) haben, in den folgenden Fällen: 



fenstv 

luutn 

l?tv 

pfoIstD 

§ 137. 



Neutra 



PI. 
mes9T9 
fenstmv 
luutdrd 

pfolxton. 



Feminina 

Sg. PI. 
laaitü laaitard 
feto fttdr? 
motu (Mutter) moterv 



Die Endung er (ohne Umlaut) nur in Neutra und Maskulina. 

Neutra 



Sg. 


PI. 


Sg. 


PL 


rrf 


rtfv (Katze) 


hemnt — 


hernntv 


7l^t 


— nrstv 


klaait — 


klaaitv 


k&yk 


— kSctjkv 


mens — 


mens~n 


pjt 


— petv 


Stik — 


Stikv 


H>) 


— tiyo 


prit (Brett) — 


pritv 


piit 


— piitv (Kelterlager) 


khint — 


kiiinv 


lief 


— h'ctv 




feltv. 


heft 


— hr.ftv 








Maskulina 






Sg. 


ri. 






kaaiH 


kauisln 






laip 


laiwu 




auch 


in dem 







Femininum 
ten — tenv Tenne. 



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Deklination und Komparation in der Zaisenhäuser Mundart. 247 
§ 138. Pluralformen mit Umlaut ohne Endung. 



Maskulina 







PI. 


Sg- 


PL 


taak 


— 


iqck 


khaSto 


— kh&to 


aram 


— 


eram 


hamv 


— hemu 


taroni 


— 


terwi 


poo%9 


— peejd 


kaaotd 




keeuta 


pootd 


— peeU 


fato 




feto 


soo n 


— scer 






neejl 


hoof 


— neej 


antik 




peyk 


pu§ 


pu> 


U (1(1 £<f 




wrejj 


haut 


— ntu 


ftmu^a 




mreja 


kultd 


— hiltd 


faatd 




feetd 


paux 


- — paie. 


laatd 




leeto 










Feminina 




maak 




m^k (Mägde) 


sau 


sai 


kants 




kents (Gänse) 


wotjät 


wensl 


maus 




mais 


floo 


flee 


latis 




lais 


khuu 


khii. 



Neutra 

s~oof Seef; auch Soof Plur. ohne Umlaut 

§ 139. Umlaut + Endung. 

Maskulina 

welto, rento, menv, kot — keto, ovt — evto, Straux — straiev. 

Femini na 
fraa — freev, huu n (f !) — hifro. 

Neutra 

lant — lentv, haus — haisv, hx — lecv, proot — preeto , fax — fecv, 
tax — teco. 

Einige Wörter kommen nur im Plural vor; z. B. lykuiiait Ein- 
geweide, khuth Kutteln, iov&cctd Tmpfpocken, facto Krämpfe, tresto 
Trebern. 

§ 140. Unverändert geblieben sind: 

Maskulina 

perik — perik } prum, fraint, laaip, khuuxo, pfevsiy, raai n , Staai\ 
s~t{ek, treck, 0$, wi$. 

Feminina 

evpiird — evpiird, evpl, iimd, kheraps», khenstd, raup», tsicrkJtd. 

Noutra 

maaitb—maaitte, faijob, sowie sämtliche Deminutivformen: haiste — 
haisb, freeh — frqeh (Frauchen) usw. 



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248 Emma Wanner. Deklination nnd Komparation in der Zaisenhauser Mundart. 



§ 141. B. Steigerung der Adjektira. 





Pos. 


Kompar. 


Superl. 


albern 


alwv 


■ 

alwaro 


alumSt 


alt 


alt 


eltt) 


eltst 


arm 


arsm 


ersmv 


cramSt 


bange 


pay 


peyv 


peySt 


bose 


pees 


peesv 


pecSt 


dumm 


tum 


tunw 


tumSt 




auch 


timv 


taust 


fein 


fat" 


fatnv 


faiu#t 


■ 

rein 


raai n 


• 

raatnv 


raainSl 




auch 


recnv 


reeyst 


faul 


jaul 


faulv 


faulst 


geeignet 


hatte 


katicv 


kattcSt 


geschmeidig 


1*1 » 

kslaxt 


kSlaxtD 


kslaxt st 


gesund 


ksunt 


ksuitv 


ksintSt 


glatt 


klat 


klctv 


Iii *-j 

klctst 


gleich 


klaic 


klaico 


hiaicst 


grob 


krop 


kreuv 


I VI 

krepSt 


groß 


kroos 


kr e csd 


kreeit 


hoch 


hoox 


heeev 


neeest, neckst 


klein 


klaai* 


klaainv 


hlaamst 




auch kleenv 


kleeyst 


krank 


krayk 


kreykv 


kreykst 


krumm 


kr um 


krumv 


1 V ■ 

krwnst 




auch 


krimv 


kraust 


kurz 


kh< Wis- 


khcotsv 


h neu ist 


• 

lang 


la// 


leyv 


leySt 


laut 


laut 


lautD 


lautSt 


lieb 


liip 


Iii im 


Inpst 


lose 


loos 


loosu 


loost 


locker 


luk 


lukv 


lukst 


nahe 


tioox 


ncecn 


ncccsi , nccKsi 


sauer 


sauv 


sairo 


Stil US l 


schlank 


slayk 


dlay/cv 


VI 1 VI 

slayhst 


schmal 


smaal 


Snicclv 


sni er l$t 


schön 


See n 


seeuo 


Secyst 


voll 


fol 


fein 


feist 




auch 


folo 


fottt 


warm 


warstn 


weramv 


weramst 


weich 


waaic 


waaim 


ivaaiest 


wüst 


wiiSf 


wiistv 


wiistsl. 



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Wilhelm Unseld. Schwäbische Sprichwörter und Redensarten. 



249 



Schwäbische Sprichwörter und Redensarten 

gesammelt in 

Stuttgart - S, Tübingen = T, Ulm = U und Blaubeuren = B 

von Wilhelm Unseld. 

Der Tag. 

1) I mag da Tag net a' seah\ U. 2) Endlich taget's bei deam. U. 
3) Tag und Nacht hat ma kof Ruah. U. 4) Bei deam hoißt's au': Kommt 
d'r Tag, so bringt d'r Tag! U. 5) Dia hant all' Tag a- n - andera Gug'l- 
fuahr. U. 6) Dear braucht an g'schlagena Tag. U. 7) Sodala! Wieder 
a Tag, und nex gschaffet. U. 8) D' Leut schwätzet viel, wenn d'r Tag 
lang ischt U. 9) Dear schwätzt halt in Tag nei\ U. 10) Dear hot da 
ganza Tag da Nag'l im G'sicht S. (Nagel = Tabakspfeife.) 11) 's ischt 
noh net aller Tag Aubed gwea\ U. 12) Hebscht acht Tag! ü. (Bei 
den Weißputzern, wenn sie den Kalkspeis anwerfen.) 13) Des ischt grad 
wia Tag und Nacht U. (Der Unterschied.) 14) Dear sauft Tag uud 
Nacht an oim fort. U. 15) Dear zünd't da Tag a\ U. (Zu bald Licht 
machen.) 16) Des wird am jüngschta Tag net wauhr. U. 17) Bei deam 
ischt alle Tag a - n - andera Kommede los. U. 18) Dear brennt mit seim 
Liacht noh a Loch in Tag nei\ U. 19) Dear hot heut sein guata Tag. S. 
20) Des ischt äll Tag de gleich Leyer. U. 21) Des ischt all Tag d'r 
gleich Trillumer. T. 22) Des ka'scht du am jüngschta Tag net verant- 
worta. U. 23) Moara ischt wieder a Tag. U. 24) 's ischt noh glocka- 
heller Tag. U. 25) Alle Tag ebas nui's, selta ebas Guats. U. 26) Deam 
träumt's am hella Tag. S. 27) 's ischt noh alle Tag Obed wor'a, B. 
28) Ma soll da Tag net vorm Aubed loba. U. 29) Des ischt ällo Tag 
d'r gleich Drohtl. S. 30) Dau muaß ma da Tag mit de Wanna nei'- 
traga. U. 31) Wenn ma dea' hairt, ischt'r da ganza Tag krank. U. 
32) Dear b'sinnt se da ganza Tag, ob'm nex fehl'. U. 33. Dear hat alle 
Tag a-n- andera Preschting. U. 34) Dear schtiehlt unserm Herrgott 
da Tag a'. S. 35) 's ischt not oi' Tag wia d'r ander. B. 36) Deam 
wächst alle Tag a-n anderer Kopf. U. 37) Deam isch äll Tag wieder 
anderscht U. 38) Dear hat äll Tag a-n -andera Kirweih. U. 39) Do 
ischt äll Tag a - n - andera Kirweh los. B. 40) Bei deane ischt da ganza 
Tag 's rei'scht Pritschanelle. U. 41) Dear denkt da ganza Tag an nex, 
wia an 's Fressa und Saufa. U. 42) Dear ischt wia's Wetter, da oina 
Tag so, da andera a so. U. 43) Wenn kommscht du no wieder? z' Johr 
amol an halba Tag. B. 44) Dear wäscht se no äll Charfreitig araaul. U. 
45) Wenn ma no äll' Tag sei' Auskomma hat. U. 46) Wenn ma no 
alle Tag ama Jeda 's Seine gea' ka\ U. 47) Dear leabt halt in Tag 
nei\ T. 48) 's ischt net ällo Tag Bachtag. T. 49) Behaupta ka' ma 
viel, wenn d'r Tag lang ischt. S. 50) Dau gat's au" alle Tag maih 
hintersche. U. 51) Dear tuat da liaba langa Tag glei' gar nex. U. 



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250 



Wilhelm Unseld. 



52) Des leit doch offa am Tag. S. 53) Net oi'mol scheint d' Sonn vor 
Tag. B. 54) 's goht aus am hella Tag. B. 55) 's wird all Tag schean'r, 
wia in d'r Dockakomöde. U. 56) Zwischa Liacht und Gsiehnexuiaih. C. 
57) Tag und Nacht währt ewig. U. 58) Guata Tag zum Lädle rei', no 
geit's koi' Loch in's Dach. T. 59) Des pressirt net so, d'r Tag ischt 
noh lang. U. 60) Bei deam will s au' gar net taga. U. 

Die Nacht 

1) Guat Nacht, scheana Bäure! U. (Ausruf der Verwunderung.) 

2) Dear ischt über Nacht reich wor'a. U. 3) 's ischt sinklata Nacht U. 
4) 's ischt Kuahnacht U. 5) Dear gat fort bei Nacht und Neab'l. U. 
6) Dear sauft von früah Morga bis in de schpät Nacht U. 7) Dear hat 
deam d' Guarnachtschenke gea'. U. 8) Dui ischt wüascht wia d' Nacht U. 
9) Dear kommt bei Nachtneab'l hoim. U. 10) Bei Nacht sind alle Küah 
schwarz. U. 11) Dau gent Fuchs und Haas anand'r guat Nacht U. 
12) Bei deam wurd au' bei Nacht d' Pfeif net kalt U. 13) Wenn's 
U'glück kommt, kommt's über Nacht. B. 14) Bei Nacht gucket d'r Teufl 
in Schpiag'l. TL 15) Guat Nacht Sabina, ufm Simsa leit's Geald. T. 
16) Nacht be-n-e komma. B. 17) Dear hat a Dur'nacht g'hät U. 
18) Dear macht d' Nacht zum Tag. U. 

Bas Reden. 

1) Oi' Red ischt de ander wert U. 2) Oi' Red geit de ander. U. 

3) Laß me dei' Red b'halta. U. 4) Vergieß def Red net. ü. 5) Dear 
schwätzt maih, als a Kuahschwa'z wedlet U. 6) Schwätz m'r no koi' 
Loch in Kopf. ü. 7) Dear ka' heba, deam hascht d' Wauhret umaso'scht 
g'sait. U. 8) Wearviel schwätzt, luigt viel. S. 9) Dear hat a-n-äroi- 
lich G'schwätz, dau kö't ma grad schpeia. U. 10) Dia batschet, bis 
d' Kuah an Batza gilt. ü. 11) Dea' hau'-n-i b'rafflet U. (berufen.) 
12) Schwätzt dear an Baf'l. S. 13) Dear ka' nex als d' Leut ausbäffa. ü. 
14) Haut dia a Gebalad'r mitanand'r. U. 15) Dear hat koi' Schnauferle 
tau. U. 16) Dear hot koi' Schterbeswörtle g'sait B. 17) 's schwätzt 
Koiner dummer raus, als er ischt S. 18) Dear hot deam 's Maul 
g'sch topft S. 19) Deam goht sei' Maul wia a Entafidla. S. 20) Deam 
gat sei' Maul wia so a Bachschtelzafidla. ü. 21) Goht a Wd, oder 
schwätzt ober? B. 22) Dear führt glei' drei', wia d'r Bau'r in Schtief 1. ü. 
23) Dear hot deam 's Kohl g'rissa. S. (Schandlich getan.) 24) Dear ka 
Oin no schpöttisch macha. U. 25) Dear schwätzt net gix und net gax. U. 
26) Dear deut't net, und scheißt net ü. 27) Dear macht net Muh, 
und net Mäh. ü. 28) Hat dear a G'schmalg. U. 29. Hot dear a Ge- 
salbater. S. 30) Macht dear a Brüah drüber ra. U. 31) Do wird's oim 
ganz schleacht, wenn ma dea' hairt S. 32) Des ischt noh oiner von de 
Alte, dear schwätzt doch au' wia-n-'r denkt U. 33) Jetzt dear ka' 
amaul keiig an oin na' schwätza. U. 34) I sag no, i sag gar nex, und 
des wei' i doch au' noh saga därfa. U. 35) Des ischt ällaweil d'r gleich 



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Schwäbische Sprichwörter und Redensarten. 



251 



Schmarra. U. 36) Dear ka' au' Koi's u'g'rupft lau'. U. 37) Dui hot 
dea' net schleacht dur'g'hechlet. U. 38) Des ischt au' oiner von deane, 
dia's Maul net halta könnet. S. 39) Was i sag, soll nex gelta, i moi' 
halt no. B. 40) Dear zuiht älles im Dräg rura. U. 41) Deam muasch 
8aga, wenn da da - n - Ausscheller verschpara witt U. 42) Vom Reich- 
wera schwätzt ma wohl, aber vom Schaf fa sait ma nex. U. 43) Dear 
schwätzt viel, wenn d'r Tag lang ischt S. 44) Wenn dear oim no a 
A'henkerlc gea' ka'. U. 45) Bei deam ischt älles in We'd g'schwätzt IL 
46) Deal- hot gu'at schwätza. T. 47) Des ischt a reacht'r Schea'meahl- 
schwätzer. U. 48) Dear gackset, wia so a Henn, wenn se verlegt hat. U. 
49) Jetzt do muascht no glei' gar nex saga. S. 50) Schwätzt dear en 
Lohkäs. U. 51) Dea' hau'-n-i fei' anderscht raputzet U. 52) Deam 
hau'-n-i d' Moioeng gsait, daß'r 's geara besser g'hät hätt. U. 53) Dear 
hat dea' net schleacht ralaufa lau'. U. 54) Deam sei' Gösch gat wia 
g'schmiert U. 55) Dear schwätzt oin unter da Tisch na. U. 56) Des 
ischt a reachta Schwätzkätt'r. U. 57) Gelt, dear sait d'r, was d' noh 
net woischt S. 58) Dear hot deam gsait, wo-n-'r hear ischt. S. 
59) Schwätz no net so überzwer' an oin na'. U. 60) Dear macht an 
Krimskrams drum rum. S. 61) Dear schwätzt raus, wia d'r Blind von 
d'r Färb. S. 62) Ma wird au' noh ebas saga därfa, des nex gilt U. 
63) Ma ka' so saga, ma ka' aber au' so saga. U. 64) Dau hilft älles 
nex. dau mag ma schwätza und tua, was ma will. U. 65) Schwätzt 
dear an Dräg raus. U. 66) Des ischt a läpperigs G'schwätz. S. 67) Wenn 
d' fertig bischt, no lascht mV schwätza. B. 68) Dear soll no 's Maul 
halta, so'scht schwätz i au*. U. 69) Was, i ka' net? Sag liaber, i mag 
net! U. 70) Mit Schweiga se Neameds verred't U. 71) Was, G'schwätz- 
werk! U. 72) Dear macht da langa Glauba. ü. 73) Was g'schwätzt 
ischt, ischt g'schwätzt U. 74) Wenn ma lang gnuag von era Sach ra 
schwätzt, wurd's z'letschta au' wauhr. U. 75) D' Kinder und d' Narra 
saget d' Wauhret TJ. 76) Dear hot a Lettag'schwätz. S. 77) Bei deam 
isch no au', daß's g'schwätzt ischt S. 78) Schwätzt dear a Zuigs an 
oin na', ear glaubt's selber net U. 79) Dear hat gar koi' A'schprauch. U. 
80) Dear hängt älles an de grauß Glock. U. 81) Dear hot deam net 
schleacht da Roscht ratua. S. 82) Dear hot se ausg'schleimt S. 83) A 
guata Ausred ischt drei Batza wert. U. 84) Wenn ma d' Wauhret sait, 
schlächt ma oim d' Geig um da Gre't U. 85) Do mueß ma saga, Huat 
ra. S. 86) Des ischt amaul a Schprecher. U. 87) Dear schwätzt en 
Mischt raus. U. 88) D' Wohret därf ma net saga. T. 89) Dear hat mi' 
b'schnarchlet U. 90) Dear ka' se vergaicha. U. 91) Dear schwätzt 
doch au', wia'm d'r Schnab'l g'wachsa - n - ischt U. 92) Mach no net 
so viel Wort. S. 93) Dau isch koi' Red d'rvo'. U. (Das ist nicht wahr.) 
94) Schwätz no koi' so Blech. U. 95) So, tua 'm a bisle schandlich. U. 
96) Brich no net d' Zung a\ U. 97) Dear macht in oim Droht'l fort T. 
98) Schwätz no net so scheckig raus. T. 99) Ob deam G'schwätz kö't 
ma grad kotza. U. 100) Hot dear a Gemarkt T. 101) Macht dear a 



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252 



Wilhelm Uuseld. 



langa Brüah ra. U. 102) Schwätz no koin so an Papp raus. S. 103) Dear 
ischt kurz a'bunda. U. 104) Dear hot deam da Deck'l vom Hafa tua. S. 
105) No deutsch, koscht's, was 's wöll. U. 106) Dear muaß Red und 
Antwort schtauh'. U. 107) Sag Pfaff! (Wenn einer den Mund voll 
Speise hat.) 108) Dear kommt vom Hundertschta in 's Tause'dscht. U. 
109) Schwätzt dear an Flöz an oin na'. S. 110) Hot dear a Gefloz. 8. 
111) Dear hot deam hoim zunda. S. 112) Dear hot deara hoim g'leuchtet S. 

1 1 3) Dear schwätzt oim da Kopf so vol\ daß 's oim ganz dumm wird. ü. 

114) Was dear net alles woißt! TL 115) Dear hot guat schwätza, dea' 
goht's nex a\ S. 116) Dear schwätzt in 's Blaue nei\ S. 117) Dear 
ischt 's rei'scht Evangelium. U. 1 18) Dear fällt mit d'r Tür in's Haus. U. 
119) I muaß d'r in d' Red falla. U. 120) Dear schwätzt au', was nex 
gilt U. 121) Wenn dear no zerfa ka'. U. 122) Dear schwätzt wia a 
Buach. B. 123) Der hat dea' desmaul tupft. U. 124) Der soll araol 
Färb bekenna. S. 125) Dear hat a - n - u'reif 's G'schwätz. U. 126) Dear 
hot a dreckets G'schwätz. S. 127) Dear ischt satt'lfescht U. 128) Dea' 
hot ma desmol tunkot. S. 129) Dia hant raitenander ebas z'verkartlet U. 
130) Dear find't a-n- Ausred aih a Maus a Loch hat U. 131) Bei 
deam goht's, wia am Schnürle. S. 132) Ma schwätzt 's ganz Johr von 
d'r Kirweh, z'mol ische do. T. 133) Dear märktet an allem rura. T. 
134) Dear nimmt m'r's von d'r Zung weg. U. 135) Dear ischt deam 
net bais über's Maul g'fahra. U. 136) Dear moi't 'r därf d' Schuah an 
oim a'putza. U. 137) Hat dear a Gestazg. U. 138) Hat dear a Gegacks. ü. 
139) Dia verglawaschgeret oi's. U. 140) Dea' hau'-n-i net schleacht 
rakappet. U. 141) Ob jedem Dräg schlächt dear glei' en Hailoh auf. U. 
142) Dear hat desmaul g'haufet U. 143) 1 will fei' nex g'sait hau'. U. 
144) Dia hant an Behling mitenander. U. 145) Dear hot a-n-A'hen- 
korlc kriagt. S. 146) Schwätzt dear hinterschefür raus. ü. 147) Dear 
schwätzt ganz überhirnisch raus. U. 148) Dear tat oim Sacha weis 
macha, ear glaubt's selber net U. 149) Des ischt 's rei'scht Kauder- 
wälsch, was dear schwätzt U. 150) Wenn dear no d' Leut verhutscha 
ka'. U. 151) Schlächt dear glei' a Lamento auf. U. 152) Schwätz m'r 
no koin so an Larifari. U. 153) Dea' hänt se net schleacht verklausch- 
teret. U. 154) Des ischt ällaweil de gleich Leyer. S. 155) Mi hat's 
äls g'lupft, i hau' g'moi't, i müeß schwätza. U. 156) Dau möcht oim 
grad d'r Arsch schwätza. U. 157) Hat dear a Gepräag'l. U. 158) Mach 
no koi' so a Präambulum drum rum. U. 159) Dear macht oin nex als 
ällaweil aus. U. 160) Dear hat dea' net schleacht rag'macht U. 161) Wart 
Männdle, diar wurd ma's scho' noh saga! S. 162) Was hant denn dia 
mitenander z'marktet? U. 163) Was hant'r denn z'g'reachtet? U. 164) Wart, 
i maul d'r gauh'! U. 165) Dear hängt oim noh a Maul a\ U. 166) Dear 
hat schei't's 's Maul dahoim glau'. U. 167) Dear hat 's Maul verlaura- U. 
168) Dear hat über alles Mucka. ü. 169) Der ka' deam 's Mulle 
schtreicha. U. 170) Dear hot deam desmol klara Wer ei'g'schenkt. S. 
171) Der hot sein Kropf g'leert S. 172) Wenn dear no älles verträtscha 



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Schwäbische Sprichwörter und Redensarten. 



253 



ka'. U. 173) Dui ka' nex u'brafflet lau'. U. 174) Schwätzt dear en 
Käs. S. 176) Dear verscbandirt oin, wo-n-'r ka\ U. 176) Dear ischt 
amol schnappig. U. 177) Tua oin no net ällweil b'schnalla. U. 178) Dear 
ka' Koi's u'b'schria lau'. U. 179) Dear ischt verschria, wia a Mäntales- 
kreuzer. U. 180) Wenn dear no oin schupfa ka'. B. 181) Wear hat 
doch dea' so schwarz g'macht? U. 182) Dear hot dea' net schleacht 
nei'gritta. S. 183) Dear hot dea' desmol ei'g'soift S. 184) Dear hot dea' 
net schleacht anschwärzt. S. 185) Dear schwätzt im hella U'verschta'd 
raus. ü. 186) Wenn dear no schtichla ka'. ü. 187) Dear ischt 
g'schtiranit. U. 188) Des ischt amol a - n - Oiergrait. U. 189) Des ischt 
lears Schtrauh droscha. U. 190) Wia schtupf dea', er soll ebas zahla. U. 
191) Dear tuat oim fascht 's Häutle ra. U. 192) Des ischt a schearigs 
Luader. U. 193) Dear tät oim Zuigs weiß macha. U. 194) Schwätz 
deutsch, i verschtand dei' Gewelsch net U. 195) Wenn da no net 
so breimaula tätscht U. 196) Des ischt a - n - Umschtandskrämer. S. 
197) Schwätzt dear an Duranander. S. 198) Mit deam muaß ma gauh' 
amol a Wörtle schwätza. S. 199) Dear sait's oim no so na'. U. 200) Gelt, 
dear sait d'r, wo da hear bischt. U. 201) Dear sait d'r, wo Bartie da 
Moscht holet. S. 202) Dear hat d'r's desmaul g'sait. U. 203) Dear 
schwätzt viel, was nex gilt U. 204) Mach m'r no koine Flausa für. U. 
205) Hänt dia an Johrmärkt! T. 206) Dear hot deam 's Zeugle g'flickt S. 
207) Dear hat deam a Flauh in s Auhr g'setzt. U. 208) 's Maul auf, 
oder da Beut'l. B. 209) Dear ka amol flotza. S. 210) Dear schpannt 
oin auf d' Folter. U. 211) Deam hau' -n-i's fra'schama' g'sait U. 
212) Dear schtreut oim Sa'd in d' Auga. U. 213) Im Schpaß sait ma's, 
und im Erischt moi't ma's. U. 214) Hänt dia an Hand'l mitenander. T. 
215) Jetzt hair no des Gezctat U. 216) Deam goht koi' wohr's Wort 
über s Maul. S. 217) Mhm, ischt a fauls Jawort U. 218) I g'schtand 
und sag mei' Sach. U. 219) Wenn dear ebas sait, hot's au' a G' wicht. U. 
220) Dear schpeit Gift und Galla. U. 221) Ma legt doch net jedes 
Wörtle glei' uf d' Goldwog. S. 222) Dear läßt koi' guats Häärle an 
deam. U. 223) Dear hat dea' net schleacht hoim g'schickt. U. 224) Dear 
will net mit d'r Schproch raus. B. 225) Wenn ma dea' hairt, hat'r 
alloi' reacht U. 226) Dia Mauset in oi' Hörnle. U. 227) Dear kratzt, 
wia a-n-Ig'l. U. 228) Dear hat dea' net schleacht ra'kanzlet U. 
229) Des ischt de alt Litanei. U. 230) Deam muaß ma da Schtandpunkt 
klar macha. S. 231) Dea hant se in d' Klemme gnomma. U. 232) Wenn 
ma do ebas sait, isch glei' bodaletz. T. 233) Dear hat doara da Levita 
verleasa. U. 234) Dear hot d ea' in a falsch Liacht brocht. S. 235) Dear 
macht seim Herza Luft S. 236) Doa' muaß i gauh' in d' Mache nerama. U. 
237) Bei deam hilft koi' Schwätza, und koi' Saga. U. 238) Deam hau'-n-i 
da Marsch g'macht U. 239) Dear ischt net auf's Maul g'falla. U. 
240) Deam schtot sei' Maul koi* Minut schtill. U. 241) Dear nimmt's 
Maul vol'. U. 242) Dear nimmt mYs aus'm Maul. U. 243) Dear hat 
a guat s Mundschtuck. U. 244) Des ischt auf di' gschpitzt U. 245) Dear 



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254 



Wilhelm Unseld. 



hot's Maul uf'm reachta Fleck. S. 246) Dear wird glei' persönlich. S. 
247) Dumra'fi Zuigs! Schwätz m'r no koine so Possa S. 248) Dear 
hot guat prediga. S. 249) Dear hält deara a Predig'. U. 250) Dear 
fährt glei' mit de Dreschfleg'l drei'. IL 251) Dear hot dea' net schleacht 
ra'putzt S. 252) Dear muaß m'r Red und Antwort schtauh. U. 253) Dea' 
muaß i zur Red schtella. U. 254) Wenn dia Zwoi z'säma kommet, reibet 
se se an anand'r. U. 255) Des ischt a reachta Babb'lgosch. ü. 256) Auf's 
Hairasaga gib i nex. U. 257) Des ka miar oi's sei', was d' Leut saget U. 
258) D' Leut könnet viel saga, wenn d'r Tag lang ischt. U. 259) Des 
ischt no unter uns g'sait U. 260) Herr, des isch viel g'schwätzt! U. 
261) Dear bleibt deam nex schuldig. T. 262) Was schweaflet denn dear 
d'rhear? TT. 263) Dear ka' oim schpitzige Roda gea'. U. 264) Des ischt 
auf dea' g'münzt. ü. 265) Dear macht dea' noh schpöttisch. ü. 266) Mit 
oim Wort, 's ischt halt nex. U. 267) Dear hot a guat's Wörtle für mi' 
ei'g'legt S. 268) Dear ischt glei' schpritzig. S. 269) Dear hot deam 
desmol da Sehtora g'schtocha. S. 270) Dear hält deam a Schandred. U. 
271) Dear hat's schteif und fescht behauptet U. 272) Dear kommt 
ällaweil maih in d' Hitz. U. 273) Dear schteigeret se ällaweil ärger 
nei'. S. 274) Weiter hoscht koine Schmerza? S. 275) Sei m'r no 
schtill, und schwätz m'r glei' gar nex. U. 276) Deam muaß ma 's Maul 
schtopfa. S. 277) Dia hänt an Sehtrauß mitanander. S. 278) Dear hat's 
auf's Tapet braucht. U. 279) Dea' hascht tauft, dear ka' heba. IT. 
280) Dear taut a'fanga - n - auf . U. 281) Dear trompetet's in d'r ganza 
Schtadt rum. U. 282) Dear hat noh koi' Wässerle- trüab g'macht U. 
283) Dear hot net schleacht auftrumpft. S. 284) Dear hot vollends da 
Trumpf drauf gea'. S. 285) Gelt! dear sait d'r, wiaviel's g'schlaga hat. U. 
286) Dear macht oin noh ganz au' selig mit seim Gschwätz. U. 287>Dau 
möcht i mir scho' a - n - Abschrift ausbitta! U. 288) Dear hat desmaul 
sei' u'naitiga Gösch verbrennt. II. 289) Dear ischt vol'er Profit. U. 
290) Dear wird m'r z familiär. U. 291) Dear hat'n Rep'rma' kriagt U. 
292) Vielleicht, ist koi' G schwätz. U. 293) Des ischt a - n - altbaches 
G schwätz. U. 294) Des ischt a Vorschlag zur Güate. U. 295) Dear 
hat a Schandgosch. U. 296) Dear hat a - n - u'g'wäschena Gösch. L\ 
297) Dear hat a-n-u'reifa Gösch. U. 298) Deam hau'-n-i desmol 
warm g'macht. U. 299) Dear keit mit Prüg'l drei'. U. 300) Macht 
dear glei' a Aufhebes. S. 301) Macht dear glei' a Weasa. S. 302) Desmol 
hoscht in a Weschpaneascht g'schtocha. S. 303) Was zerfot denn dear 
dau? U. 304) Dear hot en Zungaschlag. S. 305) Dear hat a schweara 
Zung. U. 306) Des leit m'r auf d'r Zung. U. 307) Dia sind bais 
z'säma .g'wachsa. U. (Im Streit.) 308) Wenn dear zwoi Wort sait, sind 
scho' drei verloga. U. 309) Du schtimmscht me net. U. 310) Do bischt 
g'schtimmt! S. 311) Dear hat dea' wüascht a'g'schpeist U. 312) Dear 
tuat, ma moi't r wöll oin frossa. U. 313) Dear schwätzt no so hin- 
tarum. l T . 314) Dear hot deam 's Kapit'l net schleacht verleasa. S. 
315) Hänt dia a Fuahr raitenander. T. 316) Haut dia a Fuahrwerk. ü. 



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Schwäbische Sprichwörter und Redensarten. 



255 



(Eine Auseinandersetzung.) 317) Dear bringt oin no in's G'schroi. U. 
318) Dear reißt oim da Kopf in oiner Viert'lschtund ra, und in der 
nächschsta tätVn oim wieder aufsetza. U. 319) Ma ka' alles hau' ura's 
Geald und guate Wort. U. 320) Dear hot's naitig, daß 'r se so auf- 
läßt. S. 321) Hot dear a G'schwatz an oin na'. 8. 322) Des ischt deam 
sei' anders Wort. U. 323) 's hat se so d' Red gea", nau ischt ma halt 
au' so drauf komma. U. 324) Dear läßt so des net zwoimaul saga. U. 

325) Dear hat's deam g'sait, dear ischt putzt und g'schtrählt z'maul. U. 

326) Ma moi'nt ma sei in ama Kloscht'r. 8. 327) Du, no auf a paar 
Wort! ü. 328) Dear hot kloi' beigea'. S. 329) Du därscht no saga 
Teller, nau leit glei' a Wurscht drauf. U. 330) Du därscht no befehla, 
nau g'schieht's glei' net U. 331) Des ischt so a G 'schwätz ane. U. 
332) Macht dear Kerle Sätz. ü. 333) Macht dear a Brüah drum rum. S. 
334) Was mi' net brennt, des blos i net. S. 335) 's Froga koscht jo 
nex. S. 336) Dear tat schliaßlich mit oim kegla. S. 337) Dear ka' miar 
lang schwätza. T. 338) Ma därf net älles saga, was wohr ischt. T. 
339) Dear fährt oin a', ma nioi't 'r wöll oin fressa. U. 340) Macht 
dear glei' a Weases. T. 341) Do ischt ma mäuslesschtill d'rvo'. S. 
342) Ma muaß vor do Leut net älles auskroma. T. 343) Koi' Antwort 
ischt au' oina. ü. 344) Dear tuat koi' Mucksorle. ü. 345) Dear hot 
deam an Dämpf 'r aufg'setzt. S. 346) Dear schlaudalet des no so ra. U. 
347) Dear hängt deam da SaumanPl a'. U. 348) Wenn ma deara d' Gösch 
wegschlüg, nau tat se noh mit'm Arsch päppera. U. 349) Jetzt wollet 
m'r aber anand'r a bisle vertloidet sei. U. 350) Wahrhaftig! sait d'r 
Jud, wenn 'r an Meinoid schwört U. 351) Gib no Acht, daß d'r 's 
Maul net ausfranzet U. 352) Dear hot dea' rausg'schtricha. S. 353) Dear 
schteift se drauf. U. 354) Dear behauptet's schteif und fest U. 355) Dear 
hat a Gösch wia a Schearaschleifer. ü. 356) Dear hat dea' a'g'ferget. U. 
357) Dea hau'-n-i fortg'scheppelet. U. 358) Hat dear glei' an Lebtig 
ob jedem Dreckle. T. 359) Dear ischt mit oim Wort a Narr. U. 360) Dear 
hot's deam glattweg g'sait S. 361) Des ischt net g'schtocha und net 
g'haua. ü. 362) Bringt dear an Gruscht d'rhear. U. 363) Dau muaß 
i gauh' auskehra. U. 364) Dau muaß ma da Kehraus macha. U. 
365) Dear verzählt des Ding ganz verketzeret U. 366) Dear macht an 
Gribes Grabes drum rum. U. 367) Dear hat 's Truam verlaura. U. 

368) Dear hot deam zoigt, wo d'r Zimmerma' 's Loch g'macht hot S. 

369) Dear schreit glei' Zoter und Mordio. U. 370) Des sag i rund 
raus. U. 371) Des sag i frei raus. U. 372) Dear hält net hinterm 
Berg. S. 373) Hot dear a Gebelfer. S. 374) Dear schimpft scho' wia 
a Bruunaputzer. U. 375) Desmaul geit's an Rauch. U. 376) Was hant 
doch dia wieder für a Kommed'e. U. 377) Des ischt ällaweil d'r gleich 
Ringlesrum. U. 378) Was präaglet denn dear d'hear. U. 379) Dear 
kommt hintadrei', wia de alt Faßnet U. 380) Dau gat oim 's Truam 
aus. U. 381) Dear schwätzt eba raus, wia-n-'r's verschtoht S. 
382) Hat dear a Geschtazg. U. 383) Des hat dear deam aufg'mutzt U. 



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250 



Philipp Leiiz. 



384) Dear macht deam an blaua Dunscht voar. S. 385) Dea' hau'-n-i 
nausg'veschperet. U. 386) No glei' mitta dur' da Bach! U. 387) Ischt 
dear glei' batzig. U. 388) Diu hat amaul a Ratsch. U. 389) Dear 
breschget oin ebas! U. 390) Dear ischt desmaul g'schtrählt und 
bürschtet. B. 391) Des ischt a reacht'r Marktschreier. U. 392) Was 
hat denn dear für a Gepfudder? TL 393) Des ischt a reacht'r Duderer. U. 
394) Hant dia a Gedud'r und Gedad'r mitanand'. U. 395) Was brei- 
maulet dear d'rhear? S. 396) Dear ischt z'faul, daß'r 's Maul aufmacht S. 
397) Dear verkauft dea' im Sack. U. 398) Hat dear an Brascht ü. 
399) Zwoi grobe Mühlschtoi' mahlet selta fei'. U. 400) 's ischt koini 
Maul z'trauet U. 



Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Nacht. 

Von Philipp Lenz. 

Welche begriffliche Vorstellung hat denn eigentlich das Volk von 
der Nacht und ihrem Dunkel? Oder bedarf es für den unbewußt Sprechen- 
den hier noch einer Verdeutlichung, Vertiefung oder Zergliederung des 
Begriffes? Sowohl die Volkssprache wie die Dichtung zeigen in zahl- 
reichen Umschreibungen, adjektivischen und substantivischen Attributen 
und in Vergleichen, wieviel begrifflichen Inhalt man in ein so einfaches 
und klares, wenn auch sprachlich undurchsichtiges Wort wie Nacht legen 
kann. Das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm gibt in Bd. VII. 
S. 149 ff. eine reiche Blütenlese von Eigenschaften, die der Nacht bei- 
gelegt werden; sie ist braun, grau, dann dunkel, düster, trübe, finster, 
schwarz, dick, blind (»weil sie nichts sehen läßt und, persönlich gedacht, 
ohne Augen nichts sehen kann«), ruhig, stille, ruhend, schweigend, ver- 
schwiegen, stumm (dumm), tot, ganz zu geschweigen von den mehr ge- 
legentlichen Attributen. Liegt nun eine von diesen Bezeichnungen dem 
Worte Nacht als eigentliche Bedeutung zugrunde? 

Über die Ableitung des Wortes selbst sagt Grimms DWB. folgen- 
des: »Nacht gehört mit dem urverwandten skr. nukti , nakta, gr. >r|, lat. 
nox, lit wdtis, altslav. nusti, kelt. nochd zur Wurzel nah (skr. waf, lat. 
necare, gr. vi'xtc), also ursprünglich die Vernichterin (des Lichtes). Curtius 
Gruudz. Nr. 94. Fick* 107.« 

Diese Herleitung scheint keinen besonderen Beifall gefunden zu 
haben, wenigstens erwähnt sie Kluge in seinem Etymologischen Wörter- 
buch der deutschen Sprache mit keinem Wort Nun aber hat mich 
ein Ausdruck meiner heimischen Mundart auf eine andere Ableitung 
gebracht, die ich hiermit den Sprachforschern zur Prüfung vorlegen 
möchte. 



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Dio ursprüngliche Bedeutung des Wortes Nacht. 257 

lu der Gegend von Heidelberg hört man zuweilen den mehr scherz- 
haften Ausdruck xiviache Dag un Siehschminet d. h. zwischen Tag und 
Siehstraichnicht, in der Dämmerung, wobei also Siehschminet soviel ist 
wie Xacht. 1 Könnte nun nicht das indogermanische noqt-, noqti- zu 
trennen sein in tt-07-/, n-oq-U d. h. das Nichtsehen, die Zeit des 
Xichtsehens? 07 wäre die Wurzel, welche in lat. oc-nlus »Auge«, 
gr. oaae, <Jqp#aA/ioV, oft^a »Auge« und in andern indogerm. Sprachen 
vorliegt und die Bedeutung »sehen^ hat: das anlautende n wäre der 
Rest der indogerm. Verneinung ml. Nacht wäre also die Verneinung 
des nhd. Acht (in den Redensarten außer acht lassen, sieh in acht 
nehmen, achtgeben), nur daß Acht (ahd. ahta) eine andere Stammbildung 
zeigt als Nacht. 

Eine ähnliche Anschauung liegt zugrunde, wenn der Seemann an- 
statt von trübem, von unsichtigem AVetter spricht (Duden, Orthogr. 
Wörterb. 7 S. 354). 

Ob das Wort Xacht in Beziehung steht zu got. ühticö f. » Morgen- 
zeit <■ (aus urindogerm. nkticun?), bleibe dahingestellt 

Nachschrift 

Vorstehendes war bereits gesetzt, als ich durch freundliche Mit- 
teilung Sütterlins erfuhr, was Walde in seinem Etymol. Wbch. d. lat. Spr. 
und H. Möller in seinem Buch »Semitisch und Indogermanisch« Neues 
über das Wort Nacht beibringen. 

Walde bezeichnet zunächst als Wurzelform *noqt(i), daneben be- 
stehen *?iqt- in gr. äy.ttg 'Strahl', ai. aktu-S 'Dunkel, Nacht, Licht, 
Strahl' (eigentl. 'Dämmerung'), got. ühtaö, *onqt- (Basis * 0/107/-) in lit 
und apr. Wörtern und endlich *nogh- in griechischen Wortformen wie 
vvya, tvvvxog, 7cavvv%iog, avtovvxi. Diese letztere Grundform wäre mit 
meiner Ableitung unvereinbar, aber einerseits sprechen alle indogerma- 
nischen Sprachen für eine Grundform *noqt(i), andererseits kann das 
gr. x und das Fehlen des / auf analogischer Neubildung beruhen (vgl. 
Osthoff, Gesch. d. Perf. 2S4ff., Brugmann, Grundriß 1 I 361, J. Schmidt, 
PI. 254 ff.). 

Was H. Möller betrifft, so bin ich, ohne es zu wissen, teilweise 
auf seinen Spuren gewandelt Er sagt S. 17: im Worte für 'Nacht' 
(auch ägyptisch n-) ursprünglich identisch mit n- 'nicht' als Bezeich- 
nung der Negation dos fürs Auge Daseienden. Gemeinindogerm. sein. 
na- Nacht, idg. mit femininem / aus d nokt-*» Was es mit diesem 3 
für eine Bewandtnis hat, ob es etwa = idg. 07 sein soll, wird mir aus 
der durch Sütterlin mitgeteilten Stelle nicht ganz klar. 

1 In Ulm heißt os ähnlich: xieitcha Liaeht und Osicttnexmnih (s. oben S. 27)0). 



ZeiUchritt fttr Deutsche Mundarten. III. 17 



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258 



Heinrich Weber. 



Der Vokalismus der Mundarten des Oberen 

Wesclinitztales. 

Ton Heinrich Weber. 

I. Teü. Die kurzen Vokale. 

Selten wohl treffen Faktoren, die das Auseinandergehn der Mund- 
arten beeinflussen, in so reichem Maße und auf so kurze Entfernungen 
zusammen wie im Odenwald. 

Vor allem gehört der Odenwald zu den konfessionell am stärksten 
gemischten Gebieten Deutschlands, wie ein Blick auf die Karte von Sievers, 
Konfessionskarte von Südwestdeutschland {Mitteilungen des Vereins für 
Erdkunde zu Leipzig 1883), oder auf die in Meyers Konversationslexikon 
(6. Aufl., IV. Karte nach Seite 774; Nebenkarte: Stärkstes konfessionelles 
Mischungsgebiet) klar zur Anschauung bringt 1 Sievers hat nun nach- 
gewiesen, daß diese Konfessionsgrenzen mit alten politischen zusammen- 
fallen. Und diese konfessionell -politischen Grenzen stimmen meist mit 
den Verkehrsgrenzen überein, mag das politische Gebilde aus der Ver- 
kehrsgemeinschaft oder der Verkehr aus der politischen Gemeinschaft 
entstanden sein. 

Dio einzelnen konfessionell -politisch -kommerziellen Gemeinwesen 
nehmen gerade im Odenwald einen sehr engen Raum ein, pfälzisch- und 
erbachisch-protestantische und wamboldisch- und kurmainzisch- katholische 
Gebiete wechseln in Entfernungen von einigen km und schaffen ein Bild 
buntester Mannigfaltigkeit. Die zusammengehörigen Gebiete führen ge- 
wissermaßen ein Sonderleben für sich. Ihre Einwohner verkehren fast 
ausschließlich untereinander und mit dem Mittelpunkt besonders, wo 
Kirche, Gerichts- und Verwaltungsaugelegenheiten, vielfach auch die 
Schule die Leute zusammenführt Solange dio Bedürfnisse noch klein 
sind, haben die Leute gar kein Interesse, über ihren engen Horizont 
hinauszugehen. Sie schließen auch ihre Ehen raeist nur mit Ortsange- 
hörigen: wehe dem, der eine reiche Bauerstochter und mit ihr ihr Gold aus 
einem andern Orte sich holen wollte. (Hierbei spielt auch die Konfessiou 
eine Rollo, da angrenzende Gebiete oft konfessionell vorschieden sind; 
vgl. Fischer. Geographie der schwäbischen Mundart Tübingen 1895. § 71). 

Diese Abgeschlossenheit größerer oder kleinerer Gebiete hat auch 
das Auseinandergehen der mundartlichen Entwicklung im Gefolge.* 



1 Speziell für Hessen: L. Ewald, Historische Übersicht der Territorial veränderuDgen 
der Landgrufschaft Bossen -Darmstadt und des Groliherzogtums Hessen. Mit einer Über- 
sichtskarte. Darmstadt 18»j2. 

* Vgl. zu dieser Frage K. Bohnenberger, Über Sprachgrenzen und deren Ursachen, 
insbesondere in Württemberg. Württembergische Vierteljahrshefte. N. F. VI ,161; Derselbe, 
Sprachgeschichte und politische Geschichte, Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten HI, 321; 
K. Haag, Über Mundartougoographie. Alemannia XXIX, 228; Wrede, Der Sprachatlas d« 



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Der Vokalismus der Mundarten des Oberen Weschnitztales. 



259 



Die drei angegebenen grenzbildenden Faktoren treffen aber nicht 
immer alle zusammen, die eine Grenze schneidet die andere und grenzt 
dadurch Übergangs- und Mischungsgebiete ab. 

Auch Grenzverschiebungen politischer und kommerzieller Art, wie 
sie den Odenwald ganz besonders durch Vereinigung des größten Teiles 
mit dem Großherzogtum Hessen und durch Anlage von Eisenbahnen ge- 
troffen haben, machen nach längerer Zeit ihren Einfluß bemerkbar. 

Im Grunde läßt der Odenwald die alten politisch -konfessionellen 
Grenzen in dem mundartlichen Auseinandergehen noch sehr wohl her- 
vortreten, wie die Einteilung des Gebietes in mehrere mundartlich ver- 
schiedene Teile weiter unten beweist Aber mit der Industrie, mit den 
Eisenbahnen ist der Verkehr größer geworden, ebenso die Zahl derer, 
die hochdeutsch sprechen, und damit auch der Einfluß der Schriftsprache. 
Der Kaufmann, der Reisende redet meist in der Schriftsprache, der Ge- 
schäftsmann, der mit ihnen zu verhandeln hat; der Bauer sucht auch 
möglichst die Schriftsprache zu sprechen, zum Teil um nicht ungebildet 
zu erscheinen, zum Teil in unwillkürlicher Angleichung an dio Sprache 
dessen, mit dem er redet (Die gleiche Beobachtung bei Breunig, Die 
Laute der Mundart von Buchen. Progr. Tauberbischofsheim 1891 und 
Schleicher, Die deutsche Sprache S. 109.) Natürlich ist eine derartige 
Einwirkung da am stärksten, wo der Verkehr am reichsten ist, an den 
Kreisstraßen. 

Neben den Einflüssen von Kanzel, Schule und Waffendienst ist 
auch der der Zeitung nicht zu unterschätzen, die heute jeder täglich 
liest, da sie ihm für monatlich 20 oder 25 $ ins Haus geliefert wird. 
Oft habe ich zugehört, wie Leute, die sonst reine Muudart sprechen, 
unter dem Eindruck der gelesenen Artikel über Unglücksfälle und Politik 
halb mundartlich, halb hochdeutsch darüber redeten. Zum Teil tun sie 
es auch im Gefühl der Bedeutung, Wichtigkeit des Ereignisses, in ge- 
hobener Stimmung; denn ich habe auch sonst beobachtet, daß Leute die 
Schriftsprache gebrauchen, um etwas zu beteuern oder ihren Worten 
Nachdruck zu verleihen. So kommt es, daß sich Leute schriftsprachliche 
Ausdrücke ganz und gar angewöhnen, wie: das glaubt man, ich sage dir. 

Mancher hat auch in seiner Jugend zum Wanderstab gegriffen und 
ein oder mehrere Jahre in fremden Dialektgebieten zugebracht Da hat 
er denn viele fremde Laute und Ausdrücke in sich aufgenommen und 
gebraucht sie zu Hause, um zu zeigen, daß er die Welt gesehen und sie 
kenne. Mancher fremde Bestandteil ist auf diese Weise in die Mundart 
hineingekommen. 

Neuerdings kommt noch das, ich möchte sagen amphibische Dasein 
dor Fabrikarbeiter hinzu, die am Tage in anders redende Sprachkreise 



Deutschen Reiches. Marburg 1895; Fr. Kau Ermann. Zur Frage nach der Attersbestimmung 
der Dialektgrenzen unter Bezugnahme auf den obergermanisch -rätischen Limes des Römer- 
reiches. Zeitschrift für deutsche Philologie 39. 1907. 

17* 



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260 Heinrich Weber. 

hineintauchen und manche fremde Lautgebung mit sich nach Hause 
bringen. Allerdings sind die Beobachtungen, die ich bis jetzt darüber 
angestollt habe, ganz individuell, aber weitergehende zukünftige Einwir- 
kungen dieser Art sind nicht als ausgeschlossen zu betrachten. 



Ich behandle hier auf ahd. Grundlage die Mundarten des südwest- 
lichen Odenwaldes, des Weschnitztales, soweit es dem Odenwald an- 
gehört Dabei lassen sich im wesentlichen drei Gebiete unterscheiden. 

I. Die ehemalig kurmainzischen, fast nur katholischen Gebiete der 
Kirchspiele Fürth und Mörlenbach. Die Mundart dieses Gebietes ist im 
allgemeinen einheitlich, doch macht sich in Fürth selbst der Einfluß der 
Schriftsprache besonders im Anschluß an deren Vokalquantitäten stark 
bemerkbar. Fürth ist als Mittelpunkt der alten Zent, der kurmainzischen 
Amtsvogtei, zu der auch Mörlenbach, Unter- und Oberabtsteinach ge- 
hörten, und als Marktflecken — der Markt war früher bedeutend und 
ist seit den letzten zwei Jahrzehnten fast verschwunden, hauptsächlich 
eine Folge des Eisenbalmbaus Fürth- Weinheim — besonders von Be- 
amten und Handwerkern bewohnt; es hat Amtsgericht, Postamt, Steuer- 
kommissariat, Steuererheberei, katholisches uud evangelisches Pfarramt, 
Handwerkerschule, ist Endpunkt der Eisenbahn; dadurch kommt ein 
hoher Prozentsatz von Beamten herein; der Bauernstand ist auf einen 
geringen Bruchteil zurückgegangen, und die alte Sprache ist doch bei 
dem konservativen Bauersmann am reinsten bewahrt Mörlenbach weist 
hier und da schon Einflüsse der südlich sich anschließenden Mundart 
von Reisen- Birkenau auf. Oberabtsteinach, das ich gelegentlich heran- 
gezogen habe, stimmt mit den Kirchspielen Fürth und Mörlenbach in 
seiner Mundart wesentlich übercin; es ist als ehedem kurmaiuzisches 
Land katholisch. 

II. Die ehemals kurpfälzischen, evangelischen Gebiete um Hamrael- 
bach und Lindenfels, mit Waldmichelbach einst zum Amte Lindenfels 
gehörend. Abgesehen von dem zu einem Kurstädtchen emporgeblühten 
Lindenfels, sitzt hier meist bäuerliche Bevölkerung; die Mundart ist des- 
halb hier noch ganz rein bewahrt Dio gleiche Mundart spricht auch 
das früher pfälzische Waldmichelbach, das ich öfter anführe, das aber 
nicht mehr zum Weschnitztnl gehört. 

III. Birkenau und Reisen. Reisen war pfälzisch, evangelisch und 
stimmt in seiner Mundart mit dem einst wamboldischen, meist katho- 
lischen Birkenau überein. Dies Gebiet spricht großenteils dieselbe 
Mundart wie die obere Pfalz. Lenz hat in seinen Arbeiten über den 
Handschuhsheimer Dialekt ein Bild davon gezeichnet; ich habe daher 
öfters darauf zu verweisen. 

Eine Enklave liegt inmitten des Weschnitztales, Rimbach, einst 
erbach-schönbergisch. In diesem Orte wohnt nämlich ein hoher Prozent- 
satz Juden. Diese sprechen eine im Weschnitztal »Händlersprache« 




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Der Vokaltsmus der Mundarten des Oberen Weschuitztales. 



261 



genannte Mundart, die im wesentlichen die gleiche ist wie in III. Der 
echte Riuibacher aber spricht die Mundart von I. Dadurch erhalten wir 
in Rimbach eine Mischung von zwei Mundarten, die nicht auf den Stand 
beschränkt bleibt, sondern sich auch auf einzelne Individuen überträgt. 
Ich führe wegen der Übereinstimmung mit I und III dieses Gebiet nicht 
gesondert auf. 

Die einzelnen Teile unterscheiden sich nicht nur in einzelnen Punkten 
der Lautgebung, sondern auch in der Satzmelodie. Diese gedenke ich 
später gesondert für ein größeres Gebiet des Odenwaldes zu behandeln. 



Ich möchte an Hand der Mundart des oberen Weschnitztales einige 
Faktoren anführen, die für die Lautentwicklung der Mundarten von ein- 
schneidender Bedeutung sind. 

1. Die Quantität der Vokale. 
Lange Vokale fallen mehr in das Ohr als kurze, ihre Artikulation 
ist dauernder und sicherer; Beeinflussungen durch Nachbarlaute sind 
deshalb seltner als bei kurzen Vokalen (vgl. Sievers, Grundzüge der 
Phonetik 5. Aufl. 1901, § 760). Die Artikulation der kurzen Vokale ist 
flüchtiger und undeutlicher; deshalb sind sie viel stärkeren Veränderungen 
unterworfen. 

Ebenso springt bei Verfolgung der Quantitätsveränderungen eine 
Tatsache in die Augen: es läßt sich in dem behandelten Gebiete ziemlich 
durchgängig verfolgen, daß mit der Dehnung eines Vokales oine Quali- 
tätsveränderung Hand in Hand geht. Allerdings ist dabei zwischen zwei 
Gruppen zu unterscheiden. Ich bezeichne sie als eigentliche, primäre und 
sekundäre Dehnung. 

Über das Eintreten der primären Dehnung verweise ich auf die 
bekannten Paulschen Regeln (Beiträge IX, 101 ff.); sie gelten auch für 
das obere Weschnitztal. 

Unter sekundärer Dehnung — wenn man es überhaupt Dehnung 
nennen darf — verstehe ich die Herübernahme einer langen Quantität 
aus der Schriftsprache und die Dehnung vor r. Die letztere behandle 
ich in dem Abschnitt über die Stellung vor r. 

2. Die Qualität des folgenden Konsonanten. 
Explosivlaute ändern dio Qualität des vorangehenden Vokals viel 
weniger als Dauerlaute. Der Grund liegt darin, daß letztere bei ihrer 
längeren Dauer mehr in die Ohren fallen und so den vorhergehenden 
Laut stärker beeinflussen können als Explosivlaute. 

3. Die Artikulationsstelle der Laute. 
Je weiter die Artikulationsstellen der Laute voneinander entfernt 
liegen, um so stärker ist die Beeinflussung (vgl. Sievers, Phonetik § 479); 



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I 



262 Heinrich Weber. 

I 

i 

schon die Verscbiebungsmöglichkeit ist dabei größer. Man nimmt gerade 
wegen des weiten Abstandes und der dadurch erforderlichen längeren 
Zeit eigentlich keine der beiden Artikulationsstellen streng ein, und da- 
durch entsteht die Verschiebung. Sie fällt beim Vokal mehr in die Ohren, 
da Verschiebungen den Lautcharakter viel stärker ändern als beim Kon- 
sonanten. 



Am stärksten ist, wie in sehr vielen Mundarten, so auch im oberen. 
Weschnitztal die Beeinflussung eines Vokals durch folgenden Xasal und 
r. Die Erscheinungen sind dabei für jedeu Vokal im Grunde dieselben; 
ich schicko deshalb einige allgemeine Vorbemerkungen voraus. 

1. Die Vokale vor m, n, ng. (Vgl. hierzu Behaghel, Geschichte 
der deutschen Sprache § 97 — 100.) 

Hier läßt sich im allgemeinen sagen: je weiter die Artikulations- 
stellen der Vokale von denen der Nasale entfernt sind, um so stärker 
sind die Lautwandlungen. Es bleiben demnach e, i, u vor Nasal un- 
verändert, a, g, q, o worden dem Nasal angenähert. Wo sonst der ahd. 
Vokal in der Mundart als 



a erscheint, 


steht vor Nasal 


9 


9 








11 


0 


aa 








11 


99 


99 




•• 




« 


oo 


ai 


11 


r> 




!? 


Qi 


au 


11 




n 


11 


gu 


f 




" 




11 


e 


CC 


11 


*? 




•' 


ee 


0 


11 


•• 


•• 


11 


u 


oo 


1" 


11 




11 


uu. 



Um diese Tatsache zu erklären, muß man annehmen, daß alle 
Vokale vor Nasal genäselt werden. Für die kurzen Vokale gibt es nach 
meiner Ansicht im oberen Weschnitztal keinen strengen, genäselten Vokal 
wie etwa im Französischen. Wohl aber bekommt der Vokal durch das 
Gleiten aus dor angesetzten Vokalstellung zum Nasal etwas Genäseltes. 
Ich möchte sagen: das Nasalgeräusch liegt zwischen Vokal und Nasal, 
in dem Übergang aus der einen in die andere Stellung; also rein ein- 
gesetzter Vokal -f Nasalgerausch + Nasal. Bei größerem Abstand kommt 
dieses Gleitegcräusch stärker zum Bewußtsein; von einem nasalierten «, 
g, e, o in diesem Sinne kann man viel eher sprechon. als von einem 
nasalierten e, i, u. 

Bei langen Vokalen liegt wirklicher Nasalvokal vor. Doch ist die 
Nasalierung nicht mehr allgemein erhalten, es ist sogar das meiste ver- 
loren gegangen. Tn 11 T ist sie noch häufiger als in 1 und II. Hier ist 
sie bei oo, er, ii, uu so gut wie verschwunden, bei oo — weil oo n be- 
quemer zu sprechen ist als oo n , re n , ü n , uu*-, vgl. die Erscheinungen 



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Der Vokalismus der Mundarten des Oberen Wesen nitztales. 



203 



im Französischen — zum Teil noch erhalten. Es scheinen mir zwei 
Gruppen der Bevölkerung die Nasale zu sprechen. 

1) Die ältere Generation, auch nur zum Teil, wohl die Erhaltung 
eines alten Zustandes. 

2) Derjenige, der etwas gebildeter ist, der mehr nach der Schrift- 
sprache redet. Es trifft das besonders für solche Fälle zu, bei denen 
auslautendes n, das unmittelbar auf den hochbetonten Vokal folgt, ab- 
gefallen ist. Der Sprechende hat das Bewußtsein, daß ein n in der 
Schriftsprache steht und ersetzt es durch die Nasalierung: ein junger 
Vorgang. Diese beiden Gruppen nehmen aber den geringeren Bruchteil 
der Bevölkerung ein, die meisten sprechen keinen Nasal, ich lasse deshalb 
seine Bezeichnung für I und II weg. 

Die Nasale bleiben erhalten außer auslautendem n nach hochtonigem 
Vokal und dem n der Endsilbe -cn (vgl. Behaghel, Gesch. d. d. Sprache 
§ 100, 5. Weder die Beispiele in den Berichten Wredes über den Sprach- 
atlas, noch die Abhandlung von W.Friedrich, Die Flexion des Haupt- 
worts in den heutigen deutschen Mundarten. Diss. Gießen 1901 S. 12 — 16, 
lasson die genaueren Unterschiede hervortreten). 

In den meisten Fällen ist en > 9 abgeschwächt, doch gibt es hierzu 
einige Ausnahmen. Geht der Endsilbe -en ein r voraus, daun geht dieses 
r in den Gleitlaut beziehungsweise n über und n bleibt erhalten. Dieso 
Regel gilt in I und II für alle Fälle, in III nur für -ren nach langem 
Vokal und nach unbetontem e, also -eren, -ern\ nach kurzem Stamm- 
silbenvokal bleibt das r hier erhalten, das n fällt ab (dieselbe Regel gilt 
auch für Handschuhsheim). 





I u. II. 


III. 


fahren: 


feum 


faan 


Nieren : 


niian 


niivn 


plärren : 


plem 


plcnrj 


sperren : 


spedn 


Spcvrd 


fordern: 


foran 


formt 


buttern : 


putan 


putun. 



Geht dem -en ein / voraus, so wird in I und II dieses / silben- 
bildend ( — /) und das n fällt ab, in III (und Handschuhsheim) behält das 
/ seino Qualität als Konsonant und das /* bleibt erhalten. 

I u. II. III. 

rasseln: rasl.t -nmln 
h osseln: hosh hosin. 

Diese doppelte Entwicklung ist wohl auf eine doppelte Betonung 
zurückzuführen; in dem einen Falle ist die Endsilbe -en nebontonig: 
rdxch'n (aus einer schweren Endsilbe un , cn abgeschwächt), das Wort 

1 'j:s 

bleibt in der Mundart dreisilbig rash: im zweiten Falle ist sie unbetont, 

1 2 

tonlos und das Wort zweisilbig: rasln. 



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2CA 



Heinrich Weber. 



Dieselbe Regel gilt für -nen\ denn das erste n wird durch Dissi- 
milation zu so daß dauu dieselben Bedingungen vorliegen wie bei -kn. 

I u. 11. III. 
trocknen : trilh trikln 
rechnen: rtfh rtfin. 

2. Die Vokale vor r. 

r ist im oberen Weschnitztal Zungenspitzen-;-; doch ist es nicht 
im ganzen Gebiete gleichmäßig stark gerollt. In I und II wird die 
r- Artikulation gewissermaßen nur angedeutet ohne Rollen, in III ist das 
Rollen stärker. (In nördlicheren und östlicheren Teilen des Oden\valde> 
aber wird das r stark gerollt gesprochen, es bleibt infolgedessen in allen 
Stellungen erhalten. Außerdem bleibt es dadurch spitzer, und die Sen- 
kung, die Brechung des u und / vor r unterbleibt, ja die oo und w 
werden sogar gehoben, in ganzen Gebieten zu vu und ii [ vgl. Volk, Sunda» 
un Wordäg. Gedichte in Odenwälder Mundart S. V. Volk gibt die Er- 
scheinung für das Mümlingtal und einige andere Orte im mittleren und 
nördlichen Odenwald an; ich kenne die Erscheinung aus dem Gersprenztal]. 
Mit der Erhaltung des r fällt in diesen Gebieten auch die Entwicklung 
eines Gleitlautes und die Dehnung der kurzen Vokale weg. Vgl. dazu 
auch Breunig, Mundart von Buchen S. 30.) Dieser Unterschied in der 
Intensität der Aussprache bedingt auch einen solchen in der Erhaltung 
und dem Wegfall oder Übergang in den Gleitlaut r ist durchgängig er 
halten im Silbenanlaut und nach Konsonanten. Es ist durchgängig in 
den Gleitlaut übergegangen im Auslaut Die Qualität dieses Gleitlautes 
ist sohr verschieden. III hat (wie Handschuhsheim) ein ganz offenes »: 
I und II ein halb offenes a. Ich bezeichne diese Qualität nicht besonders, 
weil der Unterschied zwischen d als Abschwächung von -cn und -er ver- 
schwindend klein ist. Diese verschiedene Qualität des Gleitlautes findet ihre 
Entsprechung in der Abschwächung des unbetonten -er (Wrede in den Be- 
richten über den Sprachatlas und Friedrich a. a. 0. verzeichnen auch diese 
genauen Abweichungen nicht). In III wird es zn t>, in I und II zu </. 
Daneben gibt es eine Übergangsstufe, die ich in Oberabtsteinach und "Wald- 
michelbach beobachtet habe, eine Verschleif ung von 9 und v zu fu. 

I u. IT. ITT. 0. u. W. 
Vater: fata fato fatJu 
Butter: puta put» puLm. 

Vor Konsonanten ist r in I und IT in allen Fällen in den GleiÜaut 
9 übergegangen, III aber kennt den Übergang in v nur vor Dentalen, 
vor anderen Konsonanten aber ist r erhalten. Das hängt mit der Artiku- 
lationsweise von r und Dental zusammen. Beide werden unter wesent- 
licher Mitwirkung der Zunge gebildet Es ist aber außerordentlich viel 
schwerer, zwei verschiedene Artikulationen unmittelbar hintereinander 
rasch mit demselben Orgau auszuführen, als auf eine Bewegung eine 
andere folgen zu lassen, die unabhängig von der vorhergehenden ist. bei 




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Der Vokalismus der Mundarten des Oberen Weschnitztales. 



26f> 



der die zweite Bewegung beginnen kann, nachdem die erste noch gar 
nicht ganz zum Abschluß gekommen zu sein braucht. (Diese Erscheinung 
ist gar nicht selten. Ich führe beispielsweise an Fischer, Schwäbische 
Mundart § 43, der aber keine Erklärung der Erscheinung gibt, und 
Teuchert, Laut- und Flexionslehre der noumärkischeu Mundart Diese 
Zeitschrift 1907, S. 136/7, dessen Angaben fast ganz mit den meinigon 
übereinstimmen; nur sind die Erscheinungen im oberen Weschnitztal noch 
mannigfaltiger.) 

Vor r sind die kurzen Vokale gedehnt. Diese Dehnung ist keine 
ursprüngliche, primäre, sonst müßten die betreffenden Vokale die Diph- 
thongierung mitgemacht haben, sondern erst sekundär entstanden. Über 
das Eintreten und Unterbleiben der Dehnung und die Gründe dafür ver- 
weise ich auf den Aufsatz von Paul, Beiträge IX, 101 ff. Fischer erklärt 
die Dehnung auf folgende Weise: zwischen dem Vokal und r bildet sich 
ein Gleitlaut. Dieser verschmilzt mit dem Vokal und ruft dadurch dessen 
Verlängerung hervor; das r selbst geht dabei in den Geräuschlaut a, v 
über. Also khorp > khoarp > khoorp > khoojp (Fischer, Schwäbische Mund- 
art § 44 und Anmerkung. Eine andere Erklärung gibt Teuchert a. a. 0.). 
Die Verlängerung unterbleibt außer bei a, wenn das r erhalten ist, und 
vor Guttural. Bei Erhaltung des r tritt in der Regel furtiver Vokal 
zwischen r und dem folgenden Konsonanten ein. 

Der Einfluß des r auf die Qualität des vorhergehenden Vokals hängt 
ebenso sehr von dessen Quantität ab, wie von der Qualität des Gleit- 
lautes. Lange Vokale werden durch folgendes r weniger beoinflußt als 
kurze, in J und II gar nicht; in III werden ce und oo durch das fol- 
gende ganz offone o selbst offen. Kurze Vokale erfahren aber starke 
Veränderungen, t und u werden vor r gebrochen zu e und o, also eino 
Bewegung nach der Artikulationsstelle des r hin. Aber in III geht in- 
folge des offenen Charakters von v die Verschiebung aller e- und o- Laute 
weiter zu c und g. I und II bleibt aber bei der Brechung zu e und o 
stehen und verschiebt sogar germanisches t zu e. 

§ 1. Ahd. (i. 

I. Kürze ist erhalten. 

1. Bei Erhaltung der Kürze hat sich die Qualität des a nicht ge- 
ändert; ausgenommen sind die unter 2 — 4 angegebenen Fälle. 

