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Full text of "Sonette und kanzonen"

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Sonette und 
Kanzonen 





Francesco 



Petrarca, Bettina 
Jacobson 




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DIE AUSWAHL, ÜBERSETZUNG 
UND EINLEITUNG DIESER AUS- 
GABE BESORGTE BETTINA JA- 
COBSOX. GEDRUCKT WURDE 
DIESELBE BEI PO ESCH TL 
TREPTE IN LEIPZIG 



KRSCHIKNKX IM lAHRE MCMH' 



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l'R.\Nr|-;S('tl PHTRAKCA 

SONETTE UND 
KANZONEN 



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IM INSEL-VERLAG Zi: LEIPZIG 



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DAS BLM ". I J üiiTI'. P< )RTR.A[T STAMMT 
AUS DEM KODKX: LlßER KERUM MEMO- 
RANDARUM. 1900 VON DE NOLHAC IN 
DER NATIONALBIBLIOTHEK ZU PARIS 
FONDS LATIN No. 6069. P AUFGEFUNDEN 

• ••• ••••••• •••••• 



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M 20. Juli 1304 wurde Francesco 

Petrarca geboren; Messer Petracco 
und Donna Eletta Canigiani hiessen 
seine Eltern ; die väterliche Familie war 
aus Indsa im Amotai, als gente nuova 
nach Florenz gezogen. Der Vater, dessen Namen 
Francesco später latmisierte, gehörte zur Partei 
'der Weissen und wurde 1302 mit seinem Freund 
Dante zugleich verbannt; er ging nach Arezzo, 
* wo Petrarca in der Via dell' Orto zur Weit 
kam; von dort wanderte er nach Pisa, während 
die Mutter mit dem sieben Monate ahen Kna- 
ben nach Incisa zog. [An dem von ihnen be- 
wohnten Häuschen ist eine Inschrift angebracht] 
Im Jahre 13 10 folgte sie dem Gatten nach Pisa, 
wo sie bis 1312 blieben. Dort versammelten sich 
im März dieses Jahres die Florentiner Verbannten 
lun Heinrich YIL, ihre letzte Hoffnung. Als acht- 
jähriger Knabe hat Petrarca damals Dante ge- 

Nach Georg Voigt, die Wiederbelebimg des klasuschen 

Altertums 1893. Gaspary, Geschichte der italienischeii 
Literatur, Band i. 1885. D'Ancona, Manuale della 
Letteratura Italiana, 1885. Mestica, Le Rime di Fran- 
cesco Petrarca, 1896; Le Rime di Fr. Petrarca, com- 
mentate da Giosu^ Carducci e Severine Ferrari» 1889. 
Fracasietti» Lettere di F. Petrarca, 1863. 

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sehn; Carducci [Deila varia fortuna di Dante 
S. 257] schreibt dem emstcDi eher düstmi Ein- 
druck, welcher dem Elnaben sich einprägen mnsste, 
einen gewissen bleib^^iden Einfluss m Auch 
hielt er den drei Jahre jüngeren Dante [geb. 
1256] für älter als seinen Vater. Im Jahre 
1312 schifite sich Messer Petracco mit Fran mid 
Kindern nach Avignon ein^ wo der päpstliche 
Hof seit 1309 residierte, und er ab Recihtsge- 
lehrter — er hatte das Amt eines ELanziers bei 
den Rif onnagioni bekleidet sein Brot zu ver- 
dienen hoffte. Den Knaben Francesco gab er 
auf vier Tahre nach Carpentras, um Grammatik, 
Rhetorik, Dialektik zu lernen, dann auf weitere 
vier Jahre nach Montpellier. Die letzten drei 
Jahre brachte Petrarca in Bologna zu, um die 
Rechte zu studieren. Dort erwarb er die Freund- 
sdiaft des jungen Giacomo Cotonna, des späte- 
ren Bischofs von Lombez. Begeistert warf er 
sich auf die Schriftsteller des Altertums, zum 
grossen Ärger seines Vaters^ der die Jurisprudenz 
fOr gewinnlningender hielt In den* Ep. sen, 

* Die EpistoUe de rebns familiaribiis et variae, wie 

die seniles sind nach der ital. Übersetzung von Fra- 
cassetti zitiert [1863 — 67]. 

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fViGGi i ö 



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XVI, I erzShIt Pefaraica, wie die geliebten Büdiet 
aus ihrem Versteck geholt und ins Feuer gewor- 
fen wurden. Unter Tifioen konnte er nnr Cioeros 
Rhetorik und Virgil r^ten, fortan seine Lieblings- 
bücher. Im Jahre 1525 kehrte er nach Avignon 
zurück und trat mit seinem Bruder Gerardo in 
den gdstlidien Stand. Petrarca empfing nur die 
ersten Weihen, ohne andere bindende Verpflich- 
tung als die» r^elmässjg das Brevier hersusag^ 
Er setzte seine Studien eifrig fort, dabei verführte 
das glänzende» lasterhafte Leben in Avignon die 
Brüder dennoch zu Genüssen, zu modischer' Klei- 
dung, stutzerhaftem Gebaren [Lett. fam. X 3]. Im 
Jahre 1327 am 6. April sah Petrarca seme Laura 
' zum erstenmal am ELarfreitag in der Kirche StChiara 
zuAvignon. Freilich fiel dieser Tag auf den zehnten, 
aber war es Zufall oder eine Konstruktion, die 
Petrarca sich erlaubte» ein so wunderbares Zu- 
- sammentreffen herbeizuführen, dass Laura 2 1 Jahre 
q)fiier an demselben Tage starb? Hier beginnen 
all die schönen Sonette und Kanzonen, die „noch 
Funken q>rQbn'S da die Lippen langst verdorrten» 
die Petrarca zum Vorbilde vieler Dichter, zum be- 
wunderten Sänger nie erhörter treuer Liebe gemacht 
haben. Im Jahre 1330 ging er nut dem Bischof 

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Giacomo Colonna nach Lombez unweit den Pyre- 
näen, iro er dns der giflcklichsten Jahre seines 
Lebens zubrachte. Nach Avignon zurückgekehrt, 
trat er in ein abhAngiges» allerdings ziemlich un- 
gebundenes Verhältnis zum Bruder des Bischofs, 
seines Studienfreundes, dem Kardinal Giovanni 
Coknma. Im Jahre 1333 machte er eine Itngere 
Reise nach dem nördlichen Frankreich und nach 
Deatsdiland, deren Eindrücke in seinen Briefen 
treulich aufbewahrt sind. Wieder in Avignon, ver- 
trat er im Konsistoiiam die Rechte der Skaliger 
und der Correggio von Parma, erhielt ein Kanoni- 
katin Lombez. Mit Giacomo und Stephan JColonna 
reiste Petrarca im Jahre 1336 nach Italien, 
ward in Capranica Gast des Grso dell' Anguil- 
lara und dessen Gattin Agnes Colonna und sah 
Anfang Januar 1337 in Gesellschaft des greisen 
Stephan Colonna zum .erstenmal voU Staimcan, 
Bewunderung und Trauer die Strassen und die 
antike TrOmmerwelt' Rom& Im Spätsommer 
nach Avignon zurückgekehrt, zog er sich mehr 
•und isehr nach seinem geliebten Vaucluse, an 
die Qndle^der Sorga zuxfkAu Dort entstan- 
den die meisten seiner Sonette und Kanzonen, 
dort kam Smi die Lust, seines verdirten Scmio 



Äbikanus Sieg über Hannibal zu besingen, und 

er schrieb mit Begeisterung einen grossen Teil 
des Epos Aftika in lateinische Hexamefceni 
nieder. Am i. September 1340 erhielt er gleich- 
zeitig, von Paris und vom römischen Senat die 
Auffordenmg, sich als Dichter krönen zu lassen. 
Er nahm, auf den Rat des Kardinals Colonna, 
die römische Einladung an und reiste zuerst nach 
Neapel zu König Robert [Näheres bei den Ge- 
dichten.] 

Nach der feierlichen Krönimg auf dem Kapitel 
durch Orso von AngdUaia, hielt Petraica dne 
Rede über die Poesie und den Ruhm und legte 
dann seinen Kranz auf dem Altar in St Peter 
nieder. Von Rom ging er über Pisa nach Par- 
ma zu seinem Freunde Azzo von Correggio und 
fand dort, zwischen Parma und Reggio, in Sd- 
vapiana sein italienisches Vaucluse» Müsse zum 
Dichten, Wandern und Träumen. Nadi Avi* 
gnon zurückgekehrt, lernte er Cola Rienzi kennen; 
im Jahre 1343 schickte Clemens VI ihn nach 
Neapel, um nach König Roberts Tode die Rechte 
des heil* Stuhles bei der Königin Johanna zu 
vertreten. Die zehn folgenden Jahre brachte Pe- 
trarca meist in Obeiitalien und Frankreich zu: in 

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Panna, Modena, Bologna, Verona, wo er za 

seinem Entzücken in der Dombibliothek die Briefe 
Ckerofi an Atticus, M. Brutus und seinen Bruder 
Quintus fand. Die Rede für den Dichter Archias 
und noch eine andere hatte er in Lüttich auf- 
getrieben. Ciceros De gloria einmal besessen zu 
haben, war eine Illusion, auch den Traktat Ober 
die Institutionen von Quintilian konnte er nur 
unvoUständig erlangen [P. de Nolhac, P. et Vbxi* 
manisme 1892]. Im Jahre 1346 kehrte er 
nach Avignon zurück, schlug das Amt eines apo- 
stolisdien Sekretärs aus, nahm aber einePrabende 
in Parma an, die Clemens VI ihm gewährte. In 
Av^non nahm er teil an de» FestUdikeiten zu 
Ehren Karls von Luxemburg [siehe das Sonett 
Nr. 86]; in das Jahr 1347 fiel der Versuch Cola 
Rienzis, die römische Republik in alter Form, im 
alten Glänze wiedelherzustellen. Petrarca, der 
seine ganze Vorstellungsweise, seine poütische Ide- 
ale aus Cicero, livius, aus der Glanzzeit Roms 
sdiöpfte, schrieb begeistert Briefe über Briefe und 
grollte nach Rom reiseiL Er verliess Avignon, be- 
suchte erst seinen Bruder Gerardo in der Kartause 
von Montrieux und ging dann, als er schlechte 
Nadiricbten aus Rom eriiidt, nadi Bamuu D<ttt 

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eriiiek er die Kunde vom Tode Madomia Lamas. 
Seui Schmerz wuchs, als ihm bald daiauf zwei 
treue Fzennde slaiben: der KanUnal Giovanni 

Colomia und der Rechtsgelehrte Giovanni d' An- 
drea. Wieder suchte er Zerstreuung durch Reisen, 
hielt sich in Parma, Ferrara, Padua auf. In 
Florenz wohnte er bei seinem treuen Freund und 
Verehrer Giovanni Boccaccio und schloss mit dem 
Diditer und Grammatiker Zanobi da StnMia sowie 
mit Francesco N^, Prior der AposteikirGhey 
Freundschaft Von da ging er wieder nach Rom, 
reiste im Dezember nach Axezzo, wo er ehieii«» 
volle Huldigungen empfing und sein Haus, einem 
Denkmal gleich, eriialten sah. In Padua 1351 
besuchte ihn Boccaccio, der ihm im Auftrag 
der Florentiner die Restitution semer Güter mit«* 
teilte und ihn zugleich aufforderte, an der dort 
d)en gegrtkndeten Hochschule einen Lehrstuhl zu 
übernehmen. Petrarca wies beides zurtldc, die 
Güter seines Vaters wurden darauf von neuem 
konfisaiert Von dort ging er über Panna wieder 
nach Avignon, das er dann im Jahre 1353 für inuner 
veriiess. Vom Moot Genirvre grtMe er sem ge- 
hebtes Italien: Salve, cara Deo tellus, sanctissima, 
salve und verieble hier nun die totsten 21 Jahre 

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seines Lebens. In Mailand erteilte ihm der sehr 

wohlgesinnte Erzbischof Visconti neben verschie- 
denen ÄnftrSgen jede Art von Gunstbeweisai; 
1354 hielt er eine Lob- und Gedächtnisrede auf 
den verstorbenen Wohltater. In demselben Jahr 
wurde ein SÖhndien des Bamabo Visconti getauft, 
eines der drei Neffen des Erzbischofs, welche ihm 
m der Henachaft Mailands folgten. Petrarca war 
Pate, nannte den Knaben Marco imd'schiieb ihm 
zu Ehren an den Vater eine latemiscfae Epistd in 
Hexametern, worin er die Tugenden aller grossen 
Römer namens Marens als Muster pries» In denn 
selben Jahr wurde Petrarca von Karl IV in Man« 
tua mit grösster Fieundbchkeit aufgenommfn, ja 
der Kaiser „fand solches Gefallen an der gelehr- 
ten « Untertialtm^ des berühmten Mannes» dass 
er bisweilen bis tief in die Nacht mit ihm allein 
blieb'' [Gaqpaiy, S. 418]. Im Jahre 1356 ging 
er als Abgesandter der Visconti nach Prag; nene 
Ehren wurden ihm zu teil, auch die Würde 
eines Comes pahtinus. Slaiser Karl befolgte 
Petrarcas Lehren schlecht» seine Mahnungen 
und Briefe, oft von grosser Offenheit [Fam.XIX» 
Ii] hatten keinen Erfolg. Bald unterstützte er 
die Feinde der Viaccmti» kam mir nach Italien» 

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um seine Sftckd zu fOlleii, wie Matteo Villani 
sagt, und Hess sich von einem Legaten in Rom 
krönen, aber ohne, trotz der unennOdlichen Bttfteii 
und Mahnungen Petrarcas, das heilige römische 
Reich wiedeiheizusteUen* Der nflchteme Fuist 
lachte über den impraktischen gelehrten Dichter, 
der sidi bald die rttanische R^ublik nach altem 
Stil, von römischen Bürgern [nicht fremden Ad- 
ligen] r^ert, bald einen deutschen Kaiser als 
einigenden Friedensfürsten sehnlich herbeiwünschte. 
ELaiser Karl hatte ihn lun eins seiner Werke ge- 
beten, am liebsten um das nodi unvollendete 
Buch De Viris Iliustribus, und Petrarca versprach 
es ihm, aber nur, wenn er sich durch seine Taten 
der Männer würdig mache, von denen es handle. 
Als im Jahr 1361 sein natürlicher Sohn Gio- 
vanni, an dem er wenig Freude gehabt hatte, 
gestorben war, liess Petrarca sich zunächst in 
Padua, dann, nach einem veigeblidieii AusUidc 
nach Vaucluse, in Padua nieder, wo er bis 1368 
bHeb. Auch hier hatte er sich in den Jahren 
1352 imd 53 als diplomatischer Vermittler 
zwischen den livalisimnden Seestädten Genua 
und Venedig ohne Erfolg bemüht. Petrarca 
sah, dass ebenso wie die Abwesenheit von 

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Kaiser und Papst, die ewige Zwietracht im 
Innern das Land zedleische. £r rechnete freilich 
nur mit idealen Mächten, schlag erst dem Dogen 
Dandolo, dann dem Dogen von Genua vor, 
sich doch lieber zur BeüdUipfung der Ungläubigen 
zu vereinigen. [Farn. XI, 8 imd XIV, 5]. Dan- 
dolo antwortete auf einen späteren Brief [XVIII, 
16] eher ironisch: Alles Unrecht sei auf Seiten 
der Genueser, an die hätte sidi Petoarca wen- 
den sollen; die Venezianer seien zum Frieden 
geneigt, aber nur za einem gerechten u. s. f. Sein 
Brief sei trotzdem sehr sdiön gewesen: wie wür- 
den solche Worte erst bei den Feinden wirken» 
die sich ihres Unrechts bewusst sdenl Im üb- 
rigen möge er doch lieber über einen persön- 
lidien G^enstand schreiben, etwa tA>er den Grund 
seines unsteten Lebens. — So wurden Petrarcas 
Briefe allerwärts bewundert, gelobt, seine Lehren 
und Vorwürfe aber nur als literarische Produktionen 
betrachtet, denen die praktische Wirkung versagt 
blieb. ]^ ^Kar eben -kein-^iann der Tat, wie 
sein grosser Tandsmann Dante, der sein Leben 
dem Valeriande weihte in Entbdumng and auf- 
zehrender Arbeit, während Petrarca sich gern 
mit Geschenken, Wohltaten, Sindniren über- 



II 



häufen liess. — In Venedig hatte man ihm den 
Palast Molm auf der Riva degH Sdiiavoni smu 
Wohnsitz eingeräumt, als Entgelt für seine gansse 
der Stadt venpiocheDe, nachher dennodi zer- 
streute Bibliothek. 

Eine Zeitlang wohnten dort mit ihm Boocacdo 

undLeontius Pilatus, einKaiabrese, der auf Petrarcas 
Kosten den bis dahin nur in ärmlichen Aundgen in 
Italien belcannten Homer übersetzte. Gern hätte 
Petrarca noch das Griechische gelernt; sein Lehieri 
der kahbresisdie Mtech Bariaam, mit dem er sdion 
in Avignon anfing Flato xa lesen, verhess ihn 
bald, 80 dass er das Studkun aufgeben musste. 
£r Järeute sich» als der Grieche Nikolaus Sigetos 
ibm eine Homerfaandschxift semlete, sie zu be» 
sitzen, wie den göttlichen Plato. Beide umarmte 
ex seofEend midei:g5tztesidiwenigsteoBam,Aidil^ 
[Fam. XVIII, 2]. Im Jahre sah Petrarca 

mit Jttbd die Vedegnng des PäpstsitBes nadi 
Rom, die leider nicht von Dauer war. 1368 
siedelte er nach Padua über, wollte nachdem er 
[4. April 1370] sein Testament gemacht hatte, 
wieder nach Rom gehn, erkrankte aber unterwegs 
in Ferrara mid zog sich mm nach Arqu^ in den 
Euganeischen Hügeln zurück. Dort lebte er mit 

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seiner iiatQrliche& Tochter Francesca, an FranceB» 
cuolo da Brossano verheiratet Beide sc3iigten mit 
zSrtliclier Treue fOr ihn, so dan er doch die 
Ruhe und das Behagen des eiast geschmähten 
Familienlebens wenigstsDS im Alfter gemessen 
konnte. Nur zweimal hat er sich nocli von dort 
entfernt: 137 1 zur Beisetzung Urbans V. nach 
Bologna, 1373 um Francesco Novello von Car- 
raia nach Venedig zu breiten. Am Meegen 
des 19. Juli fand sein Freund Lombardo da 
Secico ihn tot dasitzen, das Haiq)t auf ein 
Buch gelehnt Von den Aizten hfelt er nicht 
viel» machte sich über ihre Verordnungen lustig. 
Sie widenieten den Grenuss kalten QneHwassers 
und rohen Obstes, der ihm gerade zusagte. Mit 
Behagen efzähUe er [Lett sen. Xn, 2, XIV, 8] 
wie sie ihm bei einer Krankheit geweissagt, & 
werde um Mitteniacht sterben, und dann am 
andern Morgen vergnügt am Schreibtisch gefunden 
hätten. Trotzdem war er mit mehreren angesehenen 
Ärzten befreundet [Fracassetti, Note zu lett fanu 
XXII, 12.] 

Ausser der „Africa", in Vaucluse zwischen 1338 
und 39 binnen und 1342 beendet, hat Petrarca 

noch eine Reihe lateinischer Episteln in Hexa- 

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metem* geschrieben, zum Teil von grossem Inter-* 
esse wegen der darin enthaltenen persdnlidien 
und historischen Erlebnisse» w^;en mancher Ana- 
logien mit dem Kanzoniere» reich an anmutigen 
Schilderungen. Femer ein Carmen bucolicum, das 
aas 12 Eklogen besteht, Virgils ländlichen Ge- 
dichten nachgebildet Er hat viel hineingeheim- 
nist: die eine eddärt ar seinem Bruder selbst 
brieflich, eine andere klagt um Daphnes [Lauras] 
Tod, eine dritte geisselt die Sittenlosig^t in 
Avignon: alles unter der Maske des Hirtenlebens. 
Unter den moralischen Traktaten ist bei weitem am 
interessantesten das BOdilein De contemptu mundi, 
auch Secretum genannt, worin Petrarca in Gegen- 
wart der Wahrheit sidi mit dem von ihm hoch- 
verehrten heil. Augustin unterhält Die Konfes« 
ffionte des Letasteren trug er fast immer bei sich, 
auch, als er mit seinem Bruder Gerardo** die 
Besteigung des Mont Ventoux unternahm, etwas 
Ausserordentliches für damalige Zeiten. Die Schil- 
derung dieses Au&tiegs an den Pater Dion3rsius 
von Borge San Sepolcro [Lett. fam. IV, i] ist 

* Deutsch von FriedersdorfF, Halle 1903. 
Von Henri Cochin: Gherardo di Ser Petracco, Le 
Mn de Ptoarque 1903. 

H 



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berOhmt Oben angelangt, nachdem das freu* 
dige Staunen über den weiten Blick ringsum vor- 
über war, zieht er das Buch hervor und liest: ,J>a 
gehn die Menschen hin und bewundem die Höhen 
der Beige, die weiten Meeresbuchten, den langen 
Lauf der Flüsse, die Unendlichkeit des Ozeans, 
die Umdrehungen der Gestirne, und ihrer selbst 
haben sie nicht achf Die tiefsinnigen Worte 
erschütterten ihn so, dass er auf dem ganzen Ab- 
stieg kein Wort mehr hervorbiadite. Dies Secre- 
tum ist eine ernste Einkehr und Selbstanalyse^ 
eine Beichte und Rüge. Sein Ich und Augustin 
sind wie zwei Seelen in einer Brust: ein ewiges 
Schwanken zwischen ,Ja'' und „Nein'% zwischeii 
Wollen imd Nichtkönnen, freiem und unfreiem 
Willen, zwischen Liebe ziun Ruhm und Er- 
kenntnis seiner Nichtigkeit, zwischen S&menhist 
und reiner hingebender Verehrung. De Sanctis 
in seinem vortrefflidien, geistreichen Saggio Cii- 
tico [Neapel 1869] kann bei aller Bewunderung 
Ober dies ewige Schwanken, wie tb&t die mass- 
lose Eitelkeit Petrarcas nicht hinwegkommen; Ge- 
oig Voigt im wundervollen Abschnitt der: „Wieder- 
belebung des klassischen Altertums", worin er 
Petrarca, der die W^ bahnte und die Pforten 

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♦ * 

öffnete» den ersten Fiats anweiat, verzeiht ihm 
nidit die Pfründenjägerei. Der treue und ge- 
wissenhafte Fiacassetti kann ihm die Undankbar^ 
keit gegen die Calomia nicht vergeben , nicht 
den leeren, wohltönenden Kondolenzbrief an 
den Kanünaly ab dessen drei jonge Neffen bei 
der Porta S. Lorenzo gegen Cola Rienzi ge- 
foUen wsansL Noch sdiärf er sprach Petzaica sidi 
in Briefen an die vier Kardinäle aus, denen die 
Neuordnung der verworrenen Zustande in Rom» 
nach Rienzis Fall, übertragen war. Nicht fremde 
Adclageschlechter» wie die Colonna, vom Rhein 
oder die Orsini, von Spoleto hostammend, soBlen 
Rom verwalten und regieren, sondern eingebome 
Büiger. Petrarca exempüfiaeit auf die antiken 
Kämpfe der Plebejer gegen die Patrizier, auf den 
Möns Sacer. Er liebte die Brüder, den greisen 
Vater Coionna, aber die ewigen Kämpfe in 
und um Rom iwisdien den beiden Familien 
Orsini und Coionna schienen ihm ein Fluch; da 
gab er als Opiet für die Rettung seiner ange« 
beteten Roma selbst die Mitglieder einer hodi- 
verehrten Familie preis. Carducd sagt: [Deila 
vaiia fortuna di Dante S. 233], er denke nicht 
daran, den Italienern Petrarca auf dem Altar Dantes 

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zvi opfern, er sei in der Welt der Dichtung nicht 
Monotbeisty sondern treibe VidgöttereL ^Ich bete 
alle an aus der Niedrigkeit, jeden nach seinem 
Ritus, aber alle.'' Und P. de Nolbac, der so 
grosse Verdienste hat um die Wiederaiiffindung 
der Bücher aus Petrarcas Bibliothek, beklagt tief, 
gerade die Kcmfesaonen des hefl. Augustin nidit 
gefunden zu haben. „Wie viele Noten und ge- 
heime Gedanken mögen auf den Rändern ge- 
standen habenl . • . Die Fragen des Heüigen wühlen 
unbarmherzig im Gewissen des Getreuen, und 
dieser antwortet, verteidigt sich oder klagt sich 
an mit lOhrender Einfochheit, indem er zugieidi 
die Leidenschaft eingesteht, auf die man am 
meisten stolz ist: die liebe zum Ruhm sowie die 
Fehler, die zu erkennen am schwersten fällt: 
die Kleinlichkeiten der Eitelkeit Seit dem Buch 
des heil. Augustin, welches das Secretum inspirierte, 
hat noch kein Werk bis zu diesem Grade 
das Innerlichste einer Seele offenbart, und zimi 
Glück ist diese Seele eine der zartesten und der 
kompliziertesten, die jemals gewesen sind/' Petrar- 
cas Secretum li^ jetzt in guter französischer 
Übersetzung von V. Develay 1898 vor. — Femer 
schrieb Petrarca: De vita solitaria. De otio reiigioso- 

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mm [1356], worin er das mönchische Leben preist; 
De remediis utriusque fortiiikae lehrt in Geq>iftdieEi, 
wie man sich im Glück und Unglück zu betragen habe 
[beendet 1366]. Dann De viris illustribus, vier 
Bücher Renmi Memorandarum : Taten, Aussprüche, 
Beispiele aus alter und neuer Zeit, dazu einige po- 
lemisdie Schriften: Invectivae in medicum [1355] 
und den Traktat De suis ipsius et multorum ig- 
noiantia im Jahr 1368 gegen viear venezianische 
Jünglinge, begeisterte Aristoteliker, die sich Kritte- 
leien erlaubt hatten. 

Petrarca hegte für das Altertum mehr als Bewun- 
derung, er liebte es mit tiefer Leidenschaft Er 
setzte sich in die Zeiten der Alten, verkehrte 
mit ihnen in Gredanken, schrieb ihnen die Briefe 
eines aufriditigen, liebenden Freundes. Cicero, 
Seneca empfingen Vorwürfe über Wankelmut oder 
Unaufrichtigkeit Ja, bei aller Hochschätzung, die 
er für Cicero hegte, warnte er den jungen Fran- 
cesco da Carrara, Hemi von Padua und Sohn 
seines alten Freundes und Verehrers, bei seinem 
R^erungsantritt vor mocalischen Entgleisungen, 
die er am Beispiel Ciceros demonstrierte: „Einige 
loben die, welche es nicht verdienen, andere 
schmähen und beschimpfen mit wunderbarem Leicht- 

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« 

L^iy -i^uu Ly GoOgl 



shm diefenigen, welche sie vorher lobten. Und 
mit dieser Schuld, die ich mehr als alle andern 
fOr schändUdi mid unehrenhaft halte, befleckte 
Cicero seinen Ruhm; so selir ich ihn auch über 
alle alten Scfaiiftsteller liebe und bewundre, bin 
ich fast gezwungen, ihn dieses Fehlers wegen zu 
hassen. — lies die Biefe an seinen Bruder 
Quintus, du wirst finden, dass er von Cäsar immer 
voll Hochachtimg und Freundschaft spricht Nimm 
die an Attflcus: im ersten wirst du zweideutige, 
kn letzten die geh2issigsten, entehrendsten Äusse- 
rungen über ihn finden. lies die Reden im Se- 
nat, die er vor oder während Cäsars Anwesen- 
heit hielt: da ist das Lob so gross, dass niemand 
meinen könnte, es sei ein Sterblicher durch einen 
andern höher zu erheben. Ö^e die Bücher der 
Pfail^ypiken und die „Von den Pflichten", und du 
wirst die einen wie die andern übervoll von 
Schimpf und Vemchtung finden. Und am ab- 
scheulichsten ist in meinen Augen, dass alles Lob 
aus der Zeit stammt, wahrend Cäsar lebte, aller 
Tadel aus der nach seinem Tode.^' [Lett. sen. 
XIV, !•] Seinen Freunden legte Petrarca klassische 
Namen bei: den Deutschen Ludwig von Kempen, 
den er 1330 in Lombez bei dem Bischof Giacomo 

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Colonna kennen gdemt hatte» und den er be- 
sonders liebte, nannte er Sokrates, Mainardo Ac- 
Guxsio aus Florenz Olympus, Francesco Nelli war 
sein Simonides, den Römer Lello di Pietro Ste* 
lano hiess er Lälius* Wie früh Petrarcas Lust und 
Eifer zum Studium begann» erz&hk Voigt dem 
Filippo Villani nach: Convenevoie da Prato hiess 
Petrarcas Jugendlehrer in Carpentras; als diesen 
der Kardinal Colonna scherzend fragte: „Nun sagt 
mir, Magister, gehört zu euren grossen Schülern, 
die ihr so zärtlich liebt, nicht auch unser Fran- 
cesco?*', da stiegen dem ehrlichen Gramma- 
tiker sogleich die Tränen in die Augen, er ging 
mit rührendem Schweigen beiseite, oder er schwiu: 
hodi und teuer, nie habe er einen Schüler so 
sehr geliebt. Wenn man die zahlreichen Briefe 
Petrarcas liest, eingeleitet oder abgesdiloasen durch 
eine Autobiographie in der Epistel ad posteros, 
so begreift man, dass bei der so grossen und all« 
gemeinen Verehrung und Bewunderung, die ihm 
zu teil wurde, bei der hdien Wertschätzung, die 
er sich demnach selbst beilegte, er auch nicht 
skrupulös war, wohlverdienten Lohn anzunehmen 
oder gar sich darum zo bemittien« Er braudite 
Ruhe und Unabhängigkeit, um den geliebten Stu- 

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dien obzuliegen, er brauchte Mittel, um sich die 
teuren Bücher zu verschaffen; er wnsste, was er 
den Zeitgenossen gab, ahnte vielleicht, welche gute 
Fracht sein gaiizes Einatmea und Ausslr^teien 
antSker Dicht- und Redekunst auch für die kom- 
menden Geschlechter noch tragen würde. Dazu 
sah er die Sittenk)sigkeit und Verschwendung am 
päpstlichen Hof; umsoweniger machte er sich ein 
Gewissen daraus, Rinkflnfte anzunehmen, die er 
würdiger, als es dort geschah, zu verwenden meinte. 
Und doch hat Petiaica liditig geahnt, was er in 
einer ELanzone [hier Nummer 96] sagt: dass er 
sammtejwag sie schndl bestatten, dassnur ein „Hauch 
bleibe", von dem was Rom imd Hellas ss^en, und 
wenn er i^/^ Jahre vor seinem Tode an Pandolfo 
Bilalatesta, dem erseuienKansoiiieresendet, schrdbt: 
„Ungem, ich gestehe es, sehe ich in diesem Alter 
meine jugendlldien Bagatdlen [Nugellae] sich ver« 
breiten, von denen ich wiUischte, dass sie allen, auch 
nur womögäch, unbeikannt wären*^ — so würde er 
noch mehr statmen, wenn er sähe, dass nicht 
seine lateinischen Schriften, auf die er so grossen 
Wert legte, sondern diese Sonette und Kanzonen 
äm am längsten überlebt haben. Ganz aufndi« 
tig ist wohl diese Bescheidenheit nicht, denn 

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sichteiid und f eileiid hat er sidi mit den Gedich- 
ten bis in sein spätes Alter beschäftigt. Die Tri- 
umphe, ein allegoiisches Gedicht in Terzinen, 
jedenfalls durch Dante angeregt, begann er erst 
im Jahre 1357. [Thumph der Liebe, Thumph 
des Todes, Triumph des Ruhmes.] Es würde zu 
weit führen, die Wanderungen der Qriginaihand» 
Schrift zu erzählen, wie Carducd sie ausföhrüch 
in der Einleitung zu seiner vortrefflichen Petiarca- 
ausgabe daistdlt Genug, dass die vatikanisdie 
Bibliothek dieses Manuskript [3195] besitzt, dessen 
einer Teil vom Dichter eigenhändig geschrieben, 
dessen anderer doch von seiner Hand korrigiert ist 
„Wir Italiener*', schreibt Carducd, „müssen durch 
Verschuldung unserer Unachtsamkeit und Nach- 
lässigkeit den geldirten Fremden dankbar sein, 
dass sie uns wieder den Besitz dessen verschaff- 
ten, was wir der Veigessenheit hatten anheim- 
fallen lassen . . . Professor Pierre de Nolhac 
wurde im Jahr 1886 durch sein Studium der Bib- 
liothek des Fulvio Qrsini dahin geführt, ItaBen 
und die Welt auf das von ihm erkannte Origi- 
nal der Gedidite Petrarcas hinzuweisen; ohne von 
ihm zu wissen, kam bald darauf Dr. Arthur Pack- 
scher zu demselben Resultat . . . Der Onp* 

2Z 



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nakext mit dazugehöriger Textkzitik wurde von 

Giov. Mestica publiziert 1896." 
Giosud Caxdacd und Severino Fenrari gebeain ihrer 
1899 eschienenen Petrarca- Ausgabe durch den um- 
fangreichen Notenappaiat ein so voUstfindiges Bild 
der ganzen Deutung und Beurteilung Petrarcas vom 
15. Jahrhundert bis auf die heutige Zeit, dass ich 
den Herausgebern bei meinem bescheidenen Ver- 
such» Petrarcas Gedichte dem deutschen Publikum, 
wenn auch nur teilweise, zu vermitteln, zum gröss- 
ten Danke vopfiichtet bin. Carducd föhrt meist 
mehrere Interpretationen an, behflk sich vor, weldier 
er sich anschliessen oder wie er sich sein da- 
von unabhängiges UrteQ bilden will. Afle neue- 
ren Spezialarbeiten werden vennerkt, dem Über- 
setzer die Wege gezeigt, sich nach aUen Seiten 
hin Klarheit und Belehrung zu verschaffen. Eben- 
so interessant ist die veigleichende Zusammen- 
stellung von Petrarcas Gedichten mit denjenigen 
seiner italienischen VcHrläufer und Zeitgenossen 
oder mit Stellen der Alten: Virgil, Horaz, Cicero, 
Catull u. a. Carducd untersdieidet vier Zeitalter 
von Petrarcas Kommentatoren seit der Renaissance 
bis ins 19. Jahrhundert und keunzdchnet ihre 
Medioden. 18 14 gab Marsand das Liederbuch 

2i 



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in neuer Anordnung heraus, die Leopardi, Förster 
und andere Herau^gdier beibehielteD. Sie trenntea 
die politisch«! Gedichte von denen an Laura. 
Jetzt ist man natürlich zur historischen Reihen- 
folge, vidmdir zu der des Originalkodex zurOdt- 
gekehrt Carducci schätzt von den Ausgaben des 
vorigen Jahriiunderts diejenigeBiagiolis [ 1 821] höher 
als die vielgelesene Leopardis. Dieser studierte 
eifriger die Griechen und Römer ab die Italiener 
der früheren Jahrhunderte, Biagioli kehrte mit 
Liebe und Bq;eistenmg zu seinen grossen Lands- 
leuten des Trecento zurüdL 
Wenn ich nun für meine schwache Bemühung, 
Petrarcas Gredidite zu interpretier e n, um Naichsidit 
bitte, so geschieht das nicht w^en der getroffe- 
nen Auswahl, da bei 366 Gedichten selbst der 
Italiener erlahmt [De Sanctis gesteht es], sondern 
weil die Übersetzung nicht imstande sein kann, 
den Wohllaut der Sprache und dieser schönen, 
fein ziselierten Vene wiederzugdMn. Vielleicht 
wird es ihr Verdienst sein, wenigstens zum Lesen 
d&[ Oiiginale ermuntert zu haben. 



B. JACOBSON 



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SONETTE UND KANZONEN 



I 

Ihr wollt nun meine Herzensseufzer hören. 
Wie sie durch manche Reimerei ventreut, 
Aus meiner Jugend irrendem Betören, 
Da idi in vielem anders war als heut 

Versuch ich m beweinen zu erklären 

Des Schmerzes wie der Hoffnung Eitelkeit, 
Wird mir, wenn nicht verzeihn, Mitleid gewähren. 

Wer je an sich erprobt der Liebe Leid. 

Wohl hört ich oft genug im ganzen Lande 
Michspöttiadi schon im Mund des Volkes nennen. 
Und voll Beschämung acht ich selbst mich kaum: 
All jener Schwärmereien Frucht ist Schande 
Und bittre Reu und deutliches Erkennen, 
Dass, was die Welt entzückt, ein kurzer Traum. 



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IV 

Der so voll unbegrenzter Meisterschaft 
Gewuflst sich in der Schöpfung zu bewahren. 
Vorsorgend schuf die beiden Hemisphären, 
VoU Milde Jiq>iter und Maxs voll Kzaft; 

Als er heiabsti^, ans der Schriften Haft 

Dort lang verborgne Weisheit aufzuklaren, 
Vom Fischfang Petrus und Johannes Ehren 

Im Herrscheramt des Himmelreichs verschafft, 



Da wollt' er nicht in Rom geboren werden, 

Judäa wählte er zum Gnadenhort, 

Von jeher froh die Demut zu erheben. 

Jetzt schenkt er aus so kleinem Dorf auf £rden 

Uns eine Sonne: Dank erfüllt den Ort, 

Dass er soldi schöne Frau der Welt gegeben. 



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V 

So irrig ist mem t5richtes Bemühn 
Sie zu erreichen, die auf ilüchf geu Schwingen 
Noch immer wusste, frei von Amors Schlingen, 
Leicht meinem ti^Sigen Laufe zu entüiehn, 

Dass mir der Wunsch nicht folgt; je mehr ich ihn 
Zurückgerufen, minder wiDs gelingen; 
Nicht hilf tder Sporn imdnicht das Rückwärtszwingen, 
So störrisch wusst' ihn Amor zu erzaehn. 

Reisst er den Zügel an sich mit Gewalt, 
So bin ich ganz an seine Macht gebunden. 
Die midi trotz Widerstand zum Tode fOhrt 
Nach bittrer Frucht des Lorbeers, dem es gait, 
Fühh jeder doppelt sdimeizlidi seine Wunden, 
Und Linderung hat keiner je verspürt 



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VI 



urcfa Woihist, VöUereiy durch Schhmiiiierkisseii 



So da» uns fast die eigne Strasse schwand. 
Wenn solche Sitten uns mit fortgerissen. 

Die Menschendasein zu gestalten wissen, 
Die güf gen Sterne, fliehn, ihr licht verschwand» 
Auf jeden weist man staunend mit der Hand, 
Dem noch voim Helikon die Strtaie messen. 

Wer ist, der Myrten noch und Lorbeer preist? 

— Philosophie, wie bist du nackt und arml — 
So sagen, die nach niedenn Vorteil streben. 

Auf deinem Weg geht nur ein kleiner Schwärm; 
Dnun fleh idi recht dich an, du edler Geist, 

Nicht grossgesinnte Absicht aufzugeben. 




Tugend aus der Welt verbannt. 



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vn 



lorreiche Säule, unsrer HoffiiUDg Stütze, 



vJrUnd Romas gioBsein Namen werter Halt, 

Vom rechten Weg noch warfen mit Gewalt 
Bei Wind und Regen dich nicht Jovis' Blitze. 

Hier gibts PaUste nicht noch Bogensitze^ 

Doch Tannen, Buchen, Fichten; dichtend waiJt 
Man durch das Grün zum schönen Beige, bald 

Hemiedersteigend, bald iiinauf zur Spitze. 

Zum Himmel trägts den Geist vom ird'scheu Treiben, 
Und wemi im Schatten süss die Nachtigall 
Alhiächtlich singt ihr lieblich Klagelied, 
Weckt sie im Herzen liebeswiderhalL 
Doch endet, Herr, willst du nicht bei uns bleiben, 
So seltnes Glück und das Vollkonmme flieht 




33 



vm 



; icht in der Sonne, nicht im Schatten fand 



1 X Ich je euch ohne Schleier, 
Dodi war mein grosser Wunsch euch nicht ein 



Der jeden andern aus der Brust verbannt 

So lang ich noch geheim hielt aU mein Sorgen, 

Das alles Denken sonst in mir vernichte^ 

War euer Antlitz mitleidvoll verklärt. 

Als Amor euren Blick auf mkh gerichtet, 

Da wurde schnell das blonde Haar verborgen, 

£s blieb der warme Blick in sich gekehrt. 

Und was ich heiss ersehnte, war verwehrt 

Nun herrscht so über mich 

Der Schleier, dass mein Leben fest entwich, 

Wenn mir durch ihn der Augen Glanz entschwand. 




neuer. 



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IX 



ueich' ich» unbesiegt von Qual und Leiden, 



JLl/Deranst vieHeidit ein hohes Lebensjahr, 

Und seh den Glanz» der einst so herrlich war, 
O sdiOne Fiau» aus eiiem Augen acfaeklen» 

Könnt ihr bekränxt euch nicht in GrOn mdir 

kleiden, 

Wird Silber euer fernes, goldnes Haar» 

Bleich das Gesicht, such ich, der Freude bar, 
Furchtsam sogar die Klage zu vermeiden: 

Dann gibt mir Amor Kflhnheit, unumwunden 

Enthüll ich euch mein ganzes Lebensleid, 
Wie viel es Jahre waren, Tag und Stunden. 
Und widerspricht auch schönem Wimsch die Zeit, 
So vüidfln dodi mitlekl'gen Trost bdnmden 

Die späten Seufzer, die ihr mir geweilit. 




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X 

Vom Heisiataort nadi axfoeitsvoUea Mohn 
Zieht heut mit weissem Haar ein aiter Maan ; 
Die Kinder sehn bes(»gt dai Vater an« 
Dass er noch will in weite Feme ziehn. 

Er wandert fort, wenn auch mit müden Knien, 
So nahe schon dem Ziel der Lebensbahn, 
Hüft sich mit festem Mut, so gat er kann, 
Ob alt und wandermüd, fort treibt es ihn. 

Nach Rom gelangt er, von dem Wunsch erfQllt, 

Das hdire Antlitz dessen ansusdiaun. 

Den er noch hoüt im Himmel zu erblicken. 

So such ich euer stets ersehntes Bild, 

O Schöne, selbst im Anblick andrer Fraun, 

Um midi daran, wflrs mOgUch, su eiquicken. 



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XI 

Es gibt Geschöpfe, die der Sonne Pracht 
Mit ihrem stolzen Blick ertragen können. 
Vom Lichtschein müssen sich die andern trenneil 
Und ziehn ans ihrem Dunkel erst bei Nacht» 

In andern ist der tolle Wunsch erwacht 
Nadi Feuer, das sie nur vom Scheine kennen 
Und seine Macht erst spüren im Verbrennen: 
Ach, ganz wie diese hab idis auch gemacht 

Ich kann nicht meiner sdiwadien Kraft vertrauen 

Im hellen Glänze dieser Frau, und nicht 

Im Dunkdn fand ich Sdiutz, das birgt und trennt. 

Mit tränenfeuchtem matten Augenlicht 

Führt mein Geschick mich stets, sie anzuschauen, 

Und ich begehr^ ich weiss^ was mich verbrennt 



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XII 



ass meine Reime euren Ruhm nicht künden 



J^Beschämt gestehend» denk ich, hohe Frau» 
Der Zeit, wo ichs gewiiast bei erster Schau: 
Ich würd an keiner mehr Gefallen finden. 

Nicht fällt mir Feilen schwer noch Verse rOnden, 
Noch dass ich meinem Arme nidit vertrau, 
Doch prüf ich meines Geistes Kraft genau. 
Fohl idi eistanend aO sda Kömien sdiwmdeaa. 

Oft (^et idi die Lippen sdion zum Singen, 
Doch blieb die Stimme in der Brust gebannt, 
Wie k5nnt ein Ton so hdir zu Umgen wagea? 

Und oft begann ich Verse, doch gelingen 
Wollt es mir nie: Hand, Feder imd Verstand — 
Beim ersten Anlauf waren sie geschlagen« 




38 



xni 



ür alle Wesea auf der weiten Erde 



X Weimdenkfat AbsdieahabenvorderSoiine*-* 

Ist ihre ArbeitS2;eit am hellen Tage. 



KLehrt eins nach Hause, andre ruhn im Walde, 
Auf daas sie Ruhe finden bis zum Morgen. 

Scheucht aber dann der schöne lichte Mengen 
Die Schallen fort rmgs auf der weiten Erde, 
Weckt er die Tiere auf in jedem Walde, 
So flieht mein Seufzen auch nicht mit der Sonne» 
Und seh ich dann die funkelnd hebten Stem^ 
Rnf ich nur weinend wieder nach dem Tage. 

Gebeut der Abend Fludit dem hellen Tage» 

Ist unsre Dämmerung für andre Moigen, 
Schau sinnend ich nach euch» grausame Steine, 
Die ihr mich formtet aus so weicher Erde. 
Dem Tage Fluch, da ich erwacht züi Sonne, 
Bin kh dodi wie ein Mensch aus wildem Walde. 

Und dennodi glaub idi, Idbt im wilden Walde 
Kein noch so grausam Wild nachts noch bei 



Gleich dem, um das ich weine; ob die Sonne 
Scheint oder nidit, ob Abend oder Morgen, 




Sind sc 



dann des Himmeis Sterne^ 



Tage 



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Nie stärkt mich Rull, ist auch mein Leib aus 

Ihm gaben ew'ge Sehnsucht doch die Sterne. 

Doch eh ich einst zu euch, ihr lichten Sterne 
Heunkehre, eh ich sterb im liebeswalde^ 
Den Leib hier lassend, der aus Staub und Erde, 
Möcht ich sie huldreich sehn! An einem Tage 
^d Jahre eingebracht, und noch vor Moigen 
Macht er mich reich nach Untergang der Soime. 

Wär ich bei ihr, wenn sie versank, die Sonne 
Und säh uns niemand anders als die Sterne, 
Nur eine Nacht und würd es niemals Morgen, 
Und schlüpfte sie nicht selbst, zum grOnen Walde 
Verwandelt, aus dem Arm mir, wie am Tage;, 
Ab einst Apoll ihr folgte auf der Erdel 

Ich aber ruh begraben dann im Walde, 

Und helle Sterne schienen wohl am Tage, 
£h solchen holden Morgen grüsst die Sonne. 



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XIV 

Aus memen ersten sdiAnen Jugendtagen, 
Ais jener Wunsch entstand, noch imreif fast. 
Der mir sum Unheil m die H6he admB, 
Da Sang erleiclitert jede Schmerzenslast, 
Wili idi von jener Zeit der Freiheit sagen, 
Als ich noch Amor meine Tür verschloss. 
Und wie sich dann sein Groll auf micfa eigoss 
Nur aBznsehr! Und was daraus entspnmgen, 
Wie Vielen ich ein warnend Beispiel war; 
Obwohl lang offenbar 

Schon meine Schmach und müd» die sie besungen 
Zu tausend Malen. Rings aus Tal und Höhn 
Hört man die ;schweren Seufzer widerhallen, 
Ate treue Zeugen meiner Lebenspdnt 
Will das Gedächtnis mir nicht Helfer sein 
Wie sonst, so tragen einzig Schuld die Qualen 
Und ein Gedanke, der trotz allem Flehn 
Es quält, dass alle ihm den Rticken drehn. 
Ja, der mich aus mir selber schon vertrieben. 
Ihm ist der Inhalt, mir das Kleid geblieben« 

ICH sag^ dass achaa manches Jahr veiilossen, 
Seit Amor midi zmn erstenmal bestürmt, 
Dass ich mein Jüngling^antlitz schcoi verlor, 

4» 



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Und da88, vcm kaltem Sinne ganz beschinnt^ 

Mein Herz erschien, wie von Demant umschlossen. 
Nicht war der Harte schon ein weicher Toi; 
Nicht bradben Trtoenströme sdion hervor, 
Nicht üoh der Schlaf; was fremd dem eignen 

Wesen, 

Schien mir ein Wunder bei der andern Tun. 
Was war kh? Bin idi mm? 
Tod soll das Leben, Nacht den Tag erlösen 1 
Denn als der Grausame, den ich genannt, 
Erfährt, dass sein Geschoss, das mich getroffen, 
Dodi nur den Weg durch mein Gewand gefunden, 
Hat er mit einer Mächtigen sich verbunden, 
Von der ich niemals darf noch durfte hoffen, 
Dass kih durdi Geist und Kraft Vergebung fand. 
Sie haben mich in diese Form gebarmt, 
Dass ich zum grCknen Lorbeerbaum geworden, 
Nie ohne Laub, seis kalt auch wie im NorderL 

WIE ward mir doch, als ich zuerst erkannte, 
Dass sidi mein Leib verwandelt ganz und gaor, 
Dass statt der Haare Laub die Stirn umzieht, 
Davon em Kranz einst meine Hoffnung war, 
Und wie <fie Füsse, drauf ich ging und rannte, 
[Da doch dem Geist entspricht ein jedes Glied], 

4a 



Nim angewisn&olt man am Uler sidtit, 

Nicht des Peneios, nein an stolzem Wogen. 
In Zweige wandelten die Aime sichl 
Nicht mmder adiauerts raidi. 
Als ich dann ward mit Federn übeizogen, 
Ab hmgeadmiettert, mit eistantem Mut 
Mein Hoffen lag, das gar zu hoch gestiegen. 
Nicht ahnend, wo mid wami ichs wiederfand» 
Irrt ich aliein und weinend dort am Strand, 
Wo man min xaubt^ sah die Tage Oitgeai; 
Am Ufer sucht' ich, suchte in der Flut 
Und hielt die Zunge nicbl mAx in der Hut, 
Wie es noch ging, eh sie zu Fall gekommen: 
Vom Schwan ward Klang und Farbe angenommen. 

SO ging ich an den Ufern auf und nieder. 
Und meine Worte wurden zum Gesang, 
Um Gnade flehten sie in fremdem Laut: 
Nie fand idi jemab ach<)nem, sQssem Klang 
Für meine liebeheissen Klagelieder, 
DasB sie ein kaltes Hees mir aa^etant 
Noch fühl ichs heiss, was ich dem Sang vertraut, 
Doch stdit viel mdir, als ich bis heute sagten 
Von meiner holden süssen G^;nenn 
Zu sagen noch 

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Weit überlegen aiiem, was ich wagte. 
Sie, deren Bück sum Dieb der Heizea waid. 
Griff aus der Brust mein Herz mit ihren Händen^ 
Und: — Hiervon rede nicfati Spiadi sie za mir. 

Dann sah ich sie allein» in andrer Zier, 
Kaum nodi die gleiche. Doch, o Mensdiensimi] 
Hier hab ich bang ihr Wahrheit offenbart; 
Doch 81^ sdmeli in die altgewohnte Art 
Zurückgekehrt, liess mich, den Angst durchbebte. 
Als starres Felsgebüd, obwohl ich Id;^ 

MIT so verstörten Mienen und Gebärden 
Sprach sie, dass ich im Steingewand erbebt: 

— Nicht bin ich die du wähnstl — Vernahm 

ich da. 

Und ich zu mir: — Wenn sie mich neu belebt. 
Wird mir kein Los mehr hart mid trObe werden: 

— Herr, lass mich weinen, sei mir wieder nah! — 
Wie^ weiss ich nicht, die Ffhsse rührt ich da. 
Nur mich, sonst keinen sucht ich anzuklagen. 
Halb lebend und halb tot an jenem Tag. 

Da Zeit nicht warten mag, 
Kann nie so viel man will die Feder sagen. 
So muss ich vieles, was mein Innres bot, 
Hier übeiiliegen und nur solches künden, 

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Was jeden» der es hört, mit Staunen füllt 

Schon hatte mir der Tod das Herz umhüllt, 
Nidit komH ichs sdiweigend seiner Hand entwinden» 
Gelähmte Kraft nicht ziehn aus ihrer Not, 
Da Idbend Wort erstarb durch ihr Verbot; 
Mit Tint und Feder schrie ichs nun vor allen: 
— Mein bin ich nicht, sterb ich» wirds euch miss* 

feUenl — 

SO, meint idi, wird sie mir Beachtung gönnen» 
Werd' ich Unwürdiger ihrer Gnade wert, 
Und diese Hoffnung hat midi kühn gemacht: 
Doch bald wird Demut anerkannt, geehrt, 
Bald nur vecachtet; wohl mocht ich's eikennen, 
Der lange Zeit im Finstem zugebracht: 
Trotz Bitten blieb mein Licht in finstrer Nacht, 
Und als idi rii^isumher nidit ihren Sdiatten 
Sah» nicht von ihren Füssen eine Spur» 
Warf ich midi auf <»e Fhir, 
Dem Wandrer gleich, am Weg hin vor Ermatten. 
Wdi um den fitldif gen Strahl» er schwand zu sdmeU I 
Den Tränen liess ich freien Lauf» sie fanden 
Sich trauernd ein in ungehemmter Flut 
Nie schwand so schnell der Schnee in Sommeiglut, 
Als ich g^ühlt wie meine Kräfte schwanden. 



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Am Fuss der Buche ward ich da zum QueU, 
Und fUm noch laage wdter, WeU' um WeU'. 
Quell ward ein Mensch ? Wer hat das je vernommen ? 
Und dennoch, wie ich's sage^ isf s gdLomiien. 

DIE nur von Gott geschaffne reine Sed^ 
Wo käme sonst so grosse Gnade her? — 
Gleicht ihrem Schöpfer an Gestalt und Art: 
So wird dem zu verzeihn ihr niemab schwer. 
Der demutvoll bewusst, worin er fehle. 
So oft er int, auf ihre Gnade hazrt 
Hält sie dem Flehenden noch Widerpart, 
Und schaut in Gott sidi wie im Spiegdbüd^ 
So belogt der Sünder sich, und sie verzeiht. 
Denn nimmeimehr bereut, 
Wer schuldig neues Unrecht führt im Schilde. 
Madonna sah, als Mitleid ihr gebot, 
Mich gnädig an, und da sie gleich gefunden, 
Abwägend, meine Schuld und meine Fein, 
Liess voller Huld sie mich der Alte san. 
Ach, wo hat man auf £rden Halt gefunden? 
Auf neues Bittan wandelt sie^ o Notl — 
In Stein mir Nerv' und Knochen; nur den Tod 
Rief meine Stimme laut und ihren Namen: 
Klang blieb allein des Köipers leerer Rahmen. 

46 



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EIN Klagegeist inf ich nmi auf und nieder 

Durch Wälder, Höhlen, ödes, fernes Land, 
Beweinte meine Kühnheit manches Jahr. 
Doch als auch dieses Leid ein Ende fand, 
Ich wiedeckehrte in die kd'schen Gheder, 
Glaub' ich, dass nur mein Schmerz noch grösser war. 
Ich folgte meinem Wunsch so gana^ mid gar, 
Dass, als ich zagend ^st die Sdiritte wandte. 
Da sah ich jene Spröde, kalt und schön 
Im Bache nadcend stehn, 
Als grad am heissesten die Sonne brannte. 
Ich stand, — was hätte je mich sonst entztk±t? *— 
Sie anzuschaun, ihr wars ein tief Beschämen, 
Aus Rache, oder f eind dem Augenlicht, 
Spritzt sie nun Wasser mir ins Angesicht 
Wahr red' ich, sollt' man's auch für Lüge nehmen: 
Mir schien, ich wäre meinem Leib entrückt; 
In scheuen Hirsch, der sich zum Laufen schickt. 
Verwandelt, flieh ich nun Waldaus, waldein. 
Und meine Hundemeute hinterdrein. 

KANZONA, nicht die Wolke, goldbeschwert. 
War ich, die einst als Regen niedersank, 
Die Jovis Gluten löscht und rasch verschwindet. 
Die Flanune war ich, die ein Blick entzündet, 

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Ein Vogd, der in feme LQfte drangt 

Sie aufwärts tragend, die mein Singen ehrt: 

Zum Lorbeer bin ich stets zurückgekehrt 

Aus jeder Wandlung, lässt sein sOsser Sdiattea 

Doch jede andre Lust in mir ermatten. 



* 



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XV 



T'enn edle Zweige, die uns treu behüten 



V V Vor Hrnmebsom bd Jovis DonnecroUen, 

Den Kranz nicht hätten mir versagen wollen, 
Der die zu schmücken pflegt, die Verse schmieden. 

Mit euren Gröttinneo, heut' feig gemieden» 
Hätt* ich dann wohl be&emidet werden sollen; 
Doch längst schon hat mich jenes harte Giollea 
Von der Olivoi Gönnerin geschieden. 

Nicht kann Aethiopiens Sonne heisser zOnden 

Im Wüstensand, als meine Zornesglut, 

Dass mir so treu Gdiebtes muss entschwinden« 

Sucht lieber einen Quell in still'rer Hut, 
Der mdne will jetzt keine Nahrung fuiden. 
Es sei denn nur durch stete Tränenflut 




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XVI 

Mit seines Ahnherra Krone schmflckt das Haar 
Sich KarlsNachfolgeruadexgreift dasSchwert, 
Damit er Babylon den Hochmut wehrt 

Wie dessen ganzer untergebnen Schar. 

Und mit den Schiüssehi, mit dem Mantel kehrt 
Zo seinem Nette heim Christi Vikar; 

Droht ihm zuvor nicht irgendwo Gefahr, 
Sieht er Bologna, eh' ihn Roma ehrt 

Und euer Lamm, so treueigeben zart, 

Besiege wilde Wölfe, dass Verstössen 

Ein jeder sei^ der nicht der Liebe wahrt 

Ermuntert es, das noch nicht fest entschlossen. 

Beruhigt Roma, die des Gatten harrt, 

Und zieht das Schwert für Christus unverdrossen. 



SO 



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XVII 

ODu im Himmel schon eifaofifte Sede, 
Du sd'ge remei zwar im ird'schea Kleid, 
Doch das dich nicht wie andre niederzwingt. 
Damit dich, die sich folgsam Gott geweiht, 
Geliebte Magd, nicht rauhe Strasse qufile, 
Auf der zu seinem Reich man aufwärts dringt, 
Sieh, wie nun deiner Barke, neu beschwingt, — 
Die lang der Welt Valet gesagt, der blinden, 
Und bessern Port b^;ehrt, — 
Ein sanfter Westwind süssen Trost gewährt. 
Er führt sie aus den engen, dunkeln Gründen, 
Wo eigne Schuld und fremde uns verzehrt, 
Gelöst und frei von alter Fesseln Band, 
Den nächste Weg zu Imden 
Zum wahren, langerstrebten Moigenland. 

WOHL haben sterbliche Gebete heute 
Und heil'ge Tranen schon den Sitz erreicht 
Des hohen Mitleids: wären's noch so viel, 
Sei noch so gross ihr Wert, es rückt und weicht 
Um ihr Verdienst auch nicht um Haaresbreite 
Ew'ge Gerechtigkeit von ihrem Ziel 
Zum heü'gen Ort, wo er am Kreuze fiel. 
Hat nun der Güt'ge seinen BUck in Gnaden 

5* 



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Vom Himmel hingewandt, 

Dass Rachedurst, im neuen Karl entbrannt, 
Gelöscht sdy freilich spät zu miserm Schaden, 
Was längst Europa seufzend schon empfand: 
So bringt er Hülfe der geliebten Braut, 
Dass Babylon nachdenklich, fürchtbeladen, 
£rzittert schon bei seiner Stimme Laut 

WER zwischen der Garonne und den Höhn 
Wohnt, zwischen Rhein imd Rhone und am Meer, 
Zieht mit zu der den Christen heiligen Fehde, 
Und wer jemals gestrebt nach wahrer £iir*, 
Der titst vom Strand bis zu den Pyrenäen 
Mit Aragonien ganz Hispanien öde. 
England, der meerumspülten Inseln jede, 
Dort von Gibraltar bis zum Land des Bären 
Und wo der Weisheit Ton 
Hemiederklingt vom heiligen Helikon, 
An Kleidern, Sprachen imgleich und an Wehren, 
Treibt zu dem hohen Weik der Liebe Lohn. 
O welches edler Neigung würd'ge Gut, 
Und welche Kinder, weiche Frauen wären 
Wohl jemals Grund zu so gerecliter Wut? — 



52 



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£S Uegen TeOe dcar bewohnten Erde 

In ew'gem Eis, sind ewig weiss beschneit, 

Gar weit entfernt vom lichten Sonnenwagen. 

Dort lebt em VMkchen, das den Tod nidit scheut, 

Dem Frieden Feind, in steter Kri^beschwerde, 

In ihren kurzen nebdrddien Tagen. 

Wenn sie mit deutscher Wut die Waffen tragen. 

Der Ehre Gottes mehr als sonst gewogen, 

Gen Heid' und Muselmann 

Und alle, die noch in der Götter Bann 

Nah an des roten Meeres salz'gen Wogen, 

Dann weisst du, wie man diese schätzen kann. 

Nackt sind sie, feig und trüg, 

Die nie dn Schwert gezogen, * 

Denn ihre Streiche gehii des Windes Weg. 

DRUM ist uns zu befrein die Zeit gekommen 

Vom alten Joche und von unserm Blick 
Den Schleier abzutun, der ihn verhällt 
Der edle Genius zeige sein Geschick, 
Den Grott Apoll in seine Huld genommen, 
Sei's ob Beredsamkeit den Eifer stillt, 
Ob der gerühmte Griffel Bogen füllt: 
Begreifst du noch, was einst Amphion's Töne 
Vermocht, was Orpheus Sang, . 

53 



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Dann weisst du, dass bei deiner Rede Klang 
Italien aufstehn wird und seine Söhne. 
Für Christus ist es, dass der Ruf erklang, 
Und kennt die weise Mutter ihren Pfad, 
Dann war in solcher Schöne 
Für sie noch nie ein Grund zur Kriegestat 

DU hast des Wissens Schätze zu vennehren, 

Studiert manch' alt' und neues Peigament, 

Wenn hoher Flug dich erdenfem entrOdcte, 

Kennst von dem Sohn des Mars das Regiment 

Bis zu At^fustus, der in Sieg^hren 

Dreimal das Haupthaar sich mit Lorbeer schmückte, 

Weisst, dass sein Schwert oft Roma hilfreidi ztkdrte. 

Wenn Ungiimpf leidend Andre Beistand hoffen. 

Und warum sollt' es heut' 

Nicht hilfreich nur, nein dankbar, frommbereit, 

Die bittre Kränkung rächen, die getrof 

Marias hohen Sohn zu tmserm Leid? 

Wie kann der Feind noch gar 

Sieg seinen Waffen hoffen. 

Wenn Christus steht bei seiner Gegner Schar? 

DENK an des Xerxes übermütiges Wagen, 
Der imsem Küsten Überfall gedroht, 

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Verwegen Brücken übers Meer gezogen; 

Du siehst dann, trauernd ob der Manner Tod^ 

Die Pefseifraueii schwarze BJoder tragen. 

Und rot bei Salamis die Meereswogen. 

Und wie dein Siegverh^aaen nidit gelogen, 

Zeigt nicht nur hier des Perservolks Verderben, 

Auch Marathon gibt Mut, 

Und jener Engpass, den mit ihrem Blut 

Leonidas und seine Treuen färben. 

Wie tausendfoch man IcSUnpfi für hohes Out, 

Du weisst's, drum beuge dich vor Gottes Rat, 

Da er dich heut' zum Eifoen 

So hoher Dinge auserkoren hat. 

ITALIEN wirst du säm, die schönen Küsten, 

KLanzone, die für mich verborgen sind, 
Durdi Beige nidht, nodi Flüsse, MeeresWeDen, 
Durch Amor, der mit seinem Licht, dem hellen, 
Midi mdir entflammt, je mehr's an Kraft gewinnt; 
Nicht frommt's sich gegen die Natur zu stellen. 
Nun geh, dich mit den andern zu vereinen: 
Nicht immer führt uns blind 
Gott Amor, sei's zum Lachen, sei's zum Weinen. 



55 



xyiii 

Je näher ich dem letzten Tag der Mtklen, 
Dem leidverkürzenden entg^engeh'. 
Je schneller iiiehn die Stunden und kh adi'» 

Was ich gehofft, hat mich nun ganz gemieden. 

Nicht lang mehr, sag' ich, ist mir noch beschieden 
Manch' Seibsl^gesprach vchi lieb' und Liebesweh, 
Bald schmilzt die Erdenlast wie frischer Schnee, 
Der schnell veigangen ist: dann hab' ich Frieden. 



Denn mit ihm schmilzt auch jenes alte Hoffen, 

Das uns so oft verlockt, so oft genarrt, 
Und Lachen, Weinen, Zorn und bang' Vmagen; 
Dann sehn wir klar, was uns noch aufgespart: 
Für Zweifelhaftes steht uns andres offen. 
Und wie so oft umsonst sind unsre Klagen. 



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XIX 



chon flammt der Liebe Stern in stiller Nacht 



w3l2n Ost, und jeaer, der dem Nord gebührt. 
Um den einst Juno Eifersucht gespürt. 
Rollt seine Strahlen dort in heller Fracht 



Das alte Mütterchen ist au%ewadity 

Und barfuss spinnt's, da es die Glut geschürt; 
Es schliig die Stunde, die zum Abschied führt. 
Die liebenden nur bitt'res Leid gebracht. 

Als meine Hoffnung, dem Erlösclien nah, 
Auf andenn Weg als sonst — den stilles Weinen 
Und Schlaf verschlossen — mir ins Herz gekommen, 
Ach, wie verwandelt sah ich sie erscheinenl 
Sie sprach, so schien's: — Wie mutlos stehst du da? 
Noch ist, mich anzuschaun, dir nicht genommen. — 




57 



XX 

Ich wandle langsam durch die Öde Flur, 
NadideBklich emsam sudi' idtt m eikeniieii. 
Wie mich am sichersten die Schritte trennen 
Von jedes Mensdbeiifusaes letzter Spm. 

Auf diesem einsogen Weg entsdüfti^f' ich nur 

Der Leute allzudeutlichem Erkennen, 
Weil jeder sonst mein nmerliches Brennen 
Aus dem erstorbnen Lächeln schon erlUir: 

So sehr, dass Wald und Fluss, Berg und Gefild 
Von meinem Lebra wissan, welchen Gnui 
Es jetzt erreicht, bieibt^s audi geliiHm den an4kni. 
Und doch war nie ein Weg so rauh und wild, 
Dass unvennexkt nicht Amor zu mir trat, 
Und in Gesprächen wir vereinigt wandern. 



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XXI 

Nicht Bftcbe wam% Orso, und kern See, 
Kein Ozean und alle seine Flüsse, 
Keia finstres Wolkenheer, das Regengüsse 
Heraiedeiström^ nidit Maoer, Wald tuid Hüh'; 

Noch klag* ich, dass dem Blick im Wege steh* 
Eins von der grossen Zahl der Hindernisse, 
. Nur, dass em Flor so sdiOner Augen GrOsse 
Verhüllt und sagt: Nun weine und vergeh'! 

Und mir verbittert dieses Augensenken, 
Sei's Denmit oder Stolz, jedwede Prende, 
Und wird mich vor der Zeit zum Grabe lenken, 
Audi ist's die weisse Hand, von der ich leide, 
Als Schutzwehr stets bereit um mich zu kränken, 
Dass ädx am Anblick mdit mein Auge weide. 



59 



xxn 

Ich fürchte so ihr schönes Augenpaar, 
Darin mem Tod und Amor emgedrungen» 
Dass ich, wie Kinder, die der Ruf entsprungen. 
Entfliehe, ^e idis tat so mandies Jahr. 

Kein Ort, der je zu hoch und schwierig war, 

Wohin sich nicht mein Wunsch hinaufgeschwungen, 
Ihr zu eDtgehn, die jeden Sinn beaswungen 

Und mich wie Stein zurücklässt, kalt und starr. 

War ich nun euch zu grüssen spät bereit, 
Um fem zu Ueiben jenem Michverzdiien, 
Mein' ich, dass wohl der Fehl entschuldigt sei. 
Und hab' ich jetzt mein Herz von Furcht befreit, 
Zu dem, was ich gefloh'n, zurückzukdiren, 
War's kein geringes Pfand für meine Treu. 



60 



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XXUI 



ollf ich durch liebe, Tod nicht Störung finden 



k3Aii meinem neuen Werke fortzuwehen, 
Lös' idi mich los vom An-der»Rute-kleben» 

Glückt Wahres mir mit Wahrem zu verbindeni 

Dann schaff' ich wohl ein Werk mit Doppelgründen, 
Die neuer Stil und alter mir geben, 
So dassy fast fürcht' ich mich zu überheben. 
Du selbst in Rom hörst» wie sie's laut verkQnden. 

Doch fehlt mir von der guten Fäden Zahl 
So mancher noch, dass ich mein Werk vollende^ 
Die sich so reich bdm teuren Vater fanden« 
Warum verschliesst du so mir deine Hände, 
Ganz gegen Brauch? O öffne sie einmal, 
Dann wirst du sehn, wie Feines mm entstanden. 




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XXIV 

MeinHensbegann dieOhnmachtfidioiizuspüFea 
Der Geistei^ denen Leben ibr verlielm» 
Und da sich mFsdie Wesea doch beooitkhn 

Nicht ohzie Xampf ihr Leben zu verlieren, 

I 

Lies» ich fortan den Wunsch sich freier rühren 
Und die schon fast vedome Strasse ziehn; 
Zerrt' er doch Tag und Nacht mich stets dorthin. 
Und musst' ich den Unwilligen andexs führen. 

Verschämt und zögernd lenkt' er mich zurück. 

Die schönen Augen darf ich wieder schaun, 
Doch g^' ich acht, ja nicht zur Last zu fallen. 
Nun leb' ich wieder, denn nur euer Blick 
Hat solche Macht; hab' ich nid^t mehr Vertmuen 
Zum Wunsch» so bin ich auch dem Tod verfallen. 



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XXV 

Zur Zeit, wenn schneller g^en Westen hin 
Die Sonne snikt un cl mser Xsig entflieht 
Zu Leuten, die ihn dort vielleicht erbitten, 
Wenn in der Fremde dann sich einsam sieht 
Die wegesmüde alte Pilgerin, 
Eilt sie dem Ziele zu mit schnellem Schritten; 
Von Allen abgeschnitten 
An ihres Tagwerks Ende, 
Bringt tanze Ruhespende 

Ihr Trost, so dass sie schnell der Müh' vergisst. 
Des Weges Not, die nun v<xfliber ist 

Doch ach, das mir vom Tag gebrachte Leiden 
Wädist, wenn i zur Abendfnst 

Das ew'ge Licht will von den Menschen scheiden. 



SOBALD dor Soouie roter Gkitbali sank, 

Der Nacht zu weichen, von den Bergen dann 
Allmählich tiefre Schatten niedeisteigen. 
Nimmt Hack' und Pflug der schlichte Arbeitsmann. 
Bei Worten und bei rauhem 
Fühlt er den Druck der Arbeit scbndl 
Und karge Speisen zeigen» 
Was für sein Blahl erreichbar, 
Der Eicbeikost vergleichbar. 



63 



Die jetzt verschmäht, doch hoch noch steht im Preis. 
Wer wffly ergölzt sich nun im firolien Kzeisi 
Mir aber wird kein Fiohsüm mehr gespendet 
Noch Ruh, auch stundenweis, 
Nicht wenn der Tag, noch wenn das Jahr sich 

wendet 

Sieht nun der Hirt die Strahlen nicht mehr hell, 

Und sinkt die Sonne in ihr Bett hinab, 

Wenn Dämmerungen sich im Ost verbreiten, 

Da bricht er auf und mit gewohntem Stab 

Verlässt er Felder, Buchen, Wies' und Quell, 

Und sucht die Heide ruhig heimzuleiten; 

Ein Hüttchen, eine Höhle, fem von Leuten 

Gibt ihm die Lagerstätte, 

Laub dient zum Ruhebette; 

Dort schläft imd träumt er und kann sorglos ruhn. 

Du aber, höse Liebe, treibst mich nun 

Des Wildes Spur und Stinmie zu erspähn. 

Du hinderst nicht sein Tun: 

£s duckt sich, flieht, und ich muss dran vergehn. 

UND Schiffer werfen sich int sichern Port 
Mit müden Gliedern auf ein hartes Brett, 
Rauh auch die Decke, — bei der Sonne Sinken. 
Mir aber, rückt sie von den Säulen fort, 

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Taodit unter in dem weiten Wog^bett, 

Für Granada, Marokko zu ertrinken, — 

Wenn Fried' und Ruhe winken 

Der Mensdiheit, selbst den Tieren, 

Was sie für Leid aucii spüren, — 

Mir endet nidit die Qual, die mir beschert, 

Ich klage nur, wie sie sich täglich mehrt. 

Wächst meine Sehnsucht doch von Ts^ zu Tage, 

Die bald zehn Jalire währt; 

Nicht ahn' ich, wer mich löst von dieser Plage. 

SO mach' ich mir durch Reden Luft, imd doch. 

Wenn ich des Abends frei die Kinderschar 

Heimkehren seh' von umgebrochnen Schollen: 

Warum werd' ich denn nie der Seufzer bar? 

Warum nie frei von meinem schweren Joch 

Das meine Augen stets beweinen sollen? 

Was hab' ich Armer wollen 

Als ich zuerst verwegen, 

Ihr Bild ins Herz zu prägen 

Mir's angeschaut, aus dem nicht Kunst noch Kraft 

Es je befreien wird von seiner Haft, 

Bis mich als Beute jener wird erhalten. 

Der allen Trennung schafft; 

Doch weiss ich nicht, wie's dann sich wird gestalten. 

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MACHT meine Näh', Kanzone» 

Vom Abend bis zum Morgen 

Dich auch zum Bild der Sorgen, 

So meidest du gewiss der Leute Reihn, 

Auch wird an Lob dir nichts gelegen sein; 

Viel lieber aumat du auf der Beige Spitzen, 

Wie vom lebend'gen Stein 

Mich Glut verzehrt, wül ich mich daran stützen. 



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XXVI 

Edler Geist, der jenen Leib beseelt, 
Den, als Pilgersmann, ein Herr bewohnt 
Voller Klugheit, tapfer, wohlerfahren; 
Da man dich mit jenem Stab belohnt, 
Welcher Rom und die mit ihm gefehlt 
Rückwärts ruft zum alten Weg, dem wahren, 
Gtüss' ich dich, der sonst kein Ucht gewahren 
Kann — denn Tugend hat die Welt nicht mehr — 
Schamlos sündigt man mid miverdrossen. 
Hoüt Italien noch? Was ist beschlossen? 
Kaum noch fühlt es seiner Übel Heer, 
Träge, alt und leer. 

Schläft's noch immer? Will es keiner rütteln? 

Könnt' ich's doch an seinen Haaren schütteln! 

NIMMER hoff ich, dass es endlich laut 
Ruf' aus müss'gem Schlaf: Nun sei ein Mann! 
So belastet ist's mit Schwöen Waraa. 
Deinem Arm, der kräftig schütteln kann. 
Ward nun Rom umsonst nicht anvertraut, 
Unser Haupt, — du reiss' es aus Gefahren! 
Pack' es fest an seinen würdigen Haaren, 
Den gelösten Flechten, fass' es recht, 
Dass die Träge aus dem Schlamm erscheine. 

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Der ich Tag und Nacht die Schmach beweine. 
Du aUein bist'B, der meiii Hoffen trSgt* 
Sollte Mars' Geschlecht 
Je sich noch zu alter Ehr' erheben, 

Dir, so scheint mir, wär\s als Gimst gegeben. 

ALTE Mauern, die die Welt noch ehrt 

liebt und fOrchtet, wenn sie an das Tun 

Jener Zeiten denkt, die längst vergangen, 

Und die Steine drin die Glieder ruhn 

Jener, deren Ruhm man weiter hört 

Bis das Universum einst veigangen» 

Alles was Ruinen rings umfangen — 

Sohne hofft's durch dich von Sünd' und Mord« 

Grosse Scipionen, du getreuer 

Brutus, drang's zu euch, wie ward euch teuer 

Dies GerOcht am ehrenreichen Ortl I 

Hört das gute Wort 

Dort Fabrizius, ruft er: — Ja, avif Erdea I 

Kann mein Rom noch einmal herrlich werden! — 

I 
I 

SORGT man droben noch für unsre Not, 

So erflehn rem dir der Sel'gen Scharen, 

Welche drunten ihre Leiber Hessen, 

Ende Büigerkri^en und Gefahren! i 

68 

I 



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Wissen sie doch kaum, ob man nicht droht 
Eigne Türen ihnen zu verschliessen. 
Die einst heO'ge Gotteshäuser hiessen, 
Räuberhöhlen hat man draus gemacht, 
Guten nur will man den Eingang wehren. 
Zwischen nackten Statuen und Altären 
Übt man jede grause Niedertracht: 
Weh, welch' andre Macht! 
Glocken rufen selbst zum ICampfestoben, 
Hochgewunden einst um Gott zu loben. 

FRAUN in Tränen, zarter Kinder Schar, 

Schwache Greise ohne Lebensfreud', 

Die sich sdbst, ihr ödes Dasein hassen, 

Schwarze Brüder, graue, weiss am Kleid, 

Kranke, Arme, jeder Freude bar. 

Rufen: Hilf Herr! Weil' uns nicht verlassen! 

Und die Schar der SoigenvoUen, Blassen, 

Zeigt dir tausendfacher Wunden Mal, 

Die selbst Hannibal barmherzig machten. 

Willst du Gottes Stadt in Brand betrachten, 

Lösche Funken, wenn auch klein an Zahl, 

Dann wird Ruh' einmal 

Den Begierden, den so heiss entfachten: 

Hoch wird man dein Werk im Himmel achiaii 



BÄREN, Wölfe, Adler, Sdilangen, Leun 

Haben eine Säule schwer geplagt, 

Hoch, von Marmor, die sdbst übel fahren. 

Viel hat jene Edle drob geklagt, 

Rief dich, sie von Unkraut zu befrein, 

Vom Gestrüpp dran niemals Blüten waren. 

Weiss man doch seit mehr als tausend Jahren, 

Dass es ihr an edlen Geistern fehlt, 

Dir ihr einst den hohen Sitz gegeben. 

Neue sind's, die masslos sich erheben, 

Nicht voll Ehrfurcht solche Mutter scheun! 

Gatte, Vater, dein 

Amt allein ist*s, Hilfe ihr zu bringen, 
Weilt der Höh're doch bei andern Dingen. 

SELTEN nur, dass hochgestecktem Ziel 

Launig Glück nicht widerwillig sei, 

Das oft Kühnen selbst die Lust vertrieben. 

Aber diesmal ist der Weg dir frei, 

Will darum von alter Kränkung viel 

Ihm verzeihn, da sich's nicht treu geblieben. 

Was man auch ins Buch der Zeit geschrieben, 

Einem Sterblichen lag wohl noch nie 

So wie dir die Ruhmesstrasse offen; 

Aufrecht stehn durch dich, irrt nicht mein Hoffen, 

70 



Kann noch diese edle Monarchie; 

Preisend rufen sie: 

Andre halfen einst der Starken, Jungen, 

Dieser hat sie alt dem Tod entrungen! 

AUF tarpej'schem Felsen, o Ranzone, 

Sieh' den Ritter, der Italien ehrt. 

Dem nur Andrer Heil war Wohl imd Wehe. 

Sag' ihm : Einer, der dich in der Näiie 

Noch nicht sah und doch dich liebt und ehrt. 

Ruft: Von dir begelirt 

Feuchten Aug's, diin sich die Ldden spiegeln, 

Hilfe Rom von allen sieben Hügeln. 



xxvu 

Mehr war, der Diana liebte, nicht entzückt. 
Da er sie eiosty ohn' jaches Gewand 
Inmitten kühlen Flutenbads erblickt, 
Als ich, da ich die braune Hirtin fand, 
Wie sie den leichten, duft'gen Schleter spülte, 
Der sonst im Winde blondes Haar umwand. 
Er machte, dass, trotz heissem Sonnenbrand, 
Ein Liebesschauer mir die Glieder kühlte. 



72 



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xxvni 

Kann blind, Verlangen, das mein Herz verzehrt, 
MkStimdeQ zahlen mich nidit mdir betrogen, 
So flieht die Zeit, die gnädig man gewährt 
Indem ich nde, und ich muss mich fügen. 

Gibt's bösen Schatten, der dem Reifen wehrt, 
Wenn doch der Saft schon in die Frucht gestiegen ? 
Hab' ich im Stall ein Raubtier nicht gehört? 
Muss zwischen Ähr* und Hand die Mauer liegen ? 

Ich weiss es nicht, doch kann ich eins erkennen; 
Nur trauriger macht Amor mein Geschick, 
Lockt er mich in so wonnevolles Sehnen. 
Jetzt könnt ich, was ich einmal las, erwähnen: 
Dass kemem vor dem letzten Augenblick 
Geziemt, sich einen Glückhchen zu nennen. 



73 



XXIX 



esegnet sei der Tag, der Mond, das Jahr, 



vJ^Die Jahreszeit, das Wetter, Ort und Stimden 
Das schöne Land, wo mich zuerst g<^iinden 
Und festgebannt das schönste Augenpaar; 

Gesegnet sd die wonn%e GeSahr, 
Die jedem droht, der Amor sich verbunden, 
Sei'n Pfeil und Bogen, Uisach, meiner Wunden, 
Davon vid Weh ins Herz gedrungen war. 

Gesegnet auch, dass ich so viele Mal 
£rtönen Hess den Namen meiner Lieben, 
Die Trflnen, Wünsche, alP die Herzensqual. 
Heil auch den Blättern, ihr zum Ruhm beschrieben. 
Den ihr gewidmeten Gedanken aO', 
Darin für keine Andre Raum geblieben. 




74 



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XXX 

Himmlischer Vater, nach verlornen Tagen, 
Nach Nächten, hingebracht mit leerem Tand» 
Als mir in küluiem Wunsch das Herz entbrannt, 
Und ich Unseliger sah so hold Betragen: 

Gib neues licht, damit ich ohne Zagen 

Mich schöner'm Werke wieder zugewandt, 
Dann wird, hat er sein Netz umscmst gespannt, 

Mein Gegner zürnen ob der Niederlagen. 

Erfüllt sich doch, o Herr, das elfte Jahr, 
Seit ich dem mitleidlosen Joch erlegen. 
Das den Getreusten drückt mit stärkerm Bangen; 
Erbarm' dich meines Leids, das unwert war. 
Führ' den verirrten Sinn zu bessern Wegen, 
Erinnr' ihn, dass du heut' am* Kreuz gehangen. 



75 



XXXI 

Als meine Farbe heuf euch so ersduen, 
Dass ihr schon au den Tod habt denkea 

mflsseDy 

Ergriff euch Mitleid und das holde Grussen 
Liess noch das Leben nicht aus mir entfliehn. 
Dies schwache Leben, das mir noch geblieben, 
War einzig eurer schönen Augen Gabe 
Und eurer Stimme, süss wie Engelsang. 
Aus ihr erkenn' ich, was ich bin und habe; 
Und gleich dem Tier, durch Schläge angetrieben, 
Ward meine Seele wach, die müd' und krank. 
Die beiden Schlüssel, — und das sei euch Dank — 
Von meinem Herzen sind in euren Händen; 
Ich weiss mich nun mit jedem Wind zu wenden, 
Und was ihr gebt ist lieblicher Gewinn. 



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XXXII 

T inks blieb das Ufer vom T3miieneniieer, 



Dort sah ich gleich das 8tol2se Lauo sich d^nen, 

Davon noch manches Blatt zu schreiben wär. 

Das Herz war liebentflammt und theb mich, eh r 
Gemahnt an blonde Flechten^ jene schönen» 
Als dass im Gras es niocht' ein Bächlein wälmen 
Und ich hindnfiel, wie ein Toter sdiwer.* 

In Busch und HOgel voller Scham und Zorn 

Sah ich mich ganz allein, doch die genügen 
Dem edlen Sinn, nicht braucht er andern Sporn. 
Auch sah ich Aug' und Füsse voll Vergnügen 
Dabei vertauscht: nässt diese jetzt der Born 

Lässt ihn ein mildrer Lenz wohl dort versiegen. 




Wogenbrandimg rauscht in KJagetönen, 



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XXXiU 

Darf ich nun eure heiPgen Lande schauen, 
So fasst mich Reu' um schiecht verbrachte Zeit : 
— Elender, auf: Was tust du? Also sdtreit 
Es laut» und weist den Weg zu Himmelsauen. 

Dann will ein anders Meinen dem nicht trauen, 
Und widerspricht: Wie fliehst du denn so weit? 
Besinne dich, vorüber eilt die Zeit, 
Willst -du hamkehrend unsre Herrin sdiauoi. 



Und hab' ich die Gedanken reden hören, 
Werd' ich zu Eis^ wie man zuweilen sieht 
Wenn böse Ktmde kam uns zu verstören: 
Der eine kehrt zurück» der andre flieht; 
Wer weiss, wer siegen wird? ohn' aufzuhören 
Währt ihr Gefecht, wie's wohl noch oft geschieht 



78 

I 



I 



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X2üav 



icht glOckf 8, ich weiss, natOrlidiein Verstand 



1 \ Sich, AmoTy sicher gegea dich zu stellen» 
Bei so viel Schlingen, hinteriist'gem Prdlen, 

Dem scharfen Griff, den ich so oft empfand. 