Acker: aka; ackern: tsakjn. Affe: af, Adj. afi.s; Maulaffe: maulaf 
große Kaffeotasse; Maulaffen feil halten = sich hinstellen und den Mund 
aufsperren; Maulaffe wird auch als Schimpfwort gebraucht all: al; all 
sein: al s?i — aus sein, fertig sein, allemal: ähmool jedesmal; dann 
Versicherungsformel = ganz gewiß, allerdings: ribtiys beinahe, nicht 
ganz, alleweil: awl soeben; daneben ist die Form ähwail nicht selten 
gebraucht und ebenso awdil; die Abschwüchung des ersten Bestandteils 
erklärt sich aus dem Akzent. Allmende: ahmendj (ahd. alagimannidn) 



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266 



Heinrich Weber. 



Gemeinbesitz, besonders Wiesen. Almen: alma Ortsteil von Ober-Ostern; 
alben > *albm > alm, und dazu wieder der Plural alma. als: als (mhd. 
allej immer) bisweilen, manchmal; auch in der Zusammensetzung als ein 
Mal: alsaniool und alsamools im selben Sinne; als eine Weile: als»imü 
z. B. geh als eine Weile fort: ke dlsawail foot; alsfort: dhfoat meinet- 
wegen; entstanden aus der Erlaubnis zum Weggehen mit entsprechender 
Gebärde: geh immer fort; sonst als: SunStah sonst also: as, selten; mir 
nur bekannt in »gerade also wie«: krggt as wii. Apfel: apl; Plur. epl 
Schläge; dazu das Verbum veräpfeln: faepla 1 verhauen, durchprügeln. 
Ast: ast. Atzel: atsl Elster (ahd. agalastra, mhd. agelster), Typus des 
Diebischen; Sprichwort: der stiehlt wie eine Atzel: teea Miilt uiia atsl. 
Ob atzen: atsa stehlen davon abgeleitet ist? Oder hängt es mit atzen 
(<.atjan) abweiden zusammen? Bedeutung: einem das Futter abweiden 
> rauben, stehlen, atzelig: atsli? emsig, eifrig, vgl. Spieß, Henneberger 
Idiotikon. Atzel — kleiner, unruhiger Mensch, bald: pal; die Assimi- 
lation des W > / erklärt sich aus der intervokalischen Stellung in balde 
(< * balle < balde). Ballen: pala m. runder Knäuel, Spielball, schwellende 
Muskeln; Schneeballen: §n$ipab; wird auch für » Kartoffelknödel < ge- 
braucht, ballen: pah Ball spielen; refl. sich leicht in Ballen zusammen- 
drücken lassen; Ballens: pafas n. Ballspiel. Derartige Bildungen zur Be- 
zeichnung der Spiele sind in der Mundart zahlreich, z. B. Böhnelns: 
peenls zu böhnein: peenh mit Bohnen spielen; Versteckeins: fastekls; 
Packens: phakos; Klickerns: Mikas; Fangens: fyyas; Kauteubentelchens: 
khaurajMtlSas. Backen: paka m. 1. Wange (ahd. paecho), 2. Arschbacken: 
daSpaka. backen: paka trans. und intr.; Part kapaka; beliebter Ausdruck: 
du sollst gebacken werden: tun sost kapaka wean = gebraten, gestohlen 
werden. Backmulde: pakmult; Backofen: pakottfa; Gebäck: kapak n. so- 
viel als auf ein Mal in den Backofen geht hatten: pata, unpersönlich 
gebraucht; das hattet alles nichts: tes pat alas niks das hilft alles nichts. 
Sprichwort: hattet es nichts, so schadet es nichts: pats niks sg sdts niks; 
Part kapat; hatten wird auch mit dem Akk. verbunden: das hattet dich 
nichts (über die Herkunft vgl. Grimm, WB. I, 1158/9). Batzen: jxitsa; 
Batzenstrick: patsastrik Bezeichnung für ein mutwilliges Kind, ebenso 
Galgenstrick. Sprichwort: der hat Nerven wie ein Batzeustrick, d. h. 
Nerven so dick wie ein Strick, der einen Batzen kostet, gesunde Nerven. 
Dach: tax; Redensart: im Dach haben = betrunken sein; Dachtraufe: 
taxtrap (mhd. dachtrouf); Beweis für den Verfall der unbetonten Silben; 
Lenz verzeichnet taxtraaf. Fackel: fakl wie hd.; leichtsinnige Person; 
fackeln: fakh in der Zusammensetzung herumfackeln: rimfakh leicht- 
sinnig und unachtsam umherlaufen, bewegen; vgl. Lenz, HD.; fackelig: 
faklis leichtsinnig, unbedachtsam. fallen: fnU. Fallich: fali* f. blattgelbe 
Kuii; zu ahd. rata (vgl. Pf äff, Beiträge 15, 18). Faß: fas. Fasel: ^ fast. 
fassen: fast kommt in der Bedeutung vor: Getreide in Säcke füllen und 



1 Ein untergesetzter Tankt bezoichnet den Konsonanten als silbenbildend. 



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Der Vokalismus der Mundarten des Oberen Weschnitztales. 267 



überhaupt: aufkaufen; messen, aufnehmen können; begreifen, fasten: 
faSto. Fastnacht: fasnpxt < rahd. vasenaht, flatschern: flal&n, Weiter- 
bildung zu flattern, das in der Mundart nicht vorkommt; kensflatti 
Gänseflügel. Gabel: kawl; gabeln: kawb. gaffen: kafj. Galgen: kalp; 
Galgenstrick: kaljdStrik mutwilliger Jungo. Galle: kal. Gasse: kas; 
Gassenbube: kasopuu. gatting: katiy Adj. passend, bequem; Lenz ver- 
zeichnet katic zu nhd. Gatte, Gattung; Grimm, WB. gattig; ahd. gigat 
Adj. passend, stimmend zu, vgl. Kluge, EWB. gefallen: kfab; einem 
zu Gefallen gehn: ggm ts.? kfab kei jem. in freundlicher oder feindlicher 
Absicht nachgehen; Gefallen: kfah m. gemach: kamax (ahd. gimah An- 
nehmlichkeit) Adv. gemütlich, langsam, gemächlich: tou hob knnax tue 
nur langsam, eile nur nicht. Geschmack: kSmak. glatt: klat. Hafer: 
hatcOj aber Hafermehl: hewmeel. Hacke: hak; Hackenhelm: hakahrlm 
Stiel einer Hacke; hacken: hak» mit der Hacke arbeiten; hackein: hakb 
durch Hacken zorkleinern, z. B. Wurst, Gemüse hackein; das Werkzeug 
dazu ist das Hackelmesser: haklm^s9. Aber häckeln: hekh mit dem hrkl 
(Verkleinerungsform zu Hacke) arbeiten; Häcksel: hrksl zerkleinertes Gras, 
Heu, Stroh und andere Futterpflanzen; häckseln: ht^ksb das Zeitwort dazu. 
Hafte: haß Agraffe, halber: hahüd; V 2 7: halwasiw*; halbwegs: halweeks 
Umstandswort einigermaßen, ungefähr; Halbmaß: halmoos 1 Liter. Halfter: 
halftd. Hatze: hats f. Übereilung; sich abhatzen: triA ophatsa sich abhetzen, 
durch Übereilung in Schweiß und außer Atem kommen; daneben ver- 
hetzt: foheist heiß von allzu raschem Laufen. Haselnuß: haslnus; Hasel- 
stecken: hasttteka. Kalbin: khalumi neben kliglp; jedenfalls ist das a 
eingedrungen unter dem Einfluß der Judensprache, da die Juden im 
"Weschnitztal den Handel in den Händen haben. Kappe: khap Mütze, 
abkappen: opkhapd jem. durch eine bissige Bemerkung barsch abweisen. 
Kasten: khaMa. Katze: khats; Katzenkopf: khatsakhop 1. Böllergeschütz, 
2. Sorte Birnen, knapp: kyap, dazu das Umstandswort kyaps kaum, mit 
Mühe, knappen: hjapd nicken, besonders als Antwort; einknappen = ein- 
schlafen (Lenz verzeichnet es in der Bedeutung »hinken«), knacken: 
kyaka Umlaut zu knicken, vgl. Nußknacker; Eigenschaftswort kgakariS 
so, daß man umknackt, nicht fest auf den Beinen, krabbeln: krawb 
(mhd. krabelen)., krabbelig: krawli$~ unruhig. Krackel: krakl 1. krummer 
Ast, 2. Stolz; kraklis krumm, kratzen: kratsa; Kratzbürste: kratspedSt, 
Person, die gerne kratzt, Schimpfwort. Lack: lak Salzwasser des Schweine- 
fleischs (ahd. lakka). Lappes: lapds törichter, energieloser Mensch, mhd. 
läppe; Schmierlappes: smeealapas Schmutzfink; Lapparsch: lapaa* Feig- 
ling; auslappeln: auslaph lockermachen. Lappen: lapo, häufig daneben 
das umgelautete typo. Last: laM m. und f. Laster: la$t9 scherzhaft für 
eine drollige Person. Latte: tat viereckig zugeschnittene Holzstange, dann 
übertragen auf eine lange, hagere Person. Latz: lats klappenförmiger 
Kleid ungsteü. mager: ma-^o. Mallert: maht Kater, zu Malle Katze vgl. 
Schmid, Schwäbisches Wörterbuch 1831. mästen: maAta koten; Mast: 
maSt Kot; Mastdarm: maStaam. Matsch: matt m. nasse, klebrige Masse, 



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208 



Heinrich Weber. 



Kot; als Eigenschaftswort naßfaul; dazu die Weiterbildung matSliJF in 
derselben Bedeutung. Matten: mati Quark, aus dem Käse bereitet wird, 
nachdem der Molken aus der Dickmilch beseitigt ist. Matzen: matz* 
Augenbuttcr; Matzenaugen: mat$9raa^. Nabel: naivl. Nagel: na^l. 
nackt: nakiS und nalcdt; Nacktarsch: nakaaS nackte Person, naß: aas; 
Nassauer: nasauo Regen, scherzhaft. Pack: phak Bündel; packen: phato 
ein Paket raachen, seine Sachen zur Abreise zurecht machen, daher 
refl. sich davon machen, packen: phako raufen, seine Kräfte messen, 
einen an Kraft übertreffen; Packens: phakos Tätigkeit des Raufens. 
Pappe: pap m. und f. Kleister, Schmutz; pappen: papd trans. und intr. 
kleben; papiS und paprt klebrig, schmutzig; Pappsack: papsak Schmutz- 
fink, Schimpfwort; Pappdeckel: jHipatekl päppeln: paph plaudern, 
schwatzen (schallnachahmend); Gepappel: kopapl n. patsch: [tat* zur 
Bezeichnung eines klatschenden Schlages oder Falles; Patsche: pats f. 
Ohrfeige; patschen: pat& das Geräusch des Klatschens verursachen, be- 
ohrfeigen, in den Kot waten; Patschel: patSl m. 1. Schmutz auf der 
Straße, 2. Schmutzfink, besonders in Dreckpatschel: trrkpalU; Gepatschel: 
kzpatsl n. schmutziges Wetter; patschein: patSh im Kote waten, kneten. 
Pflaster: pla£t3 1. Heilmittel, 2. Steinbesatz der Straßen; Pflästerer: pleX- 
t9T9 und mit Metathesis peUtdro (der Umlaut ist schon in der älteren 
Sprache vorhanden); pflastern: pleXtan 1. wie hd., 2. etwas so dick auf- 
tragen wie Straßenpflaster, z. B. Butter auf das Brot Daneben pclStm 
im Sinne von »schlagenc. Placken: plakd m. Flecken (aus dem Nd. ein- 
gedrungen); plagen: plakv eine Arbeit nur fleckweiso, d. h. unordentlich 
verrichten; sich abplacken: si# yplako (Häufigkeitsbildung zu plagen) sich 
quälen, sich abmühen, platsch: plats vgl. patsch; platschen: platid 
klatschend auffallen, besonders durch große Mengen verursacht, z. B. 
Regen, durchhauen mit einer Platsche; Platschregen: platSrej»; Platschen: 
platte m. besonders Küheplatschen : khiiplatfo Kot des Rindviehs (dasselbe 
Lenz, HD.); Platsche: plats Klopfer, um Kleider zu reinigen oder Wäsche 
zu schlagen; Wäscheplatsche: wesplatä. Platz: plats. platzen: platsd aus- 
einanderfallen, zerreißen, rack: rak starr, steif, hauptsächlich vor Müdig- 
keit; sich abrackern: sis" yprakm sich müde arbeiten, quälen. Das Präfix 
ab- wird vielfach zur Bildung von Zeitwörtern benutzt, die den Zustand 
des »ab sein: yp sgi* müde soin, fortig sein, hervorrufen, z. B. sich 
ab -plagen, -hatzen, -mühen, -placken, -quälen, -taumeln (=» abmühen), 
-schaffen, -eseln, -schleppen. Raffel: rafl, besonders Zahnraffel: Usri- 
rafl Lücke in den Zähnen, raffen: rafd. Rappe: rap schwarzes Pferd, aber 
Rabe: krap, in dem wohl das alte anlautendo hr- erhalten ist rappeln: 
raph trans. und intr. klappern, rasseln; rappeldürr: raplte? so dürr, daß 
es rasselt; es rappelt jemand = jem. ist nicht ganz bei Verstand; im 
gleichen Sinne: jem. hat einen Rappel: rapl. Ratte: rat auch m. Ratze: 
rats, Nebenform zu Ratte, erhalten als Schimpfwort und in dem Sprich- 
wort: der schläft wie eine Ratze: teed skeft wüj rats, d. h. sehr fest: 
Zusammensetzung Spielratze: speelrats, Schlafratze: Sloofrats leideuschaft- 



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Der Vokalismus der Mundarten des oberen Weschnitztales. 269 



Ii eher Spieler und Langschläfer. Sack: sak; sacken: saka in Säcke füllen. 
Saft: saft; saftig: safliS und sc f Iis. Sattel: satl; Sattler: sab mit An- 
gleichung des // > l. schaffen: tafa, das gewöhnliche Wort für arbeiten; 
$afis arbeitsam, emsig; Schäffer: Hefa fleißiger Arbeiter, ahd. skaffari; 
sich wegschaffen: stA weksafa sich aus dem Staube machen, sich selbst 
das Leben nehmen. Schafton: safta. Schachtelhalm: saftan, mhd. schafidl, 
dazu ist eine Form * schafter anzusetzen, deren Mehrzahl schaftern sich 
in der Mundart erhalten hat. schlapp: sl/tp, Interjektion des Schlapperns 
beim Lecken mit ausgestreckter Zunge; schlappern: slapan seine Nahrung 
mit der Zunge einscblürfen (Hund), schlapp: slap nd. Form, die schon 
früh ins Hochd. eingedrungen ist. Dazu die Weiterbildung Slapis un- 
ordentlich, nachlässig; Schlappsack: Slapsak nachlässiger Mensch. Schlap- 
pen: ülapam. Pantoffel ohne Kappe; schlappen: slapa nachlässig umhergehen 
mit Pantoffeln, schmatzen: smatsa, mhd. smackexen. schmecken: Smaka, 
ahd. gismahhen, doch daneben ist das schriftdeutsche $mcka nicht selten. 
Schnalle: Snal 1. wie hd., 2. unreife Kirsche, schnallen: Snab. schnapp: snap 
Interjektion des Haschens; schnappen: snapa 1. nach etwas haschen, mhd. 
snappen, verwandt Schnabel, 2. hinken, dazu das Eigenschaftswort tfnnpü 
hinkend, auch substantiviert, 3. umkippen intr., dazu trans. fnepa zum Um- 
kippen bringen; Schnappe: £nep in dem Ausdruck: auf der Schnappe = am 
Puukte des Umkippens. schwappein: Suapla intr. (vgl. Lenz, HD.) Weiter- 
bildung zu schwappen, in schwankender Bewegung sein; trans. verschwap- 
peln: fasuapla ausgießen, verschütten. Sebastian: paMl; Staffel: stafl beson- 
ders von einer Steintreppe gebraucht; Staffelweck: stafhrek besonders große 
Semmel. Stall: §tal. statt: Stat, besonders statt daß: slats. tapfer: tapa 
tüchtig, tappen: taps geräuschvoll, plump auftreten; Kinderspiel: was tappt 
denn so? Der ßärwolf: uos tapt ton sott? ta peeatrolf > vertappen: fatapa 
zertreten; Tappen: tapa m. Pantoffel ohne Kappe; Tappes: iapas m. 1. un- 
beholfener, ungeschickter Mensch, 2. Fehler, durch Ungeschicklichkeit 
begangen; Taltappe: tooltap m. (mhd. tappe) Bauer aus den Nebenorten 
in den Seitentälern des Weschnitztales wegen ihres schwerfälligen, unbe- 
holfenen Ganges, Schimpfwort; dazu die Verkleinerungsform trpl zimper- 
liche, läppische Person; tapiS und tapat unbeholfon. Tatsche: tats f. 
große, ungelenke Hand, mit Tatze zusammenhängend? tatschen: tat& 
mit ungeschickter Hand berühren; tätscheln: tctAh streicheln. Trasem: 
trasm m. Fadenbündel, das Ende eines Gewebes, die Herkunft ist un- 
sicher; austrasemen: austrasma ausschleißen, tratschen: traUa stark reg- 
nen, alles ausplaudern; dazu Tratsche: trat* f. Person, die alles ausplaudert 
Vater: fata; sich vatern: sis ftitan Eigenheiten des Vaters haben; ähnlich 
sich pettern. wackeln: wakla wanken, nicht fest sein, an etwas rütteln; 
durchwackeln: toaisuakh durchhauen; wackelig: wakh's nicht mehr fest 
auch auf den Beinen. Wasser: uasa. Wagen: 11(13). watscheln: uatsla 
(Weiterbildung zu waten) durch das Wasser gehen, sich baden; waiSnos 
durchnäßt zabeln: fsawla ahd. zapttlön; Gezabel: katsaivl; Gezäbels: ka- 
tseuls n. Menge von kleinen Gegenständen, Kindern, Tieren; UatrtiS. 



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270 



Heinrich Woher. 



Zacken: tsakj: Zeitwort: mit Zacken verseben. Zapfen: tsnpa, daneben 
umgelautet tsrpj (altnordisch tappi) Spund, verzwatzeln: fetsicatsh ver- 
zweifeln, weit verbreitet: aus zwackezen von zwacken im Ablaut zu 
zwicken wie smackezen: Smatsa. zwacken: tswaka zwicken, pplswako ab- 
zwicken ist in der Mundart selten. 

Einige Konsonanten und Konsonantenverbindungen haben voraus- 
gehendes a beeinflußt. Es sind dies Dauerlaute, die bei ihrer Qualität 
mehr iu die Ohren fallen und deshalb viel eher den vorhergehenden Laut 
beeinflussen als Augenblickslaute. Es tritt hier Annäherung der Arti- 
kulationsstelle des o an die des Konsonsanten ein, o wird zu p. Doch 
ist das Verhalten in den einzelnen Teilen der Mundart nicht einheitlich. 

2. Vor / + Dental, k, b und vor ch -f Dental ist in I und II die 
Verdunkelung des a > g eingetreten, während es in III seinen hellen 
Lautcharakter bewahrt hat (in Übereinstimmung mit Handschuhsheim, 
vgl. Lenz). 

«) Vor / + Dental, k, b. 
I u. II. IU. 

alt: glt alt. Aber in der Anrede lieber Alter: liiwaralta ist a im 
ganzen Gebiet erhalten. Vielleicht haben wir es hier mit einer Wander- 
form zu tun. Diese sind besonders zu beobachten bei ganz gebräuch- 
lichen Wörtern, wie Verwandtschaftsnamen Vater, Mutter; hier bei einer 
häufig angewandten formelhaften Wendung. 

Alter: olta alta n. Daneben begegnet die umgelautete Form clh. 
Ich habe diese Form besonders in der Formel: Das ist kein Alter: tr* 
is khgg f/to (das ist noch nicht sehr alt) meist von alten Leuten und 
solchen, die die Mundart am reinsten sprechen, gehört Vielleicht liegt 
hier Beeinflussung durch cUli vor. Der und die Alte wird von Tiereu 
gebraucht, von den Eltern sehr selten. 

Balken: pglkj palka. 

Falte: fglt fall; falten wird nicht gebraucht, sondern dafür zu- 
sammenlegen. 

halten: hglta halta. 

behalten: phglta phalta; Part, kjpholh kaphaltd. Nach der Syn- 
kope des e lautete das Zeitwort wie ein einfaches, das Bewußtsein von 
dem Präfix be- schwand, und man bildete das Part, nach Analogie der 
einfachen Zeitwörter. Hierher gehören: khrjm Part, kdkhejdt, außerdem 
einige andere, bei denen dieser Vorgang auch in dio Schriftsprache ein- 
gedrungen ist; vgl. Behaghel, Geschichte der deutscheu Sprache §158. 

halt: hglt halt; bekräftigend. 

Kalb: kholp khalp; das weibliche Kalb heißt Kühehalb: khiikhglp: 
aber Kalbin: khalwan Kuh, die ein Kalb hat; das a ist hier eingedrungen 
unter dem Einfluß der Sprache der Juden, dio den Handel in den Händen 
haben. 

Malter: mglh malta m. und n. 100 kg. 
Salz: sgls sabs; salzen: sglsa salsj. 



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Der Vokalistnus der Mundarten des Oberen Weschnitzt&les. 



271 



• 

Schmalz: Smgls Smals. 
spalten : Apglt? Spalts. 
Wald : uolt ivalt. 

Aber: Hals: hals im ganzen Gebiete; hier liegt wohl Einfluß der 
Schriftsprache vor. 

ß) Vor ch + Dental. 

Dabei ist zu beachten, daß vor cht vielfach Dehnung des vorher- 
gehenden Vokals eingetreten ist. Diese ist besonders in II noch in zahl- 
reichen Fällen erhalten, weniger häufig auch in I und III; doch ist die 
Kürze unter dem Einfluß zum Teil der Schriftsprache, zum Teil eines 
folgenden -el, -cn in den meisten Fällen wiederhergestellt. 
I u. II. III. 

Achse: gk.s aks. 

Achsel: gksl aksl. 

acht: gxU axto (Zahlwort), ebenso die Zusammensetzungen; hier 
rührt die Kürze wohl aus der Zusammensetzung her. 
acht: ggxt aaxt in achtgeben. 

betrachten: ' pjtrgxtd pjtraxb; pdtraxta gilt fast durchgängig, da 
das Wort eine junge Entlehnung aus der Schriftsprache ist; daneben 
macht sich auch die Form pjtrgxtj nach Analogie der anderen Fälle des 
a vor cht geltend. 

Flachs: /Igk* flaks. 

I. III. II. 

gemacht: kjtngxt kamaxt lamggxt; II scheint mir die älteste Laut- 
gestalt bewahrt zu haben, während die Kürzo in I und III auf schrift- 
sprachlichen Einfluß zurückzuführen ist 

geschlachtet: kshxt kSUtxt kslooxt zu 

schlachten: slgxto slaxtd slggxtj, während machen durchgängig 
als maxa erscheint und in Anlehnung daran er macht: maxi (auch um- 
gelautet tnrM). Iu gelacht: kdlaxt ist das a der übrigen Zoitformen auch 
in das Part gedrungen. 

Nacht: nggxt naaxt nggxt. 

nachts: nggxts naaxt* ngtuts. Hier ist die Länge vor cht im 
ganzen Gebiet erhalten. Dies ist sehr bezeichnend; denn es gilt als Ge- 
setz, daß die am häufigsten vorkommenden Formen und Wörter am hart- 
näckigsten an ihrer ursprünglichen Lautgestalt festhalten. 

Gute Nacht: kunggxt kunaaxt kunggxt. In nebentoniger Stellung 
ist aber Kürzung der Länge eingetreten: 

Weihnachten: icgingxU uQhiaxtd wg'ingxts; stets mit dem Artikel 
gebraucht, ebenso Ostern und Pfingsten; vielleicht erklärt sich die Kürze 
auch aus dem Einfluß der Kirche; ebenso in 

Fastnacht: fdsngxt fdma.it fdsngxt; doch habe ich besondere in 
den Nebenorten oft noch Formen mit langem Vokal gehört; vgl. Lenz, 
HD., fasmaaxt. 



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272 



Heinrich Wober. 



Nachtigall : in I und II ngxtikal und daneben naxtikal unter dem 
Einfluß der Schule, III naxtikal 
Schachtel: xgxtl mxtl sgxtl. 
ungeschlacht: uukslgxt unbändig. 

verschmachten: fssmgxtd fasmaxtz fa&'mggxto, dazu schmächtlich: 
sm^lfö klein, unscheinbar, zart. 

Wachs: wgks waks wgks. 
wachsen: wgks9 wakso wgksa. 
Wachtel: wgxtl wactl wgxtl. 

Hierher gehört auch: was: wgs was wgs, während sonst vor 5 
kurzes a erhalten ist; vgl. naß, Wasser, Masse u. a. was ist wohl ur- 
sprünglich in der Emphase gedehnt worden und hat sein a > oo ver- 
schoben wie die andern a, die Dehnimg erfahren haben; die Kürzung 
erklärt sich dann leicht aus der meist unbetonten Stellung. 

3. Vor Nasalen ist a nach der in der Einleitung gegebenen Regel 
zu o verdunkelt worden. Der Vorgang ist wohl der folgende, a ist zu- 
nächst nasaliert worden und hat dadurch einen dumpfen Charakter er- 
halten (Lenz, HD., verzeichnet diesen Zustand durchgängig). III bildet 
oine Übergangsstufe von der Mundart von Handschuhsheim und der in 
I und II; ich habe zum Teil Nasalierung des a, zum Teil entnasaliertes g 
gehört. I und II hat unter Verwandlung des a > g die Nasalierung auf- 
gegeben. Ich verzeichne der Kürze halber nur g. 

Ambos: gmpoos. Amme: gm; Schenkamme: Seykgm Amme, die 
anderer Leute Kindern (über den Kasus vgl. Grimm, WB., schenken 2) 
schenkt =■ säugt, während das einfache Amme — Hebamme ist. Ampel: 
gmpl kleines Öllämpchen. Lampe: tgmp wie hd.; Laterne: latisn Licht, 
das durch einen Behälter gegen Zugluft geschützt ist; in Hammelbach 
dafür lutsDii; Outlicht: kuulisi Stearinkerze; Unschlittlicht: visltet Licht 
aus Talg; für alle diese kann auch Licht«, gebraucht werden. Amsel: 
gmsl. Amt: gmt Gottesdienst mit Orgelbegleitung, anderer: gmro\ an- 
ders: gmst. anhin: giu. Antwort: gntwojt. bambeln: pgmph; Gebambel: 
kopgmpl; Bambel: pgmpl f. Quaste, Troddel; Schimpfwort Heinricb- 
Bambel: hgimpgmpl für jemand, der Heinrich heißt. Ebenso hgin*- 
pempem. Jedenfalls haben wir es hier mit einem Ergebnis des Spieltriebs 
zu tun. Schmidt, Der kurze Vokalismus der Bonnländer Mundart. Diss. 
Gießen 1905, verzeichnet hwupampl energieloser Mensch, Pantoffelheld, 
desgl. bei Meisinger, Wörterb. der Bappcnauer Mundart S. 38 (mit Ver- 
weisung auf Kehrein), bange: pgy. Bankert: pgykat Schimpfwort, auch 
Heckeubankert: hekopgyfot. bekannt: ptkhnnt; Bekanntschaft: pjkhgnt- 
Saft 1. Liebesverhältnis, 2. Person selbst, aufdämmern: ußgmm fest, ge- 
räuschvoll auftreten, meist mit dem Beigeschmack des Zornigen, Wider- 
borstigen (dasselbe Lenz, HD., Sehmelier, Bairisches Wörterbuch, mhd. 
tamer). einander: duohj; beieinander: panQm; miteinander: mhigm 1. zu- 
sammen, 2. alle, eingegangen: gikgyj Part, zu eingehen 1. trans. eine 
Verpflichtung Ubernehmen, 2. intr. sich zusammenziehen, kleiner werden, 



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Der Vokalismus der Mundarten des Oberen Weschnitztales. 



273 



3. ausgehen, verenden, gegangen: kyyj. gestanden: kMgna Part, zu stehen 
und gestehen. Gewann: kjwgn n. mhd. ge wände; Gewannenweg: Äa- 
wonsnrrk Flurname. Flamme: flgm; flammen: flgma auch schlagen; 
Flammenkuchen: flgmdkhuxd schwarzer Kuchen aus Kornmehl mit Zwie- 
beln und Salz bestreut Flannerz: flgmts Leichenschmaus; zur Etymo- 
logie verweise ich auf Crecelius, Oberhessisches Wörterbuch. Hamster: 
hgmstz; hamstern: hgmslm mit vollen Backen kauen. Hammer: hgmz. 
handeln: hgnh feilschen; vielfach hat es auch den Sinn von vertauschen 
angenommen; verhandeln: fjhgnh durch Handeln etwas umtauschen. 
Hannes: hgnss. Doppelnamen sind im Odenwald sehr gebräuchlich. Die 
einzelnen Bestandteile sind dabei oft bis zur Undeutlichkeit entstellt 
(Ich setze zum Vergleich die in einfachen Namen gebräuchlichen Formen 
in Klammern daneben). Die meisten werden auch als Schimpfwörter 
gebraucht Doch ist die Benennung der Kinder mit Doppelnamen jetzt 
selten geworden, meist haben nur noch ältere Leute diese Doppelnamen. 
Das hat den Übergang in Schimpfwörter wesentlich erleichtert. Hannes- 
Michael: hgnmiH (mW); Hannes- Adam: hgnggm (aatgm) ; Hannes-Georg: 
honsjtfk, daneben hauptsächlich als Schimpfwort hgnj\ik (j?ik ist so gut 
wie nicht mehr lebendig, dafür ist $03s eingedrungen); Hannes-Peter: 
hynspheita (ph^itd); Hannes- Philipp: hgnfilp {filip); Hannes -Nikolaus: 
hgnikl (nikl und niklaua); Albert-Xikolaus: olwdnikl. Merkwürdig ist, 
daß Hannes bei Doppelnamen vorherrscht Bei den weiblichen Doppel- 
namen werden ebenfalls nur die ganz gebräuchlichen zu Doppelnamen 
verwandt. Maria -Elisabeth: mriilis (muri und Iis, lisl)\ Maria- Margareta: 
manikrtpi {heil); Anna- Maria: gnamarii und gmis; Anna-Elisabetha: gnlis; 
Eva-Elisabetha: p/lis; Eva-Katharina: tffihtfl; in diesen Zusammen- 
setzungen ist die alte Form (•</ noch erhalten, während unter dem Ein- 
fluß der Schriftsprache in dem einfachen Eva eef und eefaa die Regel 
geworden ist; Elisabeth -Margareta: lisakr^it. 

Johannis: khgm-; zur Erklärung vgl. Behaghel, Geschichte der 
deutschen Sprache §93, 1. Johannistag: khgnatggk; Johannismarkt: khgns- 
ntaaik; Johannistrauben: khgustrauwj Johannisbeeren; Johannisbrot: 
khynsprgut. Kammer: khgnu, der stehende Ausdruck für das Schlaf- 
zimmer; Rauchkammer: raaxkhgnw, Kammer zum Räuchern. Kanne: khgn. 
Kante: khgnt. Klammer: klgmd; anklammern: guklgmou mit Klammern 
festmachen, mantschen: mgntto. langen: Igrp 1. ausreichen, genug sein; 
2. reichen, holen; diese Bedeutung besonders in den Nebeuorten (Hessische 
Blätter für Volkskunde 2, 139). Daß der Odenwälder satt ist, drückt 
er recht drastisch aus: ich bin satt, ich könnte es langen: i$ pin sggt y 
/.«? khenis Igya d. h. mit den Fingern die Speisen berühren, langsam: 
Ipysgm. Pfanne: phgn; Pfannkuchen: phgnakhuxd; eine Pfanne machen: 
9 phgn niax9, Anstalten zum Weinen machen; das Pfännchen läuft über: 
s phensä laaft iwj, das Kind weint (Hessische Blätter für Volkskunde 2, 
157); Pfanuenstiel: phgrustiil Flurname; Pfannenstielchen: phgnoStiilsa 
kleines Kind; in anderen Gegenden dient es zur Bezeichnung eines ganz 

Zeitschrift für Deutocho Mundarten. III. 18 



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274 



Heinrich Weber. 



kleinen Gegenstandes, rammen: r(w» und rammeln: rgmh sich begatten: 
Rammler: remti männlicher Hase. Ranken: rqyko gToßes Stück Brot 
Ranzen: rgnsit 1. Bauch 2. Tasche, die man auf dem Rücken trägt 
Samstag: spmstppk. Sauerampfer: saaarQmpl (vgl. Behaghel, Geschichte 
§ 134. Hier sind noch anzuführen barbieren: palin'im; Barbier: pal- 
wiidro; neben ohcd aus Albert vgl. Lenz HD auch ohrl). Samet: snimt. 
Schande: sgn besonders in der stehenden Formel: es ist doch Sünde und 
Schande: sis tox sin ttn fyn. Schlampe: ^/»^schmutziges, unreinliches, 
lässiges Frauenzimmer; Mgmpis unordentlich, lässig, unreinlich; im gleichen 
Sinne verschlampt: fdSfympt Part zu verschlampen: fälpinp} durch Lässig- 
keit verdorben (besonders Kleidungsstücke), verlieren (im letzten Sinne = 
verschleif en : fdittaafj). Im Ablaut dazu Schlumpel: Slumpl Schlampe. 
Schlange: sfyy. spannen: Spgno wie hd.; sich spannen mit = stolz sein 
auf, voller Erwartung sein; einspannen: qiSpqnd; ausspannen: ausspom; 
anspannen: guspyrtv tüchtig arbeiten lassen; Gespann: kSpgn n. Gefährt 
strampeln: Strgmph. strandein: StrQtith und Strgnh. 1. straucheln (in 
dieser Bedontung seltener). 2. zweifeln, nicht recht wissen, was man tun 
soll; vgl. Schindler, BWB. I, 816. Tanne: tgn; tannen Holz: tyrnhols. 
trampeln: trqmph. vergangen: fdkgyd 1. Part, zu vergehen 2. neulich be- 
sonders in: dort vergangen: todt fatyyd. wamschen: tcgtnsa gierig essen 
zu: Wamben: wympa f. Mehrzahl zu ahd. ivamba Bauch. Wams: uohijs; 
die schwere Endsilbe des mhd. wambeis ist, zu d abgeschwächt, erhalten 
und hat den Übergang des s>* v verhindert Zange: tsgy, in der Regel 
Beißzange: pnistsgy. zusammen: tsyma. 

Eine Ausnahme macht hier Anke, das die Mundart in I und II nur 
in der Verbindung Halsanke: halsoyko kennt, während III ganz regelrecht 
{>yld (Lenz aykl) aufweist Vielleicht hängt das unregelmäßige o in I 
und II mit dem Akzent zusammen. Ich habe in der Einleitung aus- 
geführt, daß lange, mehr in die Ohren fallende Vokale viel weniger der 
Beeinflussung durch Nachbarlaute unterworfen sind, kurze, betonte viel 
stärker. Das ließe sich noch fortsetzen: kurze, schwächer betonte Vokale 
erfahren noch stärkere Veränderungen; so wurde das nebentonige «>f 
und weiter zu o verschoben. Oder sollte es ein Restwort sein, das uns 
eine alte Lautgestalt nur in dieser einen Form erhalten hat? 1 

(albern): olw) und substantiviert olul Ich möchte mit Lenz HD 
Nachtrag das mundartliche ohej = Albert ansetzen. 1. a hätte nicht zu o 
werden können vor l. 2. Albert ist ursprünglich mit ä anzusetzen (vgl. 
Förstemann, Altdeutsches Namenbuch I, 16H; Schmeller BWB. I, 55: 
Adalbert > Albert > Aulbert), wie Lenz hervorhebt, albert wird dann zu 
oohrj wie langes ä regelrecht und verkürzt vor Doppelkonsonanz wie 
Klafter: klofU, Nachbar: ttoxpa und andere. (Also ä>oo>o, nicht wie 
Schmidt, Bonnländer Mundart, fälschlich annimmt axia ~>oo>o.) '1. Der 
Übergang von Personennamen in Schimpfnamen, wobei die ursprüngliche 



1 Vergl. Ilormann, Zs. f. vgl. Sprachforsch. 39, 609. 



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Der Vokalismus der Mundarten des Oberen Weschnitztales. 



275 



Bedeutung vollständig aus dem Gedächtnis schwindet, ist ein häufiger 
Vorgang. Treffende Beispiele sind Bonaparte: poonopat; Sarah: soooh 
(Überbleibsel von früheren jüdischen Einwohnern); Christoph: stofl; Albert- 
Nikolaus: olumikl; dieso Namen sind nicht mehr als Vornamen ge- 
brauchlich, so daß sie als reine Schimpfwörter empfunden worden. 
4. Daß olica nicht = albern, sondern = Albert ist, dafür sprechen auch die t 
am Schlüsse, die Kehrein in seinem nassauischen Wörterbuch S. 299 ver- 
zeichnet 

4. Eine eigne Entwicklung hat a vor Nasal -f Konsonant in ein- 
silbigen Wörtern. In III ist hier a wie in mohrsilbigen Wörtern zu g 
verdunkelt; in I und II erscheint es als geschlossenes o. Es wäre mög- 
lich, daß das a in I und II in diesem Falle wie in Nachbarmundarten 
(Breunig, Die Laute der Mundart von Buchen. Programm Tauberbischofs- 
heim 1891, verzeichnet es für den südöstlichen Odenwald) gedehnt worden 
und vor Nasalen ganz regelrecht zu oo geworden war; dann müßte wieder 
Verkürzung eingetreten sein. Sichere Anhaltspunkte konnte ich aber für 
diese Hypothese nicht finden. 
IundU III 

Gang: koy kgy Hausgang, Gang in der Mühle; aber gegangen: 
kgijd im ganzen Gebiet. 
Gans: kons kam. 

Gansert: konsat kgnsjt Gänserich. Die Bildungssilbe -ert zur Be- 
zeichnung des männlichen Tieres ist ziemlich verbreitet Taubert: tautest; 
Mallert: maUt zu malle Katze; dies ist aber in der Mundart nicht mehr 
erhalten. Um eine Anlehnung an Katze zu haben, bildet das Volk die 
Zusammensetzung Katzenmallert: khatssmaht m. 

ganz: kons kons; doch kons dringt unter dem Einfluß der Schrift- 
sprache immer mohr ein und hat das regelrechte kons schon fast ganz 
verdrängt 

Handvoll: hompl hgmpl f. Die nicht umgelautete Form ist im 
Weschnitztal nicht mehr erhalten; dafür ist die umgelautete Form hen 
eingetreten; es hat sicher hont geheißen wie hompl beweist: hont ist auch 
in Oberabtsteinach und Nachbarorten noch gebräuchlich. Das Geschlecht 
lehnt sich an das des ersten Bestandteiles an, es ist Zusammenrückung. 
Armvoll ist deshalb m., ebenso Mundvoll. 

Kamm: khom khgm. 

kann: khon khgn. 

krank: kroyk krgyk: gebräuchlicher Ausdruck: was bist du so 
krank: tugs pittün sg kroyk wie sehr irrst du dich! 
Krankheit: kroykjf krgykA. 

lang: log Igt/; räumlich gebraucht ist das o in I und II durch- 
gängig bewahrt: in zeitlichem Sinne hat das Eigenschaftswort o, das Um- 
standswort g neben o. Dieses g rührt jedenfalls von der mhd. zwei- 
silbigen Form des Umstandwortes her. Dazu langen: Iggd; langsam: 
Iggsgm. 

18* 



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276 Heinrich Weber. Der Vokalismus der Mundarten des Oboren Weschnitztales. 



Sand: sont sgnt. 

Schrank: sroyk Srgyk; daneben Fonnen ohne r. 
Schwamm: Swom .swgni. 
Strang: stroy ätrgy. 
Zugstrang: tsiikstroy tsuHtrgy. 

Eine Ausnahme von der Regel bilden eine ganze Reihe von Wör- 
tern, die im ganzen Gebiet g haben. Zum Teil rührt dieses g von da- 
nebenstehenden zweisilbigen Wörtern her, zum Teil aus den flektierten 
Formen. Bei anderen ist schriftsprachlicher Einfluß sicher: es sind 
vielfach Abstrakta, die der eigentlichen Volkssprache fremd geblie- 
ben sind. 

allerhand: afohgnt. blank: plgyk, verstärkt: plitszplgyk. Dank: tgyk; 
seltenes Abstraktum; danebenstehendes danken: tgyks und sich bedanken: 
si$ pdtgykd. 

Gesang: ksgy ist schriftsprachlich ; das Volk gebraucht dafür Um- 
schreibungen mit »singen« oder die gebräuchlichere Bildung auf -ei: 
Singerei: siy&di. Also kaum: so ein Gesang, sondern so eine Singerei: 
nicht Gesangstunde, sondern Singstunde; Gesangbuch: ksgmpux. Das- 
selbe gilt von: Gestank: kMgyk. Glanz: klgm. Dampf: tgmp neben 
dampfen : tgmpd rauchen. Das alte dimpfen ( — rauchen) ist noch erhalten 
in dem Part, verdumpfen: fdlumpd dumpfig. Land: Ignt Gartenbeet, wofür 
aber auch Bett: pH gebraucht wird. Kranz: krgns. Mann: mqn; vielfach 
herrscht noch die Sitte, daß eine Frau nicht von ihrem Manne erzählt 
sondern ihn bei seinem Familiennamen nennt; also: der Müller, Strasser, 
Weber statt mein Mann hat gesagt. Gewöhnlich wird Mann in der Ver- 
bindung Mannskerl: mgnskhcjl gebraucht (parallel Weibsbild für Frau. 
Weib, Mädchen). Rand: rgnt wie hd; daneben rgnft ahd. ramft. 1. grin- 
diger Rand um die Lippen. 2. Wasserrand des Brotes, besonders bei 
älteren Leuten, während die jüngeren dafür Rand gebrauchen. Einen 
Rand geben — einen Stoß versetzen. Schwanz: swgus; auch für den 
Zopf gebraucht. Stamm: .stgm. Stand, stgnt. Bestand : pstgnt Guthabeu. 
Tanz: tgtis; Tänze machen: tens maxj dummes Zeug machen. 

In einigen Fällen sind die umgelauteten Formen des Gen. Dat 
Sing, auch in den Nora. Sing, getreten: die nicht umgelauteten Formen 
sind verloren gegangen oder noch in Zusammensetzungen erhalten. 

Angst: eysfj f.: ich habe keine Angst: hqp khgg eySto; der Um- 
laut erklärt sich hier wohl aus dem Dat. Plur. Bank: peyk. Hand: hen: 
das regelrechte hont ist in Oberabsteinach und in Handvoll: hompl f. 
bewahrt: Handschuh: hensfö. Wand: wen; III regelrecht wgnt. 

Ebenso Bach: I und II pe.s, III pnx f.; in Ortsnamen pox; das p 
ist dabei in der Regel mit dem vorausgehenden Nasal verschmolzen. 
Ellenbach: rhnox; Steinbach: Mggmox; Fahrenbach: faamox; Krumbach: 
krumox; Brombach: proomox; aber Lörzenbach: lec3ts3pox. 

(Fortsetzung folgt.) 



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B ücherbesprechungen . 



277 



Bücherbesprechungen. 

Max Barock, PHlzer Schnorre; mundartliche Humoresken. Verlag von J. Längs 
Buchhandlung, Karlsruhe 1907. 178 S., 1,50 Mk. 

Der verstorbene Dichter nannte sich nach dem Vorgang seines Landsmannes Ludwig 
Eichrodt einen » Rheinscbwaben « , wenn auch in einem etwas anderen Sinn; der Urheber 
dieser Bezeichnung dachte hierbei besonders an die schwäbische Herkunft seines Ge- 
schlechts (Stuttgart 1720), unser Barack nahm das Vorbandensein eines Ausläufers der 
schwäbischen Volksmundart auf dem Übergangsgebiet zwischen Nordalemannisch und 
Westfränkisch in Baden als spracbgeschichtliche Erscheinung an und fand in mannig- 
faltigem Verkehr mit schwäbelnden Bewohnern der württembergischen Landeshauptstadt 
die willkommene Gelegenheit zu fruchtbaren Vergleichen zwischen den beiderseitigen 
Lautbeständen und den wechselseitigen Beeinflussungen ihres inneren "Wesens (»Geistes«) 
in Scherz und Laune. In vorliegenden Schnurren ist der Zettel des Gewebes pfälzisch, 
und zwar von Mannheimer Färbung, der Einschlag weist aber auch einige Stuttgarter 
Fäden auf, die jedoch gar nicht störend auf das sprachliche Auge des Lesers wirken, 
zumal deren Aussprache der pfälzischen Gepflogenheit anbequemt ist. Verschiedene 
mittelhochdeutsche Spuren des, Wortschatzes wirken erfrischend auf jeden , der die Eigenart 
der gebotenen Mundart tiefer sucht, als nur im zufälligen (wechselnden) Klang, z. B. 
S. 24 vadem, 49 do*te, 51 kreide (Schwache), 56 krischen, 58 krigen, 62 vlat (Zierlich- 
keit), 63 phnurren (brummen) u. dergl. Dio jüdisch -pfälzische Probe (8. 173 — 178) ist 
nur wegen der Wortfügung beachtenswert und bietet dem Mundartforscher nichts Neues. 

Erligheim (Württemberg). August Holder. 

Johann Peter Hebels aiiRgewttblte Erzählungen und Gedichte, herausgegeben von 
0. Fritz und K. Lauer; mit Originalbildern von Hans Thoma und Hermann 
Daur. Verlag von J. Lang, Karlsruhe 1907 (92 S.). 
Die Herausgeber bieten hier eine kleine Auswahl von Erzählungen und Gedichten 
Hebels, von welchen sie mit gutem Grund einer freundlichen Aufnahme in der ländlichen 
Stube sich versichert halten können; ihre Absicht zielt augenscheinlich auf gemütliche 
Vertiefung beim Genuß der Hebeischen Kunst, doch bringt er auch dio sprachlichen 
Eigentümlichkeiten des Verfassers den Lesern näher. Die mundartliche Schreibung der 
alemannischen Gedichte hält sich in dor Mitte zwischen Behaghel und 0. Heilig; bei 
10 Proben ist eine Vergleichung mit letzterem möglich und denn auch sehr zu oinpfehlen, 
um ihnen beim Vortrag die örtlich richtige Lautfärbung geben zu können, denn 
gerade diese Seite der Hebelpflege liegt im argen (wir wünschen deshalb, daß 0. Heilig* 
Ausgabe [Winters Verlag, lleidelberg 1902. Preis 1.20 Mk.] von den Lehrern allent- 
halben als vorbildlich für die Aussprache angesohen würde) Das tiefere Verständnis 
Hebels wird übrigens erst durch genauero Kenntnis des geistigen Nährbodens des volks- 
tümlichen Meisters vermittelt; wir verweisen in dieser Hinsicht auf Meisinger, > Volks- 
wörter aus dorn Wiesontale« 1907 und Sehmitthenner. »Tagebuch meines Urgroßvaters« 
1908. Allem nach ist zurzeit dio richtigo Hebclkunde in Aufnahme begriffen und ist 
also auf dem besten Wege, recht volkstümlich zu werden. 

Erligheim (Württemberg). August Holder. 

O. Meisinger, Volkswörter und Volkslieder aus dem Wlcscntale. I. Wörterbuch 
S. 1—44, II. Volks- u. Kinderlieder S. 45- 72. J. Bielefelds Verlag, Freiburg i. B. 
2,50 Mk. (Lwbd. 3,00 Mk.). 

»Volkswörter« eines bestimmten Bodens pflegen nach Begriff und Aussprache von 
einiger Dauer zu sein, und es läßt sich auuehmen, daß man im Wioscntale, der Heimat 
Peter Hebels, noch vor 40 — 50 Jahren (oho die Freizügigkeit des neuen Reiches fremde 
Einflüsse zur Geltung brachte) in derselben sprachlichen Luft sich bowegto, die auch der 
Schöpfer der alemannischen Gedichte eingeatmet hat; wer als Sammler des mundartlichen 



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278 



Bücherbespreohungen. 



Wortschatzes eines engeren Gebietes nicht die Gelegenheit verabsäumt, ältere und älteste 
Leute der ansässigen Bevölkerung anzuhören und auszufragen, kann wohl heute noch 
getrost an die wichtige Rettungsarbeit gehen , den gewitschten geschichtlichen Ausschnitt 
einer gewissen Ortsmundart in der Hauptsache zusammenzufügen. Anders verhält es 
sich mit den »Volksliedern«, die ja nur iu beschränktem Umfauge örtlich eigen sind: 
der bewegte Tag schwemmt sie ins I>aud, die stille Luft trägt sie von danneu, und nur 
wenige von ihnen gingen in Fleisch und Blut des Volkes über. Das waren meine Ge- 
danken, als ich vorliegendes Buch durchsah. Für das tiefere Verständnis Hebels leistet 
der erste Teil der Sammlung in der Tat recht ersprießliche Dienste; der zweite kann 
aber nur die Bedeutung einer volkskundlichen Augenblicksaufnahme beanspruchen, doch 
finden sich glücklicherweise auch hier etliche seltene Blüten von lieblichem Dufte, die 
sich der Kenner merken wird. 

Erligheim (Württemberg). August Holder. 



Johanne» Zelter. Deutsche Sprache und dentsebes Leben. Sprach- und kultur- 
geschichtliche Bilder für Lehrer und für Freunde unserer Muttersprache. Arnsberg 
1900, J. Stahl. 140 S. 2 Mk., geb. 2,40 Mk. 

Die vorliegende Schrift ist erwachsen aus einer Anzahl von Vortrugen, die der 
Verf. im Laufe der Jahre in amtlichen Konferenzen , in I/ehrervereiusversaminlungen und 
im Wiesbadener Zweigverein des Allg. Deutschen Sprachvereins gehalten hat. Der In- 
halt gliedert sich in fünf Abschnitte: 1. Der Wortbedeutungswandel. 2. Dunklo Worte 
und Wendungen. 3. Über deutsche Schimpf- und Spottnamen. 4. Unsere Familien- 
namen. 5. Unsere Ortsnamen. Eigene Forschungen zu bieten beabsichtigt Z. nicht, hat 
vielmehr alles aus Schriften und Aufsätzen anderer zusammengestellt. Doch ist das 
Ganze außer den gotischen, ahd und mhd. Formen meist zuverlässig, sorgfältig aus- 
gewählt und geschickt geordnet. Auch die sprachliche Darstellung verdient gelobt zu 
werden. Von den Ortsnamen sind vor allen Dingen rheinisch - westfälische berücksichtigt; 
mit diesen beschäftigt sich auch ein Nachtrag, der von ihrer Aussprache handelt, S. 142 ftV 
In der Hauptsache werden schriftsprachliche Formen besprochen, mundartliche Erschei- 
nungen jedoch ab und zu herangezogen, namentlich in den Abschnitten über Personen- 
namen und über Schimpfwörter, z. B. Seite 80 baselisch liaschi, Sebastian, S. 83 ober- 
rheinisch Suter — lat. sutoi , Schuhmacher, alemannisch Segisser, Sensenschmied, 
schwäbisch Keib, gemeiner Mensch, rheinisch Rabatt, Polterer, S. 57 rheinisch lUllig. 
Heirat. 

Manches hätte hinzugefügt oder verbessert werden können, wenn noch andere 
Schriften zu Kate gezogen worden wären wie Borcbardt- Wustmann, Die sprichwörtlichen 
Redensarten im deutschen Volksmunde 1 oder Fr. Härder, Werden und Wandern unserer 
Wörter, 3. Aufl., Berlin 1906* fetner 0. Kares, Poesie und Moral im Wortschatz, Essen 
1882. Chr. Nyrop, Das Leben der Worte, übersetzt von Vogt, Leipzig 1903, K. 0. Erd- 
mann, Die Bedeutung des Wortes, Leipzig 1900, meine Schriften über »unsere Mutter- 
sprache« 0. Aufl. Leipzig 1906 und »Ästhetik der deutschen Sprache« 2. Aufl. Leipzig 1905. 

Für den Mangel eines Wörterverzeichnisses, das man bei einer solchen Menge 
einzelner Ausdrücke, wie sie hier behandelt werden, dringend vermißt, ist der Heraus- 
geber Dr. Prinz verantwortlich, der die Drucklegung der Schrift an Stelle des inzwischen 
verdorbenen Vorf. besorgt hat. Ebenso hätte dieser die sprachlichen Unrichtigkeiten ver- 
bessern oder ausmerzen sollen, z. B. folgende: S. 6 wird Lern von lat. lenis abgeleitet, 
wogegen schon bayrisch längess, schweizerisch langst, ahd. lengezin, ags. leneten sprechen. 
S. 32 Ziter von ziehet her, S. 139 Xaliccide von mhd. sal, Saal, Halle, was schon durch 



1 Dort ist die Redensart »einen ins Bockshorn jagen« S. 75 richtiger erklärt als 
hier S. 25. 

* Dort wird S. 223 das Wort ^Gauner« richtig von Hebr. jänä, übervorteilen her- 
geleitet, ni'-ht von einem gar nicht vorhandenen jiruu. 



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Bücherbesprechungen. 



279 



die ahd. Form salaha und dio Verwandtschaft mit lat. salix und griech. ikixtj widerlegt 
wird; S. 77 ist das Wort Zänker nicht mit zanken in Verbindung gebracht worden, son- 
dern mit Zange, S. 78 wird Schurke als Lohnwort aus englisch shark erklärt; S. 23 
scheren in der Wendung scher dich tum Teufel auf scharen zurückgeführt; S. 101 liest 
man Formen wie Hildo. Kampf (soll heißen ahd. hilta, hiltju, Kampf), S. 28 ahd. hlizau 
statt (h)liozan, losen, S. 116 mhd., S 110 segenze statt segense. S. 98 wird liicharx 
aus Kicohard erklärt, S. 100 steht: »Das Verk!einerungs-z in Lenz, Dietz hat sich mit 
der Zeit in ß, ja sogar in tseh erweicht«, S. 111: »Aus schuochworhte (so muß es heißen 
statt Schruhworchte) wird durch Verhärtung dos w in b Schubert, durch Erweiterung des 
b in f Schuffert«; ebenda Aum. 2: »Im Niederdeutschen verwandelt sich b in f; ver- 
gleiche Haber und llafer, Korb und Korf.« 

Aus alledem ergibt sich, daß das Buch zwar anregen und Nutzen stiften kann, 
aber mit Vorsicht gebraucht werden muß. Doun was der Verf. im Vorwort äußert: »Die 
Arbeit ruht auf sicherer wissenschaftlicher Grundlage« kann nur mit Einschränkung zu- 
gestanden werden. 

Eisenborg, S.A. O. Weise. 



A. Waag, Bedeutungsentwicklunir unseres Wortsehatzes, ein Blick in das Seelen- 
leben dor Wörter. Zweite, vermehrte Auflage. Lahr i. B. M. Schauenburg, 1908. 
183 S., geb. 3.50 Mk. 

Das Buch, das jetzt sieben Jahre nach seinem Erscheinen den zweiten Gang an- 
tritt, ist mit Recht in weiten Kreisen bekannt geworden; denn es hat großo Vorzüge vor 
anderen einschlägigen Schriften, die es zur Lektüre empfehlen. Es schließt sich eng an 
die von H. Paul in seinen Prinzipieu der Sprachgeschichte erörterten Grundfragen dos 
Bedeutungswandels an und schöpft den behandelten Stoff namentlich aus desselben Ge- 
lehrten Deutschem Wörterbuche, also aus zuverlässigen Schriften, ist ferner in zusammen- 
hängender Darstellung und in anregender Form geschrieben und außerdem übersichtlich 
gedruckt und schön ausgestattet. In der vorliegenden zweiten Auflage hat sich die Zahl 
der erörterten Ausdrücke erhübt, vor allem aber sind ähnliche Bedeutungsübergänge aus 
anderen Sprachen herangezogen worden. Auch darin läßt sich eine Besserung wahr- 
nehmen, daß entbehrliche Fremdwörter mehr als früher ausgemerzt worden siud. So 
macht das Buch im ganzen einen angenehmen Eindruck, im einzelnen freilich treten 
noch verschiedene Mängel hervor. 

Zunächst wird den taseru viel zu viel Selbstverständliches geboten und manches 
vorgetragen, was sie durch geringes Naohdenkeu sofort finden, wie z. B. die Bedeutungs- 
entwicklung von Feder, Kraut, (.Sias, Horn (S. 9), Hals, Arm, Flügel (S. 56) u. a., 
wiihrend anderes, auf das der Laie in der Regel nicht sofort kommt, dessen Mitteilung 
ihm also besondere Freude machen würde, übergangen wird. So ist S. 10 vom Rohr 
die Rede, einem Begriffe, der häufig auf rohrförmige, hohle Geräte übertragen wird. 
Da war Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß auch Kanal, Kanone, Kami, Kanüle u.a. 
von lat. canna abstammende Wörter den gleichen Bedeutungsübergang aufweisen. Wie 
viel in dieser Beziehung selbst mit Beschränkung auf Pauls Wörterbuch noch geschehen 
konnte, zeigt ein Überblick über die Ausdrücke, die unter dem Buchstaben K unberück- 
sichtigt geblieben sind und von denen ich hier nur die folgenden anführe: Kaiser 
(= Caesar), Kachel (urspr. irdenes Gefäß), Kemnate (urspr. Gemach mit oinem Kamin), 
Koller (= fz. collier, Halsband), Krabate (<= Kroate), Kofcnt (= lat. conventus, Konvent. 
Zusammenkunft der Klosterbrüder/, Kreisel (urspr. Krüusel, d. h. kleine Krause, kleiner 
Krug), Kobalt Kobold), klein (=fein; vgl. Kleinod), Kürschner (von mhd. kürsen, 
Pelzrock) u. a. Da aber der Verf. nach eigner Angabe und nach den zahlreichen Zitaten 
in den Fußnoten auch die Wörterbücher von Kluge und Heyne benutzt hat, so war es 
ihm leicht, auch noch andere Wörter aufzunehmen , deren Bedeutungswandel von Belang 
ist, so Knaster (span. canaster, Körbchen zum Tabakversand), Krawatte Kroato), 
Kupfer (— zyprisches Metall) usw. Dagegen ist es zu billigen, daß er Wörter, dio noch 



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Bücherbesprechungen. 



nicht sicher gedeutet sind, ausgeschlossen hat, obwohl sie in Pauls "Wörterbuch stehen, 
z. B. kauderwelsch , Kneipe, Krawall, kuranxen. 

Ein weiterer Mangel liegt in den ungenauen Angaben über den Verbreitungsbezirk 
der besprochenen Mundartformen. So ist falsch = zornig nicht bloß alemannisch und 
niederdeutsch, sondern auch mitteldeutsch, z. B. thüringisch (vgl. Hcrtol, Thüring. Sprach- 
schatz S. 91) und obersächsisch, ebenso beschränkt sich die Verbindung«'« Schock Eier 
(S. 141) nicht auf Norddoutschland, ondlich ist laufen für gehen, springen für laufen 
und hüpfen oder hopsen für springon in fast allen Gebieten unseres Vaterlandes nach- 
weisbar usf. Auch kann die Behauptung (S. 29) nicht aufrecht erhalten werden, daß 
lieht in der Alltagssprache durch das vom Gehör auf die Gesichtseindrücke übertragene 
hell abgelöst und auf den poetischen Gebrauch eingeengt worden sei. Denn licht findet 
sich z. B im Obersächs.- Altenburgischen und auch in vielen anderen Dialekten in den 
Verbindungen lichterloh und am hellen, lichten Tage. Ebensowenig ist die Annahme 
(8. 57) richtig, daß die Mehrzahlform Dinger bloß dann gebraucht werde, wenn Ding 
soviel heißt als dumme, einfältigo Person. Denn z. B. im Obersäcbsiscben kommt Dinger 
auch vor, wenn es sich um allerhand Gegenstände, z. B. Stecknadeln handelt, in dor 
Neumark aber (vgl. Zeitschr f. d. Mundarten 1908, S. 28) bezeichnet Dinger konkrete 
und Dinge abstrakte Gegenstände. Schließlich wäre es, um nur noch einen Punkt zu 
erwähnen, hierzulande unmöglich zusagen: > Wie schmutzig das nette Kind int/* (S. 133). 
Zu nett gehört eben hier auch das saubere Äußere. 

Eisen berg, S.-A. 0. Weise. 



A. Calmberg, Die Kunst der Rede. Lehrbuch der Rhetorik, Stilistik, Poetik, neu 
bearbeitet von H. Utzinger. Vierte, verbesserte Auflage. XV, 244 S. 8°. Zürich 190$. 
Art. Institut Oroll-Füssli. 3 Mk., geb. 3.80 Mk. 

Das Buch will ein praktischer Ratgeber sein für die Schüler höherer Lehranstalten 
und für allo Gebildeten, die sich mit den rhetorischen Gesetzen der deutschen Prosa und 
Poesie näher bekannt machen wollen. Von den Grundlehren der Logik, Psychologie und 
Ästhetik ausgehend, erörtert es an der Hand zahlreicher Beispiele die Eigenschaften der 
gebundenen und ungebundenen Redo in kurzer, übersichtlicher Weise. Auch der Mund- 
arten wird an verschiedenen Stellen gedacht, so S. 192. wo das Schweizer Kinderlied 
»Rüte, rüte RößlU in Züricher Form mitgeteilt wird, besonders aber in den Abschnitten 
über die Sprachreinheit S. 27 ff. und über den mündlichen Vortrag S. 80 ff. Dort werden 
namentlich die Provinzialismen erwähnt und eine geringe Anzahl von ihnen aus dor 
Schweizer Schriftsprache vorgeführt, die leicht mit Hilfe von Grevens' Deutscher Sprach- 
schule für Berner hätte vermehrt werden köunen, hier wird die Aussprache der einzelnen 
Laute erörtert und ein Muster aufgestellt gegenüber den dialektischen Eigentümlichkeiten. 
Doch lassen die Angaben darüber an Genauigkeit und Zuverlässigkeit zu wünschen übrig. 
So ist S. 80 die Behauptung unrichtig, daß bloß in mehreren Wörtern durch den Ein- 
fluß der Mundarten die Aussprache zwischen langem und kurzem Vokal schwanke. Dies 
gilt nicht nur von Arzt, Erde. Jagd, Krebs, Magd, Obst, Dfcrd, Schwert und Vogt, 
sondern von vielen anderen; es kommt hauptsächlich auf die Umgebung des Vokals an; 
z.B. finden wir nebeneinander Kürze und iJinge vor r -f- Zungenlaut (Arzt, Schwert, 
Pferd, Erde u.a.) und in Wintern , hei denen auf die Doppelkonsonanz die Ableitungs- 
silbe -er, -en, -el, -em folgt, z. B. bei düster, Klafter, Osten, Viertel (neben der vierte) 
u.a. Ferner wird s nicht allein Lei Wörtern mit auslautendem st wie Kunst, ist in 
Süddeutsch laud scharf gesprochen (S. 78), sondern auch an anderen Stellen (vgl. Behaghel, 
Die deutsche Sprache, 4. Aull., S. 61). S. 81 heißt es: »Als richtig gilt die Aussprache 
des r mit der Zunge«; dazu war zu bemerken, aber nur für die Buhne und beim Ge- 
sänge, vermutlich infolgo des alten Einflusses des Italienischen; ebenda steht: »Im 
äußersten Norden wird sp und st getrennt gesprochen« (soll heißen im Nordwesten) und 
»der Zungenlaut seh wird in gewissen Gegenden Deutschlands s -f- ch gesprochen« (ge- 
nauer im Westfälischen und zum Teil im Niederfr&nkischen). 



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Bücherbesprechungen. 



281 



Auch die Betonungsregeln, die S. 84 gegeben werden, befriedigen nicht durchweg. 
Da lesen wir: »Nur wonige rein deutsche Wörter machen eine Ausnahme von der all- 
gemeinen Betonungsregel , d h. von der Stammsilbenbetonung: lebendig, leibhaftig, un- 
sterblich, vorzüglich; ebenso die mit neu, alt, ober, unter, hintor u. dgl. zusammen- 
gesetzten Ortsnamen und Titel wie Neuwied, Oberlahnstein 1 . Hier kommt es gar nicht 
auf die Beschaffenheit des ersten Wortes an, sondern es sind ganz andere Gründe maß« 
gebend, die Behaghel im Grundriß f. genn. Philol. 2. Aufl. 8. 686 ff. auseinandergesetzt 
hat (vgl. auch Hildebrand in Lyons Zeitscbr. f. d. deutsch. Untorr. VII, 91 ff. und Hoff- 
mann-Krayer ebenda VI II, 762 ff.). 

Ebenso läßt sich sonst noch hier und da etwas ausstellen, z.B. S. 33, wo es 
heißt: »Indem man beim bündigen Stil darauf ausgeht, die Gedanken in möglichst wenige, 
gehaltvolle Worte zu drängen, wird man alle entbehrlichen Silben, Wörter und Sätze 
vermeiden. Man setzt dort statt dorten, ewig statt ewiglich, tw Wald statt in dem 
Walde, ins Feld statt in das Feld«. Danach hat es den Anschein, als ob dorten und 
ewiglich die ursprünglichen Formen wären, aus denen dort und ewig als Kürzungen ab- 
stammten; im Wald aber und ins Feld sind auch im »bündigen Stil« geradezu falsch, 
wenn sich ein Relativsatz anschließt, der einen Wald und ein Feld näher kennzeichnet, 
namentlich von andern unterscheidet, z. B. in dem Walde, wo das Forsthaus steht. 

Dio Musterstücke hätten so gewählt werden sollen, daß sio nicht gegen die 
aufgestellten stilistischen Regeln verstoßen. So heißt es S. 26: »Der Gebrauch von Fremd- 
wörtern ist in allen Fällen unschicklich, wo sie in zweckmäßiger Weiao durch deutsche 
Wörter ersetzt worden können«. Aber manche Abschnitte sind mit zahlreichen entbehr- 
lichen Fremdlingen durchsetzt, z. B. S. 103 (Präparate, Original, Dekoration, Skulptur, 
Existenz, Interesse, l*rototgpen u. a.) und S. 107, wo Existenz, Succession, memorieren, 
heterogen, produzieren usw. stehen. S. 30 wird vor der Anwendung schwerfälliger 
Fürwörter wio derselbe = er gowarnt, doch findet sich dieses ziemlich oft im Buche, 
z. B. S. 61, 129 (2 mal) u. ö. Unrichtig ist der Ausdruck S. 129: »Dio dritte Tatsache, 
deren Erwähnung hier geschehen soll«, für »deren hier Erwähnung geschehen soll« oder 
besser »deren hier gedacht weiden sol!«, »die hier erwähnt worden soll«. Demnach be- 
darf das Buch im einzelnen noch vielfach der nachbessernden Hand, doch erfüllt es im 
ganzen und großen seine Aufgabe, namentlich für die Schweizer, an die bei der Auswahl 
dor Beispiele und auch sonst in orster Linie gedacht worden ist. 

Eisen berg, S.-A. 0. Weise. 



Gustav Kisch, NordsicbenbUrfriselies Namenbuch. Archiv des Vereins für siebenb. 
Landeskunde. 34. Bd. S. 1 — 153. 