Doch neuerdings, was ich voll Staunen fand, 
[Ich sag's voll Anteil an dergleichen Fallen, 
Wie ich's erfahren auf den salz'gen Wellen 
Ba Elba, Giglio, an Toskanas Strand], 

Floh ich vor dir, und fahrend übers Meer, 
Bewegt von Himmel, Winden, Luft und Wogen 
Zog ich als Pilgersmann und imbekannt; 
Da, deine Boten 1 Nicht weiss ich woher. 
Nur, dass der ttbel fährt, der sich entzogen 
Dem Schicksal durch Versteck und Widerstand. 




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XXXV 

Wefl kuiz d« Leb«. Dauer. 
Und weil dem Geist vorsolchem Werke bangt, 
Hab' ich bis jetzt noch beiden nidit getiaat; 

Doch wo's das Herz verlangt^ 

Und wo sie weilt» versteht man meine Trauer: 

Schreit sie doch dort mein Schweigen selber laut! 

Euch holden Augen, drin sein Nest gebaut 

Gott Amor, sei mein schwaches Wort geweiht, 

Träg von Natur und doch von Lust getiieben: 

Dem, der von euch geschrieben 

Verlieh ja schon der Stoff ein vornehm' Kleid, 

Der Liebesflügel Schlagen 

Hebt ihn empor ob aller Niedrigkeit; 

Auf ihnen schwebend will ich Dinge sagen, 

Wie ich sie lang im Herzen still getragen. 

NICHT weil mir fremd geblieben, 
Dass durch mein Lob euch Ehre nicht geschah, 
Doch widerstand ich solchem Wmisch nicht leicht, 
Seitdem ich vor mir sah. 

Was selbst die Phantasie uns nicht beschrieben, 
Und was nicht mein noch andrer Wort erreicht 
Ihr nur, durch die mich süsses Leid beschlddit, 
Könnt mich verstehn, ihr wisst es ganz allein. 

80 



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Und wenn ich Sdbnee vor solchen Strahlen werden 

Geschah's, weil als Beschwerde 

£uch meine Niedrigkeit im stand 

Wär' dies in Sorge -Schweben 

Nicht lindenmg für meinen inncm Biand, 

Dann lieber nicht mehr sein. Statt ferne leben, 

Weit besser sich dem frühen Tod exgeben* 

DOCH dass nicht ganz zerstöre 

Ifidi schwach Gesdhöpf die so gewaltige Ciat, 

Nicht wirkten's eigne Kiäfte treu bemüiit, 

Ndn, Furcht madit, dass das Blut 

Durch Adern wallend sich in Eis verkehre 

Und stiller durch die Herzenskammem zidit 

O Hügel, Täler, Flüsse, Wald und Ried, 

Ihr Zeugen, wie mich schwer das Leben drückt. 

Oft hörtet ihr mein lautes Todessehnen. 

O Schicksal voller Tränen i 

Das Bleiben zehrt, und keine Flucht entrüdct 

Wenn schwereres Bedenken 

Mich nicht noch zQgelte^ waf ich geschidct 

So harten Qualen rasches End' zu schenken. 

Sie nur ist Schuld, die solche wenig kraakenl 

O LEIDy was fuhrst du weiter . 

8i 



Als ich gewollt vom rechten Wort mich ab? 

Wütet, dass ich geh', wohin die Lust mich treibt? 

Nicht euretwegen hab', 

Ihr Augen, ich geklagt, so göttlich heiter. 

Noch über ihn, der mich in Ketten schlug. 

Ihr habt, mit was für Farben, bunt genüge 

Amor mein Antlitz färbte, oft geschaut, 

Denkt also, was er drin zustande brächte! 

Da, wo er Tag und Nflchte 

Wohnt mit der Macht, die ihr ihm anvertraut, 

Ihr Sterne voller Freud» 

Und Seligkeit, nur, dass ihr euch nicht schaut! 
Doch wenn zu mir sich eure Strahlen leiten» 
Seht ihr an andern erst, was sie bedeuten. 

WÄR' euch die Götterschöne, 

Die einz^ie, von der ich rede^ so 

Vertraut wie dem, der staunend vor ihr steht,^ 

Zu ungemessen froh 

War* euer Herz, und darum ist wohl jene 

Kein Teil der Kraft, durch die ihr lebt und seht 

B^Mdrt das Herz, das nach euch seufizt und fl^t, 

Ihr Himmelskerzen; Dank für dieses Sein 

Fühl^ ich durdi eudi, sonst gflt mir nichts daneben. ' 

Warum so selten geben, 

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Was doch mir niemals stillt des Hungen Pein? 

Warum nicht oft mich finden 
Als Gegenstand von Ämois Spölterein? 
Warum so greifbar mir das Glück entwinden, 
Was doch bisweilen darf mein Herz empfinden? 

ICH sag: Von Zeit 2U Zeiten 
FüUt sich mein Herz, dank em^r Huld, erfasst 
Von ungewohntem, neuen süssen Glück; 
Dami fdhlf s die schwere Last 

Trübseliger Gedanken niedergleiten; 

Von tausenden bleibt einer nur zurück 

Und gibt dafür mir kurzes Lebensglück. 

Wenn dieses Glück von langer Dauer wär*. 

Kein anderes dürft' sich ihm vergleichen können. 

Nur möchte Neid entbrennen 

Und Hochmut in mir selbst durch so viel Ehr'! 

Doch ob wir uns auch kränken» 

Auf Lächeln folgt der Tränen Wiederkehr: 

Sie mahnt, die Feueigeister abzulenken. 

Und Einkehr haltend an mich selbst za denken. 

DAS KeberfOllte Wesen 

Der Seele offenbart sich mir durch euch, 

So, dass mein ganzes Hens vor Freude strahl^ 



83 



tJnd Worte Weike» reich 

An solchem Wert sich aus dem Innern lösen, 

Dass ich UnsterbUdikeit zu hoffen wag*! — 

Seh' ich euch, so verschwinden Angst und Plag* 

Und kehren wieder, wollt ihr ferne sein. 

Doch füllt noch Liebe die Erinnerungen, 

So dass de nicht gedrungen 

Bis in den innersten Gedächtnisschrein. 

Hab' ich euch nun geboten 

Manch' schöne Frucht, euch dank' idi sie allein. 

Ich bin ja nur ein Feld aus dürren Schollen, 

Durdi eudi bestellt: Nur euch ist Ruhm zu zollen. 

NICHT Ruh', Kanzone, gibst du, schürst die Glut, 
Sprech' ich von jenen, die mir selbst mich rauben, 
Dodi, dass du niditaDein bleibst, darfst du glauben. 



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XXXVI 

Was eure Augen geben, 
O edle Henmy ist ein milder Schein, 
Der mir die Strasse zeigt zum Himmelstor. 
Blick' ich hinein, wo dann mit mir alldn 
Nur Liebe weilt, durch langgewohntes Leben, 
Schant^ sichtbar fast, das Herz daraus hervor. 
Dies Schauen hebt zum Rechttcm mich empor, 
£s ^bt zu ew'gem Ruhm mir das Geleit, 
Und trennt mich von der niederen Kohorte; 
Nie könnten Menschenworte 
Ersählen, was der Augen Herrlichkeit 
Mir gab für Lust und Bangen: 
Ob uns mit Reif der Winter rings bestreut, 
Ob sich der Frühling jährt mit neuem Prangen, 
Wie damals, als mein Leiden angefangen. 



ICH denke: Sind dort oben 

Des Stemenlenkers Werke auch so schön 

Wie jenes, das die Erde schon genoss. 

Dann wfll als frühen Lohn 

Ich die Befreiung aus dem Kerker loben. 

Der mir den Weg zu solchem Heil versdiloss. 

Sonst trag' ich wie bisher mein Kämpferlos: 

Dank der Natur, dank dem Entstehungstag^ 



Durch welche mich so grosses Glück getroffen 
Und ihr, die mich zum Herfen 
Emporhob, da ich träg' und müde lag. 
Mem Denken zu gemessen 
Gelingt mir jetzt erst, das seit jenem Tag 
Mein Herz erfüllt mit allem Hohen, Süssen 
Da: schönen Augen, die es mir erschfiessen. 

JEGLICHES Womieleben, 

Das Liebe oder wechselvolles Glück 

Dem spendeten, den sie zumeist geliebt, 

Tauscht' ich für einen Blick 

Der Augen, die allein mir Ruhe geben, 

Wie sie dem Baum die eigne Wurzel gibt 

O schöne Funken, die ihr Segen übt 

An meinem Leben, seine Lust entfacht, 

An der ich leis veigeh' und mich verzehre! 

Wie jedes Licht ins Leere 

Verlischt und schwindet, wo das eure ladit. 

So wird an Hass und Lieben, — 

Wenn jene Wonne erst in ihm erwacht» — 

Aus meinem Herzen alles schnell vertrieben, 

Kur ihr imd Amor seid darin geblieben. 



86 



so viel der Wonnefülle 

Auch eiDSt der Alumesäiiger Herx empfand, 

Sie sinkt in Nichts, eh' sie der meinen gleicht, 

Wenn ihr den Blick gewandt 

Und schwarz im Weissen schimmert die Pupille, 

Drin Amor sich im frohen Glänze zeigt 

Sdion bis zu meiner Wiege, mein' ich, rddit 

Des Himmels f üisicht: G^en Schicksalsneid 

Und Mängel ward dies SGttel v<»behalten. 

Oft sind des Schleiers Falten 

Mb* Feind, ist es die Hand, die mir zum Leid 

Sich zwischen mein Entzücken 

Und meine Augen schieben, draus allzeit 

Sich löst in Tränen, was mich will bedrücken 

In guten wie unsd'gen Augenblicken. 

SEH' ich voll Kummer nun, was mich betroffen 
D«tss all mein Sein und Können zu gering, 
Als dass dies schöne Auge auf mir ruht. 
So müh* ich mich und zwingt 
Mich wert zu sein bei also kühnem Hoffm 
Auch dieser edeln nie erloschn» Glut 
Wär' ich ziun Bösen trSg', voll Wagemut 
Zum Guten und Verächter eitler Dinge, 
Vielleicht» dass ich's erringe, 



Und machte mich noch güt'gen Urteils wert. 
Nicht soXVs mehr TrSnen geben, — 
Da solches nur ein traurig Herz begehrt — 
Schau' ich der schOnen Augen sQsses Beben: 

Die Hoffnung Liebender, ihr letztes Streben. 

KANZONE, eine Schwester weilt nicht fem. 
Die andre will im Haus sich voibereiten; 

Daher beschreib* ich wohl noch manche Seiten. 



88 



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xxxvn 

Da glühendes Begehren 
Mich, der ich niemals ohne SeufsBer blieb, 
Ninii nach des Schicksals Lauf zum Reden zwingt, 
Soll Amor, der mich theb. 
Mich audi begleiten, mich die Strasse lehren, 
Und fügen, dass mein Sang harmonisch klingt 
Nicht, dass mein Herz in Weichlichkeit versinkt. 
Weil es, so fürcht' ich, da zu tief empfand, 
Wo nie hinein der andern Blicke dringen: 
Entflammen soll mich der Gesang, beschwingen. 
Nicht sei, wie ich's zu andern Zeiten fand, 
Entmutigt, voller Bangen 
Und olme wahres Feuer der Verstand. 
Verging ich doch, wenn meine Worte klangen, 
Dem Schneemann gleich bei heller Sonne Prangen. 

ERST wollt' ich mich berücken: 

Im Singen Hand* idi fOr der Wtknsdie Glühn 

Noch Frieden oder kurze Waffeniast 

Dies Hoffen machte kflhn. 

Was ich empfand in Worten auszudrücken, 

Jetzt lasst es mich im Stich und schwindet fast 

Doch darf ich meinem Werk mich nicht entziehn. 

Aufhören nicht mit meinem Liebeslied: 

89 



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£r rdsst mich fort der übermachfge Wille, 

Und im Verstand ist Stille, 

Der anfangs lenkte und nidit rflckwarts zieht 

Nun, Amor, lehr' mich singen, 

So herrlichy dass, wenn jemals noch mein Lied 

Soll an das Ohr der schönen Feindin dringen, 

£s, wenn nicht liebe, Mitleid mag erringen. 

ICH sage: Wenn vor Zeiten, 

Als man für wahre Ehre noch entbrannt, 

Der Eifer manchen durch die Welt geschickt 

In fementlegnes Land, 

Zu suchen hinter Meer- und Hügelbreiten, 

Wo man die höchs^jepiies'ne Blume pflückt; 

Weaa Gott Natur und liebe nun geschmflcfct 

Mit allen Tugendreizen sonder Zahl 

Die schönen Sterne, drin ich froh verweile, 

Dann frommt's nicht, dass ich eile 

Jenseit des Meers in Länder andrer Wahl 

Allzeit zu ihnen wenden 

Will ich midi nun» Heilquelle jeder Qual; 

Und kommt ersehnter Tod den Lauf zu enden, 

Ihr Anblick nur kann mir noch Hilfe spenden« 

WIE bei des Windes Toben 
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Der mflde Schiffer nachts das Haupt erhebt 

Zum treuen Stemenpaar an unserm Pol, 

So will ich, stmrmduichbebt 

Von Liebesleid, die Sirahlenaugen loben, 

Die meine Ftkhxer sind, mein einzig WohL 

Ach, leider mehr als was ich haben soll 

Ist, was, wie Amor lehrt, ich schnell errafft^ 

Nicht wird es mir ssuteil als holde Gabe, 

Und was ich bin und habe, 

An ihnen mess' ich's nur an Wert und Kraft 

Nach erstem mich - Ergötzen 

Hab* ohne sie nichts Gutes idi gesdiafft, 

An höchste Stelle musste ich sie setzen, 

Und meinen eignen Wert für nichtig schätzen. 

STILL für mich selbst betrachten. 

Geschweige denn erzählen könnt* ich nie. 

Was für mein Herz die müden Augen tun. 

Jedwede Freude, die 

Dies Leben gibt, ist da gering zu achten, 

Und jede andre Schönheit schwindet nun. 

Ein leidbefreites friedevolles Ruhn, 

Wie es für ew'ge Zeit der Himmel, hegt» 

Scheint liebewarmem Lächeln zu entschweben. 

Sah' ich in meinem Leben 



Nur emmal wie aie Amor Uebiich regt» 

Ganz nah und niemals wieder, 

So dass sich kein Ge&tim dabei bew^ 

Nicht maner dächt* ich da nodi andrer BrQder» 

Kaum einmal zuckten meine Augenlider. 

ACH, dass ich voll Verlangen 

Einheigeh^ nie auf der EifCÜlung Spurl 

Von Wünschen leb' ich, hoffen kann ich nicht 

Beteite Amor nur 

Die Zunge, hielte sie nicht stets gefangen, 

Wenn schon das Auge sank vor zu viel Licht! 

Dann wOid' idi kitfin und man erfuhr noch nicht 

So NeueSi wie man da von mir gehört; 

Wer es vernähme, weinte wohl zur Stunde. 

Doch durch die stete Wunde 

Wird mir das Herz gewaltsam abgd^ehrt; 

Ich fühl's, wie ich erbleiche. 

Das Blut entweicht, wer weiss wcäun es Ukat 

Dies weiss ich nur: ich bin nicht mehr der gleiche, 
Und Amor holt sich Kraft zum Todesstreiche. 

KANZONE» müde fühl' ich meine Feder, 
Weil wir so lang und süss geredet hatten. 
Doch will die inn're Zwiesprach' nicht ermatten. 

9« 



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XXXVIII 

Wenn wir mit Poliklet uns hier vergleichen. 
Mit aUen, deren Nadiruhm zu uns spricht, 
Sie schauten, selbst durch tausend Jahre nicht 
Der Schönheit klemsten Teil, der ich zu eigen. 

Mein l%non war gewiss in Himmelsreichen, 

Eh' noch die edle Frau aus jenem Licht 
Herniederstieg, und bracht* ihr schön' Geadit 
Dort aufs Papier, um es uns hier zu zeigen. 

Denn aus dem Paradiese stammt das Bild, 
Nidit hier aus unsrer traben Atmosphäre^ 
Wo in den Körper sich die Seele hüllt 
Dort glückte ihm, was hier nicht möglich wäre, 
Wo er die Hitze, wo die Kälte fühlt 
Und auf den Augen alle Erdenschwere. 

/ 



93 



XXXIX 

Als Simon zum grossen Werk bereitet. 
Der Stift auf meinem Wunsch eigriffen ward. 
Hält' er das Bildnis von so edler Art 
Mit Stimme noch und Intdkkt bq;kitet, 

Wie hätt' er freudig mir die Brust geweitet! — 
Was andern wert ist, dünkt mich mindrer Art, — 
Und doch erscheint sie hier demütig, zart, 
Als ob sie Frieden für mich vorbereitet 

Als idi sie anzureden nun b^hrte^ 
Erschien mir's fast, als hört' sie freundlich zu, 
War's doch, als ob ich schon die Antwort hörte! 
Pygmalion, wie lobend preisest du 
Dein eigen Werk, das tausendmal gewährte, , 
Was einmal sdion genügt fOr meine Rubi 



94 



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XL 

Ich bin so mOd, seit sich zum Druck vereint 
Üble (jrewrohnheit und vaisäumte Pflidit, 
So bangy ich bleib' auf rechter Strasse nicht« 
Und fair noch in die Hände meinem Feind. 

Mich zu befrein kam wohl ein hoher Freund 
Aus höchster» unbegrenzter Liebespflicht» 
Dann flog er fort von meinem Angesicht, 
Dass er, so viel ich schau', nicht mehr erscheint. 

Noch hör' ich seine Stimme niederbeben: 

— Ihr alle, die mühselig und beladen, 
Kommt her zu mir, hemmtandresnichtdieHerde. ~ 
Welch* gütiges Geschick wird voller Gnaden, 
Und liebevoll mir Taubenf lügd geben, 
Dass ausgeruht ich aufsteig' von der Erde! 



95 



XLI 

Wie es gesdiidht, dass, wem die Sehne klirrt 
Ein guter Schütze weiss» ob ihm der Bog^ 
Nicht gut gedient, der Sdiuss voibeigeflogen, 
Ob er ins Ziel genau hineingeschwint, 

« 

So habt, traf euer Blick mich unbeirrt, 

Auch ihr, o Herrin, euch wohl nicht betrogen, 
Dass er ins tiebte Hen hinemgezogen. 
Dem ew'ge Tränenfhit entquellen wird. 

Und sicher bin ich, dass ihr also spracht: 
— O Ärmster, wohin führt dich das Verlangen? 
Mit diesem Pfeil hat Amor Tod gd>racht. — - 
Nun, da ihr seht, wie mich der Schmerz gefangen, 
Führt» was die Fände nodi aus mir gemacht. 
Zwar nicht zum Tode, doch zu grösserm Bangen. 



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XLU 



ntflohn dem Kerker, drin mich Amor schloss, 



^Manch' Jahr mich hielt nach Laune und 



Sagt* ich, o liebe Fiamiy euch kaum in langen 

Berichten, wie die Freiheit mich verdross. 

Es sprach mein Herz: allein und liebelos 
Könnt* es nicht leben; sieh' da kam gegangen 
Der Falsche» mit erlognem Zeug behängen» 
Dass Weis're noch traf des Betrognen Los. 

Und rückwärts schauend, wie viel Male sagt' ich: 
— O weh, die Ketten, Fesseln» jenes Joch» 
Sie waren mehr als Freiheit mein Entzücken. 
Ich Ärmster» ach» wie spät erfuhr ich's dochl 
Und ach, wie lang mich zu befreien plagt' ich 
Mich von dem Wahn» drin ich mich sollt' verstricken. 




Verlangen, 



97 



XULLI 

Die goldnen Haare flatterten im Wind, 
Der 8ie in Ringeln hin und wieder wandte» 
In ungewöhnlich sdiOnem Glänze brannte 
Der Augen Licht, die nun so trübe sind. 



Innig Emi^den färbte wann und lind 

Ihr Antlitz, wie ich richtig wohl erkannte, 
Was Wunder» der ich iieberf üllt mich nannte 
Wenn mir das Herz zu brennen gleich beginnt. 



Nicht wie die Menschen schreitet sie einher. 
Nein, Engeln gteidi und ihrer Worte Laut 
Erklingt auch anders wie aus Menschenmunde. 
Ein himmlisch Wesea hab' ich da geschaul 
Gleich einer Sonne; ist sie's nun nicht mehr. 
Heilt auch bei schlaffer Sehnen icht die Wunde.. 



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xuv 



ie schöne Frau, die dk vor allem wer^ 



JLx Ist nun so jäh aus unserm Kjreis geschieden, 
Zum Himmel, hoff idi, stieg sie auf in Frieden: 
Ihr süsser, milder Ausdruck hat's gelehrt 

Die beiden Schlüssel, die ihr lang gehört 
Von deinem Herzen, sind dir nun beschieden; 
Folg* ihr auf gradem Weg, damit hinieden 
Dich Eidenbörde tenger nicht beschwert 

Ist sie dann abgetan die schwerste Last, 

Entledigst du auch bald dich von den andern, 

Dem Pilger gleidi von jeder Bürde frei; 

Du siehst wie alles muss zum Tode wandern 

Und das Verlangen jede Sede fasst, 

Dass leicht für sie der schwere Aufsti^ sei. 




99 



XLV 

Nun Uage Amor und ihr Frauen klagt. 
Klagt auch ihr Liebenden in allen Landen, 
Es staxby der seine Kunst so gut verstanden» 

Der, als er lebte» Ehre euch gemacht 



Dass mir der Schmerz die Tränen nicht vansagt 
Bitt* ich für mich, so vide nur voihanden, 
Und dass die Seufzer auch sich willig fanden» 
Bis ich dem armen Herzen Luft gemacht 



Die Lieder, Reime weinai nun vereint, 

Da unser Meister Cino, auserkoren 

Zum Ruhm der Liebe, jetzt von uns gegangen; 

Der schlimmen Städter Schar» Pistoja weint» 

Weil sie den edlen Bürger nun verloren: 

Froh sei der Himmel» der ihn jetzt empfangen« 



ICO 



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XL.VI 

Könnt* ich Gedanken doch in Vene achliess«, 
Die ich im Herzen trage» tief verwahrt» 
Kein Wesen wflr^ auf Eiden je so hart, 

Dass es nicht wahres Mitleid mir erwiesen. 

Ihr sel'gen Augen, die ihn fühlen liessen, 

Den Schlag, den mir nicht Helm noch Schild erspart, 
Euch ist ja Leib und Seele offenbart. 

Mag sich der Schmerz auch klagend nicht ergiessen. 

Da euer Blick kann in mein Inneres sehn. 
So wie durdi Gldser dringt der Sonne Lidit, 
Genügt der Wunsch, auch ohne dass ich rede. 
Der Glaube sdiadete Maria nicht, 
Noch Petrus, nur mit mir hegf, er in Fehd^ 
Und ausser euch kann niemand mich verstdm« 



lOI 



XLvn 

Das Fenster, wo ihr eine Sonne seht, 
Warn's ihr gdäUt, die andre Mittagf imQ^ 
Und jenes, wo der kalte Nordwind heult, 
Woon Winteiluft den knnen Tag dwchwdt; 



Die Steinbank, drauf, weoai hodi die Sonne atdi^ 

Madonna ruht und in Gedanken weilt. 
Und mancher Ort dran sie vorfoeigeeilt» 
Fusspuren, wenn die Schöne weiter geht; 



Der schlimme Ort, wo Amor mich erreicht. 
Und jeder Lenz, in dem mn* Jahr vm Jahr, 
Die Wunde brennt am Tage, wo's geschah, 
Ihr Antlitz und ihr Wort, die immerdar 
Im treuen Herzen stehn — sie haben's leicht: 
I>efi Augen bringen sie das Weinen nah» 



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XLvm 

Hannibal siegte, doch «r tat nicht gut 
Auf ungenutzten Siegesruhm zu bauen, 
Damm mein lieber Herr, dass iolcb' Vertrauen 

Auch euch nicht schade, seid aul eurer Hut. 

Die Bärin voller Zorn für ihre Brut, 
Die ihre Maikoet heut* nodi adiwer veidanen, 
Verzehrt sich innerlich, schärft Zahn und Klauen, 
Daoit sie Rache üb* an unaem Bhit 

So lang sie noch der neue Gram betrübt, 
Lasst nicht das Schwert ruhn, das sich Ruhm er- 
worben. 

Wohin das GlOck euch ruft, da folgt viehnehr 

Auf gradem der, auch wenn ihr gestorben. 

Euch noch nach mehr ab tausend Jahren Ehr* 

Und hohen Ruhm auf dieser Erde gibt 



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XLIX 



rhoffter Weit, der euch schon da geädert^ 



XJ^Ab Amor sidi acuerst um euch bemühte, 
Trägt heut' die Frucht entsprechend jener Blüte, 
Und mein Vertrauen hat sich nidit geirrt 

Drum rät' mein Herz, dass aufgezeichnet wird» 
Was eures Namens hohen Preis verriet^ 
Damit das Pergament ihn sicher hüte, 
Weil man im Marmor doch kein Leben spürt 

Glaubt ihr, man würde die Sdpionen heut\ 

Marcell und Cäsar noch als solche nennen, 



Würd' es durch Erz und Marmor nur vollbracht? 

O mein Pandolf, nicht dauert lange Zeit 

So gar gebrechlich Werk; nein, unser Kennen 

Hat Menschenruhm unsterblich erst gemacht 




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L 

SennucciOt wisse nim, in weldier Art 
Man mich behandelt, wie mein ganzes Leben 
Ich brenn' und schmachte, was sich auch begeben. 

In Lauras Macht steht, was ich war und ward. 

Bald seh' ich sie voll Stolz, bald mild und zart, 
Bakl streng, baldsanft,baIdgrau8am,fronundand>en, 
Bald hat sittsame Anmut sie umgeben. 
Bald ist sie weich, bald wieder wild und hart 

Hier sang sie lieblidi und hier sass sie nieder, 
Hier wandte sie den Schritt, hier hielt sie an. 
Hier war's, wo mir ins Herz die Blicke drangen. 
Hier sprach sie und hier lächelte sie wieder, 
Hier war sie traur%. Ach in solchem Bann 
Hält Amor mich bei Tag und Nacht gefangen. 



105 



u 

Hier bin ich halb nur, wftr* idi's gans, mit endi, 
O mein Sennucdo, wie ihr 's selber schätzt; 
Her kam ich vom Gewitterstann gehetzt» 

Unwirtlich machte er das Wetter gleich. 



Jetzt bin ich sicher, und nun sag* ich euch. 
Warum der BHtz midi nidit wie sonst entsetst, 
Wie mild, doch nicht gelöscht, meinen Sehneo 

jetsi 

Noch immer kräftig brennt im Herzensreich« 



Kaan angekommen, wo die Liebe thront, 

Sah ich, wo jene reine Luft geboren, 

Die Donner bannt und stillt des Windes Wehn. 

Amor entfacht im Herzen wo sie wohnt. 

Die Glut aufs neu', da ging die Furcht verioren: 

Was täi' ich, dürft' ich ihr ins Auge sehn! 



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UI 

Dem adilmiiiien Babykm, wo jede Scbam 
Gewichen ist und alles Gute weit, 
Irrtum gebärend, Herbeig' für das Leid» 

Entfloh ich, weil mein Leben krank und lahm. 

Hier leb' ich einsam und als Amor kam, 
Pflückf ich bald Reim bald Bkme, stets bereit 
Mit ihm zu reden, und auf bessre Zeit 
Vertrauend find' ich Trost fOr meinea Gram. 

Der Hanfe stört michiiiditt umQfld^ niditrechf idi. 
Um mich nicht soig' ich, noch um niedre Dinge» 
Nicht drin nodi draussen macht^s mir wann nodi 

kalt 

Nur zweie vOnsdit' ich her: Von einer möchf ich» 

Dass sie ein friedlich mildes Herz mir bringe, 
Dem andern gab' sein Fuss» wie froher Halt 



107 



Liir 



em Fetaen, der dies Tal geacfalosseii hat, 



JL^ Davon auch die Benennung herzuschreiben. 
Ihm sollt' aus Abscheu» Babel rücklings bleiben» 
Und blicken sollt er nach der Römerstadt 

Dann hätten meine Seufzer leichtem Pfad, 
Dort, wo ihr Hoifeu wohnt, ihr Spiel zu treiben. 
Jetzt gehn sie mühsam, doch zurückzubleiben 
Wagt keiner, alle folgen meinem Rat 

Und jenseits sehn sie freundlich sich geboigen. 

Wie ich wohl merke, keiner kehrt zurück. 

So freudig eilen sie den Ort za grüssen. 

Den Augen fehlt es nur: Kaum naht der Morgen, 

Entzieht er ihnen den eisehnten Blick: 

So gibt es Tränen, Müdigkeit den Füssen. 




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UV 

Ein Wdb, das schöner als die Sonne war. 
Noch leuchtender und ihr an Alter gleich, 
An hohen Reizen reich. 
Hat mich noch jung für ihre Schar erlesen. 
In Tat und Worten, in Gedanken war 
[Nicht viele sind auf Erden diesai gleich], 
In j^lichem Bereich 

Mir stets voran das schöne, stolze Wesen; 

Durch sie nur blieb ich nicht, was ich gewesen, 

Oer ihre Ai^en in der Nah' ertrug; 

Ihr dank' ich's, dass zum Flug 

Ich mich empor, zum frühgewagten schwang. 

Und komm* ich nun in den ersehnten Hafen, 

Leb* ich durch sie noch lang, 

Sollt ich für andre schon als Toter schlafen. 

SO fahrte diese Frau mich lange Zeit, 

Mich, der ich ganz in Jugendlust entbrannt. 

Und wie ich jetzt erkannt. 

Um ihr von meiner Kraft Beweis zu geben. 

Wies sie mir nur den Schleier, nur das Kldd, 

Verborgen das Gesicht und abgewandt 

Idi, in dem Wahn, gekannt 

Uätt' ich sie ganz, schritt froh durchs junge Leben: 

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Noch jetzt kann mir Erinnerung Lehren geben. 
Ab idi dann besser nodi ins Weite sah, 
Sag" ich» dass sie erst da 

Sich, wie's nodi nie geschehn war, mir enfhtklh. 
Da fühlte ich mein Herz zu Eis erkalten» 
Was heut und immer gilt, 
Bis sie mich wird in ihren Armen halten. 



DOCH lähmten Frost und Furcht mich nicht 

genug, 

Dass ich mir selbst nicht neue Kühnheit lieh; 
Ich sank vor ihre Knie, 
Auf dass doch mildre Blicke mich erfreuten. 
Und sie, die schon zurück den Schleier schlug, 
Bq;ann zu mir: — Mein Freund» nun schau doch» 

wie 

Ich herrlich bin» und sieh» 

Dass man, was dir gebührt, dir mag bereitenu 

— Madonna» — sprach ich — euch war schcm. 

vor Zeiten 

Mein Herz geweiht, heut fühl' ich» wie es br^omt 

Und meine Seele kennt 
Ein andres WoUea oder Wünschen oicfat — 
Da sprach sie in so wunderbaren Tönen 
Und ein^ Angesicht» 

HO 



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Dais mir's fOr ewjg bleibt in Furcht und Sdinen: 

— NUR sdten war's, wenn man an meinen Wert 

Auch in der grosseot Menge oft gedacht, 

Dass sich einmal entfacht 

Ein Ffinklein in der Brust — von kurzem Leben. 

Demi meine Feindin» die das Gute stört, 

Sie löscht es schnell, die Tugend amkt in Nacht, 

Und eines andern Macht 

Veiheisst bequemes, ruhigeres Leben; 

Amor, der dich erweckt zum ersten Streben, 

Berichtet Wahres und nun sdi idi klar: 

Dein Wunsch zeigt offenbar 

Dich wOrdig fOr so hohen Zieles Preis. 

Und dass du meiner seltnen Freunde einer, 

Set eine Frau Beweis, 

Die deine Augen froher macht und reiner. — 

FAST rief ich schon, dass dies unmöglich sei; 
Doch sie: ~Jetzt sdiau, — [da hab' ich aufgeblickt] 

Zu höherm Ort entrückt, 

Ein Weib^ die skh von wen'gen liess ericennen. — 
Die Slime senkt' ich da mit frommer Scheu, 
Eiglühend und im Innersten entzückt 
Und sie^ die mich mit Lächeln angeblickt: 



— Wohl kann ich, wo dein Sinn geweilt, erkenneOt 
Denn wie, wo hell der Sonne Strahlen brennen» 
Eia jeder andre Stern am Himmel schwand. 
Halt nicht mein AnblidL stand. 
Der minder schön vor jenem Glanz erblich. 
Doch lass' ich mit den Meinen dich sosammen, 
Da wir geschwisterlich, 

Sie mir voran, emer Gd>nrt entstammen. — 

NUN löste sich die Fessel jener Sdiam, 
Dnn meine Zunge noch gefesselt lag. 
Seitdem beschämt der Schlag 
Mich des Erkennens traf, dass sie's erkannte. 
Und idi begann: — Ist's wahr, was ich ver- 
nahm, 

Dann sei dem Vater Heil und Heil dem Tag, 

Seit schön die Welt vermag 

Durch euch zu sein und seit ich fflr eudi brannte. 

Und wenn ich je vom rechten Weg mich wandte^ 

Ist meine Reu' noch tiefer als ihr ScheiiL 

O könnt' ich würdig sein 

Mehr m erfahren, so versagt mir's niditl — 

Nachdenklich war die Antwort, und sie blickte 

So fest mir ins Gesicht, 

Dass tief ins Herz sie Aug* und Worte schickte. 

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— Wie unser ewiger Vater es gewollt 
Gab die Geburt uns schon Unstei:bUchkeit; 
Euch ist's nicht Meb noch leid, 
Elende l Besser wohl, wenn wir nicht w^enl 
Nicht allzulang geliebt und schön und hold 
Sind wir gewesen, und jetzt schon so weit, 
Dass jene flugberat 

Sich hebt zur alten Freistatt heimzukehren; 
Ich bin nur Sdiatten, um dich zu bdehren 
George, was man schnell beeilen kann. — 
Den Fuss erhob sie dann 

Und sprach: — Dass ich forteile fürchte nicht. — 

Als sie ein grünes Lorbeerreis gefunden. 

Das sie zum ELranze flicht, 

Hat sie mir's um die Schläfen rings gewundm. 

KANZON£ wenn dein Inhalt dunkel scheint» 

So sprich: Ich sorge nicht und möchte hoffen, 

Dass man die Wahrheit offen 

Durch bessre Botschaft bald verkünden hört. 

Nur ab mn Weckruf kam ich für die andern, 

^'enn mich nicht gar betört 

Der's mir befahl, als ich begann zu wandern. 



"3 



LV 



ie teünahmvollen Reime, drin ich euch 



Ergriffen mich so sehr, dass meine Hand 
Geschwind zur Feder griff, damit ihr gleich 

Erführt, dass jener mir den letzten Streich, 
Der niemand hier unvorbereitet fand, 
Noch nicht erteilt, doch dass ich harmlos stand 
Am Eingangstor bereits von seinem Reich. 

Dann kehrt' ich um, weO ich geschrieben sah 
Dort überm Toi: — Vorüber sei die Zeit 
Noch nicht, die mir verordnet sei zu leben. — 
Nur Tag und Stunde standen noch nicht da; 
Drum tröstet euer Herz in seinem Leid, 
Den Würd'gen sucht, wollt ihr ihn so erheben. 




U4 



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LVI 

Was drinnen bohrt und gtOhl» 
Verzehrt und nimmer weicht, 
Könnf ich sein Kleid im gleichen Tone machen I 
Die mich entzündend flieht, 
Erwärmte es vielleicht. 

Und wo jetzt Amor schlummert, würd' er wachen. 

Die müden Ffksse madien 

Dann nicht den Weg allein 

Durch Beig^ Wald und Flur, 

Es schwand die Tränenspur; 

Wär" sie entbrannt und nicht mehr Eis und Stein, 

Blieb nichts an mir, das Giuten 

Nicht flammend heiss durchfluten. 

DA Amor mich bezwingt, 

Mein Können ihm zimi Raub, 

Red' ich mit rauhem Reim bar alles Süssen. 

Doch durch die Rinde bringt 

Kein Zweig in Blüt' und Laub 

Nach aussen, was dem Innern soll entspiiessen. 

Ins Herz zu schaun entschliessen 

Mag sich das Augenpaar, 

In dessen Schein sich's ruht; 

Doch strömt die Tränenflut, 

"5 



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Und wird zur Klaget was erst Kummer war. 

So kann ich eignes Leiden 
Vor andern schlecht verkleideii. 

O R£IM£ voUer Zier, 

Beim ersten Sturmeslauf 

Amois gebraucht, da andre Wehr noch fehlte. 

Wer kommt und spaltet mir 

Mein hartes Herz jetzt auf, 

Dass ich wie sonst ausströme, was mich quälte? 

Ich meine, drin erzählte 

Von ihr mir jemand, der 

Die Herrin ewig malf cdm' awEunüm; 

Will ich das gleiche tun 

Vergeh' ich fast, da's meiner Kunst zu schwer. 

Ach, so ist mir entschwunden. 

Worin ich Trost gefandenl — 

SO wie dem Km^cm schwer 

Sich noch die Zunge regt, 

Ihm Sprechen Mühe macht und StOlsem Leiden, 

So bettl' ich um Gehör, 

Vom Redetrieb bewegt 

Bei meiner süssen Feindin noch vofm Scheidesu 
Wenn ihr statt andrer Freuden 

ii6 



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Ihr schön' Gesicht genügt, 

Und alles sonst nur Tand^ — 

Hör's grüner Uferrand, 

Gib, dass mein Seufzen so ins Weite f^eg^ 

Dass viele noch erfahren, 

^e wir einst Freunde waoren. 

NIE hat ein sdiOn'rer Fuss 
Die Erde je berührt 

Ais der — du weisst es wokd — den du g^rafen» 

Und wiederkehren muss 

Das müde Herz^ geführt 

Vom wehen Leib Geheimstes dir zu sagen. 

Ach, läg' auf dir verstreut 

Doch noch manch' schön' Gewand 

Hier zwischen Gras und Blüt', 

Dass mein veistOrt' Gemüt 

Doch weinend wüsste, wo es Ruhe fand! 

Nun sucht an rastlos Sehnen 

Das Herz sich zu gewöhnen. 

WOHIN das Auge schaut 
Entdeck' ich Liebes, und: 

— Dies traf ihr schöner Blick! — sagt all' mein 

Denken. 



Und pflück' ich Blum' und Kraut 

Denk' ich: dies wudis im Gnindf 

Auf den sie gerne pflegt den Schritt zu lenken. 

Wo sich die Ufer senken 

Zum Strom, ara grünen Rain 

Sass sie in all' dem BlOhn; 

So kann mir nichts entfliehn 

Und mehr Gewissheit wäre gröss're Pein. 

Woher nur mag dein Walten 

Rings alles umgestalten? 

O du mein armes Lied, wie bist du rauh! 
Wirst, da dtfs wohl magst wissen, 
Im Waide bleiben müssen. 



IIS 



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LVll 

Okiare frische Flut, 
Wo ihre schönen Glieder 
Geruht, die einzig Herrin mir vor allen, 
O Zweig, der ihr so gut — 
Mit Seufzen denk' ich s wieder — 
Als Stütze für den schönen Leib gefallen. 
Du Gras und Blüt', euch allen, 
Diauf sich ihr Kleid gebreitet 
Mit seinem lichten Saum, 
O Luft im heü'geu Raum, 
Wo schöner Augen Glanz mein Herz geweitet — 
Lasst euch gemeinsam sagen 
Die letzte meiner trauervoUen Klagen. 

UND soll's mein Schicksal sein, 

Ist es des Himmels Willen, 

Dass sich mdn Auge schliesst durch Amors Hände, 

Dann möge mein Gebein 

Man gnädig hier umhüllen, 

Dass sich von euch die Seele heimwärts wende. 

Viel sanfter wär' mein Ende, 

Trüg' mich ein solches Hoffen 

Noch bis zum düstem Ort; 

Nie stünde besserer Port 

119 



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Als Ruhestatt dem müden Geiste offen, 

Noch könnt' in stillem Gründen 

Er von des Körpers Mühen Friede finden. 

EINST wird's vieUeicht geschdm, 

Dass auf gewohnten Wegen 

Das schöne Wesen wieder sich ergangen. 

Und, wo sie mich gesehn 

An jenem Tag voll S^en, 

Froh nach mir schaut mit freondiichem Vttbngen. 

Säh' sie mich, ach, voll Bangen 

Schon unter Steinen Erde, 

Dann seuizte sie so mild, 

So ganz von lieb' erfüllt: 

Dass mir durch sie dort oben Gnade werde, 

Gebeugt des Himittds Watten, 

Wenn sie ans Auge drückt des Schleiers Falten. 

AUS schönen Zweigen sank — 

Voll Wörme denk* ich*s immer — 

Auf ihren Schoss ein voller Blütenregen, 

Sie sass in stillem Dank 

In all* dem Glorienschimmer, 

Cranz überdeckt vom liebereichen Siggen. 

Ein Blütchen will sich l^en 

120 



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Aitf ihren Saum, die andern 

Aufs Haargeflecht, das hold 

Wie Peden schien und GoM; 

Ens ruht, auf Wellen wandern 

Will dN8^ im winren Kreise 

Sagt jenes schwebend: — Das ist Amors Weise. — 

WIE oft zu jener Zeit 

Rief ich voM Schredc und Zagen: 

0, jene ist im Paradies geboren! — 

So in Vergessenheit 

War ich durch solch' Betragen, 

Durdi AntiKtz, Sprache, Lächdn schon verioren. 

So fem lag Aug' und Ohren, 

Was dort midi rings umgeben. 

Und seufzend rief ich dann: ^ 

Wie kam ich her und wann? 

Denn Uinunelsdasein schien's, kein £rdenleben. 

Nur hier in diesen Gründen 

Kann ich seitdem, sonst lurgends, Ruhe finden. 

WÄRST du, mein lied, voll Zier wie du gewollt. 

Du könntest ohne Zagen 

Dich aus dem Wald zu allen Menschen wagen» 



Lvm 

Mein Itafien, heilt auch deiner Wundean 
Schweres Todesfieber 
In dem schönen Leibe nicht mein Wort, 
Hätten durch mein Lied doch Arno, Tiber 
Nun Gehör gefunden, 
Und der Po; voll Trübsal sitz' ich dort 
Herr, du, unser Hort, 
Schenke, fleh' ich, deinem teuem Lande 
Mitleid, das dich einst der Erde lieh« 
Edler Herr, o sieh, 

Wie aus kleiner Ursach' Eri^ und Schande! 