G. Kiscb arbeitet unermüdlich an der Sichtung und wissenschaftlichen Darstellung 
des Sprachstoffes des nordsiebenbürgischen (nösnischen) Zweiges der siebenbürgisch- 
deutschen Mundart. Seinem Vergl. Wörterbuch der nösnischen und mosolfrank. Mund- 
arten (vgl. Z. f. d. Ma. 1907, 80 ff.) läßt er nun das Namenbuch folgen, nachdem er schon 
in der »Fostgabe der Stadt Bistritz« (1897) dio Familiennamen der Stadt Bistritz zu- 
sammengestellt und besprochen hatte. In der neuesten Veröffentlichung bietet Vorf. nun 
eine nach Möglichkeit vollständige Zusammenstellung der Orts-, Flur- und Peisonennamen 
des in Betracht, kommenden Gebietes. In knapper Form werden die urkundlichen Belege 
beigefügt und etymologische Hinweise oder Erklärungen gegoben. Durch das Zurück- 
gehen auf die älteren Namensfornieu gelingtos dem Verf., eine ganzo Reihe von gegenwärtig 
völlig entdeutschten Dörfern und Absiedlungen als ehemals von Deutschen bewohnt oder 
begründet nachzuweisen. Dabei wird selbstverständlich zwischen solchen Namen ge- 
schieden, die, ursprünglich fromd, nur im Munde der benachbarten deutschen Gemeinden 
auch einen deutschen Namen erhalten haben, und solchen, in deren Namen von Anfang 



1 Solche jüngere Tonverschiebungen werden in großer Menge aufgezählt von 
W r . Wilmanns, Deutsche Grammatik I, S. 315ff. 



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Bücherbesprechungen. 



an der deutscho Kern nachweisbar ist. Als geschichtliche Stütze tritt hinzu der öfters 
geführte Nachweis, daß diese Gemeinden in der Tat im Mittelalter deutschnamigo Geist- 
liche gehabt haben. Wenn z. Ii. der Name des heutigen Szüsz-Nyires (urkundlich: 
Nyres, Nires) mit dem inoselfr. Nirechbach zusammengestellt wird, so tritt als Stütze 
für den Nachweis des ehemals deutschen Charakters dos Dorfes die Tatsache hinzu, daß 
für 1332 — 37 der Perchtoldus sacordos do Niris bezeugt ist. So schält Kisch aus den 
gegenwärtig unkenntlichen Ortsnamen die Namen der Gründer: Albrecht. Arnold. Bul- 
hard, Gerlach, Gerold, Lamprecht usw. heraus, wobei überall dio urkuudlieh bezeugten 
deutscheu Geistlichen des 14. Jahrb.: Horthold, Kunzmann, Gottfried, Hermann. Henz- 
mann. Siegfried usw. zur Seite stehen. Indem ich für einige Einzelheiten auf meine 
ausführlichere Besprechung im Korrespondeuzbl. f. siebb. Landeskunde 190S Nr. 7.$ 
verweise, hebe ich liier nur heraus, daß im Namen der Mettorsdorfer Weinberghalde 
äm Klängesuir noch der Name des sagenhaften Meisters Klinsor üz Ungerlant erhalten 
ist, der hier in die Heihe der auch sonst noch im Volksglauben lebenden Felddämonen 
tritt. (Vgl. siebb. sächs. Wörterb. 1, 57.) 



Thomas Frühm* Vergleichende Flextonslehre der J ander and moselfrXnkischen 
Mundart. Inaugural- Dissertation, Tübingen (H. Laupp jr.) 1907. 

Gelegentlich der Bes|>rechung meiner vergleichenden Lautlohre der Nösner und 
moselfränkischen Mundart (im Korrespondenzblatt des Vereins für siebenbürgische Landes- 
kunde, 1893, S. 78) wurde von Dr. A. Sehullerus der Wunsch ausgesprochen, es möchte 
derselbeu bald eine vergleichende Flexionslehro folgen. Eine solche liegt nun vor 
und wird uns gute Dienste tun. In doppelter Hinsicht. Einerseits bietet sie eine, jeden- 
falls zuverlässige Darstellung unserer Jaader Mundart, der Muttersprache des Verfassers, 
eines Nösner Idioms, das sich besonders vokalisch von den übrigen Mundarten unseres 
Gaues deutlich unterscheidet und nur zur benachbarten Klein- Bistritzer Mundart in 
näherem Verwandtschaftsverhältnisse steht. Ks ist erfreulich, daß uns endlich diese, 
literarisch so gut wie gar nicht bekannte Mundart zugänglich gemacht wird und daß auch 
sie sich als eine zwar eigenartige, aber doch in nichts wesentlichem von den übrigen 
Dialekten des Nösuerlandes unterscheidbare moselfränkisch - luxemburgische Untermundart 
erweist. Es ist sehr wertvoll, daß wir es in dieser Arbeit mit reiner, von der Bistritzer 
Stadtmundart und der nhd. Schriftsprache fast gar nicht beeinflußter Bauornspraehe zu 
tun haben. Auch das im mosclfrankisehen Sprachgebiete vom Verfasser persönlich ge- 
sammelte Material macht im allgemeinen und besonderen durchaus den Eindruck der 
Zuverlässigkeit. Es ist besonders anzuerkennen, daß Krühm nicht Idiotismen verschie- 
dener Gemeinden einer Gegend unter allgemeinen, einheitlichen Namen anführt, sondern 
von der Mundart bestimmter Orto ausgeht, um dadurch die Möglichkeit genauer Kon- 
trolle zu bieten. 

Auf Einzelheiten mag ich mich hier diesmal nicht näher einlassen. 

Etwas aber will ich nicht verschweigen. Die bisher übliche Einteilung der 
luxemburgischen Mundarten in Mosel-, Sauer-, Elz- und Oslinger Mundart ist klar, prak- 
tisch und lautlich begründet, und es ist gut, daran festzuhalten. Wenn aber schon, wie 
Vf. es tut, zwischen est- und südluxemburgisch unterschieden wird, so gehört Echter- 
nach und Wallendorf offenbar eher zum Osten als die südlicher gelegenen Orte Mcrtert 
und Wasserbillig, während vom Vf. jene als süd - , dieso als ostluxemburgisch bezeichnet 
werden. Ferner. Wenn eine Form wie gasrhact (geschieht) dio von den älteren Leuten 
gewöhnlich gebrauchte lautgesetzliche Form ist. so gehört diese ins Paradigma einer 
Flexionsleine, nicht die moderne, sekundäre (aus dein part. praet. entlehnte) Form ge- 
sell e't. — Ebensowenig wie in gjsdiact, b'etet das ne in (sieli[sjt) etwas »Auf- 
fälliges», da sar L s\f die lautgesetzliche Ent.spre. hung von ♦sij«]/ (siehfsjt = ^ ahd. sihi{f>]t) 
ist (vgl. mac = iiiin, dai ■ = din usw.). Davon, daß -ne- »offenbar durch Schwund des 



Hermannstadt. 



Adolf Schullerus. 




Bücher1>csprechungon. 



2S3 



m vor s aus i hervorgegangen wäre«, kann schon deshalb keine Rede sein, weil hier nie 
ein n vor s gestanden hat, weshalb die Berufung auf Zoes < zins, daestn < dinsan 
unberechtigt ist. 

Auch hier also wie überall bei genauer Prüfung kein »Wundert, keine «Ausnahme«, 
sondern natürliche Entwicklung nach ausnahmslosen Lautgesetzen. 

Alles in allem eine sehr dankenswerte Leistung, die kein gewissenhafter sieben- 
bürgischer oder moselfränkisch- luxemburgischer Mundartforscher entbehren kann. 

Bist ritz (Siebenbürgen). 0. Kisch. 



Hein hohl Sommer, Die ounsehölliohen Kinder. Volksstück in fünf Aufzügen. Wien 
1908, Manzsche K. und K. llof- Verlags- und Universitäts- Buchhandlung. 61 8. Preis 
2.- K. 

Das Stück ist in einer nordmährisehen Mundart 1 geschrieben, die noch dem 
schlesischen Zweige der mitteldeutschen Gruppe angehört; nur leichte Anklänge erinnern 
bereits an oberdeutsche und ostfränkische Mundarten , z. B. Wörter wie schan (schauen), 
ttad, possen (küssen 53'), die Beschränkung der Verwandlung der Endung en in a nach 
m. n, i) — während dio schlesische Gebirgsmundatt woiter geht — , die a- Färbung von »: 
Gafihl, Basitx, a schteera Soach, so (sie), da (du), xa (zu), die besonders im Franki- 
schen wiederkehrt, feiner der Abfall von e in End, mirb usw. Die Sprache ist im all- 
gemeinen volkstümlich gehalten. Hochdeutscher Einfluß dürfte u. a. vorliegen in fragt 16, 
Oachfung genießen 36, an Ztcrck terfoulgen 53, off Wohret beruhn 55, met dr AJtr- 
Uchkeit geprunkt 55, Oaicandlungen 56, feiner vielfach in der Wortstellung 8 : teie da 
mich 'hindersch Licht gafihrt 1 host 56, wenn nn da Hihner *'s Brout gafrassen 'liätten59 
usw.; gute Stellung dagegen zeigt: mir wird die Banda eis Gesicht lachen oarn hell- 
lichten Toag, mir wardn sa kwnma met bei jeder Gelegenheit 55. Doppelformen wie 
mech und mich, kenna 50 und kinna 51 (beide = können), ganug und ganttng, xicai 
und xicua wird die Mundart nebeneinander gestatten, andere dürften vom Hochdeutschen 
begünstigt sein, z.B. gahärt 32 neben galtort 13, oangenehm 25 und Oanxeig 35 neben 
oahalden 25 und oakimmt 35, auf und raff {— herauf 35) neben off, uns neben ös. 
Zahlreiche Ungleichheiten bietet wie leider in fast allen Werken in Mundart vor allem 
die Bezeichnung der Laute, indem teils der Schriftsprache Zugeständnisse gemacht sind, 
teils die genauere Bestimmung der Qualität und Quantität der Laute für den mit der 
Ortsmundart nicht Vertrauten überhaupt nicht möglich ist. Ich erinnere nur an den 
Wort des s in Stain, merk rfr's 7, firs 47, des d oder t in hinten 35, 58, hinder 13, 
39, xinten 27. des g und eh in tichtiger 36, schöllieh, verteidichen, des e, ä oder ö 
in sehen (schön), teuhen 36, besser, gestält 15, teäder (wieder), neder 57, Höh 17, 
herhstens 19, xareck, Röcken, spöt (spät), Stäßer (Stößer). 35, geröben 9 und ga- 
schrälten 6. Der gerundete ö-Jiaut dürfte dor Mundart fehlen und « nur ein geschlossenes c 
bezeichnen. Mhd. ei ist durch ai. mhd. ? durch ei wiedergegeben: Stain, reich; der 
ersten? Laut dürfte dem a nahesteheu, vgl. ka neben kai und Tal- abweichend sind 
u.a. Gamein 11, teal (weil) und stets -keit, -fieit. Man vergleiche ferner u.a. die 
beiden a, e und oa- Laute in gana (genau) lü, hechstens 19, oaschnoappen 32. Irre- 
führend sind natürlich auch die aus der Schriftsprache übernommenen und - teilweise 
noch vermehrten {hoßt = hast 9) stummen Dehnungs- und Kürzungsbuchstaben, sowio 
die Schreibung ua, falls diese nur den offenen o-Laut meint. Der Genitiv »sein* ist 
falsch aufgefaßt in: ihr hoat's n noch genung 7. 



1 Sie steht der Mundart dos AltvatergebirgeB und Österreichisch -Schlesiens sehr 
nahe, die u. a. durch Josef Lowag (Ma. des Kölnerstädter und Freudeuthaler Bezirks) 
und Anna Warisch (Ma. um Jägerndorf) bekannt sind. 

1 Diese Zahlen bezeichnen die Seiten des Buches. 

8 Die kleinen Zahlen bezeichnen die volkstümliche Stellung. 



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284 



Bücberbesprechungen. 



Einige Druckfehler sind er — eeh 49 Z. 3 v. u., der I^eit = die Leit 57 Z. 10, 
•wahrscheinlich auch gegern — gegen 11 Z. Q v.u. und sintnieha = sinknicha 34 Z. 28. 

Aus all diesen nur leicht gestreiften kleineren und größeren Ungleichheiten ist 
dem Verfasser natürlich kein Vorwurf zu machen, da sein Werk ja nicht ein Sprach- 
denkmal sein soll, das nur für den Philologen Wert hat, sondern wohl allein dazu be- 
stimmt ist, die darin entwickelten Anschauungen volkstümlich zu machen, wobei die 
Mundart nur eine untergeordnete Rolle spielt. 

"Was nun den Inhalt des Stückes betrifft, so verdient es die Bezeichnung »Volks- 
stückc wohl nicht deshalb, weil es volkstümlich soin oder werden soll — das wäre zu 
bedauern — , sondern weil es in der unteren Volksschicht — in einem nordmährischen 
Dorfe in der Gegenwart — spielt und auch die Handlung lebenswahr hinstellt Leider 
aber werden uns Gestalten vorgeführt, die auch in der armen Bevölkorung nur die Aus- 
nahme bilden, außerdem aber nicht nur in Xordmäbren, sondern wohl in allen Gegenden, 
wo es soziales Elend gibt, zu finden sind. Die menschliche Verkommenheit, in die uns 
das Stück einen Einblick gewährt, entspricht den Berichten über Gift- und Mordprozesse, 
wie wir sie leider fast täglich in den Zeitungen finden. Die »unschuldigen Kinder« gehen 
an den Fehlern zugrunde, die sie ihren lasterhaften Eltern verdanken; sie soibst aber 
treffe nach ihrer Ansicht keine Schuld 4 , sondern allein ihre Eltern, eine Rettung aus 
diesem Morast gebo es nicht — wenigstens nicht für die Armon; Religion (Kirche) und 
Moral sei nur für die Reichen da, und der Besitz ermögliche auch, ungestraft Unrecht 
zu tun; Reichtum verdecke die Schande, dein Armen verzeihe niemand seine Fehltritte. 
Es fällt auf, daß der Pfarrer unverfälschte Mundart, der Gendarm dagegen hochdeutsch 
spricht, was doch nur ausnahmsweise zusammentreffen dürfte. Einen Licbtstreifen in 
das Dunkel menschlicher Verkommenheit wirft die Gestalt des «Raab Dolfes«, der, um 
brav zu bleiben, keinen anderen Ausweg sieht, als sein vom Fluche des Lasters be- 
ladenes Weib, das eino der »ounschöllichen« Kinder, zu verlassen, dem Bruderhand ein 
tragisches Ende bereitet. 



Otto von iireyerz. Im Böse Ii parte. Schweizerische Volkslieder. Buchschmuck von 
Rudolf Münger. Erstes Bündchen. Bern, A. Francke. 78 S. 1,20 Mk. 

Die Schweizer sind ein sangesfrohes Völklein. Bei jedem freudigen Anlaß im 
Kreise der Familie oder des geselligen Vereines lösen sich gewöhnlich nach kurzer Frist 
die Zungen zum Lieio. Frisch und keck fangen die Jungen an. Nur schade, daß der 
im Gedächtnis aufgespeicherte Schatz an Liedertexten selten über dio erste Strophe 
hinausreicht; nachher beginnt ein verlegenes Summen. Auch das ist zu bedauern. datt 
die Modo gar so gorne dem Fremden zuneigt, besonders den tirolischen Schnadahüpferln, 
die uuserm Volkscharakter ungefähr gleich gut stehen, wie Joppe und Wadenstrümpfe 
dem deutschen Herrn Professor. 

Saft und Kraft erhält der Gesang, wenn dio Aiten anfangen zu >lieden<. Da 
sitzen in Hirn und Herz die Strophen, auch wenn's ihrer fünfundzwanzig wären, l'nd 
wir lauschen den schwerflüssigen, mit Vorliebe wehmütigen Klängen, die bald mehr 
lyrischen Charakter, bald mehr den der Ballade annehmen. Wir ahnen die Zeit, in der 
ein Sanger im Liede nicht Kunstfertigkeit zeigte, sondern herzbewegende Dinge erzählte 
uud das Herz ausgoß. 

Lieder solcher Art bietet uns Greyerz in seiner köstlichen Sammlung. Da finden 
wir das Gnggisberger Lied, mit der alten, echten Mollmelodio, den herrlichen Gesang 
vom Kaiser, dem Napoleon, in dem jede Strophe mit dem Kohrreim schließt: »/xiAu/n«! 



4 Nach einer mir vorliegenden Besprechung verficht das dreiaktige Schauspiel 
»Die Schuldlosen« von Dr. Fenyes, das vor kurzem im Nationaltheater zu Budapest auf- 
geführt wurde, dieselbo Anschauung. 



Kudowa. 



Friedrich Graebüch. 




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Bücherschau. 



285 



einem Ausdruck, der nach den Erläuterungen des Herausgebers »die Philistermoral, mit 
der der große Napoleon abgetan wird, in ein dunkles Wort zusammenfaßt« , die elegische 
Klage einer unglücklichen jungen Frau: »Ich hab meis Müttli fast alles verloren*, und 
manche andere Perle volkstümlicher Sangeskunst. 

Der Sprachforscher wolle das Büchlein mit Vorsicht gebrauchen! Es dient nicht 
als Quelle für den Wortbestand irgend einer Mundart. Manches Lied ist in einem merk- 
würdigen sprachlichen Mischmasch gehalten, der oft den unbeholfenen Versuch darstellt, 
sich des Hochdeutschen zu bedienen. Aber gerade das ist das Echte. So singt das 
Volk. Es hält sich an keinen strengen Stil. Wie die Pilze gegen den Herbst hin auf- 
schießen, so kommen da, wo das Volkstümliche unter dem Einfluß einer gleichmachenden 
Kultur zu ersterben anfängt, die ganz tadellos reinen Dialekterscheinungen ans Tageslicht 

Müngers prächtige Bilder und Randleisten mit ihren einfach kräftigen Linion ver- 
dienen es wohl, daß ihnen ein besonderes Kränzchen dankbarer Anerkennung gewunden wird. 

Großaffoltern (Kanton Bern). E. Marti. 



■ 



Bücherschall. 

Brandstetter, Ren ward, Dr., Die Wuotansage im alten Luzern. Stans, A. & P. 
von Matt (Separatabdruck aus dem Geschichtsfreund, Bd. LXH). [Ein sehr lesens- 
werter Aufsatz, der u. a. Fassungen der Wuotansage in moderner Mundart bringt] 

BUnker, J. R., Schwanke, Sagen und Märchen in heanzischer Mundart 
Leipzig, Deutsche Vorlagsaktiengesellschaft, 1907. 436 Seiten. 6' Mk. 

Calmberg, Adolf, Dr., Die Kunst der Rede. Neu bearbeitet von H. Utzinger. 
4. verbesserte Aufl. (XV, 244 8.). Zürich 1908. Art. Institut Orell Füssli. Preis 
3 Mk., geb. 3 Mk. 80 Pfg. 

Dietzel, Franz, Dr., Die Mnndart des Dorfes Wachbach im Oberamt Mergent- 
heim. I. Lautlehre (Inauguraldissertation Würzburg) 1908. 

FrUhm, Thomas, Vergleichende Flexionslehre der Jaader und moselfränki- 
schen Mundart Tübingen, II. Lauppjr., 1907. 81 S. (Tübinger Doktorschrift). 

PlILs«, Margarete, Luschtigs und Truurigs. Alemannische Gedichte aus Baselland. 
Bern, A. Franke, 1908. 45 S. Preis geb. 1 Mk. 40 Pfg. 

Seppeier, Georg, Die Familiennamen Bocholts. Beilage zum Jahresbericht des 
Gymnasiums Bocholt Ostern 1908 (Forts ). 

Verdam, J., Mrddolnederlandsch Hand woordenboek. Proefaflevering. 's-Graven- 
hage, Martinus Nijhoff, 1908. 32 S. 

Weigand, Fr. L. K., Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. Nach des Verfassers Tode 
vollständig neu bearbeitet von K. v. Bahder, Herman Hirt, Karl Kant. Heraus- 
gegeben von Hör man Hirt 2. und 3. Lief, (beisammen — Fratz). Gießen, A. Topel- 
mann, 1908. Preis je 1 Mk. 60 Pfg. 



uigitiz 



280 



Zeitschriftenschau. 



Zeitschriftenschau. 

(Wir suchen aas dem Inhalt allor Zeitschriften hier die für die deutsche Mundartenforschung wichtigen Auf- 
sätze anzuzeigen und bitten um Einsendung aller einschlägigen Arbeiten, damit unsere Zusammenstellunir eine 

möglichst vollständige wird.) 

Beilage zur Allgemeinen Zeitung. Jahrgang 1908. 

Aug. Benno, Von der deutschen Sprachgrenze in Südtirol (S. 284 f.). 

Biekorf, Dat is een leoz-en loesblad voor alle verständige Viamingen. 19. Jahrgang. 
1908. 

Adxo, Plaatsnamen (S. 113-124). 

Bijblud aan > Biekorf«. 

Volkskundige Boekenschouw *19ü8. I. 44 S. (mit nebenstehender lateinischer Über- 
setzung Bibliographia > Folklorica «). 

Das deutsche Volkslied. Zeitschrift für seine Kenntnis und Pflege. X. Jahrgang. 3., 4., 
5. Heft. 1908. 

J. Pommer, Über A. R. v. Spauns Sammlung oberösterreichischer Volksweisen II., 
III., IV. 

Über das filplerische Volkslied, und wie man es findet XXI., XXII. 

Ii. Much, Jausn und Untern. Der Wiener Ausdruck jausn, f. (—eine fast aus- 
nahmslos aus Milchkaffee nebst Semmel oder Kipfel bestehende kleinere Mahlzeit 
zwischendom Mittags- und Abendmahl) wird auf älteres deutsches *jüsen <C 
slowenischem juzina Mittagsmahl, Vesperbrot zurückgeführt, welch letzteres 
Weiterbildung ist aus slowen. jug 'Südwind, Süd', dann Mahl, das eingenommen 
wird, wenn die Sonne im Süden steht Das Wort deckt sich in der Bedeutung mit 
sonstigem dini. Uniern (— vespern) zu ahd. untar, dessen Verbreitungsgebiet 
leider noch nicht feststeht. 

J. Pommer, Über das älplerische Volkslied, und wio man es findet XXIII. 

L. Staudacher, Gstanz'ln aus dem Zillertal. 

Deutsche Erde. Zeitschrift für Deutschkunde. VII. Jahrg. 1908. 1. Heft. 

Der Inhalt dieses Heftes spiegelt die Vielseitigkeit dieser Zeitschrift wieder. Der 
Straßburger Gormanist Ernst Marlin widmet seinem verstorbenen Bruder, dorn 
Deutsch -Chilenen Dr. Karl Martin einen warmen Nachruf, Dr. Pfaundler be- 
handelt unter Beigabe einer großen Sprachenkarto die deutsch -romanische Sprach- 
grenze in Tirol und Vorarlberg, der Hausforseher Dr. Peßler gliedert zum ersten 
Male im Zusammenhang die Haustypengebiete im Deutschen Reich, Oustar v. Barse- 
icisch schreibt über die Namen der deutschen Siedlungen in Rio Grando do Sul, 
O. Brandsch über den Volksgesang bei den Siebeubürger Sachsen. 

Deutsche Volkskunde uns dem östlichen Böhmen. VII. Bd. 2.-4. noft. 1907. 

Diese Hefte bringen die Fortsetzung des Aufsatzes: Das älteste Braunauer Stadtbuch, 
ferner: Sagen aus dem deutschen Osten, Mundartliches und Abergläubisches aus 
dem Isergebirge und der Hohenelber Gegend, Volkslieder, Steckener Tuschlioder 
(mit Melodien). 

Hessisehe Blatter für Volkskunde. Band VII, 100S. 

H. A. Fritxsche, Justus Moser und Wilhelm Heinrich Riehl. Gedanken über Volks- 
kunde (S. 1—9). 

Kurl Glaser, Besprechung von R. Riegler. Das Tier im Spiegel der Sprache (S. 48—50). 
E. Haidt mann, Besprechung von E. Friedli, Bärndütsch als Spiegel deutschen Volks- 
tums. I. Bd. (S. 59 — G2). 



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Zeitschriftenschou. 



287 



Hessenland. XXII. Jahrg. 1908. 

W. tiehoof, Zur hessischen Dialektforschung (S. 121 — 124). 

Jahrbuch des Mttnsterer Zweigu-relns des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. 

13. Jahrg. 

P. Bahlmann, Ferdinand Zumbrook, der Altmeister der münsterischen Mundart- 
dichtung (S. 3—8). 

Korrespondeuzblntt des Vereins für sicbenbargiscke Landeskunde. XXXI. Jahrg. 

Hatis Ungar, Zum Wörterbuch aus Reußen (S. 19 — 23, 41 — 43). 
O. Kisch, Zur Wortforschung (S. 23). 

Ad. Sekullerus, Das Siebenbürgisch- Sächsische Wörterbuch (S. 33 f.). 

E. Fischer, Das vorsächsische ßurzenland (S. 65 — 70). 

J. P. Scherrer, Aus dem Stammlande (S. 70 f.). 

A. X , Zur Volkskunde (S. 72 — 78). 

R. Huss, Zur Wortforschung (S. 78 — 83). 

Mitteilungen und Umfragen zur Bayerischen Volkskunde. 1908. Nr. 1. 
J. Schmidkonlx,, Der Name Waldmeistor (Fortsetzung). 

Xarodopisn^ Vestnfk. Mehrere Hefte. 

1'fHlzlsches Museum. XXIV. Jahrg. Nr. 5 und 6. 
J. Keiper, Otterberg -Krakau. 

Schweizerisches Archiv für Volkskunde. XII. Jahrg. Heft 1 und 2. 

A. Müller, Aus dem Volksmund und Volksglauben des Kantons Baselland. 

O. Keßler, Sagen aus der Umgegend von Wil (Kanton St. Gallen). 

A. Zindel- Kressig, Schwanke und Schildbürgergeschichten aus dem Sarganserland. 

A. Dettling, Die Hirsmontagfeier im Kapuzinerkloster zu Arth. 

Sitzungsberichte der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien, philos.-historische 
Klasse, 158. Band, 4. Abhandlung. 

Joseph Sccmüller, XI. Mitteilung der Phonogramm -Archivs -Kommission. Deutsche 
Mundarten I. (Hier orfahreu eine Anzahl von Texten der deutschen mundartlichen 
Aufnahmen des Phonogramm- Archivs eine Veröffentlichung in phonetischer Auf- 
zeichnung.) 

Unser Egerland. Blätter für Egerländer Volkskunde. XII. Jahrg. 1908. Heft 1. 

A. Hauff en, Aufsammlung und Ausgabe der deutschen Volkslieder in Böhmen. 
Heft 2: J. K'öferl, Löwenzahn und Klee. 

Volkskunst und Volkskunde, Monatsschrift des Vereins für Volkskunst und Volkskunde 
in München. Jahrgang 6. Heft 2 und 3. 

Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprach- 
vereins. Vierte Reihe. Heft 30. 

Paul PieUch, I,eibniz und die deutscho Sprache (S. 313 — 371). 

Frialr. Kluge, Die alemannische Mundart und die deutsche Schriftsprache (S. 372 — 380). 

Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. 23. Jahrg. 1908. 
W. A. flammer, Hallimasch (Honigpilz) (S. 110). 
0. Streicher, Imre — Emmerich (S. 1 10). 

J. E. Wülfing, Besprechung von A. Waag, Bedeutungsontwicklung unseres Wort- 
schatzes (S. 112 f.). 

Besprechung von Joh. Zelter, Deutsche Sprache und deutsches Leben (S. 113). 

E. L., Zu den Namen Grillparzer, Anzengruber und Rosogger (S. 144). 

Th. Imme, Besprechung von R. Riegler, Das Tier im Spiegel der Sprache (S. 145—147). 



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288 Zeitschriftenschau. 

Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. XVIII. Jahrgang. Heft 1. 1908. 
Ii. Ix>eite, Rübezahl im heutigen Volksglauben. 

G. Schläger, Nachlese zu den Sammlungen deutscher Kinderlieder. 
J. Bolte, Der Schwank von der faulen Frau und der Katze. 

— — Zum deutschen Volksliede. 

E. A". Blümnil, Drei Primizlieder aus Tirol. Zum Montavoner Krautschneiderlied. 
Heft 2: J. Bolte, Ein Weihnachtsspiel aus dem Salzkammergut 

M. Hüfler, Zum Sagenschatz des l&arwinkels. 
Ii. Loewe, Rübezahl im heutigen Volksglauben. 

H. Heuft, Volkslieder aus dor Eifcl. 

B. Kahle, Ausführliche Besprechung von Otto Heilig, Die Ortsnamen des Groß- 
herzogtums Baden (S. 222 f.). 

Zeitschrift für österreichische Volkskunde. XIV. Jahrg. 1908. I — II. Heft. 
A. StegenSck, Grabverse aus Gonobitz (in Steiermark) und Umgebung. 

Zeitschrift für deutsche Wortforschung. X. Band. 

0. Weise, Kinkerlitzen und andere Deminutiva auf -Iitz (S. 56 — 60). 

Zeltschrift des Vereins für rheinische und westfälische Volkskunde. 5. Jahrg. 1908. 
1. Heft. 

F. Tetxner, Tarquinius Schnellenberg. (Bringt wichtige Artikel über medizinische 
Wörter.) 

K. Wehrhan, Lippischo Kinderliedmelodien. 
J. Müller, Neujahrssprüche. 

H. Gierlichs, Sprichwörter aus der Gegend von XI.- Gladbach. 

Wald-, Feld- und Flurnamen in der Gegend von Salm-Bcifferecheidt. 



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Godersprech und Verwandtes. 



Von J. Franek. 

Die in der Zeitschr. des A. D. Sprachv. 21, 158 f. besprochenen 
Redensarten wie yodersprcch im Sinn von »als ob er sage(n wolle), als 
ob, gleichsam, anscheinend« führen uns in ein außerordentlich inter- 
essantes, aber ebenso schwieriges Kapitel lebendigster Sprachbildung. 1 
Der Ausgangspunkt der a. a. 0. behandelten Ausdrücke läßt sich zwar, 
wie ich meine, nicht so schwer feststellen. Am nächsten unter den fast 
zahllosen verschiedenen Formen stehn ihm, wenn ich mich auf dem 
richtigen Weg befinde, einerseits das altenburgische ak gott herr (z. B. 
»da stellte er sich hin, als gott herr, was wollt ihr denn von ruir«), 
anderseits das im Wörtern, der Elsäss. Mundarten 1, 245 verzeichnete 
iis räytiT Kot aus dem Münstertal. Gerade der Umstand, daß dieso 
Können in ihrem Wortlaut viel sinnloser sind als andere — aus der 
Verglcichung mit den anderen Ausdrücken ergibt sich nur geringe Wahr- 
scheinlichkeit dafür, daß in dem Altenburgischen das gott herr ursprüng- 
lich zu der folgenden Rede gehört haben könnte — darf wenigstens mit 



1 Da ich es für wesentlich halte, eino Vorstellung von der außergewöhnlichen 
Vielgestaltigkeit der Ausdrücke zu besitzen, so seien auch hier die in den bisherigen 
Arbeiten erwähnten Formen, abgesehen von denen, die obeu zur Sprache kommen, noch 
einmal zusammengestellt, nach Schindler 1 s , D61 u. 1225, dessen Schreibungen ich un- 
besehen übernehmen muß, Frommann, D. d. Mundarten 3, 349, dem Eis. u. Schweizer 
Wörterb : gotesprerh, gott sprich, zum gott sprich, als gottenssprich, gotttrohlsjtrich, 
goppelsprivh, gottrersprich , goppmersprich, gommersprich, gottmisprich ; gottuölkeit, 
gö'uölkeiü, gotttrttkc.it, gottikeit, göppelkeid, gopplkeit , goppekeit, gottikeit, gottigkeit, 
guedikeit, sän gottikeit, gottakeit (mit und ohne als), als heri gottikeit, xum hörikait, 
godtrilkd, gnlibi , godikdl, gomnterchti, chitmmerchit, forner an zweiter Stelle ehind, 
ching, cht, chib, chinis, ehtne, gottrerchtb, gottsamkeit , golttneskeit , gotttimkeit, 
kotxcmkcit, kurxumkeit, korxakl, sam goltlmcskd , godikd, als godikd, gokii, sam, so 
sam gökd, sam gödiga, sam gödala , sam goggala, xatn godikd (a = ac?). Dabei 
sind noch einzelne geringere Abweichungen nicht berücksichtigt, großenteils auch nicht, 
daß viele Formen mit und ohne als oder so oder noch andero Eiugangswörtchen ge- 
braucht werden. Der Vollständigkeit halber muli ich aber zu den rheinfr. Formen noch 
folgende Mitteilung aus Sulzbach bei Saarbrücken hinzufügen: dar Jost macht jy gräd 
als gudzr [wohl giii.hr zu lesen] sprech, omsr med* mest hciraih »der Jost tut ja gerade, 
als wolle er sagen, unsere Magd müsse hciiaten«. Hier iat Anlehnung an gut sicher 
erfolgt, der Einsender übersetzt auch gerade so gut, als ob er spräche«. 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. III. 19 



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290 



J. Franck. 



für die Vermutung geltend gemacht werden, daß sie dem Ursprung ver- 
hältnismäßig noch nahe stöhn. Ich meine nämlich, daß der liebe (iott 
ursprünglich gar nicht in die Redensarten hinein gehört, sondern nur 
durch Mißverständnis eines früheren kode hinein gekommen ist, des Kon- 
junktivs des alten Verbums »sageuc, quethan, dessen geläufige nihd. 
Form koden war. Das Mißverständnis lag, als das Zeitwort ausstarb, um 
so näher, als ein etymologisch wie ah gott aufgefaßter Ausdruck sein g 
durch Assimilation an das auslautendo * von ah verhärtet haben kann, 
so daß sich als kod(e) und ah got in der Aussprache wenigstens sehr 
nahe stehn. Am nächsten lag die Verwechslung natürlich da, wo sich 
anlautendes g und k mundartlich überhaupt nicht stark unterscheiden. 
Auch in Süddeutschland, wo sich etymologisch g und k als k und kh 
voneinander abheben, stehn sie sich doch auch nicht so fern. So kommt 
es denn auch umgekehrt vor, daß sich in Redensarten, in die gott wohl 
hineingehört, die Tenuis einstellt, wie z. B. in potz; vgl. auch Eis. Wtb. 
1, 245a kho khd, parallel mit got geb. Außerdem dürfte noch der Um- 
stand mitgewirkt haben, daß der Name Gottes in zahlreichen Redens- 
arten gebraucht wird, deren logischen Sinn man eben auch nicht ver- 
steht, wie z. B. in gotUlkomm für gott willkommen und besonders den 
Ausrufen und Flüchen mit Gottes Namen. Mit diesen Voraussetzungen 
darf man annehmen, daß der Altenburger mit seinem ah gott herr ein 
älteres ah kodfe) er fortsetzt Und das wäre mit neuer Wortstellung ein 
älteres ahc er kode »als ob er spreche«. In der älteren Sprache hat 
nämlich ahe im Sinn von »als ob< nicht die Inversion; vgl. Benecke- 
Müller und Verdam, Mittelnederl. Wtb. unter den Wörtern und Paul, 
D. Wtb. S. 13, wo sogar noch ein Beispiel aus Luther mit der alten 
Wortfolge angeführt wird. Wann sich die neue bei uns einstellt, vermag 
ich nicht zu sagen. Aber jedesfalls ist es schon hinreichend lange her; 
dio Beispiele im Woordenb. d. Nederl. Taal II 1, 251 gehn bis ins 17. Jh. 
zurück. In der Münstertaler Form wäre die ältere Wortfolge erhalten: 
ah rehte er kode. Das adverb. rehte ist im Mhd. sehr gebräuchlich im 
Sinn von »ganz, genau« und steht ganz gewöhnlich auch bei ver- 
gleichenden Wörtern: rehte alse, rehte sam. Daß hier eine Umstellung 
stattgefunden habe, ah rehte für rehte ah braucht man nicht anzu- 
nehmen, obwohl auch das nicht unmöglich scheint; rehte kann auch zu 
er kode gehören: »[so wie wenn] genau er spreche«. 

Zufällig ist die einzige Spur des Vorbums queden, die im Mittel- 
niederländischen bis jetzt gefunden ist, gerade unsere Redensart, in der 
Form recht als men quet ^gerade als ob man sage« (allerdings nicht ganz 
unauffällig; vgl. Mnl. Wtb. 6, 866). Ältere nhd. oder mhd. Belege in der 
vorausgesetzten Form kann ich leider nicht beibringen. Sie mögen in 
den Texten stehen, man hat sie aber nicht aufgezeichnet. An sich hat 
ja ein ah er kode gar nichts Besonderes an sich, und was von Beson- 
derem an der Redensart ist, das muß ihr hauptsächlich in der Umgangs- 
sprache angewachsen sein. Ahd. Glossen II 313, 19 übersetzt soso iht 



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Godersproch und Verwandtes. 



291 



chcde lat ut ita di.rcrim, 329, 19 samaso kachuetan si ut ml/audiatur 
und 333, 27 samaso ix kachuetan si verbi grafia, ut subauditur. Otfrid 
V 8, 31 und 43 steht sama so er (xi im) qudti zur Übersetzung des lat. 
av si aperte dicat: vgl. 53 selb so druhtin qudti und 14, 15 selb so er 
rchlo qudti (adv. rehto bei quedanf). 1 Ich muß auf den Einwurf gefaßt 
sein, daß doch das verb. koden nicht bis zum Eintritt der Kedefolge kode 
er hinter als lebendig gewesen sei. Aber es kann mundartlich und in 
der Formel auch in weiterer Ausdehnung bestanden haben, und es kann 
dabei auch noch so viel Verständnis für die verbale Kraft von kode vor- 
handen gewesen sein, daß die Umstellung kode er möglich blieb. 

Während sich als eine leicht begreifliche Umbildung der Altenb. 
Redensart das einfach verdeutlichende Leipziger als wie gott der herr 
verstehu läßt, ist ein tieferer Eingriff in die ursprüngliche Gestalt da- 
durch erfolgt, daß der Begriff »sprechen* wieder aufgefrischt wurde. Das 
ist kein Widerspruch zu der Behauptung, daß die Entstellung mit dem 
Unverständlichwerden des Wortes koden begonnen habe. Denn es kommt 
in der Tat Öfter vor, daß die Sprechenden die Etymologie eines Aus- 
drucks noch fühlen, trotzdem sie die einzelnen Bestandteile nicht mehr 
verstehn. Zudem liegt der Begriff > sprechen* so deutlich in dem ganzen 
Ausdruck, hinter dem der abhängige Gedanke ursprünglich wohl regel- 
mäßig in direkter Redeform stand, daß sich ein besonderer Ausdruck 
dafür gewiß jederzeit leicht wieder einstellen konnte. So entstand das 
pfälzische als godersprech mit der Konjunktivform sprach nach als. Das 
goder mag man als interjektionellen Ausdruck oder als Adverb gefühlt 
haben. Ob goder nur orthographisch für koder (hinter als) oder auf Grund 
einer Anlehnung steht, muß ich dahin gestellt sein lassen, da ich nicht 
sehe, an welches Wort es sich angelehnt haben könnte. In dem von 
Scbmeller aus Aschaffenburg nachgewiesenen als got er sprach steht der 
Konj. der Vergangenheit statt des Präsens. Die Nebenform goresprech 
ist vom Schriftleiter der Zeitschr. zutreffend gedeutet worden. Es wäre 
etwa nur noch hinzuzufügen, daß das eine r des zu erwartonden gorer - 
sprech durch Dissimilation verloren gegangen sein mag. 

Xoch einfacher sieht eine von Lexer aus dem Jahre 1473 bei- 
gebrachte Form (in Chmells Monum. habsburg. 2, 65) aus, in der auch 
schon das Wort gott begegnet. König Matthias von Ungarn hatte dio 
Gesandten des Kaisers gefragt, ob er allein als König v. Ungarn oder 
auch als König v. Böhmen und Kurfürst vor den Reichstag gefordert 
sei. Darauf ihr < — schreibt er — zweyflich geantwurt habt, gleich 
als Gott spricht, wo ich dich vind, do zaig ich dich und spracht ...... 

Ich verstehe die Worte im Zusammenhang nicht recht, aber es kann wohl 
kein Zweifel sein, daß hier, wie auch Lexer annimmt, unsere Redensart 



1 Noch weniger besondere Färbung haben savtoso si chädc (xi iro chinden) Notk. 
ed. Piper II 10, 4; samosö er diede öl.'l, 9; dax ist also er chädc 220, 19; soso quhidu 
veibo tenns (verbi gratia, sieut die«.) Ahd. Gl. IV L'3, 49. 

19* 



uigitiz 



292 



J. Franck. 



vorliegt Lexer stellt daneben aus dem Salzburg, gott sprich, aus der 
östlichen Steiermark gott spräch. Diese Formen haben in ihrer gramma- 
tisch klaren Unklarheit gewiß nichts Ursprüngliches; sie sehen vielmehr 
aus wie verschriftdeutschte Verbesserungen irgendwelcher mundartlicher 
Ausdrücke. Nicht unmöglich wäre es, daß in ihnen, mit hinzugefügter 
Form von sprechen, ein ursprüngliches alsi kode »als ob ich spreche« 
steckt, das über alsd kodd zu als got verlaufen war, oder auch ein als 
ex kode. Im Mhd. ist neutrales et qiiit »es bedeutete sehr geläufig, ein 
als ex kode »als ob es bedeute« mithin recht wohl denkbar. 

Nun treten eine Reihe weiterer Voränderungen ein , die ich freilich 
nicht alle von dem bisher eingenommenen Standpunkt aus zu rechtfertigen 
vermag. Wenn sich der Ausdruck von seinen etymologischen Bestand- 
teilen losgelöst hatte, und die Lautgruppe vielleicht »gar keine Vorstellung 
mehr, sondern bloß einen Gefühlswert gab«, so war sie eben schutzlos 
einem in seinen Äußerungen schwer nachgehbaren Sprachtrieb preis- 
gegeben. Selbst reine Klangspielereien konnten sich an ihr betätigen. 
Die Umbildungen, die wir zunächst ins Auge zu fassen haben, betreffen 
einerseits das Mittelglied zwischen gott und der Form von sprechen, 
anderseits diese letztere selbst. 

Die im Elsäss. und Schweiz, verbreitete Form weist ein Mittelglied 
mor auf, das mir am ehesteu auf das pronominale man zurückzuführen 
scheint Wir haben in der Tat einen Beleg mit inen aus dem Xdl. 
kennen gelernt, und auch das Schweiz. Idiot führt einen solchen aus 
dem J. 1529 an als got man spricht, worin freilich auch eine Verschrift- 
deutschung von mundartlichem nur stecken könnte. Der bekannte, dissi- 
milatorisch aufzufassende und weit verbreitete Übergang des pron. nmi 
in imr ist auch auf beiden Dialcktgebieten bekannt In der Formel 
mochte er wohl noch leichter eintreten als sonst. Was die Form von 
sprechen betrifft, so stellt sich der Indikativ ein, wie schon oben in dem 
Beleg aus dem J. 1473; ferner als gotterspricht elsäss., als gottmerspricht 
elsäss. und schweizerisch. Viel häufiger jedoch erscheint sprich, also 
anscheinend der Imperativ, wie schon oben aus Salzburg, ferner z. B. 
in Arnolds »Pfingstmontag« (aus dem J. 1816) als gottersprich (mit nach- 
folgender direkter Rede) und sonst im Elsässischen, ebenso askotersprich 
in der bad. Mundart von Rappenau (Meisinger, Wörterb. d. R. Mda. 178), 
(als) gottmersprich Elsaß und Schweiz. Dies sprich scheint, zumal in 
seiner weiten Verbreitung — eis., Schweiz., schwäb., bair., Salzburg. — , 
freilich eine große Schwierigkeit zu enthalten. Ein Imperativ wäre or- 
ganisch in der Formel ganz unmöglich, selbst wenn das vergleichende 
als von Anfang an doch nicht zu ihr gehört haben sollte (s. unten bei 
nnansis), und auch eine 1. pers. sing, des Indikativs anzunehmen wäre 
höchstens in sehr beschränktem Maße möglich, d. 1». soweit die Formel 
auf einem »als ob ich spreche«- beruht, und ich (über /) etwa lautlich 
hätte schwinden können. Wir müssen es also bei dem sprich jedesfalls 
mit einer Entstellung zu tun haben, und auch insofern brauchten wir 



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Godersprech und Verwandtes. 



293 



dieser Schwierigkeit wegen von unserem Versuch nicht abzustehn, als 
sie genau ebenso bei jedem anderen bisher vorgebrachten Erklärungs- 
versuch obwaltet. Lautlicher Abfall des t in der dem Sprachgefühl nicht 
mehr zergliederbaren Formel scheint nicht unmöglich; eher vielleicht noch 
eine analogische Einwirkung anderer Redensarten mit gott, wie gott 
helf, gott vergelts, gott behüt, obwohl in diesen eigentlich ja nicht der 
Imperativ, sondern der Optativ steckt. Vielleicht löst sich jedoch die 
ganze Schwierigkeit viel einfacher dahin auf, daß lautlich in der nur 
nebentonigen Silbe e vor ch zu i geworden ist, wie es auch in unbe- 
tonten Silben vor diesem Konsonanten zu i wird. 

Eine rein äußerliche Umdeutung oder vermeintliche Verbesserung 
von gottmersprkh dürfte das gleichfalls belegte sprichmirgott sein. Gottes- 
sprich könnte den Genitiv es von ex »es« enthalten, indem zu einer Form 
wie als gott sprich(t) ein verdeutlichendes es »in bezug darauf, darüber, 
davon c hinzugefügt war. Ohno Zweifel sind aber in die unverstandene 
Formol auch andere Redensarten mit gott eingegangen, wie z. B. gott 
wohl oder goppel (aus got welle). Am besten beweist das eine von Lexer, 
Kämt Wtb. 83 erörterte Form, vorausgesetzt, daß seine Auffassung richtig 
ist; und ich wüßte wenigstens nichts dagegen zu sagen: nämlich das in 
gleichem Sinne gebrauchte peikingegott , z. B. er hät mV erge (bös) un- 
gischaugg, peikingegott 'ass wenn fs gitün hiet, oder »er zeigt mir sein 
leeres Glas peikingegott, ich soll ihm einschenken«. Peikingegott, meint 
Lexer, sei entstanden aus bei komme dir gott, eigentlich etwa »Gott sei 
dir gnädig!« Peikn der gott, peikn ime gott usw. werden denn auch 
als drohende Zurufe gebraucht Daß sich hieraus unmittelbar eine 
Bedeutung ^wie um zu sagen, wio um anzudeuten« entwickelt haben 
solle, kommt mir doch recht unwahrscheinlich vor; ich möchte vielmehr 
vermuten, daß dabei ein soiner Bedeutung nach nicht mehr recht klarer 
oder allgemein gewordener Ausdruck mit gott an die Stelle eines anderen 
mit vermeintlichem gott getreten sei. So mag man auch in gottmerspricht 
oder gottmersprkh manchmal das interjektionelle gott fühlen, das wir in 
unwilligen Fragen und Ausrufen häufig gebrauchen. Gott würde dann 
zur Rede, nicht zu dem Ausdruck des Vergleichs gehören, und da noch 
so vieles unsicher bleibt, darf auch für die ganze Frage zu aller Vor- 
sicht nicht verschwiegen werden, daß auch als allein im gleichen Sinne 
wie als mit einer Formel steht So ist es im Mittelniederl. belegt: 
[licinaertj maeete een ghelaet so fier ende sach dacr ende hier als »wie 
wat wil, die come haer!* Rein. II 1293; in der Prosa rechts als >tvie 
trat wilk, die come*. 

Eine andere Gruppe von Formen zeigt im Schweiz, und Bair.- 
Östorreich. an Stolle von sprechen ein Element, als dessen Grundform 
sich neben den verschiedensten Entstellungen chit, kait zu ergeben 
scheint: goUmerch.it, gottikait usw., und in dem man ziemlich allgemein 
eine Form desselben Vcrbums erkennt, das wir auch hinter gott suchen. 
Diese Auffassung kann man schwerlich bezweifeln; es fragt sich nur, 



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J. Franck. 



ob die Form auch syntaktisch ebenso wie die Formen von sprechen in 
unseren Ausdrücken aufgefaßt werden kann. Dabei wäre jedesfalls eine 
große Schwierigkeit vorhanden, denn kit kann der Form nach nur 3. sing, 
iud. praes. sein, aus quidit entstanden, wahrend die Indikativform sprüht 
doch nur verhältnismäßig selten begegnet. Außerdem ist qwdcn als leben- 
diges Zeitwort fast überall früh ausgestorben, nur die schon erwähnte 
3. kit hat im Sinn von »es bedeutet? größere Lebendigkeit behalten. 
Darum ist vielleicht anzunehmen, daß kit nur als erklärendes formel- 
haftes Füllwort hinzugetreten ist: das bair. ah goitikait, entstanden etwa 
aus als kodi (für kode ich) -\- kit hätte man sich etwa zu übersetzen »als 
nämlich will sagen«. 

Auch reine Lautspielereion können, wio gesagt, bei den weiteren 
Entstellungen mit beteiligt sein. Die ganze Redensart als solche kann 
sich lautlich oder volksetymologisch umformen; dasselbe ist mit einzelnen 
Gliedern möglich. Ferner können einzelne (llieder auf lautlichem Wege, 
oder weil sie in ihrer Bedeutung nicht mehr gefaßt werden, verloren 
gehn, wie das als oder seine Synonyma, die wir für ursprünglich not- 
wendig halten, oft gar nicht mehr vorhanden sind. Auch umgestellt 
können die Glieder werden, wie wir das in einem einzelnen Fall schon 
gesehen haben. Weiterer Versuche der Erklärung im einzelnen möchte 
ich mich jedoch enthalten. Sie bleiben auch besser den Kennern der 
betreffenden Mundarten überlassen, die die Möglichkeiten lebendiger 
fühlen. Manchmal gibt ja ein anderer Sprachgebrauch in der Mundart 
einen Fingerzeig, oder aber es kann die Stelle oder die Art des Akzentes 
über die Möglichkeit eines Erklärungsversuchs entscheiden. 

Auch auf die Bedeutungsveränderungen will ich mich nicht weiter 
einlassen. In Fällen wie »so dreckig laufen die Leute herum als wie 
wenn sie gottmersprich nichts hätten« (Eis. Wtb.), oder »man hätte, als 
gottmerspricht, mögen meinen« (Schweiz. Idiot.) kann man Entwickelung 
der Bedeutung annehmen. Aber auffallend ist mir, wenn im Eis. Wtb. 
für »er ist so gottmersprich kommen etwas zu holen* als Bedeutung ;so 
anhaltend« angegeben wird. Sollte da nicht ein Irrtum unterlaufen sein? 
Und wenn, nach Reinwald, im Würzburgischen aus gottivollkcit für aus 
gutem Willen, ungezwungene verwendet wird, so liegt da wohl ein ganz 
anderes Wort vor. Im ganzen scheint die Bedeutung sich nicht sonder- 
lich verändert zu haben; wenigstens ist in weitaus den meisten Beispielen, 
dio augeführt werden, die, von der wir ausgegangen sind, noch recht 
deutlich. Sehr schön in einem aus einer Straßb. Zeitung vom J. 1883, 
wo von einem mörderischen Überfall berichtet wird: »drei Kerel zehje 
am Morjc geje de einse d' Nachtklingel vun der Apothek, gottessprüch 
sie hätte e Rezept«. 

Während meiner Untersuchung haben die Schwierigkeiten, die ich 
durchaus nicht verschleiern will, immer wieder meine ursprüngliche An- 
sicht, daß die Ausdrücke auf solche mit koden zurückgehen, ins Wanken 
gebracht; aber nach reiflicher Erwägung bin ich doch stets wieder auf 



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Godersproch und Verwandtes. 



295 



den anfanglichen Standpunkt zurückgekommen. Es fällt ja gewiß auf, 
daß sich die Anlehnung an gott auf oinem so großen Sprachgebiet fast 
überall ziemlich übereinstimmend — doch wohl mit Ausnahme des Rhein- 
fränkischen — vollzogen haben soll. Allein man darf vermuten, daß 
sich die Redensart gerade in dieser ihrer neuen Gestalt wenigstens zum 
Teil durch Entlehnung von Ort zu Ort verbreitet habe. Es ist mir un- 
möglich zu glauben , daß gott ursprünglich in der ihrem Sinne nach doch 
so klaren und ausgeprägten Redensart enthalten gewesen sei , zumal wenn 
wir die ihrem Wortbestand nach so deutlichen Formen wie ah gott her r, 
als wie gott der herr oder als gott spricht, als gott man spricht erwägen, 
zugegeben auch, daß diese sämtlich der wirklich volkstümlichen Form gegen- 
über schriftsprachlich »berichtigt« sein mögen. Auch sind die Versuche 
einer Erklärung auf Grund einer den Namen Gottes enthaltenden Phrase 
meiner Ansicht nach verfehlt In den Formeln mit gott geb bleibt bei 
allen Abschleif ungeu der Sinn »ein beliebiger« oder »wer auch immer« 
bestehen, Bedeutungen, dio hier ganz und gar nicht passen. Mit »irgend 
einer« könnte man sich schließlich abfinden, obwohl auch dieser Grad 
von Allgemeinheit in unseren Ausdrücken nicht sonderlich angebracht 
wäre; doch das bedeutet gott geb wer eben nicht. Ich kann auch nicht 
einräumen, daß es zutreffe, wenn das Elsäss. Wtb. meint »wir würden 
sagen: als ob Gott weiss wer spräche«. Auch lautlich bestehn für 
mich unüberwindliche Schwierigkeiten. Wio sich ein got geb wer hätte 
gestalten müssen, können wir nach der Entwicklung von got welle, gott 
wohl, auch von etewer, etcivcx einigermaßen bestimmen: etwa gopper oder 
eher noch goeker; aber von diesen oder ähnlichen Formen zeigt sich in 
dem ganzen Reichtum kaum eine Spur. Ich hebe noch hervor, daß — 
bis jetzt wenigstens — aus dem Sprachgebiet, wo g spirantisch gesprochen 
wird, noch kein Beleg eines ähnlichen Ausdrucks zutage gefördert ist, 
sie also nur vorzukommen scheinen, wo sich faxlm und gott lautlich 
näher berührten. Das ist für die vorgetragene Ansicht günstig. 

Ausgeschlossen ist es übrigens nicht, daß dio belegten Redensarten 
nicht gerade alle eines mehr oder weniger einheitlichen Ursprunges seien, 
daß der eine oder andere sogar von den übrigen ganz unabhängig sein 
könne. AVenn z. B. ein ital. codka, wie es angegeben wird, wirklich 
besteht — mir ist es nicht gelungen, dies festzustellen — so wird man 
allerdings die Möglichkeit nicht bestreiten können, daß unter den oben 
aufgeführten Formen so stark anklingende wie godihn von dieser Seite 
stammen, falls es zugleich möglich ist, die fragliche ital. Mundart und 
die entsprechenden deutschen Formen landschaftlich zu vereinigen. 

Auf dem Sprachgebiet, wo g spirantisch ist, und die bisher be- 
handelte Redeweise, wie gesagt, zu fehlen scheint, ist aber eine zum 
Teil genau gleichbedeutende nachgewiesen, dio in ihren Formen ebenfalls 
recht sonderbar ist Obwohl ich zu ihrer Erklärung nichts Neues, was 
einigermaßen sicher heißen könnte, beizubringen vermag, möchte ich 
doch auch sie hier behandeln, weil ihre Geschichte in Einzelheiten viel- 



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296 



.1. Franck. 



leicht Licht auf die anderen werfen könnte. Am reichsten ist sie aus 
dem Niederl. bezeugt, wo schon das Mnl. zahlreiche Beispiele liefert 
(Mnl. Wdb. 6, 842 ff.). Die einfachste Form ist quans, daneben sind quansijs. 
quamuus, quanswijs und eino Reiho andorer Formen gebräuchlich. Die 
Betonung der zweisilbigen mnl. Formen läßt sich bei dem freien Metrum 
in den wenigsten Fällen sicher feststellen. Doch sprechen eine Anzahl 
mit genügender Bestimmtheit für den Akzent auf der ersten Silbe (Spieg. 
d. Sonden 2764. 2813. 4191. 8447. 9245). Auch der Umstand, daß die 
Wörter verhältnismäßig selten im Reim stehn, wofür sie bei Endbetonung 
so bequem wären, spricht in gleichem Sinne, wie auch die Forment- 
wicklung, auf die wir nachher eingehen werden. Doch kommen die 
Wörter immerhin auch im Reim vor (quatmjs : is, woraus eine Form 
mit kurzem i zu entnehmen ist, quansuus : hutis an zwoi Stellen; kein 
Beispiel für qttam(w)ijs : y); auch der Yers Truw. 68 weist auf End- 
betonung von quansijs. Der Akzent wechselte also, wenn auch die Be- 
tonung der erston Silbe das Gewöhnliche gewesen zu sein scheint Das 
8 ist scharf, daher neben s die Schreibungen ts, x, tx und die, wahr- 
scheinlich einen Lautwandel zu isch andeutenden sh, ch. Die Fülle der 
Anwendungen können wir etwa fassen, wenn wir übersetzen »dem Wort- 
laut nach, was man so nennt«, z.B. in dem Gedicht Truimnten (ich 
gebe die Belege nach dem Wdb.) »es gibt viele, dio in Klausen und 
Zellen de werell quantsijs beghercn; sie würden ein besseres Verhältnis zu 
Gott haben, wenn sie irgend ein Handwerk betrieben«. Meistens wendet 
die Bedeutung sich zu »gewissermaßen, dem Schein nach, augeblich«; 
schon Kiliaan übersetzt *vollusorie, lusorie, quasi vero, quasi*; das nnl. 
Wörterbuch von van Dale »vorgeblich, scheinbar, nicht gemeint«. So 
heißt es im Sp. d. Sonden vom Wucher door vrientscap quanxijs so leent 
hiß (leiht er sein Geld), aber er hofft auf diese Weise das ganze Landgut 
zu gewinnen«. Wie sehr aber die Wendung in malam partem über- 
wiegt, notwendig ist sie darum nicht. In einem anderen mnl. Gedicht 
wird das Wort (qiutnsis) nur gebraucht, wenn einem allgemein auf- 
gestellten Satz oin bestimmtes Beispiel hinzugefügt werden soll, und der 
Ausdruck wiedergegeben werden könnte mit »stellen wir uns einmal vor, 
nehmen wir einmal an«; rerbi gratia ist es denn auch im Wörterb. von 
Plantijn übersetzt. In den bisher besprochenen Bedeutungen stehn dio 
Wörter durchweg als einfache Adverbia für sich, es kann aber auch 
noch als vorgesetzt werden (Sp. d. Sonden 11686). Dieser Zusatz ist die 
Regel in der von Verdam (Mnl. Wdb.) an zweiter Stelle behandelten 
Gruppe, wo die Bedeutung ist »als ob man sagen wolle« oder »als ob 
man bei sich denke«. ->Was folgt wird dann fast stets mit den eigenen 
Worten des Subjekts ausgedrückt, nur sehr selten in der Form der in- 
direkten Rede«. Hier sind wir also ganz bei der zuerst besprochenen 
Redeweise. Im Ucinaert läßt sich der König von Rcinaert den vorgeb- 
lichen Schatz schenken; Reinacrt bedient sich dabei des Symbols des 
Strohhalms: die coiiinc ontfnic dat stro aide danete Jlcinaerde so, alsc 



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Godorsprech und Verwandtes. 



297 



quamijs dwe maeet mi here. Die lat Bearbeitung setzt ut si. Umgekehrt 
wie bei der vorigen Gruppe gelegentlich als steht, kann es hier auch 
fehlen; so in einem bei Verdam aus Velthem angeführten Beispiel quamijs 
(*als wollte er sagen«): dit hebbic wel gedaen. 

Könnten diese Ausdrücke mit ihrem g«- Bestandteil und der deut- 
lichen oder möglichen Bedeutung »(gleichsam) als ob man sage« schon 
an sich den Gedanken an das Verbum queden nahe legen, so müssen 
sie es mehr noch für den tun, der an die vorgeschlagene Etymologie 
von goderspreeh glaubt. Aber jeder Versuch, etwa von einem quaden 
sijs (quaden, conj. praet, si es, gen. von »es«) oder einer ähnlichen Ver- 
bindung auszugohn, stößt auf Schwierigkeiten, die unlösbar scheinen, 
und die öfter ausgesprochene Vermutung, daß die Ausdrücke aus dem 
Franz. stammen, dürfte ihre Richtigkeit behalten. Im Altfranz, ist, mit 
reichem Formen Wechsel, quanses, quainses, quanses, quensesque, queinses, 
coinses, que nices (letzteres wohl verlesen) »comme, corame si« belegt; 
in einer gleichfalls von Verdam beigebrachten Stelle des Parthonopeus 
entspricht quamys unmittelbar einem quanses der Vorlage. Halten wir 
uns an die im Franz. belegten Formen, so kann quam aus quanses durch 
Schwund des e zwischen zwei s entstanden sein, wie des hals aus des 
lialscs u. ä. (Franck, Mitteln!. Gr. § 177; van Helten, Mnl. Spraakkunst 
§ 245 a). Für die weiteren Formen ist es aber schwerlich berechtigt, 
wie ich das früher getan habe, ein afrz. *quansis vorauszusetzen, das 
eben nicht bolegt ist und mir wenig wahrscheinlich vorkommt Grimm, 
Gr. 3* 135 vermutete eine einheimische Weiterbildung mit dem zur Ad- 
verbialendung gewordenen wis. Adverbialbildungen mit -wis ohne Prä- 
position sind im Mittelhochd. noch selten, kommen aber doch vor, einer- 
seits in Akkusativ- oder Dativform wie dcheineuts, gelüherwis, anderseits 
in Verbindung mit einem Genitiv, wie knehtes wis, regens wis (Lexor 
3, 939). Fürs Mn). gibt das Wdb. unter gewisc die älteren Belege ridders 
wise, vruus wijs; ferner paddenwijs; Franciscus 7702 pvlegrijms wise; 
in jungen Texten ist z. B. pant(s)wise belegt; (mit in davor in Itaelius 
icisc Sp. bist II 4 , 22, 42, in mantrls wijs Amand. II 863, in cruus wise 
Lekensp. I 21, 67). Die Voraussetzung, daß solche Bildungen, wie außer- 
dem etwa spotswijs, spcelswijs, diefswijs, pojtlswijs, trapswijs, wop- 
mansivijs, reekwijs, reute wijs in der Volkssprache beroits früher ge- 
läufig gewesen seien, scheint mir durchaus nich zu kühn, und dann 
konnte sich diese Art der Bildung auf quam wegen seiner Bedeutung 
und seiner scheinbaren Gcnitivforni leicht genug übertragen. In quam wijs 
laufen auch am ungezwungensten die weiteren Formen quamijs, quansis 
und qunmuus zusammen. In der ersten ist, wie häufig, das ein zweites 
Kompositionsglied anlautende w ausgefallen (vgl. z. B. Braune, Ahd. Gramm. 
§ 109 Anm. 4; van Helten a. a. 0. § 129b); daraus mit Kürzung des Vokals 
in der unbetonten Silbe quamis. Auf etwas anderein Wego wurde wi 
in der unbetonten Silbo zu ü, ähnlich wie in engl, righteous aus ags. 
rihtwis, mhd. küt aus (wohl im Satz unbetonten) quit (Deutsches Wörter- 



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208 



J. Franck. 



buch 5, 381). Mhd. kil und kill stehn nebeneinander wie qnansijs und 
quansüs. 

Dieser Auffassung der Formen könnte freilich der Umstand im 
Wege stehn, daß quanswijs erst aus dem Anfang des 15. Jhs. belegt ist 
und jüngor scheint als quansijs und quansuns. Ich halte dabei Zufall 
nicht für ausgeschlossen. Doch sind die Verhältnisse wohl auch ver- 
ständlich, wenn wir quansijs für die ältere Form anzusehen haben. Unter 
Einwirkung des anlautonden qu konnte dies wohl mundartlich sein i in ii 
wandeln und quansirijs wäre dann jüngere Umbildung nach den Ad- 
verbien auf wijs. Qnansijs als einheimische Weiterbildung von quans 
könnte dann vielleicht gedeutet werden aus quans sijs, d. h. Konjunktiv 
si und erklärender Genitiv es: »als ob es damit sei«. 

Haben wir mit diesen Darlegungen das Richtige getroffen, so ergibt 
sich, daß dem schon an sich »gleich als ob« bedeutenden quam, quansirijs 
in den mit godersprech gleichbedeutenden Redeweisen ein verdeutlichendes 
als nachträglich hinzugefügt ist. Das muß uns bei der Erklärung der 
anderen immerhin vorsichtig machen und doch mit der Möglichkeit 
rechnen lassen, daß auch bei ihnen als ursprünglich nicht vorhanden 
gewesen sei, obwohl die älteren Belege es ausnahmslos aufweisen. Nur 
um alle Vorsicht zu wahren, möchte ich das angemerkt haben. Noch 
eine andoro Eigentümlichkeit soll nicht verschwiegen werden. Unserer 
Annahme gemäß wäre in den zuerst behandelten Ausdrücken fast stets 
ein verdeutlichendes Verbum des Sagens angewachsen. Das ist bei quans, 
qnansijs usw. niemals der Fall, ein solches Verbum fehlt sogar in der 
angeführten Parthonopeusstelle, obwohl das Original dort ausdrücklich 
quanses mc die hat. Dabei ist aber zu bedenken, daß in den Aus- 
drücken mit vermutlich ursprünglichem kode durch die volksctymologische 
Anlehnung an gott oder ein anderes Wort der äußere Ausdruck des 
innerlich vorhandenen Begriffs des Sprechens weggefallen war, während 
in quansirijs kein neuer Bogriff diesen aufgesogen hatte. Wenn übrigens 
das sonst fast immer allein stehende quans, qnansijs in der besonderen 
Anwendung, bei der eine wirkliche Rode direkt oder indirekt angeführt 
wird, eben so regelmäßig das als annimmt, so wird man sogar zu der 
Vermutung gedrängt, daß auch dort, wo das geschah, ein alsi quäle 
oder eine ähnliche Redensart noch bestanden habe, an deren Stelle das 
alse qnansijs getreten sei. 