Wo in rauhe Bande 

Mars die Herzen zwingt, 

Mildre, Vater, du, erlös' und wehre, 

Schaff, dass es gelingt, 

Dass durch mich man deine Wahrheit höree 

WOLLT das Glück euch sdiöner Länder Zügel 

In die Hände legen, 

Deren ihr nicht mehr erbarmend denk^ 

Was denn schaffen hier die fremden Degen? 

Warum grüne Hügel 

Ringsum mit Barbarenblut getränkt? 

Wahn ist's, der euch lenkt; 

122 



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Wenig schauend meint ihr klar zu blicken, 
Wenn ihr Treue sucht für schnödes Grold: 

Grössre Schar im Sold 

Wird mit grössrer Feindschaft euch umstricken. 
Welche Fluten schicken 
Sie hinab aus ödem Hügelland, 
Unsre schöne Flur zu übeischwenmien! 
Wais durch eigne Hand 
Erst gesdiehn, wer mag es jetzt noch hem- 
men? 

GUT hat's die Natur für ims ersonnen. 
Als sie Alpenketten 

Zwischen uns und deutschen Giimm gebaut; 

Aber blinde Gier, zum Trotz den Besten, 

Hat's gar schlimm begonnen, 

Schuf gesundem Leib nun siedie Haut 

In der Hürde, schaut, 

Zahmer Herden treibt ihr grausam' Wesen 

Wilde Brut, dass Schwachheit leiden muss, 

Und zum Übecfluss 

Ist ihr Stamm noch jenes Volk gewesen, 
Dem einst, wie wir lesen, 
Marius' Schwert so in die Seite fuhr, 
Dass noch nicht die Mär davon versunken. 



"3 



Wie der Dmst'ge mir 

Bhit statt Wasser aus dem Fluss getrunken. 

S£L£ST von Cäsar schweig' ich, der die Land 
Rings aus Feindes Adern 
Einst durch unsem Stahl mit Blut betaut 
Doch der Himiiid sdMint mit uns zu hadera. 
Der sich von uns wandte: 
Euer Werk, auf die man viel gebaut! 
Euer Zwist, o schaut, 
Trifft zerstörend schönste Eidenbreiten. 
Wess' die Schuld und wessen der Beschkiss, 
Nachbarn zum Verdruss 
Nach geringen Gütern, nach zerstreuten 
Trachten, fremden Leuten 
Willig blut'gen Lohn 
Zahlen, die die SeeP zu Maikle tragen? 
Nicht aus Hass und Hohn 
Sprech' ich^ nur die Wahrheit will idi sagen. 

WOLLT ihr noch nicht Baiemtrug begreifen. 

Die den Fii^er heben. 

Eitel Spott zu treiben mit dem Tod, 

Dass wir mehr als Unheil Schmach erleben? 

ScMinmire Saat wird reitaiy 

124 



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Weil noch andrer Grimm euch blutig droht 

Eurer eignen Not 

Denkt ihr stetig wie euch weiss ra schätsen 

Wer sich selbst erniedrigt, merkt's euch gut! 
O JLateinerbhity 

Wirf die Bürden ab, die dich verletzen, 

Gib nicht, gleich den Götzen, 

Hohlem Namen Ehr: 

Dass an Witz uns nord'sche Wut besiegen 

Kann, ein störrig' Heer, — 

Unsxe Schuld ist's, kein natüriich Fügen. 

IST'S das Land nicht meiner eisten Schritte, 

Nicht das Nest, das traute, 

Wo ich erste stüsse Nahning fand? 

Ist's die Heimat nicht, auf die icli baute, 

Mütterlich voll Güte, 

Deren Boden beide Eltern deckt? 

Dies, bei Gott, eiweckt 

£uren Sinn vielleicht, der tränenreichen 

Qual des Volks seht ihr nicht müssig zu. 

Das von euch nur Ruh' 

Hofft, nächst Gott Schon durch ein Mitieidzeichen 

Könntet ihr's erreiciien: 
Tatkraft g^gen Wut 

»25 



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Greift alsdann zur Wehr, kurz wird geningcDi 

Denn der alte Mut 

Der Lateiner ist noch nicht bezwungen. 

HERR, bedenkt wie schnell die Stunde gidtet, 

Wie das kurze Leben 

Flieht und man den Tod im Nacken hat; 

Noch verweilt ihr, denkt ans Weiterschweben! 

Nackt und ungeleitet 

Kommt die Seele an den fremden Pfad. 

Hier auf £rden hat 

Jeder Hass und Rachsucht abzulegen: 

Heitier Lebensbahn ein böser Wind. 

Wer Verderben sinnt 

Gegen Brüder, mag auf bessern Wegen 

Kopf und Hände r^en. 

Auf gepriesene Art 

Edles Wissen zu erringen hoffen: 

Frohe Lebensfahrt 

Gäb' es, und den W^ zum Himmel oifeu. 

GIB wohl acht, Kanzone, 
Deine Meinung hdflicfa vonmtragen. 
Denn zu stolzen Leuten geht die Fahrt, 
Deren Sinn und Art 

126 



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Voll ist schlechten Brauchs aus alten Tag 
Wahres nie zu sagen. 
Wende dich zuvor 

An die Edeln, bdsen Treibens müde, 

Spridi: Wer leiht sein Ohr? 

Rufen will ich: Friede, Friede, Friede. 



LDC 



edanken an Gedanken, Höhn an Höhn 



vJTReiht Amors Führung; auf b^retneii Pfaden 

Gibt's für mein stiUes Dasein keine Ruh. 
Doch wo Fluss oder Bach mich einsam sehn. 

Wo zwischen Hügehi schatt'ge Täler laden. 
Da findet die verstörte Seele Ruh' 

Und winkt ihr Amor zu, 

So wechseln Lachen, Weinen, Furcht und Freud*. 

Getreulich bleibt das Antlitz iiir Begleiter, 

Verdüstert bald, bald heiter. 

Doch keins währt lang; es spräche wohl zur Zeit 

Fön Wohler&hmer, wenn er solches säh': 

Der brennt und weiss nicht, ob ihm wohl ob 



HOCH im Gebiig' im düstem Wald umweht 

Mich Friedensluft, fem von bewohnten Zielen, 

Die alle tödüch meinem Blick verhasst. 

Ein neues Bild auf jedem Schritt entstdit 

Von meiner Herrin, das in heitres Spielen 

Oft jene Qual verkehrt, die mich erfasst 

Nicht ändern möcht' ich fast 

Dies Leben so voll bitteisQsser Pein. 

— Denn, — sag' ich — Amor könnte bessre Zeiten 




weh! — 



126 



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Deremst mir noch bereiten: 
Dir wertlos magst du wert der Ändern sein! — 
Bei soldiem Grübeln aeofoend sag' ich dann: 
Ach^ könnt es möglich sein? Und wie? Und wann? 

IM Tannenschatten und am Bergeshang 

Verweil' idi oft tmd male in Gedanken 

Dort auf den Fels ihr schönes Antlitz hin. 

Kehl' ich zu mir rarOck, so wird mir bang 

Vor e^en Tränen imd: — O wie viel Schranken — 

Ruf idi — bis dort vmd wo gerätst du hin? — 

Doch da lebend'gen Siim 

Noch jenes Denken meiner Sdmsudit gibt, 

Ich sie noch sehn kaim und mich selbst vergessen. 

Führ Amor idi indessen 

So nah, dass mich der Irrtum nicht betrübt 

Nun sie so oft, so reizend vor mir steht 

Preis' ich die Täuschung — wenn sie nichtvergeht — 

OFT hab' ich sie [Wer traut noch meinem Wort?] 
Im klaren Wasser, Aber grüner Wiese 
Lebend gesehn, als Baum im Buchenhain» 
hk weisser Wolke; Leda sagte dort, 
Wenn man dag^en ihre Tochter priese: 
Die wäre hier ein Stern bei Sonnensdiein» 



Je wilder das Gestein, 

Die finstre Schlucht, je öder das Gestad', 

Je sdiöner mak sie mir mebi wachet TiftiiiiNiL 

Kommt Wahrheit fortzuräumen 

Den süssen Irrtom, sitz' ich kalt und matt 

Wie toter Fels, im Leben schon veisteint: 

Ein Menadieofayd, das sinnt und schreibt und weint 

.WOHIN kein Schatten andrer Bei^ steigt, 

Zum Gipfdjjodbt dem allerhöchsten, freien, 
Zieht unbezwingUch Sehnen mich hinan. 
Dort seh' ich erst, wie weit die Feme reicht. 
Und suche weinend Nehd zu zezstreuen. 
Damit mein Herz noch freier schlagen kann. 
Bedenk' und schau ich dann 
Wie fem dies sdiöne AntBtz und wie nah. 
Und durch wie weite Luft zu ihm die Raise^ 
Frag" idi midi läse, lebe: 
— Was tust du Armer? Hat man nicht auch da 
\^eIMdit gesenfst, dass gross die Trenmm^ dei? 
Und solches denkend atm' ich wieder frei. 

JENSEITS der Alpenkette, 

Kanzone» wo so ücht der Himmeisraum 

Wirst du am raschen Bach mich wiederseha 

130 



Wo man ein luftig' Wehn 
Fühlt unter fnsdiem, wüiz'geii I^xbeeibaum: 
Dort ist mein Hers und die es mir entwunden, 
Dort wild alieiQ mein wahres Bild geftuiden. 



IX 

Ist's Liebe nicht» was sonst was ich empfinde? 
Isf 8 dennodi liebe, micber Art, bei Gott? 
Und tut sie wohl, woher die herbe Not? 
Woher so sQss die Qual, wenn sie doch Sünde? 

Warum bewdn' ich, was ich gern empfinde? 
Und wozu klag' ich, wenn ich's mir verbot? 
O wonn^ Ldden, lebensvoller Tod, 
Wie überstimmst du alle meine Gründe! 

Geb' ich es zu, mit Unrecht kiagf ich dann; 
Ich treib' im Boot bei Gregenwind umher 
Auf offner hoher See und ohne Steuer, 
An Wissen Idcht, an grossem Irrtum schwer, 
Weiss ich doch selbst kaum, was ich will und kann: 
Im Sommer beb' idi, brenn' im Frost wie Feuer. 



Ii2 



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LXI 

Auf ddne Haai« m6gesa BUtze zückeii; 
Dich, die am Quell einst Eichelkost genoss» 
Macht jetzt die Aimut andrer reich und gross, 
Und böse Taten sind's, die dich beglücken. 

Nest voll Verrat, draus eine Brut voll Tücken 
Verderi>en8diwer sidt in die Wdt eigoss, 
Des Bett's, der Schmauserei, des Weins Genoss, 
Dass Wollust sich mdit tiefer könnte bCkteL 

Die Räume dienen jimgen Weibern, Alten 
Zur Kurzweü, Beelzebub schürt ihre Glut, 
Und treibt mit Kasbalg und mit Spiegeln Hohn. 
Einst warst du nicht so reich und kühl gehalten, 
Nackt, baxfoBS ging's duidi Dom und Stunneswut; 
Jetzt steigt der Stank hinauf zu Gottes Thron. 



133 



Lxn 

O gieriges Babylon, zum Beesten adum 
Vor Gottes Zorn erscheint dein Sack voll 

SändcDy 

Nicht Zeus noch Pallas konnten Gnade finden: 
Vor Venus opferst du, vor Bacchus Thran. 



Ich hoff wai Redit, verzehi' midi lange adiODf 
X>odi einoi neuen Herrn will ich verkünden» 
Nicht bald» doch wird den einigen Sitz er gründen, 
Und Scbänke sein wird jenem dann zum Lohn. 



Zu Boden wirft man seine GfltKn ha» 

Die stolzen Türm^ Gott zu Trotz und Leid; 
Fener veisehrt die innen sdion Zerstörten. 
Und reinen Seelen voller Tugendsinn 
GehM die Welt, dam adiauk matt goMne Zcü 

Und Taten» wie sie einst die Alten ehrten. 



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Lxm 



u Haus des Zornes, Born der Kümmemisse, 



J^Ixrtümencbiüe» Herd der Ketzemn» 

Nicht Rom mehr, Babylon voll Heuchelein, 
Dxm soviel Seufzer aehn und Tifin«i^;äsBe. 

TrqgBchraiede, Kerker voller Fintleniiise, 

Wo Gutes stirbt und BOses muss gedeihn. 
Do HldlenhauSy ein Wunder dMf es sem. 

Wenn Christi Zorn sich nicht entflammen müsse. 

Einst keusch und mtk wagst deinen ersten Hdtem, 

Schamlose Metze, du dein frech' Gesicht, 
Worauf ist deine Hoifnung denn gestellt? 
Auf deinen Buhlen, auf den Schatz von Gütern, 
Sündhaft erworben? Constantin kehrt nicht 

Zurück, mm hab' ihr Teil die trübe Welt. 




135 



LXIV 

Je sehnsachtsvoller idi m eudi die Schwingen» 
O Freunde, r^;te, ach noch manches Mal, 
Je mehr liess das Gesdiick midi sonder Wahl 

Am Leim festkleben und den Flug misslingen. 



Mein unfrei' Herz will dennoch zu euch dringen» 
Weilt stets mit euch m jenem FrQhlmgrtaly 
Wo unser Land vom Meer trennt Wall um Wall: 
Ehgestem sollte letzte Seheidung bringen« 



Ich zog zur Linken, rechts ging er davon. 
Ihn führte Amor» ich ward fortgetrieben; 
Ihn hält Jerusalem, Ägypten ist 
Mein Los: Trost gibt im Leid Kesignation» 
Denn lange schon ward es ims voxgesdirieben, 
Dass selten der Verkelu: imd kurz die Frist. 



136 



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LXV 

Ich sah der Sonne Au%ang nie so schön, 
Wefin aBer Dunst am Himmel fortgezogen, 
Nie hab' am Rq;entag den Ixisbpgen 
Idi in so fichten Faiben wechseln sdbn» 

Als jene waren, die, ein flammend Wehn, 
Am Tag als Liebe mir ins Herz gezogen. 
Auf einem Antlitz auf imd nieder flogen, 
Dem Irdisches nicht kann zur Seite stehn« 

Ich sah, wie Amor diese Angen wandte^ 

So licht, dass über alles mir seither, 

Was ich auch sah, ein dmiUer Ton gegangen. 

Ich sah, Sennucdo, wer den Bogen spannte: 

Nidit sieber ist fortan mein Leben mdir, 

Und hat nach Wiedersehn doch solch' Verlangen. 



«37 



LXVI 



ür dieses sdiOne Antlitz licht und klar 



X Wo taxkd Natittv in welchem Himmdsrageii, 

Das Vorbild, um auch hier der Welt zu zeigen^ 
Was ihr zu schaffen droben möglich war? 

Wann kSateii je so ieinea goldnes Haar 

Göttinnen einst an Quellen imter Eichen? 
Wess' Hess kann dies an Tugenden eindieii? 
Nur dass die höchste» ach, mir tödlich war. 

Umsonst wiid der nach Götteractonhcit hlirlreni 

Sah er die Augen dieser Frau noch nicht, 
Die sie so lieblich wriss umhemischiGkai; 
Nicht weiss, wie Amor heilt, wie er zerbricht. 
Wen diese holden Seufzer mdat berikton» 

Und wer nicht weiss, wie süss sie lacht und spricht 




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LXVII 

Wo Eide, HinuneU wo die Winde schweigcft. 
Wo Wüd und Vögel schon der Sdilaf um- 

Die Nadit empor den Stcmenwagen Icnikty 
Das Meer ausruht und keine Wogen steigen: 

Wach', denken bmm' mid wein' ich; nuxnner weidien 

Wül, die mich stets aiis meinen Fugen drängt; 
Ich ldt>' im Kampf, fam 2010% imd gdoSukt, 
Nur ihrer denkend kann ich Ruh' erreichen. 

Aus einem klaren Brunnen nur entspringt 
Sfisses und Herbea, die mir Nahrung geben. 
Nur eine Hand kann heilen und verwunden, 
Und da meia Leid mich nie ans Ende t»iDgt, 
Sterb' ich alltäglich, täglich will ich leben, — 
So fem noch liegt mir j^liches Gesunden. 



»39 



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Lxvm 

Wenn ich der Grotte treu geblieben wär'. 
Wo eoist ApoU empfii^ FkophelengabeD, 
Würd' heut' Florenz auch den Poeten haben. 
Nicht mir Verona, Mantna und voifaer 



Aninca. Doch seit Rohr mein Land nicht mehr 
Hervorbnngt, das des Beiges Wasser laben»' 
Muss anderm Stern ich folgen, ernten, graben 
Der Domen und der Disteln lästig Heer. 



Der Ölbaum welkt, in andrer Riditung fli« 
Die Wasser heut', die der Famass entsandt. 
Durch die er eines Tags in BiQte stand 
So raubt mir Unglück oder Unverstand 
Die gute Frudit, will nicht, dass Neue spriesso^ 
Noch Jovis seine Huld auf mich ergiess^ 



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LXIX 

Mir bringt heut' Amor eine süsse Kunde, 
Wie's zwiidieii mift docfaöftaridioiigeBchehn : 
Noch nie, sagt er, hab' er so nah gesehn, 
Was idi eihotft, entveb^ ab diese Stunde. 

Weil ich eriebte, dass aus seinem Munde 
Bald Wahrheit pflegt, bald Trug hervorzugehn) 
Kann ich mich auch zum Glauben nicht verstehn: 
Ob ja? ob nein? frag' ich im Herzenqgnmde. 

Und so vcngeht die Zeit^ im Spiegel schan' ich: 
Es naht nunmehr imgünst'ge Jahreszeit, 
Ftlr ihr Versprechen wie für mein Veziangen. 
Sei's wie es kann: denn nicht allein ergrau' ich. 
Doch wird im Alter mir der Wwndi nicht leid, 
Nur vor dem nahen £nde will mir bangen. 



141 



LXX 

Das schöne Antlitz hat an manchen Tagen 
Zu einein kflhnen Angriff nridi verieilet» 
Mit gutem Wort, von treuer Schar b^leitet. 
Sucht' ich an meine Fewlia mich stt wagen. 

Dodi biaditn taidb. die Ai^en wm Verzagen; 
Der es vermag gab, wie mein Schicksal schrotet 
In ihre Hand und im lum Tode ietet: 

Guty Übd» Glück und alle Lebensfragen. 

Nie hab' ich's so in Worte fassea k/innep, 
Dass ausser mir ein andrer midti venrtand» 
Nur hei&'rer machte Amor mich und scheuer« 
Wohl sdi' idi nun, dass wahrer liebe Bi«nnen 
Der Greister uns beraubt, die Zun^ bannt, 
Denn wer es sagen kann, spQst UeioeB Fener. 



142 



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LXXI 



o durch unwiitbare finstre Wälder zieht 



V V Die Eüflgeradiar» dm Ge^Dsr m berädoeiii 

Da wandr' ich froh, dem nur vor heissen Blicken 
Der Sbnne baagt^ die iiebwitrahimd glüht 

Ich sclireft' imd siag^ o tOxidita CremAt! 
Von ihr, die mir keia Gott kann fem^ rücken; 
Im Fraueakrans sMit sie vor meinen Bicken, 
Wo maa doch Taanan nur und Buchen sieht — 

Mir adieiat, kdi hör' ae: Wind war's ia den Zwe«^ 

Kiagiied der Vögel und ein murmelnd Wallen 
Der Wasser dnidh dea gribm Wiaseaflor. 
So gut hat einsam Graun imd tiefes Schweigen 
Im schattigen Wakl mir nie haber gdEaUen, 
Wenn meine Sonne nicht zuviel veiior! 




H3 



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I 



Lxxn 

Wohl über tausend Flüsse, an Gestaden 
Führt Amor mich durdi den Ardennerw^d, 
Den Seinen leiht er lebend Fluggewalt, 
Sie in den dritten Himmel ehnwiladen. 

Süss ist mir's ohne Wdur auf diesen Pfaden, 
Wo Macs verwundet ohne warnend: Halt! 
Ein SdiOr hn Meer ohn' Mast und Steueihalt, 

Und mit Gedanken axg imd schwer beladen. 

Doch bin ich dann am dfistem Tagesscfakiss 
Und denk^ woher ich kam, mit was für Schwingen, 
Will Furcht so grosse Kühnheit fast beaswingen. 
Das schöne Land, der raache^ heitre Fhiss 
Sind meinem Herzen wieder Trost und Gruss, 
Zu seiner Sonne Heimat vcnzadiingen. 



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Lxxm 

Mit dir, Po, ist der Leib wohl fortgezogen, 
Den dose ntsdie mftcht'ge WeUe tragt; 
Der Geist, der in mir sich verborgen regt, 
Wird nicht durch dich noch andre Kraft bewogen. 

Der dcndi kein Steuer rechts nodi Imks gebogen, 
Durch günstige Luft sich ganz nach Wunsch bew^^t, 
Nadi goldnem Laoib hin seine Flügel schlagt, 
Bezwingt so Ruder, S^el, Wind und Wogen. 

Du kdnigUdier Fluss mit stolzem Sinn, 
Zur Sonne strOmst du, die den Tag uns bringt, 
Und hast im West noch schöneres Licht gelassen. 
Du trSgst auf dir mein Starbliches dahin; 
Die Seele, durch der Liebe Macht beschwingt, 
Kehrt heim zum sttssen Ort, den sie verlassen. 



H5 



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LXXIV 

Komm Amor, unsem Stolz lass uns beschaun, 
Dem die Natur nichts gleiches weiss zu hegen, 
Der Himmel, sieh, hält uns ein Licht entg^en, 
Sieh, welche Mäde lässt er niedertauiL 



Auch Purpur, Ferien, Gold lass' uns besdiaun. 
Die kunstvoll sich um solchen Anstand legen; 
Wie wissen Aug' und VusB flidi zu bewegen 
Im Uügelschatten dieser GartenaunI 



Es bitten Gras, d^ bunten Bhunen Schimmern, 

So farbig unter Eichen hingestreut, 
Dass sie dem sdiönen Fuss als Tefqnch taugen; 
Der lichte Himmel, ganz in hellem Flimmern 
Ringsum erstrahlend, zeigt sich voller Freud', 

Verklärt zu sein durch solche schöne Augen. 



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txxv 

Dies schöne Ding mit Seid' und Gold gestickt. 
Das Amor mir, vom Glück begünstigt, brachte. 
Hat, als ich, wer es trug, im stillen dachte, 
Zum Gipfel meines Heils mich feist entrückt 

Doch wenn Erinnerung an den Tag erwachte, 
Der mich zugleich so reich und ann eiblidct, 
Fühlt' ich mich immer schmerz- und zombedrückt, 
Dass ich mich grollend und beschämt verachte: 

Weil ich nicht fester, als mir nöt% schien, 
Den schönen Raub behielt, den Widerstand 
Des zarten Engels nicht gewagt zu brechen; 
Weil ich den Sohlen Flügel nicht verliehn, 
Mich wenigstens an dieser Hand zu rächen, 
Der ich schon so viel Tränen nachgesandt 



147 



LXXVI 

Ich brenne, ach, und sie will's nicht verstehn, 
Wohl merkt es jedermaim, Dw nicht die eine! 
Die einzig wissen müsste, wie ich's meinem 
Scheint's nicht zu gruben, und doch muas sie's 

sehn. 

So am an Glauben und so einzig schönl 

Zeigt sich mein Herz euch nicht im Augenscheine? 
Dächt' ich nicht, dass mein Stern es mir vemeiiie^ 
Erbarmen müsste mir zur Seite stehn. 



Mein Brennen, das euch doch so wenig stört. 
Und eaeac Ruhm in meinen Sang eigoesen^ 
Noch viele lassen sie vielleicht erglühn; 
Schon seh ich's klar, mein süsser Flammeaheid; 
Die Zunge starr, das Augenpaar geschlossen, « 
Lang nach uns werden sie noch Funken sprQiuu 



148 



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LXXVU 

OSede, die von so veisdiied^en Dingen 
Hört, liest und schreibt, und sieht und denkt 

und spridity 
Begehrlich Aug', du Sinn, dess' schöne Pflicht 
Is^ uns der eddn Worte Klang zu bzingen; 



Wär' es euch lieb ein „Früher*' zu erringen, 
£m „Später^ eurem Ffad? Damit eodi nicht 
Begegnet dieser schönen Augen Licht, 
Die Spuren nicht, drin ihre Sohlen gingen? 



Nein, bei so Uarem Schein, bei solchen Zeidim 
Geht man nicht fehl in diesem kurzen Lauf, 
Nur würdiger fttr jenen ew'gen Saal. 
Durch Nebel sässen GroU's kannst du's erreichen, 
Zwingt didi, o mtlder If ut, zum Himmd auf, 
Den sichern Schritten nach, dem reinen Strahl 



H9 



LXXVIII 

Du rasdier Strom» der aus deo Alpen springt, 
Und zelirend rinnt, wie's schon der Naine tut, 
Bei Tag und Nacht sehnsüchtig rollt die Flut, 

Wohin dich die Natur, mich Liebe bringt 

Zieh' du nur abwärts, deinen Lauf bezwingt 
Nicht Schlaf noch Unlust, dodi eh' dein Tribut 
Ins Meer fällt, wo sie weilt da achte gut: 
Grün sei die Wies^ rein die Luft beschwingt! 

Dein linkes Ufer ward zum Gartenland, 

Denn unsre Sonne lebt und wandelt dort; 
VieUeidit betrübt sie mein Verspäten, [Ach, 
Was hoff ich] ? Küss' den Fuss, die weisse Hand, 
Sag' ihr [dein Küssen gdte für das Wort]: 

— Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist schwach. — 



150 



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LXXIX 

Mich zieht der Wunsch an Amors Gängelband, 
Die Freude reizt und die Gewohnheit Mgi» 
Noch hat mir Hoffnung schmeichehid Trost gehegt. 
Und reicht dem müden Henen ihre Hand. 

Der Anne greift danach, voll Unverstand, 
Daas sie uns blind auf falscher Bahn bewegt 
Der Sinne Macht ist's, die Vernunft erschlägt, 
Kein Wunsch' aus dem ein neuer nidit entstand. 

Mit Tugend, Schönheit, sässer Rede hat 
Sich edles Laub vereint, das leis und still 
Mein Herz fOr aBe Zeiten aufgenommen« 
Tausenddreihundertsiebenundzwanzig trat 
Zur Vespostund' am sechsten des April 
Ich in das Labyrinth draus kein Entkommen. 



151 



LXXX 

Gesang und Klageruf der Vogelschar 
Läflst früh bei Morgengraim das Tal oUingen, 
Und murmelnd rinnt der Bach in schnellen Sprüngen, 
Wie flüssige Kristalle frisch und Uar. 

Die treulos nie in ihrer liebe war, 
Von Antlitz weiss mit goldnen TxKtonringienj 
Weckt mich bei solcher Reigen liebesklingen, 
Und kämmt des grmaa Gatten weisses Haar. 

£rwacht, darf ich die Morgenröte froh 

Und ihre Sonne, melir die andre grüssen; 
Einst Hess sie mich, nodifähl' kh% fast crialinden, 
Weil ich gesehn, wie sich die beiden so 
Zugleich eriioben; und zur Stunde Hessen 
Jene die Sterne, diese sie verschwinden. 



152 



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LXXXI 

Wo scbüxfte Amor nur das Gold, das feine 
Der blonden Locken? Und von welchem 

Strauch 

PfUkckt er die Rosen? Woher nahm er audi 
Den zarten Reif, dass er sie atmend eine? 

Woher die Perlen, dass er xäigs umzäone 

So süsse Worte ganz nach edlem Biauch? 
Woher die schfine Stirn, vom Götterhauch 
Umweht, die klarer als des Himmels Reine? 

Aus welcher Sphäre, welchem Engelchor 
Die holden Lieder^ die mich so zerstören, 
Dass ich viel mehr nicht zu vernichten weiss? * 
Von welcher Sonne kam das licht hervor 
Der schönen Augen, die bald Krieg erklären, 
Bald Frieden, dass mein Heiz bakl Glut bald Eis. 



153 



LXXXII 



roh und betrübt, gemeinsam und allein. 



X Ihr FVaun, diepbrademd sich hierher begeben, 
Wo ist sie, die mein Tod, mein ganzes Leben? 
Sie fdüt und pflegte sonst mit euch zu sein. 

— Froh denken wir an unscm Sonnenschein, 
Betrübt, dass die Genossin beute eben 
Uns Eifersucht geraubt imd neidisch Streben, 
Dem andrer Glück gleich eignem Schmerz zur 



— Wer gibt Gesetze Liebenden und Schranken ? — 

— Niemand dem Geist, dem Leibe Zorn und Groll, 

Wie wir's an ihr, wie wir's an uns erfahren. 
Doch liest man von der Stirn oft die Gedanken: 
So sahn wir heut' die Schöne trauervoll 
Und dass die Augen feucht von Tränen war^ 




Pein. — 



»54 



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LXXXIII 



Wölf Fxaim, nein» Steme» me sie fröhlich lagen 



X^ In einem Schifflein, sah ich hold vereint, 
Inmitten eine Sonne, und mir sdieint, 

Nie hab' ein solches noch die Flut getragen: 

Nicht Jason'Sy um das Gold-Vliess zu erjagen, 
[Worin heut* jeder sidi zu Ueiden mmt]. 
Noch das des Hirten, um den Troja weint. 
Davon der Welt so vieles war zu sagen. 

Dann könnt' ich sie im Siegeswagen sehn 

Und meine Laura, vie's ihr Sinn gebot, 

Sass ganz für sich und sang so süsse Weisen. 

Nichts Irdisch- Menschliches kann so geschehnl 

Automedon, du Typhis, der Pilot, 

Die ihr so Frohe fuhrt, ihr seid zu preisen! — 




155 



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LXXXIV 

Vom Zorn ward Alexander fortgerissen, 
Misda: ab PhiUpp wahrt" erWOxd' und Halt, 
Was hilft's, dass nur Apelles ihn gemalt, 
Nur ein Lysipp sein Ensbild durfte giessen? 

Tydeus nagt' stecbend nodi mit gier'gen Biaseii 
Am Schädel Menalipp's in Zomgewalt; 
Die letzte Uinde Wut ward sdiwer bezablt, 

Die SuUa's Lebens£aden abgerissen. 



Zorn führt zur 

Das weiss auch Ajax, der daran gestoiben, ; 
Der gleiches vielen, dann sich selbst gebot 
Zorn st erst kurze Wut; wen er im Bann 
Zu lange hält, den hat er oft verdorben: 
Zuerst durdi Schande, dann durdi admellm Tod. 

I 



156 

1 



uiyiii^Cü by GoOgle 



O Kämmerlein» einfit Hafen für den Müden 
In sdiwerem Sturm bei jeder Tageswende, 
Jetzt quillt mir Nachts in dir die Tränenspende, 
Die ich verschämt am Toge muas behüten. 

O Bettlern, das scnmt Ruh' und TVost bescbiedeo: 
Aus Trauerumen badet ohne Ende 
Dich Amor jetzt durch jene weissen Hände» 
Die grausam sonder Recht nur mich gemieden. 

Nicht nur der Zelle und .dem stillen Rastm 
Entflieh* ich, nein, mir selbst und meinem Denken; 
Als ich ihm folgte» hob's zu luft'gen Höhn. 
Zur Menge, der mir femdHchen verhassten 
Muss ich, [wer dacht' es je?] die Schritte lenken. 
So furchtsam bin idi mich alldn zu sehn. 



»57 



LXXXYI 

Fürstliche Art bei hohem Geiste, und 
Bei scharfem Aug' ein rasches Vorwärtsschau^ 
Hochherziger Sinn, feind allem Dunkeln, Lauen; 
Fürwahr, das ist ein würdevoller Bund« 

Ab nun zum Schmuck des hohen Tags ein Rund 
Veisanunelt war von auserwählten Frauen, 
Ward glddi die Herriichste Sun, im Vettraoeii 

Auf sich'res Urteil, unter vielen kund. 

Den andern, höher zwar an Rang und Jahren, 
Gab er zurückzutreten dann ein Zeichen, 
Der einen galten freundlich Wink und Gruss. 
Er kflsste so, dass aUe fröhlich waren, 
Ihr Stini und Aug' mit freundlichem sich Neigen; 
Mir aber gab so fremde Huld Verdruss. 



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Lxxxvn 

Oschatt'ger grüner Hügel frisch umblüht, 
Wo sie wohlsiimt und singt in diesen Stunden; 
An Himmelsboten glaubt man selbst hier unten, 
Wenn man die liebtichste auf Erden sieht 

Recht tut mem Herz, wenn es zu ihr entflieht. 
Noch besser, wenn sich's nie zurück gefunden l 
Nun sucht's der Ftlsse Spur im Grase drunten, 
Dass es noch feuclit aus eignen Augen sieht« 

£s naht sich ihr und sagt ohn' Unterlass: 
— Ach dürft* er hier nur kunse Stunden sem. 
Der schon des Weinens und des Lebens müde! — 
Sie aber lacht, gar ungldch ist das Mass: 
Du Paradies, ich ohne Herz ein Stein; 
O heiliger süsser Ort voll Glück und Friede! 



159 



Lxxxvin 

Zwei Rosen frisdi am ersten Tag des Mai'i^ 
In schönem Garten in der Früh g^üückt» 
Verteilt ein weiser alter Fremid geschickt • 
An jüngere, die ihn begrüast zu zwein; 



Mit solchem lAchetai Worten mild und fem, 

[Ein Wilder wäre selbst davon entzückt], 
Dass hdl efgUkhtait die er angebUdrt, 

Beider Gesichter in der Liebe Schein. 



— Die Sonne sieht solch Liebespaar nicht mehr; — 

Sprach er, aufseufzend, lächelte dabei, 
Und beider Hände drückend ging er tact 
So gab er Rosen, liebe Worte her. 
Die jmige Herzen *froh gemacht und scheu: 

O lichter Tagl O schön' beredtes Wort! — 



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LXXXIX 

Wer. was durch Himmclskraft hier kann ge- 
sch^n, 

Bewundern will, komm' her sie anzubUcken; 
Sdbst eme arge blinde Welt voll Tücken 
Huss« nicht nur ich, sie hier als Sonne sehn. 

Doch komm' er bald; der Tod lässt Böse stehn. 

Sucht räuberisch die Besten zu entrücken; 
Baid wird sie in der Götter Reich entzückeci 

Denn alles Sterblicli-Schöne muss veigehn. 

Er sieht, wenn er zur Zeit noch kommen kann, 

Wie Tugend, Schönheit, königliche Sitten 
In einem Leib sich wunderbar vereineii; 
Dass meine Reime stumm sind, sagt er daim, 
Weil der Verstand durch zu viel lidit gelitten; 

Doch harrt er lang, so wird er ewig weinen. 



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xc 

Wie wird mir bang an jenen Tag zu d^en. 
Als ich Madonna lebewohl gesagt! 
Emst war sie und gedankenvoll, man wagt 
Ungern den Sinn darauf zurQckasuIenken. 

Noch seh' ich sie das Haupt demütig senken 
Im Frauenkreis; wie eine Rose ragt 
Sie unter Blüten, froh nicht, noch verzagt: 
Nur einer Soige schien sie nachzudenken. 

Der alte heitre Sinn war aufgegeben, 

Auch Perlen Kränze, schöne bunte Hüllen, 
Nicht Lachen gab% noch Sang und Plauderei, 
Und so im Zweifel Hess ich da mein Leberu 
Wenn düstre Träume jetzt den Sinn eifüllen. 

So gebe Gott, dass es vergeblich sei. 



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\ yT adonaas Antlitz süss und engelrein 



bringen; 

Jetzt kann ich Furcht und Kummer nicht bezwingen, 
So flfisst es Schrecken mir mid Trauer ein. 

Denn in dem sdiönen Anditz seh' ich Pein 

Und wahres Mitleid miteinander ringen. 

So dass nicht Lust nodi Hofibiung mehr gelingen, 

Und was ich höre, scheint mir wahr zu sein. 

— Entsinnst du dich der letzten Abendstund», — 

So spricht sie, — als ich dich in Tränen liess. 
Da mich die Zeit trieb eilend fortzugdm? 
Nicht könnt' noch wollt' ich damals dir die Kunde 
Vennittein, jetzt veminun sie als gewiss: 
Auf Erden hoffe nicht mich noch zu sehn. — 




ir im Schlui 



er Trost zu 



163 



xai 

Ich horche hin und kann nichts Neues hören, 
Das mir von der goUcbteii Fcmdni saigtt 
Die Hoffniing stachelt und das Herz verzagt, 
Idi woiss nidit mehr» was denken^ wie's ericlaxcn. 



So schön zu sein half mancher Glück zerstören: 
Die Schöne, Keusch^ die vor allen ragt. 
Hat Gott vielleicht der Erde schon versagt, 
Und hd:>t als Stern sie zu des Himmels SphdreD, 



Vielmehr als Sonne. Meine lange Pein 
Mit ihren kurzen Rasten wär' am Ziel, 
Am Ziel das Ldt»en. Dass ich meiner Trauer 
Durch harte Trennimg muss so ferne sein! 
Zu End' ist meiner Fabel kurzes Spiel, 
Und meine Zeit ist um, bei halber Dauer. 



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xcm 

Einsam lieb' ich das Leben zuzubringen, 
Bin Uf «n, Fdd und Hain da: Wohlbekannte» 
Der Stumpfen, Tauben gern den Rücken wandte, 
Weil sie abseits vom Himmelswege gingen. 

Und sollt' es hierin mir nach Wunsch gelingen, 

Fem von der schönen Luft toskan'scher Lande, 
Ging's zu den HOgeln an der Sorga Strande» 

Die mir im Weinen mithilft wie im Singen. 

Doch ach, mein Schicksal stösst mich immer feindlich 
Zurttdc an jenen Ort, wo mich's empört, 
Dass man im Schlamm mein schönes Kleinod leide; 
Der Hand, mit der ich schreflbe, war es freundlich. 
Und Amor sah's, — vielleicht ist sie es wert: 
Die edle Frau und ich, wir wissen's beide. 



165 



XCIV 

Wert ist das Leben; dann ist hoch zu preisen 
Die Ti^geod achöncar Fnum, so acheint es 

mir. — 

— Kdir^s um, o Mutler» wo's auf £iden hier 

An Tugend feliit, kann nichts voUkonmien heissoL 

Und die sich ihre Ehre lässt entreissem, 
Ist nidit mehr Frau, nodi Idit sie; sdiemt sie dir 
Wie einst, dann steht es doch so arg mit ihr, 
Dass Tod und Pein nidit grCssre Qualen heisseii 

Lukrezias Tod will mich niclit Wunder nehmen, 
Nur wie sie starb: dass, was der scharfe Stahl 
Getan, nicht schon dem Schmerz allein gelungen, — 
Und wenn hier alle Philosophen kämen 
Mit ihren Lehren: Alle wären schal. 
Nur diese hätte sich emporgeschwungen. 



i66 



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xcv 



rQbdnd sitz' ich, und es fasst mich dann 



vJMit mir selbst so imiiges Erbarmen» 
Dass es oft mich Annen 
Nur zu neuen Tränen treibt und Klagen; 
Denn mir naht das tödliche Umannen, 
Und so fleh' ich Gott um Flügel an, 
Die ans Kerker bann 
Meine Seele auf gen Himmel tragen. 
Doch nidxts will mit mir sich aufwärts wagen, 
Mag ich bitten, seufzen, weinen, hoffen; 
Und so ist es auch mit Recht gefugt: 
Denn wer stehn kann und am Boden liegt, 
Der ist wert, dass es ihn so getroffen. 
Wohl seh' ich noch offen 
Jene gütigen Arme voller Hukl» 
Doch aus andrer Schuld, 
Andrer Beispiel fürcht' ich wie sidi's wende, 
Und mich drängt s — vielleicht bin ich am Ende. 

EIN Gedanke spricht zu meinem Geist: 

— Was spU glücken, woher Hilfe fliessen? 

Kannst du's noch mcht wissen, 

Armer, dass du wea% stehst in Ehren? 

Schnell entschliessen musst du dich, entschliessen, 




167 



Daas du der Bierde Wurzein reisst 

Aus der Brust; du weisst: 

Nicht beglückea kann sie, nur beschweren. 

Wenn dich Täuschungen nicht mehr betören, 

Flüchtige Lustbarkeiten dich ermüden, 

Die jetzt andern reicht die falsche Welt, 

Warum ist dein Hoffen noch gestellt 

Auf unsichre Güter ohne Frieden? 

Noch bist du hienieden, 

Hast dein Denken noch in der Gewalt: 

Gib ihm Kraft und Halt, 

Denn du weisst, Gebhr liegt im Besinnm, 

Und zu spät wär's. Neues zu beginnen« 

WIE viel Wonne einst dein Auge trank. 

Als du sie geschaut, du hast's erbhren: 

Wär' in künft'gen Jahren 

Sie gdtMnen, lebten wir in Frieden. 

Wohl bewahrst du, [sollst es wohl bewaliren], 

Jenes Antlitz, das ins Herz sich schwang, 

Dem's vielleicht gelang 

Andres Flammenlodem zu verhüten. 

Trügerische Glut, von ihr beschieden, 

Harrte Jahre lang dem Tag entgcfgen, 

Der nicht kommt, zu unserm eignen Glück. 

168 



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Heb' zu besserer Hoffnung nun den Blick, 
Sdiau die Himmel, die sidi um dich r^n, 
licht auf ew'gen W^n: 
Übte auf dein Sehnen solche Macht, 
Hat dir Ruh' gebracht 

Schon ein Blick, ein Wort, ein lieblich Singen, 
Weiche Wonne wird dich dort umringen? — 

EIN Gedanke, herb und süss zugleich, 

Setzt sich jetzt, mit Lust und Weh belastet, 

Mir ins H^z und rastet 

Nie, will es mit Wunsch und Hoffen nähren. 

Nimmer fühlte der voller Ruhmsucht hastet. 

Ob ich heiss, ob kah; ihm gilt es gleich, 

Ob ich dürr, ob bleich: 

Tot' ich ihn, wird er sich neu gebären. 

Ais ich Kind noch war, blieb sein Begehren 

Eineo nur, mich wachsend zu begleiten, 

Und ein Grab, so fOrcht' ich, schliesst uns ein. 

Doch wird körperlos die Seele sein, 

Kann sie auch der Wunsch nidit mehr geleiten; 

Nennt dann vor den Leuten 

Rom und Hellas mich, so bleibt's ein Hauch. 

Und so fürcht' ich auch, 

Dass ich sammle, was sie schnell bestatten: 



169 



Wahrheit möchf ich fassen, keine Schatten. 

DOCH ein andrer Wunsch in mir erstickt 

Alle, die er noch m nur gefimdenf 

Und es Iliehn die Stunden» 

Find' idi midi, von jener sdurdbend, sitzen. 

Durch der schönen Augen Licht gebunden, 

Leis' verzdurt von ihrer heüem Ghit, 

Fesseln sie so gut, 

Dass mir weder Gdst nodi Eifer nützen: 
Und was hilft's mein Boot in allen Ritzen 
Dicht zu machen, das durch Doppelbande 
Zwischen Klippen noch gehalten ward? 
Der du mich von andern aller Art 
Löstest, drin die Welt noch liegt in Bande, 
Nimmst du diese Schande, 
Herr, nicht auch von meinem Angesicht? 
Steht der Tod doch wie ein Tramngeaidit 
Stets vor mir; fort würd' ich gern ihn schaffen, 
Mich verteid'gen, doch mir fehlen Waffen. 

WAS ich tue, seh^ ich und mich narrt 
Wahrheit nicht, doch fesseln Amor's Schlingen, 
Der an hohen Dingen 
Alle hindert, die ihm zu sehr trauen. 

170 



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Oft fühl' ich mir in die Seele dringen 

Herben Unmut, edler strenger Art; 

Was im Innern harrt» 

Lasst er deatfidi auf der Stime sdmen: 

.Wollt ihr irdischer Liebe mehr vertrauen. 

Nicht nur Gott die schuld'ge Ehrfurcht schenken, 

Schwindet alles Lob, darauf ihr baut, 

Und vom Snnentmge mahnt euch laut 

Die Vernunft, den Schritt zurück zu lenken. 

Saft sie Hören, Denken 

fiückwärt^ üble Sitte schiebt voran, 

Malt vor Augen dann, 

Die zur Welt kam, schwer mich zu verwunden. 
Die ich, ach, nur allzuschön gefunden. 

WIE viel Zeit mir Gott will anvertraun 

Weiss ich nicht, der ich seit frühen Tagen 

Jenen Kampf ertragen, 

Den ich selber gegen mich begonnen. 

Auch den letzten Tag vorauszusagen 

Kann ich nicht durch KörperhüUe schaun, 

Doch mein Haar ergrau'n 

Seh' ich und schon anders mich gesonnen. 

Da ich mm das Ende bald gewonnen, 

Da der Abschied nicht mehr in der Weite, 



Denk' ich, [wie man sinst auf guten Rat 

Nach Verlusten], wo ich wohl den Pfad 
liess» 2sur Rechten, den zum guten Hafen. 

Doch von andrer Seite 

Treibeii« stachdn rOckwärts Schmecz und Scham. 

Auch die Liebe kam 

Nicht befirdendy die midi so durchdrungen, 

Dass der Tod sogar sie nicht bezwungen. 

SOWEIT kam ich und vor Furcht, Kanzone, 

Wird das Hecz wie . Eis mir kalt und »tarr, 

Demi voraus fühl' ich die letzten Stunden. 

Schwankend hab' ich um das Holz gewunden, 

Was \om kurzen Linnen fertig war: 

Wem bot je sich dar 

Solche schwere Last, wie ich erleide? 

Denn den Tod zur Seite 

Such' ich für die Lebensbahn das Rechte, 

Seh' das Gute, klammre mich ans Schledile. 



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XCVI 

Mein teurer Herr, stets hab' ich euch im Sinn, 
Nach dessen Anblick ich vergebens trachte; 
MeinLos [ob esmir wohlnochSchliinm'res brachte?] 
Hält mich am Zügel, wirft mich her und hin. 

Und mein von Liebe ganz erfüllter Sinn 
Ftdirtmich zum Tod, noch eh' ich's recht beachte* 
So, während ich nach meinen Sternen schmachte, 
Seufz' ich bei Tag und Nacht^ wo ich auch bin. 

Freundschaft für Männer, Frauenliebe gaben 
Die Ketten, was zum grossen Leide war, 
Obwohl ich selber mich damit gebunden: 
Ein Lorbeer, eine edle Säule haben 
hk mir, — der achtzehn, diese fünfzehn Jahr' 
Gewohnt, davon ich nie mich losgewunden. 



• 

173 



NACH DEM TODE VON MADONNA LAURA 



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XCVII 

O schönes Ängesidity o sanfte Mienen, 
O stolze Haltung voller Liebliclikeit! 
O Wort, das xauhe Art zu jeder Zeit 
Gemildert, Feige wandelte zu Kühnen! 

Nicht könnt' ich deinem ersten Pfeil entrinnen, 
O süsses Lächeln, war' zum Tod bereit; 
0 hoher Sinn, des Thrones Herrlichkeit 
Vor allen wert, nur all zu spät erschienen* 

Ffir euch nur kann ich atmen, kann ich biennen, 

Denn euer war ich, und von euch verlassen, 
Sdieint jedes andre Leid nun leicht und lind. 
Einst hiess: mich von lebendiger Wonne trennen, 
Nur neuen Wunsch und neue Hoffnung fassen; 

Doch meine Worte flogen mit dem Wind. 



«75 



XCVIII 

T "T T'as beginnen? Amor rate mir! 
VV Sterben hätf ich soUai, 
Und ich säumte mehr als weise wär. 
Tot ist sie» es ging mein Herz mit ihr, 
Und ihr folgen wollen, 
Schnitte ab der Jahre aiges Heer. 
Da sie hier nicht mehr 
Wiederkehrt, bangt mir vor langem Sehnen; 
Wandelte in Tränen 

Sie doch ail' mein Glück; seit sie gestorben, 
Ist mir jede Lebenslust verdorben. 



DU, o Amor, fühlst die ganze Not, ' 

Weisst, wie schwer mir der Verlust zu tragen, 

Und dich schmerzt und kümmert meine Fein, 

Nein, die imsrel Ward doch unser Boot 

Hart am Fels zersdilagen, 

Hüllt doch unsre Sonne Dunkel ein! 

Wer kann fähig sein 

Meine Qual im Wort zu offenbaren? 

O der undankbaren 

Welt! Laut hätt' sie klagen müssen, 

Denn ihr ist der schönste Schmuck entrissen! 



176 



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DEINE Glorie fid, du aiehat es kaum. 

Bist nicht wert gewesen 
Dieser heiligen Ffhsse Druck und Spur, 
Ihrer wert war nicht dein £rdenraum; 
Denn so henlich' Wesen 
Schmückte besser sel'ge Himmelsilur. 
Ach, ich rufe nur 

Weinend sie zurück; mir kann das Leben 
Ohne sie nichts gd^en. 
Dies allein blieb mir von all' dem Hoffen, 
Halt mich aufrecht, der so schwer getroffen. 

STAUB dies AntUtz, ach, so schön und klar, 

Dass von sel'ger Feier 

Uns schon hier auf Erden Kimde sei 

Ihre Seclenform schwebt unsichtbar, 

Frei vom Erdenschleier, 

Der sie uns umhüllt im Lebensmai, 

Droben, und aufs neu 

Ward ihr ein Gewand, das nie veiloren 

Geht Wie neugeboren 

Sehn wir sie im ew'gen Glänze wohnen, 

Schöner als in irdischen Regionen. 

LIEBLICHER noch kehrt die Huldgestalt 

177 



Mir zurück, gleich der am heU'gen Orte, 

Wo sie fühlt, wie sehr sie Wonne bringt. 

Darauf bau' ich noch; der andre Halt 

Li^ im lieben Worte 

Ihres Namens, der mir sCta erklingt 

Doch aufs neue bringt 

Leid die tote Hof^ung, die nodi g^Qhte, 

Als sie lebend blühte. 

Wie ich wurde, Amor haf s er&hren 

Und sie, hoff ich, sieht's, — so nah dem Wahren» 

FRAUN, die ihr die Schöne oft gesehn, 

Ihren engelgleichen 

Wandel, ihre göttliche Gestalt, 

Mich beklagt, nicht sie, — zu sel'gen Höhn' 

Wert hinaufzusteigen 

War sie, liess mich in des Kriq;8 Gewalt; 

Sperrt auch mancher Halt 

Nodi zum gleichen Weg die Ausgangspforte, 

Hindern Amors Worte 

Nur, dass ich den Knoten nicht zerreiase. 

Und er spricht zu mir in solcher Weise: 

ZÜGLE deinen Schmerz, er reisst dich fort. 
Flieht vor gier'gem Willen 

178 



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Doch die Huld' nach der die Seele rang: 

Die euch tot erscheint ist lebend dort 
Ober schöne Hüllen 

Lächelnd, ist sie nur um dich noch bang. 
Findet guten Klang 

Weithin noch ilir Ruhm durch deine Lieder, 
Bittet er: Lass wieder 
Glanz noch ihrem Namen widerfahren, 
Wenn je süss dir ihre Augen waren. 

FIJ£H£ Licht und Grün, 
0 Kanzone, nicht wo Lieder tönen 
Oder Lachen, weile, nur wo Tränen 
FHessen; Frohen stöist du ihre Freude, 
Witwe voller Gram im schwarzen Kleide. 



XCIX 

Die Säule brach, der grüne Lorbeer fiel, 
Die meineiii müd» Geiste Trost gespendet, 
Verloren bleibt, wohin ich mich gewendet, 
In dieser Welt des Wiederfindens Ziel 

Der stolzen Gang mir gab und Frohgefühl, 
Den Doppelscbs^tSi o Tod, hast du entwendet, 
Nicht Land noch Krone, die ihn wiederspendet, 
Juwel und Gold nicht, wär' es noch so^vieL 



Doch wenn das Schicksal es nun so gemeint, 

Was bleibt mir übrig als ein Herz voll Sorgen, 
Ein müd' gebeugtes Haupt, die Augen feucht? 
Ob uns das Leben noch so schön erscheint, 
Wie leicht verlieren wir an einem Morgen, 

Was wir in Jahren voller Müh' erreicht 



i8a 



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c 

SoU ich wieder in dem altes Joch, . 
Amor^ müssten dir^ mich zu bezwiDgen, 
Wunder erst gelingen. 
Eh* die neue Probe nur gelohnt. 
MQsstest meinen Schatz erst wiederbriagea' 
Aus der Erde, — ward ich Bettler doch! 
Auch das Herz mir noch 
Holen, weis' und keusch, drin ich gewohnt 
Hast du so viel Macht auf Sonn' und Mond 
Droben, wie man sagt, und tief im Grunde, 
[Weil auf Eiden, was du kannst und bist 
Jeder weiss, und ist 

Dies, so mein ich, wohl in aller Munde], 
Dann hoP mir den Raub aus Todesrddten, 
Und das Antlitz trag' dein Si^eszeichai. 

LASS ihr schön' Gesicht mir wieder hell 

Leuchte sein, die Qut entzQnde wieder» 

Ach, die meine Glieder 

Noch eiioschen wännt, und einst, wie sehrl 

Hirsch und Hindia suchen auf und nieder 

So begehrlich nimmer Flass und Quell, 

Als ich Gramgesell 

Jene Anmu^ die mir immer mehr 



Bitt'res bringt, versteh' idi die Begehr, 
Die mich irre leitet, recht zu fassen. 
Keine Strasse zeigt, wohin sie weist, 
Und der müde Geist 

Sucht, was nimmer sich wird finden lassen; 
So muss ich mich dir zu fo^eu hfkten: 

Nur in deinem Reich kannst du gebieten. 

LASS' noch einmal mich den süssen Hauch, 

Den ich drinnen fühle, aussen spflrenl 

Sanft zur Ruhe füluen 

Könnt' er im Gesänge Groll und Hass» 

Konnte Sturm regieren. 

Und verscheuchen finstem Nebebauch, 

Hob mein Dichten auch 

Über sich, zu nie erreiditem Mass. 

Füg' in eins nun Wunsch und Hoffnung, dass, 

Da Gedankenkräfte stärker weben, 

Wahres Dasein, auch für Ohr und Blick 

Einmal noch zurück 

Kehre. — Halb wär's sonst und Tod mein Leben. | 
Sieh', dass idi dir sonst nicht folgen werden 

Deckt mein erstes Lieben noch die Erde. 

IN die Augen lass mich wieder sehn: 
182 



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Sonnenschein mir unter meinem Eise; 

Hair' am Tor der Reisen 

Wo ich einging ohne Wiederkehr; 

Pfeil und Bogen nimm nach alter Weis^ 

Lass ihn Idingen, wie es sonst gescfaehn 

Bei dem Wortgetön, 

Draus ich lernte, was die UAe war*. 

Rühr' aufs neu mit ihrer Angeln Heer, 

Bas mich fing, die Zunge, gib die Speise, 

Die mich labt; im krausen, blonden Haar 

Bng des Gams Gefahr, 

Bass es mich nicht fängt auf andre Weise; 

Lass die Haare flattern in den Winden: 

Nur mit diesen suche mich zu binden. 

NIEMAND lös' aus goldnen Schlingen mich, 
Den mcht kOnstlich-giatt, nein kiaus-verwiirten, 
Noch dem unbeirrten 
Geist, der milde bald, bald streng gebfickt 
Mehr als Lorbeer hielt er oder Myrten 
Immeigrdn den Ho£lnung8tneb für mich: 
Ob im Walde sich 

Grünes Laub verior, ob'» neu ihn schmflckt 
Nun der Tod den Knoten rauh zerstückt, 
Dem ich mich gefürchtet zu entrinnen. 



Und du niq;eQds findest weit und breit 

Wie du ihn erneut, — 

Wozu, Amor, willst du's noch b^gpnneii? 

Jugendkraft verging, die Waffen fdden, 

Die mich schreckten; worauf willst du lählen? 

IHR£ Augen dieoten dk im Stiauss» 

Pfeile sendend mit verborgnem Feuer, 

Die Vernunft nicht scheuer 

Machte, weil hier Himmelskräfte führen; 

Ihr Gespräch, ihr Schweigen, T^cheni freier 

Froher Geist und holde Art im Haus, 

Kluge Worte, draus 

Grober Sinn selbst Höflichkeit gelernt: 

In der Nähe pries man und entfernt 

Ihre sanften Engelszüge, ihren 

Gang, ihr Stehn und Sitsen, — dass es sdiwer 

Wurde, welchem mehr 

Unter allen möchte Lob gebühren; 

Harten Sinn selbst hast du so geschlagen: 

Wehrlos bist du jetz^ wie willst du's wagen? 

SENDET dir der Himmel Seelm hin 

In dein Reich, die fessle nach Gefallen, 
Ein Band nur vor aUen 

184 



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Galt für mich, mehr sah man dort nicht vor. 
Jenes riss» im mag ich nidit mehr wallen» 
Weinend ruf ich: Edle Pilgenn, 
Weicher h(die Snm 

Band mich erst und löste dich zuvor? 
Eilig hob die Gottheit dich empor. 
Wollte uns nur hohe Tugend senden, 
Anzufeuern edelste Begehr. — 
Sieh', nicht fürcht' ich mehr, 
Amor, Wunden noch von deinra Händ»; 
Lass' den Bogen, Kraft fehlt den Geschossen, 
Seit sich diese schönen Aug» sdüossen. 

AMOR, mich befreit von dir der Tod, 
Die ich liebte, musste aufwärts schweben, 
Frei und traurig blieb für mich das Leben. 



I 



urch einundzwanzig Jahr in stetem Bann, 



JL/Bcfreite mich der Tod von harten Binden, 
Kaum glaub' ich, dass man Schlimmeres empfindeaD, 
Doch nicht, dass man durdi Sdmeraen steAeo 



Amor liess noch nicht nach und legte dann 

Ein anderes Garn ins Gras, nicht leicht zu findeo^ 
Ein neues Feuer sucht' er zu entzünden 

Mit neuem Zimder, dass ich kaum entrann. 

Und hätt' ich vorher nicht genug erfahren 
Durch erstes Leid, war* ich gefasst veisengt, 
Und um so mehr^ weil nicht mehr grün im Holz. 
Noch einmal kam der Tod mich zu bewahren» 
Die Glut erlosch, der Knoten ward zersprengt; 
Und gegen jenen hilft nicht Geist noch Stolz. 




kann 



i86 



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cn 

Das Leben ffieht, wiB keine Stunde schenken. 
In grossen Tagereisen folgt der Tod, 
Was heut' geschidit und was das Gestern bot, 

Dazu die Zukunft, — aOes will mich kränken. 

Die Blicke in veigang'ne Zeiten lenken 
Bckflmmert mich und die Erwartung droht, 
Hätf ich nicht Mitleid mit der eignen Not, 
Ich wäre langst heraus aus all' dem Denken. 

Betracht* idi Freuden, die mir einst geblüht, 
Dann macht's mich traurig, und nun seh' ich wieder, 
Wie um mein Schifflein trübe Winde wehn; 
Das Schicksal ist im Port, der Schiffer müd'. 
Der Mast zerbrach, die Segel hangen nieder: 
Verlöscht die Leuchten, die ich sonst gesehn. 



187 



cm 

Was tusty was dmlcst du? Warum stets zurück 
In alte Zeiten schaun? Sie kdiren nimmer, 
Vei^zagte Seele, warum txäfßt du immer 
Zum Feuer, das dich bmmit, manch' neues StOdc? 



Die süssen Worte, jeder sanfte Blick, 
Der oft be8chrM)ene Glanz und hokler Schimmer 
Sind erdenfem, suchst du sie hier noch immer. 
Treibst du es wider Zeitlauf und Geschick, 



Was tötend wirkt, das werde nicht emeul; 

Nur sichre Bahn führt uns zu gutem Ende, 
Das trOgenschem Wahnbäd niddt beschieden« 

Gen Himmel strebe, wenn hier nichts dich freut, 
War jene Schönheit uns doch txübe Spende: 

Tot oder lebend nahm sie uns den Frieden. 



iS8 



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dV 

Wenn Zweige rauschen und die Vögel singen 
Und weiche Sommeiioft weht tibets Land, 
Wo murmehid froh die lichten Wellen springen, 
Sitz' ich am bhmieiireichen Uferrand, 



Und sain' und li^beslieder schreibt die Hand* 

Da seh' und hör' ich ihre Worte klingen, 
Der GoC^esandten, jetzt in Enf und Sand, 
Und fernher meinen Seufzern Antwort bringen: 



— Warum verzehrt dich vor der Zeit die Klage? — 
Spricht sie voll Mitleid: — nnd warum veigosten 
Die Tränen sich in ungehemmtem Lauf? 
Wein' iddit um mich, es wurden meine Tage 
Im Tod erneut; als sich die Augen schlössen, 
Schlug ich im ew'gen Licht me wieder auf. — 



189 



cv 

Wie oft entschlüpf ich andern, hin zum stillen 
Veistecky mir selber such' ich zu eatfliehn; 
Laut Mifz' ich, TrSnen, die mein Auge filBeD, 
Benetzen meine Brust, das bische Grün. 



In dichtes Buschwerk lieb' ich mich zu hüllen. 

Furchtsam, als ob man mich zu suchen schieHi 
Um ganz den Sinn mit alter Lust zu füllen. 
Vom Tod geraubt, — und oftmals ruf ich ihn« 



Als Nymphe oder göttliche Gestalt 
Seh' idi der klaren Sorga sie entsteiget 
Sich niedersetzen dann am Uferrand; 
Durch grünes Gras» als ob sie lebend wallt, 
Auf Blumen treten und im Antlitz zeigen. 
Wie tiefes Mitleid sie mit mir empfand. 



190 



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CVI 

Beglückte Seele, die in trüber Nacht 
Oft imch m tröBtea kommt in bangea Stunden, 
Mit Augen, deren Glanz noch nicht geschwunden, 
Der nur noch überirdischer erwacht 

Wie hast du dankbar f rühlidh mich gemacht, 

Dass du in trüber Zeit dich eingefunden! 
Wie einst, an allen lieben Ort gebunden, 

* Ward mir dein Reiz dort wieder nah' gebracht. 



Dort ging ich manches Jahr von dir zu singen. 
Jetzt gdi' ich, wie du siehst, umhor und weine. 
Doch nicht um dich, nein, um mein eignes Leid, 
Nur eins kann meinen Gmm zur Ruhe bringeUi 
Dass, kommst du, ich dich keime, dich die Eine: 
An Gang und Stimme, am Gesicht, am Kleid. 



cvn 

Kein Mutterherz gab je so treuen Rat 
Dem teuren Sohn, noch dem geliebten Gatten 
Ein liebend Weib, wenn sorgendes Ermatten 
Nach bangem Zweifel sie durchzittert ha^ 

Als vom erbabnem Sitze jene ta^ 

Wenn ihre Augen mich gefimden hatten. 

Oft kommt sie^ anf der Stim des Mitleids Schatten, 

Zu mir, dem zwiefach ihre Güte naht: 

Als Mutter, als Geliebte; bald in Not 
Und bald voll edler Waime^ wir zu zeigen. 
Was ich noch tun, was lassen soll hienieden. 
Was auf der ganzen Ld>en8iabrt noch droht. 
Nicht zögern soll die Seele aufzusteigen: 
Und nur so lang sie spricht, bin ich in Frieden* 



192 



cvm 

Oiuein SennucdOy trauiig und ailein 
Blieb ich zurück, doch ist mir Trost genug, 
Dass du dich stolz erhobst mit hohem Flug, 
Nachdem der Tod erschien dich zu befreien. 

Die beiden Pole siehst du jetzt, die Reihn 
Der Wanddsteme dort in ihrem Zug^ 
Du siehst, wie weit uns kurzes Schauen trug: 
So soll mir Trost nun deine Freude sein. 

Doch bitt' ich, dass du in der dritten Sphäre 

Guittone grüssest, Messer Cino, Dante 
Und Fiancesduno und die ganze 
Sag' meiner Herrin, wie ich traurig wäre, 
£in scheues Tier mich in die Wildnis bannte, 
Gedenkend wie sie schön und heilig war. 



I 



CIX 

Glut meiner Seele schöa und auserleaen. 
Die hier den HiBunel schon so gütig fandr 
Noch vor der Zeit ging sie ins Heimatland^ 
ZurQck zum Sterne^ dem sie gieich gewesen. 

Jetzt, da mein Schlummer amfängt sich zu lösen, 
Seh ich, wie sie sum Heil mir widecstand. 
Wie sie den jugendheissen Wunsch gebannt, 
Mit Blicken voUer Milde und mit bösen. 

Ihr dank' Ichs, ihrem weisen auch Beraten, 

Als sie, so mild und schön, durch strenges Schaun 
Zur Zeit gfsnahnt die lascb ergl^le Jugend. 
O feine Künste, ihr und eure Taten 
[Der diuch die linfien, jene durch die Braun'] 
Gabt ihr d^ Ruhm und mir gabt ihr die TugoKL 



194 



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cx 



ie Augen, dem Lob ich heisB verkOadety 



X^Hand, Anne, Füsse, die mich oft bewogen, 
Dass ich in lerne Einsamkeit gezogen. 
Wie einer, der sich selber nicht mehr findet; 

Die krausen Locken, wie in Gold geründet. 
Das Antlits hold vc»n Ladidn übeiflogen, 
Die uns ein Paradies herabgezogen, — - 

Siod wenig Exdenstanb, der nichts empfindet 

Ich aber lebe^ trauernd muss idi hadern, 

Mir fehlt das Licht, das mir ins Herz geglüht, 
Und Stunn voBobamlt mein Srhiffifan ohne Steuer. 
Versiegt sind die gewohnten Geistesadem, 
Ein £nde sei's mit mcifiem Lid)eslied, 

Zum Klageton geworden ist die Leier. 




195 



CXI 

HäU' ich zuvor gewusst, dass maa einmal 
So gern auf meme lidbesBeofzar adite^ 
Dann hätt' ich, als ich sie in Reime brachte. 
Auf acbOii're Fonn gesdm und gröas'ie Zahl 



Doch seit sie starb, die Herria meiner Wahl, 
An die idi immer mid vor aUen dachte, 
Wird, [da ich nicht mehr so der Feile achte], 
Auch weicher nicht der rauhen Rdme Zahl. 



In jeaer Zeit war einzig mein Bemühn, 
Mir zu erleichtern meines Herzens Bürde, 
Nidit um des Ruhmes, um des Lobes wiHen; 
Nicht wollt' ich aus den Tränen £hre ziebn. 
Jetzt möcht' ich gern gefallen, doch vdl Würde 
Ruft sie zu sich heran den Müden» Stillen. 



196 



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cm 

Wo ist die Stirn, die durch ein kleines Zdchen 
Mein Herz nach hier hin und nach dort 

gezogen? 

Wo sind die Sterne unter schönen Bogen, 
licht meinem ganzen Lebenslauf zu reichen? 

• 

Wo Kenntnis, Takt und Kraft, die ihr zu eigen, 
Und die bescheidne Rede klug erwogen? 
Wo all' die Schönheit in ihr Bild gezogm. 

Der sich mein Wille lang gewusst zu beugen? 

Wo blieb das Mienenspiel, das gut verstand 
Mit Ruh' die müde Seele zu erquicken. 
Darin mein ganzes Denken aufgeschrieben? 
Wo, die mein Leben hielt in ihrer Hand? 
Wie fehlt sie dieser Welt, fehlt meinen Blicken, 
Die fortan nicht mehr tränenlos geblieben! 



197 



cxni 



im ich sie mcht mehr schau^ du geizig Land, 



Jl ^ Wiemussichdich,das8iemnsdiUes8t,beneideD; 
Wagst mir das schöne Antlitz abzustreiten. 
In dem nach jedem Kampf ich Frieden fand 

Der ihren Geist nun ganz in sich gebannt, 
Seit ihn die schönen Glieder nicht mnkleideii, 
Dem Himmel neid' ich ihn« zu dessen Weiten 
Manch' andrer schwer das rechte Tor erkannt 



Und wie beneid' ich jene Seelenschar, 
Dass solche süsse Nähe ihr gewordeui 
Um die ich lange mich so heiss bemüht! 
Den mitleidlosen Tod beneid' ich gar» 
Der, als er wusste mich in ihr zu morden, 
In ihren Augen wohnt und vor mir flieht 




198 



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CXIV 



Tal, dnrdi «dches meine Klagen irren. 



Fluss» in den so aianche Träne rann» 
Wildy fiOdifge Vögel, ihr, im grünen Bann 
Der Ufer, Fiachiein, die sich lustig rühren; 

LdI^ THfine wannen Senber mosst du qpüren, 

Pfad, den ich nicht mehr froh betreten kann: 
Vagem s^ltif^ kh «um Hügd heuf hinan. 
Auf den mich Amor will wie ehmals führen. 

Wohl find' ich wieder die bekannten Fluren, 
Nnr nidit in mir; ach, der ich fröhlich lebte^ 
Ward jetzt Bdiansung für ein endlos Leid. 
Hier sah ich all' mein Gluck, an diesen Spuren 
Eikenn' ich wohl, dass sie gen Himmel schwebte^ 
Und liess im Boden nur ihr schönes Kleid. 




199 



cxv 

Empor zu ihr flog die Gedankenreise; 
Sie, die ich hier zu suchen mich bdtött, 
Sah ich mit Seelen aus der dritten Sphäre, 
Noch schöner und in minda: stolzer Weise. 



Sie nahm mich bei der Hand: — In diesem Kreise 

Nahst du mir einst, wenn Wvinsch nicht Irrtum wäre; 
Ich bin'Sy um die du trugst so mandies Schwere, 

Und nocli vor Abend schloss die Tagereise. 



Mein Glück hier fasst kein menschlicher Verstand, 
Ich harr' auf dich und was dort blieb am Orte, 
Auf meine HüUe, einst dein ganzes Lieben. — 
Ach warum schwieg sie, liess*mir firei die Hand? 
Viel fehlte nicht beim Klang der keuschen Worte, 
Dass ich nicht gleich im Hinmielsraum geliehen. 



200 



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CXVI 

0 schöne Seele, jetzt von Hüllen frei, 
Wie sie Natur nicht schöner konnte weben, 
Sdiau her vom Himmd auf mein dunkles Leben, 

So tränenreich nach froher Träumerei 

* 

Des Herzens Lüsche Meinung ist vorbei. 

Die strenge Härte deinem Blick gegeben, 

Lass furchtlos ihn auf mich hemiederschweben, 

Damit dein Olir den Seufzern gnädig sei. 

Schau' nach der Sorga Quell am Felsenrand, 
Sieh' dort am Ufer den, der sich von Leiden 
Und von Eriimerung allein erhält 
Schau nidit den Ort, wo unsre Lieb' entstanci^ 
Dein Haus, die Deinen suche zu vermeiden» 
Dass du nidit sidist, was dir daran missällt 



20 1 



cxvn 

Der Westwind kommt mit seinen schönen Tagen 
Und GiBSy und Blfif, sdn holder KindeiioeSi 
Die Schwalben zwitschern, Nachtigallen klagen, 
Es schmüdt der Leus sich loteniot und weiss. 

Die Wiesen ladien, lichte W^yikchen jagen, 
Es freut sich seiner Tochter Vater Zeus» 
In Wasser, Luft und Eid' ein liebeswagm» 

Und jedes Tier ersixmt sich seine Weis'. 



Mir aber kehren, ach, nur Seufzer wieder, 
Die sie hervorlockt, die vom Herzenssdurein 
Den Schlüssel trug in himmlisches Geükl; 
Der Bhimenrain, die heUksi Vogellieder, 
Und schöner Frauen Wandeln hold und fein, 
Sind mir nur Öde Flur mit sdieuem Wild. 



« 



202 



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CXVIII 

Die Nachtigall in langgezognen Tönen 
Klagt um ihr Weibchen oder ihre Jungen, 
£rfüttt die Luft, die Flur mit sQsaem Sehnen, 

In weichen Melodien, voll Kunst gesungen. 

Die ganze Nacht singt sie zu meinen Tranen, 
Mahnt an mein Los, mit dem idi hart genmg^; 
Denn mir allein klag' ich mein töricht Wähnen: 
GOttimnen habe nie der Tod bezwmigen. 

Wie trOgt man leicht, die sich fOr «eher hahent 
Wer glaubt von Sternen, wie die Soime klaren, 
Dass sie einmal zu dunkebn Staube werden? 
Jetzt kenn' ich wohl des Schicksals hartes Walten» 
Dass weinend idi's im Leben soUt* eorlahren: 
Wie nichts erfreut und dauert hier auf Erden. 



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CXK 

Du sahst, meiu Herz, voll Ahnung vor Gefahren 
In froher Zeit sdion sinnend und betrQbt, 
Ihr fest ins Antlitz, das du so geliebt, 
Dir Ruhe noch vor kOnft'gem Leid zu wahren. 

Am Ausdrudr, an den Worten, am Gebaren, 
Am neuen Mitleid, das die Sorge gibt. 
Erkanntest du, war nur dein Blick geCft>t: 
— Dies ist mein letzter Tag von schönen Jahren! — 

O arme Seele^ wdche sanfte Weisel 

Wie leuchteten, als ich sie damals schaute, 

Die Augen, die ich nie mehr wiederseh'* 

Und ihnen liess ich, wie man vor der Reise 

Wohl Freimden edle Habe anvertraut^ 

Mein Denken und mein Herz voll Lust und Wdi* 



204 



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cxx 

Vorttber waren jui^ frisdie Zeiten, 
Und lauer, fühlt' ich, hat die Glut gebrannt. 
Als ich an jenem Funkt des Lebens stand, 

Wo's abwärts führt, bis wir zu Boden gleiten. 

Die teure Feindin liess sich schon geleiten 
Durch grossere Sicheilieit, ihr Argwohn schwand. 
So dass sie bald voll Sittsamkeit verstand 
In Scherz zu wandehi all' mein herbes Leiden. 

Die Zeit kam, wo sich Amor gut vertragt 
Mit Keuschheit, und wo Liebende vereint 
Beisammen sitzen und ach viel berichten. 
Neid lun mein Glück, mein Hoffen selbst, erregt 
Den Tod, gewappnet naht er da als Feind, 
Um es auf halbem W^e zu vernichten. 



205 



CXXI 



Nun Amor mich zum stillea Hafen weist. 
Der ich in StOrmeQ lang umbemebliren. 
In diesen reifen ehrenhaften Jahren, 
Da sündbe&eit man Tugend ehrt und ptmk. 

Als schdnen Augen nun mdn treuer Geist, 
Mein warmes Herz nicht länger lästig waren. 
Da nahst du Tod mit hastigem Gebar«, 

Das vieler Jahre Früchte niederreisst. 

Wenn sie noch mit uns lebte, legt' ich dann 
Die Last in ihre keuschen Ohren meder 
AU' meiner süssen Pein, seit langen Jahren, 
Mit Msem Seufsen hörte sie midi an. 
Und manche heü'gen Worte sprach sie wieder, 
Da anders beider Haar und Antitti vmm. 




206 



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cxxu 

Vertraute Luft umweht mich, Hügel ragen 
Wie dnat: stammt dodx mdn schönes Licht 

daher! 

Den Augen gab es fc5hikhe Begehr, 

Jetzt muss ich sie voll Tränen niederschlagen. 

UiDiäilig Hofteni Törichtes Verzagen! 

Verwaist das Gras, nicht klar die Wasser mäur, 

Das Nesty ia dem sie ruhte» kalt und leer. 

Darin ich leben wollt*, den Tod ertragen, 

Vdl Hoffnung, dass hier, wo ihr Fuss gewandelt, 
Aus ihren Augen, die mein Hcn Teibrannt, 
Dem Müden doch noch Rull' sich vorbereite; 
Karg hat und gr a nsam mich mein Hen: bdianddlt: 
Eist glüht' ich, wenn mein Feuer vor mir stand, 
Jetzt wein' ich nm die Aachen die aeistreute. 



207 



CXXIII 



ie werden meine Augen trocken bleiben^ 



1 >| Wenn sie die Zeilen wieder angesduuit. 

Die liebeglühend Amor anvertraut 
Teilnehmend edler Hand, sie mir zu sdueiben. 

Geist, den die Welt nicht wusste zu zerreibeD, 
Der so viel Milde auf mich niedertaut, 
Dass neue Rdme jetzt mein Griffel baut, 
Dem sie der Tod doch suchte auszutreiben! 

Manch' Werk hofft' ich aus meinem schwachen 

Laub 

Dir noch zu zeigen. Welches Sternbild wäre 

Voll Neid auf uns, o du mein kostbar' Gut? 
Wer baig dich doch als allzufrühen Raub, 
Den ich im Herzen seh' mit Worten ehre, 
In dem, erseufzt, nun meine Seele ruht? 




208 



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CXXIV 

A Is icli einsam jüngst am Fenster stand, 



Dass ich müde war, eh' ichs noch schätzte; 

Sieh, ein Wild enchten zur rediten Hand, 

Trug ein Menschenhaupt, Zeus zu entflammen. 

Das ein weisser Hund, ein schwarzer hetzen 

Uad so schwer verletzen. 

Als sie's fest gepadct mit scharfen Bissen, 

Dass vorüber bald die letzte Pein. 

In dem Sarg von Stein 

Kuht viel Schönheit, die der Tod entrissen, 

Dass ich schwer daiob hab' seufzen müssen. 

DANN sah ich ein Sdtdff auf hohem Meer: 

Seid' das Tauwerk, S^el goldgewoben, 

Ebenholz der Rumpf und Elfenbein. 

Still die See, kein Lüftchen regt sich mehr. 

Und der Hinmid klar, kein Wölkchen droben; 

Auf dem Schiff die Ladung reich und fein: 

Sturm und Wetterschein 

Fem vom Ost her trübten Luft und Wogen, 

Dass am Fels das Schiff in Trümmer brach. 

Welcher Kimimer, ach! 

Rasch zerstört, von wenig Raum umzogen 




209 



Schätze, nie durch andre überwogen! 

JUNG und schlank erwuchs ein Lorbeerbaum 
In dem frischen Hain, mit heii'gen Zweigen, 
Bäumen gleich im Paradiesesland. 
Süsses Singen klang im schatt'gen Eaum, 
Vieler Vögel^ wundersüss und eigen, 
Dass beinah die Erde mir entschwand« 
"V^e ich unverwandt 

Schau', verfinstert sich der Himmel, grauer 
Wird es rings, der Sturm rebst aus dm Grund, 
Bis zur Wurzel wund, 
Jenen frohen Baum, ich leb' in Tkauer: 

Nie gibt Schatten mehr so süssen Schauer. 

FRISCHER Quell entspringt im gleichen Hain 
Aus dem Fels, mit Wassern, frischen klaren, 
Murmelnd rauscht er sanfte Melodie; 
Und dem Ruhesitz im schatt'gen Hain 
Naht nicht Hirt noch Pflüger, dafür waren 
Nymphen dort, Gesang und Harmonie. 
Hier verweilt' ich; wie 
Immer süsser wurde mein Ergötzen, 
Klafft mit emmal jäh ein Abgrund auf, 
Schlingt der Quelle Lauf, 

210 



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Ort und Hain: Noch heute voll Entsetzen 
Will ielbfifc die Erinn'nmg mich verletzen. 

EINEN Phönix mit dem Haupt von Gdd, 
Und von Purpur seine beiden Schwingen, 
Sah ich einsam dort im Walde gehn; 
Himmlisch sduen er mir imd wunderhold. 
Doch wie er die Quelle da verschlingen 
Und den Lorbeer muss entwurzelt sehn, 
AJies jäh veigehUi 

Waaserieer den schönen Brunnm tmd den 
Baum entlaubt» der astberaubt zerbradi: 
Mit dem Schnabel stach 
Er stolz in die Brust und war verschwunden: 
Mitleid fOhlf mein Herz und Liebeswunden. 

DANN kam eine schöne Fraungestalt, 

Die durch Blüt' und Gras nachdenklich schreitet, 

Und noch fühl' ichs, wie ich da erbebt 

Demutvoll, doch gegen Amor kalt, 

In ein weiss' Gewand war sie gekleidet, 

Wie aus Schnee erschiens und Gold gewebt; 

Aber Nebel schwebt 

Dunkel ihr ums Haupt, als wollt ei s hüten. 
In die Ferse da ein Schlanglein sticht, 



— Wie man Blumen bricht, — 

Froh und festen Scliritt's ist sie geschieden: 

Ach^ nichts dauert ab das Leid hienieden! 

SAG' es nur Kanzone, 

Dass die Reihe der Visionen brachte 

Todessehnsucht dem, der sie erdachte. 



212 



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cxxv 

Meinem schönen Lebensbrunnen fem 
Zog ich durch die Länder über Meere, 
Meinem Sterne nach, nicht meinem WiUen; 
Nur die Hoffnung — Amor half mir gern — 
Und Erinnerung konnten in der Leere 
Bittersten ExiFs die Sehnsucht stillen. 
Hüd' heb' ich die Hand, muss mich dem Willen 
Meines harten Schicksals jetzt ergeben, 
Nahm mir's doch der Hoffnung Lebenstrieb; 
Nur Erinn'rung blieb, 
Und von ihr nur kann die Seele leben, 
Die, verschmachtet, Not und Gram umgeben. 



WIE der Bote, wenn ihn Hunger quält. 

Seinen schnellen Lauf wird hemmen mtbssen, 

Weil die Kraft zum Laufen ihm genommen, 

So, weil mir die süsse Nahrung fehlt, 

Die mir jener räuberisch entrissen, 

Der der Welt und mir zma Leid gekommen. 

Wird mir Süsses herb, der Freude Fronunen 

Schwand; — dass ich den kurzen Lauf vollende 

Hoff und fürcht* ich, — eh* er mir verrinnt. 

Staub und Dunst im Wind 

Flieh' ich, sflhe gern der Wallfahrt Ende: 

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Und so geh's^ wie es das Schicksal wende. 

DASS mich £rdeniebeii nie beglückt, 

Amor weiss es, der es oftmals hörte, 

Wenn durch sie nicht, die uns Licht gegd>en. 

Denn seit jenen Geiat, der mich entzückt, 

Neugeboren Himmelslicht verklärte, 

Ist ihm nachzuadin mein eintig Streben. 

Klagen muss ich nun mein ganzes Leben, 

Dass ich nicht, als Amor mir d&i herben 

Zug auf ihrer Stirn gewiesen hat, 

Folgte solchem Rat; 

Denn verzweifelt muss man so verdei i 
Kurz zuvor wär' es ein selig* Sterben. 

IN die Augen, die mein Herz bewohnt^ 
Bis das hatte Sdiicksd sie vertrieben. 
Das die Heimat ihnen nicht mehr gönnte, 
Hatte Amor, der mich mild gesdiont, 
Schon voll Mitleid selbst hineingeschrieben, 
Was bald langer Sefansiicht folgen konnte. 
Süss gewesen wäre da mein Ende, 
Starb mit mir nicht audi zugleich mein Leben, 
Weilte hier vielmehr mein bess'res Ich: 
Nun die Hoffnung wich, 

214 



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W&tng Schollen meineii Schatz umgeben, 
Und ich atme» fasst mich banges Beben. 

HATT' ich meinen dürftigen Verstand 
Nur bereit gehabt, nicht fortgewtndet, 
Könnt' ich von Madonna's Stime lesen» 
Was für mich darauf geschrieben stand: 

— Süsses wird dir nun nicht mehr gespendet, 
Und es harrt nodi dein viel bitf res Wesen. — 
•Wusst' ich das, eilt' ich durch sanftes Lösen 
Meines Exüenkleids in ihre Nähe 

Und, befreit vom schweren Gliederbaim, 
Dorthin ihr voran; 

Sah schon ihren Sitz in seFger Höhe: 
Andra ist mein Haar jetzt, wenn ich gehe. 

SAG'^ Kan2on^ dem, den lieb' erquickt: 

— Stirb, wenn du beglückt: 

Tod zur Zeit ist Zuflucht, nicht Verderben, 
Such' nicht Aufschub, kannst du nih% sterben. 



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CXXVI 

Kann wahre Liebe sich des Lohns erfreun, 
Lebt Mitleid noch — mir wird man ihn ge- 

wäliren: 

Madonna^ alle Leute sehn mid ehren 

Jetzt meine Tieu, klar wie der Sonne Schein. 

Einst war ihr bang, jetzt glaubt sies nicht alleiHf 
Sie weiss: Wie heut' war immer sein Begehren; 
Sah sie mich auch und konnte Worte hören, 
Heut' blickt sie mir in Seel' und Herz hinein. 

So hoff ich, dass sie dort sich um mein Leid 

Beklagt, und macht es also offenbar, 
Dass sie mir voll Erbarmen wiederkehre; 
Auch hoff' ich, leg' ich ab mein Erdenkleid, 
Dann holt sie mich mit jener sel'gen Schar 
Der Freunde Christi und der reinen Ehre. 



216 



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CXXVII 



ein Geist gewählt sie, nein, sie wohnt darin, 



[Die Lethe selbst nicht Kraft hat zu ver- 



Wie ich sie sah in ihren Blüietagen 

Im Strahlenkreis des eignen Sternes glühn. 