Zum Schluß soll noch von einer Reihe anderer Formveränderungen, 
soweit es mir möglich ist, Rechenschaft gegeben werden. Das West- 
flämische hat consuus mit einigen, zum Teil nicht klaren Nebenformen, 
alle endbetont. Es ist also hier in dem wie ein Fremdwort gefühlten 
Worte die Betonung, die wir bereits im Mnl. neben der anderen fanden, 
stehend geworden, und in der nun unbetonten ersten Silbe hat sich h/mi 
lautlich zu kon gewandelt, wenn anders nicht Einfluß von franz. comme 
oder einer Nebenform, wie des oben genannten coinxes vorliegt. Auch 
komsuis kommt vor. Die Wörter werden — ohno als — in verechie- 



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Godcrsprech und Verwandtes. 



denen Bedeutungen gebraucht, auch ganz abgehlaßt zur Einleitung einer 
bescheiden bejahenden Antwort Hilf ein Anerbieten, meistens aber im 
Sinne von »gleichsam, unter dem Vorwand als ob«. Man stellt auch 
zwei Formen zusammen (konsuis konsoois), worin sich schon der Laut- 
trieb der Sprache geltend macht, wie in franz. comnie ci comme va und 
vielen derartigen Bildungen. Van der Schueron hat neben qnantzes auch 
verquantxes (Ubersetzt mit »sozusagen«), ebenso nd. verquantsis , westfäl. 
(Woeste) rerqimns. Diese Formen entstanden durch Vorfügung eines 
verdeutlichenden vor nach dem Beispiel anderer adverbialer Ausdrücke: 
vor quantsums aus dem Lippischen Nicderd. Korrcspondenzbl. 5, 20 ff. 
Ähnlich hat sich im Mnd. cnquanzes (mit Präposition in) und im Köl- 
nischen per quanxius eingestellt. Aus Hamburg for oder pro quäimto 
Nicderd. Korrespondenzbl. a. a. 0., worin quansis nach irgend einem, dem 
Ital. entlehnten Kaufmannsausdruck (per transito?) umgebildet scheint. 1 
Ein gelegentlich im Ndl. begegnendes quamsijs, quamsuys ist wohl ge- 
lehrte Umformung nach lat. quamsi. Reiner Klingklang sind dagegen 
die gleichfalls ndl. Umbildungen alse quijsquans, qnisquans (mit und ohne 
fl/s), qitisquams, quinsiquans. Die beiden Teile des in der Form unver- 
ständlichen Wortes quanswijs wurden alliterierend gestaltet — möglicher- 
weise gab es auch ein qnansgewise — und nach dem Beispiel anderer 
ablautender Verbindungen mit i und a wie klingklang, mischmasch um- 
gestellt Die gewöhnlichen deutschen, seit dem Mittelniederd. bezeugten 
Formen quantsweise und quantwei.se (s. Deutsches Wörtorb. 7, 2314) gehn 
m. E. auch auf die niederl. Wörter zurück. Die Form ohne s in der 
Mitte kann sich nach Analogie eines Gebrauches von Wörtern wie pants- 
wise und pantwise, pfundsumse und pfundweise nebeneinander eingestellt 
haben. Allein die Etymologie des D. Wtb., die die Ausdrücke als hei- 
mische Bildungen aus einem nd. Subst. quant »Tand, Schein« faßt, ist 
darum nicht ganz von der Hand zu weisen. Jedesfalls hat da, wo dieses 
im Mittelnd. genügend bezeugte Substantivuni lebendig war, Anlehnung 
an dasselbe stattgefunden, wio auch in dem gib. nd. vor quant. Ja, 
wir können gar nicht sagen, ob letzteres und quantfsjwise, doch nicht 
geradezu von ihm gebildet sind. Dann wären also zwei ähnliche Wörter 
zufällig aufeinander gestoßen. Für den Ursprung der ganzen Sippe kann 
aber ein deutsches quant (s)wtse von quant keineswegs gelten. Denn wir 
müssen nach den Belegen mindestens bezweifeln, daß jenes Subst. quant 
die dafür notwendig vorauszusetzende Verbreitung gehabt hat; es ist ebon 
nur aus einigen wenigon mnd. Texten — wenigstens unmittelbar — belegt. 
Noch mehr steht die Bedeutung dieser Etymologie entgegen. Zwar ist 



1 A.a.O. aas dorn Nicderd. auch ik hebb ei für quasi vero dahn. Auch bei 
uns wird wohl quasi gebraucht, und im Ndl. schoint es neben quansuis im Sinne von 
»als wäre es, ungofiihr, scheinbar- auch volkstümlich zu sein. Darnach würo auch ein 
Einfluß solcher im Mittelalter aus den Klosterschulen oder spater aus den Schul- oder 
Gelob rtou8tubon gekommener fremder Ausdrücke auf die in Frago stehenden nicht aus- 
geschlossen. 



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30) 



J. Franck. 



in den zuletzt besprochenen neueren Ausdrücken die Bedeutung in der 
Kegel »zum Schein«, manchmal sogar offenbar noch stärker ausgeprägt 
» heuchlerischerweise «. Aber doch nicht immer; auch bei uns bedeutet 
es manchmal »so gelegentlich, nur nebenher, nicht grade ausdrücklich, 
nicht in vollem Ernst«; so bei Lessing und volkstümlich in Thüringen 
(Niederd. Korrespondenzbl. a. a. 0.), und besonders in der älteren Zeit 
haben wir neben der Wendung in nialam partein andere Bedeutungen 
gefunden, die sich m. E. unmöglich auf ein quanteswise »zum Scheine 
zurückführen lassen. Auch der geschichtliche Gang scheint der zu sein, 
daß die Ausdrücke sich aus dem Flämischen über die übrigen Nieder- 
lande und nach Deutschland verbroitot haben. 

Eine recht interessante Umbildung haben wir weiter in dem mir 
aus Wollendorf bei Neuwied bekannten quanxjesweis: hier ist eine s-Forni 
der Diminutivbildung eingetreten ganz in Übereinstimmung mit Wörtern 
wie löffelchesweis. Die Entstellung zu gewandsweis findet eine will- 
kommene Parallele in dem jetzt auch im D. Wörterb. 4, I, 546 L behan- 
delten mundartlichen geweit aus queit (mnl. qnijt, nnl. kivijt); dal bish 
gjweit sagt ein Junge zum andern, wenn er im Begriff ist, ihm etwas 
abzunehmen. 

Im Niederl. kommt noch eine ganz neue Gruppe hinzu, von der 
es von vorneherein den Anschein hat, daß sie mit der vorher erörterten 
— wenigstens auf ndl. Boden selbst — keinen Zusammenhang habe. 
Kiliaan verzeichnet dio beiden höchst merkwürdigen Formen kakkemick 
(8. 272) und als Kocks (20) mit den Übersetzungen quasi, quasi ve.ro. 
simulatc, non rere nec ex animo, dicis gratia, lusoric, in speciem, dissi- 
mulanier, und die letztere wird bestätigt, durch das Westvlaamsche 
Idioticon, das beibringt alskaks, askaks, akskaks, asmekaks, aksmekaks, 
auch schaks »zum Schein, konsuis«, z. B. »er kam in den Laden astne- 
kaks um etwas zu kaufen, aber in Wahrheit, um zu spionieren«. Auch 
bei diesen Wörtern ist wieder Lautspielerci mit tätig gewesen; denn 
es wird sicli nicht bezweifeln lassen, daß akskaks reimend aus a(l)skaks 
umgebildet ist. In dem Mittelglied me wird man wieder an men »mau= 
denken, so daß man auch hier wieder ein alse men mit einem Yerbum 
gefühlt zu haben scheint, was aber nur einer Volksetymologie zu ver- 
danken wäre. Denn es scheint sich doch eine überzeugende Anknüpfung 
für diese sonderbaren Ausdrücke, von kakkemik vielleicht abgesehen, zu 
ergeben. Das Englische hat nämlich anklingende Wörter mit der Be- 
deutung »von der Seite, schief, quer?, in Verbindung mit sehen auch 
» mißtrauisch«: askant, askanre, aslant (schott. asclcnt), askeiv, asirash, 
wozu das Engl. Dialect. Dietionary noch weitere Formen fügt: aslash, 
aslosh, asten, aslun, asletr, asicaip, asquin, aswint, asuir, astci.sh. Für 
einzelne dieser Ausdrücke, askance und askant, aber auch nur für diese, 
ist nämlich auch die Bedeutung -with a side or indirect meaning, so- 
zusagen, als ob . . . wäre, gleichsam, als ob man sagen wolle« bezeugt, 
worin sie sieh also ganz mit den bisher behandelten Ausdrücken decken; 



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Oodereprech und Verwandtes. 301 

s. Murray, New Engl. Diction. 1, 490 und Stratmann, Middle-Engl. Diction. 
(new edit. by H. Bradley) unter ascance. Beispiele für letztere Bedeutung 
werden aus Chaucer und anderen Texten gegeben. Sie kann nur ent- 
standen sein durch eino Begriffsvermittlung »quer, verstellt, fälschlich, 
trügerisch«, würde aber unter dieser Annahme auch weiter keine Schwie- 
rigkeit raachen. Die hierher stammenden Ausdrücke können also ur- 
sprünglich nur in schlimmem Sinn gebraucht worden sein; die Belege 
zeigen jedoch, daß sie ihn auch mildern konnten. Was die Etymologie 
betrifft, so wird auch isl. skd »Schiefheit«, ä skd »schräg Adv.« (bei Falk 
und Torp) herangezogen; auch ein jüt. aa-skands (bei Murray ad sk. ist 
wohl Versehen) gleicher Bedeutung finde ich erwähnt. Aber ein engl. 
askance steht anderseits wieder einem nl. als quans oder as quans so 
nahe, daß man dem Versuch einer Vergleichung nicht leicht widerstehn 
wird. In der Tat ist sie, wie man bei Murray sehn kann, gemacht 
worden, ohne jedoch über die Schwierigkeit des sk auf der einen, skw 
auf der anderen Seite hinwegzukommen. Wie man gleichfalls bei Murray 
sieht, haben andere die engl. Wörter mit ital. für »schief, quer* ver- 
glichen. Man gerät mit all den germ. und rom. Wörtern für diesen 
Begriff in ein reines Wirrsal hinein, aus dem sich nicht leicht die ety- 
mologischen Fäden finden. Mir scheint am ersten ein Zusammenhang 
der zuletzt behandelten fläm.-niederl. Ausdrücke mit den engl. -nordischen 
auf der Hand zu liegen, wenn er sich auch wieder schwer genauer be- 
stimmen läßt Soviel wäre zu sehen, daß das anlautende as zum Teil 
volksetymologisch als als aufgefaßt wurde, was ja der Bedeutung nach 
nahe genug lag. Wir hätten also fürs Niedcrl. von einem Stamm skakk 
auszugehn. Es wäre nicht zu verwundern, wenn neben den zahlreichen, 
besonders mit sk anlaut. Formen für »schräg, schief« auch ein skakk be- 
standen hätte. Aber, so weit ich sehe, ist ein solcher bis jetzt nicht 
bekannt geworden. Dagegen stünde ein Stamm skank zu Gebote, der 
mit gr. o'/l&Zu) und weiter mit unserem hinken vorwandt ist; das dazu 
gehörige altisl. skakkr bedeutet »hinkend« und »schief, über eine Seite 
hängend«. Die Begriffe »hinken und »schief, schräg« oder weiter »ver- 
bogen, krumm« werden öfter als etymologisch verknüpft angenommen, 
wie z.B. auch bei hampeln und gr. a^a^ßog »krummbeinig«. Engl, as- 
kant soll dem askance gegenüber *eine jüngere Variante« sein. Trotz- 
dem werden es wohl die Lautgesetze nicht gestatten auch das engl. Wort 
auf einen Stamm skank zu beziehen. Das niederl. *askak f askaks aber 
müßten wir unmittelbar für skandinavisch ansehen, denn im Niederl. 
wird nk nicht zu kk. Für fremden Ursprung spricht indessen auch das 
auf die Präpos. an zurückgehende anlautende a; im Niederl. ist mir diese 
im Engl, und Nord, vorliegende lautliche Entwicklung nicht bekannt. Wir 
hätten es dann wohl mit einem durch skandinavische Matrosen ein- 
geschleppten oder von niederländischen Matrosen aus dem Norden mit- 
gebrachten Ausdruck zu tun. Ob das kakkemik auch noch mit dieser 
Sippe zusammenhängt, hiag dahin gestellt sein. Möglich wäre jedesfalls, 



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Hans Reis. 



daß das anlautende as auf lautlichem Wege verloren gegangen wäre, 
zumal wenn es für as »als« genommen wurde. Aber welche Weiter- 
bildung in dem mt'k steckt, ob auch sie schon entlehnt worden ist oder 
auf heimischem Boden zustande kam, ist vorläufig unklar. Letzteres 
dürfte das minder Wahrscheinliche sein. 

Noch weniger aber weiß ich über wieder einen ganz anderen Aus- 
druck zu sagen, den das neue Wörterbuch der Luxemburger Mundart 
(Luxemburg 1906) als gäzwoHr (Akzent auf der l. Silbe?) adv. >als üb, 
sozusagen« verzeichnet, leider ohne irgend einen Beispielsatz hinzuzu- 
fügen. Das xwoHr könnte wohl xe wäre sein, vorausgesetzt, daß es sich 
lautlich in schwach betonter oder unbetonter Silbe entwickelt hätte. Was 
aber im ersten Teil steckt, ist mir unerfindlich. 

Wir sehen, von wie vielen Seiten die Mundarten mit nur in be- 
schränkter .Weise in die Schriftsprache hineinreichenden Ausdrücken dem 
Begriff »so tuend, sich anstellend als ob« beizukommen suchen. Ich 
vermute, daß die Zahl der Varianten und selbständigen Redensarten aus 
den Mundarten noch sehr vermehrt werden könnte. Ob es damit gelange, 
die vielen Rätsel, die noch bleiben, zu lösen? Auch wer sich meiner 
Ansicht über den Ausgangspunkt der einen und anderen anzuschließen 
vermag, kann im einzelnen noch manchen interessanten Zug umgestal- 
tender und neuschaffender Sprachtätigkeit an diesen merkwürdigen, im 
Süden und Norden gebräuchlichen Redensarten klar legen. Neues Material 
wird die Rätsel wohl noch vermehren, aber die Hoffnung ist darum doch 
nicht ausgeschlossen, daß von einem Ausdruck auf den anderen neues 
Licht fallen und uns dem Ziele näher bringen könnte. 



Die Mundarten des Grossherzogtums Hessen. 

Von Hans Reis. 

Erster Teil: Lautlehre. 

Einleitung. 

In den letzten Jahrzehnten sind die sprachlichen Eigentümlichkeiten 
einzelner Ortsmundarton mannigfach dargestellt worden, dagegen vermißt 
man noch eine zusammenhängende Behandlung der Mundarten eines 
größeren Gebietes. Im folgenden soll nun der Versuch gemacht werden, 
dio Mundarten eines solchen größeren Gebietes, des Großherzogtums 
Hessen, in einer zusammenfassenden Darstellung zu behandeln, und zwar 
in einer für weitere Kreise verständlichen Form auf streng wissenschaft- 
licher Grundlage. 



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Die. Mundarten des Großherzogtums Hessen. 



303 



Das Großherzogtum Hessen zerfällt in drei Provinzen: Oberhessen 
im Norden mit den Kreisen Gießen, Alsfeld, Lauterbach, Schotten, 
Büdingen und Friedberg; Starken bürg im Süden auf der rechten 
Rheinseite mit den Kreisen Darmstadt, Groß-Gerau, Bensheim, Heppen- 
heim, Erbach, Dieburg und Offenbach; Rheinhessen im Süden auf der 
linken Rheinseite mit den Kreisen Mainz, Bingen, Alzey, Worms und 
Oppenheim. Es liegt ungefähr zwischen Lahn und Neckar, zwischen 
Fulda und Nahe. Es setzt sich aus Gebieten zusammen , die in früheren 
Zeiten teils mediatisierten Standesherrschaften (Erbach, Isenburg, Solms) 
gehörten, teils kurmainzisch, kurpfälzisch oder althessisch waren. Die 
heutigen politischen Grenzen des Landes decken sich in keiner Weise 
mit den früheren und fallen erst recht nicht mit Stamraesgrenzen zu- 
sammen. Da aber die Grenzen deutscher Mundarten meist mit Stammes- 
grenzen und vereinzelt auch mit früheren politischen Grenzen zusammen- 
fallen , so ist klar, daß sich die einzelnen Mundartgruppen des Großherzogtums 
durchaus nicht auf das innerhalb der Landesgrenzen gelegene Gebiet be- 
schränken, sondern sich durchweg auch auf Teile der Nachbarländer 
ausdehnen. 

Um den Ursprung der mundartlichen Eigentümlichkeiten zu erklären, 
müssen wir gewisse sprachpsychologische Formeln häufiger auwenden, 
deren Bedeutung wir dem nicht germanistisch gebildeten Leser im 
folgenden kurz erklären wollen. 1 Bedenken wir vor allem, daß nicht 
die Schriftsprache, sondern die Mundarten die Quelle darstellen, woraus 
der Strom der lebendigen Sprache unmittelbar herausquillt. 

Die Sprache wird von Muud zu Mund überliefert; > unbewußt 
spricht ein Geschlecht dem andern die Worte nach« (Weise). Da nun 
innerhalb der Natur vollkommene Gleichheit nirgondwo waltet, so ist 
auch bei demselben Laute die Sprechart des jungen Geschlechtes eine 
andere als die des alten. Zunächst sind diese Abweichungen kaum be- 
merkbar; nach einigen Menschenaltern jedoch wird ein ganz anderer 
Laut entstehen, wenn sich diese Änderungen immer in derselben Richtung 
bewegen. Dies ist aber in der Regel der Fall; denn die Wandlungen 
der Sprache werden durch körperliche und seolischo Eigentümlichkeiten 
hervorgerufen, die durch Vererbung bei den aufeinander folgenden Ge- 
schlechtern ziemlich gleichartig sind, und daher wird das junge Geschlecht 
die Sprache in ganz ähnlicher Weise lernen und abändern, wie es einst 
die Eltern getan haben. 

Man muß hierbei bedenkon, daß die Laute nicht ein abgeschlossenes 
Ganzes darstellen, sondern durch dio Stärke der Hervorbringung, die 
Dauer der Aussprache und die Klangfarbe den verschiedensten Abstuf ungen 

' Die Berücksichtigung solcher Leser ließ es mir wünschenswert erscheinen, 
nicht, wie sonst üblich, das Altdeutsche, sondern die Schriftsprache als Ausgangspunkt 
zu nehmen. Die sprachgeschichtliche Erklärung der I„aute und Formen ist dabei jedoch 
nicht vernachlässigt worden. Aus demselben Grunde wurde von einer besonderen Laut- 
schrift abgesehen. 



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304 



Hans Reis. 



ausgesetzt sind. Schon von demselben Menschen wird ein Laut etwas 
anders als gewöhnlich ausgesprochen, sowohl wenn er nachlässig spricht, 
als auch wenn er sich besonders deutlich ausdrücken will. Um wie viel 
mehr werden nun bei der Nachahmung des Lautes durch andere kleine 
Abweichungen vorkommen ! So erhielt z. B. der Laut a einst eine kleine 
Färbung nach o hin, die nur von einem scharfen und geübten Beobachter 
hätte wahrgenommen werden können. Von dem folgenden Geschlechte 
wurdo diese Färbung verstärkt, eine neue Verstärkung brachte das dritte 
Geschlecht, und so ging es weiter, bis aus dem ursprünglichen a ein 
deutliches o geworden war. 

Wodurch werden aber solche, wenn auch noch so geringen Änderungen 
in don Lauten oder den Lautverbindungen hervorgerufen? Diese Frage 
hat noch keine allgemein anerkannte Beantwortung gefunden; doch dürfte 
sich vielleicht eine Lösung finden, wenn wir untersuchen, welche Umstände 
in der gegenwärtigen Sprache zu gewisson Lautwandlungen führen. 
Nun können wir wahrnehmen, daß. wenn die Betonung stärker oder 
schwächer als üblich ist, auch die Laute kleinen Färbungen oder Ab- 
stufungen unterworfen sind. Es tritt also ein Lautwandel zunächst bei 
einer ausnahmsweise starken oder schwachen Betonung ein. Wir können 
aber zweitens auf den verschiedensten Gebieten des menschlichen Lebens 
eine doppelte Erfahrung machen: Einerseits genügt das Überlieferte dem 
Volksempfinden nicht mehr, und es werden stärkere Töne gewählt; 
anderseits führt Bequemlichkeit oder Nachlässigkeit zur Abschwächu ng 
des Überlieferten. Diese zwei Umstände sind einander schnurstracks 
entgegengesetzt und würden, wenn sie beide überall in gleicher Stärke 
wirkten, einander aufheben und hierdurch am früheren Zustand nicht 
das geringste ändern. Sobald aber eines von beiden, sei es die Stärkung, 
sei es die Schwächung, überwiegt, ist eine Änderung des überlieferten 
Zustandes unvermeidlich. Dies gilt auch in der Sprache für den über- 
lieferten Lautbestand, der also entweder durch Tonstärke oder durch Ton- 
schwäche eine Änderung erfahren kann. Mag eine solche Änderung auch 
nur ganz gering sein; wenn das folgende Geschlecht den Lautwandel in 
derselben Richtung fortsetzt, so kommt es doch schließlich zu einer 
gründlichen Verschiebung des ursprünglichen Zustandes. 

Die Regeln, welche eine solche innerhalb einer bestimmten Zeit 
— gewöhnlich sind es mehrere Jahrhunderte — vollzogene Lautentwicklunp 
aussprechen, heißen Lautgesetze. Diese müßte man nach der Art und 
Weise, wie sich der Lautwandel vollzieht, für ausnahmslos halten. In 
Wirklichkeit weist die Sprachentwicklung aber sehr viele Abweichungen 
von den Lautgesetzen auf; doch sind dies nur scheinbare Ausnahmen. 
Denn die lautgesetzliehe Entwicklung ist in jedem einzelnen Fall voll- 
zogen worden; Umstände ganz anderer Art haben jedoch noch eine zweite 
Form entwickelt, die neben der lautgesetzlichen Form gebraucht wurde. 
Eine von diesen beiden Formen ist unnütz; da nun die Sprache, wie 
all««* Lebend»», Unnützes ausscheidet, so wird entweder die eine oder die 



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Die Mundarten des Großherzogtuins Hessen. 



305 



andere Form beseitigt werden, und bald ist dies die lautgesetzliche, bald 
die andere Form gewesen. 

Wir unterscheiden hauptsächlich drei solcher scheinbaren Ausnahmen. 
Die erste wird durch die Verschiedenheit der Betonung hervor- 
gerufen, also durch denselben Umstand, dem wahrscheinlich der Laut- 
wandel überhaupt sein Dasein verdankt. In einem Worte nämlich, das 
man häufig mit starker Betonung ausspricht, wird sich der gleiche Laut 
ganz anders entwickeln als bei mittlerer Tonstärke oder gar bei Ton- 
schwäche. Bei demselben Worte sogar können wir, wie folgendes Bei- 
spiel zeigt, die Wirkungen dieser Tonunterschiede erkennen. Dem schrift- 
deutschen habe und haben entspricht im Altdeutschen die zusammengezogene 
Form hdn\ aus diesem hän wurde in Hessen durch Tonstärke hun oder 
hauti, bei mittlerer Betonung dem Lautgesetze entsprechend Aon, bei 
Tonschwäche dagegen hart oder hen. Alle diese Formen finden wir in 
unserem Lande; in den meisten Orten hat die starke Form gesiegt, doch 
finden wir auch die mittlere und schwache Form. In einigen Orten 
werden sogar zwei Formen nebeneinander gebraucht, so in Rheinhessen 
das mittlere hon neben dem starken hun und im südlichen Starkenburg 
das starke haun neben der tonschwachen Form. 

Der Mensch lebt ferner nicht uur für sich allein, sondern in Ge- 
meinschaft mit andern. Diese Gemeinschaft erstreckt sich zunächst auf 
die Bewohner desselben Ortes und desselben Kreises, der Verkehr dehnt 
sich aber auch auf den ganzen Volksstamm aus, ja bei den gebildeten 
Ständen umfaßt er Angehörige der verschiedensten Stämme des Volkes. 
Die Sprache des Nächsten ist aber nicht ohne Einfluß auf die eigone 
Sprache, und so wird auch dio Mundart eines Ortes durch die Mund- 
arten benachbarter Orte, z. B. einer nahe gelegenen größeren Stadt, 
in nicht geringem Umfange beeinflußt, daneben aber auch noch durch 
eine den Stamm, das ganze Volk oder wenigstens dio gebildeten Stände 
desselben umfassende Geraeinsprache. Ohne weiteres erhellt nun, daß 
die lautgesetzliche Entwicklung einer Ortsmuudart durch solche Einflüsse 
in mancher Hinsicht geändert werden kann. 

Am meisten zeigt sich die Einwirkung der Nachbarmundarten in 
der Nähe der geographischen Lautgrenzen. So ist z. B. in dem einen 
Gebiete das altdeutsche lange o zu u geworden, in dem andern dagegen 
als o erhalten geblieben. Die Greuzlinie zwischen diesen beiden Gebieten 
müßte lautgosetzlich für alle Wörter, in denen früher langos o vorkam, 
die gleiche sein. In Wirklichkeit ist aber dio Grenzlinie bei dem Worte 
groß eine andere als bei .so, und bei diesem Worte verläuft sie wiederum 
anders als bei wo. Die verschiedenen Lautgebiete werden überhaupt 
weniger durch eine Grenzlinie als durch eine mehr oder minder breite 
Grenzzone 1 voneinander getrennt, und innerhalb dieser Zone kann man 



1 Diese Tatsache hat zuerst Wrudo in .seinen Berichten iiber den Sprachatlas des 
Deutschen Reiches scharf hervorgehoben. Die Berichte Wredes sind von mir ausgiebig 

Zeitschrift für Dooteoh© Mundarten. III. 20 



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306 



naos Reis. 



kaum bestimmen, wo das eine Lautgesetz anfängt und das andere 
aufhört. 

Die dritte scheinbare Ausnahme erblicken wir in der Analogie- 
wirkung. Im Gegensatz zur Lautentwicklung werden nach dem Vorbilde 
vorhandener Formen oder durch Anlehnung an eine bereits bestehende 
Art der Formenbildung neue Formen geschaffen. Beispiele bietet die 
Sprache eines zwei- bis dreijährigen Kindes, das Formen bildet, wie ich 
fälle für ich falle, getut für getan, genehmt für genommen, geseht für 
gesehen, nehmst du für nimmst du. Wenn es nämlich fortgesetzt hört 
gib acht du füllst, so sagt es nach dem Mustor von fällst auch ich fälle, 
und wenn es von leben die Formen lebst, gelebt bildet, warum nicht 
auch von sehen die Formen sehst, geseht und nehmst, genehmt von 
nehmen? Ein Kind hat ja noch nicht alle Formen von den Erwachsenen 
gehört, es hat auch die gehörten nicht alle im Gedächtnis behalten und 
bildet nun nach der Analogie einor ihm geläufigen Formengruppe selb- 
ständig neue Formen, die von den bei den Eltern gebräuchlichen stark 
abweichen. Es ist dies eine sprachschöpferische Tätigkeit, die in der 
natürlichen Beschaffenheit des Menschen ihren Grund hat und nicht etwa 
als das Ergebnis irgendwelcher Überlegung aufgefaßt werden darf. Im 
frühen Kindesalter ist eine solche Neubildung recht häufig, aber selbst 
bei Erwachsenen können wir sehen, wie bei selten vorkommenden Zeit- 
wörtern oft die wunderlichsten Formen gebildet werden. Als die Schule 
noch nicht so wirksam war, wie heute, stand diese Erschaffung neuer 
Formen durch Analogie in voller Blüte, wofür die Sprachgeschichte und 
insbesondere unsere Mundarten eine große Anzahl Beispiele darbieten. 

Die neuhochdeutsche Schriftsprache ist kaum vier Jahrhunderte alt 
und hat sich seit dieser Zeit nur wenig geändert. Auch die Mundarten 
haben ihre wesentlichen Besonderheiten schon damals erhalten ; während 
aber die Schriftsprache die überlieferten Laute möglichst beibehält, 
unterliegen in den Mundarten manche Laute oder Lautverbindungen — 
und zwar auch entgegen dem Einfluß der Schriftsprache — heute noch 
kleinen Änderungen. Wie die Laute, so verändern sich auch die Formen, 
und so entstehen auch neue Formen in den Mundarten, während die 
Schriftsprache streng an den alten festhält Und wie es für einen Ge- 
bildeten zum guten Ton gehört, weder zu laut noch zu leise zu sprechen, 
so begnügt sich auch die Schriftsprache in der Regel mit einer mittleren 
Tonstärke: die Mundart dagegen scheut sich einerseits nicht vor recht 

benutzt worden, besonders zur Feststellung der Lautgrenzen in Hessen. Für ober- 
hessische Mundarten benutzte ich außerdem die mundartlichen Dichtungen von Bindowald. 
Möbius und Weiland, sowie die grammatischen Untersuchungen von Alles, David, Kuaufi. 
Ludolf, Keult. für die starkenbur^ischen Mundarten die Dichtungen von Niebergall und 
Volk und Horns Aufsatz in Volks Odenwald, für Rheinhessen die mundartlichen 
Dichtungen von Biiegleb und Leimig sowie die Abhandlung Erdmauns über die Hitiger 
Mundart. Dazu kommen noch die Arbeiten über beuachbarte badische Mundarten (von 
Heilig, Lenz, Meisinger) und viele kleinere mundartlichen Gedichte. Außerdem habe 
ich mu;h in großem Umfange persönliche Erkundigungen eingezogen. 





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Die Mundarten des Großherzogtums Hessen. 



307 



scharfer Aussprache und kräftiger Betonung, auf der andern Seite neigt 
sie dann wieder zur Bequemlichkeit oder spricht ziemlich nachlassig, so 
daß solche Worte, Silben und Laute, die schon an und für sich geringer 
betont sind, nur ganz kurz oder gar nicht gesprochen werden. Wir sehen 
also im Gegensatz zur Schriftsprache, die sich streng nach dem Her- 
kommen richtet, in den Mundarten alle Kräfte, die im Sprachleben 
wirksam sind, in vollkommener Betätigung. Freiheit der Bewegung, 
größere Ungebundenheit, stets erneute Triebkraft und einfache, aber 
kräftige Natürlichkeit sind unbestrittene Vorzüge der Mundarten. 

Einteilung der Mundarten. 

Die deutscho Spracho zerfällt in drei Hauptteile: niederdeutsch, 
mitteldeutsch und oberdeutsch. Diese Gliederung wurde durch die 
hochdeutsche Lautverschiebung hervorgerufen, die im südlichen Teil des 
deutschen Sprachgebietes Lautveränderungen bewirkte, welche dem Norden 
vollständig fremd blieben. So wurden die urdeutschen Laute p, k, t 
im Inlaut und Auslaut zu f, ch, s; pp und tt im Inlaut zu pf und *, 
p und / im Anlaut ebenfalls zu pf und % gewandelt. Wo dieso Wandlung 
vollständig durchgeführt ist, haben wir oberdeutsches Sprachgebiet, und 
diesem entspricht bei jenen Lauten auch die Schriftsprache; wo die 
Lautverschiebung zum größten Teil vollzogen erscheint, aber der alte 
Lautbestand doch noch hie und da sich zeigt, ist das mitteldeutsche 
Gebiet, während das Niederdeutsche jenen Lautwandel vollständig ab- 
gelehnt und die urdeutschen Laute /, k noch erhalten hat So heißt 
es im Niederdeutschen breken für brechen, bruken für brauchen, faten 
für fassen, /leiten für fließen, gripen für greifen, köpen für kaufen, 
Koopmann für Kaufmann, /nahen für viachen, teilen für zählen, teihn 
für zehn. Die Grenze zwischen dem Niederdeutschen und Mitteldeutschen 
bildet eine Linie, die von West nach Ost verlauft und den Rhein bei 
Düsseldorf, die Fulda nördlich von Kassel, die Elbe nördlich von Witten- 
berg und die Oder .südlich von Frankfurt schneidet. 

Da sich bei der Lautverschiebung das Obor- und Mitteldeutsche 
nicht sehr stark unterscheiden, faßt man beide auch unter dem Namen 
»hochdeutsch« dem Niederdeutschen gegenüber zusammen. Das Volk 
bevorzugt die Ausdrücke »norddeutsch« und »süddeutsch«. Fragen wir 
nach dem am meisten in dio Ohren fallenden Unterschied von nord- 
deutsch und süddeutsch, so finden wir diesen weniger in der oben an- 
geführten Lautverschiebung, als in der Verschiedenheit der Aussprache 
von b, ff, g. In Norddeutsehland werden diese Laute mit einem Stimmton 
gesprochen, insofern bei ihrer Aussprache im Kehlkopf die Stimmbänder 
in Schwingung kommen. In Kiiddeutsehland dagegen bleiben bei diesen 
Lauten die Stimmbänder in Kuhe, und die Aussprache ist härter und 
ohne jeden Stimmton. Da auch bei andern Lauten in Norddeutschland 
die Stimmbänder häufig mitklingen, so hat die norddeutsche Sprache 
etwas Weiches und gleitet sanfter und leichter dahin im Gegensatz zu 

20* 



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308 



Hans Reis. 



der harten, aber kräftigen Sprache des Süddeutschen. Die Sprechart des 
Nordens eignet sich mehr zur leichten, gefälligen Unterhaltung, die des 
Südens zum kunstgerechten Vortrag. Die Grenze zwischen norddeutsch 
und süddeutsch fällt im allgemeinen mit der Grenzlinie zwischen nieder - 
und mitteldeutsch zusammen; nur der Nordwesten des Mitteldeutschen, 
das Ripuarische von Düsseldorf bis Remagen, und der Nordosten, das 
Schlesische, müssen noch zum Norddeutschen gerechnet werden. 

Der Unterschied zwischen mittel- und oberdeutsch besteht darin, 
daß das Mitteldeutsche das alte p erhalten hat, wo die Schriftsprache 
und das Oberdeutsche pf haben, Der Mitteldeutsche sagt nicht Pfeife, 
Pfund, Pfennig) sondern Peif, Pund, Penning; er sagt klobbe für klopfen, 
dabber für tapfer, Knopp für Knopf, hibbe für hüpfen. Die Grenzlinie 
zwischen mitteldeutsch und oberdeutsch schneidet den Rhein südlich von 
Germersheim, den Neckar südlich von Eberbach, den Main westlich von 
Stadtprozelten, südlich von Lohr und westlich von Gemünden, geht von 
da aus nördlich nach dem Rhöngebirge, dann östlich über den Thüringer 
Wald, Elster- und Erzgebirge nach der tschechischen Sprachgrenze. 

Die Mundarten im Großherzogtum Hessen gehören fast durchweg 
zu den mitteldeutschen Mundarten, nur die Exklave Wimpfen liegt auf 
oberdeutschem Sprachgebiet Der westliche Teil des nieder- und mittel- 
deutschen sowie der nordwestliche Teil des oberdeutschen Sprachgebietes 
wird vom fränkischen Volksstamm bewohnt. Da das Fränkische sich also 
über nieder-, mittel- und oberdeutsch ausdehnt, erscheint es geboten, 
auch zwischen niederfränkisch, mittelfränkisch und oberfränkisch 
zu unterscheiden. 1 Zum Oberfränkischen gehört Wimpfen, der übrige 
Teil Hessens liegt auf mittelfränkischem Gebiet 

Das Mittelfränkischo zerfallt in sechs Unterabteilungen: 

1. Das Ripuarische von Düsseldorf bis Remagen ist eine Übergangs- 
mundart zwischen niederdeutsch und mitteldeutsch und hat noch viele 
niederdeutsche Eigentümlichkeiten. Dazu gehört vor allem die Aussprache 
von b, rf, g mit Stimmton, die dem Ripuarischen eine entschieden nord- 
deutsche Klangfarbe gibt Ferner ist das urdeutsche rp nicht zu rf ver- 
schoben, vgl. Dorp für Dorf; man sagt up für auf, dat, trat, dit, H, 
allet für das, icas, dies, es, alles. Außerdem ist das alte lange i, u, ü 
erhalten und nicht in die hochdeutschen Doppellaute et, au, eu verwandelt 
worden; vgl. Wing für Wein, Hus für Haus, hück für heute. 



1 Eine derartige Einteilung und Benennung der fränkischen Mundarten scheint 
mir das Naturgemäße zu sein und auch viel zweckmäßiger als die bis jetzt übliche. Mit 
»mittelfränkisch t bezeichne ich also abweichend von der bisherigen Art der Benennung das 
gesamte mitteldeutsche Gebiet des Frankischen, nicht nur den nordwestlichen Teil des- 
selben. Auch die Bezeichnungen »moselfränkisch« und »rhein fränkisch« halte ich eicht 
für zweckmäßig; denn erste res wird auf einem großen rechtsrheinischen Gebiete gesprochen, 
und die »rheinfränkischo« Mundart ist unter allen fränkischen die einzige, die zu einem 
beträchtlichen Teile in einem nicht zum lihoino gehörigen Flußgebiet (Fulda) ge- 
sprochen wird. 




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Die Mundarten des Großherzogtums Hessen. 



2. Das Westfriinkische hat von allen den genannten ripuarisch- 
niederdeutschen Eigentümlichkeiten nur noch die Formen dat, wat, dit, it, 
allet und erscheint daher, mit dem Ripuarischen verglichen, als durchaus 
süddeutsche Mundart Es umfaßt das Gebiot der Mosel und der unteren 
Lahn, liegt also noch völlig außerhalb Hessens; als Grenzorte im Süden 
und Osten sind Boppard, Liraburg, Hadamar und Westerburg zu nennen. 

3. Das Niederhessische hat von den ripuarischen Eigentümlich- 
keiten nur das alte i, u, ü an Stelle der hochdeutschen Doppellaute ei, 
au und eu und ist daher auch als vorwiegend süddeutsche Mundart zu 
bezeichnen. Es umfaßt zwei Drittel des Regierungsbezirks Kassel, die 
Hälfte von Waldeck und den östlichen Zipfel von Oberhessen mit Lauter- 
bach, Schlitz und Grebenau. Die Südgrenze bildet eine Linie, die sich 
von Fulda aus nach Nordwesten erstreckt und außer Fulda noch die 
Orte Lauterbach, Grebenau, Schwarzenborn, Homberg a. d. Efze, 
Wildungen, Waldeck und Freienhagen umfaßt 

4. Das Oberhessische ist durch die Entwicklung, die der größere 
Teil der urdeutschen langen e und o erfahren hat, von den südlicheren 
Mundarten scharf getrennt. Diese Laute sind bereits im Althochdeutschen 
teilweise zu den Doppellauten ea, ie und oa, uo gewandelt worden und 
entwickelten sich dann in der neuhochdeutschen Schriftsprache zu ü 
und u. Das Niederhessische und ein nördlicher Streifen des Oberhessischen 
haben dieso urdeutschen e und o erhalten; es heißt dort z. B. leeb für 
heb, Deeb für Dieb, goot für gut, Mot für Mut. Diese Eigentümlichkeit 
dehnt sich im Süden bis zu den Orten Laasphe, Biedenkopf, Wetter, 
Rauschenberg, Kirtorf, Herbstein, Soden, Salmünster aus; sie findet 
sich auch im Ripuarischen und manchen niederdeutschen Mundarten, 
z. B. dem Holsteinischen des Klaus Groth. 

Der größere südliche Teil des Oberhessischen umfaßt ein ausge- 
dehntes Gebiet, in welchem jene Laute zu den Doppellauten äi, oi und 
ou geworden sind; also eino Entwicklung, die sich ganz abweichend von 
der mittel- und neuhochdeutschen Schriftsprache vollzogen hat, die sich 
aber auch in einigen niederdeutschen Mundarten, z. B. dem Westfälischen 
und dem Mecklenburgischen des Fritz Reuter, findet Es heißt hier gout 
für gut, MoiU für Mut, Schoul für Schule, Brourer für Bruder, uäi für 
trie, läib für lieb usw. Die Grenze dieses Sprachgebrauches gegenüber 
den südlichen Mundarten zieht sich von Frankfurt aus nach Westen. 
Grenzorte sind im Süden und Westen Soden im Taunus, Hof heim, Epp- 
stein, Idstein, Runkel, Weilburg, Herborn, Dillenburg; im Norden und 
Osten Marburg, Kirchhain, Amöneburg, Schweinsberg, Homberg a. d. Ohm, 
Schotten, Wenings, Wächtersbach, Orb, Seligenstadt, Steinheim, 
Hanau, Sachsenhausen (jedoch nicht Frankfurt). Wenn auch das Ober- 
hessische durch diese Eigentümlichkeit mit den niederdeutschen Mund- 
arten einiges Ähnliche hat, so sind doch seine süddeutschen Besonder- 
heiten so überwiegend, daß es als eine entschieden süddeutsche Mundart 
bezeichnet werden muß. 



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310 



Hans Hei». 



5. Das Binnenfräukischo ist eine Übergangsmundart, die unter 
allen hessischen Mundarten der Schriftsprache am nächsten steht. Die 
niederdeutschen Lautverhältnisse, welche die unmittelbar nördlich liegenden 
Sprachgebiete kennzeichnen, sind geschwunden; hiordurch sowie durch 
die Aussprache des eu wie ei unterscheidet es sich vom Oberhessisch eu 
und nähert sich den südwestdeutschen Mundarten. Die nördliche Grenz- 
linie verläuft von St Goar über den Taunus nach Langenschwalbach zu, 
umfaßt noch Wiesbaden, Hochheim, Frankfurt, Aschaffenburg und trifft 
auf dem Rhöngebirge die oberhessischo und ostfräukische Sprachgrenze. 
Dieses Sprachgebiet erstreckt sich nicht allzuweit nach Süden, besonders 
der westliche Teil ist nur ein recht schmaler Streifen; um so dichter ist 
aber die Bevölkerung, gehören doch die Einwohner der großen Städte 
Mainz, Wiesbaden, Frankfurt, Darmstadt und Aschaffenburg hinzu. 
Die Hauptmasse des Gebietes befindet sich auf der rechten Rheinseite. 
Auf dem linken Ufer liegen nur St. Goar und Mainz mit den allernächsten 
Vororten. 

6. Das Pfälzische erstreckt sich vom Binnenfränkischen bis zur 
oberdeutschen Sprachgrenze im Süden. Es unterscheidet sich von den 
nördlichen Mundarten dadurch, daß die alten sp und st nicht nur am 
Anfang des Wortes, sondern auch im Inlaut und am Wortendo durch- 
gängig zu schp und seht geworden sind. Im Pfälzischen sagt man 
Kaschber für Kaspar, Nescht für Nest, hosekt für hast, koscht für hostet, 
gehseht für gehst, danseht für tanzt. Diese Mundart wird hauptsächlich 
auf dem linken Rhoinufer gesprochen; vom rechtsrheinischen Gebiete 
gehört hierzu im Kurdon nur ein schmaler Streifen von Caub bis Geisen- 
heim sowie im Süden ein Landstrich', der von der Linie Gernsheim am 
Rhein bis Klingenborg am Main sich südlich nach der oberdeutschen 
Sprachgrenze hin erstreckt. Da aber diese Grenze auf der rechten Rhein- 
seito weiter nach Norden zu verläuft als auf der linken, so sehen wir 
klar, daß das Pfälzischo auf dem linken Rheinufer wie nach Norden, so 
auch nach Süden weiter geht als auf dem rechten. 

Vom oberdeutschen Sprachgebiet kommt für das Großherzogtura 
Hessen nur der fränkische Anteil in Betracht Das Oberfränkische 
zerfällt in zwei Hauptteile: südfränkisch und ostfränkisch; im Ost- 
fränkischen finden sich die gerundeten Laute eu, ö, ü wie in der Schrift- 
sprache, das Südfränkische hat jeno durch ai, e, i ersetzt Zum Süd- 
fränkischen gehören Wimpfen und die südlichen hessischen Enklaven am 
Neckar; der entschieden oberdeutsche Charakter der Sprache dieser Orte 
zeigt sich in dem Vorhandensein des zusammengesetzten Lautes pf in 
Pfund, Pfeife, tapfer, klopfe usw. 

Die einzelnen Mundartgruppen verteilen sich auf die hessischen 
Provinzon und Kreise sowie auf die alten Gaue in folgender Weise. 
Von der Provinz Oberhessen gehört die östliche Hälfte des Kreises 
Lauterbach und ein Östlicher Zipfel des Kreises Alsfeld zum Nieder- 
hessischen; diese nordöstliche Spitze der Provinz war früher ein Teil des 



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Die Mundarten des Großherzogtums Hessen. 



311 



Bachgaus. Der übrige Teil Oberhessens, die hessischen Enklaven bei 
Homburg sowio ein schmaler Streifen auf dem linken Mainufer gehören 
zum Oberhessischen. Dieser Streifen am Main umfaßt von der Provinz 
Starkenburg noch die Orte Groß -Steinheim und Seligenstadt, also einen 
kleinen Zipfel des Kreises Offeubach. Der größere nördliche Teil der 
Provinz Starkenburg gehört zum Binnenfränkischen, der südliche zum 
Pfälzischen; der binnenfränkischo Anteil deckt sich ungefähr mit dem 
alten Oberrheingau und Maingau und erstreckt sich vollständig über die 
Kreise Darmstadt und Dieburg, mit geringfügigen Ausnahmen über dio 
Kreiso Offenbach und Groß-Gerau sowio übor das nördliche Drittel der 
Kreise Bensheim und Erbach. Die übrigen Teile der Kreise Benshoim 
und Erbach sowie der Kreis Heppenheim gehören zum Pfälzischen, das 
auf dem rechten Rheinufer ungefähr den alten Lobdengau und die 
Wingartaiba umfaßt In Kheinhessen, im alten Wormsgau und im Nahegau, 
herrscht das Pfälzische fast uneingeschränkt; nur die Stadt Mainz mit 
den zwei rechtsrheinischen und zwei linksrheinischen Vororten gehört 
zum Binnenfränkischen. 

Lautlehre. 

Allgemeine« Uber die Konsonanten. 

Wir unterscheiden unter den Konsonanten drei Gruppen: 1. Dauer- 
laute oder Reibelaute, d. h. Laute, die beliebig lang gesprochen werden 
können; von diesen kommen in den hessischen Mundarten s, seh, f, h, 
ck vor. 2. Augenblickslaute oder Verschlußlaute, die nur einen 
Augenblick gesprochen werden können, wie b, p, d, t, p und k. 
3. Halbvokalo wie /, m, n, r, j und w. 

Nach der Stärke der Hervorbringung unterscheidet man unter den 
Augenblickslauten weiche, mittlere und harte Laute. Die weichen oder 
stimmhaften Laute, bei dereu Aussprache in der Kehle die Stimmbänder 
mitschwingen, finden sich in unsern echten Mundarten nicht. Au ihre 
Stelle treten die mittleren Laute, die ohne Mitschwingen der Stimmbänder, 
aber auch ohne besondere Energie hervorgebracht werden. Das Wesent- 
liche der harton Laute besteht in der Schriftsprache darin, daß sie nicht 
nur mit besonderer Stärke gesprochen werden, sondern auch hinterher 
mit einem scharfen Hauche h versehen sind. In unseren Mundarten 
liegt das Kennzeichen der harten Laute nicht in der größeren Kraft der 
Aussprache, sondern lediglich in dem scharfen Hauch am Schlüsse. 
Dieser scharfe Hauch kann natürlich nur vor Vokalen recht zur Geltung 
kommen. Vor Konsonanten aber unterscheiden sich p, t und k in dor 
Schriftsprache von b, d und y nur durch das Fehlen des Stimmtones 
und die Stärke der Hervorbringung des Lautes. Da uusere Mundarten 
nun weder einen Stimmton noch eine besondere Stärke der Lauterzeugung 
kennen, so können sie also vor Konsonanten zwischen b und p, d und 
/, y und k keinen Unterschied machen. 



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312 



Haos Reis. 



Die Aussprache dieser Laute unterscheidet sich kaum von der 
Schriftsprache. Wir erwähnen hier zwei uralte Erscheinungen, die 
vielleicht auch der Sprechart im Schriftdeutschen nicht fremd sind. Die 
erste betrifft einen Unterschied in der Aussprache der Konsonauten am 
Wortanfauge. hervorgerufen durch den Auslaut des vorhergehenden Wortes. 
Steht nämlich am Ende eines Wortes ein Vokal oder Halbvokal, so wird 
ein das folgende Wort eröffnender Konsonant weicher gesprochen, als 
dann, wenn kein Wort vorhergeht oder das vorhergehende Wort auf 
einen ausgeprägten Konsonant auslautet. In der Verbindung ich hob' dir 
z. B. wird d schärfer gesprochen als in üh bin dir; g in ich geb' ist 
schärfer als in er gibt. Wie alt diese Erscheinung ist, können wir daraus 
sehen, daß sie schon von dem im 11. Jahrhundert lebenden Schriftsteller 
Notker aus St. Gallen erkannt und durch die Wahl verschiedener Buch- 
staben auch in der Schrift zum Ausdruck gebracht worden ist (Notkers 
Anlautsgesetz). 

Diese Unterscheidung ist durch das Streben nach Angleichung be- 
nachbarter Laute entstanden. Die Konsonanten nämlich, die am Wort- 
schlusso immer scharf gesprochen werden, übertragen ihre Schärfe auch 
auf den unmittelbar danach gesprochenen Laut, der eben am Anfang des 
folgenden Wortes steht, dagegen werden Vokale und Halbvokale weicher 
gesprochen, und so folgt auch ein weicherer Laut auf sie. 

Die zweite Unterscheidung betrifft den In- und Auslaut Der 
Konsonant wird unmittelbar nach einem kurzen Vokal schärfer gesprochen 
als nach einem langen. So ist f in gesoffen schärfer als in saufen, in 
schaffen schärfer als in rufen; b ist in ab schärfer als in Weib, ch in 
dem bei uns kurz gesprochenen Buch schärfer als in Baach usw. Auch 
hier können wir das gleiche schon im Althochdeutschen nachweisen. 

Diese Erscheinung ist vielleicht auf folgende Weiso zu erklären 
Der zum Sprechen nötigo Ausatmungsstrom ist nur von beschränkter 
Dauer, und daher steht für die einzelnen Satzteile und auch für die 
einzelnen Silben nur eine begrenzte Sprechzeit zur Verfügung. Wenn 
von dieser Zeit für einen länger auszusprechenden Laut ein ziemlich 
großer Teil in Anspruch genommen wird, so bleibt für den folgenden 
Laut nur wenig Zeit übrig, und dieser wird infolgedessen nur schwach 
oder kurz gesprochen werden können. So folgt auf einen längeren Vokal 
ein kürzerer oder schwächerer Konsonant und umgekehrt auf einen 
kürzeren Vokal ein längerer oder stärkerer Konsonant 

Übrigens sind diese Unterschiede in der längeren oder schärferen 
Aussprache der Konsonanten nicht sehr groß und nur für einen scharfen 
Beobachter wahrnehmbar. Keinesfalls sind sie so bedeutend, daß sie 
hier eines besonderen Ausdrucks durch die Schrift bedürfen. 

Um die Entstehung der in den Mundarten abweichend von der 
Schriftsprache gebrauchten Laute zu erklären, müssen wir auf die in der 
althochdeutschen (800 — 1100) uud mittelhochdeutschen Zeit dafür 
verwendeten Laute zurückgehen. Doch genügt dies nicht immer, da in 




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Dio Mundarten des Großherzogtums Hessen. 



313 



einzelnen Fällen die Mundarten noch auf eine ältere Sprachperiode als 
das Althochdeutsche hinweisen. Daher müssen wir auch eine noch 
frühere Sprache, das Urdeutsche, zur Erklärung hie und da herbei- 
ziehen. Dieses geht in die vorliterarische Zeit zurück; es ist die Mutter- 
sprache des Althochdeutschen und Altniederdeutschen und wird durch 
die vergleichende Betrachtung dieser beiden unmittelbaren Tochter- 
sprachen erschlossen. 

Das sHi riftdeuüwhe pf In den hessischen Mundnrten. 

Wie wir S. 308 gesehen haben, ist im ganzen westmitteldeutschen 
Gebiete der alte Laut p im Anlaut erhalten; im Oberdeutschen, wozu 
von Hessen nur Wimpfen gehört, sowie in der Schriftsprache ist hierfür 
pf eingetreten. Im größten Teil unseres Landes steht also jenes p im 
Anlaut, so in Pcedche für Pfädchen, Paffegaß für Pfaffengasse, Pah für 
Pfalz, Peffer für Pfeffer, Perdche für Pferdchen, pcife für pfeifen, Penning 
für Pfennig, Pund für Pfund, Persching für Pfirsich (aus lateinisch per- 
sicus entstanden), Pool für Pfote, Pdf für Pfühl, Pannekuche für Pfann- 
kuchen, Pingsde für Pfingsten. 

Das anlautende p unterscheidet sich von b durch den scharfen 
Hauch, der unmittelbar auf p folgt Dieser Hauch fällt vor Konsonanten 
weg, und da hiermit das, was in unsern Mundarten b und p unterscheidet, 
weggefallen ist, so unterscheidet sich der Anlaut in Plensje (Pflänzchcn), 
Piaster (Pflaster), plcsdern (pflastern), Pluh (Pflug) nicht im geringsten 
von blau oder Blume. 

Auch im In- und Auslaut fohlt das schriftsprachliche pf. An seiner 
Stelle erscheint im Inlaut der hauchlose, aber infolge der Kürze des 
vorhergehenden Vokals nicht sehr weich gesprochene Augenblickslaut, 
den wir mit bb bezeichnen wollen. Vgl. hibbc (hüpfen), schdobbe (stopfen), 
dabber (tapfer), xabbc (zapfen), Zibltel (Zipfel), xobbe (zupfen), robbe (rupfen), 
Dibbelc/ie (Tüpfelchen), Dibbe (Topf), dribbele (tröpfeln), schlubbe (schlüpfen), 
Dubbe (Tupfen) in der Bedeutung von Tadel (er hat en Dubbe kriegt), 
Krebbel (Verkleinerungsform von Krapfen), Schnubbc (Schnupfen). 

Im Auslaut sowie vor auslautendem / und s tritt wiederum das 
scharfe p für pf ein: z. B. Kopp (Kopf), Zopp (Zopf), Knopp (Knopf), 
Knepp (Knöpfe), hipp (hüpfe), Simp (Sümpfe), Strümp (Strumpf), Strimp 
(Strümpfe), hippt (hüpft), stoppt (stopft), Kopps (Kopfes). 

Bei dem Übergang von der Mundart zur Schriftsprache werdon die 
mundartlichen Laute im In- und Auslaut länger festgehalten als am 
Wortanfang. Ein großer Teil der Bovölkerung sagt wohl noch klobbe 
und Strimp, aber nicht mehr Pund und Perdche. Dies ist darauf 
zurückzuführen, daß bei der ersten Übergangsstufe zwischen Mundart 
und Schriftsprache nur die besonders auffallenden Eigentümlichkeiten der 
Mundart beseitigt werden. Nun werden aber die am Anfang stehenden 
Laute schärfer gesprochen und schärfer gehört, und ein etwaiger Unter- 
schied von der Schriftsprache fällt hier mehr auf. Daher ist es nicht 



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Hans Reis. 



zu verwundern, daß im Anlaut p eher beseitigt wird als im In- oder 
Auslaut 

Aber dieser erste Ersatz für p deckt sich "nicht genau mit dem 
schriftdeutschen Laut Es tritt nicht der Doppellaut pf, sondern ein 
einfaches f ein; man sagt also Flarix für Pflanze, Foot für Pfote, Flicht 
(Pflicht), Fund (Pfund), Fennig (Pfennig). Der Laut pf ist nämlich der 
Mundart völlig fremd, und wenn ein mundartlicher Laut ersetzt werden 
soll, so greift der Sprechende zunächst nach einem in seiner Sprache 
bereits vorhandenen, ihm geläufigen Laute, der dem schriftdeutschen 
wenn nicht gleich, so doch ähnlicher ist als der echt mundartliche Laut, 
und daher kam man erst zu f statt zu pf Dazu kommt noch, daß in 
der Lautverbindung pf das von der Mundart Abweichende in dem zweiten 
Bestandteil f liegt, und dieses f mußte als das unterscheidende Merkmal 
am meisten auffallen. So ist es zu erklären, daß zunächst f, nicht pf, 
an Stelle von p getreten ist 

Die zweite Übergangsstufe zur Schriftsprache brachte nun auch 
Veränderungen des In- und Auslautes. Hierbei trat aber das schrift- 
deutsche pf sofort in seine Rechte ein; denn p hat hier eine Stütze an 
dem vorhergehenden Laute, und wenn nun noch, wie es häufig der Fall 
ist, eine Silbentrennung oder auch nur eine unbedeutende Pause im 
Sprechen zwischen p und f gemacht wird, so tritt p noch mehr hervor. 
So konnto denn für das mundartliche klobbe, dabber und Kopp ohne 
Schwierigkeit klopfe, tapfer und Kopf eintreten. Aber selbst noch als 
hier pf eingetreten war, blieb im Anlaut f erhalten und ist heute noch 
bis in die höchstgebildeten Kreise hinein üblich. 

Wir haben also bei pf zwischen der reinen Mundart und der Schrift- 
sprache zwei Übergangsstufen. Beide weichen im Anlaut sowohl von 
der Mundart als auch von der Schriftsprache ab; im In- und Auslaut 
aber hat die erste Stufe den mundartlichen Bestand gewahrt, und erst 
die zweite Stufe hat hierfür den schriftdeutschen Gebrauch eingeführt. 

Wenn in der reinen Mundart hie und da pf vorkommt, so ist es 
aus der Sprache der Gebildeten in das Volk eingedrungen, z.B. Kampf 
und Krempf (Krämpfe). Das erste Wort ist durch die Schule, das andere 
durch die Ärzte dem Volke mitgeteilt worden. 

Schwächere Aassprache von p, t and k. 

Wir haben gesehen, daß das mundartlicho p ursprünglicher ist als 
pf Wie dieses pf, das zwischen dem Augenblickslaut p und dem 
Dauerlaut f steht, sich ganz naturgemäß aus p entwickelt, kann man 
beobachten, wenn man vorsucht, dem Augenblickslaut p eine gewisse 
Dauer zu verleihen. Ein solcher Versuch wird notwondig dio Bildung 
eines /"hinter p herbeiführen. Eine solche Verlängerung oder Verstärkung 
ist aber im Oberdeutschen seinerzeit unbewußt durch den Trieb ver- 
ursacht worden, den Laut, die Silbe oder das Wort hervorzuheben. 
Allerdings ist diese Verschiebung der Lautverhältnisse zunächst kaum 




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Die Mundarten des Großherzogtums Hessen. 



315 



bemerkbar und führt erst im Verlaufe mehrerer Geschlechter zu einem 
deutlich unterschiedenen Laute. 

Unsero mitteldeutschen Mundarten haben nicht nur nicht das alte 
p zu pf verschoben, sondern weisen überhaupt diesen Trieb nach Ver- 
längerung oder Verstärkung der Laute in geringerem Maße auf. Auch 
bei den Konsonanten p, t und k ist infolgedessen die Aussprache schwächer 
als in der Schriftsprache. Betrachten wir zunächst don Anlaut. 

Die Schriftsprache hat das frühere weiche, stimmhafte d zu dem 
Hauchlaute t verschoben. In unsern Mundarten ging die Verschiebung 
nur bis zu dem stimmlosen d, so daß dieses d an Stelle des schrift- 
deutschen t am Wortanfang in allen deutschen Wörtern steht. Vgl. due 
(tun), tioot (tot), dief(t\ef), Door (Tor), Dier (Tür, Tier), Daibcite (Täubchen), 
Dag (Tag), dausend (tausend), Daiwel (Teufel), Deil (Teil), Dutt (Tüte), 
DippcJie (Töpfchen), Deil (Teil), Deller (Teller), daier (teuer), daufe (taufen), 
dabber (tapfer). 

Der Hauchlaut t erscheint nur in einigen Fremdwörtern, wie Tasse, 
Tee, Tante, Tulpe. Doch haben auch hierfür manche Mundarten, be- 
sonders die südlicheren, den schwächeren Laut d. Zweifellos ist jenes 
/ im Anlaut ein der Mundart ursprünglich ganz fremder Laut; wo er 
sich doch findet, wurde er zuerst von den Gebildeten der Schriftsprache 
entnommen, und später ahmte das Volk die Gebildeten nach. 

Auch für das schriftdeutsche p erscheint in der Mundart im Anlaut 
vielfach das weichere, aber stimmlose b, z. B. Baba (Papa), Babbegei 
(Papagei), Babier (Papier), babbe (pappen, kleben), Bellebeemche (Pappel- 
bäumchen), babbele (päppeln), basse (passen), bassierc (passieren), Beiz 
(Pelz), Beck (Pech), Bensei (Pinsel), Bomaat (Pomade), Bosse (Possen). 
Bump (Pumpo), Bopp (Puppe), bollern (poltern), butxe (putzen), borxele 
(purzeln). Mit Ausnahme der beiden letzten Worte, dio erst neuerdings 
aus den Mundarten in die Schriftsprache eingedrungen sind, sind sämt- 
liche angeführten Wörter fremden Sprachen ontlohnt. 

Warum ist aber bei diesen Lehnwörtern nicht durchweg das den 
Mundarten aus andern Wörtern recht gut bekannte p gewählt worden? 
Zunächst stimmte der fremde romanische Laut nicht völlig mit p überein; 
dann aber sind diese Worte unsern Vorfahren durch Augehörige des an 
Frankreich und Italien angrenzenden schwäbisch -alemannischen Sprach- 
stammes vermittelt worden, und da diesen der Laut p fremd war, ersetzten 
sie ihn durch 6 und überbrachten die Worte in solcher Lautverfassung 
ihren fränkischen und hessischen Nachbarn. Dem entspricht es auch, 
daß in den südlicheren, dem Alemannischen näher gelegenen Mundarten 
b in manchen Wörtern steht, bei denen in nördlicheren Gegenden p ge- 
sprochen wird; so heißt es im südlichen Odenwald Boscht für Post und 
Bulfer für Pulver. 

In einer großen Anzahl von Wörtern steht nämlich auch in unsern 
Mundarten das schriftdoutsche p. Wie fast alle mit p anlautenden 
Wörter, sind es Fremdwörter. Dazu gehören Petter (Pate), Piek (Groll), 



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31G 



Hans Reis. Die Mundarten des Großhorzogtums Hessen. 



gepickt (närrisch, vgl. französisch piquer), Puls, Pidi, Peter, Paul, Punkt, 
pur, Paar, packen, pack' dich, Pandoffcl (Pantoffel), Pulver, Post. Dieses 
p ist nicht ursprünglich mundartlich, sondern erklärt sich, wie oben /, 
aus der Nachahmung der Sprechart der Gebildeten durch das Volk; so 
wurde in den Worten Petter, Paul, Peter der Pfarrer, in den Worten 
pur, Paar, packen der Kaufmann nachgeahmt 

Auch im Inlaut haben die Mundarten schwächere Aussprache der 
Konsonanten als die Schriftsprache; sie weisen auch hier den früheren 
Lautbestand auf, während die Lautverstärkung der Schriftsprache späteren 
Ursprungs ist Hierbei kommen zunächst p und k fast vollständig, t aber 
nur in geringem Maße in Betracht Das nach einem Vokal gebrauchte 
einfache t ist nämlich in unserer Gegend schon im Altdeutschen mit d 
zusammengefallen und hat die eigenartige Entwicklung dieses Lautes zu 
einem Halbvokal, wie wir unten sehen werden, mitgemacht Erhalten 
ist / dagegen, wenn auch mit der schwächeren Aussprache des d, da, 
wo es auf altes dd zurückzuführen ist, so in bidder (bitter), Ladde 
(Latten), Lodder (Lotter), Bedder (Betten), badde für hatten (nützen). 
Ebenso tritt d für nicht verdoppeltes / nach Konsonanten ein; vgl. dich- 
dich (tüchtig), hordich (hurtig), ferdich (fertig), richdich (richtig). 

Wie d für t, so erscheint auch b für p im Inlaut Dem mittel- 
hochdeutschen und schriftdeutschen pp, das sich im Althochdeutschen 
aus bb entwickelt hat, entspricht bei uns durchweg das frühere bb (ohne 
Stimmten), so in klcbbern (klappern), Labbe (Lappen), Schiabbe (Schlappen, 
Pantoffel), läbbern (läppern). Ebenso steht für sp durchweg schb, z. B. 
schbeet (spät), Schbaade (Spaten), Schbatx (Spatz), Schbeck (Speck), 
Schbeicfter (Speicher), Schbiechel (Spiegel). 

Während im Anlaut k in den Mundarten wie in der Schriftsprache 
mit folgendem Hauch gesprochen wird, erscheint im Inlaut k ohne Hauch 
und ist daher von g, wie es bei uns im Anlaut gesprochen wird, nicht 
zu unterscheiden. Vgl. Schdegge (Stecken, Stock), Agger (Acker), Brogge 
(Brocken), schlugge (schlucken), bagge (backen), Begger (Bäcker). Auch 
hier ist gg ursprünglicher als ck. Auch in Fremdwörtern erscheint dieses 
g an Stelle des inlautenden Ä\ vgl. Musigande (Musikanten), Afriga 
(Afrika), Ameriga (Amerika). 

Bei dem Übergang zur Schriftsprache wird die schwächere Aus- 
sprache der Mundart noch in den weitesten Kreisen beibehalten. Selbst 
wer sich besonderer Genauigkeit im Sprechen befleißigt, gebraucht in 
der Regel nur im Anlaut die schriftdeutschen Hauchlaute p und t, behält 
jedoch im Inlaut das mundartliche b, d, g bei. In Hessen ist auch das 
Ohr des Höchstgebildeten für den Unterschied zwischen p, t, k und b, 
d, g im Inlaut fast ganz unempfindlich. 

(Fortsetzung folgt.) 



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Ernst Oöpfert. Beiträge zum obersiichsischen Wortschatz. 317 



Beitrage zum obersächsischen Wortschatz. 

Von Ernst Göpfert. 

1. Aus der Altzellischen Chronik von Knauth. 

In dem anmutigen Talgelände, das sich unterhalb des Städtchens 
Nossen am linken Ufer der Freiberger Mulde erstreckt, liegen inmitten 
parkähnlicher, von hohen Mauern umschlossener Gartenanlagen die Ruinen 
des einst weithin bekannten Klosters Altenzella, das, von dem Wettiner 
Markgraf Otto dem Reichen gegründet, einer der ersten Ausgangspunkte 
für die Besiedelung des Erzgebirges geworden ist Die betriebsamen 
Cisterzienser, die sich 1175 hier niederließen, bewährten ihre wirtschaft- 
liche Tüchtigkeit in der Urbarmachung ausgedehnter Waldbezirke, der 
umsichtigen Verwertung des Bodens zur Anlage von Getreide-, Obst- 
und Weinkulturen und seiner Ausnutzung für musterhafte Viehzucht 
Aber innerhalb der stillen Klosterräume wurden von den fleißigen Mönchen 
Wissenschaften und Künste eifrig gepflogt; ein reges geistiges Leben er- 
blüht insbesondre unter dem als Redner, Forscher und Diplomaten be- 
rühmten Abt Martin von Lochau (1493 — 1522), der als eifriger Förderer 
der humanistischen Studien mit Konrad Celtes, Erasmus von Rotterdam 
und Melanchthon in Verbindung stand. So entwickelte sich im Laufe 
weniger Jahrhunderte das Kloster, dem aus den reichen Erträgnissen 
seiner Ernten und den auf seinem Gebiet entdeckten Silberminen ein be- 
deutender Wohlstand erwuchs, zu einem Mittelpunkt geistiger und wirt- 
schaftlicher Kultur des Meißnerlandes, zu einem der angesehensten Cister- 
zienserklöster Deutschlands. 

Mit der Einführung der Reformation war dem Kloster der Unter- 
gang bereitet; im Jahre 1545 wurde es aufgehoben. Die wertvolle 
Bibliothek wurde mit der Leipziger Universitätsbibliothek vereinigt, die 
Sammlung der Urkunden dem Hauptstaatsarchiv in Dresden zugeführt 

Als die erste zusammenhängende Bearbeitung der Geschichte des 
Klosters ist anzusehen: Des alten berühmten Stiffts-Closters und Landes - 
Fürstlichen Conditorii Alten- Zella an der Freybergischen Mulda Geogra- 
phisch- und Historische Vorstellung: Aus vielen alton bewärten Urkunden, 
auch eigner Erfahrung zusammengetragen und verfasset von Johann Conrad 
Knauthen, Königl. Pohln. und Churfürstl. Sachs. Historico. Dreßden und 
Leipzig. 1721 und 1722. Wie der Verfasser in der Vorrede erklärt, 
hatte er zunächst nur die Absicht, »ein gemeines Stadt- Chronicon« von 
seinem Heimatorte Roß wein »als dem vornehmsten Stiffts- Platz dieses 
alton Zel Ischen Refires zu ediren«. Aus der Fortführung und Erwei- 
terung dieser Ortschronik ist seine Klosterchronik hervorgegangen. Da 
ihm für diese nicht die Hilfsmittel und Unterlagen zu Gebote standen, 
über die spätere Forscher verfügen konnten, so ist er nicht ohne weiteres 
verantwortlich zu machen für die in seinem reichhaltigen, 8 Teile um- 



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318 



Ernst Göpfert 



fassenden Werke vorkommenden Irrtümer, Ungenauigkoiten und Unsicher- 
heiten, die Eduard Beyer in seiner auf gründlichem Quellenstudium 
ruhenden Arbeit: Das Cisterzienser- Stift und Kloster Altenzella. Dresden 
1855 aufgezeigt und berichtigt hat 1 

Knauth behandelt nicht bloß das klösterliche und kirchliche Leben, 
Religion und Kultus, die wissenschaftliche und landwirtschaftliche Tätig- 
keit der Mönche; da sein Buch zugleich die Geschichte der dem Kloster 
benachbarten Städte Nossen und Siebonlehn umfaßt, so erstreckt sich 
seine Berichterstattung auch auf städtische Einrichtungen und Angelegen- 
heiten, das bürgerliche, gewerbliche und Verkehrsleben, Handwerks- und 
Zunftwesen, Verfassungs- und Rechtsverhältnisse sowie auf bemerkens- 
werte Ereignisse der Zeit- und Ortsgeschichto. Demgemäß gehört der 
Wortbestand unserer Chronik den verschiedenartigsten Gebieten an und 
birgt namentlich in den beigefügten Urkunden manche nach Bedeutung 
und Verwendung eigentümliche, der heutigen Sprache entgangene oder 
der Sprache des Volks entlehnte Ausdrücke und Wortformen, die es ver- 
dienen festgehalten zu werden. Die im folgenden dargebotene Aufzeich- 
nung und Zusammenstellung derselben will angesehen werden als be- 
scheidner Beitrag zur Erforschung des obersächsischen Sprachschatzes, 
die durch Dr. K. Müllers verdienstvolle Arbeiten 2 in Gang gekommen 
und erfolgreich weitergeführt wird. 

Aachfahrt f. Bußfahrt nach dem durch seinen Reliquienschatz berühmten 
Münster zu Aachen. 8, 210: Eine Aachfahrt zu unsrer Frauen Münster 
soll er (Totschläger) tun. (1491.) 

Altbund m. die Verbindung des Sparrenworks, d. i. der das Dach tra- 
genden Balken mit den Grundbalken. In der Sprache der Bauleute 
heißt ein Gebäude abbinden: dio Balken desselben ineinander fügen 
und verbinden. 5, 24: Oben darüber (über der Schlaguhr) der Ab- 
bund des Thürnleins. 

Abendbrte f. Abendgesellschaft, die zu einem auf gemeinschaftliche Kosten 
veranstalteten Essen und Trinken im Wirtshause zusammenkommt 
Zu Orte, mhd. ürlr, irtr vgl. Ztschr. 1, 51. — 7, 125: Welche (Bicr- 
Zecho) einen Bier-Gast zu vergnüglicher Abend -Orte au Speise und 
Trank nicht mehr als 2 gl. betroffen. 

Ableschutig f. bildl. Schuld-, Sündentilgung, eig. Ableschung einer Schuld 
im Buche oder auf der Tafel. 8, 152: Zu Ableschung seyner Sünden. 
(1507.) 



1 In anziehender, liebevoller Darstellung hat dio Geschichte des Klosters behandelt 
Hugo Möbius: Gedenkblütter aus Altenzella. Nach den Klosterurkuuden bearbeitet 
Nosseu 1807. 2 Bde. 

* Obel-sächsischer Sprachschatz. Bearbeitet von Karl Müllor- Fraureuth. 1. Heft. 
Dresden 1005. — Sächsische Volkswürter. Beiträge zur mundartlichen Volkskunde von 
Karl Müller- Fraureuth. Dresden 1006. 



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Beiträge zum obersacl isischen Wortschatz. 



319 



abschwören den Urfried, den Eid auf Urfriede oder Urfehde (s. d.) ab- 
legon. 7,43: Mußte (eine böse Frau) ausgestossener harter Schmähungen 
wegen einen hoch- verpönten Urfried gegen die Sonne abschwören. 

abspendig für abspenstig, abtrünnig, von mhd. sjtenen, ahd. spanan locken. 
2, 298: Machten sie (Mönche) denen Leuten ihre Kinder abspendig. 

Abwegunge f. Abdeckung, Hinwogräumung, zusammengesetzt mit mhd. 
wegunge Bewegung. 5, 83; Woferne solcher Abwegunge (Wegnahme 
von Ziegeln) halber die Mauer nicht beschädigt werden mögte. 

Aglaxter f. Elster, mhd. agelater, dgalasträ, erzgeb. äälastr; vgl. Ztschr. 
1, 42. — 1, 42: Raub- und unbrauchbare Vögel, als Dohlen, Aglastom. 

allennännlich, allermcnniklich jedermann, durch aller- verstärktes männig- 
lich dor Kanzleisprache, ahd. allcro manno gilih, worin letzteres zur 
Bezeichnung der Gesamtheit 8, 169: Thun kund allermännlichen. 
8, 171: Von allermenniklichen ungehindert (1470.) 

nilermaßen vollständig, auf alle Art 2, 274: Solches auch hernach aller- 
maßen richtig eintraf. 

Alme f. Albe, weißes Chorhemd der Geistlichen, mhd. albe aus lat alba. 
8, 151: Zwey neue Almen. 

nilsachte nach und nach, eins nach dem andern. 2, 144: Hatten die 
Mönche A. 1524 schon angefangen sich allsachte zu verlauffen. 

Altarist m. ein Priester, der zum Messelesen an einem bestimmten Altar 
verpflichtet ist und von diesem sein Einkommen bezieht; mhd. altä- 
riste Altardiener. 2, 94 : Haben sie einige Presbyteros oder Altaristen 
besoldet 

Altarleute Altardioner, die zu besorgen haben, was zur Beschickung des 
Altars gehört 3, 151: Sind die Altarleute, so auch zuweilen Gottis- 
lüte und Vorstehere geneunet werden, nichts andres gewesen als Ver- 
sorgere des Altar- Geräths und gemeinen Kirchen -Kastens. 

Altreff er ra. bei Knauth gleichbedeutend mit Reffträger, s. d., im Freib. 
Ukb. 1 (1, 210) dagegen ist Altrefeler der Schuhflicker. Nach 6, 101 
Anm. gehören zu den unehrlichen Leuten: Bader, Keßler, Büttel, 
Altreffer (forte Reff träger), Schweineschneidor. 

Ammechtlüte Beamte, Dienstleute, mhd. ambefliule, zu mhd. amltahte, 
ambehte, ahd. ampaht Dienst, Amt. 2, 197: Unsers gnedigen Herrus 
zur Zcellen Ammechtlüte. 

Andacht f. Ausdruck der Ehrerbietung und Ergebenheit in der Eingangs- 
formel von Briefen; mhd. anddht als Titel geistlicher Fürsten. 8, 278: 
Meine Andacht zuvor, Ersamc, günstige Freunde. (1523.) 

Anefdcrn die Voreltern. Vorfahren, zusammengesetzt mit mhd. an; ane 
Großvater, Großmutter; vgl. nhd. Ahnherr, Ahnfrau; im Freib. Ukb. 
(1, 425) in gleicher Bedeutung Altcldern. 3, 29: Da selbiges (Diplom) 
von Aneldeni oder majoribus redet. 



1 Freiberger Uikuudonbucb. Cod. diplom. Sax. Reg. II, 14. 



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320 



Emst Oöpfert. 



Angisser m. Angießer, der städtische Beamte, der die Flüssigkeitsraaße 
auf ihre Richtigkeit zu prüfen hat, mhd. angiexer. 3, 46: 1498 sind 
gekoren und gesatzt worden: Zu Brotschneidern, Fleischschätzern, 
Angissern. 

anlangen bitton, angehen jem. um etwas, eig. an ihn langen, greifen. 
3, 269: Den Kurfürsten um eine gute Anzahl Bau-Stämme anzulangen. 

Anruffer m. der Heilige (Schutzheilige), der um Fürbitte angerufen wird. 
2, 3: Der unter die Calender- Heiligen und Anruffer Rom. Kirche 
versetzte Bischoff Benno. 2, 32: Alle haben ihre besondren patrones 
und Anruffer gehabt 

anwachsend zunehmend, vorgerückt 2, 96: Übergab bey anwachsendem 
Alter sein Residenz- Schloß dem jüngeren Sohne. 

Armuth als Neutr. in der Kollektivbedeutung: die armen Leute wie noch 
heute im 0. -Erzgeb. 2, 303: Kurfürst Moritzens Stiftung vor das Armuth. 

Aspe f. Espe oder Zitterpappel, populus tremula, bekannt durch die bei 
geringster Luftbewegung erzitternden langstieligen Blätter. 1,38: Wald 
mit Weißbuchen, Ahornen und Aspen bewachsen. 

auf fristen Aufenthalt, Schutz gewähren. 3, 464: Der sich untersteht, den 
unruhigen Mann bei euch aufzufristen. 

aufgehen sterben, vergehen, eig. darauf gehen für: verzehrt, vernichtet 
werden. 3, 191: Daß der Pfarrer in der grossen Pest mit aufgegangen. 

anfschofjem aufhäufend übereinander schieben, mhd. schoberen aufhäufen, 
erzgeb. scheew?rti das Heu in Haufen (Schober) bringen. 7, 256: 
Indem sich das Eiß hoch aufschoberte. 

amlnintlig Adj. vortrefflich, musterhaft, von Ausbund — als Muster einer 
Ware außen Aufgebundnes, mhd. üxbündic. 2, 155: Ein ausbündiger 
Literator und Stilist 

ausleichten usluchten für ausleuchten, richten, bestrafen, auch mit Dat 
der Pers : jem. der verdienten Strafe zuführen; im eigentl. Sinne heißt 
jem. aus- oder heimleuchten ihm leuchtend das Geleit geben, bildl. 
ihm die Wege, ihn aus dem Hause weisen, auch Unangenehmes an- 
drohen. 8, 500: Wenn solche Douben geschehen, das haben die Vier- 
Meister auszuleichten. 

ausschalen soviel wie verschalen, bergm. auch verschließen, einen Schacht 
ausschalen = die Wände desselben mit Brettern oder Schwarten 
(Schalen) bedecken, bekleiden. 1, 65: Fahrten in ausgeschaleten 
Schächten. 

ausspolen für ausspalioren, mit Tapeten überkleiden, bei Frisch (2,289a) 
aus- und verspalieren. 8, 222: Eine Holtzwanth ausgespolt und ge- 
kleibt. (1495.) 

auMrüglich Adj. einträglich, gewinnbringend. 3,349: Mag (der Gasthof) 

ein austrägliches Stück Gut gewesen sein. 
haar bei nicht, mhd. l/arbein, mit nackten Beinen. 8, 506: Wer baarbeinicht 

vorkömmt (zur Morgensprache, zum Begräbnis), sol 1 Groschen strafe 

geben. 





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Beiträge zum oberefichsisohen Wortschatz. 



321 



Ballet/ f. Ordensbezirk der deutschen Ritter, mhd. balle aus mlat baüia. 

6, 192: Zwetzen (— Zwätzen bei Jena) hat schon etliche Secula her 

zur Balley Düringen gehört. 
harnen t burnen brennen, md. her neu. 1, 94: Die (ewige Lampe) Tag und 

Nacht sol barnen. (1404.) 1, 72: Vlokkecht Tuch, das sal man burnen. 

(1376.) 

Bedeitunge, Betheydigung f. Verabredung, Vereinbarung, schriftlicher Ver- 
trag; mhd. beteidigunge. 8, 104: Alle diese geschrebenen artikel und 
bedeitunge. 8, 247: Diese Abrode und Betheydigung zwischen be- 
rührten Parteien. (1513.) 

ludrut, bedrowe Adj. betraut, treubewährt, zuverlässig, Vertrauen ge- 
nießend, von rad. trtlwe, dräue, mhd. triuire Zuverlässigkeit, Treue 
und mhd. trüwen, troiven vertrauen. 8, 113: Sich generet und ge- 
halden als frome bedrwto Lüthe. (1449.) 8, 111: Fromme bedrowe 
Lüthe. 

Ikdurfft m. Bedürfnis-, was zum Unterhalt nötig ist, mhd. dürft f. Be- 
dürfnis. 8, 456: Wir die Hauptsumme zu unserm Bedurfft aufzu- 
nehmen gewillt sind. (1572.) 

befahren (prät befahrte) besorgen, befürchten, zusammengesetzt mit mhd. 
raren nachstellen, gefährden. 2, 90: Weil man sich des Orts wässe- 
riger Feuchtigkeit befahrt. 

ftc fällen anfallen, überfallen, beschweren, mhd. bereiten zu Falle bringen. 
6, 150: Ward mit einem kalten Fieber befället 7, 17: Befällete das 
Land eine grosse Theurung. 

liefehlich m. Befehl, mhd. bereleh mit eingesehenem t. 2, 42: Gebieten 
wir Krafft unsers Kayserlichen Befehlichs. 

befehligen befehlen, beauftragen, aus mhd. beleihen, nhd. eingeschränkt 
auf die Bedeutung: das Heer, die Truppe befehligen. 2, 220: (Mandat) 
darinnen jederman befehligt wird. 

beglaubt Adj. Glauben vordienend, zuverlässig. 7, 219: Wie mir viel alte 
beglaubte Leute erzehlt 

BegynnenhoUx n. ein Waldbezirk, benannt nach den Beginen (im Freib. 
Ukb. 1, 46 als bethergnnen, poltrrnonnen aufgeführt) Laienschwestern, 
die ohne Gelübde in Abgeschiedenheit lebten. 3, 393: Das Nonnen - 
Holtz wird in altern Brieffschaften das Begynnenholtz genannt 

Miaut festigen durch Urkunde, Verbriefung sicher stellen; urkundlich 
überweisen; im Freib. Ukb. 2, 278 rerhant festen, von mhd. hantveste f. 
schriftliche Versicherung. 8. 103: Auffs new behantvestiget und be- 
stettiget. (1483.) 

Ikheylirhkrit f. ältere Form für Behaglichkeit, in den Eingangsformeln 
von Briefen die Versicherung der Zuvorkommenheit, Dienstbereitschaft 
ausdrückend; mhd. beheyclic-hcit das Wohlgefallen. 8, 278: Meine 
Andacht samt williger Boheglichkeit zuvor, Ersame, günstige Freunde. 
(1523.) 

Z«»I«chri(t für Dootseh« M.indArton. Hl. 21 



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322 



Ernst Göpfcrt. 



beherbrigen beherbergen, Unterkunft gewähren; von Herbrig für Herberge, 
im östl. Erzgeb. Jierivrie und herwricn (mr is fruit, wemr sei bist 
herwric hol oder: wumr herwricn kon wenn (wo) man seine eigne 
Wohnung hat). 3, 167: Im Siechhause wurden die Kranken beher- 
briget. 

Beherbrigung f. 7, 57: Die Beherbrigung unbekandter und verdächtiger 
Leute. 

behutsam vorsichtig, vorbeugend , verhütend. 3, 353 : Zu behutsamer War- 
nung. 

beifällig beiläufig, gelegentlich. 4,47: Wie schon mehrmals beifällig er- 
wehnet worden. 

Beisorge f. Besorgnis, Verdacht, eig. nebenhergehende Sorge; mhd. In- 
aorge Fürsorge. 7, 338: Ans Beysorge, es möchte eine Gerechtigkeit 
(Privilegium, Vorrecht) draus werden. 

Beiwertigkeit f. Gegenwart, Anwesenheit, entsprechend mhd. btwesen n. 
Beiseiu. 8, 147: In Beiwertigkeit des Raths und der gantzen gemeyne. 

beklemmen bedrücken , ängstigen , quälen , mhd. klemmen zusammenpressen. 
2, 139: Habo der Teufel den Mönch nicht weiter beklemmt 

beniemen mit Namen anführen, namhaft machen; vgl. mhd. niemen, 
Nebenf. von nemmen aus ahd. nemnjan und osterzgeb. beni{msn, i#- 
näämaen. 2, 136: Gleich dem oben beniemten Ludigero. In der fol- 
genden Stelle kann an mhd. beneimen, benuomen (Ablautsform zu 
name, Lex. 1, 182) festsetzen, verheißen gedacht werden. 5, 15: Das 
beniemte Pretium. 

beräumen a) wegräumen, um Verschüttetes wieder aufzudecken. 1, 69: 
Einen so kostbaren Schatz (eine verstürzte = verschüttete Goldkluft) 
aufs neue beräumen; b) lichten durch Baumfällen. 5, 111: Wälder, 
welche die Wenden nur um die Flüsse etwas beräumten. 

Beräumung f. Hinwegräumung. 2, 86: Nach Beräu mutig des angefüllten 
Schuttes. 

bereuten a) bereiten, eine bergbauliche Anlage umreiten, reitend besich- 
tigen zum Zwecke der Abgrenzung und Vermessung. 1, 59: Wie die 
Raths -Personen in Freyberg selbiges bereuten, anweisen und ver- 
messen werden, b) beraiten berechnen, abschätzen; vgl. mhd. reiten 
rechnen und bergm. Hüttenraiter Rechnungsführer. 1, 59: Zu dem 
Stollen sollen sie gehen und bereuten, als (wie) viel Feldes dem 
Stollen eben (passend, dazu erforderlich) ist. 

Bern ff m. Ruf, (Jerücht, Ansehen. 1, 56: Daß die Meißnischen Berg- 
wercke anfangs in keinem sonderlichen Beruffe gewesen. 

bernrig für berührig, rührig. 8, 307: Daß vier Gulden einer berurigen 
frauen und Wärterin gereicht werden. (1530.) 

besage Präpos. m. (Jenit. laut, gemäß, eig. nach Besage, mhd. naeh besagt 
laut Inhalt 3, 304: Mit Genehmhaltung des Herrn Lutheri, besage 
dessen Hand -Briefleins an E. E. Rath. 2, 130: Besago eines ertheilten 
Gunst- Briefs. 



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Beitrage zum obersächsLschen Wortschatz. 



bescheiden oinem etwas überweisen; als Schonkung oder Stiftung letzt- 
willig vermachen. 7, 53: Mußten der Kirche etwas bescheiden. 

beschockt Part- Ad j. mit Schocken (nach Schocken veranschlagten Ab- 
gaben von einem Grundbesitz) belastet 8, 637: Ihre beschockten 
Felder, Aecker und Wiesen. YgL 8, 638: Mit Schocken und andern 
Abgaben oneriert. (1719.) 

besiechen durch Siechtum, Krankheit für etwas büßen, leiden müssen. 
Vgl. bekranken Ztschr. 1, 44. — 1, 189: Daß sie (Magd) es (den Ge- 
spenstorspuk) ihr Lebetage besiechen müssen. 

bcschryen Part-Adj. berühmt, gepriesen, von mhd. beachten ausrufen, 
ins Geschrei, Gerede bringen. 3, 35: Die beschryene Wunderburg. 

bestreichen fließend berühren. 1, 20: Die Bobritzsch-Bach, so das alte 
Zell-Revier bei Krummhennersdorf bestreicht 

bethcidigen, betheydigen, bethey dingen vertragsmäßig festsetzen, verab- 
reden, mhd. beteidingen aus betagedingen. 8, 168: Durch uns bethei- 
diget (1469.) 8, 175: Durch unsem gnädigen Herrn (Abt) bethoy- 
diget (1471.) 3, 348: Ist betheydinget in unser Rathsstoben. 

Betheydiyung s. Bedeitunge. 

betreiben Wiesen und Felder mit Rindern und Schafen beweiden. 8, 433: 
Die Felder und Güter nach Lätare nicht betreiben. (1568.) 

beuten tauschen, mhd. biuten, md. baten. 3, 8: Beutet er mit dem Abt 
zur Zellen und gab ihm dafür (für das Dorf Loßnitz) Kussuwin die 
Stadt 

Bewilligung f. Bewilligung, Genehmigung, schriftliche Zusage, mhd. be- 
icillung neben beivilligunge. 7, 38: Wie die Worte der Bewillung 
lauten. 

beyriitig mit Rat unterstützend, beistehend. 2,273: Hatte Luther Herzog 
Heinrichen beyriitig vorgeschrieben. 

Beyweg m. eine nach derselben Richtung führonde Nebenstraße. 3, 324: 
Weil die Hauptstrasse und Beywege dadurch (Tor) gehet 

bexueken beschuldigen, durch Zotigen überführen, mhd. gezingen, md. ge- 
xitgen; vgl. mhd. gexiue, md. gexue Gesamtheit der Zeugen. 8, 518: 
Als er durch neu Müntz-Dieberey wohl bezuckt worden war. (1626.) 

Birrloose f. Bierlase, irdenes bauchiges Henkeigefaß als Maß beim Ver- 
kauf des Bieres. 7, 176: Wurden die höltzernen Bierloosen ab- und 
dargegen zinnerne Kannen angeschafft 

Bilderblinte f. Bilderblende, Nische, Vertiefung in der Mauer in Gestalt 
eines blinden Fensters zur Aufnahme eines Wandbildes. 3, 276: Zeiget 
sich das heil. Nachtmahl unsers Heylands in einer langgevierten (recht- 
eckigen) Bilderblinte. 

binnen räuml. Adv. innerhalb, mhd. binnen aus bi innen. 1, 3: Fünfferley 
Klöster dieses Nahmens binnen Deutschland. 3, 21 : Binnen und ausser 
der Mauer. 

Uitlich Adv. bittend, bittweise. S, 635: Bittlich Ansuchung thun. (1719.) 

21* 



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324 Ernst Göpfert. 

blecken, plecken entblößen, zeigen, sehen lassen, eig. blicken machen, 
mhd. blecken; im folgenden gleichbedeutend mit blicken, sehen. 
8, 364: Wer Stückwerck wil blecken lassen. (1543.) Davon 

Blecke, Placke f.(?) das, was für den Zunftgenossen entblößt ist, nur 
ihm gezeigt werden darf, vor andern aber zu verbergen ist, so daß 
der Ausdruck soviel wie Handwerks- oder Zunftgehoimnis bedeuten 
und gewisse geheim zu haltende Vorteile und Kunstgriffe bei der 
Ausübung des Handwerks raeinen würde. 8, 364: Wer läßt blecken 
ins Handwergs blecke. (1543.) 8, 502: Auch sol sich kein Meister 
unterstehen, ins Handwercks Pläcke plecken zu lassen. (1623.) 

breit in der Verbindung: breite Groschen, nach Frisch 1, 375b Böhmische 
Groschen, lati Grossi monetae Pragensis. 3, 367: Vor 40 Schock 
breiter Groschen verkaufter Mahlgang. 

Brodtkappel f. Brotschrank, im Osterzgeb. bruudkopl (im Westerzg. bruud- 
olrnet, Ztschr. 1, 42), das zweite Wort durch Verlegung des Haupt- 
tones auf die 1. Silbe hervorgegangen aus Kapelle, das ursprünglich 
ein Gehäuse zur Aufbewahrung von Reliquien bezeichnet 1, 151: 
Eine Kappel mit drey Schlössern. (1505.) 8, 142: Ein verschlossuer 
Kasten, item der verschlossne Tisch, auch die Brodtkappel. 

Brotschneider m. der städtische Beamte, der das Brot nach Beschaffen- 
heit und Gewicht zu prüfen hat, bei Frisch 1, 141a Brotschauer, Brot- 
schätzer. 3, 357: Brotschneider, die das Brodt aufziehn oder wägen, 
auch zur Besichtigung der Güte von innen ein und das andre Brodt 
anschneiden mußton. 

bruchigk, brochig wort- oder vertragsbrüchig, mhd. brüchic. 8, 188: Wer 
daran bruchigk adder überwunden würde. — Welcher deß brochig 
erfunden wurde. (1483.) 

Brudel m. Lache, Pfuhl, eig. Wasserttimpel , worin es brodelt, wallt, iu 
der Jägersprache ein Tümpel, worin das Wild sich abkühlt. 1. 67: 
Wahlen (Italiener), welche man in Wald- und Feldbächen und Brudelu 
mehrmals angetroffen. 

Bnndschafft f. Bund, Genossenschaft 8, 295: Der Bundschafft (Kalands- 
brüderschaft) das Geld unnützlich verzeren wäre uns beschwerlich. 

Carretfie f. leichter Kutschwagen, aus ital. carreta; im Osterzgeb. kureed 
im verächtlichen Sinne für einen gebrechlichen Wagen. 6, 12: Daß 
er zu vornehmen Leuten auf zugeschickten Carrethen wäre abgeholct 
worden. 

Oirckelblatt n. Zielscheibe mit eingezeichneten Kreislinien. 3, 176: Daß 
man ein Fürstlich Geinein -Schiessen mit dem Stahle auffs Oirckel- 
blatt gehalten. 

Clinodien plur. von Kleinod, md. klinodivn, mhd. kleinute. 2, 179: Die 
Stifftischen Clinodien an Golde, Silber, Edelgesteinen und dergleichen 
pretiosis. 



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Beiträge zum obersächsiscben Wortschatz. 



325 



Conrept n. im Sinno von Vorstellung, Bild. 8, 21 : Kann sich der G. L. 
leicht ein Concept formiren, wie es in unserm Alt- Zell -Kloster zu- 
gegangen. 

copeylich abschriftlich, von Copey für Copie; im 17. Jahrh. copeyen, ab- 
copoyen. 1, 15: Dio copeylich beygebrachton Diplomata und andre 
alte Brieffschaften. 

Crabaten ältere Form des Volksnamens Kroaten, die dem im 16. Jahrh. 
erscheinenden Landesnamen Krabaten (eig. dat. pl.) für Kroatien zu- 
grunde liegt 7, 190: Die bestialischen Crabaten. 

Creutxmesserlc plur. Kreuzmesserlein. 7, 62: geweihte, kleine rothe Messer- 
lein, so statt des gewöhnlichen Meister- Zeichens mit f signiret waren 
und dahero Creutz- Messerle genennet wurden. A. 1526 zog einer 
von den Antonicr Herren durch Meissen und lösete viel Gelds, woil 
die Leute beredet waren, als ob sie denen Kindern sehr gut wären, 
selbigen die Beulen zu heilen, wenn sie etwa fielen und creutzweise 
damit gedruckt würden. 

Cijmbelsiicklein n. Klingelbeutel oder Klingelsäckchen , zusammengesetzt 
mit Cymbel, mhd. cymbele in der Bedeutung von Glöckchen. 3, 204: 
Cymbelsäcklein verschiednor Farben. 

Cyrheit, Cyrunge f. Zierde, Schmuck, bildl. als Bezeichnung durch Würde 
und Verdienst ausgezeichneter Personen, mhd. xierheit und xierunge. 
2, 81: Frau Kattorin, des Lands Cyrheit — Begrub man des Lands 
Cyrungo. 

Dank in der Verbindung: einen Dank tun soviel wie zu Willen sein, 
nach jemandes Willen handeln; vgl. mhd. danc in Verbindung mit 
Präp. für Willo, Absicht 8, 169: Doran thut ihr uns einen guten 
Danck. Schluß eines Churf. Mandats von 1469. 

dar Adv. zusammengezogen aus da- (dort-) her. 1, 77: Daß man sich 
des Dachschicfors von dar erholet 3, 219: Von dar weggezogen. 

Daumsecret n. fürstliches Siegel; am Daumen getragner Siegelring; mhd. 
dthnring. 8, 302: Dessen Daumsecret, so dreyschildig und oben drüber 
G. H. Z. S. aufgedruckt ist. 

destertmß desto besser, mehr, Zusammenrückung von dester = mhd. deste, 
mit corapar. Endung dester für desto (ahd. des diu) und baß. 8, 330: 
Das die alten Leute desterbaß möchten geschützt werden. (1536.) 

Deubc, Dube f. Diebstahl, mhd. diube, md. dübe. 7, 255: Wurde grosser 
verübten Deuben halber gehenckt 8, 70: Welcher Meister Dube ver- 
drucken woldo. (1376.) 

dingpflichtig verpflichtet zur Entrichtung von Abgaben, mhd. dingphlihtec. 
6, 53: Die dingpflichtige Mühle. 

Dingstuhl m. wio mhd. dingstuol Gericht, Gerichtebezirk. 6, 109: Dahin 
es (Dorf) zur Kirche und Dingstuhle gehört 

Dornstag die auch bei Luther vorkommende Form für Donnerstag, mhd. 
doners -, donrestac, urspr. der dem Donar heilige Wochentag. 8, 89: 
Den nehisten Dornstag nach Ostern. (1401.) 



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326 



Emst Göpfert. 



Dreißigste n. Bezeichnung der Totenfeier für einen Verstorbenen. Nach 
8, 237 Anm. bestand sie in solennen Seel- Messen, so am 30ten Tage 
nach dem Abschiede des verstorbenen vollendet wurden, dessen Seele 
aus dem Fegefeuer zu erretten vermittelst Vorbitten seiner im Leben 
erwehlten heil. Patronen. 3, 124: Es solle der Pfarrer zum Lohne, 
ein Dreißigstes zu halten, nicht mehr denn ein gut Schock nehmen. 

drümbher Adv. im Umkreise. 1, 12: Nächst drümbher sind von nahm- 
haften Plätzen (folgende) gelegen. 

Ebüch f. Eberesche oder Vogelbeerbaum (Sorbus), dessen Früchte in 
manchen Gegenden Sachsens Ebschbeeren heißen. 1, 38: Mit Weiß- 
buchen und Ebischen bewachsen. 

Egel m. kleiner blutsaugender Ringelwurm, mhd. egete, egel f. 1, 28: Man 
findet hier so kleine Egeln, die man kaum erkennen kann, welche 
sich an die Eldritz-Fische hengen. 

ehehafft gesetzlich, mhd. chaft; ehafte Ursachen rechtsgültige Hindernisse. 
8, 422: Welcher ohne Ehehaff te Ursachen aussen bleibt, sol 5 Pf. er- 
legen. (1567.) 

eJiests Adv. aus ehestes für ehestens, in nächster Zeit. 2, 161: Wird 
vielleicht ehests bekannt gemacht werden. 

einbinden einem etwas einschärfen, mhd. inbinden. 5, 84: Wollest ihnen 
auch einbinden, wohl Acht zu haben. 

eindechtiglich eingedenk, mhd. indachtic, ingedacht in. 8, 75: Ew. Gnaden 
sey wohl eindechtiglich, daß . . (1471.) 

Eingebäude n. die im Innern eines Gebäudes, inbesondre einer Kirche 
zu verschiedenen Zwecken errichteten Bauwerke. 5, 50: Die Ein- 
bäude an Altären, Cantzel, Orgel, Taufstein, Kirchen- Ornat, Glocken- 
geläute und Uhrwercke, Amts-Gestühlen und Empor- Kirchen. 

Eingeschneide n. die mit einer geistlichen Pfründe verbundenen Neben- 
einkünfte, von mhd. tn miden einernten. 3,97: Eingeschneide wie 
der Herr Lutherus ihre accidentien an Opffern, Messen, Ablaß und 
Beichtpfennigen, Testaments- Geldern u. dergl. piis fraudibus nennet 

Eingeweide plur. bildlich für die Schätze im Innern der Erde. Dafür 
1, 50 die unterirdischen Gewächse, ein Ausdruck, der auf dem Glau- 
ben der Bergleute beruht, daß Steine und Erze wachsen. (Ztschr. f. 
d. Wortf. 3, Bein. 184.) 1, Tit. V: Von denen unterirdischen edlen 
Eingeweiden dieser Gegend, Metallen, Mineralien. 

einicherlei irgend ein, auf irgend eine Weise; wie mancher-, violer-, 
allerlei zusammengesetzt mit mhd. lei, Ungc Art. 8, 222: Wo aber 
einicherlei Zwietracht zwischen dein Pfarrer oder Vicarien erwüchse. 



einklciben einfügen und durch Verstreichen mit Lehm oder Ton befestigen, 
mhd. kleiben = klibeti kleben machen; nhd. kleiben als Intrans. noch 
in bekleiben (Laß mich wohl bekleiben. KirchenL). 3, 302: Eine 
kupferne Blase und Kessel in den Ofen eingekleibt 



(1495.) 




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Beiträge zum obersichsischen "Wortschatz. 



327 



Einklopffen n. 8, 155: Neue Calands- Brüder investitiren, welches mau 
Einklopften nennet. Denn so jemand in ihre Bruderschafft auf- 
genommen wird, pflegt man den candidatum fraternitatis mit einem 
weissen Stäblein gar sanfft auf die Schultern zu klopffen, welcher 
sodann sein Antritts-Geld erlegt und von der Fraternität vor einen 
Bruder gehalton wird. 

Einlegung f. Gefangensetzung; vgl. mhd. in legen gefangen legen. 8, 300: 
Mit gefenglicher Einlegung. (1529.) 

einnistein sich einstellen, eindringend sich festsetzen. 7, 181: Als die 
Steigerung des Getreydes wiedorum einnistein wollte. 

Einrat, eynrot ra. Beirat, Zustimmung. 7, 80: Auf der Stände Einrat 
und Vorschlag. 8, 78 : Bestetigen wir mit eyraerote unser Samenunge. 

einschlieren einschleichen, einnisten, von nd. stiren schlüpfen, schleichen. 
7, 118: A. 1574 wollten sich die Calvinisten im Lande einschlieren. 

einsprechen als Gast in einem Hause einkehren; vgl. nhd. vorsprechen. 

2, 189: Gäste, so offters im Kloster einsprachen. 

Einspruch m. Einkehr, Besuch, Zuspruch. 3, 350: Hat (der Gasthof) noch 
bis dato ziemlich starken Einspruch. 

einthun einem etwas vertragsmäßig zur Benutzung überlassen. 3, 370: 
Welcher sie (Mühle) seither gewissen Personen Pachtweise eingetan. 

Einwerfer m. in der Verbindung: Einwerfer des Zankapfels, bildl. Be- 
zeichnung für: Anstifter eines Streites. 8, 465: Redlinsführer und 
Einwerfer des Zanckapfels. (1593.) 

Eldritxe f. Ellerütze, Flußfisch zur Familie der Karpfen gehörig. 1, 25: 
In den beiden Flüssen werden die schönsten Forellen und Eidritzen 
gefangen. 

Elend n. andres Land, Fremde, mhd. eilende, ahd. elilenti; das Elend 
bauen, mhd. dax eilende buicen in der Fremde, im fremden Lande 
wohnen. 8, 577: Müsten wir in euserster Armut das betrübte Elend 
bauen. 

EnderU für Engerling, Maikäferlarve, mhd. engerine, -linc, gleichbed. 
mit anger, enger Kornmade. 7, 155: Haben Würmer, welche man 
Enderle nennt, die. Wurtzeln an der neuen Saat benagt. 

enelend Adj. md. Form für mhd. eilende fremd, aus fremdem Lande 
kommend, Substantiv. Pilger. 3, 347: 1 Schock zu dem cnelenden 
Altar (Altar der Pilger). 

Englischer Schweiß, die zuerst (1486) im englischen Heere, seit 1529 
auch auf dem Festland auftretende Krankheit, bei der sich die Kräfte 
in hitzigem, übel riechendem Schweiße verzehrten; rasch sich ver- 
breitend und nur kurze Zeit an einem Orte wütend, raffte sie Hundert- 
tausende dahin. 7, 66: Hat der sogenannte Englische Schweiß viol 
Volcks befället und weggerafft 

enthalten sich aufhalten, verborgen halten; vgl. mhd. enthalt Aufenthalt. 

3, 385: Darinne (verfallner Burg) sich ein Räuber mit seiner Maitresse 
enthielt 



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328 



Emst Göpfert. 



entstehen wie mhd. entstän und schon got andstandun entgegenstehen, 
gegen jemandes Willen sein. 8, 572: Damit wir dem Herrn Ober- 
Einnehmer nicht gar entstehen. (1643.) 

erarnen durch Arbeit, Mühe verdienen, durch Würdigkeit erwerben, mhd. 
erarnen einernten, verdienen. 3, 413: Reichthumb, don sie vom Tuch- 
und Wollengewebe erarnoten. 3, 205: Daß er (Abt) zum Oberhaupt 
gewehlet ward und dadurch mehr als Gräfliche Dignität erarnete. 

Krbarkeit f. in Anreden an Vorgosetzte, besonders an Porsonen eines 
Stadtregiments. 8,313: Ew. erbarkeit mag füglich wissen. (1530.) 

Erbbereuten n. die unter bestimmten Formalitäten sich vollziehende Ver- 
messung und Umgrenzung eines Erbstollens (des gewissen Stollen ge- 
hörigen Grubenfeldes). Vgl. bereuten. 1, 58: (Schrift) darinnen er 
das Erbbereuten E. E. Rates bestätigt 

erhalten eidlich, durch Eid erhärten; beschwören, mhd. mit dem eitle be- 
halten (Itchaben). 7, 180: Zwey Bürgomoister mußten oydlich erhalten, 
daß sie . . . 

erhungern wio mhd. erhungeren Hungers sterben. 7, 72: Etliche gar er- 
hungern und erfrieren mußten. 

Ersamkeit f. vgl. Erbarkoit; in Roßwein Titel der Tuchmacherzunfi 8, 105: 
Wir bekennen vor eweren Ersamkeyten. (1445.) 

er winden gleich bed. mit mhd. er feinden ermangeln; ablassen von etwas. 
8, 392 : Doran ichs an meynem fleißigen erynnern nicht wil erwinden 
lassen. (1555.) 

Federschleisse f. Ort (Stube), wo junge Leute zum Federschleißen zu- 
sammenkommen, ähnlich wie noch Mitte vor. Jahrh. im östl. Erzgeb. 
in den Spinn- oder Rockenstuben zum Spinnen. 8, 529: Die Feder- 
schleissen, darinnen das junge Volck zusammen laufft, sollen nicht 
gelitten werden. (1632.) 

Fehder, Befehder m. einer, dor Kampf, Streit sucht, mhd. beirhedcr. 
7, 60: Mußte der gefänglich gehalten Fehder einen scharfen Urfried 
abschwören 8, Inhaltsübors. : Befehder. 

Fehmstatt f. die außerhalb der Stadt liegende Richtstätte, mhd. vcnmlait. 
5,27: Das Malefitz -Gericht oder Feh mstadt oberhalb des Städtleins. 
5, 76: Wurde (Brandstifter) auf des Amts gewöhnlichen Richtsatz 
und Fehmstatt verbrannt 

Fernensiechhospiial n. Hospital für die an Test oder Aussatz Erkrankten, 
die sich, wenn sie bettelten, von andern fern halten mußten und in 
abgesonderten Wohnungen untergebracht, daher auch Sondersieche, 
mhd. sundersieche genennt wurden. Das Spital für diese Kranken 
hieß hiernach auch sundersiechenhus. In der Nähe der sächs. Berg- 
stadt Freiberg erinnert noch ein Gasthof Fernesiechen an das ehe- 
malige Hospital. 3, 319: Ein Lazaret, welches vermuthlich nur ein 
Pest- Haus oder Femen -Siech -Hospital gewoson. 



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Beitrage zum obersächsischeu Wortschatz. 



329 



Feuermäuer f. gemauerter Schornstein, Feueresse, mhd. murmüre, im 
östl. Erzgeb. feürmeiw. 8, 597: Sollen die Feuermäuern öffters be- 
sichtiget werden. (169GVi 

Finte f. Kniff, Täuschung, Erdichtung, urspr. Fechterausdruck für einen 
Trugstoß. 8, 309: Nicht geistliche oder weltliche Oewonheit odir 
Gebreucho, Finte, List. (1530.) 

ßschfreßig den Fischen nachstellend und sie fressend. 1, 27: Wird von 
Fisch freßigen Wasser- Geflügel selten etwas verspüret. 

Fledermaus f. kleino schlesische Münze im Werte von drei Pfennigen, 
benannt nach dem mißgestalteten Bilde eines Adlers, das das Gepräge 
zeigte. 7,209: Die schwedischen Dreyer oder sogenannten Fleder- 
mäuse. 

Fleischsehätzer m. der städtischo Beamto, der das Fleisch zu schätzen, 
zu prüfen und den Preis desselben anzusetzen hat, daher auch {Frisch 
1, 276b) Fleisch -Setzer. 3,45: Sind gekoren und gesetzt Avorden zu 
Brotschneidern und Fleischschätzeru. 

Forberg n. Vorwerk, ein zu einem Stift oder Rittergut gehörendes, von 
diesem abgelegnes kleineres Landgut, mhd. vorwerc vor der Stadt ge- 
legnes Gehöfte. Zu -berg für - werk vgl Pumpenberg, Fastberg Ztschr. 
f. ü. Wortf. 3, Beih. 70. — 1, 13: Diese alten resp. Stiffts- Städte, For- 
berge und Dörffer. 

formal Adj. wie etwas seiner äußern Gestalt nach sein soll, mhd. forme- 
lich was die äußre Gestalt wovon hat, ein Vorbild seiner Art ist 
6, 17: Eine formale Stadt ziemlichen Kau nies. 1, 8: Habo ich die 
Gelegenheit des Orts zu einem formalon Feld- oder Wald-Closter viel 
zu eng und unbequem gefunden. 

pirmeln eine Aussage, Versicherung so darstellen, eig. in eine Form 
(Formel) bringen, daß sie glaubhaft erscheint 7, 293: Wie solche 
Leute die Lügen meisterlich zu förmcln wissen. 

Förmeler m. einer der andern etwas vorspiegelt; Betrüger. 7, 63: Weil 
man diesen Förmelern (seil. Wunderdoktoren) alles glaubte. 

Frisirmühle f. Maschine zum Frisieren oder Ratinicron (der Appretur) 
des Tuches; Ratiniermaschine. 1, 31 und 3, 371: Frisir- Mühlen, da- 
rinnen man vermittelst eines umblauffendon Mühl- Rades und zuge- 
höriger Instrumenten gewisse Tuche (sonst Fließ oder Boy genannt) 
auf eine auch viel leichtere und bequemere Art zu frisiren oder auf- 
zureiben pflegt, als etwa vorhin die Tuchscheerer mühsam und kostbar 
in ihrer Werckstatt praestiret 

freyen frei machen, entbinden im rechtlichen Sinne, mhd. vrten, vrigen. 
5, 309: Von dem allen sol uns nicht freyen, fristen noch schützen. 
(1530.) 

Füllemttnd n. Grundmauer oines Gebäudes, Fundament, bayr. Fulment 
aus lat fnlmentum für fuleimentum und fundamentum umgebildet 
(Schm. 1, 715), mhd. fundamunt, fullemunf, fülment, volmunt. 5, 84: 



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330 



Erost Göpfert 



Alte Mauern und Fülleniunde, davon sie sich ziemlicher Steine er- 
holen können. 

Fußknecht m. ein dem Förster unterstellter Forstaufseher, der das Revier 
täglich zu begehon hat; mhd. vuoikneht ein Fußsoldat 4,85: Der 
Fußknecht in der Loßnitz. 

Gabicht m. für Habicht, mhd. habich, hahech. 1, 42: Gabichte oder 
Hol tz- Krähen. 

Gastung f. wie mhd. gastunge Bewirtung, Beherbergung und Verpflegung 
von Fremden. 6, 40: Keine Schencke oder Gastung zu halten. 

gebahnt Part.-Adj. durch Wege zugänglich, gang- und fahrbar ge- 
macht, von mhd. bauen, nhd. bahnen und bähnen (DWb. 1, 1079). 
2, 42: Ländereyen mit Weiden und Trifften, Wiesen, Wasserläufften, 
gebahnten und ungobähnten. 3, 11: Man hat den Most des unge- 
bahnten Weges wegen auf Saumrossen überbracht. 

gedeihen an einen, in den Besitz eines andern übergehen. 3, 310: Bis 
es (Landgut) letztlich kauf weise an die Grafen gediehen. 

Gedreitich n. für Getreide, mhd. geiragide, getreigede, getreide. 8,412: 
Alles Gedreitich, gedroschen und ungedroschen. 

Geflächte n. eine allgemeine Flucht. 7, 189: Ein grosses Geflüchte des 
Stadt- und Land-Volckes. 

Gegenaegn n. Gegenwart, Zugegen- oder Beisein, mhd. gegene f. auch in 
der Bedeutung Gegenwart 8,328: In Gcgenseyn der Achtbaren Herren. 
(1534.) 

Gegenspiel n. Gegenteil, mhd. in gleicher Bed. tridtrspil. 7, 209: Haben 
sie auch vielmahl das Gegenspiel (von Fruchtbarkeit) verursacht 

Gehevgc n. Waldbezirk, wo Wild gehegt wird; mhd. grhege Kollekt zu 
hac Gebüsch, umfriedeter Wald. 1, 38: Das Haupt dieser Wälder 
und der Geheege ist der Zellwald. 

geheegt Part.-Adj. in der formelhaften Verbindung: in gehegter Bank, 
d. i. wie Knauth erklärt: vorm sitzenden Rathe; mhd. gehegete banc 
die abgeschlossene, mit Schranken eingefriedigte Gerichtsstätte. 8, 92: 
In geheegter Banck. (1404.) 

gehling Adj. plötzlich, jäh, im Osterzg. gceleng als Adv. Ztschr. 1, 48; vgl 
mhd. gaeliche Adv. zu gaehe. 2, 149: Die gehlinge Veränderung. 

Geläuffte n. ein allgemeines Laufen, Zulauf von Gläubigen zu einem 
Wallfahrtsorte. 7, 49: A. 1500 ward ein starckes Geläuffte ausm 
gantzen Lande nach Rom. 2, 253: Dahin (nach dem heil. Blut in 
Welsonack) ein großes Geläuffte und göttliche Verehrung angestellet 

Geldspilderung, -verspildemng f. Vergeudung, Verschwendung des Geldes, 
von mhd. verspäten, -spilden unnötig vertun. 6, 72: Anboy der Stadt 
langwieriger Streit und Geld-Spilderungen zugewachsen. 7, 66: Weit- 
läufftige Rechtfertigung und Geld-Verspilderung. 

Gelegenheit f. wie mhd. gelegenJieit in räumlicher Bedeutung, Lage eines 
Ortes. 1, 8: Die Gelegenheit des Orts zu einem Closter zu eng und 
unbequem. 



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Beiträge zun obei-sächsischen Wortschatz. 331 

Geleitshaus n. Haus, in welchem das Geleitsgeld, d. i. die Abgabe er- 
hoben wurde, die für das den Reisenden zur Sicherheit gegen Plün- 
derung beigegebene Geleit zu entrichten war. 7, 39: Welcher ein 
besonderes Geleitshauß selbiger Gegend anlegte. 

gelosen verkaufen von mhd. gelösen los sein, los werden. 4, 42: Ihre 
(der Bäcker) Wahren, so viel sie geloson mögen, zu verführen. 

Gemilbe n. zu Staub Zerriebenes, Zerstoßnes, mhd. gemilwe, gemülle von 
müllen, müln zerstoßen, zermalmen. 2, 90: Pfähle, so bis auff ein 
schwartzes Gemilbe gantz ausgefault 

Genehmfialten, Genehmhaltung für Genehmigung, Bewilligung, zu mhd. 
genaeme Adj. was gern angenommen wird. 2, 85: Wobey auff gnä- 
digstes Genehmhalten der Oberamtmann zugegen gekommen. 2, 269: 
Mit Gonehmhaltung sämmtlicher getreuer Land -Stände. 

Gepränge n. festlicher Prunk, namentlich bei Hochzeits- und Leichen- 
feierlichkeiten, mhd. gebrenge Prunk, Lärm. 2, 102: Bei ihren Leich- 
Bestattungen, Geprängen und Seelmessen. 

Genieß m. Gewinn, Nutzen, mhd. geniex. 3, 349: Trugen die Seel-Bäder 
denen Badern den besten Genieß. 

Gerade f. Geradestück, das nach der ältern deutschen Erbfolgeordnung 
den Frauen und Töchtern zustehende Erbe an weiblicher Kleidung, 
Schmuck und Gerät; mhd. geräde. 8, 162: Wie ein Mann eine Gerade 
nach seines Weibes Todo wegreichen und geben sol. (1404.) 3, 84: 
Die Statuta von Erbfällen, Geradestücken. 

geraum Adj. geräumig, mhd. gerüm. 3, 289: Ist selbiger (Kirchhof) ziem- 
lich frey und goraum. 

Gereiße n. das Drängen um eine vielbegehrte Sache, eine Sache, um 
die man sich reißt. 3, 364: Welches (Bier) als etwas Neues anfäng- 
lich viel Geroiße bekam. 

gerend Part -Adj. unehrlich, d. h. bürgerlicher Rechte und Ehren er- 
mangelnd 1 , eig. begehrend, verlangend wie die Lohn verlangenden, 
begohrenden Spielleute und Sänger, mhd. die gernden, diu gernde 
diet, gertidiu Hute. Als gernde, unehrliche oder anrüchige Leute 
werden 8, 101 bezeichnet: Pfeiffer, Spielleute, Scheff er (Schäfer), Leino- 
webir, Vorsprechor und 8, 111 noch: Lutenschläger, Kesseler (Kessel- 
flicker), Schweyneschneyder. (1431 und 1449.) 8, 101: Von keinerlei 
gerenden Leuten geboren. 8, 102: Keyn gerenden mannis son. 

Gerosei n. rasselndes Geräusch, Getöse, im DWb. Gorüssel; von mhd. 
gerüxen lärmen? 8, 546: Indem oberhalb der Stube ein Gerösel ward. 
(1629.) 



1 Den ihm unverständlichen Ausdruck legt sich der Verf. der Chronik (8, 340 Anm.) 
folgendermaßen zurecht: Dieses in alten Geburths- Briefen vorkommende Wörtlein gerend 
soll so viol bedeuten als unrein und auffstöüig, wie junger Most und Bier, so viel un- 
reifer Hefen bey sich hat, und dahero bevor es vergoren, zum Gebrauch untüchtig ge- 
achtet wird. 



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332 



Ernst GÖpfert. Beitrüge zum obcrsächsischon Wortschatz. 



Gcschrey n. Gerücht von einem unverhofft aufgefundenen Erzlager. (Ztschr. 
f. d.Wortf. 3, Beih. 35.) 3, 19: Weil die Bergleute nach entstandnem 
neuon Geschrey (wie der Bergmann redet) sich dahin gewendet 

Geschähe n. Kollekt zu Schuh, Schuhwerk, Schuhwaren, im Erzgeb. ^r- 
sch{{lo, mhd. geschüelie und geschüehede. 4, 42: Das Geschühe samt 
Ledern und Fellen verhandeln. 

geschwinde, schwind heftig, ungestüm, verderbenbringend, mhd. gesicinde, 
swint. 8,303: Sterbensläufto, so bey euch geschwinde regieren. (1503.) 
8, 354: Die schwinden Laufte des Sterbens. 

Gespenge n. Kollekt. zu Spange, metallner Spangenschmuck an Frauen- 
kleidern, mhd. gespenge. 8, 82: Ir gespenge hot sy gewen. (1385.) 

Gespügnis n. Täuschung, Vorspiegelung, bei Luther (a. d. christl. Ad.) 
Spugniß, von nd. spöken, spoiken scherzen spaßen, nhd. spuken, vgl. 
Spückerei Ztschr. 1, 62. — 8, 585: Solch Gespügnis des Geistes. (1649.) 

Gestreiiffigkeit als Ehrentitel adliger Personen, wofür sonst auch bloßes 
Gestreng (Ew. Gestreng) wie schon mhd. gestrenge tapfer, stark, ge- 
waltig als Epith. orn. des Adels. 8, 405: Sind zu Sr. Gestrengigkeit 
(adl. Hauptm.) zu Gersdorff gesendet worden. (1560.) 

QestrÖde n. Kollekt. zu Stroh, mhd. geströc, geströmre, eig. was man 
streut, was zu Streu benutzt wird. 5, 66: Jahr-Zinß an Getreyde 
und Geströde. 

Gewäclisc für die unterirdischen Schätze. S. Eingeweide. 

Gewandschneider m. Tuchmacher, der seine Tücher ausschneiden, mhd. 
uxsntden nach der Elle abschneiden und verkaufen darf. »Das wol- 
lene Tuch hat man vor Alters absonderlich Want oder Gewand ge- 
heissen und die so in den Städten damit gehandelt Messen an statt 
Tuchhändlcr Gewand-Schneider«. (Frisch 2,421a.) Mhd. gewantsnider 
Tuchhändler. 3,336: Ein Saal, zu Jahrmarckszeiten für die Gewand- 
schnoider dienlich. 

Gcicerre n. wie mhd. gewerre und werre Streit, Zerwürfnis. 5, 5: Daß 
sie darüber ins Gewerre und Befehdung gerathen. 

gewierig Adj. gewährend, bewilligend, goneigt, zu mhd. gewern gewäh- 
ren. 3, 269: Worauf die Resolution gewierig erfolget 8, 573: Wolle 
uns mit gewieriger Antwort versehen. (1641.) 

Gexehe, Gezeihe n., bergm. Gezäh, mhd. gexouwe Werkzeug, Gerät, bei 
den Tuchmachern wie bayr. Gezech, Gezou (Schrn. 2, 1068) der Web- 
stuhl. 8, 363: Wenn ein frembder Weber wolde ein Gezehe setzen. 
(1543.) 8, 501: Welcher Meister Werfften hat auf 3 Gezeihen. (1623.) 

Gift f. Geschenk, mhd. giß von geben; mit Gabe tautol. verbunden 2,9: 
Gros begnadet mit Gab und Gift. 

(Fortsetzung folgt.) 



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Oskar Philipp. Die Bach. 



333 



Die Bach. 

Ein Beitrag zur Geographie der deutschen Mondarten. 

Von Oskar Philipp. 

(Fortsetzung u. Schluß.) 

10. Königreich Sachsen. 

Quellen: 

A. Gedruckte: 

Cod. = Codex diplomaticus Saxoniae regiae. 

Mitt. = Mitteilungen des Vereins f. sächsische Volkskunde, 1897 ff. 
X. A. = Neues Archiv f. sächs. Geschichte. 
N. S. K. = Neue sächsische Kirchengalerie. 

Schön b. G. = Schön burgische Geschichtsblätter, hg. v. Reinhold ITofmann, 1894 ff. 

B. Ungedruckte (sämtlich im Hauptstoatsarchiv 1 zu Dresden): 

Erbb. = Erbbücher der alten kursächsischen Ämter, Rep. XLVII. Benutzt worden sind die 
Erbbücher der Ämter Zwickau (v. J. 1553, Loc. 38117), Stoltberg (1591, Loc. 38078), 
Annaberg (1547, Loc. 37862), Wolkenstein (1550 u. 1591, Loc. 38107) und Grünhain 
(Bd. 1: 1546, Bd. 2a u. b: 1548, Bd. 3au b: 1593, Bd. 4: 1548, Loc. 37950/51). 

Fl. = Flur Verzeichnisse v. 1835 — 42, eingefordert als Unterlage für die Aufstellung eines 
neuen Grundsteuersystoms durch Generalvorordnung v. 7. 1. 1835, aber durchaus nicht 
mehr vollzählig vorhanden. Die von mir benutzten Verzeichnisse (Amtshauptmann- 
schaften ölsnitz, Plauen, Auerbach; Glauchau. Zwickau, Schwarzenberg, Chemnitz, 
Annaberg und z. T. Marienberg) stimmen fast ausnahmslos aus d. J. 1835. 

Fr. = Fragebogen zur Ermittelung der älteren Flurverhältnisse des Königreichs Sachsen, 
im Dez. 1902 von der Kgl. Sächs. Kommission f. Geschichto an alle Stadträte, Ge- 
meindevorstände und Gutsverwaltungen ausgesandt 



War ich bisher fast nur auf abgeleitete Quellen angewiesen , deren 
Mängel ich oft genug recht schmerzlich empfand, so kanu ich in meiner 
engeren Heimat zu meiner Freude — dulcius ex ipso fönte bibuntur 
aquae! — auch aus ungedrnckten Werken schöpfen (s. o.). Hätte ich 
freilich diese Quellen völlig, d. h. für ganz Sachson, ausschöpfen wollen, 
so wären dazu mehrere Jahre notwendig gewesen. Ich habe mich daher 
beschränken zu müssen geglaubt, und zwar auf den Südwesten, das Vogt- 
land und westliche Erzgebirge: durch eine Sammolarbeit von fast zehn 
Jahren hatte ich bereits festgestellt, daß das Maskulinum nur in diesem 
Teile gilt, das Femininum aber im ganzen übrigen Sachsen. Als un- 
gefähre Gronzo hatte ich schon vor Benutzung jener archivalischen 
Quellen eine Linie gefunden, die etwa folgendermaßen verlauft: zwischen 
Crimmitschau (Mask.) und Meerane (Fem.) hindurch über Glauchau nach 
Lichtenstein und Stollberg und von da in derselben südöstlichen Rich- 
tung hinauf an die böhmische Grenze bei Reitzenhain. Es kam nun 
darauf an, diese in vielen Einzelheiten noch recht lückenhafte Grenze 

1 Für das mir bewiesene Entgegenkommen bin ich den Herren Archivrfiten 
Dr. Beschorner und Dr. Brabant zu großem Danke vorpflichtet. 



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334 



Oskar Philipp. 



genauer abzustecken, als es bisher durch Umfrage 1 und mittels der ge- 
druckten Quellen möglich gewesen war. Mit großen Erwartungen machte 
ich mich an die Fragebogon und die Flurverzeichnisse: beide be- 
reiteten mir eine arge Enttäuschung. Von den Fragebogen sind erstens 
eine Menge, wohl die Hälfte, leer wieder eingelaufen, mit wohlfeilen 
Vermerken wie »Besondre Flurnamen nicht vorhanden« ; zweitens fehlt 
bei denen, die wirklich (und oft recht gewissenhaft) beantwortet worden 
sind, unter den Bachnamen meist die Angabe des Geschlechts, oder end- 
lich die Gemeindevorstände haben vielfach das nachweisbar echte Fem. 
der Dorfmundart ins schriftdeutsche Mask. umgesetzt 2 Kaum günstiger 
liegen die Verhältnisse bei den Flurverzeichnissen von 1835: von 
vielen Gemeinden fehlen sie überhaupt, und bei vielen andern hat sie 
ersichtlich nicht der Ortsrichter selbst geschrieben, der doch wohl immer 
ein Eingeborner ist, sondern irgend ein Vermessungsbeamter, manchmal 
vielleicht auch der Schulmeister, kurz Leute, die schulmäßig schreiben 
zu müssen glauben. Gar nicht selten weist die Unterschrift des Orts- 
richters dieselben regelmäßigen, tadellosen Züge auf wie das ganze 
fehlerfreie Schriftstück, so daß man nur annehmen kann, der Steuer- 
beamte habe gleich mit für den des Schreibens ungewohnten Richter 
unterschrieben! So kommt es, daß von dem so umfangreichen Material 
schließlich verschwindend wenig als unzweifelhaft echt übrig bloibt Was 
endlich die Erbbücher betrifft, so sind auch sie für unsern Zweck, so 
unschätzbar sie auch in andrer Hinsicht sind, nur mit großer Vorsicht 
zu benutzen. Dazu mahnen Stellen wie die (Erbb. Stollberg, Bl. 25): 
Von der Oabelentx vndt Oberdorff kommen auch xwene [nicht zwo!) 
buche, vndt eine brich aus dem Querenbache, während vorher (Bl. 8) 
von derselben Hand steht: Die Querenbach . . . Endet im Brunles (Dorf 
Brünlos b. Stollberg). Ähnliches Schwanken begegnet auch in den übrigen 
Erbbüchern so häufig, daß die Ausbeute an einwandfreien Steilen auch 
hier wieder sehr gering ist. Dafür sind aber die drei archivalischen 
Quellen, besonders die Flurverzeichnisse, eine reiche Fundgrube andrer 
Flurnamen, die für die Mundartengeographie von Wert sind, wie Reut 
(Rode), Grün, Brunn (Born), Beunt, Knock, Loh u. dgl., die ich 
in einem spätem Aufsatz zu behandeln gedenke. 

Entsprechend dem bisherigen Gange unsror Untersuchung von (Süd)- 
westen nach Osten beginne ich in Sachsen mit der 

Kreishauptmannschaft Zwickau. 

Sie umfaßt jetzt, seitdem der Osten vor etlichen Jahren als Kreish. 
Chemnitz abgetrennt worden ist, das Vogtland, d. h. die Amtshaupt- 

1 Allen lieben Amtsgenossen und Froundon, denen ich soviel wertvolle mündliche 
oder schriftliche Angaben verdanko, möchte ich auch hiermit meinen herzlichsten Dant 
aussprechen. 

■ Dasselbe gilt von den Mitarbeitern an der N. S. K., die sonst eine recht ergiebige 
Quelle sein könnte. 



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Die Bach. 



33 f> 



raannschaften ölsnitz, Plauen und Auerbach, und das westlichste Erz- 
gebirge (Zwickau und Schwarzenberg), also Gebiete, deren Bevölkerung 
tiberwiegend oder stark oberfränkisch ist. Dem entspricht die Tatsache, 
daß in diesem südwestlichsten Teile Sachsens fast ausnahmslos das 
Mask. gilt. Bei der Unmenge von Belegen nur ein paar Beispiele aus 
älterer Zeit: 

Eichelh-loch (ma. Maaxl\c, amtlich Eichigt), Rebinsruet (Rebersreut), 
Lubetin (Leubetha) dissit des bachis, Hermansgruene (Hermsgrün) dissit 
des bachis 1378, Mitteil, des Altertumsver. Plauen 1884/5, S. CXXX. 
Sämtliche Dörfer liegen in der Amtsh. Ölsnitz. 

dax dritte hus, dax der stat waz kegin den cxaicen (Zaun) obir an 
dem back, da bramrute 1 nume ix VII Schillinge, Urk. des Rats zu Zwickau 
vom 22. 9. 1361 (E. Herzog, Chronik der Kreisstadt Zw., II, 888). 

1 Fischbach der Moritxbach genant (so noch heute, im Stadtgebiet 
aber größtenteils überwölbt) . . fehet sich an des wirts zum dreien 
schwanen zu Zirickau forwerge an 1553, Erbb. Bl. 604. 

Von großer Bedeutung sind die Ausnahmen, insofern sie, im Zu- 
sammenhange mit andern Kennzeichen natürlich, beweisen, daß die Be- 
völkerung selbst des Vogtlandes nicht so einheitlich ist, als man gewöhn- 
lich annimmt In der Amtsh. Ölsnitz ist mir nicht ein einziges Beispiel 
fürs Fem. begegnet, wohl aber im Norden der Amtshauptmannschaften 
Plauen und Auerbach je eins, Christgrün sö. Elsterberg und Lengen- 
feld. Für Christgrün ist das Fem. durch das Flurverzeichnis von 1835 
gesichert: es kommt darin fünfmal vor (die Dorfbach, von der Bach 
u. dgl.), das Mask. gar nicht Bei Lengenfeld kann ich mich nur auf 
das Zeugnis von Verwandten berufen, die jahrelang in dem Städtchen 
gewohnt und immer nur »de Bach, an der Bach« u. dgl. gehört haben. 
Daß der Lengenfelder Chronist F. F. Fickenwirth das Wort als männlich 
gebraucht, ist kein Gegenbeweis: der Verfasser ist Lehrer! Wohl zu 
beachten ist abor, daß ihm einmal (Chronik, 1859, S. 17) doch das Fem. 
entschlüpft: der rechte [Quellbach der Göltxsch] oder die Göhlcnbach! 
So auffällig nun auch die beiden Ausnahmen auf den ersten Blick sein 
mögen, so lehrreich werden sie im Zusammenhange mit andern Wörtern 
von entschieden mitteldeutschem Gepräge. Erstens nämlich findet sich 
im Christgrüner Fl. eine Wiese, die Schuppen wieso (Nr. 129), und ein 
Feld, der Schncppenhügol (234), neben einem Born wieschen (242) und 
Bornackerchen (243), und zweitens liegt dicht nö. Christgrün das Dorf 
Foschenroda und drei kleine Stimdon davon sö. Lengenfeld der Ort 
Niederauerbach: lauter Beweise dafür, daß gerade dieser nördliche Strich 
des Vogtlands ziemlich stark mit nicht- oberfränkischeu Besiedlern durch- 
setzt ist 



1 bramrute läßt sich wohl nur als »Reut (Rodung) mit Brombeergestrüpp« fassen. 
Demnach oin höchst wertvolles Zouguis dafür, dali das Gebiet der vogtl. Reut uoch bis 
Zw. reichte. 



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336 



Oskar Philipp. 



Auch aus der Amtsh. Zwickau sind zwei Ausnahmen anzuführen: 
Waldsachsen (de Bach) ganz im Norden, dicht w. Meerane, und Beutha 
(de Booch) im äußersten Südosten, das Nachbardorf von Oberdorf (de Bach) 
in der Aratsh. Chemnitz. Bei Waldsachsen ist zu beachten die Nähe von 
Niedergrünberg, Guteborn und Pfaffroda, bei Beutha verschiedene 
Nieder-, wie z. B. Niederaffalter, und ein -rode, Alberoda. In der 
Amtsh. Schwarzenberg gilt ausschließlich das Mask., z. B. in Zschortau 
bei Aue (A. Lang, Die Zschorlauer Ma., 1906, §185: bax, m.). 

Kreishauptmannschaft Chemnitz. 
1. Amtshauptmannschaft Glauchau: 

Bemsdorf: es giebt keine Wasserläufe als die Dorfbach. Fr. 
Glauchau: die blaue oder die Lampertsbas-h. 

Gersdorf: Das Fl. bietet an die 60 mal das Fem., z. B. die Hofwiesenbach, 
die Bach, die Wiesenbach , die Dorfbach, die Grenxlmch, die Hcuenidcnbach. 
Daneben allerdings zweimal Mask.: Uber den Bach, den Golbertbach. 

Gesau: Die hiesige einxige unbcdeutemle Dorfbach, die ihr Dasein 
von einigen kleinen Quellen hat, führt keinen hesondern Namen. Fr. 

Harthau nw. Waldenburg: Soll auch die Gemeinde die Bach, die 
ihr eigentümlich zustehet, . . räumen 1697. Mitt LT, S. 215. 

Jorisau, Kertzsch, Remse, Waldenburg: die Bach. 

Langenchursdorf: an der folgen buch, Folgenwiese an der Grcnxbach, 
zwischen der Reichenbacher Bach und No. 62, an der Bach, von der 
Dorfbach u. dgl. Fl. 

Lichtenstoin : die RuiUitxbach. 

Meerane: seine . . zwischen Herrn . . und der hiesigen Bach gelegene 
Wiese 1765, Schönb. G. VI, 179. — die Sei feri Ubach, die Dittrichsbach. 

Anm. Sehr lehrreich ist das Verhalten des zweiten Schreibers (von 
Nr. 328 an) des Fl. von 1836 als Beispiel dafür, wie selbst bei Leuten 
mit Schulbildung die Ma. gern wieder durchbricht. Nachdem er regel- 
mäßig, an die 50 mal, das Fem. geschrieben hat, setzt mit Nr. 1245 
plötzlich das Mask. ein, das nun eine Zeit lang überwiegt: es kommt 
einem fast so vor, als habe ihm ein Schulmeister das ma. Fem. auf- 
gemutzt! Aber zu mächtig ist die angestammte Ma : gar bald kommt 
der alte Adam wieder zum Vorschein, und siegreich behauptet sich das 
Fem. bis zum Schluß (Nr. 1806: zur Bach)! Im ganzen ist das Verhältnis 
so: an die 170 Fem., gegen 55 Mask. 

Niederlungwitz und Reinholdshain: die Buch, die Lungwitz- oder 
die wilde Bach. Oberlungwitz (liegt bedeutend weiter östlich im Lung- 
witzgrunde als Niederl., zwischen beiden liegt St. Kgidien): die Bach, die 
Forellcnbuch. - die Dorf buch, die alte Dorfbach, die Grcnxbach, die 
Goldbach, Fl. des angrenzenden Dorfes Abtei Oberlungwitz. 

Niederschindmaas w. Glauchau: die Bach, Oberschindmaas dagegen: 
der Bach. Hier hätten wir also die Grenze zwischen zwei Dörfern, die 
ganz dicht beieinander liegen! 



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Die Bach. 



337 



St Egidien (auf altern Karten Tilgen, wie noch jetzt ma. T{lcn oder 
T{l{ij f vgl. St. Ilgen b. Heidelberg, ma. Dilja): die Bach, die Tempelbach. 
Schwaben: die Dorf bach. Fl. 

Uhhnannsdorf: Wir haben nur eine Dorfbach ohne besonderen 
Namen. Fr. 

Wünschendorf: die Dorfbach. Fr. 