So schön, wie sie zum ersten Mal erschien, 

Seh' ich sie sinnend und voll stillem Zagen, 
Und rufe: — Ja, sie lebt, die Pulse schlagen! — 

Ach, wär' ihr auch der Stimme Klang verliehn ! — 

Zuweilen spricht sie, oftmals schweigt sie still, 
Und wie man irrt und sieht dann wieder klar, 
Sag' ich zu mir: — Du hast dich selbst betrogen: 
Du weisst, dass früh am sechsten des April, 
Als dreizehnhundertachtund vierzig war, 
Aus ihrem Leib der selige Geist gezogen« 




jagen,] 



217 



cxxvm 

Welch' Mitleid» welcher Engel trug mein Leid 
So Khndl bereit hmauf m Himmdsböhn? 
Denn wieder fühl' ich, naht, wie's schon geschehn, 
Madonna mir voll harter Sittsamkeit; 



Zur Ruhe bringt sie all' mein Hendeid, 
Voll i^emut» ohne Stolz, so mild und $Ghön» 
Dass ich aufhöre um den Tod su fldm. 
Und lebe, und es ist mir nicht mehr leid. 

O selig sie, die Seligkeiten gibt. 

Schon durch den Anblick und duich ihre Reden» 

Die nur für uns, für keinen andern galten. 

Ich bin tun didi, o Teurer^ tief beMbt, 
Doch war ich hart» so war's zum Glück für jeden. — 
Sprach sie, und mehr» ~ die Sonne aubuhalten! 



uiyiii^Cü üy Google 



CXXIX 

Gxamkost muss ich dem müdea Herzen reichen» 
Wie sie mein Herr verteik mit voller Hand; 
Wenn es so tief wund xnir vor Augen stand, 
Da sranf ich oft eriitteni und ecbleiciien. 

Zum Seufzerlager kam, die ihresgleichen 

Zur Zttt» ab sie gelebt, i^cht eine &nd, 

Und setzt sich liebreich auf des Bettes Rand; 

Bang schan' ich hin, nun trocknet mit der weichen, 

Ach, so ersehnten Hand, sie meine Augen, 
Und Wonne^ wie sie mir ihr Reden gab, 
Hat wohl ein SterUichei noch nie erworben. 
— Was kann ~ qnach sie — dein Leid zu 

wissen taugen? 
Der Tränen sind genug geweint, lass ab; 
Ach lebtest du wie ich, die nicht gestorben! 



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cxxx 

D^ nk icii an da^, was nun im Himmel ragt: 
Den sanflenBlick, des goldnenHauptesNe^en, 
Das Antlitz, an die Stimme, die so eigen 
Mich froh gemacht und heute bang verzagt^ 

Dann staun' ich, dass mich noch daü Leben plagt, 
Wenn sie, der soviel Wert als Schönheit ^;en, 
Nicht eilig wäre, um herabzusteigen 
Zu meiner Rettung, wenn der Morgen tagt. 



Wie lieblich die B^rüssung» fromm und rdn! 

Wie lauscht sie aufmerksam, begleitet rege 
Mich auf dem Leidenspfad, den ich gegangen! 
Doc:h trilft sie dann der erste Sonnenschein» 
Kehrt sie zurQck, sie kennt die Hinunelswege, 
Mit feuchten Augen, Tränen auf den Wangen. 



220 



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cxxxr 



s hatten iLngei und der Seligen Sciiare», 



XJyAm ersten Tage als zur Himmelsfreud' 
Madonna einzog, sich um sie gereiht^ 
Die ganz voll Staimen und voll £hrfun:ht waren. 

— Weich^ neues Liclit, weich' lieblichem oe baren r — 
So sprachen sie, — so sdiönes Sedenkteid 
Ist aus des Irrtums Welt zu unsrer Zeil 
Noch nicht zum hohen Sitz hinani^ahren. — 

Sc, mit der neuen Heimat bald vertraue 
Stellt nur mit den Vollkommensten sich gleich; 
Doch wendet sie das Haupt, scheint zu verweilen, 
Als ob sie auf mich wartend nach mir schaut : 
Nun steht mein ganzer Sinn aufs Himmelreich, 
Weil ich sie beten hör', ich möchte eilen. 




221 



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cxxxn 

Der Bote scheint sich staadlich anzukünideii. 
Den de mir sendet» da» ich folgen bann. 
So anders schauen Geist und Leib sich an. 
So fühl' ich mehr und mehr die Kiftfte sdiwinden« 



Ich kann mich selber kaum noch wiederfinden. 
Mein altgewohntes Leben Utg^ im Bann; 
Zufrieden wär* kh, wüsst' ich nur das: Wann? 
Doch müaste bald der Zeitponkt skh vexkünden. 



O schöner T^, wenn ans ' dem £rdgefftngi 

Entlassen, hier zerbrochen und verstreut 
Blieb dies mein atert>licli Kleid, unacheiBbar gnv. 
Ich aber, aus der Dämmerung Bedrängnis, 
Flog' hock hinauf zu adiOner Hdüglirit^ 

Wo ich den Herrn und die Gellebte schau. 



222 



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cxxxm 

Unstätes Vögelein, ich hör* dein Singen, 
Vidmofar dein Klagen: daas die Imt verflosi» 
Dass dir die Nacht anbricht, als W^enoss 
Der Winter kommt^ die Uchten Monde gingen* 

Ach, wüsstest du bei so viel trüben Dingen 
Auch meinsy dem deinen nur au gleiches Los, 
Dd flögest dem Versagten in den Sdioss, 
^ Leid zu teilen» beiden Trost zu teingen. 

Nur zweiff ich, ob die Teile gleidi befunden: 

Ein lebend' Vöglein lockt wohl deine Klage, 
Da mir der Tod, der Himmel alles nahm. 
Allein die Jahreszeit, die trüben Stunden, 
Der ROckbUck auf die schien bittem Tage 
Sind schuld^ dass dir mein Herz entgegenkam. 



aa3 



CXXXIV 

Die heil'ge Luft umweht mich oft so gut 
Bei meiner müden Ruh', da kann icfas wagen 
Ihr alt und neue Leiden vorzutragen, 
Denn als sie lebte, fand ich nidit den Mut 

Vom Blick beginn' ich, der auf ihr geruht, 
Dem Anfang langer Pein, die ich getragen, 
Wie Amor stündlich dann in langen Tagen 
An mir gezehrt, wie's wohl und wehe tut 



Sie schweigt und seufzt und voll Eibarmen Hegt 

Ihr Blick auf mir, mit Tränen mitleidsvolleni 
Die über ihre zarten Wangen rinnen; 
Und meine Seele ganz vom Schmerz besiegt. 
Noch weinend und mit inneriidiem Grollen, 

Muss, schlaf befreit, sich auf sich selbst besinnen. 



224 



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cxxxv 

Wenn die treue Trostesbiingeriiif 
DaM sie mir, dem Müden, Riih' bereifte, 
Sich auf meines Bettes linke Seite 
Setzt mit ihrem Ut^fen milden Sinn, 
Sag* ich, der ich blass vor Schrecken bin: 
— Seliger Geist, woher ?Wer mag didi senden? — 
Sie, die in den Händen 
Zweige trug vom Palm- und Loifoeerbaum, 
Sprach: — Aus lichtem Raum 
Jenes Emp]Preum sdiweb' ich nieder. 
Nur um dich zu trösten, kam ich wieder. — 

VOLLER Dank in BUcken und im Wort . 
Sag* ich demutvoU: Wcdier dein Wissen 
Meines Zustands? Sie: — Aus Tränengüssen, 
Die dir noch entströmen fort mid fort; 
Durch die Himmel, auf zum fernsten Ort 
Steigen Seufieer, trQber 

i m^nen Fnoden« 

Dass ich nun geschieden 

Von der Erdennot zu besserm Sein,' 

Macht dir solche Pein? 

liebst du mich» wie Blidc und Wort verkiinrien, 
Müsstest du nur Freude drob empfinden. — 



J25 



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I 

I 



— Nur mir selber gilt meia Klagdied, 

Muss ich doc±i in Qual und Dunkel li^en. 
Denn ich fohl'sy dass du emporgestiegen, 
Deutlicli, wie man nahe Dinge sieht 
Wlirdea sonst ein jugendlich^ Gemüt 
Gott und die Natur mit hohen Gaben 
So veiherriicht haben. 

Wenn das Heil dir nicht Bestimmung war? 

O, der seltenen Sdiar 

Eine, die voll Hoheit mit uns lebte 

Und nur allzufrüh gen Himmel schwebtel 

DOCH was tu' ich, der nur weinen kann? 

Wird mir ohne dich doch kein Genügen, 
War* ich dodi gestorben in der Wiegen, 
Dann empfand ich keinen Liebesbann! — 
Sie: — Was ficht dich Gram und Unrast an? 
Besser wärs, du ragtest deine Schwinge, 
Legtest Erdendinge 

Auf die Wage, wägtest recht und treu 
Süsse TandeM, 

Folgtest, ist dir echte Liebe eigen. 

Mir, und pflücktest dann von diesen Zweigen. ^ 

— Fragen — so erwidr* ich — möchf ich noch, 
226 



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Was die beiden Zweige hier bedeuten. — 

Darauf sie: — Du magst es selber deuten: 

Stellt dein Griffel doch den einen hoch. 

Palmen heissen Sieg: jung war idi noch. 

Als ich mich, somit die Welt bezwimgen. 

Wer sich Ruhm erruniren 

Emtet Lorbeer, den mir Gott gewährt. 

Du» den andres stört, 

Ruf ihn an, dass er dir Hülfe spende: 

tiiag sind wir dann» wenn du am Ende. — 

— Isfs der goldne Knoten nicht, das Haar, — 

Sprach ich: — seh' ich nicht die schönen Aiigen, 
Meine Wonne? — Inwahn kann nicht taugen, 
Geh' nicht — sprach sie — mit der Toren Schar. 
Geist im Himmel bin ich, was ich war. 
Was du suchst, ist Staub seit vielen Jahren. 
Um dir Gram zu sparen 
Ward mir Scheingestalt Ich werde noch 
Wieder jene, doch 

Schöner, teurer dir; als Frei nme, Reme 

Rett' ich beider Heil: deins und das meine. — 

W£IN£N musst' ich, sie 

SeufEte Ids' und trodmef mein Gesicht; 

227 



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Doch die Rede bricht 
Heftig danA herrar mit Zoff&eifgitesscai 
Bis sie und der Schlummer mich verliessen. 



CXXXVI 

Meineii Hain» bald gjaauam und bald mäd, 
Rief ich zu der Kon'gin hohem Sitze; 
Zu der festen StüUse 
Unsrer Menschenart, ihr göttlich Teil. 
Hier, wie Gold gekkürt in Flammcnhitze^ 
Tret' ich vor, gleich dem, den schmerzerfüllt 
Todesfurcht umhüllt» 
Der den Richter anruft um sein Heil. 
Und ich sage: O Madonna, weil 
Idi als Jüngling mit dem linken Fusse 
In sein Reich geriet, ward Zorn und Busse 
Einzig mir zu Teil und keine Art 
Qual blieb mir erspart. 
So, dass, als die Langmut mich veilassen. 
Ich begann das Leben selbst 2U hassen. 

ALSO hab' ich nun die Zeit verbracht, 

Ganz in Pein und Glut; der Wq[e beste 

Mied ich, wie die Feste, 

Auf des Sduneichlers grausame Begehr. 

Niemand ist, der schnell in Woite presste. 

Wie er mich zum Leklgesell ganadbtt, 

Wie er mich gebracht 

Zu gerechter ernstlidier Beschwer, 

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Wenig Honig, Galle desto mdirl 

Wie viel Bittres konnte meinem Leben 
Falsche Süsse geben. 
Die mich zog zu der Verliebten Schart 
Irr* ich nicht, so war 

Ich im stand mich hoch empor zu schwingen: 
£r brach mir den Frieden, Eiieg zu bringeo» 

LAU£R macht er Gott mich lieben, mir. 

Minder als ich sollte, Sorgfalt schenken, 

Wie auch ernstem Danken, 

Als zu einer Frau mich's mächtig zog. 

Er aliein könnt* mich zu allem lenken. 

Schärfte nur im Jüngling die Begier, 

Der ich Ruhe mir 

Wünschte unter seinem harten Joch. 

Äimsterl Warum gab der Himmel doch 

Hellen Geist und andre stolze Ware? 

Anders sind die Haare^ 

Doch dem Wunsch ward Wandlung nicht erlaubt, 
Und so ganz beraubt 
Hat der Freiheit mich, den ich verUage, 
Macht zu sOssem Brauch die bittre Lage. 

K£NN£N lehrt' er gar mich wdste Heid', 
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Didl>e, wilde Tiere, Dornenhecken, 

Sitten zum Enduedcen, 

Rauhes Volk tind was den Wandier stört; 

Belg und Tal, Fluss» Meer und siunpf ge Stiedcen, 

Tausend Schlingen überall bereit, 

Sonderbare Zeit 

Fflr den Winter, müh- und angstbeschwert 

Weder liess er je mich ungestört, 

Nodi die Feindin, der idi muss eotweidien. 

Kann mich nicht erreichen 

Herber bittte Tod noch vor der Zeit, 

Hüft Barmherzigkeit 

Gottes noch, nicht der T3nnann; am Leiden 
Will er sich, an meinem Unglück weiden. 

KEINE Stunde war mir Ruh' gegönnt, 

Noch erhofft* ich sie; aus meinen Nachten 

Floh der Schlaf, nicht brächten 

Kräuter oder Sprüche ihn zurück. 

Meine Geister wusste er zu knechten 

Durch Betrug und Kraft, kein Glöcklem titkkt. 

Wo ich Rull ersehnt^ 

Dass idis nicht an jedem Ort gehört 

Nie hat altes Holz ein Wurm zerstört, 

Wie mein Herz er, und auf Tod und Leben 

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I 



Soll es sich ergeben. 

Dah^ alle Tränen, alle Qual, 

AU' der Seofaar Z^, 

Die mich und die andern nur ermüden; 

Richte du, du kennst uns, gib mir Friedüt — 

NUN beginnt mein G^;ner trotzig heri>: 

Höre, Herxin, auch die andre Seite. 

Undankbar im Streite 

Mit der Wahrheit liegt er, die ich weiss. 

Dass er WOrtlein, Lägen sdbst, verbreite, 

War in früher Jugend sein Gewerb'; 

Dass er nicht verderb'. 

Holt ich ihn von dort in meinen Kreis; 

Und nun scheut er Klagen nicht und weiss, 

Dass ich rein, oft gegen sein Beehren, 

Ihn eriudt: erwebren 

Will er sich des süssen Seins und nennt • 
Elend es, und kennt 

Meine Müh', die ihn zum Ruhm erhoben: 
Ohne mich kam nie sein Geist nach oben. 

DEN Atiiden Mess ich, liess Achill, 
Hannibal, der eurem Land missfallen. 
Den, der unter allen 

23a 



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Grösser war an Tapferkeit und Glück, 

Nur zu Mflgde& einst in liebe fallen, 

Jeden, wie sein Stemenlauf es wilL 

Doch ihm, unter viel 

Tausend edlen Frauen mit Gesduck 

Wählt' ich eine, wie der Sonne Blick 

Nicht mehr schaut und hüSBof LukroEia wtede 

Gab ihr süsse Lieder, 

Ihrer Rede solche Hannonie^ 

Dass ein träger ni^ 

Noch gemeiner Sinn vor ihr gedauert: 

Das ist nun der Trug, um den er trauert, 

DIES war Galle, Zorn und böses Spiel, 

Süsser als die Reize aller Fnuienl 

Mir gab guter Samen 

Schlechte Früchte; so kann Undank bHÜml 

Meinen Flügeln könnt' er so vertrauen, 

Dass den Fiaun und Heim sein lied gefiel 

Und nach hohem Ziel 

Flog er, dass für seinen Namen glflhn 

Edle Geister, und sich gern an ihn 

Noch erinnern seiner Reime Sammler. 

Wär* ein heis'rer Stammler 

Sonst an Höfen, der für Niedre schuf. 



Hoher Schwung imd Ruf 

Sollte ihm durch meiae Schule weiden» 

Und durch sie, die einzig war auf Eiden. 

DOCH das beste, was ich ihm getan. 

War: ich hielt ihn fem von niedem Dingen; 

Ninuner kinmfs gelingen, 

Dass Gemeines ihn in Fesseln schlug: 

Jung, noch schamhaft, sdiea in allen Dingen 

Und im Denken; doch als er fortan» 

Treu in ihrem Bann, 

In der Brust ihr hohes Zeichen trug, 

Dankt er's ihr» wo nur auf edelm Flug 

Feines ihm geglückt, und meinem Handein. 

Kein Gespensterwandeln 

Kann so irrig wie sein Reden sein: 

Nur durch uns allein 

Fand er Huld vor Gott imd vor den Leuten: 
Reu' sollt' dem Hochmüt'gen das bedeuten« 

UND noch mehr: zu seinem Himmelsflug 
Grab auch ich allein ihm nur die Schwingen, 
Die von Erdendingen 
Aufwärts tragen bis zum Sdiöpfer hin. 
Denn» verstand er's deuthch zu durchdringen, 

«34 



Wie viel Tugend sein Hoffen trug. 

Lenkte ihm den Flug 

Die Veridärte selbst 2um Uxqueil hin, 

Und er reimte schcm in diesem Sinn; 

Mich veigisst er, seit sie schied vom Leben, 

Ke idi ihm gegeben 

Für sein schwaches Herz als Säule. — Da 
Wem* ich laut und: — Ja! — 
Rnf ich, — doch der schnell sie wieder holte! — 
—Nidit ich, — sprach er, — aber dersie wollte. — - 

BEIDE, er mit lautem Ruf, ich zitternd, 
Habel k uns zur Kichterin gewendet. 
Jeder so geendet: 

Edle Frau, dein Urteil tu' mir kundl — 
lächehid sprach ihr Mund: 
— Gerne hört' ich eure Wechselred^ 
Doch mehr Zeit bedarfs bei solcher Fehde. — 



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cxxxvu 

Im treuen Spi^el sagt mir's die Gestalt, 
£s sagt's der müde Geist der Haut Rrarhlaffen, 
Mindre Gelenkigkeit und Kraft im SchaifeB: 
— Verinig dir's länger nicht, nun bisi du altl 

Gehonam der Natur ist bester Halt» 

Kämpfst du mit ibi;, wird dich die Zeit bestrafen. — 
Da schxeckf ich auf, ab wäi^s aus langem Sdibf 

Wie Feuer stirbt durch Wassers Löschgewalt 

Wie unser Leben fliegt, nun seh' ich's klar, 

Und einmal nur ist unser Sein und Werden; 
Im Herzen klingt mir, klingt mir in den Ohren 
Ein Wort von ihr, die, jetzt der Fesseln b«ir, 
Doch ihrer Art die Einz'ge war auf £rd^, 
Dass, irr' ich nicht, nun aller Ruhm verloren. 



236 



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cxxxvin 

In Glut hielt Amor einundzwanz^ Jahr, 
Mich froh und bfrffniingyroüyaiicfa wonichbd^te; 

Zehn Jahre sind's, dass sie gen Himmel schwebte^ 
Man Hmt mit ihr, uod ich in TitD«n iratr. 

Jelst bin ich müd^ mein Bnen ist mir klar, 

Idi schelte mich, denn was nax:h Tugend strebte, 
Ist fest erloschen, wm noch in mir lebten 
Eifaabner Gott, bring ich dir wieder dar; 

Voll Reu um Jahre, die nmaonst verflossQn» 

Die ich weit besser wohl verwendet hätte 
Im Frieden sodhen und vor Übehi flidboL 
Herr, der in diesen Kerker mich geschlossen, 
Sieh, dass kh mich vor ew'gem Sdiaden rette: 

Den Irrtum kenn' ich, nicht entschuldig ich ihn. 



237 



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CXXXK 

Nun weine ich um die vetgang^nen Zeiten, 
Da Steiblidies mir Keb und teuer war» 
Ich nicht emporflog, trotz dem FlQgelpaar, 
VieDeidit kein miwert Beiqiiel za benSten. 

• Die Fehler kennst du, kennst die Niedrigkeiten, 
Du Himmelsfürsty misterbüch imachthar. 
Der Seele hilf, die fem vom Wege war, 
Lass deine Gnade sie zum Rechten leiten, 

So da»: haV ich geldl>t in Sturm und Zwis^ 
Ich still im Hafen sterbe. War mein Walten 
Auch eitel, sei doch ehrenhaft das Gdm. 
So magst du Über mir noch kurze Frist 
Und dann im Tod die Hand in Gnaden haHai, 
Denn nur auf dich, du weisst es, hofft mein Flehs. 



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CXL 

Schöne Jungfrau» hell im Sonnenkieide, 
StembekiOnte, die dem höchstm Udit 
So gefiel» dass sich's in dich versenkte: 
Amor treibt midi an smn Lobgedidit; 
Aber wie beginnen? Helft mir beide. 
Da mid er» der sidi dir Kebend sche&kte. 
Die zu allen ihre Stimme lenkte» 
Wenn sie gifttibig riefen: 
Jungfrau» wenn in tiefen • 
Ndten je du hortest auf Bedrängte, 
Neige auch zu mir den gnädigen Sinn» 
Hilf dem Mann von Erde» 
Aus Beschwerde» — Himmelskönigin. 

W£IS£ Jungfrau» eine von den klugen 
Jungfraun, aus der Zahl der sel'gen Sdiar» 
Erste mit der Lampe hellstem Strahl^ 
Die das Schfld bedrängter Mensdien war» 
Wo der Tod» das Schicksal Wunden schlug' 
Nur zmn Seg geht's unter seinem Stahle. 
Kühlung gibst du» wenn im £rdentale 
Toren Glut berüdcte; 
Jungfrau» die erblickte 
Voller Trauer mitleidlose Male» 



Die der teure Sohn eriittm hat, 

Schau die trübe Lage, 

Denn ich frage — baag um dciaen Kat 

R£IN£ Jungfran, seTge unbofOhita^ 

Die dem Sohn du Tochter Mutter bist, 

Schmuck des Himmels. Licht den EidentacoL 

Der dein Sohn und der des Höchsten ist 

Kam, o Himmelsscheiii, dass er mus fühlte, 

Kam zum Heil noch in den letzten Tagen; 

Kerne unter allen östdt ihn tiagea 

Hier auf Erdenwegen, 

Dich nur traf der S^gen, 

Deine Freude wandte Eva's Klagen. 

Ninmi mich auf in deinen Gnadenhort, 

Trägst Gebenedeite, 

Doch geweihte — Himmebknme dort 

HEIL'GE Jungimi, Fülle aller Gnaden, 

Die durch wahrer Demut höchste Zier 
Stieg gen Himmel, hört dort meine Bitten: 
Aller Liebe Bronn gebarst du hier 
Und des Rechtes Sonne, die den Schaden, 
Welchen wir durch finstem Wahn eriitteOf 
Aufhellt Von drei Namen hold mnaliitttti: 

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Schwester Braut dem Soline, 

Der vom Hemcherthnme 

Gloneich unser Sündenband durchschnitten, 

Glück und Freiheit gab als Weltgewüm: 

Lass durch seine Wunden 

Mich gesunden — HeüesbnngerinI 

£INZ'G£ Jungfrau, bei^ieilos auf farden, 
Dass der HimmeK sdbst für dich erglüht, 
Nirgends ist die gleiche zu b^grüssen: 
Heil% Denken, keusch und fromm Gemüt, 
Welche dich zum Teinpel Gottes werden, 
Und jungfrfluUch dich gebfiien Hessen. 
Froh, Maria, köimt' ich noch gemessen, 
Willst du mild verkünden, 
Dass für meine Sünden 
Deine Huld mag gnädig überfliessen. 
Auf der Seele Knien fleh' ich dich an: 
Wolle mich breiten, 
Irrtum leiten — auf die rechte Bahn. 

LICHTE Jungfrau, die in ew'ger Feier 
Ruht, des wikibewegten Meeres Stern, 
Dessen Führung treue Schiffer trauten. 
Achte auf den grausen Stuim, der fem 

241 



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Mich verschlagen hat und ohne Steuer, 
Nahe schon den letzten Schreckenslauten, 
Da auf dkh noch Geist und Seele bauten. 
Schuldig an Vergehen, 
Jungfrau, aber flehm 

Will ich: Lass nicht Feindeshohn verlauten 
Über mich; kam doch, vom SOnderios 
Uns, du weisst, zu retten, 
Gott sich betten — in der Jungfrau Sdioss. 

JUNGFRAU, wie viel weint' idi doch vetgeb^ 

Und erteilte Lob und Sduneichelein, 

Mir zum Kummer und zum schworen Schaden. 

Ob ich suchend fuhr landaus landein, 

Seit ich sah am Arno meines Lebens 

Erste Stunde, war ich grambeladen. 

Erdenreiz war's, der in Worten, Taten 

Meine Seele füllte; 

Jungfrau, rein und milde, 

Zögre nicht, wenn letzte Monde nahten! 

Pfeilgeschwind entflogen, voller Not 

In der Sünden Plage, 

Meine Tage — - und es harrt der Tod. 

JUNGFRAU, Staub ist sie, um die ich Trauer 
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Trage, die mich, lebend, weineii liess, 

Die von memen Leiden eins nicht kannte; 

Und doch wär's gekommen, kannte sie's, 

Wie es kam; denn war ihr Wollen lauer. 

War's mein Tod und ihr war's Schmach mid Schande. 

HimmeJsfQgstin, Göttin, uns gesandte» 

[Wenn dies Wort sich scliickte], 

JuDgfrau, hoch Entrückte, 

ADes siehst du, niemand war im stände 

Das zu tun, was deiner Kraft nur klein: 

Meiner Not zu wehren; 

Was dir Ehren gbt — wird Rettung sein. 

JUNGFRAU, festes Hoffen wiU ich hegen, 
Dass du folgen wirst dem lauten Ruf, 
Und beim letzten Schritt mir nah verharren. 
Nidit auf mich, auf ihn sieh, der mich schuf; 
Mag sein Ebenbild dich noch bewegen. 
Mich, den Niedern, sorgend m bewahren, 
Wahn Medusa machten mich zum starren 
Stein, dem tifinenvollen: 
Heü'ge Tränen sollen, 
Jungfrau, jetzt im müden Herzen harren, 
Dass nur fromm das letzte Weinen sei, 
Erdenschlamm nicht führe; 



ADes Früh're — war von Wahn nidit frei. 

JUNGFRAU, Efdenkind, des Stolzes Femdin: 

Gleicher Ursprung lenke liebend dich; 

Hab' Erbarmen mit dem demtttvollen 

Herzen voller Reu. Wie liebte ich 

Wenig Staub so tieul Eihabne Freundin: 

Was nur werd' ich dir darbringen sollen? 

Wenn du aus dem Stand, dem jammervollen, 

Jungfrau, mich erheben 

Kannst, will ich dir geben, 

Heirgen all' mein Denken, Schreiben, Wollen, 

Zunge, Tränen, Seufzer, was ich bin! — 

Führ' zu bessern Pfaden, 

Nimm in Gnaden — meinen neuen Sinn. 

NÄHER rückt der Tag, wird kommen müssen, 

Da die Zeit nicht wartet, 
Jungfrau hodigeartet. 

Und am Herzen pocht Tod und Gewissen. 
Deinem Sohn befiehl mich, der hienieden 
Mensch und Gott, dass auch 
Meinen letzten Hauch — er nehm' in Friedeo* 



244 



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EINIGE ERLÄUTERUNGEN 



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Sonette i — 5. 

Das erste Sonett dient als Vorwort , dürfte eher als 
Nachwort gelten, da Petrarca erst im spateren Lebens- 
alter seine Reime sammelte, immer wieder Sndemd nnd 
feilend. 

Im zweiten ist wohl von einer früheren Liebeswunde 
die Rede, während das dritte vom Beginn der durch 
lange Jahre dauernden Leidenschaft f&r Lanra ersShlt 
Petrarca trug in seine Virgilhandschrift, die sich 
in der Ambrosiana in Mailand befindet, nach Lauras 
Tod jenen kurzen schmersroUen Nachruf ein, der bis 
heute noch der einzige, langumstrittene Beweis für ihre 
Existenz geblieben ist. Schon Tassoni im 17. Jahr- 
hundert und manche nach ihm bezweifelten die Authen- 
tizität der Handschrift. Nach soigfältigen Untersuch- 
ungen und Vergleichen haben neuerdings Pferre de 
Nolhac*) und G. Gröber**) sich für ihre Echtheit 
erklärt, so dass man die Zweifel wohl als überwunden 
betrachten kann. Sonderbar genug, dass selbst Jacob 
Colonna an Lauras Realität zweifelte, und Petrarcs 
halb scherzhaft fragte, ob sie wohl gar der personi- 
fizierte Lorbeer sei, den er so liebe, oder womit 
er die Freunde sonst zum besten habe. Petrarcas 
Antwort [Lett. fam. II, 9] lässt kaum einen Zweifel 
aufkommen, dass er wirklich eine Sterbliche liebe und 
ihretwegen leide, aber er umgibt sie mit so geheimnisvoller 
Diskretion, dass nach ihrer Person vergeblich geforscht 

*) De Nolhac, P&trarque et Thumanisine 1892 u. a. a. O. 

**) G. Gröber, Estratto dalla Miflcellanea di Stiidi critki. In Onore 

di Aituro Graf. 1904. 

246 



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vlirde* Petnurcas Rulim war gross imd die Neugier 
rege. Im Jahr 1483 suchte der Neapolitaner Galeota 
in den Kirchenbüchern von Yauclase and in der Nähe, 
neinte Lauras Gebartsort in Caamont gefunden zu 
kaben; 1520 ^nnutete Velutello ihn in Cabri^res. 
Wenige Jahre darauf wurde durch Maurice de S^ve 
und de Toumes aus Lyon die merkwürdige Entdeckung 
von Lrauras Grab in Ssene gesetst. Man fand in der 
Kapelle der Familie de Sade, in der Franziskanerkirclke 
TO Avignon » nach Öffnung des Sarkophags, bei den 
Knochenresten ein Medaillon mit einem Frauenbild 
und den Buchstaben M. L« M. J. De S^ve deutet sie : 
Madonna I^aura morta jacet. Femer eine Bleikapsel, 
in welcher ein italienisches Sonett auf Lauras Tod. 
Ein Freund de Seve's, der Florentiner Edelmann Giro- 
lamo Manelli» zur Zeit in Avignon, mag auch das 
Seinige zu dieser Entdeckung beigetragen haben , um- 
smnehr als Franz I. bald nach Ayignon kam, der bei - 
seiner grossen Verehrung für Petrarca Wert auf diese 
Reliquien legte. Im 18. Jahrhundert bewies der 
Abb^ de Sade» dessen Memoiren so ^el Aufsehen 
erregten und tielier wertvolle Mitteilungen enthalten, 
mit Hilfe des Familienarchivs, dass Laura Noves, Ge- 
mahlin von Hugo de Sade und Mutter von elf Kindern, 
Petrarcas Laura gewesen sei. Die meisten zweifeln heut 
nicht melur an ihrer Existenz» ebensoviele aber wohl 
noch an ihrer Identität mit der Ahnherrin des Ahh6 de 
Sade. — Dass jenes Sonett nicht von Petrarca sei, be- 
wies zunächst seine Wertlosigkeit: Pietro Bembo, der 
Freund Lukresia Borgias, einer der feinsten Kenner und 



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Bewunderer PetrarcM» der in der Dichtkunst in stineii 

Spuren wandelte, hielt dessen Urheberschaft für ausge- 
schlossen. Als Laura starb, war Petrarca in Verona, 
kehrte erst 3 Jahre nach ihrem Tode wieder. Wenn 
er so tren das Geheimnis ihrer Person wahrte, wie hätte 
er selbst auch später die Verse in ihre Gruft gelan^n 
lassen! Bembo gehörte nicht zu denen, die an Lauras 
Wirklichkeit zweifelten, hielt sie nicht für eine Personi- 
fikation des Ruhmes [lanro, Lorbeer], trotz der wieder- 
holten Wortspiele mit ihrem Namen, der oft aneh: 
L'aura [die Luft] bedeutet, oder für einen Inbegriff der 
X^ebe überhaupt. £r antwortete einmal: „Wenn Petrarca 
selbst euch nicht su überzengen yermag, durch seine 
▼ielen und schönen italienischen und lateinischen Ge- 
dichte und Schriften, dann masse icii mir auch nicht an, 
euch überzeugen zu können.'* [F. d'Ovidio, Madonna 
Laura. Nuova Antologia 1888.] 
Petrarca wandelt in den Fusstapfen der Troubadoure» 
in denen seiner Vorgänger und Zeitgenossen: des Gtd- 
do Guinicelli, des Cino von Pisloja, vor allem Dantes, 
in dessen lyrischen Gredichten, zumal im „Neuen Leben'^ ' 
Hat er auch mehr individuelle Zuge, oft Ton genre- 
hafter Anmut, in seine Gedichte verflochten, so domi- 
nieren noch die Allegorie, die Bilder aus der an- 
tiken Mythologie und Geschichte. Trotz alledem ist 
Petrarca der erste moderne Ljrriker, der Vorläufer der 
Romantiker, der Wertherseit, des Weltschmerses. Ob 
er nur Laura, ob er andere geliebt habe, darüber wird 
noch viel diskutiert. G. A. Cesareo meint, er habe 
Laura oft nur als Vertreterin anderer besungen. [Su 

248 



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le po«sie Tolgari del Petmai 1898. n. m. m. O.] En* 

rico Sicardi verteidigt ihn als treuen Verehrer Lauras. 
[Gli amori estravaganti e molteplici di F. Petrarca; 
L'amore tmico p«r MadonnA Laura de Sade» 1900.] 
In Tlerten Sonett rfilimt Petrarca einen kleinen Ort 
als Geburtsstätte Lauras. Neuerdings hat man sich für 
Caumont entschieden. [F. Flamini, Gior. stor d* lett. it. 
ZXI.] In einem folgenden Sonett hat Petrarca Lauras 
Namen dnreli die AnfangstQben gebildet, was fielt bier 
nicht wiedergeben liess. Pio Rayna führte dies kürz- 
hch als sicheren Beweis an, dass wir „auf realem 
Boden stehn'^ LAUdando, REal^TAci» gibt Lanreta, 
in der ersten Tersine: LAUdare, RETeiire gibt den 
französischen Rufnamen Laure. 

Sonett 5 erzählt von Petrarcas vergeblichen Bemüh- 
ingea nm Lanras Gimst» endet mit dem doppelsinnig 
genannten ersehnten Lorbeer nnd dessen bittrer Fmcht. 

Sonette 6 — 12, Sestine 13. 

Sonett 6 ist an einen Freund gerichtet, um ihn in der 
Pflege geehrter nnd philosophischer Stadien an be« 
stltken: Antwort anf ein sn Petrarca gesandtes Sonett 
Über die Persönlichkeit ist man noch im Zweifel; die 
letzte Vermtttuigydie auch Cardocd annehmbar erscheint 
[Selvo Cosso» Cnltnra 1SS8]» nennt Tommaso Caloria 
ans Messina, mit welchem P. als Student in Bologna 
1325 zusammentraf und innige Freundschaft schloss. 
Zahlreiche Briefe an ihn finden sich in den Lettere 
familiari« 

Sonett 7. Jacob Colonna, Solm des alten Stephan, 
Bruder des Kardinal Johannes^ kehrte 1330 von Rom 



249 



Bacli AvigBOB raiück, nafdüdem er dott die Reciite des 

Papstes, Johann XXII, gegen Ludwig den Bayer ver- 
teidigt hatte. Jetzt zum Bischof von Lombez, nahe der 
Garonne emaimt» hatte er den jtuigeii StediengeiioMea 
dorthin mitgenoBunen« Cardneci ▼enw^et« das Sonett 
sei an den alten Colonna gerichtet, lade ihn zur Wieder- 
kehr oder zum Hinkonunen ein. Arthur Packscher [die 
ChroBologie der GedichU Petrareas» ist der Aj^ 

sieht, es sei der Bnider Johaaaes» der Kaidlnnl, ge- 
meint. 

In der kleinen Ball ata, Nr. 8 klagt Petrarca über 
Lauras Yerhüllenden Schleier« 

SoBett 9 hofft aof Trost spendendes Mkletd q|iiter 
Jahre. 

Sonett 10 verknüpft mit der rührenden Erzählung, 
dass ein Greis zur Erfüllung seines höchsten Wunsches 
nach Rom wandere, Petrarcas Sehnsneht nach I^Hirss 
Anblick. Die Gegenwart, weldhe er enihlend anwen- 
det, lässt vermuten, dass er sich selbst damals in K.om 
befand; also wäre das Sonett in der Zeit zwischen 1336 
bis 37 geschiieben. Man wird an die Stelle ans der Gottf 
Uchen Komödie, Paradies c. XXXI erinnert: Wle's 

dem zu Mut ist, der wohl ans Kroatien Und 

doch wie verschieden die Behandlung des gleichen Ge* 
dankensl 

Sonett II klagt iber den blendenden Lichtglanz ^oa 
Lauras Sdidnheit, Nr. 12 über des Dichters UnlShig- 

keit, ihr Lob nach Gebühr zu gestalten. 

Von den Sestinen Petrarcas habe ich nur diese eine, 

Nr. 13, nbeisetst; die Knastelei in der Foim iit 

250 



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nicht mehr nach unserm Sinn. Diese aber ist eine der 
schönsten in ihrer leidenschaftlichen Kraft, wichtig 
«ach als Beweis, neben einigen andern Stellen, wie mit 
Petnurcas andScKtiger Verelmmg und Bewundernng 

sinnliches Begehren Hand in Hand ging. 

Kanzone 14, Sonette 15, 16, Kanzone 17, 
14. In dieser Kansone ersählt Petrarca seine ganse 
liebes- und Leidensgeschichte nach Art der Metamor- 
phosen. Schon war er nicht mehr Jüngling, das Antlitz 
wurde männlicher, und noch hatte er Amor wider- 
standen. Dann wird er selbst zum Lorbeer, identifi- 
liert sich fast mit der Angebeteten, Sndert oder ver- 
liert sein Laub wie jener weder sur Sommers- noch 
zur Winterszeit, steht angewurzelt am Strand der Rhone. 
Seine Zunge kaim er nicht mehr hüten, singt „in frem- 
den Lanten'S d. h» in der ihr fremden italienischen 
Sprache, da sie Provenzalin war, Irrt am Ufer der 
Sorga auf und nieder, in einen Schwan verwandelt, wie 
Cyknus Phaeton, die Geliebte suchend. Bann erstarrt 
er, streng Ton ihr snruckgewiesen, som Steinbild. In 
TlrSnen aufgelost, wird er zum Quell; sie yerzeiht, der 
erbarmenden Gottheit gleich, aber auch ein zweites 
Mal findet er nicht Gehör, irrt, ein klagender Geist, um- 
her, belauscht sie im Bade, und wird, -da sie ihm 
Wasser ins €resicht spritst, wie AktSon, in einen Hirsch 
▼erwandelt. Abermals sehen in den Wildem umher- 
irrend, kehrt er immer von neuem in die Gestalt des 
Lorbeers oder vielmehr zu ihm zurück, dessen Schatten 
ihm sosse Rohe gibt. — Unter den jugendlichen Kan- 
senen gehört diese su den schönsten, wenn man sich 

251 



mit der mythologisch-allegorischen Gestaltung abfinden 
will. Cesareo hält sie nicht für später als 1331 ge- 
schrieben« 

Sonett 15 ist die Antwort in gleichlautenden Reimen 
auf eines der zahlreichen Sonette, die Petrarca ange- 
schickt wurden, diesmal mit der Bitte um einige seiner 
Gedichte. Tassoni sagt von solchen Antwort-Begeh- 
renden» spesiell Ton diesem: »Jene Poeten» die an P« 
schreiben, shid so jammenroll» dass er recht hatte, 
ihnen erst nach dem Abendessen zu antworten." Den 
Schreiber dieser Bitte, Stramazzo, auch Meister Andrea 
genannt» halt Cardacci — der Annahme von Petrarcas 
altem Frennd Lalins folgend — für ehie Person mit dem 
blinden alten Schulmeister aus Perugia, welcher Petrarca 
durch ganz Italien nachreiste« Als er ihn nicht mehr 
in Neipel fand» folgte er ihm mitten im Winter aber 
den beschneiten Appenin bis nach Parma» von seinem 
Sohn und einem Schüler geleitet, nachdem er ihn vor- 
her vergebens in Rom gesucht hatte. Gerührt durch 
solchen Enthusiasmus» schickte man ihn dann mit reichen 
Gaben nach Pontremoli an seine Grammatikschule zu- 
rück. — Der Lorbeer, welcher Tor den Gefahren des 
Blitzes schützen soll, ist hier zugleich Symbol Lauras; 
ihre Ungunst habe ihn» Petrarca» vom Dienst Minervas» 
▼om ernsteren Studium» somit auch von würdigen — • 
lateinischen — Dichtungen zurückgehalten. Packscher 
nimmt für dies Sonett die Zeit zwischen 1330 und 33 an. 
Sonett 16, zwischen 1333 — 34 geschrieben, an einen 
der grossen Herren in Italien [vielleicht auch an vor- 
nehme Bürger von Florenz] gerichtet» soll zum Krens* 

252 



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sag aafenenL »»Karls V. Kacbfolgei'S Philipp VI. toa 

Frankreich, „Mit seines Ahnherrn", Karls des Grossen, 
Krone geschmückt, sei bereit. Der Papst Johann XXTT, 
wolle nach Rom snrackkehren» wms er im Februar 1333 
den Römern auf ihre Bitten versprochen hatte. Da 
der Kampf zwischen den Orsini und den Colonna neu 
entbrannt war, wolle er sich, bis Kom beruhigt sei» 
in Bologna aofhalten. Im Jahre 1334. schrieb er dann 
in Avignon den Kreussng ans» ernannte Philipp VI. 
zum Führer, erhielt weitere Zusicherungen von Arragon, 
Ungarn, italienischen Kommunen. Unter dem Lamm 
rersteht Carducci Florens» wo damals l'arte della lana 
[WoUenweberznnft] die führende war» Bündnisse mit 
andern italienischen Staaten geschlossen wurden. Die 
wilden Wölfe bedeuten streitende Familien, Parteien* 
Packscher sieht in dem Lamm [agna] eine Anspielung 
auf Agnes Colonna» TermShlt mit Orso dell Angnillara, 
welche besänftigend im römischen Geschlechterkampf 
wirken könne. Petrarca erteilt dem Ehepaar aller- 
dings hohes Lob in II, 13 der Lottere familiari. Papst 
Johann starb Dezember 1334» imd der Krenssng kam 
nicht zu Stande. 