Im südwestlichen Strich der Amtsh. dagogen gilt das Mask., insbes. 
im Mülsongrunde. Die Grenze fällt etwa mit der Wasserscheide zwischen 
dem Mülsenbach und der Lungwitzbach zusammen. 

2. Amtsh. Chemnitz: 

Brünlos sö. Stollberg: Rüget die Gemeinde ihre Fischbach und daß 
kein Häußler darin macht habe xu fischen 1679, Mitt I (1897 — 99), 
Heft 11, S. 16. 

Burkhardtsdorf: an der Waldbach. Fl. 

Chemnitz: a) Aus dem Chemnitzer Urkundenbuch, Cod. II, 6: S. 9, 12 
zu Kemnicx in der badest üben, di do lit bi der bach 1324, das älteste 
urkundliche Beispiel für Sachsen überhaupt; 60, 13 uf der bach 1401; 
62,13 an der HolcxbacJi 1402; 63,14 bis an der Hylbirsdorffcr (Hilbers- 
dorfor) bach 1402; 63,15 dy bach 1402; 87,39 yn der Holcxbaeh und yn 
der Hill>ersbach 1438; 88,1 yn der Hilbersbach und 88,2 yn der Holcx- 
baeh 1438; 97,13 an der Berlübach 1436; 102,17/18 den covent uff der 
bach 1440; 397 6/7 die Hilberstorffer bach 1493. b) Die Flurvorzeichnisse 
kennen gleichfalls nur das Fem., z. B. mit der Hemsbach, über der so- 
genannten Kappelbach, an der Pleißbach, von der Bach, mit der Hilbers- 
dorfer Bach (Stadt Chomnitz, 1836); an die Pleißltach, von der Waldbach 
(Dorf Schloßgasse vor Ch., 1835); bis zur Kappellmch (»Comuu« Niclas- 
gaßo, 1835); eine Bach, an der Pleisenhach (Dorf Schloßvorwerk Ch., 
1835). c) Noch beute z. B. dio Gablenzbach, die Bernsbach, die 
Kappelbach. 

Erlbach: Ein Teichlein in der hirschpach; ein fisehpcchlein durch 
die wieße vnd jn der hirschpach 1591, Erbb. Stollberg, BL 280. — an 
die Hirschbach, von der Dorfsbach, an der Bach u. dgl., über 100 Stellen 
ausnahmslos Fem. Fl. 

Fichtigsthal (zum Rittergut Mittelfrohna): an die Herrschaftl. Bach. Fl. 

Harthau: ohnweid der Würstnitzbach (so regelmäßig statt Würsch- 
nitz-, entsprechend ma. Wensins = Würschnitz) u. dgl. Fl. 

Hilbersdorf: räinet mit der Dorfbath. Fl. 

Kleinolbersdorf: die Ideine von Attenham kommende Schivarxbacli, 
N. S. K., Ephorie Chemnitz, Sp. 682; nach der Dorfbach 1761, ebenda 
Sp. 687. 

Kandier (Rittergutsanteil): die Dorf bach. Fl. 

Kirchberg: von der Dorfsbach, die Hirschgrundbach, die Steegen - 
bach, die bach. Fl. 

Leukersdorf: die bach ist die Itcnnuny (Rainung), bei der Dorf bach, 
von der Würschnitxbach u. dgl. Fl. 

Zeitschrift für Deutoch© Mundarten. III. 22 



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338 



Oskar Philipp. 



Meinersdorf: Hofwiesen an der linken Seite der Zwönitxbach. Fr 

Niederdorf: die Goldbach. So auch auf der Topogr. Karte des Kgr. 
Sachsen, Bl. Nr. 113 (1875 u. 1886). Schon im Stollberger Erbb., Bl. 24: 
Ein Bechlein die goltbach genandt, Endtspringtt am Ochsenstall, vndt 
geht bis vf der Niederdorff er [Flur] 1591. 

Niederrab enstein: die Dorf bach, mit der Onerizbach, die Forenbach 
u. dgl., im ganzen 27 Fem., immer in den Zusammensetzungen; daneben 
2 mal Mask. beim Gattungsnamen (über den Bach), der offenbar nicht 
volkstümlich ist Fl. 

Reichenbrand: die Steltxendorfer Grenlxbach, die Neukirchner Gretitz- 
bach, die Dörflich, die Bach. Fl. 

Reichenhain: die Bernsbach. Fl. 

Röhrsdorf: an der Bach die Bahre genant, an die Wittgensdorfer 
Grenxbach, von der Dorfbach, an die sog. Forellenbach (in einer Beilage 
von andrer Hand an der Fuhrrällenbach , dreimal), die Waldbach. Fl. 

Rottluff: an der Dorfbach, hinter der Fleisbach. Fl. 

Schönau: an, hinter der Dorfbach. Fl. 

Stollberg: die (Würschnitz) bach. 

Ursprung: von der Lnngwitxer Bach, die Erlbacher Grenz badt, bis 
zur Mittelbacher Grenxbach. Fl. 

Bräunsdorf, Oberdorf, Wüstenbrand: die Bach. 

3. Amtsh. Flöha: 

Frankenberg: Beim Brande 1712 blieben nur stehen 2 Häuser im 
der Faulenbach, . . 1 Haus in der Klingbach. N.S.K., Ephorie Chemnitz. 
Sp. 1418. Noch jetzt die Bach, desgl. in Augustusburg. 

4. Amtsh. Annaberg: 

Arnsfold: die Rauschenbach, die Dorfsbach. Fr. 
Gelenau: von der Dorf bach, die Holxbach. Fr. 
Geyer: die Booch, die Greifenbach. 

Schönfeld: die Greifenbach, die Höllcnbach, eine Dorf bach. Fr. 

Steinbach: an der Rothenbach. Fl. — die Steinbach, die Tiefenbach. 

Tannenberg: (die) Greifenbach, welche in der Nä/ie von (dem) 
Greifenstein entspringt. Fr. — dd boox, A. Lang, Zschorlauer Ma., § 185. 

Thum: booch f., 0. Böttger, Satzbau der erzgeb. Ma., 1904, §68,2; 
74,1,11; 166,2; 178,2. 

Wiesa: die Bach. 

Für die Stadt Annaberg verbürgt mir oin Gewährsmann das Mask., 
das auch für den ganzen Südwesten der Amtshauptmannschaft, z. B. 
Scheibenberg, gilt, wie auch im Süden der Amtsh. Chemnitz, z. R in 
Zwönitz. 

5. Amtsh. Marienberg. 
Blumenau, Pobershau: die Bach. 
Boden: die Bodenbach. Fr. 

Drebach: die Haidelharh (Wald), dir Dreifach, die Krebsltach. Fr. 



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Die Bach. 



339 



Forchheim: die Torf back, die Haselbach. Fr. 
Griesbach: mit der Grundbach. Fr. — die Booch. 
Mauersberg: die Rauschenbach, die Schindelbach. Fr. 
Mittelsaida: die Saydenbach, die Bühlbach. Fr. 
Niederschmiedeberg: die sog. Erdmannsbach. Fr. 
Olbernhau: von der Bach, die Rungstockbach, an der Bärenbach. 
Fl. — Noch jetzt. 

Reitzenhain: die Grentxbach. Fr. — die Bach. 
Rückerswalde : die Fichtenbach, die Scheidebach. Fr. 
Schindelbach: die Schimielbach. Fr. 

Streckewalde: zwischen den Mühlgram (so!) und der Sandbach 
inne. Fl. 

Zöblitz: die Kniesenfxwh, amtlich der Knösenbach. Fr. 

Die Kreishauptmannschaften Leipzig, Dresden, Bautzen 

dürfen wir kürzer behandeln, weil in ihnen tatsächlich nur das 
Fem. — in der Form Bach, wo nicht anders angegeben — vorkommt 
(s. aber die Bemerkung bei Pen ig). Ausdrücklich sollen aber die Orte 
hervorgehoben werden, bei denen Beispiele aus alter Zeit oder für lautlich 
beachtenswerte Formen (pcmxa, ptuixa) vorhanden sind. 

Loipzig. 

1. Rochlitz: Burgstiidt, Oerings walde. 

Chursdorf ö. Penig: des gebrechens halber, der Bach, ßo xu kurß- 
dorff vff die Mole gehet 1528, Seh. Kr. II, 360. 

Penig: die erlen vnd rffer an der Kobe dißhalben der poch gegen 
der Stadt 1485, Sch. Kr. II, 350. — Jetzt: die Gohlbuuche, aber der Silber- 
bach. Man beachte, daß das Mask. an die schriftdeutsche, das Fem. 
an die mundartliche Form geknüpft ist! Von andrer Seite wird mir 
angegeben der Bach. 

Rathondorf: die Baache. Vgl. Geithain und Kohren (A. Borna). 

Rochlitz: die Mordbach. — die Schloßbach, N. A. XXVIII (1907), 
273 u. 285. Dazu S. 286: das sog. »Rachewasscr* speiste auch die Schloß- 
vorstadt. Leider geht hieraus nicht hervor, ob Buche oder Bäche , Baache 
oder Bauche gesprochen wird. 

2. Borna: Geithain: die Bach und Baache. 

Kohren: die Baache, auch in der Bedeutung Brunnenwasser (Baache 
holen). 

3. Grimma: Förstgen, Kössern, Otterwisch. 

Grimma: ein iglich man sal hinder sgnem hoffe und vor synem 
huse sijne bach aytexuehl (Abzugsgraben, in Zwickau f ünntsuxt) adir 
wassirlouft rumen fegen vnd reynigen . . Rem wer die bach svhutcxin 
teil xcu syner notdorfft, der sal sie schutexin mit stro und nicht mit 
miste, Ratsbeschluß 1438, Cod. U, 15, K. 67. 

22* 



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340 



Oskar Philipp. 



4. Döbeln: Döbeln (auch Chronica Dcebelensia, 1727, S.310 u. 361: 
die Top ffer- Bach), Gersdorf, Grünau, Hartha, Marbach, Nossen (die 
Pitsch-, die Eulabach), Neukirchen, Siebenlehn (an der Bach runger). 

Hainichen: salt unten an der Bäche. 

5. Oschatz: Mügeln, Schrebitz sö. Mügeln. 

Dresden. 

1. Freiberg: 

Freiberg: a) Aus dem Freiberger Urkb., Cod. II, 12 — 14: z. B. an 
der Bach 1391 (13, 278); uff der Muncxebaeh 1441 (14, 231); an der 
Ooltbach 1441 (14, 333); an der Wcschbach 1494 (12, 588) &c. — eyne 
bach, die crumpach 1464, N. S. K., Ephorie Fr. 1, 333; die Wikbach 1666, 
2, 145. — die Saubach, die Münxbach. 

Großwaltersdorf: N. S. K., a. a. 0., 1, 490/91. 

Niederschönau: von Dorff aus biß an die Bobrixsch- Bach . . von 
der gedachten Bach an . . in die Bach, Gemoindorügen v. 1665, Mitt 
III, S. 350. 

2. Meißen: Dittmannsdorf, Gauernitz (die Saubach), Lommatzsch, 
Meißen (die Fürstenbach oder der Fürstengraben). 

Niederjahna: dg atvhe ebenig vnd nedewig der bach . . vnd dg icexe 
dg do an der Kaynbuch gelegin ist . . vnd dax stuchchin nedewigk der 
bach . . in der bach . . Auch sal er der bornqwel 1 genißin 1469, Cod. 
II, 4, S. 372. 

Niedermuschütz: reinen sie von der Elbe und der Pfarrbach xtciscJtcn 
Zehren und Nieder- Muschitx . . in der Bach (zweimal), Gemeinderügen 
v. 1668, Kl. III, 623, 629 u. 30. 

Sachsdorf: die Kühbuschbach. 

3. Dippoldiswalde: Hermsdorf, Höckendorf, Holzhau, Lauenstein, 
Rücken hain. 

4. Drosden-Altstadt: Dresden: von der Kacxbach 1362, Cod. 11,5, 
S. 46, desgl. 1395, 1396, 1406; v ff der Kailbach 1458, S. 216. Beim 
jetzigen Geschlecht heißt der Bach meist die Kaitxbach, weil er aus der 
Nähe des Dorfes Kaitz kommt. So schon in der Selbstbiographie des 
Dresdners Chr. Heinr. Schleyer (1751 — 1823) in die vorbei fließende Kaitx- 
bach (zum J. 1760), Dresdner Geschichtsblatter 1907, Nr. 3, S. 160. — 
Dresden -Löbtau, Deuben, Niedersedlitz, Tharandt. 

*■ - « 

5. Dresden-Neustadt: Liegau, Loschwitz, Serkowitz, Ullersdorf. 

6. Großenhain: Großenhain (die Mälbitx-, die Ifopfcnbach), Rade- 
burg, Riesa. Schwepnitz. 

7. Pirna: a) links der Elbe: Bahra b. Langenhennersdorf (die Bnhr- 
baeh, die Steinbach) u. L. selbst (die Dorfbach), Markersbach (das Wasser 

1 Born tritt meist mit Bach f. auf, Bnotn mit linc/i m., aber dio Linio Born- 
Brunn läuft südlicher als die Bocli • Linie. 



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Die Bach. 



341 



der Bach 1670, N. S. K., Eph. Pirna, Sp. 392), Pirna (die Struppenbach 
1017, ebenda Sp. 75). 

b) rechts der Elbe: Lautorbach (die Lauterbach ebenda, Sp. 584), 
»Schandau, Wehlen (die Grundbach). Sebnitz: die Baach; die Sdeymxt 
< Steinbach 1592/93, A. Meiche, Dialect der Kirchfahrt S. (1898), S. 07. 
Vgl. ferner von demselben Verfasser den Artikel »Die Sebnitzbach und 
ihre Namen., X. A. XVIII (1897), S. 108 ff. 

Bautzen. 

1. Bautzen: Pommritz. 

2. Lübau: Oppach (B. Pfeiffer, Die Oberlausitzor Ma., wie sie in 
0. und Umgegend gespr. wird [1901], S. 7), Oberoderwitz. 

3. Zittau: Großschönau (die Baach), Zittau. Seifhcnnersdorf: jxiaxL 
R. Michel, Die Ma. von S., 1889, S. 7. 

Aus unsrer Zusammenstellung ergeben sich folgende 

(«renzpnnkte: 

Waldsachsen, Niederschindmaas, Glauchau, St. Egidien, Lichtenstoin, 
Oberdorf b. Stoilberg, Beutha, Brünlos, Geyer, Tannenberg, Wiesa, Ant- 
feld, Steinbach, Reitzenhain. 

Bei sämtlichen Orten außer Brünlos (1679) stammen die Belege 
aus der Gegenwart, bei Steinbach der eine aus dem Jahre 1835. Ob 
sich die Grenze gegen früher irgendwo verschoben hat, läßt sich bei 
dein Mangel völlig einwandfreier Zeugnisse aus älterer Zeit nicht ent- 
scheiden. Lassen sich die Lücken zwischen manchen der obigen Grenz- 
orte noch ausfüllen, so wird vielleicht hie und da eine kleine Verschie- 
bung eintreten, im wesentlichen wird sich aber der Verlauf der Grenze 
dadurch kaum ändern. 

Ob sich unsre Bach- Grenze in ihrer ganzen Länge mit alten Terri- 
torial- oder mit kirchlichen Grenzen deckt, diese Frage möchte ich noch 
offen lassen. Erwähnen will ich aber folgenden Umstand. In der 
Stiftungsurkunde der Zwickauer Marienkirche v. J. 1118 wird als Ost- 
grenzc des neuen Kirchsprengeis der Miesenbach 1 ausdrücklich genannt. 
Ist es nun Zufall, daß zwischen ihm und der nahen Lungwitzbach (s. o. 
S. 336) die Bach- Linie läuft? 

Was die Laut formen des Wortes Bach betrifft, so sind uns in 
Sachsen folgende begegnet: 

1. Das schriftdeutsche Bach mit kurzem a oder ä. Es gilt für das 
Gebiet des Mask., den Südwesten, ausschließlich, und im größten Teil 
des übrigen Sachsens. Daneben treffen wir, aber in beschränktein Um- 
fange, folgendo weibliche Formen mit langem Vokal: 

2. Baach, in der südl. Oberlausitz einschließlich Sebnitz, dessen 
Ma. der Oberlausitzer nahe verwandt ist. 

' ab Oriente rivulum Milsenam dictum a capile suo usque deseeosum oius in Mul- 
dam, Cod. I, 2, 45. 



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342 Oskar Philipp. 

3. Booch, im westlichen Erzgebirge (Beutha, Geyer, Tanuenberg, 
Thum, Griesbach). 

4. Baache: Geithain, Kohren und Rathendorf. 

5. Bauche: Penig (s. d.). 

Aus der Verschiedenheit dieser imter 2 — 5 genannten Formen auf 
die Stammeszugehörigkeit der Besiodler schließen zu wollen, wäre bei 
der geringen Zahl unsrer Belege gewagt und verfrüht. Wenn ich 
trotzdem bei Kohren, Geithain und Rathendorf eine schüchterne Vermu- 
tung äußere, so tue ich es nur, weil ein merkwürdiger Umstand dazu 
ermutigt. Kohren liegt nur zwei Stunden w. Rathendorf und ebensoweit 
sw. von Geithain, und zwei gute Stunden weiter südlich finden wir das 
altenburgische Dorf Fleinmingen. 1 Hier hätten wir also ein unmittel- 
bares Zeugnis für flämische Besiedlung, die sich urkundlich zwar nicht 
für diese Gegend belegen läßt, wohl aber für einen nördlichem Teil 
Westsachsens, die Wurzener: 1154 weist der Bischof von Würzen flan- 
drischen Einwandrern das Dorf Coryn an, d. i. Kühren sö. W. (. . sire- 
nuos viros ex Flandrensi provincia advcntantes . ., Cod. II, 1, S. 52). 
Könnte sich nun unser Baache mit seinem hellen a nicht unter dem Ein- 
fluß eines niederfränkischen *beke (holländisch beek f.) entwickelt haben? 

11. Schlesien. 

Nur Fem., nach K. Weinhold, Proben aus dem schlesischen Wörter- 
buche (Mitt der Schles. Ges. f. Volksk., Heft 7 [1900], 8. 25) die Bache 
oder die Baache. Als Beispiele für Bachnamen nennt er die Katxbach; 
die Krahbach, Rehbach, Tschirnitxbach, Nebenflüsse des Bobers. 

Aus dem Cod. dipl. Lusatiae superioris II, 1 (1896 — 1899) und 
2 (1900-1903): 

• 1, 279: in der Schar by der Stingbach 1426; 2, 142: ober dy Sting- 
bach obir xu der mol obenwenig Muskow 1430, dazu die Anmerkung: 
Steinbach a. d. Neiße n. v. Rothenburg, die Form Stincbach findet sich 
z. B. auch 1405 im Görlitzer Uber rocat. 44b. Ferner 2, 720 xnr Stin- 
ke (n)bach und 2, 729 xnr Stincbach, beide um 1430. 

Aus dem Urbaritim der Grafschaft Glatz von 1571 (Vierteljahrs- 
schrift zur Gesch. der Gr. Gl. III [1883/4], S. 77): Ein Wasser, die Mühl- 
bach genannt, welches in die Biete fällt 

Ober-Gostitz (im nordwestlichsten Winkel von österreichisch Schle- 
sien, dicht an der preuß. Grenze): 1)6 is doch atme Bäche, die runder- 
kummt, Mitt. (s. o.), S. 72. 

12. Niederdeutsch Beke. 

Aus dem niederdeutschen Sprachgebiet kann ich nur etliche ge- 
legentlich gefundene Belege beibringen, da eine planmäßige Durch- 
forschung gar nicht in meiner Absicht lag. 

1 12t»l Vlemingen. Ein anderes Flemmingen liegt ein gut Stück weitur nach NO., 
dicht bei Hartha (A. Döbeln). 



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Die Bach. 



■m 



W. = J. Orimra, Weistümer, hier nur 3. Teil (1842). 

A. = \V. Arnold, Ansiedelungen und Wanderungen deutscher Stämme, 1875. 

Westfalen und Hannover.. 

Fem. Dytt sind die hoff es luide des hoff es von Hatlneggen (Hat- 
tingen s. Bochum), . . Jorgen in der Ilaselbeck, . . Johan in der Stry- 
beck, . . Johan in der Lembeck, 16. Jahrh., W. 49. 

Grenze des Westrenwaldes (Westerwald nö. Warendorf a. d. Ems): 
an der becke (2 mal) . . die becke entlanges (3 mal), 1682, W. 125. 

Urteile zum Sandweü (6 St w. Münster): auf einer becke . . gegen 
der becke . . die becke, 1566—85, W. 135. 

Hölting über den Oümmerwald (nw. Hannover): bis auf die Lahn 
der bakc, die bakc bis auf das iveiße crcuze, . . da die beck an den Valt- 
liegen lauft, die becke uf t 1605, W. 287. 

Münder sw. Hannover: went in den Wellerborr en , die beke dall . . 
uff der linken hand der beke . . dorch Sersen de bcek also henauff ivente 
in den Wellenborren , ohne Jahr, W. 298 f. 

Mask. Barskamp. ö. Lüneburg: van dem beke by Chatemyn, ge- 
tiamet de Schetxell 1503, W. 229. 

Hohenhameln sö. Hannover: bis auf den Hesselbeck 1579, W. 255. 

Harenberg (dicht bei Hannover): bis auf den Brechenbeck 1720, 
W. 283. 

Niederhessen. 

Die Diclebeke bei Gieselwerder, A. 322. — eine NüUbecke geht bei 
Auhagen in die Au, 500 (S. 342 steht aber Nüllbeeke). — eine Sinne- 
\tctke, jetzt trocken, kam ehedem aus dem Reinhardswald (links der 
Weser n. Cassel) und mündete bei Hombressen (ö. Hofgeismar) in die 
Soode: die Feldlage heißt noch jetzt an der Sennebecke, 532. 

Pommern. 

wente in de bonniusche (wohl Bonin, Kr. Regenwalde) Becke, Vort 
mehr de bonninsche Becke entlangck . . de Becke dalc . . wento dem 
Bornen 1400, Sch. Kr. III, S. 71. 

die Vagtdiegc thor Daher (weit nö. Stottin), die halffe becke tho 
Plantkow (Plantikow nw. Dabor) 1531, S. 271. 

ues de Rosenucldcsche (Rosenfelde s. Labes) belce . . belanget 1533, 
S. 272. 

Die wieselten so über die becke die Nigcndorffischen u. lieseil i sehen 
(S. 317: das dorf Beseel, d. i. Resehl, Kr. Naugard) . . haben 1560, S. 316. 

Anhangsweise seien einige Orte genannt, die ihren Namen vom 
nd. beke haben: 

Anderbeck nw. Halberstadt = an der Beck? 

An der Beck, Ortsteil, Gera. Elmpt, Kr. Erkelenz, Rhcinl. 



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344 



Oskar Philipp. Die Bach 



13. Brasilien. 

Es ist wohl allgomein bekannt, daß in den Südstaaten von ß. eine 
nach Hunderttausenden zählende deutsche Bevölkerung sitzt. Der Her- 
kunft nach sind es vorwiegend Rhein- und Moselfranken, namentlich 
aus dem Hnnsrück und der Eifel, wenigstens im Staate Rio Grande do 
Sul. So dürfen wir uns nicht wundem, wenn es auch auf diesen deut- 
schen Siegelungen die Jlach heißt. Diese Tatsache ist mir seit Jahren 
aus Mitteilungen von Verwandten bokanut, die in Neuhamburg (amtlich 
Novo Hamburgo) und in der Neuschneiz (Linha Nova = Neue Wald- 
schneise) leben. Überraschender ist aber der Umstand, daß jene deut- 
schen Bauern das Geschlecht dos Wortes Bach auch auf das gleich- 
bedeutende portugiesische Mask. rio übertragen, also die rio 1 sagen! 
Gewiß ein schönes Beispiel für die Zähigkeit, mit der sie an ihrer 
Muttersprache hängen! 

14. Ergebnis. 

Auf Grund unserer bisherigen Untersuchung, die allerdings an 
vielen Stellen aus ungenügenden Quellen schöpfen mußto, läßt sich 
folgendes behaupten : 

Das Femininum gilt im Unterelsaß, in Lothringen, im Rheinland, 
in Hessen, der Rheinpfalz, Nordbaden, dem nordwestlichen Streifen von 
Württemberg, im Westen von Unterfranken, Teilen von Thüringen (s. u.), 
im ganzen Königreich Sachsen ausschließlich des Vogtlands und west- 
lichsten Erzgebirges, Nordböhmen, Schlesien, Norduugam und Sieben- 
bürgen. 

Eine Grenzlinie zu ziehen können wir bloß auf kurze Strecken 
wagen, und auch da nur unter allem Vorbehalt, was ich hier ausdrück- 
lich wiederholen möchte. 

Im Elsaß läuft die Grenze, soweit sie sich festlegen läßt, so: 

Fem. Romansweiler nw. Molsheim — Fessenheim w. Straßburg. 
Mask. Grendelbruch sw. Mölsheim — MolTkirch w. Kosheim. 

Nördlich dieser Linie findet sieh kein Mask., während wir südlich davon 
das Fem. an mehreren Stellen getroffen haben, sogar im äußersten Süden 
(Kreis Altkirch). 

Baden -Württemberg. 

Ulm nw. Bühl — Otteisweier sw. Bühl — Herrenwies (an der 
Gamshurst nw. Achern — Oberachem Kappelrodeck — Otten- 
Schwarzenbach) so. Bühl - Forbach — Wildbad f — Waldrennach — 
höfen (beide sö. Achern) — Reichenbach — Igelsloch — 



1 Bestätigt wird dies in dem Buche von Wilhelm Lacmann, »Ritte und Rasttage 
in Südbrasilien«, Berlin 1906, S. 159, für die Sprache der Deutschen von Silo Ijeopoldo. 
Den Hinweis hierauf verdauke ich Herrn Prof. Dr. 0. Streicher in Berlin. 



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Emma Wannor. Wortbildung und Syntax der Zaisenhäuser Mundart. 345 

Untere Nagold bis mit Calw — Tiefenbronn — Vaihing en — Obersten- 
Kapfenhardt — Engelsbrand — Kleinaspach — 

feld — Bretzfeld — Michelbach a. Waldo — Geislingen a. Kocher. 
Maßholderbach — Öhringen — U.-Münkheim — Hausen am Bach. 

Wegen Bayern verweise ich auf das früher Gosagto (Jahrg. 1907, 
S. 210, insbes. betr. Unterfrankens S. 217, und 1908, S. 57 wegen Mittel- 
frankens). 

Bei Thüringen läßt sich nur soviel erkennen, daß das Fem. am 
Mittellauf der Werra, etwa von Wasungen bis Salzungen, herrscht oder 
wenigstens überwiegt. Das Mask. aber gilt an ihrem Oberlauf, bes. in 
der Gegend von Hildburghausen, und um Coburg, überhaupt auf ostfräu- 
kischem Buden, daher auch woitcr östlich im Vogtland. Wie sich die 
oben (S. 341) durch Sachsen gezogene Grenze in Nordböhm on fort- 
setzt, hat sich mangels aller Quellen nicht ermitteln lassen. 

Zum Schluß kann ich nur den gleich zu Anfang ausgesprochenen 
Wunsch wiederholen: möchten sich recht viele Helfer finden, die Lücken 
dieser Untersuchung auszufüllen, die keinem fühlbarer soin können als 
mir! Besonders durch Umfrage bei zuverlässigen Einheiniischen läßt 
sich noch viel erreichen, während Urkunden oft nur mit größter Vor- 
sicht für unsern Zweck nutzbar zu machen sind. 



Wortbildung und Syntax der Zaisenhäuser Mundart. 

Von Emma Wanner. 

Adjektiva. 

§ 142. Die Endung dt findet sich in folgendon Beispielen: tr^htt, 
flfat, srkot, Zp{Ljt, rkot, truh\>t, wikA (auch nakntic). 

Adjektiva auf tyct: uaistyct weißlich, rootl^et, kru n lrci, kJäürct 
kühl, swnlrct schwül (§ 114). 

Die Endung ic haben: putsir gering, klein, muntsic winzig, krapfic, 
muttlic, hutslic, saiuulic, haaisjrk' heiser, kluaiemic geschickt (§ 77), 
fiemviic. 

Substantiva. 

§ 143. Eine Reihe von Substantiven zeigt merkwürdige Bildung. 
Sie sind vom Zeitwort abgeleitet und haben die Endung or angenommen, 
z.B. Sprit/n, hriksv Ilcimchon, häuihnpfv Grille; kt-ksi) Sohluckser, krrtsn 
Kritzer, nukv kurzer Schlaf, sprentso Spritzer (leichter Hegen). Dagegen 
d hat knootsj Bezeichnung für Bäcker (von knootsj kneten). 



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346 Emma Wauner. 

Ebenfalls Zeitwortableitungen sind Uyklrr^td f. »Sieb, von r^fj seihen, 
Sprcnts* f. Gießkanne. Bei folgenden Maskulina ist im Gegensatz zur 
Schriftsprache a vorhanden: kleeo Klee, rahm Reim, laaima Lehm, raifj 
Reif, ktiauld Knäuel; Sprah f. Spreu. 

t ist vorhanden in tsaiht f. Woinbergszoile. In den Wörtern 
kJifüMd f. Kirsche, khante f. Kanne hat sich ebenfalls / eingestellt; in 
puuSt m. Bursche (wohl in Anlehnung an touSt m., woo& f. Durst, Wurst). 

Von der Schriftsprache abweichendes Geschlecht. 

Maskulina sind: 

§ 144. pah Backen, payk Bank, putv Butter, pah Bütte, tseet 
Zehe, tramvD Traube, kift Gift, hholv Goller, kr^sj Kresse, la.it Last 
du last ktft, lok Bündol, du lok laap ein Bündel Laub, hift Wind, kltih 
Gelüste, pfulwd Pfühl, Serw» Scherbe, Sinti Schindel, Ui>k Zecke, sn{k 
Schnecke, Snook Schnake, iseUric Sellerie, pheetvliy Petersilie, Isnaul» 
Knäuel, ftei»& Ferse; waims Wams, Silee Gelee. 

Feminina. 

paax Bach, floo Floh, klooftv Klafter, khyapw Kürbis, hnn* Huhn, 
raamo Rahmen; Send Charakter, z. B. 9 peesa Senil. 

Neutra. 

kfi{fic Käfig, t{lu Teller, ir^ctv Trichter, khufv Koffer, auch natür- 
lich kliy (Gelünge). 

Hervorhebung des weiblichen Geschlechts durch o. 

§ 145. pfardrs Frau Pfarrer, leerdrd, Slosjrd, wt'fcra, ärtiinw, 
khamitr^tB Freundin (PI. khanwrfctdnd), tapsn ungeschickte Frau, papbr», 
SweU&r*; t Saifhrj die Frau Schäufele, / Http» Frau Hilpp. 

Kollektiva. 

§ 146. Sammelnamen auf -ic sind: kraitic, Seelsic, Spiilic, Spaaitsic, 
tsmnokiieeric , Uamdkriklic; kSwiStdric 'Geschwister*. 

Zusammensetzungen: 1. Mit -tc^rik: laapwrn'k, kw^mv^rik Wirrwar. 
2. Mit -Saft: w<;ntsaft, sipSaft, noxpoSaft, toraßaft, ovtSaft, priifSafü, 
kr^tSafh. 

Ableitungen mit der Vorsilbe -k(3) sind häufig: topis, tetynv 
Lärm: kfcct, kmaiv, klrctv, ksif (Getränk), Biel, kSraip.sl, kSpinSf, 
k.swiShric Geschwister, kweks Gewächs: hierher gehört auch nu n tsift> 
Ungeziefer. 

Diminutiva. 

§ 147. Die Verkleinerung wird nur durch die Endung h weder- 
gegeben. Einzahl und Mehrzahl lauten gleich; z. B. haiste, pliimb, 
p'jcmh, prith (Brettchen), lech, urvstb, f/^h Frauchen, ttfpzk, 



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Wortbildung und Syntax der Zaisenhäuser Mundart. 



347 



Pfütchcn, pefsb Bäschen, pfcnla, mental», khentb Käunchen, tsiwula 
Zubor, pcevb Johannisbeere, raipla kleines Rind, rceStb Rost, Iwctsicb 
kleine Hochzeit 

Syntax. 

§ 148. Dor Satzbau weist im großen ganzen wenig Unterschied 
von der Schriftsprache auf. 

A. Haupstttze. 

Man reiht Hauptsätze aneinander, wo man in dor Schriftsprache 
einen Nebensatz bilden würde: too khumt v! hanis nat ksaait? Habe 
icli nicht gesagt, daß er kommt? Uf St<*nnafcis web sa? to sansa ioo 
neevst kickst! Sie wollen nach Sternenfels, wo Sie doch erst waren. 
Mu fanra noxi ins fuutv; kct tu hnSts fvk^sa khat? Gelt du hast ver- 
gessen, daß wir nachher ins Futter fahren? 

Häufig ist das Zurückfallen vom Nobensatz in den Hauptsatz: 
z. B. wani am fukhum uni teyk trau*, uili an froo^a wenn ich ihm 
begegne und dran denke, will ich ihn fragen; wani haam kee uni khum 
an saim akv fvpai, mus i amool nox saim tuwäk kuka, wenn ich heim- 
gehe und an seinem Acker vorbeikomme, muß ich einmal nach seinem 
Tabak sehen. 

B. Nebensätze. 

§ 149. 1. Wunschsätze (veraltete Hauptsätze). Sie werden ein- 
geleitet mit wan numo: van sas nitma eenv ksaait htfaf Hätten Sie es 
nur eher gesagt! Want numa tun tai n maul halta teetst! Wani numa 
aa nömool Iswantsic ioov alt iv^ot! Wäre ich doch auch noch einmal 
20 Jahre alt. 

2. Fragesätze. Eingeleitet mit wu-, ween, was, wii, wan, z. B. 
wcv waais, wu t^v als naa n keet. I tvil s?ca, tiyv ti tiiv of Mast hat; 
tau waais nitma, was aaim no pasiivt; miiv san pauara, atov mv wisa 
testsutfk aa, wis traust tsüukeet un was moob is~. 

Entscheidungsfragen werden mit op eingeleitet: ti atßt, oicv noo 
paitsäit haam khumt, hat am kau khaai n ruu klast. 

3. Ortssätze werden eingeleitet mit wu(u); nrü too nai n khoj)ft int 
paax, wusa am alvtiifsla i$. Too nun s^lv piirapanm steet, samn nan n khokt 
ins Jcraas. 

4. Zeitsätze. Eingeleitet mit wi(i), wu(u), ?p, sait, Solanas, pis; 
z. B. Wi mv foram ovt traus kirnst sen, san sa as fokhuma; wumv uf 
Sultsftlt khuma san, hats aa n kfaya tsa r^ara; ep (tus) t (i) Mtcric aaHwt, 
will) int khenSta. Sait t^o wiin tdhaam is, is alfovt tv taifl loos. Solanas 
tas w$tv noonat pesu is, ktiits khaai n fceria; pis tiiy tsuu as khumat, 
khentamv si^rawa un fvt^raua. 

5. Begründungssätze. Eingeleitet mit wail: to Nfcroo uvl niks 
mce wisa fun jua, wnih jiima mitan teraf Alawail is mn soo iiwl 
traa n , wail mv niima tnee b ükt tsam safa. 



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Heinrich Weber. 



6. Folgosätze. Eingeleitet mit las; z. B. i pin soo wail klof), 
tasi mai n fiis kao nina Spiiv; ti kJii?iv tin aaHrn soo (t/>tj, las mu ah 
Icraat tvfooHaaß med. 

7. Absichtsätze: mit das eingeleitet, z. B. plaiwoso nunu> too, 
tastsd not unvs kwitv khumd. 

8. Bedingungssätze: a) eingeleitet durch wan, fals: want haii 
noo uf Br^to fäv$t, mu$t mv epjs mitneim; fals to tohtu hiih^ü khnmt, 
solo mn epds fosraitcd fov main huustd. 

b) uneingeleitct in dor Form von Frago- und Wunschsatz: hföto 
kSiviijo, so khenidso jetst ndt ti mailv ufraiso. 

9. Einräumungssätze: a) eingeleitet mit wanaa: vans aa finstu 
ü, i fin mai n wctfc So n . Wanis an kwiis waais, saaj9 Uni tox niks. 

b) u neingeleitet: khoSts was ml, i kee aa nnool uf Maulprün. 

10. Vergleichungssätze: Eingeleitet mit wi(i), als: o is so alt, 
winii pin; trev frookt, als tve^vtv neevH fun hait; wi tu hen, sos ktcv. 

11. Relativsätze werden eingeleitet mit wn(u): iiiin», wu form 
ovt traus Steet, is aainasitvetsic (1871) pflantst woro; auch wenn sich 
das Relativpronomen auf einen Dativ bezieht, steht wu: i haus tom 
man ksaait, im tu kaauto kheevt. 



Der Vokalismus der Mundarten des Oberen 

Weschnitztales. 

Von Heinrich Weber. 

(Fortsetzung.) 

II. Dehnung ist eingetreten, 
a) Primäre Dehnung. 

1. a, das in der Mundart Dehnung erfahren hat, ist zu oo geworden 
in I und II, während es in III als aa erscheint (ebenso in Handschuhs- 
heim, vgl. Lenz). Ausgenommen sind die unter 2. angegebenen Fälle. 
I und II III 

baden: poojn paan; Mörlenbach scheidet zwischen paan baden und 
potmi hineinwaten; für die uu regelmäßige Form mit oo in I und II statt 
op ist schriftsprachlicher Einfluß anzunehmen. 

bezahlen: p?tsggld patsaab. 

Blatt: ploot plaat Plur. plerj. 

Faden: foon farm; zur Erklärung dieser Doppelform verweise ich 
auf Behaghel, Gesch. d. d. Spr. § 38 3. Absatz. Ebenso hat die Mundart 
Kürze und Länge nebeneinander in Boden, Besen, Schaden, Schatten. 



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Dor Vokalisraus dor Mundarten des Oberen Weschnitztahvs. 



349 



Glas: Mops Maas Plur. Hess. 
gerade: kropt kraat. 
Grab: krpap kraap. 
Graben: krppwa kraawd. 
Gras: krops kr aas. 

Rückgrat: rikrpgt rikraat; dafür meist Rückkreuz: rikraits. 
Hag: hpgk haak. 
Hase: hpps fiaas. 

jagen: jpp%a jaoga, aber Verkürzung vor Doppelkonsonanz (oder 
auch schriftsprachlicher Einfluß?): 

Jagd: jpxt jaxt, auch im Sinne von Lärm, Unordnung; dazu 
jachtein: jpxtte jaxth auf die Jagd gohen. 
Kragen: krpg^a kraa%a. 
laden: lopra laara. 

Laden: Ippra laara Fenster-, Kramladen. 
Lade: Ippt laat f. Sarg. 
Magen: mpp^a maa-p. 
Mahden: mppra maara m. 

Magd: nippt maat Dienstmagd: doch daneben wird es noch in der 
alten Bedeutung von > Mädchen« gebraucht, besonders bei Liobkosungen; 
ebenso Knecht 

mahlen: mppla madh. 

nagen: npp^a naaga. 

Nase: npps naas; hineinnasen = die Nase hineinstecken. 

Pfad: phppt pfiaat. 

Rad: rppt raat Plur. rera. 

Radschuh: raatiuu. 

sagen: spp%a saa^a Part. Perf. kappt ksaat. 

Schaden: Sppra Saara daneben Sann; die Doppelform erklärt sich 
als Analogiebildung nach Besen, Schatten, Boden; siehe oben Faden. 

Aber: schaden: Sara Sara; zur Erklärung der Kürze verweise ich 
auf Lenz. HD. In den Schaden gehen in Ackerland gehen, wo man 
Schaden anrichtet. 

Schale: Sppl Saal. 

Eierschale: aajaSppl ajvSaal. 

Kaffeeschale: khafeesnpl LhafecSaal Kaffeetasse. 

Schlag: Slnok Slaak Schlagfluß; alle Schlag: ah SUxjk alle Augen- 
blicke, sehr oft; gleichwertige Ausdrücke sind: alle Ritte: ah rit; alle 
Gebote: ah kapot (Lenz Hü Nachtrag denkt dabei an das gerichtliche 
Aufgebot; vielleicht liegt es näher, auf die rasch aufeinander folgenden 
Gebote bei einer Versteigerung hinzuweisen). 

schlagen: slpoja .slanj». 

schaben: sppwa saawa. 

satt: .sogt soaf. 

schmal: Smpnl Smaal. 



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350 



Heinrich Weber. 



Stahl: Stggl Staal 

Staat: Stogt Staat äußere Auszeichnung, die man in etwas setzt; 
Kleiderputz. 

Staats-: Stggts Staats- Verstärkungswort 

Tafel: toofi taafl, das oo in I und II rührt von schriftsprachlichem 
Einfluß her; das mundartliche Wort dafür ist Schieferstein: SifdStgg oder 
Zifferstein: tsifaStog, das aber selten geworden ist. 

Tag: togk taak. 

Mittag: mitggk mitaak. 

Taglohn: togklgu taakloo n unter Anlehnung an das Simplex; daneben 
ta^lgu Verkürzung vor Doppelkonsonanz. Outen Tag: kuntdx; in den 
Wochentagen bleibt die volle Form erhalten. 

Tal: tggl taal. 

tragen: /rppj«? traa%a } auch im Siuno von trächtig sein gebraucht 
Tragets: trgg^dts traa&ts f. so viel als man auf einmal tragen kann; 
vgl. Kochets so viel, als man auf einmal kochen kann, 
überall: iwzrqgl iuvraal. 
Waden: wggrd waard. 

*wagsen: tcggksB wackelnd gehon, zu ahd. wagön schwanken. 
Wahl: wggl waal. 

2. Vor Nasalen ist das gedehnto a der Artikulationsstelle des Nasals 
angenähert; in I und II > oo, in III > pp. 
I und II III 

Bahn: poo pQgn Weg im Schneo; in I und II ist der Nasal ver- 
schwunden. Zuruf der Knaben beim Schlittenfahren : triioo di aistpoo 
als Aufforderung zum Ausweichen. 

Eisonbahn: aisdpoo pggn; in I und II wird niemals das Simplex 
poo gebraucht, sondern wie in III pggn, das aus der Schriftsprache ent- 
lehnt ist 

ahnen: oona ggno. 

Ahnung: oonuy ggmuj. 

Ahnen: oono ggna Sprengelsplitter von Hanf und Flachs, ahd. aha na. 
Grannen: kroons krootu Ährenstachel, besonders in: 
Gerstengranuen : ke&Stokroona k^i^tdkrgg?i9 (ahd. grana, vgl. Kluge, 
EWß.). 

Fahne: foon fggn f. 

Fahnen: foond fggm m. Beido Formen weisen in III auch Formen 
mit oo auf, und beide werden für hd. Fahne gebraucht foond m. be- 
deutet auch Stück Tuch, Taschentuch (dio ursprüngliche Bedeutung; vgl. 
lateinisch pannus Stück Zeug, Lappen); leichtsinniger Mensch, Luftikus; 
Rausch. 

lahm: loom Iggm müde, locker besondors von Droh Werkzeugen; 
dazu das Zeitwort: auslahmeln: atisloomh trans. durch zu häufigen Ge- 
brauch, durch Zerren usw., lockern. 



f 





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Der Vokalismus der Mundarten des Oberen Weschnitztalcs. 



351 



Namen: nooms nggms; annaraen: gunooms jemand einen Spitz- 
namen geben. 

Rahme: room rggun f. und daneben: 
Rahmen: room» rggms m. 
einrahmen: girooms girggms. 
zahm: tsoom tsggm. 

Klamm: kloom klggm enge Schlucht, Einsenkung (mhd. klam Fessel, 
Beengung; bair. Klamm, Gießbach in Felsspalten; in der Geographie ge- 
bräuchlicher Ausdruck). 

Eine Ausnahme bilden: 

an: gu oo n Präfix; in I und II ist das nasalierte oo* unter Ein- 
wirkung der Fälle bei altem ä diphthongiert worden zu gu t in III haben 
wir nur Lautwandel zu oo n , die Diphthongierung ist hier nicht erfolgt 

Anfang: gufgij oo n fgy. 

Andenken: guteyko ooHeyks. Diese Entwicklung ist nur möglich 
gowosen, weil an hier den Hochton trägt, während die meist unbetonte 
Präposition an als gn erscheint; am Ende: gmtn schließlich, bei Zweifel 
an dem Eintreten einer Erwartung, an einem Ende: Qnamen irgendwo; 
in gleicher Bedeutung: an einem Orte: pnsmost und Qnsmosts. 

Zahn: tsgu Uoo n , Plur. tsri tsetf*; in I und II daneben bei alten 
Leuten tsgux wie Floh: flguk, Schuh: Suk. 

b) Sekundäre Dehnung vnr r. 

o vor r nimmt eine Sonderstellung ein. Es liegt hier nicht eigent- 
lich Dehnung des a vor, sondern eino Verschmelzung des a mit dem vor 
r entstehenden Gleitlaute zu aa, der Gleitlaut selbst verschwindet natür- 
lich, o hat also vor r die Wandlung in gg nicht mitgemacht, sondern 
ist als aa erhalten in I und III. In II aber ist das lange aa weiter 
verschoben zu oo wie ahd. ä; hier kommt der Gleitlaut wieder zum 
Vorschein. 

a) Fälle, außer donen vor r -f Guttural. 

In den Fällen, in denen r in III erhalten ist vor Nichtdentalen, 
ist a kurz außer vor m; vor m ist es lang und r doch erhalten (der 
gleiche Vorgang in Handschuhsheim, vgl. Lenz, HD.); zwischen r und 
m ist ein Svarabhakti- Vokal entstanden. I hat aa mit durchgängigem 
Wegfall des r, II oo mit Gleitlaut s. 

I. n. III. 
Arsch: aa$ ooss aaf. 
Arschbacken: aaxpaks oosspaks aaspahs. 

Arschkitzel: aaskhitsl oosskhitsl aaskhitsl Hagebutte. Der Name 
rührt daher, daß die Kinder einander die Samen dieser Fmcht in die 
Anke stecken; ihre Behaarung ruft bei der Berührung mit der Haut ein 
unangenehmes Kitzeln hervor. 

Arschloch: aaslox oos.sh.r- naSlor Schimpfwort. 

Hemdarsch: hemaas hemooss hemaas Person im Hemde. 



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352 



Heinrich Weber. 



Art: aat ooot (tat; nicht die Art: neti aat gar nichts. Stehender 
Ausdruck mit doppelter Negation: das ist keine Art: tes ü khpp aat iiet. 

Arzt ist nur gebräuchlich in dem Kompositum: 

Mühlarzt: miilaate miitooots miitaats Mühlenbauer, der die Mühlen 
ausbessert Für Arzt wird Doktor: tokts gebraucht; dazu wird das Zeit- 
wort doktoren: töktm gebildet, den Arzt gebrauchen, in ärztlicher Be- 
handlung sein. 

Arm: aam 009m aarm, aaram. 

arm: aam ooam aarm, aanm; daran hat das Volk angelehnt Eri- 
metage: amnotaaS f. 

bar: paa pooa paa. 

barfuß: paafiisiS poodfiisU paafiisiS. 

Barfüße: paaftis poodßis paafit'j. 

Barn: paan pooon paan Raum in der Scheune, zu gleicher Erde 
mit der Tenne. 

Bart: paat pooot paat wie hd.; bartähnliche Splitter, die sich beim 
Stampfen an Holz, beim Schleifen an Metall ansetzen; Kinn; Zusammen- 
setzungen: Schnurr- und Backenbart 

Bartholomäus: paatl pooatl paatl. 

Darm: taam tooDm taam, taaram. 

fahren: faan foom faan. 

zufahren: tsuufaan tsünfooon tsuufaan 1. eilig, rasch fahren, 2. zu- 
greifen, 3. sich schließen (Türen, Ohren). 

Farzbeeren: faatsabyjn foootsobrjdn faalsaj^tm Brombeeren; der 
Name hängt mit ihrer Wirkung zusammen. Für farzeu wird aber sonst 
furzen: fodtsd gebraucht. 

Garbe: kaap koosp karp, kardp. 

gar: kaa kooz kaa. 

Garn: kaan koo3n kaan. 

Garten: kaatj tioodh kaato. 

gewahr: kmaa kj/ronj kowaa. 

Harz: haats hoosts haats. 

harzig: haatsis hooütsis haatsis. 

Karst: khaaxt khoojst khaa.st. 

Karte: khaat khooJt khaut. 

karten: khaatz khooot) khaatu Karten spielen; abkarten = ab- 
machen, vereinbaren; einem die Karte schlagen = einem die Meinung 
sagen. 

Scharte: saut soojf saat. 

Schwann: swaam suoo3m suaarm, swaarjm. 
Schwarte: swuat sicoojt Swaut Haut auf dem Speck, dann der 
Speck selbst. 

sparen: Spaan spoom spaan. 

wann: waam woosm uuann, waarvn in übertragenem Sinne be- 
kannt, so daß man sich gibt, wie man ist 



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Der VokalismuB der Mundarten des Oberen Weschnitztales. 



353 



Ware: waa wood waa. 

Ellen wäre: fibwaa $ihtcoo» ptewaa Tuch, das mit der Elle ge- 
messen wird. 

warten: waatd woodte waatd. 

abwarten: gpwaats gptvoodt» Qpimata 1. wie hd., 2. einen ver- 
pflegen (Lenz verzeichnet tcaatiy, mhd. icartunge Krankenpflege); auf- 
warten: ufivaato bewirten; aber warto nur: wat tiöd Drohung; die Kürze 
rührt von der Betonung her. 

Warze: icaats woodts tvaats. 

ß) Vor r + Guttural besteht ein Auseinandergehen der Entwicklung 
zwischen den einzelnen Gebieten. 

I hat Entwicklung eines Sproßvokals zwischen r und dem Guttural 
— bei der Artikulationsweise des Gutturals * — und Verschmelzung des 
n und des aus r entstandenen Gleitlautes zu aa, also aai. 

II hat die Gleitlautbildung des i, Verschiebung des aa zu oo und 
Übergang des r in den Gleitlaut », also oori. 

III stellt ein Übergangsgebiet dar. Zum Toil habe ich Formen ge- 
hört wie in I, in der Mehrzahl stimmen sie mit den von Lenz, HD., an- 
gegebenen überein. Im letzten Falle ist das r erhalten, ebenso das kurze 
a, zwischen r und dem Guttural ist öfter Entwicklung eines i, oft 
auch nicht 

I. II. III. 

Barchent: paaisnt poodiSnt pars-nt. 

arg: aaik oorik arik, ark, aark; arg wird auch öfters als Adj. 
gebraucht 

Mark: maaik moojik maaik, marik, ahd. marg, marag n.; Mark- 
klüse: maaikl^is; aber: 

Mark: maik maik mark, marik f. Geldstück. Die durchgängige 
Kürze läßt sich auf zwei Arten erklären. Es könnte schriftsprachlicher 
Einfluß vorliegen, da dio neue Münzeinteilung, in der nach Mark ge- 
rechnet wird, noch nicht alt ist. Es wird von älteren Leuten oft dafür 
Gulden: kih gebraucht, wie viele Leute nicht einen üreipfennigsweck 
kaufen, sondern »für einen Kreuzer Wecke: foarm kraitsd icck«. Die 
Kürze kann auch unter dem Einfluß des Akzents entstanden sein; das 
Zahlwort trägt einen so starken Akzent, daß das dancbenstohende Mark 
vielleicht als unbetont zu bezeichnen ist, besonders wenn l'fcnnigangaben 
folgen. 

Freimarke: fruimaik Briefmarke. 

Markstein: maaikstgg moojikstgg markstm* (ahd. marka) Grenze, 
Grenzstein. 

Markt: maaik moojt maaik, markt; Formen ohne den Dental wie 
solche ohne den Guttural kommen schon mhd. vor; vgl. Loxer, Mhd. 
Handwörterbuch 1872. 

Karch: khaais khooois khars, kharis, aber 

Zeitschrift für Deutuhe Mundarten. HI. 23 



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354 



Heinrich Weber. 



Schnappskarch : SnapskhaiS SnapskfumS Karren mit zwei Rädern, 
so daß er sehr leicht in die Höbe schuellt, »umschnappt«. 

Schubkarch: Supkhais Schiebkarren. Der erste Bestandteil ist mhd. 
schupfen, Intensivbildung zu »schieben«, das nur noch in Zusammen- 
»etzungen erhalten ist: Schupf nudel: Supnuul Mehlspeise. 

stark: Staate und Sfaik Moorik Staaik, Staik, Statik. 

In einigen Wörtern ist in dem ganzen Gebiete a vor r kurz ge- 
blieben. Für die Erklärung dieser Kürze vor r verweise ich auf Paul, 
Beiträge IX, 101 ff. 

Farbe: fap und frtrp, daneben das umgelautete färben: fee&wd und 
Färber: feedw*. Narr: na; narrn: nun. Arznei: aimäi; Einfluß des 
Akzentes, garstig: kaStt'S; Subst. Garst: ka$t böswilliger Mensch, f. (iärstin: 
kcMan. hart: hat. Marder: rnat*. marschieren : maSihn. Pfarrer: pluiro; 
Pfarrei; pharäi. scharf: sarf. schwarz: Swats. Sparren: Span. 

Umlaut des a. 

A. PrlmHrer Umlant. 

I. Die Kürze ist erhalten. 

Das a ist durchgängig zu geschlossenem e verschoben. Da vor 
Nasalen alle offenen {' zu e erhöht sind, so läßt sich hier der Unter- 
schied zwischen primärem und sekundärem Umlauts-e an der Lautgestalt 
nicht mehr feststellen. Ich verzeichne deshalb hier alle Umlauts -c vor 
Nasalen (vgl. Heusler, Germania 1S89, 112 ff.). 

Der Umlaut ist eingetreten 

a) bei Pluralen von Substantiven und bei Deminutiven. 

Äste: eSt, Dem. rttl. Äpfel: epl. Bänke: pnjk, Dem. peykt; der Plur. 
ist auch in den Sing, gedrungen. Dem. zu Franz: frensl Fänge: feij 
Schläge. Blätter: plcrd. Gänge: kcij. Gänse: kens, Dem. kensl. Gäste: 
keSt. Gläser: kles9. Hände: hen; Handschuhe: henSt'S, mhd. hendeschuoch . 
Kälber: khetwj. Kämme: khern. Kräfte: kreftj. Krämpfe: kremf wird 
als Sing, gefühlt. Länder: lern. Männer: menj. Mäntel: mentl. Räder: 
rer». Schwänke: Swn/k; Schwänkemacher: SweykomcS? Aufschneider, 
lustiger Bursche. Schwänze: Swcns, Dem. Swensl. Dem. zu Wams: 
wenml Wände: wen. 

b) in der Stammsilbe von Verben. 

«) Nicht isolierto Fälle. 

bändigen: penisj. brennen: prens, Part, kzprcnt, ebenso alle Zu- 
sammensetztingen; durchbrennen: to&t'Sprena durchgehen, ausreißen; einem 
etwas aufbrennen einem etwas weißmachen ; Aufbrand: ufpront Lügerei, 
dämpfen: tempa trans. und intr., d. h. das trans. wird aucli für das intr. 
dampfen gebraucht, decken: tekd. denken: teijkd, Part. koUtjkt, vielfach 
im Sinn« 1 von hoffen, erwarten: bedenken: ptlcijkj überlegen, sich be- 
sinnen ; Bedenkens: ptfet/kds n., das hat sein Bedenkens: frs hot syi p.i- 



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Der Vokalismus der Mundarten des Oberen WeschDitztales. 



355 



teytes das will überlegt sein, ist eine bedenkliche Sache; verdenken: 
frteykd einem etwas für übel nehmen, nachtragen. Auch in den beiden 
Zusammensetzungen wird das Part Prät schwach gebildet drängen: 
trcyd. fängt: feyt. fällt: feit, glänzen: kle)isd. hängen: heykv trans. wie 
intr.; nur im Part ist der ursprüngliche Unterschied gewahrt, trans. 
khryt, intr. khyykj, wozu die übrigen Formen hangen: hgyka noch vor- 
kommen, besonders in II, seltner in I. hänseln: hensh zum besten haben 
(Kluge, EW.B., zum Hans d. h. Narr haben), hetzen: hetso. kämmen: 
khcmo. erkälten: fokhelto. kennen: khctro, Part kokhcnt. läppern: lepm 
Flüssigkeit verschütten, viel trinken, mit Wasser spielen (Häufigkeits- 
bildung zu läppen lecken, schlürfen), mästen: meSU. quellen: kweh 
aus *qualjan zum Kochen bringen; das Suhst dazu Quall: kwalm. Auf- 
quellen, z. B. Quallen schlagen, schänden: sem schimpfen, auch absolut 
gebraucht schmelzen: smelsd mit Schmalz vorsehen; Schmelzbutter: 
smehbuto Butter zum Schmelzen, schwenken: sweyko schwingen (Hut), 
reinigen (Geschirr), schwänzoln: swensb mit dem Schwänze wedeln, 
dann vom gezierten Gange eines Menschen gebraucht. t schwänzen: 
swensz versäumen; einem in sonderbarer Weise die Haare machen, 
schwemmen: suemd; aufschwemmen: ufswemd; aufgeschwemmt: nfteswemt 
locker, kraftlos, setzen: setsj. stremmen: strenu einengen (zu stramm), 
tränken: freybt trinken lassen, wecken: weh. 

ß) Isoliorto Fälle. 

aushecken: ausheh ausbrüten, nach heimlichem, langem Sinnen 
einen Entschluß fassen; vgl. Kluge, EWB., Hecke 2. geblendet: hplent. 
blecken: piek* die Zähne zeigen, dengeln: teyh. klemmen: klemd. lecken: 
leh benetzen, gießen (vgl. Kluge, EWB., unter leck), löschen: lesa; 
Löschhorn: kshosn scherzhaft für eine große Nase, nengern: neym 
protestieren, unzufrieden klagen (Grimm, WH., verzeichnet nenkeu und 
knenken; ähnlich, mit dem Beigeschmack des Weinerlichen naunzeln: 
nuumh, wofür Grimm, WB., wieder eine Form mit anlautendem k ver- 
zeichnet: kmnmxcln). recken: rvh refl. sich dehnen, verrenken: ßreyh 
verdrehen (vgl. Kluge, EWB.). schenken: seyh. Die ursprüngliche Be- 
deutung zu trinken geben ist erhalten — einem fremden Kinde die Brust 
reichen; dann wie hd.; Schenkamme: seykgm. schlenkern: Sleyhn schleu- 
dern, schränken: srryh die Zähne einer Säge schräg stellen; sich ein- 
schränken: sis yisrcyh wie hd. schöpfen: seps. schröpfen: srep.t; Schröpf- 
kopf: srcpkJiop. versengen: fsseyj. stecken: Steh wie hd., einem die 
Meinung sagen. versteckein: fustekh verstecken, wegtun; Steckeins: 
stekk Versteck spiel, stellen: steh, stemmen: strntj; Stemmeisen: sfnn- 
aisj. sprengen: sprcip springen machen, als Objekt ist Pferd zu denken, 
jetzt ist es absolut gebraucht, dann wie hd.; ein Pferd sprengen decken 
lassen, strempfen: strempd einengen, strecken: slreh. trennen: trend. 
verrecken: forch; Schimpfwort Verreckling: forekliy. Walgern: treljon 
rollen, durch Köllen breit drücken; Katzen Walgerns: khatsdivelpns Spiel: 

23* 



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356 



Heinrich Weber. 



sich eine Anhöhe herunterrollen lassen (vgl. Katzbalgen); Wälgerholz: 
weljahols rundes Holz zum Ausrollen des Teiges (vgl. Schmidt, Bonn- 
länder Mundart S. 56); sich Walgern vor Lachen: sis weljm fod hx9. 
wetten: wetd. wetzen: weisj schärfen, scharf machen; die Schuhe an- 
einander reiben; gewetzt haben auf jem. = erzürnt, erbost über jemand 
sein; Wetzstein: wetsttQQ. 

c) bei Adjektiven. 

«) In nicht isolierten Fällen. 

ängstlich : epstliA brenzlich : brensltä angebrannt riechend, schmeckend 
(vgl. Kluge, EWB.), unangenehm (wohl mit dem Gedanken, man darf 
nicht zu nahe kommen, sonst verbrennt man sich), fällig: felis, mhd. 
vellichf alter Ausdruck der Rechtssprache, vgl. Heyne, "WB., zahlbar, 
gefällig: I: felis freundlich, zuvorkommend, kränker: krnjkv. länger: leyo. 
ständig: stenü; beständig: pstenis; geständig: kMenis; inständig: instenis, 
z. B. wiegen = so daß die Wage genau im Gleichgewicht steht; ver- 
ständig: f9steni£. 

ß) In isolierton Fallen. 

besser: pe&. eng: vtj. fremd: f em. letzt: letM neulich, streng: 
Mrey, auch vom Geschmack. 

d) in der Stammsilbe von Substantiven. 

«) In nicht isolierten Fällen. 

Bendel: pml Schnur: Schuhbendel: Suupenl Schuhsenkel. Brenne: 
pren f. erhalten in: in der Brenne sein: in to pren s{)i 1. in der Nähe 
von etwas sein (wäre es brennend, so könnte es einen erreichen), 2. in 
einer unangenehmen Lage sein. Decke: tek; Zudecke: tsnntck Bettdecke. 
Geländer: kAem und kalenü. Gesetz: ksets; Dem. ksetsl Spruch, Ab- 
schnitt. Gewächs: kdweks. Henkel: ketjkl; Traubenhenkel: irnuwjheykl. 
Kälte: khelt. Kranke: kreijk; Verwünschung: kriege die Kränke Offen- 
bach: krik ti krajk <)iifdpo.r. Länge: leij f.; das dauert eine Länge: 
(es tarnt d hij ^= lange Zeit; mit der Länge: miti Iry mit der Zeit, 
allmählich, auch örtlich (in der Kürze: in id khedts bald); Längweide: 
lryk<>t Pfahl, der Vorder- und Hinterwagen zusammenhält Stempel: 
stempl 1. Werkzeug zum Stampfen, 2. dicke, kurze Beine; in diesem 
Sinne wird auch Stampfes: stgmpds gebraucht. Ständer: Mens Bottich. 
Tränke: treyk Stelle, wo das Vieh getränkt wird; Tränkeimer: treykpontf; 
Tränken: tnykd Stoff, mit dem getränkt wird. Wecker: ivekd. 

ß) In isolierten Fällen. 

Bengel: peiß 1. Prügel, Pfahl, 2. ungezogener Junge. Bett: pet. 
Brente: preyk Kübel; vgl. Kluge, EWB. Ecke: ek n.: überecks: iusrete 
und iir.trekst verschroben, einfältig. Ende: cn. Engel: eyl. Ente: ent: 
Enterich: cntdris. Essig: esis. Fremde: fron f. Gegenteil von Heimat. 
Gelenk: kaleyk, auch gelenkig. Geselle: ksel; Gesellschaft: ksclsafl. 



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Dor Yokalismus der Mundarten des Oberen Weschnitztales. 



357 



Gewölbo : kawclp und fawelm aus einem obliquen Kasus gewölben > *ge- 
wütttm > towelm. Glecke: kiek n. Häufchen Getreide, aufgerecht, um 
das Eintragen zu erleichtern, aber Gelege: toleik n. Lage Getreide oder 
Heu über den Leitern eines Wagens; vgl. Grimra, WB., Gelege 3. und 4. 
Für die Erklärung der Doppelformen verweise ich auf Grimm, WB. Zu 
Gelccke kennt die Mundart das Zeitwort gelecken: klekd mit dem Rechen 
das Getreide zu Bündeln vereinigen, dies kleko wird dann als einfaches 
Zeitwort gefühlt und dazu das Part kdklekt gebildet Grenze: krens; iws 
tj krens triwd im Ausland (überm Wasser: iwdm wasa oder über der 
großen Pfütze: iird tj kryiis phits in Amerika). Hecke: hek kleiner Wald; 
Heckenspatz: hekaspats; Heckenbankert: hekapqykdt Schimpfwort. Held: 
hell. Hemd: hem; die Assimilation des md> m erklärt sich aus der ur- 
sprünglich intervokalischen Stellung hemidi > hemde. Hengst: heißt. 
Hölle: hei; finstere Hölle: finSto hei Flurname, »finstere ist in der 
Mundart sonst kaum gebräuchlich. Kessel: khesl. Mensch: menS m. wie 
nhd., n. 1. schlechte liederliche Person, 2. kräftig gebauter Mensch; Un- 
mensch: uumenS Rüpel, Grobian. Netz: nets; Ballnetz : patenets. Pfennig: 
phenis; dazu wird ein Zeitwort gebildet in dem Ausdruck: das pfennigt 
sich zusammen: trs phrniSt sis Utomo aus einzelnen Pfennigen entstehen 
allmählich große Summen. Schecke: sek f. gefleckte Kuh; vgl. Grimm, 
WB., Scheck; scheckig: sekis und seht; gescheckt: k.sekt. Schenkel: 
seykl; Bubenschenkel: puuirjsrykl ein Gebäck. Schwelle: swel. Semede: 
sem>t9; vgl. Schmidt, Bonnländer Mundart S. 72. Senkblei: seykl Löffel: 
lejl scherzhaft für die Ohren. Metzger: metsln und mit Metathesis mekst?; 
metzeln: metsh (lat rancellare); Metzelmesser: mclslmcsd. Tenne: ten n. 
Weck: urk. Wette: wet. zwölf: tswelp. Teile: tä f. (< talili). Flegel: 
fle^l; Dreschflegel: tresflejl: dazu das Zeitwort flegeln: fle^h sich flegel- 
haft betragen, besonders mit den Beinen schlagen. Kegel: khejl; kegeln: 
kfte^h. Rede: ret; die auffallende Kürze rührt wohl vom Zeitwort reden: 
rerd her; statt oine Rede halten gebraucht das Volk »eine Rede reden, 
tun*. Ausrede: ausret; ausreden: ausrerj einem etwas, zu Ende reden. 
Schlegel: auch für die Beino gebraucht; daher schlegeln sle^h: 

mit den Beinen schlagen, sich ungebärdig benehmen; Holzschlugel: 
holsste^l Werkzeug, um Keile ins Holz zu treiben, welcher: ivcte\ vgl. 
Braune, ahd. Gram. § 292; Behaghel, Gesch. d. d. Spr. § 46. 

II. Dehnung ist eingetreten. 
Je nach der Stellung ist die Entwicklung verschieden. 

■) Primire Dehnung. 

1. In allen Fällen außer vor r ist gedehntes v im ganzen Gebiete 
diphthongiert in ei. (Dieselbe Entwicklung des ungedehnten und gedehnten 
Umlauts-e verzeichnet Fischer, Schwäb. Ma. § 19.) 

Egge: p'k ahd. egida; eggen: <j*; mit einem eggen (oder auch 
zackern) — einem tüchtig die Meinung sagen; Eggenzinkon: ejjtsiykv. 



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358 



Heinrich Weber. 



Elend: plant Subst. und Adj. schwach, ärmlich, daneben cilcnU. Elle: 
eil ahd. elina, got. aleina; Ellenware: eihivaa; aber Ellenbogen: chbooy 
wohl schriftsprachlicher Einfluß. Eppich: eipis, lat. apiuni. Esel: eist; 
Kelleresel: khehreisl Assel; eseln: eish wie ein Esel mühsam schleppen; 
Eselssteg: eislsttrek schmaler Pfad, weil nur ein Lasttier (Esel) darauf 
gehen kann (Katzonbalken der oberste Balken in einer Scheune, auf den 
nur eine Katze sich wagt); Eselsmühle: cislsmiil, weil noch bis Tor 
wonigen Jahren Esel in dieser Mühle die Säcke getragen haben. Gegend: 
hrjnt. gegen: keja; entgegen: ykrjd; dagegen: tekrju. heben: heiwd: be- 
häbig: poheiivis langsam, gemütlich (Fortsetzung des alten behebe vgl. 
Heyne Wß.), aber behebt: pheept und paheept Grimm WB. = aptus, com- 
modus; es ist etwas behebt gemacht = genau gearbeitet, so genau, daß 
sein Gebrauch sogar einige Schwierigkeiten macht. Hefe: heif. jagt: 
jeikt und jrist. legen: leja Part. kalrja, als Adj. gebraucht wie hd.; Ge- 
lege: foleik vgl. das unter Glecke Gesagte, regen: reja; Formel: der 
rührt und regt sich nicht: tcca riht un rcikt si-s net; sich aufregen: 
si# ufrrjj. schälen: seih, aber Schälsen: sclsa. quälen: kweib; Quäl- 
eisen: kwc-ilaÜB zudringlicher Mensch; dasselbe Lenz HD. Schläge: 
$l%ik. und Heck; schlägt: Strikt und SltfM. trägt: ireikt und tretet 
zählen: tseifo. 

2. Vor r hat I und II Diphthongierung, während sie in III, wie 
immer, durch das folgende r verhindert ist; hier haben wir ee. 
Iu.IL III. 
Ähren: cjm rrvn. 

Beere: pep prevn (das n rührt vom Plur. her). 
Heidelbeere: halpeja und haahpejj halpeeo. 
nähren: nejm nrrnn. 

Gewehr: kaurjo toteren; doch ist kenrja in I und II unter dem 
Einfluß des Militärs fast ganz verdrängt, obschon es durch »wehren« ge- 
stützt ist 

wehren: irrjm wer im; einem die Gänso wohren — abhalten, ver- 
scheuchen; den Gänsen wehren = acht geben, daß sie nicht weglaufen; 
sich wehren wie hd. 

schwören : Swcjm {furron. 

zohren: tsrjan tsrevn; verzehren wie hd. 

b) Sekundäre Dehnung. 

1. Vor Nasalen ist auf dem ganzen Gebiete die Diphthongierung 
des er unterblieben. 

aiumcn: cema, vom Atzen der Vögel gebraucht, ähnlich: eenh*. 
dehnen: teem. gewöhnen: teuren j; Tiere gewöhnen = einfahren; gewöhn- 
lich: kjurrnlis wie hd.; was gewöhnlich ist, hat keine große Bedeutung, 
deshalb — alltäglich, geringwertig, rammen: reema hemmen; Rammschuh: 
reemSuu Hemmschuh, schämen: sen?w. 



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Der Vokalismus der Maodarton dos Oberen Weechnitztales. 35* 
2. Vor r. 

a) Gelängt ist das c vor folgendem r derselben Silbe, sekundäre 
Dehnung. Dabei richtet sich die Qualität des Lautes nach dem Gleitlaut, 
in den r übergeht, wird also iu I und II zu ec, in III zu ff. Im übrigen 
verweise ich auf die in der Einleitung gemachten Bemerkungen. Wo r 
erhalten, f also kurz ist, verschleift dies % sich mit dem folgenden v und 
erhält dadurch noch offeneren Charakter. (Lenz bezeichnet es mit einem 
ganz offenen e.) 

a) Nicht isolierte Fälle. 

I und II. III. 
ärger: eeo^j ^vjv und fwjn. 
ärgerlich: ccdjdlis ^ujolü und ^urjülis. 
ärgern: eedjjn ^vjvn und {vrjun. 
ärmer: eeanu ^nnrio. 
Ärmel: ceztnl ^vrml. 

ärscheln: civsh {^h; stutzärscheln = mit dem Gesäß auf den 
Bodon aufstoßen. 

Dem. zu Barbara: pewwl p^arui. 

Därme: ie&m t^vrm, 

färben: fe&wd fpmw. 

Gärten: keedto kv<pta; dazu das Zeitwort: 

gärteln: keedth k^nth den Garten bestellen; aber Gärtner: kettna 
unter dem Einfluß der Schriftsprache. 

schwärmen: sweeamd und xwcjmo siv^unm. 
wärmen: weediiw und icedim Wfurmj. 

wärmor: wee<mht w^vrmv. Bei wärmer ist in I und II wohl unter 
dem Einfluß des danebenstehenden warm: waam die Länge die Regel, 
bei wärmen wiegen die kurzen Formen vor. Einem eine überwärmen = 
einen Schlag versetzen. 

ß) Isolierte Fälle. 

erben: ecawa yrrwo; in Erbschaft ist in I und II Vorkürzung ein- 
getreten: e9psaft ^vrpmft. 

Erbsen: eespsa ^vrpsa (vgl. Beiträge XX, 344). 

Ernte: eedn ^eun ahd. aran, mhd. erne; die Mundart hat diese 
alte Form bewahrt. Ernteapfel: e&napl, weil er schon während der Korn- 
ernte reift 

Herbst: tiee?j)$t h^vrpst. 

ß) In einer Reihe von Wörtern ist die kurze Form durchgängig 
gebraucht, nämlich 

1. vor Guttural mit Entwicklung eines Sproßvokals / in I und IT, 
mit Erhaltung des r ohne diesen Sproßvokal in III; dabei entwickelt sich 
vielfach furtiver Vokal zwischen r und dem Guttural. 



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360 



Bücherbesprechungen. 



«) Nicht isolierte Formen. 
I und II. III. 

Stärke: sterile stpwk und St^nrik. 
stärken: sterileo fttevrte. 

fl) Isolierte Formen. 
Dem. zu Barch: pcrikl p^vrkl junges, männliches Schwein. 
Lärche: leviM Iqnrs und tyüriä. 
merken: merikd m^nrka, menrUs*. 
Pferch: phediä pheors, pfyvrut 

einpferchen: ^ipheriSd pipheorsj in einen engen Raum einschließen. 
2. in anderen Fällen; vgl. Paul, Beiträge IX, 101 ff. 

«) Nicht isolierte Formen, 
fertig: fedtis fottä; nachtfertig wird vom Nachtwandler gebraucht, 
weil er jederzeit bereit ist, aufzustehen. 
Schwärze: sweate sw^vts. 

fl) Isolierte Formon. 
Gerte: kedt Ic^vt seltener; dafür raeist Stecken. 
Kerze: kheots kh^vts. 
März: meats mrDts. 

Mähre: med hat eine Bedeutungsverschlcchtcrung erfahren und be- 
deutet ein schlechtes abgemagertes Pferd; dann wird es auch auf andere 
Tiere übertragen, und man nennt auch eine abgemagerte Ziege, Kuh 
eine Mähre. 

sperren : Spem sp^vra ursprünglich — mit Sparren versehen (Kluge, 
EWB.), dann (wohl von der Türe genommen) durch Sparren offen halten, 
den Mund, die Augen recht weit öffnen (beliebter Ausdruck: Maul und 
Augen aufsperren für aufmerken), den Mund aufsperren in der Erwar- 
tung, daß Nahrung hineinkommt, von Kindern und Vögeln, gähnen; ein- 
sperren: Qispem; hinaussperron: nausspem. 

(Fortsetzung folgt.) 



Bücherbesprechungen. 

August GebhartU, Grammatik der Nürnberger Mundart. Unter Mitwirkung von 
Otto Bremer. (Sammlung kurzer Grammatiken deutscher Mundarten, herausgegeben 
von Otto Bremer, Band VII.) XVI, 392 Seiten. Leipzig, Breitkopf u. Härtel, 1907. 
Um das Endergebnis meiner Anzeige voranzustellen : ein in Anlage und Ausrührung 
gleich vorzügliches Buch, auf das die deutsche Mundart allen Grund hat stolz zu seit). 
An diesem Urteil werden noch so viele Ausstellungen und Fragezeichen im einzoh>«> 
nichts Wesentliches andern können. 

An Umfang übertrifft Gebhardts "Work alle früheron Nummern der Bremerschen 
Sammlung ganz erheblich, — 0. Heiligs Grammatik der ostfränkischen Mundart des 



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Bücherbesprechungen. 



361 



Taubergrundos, die ein viel weiteres Gebiet bebandelt, um rund einbundertfünfzig 
Seiten, — überscbreitet also die Grenzo, die dem Sammeltitel nacb den einzelnen Er- 
scheinungen der Sammlung gesteckt sein sollte, recht bedenklich. Dem Vorwort gemäß 
ist das Buch auf den dreifachen Umfang der ursprünglichen Handschrift angeschwollen; 
die Hälfte dieser nachträglichen Einschaltungen rührt von Bremor her, der seine 
Pflicht als Herausgeber ungomein ernst nimmt und den ganzen vierzig Seiten langen 
Abschnitt über die Zeitfolge der Lautwandlungen beigesteuert hat Bremers Anteil 
im einzelnen vorzeichnet das Vorwort. Gegenüber ihrer ersten Erscheinungsform un- 
wesentlich erweitert ist nur die Geschichte der einzelnen Laute (§§ 54 — 122, auf 
53 Seiten) geblieben. In dem Abschnitt über die Zeitfolge der Lautwandlungen bewährt 
Bremer wiederum sein anerkanntes Geschick graphischer Darstellung; ein Meisterstück 
dieser Art ist der ausführliche Stammbaum auf dem Doppolblatt S. 227 f. Die metho- 
dische Notwendigkeit der Aufstellung von Stammbäumen und ihr Verhältnis zu don wirk- 
lichen Sprachvorgängen erörtert Bremer auf S. 213; diese Bemerkungen hätten besser 
den ganzen Abschnitt eingeleitet. Nun erkenne ich zwar gerne den auf dieses Kapitel 
verwendeten Scharfsinn an, habe auch hier keine Ausstellungen in Einzelheiten zu 
machen, abgesehen von der S. 212 gemachton Behauptung, die germanische Aussprache 
des r sei velar gewesen. 1 Trotzdem bedauro ich, daß, wenn einmal der ursprünglich 
geplante Umfang so weit überschritten werden durfte, der wertvolle Baum nicht min- 
destens ebenso wichtigen Dingen (z. B. einer Erweiterung der Wortlehre und des ganz 
kurzen syntaktischen Abschnittes) vorbehalten wurde anstatt diesen theoretischen Erwä- 
gungen, die erst auf Grund vieler weiterer, noch anzustellender Mundartuntersuch uogen 
wahrhaft fruchtbar werden können. 

Gebhardt uutersucht ein räumlich scharf umgrenztes Gebiet, die weiland freio 
Reichsstadt selbst; nur gelegentlich werden zum Vorgleich die Nachbarmundartcu aus- 
geprägt ostfränkisoher Färbung, Fürth, Wendelstein, Schwabach und Erlangen, fast gar 
nicht die der an der Unterpegnitz flußaufwärts gelegenen, immer deutlichor oborpfülzisch 
redenden Orte beigezogen. Wichtig, auch grundsätzlich wichtig, ist dio Feststellung, 
daß die Mundartgrenzo nach Norden, Westen und Südwesten mit dor alten politischen 
Grenze zwischen Reichsstadt und Burggrafscbaft zusammenfällt (§ 1 und § 5); auch dio 
sich daraus ergebende Verbesserung der Mundartkarton, die Fürth zusammen mit Nürnborg 
entweder dem Ostfränkisehen oder dem ober pfälzisch- Bairischon zuweisen, während die 
Grenze zwischen beiden verläuft; mit dem Bairischen teilt N. die Bewahrung des Unter- 
schiedes zwischen mhd. a und ä, die Diphthongierung der alten Längen und die Kürzung 
der alten steigenden Diphthonge, dagegen hat es den Stoßtou und den Dual im Fron, 
pers. der zweiten Person fallen lasson und spricht das g im Auslaut und in den meisten 
Fallen des Inlauts als x bezw. <r, nähert sich somit dem Fränkischen (§ 6). Dio meisten 
Mundartsprecher weist aus geschichtlich -wirtschaftlich -gesellschaftlichen Gründen das 
Egidienviertel und zwar innerhalb dosselben ein gewisser Bezirk auf (§3); interessant ist 
J. Chr. Wagenseils Feststellung vom Jahre 1697, daß der eigentliche Nürnborger Dialekt 
in dem gemeinhin >die kleine Türkey« genannten Teile der Stadt zu finden sei, — eino 
»Türkei«* gibt, es auch in Tauberbischofsheim, südlich vom östlichen Teilo der Haupt- 
straße bis zum Graben; es ist das Stadtviertel der ärmeren Bevölkerung. — Irgendwelche 
bedeutsame Mundartuntorschiede innerhalb der Stadt bestehon houte nicht, oder nicht 
mehr; dio vom Verfasser »Halbmundart« genannte Sprachform , die sich unter den Nach- 



1 Da der Ausdruck »volares r« in den phonetischon Lehrbüchern nicht vorkommt, 
haben wir es auf alle Fällt» hier mit einer unklaren Ausdrucksweise zu tun. Will Bremer 
(Bremer, Phonetik § 79) das germanische r dem mit Reibung zwischen Hinterzunge und 
weichem Gaumen hervorgebrachten Zitterlaut * driniaeh a gleichsetzen? und warum? 
wegen der Entwicklung eines westgerm. ur aus germ. r'i Dann müßten aber auch m, 
n, l als velar anzusprechen .sein. Zur Frage nach der Aussprache des germ. r vgl. 
Traütmann, Lautlehre $ 341; Sievers, Phonetik 6 § 306; Virtor, Phouotik 6 § 1)3 Anm 3; 
Wilmanns, Deutsche Grammatik l\ $8 ? ; {5 114 Anm. 2. 

| 2 Mundartl. (fyrzgäi ist etymologisch wohl * Turmgau«; vgl. meine Gramm, der 
ostfr. Mundart des Taubergrundcs § 101, 3. 0. H.j 



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362 



Bücberbeepreeb ungen . 



kommen der bairisohen Beamten, der aus Franken ergänzten Kaafleute und der altein- 
gesessenen Geschlechter ausgebildet hat, ein Mittelding zwischen Mundart und Gemein- 
sprache, besteht natürlich neben der alten Mundart in der ganzen Stadt. 

Bei der Behandlung des Worttons, § 18, 3, stellt Gebhardt für tautologiscbe und 
vergleichende adjektivische Zusammensetzungen gloiche Tonstärke für alle Teile fest, 
z. B. dikstit, grÖQHgrei*, tadu n rdkeRddR. In der Mundart meines Heimatsdorfes Ober- 
schefflenz (im folgenden mit O bezeichnet; Amtsbezirk Mosbach in Baden, Grenzgebiet 
zwisohen rheinfränkisch- pfälzisch -odenwäldischor Mundart einerseits und ostfränkisch - 
hohenlohischer anderseits) , von der ich eine umfassende Darstellung vorbereite, uud die 
hier und im folgenden zum Yergleioh heranzuziehen mir um so eher verstattet sein wird, 
als sie die unmittelbare südwestliche Fortsetzung der von Heilig behandelten Gruppe und 
dieso wiederum don westlichen Anschluß an die ostfränkischen Nachbarmundarten Nürn- 
bergs darstellt, finde ich hier einen bedeutsamen Unterschied: bei zweigliedrigen herrscht 
gleiohe Tonstärke für beide Teile, also blitsblw, bRitsbRtft, SdRitiäusR} RitsRwd, fukf>~ 
Ruiit, faRRöut; bei dreigliedrigen kann sie herrschon und ist wohl das gewöhnliche bei 
ruhiger Redeweise, also blitskdidlbluo , bükRdgiRsdaif, göldwdkSye-el, fiiksfaRRöttt; da 
jedoch dio drei- und mehrgliedrigen besonders im Affekt gebraucht werden, kann auch 
das zweite oder das dritte — nie das erste — Glied stärkeren, die beiden andern dann 
Nebenton tragen, also bökRägvRSdäif oder bokRäg»R$ddif. Im Gegensatz zu N und Tb 
(= Tauberbischofsheim) ist das tonstärkere Glied aller solcher Zusammensetzungen auch 
jeweils tonhöhor: in htfbldo sinkt, in blitsbbio steigt die Stimme boi der zweiten Silbe. 
Auch N §18,4 »Ein Nebenton kommt nur in solchen schweren Zusammensetzungen 
vor, die auch noch als zusammengesetzt gefühlt werden« gilt nicht für 0; ich erwähne 
beispielsweise dbtnfa Spinne, em^tsj Ameise, hqRnbal Hornis, foorqte Forelle. 

Dem Vorgänge Heiligs für Tb folgend, verzeichnot auch Oobhardt für N eine 
größere Anzahl Beispiele in Notenschrift zur Veranschaulichung des musikalischen Satz -, 
Silben- und Worttons. Im allgemeinen scheinen nach diesen Aufzeichnungen die Stimm- 
lage beim gewöhnlichen Sprechen in N tiefer, dio Intervalle etwas geringer zu sein als 
in Tb; beide Unterschiede wachsen um so mehr, je näher man der Pfalz und dem Rhein 
rückt, sowohl nach Heiligs gelegentlichen Auführungeu aus der Umgegend von Heidel- 
berg als nach meinen 'eigenen Beobachtungen, auf dio ich jedoch, selbst unmusikalisch 
bezw. im Hören nicht genügend geschult, nicht allzu viel Gewicht legen möchte. 

Die Feststellung des sich gegenwärtig in N vollziehenden Umschwungs von dem 
früher allgemein üblichen alveolaren r zu uvularom R (§ 36) begleitet der Verfasser mit 
einem »leider«. Warum? Nicht als ob ich für eine Charakteristik der Mundart den 
ästhetischen Standpunkt nicht auch zu würdigen wüßte; aber in der Grammatik über- 
haupt, insonderheit bei der Beschreibung eines einzelnen lautlichen Vorgangs scheint er 
mir schlecht gewählt. Dio Ästhetik macht sich im selbon Abschnitt noch unangenohmer 
geltend, wenn der Verfasser sagt: »Das gerollte R scheint nur vorzukommen da, wo 
Ä-Sprecher das ihnen nicht geläufige gerollte r nachsprechen wollen, und zwar glück- 
licherweise [die Hervorhebung vom Referonten], denn es ist ein Laut bei dem einem 
alt tsce* äußtenv**. Darüber läßt sich nicht streiten, denn os ist Geschmackssache 
Steht es übrigens mit r^>R nicht auch in N wie mancherorten so, daß die Mehrzahl 
noch r zwischen Vokalen (warum) und vor Konsonant nach Palatalvokal (tc\rt), vor 
Konsonant nach Gutturalvokal jedoch R (wqR() spricht? 

Noch an anderer Stolle stoßen wir auf dies »leider«, — da wo Gebhardt als An- 
hang zur phonetischen Darstellung der Laute dio Orthographie der üblichen Mundart- 
wiedorgabe untersucht, S. 35 »Außerdom aber würden sich auch die Druckereien hierauf 
[Verwendung diakritischer Zeichen oder ganz neuer Buchstaben] nicht eingelassen haben, 
und zwar um so weniger, als ja solcho Zeichen sich an der Frakturscbrift, in der volks- 
tümliche Dinge leider ausschließlich gedruckt werden, nur schwer oder gar nicht an- 
bringen lassen«. 1 Bei der besondere unsystematischen Schreibweise Grübeis ist Gebhardts 



1 Dies halte ich für einen Irrtum, zu dessen "Widerlegung ein Blick in die beiden 
soweit vorliegenden Baude von Friediis »Bärndütsch« genügt. 




Bücherbesprechungen. 



368 



Klage sehr wohl zu verstehen. Aber warum die — so oft und meist so sehr zu Un- 
recht? geschmähte — •Frakturschrift aufgebort, wenn sich dio Drucker auch bei der 
Antiqua auf Verwendung der genannten Hilfsmittel nicht einlassen würden'? und wie- 
viele Leser sucht sich dor Mundartdichter unter den phonetisch Gebildeten? Anti«jaa- 
druck brächte ihn um die Hätfte, das einfachste phonetische System um neun Zehntel 
seiner Leser. Allen Anforderungen entspräche nur die Gegenüberstellung dos Textes und 
der phonetischen Umschrift in der Art von 0. Heiligs Ausgabe der Hebeischen Gedichte 
(C. Winter, Heidelberg). 

An Einzelheiten zu dem lautgeschichtlichen Teile des "Werkes möchte ich folgendes 
bemerken. 

N hat nach § 58, 5 jedes mhd. e vor st zu e verwandelt, also ätcestaR, nest, 
gestali. Tb (Heilig §55 Anm., und 8 126 Anm. 1) hat e in StccsiteR, geadiR, d&tdj 
desto, gteest (mhd. geirvst gewußt), dRcsdsR Tröster, dagegon gierst (mhd. getri'st ge- 
weson), ncest, auch Plural nesdaR, scsdaR, fest. 0 zeigt siretäR und geädaRt , dagegen 
nqeät — ne-idoR, fest, meines Erinnerns auch sesdiR und dR^daR, Mittel- und Unter- 
schoftlenz, — etwa anderthalb bezw. drei Kilometer von Ubersehefflenz entfernt und 
hierin gegenüber der Umgegend eine Sprachinsel bildend, — haben außerdem noch 
gsiceJt gewesen (die umliegenden Orte gwe$). Für Tb und 0 gilt also nicht die in 
Anm. 4 gegebene Erklärung, daß für die genannten drei Fälle schon mhd. e statt e an- 
zusetzen sei, und wegen des unvollständigen Materials möchte ich auch für N ein Frage- 
zeichen setzen. 

Zu gficvdi gooxodi, mhd. *jigendie jagendie »über Hals und Kopf« verweist der 
Verfasser § 95 Anm. 5 auf einen Artikel in der Nürnberger Stadtzeitung vom 19. 1. 1899. 
Wievielen Benutzern seines Buches dio betreffende Nummer dos Blattes zur Verfügung 
stehen mag? Die in Anm. 5 enthaltene Erklärung befriedigt vollkommen; brachte der 
Zeitungsartikel etwas besonders Wichtiges, so mußte dies hier im Auszug mitgoteilt werden. 

Befremdet hat mich zunächst die Erhaltung mhd. Media b als stimmloser Lenis 
vor h (§ 107, 1 und Nachtrag): bheün behüten, bhaitn, bfifltzRla »Schränkchen« , da 
6-f- h sonst sowohl bairisoh als ostfränkisch zu p wird: Tb, 0 palda, dazu neugebildetes 
Partizip gapaldv (Heilig §136, 3; 260 Anm. 3), analog kheeUna gehören — gakhecRt, 
von ma. kehren — gekehrt nicht zu unterscheiden. 

Mhd. nc in den Schreibungen lone, ritte faßt Gebhardt nach der allgemeinen An- 
nahme als gk\ aus den gebeugten Formen mit inlautendem y <. t/g sei dann das y auf 
die endungslosen Formen übertragen worden. Wir haben es aber bei auslautendem ne, 
wie moin Kollege Herr Professor Prokosch kürzlich nachgewiesen hat, lediglich mit einer 
thüringischen Schreibung zu tun, dio für Thüringen freilich dem Lautverhalt entspricht. 
Die Ergebnisse von Prokoschs Untersuchung, dio 122000 mhd. Verse umfaßt, setze ich 
mit seiner gütigen Erlaubnis hierher (der Artikel wird demnächst erscheinen): »Wolfram 
und Veldeko reimen unbedenklich etymologisches yk und yg und sprachen auch der 
Schreibung gemäß. Bei den süddeutschen Minnesängern, Walthor, Koinmar dem Alten 
und Neithart, sind solche Reime häufig in stehenden Verbindungen wie Dank und Sang, 
kommen sonst aber nicht vor. und selbst der unter allen Umstünden richtige Reim 
V9 -V9 wir d sichtlich gemiedon, offenbar weil Unsicherheit herrschte. Genau dasselbe 
gilt für Nibelungenlied und Kudruu. Die süddeutschen Epiker, vorab Gottfried, ge- 
brauchen nur die nach heutigem süddeutschen Sprachgebrauch richtigen Keime, Hart- 
mann am deutlichsten in soinen selbständigen Epen, er ist am stärksten süddeutsch im 
Gregorius und zeigt eine leichte Neigung nach Wolfram hin in Iwein und Erec*. O lnn*k 
lang, xdRäävk Strang (daneben juy) beweist nichts hiergegen; -ay, in welchem der Vokal 
überhaupt nicht ungenäselt ausgesprochen werden kann , mußte entweder zu einem Nasal- 
vokal oder zu Explosivlaut, also k führen. 



1 Ich kann es mir nicht versagen, auch an dieser Stelle auf die trefflichen Aus- 
führungen Dr. A. Kirschmanns, »Zur Rechtfertigung der deutschen Schrift«, Beilage z. 
Allgom. Zeitung 1902, Nr. 171, S. 197 — 191), zu vorweisen, die so manches Mißver- 
ständnis in dieser Frage überraschend aufklären. 



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364 



Büch erbesprechungen . 



Zur Dehnung in mhd. einsilbigen Wörtern sagt Gebhardt § 130, 3, sie unterbleibe 
der Regel nach in Adjektiven, »weil hier die flektierten, also mehrsilbigen Formen 
an Häufigkeit die einsilbigen unflektierten weitaus üborwiegen, und fast ausschließlich 
diese betont vorkommen«. Worauf bezieht sich dies »diese«? Sind die einsilbigen 
Formen gemeint, so wäre ja gerade Dehnung zu erwarten. Daß aber die flektierten, 
mit andern Worten attributiven Adjektiva die prädikativen weitaus überwiegen, möchte 
ich auch für N in Frage stellen; sicherlich gilt es nicht für 0, wo dem attributiven 
Adjektiv eine ganze Anzahl stilistische Kategorien verschlossen sind, und auch in Tb be- 
steheu die gedehnten Formen ruhig neben den kurzen weiter; daß sie sich neben diesen 
zu halten vermögen, beweist doch, daß sie ihnen an Häufigkeit mindestens gleichkommen. 
Ich nenne aus 0 nur aalt alt (das sogar in der Flexion gedehnt bleibt, s daldi flt>id) y 
ääStotn arm, khddlt kalt, gltää"lc krank, Uin*k lang, ndds naß, Reect recht, Sd<iR»f scharf, 
Sddduik stark, trddiUm warm, aus Tb dazu noch hdahp halb, tceelik welk, ddlitc arg, 
sddt satt. Da nach Gebhardts eigener Darstellung (hior und § 338, G) zu Grübeis Zeiten 
Formen wie khnolt »kalt« noch häufig gewesen sein müssen, die heute in N fast nie 
mehr zu hören sind, so ist hier besonders starker Einfluß der Gemeinsprache aoio- 
nehmen; der Grund dafür ist leicht einzusehen. 

Zu N hcmpfola § 142 sind Tb kämpft Handvoll, aRft Armvoll, 0 mimpfdh, Dim. 
zu *mttmpfl Mundvoll anzuführen. 

§ 143 Anm. 3, Ende, enthält die Angabe, in kXfagiskXeey erscheine ein und das- 
selbe <•% einmal ein-, einmal zweisilbig; die genaue Bezeichnung fehlt; natürlich trägt 
das zweite zweigipfligen Akzent. 

Die Wörter auf -nis sind in N nach §144,6 sämtlich nicht echt mundartlich; 
auch Heilig gibt keine. In 0 sind mir tseignis neben halbmundartlichem fsaienis und 
fin*d*Rnis bekannt; dieses würde jedoch auch halbmundartlich so lauten, die Form 
fee*6d»R für das Adjektiv ist von dorn jüngeren finSdjR so gut wie völlig verdrangt 
Für ma. müsson, im Gegensatz zu N § 148, 7 und 8, für 0 auch eine Reihe von ^ örtoru 
auf -xchaft und -ing gelten, da Lautgebung wie zum Teil der Bedeutung nach: tcit'hl- 
mz/2 Wirtschaft, hots hicUAaft »Gottes Herrschaft«, alter Fluch, icanvRSafl Wanderschaft, 
fRe{näaft Verwandtschaft (ftKicanäaft selbst ist wohl schriftsprachliche Entlehnung, da 
für »verwandt« sonst immer flte\n gebraucht wird) , — tstcilhj Zwilling, cftfi'% Drilling. 
faltljt/ Viertelpfund, sctslit; Setzling, guindliy Gründling. 

Bilden nicht auch in N heilig und selig Ausnahmen zu der Entwicklung von 
mhd. -ee, -ic>i (§ 148,24, b), wie anderwärts? Tb bietet hier zwar hailic, aber 
sceli (Heilig §97; 73 Anm. 1); 0 hailic, seelic, der Kirchensprache entnommen, dieses 
nur in Vorbindungen wie wo(* fathR (echt ma. ins fdadoli) seelic, ma{* mud.tr (echt 
ma. ms moddU) seelic; im Kompositum dagegen uuPseeli (wohl der stärkste Tadel und 
dio kräftigste Verwünschung in meiner Mundart). Schriftsprachliche Entlehnung ist auch 
in O kheeiiic König. 

Zu §168, das Näseln im Wortinnern behandelud, das zwar nicht in N- selbst, 
aber auf dein umliegenden Lande vorkommt, wären zu dem einen Beispiel goo*s für 
goons »Gans« weitere Belege orwünscht, da sie nach Ausweis von Eigennamen — vgl. 
die interessante Anmerkung über Peter Hele < Henloin — und Formen in Grübeis Ge- 
dichten auch in N selbst heimisch gewesen sein muß. Welche Laute werden davon be- 
troffen? O, hierin Heiligs p-Ma. am nächsten verwandt, hat z. B. gdd*$ Gans, hdd*t Hand, 
tcdaH Wand, khee*t Kind, Plural jedoch gen*, hen, tem , khin; nasaliert werden im Auslaut 
auch khiin Kinn, hau» Span (Plural a&q«), huu» Huhn (Plural hiüR\ nicht aber hunt,pfunl 

Das Schimpfwort rintspüpl (§ 180 Anm. 3) »strohdummer Mensch« kenne ich aus 
0 ebenfalls in der Form Rindsabibl; der zweite Bestandteil kommt jedoch in 0 nicht ia 
der Bedeutung wie in N vor. Trotz N betonootcl u.a., und trotzdem pypl allein noch 
selbständig erscheint, bezweifle ich, daß es in der Zusammensetzung noch so verstanden 
wird. Schimpfwörter wirken ja um so stärker, jo weniger man sich ihres eigentlichen 
Wortverstaudes bewußt wird, ja die unsinnigsten ärgern den Beschimpften am meisten. 
N oksvsaau und das allgemein bekannte Schweinehund — ein Tier, das es nach be- 
rühmter richterlicher Entscheidung gar nicht gibt, — mögen zum Beweis dienen. 



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Büchorbesprechungen. 



365 



Gut und befriedigend ist m*R = man in § 188 Anm. 2 erklärt; doch sei hier zu- 
gleich auf Behaghels neuesten Erklärungsversuch, Ztschr. f. deutsche Wortf., Baad X, 
S. 31 f., hingewiesen, der »m»>m»R aus der reduzierten Form man ableitet, in der 
die Schwierigkeit der lautreinen Aussprache beider Nasale ein Ausweichen des zweiten 
nach r herbeigeführt habe, wozu ma. Aussprachen von Ortsnamon Analogien liefern. 

Die Koseform Khundl denke ich mir nicht mit § 200, 2 aus Khunl mit Einschub 
von d entstanden, sondern die erste Silbe von Kunigunde bot dieselbe Lautgruppe wie 
die dritte, und das d stammt aus letzterer. — hälmi, 8. 186 Anm. 6, ist auch als 
< halben weg noch nicht genügend erklärt , sondern beido Erklärungsversuche — halben 
tceg > häbne und dies wird an Adverbia wie füüri angeglichen — sind zu verbinden. 

§ 272, 1 stellt der Verfasser die Frage: »Ob dieses a ein sogenanntes reines a 
war. wio es heute gesprochen wird, oder ein breiteros, etwa als a oder gar & zu um- 
schreibendes« — warum, wenn schon kein wissenschaftlich anerkannter Ausdruck gewählt 
wurde, nicht »ein dunkleres«? 

Die Erschließungen mhd. Wortfonnen aus der Nürnberger Ma. bieten nur in sel- 
tenen Fällen Anlaß zu Bedenken. Ein solches steigt mir z. B. auf bei der Herleituug 
von khflarvum »Kohlrabi« aus mhd. * kfflenruobefn) ; da Kohlrabi nachweislich erst im 
16. Jahrh. von Italien aus, zusammen mit der italienischen Bezeichnung caroli rape, in 
Deutschland Eingang fand, kann es sich nur um eine volksetymologische Umdeutschung 
handoln, oder der Name müßte von einer andern Pflanze übernommen worden sein; 
oino schon früher in Deutschland hoimische Kohl- oder Kehl(Wirsing)rübe, von der man 
Kraut und Rübe verwenden konnte, ist aber nicht bekannt. 

Am interessantesten war mir die 64 Seiten zählende »Wortlohre«, — ich kann nur 
nochmals mein Bedauern aussprechen, daß sie im ganzen wie im einzelnen der Laut- 
lehre gegenüber zu kurz gekommen ist; noch bedauerlicher ist das Fehlen einer ausführ- 
licheren Syntax, die unter Hinweis auf Schiepeks »Satzbau der Egerer Mundart« und 
mit der Bemerkung, sie gleiche in der Hauptsache der der meisten süddeutschen Maa., 
auf knapp zwei Seiten abgetan wird. Es liegt mir natürlich ferne, die überragende Wich- 
tigkeit der Lautlehre in der Mundartforschung herabsetzen zu wollen. Indes angenommen, 
es versch wänden über Nacht die charakteristischen Lautgebungeu sämtlicher deutscher Maa,, 
ja sogar die Formen schlössen sich denen der geträumten Einheitssprache an, so würdo 
es auch dann noch keineswegs verzweifelt um unsere Wissenschaft bestellt sein, — dio 
Mundartforschung müßte sich dann eben mehr als jetzt darauf besinnen, daß ihre Mit- 
hilfe zur Erkenntnis der Sprachgeschichte nur ein Mittel ihrer Arbeit, Ziel und Beruf 
ihres Daseins aber die Erkenntnis der Volkssprache in jeglicher Richtung und höchster 
Zweck ihres Schaffens das Eindringen in den Volksgeist in all seinen Lebensoffenba- 
ru ngen ist 

Zu Gebhardts Ausführungen hier bieten sich mancherlei Fragen, sowie hübscho 
Parallelen und Gegeusatze zwischen X und 0, alter Reichsstadt und Bauerndorf. 

X hat nach § 277, 1 und 282 den Genitiv im allgemeinen verloren, bis auf einige 
Redensarten wie uus is d,*ll mtt'trjlt? »was ist der Mär? — was ist los?« und advorbiello 
Ausdrücke wie aumla abends, (humüuwroiu »der Mühe wert« wird nach § 137, 3, b 
als Subst. mask. gen. mit Artikel gefühlt. Nicht so O; hier bestehen daneben noch — 
freilich erstarrte — Redensaiten wie du soo-H di (doli) sin frlitctj du solltest dich der 
Sünde fürchten, pfui diH *dn! pfui Schande! Daneben auch leitendige, doch wohl zu 
baldigem Aussterben verurteilte Possessive wio sHct m*H tsus ftim/jh's gnZj au Itiial? # 

es ist unrecht, Vaters Gösch o Rüssel zu nennen (eine häufig in epischer Form zitierte 
Aastandslehro). Bei den Eltern der heute lebenden ältesten Generation gab es noch für 
»unser Schwiegersohn« den stehenden Ausdruck s nuhrHb sni"3li »des Mädchens seiner«, 
der Mann meiner bezw. unserer Tochter (heute »m md^Kh süi*jH): doch mag der Genitiv, 
der einst hier gestanden haben muß, bereits als Xominativ oder Akkusativ gefühlt worden 
sein: dio eigentliche Genitivform zeigt noch tntetrUlijsbuigj »Mädcheubiück«, ein Spiel - 
und Tummelplatz der jüngeren Mädchen und kleinen Kinder. 

Die Vortretung des Dat. plur. aller Substantiva durch den Xom. Akk., in N nur 
gestattet (§ 278), ist in 0 notwendig; doch möchte ich nicht mit Gebhardt Analogie zum 



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366 Büchorhesoreclmtitton 

* 

Sing, des Mask. annehmen, wo Dat. und Akk. lautgesetzlich zusammengefallen sind, — 
warum in diesem Fallo nicht auch zum Fem. und Neutrum? — sondern eher zum Plural 
der schwachen Substantiva. 

Auch 0 zeigt im Nom. sing. mask. kurze und gedehnte Formen nebeneinander 
wie N halte neben boolic Balg (§ 284), so kaltk neben kaälik, mit dem Unterschiede, 
daß die gedehnte Form von d» lc(l »den Leuten c, d.h. den ehrbaren Ortseingesessenen, 
die kurze von d(en)» föoHn^nt», die, selbst ortsbürtig, sich der Halbmundart befleißen, 
gebraucht wird. Bestoht dieser Unterschied nicht auch in N? 

Den Plural des starken Mask. bildet 0 1. ohne jede Änderung: dank Tag, sdn<t( H 
Stein, iun Schuh, gnog» Knochen, bHool» Braten, khalldöfl Kartoffel, dog<L>!l Doktor; 

2. durch Umlaut: ImalU Bart — IxeteRt, Hau* Rausch — re{*, bäum Baum — htem; 

3. durch Umlaut und ev. gleiehzeitige Kürzung des im Sing, gedehnten, schleiftnnigen 
Vokals: kJium Kamm — khem; Hook Kock — rek, dooRn Turm, Dorn — dulin, mto^) 
Wagen — tcey, *dR««*k Strang — *dftep, fuus Fuß — fis, nach diesem Muster neue 
Singulare wie fuu£ Fisch, jetzt meist durch fii* und /is ersetzt, Snuuts Apfel- oder 
Birnenschuitz'; uaRjm Arm — <rR»m, initial Nagel — n^l; 4. durch solche Kürztiog 
allein: brtrrRik Berg — bieink, dii* Tisch — dii, ibii^l Spiegel — *bi%l, 5. auf ~jK 
mit Kürzung und womöglich mit Umlaut: uäalt Wald — tceld»R, mää» Mann — metuH, 
gaixt Geist — ga\khR. Ähnlich das starke Neutrum: 1. joojR Jahr, hoo»R Haar, ioof 
Schaf, Imu\* Bein, laili Ijeilach, Leintuch, vtes»R Messer, fec n *d»R Fenster (alt; jünger 
ßn*d»R); — die beim Mask. gegebenen Klassen 2 und 3 fehlen hier; — 4. khefl Kiüd 

— khin; 5. feit Feld — felihH, khmilp Kalb — kiielwjR, ba(l Beil — ba(l»R, di ; , Ding 

— dit/»H, gimi* Glas — gieüjlt, jox Joch — jeaK, gRc(ts Kreuz — gUeits»R. mo»l 
Mutter- usw. mal — mcehii, *m<>os »Schindaas», ungezogener Mensch — .iinies»r. 
buux Buch — bü»R, *dik Slück — *digjH. Das Diminutiv bildet den Sing, auf -b. 
den Hur. auf -Ii: vueirRte Mädchen, menb Mannlein, khinh Kindlein — m<rtrlüi, 
menli, kltinli; -»Uli als Pluralzeicben wie in N wäre in 0 unerhört. 

Gibt es tuend* als Neutrum (§ 292, 2) in N nur noch in der Bedeutung scortum'' 
So ist es in 0 uoch kaum gebräuchlich, wenn sich auch heute schon, besondere beim 
Plural, ein übler Nebensinn einstellt und das Wort als »Sehatz (wio in der Anrede!), 
heiratsfähiges Mädchen, junge Frau« nur bei älteren Leuten zu hören ist. — gtfsifiK 
Geziefer (§294. 1) heißt in 0 nicht nur »Federvieh«, sondern auch — vielleicht aber 
nicht allgemein — alle kleineren Haustiere, also auch Schweine, Ziegen, Kaninchen ein- 
schließend. — Bedeutet itük*R (ebd. 4) nur »faule, boshafte Frauenzimmer«? 0 kennt 
den Plur. in dieser Bedeutung nicht und sagt z. B. dKä{ SdigjR bRüut , »Ii hol» in hiig>U 
k*l««&, » HujiU finf» (fmf *dik ist halbmundartlich). 

Don Plural des Fem. bildet 0: 1. ohne Änderung: *dun Stunde, ß'ook Frag*. 
«im Süudo, noodl Nadel, gatrl Gabel, inoog» Schnake, mugj Fliege, endj Ente. <mt* 
Krbse, hl um 3 Blume, irox» Woche, kluerie Kirche, khecin Köchiu, *<■/%/.•« Arbeiterin. 
fehRn Federn, leed»Rn Ixütor; 2. mit Umlaut und ev. Kürzung des im Sing, gedehnten, 
schleiftonigen Stammvokals: mtaxt Nacht — nect (daneben nc(ct3 gestern nacht), h««*t 
Hand — heu, g««*s Gans — gen*, khuu Kuh — kitii, initat Magd — tneet , sanl (alt) 
Säule — setf; 3. auf -»: k/tats Katze — khutsj, sc\l Seele — seeh, faR»p Farbe — 
faUm», daneben auf -tu: uuR Uhr — uitRtt» sux f. als Siug. »Sache« kennt Dur die 
Halbmundart (des i* » br(*i sdx), sonst ist es nur Neutrum »Eigentum, Besitztum, bes. 
Aussteuer« (*i hol » sei"* .tax ntiidgRiikt sie erhielt eine gute Aussteuer). Zu 
Frau heißt der Plur. uaitcjR, das seinerseits keinen Sing, mehr hat; das Zahlwort zwei, 
sonst in drei verschiedenen Formen erhalten, tritt davor im Fem., also tstrou waurjU. 

Sehwache Maskulina, die das -e dos Nein. sing, als -» bewahrt haben, wie»"""" 
Namen, unterscheiden sich in keiner Weise von der oben gegebenen ersten Keilie der 
starken, d. h. Sing, und Plur. uud innerhalb dieser alle Kasus haben gleiche Form: bei 
äHurlttsj ist das .» aus den obliquen Kasus des Siug. oder aus dorn Plur. in den Xom. 



1 Solcher Analogie verdankt auch sntfiji, von den älteren Leuten als »Schiriken 
von den jüngeren nur als Schimpfwort »verrückter Hering« verwendet, sein Dasein. 



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Bücherbesprechungen. 



sing, eingedrungen. Die andern -bilden den Plur. auf fuiri.t Hase — hädS*, oki Ochse 

— ok&s (auch hunt Hund — hunda hat sich dieser Klasse angeschlossen); einige auf 
-na wie ba\pR — bauoRtt». An schwachen Neutren gibt es wie in N nur atfk Auge 

— aif3», oo»R Ohr — ooRna, h&Rls Herz — haRts* (aber l^khtu» hd-RtsaR Lebkuchen- 
herzen); wie N bildet auch 0 don Plural von bei Bett und htm Hemd auf -ar, also 
bed»R, lien&R, — einmal hörte ich den Satz di hem»R un rf» hemaR dt hcn&R »dio 
Hemden und die Hämmer die haben wir«. 

Wenn durch ehemaliges Genitiv-, heute als Pluralzeichen gefühltes *, 0 * eine 
Familie als Ganzes bezeichnet wird, so darf im Gegensatz zu N (§ 318 und 357, 1) in 
0 nie der Artikel fehlen: s hdpmänä sen döo g»icee Uartmanns waren hier, mar tceh 
»mool tstts gefomsRS (sämtRS) niiwiR wir wollen einmal zu Gedemere (Sommers) hinüber. 
Wie diese Beisfüele zeigen, gilt die in N regelmäßige halbmundartlichc Aussprache der 
Familiennamen (§ 321) für () nicht in allen Fällen, wenn sie wohl heute auch überwiegt. 

Auch () führt wie N § 328, 1 neben den umgelauteten Formen unumgelautete 
weiter, doch sind sie am Aussterben: äutdiR, jünger HiibR Schüler. bqRj»R neben beRj»R 
Bürger, beides gleicherweise Sing, wio Plur. (manche verwondon boRpR im Sing., beRßR 
im Plur.), z. B. in dem Ausruf bqRjaR hi'iülf.' 1 »Bürger Hilfe!« 

Zur Erklärung des Umlauts in jtfUszm&Rtl (§ 330, b) möchte ich die zweite An- 
nahme, Einwirkung des f in lat Martinas, der ersten, Einwirkung dos Diminutivsuffixe«, 
vorziehen und auf Velten < Valentinas hinweisen, das in 0 nie diminuiert erscheint 

Von der Schriftsprache abweichendes Geschlecht weisen in 0 weit mehr Wörter 
auf als in N (§ 331). Ich führe meine Belege hier einstweilen lediglich dem Genus nach 
geordnet vor, ohne den Versuch, sio in einzelne Gruppen zu sondern. Mask.: f<c<rRS» 
die Ferse, übuul die Spule, kheliA »kölnisch Tuch«, Leinwand mit eingewebten bunten 
Stteifen, uyäaRt unartiges Kind, luft Luftzug (f. als atmosphärische Erscheinung), khaR- 
dofl die Kartoffel, budtRn die Butter, Hoof dio Schläfe, a(S (auch n.) das Eis. kouh 
die Kohlo, flami die Flainmo, tsee* die Zehe, foRt die Einfahrt in den Hof, gift (auch n.) 
das Gift, dJiauu>9 dio Trau bo, snck die Schnecke (daneben Sneg» f.), UteRncs irdener Topf 
(f., Scherbe, wie N), Um die Imme, hqRnisl (auch f.) die Hornis, huml dio Hummel 
(auch der Farre), kdAuo Gefängnis, Arrest lokal, doopfj Tinten- odor Fettfleck von un- 
geschickter Berührung mit schmutziger Hand, dooto die Pfote, tse{k das Zeug, Rot die 
Hatte, im9RgRii n das Immergrün, mqRpRdut (auch n.?) das Morgenrot. — Fem.: baax 
der Bach, Ruümt der Rahmen, beUäft, botsaß das Petschaft, Seilst »das Schelzicht«, 
die Schale von Kernobst oder Kartoffeln, Hendl »Schöntal« (Flurname). — Neutra: den 
die Tenne, indtsibnu^n der Marzipan (vollisetymologische Anlehnung an matsj »jüdische 
( »sterkuchen« und btidt* Knochen, da man sich an dem unter diesem Namen auf dem 
Lande verkauften Gebäck sehr wohl dio Zähne ausbeißen kann;, khumeeli die Komödie, 
das Theater, be\l die Beule, ek die Eoko. sabii die Charpie, madeeRi die Materie, der Eiter. 

In § 336 ist der schwache Dat. sing, des fem. Adj. falsch eingoreiht; er müßte 
nur in § 339 aufgeführt werden; die Sache ist einfach die, daß er nach dem Artikel, ob 
unbest. odor best, steht; es heißt doch N sicherlich ebensowohl mitiR khältn brri als 
miiurv khältn brei. 

Während N für »frisches Brot« assimilierend v fris hrqut bildet ($ 338, 2), heißt 
es 0 unbedenklich fRiss büout. Wie wenig hier Klangschönheit maßgebend ist, zeigen 
solch rücksichtslose Gobiide wie huHS kUn'uy? hast du sie geschlagen? oder thceZt .iduteo 
dio heißesto Stube (vgl. hierzu $ 342. 4). 

Das /* in dem >; 345 erwähnten maust in Grübels Gedichtet) soll sicher, wie 
Gebhardt ohne rechten Glauben vermutet, Nasalierung des Vokals andeuten; vgl. dazu 
den Komp. Tb (Heilig §143 Anm. 3) m^ndeR, <» mev n Jr, Superl. 0 viein.it. 



1 Außer dem lautmalenden s hiiült (N s hüulüint, § 144, 1) es hallt, tönt hohl, 
in kahlem Kaurne, oder in einem großen leeren Fasse, wenn man durch das Spundloch 
hineinruft, ist dies für 0 der einzige mir zur Stunde erinnerliche Fall näherungsweise 
labialer Aussprache des Vokals, aus seiner Anwendung leicht zu erklären, da sich hier 
die Lippen beim Ruf auf Kernwirkung naturgemäß vorstülpen. 



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3<;s 



Büoberbesprechungen. 



Auch für Tb wie für 0 gilt bei der höflichen Anrede »Sie« der Dat. iina auch 
für den Akk. (N §350 Anm. 2, und 352,6), z. B. 0 * häb iina khumaseea, halbmund- 
artlich äs fRd{t mic iina Ichens tsu IttRna. Bemerkenswert aber ist, — was wohl auch 
für N gilt, — daß jung und alt die Form als falsch fühlt, sie jedoch als unabweisbares 
Erfordernis für höfliche Rede ansieht: ü dl iroor, ewaR des khecRt si hall amool 
söu* wurde mir zum Bescheid, wenn ich dem Redenden darüber einen Vorhalt machte; 
vgl. dazu, was Gebhardt § 52, 1 erzählt. 

sel<Lstlb bedeutet in Tb und 0 nur »jener«, für »derselbe« (N § 354 Anm. 2) 
muß iu 0 daR neemli eintreteu. Für »dieser« sagt 0, wie N, ddxcR doo. s$l, wozu 
auch ein Adv. s$t »dort« gehört, ist weit häufiger als dteteR di^Rt (dqrdäns); es dient 
zur Einleitung der meisten Relativsätze 1 ; es steht wie Schriftdeutsch »jener« auch bei 
Zitaten wio »* glik iS a Rintßi, des su-xt sa\*sgldica» hol sehR buuaR ksäät, tat 8» 
nöxbaR s gRous loui gawitna /tot. — Ein, weun man so sagen darf, unbestimmtes Deter- 
minativpronomen ist das Noutr. 0 desjeeni; z. B. i bin dunom dooRaf (im Unterdorf) 
gawee , doo haust amool ebas kheeRt! desjeeni hot malt ksddl ... — das Neutr. hat sich 
hier durchgesetzt einmal als das geschlechtslose Pronomen, und dann (was hier der 
Hauptgrund sein dürfte), weil Frauen von ihren Altersgonossinnon sowie allen jüngeren 
Frauen und Mädchen fast durchweg im Neutrum sprechen (s rdsina hot san bt'm khau-^a 
die Rosino hat ihren Jungen gehauen), oin Brauch, der jedenfalls auf die massenhafte 
Verwendung der verkleinerten Vornamen (s fRiidddla, s mdRiila) zurückzuführen ist. 

Für unbestimmtes »welcher«, wofür N (§358,2) Formen des unbestimmten Ar- 
tikels setzt, gilt wenigstens für das badische Franken und für m. W. ganz Württemberg, 
wohl auch für das alemannische Gebiot die von Behaghel, Dio deutsche Sprache', S. 03 
aufgestellte, von Gebhardt bezweifelte Regel, daß hier die Umgangssprache ohne Be- 
zeichnung irgendwelcher Art auskommt; ich erinnere mich deutlich, wie seltsam, ja 
direkt unsympathisch uns Schülor der beiden Gymnasien, die ich besuchte, Tauber- 
bischofsheim und Bruchsal, dio Verwendung dieses Wortes im Munde norddeutscher 
Mitschüler oder in den deutschen Übersetzungsbeispielen der französischen Grammatiken 
zur Einübung des Gebrauches von en berührte. Gebhardts Beispiele müßten in 0 lauten: 
doo gtig amool di Se\nj gw{tsa, doo gei i gldi un khduf maR und hoä des jooR 

so khd-Rsa gesa? — nun*, etraR he[t gRii^i; oder ein anderes Beispiel: teil khitR.Ha? 
Willst du Kirschen? — ha fRd[li, host? hast du? — «<*«•», ewaR doo diu gd{ts (da 
drinnen gibt es), ge numa (nur) mit* un khduf daR. 

Im Gegensatz zu N (§ 358,3) kann in 0 nur dem Adv. soh, nicht aber ganis, 
bei folgendem Adj. der unbest. Artikel sowohl vor- wie nachgesetzt werden, also » sou 
a gleetiaR kh<el(l } aber a gants unldi [Raa. 

Ein »solch« (§ 359, 1) gibt es in O nicht; »solche Blnmen« heißt hier »oif bluma; 
not, das man zuweilen hört, halte ich für eine verhältnismäßig junge Einschleppung. 

Die Possessiva werden in U nio mit dem Artikel verbunden wie in N (§ 359,2); 
z. B. hofd man biiu kseej? — ddi n aR is inid mä{ n m nufs dooRaf föoRi (ins Oberdorf 
vorhin). Kleine Kinder gebrauchen dio gebeugte Form gelegentlich auch im Nom. sing, 
mask. und neutr.; einem meiner Schulkameraden, der dies noch im ersten Schuljahre 
tat, hing jahrelang der Spitzname muinjR fu'tulaR an. 1 Nicht auf Kinder beschränkt ist 
der Gebrauch, das Zahlwort »ein« beim Nachdruck vor dem Subst. im Nom. mask. uud 
neutr. zu beugen: ce*aR äpfl, da(* biiaRn, rc*a bennla (Baumioiii). 

Das Zahlwort »zwei« hat, wie noch vor einer Generation in N (§ 361), in O noch 
drei Formen: tsirei», tstcon, tstcu«i; doch ist der Unterschied in einigen Dörfern der 
Umgegend bereits ausgestorben. • 

1 Alle Relativsätze in 0 sind einschränkend und können bei der Erzählung nur 
eine bereits bekanuto Tatsache melden; >I)a kam ein Maun, der nur einen Arm hatte« 
z. B. lautet in <>: *döo is a »iit'd» khtnua, dd,iu hot uutna cen udRam khat*. 

Wie häufig gerade Sprachfehler zur Entstehung von Übernamen führen, gedenke 
ich in Balde an dieser Stelle auszuführen. 

* Folgendes von meiner Mutter, meiner treuen Mitarbeiterin, belauschte Gespräch 
kann das verdeutlichen: (Zwei Garben fallen vom Wagen) A (Obersehefflonz): doo khit/na 



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Bücherbesprechungeo. 



3G9 



Für die gebeugten Formen der Zahlwörter beim Zählen oder in prädikativer 
Stellung gibt Gebhardt § 363, 1 die Beobachtung, daß im ersteren Falle mehr die Formen 
auf -», im zweiten mehr die auf ~v stehen. Eine Erklärung dafür scheint mir nicht 
schwierig: das objoktlose Zählen wählt die auf ahd. -im zurückgehenden neutralen Formen, 
im Prädikat abor handelt es sich um Gegenstände, deren Bezeichnungen zusammenge- 
nommen mehr Mask. und Fem. (Leute, Gulden, Batzen, Krouzor, Zentner, Säcke, 
Ellen usw.) als Neutra ergeben dürften. So erkläre ich mir auch, daß O nur die der 
Nürnberger »-Form entsprechende Form auf -s> bewahrt hat. — Zahlwörter auf -Itaib 
bildet N (§ 306) nur bis dritthalb, 0 unbedenklich, wenn auch seltenor werdend, bis 
zu zwölfthalb. 

Für N in khfbR ni>o, afm oder am buudn nduf (§370. 1) hat 0 nünsR da (oder 
nünsRn) kh£hR, nüf di böoh. Entstanden sind diese Äusdrücko auf ähnliche Weise 
wie in N, doch ist das Ergebnis ein gauz anderes, denn in O siud eine ganze Reihe 
Adverbia zu echten Präpositionen geworden; es heißt z. B. nütuRs (RümRs) dooRaf, 
niiw»r (RiiwiR) ds bricRik, näus da ttuult. Raus da sdaul, nüfs etcjRäditrh, Ra(n t 
sdtiirj, ««</.«.-* hduZ hier an das Haus, nnu" d bu'tt^k, luhriis luitt* her an das Haus, 
ht'rtrU d Unrnk, niiu:iR.i k/ufäh hinüber zu Kasts, nüfs jöutdj hinauf zu Josts; und 
dementsprechend auch Adverbia der Ruhe: düfnajnam khehR drunten im Keller, häusjm 
icattlt hier außen im Wald, däus doli uiisj draußen auf der Wiese, ditc(m)i>m bd<eRik 
drüben am Bergo, diuos khdsdi drüben bei Kasts, dowzs jnuxd.» drobon bei Josts. 1 Den 
Ausgangspunkt bilden die Zusammenzieh ungen von hin (her) mit an und auf; diese 
wurden nun nicht mehr als hin-\-an, hin -{-auf, sondern als die Adv. hinan, hinauf 
gefühlt und nach diesem Muster auch die Adv. hin(hrr)am, -ein, -unter, -Uber, sowie 
das einfache her, priipositionell verwendet, und von da war es kein weiter Schritt mehr 
zur prüpositionellen Verwendung der Adverbia der Ruhe. 

Der Gebrauch von halt in () stimmt im allgemeinen zu dem in N (§ 372); nur 
beim enttäuscht bittonden Konditionalis verwendet 0 statt dessen dox, z. B. füesd vuü 
dox 9 bish ebis gcir*. Mir ist nicht ganz klar, wie das von Gebhardt unter 2, b gegebne 
Beispiel des vorwurfsvollen Konditionalis zu fassen ist; bedeutet dies ictrtrRst haljehü mv! 
soviel wie »du hast dir selbst die Folgen deinen Nichterscheinens zuzuschreiben, mache 
mir keinen Vorwurf«, so stimmt 0 hierzu; soll es aber heißen »dein Nichterscheinen 
hatte unangenehme Folgen für mich, ich muß dir einen Vorwurf machen«, so müßte 0 
sagen utereRS dox khümit oder noch besser hvr.id au khiimo khetu! 

Bestehen in N keino lautlichen Unterschiede zwischen adverbiellem und präpo- 
sitionellem Gebrauch bei Wörtern wie mit, nach, zu? O hat z. B. geiM miit? — tni- 
dit'R un dhn? mim hdnos? — ebenso khhnsd bat näox? — gug smool uoxm khdfee; 
odor dh'R i.s tsttu die Tür ist zu — hos diu tsit mit'R ksont? Desgleichen bildet 0 ver- 
stärkte, doppelt zusammengesetzte Formen für die Zusammensetzungen mit betontem 
da(r): t bäten doRmiit tifgjtsoofr) — döoddUtniit hr(tcj)mzRn sq" ufgatsoo^o. 

Die Bindewörter mlcr und aber (5? 374, 4) vertauscht weder Tb, wo sich qdiR, 
noch (>, wo sich etr.nR durchgesetzt hat; hier bedeutet das Wort außerdem »eben*, z. B. 
i baten kseej, e[tc3R do hänudhm (ebon den Johann Adam). 

Die Interjektion tti für »ei«, die Gebhardt § 3T5, 2 für spezifisch nürnbergisch an- 
sieht, kennt auch 0 für freudige Überraschung, desgl. o{, besonders in der Wiederholung 
oi6iov>\ oder oiöioiö(. 

Starke Ablehnung bezeichnet — außer dem auch z. B. in Tb wie Mainz üblichen 
derben hihisßtsj u. ä. - 0 mit jo», das als »Mauscheln« gilt und nicht etwa ironisches 
»ja* vorstellt. Überhaupt ist ironisches iuo selten, meist tritt dafür o'u no» auch noch, dun 
büd niH iixel foRiss »du bist nicht übel verrissen« u. ä. ein. Gänzlich abzulehnen ist 



tsiron RümR. B (ein Schwabe): no{», istniu. C (Ballonborg).- mm», tsica'ä. D (Oster- 
burken): nec n , tutete. 

1 Es heißt also in < > s dooRyf nnnaR ftuutb) bezw. nitf die Dorfstraße hinunter, 
hinauf (ohne bestimmtes Ziel, oder wenn man dies nicht nennen will); nütidRs (nüfs) 
döaiuf ins Unter (Ober) dorf; dumm (d»w»tn) döoinf im Unter (» >ber)dorf. 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. III. 24 



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370 



Bücher besprecht! n ge n . 



ironische Bedeutung für awöl, das nicht, wie Wunderlich (Unsere Umgangsprache, Weimar 
und Berlin 1804 , 8.234) und Behaghcl (a.a.O. 8. 114) meinen, einem Jatcöol gleichzu- 
setzen ist, und das icb mir auch gar nicht aus ironischem jawohl entstanden denke; wie 
O neben stark verneinendem nun nfat »nein nicht« ein stark bejahendes joo j$t aufweist, 
so bat sich, wahrscheinlich durch ahn (< frz. fi Aas?) unterstützt, zu jatcöol ein atrol 
gebildet; außerdem ist es eine mildere Form der Verneinung, worin es sich mit abd fast 
dockt, und weist kaum je eine Zumutung zurück; seine häufigste Verwendung ist gleich 
beruhigendem »o bitte, es ist nicht der Hede wort«, z. B. A entschuldigt sich, daß er 
B gestoßen hat, und fragt duds u'äiiik tcc{? — (B) ateöl. 

Wio in N (§ 387) ist auch in 0 der gerundiale Infinitiv dem Aussterben nahe ; 
hier ist er übrigens nicht auf Verbindung mit ts9 beschränkt; es kann gleicherweise 
heißen * bRätfx des ne*t U» ddufns) und * d/eltf des ne»t ddu(ni). Es erscheinen neben 
dautti hauptsachlich noch ge\n» und sde{m. Auch alle im Stamm auf - R endigenden 
Verba bilden den Infinitiv auf -na, so ßutsiiltnz, tsidalino, wevnltna, khuchltn* (lachen), 
maHiltna , $ks9( R)tsi illn». 

Ein Präteritum, das auch in N (§ 395) sehr selten ist, kommt in O nur in der 
Form wattr vor; es ist hier noch sehr jung und vorwiegend von lauten zu hören, die 
sich des Partizips gztcee als einer spezifisch Scheff lenzer Eigenheit zu schämen scheinen. 
Einen Konditional (§ 396) bilden außer heet, tra<eit und deet »täte« nur die Perfekte- 
präsentia: kheent, mee*ki, intest, soot (Osterburken stet, dies in O schon vor fünfzig 
Jahren als alt verlacht), und teeet wollte. 

In die schwache Konjugation sind übergetreten <> hang) (khagt), fag» (kfaykt), 
los? (i hawn ne*t natisgMst , i h/tun majcs gelöst »ich ließ ihn gewähren«, aber * hob 
m»R des mdx9 los»). Stark im Gegensatz zur Schriftsprache (§ 399), doch nicht immer, 
bougen le(h läuten (gAiih), Utah baden (g»b<utb), ga{^9 (g9gii&), hitjgi (kkuygj), teaij 
(gwii9), trigg? (g9ti>upg9), teinia (g»wunü9). 

Die Verba tdei«. la(^3 liegen, sitsa und hogj (hocken = sitzen) werden in 0 wio 
in N (§402) nie mit haben, sondern mit sein verbunden; auch bedeuton sie, wie im 
Altbairischen — nicht N und Uberpfalz, vgl. Anm. 2 — und im Schwäbischen (Unland: 
»Dem Vater gegeuüber sitzt Ulrich an den Tisch«), auch »sich stellen, sich legon, sich 
setzen«: m»R sen mm* dit'R k*dam> wir stellten uns an die Tür, mjR sen an thll diilt 
kSdam wir standen an der Tür; 9lt i$ na(*s btd gzlcety — 9lt i-4 im bed goleety; 9li i* 
na[n hlanl khokt, kses9 — im Sdtt'äl khokt, kses9. Als wir im fünften Schuljahr lernen 
sollten, daß man sagen müsse »auf dem Berge hat eine Kirche gestanden«, erschütterte 
das unsern Glauben an die wissenschaftliche Autorität des Lehrers sehr bedenklich. 

Auch 0 gobraucht tc<;lin9 werden mit Inf. nicht temporal, sondern nur modal 
(§ 404): 9it u-$nt *o kh HDI3 »er kommt sicher«. Ironischer Gebrauch liebt Beifügung 
von bltüaf: d/etelt u^ltt bitadf khürn» »schneide dich nicht, der kommt nicht« (ähnlich 
des höhlt ew9r bitadf ne n t gsdoy* »das hat er erat recht nicht getan, wie ich dir voraus- 
sagte) oder Einschiebung des Pron. der angeredeten Person : iic uelt d»R (ie) bitadf dt- 
heem blain-9 »ich gehe ganz sicher auch«. — Das Passiv ist äußerst selten und auch in 
dem § 105, 1 genannten Falle nicht nötig: getdiRl heicst (haben sie) d lieyRüdi äuskhooux»; 
dfto weh* 9 hatti bau9 da will mau bauon. 

Die Umschreibung mit tun ist für O ebensowenig wio für N (§ 406) an feste 
Kegeln gebunden; ein Fall, der für N nicht erwähnt wird, ist O i seldä'dd» dun eksj(lt)- 
tsh'linj »die Soldaten exerzieren eben«, besonders bei langen Wörtern dieser Art, aber 
auch .« khälilini dud ice** die Karoline ist beim Waschen. 

Auch der besondere Gebrauch von helfen (§ 408) stimmt für O, nur daß dies 
unterscheidet zwischen i hüten helft kstijrt »ich half ihn suchen« und * hütem helfj 
ksiixt »ich war ihm beim Suchen behilflich«. In 0 3/1 hod % dd*fat;9 ksdft »er hat end- 
lich einmal etwas gearbeitet« ist der scheinbare Inf. wohl <_ anfangend. 

Ein »schauen« (g III) kennt O nicht, dafür gugi gucken. Ein alter Imperativ 
gük sie! bedeutet »da seh mal einer! das ist was Rechts! na aber so was!« 

Das gewöhnliche Tempus auch für ruhige Erzählung eines eigenen Erleb- 
nisses, je nach der Individualität des Redenden mit mehr oder weniger Perfekten durch- 




Büoherbesprech ungen. 



371 



setzt, ist in 0 das Präsens, — nicht so für Märchen, Sage, Schwank oder sonstiges 
episches Allgemeingut, die durchweg im Perfekt erzählt werden. Lobhafter Bericht ver- 
wendet dann das Part, des Perf. ohne Hilfszeitwort, den Inf. mit tu, oder auch eine 
Mischung aller möglichem Formen, z. B. dii des tsa see», un da Sdqg» ts9 nein» ün hod 
den büu khan^» (oder ün he\k chll den büu). — de* ts» $89 un d»R ^mteKtsa ndoxts» 
las», un i$ $w»R tut ninioR khüim. — dti'<eR na( n s häuf nai*, tin gdltaasd ün g»- 
doubt! — döo & 9U rida*Bdam (dm Sdeid qR m«t*>, ün gtbedld ün gxiäun.' — dihelt 
tie*t faul, t $d&& ritt/", diilt na{ n kM<i<t%) , des khee n t attsm bid RaxtsgdRisa, Uum lidyä 
näus, dtcHi fR'ä<i nain an Run g»le(kt, un Aleik d»R tut'd agRaad ici ddud. 

Außerordentlich intoressaot sind Gebhardts Ausführungen zur Synonymik § 415 bis 
418, bosonders über den Grund, warum die Volkssprache bei der Wahl zwischen mehreren 
Ausdrücken gerne den derberen bevorzugt. — In 0 ist hitgs neben den § 416 genannten 
Verwendungen auch zum terminus technicus für »eine Haftstrafe« absitzen geworden. 

Die doppelte Verneinung (§ 420), in N häufig, ist in O recht solten. So heißt es 
wohl iie see l&n f Ranis nc*t, d. h. der Sprecher ist entweder entrüstot, daß Franz 
seinem Versproehen oder einem Befehle nicht uachkommt, oder er sagt sich »ich wußte, 
daß es so kommen würde«; sonst ist die Begol * see ksn menS, nicht wie in N *' hap 
km wen* we"f ksee», oder s if niimod neW döo gsieee. 

Die Eigentümlichkeit von N, jeden betonton Begriff an den Satzanfang stellen zu 
können (§ 421), teilt 0 nur in beschränktem Maße. M. W. ist sie nicht, wie Gebhardt 
meint, mehr oder minder gemeinsüddeutsch, sondern bairiseb. 

Daß tcaxoldili in X nur halbmundartlich vorkommt (S. 322, Nachtr. zu S. 14, 
unter 1), ist schon befremdlich, noch merkwürdiger jedoch , daß Gebhardt dem "Worte 
üborhaupt den mundartlichen Charakter abspricht. 0 kennt es als teecldjRn. 