Kanzone 17 behandelt das gleiche Thema; Petrarca 
wendet sich an den trenen Freuid Jacol> Colonna, Bi« 
schof von Lombez, der gerade um diese Zeit 1333 in 
Kom war, und durch Anfeuern, Predigen viel tun könnte. 
Alle Völker, auch die im fernen Norden, sollen mit- 
kämpfen, gegen die yerachtetAi Muselmänner, deren 
„Streiche [d. h. ihre Pfeile] gehn des Windes Weg". 
Alle Heldentaten der Alten werden als leuchtende 



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Beispiele aufgestellt. Leopardi schwebten bei seiner 
schönen Kanzone ,»An Italien*' vielleicht diese glänz- 
▼onen Strophen Tor. — Die letste Anspieliuig auf Pe- 
trarcas Liebe Ifistt annehmen, dass die Kaasone an 

einen Freund gerichtet war, der darum wusste. Frei- 
lich ist wohl eher Piatos Eros gemeint, welcher zu 
idealem, begeisterten Handeln treibt, üacanlay las 
diese Kansone irährend der fiefreinngsklmpfe ia 

Griechenland imd spricht davon in seinem Essay über 
Petrarca mit bewunderndem Entzücken, 

Sonette i8 — 24. 

Sonett 18. Laura war krank, daher die Stimmung in 

diesem wie im folgenden Sonett, Nr. 19 Kallisto 
im grossen Bären ist der Stern, der Juno eifersüchtig 
machte. 

Voll ergreifender schlichter Melancholie zeigt dms So- 

nett Nr. 20, wie Petrarca die Einsamkeit in der 
Natur liebte, wie sie seine beste Vertraute war. | 
Vom Sonett 21, an Orso dell' Anguillara, den Galten 
der Agnes Colonna, ▼ermntet Cardncci, Petrarca habe 

CS 1337 in Capranica als Gast Orsos gedichtet; vielleicht 
von letzterem dazu ermuntert. 

Sonett 22 halt Cardncci, Seb. Fausto da Longiano 

[1532]) dem einzigen, der es richtig auffasste, recht 
gebend, für eine Bitte um Entschuldigung an den Kar- 
dinal Colonna in Avignon, Petrarca schreibt von Vau- 
duse aus, er habe Lauras Anblick» ihre Nfike ge* 
Ittrchtet. 

Sonett 23 ist an einen Freund in Rom gerichtet, 
möglicherweise an den Kardinal Colonna, welcher dort 

«54 



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von 1333 — 41 weilte. Das Sonett kann auch, dem Platz 
geniss, den ihm Petrarc« uiwieSy sehr wohl innerhalb 
dieaer Jahre geschrieben sein. £r bittet «n ein Werk 

des heiligen Augustin, das ihm zur Vollendung einer 
Arbeit fehle, von welcher man selbst in Rom „laut'' 
reden werde. Modemen Stil wolle er mit altem Geist, 
eine Wahrheit mit der andern yerbinden; ^ die Kom» 
mentatoren haben viel hin rnid her geraten. Carducci 
scheint es nicht unmöglich» dass hier das Secretum ge- 
meint sei, die Gebräche swischen Petrarca nnd dem 
heiligen Angostint obwohl andererseits ehie so indivi^ 
duelle Arbeit kaum in Rom viel von sich reden machen 
würde. Am deutlichsten weist dies Verbinden zweier 
Wahrheiten darauf hin: Der heidnischen Weisheit mit 
der christlichen. Eine Stelle ans dem Brief an den 
Bischof von Lombez [Lettere fam. II, 9J lautet: der 
heilige Hieronymus habe sich vorgenommen, heidnische 
Bücher nicht mehr ansnruhrent sich besonders von 
Cicero femsuhahen« Augustin dagegen dSchte nicht 
daran, sondern . . . „gestand oflfen, dass er von unserm 
Glauben viel in Piatos Schriften gefunden habe und 
dass er durch Ciceros Hortensius sich wunderbar Ter- 
wandelt gefShlt, sich Ton trügerischen Hofibungen 
und eitelm Sektenstreit abgewandt, der Betrachtung 
einziger Wahrheit dagegen sich wieder zugewendet 

habe Wie können also Cicero oder Flato 

der Erforschung der Wahrheit schaden, wenn die 
Schule dieses dem wahren Glauben nicht nur nicht 
widerspricht, sondern ihn belehrt und erhebt» und die 
Büdier jenes den rechten Weg weisen, der dahin 



255 



fSlut?*' — Der „teure Ytter^ der ersten Terzine ist 
der heilige Augnstin. Cesareo [Su le poesie volgah] 
memt, es liandle sich um MAinka'% vatd da die latet- 
aischen Weilce Petraicaf erst nack 133S beginnen, 
könne dies Sonett «oeh nicht fraher entstanden sein. 
Sonett 24. Petrarca hatte sich einige Zeit Zwang 
angetan, Madonna Laora nicht wiedemsehn» aber ef 
scheint ihm nicht gebückt an sein. 
Kanzonen 25 und 26. 

Die K anzone 25 schildert des Dichters Leiden im 
Vergleich mit denen aller andern Wesen, an jedem Ort, 
an jeder Tageszeit« Da er Ton seinen bald sehnjikrigen 

Leiden spricht, hat er sie wohl gegen Ende des Jahres 
1336 gedichtet. 

K anzone 26 hat seit Jahrhunderten den Anslegem 
viel zu raten an^gegeben* Nickt des Inkalts, aber der 

Person wegen, an welche sie gerichtet war. Velntello 
war der Erste, der Cola Kienzi nannte [1523], andere 
folgten, später dachte man aa Stefano Colonna dea 
Jnngeren, sicker an einen Senator. Seit 1819 A. Ma^ 
sand in seiner Ausgabe der GedicliLe, welcher alle 
späteren bis heute folgten, Kienzis Namen über die 
Kaazone setzte, blieb er weiter nnbestritten. Seit 
1854 tauchten manche Fir nnd "U^der auf. Die sshl* 
reichen Briefe Petrarcas an Rienzi, seine Begeiste- 
rung für die Nenbelebung der alten K.oma verleiteten 
nur zn leicht zn obiger Annahme* Dagegen spracht 
dass Petrarca in der Kanzone ansdrucklich betont, er 
kenne den Erretter Roms nicht persönlich, während er 
doch mit Cola Rienzi bereits in Avignon zusammen- 

256 



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getroffen var. Feiner» diasPetfaitain der beriboiten 

lettera hortatoria, in welcher er Rienzi zu massigem, 
besonnenen Handeln ermahnt^ ihm wohl ein Werk, eine 
Dicktnng toh seiner Hand Terbeistt» al>er unter einer 
tolchen ticher eine latelniache verstand, da eine in der 

Vulgärsprache in diesem Moment ihm zu gering er- 
schienen wäre. Carducci und neuerdings Packscher 
hänfen die Beweisey dass die Kanzone überhaupt nicht 
1347» SV 2eit Colas, sondern 1337 gedichtet sei, auch 
dem Platz nach, d. n Petrarca ihr anweist. Da es mit 
Rienzi schnell abwärts ging, hätte er sie nach dem 
November 1347 überhanpC nicht mehr dichten können, 
Bartoli sprach snerst den Namen des Busone da Gnbbio 
aus und Packschers Beweise werden wohl jetzt die 
Oberhand behalten. Mit ihm stimmen d'Ovidio, Ce- 
sareo n. a. nberein. In dem Ashbomam Kodex ans 
der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts steht Busones 
Name als der des Empfängers. Benedikt XII. war von 
Rom zum Senator erwählt» Busone da Gubbio von ihm 
som Stellvertreter ernannt worden« Daani kam» dass 
Petrarca im Frühjahr 1337 Rom sum erstenmal sah» 
jedenfalls jene trostlosen Eindrücke empfing, welche die 
Kansone wiedergibt. Im August kehrt er nach Avignon 
snrucfc» empiftngt dort die Nachricht von der Emen* 
nnn^ Busones, was Wunder, wenn er an ihn diese 
flehentlichen Bitten richtet. Noch dazu war derselbe 
Ghibelline» Dantes Freund und Dichter. Carducci sagt 
treffend: — Crelegenheitsgediehten muss man ins Ge- 
sicht sehn; auf die Tatsache, aufs Jahr, den Monat» 
den Tag ihrer Entstehung; eine Stunde» eine halbe 



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Stunde ktim den Standpunkt ändern. — Wer je das 
mittelalterliche Rom in noch erhaltenen Gebinden und 

Ruinen gesehen, sich deren düstere Geschichte ver- 
gegenwärtigt hat, wird hier vom Dichter Selbslerlebtes, 
Creschautes heransfuhlen. Zustande, welche Dante mit 
seiner lapidaren Kurse in den Vers susammendrSagte: 

Vedova, sola e di e notte chiama 

Die Vers 70 genannten Tiere bedeuten die Wappentiere 
des römischen Adels, die Säule ist die Familie Colonna. 
Madrigal, Sonette, Ballata 27 — 34. 
Nr. 27. Petrarca sieht, wie eine junge Magd Lauras 
Schleier spült; das beliebte Wortspiel: a l'aura [in der 
Luft] oder zu lesen: aLaura» kommt in der Übersetzung 
nicht zur Geltung. 

In Sonett 28 scheint Petrarca ein Zwiegespräch, eine 
Zusammenkunft versprochen zu sein; Zweifel nnd Un* 
geduld verzehren ihn. 

Sonett 29. Segenswünsche des Liebenden, wie sie 
sich auch in Volksliedern ünden. Als Gebet feiert 
Sonett 30 den elften Jahrestag seiner Liebe am Chai^ 
fireitag. 

Ballata 31 besingt die Freude am Gruss, den die 
Oeliebte gewährt, sie, die „beide Schlüssel** seines 
Heizens — zu Freude und Schmerz in ihren Hfindeu 
hält. Auch Cino da Pistoja und andere Dichter des 
XIII. Jahrhunderts sangen vom Grusse, keiner so schön 
wie Dante im Neuen Leben. 

Die drei folgenden Sonette 32, 33, 34 sind nach 

Cesareo, Carducci, bestätigt durch Petrarcas Anordnung 
und Datierung» in die Zeit von 1336 — 37 zu setzen, 

258 



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auf seiner ersten Reise von Avignon nach Rom ge- 
schrieben. In dem ersten fällt er, von einem Lorbeer- 
bain angelocktt in einen Bach» freut cdcb» dass diesmal 
«eine Ffiase, nicht wie tonst seine Angen» ^^genasst^S 

wurden. Für diese wünscht er einen Lenz, der ihnen 
milder gesinnt sei als jener erste, da seine Liebe be* 
gaan» nnd alle folgenden. 

Im aweiten kSmpfen Liebe, Sehnsucht und Reue, dass 
er nicht höheren Dingen sich zuwende. Wahrschein- 
lich an einen Colonna oder einen römischen Gastfreund 
gerichtet. 

Nummer 34 wird yerschieden gedeutet; Leopardi lasst 
im Zweifel , ob irgend etwas Petrarca ideder an Laura 

erinnert, oder ob neue Liebe ihn ergriffen habe. Für 
letzteres stimmen die Interpreten, welche ihn für leicht 
tntaündlich halten. 

Die Kanzonen 35, 36, 37; die Sonette 38 — 43. 

35» 36» 37» ^® ^^^^ berühmten Kanzonen auf 
Madonna Lauras Augen, auch die drei Schwestern 
genannt. Alle Kommentatoren, nicht zum wenigsten 
De Sanctis, ergehn sich im Preisen dieser graziösen 
Gebilde. Schade , dass die Übersetzung so weit da- 
hinter zurückbleibt! Nachdem Petrarca sich die Grösse 
der Aufgabe TergegenwSrtigt, seinen Zustand geschildert 
hat, vergisst er sich Vers 45 so weit, ihr, Laura, schuld 
zu geben. Dann erschrickt er, dass sein Ungestüm ihn 
SU solchen Worten habe fortreissen können. Am Schluss 
daakt er iur die Erhebung su Höherem, sur Unsterb- 
lichkeit, die diese Augen in ihm bewirkten. Auch in 
der zweiten preist er die beseligende zu Besserem 

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swingcsde Macht der Ai^«b, koA dinrdi eigset Vei^ 
dienst dennaleinst noch ihre Gnade mid Grünst an ev>» 
ringen. Die dritte Kanzone besingt abermals die 
Woane» die Rnhe» welche jene fahrenden Sterne ana- 
atrahlen; er hofft noch ao Neues nad Schönes» ivie nie 
zuvor, von ihnen singen und sagen zu können. 
Die Sonette 38 und 39 erzählen von der Zeichnung, 
welche Simon Martini» Memaai genannt» auf Petrarcas 
Wonach Yon Laura anfertigte. Papst Benedikt XU. 
hatte den Sieneser Maler 1339 nach Avignon einge- 
laden; im Herbst 1340 war er wieder in Rom» also 
können diese Sonette anch nnr ans dieseaa Jahr ataannea 
[Cesareo, S. 50]. Leider kat sich keine Wiederk^^ung 
dieses oder irgend eines Bildes von ihr erhalten. Nach 
Petrarcas Tode ist keine Kede mehr davon. Ob er es 
im Alter zerstörte » wie so manches ans Jener Zeit? 
[Pierre de Nolhac, Graaette Dea beaax arta» 1890]. 
Sonett 40, voll Reue, voller Selbstanklagen» erinnert an 
Stellen aus dem Secretum. 

Sonett 41 schildert die tödliche Wirkung von Madonna 
Lanras Blicken, macht ihnen den Idsen Vorwarf kalter 

Koketterie. Im Sonett 42 klagt er einer Anzahl YOii 
Fraaen sein Schicksal. 

Sonett 43 deuten Terschiedene filtere Koannentatoran 
so, dass König Robert yon Neapel, alserim Jahr 1342 

nach AvigDon kam, gewünscht habe, die schöne viel- 
besungene Frau zu sehn. £r habe aber gefunden, dass 
aie so viel Lob nicht mekrverdiena. Aach dies Sonett 
entspricht einer Stelle im Seetetnm, dea Inhalts: Dass 
der Wert, die Schönheit der Seele zunähmen, wenn auch 

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die Blute der Jugend dcbtUdi irerginge. Alfitfi bexiekt 

es auf eine überstandene Krankheit Lauras. 

Sonette 44 — 53. 

Sonett 44. Ffletfö, Manend waren der Ansicht, dies 

Sonett sei auf den Tod Madonna Lauras gedichtet und 
setzten es ans Ende der Sammlung. Leopardi» Alheri, 
Fofster, Keknl^ kehrten cur Ansicht der alten Aus- 
leger snrucky es sei an einen Freund gerichtet. Caiv 
ducci, mit de Sadc übereinstimmend, hält Petrarcas 
Bruder, Gerardo, für den Angeredeten, der nach dem 
Tode einer geliebten jungen Avignoneserin im Jahre 
1342 ins Kloster von Montrienx ging. Zwei Briefe 
Petrarcas an den Bruder aus den Jahren 1348 und 52 
[Lett. fam. X, 3, 53 geben ein lebendiges Bild ihres 
jugendlichen Lebens und Treibens in Avignoa. Da 
Gerardo nun nicht mehr Neuling sei, sondern fest in 
seiner weltfernen Gesinnung, dürfe man wohl an solches 
wieder erinnern; jetzt fänden sie es doch lächerlich 
und töricht» wie sie damals stutaerhaft sich die Haare 
gebrannt, sich mit modischen Kleidern, mit engen 
Schuhen geplagt hätten. Und gar der Frauendienst 
und die Iriebesgedichte ! Fast beneidet Petrarca den 
Bmder um den sichern Port, in dem er nun gelandet 
sei. — Nach Cesareo sei dies Sonett nicht später als 
1337 geschrieben. Cochin, [1903 Le fr^re de PetrarqueJ 
riihmt dessen Opfermut» als die Pest sein Kloster heim- 

Sonett 45 klagt über Cino Ton Pistojas Tod, der so 
schön von der Liebe zu singen wusste. £r starb in 
den letaten Tagen von 1336 oder in den ersten von 37» 

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Der Anfang ist fast gleichlautend mit dem ans Dantes 

Neuem Leben: ,,0 weinet Liebende, denn Amor weint" 
[c. 8]. Unter den ,,schlimmen Bürgern*' ist die Partei 
der Schwarzen gemeint, die ihn verbannt hatten. Tn 
Pistoja war der Parteihass damals noch wilder als in 

Florenz. 

Sonett 46 klagt, dass Laura nicht sehn wolle» was 
sie sehn mnsste, dass der feste Glaube, sie wisse um 
seine Liebe, ihm nicht nütse, ihm nicht Hnld vnd Gnade 
zuwende, wie einst Christus sie Maria und Petras ge- 
währt habe. 

Im Sonett 47 ruft er sich alle die Plätze ins Gedficht« 
nis znrnck, wo Madonna Laura sich sehn liess» sich 
aufhielt An dem einen Fenster» nach Süden, zeige 
sich nicht nur die „andere Sonne** — sondern auch 
Laura — wenn es ihr beliebe. 

Sonett 48 ist an Stephan Colonna den Jüngeren ge- 
richtet, nach dem Siege, den er über die Orsini er* 

fochten hatte. Der Streit zwischen den Colonna und den 
Orsini um das Primat in Korn ist bekannt, zumal seit 
die Päpste in Avigaon waren« Am 22. Mai 1333 war 
kaum ein Waffenstillstand abgelanfen, den JohannXXIL 
die beiden Parteien hatte beschwören lassen, als Ber> 
told und Franz Orsini bei S. Cesario den jüngeren 
Stephan Colonna angriffen. Derselbe verteidigte sich 
so tapfer, dass er den Feind trots dessen Überzahl 
zurückwarf und zwei Hauptleute tötete. Johann Cajetan 
Orsini, Legat für Rom und Toskana, setzte nun gegen 
die Colonna die päpstlichen Truppen in Bewegung. 
Darauf besieht sich dies SoneU [De Sade, Villani]. 

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IMesem Sonett gimchlaiitend ist die lateinische Epistel 
[Farn, m, 3], welche Petrarca an den jungen Sieger 
richtete; in einer folgenden [Farn. III, 4] spielt er auf 
das Sonett an und sagt, er habe es italienisch ge- 
acludeben, damit auch die Soldaten es lesen könnten* 
wolche tfXa Arbeit nnd Ruhm mit ausgezogen seien,^* 
Sonett 49 wendet sich an Pandolf Malatesta» Herrn 
▼on Rimini, der nach zahlreichen Siegen zurückgekehrt, 
▼ielleicht den Wunsch hatte von Petrarca gefeiert zu 
werden. Pandolf war der Erste» der nacheinander zwei 
Maler zu ihm schickte, um sein Bild an besitzen. Un- 
sicher bleibt die Zeit, wann dies Sonett geschrieben 
sei. Die persönliche Bekanntschaft stammt erst aus 
dem Jahre 1356 und simtliche Briefe, welche Petrarca 
an Pandolf richtete, sind späteren Datums. Cesareo 
setzt das Sonett daher in dieses Jahr. Carducci stimmt 
mit Meneghelli [1819] überein, welcher das Jabr 1348 
für richtig halt. Nie war das Glftck den Malatesta so 
ginstig wie damals [nach Muratori] : sie erwarben As« 
coli, setzten den Herrn von Fermo, Mogliano, gefangen, 
nachdem sie sein Heer geschlagen hatten, und bemäch- 
tigten sich Anconas* Femer scheint das Sonett sich 
doch an einen noch jungen Mann zu wenden; auch 
weist Petrarca dem Credicht einen zu frühen Platz nach 
der letzten Redaktion der Sammlung an, um es so spät 
hinabzurücken« 

Die Sonette 50 und 51 sind an Sennuccio del Bene 
gerichtet» das erste Tielleicht als Antwort auf dessen 

Mahnung, von der Liebe zu lassen. Auch hier ist 
Laura in einigen Handschriften »^'aura** geschrieben^ 

263 



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aber das Wortspiel nicbt durdigefolut. Semmodo, aa 

welchen Petrarca noch mehr Sonette richtete, auch eine 
scherzhafte Epistel [Farn. IV, 14], war Florentmcr^ 1302 
als Weisser gleichseitig mit Dante und Petrarcas Valer 
▼erbannt, ein zweites Ifal 13 13, als er Kaiser Hein- 
rieh VII. gefolgt war, auf dessen Tod er eine Trauer- 
kanzoue dichtete. £j: ging nach der Provence und 
schloss sich» wie Petrarca, in ATignan aa die Familie 
Colonna an. Im Jahre 1326 durfte er nach Florens 
zurückkehren und erhielt durch Vermittlung des Papstes 
Jobann XX IL seine Güter sorück. Dort starb er 1349W 
Im Sonett 5z erzählt Petrarca dem Freund, wie er 
bei Sturm und Gewitter iaVaucluse angekommen» des 
Blitz in Lauras Nähe nicht gefürchtet habe, weil Lor- 
beer [Lauro] vor dem Blitz schütze. Die ^^rdne Luft*^ 
ist wieder [tyl'anra dolce e pura**] Laura. 
Sonett 52 zeigt Petrarcas Groll und Widerwillen gegen 
Babylon-Avignon, seine Liebe für stilles Leben, Ar- 
beiten, Träumen in Vaudnse. £r wendet sich an dea 
Kardinal Colonna; versduedene Ausleger beziehen die 
letzte Zeile auf das Haus Colonna, welches momentan 
durch neuen Sieg der Orsini in übler Lage war. Car- 
ducci ist mit Gesuäldo [1540] und Albertini [1835 j der 
Ansicht, dass Petrarca dem Freund Genesung vom Pd- 
dagra wünsche. 

Sonett 53 bezieht sich auf den Berg, der das Tal 
schliesst Vaucluse — dessen bequemer Abstieg 
nach Arignon, der ratthe nach dem Tal [Lauras Wob* 
nung], liege. Petrarca wünsche sich's lieber nmge> 
kehrt. 

264 



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Kansone 54, Sonelt 55, Kanzonen 56 und 57. 

Die allegorische Kanzone Nr. 54 schrieb Petrarca 
am die Zeit seiner Dichterkrönung; er feiert darin die 
Gdttim deftRahmes[gloria] and ihre Schwester, dieXagend. 
So vteüte der ilteite Interpret, Antonio da Tempo, und 
die meisten folgten ihm. Später hielten andere die 
beiden Schwestern für Philosophie und Theologie, für 
Beredsamkeit und Weisheit» oder für Poesie und Be- 
ledsamkeit v« s. f. Rossetti sah darin eine ghibellinische 
Allegorie« lOt der grossen Mehrsahl an der ersten 
Deutung festhaltend, stellt Carducci über Grund und 
Zeit der Entstehung folgendes fest: Am u September 
1340 erhielt Petrarca -die Einladung au seiner Dichter« 
krönimg. Ende Febmar scbt£Fte er sich in Marseille 
nach Neapel ein, hielt sich bei Köni^ Robert auf, vor 
dem er noch eine formelle Prüfung bestehen sollte, langte 
dann am 6« Apiü in Rom an* Am 8. wurde er am Oster^ 
tag feierlich auf dem Kapitol durch Orso Ton Anguülara, 
damals Senator, zum Dichter gekrönt. Er berichtet dai> 
über dem Freund Barbato vonSulmona [Lett. fam. IV, 8], 
schickt an Gioranni Barrili eine lateinische Epistel in 
Versen [H, i]. Barrili, Ritter König Robetts, sollte den 
Dichternach Rom begleiten, trennte sich aber Ton ihm, um 
vor den Toren Roms wieder mit ihm zusammenzutreffen. 
Bei Anagni wurde er von Räubern überfallen, entkam müh« 
sam nach Neapel. Petrarca wartete mit Ungeduld, Hess 
▼ergeblich nachforschen, Ostern ruckte heran und Orsos 
Senatorenwürde verfiel. Da derselbe aber die Krönung 
gern vollziehen wollte, konnte auf den Stellvertreter 
König Roberts nicht mehr gewartet werden. 



265 



Der Ruhm ist gleichen Alters mit der Sonney weil der 
des Schöpfers mit der Schöpfung begaaii; dass Petrarca 
ein „Anderer wurde'*, ist wohl eine Anspielung darauf, 
dass er die Jurisprudenz aufgab und sich den klassi- 
schen und philosophischen Stadien anwandte; Vers 27 
nnd 38 sei eine Anspielung auf die irerheissene Krö- 
nung. Vers 46 nnd folgende sagen, dass, wenn anch 
das Verständnis für wahren Ruhm nie ganz aufgehört 
habe, so werde durch die Feindin [Unwissenheit, Geis, 
Trägheit, Wollust — nach Terschiedener Deutung] jedes 
aufglimmende Funkchen bald erstickt. Des ,,Anderen 
Macht'' ist Müssiggang oder Laster überhaupt. Amor 
„erweckte ihn*% weil er vor allem Ruhm erstrebte, um 
Madonna Laura su gefallen* Die Frau, auf weldie der 
Ruhm, vielmehr die Gottin des Ruhms hinweist, ist die 
Tugend. Petrarca will einen Zweifel äussern, ob es 
wohl Höheres gäbe als jene^ schämt sich, dass sie ihn 
durchschaut habe. Ich lasse dich den Meinen, sagt die 
Ruhmesgöttin, denn wir entstammen einer Geburt, jene 
als die Erste. Die Tugend ist Grund, der Ruhm Folge; 
ohne Tugend kein Ruhm [Fomaciarij. -r £s fehlte im 
14. Jahrhundert nicht an allegorischen Kansonen; die 
vornehmste, vielleicht die erste, ist Dantes: Tre donne 

intomo al cuor mi son venute Drei Frauen 

traten hin au meinem Henen • • • • Auch sie aeien 
nun verhasst und niemand kfimmere sich um sie, heiast 
es dort im Anfang, woran Petrarcas letzte Strophe an- 
klingt. 

Das Sonett 55 ist an Antonio de'Beccaii ans Fer- 
rara gerichtet, welcher, als sich die Nachricht vom 

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Tode Petrarcas Terbreitet hatte, ein allegorisclies Kla^ e* 

lied schrieb. Petrarca war damals, 1343, von Papst 
Clemens VI. zur Königin Johanna nach Neapel geschickt 
wofdeo» die pSpstlicben Rechte au wahren« Eimmd- 
swanaig Jahre spftter era&hlt er einem Freund, wie er 

mehrmals tot gesagt worden, und wie manche Unan- 
nehmlichkeit, Schädigung seiner Interessen daraus ent- 
standen sei [Lett. sen. III, 7]. 

iDie folgenden Kanzonen 56 und 57 nennen Pietro •> 

Bembo im 15. und V. Gravina, der Arkadier, am Ende 
des 17. Jahrhunderts, Schwestern und sagen: der 
erste, dass die kurzen Zeilen und die Reimver- 
teiking Anmut und GefiUligkeit verleihn, der «weite» 
dass man sie der Weise Anakreons und Catulls ver- 
gleichen könne. Um einzelne Stellen dieser Abschieds- 
kanzone von Vauduse ist viel gestritten worden: ob 
etwa der Anfang so zu verstehen sei, dass Laura nin** 
den Fluten sich erfrische, oder ob sie „an"* den Wassern 
,,ruhe**. Das italienische Wort ,,ove*' kann auf beide 
Arten gedeutet werden. Die Herren Quarta, Targioni- 
Tozzetti stimmten für das kühlende Bad, auch deutsche 
Obersetzer. Harmonischer stimmt zum Ganzen, dass 
sie an der kühlen Flut geruht habe, [Siehe auch 
Sicardi, Gier stor. lett. XVI] 

Kansonen 58 und 59; Sonett 6o« 

Nr. 58, die berühmte Kanzone: An Italien wurde 
von den ersten Erklärern falsch datiert, infolgedessen 
auch falsch gedeutet; erst de Sade wies ihr den rechten 
Platz an; Leopardi, de Sanctis kehrten zu der irrigen 
Annahme zurück. Die Stellen: Wollt ihr noch nicht 

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Bayemtfiig begreifen vad: Gib nicht, ^ekh 

den Gdtien, boblem Namen Ebi* . • • . wurden auf 

1327 bezogen, als Ludwig der Bayer nach Mailand kam, 
den Visconti Beistand und Gunst erwies, sie aber dann 
bintergingy gewalttätig behandelte, wie andere ghibelU- 
nische Ffinten, die ihn gemfen hatten. Unter dem 
„hohlen Namen" verstand man die Kaiserwürde ; als 
ob Petrarca im Gegensatz zu Dante, nicht all' sein 
Hoffen auf Frieden und Einigkeit auf den deutschen 
Kaiser gesetzt bitte! f,'Seia, in der Tat;*' «— sagt 
Carducci in seiner klaren, kräftigen Weise [Saggio 
S. 122] — „wie Dante hat Petrarca Karl IV. ermuntert, 
nach Italien su kommen, dort .die Reichskrone au em- 
pfhngen, und ihm energisch Torgeworfen, die italieni- 
schen Angelegenheiten vernachlässigt zu haben; wie 
Dante sah Petrarca in der Institution des römischen 
Reiches nicht nur Gestaltung und Grarairtie für die 
christliche Gesellschaft und Zivilisation, sondern auch 
Italiens Ruhm und Heil." Unter dem „hohlen Namen", 
▼erstand Petrarca sehr wahrscheinlich die »»Grosse Kom- 
pagnie*' unter Werner UrsüngeUi die raubend und 
mordend unter der Devise: „Feinde Crottes und der 
Barmherzigkeit" umherzog, entlassene bayrische Söldner, 
nach Ludwig des Bayern Römerzug; oder die unseligen 
Soldtruppen überhaupt; bald dem einen» bald dem 
andern sich verdingend, setzten ne Ihr Leben nicht 
gern aufs Spiel. Darauf bezieht sich Petrarcas: „Den 
Finger heben", das römische: digitum tollere, das Zeichen 
der Ergebung bei den Gladiatoren. Packscher [Chro- 
nologie d. Gedichte Petrarcas 1B87] aus Ifiantoti XXiV : 

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c Messer Gianotto .... levo lo dito e non vousse 
combattere e arrendessi elli con cierti aatri. — Wie 
qpäter als Schweiger, beieidmete mta in 14« Jalur« 
luaidert die Söldner als Deutsche, hanptsfichlich als 
Bsyern, weil Ludwig der Bayer damit begonnen hatte. 
Wie hoch man Petrarcas Kanzone im 15. Jahrhundert 
schaute, seigt, dass Machiavell seinen ^^iifsten'' mit 
Petrarcas Versen schloss: Virt& o<mtra fnrore . • . . 
Auch er sah im Söldnerwesen einen Hauptkrebsschaden, 
bemühte sich vergebens um Errichtung stehender Heere* 
M^si&res (P^trarqne etc. i^) meint, diese KaasoM 
sei im 19. Jahrhundert die Marseillaise der Italiener 
gewesen, als es galt sich von Österreich zu befreien. 
Im Jahr 1327 war Petrarca aber noch zu jung, um ein 
so reifes Gedicht an schreiben, znmal gerade in diesem 
Jahr seine Leidenschaft fUr Laura entbrannte; anch 
kannte er die Schrecken dieses Kleinkriegs unter den 
italienischen Fürsten noch nicht aus Erfahrung, wie im 
Jahre 1344 — 45, als er ans Parma floh. Im Jahre 1335 
ging Parma aus der Herrschaft der Rossi in die der 
Skaliger über; diesen nahe verwandt und von grossem 
Ansehen in Panna waren die Herren von Correggio. 
Saner derselben, Aszo, ging damals nach ATignmi, um 
— im Interesse der Skaliger — die Angelegenheit mit 
dem Papst, deren Lehnsherrn, zu ordnen. In Avignon 
lernte er Petrarca kennen, mit dem er innige Freund« 
Schaft schloss. Im Jahre 1340 reisten sie susammen 
nach Neapel, Petrarca von dort zu seiner Diebterkro- 
nung nach Rom. Azzo schloss inzwischen mit Luc- 
chino Visconti einen Vertrag: letaterer solle ihm helfen 

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die Skaliger zu verjagen, nach vier Jahren dagegen 
wolle er, Azso, dann die Herrschaft dem Visconti 
wieder abtreten Der Streich glückte, die Skaliger 
deren Regierung in Parma nicht beliebt war, wurden 
verjagt, und Petrarca feierte diesen Sieg seines Freundes 
in einer Kansone, welche er nach dessen Sturz nicht 
in seine Sammlung aufgenommen hat. Petrarca blieb 
etwa ein Jahr in Parma, schrieb einen beglückten Brief 
an den Freund Colonna [Lett. fam. IV, 9] und genoss 
die Ruhe des schönen Aufenthalts von Selvapiana, wo 
er an seiner Afrika*' arbeitete. Azso da Correggio 
hielt aber seinen Vertrag nicht: im Jahre 1344 ver- 
kaufte er Parma für 7000 Groldgulden an Obizzo von 
Este. Derselbe zog unter dem Beistand anderer Fürsten 
und mit 800 Söldnern dorthin, um seinen Besitz anzn> 
treten. Philipp Gonzaga, Herr von Mantua und Reggio, 
eifersüchtig auf den £5te, verbündete sich mit den Vis- 
conti und brachte ihm auf dem Rückweg von Parma 
nach Modena eine Niederlage bei. Obizzo, nicht ent* 
mutigt, verband sich mit Mastin della Skala, noch 
einigen kleinen Fürsten, imd sog gegen den Gronzagi. 
So lagen die Dinge, als Petrarca zum zweitenmal hi 
Parma war, und von dort unter Lebensgefahr fliehen 
musste. Er erzählt es ausführlich seinem Freunde Bar- 
bato da Sulmona [Lett fanu V» lo], dem er zuvor ia 
der Epistel in Versen [II, 17] voll Entzücken sein Sei- 
▼apiana, seinen italienischen Helikon" geschildert hatte. 
Die Schmach nnd Schande dieser Kriege »,aus kleiner 
Ursach'S die auch Machiavell mit harten Mitteln sa 
bekfimpfen stiebte^ nm Italien endlich sn Frieden nnd 

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Eiiihtit SU verhelfeii, die Schrecken der Soldnerheere» 
die ganze damalige Lage Italiens ninss man zum Ver^ 

ständnis dieser Kanzone ins Auge fassen. 
Kanzone 59, in Selvapiana bei Parma erlebt und 
geschrieben^ in der Einsamkeit der Wälder und Berge* 
Wie unsere Romantiker, schwärmt er für die Natur, 
macht sie seinem Empfinden dienstbar, sieht in Wald 
und Fels nur seiner Laura Gestalt. Eine lateinische 
Epistel in Hexametern an den Freund Barbato, bringt 
die gleichen Betrachtungen und Bilder. 
Liebe und Reue, Selbsterkenntnis und keine Umkehr, Anti- 
thesen in Frageform — sind der Inhalt des Sonetts Nr. 60, 

Sonette 61 — 70. 

Nr. 61, 02, 63, die Sonette, welche Petrarcas Zorn 
und Entrüstung über Babylon- Avignon ausströmen, 
sind wahrscheinlich während des Pontifikats Clemens VI* 
geschrieben» zwischen 1342 — $2. Im ersten geisselt er 
die raffinierte Genussucht, zeigt des Teufels Mitarbeit; 
auch Holbein lässt ihn im Totentanz mit einem Blasbalg 
hinter einem Verführer hergehn; die Spiegel sollen aus 
einem alten Biographen des Horaz stammen. Im zweiten 
Sonett machte das Wort Baldacco Schwierigkeiten, 
was ich mit „Schänke" übersetzte, andere stehn Hessen, 
oder durch Bagdad wiedergaben. Carducci nimmt mit 
einigen neueren Erklärem an, dass der nene Herr, der 
Erretter, der bessere Papst den „einigen** Sitz wieder 
in Rom gründen und dieser Palast zur Scbänke werde. 
Velutello, Dolce, der Scholiast der Giuntina kannten 
einen verrufenen Ort in Florenz namens ,,Baluacco'*; 
dten Historiker Varehi erinnert das Woti an den floren- 

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tlmer Ansdnick fJMdrnceB,**, gemeine Kneipe» woeelbit 

Dirnen verkehren. Der Anfang des dritten Sonetts spielt 
auf die Auferstehungsfrage an; Johannes XXII. stellte die 
Behauptnag maff dm die Tagendhaften erit nach Wieder- 
eilangnng ihrer Leiber am Tage des Jüngsten Gerichts 
Gott schauen würden, worüber viel disputiert wurde. 
Petrarca, der den Papst nicht liebte, spielt darauf in 
einem Brief an den Kardinal Colonna an [Lett. fam. 

12]. Auch der Schluss machte Schwierigkeiten. 
Der Sinn stimmt mit dem der Danteschen Tersine nber- 
ein: „O Constantin! Wie viele Übel deine — Be- 
kehrung nicht| doch jene Schenkung zeugte, die du er* 
teilt dem ersten reichen Vater." Carducci fasst den 
Sum am klarsten so auf: „Constantin kehrt nicht sv- 
rück, kann dfe traurigen Folgen seiner Freigebigkeit 
nicht sehn, seine Gabe nicht wieder zurück, verlangen; 
aber die schlimme, die traurige Welt möge in Frieden 
deine schSadlichen Taten hinnehmen, wenn sfte dich so 
erträgt, dir nicht die übel erworbenen Reichtümer 
wieder abnimmt.'' Schlimmer und schärfer noch als in 
diesen Sonetten Terfuhr Petrarca mit dem päpstlichen 
Hof SU ATtgnon in den Eptstelae sine tünlo, die v 
an Freunde, an hohe Personen richtet, ohne ihren 
Namen zu nennen. Fracassetti hat diese Briefe nicht 
übersetzt; Carducci führt in seinem vortrefflichen Saggio 
di nn testo e eommento nnovo an den Rime di F. Pe* 
trarca 1876 lange Stellen ans den VIIL, X., "XHL» 
XIV., XV., XVII. und andern Episteln an. Schlim- 
meres konnte kaum gesagt werden; Clemens VI.» der 
die Jagd liebte, den Palast mit hohen Manem umgab, 



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ipiid NImrod» tdae Fmndiiiy die Vise^ifin CedKa 

di Turenna, Semiramis genannt. Ein anderes Mal ist 
Clemens der Dionysius ecclesiasticus, der Syrakus be- 
raubt n* s. f. Auf dem bei Manutios und den Gionti 
1564 gednickten Register der auf dem Tridentiner Konsil 
verbotenen Bücher» zitiert Cardncci ein Büchlein von 
P, P. Vergerio : „Einige wichtige Stellen, übersetzt aus 
den lateinischen fisteln des M. Fr. Petrarca etc. mit 
drei seiner Sonette und 18 Stensen des Bema [Berni] 
vor dem 20. Gesang." Volpi erwähnt in einem Katalog 
der Petrarca- Ausgaben, gelegentlich der Reime des F.P., 
bei Comino in Padua 1723 und 1732 gedruckt» dass ein 
Pater vom Tridentiner Konsil in sein Büchlein ge- 
schrieben habe, es seien gleich nach dem Konzil die 
drei Sonette aus dem Kanzoniere ausgekratzt worden. 
In den Ausgaben des XVLt XVII. und im Anfang des 
XVm. Jahrhunderts fehlen in der Tat diese drei So- 
nette, in einigen auch das: Dem schlimmen Babylon .... 
[Hier Nr. 523. In vielen früher gedruckten Exem- 
plaren wurden nach xiem Schluss des Konzils die Seiten 
ausgerissen» oder die Sonette kreuz und quer durch- 
strichen. Petrarca ersehnt und erfleht, wie Dante, den 
Veltro, einen neuen Papst, einen neuen Herrn, sowohl 
hier im Sonett als in den Briefen sine titalo. Auf einen 
bestimmten Fürsten oder Papst wül sich keine rechte 
Deutung finden lassen. 

Sonett 64 gab zu raten auf» nicht des Sinnes, aber 
des Ortes und der Zeit wegen. Carducci schliesst sich 
an de Sade an, der wohl das Richtige traf. Nach 

jener Flucht aus Parma, am 23. Febr. 1345, ging Fe- 



273 



tnurca über Modena» Bologna nach Verona* Dort fand 
er Ciceros Briefe an Atticas» an seinen Bmder nnd 

Brutus. Ende November ging er über die Schweiz 
nach Avignon; bis zur Grenze von Brescia begleitete 
ihn der Frennd Gnglielmo di Pastrengo. Nach sclnnera* 
lichem Abschied schrieb er den Frennden dies Sonett: 
Jenen führe die Liebe den Freunden zu, nach Jerusa- 
lem, dem Ort der Freiheit, er ginge wieder ia die 
Sklaverei^ nach Ägypten* An Gngltelmo di Pastreiigo 
befindet ridi eine grosse Anzahl Ton Briefen in den 
Lett. fam., mehrere Episteln in Versen in den carmina 
latina [deutsch von FriedersdorfQ. Derselbe lebte im 
Verona^ als Richter nnd Hnmanlst Als Gesandter der 
Skaliger war er Öfters in Avignon, wo er sich innige 
mit Petrarca befreundete. 

Sonett 65, an Sennuccio del Bene [siehe Nr* 50 
nnd 513 gerichtet; Nr. 66 nnd 67 sind Liebes- nnd 
Sehnsnchtsklänge. ' 

Sonett 68 antwortet auf das Sonett eines Anonymus, 
dass er, Petrarca, wenn er nicht ein so unstetes Leben 
fahrte, seinem Stadium» seiner Rohe in Vanclnse [Apolls 
Grotte] treu geblieben wäre; auch Florenz hStte dann 
seinen Poeten. Hierin könnte eine Nichtachtung Dantes 
liegen, wenn man nicht wüsste, wie gering Petrarca 
snersi seine eignen Vnlgärdichtnngen, wie hoch seine 
lateinischen schätzte. Unter „poet«*' verstand aoch 
Dante einen Dichter, der Latein schrieb, die andern 
nannte er didtori in rima, Reimsprecher [Neues Leben, 
Kap. 25]. Gegen den Vorwarf, er sei dn Keider 
Bantes, Terteidigt sich Fetraica in dem Brief an Boc- 

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cacdo [Lett. fam« XXI, 15]; ▼ortreffHch behandelt Car- 

ducci dies Thema in: Deila varia fortuna di Dante. 
Die Dichter, auf die Petrarca anspielt, sind: Catnll in 
Verona, Virgil in Mantaa, Jnvenal in Arunca [Snessa 
Pometia]. 

Nr. 69 gibt ein deutliches Bild des unablässigen 
Schwankens in Petrarcas Herzen ; Liebe» Hoffnung» ein 
ewiges Frageaeichen, Resignation nnd Beharren. In 
Nr. 70 naht er sich der Geliebten, „von treuer Schar*' 

der Seufzer» Tränen begleitet und wagte doch nicht zu 
sprechen. 