Das sorgfältig gearbeitete Wortverzeichnis — ich habe freilich wenig Gelegenheit 
genommen, Stichproben auf seine Genauigkeit zu machen; unter behalten muß der dritte 
Eintrag 143 Anm. 3 lauten — enthält auf 70 Spalten rund 2500 Einträge, also wesentlich 
dieselbe Anzahl wie Heiligs Werk. Man möchte doch gerne wissen , wie groß die Anzahl 
der Mundartwörter für N überhaupt ist, die Gebhardt gesammelt hat; und es wäre den 
Verfassern ähnlicher Arbeiton nahezulegon, den Leser darüber, wenn auch nur beiläufig, 
otwa in der Vorrcdo, zu belehren. Ausführlichere Darlegungen wären natürlich um so 
erwünschter. Es gibt doch sicherlich auch Leute, die oin solches Buch mit andern als 
rein grammatikalischen Interossen aufschlagen. 

Es mag kleinlich erscheinen, wenn ich bomerko, daß mehrfache Wiederholungen 
in dem Buche vorkommen, daß z. ß. »Lichtbraten« zweimal, S. 175/6 und wieder S. 187, 
§ 201, ausführlich erklärt ist; solches läßt sich ja kaum vermeiden. Grundsätzlich wichtig 
dagegon scheint es mir, daß in Gebhardts Darstellung fehlende Beispiolo nur in den 
Nachträgen, nicht auch noch eigens in den Bromorschen Partien des Werkes hätten auf- 
genommen werden sollen, wie S. 202, § 235. 

An störenden Druckfühlern oder unberichtigten Versehen, von denen das Buch 
außerordentlich frei ist, verzeichne ich S. 18, erste Notonroihe, Note zum dritten Wort 
des dritten Beispiels fehlt; S. 27 Z.4 Verstülpung, 1. Vorstülpung; §53 Z. 1, Wieder-, 
L Wiedergabe; S. 48, Anm. zu § 73, Z. 3, 1. *aufm\ S. 89 Z. 8 v. u., 1. nach (statt 
vor) Svarabhakti -i"; S. 175 Z. 4 v. u., 1. khalpodn; S. 230 Z. 7 v. u., I. § 130 Anm. 2; 
S. 250 Z. 3 v. u., 1. flektiert; S. 265 Z. 2 v. u., \. tugkln\ S. 27«) § 341», 1, 1. § 347, 1; 
S. 208 Z. 4 v. u., 1. ptyu\ S. 331 Z. 5 v. u., 1. Wamme; S. 391 Sp. 2, unter Volkslied, 
zweiter Eintrag, 1. 358, 1, 2. 

Zum Schlüsse noch eine Kleinigkeit: auf S. 163 fehlt nach dem I das J, und es 
folgt sogleich K. Ich fürehto, daß dies kein Vorsehen ist. Ware es nicht an der Zeit, 
daß dio Germanisten für die Verbreitung der Kenntnis sorgten, daß es im deui>ehon 
Alphabot auch ein J gibt? Dann verschwinden vielleicht auch mit der Zeit von den 
Firmenschildern so schöuo Schreibungen wie Iakob und lost neben Jsaak und Jmhof, 
und Büehertitol wie Führer durch Jtalkn. Dem Deutschen, der einig« Zeit im fremd- 
sprachigen Ausland geweilt hat, sind dies»; ein wahrer («rouel. 

Madison, Wis. Edwin lioedder. 

24* 



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372 



Bücherbesprechungen. 



Dr. J. Schatz, Professor an der Universität Lemberg, Grammatiken der althoch- 
deutschen Dialekte. T.Band. Altbairische Grammatik, Laut- und Flexions- 
lehre. Göttingen, Vandenhoek und Ruprecht, 1907. VI -f- 183 S. 8°. Preis 4,80 Mk., 
geb. 5,40 Mk. 

Wohl hat es schon länger Darstellungen einzelner Mundarten in ihrer geschicht- 
lichen Entwickelung gegeben. Ich brauche dafür nur zu verweisen auf des verewigten 
Woinhold vortreffliche Alemannische Grammatik und Bairischo Grammatik, an Kauffmanns 
Geschichte der schwäbischen Mundart. Während aber diese Werke die Mundarten durch 
längere Zeiträumo hindurch verfolgen, hat es bisher gefehlt an Darstellungen der ein- 
zelnen Mundarten gerade in der Zeit, in der es überhaupt keine einheitliche Schrift- 
sprache, ja überhaupt nicht die leisesten Versuche gegeben hat, sich einer anderen 
deutschen Sprachform in der Schrift zu bedienen als der Mundart, in der althoch- 
deutschen Zeit, der Zeit vom Einsetzen der hochdeutschen Überlieferung bis zur 
Sohwkchuug der Endsilbeuvokale, mit der das Althochdeutsche vom Mittelhochdeutschen 
abgelöst wurde. Da die allen Deutschen gemeinsame Schriftsprache damals das Latei- 
nische war, schrieb man deutsch eben nur als Mundart und wollte es nur als Mundart 
schreiben. 

Trotzdem wurde bishor — abgesehen natürlich von der Darstellung des Sprach- 
gebrauchs eiuzelner Schriftsteller, des Sprachgebrauchs in einzelnen Denkmälern — gerade 
das Althochdeutsche nur in seiner Gesamtheit dargestellt, wodurch natürlich die Dar- 
stellung an Übersichtlichkeit einbüßen mußte, weil bei joder einzelnen Erschoinung der 
Laut- und Wortlohre gesorgt werden mußte: das Bairischo sagt so, das Alemannische 
so, und innerhalb des Alemannischon hat gar wieder das llochalemannische die und die 
Besonderheit usw. 

Diesem Mangel soll nun abgoholfen werden, und es liegt uns vor die Altbairische 
Grammatik von J. Schatz, der in der Wissenschaft vor allem durch seine Mundart von 
Imst bereits aufs Beste bekannt ist. Die Altb. Gr. bildet don I. Band einer Sammlung 
»Grammatiken der althochdeutschen Dialekte«, von der man leidor nicht angogeben findet, 
wer die Sammlung veranstaltet und leitet, und auf wie viole Bäude sie berechnet ist. Auch 
sonst muß man sich die Grundsätze, nach denen in der Sammlung verfahren werden soll, 
erst aus der Darstellung selber zusammensuchen. 

Jedenfalls sieht man, daß wenigstens Schatz immer Braunes Althochdeutsche 
Grammatik voraussetzt, und mit vollem Recht, denn sie ist und bleibt nun einmal das 
A und das O der Darstellung des Althochdeutschen, und Schatz will sie eben nur er- 
gänzen, vervollständigen in bezug auf das für die bairische Mundart geltendo, und andrer- 
seits sie auch entlasten von der Fülle der Belege für Einzelheiten, für die er dio Quellen 
vollständig ausschöpft. Auch in der Einteilung schließt sich Schatz enge, wenn auch 
nicht sklavisch, an Braune an. 

Wenn Schatz bei den langen Vokalen § 7 ff . als Überschriften gebraucht west- 
germanisch e, germanisch <>, westgerm «, germ. * und f«, so kann ich an dieser schein- 
baren Uugloichmäßigkoit der Einteilung nicht den selben Anstoß nehmon wie der sonst 
ja sohr wohlwollende Berichterstatter in der Deutschen Literaturzeitung, denn beim < 
und ö hat ja das Ahd. überhaupt, beim ö wenigstens das älteste Ahd. den germanischen 
Standpunkt bowahrt, bei bairischem t~> «i > i'o > tV, z.B. in cceri, xiari wie beim 
altbairischen u dagegen setzt es einen vom gemeingermanischen abweichenden, aber inner- 
halb des westgermanischen gemeinsamen Stand voraus (z. B. ä = germ. ä <. an vor h 
und germ. ä). Dagegen empfinde ich es störend, daß unter westgerm. ü (§ 9) nur 
Beispiele für d < germ. ö- stoben, aber keiue für ä < germ. a < an vor h. Ebenso hätte 
ich § 10 auch gerne ein par Beispiele gesehen für die regelmäßige bair. Entsprechung f 
und m, während Schatz nur das Durchsickern der beginnenden Diphthongierung durch 
Beispiele belegt, wie huosherro uxtreipe (Konj. Präs.). Aber Schatz setzt eben überall 
Braune voraus, setzt vielleicht allzusehr voraus, daß man Braune immer uoben seinem 
Buche liegen hat. 

Schatz schöpft alle altbairischen Quellen aus zur Belegung des altbairischen Laut- 
standes und seiner Entwickelung innerhalb der althochdeutschen Zeit. Diese Quellen 



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Büohorbesprech ungen . 



:573 



bestehen zum Teil aus Literaturdeukmälern, teils aus Glossen, teils auch liefern latei- 
nische Quellen, vor allem Urkundensammlungen, Toteubiicher, wertvolleu Stoff, diese 
aber freilich nur Namen, aber um so wertvoller, als ja dieso Art von Denkmälern 
meistens datiert ist 

Aus ihnen wird der gesamte Stoff beigebracht und verarbeitet, aber auch nur 
aus ihnen, gebende Mundarten, spätore Denkmäler werden, wio es scheint, grundsätzlich 
nur so weit herangezogen, als sie zur Aufklärung des in den altbairischen Denkmälern 
überlieferten Standes beizutragen vermögen (z. B. § 23. 29). So waren auch die durch 
die lebenden Muudarten sicher bezeugten Dualformen des Fürworts 2. Person grundsätzlich 
von der Aufnahme auszuschließen, freilich nach Grundsätzen, über die weder im Titel 
des Buches etwas angedeutet, noch in der Einleitung berichtet ist. 

Mit welchor Vollständigkeit aber dafür über alles iu den Quellen Enthaltene be- 
richtet wird, das zeigt beispielsweise die Darstellung dos Umlauts von a zu e § 20 — 29 
auf nicht weniger als 13 Seiten, genau eingeteilt nach Zeit, Denkmälern, Lautgruppen, 
"Wortklassen. 

Dabei entrollt er bei jedem einzelnen taute, jeder einzelnon Biegungsform ein 
anschauliches Bild davon, wie sich während der althochdeutschen Zeit innerhalb der 
bairischen Überlieferung die Sprache vorschiebt, bis endlich der mittelhochdeutsche Laut- 
stand vorliegt, wie allmählich der Umlaut um sich greift, die unbetonten Vokale ge- 
schwächt, die Biegungen vereinfacht werden. 

Bei einem Buche, das so viele Einzelheiten enthält, ist es unausbleiblich, daß hie 
uud da Ansichten des Verfassers von anderen nicht geteilt werden, oder daß ihm ein 
Irrtum oder ein Widerspruch unterläuft. So ist nicht rocht einzusehen, warum Schatz 
. bald, z. B. § 92, die Bedeutung der besprochenen ahd. Wörter zugefügt hat, bald nicht, 
wie § 97. 98. Das erstere wäre wohl am besten durchgeführt worden. 

§ 96, b sagt Schatz: »Als endungslose Dativformen können auch -pah, -perc, 
-dorf, -heim, -kard, -loh, -ttuae gelten, die als zwoito Glieder von Ortsnamen immer 
ohne Kasussuffix auftreten«, und fünf Zeilen weiter unten: »Dagegen kommt der Dat. 
auf -e in Ortsnamen häufig vor: . ... ad UuilHuthnespergc*. Dauach ist also in dem 
ersten Satzo das Wort »immor« durch »vielfache oder »oft« zu ersetzen. 

Wenn Verf. §98 sagt: »Im Sing, tritt die a-Form noch auf in: ad Plctirspahc*, 
so verstehe ich das Wörtchen »noch« hier nicht. Die alten sr Formen mußten doch laut- 
gesetzlich ihro Endung verhören, ein alter «-Genetiv könnte also höchstens lauten pletir, 
aber nicht plelirs. Es liegt also in I'letirs- höchstens ein nach dem Vorbilde der Mehr- 
zahlformen neugebildeter Genetiv der Einzahl vor; ebonso in den erston Gliedern des 
alten Kelbirisbach und des heutigen Relberskofel. 

§ 128, c sagt Schatz: »Als Reflexiv der 3. Person kommt im Sing. Dat und Akk. 
sih vor, Dat. Fem. uuünit sih ki Hilda diu s€la Musp. 28«. Aber ist es denn so sichor, 
daß wir hier in sih den Dativ und nicht den Akkusativ vor uns habeuV Ich möchte 
letzteres annehmen, in kinüda uatürlich den Genetiv, so daß also sih tcunen hier als 
rückbezügliches Zeitwort auftritt. Wohl weiß ich, daß Jacob Grimm, Gramm. IV, 35 
ausdrücklich hervorhebt »waoau (sperare) hat kein pron. refl.« und kann auch außer eben 
unserem Musp. 28 keinen Belog dafür erbringen. Allein es widerstrebt wenigstens meinem 
Sprachgefühl viel mehr, in der Sprache des Muspilli einen ahd. ganz unerhörten Dat. 
Fom. gilt anzunehmen, als in diesem Beispiel einen vereinzelten Beleg für gilt trauen 
mit dem Wesfall des Gegenstandes in der Bedeutung »sich (hoffend) einos Dinges ver- 
sehen«, es »erhoffen«. Freilich scheint unsere Stelle ihre Erklärung zu findeu durch 
Notker 20, 12: Quoniam declinauerunt iu te mala Dax geachtet in uuanda sie üfen dih 
schielten diu leid dero sie selben in ttuandun 1 , übe sie an dih keloubtin. Allein was 
zwingt uns in dem bairischen Muspilli 28 als einzig mögliche Verbindung mit tränen den 
Dativ der Person und den Genetiv dos Gegenstandes anzunehmen, weil der Alomanuo 
Notker 20, 12 so bindet? Ja, wenn wir uns auf Notker berufen, so brauchen wir nur 
an der gleichen Stolle weiter zu lesen, um zu finden Xie be ttuandun sih tödes föne ro- 

1 So, mit a nicht a bei Piper in 1. und 2. Aufl. 



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374 



Bücherbesprechungen. 



manis. den eherton sie an dih. Also haben wir — allerdings mit be- zusammen- 
gesetztes — trauen rückbezüglich gebraucht, mit dem Akkusativ des rückbezüglichen 
Fürworts, in der Bedeutung »sich (befürchtend) verschen«. Denn hier ist doch sih 
sicher der Akk. Wenigstens wäre mir unbegreiflich, daß Notker in zwei aufeinander 
folgenden Zeilen den Begriff des lateinischen äi'6», auf eine Mehrheit bezogen, einmal 
mit m, einmal mit stA wiedergäbe. 

Allerdings glaube ich, daß weder Schatz' noch meine Auffassung zwingend zu 
beweisen ist. Es kommt eben auf das Sprachgefühl eines jeden einzelnen an, und mich 
weist das meine auf sih als Akkusativ. 

Ein genaues Wortregister erleichtert die Benutzung des trefflichen Buches. Bei 
der eifrigen Pflege, der sich heute die Namonkunde, vor allem die Ortsnamenkunde 
erfreut, hätte ich es allerdings gerne gesehen, wenn alle belegten Namen in dieses 
Nachschlageverzeichnis aufgenommen worden wären, nicht nur diejenigen, die Anlaß zur 
Erörterung besonderer Frageu geboten haben. 

Schatz hat mit seiner erschöpfenden und in sich geschlossenen Darstellung des 
Sprachstandes — ausschließlich dor Satzlehre — der bairisehen Doukmäler aus der alt- 
hochdeutschen Zeit der deutschen Sprach - und Geschichtwissenschaft einen vortrefflichen 
Dienst geleistet. 1 

Erlangen, den 22. Juni 1908. August Gebhardt. 

Johannes Schneiderhan, Ausurew&hlte Dialektdiehtougen ans den Schriften 
Joseph Epplc's. Mit einem Nachwort von August Holder. Verlag von Friedrich 
Auer, Ravensburg 1907. 146 S. Geb. 2,20 Mk. 

Das ehemalige vorderöstorreichische Gebiet zwischen Donau uud Bodeuseo ist die 
Heimat einer selbständigen schwäbischen Mundartdichtuug, und Sebastian (Johann Valentin) 
Sailer war ihr geistiger Vater, als er seine echtschwäbischen Gespriichstücko auf dio 
Volksbühne brachte Ganz unabhängig von der Schriftsprache entwickelte sie sich durch 
Karl Weitzmann zur Zeitdichtung und erlangte spätor durch Dionys Kuen und Joseph 
Epplo dio Bedeutung einer geselligen Dichtung. letzterer verpflanzte diese Volkskunst 
nach Mittelschwabon. Er war in Biberach 1789 geboren, kam 1810 nach Gmünd an der 
Rems als Volksschulich rer, veröffentlichte hier seine „Vermischton Gedichte* (1821, 
1826, 1812, 1844), spielte bald ohne Aufdringlichkeit in den dortigen Vereinen und Ge- 
sellschaften eino große Rollo, wurdo mit der Zeit im ganzen »Uutorland« in gutem Sinn 
volkstümlich und regte daselbst verwandte Geister zur Pflege der Dialektdichtung an: 
H. Wagner -Stuttgart, H. Hofor- Heilbronn, W. F. Wüst- Murrhardt, J. A. Pflanz-EU- 
waugen, K. F. Kißling -Murr u. a. Gleichwohl geriet or nach seinem Tod (1846) allmählich 
in gänzlicho Vergessenheit, und seine gedruckten Gedichte waren bald nirgends mehr zu 
haben, dagegen waren Dutzende derselben Eigenturn des Volkes geworden und wurden 
vielfach vorgetragen, hienach von den Zuhörern niedergeschrieben und ohne Namen des 
Vorfassers sogar da und dort gedruckt. Hier wird uns zum erstenmal wieder der echte 
Epplo geboten, wenn auch nur in Auswahl iS. 11 — 132). Es sind Bilder aus dem bäuer- 
lichen Alltagsleben und dem städtischen Spießbürgertum, voll köstlicher Laune und 
lachender Wahrheit. Die Sprache des Dichters ist dio unmittelbare Volkssprache mit 
recht alten Bestandteilen, z. B. #ctn<)l><>t , mhd. suiMen taumeln; ebln-, mhd. cleicä 
irgendwo u. dergl. Dio Schreibung (Aussprachebezeichnung) liißt aber für Nichtschwabon 
manches zu wünschen übrig. Der Dichter wollte den neuhochdeutschen Ursprung der 
schwäbischen Wörter auch noch da zum Ausdruck bringen, wo er beide einander bewußt 
entgegenstellt. Er gelangt hierdurch zu einer unnötigen Überladung des Wortbildes, 
das gleichwohl nicht lauttreu ist, zumal die Bezeichnung dor Langeu und Kürzen unter- 



1 § 10 Seite 21 Zeile 14 ist statt Schrift zu lesen Schicht, und § 12 Seite 22 Zeile 4 
von unten ist wohl statt >und so darf man wohl ao für on ansehen in Oafachar . . .« 
zu lesen »und so darf man wohl ou für ao anscheu in Oatuehar . . .«. So wie sio da- 
steht, kann ich wenigstens Schatz' Meinung nicht verstehen. 




Bücherbespreohungen. 



375 



bleibt (sein A ist ein ganz anderos als das der Schriftsprache). Das Lesen ist hierdurch 
etwas erschwert, und die sprachgeschichtlicho Ausbeute ist für Angehörige einer andern 
Mundart eine wesentlich kleinere, als sie unter andern Umständen sein könnte. Zu 
Epples Zeit war solcho Rücksichtnahme überflüssig, heute sollen Rock und Leib der 
Mundart (Schreibung und Aussprache) übereinstimmen, d. h. jener darf nicht Runzeln 
zeigen, die dem Auge webe tun und doch nicht stammesartlicb sind; auch die »Volks- 
tracht« soll kleidsam sein. Der Anhang hochdeutscher Gedichte berührt uns an dioaer 
Stelle nicht; Einleitung und Nachwort wollen das Verständnis des Dichtere vermitteln; 
sie ergänzen einander mit bewußter Absichtlich keit. 

Erligheim. August Holder. 



Karl Müller -Fraurettth, Wörterbuch der oberslkhsisehen und erzgebirgischen 

Mundarten. Lioforung I (o bis placken). Dresden 1908. Verlag und Druck von 
Wilhelm Baensch. 112 Seiten. Subskriptionspreis jeder Lieferung 3,50 Mk. 

Die allerorten kräftig einsetzende Bewegung für Heimatschutz und Erhaltung 
volkstümlichen Wesens scheint auch der mundartlichen Forschung zugute zu kommen. 
Neues Leben regt sich im Süden wio im Norden. Nachdem im vorigen Jahre das 
olsässische Wörterbuch zum Abschluß gediehen ist, hat sich vor kurzem innerhalb des 
Vereines für thüringische Geschichte ein Sonderausschuß gebildet behufs Sammlung und 
Herausgabe des stammhoitlichen Wörterschatzes, und soeben tritt auch das östliche Nach- 
barland gerüstet und gegürtet auf den Plan, indem dio erste Lieferung eines Wörter- 
buches der obersächsischen und erzgebirgischen Mundarten veröffentlicht wird. Der An- 
regung des Professors Dr. P. Schumann, Schriftleiters des Dresdner Anzeigers, war es 
zu danken, daß sich im Herbst des Jahres 1904 ein Ausschuß zur Sammlung sächsischer 
Volkswörter bildete. Ihm gehörten an die Herren Prof. Dr. Zschalig, Schumann, Reuschel, 
Philipp, Mogk, Meiche, Lyon, Göpfert, Franke, Dunger und Lehrer Frieß, von denen 
ja mehr als einer auf unserm Sondergebiet einen weit geachteten Namen besitzt. Schien 
hiormit oino Bürgschaft für die wissonschaftlicho Gediegenheit der Bearbeitung gegeben, 
so fehlte auch orfreulicherweiso die nötige geldliche Unterlago nicht. In Erkenntnis der 
hohen volkskundlichun Bedoutung des Unternehmens sicherte auf eine vom Herausgeber 
Prof. Dr. Müller verfaßte Denkschrift hin das Künigl. Sachs. Ministerium des Kultus und 
öffentlichen Unterrichtes eine Unterstützung zu, und der König von Sachsen nahm die 
Widmung des Werkes an. Im Namen des Ausschusses wandte sich nunmehr Prof. Müller 
mit einer Aufforderung an alle für mundartliche Volkskunde sich erwärmenden Kreiso 
des engeron Vaterlandes. Der Weckruf wurde bereitwillig von zahlreichen sächsischen 
Zeitungen vorbreitet, sowie in mehr als 2000 Stück den »Mitteilungen des Vereins für 
Sächsische Volkskunde« beigegeben; auch die Zeitschrift f. deutscheu Unterricht druckte 
ihn ab. Zur Anregung des Sammeleifers arbeitete der rührigo Herausgeber 130 kleine 
Aufsätze über Herkunft und Bedeutung süchsisebor Volkswörter aus, dio in oinor Reihe 
von Zeitungen wiedergegeben wurden und, teilweise in Heftform, auch im Buchhandel 
erschienen sind (vgl. diese Ztschr. 1907, 287). Der Erfolg war überraschend. Alle Stände, 
Berufe und Altersstufen gaben ihre Teilnahme durch Zusendung von einzelnen Wörtern 
und ganzen Sammlungen zu orkennen. Eino Entschädigung wurde nur ganz vereinzelt 
beansprucht, dagegen forderten Privatpersonen und Voreine das Sammelwerk durch frei- 
willige Spenden. — Die Sichtung und Bearbeitung des eingegangenen Stoffes wurde 
Prof. Müller übertragen, der domuach dio wissenschaftliche Verantwortung trägt. Man 
beabsichtigte anfangs, eine Reihe von Probehefton im Publikum, hauptsächlich in den 
Kreisen der Lehrerschaft zu verteilen, damit auf dieser Grundlago eino Nachprüfung und 
Ergänzung des Wörterverzeichnisses vorgenommen werdon könnte; später kam man davon 
wieder ab und entschloß sich zu sofortiger Veröffentlichung in Buchform. — W r ir sind 
auf die im Vorwort dargestellte Vorgeschichte des Wörterbuchs etwas näher eingegangen, 
da ihre Kenntnis für die Inangriffnahme ähnlicher Sammlungen nützo ist. Nun zu der 
ersten Lieferung des Werkes selbst, dessou Gesamtumfang auf 5 — 0 derartige Hefte zu 
je 8 Bogen berochnet ist. 



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376 



Büchorbespiechungen. 



Ortlich erstreckte sich die Tätigkeit der Sammlor auf das Sprachgebiet desober- 
sachsichen und Erzgebirgischen innorhalb der Grenzen des Königreichs Sachsen. Die 
Mundarten des Vogtlandes und der Lausitz wurden nur zum Vergleich oder zur Ergän- 
zung herangezogen. Diese Ausschließung zweier dem Erzgebirgischen nahe verwandten, 
großenteils dem sächsischen Staato zugehörenden Sprachgebiete ist uns offen gestanden 
nicht recht verständlich, zumal es an Vorarbeiten nicht fehlt. So hätten die gediegenen 
»Beiträge zu oinem vogtläudisehen Wörtcrbuehe« dos Prof. Böhme (1888), hauptsächlich 
der Pflege Reichenbach entstammend, wohl ausgiebiger herangezogen werden können. 
Ungern vermißt man auch Seitenblicke auf die »obersächsischen« Harzmundarton, dio ja 
in manchem Betracht eine eigentümliche Entwicklung aufweisen. Die Urspruugsau- 
gaben sind, wenn sie überhaupt hinzugefügt sind, nicht selten ganz allgemein gehalten: 
»erzgebirgiseh« , »boi Würzen«, »um Dresden«, »Köhler: bei den Bauern«. Bisweilen 
stobt man infolgedessen einer Notiz ratlos gegenüber. So liest man unter dem Stich- 
wort: Palmen als Bedeutung: »Weidenzweigo« und als Gewährsmann: »Laube. Über- 
lieferungen aus Töplitz« nebst mehreren anderen Literaturstellen und Hinweisen auf 
fremde Dialekte; man erfährt jedoch nicht, ob nun »Palmen« in der verzeichneten Be- 
deutung auch in ganz Obersachsen oder vielleicht nur an der böhmischen Grenze üblich 
ist Wie leicht wäre es gewesen, nach Frankes Vorgang die Landschaft gemäß den vier 
oder acht Himmelsrichtungen einzuteilen und unter Anwendung von Abkürzungen einen 
gewissen Anhalt zu ermöglichen. Zu billigen ist es andrerseits, daß der Herausgeber 
auch der städtischen Umgangssprache ibr Recht gegönnt hat, wiewohl sie im 
Lando der »kursächsischen Kanzlei« wohl weniger als anderswo vom Schriftdeutschen 
abweicht. Dankenswert ist namentlich dio stete Berücksichtigung volkstümlicher Redeos- 
arten, dio nicht eigentlich dialektischen Charakter haben, aber in Stadt und Land in der 
Umgangssprache Verwendung fiuden, ebenso Spitznamen, »Rotwelsch« und Ausdrücke 
der »Rinnsteinsprache*. Die natürliche Veranlagung des Sachsen zu treffendem "Witz 
erfährt bei diesor Gelegenheit wiedor in reichem Maße Bestätigung. Hie und da ist 
auch auf das Fehlen oder seltene Vorkommen schriftdeutscher Ausdrücke iu Mundart 
und Umgangssprache hingewiesen (angenehm, beeilen u. dgl ). 

Belege aus älteron Schriftstellern, die zur Aufhellung fremdartiger Ausdrücke 
dienen können oder sonstwie auffällig erscheinen, sind in beträchtlichem Umfang bei- 
gebracht, auch ist die mundartliche Litoratur der neueren Zeit nach Gebühr berück- 
sichtigt, deren Hauptvertretor G. Schumann, der Schöpfer des Particulier Bliemeheii. 
die Sprechweise des echten Dresdeners durchaus beherrschte. Die Stichwörter sind 
»a-b-c-lioh« angeordnet, wobei freilich »zur Erleichterung des Aufsuchen«« b mit p, 
d mit t zusammengenommen sind. Nach Möglichkeit wurden, wie das Vorwort ankündigt, 
hierbei dio Formen der Schriftsprache zugrunde gelogt. "Warum fiudon wir dann aber 
»Aad« und »Alaster« (»Elster«) unter a, nicht untor o? »Backmulo« statt »Mulde«? 
»berreprätsch« nicht unter »Birne«? »beherbrigt« statt »beherbergt«? — Zusammen- 
gesetzte Wörter sind nicht folgerichtig teils unter dem Stammwort eingefügt (vgl. 
Bein, beißen), teils unter dem Buchstaben des Anfangslautes, so die Komposita mit an- 
und aus- (anglotzen, auslatscheu) unter a. Will uas die letztere Anordnung für ein 
mundartliches Wörterbuch grundsätzlich unpassend erscheinen, da es dem Sprachforscher 
doch in erster Linie auf die in dorn Gebiet lebendigen Wortstämme ankommt, so reißt 
vollends förmliche Willkür ein, wenn man unter dem Stichwort^) »angebatallgt kommen« 
auch das (sinnverwandte) »angekrächzt kommen« findet nebst einer großen Anzahl Ver- 
weise auf ähnlicho Bildungen, dio etymologisch außer aller Verwandtschaft stehen. Ebenso 
folgen unter dem großgedruckten Stichwort »ausgefeimt« in derselben Druckweise: »aus- 
gekocht«, »ausgenäht«, »ausgerippt«, »ausgewioft«. Alle diese Bezeichnungen durften 
keinesfalls als Stichwörter, sondern höchstens als Vergleiche neben- und untereinander 
aufgeführt werden. Ebensowenig wird jemand »Fipscheu« unter »Pforkel«, »beschnup- 
pern« unter »beschniefen«. »Pämpelei« unter »Piepelei« suchen. Leidet sonach die ganze 
Anordnuug an schweren Mängeln, so können wir auch nicht umhin, die Art der Laut- 
bozeichnung als unvollkommen zu bezeichnen. Der Herausgeber ist zwar der Mei- 
nung, mau habo von einer allen Anforderungen der Sprachwissenschaft genügenden Dar- 





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Bücborbesprechungen. 



377 



Stellung der Gestalt der Wörter, einor allen Feiaheiton der Aussprache gerecht werdenden 
Lautschrift absehen müssen, wenn das Werk auch weiteren Kreisen nutzbar erscheinen 
sollte. Kr erklärt wörtlich: »Je gonauer die Wiedergabe der Laute ist, um so engor wird 
der Kreis derer, auf deren Teilnahme ein Werk über die Mundart rechnen darf« 
(Yorw. S. V) Diesem den praktischen Gesichtspunkt des Absatzes voranstellenden 
Grundsatz läßt sioh indessen der andere entgegenhalten: Je weniger genau die Wieder- 
gabe ist, um so weniger Wert bositzt das Work für die Wissenschaft Nur die laut- 
getreue Schreibung vormag uns, vorausgosotzt, daß die Lautgesetze der Hundart fest- 
gestellt sind, die richtigo Ableitung des Wortes zu erschließen. Darin zeigt sich doch 
eben der "Fortschritt der heutigen Wissenschaft gegenüber dem naiven Sammeleifer 
früherer Zeiten, daß die Forderungen der Lautlehre strenger gewordon sind. Bisweilen 
ist von dem Herausgeber eine lautliche Darstellung beigefügt, die mit den einfachsten 
Mitteln auch dorn Fernstehenden ein Bild der Aussprache zu geben sucht. Langer 
Selbstlaut ist durch Doppelsetzung gokennzeichnot, ä ist für das Gaumen -a, c für den 
Ichlaut verwendet, & für das geschwächte e. Warum ist wenigstens dieser Versuch 
nicht streng durchgeführt? War denn ferner die Rücksicht auf den Raum so drückend, 
daß man nicht einmal Platz fand für rogelmiißigo Angabe der Abwandlungsart und für 
Bezeichnung des Geschlechtes? Wenn selbst ungewöhnlichere Ausdrücke wie »Barsch«, 
»Barsch«, »Pasel«, »Pätschel«, »Pframpf« in dieser Hinsicht nicht gekennzeichnet sind, 
so hat man doch in der Tat die elementarsten Anforderungen, die an ein Wörterbuch 
zu stellen sind, mißachtet. 

Wir könnten noch eine weitere Reihe von Ungloichmäßigkoiten namhaft machen, 
meinen jedoch, daß die im vorstehenden hervorgehobenen Müugel genügen, um unser 
Schlußurteil zu begründen: Ein Unternehmen, wie dio Eintragung des obersäcbsischen 
uud erzgebirgischen Wortschatzes, konnte in drei- bis vierjähriger Arbeit, die zumoist 
auf den Schultern eines einzigen ruhte, nicht zur Reife gefuhrt worden. Hat doch die 
Anfertigung des elsässisehen Wörterbuchs, wofür umfasscndo Vorarbeiten vorlagen, 
20 Jahre in Anspruch genommon, und ist doch auch für die Vollendung des geplanten 
thüringischen Wörterbuchs ein Zeitraum von mindestens 10 Jahren in Aussicht ge- 
nommen! Hätte man dio obon erwähnten Probehefte in der beabsichtigton Form, 
widriger Umstände ungeachtet, ausgegeben und die einzelnen Beiträge in aller Ruhe 
zum Ausbau des Ganzou verwendet, so würde das an sich mit Freuden zu begrüßende 
Werk an Planmäßigkeit, Vollständigkeit und Richtigkeit ohne Frage erheblich gowonnen 
haben. 

Hildburghausen. L. Hertel. 

JC. Schnorf, Unser Deutsch. Ein Mahnruf an dio Deutschschweizer. Zweite, ver- 
mehrte u. vorbossorto Auflage. Zürich 1908. Schultheß. 57 S. 1 fr. 

Schnorfs Schrift über »uuser Deutsch« ist aus einem Vortrage erwachsen, den der 
Verf. vor der Gesellschaft Tür deutsche Sprache in Zürich am 13. Sept. 1907 gehalten 
hat. Daraus erklären sich ihre Vorzüge und ihre Mängel. Zu jenen rechne ich die 
große Begeisterung und Verehrung, mit der er für die Muttersprache eintritt und ihro 
Pllego seinen Landsleuten ans Herz legt, und dio Sorgfalt, Lebendigkeit und Schönheit 
der Sprachform, in der er seinen Gedanken Ausdruck gibt; zu dieson die Einseitigkeit 
der Stoffwahl, die an einzolnon Stellon hervortretende Übertreibung und die Ungenauigkeit 
in dor Anführung von Bolegstellen. Schnorf stellt nämlich die Kntwickelung dor Laute 
und dio Reinheit der Aussprache zu sehr in den Vordergrund auf Kosten anderer bei 
der Sprachpflege in Betracht kommender Erscheinungen. Daß auch Biegungsformen, Wort- 
bildungen, Wortfügungen und Ausdrücke aus der Mundart uud Umgangssprache häufig 
in den Schriftgebrauch eindringen, mußte stärker hervorgehoben werden und konnte durch 
Beispiele erläutert werden, wie sio O. v. Grcyerz' Doutsche Sprachschulo für Berner, 
2. Aufl., Bern 1904, in großer Zahl an die nand gibt. Für Übertreibung halto ich z.B. 
die Worte S. 32: »Den schriftdoutschen Wortschatz hat das Schweizerische soit Hallors 
Alpen bereichert wie keino andero deutsche Mundart*. Denn wenn auch die Zahl der 



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378 



Bücherschau. 



aus alemannischem Gebiet« stammenden Ausdrücke großer ist als das Häuflein der an- 
geführten 12 — 15 Wörter, so läßt sich doch andererseits nicht leugnen, daß Nieder- 
deutschland mehr zur Bereicherung unserer Schriftsprache in den letzten Jahrhunderten 
beigetragen bat als die Schweiz. Und wenn verschiedentlich bloß zitiert wird >Kluge« 
oder »Weise« ohne genaue Augabe der Seite oder gar dos Buches, so ist dies gutzu- 
heißen bei einer Kode, aber nicht bei der jetzt vorliegenden Veröffentlichung in Buch- 
form. Denn mancher wird das Bedürfnis haben , diese oder jene Seite an Ort und Stelle 
im Zusammenhange nachzulesen, was durch die Art der Anführung erschwert wird. 

Doch soll damit dor Wert dos Schriftchens nicht geschmälert werden. Es ist be- 
stimmt, anzuregen und für die Schönheiten der angestammten Sprache zu erwärmen, 
und dieser Zweck wird vollständig erreicht. Daher kann es alleu denen, die für die 
Geschichte der nhd. Schriftsprache in der Schweiz und für die Pflege der Sprachreinheit 
Sinn und Verständnis haben, empfohlen werden. Hat es doch in Jahresfrist eino 
2. Auflage erlebt 

Eisen berg, S.-A. O. Weise. 



Büchenchau. 

Bär, Bauer, E.H., German, W., u.a., »Ätsch Gawele!« Allerhaud Lustichs 
und anders aus'm Frankeland. 2. Aufl. Schwab. -Hall, W. German. 179 S. Treis 
geb. 2 Mk. 

Carstens, Wilhelm, Dat Sassonland. 2 Bande, 21C und 258 S. Mit Wortverzeichnis. 
Hamburg, G H. A. Kloss. Preis je 2 ML 50 Pfg., geb. je 3 Mk. 50 Pfg. 

Flseher, Hermann, Schwäbisches Wörterbuch. 21. und 22. Lieferung. (Vogel — 
füxen; Schluß des II. Bandes). Tübingen, H. Laupp, 1008. Preis jo 3 Mk. 

German, Wilhelm, Haller Doovolich! Erzählungen, Godichte und Redensarten aus 
alter und neuer Zeit in häl lischer Mundart, gesammelt und herausgegeben von W. G. 
2. Aufl. Schwäbisch -Hall, W. German, 1907. 112 S. Preis geb. 1 Mk. 50 Pfg. 

Huss, Richard, Vergleichende Lautlehre des Siebe nbürgiscb-Moselfränkisch- 
Kipuarischen mit den moselfranzösischen und wallonischen Mundarten. 
Hormannstadt, W. Krafft, 1908. 297 S. 

Leitbaenser, Julius, Sprachliche und kulturgeschichtliche Skizzen zur Jahr- 
hundertfeier. Barmon 1908. 28 S. (Aus der Festschrift der Barmer Zeitung.) 

Müller- Fraureuth, Kurl, Wörterbuch der oborsachsischen und orzgobirgi- 
schou Mundarten. Lieferung 1 (« — placken). Dresden, W. Baensch, 1908. (Er- 
scheint in 5 — 6 Lieferungen zu 8 Bogen. Preis je 3 Mk. 50 Pfg.). 

Srhiepek, Josef, Der Satzbau der Egerländer Mundart. IL Teil (S. 207 — 010). 
Prag, J. G. Calve, 1908. 

Sehuorf, K., Unser Deutsch. Ein Mahnruf an dio Deutschschweizer. 2., vermehrte 
und vorbesserte Auflage. Zürich, Schultheß u. Co., 1908. 57 S. 

Frnnck, Job., Prof. Dr., Das Wörterbuch der rheinischen Mundarten. Trier, 
J. Lintz, 1908. (Sonderabdruck aus der Westdeutschen Zoitschr. für Geschichte und 
Kunst, Heft 1, 1908.) 

Tsohlnkcl, Hans, Grammatik dor Gottscheer Mundart Halle a. S., M. Niemeyer, 
1908. XVI , :520 S. und eino Karte. 

Wolgand, Fr. L. K., Doutsches Wörterbuch. 5. Aufl. Vollständig nou bearbeitet 
von K. v. Bahder, Hormann Hirt und K.Kant 4. Lieferung (Frau — drille, 
S. 577-768). Gießen, A. Töpelmami, 1908. Preis 1 Mk. 60 Pfg. 



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379 

, Zeitschriftenschau. 

(Wir sQchon an« dum Inhalt allor Zeitschriften hior dio für dio deutsche Mundarteoforgchiuiff wichtigen Auf- 
silta» aiizuzoigon und bitton am Einsendung aller oinw:hl««igon Arboiton , damit unsere Zu&**uuunatol h»cg eine 

möglichst vollständig« wird.) 

BiekorL 19. Jahrg. (Brüggo 1906). 

Adxo, Plaatsnamon (S. 161 — 16p; 233-237; 251—254). 
Volkskundige Boekonschouw 1908. I. S. 41— 90. 

Blatter des Badischen Vereins für Volkskunde. Heft 7. 1908. 

Beruh. Kahle, Ortsneckoreien und allerloi Volkshumor aus dem Badiscben Unterland 
(S. 153 - 226). 

Das deutsche Volkslied. Zeitschrift für seine Kenntnis und Pflege. Unter der Leitung 
von J. Pommer, H. Fraungruber und K. Kronfuß. X. Jahrgang. 
Hoft 6: 

J. Pommer, Über A. K. v. Spauns Sammlung oberösterr. Volksweisen (Schluß). 

Hirten lied aus Hall in Tirol. 

F. Porsch, Wienor Kinderlieber und Kinderreime. 
F. Waldeck, Schnaderhüpfl'n aus Oberöstorreich. 
Heft 7: 

J. Pommer, Über das älplerischo Volkslied, und wie man es findet (Schluß). 

Hessische Bltttter für Volkskunde. Band VII. 

IL Heuling, K. Helm, Albrecht Dieterich (S. 115 — 117). 

II'. Süß, Schwabisches Wcrbeliedcben aus dem 17. Jahr h. (S. 1 22 f.). 

O. Schulte, Ein Spottlied (S. 124 f.). 

A. Abt, Besprechung von Franz Söhus, Unsorc Pllanzeti, ihre Namenserklärung usw. 
(8. 130 f.). 

Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Jahrg. 1908, 
Heft XXIX, Nr. 1 und 2. 

Enthält zahlreiche Beiträge zur Wortforschung. 

Korrespondenzblatt des Vereins für sieben bUnrlsebc Landenkunde. XXXI. Jahrg. 
F. W. Seraphin, Alte Hausmittel (S. 94— 96). 

Adolf Schullerus , Ausführliche Besprechung von G. Kischs Nordsiebenbürgischem 
Namenbuch (S. 97 - 100). 

Schweizerisches Archiv für Volkskunde. Herausgegeben von Ed. Hoffmann- Krayer 
und M. Iicymond. XII. Jahrg. Hoft 3: 

H. Haldimann, Schimpfwörter in der Emmentaler Mundart 

S. Meier, Ein Freiämter Spottvogel. 

Einige Segen aus dem Baderbiet (Kt. Aargau). 

Unser Egerland. Blätter für Egerliindor Volkskunde. Begründet und herausgegeben von 
A. John. XII. Jahrg. 1908. Heft III u. IV. 
J. Sehicpek, Anzeige von A. Gebhardts Grammatik der Nürnberger Mundart 

Volkskunst und Volkskunde, Monatsschrift des Vereins für Volkskunst und Volkskunde 
in Müuchen. Jahrgang 6. 

Heft 4 und 5: Hausinschriften aus der Inn- und Mangfallgegend. 

Heft 6: Schloß und Grafschaft Neuburg am Inn. 

Heft 7 und 8; Aufsätze über Volkskunst und heimische Bauweise. 

Wttrttembcrgisehe Jahrbücher fiir Statistik und Landeskunde. Herausgegeben vom 
Königl. Stat Laudosamt. Jahrgang 1907. 1. und 2. Heft 
A. Eberhardt , Mitteilungen über volkstümliche Überlieferungen in "Württemberg. Nr. 3. 



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380 



Zeitschriftenschau. 



Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. 23. Jahrg. 1908. 
lt. Rübel, Fromdwörter in schiefer Anwenduog (S. 165 — 167). 
Oskar Hauschild, UepetSte (S. 169 — 171). 

E. Bhcher, Franken und Rappen (S. 171). 
H. Tauscher, Goldwiede (S. 179 f.). 

K. Qomolinsky, Kasper- Oh in und Seemannsdoutsch (S. 199 — 204). 
li.Palleskc, Dio sprachlichen Verhältnisse im Elsaß (S. 257-263). 

Zeitschrift des Vereins fttr rheinische und westfälische Volkskunde. Herausgegeben 
von A'. Priimer, P. Sartori, 0. Schell und A'. Wehrhan. 5. Jahrg. 1908. 2. Heft. 
K. Wehrhan, Kinderepiolo aus Lippe. 

P. Sartori, Zur Volkskunde des Regierungsbezirkes Minden. 
J. Bäcker, Der Piugstenkranz. 

F. Sch., Sprichwörter, BeispielspriehwÖrter und sprichwörtliche Redonsarton in ber- 
gischer Mundart 

Wippemiann, Padorborner Wörter und Ausdrücke. 

K. Prümer, Niederdeutsche Redensarten aus der westfälischen Mark. 

H. Gierlichs, Wetterrogeln aus der Gegend von M.- Gladbach. 

Rätsel aus der Gegend von M.- Gladbach und Abzähl- und sonstige Reime. 

M. Kr a s mann , Volksrätsel aus Barmen. 

Zeitschrift des Vereins fUr Volkskunde. Im Auftrage des Vereins herausgegeben von 
Joh. BoUe. 18. Jahrgang. 1908. 
Heft 2: 

Joh. Bolte, Ein Weihnachtsspiel aus dem Salzkammergute. 
Rieh. Loewe, Rübezahl im heutigen Volksglauben. 
H. Heuft, Volkslieder aus der Eifel. 
Heft 3: 

J. Kelemina, Handwerksburschengeographie, ein niederösterreichisches Lied des 
18. Jahrb. 

J. Bolte, Ein Lobspruch auf die deutschen Städte aus dem 15. Jahrb. 
Ii. Zodcr, Eine Methode zur lexikalischen Anordnung von Ländlern. 

Zeitschrift für österreichische Volkskunde. Herausgegeben von Michael Haberlandt. 
XIV. Jahrgang. 1908. III.— IV. Heft. 
A. Dbrler f, Sagen und Märchen aus Voralberg. 
A. John, Egerlander Tänze. 
W. Tschinkel, Volksspielo in Gottscheo. 
0. v. Zingerle, Orkenplätze in Tirol. 

J. Bachmann, Bräuche und Auschauungen im nordgauischen Sprachgebiet Böhmeus. 
lt. F. Kaindl, Deutsche Ueder aus der Bukowina. 
M. Wutte, Zaubersprüche aus Karaten. 
J. Tuma, Da Woussavogl im Böhmerwalde. 



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F. Mentz. Namenverzeichnis zu Meotz. 



381 



Namenverzeichnis zu Mentz, 
Deutsche Mundartenforschung und -dichtung 

im Jahre 1904 

(S. 22 — 129 dieses Jahrgangs). 
Von F. Mentz. 

(Die Verfassernamen sind gesperrt gedruckt. Die Zahlen bezeichnen die Nummern.) 



Aachen 175. 176. 
Aalst 23L 
Aargau 4JL Li 
Ägidienberg 172. 
Altcnburg 1S4. 
Am berger, B. 1 (Ml. 
Anders, iL 22L 
A ndresen, IL £L 
Anuas, W. E. 2111 
Appenzell 52. 
Aschaffenburg 150. 
Askenasy, A. 1 5 1. 
Auerbach, A. 83. 

Bachmann, A. 36. 
Baden 3_L £5 — 6JL 

148. 119. 
Balsiger, F. 3JL 44. 
Bannt 133. 
Barneveld 245. 
Bass, A. 111. 
Bauch, IL 13L 
Bauck, L. 5_L 
Bauer, E. ULL 
Bautzen 222. 
Bayern 22 — 11HL 
Bayerwald 13L 13J1 
Behaghel, 0. 22. 
Belgien 23fi. 
Berlin 210—220. 
Bern 14. — 5_L 
Berner Jura 38. 3JL 
Beyer, C. 30_L 
Bischoff, A. 18/ 



Biester, A. 2fiL 
Blank, A. im 
Blau, J. 28. 
Blauheuron 88. 
Blocher, E. 40. IL 
Blum, M. 322. 
Blumschein, G. 177. 
Böhmen IM, 128. 122, 
Böttger, O. 132, 
Boh, F. HL 
Bohnenberger &L 
Bommelerwaard 238. 
Bosse, R. 223. 
Brabant 2£L 228, 
Brandenburg, Mark 312. 
Brandes, E. 22a. 
Brandstetter, K. 5_L 
ÜL 

Braune, W. 11. 
Braunmüller, 0. 1 20. 
Brenner, 0. JJL 
Brinckman, J. 222. 
Brock haus, IL 2 (>:">. 
Bruhn, IL IL 
Bruhrain 148. 
Bruppacher, IL 3JL 
Buchholz, (i. IM 
Buttelstedt 182, 

Cammin, F. 30JL 32L 
Carstens, IL 288. I>X9 
Coblenz im 
Colinet, Ph. 231 
Cotta, J. 21Ü — 2JJL 



Dalimeyer, W. 259, 
Daube, E. 184, 
Deloe 282, 
Demmler 194. 
Dossau 22L 
Dirksen, K. 21L 
Dithmarschen 288, 282, 
Döring, E. 133. 
Domansky, W. 31 II 
Dürnwirth, K. 125. 
Dresden 138. 
Dreyer, A. 101. 
Dreyer, M. 323. 
Dusch, W. 132, 

Eckardt, G. 223. 
Estland 223, 
Egerland 128. 129, 
Eggers 25JL 
Ehret, L. 23. 
Eichstätt 12L 
Eickhoff, H. 2iVL 
Eid, IL 14JL 
Eifel 13L 
Elsaß 68 — 85. 
Emmerich 246 
Engels, P. 8. 
Erftgebiet LLL 
Emst, K. 11L 
Erzgebirge 123. 132. 

132 — ULL 
Eschenrod 1 55. 1 56. 
Esehmann, E. 5JL 
Essen 232. 



382 



F. MenU. 



Esser iiLL 
Euting, J. Z3. 

Farner, U. 53. 
Finkenwärder 2&L 
Fischer, Hans 9. 
Fischer, Herrn. 8S. 
Fockc, W. 0. 252. 
Frankfurt a. M. IM bis 

153. 
Freiamt 43^ 
Freudenthal, F. 2m 
Friedli, E. 4£. 
Fritzsche, R. 132. 
Fuchs, Fi. liüL 

0., E. ßfi. 

Gaedertz, K. Th. 228. 
Ganther, A. ütL 
G[arraux] 38. 
Gärtner, Th. LLL 
G[eiserJ, A. 244. 
Geldern 245. 
Gerbet 128. 
Gittinger, 0. 9Ü. 
Glarus 52. 
Gobat, A. 3& 
Goebel, F. 221. 
Goeree 243, 
Goldbach 53. 
Goldbacher, G. 115. 
Grabe, F. 2SL 282. 
Graßl, P. 1U3. 
Granbünden üö. fLL 
Graunke, 0. 3Ü5. 
Greiz IM. 
Groyerz, 0. v. 45i 
Grimme, F. W. 2Ü3. 
Grötzschel 222. 
Großniann, K. 5JL 
Guben, Landkreis 203. 
(i ünther, R. (L 
Gütersloh 252. 258. 
Gusin de, K. 204. 
Guts-M uths,J.F.276. 



Gutt, K. im. 
Gysier, H. 5fi. 

H.A. lfiL 

H^ W. ÖL 

Hackland-Rhein- 
länder, E. 24Ü. 

Haldiniann, IL 53. 

Haltenhoff, J. 25, 

Halter, E. Zü. 

Hamburg 284 — 286. 

Hamm 2JLL 

Hannover 264 — 275. 

Hansen, E. 25_L 

Hasenclever, M. 179. 

Hasse, E. 23ß. 

Hauschild, 0. 2fi. 

Hauser, W. 22. 

Hausotter, A. im 

Hebel, J. V. G5. 

Heegor, G. 138. 

Heilig, 0. 3_L 

Henry, 1. 12. 

Hönze, W. 266-273. 

Hessen-Nassau IM 
bis 154 

Heßlor, K. IM. 

Hiller, E. 23, 

Hintner, V. 123, 

Hörmann, L. 121. 

Hofmann, E. 182. 

Holstein 292— 223. 

Husmaun, F. 274. 

Hyan, H. 222. 

Jahnke, II. 222. 
Jahnsbach 1 02, 
Janssen, H. 1 75. 
.Jollinghaus, IL 2 öS. 
Jesperson, O. LL 
Johannes, K. 22L 
Jura, Berner 38, äil 
Jürgens, 0. 242. 
Justus, Th. 35. 



Kärnten 125. 
Karge, P. 203. 
Kassel 1 54. 

Keiper,Ph. 139—141. 
Kern, F. X. IM. 
KiaMiG. 163.164.166. 
Kleeberger, C. 142, 
Kloin-Ellguth 225, 
Koch, W. 118. 
Köln 1IL 1TL IIS, 
Kövi, E. 222. 
Kraemor, A. 92, 
Kraemer, E. 122. 
Kranz, J. IL 157. 
Krapp, H. 147. 
ynr.k,R 233.252. 254. 

284. 
Kühn, D. 143. 
Kürsten, 0. 180. 
Kuhländchen 228, 
Kurhessen 1 54, 
Kurland 223. 
Kurz-Elsheim, F. 

_ 3 9. 

L[ängin, Th.] 32, 
Lange, A. 30>i. 
Langhans, P. L 23JL 
Lausitz 192. 222, 223. 
Laven, Ph. 159. 
Leinweber, E. 133. 
Leipzig 182. 192, 
Leithaeusor, J. 136. 
Lessenthin, B. 125. 
Lienhart, H. IL 
Licrow, H.G. IL 224, 
Livland 223. 
Lochner v. Hütten- 

bach, Frhr. 2 H». 
Ludwig, A. 181. 
Lüneburg 280. 
Lützelfi üb 42, 
Luick, K. 18. HL 
Luxemburg 1 (?2. 
Luxem 54, 



ä 



Namenverzeichnis zn Mcnti. 



383 



M.-S., G. 251. 

Mähren 2Q& 

Magnus, Fr. 252. 

Martin, E. 7_L SL 

Maschke, IL 2üL 

Matthias, Th. 33. 

Matthis, Ad. 02. 

Matthis, Alb. 82. 

Mecklenburg-Vorpom- 
mern 2M — aii. 

Meiderich 247_ 

Meinhold, L. UÜL 

Meinicke, B. 5JL 

Meisinger, O. [ML 

Mentz, F. 2. 

Merzig 160- 

Meyer, Hnr. L 

Michel, R 2JL 

Miemingen 100. 

Mittelfranken fi. 

Mohr, A. vor 27s. 

Mone, F. 148. 

Mone. J. 14Ä 

Monte Rosa 5L 107. 

Müller 124. 

Müller. C. im 

Müller. Jos. 172—174. 

Müller, Jos. IIS. 

Müller, R 144, 14JL 

Müller. Walt 42. 

Müller-Fraureuth. 
K. 2& LL 

Mülheim a. d- R ,r r 2 t 1 . 

Münch. F. LLL 

Musculus. J. 77, 

.Vagi. J W. <iL 
Nefflen. J. iL 
Neuer. >.'•!.*.. ]"* 
X <- " i i: ;r F A. r'* 



Niederfranken 8, 
Niederhessen IM, 
Niederländische Kolo- 

Ji i vn 24 4. 
Niederlande 2tt — 238. 

242 — 245. 
Niederösterreich 116 bis 

123. 

Niemöller, IL 257. 
Noord-Beveland 242. 
Noord - West- Veluwe 
245. 

Nowotny, F. 1 16. 

Oberbayern löö bis 
102. 

Oberitalienische deut- 
sche Sprachinseln 
107—111. 

Obernsterreich 1 14.1 15. 

Oberpfalz 12L 

Odenwald 147. 

Odermatt, E. 5Jl 

Oels. Kreis 2JLL 2DJL 

Oesel (Insel) 223. 

Oe-tcrreiehi-eh - Schle- 
sien 2ÜL 

Oesterreich - Ungarn 19. 
9L9imiÜ3.10*>. 
112—126. 103 — 170. 
2M-201L 

Old-nb'ir*/ 27fr. 27?*. 

0->*e >:; ;:; 22_L 2J2. 

0-^e<-;,fv.iiszeri 223. 

o,**id. k. m_ 

}^.:-ri- r'; >»/', 
J' •■ - - o_ r 2 A 
i'!. /. ULI 14'i 
■- - ff -■ ;',9 



Pleitner, K. 270 
Pöschel, J. lflQ. 
Folie, F. 24. 
Polstrau 124. 
Proußen, Prov. 313. 
314. 

Proelß, J. 1Ü2. 
Prümer, K. 2Jüi 

Quedlinburg 270. 

Raabe, E. 2ÜL 
Rabe, A. ]HL 
Ramscyer, J. U. JJL 
Reichermann, W. 

314. 
Reiff, A. 25, 
Reinhart. J. 4JL 
Reiterer, C. 
Renk, A. lük 
Reuter, F. 295 — 298 
Rheinpfalz 137 — 140. 
Kickli. M. ah. 
Riedel. L 1£L 
Riepen frebirge 1 95. 
Riga 223. 
Roder HO. 
Rom er. 21ilL 
Roo-. K. LL 
Ro-v^L 3Ö(L 
Rorh. O. 13£ 
Ro*f,. H \V 12. 

ä»b«:!. R 199, 

t. -t-.n Y. s: ) 2JL 2J . 
1-5 -2';^ 

.-.,:/.• j : l da 

•-• ri ^ 

P 2^; 

* ■ .Ii". ;i- 2. 



284 



Namenverzeichnis zu Mentz. 



Schlesien 135. 132 bis 
201. 204 — 207. 

Schleswig-Holstein 283. 
281 — 233, 

Schmidt, Joh. 23D. 

Schmidt, W. 153. 

Schneider, J. 137. 

Schoen, IL TL 

Schönor, G. 1 55. 156. 

Schothorst, W. van 
245. 

Schröder, C. 311. 
Schröder, IL 22. 3ÜL 
Schullerus, IL im 
Schulze, P. 182. 
Schumann, C. 221L 
Schumann, P. 2L 
Schwalm 1 54. 1 57. 
Schwalm, J. H, 157. 
Schwarz, A. 233, 
Schwarzwald 63. (iL 
Schweiz 33 — 64, 
Schwyzer, E. 33, 
See, F. vom 232. 
Seelmann, W. 224. 

228. 
Seidorf 233, 
Scitz, K. 233, 
Sette Comuni III. 
Siebenbürgen llili bis 

im 

Siebengebirge 174. 
Siebs, Th. 2$iL 
Siegert, IL 133, 
Sieveking, IL 223, 
Söhns, F. 28. 
Sondershausen 183. 
Sprenger, R. 270. 
Stade 2SL 282, 
Stanzel, K. 23ä. 



Stapelholm 288. 
Staub, F. 33. 
Stavenhagen, F. 285. 
Steiermark 124. [286. 
Steiger, C. 186. 
Stender, H. 33S. 
Stephan, R. 23. 
Stöber, 0. 83, 
Streiff, C. 02. 
Strodehne 312, 
Sturm, B. 133. 
Stuttgart 88. 
Stutz, J. 62. 33, 
Sütterlin, A. 65. 
Sütterlin, L. 149, 

Tavel, R. v. 43, 
Tessin, Kanton 58. 
Thüringen 180—184. 
Thum 132. 
Tirol IM 133. 
Toblor, L. 33, • 
Trampe, E. 251. 
Trier 159. 

Trockenhrodt,G.lf)0. 
Tübingen 8JL 
Türler, H, 53. 

Ülzon 2SJL 
Ulm 88, 
Unseld, W. 88, 
Urban, IL 333. 

v., k. im 

Verschnür, A. 242. 
Viötor, W. 15, Iii. 
Vischor, F. Th. 33, 
Vogtland 130—13-1. 
Voigt, J. F. 284. 

Voigt-Diedcrichs,H. 
291. 



Vonderhalde, E. HL 
Vorpommern s. Meck- 
lenburg. 

Waldenburg, M. 233. 
Wallis 43. iL 
Walter-B ok, A. 84, 
Walther, C. 223. 232. 

233. 2IL 284. 
Wanckel IM. 
Water, A. van de22K 
Webor, E. 143. 146. 
Weber, H. 122. 
Weel, M. A. van 243. 
Weise, O. 23. 32. 
Weitbrecht, R. 12, 
Wendrich, A. 2ÜL 
Wenk er, G. 4. 
Wermelskirchen 1 79. 
Westfalen 253— 263, 
West-Voorne 243. 
Wien 19. 117. 1 1 S. 
Wich an, J. 1 14. 
Wijk, N. van 235, 
Wisser, W. 222. 233. 
Worm, F. 3JJL 
Wriede, IL 2S7. 
Wülfing, J. E. 135. 
Württemberg 83 — 113. 

Zodelius, Th. 35, 
Zeeland 242, 213. 
Ziegler, E. ZlL 
Zimmer, F. 158. 
Zimmerli, J. 3_L 
Zindel-Kressig, A. 

64. 
Zips 233. 
Zürich 5JL 
Zwickau 191. 



•0 wov 

Zeitschrift 



für 

Deutsche Mundarten 



Im Auftrage 

im 



Vorstandes des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins 

herausgegeben von 

Otto Heilig imd Philipp Lenz 

Jahrgang 1908 Heft 4 




Berlin 

Verlag des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins 

(F. Berggold) 
1908 



Die Zeitschrift für Deutsche Mundarten erseheint jährlich in 4 Heften tob je 
6 Bogen. Treis des Jahrganges 10 Mark. 

Handschriftliche Beitrüge aus dem Gebiet der Mundarten südlich des Maini 

wolle mau an Herrn Professor Otto Ukilio in Rastatt, solche aus dem Gebiet nördlich 
des Mains an Herrn Professor Dr. Pmxirr Lenz in Baden-Baden einsenden. An- 
fragen über Schriftsold, Sonderabdrücke usw. bitten wir an die Verlagsbuchhandlung zu 
richten. 



Inhalt des 4. Heftes. 

tm 

Franck, J., Dr. phil., Universitätsprofessor in Bonn: 

Godersprech und Verwandtes 289 

Reis, Hans, Dr. phil., Oberlehrer in Mainz: 

Die Mundarten des GroBherzogtums Hessen 302 

Göpfert, Ernst, Dr. phiL, Professor a. D. in Dresden: 

Beiträge zum obersächsischen Wortschatz 317 

Philipp, (Kkar, Dr. phil., Oberlehrer iu Dresden: 

Die Bach (Fortsetzung u. Schluß) . . .„ 333 

Wnnner, Finnin, Hauptlehreriu in Heidolberg: 

Wortbildung und Syntax der Zaisenhäuser Mundart 345 

Weher. Heinrich, Dr. phil., z. Z. in Heidelberg: 



Der Vokalismus der Mundarten des Oberen Weschnitztale« (Fortsetzung) 348 

Mentz, F., Dr. phil., Kaiserlicher Bibliothekar in Straßburg LS.: 

Namenverzeichnis zu Mentz. Deutsche Mundartenforschung und -dichtung 
im Jahre 1904 381 

Bücherbesprechungeii. 

August Gebhardt : 

Grammatik der Nürnberger Mundart, bespr. von Edwin Roedder . . 360 

•I. Schatz: 

Grammatiken der althochdeutschen Dialekte, bespr. von August Gebhardt 372 

Johannes Sehneiderhan: 

Ausgewählte Dialektdichtungen aus den Schriften Joseph Epple's. bespr. 



von August Holder 374 

Karl MUJler-Fraiireuth: 

Wörterbuch der obersächsischen und erzgebirgischen Mundarten, bespr. 

von L. Hertel 375 

K. Sehnorf: 

Unser Deutsch , bespr. von 0. "Weise 377 



Bücherschau. — Zeitschriftenschau. 



Allgemeiner Deutscher Sprachverein. 



Der Beitritt zu diesem erfolgt: 

1. durch Anmeldung als Mitglied bei dem Vorsitzenden eines Zweig- 
vereins. Der Jahresbeitrag beträgt in der Regel 3 Mark. Die Mitglieder 
nehmen teil an den Versammlungen, Vorträgen usw. des Zweigvereins und er- 
halten kostenlos durch den Zweigverein zugesandt: 

die Zeitschrift des Sprachvereins (12 Monatenummern im Jahre), 

die Wissenschaftlichen Beihefte zur Zeitschrift (meist zwei im Jahre), 

sonstige geeigneto Veröffentlichungen des Vereins. 

2. durch Anmeldung als unmittelbares Mitglied bei dem Schatz- 
meister des Vereins, Verlagsbuchhündler Ferdinand Berggold, Berlin W30, 
Motzstraße 78. Der Jahresbeitrag beträgt mindestens 3 Mark. Das unmittel- 
bare Mitglied erhält die genannten Drucksachen durch den Schatzmeister 
kostenlos zugesandt. 

Behörden, Körperschaften, Anstalten, Schulen, Vereine usw., welche die 
Bestrebungen des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins fördern, dem Vereine 
aber als Mitglieder nicht förmlich beitreten wollen , können die genannten Ver- 
öffentlichungen gegen den Jahresbeitrag von mindestens 3 Mark vom Schatz- 
meister unmittelbar beziehen. — Die Zeitschrift kann auch durch jede Buch- 
handlung und durch die Post bezogen werden. 

Zweigvereine, die neu gebildet worden sind, werden gebeten, sich beim 
Vorsitzenden , Geheimen Oberbaurat Dr.-Ing. u. Phil. Sarrazin, Berlin -Friedenau, 
Kaiserallee 117, anzumelden. 

Der Allgemeine Deutsche Sprachverein hat z. Z. 316 Zweigvereine, die 
Gesamtzahl seiner Mitglieder beträgt gegenwärtig über 29000- Die Auflage 
der Zeitschrift ist 34000 Stück. 



Im Verlage des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, F. Berggold, 
Berlin W r 30, Motzstraße 78, sind erschienen: 

I. Zeitschrift d. Allg. Deutschen Sprachvereins, Beihefte, 

Inhaltsverzeichnis. 

Der laufende Jahrgang kostet 3 ,J6. 

Ältere Jahrgänge der Zeitschrift: 1886—1907, je 2 .K. 

Einzelne Nummern der Zeitschrift, je 0,30 .Ä. 

Die Wissenschaftlichen Beihefte: 1. Reihe: Heft 1 — 5, 2. Reihe: 
Heft 6 — 10, 3. Reihe: Heft 11—20, 4. Reihe: Heft 21 — 30 zum 
Preise von je 0,30 J6 für das Heft. 

Inhaltsverzeichnis zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprach- 
vereins, zu den Beiheften und sonstigen Veröffentlichungen des Ver- 
eins, 1886—1900, 4,00 J6. 

II. Verdentschung8bücher. 

1. Die Speisekarte (4. verbesserte Auflage), 0,60 

2. Der Handel (3. sehr vermehrte Auflage), 0,60 Jt. 

3. Das häusliche und gesellschaftliche Leben, 0,60 . IL (fehlt z. Z.) 

4. Deutsches Namenbüchlein (3. Auflage), 0,50 Ji. 

5. Die Amtssprache (7. Auflage, 32. bis 36. Tausend), 0,80 J(. 

6. Das Berg- und Hüttenwesen, 0,50 M. 

7. Die Schule (2. Auflage, 21. bis 24. Tausend), 0,60 

8. Die Heilkunde (5. Auflage), 0,60 J6. 

9. Tonkunst, Bühnenwesen und Tanz, 0,60 . /(. 

III. Sonstige Schriften. 

Deutscher Sprache Ehrenkrans. Was die Dichter unserer Muttersprache zu 
Liebe und zu Leide singen und sagen (X und 339 S.), ungebd. 2,40^. 
gebd. 3,00 Ji. 

Dunger, Dr. Hermann, Wider die Engländerei in der deutschen Sprache, 0,30 JH. 
— — 200 Sätze zur Schärf ung des Sprachgefühls, dritte Auflage, 1,60 Jt. 
Erler, Julius, Die Sprache des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches, 0,50 .(k. 
Kaufmannsdeutsch, Zwei Preisarbeiten von A. Engels und F. W. Eitzen. 

Dritte Auflage, 1,00 Jt. 
Meigen, Dr. Wilhelm, Die deutschen Pflanzennamen, 1,60 
Schräder, Dr. Otto, Vom neuen Reiche, 0,60 Jd. 

Zöllner, Dr. Friedrich, Die Einrichtung und Verfassung der Fruchtbringenden 
Gesellschaft, 1,80 Ji. 



Duchdruekeroi dot Waisenhaus«» In Halle a. S 



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