Sonette 71 — 83. 

Nr. 71 datiert von einer Wanderung durch den Ar- 
denner Wald, als Petrarca im Juni 1333 von Köln 
kam. In einem Brief an den Kardinal Colonna schil* 
dert er die Reise, ersählt, wie er dort viele und schone 
Frauen am Johannisabend gesehen habe, die im Rhein- 
wasser Hände und Arme wuschen [Lett. fam. I, 4]. 
Der Krieg, auf den er anspielt» wnrde swischen dem 
Herzog von Brabant nnd dem Grafen von Flandern 
ausgefochten. Die Schlusszeile des Sonetts könnte be- 
deuten» dass seine Bewunderung der grossen schattigen 
WaldesstÜle der Liebe snr Sonne — Lanra — im 
Augenblick vielleicht Abbmch getan habe. 
Nr. 72, der dritte Himmel, in den Petrarca sich 
schwingen will» ist der Venushimmel, Himmel der Seligen» 
welche Liebe beglückte [Dante, Paradies VIII» Gesang]. 
Der rasche heitre Flnss" ist die Rhone, an deren 
Ufern er zur Heimat der Sonne — Lauras vordringt. 
Anf derselben Reise» vielleicht in Lyon geschrieben. 



Nr. 73 erzählt yon einer Falut auf dem Po; viel- 
leicht 1345. 

Kn 74 rühmt Laura in Vaadase in ihrer ganzen 
Anmut 

Sonett 75, eins Ton den drei Sonetten» die ▼on 

Lauras wiedergefundenem Handschuh handeln. 
Sonett 76 entzückte Thomas Gray so sehr, dass er es 
in des Properz wahrhaft würdige lateinische IMstichen 
fibersetzte. 

Sonett 77, ein gebetartiges, inniges Resignieren, den 
Blick gen Himmel gerichtet. 

Sonett 78, wahrscheinlich 134$ anf der Rückkehr 
durch die Schweiz, der Rhone folgend, gedichtet Po* 

trarca liebt Wortspiele: „zehrend**, von„rodere"; Ro- 
dano, das italienische Wort für Rhone. 
Sonett 79 gibt Stunde nnd Datum anfs genauste an, 
seit das schone Laub'* mit allen andern Reizen ver- 
eint, sein Herz für alle Zeit in Besitz genommen hat. 
In Sonett 80 verschmilzt, wie so oft, das Entzücken 
der Natur mit dem Gredanken an Laura, die Mandre*' 
Sonne. Aurora liebte Tlton, Zeus gewShrte ihm Un- 
sterblichkeit und ihrer Liebe ewige Dauer. Aber sie 
hatte versäumt, um ewige Jugend für ihren Gemahl zu 
bitten. 

Sonett 81 preist neben der oft gerühmten Schönheit 

auch den lieblichen Gesang. 

Sonett 82 erzählt, dass Petrarca eine Anzahl Frauen 
oder Jungfrauen ohne Laura, welche mit ihnen zu sein 
pflegte, antraf. Die Antwort auf seine Frage nach ihr 
zeigt klar, dass Eifersucht oder Neid sie zurückgehalten, 

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dm sie tel1>st darober THtaien habe. Ob 

dieses „dem Leibe Schranken" anlegen von einem 
Gatten, Vater oder Bruder ausging, wer weiss es? 
Ähnliche kurze Grespräche mit Frauen gibt Dante im 
Neuen Leben, c. XXII, ebenso Cino yon Pistoja. 
Heilerer lautet Sonett 83; es schildert eine fröhliche 
Kahnfahrt Lauras mit ihren Gefährtinnen, wahrscheinlich 
die Rhone abwärts. Zurück fuhren sie dann im Wagen. 
Petrarca gibt hier den Namen in lateinischer Form: 
Laurea, vielleicht weil er ihn nicht so gut, wie sonst, in 
irgend ein Wortspiel bringen konnte, Automedon, Achills 
Wagenlenker, Xyphis, der Pilot der Argonauten. 
Sonette 84 — 94. 

Sonett 84. Squarciafico, dessen Kommentar 1513 in 
Venedig gedruckt wurde, behauptet^ dies Sonett sei an 
Jacob von Carrara gerichtet, Herrn von Padua und 

mit Petrarca innig befreundet, als derselbe sich heftig 
über seine beiden Neffen erzürnte. Er wurde später 
bei Tisch von ihnen im Jahre 1370 ermordet Ab- 
schreckende Beispiele aus der alten Geschichte sollen 
den Freund warnen: Alexanders, des Tydeus, der im 
Krieg um Theben Polineikes gegen Eteokles beistand. 
Wie er sterbend noch am Schädel seines Feindes Me- 
nalipp nagt, erzählt Dante, der Thebais des Statins ent. 
lehnt, Hölle XXXTII, 130. Sulla soll vor Zorn über 
einen säumigen Schuldner so geschrien haben , dass 
er die Nacht darauf an den Folgen eines inneren Er- 
gusses starb. Ähnlich erging es Kaiser Valentinian. 
Petrarca schreibt über das Ende seines Freundes und 
Wohltäters in den Lett. fam. XI, 2; in JLetU sen. 



277 



XIV, I erteilt er dem Soline tind Naehfolger bei dessen 

Regierungsantritt gute Ratschläge. 
Siehe Einleitung.] 

Sonett 85 klagt» dass ihm Einsamkeit nicht mehr wie 
früher lieb nnd wohhiiend sei. 

Sonett 86. Über die fürstliche Persönlichkeit, welche 
in Ayignon Madonna Laura durch ihre Huld auszeich- 
nete, waren die alten Ansleger im nnklaren. De Sade 
führte anf die rechte Spnr; anch d'Oridio, Bartoli und 
zuletzt Mestica [N. Antologia, 1892] nehmen für sicher 
an, dass Petrarca, als Karl von Luxemburg in Avignon 
1346 mit dem Papst fiber seine Kaiserwahl ▼erhandelte, 
in ihm eine der beiden Sonnen erbüdct habe, welche 
nnn einträchtig yon Rom aus über Italien nnd das 
Deutsche Reich strahlen würden. In seinen lateinischen 
Schriften hat er diesen Gedanken oft geäussert; in den 
italiraischen Gedichten nur hier. Hoch erkannte er's 
dem k&iftigen Kaiser an, Madonna Laura vor alles 
andern bevorzugt zu haben, nur um den Kuss beneide 
er ihn. 

Im Sonett 87 träumt er sich nach Vanchise« schickt 
sein Herz, das ohnehin dort weile, als Liebesboten sa 

Madonna Laura; die lacht aber und er bleibt dem Para- 
diese fern. 

Sonett 88 wiikt als liebliches Bild ans den sonnigen 
Gärten der Provence; Tielleieht hat es Petrarca ge- 
sehen, Tielleicht hat man ihm davon erzählt. Keinen* 
falls kann, wie einige meinen, dieses, dem alten Herrn 
gegenüber, noch fast verlegene junge Liebespaar ans 
Petrarca und Laura bestanden haben* 

278 



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So&ett 89 scheint eine wehmütige Vorahnung von 
Ijunas baldiger £rkrankiiiig und frühem Scheiden; 
Kr. 90 enfihlt vom Abschied; 91 und 93 Ton der 

Sorge um die ferne Geliebte. Der Abschied im So- 
nett 91 vom Jahre 1347 war in der Tat der letzte; 
Petrarca hat sie nicht wiedergesehn. 
Sonett 93 wSre» nach Tassoni, Antwortsonett an 
einen imbekannt Gebliebenen. Die ländliche Einsam- 
keity wenn er sie nicht in Toskana haben kann» wäre 
ilun anch an der Sorga lieb und wert; gäb' es nur 
nicht das schlinune Avignon! Die letzte Tersine deutet 
an, dass Laura ihm die Hand gereicht habe; seine 
eigne, des Dichters Hand, schien ihm dessen nicht un- 
wert 

Sonett 94 ist mit Carducci und einigen Siteren Er^ 

klarem so zu verstehn, dass eine würdige Matrone ihre 
Meinung über die Tugend der Frauen äussert; Laura 
widerspricht ihr, und Petrarca stellt deren Äusserung 
hoch über die Lehren aller Philosophen. 
Kanzone 95, Sonett 96. 

Kansone 95 ist in trüber Stimmung geschrieben; Car- 
ducci ist der Ansicht Velutellos, dass Petrarca sie etwa 

im Jahre 1348 in der Osterzeit verfasst habe, im 44. 
Lebensjahr und im 21. seiner Liebe. Sie behandelt 
den Konflikt «wischen Ruhm und Liebe wie das dritte 
Gespräch im Secietum. In der zweiten und dritten 
Strophe sucht er sich von den Fesseln irdischer Liebe 
au befreien, in der vierten zweifelt er an der Dauer 
seines Ruhmes» besonders hinsichtlich seiner lateinischen 
Schriften« In der fünften und sechsten Strophe ringt 

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er von nevem Toller Todeslordit mit der Macht der 
Liebe. Die Schlussseile, aus Oyids Metamorphosen 

VII, 21 : „Video meliora proboque, Deteriora sequor, 
ist auch im Italienischen geflügeltes Wort geworden: 

Teggio U meglio ed al peggior m'appiglio." 
Sonett 969 an den Kardinal Colonna» klagt nm die 
Trennung Ton Lorbeer und Säule, von Laura und Co- 
lonna. 

Sonette 97 nnd 99, KanEone 98. 

Im Sonett 97 klagt Petrarca nber Lavras Tod; sie 
wäre wert gewesen die Welt zu beherrschen, wäre sie 
nnr früher, nicht erst in unserer yerderbten Zeit ge- 
boren! Nach Mestika habe Petrarca noch vor diesem 
Sonett die Tranerknnde in seinen Virgil mit diesen 
Worten eingetragen: Laurea, berühmt durch ihre eignen 
Tagenden, lange schon durch meine Verse gefeiert» 
erschien meinen Angen in frühem Jünglingsalter zuerst 
im Jahre des Herrn 1327, am 6. Tage des April in der 
Kirche der heiligen Clara zu Avignon, in der Morgen- 
stunde; und in derselben Stadt, in demselben Monat, 
am gleichen sechsten Tage, in der gleichen Frohstnnde 
im Jahre 1348 ist jenes Licht diesem Lichte entaogen 
worden, als ich vielleicht damals in Verona war, ach» 
mein Schicksal nicht ahnend. Das Gerücht erreichte 
mich aber durch ein Schreiben meines Frenndes LudoTico 
in Parma in demselben Jahre am Morgen des 19. Mai 
Jener keuscheste, herrlichste Leib ist am Tage des 
Todes zur Vesperstunde bei den Minoritenbrüdern bei- 
gesetzt worden: sicher bin ich, dass ihre Seele, wie 
Seneca vom Afrikaner [Sdpio] sagt, in den Himmel 

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znrnckgekdirt sei, ans dem sie gekommen ist 

In der folgenden Kanzone, Ni. 98, konnte P. sich 
im Ausdruck des Schmerzes nicht genug tun. Im 
▼atikasischen Kodex befindet sich ein anderer Anfang, 
über dem geschrieben steht: Non Tidemr satis triste 
principium. Überhaupt besserte und feilte er immer von 
neuem, kritisierte in lateinischer Sprache; einige Proben 
davon anzuführen mochte ich mir nicht versagen Bei 
dieser Kanzone, mit welcher er besonders strenge verfahr, 
beisst es mehrmals: non placet, oder: die aliter, dann 
wieder: hoc placet; einmal: hoc placet quiasonantior; 
hoc placet prae omnibus u. s. f. 

Halt gibt ihm die Hoffnung auf einstiges Wiedersehn, 

dann ihr Name, der auch Ruhm bedeute, Vers 44 u. f. 
In der folgenden Strophe wendet Petrarca sich an 
Lauras GefShrtinnen» wie Dante in der Klage nm Bea- 
trice im „Neuen Leben^; Amor warnt ihn vor zugel* 
losem Verlangen nach dem Tode; zerrisse er gewalt- 
sam den Knoten» so ginge auch die Hoffnung auf Selig- 
keit verloren. 

Bald nach Laura starb auch der treue Freund, Kar- 
dinal Giovanni Colonna, am 3. Juli 1348. „Die Säule 
brach» der grüne Lorbeer &cl/' heisst es im Sonett 
Nr. 99. 

Kanzone 100, Sonette loi — 108. 
In der Kanzone 100 berichtet Petrarca» der sie vom 
9« Juni 1350 datierte» wie er in Gefahr gewesen sei» 
sich von neuem zu verlieben; so erging es Dante im „Neuen 
Leben^' mit der donna gentile. Petrarca ruft alle Reize 
und Vorzüge der Toten zu Hilfe» mit denen doch keine 

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Zweite geschmückt sei. Amor solle wieder harren am 
yyXor^S durch das er dbnging» d. h. in Laoras Avgen. 
Mit den y^immelskiiften^ in der f&nflen Strophe meint 

er die Sterne, von deren Einfluss das Schicksal abhängt. 
Dass eine neue Gefahr ihm gedroht habe, beweisen 
ausser dem hier folgenden Sonett xwei andere, die sich 
in einigen Handschriften fanden. 

Sonett loi erzählt Ton den neuen Schlingen mid wie 
der Tod ihn daraus befreit habe. 

Sonett lo2 ist in sehr trüber Stimmung geschrieben; 
in der zweiten Strophe heisst es, er hätte seinem Leben 
schon ein Ende gemacht, forchtete er nicht die ewige 

Verdammnis. Im Sonett 103 spricht er sich wieder 
Trost zu. 

Die folgenden Sonette 104, 105, 106 sind, nach der 
Chronologie du Can^oniere de P^trarque, par Henri 
Cochin 1898, geschrieben, als P. im Juni 1351 wieder 
nach Avignon curfickkehrte und in Vauduse wehmütige 
Erinnerungen heraufbeschwor. 

Im Sonett 107 kommt Laura, ihn im Schlaf Rat und 
Trost zu bringen; Sonett 108 klagt über den Tod des 
alten, treuen Freundes^ Sennuccio del Bene, geschrieben 
kurz vor dem 28. Nov. des Jahres 1349; was aus einer 
Kote von Petrarcas Hand zu der Kanzone 98 hervor- 
geht [Si^e die Erklärung zu den Sonetten 50 u. 51.] 
In der dritten Sphäre, der Venus, weilen auch alle, 
die Lust und Leid der Liebe besungen haben: Guittone 
Arezzoy Dante» Cino Fistoja» sein Freund France- 
sohin degU Albizsi [LetL lam. VU, u]. 

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Sonette 109 — 119. 

Sonett 109. Nach Piatos Thnfivs seien fBr jeden Stern 

proportional eine bestimmte Anzahl von Seelen ge- 
schaffen. Nach dem Tode kehre jede tugendhafte Seele 
an dem Sterne surack, von dem sie hergekommen seL 
Hieranf beckht sich die vierte Zeile. Am Schlnss lobt 
er seine Kunst, die Madonna Laura Ruhm verschafft, 
ihre, welche durch Zusammenziehen der Augenbrauen» 
durch strenge Mienen den liebenden in Schranken ge- 
halten habe. Nr. iio klagt öber die Schönheit, die 
zu Staub geworden sei. Im Sonett iii schaut der ehr- 
geizige, eitle Dichter aus seinem Kummer heraus; dass 
er nicht mehr der Feile achte, ist schwer zu glauben; 
seine Handschriften beweisen das Gegenteil. 
Sonett IT2 gibt ein Bild von Petrarcas Seelenleben 
in bezug auf Madonna Laura: von ihrem Mienenspiel, 
ihrem Ansdmck, die sein ganzes Denken, seine 
Stimmung beeinflussen. Die Sonette 113 und 114 sind 
in Vaucluse geschrieben; das erste vielleicht an ihrem 
Grabe? Sonett 115 ist, nach Cochin, ebenso wie die 
vorigen Sonette, während Petrareas letztem Aufenthalt 
in der Provence gedichtet, in den Jahren 1351 — 53. 
Laura erscheint ihm, der sich im Himmel wähnt, vri- 
heisst das ersehnte Wiederfinden; sie harrt auf ihre 
irdische HfiUe — am Tage des Gerichts. 
Auch Sonett 116 ist an der Sorga geschrieben; die 
Andeutungen in der letzten Terzine finden nach de 
Sade ihre Erklärung in der Wiederverheiratung des 
Hugo de Sade, kurze Zeit nach Lauras Tode, und im 
anstossigen Betragen der Sltesten Tochter Wenn aber 

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Laara keine de Sade war» so hat diese Vermutung 
keinen Weit Sicher geht nnr ans den Schlnssieilen 
hervor, dass Madonna Lanra an den Ihrigen nach ihrem 
Tode wenig Freude gehabt hätte. 

In Nr. 117 ^^^^^ Petrarcas ganze Frende am Früh- 
ling in jenen Fluren zurück, mit ihr die Traner nm die 

Verlorne. In ii8 stimmt ihn der Gesang der Nach- 
tigall nur nm so trüber. 

Im Sonett 119 ruft PetHirca sich das letzte Zusammen- 
sein, den Abschied zurück, den er im Sonett 90 be- 
sungen hatte. 

Sonette 120 — 123, Kanzonen 124 — 125. 

Die beiden Sonette 120 und 121 feiern mit inniger 
Empfindung jene zarte Freundschaft, in welche das 
Alter glühende Liebe verwandelt. Nr 122 scheint 

gleich nach seiner Rückkehr nach Frankreich, vielleicht 
bei dem ersten Wiedersehn des Tales gedichtet» im 
Jahre 1351. 

Das Sonett 123 ist eine Antwort auf das Sonett des 
Freundes Jacob Colonna in gleichlautenden Reimen» 
worin derselbe Petrarca zur Dtchterkronung anf dem 
Kapitol beglückwünscht hatte Wenige Monate dar^ * 
auf, im September 1341, starb der Bischof von Lombez. 
Peuarca fällt nach einer Reihe von Jahren jenes Sonett 
wieder in die Hand» nnd er antwortet nim dem ver- 
storbenen Freunde. Im vatikanischen Kodex stehn beide 
Sonette und darüber schreibt Petrarca: Responsio mea 
tera yalde. Amor ist hier wieder Piatos £ro8» das 
schwache Laub Petrarcas Rnhmedorbeer. 

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Selir eigenartig i»t die Kansone 124. Petrarca steht 

am Fenster — seiner Seele — und sieht ein Wild mit 
schönem Menschenhaupt, das ein schwarzer und ein 
weisser Windhund jagen. Wild — fera — brauchen 
die Italiener des Trecento oft für eine spröde» scheu 
enteilende Schone. Mit den Hunden ist die Zeit ge* 
meint, die, als Tag und Nacht, das Wild jagt und zu- 
letzt packt. Das Schifif wird durch einen Sturm aus 
Osten, bei schnell aufziehendem Wetter zum Scheitern 
gebracht. Sehr nahe liegt die Deutung, dass das die 
Pest sei, die damals wütete, wie sie Boccaccio beschreibt. 
Auch aus andern Stellen Petrarcas hat man geschlossen, 
dass Laura an der Pest gestorben sei. Der Baum, der 
wohlbekannte Lorbeer, wird vom Sturm entwurzelt, der 
Quell vom aufklaftenden Erdreich verschlunj^'en. Mit 
dem Phönix hat Petrarca Laura schon früher verglichen; 
in einem hier nicht aufgenommenen Sonett schilderte 
er sie in purpurnem Kleide mit blauem Rande und mit 
Rosen gestickt. Sie sieht, wie alles Irdische an ihr 
vergeht, und, den Tod nicht fürchtend, gibt sie ohne 
Bedauern den Leib der Erde zurück. Zuletzt erscheint 
sie in dem weissen Gewand ihrer unbefleckten reinen 
Seele, das Antlitz in schwarze Nebelwolken gehüllt 
— entweder um die Verachtung gegen dies elende 
Leben zu zeigen, oder im Vorgefühl des baldigen 
Scheidens, da sie schon nicht mehr hienieden weilt. 
Das Schlänglein bedeutet die unerwartete Schnelle 
und Tücke der Todesart. In der 10. Ekloge beschreibt 
Petrarca ebenfalls, wie der Südostwind seinen geliebten 
Lorbeer entwurzelt und zerbrochen habe. 



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Die Kansone 125 enählt erst Tom Leid der Entfer- 
nvngi solaDge Laura lebte; jetst ,,heV ich die Hand'* 

[das Zeichen der Ergebung bei den Gladiatoren, wie 
in der K^nzone an Italien], wünscht sich baldigen Tod, 
den er auch wieder fürchtet» flieht wie »Staub und 
Dunst im Wind*S um nicht, ein Pilger, noch lange 
weitergetrieben zu werden. Dann klagt er, dass er 
nicht dem Winke Amors, der auf ihren nahen Tod 
hinwies, folgend, seinem Leben ein Ende gemacht 
habe. Die Klage, dass er nicht vor Laura gestorben 
sei, wird bis ans Ende dnrclige fahrt. Ähnlich in der 
lateinischen Epistel in Versen I, VII [deutsch von 
Friedersdorflf]. 

Sonette 126—134, Kanzone 135. 

Im Sonett 126 versichert Petrarca Laura seiner reinen 
Liebe, die nie mehr begehrt habe; jetzt müsse sie's 
wissen, da sie ihm ins Herz schauen könne. Anders 
freilich lautete es in der Sestine [hier Nr. 13] in den 

Sonetten 19 und 109! 

Sonett 127 erzählt, wie Laura P. im Traum erscheint, 
und ruft das Datum ihres Todes zurück. Cochin meint, 
Petrarca habe wahrscheinlich dies Sonett gedichtet, als 
er am 22. Juni 1369 jenes frühere [hier 79] wiederfand, 
in dem es heisst, er sei am 6. April in das Labyrinth 
eingetreten, aus dem er sich nicht herauszufinden wisse. 
Im Tatikanischen Kodex 3196 findet sich eine Note von 
P/s Rand des Inhalts, dass er eben jenes alte Sonett, 
durchgestrichen und nicht aufgenommen, jetzt wieder- 
gefunden, gelesen, yollendet [absolut], und wieder ab- 
geschrieben habe. Je älter Petrarca wird, je mehr 

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sacht er Ttoat in dieseo Yisioiieii« diesen Gesprächen 
im Traum mit Madonna Laura» da sein ,,Herr'' [Amor] 

ihn mit Gramkost speise: so in 128, 129, 130. „Wenn 
der Morgen tagt**, weil die Träume dann am lebhaf- 
testen sind, am festesten haften. [So Dante im Fiirga- 
torio IX» 13.] Oder er stellt sie sich im Himmel vor» 
wie in 131 und 132, hoflft auf den Boten, der auf ihr 
Geheiss ihn dorthin rufen wird. Nahe liegt der Ver- 
gleich mit Dantes Xramn von Beatrices Tod nnd seinem 
Klagegesang im »»Neuen Leben"» den Kanzonen 23 
und 32 daselbst. Sehr fein hebt Carducci den Unterschied 
zwischen beiden hervor: Bei Dante ist alles Vision, 
überirdisches Schauen und Schweben; Petrarca bringt 
menschliche Züge hinein: Laura stellt sich mit den 
Vollkommensten gleich; sie wendet das Haupt, ver- 
weilt» nach ihm schauend, ihn erwartend. So führt 
er auch hier den Mystizismus des Mittelalters ad ab- 
surdum. 

Das Sonett 133: Vergleich des eignen Loses mit dem 
eines armen Vögleins im Spätherbst; Sonett 134: 
Unterhaltung mit MadonnaLaura [L'aura Sacra] im Traum» 
ein Geständnis» bis das Erwachen in die Wirklichkeit 
zurückführt, noch halb im Kampf mit der erträumten. 
In der schönen Kanzone 135 kommt Laura wieder 
wShrend des Schlummers; aber sie macht ihm Vor- - 
würfe» ermahnt ihn, wie ein treuer Priester in der 
Beichte, bis sie am Ende zornig schilt, wie Dantes 
Beatrice, Purgatorio XXXI. Gesang. Lauras hohe 
religiöse Moral erinnert wiederum an das schon öfter 
erwähnte Secretum. 

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Kanzone 136, Sonette 137, 1381 139, 140» Kan« 

zonu an die Jungfrau Maria. 

Kanzone 136. Im Zweifel, ob die Liebe ihm mehr 
Leid als Freude gebracht habe, sitiert Petrarca Amor 
yor den Thron der Vemtinft; der Angeklagte behauptet, 
dass Petrarca ihm, dass er Laura nur Gutes und Grosses 
verdanke, zur Klage also gar kein Recht habe. ,,£8 
ist eine Art Examen des dichterischen Gewissens, ein 
Kontrast'' zwischen dem Dichter nnd Amor, ähn- 
lich in Anordnung und Empfindung andern Komposi- 
tionen proyenzalischer, auch alter italienischer Dichter. 
[Solche „Contrasti'* werden heute noch in Toskana 
improvisiert ] Der Dichter schreibt einen Epilog seines 
Lebens, fragt sich, wieviel Gutes, wieviel Übel er Amor 
verdanke .... Alles zusammen deutet an, dass dies eine 
der letzten Dichtungen Petrarcas sei, auch wenn sie 
der Konstruktion nach eher archaisch erscheint. Sie ist 
in jedem Fall an den rechten Platz gestellt, da sie 
alle Gefühle enthält, zusammenfasst, ans welchen sein 
Liederbuch besteht.*' [Cochin.] 

„Mit dem linken Fusse**: weil ich Unglück in der Liebe 
hatte, einen Irrtum beging; ich mied die besten Wege: 
Studien, ehrenhafte Feste. Die vierte Strophe spricht 
vom Aufenthalt in der Fremde, wo das Volk rauh, die 
Sitten zum Erschrecken, wo es ,, sonderbare Zeit" für 
den Winter, d. h Kälte in den warmen Jahreszeiten 
gab, dem Südländer ungewohnt. Zuletzt werde Gottes 
Barmherzigkeit sich seiner annehmen, nicht Amor, der 
Tyrann. Dieser trägt nun seine Sache vor: Der Un- 
dankbare liege im Streit mit der Wahrheit, begreiflich» 

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da er ein Gewerb daraus gemacht habe: avenderparo- 
lette» 8nsi menzogBe. Von dort holte ich *ihn. Hatte 
Petrarca auch die Jurispmdeaz aus Liebe zu den hnma- 
nistischen Studien aufgegeben, so traf das mit dem Er- 
wachen seiner Liebe zu Madonna Laura doch ungefähr 
zusammen. Wie habe aber auch Amor für ihn gewählt! 
Die grossen Helden hätten nur MSgde geliebt, selbst 
,,der grÖsste an Tapferkeit und Glück**, Petrarcas Lieb- 
lingsheld, Scipio Afrikanus. In der achten Strophe er- 
zählt Amor, wie man Petrarcas Worte, Reime sammle, 
sich für ihn begeistere, wozu es ohne ihn nie gekommen 
wäre. Zum Urquell aller Dinge, zum Schöpfer von 
Lauras hohen Tugenden, habe er, Amor, ihn durch die 
Liebe zu ihr erhoben, nie wäre er sonst so hoch ge- 
stiegen. Beide glauben sich im Recht. Dass dieser 
Streit, dieser Konflikt, der nie aus Petrarcas Seele 
wich, nicht geschlichtet werden könnte, erklärt mit 
feinem Lächeln am Schlüsse die Gröttin der Vernunft. 
Die drei letzten Sonette 137, 138, 139 sind ein Aus» 
klingen, ein Abschiednehmen, wenigstens vom Leser 
dieses Liederbuches. In 138 gibt Petrarca die Jahres- 
zahlen so genau an, dass man sein Alter von 54 Jähren 
daraus erfahrt. Cochin meint, es sei an irgend einem 
bestimmten Geburtstage geschrieben. Das letzte ist wie 
ein Vorspiel zu dem mit tiefreligiösem Gefühl gedich- 
teten Hymnus an die Madonna. 
Die Kanzone an die Jungfrau ist „Hymnus und 
Lobgesang" zugleich und Elegie. Die stete Anrufung der 
Jungfrau mit ihren Beiwörtern ist den Litaneien ent- 
nommen, der Gesang wird zum Gebet, zur heissen Bitte 

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um Hilfe und Erbarmen. Erst in der siebenten Stropbe 
liin^t P. an. von seinem Leben, seinem Schicksal zu 
spxechen; in der achten gesteht er, wie in Sestine 14» 
sein Begehren» das Madonna Laura nicht kannte» das sie 
aber in ihrer Reinheit auch nie erhört hätte. Dasselbe 
gesteht er im Secretum dem heiligen Au^ustin im dritten 
Dialogi nachdem dieser ihn in die £uge getrieben. £r 
braucht das schon früher ¥erwcQdete Bild der Medusa* 
Laura, die ihn sum Stein erstarren machte, ihm stete 
Tränen auspresste, heilig aber soll sein letztes Weinen 
sein. Er erinnert Maria an ihre irdische Geburt, an 
den gleichen Ursprung, ▼erspricht, widmet ihr sein 
ganses Sein und Denken. 



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INHALTSVERZEICHNIS. 

Die Buchstaben: S, K, M, B, Se. bedeuten: Sonett» 

Kanaone» Madrigal, Ballata, Sestine* 
Einleitung. 2 

S. Ihr wollt nun meine Henwseofser hören [Voi 

cVascoltate] 27 

S. Zu einer art'gen Rache jüngst bewogen [Per far 
una leggiadra] 28 

S. Am Tage als der Sonne Strahlenpracht [£ra il 
giomo cVal sei] 29 

S. Der so voll unbegrenzter Meisterschaft [Quel cU'in- 
finita providenxa] 30 

S. So irrig iat mein törichtes Bemdhn [Si traviato 
h il folle] 31 

S. Durch Wollust, Völlerei, durch Schlummer- 
kissen [La gola e'l sonno] 32 

S. Glorreiche Sittle,un8rerHo£fonng Stutze [Gloriosa 
columna] 33 

B. Nicht in der Sonne nicht im Schatten fand 
[Lassare il velo] 34 

S. Erreich' ich, unbesiegt Ton Qual und Leiden 
[Sc la raia vita] 35 

S. Vom Heimatsort nach arbeitsvollen Mühn [Mo- 
▼esi il vecchierel] 36 

S. Es gibt Geschöpfe, die der Sonne Pracht [Sono 

animali al mondo] 37 
S. Dass meine Bj^e euren Ruhm nicht künden 

[Vergognando talor] 38 
Se. Für alle Wesen auf der weiten Srde [Aqna- 

lunque animale albergaj 39 

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K. Ans meuoen ersten schönen Jngendtagen [Nel 
dolce tempö della] 41 

S. Wenn edle Zweige, die uns treu behüten £Se 

Tonorata fronde] 49 
S. Mit seines Ahnherrn Krone schmückt das Haar 

[n snccessor di Carlo] 50 
K. O du im Himmel schon erhoffte Seele [O aspeltata 

in ciel] 51 
S. Je näher ich dem letsten Tag der Maden [Qnanto 

piü m^avicino] 56 
S. Schon flammt der Liebe Stern in stiller Nacht 

[Gia'fiammeggiaya] 57 
S. Ich wandle langsam dnrch die öde Ilnr [Solo 

e pensoso i piü] 58 
S. Nicht Bäche waren' s, Orso, und kein See [Orso, 

e'non furon] 59 
S. Ich fürchte so ihr schönes Angenpaar (To temo 

si de* begli occhi] 60 
S. Sollt' ich durch Liebe, Tod nicht Störung flnden 

[S'amore o morte] 61 
S. Mein Hers begann die Ohnmacht schon zu spüren 

po sentia dentro al cor] 62 
K. Zur Zeit, wenn schneller gegen Westen hin [Ne 

la stagion che] 6$ 
K. Edler Geist, der jenen Leib beseelt [Spirto gentil, 

che quelle] 67 
M. Mehr war, der Diana liebte, nicht entzückt 

[Non al sno amante] 7^ 
S. Kann blind, Verlangen, das mein Herz verzehrt 

[Se co'l cieco desir] 73 

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S. Gesegnet sei der Tag» der Mond» das Jahr 

[Benedetto sial gimo] 74 
S. Himmlisclier Vater, nach verlornen Tagen [Padre 

del ciel] 75 
B. Als meine Farbe heut' euch so erschien [Vol- 

gendo gli occhi] 76 
S. Links blieb das Ufer vom Tyrrhenermeer [Del 

mar tirrenoj 77 
S. Darf ich nun eure heil'gen Lande schauen L'as- 

petto sacro] 78 
S. Nicht glückt's, ich weiss, natürlichem Verstand 

[Ben sapev' io] 79 
K. WeilkuradesLebentDauer£Perch^lavita^breve] 80 
K. Was eure Augen geben [Grentil mia donna» 

i'veggio] 85 
K, Da glühendes Begehren [Pol che per mio destinoj 89 
S« Wenn wir mit Poliklet uns hier vergleichen 

[Per mirar Policleto) 93 
S. Als Simon sich zum grossen Werk bereitet 

[Quando giunse a Simon] 94 
S. Ich bin so mild, seit sich zum Druck vereint 

[Ig son si stanco] 95 
S. Wie es geschieht, dass, wenn die Sehne klirrt 

[Si tosto come aven] 96 
S. Entflohn dem Kerker, drin mich Amor schloss 

[Fuggendo la pregione] 97 

Die goldnen Haare flatterten im Wind [Erano 

i capei d'oro] 98 
S. Die schone Frau, die dir vor allem wert [La 

bella douna che cotanto] 99 

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S. Nun klage Amor imd ihr Frauen klagt [Plan* 

gete donne] too 

S. Könnt' ich Gedanken doch in Verse schliessen 

[Cosi potesslo] loi 
S. Das Fenateri wo ihr eine Sonne seht [Quella 

finestra ove] I02 
S. Hannibal siegtei doch er tat nicht gut [Vinse 

Annibäl] 103 
S. Erhoffter Wext, der euch schon da gesiert 

[L'aspettata virtti] X04 
S. Sennuccio, wisse nun, in welcher Art(SennucciO| 

i'vo che sappi] to$ 
S. Hier bin idi halb nur, wir* ich's g*na, mit euch 

[Qui, dove meszo son] 106 
S. Dem schlimmen Babylon, wo jede Scham [De 

Tempia Babilonia] 107 
S. Dem Felsen, der dies Tal geschlossen hat 

[Se*l sasso ond*^] • 108 

K. Ein Weib^ das schöner als die Sonne war [Una 

donna piü bella] 109 
S. Die teilnahttvoUen Reime, drin ich euch [Quelle 

pietose rime] 1 14 

K. Was drinnen bohrt und glüht [Sei pensier che 

mi stmgge] 115 
K. O klare frische Fkt [Chiart) firesche e dolci 

acque] 119 
K. Mein Italien, heilt auch deiner Wunden 

[Italia mia] 122 
K. Gedanken an Gedanken, Hdhn an Hohn [Di 

pensier in pensierj 128 

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S. Ist's Liebe nicht» was sonst, was ich empfinde 

[S*amor non e] 132 
S. Auf deine Haare mögen Blitae aücken [Fiamma 

dal del] 133 
S. O gieriges Babylon, zmn Berstensebon [L'aTara 

Babilonia] 134 
S. Du Haus des Zornes, Born der K^ümmernisse 

[Fontana di dolor] 135 
S. Je sehnsuchtsvoller ich an ench die Schwingen 

[Quanto piü disiose] 136 
S. Ich sah der Sonne Aufgang nie so schön [Nh 

cosi hello il sol] 137 
S. Für dieses schone Antlitz licht und klar [In 

qual parte del ciel] 138 
S. Wo Erde, Himmel, wo die Winde schweigen 

[Or che'l ciel e la terra] 139 
S. Wenn ich der Grotte treu geblieben wär* [Slo 

fussi stato fermo] 140 
S. Mir bringt heut' Amor eine süsse Kunde [Amor 

mi manda quel] 141 
S. Das schöne Antlitz hat an manchen Tagen [Piü 

volte giä] 142 
S. Wo durch nnwirtbare finstre Wälder zieht [Per 

mezz'i boschi] 143 
S, Wohl über tausend Flüsse, an Gestaden [Mille 

piagge in un giorna] 144 
S. Mit dir» Po, ist der Leib wohl fortgezogen 

[Po, ben puo'tu] 145 
S. Komm Amor, unsern Stolz lass uns beschaun 

[Stiamo Amor a veder] 146 

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S. Dies schone Ding mit Seid' und Gold gestickt 

[Mia Ventura e Amor] 147 
S. Ich brenne, ach, und sie wilFs nicht verstehn 

[Lasso, ch'i ardo] ' 148 

S. O Seele, die von so verschiedenen Dingen 

[Anima, che diverse cose] 149 
S. Du rascher Strom, der aus den Alpen springt 

[Rapido finme] 150 
S. Mich zieht der Wtmsch, an Amors Gängelband 

[Voglia mi sprona] 151 
S. Gesang und Klageruf der Vogelschar [II cantar 

nuoTo e'l pianger] 152 
S. Wo schürfte Amor nur das Grold, das feine 

[Onde tolse Amor Toro] 153 
S. Froh und betrübt^ gemeinsam und allein [Liete 

e pensose] 154 
S. Zwölf Frann, nein, Sterne, wie sie fröhlich lagen 

[Dodici donne] 155 
S* Vom Zorn ward Alezander fortgerissen [Vinci- 
tor Alessandro Tira yinse] 156 
S. O Kämmerlein, einst Hafen für den Müden 

[O cameretta che giä fosti] 157 
S. Fürstliche Art bei hohem (reiste, und [Real 

natura angeUco intelletto] 158 
S. O schatt'ger, grüner Hügel frisch umblüt [Fresco, 

ombroso, horito] I59 
S. Zwei Rosen, frisch am ersten Tag des Mai*n 

[Due rose fresche] 160 
S. Wer, was durch Himmelskraft hier kann ge- 

schehn [Chi vuol veder] 161 

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S. "Wie wird mir bang an jenen Tag zu denken 

[Qual paura ho] 
S. Madonnas Antlitz süss und engelrein [Solea 

lontana in sonno] 
S. Ich horche hin und kann nichts Neues hören 

p[*pur ascolto e non odo] 
S. Einsam lieb' ich das Leben zuzubringen [Cercato 

ho sempre solitaria] 
S. Wert ist das Leben; dann ist hoch zu preisen 

[ — Cara la vita, e dopo] 
K. Grübelnd sitz* ich und es fasst mich dann [I*vo 

pensando] 

S. Mein teurer Herr, stets hab' ich euch im Sinn 

[Signor mio caro] 
S, O schönes Angesicht, o sanfte Mienen [Oim^ 

il bei viso] 

K. "Was beginnen? Amor rate mir [Che debb* 
io far?] 

S. Die Säule brach, der grüne Lorbeer fiel [Rotta 

h Talta colonna] 
K. Soll ich wieder in dein altes Joch [Amor se 

vuo* ch'i torni] 
S. Durch einundzwanzig Jahr in stetem Bann 

[L'ardente nodo] 
S. Das Leben flieht» will keine Stunde schenken 

[La vita fugge] 
S. "Was tust, was denkst du? "Warum stets zurück 

[Che fai? che pensi?] 
S. Wenn Zweige rauschen und die Vögel singen 

[Se lamentar augelli] 



S. Wie oft entscMupf ich andern, hin zum stillen 

[Quante fiate al mio] 190 
S. Beglückte Seele, die in trüber Nacht [Alma 

felice che sovente] 191 
S. Kein Mntterherz gab je so treuen Rat [Ne'mai 

pietosa madre^ 192 
S. O mein Sennuccio, traurig und allein [Sennuccio 

miOf ben che] 193 
S. Glut meiner Seele schön und auserlesen [Alma 

mia liamma] 194 
S. Die Augen, deren Lob ich heiss verkündet 

[Gli occhi di ch'io parlai] 195 
S. H&tt' ich zavoT gewusst» dass man einmal 

[SHo avessi pensato] 196 
S. Wo ist die Stirn, die durch ein kleines Zeichen 

[Ov' ^ la fronte] 197 
S. Nun ich sie nicht mehr schau', du geisig Laad 

[Quanta invidia] 198 
S. O Tal, durch welches meine Klagen irren 

[Valle, che de* lamenti] 199 
S. Empor zu ihr flog die Gedankenreise [Levommi 

il mio pensier] 200 
S. O schöne Seele, jetzt von Hüllen frei [Aniraa 

bella, da quel] 201 
S. Der Westwind kommt mit seinen schönenXagen 

[Zefiro toma] 202 
S. Die Nachtigall in langgezogenen Tönen [Quel 

rosignuol] 203 
$• Du sahst, mein Herz, voll Ahnung tot Ge- 
fahren [Mente mia» che presaga] 204 

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S« Vorüber waren junge fHsche Zeiten [Tntta 
la mia fiorita] 205 

S. Nun Amor mich zum stillen Hafen weist [Tran- 

quillo porto avea] 206 
S. Vertraute Lnft umweht michi HAgel ragen 

[Sento Taura mia] 207 
S. Nie werden meine Augen trocken bleiben [Mai 

non yedranno] 208 
C. Als ich einsam jüngst am Fenster stand [Stan- 

domi un giorno solo] 209 
K.. Meinem schönen Lebensbrunnen fern [Solea 

da la fontana di mia vita] 213 
S. Kann wahre Liebe sich des Lohns erfreun 

[S'onesto amor] 2l6 
S. Mein Geist gewahrt sie, neiui sie wohnt darin 

[Tomami a mente] 217 
S. Welch' Mitleid, welcher Engel trug mein Leid 

[Deh qual pietä] 2l8 
S. Granikost muss ich dem müden Herzen, reichen 

[Del dbo onde] 219 
S. Denk' ich an das, was nun im Himmel ragt 

[Kipensando a quel] 22o 
S. £s hatten Engel und der Seligen Scharen 

[Li angeli eletti] 221 
S. Der Bote scheint sich stundlich anzukünden 

[E mi par d*or in ora] 222 
S. Unstätes Vögeleiui ich hör' dein Singen [Vago 

augelletto] 223 
S. Die heil'ge Luft umweht mich oft so gut [L'aura 

mia Sacra] 224 

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K. Wenn die treue Xrostesbringerin [Quando il 

soave mio] 225 
K. Meinen Herrn, bald grausam und bald müd 

[Queir antiqao mio] 229 
S. Im treuen Spiegel sagt mir's die Gestalt [Dicemi 

speiso] 236 
S. In Ghit hielt Amor einnndswanzig Jahr [Ttnne- 

mi Amor anni] 237 
S. Nun weine ich um die vergang'nen Zeiten p'vo 

piangendo] 238 
K. Schone Jungfrau, hell im Sonnenkleide [Ver* 

gine bella] 239 

Einige Erläuterungen 246 



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